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Full text of "Heidelberger Jahrbücher der Literatur"

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Bf.  1.  1825, 

-Hei4ölberger 

Jahrbücher  der   Litej 


Joteph  und  SnltiehttT  (^'n)  historisches  rammttlsches  Gedicht  aus  dem 
Penischen  des  Mewlana  Abdurrahman  Vschami  übersetzt,  und 
durch  Anmerkungen  erläutert  von  Vimenz  Edlen  von  Roseatweig^ 
Pjß^n  1824*  Gedruckt  und  verlegt  ik>n  Anton  Schmidt  kms*  kön» 
priviUgirtem  Buchdrucker^  Doppelte  Ausgabe  in  Folio  mit  dem 
persischen  Texte  J^JÜ  S*  Vorrede  217 ;  die  andere  hlos  die  deut* 
sehe  üehersetitttijfin  gr.  8,  XXFI S*  Vorr.  498. 

Funkelnde  TVandelitetne  zum  Lohe  des  Besten  der  Geschöpfe^  ehi 
arabisches  insgemein  anter  dem  Namen  Gedicht  Bürde  he* 
kanntes  Gedicht  vop  (com)  Scheich  Ebu  Abdullah  Mohammed  Ben 
Ssaid  Ben  Hämmad  Ben  Muhsin  Ben  Abdullah  Ben  Ssanhadtch 
Ben  Hilalis - Ssänhadsthi  genannt  Bnssirif  und  durch  Anmer^ 
hangen  erläutert  von  Vinzenz  Edlen  von  Rosenzweig,  ff^en  i8?4. 
Gedruckt  und  im  Verlage  bei  Anton  Schmidf  k,  k,  priviL  -tnd 
i^.  Oest,  Landichafes ' f  deutsch^  C^^O  '^^  orientalischen  Bl  • 
drucker.      Grojs  Folio  26  S. 

•   .  Herr  v.  Rosenzweig ,  k.  k.  Dolmetsch  und  Profesftor  dtr 

orientalischen  SprarbVn  an  der  k.  k,  orient.  Akad<Mnie  zu  Wieii^ 

tritt'  hier  mit  der  üeberietaung  und  Erläuterung^  zweier  Mei« 

aterwerke   persischer  und    aranischer  Dichtkunst  nicht   zom 

erstedmal  als   tüchtiger  Kenner  dieser  Sprachen   auf,    indem 

Bruchstöcke  von  Joseph  und  Suleicha  bereits  ^sowohl  in 

den  Fundgruben  des  Orients  als  in  der  Geschichte  der  schönen 

Redekünste  Persiens  bekannt  geworden   sind;    hier  aber  er* 

wirbt  er  sich    aufser  dem  Verdienste  einer   vollständigen   im 

Ganzen  getreuen  metrischen  Ueberseteung  des  schönsten  Dich« 

tervrerks  Dscham  i's  •  des  letzten  groUen  persischen  Dich* 

ters  »  noch  das  der  vollständigen  Atisgabe  des  persischen  Tex* 

tes    dieses  Mesnewi  d«  i.   doppeltgereimten  Gedichtes  von 

4000  Distichen;   ein  Verdienst,   das  jenes  der  Uebersetzung 

Z«eila  und  Med'schnuh't  von  Hrn.  t.  Chezy  (das  ohne  Text  und 

blos   in  iProsa  doch  einen  der  von  Napoleon   zum  Besten  der 

lyiteratur  gestifteten  prix  decennaux  davontrug)  hei  weite*« 

^b^rtrüft,    und  welches  der  Verleger  und  Drucker  llr,  ^htou 

XVIU.  Jalirg.  !•  He£^.  1 

',*"■.  I      Digitizedby  VjOOQIC 


2  Josfph  und  Sültiobii. 

Schmid  in  so  weit  tlieilt^  ab  otine  «einen  gto^fiitnüthigen  £nt« 
ichtüfe^f  den  Druck  eipe$  so  grol'sen  orientalischen  Wertes 
auf  seine  Kosten  mit  wahrscbeinlicbem  Verluste  zu  Überneh* 
men »  bliese  für  den  Betrieb  orientalischer  Literatur  zu  Wien 
So  ehrenvolle  Unternehmung  nicht  zu. Sland^  gekommen  seyt^ 
würde. 

Wenn  Hr.  v.  Rosenzweig  schon  lieber  Gedk^hte  als  Ge* 
scbichte  zur  UebersetÄung  und  Herausgabe  wühlen  wollte^  so 
konnte  seine  Wahl  wirklich  kaum  glücklicher  gefallen  seyn 
als  auf  zwei  der  herrlichsten  Meisterwerke  arabischer  und  per« 
sisch^rDichtkunst)  auf  das  Lobgedicht  Bufslri's  Al«^^Bordet 
und  auf  Dscbami's  Jus.s  uf  und  Suleicha,  Jeites  war  zwar 
Sthon  fii^her  durch  Uri*s  Ausgabe  mit  dem  arabischen  Texte 
und  lateinischer  Uebersetzung  (Lugd.  B^tav«  176l.4to)  be^ 
kannte  und  jüngst  (im  J  1822^  in  prosaischer  französischer 
Uebersetzung  von  Silv.  de  Saey  (als  Anhang  von  Garcin  de 
.Tassy*s  exposUiTTt  de  lafoi  musulmane)  und  in  deutscher  metri« 
scher  (als  Anhang  des  Werkes  Co ns tan  tinopol  is  und 
der  Bpsporos)  in  Frankreich  un,d  Deutschland  erschienen. 
Wen«n  Hrn.  v«  Kosenzweig  also  hier  nicht  wie  bei  Dscbami 
das  Verdienst  des  ersten  ^Herausgfb^rs  und  Uebersetifcers  ge- 
führt )  so  hat  er  doch  das  der  grofser^n  Verbreitung  dieses 
schönen  Gedichts,  da  Ur  i's  Ausgabe  nur  in  den  Händen  sehr- 
weniger  OrientaUjSt.en  ist«  Aulserdem  hat  die  £r]äuterung'das 
Vetdienst,  ein  halbes  Hundert  bisher  nicht  bekannte  Stellen 
der  Ueberlieferung  Mohammeds  in  Text  und  Ueber- 
setzung zu  geben^  Und  im.  Vorbericht  nähere  Kenn tniüi  über 
den  y^fasser  der  Borde t  *>  tu  ertheilen. 

Von  den  zwei  4>erühniten  Lobgedichten  auf  Mohanvned^ 
der  Km.  f  s  i  d  e  Kaab  Ben  Sobairs  und'  der  B  o  r  d  e  t  ist  bisher 
jenes  in  Europa  bekannter  ^  als  dieses ,  durch  Lette's  erste 
und  Freitages  «weite  Ausgabe;  an  Kuhm  aber  im  Morgen« 
lande  und  poetisdiem.  Gebalte  Überragt  das  zweite  bei  weitem 
das  erste)  was  dagegen,  no  wie  wider  Moteatebbi's  Hang,  als 
gröfster  arabischer  Dichter»  von  Orientalisten,  Nichtkennem 
arabischer  Poesie |  .von  Professoren  und  ihren  nachbetenden 
Schülern  auch  eingewendet  werden  möchte«  Wenn  die  Kennt« 
nifs  arabischer  Poesie  einmal  aus  der  Hürde  arabischer  Profes*«. 


X 


*)  Pa  die  Botdet  eine  Kafsidet  «md  l>ei4s  im  Arabisehen 
"«(reiblibh  sind ,  so  sagt  def  £uropSeif  tiobtiger  die  Bordst  und 
ftioht  L^  Bords« 


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Joseph  boä  SaMeiui,  i 

soren  in$  freie  Feld  uübefaAgenen  ästheUkiien  UrtbeiU  gdangi 
und  von  eutöpaitchch  Runttricbt6rn»  Nichtorientalisteti  (un- 
|Mrteiitcber  als  von  Orientalisten)  gevvfirrligt  ieyii  vrkdy  wer« 
den  auch  die  Moallakat  nitht  mehr  flbei*schätzt,  und  der  arabi- 
sche Findat  Motenebbi  nicht  ferneir  betabgesetst  werden^ 
Indessen  hiet  über  den   im  Morgenland  allgemein  anerkannteit 
Vorzug  iler  Bot  de  vor  dem  Lobgedichte  Kaab  Ben  So« 
bäirs  nur  »o  viel.     Di§  Botdet  (Viel  leichter  su  Vetttebeh 
als  die  Kafside  Ben  Sohair^s)  ist  t war  nicht  von  ü äs  {ihr 
ligen  (wie  Hr.  V.  Rosenrweig  sagt)  aber  \^ohl  von  50—60 
Commeiitatoren  erldutert  worden  und  diu  Kafsidet  B,  Sohair's 
nur  Von  5—6  (S.  Hadschi  Chalfa's  bibliogr.  Wötterbuch,  wo 
von  jenen  50  und  von  diesen  5  aufgefobrt  Sind).     £in  Paar 
sehr  schöne  Distichen  ausgenommen^)  weifs  Niemand  in  d^^ 
Türkei  9  in  FerSien  und  Arabien  die  wiewohl  nur  58DiStirheii 
lange  Kalsidet  Ben  Sohair'a  auswendig,  w^bl'end  die  174  Di. 
Stichen  lange  Bürdet  in  dem^Munde  aller  gebildeten  TOrken^ 
Ferser  und  Araber  lebt,  nicht  nur  häufig  (gans  und  theilweise) 
2u  Inschriften  auf  Grabmalen  verwendet  und  während  der  Re« 
ligionsübungen    der  Derwische  ta   Constahtinopel »  sonderä 
auch  auf  allen  Strafsen  Kairos  von  äflnkelsflngern  abgesungeii 
iVird|  wie  die  Strophen  Tasso*t  und  Ariosto't  von  den  Barca« 
tolis  Venedigs.     Abgesehen  von  diesem  Leben  im  Munde  del 
Volkes  (ein  gülticeres  Urtheil  üher  deh  Werth  ein  Gedichtes 
als  das  aller  arabischen  Frofessoreii  iit  Europa)  behauptet  did 
Bordet  auch  durch  Anlage^  durch  innereil  Reich th um  und  Fü\\6 
d^  Poesie  bei  weitem  den  Vorzug  vor  dei-  Kafside  Beil  So'^ 
hairs»     Diese  höchst  einfach  beschränkt  sich  auf  das  Lob  deS 
Mäd<:hens^   des  Kameeis,  de$  Propheten  und   seiner  tapfern 
Gefährten;  die  Bordet  aus  drei  Theilen  bestehend  (  dem  Ein« 
gangi    dem  Ft'ö|>hetenlob  und  denl  Schlufs)   ist  höchst  sinrt^ 
reich  als  poetisches  Kunstwerk  gegliedert!     Statt  des  Lobes 


^}  Diesä  Öudeheib  §inA  das  36ce  und  37te: 

ich  sprach  ^  lafst  mich  i  ihr  habet  keinen  Va^er| 
Was  der  Batmhenige  beschlofs,  mufs  sieh  idtragen^       % 
Dexm  jeder  W^gebcfrziei    leb'  er  oöeh  !•  lasg^ 
Wixd  eines  TagS  aiif  krumnier  Bahre  fi^rtgCbragen: 

üid  das  Site : 

ptnn  der  Geyaiidte  Gottes  ist  ein  S^hWer^  4  ääs  letfchie^i 
Ein  indisoh  GotteSsch#crt  ^  I^togeii  atis  der  Scheiden 


y.^i^H-J 


(R£Ci>>^  /  Digitized  by  GoOgk 


4  Joseph  iind^  Suleiöha. 

def  Mädchens,  welches^ich  2u  einem  rein  l^eligi^sen  Gedichte 
nicht  schickt,  beginnt  'die  Bordet  mit  der  Schilderung*  der  >' 
L-eidehschäfty  weichet  der  Veratarid  uriisbnst:  Lehren 
ertheilt,  und  welcher  der  Dichter  gthuldiget  hi^  s^in  Haar 
graw  geworden,  und  von  der  er  zu  et^as  Sedsetem,  nämlich 
auin  Lohe  des  Propheten,  übergeht.  In  diesem  Wird  die 
Wü^de  seiavir  Geburt,  Gestalt  und  S  e  nd  u  ftg  geprie- 
sen ,  deren" höchstes  Beglaubigung'szeichen  der  Koran.  Hier- 
auf folgt  der  Preis  der  nächtlichen  Himmelfahrt^  der 
Schlachten,  der  islamitischen  Helden.  Den  Be« 
schluTs  macht  die  Reue  des  Dichters,  der  tut  Sühnung  sei* 
lies  bisherigen  Lebens  den  Propheten  lobt,  und  üb^r  ihn  die 
Segnungen  Gohes  anruft. 

,     Hrn.  V.  Rosen?5weig*s   Uebersetzung  ist  zwar  weder  me. 

'irisch  noch  poetisch,  sondern  in  jeder  Hinsicht  pro»aisch  aber 
treu  nach  dem  Coftnnentar  Ihn  Mersuk^s  dem  geschätzte- 
sten des  von  .Hadschi  Cbalfa  angefahrten  halben  Hunderts. 
In  den  Noten  kommen  einige  Unrichtigkeiten  vor,  wie  z.  Ö. 
N.  82.,  wo  die  7  Lesearteu  des  Korans  mit  7  Tbeilen  dessel- 
,l)en  vervirechselt  werden,  und  N.  58.  kommt  Mohammed  statt 
nach  BoXsra  nach  Bafsra,  was  damals  noch  nichtbestaild. 
Das  Metrum  endlich  ist  zwar  richtig  das  Schema  Musteiilun 
Elun  Muste&lun  Alun,  dieses  gibt  aper 

^   —  u  —  ^ ,  -^  —  o  —  ^  —  —  - 

'      und  nitht  förmliche  AJeafandriner 
*    _  *^— "  o   — —    u  — ,•  o    -y^\j   —   o    -^- 

\wie  Hr.  v*  Rosenz\Veig  meint* 

Eine, weit  wichtigere  Erscheinung  als  die  Bordet  im  Ge^i 
sichtskreis  mo^geiilündischer  Poesie  ist  Dschami's  grofses  Ge- 
dicht J  u SS  uf  und  Suleicha.  Böte  die  Literatur  arabi^chet 
toesie  gröfaere  Gedichte  als  Kafsides  d,  i.  beschreihen- 
^eodet  elegische  Glsdichte  von  höchstens  ein  Paar  huhdert 
Distichen  dar,  sq  würde  der  Uebersetzer  derselben  vermuth- 
licb  eiu  Seitenstück  zu  dem  romantischen  £pos  Dschami's, 
das  nicht  weniger  als  40(H)  Distichen  lang  ist,  aufjgesucht  luid 
fibersetzt  habend  Jussuf  und  äuleicha  Steht  nichb  tiur 
durch  die  Ahzah)  der  Verse  ^  sondern  auch  durch  poetischen 
Gebalt  eben  so  weit  über  der  Bordet  als  die  persische  Poesi» 
über  der  arabischen.  Dieser  fehlt  es  nicht  nur  an  Farlien* 
glänz  und  ^n  Kpsenduft  der  die  persische  Poesi«  vor  allen  ihren 
Schwestern  des  Morgenlandes  auszeichnet,  sondern  auch  an 
der  Fülle  von  poetischer  Kraft,  welche  die  Behandlung  Ifin« 
geref  Gedichte  erfordert,  und  am  Umfange  des  Reich thumS| 
welchen  einein  allehFäcbern  (das  dramatische  ausgfnom<* 


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Joirpii  uod  Suleichs*  ^ 

meii)  reich  putgebiMete  Poesie  wie  die  persisch^  zur  Schau 
träpt«     Während    die    perii«che    Heldengedichte   von    60^000 
und  Lehrgedichte  und  mystische  von  20  —  SOfOOO  Distichen 
aufzuweisen  hat ,  und  groise  Dichter  im  epischen  wie  im  ly- 
rischen und  didactischen  Fache ,    ist  die  arabische  ohne    den 
Flug  zum  Mesnewi    d.   i.  zum  doppeltgereimten  Epos   su 
erbeben  9    hei    der    Gasel   und    Kafside   stehen  geblieben» 
Die  Geschichte  der  persischen  Dichtkunst  liegt  europäischen 
Lesern  vor  Augen;  die  der  arabischen   so  wie  der  türkischen' 
ist  noch  9u  schreiben^    an  literarischem  Stoff  fehlt  es   hierzu 
keineswegs,  ja  die  i^rabische  Literatur  ist  an  Anthologien  und 
Dicbternamen  sogar  weit  reicher  als  die  persische;  was  iolgt 
aber  hieraus  für  den  gröfsercn  Werth  arabischer  Poesie?  nicht 
das  Geringste,  —  sonst  müfste  sowohl  die    arabische  alt 
die  persische  Poesie  der  türkischen  bei  weitem  nach- 
stehen,  deren  Literatur  mehr  Anthologien  und  Dichternamen 
als  die  arabische  und  persische  mitsammen  aufzuweisen  hat. 
Es    ist    ganz  lächerlich   aus    der    Liedersammlung    Aghani 
obscure  Namen  von  Verfassern  einiger  poetischen  Kleinigkei« 
ten  den  drei  oder  vier  Heroen  arabischer  Dichtkunst  im  Islam 
(Motenebbi.  3ochteri,  Ebitemam,  und  Ebil-ola) 
an  die   Seite  zu   stellen.     Die  Prpben  Hie  hiervon  Hr.  Kose- 
garten  im  Hermes  gegeben  ,  sind  der  für  ihn  niederschlagende 
Beweis  wie  wenig  überhaupt  aus  der  Schatzkammer  arabischer 
Poesie  für  europäische  Literatur  noch  Erfreuliches  zu  erwar-^ 
ten.     Desto  gröfn^ere  Schätze  liegen  noch  in  den  Fundgruben 
persischer  Poesie   und  einen  der  reichsten  hat   Hr.  v.  Rosen- 
zweig   durch   ^i^    Ausgabe    und    Uebersetzung  Jussuf  und 
Suleicha^s  zu  Tage  gefördert. 

Von  allen  Stoffen^  welche  die  persische  romantische  Poesie 
mit  yorzüglipher  Liebe  bearbeitet,  ist  die  Geschichte  Jussufs 
und  Suleicha's  ganz  gewifs  die  erste  und  vorzüglichste  aus 
dem  von 'Hrn.  v. 'Roi|enzweig  im  Vorberichte  wohl  auseinan« 
der  gesetzten  Grunde ^  weil  die  Geschichte  selbst  die  schönste 
der  im  Koran  erzähltem  und  darin  noch  obendrein  als  die 
schönste  aller  Geschiebten  gepriesen  wird ;  deshalben  ist  auth 
kein  anderer  epischer  Stoff  von  so  vielen  persischen  und  tür-  ' ' 
kiscben  Dichtern  behandelt  worden  als  Jussuf  und  Sttlei- 
cba,   selbst   nicht  Leila  und  Schirin* 

Für  den  Europäer  hingegen,  welchem  die  Geschichte  des 
ägyptischen  Joseph  aus  der  Bibel  bekannt  und  die  neuere  Ge« 
staltang  derselben  durch  den  Koran  unmöglich  so  wie  de^n 
MosUm  als  Gottes  Wort  ansprechen  kann,  bat  sowohl  die 
Araberin    Leila   al^   die   Fer^er^n   Schirin    weit  gröfseres 


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6  Jo'^pH  pn4  S^Uieha. 

Jnteresif  als  Putifar>  Fraii  ^ul^icha   und  deshalb  hat  der  (^ 
Yerfa^ef  der  daut^cheii  Seherin  in  ypl|8tändiger  Kenntnifs 
v^dieser  Uiid  apd^ri^r  perfUcber  un4  tOrki^ber  romantischer  Ge- 
richte der  GciichichtB,  Schirin's  \^ohlbed9chtig  den  Vorzug 
.gegeben ^  um .  darein  die  Me48cbnun'8  und  JTusi^uf's  su 

S^rsjchmelzen ,  und  dadurch  nicht  nur  ^n  der   deutschen  son- 
^r^  auch  in  dex  europäische  Literatur  der  Er^te  eiii  Muster? 
«  bUd  ^es  persischen  f-quiantischen  Epos  aufzustellen. 

Seitdein  hat  Cj^ezy  Psphami's  Leila  und  Medschnun 
in  französischeir  proi|ai^cher  Uebersetzung  gegeben ,  und 
Rücke r t  dui:f:h  die  froben^aut.dem  Iskeiid^rname  (im 
Jahrgang  11)24  des  f*rauentascbenbucbe^)  der  Erste  gezeigt,  . 
,^ie  persische  picbte^f  nicht  blos  qachg^hmt  od^r  blos  dem 
.'VV^ört^inne  ^apb  getreu  übersetzt  werden  mfis^en ,  sondern 
y^i6  ^ui^  deutscher  Dichtergeniu«  den  Genius  persischer  Dichi» 
fer  zu  erfassen I  ,  denselben'  durchaus  zu  durchdringen  und 
/pbne  Veränderung  ron  Duft  und  Farbe  auch  den  wesentlichen  . 
QleichUui  de^  Doppelreimes  beizubehalten  vermag.  In  dieser 
l^t^ten  Beziehung  kann  sich  ^tn,  v.  Kosenzweig's  Ueber« 
Setzung  freilich  feiner  Rückf rt'schen  an  die.  Seite  stellen, 
deinn  wiewohl  er  hie  und  da^  wo  ihm  der  Reim  von  selbst 
au£^tiefs,\d«nselbei)  beibehaUen  hat](  so  ist  die  Uebersetzung 
im  Ganzen  1^  wenn  gleich  durchaus  eine  metrische  j^  doch  nur 
8i|lten  eine  poetische«  und  wenn  gleich  der  Sinn  fast  durch« 
aus  treU|  so  leide|  doch  de^  Ton  und  Wohllaut  durclf  E^fit 
IcUeb^el  des  Verses  willen,  und  durch  Härten  inanche  Std. 
rupg^  fo  z.B.  sind  die  y«rkjeipe^ungswdrter | >  welche  Hr.  v, 
Ro^s^nz  weig  g^jatccht  ^  wie  :  Rd^schen^Gaselcheii^ 
j^iäschphfiji.  B.äumcheiny  £*ischchen,  wo  im  Text  . 
ifloaei  Gasefe^  F)asche^  Baum,  Fis^fa  u.  8|.  w.  steht, 
^ben  so  unstatthaft  als  die  {llisionen  Siun'ge^  )^^"g'g^9  ^a« 
radie«>cb^i^  T«pp*<cben  u*  s/ ^.  .     - 

Die»  Anmeri^ungen ^  lye^che^p  Blätter  füllen,  sind  mei* 
9t^s  fliehi^  siphätzbar  und  zur  Erläuterung  des  Textes  gute  Be- 
belfe j,  nur  ist  ^em  Verf.  9ft  begegnet  seipe  Quellen  gar  nicht 
^d^  ganz  falsch  anzufüj^^en ;  so(  würde  ^iqh  Hr.  Welker  nicht 
^enis  wundeti^  däls  S.  200.  d^e  Wort^  ^eine8|Recensenten  in 
de^  Jahrb^tcbern  i um  selbst  ivv  den  Mund  gelegt  werden;  das 
]V[etruix^  is^  zy^av  de^  Fo£m^  ns^ch  richtig  abgegeben  Mefailun 

]V(efail^n  feulun  welchfJS  aber  v — ^  •  i^  — "^t:  — »  v  —  — 

gibt  und  nicht  u,  —  -^  u,  v  —  —  y^  tr  —  u. 

Ueber  die.  mys^sche  Tendenz  Ds^bam^^ii  erklärt  sich 
Hr.  V»  Ro^^n^v^eig  im  Vc^rpcrichte  mit  fölge^^^n  Worten; 
),  Pscbami's    Diwane    siud    rein    tnystischen  l^balts ,    daher 


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J«fcph  umä.  SoleielMU  T 

ichrieb  er  mebrer«  Werke  die  blofse  Atcetik  tum  Gegenstände 
babeo.  indessen  durcbdrang  der  My^ticismits ,  wie  bei  an- 
dern groisen  mystischen  Dichtem  ^  nicht  sein  ganzes  Wesen 
iq  lehr  dafs  er  die  Welt  nur  aus  diesem  Gesidittpunkte  be- 
trachtet» und  allen  seinen  Gedanken  nur  Hichtuog  des  Licht- 
fluges  gegeben  hStte.  Er  wufste  das  Realistische  und  Ideali- 
stische in  sich  au  vereinigen  und  huldigte  so  der  äulseren  als. 
der  inneren  Anschauung  nach  Ort  una  Zeit  mit  Abwechslung 
Yon  einer  sur  andern ;  er  gehOrte  daher  weder  unter  die  ganz 
sinnlichen  noch  ganz  übersinnlichen  Dichter.»'^ 

Die  Behauptung  abgerechnet  dafs  Dschami's  Diwane 
rein  mystisch  sind  |  stimmt  Hecens.  Hrn.  r,  Rosensweig 
bierin  yollkommen  bei ,  er  mdchte  nur  noch  im  Sinne  desseU 
ben  ^nsuset^^en?  Dscbami  ist  seiner  Philosophie  n^cb  ein 
Sofi,  ein  Eleate,  einBekenner  der  Liicht«  und  Alleins- 
lehre; dieselbe  liegt  allen  seinen  Werken  cum  Grunde »  in 
so  fern  sie  die  Grundlage  seiner  eigenen  geistigen  ^  und  reli- 
giösen Bildung,  aber  seine  Gedichte,  selbst  nicht  die  lyri- 
schen alle  und  noch  weniger  die  epischen  sind  deshalben  fort- 
laufende mystische  Allegorien,  Wenn  gleich  die  Liiebesge- 
schichte  Jussuf's  und  Suleicba's  'das  bekannte  Frototy- 
pon  mystischer  göttlicher  Liebe  ist,  ^o  ist  das  Epos  selbst 
doc^fast  gröfttentbeilf  realistisch  durchgeführt,  und  nur  hie 
u()d  da  taucht  der  Idealismus  des  Soft  auf.  Im  gi^nsen  Ge# 
dichte  sind  kaum  ein  halb  Dutsend  Iftngere  Stellen  rein  roy« 
stischen  Inhalts ;  da  geoade  an  diesen  aus  Mangel  richtiger 
Wortwahl  |  die  Uebersetsung  Herrn  ▼•  Rpsensweig's  am 
schwächsten  9  so  übersetzt  der  Ilec.  hier  dre  8  vorsfighchsten  . 
nach  seiner  Weise,  nicht  um  den  Uebersetaer  Pschami's  tu 
tadeln  9  sondern  blq.s  um  dem  mystischen  Sinne  des  Dichters 
bei  Lesern  die  nicht  persisch  T^s^hen ,  yo)le  Gerechtigkeit 
^iderfabrei^  üu  Un^n. 

Die     Schönheit^ 

Seite  16.  |V)liQaasgabe.     Seite  26«  Oeiarsuigabe^ 

If^  Abgeschiedenheit^  wo  iron  dem  Seyn  nicht  Spur, 
1^^  SchatJ^  des  {^ichtseyos  tag  verborgen  die  Nattur,  ^ 


Jn  stiller  O^ule,  ohne  Daseynsspur, 

l*ßi  ViPi^h  die  -Welt  in  leerem  Nichts  Y«TAleckt; 


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8  jfo^eph  und  Soleioha. 

"  ■      V.  H./  "     *  ,  *  "      ■ 

Vom  Bild  der  Zweibeit  war  das  Daseyninöcb  entfernt» 
Es  war  vom  Vielgeipräeh,  dat:  Wir  und  Du  entferilt. 
Die  Schdpbeit  unbeschrankt  von  der  Objecte  Band; 
In  ibrem  eignen  Licht,  sich  klar  im  Auge  stand; 
Ein  schdnes  X«iebchen  sie  in  dem  geheimen  Raum 
Von  schändlichem  Verdacht  gereiniget  ihr  S^um. 
Kein  Spiegel  hatte  noch  ihr  Angesicht  geschaut    ' 
Kein  Kamm  sich  noch  ihr  Haar  z^  iscbmeidigen  getraut^ 
Es  hatte  noch  ;^er  O&t  die  Locken  nicht  gewühlt 

-»  Kein  Stäubchen  von  Sürme  ihr  Auge  noch  gefühlt« 
Bei  ihrer  Rose,  safs  die  Nachtigall  noch  nicht 
Kein  zartes  Grün  erhob  da^ ,  Rosenangesicht , 
Iht  Angesicht  noch  rein  von  Maalen.und  von  Flaum, 
Kein  Aug^e  sah  von  ihr  nur  ein  Fhantom  im  Trauni 
Sie  selber  setzte  sich  als  des  Gekases  Ziel, 
Und  spielte  mjt  sich  selbst  der  Liebe  Würfelspiel; 
Jedoch  dort  wo  ergeht  Befehl  von  Sch^nheits  JVJacht      ; 

-Ist  sie  verhüllt  in  Flor,  wie  billig  aufgebracht 
Ein  schdn  Gesicht  wäl  nicht  versperret  seyn  im  Haus, 
Machst  du  die  Thüre  jsu,  steigt  sie  beitii  Fenster  «lust 


Noch  paarte  sich  das  Bild  das  Körpers  nicht. 

Noch  tdnt*  es  nicht  vom  frohen  Wir  und  Du; 

Frei  war  die  Schönheit  von  der  Blicke  Band» 

Im  eig*nen  Lichte,  ^das  auf  sie  nur  fiel,      .    . 

Ein  holdes  Liebchen  an  verborg'nem  Ort, 

T>es  Kleides  Saum  von  jeder  Mackel  rein; 

Kein  Spiegel^^arf  ihr  Angesicht  zurück, 

Es^  ordnete  kein  Kamm  ihr  schönes  t^aar ;         .   • 

Kein  Ost  durchwühlte  ihrer  Locken  Schmuck, 

Kein  Surme-$taub  umwölkte  npch  ihr  Aue;  - 

Ihr  Röschen  lockte  keine  Nachtigall , 

Kein  zartes  Grün  hob  dieses  Röschens^ Zier; 

yon  Flalimi  und  Maal  war  ihre  Wange  rein^     . 

ynd  selbst  im  Geist  sah  noch  kein  Auge  sie;    ' 

ilVIit  sich  nur  kost'  sie  VOP  der  Liebe  Tand, 

Und  wob  sich  selbst  der  Liebe  Wi^genband, 

Doch  wo  der  Schöriheit  Machtgebot  regiert. 

Da  zürnet  sie,  we^in  sie  ein  Schleier  deckt; 

Verborgenheit  erträgt  die  Schdne  nicht: 

Sperrst  dur  d7i&  Thor,  wi]l  lie  dem  Fenster  i;u,.  •« 


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Joseph  und  Sulelelia.  i 

V.  H. 
Sieh  nur  die  TulDen  atfi,  auf  B«rses  Blulneniaat! 
So  bald  mit  FrAhlichk'eit  der  Fröbling  «ich  genaht  9 
ZerlpaUet  sie  den  Fels  in  dea  Gehirnes  Kund 
Und  machet  so  der  Welt  die  eigne  Schönheit  kund. 
Wenn  ein  Gedanke  Licht  dir  in  die  Seele  iälU^ 
Der  in  Gedankenreih'n  sieb  selten  so  gestellt » 
So  läfst  du  nimmer  ihn  vorbei  im  Stillen  zichn^ 
Du  willst  ihn  hören,  willst  aussprechen  ihn. 
So  ist  an  jedem  Ort  der  Schönheit  Thun  und  Lauf 
Deshalb  brach  auch  zuerst  die  ewige  Schönheit- auf. 
Vom  Land  der  Heiligkeit  trat  sie  heraus  ins  Zelt 
Und  offenbarte  sich  den  Seelen  und  der  Welt. 
Aus  jedem  Spiegel  strahlt  ihr  Angesicht  hervor 
Und  überall  ertönt  ihr  Rnf  im  vollen  Chor. 
£s  fiel  ein  einziger  Strahl  auf  Engel  und  aufs  Reich, 
Die  Engeln  schwindelten,  sie  dreh'n  sich  Himmeln  gleich. 
Und  alle  Liebende,  die  suchen  nur  den  Preis, 
Entselbstet  trennt  $ie  sich  in  ihres  Lobes  Kreis. 
Die  Taucher  in  dem  Kahn  durchschiffend  Himmelsmeer 
Sie  rufen  lauten  S,challs:    Gepriesen  sey  der  Herr! 


Sieb  jene  Tulpe  die  auf  Berten  blüht : 

Kaum  ward  der  holde  Frühling  wieder  frob  f 

So  dringt  sie  aus  dem  Felsenriff  hervor, 

Und  zeigt  sich  alsbald  in  der  Schönheit  Glanz,  •«• 

Wenn  dir  was  Sinn'ges  in  die  Seele  tritt, 

Wie  es  nur  selten  «ich  an  Sinn'ges  reiht , 

Erwehrst  du  nimmer  jenes  Bildes  dich. 

Aussprechen  mu£st  du's,  oder  hören  docb« 

Dies  ist  dea  Spbönen  herrschendes  Gesetz, 

Das  sich  zuerst  an  ew'ger  Schönheit  wies: 

Sie  trat  vom  beilegen  Lande  in  das  Zelt, 

Und  geigte  eich  den  Geistern  und  der  Welt. 

Aus  jedem  Spiegel  blickt  ihr  Bild  hervor. 

Und  überall  ertönt  ihr  beb'rer  Ruf; 

£in<  Strahl  von  ibr  fiel  auf  der  Engel  Schaar  , 

Und  taumelnd  dreh'n  sie,  gleich  dem  Himmel,  si^h, 

Und  alle  I|eil'ge,  die  nur  HeU'ges  rübr^, 

6ie  stammelii  staunend  nur  ibr  heirges  Lob , 

Und  alle  Taucher  in  des  Himmelst  Meer, 

Sie  rufen  laut;    i^Gepr^e^en  sey  der  Herr!^< 


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10  .      /  Joseph  lind  Suleicha* 

'^     V.  ti.      '      '    V  :  '   .•  . 

Auch  auf  die  fioae  fiel  Von  Ibr  ein  licbter  Stralil « 
Und  durck  die  Rose  w^rd  verwirrt  die  Nacbtigall'« 
Von  ihrein  Abglanz  ist  der  Kerze  Wang*  entbrannt 
Und  Schmetterlinge  sind  wohl  hundert  dran  verbrannt, 
Ein  Funken  ihres  Xiichts  ist  Sonnen  angestaubt  « 

.Und  aiis  dem  Wasser  hebt  die  Löttoablum'  ihr  Haupt. 
Von  ihrem  Angesicht  hat  Leila  sich  geschmückt 
Und  deshalb  ward  Medschnun  durch's  finstere  Haar  verrüekt, 
6ie  öffnete  äen  Mund  Schirin's  mit  Zuckersaft 
Sie  stahl  des  Per  vis  Herz  und  nahm  F  er  ha  den  Kraft. 
Durch  sie  erhob  der  Mond  von  Chanaan  das  I^aupt^ 
Er,  der  Suleicha't  Hirn. und  ihre  Seele  raubt. 
Die  Schönheit  ist's  ^  die  überall  sich  offenbart, 
^Venn  gleich  im  Flor  vor  Lieblingen  der  Welt  bewahrt. 
Die  Schönheit  hält  den  Yorbäirg ,  der  Verborgnet  deckt. 
Die  Schönheit  ist's,  die  den  Tumult  der  Seelen  weckt. 
Durch  ihre  I^iebe  nur  wird  Herzenleben  leicht,- 
Durch  ihre  Liebe  nur  wird  Seelenwunsch  erreicht;^  . 
Das  Herz  ^  das  liebend  sich  den  Schdpen  nur  ergibt, 
Ist  wissend  oder  ni^fat  in  Schönheit  nur  yerliebt. 


Auch  auf  die  }lose  fij  eiii  Strahl  von  ihr, 
Und  mit  ihm  Gluth  in'«  Herz  der  Nachtigall; 
An  jenem  Strahl  entflammte  sich  das  Licht, 
Und  ach,  verbrannte  hundert  Falter  schon! 
Ein  Funke  sprühte  auf  der  Sonne  Ball, 
Und  aus  der  Fluth  erhob  der  Lotos  sich; 
Ihr  Angesicht  war  L  e  i  I  a'  s  Wangenzier, 
Drum  sehnte  sich  Medschnun  nach  ihrem  Haar ; : 
Sie  öffnete  den' Zuckermund  Schirin's, 
Und  stahl  Fervisens,  stahl  Ferhadens  Herz, 
Und  Cana' ns  Mond  erhob  sein  schönes  Haupt, 
Wodurch  er  bald  Suleic^hens  Sinne  raubt. 
4         la ,  üb'rall  zeigt  sich  jener  Schönheit  Glanz, 

Wenn  sie  sich  ird's^hen  Liebchen  auch  verbirgt ;[ 
Sie  hält  den  Vorhang,  der  Yerborg'nes  deckt, 
Sie  lenkt  das  Loos  der  lieberfdllten  Brust; 
Es  lebt  das  Herz  durch  ihre  Liebe  nur, 
Und  nur  durch  sie  wird  jeder  Seele  Trost; 
Das  Herz  t  den  Schönen  Ifebend  zugewandt, 
Ist,  unbewufst,  stets  pur  in  sie  verlieht^ 


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^  Joseph  und  jioltiebt.  Ii 

p.  Jf. 

Gib  aebtf  iab  hier  der  8imi  au^keinem  Irrtbum  rubt. 
Wir  sind  di«  Liebende,  sie  spendet  nur  das  Gat. 
Sobald  du  gut  und  rein,  sich  Liebe  ku  dir  neigt^ 
.Die  LfiBbe,  ihr  entstammt ,  bat  sich  in  dir  gezeigt. 
Du  bist  der  Spiegel  ,  doch  sie  macht  der  Spiegel  klar» 
Dg.  bist  in  Flor  verhüllt,  doch  sie  ist  offenbar,    < 
Allein  besiebst  du's  recht,  ist  sie  der  Spiegel  auch^ 
Nicht  nur  der  Scbatx  ist  sie,  sie  ist  Schatzkammer  audi. 
Wir  haben  nichts  zu  thun,  wir  beid^,  ich  und  du. 
Durch  leere  Meinungen  verkOmmern  wir  die  Ruh; 
Nun  schweig,  denn  sonsten  endet  die  £rzHhlung  nicht 
Und  ihre* Zunge  braucht  der  Spracbenkuud'gen  nicht; 
Das  beste  ist  die  Lieb'  als  Folter  des  Gerichts, 
Denn  ohne  dies  Gespräch-sind  wir  -—  und  bleiben  nichts. 

Sfite  88  der  Foüoansgabe  iid4  Seite  0$  der  OeUvausgabe. 

Im  eitlen  Formen  dien  8t  das  Leben  dir  verstrich 
Und  fiber  Formen  hast  du  nie  erhoben  dich. 
Mit  jedem  Augenblick  entflieht  der  Formen  Ruhm 
-Und  Zustand  wandelt  sich  in  andern  Zustand  um. 


9t  R* 
Gib  diesj&lls  keinem  frev*Ien  Irrtbum  Raum, 
Denn  Liebe  zollen  w'ir,  sie  spendet  Ret zi. 
Bist  du  erst  schön  ,  bist  du  auch  liebenswertb, 
I>u  stammst  von  ihr,  sie  wies  an  dich  uns  i^i; 
Der  Spiegel  du«  des  Spiegels  Zierde  sie. 
Du  der  Verdeckte,  sie  die  klare  stets; 
Im  Grunde  ist  wohl  sie  der  Spiegel  auch « 
Der  theure  Schatz  ,  der  im  Verborgenen  rubt^ 
Uod  mir  nnd  dir^  als' Wesen  mQfs^ger  Art, 
Uns  wird  hier  nichts  als  leerer  Wlihn  zu  TheiL 
Schweig:  —  denn  l^ein  Ende  nimmt  das  Mähr  eben  aonst: 
Braucht  seine  Zunge  doch  den  DoUmetsch  nie ! 
Wer  liebt ,  der  bat  das  Edelste  getban, 
De^n  ohne  Liebe  ist  das  Leben  —  Wahn, 

Dein  Lebeni  schwand  im  eitlen  Bilde^ienst, 

Und  immerdar  sankst  du  auf  Bilder  nur : 

I3ocfa  stündlich  n^mmt  des  Bildes  Schönheit  ab,  * 

Das  von  Gestalt  sich  modelt  zu  Gestalt, 


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ii    <  Joieph  und  $ul«iciia« 

Drujn  Bett*  nicht  stdts  den  Fufs  auf  Steinen ;in  die  Quer. 
'Und  ßieg'  nicht  immer  fort  von  Ast  zu  Aat  umher.  » 
Erwähle  dir  den  Sitz  hoch  ü her  Raum  lind  Zeit'  , 

Uud  nimm  zu  deinem  Nest  d^s  der  B^edeatsamkeit. 
Bedeutung  ist  nur  Eins  und  tausendfach  Gestalt, 
Wer  Forni/en  zählte    hat  nicht  die  Summen  in  Qeytralt. 
Zeo:  Streuung  ist  und  bleibt  der  Zählung  stetus  Loos,^ 
Halt  an  die  ]£  i  n  h e it  dich  als  an  eiil  festes  Scblofs. 
Vermagst  der  Macht  des  Feinds  du  nicht  zu  widerstehn. 
Ist's  besser  9  seinen  Klau'n  im  Schlosse  zu  entgehn. 
Glückselig.,  der  sich  selbst  befreiet  von  sich  selbst 
Und  dem  Erkenntnifs  auch  begegnet  von  sich  selbst; 
Sein  Herz  ist  so  erfüllt  mit  der  Geliebten  Trat^m^ 
r)afsin  demselben  nicht  für  andere  Schätze  Raum. 
^]s  Seele, strömet  sia  d^rch  seiner  Adern  Meer,* 
]^s  bleibt  kein  einziges  Haar  von  ihrem  Einflufs  leer 
Er  hat  getrennet  sich  vo'n  Farbe  und  von  Duft, 
Er  bat  nicht  Frieden ,  doch  auch  nichts- zum  Krieg  ihn  ruft« 
Geheftet  ist  sein  Herz  an  Thronen  nicht  und  Krön*. 
Die  Lüste  flogen  all'  aus  seinem  Gau  dsivon« 


rv.  R^ 
"Driim  tritt  nicht  stets  Auf  harter  Steine  Pfad, 
Ndch  fliege  stets  von  Ast  zu  Ast  umher! 
Schwing*  dich  empor  zu  überirdischen  Hah'n, 
Und  niste  luftig  auf  des  Sinnes  Kdschk! 
Der  Sinn  i&t  einfach,  tausendfach  das  Bild; 
Bei  BilderzMblern  triffst  du  Ein h  ei  t  nie; 
Die  Zahlung  ist  mit.  Vielheit  stets  vereint. 
Drum  sey  nur  Ein  er  deiner  Zuflucht  Schloff.. 
Kannst  du  des  Feindes  Sturm  nicht  widersteh'n. 
Frommt's,  seiner  Wuth  im  Schlosse  zu  entgeh'n. 
Glückselig  Jener,  der  sich  Selbst  entschwebt': 
Sanft  haucht  der  Selbsterkenn tnifs  Ost  ihn  an^ 
Und  die  Geliebte  füllt  io  ganz  sein  Herz,  ' 
Dafs  für  ein  Härchen  selbst  kein  Raum  mehr  blieb' 
Sie  str-lmt  als  Seele  durch  die  Adern  ihm, 
Sie  gtefst  ihm  Leben  in  ein  jedes  Haiir; 
,£r  kennt  den  eig*nen  Duft  und  Glanz  nicht  mehr. 
Und  Krieg  und  Friede  sind  ihm  eitler  Wahn; 
Sein  Herz  verschmähet  Thron  und  Kronenaieft 
Und  allen  Lüsten  sagt  er  Lebewohl; 


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Joieph  und  Suleieht.  l3 

c.Jt. 
Spricht  er  ein  einz'ges  Wort  9  so  spricht  6 r 's  mit  dem  Freund, 
Und  sucht  er  einen  VVunsch  9  so  sucht  er  ihn  vom  Freund. 
Er  bringet  nimmermehr  sich  selber  in  Betracht» 
Indem  er  kein  Geschäft  als  das  der  Liebe  macht.    ' 
Gezeitigt  wird  von  ihm  die  Wange,  die  noch  roh. 
Aus  seinem  eignen  Seyn  entschwebet  er  sich  so. 
So  geh  auch  du  Dshami  zuerst  aus  dir  heraus. 
Dann  wirst  da  geben  ein  ins  ew'ge  Wonnehaas. 
So  viel  ich  weils,  ist  dir  der  Weg  di^hin  bekannt. 
Doch  nimmer  wird  das  GlCIck  der  Trägheit  zuerkannt. 
Nicht  in  das  Netz  der  schweren  Seelen  setz'  den  Fufs, 
In  der  Yernichtug  sel'ges  Land  setz'  du  den  Fui's. 
Einst  warst  du  nicht  — ,es  war  fOr.  dich  kein  Schaden  drin, 
Sey  heute  nicht  —  so  bringt  das  Nichtseyn  dir  Gewinn, 
In  Selbstsucht  suche  nicht  des  Lebens  Wobl  fOr  dich, 
Es  keimt  aus  dieser  Gier  nie  ein  Gewinn  für  dich. 


v.  H.  ' 

Spricht  er  ein  Wort,  ist's  mit  der  Frepndinn  nur, 

Mit  ihr,  die  treu  ihm  jeden  Wunsch  gewährt; 

Er  bringt  sich  selbst  in  keine  Rechnung  mehr. 

Denn  Liebe  ist  sein  dringendstes  Geschäft; 

Er  adelt,  was  da  roh  war  und  gemein^ 

Und  ganz  entflieht  er  seinem  eigenen  Seyn«- 

Auf  dann  Dschamil  Entflieh  auch  du  dir  selbst^ 

Und  eile  in  des  ew'gen  Glückes  Haus! 

Den  Weg  dahin  —  ich  weifs  es  —  kennst  du  wobl : 

Doch  solcher  Trägheit  wird  kein  GlQck  za  Theil! 

Der  Trägheit  Netz  fängt  läfs'ge  Seelen  nur: 

Du  eile  in  des  Nichtseyns  frohes  Land  ! 

Einst  warst  du  nicht,  und  ohne  Nachthei]  zwar:* 

Sey  beute  nicht,  und  Vortheil  bringt  es  dir, 

Du  triffst  in  Selbstsucht  keine  Wohlfahrt  an , 

Und  Nacbtheil  nur  bringt  dir  des  Lebens  Wahn. 

RecenstSnt  will  durch  diese  Proben  keinen  Schatten  auf  ias 
'  Verdienst  des  Uebersctzers  werfen  ,  wie  es  in  seinem  Werke 
(S.  27-)  heilst : 

Ihr  flatternd  Haar ,  das  nach  Jasminen  roch. 
Warf  Schatten  auf  den  ganzen  Rosenzweig 

.  aoncJ^K'A  wendet  auf  die  U^bexset^xuig  vielmehr  die  gleich  nach 


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14  Z^pemtek-Se^iTaqaiiaiiBnzen* 

der  öbigcti  Stelle  folgenden  Verse  der  Beschreibung  ^er  Sclidn« 

beit  Sul^icha'Ä  an : 

.  /  ■         ,         ' 

Ein  Abbild  IremV  ist  ihr  Angesicht» 

Auf  welchem  buntgefilrbte  Rosen  blahn,  • 

£s  sin4  auf  ihm  der  Moschusmaale  viel, 

Gleich  Mohrenknaben  auf  der  Hosenflur» 

oder  Horazens: 

Verum  ubi  plura  nitent  in  carmine  f  noh  ego  paucis 
Offendar  maculis  quas  aat  incuria  füdit 
Aut  humana  parum  cayit  natura»  *—» 

J»  p.  Hammer» 


Die    Ca-pitels  •.  und    Sedisvßcui^z  ^  MUnzen   und  MedaÜleH 

der  deutschen  Erz»  f  Hoch*  und  unmittelbaren  Reichsstifter ^  ge^ 

tammelt  und  heschriehen  von  Dr.  Karl  Friedrich  2 äpernick^ 

KdmgU  Preujs»  Ober'iMndgerichtS'Rath»      Mit  XVl  JCupfertU'» 

'    fein.     Halle  in  dier  Gehauersch^n  Buchhandlm^ß  18221.  4.  «S.  t99. 

-,  6  Rthlr-  12  gr* 

'  Ref«  beschränkt  sich.  Von  vorliegendem  Werkö  eine 
fibersichtliche  l^ihaltsahi^eige  «u  cebem  vVer  den  Wetth  der 
Mdnzkunde  fQr  die  vaterländische  R^cbskuüde  zu  würdigen 
weifs ,  aber  auch  die  trockene  iVlüfaseligkeit  dieser  Art  iröfi 
Arbeiten  kennt ,  wird  dem  Verfasser  fär  die  abgerundete  aus^ 
fohrliche  und  sehr  gründlich  historische  Behandlung  seines 
.Stoffes  gern  Dank  sagen,  und  das  ^etignifs^  das  er  sich'S^elbst  - 
giebt ,  an  Genauigkeit  seine  Vorgänger  übertroiFen  zu  haben^ 
gern  bestätigen.  ... 

Sein  Zweck  ist,  ^^di^  'Münzen  Wnd  Medaillen  der  eh^ma«« 
ligen  ^Gapitel  bei  den  Gathedralen  und  bei  den  Kirchen  der 
tin mittelbaren  Reichsstifter  Detctschlands  aus  der  Reihe'  det 
flhrigen  Stiftsmünzen  zu  heben^  zusammen  zu  stellen  und  al< 
«ine  besondere  Gattung  zu  behattideln««  JDieS  ist  lobenswerth^ 
da  jede  Sonderung  im  reichen  Felde  deri  historischen  £tülfs^ 
>rissenschaften  die  Uebersicbt  erleichtert  und  so  im  Einiielnen 
die  Vollständigkeit  möglich  macht.  Jene  deutschen  Capitels« 
münzen  unterschieden  sich  „nicht  aljein  dutch  ihre  zum  Hieil 
netten  Gepräge,  sondern  auch  vorzüglich  durch  die  verACbie- 
^enen  Hechtsgründe  ^  aus  denen  ihre  Elntsiehung  herzultfiteg 
ist^  so  wie  dadurch»  dafs  der  grOfste  Thöil  derselben  nut'  un-^ 


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Ztpsnuek  S#(Us?aMium3iifcii«  15 

ter  gewiiten  Bedingtingen  und  bei  dem  Eintritt  bettimmter 
EreigniMo  und  Fälle  geschlagen  werden  konnte ,  weshalb  tie 
auch  nothwendig  unter  verschiedene  Classen  gebracht  wer- 
den müssen.** 

Capitelsmflnsen  sind  dem  Verfasser:  ^fdle  Medaillen 
nnd  Mfinzen,  welche  die  Domcapitel  der  deutschen  Erz*  und 
^och*  und  freien  Reichsstifcer  allein  und  ohne  Mitwirkung 
der  Stiftsprl^ten  haben  prägen  lassen/*  Sie  sind  eig,ent* 
liehe  CapitelsmQnseni  wenn  sie  während  der  Zeit  ge« 
schlagen  worden  f  da  der  geistliche  Stuhl  besetzt  war  ^  S  e  d  i  s« 
Vacanzmünsenf  wenn  der  geistliche  Stuhl  erledigt  war. 
Letztere  haben  meist  selber  in  der  Umschrift  die  Worte  sedt 
vaeant'0.  Die  eigentlichen  Capitelsmünzen  haben  wieder  ei.ie 
Unterabtheilung  von  Denkmünzen  und  Medaillen«  Bemer- 
kungen aus  dem  deutschen  Staats«  und  Kirchenrecht  erläutern 
diese  Begriffe  und  Eintheilung. 

Der  MetallgehaU  und  die  äufsere  Form  der  Münzen  wird 
ausführlich  beschrieben,  sodann  ihr  Ufeprung  und  Alter  un- 
tersucht. Die  eigentlichen  Capitelsmünzen  linden  sich  schon 
im  l4ten  Jahrhundert,  die  übrigen  erst  am  Schlufs  des  I6ten. 
Auch, die  Befugnifs  der  Domcapitel ^  Münzen  zu  schlagen, 
wird  mit  Rechtsgründen  erläutert  und  von  den  diesfälligen 
Streitigkeiten  und  Processen  der  Capitel  j^ehandelt.  Endlich 
wird  die  bisherige  Literatur  dieser  Münzen  vollständig 
nachgewiesen. 

Bei  der  Beschreibung  jeder  einzelnen  Münzen  kommen 
zuerst  die  Domcapitel  der  Metropolitankirchen  in  Betracht, 
dann  die  von  den  übrigen  Hoch-  und  Reichsstiftern  in  alpha- 
betischer Ordnung.  J^s  folgen  sich  demnach:  Mainz ,  Trier, 
Kdln,  Magdebujg,  Salzburg,  Bamberg,  St.  Blasien,  Brixen, 
St«  Emnaefan ,  Freisinge^  ,  Fulda  9  Gottweich ,  Halberstadt 
(am  reichhahigsten  mit  Münster) ,  Hildesbeimf  Lübeck,  Lüt« 
tich^  Münster,  Osnabrück,  Faderborn,  Fassau,  Regensburg, 
Speier,  Stralsburg,  Verden,  Wirzburg, 

Nach  einigen  Zusätzen  und  Verbesserungen  folgt  ein  flei- 
fsiges  Register  ,  wo  jedoch  bei  Bursa  und  Bürsarius  die  Sei- 
tenzahl falsch  angegeben  ist.  Endlich  sind  dem  Werke  noch 
16  sehr  saubere  und  treue  Kupfer  tafeln  zugegebert  worden, 
welche  183  Münzen  abbilden  und  allein  schon  das  VV#»rJt  denl 
Mürvzliebbaber  empfehlen  w.erdeir.  Die  Verlagshandlunij  hat 
al/e«  £rforderliche  geleistet« 


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16  Hemnibn  9  Fram  der  Ertte. 

Front,  ^d^r  Erste,  Kt(nig  von  Frankreich,  ein  Sitt^ngemähldB  aus 
dem  sechszehnten  Jälirhundert ^  dargestellt  von  A,  C9  H0  r  r^ 
mann,  Professor  am  König! •  Sächsisehen  adeligen  Cadetten* 
Corps  in  Dresden*  Leipzig  bei  Gerhard  Fleischer,  .z824«  '  yi 
u.  422  iS.      •  ,  4  Rthlr. 

Ohne  aus  den  Schranken  der  Biographie  zu  treten ,  hat 
cier  Verf.  doch  das  specielle  Interesse  derselben  an  das  weit* 
historische  su  knüpfen  gewufst ,  und  es  ist  nicht  zu  verken* 
nen,  dafs  ihn  nicht  sowohl  die  an  sich  allerdings  charakteri- 
stische £rscheihung  des  Königs  Franz^  sondern  hei  weitem 
mehr  der.  äui'serst  wichtige  Einflufs  desselben  auf  diti  Begrün«» 
düng  des  neuen  politischen  Gleichgewichts  gerade  für  diesen 
Franz  interessirt  hat.  Die  Wahl  ist  um  so  gltlcklicher,  als 
in  der  Person  des  Königs  selbst  der  ganze  Kampf  mittelalter- 
licher Ritterlichkeit  und  Ehrlichkeit  mit  allen  PfijflFigkeiten 
der  neüer)i  Politik  sich  au.£Fa1Iend  reprÜsentirt. 

Das  Buch  giebt  sich  übrigens  für  nichts  mehr  als  für  ein, 
historisches  Lesebuch  und  ist  in  di^er  Weise  übersichtlich^ 
zusammenhängend  und  in  gefälliger  Sprache  geschrieben.    Das 
reiche  Detail  versetzt  lebhaft  in  den  Geist  der  Zeit  und  jeder 
Leser  wird  sich  befriedigt  fühlen. 

Nur  an  einigen  Stellen  hätte  der  Verf.  nicht  so  rasch, 
mithin  schonend y  über  die  Fehler  seines  Helden  hinweg^iltn 
sollen«  *  So  gedenkt  er  z.  B  der  Hinrichtung  der  Protestanten  ^ 
in  Paris,  während  Franz  mit  den  deutschen  Protestanten  in 
oifenen  Bund  getreten  war,  nur  mit  einer  einzigen  Zeil<*. 
Auch  steht  das  sehr  ausführliche  Detail  der  Kriegsscenen  mit 
dem  kurzen  des'Hofiebens  nicht  ganz  iny  rechten  Verhältnifs. 
Diese  Mängel  abgerechnet ,  ist  es  billig,  dafs  der  Biograph 
seines  Helden  sich  angenommen ,  i^nd  wir  müssen  das  Talent, 
bewundern y  wotnit  er  sich  in  die  Seele  und  Parthei  der 
Franzosen  hineingedacht  h«t,  ein  Talent,  das  umgekehrt  ein 
Franzose  vielleicht  besitzen  kann,  aber  niemals  zu  Gunsten 
«ines  deutschen  Helden  anwenden  wird« 


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N.  2.  -      1825. 

HeiGlelberget* 

Jahrbücher   der  Literatur. 


A  System  ou  methanical  Thilosophy^  By  J*  Üdhison^  L,  L.  Z>* 
lote  Professor  af  natural  philosophy  in  the  ttnioersity  of  Edht^ 
hurgh»  ,  TJ^uk  Notes  by  Dao.  Brewster ,  L,  JL,  Dt  ce%  In  fout 
Poiumei  änd  a  P''olume  of  PUtesl  Edinb,  i«22.  8;  uo/«  /.  X 
tu  713  S.  XII  Tafy  vol.  U.  X  u.  708  S,  XlII  Taf.^  vol.  Uh 
80»  $.  XIV  Taf.^  vol.  ir.  634  S.  X  Tsf.  jpr.  4  L»tl. 

Diesen  rolumitieuse  Werk  yan  einem    in  Grorsbritttnien 
äeht  ho^h  geachteten  Gelehrten,  von  welchem  sehr  viele  Arti* 
ke]  in  clerKncyclop.  Britannica  vorzüglich  gut  bearbeitet  sinJ^ 
wird  seines  hoben  Preises  wegen  scluverlich  auf  dem  Contiw 
jiente    ausgebreiteten    Eingang    iinrjen ,    o]»gIeich   sehr    viele» 
d^rifvclie  Aufmerksamkeit  der  Physikt^r  in  einem  hohen  Gradd 
verdiente     Minder  wichtig  ist  es  indefs  fcir  die  Literatur ,  al» 
ein  ähnliches  grol'sos  VVewk  der  £Tigl;{nder,  nämlich  a  course 
of  Lcctures  on  Natural  Philosophy  and  the  mechanical  arts^ 
by  Thom.  Young,  welches  l607  in  zwei  grofsen  QuartbUndeit 
splendide  gedruckt  und  mit  58  wahrhaft  köstlichen  Ku^ferit 
"irerschen  erschienen,    aber  gleichfalls  ai/f  dem  Continente  vre^ 
gen  seines  hohen  Preises  wenig  bekannt  geworden  ist.     Reo/ 
vrÖrde  sich  ein  wahres  VergnOgeo  daraus  machen^  auch  diese» 
letztere  Werk  von  einem  seltehen  Reichthume  an  Gelehrsam« 
k^eit  ausführlich  anzuzeigen,    iNge    es    nicht   durch   die  Zeit 
«eines  Erscheinens  im  Jahre  ]807  zu  weit  aufser  den  Grenzen 
<3er  jetzt  noch  in  diesen  Blättern  zu  beurtheilenden  Schriften« 
Robison's  vorliegendes  Werk  ist  dem  Titel  nach  von  Brewsteif 
li erausgegeben  und  mit  Anmerkungen  versehn,  welche  indefa' 
IR.ec.  nur  äufserst  sparsam  für  sich  abgesondert  und  mit  ED« 
]>e zeichnet  gefunden  hat,  und  man  scheint  wohl  hierbei  haupt^ 
sMohlicb  den  berühmten  Namen  dieses  Herausgebers  gesucht 
Ktx    haben,  welcher  auch  die  neueste  Ausgabe  der  Astronomie 
iron  Ferguion  besorgt  hat,    und  Überhaupt  seine   glückliche 
VXtaXse  in  einem  hoh^^n  Grade  der  literarischen  Thätigkeit  ver^ 
TfT^jndet.     Jedoch  verdient  allerdings  ein  Brief  über  die  Dampf» 
ria^chinen)   von  dein  bekannten  Watt,  an  Brewster  geichrie«. 
r^ri  f  im  Anfange  des  zweiten  Bandes  als  ^ine  nicht  uub^deu* 
3^:Vm,  Jahrg.   i.  Heft.  8 


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.  t8^     '  Robisoti  System  of  meehanical  Philosophy«      '      ,    ^ 

tetiie' Zugabe  genannt  zu  werden,  'Der  gewusenhafte  Her- 
ausgeber gesteht  da  auch  selbst  in  der. Vorrede^  dafs  diese« 
die  wesentlichste  2iugabe  sey«  und  dafsf  er  bei  der  ausnehmen« 
dj^n  Reichhaltigkeit  des  Manusciipts. Bedenken  getragen  habe» 
•löcbWoteii  von -ihm  selbst  hinzuzusetzen ,  ihdem  et  "^lilhtehr 
darauf  bedacht  seyn  miirste,  die  für  die  Encyclop.  Bnt,  so  weit« 
Iftuiig  bearbeiteten  Abhandlungen  von  allem  Uebernössigen  eU 
befreteiif  wozu  dann  nur  noch  eine  Berücksichtigi^ng  der 
^liüesteti  Literatur'  gekommen  sey.  tndefs  ist  auch  diese 
XiClt^'tere  nur  an  «ehr  wenigen  Stellen  bu  entdecken.  Zur*  voll* 
•tändige^  DaHegung  des  literäri sehen  Standpunctes  dieses  . 
/Werkes,  mufs  endlich  noch  bemerkt  werden^  dafs  die  Heraus- 
gabe anfaiig«  durch  den  berühmten  Playfair  besorgt  wurde, 
irelch^t  aber  M^egen  seines  Alters  und  eigenet,  leider  nicht 
vollendeter,  Arbeiten  nur  einen  Theil  beendigen  konlite. 
^  Um  die  Beurtheilung  des  v/eitlMufigeii  Werks  mit  einer 
allgemeinen  Bemerkung  anzufangen,  müssen  wir  gestehen^ 
dais  tttan  nicht  leicht  den  Mangel  eines  Registers  so  sehr  ver« 
•inifs.ty  ^Is  gerade  hierbei.  Das  Ganze  besteht  nämlich  aus 
lauter  umfangenden  Abhandlungen ,  deren  allgemeiner  Inhalt 
yprnDbne  nähere  Bezeichnung  de$  Einzelnen  angegeben  ist« 
"Wie  sehr  diesea  das  Nachschlagen  und  Auffinden  erschwere, 
^It  leicht  in  die  Augen,  und  wird  bei  der  Anzeige  der  ein«* 
«einen  Abschnitte  noch  ersiclitlicher  werden«  Kec.  würde  in» 
^efsden  angegebenen  Raum  überschreiten,  wenn  er  den  Inhalt 
t^nd  den  jGeist  de»  Vortraga  überall  genau  angeben  wollte, 
daher  es  genügen  mag,'  die  hauptsächlichsten  Abschnitte  etw 
was  näher  zu  bezeichnen.  Wir  übergehen  daher  die  erste 
Mißhandlung ,  welche  Dynamics  überschrieben  ist,  und  von  ^der 
Bewegung,  d^n  bewegenden  Riäften^  dem  Stoi'se,  der  Träg- 
heit, der  Zusammen  set^sung  der  Kräfte,  der  gleichmärsigen 
und  urigl^chm'äTsigen,  geradlinigen  und  krummlinigen  Bewe« 

{jmig  mit  steter  Berücksichtigung  der  Ansichten  der  Vorzug* 
ichsten  fr£(heven  Geometer  bis  auf  La  Orange  herab  han« 
delt«  Mit  der^blos  analytischen  Darstellung  des  letzteren^ 
ohne  erläuternde  Figuren  ist  upjer  Verf.  indefs  nicht  gan« 
tufneden,  und  sucht,  wie  alle  Engländer,  insbesondere  des 

frpfsen  Newton's  Ansichten  vorzüglich  bervorzutieben« 
)ie  zweite  Abhandlung  über  die  WurfbeWegung  (of  Prcfjeiti- 
les)  enthält  blofs  einen  mäfsig  langen  Auszug  aus  den  sehr 
umfassenden  Arbeiten  des  Verf,  in  der  Eiicyclopaedia  Brit., 
welche  zu  den  besten  über  diesen  schwierigen  Gegenstand^ 
gehören ,  und  aufser  den  theoretischen  Formeln  auch«  eine 
aSeoge  Tabellen  aum  pracii^beji  Gebrauche  entbatteii.     Bier 


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Robitou  S/fteia  of  meetiMisiil  Pliäofoplijf.  49 

findet  ihan  nur  dasjenige^  wa«  «rfot^ei^  wird 4  unä  eiric  aljgei 
meine  Kenntnift  der  Sache  itu  erhtltert|  also  ^uei:tt  ^l^r  diö  ^ 
Getetse  d«s  fr«ien  Falles,  insotern  di^Se  die  prarabdUsch^  ' 
Bahn  geworfener  Kdrper  bedingen  ^  und  di^  Cönstruotioil  der 
letzteren  im  freien  Haume  für  did  verschiedene^  ElevttHöita« 
Winkel  der  GeSchüts^^  Wobei  danti  aber  sogleich  anerkaMit 
wird|  dafs  wegen  dbi  Wiederstandel  derLufc  der  theoretiscil 
gefundene  Eleratidnswinkel  vom  45^  für  den  weitesten  Wurf 
der  Erfahrung  nach  viel  zu  grofs  ist,  Utid  bei  grofser  AnfaMgi-i 
eeKb windigkeit  auf  36^  bis  2b^  h^rahgesettt  werden  dluis^ 
Hierbei  wefdeil  die  Versuche  zu  La  Fere,  w^it  friehr  di« 
TOD  Robin s^  Hurolord  und  vorzeitlich  von  Huttön  er- 
wähnt und  gewürdigt!  auch  wird  die  durch  die  Rotation  der 
Kugein  entstehende  Ablenkuhg  erwHhht,  ohne  ji^doch  einm 
allgemeine  Auflösung  des  ballistischen  Frobleihs  su  gebeti# 

£}ner  der  vorzüglichsten  Abschnitte  Jm    ganseri   VVerld 
iit  wohl    oline  Stfeit  derjenige.   Welcher  überschrieben  isti 
o£-cor]^uscnUr  forceS|    und  von    p.,  205    bil   369  fortläuft^ 
wdzu  njan  eigentlich  den  folgendeh:  strength  of  matefiaUbis 
P*  496  gleichtalls  reebnen  kann.      0er  Verf.  geht  hierbei  voll 
den  allgemeinen  Erscheinungen  der  Cohäsion  atis^  fcigt  die  de^ 
AdbSsion  und  Cafillaritiit  hinzu,  bringt  bei  dieser  Gelegene 
beit  viele  ältet^,   Viel  zu  früh  vergessene  BeObachtangcfn  wie- 
der in  Erinnerung,  ohne   jeddch   liä  FlaCe'S  classisch^  Ar« 
i)eit  zu  berücksichtigen^  und  geht  ddhn  zur  ÜntetSucburig  de^ 
Frage  über  ^  durch  wekhe  Ursachen  und  KrSifte  die  Eiiisteni^ 
der  Materie  überhaupt  bedingt  werde.     Hierbei  kommerf  viel^ 
Erfehrungeri-und  Hypothesen  «ur  UdterSuchungi  w^lcW  iüi 
gröndlicberi  Erörterung   dieses  schwierigen  OegentftaridcJi  ge^ 
buredi  ^^^  insbesondere  witd  di6  iilindeStenS  bötbit  gi^itft« 
teiche  Theorie  Öosco^ich'l    (FhiloSophiae  riatui-alls  th^d'S 
ria  r^dacta  ad   unicäm  legem   viriuiii  in  MLtutä  eü^HätiilvLHid 
yiänti^e  1769)  aus  ihrer  unverdieht^ri  ^etg^itetth^it  äez:iQM 
iinci    mit  heuei'en    Etühtiitig^ti    V\frglt<;heil,       Wärij  dieie  tri 
Deutscbiarid  iiitht  so  bald  äber^eheii  i  hätte  di«  Blebrh^it  il4 
Versuche. von   Huygöns,   Wörsius  ^ü  eitiäti   VVecbsel  ähziä^ 
iiender  uhd  abätofsender  Kräftö  folg^ft^^  die  Hjr^othöien  Vöd 
Keil  und  insb.esondefe  von  j&higt   (Attfempl£  td  expläiii  «11 
fhe  j]fh&ndm'ena  of  iidtute  by  nieails  öf  iWö  prihcipl&s^  attract^ 
iori  änd    rejifulsioti  teit   i748)    mehr    liesdhtet  öder  iibt^tbitupi 
gekrfrtht  ;  so  würdeT  die  KantiS^he  Th^öri^  vort  einer  Dehrikrafc 
und  Ziehkraft  nicht  als  etwatf  ganz  i^ufserordetltHcHes  h^\¥unä 
dert^  nic:ht  fiir  elfte  ehdlkde  vollständige  Erklärung  itllef  i^a<^ 
iUrets^üi^ßiüiihgg^häU^ttf  bbM  dafadr  äucb  ^ürrdlicbef  j^^täH 


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20  R^buon  System  of  mecltanical  Philosophj« 

§eytl4  und  liUtte  bei  so  V^ieltm  nkh;:  den  Wahn  erzeugt «  al» 
bedürfe  es  künftig  im  Gebiete  der  Naturlehre  blös  noch  der 
Speculationen,  indem 'man  doch  jetz^  wohl  aHgemein  tiber^' 
seugt  ist,  dafs  durch  dieses  Vorurtheil  die  eigentlichen  Fort- 
schritte in  der  Wissenschaft,  eine  Zeit  lang  gehemmt  wurdekf« 
Robison  ist  übrigens  weit  entfernt,  die  Tiieorlevon  Bos^ 
covich  für  mehr  als  eine  scharfsinnig  gedachte  Hypothese 
tu  halten;  dennoch  aber  nennt  er  p.  267«  ihren  Begründer 
i^one^oj  ihe  first  Mathematicians  of  Eurape  y  and  of  very  extensive 
knowledge  of  the  phenomena  of  Nature  u.  $.  w.  Die  Betrachtung 
der  verschiedenen  auf  einen  Punct  oder  einen  Körper  wirken'^ 
den  Kräfte  führt  dann  am  Ende  dieses  Abschnittes  auf  eirns 
Untersuchung  der  Rotationsbewegung,  welche  keinen  Auszug 
leidet.  Sehr-  ausführlich  und  gehaltreich  ist  der  schon  er- 
wähi^te  Abschnitt  von  der  Festigkeit  der  Körper  (strength  oi 
wateriäls)  worfn  die  absolute,  die  relative,  die  rückwirkende 
Fertigkeit  und  diejenige  betrüchtet  wird,  womit  die  Kör|)er 
einer  Drehung  widerstehen;  -Die  Ursache- der  neuerdings  wie- 
der berücksichtigten  Frfahrung,, dafs  Metalle  durch,Drahtzie« 
iien  bett'ächtlich  stärker  werden,  findet  der  Verf.  in  einer 
Veränderung  der  Lage  der  Theilchen  gegen  , einander ,  gewifs 
nur  ftlr  den  Fall  richtig,  wenn  man  dieses  b^ofs  auf  die  Ober« 
fläche  bezieht.  Manche  der  neuesten  Versuche,  z,  B,  von 
Eyt  el  weiii,  Ren  nie,  Rümford  ii.  a.  sind  nicht  erwähnt, 
di^  älteren  aber  sämmtlich  berücksichtigt,  und  nebst  den 
daraus  abgeleiteten  Gesetzen  genau  geprüft.  Den  Beschlufs 
des  ersten  Bandes  machen  dann  diejenigen  Untersuchungen, 
welche  man  i,n  englischen  Werken  meistens  mit.  vorzöglicfier 
Vorliebe  behandelt  findet^  nämlich  über  das  Zimmern,  die 
CJonstruction  der  Dächer  ,  der  Bogen  und  der  Brücken. 

,  Der  bedeutendste  Abschnitt  des  ganzen  Werkes  ist  ohne 
Zweifel  derjenige  im  Anfange  Aei  zweiten  Theiles,  welcher 
von  den  Dampfmaschinen  handelt.  'Diesen  Gegenstand  hatte 
Robison  für  die  £ncycIop.  Brit,  bearbeitet ^  und  seine  Ar- 
beit gilt  in  England'  für  classisch.  Um  indefs  noch  gröfsere 
Vollendung  zu  erhalten,  gab  Brewster  diesen  Theil  dem 
alten  J.  Watt  zur  Revision,  welcher  einige  Unrichtigkeiten 
corrigirte.  Verschiedenes  zusetzte,  aufserdem  aber  die  For- 
meln durch  seinen  Sohn  nachrechnen  liefs ,' und  di^  Resultate 
einiger  neuen  Versuche  über  die  Dichtigkeit  und  Elasticität 
der  Wasserdämpfe,  wie  diese  durch  den  letzteren  in  Verbin- 
dung mit  John  Southern  gefunden  wurden,  hinzufügte« 
I>ie  Formel  zur  Berechnung  der  J£lasticität  der  Wasserdämpfe, 
und  der  diesen  zugehörigen  Temperatur  ^  welche  aus  diesen 


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Rtbiion  Sj&ttm  of  meohaiiiet)  PfaUosopkj«  Zi 

Verfucfaen  dorch  Interpolation  gefunden  ist,  giebt  fOr  die 
Temperaturen  nach  F^I^  t;  die  Elasttcität  in  engl.  Zollen  der 
Quecksilbersäule  ZZZ  «>  wenn  T  ZZI  t'-(-  51/2  und  E  in:  e 
—  i)/l  gesetat  wird: 

log.  E  zz.  5,13  log.  T  —  10/94123* 

mit  den  BeobacLtungen  «ehr  genau  übereinstimmend.  Indefi. 
gehen  die  letzteren  nur  vori  32®  F  bis  343*^,6  (0^  bis  173*^0), 
welcher  Temperatur  eine  Barometerböhe  von  240  Z.  zugehört;, 
lie  begreift  also  die  neuerdings  wichtige  Frage  über  die  £Ia« 
•tipität  der  Wasserdämpfe  bei  sehr  hohen  Temperaturen  nicht, 
indem  sie  nur  bis  zum  achtfachen  atraosphUrischen  Drucke 
reicht,  hat  aber  vor  den  bisher  aufgestellten  Formeln  den  Vor- 
zug,  dals  sie  die  Elasticität  mit  der  Erfahrung  mehr  ttberein* 
«tiniQiejid  in  höheren  Temperaturen  geringer  angiebt.  Aus 
der  bekannten  Elasticität  läfst  sich  die  Temperatur  leibht  ßn«. 
deD|  indem 

log.  E  -+.  10  94123 

'"ß-^= ^;ii~ — 

Von  einem  Manne  wie  J.  Watt,  welcher  selbst  so  vieles 
zur  Verbesserung  der  Dampfmaschinen  beigetragen  hat,  läfst 
sich  erwarten,  dafs  das  Geschiclitliche  der   verschiedenen  Er« 
findungen  genau  angegeben  ist,  und  auf  gleiche  Weise  hat  er 
seihst  sowohl,  als  sein  Sohn  und  der  genannte  Gehlllfe  in  sen- 
den Fabriken,  Joh,  Southern,  einen   so  grofsen  Tbeil  sei- 
nes Lebens    und  mit  so  vieler  Aufmerksamktrit  neben   diesen 
merkwürdigen  Maschinen   hingebracht,    dafs  man    ihnen  eine 
sehr  genaue  practische  Keniitnii's  derselben  mit  llechtizutrauen 
darf.      Unrichtiges  findet  mau  daher  hier  gewifs  nicht,  indefs 
bekennt  ^Vatt  selbst,  ^dafs  er  aus  Achtung  gegen  seinen  ver- 
storbenen '  Freund    seine    eigerren    Ansichten    und   Gedanken 
uicht  habe  unterschieben  wollen ,  obgleich   sie  zuweilen  mit 
Kobiscms  Art  der   Darstellung  nicht  genau  übereinstimm- 
ten.    Die  zahlreichen  und   selir  sauberen  Zeichnungen  stellen 
die  älteren  und  die  durch   Watt  verbesserten  Maschinen,  im 
Ganzen   und  in  ihren  einzelnen  Theilen  dar,  vorzüglich  aber 
die   zur    Albion»  Mal  gehörigen.      Ueber  die  jetzt  in  England 
so  viel  besprocheiu  Frage,  ob  und  w^e  viel  mehr  die  Perkins- 
sehen    JDainpfmaschinen  zu   leisten  vermögen;    als    die  früher 
illgemein    eingefühi*ten ,    findet   man    hier  nichts,    indem  die 
/orJieaende  Bearbeitung  älter  ist,  als  die  Periode,  in  welcher 
lie  neue  £rHndung  Aufmerksamkeit   zu  erregen  anfing;  sonst 
viiide    es   interessant  seyn ,   ein  durch  Gründe  unterstütztes 


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m  pL^btton.Syl^inolifie^anioalPliUofopbjr«; 

UirtbAil  von  yi^atti  f^9^^^  «•  f^^ch  ein  befang«i)^i  feyh,  daN 
flb«f  eu  verneha>0n, 

Ppf  pbri^e.Theil  dieies  Bande$  \st  der  Statik  ^  Mechttnik^ 
'fJy^rQSt^tik  und  Hydraulik  gewidjUQf,  Pie  beiden  er^terttn 
werden  in  piJieni  Abschnitte  unter  def  Atif'schrif t :  Macbinery, 
nipbt  eben  au8f(\l^r]icb  und  n^pj^^  so  grOn4)^cb  abgehandelt,  al^^ 
man  billig  erwarten  dürfte^  insbe50|ide('e .  wenn  n^an  eind 
pphßfp  £r<^rterung  und  Be^fchreibung  der  einzelnen  Maschinell 
f^rwart^t,  E«  werden  näriiHch  hauptsächlich  nur  die  allgemein 
|iefi  mechfini^cH^t^  Frjncjplen  abgehandelt,  wobei  ffidels  di^ 
gehaltreichen  Üntfsrsuchungen  der  Neueren  nicht  bßr<1^ksich« 
figt  sjpd.  Der  V^rf.  geht  von  der  Erläuterung  des  allgemef^ 
'|ieii  problemf  aus,  w\e  yermitte}^|  4j?r  Co nstrucftion  einet» 
J^a^cjiine  init  der  geringsten  Kraft  der  gröfste  Widerstand  g6- 
!^fllt}gt  lind  der  gyöfste  NütztJ^ect  erbalten  werden  kann^ 
Reiches  ^F  dann  an  einigen  bekannten  Mascbinen  ngb^r  dar-J 
^hut,  wpb^i  hanptsächhch  L.  Eulers  Arb^j^en  über  die  allw 

femejn^ii  n^pchani^rdei^  (jes^tze  benutzt  si}f\4,  D^e  fiescHrei- 
ung  einiger  jV|a$Qh inen,  z.  p.  der  bydrejülischen  Presse  von 
Bf^ifi^b  y  einer  Yorrichtnng,  um  vermittelst  der  Vefc^ickung 
p4^r  y^^r^ün'^wng  der  J-juft'Bewegungei^  anf  weite  Strecken 
ft)r(zupfianzefi  |[sq  viel  Ref;.  weifs  durch  l^apin  aiuerst  ang«;« 
geben)  und  einer  ähnlichen  ftlr  Wasser  würde  man  sch^erlicU 
piev  fuch^Pf  IJi^z^yeite  grö|j^ere  Ij[älfte"  des  i^andes  ist  de» 
P^dfduUk  i^l  ^eites^eTi  Sinne  gewidmet^  und  handelt  iq  yi^c 
Absc]li«>ft feil  zuerst  vom  Widerstände  flüssiger  l^0rper  im  AU^ 
fi#fl)^4^fip,  wobei  jedoch  ^ie  trQpfbar  flds^igen  bei  weitem  aa% 
f«^i|t«n  berücJ^sict^tigt  werden,  d^nT\  von  der  Bd^<agqng  des: 
Wa*«fif«  k^  Flufsb^tten,  mit  sehr  yiele^]  Einzelnheiten  über 
(}«n  Lauf,  die  |Vic|)tl4Pgt  Gjöt^e  und  sonstigen  Eigentbümlich- 
|cY^t^l^  der  Flüsse,  über  den  Ai4^flufs  des  \yasser8  aus  veTS^bie- 
^ei^en  Q^^'^^^^^  U!?4  seiner  Bewegung  in  offenen  Qan^len,^ 
*  <)b^r  Sflhleu^en  u«.  dgl,  d^nn  von  fl^r  Hy(lrqt|ynamik^  i|iit  dem- 
Vorhe*gehe«id^n  ^ehr  i^a^e  verbui^den,  voq  Schleusen,  lYTüh-^f 
\pri  uif\d  Mühlrädern  und  Endlich  yqn  d(fn  W^sserpumpen  sehr 
«|]bi§ffij|rljpli  vi^i|  init  genauer  Beschreibung  al|er£inzehiheiten« 
pia;6.  ^Hhere  Angabe  de«  vielen  Vpr^t^g^'^^tiei^t  welches  in  die« 
^^>  Absi:hjQitte^-  enthaften  ii|t ,  wüfde  einen  gröfsercn  Raum« 
p%SoJd0r^^  al^  deoA  Rop.  gestattet  ist^ 

Der  dritte  Band  begreift  nur  zwe}  Gegenstjlr^de,  ^stro« 
IK|ipve  u^d  A^erqinetrie  (Pnemnatic*s),.werin  m^^q  ?^u  d^r  er-. 
||t«f e|> ajuff^  41^  4^^^^iM"g  rephq^^,  wq^iln  l^^hr  aust'ürli^t^  von 
fVil  |]*e].es«qpei^  gehandelt  wi|i4t  VP"  5.  4P^  bis\g23»      Per»» 


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^obisoo  Si/Hcm  of  aie«liaiu«al  PliBQio|dgr,  ]g| 

greift  ab  einseliie  TheiU  su«r$t  die  sjphSritche  Aitronomi«t 
dario  zuglricti  von  der  eliipti«€li«n  ue«ult  der  Erde  nUv 
eine  Aad«utuJig  und  vom  Gilender;  dann  die  pb]r<iscbd. 
Astronomie,  worin  ausiüfarjich  über  da$  Verb^ltnifs  der 
Schwungkraft  zur  Schwere  gehandelt ,  und  die  Gestalt  def. 
Erde  g«i.auer  bestimmt  wird,  nebst  einer  Unterstichung  über 
die  Nutation,  die  Ebbe  und*Fluth  mit  vielen  Nachweif un* 
g£n  ober  die  Dauer  und  Hdba  der  Fluthen  an  den  verschiede« 
Tien  Orten  der.  Erde,  Im  Allgemeinen  geht  Robifon  nicht 
in  die  Tiefen  der  Astronomie  ^is  Wissenschaft  ein^  sein  Vor« 
trag  ist  klar  ,  und  stellt  meistens  nur  eratthlend  die  wichtig- 
sten GegenstHnde  dar«  Was  sich  als  etwas  voraOglicbes  an« 
aeben  liiTst,  ist  die  geschichtliche  Angabe,  wie  und  durch 
welche  Münner  die  Astronomie  im  Ganzgn  und  in  UCkcksicht 
ihrer  Hauptgesetse  gefordert  ist.  Die  Abhandlung  Ober  die 
Teleskope  enthält  swar  nicht«  neues ,  giebt  aber  eine  klare 
und  voilstündige  üebersicht  der  Construction  dieser  optischen« 
Werkzeuge  verschiedener  Art ,  nebst  den  Formeln ,  wonach 
die  Vereinigung  der  Lichtstrahlen  nat^h  der  ZurQckwerfung 
derselben  durch  Spiegel  oder  nach  ihrer  Brechung  durch  eine« 
oder  mehrere  Linsengläser  berechnet  werden  kann,  mit  Ifin« 
zufngu'ng  eines  Beispiels  in  Zahlen.  Nimmt  man  dasjenige 
hinzu,  was  durch  die  ausnelitnend  schönen  Kupfer  zur  Erläu- 
terung dieser  Sache  beigt^tragen  wird^  so  ist  es  einleuchtend« 
dafs  man  eine  eben  so  vollständige  als  deutliche  KenntniA 
bit^rdurcb  erhalten  kann. 

Mit  eben  dein  Hechte  darf  man  behaupten,  dafs  der  Rest 
dieses  dritten  Bandes  9  welcher  die  U«^berschrift:  fneumatica 
t'c'gty  in  dem  allerdings  nicht  geringen  Hauiue  von  280  l^iem« 
)icb  eng  gedruckten  Seiten  die  zur  Aeroinetrie  gehörigen  Leb« 
r^n  sehr. vollständig,  Mar  und  mit  steter  Berflcksicbtigung  des 
C«?schichtlicl\en  abhandelt»  So  wird  a.  B.  gleich  ani^ngs  ge^ 
zeigt  ,  auf  welche  Weise  schon  Aristoteles  die  Luft  gewogen 
liabe,  und  d^^nnoch  dauerte  ef  so  lange ,  bis  man  die  Qesetae 
dea  Luftdruckes  auffand,  ja  seihst  der  scharfsichtige  Galilei 
verfehlte  das  Wesen  der  SacliA,  obgleich  ihm  die  Schwere 
cler  Luft  aus  dem  Experimente  des  Aristoteles  bekannt  war« 
und  er  durch  längeres  Nachdenken  allerdings  aur  Auffindung 
dea  eigentlichen  Grundes  der  Sache  geführt  wurde.  Auch 
f^ber  den  merkwördiger^  Torricellisohen  Versuch  mit  der  nach 
ijiin  benannten  ß-öbret  welcher  seiner  Zeit  «o  ungemein  vie« 
ItiS  Aufsehen  machte,  findet  man  das  Geschichtliche  hier  sehr 
vollständig  angegeben,  Kücksichtlich  auf  die  Erfindung,  der 
JLfUjft^uoipe  gesteht  {Vobitun  «wur  au,  daf«  K«  Eoyle  von 


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/  ' 

den  yer§UcfienOu«riok«*B  4urcti  Scbott  Kenntnifi  gcikabt 
babey  m<Hrs  soll  er  doch  ganz  durch  eigenes  Nachdenken  dir« 
Construotton  derselben  aufgefunden  haben^  welche  aber  sq^leiclji 
nachher  dtrrch  Hooke  wesentlich  verbessert  wurde.  Nach 
einer  ausführlichen  Geschichte  der  Verbesserungen  9  welche 
die  'Constnicdon  der  Lüftpumj>e  bis  auf  Cut  h  b  e  r  «  o  h-  er- 
^hren  hat,  wird  das  Mariottescbe  und  Boylesche  Gesets  er^ 
lä^uterty  hierauf  die  sogenannte  Schichten methode  des'  Hcihe'« . 
](ihes$ens  vermittelst  des  Barometers  gegründet,  und  der  Zu«, 
«ammenbang  dieser  mit  Hall ey's  Regel  gezeigt.  Dafs  indef« 
die  neuesten  Forschungen  zu  wenig  berücksichtigt  sind,  er- 
sieht man  $ehr  auffallend  auch  bei  dieser  Gelegenheit,  indem 
die  Ausdehnung  der  Luft  und  des  (Quecksilbers  durch  Wärme 
nacb'Ro 7  genommen  ist,  und  hierfür  Corrections tafeln  be- 
rechnet sind;  auch  wird  für'das  barometrische  Hdhenmessen  blo« 
die  Formel  von  De  tiüc  und.  die  voh  STi\j.ickbu*rgh  anger 
führt.     Auoh  bei  den  folgenden  Untersuchungen  über  das  Aus«» 

.und  Einströmen  der  Luft  unter  verschiedenen  Bedingungen 
jj^l  die  neueste  Literatur  nicht  berücksichtigt;  doch  aber  sind 
die  allgtHUeineren  GesetKe  sehr  vollständig  und  deutlich  ange« 
geben ,  und  mit  manchen  Interessanten  Betrachtungen  über  die 
Adhäsion  der  Luft  verbunden  ,  Welche   hier  näher  anzugeben 

'  der  Raum  nicht  gestattet.  Hierbei  kommt  dann  auch  die 
schwierige  Frage  über  den  Widerstand  der  Luft  in  Betrach«* 
tung,  wobei  unser  Verf.  seinen  Landsmann  Robina  gegen 
L.  EuJer  iu  Schutz  nimmt.  Gelegentlich  änfsert  er  auch, 
dafs  manche  Geometer  sich  über  die  Eleganz  ihrer  Formeln 
gefreuet  hätten ,  ^ohne  indefs  die  Gesetze  der  Natur  dadurch 
auszudrücken.  Aufser  Robins^s  Versuchen  werden  blo* 
noch  die  von  de  Bor  da  berücksichtigt,  woraus  man  sieht, 
wie  weit  Robison  i(\  dwr  neueren  Literatur  zurück  istj^ 
dafs  er  Hutton's  Tracts  .nicht  kannte;  denn  unbeachtet 
hätte  er  sie  nicht  gelassen,  wenn  sie  ihm  bekannt  geworden 
wären/  Nach  verschiedenen''andern,  hierher  gehörigen  Unter- 
snchungen  folgt  endlich  noch  eine  Beschreibung  einiger  pneu- 
niatischer  Maschinen,  namentlich  der  Blasebälge ,  we)ohe  viel 
Interessantes  enthjllt. 

Der  vierte  Theil  endlich  enthiilt  die  Lehren  von  -der 
]Plectricität,  dem  Magnetisraus^,  die  Akustik^  Uhrmacherkunst 
und  Nautik^  woraus  sich  also  ergiebt,  dafi  die  sämmtlichen 
nur  Experimentalphysik  gehörigen  Gegenstände  aufgenommen 


9ind, 

^er  \  ^ 

gebracht  Wf^vden  ki>n«te,     Auf  welche  vveUd  di§  E^lectjicl 


',  mit  Ausnahme  der  Wärmelehre   und  desjenigen  Theila 
-der    Qptih)  welcher   nicht   in. den   Abschnitt  übei*  Teleskope 


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SobSion  9j$Hm  ^»««^nletl  FUloioplijr«  i$ 

titfleiire  hi«r  dargestellt  witd ,  ersieht  oMfi  eogfeicb  im  Ati» 

hngfs  aus  der  Aeufierung  dea  Beiremdeiva.  dar  Ober ,    dafs  iti- 

Eoglandy  dem  Vaterlande  New  ton  *a  und  lo  vieler  üeomeier 

niemand^  aufier  etwa;CaTendiah  nnd  Mahon,  eine  inathe* 

iftatische    BearLeftung   dieses    Gegenstandes    versucht    habe^ 

welche  doch  durch.  Fra  n  kl  in's  Beseichnung  mit  «f.^  und  •»» 

deich  anfangs  angedeutet  sey«  Zum  Tbeit,  meint  Ilobisonp 

iaite  sich  dieses  daraus  ericiären t  dafs  durch  Priestley  in 

seiner  Geschichte  iler  Electricität)  welche  das  Publicum  für 

eine  voUstlndige  Zusammenstellung  dieser  gansen  Lehre  ge* 

halten  habe,  die  gehaltreiche  Abhandlung  von  Aepinus  nur 

obenbin  berührt  werde»  wodurch  dieselbe  in  England  weit 

weniger  als  auf  dem  Continente  bekannt  geworden  sey;  er 

gkubt  daher  seinen  Liandsleuten  einen  Di«;iist  damit  au  er« 

seigen,  wenn  er  ihnen  diese  schöne  Theorie  vollstftndig  und 

deutlich  vorlegt.     Hiermit  also  hat   Rec«  augleich  die  Art  be» 

aeichnety  wie  der  Verf.   die  Electricitfitslebre  vortragt,  und 

es  gebt  aufserdem  noch  hieraus  hervor ,  da[$  Kobison  sich. 

zur   Schule  Franklin's  bekennt,   und  die  electriscben  {Ir* 

schein ungen  aus  einer  einzigen  Materie  erklärt-,  dabei  jedoch 

nicht  in  Abrede  stellt,  dafs  manche  Erscheinungen  mehr  nach 

dea   Ansichten    von    du    Fay^    Symme     »    Cigna    u.   a. 

erklärlich  sind.     Aufser  dem,    was  Aepinus  geleistet  bat^ 

findet  man    indefs   auch  die   Forschungen    von    Coulomb, 

Cavendish,    Mahon,    Watson,    Wilke,    Winkler, 

Volta^  Cavallo  und  vielen  andern  hier  zusammengestellt, 

und  der  angenommenen  Theorie  gemfifs  erklärt,  so  dafs  man 

diese  Abhandlung  allerdings  bis  to  weit  für  vollständig  halten 

kann ,  als  sich  die  Eleotrioitätslehre  überhaupt  ohne  Berück* 

sichtigung  des  Galvanismus  darstellen  läfst.      Zugleich  wifd 

auch  diejenige  Theorie  ausfohrlich  dargelegt,    welche,   dem 

grölserefi  Publicum  unbekannt,    der    Professor  Rüssel  in 

Edinburg   seinen  Schülern  vortrug  ,     worin   man  genau   die 

spätere  Hypothese  de  liüc's  wieder  erkennt;^ wie  der  Verf, 

nicht  unbemerkt  läfst. 

Gans  auf  gleiche  Weise  ist  auch  der  Abschnitt  ausgear« 
beitet,  welcher  ^die  Liehre  vom  Magnetismus  enthält,  d.  h« 
man  findet  darin  alles  Aeltere  sehr  vollständig  susammenge« 
stellt  und  auf  eine  dem  Verf.  eigenthfimliche  klare  Weise  vor- 

fetragen.     Insbesondere   ist   die  Abhandlung  von  Aepinus 
erückaicbtigt^    desgleichen  von  Coulomb,    mit  Ausnahme, 
dessen,    was  Biot  aus  dessen  Papieren  aus   Licht  gebracht 
hat;   denn   das  bedeutende  Werk  dieses  französischen  Physi* 
kers  ist  leider  von  unserem^  sonst  auf  alles  Wichtige  sehr  auf^ 


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<b>rc|k  «iaig«.  -w^tiig^  {Jug^set^tQ^ JJiqteii  vom   He)::aU8giei^er  auf 
J^iui)^  Weise  «frsets^t.iwei'den  kanA«     B,<?jp,  fin^fet  es  jdab<?r  auch 

diU<$UaM8  dieM«eM^litfin  wichtige^  Untiev^iicbungen ,  n^m^it^Uc^ 
<^^  V0rt  tJHansti^e>?.  «icbt  utiberitVckßicbtigt  lassen  (J^^ijF.  Üjti»  , 
»  -was  auffallend,  ist^dafs  .R,Qbi«o,n  über,  die  Variatioa,  (Abi 
•\5?^icbi»ng)  djer  JVlagucftn^del,  u^id  ^Ue /.periodische  Aeiid^uHg 
«l$irÄelbeirseb|-.a^si)abrUcb  ist,  die  £i4QbeiAung«n  djerwlitoU*^ 
^atip»Ka<ber  k<atiii}.<^wlibiit.  /     >  ; 

^-Pjj«.:  folgen  de  -Abbaildlu|ig  iSÄ)^  die  •Scballschwingung^^ 
haupt^UcbUcb.die  Tonleiter  (teroperamenfe  of'tbe  scale  olmM^ic) 
^ntbSU  tiwucbes  Jpteressante ,  insbtsoödere  öbei:  die  iVXusik 

•  der. (Alten  ,  und  ist  in  sa  Weit  vollständig ,;  als  dieses  obnedi<t 
Iie^i|cni£s  ider  tlassiscten  Arbeiten  C  bjjijd  n  i  *  s  moglif^  idf, 
<>)^e]rbe  man  überhaupt  bisber  in  Gro($:;ritannieii  weit  wetti* 
ger ..  bjeacbtet  b4t «  dls^  in  Frankreich  lind  Italien ,  indjena  selbst; 
ider  g§lebrt;e  Y^ung  inseinenLecjtures  Ihn  nur  dem  Namen, 
^jach  gekannt  zu  haben  ftrfieint.  .  Ein  Böiipiel  möge  des  Veift. 
i^igj^9^  fionreiches  Streben  und' die  Unbek.s^nintscbaft  mit  d?9ü-« 
j>*pig(en  zieigen,  was  pnterdef«  durch  andere  gejcbeb^tn  i^*^ 
Bekfintntlich  gab  5  §  Urv  e,u  r  f|in  Verfahren  ^n  4  um  die  '  ab««)^ 
Jute/Zftbl  dei'  Schwingungen  einer  Saite  (»"r  einen  bestinifi^cia 
'J'on  ^u  finden,,  welches  eiien  so  schy^ierig^als  unsiqber  rUck*« 

*  sichtlich  de^  .Resultates  .ist.  Dr,  Smitb  hat  dieses  verheSf 
mrrty  allein  Kobison  findet  es  £|ucb  so  noch  nicht  geni^g^nd, 
und  giebt.  folgen  des  an  (p^  4lO.):  }VIan  neha^e  eine  Geige; 
lillinge  diese  verkehrt  an  die  Wand,  spanne  eine  Saite  d^rsel^ 
}ie^  vermittelst  f^es  Wirbels,  die  andere  gleiche,  aber  frei 
vom  Stege  an  herabhängende  vermittelst  angeb|lngter  Gerichte 
SQ  l^ng^»  bis  beide  mit  einem  Bogen  gestrich<^n  uni son  4|ind, 
iPann  werde  das  Gewicht,,  welches  die  >S^ite  spannt,  gesucht^ 
und  iiii  Verhältnils  von  80^^  :.  81^  vermehrt,  oder  es  werde 
nahe  genau  der  40ste  Tbeil  zugelegt  ,  die  Saite  abermaU 
gestrichen  ;  so  vrird  da$  Verhältoiis.  ihrer  Schwingungen 
JI-T  80  1  81  ßeyn,  ^ählt  man  bier^iuf  die  Ziabl  der  Schwin- 
gungen, welche  einigen  (etwa  10)  Secunden  zugehOren  (weU 
ches  aber  eben  die  grofste  Schwierigkeit  ist)  un^  erhält  hier- 
aus die  JVIenge  der  Schwingungen  m  einer  Secunde;  so  ^iebt 

80  mal  diese  jVIepge    die   ochwingung^^n  de^  niedrigem  vnd 

81  ma)  die  des  h£iherfn  Tones.      Hierdurch  willRobison 
tür  das  ungeftri^hene  c,  240  Schwingungen  gefunden  haben, 

^^^^^l^kp^  ivr  «igewtUpb^a.  ;5ahU    wie  GhUdni  «1«  angi^bt» 


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Gliocat  Voyagv  pÜiTom^pe«  gf 

9lMchli56f  io  p9he  kommt  y  iah  dieDiffefettcf^g^idf  aoli 
etiler  rertchiedeiMit  Stimmung  det  vergltobenen  Infltiamifiiitr« 
erklilrt  werden  könnte.  Aüfter  d^  Schwingungen  der  Saiten 
landekder  Verf*  noch  au«t'Clbr]ich  (Sher  das  ^pracbrolir,  indvm 
erWele  verwandte  Gegenstände  mit  hineinzieht.  Die  zuletst 
folgende  Beschreibung  der  Marino -Trompete  (von  ihrem  Er* 
finder  JVIarigni)  bat  W^nig  allgemeines  Interesse,  und  er* 
hubt  eben  §o  wenig  einen  Au|zug|  als  die  akustische  Unter« 
fucbung  der  eigentlichen  Trompete  mit  einigen  Bemerkungen 
über  Pl:eif'en  ühttrhaupt,  ohne  eine  vorausgeschickte  allgemeine 
Tbeorie  der  durch  JLuf Schwingungen  hervorgebrachten  Tdne^ 
Den  Beschlufs  des  ganzen  Werkes  machen  noch  swei  ffcböiili 
i^bhandlupgen  über  Uhrwerke  und  über  Nautik  («eamansbip] 
in  welcher  letzteren  inshesondere  alles  dasjenige  kurz  zufaiu- 
jpengefafs^  ist,  was  der  erfahrne  Seetnanii  wissen  mufs. 

Man  f>rsiebt  aus  dieser  Anzeige,  dafs  dieses  Werk  einet 
mit  Recht  bocbgeachtetei^  Gelehrten  allerdings  voraClglich  ge« 
xiannt  werden  kitno«  tind  im  eigentlichsten  Sinne  ah  ein  äch( 
klassisches  Geistesproduct  erschienen  seyn  w()rde|  wenn  sein 
Verf.  bipl^ngliche  Mufse  gehabt  b^tte,  dasselbe  vor  ^eineni 
Tode  selbst  auszuarbeiten,  i|.nd  bis  ^uf  die  .Zeit  der  Heraus- 
gsbe  zu  ergänzen.  Jf^tzt  ist  es  nur  ntcb  wichtig  als  eine  sehe 
vollständige  Zusamqienstellung  des  WisaenswOrdigsten  aus  dee 
fiteren  Literal^ur^  and  kann  insbesondere  dazu  dienen ,  dia 
pncyclopaedia  Britannica  denen  zu  ersetzen,  welche  sich  die« 
f^f  letztere  kostbare  Vy^irk  nicb*^  anzuschaffen  vermd^en« 


yoyag9  pittoretifue  autour  du  mond$  ^  avee  des  portraitf  de  $auvage^ 
d*  j^merique ,  d^jfsUf  d*  Jfrique  pt  des  iles  du  Grand  Pcean^ 
des  paysages  ^  des  pnes  maritimes  et  plusieurs  ohjets  dUUstoire 
suUurelle:  accompagn/  4^  Descripfions  par  Wir,  le  Buran  CaQier^ 
I\lr,  A,  de  ChartiisAQ  ^  d*Obsfrvations  sur  les  cranf$  hun\aln4 
par  Mr,  le  Dr,  G all,  Par  Lguis  Chqr\s,  Peintre^  Pt^is^ 
de  l^Impf}merie  de  Perm,  Didot.  1^22.  /«?/• 

Herr  Cboris,  der  mit  der  von  dem  mutbigen  Otto  y# 
Kot«ebue  befehligten  Expedition  \jm  die  VVe|t  als  iVIahler 
reifte  9  und  dei^  Ref.  vor  einige»  Ja^V«"  in  Paris  kennen  zu 
lerpen  das  Vergnügen  ba^te,  Ijefert  jn  vorlieaend^m  Werke 
Wie  frOchte  seiner  Bemtibungen  ,  ^vie  fie  der  Titel  ^ndeutet^ 
rortvaite  einzelner  Personen  der  V^r  cbledensten  VolkertTraph- 
te/i^  (jerÄths^brften^   Wafe«,   Caioi^s,  i^uustiacbtJ«  M-  d§|.,- 


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4a«  Ihtter^  von  Hltutem  und  Hütten  ^  Verschieciene  Ansicbteh 
voll  jGebirgen,  Kü^tengeg enden,  einige  Thiere^  Pflanzen  u.  a.  w* 
Das  Werk  ist  Sr«  Majestät'  dem  russischen.  Kaiser  gewidmet^ 
und  dein  Titel  gegendher  befindet  sich  mit  Recht  das  Bild  d^s 
«dein  und  verehr angs würdigen  Grafen  Komanioff,  dei^ 
^  ifin  xvreiter  B an  ks,  auf  eine  groisartige  Weise  die  Wissen« 
•ehalten  heschiUz.t  und  fördert  und  der  auch  auf  eigene  Kosten 
jene  Reise  um  die  Wdt,  die  in  jeder  Hinsicht  so  gU^cklicH 
beendet  wurde,  unternehmen  liefs.  «—  Es  befindet  sich  in 
diesem  Werke,  äufser  den  zahlreichen  Abbildungen,  die  colo* 
rtrte  Steindrucke  sind,  ein  Texjt,  der  theils  die  gegebenen 
Abbildungen  beschreibt,  theils  mehrere  andere  Reisebemer« 
kungen  liefert*  I4S1  Allgemeinen  ist  wenig  Neues  in  diesem 
Texte,  da  uns  schon  früher  Hr.  v.  Kotzebue  in  seiner  treff- 
lichen Keisel^eschreibung  (zu  der  auch  v.  Chamisso  ;— <» 
jetzt  in  Berlin  — -  und  Dr.  EschsQholtz  —  jetzt  mit  v« 
Kotzebue  wieder  auf  einer  Reise  um  die  Welt  begriffen—» 
Beiträge  lieferten  3  einen  ausführlichem  Bericht  über  jene 
Erdumsegelung   mittheilte, 

-Weder  rlie  Seitenzahl  deS  Textes  noch  die  Nummern  der 
TaMn  Äind  bis  zum  Ende  des  Werkes  fortlaufend.  Es  besteht 
dasselbe  aus  'einzelnen  Abtheilungen  mit  Ueberschriften  ver«^ 
schiedener  Gegenden  9  die  den  Stoff  zu  den  Abbildungen  und 
Anmerkungen  darboten.  Wir  wollen  das.  Wichtigste  und  für 
den  Natorn>rscher  Intressantere  daraus  hier  mittheilen.,  wozd 
wir  uns  theils  wegen  der  Gegenstände  selbst ,  theils  wegen 
der  Theuerheit  jdes  Werkes,  was  wohl  nicht  in  viele  Hände 
J^ommen  möchte  9  bewogen  fühlen. 

/.  Port  San  •  Francisco  H  ses  hahitans.  ( Lat,  nord,  37 O 
48'  24"5  long,  ouest  l24o  28'  15").  Auf  PI.  V.  ist  eine 
interessante  BUrenart  dargestellt,  ürsus  griseus  Cuv.  (L'Oursgris 
de  TAraericjue  septentrionale).  Diese  Art  ist  wahrscheinlich 
dieselbe,  von  denen  die  Reisenden  Hearne,  Mackensie, 
Warden,  Lewis  und  Clarke  reden.  Ref.  mufs  bemerken, 
dafs  sie  schon  früher  von  Des  mar  es  t(Mammalogie.Far.i  820. 
t.  !•  p.  1640^'*^  oinereus  genannt  ^  dieser  Name  also,  als  der 
filtere 9  beizubehalten  ist;  natürlith,  wenn  beide  Arten  iden« 
tisch  sind,  was  keineswegs  ausgemacht  ist.  (VergU  K oi: ze- 
it ue's  Reise  Thh  HI.  S.  18.)  Das  Haar  ist  lang,  weich 
und  grau  oder  braungraulich ,  ohne  Silberglanz;  der  Schwänz. 
soll  kürzer  als  der  des  gemeinen  Bären  seyn.  Das  Individuum,, 
welches  Ghoris  zeichnete ,  war  nicht  gröfser  als  unser- 
brauner  Bär  und  diesem  ähnlich;  jedoch  versicherten  ihn  die 
Spanier    dafs  es  viel  gröfst^re  gebe.     Sie  sollen  nach  denselben 


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I  Cl.-orif   Vbjag«  plitorei^.  29 

Mhr  farchtsäm  (?)  Beyn.  Ch,  fand  daa  ahgebiMete  Indivu 
duum  hei  St«  Francisco ,  am  stillen  Meere,  im  37^  48'  Br.^ 
im  Weiten  der  sogenannten  Felsberge  (Rocky  Mountains ) , 
etwas  südlicher  als  War  den  angegeben*  Nach  den  Torhin 
angegebenen  Retsenden,  z.  B.Warden,  Mackensie  und 
den  beiden  letztgenannten,  soll  dies  Thier  das,  grdfste  und 
wildeste  «eines  Geschlechts  Bejn^  8  —  9' Länge  haben  und 
oft8— 90O  Pfund  wiegen.*)—  Auf  PI.  VI.  VII.  XII.  werden 
Fhysionomien  von  CaUforniern  abgebildet  (vgl.  Kotze bue'a 
Heise  Tbl.  II.  S.3');  auf  PL  XI.  ein  junger  Seeldwe  (jeune 
lion  marin  de  la  Californie.  —  Otaria  jubata). 

IL.IUt  Sandwich»  Bekannte  Bemerkungen  darüber.  Ab« 
Bildungen  von  Tanimeamea  PI,  IL,  von  der  dicken  Königin 
PI.  Iir,  ihrem  Bnider  PI.  IV.  nnd  einigen  Einwohnern ,  rh 
X.  XV.  XVII.  Das  Bild  des  nun  bekanntlich  verstorbenen 
Königs  Tammeamea  siebt  hier  doch  etwas  anders  aus  als  das  in 
Kotzebu e's  Reise  Tbl.  II.  S.  15.  Sonderbare  Götzen« 
Bilder  von  den  Sandwichinseln  PI.- VI  —  VIII.  VergU  Abb.  in 
Kotzeb.  Reise  Tbl.  II.  S.  19. 

///.  Uei  Radak.  Abbildung  des  Chefs  der  Romanzoff«Inseln 
Karik  mit  seinem  sonderbaren  Obrschmucke  PI.  I  (Kotz eh« 
Heise  Tbl.  II.  Titelkupf.)  Abbildung  einer  Frau  von  den  SaU 
tlkoff- Inseln  PI  V.  Die  Gesichtszuge  sind  angenehm.  Ab- 
bildung des  Chefs  der  Inselgruppe  Koutouso£F-Smolen»ky 
LabeleJoa  (Labeleoa)  PI.  VIII.  Abbildung  des  durch  von 
Kotzeb  ue  (R^^ise  ThI.  IL  Abb.  das  Titelkupf.  zum  3t.Tble.) 
schon  bekannten  Kadu,  eines  Einwohners  der  Carolinen 
TL  XVII.  Abbildung  eines  alten  Mannes  der  Radakinseln  mit 
starkem  ,  langem  Barte.  PI.  XITI.  Interessante  Physionomie« 
Abbildung  der  Früchte  von  Pandanus  odoratissimus  der  Ra« 
dakinaeln  PI.  VI.  u.  X. ;  der  Früchte  von  Artocarpus  incisa 
PI  VII.   und  der  Früchte  des  Cocosbaums.  PI.  XV. 

ly.  lies  AUoutiennes.  1)  lies  St.  Georges  et  St.  Paul. 
Das  Ufer  war  mit  zahllosen  Schaaren  'von  Seelöwen  bedeckt, 
die,  mehrere  Tausende,  einen  unerträglichen  Geruch  verbrei* 


*)  Auch  ClintoB  (s.  Joutd.  de  Pbys.  Tom.  8t.  p.  4l6.)  be- 
schreibt jenen  .grofsen  grauen  Bären ,  der  bf^^onders  in  dem 
nordvv:estlidhen  Theile  Amerika'«  g<*gea  die  Qaellen  des  Mit- 
suri  bin 9  vorkommen  soll»  ,aU  äufjcrst  wild  und  fleisehfrei •• 
setid.  Seine  Vermutbung,  die  foisilen  .Knobben  des  Megalonyx 
taöchten  von  jenem  Thiere  h«rnitureO|  ist  naob  Cuvier'f 
genauen  Üiitctsucluingen ,.  irrig.   -*•  ^ 


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30  pk^rU  Vöyai^,  pitfoTflfse^etf 

tH^ft  ün4  ij^rfen  Gespbr^i  inaii  weithin  b($t^ell  koiiiTte«  •  E# 
jyar  gerad«/ ibl',e.Brui)t'tzeit;  am  ipteii,  Jurt)e  (  isten  Jwly), 
Ma>3,  a^Ji  die  Männcben  wtUb^nd  init  einsncler  um  dio 
.  Weibchen,  kämpfen.,  uijd  mehrer*  in  solchen  Kämpfen  Ge« 
^tödtete  von  jerten.  fandf.n  die  Redenden  am  Ufer.  Di« 
Brupftzeit  dauert  von  der  Mitte  4^9  May  bis  üb  die  Mitte 
des  Juny ,  zu  welcher  Zeit  auch  ^ie  Weibcbei]  iht  Junge» 
Eur  Welt  bringen.  Geben  .also  ölittaefähr  einsaht*  träch« 
tig.  Die  Weibchen  sind  nur  gefänrlicfa  ivL  jener  /Zeit^ 
wo  i}e  oft  selbst  angreifen^  Sto  sind  weit  lileiner  aU  dia 
Männchen.  Ihr^^örper  ist  schwäcblicb  und  gelblich  gefärbt. 
T&b  IV^ännchän  sind  bis  67  hodh,  wenn  sie  deri  Kopf  erheben. 
£)ie  Juögfin  sind  gewÖhi^Uch  brauii-sfcbvv'.irzs.  Diese  Thierö 
iitldauch  sehr  gemein  ah  dem  Hafen  von  San  Prancesto  (Ca-» 
lifornien) ,  wo  man  sie  in  grolser  Menge  auf  de«  Felsen  der 
Bai  findet.  £s  scheinen  jeddch  dieselben  vdrf  deUen  der  Aleu« 
tischen  Inseln  verschieden.  Sie  haben  einen  schwächlicheril 
und  länglern  Körper,,  eirf^n  dülinern  Kopf,  die  Farbe  geht 
stark  ins  Braune^  während  die  der  Aleutischen  Inseln  mehr 
'  gfaü.grfärbt  sind, .  einen  Stärkern  ,  rundern  fcdf  per  ,  einea 
gföfsern  und  dickem  Kopf  haben  ^  und  in  ihren  Bevt^egungert 
schwerfälliger  sind.  Die  Bditthsfare  sirtd  auch  schwäfüilichei'. 
als  bei  deneri  der  Aleuten.  —  Marl  findet  sie  vaiü  3Ö —  60^ 
i^ördl/Br.  an  den  Inseln  und  dem  kontinente  vrfn  Amerikai? 
Die  Haut  di^ttt  sSur  Bedeckung  der  Canots;  au^  den  Einge- 
weiden -witd  der  Kamleyki  gemacht,*  eine  Art  vöit  2Jefug  (uiie 
esfhcd  de  blousse  )  di^  man  übet  die  anderen  Klddungsstilcko 
deckte  Um,  werfft  es  fegnety  nicbt  nafs  zu  vvetden ;  das  Fleisch^ 
Was  man  trocknen  läist,.ist^  bbgleich  bart^  doch  eine  gutes 
Kahrulig  für  den  Winter.  Besonders  sind  die  Juitg^n  sehr. 
4;art}  das  Fleisch  hat  eitieri  Fiscbgeschmack^  —  Dys  Ufer  von 
St.  Faul  waren  mit  vielen  Haufen  von  Seebären  (Otai^ia.  ur<« 
sina  }  ^  die  die  Russen  Kottik  nennen ,  bedeckt.*.  Dieser  finden 
si^  An  d^r  gan;;eh  Westküste  von  Aoleirika^  vom  (^^  Hörn 
tind  det  Maggelanischen  JVleefertge  bis  ziu  den  Aleuti$chen.  In« 
«eln^  selbst  bis  aum  öS*' nördl.  Br,  Die'MSrtncben  ^ind  etwa 
t/2'  kleiner  als  die  Seelöwen  und  ilie  Pathe  geht  intf  Koth« 
iranne.  Inl  Aflgemeitfeß  ^iphr  äbnlicb  d6n  SoelöW'enj  aber 
rühriger  und  lebhafter;  Reifen  oft  Mansche?«  an;  sind  sehr 
eifers^cbtig.  Jfedes  Mäff neben  hat,  nÄcb  den  Versicbetungen 
der  Aleuten  ,  nicht  weniger  als  24 — 25  Weibchen ^  die  fast 
tim  die  Hälfte  ( !  ?)  kleiner  als  die  Männcfaetr  sind.  Gleichen 
dem  gemeinen  Seehunde J  ÖÄir  fftäiXf  art  def ^Spitze  mit  einem 
Silberglsrtfs^e;,  ^  im  Mo^nat  Jtffi/  werfen  die  Weibchen  gewöhn« 


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Chottk  Vmytug^  pittoreske«  Z't 

Kch  «wei  Jung«»  Die  Felle  machen  einenbiedaDtenden  Handi^Mi- 
artikel  au«;  oft  werden  davon  jührltoh  an  60,000  acf^utrirt;  *^ 
—  «)  Iks  St.  Lorcnt,  ^  Bewohner  det  AleuUn  PI.  111  IVt 
Zwei  Schädel  von  Aleuten  sind  auf  PI.  VI.  abgebildet;  aus- 

Sezeicbnet  ^durch  die  ausser  ordentlich   platt  ^edrOckte  Form 
er  Stirn.      Auf   PI.  XIV.  Ist  ein    grofser   Haufen  Seeldv^w 
abgebildet  (an  der  Insel  St.  Georges),  und  auf  PI,  XV,  «i^ 
grofser  Haufen  Seebllrtfn  (  art  d.  Ins.  St.  Paul).     Beide  Tafeln 
sind  nicht  besonders.   •«*->     Bewohner  der    I>isel  St,  Laurent 
PI.  XVI, -^    Beachreibung  und  A^bildiuig  der  Mca  crinAfUa'^ 
Fall  f      Mormön     Crüeatallms    Cav,     (Le  Macareux    huppe) 
PI,  XII.     Dieser  Vogel,  von  dem  Krascheninnikoff  in 
seiner  Reise   nach  Kamtschatka  unter   dem    Namen   schwär* 
ter  Starik  redet ^    ist  zuerst  genau  von   Pallas  (Stittilegtil 
soolog.    Fase.  V  )     beschrieben    und   ahgebililet.     Die    Zahl 
der    den   Stirnbüscbel    bildenden    schmalen    langem   Federn, 
ist   nach     Pallas     sechs«       Das     hier     abgebildete    £x'em^ 
plar    hat  7f    die  auch   Iflnger  sindf    als   sie   Pall.    angiebr. 
Sie  sind,    nach  vorn   gekrOmmty   so^lang,  dafs  sie  über  die 
Scbnabelspitse  surfickfaHen.     Vielleicht  Waken   jener  Untere 
schiede  wegen  Alters-  oder  Geschlechtsverschiedenheiten  obi. 
Von  der  Grö'fse  einer  Wachtel  oder  Drofsel ,   6"  6'''  grofs; 
Schnabel  6'"  lang,  6''' hoch;  Tarsen  10"';   Mittelzeh  iV»^. 
Die  Flügel  reichen  nicht    in  den  Schwans;     die  Füfse  sind 
schwärzlich;'    der  Schnabel  t^thlich,    an   der  Basis  scbwarzi 
Leben  besonders  in  den  Ja pnn  benachbarten  Meer6n,  vorzog« 
lieb  an  den  Kfisten  der  Insel  Matsamey  oder  Yesso.     Am  Tag« 
ichwimirfen  sie  auf  dem  Meere,  Nachts  aber  ziehen  sie  sich 
inUferhdhlen'oder  Felsenspalten  ztirfick,    Scheinen  sehr  d«ironi 
tu  seym     Ghoris  fand  sie  in  betrüchtJlf.hen  ^chaartn  in  de^ 
Beringsstrafse,   mit  grofser   Schnelligkeit  schwimmend«  ^  Ihr 
Herannaben  wird  von  den  Matrosen  als  Zeichen  eines  nahen 
Sturmes  angesehen«    -*    Beschreibung   und   Abbildung  einea 
Holzhutes  9    worauf  mehrere  Seethiere  gemalt  sind.      Solcher 
Hüte  bedienen  sich  die  Fischer  auf  Unalaacbka  Ec&n  SoAne 
und  Regen«       Die  Aiibildungen   darauf  sind,    obgleich  sehr 
klein»  doch  sehr  deutlich  und  treu  gemacht,  so  dals  es  leichc 
ist,  die  Tbiere  zu  erkennen,  unter  andern,  eine  Liutra,  ein« 
Pboca^  Delpbinus  Gladiator,  Balaenoptera  boops ,  ein  Cacha-^ 
lot,  Diodon  HyStrix   und  einige  andere,      G.    Guvier   bat 
jenen  Hut  beschrieben  und  die  Tbiere  gedeutet«  —    Sur  1« 
genre  Guillemat  (ifria,  Lath.)«    Par  A*  Valenciennes^ 
Von  diesen  nordischen  Vögeln   waren  vorzüglich  drei  Arten 
in  Betretf  ihrer  Sitten^  ihrer  Alters-  und  JahresseiC-Verschie«' 


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34  Clioti»  Voyage^  plUoVefqiiß. 

anhatten  u. ^*  w.  genauer  bekannt.  Alle  drei  nähern. sich' 
unseren  Küsten^  Hr»  Temmiiick  namentlich  bat  sie  sehr 
g^nau  beschrieben  ^).  £s  sind  die  Arten:  Ürtt^Tr(ait  liftth«^ 
ür^BräiMclmf  Sabine  (ür.  Francsii,  Leach) und  IJr,  OrylUlüaih,^ 
die 'Hr.  Chor  is  auf  den  Aletitischen  Inseln  fand  und  Fl.  XX^ 
XXI  und  XXII  gut  abgebildet  hat.  Aufser  diesen  bescbTeib« 
V^lencienpes  noch  eine  vierte- neue  Art,;  die  M,i\  de  Ta 
Pylai«  Ivährend  seinem  Aufeniha)te8  auf  Terre  Neuve  fand« 
£ane  ausge«ejcbnet^  Art:  Ur.  laevymoMf  Val.  Corpore  iex  fuaco^  ' 
nigro»  infra  albo;  Hn^a  per  oculos  alba  oculos  cingehte  et 
versus  tempora  porrecta«  4^f  PI.  XXIII  von  Chor.  abgebiU 
det.  Lange  des  Vogels  18"  6"'.  Der  Hals  ist  dtinner  und 
yerbUtnirsmUfsig  Jänger  wie  bei.  Ur.  Iroile.  Schnabvl  2'/, 
gans  schwarz  r  so  wi"«  auch  die  Tarsen  iind  FilTse.  T^sea 
^/i  9i#i  lang,.    Ist  nur  im  Winterkleide  bekannt. 

-  V.  Het  Mariatmgs,  FL  lies  Philip  ff  ines^-  Bescfareibüng  des 
Vulk|ins  von  Taal,  auf  der  Insei  Luzon,  von  A.  v«  Chämisso, 
Abgebildet  auf  PI.  V.-  Die  Insel  Iju2ony  eine  der  Philipineh, 
säfalt  drei  noch  thätige,  Vulkane,  im  Innern  der  Insel;  den 
Aringuay  im  Norden,  den  Mayiin  im  Süden  uud  den  Taal, 
den  V.  Cham  i  SSO  besonders  untersuchte.  Nach  ihm  bat  dieser 
Vulkan  keine  La^a  ergossen,  sondern  er  scheint  nur  Schlacken^ 
A^cbe  und  Wasser  ausgeworfen  zu  haben.  Seine  Bemerkens« 
wer^heste  Eruption  war  im  Jahr  1754  und  sie  hat  F«  Juan 
de  la  Conception  in  feiner  Historia  general  de  Ph^ipinas« 
Sampalos.  i788  — i792.  4v  Tom.  VI.  beschrieben.  (VefgU 
Kotzeb.  Reia.  Th.III.  S. 68.).  —  ^i^ichte  von  Pandanus  odo- 
ratissimus  der  Mariannen  PI.  I.  Einwohner  der  Mariannen 
PI.  £1.  Etn  MSdcben  aus  den  Bergen  der  Insel  Luzon.  Ha« 
ben  sehr'  stumpfe  Nasen.  -»  Negerkdpfe  von  der  Goldküste 
PI.  VI. 


•/Msnuel  d*Orm*ihol.  Ed.  11.  Part.  4.  p,  9lÖ  ft  Er  besehrnbl 
aofserdem  hier  noch  eioe  vierte  kleine  Art,  Ütia  Alle  nämlicliy 
die  fraiixSs.  Ocnithologen ^  «.  B<»  VieiUot,  gewMs  mit  Unreeht 
Cur  ein  eigoet  Oeöus  halten. 


(tfsr  B0t€hU///0tg4.) 


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N.  a  .  1825» 

Heidelberger 

Jahrbücher  der  Literatur^ 

^gBSBSBaaBBSigBBa'iw \mm !     ii  y  .i  1 1  ■'■ '    '       ii  !ii  im  imiib  ' 
Choris'Vöyage  pittoresque  autour  da  monde« 

VJL  Traoettee  de  Cronstmdt  am  ChÜu  Auf  PI.  T«  sind  z^ei 
•€hdne  Abbildungen  von  Physalla  jirethusa  gegeben.     MaA  ver^ 

fleiche  hierüber  Tiletius  in  Kruiensterit's  Reise  Bd. 
IL  p«  91.  Tf«  23  und  Naturhistorisdhe  Früchte  der  Krusen« 
•ternschen  Reise«  l  u.  2»  Aus  dem  Atlantischen  Aequt« 
nOiCtial-Oceane.  Auf  Fl,  II.  ist  Pelagia  noctituca  gilt  abgebil« 
det.  Man  vergl«  darfiber  Perqn  in  den  Ann.  du  Mus.  Vol. 
'XIV,  p.  350.  Medusa  noctiluca  5  Forsk.  Auch  aus  deni  At- 
lantischen Aemiinoctial-Oceane.  —  Negerkdpfe  von  der  Küsta ' 
Mozambike.  rl.  III.  — -  Cocof  Romamoffiana  f  Cham«  (Coqueiro 
.de  Brezil)  PL  *V#  VI.  Beschreibung  und  Bemerkungen  darübet 
von  Kunth,  ILs  bat  diese  Art  viel  Aehnlichkeit  mit  Cocos 
xiucifera  und  Coc.  butyracea.  Jedochist  sie  unterschieden  da« 
von  9  besonders  durch  die  Kleinheit  der  Frucht  und  durch  die 
Structur  der  männlichen  Blüthen.  —  IPucut  antarcticus^  Cham^ 
PI.  VII«  (Wie  vorige  Pflanze  neu).  Vai  Cap  Ilorn  und  an 
den  Gestaden  Chilis  bei  Takaguano  gefunden  ,,  wo  er  von  den 
armen  Einwohnern  gegessen  wird.  <  Kömmt  mit  Fucus  pyri« 
foriiiis^  Xi.  (F.  giganteus,  Peron)  vor. 

f^IJL  lies  de  Paques  ou  Vaihiou  et  ile  flomanzoff.  Die  Bewoh- 
ner der  Insel  Romanzoff  sind  bellbraun  und  nicht  tatuirt.  —^ 
Eingeborene  Bewohner  von  Chili.  Köpfe  PI.  YIII4  IX.  Be- 
wohner der  Osterinsel  PL  XI. 

IX.  Kamtschatka  9  le  Golfe  de  Kotzehui  et  la  terre  des  Tsehouk* 
tchU.  Kamtschadalen  abgebildet  auf  PI,  1»  ^wohner  des 
Golfs  Kotasebue  PL  II«  Interessant  wegen  der  eig^^nthümlichen 
Verunstaltung  durch  runde  Kldtze  in  der  Gegend  der  Mund- 
winkel. Sonderbar^  dafaf  wir  ähnliche  Verunstaltungen  bei 
so  verschiedenen  Völkern,  wie  bei  den  Botokudei^  Södanieri- 
ka'Sf  in  der  Ütiterlippe  und  den  Ohrläppchen  wiederfinden.- 
(S.  Kotzeb.  Reis.  Th.  I.  S.  t50*  Ticelkupfer). -^  Arbeiten 
aus  den  Hauern  des  WaHrpssos  PL  IV-  V.  —  Seehund  auf  der 

XVllt- Jahrg,  4.  Hef<*  » 


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^4<         Obligatio  ad  peecatum  und  Monita  s^ereta  der  Jesuiten« 

Beringsstiafse  PI.  VIII.  pÖbne  Beschreib uii|;i  Stark  gefleckt. 
-^  Abbildung  eines  weiblichen  ^[Scbädeli, .  gefunden  im  dem 
•  Golf  Kotzebue.  i^l.  VI.  VII.  Es  befindet  «ich  derselbe  jetzt 
in  der  Sammlung  des  Hrn.  Dr.  GaU,  der  einige  Beinerkungea 
diß«€r  Abbildung  zugefögt'bat.  Die  Organe'  des'Instincts  iind 
der  Fortpflanzung  sind  an  jenem  Scbädel  aufserordentlich  ent- 
Mrickeit  für  den  Scbädel  einer  Frau^  Die  Organe  für  die  höhe- 
ren Geistesfäbigkeiten  sind  dagegen  wenig  ausgebildet.  Die. 
Stirn  ist  kurz,  plattgedrückt,  Di«  Organe  der  Halsstarrig« 
keit  (ppiniatret(^)  und  der  Standbaftigkeit  (fermete')  aufser- 
ordentlich  entwickelt.  (Der  Ehemann  i^t  also  wahrscheinlich^ 
falls  die  Frau  verheirathet  war,  sebr  zu  bedauern  gewesen). 
Das  Otgah  der  Kinderliebe  gut  entwickelt;  u.  s.  w.  Bei  den 
von  den  Alewtischen  Inseln  mitgebracbten  Zeichnungen  voa 
menschlichen  Scliädeln  fand  Gall  eine  sehr  betriichtliche  indi-* 
viduelle  Verscbiedenbeit  der  Organisation.  —  Tschouktschen 
abgeb:  PhX.  — 

Dies  ist,  unserer  Meinung  nach,  das  Wichtigste  und 
Interessanteste,  was  wir  aus  der  vorliegenden  Reise  mitzii-. 
theilen  für  zweckmäfsig  fanden. '  Es  sind  aufserdem  noch  eine 
Menge  Abbildungen  darin,  Ansichten,  Gerätbschaften  u.a. ^. 
darstellend,  die  wir,  als  minder  bemerkenswerth, ,  um  nicht 
zu  weitlauftig  zu  werden  ,  mit  Stillschweigen  tibergeben  inufs« 
teil.  Auf  jeden  Fall  verdient  der  talentvolle  Herr  Verfasser 
für  die  Herausgabe  seiner  malef*iscben  Reise  unsein  groüseri 
Dank.  Die  Steindrücke  ,  die  überhaupt  nie  die  Sauberkeit 
und  Re^nbeit  eines  Kupfersticbs  erreichen  können  und  wer-^ 
den,  sind  hier  von  verschiedenem  Werthe;. manche  seh^  mit« 
telmäfsig. 

'  Lette kartw 


i .   PT^i Verlegung    Jer    Längsseiten    Behauptung    einer   ge setzt i^ 

ehen     S  ilnde  n  ^  Anh  efehlung     unter     den    Jesuiten^., 
'    Nebst  Andeutung  von   philosophischen  Üülfsmitteln  gegen  die  vier  . 
Innern  Haüptrevolutionsprincipe  im  jetzigen  Europa,      i'^on  Chri" 
stia:i  jyienschf    einem   P ro  tßstant  en.       ^Moifp  Ps,  it«, 
IS.  16.)   Mainz  9  hei  Stenz,   i824.   409  «J.  wi  8.  1  fl.  36  kr^ 

t.  Geheime  Verhalt  ung  shefehle  der  J  ei^iten  oder 
Monita  S  ecreta  ^Sotiettitis  Jesu*  Aachen  bei  J.  La 
RuelUf   Sohn,      i825.  l63.  8.  , 

Urigerne,  aber  aufgefordert,'  seine  Ueberzeugung  öffent- 
lich zu  erklären  ,   las  und  erwog  Reo.   die    suerst  genannte 


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ObKgaitö  mi  jifomum  and  Mötttte  Mereta  der  lettritea«         ^ 

MainserScbrtft 4  welche  Aurth  bffenliar  nbsichtliche  Weit« 
•cbweifigkelt  das  klare  dunkel  su  machen  und  dem  Theil  des 
Fuhltcums^  welchem  jeti&t  nach  der  Modef  delrot«  und  higotU 
filaabig  SU. aeyn  beliebt^  aus  den  Augen  tu  rAcken  veraucht 
hat. 

Die  Hauptfragen  sind:  Verlangt  der  Jeauitetorderi  ein« 
unbedingte  Obediens?  Ift  dem  Untergehehen  auch  di^ 
Verbindlichkeit  su  Todadnden  und  £rlafaa€ln« 
den  aufgelegt  9  auf  den  Fall^  dafa  der  Obere  ^,im  Namen 
Jesu  Christi!  oder  kraft  der  Obedieüs^ ,  etwas  ge- 
bietet? Werden  die  Untergebenen  gelehrt,  dafs  sie  auf  dieseil 
Fall  ohneFurcht  vor  Anstöfsigkeit  nur  aus  Sehn« 
sucht  nach  Allvollkommenbeit  und  su  desto  grdfserer  Glotie 
dcM  Herrn  zu  handeln  haben? 

Hr«  V.  Lang ,  ein  Mann ,  der  durch  Reichthum  an  Kennt» 

nisaen,   Scharfsinn ,   Thätigkeit   und   VorurtheiUfreiheit   um 

Anspach  und  fiaiern  vielfache  Verdienste  hat^  machte  in  seineir 

^»Geschichte  der  Jesuiten  in  Baietn^*  (Nürnb.  1Ö19}«   S.  70« 

die  Bemerkung:  die  Gewalt   der  Obern  im  Jeauiter^ 

erden  sey  so  grofa  gewesen ^  dafs  jeder  derselben  sei« 

nem  Untergebenen  im  Namen  Jesu  Christi   eind 

Todsfinde   befehlen   konnte«       Wegen   dieser  freilich 

aebr  auffallenden  Behauptung  ^  welche  ^  weil  der  Jesuiter  ordert 

ohne  wesentliche' Verbesserungen  nach  steinen  alten  Grundla« 

gen  repristipirt  aeyn  soll,  desto  denkwürdiger  istv-u.  berufe 

#icli   Hr.  V.  Li.   auf  die- alleemein  ali  authentisch  anerkanntd 

Fun damentalschrift  des  Ordens}    Constitutlones  Societatis  Jbsu  et 

Examtn  cum  Declaratiornbüs  ("wovon  Rec.  die  Ausgäbe  von  Ant* 

tiverpen  l7l9  in  4.   im  Volumen  h' deß  Corpus  Institutionunl 

Societatis  Jesu  Vor  sich  hat.) 

Nach  des  Bec.  Einsicht  hat  allerdings  eine  bestimmte 
Stelle  dieser  Constitutionen  würklich  den  binni  die  Beabach«» 
lung  der  Constitutionen  des  Jesuiterordens  bringt  eine} 
Ve  rbindlichkeit4  auch  eine  Todsünde  oder  einö 
£r]afs Sünde  subegehen^  in  dem  Fall  mit  sich^  wenn 
ein  Oberer  eine  solche  Beobachtung  unter  der  feierlichen  For* 
tneli  Irn  Namen  Jesu  Christilodcr:  Kraftder  Obe^^ 
d  i  e  n  z  f  be&ehlt.  AlsSann  soll  die  Sehnsucht  nach  All«» 
-Vollkommenheit  all'^s,  auch  die  Besorgnifs  einet* 
Anstofsigkeit  iiberwbl^cn  und  die  mafot  glotia  Dti  der 
höchste  Gesicbtspiinct  seyn. 

Die  Data  ergeben  sich  durch  folgende  genaubUntersuchung ! 
tn  den  Constitutionen  des  Ordens  enthält  die  Pars  VI.  ein 
Kapitel  ala  das  Vte^  mit  der  Ueb e r sc hrifti 

3* 


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36         ObKgiitio  ad  peeeatum  un4  Monita  seiereta  der  Jesuiten« 

j.Quod  Con stitM ones  peceati ohligmiönsm  hon  tndietmiJ* 
Nach  dieser  Ueberschrift  erwartet,  der  Leser,  dafs  die 
Jesuitische  Ordensverfassung  eine  Verbindlichkeit  au 
«iner  Sünde  nicht  einführe.  Er  wundert  sich  W ah r'-^ 
scheinlich  nur  darüber,  dais- die  Urheber  dieser  Ordensverfas- 
sung irgend  die  Möglichkeit,  als  ob  sie  eine  Verb  i  hdlich« 
keit  zu  einer  Sünde  einführen  wollten,  erst  abzulehnen 
für  nöthig  halten  möchten.  Auf  jeden  Fall  erwartet  man  dann 
eiiie  bestimmte,  klare  Abweisung  jedes  Verdachts,  als  ob 
etwa  diese  Corlstitutiones  eint:  Obligation  zu  einer  Sünde  ein« 
führen  könnten  ,  oder  wollten.  Mit  Erstaunen  aber  ,  und  ge- 
wiis  auch  mit  Abscheu,  findet  der  Aufmerksame  die  ßehaup« 
tang  der  Ueberschrift,  dafs  die  Jesuitische  Constitutiorien 
eine  Obligation  zu  einem  peeeatum  mortale  oder  veniale  nicht 
einführen  können,  durch  ein  üufserst  bedenklicb/es  nisif  nur 
auf,  die  gewöhnlicheren  Falle  eingeschränkt.  Das  nisi  aber 
macht  dieAusnahnie  für  solche  Fälle ,  wo  der  Obere  der* 
gleichen  Ding^  „im  Namen  unsers  Herrn  Jesu  Christi"  oder: 
„in  Kraft  der  Obedienz«  blefehle. 

Ists  möglicb?  —  Man  sehe  selbst!  Der  ganze,  auch" von 
dem  Vf.  (ungeachtet  er  sich  den  Namen  eines  Protestan- 
ten und  Christian  Mensch  ^gewifs  nur  zur  Täuschung*)^ 
beilegt)  als  acht  anerkannte  Text  ist,  w^e  er  sogleich  nach 
der  angegebenen  Capitelaufschrift  folgt,  wörtlich  dieser:   - 


*)  Jottcnale  in  dem  von  Jesuitischen  Mlssionarien  bereits  erfuUtoa 
Frankreich,  bemerkten   neuerlich,    dafs  in  Teutschland   Prote- 

V    stauten  den  KQÜioHcismus  yertheidigten.      Auch  Rec.   schrieb 

'  schon,  ohne  alle  persönliche  Rücksicht,  aiis  allen' Kräften  fSe 
solche  Fälle,  wo   etwas  der  teiitschkatholischen  Kirche  wahrhaft 

,  'nöiy-Hches  gefördert  oder  schädliches  verhütet  werden  zu  kön* 
nen  schien.  Wir  sind  Alle  Teutsche.  Das  VTohldes  Einen  Theils 
hängt  mit  dem  geistigen  und  leiblichen  Wohl  des  andern  zu« 
samnien.   Unseren  Souverainen  und  uns  allen  liegt  daran,  dafs  nicht 

^  landfremde  Hieräi^chie  insgeheim  die  Gewissen  beherr.^che. 
Ungeachtet,  ein  Wi<?dereinschleichen  des  Jesuitischen  Ordcussj« 
Sterns  offenbar  der  katholischen  Kirchcn7erfassung,  der  bischöf- 
lichen Würksarokeit ,  und  besondars  der  Seculargeistlichkeit,  wie 
die  alten  Erfahrnngen  beweisen  f  weit  mehr  als  dem  Protestan- 
tismus schaden  würde ,  so  warnt  doch  auch  dieser  gern  in 
«Zeiten*  Wenn  aber  französische  Blätter  solche  Jesuiten, 
wie  dieser  Christian  Mensch,  auch  für  Protestanten  taeU« 
nen,  so  überlälst  man  sie  ihntn  gewifs  ohne  Meid.     p. 


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Obligttio  id  peoMkiiiii  tiiui  Monita  f mmU  der  Jfsoiten. «        37 

9, Cum  exopt^t  Societas^.  universas  suas  Constitutiohes, 
Declaratione«  ac  Vivendi  Ordinem  omnino  juxta*  nostrum 
Institutum,  nihil  in  ulla  re  declinando,  obtervari;  optet 
etiam  nihilominus^  suos  omnes  aecuros  esse  vel  cert«  adiu« 
yari|  me  in  laqueum  ulliut  jfeccati^  quod  ex  vi  Constitutionum  Act« 
jttsmodi  out  Ordinationum  proveni^^  incidattt:  visiim  «st  'iiobis 
in  Domino  y  exeepto  exprfisso  Voto,  quo  Societas  Siimmo 
Pontificipro  tempore  existenti  tenetur  ac  tribus  aliis  essen« 
tialibus  raupertatis,  CastiCatis  et  Obedientiae,  nullat  Consti'» 
tutiones^  DecJarationea  vel  Ordinem  ullam  vivendi  posse  ohli» 
gaiionem  ad  peccatum  mortale  vel  oeniaU  inducere  ^  NISl  Superior 
ea  In  Nomine  Dopiini  nostrijesu  Christi;  vel  In,  Vif  tute  Obedientiae 
juberet ;  quod  in  rahus  vel  personis  illis^  iii  quibiis  judicabitur, 
quod  ad  particulare  uniuscujnsquey  vel  ad  universale  bonum 
multum  convenifcty  fieri  poterit^  et  loco  timoris  offensaa  succe- 
dat  antor  et  desiderium  omnis  perfectionis  et  ut  major  gloria  et  laUS 
Christi  Creatoris  et  Domini  nostri  consequatur. 

Reo.  giebt  zuvörderst  eine  wortgetreue  Ueberaetzung: 

^,Da  unsre  Gesellschaft  sehr  wünscht,  dafs  sämmtlicha 
ihre  Constit  utio  nen  ,  Erkl  Sr  ungen  (derselben)  und 
die  Lf  eb  ens  o  rdnu'ng  *)  allerdings 'nach  unaerra  Institut 
ohne  Abweichung  in  irgend  «einer  Sache  beob* 
achtet  werden;  nichts  destoweniger  auch  wünscht ^  dafs 
alle  die  Ihrige  >icher  seyen  oder  wenigstens  Beihülfe  haben, 
damit  sie  .nicht  in  den  Strick  irgehd  einer  Sünde 
fallen,  die  aus  der  Kraft  solcher  Constitutionen  oder 
Verordnungen  hervorkfime».  hat  es  uns  gutgedünkt  in 
dem  Herrn: 

9,au8gen  ommen  das  ausdrückliche  Gelübde ,  wodurch 
die  Gesellschaft  dem  zur  Zeit  existierenden  Summus  Fonti« 
fex  verbunden  ist,  und  (ausgenommen)  die  drei  andcyre  we-  ' 
sentUcbe  Gelübde,  der  Armuth,  Keuschheit  und  Obedienz, 
können  keine  Constitutionen ,  Declarationen  oder  Lebensr 
Ordnung  Verbindlichkeit  zu  einer  Todsünde  oder 


*)  Diese  ist  hauptsSchlich  unter  dem  Tilel:  Regulae  Soctetatif 
Jesu,  Auetorltate  septimae  Congregatioois  Generalis  auctae,  io 
dem  VoU  I,,  des  Corpus  Ins titutornm  Societ.  Jesu  als  das  ^  ritt« 
Hauptstück  S\  496 — 652  enthalten  und  ein  vollständiger  Beweis» 
y^ie  diese  ,,Milites  Christi**  nicht  das  kleinste  vernachlässigen  f  um 
alles  auf  den  Binen  Zweck  der  Nostrateo  sü  conceDtrireD.  Luk» 
16,  ö.     P, 


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38         OUigadö  ad  jpeoMtam  «md  MonitQ  t^oreti  dir  Jesuiteo«  • 

Erlafs^Üpde   etnfübren^  j^w^nn  nicht  ein  '$up«rIor 

„(Oberer)  solche  Dinge  Im  JNamen  Unsern  Herrn  Jmu 

y,Qirist4J  oder:    In  ICrs^ft  der  Obediei>a  befähle««;  wel« 

-       ches  (Befehlen)   bei  denen  Sachen   oder  Personen  wird 

Seschehen  J^Onnetr^  bei  denen  geurtheilc  werden  wird, 
afs  es  zi^rn  besondern  Guten  eines  J(^den,  oder  ziim  allge« 
meinen  Guten  CO nvenl^re.  Vnd  »tatt  der  Furcht 
vor.Anstofs  trete  an  die  Stelle  —  Lieble  uhd  Se'hn* 
tucht  aller  VoUl^ omnren Ivei t  un4  damit  grdfs^ifre 
Glorie  und  Lob  Christi,  unsers  Schöpfers  i;nd  Herrn^ 
N  erfolge,««  •    ,      '      ^        u  • 

Wir  bitten  ünpartheüsche  Leser  erst  diesen  pfäffi^ch  v6r» 
wickelten  Text  sidh  selnst  in  seine  Bestandtheile  aufzulösen» 
Bleiben  night  als  Vorschrift  des  Jesu iterordens  folgende  Haupt- 
gedanken^fibrjg:  a)  Die  vier  Gelübde  bringen  m.it  sich  (indu« 
cunt)  Verbiiidl  ichkeit  ad  peccatum  mortale  yel  yelWale 
—  d;  i.  ihre  Erfüllung  darf  nicht  ipiterlassen  werden,  auch 
welin  daraus  eine  SQnde  entstehen  müfste.  (  Der  Sinn  ist^ 
dafs  den  Gelübden  alles  aufgeopfert  werden  solle ^  und*  wenn 
^die.  That  oder  das  Unterlassen  zur  Erfüllung  des  Gelübdes 
nöthig  wird,  der  Gehorchende  dadurch  nicht  eine  Sünde  begeht). 

b)  Ihre  besondere  Orcjep^constitutionen  sollen  (gewöhn^r 
.lieh)  :ni'cht   einführen    eine    solche    Verbin  dHchk-eil: 

zu  einer  Todsünde  oder  Erläfssünde  (das  heifjit, 
es  sey  g<?wdhnlich  nipht  näthig ,  eher  eine  Todsünde  oder 
Erlafssüiide  zu  begehen,  als  sie  nicht «u  beobachten). 

c)  Wenn  aber  ein  Oberer  na^h  4^n  Constitutionen  be- 
fehle, mit  den  feierlichen  Formeln;  Im  Namen 
Jesu  Chris  ti}  oder;    In    Kraft   def    Obedienz,    als- 

.dann  füh.ren  sie  ein  (oder  bringen  sie  mi(  sich)  eine 
Verbindlichiceit|  sey  es  zu  einer  Todsünde  oder 
Erlafssü  nde^  ( —  -*  das  heifst,  alsdann  gehe  auch  die  Be« 
obachtung  der  Jesuitischen  Constitutionen  allein  andern  vor, 
ffnch  der  FuTi:ht,  eine  Todsünde  oder  ErJaTssünde  a^u  bege- 
ben).    Denn 

d)  wenn^  der  Obere  so  feierlich  befohlen  habe,  so  solle 
^ei  dem  Untergebenen  wegfallen  thnor  offe^sae ,  d\e  Besorgnifs, 
(Gott)  durch  eine  7<>^^^^>^^6  o^^r  Erlafssüiide.  zu  beleidigen. 
An  die  Stelle  splchef'  Be^orgnifs  trete  (und  gehe  also  über, 
alles)  die  I^i^he  unxl  die  Sehnsucht  nach  aller 
(höcbs.ter)  Vervollkommnung.  (Sie  liämen  also  dMurch 
nicht  in'laquwm  jp^ccati  ^  nicht  in  eine  Verstrickung  des  Ge- 
wissens ^  wie  wenn  sie  eine  Tod«  oder  Eriafisünd^  bäUcR 


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OlUgado'ad  peeeatnm  ua€  MoniKa  lecma  der  Jestiiceo«         S9 

begeben  i^{hsen,  weil  vielmehr  die  höchstgute  ^Tnten  tioD/* 
die  Sebntucb;  nach  "AllvoUkonnnenheit,  übe**  alles  gehe). 

0)'Daraut  erfolge  dasi  was  der  Orden  V  ergr  öfser  ung 
der  Glorie  Qottes  oder  Jesu  zu  nennen  pflegt« 

Der  Sinn  iit  demnach  kein  anderer,  als  was  man  längst 
im  allgepi  einen  ah  Je»iii  tische  Moral  hezeichnet:  der  Zweck 
(die  Intention,  als  Sehnsucht  nach  Allvollkommenheit,  nach 
dtaif  was  dem  Orden  Major  gloria  Dei  ist)  heiligt  alle 
Mittel.  Es  ist  noch  Gehndigkeit,  dafs  nicht  die  Beohäch* 
tung  der  Constitutionen  und  Vorschriften  in  allen  gewÖhnli« 
chen  Fällen  eine  Verbindlichkeit  mitbringen  soll,  eher  eine 
Todsünde  oder  Erlafssünde  zu  begehen,  als  jene  Beobachtung 
zu  unterlassen.  Wenn  aber  der  Obere  diese  Beobachtung 
feierlich  fordert,  so  geht  iie  ober  Tod.  Und  Erlaf^sündcpi ;  so 
wie  die  vier  Gelübde  zum  Voraus  ausgenommen  sind  und  im* 
mer  ihre  Beobachtung  über  alles  geben,  das  beifst,  auch, 
wenn  eine  Tod-  oder  Erlafssünde  deswegen  begangen  werden 
infilste,  nlcht'nnterlassea  werden  soll. 

Diese  Gegeneinanderstellung  beleuchtet  srfir  den  Sinn. 
Die  Beoba(;htiing  der  vier  Gelübde  mufs  dem  Frofessus  immer 
über  alles  gehen.  Er  mufs  sie  haken,  auch  wenn  eihe  Tod- 
sünde odtit  Erlafssünde  daraus  entstünde;  d.  i.  sie  führen  ein 
üine  obli^ationem  ad  peccatum  vet  mortah  ifelivßniale.  Davon  wer(Wn 
dann  die  Eifüllupigen  der  Constitutionen  unterschiede».  Sit  ^ 
verbinden  ihn  nicht  immer  so,  dafs  er  eher  eine  Sünde  begebe, 
als' sie  untejrlasse;  aufs  er  wenn  der  Superior  feierlich  die 
Erfüllung  ^ufgiebt.  Alsdann  sind  ^ie  den  vier  Gelübden  gleich 
gestellt  und  obligieren  zu  Tod-  oder  Erlafssünden,*  das  heifst: 
die  Furcht,  eine  Tod-  oder  Erlafssünde  zu  b.'^ehen^  darf  den 
feierlich  Befehligten  nicht  abhalten.  Die  Obedienz  für  den 
Ordenszweck  gebt  über  alles,  ist  AllvoUkömmenheit. 

Und  gegen  diesen  Sinn  der  Worte  und  des  Zusammen- 
hangs will  uns  nun  der  Herr  Pr  o  tes  tant^  C  h  r  i  st  i  an 
Mensch,  bereden  1)  Die  Obligatio,  pc/ccati  oder  ad  pecca- 
tum sey  ein  Pleonasmus;  sie  bedeute  nämlich  «ine  Ver- 
bindlichkeit, die  NicKtbeobacbtung  des  feierlichen  Gebots. für 
,eine  Sünde  zu  halten,  sie  sey  also  (S.  159.)  eine  obligatio  ne* 
gativa  seu  condem.^ns  ad  percatum  conscientiae.  2)  Sey  die 
Obligatio  jeccnti  sev>  ad  peccatum  auch  eine  —  Ellipsia 
(S.  167>)  nämlich:  ad  peccatum  evitandnm..  Mit  andern  Wor- 
ten; die  obligatio  ad  peccatum  sey  ganz  gleich  der  Formeln 
feinem  zu  befehlen  mb  poena  pescaii,  daS  ist,  mit  der  Bedro* 
luing,  dafs  die  Nichtbefolgung  S.ü  n  d  e  wäre.  Der  Sinn  der 
Stelle  wUre  alsdjfnn  blos  dieser:  Die  viev Gelübde  nicht  beob- 


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40  ,      ObK|ado  Mi  peeoitlü»  and  Id^itt  f ecireta  d^r  Jetniinp* 

apt>t«P  Ut  ptccatum;   die  Coimtitutiones  nlchtbeal^acbten  ist 
nicht  pecdatum;  nur  wenn  die  Beobachtung  feierlich  befohlen 
,  wird,  wäre  die  Niphtbeohachtung  auch  eine  Sünde  und  mit 
der  Strafe  einer  Sünde  bedroht. 

Wenn  nicljt  schon  die  gans^e  Manier  dea  Vf«.  den  Profes?» 
aus  ^iner  scbUmmen  Act  von  Jeauitens^huJe'ia  sehr  charakte« 
risierte  9  dafs  man  alles  darauf  verwetten  könnte  ^  ob  irgend« 
eip  protestantisch  Erzogener  eine  solche  Schrift  ersinnen  (wie 
der  Vf.  i^ägt:  beschaffen)  köniue;  ao  istgewifs  diese  seine 
'  Hermeneutik  entschieden  jesuiti&ch.  Obligatio  ad  -peccatum  sey 
.«  Obligatio  ad  peccatum  evitandum.  Oder  sie  sey  Obligatio 
cond^mnans  ad  peccatun\^  eine  Verbindlichkeit,  die  Nicht|jeob» 
achtung  einet  feierlich  airfgegebenen  Constitutionsvorschrift 
für  Sünde  aii  halten  ,  folglich  als  strafwürdige  Sünde  zu  flie^ 
hen.  Wir  le^en  P.  IV.  Constitution,  et  Declarationum  c.  1» 
p.  327«  von  Obligationes  Missarum  und  ad  jy^issas,  Bedeu,. 
tet  di^s  etwa  obligatio  cotutemnans  M.lssavß  ^  oder  ad  Mi ^^a in 
evitt^aml  Es  w^^d  vielmehr  richtig  erklärt  p.  326.  durch  obli- 
gatio ad  IVXis^AS  celebrandas.  Und ,  was  poch  drängender  ist 
' —  kann  eitz  Jesuite  bfh£|upten:  die  Nichtbeobachtung  seiner 
Constitutionen  gelte  nicht  in  jedeip  Falle  als  Sünde,  wenigstens 
als  ein^  Erlafssühde  ?  sie  werde  nur  eine  Sünde,  wenn  erst  die 
Beqbachtupg  feyerlich  von  einem  Obern  befohlen  wäre?  Auch 
der  Indes  zu  diesep  X  Theilen  Ton  Constitutionen  setzt  li^t er 
dem  Ai't*  Qbedientiä  —  ganz  geradezu:  Suj>er\or«i  posauttt  o&/£- 
garf  ad  peccatum  in  virtute  Ohedientiae  ,  quando  id  multum  cönveniat» 
P)  ?d6.  part.  6t  c.  $•  Und  der  Verf«  dieses  Index  Verstund  ge- 
wifs  seinen  Text. 

Die  P9ch  umfassendere  Frage  ist:  Wird  nicht  der  Jesuite 
diirch  §ein  ganzem  System  in  die  sittenverderblichste  Meinung 
versetzt:  der  Zweck  seines  Qrdens  und  daher  die  Obedien^s 
gegen  denselben  gehe  über  alles  >  ihn  nicht  zu. Erfüllen ^  sey 
die*  gröfste  Si\n<Je?  v: 

IDas  wichtigste  psychologische'Problem  aber  wird  es,  au« 
den  Statuten  des  Ordens  selbst  zu  ersehen  ,  wie  es  ihm  mög- 
lich wird,  alle  Einzelne,  die  er  als  Nostros  zuläfst  und  behält, 
.bis  zu  dieser  Tiefe  der  Selbstverläugnung  und  ajso  bis  dahin 
SU  b.ringeuy  dafs  er  jeden  zum  äufsersten,  wozu  er  Fähigkeit 
bat  I  als  Maschine  brauchen  kann.  . 

Das  schlinia^ste  ist,  dafs  zu  dieser  Verwandlung  des  Men« 
fCl^en   in  einen  blofsen   Stock,- ja  in  einen  todten  Kör« 

f>er  (I\ec.  wird  sogleich  die  Stellen  anführen)  gerade  die  hei^» 
igsten  36gr>ffö  umgedeutet  und  zur  JVIisbildiing  angewendet 
vv'erden.  vVas.ist,  im  riphtigen  Verstände  gedacht,  heiliger^ 
als  d^9  ,^llandein  au^  liieb^  ZfU  Gott«*?  Da«  Wollen  def  itVcr« 


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OUigatio  ad  jmtoMixm  vmi  Monit«  MereU  der  Jainiteiu         4t 

berrlichong  Gotta*  und  Jesu  Christi«*?  die  Intention  oder  die 
gute  Absicht,  ohne  welche  jede  äufsere  Handhing  nicht  mo* 
ralisch  gut^  nicht  religiös,  sondern  b]ofses  Naturprodukt  ist? 
Und  gerade  diese  Begriffe  benutet  das  Ordenssystem  »  um  ib« 
Ben  y  indem  man  sie  in  einem  dunkeln  Schweben  und  Ahnen 
erhält,  das  Verkehrteste  unterzuschieben. 

Das  oberste  Mittel  zur  Angewöhnung  an  dieses  Aeufser« 
ste  der  Resignation  aller  eigenen. Ueberzeugung  i«t  der  dun- 
kle BegriiF:  Major  gloria  Dei  et  Jesu  Christi  Moralisch* reli- 
giös ausg^^ltfgt  ift  allerdings  die  Verheprlichung  Gottes  und'  ' 
Jesu  das  höchste  des  Menschen  und  Christen,  Aber  was  ist 
alsdann  der  Sinn  dieses  Ideals?  Gott  wird  nicht  geehrt,  nicht 
geliebt  als  durch  gottergebene  Rechtschaffenheit ,  die  nur 
aus  Selbstfiberzeugung  und  freier  Entschlossenheit  entstehen 
kann.  Gqtt  und  Jesus  Christus  werden  verehrt,  dadurch,  . 
dafs  d^r  Einzelne  in  der  willigen,  gottgetreüen  Gesinnung 
lebt,  nur  so  zu  handeln,  wie  er  es  als  von  Gott  gewollt,  als 
mit  dem  vollkommenen  Willen  harmonisch  dehken  und  einse« 
ben  kann.  Das  Jesuitische  System  hingegen  setzt  an  die  Stelle 
der  eigenen  gewissenhaften  Einsicht,  ob  eine  gewisse  Hand- 
lungsart und  die  dabei  zum  Grund  liegende  (Besinnung  von 
dem  vollkommen -heiligen  Willen  gewollt  und  geheiligt  seyh 
könne,  ganz  unvermerkt  den  Willen  des  bestehenden 
Ordensoberhaiipts,  welches  durch  die  ganze  kunstvolle 
Construction  der  Ordenspyramide  zwischen  Assistenten  und 
Admonitorep  so  gestellt,  auch  schon  durch  seinen  ganzen  Lie- 
bensgang  so  zubereitet  ist,  dafs  es  nichts  anderes,  als  die 
Allgemeingültigkeit,  den  Solipsismus  des  Ordens ,  als  die 
gloria  Dei  et  Jesu  Christi  nur  in  dieser  ihrer  irdischen  Re- 
präsentation,  wollen  kann.  Das  geistige,  also  immer  nur 
durch  Selbstüberzeugung  mögliche,  Reich  Gottes  wird  in  eine 
äufsere  Weltheherrschung  umgedeutet,  in  welcher  selbst  die 
Kirche  nur  Mittel' der  Ordensmonarchie  seyn  müfste.  Sogar 
das  Beispiel,  dafs  Abraham  sich  von  Gott  zur  Aufopferung 
seines  Sohnes  b^ehligt  glaubte  und  dieser  Ueberzeugung  treu 
handeln  wollte,  vrird  Constit.  P.  III.  c.  1.  V,  p.  3l7.  dazu 
gemisbraucht ,  dafs  auch  die  Superiores  bisweilen  sol- 
che Gelegenheiten,  die  Tugend  der  Obedienz  und  der 
Armuth  ?u  erproben,  std  ndajorem  ipsorura  utilitatem  spirJtua- 
lem  (um  sie  zur  Allvollkommenheit  zu  bringen?)  geben  soll- 
ten. Bis  zu  dergleichen  Versuchungen  also  dürfen  und  sollen 
»leb  die  Superiores  an  die  Stelle  Gottes  setzen,  und 
die,  welche  erprobt  werden  sollen,dazu  einüben,dafs  selbst  eli^ 
fulches  Aufopfere  sie  nicht  für  ein  msuiife^^umpeccatum  haltea» 


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42         Obliga^o  «d  peoetttilki  und  Mönifti  tiset^  der  Jeidtai.      * 

Diese  pyrami4alische  Hierarchie  gebt  vpn  jedem  Superior  a»f  - 
die  Untere,  und  ist  dieseoi  wii^der  eben  so  tief  angewdtnit  als 
individuell  angenebm,  weil  sie  wieder  jüntere  baben^  dire 
ibner£«)ifcb ,  sobald  sie  von  Amts-  und  Ordenswegen  ibrieh. 
etwas  aufgeben^  wieder,  wie  wenh  Cbristus  selbst  geböte^ 
geboreben,  oder  nicbt  im  Orden  bleib<^n  können,  Dibse  alle 
aber  und  selbst  die  Untersten  werden  entweder  hiebt  äüfge»  , 
nommen  oder  haben  sieb  von  den  ersten  Jahren  nur  in  den 
Ged^tnken  bi^ieingewöhnen  lassen,  ddfs  der  Einzelne  gegen  da^ 
Ganze  der  Gesellschaft  Jesu  ein  Nichts,  aber  durch  die  Liebe 
und  Fügsamkeit  gegen  sie  ein  Tbeil  ihrer  AllvolHtommenbeit  sey. 
'  Möchten  doch  dleßessern  unter  den  Mystikern  aller  Zeiten 

bedacht  haben  a#id  noch  bedenken,  welch  eine  Folgenreihe  von  ^ 
Veükehrtbeiten  ein  einziger  dunkler  Hauptbegrilf,  wenii  er 
unentwickelt  Und  daher  den  verkebrtesten  Auslegungen  ausge- 
setzt, obenan  gestellt  wird,  erzeugen  kann.  Aacb  den-My^ 
stikern  macht  das  unbestimmte  Hindeuten  auf  Li  eh  6  Got- 
%es^  auf  Sehnsucht  nach  All vollkommeiibeit.—  die 
unbescljränkteste  Aufopferung  alles  Wollens,  —  ein  J>Jichts. 
wervden  ,  um  Hn  Gotfallfes  zu  werden  —  zu  Lieblings worteri. 
Es  wird  ihnen  möglich,  gfinze  Moraisysteme  auf  die  Liebe 
zu  Gott  zu  bauen,  ohne  dafs  sie  sieb  und  andern  mit. klaren 
Worten  bescbreiben,  worin  denn  diese  Liebe  Gottes  in  ihrem 
Gemüth  selbst  bestehen^  solle  und  sich  kundmache.  Kein 
Wtinder,  dafs  alsdann,  wenn  unklare.  Gemütber,  die  nicht 
einmal  sich  selbst  zu  verstehen  und  was  in  ihnen  vorgebt,  ' 
sich  deutlich  zu  macben  surbefi,  aucb  anderswo  unter,  an- 
dächtigen Mienen  und  Gestalten  von  der  Ehre  Gottes^  und 
Jesu,  von  der  Liebe  und  dem  Sehnen  nach  AHvollkommenbeit 
als  von  dem  Höchsten  viel  erschallen  hören,  ebendaselbst 
Geistesverwandte  zu  seben  vermutben ,  mit  empfindungsrei*^ 
eher  Duldsamkeit  sich  „allem,  wo  nur  Jesus  Christus  geprie- 
sen werde,**  anzubequemen  beredet  werden  können.  Fragen 
aber  sie  und  wir  das  Corpus  Institutorum  des  Jesiiiterordens^ 
was  nun  hier  Liebe  Gottes  und  Allvollkommenheit  ist,  so 
schallt  überall  die  Antwort ;  An  Gottes  Statt  müfs  Dir  Äeyn  der 
Superior,  vom  nächsten  bisliinauf  zumOrdefnsge^erafund  zum 
rabst,  so  weit  die  Ordensschlaubeit  diesem  in  Beziehung  auf 
Aussendungei^zurGlaubensverbreitungEinflufs  geöffnet  bat !  — . 
Für  den  Denkglaubigen  ist  I«iehe  Gottes^  die  freie,  frohe 
Willigkeit  mit  <lem  Willen  der  Gottheit  Eines  zu  seyn  ,  aber 
*;r  lieht  in  dem  Ideal  des  Vollkommnen  das  Heilige,  das  was 
ttneigenniVtzig ,  vor  der  gewissenhaften  Selbstttberzeugnrig, 
)lecblsch<^irei)beit  ist.     ^ui  durch  das  Wollen  des  Rechten  mit 


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Obligaäo  ml  peeettn«  ujtA  M«mM  Meret«  ^«r  Jtt«iitiK         43 

dem  Tonkeaiineitwolleiiden  i^^  barmoiiteren^  bei^utst^r  swar 
zur  Erkenn tnifs  des  RechteQ;auc|i  alle  Offenbabrung  und  Auf- 
klfiriing  von  Andern,  aber  »ennbch  ist  die  eigene  gev^istenbaFce 
Ueberseugung  ibm  die  letzte  Instanz  nud  £ntjicheidiini{,  welcbe 
er  treu  zu  befolgen,  entschlossen  bleibt.  Dagegen  besteht  nach 
den  3esuiterstatuten  die  JLielHs  Gottes  darin,  dafs  jeder  in  je- 
dem^ den  ihm  der  Orden  in  irgend  einer  Beziehung  vdrsetzt, 
Gott  selbst  und  Jesus  Christus  erkenne  und  >ilso,  was  ihm 
derselbe  als  Willen  Gottes  aufAiebt,  mit  der  ilulsersten  Selbst- 
rerläugnung  schleunigst  befolge*. 

Der  Schwur  des  Trofessus  (F.  V.  Declar.  c.  3*  p^  370.) 
gilt  Fraeposito  Generali  Societatis  Jesu  locum  Bei  unenti  •  •  vel 
Vice  Fraeposito  .  .  locum  Dei  unentU  Das  grofse  Wort :  Will« 
Gottes^  dient  also  nur,  um  den  WiJleh  des  Ordens- 
generals zum  Allerböchsren  zu  erheben,  um  den  Willen 
der  im  Orden  regierenden  zum  unbedingten  Beherrscher  aller 
Mitglieder,  und  durch  diese  immer  weiter  zum  Beherrscher 
aller  Glaubigen  und  Affiliierten  zu  machen.  * 

Dies  ist  die  Folge  (und  bei  den  Schlauen  auch  der  Zweck) 
des  immer  wiedertönenden  JHerabsetzens  der  menschlichen , 
Vei^nuntt  in  religiösen  Dingen,  woran  nur  diefes  wahr  ist, 
dafs  freilich  y  wenn  die  moralische  Religiosität  von  der  Ge- 
wifsheit  des  N ich toffen baren  abhienge,  welches  der  schola- 
stischeOrtbodovismus  doch  als  das  Unentbehrliche  derOffenbah« 
rung  geben  will,  der  Vernunftgebrauch  vieler  Einzelnen  dazu 
nicht  hinreichen  würde.  Desto  gewisser  aber  ist,  dafs  zu 
dem,  was  in  der  Christuslehre  das  nothwendige  isf,  auch  di6 
menschlichen  Fähigkeiten  des  Einzelnen  gar  wohl  zureichen 
uiid  ein  jeder  durch  christlichen  Vernunft  glauben  so  weit,  als 
es  sein  Geist  überhaupt  nach  seiner  jedesmaligen  Biklungs« 
stufe  vermag,  zur  geistigen  Gottesverfehrung  durch  Recht- 
schaffenheit  kommen  Kann  und  soll.  —  Jeder  hingegen  kommt 
am  allerwenigsten  zum  wahren  Gott,  wenn  er  sich  irgend 
einen  Menschen  an  dessen  Stelle  setzen  lüfst,  der  den  Selbst-» 
gebrauch  der  göttlichen  Gabe  in  ihm  tödtet  und  ihn  eigent- 
lich demoralisiert,  da  nur  das  aus  Selbüberzeugung  G^fwollta 
die  moralisch  religic^se  Tl^at  ist, 

i^war  wird  dem  Willen  dieser  jesuitischen  Gottesreprä- 
»entanten  wieder  ein  grofses  Wort:  die  desfo  grofsere 
Verherrlichung  Gottes!  untergelegt.  Nichts  soll  VVille 
dieser  Stellvertreter  Gottes  seyn,  als  was  in  majorem  gloriam 
Bei  dem  besondern  Wohl  des  Einz^nen  oder  für  ein  allge- 
meines Gut  convenie're.  Aber  ist  denn  dieses  die  von 
Jesus  Christus,  ans  belle  Licht  gebrachte  Verehrung  Go^-% 


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44         ObUgitio  ad  p«ooatiim  vaaSL  Monit%  seereU  der  Jeauked. 

ten  iia  Oeiste  9  .da£i,  der  gaiuse  Orden  und  durch  diesen^^ 
wo  möglich,  die  ganze  Christenwelt  dazu  erzogen'und  bewo^ 

fjen  werde ,   all  ihr  geistiges  Wissen  und  Wollen  in  die  gö^t- 
iche  LiOCiMntenenz  eines  Ordensgenerals  und  der  voi^  seinem 

,  Wink  abhängigen  übrigen  Superioren  zu  resignieren.,  Selbst 
den  Rector  jedes  CoUegiums  sollen  id^ie  Untergebenen  nach 
Constit.  P.  IV.  c.  X.  p.  349.  magnopere  revereri  ...  als  einen^ 
^cii  Qhristi  Domini  nostri  vices  ^erit^  liberam  sui  ipsorum  rerum*- 
que  suaruin  dispositionem  cum  vera  pbedientia  ipsi  relin- 
quendo,  nihil  ei^ clausuni  tenendo  ,  ne  consclenttam  {fuidem.  propriaifg 
•  .  *non  re'pugnando  ^  ,  itec ./^^lla  ratione  judicinm  proprium  ipsius 
judicio  CQmrarium  demonstrando ,  ut  per  unionem  ejusdem  sen- 
tentiae  et  voluntatis  atque  per  debitam  submissionem  melius 
indioino  obsequio  conserventur  et  progrediantur.  Und  gerade 
Jbei  diesem  Hauptpunct,  daTs /man  vor  dem  Super ior  niphts^ 
auch  das  innerste  Bewulstseyn  nicht  verschlossen  halten  dür^e^ 
ist  ebenfalls  der  Ausdruck  gebraucht,  dals  ,im  Examen  da^ 
Wahre  zu  sagen  obligatio  ad  peccaium  esse  debet.s,  Exam,  gen. 
c.  3,  Decl.  p',  260.  wo  «s  sich  von  selbst  verstünde  ,  dafs  Un- 
wahres zu  sagen  obnehinSünde  wäre, also  die  Verbindlich- 
keit zur  Sünde  .wieder  den  Sinn  hat,  dafs  hier  alles  dem  exa« ' 
aninierenden  Obern  entdeckt  werden  müsse,  auch  wenö  daraus 
ein  \peccatum  mortale  vel  veniale  entstehen  könnte.  Mit  ei- 
nem Wort:  Das  überall  so  gefährliche  Princip  des  Auctori- 
tätglaubens ,  der  blindesten  Hingebung  eigener  Ueberzeu* 
gungin  die  WillensnieiTiung  landerer,  erscheint  dtircb  diese* 
Ordensinstitut  aufs  höchste  gesteigert.  Und  desto  furchtbarer 
wird  diese  Steigerung,  weil  dazu  die  heiligsten  Ideen:  Wille 
Gottes,  Verherrlichung  Gottes,  als  Misleitung  blöder  Gewisser! 
durch  das  Verdunkeln  und  Umdeuten  der  wichtigsten  Begriffe 
gemifsbraucht,  und  weil  zugleich  dazu  alle  Mittel  verkehrter 
Erziehung  und  Angewöhnung  statutenmäfsig  angewendet  wer- 
den. Ohne  diese  durchaus  berechnete  l^unst  würde  auch  die  . 
Ausfülirung  unmöglich  seyn,  '  \ 

Sehr  richtig  nämlich  weifs  dieser  Ordensgeist  nach  Pars 
VI,  c  I»  p.  375.  dafs  die  „  sancta  Obedientia'*  nicht  nur  be- 
stehen solle  in  executipne,  sondern  im  Wollen  selbst  und  im 

^  Verstände,  Die  Instructio  ad  reddendam  conscientiae  rationem 
justa  niorem  Societatis  p,  575»  fragt  jeden:  quomodo  se  ha-«- 
beat  circa  Obedientiamlnt^lUctus.  Hier  ist  die  höchste  Schule, 
auch  allen  Verstand  der  Obedien^  des  Glaubens,  aber  nicht 
gegen  Christus,  sondern  gegen  die  Ordensgottheiten  zu  un- 
terwerfen. Der  Jesuite  Äoll  nic^it  nur,  wenn  der  Superior 
winJ(t|    ehe   er  4^a  halben  3uchataben  gaiiz  aus« 


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OMIgatlo  «d  peeeatum  und  Moniui  leeieta  der  JetnHmi.         45 

schreibt,  den  Befehl  ausüben;  er  soU'  alles  eigene  Urtheil 
mit  einem  ,,  gewissen  blinden  Gehorsam  verlSugnen  (omhem 
sententiam  ac  Judicium  nostrum  contrarium  'cajeca  quadam 
Obedientia  abnegando)  und  zvirar  dieses  in  allen  Dingen,  die 
.  vom  Superior  verfügt  werden ,  wo  nichtbestimnat  wer« 
den  kann,  dafs  eine  Art  von  Sünde  dazwischen 
trete  (in  Omnibus,  qnäee  a  Superiore  disponuntur ,  ubi  defi» 
niri  non  possit  9  quomadmodum  dictum  est ,  aliquod  peccad  genui  in» 
tercedere^ 

Diese  ausdrückliche  Ausnahme,  dafs  in  allem  zu  ge» 
horchen  sey,  wo  nicht  (sogleich,  ehe  man  den  halben  3uch« 
Stäben  ausschreibt)  bestinfmt  werden  könne,  dals  eine 
Sunde  dßz wischen  trete,  will  der  angebliche  Protestant  gel« 
tend  machen,  dafs  demnach  der  Obere  nichts  mit  einer  Obli« 
gatio  ad  peeeatum  mortale  vel  veniale  befehlen  könne. 

Auch  sagt  bei  dieser  Stelle  die  Declaratio  3.'  allerdings  j 
Hü]u8  modi  sunt  illae  ompes,  in  quibus  nuUum  manifestum  est 
-pwctxtmn.  yon  gleicher  Bedeutung  sind  einige  andere  Stellen, 
wie  im  Summarium  Constitut.  nro  3l.  p*  501.,  besonders  Cor« 
stit.  P.  III.  c,  1.  §.23.  p.  3 16.  wo  nicht  nur  äufsere  Folgsam- 
keit,  sondern  das  Bestreben  verlangt  wird,  interius  resig- 
nationem  tt  veram  abnegationem  propriae  voluntatis  etjudicii 
habere,  voluntatem  et  Judicium  suum  cum  eo  quod  Superior 
vult  et  sentit  in  omnibus  rebus ^  übt  peeeatum  non  cemeretur  [ir| 
allen  Dingen,  wo  nicht  ein^  Sünde  augenfällig  ist] 
omnino  conformantes;  Aber  gerade  auf  diesen  Punct  beziehe 
sich  dann  die  Ausnahme,  das  NISI^  des  Kap.  V«  Drei  Un« 
terJcheidungen  ergeben  sich,  wenn  man  die  zerstreuten  SteU 
lep  zusammenfafst.  Befiehlt  der  Obere:  sonst  l)  plötzli« 
che  Befolgung  Regel.  2)  Ausnahme  für  den  Augenblick 
ist  nur,  wenn  das  Befohlene  bestimmt  und  offenbar 
eine  Art  von  Sünde,  entweder  eine  Tod-  oder  Erlafs« 
Sünde  ist.  — ^  (^definiri  potest,  cernitur^  ut  manifestum  peccatum ) 
Aber  3)  eben  diese  augenblickliche  Ausnahme  wird  iann  wie- 
der durch  die  Bestimmung  aufgehoben :  nisi  Superior  ea  in 
Nomine  J.  Chr.  vel  in  virtute  Obedientiae  juberet.  Alsdann 
nämTich  mufs  der  Superior,  wenn  er  so  feierlich  spricht,  -die 
Sache  überdacht  haben,  also  das  richtigere  wissen;  und  jeder 
ohne  weitere  Widerrede  hat  sich  zu  überreden  *)  (p.  375.) 


*y  Diese  locui  olassicut  verdient  von  allen ,  nicht  nur  von  .den  Je- 
suiterfreunden  Sondern  auch  von  den«o  ,  die  ivenigstens  Jesmte- 
irei  dulden  und  nicht  yerabseheuen  wollen ,  gaas  im  Originaltext 


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46   •     O^ItgaH«  ad  peM^fttum  und  Monfta  seeteta  dtr  Jemlteoi 

dftfs  die^  welche  tmter  der  Obedieni^  leben 9  von  der  gOtt« 
liehen  V o r »p h u n g  durch  ihre  Obern  sich  tragen  und  re- 
gieren lassen  sollen,  ebenso  wie  wenn  sie- ein  Gada« 
v.er  wären»  das  sich  wohin  es  irgend  sey,  tragen  und'a^if^ 
jede  Art  behandeln  läfst,  oder  gleicnerWejse  wie  de^r  Stab 
e i/n es  Alten,  der ,  wo  irgend  und  in  welcher  Sache  er, 
welcher  ihn  in  der  Hand  hält 9  ihn  gebrauchen  will y, dazu 
difnt.V    '        ^ 

Dies 'Sind  entscheidende  GrundbegrifiFe,  mit  denen  auch 
das  ganze  ,Sys1^eni  zusammenhängt*  Denn  — .  sö^  fügt  die 
Stelle  noch  den  Grund  hinzu  -—  ^o  (als  Cadarer  oder  ^tock  in 
derMIand  des  Alten)  gehorchend  ist  er  schuldige  jede 
Sache,  für  welche  ihn  der  Obere  zur  Hülfe  des  ganzen  Reli - 
giöns- Körpers  anwenden  will  (Religion  afcer  steht  hier  nicht 
einmal  für.Kirchenthum,  sondern-als  Synonym  des  Qrdens)  mit 
heiterem  Gemöth  zu  vollz,iehen ;  für  gewilla  haltend,  dafs  er 
a  uf  diese  W  e  ise  viel  mehr,  als  durch  irgend  etwas 
anderes,.  da$  er  seinem  6  i  genen  Wi  llen  und  ver- 
schiedenem Urtheil  fo.lgend  leisten  könnte  ,  dein 
göttlichen  W  iU  en  ,en  tsprech  en  wird,  Oder  Wie 
p.  300.  auch  wieder  eine  unter  Freiwfpltenden  geltende 
Grundidee  durch  Üebertragung  auf  die  durch  OrdensobedienÄ 
Gebundene  mifshraiicht  wird  :  —  das  Wohl  des  Einzelnen  mufa 
dem  Bonum  universale  Societatis  weichen  T  ' 

Wenn  also  viele  ihren  Willen  und  ihre  Urtbeilskj-aft  in 
den  Willen  einiger  —  zwar  genannter,  aber  der  Sache 
nach  U  nb-ekan  n  t  er,  und  Nichtverantte^ortlicher  —  Ob-ern 
resignieren,  verlUugnen,  sich  der  gröfseren  Convenienä 
aufopfern  j  alsdann  entspi^echen  sie  am  besten- dem  Gottes« 


bewundert   xu  werden  t    ^iOmnem  Sententiani  äc  fudicium  nostram 
contraHum   caeea    quadam   Obedien^ia   ahnegändp   et    id    quidem  , 
in  vmnibus^  quae  a  Superiore  di^i^otiMjitxxT^  ubi  d eßniri  non  pos- 
fit, quemadmodtim  dictom  est  ^  aliquod  pedcati  gehus  iptercedere« 
^Et  sibi  quijque  persiiadeat,   quod,  lywi  sul  Obeäientia  i>i0unff 
fauch  die  Affiliierle?]   se  ferri  et  r€gi   d  dwina  Providentia  per 
Supetiores   ;Suos  sinere  dehentf  -perinde  ae  si  CAD'AFER  etsentj  - 
quod  qnoqno   versüß    ferri   et    qubcunque  ratione  träctari  se  sinit; 
vel  similiter  atque  senis  haculus  ^   qut   ubicunqüe   et  quacunqu^e  in 
re   velit    eo  uti ,  qui  eum  manu  tenet  ,  inServit, ,  •**      Del*  Seirex. 
ist  liier  die   graue  Weisheit  der  Ordeusobern.      An  die  Stelle  der 
"a^les    wörkeuden    Gratia   des  heili|;ea  Augnstious  irill  dlo  divioa 
Providentia  per  Superiores« 


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OblafSAti«  ad  ptoeaünn  na j  Mdiut«  «MM«  dn  J#MMt<o.         49 

wUlen  und  Verden,  wie  Stöcke  f  oder.Leicbiuiiiie,  von.  der 
gottlichen  Vorsehung  getragen  und  regiert.  Dies  ist  deTyall^ 
menschliche  Selbst  Verpflichtung  und  Selhstüberseug^ng.aus* 
rottende,  die  Untergebene  su  allem  kraft  der  Obedieus  Ge* 
botenem  fäbigmachende  Orden9geist.  Das  näoiliohe  ist  im 
Suannarium  Constitutionum  nro.  36.  p*  502.  und  natOrlicb 
folgt,  was  dann  nr.  42.  p*  503.  ausdrQcklich  gesagt  ist,  dafs 
auch  keine  Schrift  von  Jesuiten  ohne  Einstimmung  der  Obern 
«rscheine.  Um  so  gevirisser  ist,  dafs,  was  diese  als  Lehren 
enthalten, 'der  Sinn  des  Orders  ist.  ,;Id^m  sapiamus,  idem, 
quoad  ejus  Aeri  possit,  dicamus  omnes,  jiixta  Apostolum. 
Doctrinae  igitur  diffsrentes  non  admittantur,  nee  vsrbo  in  concio« 
ii'ibus  publicis,  nee  scriptis  Hbris,  qui  qmdem  edi  non  pote* 
runt  in  luceui  sine  approbatione  atque  consensu  Praepositi 
Generalis.  Imo  et  judiciorum  de  rebus  agendis  diversitasy 
quae  m^ter  solet  esse  discordiae^  qitäntum  iiert  potest,  evi« 
tari  4ebet»  Wäre  die  gesamiute-Christenheit  erst  bo  weit  zu 
bringen,  so  wären,  allerdings  die  Regierenden  Alles.  Nur 
würden  nicht  unsre  Kegenten,  Minister^  Richter,  Käthe  und 
Ortsobrigkeiteu  die  Regierenden  seyn,  sondern  der  Jesuiti« 
sehe  Ordensgeneral  mit  all  den  Superioren^  denen  die  Obedi« 
entia  cum  obligatione  ad  peccatum  zukommt,  sobald  sie  unter 
der  Formel:    kraft  der  O bedien z!  befehlen  wollen. 

Woblbedäcbtlich  und  damit  nicht  Gemüthliche  durch  Ueber« 
treibung  doch  zu  einigem  Widerstreben  gereizt  werden,  wird 
noch  bestimmt,  dafs  die  Obern  das  feierlieh  -entscheidende: 
Kraft  der  Obedienz,  sehr  selten  gebrauchen  sollten 
S,  Kegulae  Kectoris  p.  546«  nr.  8«  Kegulae  Praepositi  nr.  9. 
p.  535.  Aber  angeweudet  ist  zum  voraus,  während  des  zwei« 
jährigen  Novitiats,  für  welches  P.  I.  II.  die  feinsten  psycho- 
logischer! Regeln  angeben,  alle  ersinnlicbe  Kunst,  dafs  Keiner 
adinittiert  werde  oder  bleibe,  von  dem  nicht,  durch  vielfaches 
Beichten  und  Beschreiben  seines  ganzen  Lebensgangs,'  diese 
vollkommene  Hingebung  zu  erwarten  ist,  dufs^  selbst  wenn  der 
Koch  des  Hauses  i..ülfe  verlangt,  er  die  Stimme,  wie  wenn* 
sie  vom  Herrn  käme^  anzusehen  habe.  £xamen  gener.  c,  IV. 
29.  „nolentes  suo  proprio^sensu  duci,  nisi  ^onveniat  cum 
judicio  illorunty  quos  Christi  Domini  nostri  loco  hahent^  P.  3 12. 
Ccmstir.  P.  Hf.  c.  1.  §.  12..  Und  dies  ist  so  sehr  auf  das 
ganze  Daseyn  des  Hingegebenen  ausgc^dehrt,  dals  dtrselbe 
sogar  schon  in  dem  Votuiii  siiiiplex  (Constit.  P.  X,  p.  45v5  am 
Ende)  geloben  muls,  keine  Di^nitat  auiser  dem  Orden  ohne 
dessen   Willen  anzunehmen,    wenn  es  ihm  nicht  von  einem, 


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4^,        Obligatio  ad  peeeatüm  ni^d  Mönit«  seereta  der  Jesuiten« 

detsnhpoendjfeceatl*')OheAienz  fördere,  I»eFoblen  Werde, 
Und  auch  in  diesem  Fall 'soll  er  f'Qr  jedes  andere  Amt  immer 
jTOch  den  Üath  des  Ordensgenerals  gerne  annehmen  und  ihm 

feborcHei)^^^w^nh  er  ihn  für  besser  als  seinen  Einfall  halte.  £>a 
ieses  Wfenn  eih.  eigenes  judtcare  zusulassen-  scheinen 
jfeöchte  ,^  >SQ  ist  sogleich  hinzugefjagt :  Omnia'  int^liigendö 
juxta  Söcietatis  Jesu  Constitutiones  et  Declarationes.  In  die« 
sen  aber  ist  das  Meliora  judicare,  quae  Inferiori  in  menten;» 
i^niunt)  schon  gänzlich  ausgeschlossen.  Selbst  bei  leiblichen' 
Bedllrfnissen  darf  der^  Dahingegebene  zwar  den  Superior 
achriftlicB  bitten ,  aber  ist  schuldig,  ;,sich  zu  bereden^*,  dafs^ 
was  dem  Superior,  wenn  er  die  Sache  verstanden  hat.  In 
Doipino  gu;tdünke,  ihm  zum  göttlichen  Gehorsam  dierte  (p. 
3.1&.)  ^^^  sogar  dem  Erkrankten  gilt  nur  dieses:  Obedientiam 
c)it  FaCientiam  ex.erc&at,  relicta  cura  rtliquorum  ornnium  Superiori  ' 
ac  ejus  ministris  -per  quos  adivina  Providentia  regitur  p.  321. 

Vergessen  haben  jetzt  freilichvdie Meisten,  was  vor  Aufhe- 
bung' des  Jesuiterordens  spröch wörtlich  als  La  Pfoviäence  allbe-^  / 
k»|int  war.  Aber  soll  und  mufs  denn  imm^r  al)es^  was  Geschichte 
und  bittere  Erfahrungen  gelehrt  haben,  so  bald  w^ieder  verloren 
fif^n  ?  Dafs  doch  Kegenten,  Bischöffe,  Seculargeistliehkeit 
mcht  erst. noch  ^einmal  dlle  die  Erfahrung^fn  durchmachen  müs- 
sen ,  die  ihnen  damals  lange  genug  bis  zum  Unleidlichen  sich 
aufgedrungen  hatten  und  ohne  welche  jenes  Zusammenstimmen 
und  Zusanmienwtirken  zur  Aufhebung  dieser  geheimnifs voll- 
sten Verbindung  nicht  denkbar  gewese/i  wür*.  A^  leichter 
man  in  einem  Zeitraum,  wo  man  so  vielerlei  kitcJHIChen  und 
politischen  Aberglaubens  los  geworden  war ,  dessen  «vergeÄ- 
sen  konnte,  wie  kurz  vorher  noch  der  Jesuitische  Geist  in 
Thatsachen  sich  bewiesen  hatte  ;  desto  besser  thun  solche  Ein- 
geweihte, wie  Christian  Mensch,  der  Protestant,  wpnn  sie 
durch  so  schlimiiieVertheidigungen  einer  noch  scblimmereni'Sdche 
aufs  neue  zum  Erforschen  der  Jesuitischen  ungeanderten  Ge- 
sellschäfts  r  Grundsätze  hinnothigeh.    .  '       ' 

^)  lu  mehreren  Stellen  schreiben  die  Jesuid«che  Constitutionen  anoh 
dem  Fabste  lu,   dafs  er   theÜs  obligare  könne  su^  poena  peccati, 

■  theils  obligare  ad  peccatum.  Bes.  ist  Constit,  P«  IX,  p,  433« 
dem  Fabst  zugeschrieben,  dafs  er  zur  Üel^ernahme  einer  Kirchen- 
wurzle  den  Ordensgeneral.  könnte  Oonipe|Iere  Obedientia^  quaß 
ad  peccatum  ohligäre  possetf  oder  ad  peccatum  ohliget  f  nisi  f«# 
ad  effectum  perducatu'rj  oder  p*  429«  ti  priMf ^pftf  poiuifex  nOA 
compelieret,  quod  ad  peccatum  obliget. 

iBeschlufs  folgt.) 


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N.  4  .  1825; 

Heidelberger  V 

Jahrbücher   der  Literatur^ 

Obligatio  ad  peccatum  and  Monita  secreta 
der  .Jesuiten* 

I 
/ 

Aut  sint,  ut  sint,  aut  nofi  #int»^  sagte  ihr  General^ 
Ricci«  Und  Ganganelli  erwiederCe :  Ergo  non  sint.  Und  ebeil 
so  werden  sicher  alle  Regierungen  »  (entweder  zum  voraui 
oder  wenn  abermals  erst  neue  Erfahrungen  genug  gemacht 
sind?)  entscheiden  müssen:  Da  sie  nicht  besser  seynwolleiif 
als  sie  war^n ,  so  dürfen  sie  bei  Uns  nicht  seyn  I  Dafs  st« 
auch  in  der  Froselytenmacherei  für  den  Orden,  dessen  Che* 
diens  Obligationes  ad  beccatum  für  baculos  et  cadavera  ei^iffth* 
ren  will)  wieder  sind,  wie  aie  warei;^9  hat  K,  Alexander  am 
schnellsten  bemerkt  und  das :  Nostri  non  Sinti  krllfti|^  au«|^^ 
Sfrochen» 

Die  Bweite  oben  genannte  Schrift  bezieht  sich  ftach  der 
Vorrede  auf  das  wichtige  Zeitereignifs«  dafs -nach  s^hssig* 
jähriger  durch  gerichtliche  Untersuchungen  motivierter  Ver« 
bannung  der  Jesuiterorden  wieder  »  unter  der  Gestalt  von  Mis« 
sionarien  gegen  die  Ungläubigen,  durch  gsnt  Frankreich  ohne 
Rficksicht  auf  die  *  öffentlichen  Gesetze  sich  verbreitet  hat. 
Auch  dieses  ist  ein  ursprünglicher  Theil  des  Ordensplans,  dala 
der  Orden  sich  aufser  den  gewöhnlichen  S  Mönchsgelübden 
noch  ein  besonderes  Gelübde  der  Obedienz  gogen^en  Fabst 
zuMissioneM  aufgelegt  hat.  Durch  diese  besondere  Unterordnung}* 
unter  den  Fabst  gewann  der  O.  den  Vortheil,  überallhin  unter 
einer  Auctorität  sich  senden  Jassen  zu  können,  welcher  andere 
Orden  und  der  Secular-Klerus  sich  nicht  so  leicht  widersetzen 
konnten.  In  Beziehung  auf  den  Fabst  selbst  aber  konnte  die 
innere  Ordensmacbt. durch  diesi  besondere  Unterwerfung  nttr 
fcheinbar  etwas  von  ihrer  Unbeschränkth^it  verlieren.  Denn 
«ehr  klüglich  erklären  die  Constitutionen  F*  V.  c.  3.  Declar.  C. 
dafs  die  besondere  Obedienz ^gegen  den  Fabst  nur  die  Inten* 

XVin.  Jalff»  i.  Heft.  4 


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50'        "^Obligatio  ad  peoeatum  und  ^omta  tecreta  der  Jesuiten, 

t  i  o  n  habe ,  sich  zu  Missionen  üherallhin  gehrauclien  zu 
lassen.  Tota  intintio  quarti  hujus  Voti^  ohedieqdi  sunimo  Ponti- 
fici,  fuit  et  est  circa  missiones  et  sie  (und  nicht  ausgedejinter  also) 
intelligi  oporte  e|  Ititeras  Apostolicas,  ubi  de  hac  Obedientia 
loquiinlur  „ m  omttibus^  quae  jnsserit  Summ,  Pontifex  et  quo- 
Cunque  niiserit  etc.*^  p.  370.  Das  y,ii*  omnihus**  erklärt  diese 
Hermeneutik  von  dem  Missionswesen  allein  und  der  rcimiscbe 
'  St^ibl  hat  auch  die  besondere  Obedien^  des  Jesuiter -Ordens 
nie  erfahren 9  auiser  wenn  sie  dem  Locuuitenens  Dei  im  Ordeh 
selbst  angenehm  und  nutzbar  war.  Auch  restringuiren  sie- 
sogar  bei  den  Missionen  die  Statuten  in  mehreren  Stellen  so, 
^aTs  der  Ordensgeneral  wohl  ohne  den  Pabst,  dieser  aber 
nicht  ohne  ihn   mittieren  kann,  wie  er  es  für  gut  hält. 

Unter  diesem  Titel  von  päbtstliohen.Missione^i  fanden 
die  aus  Frankreich  nicht  erst  durch  die  Ilevolution ,  sondern 
durch  das  Köni'gthum  und  die  Parlamente  Verwiesene  vpr 
und  seit  ibv^r  pühstlichen  Repristination  neue  Zugänge,  sp 
dafs^nun^sogar  schon  mitten  in  Stralsluirg  das  Müuster  von 
ambulierenden  Controverspredigern  vviederschallt.  Die  Vor- 
rede beruft  sich  auch  auf  einen  Bericht- (von  Hrn.  v,  Portulis 
als  ät^atsrath)  und  einen  BeschUifs  des  Staatsraths  gegen  die 
Geistlicl^en^,  welche  sich  in  Frankreich  unter  depi  Namen  der 
V<iiter  des  Glaubens,  ^es  heil.  Herzens  Jesu  und  ähnlichen  Be/-' 
nennungen  niederlassen,  und  giebt  von  diesem  Bericht 'S.  l38 
bis  149*  Auszüge,  nach  denen  sie  „als  verkappte  Jesuiten^«  cba« 
rakterisiert  werden,  die  den  Einrichtungen  der  alteu  Jeauiteii 
folgen,  deren  iQrundsätzis  ausüben  und  deren  Bestehen  mit 
den  Xjefetxen  der  galliqanischen  Kirche  und  den  anerkannten 
Rechten  der  Nation  unverträglich  sey." 

Was  die  Monita  Secreta  betriiFt,  so  bat  Rec.  schon  einmal 
in  diesen  Jahrbüchern  darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  ihre 
Aechtheit,  soviel  er  weifi ,  unerwiesen  ist.  Der  ,,  Jesuiten- 
fei/id*'  <ern  Vertbeidiger  der  Jesuiterei  von  l8l7,)  hat  dem 
Reo.  nach  Zelotenart  Vorwürfe  darüber  gemacht ,  dafs  er  nicbk 
die  Unüchtheit  erwiesen  habe.  Aber  dies  vermochte  der  Rec. 
aii4^h  nicht;  und  selbst  durch  das,  was  der  sogenannte  Jesuiten- 
feind S,  2—»  52,  darüber  wortreich  angiebt,  wird  weder  die 
Ae^htheit  noch  die  Ünächtheit  dieser  berüchtigten,  übrigens 
2M  nicht  Selten  abgedruckten,  Geheiminstructiouen  historiscb- 
critisch  dargethan.  Könnte  mir  von  Unterrichteten  pro  oder 
contra  etwas  E^ntscheidenderes  mitgetheiU  weiden, 
als  der  sogenannte  J  u  sui  ten  Feind  '(.Verf.  der  Zeug* 
nisse  für  die  Gewalt  der  Kirche  und  ibres  Oberhauptes)  schon 
gesammelt  hat^  so  würde  ich  es  mit  Vergnügen  bekanntet 
luacben. 


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Obligatio  ad  peeeatnm  und  Monlta  seerefa  der  Jf3uiten.         51 

Der  Schi ufa  tat^  dafs  man  die  temporalia  Societatia^  aber 
prudenter  et  äecreto ,  extendieren  und  dadurch  aurea  secuta 
der  Kirche  hifrbeii'Qbren  aolle.  Nach  den  Constit  P.  IX.  c.  3. 
hängen  auch  alle  Geldaachen ;  Contracte  etc.  vom  Ordens« 
general  ah;  uiid  gerade  dieses  hat  bekanntifch  in  Frankreich« 
da  Ordensmitglied*;r  niclit  prudenter  et  secreto  durch  grofse 
Wechselgeschäfte  das  Ordtnsvermögen  vergrößern  sollten,  den 
Protest  aher  doch  der  Ordensohere  zu  decken  verweigerte « 
die  entscbeideride  Parlamentsuntersuchung  gegen  ihn  her* 
beigeführt.  Die  Monita  aber  sagen:  Eteniin  e  re  Ecclesiae 
omnino  foret,  si  omnes  Episcopatus  a  Societate  tenerentur, 
imo  Sedes  Apöstölica  possideretur  ^  praesertiin  si  pontifex 
bonorum  omnium  teinpoValU  princeps  fieret*  Wenigstens  },cum 
necesse  sit  ut  veniant  Scaridala^  pro  tempore  intervertendua 
erit  Status  politicus  et  incitahdi  principes  nostris  familiariter 
utentes,  ad  bella  mutiia  et  importuna,  ut  sie  ubique  Societas 
imploretur  ac  impendatur  reconciliationi  piiblicae. ,,  ,  Deni« 
qae  hoc  saltem  conabitnr  Societas  e£ficere,  acquisita  Princi« 
pum  gratiä  et  auctoritate^  ut  ab  iis,  a  <^uHfus  non  amatur  ^  saU 
lern  Itmeatur^ 

Aus  dem  Sach -Inhalt  wird  die  0nächtheit  der  Monita 
secreta,  nach  Vergleicbung  mit  der  Geschichte  und  den  Strei« 
tigkeijten,  welche  der  Klerus  und  andere  Ordrn  immer  mit 
den  Jesuitei'n  hatten,  schiff  eilich  zu  erweisen  seyri.  Die  Spra- 
che ist  selten  etwas  besser ,  als  das  Möncb.sla  t  eiä,  ini 
welchem  die  Constitutionen,  Declarationen ,  Vivendi  Ordo 
u,  dgl,  geschrieben  sind.  Eine  der  grofsen  Meinung  v#li  den 
Yorzdgeri  des  Jesuitischen  Schulunterrichts  gar^s  widef^re- 
chende  Art  von  Latinität!  Die  hier  gelieferte  Uebersetftüng 
aber  ist  (s.  zuni  Beisp;  S;  13 1*  §•  8)  nicht  genau  genug; 

i/;  £.  C.  PamUi: 


Elemeni.  d* ecohomie  polittque  -pair  J*  Mill^  duteur  de  Vhisio^-de 
Vliidei  träduiti  de  VJrigläispar  J,  T.  Parisot.  Parti ^  Bos^ 
sanoe  ßeres;  1828^.    FJJ  und  5i8  S.  6; 

Uimentk  der  ^atiöndtökohömie  i);  JäkoH  Mill,**  i^  aus  dem  Engl; 
iiherietzt  oon  Ü»  Jd  d  dl  jfih  Ludw»  von  Jäkob^  K.  Pr»  Res^, 
Assessor  utid  Ob:  ZolUlnsp.  Mit  Zusdtztn  vöni  Staat srath  von 
Jäköb;     Halle ^  küüinuti  1824.     Xl^l  it.  432  S;  8.'     4^. 3 kr; 

tJaÜOi^igiii^  isi:  1821  zil  London   unter  dem  Titel:    Ele- 
itkiiti  öf  poiui6a1  Udiiöitiy  erschienet;     llec.  hat  es  nicht  zul^ 

4f* 


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SZ  MiliV  Clemens  d'eoonohüe  polUiqnt. 

Hand  un4  kann  daher  über  die.  Güte  beider  UeheVsetawn- 
gen,  jede  einzeln  betrachtet,  nicht  uttheilen.  D4  a])er  beide 
genau  übereinstimmen  und  in"^gl<?ichem  Grade  deutlich  sind, 
so  läfst   sich  hieraus    die  Vermuthung  bilden,  dals  sie  beide 

fut  seyen.     Gegen  die  Gewohnheit  mancher  französischer  Üe- 
e^setzer  ist  Paris  pt  eben  so  kurz  ui^d   bestimmt -als  von 
Jakob. 

Das  Buch  verdiente  übersetzt  zu  werden.     Nur  darf  man 
nicht  einen  Abril's  der  politischtn  Oekonomie  darin  zu  finden 
erwarten,    der  etwa  wie   deutsche  Lehrbücher    die  Hauptge- 
danken zusammengedrängt  enthi$?lte  und  auch  dasNothigste  von 
der  Literatur  aufnähme,   um  dt^ii  Anfänger  auch  mit  den  wich* 
'  tigsten  ^trertfragen  bekannt  zu  machen.    Es  ist  durchaus  kein 
gleichförmiger  Ahrifs  der  ganzen  Wissenschaft,  sondern  eine 
für    Laien   geschriebene  Darstellung    einzelner  ausgewählter 
Theije,  wobei  das  Uebrige  nur  in   kurzen  Andeutungen  mit- 
genommen  vi^ird.      Ferner  findet   man,  nicht  gerade    das  allge« 
mein  Bekannte    und  Anerkannte,    sondern  hauptsüchlicb  Ki- 
,cardo*s  Ansichten  zu  Grunde  geJegt,  d^  überhaupt  in  sei- 
nem Vaterjan  dev  in  dem  gröfsten    Ansehen  steht,  so  dafs  man 
i\  E,  zu  seinem  Andenken  (er  starb  imSept.  |823)  einen  eige- 
nen^Lehrstuhl  der  politischen  Oekpnomie  in  London  gestittet 
bat.     Die  vorliegende  Schrift   läfst  sich    füglich  als  eine  ge- 
rne in  fafsli  che  Einleitung  in  dessen  principles  of  political  eco- 
'.nomy  ansehen,  und  in  diesek Hinsicht  ist  sie  schon   nützlich 
genug,  da,  wie  die  neusten  literarischen  Erscheinungen   zei- 
gen, Ricardo   in  Deutschland  noch  weniger  gekannt  ist  als 
in  England  und  Frankreich.     Dies  mag  zum  Theile  daher  riih- 
ren,.  dafs   die   deutsche   Uebersetzung  seines AVerkes,    durch 
'diie  sein  System  natürlich  die  meiste  Verbröitung^hätte  finden 
müssen,    höchst  unvollkommen   ist.      Wer  nur    sie  vor  sich 
hat,    dem   ist    es    so    wenig  zu  verargen,    Wenn   er  das  Bjich 
bald  verdriefslich   vi^eglegt,^  aJs  dem  Xeser  der  deutschen  Üe- 
bersetz-ung  von  Waverley ;  wenn  er  an  dem  Ruhme  des  Verf. 
irre   wird.        Wie    in    let.'.terem   Buche  aus   dem  Legaten   d^s  ^ 
Papstes  (the»pope*s  legate)  ein   Commentator   Pope*s  ge^ 
macht  worden  ist,  so  bähen  sieh  in  der  Uebersetzung  R  i'car- 
?to*s  die  Physiohraten  (the  economists)  in  „Staats wirtschafts- 
lehrer"  verwandelt,  und  statt  Ange}»ot  uiuj  Nacl^frage  (supply 
and  demand)    ist   von    „  Vorrath    und    Maugel«'    gesprochen. 
,Rec. ,  der  sich  zu  dieser  Bemerkung  verjplUphtet  fühlt,   ist  er- 
bötig, so   viel  weitere  Beweise,  als    man   nur  verlangen   mag, 
beizubringen.      Sonst  ist  auch  Rs.  OrduTing  nicht  die  beste, 
die  einzelnen  Gapitel  seines  Werkes   sollten  in  einer  ganz  an- 


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Mm  f  ^Umeos  d'^coDomit  poHiiqae*  53 

deren  Reilienfolge  stehen ,  und  man  mufs  hlTufig  aus  der  Pole« 
jnik  gegen  andere  SchriftsteHer  su  enträtbseln  suchen  ,  was  er 
eigeiitltch  sagen  will.  Wenn  nun  auch  keinesweges  Alles^ 
was  er  ausgesprochen  hat,  die  l'rOf'urig  aushält,  vielmehr  einß 
einseitige  ßetrachtnng.sweisö  in  ihm  zu  erkennen  idt,  wo- 
ht^i  einigen  Fundamental&iltzen  su  Liehe  den  Erfahrungen, 
die  auf'  eine  Mancbfaltigkeit  in  einander  greifender  Ursaäien 
hinweisen.  Gehör  versagt  wird,  so  ist  doch  aufser  Zweifel^ 
dals  es  der  Mühe  werth  sey,  seine  Lehrsätze  aufmerksam 
zu  durchdenken,  und  hiezu  kann  die  vorliegende  Schrift  an- 
regen. Sie  hat  cfen  Vorzug  einer  inusterh:iften  Deutlichkeit 
und  Bestimmtheit  in  den  Erklärungen  sowohl  als  in  den  Erit« 
Wickelungen;  die  Darstellung  erinnert  bisweilen  an  die  ma« 
thematische  Methode,  ohne  d:iL's  man  doch  durch  die  Fwm 
der  Schule  ermüdet  würde.  Wäre  die  Wissenschaft  so  ein- 
fach, so  leicht,  "als  sie  sich  hier  ausnimmt,,  wie  hequem 
loüfste  dies  für  -die  Ausübung  seyn!  Aber  so  ist  es  nicht,  und 
es  wäre  schlimm,  wenn  der  Anfänger,  der  dies  Buch  zur 
Hand  nimmt,  glaubte,*  in  ihm  den  Kern  des  ganzen  Studiums 
zu  besitzen ,  während  er  doch  in  demselben  voji  tausend 
Schwierigkeiten  und  Meinungsverschiedenheiten  gar  keine 
Ahnung  erhält.  Den  Kenner  wird  die  Schönheit  des  Vortra- 
ges nicht  Menden,  er  wird  aber  sowohl  aus  der  übersichtli- 
chen Kürze,  mit  welcher  von  einzelnen  Gegenstunden  nur 
Umrisse  gegelK.'n  sind,  als  aus  der  weiteren  Ausführung  ande- 
rer willkommenen  Stoff  zum  Nachdenken  schöp'en.  Von  aller 
literarischen  Ausstattung  hat  sich  der  Verf.  so  fern  gehalten^ 
dafs  in  dem  ganzen  Budte  weder  ein  Citat ,  noch  ein  Schrift- 
stellernaine ,  seihst  A.  Smith  nicht  ausgenommen  9.  arisu- 
treifen  ist. 

Die  politische  Oekonomie  soll,  wie  die  Einleitung  sagt^ 
sich  lediglich  mit  den  Gesetzen  beschäftigen,  unter  denen  die 
llervurhringung  und  Verzehrung  solcher  Güter  steht ^  welche 
man  sieb  nur  mit  Hülfe  der  Arbeit  verschaffen  kann,  — '  und 
zwar  soll  sie  dies  in  Beziehung  auf  den  ^taat,  oder  die  Ge- 
s«^llschaft.  Demnach  würde  die  p.  (>ekono4nie,  wie  auch  An- 
dere-wollen,  keine  praktischen  Lehren  enthalten;,  da  nui> 
fliese  doch  auch  zum  Handeln  nothwendig  sind,,  so- würden^ 
sie  wohl  einer  anderen  Wissenschaft  zagetheiltwerd^en  müssen^ 
woifiher  sich  der  Verf.  nicht  erklärt.  Er  sagt  nicht,  welche 
Steuern  man  ^nlegen  müsse  und  wie  überhaupt  dieBesteurung 
am  besten  einzurichten  sey,  er  untersucht  aber,  was  für  Fol- 
gen diese  und  jene  Steuer  habe.  Kec«  hält  dies  Kestreben, 
^idi  vor   praktischen  Lehren    £u    bütea,   füT  eine  voa  Say 


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54  Milly-^UmeDt  d'dcoDomie  poHti^oe*. 

ausgegangene  Selbsttäuschung  mancher  Schriftsteller.  Die 
hohe  Wichtigkeit  der  politischen  Oekonomi^  liegt  eben  darin» 
dafs  sie  uns  zeigt»  was  zu  thun  und  zu  lassen  ^ey,  und  es 
wäre  verdienstlicher ,  die  Anwendung  ihrer  höchsten  Grund* 
»ätze  auf  Gegenstände  der  Staatsverwaltung  zu  erweitern»  was. 
nur  dann;  mit^  entschiedenem  Nutzen  geschehen  kann^  wenn 
mkn  solche  Materien  in  das  GeJ^iet  jener  Wissenschaft,  auf? 
nimmt. 

Das  Buch  zerfäHt  In  4  Capitel,  welche  vpn  der  l^roduction^ 
der  Vertheilung,  den  Vertauschungen  und  der -ConSMmtioa 
Iiandeln,  Diese  Anordnung  ist  ifehlerhaft,'  ^eil  man  die  Ver- 
theilung nicht  gut  versteht,  wenn  man  nicht  ichon  die  ßediix* 
gungen  des  Preises  kennen  geleriit  hat,  was  auch  der  VeifV 
selbst  gefühlt  zu  haben  scheint»  da  er  im  3,  Abschnitt  des  2* 
Cap.  beuierkt»  es  habe  hier  Einiges  aus  dem  3.  Capitel  anti* 
Cipirt  werden  müssen.  Dis  I^ehre  von  der  Pro d actio n  ist 
auffallend  kurz  und  ungenügend  abgehai^delt.  Bei  der  Ver-^ 
th eilung  erscheint  sogleich  im  1.  Abschnitt  die  Ric-  Theo* 
rie  der  Grundrente,  entstanden  durch  »'erfolgung  eines  schon 
von.  Mal  th  US  ausgesprochenen  Gedankens  und  durch  das 
Bestreben,  in  allen  Verhältnissen  ües  Verkehrs   mit  Beseiti- 

Sung  derConcurrenz  diePröductionskosten  als  alleinherrschend 
arasustellen.  Die  ^Rechtfertigung  des  fianzös,  üebersetzer»/ 
darüber»  dafs  er  landrent  nicht  mit  feruiage»  spuderh  mit 
loyer  des  terres  gab»  veranlafst  den  R,ec.  zu  erirvnern»  dafs  es 
von  Wichtigkeit  ist»  in  dieser  Untersuchung  d^e  von  dem 
Unternehmer  des  La^idbaues  empfundene  Grundrente  uiil: 
iet  an  den  nicht  selbst  bauenden  Eigenthümer  e.n t richte- 
%^n  nichr  zu  verwechseln,  '  Je;ie  ist  3er  Ueber^hufs  des  Er- 
löses über  die  Kosten,  und  daher  von  Jahr  zu  Jahr  veränder- 
lick»  diese  st^ht  während  jeder  Pachtzeit  fest»  bildet  unge- 
fähr den  purchschnitt  jener »  kanri  aber  nach  M^afsg^^be  der 
Naiphf rage  und  des  Angebcits  von  Ländereien  mehr  oder  weni- 
ger yiiri  ihr  abyr  eichen.  Die  neue  Theorie  geht,  wie  Pari» 
sot  S.  15  mit  .Recht  anführt»  nur  auf  die  empfundene»  ver- 
Jinderliche  l^ente,  welche  als  der  Mehrertrag  dei;  fruchtbaren 
Gruinlstücke  über  die  minder  ergiebigen''betrachtet  wird.  Der 
Getreid^preis  soll  sich  nach  den  Aosten  des,  Anbaues  der 
schlechtesten  noch  bestellten  Grundstücke  richten,  also  wird 
er  steigen ,  so  wie  man ,  um  für  die  zunehmende  Menschen- 
menge noch  genug  Lebensmittel  zu  gewinnen».,  nach  Xind 
nach  schlechtere  LMndereien  in  Anbau  nehmen  mufs.  Nie- 
mand wird  in  Abrede  stellen ,  dafs  die  fruchtbareren  Stücke 
eher  eine  Rente  abwerfen  als  die  schlechteren,  aber  man  führt 


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IfiU  y  Clemens  di*^»noiiikpoli(ic[iia^  6fr 

oft  lielier  Getreide  ein^  als  dafs  mavi  die  letzteren  I^estellt, 
und  darum  ist  d'ni  Lage  von  greiser  Wich tigJceit,  so  dai's  auch 
dann ,  wenn  alle  Grundstücke  eines  Landes  von  glt^icber  Be* 
söhjifenbeit  u^ären  ,  vi'obl  eine  Heute  stattfinden  könnte,  dij? 
vrenigstens  so  viel  hetrüge,  als  die  Kosten  des  Transports 
von  Getreide  ans  anderen  Lündern.  Ferner  ist  heim  Getreide 
nie  ein  Wolliges  und  dauerndes  Zusammen  treffen  des..rreise4 
mit  einem  Kostensätze  zu  erwarten,  weil  das  Ange]>ot  nicht 
lieliebig  vergröfserc  und  vermindert  werden  kann.  Thoinai 
Tooke  (von  dessen  VVerk  IVeC.  nächstens  Reriebt  erstatten 
wird)  hat  gezeigt,  dals  selbst  10— '20  Jahre  lang  das  Getreide 
zufolge  der  reichen  oder  schlechten  Ernten  fortwährend  nie* 
drig  oder  hoch  im  Preise  stehen  kann,  die  llecbnung  des  Land« 
wirtbes  ist  also  nie  geschlossen.  Die  verwund))arste  Stelle 
der  ganzen  Theorie  istdiese:  K.  und  MiU'  suchen  dem  j^iu. 
wurle  vorzubeugen  ,  als  sty  nicht  Qber^ll  &o  schlechtes  Land 
vorbanden,  welches  keine  Rente  trugt  und  dessen  Atibauko.« 
sten  nur  eben  noch  durch  den  Preis \des  Getreides' gedeckt 
werden  ;  sie  sagen  also,-  es  können  auf  ein  und  dasselbe  Grund- 
stQck  mehrere  Capitale  zugleich  verwendet  werden,  jedes  wird 
eine  Erhöhung  des  Ertrages  bewirken ,  aber  in  abnehmendeoi 
Grade;  wenn  ein  Landgut  mit  12000  fl.  Capi talaufwand- be« 
wirthschajtet  wird,  so  i>ringt  es  mehr  rohe  Stoffe,  als  wenn 
nur  8  oder  vollends  blos  4000  ü.  auf  dasselbe  verwendet  wür- 
den, die  ersten  4000  il.  aber  tragen  mehr  als  die  zweiten  und 
diese  wieder  mehr  als  die  dritten,  es  wird  also  das  letzte  40«  . 
gewendete  Capital  gerade  so,  wie  das  schlechteste  angebaute 
Urundstack  nur  die  Kosten  ersetzen,  ohne  eine  Rente  abau*. 
werfen.  Allein  es  lafst  sich  aus  landwirth^cbaftlicbcn  flrfah«* 
rungen  da^thun,  dafs  man  nicht  dann  die  robejti  Sto$e  mit 
dem  geringsten  Aufwände  hervorbringt,  wenn  man^  zur  Be« 
nutzung  des  Bodens  das  kleinste  Capital  zu  Hülfe  nimmt ^ 
vielmehr  werden  die  Kosten  jedes  goernteten  $cbeffeU  ^eria«. 
.  ger  ,  w^enn  bis-  zu  einem  gewissen,  nicht  allgemein  anzöge^ 
benden  Betrage  das  landwirtbschaf^iche  Betriebscapital  ver-» 
gröfsert  wird.  —  Bei  dem  Arbeitslohn  findet  in^ici  eine  interes-^ 
sante  Untersuchung  über  das  yerbältnils^  in  yirelcbem  d\e 
Volksmenge  und  das  Capital  zunehmen  können  J  dec.  Vf»  '^^^r 
wirft  die  statistischen  Tabellen,  upd  sucht  aus  aUgemeineA 
Abnahmen  zu  beweisen,  dafs  die  Volksmenge. sich  i.i\ kurzer 
Z[rit  verdoppeln  könnte.  Die  Theorie  der  Statistik  yi'ürde 
ihm  hierüber  b^stimmtferie  Belehrung  gegeben '  haben.  Man 
wird  nicht  über  20  —  22  prCt,  aller  Lebenden  in  dem  Alter 
üvvijchen   i8, un4  45  Jahren,    innerhalb  welcher  die  f^ucbt^^ 


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ß6  UiVt,  iUment  d^^onomfe  poHci^e. 

barWit  der  Weiter  Hegt,  annehmen  dürfen,  al$o  nur  10—11 
jnrGt.  Weiber  in  diesem  Alter.  SoHte  jede  derselben  ein  Jahr  . 
ums  andere  gebären,  so  worden  die  Geburten  5  —  6i/2  Proc^ 
od^  1/20-^1/18  aller  Liebenden  betragen.  Dies  ist  wohl  das 
höchste,  was  man  rechnen  kann.  Die  geringste  Sterblicfakeit\ 
mag  den  .Erfahrir^igen  zufolge  etwa  1/50  oder  2  Proc,  aeyn^^^so 
ist  der  iähr liehe  Zuwachs  im  günstigsten  Falle  nicht  über  3— 
3</2Proc.,  woraus  eine  Verdoppelung  in  23  oder  20  Jahren 
folgte.  Irland»  Volksmenge  hat  «ich  von  1788  — 1821  etwa« 
Hber  das  Doppelte  vermehrt,  was  jährlich  gegen  2  Proc.  Zu- 
wachs anatigt.  So  schnttll  können  die  Capitale  nicht  ver- 
gröl^ert  werden,  was  der  Vf.  aus  ^er  Betrachtung  der  Beweg- 
gründe SU  in  üebersparen  darthut.  Die  Sätze  über  die  Bevöl- 
kerung im  §,  IV  sind  der  Behcraigung  werth,  wenn  auch  daM 
tVbertriehen  seyn  möchte,  dafs  man  eine  hohe  Zinsrente  wün- 
schen müsse,  damit  ein  bcträchtlicbpr  Theil  der  Gesellschaft 
in  behaglicher  Mufse  leben  könne.  Man  sieht  aus  der  ganzen 
Erörterung,  dafs  Mill  in  Malthus  Üedanken  eingeht.  -'— 
Im  2.  Abschnitt  des  3.  Cap,  ist  die  Theorie  des  Preises  ent- 
wickelt, wieder  gana  nach  Ricardo.  Die Concnrrena  wird 
aufser  Acht  gelassen  )-  da  sie  nur  vorübergehend  auf  die  Preise 
wirken  könne ,  also  bleiben  als  Bestimmungsgrund  für  diese 
Mos  die  Kosten  übrig,  Welche  wieder  lediglich  in  der  zur 
Production  angewendeten  Arbeit  bestehen  sollen.  Der  Be- 
weis des  letsteren  Satzes  scheint  dem  Kec.  sophistisch  und 
inisliuigen.  «^  Vom  Geldwesen  ist  Abschnitt  6  S,  mit  £in- 
aicht  und  Klarheit  gehandelt,  und  mit  einer  sehr  unverhäh* 
tiifsmäfsigen  Ausführlichkeit  von  dem  Papiergelde,  welches 
VITort  hier  im  weiteren  Sinne  gebraucht  ist,  so  dafs  auch  die 
Bankzettel  darunter  mitverstanden  werden.  Man  weifs,  daft 
nicardo  schon  18I6  in  seinen,  proposals  for  an  economical 
and  secure  currency y  wie  nachher  in  seinen  principles ,  dem 
Papiergelde  er&ig  das  Wort  geredet,  die  Einlösbarkeit  fär 
eine  ntcht  unerlaisliche  Bedingung  desselben  erUfl^t  und  den 
Vorschlag  der  Einlösung  in  Barren  gemacht,  hat,  Mill  ver- 
breitet «ich  hierüber,  besonders  über  die  Unsrh3dK<;hkeit  des 
Papiergeldes ,  mit  einer  glänzenden  Bered^mkeit\y  ohne  je* 
doch  in  allen  Stücken  zu  überzengen ;  welche  Erfahrungen 
mein^  er,  aua^  deiien. he? vergehen  soll,  dafs  auch  bei  Kriegs« 
vn^vlück  das  Papiergeld  keine  Nachtheile  habe  ?  wie  kann  man 
f  icn  so  fest  darauf  verlassen  ,^  dafs  der  Feind  das  Papiergeld 
des  feindlichen  Staates  unbedenklich  anerkennen  werde  ?  Auch 
fifid  die  Folgen,  w^elche  das  Sinken  des  Papiergeldes  beglei« 
161)1 1  nicht  der  Erfahrung  gemäfs  dargestellte      Seine  Gründer 


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Min  9  ilimtiüi  d'^onomte  poHti^e.  &7 

kdnnen  »her  dätu  betragen ,  Me  £)eutflchen  von  einer  m  wett 
getriebenen  y  alle  Verschiedenheit  der  Fälle  auiser  Acht  kss«n« 
Gen  Scheu  vor  dem  Papiergelde  sardcksubringen.  Die  Wie- 
ner'National  bank  ist  das  erste  Beispiel  einer  grofsen  Zettel^ 
bank,  die  sich  rein  als  frivatanstalt  erhalt  und  daher  ihren 
Zetteln  vollen  Credit  su  verschaH^en  ihrer  eigenen  Sicherheit 
willen  gezwungen  ist;  die  früheren  Wiener  Banknoten  ,  die 
Einldsangsschetne,  so  wie  die  f'ransdsischen  Assignaten  und 
Mandaten  hatte  das  schlimme  Vorurtheil  hegrüntiet,  —  Di>5 
S2tse|  welche  die.  sogenannte  Handelshilans  betreiFen-,  sind 
mit  besonderer  Vorliehe  ausgeführt..  Man  kann  mit  gleich 
viel  edlen  Metallen  nicht  überall  gleich  viel  Waaren  kaufen, 
1)  weil  die  Metalle  in  entlegenen  Gegenden  der  Frachtkosten 
willen  theurer  sind  (das  kann  hdchstens  einige  Frocente  aus« 
machen),  2)  weil  auch  die  Frachtkosten  der  Waaren  auf  die 
Preise  derselben  einwirken;  in  entlegenen  Gegenden  sind 
rohe  StoflFe  wohlfeiler,  Gewerkswaaren  theurer  und  umgektrbrt. 
Der  Handel  führt  immer  ftum  Gleichgewichte  der  Ein -und 
Ausfuhr^  denn  so.  lange  ein  Land  seine  Eiiifuhr  mit  Geld  be« 
xablt,  so  andern  sich  in  beiden  Lündern,  /lern  zahlenden  und 
den*  empfangenden,  die  Metallpreise,  bis  man  endlich  zwei 
Tauscbgegenst3nde  findet,  deren  Preise  in  beiden  Landern 
gerade  um  die  Frachtkosten  verschieden  sind  (aus  dem  ße- 
,  Weise  im  XIV.  Abschnitte  des  3.  Capitels  folgt  nicht,  dafs 
dies  Preis  verhilltnifft  bei  den  beiden  Gütern  zugleich'  statt 
finden  mufs).  Die  volle  Freiheit  des  Handels  hat  den  Vor- 
theil^  dafs  man  alle  Genufsmittel  am  wohlfeilsten  erlangt 
und  die  vortheilhaftesten  Froductionszweige  betreiht.  Dies 
wird  auch  auf  den  Gerreidehandel  angewendet,  für  dessen 
Freiheit  mit  noch  ■  andern  Gründen,  als  R.  aufstellbe,  ge- 
•tritten  wird.  Die  Abhängigkeit  eines  Landes  von  andern  in 
Ansi^hung  der  Versorgung  mit  Getreide  soll  kein  Üebel  »tjn^ 
denn  Geschichte  un^  Kenntnifs  des  Handels  beweisen  das  Ge« 
gentheil;  diese  zeige,  dafs  die  von  aulsen  her  »ich  versorgen- 
den LSnder  den  Vortheil  geniefsen,  bald  hier,  bald  dort  einzu« 
kaufen,  also  immer  da,  wo  es  am  wohlfeilsten  ist,  die  Ge» 
icbicbte  aber  lehre  y  <lafs  LSnder  in  solcher  Lage  gerade  d^h 
gleichförmigsten  Getreidepreis  haben.  Beides  kann  wohl  in 
Ansehung  <d^r  eigentlichen  Handelsstaaten,  z.  E.  des  ehema^ 
Kgen  Hollands,  zugegeben  werden,  aber  es  setzt  günstige 
Lage  und  ausgedehnte  Schiffahrt  voraus.  Wird  es  der^erf. 
such  von  di^f^Schweia ,  von  Norwegen ,  seihst  vom  alten  Rom 
behaupten^^^vollen ?  Zufuhr  auf  einem  langten  Landweg»  ist 
gar  nicht ^in  Erwägung  zu  luingen,  da  wegen  der  grol**«! 
Aosteq'^mcb   gar  nicht   leicht  Speculationen  darauf  gerichtet 


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Werden;  da  aber  GetreiVletb^urung  ganz  anders  wirkt».  »1» 
Theiirimg  *vo«  Tuch,  Wein  oder  Messingwaaren^  so  folgt 
wenigstens,  dafs  man  mit  so  allgemeinen  Sätzen  ,  wie  sie  un- 
ser Vf.  giebt>  nicbT:  ausreicht.  —  Eine  gewisse  unbefriedi- 
gende Dialektik  wird  der  Leser  in  mehreren  Abschnitten  des 
Buches  wahrnehmen,  wohin  Kec,  unter  andern  dits  Lehre  von 
den  Handelsverträgen  und  von  dem  Verhältnifs  zwischen  Cöii- 
sümtion  undFroduction  rechnen  möchte.  Die  bekannte,  noch 
80  eben  von  S  a  y  in  der  revue  encyclopedique  vorgetragene 
Lehre,  dafs  Alles,  was  producirt  v^ird,  auch  gekauft  und 
Gonsumirt  werden  kann,  erscheint  hier  in  einer  lüngeu  £rOr^ 
terung.  Jeder  Produzent  sucht  filr  den  ganzen  Betrag  seiner 
zum  Verkaufe  bestiaimten  Producte'  andere  Dinge  einzukau« 
fen  ,  also  ist  die  günze  Nachfrage  dem  ganzen  Angebote  gleicb^ 
Hi<-rin  Hegt,  wie  schon  der  Recens.  von  Tooke's  Schrift 
im  Qa^rterly  revieW  erinnert  hat,  etwas  Trtigerisches ,  denn 
das  Angebot  ist  blos  eine  Quantität  von  Dingen,  bei  der 
Nachfrage  aber  kommt  es  noch  darauf  an,  welcnen  Pieis  die 
Kauffustigen  zu  gelben  geneigt  sind,  und  es  kann  leicht  seyn, 
dafs  sie  nur  unter  dem  Kostensatze  kaufen  mögen.  £s  ist 
noch  nicht  genug,  dafs  alle  Dinge  gekauft  werden  köneii, 
die  Menschen  müssen  auch  kaufen  wollen,  und  ob  sie  die» 
thun ,  das  hängt  von  dem.  Verhältnifs  ihrer  ganzen  Einnahuae 
zu  der  Cesammtheit  ihrer  Bedürfnisse  ab.  Gewerkswaaren 
können  allerdings  nicht  lange  in  einer  zu  grofsen,  den  mögli-» 
eben  Absatz  übersteigenden  Menge  zu  Markte  kommen,  eher 
aber  rohe  Stoffe.  Wie  ferner,  wenn  der  Verkäufer  seine 
Waare  gegen  Geld  absetzen  will,  nicht  um,  was  der  Verf. 
allein  bedenkt,^  andere  Geniifsmittel,  sondern  um  Ländereien 
oder  irgend  andere  schon  früher  erzeugte  Dingte  zu  kaufen^ 
oder  etwa  um  das  Geld  im  in»  oder  Auslartd«^  auszuleihen? 
Die  ganze  Untersuchung  bringt -uns  nicht. sonderlich  weiter, 
und  es  bedurfte  ihrernicht,  um  zu  beweisen,  dafs  die  ganse 
gekaufte  und  verkaufte  Gütermenge,  den  Preisen  nach,,  gleich, 
grofs  ist»  —  Was  tther  die  Steuern  gesagt  wird,  ist  beson« 
ders  kurz  und  unvollständig,  man'  findet  meistens  blofse  Fol.  ' 
gerungen  aus  den  über  die  Zweige  des  £inkommens  aufge« 
stellten  Sätze,  im  Auszuge  aus  Ricardo.  .  Die  paradoxen  Be« 
bauptungen  in  Ansehung  der  Grundsteuer  und  des  Schlag* 
Schatzes  können  hier  der  Kürze  willen  nur  angedeutet,  nicht 
widerlegt  werden  und  man  darf  keinem  Finanzminister  rathen, 
sich  auf  den  Verf.  ganz  zu  verlassen,  wenn  er  so  einfacU 
und  beredt  darstellt,  wen  jede  Steuer  in  diesem  und  jenem 
Falle  noth wendig  treffen  mufs,,  K*  H.  Hau, 


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G.  W.  Frekoüt  BrattKeo.,  59 

BikrägB  %ur  näherwu  K^nntnifs^  des  Kaiserthumt  Brasilien  ^  nehst 
einer  Schilderung  der  neuen  Colonle  Leopoldina  und  der  wichtig* 
sten  Erwerbzweige  für  europäische  Ansiedler  ^  so  wie  auch  einer 
Darstellung  der  Ursachen^  wodurch  mehrere  Ansiedelungen  mijs* 
glückten f  0OU  G.  l^»  Freireijsj  Naturforscher- Sr,  Majestät 
des  Kaisers  von  Brasilien  »« s.  w.  Erster  TJieil^  Frankfurt .  a,  Jil* 
hei  Sauerländer y  1824.  8*  j70  Seiten^  1  fl«  21  kr. 

Kein  fernes  Land  bat,  seit  Marcgraf' s  Zeiten ,  mehr 
Teutscbe  Naturforscher  angezogen .   als  das    Zaiiheiland  Bra« 
silien.     In  den  neuesten*  Zeiten   hatten  besonders  drei  unserer 
Landsleute,     näiiilich   der   Prinis  Alaximilian  von  Neu« 
wied  und  die  Baierschen  Naturforscher  Spix  und  Martius 
•ich  um  dessen  nähere  Kenntnifs  grofse  Verdienste  erworben,— 
Oesterreicbische  Naturforscher  durchstreifen  noch  jetzt ,  non 
schon  seit  mehreren  Jahren ,  j'snes  Land   und  sammeln      Herr 
Freireifs,  der  sich  auch  schon  längere  Zeit   (10  Jahre)  in 
Brasilien  aulliiSlty.  sich   auf  mehreren  giörseren  Reisen,  allein 
und  in  Begleitung  anderer,  z.B.  des  IV.  v.  Ne  u  w  ied  ,' dort 
näher   umsehen   konnte  ,     uiufste  natHrlich    viele  interessante 
Beobachtungen  und   Nachrichten   darüber    sammeln   und  mit« 
tbeilen    können.     Viel  Ne»ies  erfahren  wir  nun  zwar  nicht  in 
diesem  ersten  Bande  seiner  Beitrüge  ^  da  das  Meiste  schon  von 
dem  Engländer  Maves,  den  Teutschen    v.  Escbwege,  M» 
V.  Neuwied,  Spix  und  Marti  u  s  n.a.  bekannt  gemacht  ist« 
Doch  die  Werke  dieser  Männer  sind  grdfstentheils  zu  theuer, 
um  recht  allgemein  verbreitet  werden   zu   können,    weshalb 
schon  deswegen  obige Beiträ'ge  zu  loben  und  zu  empfehlen  sind, 
indem  sie  sich  jeder  ohne  grofse  Kosten  verschaifen  kann.  Ein 
besonderes   Interesse  mü^sei^   dieselben  noch  für  die    haben, 
welche  aus  ihrem  -Vaterland^  nach  Brasilien  wandern  wollen, 
da  sie  sich    vorher  dqph  leiphter  nun   mit  diesem    so  merk- 
würdigen  Theile    Süd- Amerika's    bekannt  mncbeo    können , 
was  in    der   That  yoi^  grofser   Wichtigkeit    ist.      Letzteres 
war  auch    ein    Hauptzxyeck  ,     den    der    Verfasser    bei   Her« 
ausgäbe  seines  Werks  vor  Augen   hatte  und  den  man  gewifs 
sehr  billigen  mufs.     Die  Auswanijerungen  nach  Brasilien  dau- 
ern noch  immer  fort  und  erst  vor  Kurzem  haben  sich  in  H^^m? 
bürg   einige    l^Q  Teutscbe   danin   eingeschifft.     Dafs,  fremde 
Ansiedler  gewifs  in  d«^ra  im  Allgemeinen  so  wenig  bevölkerten 
Brasilien  recht  gi^t  fori  kommen  und  ihr  GU\ck  machen  können, 
ist  wohl  keinem  Zweifel  unterworfen;    aber  Fleifs  und  aus- 
dauernde Thätigk«  it  müssen   sie  natürlich  mitbringen.     J-«um- 
pengesindel  und  Tagedieben,    die    da  glauben,    dort  flogen 


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60  '      G.  W. 'Proircifs  Brasiliea 

den  Menseben  die  gebratenen  Tauben  ins  Maul,  ist  naliirlich 
aucb  in  jenem  Lande  nicht  zu  helfen.  — 

Rapit«  1.  AI  lg  eineine  Bemerk  ungentlberBi*  a- 
siliens  geographische  Lag«,  seine  Gebirge,* 
Seen,  Flüsse  II.  s  w  — ~  Geographische  Breite  von  Sra^ 
silien  4200 — 350  (?)  teutschfe  Meilen.*)  Es  hat  lange  und  aus* 
gedehnte  Gebirgszüge,  die  sich  gröfstentlieils  an  der  Kiiste 
von  Norden  nach  Üüde«  erstrecken,  sich  unmerlclich  iiaoii 
Westen  in  das  Gold  und  Diamant  reiche  Hochland  der  inneren 
Provinzen  verlaufen,  wo  sie  die  Spanischen^ Cordilleras  er- 
.reichen,  von  denen  sieohnsireitig  als  östliche  Anne  angesehn 
werden  können,  Ihre  bedeutendste  Höhe  erstreckt  sich  nicht 
tther  4000'.  Gpeis  ist  Hie-  verlireitetste  Gebirgsirt,  Keine 
Vulkane  mit  ihren  Producten  sind  bis  jetzt  in  Brasilien  ent* 
deckt..  Die  Hauptflüsse  sind  bekanntlich  der  Amazonen-  und 
La  Plata- Strom',  die  im  Innern  des  Hochlandes  entspringen. 
Nur  wührend  der  Sommerzeit  in  Brasilien  (vom  November.an) 
sind  dort  häufige  Gewitter,'  obgleich  der  Winter  daselbst  mit 
einem  müfsig  warmen  Sommer  bei  uns  zu  vergl%ichen  ist.  Bra- 
silien hat  viele  Landseen  und  Teiche  oder  Seen  (Lagoas),  die' 
durc^  die  grofsen  Oeb^rschwemöuniren  der  Flüsse,  im  Som« 
mer,  gebildet  werden,  in  denen  die  Riesenschlange  (Sucuriu 
oder  Sucuriuba;  Boa  Anäconda  Daud»  )'  lebt,  die  selten  mehr 
als  20'  lang  wird,  aber  doch  bis  au  40'  {?^)  angetroffen  wer* 
den  soll.  Ihr  Fell  wird,  gegerbt,  zu  Kofferüherzügen,  Man- 
telsäcken und  Pferdedecken  angewandt.  — •  Brasilien  kann  nach 
•einer  natürlichen  Gestaltung  in  3  Haupttheilegetheilt  werden, 
nämlich  l)in  das  fruch^are  Küstenland  und  die  mit  Urwälder« 
bekleideten  Ufer  der  Flüsse  und  Seen;  2)  in  das  steinige,  kable 
Hochland  der  inneren  Provinzen  und  3)  in  die  Sandflächen  der 

nördlichen  und  südlichen  Gränzströme. Kapit.  2.  Klima, 

Es  ist  in  diesem  Erdstriche  ein  gemäTsigtes,  schönes  und  gesundes 
,  Klima,  bedingt 'durch  seine  Lage,  seine  mäfsige  Breite^  seine 
Höheöber  dem  Meere,  seine  reichen  Gewässer  u,  s.  w. ;  sel- 
ten steigt,  selbst  in  den  nic^deren  Küstenländern  das  Th6rnM>- 
meter  hölier  als  25^  11.  und  die  mittlej;e  Wärme  von  Rio  J[a- 


*)  Brasilfen  hat  eine  Ausdeliuting  von  256,000  Qnadratmeilen  j 
eine  Länge  tod  981  g«*ogr.  Meilen,  vod  4**  ^8'  n.  Br.  bis 
34°  &5'  s.  Br.  ;  eine  Br(>i(e  von  534  g^ogr.  Meilen  j  vom 
Occaue  bis  tu  dem  Miaiiiiao  von  67°  4*  weMlieh  von  Parr-c. 
Vergl,  V.  Harkius  Rede  i'ber  die  Physiognomie  det  Pflanzen« 
reicbs  ia  Brasilien  etc.     |iSi}uchen    1024»  4«     S.  6.   *— 


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0.  W.  Freirtifs  BmUien.  61 

neiro  «•  B.  ist  nach  Fr.  Beobachtungen  18%^  9  in  Minas  Ge« 
laes  14%*^  K.  In  einer  Höhe  von  olingetäbr  2500  —  3000'' 
gefri<?rt  es  seibat.  Die  Atmosphäre  ist  im  Allgemeinen  sehr 
ieucbt.  Anhaltende  Regengüsse  sind  besonders  nicht  selten 
in  der  Nähe  des  Aeqiiator,  Gewitter  dagegen  häuliger  in  ge- 
birgigen Gegenden  des  Innern  und  d^r  Küste.  —  Kapit,  3* 
Miiieralien,  — -  Gold,  Edelsteine ,  von  weichen  die  Diu« 
ntsnten  und  Topase  die  wichtigsten  sind.  Eisen,  Kupfer,  Zinn^ 
Fiatina  I  fijei ,  VVismuth  und  Kobalt.  In  mineralogischer  Hin« 
sieht  ist  in  Brasilien  noch  vi«l  au  thun  übrig.  Gold  Andet 
sieb  vorzCigltch  büiifig  in  den  Provinzen  St.  Taulf  JVIinas  Ge« 
raSs,  Goyas  und  Matto  Grosso ,  und  zwar  nicht  nur  als  Sand 
in  den  Flu i's betten  und  aiif'geschwemmteH  Gebirgen  ,  sondern 
auch  auf  GHngen  und  Lagern.  Die  Diamanten  werden ,  ob* 
wob]  aiich  an  andern.Qrti^  doch  vorzüglich  in  dum  Districto 
von  Serra  do  Frio  gefunden,  wo  an  200O  Sklaven  mit  der  Ge« 
winnung  derselben  beschäftigt  sind.  Eiiien,  das  nebst  dem 
Blei  dort  erst  seit  ^vvenigcn  Jahren^  benutzt  wird,  kommt 
vontüglich  in  den  frovinzc^n  St.  Paul  und  Minas  GeraSs  vor» 
woselbst  man  ganze  Gebirge  von  Dicbtrotheisenstein,  Eisen- 
stein und  Eisenglimmer  ündet,  hinreichend  genug,  wie 
Hr.  Fr,  sagt,  Jahrtausende  hindurch  dieganae  Welt 
mit  Eisen  zu  versehen.  —  Kap.  4,  Vegetation. 
Wie  ausserordentlich  reich  und  eigenthümlich.  dieselbe  in 
Brasilien  ist ,  ist  zur  Genüge  bekannt.  Besonders  grofsartig, 
Qiajestätlsch  und  reich  spricht  sie  sich  in  daii,  yoin  Prinzen 
'V.Neuwied  und  Martins  namentlich,  so  schön  beschriebe« 
Ben  undurchdringlichen  Urwaldungen  aus.  Nach  Fr.  irrt  man 
sehr,  wenn  man  glaubt,  dafs  diese  Wäjder  die  herrlichsten 
FrÖcbte  in  Menge  erzeugten.  —  Kap.  $.  Zoologie.  Fr. 
sucht  zu  beweisen,  dafs  der,  Brasilien  im  Allgemeinen  zage« 
schriebene,  Reicbthum  an  Thieren  bei  weitem  tibertrieben 
ist»  Man  mag  allerdings  wohl  mitunter  diesen  Keicbthuui 
tibertrieben  haben,  allein  Hr.  Fr,  scheint  doch  wohl  in  sei- 
nen Behauptungen  zu  weit  zu  gehen  und.  sich  zu  sehr  da« 
g^gen  zu  äufsern,  Dafs  im  Allgemeinen  der  Aeichthinn  an 
Thieren  dort  bedeutend  ist,  beweisen  gt  wifs  unsere  Teutscben 
Naturalien  -  Sammlangen  in  Berlin,  AV  leii,  München  und  Neu- 
wied hinlänglich  ,  und  wenn,  der  Verf.  sich  namentlich  gegen 
<lie  Amphibien  in  jener  Hinsicht  äufsert,  so  bekennen  wir 
siifrichtig ,  glauben  zu.  müssen,  dafs  sich  derselbe  nach  ihnen  ' 
während  seines  10jährigen  Aufenthalts  in  Brasilien  doch  noch 
^icht  recht  timgesehn  hat.  Spix  hat  allein  wührend  eine» 
Sjährigen  Aufenihaltes  in  verschiedenen  Provinzen  jenes  Reichs 


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62  <1.  W*  Preircifj  Bra$aien* 

100  Schlangenarten  gesammelt ,  von  Jenen  er  4ft  als  neu  an«- 
erkannt  hat;  ferner  hat  er  l8  SchildkrÖ^tenarten  und  53  Arten 
desLiinneiscben  Gen.  Rana  beschrieben  und  wir  erwarten  jetat 
begierig  die  Vollendung  seiner  Arbeit  über  die  neiirn  Saurirer, 
Der  Prinz  von  N«<uwied  giebt  in  der  Isis  (Hft.  VI.  1824) 
ein  VerÄeichniis  von  dortigen  Amphibien^  deren  Beschreibung  er 
nUchsteiiS 'herausgeben  wird.  Es  werden  von  ihm  63  Arten  auf- 
geführt i  v6n  derien  der  bei  weitem  grölste  ,Theil,  von  d*<^ii 
Eis  jetzt  bekannten  verschieden  und  neu  ist.  Auch  der  Itä« 
lienische  Keisendö  Il^addi  hat  mehi*ere  neue  Brasiltanische 
Amphibien  beschriebenj  und  wie  viel  werden  nicht Tdieöester- 
rfeichischert   Naturforscher   gesammelt   haben  !      Hr;  Fr,  sind 

vnur'6  giftige  Schlangenarten  bekannt  gevt^orden^  Der  fieifsige 
Spix   hat  allein   n  neue   Gift  «Schlangen  mitgebracht  j  unter 

'  denen  die  Ophis  Meremii  z.  JB.  *eht  viel  Aehhltchkeit  mit 
einem  Coluber  hat,  ein  Beweis  wohl  dagegen  ^  dafs  man  nicht 
immer  auf  den  ersten  Blick,  wie  Fr.  meint,  eine  giftige 
Schlange  von  einer  giftlosen ,  zu  unterscheiden  im  Stahde  ist, 
ivas  auch  von  ai.Jeren  Arten  noch  gelten  kann*  —  Nach  allge- 
meinen Betrachtungen  ♦tlber  das  Thierreich  in  Brasilien,  Wer- 
den- verschiedene  jSenjerkungeii  über  die  einzelnen- Kla&sen 
desselben  niit^ethei'lt,  die  aber  nichts  Neue«  enthalten.  Wir 
bemerken  nur  folgendes  Wellige:  Brasilien  tat  wohl  schw^er- 
Jhch 'Zugvögel  j  wohl  aber  ^trichSrögel ,  die  z^ur  Zeit  ^des  der* 
tigeh  Wint«rs  jührlich  einmal'  Von  Osten  nach  Westen  ziehii. 
Interessant  ist  die-fieobachtüng^  daf«  die  rothe  Farbe  derjeni- 

§eil  Brasilianischen  Vögel,  bei^  Welchen«  das  Farbenkleid  nach 
em  Geschlechte  verischied«^  ist^  gewöhnlich  den  Mänrichert, 
dagegen  de«  Weibchen  die  grüne  eigen  ist,  eine  Färbung  die 
iicn  regelfhüfstg, auf  ganze  Genera,  wie  z.B.  Pipra,  Nectaritiia, 
Tahagra  u;  a.  erstreckt ;  (aber  doch  gewifs  nicht  immer.)  -r-  Die 
Schildkröten  und  ihre  Eyer  sind  als  Nahrungsmittel  sehr  wichtig. 
Am  alierwichtigsten  sind  dem  Brasilianer  in  dieser  Hinsicht  aber 
die  Fi^sche,  von  denen  wir  leider  in  riaturhistorischer  Hinsicht  bis 
jetzt  hoch  wehig  von  den  Reisenden  erfahren  haben.'  Unter  den 
In^cten  werden  vorzüglich  die  erwähnt,  die  dei  mensch- 
lichen Oetonomie  schädlich  und  nützHth,  sind ,  so  wie  sol- 
che,' die  gelbst  für  den  Körper  des^  Menschen  nachtheilige 
Folgert  haben.  Zu  erstei*en  gehören  besonders  die  Ameisen,' 
die  Termiten,-  unter  denen  eS  Arten  gieht,  die  Wöhnühgeri 
von  ß  —  12'  Höbe  }»auen,'  welthö  von  den  Einwohnern  leicht 
zu  dauerhaften  Batköfeii  eihgiErichtet  wefden;  ferner  Kakker- 
lacken  (vorzüglich  Blatta  ainericana  und  bras{|iensis),  Rüssel- 
käfer (xCuKCuhou'es)';     Nutzen  bringen  besonders  die  Coche- 


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G*  W.  Frelreifs  firasilieir.  63 

Tii)len  un«!  die  .Bienen«  Dem  Körper  schaden  Moskiten,  Stech« 
fliegen  (Conops;  Stonio^yfr)  und  Sandfldbe  (Pa]ex  penetrans). 
—  Kafp.  6.  ^Von  den  Bewohnern  Brasiliens.  Dieses 
letzte?  Kapitel  nimmt  den  gröfsten  Theil  des  vor  uns  liegenden^ 
Bandes  ein;  vieles  von  seinem  Inhalte  ist  uns  jedoch  schon, 
vorzüglich  durch  die  Reisehescbreibung  des  Prinzen  von 
Neaviried,  bekannt  geworden.  Die  für  die  GrÖlse  des  lian* 
des  noch  $o  geringe  Volksmasse  von  7  — 8  Millionen  Men« 
seilen  besteht  k)  aus  Urhewobnern,  die  theils  noch  wild  uro« 
herschwarmeii,  theils  sich,  mehr  oder  weniger  cultivirt,  an* 
sessig  gemacht  haben  (besonders  die  Küstenbewohner ,  Indios 
mansos);  !2)  aus  Europäern  und  ihren  Abkömmlingen  und  3) 
ans  Afrikanern  und  ihren  Abkömmlingen,  welche  theils  Scla. 
ven  (die  gröfsere  Zahl)  theils  Freie  sind* —  Die  Küsten« 
indier  haben  einen  starken,  geschmeidigen,  ssur'Ansdauer  ge- 
schickten Körperbau  und  sehr  scharfe  Sinne;  Verstand  und 
gute  Geistesanlagen  fehlen  nicht.  Die  Jesuiten  b.^ben  sich 
viele  Verdienste;;  um  die  Civilisation  derselben  eiworben. 
Die  Ureinwohner  Brasiliens  sind  von  mittler  Statur,  ihre  Farbe 
ist  nicht  kupferfarben,  sondern  brUunlich  gelb  und  sie  sind  kei- 
neswegs bartlos,  reifsen  sich  aber,  nach  einer,  ohne  Zweifel 
uralten,' Gewohnheit  die  Haare  dei^  Gesichts,  der  Schamtheile 
und  der  Achselhöhle  aus,  daher  der  Haarwuchs  an  diesen  Thei« 
len  schwach  ist.  Die  £igentbümlichkeiten  mehrerer  wilden 
Stamme  (Tapuyas),  die  alle  geschickte  JSger  sind^  z.  B.  der 
Botokuden,  ihre  Verunstaltung,  Anthropophagie  u.  ^.  w.  sind 
bekannt.  Das  Menschenfleisch  soll  nach  den  Versicherungen, 
dieFr.  erhielt,  köstlich  schmecken,  Ref.  erwähnt,  dafs  man 
nicht  selten  angiebt,  es  solle  jenes  Fleisch  viel  Aehnlichkeit 
im  Geschmacke  mit  dem  Schweinefleische  haben ^  wie  scfion 
«.  B.  Galen  und  Juvenal  bemerkeri.  —  Die  Wilden,  be* 
sonders  die  Weiber,  bemalen  sich  häaHg  mit  rothen  und 
schwarzen  Farben,  Das  Tatuiren  aber  fand  der  Verf.  nie. 
Die  Weiber  der  brasilianischen  Wilden  haben  selten  mehr  als 
4  Kinder,  di.e  sie  äufserst  leicht  gebühren.  Alsbald  nach  be- 
endigter Geburt  setzen  sie  ihre  gewöhnlichen  Arbeiten  wie- 
glet tort ,  der  Mann  hingegen  pflegt  dann  einige  Tage  in  seiner 
Hängematte  der  Ruhe,  Wir  halten  es  für  wahrscheinlich,  dafs 
diese  sonderbare  Sitte,  noch  bei  mehreren  Südamerikanischen 
Völkern  herrscht.  Bei  den  Abiponern  ».  B. ,  so  finden  wir  in 
des  aufmerksamen  Missionär  Dobri  z  ho f  er  interessanten 
Berichten,  niannt  derJVIann^  nachdem  das  Weib  ihr  Geburts- 
lager verlassen  hat ,  dassjelbe  auf  einige  Tifge  ein  und  lebt  aus« 
ierordentlich  enthaltsam.  Dadurch  soll  das  Wohl  des  Neugebor« 


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64  G»  W«  Ftdreltt  Brasilien« 

nen  gefördert  vrerjclen.—  Jene  WiHen  leben  in  Polygamie;  wer« 
den  sehr  alt  und  sind  Mrenigen  Krankheiten  unterworfen*  Di«ae 
heilen  sie  oft  #ol)r  glücklich  ^  wozu  sie  hujr  Mittel  aus  dem 
Pflatizenreicbe  verwenden.  .  Fürchterlich  sind  für  sie  die 
Pocken.  Die  Cproatos  kennen  die  Kunst  Ader  zu  lassen  und 
wenden  sie  nicht  selten  an,  seihst  hei  Gesunden.  £)en  Glau- 
ben an  die  Fortdauer  der  Seele  fand  Fr.^  obgleich  höchst  un« 
vollkoaimen,,*  l>ei  allen  von  ihm  besuchten  Stämmen.  Sie 
glauben  auch  an  ein  höheres,  gütiges .  Wesen ,i  was  in  allen 
Mundarten  Tup^n  heilst;  eben  so  auch  an  ein  böses  Wesen^ 
das  sie  (und  namentlich  die  Puris  und  Coroatos)  Noa^ennen» 
Eine  Spur  von  Götzen  und  Götzendienst  Jfand  er  aber  nie» 
Audi  unser  Verf.  ist  der  Meinung,  dafs  Amerika  vpn  Asien 
.aus  bevölkert  Würde,  vvofür  sich  allerdings^  Manches  sagen 
lälst.  —  Dia  in  Brasilien  lebenden  Menschenra^en  finden  sich 
häiiBg  unter  einander  vermischt,  wodurch  mehrere  Durchi» 
kreuzungen  de>  Ra^en  oder  sogenannten  Mittel  -  Ra^en  ^nt« 
stehen,  wie  die  Mulatten  (aus  der  Kaukasischen  und  Aet(iiopi« 
scheu  Ra^e),  Mameliu:^en  (aus  der  Kaukasischen  und  Ameri« 
kanischen 'Ra^e),  ,  Cäribocos  (aiis  der  Aiberikani sehen  und 
Aethiopischen  Ra^e)  u.s.  w.  Erstere  besitzt  eine  grofse  Ge- 
wandheit  des  Körpers  ,  ^  lebhafte  Einbildungskraft  ,  viele 
Geistesanlagen  und  ist  sehr  zahlreich«  Die  Mamelucken  ha* 
ben  eine  angenehme Körpeibildungy  sanftfes  Betragen,  Phlegnia* 
Die  Cariboken  mit  nur  weiiig  krausem  Haar  und  dunkelbraiiner 
Farbe  sind  nur  wenig  verbreitet.  Cabras  nennt -man  die  Ab« 
kömnilinge  von  Mulatten  und  Aethiopiern ;  Creolen  die  voo- 
Aethiopischen  Aeltern  in  Brasilien  geborenen  Kinder;  (in  West« 
Indien  gewöhnlich  die  von  Europäischen  Aeltern  daselbst  Ge«^ 
borenen).  Der  Körperbau  iier  Abkömmlinge  der  Europäer 
ist  kraftvoll  und  schön  ,  selbst  bei  den  Weibern.  Ihr  Wuchs 
üppig,  das  Haar  glänzend  schwarz,  das  dunkle  Auge  feurigt 
die  Pbysionomie  einnehmend.  Der  Teint  aber  nicht  fein» 
^elblich ,  die  Röthe  der  Wangen  mangelt  ganz.  Auf  dem 
loclilande  der  ionern  Provinzen «  z*  B.  in  Minas  GeraSs, 
Minas«Nov'as,  Goyaz  u.  $•  w.  so  wie  auch  in  den  südlichen 
Provinzen,  z,  B.  St. -Paul  und  Rio -Grande  finden  sich  je- 
doch nicht  selten  blaue  Augen,  blonde  Haare  und  blühende 
Gesichtsfarbe,  Die  Fruchtbarkeit  jener  Wei'ber  ist  sehr  grofs; 
schwere  Geburten  sind  selten,  wozu  Clima  und  leichte 
weite  Kleidung  gewiis  vieles  beitragen.  *— 

(Beschltijs  folgt,} 


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Heidelberger 

JaKrbücher  der   Literatur.^ 


G.  W.  Freireffs  Beitrage  zur  nSheren  Keantuils 
des  Kalserthums  Brasilien. . 

CBeschlufi.^ 

Bei  der  Schilderung  des  Zustandes  der  Neger  in  Brasi- 
lien giebt  Fr.  einige  interessante  Beinerkung^n  über  deii 
Sklave r\bandel  und  die  Sklaverei ,  die  wahrlich  euch  dazu 
beitragen  tn.üssen ,  die  Gräfslichkeit  derselben  su  fühlen ,  mit 
Abscheu  auf  die  Sklavenbündler  herabzusehen  und  zu  wün« 
sehen,  dafs  ein  solches  die  Menschheit  schSludende  Gewedje, 
io  bald  als  möglich  aus  dem  Grunde  vertilgt  \verde.  Im 
Allgemeinen  werden  jene  unglücklichen  in  Brasilien  selbst 
milde  behahdelt.  Noch  vor  kurzem  führte  man  jährlich  an 
40,000  dort;  ein;  jetzt  etwa  um  j/5  weniger.  Gewöhnlich 
sind  darunter  8/4  männlichen  Geschlechts.  Der  Preis  eines 
erwachsenen  gesunden  Sklaven  oder  einer  Sklavin  ist  ohn- 
gefähr  450 — 600  rhein.  Gulden.  Man  kann  annehmen  »  dafs 
1/6  der  jährlich  nach  Brasilien  kommenden  Sklaven  in  den , 
ersten  3  Jähren  wegstirbt |  und  wie  viele  geben  nicht  auf 
der  Reise  dahin  zu  Grunde !  Die  freien  Neger  in  Brasilien 
<ind  meistens  nebst  ihren  Nachkommen  Freigelassene.  Da 
alles,  wa^  der  Sklave  thut ,  Zwang  ist,  so  kann  von  dieser 
Tolksklasse  allerdings  wenig*  Einflufs  auf  das  Natiöual- 
wohl  erwartet  werden.  Fr.  beweist  am  Schlüsse  durch 
einige  Beispiele,  dafs  die  Sklaverei  auf  die  Bevölkerungszu- 
fiahme  nachtheiifg  -  wirke ,  dafs,  man  daraus  z^u  schliefsen 
berechtigt  «ey,  es  müsse  das  Herbeischaffen  freier  Colo- 
riisten  sejir  tortheilhäft  für  den  Staat  seyn  und  es  wÖr^ 
den  dieselben  auch ,  weni^  sie  mit  Umsicht  zu  Werke 
Ingen  ,'  das  .  Glück  ihres  künftigen  Lebens  in  Brasilien 
ndert.  —  Die  baldige  Herausgabe  des  zweiten  Theils  ist 
Zu  wünschen.  — 

Znm  Schlüsse  können  wir  nicht  umhin,  noch  zwei  der 
tieuesfen  Werke  über  Brasilien  zu  nennen,  die,  so  vit^l  wir 
wissen,   in.  jeder  Hinsicht  interessante  iVE 1 1 heil un gen  enthal- 

XVXII.  Jahrg.  i,  Heft,  5 


fin 


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66      y  '     Das  Griesingetisöhe  Bibelwerk*     ' 

ten  tollen,  Sie  selbst  durchzulesen  haben  wir  noch  keine 
Geregenheit  gehabt.  Das  eine  ist  rotn  Htn.  v,  Eschweg^e 
(Brasilien  )  die  neue  Welt  in  topographischer  ,  geognostischer^ 
bergmännischer j  naturhistorischer,  izüOrali scher,  policischec 
und  statistischer  Hinsicht;' während  der  J^hre  18 10— 1821 
u;  s«  w.  Tbl.  1.  8.  Braunschweig  iS^Oj  ^^*  andere  ist  vota 
Hr«.  V,  Söhäffer  (Brasiiiea,  als  unabhängiges  Reich,  in. 
historischer 9  merkantilischer  und  politischer  Beziehung.  Al-r 
tona  1824.)  B^ide  Männer  «ind  Teutsche  und  in  Brasiliani« 
sehen  Diensten, 

'Le  uekartm  ^ 


Die  Bihelf    oder  die  ganze  .Hj^Hige  Sehriff  des  jilten  und- 
Neuen,   Testaments,  nach  den  neüeiteh.  Besten  deutschen   üeher» 
t  Setzungen^  tnit  Einleitungen  und  Inhaltsanzeigen ^  herausgegeben 

twn  Dr*  Ge.  Frid*  Griesinger f  K,'  PV'drtemh»  Pr Hißten  und 
pbereonsistori  Mathe  ^  des  K,  Tf^.  Civilverdieitstordens  Ritter^ 
Stuttgart  %  in  Cammiss,  hei  Metzler.  Diu  A,  T.  172$  Seiten^ 
das  Neue  577  «^.  in  8*  mit  Dedieafian  an  L  Maj.  die  r«« 
gierende^  ^  Königin  com  PJ^firtemherg  ^  Paul  ine  TheresB 
laouise^^  ridie  Kennerin  und  Verehrerin  unserer  allerheiligsfen 
ReltgiottsutkundeaM  -         '  •  ' 

Den  16.  März  i824  feierte  der  verdienatreiche  Verf.  sei- 
nen £ln  und  neunzigsten  Geburtstage  und  erst  seit  wenigen 
Jahren  hatte  £r  den  Entschlufs  gefafst^  für  gebildel;e  Leser 
dieses  allgemein  verständilcbe  Bibelwefk  auszuwählen  und  zu 
bearbeiten.^     Erfrenlich  erschien  Ihm  die  rege'Thätigkeit  un« 

'  terer  Zeit^  die  Bibel,  besonders  die  gleichzeitige  und  daher 
wahriiafteste ,  schriftliche  üeberlieferung  de^  Urchristenthums 

^  %\i  verbreiten.  Liest  doch  gewifs  der  unverkünstelte  Ver» 
itand  sich  heraus^  was  Jesusund  di^  Apostel  als  das  Wich« 
tigste  forderten  und  selbst  ausübten^  Und  wer  nur  diese  ge« 
treueste  Ueberlieflerung  einfach  und  um  der  AnwentJung  wilTea 

.  oft  genug  liest^  der  überzeugt  sich  auch  {.so  gerne  man  ihm 
durch  Bullen  und  FirmanS  dieses  Buch  des  Lichts  entrücken 
sndchte)^  auf  der   einen  Seite  ^   dafs  so  vieles  durch  menschr 

*    liehe  Umtriebe  Hinzugekommenes  in   dem  Urchri^tli^e«  d^r 

Religion  gar   nicht  zu  ^finden  ist,  auf  der  anderen  Seite'aber, 

.dafs  das  meiste,    worüber  gestritten  zu  werden  pflegt,,  nur 

das  dort  gar""  picht-  oder  nicht -o£Fen^bar  Gesagte,    also  das  be«. 

triifty  worin  dann  unstreitig  das  Unentbehrliche  der  se^Ug« 


Xki  OriMiagerüdie  Bibelirttk.  67 

vaohenden  y.Offenbahrung««  nicht  beät^hen  kann ;  so  eewifii  das 
Seeligwerdeti  nicht  von  unentschiedenen  mensöhliäexl  Aus^ 
legnngen  abhangig  zu  machen  ist. 

Der  Verf.  bekennt  sich  «u  der  Ansicht :  ei  ist  «war  gut^ 
aber  nicht  genug,  den  Menschen  die  Bibel  in  die  Hände  su 
seben.  Man  soll  ihnen  auch  zum  Verständnifs  derselbeh  ref« 
nelfen*  Deswegen  giebt  £r  hier  JBweckmSfsige ,  recht  klar« 
und  unpartheiische  Einleitungen  in  jedes  Buch  des  A.  und  N. 
Testaments.  Er  giebt  ausführlich  den  Kapitel .Ihhalt.  AuS 
den  neuen  Uebersetzungen  aber  wählte  er  bei  jedem  Buche 
dija,  welche  ihm  im  Ganzen  die  gelungenste  schien»  damit 
man  sie  mit  der  von  Luther  genau  zusammenhalten  und  diese 
dadurch  desto  richtiger  verstehen  könne,  ,,Män  fafst  jetzt 
einen  Diamantschmuck  nicht  mehr,  wie  zu  Luthers  Zeiten^ 
ungeachtet  der  Diamant  immer  ein  köstliches  Kleinod  bleibet. 
Eben  so  mufs,  sagt  die  Vorrede,  die  heutige  Bibelübersetzung 
in  einer  anderen  Gestalt  erscheinen»  wenn  sie  gefallen  ioll.^ 
— *  Das  Poetische  ist  in  poetischer  Form  gegeben. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Safcbe,  dal's  keine  Bibelüber«' 
Setzung  es  Allen  recht  machen  kann*  Die  Bedürfnisse  sind 
von  zweierlei,  ganz  verschiedener  Art.  Einige»  überzeugt^ 
dafs  jede  Uebersetzung  doch  zum  Theil  Auslegung»  nämlich 
Darstellung  ist»  wie  der  Uebersetser  die  vielen  vieldeutigem. 
Stellen  sich  zu  deuten  vermochte»  wünschen,  einen  dadurch 
verständlich  gema/chten  Zusammenhang»  i^ie  ihn  ein  ihres 
Vertrauens  würdiger  Sprach«  uiid  Sacokundiger  zu  verstehen 
vermochte,  ebenfsills  verstehen  zu  lerneh,^ohne  dafil  veralte* 
ter  oder  modernisierter  Ausdruck  sie  hindere^  bei  dem  alten 
Texte  viel  des  Guten  mitzudenken  und  mitzuempfinden.  An. 
dere  verlangen,  di^  Uebersetzung  sollte  Selbst  oben  sounbe. 
stimmt  uiba  viddeutig  seyn^.  als  manche  Ställen  des  T«xtes^ 
fiamit  sie  er^t  Selbst  bei  jedet*  Stelle  den  ihnen  wahr^cheinlicheii 
Sinh  herausfinden  oder  hineinlegen  könnten.  Deswegen  for« 
dern  sie  eine  buchstäbliche  sich  dem  Original  anschmiegende 
^ollmetschung  und  fühlen  zugleich  bei  den  vieldeutigen ; 
ungewohnteren  Worten  und  VvortVerbindringeh  desto  mehr 
heiligen  Schauet*«  Die  Uebersetzer  möchten  joft  beidä  Par* 
thien  zugleich  befrie(iigen  und  verderben  es  dadurch  mi£ 
beiden.  Das  Beste  ist»  dafs  ti^ir  Teuf  sehe  von  beiden  Arten 
gute  Vorarbeiten  auszuwählen  haben.  Ni^r  sind  diese  zer-, 
jfctreut  lind  nicht  auf  Einen  Tön  gestimmt.  Dem  klaren  Ver- 
Itande  des  Verfs.  waf  es  um  Verständlichkeit  des  Sinns  und 
Keinheit  des  Aüsdrutks  zu  thun.  .Die  Vorrede. nennt»  wel-- 
the  Uaber^etiungen  bei  jedem  Duch  ^^A  Orund  gelegt  und 

.   s*      - 


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63  Da«  Griesing^rischc  Bibelwerjc. 

<)urch  Revision  zix  mehr  Gleichförmigkeit  gebracht  siiid«  Der  , 
Freimdthige  hat  sich  ipit 'Recht  auch  vor  Na ai\;n  nicht  ge- 
scheut ^  gegen  welche  sonst  ein  "Vorurtheil  vorwraltetö.  Bei 
mehreren  Schriften  des.N.  Ts.  sinä  Bahrdt's  Neueste  Offen- 
LahiTungen  Gottes  gebraucht,  mit  der  kurzen  Rechtfertigung: 
,yBahrdt  verstand  das  .  neut^stamentlich  Griechische  gut.** 
Sonst  ist  im  Neuen  Testament  meist  die  von  Prof.  Preifs 
Lenutzt,  ,yjder  die  Stoliische  verbessert  hat^';  beim  Römer« 
brief  Moebius,  n^^^  <^^"  Geist  der  Erklärung  des  Morus 
in  seiner  Uebersetzung  übergetragen,*«  Das  Meiste  übrige 
ist  nach  Michaelis,  Mendelssohn ,  De  Wette,  Augusti ,  Ge- 
senius,  Eichhorn,  Storr,  Wegscheider,  Hensler,  Bauer. 
Bei  Hiob  findet  Rec.  mit  Vergnügen  die  von  seinem 
Jü.gendfrf3unde,  Prälat  von  Ga'ab,  welcher  Forscher  Auser- 
lesenes kurz  und  gut  zu  geben,  pflegt.  Sich  allein  nennt  der 
ehrwürdige  Veteran  nur  hei  Einem  Stück*  ^  Nicht  darum  war 
es  Ihm  zu  thun,  sich  unter  den  Bibelübersetzern  genannt  zu 
sehen«  Was  er  benutzte«  giebt  er  selhstprüfend.  Di«s  hat 
er  schon  lange  auch  bei  den  Summarien  über  das  Johannes« 
Evangelium  bewiesen,  welche,  zu  erbaulichen  Vorlesungen 
in  den  Kirchen  bestimpt,  auch  noch  lange  des  Verfs.  Andenken 
erhalten  werden.  Wer  durch  seine  gegenwärtige  Vereinigung 
so  viel^rguten  Uebers fetz un gen  einzelner  Bibelschriften  einen 
Wunsch  erfüllt  sieht,  für  den  man  sonst,  da  die  Bibelgesell- 
srhaften  nijr  die  von  Luther  und  von  Efs  verbreiten,  nicht 
leicht  Hoffnung  gehabt  hätte,  wird  den  Dank  dafür  auch 
dadurch  gesteigert  fühlen^  dafs  deraufgeklärt  religiöse  Greis  dem 
guten  Vverk  die  bedeutenden  Druckkosten  zum  Opfer  brachte. 
Der  Studierende  besonders,  welchem  immer  2u  rathen  ist»/ 
den  Text  aller  biblischen  Bücher  mehrmals  unter  Vergleichung 
einer  guten  ^uebersetzung  durphzulesen  ü^nd  sich  damit  nach 
dem  reinen  Totaleindruck,  ohne  2Ierstreuung  in  das  Kunst« 
liebere^  mit  dem  möglichsten  Vergessen  vorgefalster  Mei- 
nungen, bekannt  zu  machen,  findet  hier  beisammen,  was  er 
sonst  aus  10  —  20  Bändchen  zusammenlesen  müfste,  und  dies 
überall  von  einem  praktischen  Manne  noch  einmal  revidiert 
und  durch  sinnvolle  Einleitungen  und  Inhaksanzeigen  be- 
leuchtet.  Einzelnes  zu  kritisieren  ,  wäre  zwecklos.  Wären 
wir  doch  endlich  so  weit,  einen  solchen  grofsentheils  guten 
üebersetzungstt^xt  zum  Grunde  zu  legen ,  und  daran  alhnSiälig 
nur  bei  einzelnen  Stellen  mit  der  möglich,  wenigsten  Aende- 
rung  nacbzubessern,  weder  Sinn  oder  die  Sprach^  Nachbes>- 
serung,  fordert.  .  '^ 

H.  ^    G.    Paulur. 


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T«  Wesiefirieder's  historisofae  Solinften  69 

Mistorisehe    Schriften    von    Lorenz  von  fVeüenrieder.     Erster 
.   ,  Band^      München  JBZ^. 

'Wenn  es  auch  nicht  sit  lätignen  ist,  di^fs  bei  hairischen 
Gelehrten  gewöhnlich  eine  allgemeine  Bildung  in  Seziebung 
aul:  Geschiebte  und  Literatur  fremder  Stämme  und  Ydiku^ 
misset  wird ,  auch  die  Mifsachtung  eines  sprachgeui8(sen  Pc« 
riodenbaues,  seihst  grammatischen  Kegeln  nicbt  gebilligt  wer^ 
dan  kdnn,  (Westenrierler  setsi  ohne  mit  dem  Dativ  6.  273,  . 
die  £rf'indung  Amerikas  S,  38.)  so  raufs  man  dagegen  zu  iu- 
rem  Ruhme  bekennen,  dafs  nirgends  im  deutschen  Vaterlande 

f rundlichere  und  vielseitigere  Forschungen  über  das  eigne 
iand  und  dessen  Geschichte  angestellt  worden  sind  als  in  %\\f 
ern.  Die  zweite  Hälfte  des  achtzehenden  Jahrhunderts,  aus- 
gezeichnet und  folgenreich  in  vieler  Beziehung,  liefert  auch 
für  Baiern  und  seine  Geschichte  sehr  folgenreiche  Erscbe**- 
nungen.  Mederer,  die*  beiden  Lipowskyi  Zirngibl,  Loii 
haben  theils  brauchbare  Materialien,  theils  grÜndlicbe  Untere 
suchungen  über  einzelne  Zeiträume  bairischer  Geschichte  zu 
Tage  gefördert.  Einer  der  thätigsten  und  bis  ins  hohe  Aller 
unermüdetste  Forscher  ist  Lorenz  VVestenrieder^,  was  sowohl 
andere  seit  Kurzem  erschienene  Werke,  als  der  erste  Bund 
seiner  historischen  Schi:iften  .bezeugt.  Diese  historisch«. 
Schriften,  sagt  der  V4?rfa&ser,  werden  fortgesetzt  wirden^ 
zum  Theil  nicht  ftir  unsere  .Zeitgenossen,  für  Welche  nur 
weit  umherwirkende  ung  hoch  aufstriebeVxde  Bücher  geeignet 
sind,  sondern  für  die  rcibigen  (?)  Nachkommen ,  welche  ia 
diesen  Schriften  bisweilen  herumblättern ,  dann  dies,  und 
jenes   wahrnehmen  und  beherzigen   werden. 

Das  Wichtigste  in  diesem  Bande  ist  eine  Denkschrift, auf 
Koman  Zirngibl,  (dessen  Bildni fs  auf  dem  Titel  yoiongedruckt 
iist),  worin  Z,  Lebensumstände  und  mannigfachen  historischen 
Leistungen,  freilich  picht  mit  genauer  J^ritischer  Würdigung 
des  Einzelnen,  durchgegangen  werden.  Was  man  diircU  sorg- 
fältige Beijutzui^ig  der  Zeit,  auch  in  den  beschränktesten  Ver-* 
bältnissen  leisten  könne ,  davon  zeugt  Zirngibl.  Im  Jahjr 
1740  geboren,  trat  er  1761  ins  Kloster  St.  Emmeran.  und  be* 
kleid^ete  bald  in.  Regensburg,  bald  in  Ilaindling  verschieden^ 
geistliche.  St;ellen;  abwechselnd  war  er  Pfarrer,  Probsli  und 
Prior;  auch  ohne  dies  wäre  ihm,  die  vorgeschriebene  Bogel 
seines  Ordens  geniiu  befplgend,  wenig  Miifse  zu  wissenschaft- 
lichen Arbeiten  übrige gei)lieben.  Die  Bt^nediktiper  iji 'Bdiern, 
schreibt  er  1787  an  Westenrieder ,  gehen  früh  um  4  Uhr  in 
den  Chorl  tim.  halb  6.  zur  Betrachtung,  \iqi  r/i.nach  6  wieder 


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70  .'  ▼•  West^nriecler-s  histatuohe  S^iiReii«  '         > 

in  den  Chor.  Dann  wird  Messe  gelesen.  Um  9. in  den  Cbör, 
,der  vor  10  9ipli  nicht  endigt.  0ai  1/4  naqh  |0  examen  par* 
ticulare,  dann  zum  Tisch »  zur  Conversation.  Um  l  Uhr  ist 
^lilenrium^  (da  schlafen,  vielt;  ganz  natürlich)  um  halb  3    ist 

.   Vesper,  welcher  meistens  officia  defunctorum  iingehängt  w^r- 

4   een«     Dm  8/4  auf  4  leciio  spiritualis^  um  4  2u  li8:che.     Con^ 
(Vefsatio  bis  s/V  auf  7.,    Nun* ist  die  complet,  ohne  dafs  untet 

^hundert  Benediktinern  auch  nur  10  eine  Zeit  von  2  Stunden 
ernsthaften  Studien  geweiht  habf^n.  Daher  rührt  es  dann 
auch,, dafs  bei  dieser  elenden^ verdrüfslichen  Tagesordnung^^ 
vi^le  Religiösen  in  die  iufserst«  IV|e]ancho)ie  verfallen^  loh 
IcÖnnt^  eine  ganze  Reihe  mönchischer  Schwachheiten  erzählen, 
deren  Ursprung  unsere  Tagordnung  ist. 

Zur  grofsen  Beti^ühnifs  Zirngibl's  ging  das  1788  au 
Wessobruii  gehaltene,  eine  Veränderung  in  der  Tagesordnung 
bezweckende .Gene^alcapitel  fruchtlos  vorüber,  und  er  mufste 
in  seinem  Berufe  ausharren,  bis  nach  Umwandlung  aller  Ver» 

,,bältni'6$e  ihm  im  Jahr  I81O  vom  Fürsten  Frimas,  die  Aufsicht 
über  alle  Archive  in  den  Stiftern  und  Klöstern  ertheilt  wurde; 
llierin  ward  er  von  Baiern  bestätigt,  und  endete  sein  arbeit«, 
s^ani^s  Leben  I816.  '" 

Nachdem  er  sich  früher  durch  einige  kleinere  Schriften 
b^kßni^t  gemacht  hatte |  löste  er,  oder  arbeitete  wenigstens^ 
über  verschiedene  Preisfragen  der  historischen  Klasse  der-^ 
Academie.  ,U.^ber  die  ersten  Regenten  in  Baiern  1775;  über 
^ie  Eintheilung  des  Herzogthums  Baiern  in  Grafschaften  ünil 
ifV^arkgrafseh^ften  1777;  über  das  Schutz,  und  Schirmrecht 
der  kföster  1777?  über  die  32  Söhhe  des  Grafen  Babp  (vrgl. 
YQ»  Lang  über  diese  Fabel)  1778;  über  die  Ursachen,  wo«» 
durch  die  Lande  Baierns  nach  der  Acht  Verklärung  Heinrichs 
des  Löwen  zerfallen  1701^  über  die  Hand^Isgeschicbte  und 
^Naturprodukte  Baierns  18O6  und  I8O6;  über  die  Gesctiichto 
Ludwigs  des  baiern  18 11.  Nebenbei  lieferte  er  besondere 
Abhandlungen  ^u  den  Denkschriften ,  und  beförderte  auch 
einige  gröfsere  Werke  z'nm  Druck,  worunter  seine  Geschichte 
der  Probstei  Hainspach  1802,  dös  Vorzüglichste  ?st.  Tii  sei- 
nem Nachlasse  finoet  Sich  noch  vieles  Uiigedruckte ,   wovon 

'  Westenrieder  eine  für  die  pultufgescbichte  deß  i4ten  Jahrhun^ 
derts  interessante  Rechnung  des  Abts  Albert  von  St«  £m« 
meran  mitgetheilt  h&t. 

Nact  dieser  Denkschrift  folgen  die  Miscellen,  voi;i  denen 

,  ein  Brief  des  geheimen  Raths  Lori,  Neuburg  1779,  200  hi«  » 
storische  Aufgaben    und    Erinnerungen    Über   das    GescLicht* 
schreiben  die  interessantesten  sind.     In  dem  Brief  Lori's^  ei?« 


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freut  man  tich  die  Bekannttcfaaft  mit  einem  Aber  Gunst  und 
Mifsgunst  der  Grofsen  erhabenen  Fortcher  zw  Erneuern ;  aus 
den  200  historischen  Aufgaben   und   den  Erinnerungen  Aber 
das  Gescbichtschreihen    lernt  man  die.,     in   den    wandelnde^ 
Zeitläuften   wandelnde   Ansichten  des   Verfassers  hinlSnglich 
kennen.      Unwahr   ist's ,  wenn  man  gemeinhin  behauptet:  es 
sey  leicht,  Fragen  zu  stellen ^  was  man  freilich  Elauben  sollte, 
wenn  man  die   stante  ped«  gefertigten   200 ,    die  Geschichte 
von  Franken  allein  betreffende  Aufgaben  des  Archivars  Paul 
Oestretcher   liest  ^    in  dem   neuesten    Hefte    der   »,  ge.öffneten 
Archive.'^     Um  sich  durch  seine  Fragen  keine  Blöfsen  su  ge« 
ben,  ist  es  von  Nöthen,  den  ganzen  Umfang  des  ^forschten 
genau  zu  kennen  und  nicht  das  zu  fragen^  worauf  ein   allge- 
mein bekanntes  Sprichwort  anwendbar  ist;  nicht  das  zu  fra« 
gen,  wqrAbea  auch  die  ausgebreitetste  Gelehrsamkeit  mit  dem 
grdfsten  Scharfsinn  Verbunden  aus  Quellenmangel  zu  keinem 
geschichtlichen  Resultat   kommen  kann ;  in  dieser  doppelte» 
Beziehung  tritt  uns  in  den  historischen  Aufgaben  Fehlerhaftes 
entgegen.     Die  Aufgabe    S,  276.  §•  49. r  vicas  Herzog  Georg 
verleitet  hat,  seinen  Landesantheil.  den    rech tmäfj^ igen  Erben 
von  Baiern  München  zu  entziehen,  hat  Gmeiner  im  neuesten  ^ 
Bande  der  Regensburger  Chronik  gründlich  anseinandergea^tzt^  ^ 
ebenso  S*  298.  §•  158.  über  den  herzoglichen  Titel  derBiScböffe 
von  Würzburg,    worüber  die   Hauptsachen   schon  Eichhorn 
teutsche    Staats«   und  Rechtsgeschicbte   ^  222,  Anm,  e.   ent- 
hält, dessen  Darstellung  aber  in^mancher  Beziehung  durch  da& 
Werkchen    von   Gone    ( J.  G.)   De  Ducatu  Franciae  Orientalin 
berichtigt  werden  mufs. 

Die  Frage  S,  274.  §.  4l.i  wann  und  vermöge  welche» 
Veranlassung  die  I^andsknechte  entstanden  sind  u.  S.  w.,  hat  . 
schon  Fiigger  in  seinem  )^  durch  von  Birken  höchst  verstün>^ 
melt  herausgegebenen,  Ehreuspiegel  ^gründlicb  beantwortet, 
dessen  Worte  ich ,  wie  ich  sie  aua  dem  zu  München  isich  voj* 
findenden  Manusaripte  habe,  hierher  setzen. will:  Maxi- 
milian sah,  wie  nachtheilig  die  Kriegsordnung  des  Reiches 
war,  die  Verzögerungen  im  Ausschreiben  der  Mandaten,,  wp« 
gegen  die  Stände  häutig  ppotestirten;  sie  schickten  dann  auch 
.  ocnuster  und  Schneider  die  des  Krieges  uukundig  waren,  (maii 
nannte  sie  deshalb  ,*Aufsitzer^«)  eiienfalla.  solche  Hauptleut^ 
die  man  doch  alle  bei  einer  Schlacht  fiagen  mufste  u.  s«  w,^ 
dtshalb  glaubte  er  es  sey  besser  die  Stände  bezahlen  Geld 
und  der  Kaiser  errichte  und  besolde  eine  Armee^  aus  welcher 
Veränderung  die  Kriegsordnung  der  Land  knechte,  welche 
man    erstens   die    Kaiser«    dann  Kriei^er ,    jetzt,    die  weil 


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72  .V.  W««tenweae3ij*Ä  hUtorUclie  Sch?ifie;i. 

sic|i  gemelte  Ord^nsleut,  so  faul,  voll  und  uii* 
inä'fsig  lialten,  die  Kriegsgurgel  genannt  ^hat. 
(Mar^u^cript  II.  123.  b.)  Ueber  S.  29ü.  §.  Il4*  »»*  z"  be- 
merken, dafs  die  Verdienste  der  Klöster  für  ünterr^bt  in  de^i 
.  dunkeln ^Zeit«Hl  und  Urbarmachung  des  Landes,  nur  von  ein- 
sichtslosen Halbwissern. bestritten- werden  können^  aber  diese 
historische  Wahrheit  ist  ja  der  Untersuchung,  was  sie 
jetzt  wohl  unter  ganz  andern  Verhältnissen  nützen  würden, 
und  wie  sie  im  l3ten,  l4ten  und  I5ten  Jahrhundert  beschaf- 
fen waren  ,  ganz  fremd.  .  (  Ueber  ihre  furc|itbare  Ausartung 
in  Spanien  zeugt  die  Histoire  du  Cardinal  Ximeuts  pir 
Fle'shier  T.  32.)  Wahrlich  keines'yregs  ist  ihr  Untergang  zu 
beklagen,**  wenn  auch,  wie  Jph.  v.  MülleV  fürchtete  (sUmint-  ' 
.  liehe  vVerke  VI.  37.)  f  ganze  Zweige  der  Wissenschaften ,  — 
erst  hätte  er  I^weisen  müssen,  dafs  bei  dieser  Ausartung  der 
klösterlichen  Einrichtungen  diese  Wissenschaften  nicht  vo^i 
seihst  verdorrt  wären ,  —  ausdörren  werden.  Zu  wünschen 
wäre  freilich,  dafs  yora  Staate  für  Männer,  die  solchen  Wis- 
senschaften einzig  ergeben  sind,  deren  Gedeihen  das  vielbe- 
wegte Leben  nur  hinderlich  ist,  auf  irgend  eine  Weise,  ge^ 
SQrgt^  werden  könnte.  Wir  wollen  übrigen^  mit  dem  Ver- 
;^fa8&er  nicht  rechten,  dafs  er  Eck,  „eip  begeisterndes  Wunderbil^ 
für  uns  iind  die  Nachwelt"  nennt"(S.  280.),  (hoffeiftlich  wird  er 
die',  auf  seine  Veranlassung  gegen  die  Lutheraner  y^rübten 
Gräueltbaten^*)  nicht  in  Schutznehmen).  Wir  Verzeihen  ihm, 
dafs  er  bei  jeder  Gelegenheit  den  treuherzigen  Aventin»  dessen 
Chronik  wir  leider  bjos  inMner  sogenannten  castigirten  Ausga- 
be besitzen,  (Mederer  Annal.  Acad.  Ingoist.  I.  152.)*'^"^^^^^*'^^ 
Vnd  deu  mittelalterlichen  Zustand  eines  Leibeignen,  über 
einen  Leerhäusler,  Hintersassen ,  unserer  Zeit  zu  erheben 
scheint,  —1  aus  Furcht,  wir  möchten  es  sonst  mit  vielen  in 
der  zweiten  Hfälfte  des  vorigen,  Jahrhunderts  den  Umwäl« 
iungen  huldigenden  Alten  und  mit  der  ganzen  nachtreten« 
den  Schaar  fjer  historischen  Schule,  die  Gewesenes 
b  1  o  s  zur  Norm  des  Werdenden  hinstellt,  aufneh« 
itien^  müssen.  Diesen  historischen  Geist  athmen  auch  die 
Erinnerungen  über  das  Geschichtschreiben.  Aventin  soll  auf 
eine  höchst  ungezogene,  einest  weisen  Mannes   durchaus  unm 


^)  Einf  Landvogt. Sil    Frauenfeld    hat  eiHen  lutberisoken    Pradikan« 
ten  mit  Riithe'a    schl.igen    lasseo,    und  ihm    '^ie  Zunge  mit  ei- 
nem, N9gel    lassen    an    den   Pranger  heften,    die    er    sieh    selbst 
'  hat  mS^en  ausreirseo«  ,  Geäieiners  Rcgensb.  Chr.   IV.  5l8* 


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GlUpp  ül>er'd«iujelie  ^lädlegTüadang,    '  73 

anständige  Art,  hiebst  grobe  Ausfälle  auf  scboniings*  und 
achtungswQrdige  Stande^  jsumal  auf  die  geistlichen  seiner  Zeit 
(deren  damalige  Ausartung  freilich  nicht  in 
Schutz  genommen  werden  kahn.)  gemacht  haben  (S. 
306«)«  Was  soll  dieses  ,, freilich  <S  dieses  Blinzeln  bei  der 
leuchtenden  Masse  von  Sonnenstrahlen?  Ist  nicht  die  erste 
Frage,  sind  die  Ausfülle  gegründet  oder  nicht?  Sind  sie*s, 
\raa  i^ur  unwissende  Frechheit  leugnen  wird,  —  wie  Jcann 
man  A.  ein  Verbrechen  daraus  machen ,  das 'Kind  beim  rechten 
Namen  genannt  zu  haben  ?  Welcher  Ehrliche  kani^  wohl  den 
ehrlichen  Mann  darüber  anklagen,  weil  er  die  erkannte  Wahr* 
heit  im  Tone  der  vollsten  üeberzeugung  ausgesprochen  hat? 
Uebrigens  wird  man  in  seiner  Chronik  wohl  schwerlich  etwaii 
j\n3tdrsigeres  finden  ,  als  was  die  Baseler  Synode  in  ihr«r 
ersten  Sitzung  öffentlich  bekennt.  Sie  sagt  nämlich:  multi-j 
plicibus  vitiorum  tribulis  eK,  spinis  Christi  vineam  jam  quasi 
» il vespere  prae  nimia  densitate.  (Acta  Conc.  VIII.  116.  A. 
ed.  Harduin.) 


üeher  deutsche  Städtegründung  ^  Stadtverfassung  und  TVeichhild  ifH 
JVlittelalter  ^  besonders  über  die  Verfassung  'von  .Freiburg  im 
Breisgau,  verglichen  mit  der  Verfassung  von  Cöln^  von  Ernst 
Theodor  Qauppf  Dr,  und  «u  Prof,  d,  Ü«  zu  Breslau^  Jena 
hei  Friedr.  Frommann.  i824.  8.  XXII  u.  404  S.      iKt«  I2ggr« 

Der  Vf.  obiger  Schrift  tbeilt  dieselbe  in  zwei  Abhandlun- 
gen. In  einem  ersten  Abschnitt  behandelt  er  die  Bedeutung 
des  Wortes  Weichbild  und  die  Entstehung  des  Weichbildrerh- 
tes  im  Allgemeinen;  in  einem  zweiten  spricht  er  von  dem 
Freiburger  Stadtrecht  insbesondere,  xxnd  stellt  eine  Verglci- 
chung  desselben  mit  dem  Cölner  an,  von  welchem  ersteres  ent- 
lehnt  worden  ist.  Beide  Abhandlungen  beweisen  ein  ernst- 
haftes, nach  GrOndlirhkeit  strebendes  Studium.  Demohner- 
achtet  ist  Rec.  der  Meinung,  dafs  sich  der  gelehrte  VerF.  in 
manchem  Betracht  geirrt  habe,  und  will  sich  deshalb,  was 
den  ersten  Abschnitt  der  vorliegenden  Schrift* betrifft,  nicht 
mit  einer  blofsen  Inhaltsanzeige  und  Lobeserhebungen  be- 
gnügen, sondern  auch  das  ,  was  der  Vf.  nicht  berücksichtiget 
zu  haben  scheint,  darzulegen  unternehmen. 

Der  Verf.  glaubt  zuvörderst ,  dafs  gegen  die  Annahme, 
Weichbild  bedeute  Heiligenbild,  zu  bedenken  sey,  dal»  der 
Sprachgebrauch  ziemlich  selten  gewesen  wäre  ,  einen  Di^trict 


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'  '    '      '  .         ,■         -  '-/'■'  \ ' 

selbst  Heijigenblld  ztniennen  nach  den  an  de«aen  Grenzen  auf« 
gesellten  Bddern.     Es  wäre  dies  aber  durchaus  ^nicbt  seHsa- 

)  mer,  als  dafs  bei  der  Erklärung  des  Wortes  Weichbild,  die 
Von  dem  Vf.  versucht  witd,,  ein  District  kurfcweg  ein  Recht 

^   genannt  vvird.     Ja  Kecensent  ündet  letzteres  noth  geltsamer» 

/  Yooi  Bild  geht  man  leicht  zu  dem  allgemeineren,  abstracteren 
Dis't*i*ict^  nicht 'vom  abstracteren  K  e  c  h  t  zum  Cöncreteren 
Plstrict  über.  Es  wäre  dies  letztere  eine  bei  weitem  ^röfsere 
v^b weichung  vom  gewöhnlichen  Gang  der  Sprache  als  ersteref,^ 
Üebrigens  glaubt  llec. ,  dafs  nicht  die  Heiligenbilder  an  den 
Gränzen  unter  Weichbilden  zu  verstehen  sind,  spndern  Weih- 

'  ^Bilder  d.  h.  solche  Dinge  und  Gestalten,  denen  eit^e  besonders 
4^iefe  ,  mysteriöse  Kraft  inwobnend  gedacht  werde,  aho  Reli- 
ef aien;  Wunderbilder  etc,  Die  Zusammensetzung  mit  Weib 
statt  mit  Heilig  deutet  darauf  hin. 

In  den  bairischen  Geset?seh  wird  das  -Gericht ,  in  wel- 
chem Gott  selbst  das  ürtbeil  spricht  j  das  s!  g,  Gottesurtlieil, 
Wehadiifig  genannt/  und  im  Friesischen  hiefsen  die  besonder^ 
geweihten  Tage,  die  Festtage,  Wies-di.  Im  übrigen  Deutsch« 
iland  beifst  W ihf>thnm  Ein  besonders  geheiligtes  f  welchear  zii 
verletzen  Frevel  gewesen  wäre«  So  sagt  das  Loblied  auf  den 
lieil.  Anno  _v.  604  tf» 

^,Meginza  was  da  ein  Kastei^ 
N  Iz  gemerhte  manig  belik  seeK 

Da  ist  nu  der  küninge  wichthum.<< 

D.  h«  ds^  werden  jjetzt  die  Könige  geweiht,  da  werden  sie  zü 
jener  Zhöl^eren,    unverletzlichen  Persönlichkeit ,    die    ihr  Amt^^ 
fördert,  erhoben,     Wih-thum  heifst  dann  aber  besonders  aucb^ 
der  ganze  Amtskreis  des  Bischofs  und  der  Sprengel,  in  wel« 
cbem' dem  Bischof  seih  Amtskreis  züngewiesen  ist. 

Zusammensetzungen,  wie  die  angeführten  und  wie  Weich« 
bild ,  konnten  jqft  auf  doppelte  Weise  formirt  werden ,  ent- 
weder sOf  dafs  der  erste  Theil  ^es  neuen  Wortes  weihlich 
ausgii^g,  also  'wie  mage-tumy  chjage-haft,  oder  so  dais  er  mit 
der  Teuuis^endete^  mac^tum^  chlac-haft.  (J.  Grimfns.  Deutt 
sehe  Grammat.  Bd.  I,  S.  379).  Sd  findet  sich  also  Wie-thuai 
(nachlässig  ausgesprochen  sogar  We- dem)  und  Wihf\  oder 
Wich-thuui;  denn  dafs  das.  h  überhaupt  und,  namentlich,  als 
Auslaut  von  uns.eren  Vorfahren  mit  barter  Aspiration  ausge- 
sprochen ward,  i^t  bekannt.  Oft  ging  es  sogar  i\\  c  oder  g 
tSher.     .  ^  ,^        - 

Pals  mm  hier  di^  erste  Sylbe  des  Wortes  .Weichbild  wii^--, 
lieh  jenes  Wie  oder  Wih>    was.  „gevyeiht"  bedeutete  (wie' 


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tiöcb  !n  dem  Wort  Welbnacbt)  is^,  tmd  nicht  Wik^  was>m 
Dorf  oder  überhaupt  jede  umfassendere  Vereinigung  von  Wotym 
mtngen  beseichnete,  g^ht  aus  der  Uebersetsung  dieses  Wor* 
tes  in  dem  Lfatein  des  Mittelalters :  cofpora  sancta  henfor^ 
woraus  dann  das  Italienische:  i  corpi  santi  geworden  ist^  waa 
noch  jeder  Reisende  an  den  Grenzen  deS  Mailänder  Weichbil- 
des mit  grolsen  Buchstaben  angeschrieben  lesen  kann.      -     > 

Wenn  nun  weiter  der  V<»rf.  den  Ursprung  des  W^rtea 
Weichbild  ah  den  Ursprung  der  Stfidte  selbst  zu  knüpfen 
sucht  9  so  scheint  er  die  Bedeutung  desselben  doppelt  misver« 
standen  zu  haben.  Städte  gab  es  in  Deutschland  früher  als 
Bischöfe 9  sobald  man,  wie  man  nicht  anders  kann,  unter 
i,Sradt^  einen  Ort  versteht ^  der  mehrere  anders  zusammenge« 
stellte  Wohnungen  enthält ,  als  man  in  Ddrfern  findet.  Hin» 
gegen  eine  Städteverfäsjung ,  wird,  die  Städte  Römischen 
Ih-^prungs  abgerechnet^  schwerlich  jemand  vor  Einführung 
des  Chri&tentbüms  in  Deutschland  annehmen,  und  der  Vf.  thut 
es  auch  nicht.  Nun  erfreuten  sich  aber  Kirchen ,  welche  ,ent- 
weder  im  Besitze  bedeutender  Reliquien  waren ,  oder  welche 
an  der  Stelle ,  wo  ein  Ch'ristenlehrer  den  Märtyrertod  gefun« 
den  hatte,  erbaut  worden  Waren,  der  gröfsten  Gaben  von  Kö* 
nigen  wie'  vom  Volke,  und  wenn  das  Volk  den  VVeichbilden 
(Reliquien,  Wihiden)  liur  seine  Person  und  seine  Habe  zu 
eigen  bringen  konnte,  so  bereicherte  sie  der  König  durch 
Rechte.  Nicht  der  einzelne  Bischof  in  Mailand  oder  Abt  in 
Regenshueg,  sondern  der  heilige  Ambrosius  und  der  heilige 
Emmeran  selbst,  diese  heiligen  Seelen,  diese- Weihthümer 
oder  Weihbilde ,  erhielten  die  Gaben,  und* jene  Personen  ver« 
walteten  und  nutzniesten  sie  blos  in  der  Heiligen  Namen« 

Weichbild  bezeichnet  also  zuerst  ein  Heiligthum,  und 
erst  später  das  diesem  Heiligthum  besonders  ertheilte,  ge^ 
Weihte  Land  mit  den  dazu  gehörigen  Rechten.  Ursprünglich 
gab  es  viele  Weichbilder,  w<^lche  keine  Immunit'ättfn  hat^en^ 
daher  kanni,  wo  von  rechtlichen  Bestimmungen  die  Rede  ist, 
das  Wort  Weichbild  auch  nicht  eher  vorkommen ,  als  'bis  es 
mit  Stadtrechten  in  sofern  gleichbedeutend  geworden  war,  als 
alle  durch  Relifjpien^  oder  andere  Heiligthümer  besondere  ge* 
Weihte  Orte  wirklich  Inimunitätsprivilegien,  Stadtrechte ,  er« 
langt  hatten.  Als  das  Stadtrecht  sich  überall  bei  den  Weich- 
bilden fand,  benahnte  man  dann  auch  städtische  Districte 
mit  dem  Worte  Weichbild.  Wo  ein  Weichbild  im  urspröng- 
liehen  Sinn  des  Wortes  war,  da  entstand  der  grd(seren  Sicher- 
heit, welche  der  Ort  gei:o/s,  und  des  gröfsoren  Verkehres, 
^ege^  b^td  eine  Stadt /^  wenn  früher  auch  keine  da  war.  .  So. 


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GoQgk 


76  Gaopp  über  d'99tS6lie  Släcttegrunaung. 

hat  Nürnberg  den  Betern  an  St.  SebaMt  <jf^4b  aufserordentlich. 
vi^l  zu.  danken.  »  * ' 

So  lange  die  Gauyerfkssung  dauerte ,  war  städtlsclie  Ver- 
fassung'unmöglich.  Die  Stadt  mufste  erst  ein  abgeschlossen 
nes  Ganzes  werden;  dies  ward  sie  in  der  That  erst  durcli  die 
Exemtion  vom  Gräfenbanne.  Die  Exemtion  der  Bischofssitze 
oder  anderer  Weichbilde  umfafst  nie  ganze  Provinzen,  sondera 
.höchstens  einige  Meilen  im  Umkreis  der  Stadt.  Die  in  die- 
se^n  Umkreis;  gröfstentheils,  in  der  Stadt  selbst,  angesefsnen 
Freien  nahmen  an  der  Verfassung  und  Verwaltung  des  Weiche 
bildes  von  ijun  an  Theil,  wie  früher  an  der  des  Gaues.  Viele 
Fatricierfamilien  in  Deutschen  und  Italienischen  Städten  nani:!* 
ten  sieb,  je  nachdem  ihr  Haüptsitz  in  oder  auiserhalb  der  ^ 
Stadt  war ^  nach  einem  Haus,  einem  Platz  in  der  Stadt  odei: 
einem  Ort  einer  Burg  in  der  Umgegend.  Die  ni<;ht  freien  oder 
ritterbörtigen  Umwobner  der  Stadt' hatten  nie  an  der  Verfas^ 
SU ng  freier  Gemeinden  Theil,  von  ihnen  brauchte  alsa  die 
städtische  Gemeinde  nicht  erst  zum  zweit^nmale  eximirt  ^u 
werden,  wie  der  Verfasser  annimmt.' 

Im  3.  Paragraph  wendet  sich  nun  der  Verf.  auf. die  erste 
Entstehung  Deutscher  Städte  selbst,  und  mit  vielem  hierüber 

.  beigebrachten  stimmt  Rec»  durehaus  überein.  Namentlich 
ist  auch  er  der  Meinung,  dats  die  VinruhvoUe  Zeit  von  der' 
lyiitte  des  9ten  Jahrhunderts' bis  gegen  die  Mitte  des  lOten  der 
Bildung  und  Vergröfserung  der  Städte  sehr  förderlich  war. 
Dem  in  Not.  3.  p.  32.  angeführten  Beweis,  dafs  es  im  fränki- 
schen Reiche  in  der  letzten  Hälfte  des  9ten  Jahrhunderts  wibi 
ausgesehen  habe,  lassen  sich  noch  ganz  andere  beifügen.  E^ 
niiils  unter  anderem  ganze  Heerhäufen  von  Räubern  gegebei^ 
haben,  die  in  Banden  Vereinigt  ihr  Unwesen  trieben.  So  heilst  v 
es  >^om  Abt  Hubert,  der  Königin  Dietberg  Bruder,  als  er  sieb 
gegen  Lötliar  empört:  coUecta  praedonum  valiäa  manu  rapino^ 
coepit  exetcere,  interfectisque  aut  fugatis  Lotbarii  fidelibus^ 
qui  Hnitima^possidebant  loca,  agros,  yiilasque  eorum  suäe  fac« 
tionis  s,ecutoribus  distribuit.  (Hegino  ed.Pist.  Struve  p.  68,). 
Fernher  heifst  es  von  Carlmann ,  König  Carl  ^^^  Kahjen  So{^n^ 

,  wie  er  den  geistlichen  Sfiaqd«  zu  dem  ei*  von  seinem  Vater 
gpgen  seinen  Willen  bestimmt  war,  verlassen  habe:  collecta 
quippe  praedonum  non  modlpa  ,turba  ecclesjas  Dei  coepit  deya^ 
Stare',  eä  qua^e  paci^  sunt  impügnai;e,  cuncta  diriper^e  et  inau. 
djta  mala  perpetrare.  (Regino  1.  c.  p.  74-)-  ^^^"g^A  Lötli^ts. 
unehelicher  Sohn,  wollte  J^athringen^  wieder  erobern,  uud 
empörte  sich. \  Er  sammelte  alles  Raubgesindel,  ita  ut  paiicU 
diebuß  innujnera  t\mhuudo  praedonum  ejus  dpniiuatiopi  se  suLsU 


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Ganpp  ül>er  dfliuu^t  StjidiegTÜiidiiDg.  77 

ierint.  VnA  dies  Raubwesen  dauerte  fort  bis  auf  Ilexrrrkli  I. 
d^nn  als  Boleslaus  von  Böhmen  seinen  Bruder  bedrängt «  und 
dieser  von  den  Sachsen  HO]fe  begehrt  ,•  sendet  ihm  dei*  König 
Otto  I.  den  Aesic  mit  einem  Heer  Merseburgern  9  Hessen« 
gauern  iind  Thüringern ;  dann  heiists  weiter  bei  Wittechind 
von  Corvey"(edit.  Meihom.  p.  643.):  erat  namque  illa  legio 
coUecta  ex  Uuroidbus.  Kex  quippe  Henricus  ^  cum  eSset  s^tis 
severus  extraneis,  in  omnibus  raujsis  erat  cleoiens  civibus. 
Unde,  quemcumqae  videbat  furem  aut  latronem  manu  fortem 
et  belli  aptum^  a  debita  poena  ei  parcebat  collocans  in  subur* 
bano  Merseburiorum  9  datis  agris  atque  armts*. 

Uebrigens  hfitte  das  p.  34.  angeführte  Leben  des  heil. 
Anscharius  dem  Vf.  lehren  müssen ,  Jafs  der  höher  gelegene 
oder  festungsartige  Theil  der  Stadt,  die  Burg,  allein  urbs  — • 
das  übrige,  suburbium,  die  untere  Stadt  —  alles  zusammen 
civitas  biefs.  Der  civifas  blieb  dann  der  vrcus  proximus  ent« 
gegengesetzt«  Nur  weil  die  urbs  als  der  Haupttbeil  der  Stadt 
angesehen  ward,  kann  es  uns  oft  vorkommen ,  als  fünden  Ver« 
Wechslungen  mit  civitas  State.  Die  Deutschen  mufsten  im 
Lateinischen  einen  Unterschied  machen  zwischen  urbs  und 
civitas  ^  da  sie  zwei  Worte  „burg^^  und  „8tat<<  zu  übersetzen 
hatten.  So  lieifsts  zum  Beispiel  in  dem  Loblied  auf  den  heil« 
Anno  V*  106.  ff.  ' 

,iZu  Kolne  was  er  gewihet  Bischof 

Des  sal  diu  stat  iemer  loben  Got, 

Daz  in  der  sconistir  bürge,  ' 

Die  in  Diutischemi  Lande  ie  wurde,' 

Kichtere  was  der  errumigisti  man.*^ 

80  führt  der  Vf.  p.  39.  «elbst  ein  Beispiel  an ,  wo  diesel- 
ben Ojfte  civitas  und  caStella  genannt  werden^  wobei  man  an 
castella  in  civitate,  die  dann  vorzugsweise  genannt  worden 
sind,  nicht  aber  an  eine  Einer^ibeit  yon  Castellen  und  Städ* 
ten  zu  denken  hat.  Ein  anderes  Beispiel,  wo  urbs"  offenbar 
nichts  ist  als  eine  Barg^  führt  ebenfalls  der  Vf.  selbst  ah  p. 
42.  in  der  Note.  Es  ist  ganz  unmöglich ,  dafs  einMinisterialv 
"Wie  Heinoy  eine  Städt^  erbauen  kann,  uud  der  ganze  Zweck 
der  zu  bauenden  urbs  wird  mit  den  Worten  angegeben?  si 
quando  necess«  eveniat  ad  semetrpsos  defertdendo»  Cum  rebus' 
suis  illue  confugiura  faCiatit.  Desv^egeu  legt  man  nicht  eine 
Stadt y  sondern  eine  Citadelle,  eine  Burg  ah,  und  so  sind  auch 
alle  anderen  in  der  Folge  von  dem  Vf.  angeführten  Stellen,  wp 
titbs  genön^nt  woi'den ,  a\if  die  iedTtesten  Pnncte  der  Städte  al,« 
lein  aui  bezrehen,     Heinrich  I.  legte  die  Burg,  in  Meilsen  an, 


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und  ^war  blos  dieBdfg^  und  dennoch  .^eljbt  ^i«  ^tfb«^  fiie« 
iMOii^tfm  unum  juj^a  Albim  posUiim  —  excolait,  ibi '»r&tfift  fa- 
ciens;  t —  nom^ti  eidem  Misni  imposuit  (Ditmarus  Merael»« 
ed.  Wagner,  p.  12.)  ' 

Wa«  bei  der  vom  Vf.  p,  46*  «<>*•  19#  citirten  aivi^eiten 
Stelle  Ditmars  die  Worte  antitpia  utbs  beifffen- sollen^  begreife 
ich'uicbt^  d^  in  dieser  Stelle  ajttigua  ciW.tas,  und  zwar  als 
Name^  nicht  antiqua^  urbs  steht.  Die  erste  Stelle  (p^  5^  bei 
Ditmar),  hätte  ihn  sogar  bestimmt  überzeugen  müssen,  da£i 
urbs  und  civitas  zweierlei  bezeichnen:  denn  Graf  ErVi^ina 
Burg  zn  Ahted  war) eine  urbs^  hatte  ao^  den  Namen  Alt« 
Stadt 9  ahtiqna  civitas.  Dafs  nicht  wohl,  wie  Wagner  wUI> 
Mei'seburgs  Vorstadt  geineint  seyn  Jcann,  geht  auS  dem.fol« 

t enden  deutlich  hervor,  denn  erst  nach  der  Heifath  mit  Graf 
.rwins  , Tochter  geht  Heinrich  nach  Merseburg,  und  ^H^ird 
daselbst,  nicht  wegen  der  Rechte  seiner  Frau,  die  doch  in 
antiqiia  civitate  die  maxima  pars  (was  ist  darunter  ^zu  ver« 
stehen?)  gegerbt  ha^te,  sondern  wegen  seiner  persönlichen 
Eigenschaften  geliebr  und  geehrt.  Selbst  aber  wenn  civitas 
^ntiqua  der  Nain^  eines Theiles  von  Merseburg  wäre,  woftlr 
das  praedicta  spräche,  würde  urbs  doch  nich^  gleichbedeutend 
mit  civitas,  sondern  nur  in  besonderer^  abgegrenzter  ,  gröfs- 
tentheils  Graf  Erwin  zugehöriger  Th^il  der  civitas  seyn. 

Aus  Burgen  wurden  später  oft  Städte.     So  baut  Hein* 
ricK'J,  QuidJingaburg  —  denn  von  einer  Burg  wohl,, nicht 
Von  einer  Stadt,  liels  sich  sagen:  afundamentd  construjtit«     In 
dieser  Burg,  in  urbe,  baut  Majthildis,  Heinrichs  Wittib^  ein 
Kloster.     I)er  Ort  als  der  Sächsischen  Köhigsfamile  lieb,  waM 
bald  eine  civitas.     Ferner  Ji^ist   es  bei  Ditmar  p.  l3.  v^O^ 
Heinrich  I.,  nachdem  vorher  erzählt  ist^  dafs  er  in  Merseburg 
die'Burg  anlegte  ( — oder  vielleicht  blos  mehr  befestigte,  denn 
das  opus  Jlomahorum  scheint  eine  bloXse  Verwechslung  in  der 
'Traditioni  zii  seyn,  da  opuii  Romanum  in  jener  Zeit  eine  be« 
sondere  Art  FtMrungs  Werke  .bezeichnete,  wie  ausGosmos  von 
Frag  zu  sehen  ist:  „statim  ad  ducis  voluntatem  aedificaAt  cu 
vitatem  spisso  et  alto  muro',  opete  Romano ,  (sicUt  hodie  cerni« 
tur;^  in  cbron«  ad.  a.^  932.):  .^caeteros  qaoqne  arbes  ad  salu- 
rem  regni^et  templa  dominl  ob  remedium  animae  devota  piente 
fiArioawL^^     Hitrr  sind  g^nz  offenbar  Bargen,  Gitadellen  und 
Kirchen  gemeint,  nicht.  Städte  und  Kirqhen,  die  gar  keinen 
solchen  Gegensatz  bilden  würden,  wie  hier  offennar  in  der 
Rede  bezweckt  isr.   .  ^ 

Rec;  mufs  übrigens  bemerk^^n,  dafs  jede  Ration  i m  ]V^« 
telalter  hinsichtlich  der  J&ezeichnung  neuer  Begriffe  auchjhreh 


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Qtnpp  üb«r  d«oUdi0  Stlitegvihidaiig«  79 

* 

eigenfn  Sprachgebrauch  bat;  Weniger  weldien  in  dieser  Hin« 
sieht  die  .Rom^nlscoen  Nationen  von  einander  ab  ^  weil  sie 
sich  auf  dieselbe  Grundsprache  beliehen,  als  die  Germanischen 
und  Slävischen ,  die  eans  verschiedene  AbstracMonen  und  An« 
achauungen  cum  Tbeif  ihren  Worten  zum  Grunde  Hegend  ha« 
b<n.  Cosmos  hat  also  unter  der  aedificatlo  civitatis  auch  viel« 
leicht  nur  die  Gründung  einer  gröfseren  Burg  ,  wie  die  castelli 
und  röche  im  römischen  Gebirg  sind^  verstanden,  oder  wenn 
er  auch  von.  der  Erbauung  einer  eigentlichen  Stadt  geredet^ 
^0  kann  dies  eine  Beispiel  noch  nicht  die  Burgengründung 
Heinrichs  L  zu  einer  Städtegründung  machen ^  wie  gleich 
weitnr  gezeigt  werden  soll.* 

Für's  erste  nämlich  fällt  der  Grund »  dafs  die,  urbes  bei 
Wittecbind  zu  grols  würden  ^  wenn  man  450  Häuser  nebst 
Zubehör  darin  annähme,  ganz  weg,  denn  octo  habitacula  sind 
nicht  acht  Häuser  I  sondern  acht  Wohnungen  von  Kriegsleu« 
ten,  deren  bequem  einige  Dutzend  in  einem  Hause  seyn 
konnten.  Auch  sind  50  Mann  als  friedliche  Garnison  eiuc^r 
Burg  fürchterlich  viel,  wenn  man  daran  denkt,  wie  wenig 
Leute  später  in  den  Ritterzeiten  oft  eine  Burg  vertheidigen* 
Man  nehme  2o,  so  erhält  man  nach  Wittechinds  Berechnung 
im  Kriege  180  Mann,  die  vollkommen  hinreichten ,  eine 
iurg  gegen  solche  Feinde,  wie  die  Ungarn  waren  ^  zu  verlhei« 
digen ,  und  sie  sammt  den  zu  ihnen  Geflüchteten  lielsen  sich 
])eq[uem  in  einigen  Gebäuden  unterbringen«  Es  mag  gröfsera ' 
mit  Städten  vereinigte  Burgen  gegeben  haben ,  in  und  unter 
welchen  Tausende  achutz  fanden ,  die  urbs  Misni  \rar  aber 
ftchw.erlidi  gröfser^  als  ich  eben  angegeben,  und  andere  mö« 
gen  noch  kleiner  gewesen  sevn.  Weder  von  der  Garnison 
noch  von  den  Flüchtlingen  Brauchte  jemand  ein  besonderes 
IUucb«9  Spiel*,  Bibliotheks«  oder  Vorzimmer ^  und  eine 
Stadt,  in  welcher  während  de.r  Friedenszeit  acht  Theile  der  . 
Häuser  leer  gestanden  hätten ,  wäre  Über  die  Mafsen  lächer-^ 
lieb.  Die  Burgen  in  Meifsen  und  Merseburg,  und  die  (^uidi« 
llngaburg  werden' erwähnt  als  von  Heinrich  erbaut  —  abet 
/keine  einaige  Stadt  -— >  es  wäre  doch  Wunderbar ,  wienn  man 
uas  Geringere  bemerkt ,  das  Bedeutendere  der  Vergessenheit 
überleben  hätte; 

Wodurch  Vill  der  Verl.  die  p,  53.  aufgV»stellte  Behaup« 
tang,  Burg  und  Stadt  wären  ursprünglich  gleichbedeufend^ 
erst  später  habe  sich  die  Bedeuti»iig  getrennt,-  erweisen?  — 
Dafs  bei  einer  einfachen  Sprache  zwei  \yorte.gana  dasselbe 
Ifeteichnen,  ist  der  Sache  nach  unmöglich  -^  sie  können  cias^ 
Selbe  Xiocal  wohl   angeben,  aber  jedef  bezeichnet  dann  das« 


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^Ö  Gaup^  über  deutsche  Städtegründungi 

l&^lbe  iti  ein^r  anderen  Beziebung,  jedes  hat  demnach  eine 
andere  Ahstraction  'oder  eine  ahdere  Anschauung  ^u*  Grunde 
Berg  sowohl  als  Burg,  purux,  scheinen  nicht  von  pirku^  ich 
berge,  abzuleiten  zu  seyn^  sondern  vom  .althochdeutschen' 
purijan  öder  (darnach  r  das  j  in   g  oder  ig  übergeht,  Grioink 

•Gramni,  I.  p,  &70.)  P"^gan,  purigan  d,  h.  erigere./  Burg  wäre 
also  ein  durch  Natur  öder  Kiinst  höherer  Punct  der  Stadt. — 
Was  den  Sprachgebrauch  von 'burgenses  in*  sjiäterer  Zeit  be-  '' 
trifft,  so  ist  daraus  tein  Grund  herzunehmen,  denn  zwischen 
Heinrich  I,  und  dem  IJreiburger  Stadtreeht  liegt  für  die  Deut*« 
sehen  ^Borger  eine  Welt  von  Umgestaltung.  Dasselbe  gilt 
von  der  Urkunde  vom  Jahr  ll80,  wo'  castrum  und  bi|rgumt 
einander  entgegen  stehen.  Namen  und  Benennungen  können, 
da.  sie  Zeiten  und  Gestalten  Überleben,  local  sich  sehr  wun- 
derlich umkebren.  Die  StÖdte  in  der  letzten  Hälfte  des  12teii 
und  die  Städte  in  der  ersten  HäUte  des  lOten  Jahrhundert« 
sind,  obgleich  durch  die 'sie  verbindende  Entwick'elung  ver- 
wandt, doch  ihren  Verhätltnissen  "nach  durchaus  verschieden. 
Zu  S.  55»  <ler  vorliegeiulen  Schrift  habe  ich.isu  bemerken, 
Jafs  mir  in  Italien  in  den  Stäclten  noch  vor  den  Immunitäts« 
Privilegien- ein  comes  civitatis  Jjekann^  ist,'  und  diese  Erschei-»' 
nung  bat  dort  einen  bestimmten  historischen  Grund,  Iii 
Deutschland  erinnere  ich  mich  nicht  von  einem  solchen,  noch 
auch, von  einemi  ähnlichen  Beamten  vor  den  Esfemtionen  Vom  , 
Graföngati  gelesen  äu  haben/  Vor  allen  Dingen  Sollte  sich 
aber  dei;  Verf.  erinnern,'  dafs  mit  dem  Namen  Burggraf  we- 
sentlich verschiedene  Beamte  bezeichnet  werden.  Einmal  näm- 
lich ^gewisse  städtische  Beamte,  dann  abet   auch  solche  vom'/ 

'  Adel,,  vv^elche,.  ohne  Gaugrafen  au  seyn,.  Grafenrechte  an  sich  ' 
gebracht  .hatten.      Es  ist  daraus  klar,  dafs, mit  dem  Namen 
Burggraf  nicht/blos  ein  Beamteter  bezeichnet  wird,'  dessen 
Amtskreis  sich  in  bestimmtem  Äbrifs  beschreiben  liefse,  son- 
dern jeder  ^   der  Grafenrechte,  übte,    und   in  einer. dauernden 

Beziehung  zu  eifiem  Löcal  stand  ^  welches  Bur£  hiefs.  jD(iese 
Burg  war  bei  einigen  Burggrafen  ihr  eignes  Castel;  bei  an- 
dern (las  des. Kaisers,, wie  z.  B.  in  Nürnberg}  noch  b6i  andernf 
war  sie  des  Bischofs,  wie  in  Strafsburg,  denn  ^^as  der  Verf." 
von  Strafsburg  sagt,  dafs  daselbst  ^ich  der  Vogt  erhalten  habe,' 

^d er  Burggraf  herabgesunken  sey,  gewissermafseri  ohiie  Selbst 
recht  etwas  davon  zu  wissen  —  denn  die  bestimmten  Zustände^ 
durch    welche    diese  Entwickelung   hindurch  statt    gefunden    ' 
liahe,  .werden    nicht  weiter   angegeben,    und   ebeiisQ  weiiljj 
analoge  »-  dabei  kann  sich  niemand  beruhigenl 
tBsscIiluJs  folgt.y 


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Na  1825* 

Heidelbeirger 

Jahrbücher   der  Literatur^ 


Gaupp  über  deutsche  Stadtegründung; 

{Bsschtk/iO] 


In  ^  m  wSre  dann  vor  allen  Dingen  dds  su  erweueii 
gewesen ,  dafs  tcliori  vor  Zersplitterung  der  Gaue  durch  die 
loMN^nitätsprivilegien,  Buregrafen  »ich  gefunden  haben,     Det     • 

{>.  261.  angefahrte  Comes  (Joloniae  ist  kein  directer^  iti  der 
solirth'eity  wie  er  dasteht,  niciit  einmal  ein  indirecter  Beweis. 
In  Deutschland  glaube  ich,  ist  ein  solcher  Beweis  unmöglich. 
Qans  unmöglich  und,  wie  ich  schon  oben  bemeikte,  unnöthig, 
iit  der  Beweis  einer  zweiten  Exemtion ,  welche  eine  ^ure 
Hypothese  des  Verfassers,  und  nach  seinem  eigenen  Gestand« 
nifs  der  dunkelste  Punct  in  der  StädtegeÄchlcbte  ist.  Was  den 
übrigen,  von  den  oben  erwähnten  Verhältnissen  unabhängt«  ^ 

Sen  Inhalt  des  4ten  Faragraphes  anbetri£rt,  so  pflichtet  Rec. 
em  Vf:  ^ahz  bei,  besonder^  dem,  was  über  das  Hervorgeben 
der  städtischen  Käthe  aus  den  SchSffencoIlegieh  g^agt  ist. 

In  §.  V.  kömmt  der  Vf.  wieder  auf  den  Fuiyc|^  v'on  wel- 
them  er  ausgegangen  war,  näiitlich  auf  die  Bedeutung  des 
Wortes  Weichbild  oder  Wikbelede,  welche  Niederdeutsche 
Form  er  vorzieht.  —  Warum  Wikvogt  ursprüngliibh  Städtvogt 
und  nicht  li^er  biijüöflicher  Vogt,  wie  Wiethum  oder  WiK« 
thum  bischöflicher  Sprengel  bedeuten  soll,  leuchtet  nicht  ein. 
So  ist  auch  ift  der  p.  10 1.  not.  8.  angeführten  Urkunde  Wi- 
gravius  offenbar  ein  bischöflicher  Graf  oder  Vogt  mit  Gi-afen- 
Bami,  Waä  aüi  der  Sache  selbst  hervorgeht. 

üebrigens  soll  keine^weges  gelaugnet  werdefi ,  dafs  nicht 
Wik  auth  eine  Stadt  bedeuten  Sönne.  Es  bezeichnet  dann 
aber  dife  Stadt  nifcht  als  tiv'itai,  sonderft  als  eine  Vereinigung 
von  Häusern,  wie  es  fein  'Dorf  ulid  eine  Bu^g  aiuch  ist.  In 
dieseiÄ  dirviie  sind  Zurfammeftsetzungen  wieBard.enwik,  Binns* 
wik  u.  8.  \v.  zu  nehmen.  Wenn  das  von  dem  Vf.  ang**führte 
WichuÄ  äh  Äu^arameftset-zufig  aus  Wik,  Stadt,  und  Haus 
bder  Hus  gelten  sollte,   sietit  man  xrabt'h^tig  nicht  ab^  wie 

Knih  JaliTfr  4.  HeÄ/  •  &  , 


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89  Gaupp  über  deutscht  Stadt egrüncluflg. 

"Wirnt  von  Gräfenberg  in  seinem  Gedicht  vom  Hitter  mit  dem 
Ra^de  v.  10498  ff.  sagen  konnte : 
.       ,  „Sechs  helfande  fürte  er; 

Die  trugen  nach  des  Heldes  ger 

Wichus  unde  berchfrit.<*  — 

Hier  ist  Wichus  nichts  als  eine  thurmUhnliche  SchutzwaiFe  für 
die  auf  dem'  Rücken  eines  Elephanten  Streitenden^  Es 
kömmt  dies  Wort  her  von  Wich,  der  Kampf,  und  hängt 
zusammen  mit  Wigant,  der  Kriegsheld  •  und  wigen  d.  b. 
streften  (z,  B.  in  einem  Gedicht  des  Herrn  Gotfrit  von  Nifen 
(in  Beneckes  Beitrügen),  wo  es 'heilst-:  .,wigen ,  wagen,  gti- 
£,en,  ga«»en  etc).  Wichus  ist  also  ein  Kriegshaus,  eine  Befe- 
stigung ,  ein  Thurm  oder  so.  etwas  Gutes.  VV^ikfriede.  kann 
so  gut  den  bischöflichen  Bann,  unter  dem  die  Stadt  stiind^  wie 
den  Burgbann  bezeichnen;  denn  der  bischöfliche  Bann  ist  ein 
Burghann,' 

Was  den  zweiten  Theil  des  Wortes  Weichbild  "angeht, 
so  bezeichnet  wohl  das  Unbild  figtUiich  jedes,  was  einen 
häfslichen*  Anblick  gewährt,  Formel,  Unfug;  ob  aber  das 
Bild  irgendwo  das  Recht  bezeichne,  daran'  zweifelt  Rec- 
sehr  — :  dafs  das  Wort  Wikbelde  oder  Weichbild  vorzüglich 
ijn  nördlichen  Deutschland  hervortritt ,  thut  gar  nichts  für  die 
Bedeutung,  und  scheint  sogar  blos  zufällig  zu  seyn.  Auch 
Withuin  oder  Wikthum  und  Wigräf  oder  Wikgraf  kommen 
vorzugsweise  im  nördlichen  Deutschland  vor,  deshalb  wird 
Withum  noch  nicht  zu  einem  Stadtthum.  —  Bild  wird  von 
der  älteren  Sprache  übrigens-  auch  in  einem  Sinne  gebraucht, 
in  welchem  wir  es  pleonas-isch  flnden  würden,  wenn  wir  es 
inninserer  Sprache  anwenden  wollten  z.  B^  sanftes  Bild  für 
Sant'tmuth,  was  sanfte  schon  allein  1  ^roichnet,  und  diesem 
Sprachgebrauch  macht  mir  am  wahrscheinlichsten,*  dafs  Weich- ' 
bild  jedes  Hc;iligthum ,'  zuletzt  das  den  Heiligen  und  Kirchen 
,    geweihte  Land  bezeichnet» 

Die  Stellen,  \velche  der  Vf.  p.  121.  anführt,  dafs  Weich- 
bild zuweilen  die  Stadt  ohne  das  Territorium  bedeutet  habe, 
beweisen  gar  nichts,  eben  so  wenig  beweist  die  p.  124.  ange- 
führte Stelle  des  Erfurter  Statuts  von  128l,  dafo  auch  uin^ 
zelne^  besondere  Puncte  des  Stadtgebietes  Wfeichbilde  ge- 
jiannt  worden  seyen.  Später  mögen,  wie  aus  den  von  dem 
Verf  angeführten  Stellen  hervorgeht,  allerdings  auch  einzelne 
Besitzungen,  die  innerhalb  des  VVeichbildes  lagen, 'VV#iJu 
bilde  genannt  woiden  seyn  —  das  ist  eine  Folge  der  gewöhn- 
lichen, bequemen  Umgangssprache  in  I^rovincialstädten,  die 


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GMipp  Ober  deautht  Stldiegründiuig.  ft3 

itch  nicht  gern  mit  umständlicher  Darstellung  abgiebt^  ih'ren 
Ausdruck  abbreWrtf  wenn  $ie  annehmen  kann^  dafs  man*a 
such  lo  versteht.  *    . 

Wenn  Rec.  fast  bisher  nur  das  hervorgehoben  bat^  woge* 
gen  er  glaubte  CrOnde  einwenden  au  müssen  ,  -»  so  kann  er 
nun  nicht  umhin  ,  noch  die  Versicherung  beizufügen  ^  dafs  bei 
weitem  mehr  in  der  Schrift  enthalten  ist,  dem  er  beistimmt. 
Der  Vf.  hat  das,  was  jeder  Nachfolger  in  einer  historischen 
Forschung  vor  dem  Vorgänger  voraus  hat,  sobald  er  es  treu 
meint^  ebenfalls  voraus,  nSmlich  dafs  er  schneller  daau  gelangt 
ist,  die  Sache  su  Übersehen^  dafs  er  sie  folglich  ^einfacher  und 
kürzer ,  also  auch  klarer  darzustellen  vermag. 

Der  zweite  Theil  der  vorliegenden  Schrift  enthfilt  eine 
eiufache,  klare  Daratellung  der  ireiburger,  und  eine  eben 
solche  der  Cölner  Stadtverfassung  nebst  eiuer  verstfindigeit 
Vergleichung  beider.  Wir  haben  weder  etwas  hinzu ,  noch 
hiav^eg  su  tbun,  was  nicht  \ti  obigem  schon  berührt  wäre^ 
aufser  der  kleinen  sprachlichen  Bemerkung,  dafs  di^  Schreib* 
art  Bur-graf  nichts  dafür  beweist,  dafs  Burrichter  Burgsich* 
ter  seyen;  vor  dem  r  kann  nicht  aus  Nachlässigkeit  ein  g  aus* 
gelassen  werden  (es  wäre  denn  offenbare  Anomalie) ,  was  recht 
gut  vor  einem  g  möglich  ist.  .  Die  Darstellung  der  Verhält* 
nisse  der  Gerichte  des  Abts  von  S.  Fantaleon  und  des  Frohstes 
von  S.  Severin  findet  eine  Bestätigung  in  einer  Farticularitflt 
der  Mailänder  Verfassung  ,  in  der  liiimunität  nämlich  deS  Ab« 
tes  von  St.  Ambrosien ,  die  derselbe  im  Jahr  894  urkundlich 
sich  ertheilen  liefs,  und  dessen  Verhältnifs  später  au  dem 
Erzbischof  kein  anderes  gewesen  seyn  kann ,  *al5  das  frühere 
kum  Grafen, 

Jeder,  der  für  Gegenstände,  wie  die  genannteni  Interesse 
hat,  wird  für  den  letzten  Theil  seiner  Schrift  dem  gelehrten 
Vf.  besonders  Dank  wiesen.  Schlüfslich  noch  eine  Bitte  viel* 
mehr  als  eine  Bemerkung,  nicht  an  den  Vf.  allein,  sondern 
noch  an  recht  viel^  andere  Verfasser,  Notizen  näuilich  von 
ganz  suhjectivem  Werth  nicht  in  die  Darstellung  einzuweben; 
sie  «ind  jedem  Leser,  der  kein  persönliches  Interesse  filr  den 
Autor  hat  (was  doch  immer  nuf  hei  sehr  wenigen  Jer  Fall 
ist)  höchst  lästig,  und  in  der  Vorrede  und  sonstigen  hors 
tl*oenvreFlatz  g«»u»g>  wo  es  der  Leser,  je  nachdem  er  geneigt 
oder  iingeneigt  ist  ^  lesen  oder  nicht  lesen  kann.  Ob  Ücrr 
^aupp  hei  dein  oi«  r  jenem  in  die  Schule  gegangen  ist,  ist 
dem  Pühlicüin,  für  welches  er  doV^h  w^bl  schreil't,  höchit 
uninteressant,  und  Lehrern  wird  bei  weitem  besser  Düik 
gebracht  an  einer  Stelle  und  mit  Worten ,  die  vonr  der  In* 

6* 


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84  PbtftU  IBiblioth.  td.  J.  Bekken  tom.h 

1[))gkeit  des  GefaMes  seigen ,  was  sie  aussprechen  soll^i^  ali 
lio  den  Stellen  5  wo  man  von  der  Meinung  des.  Lehrers  ab» 
weicht  —  wo  dann  das  Ganze  wie  ein  B^sänftigung^pflaster 
aussieht,  oder  noch  schlimmer  wie  eine  eitle  l^önnlichkelty 
ein  Kratzfufs  in  der  Feiücke,  wobei  man  sich  mehr  zu  eb» 
ren  gedenkt ,  als  den  Begrüfsten« 


Pholii  Bihtiötheca    ex  rec,  Immantielis  Bekkeru      Tomus 

:prior.      Beroliiti  9  typis  et  impensis   G*   Reimeri    A* ,  1 824*    26^ 

I  S.  in  ^rojs  4.    //  Tom.  v  6  Rtblr. 

Wir  eilen  unsere  Leser  von  dem  Erscheinen  dieser  neuen 
'schon  lange  gewünschten  Ausgabe  der  Bibliothek  des  Fhotius 
in  Kenntnifs  zu  setzen;  weil  durch  sie  einem  ^fühlbaren  Be« 
•dürfnifs  abgeholfen  und  eine  wesentliche  Lücke  in  unserer 
Literatur  a^usgef'üllt  wird,  indem,  wie  jeder  weifs,  die  doch 
Bum  Gebrauch  so  unentbehrlichen  älteren  Ausgaben  dieses 
'  'wichtigen  Werks  seltner  geworden,  und  überdem  an  .den 
Fehlern  und  Gebrecht^n  der  meisten  Ausgaben  aus  jener  Zeit 
leiden  9  entstellt  durch  eine  Mt^nge  unrichtiger  und  falscher 
Lesarten ,  .verdorbener  Stellen ,  l3ruckfehler  und  dgJ.  mehr» 
vJEIr.  Bekker  bat  sich  der  Bearbeitung  dieser  neuen  Ausgabe  in 
derselben  Weise  unterzogen^  die  wir  aus  den  vielfachen  an« 
deren  neuen  Ausgaben  griechischer  Autoren ,  die  seine  Thä« 
tigkeit  hervorgerufen,  hinreichend  kennen,  und  wenn  wir 
den  Freunden  der  griechischen  Literatur  über  diese  Bereiche- 
rung Glück  wünschen,  dem  Herausgeber  aber  unsern,  wärjn- 
sten  Dank  zollen,  so  müssen  wir  es  doch  andererseits  zugleich 
bedauern ,  dafs  -  derselbe  Uns  durchaus  gar  nicht  näher  Über 
Zweck ,  Einrichtung  u.  s.  tv.  der  hier  angefangenen  Ausgabe 
unterrichtet,  oder  auch  nur  Hoffnung  gemacht  hat,  hierüber 
ausführlicher  im -zweiten  nachfolgenden  Bande  sich  zu  verbrei« 
ten.  Glücklicherweise  sind  doch  npch  Vor  dem  Te:^t  (gerade 
wie  im  isten.  Bande  des  Plato)  die  Handschriften  angeführt, 
die  der  Verf»  benutzte,  wonach  er  dem  Text  eine  wirklich 
neue  Gestalt  gegeben  hat.  Unter  ihnen  bemerken  wir  be- 
sonders eine  venetiainische  Handschrift  (A.)  aus  der  St,  Mar- 
cus-Bibliothek Nro.  450,  auf  Pergament  geschrieben,  im 
gröfsesten  Format  und  doppelten  Columnen  nei  einer  Anzahl 
von  537  Blä-ttern ;  tlie  Schrift  gleicht  der  des  berühmten  Ra- 
vennatischen  Codex  des  Aristophanes ,  so  dafs  wir  also 
'  dieser^Handschrift  wohl  füglich  ein  hohes  Alter  und  groL»eu 


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Phoüi  BiblSoiH.  ed.  T.  Bekkn.  Tom.  I.  85 

Werth  beimessen  können.  Sie  ist  es  auch. ei gen tlicb»  deren 
bessere  Lesarten  auf  jeder  Seite  aablreich  «^  vielleicht  auch 
an  «tnigen  Stellen  mit  Etwas  su  sehr  Vorliebe  «—  aufge* 
nommen  worden  und  so  den  verdorbenen  oder  ieblerhaften 
Text  in  unsähligen  Fällen  lesbarer  gemacht  haben.  Von  min- 
derer Bedeutung  erscheinen  drei  Pariser  Handschriften  der 
königl,  Bihtiotbek:  die  erste^  (B.)  nicht  sehr  alt  nach  Ver« 
Sicherung  des  Herausgebers  »  in  Quarte  ^  C«  bombycinus  Nro. 
$266}»  hie  und  da  am  Rande  verdorben ,  zugleich  mit  einigen 
Lticken  und  Abweichungen  in  Stelhmg  und  Keibenfolge  der 
einzelnen  Abschnitte.  Der  Herausgeber  versichert ,  diesen 
Codfx  mit  jenem  venetianischen  in  det;  Art  verglichen  eu  ha« 
ben,  dafs  «r  blos  die  Verschiedenheiten  und  Abweichungeri 
des  erstereti  bemerkte ,  das  üebrige  überging,  •  Die»  «weite 
Handschrift  (C.)  Nro.  1226  (chv'.rtaceuS")  in  grofsem  Format 
und  369  Blättern,  auf  denen  jedoch  der  Eingangsbrief  an  den 
Tarasius  fehlt.  Die  Schrift  gleicht  der  des  Joannes  Rhosus  ; 
die  dritte  Handschrift  (D. )  ebenfalls  chartaceus  in  gro- 
isem  Format  Nro.  1227,  geschrieben  von  einer  dem  Angelds 
Yergecius  ähnlichen  Hand.  Sie  enthielt  aber  nicht  das  Ganse^ 
sondern  hdrt  schon  pag,  53,  10  ed.  B^oth,  mit  den  Woitea 
•ri  l&rojffT^iio^  auf.  Mit  diesen  Hülfsmitteln  ausgerüstet,  gieng 
Hr.  Bekker  an  diese  Ausgabe;  Hauptführer  war  der  venetia- 
Dische  G>dex  (A.),  dessen  Abweichungen  von  der  gewöhnli- 
chen Lesart,  auch  da,  wo  sie  nicht  aufgenommen,  werden^ 
unter  dem  Tej^te  bemerkt  sind.  Einzelne  Verbesserungsvor- 
schläge Anderer  werden  ebenfalls  hie  und  da  angeführt,  so. 
wie  Vorschläge  des  Herausgebers  selber  ,  die  er  ohne  Qesti^ 
tigung  der  Handschriften  nicht  in  den  Text  aufzunehmen 
wagte,  Ref. -hat,  so  weit  es  thunlich  war,  mehrer'b  Ab- 
schnitte Wort  für  Wort  mit  dem  bisherigen  Texte  verglicl^en,, 
er  kann  die  Leser  versichern,  dafs  er  in  den  meisten  Tillen 
die  von  Hrn.  Bekker  aus  jener  venetianischen  Handschrift  auf- 
genommene Lesart  als  die  richtigere  uiid  bessere  bat  erV""?*^ 
mijssen,  doch  glaubte  er  auch  in  manchen  Fällen  die  Vulgata. 
belassen  zu  könnei?,  ohne  die  ,,  aus  einer  vielleicht  zu^ 
groisen  Liebe  für  jene  Handschrift  aufgenomn\ene  Lesarten 
anzuneihmen.  -An  andern  Orten  sind  ihm  auch  aiidere  B<i-» 
denklichkeitenaufgestofsen.  So  z.B^  Abschnitt  72.aVn  Anfa^ig 
^.  35,  b.  42.  auf  der  untersten  ^feile;  aXAa  y.ai  '^B\^<yr;^'J  auTcv. 
«»«A^Yytijv  iv  ireAAoii  y.ai  \oyoTotüv  airoKoAcMV.  So  sphr^ibt  näm- 
lich Hr.  Bekker.  Die  Vulgata  gab  statt  äictkiyy^mv  ein  aVoKflr 
>wv,  wofür  am  Rande:  i^i^x'*'^'  ^^^*  airoKaXwv  zweimal  hinter 
tioander  sq  nicht  stehen  ^öune,^  ist  ersichtlich  ^  solltie^  ab^ 


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86  PhotH  Bibliotli*  «d,  1.  B«kker.  Tom.  I, 

nictt  beides,  da«  erste  <2irokaX«v  und  das  dafür  in  der  yenei* 
Handschrift  vorkommende  aVeVvx'wv  ein  Gloasem  seyn?  Doch 
dies  ist  eine  hloiTse  Vei'muthung  des  Ref.  lind  nichts  weiter. 
Wir  wollen  indefs  aus  demselben  Abschnitt^  der  die  Eclogen 
des  Ctesias  enthält,  noch  Einiges  weiter  anführen.  Statt 
•Arru/Y^i»»  ZvtraiAavj  Oißa^a  und  ähnlichen  schreibt  der  Heraus* 
geber  .stets  X'oTvIyay^  ^vtrctixav  u.  s.  w.  mit  zuröckgezogenein 
Acceilt.  Warum  er  aber  nach  jenem  Codex  gleichfalls  überall 
Tlir^jffuna^  Il$-nj<rai  "A/ixjjo-r^o^^'för  n«T/(ra»«,a5,*'Afx/ö'r^/;,  TlBtiffaq  und 
dann  doch  wied<er  Aj « r^ cuor»;?  für  die  VuJgata  Mtjr^wTry^i;  schreibt, 
davon  haben  wiir  die.  Gründe  nicht  entdecken  können,  wenn 
es  nicht  bei  letzterem  mit  Rücksichl:  auf  die  Zusanan^ensetzung 
des  Wortes  aus  ^tr^a,  geschehe^  ist.  Allein  dann  ist  wied/i^ 
gleich  zuvor  (p.  55)  5tattJ  JM^rpaS^rij?  gesetzt  ein  MtS-^a^arij;* 
— ^  Gap.  2.  derselben  Eclogeil  schreibt  Hr.  B-.  (mit  Jungermar^n 
und  Schweighäuser )^  wahrscheinlich  nach  seinem  Codex  A, 
Xf / 0 «(-»avoK,  für  ^^tffA^4v^t^^  Soll  aber  anders  das  Wort  nicht 
griechischen ,  sondern  persischen  Ursprungs  seyn ,  wofür 
,  doch  der  äufsere  Anschein  eben  so  sehr  zu  sprechen  scheint, 
als  die  hiernach  von  Sylvestre  de  Sacy  gegebene  Erklärung, 
so  darf  die  X^esart  ]^gt<T^^avot^  nicht  verändert  werden.  Auch 
.  kann  es  Ref.  nicht  billigen,  wenngleich  darauf  für  t^.cütov  fxlu 
(worauf  nachher  das  gewöhnliche  IVa/ra  b§  folgt),  muthmafs* 
lieh  nach  der  Handschirift  A.  gesetzt  ist  irgoragov  /ucew,  er  kana 
die  Qründe  nicht  absehen ,  warum  hier  ic^or^^ov  besser  seyn 
SQÜ,  als  ir^wT09y  das  ohnehin  in  dieser  Formel  so  unzählige» 
inai  vorkommt,  -r-  cp.  3.  schreibt  Hr.  B.  j^cpa^»;  und  ^i^iBy^cav 
ft\r  die  Vulgata  <i$«rSj^  und  a'^&iByjffav.  Allerdings  findet  sich 
von  diesem' Verho  bei  spätem  Schriftstellern  besonders ,  die 
.Verdoppelang  des  Augments  (cf.  Dorville  ad.  Charit  pag.  572, 
Pliit,  SylK  28  etc.)  von  ^r  Form  «^i,»  aber  führt  nicht  einmal 
Fischer  ad  Wellerum  Beispiele  an.  « —  JmYeifolg  cap.  4.  schreibt 
Hr.  B. :  dvoyL^T^ixuf^p  ^üoCt  Sv^Wa  mit  Weglassung  des  ©o  vor 
^tftryiu^  wodurch  die  sichtbar  verdorbene  Stelle*  allerdings  ge- 
heilt lyird,  «untal  wenn  man  weiter  mit  Hr. B.  liest;  vtaxß^pf^'^ysi 
?  K^o7(roi  statt  der  V^ulgata  naraC^dyn  x4i  S^vifcrKa/;  was  doch 
nicht  richtig  seyn  kann.  — *  Cap.  5.  schreibt  Hr.  B,  nach  dem 
Codex  A  .  y  Kafydy9vs  statt  n^i  ysycve.  Was  jedoch  unten  cp,  öl. 
wiederkehi;t,  auch  hier  unverändert  befassen,  worden,  wie 
solches  auch  axidere  Stellen  bevireisen,  cf.  Ctesiae  Fragmentt. 
|)ag.  107.  108.  —    EFven  so  würden  wir  gleich  darauf:    Kairot 

dies  ^jxw;  des   Gegensatzes    ballier    im  IVxta  belassen  habcn^ 
Hr.  8.  setz«  dafür  ^^v^     Aucfe^  cap.  l3.  ^tatt  ^ai  ißa^iXsMtrail 


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Photii  Biblioth«  ti.  I«  Bokker.  Tom«  L  87 

vai  ißoffiXmiffBVf  Was  Ref.  kelnesweges  für  die  richtige  Liesart 
LaltenJcann^  da  ißaviXtvffav  liier  heifst:  regem  erearunt^  con^ 
9iitueruntf  8.  Fragtn.  Ctes.  p.  l32.  Eben  so  hat  der  Verf.  nach 
uua  den  Genitiv  folg^'n  lassen ,  er  schreibt  z,  B,  p,  43»  Sfx»  aJ" 
Twv  iTOfxävwy  lür  a/t*'.  to??  btc ofxivot^f  cap.  58 J  a/jia  twv 
0-.  a. 'EAA*/vtüv  für  ^yut^t  to7;  <r.  a.  *£AXif<r/,  aucU  für  das  oft 
vorkommende  ^^tl^^y.v  ist  überall  «uvSfj^o;  gesetzt;  mehrere 
jonische  Formen  zurückgeführt,  was  wir  billigen,  z.  R»  cap. 
17.  2;Hu5a^>)3«to  für  2Ku5af>jKü,  cp.  8.  tiiraf  für  «/twh 
u.  s,  w.,  so  schreibt  er  ferner  -ri/x«»?  statt  de«  gewöhnli- 
chen xj^^iou;,  dagegen  Indd.  li;  jj/x/o-sw;  »»^X'^*»  ^^  ^'^ 
Vulgata  ^[AttTtog  xfjxtwg  und  Aehniiches.  —  Uebrigens 
schliefst  dieser  erste  Band  mit  Nro,  229.  oder  mit  d^n  Ex- 
cerpten  aus  Ephraim  pagr8^2  der  altern  Ausgabe;  die  latei- 
nische üebersetzung  ist^  wie  zu  erwarten  war,  weggelassen, 
eben  so  die  Anmerkungen  des  Höschelius,  Schottus  u.  A.  wenij 
diese  nicht,  was  wir  jedoch  kaum  glauben,  im  zweiten  Banda 
nachfolgen.  Wir  erhalten  hier  bios  den  anf  die  angeführte 
Weise  berichtigten  Text,  mit  doppelten  Columnen  auf  jeder 
Seite,  und  unter  demselben  die  Abweichungen  d^^  Vulgata 
von  der  meistens  aus  dem  Codex  A.  aufgenommenen  I^esart^ 
an  dem  Rande  sind  die  Seitenzahlen  der  beiden  altern  Ausga- 
ben beigefügt,  der  Druck  ist  rein  und  correct  (S.  49.  b.  25. 
für  itavra  iv  ytvertji  mufs  wohl  heifsen  -r.  «k  yBvsr^),  die  Letterrv. 
scharf,  das  Papier  doch  etwas  besser,  als  das  von  dem  Vei>> 
leger  bei  der  Herausgabe  des  Fla,to  benutzte  schwarz -graue 
Löschpapier» 


Criechts^che  Grmmmatik  von  L,  IVt^  Eis e-^schmiJf  Pro/es^ 
jor  in  München.  8.  Passau :  Friedr.  Pustet,  i824.  285  und  IP^ 
S fiten f  nebst  vier  Tabellen  über  dis  Conjugationen.   1  fl.  13  kr. 

So  wie  es  Menschen  giebt,  deren  freundliches,  gefälliges, 
Aeufsere  gleich  beim  ersten  Anblick  für  sie  einnimmt,  sa 
gebt  es  auch  oft  bei  Büchern.  Hält  nun  freilich  bei  nicberer 
Bekanntschaft  nicht  j«der  Mensch,^  was  er  beim  ersten  An. 
blick  versprach;  was  Waindt»  ,  wenn  es  auch  bei  Büchern^ 
den  Produkten  der  Menschen,  sich  oft  eben  so  findet?  Vor^ 
beerende  Grammatik  hat  ein  freundlicheres  Aussehen  in  Druck 
unh  Papier,  ali  wohl  fast  alle  ihre  frühem  Schwestern,  und 
erweckt  schon  beim  ersten  Anblick  Vertrauen.  Dabei  ist  es, 
denn  um  »o  erfreulicher,  dafs  sie  dieses  Vertrauen,  bei  liH^he- 


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8Ö  EIsensotiQ&id   Grieph«  Grammatik* 

rer  Bekanntschaft  nicht  nur  nicht  täuscht,  sondern  sich  dessen 
als  sehr  "vt^ürdig  zeigt.  Der  Verf.  macht  keine  Ansprüche  auf 
Originalität  der  Ansichten;  er  Will  n^r  für  di^  niedern  Klas- 
sen 'öin  brauchbares  Lehrbuch  liefern  y  das  durch  richtige  An- 
ordnung der  Theile  und  Fafslichkeit  das  leichte  Auffasifen  der 
Sprachgesetze  bewirkt:  und  er  hat  ein  solches  gelief«rt,  Ue- 
berall*  zeigt  siph  Bekanntschaft  mit  dem  Besten,  was  bisher 
auf  diesedi  in  neuern  Zeiten  mit  besonderm  Eifer  angebauten 
und  bearbeiteten  Felde  geleistet  worden  ist,  überall  die  Be» 
mühung,  klar  und'fafslich  und  an' der  rechten  Stelle  das  Ge- 
hörige zu  sagen,  und  von  Oberflüchlicblceit  und  Ueberliidung 
gleich  w^it  entfernt  zu  bleiben.  Eine  gute,  und,  wie  R^* 
aus  vieljShriger  leidiger  Erfahrung  weifs;  sehr  notb wendige 
Warnung  an  die  Lehrer  vor  dem  verderblichen  Eilen  in  dfer 
Formenlehre  schickt  der  Verf.  in  der  Vorrede  voraus.  Nicht 
nur  gefafst  un(f  verstanden  mufs  der  Knabe  die  Formenlehre 
haberi^,  womit  sich  ^yiele  Lehrer  begnügen;  sondern- einge- 
prägt mufs  sie  seyn  bis  zur  Unmöglichkeit  des  Vergessens, 
iind  so  gefafst,  dafs  der  Schüler  sie  selbst  mit  ihren  Gründen 
wieder  %ittheilen  kann.  Der  Zeitverlust  dali^ei  ist  nur  schein- 
bar. Doch  Äü  unserer  Grammatik,  Sie  zerfällt  in  ß  Theile. 
Die  Etymologie  geht  bis  S,  112.  Die  Syntax  bis  S.  228. 
Dann  folgen  (^hiet  sollte  eine  Abtheijung  seyn):  die  Lehre 
XOn  den  Dialekten  bis  239.  Prosodie  (nach  Spitzner)  bis  255. 
Versbau  bis  266«  Die  Lehre  von  den  Accenten  bis  280.  und 
noch  2  Seiten  der  Kalender,  Wirft  man  nun  aber  die  Frage 
auf,  war  denn  eine  neue  Grammatik  nöthig  oder  e>n  so  gar 
dringendes  Bedtirfnifs?  so  konnte  man  mit  demselben  Rechte 
diese  Frage  schon  bei  der  zebend^n  Grammatik,  die  vor  die- 
ser erschien,  und  bei  allen  auf  jene  folgenden  thun.  Auch 
mufs  man  objective  und  subjective  Nothwendig^keit  unter- 
scheiden. Die  letzte  tritt  ^ehr  oft  ein^  wäl^rehd  die  erste 
gar  nicht  statt  findet;  und  sie  kann  durch  die  Gegend  wo  ein 
Verfasser  schreibt^  d^urch  die  Schulen,  für  die  er  schreibt, 
oder  durch  ihn  selbst  und  ein  Bedürfnifs,'  das  er  fühlt,  und 
in  den  andern  Lehrbüchern  nur  zerstreut  b^erücksichtigt  ^n-» 
qe't,.  herbei  geführt  werden.  Darüber  lälst  sich  nun  aus  der 
Ferne  nicht  sicher  urtheilen,  und  der  Verf.  kann  der  Kritik 
mit  liecht  die  Frage  vorlegen;  oh  das  Buch  nothw^ndig  war 
od^r  nicht,  sey  dahin  gestellt  i  ist  es  aber  brauchbar  für  den 
Zweck,  den  es  erreichen  soll?  Und  hierauf  wird  sie  unbe- 
denklich mit  JTa  antworten  können,  sollte  auch  im  Einzelnen 
noch  Manches  ausgestellt  werden  können.  Dergleichen  Aus- 
stellungen wollen"  wir  denn  nach  Recensenten- Pflicht  oder 
Sitte  dem  Verfasser  einö  Reihe  vorhalten  ,  ohne  d^rum  unser 


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Xlienfdiiiiid  Grieoh.  Gnoimatilc«  89 

Efinstiget  Urtheil  su  beschränken  oder  halb^sur6cksunehuien« 
o.  2.  $.  2*  scheint  Hr.  £.  das  von  den  Neuern  in  die  griechi« 
sehe  Interpunction  angeführte  Ausrufüngszeichen  au  hilligen. 
Wir  billigen  es  nicht »  wie  Buttmann  in  der  Ausführlichen 
Sprachlehre  J.  i6.  Anm.  9.  S.  72.  der  sogar  auch  die  Paren- 
tbesenzeichen  und  den  Unterbrechungsstrich  verwirft.  §.  9. 
Der  Diphthong  oi  soll  gesprochen  werden  wie  in  quoi,  Ist 
das  Wort  Lateinisch  oder  Französisch  ?♦  Ehend.  sollten  doch 
ein  Paar  Zeilen  mehr  über  die  Erasmische  und  Reuchlinische 
Aussprache  stehen ,  und  gesagt  seyn,  warum  sie  so  heissen, 
§.  22.  Da  der  Gebrauch  der  Dichter  bei  ay^i  und  /x^/^i  ange- 
geben isty  so  sollte  auch  wohl  b«>i  dem  v  epheU/sticon  (so 
Schreibt  der  Verf.  auch  seltsamer  Weise  Co//«i(iti  v  u  m)  an« 
gegeben  seyn,  dafs  die  Dichter  es  dei  Metrums  wegen  auch 
vor  Consonanten  setzen,  um  eine  lange  Sylbe  su  bilden. 
§.47.  Q.  III.  sollte  nicht  %o  geradehin  gesagt  seyn  S»  »f>  r] 
heifse  er,  sie»  es;  sondern  mit  2«  heifse  es  er,  sie,  es 
aber  oder  doch  er,  sie,  es.  §  49.  Hier- sollte  es  nicht 
beifsen  bei  lh\  (eig.  c*a«7)  sey  das  «  in  t  verwandelt;  es  fällt 
blofs  durch  die  schnelle  Aussprache  heraus ,  oder  vermischt 
lieh  mit  dem  /  durch  eine  Art  von  Krasis.  Ferner  heilst  es, 
dem  Lateinischen  n/ffr^ne  entspreche  das  Griechische  a/^^ors^o^* 
Da  dürfte  nun  auch  bemerkt  werden ,  dafs  dem  Lateinischen 
uter  rzra^oq  nicht  nur  entspreche,  sondern  ganz  dasselbe  Wort 
sey,  80  wie  utrum  als  Partikel  ganz  x/t«^ov  ist..  §.  50.  Da  die 
nodi  des  Verbums  auch  Griechisch  benannt  sind,  warum  geht 
der  Imperativ  (xpo(rraKr/Ki/)  leer  aus?  §.  70  und  71.  «ollten  um» 
gestellt  o9er  in  einen  §.  verschmolzen  seyn.  Jetzt  steht 
§.  70:  zu  dem  Stamm  tritt  avi  ufMa^r — ufMi^ravot  Aind  §,  71» 
Vor  den  Schlufsbucbstaben  des  Stammes  wird  v  eingeschoben 
und  am  Ende  av  hinzugesetzt:  Xaß  -  kavß,  XafMß  -  avw.  Nach 
unserer  Ueberzeugung  sollte  es  heifsen  :  §.  70.  .  Vor  den 
Schiursbuchstaben  des  Stammes  wird  v  eingescboben  und  am 
Ende  des  Stammes  av  hinzugesetzt:  SSu)  —  u'vB-avw,  pa^w -^ 
Ha'v^'avu).  Xa^to  —  Xa-v5-ava.  §.  71.  Dabei  ist  zu  merken 
a)  ist  der  letzte  Stammbuchstabe  ein  P-Laut,  so  wird  das  v 
vor  ihm  |üf  Also  kaßaa  —  A.a*f*3-avtü.  Xirw  —  Xi-fxT-avo»:  ist 
er  ein  K- Laut,  »o  wirds  y.  Also  Aap^oi  -— Aa - 75^ •  avoo.  rvy^f» 
—  Tu-Yp^-avoü.  Biyvo  — Si-yy-awu.  b}  mCifste  aber  das  v,  das 
vor  dem  letzten  Stammbuchstaben  eingeschoben  werden  sollte, 
»wischen  2  Consonanten  stehen ,  so  lÜllt  es  nach  der  allgemei- 
nen Regel  wieder  heraus  :  Also  :  diiJ^tm  —  a/uia  •  fvr  -  dvm  • 
afia^Tavw»_  Ba^Svo  —  da "^vB  - avat  •  Za-^^dvot.  cXiaBco  —  oAr  •  0"v5  -  avw : 
okttrSii'jwi  ßXdtrrw  —  fiXa^arvT-dvojl  ßXaarlvoi.  Oder  h)  wird  viel- 
leicht besser  so  gefafst:     Das  v  bleibt  weg,    wenn  am  Ende 


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90  EiscDsdtmid  Gtiech.  .Grammatik.  <     . 

^es  Staipmes  2  Consonanteti  stehen.  Also :  ßxi<rrof  wini  nicbt 
ßkavtrrdvw  sondern  ßkauTTawu».  S.  61.  fehlt  die  Bestimmung  Über 
das  Augment  der  Verbb.  die  mit  $v  und  ^uj  anfangen.  Auch 
ist  ebendaselbst  nicbt  auf  Formen  wie  sKa^svBovf  die  auch  dem 
.Anfänger  vorkommen  ,  aufmerksam  gemacht.  §•  172*  sollte 
.  ntfben  dem  a  ■prwativnm  und  intenswum  auch  das  d  copulaüoUm 
aufgeführt  seyn,  aus  «^d,  wie  e»  in  SvtotTtit  aXoyoi;,  drdxa'/r.oqt 
dbsXi^U  vorkommt,  §,  199.  s^ebt  bei  (paivivBatj  ioivAvau  und 
2ox€7y  scheinen.  Das  heifst,  genau  genommen,  nur  das 
let^tere^  Sie  sollten  iinterscbieden  seyn,  so  gut,  wie: der 
Verf.  XiysTot  und  lixGkoyalroit  scheidet.  §.  202.  Ji.  Mati  sagt 
nicht  voVou  aiTÄAAa^tüf  um  durch  den  Genitiv  eihe  Trennung  des 
Theils  vom  Gs^nzen  zu.  bezeichnen*,  sondern  es  ist  ein  zu 
§.  324'  I-  2.  gehörig'^r  Fall ,  wo.  in  einer  Note  angeführt  seyn 
sollte^  dafs  sich  die  Verbindung  des  axo  mit  dem  Genitiv  auch 
in  den  damit  zusammengesetztjsn  Verbis  zeige.  Eben  so  steht 
(  §,  202.  I.  C. )  oi  "'EAXijVfi;  rqo  icatov  tcüv  ßdgßafutv  bcnla-avTo 
der  Genitiv  bei  r^oiraiov  nicht  zur  Bezeichnung  einer  Veranlas, 
siing. einer  Handlung,  sondern  der  Grund  Hegt  darin,  weil 
sich  der  Grieche  unter  r^oxa/ov  denkt:  cfijf^a  oder  fxvijfASTov  r^o^ijit 
,  ipuT^;,  worauf  dann  natürlich  der  Genitiv  ßa^ßa^wv  fbJgt. 
5,  l30.  konnte  bei  yuxro;»  ^6\^ovg  an  unser  des  Nachts,  des 
Sommers  erinnert  werden,  Ueberbaupt  sollte  öfter,  als 
geschehen  ist,  der  gleiche  oder  abweichende  deutsche  und 
lateinische  Sprachgebrauch ,  wenn  auch  nur  durch  einen 
Wink,  angedeutet  seyn,  wie  z,  B,  S.  156.  der  Fall  ist. 
Denkt  Hr.  E.,  das  werden  die  Lehrer  schon  thun;  so  traut 
er  Vielen  zu  viel  zu.  S.  l40.  ifxvoBt^etv  heilst  nicht  belästi- 
gen, S.  143  und  l44*  kommen  die  unerhörten  Infinitive 
aicyr^vuo'Bau  und  dh-AoZv  vor.  S,  l45.  ist  hiitvov  rov  x>/^uKa  Seltsam 
übersetzt:  o  üb  er  den  Herold !  §,  344.  S.  239.  Nicht 
Prosodie,  noch  weniger  Profodie,  ist  die  Lehre  vom 
Zeitmaafse  der  Sylben,  soildern  Prosodik.  §.  345«  sollten 
noch  mehr  Verhältnisse  angegeben  ,  auch  der  Unterschied 
zwischen  Wort-  und  Versfüfsen  angedeutet  seyn.  S.  259. 
ist  zu  allgemein  behauptet,  dafs  sich  a  lle  unregelmäfsige 
Hiate  bei  Homer  durch  das  Djgamma  aeolicum  aufheben  1»s-p 
sen.  Endlich,  Uiii  das  Maafs  unserer  kleinen  ^Ausstellungen 
voll  zu  machen,  sollten  S.  264- i*<I<J»  ^^^  den  sapphischen,  jam- 
bischen,  trochäischen  und  anapästischen  Versen  nothweudig 
die  Jctus,  wie  bei  den  Hexametern  und  Pentametern  angege- 
ben seyn.  —  Besonders  gut  scheint  uns  ini  etymologischen 
und  syntaktischen  Theile  das  Verbum  bebandelt  j  in  der  Syn« 
tax  ferner  die  Lehre  voni  Gebrauche  des  Artikels,  von  d^w 
Negationen,      ^ach  die  L ehe ^   von   den   Dialekten    und  dei* 


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Frofo'die  if t  bei  «Her  Kfirse  binreichend .  und  tebr  fafslicb. 
Schwerlich  wird  es  dieser  Grammatik,  so  viel  sie  aacb  Mit« 
Bewerberinnen  bat  ,  an  Eingang  bei  dem  Publikum  fehlen. 
Von  deiäselben  Verfasser  ist  auch  in  diesem  Jahre  und  in  dem^ 
selben  Verlage  schon  in.  2  Auflagen  erschienen,  ein  Deutsch- 
Griechisch«*s  und  Griechisch -Deutsches  Lesebuch  I.  über  di« 
Formenlehre.  8  Bogen  36  kr.    ' 


It  Der  Staat  von  M.  Tullius  Cicero  ühersetzt  und  mit  An* 
werkungen  versehen  von  Friedrich  von  K obbe^  Herzoglich 
Oldenburgiseh»  Cammersecretair.  Göttingen  hei  Vandenhoeck  und 
Ruprecht.  1824.  XXXJU  u.  iB^S.  8.  1  ü.  30  kr. 

'  t.  M.   Tullii    Cieeronis    de    re    publica*     Tomus  L    Fulda^  ' 
(jic)  1824*   Jn  hihliopoUo  M'dlleriano, 

Gegenüber  diesem  Titel : 

Dl«  Republik  de^s  Cicero ^  nach  einem  ungedruckten  Texte^ 
welcher  neuerlich  entdeckt  und  erläutert  wurd&  von  Herrn  Daaif 
Bibliothekar  des  Vatikans,  Mit  einer  historischen  Abhandlung 
von  Herrn  Vi  llemain^  Mitglied  der  französischen  Akademie^ 
Jn  das  Deutsche  üb  ertragen  (/o)  von  J.  AI*  Pierre. 
Erster  Theil,  8*  Fulda  i824.  Jn  der  Müllerschen  Buchhandlung, 
Vorrede  des  üehersetzers  bis  «S.  12.  Abhandlung  des  Herrn  V» 
(^ deutsch)  bis  S»  88.  Text  und  Vebßrsetzung  des  z.  u.  2.  Buchs 
hii   S.  S6i.  1  fl.    45  kr. 

Als  das  Ciceronische  Werk  vom  Staate  in  den  Zeitungen 
all  wiedergefunden  angekündigt  wurde,,  erwarteten  wir  ,  dafs 
in  Deutschland  durch  Veranstaltung  eines  speculativen  Buch* 
bändlers  eine  üebersetxung  gleichzeitig  mit  dem  Original  er« 
scheinen  virerde  ,  wie  es  gegenwärtig  mit  den  berühmten  eng-i 
lischen  Romanen  zu  geschehen  pflegt.  Diese  Erwartung  wurde 
«n  unserer  B^reude  nicht  erfüllt.  Der  erste  der  vor  uns  lie- 
genden üebersetaer  bat  sogar  den  von  Heinrich  sehr  verbes- 
serten Text  abgewartet,  und  der  «weite  die  französische  Ue- 
bersetÄung  des  Hrn.  Villeroain.  Einige  Eile  sieht  man  indes- 
sen doch  der  ersten  Uebersetzung  an;  was  man  der  zweiten 
ansieht,  wird  sich  weiter  unten  zeigen.  Hr.  v.  K.  erzählt 
in  der  Vorrede  erst  die  Geschichte  dieses  Fy  ndes,  dann  .macht 
*r>  wie  der  Leipziger  Recensent  des  Originals  (t824»  6.)> 
^uf  die  Mdglichkeit  aufmerksam ,  das  ganze  Werk  noch  in 
l'olen  aufzuunden;  wo  es  sich  nach  glaubwürdigen  Nacluich- 


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92  Cicero   de  RepuBlioa.  ^        ^ 

ten  noch  in  der  zweiten  Hälfte  des  j6n  JabrBünderts  befand^ 
Äpricbt  dann  von  der  Aechtheit  d^s  Werkes^  über  die   Perso- 
nen des  Dialogs  y  den  bisherigen  Ausgaben ,  berührt  den  Cen- 
turienstreit  zwischen  Niebuhr  und  Steinacker,  ohne  jedoch  zu 
entscheiden,  und  nennt  endlich  Zachariä*s  Staatswissenschaft« 
liehe  Betrachtungen  über  das   Ciceronische    Werk, ^  Was  nun 
die  Uebersetzung   selbst  betri£Ft: ,    so    können   wir  allei'dings 
im  Ganzen  des  Verfassers  Fleils ,  Treue  und  Sprachgewandt- 
heit loben,  so  wie  auch,  daf&er  eine  Anzahl  erläuternder  An« 
merkungen,  zum  Theil  eigene,  zürn  Theil  aus  A,  M.  geschöpf- 
te, beigegeb'en   hat.     Im  £inzel nen   haben  wfr  jedoch  einige 
Spuren   der  Eile   und. kleine  Ungenauigkeiten  gefunden j  yon 
welchen  wir  hier  einige,  zum  Beweise  unserer  Vergleichung 
der  Uebersetzung  mit   dem  Original,  mittheilen  wollen.     II. 
24*  heilst  aliquamdiu  zu^^ eilen*      11.  3l.  decemoiros^  qui  leges 
scripserint :     di^   Dec  emoirt  ^     welche    die  Gesetze  auf'* 
%eichneten.     II.  54»    ^uic  gtneri  n^ach  diesem  Grundsä- 
tze:  wenn  hier  nicht  oneri  zu  lesen  ist,  so   ist  generi  malortim 
oder  vtcomniodorum  publicorum  zu   denken.      I.    16*  fehlt  gleich 
von  Anfang  inter  se;  weiterbin:    animos  summus  timor  occupmois* 
set:  die  Gemüther  mit  Schrecken  ergriff.     Ebendas. 
quod  cum  dirputando  rationihusque  docuisset  durch  dies e  gründe 
liehe  Darstellung.     Nicht' durch   diese»  wenigen  Worte^ 
die  vorhergehen,  sondern  durch  eine,    hier  nur  angedeutete, 
ausführliche  und  mit  Gründen  helegte  Darstellung.     Ebendas. 
in  maximis  aiwalibus :  inden  Jahrbüchern  des  Pontifex 
Maximus.     I.  l7.    haec   deorum    regna s     das   Keich    der 
Götter.     Ebd.  qui  viderit:    wenn  man  bedenkt.     Ebend. 
fehlt  ejus  vor  -parte    und   nostros  vor   in  necessariis»     Ebd.   pertur» 
hatio    Bewegung.       I.    l8^    cordatus  et    catus :    schlau*  und 
verständig.      Ebd.    cum    capra ,    aut  hepa ,    aut  exoritur  nomen 
aliquod  beluae  ?    Merkt    sich    den    Auf  gang   der    Geist 
des  Juppiters  oder  des  Krebses    (Prosodie),     I.   19. 
duc  paene  jam  populi.  hier  fehlt  j am.      Ebd.    kommen  Trium- 
virs  vor,  wie  war  vorhin  die  Decemvirs  gerügt  haben. 
Ebd.    esst  victuros:    leben    konnten^     I^  21.    ut-dicam:    in» 
dem<-ich  spreche.     Das  Folgende  ist  nicht   deutsch-con- 
atruirt:  Du.wirstuns  —  ei.ien  Gefallen  thun,  uns' 
Deine  Ansicht  — ^  vorzutragen.-  I.  22.   quemquaml  je- 
den (oder  emendirt  Hr.  v,  K.  quemque?  Heinrich  hat  es  nicht 
für  ndtbig  gehalten).     I,  23.  facile  omnes  viceris:  mit  leichter 
Mühe    den    Sieg  —  d  a  von  trag  t^h.      Die    rechte  Bedeu- 
tung  dieses  facile  «eigt  Wyttenbach  zu  Cic.  de  Legg.  I.  3.  7. 
p.  23«  ed.  Mos, 'et  Cr.   2^  facile  superavit:    er   sagt:   non  est  prcf 
prie  sumendun/i:    cum  facililate   superOQit  i    s.ed    exquisite  difitur  pra 


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CUfitt  d«  RepttbUet*  93 

mMuif§stOf  omnihus  tomsenttBntihus»  Oefglelchen  mehr 
oder  weniger  bedeutende.  Verftöfse  lielsen  sich  noch  eia« 
Menge  aufzählen,  und  dennoch»  wer  eine  deutsche  Ueher« 
letzang  braucht ,  dem  Isann  diese  genügen.  Betrachtet  man 
iie  aber  nicht  an  sich  und  in  Yergleichung  mit  dem  Original^ 
sondern  in  Yergleichung  mit  der  andern  Uebersetzung,  die 
den  Lateinischen  Text  gegenüber  hat,  so  steht  sie  in  wahrer 
Glorie  da.     Und  somit  kommen  wir  auf 

Nr.  2«  Hier  sind  wir  in  der  That  in  Verlegenheit,  Vas 
fQr  ein  Frlidikat  wir  dieser  Arbeit  geben  sollen.  Schlecht 
fibersetzt  seyen  die  Bücher  des  Cicero  de  re  publica ^  können 
wir  nicht  sagen;  sondern  nur  mit  grofsier  Eile  ist  die  franzd« 
siscbe  Ueb^rsetzuog  des  Hrn.  Villemain  verdeutscht,  und  ge« 
legentlich  ein  Blick  auf  den  Cicero  selbst  geworfen  |  der  aber 
schnell  wieder  auf  das  französische  Original  abgleitete. 
Beweise  ?  Nicht  %o  viele  Seiten  sondern  fast  so  viele  Zeilen 
das  Buch  hat/  so  viele  sprechende  oder  schlagende  Beweise 
unserer  Behauptung  könnten  wir  liefern.  Doch  wir  beschränk 
ken  uns  nur  auf  einige  wenige  auf  einem  engen  Räume  vor« 
kommende.  I.  l6.  etiamsi  —  en  de-pit  —  trotz.  —  I,  17. 
Jfricane  —  £jiii/t«7t  —  £milius  (sie).  —  t/uae  »ideant  eeteri 
fehlt  bei  Vill.,  auch  bei  Pierre.  -=—  quid  porro  aiit  praeclarum  pu^ 
tet  —  que  peut  il  existcr  d^  grand  —  was  kann  noch 
Grofses  seyn.  —  diutnmum  —  durahle  —  Zoitliches  (/) 
geht  noch  über  das  Original.  —  exigua  parte  —  impercep» 
tible  point  —  unmerklichen  Puiikt:  —  nostros  fehlt  bei  bei- 
den: —  muneris  fungendi  gratia»  pour  acq uitt  er  une  dette 
— ■  eine  Scbruld  abtragen.  —  in  necetsariii  rebus  —  devoirs 
imposds  —  zu  erfüllende  Pflichten.  Dionysium  —  "Denys  — 
Dionisius  (sie).  [Hier  hat  er  mit  halbem  Auge  auf  das  Latei« 
nische  gesehen;  aber  denselben  Namen  schreibt  er,  wo  er 
Hrn.  Villem.  französische  Noten  übersetzt,  S.  259.  Denys 
von  Halikarnasses  und  4  Zeili^n  weiter  Denys  von 
Halikarnesse.s  (das  e  mag  Druckfehler  seyn)  S.  279.  ha« 
ben  wir  abermals  einen  Denys  von  Hälikarnasses.  J  — 
Volutare  —  roule  —  umroUt  S  —  teu  quis  dixit  alias  —  ob 
P««t  Stre  de  quelque  autre  philosophe  —  oder  auch  Viel- 
leicht eines  andern  Philosophen :  —  ex  alto  fehlt  bei  V.,  also 
auch  bei  P«,  eben  so  auch  am  Ende  des  Cap.  quam  cemebat.  — • 
videlicet  —  vous  le  voyez  —  wir  ihr  seht,  I,  l8.  zu  An- 
f^^ig  ergänzt  P,  je  tiai  pasla  harSesse  d^ attaquer ^  wovon  der  la- 
teinische Text  nichts  weifs,  aber  Hr.  1*.  ich  bin  nicht 
beherzt  genug,  um  dich,  den  Manilius,  oder  Phi« 
Jus  anzugreifen.  Die  J^agien  stehen  \m  Lat  in  umge- 
kehrter Ordnung,   aber  bei  P..  wie  bei  V.  «^    studla  —  les 


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94  Cicero  de  R^ubliea« 

^tud$s  astTOT^omiqnes  *->-  die  astronomischen  Studien t  «^ 
htae  artes  ^ —  ^uant  k  c9t  scienc&s  dbstraitts»  — —  Wa» 
diese  abstrakten  Wissenschaften  anlangt.  !•  l9«  ^on  dissentio 
•  u  te  —  Jö  ne  m*  eloigne .  pas  d§  votrB  opinion,  -r-  'Ich 
«ntfefrne  mich  nicht  von  deiner  Meinung»  II.  20*  nulle  äo  du* 
centos  »—  treize  cents  — ^  dreizehn  Hundert.  II.  24.  institu* 
tis  eorum  ^-^  fidele  aux  usages  du  peuple  •—  getreu  den 
Gebräuchen  des  Volks.  II,  30.  virgula  —  doigt  — * 
Finger.  II  3l.  fuit  ~^  il  merita  le  nom  —  er  verdiente  den 
Namen.     II.   33.    fehlt  bei   V.    der  Name    Posthumus ^    bei  P. 

fleichfalls.  Doch  wir  denken  unsere  Leser  haben  an  diesen 
röbchen,  die  sich  zu  tausenden  geben  liefsen^  Beweis  ge« 
nug.  Aber  aiich  noch  von  zwei  andern  Seiten  mufs  gezeigt 
werden,  was  für  ein  gebildeter  Mann  an  Cicero  zum  Ritter 
gewprden  ist.  S.  243.  z.B.  lesen  wir  äetk  Felopo.neses 
(zweimal),  Dicearchus  (zweimal),  Cheron,  dem  Pe« 
lopon.es,  Dionisius,  Tenne  (für  Tene  eine  Stadt:)! 
Critia  (für  Tritia,  eine  Stadt).  Das  steht  in  einer  über- 
setzter Note  des  Hrn.  V.  Endlich  als  Verskünstler  mager  auch 
.noch  auftreten:  Egregie  cordatus  homo  catus  Aeliu*  Sextus: 
der  so  treffliche»  feine»  kluge  AeliusSextus.  Die 
Verse  Astrologorum  stgna  in  coelo  quid  sit  ohseroat:  Jovis  etC.  sind 
in  folgende  zwei  Disticha  gebracht:  " 
Aufmerksam  sught  der  uistrolog  in  den  Zeichen  des  Himfnels 

Künftiger  Tagi(  Geschick  ,  folgt  des  Steinhocks^  Bär*n  und  Skorpions 
Kreisender  Bahn^  doch  während  sein  Auge  die  himmlisehen  Räume 

Spähenden  Blickes  durchläuft  ^  sieht  es  den  Stein  nicht  am  Fufs» 
Der  Vers  tu  produxisti  nos  intra  luminis  oras  (I.  41*)^^^^^^^ 
Schöpfer  des  Vaterlands'  du  t   Du  gabst  uns  Lehen  und  t^icht. 
Und  die  4  Hexameter  in  demselben  Kapitel:    Pectora  dura  etC» 
lauten  wie  folget : 

heiliges  Sehnen  schwellet  die  Brntt  uns  i 

Stets  gedenken  wir  deiny  rufen  laut  zum  Olymps 
'  Romulus  ,   Romulus ,  du ,  den  die  Götter 

Zu^des  Vaterlands  Schutz  schufen  f  erhabener  Mannt 

Vater y   Erzeuger!    O  göttlicher  Spröfslingl 

Wollten  wir  nun  erst  noch  die  Vorrede  beleuchten  und 
durchmustern,  wieviel  Schiefes,  Schwülstiges  und  Verkehr- 
tes wäre  da  zu  berichtigen  und  zu  rügen.  Nur  einen  köst- 
lichen Vorschlag  des  Hrn.  P.  heben  wir  ^ur  gei)ührenden  Nacb- 
achtiing  aus:  Um  gründliche  Kenner  der  lateinischen  Sprache 
zu  bilden,  gebe  man  in  Zukunft  die  lateinischen  Klassiker 
heraus,  wie  Hr.  P. ,  links  den  lateinischen  Text,  rechts  eine 
deutsche  Uebersetzimg  (aus  dem  Französischen  wo  Inögltch); 
„da  bat  denn  der  Studierende  Alles  vereinigt,  was  zu  srinem 


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Aetdiialt  Öpp«  Vol.  II,  ed«  Breml«  95 

ünterricbl  gehört;  eine  Grammatik,  ein  Wörterbuch,  einen 
Commentar  und  angenehme  Uiiterhaltung/*  —  »»Die  Sache 
verherrlicht  $icci  gleichsam  durch  die  Reflexion,  —  das  Origi« 
nal  reflectirt  so  zu  sagen  seinen  Glanz,  indem  seine  Wendun« 
gen  und  Ausdrücke  unvermerkt  (wir  haben'  gesehen,  wie  un* 
rermerkt)  sich  der  Uebersetzung  mittheilen/«     Also:  Fiati 


Jtsehinis  Oratoris  Opera.  Graee^.  Cum  Animaäoersionibui 
ülustroQU  Jo»  Henr,  Bremius^  Hel»eto "  Turicensis  Vol.  //. 
Turici,  impensu  Ziegieri  0t  Filiorum.  MDCCCXXIK  XXXII 
».  538  S.  in  S.  4  fl.    3o  kr. 

Ref.  hat  in  Nro.  28.  pag.  447.  des  Jahrgangs  1824  dieser 
Blätter  den  ersten  Band  dieser  Ausgabe  angezeigt  und  dabei 
den  sehnlichsten  Wunsch  einer  baldigen  Vollendung  derselben 
Ausgesprochen.     Dieser  Wunsch  ist  seitde^m  durch  die£rschei« 
nung  des  zweiten  Bandes   in  Erfüllung  gegangen.     Diesel« 
ben  Grundsätze,  die  der  Herausgeber  in  der  Vorrede  zum  er« 
iten  Thc>il^  ausgesprochen,  und  wie  wir  bemerkt,  auch  stets 
befolgt  hat,    haj)en    ihn    auch    beim   zweiten   Tbeile    geleitet. 
Wir  verweisen  deshalb,  was  Einrichtung  dieser  Ausgabe  und 
Methode  des  Herausgebers  betrifft ,    auf  das  bei  der  Anzeige 
des  ersten  Bandes  Bemerkte.     Als  Hr.  Bremi    im  Begriff  war, 
diesen  zweiten  Theil  der  Presse  zu  Übergeben,  erhielt  er  die 
(hei  dem  ersten  Theile  noch  nicht  benutzte)  Bekkersche  Aus- 
gabe der  Oratores  Graeci,  welche  er  dann,  jedoch  ohne  scla« 
vische  Anhänglichkeit  dem  Texte   seiner  Ausgabe  zu  Grunde 
legte.      Wenn  er  aber  beklagt ,    dafs   der  sonst  so  verdiente 
Herausgebet  der  Oratores  Gräeci  nicht  immer  die  Gründe  der 
Ton  ihm  in  strittigen  und  zweifelhaften  Stellen  befolgten  Les- 
arten angegeben  und  es  selbst  bei  genauerer  Einsicht  zum  öf« 
tern   schwierig  ist,    nur    die   Grundsätze    des.   Her-ausgebers 
(certam  ubiq[ue  et  constantem  regulam)  auszumitteln ,  so  hat 
er  dies  aus  des  Ref.  Seele   gesprochen^       Ganz  anders  ist  Hr. 
Bremi  verfahren,  er  giebt  überajl  die  Gründe  der  von  ihm  auf« 

fenommenen  Lesarten  an,  wie  solches  auch  bish»r  unter  den 
hilologen  Sitte  gewesen ,  wenn  man   anders  nicht  vorziehen 
solltß,  Hrn.  Bekkers  beliebte  Mjinier  nachzuahmen. 

Die  beiden  ersten  Bogen  dieses  zweiten  Theils  füllen : 
Supphmentum  ad  Volumen  L  S.  I — XXX J.  Es  ist  eine  vom 
Prof,  Caspar  Orelli  gerpachte  Vergleichung  des  Textes  der 
Bekkerschen  Ausgabe  mit  dem  erste;i  Bande  dieser  Ausgabe, 
mit  Beiitigung  seiner  Ansicht  übfer  viele  verschiedene  Steilen. 
iVI^n  muf*  dem  Herausgeber  Dank  wissen ,  dais  er  die  scbarf- 


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96  AeschinM  Opp.  Vol.  IL  ed.  Br«iii!»         ^- 

'    ^        '    '     ■         / 

»In^nigen  gründHchen  Bemerkungen  seines  gelehrten  Freundes 
dem  l*ublikuiii  nicht  vorenthalten' hat ;  wir  wüfsteri  auch  nicht 
leicht,  V9  0  wir  in  Erklärung  einzelner  dunkler  Stellen  oder  in: 
Entscheidung  für  diese  oder  jene  Lesart  uns  von  der  Ansicht 
desselben  nicht  überzeugt  hätten.  Darauf  folgt  von  S.  1 — 208 
die  Rede  gegen  den  Ctesiphon  mit  vorgesetzter  uxcSar/;;,,  unter 
dem  Texte  stehen  die  Noten  gan2  so  wie  in  dem  ersten  Theile, 
£s  würde  uns  ein  leichtes  seyn,  auch  hier  überall  nschzuwei« 
sen^  mit  welcher  Umsicht  der  Verf.  in  Aufnahme  öder  Ver« 
\  iVerfung  det  Lesarten  Verfahren ^  mit  welcher  Auswahl  e?  in 
Citationen  u,  dgl.  zu  Werke  gegangen  ,  wie  er  aber  auch  in 
seinen  Erklärungen  nichts  unbewiesen  gelassen,  und  hie^ 
auf  Sache,  wie  auf  Sprache  gleichmäfsig  Rücksicht  genommen 
hat,  ohne  das  eine  dtjm  andern  unterzuordnen,  oder  über  dem 
einen  das  andere  zu  vernachlässigen.  Einzelne  Bemerkungen 
von  C  Orelli  wird  auch  hier  der  Lese):  mit  Dank  jinnehmen« 
Von  S.  209 — 242  folgen  dfe  ,dem  Aeschines  gewöhnlich  zuge- 
schriebenen Briefe.  Der  IJerausgeber  stimmt  auch  hier  mit 
devß  von  Taylor  und  Reiske  (deren  Worte  hier  mitgetheilt 
werden)  als  den  Bearbeiter^  und  Herausgebern  dieser  Briefe^ 
so  wie  von  andern  Gelehrten,  Ruhnkenius,  F.  A.  W"olf, 
Boeckh ,  Passow  ausgesprochenen  Uttheil  über  die  Unächt« 
heit  dieser  Briefe'  vollkommen  bei,  er  würde  auch  kaum  dem 
sauern  Geschäfte^der  Bearbeitung  eines  so  trockenen  Gegen- 
standes sich  unterzogen  haben  ,  wenh  er  nicht  die  Wünsche 
derjenigen  Leser  berücksichtigt,  die  sonst;  vielleicht  seine 
'  Ausgabe    des  Aeschines  für  mangelhaft  gehalten.       lind   wir 

billigen  diese  Gewissenhaftiekeit  des  Herausgebers  um ,  ao 
mehr,  weil  allerdings  die  Bearbeitung  dieser  JEfriefe  mit 
zur  Vollständigkeit  der  ganzen  Ausgabe  gehört.  Anfangs 
wollte  er  eine  kritische  Abhandlung  lüber  die  UnSchtheit  die- 
ser' Briefe  Vorausschicken,  die  erklärenden  Bemerkungen  aber 
•'.vie  bei  den  Reden  des  Aeschines,  dem  Texte  unterä^etzen. 
Allein-  eine  genaue  Lecltjre  überzeugte  ihn  »bald  "*:on'  der  Un^ 
Wichtigkeit  dieser  Briefe  in  Absicht  auf  ihren  innern  Gehalt, 
wie  auf  ihYe  Zusammensetzung,  er  Sah  überdem,  dafij  es  nicht 
leicht  thunlich  sey,  beide,  die  kritischen  und  die  exegetischen 
'"''^"'^^^"'^S^"  ^^^  einander  zu  kennen«  Er  gab  daher  seinerf 
'  frühem  Plan  awf,    und   vertheilte  jedes  an   seine  becre£Fei>de 

Stelle.  —  S.  243  — 3i 6  ist  zusammengestellt:   Varietas  hcHonis 
^  «X  copiis  J.  J,  Reiskii  ep  Imman,  Biikkertf   worauf  ein  ausführlicher 
Index  der  in  den  Noten  behandelten  Gegenstände,  wie  he'tai 
ersten  Bande  ^  das  Ganze  beSchIie£sti 


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1825. 

•1  b  e  r  g  e  1^ 

der  Literatur. 


Friedrich    Sehläge!^    sämmtlieh^    Pt^erkef     Dritter    Band 
(^Studien   des   claisisckeh    Alterthums f     Erster   Theil).      Vierter^ 
Band  (Studiän  des  classisohen  jilterthulns,  aweiter  Theil).   fünfter 
Band  iKriiik  uudJSTheorie  der  alten  und  neus^  Poesie).      pVien^ 
hei  Jacob  Mayer  Und  Comp.  1822  ,  X82S«  64 

In  dem  Gespräche  dber  Poesie  (5ter  B«  S.  248.)  wird  eiii 
groCses  Wort  ausgesprochen :  »»Die  Kritik  ist  zur  Wissenschaft 
geworden^  die  alten  Irrthflmer  sind  vernichtet^  und  neue 
Einsichten  in  die  Kenntnifs  des  Altetthums  gegeben  ^  welche 
uns  die  Aussicht  auf  eine  vollendete  Geschiente  der  Poesie 
eröffnen.««  Ohne  hifer  zu  fragen  y  ob  wir  in  dissem  Satze  die 
eigene  Meinung  des  Verfassers  lesen  ^  oder  wie  es  in  Dialogen 
Bu  geschehen  pflegt,  eine  der  Vtdlerlej  Meinungen,  wovöri 
die  sprechenden  Personen  jede  die  ihrige  vertreten  —  so  viel 
können  wir  jetzt  nach  io  Jähreü  sagen,  ohne  die  grofsen  Ver- 
dienste eihes  LeSsing  und  Anderer  im  geringsten  schmüleril 
zu  wollen:  was  seit  jener  Zeit  die  Kunstkritik  an  wisscn- 
schaitlichem  Geiste  9  was  die  innere  Betrachtung  des  Alter* 
tbums  an  Tiefe  und  Grofsartigkeit  gewonnen  ,  das  gehört  ei* 
nem  sehr  erofsen  l*heile  nach  den  Brüdern  Friedrich  und  A. 
Wilhelm  Schlegel  ah.  Refetent  scheut  sich  nicht,  dicien  Satz 
an  die  Spitze,  seines  Berichts  über  einige  Werke  des  ersteren 
zti  stellen,  je  wenige^  er  zu.  den  Undankbaren  gehören  möchte^ 
welche  jetzt,  nachdem  von  mehreren  Seiten  der  Weg  gebahnt 
iaum  noch  der  Männer  gedenken ,  die  mit  so  genialer  Kraft 
Und  auf  eine  so  tüchtige  Weise  die  Bahn  gebrochen. 

Hiermit  ist  einerseits  der  Grund  angegeben^  warum  lief, 
i^ber  jene  Schriften  zu  berichten  sich  entschlossen;  anderer« 
«eits  die  Glänze  bezeichnet,  innerhalb  welcher  diese  Anaeige 
»ich  halten  wird.  Nümlich  der  Inhalt  dieser  Bände  ist  dem 
ganzen  gebildeten  Publikum  bekannt;  eS  k»nn  dahfer  nur  vort 
bedeutenden  2^usätzen  und  Aenderungen  die  Rede  seyn,  wel« 
che  diese  Schriften  unter  der  Hand  dtis  gereiften  Kritikers  iti 
dieser  ersten  Ausgabe  erfahren  haben ;  und  wenn  Ref.  die  An- 

XVm.  Jahrg.  1.  Hcih  •  7 

/  . 

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98  Frieai  Schlegels  sSmnul,  Wrrkvi  9V  4f  ÄtW^W. 

»eige  der  übrigen  Werke  ä&  berühmten  Vmte^BMeri  ^tm^em 
Beri<:hterstatterii  oiler  Recensenten  *iberlaf«t,  so  wird-^er  sich 
auch  bei  diesen  3  Bä^nden  auf xliäje'nieetiTheile  beschränken, 
welche  im  engern  Sinne  der  Wissenschaft  des  Ahetth^ms  An^ 
geboren.  Endlich  begnügt  er  sich,  der  durtti  den  Raum  die« 
ser  Jahrbücher  gebotenen  Kürze  wegen,  mit  üebergehung  d^m^ 
ersteh  und  zweiten  Bandes«  die  Aufmerksamkeit  der  ge« 
bildeten  und  gekehrten  Leser  auf  einige  Zusätze  in  jenen  hin- 
zulenken. Es  sind  folgende:  Ueber  die  pelasgische  Vorseit 
S.  19— 23;  über  den  Spruch  S,  26;  über  Homer  S.  33 — 35; 
über  Sage\  Xiied,  Bild,  als  Stufen  und  Elemente  der  Foesie; 
über  das  Orientalische  im  Pindar  und  Aeschy^us  S,  40;  über 
Herodot  als  Homer  der  Geschichte  S.  42;  über  die  harmoni« 
sehe  Geistesbildung  der  Griechen,  beim  Sophokles  S.  44 ;  über 
zwei  Gattungen  der  Historie  S.  49;  über  Aristophanes  S.54; 
über  die  Form  der  griechischen  Philosophie  8.  77  ff.;  von  den 
Elementen  der  Poesie  S.  95:  und  über  die  grofsen  griechischen 
Autoren  und  Elementärgeister*  *        '  - 

In  dem  Vorvrorte  zum  dritten  Bande  ^  oder  zur  Geschiebte 
der  epischen  Dichtkunst  der  Griechen  spricht  det  Verf.  sich 
selbst  übet  seine  danialige  und  jetzige  Ansicht  aus:  9,Als  ich 
mit  dieser  Geschichte  der  griechischen  Dichtkunst  auftrat» 
wovon  ich  die  vollerfclete  Bearbeitung  nur  bis  in  das  lyrische 
Zeitalter  habe  fortführen  können  ^  war  eben  damals'  und  zu 
gleicher  Zeit  mit  jenem  Unternehmen  dije  skeptische  Ansicht 
über  die  dichterische  Sage  und  älteste  Poerfie  mit  der  siegrei* 
cI.«Ti  Klarheit  der  gelehrtesten  kritischen  Scharfsinns  aufge- 
stellt wprden.  WieVäre  es  mdglich  gewesen,  so  überwie- 
^  gehden  Gründen  kein  Gehör  zu  geben?  Gleirbwohl  war  iii 
jener  Kritik  der  homerischen  Gesänge  von  den  neuen  jCh6ri- 
zbn ten  ti ur  Eine  Seite  des  Gegenstandes  betührt  und 
durchgeführt;  und  wie  unbefriedigend  diese  einseitige  Erfor- 
schung noch  für  das  Gansse  bleibe,  mtifste  mir  besonders' auf 
dem  künstlerischen  Standpunkte  sehr  einleu<ihten,  den  ich 
nach  dem  Vorbilde  Winckelmanhä  in  seiner  Geschichte 
der  hÜdenden  Kunst,  obvi^ohl  auf  anderem  und  eigen  ein  Wege, 
für  meine  Betrachtung  in  diesem  Werke  mir  zum  Ziel  gesetzt 
hatte*  Für  das  Ganze  der  Alterthums künde  kanii 
ebeh  nur  durch  die  Wissen sxjhaft  der  Mythologie  ein 
vollständiges  Licht  und  eine  befriedigende  Grundlage  gefun* 
den  werden."  /  H^etaus  ergiebt  sich  zuvörderst,  dafs  der  Vef f. 
noch  anjetzo  die  Wohlthätigen  Wirkungen  anerkennt^  welche 
^ie  grofsen  Wolfischen  Untersuchungen  auf  die  ganze  Alter- 
thumskunde  uird  besonders  ai^  die  tiefere  Einsicht  in  das  We« 


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Jgdtäi  SMe^U  tammtl.  Werke,  3»  4«  5ter  Bd.  99 

ten  der  griocbitchen  FoefBte  gehabt  haben  <—  Untersucbnngen, 
ik  gerade  darch  die  geistreiche  Art  ^  wie  sie  in  vorliegenden 
W^rien  Fricdr«  Sthlegri  zuerst  angewendet^  ftir  die  Mher« 
Kunstkritik  recht  eingreifend  und  fruchtbar  geworden. 

Jene  skeptische  Ansicht  ist  auch  in'  jeder  Hinsicht  s6 
|;ründlich  und  so  noth wendig»  dai^  jeder  wahre  Freund  des 
Alterthtinis  tie  in  allen  Momienten  durchgeführt  y  in  ihren 
Itrengstl^  Folgerungen  erschöpft  zu  sehen  wünschen,  und 
aa£i  lebhafteste  sich  darüber  freueii  mufs  ,  dafs  so  eben ,  nach 
dem  neuerlich  von  Deutschen ,  Französischen  und  Englischen 
Philologen^  namentlich  vort  Fayne^Knight^  die  Ergebnisse 
der  Wolfiscbeii  Frolegomenen  bekämpft  worden  ,  ein  Schüler 
Wolfs^  Wilhelm  Müller,  in  einer  bomeriichcn  "Vörsr^hule 
Leipzig  1824«  noch  einmal  ^  und  zum  Theil  nach  mündlichen 
Vorträgen  Wolft,  die  ganze  Skepsis  jenes  grofsen  Kritikers 
nach  allen  ihren  Richtungen  aufgefafst  und  ihre  Resultate  zu^ 
bekräftigten  unt^nonlmen.  Andererseits  enthält  aber  die 
wiederholteBemerkung  des  Verfassers  )  dafs  die  gründlich  und 
grolsartig  behandelte  Wissenschaft  der  Mythologie  der  ge» 
sammten  Alterthamskunde  erst  eine  sichere  Grundlage  gewähre, 
das  offene  GestSndnifs,  wie  diese  Seine  Geschichte  der  Grie- 
chischen Poesie,  hätte  fer  sie  jetzt  zu  schreiben,  gewisser- 
mafsen  eine  ganz  andere. würd^  geworden  seyn.  .Wenn  Ref. 
hierbei  abzustimmen  hätte  ,  so  würde  er  sie  so  wenig  anders 
Wünschen  9  als  irgendein  Original  werk,  das  so  recht  in  ju« 
gendlicher  Frische  von  irgend  einem  genialen  Künstler  mit 
eben  so  viel  Liebe  als  Kraft  in  einem  Gusse  gebildet  und  voll« 
endet  worden ,  und  er  sieht  es  sehr  gerne ,  dafs  der  Verf,  an 
seinem  Buch^  nicht  mehreres  geändert,  als  er  gethan.  Aber 
eben  jenes  Beltenntnifs  über  den  Rang  und  Werth  der  Mytho- 
logie *)  enthält  den  ScMüssel  zu  mehreren  Verbesserungen 
und  Zusätzen,  die  diese  neue  Ausgab«  erhalten  hat  —  und 
Vovon  wir  sogleict»  einige  der  wichtigsten  b^smerklich  machen 
ti^ollön,     ' 


}  Ein  Bekenntnif«^  das  ich  hier  an f  sich  bemlien  lasse,  so  viel 
sich  dafür  sagen  Heise.  Meinte  docli  aiich  der  gewifs  grund« 
liebe  Philblog  Joh;  Matth.  Gesner.  ein  Chri^tentnensdi  VnÖge 
^ch  schon  ntn  der  Natarphilbsophie  ^llen ,  die  iii  der 
Mythologie  enthalten  svy,  mit  diesem  Studium  abgeben  (isagoge 
Tom.  !•  p»  452  ed.  Niclas  :  — —  „E^  ^^'^^  omnino  iu  liisfee  re- 
bns^  et  culm  ^entili,  ab  religionej  aliquid  Physiologtae,  ^od 
komo  ChriitianHi  inrbstlget'')- 


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i<>0        FrfwL  SöWegelt  sSiqmtl.  W«rU.  3.j  4,  StcttJM^ 


iAr 


Inileni  Ref.  nun ,  wie  gesagt,  8t€J(i  JveachrSpken  mu/jf-,  di^ 
Leser  auf  einige  Hauptsätze  un4  beson4ers. Zusätze  aufaief]&^ 
iam  zi^  machen ,  so  kann  er  gleich  voi:7i  herein  einen  Wunsch 
nicht  unterdrücken^  nämlich,  dals  es  dem  Verf.  docK  gefallen 
Jiahen  möchte,  tm  der  Stelle  S»  Si  £F.,  wo  Ton  degi  Alter  der 
Mysterierr,  der  Theogonien.  und  Kospiogpnij^n  die  Rede  ist, 
diese  Säta^e  in  einer  Anmerkung  nähf^r  9sa. bestimmen.^  Hier 
hätte. ihn  schon  Wyttenhacb  in  der  bibl.  crit.  11,  ^.  p.  83« 
vergl.,  mit  dessen  Anmerkung  aum  Flutarch  Tom»  t.  p.,220 
2u  einer  andern  Fassung  seiner  Sätze  veranlassen  können. 
Wenn  nämlich  die  Einrichtungen  des  Dardanus  schon  Verän« 
detungen  der  Samothracisichen  Religionen  waren ,  und  wenn 
man  liest,  was  Herodot  11,,  ^t.  ^etzählt^—  wie  könnte 
doch  an  dem.&aseyn  einer  in  aller  Form,  bestehenden  alt-pe« 
lasgischen  Geheimlehre  gezweifelt  ^werden.  \  Denn  was  nun 
gleich  unser  Verf«  in  einer  neu  hinzugefügten  Note  S.  34  ff* 
ilber  das  älteste  psychische  Heidentbum  so  vortrefflich^  be« 
merktf  war  ja  nicht  blosisolirtesatomistisches  Meinen  und  AU« 
nen ,  sondern  bereits  in  eipe  Art  von  magischem  System  ge« 
fbrachty^yie  dieses  auch  Schelling  im  Ganzen  so  unwidersprech« 
Hch  dargethan,.wenn  auch,  wie  natürlich,  über  das  Einzel pe 
seiner  Ideen  sich  hie  und  da  Erinnerungen  machen  lassen.  . 
Schlegels  Gedanken  über  jen<i«  ursprüngliche  Religionawesen 
reihen  sich  an  einige  Stellen  der  Odyssee  von  den  CyclQpen^ 
Giganten  und  Phäaken  (VH,  205  ff.  IX,  106ff.)  ««>  die  als 
den. Göttern  näher  verwandte  Geschlechter  bezeichnet  werden. 
Jene  alten  Zauberschmiede  und  Metallkünstler^  sagt  der  Verf., 
welche  die  Sage  Kreis  «  oder  Himniieisqhauer  nannte j,  denn 
dies  bedeutet  der  Name  Cyclopen,  gehören  dem  älteren 
magischen  Götterdienste  an,  welcher  der  neuen, 
dicoterischen  Helden  -  Mythologie  voranging. 
Die  Gestirne  und  das' Meer  waren  die  beiden  End  •  und 
Wendepunkte  in  diesem  altern  p^ycl^ischen  Heiden« 
thum,  dessen  innerste«  Wesen  in  )enem  VerSe  aus  den  arir 
maspischen  Geuichte  ausgedrückt  ist: 

Auch  das  meiste ,  was  von  den  pelasgischen  Stämmen  eigen* 
thQmlicbes  berichtet  wird,  ist  auf  jen€n  älteren  magischen  Na* 
turglauben  zu  beziehen  j  so  wie  auch  der  Name  Felasger  selbst 
darauf  hindeutet  (Hkayogf  WAo;  das  Fluth  auf  Fluth  ^och  zu- 
sammenstofsende  Gedränge  der  Wogen  bezeichnend).  —  Wenn 
übrigens  JJakckTyöf  zunächst  und  hauptsächlich,  nach  einer  äU 
tern  Form,  von  irAo^og  abzuleit^  ist»  und  also  allerdings  Man* 


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FfftdCV^c^aU  sSmiBl!.  Werke.    3.,  4»  5ur  B^         tOi 

ner  dWr  See  und  dee  Meeres  bedeutet  ^  so  mufs  doch  diese 
Bc'deutuTig  selbst  nicbt  Mos  nach  der  gewöhnlichen ,  ge^ 
scbichtfichen  Beseichnung  undE^riuSrung  von  wandernden 
Scelabrern)  der  ohnehin  so  vieles  entgegensteht ,  verstanden,- 
sondern  su  gleich  in  ei^iem  viel  hdhern  geistigen  Sinne 
genommen  -C^erden^  von  eben  jenem  alten ^  magischen  oder 
psychischen  Natuiverliande  mit  dem  Meere,  als  dem  Element 
der  Tiefe,  wie  der  Name  der  Cyklopen  oder  Himmelschautc 
ein  eben  solches  mit  den  Gestirnen  andeutet,  wek:;hes  beides 
zugleich  in  jenem  arimaspischen  Verse  so  'herrlich  stMammen* 
fetalst  iit.  In  der  andern  Stelle  der  Odyssee  werden  nun  jene 
wunderbar*tn  Himmelschaiier  und  alten  Kyklopen  als  ein  un« 
gefü-^iges  lliesenvolk,  auf  fernem  Eilande,  wo  belleniscbe 
i)eeiabrer  leicb(  auch  in  .der  Wirklichkeit  wiMe  Stämme  ge« 
fanden  haben  mochten  ,  mit  mSbrchenhafter  Uebertreibiiiig 
geschildert,  wie  mehrentheils  OberaH  die  Gestalten  der  alten 
Göttersage  in  der  neuern  Heldenpoesie  der  HeüeaeJi  in  ^un«> 
günstigem  Lichte  ersehe! nen.<*\ 

Pa  der  Verf.  ohne  Zweifel  so  gut  als  der  Ref.  weil^,  wa» 
XU  solchen  genialen  Ideen  diejenigen  sagen  werden ,  die  über« 
banpt  keine  Ideen  haben,  und  eben  darum  über  das  Gewöhn- 
liche u^d  Geschichtliche  auch  in  der  Mythologie  sich  nicht 
Erheben  können,  wie  sie  ihn,  trotz  seines  ausdrücklichen 
Verstcbernng  ,"^er  Untergrabung  der  Historii^,  und  vi^l^icht 
gar  der  Zaulierei  besOchtigen  werrien,  weil  er  vom  alten  Zau« 
berglauben  geredet,  so  mag  er  hinnehmen)  was  er  sich  zu« 
gezogen  —  wir  selb^ir  «her  wollen  nicht  bergen,  dafs  wie 
diese  Gedanken  eben  so  geistreich  als  gründlich  finden. 

Jene  Ideen  spricht  der  Verf.  nachiieF.  bestimmter  aus  ii» 
dem  interessanten  Zusatz  S.  49^^  über  die  Natur  des  alten 
Hymnus,  wo  er  unter«  andirrn  sagt:  „Es  sondert  sich  abep 
die  Mytliologre  der  Hellenen  in  drei  verschiedene  Reihen  oder 
Abtbeilungen  und  Epochen,  welche  auQ^b  in  den  Dichterng^ 
obwohl  in  verschiedener  Weise,  wohl  deutlich  erkennbar 
.  und  leicht  zu  unter/^cbeii^n  sind^  Die  erste  Grundschiebt  in. 
dieser  mythischen  Welt,  gleichsam  das  Urgebirge,  aufwei- 
chen! die  ganze  spätere  Erdformation  beruht,  bildet  das  Ge^ 
schlecht  der  alten  Oöttii-;  darauf  Tolgt  die  Periode  der  neuen 
Cötter.  und^  ekn  Beschlufs  in  dieser  so  einfachten  und  klaren 
£intbeitung  un^  Ueber^icht*  des  Ga^izen  macht  der  Dienst  der 
fremden,  Gatter,  Pie  alten  Götter  sind  aber  nicht  bk)S,  in, 
demSir^^,2i^  ifiehmen,  wie  .beim  Hesiodus,  in  den^Mysterien: 
nder  bei  Aescbylos,  sondern  es  gebdren  auch  alle  jene  dazii,^ 
Hf^elcbe  ii^fdeA  homeKJsqb^n  GesSipgen  soiioo  taebr.ii?  dej»  Htfo^ 


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102         fnecl*  Sebkgels  tlinund.  Werken  S>'4f  öter  Bei* 

t^rgrund  tret^en,  und  zumTbei]  ^ngü|litig  gestellt^  dabe^  aucb 
bi^r  und  da  mit  e^iiem  J^omUcben  ^n&tricb  gescbildertf  aind^ 
Vfie  Ares,  HepliaUtos ,  Aphrodite;  Ja  efi.  pimint  dies^.  sogar 
eine  Htiuptstelle  unter  ihnen  ein.  nebst  deöi  Apollon,  so  wie 
er  in  der  üttesten  Zeit' ftufgefafst  worden  und  eigentlich  den 
Mittelpunkt  dies  Ganzen  bildet.*^  Nachdem,  darauf  der  Verf, 
die  Allgemeinheit  jenes,  ältesten  einfachen  siderischen  Natur- 
glaubeus  bis  zu  den  nordischen  Völkern  bemerlU ich  gemacht, 
Jährt  er  so  fort:  ',»Die  neuen  Götter,  a,ber  sind  diejenigen, 
wejche  in  den  Homerischen  Gesängen,  überhaupt  in 
der  jünger  n  her  Ol  sehen  Sage  und  Heldenpoesie 
am  helUten  hervorglänzen;  unter  Jqnen  nimmt  Zeus  die  erste 
Königsstelle  ein,  i^nd  nehst  ihm  Pallas ,  und  alle  Gottheiten, 
^  welche  zunächst  nicht  me^ir  auf  auf  jenö  sideri* 
scben  Naturkräfte  und  psychische  Tiefe  hinwei- 
sen, sondern  zunächst  aq  Verstand  und  Weisheit, 
an  alle  Heldentugend  und  Kanigswür.de  der 
Götter  sinnbildlich  und  in  persönlicher  Ersclxei- 
n  u  ng  e  r  i  n  p  e  r.  n.  «4  Zuletzt  ^werden  dann  Pemeter  und 
Piptiysos  als  ^ie  fremden  Götter  und  als  Gegenstände  des  ge- 
heimen Dienjstes  bezeichnet^ 

Hierbei  boten  sich  dem  Ref.  folgende  Bemerkungen  dar; 
Zuvörderst  das  Ursprüngliche  und  Allgemeine  jenes  siderischei) 
und  psychischen  Natujrdienstes  fällt  schon  in  die  Augen,  wei^ii 
inan  die  Nachrichten  des  JSerodot  von  den  Religionen  auslänr 
discher  Völkeü  (zj  B.  der  Perser  I,  l3l.)  mit  den  Vorstell in>- 
gen  vergleicht,  welche  sich  Männer  wie  Plato  ,  vo]i  dem.  älte- 
sten Götterdienste  der  Griechen  gebildet  hatten.  (Man  vergU 
nac>(lratyj.  p.  397.  c»  d.  und  de  legg.  X.  p,  887,  e.  und  XI-  p. 
90t.  a,)  und  die  Ueberreste  jenes  side^ischen  Cultus.  zeigen 
i|ich  in  deutlichen  historischen  Spuren,  wie  z^  B.  wenn  gelbst 
Sbkrateszur  Sonne  betet  (Pl^^to  Sy^mpos,  p.  98).  In  so  vvei^ 
liefsen  sich  also  für  den  Houptsa.tz  des  Verf.  e^n^  Menge  von 
Belegen  sammeln*  Bei  der  IJnterscheidung  der  alten'  i^nd  dei; 
neuen  Götter  stf>rsen  wir  auf  grofse  Schwierigkeiten.  Viel*. 
leicht  fühlte  der  Verfasser,  sie  selber,  w^il  er  in  diest^r  Erör- 
terung die  l^ere  (Juno)  mit  Stillschweigen  übergeht.  Dies^q. 
GLöttin  steht:  im  Homerischen  Heldengedicht  so  lebendig'  als 
Königin  vor  uns,  wie  Zeus  als  König,  Sie'  ist  j^n  ihrem  Wol- 
len und  Wlrli^en,  in  ihrem  ganzen.Thun  und.Liassen  so  mensch- 
lich aufgefafst,  als  irgend  eine  andere  von/len  Gottheiten  der. 
Iliade;  nni  dennoch  wird  ihr  selbst  nach  deni  Homerischeu 
IV^ythus  so  übel  mitgespielt,  sie  wird  so  komisch  behandelt 
wie  irgend  einer  der  alten  Götter*     Selbst  Pädlst»,  i»^  Ganzen 


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Friea.  Seh]e£;e]t  amuitl,  Werk^.  3',  4>  5ter  BJ.  103 

fto  boch  geslelh  im   neuen  Olympischen. Range „  \vird  keines« 
*vegs  gauz' geschont.     Mit  Einem  Worte,  wir  möchten  nicht 
sowohl  von  alten  und  neuen  Göttern  sprechen ,  als  vor\ 
alter   und    neuer    Götterlehre,    vom -alten   und   neuen 
Tone  des  Mytbis»     Es   kann  hier  nicht  bewiesen  und  ent- 
wickelt,    sondern    nur    so    Hingeworfen    werden,     dafs    der 
fanze   Unterschied   nicht   in    den   Personen    (Göttern)   sori'^ 
ern   in  der  Art   sie    aufzufassen    liegt.      In    der    älteren  Art 
war   das  Psychische    und   Siderische    vorherrschend;     in» der 
neuern  das  Menschliche^  Praktische,  Ethische.     Letztere  aber 
hatte  sich  conse<£ueut,  und  organisch   aus  der  erstem  heraus- 
gebildet*      Juno    erscheint  im   Homerischen  Epos  in   diesem 
Charakter y    weil  sie   im  psychischen   Cultus  und  Mythus  sa 
und  nicht  anders   gewesen   war,    wovon  wir  die  Grundzüge 
aus  den  Erzählungen  von  dem  alten   Juno -Dienst    in  Argus 
und  in  Böotien  entlehnen  müssen,  und  Pallas  ist  In  dem  neu«  , 
olympischen  Systeme   im  Ganzen  so  hochgestellt ,  so  würde- 
voll und  so  ernst  gehalten,  weil  der  physische  Geist  der  alten 
Keligion  in  ihr  das  iinvergängtiche  Feuer  und  Liicht,   so  zu 
sagen  den  unvergänglichen  Licht-  und  Feuergeist  verkörpert 
angebetet  hatte.     Eine  Hauptaufgabe  ist  es  nun,  zu  untersu- 
chen, wie  und  wodurch  diese  Homerische  Metastase  der  Re* 
ligion  herbeigefflhrt   worden.  ^  Ohne  frühere  Ursachen    aus- 
schlielsen  zu  wollen,  wird  jeder  Nachdenkende  auf  die  Hera- 
kliden- Wanderungen,  oder  richtiger  bezeichnet,  auf  die  Be- 
sitznahme der  Dorer   oder    der    nördlichen  St^imme  von    den 
meisten  hellenischen  Ländern  ein  besonderes  Gewicht  legen, 
Homer  enthält  selbst  Spurep  davon,  wie  z.  B,  von  den  Ver- 
änderungen, welche  der  Junonische  Götterdienst  im  Pelopon- 
nes  durch   die  Dorer  erlitten  haben  mufs.    (IL  IV,  62.  mit 
Heyne's  Bemerkfung),     Jener  ältere  physisch -elementarische 
Cult  war  natürlich  einfacher  und  weniger  polytheistisch.      So 
war  z.  B.  in  dem  Dodonäischen  Naturdieust  noch   ein  einzir 
ger  Gott  was   man  nachher  in  drei  verschiedene  Gatter  zev 
ieg^t  hatte:   Zeus^    Hadea.  und  Dionysos;  und  wie  der  Planet 
Veiius  auch  unter  de^  Namen  Stern  der  Here  oder  der  Juno 
liekannt   war»    ao  waren   damals  Dia,    AijoT,    Dione,^  Diana, 
Here  (Juno),  Aphrodite  nur  nach  Stammdialekten  oder  nacU 
hei;vortretendej[j  Eigenschaft  eh 'gesonderte  Benennungen  einfts 
und  desselben,  Wesens.      Als  letzteres  unter  dem  Namen  De- 
®tt^r,  und  ersteres  als  Dionysos  bei  fast  allen  hellenischciv 
^lümmcn  einea  eigenen    sehr  unterschiedenen  Geheimdienst 
erhielt,  da  war,  von  fremden  Gittern  und  von  ausländischen 
I   Mysterien  die  Bede,  nicht  als.  qI)  jene  ältere  Religion,  z.  ß^ 
%  Dodonäisc,ls|e ,    t|icht   ftucli.   ausländische   21iWöige   gehabt 


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104         Fried.  Schlegels  sSmmil.  Wexke.  3  ^^>'  Ster ^d. 

Ihätte»  sondern  weil  nunmehr  eine  au8ge1)il(letere,^fremcfe 
Friesterlebre  in  die  ^Ifationalreligion  der  Griechen  aufgenom- 
men war,  von  A^elch^r  letz^teren ,  ehen  weil  «ie  uj^cht  auf  der 
Ehene  des  allgemeinen  Yolicsglauhens  lag,  Ho|4er  in  der.  Jliadt» 
uijid  in  der  Qdyssee  keinen  Gehrsuc^i  macflen  konnte  und 
vwollte,-  Wenn  diese  letztere  Bemerkung  hoffentlich  dazu, 
dienen  wird,  die  Worte  de«  Verf.  ^62:  jf^Die  fremden  Gdt«> 
ter  aber  sind  jene,  welche,  als  i^olche,  als  weniger  bekannte 
-UncI  verbofgene-j  im  gebeiinen  Dienst  Verehrt  wprden,  wenn 
gle^.cl^  niiijicbe  dersielben  auch  der  ältesten  Sage 
Ächct.n  bekannt  sind,  a;b er  nicht  in  dieser  tiefen 
Bedeutung,  und  eben  dadurch  neu  und  fremd  g  e« 
"VIT or denen  Gestalt,  wie  Dionysos  und  Demeter 
nebst  ihrer  ganzen  Umgebung;**  <^ieaie  Wort«  also 
nälier  zu  bestimmen,  sd  wird  diese  ganze,  kurze  Erörterung 
des  Ref.  Aufschlufs  darüber  geben,  wie  Herodot  (II,  53.)  e» 
gemeint  habe.,  wenn  er  sagt;  Isomer  und  I^esiod  hätten  su« 
erst  den  Hellenen.  dLe  Theogonie  gemacht,  sie  hätten  asuer^t 
den  Göttern  die  Namen  gegeben  ,  die  Ehren  und  Künste  der- 
selben abgesondert  und  ilne  Gestalten  beschrieben. 

Jene  Unterscheidung  der  Griechischen  Religion  war  vqhä 
Verf.  einzig  ^n  der  Absicht  gemacht  worden,  um  einen  Lieit« 
faden  für  die  verschiedenen-Epochen  dervorhomerischen  Poesie 
aufzufinden.  ,  Man  mufs  bei  ihm  selber  lesen,  wie  er  die 
Bezeichnungen  der  Foesie  des  Ölen,  df^s  F^mphoa  und  des 
Orpheus  daran  reihet.  Er  hat  dabei  auf  das  scheinbare  Aj)- 
leugnen  der  Es^istenz  früherer  Dichter  (Herod. LI.)  mit  Recht 
l^eine  Rücksicht  genon^men,  inddln  derselbe  Geschichtschre^i« 
her  an  an<de^n  Orten  (z.  B.  II,  23.J  bestimmt  von  altern»  vor- 
^mörischen  Dichtern  redet,  und  die  Orphiker  anerkennt,  ^ 
au(?h  jene  mifsgedeutete  Aeufserung  (II,  63»)  sichtbar  nur\  in 
Bezug  auf  die  zu  «einer  (Herodot*s)  Zeit  unter  Orpheus  und 
JVIusäos  Namen  in  Umlauf  gekommenen^  späteren  Poesien 
ausgesprochen  hat.  Wenn  aber  unser  Verf.  den  Orpheus  nun 
Ifchon  c^em  Homerischen  Epos  näher  rücl^t  und  nur  den  Tha^ 
myris  zWis,chen  beide  stellt,  so  möcjhte  sich  mit*Grund  fragen 
lassen,  ob  er  auch  den  Charakter  und  Namen  O^rphiscl^ 
in  der  Allgemeinheit  genommen,  wie  ihn  doch  die  Zeugnisse 
und  Sagen  de^  Alterthums  zu  nehmen  gebieten  >  indem  ja  in 
allen  altern  Peripden  von  eineoii  Orpheus  die  Rede  ist.  *)  ■ 

*)  Wenn  Hr,  ß,  H,  Bodc  in  seiner  PreiJiclmft :  Orpheus  Poetarum. 
Gr^eorum  and<;[uissimnff.  G(ietting.  Id24*  niohl  weif«,  dafs  es 
gaox'  et^was  aii4^^®<  if.^»  ob  yoo  Orfhischent^  d«  b.  aU^o,  reli^ji«. 


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WdßL  Sdilftget«  tSmmtl.  Werke.  3|  4f  5ter  B3.         105 

Jedoch  in  jenem    Zusats  woHte  und  konnte  der  Terf. 
nicht  ini  Einselne  gehen;  sein  Hauptzweck  war  Charakteri« 
itik  der  vorhomefischen  Hymnendichtung.     Diese  geistreiche 
i       »       I 

5seo  P«rio3en  und  Sehuleiiy  oder  ob  Ton  Orpkeat  als  ei* 
.  Dcm  wirkliclien  iBdiTidoum  die  Red«  i«tf  (weloKes  Letitere 
Jleferent  Ton  jeher  eben  to  wenig  alt  Ansroteles  antunehmen  ge* 
neigt  war,)  wenn  er  nicht  versteht ,  wie  nam  in  jenem  ersten 
SInn'Ton  mehrerep  Orpheus  Tersohiedeuer  Zeitalter  reden^ 
und  diese  2^riten  elironologisch  beteichnen  kann  9  ohne  auch  nur 
an  einen  eimigen  indifidurllen  Orpheus  xn  glauben ;  wenn  er  fer- 
ner alle  diejenigen  der  Leichtgläubigkeit  hexucbti^en  will»  we!« 
che  an«  dem  retchen  Schatte  oeupla tonischer  Schriftiteller  unsere 
Kenntnifs  de«  Grieohisehen  Altertbnms  xn  rermehren  beflissen  sind, 
10  wollen  wir  dem  rielleicbt  noch  jungen  Autor  das  Selbstgefühl 
nicht  mifsgonnen,  womit  «r  auf  Tiele  Gelehrte  herabsieht  ^  '— - 
wir  wollen  ihm  nur  zwei  Urtbeile  ron  MSonem  zu  Gemfi the  fSb« 
ren^  deren  Aotoritfit  von  keinem  Prevfse  eiiser  Universität  oder 
Akademie  e*;^iiSngig  ist;,  fienr.  Valesius  de  eritiea  If  20«  p*  168. 
purm.  :  Suppetunt^etlam  alia  argumenta  9  ut  Proclum  phfloso* 
pfaum  in  Criticis  exercitatum  fuisse  eredamui.  Nam  quiecn^e 
commentariot  illos  in  Timaenm  et  in  Remp*  Piatonis  atteot«f  per« 
legerity  emn  eriticum  fuisse  minima  dubitabit.  Solet  enim  primo 
^idem  ezponere  ,  quod  sit  argumentum  operis ,  deinde  quii  cha^ 
raeter,  et  quae  forma  dioendi,  quod  eritici  muois  esse  nemo  est, 
qui  ignoret*  l^raeterea  eum  in  libris  theologicis  et  mjsticii ,  cu« 
'  jusmodi  sunt  Platonit  librii  duofere  iint  sensu«  f  alter  sinplieior 
et  apertiorf  qui  es  rerbis  dicitur^  alter  Seeretior  et  profindlor» 
etil  rulgo  aoagogiou«  et  aliegoriens  rocatnr;  Prodiu  quidem  huno 
ubique  «eetari  se  pro^tetur^  et  Longlnum  Philo«ophum  aliosqoe 
rcprehendit  interprete«|  qtii  rerbis  Piatonis  Biminm  erant  addieti, 
et  res  ipsas,  sie  enim  loqui  solet  f  id  es(  areana  mjsteria^  negli« 
gebaut.  Idem  tarnen  sensun^  iUum  Terborum  ezponit  diligen* 
tissime,  tametsi  iUuni  «j^ernere  rideafnr,  ae  prae  altero  nihiti 
ducere^  et  qtioties  aliqua  Toz  occurrit  ob<curior S  quae  leetorent 
anliquilatis  ignarun^  possil;  morari  f  eam  «todiose  explicat.  — - 
Zoega  (in  einer  von  einem  gelehrten  Pteunde  dem  Ref.  mitge- 
theilten  Anmerkung  zu  Sainte-  Croix  sur  le«  mjst^es :  y,Se  Sainte« 
Croix  aresse  letto  Proclo ,  in  luogo  di  eitarlo  dopo  Meursiö , 
avrebbe  pensato  molto  piu  eliiaro  sopri  questo  e  «imüi  oggeiti. 
uostri  moderni  si  divertono  a  «ereditare  i  ^eaplatonici  ^  uoa 
so  se  per  nftparmiusi  la  fatica  d'intenderli ,  o  f^e  per  derobar^ 
al  volge'quel  lume,  che  essi,  ed  e«si  «oli  <4  daoxnt^  sopra  ilv^o, 
Sjpnso  df^rautica  sacra  mitqlogia«) 


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106         Fiied.  ^chlef^lt  tainiiitl  VTetke*  3j|  4t.4i«i^,  B4« 

lind  scharfiunnige  ADiicfat  l^ann  in  ihrer  ganzen  Tiefe  und 
Genialität  nur  verstanden  werden  ,>  wenn  man  damit  das  herr« 
liebe  Gespräch  über  die  Poesie  im  .5t.  B.  susammenhält^  und 
besonders  beachtet,  wie  dort  S.  3l4  ff»  die  Verbindung  der 
Mythologie  und  Poesie  aufgefafst,  und  wie  3-  320  ff.  alle 
Dichtkunst  unter  den  3  Formen,  der  Poesie  des  Körper»,  der 
Seele  und  des  Geistes  erklärt  wird,  so  dafs  der  Hymnus  ais 
der  ält^iste  Ergufs  des  dichtenden  Geistes  ^  nachdem  er  sich 
zulet:^t  zum  Spiritualismus  verklärt,  nun  auch  der^ Endpunkt 
und  die  Vollendung  aller  Dichtkunst  wird. 

Ref.  mufs  die  ganze  nun  folgende  Betrachtung  des  Grie« 
chischen  Epos,  wie  Bie  der  Verf.  in  allen  Momenten  durch« 
geführt  hat,  übergeben,  und  will  daher  sein  eigenes  Urtbeil 
in  die  Bemerkung  zusammendrängen,  dafs  der  Verfasser ,  der 
S.  69.  niit  Recht  sagt:  „Nur  ein  Philosoph  könne  die  Ho« 
merisrhe  Poesie  vollständig  verstehen  und  würdigen'*  in  die- 
sem Wbrke  seinen  äcbtphilosophischen  Geist  auf  das  entschie« 
deadste  bewährt  und  beurkundet  bat« 

Unter  dem^Titel;  Vorarbeiten  zur  Geschichte 
der  ver^cl^iedenen  Schuleii  und  Epbcben  der  ly- 
rischen Dichtkunst  bei  den  Hellenen  (geschrieben 
1795)  sind  dieser  neuen  Ausgabe  von  S,  267  —  338.  drei  Ab« 
bandlungen,  ebenfalls  mit  manchen  Verbesserungen  und  Zu« 
sätien,  beigefügt  werden:  1)  zur  Geschichte  und  Charak- 
teriitik  der  jönischen  Schule  ;  2)  Charakter  der  äolischen 
Schule;  3)  von  der  dorischen  Schule  und  »lern  dorischen  Styl 
in  cer  Dichtkunst.  Diese  Aufschriften  werden  den  Leser 
schoi  vermuthen  lassen,  dafs  ein  solcher  Schriftsteller  üb^r 
'  solche  Gegenstände  eine  Fülle  der  gehaltreichsten  Gedanken 
niitzttheilen  veranlafst  war;  und  es  würde  eine  lächerUcbe 
Naivetät  verrathen,  wenn  ein  Ref.  dies  ausdrücklich  versi- 
chern wollte.  Bedauern  müssen  wir,  dals  Zeit  und  Umstände 
nicht  erlauben,  in  diese  Erörterungen  tiefer  einzugehen»  zu-» 
„mal  da  sie,  besonders  in  ihren  historischen  Grundlagen  aurh 
zu  manchen  Fragen  und  Zweifeln  Stoff  darbieten.  Von  einem 
so  empfänglichen  und  gewandten  Geiste  als  der  des  Herrn 
Friedr.  Schlegel  ist,  dürfen  wir  wohl  mit  Recht  erwarten^ 
dafs  er  bei  einer  dritten  Revision  die  Untersuchungen  K.  0« 
Müllers  in  der  Geschichte  Hellenischer  Stämme  seiner  Prüfung 
unterwerfen  werde.  Die  Müllerschen  Fbrschuijgen  zeigen 
aller  auch  zugleicli  die  grofscn  Schwierigkeiten,  womit  &oU 
che  Cfaurakteristiken  Griechischer  Stämme  und  Schulen  ver- 
Jninilen  sind.  Man  lese  z.  B.  was  Müljer  im  isten  B.  S.  l4.0^^ 
über  das  Rälhselhafte  bemerkt,  wel^U«?«  mit  den  Nauieii  A^^-^ 


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F^led«  'SfUegek  tlinmkL  Wmrke.  3f  4$  5tcr  Bd.         107 

ItfCb  nnS  Aeoler  verbunden  ist.  Bedenkt  man  nun,  dafe 
diese  Abbandlungen  vor  fait  30  Jahren  geschrieben  sind,  und 
au  den  ersten  Arbeiten  unsers  Verfs,  gehören  ^  so  darf  man 
sich  nicht  wundem ,  wenn  sich  im  historischen  Th^le  ein- 
zelne Ausstellungen  machen  lielsen.  Ein  Beispiel  mag  hier 
genCgen.  In  derselben  trefflichen  Abhandlung  über  den  Aeo- 
ijschen  Charakter  heifst  es  S.  l83. :  ,fSehr  richtig  aber,  ob« 
wohj  gegen  die  Hypothesen  mancher  spätem  Alexandrinischen 
Gelehrten  und  ihre  Etymologien  von  wandernden  Fvlasgern^ 
betrachtet  Herodot  gerade  die  Felasger  als  das  Urvolk ,  die  al* 
ten  Eingebornen  von  Hellas,  die  nie  ihre  Wohnsitze 
verändert  haben;  der  Hellenische  Stamm  dagegen  sey  ein 
yielwandernder  gewesen«**  Allein  in  der  angeführten  Stelle 
(I,  56^—58.)  redet  Herodot  offenbar  nicht  von  den  Felasgern 
in  der  angegebenen  Beziehung ,  sondern^  von  Athenern.  Von 
Wanderungen  der  Felasger  reden  nicht  erst  Alexandrinische 
und  andere  Schriftsteller  (wie  z.  B.  Strabo  XHI,  922  p* 
und  Dionysius  A.  R«  1, 14  p.)  sondern  schon  Hecataeus  der 
Milesier  (Historicorr.  antiquiss.  fragm.  p.  4l  f.)  und  Herodot 
»eiber  in  mehreren  Stellen  '(II,  5l.  V,  26.  VI,  137  —  140. 
VIT,  42,  94.)*  ^^^^  i^^  <^rsto  Stelle  des  Herodot  auch  nur 
von  dem  zum  ^elasgiscben  Stamme  gerechneten  Athenern 
zu  verstehen  sey  f  beweiset  die  Aeufserung  des  Athenäischen 
Gesandten  in  der  Rede  an  den  König  Gelon  (Herod.  VII,  l6i 
eine  Stelle,  wovon  auch  Raoul-Rocbette  Hist,  des  Colonie 
Grecc[ues.  Tom.  I.  p.  14 1.  in  anderer  Besiehung  Gebrauch 
macht),  wo  er  die  Athener  das  älteste  Volk  unter  den  Grie- 
chen nennt,  welches  niemals  seinen  Wohnsitz  verlassen  ha« 
he.  —  Solche  kleine  Irrungan  können  dem  Ganzen  dieser  Ab- 
bandlangen nicht  den  geringsten  Abbruch  thun.  Die  Tiefa 
der  Forschung  ,  die  Originalität  und  der  Reichthum  der  Ide« 
en,  womit  hier  zur  Begründung  einer  Geschichte  der  Griechi- 
schen Lyrik  das  Wellen  des.  Aeolismus ,  dea  Jonismus  und  des 
Dorismus  Im  Yolkscharakter ,  in  Leben,  Sitten,  Staat  und  ia 
der  Kunst  angesucht  und  dargelegt  ist,  wird  diesen  Aufsätzen 
einen  bleibenden  Werth  sichern.  In  dieser  neuen  Beafbei- 
tung  sind  vom  Verf.  auch  die  seitdem  erschienenen  Fragmen- 
tensammlnngen  und  Schriften  (z.  B.  die  Welckerischen 
über  Sappho,  Alkman  u.  A.)  benutzt;  und  nicht  minder' sind 
die  Werke  der  bildenden  Kunst  in  Betracht,  gezogen ,  wie 
denn  z.  B.  in  einer  Sch^ufsano^erkung  ein  charakteristischer 
^"R  der  Aeginetischen  Sculpturbilder  zur  Erklärung  einiger 
laichte rs teilen  auf  das  glücklichste  angewendet  sind. 

Der  vierte  Band  oder  der  zweite  Theil  der  Studien 
des  classischen  Alterthums  enthält  zum  Theil  die  fric 


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108         Fried.    Sohlegels  sämmtl.  Yl^erkef./3'i'4V^«'B<J, 

liesten  Schriftsteller! scben  Arbeiten  des  Verfs.  In  dW Vorrede, 
wie  in  verschiedeinli<ih  heiget'ögWn  Anmerkungen^  giebt  et 
selbst  den' Standpunkt  an^  von  dem  er  sie  j^tzt  betrachtef«. 
So  benierkt  er  zur  ersten  Abhandlung:  Von  den  Schulen  döv 
Griechischen  Poesie:  „In  ly^iefern  die  hiei*  angegebene  Ein- 
theiJjjng  imd  anordnende  Uebersicht  des  Ganzen  der  Kunst- 
geschichte der  Griecliischen  Föesle  in  diesem  ersteh  Umrift 
liibch  viel  zu  b'eschrünkt  vorgezeichnet  worden,  und  in  einem 
ungleich  gröfsern  iVlafsstabe  aufgefalst  vi^erden  mufs,  das  wird 
aus  den  ausführlichen,  spätem  Ausarbeitungen  über  densel- 
ben Gegenstand  hinreichend  hervorgehen.  Weil  aJ»er  die  Idee 
des  Ganzen  hier  zuerst  aufgestellt  worden,  so  habe  ich  diesen' 
Aufsatz  I  mit  welchein  meine  literarische  Liauf« 
})aUn  1794  bego»;nen  h'at,  nicht  umgestalten,  wenigstens, 
einige  kleine  Berichtungen*ausgenomnien,  nichts  darin  ver- 
ändern oder,  hinzusetzen  wollen  ,  wodurch  jene  Grund -Idee 
wesentlich  berührt  worden.  '  Es  m.'.Yg  derse^lbe  hier,  als  Derik- 
«iftl  zur  Erinnerung  jener  früheren  Zeit,  seine  Stelle  finden, 
nnd  auch  jetzt  für  die  Freunde  kunstgosphichtlicher  Forschuir- 
gen  in  dieser  Beajjehung  einigen  Werth  haben,**  Ein  Sehr ift- 
fcleller,  dek*  in  reiferen  Janren  Werke,  wie  Friedr.  Schlegel 
geliefert,  hat  auf  keine  Weise  notbig,  seine  Erstlingsarbeite'n 
zu  verbergen, j und  eben  wegen  des  Werthes  der  erstem  liegt 
es  selbst  im  Interesse  der  Literaturgeschichte  aus  den  letztern 
zu  ersehen,  auf  vvelchem  Wege  eiii  Sehr üftst eller  zu  seinem 
Ziele  Gelangt  ist.  ~  \      '     ^     '      '     ' 

II.  Vom  künstlerischen  Werthe  der  alt;en 
Griechischen  Komödie  (ebenfalls  1794  geschrieben,  mit 
i^inem  beigefügten  lesenswerthen  Vorwort  über  Plato's  Ansicht 
von  der  Komödie,  über  den^  beil.  Hieronymus  und  über  da» 
Verhaltnifs  der  Griech.  dramatischen  Poesie  am  d^en  verschie- 
denen Gerieten  der  Mytbologie.) 

III,  Ueber  die' alte  Elegie  u«d  einige  eroti- 
sche Bruchstücke  derselben,  und  über  dus  buko- 
lische Idyll  (vom  Jahr  179&.).  In  die  älteste  Periode  ist 
jiur  ein  flüchtiger  Blick  geworfen.  Um  sa  näher  liegt  der 
Wunsch^  es  mögt  dem  ^erf.  gefallen  haben,  mit  Berttcksith- 
tigung  der  Üntersi^chiingen  von  Konr.  Schneideiv  u,nd  Franke, 
(im  Callinus)  den  Aufsatz  zu  erweitern.'  In  der  Geschichte 
der  Grieche  Poesie  ist  dies  zXvar  zum  Tbeil  gescheli^eii;  allein 
hier  oder  dort  hätte  Ref.  eine  neue  Revision  um  so  mehr, 
gewünscht  9  als  er  manche  Zeugnisse  der  Alten  noch  unbe-. 
achtet  sieht,  woraus  für  ^die  ältere  Fonn  dieser  Dichtart  sich 
peiiti  Ergebnisse  gewinnen  lasaea  ;  ^^/iu  letzterer  dieses  in  stji^.'^ 


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FjtM«  jb^tgeU  iliQiml.  Werke«  3,  4 9  5ter.  Bd.         109 

nen  Vptlenmgm  ansuseigen  bUber  bemüht  wir»  l^en  utmI 
erireulich  ist  demselben  aber  des  Verfassers  schöne  Anspie« 
lung  auf  Gdthe's  Elegien  gewesen:  y,Unter  den  Deut- 
schen der  jetsigen  Zeit  hat  man  das  Metrum  derselben  (der 
Komer  und  Griechen)  nachgebildet  f  und  ein  eben  so'grofser 
und  liebenswürdiger  Dichter  hat  zu  seinen  frühern  schönen 
Lorbern  auch  den  Namen  eines  Wiedei^herstellers  der  alten 
Elogie  gesellt«  Sie  ist  nun  nicht  mehr'blos  eine  schOne  Anti« 
fuität;  sie  ist  hier  einheimisch  und  lebt  unter  uns/« 

IV.  Ueber  die  DarstelJung  der  weiblichen 
Charaktere  in  den  Griech.  Dichtern.  —  V,  Ueber 
die  Diotima  (vom  Jahr  1795).  Das  dieser  Abhandlung 
jetzt  beigefügte  Vorwort  möchte  Ref.  ganz  roittheilen.  £r 
mufs  sich  jedoch  auf  dessen  Eingang  beschränken:  „Diese 
Abhandlung)  sagt  der  Verf. 9  aus  der  Sittenlehre  des  weibli« 
chen  Geschlechts  im  Griech.  Altertbume,  enthält  manche  Züge 
vnd^  Thatsachen ,  die  uns  Gelegenheit  geben  würden ,  wenn 
wir  nach  unsern  christlich  gereinigten  Begri£Fen  urtheilen 
voUten,  uns  weit  Ober  die  Alten  zu  erheben.  Würde  man 
dabei  aber  nicht  auf  die  Grundsätze  und  Ideen  der  neuem 
Völker 9  sondern  auf  die  wirklich  bestehenden  Sitten  unserer 
Zeit  sehen  ,  »o  würde  der  Vergleich  doch  bei  weitem  nicht 
immer  so  sehr  zu  unserm  grofsen  Kuhm  und  Vor t heil  aus« 
falleu.  Wollen  wir  aber,  da  bei*so  ganz  verschiedenen  Grund« 
begriffen  eigentlich  gar  kein  Vergleich  statt  findet,  mit  der 
Zusammenstellung  in  der  gleichen  Region  der  verschiedenen 
heidnischen  Völker  des  Alterthums  stehen  bleibeti,  so  dürfen 
wir  es  wohl  dankbar  erkennen ,  dafs  bei  unsern  germanischen 
Vorfahren  das  wahre  Naturverbfiltnifs  und  die  Würde  und  Be« 
Stimmung  der  Frauen^  so*  wie  das  Heiligthum  einer  edlen 
Li^be  und  treuen  Ehe,, viel  tiefer  erkannt  und  aufgefafst  wor« 
den ,  als  solches  in  allem  künstlerischen  Glanz  der  schönen 
Griecbenwelt  Statt  gefunden,  von  welcher  die  ungünstige 
Lage  des  weiblichen  Geschlechts  und  aller  seiner  Verhältnisse, 
10  wie  der  darauf  sich  beziehenden  Sitten  ^  vielmehr  die 
Schattenseite  bildet,«*  Bei  der  Untersuchung  selbst  leitet  den 
Verfasser  die  Frage,  zu  welcher  Art  von  Frauen  die  Flato« 
»iscbe  Diotima  gehöre ,  auf  die  Entdeckung  des  gänzlichen 
Ungrundes  der  gewöhnlichen  Meinung,  dafs  nur  sittenlose 
Frauen  bei  den  Griechen  an  höherer  BiJdutig  und  an  männll- 
clien)  Umgange  Theil  gehabt  hcitten;  und  er  unterscheidet  vier 
Gattungen  von  Griechischen  FraUen ,  von  denen  dieses  letztere 
notorisch  behauptet  werden  mu£s.  Jene  gebildeten  Hetären, 
wie  Aspasia,  die  Pythagoreerinnen  ,  die  lyrischen  Diöhterint  , 


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110         thieä.  SeUegeb  sSmBitl.  Werkt,  äf  4,  St^  liw. 

neti  und  die  macedonisehen  Fürstinnen  seit  der  Griechen 
Weltherrsclisift,  Ein  Zeugiiifs  de»  Frodns  bestimmt  den  V^, 
die  Diotima  zur  zweiten  Klasse  voii  Frauen  zu<  reebnen: 
^^Da  Prpdus,  beifst  ea  S.  106»)  ein  später  ^  aber  nicht  unbe- 
lesener Schriitsteller  in  seinen!  Commentar  zur  Repdhiik  äes 
^lato»  über  dessen  Lehre  von  der  weiblichen  Erziehung  re- 
det^ sagt  er  t  der  Satz  ,  dafs  die  VoUkon^menheit  und  Bestich- 
mung  beider  Geschlechter  nur  eine  und  die^lbe  sey,  babd 
den  riatonischen  Socrates  bewogen^  für  beide  GeScbleclüteit 
die  gleiche  Erziehung^^  zu  bestimmen  ;  die  Veranlassung  däzU 
habe  ihm  aber  die  Erfahrung  gegeben.  Hier  beruft  et  sich 
auf  das  Leben  der  Pythagoreischen  Frauen  ^  und  nennt  untef 
denselben  neben  der  l^beano  und  Mycha  (vielmehr  Myia^ 
denn  in  Proclus  p.420-  mufs  statt  Mx^aj  geleseh  werden  Mü7<^0 
9uch  die  Diotima, ('  Diese  Nachricht  veranlafst  nun  lesens^ 
Werthe  Betrachtungen  iibei^  deti  Zustand  der  Pythagoreischen^ 
der  porischen  und  Spartanischen  Frauen«  Im  Vorhergä banden 
T  hatte  der  Verfasser  mit  Recht  über  Mangel  an  Nachrichten 
betreffend  die  Diotima  geklagt,  ,,Flato  (schreibt  er  S,  Ö3.) 
Äagt  uns  von  der  äufsern  Lage  der  Diotima*  nichts  weiter,  als 
dais  sie  aus  Mantinea  war;  er  erwähnt  ihrer  in  keinem  seiner 
noch  vorhandenen  Gespräche ,  aufser  dem  genannten.  Bei 
altern  Schriftstellern  finde  ich  keine  Spur,  und  die  spätem 
begnügen  sich  meistens,  sie  ^a  nennen.«  (^Ref.  ist  schon  vor 
mehteren  Jahren  bei  Lesung  eines  zur  Zeit  noch  ungedruckten 
Schöliasten ,  der  wegen  der  tüchtigen  Gewährsmänner,  diö 
er  fleifsig  apffthtt,  wohl  manchen  spätem  Schriftsteller  auf- 
wiegen dürfte,  auf  eine  nähere  Notiz  Über  die  Diotima  ge« 
Ätofsen  • —  yj  38  .^toriinipL  (heifsr  es  in  Schol.  mscr,  zu  einer 
Platonischen  Rede  des  ,AriStides^  iu  der  Stelle,  die  p,  127^ 
Jebb»  steht,  /s^s/ä  yiyova  rov  Auua/oy  Atog  rot  av/Af^aS/$e,  Hiet- 
iiach  wäre  also  Dibtim'a  eine  Friesterin  gewesen.  Es  b'edarr 
wohl  für  den  Unterrichteten  keiner  weitern  Beweise^  dals 
der  .priesterliche  Stand  der  Diotiipa  der  Theilnahme  an  der 
^Pythagoreischen  Gesells6haft  keineswegs  Widerstreitet.  Eher 
möchte  ein  Skeptiker  geneigt  seyn,  diese  ganze  Nachricht  von 
dem  Friesteramte  dieser  Ferson  itar  eine  Ermüdung  eines  sp3<^ 
tern  Schriftstellers  zu  halten^  der  aus  der  Notiz,  dafs  sii^ 
aus  Mantinea^  und  dafs  sie  eine  Seherin  gewesen,  geschlbs^ 
sen  habe^  sie  habe  dem  Tempel  eines  Arkadischen  Gottes  an^ 
gehört.  Allein  einerseits  liegen  die  Begriffe  Ftiester  und 
Seher  bei  den  Griechen  in  der  Regel' zu  Weit  aus  einarider, 
als  dafs  einGriechiscber  Autor  aus  der  Seherschaft  auf  Priester 
Würde  geleitet  worden  wäre^  andererseits  kündigt  äich  die  Nach-* 


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Fried«  Sdrf«gfllt  »Imiiitl.  Weike«  3»^  4f  6uit  B^.         111 

riebt  durch  die  tonit  Bewährte  Genauigkeit  jenes  ErUSrert  und 
dorch  ihre  eigene  Beitimmtheit  schon  als  eine  quellenmSfsige 
an.  Was  aher  die  Hauptsache  ist,  so  seicen  sich  auch  an« 
derwSrts  Spuren  von  einer  hohem  Geistesbildung  Griechischer 
Friesterinnen.  Re£  will  hier  nur  an  Ein  Beispiel  erinnern  r 
Was  wir  in  Herodots  Geschichte  (I,  3l.)  von  einer  andern 
Pelopoonesischen  Friesterin  lesen,  kann  dem  Würdigsten  sur 
Seite  stehen  9  was  wir  von  Griechischen  Frauen  wissen. 
Diese  Junopriesterin  von  Argos  erscheint  %u  ihren  Mitbar« 
gern  9  zu  ihrem  Amte  und  besonders  zu  ihren  Kindern  in  ei« 
iiem  YerhSttnifsy  das  sich  durch  den  edelsten  Charakter  be« 
währt,  und  das  Gebet ,  welches  sie  für  ihre  Söhne  an  die  Göt- 
tin richtet,  ist  gana  im  Sokratischen  Geiste  gesprochen.  Mai^ 
vergleiche  den  zweiten  Alcibiades^  besonders  p.  143  ff«  Es 
wäre  also  wohl  der  Mühe  werth  9  zu  untersuchen  ^  und  dazu 
mocLte  ich  durch  diese  Bemerkung  Anlafs  geben,  ob  wir 
nicht  noch  eine  Oasse  von  Griechischen  Frauen  ,  die  woHl 
auch  im  Umgang  mit  Männern  äsu  einer  hohem  Bildung  ge« 
langt  waren  ,  unter  den  Priesterinnen  verschiedener  Gotthei« 
tcn  finden  dürften.  —  Im  Verfolg  der  gehaltreichen  Abband« 
lang,  wo  auch  die  Lage  und  der  Sittenzustand  der  Atheni« 
sehen  und  der  Römischen  Frauen  betrachtet  werden,  möchte 
ich  wünschen,  der  Verf.  hätte  8.  141.  das  offenbar  ungerechte 
Urtheil  sich  nicht  über  Flutarch  entschlüpfen  lassen. 

VI.  Ueber  die  Gränzen  des  ochönen  (vom  Jahr 
1794 >  gleichfalls  mit  einem  neu  beigefügten  Vorwort:  ^^diese 
kleine  Abhandlung  bemüht  sich,  die  Idee  des  Schönen  in  ih* 
rem  Zwiespalt  mit  dem  Wiesen  der  Kunst  zu  betrachten*« 
u.  8,  w.).  —  VII.  Die  epitaphische  Rede  des  Ly- 
siag  1796.  Einleitung.  Uebersetzung  der  Rede. 
Beurtheilung.  Beilage.  Die  olympische  Rede  des 
Lysias.  Anmerkung.  (Diese  gediegenen  Arbeiten'  hatte 
<ier  Verf.  bekanntlich  zuerst  in  Wieland's  Attischem  Museum 
«lern  Publikum  mitgetheilt. ) 

VIU.  Kiinsturtheil  des  Dionysios  über  deii 
Isokrates.  1796.  Einleitung.  Charakteristik  des  IsokrateS. 
Aus  ddm  Griecihischen  des  Dionysios  (aus  der  oben  erwähn- 
ten .Sammlung).  —  Endlich  IX^  Caesar  und  Alexander. 
Eine  welthistorische  Vergleichung,  1796.  Diese 
Abhandlung  erscheint  hier  zum  erstenmal ,  und  mufs  mit  dun 
Aeufserungeil  libei:  Alexander  in  dem  Gespräch  über  die  Poe^ 
«ie  (5t.  B.  S.  328.)  verglichen  werden.    — 

0er  5te  Band  hat  einen  zweiten  iHtel  :  Kritik  und 
Theorie    der  alten  und  neuen  Poesie;    sodann  eine  kurze 


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Vorrede fiu 8  der  jeder  -Leser*  am  |be8t)6n  ersehen  kann  ^  wie 
d^r  Yeii,  die  in  diesem  Bande  enthaltenen  Aufsätze  jetzt  be« 
U'acbtet  und  betrachtet  au  sehen  wünscht«  ^^Beide  Abband-^ 
lungen^  sagt  er,  welche  zusamoien  diesen  Band  ausfüllen^  sind 
einer  vergleichenden.  Theorie  und  durchaus  gesdhichtlichen 
Kritik  der  gesammten  Dichtkunst  j^  in  einem  gröfserh  Welt« 
historischen  Maafsstabe^  gewidmet.  Und  da  eine  jede  der* 
seihen  aus  ein»  andern  und  verschiedenen  Epoche  meiner  lit* 
terarischen  Laufbahn  herrührt,  so  geben  sie  beide  auch  wie« 
der  unter  sich  zu  einerj^in  mancher  Hinsicbt  vielleicht  beleh« 
renden  Parallele  Anlafs«  Die  erste  Abhandlung,  über  das 
Studium  der  antiken  Dichtkunst ,  bildete  den  Anfang  und  die 
Gruiidlage  aller  meiner  [Arbeiten  und  Studien  Aber  das  classi* 
ache  Altertbum.  Das  nachfolgende  Gespräch  aber  rührt  aui 
einer  Epoche  her«  in  welcher  jener  neue  Geist  zuerst  rege 
wurde,  der  sich  nachher  vielfältig  weiter  entwickelt  hat,  und 
oftmals  piit  dem  Namen  der  neuen  Schule  belegt  worden  ist. 
Welche  Vereinigi»ng  von  Kenntnissen  urtd  welches  Zusam- 
luen wirken  von  Talenten  in  jenem  ersten  so  bezeicßneten 
Keime  eigentlich  verstanden  war  und  no^h  beisammen  lag, 
ehe  die  verschiedenen  Zweige  nachher  so  weit  von  einander 
'getrennt  worden;  davon  wird  ehe«  dieses  Gespräch  eine  leb- 
hafte Erinnerung  anregen*  und  vielleicht  auch  dadunJi  für 
manchen  um  so  anziehender  seyn.  Bei  der  neuen  Ueberarbei« 
tung  und  Erweiterung  dieser  beiden  Werke  in  ihrer  gegen- 
wärtigen Gestalt,  hat  mich  dieselbe  Idee  geleitet,  wovon 
ich  die  Grundsätze  schon  in  der  Vorrede  zum  vierten  Bande 
angedeutet  habe.«*  Dort  war  nämlich  angedeutet  worden^ 
wie  die  Poesie  und  Kunst ,  diö  Sittengeschichte  ,  die  politi- 
schen Gebräuche  und  die  weithistorisjfche  Ent Wickelung  der 
beiden  classiscben  Völker  des  Ajterthums  nach  zwei,  das  ganze 
JLeben  dieser  Völker  bewegenden  Grundideen  dargestellt  wori- 
den,  nämlich  alles  Griechische  nach  der  Ißlee  des  ochdneh,  das 
jElömische  nach  der  Idee  des  Grofsen;  es  war  sodann  die  Ber 
urtheilung  und  Erklärung  sittlicher  öegeilstÖnde  und  Charak- 
tere nach  jenen  beiden  Kunst-  und  Natur-Ideen  im  Verhältnifs 
«u  unserer  heutigen  Denkart  beleuchtet  und  vertheidigt,  und 
t'iletitCiber  die  ümgestialtung  dieser  Arbeiten  bemerkt  worden  ^ 
„Mich  hat  dabei  der  Gedanke  geleitet,  dafs  alles,  was  in  der 
AiterthUmswissehschaft  einigen  Werth  haben  iollj  diesen  vot* 
allen  auch  durch  eine  groCie Sorgfalt  im  eigenen  Ausdruck»  wie 
chirch  ein  Gepräge  von  Styl  und  Kunst  in  der  ganzen  Behand* 
lungsweise  bewähren  muls.««  . 

^Dtr  ÜBißhU/i' folgte) 


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Heidelbierg  er 

Jahrbücher   der  Literatur. 

Friedrich  Schlegels  sämmtliche  Werke, 

(Beschla/s.') 

Der  erste  Theil  dieses  Bandes  ist  (iherschriebeil :  Ueber 
das  Studium  der  griechischen  Poösie.  1795 — 1796. 
und  zerfallt  in  fünf  Kapitel,  deren  Inhalt  am  Ende  des  Bandes 
genauer  angegeben  ist.  In  der  Votrede  eiklürt  sich  der  Verf. 
gleich  Anfangs,  in  welchem  Umfang  er  Griechische  Poesie 
genommen  habe.  ,,E!ne  Geschichte  der  Griechischen  Poesie 
in  ihrem  ganzen  Umfange  umfafst  auch  die  der  B*fredtSamkeit 
tmd  der  l^storischen  Kunst.  "Die  wahrhafte  Geschichte  des 
ThucydideS  ist  nach  dem  richtigen  UrtheiJe  eines  Griechi« 
schien  Kenners  zugleich  ein  schönes  Gedicht ^  —  und  jede 
Äede  (vorher  waren  die  Demosthenischen  Reden  und  die 
Sokr^tischen  Gespräche  erwähnt  worden)  deren  Hauptzweck 
oder  Nebenzweck  das  Schone  bildet  j  ist  ganz  oder  zum  Theil 
Poesie."  '  T 

Um  jüngerer  LeA^r  willen  möchte -es  nicht  unnfltz  seyn^ 
die  eigenen  Worte  des  Dionysius ,  welche  der  Verf.  wohl  im 
Sinne  batt^,  hierher  zu  setzen  :  ,,7va  Be  awsXwv  «IV«»  (sag^  er  in  der 
fepistola  ad  Pompejum  vol.  VI.  p.  777.  Heisk.,  indem  er  von 
den  Werkeirdes  Herodot  und  des  ThucydideS  redet)  naXai  usi) 

das  war  ganz  im  Geiste  dei-  Griechischen  Nation  gesprochen, 
und  docb  Ivai'en  Griechische  Geschichtschreiber  uni  Kunst- 
lichter «ehr  Ätreiig  in  ihren  Forderungen  an  den  Geschieht« 
schreibet  in  BetreiF  tiistorischer  Treue,  wieso  manche  Aeus- 
«erungen  des  Herodot,  des  ThucydideS,  des  Aristoteles,  dei 
Polybius^  des  DJdnySius  selbst  und  des  Plutarchus  beweiten. 
Diese  Griechischen  Männer  gingen,  weniger  einseitig ,  als 
wir  Neviem^  Von  diesem  eiiifachen  und  doch  so  nothwendi- 
geh  Grundsatz  aus:  Man  soll  das  Eine  thun  und  das  Andere^ 
nicht  lassen.  —  Jene  Meister  der  filteren  Geschichtschrei- 
bung der  Griecben  waren  «ben   so  eifrig  und  redlich  bemüht 

kVIII.  ialirfr    t.  fief^i  « 


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114         Fried.  Schlegels,  sSmmtl,  Werke«   $,  4^  5ter  Bd* 

die  Wahrheit  der  einxelnen  Tbatsacben  aUSEumitteln  ,  als  sie 
es  verstanden  9  die  im  Ziisatninenhang  derselben  ihnen  aufge- 
gangene Idee  kund  zu  geben ,  und  durch  Beides  ^wurden 
sie  erst  Historiker.  Denn,  wie  Hr.  W.  von  HumLoldjt 
in  seiner  trefflichen  Abhandlung  über  die  Aufgabe  des 
Ge^chicbtscbi;^eib,€r»  S.  322.  xichtig  bemerkt ,  ,,-*.  In 
allem  was  geschieht ,  waltet  eine  nicht  unmittelbar  wahr- 
nehmbare Ideey  die  nur  an  den  Begebenheiten  selbst  erkannt 
werden  kann.,  Der  Geschichtschreiber  darf  dahfer  nicht,  Alles 
in  dem  materiellen  StoJöF  allein  suchend,  ihre  Herrschaft  von 
seiner  Darstellung  ausschli eisen;  er  mufs  aufs  mindeste  den 
Platz  zu  ihrer  Wirkung  offen  lassen^  er  mufs  ferner ,  weiter 
gehend)-  seih  Gemüth  empfänglich  für  sie  und  regsam  erhalten, 
sie  zu  ahnden  nnd  zu  erkennen;  aber  er  mufs  vpr  allen  Din- 

fen  sich  hüten,  der  Wirklichkejit  eigenmächtig  geschaffeite 
deen  anzubilden,  oder  auch  nur  über  dem  Sueben  des, Zu- 
sammenhangs des  Ganzen  etwas  von  dem  lebendigen  Reich* 
thum  des  Einzelnen  aufzuopfern»**  —  Es  ist  dem  lief,  iiun 
unmöglich y  in  das  flinzelne  dieser  reichen  Abhandlung  einzu* 
^gehen  und  er  mufs  selbst  die  Erweiterungen  und  Ver^nderup- 
gen  ,  die  sie^  unter  den  pflegenden  Hllnden  des  Meisters  erhal- 
ten, gröfstentheils  unbemerkt  lassen.  Wenn  der  Verf.  S,  147« 
sagt:  99 Wie  unvollständig  und  lückenhaft  unsere  Philosophie 
des  Scheinen  und  der  Kunst  sey,  kann  man  schon  daraus  ab* 
nehmen,  dafs  es  noch  nicht  einmal  einen  wahrhaften  Versuqh 
der  Theorie  des  Öäfslicheri  giebt««  und  darauf  Andeutungen^ 
einer  solchen  Theorie  folgen  läfst,  so  hätte  B.e£  vpr  Allem 
gewünscht,  daXs  uns  diese  neue  Ausgabe  etwas  ausführlicher 
un^  'deutliche!!'  darüber  belehrt  h^ben  möchte.  Wenn  Sätze, 
wie  folgende:  »fDie  Stufe  der  Schlechtigkeit  nämlich  wird 
allein  durch  den  Gradt  der  Verneinung  biestimmt;  die  Stufe  der 
Häfslichkeit  hingegen  ^hängt  zugle:ich  von  der  inne&n  Kraft 
und  (jewalt  des  Triebes  ab,  welchem  widersprochen  wird.«« 
Und:  ,,Tm  strengsten  Sinne  des  Wortes  Ut^in  höchstes  Häfs- 
liches  offenbar  so  wenig  möglich,  wie  ein  bocHstei  Schönes. 
Ein  ynbedingtes  Höchstes  der  Verneinung  oder,  das  absolute 
Nichts  kann  so  wenig,  wie  ein  unbedingtes  Höchstes  des  po* 
sitiiren  Daseyns  in  irgend  einer  endlichen  Vorstellung  gege- 
ben werden/«  -*  wenn  solche  Sätze  dasselbe  Gebiet  berilh- 
Ten ,  w.orauf  Plato  und  seine  Nachfolger  und  auch  die  Feri- 
patetiker  diese  Fragen  verpflanzt  hatten,  so  kann  sich^Ref* 
nicht  enthalten,  einige  hierher  gehörige  Hauptstellen  anzu« 
geben,  ob  sie  den  Verf«  vielleicht  veranlassen  möchten,  diese 
Untersuchung  einmal  weiter  su  verfolgen.     Flatonia  Sophist; 


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Kdedw^ScW«g4f  ttoitflL  Wet1(«.  A«  4-»  B^t  .^.        .115 

ttvy  iv  ?vr«i<»  yifwioi  i(:od«nr  wie  Scht^j^ßf m^KJ^r ,  Heindorf  und 
Beklufr  p.  160,.  leiq^.^  ;9tK7«iJa(  «ypv  y^'vV^y^oder  nack  df^,.  Cp- 
d«x  Clark«  :^  3urjilif  STv  yvo«)  verglichen,  ii(fia(or.  J^Ietiiphyf. 
Ily3^^q^  lind  das u  deo  CommßnlO^.  de«  Sjrrianuft  fal,  6»  ,e<;^* 
Vene^ldSSv  Atigiiat«  de  Vitra  Rdig^^jp^  32fi  epistol.  ad  Cae- 

'letftiniZ?S4f  «dveifSi*«   Manichaeoa'  I,   21»;   Plotin.  p.  $2,,4» 

B.;/pi  ii5.C.  p.  &4i.  A<I<I.  p.  719.  c,  aS^A  B.  p.  725*;Ä.,V- 

Der  zweite  und  fetite  Tbell  diese«  B#ndea  entb^^td^a 

Gespräch    üben  :die   Poesi«    (vom.  Jabr  1800)^    ,  ^4» 

-sieht  aui  den  ersti!;o  Blidk-,  dafs  didse  Fprm  vom  Yer^  g^wl^t^t 
word^  9  um  denieu  untersuchenden  Q^genstapd  v^n  i^en 
Seite»  KU  beleiidiften^  :WOtu  des  DiaWg- feiner  ,Ni|tCir  pach 
vor. allen-  andech  iDarsUllungsacten  vor^CIglich  geeignet  i^. 
Aber,*  M^e  es  nsiitden'Ceapräcben.derSokrutiker  meii^ens  dfr 
Fall  wm:,  schatten  gewii#  auch  hiw.*wirk|icbe  Unterbaltpn«* 
gen  mit  Freundeib  jdiese  Form  des  WerJfa,iti€|_,von  aelbsther« 

'vorgerufen,  j  «Ein  W^ark  aber  verdient  dieses  Gesptäcb  im 
eigentlichsten  Sinne. genannt  tu  werd^en.;  eben  deswegen  las« 
sen  sieb  Jceine  Stücke  diavetn  trennen  4i^4;  einzeln  vorseigep. 
Aber  Weil  doch  so  ,eben  der  Sokca^ifcb^n  Gespräche  gedacht 
ivurde,  will  ich^hiet  nur  einen  dabin_g#bdi;igen  funkt  l)erab« 
ren,od^>vie]mellr«ocb  einen  Wuns(iU;|iiMsp«^en.  S«.  234  f* 
heiistitf»!  .Die  Vollständigkeit  er bt4isf:bt  XH>c|i 9  ?^u  erwähnen, 
dafs  auch  die/erst^»  Quellen  und  V^bUder;  ^^^  didaskal^cben 
Gedichts,-  'die  .wechselseitigen  V^h^tgivgß  der.  Poesie  und 
der  Pbi^<>^PP^^  ih  dieser  BJütbes ei t  der  alten' Bildung  zu  su« 
eben  sind^9  in  den  naturhegeisterten  Hyalinen  der  Mysterie;i, 

*  in  den  /sinnreichen  Lebren  der  gesellig  $%(tlichen  Gnome,  in 
den  timfiissenden  Gedichten  des  £mpedokles  und  anderer  For« 
scher,  aawie  von  der  .and«riVfS^i;te  in  den  Symposien 
der  Sokratisc)ien  Denker,  Wo  das  philospphi- 
sehe  6*e sprach  ,  und.  .die  Daritejlui^g  desselben 
st1)oi!i  mehr  in  Dichtung  üb^rgi^ht^^  Refer«  .bat  h^e 
und'dä'den  Vörwuif  vernommen ,  es  würden  in  diesen  neuen 
Theori«n  Kunstarten  geschaffen ,  wovoii  die  Alten  nichts  ga« 
yafst;  so'  z.  B.  aeyen  ja  die  Symposien  nur  eine  zu f äj * 
lig'^iFofm    der  Sokratischei»  Geapräche,*   und  yon  So« 

'  kratischvn  Ge&prSohen  könne  man  also  teden,  aber  nicht, 
"Wennves  j»ich  von  Kunstlehre  handele,  von  Sokratiscbei?  Sym- 

'  pdsi^n^:  lDem>  ist  ^qn  nicht  also.  .  HßQQH>geneSf  ein  feii^r 
GmröhischeV'K^nstriohter  aus  guter  Zeit,  jsagt:  trs^  ^AiBih^ 
^«tr'ov^^  f ^< •  36 ;   pi  565»  ed .  Laurent. t)  ätffAvjyo^'a ,  ht,dkoy^(^ 

8  ♦ 


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©aöV iravTÄ  ir^Kerai.  Darauf  fol^t  p.  i^^^  äi«  ^arze.Tbeörlc  *lKr 
die  Sokratischen  Symposien  selbst ,  Wbmit  eiii^  aod^te  St:€lle 
desselben'  Kritikfers-  (-»ri^i  ^'a«üv  p^-505. )  ve^glicbwi  -.-wfetdbn 
xniiljs.  ftef.  hatte  es ^ger^e  gesehen,  wenn  der  Verf/hÄexUwi 
idä  durch  sokrbe  Belögiä  s^^en  Ideen  auch  in  deh  Aug)»niSOl^b^r 
Gelehrten  Gei^icht  gegeben  hätte,  die  zxiWoS^i  gei^treicbe.  Gj6« 
danken  keilten  Glai^en  haben.  Sodann  hätteRef.  ge  wtJtlif^cbtiJW^- 
ltu  ^^iö  Tht^brie  i^%  Hermo'gfenes  selb^  Alilaf^  giebt^.den,  \^etf. 
'möchte  in  dieser- neuen  Bearbeitung  einieJd^e  aujsgelüthrt  ha- 
lben, die  Wyttenbach  (In  vän  Kdu^e:  Specibii  crit.  in  Pia- 
ton, p,  XLflV.)  geleg-entlich  nur  angedeutet  faatf  wie  die  gleipji 
A*nfaiigs'so  iehr  grofse  Verbreitung  der  ^Platonischen  Z^alpge 
alljnänlig' zur  Eniscebung 'der  mittierq* und  dann  der  jaeüera 
Komödie y  wie  Menander  %\€  auf  ihre'JIdbse  gebracht,  mit 
' beigetragen j habe.  Denn,- wie  derselbe  Geehrte  ^pd^w^rts 
tichtig  bemerkt  9^  6^  Jtetnn  in  gewisse^n  Situi  das  Plot^miscbe 
Gastitiahl  zu  den  Komödien  gerechnet  werden. .  Jedacb  j/^der 
Leser,  der  diese  Epocben  d^r- Dic-hiknb«  t  zu  .würdigten 
vermag,  wird  leicht  begreifen,  wie  auf  der  'groiäeh  Bab^, 
die  A^t  Schriftsteller' hier  zu  bescbraÜDen  hatte  ^  ^mainebes  Ein- 
zelne, was  «önst  diet^-Betrachtuiig  nooli  «O'Werth  seyivjkqn^^lt?, 
als  ^'aiser  cJiiti  W^geiilpgendj  bei  6öit»eigdasÄÄn  werden  nkuiiste. 
Es  kam  hier  alld^/aAraaf'^ni^  diedrei£a«he  i£nt^ioke}ting.al]^r 
Dichtkunst  |  als  'ei  n  li  t^  *P  o  e  sied  es  "K  ö  r  jiJ  e  r  s ,  d.«  r^  Äe  a  - 
le  tind' des  G-^ilrt^s^ln  däs^  hellste  Jjiektxiv  setzieni.  Und 
h^er  wird  deiin  iiuf*Be:Befriedigendste^eriJrt«rtv:Wi^  aUe.Poif- 
sie,  in  ihren  Anfkngifr^)  und  "^Uretdinenten  lyrische,  ausjg^bet^d 
vom  begeisterten  Anrufen  an  diei  materielle  Natuc^  Von oi^ji'* 
'  listischen  Hymnen  j  iri  einer  langest!  Ileihe  von  £ntwt(;||$]i|fi« 
geh  durch  alle  epische  4tnid(&-amattischeArt^ny  ^icb  zul^it^itjim 
durchaus  geis%ig«.cfhl^istlk?h^n'Hymnus4  verklärend^  .ihr  Ziel 
und  ihre  Befriedigung  findet.  ,^!&ahn:ea  :(so  endigt  dtes^  in« 
'  nere  Geschieht  der  Dichtkunst  &.  S25  f*)  kann  «s  «ine  Poesie 
desr  Unsichtbaren  giebenv  der  mar^  is  I^nfühltv  dafa  fki# '|»V^t 
■  Von  dieser  Welt  ist,  so  ist  e^mur  dietEoesie  d««'.  \Wal<rb*?it 
und  der  göttlichen  Geheimnisse;*.  'l^iej)wahre''.lsyMit)0li4<^he 
'  Dichtkun^st  ist  nicht  immer  'und'  öbieralh eine  kunsdos^ a^fttj^r- 

•  und  unbäWufste  Volks  «^  oder  auch  bJofse  Sagenpoesie^t  fl'er 
f  wir'  ihre  nächste  6t el]e^ nach  der  ersten  schon  ang^wiesi^ii  tba« 
'  ben  und  in  hohen  Ehren  lassen  wollen«  -Jene   erste  jaber  .^st 

*  rielmfehr  eine  n:icht  blbs  mit  der  äufsernBihierluin)?  spAeleinde, 
^^  S€Midern  ^zugleich  «den  tiefen^  Sinn  erkehot^jldey  mitbih. wiiA^it^de 

Poäsie.     W^nniti  daher  iAnieD-natUrphilosophisfiher  FrjQund 
•^n  Reali«a[ius  von ;  dcc  di«hteri]act£»av  Stic^  «^^^^ü^  M^^  ^^4 


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alt  GrandUige  ^ff:^banta«ie  *und  QiieHd  «iner  n^nen  ti^Feni 
Naturpoesle  darstellen  wolhe^  aQ'  wär#  zm  wünschen  gewe«. 
•eil  und  bliebe  lumcb  übrig ^  nur  eineix  Schritt  weiter  su  ge«^ 
Ben,  und  uns  %um  Spintualisäiii«  «u  erheben,  d.  h.  su  jener 
Denkast^  welche  di?c  OflS^nbAtung  ,  «a  wie  jeder  alten  y  wenn 
»udi  iiur  Vlatoniachen  Theologie  z^m  Grunde  liegt;  voi). der 
aucby  wieil  es.  der  aUgemeine  Glaube  der  Urwelt  war,  dl« 
deutlicbaten  Spuren  aita  den  Brucht|ö<:keh  jedweder  ^ä^t^aten,^ 
indischen,  nordischen  öder  l^ellenitcben  Poeaie  noch,  häufig; 
einzeln  bervorMicken.  .I>er  Spintualiamus  aber  ist  die  Lebte 
▼on  der  drififncben  Gr^ndkraft  des  gdttlichen  nnd  des  mensch-^ 
lieben  Dasejns  oder  von  dem  vereinigten  Wirken  und  Le« 
bea  des  Geiste«.  un.d  d^r  Seele  in  Gott   und   seinen^  ewigei\ 

Cr4n.aar.. 


i)[  UUtpire  il0  la\natu>n\Suiss0  pur  Mr.  H^nri  Zsehokk^y  ira^ 
duii0i  d&  l^^llemand  avco  deschan^^mens  foitjt^ar  Pauteur  depuis. 
2^  puhlic^hn,  de  Pouprage  original  par  C,  Alonnardf  mi^ 
nisfre-  du  Saint  Evangile  j  Projesteur  de  HUerßturß  Fran^aisa  a%, 
facad^mi^td^  l*ausmuM.,l829,  890, 

^)  Ohservationt,  svr  Vhistoire  d&  la  reooluiion  HeheUque  de  M,. 
Raoul  B,0Ah€t.t9  par   C.   Monnard  ceu  1824.   5i  S.   8po. 

Ref.  fafst  diese  beiden  Bücher  zusammen ,  theils,  weil 
M  wes^Dtliph  zusarniuen  gehören  und  die  Ansicht  einer  An- 
Z|ibl  der  wackersten  Schweizer  aussprechen,  die  mit  dei^ 
Liebe  su  ihrem  Vaterlande  und  der  Freiheit  eine  grofse,.  oft 
vielleicht  (mit  dem  G^nge  der  Welt,  wie  er  ist  und  bleiheOr  . 
wird,  nicht  wohl  zu  vereinigende  Wärme  für  Unabhängic^ 
keit  der  kl« i^ren. Staaten  und  Individuen  verbinden;.  theilSi 
weil,  ihiu  der  würdige  Verf.  eine  Anzeige  zn  wünschen  scheint., 
ij^.uch  dieser  Wunsct  ia^  Folge  seines  Patriotismus,,  er  möchte^ 
die  Vertheidigung  seines.  Vaterlandes  und  einiger  ausgezeich- 
neten. Waadl^nder  gem.  »o  allgemein  bekaon.t  wiesen, '^Is  nur. 
immer  mdgliiph.. 

Was  nuDk  dasr  erjte  B.ucb  angeht ,'  to  ist  das  deutsche 
Original  «ft  bekguQnt,  dafs  wir  darüber  nicht  reden  dürf^n^ 
»üfser,  um  zu  bemerken,  dafs  es.  zu  wünschen  wäre,  duls^ 
alje  deutsche  Bücher,,  die  in  Frankreich  tibersetzt  werden^ 
iiLioicJi^e  Hiuid^  6*Ie»f.  wie  die  dt»  Hrn,  Mpnnard*     Die  Ait,, 


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119  MoMind  HUtoire««t.  ^ptktpw^vM 

ii^i^  l^hwöhtilich  diergieleheh  UeberiMtkäiii^n^miiditwafl 
i^t  wahrhaft  kooiisi&h,  und  man  dar£«]€h  nitfat  ifi^ndern^lWM<i 
du^h  solche  Uebersetzüögön  mit  misbekatwit.  geworden  di^ 
Franiosenj'  die  ohnebin,  wid  alle  eitle  MtsnedMin^' eine  unge^f 
Hötite  Vorstellung  von  »icb  fielbst  und  eine  «ehr  kleiae^von» 
ihren  Nadi))aren  bähen,  die  Deutseben  no^ t iitaÄfer  ftlr  pe-»; 
dantisjcbe  Tölpel  halten.  Die  Waadlapder  vr)ar4?n  am  beaten: 
geei^gnet,  durch  bessere  Uebersetzungen^  die  Deutscbe  Latte«» 
ratur  in  b^sern  Ruf  2Ü  bringen,  wentt  rie  nicht  auch  meb«« 
rentheikbis  über  die  Ohren  Franzosen  wär^n^und  ihrea  gu* 
ten  Freuriden,  den  Liberalen  in  Frankreich'^  blindlings  nagb-» 
sprächen.  Wie  viel  die  Liberalen  von- ukiai  Deutschen  haheu,' 
kann  n)i^T\  äius  ihrem  Constitutionel- sehen  ^  Wö^  bald  ein  detat^ 
scher  Baron,  der  am  Ende  nicht  einmal  ein  Baron  ist ^* seine 
Lection  des  Fanatismus  für  alte  Zeit  aber  bei  der  französi- 
schen Polisey. gelernt  hat,  als  Zielscheibe  des  Witzes  dient^ 
und  beschuldigt  wird,  nicht  etwa  dumme  Gedanken,  soii*' ^ 
dem  deutsche  zw  haben;,  bald  eine  unverständige  Regie« 
rungsweise  eine  deutsche  (tudesque)  genannt  wird,  jc^dd^ 
Mal  natürlich ,  sur  grofsen  Freude  der  Parier  Maulaffeti. 
Wir  wünschen  dafs  Herr  Monnard»  der  nicht  bios  beider 
Sprachen,  sondern  auch  des  Geistes  bötdet  Völker  mächtig 
ist,  noch  mehrere  unserer  deutschen  historischen  Werken  von 
denen;,  die  sich  dazu  eignen,  übersetsen  möchte.  Eine  grofse 
Anzahl  deutscherBücher,  besonders  die,  welche  sehr  ernst  oder 
sehr  gedrängt  geschrieben  sind,  bleiben  stets  unübersetzbar^ 
oder  wenn  man  sib  auch  übersetzt,  kann  sich  doch  kein  Fran« 
zose'in  den  Sinn  des  Deutschen  bineinderlken. 

Was  die  'aweite  Schrift  angebt»  so  ist  es  wenigei*  eine 
Streitschrift y  oder  ein  Register  der  zahlreichen  ,  einem  Deut« 
sehen,  der  über  einen  Gegenstand  schriebe,  ganz  unverzeih- 
lichen Fehler  Jn  des  Franzosen  Geschichte  der  Schweizer  Re. 
volutien,  als  vielmehr  ein  Ausgufs  der  Gefühle  des  Unwil- 
lens, den  Herr  Raonl  Rochette  im  Waadlande  erregt  bat  und 
eine  Beschwerde  über  ihn.  Ref.  würde  dem  Herrn  RaouK 
Rochette  ganz  andere  Vorwürfe  machen ,  als  ihm  hier  gemacht 
werden,  er  will  sich  aber  nicht  unnhthigerweise  in  Händel 
mischen,  die  ihn  nichts  angehen,,  da  er  erfahren  hat,  dafs 
man  ihm  manche  unschuldige  Einfälle  sehr  übel  gedeutet^  und 
dafs  Leute,  die  den  Gott  der  Christen  zürn  Götzen  machen 
wollen  ,  über  ihn  die  Achsel  zucken ,  ihn  in  der  Stille  durch 
Klatscherei  verläumden,  ihn  des  Bundes  mit  Mäi^nern  beschul« 
digen ,  die  sie  barmherzig  und  liebreich  mit  dem  .  Teufel  in 
eine  Reihe  setzen  u*  dgl.     Es  sollte  ihn  sehr  scbmerzeni  wenn 


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Honnard  Hittoir«  e«t.   et  Obi^nradoiif.  Il9 

• 
er  irgend  jemand»  dem  ea  um  Wahrheit  su  thun  ist,  einen 
Anstofs  gShe,  wenn,  wer  ea  auch  ^ey,  ohne  Noth  gefirgert 
oder  gelcrSnkt  würde »  oder  irgend  eine  Anspielung  oder  Ans* 
druck  auf  Verhältnisse,  die  mit  der  Litteratur  und  dem  Un- 
wesen der  Factionen  ^  die  sich  derselhen  betnäcbtigen  wollen» 
nichts  zu  thun  haben ,  gedeutet  wörde,  Verkehrtheit  der 
Zeit»  Eitelkeit  und  Thorheit»  Mtfsbrauch  anvertrauter  Ge- 
walt» 'MiTsbrauch  des  Zutrauens  der  Welt»  mufa  der  Leh- 
rer der  Geschichte,  der  nicht  blos  im  Cabinet.  sondern  in 
der  Welt  nützen  will ,  ans  Licht  bringen,  und  dabei  gefafst 
seyn»  dafs  ihn  jedermann  schmShe  und  hasse.  Wer  Gescliichte 
lehit  und  darüber  schreibt»  der  mufs  wissen»  dafs  wo  er  ei- 
nen Scbleestrauch  pQanzt»  keine  Weintrauben  für  ihn  xit 
lesen  sind«  dies  wird  ihn  aber  nicht  abhalten^  das  Messer 
anzuwenden»  wo  er  weils»  dafs  mit  Rosen wasser  die' Wun« 
den  der  Zeit  nicht  gf^beilt' werden.  Darum  wird  auch  Herr 
Raoul  Rochette  es  nicht  übel  nehmen  »  wenn  ihn  Hr.  Mon*- 
nard  sehr  scharf  und  bitter  zurechtwebet.  Was  Ref.  angeht», 
so  will  er  für  gewisse  Fr5ran>ler  hier  die  gelegentliche  Bemerkung, 
machen»  dafs  er  ihr  Treiben ,  (d.  b,  unt«r  Gottes  ewige  und 
heilige  Wahrheit  und  Christi  Evangelium  ihre  ISlcherliche 
Typik,  Apokalyptik|  Mystik»  Teufelsbannerei»,  GeisteHehre». 
Kabbala,^  Magnetismus».  Sojnnambulismus  und  andere  Narr- 
heiten misehen» sich  für  Instrtunente  halten,  die  Gott  besonders, 
trkofaren^  wie  Propheten  einberwandeln ,  weltlichen  Stolz  auf 
geistlichen  pfropfen)»  füF  viel  verderblicher»  frevelhafter,  got« 
teslästerlicher  hält.  als.  allen  Unglaubeuv  Gewöhnlich  wird 
man  bei  aolchen  Leuten  finden»,  dafs  sie  um» so  viel  mehr  voi^ 
der  Schlangenklugheit  als  von  der  Taubeneinfalt  des  Evange-. 
liums  haben»  je  süfslicher  ihre  Reden  slnd^  und'le  blinder 
ihr  Glaube. 

Sollte  ReL  daher  eins^  von.  beiden  seyn»  müissen».  so- würde- 
er  lieber  deir  Samaritaoer  des  Evangelischen  Gleichnisses  seyn», 
als  der  JürHsche  friester.  Er  weils  ührrg-ens  von  keinem. 
Bunde,  keiner  Parthei,  sa  wie  er  von  keiner  Feindschaft 
weifs.  Harmonie,  wie  Disharmonie  der  Grundsätze  is-fr  durch-- 
aus  zufällig  ^  es.  k^önnte  also,  leicht  &eyn»  dafs  viele  Sarcasmen 
ÜberaU  mifshilligt  würden  »  und  dals.  er  mit.  FeisLusc  sagen 
iDüfste^  qffcis  leget  baec?  —  vel  unu«,  vel  nemo.  Ref.  Tiat 
»einen  CoUegen  zu  Grefallen  TheiB  an.  diesen  Rl5ttct.ngenom- 
nien»,  er  wiKa.  immer  Gründe  seines«  ürtheifs.  beifügen,  übet 
<fi»^&e  hinaus,  will  «f  nie  Recht  haben.»,  er  wird*  daher  weder 
denen  ^  die  ihn  bei  seinen  Freu<n<ien'ansehwStrze»,,noch.derK*»^ 
^ie  Umj  (^£entlkk  anklagen  ^  '^  eine  Antwort  entgegen  setzciu. 


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120  Monnard  Uistoire  cet.  et  Obserrations. 

E$  scheint  ihm  Pflicht,  sich  Intter  und  heftig  über  die  schein- 
baren Verk^^hrtheiten  der  Zeit  und  Menschen  atu  erklären, 
höchst  unerlaubt  aber,  aus  dem  Strey:en  ein  Handwerk  zu 
machen.  Dem  Verständigen  ist  überdies  ein  Fingerzeig  ge- 
nug; 4<^r  Hauffe  mufs  seine  Götzen  behalten ,  denn  wenn  man 
ihm  das  güldene  Kalb  raubt,  dessen  Dienst  erträglich  ist,  flngs 
fällt  er  vor  ein^m  grausigen  Moloch  nieiijer  und  opfert  ihm 
^eine  Kinder, 

Was  nuh  Herrn  Monnards  Schrift  angeht,  so,  können 
wir  nicht  seiner  Meinung  seyn,  wenn  er  sagt,  es  sey  Herr 
Raoul  Röchette  freundlich  im  Waadlande  autgenommen  wor- 
doh,  ^s  sey  also  nicht  Recht,  dafs  er  die  Waadländer  und 
ihre  ausgezeichneten  Männer  schelte.  Die  Privat ver^ 
bindlicbkeit  wird  gewifs  Herr  Raoul  R'ochette,  ein  Mann 
von  der  besten  I^ebensart,  stets  anerkennen,  ehren  und  rüh- 
men ,  di^s  miiTs  ihn  aber  nicht  hindern,  als  uff  entliehet 
Sprecher  das,  was  er  für  Wahrheit  hält,  'ans  Licht  zii 
bringen.  Hier  ist  bei  Schriftstellern  derselbe  Fall  wie  bei 
Adyocaten  ,  die  vor  dem  Richter  Todfeinde  waren  und  so 
wie  sie  ihre  gerichtliche  Reden  geendigt  haben ,  die  besten 
Freunde  sind,  das  sollte  ein  Mann,  wie  Herr  Monnard  nickt 
wie  der  ^ Pöbel  verwechseln.  J3erselbe  Fall  ist  bei  zwei  Ge* 
lehrten,  die  nach  ihrem  verschiedenen  Geistesrharakter  btide 
gleich  heftig  zwei  entgegenstehende  Grundsätze  verth eidigen. 
Wenn  sie  wahrhaft  ächte  Gelehrte  und  nicht  eitle  Schwacb- 
köpfe  sind,  können  sie  aufs  heftigste  streiten,  Spott  und 
J^rnst  als  Mittel  gebrauchen,  ihre  Grundsätze  geltend  zu  ma- 
chen, und  doch  die  besten  Freunde  bleiben;  übrigens  geben 
yyir  zu,  dafs  solcher  Glaube  in  Israel  selten  gefunden  wei*de. 
Dabei  sollte  sich  freilich  Herr  p.aQul  Rochette  nicht  solch(? 
Uebereilungen  su  Schulden  kommen  lassen ,  als  ihm  Herr 
Monnard  hier  gleich  im  Anfange  nicht  Wos  vorwirft,  son* 
dern  auch  beweiset.  So  sagt  z.  ß.  Hr.  Raoul  Rochette  S.  33. 
Bonaparte  bei  meiner  Durchreise  durch  die  Schweiz  habe  sich 
in  Lausanne  herabgelassen  ,,de  se^pr^ter  airx  plus  yulgaires 
hommages  de  la  plus  vile  populace. «'  Hr.  Monnard  beweist^t, 
dafs  er  bei  Nacht  durchkam  und  sich  gar  nicht  dort 
aufhielt.;  Dann  giebt  Herr  Rao\jl  Rochette,  was  allerdings 
sehr  beleidigend  ist,  zu  verstehen,  dafs  die  Missethäter  lie- 
ber in  Bern  hätten  in  Ketten  seyn,  als  den  V/aarlländern  ihre 
Freiheit  verdanken  wollen,  Herr  Monnard -zeigt,  dafs  in 
Yverdun,  wo  diese  Freilassung  soll  vorgenommen  seyn,  gat 
keine  Verbrecher  waren ,  dafü  sie  in  Bern  waren  ,  und  dafs 
dort  bei  einer  gevv.issen   Gelegenheit  eine  Befreiung  und  Be* 


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Monnard  Hiitoire*cet.  et  Obserratioiif,  .    i21 

Bewaffnung  derselben  Statt  fand ,  nicht  aber  im  Waadlanje« 
Weniger  übel  nehmen  wir  es  dem  Hrn.  Kaoul  Rochette,  dafs 
er  den  alten  Irrthum  von  den  Schweiaerflüssen^.die  ungemischt 
cfiircji  die  Seen  fliefsen,  wie  er  gerade  eine  oratorische  Wen-, 
düng  brauchte ,  aufgenommen  hat,  so  wie,  dafs  er  deii  klei« 
neu  Sanct  Bernard  zur  Schweiz  rechnet.  Viel  richtiger  und 
durchaus  wahr  ist,  dafs  Hr.  Raou)  Rochette  nicht  wie  es  dem 
Historiker  gebührt,  mit  festem  Sinne,  nach  einem  sichern 
IMncip,  das  man*überaJl  wieder  erkennt,  sondern  nach  den 
Umstünden  urtheilt.  Diese  Manier  ist  in  der  Welc  und  in  der 
Uten  Gesellschaft  die  beste,  nichts  ist  unertrüglicher  unter 
üen  Weltleuten  als  das  Bestimmte,  das  Schneidende.  Man 
ricbtet  sich  nach  den  Umständen,  man  behält  seine  Meinung 
ffir  sich  ,  man  tadelt  und  lobt  auf  gleiche  Weise  alles,  wad 
aus  dem  gewöhnlichen  Gange  herausgeht,  man  mifsbilligt  je- 
den, der  nicht  schnell  sich  nach  den  Umständen  zu  richten 
versteht,  nicht  gleich  ein  Mittel  weifs,  wenigstens  den  Schein 
zu  retten.  Der  Geschichtsclireiber  sollte  freilich  anders  verfah? 
ren;  aber  Hr.  Monnard  sollte  auch  bedenl^en,  dafs  das  an  einen. 
Franzosen  und  aa  einen  Halbfranzosen  eine  harte  Forderung 
ist.  Wie  schwer  es  ist,  einen  Grundsatz  durchaus  zu  verfol-. 
gen,  könnten  Hrn.  Monnard  die  verschiedenen  Bände  der 
üistoire  des  r^publiques  Italiennes  du  moyen  age  des  Herrn 
Stsmondiy  deh  er  doch  le  plus  grand  historien  de  notre  si^cle 
nennt,  zeijgen,  da  er  gewifs  finden  wird,  dafs  in  den  verschie- 
denen Lieferungen,  nach  der  verschiedenen  Zeit  auch  yerschie« 
dene  Principien  befolgt  sind. 

Herr  Kaoul  Rochette  hat  ferner  allerdings  Unrecht,  die 
Waadländer,  die  durch  jede  Aufopferung  die  Ünabh2lngigkeit 
ihrejs  Vaterlande«  au  erlangen  hofften ,  factieUx ,  rehelles  zu 
nennen,  er  bedient  sjch  aber,  wenii  er  dies  thut,  nur  eines 
Ausdrucks,  der  in  Frankreich  für  diejenigen,  welche  die 
Grundsätze  dieser  Wa^dljinder  theilen  ,  angenommen  und  ein- 
geführt ist.  Völlig  hat  dagegen  Herr  Monnard  Recht,  wenn 
er  gegen  Hr.  RaouT  Rochette  behau,ptet,  dafs  nicht  die  Revo- 
lution den  Verfall  der  alten  Schweizersitte,  sondern  umge« 
kehrt  dieser  Verfall  die  Revolution  herbeigeführt  hjibe,  Herr 
Raoul  Rochette  behauptet:  die  Schweiz  habe  durch  die  Re». 
volution  ihre  ganze,  moralische  Kraft,  alle  Achtung  bei  aus- 
wärtigen Mächten,  alle  Früchte  der  so  lange  för  unverletzlich 
gehaltenen  Neutralität  verloren  ,  alle  Wunderthaten  ihr  alten 
Geschichte  seyen  verschwunden  u.  s.w.  Die  Antwort,  wel- 
che Hr.  Monnard  darauf  giebt,  scheint  uns  so  passend,  dafs 
wir  aiie.  m^t  aein,^n  eignen  Warten  hersetzen  woljen..     Er  sagt 


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122  Bfoniiatd  Hiatoir«  ^t.  et  ObsenratioQS* 

\  *  - 

pag.  36*  I>*atftert]on  qu'an  vient  de  lite  accuse  la  r^volation 
^e  Ja  perte  de  tous  les  avantages  que  la  Suisse  avoit  perduii 
avant  que  la  revolution  ^clatät  ;>  les  maux  qu'elle  attrihite  k 
cet  orage  politique,  non  seulem^nt  le  precyd^rent,  mais  en 
amen^rent  et  en  hät^rent  Uexplosion,  Edel  und  recht  ist  es 
auch)  wenn  Hr.  Monnard  Labarpe  und  andere  Mknner  der 
Jlevolution  rechtfertigt,  er'  denkt  an  die  Dankbarkeit,  die 
^as  Waadlandy  Aargau  und  andere  Gegenden  ihnen  schuldig 
^ind ,  er  denk^  endlich  an  ihren  rrivatcharakter«  Ein  Manu 
kann  im  Privatleben  gan»  vortrefflich  «eyn;  oder  besser  ^  es 
kann^  wie  bei  den  mehrsten  Menschen,  Lob  und  Tadel  sich 
bei  ihm  aufwiegen,  und  nichts  desto  weniger  kann  der  öffent- 
'liche  Charakter  desselben  die  gröfsten  Flecken  oder  Schwächen 
)iaben.  Man  glaube  aber  ja  nicht  ^  .  dafs  sich  Hr.  Monnard 
der  List  der  gemeinen  Liberalen  bediene,  welche  das  Rühm- 
liche des  Frivatcharakters  zum  Mantel  der  Blofse  gebrauchen,  - 
die  der  eigentlich  historische  Charakter  aeigt^  wie  neulich 
Tissot  in  der  Lobrede  auf  Carnot  und  fast  alle  die,  welche  die 
I)essern  Subjecte  der  Schreckensseit  in  Frankreich  mit  Wohl- 
gefallen geschildert  haben.  Nein,  er  berührt  die  eigentliche 
Geschichte  nur  flüchtig,  un((  wirft  dem  Historiker  mit  Recht 
sarcastische  Phrasen  eines  Zeitungsschreibei-s  der  Ultra*Parthei 
vor.  Wenn  Hr.  Monnard  noch  weiter  «u  gehen  scheint,  und 
Hevolutionen  überhaupt  su  T§rtheidigen  ,  so  mufs  man  nicht 
vergessen;  wer  redet  und  in  welchem  Verhältnifs  er  redet, 
Unter  einer  monarchischen  Regierung,  welche  in  Zeiten  dro-  ; 
hender  Gefahr  das  Heft  fester  in  die  Hand  nehmen,  zur  «Zeit 
der  Ruhe  aber  nach  und  nach  die  i^eitgemlifsen  Verbesserungen 
eintreten  lassen,  und  zu  jeder  Zeit  mit  vvachsamen  Auge  Ge* 
setz  und  Recht  bedachen  kann,  sind  die  Fehler  der  früheren 
Zeit  leicht  zu  verbessern,  i,ind  durch  eine  geschickte  Hand 
die  Maschine  wieder' in  Bewegung  au  setaeii,  in  einer  Repu- 
blik ist  das  anders.  Ist  hier  das  eine  oder  da&  andere  Glied 
verdorben  ,  wer  kann  es  abschneiden?  Ist  hier  das  Räderwerk 
in  Unordnung  ,  wie  ist  anders  als  durch  gewaltsaxne  Mittel 
die  ganze  Maschine  zii  verbessern?  Sind  die  Sitten^  der  Grund 
und  einzige  Halt  jeder  republicanischen  Verfas&un^g  einmal  ver-^ 
pestet,  wer  schützt  den  Freistaat,  wer  rettet  ihn  vom  CJLn« 
tergapge?  Man,  sieht,  Herr  Monnard  al&Republicaner  nimmt 
Revolutionen  für  Republiken ,  wenn  sie  eimnal  gestunken 
sind,  in  Schutz,  wie  wir  für  die  Atmosphäre  und  «ie  Erde 
überhaupt  Gewitter  und  Orkane  in  Schutz  nehmen  ;^  Heir 
Raoiil  Ilochette  als  Monarchist  kWert  dag^^gen^  weil  sie  ge« 
wohnlich  die  Elemente,  der  Monarchie  vergiften«,     Jrrea  wir 


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I 


Mosiiar4  S^totre  «et.  et  OJ^iervatioos/  123^ 


»icbtt  so  bi^  aUft  Pariser  Tons  ungeachtet  Hr.  |laoul  Ro« 
ch^tt^  deutlich  su  verstehen  gegeben»  dafs  auch  in  Monar« 
cbien  durch  9U  grofse  Hartnäckig keit»  durch  absichtliches 
Widerstreben  9  •  durch  die  Verblendung  am  hellen  Tage  die 
Sonne  nicht. sehen  zu  wollen ,  wie  das  in. Frankreich  der  Fall 
trar,  endlich  solche  Lfebel,  herbeigeführt  werden ,  dafs  nur  die 
Vorsehung  allein  ,  nicht  aber  menschliche  Klugheit  den  Ein« 
Sturz  de$  Maats  verhüten  kann.  Um  aber  Hrn.  Monnard  völ- 
lig 7SAX  rectitfer,tigen  ^  n^uTs  man  wissen  f  dafs  der  Gedanke  R  e« 
volution  bei  dem  WaadlUnder  gans  unzertrennlich  von  dem 
Gedanken y  Freiheit  von  qes  Nachbars  Gesetz,  und 
gleiche  Ehre  unter  gleichem  Gesetz  ist.  Was  das  Erste 
sagen  will ,  das  lehrt  uns  das  ^ispiel  der  Griechen,  bei  denen 
der  Name  Freiheit  oft  verzugsweise  nur  von  der  Art  der« 
selben  gebraucht  wird^  die  einen  Staat  von  des  andern  Gesetz 
unabhängig  macht  (z.  B.  Herodot  B,  1.  K.  95.  B.  3.  K.  Ö7> 
Was  das  Zweite  angeht ,  so  wird  man  insbesondere  mit  Rück« 
siebt  auf  Bern  und  dessen  Verhältnifs  zum  Waadlande  am 
besten  thun  ,  die  Geschichte  der  Giner  in  Klingers  Reisen 
vor  der  Sündfluth^  Von  S.  £61  an»  nachzulesen.  Herr  Mon« 
nardy  der  uns  übrigens  vom  Talent  der  Schriftsteller  des 
Waadlaudes  ejinen  vortheilhaften  Begriff  erweckt ,  sagt  endlich 
p#  50,  wenn  Hr,  Raout  Rochette  keck  genug  ist^  den  Schwei« 
^ern  mit  Gefühl  überlegener  Einsicht. gute  Rathschläge  zu  ver« 
sprechen:  ^,Wir  lassen  uns  gern  guten  Rath  geben,  wir 
scheuen  harte  Wahrheiten  nicht;  aber  wir  verschmähen  die 
Freundschaft  eines  leichtsinnigen  Schöngeistes^  der  u«  s.  w. 
Dann  lautet  das  Endurtfieil  über  die  Geschichte  selbst:  ,t^ir 
finden  in  der  Geschichte  der  Schweizer  Revolution ,  Irrthü« 
mer  in  Thatsachen,^  welche  aus  Partheilichkeit  herrühren; 
Irrthümer  inThatsachen^  deren  Quelle  oberflächliche  Beobach- 
tung und  unvollständiges  Studium  unserer  Geschichte  ist: 
Irrthümer  in  Thjatsachen,  die  aus  falschen  allgemeinen  Ideen 
herrühren ,  alle  diese  Irrthümer  sind  aber  gewürzt  mit  witzig 
scheinenden  Wendungen  und  Sarcasmen  ohne  Würde.  Zu 
dem  Allen  füge  nuan  noch  gefäbrlithe  Andeutungen  ,  die  wir 
nicht  hervorgehoben  haben »  um  alte  Feindschaft  nicht  neu  zu 
wecken  und  man  wird  finden^  dafa  das  Werk  in  sehr  gefähr- 
lichen Grundsätzen  geschrieben  ist,  dafs  es  eher  die  Ruhe  des 
pundes  der  Schweizer  stdren  ^  als  befestigen  kann. 

Sthlosser» 


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124  Aufhobmig  des  CSHbats 


\s 


V§r stich  einer  Beantwortung  der  Frage  f  oh  <JI«  '^ufhSung'  dei  CöiU' 
hats  überhaupt^  und  tu  gegenwärtiger  Zeit  htshe^ÖHdere f  zweck"' 
mäfsig  sey  ^  und  ■  ob  )Stäifde0ersarmii'iuhgeH  bkfu^t  [^seyen ,  £/i* 
dieser  Angelegenheit  det  K}.rche\  mltzusprecheh  l '  Aus  Veranlass 
sung  eines  f  in  der  PVUrte^ibergischen  StändeVersammluhg  ge^ 
machten  f  Antrags  auf  Aufhebung  des  Gesetzes^  Ülm^  lS24  b» 
Wohler.  '-'  •'       -'^ 

Unter  den  vielen  Schriften  Aber  ien  wichtigen  Gegenstand 
der  kirchlichen  Heura  tse  rlaubn  ifs  für  die  Gelit-' 
lichkeit  ist  dem  Rec.  keinV;  bekannt,  welche  mit  oiehr 
Ruhe  und  Müfsigung,  mit  so  viel  herzergreifendem  Gefdhl- 
fOrSittenreinigkeit  und  Huraanisieriing,  so  kai*a  und  dpch  «o 
klar  alles  nöttige  und  sachempfehlende  vorgetragen  hatte.  Die 
Untersuchung  geht  auf  zwei  llanptfragen.  Die'  erste  betri£Fe 
die  Aufgabe:  Ist  Aufhebung  des  Cölibats  überhaupt  zweck«' 
inäfsig?  Der  Vf.  antwortet?  JäJ  und  zwar  nach  GrundsStzeu 
der  Vernunft,  oder  zufolge  der  Entstehung  und  Natur  der 
Ehe,  auch  nach^den  Wirkungeh  derselben,  so  wre  umgekehrt 
zufolge  der  Entstehung,  der  Natur  und  den  Wirkungen  der 
JEhelososigkeit.  Als  Regel  mufs  festgesetzt  werden  ,  dal^  je« 
der,  der  die  n'ötliigen  Bedingungen  zu  erfüllen  vermaig  und 
den  überdies  keine  höhere  Tflicht' abhält ,  wenn  er  sogar  vern 
mittelst  der  Ehe  mehr  Gutes,  ^b  ohne  Ehe,  zii  wirken  hoffen 
darf,  heu rathen  soll.  Bios  in  den  Fällen,  wo,  ^ie  erste  oder 
die  zweite  diesi^r  Voraussetzungen  nicht  «tatt  liat,  ist  Heu- 
ratben  moralisch  nicht  gestattet.  Da  es  aber  (von  Uiimündi- 
gep  ist  nicht  die  Rede)  keine  ganae  Klasse  von  Menschen, 
^iebt,  deren  Individuen  alje  ohne  Ausnahme  entweder  uu- 
ähig  sti^d,,  d*6  Bediogupgen  zu  erfüllen  |  oder  durtk  höhere 
pflichten  davQJ:^  abgehalten  Werden,  so  darf  Heurathen  gan- 
zen Klassen  nicht  zu ii^  voraus  verboten  werden.  Hiervon 
macht  auch  der  geistliche  Stand  keine  Ausnahme^  Auch  ihm^ 
als.  solchem ,  darr  das  Heiirathen  nicht  verboten,  werden ;  denn 
niemand  kann  erweisen  ,  dafs  kein  Individuum  demselben  dia 
Bedingungen  .erfüllen  könne,  oder  dals  eine  böhera  Pflicht 
Allen  ohne  AusnaJupe  das  Heitrathen  verbiete.  Gewi^  stehB 
dem  GeistUcl\en  feeing  Pflicht  gegen  sicK  selbst,  nicht  die^ 
sein  Glück,  aber  auch  nicht  die,  seine  Vervojlfcommnung 
möglichst  zu  befördern,  im  Wege.  Pflichten  gegen.  Andere^ 
(die  Amtswirksamkeit i  das  Beste  des  Stan4.es,  dei:  Gemein^ 
den,  der  Kirche,  der  Staat,  die  Menschheit)  fordern  sicher-, 
lieh  nicht  den  Cölibat,  und  schon  eben  deswegen  kann  auch| 
keine  Pflicht  ge^en  Gott  die  Ehe  verbieten,      Yielmely:  fpx^ 


■6 


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dnteh  ICUwüfkiing  der  SlnaUgeietigcbaDg  125 

iern  aUe  äi^^e  Pflichten,  wenn  auch  nicht  iAtallen^  doch  ^e« 
wib  In  sehr  yiekn  Fällen  ^  das  Gegenthelt 

Mit  diesen  Vernunftgrundsätzen  wird  auch  die  heilige 
Schrift  als  ühereinstimmend  gezeigt,  und  die  Geschichte  h^ 
leuchtet  das.  Yer'nunftgtjjnäfse  durcn  laute  Erfahrungen.  Die« 
semn£M:b  ist  ein  allg^jueiues  Eheverbot  gegen  Ver- 
nunft und  Schrift,  vwid  wle'ohne  Sünde  und  Unrecht 
der  einzelne  Geistliche ,  d^er  nicht  äen  Gefahren  dfer  Ehelosig« 
keit  zu  entgeb^«  ItoiTen.  dai^^  iich  nicht  zum  Cölibat  anbei« 
schig  niacben.so]],  so  darf^aucb  oh'ne  Sünde  und  Unrecht  die 
Kiicbegcia;^  p£SeX?^,  nicht   geben  w  noch   weniger   gegen   den  lo 

.oft  wiederholten  und  unleriigDar  gemachten  Andrang  aller 
Gründe  jUnd  Erfahrungen  das  gegebene  unverbesserlich  fest 
balteii.  Ist  nun  seine  Aufhebung- durch  Vernunft  und  Schrift 
^geboten,  so  tritt  alsdann  die  Klugheit  unter  mancherlei  Ge- 
stalt und  Hjijhtui^g  mit  der  Frage  auf:  Sollte  die  Aufhebung 
schon  unter  den  gegenwärtigen  Umständen 
zvfeckmäfsig  seyn?  Hier  aber  wäre  wohl,  statt  des  Schon, 
eher  ein  Endlich  doch!  zu  setzen.  Der  Verf.  antwortet; 
23as,  W33  ebemals  für  den  Cölibat  angeführt  wurde,  findet 
jetzt  nicht  mehr  statt;  dagegen  entdeckt  mau  geraode  in  gegen* 
wärtigem  Zeitpunct  noch  besondere  Gründe,  insofern  .sowohl 
die  jetzige  Geistlichkeit,  als  der  Geist  des  Tolts  ynd  der 
Gemeinden,  riebst  dem  iijeitgeist  so  beschaffen  sind  ,  dafs  vom 
Aufschub  immer  mehr  Ut^bcls  befürchtet  w<trden  mufs.  Und 
kann  denn  überhaupt,  was  gegen  Pflichten  und  Rechte  an. 
slöfst^  zu  frühe  aufgehoben  werden?     DJe  Gegengrflnde,   die 

^  fKkan  anzMfipV^n  pflegt,  werden  als  ganz  unhaltbar  enthüllt. 

So,  bleibt  also  nur*  die  zwefte  Hauptfrage  übrig:  Auf 
virelcbe  VV",eise,,die  Aufhebung  geschehen  solle  ?  §.69 
zeigt  ^^rijil]er  alle  mögliche  ,^^fsigung:  Durch  Verbreitung 
richtiger Jpegriffe  von- o^r  Ehe  und  der  Ehelosigkeit,  vom 
aeisJ^hcben  Amt  und  dep;i ,  was  dasselbe  wahr^ait  ehrt  oder 
yerunebrr,^,so  wje  durch  yerbannung  der  bisher  herrschenden 
jrrigeu.BfigrLflFe  üter  diese  ^Gegenstände,  ist"  wenigstens  Überf- 
all Di^unjSiVf «^  "^ch  Grundeinsicht,  Rechtssihn  und  Sittlichkeit 
;s;CrebeH(|^.tf  utschen  Staatenvereine  der  ^Veg.  durchgängig  ge- 
bahnty   fichtig«   Ansichten    von    der  J^he  der    Geistlichen    zu 

Jass^^^  ^ajj  gegenüber  stehende  redende  Beispiel  der  vereh- 
licht^en  prote-^tantischen  Geistlichkeit  .bebt  das  Vorurtbeil  der 

.  Anstüfsigkeii:  yUr  ^Jl^r  Äugein.  Zugleich  einer  der  vielen  Be- 
weise^ \yie  Kiel  das  2ysammenseyn  mit  dem  Protestantismus 
auch  ^erjkatliolisclien'KircKe' nütze,  ii^  welcher,  wo   sie  un- 

.gemi«c4^/ij|fy,^e\Fo^W^ae^^   Mittelalters  viel    beharrlicher 


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126^  '^  '    Aüfhefeüfig  aei*  CCliliÄtt''' '^  '   '' 

fortdauerhl'  'üe'^eir^ies  lit  4as  Volk  leicht'  «u  b^ ebriön  , '  daft 
hier  von  keinem  Dogma  dfe  Redtf  ist,  sotiderh  VÖ'h  ein  efai 
Disciplinafgesetz',    das   in  der   ersten  'Kircihe;gdr    nichc 
hestand,  lind^das^  wenn  ei  gleich  jfcu  eii;ier  gfevi^is'seii  Zeit  we- 
gen vorhandener  Verhältnisse  gegeben   WoÄien  ist,    doch  zu 
einer  andern  Zeit. wegen  vefähdfert'efV«Jrhültriisse  wieder  auf- 
ne,   v^iö'ßS'b^i'Ge^enstünden  dieser 'Art 
in  sey/    ''  '  '''■'      ,    '  /'      '"   ''     '    "  "^  " 
man,  wie* der  Vf.  tiiih  Vorsicht  ahrathet, 
doch  endlich  in  Ernst  und 'liach  wahrer 
^erwürklichurig.       Wenii  etri  'Geistlicher 
Cölibatgesetz  nicht  zu  beobachten  ^eir« 
t  ohne  moralische  Gc^fahr  in  6rn|6m"Stande 
blefben  könne,  der' seine  fiefolgUng  fbrdre,  Weswegen  er  den 
geistlichen  Stand  verlassen  und  heirathen  Woll^ ,'  So' XVillfahte 
ihm  die  Kirche.     Oder  sollte^ie'ihn  zWingeh  düiTeh,'  iVn  geist- 
lichen Stande  und  uriverheirathet  zu  bleiben?  Oaim  dürfte  sie 
ihii  ja  zwingen,  eine,  nach^ seiner  trklärung,  för  ihtr^seelen- 
-  ^  verderbliche  Lebensweise  beizujbehaiteii.     Dann  wäre  ihr  also 
gestattet,    so  Viele   der  Gefahr  n^oiäiischer   Verdetbriif«   und 
Vtrdammnifs  hinzugeben,  iht,  die  für  die  TugenJ  und  Selig- 
\  keit  ihrer  Glieder  borge  zu  tragen  verpflichtet  ist'^  und  nur 
iVlittel  für  diesen  Zweck  seyn  soll.       Dem  GeistHcfabn,    der 
.  w^egen  Unyermögens  ,  das  Gesetz  beobachten  zu  können,  seine 
]&htiassung  aus  dem  geistlichen  Stande  begehrt ,  däVf  diese  utid 
das  Heurath'en  nicht  verweigert  werden,       Dör  pri^sterliche 
Character  indelebilis  bringt  nur  mit  sich^    dafs-,    wenn   der 
•,  legitim  Ausgetretene  einst  wieder'  in  den   geistlichen  Stand 
,  übergehen  wollte,  fir  neue  Weihe  ^icht  nöthig  haben  *würde, 
—   Ein  dem  urchristlichen  und  S^ti^yeh ,  was  überhaujrt  wie- 
der geltend  werden  soll  ^  sich  a|in3hetnder  Schdtt  Wäre^  dön 
..Geistlichen,   die  als  Professorefi /'PVäife^ioren i  RfectÖten  ett, 
kurz  nicht  als  Geistliche  im  ^i'ngeJr.i'W  Sirin,  aber  dobh  in  v«?^- 
wandten  Stellen  ,  angestellt' i'ind'  Ü^I^fl^uratheffi  nicht  ^U  viei:« 
weigern.      Endlich  wird    es    denii»' des   Vorbtreik^As^^  gehdg 
«eyn ,  um  auch  den  wirklichen  Geistlichen  nicht  lirWhPzly  t-er* 
weigern,  yva^s  ihnen  Jesus  nie  und  das  ktrcblichie^' 'besse'i-e  AI- 
terlhum   so   lange    nicht   verw<^igert  Bat,       Do^h  '^ek^   man, 
wenn  die  Umstände  es  fordern,   auch  hier  noch  Stuf'enSv^ise. 
JEine  schon  vor  vielen  Jahren   etschi'4uen^  Schrift  macht  foU 
genden  Vorschlag:  Wenn  man'  Ürs£f<ih'e  nöt^  ^il'j^Täüb'en^  dafs 
das  Heurathen  einer  gewissen  Cla'sise  Von  öefstlicntü  ».'^B;  der 
Hpfgeistlicben  oder  der  Geistlichen  einer  Hierin  m^Hr  iiufge- 
kliiten  gtüfsern  Stadt  W^Aiger'ÄM^'A' eri^etf^  vi^Wdy^  j<> 


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durch  MilwQrkung  der  Staattgesetxgebung.  127 

macl.e  man  den  Vorgang  damit ,  diesen  ErJauhniDi  zu  gehen« 
Die  Eilaubiijf«  aber  werde  auch  auf  Geistliche  aus  andern 
Klassen  ausgedehnt ,  sobald  man  von  ihnen  fiber&eugt  seyn 
kann  f  theils  dafs  sie  das  Vertrauen  ihrer  Gemeinde  in  einem 
Grade  besitzen ,  der  jeden  Anstofs  entfernt ,  theils  dafs  sie 
sich}  durch  diesen  Schritt  selbst  bestimmt,  nur  um  $o  eifriger 
bestreben,  vermittelst  des  Characters  und  der  Amtsführung 
die  Achtung  ihrer  Gemeinde  xu  erhalten.  Ist  durch  solche  Bei« 
spiele  das  Volk  gewöhnt,  die  Geistlichen  in  der  Ehe  zu  den« 
ken  und  zu  sehen,  so  kann  die  Erlatibnifs  ohne  Anstofs  im« 
mer  weiter  ausgedelint  werden ,  und  nach  nicht  zu  langer 
Zeit  wird  die  gänzliche  Aufbebung  des  Verbots,  mit  weit 
weniger  Widerspruch,  als  einst  die  Einführung  erfahren  hat« 
und  ohne  irgend  einen  nachtheiligen  Eindruck  erfolgen  kön- 
nen. Wo  aber  die  Gemüther  schon  genug  vorbereitet  sind, 
bedarf  es  ohnehin  keiner  solchen,  nur  Zögerung  verursachen- 
den Stufen. 

Nach  diesen  Andeutungen  der  Ausführbarkeit  ^ird  ge. 
seigt,  dafs  es  die  Kircbe  sey,  welcher  die  Verpflich- 
tung zur  Aufhebung  obliege.  Der  Fabst  oder  ein  Con« 
cilium  von  Bischöfen  hat  dazu  Vollmacht;  und  wenn  das  Be- 
harren auf  einem  hierarchischen  Zwang  Gregors  des  VII«,  der 
nunmehr  seine  Zeit  notorisch  in  iso  vielen  Rücksichten  über- 
lebt hat,  dem  Vertrauen  weicht,  welches  auf  die  fortdau- 
ernde Inspiration  der  Kirchenobern  gerichtet  werden  soll,  so 
>vird  dieser  Beweis  von  Verbesserlichkeit  viele 
Gemüther  gewinnen  und  beruhigen.  Wohl  dürfen  aber  auch, 
vi^ofern  von  diesen  Kirchenobern  doch  nichts  geschieht,  der 
niedere  QeruS  und  die  Gemeinden  die  Aufhebung  des  Cölibats 
von  der  höhern  Behörde  hegehren.  Unter  gewissen  hier  an- 
gegebenen Umständen  kann  selbst  dem  Staat  §.  64  —  68,  ja 
auch  den  Stände  Versammlungen  §•  69  —  70  das  Hecht,  sich  iu 
diese  Angelegenheit  der  Kirche  einzumischen ,  nicht  abgespro- 
chen werden,  da^  was  den  Pflichten  und  Rechten  des  Men- 
schen und  des  Bürgers  gefährlich  ist,  nicht  den  Schutz,  son- 
dern das  rechtliche  Veto  de*  Staats  verdient«  Hier  ist  jedoch 
nur  von  dem  Recht  im  Allgemeinen  die  Rede,  nicht  von  der 
Zweckmäfsigkeit  oder  Unzweckmäfsigkeit  des  Gebrauchs  dem- 
selben  in  einzelnen  Fl^llen.  ^  ' 

Eine  Ständeversammlung  kann  in  Angelegenheiten  der 
Kirche  nur  in  zwei  Fällen  einschreiten.  Soll  ein  auf  die  Kir- 
che sich  beziehendes,  aber,  so  weit  der  Gegenstand  zum 
bürgerlichen  Lieben  gehört,  vom  Stliat  ausgehendes,  Gesets 
gegeben  worden  $  so  übt  dieselbe  dabei   das  Recht  y  das  ihr 


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128  Aufheb«  d^  Cöllbats  d^  Mitwürk.  d»  Staati^esetzgebuDg* 

jtufolge  der  ]l[)4?stehenden  Verfassung  der  bürgerlichen  Gesetz« 
gebung  überhaupt  zukommt.  Wenn  aber  die  Regierung  von 
den  ihr  in  Beaiehung  auf  die  Kirche  (eine  Privatgesellschaft 
im  S.taat)  zustehenden  Rechten  (das  Veto  gegen  bürgerlich-^ 
schädliche  Kirchenverfügungen  ,  die  ohnehin  ni^ht  Glaubens- 
lehren sind)  nicht  den  ge^setzm  üf  ige  n  Gebrauch  macht, 
oder  die  ihr,  in  Beziehung  auf  Kirche  und  ihre  Angelegenhei- 
^Xen  obliegenden  Verbindlichkeiten  nichterfüllt,  so 
.f^bt  die  Ständever^ammlung  dqs  ihr  in  solchen  Fällen  vermöge 
der  Konstitution  überhaupt  zukommende  Recht  ,  Petitionen 
vorzutragen  oder  Vorstellungen  zu  machen.  Es  ist  aber  dann 
nicht  die  Kirche,  sondern  der  Staatsr^gent,  an  den  sie  unmit- 
telbar sich  zu  wenden  die  woRlthätige  Befiignifs  hat.  Es  war 
nicht  Anmafsung ,  dafs  einst  Ferdinand  d  e  r  I.  Maximi- 
lian ll.  und  andere  Regenten  laut  und  feierlich  forderten, 
dafs  die  Priesterehe  in  ihren  Staaten  gestattet  werde;  es  war 
vielmehr  Rechts-  und  Pflichtgefühl,  entstanden  aus  der  Uö- 
berzeugung,'  dafs  auch  die  Herrscher  der  Völker  und  ihre 
Rathg^er  <iie  ungezählten  Sünden  und  Gräuel,'die  der  COli- 
.bat  erzeugt,  zu  verantworteSi  haben  ,  wenn' sie  nicht,  soviel 
.  sie^  vermögen ,  dagegen  kämpfen.  Aber  von  s'elbst  versteht 
es  sich,  dals  das  Einschreiten  des  Staats  nur  auf  gesetz-  und 
verfassungsmäfsigera  Wegt?  geschehe,  und  also  der  Anfang 
damit  gerpiacht  werde,  ,die  Kirchenbebörde  aufzufor- 
dern, d^fs  sie  selbst  das  Gesetz  einer  neu^n  Prüfung  unter- 
werfe und  das  Resultat  ihm  bekannt  mache.  Der  Erfolg  dieses 
ersten  Schrittes  mufs  bestimmen ,  ob  noch  weitere  Schritte, 
und  welche^,  zu  machen  seyn  möchten.  Nur  wenn  etwas,  in 
das  bürgerliche  Leben  eingreifendes,  uiid  überdies /ciiier  ge- 
■  ''  *  •"  -•  nmung  Bedürftiges  dabei  vorkömmt,  verfügt 
selbst  hierüber.  . 

wäre  i^och  sicherer,  wenn  inehrefe  Mächte 
i  ZwecKe  vereinigten.  Viele  um  das  Wohl 
bekümmerte  richten  ihren  Blictauf  die  hei- 
boffend,  dafs  d^ese  auf  das,  vvas  allein  «ie. 
ber  alle' Sonderung  erhaben  vereinigen^  kanti, 
jlicbe  und  Gemeinschaftliche  der  Christuslehre 
ich;  durch  nichts  werde  abhalten  lassen^,  ein 
enst  um  die  Menschheit  sich  zu  erwerben.      ^ 

,.  tJ.   E,    O.    Pautuii 


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N-  a-    ^     -  1825. 

Heidelberg  et 

Jahrbücher  der   Literatur. 


i.  ^*  ßoratil  Ftaeei  Optra  otnnia  recertsuit  et  illastravit  Frtde^ 
ricns  OaiU  Doering,  Tomus  se cundus  cum  indicibus  v«r« 
Zörum  et  nominum  iocapUtissimis.  Lipsiae  ^  sumtibus  lihfariae 
Üäknianae.  MDCCCXXIV.  X  und  698  S,  *)      1  Rthlr.  20  gr. 

tm  Das  Loh  des  Landlebens ^  öder  des  ^uintus  Horatius  Ftae* 
€ue  zehnter  Brief  des  ersten  Buchs*  Erklärt  Con  L. 
S*  ObbarimSf  Professor  am  Gymmasium  zu  Rudolstadti 
Uelmstädt  C«  O*  Fleckeisensche  BucWtandlung.  1824«  11^  und  85 
S.  in  gr.  St  12  gr. 

t*  Dss  Quintui  Horätias  Ftatcus  Buch-  ü^er  die  Öicht' 
Kunst f  oder  Brief  an  die  Pisonen.  Erklärt  von  Dr^ 
Fr  anz  t>.  pAula^  üoche der  ^  Studie ndirector  und  Professor 
in  PViirzburg»  Passau,  Friedrieh JPuStet  z824.  XX und  187  S^ 
iagr.  ß^  1  fl.  36  kr. 

Nro,  1.  ist  eine  den  freunden  der  Horazitfclien  Muse  und 
den  zahlreichen  Verehrern  de»  verdienten  Mannes  gewifs  er- 
freuliche Erscheinung.  Dafs  die  Bearbeitung  dieses  zwei- 
ten.Bandes  auf  ähnliche  Weise  geschehen  ist,  wie  die  des 
fersten  Bandes  ^  war  wohl  eu  erwarten  ^  es  wird  auch  dies  in 
der  Vorrede  tu  diesem  Bande  bemerkt;  nicht  für  Gelehrte  ar- 
Iieitete  der  Verf.,    sondern  für  Leser,    die  noch  nicht  gani 

SeObt»  hauptsächlich  die  Gedanken  des  Dichters  und  dabei 
esonders  den  Gang ,  die  Verbindung  der  einzelnen  Thesle 
mit  einander  kennen  lernen  wollen,  CJnd  diesem  Griindsata 
ist  der  Herausgeber  überall  gleich  treu-gehUeben  sowohl  in 
Absicht  at:i^^ritik)  ^fejMj^Erkläriin^  des  Textes.  £r  sachte 
Vorerst  einen:  yon  den  JFÄnJern  der  Jtiandschrifteni    Wie  tort 


*)  Von  Nrö.  1.  ^geil  ifrpt  ü6Ch  eine  Kritik  Vöü  eidenl  afldera  Re-* 
ecnseuten  hier  bei,  ,  '* 

Die  Redactiom 

SlVÜI.  Jahrg.  2.  He/i;      '  9 


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130  Hotatii  Ppp,  eil.  Döring, 

Druckfehlern  gljeich  freien  \\n^  tein^^n  Text  au  liefern,  et 
wählte  ftherall  flie  passenderen  I^eSarten  aus,  und  gab  davon 
•in  den  Noten  Rechenschaft.  Conjecturen  hat  er  an  einigen 
Stellen  versucht,  jedoch  nur  an  drei  Stellen  dieselben  in  den 
Text  aufgenommen,  (Epist.  I,  10»  47  hauA  servit^für  aat  ser- 
Vit*  Ibid.  I,  20,  28.  dixit  füt  duxit  und  £pi$t.  ad  Pison.  245 
^nt  pene  fortasse  für  ac  pene  fortusse);  auch  an  andern  Orten 
Rind  unnölhige  Conjecturen  Anderer  abgewiesen;  Oberhaupt 
itrt  in  Auswahl  der  Lesarten  mit  grofser  Gewissenhaftigkeit 
nnd  Ünisicbt  verfahren  worden.  Was  die  Erklärung  betrifft, 
#0  ist  die  dabei  befolgte  Methode  deu  meistern  Lesern  aus  dem 
ersten  Bande  hinreichend  b,ekivint^  auch  hier  war  es  neben 
Erklärung  ^^&  Einzelnen  mit  Hauptbestr>jl)en  des  Herausge« 
iers«  die  plöt^ilichen  Ueberj^änge  desDichter^^  durcli  Angabe 
wnd  Ausführung  der  Verbiiulungspunkte  deutlich  zu  machen, 
den  oft  scheinbar  nnterbrochejien  Gedankengang  anzudeuten 
und  das  9  was  der  Dichter  ausgelassen  ,  zu  ergiUizeji^  wie  sol« 
ches  dem  Zwecke  seiner  Ausgabe  angemessen  \var,  Ref. 
glaubt  die  Theilnahme,  die  auch  er  an  cUeser  Ausgabe  genom» 
men,, nicht  besser  beweisen  zu  können,  als  wenn  er  eine  An- 
zahl bestrittener  Stellen  durchgeht,  namentlich  solche,  worin 
Hr,  Döring  sich  von  dem  neuesten  Bearbeiter  der  Horazistben 
Satiren,  Heindorf,   trennt,    oder  wo  IRef»  anderer  Ueberzeu- 

fung,  ti\s  Hr.  Döring  ist.  Ref.  will  zuerst  einige  kritische 
'alle  zusammenstelleu,  dann. Einiges,  was  sich  auf  die  Erklä- 
rung derf  Textes  bezieht.  * 
I.  Ref.  beginnt  sogleich  niilt  der  ersten  Satire  des  er* 
sten  Buchs.  V»  l8:  ,9(>«iJ  stads?  Nolint.f^  Letzteres  hat 
awar  Hr*  D.  im  Texte  stehen  gelassen  ,  jedoch  in  der  Nöte 
bemerkt,  dafsihm  die  Lesart  AWun^  vorzüglicher  scheine,  weil 
dann  die. Rede  auf  diese  Art  mit  einander  zusammenhänge:  „sl 
quis  deus  ad  homines  —  dicat:  accedite,  ego  statini"  vos  mu- 
tabo  in  eos,  in  qiios  fnutarifCupitis;  expectat  paulisper  deus> 
sed  ii  accedere  et  mutari  nolum^^  Dann  miUste  man  die  Red*» 
für  abgebrochen  Kalten,  als  eine  Art  von  Aposiopese,  indem» 
wie  auch  Heindorf  richtig  bemerkt,  dann  der  Nachsatz  zu  : 
,,Si  quis  deus  etc.  fehlt«  würde.  Auch  kommt  uns  das  nolunt 
matt  uud  kraftlos  vor  nach  dem  vorausgegangenen  quid  statis» 
Wir  nehmen  daher  noUnt  als  Nachsatz  zu  si  quis  deus:  „Ja 
wenn  ein  Colt  selber  ihnen  zuriefe  —  selbst  dann  würden 
sie  nicht  wollen  (no/mf,  sc.  discedere  etc.)«  Ys.  65  ist  die 
alte  Lesart:  mallem  bei)>ehalten.  Auch  Wir  glauben,  dafs 
selbst  ohne  iie  Vergleichuhp  mit  dem  Griechischen,  wie  Hein« 
dorf  thut,    das   Piäsens  Conjunctivi   hier   einzig   nach  den 


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Boratii.Opp.  cd.  Döring.  l3l 

Geiet^eti  der  lateinischen  Sprache  stehen  J^ann ,  rumal  da  auch 
die  Fräaentia  sit  und  dicas  vof ausgehen.  Wir  bilUgeu  daher 
durchaus  Heindorfs  malim.  Eben  so  steht  vs,  89  velU^  Da« 
gegen  scheint  un^  vs.  88  das  von  Hrn.  Döring  aus  Fea  auFge-^ 
nommene  jin  sie  cognatos  etc.«  fQr  an  si  oder  ac  si  (was  Hein« 
dorf  rertheidigt) ,  einlacher  und  angenehmer  schon  durch  den 
Gegensatz,«  den  es  i^it  dem  Vorhergehenden  bildet. —  Va,  95 
ist  Hr.  Döring  gleichfalls  Fea  gefolgt^  nur  dafs  er  die  Stelle 
noch  durch  eingefügte  Klammern  deutlicher  gemacht  bat.  Er 
achreibt  nämlich : 

Ummidius^  quif  tarn  (non  longa  est  fabula)  dives^         H 

Zwar  ist  immer  die  Trennung  des  tam  von  dives  etwas  auf* 
fallend  und  unangenehm«  allein  sie  wird  durch  das  folgenda 
z/asordidus»  nt  etc.  gewissermafsen  gerechtfertigt,  und  seihst 
das  zunächst  folgende  ut  metiretur  nummos  verlangt  bei  dives 
ein  tarn  oder  etwas  Aehnliches,  auch  sind  die  Stellen  ,  welcha 
Heindprf  für  die  Ellipse  eines  solchen  tam  oder  ita  beibringt, 
keineswegs  ganz  analog«  namentlich  Bat.  I,  5,  33  wo  »t  wie 
heifst  und  nicht  eine  Folge;  so  dafs  bezeichnet*  *—  Vs*  liö 
»teht  noch  ohne  weitere  Bemerkung:  —  exacto  Contentus  tem- 
pore vitae  cedat,  da  doch  einige  Handschriften  vita  geben ,  was 
,  unsers  Eracbtens  Heindorf  mit  Recht  vorgezogen  hat.  Die 
Construction  des  cedere  mit  dem, Ablativ  ist  von  Ruddimann. 
Institt.  L.  Lat.  II.  pag.  132  not.  55  nachgewiesen.  «^  Wir 
gehen  zur  fünften  Satire  fiber.     Hier  hat  vs«  6: 

mimis  est  gravis  Appia  tardis. 

Hr,  Döring  aus  Fea  aufgenommen: 

tnmis  est  gravis  Appia  tardis« 

Wir  halten  aber  die  ältere  Lesart  tninus  für  die  einzig  richtige. 
Horazsagt:  Wir«  ignaoif  langsame,  trHge  Fufsgänger  theil- 
ten  den  Weg«  den  raschere  Fufsgänger«  (als  wir  sind),  in 
£inem  Tage  machen ,  in  zwei  Tagereisen;  so  ist  diese  Strafse 
für  langsam  Reisende  minder  beschwei-}ich|  (als  sie  es  seyn 
würde ,  wenn  wir  in  eineih  Tage  die  eanze  Tour  machen 
wollten  9  wiewohl  raschere  Fufsgänger  thunkö^n^n,  welche 
an  die  Peschwerlichkeiten  des  Gehens  besser  gewöhnt  ^ind, 
als  wir  Stadtleute).  Das  ntmc#  gravis  pafst  schon  darum  nicht, 
weil  aller  Grund  wegfiele,  warum  sie  den  Marsch  in  zwei 
Tagereisen  zerlegt,  wenn  er.  bei  schnellerem  Marsch  ihnen 
minder  beschwerlich  wäre.  Auch  Heindorf  hat  gut  dasrnwir* 
rertheidigt«  — ^  Vs.  70  ist  froduximuM  statt  des  Bentleyschen 

9* 


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4311  fioi^atii  Opp.  «d.  Donog. 

prxfducimui,$  ^M  auch  Heindorf  aufgenommen /^  böibehiilfeii. 
Freilich  die  vorffusgegang^nen  FrSs«;iitia  v«.  47  poniMt ,  4d  ftf 
60  recipitf  das  folgende  tendiinut  vs.  71'  etc»  scheinen  Bentley*« 
vroduehnus  ZU  hestatigen..— -  In  der  sechsten  Satire  «cbireibt 
Hn  Döring  mit  BentJey: 

—  Quid  bomo  hie  out  quo  patre  natuf« 

Heindorf  folgte  wohl  nicht  ohne  Grund*  der  von  Lamhin  in 
aehnCodd.  gefundenen  Lesart: 

— *  <^uis  homo  hie  est?  quo  patrct  natus? 

^ie  scheint  uns  durch  das  Asyndeton  lebhafter.     Ehen  so  ist 


Veränderung  nicht  nöthig  macht ,  auch  possünt  in  keiner  Hand- 
schrift sich  findet.  Eher  liefse  sich  noch  im  folgenden  Verse 
das  ebenfalls  aus  Bentley  ai/fgenommene  /ifci  me  för  mihi  te  yer- 
theidigen.  —  Satir.  H,  l,-4l  «chreiht  Hr.  Döring:  quem  cur 
destringere  coner  und  erörtert  dabei  gut  den  Unterschi<^d  zwi» 
sehen  destringere  und  dtstritiferti^  der  selbst  Heindorf  nicht  gan« 
^klar  gewesen  zu  seyn  scheint^  sonst  hätte  er  nicht  gegen  die 
Ansichr  eines  Gronovius,  Drackenberg^  Oudendorp,  Grä- 
vius  und  Ajiderer ,  das  falsche  distrhtgere  hier  wieder  hervor* 
rufen  können.  Hr.  Döripg  giebt  in  der  Kürze  den  Unterschied 
so  an;  distripgere, est ^  huc  illuc  vel  in  diversas  partes  trahere 
(daher  auch  districtus^  qui  ttno  eodernque  tempore  väriis  et 
pluribus  negotiis  distinetür,  huc  illuc  trahitnr)  dagegen  destrin^ 
gereisll  „öx  loco  ali(juo  aliquid  stringere  vel  trAere.'*  Eine 
ähnliche  Verschiedenheit  der  Lesiart  tritt  vs.  79  ein,*  wo  Hein« 
dorf  mit  Bentley: 

—  Equidem  hihil  hie  diffingere  possnm, 

ebschon  beide  in  der  Erklärung  von  einander  abweichen« 
Hr.  Döring  schreibt  »  - 

,  —  Equidem  nihil  hie  diffinder^  possum, 

und  niq[i|nt  diffindere  in  demselben  Sinne  wie  secare  in  Sat.  I^ 
10,  lö*  Epist.  I,  t6,  42  für  dirimere,  positum  existimo.  Ebenso 
trennt  sich  auch  Hr.  Döring  von  Bentley  ibid.  vs,  85i 

^  •  -^  Si  quis 

Opprobriis  dighum /Äci?rfly«ri*,  iriteger  ipse? 

Hr.  Döring  vertheidigt  die  ältere,  voii  ihm  im  Textauch  bei« 
behaltene  Lesart  latraverit  i^  e,  latrando  p§ti9entf  allatratferii  ,  wio 


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Boretü  Opp.  «d»  DtfHof.  13? 

«ucb  an  eisigen  andern  Stellen  dei  Hof atiut  lairmr§  üliqm^m  ffli; 
dUmirmr9  ttUifmem^  er  «ucbt  die  Redensart  gegen  Bentle^f  nacl| 
JLitr lue XXXVIII,  54  (wo  ee  vonGato  l^etfst :  qui  vivo  ^oque 
eo  alUirMr0  ejus  inagnitadineni  aolebat)  in  Schuta  au  nebmeit 
uud  ihr  die  allgeuirine  Bedeutung:  mmhdicta  aiUui  inger9w9  ^^ 
leihen,  nach  derselben  Metapher ^  wonach  man  auch  sage  op^ 
jfrohtiis  mordtf  alufuem  (  waa  indeft  wohl  verschieden  ist»  so 
dafft  demnach  das  Uueraoerk  e^er  als  eine  Erklärung  von  Imtrw 
verit  erscheine.  Ref.  gesteht»  dafs  er  durch  diese  Gründe  von 
der  Bedeutung»  die  hier  latrare  "Jkaben  soll,  noch  nicht  gans 
aherzetigt  worden  ist»  es  will  ihm  immer  noch  d^5  Iae9ra9€ri$ 
atärker  und  au  opprobtiis  diguum  passeodeif  ddnken,  —• 
Sat.  II,  2,56: 

Ciii  Canis »  ex  vero  ductum^  cognomen  adhaeret^ 

vro  Heindorf  und  Andere  dictum  lesen ,  namentlich  aucti  at!lo 
alten  Ausgaben  und  Bentley's  Codd«  Sonst  ist  beides  gleich 
aur^chmäisig  und  durch  analoge  Beispiele  au  rischtfertigen* 
Ibid«  132  billigen  wir  die  Beibehaltung  von  jtostremo  gegen 
Bentley*s  pottremuntf  da  au  expellet  schon  illum  als  Object  ge« 
Jidrty^aber  gleich  darauf  glauben  wiri  dafs  Heindorf  mit  Recht 
£u  der  Lesart  der  alten  Ausgaben  und  Codd.  aurUckgekehrt^ 
und  Bentley's  Verbefserung,  die  auch  Hr.  Döring  aufgenommen: 

Dictus  0ratt  nullt  proprius«  sed  c»dU  in  usu/n, 

nicht  nöthig  ist ,  oder  der  ursprünglichen  f  Iltern  Lesart  vor« 
zuziehen : 

•    *     DictuM ,  €rh  nulli  proprius  ^  sed  c#d«i  in  usum. 

Sat.  n,  5f  76  hat  Hr.  Döring  Peitelopen  beibehalten,  waa  wir 
billigen  bei  der  Unsicherheit  Ati  BeAtleyschen  Canons ,  däfs 
Hord«  in  den  Oden  die  giiechischen  Formen ,  in  den  Epoden 
und  Sermonen  aber  die  römischen  vorgezogen  1  Dagegen  Sat« 
^f  6}  4S  ist  wohl  SU  lesen  mit  Bentley  und  Heindorf : 

Invidiae  noster.f  Ludos  spectav^rU  una  ^    ^ 

Luserit  in  campo  etc.  — 

Denn  nimmt  man  mit  den  Aeltern  und  mit  Hrn.  Döring  das 
Nost^r  zu  ludos  speetaverat  (ohnehin  ist  das  Flusquamperfectum 
matt  und  kraftlos) ,  so  s^eht  doch  subjectior  und  der  ganze 
vorhergehende  Satz  ohne  Fronomen  und  ohne  Verbum  gar  bu 
nackt  da,     Sat.  II,  8»  4:         . 

...  Daf  si  gräve  non  est. 

Die  älteren  Ausgaben  hahen  f ir'eiiicb  its  für  da;  allein  letzteres 


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l34  HQtatU  Opp.  ed.  Döriog« 

als  die  scbwierlgere  Lesart  mdc|^te  wohl  rortusiehen  teyn, 
Mehrere  gut^  Codd.  bei  Fea  bestätigen  diese  Lesart ,  richtig 
sagt  Hr.  Döring:  j^altera  lectio  dio  glossam  sapitU  Ep.  I,  if 
^28:  Non  poüsis  oculo  qüantujm  contendere  Lyaceas  ist  billig 
das  ocn/o  gegen  das  Ben tleysche  oculos  Beibehalten  und  richtig 
erklärt:  ^,intentis  oculis  asse^ui  tantum,  quantum  LynceuS 
assecutus  esse  dicittir^^  man  mufs  also  nur  tantum  vor  (juan# 
tum  ausgelassen  hinzudenken.  Aucii  Epist.  I,  2^  45  i<t  jiacan'f 
tur  beibehalten  und  erklärt;  die  Conjectur  plßcantur  scheint 
daher  nicht  nothwendig.  B^ist.  I,  5$  10  ist  die  gewfihnliche 
Lesart  des  Handschriften : 

Quo  mihi  fortuna ,  si  non  concedituruti? 

Einige  verändern :  fortnnaß^  Andere:  fortunasf  Anderem  fortw 
nam.  Herr  Dörig  suchte  —  was  in  solchen  viel  bestrittenen 
Stellen  gewifs  immer  das  Rathsamste  ist,  der  Lesart  der  mei- 
sten Handschriften  zu  folgen ^  nur  mit  veränderter  I^ter- 
punction.     Ervchreibt: 

Quo  mihi,  fortunß  si  non  ponceditur  utl? 

und  nimmt  fortuna  in  dem  Sinn  von  opportuna  laettu^  »oecäslone; 
quo  (quid)  mihi  sg.Mla  prodest?  Allein  zu  dieser  Erklärung^ 
^scheint  der  folgende  Vers  nicht  zu  passen : 

Pa>-cui  o&  ^a^r^iiV  ctfrom  nimiumque  severus 
A^sldet  in^ano* 

I>ies  beweist  wohl  zur  Genüge,  dafs  Fortuna  im  t^'orherge« 
henflen  von  GtOcksgütern  ,  Vermögen  ^  Reichthum  zu  verste- 
hen ist;,  wozu  sonst  das  parcus  ob  haeredis  euram?  Ref.  glaubt 
allerdings,  dafs  fortan^ 'nicht  durch  In terpunction  von  dem 
quo  mini  getrennt  werden  darf,  uud  dafs,  wenn  Etwas  zu 
ändern  ist,  fortunae  als  Nominativ  Pluralis  zu  setzen  ist.  Da- 
gegen £p.  I,  10»  40  hat  Hr,  Döring  mit  Rechr  Bentley's  vehU 
Ve^kissen,  und  die  Lesart  f^ehet^  «luch  wegen  des  folgenden 
itesciet  im  Texte  belassen.     Er  schreibt : 

Libertate  caret,  dominum  oehet  Improbas  ,  atquö 
^Serviet  aeteirnum,  quia  parvo  nescUt  uti. 

Eben  so  müssen  wir  es  billigen,  daft  Hr.  Döring  Ep.  I,'l6, 
49  die  alteLesart  verlassen;  er  schreibt  mit  Bentley  und  Fea: 

renuit  negitattfue  Sabellus 
statt  des  schon  durch  die  Stellung  der'Fartikel  anstöfsigen  : 
renuit  negat  atqM  Sabellus  . 


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Eoratü  Opp    ed.  Döring*  ^-j5 

das  nur  ein  Baxter  noch  Tertheidigen  ^kpnnte.     Nicht  ist  auch 
ditt  Liesart  einer  Ilandscfarifr : 

renuUqii9  negatqme  Sabellui, 
Die  schwierige  Stelle.  Ep,  II,  1,  i3.  14  i 

'    Urit  enim  fulgore  stia^  qui  praegravat  artes 
Inf'ra  se  positas;  extinctus  amabitur  idem. 

hat  Hr.  Ddring  im  Texte  unverflndert  gelassen ,  was  gewils 
löblich  ist.  AUein  was  solJ,  fragr  er:  praegravare  (i.  e.  super^r^) 
artes  heii'sen?  und  artet  {i\r  artifices  zu  nehmen  geht  doch  auch 
nicht  an  |^  da  hier  von  arcifices  nicht  die  Rede  ist.  £r  schlügt 
daher  vor,  mit  Fea  zii  lesen  positot  fflr  positas^  dann  artes  in  ant 
•  zu  verändern,  in  dem  Sinn:  ,,Nam  qui  a li os  (art«)  vlrtuti- 
hufl  (praegravat")  superat,  et  üs  exsplendescit^  is  fulgor»  sma 
Qnfra  se  posiios')  a  se  superatos,  sc  inferiores  (urit)  ptmgit  et 
invidia  inflaramat/^  In  der  Ausgabe  dieses  Brief a  von  Zell 
(Heidelberg  l8l9)  ist  nichts  Näheres  fbr  die  Erklärung  dieser 
schwierigen  Stelle  bemerkt ,  es  wird  blos  S.  23  angefCihrt,  dais 
Lambin  bier  artes  für  artifices  nehme  und  auf  Beispiele  über 
den  Gebrauch  des  Abstractum  pro  Concreto  verwiesen.  Aber 
gerade  die  Hauptsache,  das  praegravat  artes  infra  se  positns  bleibt 
unerläuterC.  Ist,  Wie  lief,  doch  su  glauben  geneigt  ist,  die 
gewöhnliche  Lesart  der  Handschriften  und  Ausgaiien  richtige 
so  wirJ  man  in  dem  artea  infra  se  positas  eine  Fortsetzung 
der  in  praegraiTat  begonnene»  Metdpher  von  einer  Woge  an- 
nehmen m^9sen^  I>enn  das,"  wa^  auf  der  VVagschale  bisher 
unten  liegt,  (iufra  se  postt,)  also  da&  Gewichtigere,  das  Vor« 
xö^lichere »  überwiegt  er  nun  (praegravat)  durch  sein  eigenes 
bedeutenderes  Gewt^.t^  durch  »eine  eigenen  Vorzüge,  er  über- 
trifft es  also,  er  ragt  v^or  ihm  hervor^  Bios,  durch  diese  An- 
nahme einer  fortgesetzten^  ]\F$etapber  glaubt  Ref.  diese  Stella 
nach  der  gewöhnlichen  Lesart  erkL'u-en  zu  kdnnen.  Bothe  (*^ 
Annotatt.  ad  Horat.  Epist.'  pag.  19^2)  sucht  der  SteUe  auf  die 
Art  zu  helfen  y  dafs  er  nach  praegravat  ein  Comma  setzt  und 
dies  qui  praegraQat  lür  sich  nimmt  (^qui  praeponäerat  y  qui  in  arte 
aliqua  princepi  est)  ^  den  Accu^ativ  arrei  infra  Sß  positas.  aber  als 
Object  zu  iirtV  zieht. 

IL  Kec,  geht  zu  der  Erklärung  über.  Er  bat  schon  oben 
den  Charakttu-  derselben  und  die  vom  Verf.  befolgte  M-ethode^ 
übereinstinin^end  mit  dem  Zweck  dieser  Ausgabe  angegeben. 
Kr  will  sich  bier  blos  noch  über  eine  Anzahl  Stellen  verbrei- 
ten, in  welchen,  wie  er  glaubt,  Hr.  Döring  die  richtigere 
Krklärung  gejanden,  oder  wo  auch  zumTheil  eine  andere  Er« 
klärung  statt  Enden  kann,     Sat.  I,  1,  41*  42  : 


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J.3^  Horatii  bpp-;  ed.  Döring, 

Quid  juvat  imiuensum  te  argeQti-poncIa9  et  i|üri 
Tut tim  Jefossa  Uvcxidum  dc^onare  terra? 

Gewdlnilich  erklärte  man  mit  B<u-iif ung :auf  Vir^il  Georg.  III,. 

il 6  dejossa  i^v  effossa.    Proprio  sagt  Hr.  Döring,  non  terra ^  sed 

aurum  suh" terra  defodi  dicitur,^*  (Aber  dje  Erde  wird  doch  auch 

ausgegraben  behufs  einer  Grube^  in  welche  mah  etwas  aufbe. 

'wahren  will).  Deshalb  fragt  er  weiter,  ob  nicht  vielleicht 
'  das  <fe/bija  schicklicher  auf  das  ihoi  zunächst  steh^/ide  Subsiran« 

tiv,  nach  einer  bei  den  Dichtern  wohl  öfters  vorkpmniendeii 

Umstellung  zu  beziehen  sey,  &i^  dafs  man  verbäpde:  auri 
'  pondus  dufossum  deponere  für  Jefossum  reponere ^  seponerey  reconderß^ 

oder  einfach  für  defodere.  —    Ibid.  vs.  64  wird  \queteaus  gana; 

richtig  durch ,  9»a»f/o<ywiJßm  erklärt  j    s.  sHeindorf  ad  h,  l.\— * 

Ibid,  vs.  12oV 

Jam  satis  est:  ne  me  Crispiiii  scrihia  Itppi 
Compilasse  putes,  v^rhum  non  a^mplius  addam. 

'  Hier  hat  das  Uppus  bekanntlich  den  Auslegern  viel  zu  scha:ffen 
gemacht;  Ref.  dünkt  es  noch  immer  am  einfachsten^  hier  die- 
ses Wort  von  einem  wii'klichen  Fehler  des  Crispinus  zu  ve^-t 
stehen y  mit  dessen  Trief^ugigkeit  vielleicht  der  Dichter  auch 

,  zugleich^  auf  seine  Vielredenheit  und  geistloses  Geschwätze 
anspielen  wollte,  Hrv  Döring  meint,  dafs  Iforaa,  den  sein« 
Gegner  «»pÖttisclf  und  mit  Verachtung  einen  Uppus  /jq^^a  genannt, 
diesen  lächerliche^  Vorvrti.rf  auf  eben  dieselben  zurückgewor- 
fen und  so  dieselben  ai^ch'  als  lippi  bezeichne.  Wir  glauben 
dann  ^ber  doch,  diese  Art,  dem  Gegner  das  vorzuwerfen, 
was  er  mir  vorwirft,  wenigstens  nicht  salse  nennen  zu  dürfen.  — 
Sat,  I,  5i'  32  ad  unguem^actjfis  homo  is.t  passend  durch  ^ii/i^cn^'V- 
siitie  expolitus  wiedergegeben ,  die  Hedensart  selber  ui^d  4^5  ihr 
.$u  Gvunde  liegende  Bild  aber  erläut^t.     Ibid.  9l  ♦ 

Nam  Canusi  lapidosiis,  aquae  non  ditior  urna 
Qui  locus  a  forti  Diomede  est  oonditus  olim 

erklärt  Hr.  Döring  die  Worte  aquae  non  ditior  urna^s  ^»urna  vero, 
(£ua  aqua  hauritur,  non  (^ditior)  plenior  ibi  est  aquae  b.  e. 
eadem  Caniisii,'  quae  Eqiiotutii,  aqüae  est  popuria.^*  Hier 
^  ist  der  Sinn  keineswegs  verfehlt;  was  die  Stfuctur  der  ein- 
zelnen Worte  betrifft,  so  verbinden  wir  ditior  tnit  qjii  iocm  io 
dem  SJnn  ;  „welcher  OVt  (als  Apposition  von  Cimusi),  nicht 
reicher  uin'eKie  ürue«Wasser  (als  nämlich  der  vorhergenannte 
Ort  Equotutium),  von  Diomedes  gegründet  worden  ist.**  — 
Sat.  I,  6,  B:  wir  vi  in^enuus  gut  erkliirt  durch  liberalit^r  exeultup, 
dm pb  welche  beiden  Worte  das"  Wort  bed^e^p  erWilrt  wird,  al* 


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Hontii  O^.  cd.  Döring.  l37 

Jarcli  die  lange  Bemerkung  Heindorfs.  Ebeb  io  wettig  scbeiiit 
Hr.  D5r.  I,  6»  79:  in  magno  u^  populo  die  gebuchte  Erklärung 
Heindorfs  zu  hilligen,  wornach  diese  Worte  bedeuten  sollen : 
„insofern  dies  in  dein  ^roüsen  Volke  möglicb  ist  *«  etc.  Rich- 
tiger wird  man  gewiu  mit  Hr.  Ddring  die  Worte  $o  fassen: 
„Kfuty  quamois  in  Jrequento  choitata  ^  tibi  alias  homines  parum  euratU 
'  aliomm  vestes  et  jfedittequos,^*  Eben  SO  gleich  im  Verfolg  f  moika 
ex  rgf  was  Heindorf  in ,  einer  langen  Note  dem  Horaz»  ah 
dem  Sohne  eines  Freigelassenen  absprechen  will.  Aber  er 
scheint  dab{:;i  den  Sinn  der  Stelle  ganz  falsch  aufgefafsc  zu  ha- 
ben. Horaz  tagt  eben,  dafs  die  Leute ,  wenn  sie  den  ge« 
putzten,  von  Sclaven  begleiteten  Knaben  erblickten ,  densel- 
ben wohl  für  vornehmer  ,  reicher  Herkunft  hielten  —  eura 
en^  gente  divite  vel  avita  prognatum  fi^se  opinabantur|  wie 
bier  richtig  bemerkt  wird.     Ibnl.  vs.  101 ; 

Atc[ue  sältttandi  plures 

wird  richtig  und  einfach  erklü.rt:  ^^  salutationa  adeundl\  ^iiod 
Heltat  Diane;'*  was  gewifs  die  einzig  wahre  Erklärung  ist,  de- 
ren Sinn  Heindorf  auf  eine  kaum  begreifliche  Weise  verkannt 
bat,  wenn  er  auf  allerlei  Umwegen  am  Ende  die  Erklärung 
herausbringen  will:  salutatores  -plures  ßccipipndi^  Sot,l,9t6« 
wird  die  lledensart;  Numquid  vis,  die  Heindorf  durch  eine 
Anzahl  Stellen  der  Komiker  erläutert,  gut  gegeben  durch: 
,,ha8t  Du  noch  Etwas  zi^  befehlen?«  als  formula 
j^ieiinjam  abituri  et,  num  quid  Sit,  quod  fieri  jubeatur,  roaantis» 
Ibid.  3^.  wird  das  responder^  vadatQ-  duvch  eine  kurze  Erklä- 
rung deutlicher  als  durch  die  lange  Exposition  Heindorfs ,  mit 
der  am  Ende  der  Leser  doch  nicht  aufs  Klare  kdmnit.  Reo. 
fugt  die  Worte  der  Erklärung  bei;  „in  judicio  adtsse  et  re- 
spondere  ei,  qui  jllum  vadatus  est  (petitori),  sive  causam  ^ 
agere  in  judiclq  cum  eo,  gui  illum  vadimonium  promittere 
b.  e.  datis  vjidibus  se  certo  Jie  in  judicio  adfuturuni  ^stid  pol- 
liceri  jussitt'«     In  der  Stelle  I,  9,  69,  70 : 

— ^  hodie  tricesima  sabbata;  vin  'tu 
Curlis  Judaeis  oppedere? 

bat  *ich  Hr.  Döring  an  das  Allgemeine  der  Erklärung  gebaU 
ten  und  vt^ird  hierin  befriedigen.  '  Das  Auffallende,  da*  aber 
hier. in  dent  Erwähnen  eines  jüdischen  Festes  u^d  der  Bezie- 
hung darauf  Jiegt,  wird  zwar  selbst  d^ircb  Heindorf's  Note 
nicht  gehoben;  Ref.  fand  in  dem  eben  erschienenen  ersten 
Bande  des  Handbuchs"  der  Kirchengesrhichte  von  Gieseler 
S.  44.  43,  b^Mcr^  Andeutung,     Sonach  wäce  diese  Stelle  «u 


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erkl8«m^ftt)»  äeip  ,in  jenen  Zeiten  bei  den  Adme^'n  Allgemein 

fewordBfren  Hang  «u  fremden  Gülten ,  und  somit  ^ueh  acium 
udenthum,  welche  Neigung  dann  jüdische  Gaukler  benutiftt^ny 
so  dä£s  auf  diese  Weise  jüdische  Ceremonien  in  IWm  häufig 
beobachtet  wurden^  ohne  dafs  gerade  alle  Freunde  derselben^ 
sich  von^den  heidnischen  Gülten  Josgerissen  und  für  wirkliche 
Frosel)^ten  des  Judentjuims  gelten  kpnnten.  • —   Sat,  II.  1^  86  : 

Solventut  riiix  tabulae;  tu  missus  abibis. 

Die  gezwungene  Erklärung  Heindorfs  konnfe  nicht  genügen. 
Nach  Hr.  Döring  hat  die  Stelle  den  Sinn ,  der  in  j«dein  Fall 
annehmbar  er  ist:  ,,Wenn  ileine  Gedichte  gut  sind ,  und  du 
selber  rein,  deine  Geifsel  über  die  schwingst,  die  es  ▼erdie- 
iien,  $o  verlieren  die  auf  Tafehi.  (der  Sitte  gemäfs)  geschrie- 
benen Gesetze  die  Kraft,  die  ihnen  gegen  Verlätinider  zu» 
kömmt,  und  zwar  nicht  ohne  das  GelUchter  der  Richter  (die 
iiach  dem  Gesetz  über  diesen  Fall  zu  entscheiden  haben)) 
diese  werden  selber  Über  jene  Menschen ^  deren  Laster  du  dem 
Gespdtte  preifsgegeben,  lachen  ,  und  du  wirst  freigesprochen 
aus  der  Klage  scheiden  (tu  missus  impune^  ex  judicio  abibis),- 
Die  Redensart :  lege  sohl  (leges  —  solvuntur  und  dafür'hier 
tabulae,  in  quibus  leges  perscriptae  sunt ,  solvuntur)  läfst 
sich  durch  viöle  Stellen  beweisen.  —  Sat.  tl,  2,  29: 

Garne  tamen  .quamvis  distat  nihil  hac  magis  illa«^ 

Wir  erklärten  früher  wohl  nach  Gesner  :  quojtnvis  nihil  dhtat 
(obschon  es  an  und  für  sich  gar  kein  Unterschied  ist)  cärne  ftdo 
magis  ^quani)  illa  sciL  üescaris^oh  du  von  diesfem  (Pfamenfle'isch) 
lieber  als  von  jenem  (dem  Hühnerüeisch )  geniefsest,  (denn 
])eides  ist  Fleisch);  allein  sowohl  die  Auslassung  der  Frag-^ 
Partikel  wie  die  der  Vergleichungspartikel,  so  wife  des  Ver- 
bum  selber  fiel  lins  stets  auf  und  veranlafstp  Bedenklichkeiten, 
'  die  uns  dadurch  einigermafsen  gehoben  wurden,^  dafs  wir  distare 
für  -praestare  nahmen  und  verbanden  :  quamvis  carne  hae  nihil  magir 
distat  illa  (sc.  caro),  wo  uns  das  magis  auch  gar  nicht  so  uner- 
träglich vorkam,  als  Heindorf  glaubt.  Hr.  TDöring  supplirt 
-statt  vesceris,  was  Gesner  aus  vs,  27.  supplirte,  aus  vs.  24* 
palatum  tergere  vis  und  erklärt  so:  ^^Came  tarnen  hac  pavonis, 
quamvis  distat  nihil  j  magis  (potius  ^uam}  illa  gallinae  carne  pa« 
latum  tergere  vis!**  Wir  gestehen  ,  dafs  die  oben  beineikten 
Bedenkliclil^evten  durch  diese  Erklärung  uns  nicht  ganz  gehoben 
zu  seyn  scheinen,  so  wie  die  aus  vs.  24*  genommene  £rgäu- 
zung  etwas  zijt; entfernt.  -^   11,2»  66: 

In  neutram  partem  cultus  miserp 


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fioratil  Opp«  •ä^  Döring.'  l39 

scheint  Uns  Hr.  DSringt  Verbtndtina:   panein  ciAßt  ifiichttt 

und  na(flrlicher|  als  das  Heindorfiscne  cuhu$  miser^  welches 
geswungen  und  hart  ist;  auch  sind  die  von  Heindorf  fQc  dic^e 
Ganstructton  angefahrten  Stellen  nicht  ganz  analog.  Ib.  TS.  92: 

Tardius  adveniens  Titiatum  cominodaus  quam 

Integrum  edax  dominus  consumeret 
nimmt  Hr.  Döring  integrum  für  recentem,  wahrscheinlich  be« 
MTOgen  durch  d;is  vorhergehemle  vitiatam ,  vielleicht  auch 
durch  vs.  42 ?  putetaper  rpombusque  recens':  Allein  nSher  der 
eigentlichen  Bedeutung  des  Worts  scheint  es  uns^  das  Wort 
in  dem  Sinn  von  ganz,  so  wie  er  ursprünglich  ist« 
mit  Bezug  auf  die  bei  Heindorf  in  der  Note  nacbgewlesene 
Sitte  zu  nehmen«  —  Sat.  H,  5^  38*  7«  cognitor  ipse,  (So  ver- 
bindet Hr.  Ddring. '  Heindorf  setzt  das  Punkt  vor  ipsg'unß. 
sieht  dasselbe  zum  folgenden)  wird  einfach  und  befriedigen« 
der  9  als  durch  Heindorfs  lange  Exposition  ^  die  solchen  Le- 
sern |  wie  die.  sind,  fllr  Welche  Hr. 'Döring  arbeitete ,  kei« 
tieswegs  die  Sache  klar  machen  wird«  so  erklärt:  ^^ipse  partes 
ejusj  4fui  praesens  coram  J.udic:hus  causam  suam  perorare  Hebet  ^  süs^ 
etpip/^  mit  Anführung  des  Asconius  Pedianus  ujnd  Verweisung 
auf  Ernesti  Cl.  Cicer.  Auch  vs.  48*  ibidem  mfifsen  wir  Hrn. 
X)dring  gegen  Heindorf  beistiiumen^  w^nn  er  secutidus  heret 
versteht  von  dem  coheres,  dem  nur  ein  Theil  der  Erbschaft 
zufällt,  der  auf  der  zweiten  Zeile  des  Testaments  steht ,  im 
Gegensatz  gegen  den  primusher^s,  den  UniversaleHjen ,  der 
auf  der  ersten  Zeile  (primo  versu)  geschrieben  st^ht»  Natjt^rli* 
eher  ist  diese  Erklärung  gewils^  als  die  Heindorfische.  — 
Ibid.  59: 

O  Laertiade,  quicquid  dicam  out  erit  aut  non: 
tvird  so  erklärt:  |,nöh  ego  te  Itido;  quicijuid  dicam  futurum 
^^esse^  id  fiet;  at  quicc[uid  dicam ^  non  futurum  esse»  'id  non 
„fiet.'f  Ref.  gestellt^  dafs  ihm  die  alte  Erklärung  des  Scho- 
liasten:  »»aut  verum  dicam  aut  menttor.  Jocatur  in  ambic^ua 
^^responsa  vatum  Irridens  Apollinem  satirico  more,«*  immer 
jfioch  als  die  einfachste ,  den  Worten»  so  wie  sie  dastehen« 
angemessenste  bedttnkt»  die  auch  dem  lächerlichen  Charakter 
Aes  Ganzen  angemessener  ist,  der  nnch  der  andern  Erklärung, 
die  mehr in'die  Worte  legt ^  als  sie  enthalten,  ganz  wegfällt. 
Auch  Boethius,  dessen  Stelle  Hehidorf  anführt,  verstand 
diese  Stelle  so,  Was,  wenn  auch  nicht  gerade  bestimmend 
fWr  uns  ,  :  doch  ttnsere  Aufmerksamkeit  erregen  mufs.  — 
Ibid.  103:  \ 

Spcn-g^e  subinde:  et»  si  paulumpotesy  illacrimare. 


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140  '  Horatii  Opp«  cd*  Döring. 

Hcir  Döv»ng  streicht  da«  Comma  nach  pot»Sp  vetblnHet  Ulacri^ 
fn4r#  znit  poies^  und  ergäozt  dann  ak  Nachsata  zu  «i  p.  pot; 
illacr.  hieraus  einen  Imperativ:  illaerinta.  Aber  ist  es  nicht 
viel  leichter  ,^illacrimare  a|s  Imperativ,  aju  nehmen  eines  auch 

>  durch  Cicero's  Auctorität  hesiäti^ten  Deponens  ilJacrirnari, 
und- hieraus  zu  dem^eingeschaltenen  /  abhängigen  Satze  ein 

;  illacrimari  hinzuzudenken,  als  aus  dem  abhilng^gen  Satze^ 
den  fehlenden  Hauptsatz  zu  suppliefen?  Richtig  da- 
gegen.und  übereinstimmend  mit  Hieindorf  ist  der  ^chlu£s  die^ 
ser  Satyre  vs.  |08.  109.  erklärt.  —  Sat,  II,  6,  3:  et  pauU 
lum  silvae  jwp^r  his  foret.  Heindorf  führt  hier  hlos  ai,is  dem 
SchoK  Ci*wp,  die  Erklärung  itisuper y  praeteraa  an,  waS  o£Fenbar 
unrichtig  ist.  Richtiger  erklärt  Herr  Döring  das  super  his^ 
durch:  super  horto  ,  tecto  et  fon(e.  —  Ibid.  83  :  ut  tarnen  arctu^ 
"Solveret ;  ÄojpiViw  animurti ,  nimmt  Heind^rf  höspidis  ftir  den 
Dativ  statt  hosphibus  oder  als  Ahlat.  absolut,  in  dem  Sinn:  bei 
B  e  w  i  r  t  h  u  n  g  e  n.  Beides  u  »statthabt.  Wir  nehmen  es  als  , 
Ablativ  des  Mittel|:  durch  ihre  Bewi  rt hu  ng  (vielfacher 
Art).;  und  freuen  uns  in  Hrn.  Dörings  Erklärung  damit  IXeber- 
^instimmung  gefunden  zu  haben:  ,,  ut  animuni  a r et is  rebus 
intentum,  ^oipff»  oj^cfti  aperiret.«  Ibid.  100 :  urbis  aventes  . 
moenia  noctürni  subrepere,  nitnmt  Heindorf  suhreperg  für 
fubir^ i  g«gen  die  Mauer  b®*'®"g®^*® "  ♦  Döring  um^ 
schrei Tit :  ,,  suhter  moenia  latenter  noctu  arrepere  coeperunt*^^  Sollt« 
hier  nicht  subr^pere  heifsen  heimlicli  nnterder  Mauer  du ircli« 
kriechen?  —    ,Sat.  II,  7,  70.  71.;  ,       - 

'^—  Qi*ae  belua  rupti« 
Cum  semel  eifugit,  reddit  se  prava  catenxs?  v 

7 Wir  sehen  nicht  ein,  warum  praoa  hier  nicht  in  der  Bedeü-- 
tung  von  stolidtk  (vergl.  Sat.  I,  4|  79«  ">«!  daselbst  Heindorf) 
genommen  werden  könnte,  Was  einzig  zu  aem  Sinn  un4  Zu- 
sammenhang des  Ganzen  in^  d^r  Vergleichung,  die  er  hier 
xwi^chen  dem  verfcehrteif,  van  Leidenschaften  thc^rlcht  und 
unsinnig  geblendeten  Menschen,  und  dem  nicht  S{}  verkehrt 
und  thöricht  handelnden  Thiere  anstellt,  pafsf ;  die  Et-klärung: 
9,fera,  saeva,  ob  pravit^tem  et  feritat^m  vincta^*  scheint  uns 
eben  des  Zusammenhangs  wegen,  und  aifth  wegen  derBedeu* 
tung  von  pravus  nicht  zulässig.  —  Sat.  II ,  8|  20.  ist  nach 
Wüstemann  zum  Pallast  des  Scaurus  S.  265  ff.  erläutert  und 
durch  einen  yian  verdeutlicht,  —     Epist,  I,  2,  31 5 

Ad  Strepitum  cithaf-ae  cessotufn  dti^ßre  cwam 

wird  gut  etkl^rt  durch;   „eo  ({uasi  ducere  cur^un,  ^uo  ilU 


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Horatü  Opp*  ed.  DSring.  f4l 

vexare  c^sset  j  *<  itAtt  dei  gewöhnlichen  ,,€uram  al^igere,  pel- 
ler e,  coiupuicere/*     £pUt.  I,  6>  $1 : 

—  et  cogat  tratu  pondera  dextram 
porrigere, 

freuen  wir  uns  auch  hier  Uebereinstimaiung  gefunclen  zn  ha- 
ben. Hr.  Döring  kommt  im  Ganzen  auf  die  Jüamlunische  £r« 
klärung  zurück  y  d{e  auch  gewifs  neuerlicher  und  ungezwun« 
gen«r  ist,  als  die  gesuchten  Erklärungen  Ferraris  und  Gesners« 
Auch  er  versteht  pondera  von  jedweden,  den  Weg  und  die 
Kichtung  unterbrechenden  Hindernissen ,  über  welche  hinaus 
er  die  Hand  reichen  mufs  mit  gestrecktem,  vorliegendem  Kör« 
per.  So  hat  die  Stelle  den  äinn :  dextram  traus  ea  ^  quaa 
obstanty  extensam  porrigere  tranteuntibus,  —  £pist.  I, 
7,  50:  * 

conspexit,  ut  ajunt 
Aärasum  quendam  vacua  tonsoris  in  umbraf 
Cultello  proprios  purgantem  lenitcr  ungues. 
Wir  wundern  uns,  dai's  Hr.  Döring  jihrasum  im  Texte 
ateben  liefsy  wenn  auch  gleich  dafür  mehr  Handschriften  spre- 
chen, als.  für  Aärasum f  cias  in  den  Z^us^iimnenhang  besser  zu 
passen  scheint  f  denn  ahradere  in  dem  Sinne  von  prope  rädere^ 
von  einem  nicht  allzu  glatt,  nur  Halhgeschorenen ,  der  sich 
um  es  wohlfeiler  zu  haben ,  in  einer  gemeinen  Babierstube 
rasiren  läist,  aber  eben  deshalb  schlecht  Yasirt  wird,  iiafst 
auch  zum  folgenden  Verse  und  der  ganzen  Schilderung  *\e% 
[Dichters  besser.  -^  Doch  Ref.  bricht  seine  Bemerkungen  ab, 
sumal  da  er  rj:er  einige  andere  Stellen  noch  weiter  unten  sich 
erklären  wird,  £r  bofi'c  selbst  durch  diese  Proben,  sein  oben 
ausgesprochenes  Urtheil  hinlänglich  begründet  zu  haben  ^  er 
wiederholt  nochmals,  dals  die  Classe  von  Lesern,  ii\v  welche 
zunächist  diese  Ausgabe  bestimmt  ist,  gewifs  sich  befriedigt 
l'üblen  wird,  sovi^ohl  durch  die  Erklärung  im  Einzelnen,  wie 
durch  die  lichtvolle  Andeutung  der  Verbindung  der  ei:izelnen 
Glieder  miteinander,  und  den  Gang  des  Ganzen.  Sehr  brauch« 
bare  und  vollständige  Register,  ein  Index  verhorum  und  ein 
hidex  nominum  propriorum ,  von  drei  ausgezeichneten.  Zöglingen 
des  Gothaiscben  Gymnasiums  ausgearbeitet ,  —  sie  gehen  von 
S.  486  bis  698.  bei  engem  Druck  -^  vermehren  die  Brauch« 
larkeit  der  Ausgabe« 

*>*'Nro.2.  Diese  Bearbeitung  der  zeb nten  Epistel  des 
Ho  rat  i  US  ist  in  ähnlicher  At*t,  wie  die  vom  Verf.  im  Jahr 
l822  bereits  gelieferte  Bearbeitung  der  ersten  *£piste] ,   die 


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l42  äotat.  Episi.  X*  ed.  Obbanus. 

aucli  in  diesen  Blättern^  jedoch  von  elneoi  andern  Retensenten 
angezeigt  worden  ist.  Oer  Beifall  ,  den  diese  Bearbeitung 
n teilt  unverdienterweise  erhielt  vmuntente  den  Verf,  auf,  seine 
Bertiübungen  fortzusetzen  und  ähnliche  Monographien,  anderer 
ausg^aeichi^ten  Episteln  des  Horatiusa(u  liefern.  Obgleich 
ier  Plan  ira  Ganzen  derselbe  geblieben  und  dieselbe  Methode 
befolgt  ist,  wird  man  doch  bald  in  Absicht  auf  Sprache,  und 
Kritik  einige  Verschiedenheit  entdecken,  die  In  der  gröfser^n 
Ausführlichkeit  der  behandelten  Gegenstände  besteht.  Nicht 
Xi\os'  studirende  Jünglrnge>  die  auf.  diese^  Weise  veranlalst 
W6rden  sollen ,  tiefer  in  den  Geist  des  Dichters  und  des  Rö- 
mischen Alterthum»  überhaupt  einzudringen,  hatte  der  Her- 
ausgeber vor  Augen  —  für  sie  wäre  allerdings  die  Behandlung 
viel  eu  ausführlich  — ^^  er  wollte  auch  Schulmännern  eine 
ausführliche  Bearbeitung  liefern,  wozu  er  ducch  die  ihm  »u 
Gebote  stellenden  Hü^fsmittel  eher  im.  Stand  gesetzt  war. 
Ja  ^r  scheint  fast ,  durch  den  Umfang  und  die  Vollständigkeit, 
mit  welcher,  er  .Alles »  was  auf  Kritik ,  Sprache  und  Sache 
sich  bezieht,  behandelt  hat)  mehr  und  vorzugsweise  die  letz- 
t-eren  berücksichtigt  zu  haben.  Schwerlich  möchte  in  Absicht 
•auf  die  genannten  Gegenstände,  bei  Aufzählung  der  Varianten, 
hei  Anführung  und  Häufung  von  Parallel-  oder  Beweisstellen, 
sie  mögen.  di^Sachd  oder  die  Sprache  und  Grammatik  betreff 
fen,  dem  V^rf«  »^gend  Etwas  von  Bedeutung  entgangen  seyn^ 
So  wird  bei  dieser  Art  der  Behandlung  auch  der  Gelehrte  viel 
Schätzbares  in  m^^hr  als  einer  Hinsicht,  in  sachlicher,  spi'ach« 
Ucher  und  gramn^atischer  finden. 

•  Voran  steht  der  Text  abgedruckt,  dann  folgt  eine  Ein«« 
}eitung,  worin  der  Zweck  des  Dichters  bei  Abfassung  dieses 
Briefes,  der  Hauptinhalt  und  Gedankengang,  so  wie  das,  was 
man  über  die  Person  des  Fusciis^ristius ,  die  Zeit,  in  wel- 
cher der  Brief  geschrieben  ,  weifs,  in  befriedigender  Vollstän- 
digkeit entwickelt  wird,  Oaran  scbliersen  sich  Vers  für  Vera 
die  Anmerkungen  in  der  oben  bemerkten  Weise.  Vers  3.  ist 
das  von  vielen  vertheidigte  m  wiedei:  in  den  Text  aufgenom* 
men,     Hr.  Obb«  liest: 

—  _  hac  in  1:6  scilicet  un^ 
Muhum  dissimiles;  at  cetera  pene  gemelli  / 

und  wirklich  scheint  der  Gegensatz  zu  scilicet  im'  Vorherge« 
henden  viel  zu  hart,  als  dafs  hier  die  Partikel  des  Gegensatzes, 
t;in  schwaches  autem  oder  vero,  blos  supplirt  werden  dürfte; 
zudem. sieht  das  ad  zu  sehr  der  Veränderung  eines  Schreibers 
oder  Lesers  ähnlich,  der  so  den  ihm  schwierigen  Accusati^ 
eeiera  erklären  woUt#«     Den  absoluten  liebrauch  dieses  Accu- 


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Horah  Episr,  X«  e3.  Obbarinf^,  143 

iatlvs  wetfftf  wie  eu  erwarten ,  der  Verf.  durch  eine  Fulle 
von  Exempeln  nach»  Döring  hat  aä  Oeterif  noch  beibehalten. 
—  Vers  10» 

Utqite  sacerdotis  fugttivus  ^  Itba  recuso ; 
Hier  verstehen  wir  unter  fugitivus,  nach  dem  y^iisammenhang 
der  ganeen  Stelle  und  der  Grundbedeutung  des  \yortes9  einen 
flficbtigen  Sdaven  eines  Pfarrherrn ,  der,  des  ewigen  Kuchen« 
essens  bei  seinem  Herrn  müde,  davon  lUuft,  sich  sehnend  nach 
einem  Stück  kräftigen  Bauernbrodes,  So  nimmt  im  Ganzen 
auch  Döring  die  Stellet  ^^Servi  sarerdotum,  cum  eos  caperet 
bnjuji  quotidiant  cibi  ^der  Kuchen)  taedium  malebant  fuger e 
et  pane  potius  quam  libis  vesci/*  üun  soll  nach  Hr,  Ohl«, 
aber  bei  fagkiotu  durchaus  triebt  die  bestimmte  Bedeutung  ei- 
nes entflohenen  Sclaven  gelten«  es  soll  das  Wort  hier  allge« 
mein  blos  einen  Sclaven  bedeuten»  im  Schimpf  und  Sehers, 
weil  eben  das  Entlaufeii  ein  Haupt  eng  dieses  losen  Gesindels 

Sewesen,  Aber  erstens  gehört  das  Entlaufen  mit  zu  den 
liie  und  der  Schilderung  des  Gänsen;  es  ist  ein  Zug,  d^n 
"wir  durchaus  nicht  missen  dürfen,  wenn  nicht  das  Gänse  seine 
Schönheit  verlieren  soll.  Zweitens  ist  bei  fugithus  der  Begriff 
eines  flüchtigen  Sclaven  Grundbegriff  und  Grttndbedeu« 
tupg,  die  wir  nicht  verwüschen  dürfen.  —  Vers  245 
Naturam  txpelles  furca  >  tarnen  usque  recurret. 
So  Bentley  und  Gesner,  so  auch  viele  Codd.  und  die  Kl  testen 
Ausgaben.  Hr#  Ohb.  vertheidigt  das  von  Fea  wieder  aufge- 
nommene und  auch  von  ihm  im  Texte  beibehaltene:  expelim. 
Aber  betrachtet  man  die  Stelle  einfach,  wie  sie  ist,  so  wird 
schon  durch  die  Bestimmtheit^  die  in  dem  Futurum  Indicattvi 
liegt,  der  Ausdruck  nachdrücklicher  und  stärker,  während 
die  im  Conjunctiv  expe/Zo^  liegende  Unbestimmtheit  denselben 
schwächt.  Selbst  die  folgenden  Futura  recurret  und  pvrrmmpet 
sprechen  für  das  vorhergehende  tfjFptf//ei,  das  auch  Döring  mit 
Hecht  beibehalten  hat.  Vers  40.  schreibt  der  Yerf^  nach 
Bentley  : 

Sic,  qui  pauperiem  veritus,  potiore  metnllis 
Lihertate  caret ,  dominum  vehit  improbus  atque 
Serviet  aeternum,  quia  parvo  nesciet  uti. 
Die  Nothwendigkeit  statt   des  gewöhnlichen  vehety    das  der 
,  Zusammenhang  eben   so  sehr  wie  die  folgenden  Futura  ^eru'Ve 
und  nesviet  hinlänglich  rechtfertigen,  vehit  tu  schreiben ,  kön- 
nen wir  nicht   einsehen;  wir  müssen  daher  bei  der  den  Sinn 
am  besten  befriedigenden  gewöhnlichen  Lesart,  die  wie  billig 
auch  Döring  beibehalten,  verbleiben.     Doch  diese  Bemerknn« 
gen  über  einige  Stellen  9  in  denen  Ilec«  die  Ansicht  das  Verfs. 


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l44  ISörat.  Cpisttjid  Pisones  ecl«  Fr«  y*  Paüta  Hoctieder. 

pitht  tt eil eti  taim  ^  werden  den  Werth  dieser  gelehrten  Bear- 
beitung nicht  schwachen  ^  iiii  Gegerijtheil  wir  wünschen  recht 
sehnlichst,  dafs  der  Verfc  in  der  hegonnenen  Weise  fortfah- 
ren und  uns  hald,durch  ähnliche  Bearbeitungen  anderer  Episteln 
ierfreuea  möge.  Ein  Register  beizufügen ,  hätte  die  KeLch-v 
.baltigkeit  und  Mannigfaltigkeit  der  Anmerkungen  und  ^&  iä 
ihnjen  Enthaitepen,  wohl  wünschentfwerth  gemacht!. 


Nro.  3.  Öä  Hofazens  Gedicht  (»her  die  Dichtkunst  atif 
den  vaterländischen  Gymnasien  gelesen,  eiiie  zw^ckmafsige 
Erklärung  desselben^ber  selbstifür  den  Liehrer  keine  so  leichte 
Aufgabe  sey^  indem  die  statarische  Behandlung  (d.  h,  nach 
dem  Verf.  eine  solche,  deren  Richtung  nicht  sowohl  auf  den 
Stoff  der  bedanken,  als  rieluiehr  auf  die  geistig^  Form  der-* 
selben  ziele)  mancherlei  Schwieifigkeiten  uhterliege^  so  wollte 
der  Verf.  hier  ein  Beispiel  feiner  solchen^ «tatarischen  Behand^ 
lung  ein^es  Klassiker»  geben,  um  dadurch  zugleich  andere,  ,»die 
init  ihm  die  Sphäre  des  Unterrichts  theilen,  zu  ahnHehen  Ver- 
suchen und  Mittheilungen  zu  vepanla/Men,**  - 

Der  Verf.  erklärt  sich  ganz  bestimmt  gegen  die  Ansicht^ 
als  wenn  Horaz  in  diesem  Gedichte  eine  förmliche  Anweisung 
oder  eine  vollständige  Theorie  der  Dichtkunst  in  Systematik  . 
scher  Foritf  habe  geben  wollen.  Seine  Ansicht  ober  den 
Zweck f  den  Hora&  bei  Abfassung  dfeses  Bfiefes  gehabt^  be^ 
stimmt  sich  dahin,  dafs  der  Dichter  beabsichtigt,  ^fden 
Kunstdünkel  jejier  Zeit  in  setner  Bldfse  hinzu-» 
stelle|i  und"  mit  der  ganzen  Xiauge  seiner  sa-ty^ 
tischen  Laune  zu,  bedecken.  Darum  beschäftigt  er 
sich  in  diesem  Gedichte  so.  vielfähig  .mit  d^m  J  B  C.  der  Kunst«* 
theorie,  hinter  welchem  freilich  Mr  den  sinnigem  Kenner  nnd 
Eingeweihten  Rohere  Ansichten  hervorschimmern^  daruni  be^ 
handelt  er  mit  solcher  Schonungslosigkeit  die  lächerlichen 
Adepten,  die  Versemachen  und  Dichten  für  einerlei  halten  und 
selbst  dai über  Icein  Gesetz  aner^enneri  wollet^,  als  das  Ihrer 
eingebildeten  Genialität.  Somit  ist  das  Gedicht  eine  wahre  Fhi- 
lippica'ganz  eigenthüml icher  i^rt  gegen  die  Anarchie  und  den 
Sanscülotisnuis  in  Kunstsachen^  gegen  die  Fingerfertigkeit  reno« 
niistischer  Dichterlinge,  der  er  bald  mitänsdueinendex  ruhiget 
Beweisführung f  bald  mit  dem  ganzen  Muthwillen  der  fjumo«^ 
ristik,  die  seilte  Mufse  auszeichnet,  bald  mit  der  Ei<trü^tgi]^ 
eines  tieffiihlenden  GifmÜthes  und  mit  deäi  Stölzl  edlen  Selbst«» 
ii^wufitseyns  entgegentritt.  **  ^ 

(^D 9t  Bes9hlttjf  folgt.) 


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N.  m  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher   der  Literatur. 


Hgratius  Epist.  ad  Pisones  ed.  Franz  y.  Paula 
Hocheder. 

So  weit  möclite,  die  Ausdrucksweite  des  Verfs,  ab^e« 
rechnet ,  derselbe  nicht  so  bedeutenden  Wid/rsprurh  su  be- 
fürchten haben;  wenn  er  ea   aber  im  Verfolg  für  unstatthaft 

■hält^  aus  dem  Umstände ^  dafs  Horaz  in  die:iem  Gedichte  die 
Pisonen  anrede  und  besonders  den  illtern  der  beiden   Söhne, 

,  <Hes  Gedicht  unter  dieClasse  der  poetischen  Episteln  zu  setzen, 
falls  man  nicht  nach  einer  bjofsen  Zuf'nlligkeit  classificiren 
wolle,  wenn  er  dann  aber  bald  darauf  eu1äi«t,  das  Gedicht 
far  ein  Didaktisches  in  Briefform  zu  erklären,  falls  man^  sich 
nur  bewufst  bleibe,  dafs  die  ächten  Dichter  nie  nach  einem 
Stthetisefaen  Compendii^m  gearbeitet  u,  s.  w.  —  so  scheint 
er  das  Wesen  und  den  Charakter  der  freieren  Ilorazischen 
.  I>ichtun&en  verkannt  zu  haben.  Auch  Referent  hat  nie  in 
diesem  Gedicht  eine  vollständige  Theorie,  oder  ein  System 
der  Dichtkunst  entdecken  können ,  auch  er  hat  dasselbe  stets 

'  als  eine  Züchtigung  der  Römischen  Dichterlinge  gehalten,  je- 

.  doch  zugleich  mit'  einer  näheren  speciellen  Beziehung  oder 
Veranlassung  durch  «in  besonderes  Gespräch ,  durch  Familien« 

•  oder  durch  Freundschaftsverhältnisse  mit  den  Pisonen,  in  denen 
Horaz  eben  die  nähere  Veranlassung  zu  dieser  didaktischen  Sa- 

.  tire  über  das  verkehrte  Treiben  und  die  verkehrte  Behandlung 

•  cler  Poesie  bei  seinen  Zeitgenossen  gefunden.     Auch  wircf  Je- 
'  der ,  det  in  den  Geist  der  Hoinzischen  Briefe  eingedrungen^ 

Jiald   entdecken  ,    dafs  dieselben   sämmtlich  ,  iih   eigentlichen 

Sinne  und  zunächst ,  nicht  für  d^s  grofse  Publikum  bestimmt 

t  weren,  dafs  sie  sämmtlich  aus  einer  besoiidern  Veranlassung 

feschrieben,  und  für  eine  besondere  Person,  mit  welcher  der 
nbalt  des  Briefes  in  irgend  einer 'besonderen,  es  sey  näheren 
odet*  entfernteren,  Beziehung  stand.    Warum  sollte  das,  was 
«bei  allen|andern  Briefen  charakteristisch  ist,  bei  dieser  Dich- 

XVlll.  Jhibrg.   2.  Heft.  10 


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146  Horat.  Epit t.  ad  Pisones  «d.  Fr.  t.  Fatila  Hoclieler« 

tung,  wielche  in  der  G^atak  eine«  Briefe»  gleicbfaHs^  wie  di^  - 
andern^  auf  uril  gekomnren  ist^  die  so^ar  öiftere  Anreden  an 
die  bestimmte  Person  üntbält,  an  welche  der  Brief  gericbtet 
\st\  fehlen?  Etwas  scheint  der  Verf.  seslber  geftlhlt  »u  ha,. 
Ben,  wenn  er  S.  173.  gegen  die  Behauptung  d^s  Hieronymti/i 
de  Bosch 9  dafs  die  ganze  Anrede  nur  Hngirt  und  vom  Dichter 
selbst  nie  auf  ein  wirkliches  Individuum  bezogen  worden, 
mit  Recht  bemerkt »  dafs  diese  Annahme  ganz  und  gar  mit 
dem  praktischen^  überall  an  die  Wiri:lichkeit  anknüpfenden 
Geiste-dcs  Dichters  iih  Widerspruch  stehe,  dafs  auch  dann 
nicht  abzusehen  9  warum  einem  blofsen  Stellvertreter  einea 
wirklichen  Verhältnisses  auch  noch  ein  Paar  Söhne,  und  ge* 
rade  ein  Paar  beigegeben  werdeh  U.  s.  w.  Dagegen  heifst  es 
wic^derum  ß.  Xlll:  „Es  di-tingte  ihn,  den  Kunstjüngern  über- 
haupt, nicht,  wie  Wieländ  meint,  dem  altern  Pist>  ifh  Zu- 
sammenhange s^Ane  Ansichten  über  den;i  vielbesprochenen  Ge-\ 
genstand  zu  entwickeln,**  —  „Nicht  d^  jungen  Piso,  son- 
dern die  ganze  fingerfestige  SchOi^geisterei  Korns  wollte  er 
mit  den  Geheimnissen  s^einer  Kurjst  necken  U4id  nicht  so  fest 
belehren  und  für  seine  Fahne  werben  ,  als  nur  dahin  bringen, 
d^fs  sie  am  Ende ,  wenn  er  ihnen, den  Isisschleier  der  Kunst 
gebohen  ZU  haben  schiene,  mit  verplüfFtem,  Gesichte  da  stän- 
den ,  und  für  diesesmal  ihre  JViaViuftcripte  wieder  in  den  Sack 
steckten  (!I)  u.  s.  w.'* 

Auch  sucht  der  Verlasser  in  einem  eigenen  Anhfing 
S,  169  ff.  die  Angabe  d^^  Porphyrio  {iber  die'  Person  dea 
Piso  -und  seiner  Söhne  -^  die  allgemeine  Annahme  der  Neue- 
ren »*—  umzustürzen.  Um  diese  Behauptung  des  Porphyrio 
aufrecht  zu  halten,  meint  er,  müsse  man  das  Zusammentref- 
fen z'Weier  äursers;ter  (sie)  und  unerweisbarer  Dinge  anneh- 
men,  nämlich  dafs  dieses  Gedicht  der  Schwanengesang  des 
Höraz  gewesen,  und  dafs  der  ältere  Piso  wenigstens  4er  vier- 
zehnjährige Sohn  eines  drei  und  dreifsigjährigein  Vaters  ge^», 
wesen.  Er  sucht  dann  weiter  im  Verfolg  das  Unpassende 
nachzuweisen,  das  darin  liege,  dafs  Horaz  Kinder  hier /»peii»# 
nenne,  dafs  die^  ganze  Schiiderung  vs.  161.  för  ein  so  zarte» 
Alter,  ja  da^  überhaupt  die  iii  diesem  Gedicht  aufgestellten 
Lehren  für  solche  Knaben  unpassend  seyen  u.  s.  w.  Er  stellt 
"  dann,  da. doch  von  einer  blos  eingebildeten,  iüngirten  Person 
nicl.t  die  Rede  seyn  könne,  einen  andern  Piso  auf  als  der^^ 
weichen  man  nach  Porphyrio  gewöhnlich  annimmt;  er  d^nkt 
an  d^xi  Piso,  welcher  im  Jahre  Roms  731  mit  August  Gohsul 
suffectus  war  ,  dessen  beide  Sühne  unter  Tiberiuil  Eingerichtet 
wurden»     Ob  dies^  und  ander«  vom  Verf.  g^en  die  gewöhn« 


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Qorar.  Epist.  ad  Pisooet  ed.  Fr.  Paula  r.  Hothedeik  147 

lieb*  Annahm«  vorgebrachten  Grfindc  aher  hinrl^ichend  leyn 
Weritn  f  auch  Ander«  davon  su  überzeugen ,  und,  ihnen  des 
Verfs.  Ansicht^ all  hinreichend  begründet  darzustellen,  ist  eine 
S<iche,  die  KeL  eher  verneinen  als  bejahen  könnte.  So  geyvifi 
an  eine  Theorie  der  Dichtkunst  hier  nicht  gedacht  werden 
darf,  eben  so  wenig  darf  auch  die  nähere  Besiehung  auf  die 
l'isonen  übersehen  oder  nicht  in  ihrem  gehörigen  Umfang  ge- 
trürdigt  werden.  An  andere  Pisonen  aber  zu  denken,  als  die^ 
welche  man  nach  Porphyrio  gewöhnlich  annimmt,  hat  der 
Verf.  wenigstens  nicht  hinreichend  begründet  und  so  auch 
den  Ref.  nicht  Überzeugen  können ,  der  mit  desto  mehr  Ver- 
gnügen das  durchlas,  was  kürzer  und  bündiger,  einfacher  und 
wahrer  Döring  hierüber  am  Eingange  des  Gedichtes  ,  das  auch 
er  passend  Eplstoia  ad  Pisones  überschrieben,  bemerkt  bat,  in- 
dem die  andere  Ueberschrift  Ars  PoetUa  sicherlich  ein  von  den 
Grammatikern  gesetzter  Titel  ist,  wie  solches  bei  so  manchen 
Werken  des  Griechischen  und  Römischen  Alterthums  gesche- 
hen   ist. 

Gehen  wir  nun  zum  Einzelnen  über.  Nach  Vorrede  und 
Einleitung  folgt  zuerst ^,zur  leichteren  Uebcrsicht  desStoffes«' 
für  die  ochüler  eine  Uebersicht  der  Vorschriften,  welche 
Akron  und  Porphyrio  aus  dem  Gedichte  angemerkt  baben^  ' 
dann  ein  Schema  des  Ideengangs ,  wie  er  sich  dem  Ver^  auf« 
druHg.  Drei  Haupttheile  unterscheidet  er  in  diesem  ^^Summa* 
rium  carndnis:  l)  de  inventions  et  iponvenientia  in  genere  Vs.  1—1 35» 
2)  De  elabörtuioM  vs.  l36^— 29\  mit  beigehängter  Geschichte 
des  Drama.  3)  Cur  Romani  iirarte^po9tiea  tarn  parum  -profecerint : 
jedoth  bemerkt  ler  in  einer  Anm^^uiTg,  dafs  vor  Allem  be* 
merkenswerth  und  einer  näheren^ Prüfung  Würdig  ihm  Hurds 
Ansicht  scheine,  wornach  Horaz  in  diesem  Gedicht  mit  dem 
Zustande  des  Römischen  Drama  sich  beschäftige;  dessen  drei 
Uauptabtheilungen  dann  auch  angeführt  werden.  Darauf  folgt 
der  Text.  Zar  Berichtigung  desselben  verglich  der  Verfasser 
fünf  iioch  unbenutzte  Handschriften  der  Münchner  Bibliothek 
aus  dem  Uten  und  Uten  Jahrhundert^  wovon  jedoch  eine^ 
iblofs  Fragmente  enthält.  Eine  andere  Handschrift  waVd  dem 
Verf.  von  dem  Hrn.  Studienrektor  Schrott  in  MOnnerstadc 
mitgetbeilt*  Die  abweichenden  Lesarten  dieser  Handschriften 
([die  jedoch  hier  nicht  liäber  beschrieben  werden),  sind  unter 
dem  Texte  angeführt^  bei  dessen  Herstellung  der  Verf.  sich 
es  zamHaaptgesetz  gemacht,  „die  Autorität  der  Handschriften 

fegen   die  Kühnheit  gelehrter  Conjecturen  zu  vertbei'ligen.«* 
Jnd^wirklich  mufs  «lan  auch  t« was  die  Kritik  des  Textes  be- 
trifft ^  dem  Verfasser  das  Zeugnifs  geb^Uy  dafs  er  überall  mit 
"  10  ♦ 


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l4S  Horai  SputJ  ad  Piconei  ed.  Fr«  t*  Pauta  Bodheder. 

rühmlicher  Gewissenhaftigkeit  und  Umsicht  verfahren*  Zwar 
„  aagt  der  Verf.,  dafij  er  seinen  V^rgleichungeh  die  musterhafte 
Ausgabe  Fea's  zu  Gründe  gelegt ^  ober  er  trägt  doch  kein  Be- 
denken,.an  manchen  Orten  die  offenbar  richtige,  durch  Fes| 
verdrängte  Lesart  ,wi4der  zurückzuführen.  So  z.  B.  Vers  42: 

Ordinis  baec  virtüs  erit  et  Venus  9  äut  ego  fallpr 

wo  Fea  nach  seinen  Handschriften  ein  haud  für  aut  setzte;  der 
Verf.  ^ber  «at^heibeh^lt  und  veitheidigt,  was  auch  Döring 
gethati.  Nur  Eine  Münchner  Handschrift  hat  haud  wie  Fea^ 
'die "übrigen  aut.  ^ —     Vers  59: 

Liicuit)  semperque  licebit, 
Signatum  praesente  iiota  procuäere  nomen. 

So  Döring  nach  Bentley:  Die  Vulgate  producere^  die  auch|  da 
keiile  Variante  bemerkt  i»t,  in  den  Münchner  Codd.sich  fin- 
gier, hat  der  Verf.  stehen  lassen  und  vertheidigt  sie  zum'Theil 
juit  den  von  Fea  bereits  vorgebrachten  Gründen.     Vor  alleia 

t Täubt  Ref.' die  Autorität  der  Handschriften  ,  wie  hier  gesche« 
ep,    berücksichtigen   zu  müssen,    staust  Würde   er  auch  die 
Bentleysche  Lesart»    als  bezeichnender  und  zu  der  ganzen  Al- 
legorie passender,   wie  das  mattere  pro Juce*-«,  vorziehen.  Auf , 
die  von   Fea   bemerkte  Tautdlögi .  in   producere  und  ^ignatum^ 
möchte  nipht  viel  Gewicht  zu  legen  seyn.  —  Vers  62.  »chreibt ' 
auch  unser  VerfV mit  Döring:  ,        '     * 

Dehemur  motti  nos  nostraque 

statt  dem  fehlerhaften  Debeniui*  -^    V.  lOi: 

Ut  ridentibus  arrident ,  ita  flentlbus  aäsunt 
Humani  vultus 

,  bat  der  Verf.  «»*t  Recht  Fea's  aäsint  nicht  aufgenommen  ^  xincl 
die  Vulgata,  die  in  sämuit liehen  Münchner  Codd.  yorkom^mt^ 
vertheidigt.  —     Eben  so  V«  li4: 

Intererit  multum ,  Daousne  loquatur  an  Heros 

hat,  sich  der  Verfasser  durch  Fea  nicht, irre  machen  lassen^  er 
bleibt  bei  dieser  auch  von  Döring  beibehaltenen  Lesart; 
beide,  besond^s  letzterer  machen  auf  den  Gegensatz  zwischen 
Davus  und  Heros  aufmerksam ^  der  allein  schon  hinreichend 
ist,  die  Vulgata  zu  rechtfertigen,^  Die  Stelle  verlieft ^  wenn  • 
.man,  auch  mit  drei  Münchner  Codd.  liest:  Divusnoy  allen  JRei» 
und  die  Stärke,  welche  ii^  dem   Gegensatze  liegt»  V.  116:   , 

— -  an  m^jtronii  po{#ii# ,  an  sedula  nutrix 


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Horaf.  £pUt.  ad  Pixonet  «d.  Fr.  PmU  ▼.  Ho«Iieder.   ,     .  t49 

WQ  Fea  aus  einer  Han(?achrift  par$nM  aurgenamiBen ;'  offenbar 
unrichtig  ^  da  potena  die  in  Matrona  liegende  fdee  noch  mehr 
berauahebt  nnd  dieaem  Worte  allein  aukduimt.  Auch  faahea 
die  Münchner  Codd.  allmniüiqh  potent.     Vera  243  :    . 

Tantum  de  niedio  aumtis  octftfJü  bonori« 

liefern  nur  2  MOncbner  Accej^f,  daa  ala  unpassend  sti  dem 
Torhergehenden  pollt/t  auch  Döring  abgewieaen  hat.  Ys.  302 1 

Qui  purgqr  hil^m  aub  verni  teinporis  boram^ 

ist  ebenfatl*  bilJigerweiae  keine  Aenderun^  vorgenommen*^ 
und  mit'  Döring  hitem^  daa  aich  ao  gut  nach  dem  Griechischen 
pnd  der  Analogie  ao  vieTet  itbnlichen  iLateiniacheh,  Dichter« 
stellen  vt^rtheicfigen  läfat  ^  beibehalten.  Vergl.  jebst  auch 
Hamshorn  Lat,  Grammat.  §.  132,4-  Sanctii  Minerv.  IV.  13** 
p.  736«  Drei  Münchner  Codd.  haben  bilem^  nur  einea  hU^ 
und  einer:  purgo  hUes»  Auch  unser  Verfaaaer  erklärt  den 
Accuaativ  richtig.  Wir  hätt;en  nur  einige  erlftuternde  Bel^ 
spiele  g^ewünacfat. 

Waa  den  erklärenden  Theil  dieser  Auagabe  ^  die  Anmer- 
kungen ^  betrifft^  ao  achwebte  dem  Verf.  im  Ganaeivdie  Hein« 
dorhsche  Bearbeitung^  der  Satiren  vor,  ohne  dafs.  er  jedoch, 
seinen  aelbatatändigen  Zweck  dabei,  glaubte  ai^a  den,  Angeit 
J5U  verlieren,  er  versichert,  dala  «r  seine  Elrklärung  auf  Wg>rt- 
forschung  gegründet^  auf  ü^naicht  und.  Vielseitigkeit  im. Con« 
strtiiren^  aufFeatatellung  des  Spraehgebraucba  und  der  Sprach- 
vergleichungen 9  dafs  er  zugleich  ei j>e  zweckmSXsige  Anleitung, 
zur  Vorbereitung  för  den  Schulunterricht  und  eine  reicht  viel- 
seitige Anregung,  der  Schtllev  zur  Selbstthätigkeit  zu  erwirken 
gesucht y  was  er  theils  durch  einige  dem  Commentac  vur.aus- 
Meschickte  allgemeine  Grundsätze,  theils  durch  Verweisim/^eit 
auf  parallele  Gedanken  und  Ausdruckaformen  des  Dichters 
oder-auf  andere  Werken  die  In  den  Händen  der  Scbdler,  oder 
doch  der  Lehrer^sind,  zu  erreichen  hoffte.  Aus>  dieaem  Grund» 
ist  auch  im  Anfang  derCommentar  des  Forphyriä  abgedruckt.. 
Sieae  allgemeinen  Grundsätze  S,  24  —  2&  sind  graminatisch« 
philosophische  Sätze  9  Ton  denen  aber  manche  ao  beschaffet^ 
sind  y  darfs  Kef.  nicht  absehen  kann^  welcher  Nutzen  daraus- 
fttriiehrer,  wie  für  Lernende  entspringen  kaniu  Als  Frohe  und 
als.  Beleg  hebt  lief,  den  6t en  Satz  aus:  „die  Inversionen  ent- 
stehen aus  denk  Ineinanderspieleu  der  Seelenkiä'fte  verschiede- 
iier  Geiatessphäreo.     Je  mehr   eine  Rtidc  aus   der  In3ifferenz 


der  Kräfte,  aus  dem  Mittelpnnkt  dei  Seele  entspringt ,   uu^so 
fsiclj  der  Gedanke  (senieuti^)  ZAivischeit  1 


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/• 


150  Horat;  Epist.  ad  PIsorupi  ecl.  Fr,  Paula  ir,  Hoehecler.    -         i 

\  I0alen  utid  idealen  Seite  des  Geistig  (Einbildung^-  ujiä  Ali- 
^tractionskraft)  und  ihrer  Axe,'  der  y^illenikraft^  so  dats  der 
geschwungene  Pendel  des  Gedankens  ^(!)  bald  (lie  Sphäre  de^ 
GeRlhles,  bald  die  der  E^kenntfiifs  bewährt.  Hat  nun  auch 
die  Form  des  Satzes  Theil  an  der  Schwingung  de%  Gedan- 
kens, so  entsteht  die  Inyersion.«^  Solches  und  AehnHches 
hätten  wir  dem  Verfass,  gern  erlassen,  wir  wissen  auch  nicht 
recht,  für  welche  Leute  der  Verfass.  dies  eigentlich  schreibt, 
denn  für  dieselben,  denen  er  philosojph lösche  Sätze  wie  die  be« 
merjcten  vorträgt,  Eröffnet  sich  der  Cornrmentar  «nit  der  Be- 
merkung, dafs  Aumaniu  ein  Adject.  possessiv,  sey  von  Allenf, 
was  auf  den  Menschen  Bezug  hat,  und  bald. auf  das  Innere,- 
bald  iiuf  das  Aeiifsere  des  JVJenschen  ,  bald  auf  die  Einh.^it  bei-  . 
der  Seiten  dentei  —  Vers.2.  widerlegt  der  Verf,  mit  Aus- 
führlichk-eit  Bentley's  formas  htduc&re  statt  des  gewöhnlichen 
plumas  inducere\  das  Döring  in  befriedigender  Kurze  auch  rich- 
tig erklärt«  Hie  und  da  sind  Fragen  aufgestellt,  auch  Ffin- 
weisiingen  auf  die  oben  erwähnten  vorausgeschickte^  allge- 
meineren Grundsätze  gegeben,  wie  solches  der  Zweck  dieser 
Be;)rbeitung  zu  fordern  schien.     Daraus  mufs  man  denn  auch 

,  wohl  erklären  ,  wehn  Manches  in  den  Anmerkungen  vor- 
kommt, das  nur  durch  diese  Be;cie4uiiig  gerechtfertigt  werden 

'kann.  So  z.  B.  gleich  im  Anfang  vs.  2:  ut  turpiter  atrum 
Resinat  in  piscem  etc.,  wo  ut  für  *  t  qtddem  ut  nach  Dörings 
richtiger  Erklärung  steht  und  aUo  nichts  weiter  als  eina 
blofse  Folge,  wie  in  hundert  ähnlichen  Fällen  bezeichnet, 
beifst  es  in  der  Anmerkung  S.  3i:  „der  Satz  mit  of^'cJ;»  tScrh 

fafst  das    Wesentliche  der   ersten   Verse   als  'Resultat   zusam- 
men und  verhält  sicli  zu  de  mselben,  wie  Seyn  zu  Wer^   ' 
den.«*     Oder  Vers  128:  '  "    • 

Diffizile  est  proprie  communia  digere 

verstanden   wir  stets  communiö  von  gewöhnlichen,  gemeinen, 
jedem  offen  iu  Gebot  stehenden  Gegenständen,  welche  eben/ 
deshalb  auf  eigentbümliche    Weise "^ zu  behandeln   nicht  leicht 
sind;  weil   Jeder  sie   ergreift  und  von  jeder  möglichen  Seite 
sie  zu  behandeln  suchjt.     Dörl  erklärt:  „^aae  nondum  tractat« 
uniciiiqne  tractanda.se  offerunt,  cjuae  tanquam   in   loco  coin^ 
rnuni,  palam  proposita  a  q.uolibet  pro  lubitu  capi  et  tolli  pos- 
«unt^S  anf  ähnliche  Weise  wie  Ijambin  :    „argumenta  a  nullo  * 
adhuc  tractata,  quae  cuivis  exposita  sunt,  in  medio  quodam- 
modo  ppisita  etc.*',  wo  wir  aber  das  nondum  traetata  in   beiden 
Erklärungen  nicht  recht  mil  communia  vereinigen   können,  da^ 
wir  deshalb  lieber  mit  Bothe:   ab  aliis  ante«  tractata  ^  publica 


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Hpmii  .Opp.  #!•  DfiHpf.  ifii 

'^materb  ^^0,  191.)  erklSren  mftchten.  Ob  aber.unAinrt  Verfc/ 
Erklärung  befriedigen  werde,  lassen  wir  dahin  gestellt.  Aus- 
gehend von  der  Bemerkung,  dafs  faiei^,  dem  Zusammenhange 
gemals,  der  Dichter  von  'der  Schwierigkeit  der  Bearbeitung 
eines  idealen,  dem  historischen  entgegengesetsten  Stoffes  re- 
de, dafs  er  communia  vs.  i3o«  mit  ignota  indictaque  (?)  wie* 
derhole,  so  beseichne  es  das^^ Ideale,  das  keiner  Nachah« 
mung  unterliege,  weil  es  nie  nach  Zeit  Und  Raum  w^! 
Praprie  hietse  dänn>  einer  solchen  Allgemeinheit  die  Form 
der  Wirklich keity  die  ins  Einzelne  gehende,  consequeute  Be« 
Zeichnung  geben ! ! 

Doch  wir  brechen  diese  Bemerkungen,  die  wir  leicht 
noch  weiter  ausführen  kdnnCeir,  ab,  wir  versichern  ührigenk, 
dafs  die  von  uns  bemerkten  Stellen  'und  einige  andere  alige- 
rechnet 9^ man  in  den  meisten  Fällen  des  Verfassers  F.rkUifung 
richtig 4nden  wird,  und  dafs  man  seinen  ernstlichen  Bemü- 
hungen das  Zeugnifs  eines  thätigen  FleifseSf  und  einer  sorg« 
faltigen  Behandlung  nicht  versagen  kann. 


^«    Horatii    Flacei    Opera   omnia    tecemuit   §t    illustravit  Fride^   ^ 
ricus  Gull*  Doering,      Tomus  see  undui  cum  indicibui.  v«r« 
horum  et,  nominum  locuplettssinds  ^     Lipslae  ,    sumtibus  lihrariae 
Hahtdanae^  MDCCCXXIK  X  und  698  S.   ^      1  Rthb.  20  gr.       * 

Einundswansig  Jahre  sind  es,  seit  die  erste ^  und  neun 
Jahre,  seit  die  zweite  Auflage  de»  ersten  Theiles  6^s  Döring« 
seilen  Horatius  erschien.  Endlich  erscheint  auf  vielfaches 
Verlang^i  von  Freunden  und  Aufforderung  Aet  Verleger*  die 
Vollendung  Ae^  Werkes ,  gewifs  nicht  unerwünscht  den  zahl-» 
rifichen  Besitt^ern  des  ersten  Theils,  so  wi«  Vielen,  die  we- 
gen verspäteter  Erscheinung  des  zweiten  Theils  sich  auch  Aeh 
ersten  noch  nicht  angeschaift  haben.  Den  letrtern  können 
M^ir  die  Versicherung  ertheilen ,  dafs  auch  eine  neme  Auflage 
des  ersten  Theils  dieses  Werkes  unter  der  Presae  ist  und.  bis. 
zum  Abdrucke  dieser  Anzeige  wohl  vollendet  seyn  wird..  Den 
ersten  Theil,  so  wie  die  Behandlungs weise  des  Heraxisgebers^ 
setzen  wir  als  bekannt  voraus,  und  führen  blps  aus  der  Vor« 
lede  &u  diesem  Tbeil  folgendes  an:  Ante  oculos  habui  iinpri« 
niia  tironea  et  eju&modi  Horatii  lecSores«  c[ui  poetae,  sttriuen« 
tiaa  eärumcjue  nexum  potiua  perspicere  et  imbiber*»^  quam. 
doctas;et  criticäa.disputatiooes  inspicere  et  cognoscore  cupiunt,. 
sifniles  fere  sitientibus,  qui  ora  soa  malunt  pura  praetereuntia 
rl^i  aqua  proluerai  quc^m  antea  de  logo  t  ubi  fcms  riri  Ixteatj^ 


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15Ä  HoT^tü  Opp^  «d.  pStiog. 

solUcft^quaöi'ef ♦.     Der  Text^  '$qU  bo  fehler fr«i  oli  M»deKcb  gei», 
g«l)eii  uud    die -InteTpunction    besonderii   •Qrgfältig  i)eaclvteb 
werden.!   (Dals  beides  mit  Erfolg  gescbieben  ist',  haben  wir 
durch  Vergleicbungmit  de^  besten  Ausgaben  bewährt  gefun« 
dtsn)..    £s  J 9g  ihm  ferner  claran,  Überali  den  Zusamme^ibang 
nachzuiftreisen ,    die  schweren  Ausdrücke   Z14  erläutern»    und 
die  bedeutendsten  EriUürung^  Anderer  tu  berüci^si  cht  igen», 
£c  lobl;  in  dem  letztern  Falle  vorzllglich  dep  (neuerdings  oft 
iinerkannter^)  Lambin  ^   ohne  ihm  oder  irgend  einem  Andern 
blindlings  zu  folgen.      Bei  Fea^   sagt  er,  habe  er  wenig  für. 
»einen  Zweck  gefunden..     Natürlich;    da  def  Letztere  einen 
andern  Zweck  vor  Augen  hatte,  und  immer  seinen  eigenthüm- 
Ur^en  Werth  beh^lt^  Sollte  man  es  au,e<h  mit  Aecht  m  Zwrei«^ 
fei  ziehen  müssen  ,  ob  er  als  Kritiker  gegen  B^ntlei  ^  jhit  wel-, 
cbeih  er  nicht  immer  .hc|Bich  apridht,  aufkommen  könne.  Was,, 
tSbrigens  Fea  «elbst  als  Erklärer  nicht  Uist'ete,  ersetzt  in  man«, 
ther  Hinsicht,  die  in  Heidelberg  von  Bothe  be&org^e  Ausgabe 
des  Feaschen  Horatius,     Ooch  wir  kehren  zum  Döring'scheii. 
zurück.     Ob  Hr.  D.  gleich  in  der  von  uns  abgeschriebenen 
Stelle  der  Vorrede  die -Erklärung  zum-Gebrauche  der  Studi- 
rend^n  und    deren,    die   den  Horatias  lieber  geniefsen,   als 
kritisch  stndiren  wollen,  für  die  Hauptstche  bei  seiner  An8<»> 
gäbe  erklärt,-  welche  auch  wirklich  im  Ganzen  sehr  befriedi« 
gend  durchgeführt  ist,  so  g^ht  döxh  die  Kritik  durcib^us  nicht 
Feffr  aus,  und  ^uch  wer  dieie  vorzüglich  berücksichtiget;  wird 
diese  Ausgabe  nicht  wohl  entbehren  können.       Zum  Behufe 
der  Erklärung  mufsten  oft  die  Lesarten  betrachtet,  verglichen 
lind  erwogen   werden,    und  Hr.  D,  hielt  es  mit  Hecht  für 
noth wendig,  die  Gründe^  warum  er  diese  oder  yfne  Le.-^art 
annahm, 'anzugeben,*     Aber    auch   eigene  Oonjectur^n  theilc 
Hr.  D*  mit,  die  Beaphturig  verdienen.     Drei  davon  bat  er  in. 
den  Tttxt  aufgenommen ,  denen  wir  uusern  Beifall  nicht  v^r« 
sagen  können.  .  Sie  sind  Epp.  L  10.  47.  Imperat,  hamd  (für.flur) 
servit  collecta  pecunia  cpique.  .    I.  20.  28.  Collegam  Lepiduai 
qixo  dmit  (für  duxit)  LoUips  anno.     A.  P.  245.  Ne,  velut  in- 
nati  triviis  out  (für  ac)  pen^  (wir  hätten  Jiejjer  paene  geschrie- 
ben: S.  Aid.  Mannt.  Orthogr.  p.  66.  Cellar.  Onthogr.  L^tJ!., 
p.  303.  ed.  Harles.)  forenses.     Zwei, andere  Conjecturen,  sagt. 
er  in   der  Vorrede,    hätten  vielleicht  ^uch    aufgenommen- zu 
werden  verdient,  tif^mlich  Sat.  1.  10*  69.  (durch  einen  Druck- 
fehler s^eht  69.)     Mollius,  ansiquis^  (füj:  a$  si  quis)  pedibus 
quid  claudeue  se/iis   etc.  und  II.  4«  1&«    Ne  gaUina  ^variint  (für 
/iialum)  responset  dura  p^lato«  ,,  Dafs  er  beide  aber  nicht  auf- 
genommf^ij^h^t»  darin  hat  ihn  ein  selii^  richth^er  Tat^C  geleitet;  ^ 


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Hort^i  Opp    #3«  D^Liriog«  161 

denn  gerade  gegen  beid|e  hdtfe  die  KritUc  protestireB  müsseif. 
An  dvr  vrAteu  Stelle  ist  der  Sinn:  Hat  iboi  ^^atur.  die  Gabe^ 
versagt,  oder  ist  der  Stoff  daran  Schuld«  dal's  er  die  Versen 
flicht  besser  macht,  als  einer  sie  uiacht,  der  (das  ist  eben  er) 
vor  Tisch  200  und  nach  Irisch  2öO  V^erae  hinwiiit?  Sollte  es 
beifseii:  was  ist  Schuld?  Natur,  od^r  Stoff,  oder  Eilet 
So  wäre  es  nicht  mit  der  bloi'sen  Verwandlung  dt^  ac  in  un  ah« 
getban,  denn  in  dieser  Construction  sa^t  an  nicht  soviel,  als 
dia  für  den  Sian  notliwendigen  Worte,  die  ja  nich^  voraus-, 
gehen  :  an  ideo  pravos  oersus  factitet ^  quod  aiuat  etc.  Die  «weite 
Cooi«ctur,  paruiii/iür  maliuii ,,  damit  tnaluin  respousar'e  nicht 
•tehe  fCir  male  rf«ponsare,  da  für  jenen  Gebrauch  sich  keine 
Beispiele  linden,  hat  erstlich  das  gegen  airb,  dafs,  wSre  ur« 
«prünglich  parum  gestanden,  dies  wohl  Niemand  aus  IViifsver«, 
4tand  oder  um  zu  verbessern  in  das,  allerdings  seltsame ^  uia«. 
lum  verwandelt  haben  würde.  Heindorf  that  in  dieser  Hin^ 
licht  Recht 9  daCs  er  bei  malum  weiter  nichts  sagte ^  als: 
Wohl  nur  an  dieser  Steile.  Und  dann  ist  es  doch  alt 
•ich  nichts  Seltenes,  bei  Dichtem  ein  Adjectivum  statt  eines 
Adverbiums  zu  finden.  Um  Übrigens  dem  Herausgeber  einen 
Beweis  unserer  Achtui^g  zu  geben  nnd  der  Aufmerksamkeit,^ 
die  wir  seiner  Ausgabe  widmen  au  müssen  glaubten,  wollen  . 
wir  noch  eine  Anzahl  Stellen  mit  unsern  Bemerkungen  beglei« 
ten,  Sat.  I.  9.  4.  stimmen  wir  Hrn,  D.  bei,  der  (gegen  Bent- 
lei,,  Heindorf,  Fea,  fiothe)  mit  Lambin,  Dan.  Heinsius»^ 
H^nr,  StephaniiS.^  und  dem  Scboliasten  liest  und  interpungirt: 
<^uid  agis ,  dulcissime  rerum  ?  und  sich  durch  dt:s  eifigen 
Ovids  pulcherrime  rerum  nicht  bestimmen  l^fst,  zu  glauben, 
dafs  dulcissime  rerum  eine  Liebko^ungsFormel  geWesen  sey : 
Vs.  X6f  gute  Interpunction  (wie  Fea^  nm-  dafs  dieser  jtersequar 
bat).  Punkt  nach  prosequar  und  Fragezeichen  nach  tihu  Hein- 
dorf hat  nichts  als  ein  Funkt  nach  tibi,  Bentlei  auch  ein  Kom- 
ma nach  hiiic:  V.  l8.  cuhat  mit  Recht,  wie  von  Heind,,  durch 
aegrotat  erklärt.  H.  tadelt  mit  Recht  Vofs's  haust,  Hora» 
tius  will  den  Zudringlichen  noch  mehr  abschrecken.  V.  45. 
ist  Morgensterns  in  einem  Programm  vom  J,  1Ö21  niitgetheilte 
und  mit  sehr  empfehlenden  Gründen  unterstützte  Conjectur: 
Nemo  </£r/#rMii  (für  dexterius)  fbrtuna  est  usus  nicht  berührt.— 
Sat.  I.  1.  1,  war  bei  nemo  —  laudet,  wo  zu  landet  auf  nemo, 
ein  quisijue  herausgezogen  werden  mufs,  dßs  Zeugma  bestimm- 
ter äu  bezeichnen.  Der  Sinn  ist  übrigens  richtig  anceg^lien. 
V.  4.  zieht  er  gegen  Wolf,  Huschke,  Bothe  und  VVaku/ieM 
der  Conjecttir  Bouhie  r*s  (dipser  ist-  der  vir  quidain  doctu» 
iti  4iario  Trevolticnsi)  die  aUe  Juesart  gravis  amiii  statt  ^r4vis 


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154  HotttiHOpp.  eA«  B^^gv 

■  ,       -  '      "  '  ^  /    .  » 

^nuV  mit  Heindorf  und  Fea  aui  gtited  Grdnäeii  rur.  T.  8«  ist 
#/«  vichtia  zum  Yorhergefaendeii  gezogen«  das  Bentlei,  Base», 
t^r  und  Fea  zutii  Folgenden  sieben.  V.  29  wird  blos  die 
lußsatt  Perfidtts  hU  cqiujto^   miles  etc.  efitlärt:    es   konnten  aber 

_  doch  kurz  die  verschiedenen  zum  Theif  auf  Handschriften  ge« 
gründeten  Aenderungsversucbe,    und  "der  Grund,  warii^i  man  . 
andern  wollte^   angegeben  werden      z*  B.  das  von-Valart 
vorgeschlagene  eautorf  welchem  9  wie  wir  uns  erinnern,  Wyt» 
tenbach  seinen  Beifall  gab;  Ha  m  an  n  s-  (in  seinen  Scbnlschrif^ 

^  ten.  Königsb.  l8l4-)  nach  Markland  Causidicus  vafer  bic,  be« 
Standers  Fea's  Praefidus  bic  campo  miles.     V,  36.  wäre  invdr» 

:  «bm  annum  deutlicher  durch  revblutum  ad  sua  principia ,  als 
durch  quando  cursum  suuih  exegit  erklärt.  V.  65,  ist  mallem 
«hne  Angabe  eines  Grundes  und  ohne  Widerlegung  der  guteii 
GegengrSnde,  die  für  malrm  sprechen,  beibehalten,  ungeach-« 
t^t  das  letztere  Bentlei,  Baxter,  Fea,  Heindoi-f  und  Bothe 
vorziehen*  Y.  8l«  ist  sehr  zu  hilligen^  dafs  Hr.  D.  mit  Beut« 
Ifei,  Baxter,  Heindorf,  Wolf  und 'Fea  lecto  te  affiddt  (gegen 
afflixit)  liest.  V.  88.  ist  vielleicht  zu  rasch^  Wakefields  vpa 
Fea  aufgenommene  Lesart  An  sie  cognatos  statt  ji(  si  cognatos 
Vorgezogen;  ja.die  letztere  ist  nicht  einmal  ang^fCfhrfc ,  da 
doch  viele  Bandsthriften  und  die  meisten  alten  Ausgaben  so 
lesen:,  ii'nd  F.  A.  Wplf  diese  Lesart  wieder  empfoUlen  bar, 
der,  ganz  leicht  verbindend,  so  übersetzt:  Hoffst  du  vi^U 

/leicht  Blutsfreunde  —  auch  hold  und-  geneigt  zu 
erhalten:  traun,    so  verfehlst  du  den  Zw>e4;k.     V^ 

'95.  ist  ^tt£ ,  tatii  gut  gegen  Heindorf  vertiheidigt.  V*  97,  sollte 
/»rpo  erklärt  teyn;  denn  die  Leser  des  Hrn  D,  denken  sonst 
quam  servus  ^  da  es  doch  qi'um  xi?r(7t/m  verstanden,  werden  mufs'; 
wie  Epist.  II»  1,  197«  Spectaret  populum  /itizi  attentiua  ipsiS|  g 
\\o  Hr.  (ob  es  gleich  weniger  nothwenrfig  war)  i;ichtig  para- 
pnrasirt  ijuam  ludosAfsoi,  £r  müfste  nur  etWa  an  Unserer 
Ställe  mit  Vofs  übersetzen :  Niemals  besser  sich  selbst 
Jenn  ein  ^it^c7i£  ankleidete;  was  wir  nicht  billigen 
kdnnen.  Wieland  läist  uni  in  Ungewifshelt  über  den  Casus, 
für  Akn  er  servo  nahm,  denn  er  übersetzt:   dafs  er   nie  sich 

.besser  als  seine  Sclaven  kleidete.  V.  108.  Die  so 
bliufig  falsch  verstandene  Stelle  Nemön'  ut  'avarufe  etc.  para- 
pht'asirt  Hr.  D.  Ergone  fit ,  ut  nünquam'avarus  iis,  quae  ha- 
llet, cöntentus  sit,  et  eos,  quibus  diversa  est  vttae  conditio, 
laudet.    Wir  hielten  folgende  Erklärung  für  richtiger;  Nenio- 

.  ifie  igttur  ^  utpote  ävarus  (i.  e.  cum  omnes  sint  avdri)  sua  sört« 
cöntentus  est,    an   potius   omnes  lauda/it  aliorum,    prae  sua, 

^conditionem?  —  £pi»t«  \l,  1.  j^  behält  er  mit  Recht  ja/finea^, 
und  nennt  gar  .Cumifnghams  sustenus  iiirht  9  das  bei  Fea  mit 


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Horst&t  Opp.  «d.  Döring.  15^5 

.   '  '  '    ' 

aitiem   fhihß   entlaiten  wird.       Ueberliaupt  müssen  win  clen 
wOrdigen  Ton,   in  welchem  Hr,  D,  spricht^  wo  er  Anders- 
denkende  nennt  oder  nicht  nennt 9  sehr  billigen 9  so  wie  auch 
das,  dafs  er  blofseSinfllUe,  wie  hier  und  v.  6.  Benttei's /ofa*^ 
und  Cunninghama  deum  haadf  stillschweigend  übergeht.  VI  41* 
duVfte  indessen  wohl  berührt  werden  ^  dafs  mehrere  Heraas- 
geber an  den  Reioi^n  poetat  und  aetas  Anstofs   genommen  ha- 
bell  und  darum  fientlei  jprohosqu§  ^  Cunningham»  sein  Gegner, 
prohatos  eennujhete.     V.  105.  durfte  c«rfti,  das  $0  viele  mnd* 
Schriften  haben  und  dem  Herausgeber  mit  Recht  gefüllt,  wohl 
aufgenommen  werden.     Sat.  1.  6.  4*  nimmt  Hr.  D.  Fea's  regio* 
fiihiu  auf,  das 'Heindorf  vorsichtig  nur  in  einer  Note  empfahl, 
Eothe  in  seinen  Anmerkungen  xum  Fea'schen  Horatius  (i'820)   , 
anzweifelte  und  in  seiner  Anmerkung  zum  Baxter-,  Gesnei^,- 
Zeuneschen  (l822)  aus  guten  Gründen  entschieden  verwarf,- 
und  das  alte  hgionihus  rechtfertigte,      Sat.  f.  3»  7.  vertbetdigt 
ITr.   D.  mit  Recht,    wie  Heindorf,    die  Lesart  cUartt  gegen 
Bentfeis  Co'njectur  ueraret\  dagegen  giebt  er  Sat,  I,  4-  10.  und 
X.  4-  !!•  n)it  gleichem  Rechte  H^indorfen  kein  Gehör,  wenn 
er  Starts  j^de  in  uno  übersetzt  in    nachlSssiger  Stellung 
und- Haltung  des  Körpers,   xxnA  hei  erat  qnod  tollere  vellwt 
tfas  tollere  durch  a  u  f  h  e  b  e  n  giebt.  Wolf  sagt  ganz  richtig  :  Bei 
dem  trüben  Flusse  des  schreihseligen  Lucihus  fand  sich  Vieles, 
das  man  wegzunehmen  (abzuläutern)  wünschen  konnte.  £pp.  I* 
6.  5i*  nimmt  er  mit  Bothe  zur  Baxterschen   Ausgabe   das  he- 
'strittene  pouderaf   ohne  Zweifel  richtig,   für  obstacula  viam 
intersepientia,    transque  dextra  ii^clinato  corpore  potrigi  de- 
Ijehtft  praetereuntibus.       Aufser    der  Erklürüng  des  Ferrarius 
ojber,  welcher  Fea    so  eifrig  beitritt  (pondera  sey  so  viel  als 
pondera  togae')^0\ebt  es  uocli  gar  manche.     Floridus  sagt  z.  B. 
lecticaniy  T orveniius  quati  molem  populij  Andere,  publica  ponderm 
"Geschenke,  Aufwand,  An«leie  ;  graottatcm animi ;  die  frei- 
lich sehr  gezwungen  sind.     Endlich  fOgen  wir  noch  eine  An- 
zahl Bemerkungen  zu  der  jirs  poetica  bei,  und  theilen  bei  die« 
ser  Gelegenheit  über  einige  Stellen  VVyttenbachs  Ansicht  mit, 
da  wir  ueYnts  Scholas  über  die  £p.   ad  Fisones  händichriftiich 
vor  uns  haben;  eine  MittheiKing,    die   vielleicht  als  Zugabe 
zu  dieser  Anzeige  nicht  unwillkommen  seyn  dürfte, 

V.,  3.  konnte  undicjuc  leichter  durch  nndequaque  erklart 
werden/  V.4«.sagt  Wytt.  überpiscem  :  Satis  boijum  redflitsen- 
«iim:  attamenAdr.JuniusAnimadvv.il,  12.  corrigit  pristinQciuoi 
iiionstrtun  marinum  item  dicitur  phtrix)',  quäle  illud  est,  quo-  / 
cum  Scyllam  comparat  Virg.  Aen.  HI.  42?.  Et  habet  sane  haec 
correctio  nonnihil  verisimilitüdinis,  V,  23.  schreibt  Hr.  D., 
denique  %lt  quodoU  simjplex  duntaxat  etunum.  Beiitlei  schreibt: 


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166  BoraiH  Öpp.  e4.  DSrin^  ; 

f),«iii({if«  Sit ,  quidifist  «^mpleiL  duiitaxat  ef:  URUfh  $  wenigifent 
trehf  das  Seaiikqloti  in  dtri^Ausgabe  Amstelod.  I7l3.  4f  Fear 
d«iiiiqua9>ftit  quiävis  siniplex  duntaxat,  et  unuoi.  Wir  halten 
^s  mjt  Wytt«^  welcher  #agty  denique  ait,  quod  vis^  ttiinplex, 
dunt^xat  et  unum:  Haec  eäit  vera  lectio,  L  e.  quod  <tii  tibi 
proposiustiy  fini«  ^t  prepos i tu ih' car min ts.  Ita  aaepe  loquitur 
GiCtfto»  ul^  male  Bent^ejus  ajiique  eineindare  stu^es^nt  qui^tfis. 
i«  e«  uDiiinguodque.  V.  26.  steht  richtig  ^iV  gegen  Bentlei'a 
jtfitui,  aher  laicht  aollte  sur  Erklärung,  des  /^rvia  die  falsche 
Scbreibitng  latvia  in  ein^r  Klammer  heigegehen  seyu^  und  da^ 
durch  fortgepflanzt  werden.,  sondern  A«7a,  der  Stamm  de», 
(Wortes,  weiches  seigt,  dais  nur  levia  richtig  ist.  V.  22-  «r- 
klürt  Hr.  D.  das  faber  unus  mit  Bentlei  und  Fea  durch  .prae^ 
omiühus^  aHis,  prae  ceteris ; ,  Wy tt,  dagegen:  unus  idemque^ 
faber  facit.  y.  imitatur  iquasdam  res  bene,  veluti  orines  et  uif»^ 

Sues«-*-  Das  alte  zmit#  wollte  Hamann  (Schu)schriften  |  K^Önigs«; 
erg  l8l4)  wieder  zu  Ehren  bringen,  indem  er  eh  durch  Haiifd« 
arbeit^eri.NachmeifsIer  erklärte,  der  dets  Werk  eines  grossen  . 
Künstlers  bis  au£  die  letzten  Züge  vollendete«     Derselben  ^»i 
sticht  scbeint  auch  Rothe  in  der  Baxterschen  Ausgabe  von  l822« 
V.  69.  geßllt  es  uns,  dafs  Jfr.  D.  während  er  Bentlet's  Lesart 
aus  MbS^  procudere  aixfaimmt  (für  jtroducere)  er  ebendesselben; 
nutmnurk^   blofse  Conject.   für  noif^^ft  vervi^irft,    oder  vielmehr, 
nicht  einmal  erwähnt.      Das  ist  auch  Wyttenbachs  Ansicht^ 
der  zu  dieler  Stelle  sagt:  Loco  verbi  producere  multi  retere» 
Codices  habent  procudtre :    cvjuB  verbi  ^probabilitate  induCtus 
^entlejus  etiam  nomen  mutavit   in   numnium^  nullo    assentienta 
vetere  codice,     Nee  opus  erat:  quippe  jam  sie  satis  diludire-^ 
appar^bat  comparatio  v^rborum  cum  nu minis.      Frouti   igitur 
numus   rejcuditur   in  aliam  formam ,    alioque*  insigni  notatur^ 
aat  veteri  ijisigni  novum  additur,  sie  etiam  licet  poetae  vete«  . 
rem  significationem  nominis  in  novam  mutare  ,  aut  certe  ve« 
teri  novam  sagni^cationem  äddere.    V.  |>0.  pronos  ia  annos  nimmt 
Hr.  13«  blos  für  quotßnnis*     Da  sagt  der  Schal,  Cruq.  doch  noch 
bestimmter:    proclivos ,    citu  labentes,    instabiles,  volubiles«. 
Wytt.  aber:  lab<;ntes,  desiiientes,  tempore  auctumni   ad  hie« 
mem  vcrgentes.     V«  65.  Richtige  Bemerkung  wegen  des  hin-, 
f   ten  verkürzten  ptdus  (Sumpf)  gegen  Bentlei,,  ohne  ihne  ibn  zu 
7>«nnen,    wo  Fea  gegen  B.  nnd  W^kefleld  liiit  iaeptiis  um  sich 
wirft,     V.  Il4»  Schonende  Note  gegen  Wielands  Davusnif  Id- 
'quatur  an  herus^  wo  die  Schwäche  der  Con|ectur  nur  durch 
,  das  Qnantitätszeichen  bemerkt  wird.       Auch  wird   Bentlei*a 
Divus  gut  zu^ückgewUseq  ,  von  dem  auch  Wytt.  nichts  wissen 
wiU.      V.  f2ö.   Difficile  est  propric  communia  dicere.      Bei 
dieser  vitlbesprQcdiei^(i>  Stelle  folgt  Hr.  D«  d<;r  Ansicht  Lam- 


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bins  und  tlurdty  und  niiHait  communm  für  nondmm  tru^tßta^  und 
jn-apri»  fOr  propria  arte  und  tagt  dazu  pulcbreVotiiu«t  Schwer 
ist*8  eigene  Wesen,  au«  Allgemeinem  sü  bilden: 
aus  welchen  deiitichen  Worten  Herrn  Ddringa  Sinn  wobi 
kaum  berauseubringen  ist.  VVytt«  bat  eine  eigene  Ansiebt 
von  dieser  Stelle »  die  wir  bier  ganz  mittheilen,  Prim«  verba 
difficile'  est  etc.  —  .aliter  accipi  non  possunt,  nisi  difft- 
eile  est,  argumentum  jam'  tractatum  ita  retractare,  ut  tibi 
proprium  videatur:  veluti  tragoediam  Oreiten ,  a  multis  jam 
scriptam  ita  rursus  componere,  ut  tibi  propria  videatur«  At* 
qui  bic  sensus  repugnat.  sequentibus.  Itaque  Lambinus  boc 
animadverteiis  eumque  secutus  Hurdius  eommunia  accipi unt 
pro  novisf  nondnm  ab  aliis  poetis  occupatis:  na^n  nohdum  oc« 
cupata  es$e  communia.  Haec  interpretatio  cum  per  se  ^riget^ 
quia  commmtdm  secundum  ipsam  naturam  et  significationem  no« 
iDinis  b.  1;  nil  aliud  potest  signiRcarey  quam  argumentum  jam 
tractatum;  deinde  repugnat  «i  adverbium  proprio,  Nam  res 
novas  proprio  dicere  non  est  difHcile ;  quippe  arguaieutum 
ipsumanobis  inventum  vvl  repertumper  se  est  nobis  proprium« 
Itaqu^  tenemus  veterem  quandam  nostram  emendationem,  ut 
pro  tuqae  legamus  tuu^  ceterum  ponamus  ellipsin  partiailarum 
quamquam  et  tmmetiy  ut  exempla  quaedam  apudLatinos  et  Crae* 
cos  observavimus  alibi  prodenda.  Sensum  igitur  sie  accipr* 
mus :  (^uamquam  difiictle  est  propiie  communia  dicere,  tu 
tarnen  rectius  Jliadem  in  dramata  distribues,  quam  ut  fgnotum 
-et  indictum  argumentum  primus  proferas.  —  V.  165«  Subli- 
mis  erklärt  Hr,  D,  altiora  spirans,  Cri^oy^o^^  Wytt.  sagt:  re« 
spondet  Graeco  ^$Tim^oq$  quodanimi  illum  a£Fectun^  notat,  quem 
nos  bodieque  vulgo  dicimus  disiractütn^  ut  noi)  cogitet  illud,. 
^quod  praesens  est,  quodque  cogitare  debebat,  sed  animum  in 
a)io  loco  babeat.  Sic  dixtt  Suetonius  (<Dlaud.  39.)  subKmitatem 
et  |t*«ritti(wav  Claudii  Caesaris,  qui  nunquam  de  ea  re  cogitlibat, 
quae  praesens  cogitationem  requirebat.  —  S.  266.  behält  Hr. 
D.,  mit  Baxter,  Bentleis  ut  omnes  und  erklärt  es  auf  äbnli« 
che  Weise,  wi<?  Bothe  in  seinen  Anmerkungen  sn  Fea's  Aus« 
gäbe,  dessen  ^£  oinnes  mit  der  Erklärung  Bothe  mit  Recht 
verwirft.  Wyttenbflch*s  Ansicht  ist  folgende;  Prioies  £dd. 
babebant  an  oaines  :  aliae»  quas  seCutus  est  Bentlejus«!  ut 
omnes,  quod  deterius  est  prioie;  quippe  sie  deest  verbum 
constructionem  regens.  Melius  sententiaeconv^niret  o^,  ut 
sensus  sit :  at  ego  putem  i.  e.  mihi  persuadebo  ,  omnes  audi« 
tores  animadi^rsuros  we  mea  peccata;  itaque  ero  cautus  et 
tutus  intra  spem  ven^ae  i.  e.  ut  t\ot\  excidam  spa  veniae,  ut 
'semper  spcrare  possim  ,  judices  et  auditores  mihi,  si  quod 
▼itlum  adoiis^ro ,  ignoturos  esse.  —    V,  38&  %^^.  aitbt  Wyrt. 


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168  Hoifatii  O]^.  ej.  pWiiß. 

^le InttfFjpunction  der  al(en  Auagabeti  vor,  n^cb  nanumqm  pr^^. 
■miHur, in  anouin  ejLu  Punctum  zu  setzen 9. und  es  dagegen  nach 
'mßmhranit  intus  jwsUis  wegsustreichen  :.  womit  wir  8eh^  einver« 
.«standen  tind.  Sq  l^aben  ^  unter  den  Ausgabe^/  die  vor  uns 
liegen  f  Henr.  Stepb,  Lambin  und  Dan*  ßein&jxis*  — r  V^  394* 
tbei  Xbebanae  co;id|tar  ^rcis  giebt  Hr.  D.,  wie  die  andern  Er- 
'Uärer»  den  Ampbion  an,  i)bfrrgebt  aber»  dafs  A.  nur  sehr  un- 
eigentlicb  sogenannt  werden  Icdnne,.  da  ja  Kadgius  der  Er*, 
ibauer  der  Burg  war^  Amphion  aber  die  Stadt  um, die  Burg 
und  .die  Mauern  um  die  Stadt  gründete.     Weswegen  aucb  f  ea" 

.  aus  Handscbrifteh  urhis  aufgenommen  bat»  mit  der  gutlateini« 
scben  Bemerkung,  Ha^c  lectio  praeferenda  e^t  äliae  arcis* 
.Wytt*aber  will  denno«lb  keine  Aenderung,  —  V.  433.  nimmt 
Hr.  D.  Gesners  £U*k]ärung  von  unctum  an ,  dafs  es  convham  be- 
deute,, und  -ponsre  i{\v  yconoi^io  excipere,  welcber  au<tb  Wieland 
und  Vofs  beitretien.  Wytt.  aber  halt  es  mit  dem  alten  Scho- 
liasten,  nimmt  unctum  für  puimentariuin  bene  coctum  i.  e.  ge- 
nerathn  bonum  cibum»  Ita  dixit,  fährt  er  fort,  Horatius 
unctum  olus  ejsimiliter  Sat.  H*  t*  64»  coli.  Pers,  Sat.  HI.  102. 
Nil  opiis  est  Gesneri  interpretatione :    et  advocatus  ab  eb  V. 

^:Burmannus  ad  Ov.  A»  Am«  I.  331*  docuit  papere  cibos  usurpari 

v^on   ponete  con^wam^  -r-    V.  460«  erklärt  }^r.  D«  non  sU  durch 

iieminem  adesse  vellmw   Allein  Wytt.  sjagt :  non /i^  est  elegantis^ 

Latinitatis  pro  non.«ri^y    non  esti   non  facile  sit  ali^uis«  *— 

Doch  wir  sdiliefsen  unsere.  Anzeige,  und  haben  nMr  noch  den 

-beiden  reichhaltigen  Registern  ((^^r^oru^h  und  nominum')  die  über 

200  Seiten  einnehmen  und  der  Verlagshandlung ,  die  für  scho* 

.Sien  und  correcten  pruck  und  gutes  Papier  gesorgt /bat ',  das> 

Sebührende  Lob  zu  ^^tbeilen»,  D*rm  Herausgeber  aber  wiri 
er  Dailk  d^\  Leser,  für  die  .die  Ausgabe  gemacht  ist^ 
.nicht  fehlen,  sollte  auch  in  Kücksicbt  auf  Kritik  und  Inter- 
.  pretation  der  philologische  Beurtbeiler  von  seinem  Stand« 
.  piincte  aus  noch  Manches  genauer^  Manches  anders  wünschen* 

£»  C.  Plinii  Säcttndi  Historiaä  Naturatis  Lihro  XXXIF 
Excerpta  ijuae  ad  jirtes  spectant.  Edidit  Ernest»  Frid,  Wü'* 
ster^iann»  Gothae^  apud  Carolum  Glaeserum»  1824.  KI  und 
97  S.  in   Octavi 

Der  Herausgeber  entbehrte  bei  Erklärung  des  Plinius  . 
und  den  damit  verbundenen  Vorträgen  über  Kunstgeschichte 
eineH>rdentlicfae:Atugabe,  die  er  seinen  Schülern  in  die  Hända 
geben  konnte^  Denn  die  zu  demselben  ^wecke  bereits  im  Jahr 
ii90  von  Heyne  veranstaltete  Ausgabe,  wenn  sie  gleich  durch 
#in«  pusend«  Auiwajii  sicb.emplabl»  iand  dqch  d^r  Herausge«  * 


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PUuH  Esetrptt.   td.  WSstemann.  459 

ber  minder  passend '^tlieili  wegen  Mangel  aller  Anmerkungen« 
theiU  auch  w^gen  vieler  mangelhaften  und  unrichtigen  JLe** 
arten;  so  sah  er  sich  genölhigt,  selber  eine  neue  Ausgabe  «u 
veranstalten  9  zu  welchem  Behuf  er  eine  sorgfaltige  Verglei« 
chung  der  altern,  kritisch  bedeutenden  Ausgaben  des  Plinius 
von  Gronövy  Harduin «  Brotier  veranstaltete  sugleich  mit 
Benutzung  dessen  9  was  Gesner  in  seiner  Chrestomathia  Plt. 
jiiana  oder  Andere  gelegentlich  für  Verbesserung  oder  Erört«»* 
rung  einzelner  Stellen  lieigetragen  hatten.  Er  führte  jedoch 
nur  die  bedeutenderen  Lesarten  an,  und  fOcte  ihnen  gemei«' 
niglich  ein  kurzes  Urtheil.  meistens  nur  mit  einem  Worte, 
bei,  einige  schv^ierige  Stellen  suchte  er  gleichfalls  durch  Um* 
Schreibung  eu  erläutern.  lJni\  diese  Kürze  der  Anmerkungen 
J[)ei  einer  dem  Öffentlichen  Unterricht  bestimmten  Ausgabe, 
-vro,  die  Anmerkungen  blos  Gelegenheit  zu  wetteren  ErÖrte« 
runden,  oder  in  kritischen  Fallen  Wos  Rechenschaft  des  Auf- 

fenommenen  kürzlich  geben  sollen,  wird  Niemand  hier  mji}i- 
illigen  können  ,  wo  gröfsere  Ausführlichkeit  gerechten  Tadel 
erheischt  hätte.  Wir  können  auch  dem  Herausgeber  das  Zeug« 
nifs  geben,  dafs  er  sein  Auit  gewissenhaft  und  getreulich  ver- 
'Waltet  ,  d'aL's  er  nicht  blos  den  Sinn  vieler  dunkeln  Stellan 
gefunden  und  durch  passende  Umschreibung  erläutert  hat, 
sondern  dals  er  auch  an  verdorbeHen  Stellen,  dergleichen  bei- 
der bei  Plinius  nicht  wenige  vorkommen,  die  richtige  Lesart 
zurückgeführt  und  so  für  die  Kritik  des  Plinius  einen  sehr 
schätzbaren  Beitrag  g^Keferfc  hat.  Interpunction  und  Ortho« 
graphie  sind  nach  dan  neuesten  Vorschriften  hierüber  behan« 
fielt,  was  besonders  in  Absicht  auf  letztere  bei  den  vielen 
hier  vorkommc^nden  l^igennamen  nicht  ohne  Schwierigkeiten 
war.  Wer  weifs  nicht,  wie  viel  überhaupt  noch  hei  Plinius 
für  die  Wiederherstellung  des  Textes  zu  thun  ist!  Auf  kei« 
nem   anderrw  Wege  wird  dies  aber  besser  geschehen  können, 

'  als  dtrrch  allmählige  Bearbeitung  einzelner  Theile  dieses  viel« 
umfassenden  Werkes  unter  den  Händen  sach-  und  sprachkun« 

'diger  Gelehrten;  wozu  gewifs  vorliegende  Bearbeitung,  die 
wir   deshalb  zu   empfehlen  kein  Bedenken  tragen ,  einen  dan* 

:  kenswerthen  Beitrag  liefert.  Um  so  erfreulicher  mufs  es  uns 
seyn',  wenn  wir,  wie  die  Vorrede  meldet,  die  ftücher  des 
Plinius,  welche  die  Kunstgeschichte  angehen,  von  dem  be« 
kannten  Herausgeber  des  Catull,  Julius  Sillig,  in  ^iner 
neuen ,  rtach  Handschriften  berichtigten  Ausgabe  zu  erwarten 

r  habend —  Noch  ist  uns,  in  dem  vor  nni  liegenden  Exemplar 
Etwas  aufgefallen  y  worauf  wir  den  Herausgeber  aufmerksam 

^machen  wollen,  zuthal  da  die  Ausgabe  für  Schulen. berechnet 
ist,  wo  Gleichförmigkeit  der  Abdrücke  sa  selir  berücksichtigt 


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160  Lai teyH«  Saminlun^ ' voii  MascHiae^»  .  ^.'' 

^wird.  Seite  65—^71.  §.  26.  findet  sich  bereiti  im  Torhefge- 
hendeh  S.  59 -.64.  incJ.  abgedrückt,  jedoch  nicht  fiitt  allen 
Aniperkungen  ,  die  im  cpäteieti  Abdrucke  vorkommen«  Nach 
S.  64»  «ollte  unmittelbar  §.  26.  folgen,  der  nuh  S.  71.  unten 
erat  i'ölgt,^  Ref.  ergriff  hieVaiif  ein  anderes  Exemplar»  worin 
^  er  bald  bemerkte ,  daT»'  von  S.  34-  an  dies  Ittstere  von  dem 
N  seinigen  ah  wich ,  indem  hier  eine  hinzugekömmenfi  Nöte,  so 
wie  andere  Zusätze  im  Verfolg,  die  in  des  Ref  Abdruck  feh- 
len oder  kürzer  dastehen ,  die  Veränderung  der  Seitenzahl  be* 
wirkt  haben.  In  cliesem  Abdruck ,  der  gmrklicherweise  dem 
Ref.  noch  in  die  Hand  kam',  fand  er  Alles  in  bester  Ordnung 
fortlaufend,      ' 

Samrnlung.ton  Maschinen^   Instrumenten^   Geräthschafien ^  Oehäudert^ 

jipparaten  tu  s.  io,fUr  landwirths^hajiliche  ^  häusliche^  und  inda^ 

sttißlle   pekonomio    9dm  Grafen    von    f^asteyrie^       Aus  dem 

■    Französischen  Übersetzt,-    2ten  Bandes  5 — I0t9  Lieferung.    Stuti" 

gart  bei  Gotta.  i82S. ,  4»  7  Ä.  12  kr. 

(Man  vergleiche  die  in  Nro.67  des  Jahrg.  1823  enthaltene  Anzeige.) 

Diese  letzteren  Lieferungen  des  folier  angezeigten  Werkes 
haben  das  dort  ausgesprochene  Urtheil  so  ziemlicu  bestäcigtf» 
Der.Hr»  VerE  hat  unter  denselben  Ruhriken ,  wie  in  den  er« 
steren  Heften ,  eine  grofse  Menge  von  y^eiehnungen  geliefertf 
allein  keine  besondere  Auswahl  getroffen«  Entweder  war  es 
ihm  nicht  darum  zu  thun,  nur  das^Beste  und  Zweckmäfsigst^ 
berauszuheben^  öder  es  ist  ihm  nicb^  geglückt.     Manche  hier 

^ahgebildete  und  beschriebene  Maschinen  sind  offenbar  unvoll- 
kommen z.  B.  die  ungarische  Oelpresse,  manche  verdienen 
keine  Abbildung  und  Beschreibung  z.  B.  die  Schrotleitern^  die 

.Feperhunde  vpn  Sandstein  etc.  wie  früher  gleichfalls  schon 
bemerkt  wurde.  Erfreulich  aber  war  es  für  den  Ref.,  hier 
mehrere  neuere,  besonders  englische  Pflüge^  dieExstirpatoren^ 

,die  Kaftoffelhacken  etc.  zu  finden  »  welche  den  ersten  Heften 
noch  fehlten.  Auch  ist  die  Darstellung  der  allmähligen  Ent« 
Stt^hung  und  Ausbildung  der  Ackergeräthe  am  Schlüsse  des  Wer» 
kejs  interessant,  und  aufstellen  der  cl^ssischen  Schriftsteller  ge- 
baut. Nur  wäre  zu  wijrischen  gewesen,  dafs  die  Tafeln  in  den 
jetztern X^ieferungen  besser  gezieichnet  und  lithograpbirt  worden 
wären.  Besonders  auffallend  ist  dieser  Misatand  in  der  JetzteVi 
Lieferung,  welche  die  Zeichnungen  zur  OeSchichte  der  Ackerge* 
räthe  enthält,  und  in  der  mehrere  Figuren  von  Menschen  und 
Thieren  vorkommen,.  Yoa  eii|er so  berühmten  .Verlagshaii(dlu|ig 
ivär€  wohl  etwas  Beiiseres  zu  erwarten  gewesen. 


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N.  11,  1825; 

Heide  1  b  e  r  g  e  f 

Jahrbücher  der  Literatur. 

I  II'"  'I  ll'      lil    I     I      I        ^  '  -LL.Iill.^J4A.JLJgy 


I«   Ijshrhueh  der  PVifltg0tchieht0  fär  Töchur$ekulen  und  zum  Prioat* 
jtau^rrUht   h^ranwachsendtr.xMäd^hnt,      In    mei  Theilm.      Von  ' 
FrUdrieh  Nd/selt.     EtUßr  TIM  XVl  u.  494  S.     ZweUet 
ThsÜ  VIII  u.  678  S.  8.     BrMlott  1822  n*  29.  2  Atblr.  8  grl 

2.  KUiue  TVeltgeschichu  für  Töcluertchulen  und  *um  Privatmuet^ 
riahte  heranwachsender  Jilädchsn*  Von  Prißdrich'  Nösselt4 
$7  S>  8.     Breslau  1825.  8  ggr. 

Die  letzter«  kleine  Schrift  erinnert  Ref.  an  die  Ausfiib« 
rung  eines  Entschlusses  ^  welchen  er  schon  seit 'längerer  Zeit 
g^faist  hatte^  a^er  durch  zufällige  Hinderhisse  zu  vollfdhren^ 
stets  abgeualten  wurde  ^  nämlich  die  Leser  dieser  Blätter  auf 
das  erfttere  Werk  aufmerksam  zu  m8;beny  Welches  seiner  ei« 
genthümlichen  Bestimmung  in  einem  hohen  Grade  angemessen 
ist,  undgewifs  recht  viel  Gutes  stiften  kann.  Der  Verf.  gieht 
hier  nämlich  heranwachsenden  Töchtern  einX^esebuck  in  die 
Hände  y  welches  die  Weltgeschichte  von  den  ältesten  Zeiten 
bis  auf  die  neueStten  enthält ^  und  in  einem  reinen,  fliefsen« 
den  und  correcten  Stiele  geschrieben  ist.  Eigentliche  Ge^ 
Schichtsforschung,  selbst  auch  strenge  Sichtung  mancher  wohl 
nicht  so  ganz  fest  begründeter  Thatsachen«  scharfe  Sonde-* 
rung  des  historisch  minder  merkwürdigen  ron  dem^  was  dem 
eigentlichen  Kenner  der  Geschichte  wichtiger  scheinen  mufs^ 
darf  und  wird  man  hier  Überall  nicht  erwarten«  Bei  einiget 
Belesenheit  in  den  bessern  und  befttea.Schriften  der  weitläuf* 
tigen  historischen  Literatur  i^nn  e»  femer  nicht  schwer  bal« 
ten,  rücksichtlich  der  Thatsachen  dasjenige  herauszufinden, 
was  im  Allgemeinen,  und  für  Leser 9  welche  nicht  ganz  un^ 
kundig  in  der  Geschichte  seyn  wollen ,  in  ein  8olch<^  Werk 
aufgenommen  werden  mufs.  Das  wissenschaftliche  Verdienst 
de»  Verf.  als  Geschichtsforscher  will  also  Ref.  Überall  nicht 
bfiiJirtheilen ,  auch  weils  jsr  durchaus  nicht  ^  wie  grofs  oder 
wie  klein  dasselbe  seyn  mag$  um  so  mehr  aber  iriurs  er  das 
practische  Talent  der  Darstellung  bei  deihselben  anerkennen^ 
und  diesem  volle  Geiechtigkeit  widerfahren  lassen..    Das  Buch 

XVin.  Jahrg.  2.  H^ft,  1  % 


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162  •  KSmlt^Wdtgef^idite. 

entliält  weder  eine  trockene  Zusamaienstellung  blofser  Thatf 
Sachen»  noch  weniger  ilier  viel  Häipnneoient,  in  der. Darle- 
gung eig^ier  Ansichten  bestebendf  vielmehr '  Ist  der  Inhalt 
reich  genug»  um  das  heMn  xu  li^ohn^,  und  diö  Ersählung 
hihlslnglich  interessant,  um  dazu  zu  ermuntern.  Aef,  kann 
versichern  I  dafs  jgebildete  Mädchen  und  auch  jüngere  wifs« 
begierige.Knaben  das  Buch  mit  sehr  grofsem  Interesse  jgelesen 
*  *  und  viele  Thatsacheii  daraus  gelernt  iiaben»  ja  dafs  einige  das«» 
jelfoe  nach  der  Beendigung  nochmals'  sa  leseii  verlangten;  Ein 
Haupt vorzng  besteht  ferner  darin  ^  dafs  man  dasselbe  der  Ju« 
n^nd  dreist  in  die  Hände  geben  kann»  phne  befürchten  zu 
müssen I  dafs.sie  irgend  An#tofs  finde»  eine  Rückiicbt»  Wel« 
che  dem  Schriftsteller  f^r  Mädchen  und  unefwacbsene  Knaben, 
nicht  gen^g'empfohlen  werden  kann»  Und  doch  selten  strenge 
im  Auge  behalten  wird«  £s  ist  daher  sehr  zu  wünschen,  dafs 
dieses  verhältnifsmäfsig  nicht  kostbare  Buch  statt  So  mancher 
ftiden  M$hrchenbücher  von  Eltern  gekauft  werden  nidge»  wel- 
che ihren  Kin^f^rn  gern  eine  angenehme  LectÜre  verschaffen 
wollen',  denn  diese  ist  auf  allen  Fall  zugMch  nützlich. 

In  dieser  Anzeige  liegt  wohl  schon  der  Grund»  warum 
wir   uns  auf  eine  nähere  inhaltsanzeige,  nicht  einlasset.     Bei 
einer  n^uen  Auflage  wird  fl er  Verf.  schön  selbst  einiges  veV« 
/   bessern»  und  dann  wünscht  Ref.  zugleich»  dafi|  er  sein  ku^z 
dargelegtes  geologisches  Sjsten^  lieber  weglassen^   und  sich 
'^  des  Bekenntnisses  nicht  schämen  möge,  dafs  wir  aller  bisheri« 
.  gen  Bemühungen  ungeachtet  die  Geschichte  der  Bildung  und 
"der  Veränderungen  auch  nur  der  Oberfläche  unseres  Erdballes 
noch    nicht    einmal   mit   einiger  Wahrscheinlichkeit  kennen. 
Auch  wird   er  wohl  thun»    i^ie  von  ihm   kurz  mitgetheilten 
Beweise  für  das  hohe  Alter  der  Indier  und  ihrer'  fiilhen  Cul« 
tur  blos  als  die  Meinung  einiger  fielehrten  darzustellen  »  wel« 
che  übrigens  iioch  sehr  grofsen  und  wohlbegründeten  Zweifeln 
unterliegt.      Hoffentlich  werden  dann  auch  die  zwar  höchst 
selten  bedeutenden,  aber  doch  zugleich  nicht  wenigen  Druck- 
fehler rermieden,   denn  eben  die  Jugendschriften  müssen  in 
jeder  Hinsicht  rein  seyn.      Eine   dem   zweiten  Bande  beige« 
fügte  Zeittafel  <)qr  hauptsächlichsten  Begebenheiten  in  chrono« 
logischer  Ordnung  »  wie  sie  in.  dem  Buche  vorgetragen  sind^ 
dient  zum  Orientiren  und  auch  zu^  Wiederholung, 

Das  zweite  Werk  ist  eigentlich  ein  kurzer  compendiari« 
scher  Auszug  aus  dem  grdlseren,  bestimmt  als  Leitfäden  beim 
Vortrage  nach  jfuiem».  und  zur  Wiederholung  benutzt  zu  wer« 
den.  In  dieser  Hinsicht  isf  Ref.  anderer  Meinung  als  der  Vf. 
Campendien  sind  gewifs  fü^  KnabMschulen  und  Gynuiasicn 


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NSfi^t  W«ltgefleliklite« !  '  162 


afiht't;weckmihigfJknd  «rtjparen  ^ie  «did  Zelt,  wdlche  oft  ' 
beim  langsamen  Dlctiren  auf  das  Schreiben  unleserlicbür  Hefte 
iteriN^ndc  wird»  FQr  MSdcben  aber  i^t  der  Vortrag  der  Ge« 
schichte  eine  fr^Shlungf  wobei  der  Gebrauch  eines  (vompen« 
diums  etwas  scbwei:{lBirig  erscheint«  Zudem .  ist '  das  ^rstere 
Werk  iflT  eigentlichen  Sinne  ein  Lesebuch  und  wird  ^^ wifs  in 
dieser  Besiehung  seinen  Zweck  nicht  verfehlen.  .  Ob  abeir. 
IVlftHcbenlebrer' dasselbe  für  sich  zum  Unterrichte  so  ge))rau« 
eben  können,  dafs  sie  fest  an  alles  gebunden  einen  Aussug  des* 
selben  bei  den  Schfilerinnen  xum  (frrunde  legen,  darüber  mag 
Hec«  nicht  entscheiden ,  hegt  aber  doch  einige  Zweifel,  P*ür 
sich  betrachtet,  utid  ohne  diese  specielle  Bestimmung  ist  < 
indefs  das  BOcbelchen  au  kurz  und  trocken,  und  könnte  leicht 
den  Geschmack  an  der  Gesthichte  tödten,  wenn  es  allein  und 
ohne  mündlichen  Vortrag  jungen  Madeben  in  die  HUndegege« 
ben  würde.  Für  die  Schülerinnen  des  Verf.  mag  es  indeis  al- 
lerdings von  Nutaen  seyn«  Kef.  glaubt  dieses  erinnert  au 
müssen,  damit  die  Leser  dieser  Anseige  nicht  glauben^  e^ 
lielse  sich  für  den  geringc^n  Preis  ein  jenes  gröfsere  ersetzen* 
^s  Werk  erlangen.  . 


Ornndrifs  dar  ph^iophUchsn  Rechtshhrs  von  Gotitoh  TVilhelri^ 
G^rlach^  ord^ntL  Prof.  der  Philosophid  zu  Halh^  Halh  in 
der  Gehauerichen  Auehhändlung  i  i824«  gr.  8»  S66  S*  und  SIS 
Paragraphen.  1  Kthlr. 

Das  sogenannte  Natntretht  hat  \ti  den  letzten  vier 
Jahren  mehrere  deutsche  Gelehrte  so  beschäftigt^  dafs  sie  <liä 
Resultate  ihrer  Bemühungen  durch  den  Druck  mitthellen  zxMr 
müssen  glaubten*  Wir  erinnern  desfalls  an  die  Natutrechts^ 
}ehren  der  Juristen  Dre#cb  (Natur^echt,  l^übingen  1822)# 
Baumbach  (Einleitung  in  das  Naturrecht  als  ein^  volksthüm« 
liehe  liechtsphiloiophie,  besonders  für  Deu^chlands  bürgert 
liebes  Hecht.  Leipzig  1Ö23  J  ^  DrOSte-Httlshoff  (Lehr- 
buch des  Naturrechts  of\et  der  Rechtsphilosophie.  Bonfil8235i 
und  der  Philosophep  Troxler  (Philosophische  Recbtslehre' 
der  Natur  und  des  Gesetzes,  Zürich  1Ö20),  EscKenmaiet 
(Normal-Hecht,  11  Theile^  Stuttg.  u.  Tflbing.  l8l9  u.  l820)4 
Hegel  (Grundlinien  der  Philosophie  des  Rechts.  Berlin  1821)) 
endere^  zu  geschweigen^  die  dem  Referenten  entgangen  seyrt 
sndgen;     .       *  .  , 

Wenn^  mdn  diese,  neuem  Bearbeitutigprt  ^ts  Naturrecht« 
S^iiünerk^am.  unter  einander  vergleicht^    so  find^>t  sith^   dafs 

11* 


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164     '  t3 erlach  Gruildrifs  der  pliilosi  Beelitslehte. 

, ''  .'      '  '   V'     '    '        '    ' '       .  ■     -' 

^iese  Wissönsdiaft  noch  keineswegs  zu  der  festem  Consisteri». 

S>edieben  ist,  die  ihr  zu  ^trünschen  wHr^;  es  findet  sich,  dafs 
lese  teefil'beiter  yreder  einstimmig  sind  über  den  Begriff'die* 
«er  Wissenschaft  und  ihren  Namen y  .noch  über  ihren  Umfang 
und  ihre  Giänzeti ;  nicht  über  ihre  Grundläge  und  ihren  Aus- 
gpngspunkty  nicht  über  den  obersten  Grundsatz  oder  das 
Rechtsjrrincip  f  nicht  über, ^die  Anordnung  und  Ableitung  ^er  • 
dem  Ganzei^  zugehörigen  Theile 9  nicht  einstimnrtg  endlich 
Über  die  Haltbarkeit  oder  unhaltbar keit  einzelner  Leliren. ' 

Billig  fragt  nian  sich,  woher  dieser  unsichejre  und  schwan- 
kende i^ustand  einer  Wissenschaft  rühre,  die,- den  Aken  un- 
l)ek-tinht,  eine  leigenthümliche  Erfindtmg  der  Deutschen  ist,v 
und' (wenigstens  bis  jetzt  noch  und  hoffentlich  auch  noch  fer« 
ner)' auf  allei^  deutschen  UniversitUten  gelehrt  vt^ird?  eirier 
Wisseitschatt,  deren  Objekt,  die  Hechtsidee ,  nicht  zwei- 
felhaft ist ,  die  einen  bestimmten  Kreis  von  BegrilFeW  hat;,  und 
die  i'lfberhaupt  dtr  Eigenschaften ,  welche  die  Logik  an  eine 
Wissenschaft  macht ,  mehr  als  manche /indere  Sciena  fähig 
ist?  Ilrf.  glaubt,  der  Grund  dieserEr.scheinuug  liege  theils  in 
dem  gegenwärtigen  Zustaiide  deutscher  Philosophie  überhau|)t9 
der  von  der  Art  ist,  dafs  sich  entgegengesetzte  Systeme  ^e- 
k;Unpfen;  theils  in  der  Eitelkeit  der  Autoren,  von  denen. jie« 
der.den  bereits  von  einem  andern  aufgeführten  Bau  verläfst 
und /isich  »ein  eigenes  Häuschen  zimmert,  meinend,  nijr  in 
idiesem  lasse  sich  gUfc  wohnen;  theils  endlich  in  der  Beschaf« 
fenheit  des  Objects,  das  wegen  seiner  Gröfse  wirklich  ver- 
schiedene Seiten  der  Beträchtufig  darbietet. 

W^s'das  vorliegende  Buch  selbst  betrifft,  so  bezeichnet 
^die*  kurze  Vorerinnerung- den  Standpunkt,  aus  welchem  dös- 
^selbe  angesehen  und  beurtheilt  sejrn  wilf.  Es  soll  ein  Leit- 
faden für  die  Zuhörer  des  Verf. ,  zugleich  aber  auch  für 
ein  gröfseres  Publicum  bestimmt  seyn,  und  den  Lehren  des 
Naturrechts  eine  vollkommenere  Ausbildung  gebän»  JFür  ei- 
nen Leitfäden  möchte  wohl  des  Buches  Umlkng  zu  grbfs.seyny 
denn  es  enthält  365  klefn  gedruckte  Seiten,  und  wie  viel  bjeibt 
dem  Verf,  noch  mündlich  zu  erklären  übrig,  wnnn  der  Leit- 
faden schon  so  ausführliche  Deductionen.gibt?  Wai  aber  den 
zweiten  .ZW'eck  des  Buches  angeht,  nämlich  ein  Handbuch 
auch  ftir  andere  Leser,  als  die  Zuhörer,  zu  seyn^  so  dürfte 
diesem  die  unglückliche  barstellungsart  des  Werkes  bedeutend 
im.Wege  stehen,  Ref.  traute  anfangs  seinem  eigenen  Urtheile  • 
nicht,  und  glaubte,  dafs  nur  ihm  nach  seinem  individuellen 
Gefühle  diese  ^Weitschweifigkeit  der  Darstellungsweise  nicht 
zusage,   er  gab  darum  das  Buch  zweien  Freunden  zu  lesen 


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Gertadi  6nin4n£i  iler  phüoi«  ReolitsUhre.  165 

allein  auch  diese  •timmten  mit  ilun  in  obigerb  Urtheile  über* 
ein.  Ref.  kennt,  wa«  zweckinäfsige  Kurse,  richtige  Au^eiii- 
anderfolge^  Deutlichkeit,  scharfe  BeStimmnng  der  BegrilFe 
und  Präcision  des  Ausdracks  betrifft,  kein  besseres  Muster 
eines  naturrecbtlichen  Compendiums,  als  das  Liehrbuch  des 
Naturrecbts  von  K.  H.  Groos^,  (3te  Aii)l.  Tübingen  1815), 
und  eben  der  Mangel  fast  aller  dieser  Eigebsehaiten  ist  es, 
vras  er  mit  seinem  Tadel  meint.  -  ,      ' 

Doch  sehen  wir  auf  den  Inhalt,  d.  i.  aiif  die  Gedanken 
des  Buchs«  Der  YerK  macht  in  dem  Vorbericht  seine  L^sei* 
aufmerksam  auf  das ,  was  er  fiber  den  Chitrakter  d.er  pluloso« 
phischen  llecbtslehre  —  über  Deduction  und 'Bestimmung  des 
Ilecbtsbegriffes ,  — t-über  die  Methode  der  Entwickelung  der  ^ 
besonderen  Rechte 9  < —  über  die  Lehre  von  &r  Billigkeit  und 
Zurechnung,  so  wie  Ober  die  Theorie  der  Strafe  sage.  Und 
in  der  That  sind  et  diese  Funkte,  auf  die  gewifs  jeder  Leser 
eines  Naturrechts  sein  besonderes  Augenmerk  richtet.  Ref. 
will  über  einige  derselben  seine  Meinung  nnfsern. 

Die  Einlejtung  (S.  l — 38)  gibt  den  Begriff  der  pbiloso« 
pbischen  Rechtslebre  dahin  an,  sie  sey  »«die  sys.temi;tfscl>e 
^us  der  allgemeinen  menschlichen  Natur  geschöpfte  Darstel- 
lung der  Rechte  als  der  in  dem  Sittengesetz  gegrüa^eten  A\i- 
sprücbe  der  Personen  gegen  einander  zur  Möglichkeit  sittli« 
cber  Coexistena.**  Als  Recht  aber  wird  S,  9.. angegeben  s,^aj]es 
dasjenige,  was  eine  Bedingung  der  Möglichkeit  'sittlicher  C'o- 
existenz   ausmacht  9   oder  wobei    die    ^u/J^ere    Freiheit  Aller 

fleicbmälsig  bestehen  kann.,,  Dieser  Satz  wird  zuglf^ich.  a]& 
as  Frincip  des  Rechts  und  folglich  auch  als.  das  f  rincip  der 
Recbtslebre  von  dem  Verf.  erklärt  ^  und  der  l/nterschied  die- 
ser letztem  von  der  Tugendlebre  darein  gesetzt,  dafs  jene  sey 
y^eine  systematische  Darstellung  der  Gesetze  für  die  äufs^re 
Freiheit,  diese  aber  eine  solche  für  die  innere  Freiheit  oder 
den  .gute«  Willen.**  Nach  diesen  flrkl^rungen  köjinte  es 
scheinen ,  als  mache  der  Verf.  die  Recfetslehre  abhängig  von 
der  Moral,  weil  er  die  R'ichte  „in  dem  Sitten  gese  Ja 
gegründete  Ansprüche,  zur  Möglichkeit  sittlicher  Cp- 
existenz^*  nennt,  allein  dem  i&t  nicht  also  j^  denn  S.  lg  äu&. 
«ert  er  weiter,  dafs  er  sich  zu  der  Ansicht  derjenigen  bekenr;e, 
welche  die  Recbte  zun|  Gegenstand  de?  Recbtslelae  maijheii, 
(wer  hat  denn  aber  jemals  das  nicht  gethan  ?)  und  dje 
Vilicht^n  der  Moral  überlassen;  doch,  wird  dieses,  gleicb 
darauf  wieder  dahin  beschränkt,  daf^  er  nur  im  Allgemein 
lien  mit  ^enj^Tgen  y*.I»ereinstimme,  welche  dem  Hechtsbe- 
griff  eifte  eigeiittÄ^iliche  Sphäre  anweisen.     Dies«-«  Sphw^"-^ 


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iSß  Gorlach  GtundHfi  der  pliiloi.  ](teeliul^ir#.  ^     ,       '^ 

,    ■-  «  '        ,  '    .  .' 

^en  ^un,  d|eie«  Geben  und  Wiederzurüct^nehmen' macht  dl« 

Sause  £inleitutig;etvi^as  verwirrt ,  und  daher  unklar ,  und  fällt, 
eiu  Ljeser  höchst  widerwärtig  auf.  , 

'      O^r  Streit  ühec  die  Selbstständigkeit  oder  Abhängigkeit 
de^  Rechtslehre,  scheint  den^  Ref.  auf  eihedi  nicht  gehörig  auf« 

teklärten  Mifsverstjlndnifse  «u  beyuh^n ,  und  er  versucht  d^n 
er,  etwas  zur  Aufhellung  desselben  beizutragen.  Das  Nu* 
turrecht/oder  die  philpsopbischa  Rechtsjehre  «oll  (und  dahja 
fltinimt  auch  unser  Verf.)  «^was  andere«- aeyn,  als  ein  Rüsoi>- 
nement  über  die  positiven  Gesetze;  sie  soll  von  Piinclpieii 
;Hi9geheny  die  nirgends  anders  ^u  finden  sind^  als  in  der  Ver* 
punft,  der  Quelle  aller  Principien;  aber  nicht  in  der  Ver- 
nunftf  die  dieser  oder  jener  seine  (subjektive)  Vernunft  aii 
nennen  beliebt,  sonderji  |n  der  objektiven,  allgeineinen  Ver- 
jiunfty  die  gleichsam  die  Substanz  der  Ding^,  die  ewig^  I^e« 

.    gel  ist,  aufweiche  die  Welt  sich' gründet ,  näftilich  die  IJni- 
fttenz  eines   unbedingt  Wahren >  eines  unbedingt  Guten, >  des- 

-i  f  en  Anerkennung,  dessen  V^r^tHndnifs  das  Wesen  der  mensch« 
liehen  Vernunft  ausmacht«  £|i  mufs  mithin  eine  Wissenschaft 
möglich  aeyn,  welche  daa  pbenbeiperkte  Wesen  der  Vernunft 
und  ih»eV  Ideen,  welche  natnentlich  den  Umfang  |cler  Idee 
des  G  u  t e n  >  die  dem  menschlichen  ^I^andeln  aU  Regulativ  vor* 
gesetzt  ist,  zu  erforschen > und  zu  ermessen  sucht ,  welche  d^e 
mit  dieser  Idee  aufs  innigste  zusammenhängenden  geistigen 
Thätig^eiten ,  das  Gewissen  und  den  freien  Willen  ,  in  strenge 
Betrapntung  zieht/  Diese  Wissenschaft  ist  die  allgemeine 
praktische  Philosophie,  oder  Ethik.  In  ihren  ' 
Kreis  geh£|ren  alle  praktischen  Begriffe^  die  Untersuchung  ih- 
res Ursprungs,  ihrer  Gültigkeit  und  ihrer  ipnern  Vers^wei- 
gung,  folglich  auch  dje  Begriffe 'Tugend ,  und  Laster  4  Recht, 
Gerechtigkeit,  Unrecht,  Pflicht,  Zweck,  Absiclit  und 
Zurechnung.      Von    dieser  DQCtrin,  ii^t  die  Rechtsletn^  — 

.^  denn  das  Recht  soll  doch  wohl  auch  etwa$  Gut«s  seyn  f  «^ 
eben  so  abhängig  als  die  7ugendlehre.  Aber  die  £)thik  erwei- 
set auch ,  dafs  die  Idee  de«  Gutin  e^nerseits^  angrenzt  an  die 
des  Wahren,  d,  h.  dafs  sie  das  Strenge,  Gesetz f  und  Re« 
gelmäfsige,  das  Formale,  was  da«  Wahre  charakterisirt,  Sn 
sich  aufnimmt,  und  hiedurch  eine  Sufsere  Seite  gewinnt, 
.^ach  welcher  sie  in  strenge  Begriffsrorm  geregelt  und  gemes- 
sen werden  J^ann,  wie  alle«  Aeufsere,  und  diese  Seite  ist  das 
Rechte  mit  der  jedem  Recht  gegenüberstehenden  gleichfalls 
Jlufsern  Pflicht.  Hiedi^rch  gewinnt. allerdings  die  Rechtslehre 
eine  Art  Unabhänskeit,  aher  nicht  eine  Unabhängigkeit  von 
^h^em  <Juell,  sondern  nur  von  der  andern,  inneri^  Seite,  nach 


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Goögk 


<     ,    Oerladi  Onmdrirt  der  pbibs.  jReeluslehre«  167 

welcher  dat  Gute  an  da*  Scbdne  angrenst.  UaB  Schöne  tind 
Erhabene  der  Gesinnung  aber  heifst  Tugend  ^  und  diese  un«' 
terliegt  nicht  mehr  der  formalen ,  h]ot$e  Legalität  heahsicfa« 
tjgenden  äulsern  Getetagebung^  wie  das  Hecht.  Darum  hat, 
wieder  Verf.  S.  3l  richtig  bemerkt ^  die  Kechtslebre  aller« 
dings  AehnlichJceit  mit  der  Logik«  sie  ist  für  das  praktische 
Leben  der  Menschen  die  atrenge  Formenlehre  des  BegriiFesi 
Aber  im  Recht  allein  liegt  so  wenig  die  ganze  Fülle  de$  Qu-' 
ten,  als  der  im  formalen  logischen  Denken  üeObte  sich  darum 
der  vollen  Wahrheit  bemäcbtigt  hat.  Die  allgemeine  prakti« 
sehe  Philosophie 9  oder  die  Ethik  wird  darum  in  ihrer  specieU 
len  Anwendung  auf  freies  menschliches,  Handeln  nothwendig 
zerfallen  I.  in  die  fiufsere  Rechtslehre ,  das  sogenannte  Natur*  , 
recht;  II.  in  die  Tugendlehre.  Der  BegriiF  rflicbt  fber  ge* 
hört  beiden  an,  nur  mit  dem  Unterschied^  dafs  jenem  die  so- 
genannten Zwangs*  oder  Rechcspflichten ,  dieser  die  soge- 
nannten Gewissens*  oder  Tugendpflichten  sufallen.  Eine, 
weitere  Exposition  dieser  Ansicht  wäre. hier  nicht  aln  ihrer 
Stelle  9  nur  dieses  aey  zu  bemerken  noch  erlaubt  f  ^-  was  sich 
swar  voni  selbst  versteht  —  dafs  *alles  Innere  einen  höhern 
Rang  als  das  Aeufsete  hat 9  deswegen,  weil  es  dieses  bedingt 
und  einschliefst;  darum  mufs  der  Mensch  alles,  was  er  soll, 
auch  dürfen 9  aber  nicht  umgekehrt;  ^arum  ist  jede  morali- 
sche Handlung  auch  eine  legale,  aber  nicht  umgekehrt;  darum 
ist  der  Tugendhafte  nothwendig  auch  rechtlich,  aber  nicht 
umgekehrt;  gerade  wie,  was  materiell  wahr  ist,  auch  formal 
oder  logisch  wahr  seyn  mufs,  aber  nicht  umgekehrt.  , — * 

Auf  diese  Einleitung  folgt  nun  die  philosophische  Rechts« 
lehre  selbst«  Wir  geben  hier  den  Grundriiii  des  Buchs,  wie 
wir  ihn  uns  ausgesogen  habeti,  damit  der  I^eaer  sehe,  waa 
er  darin 9  und  wo  er  0a  au  suchen  habe; 

X  reine  Rechtslehre.] 

A)  Priyatrccht.  , 

1)  Recht  überhaupt*,. 

a)  Entwlckelung  des  Rechtsbeg^riffes,i. 

b)  Arten  des  ilechts^ 

c)  Ausflüsse  (?)  des  Rechts, 
d}  Zurechnung«    ^  . 
^)  besondere  Rechte,  *' 
a)  angeborne^ 
b)  hypothetische,, 
a)  Occupation,. 
/l)  Vertrag.    ^ 


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168    '  Getlach  Gruücltif»  der  pWlos,  ^«Shulebcf.  ^ 

B)  Staatsrecht. 

1)  Einleitung  9  Begriff  und  Zweck  des  S^ats. 

2)  Allgemeines  Bürgerrecht,  ' 
,  3)  Begröndung  der  Staatsgewalt,   . 

4)  Hoheitsrechte, 

a)  im  Allgemeinen,  » 

h)  im  Besonder n'^ 
a)  Gesetzgehurtg, 
ß)  Gesetzverwaltun^, 
y)  Qberanfsichi:. 
^      ^    c)  Anhang 9  (Von. dem  VerhäliniXs  des  Staats 
'  \ »  '  «ur  Kirche).  < 

II.  angewandte  Rechtslehre. 

A)  Familienrecbt, 

B)  Völkerreijht.  ,  " 

Man  sieht,  dafs  des  Verf.  Eititheilungsweiae  TÖn  der  an- 
derer Rechtslehrer  sehr  abweicht, '^worüber  aber  Ref.  nich^ 
mit  ihin  rechten  will  ^  da  dieser  Punkt  «u  den  Eingangs  er- 
Wähnt64i  Ungleichheiten  in  der  Behandlang  gehört,  über  die 
das  Naturrecnt  noch  sur  Zeit  nicht  hinausg«koj>nmen  ist« 
^  In  der  Abhandlung,  die  überschrieben  ist :  Entwickelung 
des  Rechtsbegriffs'*  gelangt  der  Verf.  auf  langem  IJmwege  zu 
folgendem  Satz^,  den  er  als  ein  Kriterium  angiebt,  aus  deia 
sich  alle  weiterellechtsbegriffe  ableiten  und  bestimmen  lassen: 
S.  80  „Recht  ist  de^s  gesetzlich  gegründete  Verhältnifs  Jihber 
den^Menschen^,  nach  welchem  Jeder  Anspruch  auf  ;alle8  dasje- 
nige hat,  was  nach  der  Einrichtung  der  metischlicheh  Natur 
eur  Möglichkeit  sittlicher  Existenz  erforderlich  ist,  so  weit 
die  gleiche  Existenz  Aller  dabei  bestehen  kand>*  Wir  über- 
lassen es  dem  kundigen  Leser,  dieses  Rechtsgesetz  mit  dem 
von  Andern  aufgestellten  zu  vergleichen, 

'  Unter  der  ungewöhnlichen  und  figürlichep  Benennung: 
Ausflüsse  des  Rechts  im  3ten  Abschnitt  S.  105.  versteht 
der  Verf.  alles,  was  das  Rechte  als  in  seinem  Begriffe  liegend, 
in  sich  schliefse,  9«  B,  den  Zwange  den  Schadenersatz,  die* 
Sicherheit  vor  Verletzung,  die  Vindiqatipn,  Uns  dünkt,  alles 
dieies  hötte  verständlicher  unter  dem  Titel:  von  der  Ver- 
letzung und  dem  Schutz  der  Rechte,  abgehandelt  werden 
können. 

Was  nun  endlich  die  w. i  r  & li  c  h  e n  Rechte  des  Menschen 
selbst  betrifft y  so  nennt  uns  als  solche  der  Verf.  folgende: 
J.)  angeborne  oder  absolute,  d.  i.  solche  ^  die  dem  Menschen, 


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Dorfw  PlmfciDlWfr,  ,  169 

ohne  vonHiigtgaHgene  Handlange   in  und  nk  ••iner  Natur 

te^eben  find,  und  s war  ibr male  :  Freiheit, -Sicberbeit,  Gleich« 
eit,  und  materielle^  nämlich:  a)  Recht  au€  Freiheit  seinet 
Intellectuellen  Ausbildung;  b)  Geschmacktfreiheity  d«  b. 
Recht  der  Befriedigung  des  Triebes  nach  Wohlseyn  und  Ge« 
nufs  nachdem  snbjeotiven  Geschm-acke  eines  Jeden; 
c)  Gewissens- uf.i  Religionsfreiheit;  d)  Recht  auf  Entwicke« 
lung  und  Cultur  des  Körpers;  e)  Recht  auf  die  äull^ern ^IVIit- 
tel  der  persdtilichen  Existenz,  auf  Erwerbung ,  f)  Recht  auf 
Soöetät,  wohin  das  Recht  auf  Vertrag  und  Ehre  gerechnet 
vrlrd;  g)  Recht  auf 'den  Nichtgebrauch  seiner  natürlichen  Ver<n 
m^gen  ;  (wo  bleibt  das  Recht  der  Vertheidigung  ?)  II.  hypo- 
thetische Rechte 9  d,  h.  solche,  welche  einer  xerson  zukom- 
men in  Folge  eines  vm  ihr  rollbrachten  Aktes;  diese  sind  ge« 
doppelt,  nämlich  a)  ursprOnghche  Erwerbung ,  Oocupation, 
und  b)  Vertrag. 

Da  in  dem  oben  angegebenen  Grundrifs  des  Baches  keine 
Erwähnung  des  Eigenthums  geschieht,  und  es  also  schei«- 
nen  kannte »  als  käme  dieser  wichtige  Rechtsbegriff  gar  nicht 
vor,  so  berichten  wir  schliefslich  dem  Leser,  di^fs  der  Veif* 
ausführlich  und  mit  besonderer  Gründlichkeit  diesen  Gegen« 
stand  behandelt  in  dem  Kapitel  von  der  Occupation. 

Erhardt^ 

1 

Denkmähler  alter  Sprache  und  K,unst.^  heraus  gegeben  von 

Dr.   Dorow,     R.  Preujs,    Hofrath,      Band  /.,    He/t   2  und  S. 

mit  zwei  Steindrucktafeln.  Berlin  hei  Ludwig  Oehmigke*   1824* 

.     «.  XXXUI  u.  27 i  S.  1  Rthlr.  18  ggr. 

Jemehr  im  Ablauf  des  letzten  Jafar^ehendsy  scliritthahen'a 
mit' den  allgemeinen  Zeitentwicklungen,  die  anfangs  glühende 
Begeisterung.  fBr  das  vaterländische  Alterthum — ^  man  kann 
nicht  sagen  —  abgestorben  oder  erkaltet  ist,  aiier  sich  doch 
zurückgezogen  hat  auf  den  Kreis  weniger  iiushaltiger  und 
ernster  Arbeiter ,  je  öfter  ^man  wiederum  von  diesem 
die  Klage  vernimmt,-  dals  sie  um  Verleger  verlegen  sind, 
tim  &v'  erfreuter  hat  Referent  nach  dem  jetzt  zu  besprechen« 
den  Werke  gegriffen ,  und  darin  über  Erwarten  reiche  Bei- 
träge zum  altdeutschen  Sprachschatz  gefunden.  Dr«  Dorow» 
behannt  durch'  seine  fieifsigen  Sammelwerke  für  rbeini« 
sehe;  rhei/iisch  « we^tphälische  und  selbst  morgenländische 
Alterthümer,  denen  iinmer  sehr  gute  Abbildungen  bei- 
gegeben sind ,  Jiefs  1823  das  erste  Ueft  der  Denkmäbler  er- 
scheinen.    Dasselbe  enthielt  unter  andern  den  sehr  felderhaf- 


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tenAMrüek^^taer  niederdeutschen  HeberMle  des  Freuen« 
Stiftes  Frei^kenhorst  in  Westpbaleii»  Diir  Schnelle  Er* 
Mbeinen  de8  2teii.und  3ten  tiefts  mit  dttiD'eberuieligtfny.neujsn 
genaia^n  Al>druek  jener  Urkunde  beweiset  y  wie  der  Her« 
aus^ber  seihst  A\q  Uebereilung  des  erstell  Heftet  JlQbUey 
und.  er  spricht  dies  in  der  Einleitung  auch  otf<^n  aus.  .  . 

Bevor  lief,  in  das  Einzelne  der  voi« legenden  Arbeiten 
eingeht^  erlaubt  er  sich  einige  ^tlgelneine.BeiWerkungen  über 
cUe  Einrichtung  unji  Ilichtung  des  Gan'zen.  Herr  Dorow  bat 
«s  aich  zur  Angelegenheit*  gemacht  ^^  Xj^^^^^^^de^^^l^^^  sei-, 
ner  frühern  Stellui^g  als  Direktor  der  vereinigten  Verwaltung 
für  «Altertbu,ni&kunde  in  den  rfaein«  w^stphäl.  Frovinsen  ihm 
leicht  eingelaufenen  Sammelschatzes .  von  verschiedenen  Ge- 
lehrten brieflich  besprechen  und  bearbeiten  zu  lass^  und 
mit  diesen  Bearbeitungen  durch  Abddruck  bekannt  zu  machen. 
Seinem  Eifer ,  seiner  Anspruchslosigkeit  dabei  gebührt  der 
vollkommehate  Dank  unrd  die  doppelte  ji»  mehrlscbe  Behand- 
lung einet  und  desselben  Gegenstandes  kann  nur  £u  dessen 
Beaten  gereichen^  BiUifi  aber  sollte  der  Sammler  si^  fragen, 
in  welchec^Gestalt  er  selbst  die  Bearbeitungen,  die  er  unmit« 
telbär  ai^s  der  Hand  ganz  verschiedener  und  weit  von  einan- 
der entfernter  Gelehrten  erhalten,  wieder  dem  Publikum  dar« 
zubieten,  babe»  da  sich  in  den  Arbeiten  Aber  den  gleichen 
Gegenstand  jener  Gelehrten  nicht  selten  entweder  wieder« 
holen,  was  dem^ Leser  lästig  aeyn  würde y  oder  widerspre« 
eben  y  wobei  der  Widerspruch  au&eldst  werden  müisie. 
Wicd  nun  das  verschiedenartige^  Metall  roh  ^  wie  es  ist^  mit« 
telst  verschiedener  Einleitungen  des  Herausgebers  zu  den  ver« 
schiedenen  Arbeiten  y  wohl  gar  mit  dem  Völlabdruck  seiner, 
die  Oekonomie.der  Arbeiten  betr.effenden  Correspondenz  zu« 
aammengelöthet  y  so  wird  der  jÜebelstand  nur  vergrd£$ert«\ 
Dr.  Dorow  hat  in  den  vorliegenden  Heften  alle  diese  Fehler 
b^angen,  uud  doch  wäre  denselben  bei  einer  minder  hasti. 
gen  Herausgabe  und  durdi  vorherige  Einsicht,  welche  jeder 
der  veracbiedenen  Bearbeiter  von  der  Arbeit  des  And^f>i  ge- 
nommen Und  wornach  er  die  seinige  berichtigt  hätte  y  ao 
leicht  abzuhelfen  gewesen.  Hier  finden  ^\t  aufs  w  Jtläuf« 
tigste  Irrtbümer  und  ihire  Widerlegung^  Wiederholungen  und 
ibre  Entschuldigung 9  die  den  (Jwerblick  er^cbweien^  und 
überdem  ganz  unnütz  das  kostbare  Papier  anschwellen.  ^ 

Eine  zweite  Bemerkung  soll    dagegen    loben.      Seitdem 
Dr.  Jakob  Grimm  sein  Riesenwerk  y  (iie  deutsche  Grammatik^ . 
deren  beide  Auflagen  sich  erfreu  lieb  schnell  gefolgt  sind^  und 
deren  2%^eiter  Tbeil  mit  Sebnauclk«!  wartet 'wird,  ala  einen 


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DoroW  DeokmJßdift.  171 

Eckstein  tmd  Wegweiser  an  die  Pforte  unien'  Aitertbirm»  ge- 
stellt, mannt  durch  die  ilrbeiten  von  den  Brfidern  GrinuUy 
von  Lacbmann,  Benecke,  Graff  etc.  die  altdeutsche liSpracb« 
foracfaung"  das  ernste  Gewand  grammatikalischer  Stteoge  im- 
mer mehr  an.  Und  mit  Kecbt.  Lange  ist  jjetcbtelt  und  g«- 
scbwärmt  worden^  welches  auch  nacQrlich  war;  aber  ein 
männliches  Reifen  in  der  neuen  jungen  Welt  der  Forschung 
durfte  nicht  ausbleiben ,  und  wer  von  den  bisherigen  Freun- 
den und  Arbeitern  in  diesem  Fache  auf  dem  Alteren  Wege 
des  Bragur,  der  Iduna^  der  Uebersetaung  der  Nibelungcfu 
stehb  gelilieben  ist,  weil  ihm  die  neueste  grammatische  Er- 
hebung zu  jsrimmlg  wird,  der  gleicht  nur  einem  surückae« 
kommenen  Handwerksmeister,  der  in  seinen  alten  Tagen  I^u? 
den  Jüngern  Meistern  Handlangerdienste  verrichtet.  Wäh- 
rend aber  auf  dem  von  Grimm  gebrochenen  und  gebahnten 
Wege  ei^e  ganz  neo«  Welt  der  Betrachtung  und  Forschnng 
sich  eröffnet  hat ,  wodurch  in  kurzer  Frist  die  berrlichstl;a 
Schätze  zu  Tage  gefördert  werden,  während  Ref,  innig  tüb^- 
zeugt  ist,  dafs  dieser  ernste  Gang  allein  zum  richtigen  Zide 
führen  kann,  so  hält  er  doch  den  Zuruf  nicht  für  unnütz,  dafs 
die  neue  deutsche  Philologie  yor  dem  Kleingeist  der  classi« 
sehen  Schule  sidh  wahren  möge,  gerade  in  diesem  Felde ^  wo 
der  kflhne  Geist  einer  freien' Ursprache  gehauset  bat.  Bannet 
den  kühnen  Strom  der  Poesie  nicht  ganz  und  allein  in  die 
JDammufer  der  grammatischen  Betrachtung!  Haltet  den  Sinn 
frei  und  frisch  auch  für  den  Sachgehalt,  für  den  $toff  der  alten 
Dichtungen,  dafs  aus  dem  Geist  der  Dichtung  nicht  endlich 
eine  Verdichtung  des  Geistes  werde !  In  dieser  Beziehung 
verdienen  die  vorliegenden  Hefte  billig  das  Lob  9  dafs  sie 
iXhet  dem  Zeichen  die  Sache ,  über  der  Form  den  Geist  nicht 
v^ernachlässigt  haben. 

Die  Hefte  beginnen  mit  einer  Einleitung  des  Dr.  Dorow, 
deren  gröister  Tbeil  aus  den  gerügten  Gründen  hätte  weg- 
bleiben dürfen.  Interessant  aber  ist  die  vom  Hofr.  Höfer  -S» 
IX*  mitgetheilte  Urkunde  eines  Von  der  Stadt  Erfurt  den 
Juden  vorgeschriebenen  Eides.  Hierauf  folgt  der  nunmehr 
durcbr  vielmalige  Durchsicht  desHrn,  Archiv -Rath  Höfer  irhd 
Hrn.  Dr.  Mafsmann  völlig  gf^sicherte  Abdruck  dsr  Frekkeh« 
borster  Urkunde  nach  dem  aus  Frivathänden  in  die  Königl. 
Archive  übergangenen  Originale^  Es  ist  demselben  ein  senr 
lobenswürdiges  Facsimile  von  Dr.  Mafsmanns  geschickter 
Hand  beigefügt.  Dio  Urkunde  betrifft  Abgaben  und  Gefalle 
an  das  Stift  Frekkenhc^rst  in  Westphalen  und  ihr  geschichtli- 
cl)er  \Yerth  ist  hauptsilchHch  nur  ein  localer«     Desto   wichti« 


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172  Dorow' D^Ümsliltr« 

,;/...     ^       \         _    :  ,  ^      ^     ..    ' ' 

gep   ist  die  Spadie^  die  der  niederdeutschen  Mundart,  und 
ecvrjeaen  dem  sehnten  Jah^hbmUnrt  angf^hdrt/    Für /die  Syntax 

fewälirt  sie  swar  der  kurisen  Sät%e  wegen  setir  geringe  Aus« 
eute,  eine  ungemein  reiche  dagegen,  i'är  die  formen-  und 
Wartkunde.  \yir  mflsien'sie  uiti  so  hdher  achHtzen,  weil 
wir  überhaupt  vom  ^tenhi» Uten  Jahrhundert  so  wenig  nie« 
d^rdeutsche  (gellen  besitzen.  Mit- Hecht  ist  S.  96*— 9Ö.  ein. 
Ueberblick  über  diese  wenigen  gegeben,  £ine  dieser  Quellen 
ist  noch  ungedruckt,,  die  für  Formen  und  Poesie  der  Sprache 
feieich  wichtige,  Sclion  1799  von  dem  bekannten  Franzosen  , 
Gley  in  Bamberg  aufgefundene  Niederdeutsche  Evangelien- 
harmonie, davon  eine  Handschrift  in  München,  die  andere 
i\\  London  und  tc&ch  von  dieser  zweiten  eine  Abschrift  in 
München  unbenutzt  liegt..  ^ 

Die  niederdeutsche  Sprache  der  Frekkenh.  Rolle  ist  ztt* 
weilen  schwankend  und  mit  einigen  wehigen  oberdeutsch^ii 
Formen  durchspickt.  £s  steht  z:  B.  thruu,  thru  neben  dem 
richtigen -'thriu;  thein  neben  dem  richtigen  tein;  neier  neben 
nier;  lieth  statt  lieht;  «merht  statt  unerth  et^.  Er  hat  uu 
und^ü;  n,  v,  f;  g,  i;  c,  k,  kk,  ck,  ggi  penniggo,  aniggero 
neben  peniiing,  aningero;  hl  neben  1.  Ein  eignes  z  erscheint 
in  Haziko,  Vziko,  Aziko,  deren  Schreibung  Atcilin  (S^  37.) 
liiudciko  (S.  37.)  es  mehr  als  ein  niederdeutsches  ts,  ds  beur- 
kunden /  während  in  Lanzo,  Reinzo  (oberdeutsch  Lanzo^ 
Keginzo  )  es  oberdeutscher  erscheint.  Diese  Wenigen  Spuren 
können  indefs  nichts  gegen  den  Ausspruch  in  der  2ten  Auflage 
von  Grimms  Grämmat.  S.  XII.  entscheiden ,  d^Is  nämlic^h  im 
8ten  bis  lOten  Jahrhundert  die  sächsische  .Sprache  sich  noch 
nichts  von  der  fränkischen  oder  schwäbischen  gefallen  lasee. 
Da  Dr.  Malsmapn  das  Sprachliche  dieser  Urkunde  mit  den 
der  übrigen  hier  mitgetheilten  Denkioähler  vereinigt  be- 
handelt hat,  so  kommt  lief,  später  darauf  zurück,  2ieht  aber 
billig  die  später  folgenden  Abhandlungen,  welche  die  Frekk. 
XJrkunde  allein  betrafen,  sogleich  hierher. 

Dr.  Mafsmann  handelt  vom  A 1 1 e r  dieser  Heberolle. 
Der  Sprache  nach  gehört  sie  unzweifelhaft  dem  lOten  Jahr« 
hundert  an.  Die  Schrift  aber,  wie  -sie  in  dem  Fatsimile  • 
Taf.  I.  vorliegt,  ist  wenigstens  hundert  Jahre  jünger^  Da 
indefs  aber  die  Sprache  das  Entscheidende  bleibt  und^  erwie- 
aen  ist,  dafs  die  genannte  Heberolle  gleich  der  von  Esseii 
noch  bis  in  viel  spätere  Zeit  ibre  bürgerliche  Gültigkeit  be« 
bauptet ,  so  hätte  man  sogleich  in  den  neuern  Schriftzügen 
(^ja  sogar  in  den  oberdeutscbeVi  Mischlingen)  nur  eine  Reno« 
vation  einer  älteren  Urschrift  vermuthen  müssen ,  und  diese 


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DoTöw  DfnltnMtr;;  1.73 

\  '  \  ^  s 

Meinartg  wird  ftudi  ilddurch  bestätigt,  daft  jetne'tolcbe-Ur« 
schrtft  wirklich  vorbanden  war  un^  von  Kindlinger  benutat 
worden  ist.-  Somit  entscheidet  sich  Ref.  för  die  Meinung  des 
Dr.  ^imni,  der  die  Urschrift  in  die  Zeit  Heinrichs  L  setat« 
Was  aber  Dr.  Mafsmann  fOr  eineA  'sp&tem  Heinrich  geltend 
£11  machen  versucht  9  fällt  auch  noch  aus  andern  Gründen  au« 
sammen.     Die  Holle  hat  nämlich  einen  lateinischeA  Schlufs, 

"welcher  anhebt:  De  imperatore  NRO  (nostro)  Heinrico.  Dr. 
Mafsmann  hält  es  für  unmöglich  ^  däfs  Heinrich  t.  imperator 
gewesen  seyTi' könne,  und  stützt  sich  auf  eine  Menge  Urkun- 
den ,  darin  Heinrich  nur  rex  j^enannt  wird»  ferner  auf  Hie 
bekannten  Werke  9  fvomit  dieser  König  bei  seiner  ersten 
Wahl  die  SaHäung  verschmähte ,  endlich  auf  die  Nachricht 
Wittekinds,  dafs  der  König  awar  liach  Rom  gewollt  hahe, 
indefs  unterwegs  wieder  umgekehrt  sey.  Diese  Zeugnisse 
waren  an  sich  ungenügend,  da  nicht  aus  einigen^  sondern 
erst  aus  der  Summe  aller  Urkunden  ein  Scblufs  zu  ziehn  ge- 
wesen wäre.  Und  würden  selbst  alle  Urkunden  jenen  Hein« 
rieh  nur  Regem  nennen ,  so  wäre  damit  nur  bewiesen,  dafs 
nach  dem  Kaiserlichen  Titel  in  der  letzted  Zeit  vor  Otto  I. 
wenig  gefragt  wurde,  wenn  er  auch  dem  König. er tbeilt  war, 
was  sich  von  selbst  versteht,  weil  Otto  sonst  nicht  nöthig 
gehabt  hät^e,  dem  Kaisernamen  neuen  Glanz  zu  geben.  Die 
Abneigung  Heinrichs  gegen  die  Salbung  bei  Steiner  ersten 
Wabl  entscheidet  für  sein  späteres  Verfahren  nichts  ,  zumal 
da  mau  weils,  wie  folgerecht  dieser  Mann  erst  seines  Hetzog« 
tbams,  «dann  desKönigthums  und  zuletzt  allerdings  des  Kai- 
^erthums  sich  versicherte,  und  immer  nur  das  nächstgelegene 
ansprach,  um  das  folgende  erreichen  zu  können.  Was  vvit- 
tckind  aber  gemeint  hat,  können  wir  nicht  wissen.  Genug, 
es  sind  andere  Zeugnisse  vorhanden  ^  welche  bestimmt  von 
der  Kaiserkrönung  Heinrichs  in  Rom  Sprechern  Hr.  Mafsmann 
hat  ruir  das  Poetische  des  Lohengrim  gekannt,  worin  diese 
Krönung  besungen  wird,  und  es  mit  Spott  verworfen,  gana 
u neingedenk  ,  dafs  jene  Dichter  über  dergleichen  heilige 
Reichsangelegehheiten  sich  nie  politische  Liügen  erlaubt* 
Der  Lohengvim  wird  aber  durch  Dittmar  von  Merseburg  voll« 
ko^imen  bestätigt.  Dieser  sagt  im  ersten  Bdch:  Audivi, 
quod  sie  Romam  causa  orationis  petens  (Henricus)^  phia 
pedibüs  quam  equo  laboraret,  et  a  multis  interrögatt* s ,  cur 
sie  ageret ,  culpam  pcofiteretur«  Anno  douiini  incarnat. 
DCCCXXXI  imperator  e£Fectus  est.  Jenes  Audivi  kommt 
bei  Ditmar  öfter  vor,  wo  er  nicht  als  Attgeitzeuge  sprechen 
konnte'  und  läfit  um  so  weniger  einen  Verdacht  zii,  als  er 


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gelbst  eiVi  :V«vwandter  dei  Kaisei^uiüs^ty  nuif  diö  Oe^ebfchte 

diete«  Hiiuiei  besehrieb  und  von  -den  ScbidLftalen  derselben 

am  besten  unter  allen  Zeitgenossen  untwrtchtet  sejn  konnte 

und  er  ftberbaupt  durch  feine  strenge  Wahrheitsliebe  aHgem^irt 

geachtet  int.  Dar  letzte  Sata  jener  Rolle  ist,  in.  der  Handschrift 

zwar  ( wie  sein  Editor  Wagner  beinerkt )  von  einer  fremden 

aber  gleichzeitigen,  Hand  hinaugesetsSt«     X)ie  ganze  KoUe  so 

wie  Lpbengrim  sind  um  so  weniger  zu  bezweifeln  ^  als  auch 

/ein  innerer  Grunc^für  Heinrichs  Wallfahrt  nach  Rom  spricht« 

£r;  tbat  sie  kurz  vor  dem  Wiederaushrach  des  Ungernkrieges^ 

um^  sich  von  Sündifn  zu  reinigen  und  zum  Siege  vorzubereiten^ 

Gegen    seine    ^chtritterliche  "^ Frömmigkeit   ist    nirgends   eirt 

Zeugnifs  aufzuweisen,  sondern  alle  dafür.  '  War  er  aber  ein-» 

mal  a^s  andern  Gründen  in  JElom ,  so  hat  ihm  der  Pabst  auch 

I     gewifs  und  Wenn  auch  nur  aus  Ceremoniel  die*  Kaiserkrone 

t^ulgejsetzt,     Ref,  wundert  sich  übrigens,  warum  Dr.  Ma£i« 

mann,  der,  den  Ditmar  ifweimal  anführt,  gerade  die  entscb«i« 

ödende  Stelle  gar  nicht  gekannt  bat,     Dis  rührt  vcni  dem  Feh« 

,  1er  des  blofsen  Nachsch]lagens  abgerissener  JStellenher^  dessen 

/  sich  ^o  viele  andere  Bearbeiter  einzelner  Alterthümer  zu  SchnU 

den  kommen  latsen.     Wer  das  Einzelne  des  Altefthums  erfas^^» 

sen  will^  mufa  sisinen  Zusammenhang  mit  dem  Ganzen,  wo 

einzelne  Stellen  der  Geschichtschreiber  anziehen  will,   mufa 

aie  im  ganzen  Gi|fs  und  Flufs  kennen. 

Leopold  von  Li edebur,  bekannt  durch mancheklei^i 
«ere  und  grdfsere  Beiträge  für  westphülisch^  Adels-  undGauj» 
reschicht<i  in  dem  Rheinisch-Westphälisehen  Anzeiger ,  dem 
/aterl3nd.    Archiv  in  Hannover   etc.  giebt    historische   und 


Va 


^eogr^iphische  Bemerkungen  in  Bezug  auf  die  Stiftung,  die 
VogteigerecbtigkeLt  und  das  Heberegister  d^s  Oottes« 
bauses  Frekkenhorst«^  Sie  führen  auf  ähnlicher  Grundlage 
^  beruhend  sehr  genau  die  .Verhältnisse  aus,  die  für  alle  Stif« 
tungen  jener  Zeit  gelten.  Die  v Angehörigen  des  Stiftes  er«' 
'icheinen  von  der  G(k;richtsbarkeit  des  Gaugrafen  befreit,  statt 
dessen  unter  dem  Kirchen vogt,  den  die  l^irche  selbst  wählt 
und  der  Kaiser  nur  bestätigt  oder  mit  seinem  Recht.belehnt» 
dessen  Geschlecht  sein  Amt  auch  mit  Bewilligung  der  Kloster- 
frauen erblich  behalten  kann.  Die  sämmtlichen  Güter  dea 
Stiftes  Erekkenhors^  waren  unter  fünf  Aemter;vert heilt,  wor- 
nach  die  Urkunde  in  fünf  Theile  tevtäUt^  und  j^der  T.heil 
YfUder  in  zwei  Abtbeilttngen  der  Ausgaben.  S.  2l6-^2l8^ 
wird  eine  noch  ungedruckte  Urkunde,  von  1214  beigebracht^ 
welqhe  die  meisten  Ortsnamen  der.  älteren  Urkunde  nochmala 
au^übrt  und  dadurch  auf  diese  Licht  wirft/  Das  Geognosti« 
sehe  ist  sehr  befriedigend  be bandelt« 


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-  '  GUicb  Hieb  d«r  Fn  Urfcnncl«  h«e  Dr/AbCimMn  di«  tcbon 
firaber  iron  K'mdMnget  1799  im  Stift  Eisen  aufgefumleaen  und 
TOn  ihm  im  Leipft,  X#tttinr»  Ammger  1799  mitgetbeilten  und 
TOM  Fucfaer  in  •«inen  typographischen  Seltenheiten  wieder«» 
aufgenommenen  beiden  niederdeutschen  BruchslücJce  abdrucken 
lassen.  Die  Wiederholung  war  nicht  unnütSy  da  sie  sugiejch 
eine  Verbesserung  des  Textes  und  grandlicher  Erklärung  ent« 
bSlt  und  aberdem  in  den  vorliegendeii  Kreis  niederdeuucher 
Qnellen  gehört.  :  '   ' 

Das  erste  dieser  beiden  Brucbstficke  rfthrt  ans  einer 
Heberolle  des  Stiftes  Essen  her  und  reiht  sich  dem 
Inhalt  tiach  gans  ttn  die  von  Frekkenhprst»  S.  39.  bringt  Dr. 
Mafsmanil  auch  eine  entsprediende  lateinische  Urkunde  aus 
Kindliiigers  Gesch.  der  D*  Hörigkeit  bei«  Auch  dea  Spr»» 
che  nach  reiht  sich  dieses  BrodistOck  an  die  Frekkenh,  Ur- 
kunde ,  obschon  es  ein  wenig  hochdeutscher  gestimmt  ist« 

Das  Bweite  Bruchstück  enthält  ^ie  alte  Sage  Tpm 
Pantheon  in  Rom,  wie  dasselbe  in  ein  christliches. Got« 
tesfaaus  umgetauft  worden  ik,  und  Dr.  Mafsmann  fflgt  eine 
Uebersetzung  bei.  Die  Sage  ist  schdn  ^  die  Sprache  wohl« 
Idiogend  und  ansammenhAngend.  Ueber  den  Inbair  der  Sage 
selbst  erlaubt  Ref.  sich  hier  cfinige  historische  Notizen.  Ste 
geht  fast  durch  alle  deutschen  Geschichtsgedichte  des  Mittel- 
alters. Aus  dem  Kaiserbucb  (Cod.  pali|t,  361.)  bringt  Grimm 
S.  XXX.  dieselbe  fast  wörtlich  so  wie  das  Bruchstück.  So 
Job.  Enckel  in  seiner  Weltchronik  (Cod.  plat*  336.  und  H^« 
cens  Grundr.  S»  248.) t  der  überdies  durch  Nennung  des 
Aunig  Fhocas  die  Angabe  des  niederdeuUchen  Bruchstttcks: 
,,tho  scs.  bonifacius  pavos  an  rpma  uoas  ,^  bestätigt.  Ueber 
diesem  Boni£icius  ist  nämlich  am  allerwenigsten  der  deutsche 
Apostel  f  sondern  Fapst  Bonifacius  IV.  aur  Zeit  des  Kaisers 
Pbocas  aa  verstehen«  Die  lateinischen  Chroniken  ^  welidie 
die  Sage  aufbehaken,  bestitigen  diea  sur  Genüge ,  m  t  Am« 
zeige  der  Zeit,  Gottfried ^on  Vi terbo  im  9 ten l^ueh ,  Mai« 
tinus  Folonua  zum  J^hr  604*— 612 1  Marianus  Scotus  des-* 
gleichen  t  Regino  zum  J*  538  zwar  abweichend  ^  aber  Herr« 
mannus  Contractus  wieder  zum  Jahr  609 ,  Siegebert  von 
Gemblours  ebenfalls  u.  s.  w»  Bei  Martinus  Folonus  findet 
sich  die  Sage  fast  wdrtlifli  lateinisch ,  wie  in  dem  Braokstficjk 
niederdeutsch.^  Es  heilst  dor^:  j^Iste  Bonifacius  rogavit  im« 
peratorem  Fbocamfr**  im  fiiederdeut sehen  Bruchstück;  ^«that 
he  bedi  thena  Ketsar  advocatum/^  und  es  ist  au  vetwuiidern^ 
i^arum  die  Herausgeber  nicht  sogleich  in  dem  Epitheton  deB 
Kaisers   advocatum   vielmehr  dcA  Namen   desselben   Fhocas 


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19:6       .'^  1)«nDW  I>hikiaSttier.  • 

wtd^^e^ianitt  }iat^i^%  den  ätr  {Schreibet  offenbar  aus  Mift« 
verstäiMiiiifjB  auf.  diese  Weise  verfälscht'  bat. '  Das  in  dlem 
Bruchstißcke  richtig  Erklärte  vergoiQelosoa  {versäumen,  vor- 
>mhr)osen )  .  I^ommt  noch  jspät  Vor  z^  B.  tn  Rupi^ei^t;^  von  ,- 
Freysingeh  Rechtibuch,  In  Westenrieder«  Abdruck  <ieifsC 
es  „  vergsimlösteh *<  ( in  dßr  Haridschrift  von  1441  iu  Aretina 
BcJ^tltäge^Bäffld  d«  Vefgainteslitten)  y^vergamlost*«  (in  der  Hand- 
schrift gamlose  halteu  )  etc.  Det  Schweiaser  bat  noch  Ehgau-« ' 
nier  (wie  das  alte  £hw9rt>  alt  ist  goma  nemäu,  acht  hmen^ 
und  hängt  wobi  mit  Kummer,  zusammen 9  das  sich  jetzt  eu 
gCfma  verhält,  wie  Besörg^nils  zu/Besorgung/ 

Das   Wörterbuch,    das   Dr.  Mafsmann  zu   den  drei  . 
Urkunden  gfebt^  .i&t  genau  und  au^filhrlicb.     Reichlich  sind    - 
debei  gleichlaufende,  ..verwandte,  wörterUärendQ  ,  Sinn  und 
Sitten  belegende  Stellen  lateinischer  Urki^nd«n    herbeigezo«  - 
gen,  '  Gut  ist  die'  durchgehende  Begrenzung  auf  das  Njeder« 
d^uts^    und     insbesondere     Westpbl^lische.        Ergsinzende  , 
Ndchträge  giebt  Grimm .  S.  XX  —  XX Y  und  Mafsf^ann  selbfjt. 
S;  252.     Was  der  erstere  mit  der  Kraft  des  M^i^ters«  kernig 
uis  Kurze  zieht  y    dehnte  der  letztere  etwas  allzu  weitläufig 
aus.  Dies  abgerechnet  verdient  s^in  Fleifs  und  Scharfsinn  voll« 
kommene  Arierken  nun  g  9  und  wie  er  bereits  früher  dankens«* 
werthe  Erläuterungen  zum  Wessobrunner  Gebet  und  zwei  noch, 
luigedruckte  Gedichte,  des  l4ten  Jahrhunderts  herausgegebei^,    v 
dt^rfeh  wir  niehr  von  .diesem  eifrigen  jungen  Manne  erwarten.. 

Wir  finden  mehrere  eigenthümliche  Ausdrücke 9  die  da« 
sjrät^re  Niederdeutsche  nicht    hehalten ,    und  nur  noch    aua 
dem  Friesi^hen  ulid  Angelsächsischen  erklärt  werflen,  z«  ^^^  ^ 
dill  aus  dem  Aitfries.  ail,  Wasserleitung;   asna  aus  dem  An- 
gelsächs.  aesne,  esne/*      mercienarius ,  dasselbe  was  gothiach     ^ 
ajsneis^  Dienör,  etc.'  -^     Zwei  merkwürdige  und  am  bäu6.g«. 
sten  vorkommende  Wörter  sind  Malt  uiiä  Muddi.    Ijetzterea 
ist  klar  Und  noch  gebriluchlich,  ein  Maafs,  modius,  Mudd' , 
undS.  71  — 73.  gut  nacbgewiesen.     Nun  erscheint  aber   oft 

m,  welches  Grimm  S.  XX  nur  für  modins  (muddi)  will  gel- 
ten lassen  y  Mafsmann  aber  S.  69  und  2$8.  auch  für  ^malt  in 
Anspruch  nimmt.  Ibin  ist  malt  in  dieser  Stellung  stets  Mal« 
ter,  auch  im  plur.  für  das  nur  einmal  vorkommende  maldar 
(S.  16.)  uiid  malder  (ß.  27.).  Grimm  Will  dagegdn  S.  XXI^ 
malt  nur  für  brasium,  bracium  i  INfJalz  gelten  lassen  ,  und 
daf(ir  spräche  velleicht  das  t  atn  Ende ^  da  Malter  niederd.  mit 
d  geschrieben  werden  mnfs.        , 

,     (Besohlufs  foigt.y 


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N^  12,  1825, 

« 

Heidelberger 

Jahrbücher  der  Literatur, 

Dr.  Dorow  Denkmahler  alter  .Sprache  und  Kunst« 

{Bischtmfsky 

Indefi  hat  S.  8«  und  33.  auch  mattö  utid  die  Urlhtnde 
weehielt  unsicher  s wischen  d  und  t  (sculd  und  scult«  brod 
und  bro«  S.  112.)*  Malt  erscheint  aber  du^chaui  als  ein 
IVIaaTsy  wie  noch  der  Gebrauch  unsere  Malter  beweist.  S.  lo. 
kommt  yor  ;  |9  29  malto  gerstitias  maltest»  d.  h.  2d  Malter 
Gerstenmals  ,  §o  wie  eine  lateinische  Urkunde  von  1$32 
(S.  ^0.)  t^maldra  boni  l>rasii<*  in  einer  Ueberset^niis  aus  dem  ' 

*  15ten  Jahrhundert  ,,88  meldet  guder  gersten  nlalaes<<  etc. 
Erscheint  nnp  hier  fbr  die  beiden  Begriffe  Mals  üirid  Malter 
ein  und  dasselbe  Wort  gesetzt ,  so  gläuht  tief,  nur  eben  diese 
Begriffe»  die  das  Entscheidende  sind |  folgen  su, dürfen,  uni 
die  scheinbare  Identit&t  der  Formen  aumildsen«  Malt  als 
Msafs  kommt  von  dem  alten  mal  ^  dafi  der  allgeideinste  Aus- 
druck fOr  ein  bestiilimtes  Welchen  Ist»  daher  ehemali  tnal,  die 
Rede,  als  das  deichen  ftlr  den  Gedanken,  jettt  iSut  noch  in 
Maul  und  Melden  erhalten^  davon  Maltag ^  Malstftttei  Mal« 
zeit;  ferner  mahlen ^  mit  Bildern  beseiänen;  endlich  das 
ganz  unzweideutige  Mahl  in  Brand  -  Muttermahl  ^  uial  in  den 
Compositis,  Meile  etc.  Malt  als  Mals  abet  hat  lieber  eind  , 
andere  Wursel,  die  vf-ahrtcheinlidh  mehr  auf  U  und  o  gelautet 

'^nd  in  fiiXfif  mola»  Mtlhle^  Müller,  Möller  sieh  kuiid  giebt«. 
Davon  kommt  das  Malen    in  der  Mühle ,    das  sith  von  dem 

.  Mahlen  der  G^mählde  streirg  unterscheidet  Von  diesem  Malell 
aber  läfst  sich  Malz  so  dirivireiii  wie  im  Schweizerischen 
Schuz  von  ;SchieI<»en*  Malz  ist  jedoch  kein  geiUalenes,  Äbn- 
dern  üngemalenes  Getreide,  und  dieser  au  sich  keineswegs 
sprachliche,  sondern  nut  sächliche ^  auch  hut  sächlich  schein-^ 
lare  Widerspruch  lüftt  sich  durch  die  nicht  üti  Wahr  schein- 
liehe  Vermüthung  heben,  dafs  malt^  tiiblt  urspränglich  tiber^ 
haupt  Getreide  bedeutet  h^t^  das  euiU  Maleil  reif  und  fertig 
gewesen y   abgesehen  davon,   ob   es  au  Mala  oder  Mehl  ge« 

XVIU.  Jahrg.   a.  Eeiti  1» 


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178  Borow  DenkmSliler. 

macht  wurde.  Dies  urkundlich  näher  au  untersuchen  ^  wäre 
nicht  uninteressant.  —  Unerklärt  bleiben  die  Wörter  hraro» 
ekgon»~hiuppenon,.  neppinon,  melthet^a,  tegothon  etc.  Be« 
nierkenswerth  sind  die  genit«  plur.  hohero  und  eiero,  eiro,  da 
sie  zu  den  vielen  Bfeispielen  aus  andern  Mundarten  die  ersten 
Belege  aus  dem  Altsächsischen  sind^  daher  auch  in  der  ersten 
Auflage  von  Grimms  Grammatik  gefehlt  haben«  Auch  hudigu 
findet  sieh^j-  goth;  bina  dagay  althochdeutsch  hiutagu,  beute» 
bop  die,  hpdie,  darin  das  l^rönomen  hir,  hiu  ,  hi&  ganz  dem 
lat.  hi|?,  ha^c,  hoc  entspricht,  Ueberall  gewähren  diese  Ur- 
kunden die  tre£Flichsten  Ergänzungen  und  Belege  zu  der  ge« 
nannten  Grammatik  und  für  diesen  Zweck  erscheint  auch  das 
ganze  Wörterbuch  ajUSgearbeitet.  ■  ^ 

Noch  näher  ins  Einzelne*  zu  gehen,  gestattet  uns  der 
I^aum  nicht«  ^  Ein  besonderes  Liob  verdient  indefs  wieder 
die  Behandlui}g  der  Ortsnamen  von  Dr.  Mafsmann ,  wobei 
eil?  reicher  Schatz  von  andern  westphälischen  Urkunden  be«  * 
nutzt  wo.rclen.  '  Unter  andern  vvird  hier  eine  ausführliche  Ge- 
scbicli^e  des  Wortes  Dorf  gejgeben  f  dessen  Gestaltungen  vom 
aitsächs«  tharpa  ziim  mittal-  und  neiisächs.  tropp,  tropf,  druf^ 
driip,  trup^  drü£Fei  für  die  Umbildungsgesetzte  der  Sprache 
wichtig  sindf  zumal  ^  da  f:\n  genaues  Zeitm^afs  der  Ümbil- 
d/ingen  urku^ndlich  nachgewiesen  wird, 

,  Schliefslich  folgen  noch  z\v(^i  niederdeutsche  Be- 
schwö.^ungs.f or mein  aus  dem  9ten  Jahrhundert  aufge* 
funden  in  Wien  (Cod.  theol^  259.) y  ^^^  in  ihrem  feierlichen 
Tone  allen  (fieser  Gattung  vollkommen  gleichen  und  offenbar 
Ueberreste  des  Heidenthums  siftd.  Die  AlliteraUon  (  Wie- 
cierlaut  bei  Djr.  Mafsmann )  wird  darin  um  so  ^schicklicher 
nachzuweisen  versucht,  als  sie^  zum  feierllcheh  Tone,  gehö« 
rend.y  in  fast  alleij  uns  bekannten  solchen  Formeln  Vorherrscht. 
Beiläufig  bemerkt  Kef,  dafs  dergleichen  Beschwörungsformeln 
und  geschriebene  Zaubersagen  noch  jetzt  im  Volke  sich  finden.^ 
Einen  für  Poesie  und  Sittengeschichte  sehr  interessanten  Beleg 
dazu. liefern  zwei  in  gegenwärtigem  Jahr  aufgefundene-  Diebs- 
^^&^^9i  ^i®  i'i  den  Europäischen  Blättern  Band  If.  S.  255.  und 
BaiMl  III.  S.  77.  (Zürich  bei  Gefsner,  l82,4)  abgedruckt  sind. 
Es  würde  der  .Mühe  lohnen ,  einmal  alle  noch  vorhandene  der- 
gleichen Formeln  mit  dem  all^en  Homanusbüchlein  herauszu- 
geben und  mit  ähnlichen  griechischen  und  römischen,  derea 
Besonders  die  alexandrinische  Zeit  viele  aufzuweisen  hat,  zu- 
sammenzustellen. In  den  obigen  niederdeutschen^  Forniela 
sind  einige  Wörter  nicht  ganz  erklärt,  wenn  Dr.  Mafsmann 
auch  den  Sinn  des,  Ganzea'durch  ütreng  grammatische  früfung 


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Banmgatuier  LdirbiMli  det  Phjsik.  "  179 

erAcUotten  Iwt;  Referent  Hak  ei  in  der  Ttat  aucb  nicht  för 
leicht;  doch  spricht  er  hier  einige  Vermuthüngen  aus.  Der 
Genitiyas  theru  spurihelti  scheint  ihn  yon  gibele  abzuhän- 
gen (Gehcilen  der  Krankheit),  ,Strala  scheint  ihm  nicht  Pfeil, 
sondern  Kamm  zu  heifsen^  wie  noch  jetzt  die  Schweizer 
Stral,  Straten  sagen  9  woher  auch  Striegel.  Das  beigegebene 
Facsimiie  Taf.II.  ist  nach  einer  blassen  und  verbogenen  Hand* 
Schrift,  darum  zitternd  und.  unsicher»  was  sonst  der  Cha- 
rakter des  9teii  und  loten  Jahrhundert  nicht  seyn  könnte. 


/.  Die  NtUnrlßhre  nach  Ihrem  fegenwärtigen  ^nsiands  mii  ROcksichi 
auf  mathematische  Begritndukg.  Dargestellt  von  A.  Baum^ 
gar  in  er,  ordentl.  Prof  der  Physik  und  angewandten  Mathe* 
matik  m.  s.  w.  an  der  PPlener  üntpersität.  i  Thl  XXKll  und 
260  ^.  mit  8  Tafein.  2  Thl,  XXU  und  29»  S.  mh  4  Täfeln. 
5  Thl  XVlu.  U6  S.  nätS  Taf.  Wien  1624.  8.    7  fl.  48  kr. 

IL  Rat{dhuch  der  T^dturlehre^  entworfen ^on  Catsian  Hallasehkai 
O.  o.  Prqf^  der  Physik  zu  Prag  u.  /.  w.  i  Thl.  8l3.  S.  mit  8 
Tafeln  in  Steindruck.  2  Thl.  882  S.  nut  4  Tafeln.  Prag 
1824.  3.  6  fl.    54  kr. 

Rec.  beeilt  sich ,  von  diesen  beiden  netiesten  Lebrbfichem 
der  Physik  9  welche  gleicbs^eitig  im  Oesterreichiscben  Kaiser- 
staate erschienen  sind,  den  Lesern  dieser  Zeitschrift  Kunde 
mitzutheilen,  insbesondere  da  es  erfreulich  seyn  mufs  ^  ne- 
ben dem  höchst  zweck inäli(igen  Werke  von  Scholz,  dem 
ausführlichen  von  Neumann  noch  zwei  In  den  nämlichen 
Staaten  erscheinen  zu  sehen;  wodurch  ein  lebhaftes  Interesse 
für  die  so  höchst. wichtige  Kenntnifs  der  allgemeinen  Natur- 
gesetze genugsam  beurkundet  wird.  Wir  wollen  daher  zuerst 
den  Standpunkt  bezeichnen ,  auf  welchen  sich  das  Werk  Nr,  1. 
gestellt  hat. 

In  der  Vorrede  erklärt  der  Verf.  in  der  Hauptsache;  die 
niathema tische  Begründung  der  Naturgesetze  fJhle  fast  in  allen 
Handbüchern  und  Compendien  der  Pbysik^  weil  sie  meistens 
zum  Behufe  der  Vorlesungen  verfafst  wären  ^  bei  denen  der 
Gewohnheit  oder  dem  JLebrpIane  gemäls  der  mathematische 
Theil  einem  andern  Leser  überlassen  werden  müsse.  Jetzt 
könne  man  aber,  ohne  oberfiächlich  zu  werden,  und  einge-' 
bildete  Halbwisser  zU  bilden  diesen  nicht  mehr  weglassen.' 
Ferner  würden  noch  oft  die  wichtigsten  Phänomene  durch  all- 
^m^ine  Ausdrücke   uhd  physiöalistbe  Gemeinplätze  erklärt/ . 


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^3a  BauiD^rtiieT  Xehtbtioh  iäer  Physik* 

wesvirc^^en  er  Eich  bemüht  habe,  die  GrundbegriflFe  klat  dar- 
zustellJJi ,  und  für  diejenigen,  welche  Weitere  Belehrung 
fiuchen^  die  Quellen,  unter  diesen  aber  hauptsächlich  die 
Oriftinalwerke  anaugeben.  Rec.  bemerkt'  hierzu  dafs  zwar  die 
meisten  X-ehrbücher  der  Ph7sik  als  Cömpendien  beim  münd- 
lichen Vortrage  dienen  sollen ,  dafs  aber  in  der  Regel  keine 
äufsere  Verhältnisse  deii  Lehrer  abhalten ,'  so  viel  Älathema- 
%ik  aufzunehmen /als  ihm  beliebt. '  Allein  theils  sind  die'mei-' 
sten  Zuhörer  nicht  vorbereitet  genug,  um  die  mathematisch© 
Darstellung  der  Naturgesetze  zu  verstehen,  wie  namentlih 
Biot  ofFen  gesteht,  theils  ist  der  Vortrag  ia  der  Regel  auf 
ein  Semester  beschränkt,  und  dann  ist  es  schwer,  nur, die 
allgemeinen  Gesetze,  welche  Äur  sogenannten  Experimental- 
physik gehören,  "vorzutragen  und  verständlich  zu  machen,  so 
dafs  man  nur, bei  den  wichtigsten  Zeit  genug  findet,  eine 
mathematische  Begründung  derselben  mit  aufzunehmen.  X)as 
Aufetellen  blofser  geometrischer  Formeln,  ohne  ibren  Grund 
nachzuweisen,  dürfte  aber  blofs  das  Gedächtnifs  in  Anspruch 
nehmen ,  da  wo  ganz  eigentlich  der  Verstand  thätig  sefn  soll. 
Inzwischen  ist  es  nicht  eben  erforderlich,,  jede  Periode  de» 
Lehrbuches  iot  mündlichen  Vortrage  zu  erläutern ,  und  e» 
wird  daher  allezeit  vortheilhaft  seyn,  die  mathematische  Dar- 
stellung der  Naturgesetze,  soweit  es  der  bestimmte  Raum 
verstattet,  mit  aufz u nehmten  ,  inabesondere  tim  beinl  Nachle- 
sen benutzt  zu  werden.  Dafs  dieses  aber  viel  Raum  erfor* 
dere,  wenn  man  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade  voMstän» 
dig  seyn  will.  Wird  jeder  Sachverständige  zugestehen,  auch 
zeigt  sich  dieses  deutlich  bei  dem  grofsen  Werke  von  Biot, 
Welches  viele  in,  dem  kleineren  Handhuche  desselben  abgehau-* 
delte  Gegenstände  gar  nicht  beröhrt, 'und  doch  wegen  der 
mathematischen  Begründung  des  Vorgetragenen  zu  einem  so 
bedeutenden  Uaifange  angewachsen  ist. 

Indels  läfst  sich  nicht  in  Abrede  stellen,  dafs  das  V^N^ha- 
ben  des  Verfs.gut  uiid  lobenswerth  ist,  auch  las  Recens^  mit 
Vergntiften  dett  Plan,  wornach  das  Werk  ausgearbeitet  werieii 
.sollte,  hätte  aber  nach  demselben  eher  den  doppelten  Umfurig 
erwartet,  da  die  gesammte  Experimentalphysik  und  \angtj* 
wandtet  Natudehre  aufgenommen  ist.  Es  fragt  sich  alsoj  auf 
welche  Weise  und  in  welchem  Griade  der  Vollkommenheit  der 
vorgezfichnete  Plan  wirklich  ausgeführt  ist.  Im  Allgemeinen 
zeigt  sich  der  Verf.  zwar  als  einen  denkenden  Physiker,  wel« 
*  eher  seines  ^Gegenstandes  in  einem  hohen  Grade  mächtig  i^t^ 
S**in  Vortraa  erscheint  klar  und  bestimmt,  und  beurkundet, 
dafs  der  Veil.  nicht  wörtlich  aus  den  benutzteh^Quellcfn  Über« 


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BflongtriMr  L«|^tlNMli  der  PhjiÜr.  18 1 

getragen  i  •onderu  die  Sachen  suvor  tick  sei  hat  su  eigen  ge* 
macht 9  und  dann  auf  seine  eigenthümliche  Weise  wieder  vor« 
getragen  hat.  Indefs  ist  das  Fuhlicum  allerdings  herechtigt, 
von  dem  Verf.  mehr  als  dieses  su  fordern^  indem  er,  seinem 
eigenen  Gestflndnisse  nach^  nicht  geschrieben  bat^  ttm  einem 
individuellen  Bedflrfnisse,  etvira  hei  seinen  Vorlesungen  ah» 
stibelfen,  sondern  etwas  Besseres,  zu  liefern ,,  als  was  durch 
die  meisten  vorhandenen  Lehrbücher  schon  geleistet  ist.  £s 
wird  daher  am  zweckmäJDiigsten  seyn,  um  andern  Gegenstän* 
den  nicht  zu  vielen  Kaum  in  diesen  Blättern  su  entziehen, 
aus  den  verschiedenen  Abschnitten  Einiges  herauszuheben^ 
woraus  auf  die  Art  der  Behan41ung  des  Obrigen  am  l'eichtesten 
geschlossen  werden  kann. 

Die  befolgte  Ordnung  zuvörderst  ist  im  Allgemeinen 
diejenige 9  welche  seit  Lichtenberg  fast  dberaH  als  die 
sweckmäfsigste  angesehen  wurde.  Es  werden  nSmlich  im  er« 
sten  Theile  die  zur  mechanischen  Naturlehre  gehörigen  Ab- 
schnitte mit  Einschlufs  der  allgemeinen. chemischen  Gesetze^ 
im  zweiten  die  unwUgbaren  Stoffe  uud  im  dritten  die  zur  an* 
gewandten  Physik  gehörigeo  Lehren  abgehandelt.    Wir  über- 

S;ehen  die  Einleitung,  welche  die  allgemeinsten  Btrgriffe  ei« 
äutert«  wobei  uns  iudels  das  Versprechen,  die  Grundhegriffe 
klar  darzustellen»  in  der  Bestimmung  dessen,^  was  Kraft 
heilse,  nicht  erfüllt  zu  seyn  scheint.  \K8  heifst  nämlich  p.  6. 
y^Häufig  ist  die.Ursache  einer  Erscheinung  selbst  wieder  ein 
Phänomen,  bedarf  daher  eines  neuen  Gruudea.  ;  Dieser  setzt 
wieder  einen  ferneren  voraus^,  wenn  er  selbst  in  der  Erfahrung 
vorkommt 9  BOf  dafs  man  endlich  durch  eine  Reihe  von.  Er- 
scheinungen, deren  jede  ztigleicl»  Ursache  uni  Wirkung  ist^ 
auf  einen  letzten  übersinnlichen  Grund  kommt,,  der  im  Innera 
der  Natur  seine  Wurzel  hat.  Man  nennt,  ihn  Kraft ^  ohne 
durch  diesen  Ausdruck  mehr  als  eine  uns  ganz  unbekannte 
Ui^ache  einer  Erscheinung  bezeichnen  zu  wollen. ^^  —  Auf 
diesem  Wege  kommen  wir  aber  unvermedct  wieder  dahin^  ge- 
wisse causas  oder  qnalitates  occuUäx  als  letzte  Ursachen  aller 
Erschein uj»g6n  anzusehen.  Weit  besser  ist  e»,  zur  Erzeugung^ 
klarer  Ansichten,  nachzuweisen,  dafs  wir  bei  weitem  necU 
di^  Gesetze  der  gemeinsten  Erscheinungen  »z^B.  der  DauipF« 
bildungy  der  speciß.schen  Wäcmecapacitüt^  der  Ausdehnung, 
der^magnetischea  Abweichung  u.a.  w.  nicht  völlig  g^e  n  a  ii 
kennen^  dafs-  diese  aber  nothwendig  erst  uuwi^iersprechlich. 
bestimmt  seyn  müssen,  ehe  wir  anfangen  kpnuen,  die  höhe- 
ren ,  Qrui/dgesetze  der  Naturerscheinungen  aufzustellen  orler 
übjgr  daA  eig^ntlichg  Wes^n  der  Dinge  &u  enCscheidt;ii.    Noch.  . 


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182  Banmgartner  Lehrbuch  der  Physik/ 

wissen  wir  nicht  gewifs,  ob  den  Bis  jetzt  nicht  ^fighar  be*' 
fundenen  Potenzen  etwas  Materielles  zum  Gnifide  Iiirgtt>d'er 
nicht,  noch  atehen  die  Vertheidiger  der  Fraif||Iinacb|^n  i^nd 
der~  Symmerschen  e]ectrische,n  Theorie ,  der  lEulerschen  und 
Newtonschen  Hypothese^  über  das  Wesen  des  Liichtea  ein- 
ander unbesiegt  gegenüber,  und  schon  wollen  wir  entschei- 
.deii,  was  die  Materie  an  sich  rey,  wodurch  fie  entstanden 
667  und  bestehe  ?  Eine  gewisse  Glasse  von  Na^urphilösophen 
machte  es  sich  zwar  bequem  ,iind  sprang  über  4as  vorliegende 
Meer  voll  Schwierigkeiten ,  jedogü  nur  in  ihrer  Einbildung, 
kühn  hinweg,  phantasirte  übier  das,  was  jenseits  sey»  wollte 
die  Unkundigen  glauben  machen,  damit  habe  man  ailles ,  was 
zwischen  jeWem  endlichen  Ziele' liege,  hinlänglich  erkannt, 
und  gelange  zu  demselben  auf  diese  Weise  weit  leichter,  als 
wenn  rhan*  sich  liaqh  Art  der  beschränkteren  Geister  durch  die 
im  Wege  liegenden  Schl?rierigkeiten  aufhalten  lafse«  Glück« 
licherweise  bähen  diese  Träumereien  jetzt  ein  Ende.  ,  Unser 
Verf.  scheint  indefs  bei  übrigens  scharfen  und  tiefen  Blicken 
in  die  Naturgesetze  in  einigen  Stücken  nocb  nicht  mit  sich 
ins  Reine  gekommen  zu  seyin.  So  heifst  es  p.  14.  „die  An- 
nahme der  pynämifcer  scheint  einfacher  und  den  Denkgesetzen 
angemessener  zu  ^eyn,  indem  sie  alle  £rscheinunge:u  aus  der 
blofseff  Moäification  der  Grundifräfte  (  Ziehkraft  und  Dehn, 
kraft)  erklären.«^  Bei  einem  ito  wichtigen  Satze  ist  es  aber 
nicht  genügend,  sich  mit  dem  blodsen :  es  scheint,  zu  be- 
helfen,  vorzüglich  wenn  die  festgesetzten  Grenzen  des  Um- 
fanges  eines  Compendiums  nicht  binden.  Reo.  hoffte  indef» 
nähere  Auskunft  an  der  Stelle  zu  finden,  wo  p.  XI.  der  In- 
haltsan^eige  eine  „Vereinigung  der  proportionalen  Verbin- 
dungen mit  einer  dynamischef^i  Naturanaicht"  versprochen 
i^t,  denn  hierin  liegt  offenbar  der  schwerste  Stein  des  An- 
stofses  der  Dynamiker.  A.Hein  auch  hier  findet- man  nur  Fol« 
gendes;  §.  49.  .,»  Wiewohl  man  nicht  in  Abrede  stellen  ^ann, 
Hafs  die  abgeführten  Thatsachen  die  atomistische  Vorstellungs- 
weise  sehr  begünstigen  ,  so  braucht  man  doch  nicht  ein  abso« 
luter  Anhänger  dieses  Systems  zu  seyn,  um  sich'dsn  inneren 
Verlauf  der  chemischen  proportionalen  Verbindungen  folge- 
recht zu  denkei^  ;  denn,  es  können  immerhin  die  kleinsten^ 
Theile  der  Kdrper  dynamisch  gebildet  seyn ;  ab^er  diese  Theile 
Hängen  an  eintlndery  lassen  Zwischenräume'  zwischen  sich^ 
trennen  sich  durch  Einwirkung  der  chemischex^  Verwandt« 
Schaft,  und  vereinigen  sich  in  einer  neuen  Ordnung  wieder; 
keines  dieser  Tbeilcben  kann  aber  selbst  wieder  durch  eine 
uns  bekannte  Kraft  getheilt  werden.^  — •    Hier  hätten  wir 


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fiauDgarft^cr  X.eliilMieh  der  Flijsik.  l83 

alio  wirklich  di^  untbeilharen  kleinsten  Theile,  und  sogar 
auch  die  (leeren?)  ZwischenrSuipe  ^  und  doch  aollen  diese 
wirklichen  Atome  dynamiach  gebildet  aeyn?  Diesemnach 
müfate  man  annehmen,  ea  aeyen  ursprünglich  di^  beiden 
Grundkrähe  erschaffen  oder  vorhanden  gewesen ,  hätten  sich 
siaCh  eigenem  Gefallen  ,  durch  Zufall,  oder  eine  höhere  ein- 
wirkende Macht  in  verschiedenen  quantitativen  \7^erlia)tnis8en 
vereinigt,  könnten  jetzt  aber  nicht  wieder  in  diese  Kräfte 
zerlegt  werden.  —  Vor  zehn  Jahren  hätte  diese  Hypothese 
gewiis  An  bänger  gefunden»  jetzt  aber  ist  es  sehr  zu  bezweifeln» 
Unter  den  allgemeinen  Eigenschaften  der  Körper  unter^ 
scheidet  der  Ver£  diejenigen,  ohne  welche  wir  sie  nicht  wahr- 
nehmen können y  und  diejenigen,  welche  die  Erfahrung  uns 
bei  allen  zeigt»  Zu  jenen  gehören  Ausdehnung,  Figurabili« 
tat  und  Undurchdringlichkeit;  zu  diesen  Trägheit,  Porosität, 
Ausdehnbarkeit,  Theilbarkeit  und  Schweie.  Es  läfst  sich 
hiergegen,  wenn  es  auf  scharfe  Bestimmungen  ankommt,  gp^r 
vieles  erinnern»  Wir  wollen  nur  bemerken,  dafs  die  Einfüh- 
rung der  Figurabilität  als  allgemeii^e  Eigenschaft  dei:  Körper, 
ohne  welche  wir  sie  nicht  Mrahrnehmen  können,  schwerlich 
Beifall  finden  wird.  Zwar  läfst  sich  das  Annehmen  einer  ge- 
wissen Gestalt  bei  allen  Körpern  den  ken,  altein  bei  allen 
llüfsig^n  ist  dieses  nur  eine 'Folge  d.s  Eingeschlossenseyns  ia 
Gefälse,  oder  der  allgemeinen  Anziehung  ihrer  Theile.untpr 
sich  oder  gegen  andere  Körper.  Die  Eigenschaft  ist  also  eine 
aecundäre^  und  steht  nicht  ^ut  neigen  den  beiden  andern^  v 
Warum  aber  unter  den  letzteren  Eigenschaften  nicht  Härte, 
SprÖdigkeit  und  vorzüglich  Elasticität  mit  aufgenomipen  sind, 
ist  kaum  abzusehen.  Die  Schwere  aher  ist  nicht  sowohl  eine 
Eigenschaft  der  einzelnen  Körper,  als  vielmehr  der  Anziehung 
der  Erde.  Man  sieht ,  dafs  der  Verf.  besser  gethan  hätte^ 
die  einmal  eingeführten  Bestimmungen  beizubehalten.  Auf 
die  allgemeine  Eigenschalt  der  Undurchdringlichkeit  unt^r 
andern   die  Taucherglocke   zurückzuführen,    will   Rec.  nicht 

fefallen,  Uebrigens  sind  jetzt  die  Taucherglocken  nicht  glok- 
enförmig,  und  gegen  , das  Verderben  der  JLnfo  und  das  An- 
steigen des  Wassers  in  denselben  durch ,  Compression  der 
Luft  ist  jetzt  bekanntlich  dadurch  gesorgt,,  dafs  duich  einen 
Schlauch  stets  neue  unter  dieselben  gepumpt  wird^  Bei  der 
Ausdehnbarkeit  wird  zugleich  van  Thermometern  und  Pyro- 
metern gehandelt,  und  dabei  beaierkt^  man  könne  Weingeist- 
tht^rmometer  auch  bis  80®  B.  gradüirjen,  dürfe  sie  daher  nur 
luftleer  machen  ,  dadjiirc^  das.  Entstehen  der  Weingeist  dünste 
Lefördern^  W^lch^  danu.  das.  Sieden  verhinderte».     Allein  die- 


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184  Bramgtttiief  Iclbrlmdi  d«r  P&jtilti 

ses  tbut  üe  Luft  noch  bester  und  unniittelbarer  f  TOrautg^fib 
setzt  ^  dab  aie,  wie  dia  W^ingeistdämpfe,  nicht  entweiebeii 
Jcann»  aber  auch  nicht  su  atarl:  com|»riaiirt  vrird^  um  den. 
Apparat  nicht  au  sersprengen.  Wenn  aber  nach  den  neue<^ 
8ten  ,  hier  nicht  erwähnten,  Erfahrungen ^  der  einfache  Luft«^ 
druck  di® /Thermadieterkugel  etwas  zusammendrückt ,  so  ist 
nicht  zu  bezwaifeln^p  dafs  die  hohe  Elasticität  der  Dampfe  bei 
80/^  R.  das  Weingeistthermometer   in  den  höheren  Graden 

^   unrichtig  macht.     Die  V/ergleichende  Tabelle  p.  20*  des  Gan« 

gibs  eines  Quecksilberthermometersv  und   eines  vVeingeistther- 

jöometer«,  gefüllt  mit  Weingeist ,  welcher  bei  65^  R.  siedete, 

*  nach  de  Luc^  kann  im  Grunde  nichts  helfen;  deiin  wie  kann 

,  man  gerade  solchen  Weingeist  nehmen.  Und  jeder  andere  dehnt 
sieb  nekanntlich  auch  ai^ders  aus.  Die  Physiker  sollten^daher 
über  diese  trüglichen  Werkzeirge  ein  für  allemal  das  .Verdam- 
niungsurtheil  aussprechen  9  und  nur  die  aus  absolutem  Alcohol 
verfertigten  für  Beobachtungen  ^nter  dem  fitispunkte  zulas- 
sen ,  da  sich  diese  Flüfsfgkeit  von  36  ^  G.  über  0  und  höchst« 
vi^ährschelnlich  für  alle  '^^mperaturen  unter  0  nach  Trall6s 
gehaltreichen  Untersuchungen  völlig  regelmäfsig  ausdehnt* 
Als  Pyrometer* werden  bloTs  das  von  Wedgwood  uiid  von 
Daniel]  angegebene  erwähnt.  Bei  ersterem  sollen  Prismen 
oder  abgekürzte  Kegel  von  Thon  (oh^e  Zusatz ,  dals  diesem 

.  von  Com  Wallis  seyn  mufs^  den  pyrometri  sehen  Körper  bilden. 
Rec.  kennt  nur  Kugeln,  an  der  einen  Seite  ijacb  geschliiSen.^ 
Zur  Litteratur  führt  der  Verf.  Geisler 's  Repertorium  der 
Künste  an  9  doch  wohl  nicht  die  Originalqpelle,  denn  dieses  - 
sind  die  Phil,  Transactions,  auch  werden  die  gegründe« 
ten  Einwendungen  nicht  erwähnt,  wodurch  Guyton  Mor« 
veaa  die  Angaben  dieses  Apparates  verdächtig  gemacht  hat. 
Um.  noch  ausi  den  ersten  22  Seiten  eine  Probe  der  Dar$tel- 
lungsait  mitzutheilen  »^  setzen  wir  den  Anfang  des  Paragraphen 

^.her,  welcher  über  die  Theilbarkeit  handelte  4^32.  „Oafs 
in  allen  materiellen  Dingen  Theile  unterschieden,  werden  kön* 
nen ,  ergiebt  sich  scbon  aus  der  Jj^igenschaft  der  Ausd^hnug, 
die  ihnen  sukomdit;  dafs  aber  diese  Thiele  j^etrennt  werden 
können 9  öder  dafs  die  Körper  t heilbar  $liia^  läfst  sieh  erst- 
,  aus  der  jplrfahrung  ^nehmen,  die  lehrt,  dafa  selbst  der  här« 
teste  aller  Körper,  der  Diamant,  wonigsteps  durch  sein  eigenes 
Pulver  geschliffen^  mithin  getheilt  werden  kann.<^  Ilecens.  be« 
merkt)  dafs  der  erste  Satz  nur  ns^ch  atomistischen  Grund« 
Sätzen  ipulässig  ist;  was  aber  den  zweiten  betrifft,  so  kann 
man  zum  TheiTen  desDiamants  bequemer  kommen^  wenn  man 
^it  eifern  Hammer  darauf  schlägt^   lJfeborhau|it  xla  man  diesen 


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BioBglttMr  EdiriNNh  der  n^ful*  ^  S8S 

K<^rper  rerbrtnnen ,  die  kflrtettcii  Metall«  aber  In  Sluren  auf* . 
lösen  kann,  bo  erfordert  es  wenig  *Mübe,  diese  Art  der  TheiU  • 
barkeit  solcber  Körper  nacbsuweisen« 

Hec  ist  in  diesen  Erinnerungen  ausCobrlicb,  gewesen  9  und 
fibergebt  daher  den.  ganzen  Rest  des  ersteft  Theiles  mit  der 
allgeineinen|  Bemerkung  9  dafs  die  Sachen  im,  Gänsen  richtig 
dargestellt  sind ,  auch  mit  Rücksicht  auf  die  neuesten  £nt«» 
decKungen.  Die  Formeln  ^  wodurch  der  Verf.  die  Gesetae, 
bauptsächlicb  der  Statik  und  Mechanik,  ausdrückt,  sind  awar 
elementar  9  aber  fafslich  und  beqaein ,  und  Oberhaupt  bewegt 
atcb  derselbe  in  diesen  Theilen  der  Naturlehre  bei  weitem  am 
leichtesten.  In  die  Ordnung,  in  welcher  die  einzelnen  Wahr* 
Leiten  vorgetragen  werden ,  kann  Rec  sich  zwar  nicht  über* 
äU  genau  Enden,  welches  indefs  nicht  als  Vorwarf  gelten  soll, 
da  es  hierbei  sehr  darauf  ankommt,  wid  man  sich  die  Gegen* 
stände  am  leichtesten  übersichtlich  vorzustellen  vern^ag*  Ei» 
nige  Unrichtigkeiten,  welche  nicht  unter  die  Druckfehler  ge« 
bdren,  und  zum  Glück  nur  selten  vorkommen,  müssen  künf- 
tig vermieden  werden  z.  R  p.  28  die  Rena  res  machen  £i« 
(Rec  kennt  Renares  blos  als  Provinz  und  Stadt)  p.  85  Parkes 
statt  Perkins;  p.  idl  Zinn  als  Compensatio nsuietall  statt  Zink« 

Auch  im  2tenTheile,  worin  die  unwägbaren  Stoffe  ab« 
eebandelt  werden,  zeigt  der  Verf.,  dafs  ihm  die  zur  Natur* 
lehre  gehörigen  Gegenstände  keineswegs  fremd  sind,  dafs  er 
das  Aeitere  so  ziemlich  ^ennt,  und  mit  dem  Neueren  sich 
fiberall  sehr' vertraut  gemacht  hat,  überhaupt  aber  die  Sachea 
mit  grofsem  Scharfsinn  aufzufassen  und  glücklich  zu  combini- 
ren  weifa;  wir  wollen  es  daher  bei  einigen  wenigen  Remer- 
kungen  der  Kürze  wegen  bewenden  lassen«  Gleich  anfangs 
bei  den  Bestimmungen  über  das  Wesen  des  Lichtes  giebt  der 
Verf.  der  Vihrationsthebrie  entschieden  den  Vorzug.  Zwar 
fallen  allerdings  des  bierin  unübertrefFlichen  Frauenhofer*s 
Versuche  und  Hedinungen  sehr  schwer  ins  Gewicht  ;^Hein  vor 
der  Hand  werden  besonnene  Physiker  sich  doch  immer  noch 
in  ihren  Lehrbüchern  ^vorsichtig  äufsern,  so  sehr  es  auch 
demjenigen,  welcher  eine  oder  die  andere  Hypothese  durch 
neue  Versuche  und  Gründe  zu  vertheidigen  sucht,  erlaubt 
seyn  mufs,  sich  der  besten  Waffen  gegen. seine,  ein  gleiches 
Recht  ansprechenden,  Gegner  zu  bedienen.  Unter  den  Ar* 
gumenten  für  die  Emanation  ist  übrigens  das  Wichtigste  nicht 
aufgezählt,  nämlich  das  Verhalten  der  Lichtsaüger,  vorzüg- 
lich nach  den  Versuchen  nicht  blofs  des  hierin  so^  dassischen 
F.  Hei'nrieh's,  sondern  auch  insbesondere  G^'Othufs'^^ 
welch$;r  fand^   daf«   das  lacht  namentlich  vom  Pyrosmaragd 


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XBS  Havm^riaeif  L^lahkA  der  Plijslle» 

durcb  veräiehrte  Wärme  in  be^i^imteii  quantitativen  Vet« 
hältiiitsen  wieder  ausgeachieden  wurde.  Das  rhänomen  mag 
immerhin  nach  der  Vibrationstheorie  nicbt  ganz  unerklärbar 
seyn ,  aber  es  mufs  doch  erst  enUcbieden  werden ,  ob  der  Ae« 
tber  in  diesem  Falle,  oder  überhaupt  vpaden  Körpern  gebun- 
den und  durcb  die  Wärme  wieder  ausgeschieden  werde,  oder 
wie  wir  uns  die  Sache  consequent  zu  denken  haben»  Andere 
hierher  gehörige  Behauptungen  von  H elvi g  kommen  gleich- 
falls bei  dieser  schwierigen  Frage  erst  zur  Untersuchung, 
Gut  wäre  es  aufserdeni  gewesen ,  wenn  der  Verf.  angegeben 
hätte,  welches  Argument  d^n  besonnenen  Newton  yermogte^ 
der  Emanationstheorie  beizutret.-n ,  nämlich  die  geradlinige 
Bewegung  des  Lichts,  statt  der  Richtung  der  Schallwellen 
nach  allen  Seiten,  wobei  übrigens  die  Beobachturigen  von 
Yieth  und  Hallström  von  einem  gewissen ,  mindestens 
ähnlichen  Verhalten  des  Schalles  gleicBfalls  in  Betrachtung 
kommen.  Kurz,  wie  die  Sachen  jetzt  liegen,  ist  die  Ent- 
scheidung immer  noch  sehr  schwierig,  und  der  Lehrer  der 
f  hysik  kann  nicht  gut  anders  verfahren,  als  beide  Theorieen 
mit  ihren  hauptsächlichsten  Gründen  nebeneinander  yorzutra«. 
gen.  Ebendaher  ist  es  sehr  verdienstlich  vom  Y^rf . ,  dafs  er 
zuerst  angefangen  hat,  beide  Hypothesen  auf  die  bekannten 
optischen  Erscheinungen  anzuwenden ,  we]ches  aüfsefdem  mit 
einer  solchen  Klarheit  geschoben  ist,  dafs  dieser  Abschnitt 
seine«  Lehrbuches  ohne  Widerspruch  sowohl  absolut  als  ver- 
gleichungsweise  unter  die  vorzOglichsten  gerechnet  werden 
kanh.  Einzelne,  nicht  eben  bedeutende  Bemerkungen  mufs 
Rec.  der  Kürze  wegen  unterdrücken,  z.  B.  zu  p.  68,  dafs  die 
Abweichung,  wegen  der  Kugelgestalt  hauptsächlich  durch  die 
nach  der  Mitte  hin  gröfsere  Dichtigkeit  der  Krystallin^e  auf» 
gehoben  wird,  desgleichen  dais  Moll  weide  zuerst  den  nicht 
völligen  Achromatismus  des  Auges  bewiesen  hat«  , 

Aec»  trennt  sich  ungern  von  diesem,  auch: manche  eigene 
scharfsinnige  Bemerkungen  enthaltenden  ,  und  übrigens  durch 
eine  vollständige  und  klare  üebersicht  des  Ganzen  vorzüglich 
ausgezeichneten  Abschnitte ,  um  noch  einiges  über  die  Bear* 
Leitung  der  Wärmelehre  zu  sagen*  T>ie  Thermometer ,  die 
Ausdehnung  durch  Wärme  und  die  Dampfbildung  sind  schon 
früher  abgehandelt,  und  so  bleibt  hier  also  nur  die  Wärme- 
capacität  dei^  Aörper,  die  Gesetze  der  Erwärmung^  und  Erkal- 
tung, das  Verbättnifs.  zwij^cben  Licht  und  Wärme  und  die 
Theorie  über  das  We^en  der  letzteren  zu  untersuchen.  Auch 
hierbei  sind  die  Resultate  der  wichtigsten  älteren  und  neue- 
ren Untersucliungen  mitg^heilt» .  und  klar  zusammengestellt. 


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B«ilBga?tii«r  Lflitimir  cUr  Ph>fik.  l87 

indem  der  Verl  ttets  ron  der  Annahme  eines  Aetfaer«  als  Ur« 
Sache  der  gesummten  Erscheinungen  ausgeht.  So  sehr  Rec, 
hierbei  dkr  Fähigkeiten  und  Kenntnisse  des  Yerf.  anerkennt, 
auch  im  Allgemeinen  seiner  Ansicht  9  jedoch  unter  einigen 
Modi ficationen  beitritt;  so  glaubt  er  ihm  doch  nicht  mifsfäüig 
SU  ha^ideln,  Wjenn  er  ihn  auf  einige  Ausdfücke  aufmerksam 
macht,  welche  einer  genaueren  Bestimmung *bedürfen|  und 
hoJflFt  auch,  dem  Sachverständigen  durch  kurze  Andeutung«»! 
verständlich  sa  werden.  S.  149  heifst  es  :  ,yindem  die  Wärme 
in  Betreff  ihrer  allgeineinen  Wirksamkeit  nicht  einmal  der 
Schwere  nachsteht,  weil  sie  S0|  wie  diese,  alles  durchdringt.«^ 
Oh  die  W^rme  überhaupt ,  und  so  wie  auf  der  £rde,  auch 
allen  entfernten  Weltkdrpern  eigcfn  i^t,  kann  doch  niemand 
aus  der  Erfahrung  wissen ;  die  Schwere  aber  ist  die  Wirkung 
der  allgemeinen  Anziehung  und  wesentlich  von  der  Wärme 
▼erschieden.  Eine  grofse  AehpHchkeit  zwischen  dem  Verbal« 
ten  des  Lichtes  und  der  Wärme  sind  zwar  nicht  zu  verken« 
2ien^  allein  da  das  Auffinden  der  Analogieen  den  Fortschritten 
der  Wissenschaft  so  viel  geschadet  hat;  so  wird  der  besonnene 
Forscher  stets  wohlthun',  die  Unterschiede  hervorzuheben, 
S.  167  heifst  es  aber:  ,,die  Wärme  pflanzt  sich  mit  einer  für 
ims  gar  nicht  mefsbaren  Geschwindigkeit  fort,  wird  so,  wie 
das  JLicht  reflectirt,  polarisirt  und  absorbirt.««  Genau  ge- 
nommen ist  dieses  nur  balbwabr.  Gesetzt  die  (strahlende) 
Wärme  bewege  siph  tausendmal  langsamer  als  das  Licht;  so 
würden  die  bis  jetzt  angewandten  Mittel  nicht  hinreichen^ 
eine  Geschwindigkeit  zu  messen,  welche  tausendmal  geringer 
wäre  y  als  eine  wirklich  gemessene.  Wünsch  meinte  seiner 
Zeit,  die  Fortpflanzung  des  Schalle^  durcli  feste  Körper  sey 
unmefsbar ;  aber  wie  denkt  man  jetzt  darüber  ?  Ferner  -wird 
zwar  die  Wärme  allerdings  reflectirt,  polarisirt  und  absor» 
birt;  aber  auch  so  wie  das  Licht?  Im  gleichen  Sinne 
(§•'354)  <ind  Rumford's  u.  a.  Kältestrahlen  längstens  wi* 
derlegt ,  auch  läugnen  die  Anhänger  eines  Wärmestoffes  kei« 
neswegs  die  Existenz  eines  Aethers,  wohl  aber,  dafs  die 
War  meerschein  ungen  aus  Vibrationen  der  Körper,  den  Schall- 
achwingungen  ähnlich ,  erklärt  werden  könni^ii;  Rec.  ist  sehr 
geneigt,  ein^n  Liebtäther  und  Wärmeäther  9  beide  materiell, 
anzunehmen,  aber  beide. für  identisch  zu  halten  (§.  355)  wird 
er  so  lange  Anstand  nehmen  ^  als  sie  sich  noch  in  vielen  Stük- 
ken  verschieden  zeigen.  Zwischen  Aehnlichkeit  und 
Gleichheit  ist  überall  eine  grofse  Kli^ft  befestigt.    ,     i 

Rec;   folgte   dem    scharfsinnigen    Vfrf,    gern  Schritt  vor 
Schritt;  aber  die  Länge  der  Anzeige  und  dringende  Geschäfte 


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mahnen  ihn  kurs  zu  seyii.  Zu  der  Eleetricitätslehre ,  welche 
auf  gleiche  Weise 9  als  die  Wärmelehre  abgehandelt  ist,  mö- 
gen daher  nur  folgende  Bemerkungen  hier  rJats  finden.  5.  199 
i^4rd  dem  Coulomhschen  Gesetze  der  Abstofsung  inl'  umge« 
kehrten  quadratischen 'Verhühnisse  des  Abstandes  der  Vorzug 
gegeben,  allein  eine  VergleichUng  der  Simdo'schen  Versuche 
uiit  den*  Coulomb 'sehen  entscheidet  schon  zu  Gunsten  dec 
«^>teren  ,  und  Rec.  nimmt  daher  keinen  anstand  |  diese  Frage 
durch  d^n  eben  so  geübten ,  als ^  sorgsam  exptsrimentirenden 
Veteran  der  deutschen  Pb}^iker,  durch  May er^  für  entschie«- 
den  anzusehen,  wogegen  die  Analogie  anderer  ErscheiAun« 
gen  nicht  beweisend  ist.  S.  242  meint  der  Verf.,  das  Leuch- 
ten der  ElectricitSt  in  Wärme  lasse  sich  mit  keiner  der  be- 
stehenden Theorieen  vereinigen«  Wir  wollen  hieirüher  nur 
kurz  bemerken,  dafs. Biot  seine  Erklärung  des  Lichtes  aus 
dem  Drucke  gegeä  die  Atmosjpbäre  selbst  in  seinem  Precis  zu« 
rückgenommen  hat.  Sieht  man  übrigens  die  Electricität  |Ür 
ein  ens  itti  generis  an;  so  sind  im  Vacuo,. durch  welches  sie 
strdmt,  die  Däippfe  wohl  zu  berücksichtigen,  deren  Einflufs^ 
vorzüglich  aus  dem'  schönen  grünen  Lichte  in  den  Davy'schen  * 
Kdbren  hervorgeht^  welches  dem  beim. Verbrennen  des  Queck- 
silbers ioV  Strome  d^r  Volta'schen  Electricit^t  erscheinenden 
frappant  gleicht,  und  dann  ist  kein  Vacuum  leer  von  Licht« 
äther 9  welcher  durch  die  Electriciiät  eben  so  gut  leuolitend 
gemacht  werden  kann,  als  durch  andere  vielfache  Ursachen. 
Zu  S.  248  wollen  wir  bemerken  f  dafs  weiches  Eisen  nur 
durch  seine  Lage  und  in  gewissem  Sinne,  jedoch  als  blofser 
Letter,  auch  durch  die|  Einwirkung  eines  Magnetes  magnetisc^ 
witdi  SQnst  aber,  wie  glas  härter  Stahl  nicht  idiomagnetisch 
ist.  Die  wi<^tigstea  Sätze  über  Electromagnetismus  un4 
Thermomagnetismns  hat  der  Ver£  nicht  uiizweckmäfsig  als 
Verhällnifs  zwischen  Magnetismus  und  Electricität  den  magne- 
tischen Erscheinungen  angehängt« 

Der  dritte  Theil  des  ganzen  Werkes  enthält  unserer  oben 
egebenen  Anzeige  nach  die  eingewandte  Physik.  Mit  Recht 
eilst  es '§.  1.  der  Einleitung:  „Vorzüglich  interessant  isjt  es, 
die  hereits  bewiesenen  Gesetze  der  Sinnenwelt  auf  diejenige»  J 
Erscheinungen  anzuwenden ,  Welche  im  Grofsen  auf  unsei-ec 
Erde ,  in  der  Atmosphäre  und  aufser  ihr  an  den  Himmelskör« 
pern  wahrgpi^ommen  werden..«'  Billig  sallte  auch  kein  Gebil« 
deter  in  diesen  ,  uns  stets  umgebenden  und  so  nahe  ansehen- 
den Erscheinungen  ein  Fremdling  jeyn ,  und  dieses  wirci  auch 
dann  allgemeiner  sti^tt  finden,  wenn  man  erst  einsehen  lernt, 
dafs  die  Natudefare  eine  eigentliche  und,  tiefe  Wiftsunschait, 


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nicht  aber  ein«  Sanailalig  beliMtigender  Experimeote  ist«  ^I)er 
Verf.  verspricht  von  den  hierher  gehörigen  Öegenstftnden  nur 
die  Grundlinien  mitsutheilen^  weil  in  der  Astronomie  die 
Grenzen  der  £lenientar«  Mathematik  nicht  überschritten  wer- 
den sollen ,  in  der  physischen  Geographie  und  Meteorologie 
aber  nur  dasjenige  aufgenommen  werden  darf^  was  nicht  auf 
gar  XU  unsichern  Hypothesen  beruhet  f  wogegen  niemand  et- 
was einwenden  Juinn.  Wenn  er  aber  von  «ler  reinen  Natur» 
lehre  Wachsthum  und  Gedeihen  der  Meteorologie  erwartet; 
ao  ist  Reo.  anderer  Meinung,  und  findet  in  iieinem  Zweige 
der  Fhysik  awar  mehr»  aber  «ugleich  weniger  sweckmä* 
Xsige  Beobacbtungeriy  als  gerade  in  diesem ,  und  ver* 
spricht  sich  daher  blos  von  künftigen  genaueren  und  besseren 
Beobachtungen  weitere  wünschenswert  he  Aufklärung. 

Die  im  Vortrage  dieser  GegenstSnde  befolgte  Ordnung 
ist  die  neuerdings  ziemlich  allgemein  aus  dem  natürlichen  Zu* 
sammenhange  der  Sachen  abgeleitete»  und  daneb«^n  lafst  sich 
nicht  verkennen,  dals  der  Verf.  überall  bewandert  ist»  und 
sich  die  Fertigkeit  au  eigen  gemacht  hat»  das  Wissenswür« 
digste  her  vors  uheben,  und  «wischen  dem  Zuviel  und  dem, Zu: 
w^enig  ein  richtiges  Mittel  zu  halten«  Eine  Tabelle  über  dia 
Höben  der  Berge  und  wichtigsten  Oerter  der  Erde  ist  vollstSn* 
diger»  als  was  Rec.  bisher  hierüber  kennt;  in  wie  weit  aber 
die  Angaben  zuverlässig  sind»  ist  nicht  leicht  zu  bestimmen» 
weil  man  nur  selten  die  Mittel  hat»  dieses  zu  prüfen.  Sonst 
^^üfste  Rec. ,  bei  aller  Aufmerksamkeit,  womit  er  auch  diesen 
Tbeil  gelesen  hat »  kaum  etwas  weder  g^gen  die  Sachen  noch 
g¥gen  die  Darstellungsart  zu  erinnern.  Ein  eigener  Verstofs 
findet  sich  S.  50,  wo  der  Unkundige  nicht  wissen  wird»  ob 
yso5  oder  i/304  die  Abplattung  $eyn  soll »  auch  ist  die  aus  La 
Caille's  Messung  gefolgerte  Ungleichheit  der  beiden  ErdhSlf«* 
ten  wohl  eigentlich  erst  durch  die  neuesten  Beobachtungen 
F  r  e  7  c  i  n  e  t*s  widerlegt.  Cook*s  Autorität ,  ^afs  es  am  Süd- 
pole kein  Land  mehr  giebt»  S.  80  ist  jetzt  wohl  eben  so  we- 
nig vollgültig»  als  die  Vermuthung^  dals  es  um  den  Nordpal 
überBl  hinaus  noch  eins  geben  soll,  indem  gegen  erstere 
die  Auffindung  von  Inseln  in  62^  30'  S*  B.  durch  Smith» 
und  gegen  letztere  die  Wahrheit  streitet»  dafs  da^  Eis  auch 
im  freien  Meere  gebildet  wird*  Nach  S^13S  soll  Europa  kein 
Hochland  haben;  allein  Ritter»  welcher  billig  S.  105  hätte 
angeführt  werden  soUei:,  nennt  Spanien  nicht  mit  Uni-echt 
ein  solches »  obgleich  die  absolute  Höhe  nicht  sehr  bedeutend 
ist;  die  Alpen  bestehen  aus  zapkigen  Hochgebirgen.  Dafs 
ma^  die  Tiefe  des  Meeres  vermittelst  des  Bathometers  wirklich 


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190  Hilafehka  Lel^rbnöh  der  l^hyiik. 

imevse,  Ist  wobi  lucht  gegrürtdet,  wWl  es  noch  kein  sicheres 
Instrument  dieser  Art  giebt.  Bei  einer  so  wichtigen  Sache^ 
als  die  Blitzableiter  sind  ^  wäre  es  gut  gewesen  ,  auf  v.  Y  e» 
lin*s  kurze  ysaber  gehaltreiche  Abhandjung:  üeber  die  Blitz- 
ableiter auS^Messingdrathstrickeil  u.  s.  w;  ate  Aufl.  M^inchea 
t  1824..  Rücksicht  zu  nehmen  I  wonach  der  Verf.  seine  Angabea 
künftig,  ge^^ifs  berichtigen  wird;  Üeber  den  Ursprung  der 
Meteorsteine  aus  der  Atmosphäre  will  Rec«  sich  in  keinen 
•Streit  einlassen.  Wenn  aber  der  Verf.  als  gewandter  Geome- 
ter  einmal  berechnen  will,  wie  viele  Millioneii  Cabikmeilen 
Xiufti(die>groise  Feitiheit  metallischer  Da riipfe  nicht  gerechnet) 
iu  jenen  Höhen  zur  Bildung  eines  einzigeri  Meteorsteines  von 
der  gröffseren  Art  vereinigt  werden  müfsten;  so  v^ird  ,ibai 
doch  die  Hypothese  wohl  etwas  kühn  erscheinen,  noch  kühner 
aber  die  Voraussetzung  einer  allnfähligen  Bildung. 

Rec;  verlüfst  ungern  dieses  gehaltreiche  Werk,  um  über 
Nro.  II,  noch  einiges  zu  sagen.  Mit  diesem  erging  es  Rec* 
ganz  eigen.  Zixfäiilg  las  er  hämjich  zuerst  dien  Anfang  des 
2ten  Theiles,  fand  deifselben  so  auffallend  bekannt,  dafs  er 
anfangs  dadurch  betroffen  würde,  bei  näherer  Untersuchung 
aber  entdeckte,  dafs  viele  FeHodefs  Wörtlich  aus  seinen^  eige« 
nen  Compehdio  entlehnt  sind;  Der  Anfang  desf  ersten  Theiles 
stimmte  hiermit  genau  liber^iu^  und  er  war  im  Begriff,  sein 
Urtheil  dahin  auszusprechen,  es  sey  dieses  Werk  eine  gut 
lind  mit  vieler  Sachkenntnifs  verfafste  erweiterte  Bearbeitung 
dieses  absichtlich  so  eng  zusammengedrängten  Grundrisses« 
Diese  Ansicht  wurde  noch^  auffallend  begründet  durch  die  Ent- 
deckung, dais  p.  12  der  Druckfehler:  Nicölaus  de  Casa  statt 
de  Cusa  (der  bekannte  Cusan'us)  unverbessert  gelassen- ist,  wo- 
gegen der  Verf.  jp.  39  mehr  im  Geiste  des^  Purismus  in  d^ 
Sprache  (dessen  sich  Rec.  künftig  mehr  zu  befleifsigen  schon 
langst  dert  Vorsatz  gefafst  hat)  statt  Reaction,  Widerstand 
setzt ,  p.  40  aber  beide  Ausdrücke  gebraucht  hat.  Bei  ge- 
nauerer Untersuchung  fand  Rec.  jedoch,  dafs  diese  Ansicht 
unstatthaft  ist,  indöm  der  Verf.  der  fortgeTienden  wörtlichea 
'Aufnahme  so  viel-er  Perioden  aus  den  genanfnteir  Anfangsgrund' 
den  ungeachtet,  doch  so  vieles  andere  zugesetzt  und  wegge- 
lassen, übei^haupt  aber  das  Ganze  so  mit  einander  verbunden 
^at,  dafs  es  sich  fragt,  ob  ein  dritter,  /mit  der  benutzten 
Quelle  minder  Vertraiiter,  alle  oder  die  meisten  wörtlich  ent- 
lehnten Sätze  aufzufinde;i  im  Stande  wäre,  oder  auch  hur 
eine  solche  Benutzung  durch  Ungleichheit  des  Stieles  auffallend 
flinde«  Nebenher  ist  auch  nicht  abzuleugnen,  dafs  es  durch 
Weglassung  mancher  specfeller^  in  den'  Anfangsgründen  auf- 


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Hakifihka  Lehrbnoli  deit  j^hyiik«  |9l 

f genommen  er  Untersuchungen  ,  insbesondere  aber  ^et  absieht« 
ich  reichen  Literatur,  desgleichen  .^reh  Nachtragung  des 
neuesten  Entdeckungen  zugleich  bei  einer  mehr  als  doppelten 
Bogenzahl  leicht  möglich  war,  ausführlicher  und  vollständiger 
im  Einzelnen,  zu  seyn^  und  überhaupt  zweifelt  Kec«  keines« 
Wegs  f  dafs  dieses  Werk  Nutzen  stiften  wird ,  und  insbeson« 
de^e  zum  Nachlesen  mit  gutem  Gewissen  empfohlen  werden 
kann ,  weiiigstei^s  sind  uns  mit  Ausnahme  einiger  unangeneh- 
mer Druckfehler  keine  eigentliche  Unrichtigkeiten  aufgefallen« 
Beiläufig  wollen  wir  indefs  eine  Stelle  erwähnen,  weiche  unir 
richtig  zu  nennen  Kec  aus  begreiflichen  Gründen  ^ich  nicht 
für  berufen  hält,  indefs  wäre  bei  einer  to  wichtigen  Behaup- 
tung wünschenswerth  gewesen  ^  die  Quelle  anzugebeh,  und 
wir  wollen  daher  aus  dem  ganzen  ersten  Theile  nur  diese 
Stelle  näher  erörtern.  Es  heifst  nämlich  p.  2dl ,  wo  vom  Wi« 
derstande  der  Luft  die  Hede  ist:  ,,Nach  Hutton's  Versu« 
chen  mit  abgeschossenen  Bleikugeln  von  beinahe  2  Zoll  Durch* 
messer  ist  der  Widerstand,  d^n  sie  von  der  Luft  leideq^  schon 
bei  300  engl.  F.  Geschwindigkeit  der  0,24»  hei  1200  F.  der 
2,1;  und  bei  1500  F.  Geschwindigkeit  der  2i/9  Potenz  der 
Geschwindigkeit  proportional.**  So  anmafsend  es  seyn  würde, 
zu  versichern^  dieses  sey  nicht  von  Hutton  behauptet; 
so  mufs  Rec,  doch  gestehen  ,  dafs  »hm  diese  Angabe  des  Verf. 
aufgefallen  ist,  und  er  nicht  rathen  kann,  sie  als  von  einem 
iii  diesen  Stücken  so  classischen  Schriftsteller  entlehnt  auf  die 
Autorität  des  Verf.  vor  der  Hand  nachzuschreiben.  Rec.  hat 
nainlich  den  Band  Tracts  in  4to  und  die  drei  Bände  Tracts  in 
ovo,  desgleichen  di€t  hierher  gehörigen  Artikel  in  dem  Course 
und  dem  Dictionary  nebst  den  Abhandlungen  in  den  Phil. 
Transattions,  also  alles  ^  was  ihm  von  Hut  ton  hierüber  be- 
kannt ist,  aufmerksam,  gelesen ,  und  hiebt  blos  eine  Behaup. 
tung  dieser  Art  nicht  gefunden,  sondern  nahe  das  Gegen« 
theil.  Es  heifst  namentlich  hierüber  im  Dictionary  Th.  2. 
S.  317  2  ,,&y  tvhich  it  appears ,  that  the  resistance  lo  the  same  hody 
is,  in  these  slow  motions  (3 — 20  F'  in  V)^  a$  ^Äe  2,04  pOwfir  of 
thevelocity^  or  nearly  äs  the  Square  of  it.  Dasjenige,  was  bei 
der  Angabe  des  Verf.  zum  Grunde  zu  liegen  scheint,  findet 
sich  ebendaselbst  S.  2l8,  wo  von  den  Versuchen  mit  Kugeln 
von  1,963  «ngl-  Z..  Durchmesser  die  Rede  ist;  allein  diese 
waren  eiserne,  wie  aus  der  angezogenen  Stelle  in  den  Tracts 
zu  ersehen  ist,  und  nicht  von  Blei.  Dann  heifst  es  aber: 
Front,  the  last  column  it  appears  thaty  near  <he  heginning  ^  or  in  slow 
motions ,  -the  resistances  are  nearly  ^s  the  square  of  the  oeheities  ;  hat 
that,  th9  ratio  gradually  i^creaseSi  with  some  small  lariatioas^  til  at 


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192  HiliieUa  telttbudi  der  Pli7»llr>       "'        \    r 

thä  pelodtx  of  iSOO  or  iGW  fiei  h  l0eom)Bi  at  ihß  2'ifo  püW0r  of 
the  vslodty  luttirly^  wMch  it  Us  highkst  aseent;  and  öfter  that'it 
grädually  decreases  ügahtj  as  fhs  pelockj  gobt  higher,  Dafs  H tit- 
ton £ür  die  pr actische  Anwendung  auf  GeschQtzkugeln  den 
Widerstand  für  die  Geschwindigkeit  m:  v  durch  die  Formel 
mv^  -f-  nr  «m  bequemsten  auszudrücken  sucht,  wobei  aber, 
scheinbar  auffallend ,  n  negativ  ist,  will  Kec«  hier  nur  beiläu- 
fig erwähnen,  da  es  diejenigen ^  welche  sich  hierfür  interes^ 
airen,  ausführlicher  in  dem  bald  erscheinenden  neuen.  Wörter« 
buche  für  die  Physik  unter  dem  Artikel:  Ballistik  finden  kön-^ 
nen.  Das  ÜL^^^^l^"^^  verschwindet,  wenn  man  berücksich- 
tigt, dafs  hiernach  der  Goefficient  m  so  vie)  grdfser  genommen 
,  werden  kann^  um  bei  kleinen  Geschwindigkeiten  (nur  etwa  * 
200  F.  in  1")  durch  die  Grdfse  n v  verhältnifsniMfsig  mehr"" 
SU  verlieren,  als  bei  gröfseren; 

Im  zweiten  Theile  ist  im  Anfismge  deir  chemische  Theil 
etwas'ausführlich,  übrigens  recht  gut  abgehandelt,  doch  hätt^ 
das  Wqdämium  billig  nicht  als  euifaches  Metall  aufgenommen 
werden  sollen.  Bei  der  Wärmelenre  werden  gleichniDs  einige 
Gegenstände  mit  gröfserer  Ausführlichkeit  abgehandelt ^  z.B. 
über  die  £Ia8t1cität  und  Dichtigkeit  der  Dämpfe  nach  Mayer. 
.  Ueberhaupt  befolgt  der  Verf.  in  diesem  Abschnitte  mehr  einen 
ihm  eigenthümlichen^lan  9  entscheidet  S.  87  nicht  bestimmt 
ober,  das  Wesen  der  Wärme,  scheint  aber  am  geneigtesten  zu 
seyn,  denjenigen  beizutreten,  welche  sie  fdr  eine  an  der  Ma- 
terie schon  haftende  Dehnkraft ^  folglich  ihrem  Ursprünge 
nach  mit  dem  Liebte  für  identisch,  aber  in  ihrem  Zustatide 
von  "dem  Lichte  für  wesentlich  verschieden  ansehen.  Dann 
dürfte  man  aber,  wie  gleich  darauf  geschieht,  nicht  Sagen^ 
die  Wärme  würde  durch  Bindung  ihrer  Dehnkraft  beraubt^ 
weil  dieses  8on«t  heiisen  würd^,  die  Dehnkraft  würde  ihrer 
Dehnkraft  beraubt  ^  wonach  also  ein  eigener  Wärmestoff  anzu- 
nehm^  wäre«  Ob  dieser  aber,  nacu  bewiesener  Unwäg- 
barkeit, aus  der  Reihe  jder  sensiblen  Stoffe  ohne  Wei» 
teres  gestrichen  werden  müfste,  ist  doch  fraglich,  da  man 
die  Wärme  nach  ihren  Wirkungen  auf  allen  Fall  für  sensibel 
-baltrn  muA« 


iBeschluJt  folgt.} 


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N.  la  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher  der  Literatur 


Halaschka  Lehrbuch  der  Physik. 

In  dem  Abschnitte  tlber  da»  Vcrhältnifs  «wischen  Licht 
und  Wärme  tritt  der  Verfc  indefs  ganz  der  Meinung  bei,  wo- 
nach beide  zw.ar  ähnliche,  zugleich  aber  in  wesentlichen  'Ei- 
genschaften verschiedene,  einander  wechselseitig  hervorru- 
fende und  bedingende  Potenzen  sind.  Die  Optik  ist  ausfuhr- 
lieh,  bis  auf  die  neueste  Theorie  der  Interferenzen  nach,  vor- 
getragen.      Aufgefallen  sind    uns   die  genauen   Angaben    der 

*  Gröfse  der  einzelnen  Theile  des  Auges,  und  der  Construction, 
wie  hiernach  mit  Rücksicht  auf  das  ßrecbungsvermögen  durch 
parallele  Strahlen  ein  Bild  auf  der  Netzhaut  ei/tsteht.  Die 
<^uelle,  woraus  dieses  genommen  ist,  wird  nicht  angegeben, 
auch  nicht  das  gebrauchte  Maafs,  und  Rec.  hat  nicht  Zeit  ge- 
nug nachzusehen  ,  in  wie  weit  die  Angaben  mit  and^^m  über- 
einstimmen. Pie  Entstehung  des  Bildes  auf  der  Netzhaut 
folgt  freilich  aus  den  gegebenen  Dimensionen  iind  Brechungs« 
Verhältnissen  für  parallele  Strahlen,  ajlein  sie  'müfste  auch  tür 
solche  nachgewiesen  werden,  welche  aus  einer  Entfernung 
von  10  Z.  kommen,  wobei  sich  einige  Schwierigkeiten  zeigen» 
Dals  die  Einrichtung  des  Auges  für  das  S^hen  aus  ungleichen 
Entfernungen  durch  die  vier  geraden  Muskeln  geschehe,  hat  zu- 
erst Ol  b  er  s  zu  beweisen  gesucht;  ob  aber  diese  Meinung  durch 
Kamsden  und  Home  fest  begründet  sey,  wie  der  Verl; 
S.  265  behauptet,  bleibt  noch  immer  bedeutenden  Zweifeln 
unterworfen.  Hinsichtlich  der  electrischen  Phänomene,  wel- 
che mit  hinlänglicher  Vollständigkeit  und  der  erforderlichen 
Benutzung  des  Calctils  für  manche  Gesetze  klar  vorgetragen 
sind,  folgt  der  Verf.  in  der  Bestimmung  des  VVesens  dieser 
Potenz  hauijcsächlich  den  Ansichten  des  H,  P,  Schmid  t^ünd 
des  Rec,,  ohrie,  wie  es  dem  besonnenen  ForscUer  ziemt,  fftr. 
tfiiie  der  verschiedenen  Hypothesen   mit   al)soluter  Bestimmt« 

'  'beit  zu  entscheiden.       Die  Erscheinungen  der  magnetischen 
XVni.  Jahrg.  2.  HeTt.  l3 


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j9.4>  CorneUi  Sepolb  Opjera,  «d.  Bardili*  ^ 

'. '     .  -  ■   '     •     ■  '     *   \  '  ''     '■ 

IncUnation  und  DecUtiation  sind  nach  dem  Vferf.  aus  der  Hypa- 
these  eines  dder  mehrerer -^m  der  Er4e-bpfindljchen  natürlichen 
Magnete  leicht  und  genügend  erklärbar.  R^c^  war  bisher 
gleichfalls  dieser  Meinung;  allein  seitdem  er -die  mit  dem 
Stande  der  iSönne  über  Afim  J^orizonte  cdrrespöndirenden  tag-, 
liehen  und  die  jährlichen^  Variationen  der  Declinationsnadel 
anhaltend  hepbacbtet  hat,  ist  er  von  derselben  zurückgekom- 
men, und  freuet  sieb  sehr,  bie"n  mit  einem  genauen  Kenner 
dreses  speci eilen  ZWeiges  der  Naturlehre  (s.  Horrier  im  Art. 
magnet.  Abweichung  im  isten^d.  d^z  neuen  physic.  Wörter- 
buches) übereinzustimmen.  Auch  über  den  Electromagnetis* 
mus  und  Thermomagnetismus  ist  das  Wissenswitrdigste  auf* 
genommen,  so  dafs  also  aas  Werk  den  gegenwärtigen  Zustand 
der  Naturlehre  recht  gut  und  in  tiarer  üebersicht  darstellt. 


Cornelli  Ntpotif  quae  extanf,  cum  selectU  superiorum  interpre^ 
tum  suisque  animßäpersionihus  edidit  Augustinus  oan  «9£a- 
per«»..  Edkio  nova  auctior  eurante  Guilielmo  Henrico. 
'  Bardiliy  AA^  LL.  ,M^  Ecclesiae  üräcensis  Diacono*  Aece-^ 
dunt  Com»  Nep,  Fragmenta  Guelpherhytartu  cum  Jac»  Frid, 
Häusinge.ri  defensionihus  omni^mque  voeahulorum  ac  rerum 
index     Bosianns     multö     quam  ifntea    pleniov   et  emendatior^ 

/  Stuttgardiae  e»  tjpographia  soqiet,  Wuertcm^rg,  MDCCCXX*, 
Lipsiae  in  commissis  apud  C*  A,  F»  Uartfdonnmn,  .- 

■    4  Rthlr.  12  ggr. 

So  wenig  die  auf  niis  gekommene  Schrift  Aei  Co  r  m  N  ej. 
pos  auf  den  Kang  tsixtaV  classischen  Hauptwerkes  Anspruch 
ttiachen  kann,  so  se^hr  verdiente  sie,  von  diesem.  Gelehrten 
bearbeitet i  an  der  Spitze  jener  vorzüglichen  Holland iscberi 
Ausgaben  alter  Classiker  zu  stehen,  welche  heut  zu  Tag  theil» 
vei-geblich  gesucht  werden,  theils  ,nur  mit  bedeutendem  Auf- 
wand 'erkauft  werden  kd^nnen,  nun  aber  dpi'^h  einen  Verein 
wirtembergischer  Gelehrter  gleichsam  aufs  neue  in- das  Lebvn 
treten.  Denn  überall  verrätb  B.  nicht  nur  die  genaueste  Be- 
kanntschaft mit  dem  Schriftsteller  selbst  — f  dessen  Geist;  und 
'  Sprache  -^  und  der  Literatur  desselben ,  (was  nur  das  Resul- 
tat einer  vieijührigen  gründlichen  Beschäftigimg  daniit  seyri 
konnj:e)  sondern  auch  überhaupt  vielseitige  Kenntnifs  der 
römischen  Sprache;  so  dafs  eine '  solchis  Bearbeitung  der 
^hii^t  jenem  rühii^lichen  ^Unterne^en  des  wirtembergi sehen 


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•     Coraell!  Nepotb  Op«i  ei.  BarcüH.  195 

Vercfins  keine  geringe  Empfehlung  geben  mochte ;  und  gewife 
in  jedem  Freunde  der  dassischen  Literatur  den  Wunsch  rege 
gemacht  hat^  dafs  die  folgenden  holländischen  Ausgaben  an- 
derer Auetoren  nach  demselben  Flane  bearbeitet 
inrerden,  und  jede  lauf  gleiche  Weise  ihren  Manit 
finden  m'öchte.  Leider  aber  ist  nun  diese  Ho£Fnutfg  gar 
^^eitaussehend  geworden  ,  da  nach  dem  abgeänderten  Plane 
jener  Gesellscbatt  die  t^brigen  holländischen  Ausgßben  unver« 
ändert  wieder  im  Druck  erscheinen ,  und  das  Neuere  und 
Beseere  in  spätere  Bearbeitungen ,  so  wie  die  eigenen  ^uga« 
ben  der  gelehrten  Herrn  Herausgeber  abgesondert,  —  wer 
^»reifs,  wann?  —  nachgetragen  werden  sollen.  Ohne  Ewei« 
fei  tbeilen  viele  Freunde  der  classischen  Literatur  die  Ansicht 
des  Rec.  9  dafs  nicht  der  ganze  Notenquark  in  jenen  holländi- 
schen Ausgaben  wörtlich  hätte  wiedergegeben ^  sondern,  iil 
sofern  wir  ho£Fent]ich  zum  Bessern  fortschreiten ,  Alles  nicht 
«ur  Sache  gehörige  und  entbehrliche  —  und  wie  viel  ist  des- 
sen! —  abgeschnitten,  und  die  breite  Notensprache  mit  einer 
bündigeren  und  einfacheren ,  dem  richtigeren  Geschmack  un- 
serer Zeit  mehr  zusagenden  vertauscht  werden  sollet! ,  welche 
die  Quintessenz  jenes  gelehrten  Schwalls  und  zugleich  die 
Resultate  der  neuern  Forschungen  mittbeilen  würde.  Auf 
diese  Weise  wurde  man  auch  »u  diesen  gelehrten  Schätzen 
vrohlfeileren  Kaufes  gelangen  können  ^  was  für  die  Verbrei- 
tung derselben  unter  die  Freunde  der  classischen  Literatur^ 
bei  denen  pecuniäre  Rücksichten  leider  so  häuiis  Hauptrück- 
sichten seyn  müssen ,  und  für  den  Vortheil  der/  U.  Unterneh« 
mer  von  Überwiegender  Wichtigkeit  gevtresert/  wäre.  Eiil 
Theil  dieses  Vorwurfs  triflFt  auch  die  vorliegende  Ausgäbe 
des  GorneliuÄ  Nepoi.  Wäre  z.  B.  iii  der<selben  —  und  das 
hätte  der  Sache  unbeschadet  wohl  geschehen  kärlneii  — *  von 
den  Noten  und  andern;  Anhängseln^  welche  keinen  reelleit 
Gewinn  darbieten,  etwa  ein  EXrittheil  Weggefallen ^  statt  dafs 
hloi  die  groben  und  anstöfsigert  Ausfalle  Staveren's  auf 
Heiising er  ausgemerzt  würden,  so  Würde  dieser  uhbedeu- 
tende  Scbriftstellör  nicht  auf  4,  Rtblr,  1^  gcr.  zu  stehen  kouiw 
rtien,  und  die$e  Ausgabe  desselben  dehnöch  die  vollständigst<f 
und  Vorzüglichste  seyn* 

Doch  gepug  hievort.  Wir  geheri  auf  die  Schrift  selbst 
über>  geben  im  Allgeirieiftei?  an  ^  Was  B.  für  dieselbe  gethan^ 
und  unterAVetferi  seine  eigene Textestecensipn-ari  einigen  vt^ich^ 
tigereii  Stelleil  einet  bfesondetfeti  trüfung. 

Die  Ausgabe,  in  weichet*  hier  Nepds  erscheint^  ist  die? 
Vollständige  ^tav^f  ea-sche  iiach  der  zweiten  verbesserten 

• . .  ■      "*  ■ 


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196-  '  CdtöeKi -Kepotls  Öpeni  eäfi  BärÄili* 

Ausgaböj,  welche  B.  nicht  sclavisct  wiedergab,  sondern  aufs* 
genaueste  r^vidirt,  durch  eigene  Verglekhuugen.mit  dert  Ori- 
ginalausgaben «ines  Limbin,  Gebhard,  Böcler^  Bo- 
tfiiis  u.  a.  "tinzähligenral  ergänzt  und  berichtigt,  durch  diö 
von  Staveren  weggelassenefi  testimbnia  DD.  VV.>  die  frag- 
nienta  Ouelpherbytana  cttm  J.  F,  Heusingeri  defeilsionibiiSj 
UT^tl  arfd^re  Zugaben  von  Job»  M.  He  usinger,  Andreas' 
"Schott  u,  5.  #.y  endlich  durch  den  schon.von  Heusin^ 
ger  verbesserten,  voriB.  aber  sehr  vervollständigten  Bosi- 
sehen  In des^  bereichert,  Fernel"  hat  B.  nicht  nur  alle  späte* 
ren  Ausgaben,  alles f  was  für  diesen  Schriftsteller  im  Ganzen 
oder  im  JE^inzelnen  Seither  geleistet  worden,  sogar  Bemerkun- 
gen über  einzelne  Stellen,  die  sich  in  verschiedenen  aiidern 
philologischen  Schriftien  zerstreut  finden  ,  benutzt;  (in  dieset 
Hinsicht  entging  ihm  nicht  leicht  etwas  von  Wichtigkeit? 
imd  wir  bewundern  seine  literarischen  Kenntnis'se  sowohl^ 
als  seinen  genauen  Fleifs  im  Forschen  und  Sammeln  nicht 
weriig),  sondern  auch  ungenau  verglichene  alte  Ausgaben  und 
Handschriften  noch  einmal  verglichen,  da^s  yv^eg gelassene  er* 
^Hnzt,  das  unrichtige  aufs  züverlä^fsigste  berichtigt.  Beson-^ 
.c^^'is  viel'Gewinn  gab  ihm  eine  genaue  Vergleichüng  der  vor4 
zöglichei?  Wolfenbüttler  Handschrift,  die  er  der  Gefäl* 
Jigkeit  des  Hi  Sdebode  verdankte ,  ,  und  det  vortrefflichen 
Utrechter  Ausgabe  von  1542.  Auch  wai^en  für  seinen 
Zweck' die  Lesarten  der  Handschrift  des  Petet  Axfen/j  wel* 
che  Mose  hc' in  drei  Programmen  sorgfältig  initgetheilt  bat^ 
.  die  wiederholt  von  ihm  selbst  verglichene  TPariser  Ausgabe 
von  iSi4  «•  a.  von  Wiöhtigkeit.  Uebrigens*  ist  hierbei  zu 
bemerken ,  dafs  B.  in  der  Angäbe  der  Varianten  zu  weit  ging, 
und  sich  ins  kleinliche  verlor,  wenn  er  sich  nach  der  neueren^ 
Mod?  überall  bemühte,  auch  nichts  besagende  Verschieden- 
heiten (z.  B.  p»  4  ^.  5  hü  St.  hi  u.  dgl.)  anzuführeni 

Im  Besitze  solcher  und  vieler  aiidern  äufs er n^Hülfs mitte), 
w^elche  B,  in  der  wieder  abgedruckten,  die.  Literatur  de» 
Com.  Nepös  enthaltenden,  von  ihni  aber  ^^n  rein  lateini- 
scher Sprache  noch  weit^mehr,  als  von  Harles  geschehen 
war,  ergänzten  und  berichtigten  Fi  seh  ersehen  Vorrede  ge-^ 
nau  aufzählt,  und  aufs  innigste  vertraut  mit  dem  Schriftsteller 
selbst  konnte  er  es  wohl  wagen,  als  Gegner  des  LamJ)in 
wnd  seiner  Anhänger  aufzutreten;  und  den  Text,  dem  Lam- 
fcin  durch  willküurliche,  oft  sehr  verwegene  und  durch  alle 
spätem  Ausgaben  vei-breitete  Aenderarigen  die  Eleganz  und  . 
llfinheit  der  goldenen  Zeit  zu  geben  versuchte,  theiis  durch 
Untersuchung  (;|er  Q^uellen  und  Auctoritäten  desselben,  theiis 


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durcb  den  mit  Hülfe  der  Parallelen  auftgemiuelten  Spracbge- 
brauch  des  Faeudpnepos  auf  die  ursprönglicbe  Aechtbeit 
der  alten  Handschriften  und  Ausgaben  zurückzuführen.  Wäh- 
rend nSmlich  Lambin  und  La  mbinianer  in  diesen  viti& 
die  reine  Sprache  des  Com.  Nepos  suchten,  fand  B.  an 
vielen  Stellen  derselben  die  Sprache  des  A em  i1  i  u s  P r  o b u  s^ 
."Welcher  anter  Kaiser  Theodosius  die  vitas  exce^entiuni  (nach 
der  Urschrift  des  Nepos  selbst  wahrscheinlich  externoruqi) 
Imperator  um  als  einen  Theil  des  gröiseren  Werkes  des  Com» 
^epos  de  viris  illustribus  nach  seiner  Weise ,  mit  eigenen 
£i[ischa1tungen  und  Verfälschungen,  und.  liach  einer  andern 
Anordnung  bearbeitet ,  dem  Theodosius  in  schlechten  Disti* 
eben  dedidrt,  und  ^omit  eine  Schrift  des  Nepos  wie/fer  ans 
Licht  gezogen  habe.     Dieser  im  Allgemeinen  schon  von  G.  J. 

'  Vossius  aufgestellten  und  von  Mos  che  verthejidigten  Be* 
bauptung  9  welche  einzig  und  aUein  allf|  die  inner»  und  än^t* 
Sern  Schwierigkeiten  und  Widersprüche  hebt,  in  wefche  die 
Annahme  sich  verwickelt,  dafs  Nepos  diese  vitas,. so  wie 
sie  auf  uns  gekommen ,  verfafst  habe,  hat  B.  durch  äufsere, 
und  innere  Gründe  und  nähere  Bestimmungen  die.  höchste 
Wahrscheinlichkeit  gegeben.,  so  dafs  jeder  unbefangene  ihr 
beipflichten  mu£s;  so  wie  auch  den  triftigen  Gründen,  wo« 
jnit  B,  pw  CIV  s<j.  die  Rink*sche  Ansicht  kurz  widerlegt  hat,' 
dafs  A^niiHus  Probus  die  vitas  excellentium  imperatoru in. 
verfafst  und  unter  dem  Namen  des  Cornelius  Nepos  her. 
ausgegeben  habe. 

Doch  der  uns  gestattete  Raum  gebietet,  hier  abaubre» 
eben,  80  viel  wir  auch  noch  von  den  reichlichen  gelebrren 
Ausstattungen  ,.  die  in  der  genannten  Hinsicht  dßtn  Nepos 
du|:ch  B.  zu  Theil  wurden,  zu  rechnen  hätten,  und  auf  die 

,  vitas  selbst  überzugehen» 

Wie  schon  bemerkt,    ging    das | vorzüglichste  Bestrehen. 

.  B,  dahin,  dem  so  häufig  verfälschten  Text  seine  ursprüngli- 
che Reinheit  so  zu  sageil  urkundlich  wieder  zu  geben.  Ui?A 
di^s  ist  ihm  gejyif»  wenigstens-  in  de»  meisten  Stellen  der  Aet 

:  gelungen.  Wir  begnügen  uns,  nur  einige  derselben  auszu- 
heben. ,  .  ,         ' 

'  Milt.  3,  4.,  i«t  id  et  facile  effici  posse  nait  Recht  aus  Hand- 
schriften und  alren  Ausgaben  au^enammenji  und  unter  Beru- 
fung auch  Wolf  und  Matthiae  in  den  liteiar Ischen  Ana* 
lecten  bemerkt  worden,  dals  die  Verwerflichkeit  des  et  statt 
cjtiam,,  als  dem  TuHianischen  Zeitalter  fcemdv>  noch'nicbt  er* 
■fiesen  sey.  Nur  wäre  zu  wünschen,  dafs  B.  .erstens  den? 
logischen  Grund  für  diePartikel  aucb  an  dieser  Stelle,  sodann 


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lf§  qomelii  Nepodi  Opera  ed,  Bardili, 

\'     ■  ■    ,       ■  '       .'-■'--'';-  .    .     ' 

gegen  Heu  sing  er  «nd.anJerePJ^iJologen  einige  Stelleil  au* 
Cicero  unä,  s^ndej^n  SclMrift^tellerii  dieaea  Zeitalter«,  beson- 
ders äbef  auch  Jiüs  spätem  fedocb  der  goldenen  ^eit  nahen, 
a.l  B.  aü»  Lfiv^us  für  diesen  Gebrauch  4e5  et  f^ngeführt,  end- 
lich bemerkt  hätte,  d?ifs  jene  Behauptung,  w?re  sie  auch  ge- 
grür^det,  t'ür  die  Sprache  in  dieser  Scorift  nichts  bervv^eisje. 
The|t|.  8 ,  3.  ist  die  ,  gewQhnlicljö  Stellung  der  Worte : 
<jLium  ejus  principe^  civitatis  unimadvertisaiet  tiipere,  <woran 
/  sich  Mo  sehe  Stiels  ^  un4  WQ  «Jan  wegen  der  Verschiedeu- 
Jieit  dpr  I^esärten  bald  ejus,  bald  ejus  civitatis  ausstofsen^ 
wollte,  dctrch  filqf  ähnliche  iltelJen  aus  JNepos  *als  diesem 
gelÜMÜg  erwie^ien,  ,und  weil  sie  (^rcb  auch  in  der  Ult,  JEdit, 
findet,  liiit  llecht  beibehalten  worden?  wiewohl  von  je:i<?n 
^araltelsteUen  genau  genomn^ea  mir  die  erste  beweisend  ist, 
4a  in  den'übrlgen  ejus  uhd  b"i^^  suhstai\tiviAcb  ^tejxem^  wa*  , 

^  auch  auf  die  Stellung  ders^lbem  JF.influTs  he^f. 
'  '       l'au^.  5,  5.  ist  mit  yollJ^omn^enein  Recht  procül  ab  eo  loco, 
)|UQ  frrat  mortuus,    st.  nön   procul  beibehalten,  und  gezeigt 
word^Jn*    daf«^    Nepos   hier   nicht  dem  Thucydides  gefolgt^ 
welcher   n^Xfjnoy  im  — r  d.   b.  nach  dem  Vorhergehenden  prope 

,  Ceadam.  --t  den  P^uaania^  begrabeii  werden  läfst.  Rec.  ver- 
mifst  hiep  übrigens  gegen  die  Yertheldiger  des  non  oder  baud 
procul  (Bqs^us,  Bremi  u.  a«)  eine  Bemerkung  über  das 
•procul  ah  eo  loco^  welches  hier  in  einiger  Entfernung 
l>edeutet;  sd  wie  darüber,  dafs,  non  procul 'den  Gegensatss^ 
von  eodem  Iqco  weniger,  spfaarjf  mache  ^  (cf.  Seebode  Mise. 
Grit,  I.Heft).  Vor  cjua  ist  die  von  Lacjib^n  herrührende 
fräpösitiön  in  i^it  Re^jht  weggelassen  worden, 

Ages.  8>  6.  hat  B.  vrie  ^uch  Cim.  3,  4,  die  Form  implici- 
tus  (in  mprbum)  gegen^Lambin,  der  ^»llein  iÄiplicatus  liest, 
aus  den  besten  Efandschriften  und  ^^Iten  Ausgaben  \7ieder  auf- 

.    genoRimen,    dagegen  von  denselben  Autoritäten  geleitet  au 

^  ^i^dern  Stelle^  die  Form  impjicätu^  unge2^nd$rt  gelassen  (z.  B. 
10,  U  X'  4j  4>  6.  taintis^e  implicatum,  rebusj^  iind  darauf  ei- 
nen Sprachgebrauch  des  S<:hriftstellers  gegründet^  dafs  er  näm- 
lich implicitus  voö  einer  Krankheit  sjge-,  und  implicatus  von;* 
jeder  andern  Sache,  in  die  man  vervvickeh  wird,  Eine  ge- 
wagte Behauptung ,  da  lediglich  kein  Grund  zu  dieser  rein 
formellen  Unterscheidung  abzusehen  ist,  und  siph  il^  Corne* 
liut  selbst  nur  zweiStelleri  der  erstem  Art  finden.,\in  welchen 
die,  wenigstens  der  guten  Prosa  ungeläufige  Form  implicitus, 
Vfenn  sie  kritisch  die  unbestrittene  ist,  ganz  zufälligerjßveise 
^em  späteren  Herausgeber  entschlüpfest,  der  sonst  den  clas^i« 


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Cov&dü  Nfpotis  Opera  e?.  Btrdili.  199 

■* 
scben  Gebrauch. der  Formen  ui  und  atum  (bei  dep  Verbis  von 
plico)  unverändert  selaisen  bat.  ;         , 

Eum.  1,  5.  iit  die  gewöhnltcbe  Leseart  Contrario  als  dem 
aus  andern  Stellen  erwiesenen  Spracbgebrauch  des  Cornelius 
nicht  angemessen  verworfen,  und  auf  die  Auctorität  des  vor* 
zfiglichen  Cod.  Leid,  und  die  gegründete  Behauptung  des  Gö- 
ren« ku  Cic.  Fin.  5,  12  %  36.  bin,  dafs  Cic,  nur  e  (häufiger  ex) 
c:^nträrip  geschrieben  habe,  ohne  weiteres  e  contrario  ersti- 
tairt  worden.  Rec.  findet  dies  keck,  da  keiner  der  angeführ- 
ten  GrQnde  Stich  hält.  *£in  einziger  Codex  kann  an  sich  nicht 
^egeii  alle  fibrigen  entscheiden.  Die  Sprache  Ciceros  beweist 
i'ür  die  Aechtheit  des  e  contrario  in  den  übrigen  Stellen ,  ,wo 
die  teine  Sprache  de^  Nepos  nicht  entst«lh  wurde:  aber  we- 
der die  übrigen  Stellen  im  Nejpos,  noch  die  Sprache  CiceroS 
lieweisen  gegen  die  herrschende  Lesart  einer  einseinen  Stelle, 
Vielehe  ebendeswegen,  weil  sie  im  Wid.orspr  uch  mit 
den  übrigen  Stellen  die  constante  ist,  —  ganz  der.son- 
stigen  Ansicht  B.  gemäfs' — -  auf  den  spätem  Herausgeber  als 
ihren  Urheber  hindeutet,  aas  dessen  Feder  sie  unwillkahrUch 
geflossen  seyn  mag. 

Eum.  7 ,  2.  ist  die  Lesart  quod  tt  fecit  gegen  Heusin- 
g^r,  der  sich  an  fecit  st.  effecif,  und  an  et  st«  etiam  stiefs, 
und  gegen  alle  Auctorität  der  Codd.  efiFecit  aufnahm,  mit  Glück 
in  Schutz  genommen  worden.  Wie  wenig  sich  der  Einwurf, 
'  dafs  et  St.  etiam  unclassisch  sey  behaupten  könne,  is(  schon 
zu  Milt.  1,  3,  4-  erwiesen  worden;  ferner  wurde  mit  Scharf- 
sinn und  Gründlichkeit  die  Vorliebe  des  Nepos  fOr  jA>etiscbe 
Phrasen  und  Wortbedeutungen ,  besotiders  für  die  seines 
Freundes  Catull  durch  viele  Parallelen  nachgewiesen.  Nur  das 
einzige  tadelt  Rec. ,  dafs  B,  die  von  Staveren  für  den  ge* 
nanntenGebrauch  des  facere  st«  efficere  angeführte  Stelle  (Alcil'« 
4f  2.  itaque  fecerunt)  durch*  sein  Stillschweigen  gelten  zu  las- 
sen scheint  y  da  doch  hier  nach  einer  gesunden  Interpretation 
itaqpie  fecerunt  so  viel  ist  als  et  ita  fecerunt. 

Tiai.-l,  1,  6-  ist  die  Stellung  quibus  rebus  iideo  ille  fst 
commotus  gegen  Boecl.  Bos.  nebst  ax.  und  gu.  durch  mehi^  re 
Parallelen  als  Nepotisch  dargestellt  worden.  Uebrigens  ist 
gerade  die  ausgehobene  Stelle'Hamilc.  2,^  3.  quibus  maiis  adeo 
sunt  Poeni*  perterriti  eigentlich  ohne  Bedeutung  ftlr  das,  was 
sie  beweisen  soll,  da  hier  das  Adverb,  beim  verbum  steht; 
so  wie  auch  Euni*  12,  !• 

H^nnib.  3,  2.  hat  B.  der  auffallenden  Stelle,  vroran  sich 
schon  viele  Interpreten  die  Köpfe  zerbrochen  haben:  Hanui- 
bal  minor  quinque  et  vigintl  anni«^  natus.  (Lambin  uatu) 


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2QP  Cornelil  Sepoti^s  „Opera  ^,-  BaTdiH;: 

Imperator  factus^  hach  der  yor^ttglicben  Ult;  Ed.,  upd  dem 
schon  von  Puteaiius  genAdhten  Vorschlag  aufolge,  durch  Weg- 
lassvmg  des  natus  jgeholferf,  welches  auqh  wegen  d^s  folgen- 
den f  actus  widerlich  klingt,  und  von  den  .Abschreibein  aus 
2I9  1)  3.  majorque  annos  Sifxaginta/natus'  decessit^  hier  wohl 
eigenmächtig  beigesetzt  vi^orden  seyn  konnte.  Es  ist  dies 
zwar  gewagt,  weil  alle  übrigen  alten  Ausgaben  und  alle  Hand* 

^ scbriiten  natus  haben:  allein  natus  mit  dem  Ablativ  der  Jahre 
ist  einmal  unlateiniiicb ,  und  es  bleibt  nichts  übrig  ^  als  ent. 
w'eder  mit  Bosius,  Hedsinger  u.  a.  annos  — ^  mit  ausgelassen 
nem  quam  —  zu  lesen,  oder  nach.Lambin  natu,  oder  natus 
zu  streichen,  welches  hllerdings  als  Glosse  (vielleicht  vollstän- 
dig annos  natus  aus  21)' 2)  3._}  sich  in  den  Text  einges.chlichea 
haben  mag.  ,      .      .  ^ 

Attic.  20,  4.  Neque  yero  ab  M.  Antonio  minus  absens 
literiS  colebatur,  adeo,  ut  accurate  ilie  ex  ultim.is  terris,  quid  ' 
ageret,  quid  curae  sihi  haberetj  ceftiorem /aoeret  Atbicum*  Diese 
lect.  vulg, ,  welche  sich  auf  Codd.  und  alte  Edit.  gründet,  und 
allen  Ansprüchen  rücksichtlich  des  Sinnes  und  der  Sprache 
Genüge  leistet,. Xlieb  mit'  Recht  im  Texte  stehen,  ungeachtet 

,  Heusinger^  welchem  mehrere  neuere  Herausgeber  folgten^ 
dieselbe  unbedingt  verworfen,  und  die  ebenfalls  auf  gute 
Aüctoritäten  gestützte  Lesart;  quid  ageret,  curae  sibi  haberet 
cerViorem  facere  Atticüm,^  aufgenommen  hat.  Nur  hätte  B. 
aufser  dem  wenig  entscheidenden  Grunde:  quia  Studium  et 
cura  vocabulo  accurate  decläraturi  ämicitia  et  conjunctio  ex 
ar&umentis  epistolarum  apparet^  sich  darauf  berufen  sollen^ 
dai's  nach  der  Heu  singe r*schen  Lesart  accurate,  Reiches 
nothwendig  zu  certiorem  faceret  gehört,  nach  einer  richtigea  . 
Construction  auf  curae  sibi  halberer  bezogen  werden  müfste, 
was  der  Latinität  zuwider  ist;  und  dafs  der  Einwurf  Heu- 
sihgers:  scribimus,  quae  agamus,  non  quae  nobis  qurs^e 
habeamus,  ziemlich  schal,  ja  kaum  zu  verstehen  sey. 

Tbem,  7,  !♦  ist  die  von  Scheffer  (epist.  7.  ad  N.  Heins.) 
vorgeschlagene  und  von  Heinsius  gut  gebeifsene  Interpuqction' 
aufgenommen:  Theniistocles—  -—  --.  dedit  operam ,  ut  quam 
longissime  tempus  duceret,  causam  interponens,  &e  collegas 
exspectare^  quum  Lacedaemonii  quererentur,  opus  nihilo- 
minus  fieri  ^  eumque  in  ea  re  conari  fallere.  Interim  reliqui 
legati  sunt  consecuti.     Es  ist  wahr,  dafs  diese  Interpunction 

•»entscbiedeii  mehr  für  sich  hat,  als  die  gewöhnliche^  welche 
nach  exspectare  ern  Funct  setzt,  und  deh.^uum-Satz  mit  dem 
i/x/erim-Satz  in  eine  ungeschickte  Verbindung  bringt. 

Tbras.  1,  4.  Sed  illa  tarnen  omnia  comniunia  imperatorii- 


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Cornclu  Ntpotli  Op«'*^  ^*  Bardlll«  ^01 

Bus  cum  mUitibus  et  fortuna'^  quod  in  proelii  concursu  ahijt 
res  a  consilio  ad  vires  vimque  pugnaiftkiin.  .  Itaque  jure  au o 
xioutiulla  ab  imperatore  niiles^  plurioia  vero  Fortuna  vindicat. 
Mit  Recbt  waren  die  Worte  vires  vimqiie  vielen  Interpreten 
ein  Stein  des  Anstolses?  Andere,  z.  B.  Wenck,  suchte^  sie 
durcb  spitzfindige  I  aber  cänzlicb  ungegründete  Unterscbeji- 
dung  2u  vertheidigen.  B.  fügt  den  von  Staveren  ange-  : 
f'Übrten  Ansiebten  früherer  Interpreten  die  einiger  neuem, 
"Wen'ck,  Heusinger,  Moscbe,  bei,  unter  andern  d\e . 
des  letztern,  dafs  man  in  dem  Satz  cpiod  in  —  —  pngnan» 
tium  ohne  Noth  ein  dem  fortuna  entsprecbejides  Gegenglied 
vermisse,  da  das  folgende  dasselbe  enthalte.  Hier  Latte  B., 
statt  von  bessern  Handschriften  Auskunft  zu  erwarten,  be- 
merken Sollen,  dafs  —  wenigstens  einstweilen  —  dadurch 
feholfeii  Werden  könne,  dafs  st.  vimque,  welches  schlechter- 
ings  so  unpassend  ist,  als  vices  (st*  vires)  allein  unlateiniscb, 
xiaCD  Heuainger  utrimque  gelesen,  und  nach  pugnantium 
ein  Comma  gesetzt  werde ,'  so  dafs  itaque  . —  und  so  zu 
nehmen  sey.  Alsdann  haben  wir  das  passende  Gegenglied  ; 
und  gerade  die  vis  utrimque  pugnantium  ist  Sache  des  glückli* 
eben  Zufalls/ 

Doch  jetzt  manum  de  tabula.  Andere  Stellenbaben  an-, 
dere  Recensenten  aufgefafst,  unter  welchen  wir  vorzüglich 
auf  Seejiode  krit,  Bibl.  l821^  Nr.  2.  und  Leipa.  Lit.  Zeit, 
1822.  Nr^  22.  aufmerksam  machen:  und  dies  um  so  mehr,  als 
wir  diesen  in  allen  jenen  gegen  B«  unsere  Zustimmung  nicht 
vei^sag'en  können» 

In  den  Anmerkungen,  deren  Berichtigung  und  Vermeh- 
rung ja  ganz  in  der  Macht  des  Herausgebers  stand ,  hätte, 
wenigstens  nach  unserer  Ansicht,  weit  mehr,  als  geschehen 
ist,  auf  Grammatik  und  Sprache  Rücksicht  genommen  werden 
aollen,  theils  weil  dieser  Schriftsteller  besonders  viele  Veran- 
lassungen zu  interessanten,  sowohl  neuen,  als  von  andern 
Philologen  in  andern  Schpiften  — ^  besonders  den  Ciceroniani'- 
achen  —  bereits  dargelegten,  grammatischen  und  Sprachbe- 
metkungen  darbietet ,  theils  weil  derselbe  doch  wohl  nur  von 
der  studirenden  Jugend  und  vorzüglich  um  der.  Sprache  wil- 
len gelesen  wird,  in  welcher  Hinsicht  demnach  die  vorliegende 
Ausgabe  ?u  wenig  leistet,  und  andere  Ausgaben,  wie  die  ei- 
gnes JBremi   und  Günther  gar  nicht  entbehrlich  macht. 

Endlich  nur  das  einzige  noch,  dafs  ,  was  etwas  unbequem  . 
ist,  die  eigenen  Zusätze  dei  Herausgebers  als  solche  von   den 
angeführten  Ansichten    und  Bemerkungen   Anderer,    so   wie 
diese  selbst  unter  sich  nicht  immer  auf  eine  gehörig  ins  Auge 


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^Billenje   Weise ^irnterscbieden  werden:    und  dafs»    was  aem 

•    ^  Äugt)  {liebt  ebei^  wöbFlEut^  der  Tcxteadruck  in  Vergleicbung 

mit  den  Lettern,  in  denNotenunverbältnifamäfsig  klein  ist. 

Nach  diesen  gröfserh  Ausgabe  bat  B.  auf  Ersuchen  des 
Bfichfaändlers  Oslander  in^  Tübingen  eine  kleine  Schulausgabe 
besorgt,'  welche  unter  dem  iTitel  .^.Cornelü  Nepotis  quae 
extant  ad  bptimorum  Hbrarum  fidem  recognovit  GuiL  Henr. 
Bar^ili  A.  A.  L.  L.  M.  Eccles.  ürac,  Diac.»*  1824  erschienen^ 
isl^  «nd  blofs  den  Text  gibt^  B.  hat  den  Text  der  gröfsern 
Ausgabe  hoch  einmal  revidirt,  weitere^ Hülfsinittel  .benutzt, 
und  Winke j  die  ihm  theils  öffentlich, theils-privatirfi  von  Ge- 
lehrteri  zukamen  ^  wenn  sie  ihm  gegründet  schienen ,  befolgt ; 
besonders. aber  alle  Sorgfalt  darauf  gewandt ,  dafs  diese  Schul« 
ausgäbe 9  was  von  der  gröXsern  nicht  sehr  gerühmt  werden 
kann,  so  correct  als  möglich' wurde,  ^s  möchte  sich  auch , in 
der  Tbat  kein  Druckfehler  von  Bedeutung  darin  Enden» 
"Ganz  zweckmäfsig  ist  nach  der  kurzen  ^  aber  gut  geschrie« 
beneri  Vorrede  Corrielii  Nepotis  vita  a  Ger.  lepsin.  Vossio  . 
concinnata  eingerückt.  Der  Text  ist  wirklich  an  vielen  Stel- 
len verbessert  worden:  z.  B.  Milt.  1,  1,  jam  nbn  solum  statt 
noii  jam  solum;  Cato  1,2.  Q.  Pabio,  M.  Claudio  Consulibui 
^t.  Q.F.  Maximo,  M.  Gl.  Marcello  Coss.;  Paus;  4»  4.  »«^ 
ara  tonsedit  St.  in,  araque,  ul  and.  An  andern  Stellen  z,  B.' 
Milt.  8,  4«  quum*tum  st.  tum- tum ,  Phoc«  2,  init.  perve-i 
xiisset  St.  fevenisset  oder  venisset,  Dion.  l«  2.  Commen^dat 
6t.  commendatur^  Cato  1,  2  n«  4-  existimata,  existimamus 
St.  aestimata,  aestimamu^,  u.  and.  scheint  B.  die  ihm  an  die 
Hand  gegebenen  Verbesserlingen  mit  seiner  üeberzeugung 
nicht  haben  vereinigen  zu  können,  wovon  er  jedoch,  weil 
keine  Noten  beigefügt  sind,  keine  Rechenschaft  gegeben  hat, 
^ebrigens  bleibt  es  immerhin  sehr  veWienstlich ,  d^fs  B.  von 
^  diesem  so  häufig  gelesenen  Schulbuch  ein^  wohlfeile,  hübsch 
und  cprrect  gedruckte  Ausgabe  geliefert  bat ,  in  welcher  sich 
der  Tfext  acht  und  rein  findet. 

» 

JaJirhilcher  der  Latidwirthschaft  in  Baisrn*  Nerausgegehen  von  Georg 
Fretherrn  v»  Aretin»^  K'^  Baier,  Generalkommissair  wid  It^ajo 
S  chönleutner  f  Director  det  K»  Staats  gut  er administrntion  zu 
Schlei/shewi»  Erster  Jahrgang*  ites  undztes  Heft»  Landshut 
hei  Phil.  KrUll.  l8!?3..  8$4  S.  0.  '  1  fl.  48  kr. 

Baiern  ist  ein  ackerbauender  Staat  ^  und  darf  sich  sowohl 
In   seinem  Totalproducte ,  als  in! der  ^annigi^higkeit  seiner 


*Digitized,by  VjOOQK 


Ft.  T.  Aretin  Jahrbfiohet  tler  landwlrthseliaft  iü  Baiem.      203 

Culturen  mit  vielen  andern  ackerbauenden  Staaten  mesaen. 
Dem  Ausländer  mufs  es  interessant  seyn,  mit  den  glücUichen 
landwirthscbaftlichen  Verhältnissen  dieses  Staates  bekannt  zu 
'Virerden,  um  vielieicht  selbst  Verbesserungen  in  seiner  eigenen 
AYirthschaft  darauf  zu  gründen;  der  Inländer  i^ber  mufs  ohne- 
dies wünschen y  Sc;in  Vaterland  genauer  kennen  z^u  lernen,  be. 
',  sonders  da  es  vom  Ahein  bis  zum  Einflüsse  des  Inn  in  die 
]3onau  aus  äusserst  heterogenen  Theilen  zusammengesetzt 
ist^  und  man  den  Bewohner  der  einen  Gränze  wohl  vergebens 
i:*ragen  wird,  wie  es  mit  der  Landwirthschaft  an  der  andei^n 
aussieht.  Das  Wochenblatt  des  landwirthschaftHchen  Vereins 
in  Baiern  hilft  diesem  Bedürfnisse  nur  zum  Theile  ab.  Es 
I)]eib(;  daher  die  Herausgabe  von  Jahrl)üchern  der  baiertschen 
Landwirthschaft  ein  lehr  lobenswerthes  Unternehmen^  wofi\r 
das  In»  und  Ausland  den  Redactoren  Dank  wissen  wird,  wenn 
«ie  jenes,  iiuch  in  ihrer  Ankündigung  angegeben^  Ziel  errei« 
eben  ,  und  ^zugleich  das  Publicum  mit  dem  Neuesten  ,  was  in 
Jandwirthschaftlicher  Beziehung ,  vorzüglich  in  Baiern ,  ge« 
»Bphieht,  bekanntmachen, 

Die  Zahl  der  Aufsätze  tn  diesem  ersten  Jahr  gange  ist  nicht 
sehr  grofs;  wir  können  daher  die  wichtigsten  hier  anführen. 

us^%  erste  Heft  enthält  eine  Abhandlung  über  die  Espar« 
Jette,  welche  als  das  .nützlichste  Futterkraut  ai:f  Baierns 
kalkkiesigem  Boden  empfohlen  wird,  und  es  bei  erweitertet^ 
Anbau  gewifs  auch  seyn  würde,  wie,  man  aus  der  Bewirth- 
Bchaftung  der  künigl^chenDomaineScbleifsheim  ersehen  kann; 
dann  eine  Al>liandlung  dber  Verpachtung  von  Landgütern, 
dcönomische  Kernsprüche  und  Bemerkungen  aus  den  Schön« 
leutner*schen  Schriften ,  und  einige  Erndtebe'richte«  Am 
Ende  findet  man  den  Vorschlag  au  eihem  Credit-Verein  füf 
Baiern  von  Chr.  v,  Aretin,  über  welchen  in  Nro,  26«  dieser 
Zeitschrift  des  vorletzten  Jahrgangs  schon  alles^g^sagt  ist,  was 
darüber  gesagt  zu  werden  verdient. 

Das'^weite  Heft  stellt  uns  zuerst  die  Gebundenheit  der 
Güter  aJs  das  einzige  wahre  Hindernifs  der  Landes-Cultur 
in  Baiern  dar ,  und  macht  auf  die  Schwierigkeiten  und  Hin- 
dernisse ai^fmerksam,  welche  der  Vertheilung  der  Güter  in 
Baiern  entgegenstehen.  Ref.  Endet  das  hier  aufgestellte  Bild 
etwas  grell,  da  im  Ganzen  die  baierischen  Culturgesetze  clie 
Aufhebung  jener  Gebundenheit  begünstigen.  Die  Vertheilung 
der  Güter  wird  zwar  schwieriger,  wenn  Privatpersonen  als 
Gutsherren  mit  in  das  Spiel  kommen..  Allein  in  vielen  Fällt?n 
ist  das  Aerar  selbst  Grun<Jherr,  und  dann  geht  die  Güterzer- 
schlagung,  wenigstens  in  einem  Kreise  Baierns,  den  Ref.  ge- 
nau kennt,  sehr  leicht  und  schnell  vor  sich* 


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204     Fr,' v.'Atetia  JahtbSoker  cUi:  Laalwlrtlisehaft  fa  Salera.^ 

Die  andern  Abhandlungen  d^s  zweiten  Heftes  sind :  ein/ 
trefflicner  Entwurf  ^iner  Instruction  für.  einen  .gutsherrlichen 
Braumeister' in  Baieni|  der  wirklich  als  Munster  dienen  kann^ 
eine  Recension  des  Vorschlags  des  Prof,  Knittel  in  Prag  aur, 
''Einführung  eines  Mittelsystemes  zwischen  der  Dreifelder-  und 
der  reinen  Wechselwirthschaft,xund  eine  Üebersicht  der  länd- 
wirthsqhaftlicben  Literatur  von  Bi^iern  yom  Jahr.e  1761  an  Lis 
.    auf  die  Jieueste  2eit. 

Die  im  ersten  Hefte  angeführte  neueste  allgemeine  land* 
.wii'thschaftliche  Literatur  ist  etwas  ibager  ausgefallen ,  und 
die  vermischten  Nachrichten  im  zweiten  Hefte  enthalten  einen 
Aufsatz,  der  manch^  Anfechtungen  erleiden  dürfte*  Es  wird 
nämlich  iV^  diesem  der  verständige  Fleifs  der  Menschen  und 
^ie  zweckmäfsige  Bewirthschaftung  des  Feldes;  als  die  best;e 
Assecuranz  des  Ackei»baües  gegen  widrige  Naturereignisse" 
dargestellt.  Es  ist  nicht  zu  verkennen,  dafs  viel  Wahres  in 
dieser  Behauptung  liegt;  allein  der  Verf  geht  doc^i  zu  weit, 
wenn  er  sagt,  dafs.  wo  das  Getreide  dicht  stehe,  der  Hagel 
jiur  wenig  Schaden  anzurichten  vermöge  etc. 

Wir  wünschen  diesen  Jahthüchern  guten  Fortgangs  glau- 
ben aber,  dafs  die  Theilnahme  an  denselben  sich  erhöhen 
wirä,  wenn  die  Zahl  der  Mitarbeiter  sich  vergröfse^t,  und 
sie  sich  auch  Über  solche  landwirthschaftliche  Verhältnisse 
verbreiten,  welche  nicht  unmittelbar  auf  den  Isar-  oder.Ae« 
genkreis  Bezug  haben. 


Euclidis    Elementa    Graece    et    Lätine,      Commentariis  instracta    edi^ 
J    derutit  Joan,   Gull,    Camerer  et   Carol,   Frid»   Mauber^ 
BeroU  samt,  iReimeri,  I82i.  ^ 

Auch  unter  dem  besonderen  Titel: 

Eu€li4is ,  Elementorum .  Libri  sex  priores  graece  et  latine  ^0  Commen^ 
tario  e  scriptii  veter  um  et  recentiorum  Mßthematicorum  et  Pflei» 
dereri  maxiihe  illustrativ  Ed.Joan>  Gull.  C arnerej^j  Gyni^ 
nasii  Stuttgardiani  Rector,  Toni,  f.  complectens  libr.  I  —  ÜJ» 
Cum  X  tabuHs,  BeroL  sumt.  0»  Reimeri.  1824«   2  Kthlr«  16  ggr* 

V  Bei /dem  gerechten  und  allgemeinen  Ansehen,  in  welchem 
Euclids  Elemei^e  zu  allen  Zeiten  gestanden  h^ben ,  ist  es  eine 
au£fallende  Erscheinung,  dafs  es  so  sel^r  wenige  und  k^äufiiche 
Ausgaben  des  griechischen  Textes  aiebt,  Schon  um  defs* 
willen  dünkt  es  dem   lief,  ein  sebr  dankenswertbes  Uwtei:« 


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Gpogk 


CMcUflls  Elemcnta«  205 

nehmen,  dals  ein  deutscher  Gelehrter ,  ein  mit  der  Geometrie 
der  Alten  sehr  vertraut  bekannter  Mathematiker,  Herr  FrOf# 
fessor.  Camerer,  Rector  des  Gymnasiums  in  Stuttgart,  eine 
neue  Ausgahe  des  griechischen  Textes  veranstaltet,  zumal^ 
da  er  seine  Aufgabe  auf  eine  sehr  glückliche  Weise  gelost^ 
tind  ilherdies  die  Schrift  ^it  sehr  reichen  und.  schätzbaren 
Zugaben  verÄtjhen  hat.  Dieselbe  e'n^ält  nämlich,  ausser 
ddm  griechischen  Texte,  eine  lateinische  Ueberjsetsung^' einen 
fortlaufenden  Commentar  zu  den  einseinen  Sätzen,  und  £x« 
ourse  über  einige  dec  wichtigeren  Lehren  der  einzelnen 
Bücher. 

Was  zuerst  den  griechischen  Text  betrifft,  8o  hat  der 
"Verfasser  die  einzigen  drei  vollständigen  Ausgaben  des  grie« 
chischen  Textes,  die  von  Basel  (1533),  von  Oxford  (1703) 
und  Paris  (l8i4— l8l8),  sorgfältig  verglichen,  und  unter 
den  verschiedenen  Lesearten  y  deren  überdies  Peyrard  eine 
grofse  Menge  aus  Handschriften  anführt,  die  wichtigern  aus- 
gewählt, in  den  wenigen  Stellen,  in  welchen  keine  Leseart 
einen  völlig  richtigen  Sinn  gab,  durch  Conjectur,  welche 
sich  in  mathematischen  Schriften  mit  gröfserer  Sicherheit,  als 
in  land ereil ,  anwenden  läfst,  die  richtigere  hergestellt,  wQ« 
bei  jedoch  die  bessere  der  vorhandenen  am  Jlanae  angemerkt 
wurde,  und  auf  diese  Weise,  mit  der  ihm  eigenen  Genauig« 
teit  lind  Sorgfalt,  einen  ohne  Zweifel  correcteren  Text,  als 
alle  bis  jetzt  vorhandenen  gegeben. 

'  In  der  lateinischen  Üebersetzung  hatte  sich  Peyrard  sehr 
streng  und  ängstlich  an  das  Wort  gebunden,  und  seine  Ue« 
bersetzung  oft  in  wenig  gefälliger  Form  gegeben.  Herr 
Cämerer  bemühte  sich,  ohne  jenes  ängstliche  Anschliefsen  an 
das  einzelne  Wort,  eine  dem  Genius  der  lateinischen  Sprache 
mehr  angemessene  Uebersetzung  zu  geben. 

Für   den  Mathematiker  erhält  diese  Ausgabe  einen  ganz 
vorzüglichen  Werth   durch  den  Reichthum  des  Commentares 
und  der  Excurse,  in  welchen  Sich  der  Verfasser  mit  grofser 
'  Gelehrsamkeit  über  einzelne  Lehren  ausbreitet«     Was  die  be- 
.  rühmtesten    Commentatoren    des   Euclides    aus    Deutschland, 
England,    Frankreich  und  Italien,    in   ajter  und  neuer   Zeit, 
gegeben  haben,  wufste  er   zu  benutzen^  zumal  da    er  durch 
den  Rath,  wie  durch  die  reiche  Bibliothek  des  im  Jahre  l821 
verstorbenen  Pi^ofessors  Pfleiderers  in  Tübingen,  unterstützt 
wurde,  und  das  Glück  hatte,  die  höchst  schätzbaren  gedruck- 
ten Dissertationen  benutzen  zu  dürfen,     in    welchen    dieser 
Euclides  der  Deutschen  die  Resultate  seines  mehr  als  sechzig« 
•  jährigttu  gelehrten  Forschens  in  dem  Gebiete  der  Xjeometrie 


.    Digitized  by  LjOOQ IC 


S06  SubHdis  eieMenta.    ^  ' 

«der  Alten  niedergelegt  hatte ,  ja  sogar  den  noeb  ungedruektetf 
Keichdium  geometrischer  Schätze  desselheu  su  i)eliehigein 
'Gebrauche  zu. erbalten.  In  Atn  Excursen  zum  vorliegenden 
^and  breitet  sich  der  Verfasser  über  die  verschiedenen  Färal« 
leltheorieenV  wobei  er  durch  handschriftliche  Mittheilungen 
seines  Freundes/  des  durch  sehr  schätzbare  Schriften  be^ 
kannten  Mathematikers,  Herrn  Professors 'Hauber ,  welcher 
ihm  apch  den  Gebrauch  der /bekannten^  Dissertation  über  das 
fünfte  Buch  des  Euclides  freundlich  gestattete ,  unterstützte 
wurde,  über  den  FTthagoräischen  Lehrsaszy  über  ^ie  Sätzd  . 
J^.  13.  des  zweiten,,  und  Satz  16.  des  fünften  Buches  mit 
Gf^lehrsamkeit  aus.  /      '  '  .       '  " 

Ref.  findet  des  Schätzbaren  und  Lobenswürdigen  in  die^ 
ler  Schrift  so  viel,  dals  er  sich  auf  diese  all^emeihe  Anzeige 
beschränkt,  um  das  philologische  und  mathematische  Fubli« 
cum  hierdurch  auf  das  Erscheinen  derselben  aufmerksam  zu> 
machen.  Gleich  wie  er  bisher  voii  jedem  Mathematiker  for- 
derte, dafs  er  den  Euclides^  studiert  habe,,  so  vyünscht  er, 
dafs  fernerhin  von  jedem ,  welcher  als  Geometer  gelten  will* 
gefordert  Werden  mäge,  d^fs  er  den  Camererschen  Eucliaes* 
gelesen  habe.  ^ 

Nach  einer  Aeu&sernng  der  Vorrede'  sclieinen  Hrn.  Game« 
rer  seine  Anitsverhältnisse  nur  die  Bearbeitung  der  6  ersten 
Bücher  zu,  gestatten.  Ein  zweiter  allgemeinerer  Titel  gewährt 
die  angenehme  Hoffnung^  dafs  ein  anderer  Scjiüler  Fflelderers 
4ie  Fortsetzung  liefern  werde«  • 

Der  Verlagshandlung  gebührt  Dank  für  die  Sorgfalt,  mit 
welcher  sie  auf  einen  sehr  correcten  Druck,  gutes  Papier  und  , 
billigen  Preis  bedacht  gewesen  ist. 


Pr actische  Anleitung  %ur  Kenntnifs  und  Verfertigung  lateinischer  Versg^ 
nehst  leichten  Lesestücken ,  für  mittlere  Ojrmnasialklassen  üHd  als  ■ 
Anhang  zu  allerg  lateinischen  Sprachlehren^  herausgegeben  vttn^ 
D  r,  Friedr,  Ti^'a u g»  Fr iedemannf  Director  des  Herzogt 
"liehen  Katharinen*  Gyntnasiutns  iu  Braunschtbeig  i  und  Ehrenniit^ 
gVed  der  GroJsherzogU  hat»  Oesetlsehaft  %u  Jena^  Braunschw  ng 
,  ift24<  hei  L*  Lucius»  — *•  Fünf  Gelehrten  gewidmet:  ib,  dafs 
das  Titel'  und  Dedicatiohshtatt  nehst  der  Vorrede  abgerechnet^ 
auf  einen  Jeden  derselben  1  Bqgen  kommt J  Q  ggr« 

Sehr  erfreulich  für  die  Freunde  dei  philologischen  Jugend- 
Unterrichts  9  weleher,  gedankt  sey*sdeid  holden  Genius  unse- 


Drgitized  Jay  VjOOQ  IC 


Pne^Stmtiia  AnkUimg  tot  V«fC»t.  bt.  Vivse«  807 

rer  gelehrten  Schulen,  inmer  ^röfserea  Interesse  «iregt,  und 
zur  VoDkommenbeit  fortschreitet  ^  ist  die  Erscheinung  von 
vielen  nützlichen  Schulbüchern  auch  im  poetischen  Fache.  £g 
{st  nothwendig  ^  da£i  schon  die  sartere  Jugend  in  die  classi- 
sehe  Dichterwelt  eingeführt^  und,  um  ihr  dieses  Geschäft  zu 
i^rleichtern,  vor  allen  Dingen  mit  der  Form  der  Dichtersprache 
bekannt  gemacht  werde.  Zu  diesem  Behuf  hat  uns  nun  die 
neuere  ii^eit  mit  mehreren  Anleitungen  beschenkt,  unter  denen 
wir  hier  die  Fried  emann  is'che  kura  anzeigen. 

Diese  ist  allerdings  practisch  und  nicht  unbrauchbar: 
aber  statt  auf  dem  Titel  Anleitung  zur  Kenntnifs  und  Verfer« 
tigung  lateinischer  Verse  zu  versprechen,  hätte  Frie- 
demann blofs  eine  Anleitung,  zur  Kenntnifs  und  Verferti« ' 
fjung  lateinischer  Hexameter  und  Distichen  versprechen«  sol« 
en  ,  da  er  nicht  mehr  geleistet,  und,  ufierachtet  er  (Vor« 
'wort  p.  V.)  die  Nolhwendigkeit  ausspricht,  dafs  die  gelehi/te 
Jugend  aufser  dem  Hexameter  und  Distichoh  auch  mit  den^ 
jambischen  uiid  troiShaischen  Versmaafs,  den  Oden  des  Horaz 
u.  s.  w.  bekan^it  gemacht  werden  müfse,  sich  doch  -*-  mit 
einziger  Berufung  auf  sein  volles  Bewufstseyn  (p.  VI.)  — 
hier  blofs  auf  den  Hexameter  und  das  Distichon  beschr|Snkt 
bat.  Kec.  will  mit  dem  Verf.  über  diesen  Gesichtspurjkt  nicht 
badern  ,  sondern  macht  blofs  auf  die  genannten  Widersprüche 
und  darauf  aufmerksam,  dafs  diese  Anleitung  in  solcher  Be« 
schränkung  nicht,  wie  der  Titel  besagt, -als  Anhang  zu 
allen  lateinischen  Sprach lebren  betrachtet  werden 
könne,  da  eine  allgemeine  Anleitung  zur  Verskunst,  erscheine 
aie  getrennt  für  sich  oder  iii  einer  Grammatik,  nothwendig 
alle  gangbaren  Versarten  und  Versmaafse  in  sich  schliefst.  Be- 
stimmte Fried,  seine  Anleitung  der  früheren  Juger^d,  ungefähr 
im  llt,en  oder  I2ten  Jahr,  so  mag  er  sich  allerdings  zunächst 
auf  die  Hexameter  und  das  Distichon  beschränken  ;  und  Req. 
gibt  ihm  seinen  vollen  Beifall :  so  wie  auch  in  Hinsicht  auf 
die  Behauptung  y  dafs  man  in  keiner  Spracbe  ohne  schriftliche 
Uebungen  zur  Sicherheit,  geschweige  ^ur  Fertigkeit  gelange, 
und  eben  so  wenig  auch  in  der  lateinischen  Verskunst;  wie 
9ber  Fried,  behaupten  kann ,  da{s  der  von  ihm  eingeschlagene 
VV"eg  zur  eigenen 'Verfertigung  lateinischer  Verse  neu,  und 
nichts  der  Art  söhon  gedruckt  vorhanden  sey,  begreift  Rec. 
nicht,  und  beruft  sich  blofft  auf  den  Anhang  zu  Georg  Andreas 
Werner  Uebungen  z  u  m  Ueberset  zen  aus  der  deut- 
schen in  die  lateinische  Sprache  (Stuttgart  und  Tü- 
bingen bei  Cptta  l8l2*),  welcher  eine  practiscbe  An- 
leitung zur  lateinis<;ben  Dichtkunst  für  Anfäu« 


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jby  Google 


208  Fricaemann  Anleitung' xu'r  Vefferi,  laf.  Vexs^^ 

1  . .        ,  *       .   '  ■  .  ".        -  ^  '     ■' 

fer  et^thältf  und  in  manchen  Stücken  Aehnlichkelt  mit  der 
r^edemiann'schen  tat, 

Dies^  beginitt  mit  den.  allgemeinsten  Hauptregel« 
über  die  Quantität  def  Sylben,  die  ge  wöitnl  ichs  ten  Vers« 
glieder ,    und  Über   den  Hexameter  und  Pentameter,    welch© 

.letztere  übrigens  allzu  sparsam  bedacht  "worden  sind.  Sodann 
folgen  i  n  z  w  ei  Paragrap  hen  Hexameter  ohne,  Elisionen 
Äur  Leseübung :  darauf  umgestellte  Hexameter  ohne  Elisionen 
zut  B^estitution:  nach  diesen  Hexameter  mit  Elisionen  der 
Vpcale  zur  Leseübung  ^.  wieder  in  zwei  Paragraphei^  —  ;v 
und  dann  wieder  dergleichen  umgestellt.  ^  §.  'Z,  Hexameter 
mit  Elisionen  des  ra.  §.  8.  mit  allerlei  Elisionen  utid  Un  r  e» 
gelmäjfsigke  iten  C?-)-  '  $*•  9.  umgestellte  Hexame'tjer  mit 
allerlei  Elisionen«  Welche  Ein th eil urtg  und  iStufenfolge  ! 
§.  10.  Proben  längerer  Erzählungen  aus  Ovids  Met,  8.  Diesö 
gehören  offenbar 'nicht  in  eine  jinleiiung  zur  Kennt- 
n  i  fs  u  n  d  Verje  rtigung  lat  ei  nischer' VerSe,  sondern 
in  eine  poetische  Blumenlese:  so  wie  eigentlich  auch  die  Di^ 
stieben  §.  l3.,  welche  sammt  und  ^onders  in  derselben  Folge 
aus  Broeders  Grammatik  (lectiones  latinae  p.  79  —  83.). aus- 
geschrieben sind;  ferner  die  langem  elegischen  Stücke  §,  15* 
(p.  32  —  42.)?  und  endlich  §.  21.  die  Excerpte  aus  Ovids 
Met.  Trist,  ex  Pont,  nebst  d?sn  hexametrisch -archilochischen 
Carmen  (Hör.  4,7.)  p.  54  — 87.  (fin.) 

Wohl  angebracht  sind  §.  11.  umgestellte  Hexameter  mit 
gehäufteren  Schwierigkeiten  und  in  fortlaufender  Ordnung  r 
§,  13.  nicht  umgestellte  und  umgestellte  Pentameter:  §.  16. 
iimg-estellte  Distichen  ohne  Abschnitt:     §.  17.  Distichen  piit 

-  beizufügenden  Epitheten:  §.  l8.  Teütscher  Stoff  zu  lateini-i 
Rchen  Hexariietern  und  g,  19.  zu  lateinischen  Distichen  —  mit 
teigefügten  latein.  Wörtern  -j^  endlich  §.  20.  längere  teut- 
•che  elegische  Stücke  zum  Üebersetzen, 

.  So  wahr  es  ist,  dafs  manche  einzelne  Absbhpitte  in  die« 
sem  Büchlein  sehr  brauchbar  und  zweckdienlich  sind,  so  se« 
ben  wir  uns  doch  in  Verlegenheit,  ob  wir  Frie-demann» 
Entwurf  ;zn  Abfassung  desselben  allzu  planmäfsig  und  com«« 
binirt,  oder  planlos  nennen  sollen.  Agch  ist  so  viel  gewifs, 
dafs  diese  Anleitung  den  Schüler  nicht  weiter  führt,  als  zur 
Bildung  eines  lateinischen  Distichons  in  rein  formeller  Hin*  - 
sieht,    so   dafs  für  freie  Verfertigung  von  Versen  über  gege- , 

*  bene  Themen,  was  ohne  Zweifel  eine  sehr  nützlidie  Sfbul- 
übung  ist  j  Äoch  gargnicht  gesorgt  ist. 


DigitKed  by 


Googk 


N.  14-      .  .     1825* 

Heidelbe Tger 

Jahrbiicfaer .  der  Literatur* 

OSBBBaBSBaaSSEBBSSm 


Di»  ürim  » wl^^^  m  mJMrdie  älteiUn  Gemmen.  Ein  Beitrag 
zur  hiblUch'neoftIlfnffn  Alter thumskunde^  von  J&h,  Joachim 
Bellermann  f  Dr,\  Kön.  Preüss,  ConsUtor^  Roth,  Directot 
des  Gymnas.  %um  gfauen  Kloster^  Ritter  des  rothen  jidleror* 
dens  dritter^  Classe ,  mehrerer  gelehrten  Gesellschaften  Mitglied, 
Berlin  hei  J^^colai,  i824«  Il2  $.  in  8.  Mit  t  illuminirten  Ku» 
ff  er  eines  Jild,  Hohenpriesiefs  in  seinem  Amtsornat. 

Rec.  hat  diese  mit  dem  bekannten  Fleifae  de«*\inermüde* 
teil  Vetfs;  ausgearbeitete  Schrift  einem  mit  diesem  Oieenstand 
sehr  vertrauten  Forscher  mitget heilt  und  von  demselben  fol* 
gende  prüfttngswerthe  Bemerkungen  erhalten  : 

,,B.  will  die  12  Gemmen  aus  den  Uebersetzungen 
erklären.  Gut.  Er  entwirft  eine  sehr  reiche  Tabelle,  zut 
Vergleichung  dieser  Uebersetzungen •  Auch  recht.  Aber 
warum  gibt  Er  nicht,  wenigstens  zuerst,  alles  unver* 
setzt,  nach  der  Ordnung,  die  sich  in  jeder  U^bersetzijing 
/wirklich"  vorfindet?  —  Und  die  Uebersetzungen  seihst^  warum 
theilt  er  sie.nicht  in  Familien,  da  doch  offenbar  die  eine  der 
andern  zum  Grund  liegt?  Hätte  er  letzteres  thun  wollen,  so 
'würde  sich  ihm  sogleich  das  wichtige  Resultat  dargeboten  ha* 
ien,  dafs  alle  seine  33  Zeugen  ( mit  Abrechnung  der  3 
ersten,  OriginalsteJlen )  nicht  menr  sind  als  «-  zwei,  näm« 
lieh  die  LXX  und  Onkelos,  indem  die  andern  älje^  ent* 
weder  dieseih  öder  jenem  blindlings  nachschreiben. 

Nämlich  der  £iXX  jPölgen:  Josephus,  Epiphdnius^ 
die  Itala,  die  VuJgata,  die  Coptisch^  etc.,  Luther,  letzterer 
mit  Ausnähme  der  einen,  offenbar  unrichtigen,  Versetzung 
des  Jai^pis  aus  der  12ten  Stelle  in  die  6te« 

Dem  Onkelos  folgen:  Jonathan,  der  Targun  Rieros* 
der  Syrer.  **-  Die  Aabboth  halten  sich  bald  an  die  LXX, 
hald  an  das  hebräische  Original.  — *  Einen  ganz  eignen 
Gang  gebt  <fie  Apokalypse  (21,  19'  20.)  oer  Samaxitaner 
und  Araber,  , 

Weiter ,  würde  sich  aus  dieser  unversetzten  Zu9ammen« 

XVIII.  Jahrg.   i.  Heft.  ±i 


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^10  /  Urim  n«  Thiinömm  lu  d«  fiohepi^eseerseliinuek 

Stellung  detUebersetzungen  dies  ^^ndre  Resultat, ergeben  haben? 
dafs  es  schon  der  LXX  nicht  darauf  ankommt,  die  Steine  ge« 
nau  in  derselben  Ordnung  wieder  zu  geben;  noch  weniger 
dem  jbsephus ;  dais  aber,*  auch  bei  demtlsetzteren,  aH'es  in 
4  Triaden  zerfällt,  und  dafs  zwar  die  Steine  der  einzel- ^ 
nen  Triaden  unter  sicH,  aber  nicht  ausijUjier  Trias  in  die 
andere  hinüber  ,  vcrwechsejt  werden.    .     j? 

Aber  auffallend  ist  es  bei  dieser  |^am|iie ,  .dafs  die  einzi- 
gen zwei  zuverlässig  erkennbaren  Stein«*J^  Sapphir  und 
Jaspis,  bei  Moses  der  5te  und  12te,  hierin  Einer  Trias 
neben  einanderstehen^  als  der  5te  und6te.  Wie  konnte 
dies  zugehen?  ...  ^ 

Entweder  wird  hier  gar  keine  Ordnung  beobachtet; 
aber  dann  verschwindet  auch  alle  Autorität  der  Uebfcrsetzung, 
sofern  man  nicht  weifs,  welches  hebräische  Wort  durch  das 
griechische  bezeichnet  werden  soll;  oder  es  müfste  gesehen 
werden,  ob  sich  eine  Regel  finden  lasse,  nach  welcher  Jiispis 
und.  Sapiphir  in  Eine  Trias  zusammen  zu  stehert  kommen. 
Letzteres  hat  B.  nicht  getha^i.  Er  läfst  das  Versetzungswerk  > 
ganz  willkiihrlich  vor  sich  gehen.  Und  doch  ist  nicht  wahr- ♦ 
scheinlicb,  dafs  die  I^XX  und  auch  Josephus,  so  ganz  will- 
kührlich  verfuhren;  besonders  da  letzterer  so  bestimmt  auf 
Pnterscheidung  seiner  Triaden  besteht.  Es  fragt  sich  nur, 
ob  s^ch  eine  Regel,  wie  sie  hier  gesucht  werden  mufste,  auch 
wirklich  finden  Tiefs?  Ich  glaube:  Ja,  wenn  man  nur  zuerst 
jedem  Steine  den  darauf  eingegrabenen  Nabraien  (nach  dem  Al- 
ter der  Söhne  Jacobs),  beigiebt,  und  dann  sieht,  ob  es  nitht 
einö  Schriftstelle  giebt,  worin  die  Nahmen  der  12  Stämme  in 
einer  solchen  Ordnung  angeführt  sind,  dafs  der ,  dem  Alter 
nach,  5te  und  12te,  neben  einander  zu  stehen  kämen,  wie 
hier  ihre  Steine,  Diese  Ordnung  nun  findet  sich 
w  i  r  k  i  c  h  N  u  m.  1,  5  ff. 

Die  einfache  Ordnung  der  Stämme  Israels,  nach  dem  Ge- 
])urtsalter  der  Stammherren'j  so  wie  die  einfache  Ordnung  der 
12  Oemmen,  ist  diese/  ^    ^ 


Ruhen 

.. 

Odem 

Simeon 

■   mm^ 

Pitda 

Levi 

*— 

Bareket 

Juda 

— 

Nophech 

Dan 



Sapphir 

Naphtali 
Gad 

... 

Jahalum 

' ,> 

Lescbem 

Archer, 

^.. 

Sehe! o 

Isaschar^ 

..^ 

Achlama 

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jTaspis     -^     7)  Benjamin 
Sapphir^—     8)  Dan 

Odem 
Pitda 

Jahalom     —     9)  Naphtali     . 
Leschem   —  10)  Gad 
Scheba      —  11)  Ascher 

-   Bareket 
Nopheth 
Achläma 

Schoham   —-12)  Joseph 


von  CR*  Dr.  BellermaDn.  211 

V      * 

ZebuloQ      —     Tbafschisck 
Joseph         —     Schoham 
Benjamin    *-*    Jaspi«. ' 

Diese  Steine  mit  Nahmen  ^  nach  Num.  l  geordnet f  stet« 
len  feich  nun,  io  2  Reihen  (wie.au£  den  Schoham*s  oben  auf 
der  Schulter)  ^  so : 

—  i)  Rüben 
•*—  2)  Simieon 

—  3)  Levi 

—  4)  Juda 
-^  6)  Isascbar 

Tharschisch    —  6)  Zebuion 

Dies  ist,  soviel  ich  sehe 4  der  einzige  Fall^  in  dem  did 
Steine  Jaspis  und  Saphir^  nach  einer  —  nicht  willkühr« 
liehen,  sondern  regelmäßigen  Versetzung,  neben  einander  2u 
stehen  kommen.  Wie,  wenn  die  Familie  der  LXX^  in  , der 
Annahme,  so  sey  die  Ordnung  der  Steine  im  Brustschildlein 
^gewesen,  sie  mit  gutem  Vorbedacht  so  gesetzt  hätte?  Abei^ 
dann  würde  auch,  in  ihrer  Ordnung^  die  4  ersten  Gemmen 
ausgenommen  ,  kein  einziger,  griechischer  Nähme  dem  HebrSi« 
sehen  derselben  Nummer  im  Grundtexte  entsprechen ,  und 
dann  Wäre  dieBellermannscheLidsung  unbegründet,  und  selbst 
alles ,  was  sein  Epiphaniua  sagt,  klärt  keinen  einzigen  hebräi^ 
sehen  Namen  auf.'* 

Rec.  theilt  diese  scharfsichtigen  Bemerkungen  gerne  dei^ 
Atifmerksamkeit  des  unpartheiischen  Vfs.  mit,  und  der  Frü^ 
^ng  von  Sprach-  und  Sackkennern,  welche  diese  althebräi^ 
sehe  Daktyliothek  ferner  zu  beleuchten  nicht  verzweifeln  wer* 
den.  Viele  Schwierigkeiten  entstehen  allerdings  aus  der  Be« 
sorgnifS)  dafs  in  den  zwei  allein  etwas  entscheidenden  Ver« 
sionen  zum  Theil  absichtlich,  (zumTheil  ohne  Absicht  ?)  Ver* 
Setzungen  geschehen  scheinen,  Welche  die  Vergleichun^  mit 
dem  hebräischen  Gemmen -Namen  unsich^t  machen«  -^  Aiif 
jeden  Fall  findet  der  Sprach-  und  Naturforscher  beiß,  jetzt  von  ' 
denen  hier  anwendbaren  philologischen  und  archäologisth-mi-* 
nerajogisthen  Notizen  mehr,  als  irgendwo^  Zusammen  ge- 
l'afst.  Auch  war  es  ein  ungewöhnlicher  Vortheil^  dafs  sich 
der  V£  (S*  104.)  ^"^ch  <li«  reiche  königl,  Gemmensammlungen 
zu  Berlin  und  durch  Nachfrage  bei  geschickten  Juwelieren 
(S.  67.)  manches  anschaulicher  machen  konnte^ 

Von  früheren  Sammlern  ailet  ihnen  erreichbaren  Notizen  ist  ' 
vorzüglich  notHzu  vergleichen  H  iller  SyntagmataÖermeneu* 
tica  Tubingae  1711  in  >t#  wo  der  von  dem  Vf.  angefahrte  Tra« 
■•'•''.  14  * 


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2lä  ürim  u.  Thmnmim  u.  d,  HohepricÄtcrschpiuok 

xctatuÄ  dö  Gemmis  12.  in  pectorali  Pontifici«  Hcbraeor.  (lö98. 
8.)  vervollständigt,  p.  1—120.' den  Anfang  der  gelehrten  Samm- 
lung macht.  Aus.  den  Götting.  Anzeigen  nr.  99^  des  J.  l8l3. 
hat  sich  Rec.  die  Vorlesung  Eichhorns  bemerkt,  worin  er 
vor  der  Gesellschaft .  der  Wissenschaften  de  gemmis  seulpti» 
Hebraeorum  handelte.  Ist  sie  indefs  gedruckt  worden?  Wer 
möchte  nicht  den  vielkundigaten  Veteran  der  orientalischen 
Literatur  auch  über  diese  Kuiistforschung  gerne  um,  Rath 
fragen  ?  *  ^ 

Per  V£  beginnt  ndt  Erläuterungen  der  hohenpriesterlichen 

-  Amtskleidung  überhaupt  nach  2  Mos.  28,  und  39.  Auf  dem 
hinimelBTauen,  goldgestickten  Tal ar  (M'e  -  il )  des  jKohen- 
priesters  war  ein  kürzerer  Prach tmä n-tel,  Ephod,  auf 
tiiesem  hing  eine  viereckigte  ,  gedoppelte  Brustdecke,  G ho- 
schen *Hamm  iachpat  benannt.      An  diieserin  ^j^»   nicht 

in  dieselbe  (wie  doch  Luther,  IVIichaelis  ,  Mendelsohn  über- 
setzten) hatte  Mose  nach  2  M.  28,  30.  vergl.   3^M.  8,  8.  bei- 
der feierlichen   Einkleidung  seines^  Bruders ,    ^es   Hochprie«^ 
#ters.  Ha -ürim  und  Ha-Tymmim  zu  ,.geben<*  d.  i.  an- 
zubringen ,\,^st>  dafs  diese  seyn  sollten  über  dem  Herzen, 
Aarons  bei  seinem  Kommen  vor  den  Jöhovah.**     Eben  die-  , 
ses  ^^adj  an,  hat  auch  die  Stelle  der  Befolgung  3  M   8,  8. 

''Die  Benennung  '^^y^ kommt  warscheinlich  von  ^^^'  vergl. 

>das  arabische  Wort  mit  dem  Gain,  welches  überhaupt  über- 

mäfsiges  thun   bedeutet.   -Daher  das  arab.  ^*sy ,  auch äwit * 

fla  oestis  mit  einer  instita  s.  Castell.  p.  2740.  nro.  l8.  £pha4 
ist  ßupereminens ,  Über  ein  ander 'es  herkommend,,  nach 
dem    parallelen    "^j^g)  *i^    Castell.  p,  562.    "jtö'n   ist  nach  dem 

arab.  »jij)^  überhaupt  etwas  recht  schönes.  Hier  da» 
SchüJe,  der  Schmuck  des  Mischpat,  d.  i.  des  8tKatvi)iia* 
Diese  Brustdecke,  iT/örijSiovf  war  der  Schmuck,  auf 
welche  nhi^iblickeiidy  achtend  der  Hohepriester  sein 
Amtsreclil  au^ilben  sollte 9  das  rechte,  das,  was  seyn,  ge« 
schehen,  als  Gesetz  gelten  sollte,  entweder  zu  bejahen  oder 
zu  verneinen,  Mose  nämlich  h^tte  die  Gewalten,  welche  Er 
in  sich  vereinigt  ausübte,  weislich  für  s^ine  Nachfolger  ge- 
tVilt.  4M.  27,  1*6—23.  Ein  Nichtlevite  konnte  der  Scbo- 
phe£  seyn  9  gleichsam  der  R^ch  tmach  er  im  Krie^  un(f 
Frieden,  der  Ausfübrer  der  pcsetze  im  Lande  \ind  g^gen 
die  Feinde,  Oberrichter  und  Kriegsobrister.  '  Aber  wei  n  ein 
Gesetz  gemacht  werden  sollte ,  sowohl  ob  Krieg   seyii  soll, 


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Ton  CR.  Dr.  BclIeriüaDO.  ,      213 

als  was  im  Friedeit  aU  das  rechts  geltö,  so  durfte  d#r  Suf* 
fete^  -der  Imperator  und  Judex,  nicht  allein  entscheiden« 
Das  Ja  oder  Nein  über  seinen  Vorschlag  sollte  Jehovah^ 
des  Volkes  erwählter  Oberrt^gent,  aussprechen.  Und  dieses 
wie  aWders  als  durch  den  erhiicben,  unabhängigen,  h<)ff<^n(- 
lieh  also  partheilos»»n  Erstgebornen  in  der  I*auii]ie  Aarons, 
durch  den  jedesmaligen  Hohenpriester?  Diesem  aber  war 
sinnbildlich  das  VV^hl  der  Nation  nach  ihren  zwölf 
5tämmen  auf  die  Schultern  und  auf  die  Brust  gelegt.  Auf 
jeder  Schulter  hatte  er  nach  2  Mos.  28I9  9*  einen  Stein  Scho« 
ham,  auf  welchen  die  Namen  von  sechs  der  VoJksstämme 
eingegraben  waren,  y^nach  ihren  Geburten"  Cetholedotam« 
Sie  beii'sen  austfrücklich  Vs,  12.  Stei.ne  der  Erinnerung 
an  die  Kinder  Israels,  und  Aaron  sollte  tragen 
ihre  Namen  vor  Jehovah  (amtlich  erscheinend)  auf 
beiden    Schaltern    —    aur    Erinnerung    «J^^ÖT^   — ' 

natürlich  nicht  um  den  Jehovah  eingedenk  zx\  msjchen^  son- 
dern  damit  der  jedes .«.lalige  Hohepriester,  sobald  er  amtlich 
erschien,  sich  erinnerte:  Ich  habe  die  Nation,  ich 
habe  einen  Stamm  derselben^  wie  den  andern  zxx 
tragen.-     Sie  liegen  und  lasten  auf  meinen  Schultern. 

Auf  ähnliche  ,sinnbildli(^be  Weise  wurden  ihm  eben  diese 
12  Stämme 9  nur  noch  anschaulicher,  auf's  .H>erz  gelegt* 
Jeder  Name  war  in  einen  besondern  Edelstein  gravir(,  in  vies 
Aeihen,  so  dafs  in  jeder  Reihs  drei  Steine,  jeder  besonders  i^ 
Gold  gefafst  waren.  Dieses  Schmuckkästchen ,  welches  bald 
C hasch en  allein  genannt  wird — *  das  Schöne»  baldCho«- 
8 eben  Mischpat  :zz  der  Schmuck  sum Erklären  des  Rech* 
ten»  wurde  an  ein  aus  Gold,  Seide  etc.  gesticktes  und  ge« 
"WürkteSy  doppeltes  (stärkhaltbares)  Viereck  angemacht. 
Man  fragt  nun  hauptsächlich  —  mit  dem  Vf.  5.  24.  —  wie 
lehrte  das  Gemmenschildchen,  was  näml-Lch  der  Hohe«- 
priester  als  3«Ka/cu/xa ,  als  das  Rechte  im  vorliegenden  Fal^e 
zu  antworten  hatte.  Viele  setzen  voraus,  es  sey  nur  Ja  oder 
Nein  zu  antworten  nöthig  gewesen^  oder  hdcbstens  noch  ein 
Drittes,  ein  Zeichen  des  Aufschubs ,.  der  Unentscht^edenheit. 
Manche  nehmen  daher  an,  es  möchte  eine, Art  von  iJoosen  in 
dem  gedoppelten  (2  M.  39,  9.  steht  «weim^al:  Capul) 
elso^  sackartigen  y  Cboschen  verborgen  gewesen  seyu ,  welch« 
iler  Hohepriester,  vor  Jehovah  stehend,,  gebraucht  habe. 
Jos«phus  Archaeol*  3,  8.  9.  meint:  die  Steine  auf  dein  Xoytop 
(  Ausspruch  gebend«»n)Choschen  oder  (wie  er  es  in  griechische 
Buchstaben  umst^tzt)  in  dem  £cc<r)]y)}  hätten  durch  einen  Schiia 


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/■  ■  '  \        ''      '  '  ' 

mer  o^r  ^urch  Dunkel  bejaht  oder  verneint»  Abör  auch 
dies  ist  iiiöht  NacHricht,  sandern  Meinung.  Denn  Josephus^ 
welchfer  ums  Jabr'öO  aerae  Dibn,  die$  schrieb,  bekennt,  dafs 
man  schon  seit  ein  Paar  himdert  Jahren  von  jenem  Schimmer 
nichtft'mehr  erfahren  habe.  Die  Stejine  hätten  den  besondera 
Schimn^er  ?u  gebön  aufgehört,  w^eil  ?  *—  —  Weil  Gott  Wegen 
^4er  Gesetzübertretungen  zürne;  wie  wenn  nicht  alsdann  Got- 
tes Orakel  und  Wunder  zum  Atitreiben  für  G^setz^rfüllunge» 
desto  nöthiger,  also  des^tq  mehr  zu  erwarten  gewesen  wären. 
/Nach  den  Fragen,  weld^e  an  den^ Hohenpriester  Rieht,  l, 
1,  ?,  20;»  i8.  23.'  28.  1  Sam.  10,  22.  14/36,  37.  2^,  2.  3.  7. 
,15.  2S^m,3t  i-  ö,  17—25.  23.  24-  (wie  B.  di>8  F^lle  auf-^ 
'^ählt)  wuVde  nicht  blos  Ja  oder  Nein  g«?antWortet,  sondern 
bestimmteres ,  wie t  Juda  soll  voran  marschieren!  ■ —  Saul  ist 
verborgen  bei  den  WafFenvorräthen  1  Sam.<  lO,  23.  (JZa**^S<r^bt 
Vgl.  i  oam.  8,  12.)  u.  dgl.  m. 

Mir  scheint  überhaupt  in^  böhern  Alterthum  auch  der 
Priesterreligionen  nicht  so  vielerlei!  Tä  *  seh  ung  zu  liegen,  als 
4ie  späteren  Erfahrungen,  leider  I  den  Men sc^en  -  und  Gew 
^chichtkenner  dahin  zurückzutragen  veranlassenlkönnen^  Die 
.Jleligios}tät  begann/  m'it   dem  würklichen  Vertrauen, auf  da» 

.  Uebermenschliche  jt  und  dalier  auch  n;iehr  mit  KedlicUkeit  und 
wahrer  Begeisterung,  ehe  sich  die  vielen  eigennützigen  Ver^ 
mittler  EWisohen  die  Götter  und  den  zuviel  glaubeiiden  Men- 
archen stellten.      Da  nun  bei  der  zweimaligen  Beschreibung 

^  des  bphen]>riest9dichen  Amtsorn^te»  £xod.  ^8  u.  39.  von  et«* 
w^s,  das  in  das  gedoppelte Choschen  hineingelegt  werden 
•dllte,  den  verfertigenden  Künstlern  kein  Befehl  gegebe^i  ist^ 
da  Mose  das^  Fragen  durch  Looae  überhaupt  nicht  Hebt,  und. 
da  der  Hohepriester  nicht  so  ,  wie  man  durch  da$  so rtilegiuni 
etwa  ^antworten  d»  i.  ja  ader  nein  tagen  kann«  sondern  Öi'tet& 
mit  bestipamtereni  unrorbergesehenen  Erklärungen  (wie  gegen 
JoQatba^t  1  Sai^^  14»  43.)  antwortet ,  ^o  lag  wohl  der  Triel:^ 
wie  der  Qrakelgebende  antworten  aollte  9  indem  Gen^  th  des 
HofaenprieSiters.  Des  Volkes  Wohl  trug  Er  auf  den  Schulteru, 
Wenn  er  fragend  vor  Gott  trat  un(|  also  ehrfurchtsvoll  seine 
&icke niederschlug 9  m^ufste  erlauf  den  glänzenden  National« 
schtnuck  hii^bUckea.  Die  leucbtendisn Namen  der  zwölf  S^ämm^ 
riefen  IJfm  hierauf  ^,  Was  zu  unserer  Wohlfahrt  dient,  was  der 
Herr  zu  uns^rm  Heil  dir  in  den  Sinn  kommen  läfst,  I>ir,  dem 
findachtvoll  Betenden,  das^prich  uns  aus ,  sls  Miscbpat^  als 
das  Rechte.  —  Der  Menschen  Wohl  und  was  dazu  dient,  ist 
Gottes  Wille!  £>teswar  der  liebte  Grundsatz  des  gQttandäch« 
tigeii  Alterthums    in  alle^   Dingen  ^^    ehe   die  ifiicht}üdische 


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1' 


^    Too  CB.  Dr^  Bellermann.  215 

Hierarchie  (die  Juden  sind  so  glackÜcÜ,  ein-rig  die  Monarchie 
Jehovahs  zum  Dogma  zu  haben  l''^4as  Glauben  an  ihreDogmeii^ 
Auslegungen  und  Menscbenzusätze  zum  ersten  i'unct  im  gött- 
lichen Wollen,  das  Heiligvirf>rden  aber  nur  zu  einer ,  wie  sie 
meinen,  fast  unmdglicLen  Zugabe ,  gemacht  hat. 

Zur  feierlichen  Anmabnung  also^  auch  Lesdiccaron,  1a» 
^en  ,  dünkt  mich,  die  i2  Urim  ^Z  ignes  oder  funkelnde 
Edelsteine,  mit  den  12  Volksstammnamen  auf  des  Hoben- 
jiriesters  Brust.  War  er  nicht  ausgeartet  pfäfiisch,  so  mulste 
er  jj  wohl 9  was  das  Rechte,  das  Alöglichbeste,  ftlr  die  Ge- 
sammtheit  der  Nation  seyn  möcbte  ,  in  der  feierlichen  Ve'rge- 
genwärtigung  Jehovahs  tief  bedenken  und,  .was  ihm  dann  im 
Gemüth  einleuchtete,  als  das  dem  wohlthätigen  GotteswiUea 
gem^fse  aussprechen.  ' 

D^fs  Urim  das  leuchtende,  schimmernde  der 
gewählten  Edelsteine  (Brillanten  ?  Abne»£sch.  Ezech.  28i  14.) 
Bedeute,  zweifelt  man  nicht  leicht.  Dem  Wort  nach  sagt 
also  2  M,  28,  30  »«und  du  wirst  geben  an  das  Schöne  ^es 
Kechraus.sprechens  hin  die  Feuer.  D^s  Wort  Urim  ist 
mit  dem  Artikel  ausgezeichnet.,  ,  Aber  auch  das  folgende  „und 
Ha- Tu  mm  im«*  hat  den  Artikel.  Wai  sagt  dieses?  An 
mehreren  andern  Stellen  werden  die  Urim  die  glanzrei'- 

chen  Edelsteine,  .allein  genannt,  4BIVI,  27,  21.  1  Sam.  28,6, 
In  umgekehrter  Ordnung    !7^*n^^  iT^^ÜlTI  *tehen  die  Worte  5M. 

33>  8.  SoHte  nicht  das  WortiTümmim,  die  goldei^e  Fas- 
sungen bedeuten «  worin  die  Steine  lagen.  Bei  Ezech.  28» 
14.  heifsen  sief  in  diesem  Sinn  Ahne  Ha  -  Mill li  m  ditr 
Steine  der  Ausfüllungen  (gleichsam  vAi^^juutTouv).  CZIlft  **^ 
Volllständigkeit.  Der  Plural  könnte  also  wörtlich  die 
Vervollständigungen  bedeuten.  So  wäre  da»  einemal 
nur  die  Hauptsache  genanbt,  die  brillautierten  Edelsteine,  das 
andereinaF  das  ganze  Schmuckkästchen,  „die  Edelstein^  .und 
ihre  Vollständigkeiten**  d.  i.  tre£Fliche  Fassungen, 

Soviel  für  das ,  was  dem  Rec.  an  der  Saphe  das  wichtigere 
scheint,  das  hebr.  Orakelgeben  selbst  und  das  Mittel  dazu.^ 
Die  Wifsbegierde  aber  fraßt,  nun:  und  welcheSt^ine 
wurden  als  Gemmen  gebraucht?  Es  kann  keineii  Forscher  ab- 
schröckeu,  wenn  Rec.  bekennt,  dafs  er  zur  Lösung  dieser 
Frage  nichts  genügendes  beizutragen  versteht,  ja,.  da£s  er  — 
die  bekanntere  Namen  Jaspis  und  Sapphir  ausgenommen  —  an 
Entscheidung  fast  verzweifelt.  Denn,  wie  sollen  wir  uns. 
durch  die  Versionen  ratben  lassen ,  da  sie  nicht  einmal  über 
S-choUam.  audenanderen.Stelleu,  wajiicht  vom  Brustscluld- 


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3%S      '      ürim  u«  Thummim  ti^  <l.  Hoüepriestersdiimick 

eben  die  ReJ^  ist^  dieses  Wort  auf  gleiclTe  Art  Übersetzen. 
Dreimal  2  M.  28,  20,  39,  l3.  Esech.  20,  23.  ist  die  Alexan- 
drina  ftlr  BjjjuXX/ov  (meergrön.  Aquamariu  ?).  Aber  an  secbs  an- 
dern Orten  steht  auch  Schohaoi  und  in  derselben  Version 
Steht  dafür 

1  M.  2,  12.  Eben  Hasc^schobam  zzz  o  hBöi;  x?  le^amvQ;  ♦• 

2  M.  28j  9.  Ahne  Schohara  m:  Az5»$  (Tfxagay^. 

2  M,  36,  9,  Abne  Schphatn  :rz>/5«5<raf5/i;.    '      '    . 
ebendas.vVs.  ?7.  doch  wieder  Mag  (riJLa^ayBa,  für  das  näinliche* 

Ahne  Scbohäm.  ^ 

Hipb  28,  16.  Scboham  Jäkar  ziZ  ev  ?v/^i  Trpw.  ^ 

j^  Cfaron.  29,  2^  XtSa;  aooi*,  für  Abne  Sctoham  (idem  ^er  idem)*^ 

Wer  kann  annehmen ,  dafs  diese  Uebersetzer  exegeti^be 
Zeugen  seyen,  das  ist  ^  die  Sache  selbst  vvufsten ,  oder 
'Vi^'enigstens,  was  sie  zu  wissen  glaubten,  gleichförmig  sag- 
teni  Und  erinnert 'man  auch ,  mit  Kecht,  daran,  dafs  die 
Tbeile  der  Alexandrina  nicht  von  ebendemselben  Uebersetzer 
«eyen,  so  ist  fürs  erste  der  Trost  für  uns  iticl^t  grofs,  wena 
daraus  folgt ^  dafs  verschiedene  Uebersetzer  verschiedene  Be*- 
deu.tungen  meinten ,  also  nicht  wufsten ,  sondern  nur  zu  erra« 
then  sich  berausnaJimen;,  und  zweitens  werden  doch  wenig- 
stens für  den  Pentateuc\  einerlei  Uebersetzer  angenommen. 
l>ennoch  ist  Sohati^  sweimal  Smaragd,    einmal  S  a  r  d  i  e  r, 

^einmal  PrasinovS  (vielleicht  d^r  Chrysopras,  Apok.  21, .19.) 
in  den  3^|Iauptste]len  über  das  Brustschildcben  aber  Beryll« 
O  der  alten  Zeugen  und  Gewährs'chaften !  i  O  Tradition! 

Endlich  sinadielS  (so  wenig  bekannten)  Edelsteine  auch 
itchon  längst  mystisch  gebraucht,  als  Gesund^ieits-^ 
Monats*,  Z  od lakafl— Steine«  Auch  darüber  hat  B.  das  - 
historisch-belehrende  gesammelt,  besonders  nach  Marl>odi 
(See.  IX.  Bisch,  su  Keniies)  liber  lapidum  s.  de  Gemmis.  ed* 
Job«  Bekmann.  Coettingae  1799.     B.ec,  empfiehlt  diesen  Fund 

'  den  somnambulischen  Ilellseherinnen  und  ihren  Wegweisern« 
Durch  die  Edelsteine  des  hohenpriesterlichen  Bi^ustscüildchens 

'  möchten  doch  gewiTs  hohe  un^  tiefe  £xaItatiopen  zu  bewür« 
ken  seyn.  Für  diesen  Zweck  schadet  es  nichts ,  dafs  man 
nicht  weift,  welche  Arten  gemeint  waren.  Marbod  giebt  ihi;:^ 
Würkungen;  und  wie  glücklich»  wenn  ipan  an  dieWürktingen 
'  ohne  Kenntnifs  der  Ursachen,  an  Folgerungen  ohn^  Prämissen 
sich  recht  conse^^ient  zu  halten  gewöhnt  ist.  Der  Smaragd 
m*  B.  läfst  ite  Zukunft  voraussagen  (S.  83.)  gehört  also  vor« 
tiebmUchiär  die  Hellseherkunst.    Dßt  Oni«  ,^beunruhigt  im 


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TOD  CR«  Dr«  B«llennaini.      '  817 

SeHIaf  darch  Nacbtgcister »  und  vermehrt  Zank  und  Streit; 
der  Carniol  oder  Sarder  aber  hebt  alle  diese  üble  V^ürkungen. 
Sonderbar  denn  freilich,  dafs  sie  im  mosaischen  Brustschild» 
eben  zugleich  sind.  Aber  auch  gut.  ',  Sind  sie  nur  einmal  da. 
.Warum  sie  da  seyn  müssen  ,  dafür  finden  sich  alsdann  schon 
die  Kunstworte  auf  der  Nachtseite  der  Vernunf^.  Sie  calmie- 
ren  und  neutralisiren  einander.  lAc.  möchte  sich  gar  gerne 
an  dem  Sapphir  halten.  ,,£r  schützt  gegen  aWe  üble  Nach« 
rede  und  befördert  Eintracht.«*  Doch  wäre  der  Chrysolith 
auch  nicht  zu  verachten,  „Er  verjagt  böse  Geister."  Das 
beste y  dünkt  mjch,  ist,  was  der  weise  Miti'bod  über  den 
Chrysopras  angemerkt  hat. .  Er  halte  auch  seine  KrSfte; 
jnan  kenne  sie  nur  noch  nicht;  und  man  brauche  ja  auch 
(S.  840:>^'C^.^  alles  zu  wissen: 

Quas  habeat  vires,  potui  cognoscere  nondi^in; 

Sed  tarnen  esse  reor;  nee  Jas  est  omma  nasse» 

Eine  tüchtige  Hellseherin ,  in  einem  der  reinsten  Gradej 
^^ird  auch  dieses  gewifs  noch  entdecken,  oder  ein  Doctof,  der 
mit  Menschenhirn  und  sonst  au»  der  Dr^-ckapotheke  zu  cu« 
riren  versteht..  Das,  wds  man  wissen  kann,  nicht  zulernen 
und  nicht  zu  wissen,  in  das  hingegen,  was  man  nicht  wV^^n 
kann,  sich  tiefsinnig  hinein  zu  phantasieren,  dies  ist  die 
Aufgabe.  Ignoti  multa  cu^ido,  und  den  Heiligenschein  hat 
man  damit  ^nocb  obendrein  %u  gewinnen« 

H.  JE.   G.   Paulus» 


"He Inrich  M» y e r^s  Ge^hhhu  der  Jb'Menden  Künste  het  den  Grte* 
chen^  von  ihrem  Ursprünge  bis  zum  höchsten  Flor,  Erste  Ah^ 
theilung^  dejt  Text  enthaltend»  S,  320.  Zweite  Abtheil,  ^.  die 
Anmerkungen  enthaltend  S»  260,  Dritte  Abth. ,  enthaltend  Such* 
und  Ortregister  und  ein.  Verzeichnijs  der  angeführten  alten  Künst^ 
^  <lerS.i2d,  Dresden  in  der  PVattherschea  Hoßfuchkhndlung  i824» 
An  gr.  8.  '  2  Rthlr.  12  ggr. 

4 

Der  berühmte  Vf.  übergibt  hier  dem  Publicum  nich^'als 
Gelehrter,  wie  er  sich  in  der' Vorrede  bescheiden  äufsert,  son- 
dern als  Künstler,  seine  Ansichten  über  Kunst  u^d  Geschichte, 
derselben,^,  den  Ertrag  langer  und  vielfältiger  Forschungen. 
Durch  diese  Vorbemerkung  scheint  er  sich  und  sein  Werk  von 
andern  dieser  Art  unterscheiden  zu  wollen,  welche  mehr  auf 
antiquarische  Forschungen  Anspruch  lyachen.     Es  haben  sich 


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^iS  H.  Meyer*s  Geichicht^  ct^'  bildenden  Künste 

vrohi  Mftncfae  .  mit  Gelehrsa^mkeit  ausgerüstet  in  diesem  FqcU 
vernehmeif  lassen,  aber  eiiie  eigentliche  Kunstgeschichte  ist 
iiiir  derjenige  zu  liefern  im  Stande ,  welcher  zugleich  in  die 
Kunstgeheimnisse  und  Fertigkeiten  eingeweiht  ist  und  sein^ 
Urtheil  durch  die  Anschauung  von  Antiken  geläutert  hat. 
Von  dieser- Seite  ist  Hr.  Meyer  in  hohem  Grade  berufen  ^fkI 
befähigt^  da  er,  die  Clas'iker  in  der  Hand,  das  Bedeutendste 

/  von  den  auf  uns  gekommenen  alten  Denkmalen  mit  feinem 
Kunstsinn )  Wie  nicht  bald  ejin  ande^er^  beschaut  hat,  und  mit 
den^  neuern  Leistungen  in  der  Ahch^ologie  wohl  bekannt  ist. 
Kaum  dürfte  es  ihm  jemand  in  dem  schwierigen  Geschäfte  zu- 

'  vorthun,  die  aus  den  Autoren  bekannten  Produkte  der  alten 
Künstler  mit  den  vorhandenen  Kunstwerken  ^einigermafsen 
sicher  und  verläfslich  zu  vergleichen ,  die  Kunst  Sachen  dar  au 
zu  yeralischaalicl^en  und  Nachbildungen  anzuzeigen*  '  MitCi- 

,  taten  treibt  er  keinen  eitlen  Fr luik,  doch  versäumt  er  nicht 
eine  verständige  Auswahl  davon,  zu  geben.  Nicht  selten  trifft 
man  in  den  Anmerkungen  Erläuterungen  schwieriger  Stellen 
der,  Alten,  wie  sie  nur  ein  Künstler  vom  Fach  ,zu  geben 
vermag.  ^  ^ 

Der  erst^  oder  chronologische  Theil  des  ersten  Ban. 
des  enthält  die  eigentliche  Kunstgeschichte  in  vier  Abschnit- 
ten: l)  von  ihrem  ersten  Anfang  bis  ungefähr  800  Jahre  vor 
Ch.  G.  S.  3  ff.  Hier  tritt  der  Verf.  in  die  Fufsstapfen  sekieft  , 
grolsen  Vorgähgers  Winckelmann  und  erklärt  sich  wegen 
des  dem  Menschen  angebotneii  Bildungstriebes  für  den  einhei- 
inischen  Ursprung  der  griechischen  Kunst,  ohne  sich  jedoch' 
in  ^ine  genaue  Erörterung  dieses  Gegenstandes  einzulassen. 
Hirt  unterscheidet 9  wie  in  diesen  Blättern  (1823,  N,  77.X^^* 
richtet  worden ,  sehr  richtig  die  rohen  Erzeugnisse  jenes  Na« 
turtriebes  iron  einenr  eigentlichen  Kunstzustand,  und  entkräf- 
tet so  die  zu  ausgedehnte  Folgerung,  die  man  aus  der  natürli-« 
chen  Anlage,  Gestalten  wahrzunebaien  und  bildend  nachzu* 
-ahmen ,  gegen  das  Erlernen  der  Kunstfertigkeit  von  fremden  ' 

'  Völkern  ziehte  Wie  kommt  es  doch,  fragen  wir,  den  Ursprung 
griechischer  Kunst  betreffend,  dafs  die  ältesten  Bfider,  deren 
m  Griechenland  Erw'ähnung  geschieht,  das  der  Athene  zu 
Lindus  und  das  MarmorbUd  derselben  Göttin  im  Hain  zu 
Lierna  ,  von  Einwanderern  aus  Aegypten,  von  den  Danaiden> 

festiftet  seyn  sollen?  (Callimach.  iragm.  i06>  Pausan.  H.  37.) 
st  doch  d^  erste  eigentliche  Künstler  der  Griechen,  der  Athe« 
nee  D>ädalus,.um  das  J.  i^OO  vor  unserer  Zeitrechnung  in 
Aegypten  gewesen y  und  ist  s^in  Bauwerk  in  Greta,  dasXiar 
Lyrinthy  dem  schon  früher  in  Ai^gypteu  vorhanden  gewesene» 


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Ui  atft  O^ifolieii.  .'  S19 

»acbgebUdet  worden.  W^il  unser  Historiker  solcli«^  Einflösse 
von  Aufsen  verkannte  f  so  unterlieXs  er  auch,  die  karisqh-ioiiir 
•che  Ansiedelung  in  Aegypten  unter  Fsamnietich  als  die  Ver« 
snittlung  ägyptischer  und  griechischer  Kunstcultur  auszMzeieh« 
jien,  ob  er  gleich  anerkannte^  däL\  sich  iiu  asiatischen  Ciie- 
cbenland  so  firübe  oder  noch  früher  als  im  eigentlichen  eiu 
Kunstsuständ  vorfand. 

'2)  Alter  Styl  der  griechischen  Kunst  vom  J.  800  vor 
Chr.  6.  bis  um  die  sechszigste  Olympiade  S.  11  ff.  „Figuren  in 
steifen  Stellungen ,  einfach  angeordnet  oder  vielmehr  wie  der  ^ 
Zufalles  fügte f  neben  einander  hingestellt ,  und  Köpfe  ohne 
alle  Anmuth  in  den  Zügen,  fast  fratzenhaft  gebildet«  Bei 
Witerm  Fortschritt  der  Zeit  und  der  Kunst,  wurden  die  ge- 
raden steifen  Stellungen  der  Figuren  gegen  angestrengte  hef- 
tige Gebärden  vertauscht.«'  S.  44.  3)  Gewaltiger  Styl 
von  der  öOsten  Olympiade  bis  auf  den  Fhidias  S.  46  ff..  „Die  , 
Kunst  begann  eine  Idee  von  übermenschlicher  Hoheit^  Kr^ft» 
Grdfse  und  Gewalt,  zumal  in  Figuren  der  Götter,  sich  anzu^ 
eignen  oder  besser  gesagt ,  verkörpert  darzustellen^'  S.  36- 
,yl3och  alles  hatte  eine  herbe,  nach  jetzt  geltenden  Ansicbtea 
wenig  geniefsbare  Strenge"  S,  47.  4)  Hoher  und  auf  den- 
selben folgender  schdaer  Styl,  vom*  Fhidias  bis  auf 
Lysippus  und  Apelles  S,  68 — 199.  „Die Meister >  wel- 
che dem  Phidias  zuiülchst  vorhergingen »  hatten  ihren  Götter« 
bildern  den  Character  übermenschlicher  Kraft  und  Riesengroüs« 
heit  gegeben,  den  Ausdruck  furchtbarer  Gewalt  und  Strenge; 
unser  Künstler  aber  hob  und  veredelte  den  Styl  in  seinen 
Werken  dadurch,  dafs  er  jenes  Grolse ,  Mächtige,  Kraftvolle 
beibebielt;  aber  den  unltebKcben  £rnat,  das  Starre,  mehr 
I^urcht  als  Zuneigung  Erweckende,  dureh  schönere  Formen,^ 
angemefsnere  Verhältnisse  und  etwas  freiere  Bewegungen  mil- 
dertet^ S.  62  ff.  Der  schöne  Styl  kam  mit  Er'axiteles 
um  die  104te  Olympiade  in  höchster  Vollendung  zu  Tage. 
,,Die  Lösung  der  letzten  schwersten  Aufgabe»  welche  an  den 
Künstler  gemacht  werden  kann,  das  Auge  wie  den  Geist  in 
gleichem  Maafse  und  sogar  überschwenglich  zu  befriedigen, 
war  den  Bemühun'gen  des  Piaxiteles  vorbehalten^^  S,  11 1.  ** 
Diese  wenigen  Andeutungen  mögen  hinreichen.  Sachkundi- 
gen den  ricntigen  Standpunkt  dieser  Geschichtsforschung  zu 
erkennen  zu  gel  «n.  Indessen  begnügte  sich  der  Vf.  nicht 
blos  im  Allgemeinen  den  Charakter  einer  Kunstperiod^  zu  er- 
mitteln»  sondern  er  suchte  auch  das  Verhältnifs  der  einzelnen 
Künstler  zu  derselben  und  ihre  Eigeiithümlichkeiten  scharfsin- 
nig und  befriedigeud  lu  entwickeln. 


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220.  H.  *Mejet's  O0sohlo)itä  der  bildenden  Oost« 

.B^i  solchen  ins  Einzelne  gehenden  Untersuchungen' ist 
es  begreifiichy  dals  hie  und  da  eine  Berichtigung  oder 
Erweiterung' .anBubririgen  ist..     Vernünftige   Vorschjäge  , 

*  sind  bei  einem  Werk^von  nicht  vorübergehendem  Daseyji  um^l 
so.  mebr  am  Platz  ,  als  mehrere  Auflagen  vorauszusehen  seyn 
dürften»  Der  gelehrte  Vf.  wolle  lx)lgende  gefälliger  Berück« 
sicbtigung würdigen.  W^s  er  (z.B.  S,  13.)  Upferschaal<in 
»ennty  ist  nach  den  neuesten  in  uti^sern  Jahrbüchern  angezeigt 
ten  Forschungen  Ingliirdmis  als  mystische  Spiegel  zH 
bezeichnen.  Bd.  I.  S.  43»  scheint  es ,  als  wäre  von  Yasetif 
malern  der  einzige^  Tal  ei  des  bekannt  ^  der  seinen  Natden 
einer'  sicilianischen ,  gegenwärti^g  i^a  Lohdor^  -befindlichen 
Vase  beigeschripben  liat^  während  aufser  diesem  sich  noch 
zwei  andere  auf  diese  Weise  auf  die  Nachwelt  gebracht  haben, 
nämlich  Aste  äs  aujf  einer  von  Canzi,  Miliin  und  letztlick. 
voninghirami  (Monumenti  Etrüschi  S.  V.  T.  XVI.)  erklärten 
Vase  von  Pesto  ,  wobei  Millin  auf  eine  aridere  mit  dem  Na- 
jnen  Casinus  aufmetksam  macht.  Gegenwärtig  befindet  sich 
£u  Neapel  eine  Vase  mit  dem  Nameii  des  Künstlers\(Dei  Vasi 
Greci  Palermo.  1823.  p.  24)5  «i^  wird  aber  nicht  genauer  ber 
a^ejchnet,  um.ahzusehen,  ob  sie  eine  von  den  beiden  letzten 
oder  eine  von  diesen  verschiedene  s^y.  —  Bd.  I.  S.  19^1  ist" 
deipi  der  italienischen  Sprache  fündigen  Manne  eine  Unrich- 
tigkeit entschlüpft:  Paul  von  Veronese— soll  beifsen  ^  von 
Verona,  oder  schlechthin  Veronese.  Bd.  I.  S.  199.  'JÜ[.  S;  194 
wird  das  Gemälde  deß  Ktesilochus,   die  Geburt  des  Bac- 

'chus  aus  den  Lenden  des  Zeus  vorstellend,  für  eine  Parodie 
ausgegeben,  als  die  Ktinst  ibve  wöhl  hergebrachte  Würde  und 
6Ön$tige  Frömmigkeit' nicht  njehr  beachtete.  Dagegen' müssen 
wir  einen  etrüskiscben  Spiegel  mit  derselben  Vorstellung  bei 
Inghirami  a.  a.  Ö.  S.  II.  T.  XVI.,  .wo  auch  Göttinnen  bei  den» 

.  gebährenden  Zeus  Hebammendienste  verrichten,  anführen,  '^ 
und  aft  den  kospianischen  Spiegel  mit  der  Geburt  der  Minerva 
aus  Jupiters  Haupte  (Inghirami  a.  a.  O.  T.  X.)  erinnern.  "An 
Parodieen  ist  aber  auf  mystischen  Spiegeln ,  womit  die  Grüber' 
geziert  wurden,  nicht  zu  denken ;  sondern  der  naive  Sinn  der  ' 
erleuchteten  Alten  liahm  diese  Sagen  nicht  nur  für  baaren 
Ernst,  sondern  auch  für  sehr  verständig  und  sinnvoll,  ats 
welche  das  Werden  aller  physischen  und  intellectuellen  Kräfte 
ans  dem  Urgrund  symbolisirten«  p 

Als  eine  Nachlese  vin  Zusätzen',  welche  in  den  An-^ 
merkungen  im  2ten'Bd.,eine  Statt  finden  dürften,  möchte  fol- 
gendes nicht  Unzweckmäfsig  seyn.     Zur' verneinenden  Beant« 
wortung  der  Frage  Bd.jl.  S.  7a, tob  Polyklet^von  Sityou 


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bei  den  Grieohcn.  tll 

eben  so  wie  Phidias  auch  in  Marmor  gearbeitet  habe,  iat 
die  Entgegensets ung  dieser  beiden  Meister  in  einer  von  Mei« 
toers  (Gesch.  der  Wiss.  S«  113.)  angefahrten  Stelle  des  Aristo« 
tele«  becnerkensvrerth ,  wo  Polyluet  ^Is  avS^iovroxotT;  dem  h^ 
Sk*£^  ^fid<>  gegenflber  steht.  Um  diesen  Gegensatz  zu  verste« 
Leriy  mu(s  man  wissei^  ,  dafs  die  Menschenstatuen  damals  aiia 
Erz  gefertigt  zu  werden  pflegten  (Schol.  Pindar.  Netn.  Vi  l.). 
Polyklets  Kunst  ist  aber  notorisch  meist  im  Kreise  bloa 
menschlicher  Bildungen  stehen  geblieben  und  hat  sich  unter 
den  olyo^pischen  Wesen  nur  an  einer  Here  und  einem  Hermes^ 
ao  viel  uns  bekannt  ist,  versucht.  Hinsichtlich  der  dorischen 
Bekleidung  seiner,  colossalen  Here  zu  Argos  ist  zur  Bestärkung 
der  Bd.  I.  5^68.  geäufserten  Vermuthung  Maxim.  Tyr.  p.  260« 
ed.  Reisk,  zu  vergleichen.  Auch  wäre  zu  bemerken,  dafs 
Tolyklet  nicht  nur  in  seinem  Kanon  ein  leibhaftes  Musterbild 
reiner  Verhältnisse  aufstellte,  sondern  auch  eine  Schrift  bber 
die  Proportionen  hinterliefs  {Galen,  de  dogm.  Hippoqr.  ,V.  3)» 
— -  Ueber  die  Grazien  des  Sokrates  am  Eingang  in  die 
Bur-g  zu  Athen  Bd.  I.  93.  ist  SchoK  Aristoph.  Nub,  v,  770. 
anzuführen,  dafs  sie  —  Feitho,  Aglaia  und  Thaleia  •—  hin- 
ter der  Athene  des  Pbidias  in  die  Wand  eingegraben  waren 
(»Y7«7^"M/^V«  TW  rotytxt)^  und  somit  Reliefs  von  Marmor  gewesen 
zu  seyn  scheinen.  —  Von  dem  Gemälde  des  Zeuxis,  den 
thronenden  ^eus  mit  umstehenden  Göttern  darstellend  j  Bd.  I. 
S.  I5i-  möchte  als  Nachbildung  das  Relief  im  Museum  Capi« 
tolinumlV.N.8.  Mus.Napol.  pl.4.  mit  Jupiter  auf  dem  Thron, 
umgeben  von  Juno  und  Venus;  zu  nennen  seyn.  —  Den  Na« 
ttien  Adtion,  iv elcher  in  der  Reihe  der  Erofsen  Maler  Niko« 
machus,  Frotogenes  und  Apelles  von  Cicero  (Brut.  c.  J8.) 
au^eführt,  und  auch  von  Lucianus  (in  Imagg.)  nicht  verges« 
sen  worden  ist^  sucht  man  vergebens  in  unserer  Kunstge« 
schichte.  Freilich  was  fangen  wir  mit^dem  grofs^m  Namen 
an»  wenn  uns  nicht  berichtet  wird,  wodurch  er  grofs  gewor- 
,  den  ist?  £s  ist  aber  auffallend,  dafs  von  diesem  nur  dei^Name 
aufgezeichnet  seyn  soll,  während  von  seinen  drei  Genossen 
die  ausgezeichnetsten  Werke  gerühmt  werden.  Man  möchte 
daher  vermuthen,  dieser  Aktion  sey  einer  und  derselbe  mic 
Echion,  welchen  Plinius  mit  den  nämlichen  Künstlern  in 
Verbindung  setzt. 

Kehren  wir  wieder  zu  unserm  Vf.  zurück,  so  lesen  wir 
nachdem  chronölogtsch- geschieh irlichen  Tbeil  gehaltvollem Be-i 
trachti^ngen  über  die  griechische  Kunst  iqi  All« 
gemeinen  S.  200  ff. ,  und  zwar  zunächst  über  die  glückli« 
chen'und  fördernden  Umstände,  wodurch  die  Kunst  bei  den 


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1222  '  H.  Meyer 's  GeseUohle  cter  bildenclen  Oiiste 

•  ■  /      •  I    ■' 

Griechen*  zu  «a  wünderiami^r  Vollkomaienbeft  gisclieben  liit^ 
Er  räuhil  awar  vOrtheilhftfte  Ein  Wirkungen  von  Ax^ben  eiß^ 
als  durch  Verfassung ,  Religion,  Klinia,  hält  aber  nichjt:  dafür^ 
^iifs  die  Künste  daher  den  wahren. Trieb  ,  den  begeisternden 
'  bildenden  Einflufs  erhalten  haben.  Die  Grundursache  ihrer 
terriichen  Blüthe  h^be  noch  nie'mai:^d  erforscht,  sondern^  ihr 
Steigen  und  Sinken  ^scheine  an  ein  höheres  unbegreifliches 
Waltän  gebunden  zu  seyn.     Ref.  ist  der  Meinung,  das  prin« 

'  ,cip  eines  so  hohen  Kiinstflors  bei  den  Griechen  sey  allerding« 
nicht  in  äufsern  Dingen,  sondern  tiefer  im  Yölksrcharakter 
zii  Suchen.  Wie  einzelne  Menschen  mit  besonderem  Kunst*^ 
talent  begabt  sind,  so  gibt  es  auch  Kunstvölker,  und  stehen 
diese   in  ihrer  Blüthe,  so  erscheint  au^h  ihr  KunstVermögen 

,    in  vollkommener  EntAvick^luhg.     Das  Jugendalter  der  Mensch- « 
beit.,  das  der  Reflexion   mehr  ab-  und. der  Anschauung  mehr 
zugewendet  ist,  steht  an  sich  s^chon  der  Kunst  und  dem  Bilder* 
leben  näher;  jedoch  tritt  dieses  antil^e  Element  in  einem  Volk 
mehr,  im  andern  minder  hervor. 

Weiter  fragt  Hr.  M.  S.  103  ff.  nach  den  der  Kunst  zu ni 
Grtthde  liegenden  allgemeinen  Gesetzen  und  Zwek^ 
ken,  und  bemerkt  richtig,  däfs  ihr  leitendes  Princip  we** 
der    ei^    moralischer  Zweck,    noch  Nachahmung    der  Natur, 

,  noch  das  Charakteristische^  noch  das^tdeal  seyn  könne;  denn 
im  ersten  Fall  Würde  sie  ihre  Selbstständigkeit,  im  zweiten 
ihr  freies  Streben  elnbüfsen ,  im  dritten  zur  Carrikatur 
iind  inl  vierten  zur  Unnatur  geleitet  werden.  Selbst  det 
Ansicht  von  Mengs  und  Winckelmann  trägt 'er  Bedenken  ^ 
sich  anzuschliefsen ,  dafs  Schönheit  der  Kunst  oberstes,  er- 
stes Gesetz  sey.  Denn' selbst  die  ^llerschönsten  Formen 
der  alten  Kunst  seyen  nicht  vorwaltende  sondern  die« 
nende  Eigenschaft,  schöner  Gedanken  angemessener  Ausdruck  > 
und  Einkleidung.  Dieser  Einwurf  trifft  jedOch  nur  einen 
fehlerhaften  Begriff  vom  Schönen ,  stöfst  aber  nicht  die  Rieh* 
tigkeit  der  Behauptung  umr  Schönheit  aey  Grundsatz  und 
Ziel  all^r  Kunst,  sondern  fordert  allein  ,  wie  sich  von  selbst 
Versteht,  eine  weitere  Untersuchung  und  genauere  Bestim« 
mung  dessen y  was  s^hön  in  der  Kunst  zu  nennen  sey.    Diese 

*  Untersuchung  aber  umgeht  der  Yl\  und  iegnQgt  sich  der  Mei-   ' 
nung  beizupflichten,    welche   Göthe  (über   Kunst  und  Alter* 
thum)  vorgetragen  hat:    „Der  höchste   Grundsatz  der  Alten 
^ar  das  Bedeutende,    dad  h\öchste  Resultat  aber  einer  glüökli* 

*.chen  Behandlung,  das  Schöne/*  Indessen  sagen  diese  Worte 
im  Grunde  nicht  mehr,  als  recht  verstanden  auch  Winckel- 
mann   behauptete;   und  das  Räths^l  ist  seiner  Lösung  nicht 


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bd  den  Orleehen.  223 

näher  gebraebt,  weil  erst  zu  entwickeln  ist,  was*das  Bedeu« 
tende  sey,  das  als  Grundsatz  geltend  zu  machen  ist,  damit  ea 
Scbönliei^  zu  seinem  Ergebnifs  habe.  Auch  sollte  der  Zusam- 
merrhang  des  Bedeutenden  mit  dem  Schönen  tiefer  erforscht 
werden.  Wir  wollen  versuchen ,  beides  so  weit  klar  zu  ma* 
eben  ,    als  es  sich  ^nit  wenigen  Worten  thun  ISfst. 

Wie  in  der  Schöpfung  Gedanken  |    ira  Sinnlichen  Ideale 
ausgeprägt  sind,  äo  scha£Et  auch  der  Künstler  und  strebt  Ideale 
Zu  vet  wirklichen  und  sinnlich  darzustellen«     Der  Schöpfer  ist 
aein  Vorbild,  ohne  dafs  er  darum  sklavischer  Nachahmer  sei« 
ner  GesdhöJ^fe  sey,   sondern  er  bildet  mit  freier  Schöpfungs« 
kraft  '9  und  darin  besteht  seine  Originalität.      Nicht  nur  seine 
Hand  formt,  sondern  er  trSgt  seine  Schöpfungen  im  Kopf;  er 
aol'.    kein  Uebersetzer  der  Natur  seyn,  sondern   ein  Schrift« 
steller.     Aber  Ideen  müssen  es  seyn,  die  ihn  begeistern,  d.h. 
nicht  Hirngespinste,    sonst  würden  seine  Geburten  Carrika« 
turen   werden,    edle  Gedanken  müssen  es  seyn,   welche   der 
lebendigen  Wahrheit,    den  Ideen    des  Schöpfers,    verwandt 
sind.      Je  angemessener  und  vollendeter  nun  der  Ausdruck  dem 
Ideal,    das  Bild   dem  edeln  Gedanken  entspricht,    eine  desto 
schönere  Schöpfung  tritt  hervor.     Es  ist  dann  gleichsaln  eine 
wechselseitige  Durchdringung    des  Geistes    und  des    Stoffes, 
dafs  das   eine   im  andern  aufgeht,   und  dadurch  entsteht;  die  , 
Schönheit,  sie  ist  Aufgabe  und  höchstes  Gesetz  der  Kunst« 
Zu  solcher  innigen  Durchdringung  vermag  sie  es  zwar  nicht 
zu  bringen,  wie  der  allmächtige  Schöpfer,  dafs  die  Materie 
sogar  am  Leben  der  Seele  Theil  nimmt;  aber  doch   raufs  das 
Bild  durch  die  in  wohnende  Idee  gewissermaafsen  belebt,  und 
diese  die  Einheit  im  Vielen  seyn.     Zur  Erzielung  des  Schönen 
in  der  Kunst  gehört  demnach  mehr  als  Handfertigkeit.     Der 
Kunstbetrieb  ist  durch  ein  dreifaches  Vermögen  bedingt.  Was 
im  Schöpfer  ungetheilt  ist,  tritt  im  Künstler  als  Ideen-,  An- 
^cbauungs-  und  Darstellungsvermögen  hervor.     Nur  im  glück- 
lichen Verein  und  harmonischen  Zusammenwirken  dieser  drei 
scbaifenden  Kräfte  gedeihet  die  Kunst.     Gebricht  es  an  Ideen 
und  ihrer  naturgemäfsen  Anschauung,  so  mag  der  Bildner  wohl 
niedliche  und    zarte  Formen  hervorbringen,  aber  es  ist  eine 
leere  Schönheit  ohne  Gehalt  und  Würde,  eS  fehlt  das  Bedeu« 
tende,  die  Seele  der  Kunst,      In  der  antiken  Kunst  im  Gegen- 
satz zur  modernen  ist  ein  Vorherrschen  des  Gehaltvollen  und 
Idealen  auszuzeichnen :  was  auch  in  jenen!  Urtheil  von  Göthe 
angedeutet  ist. 

Aus  dieser  Erkenntnifs  von  dem  Wesen  det  Kunst  lassen 
sich  die  Hauptriebtungen  des  Strebens^  das  Schöne  darzustel-  ^ 


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234         H«  Meyer*«  Gescluehte  d.  bild.  Künste  b.  d,  Gn^cheiu 


len,  ä.  i,  die  Epochen  der  Kunst  philpsophisch  ableiten  tin^ 
am  bündigsteh  auffassen.  Der  alte  Styl  besafs  das  Darstel« 
lungsverindgen  noch  nicht»  die  Kunstideen  ins  sinnliche  Leben 
SU  bringen.  '  Dem , gewaltigen  gelang  diese  Aufgabe  schonj^ 
dbph  sp>  dafs  die  Idee  gleichsam  über,  die  Form  herausragte^ 
.\röher  sein^  e^nsterhabenenSchdpfunge^' entstanden.  £s  man« 
gelte  iiüchxlie  veritas  nach  dem  Ausdi^uck  Ciceros  (Brut»  c.  l8.); 
das,  was  der  Künstler  wollte,  wtfr  nicht  ganz  bis  zur  Er- 
scheinung gebracht^-^  Der  hohe  Styl  kam  jener  veritas  schoa 
näher;  denn  dem  Wollen  entsprach  das  Leisten,  die  Ideen 
-wurden  sinnlich  ausgeprägt,  der  in  höberm  Grad  überwältigte 
Stein  gehorfchte^  d^m  Gedanken  des  Künstlers  und  wurde  ein 
•ee)enyoller  Ausdruck  desselben  bürden  tiefsinnigen  Beschauer«' 
Im  schönen  Styl  wurde  die  liäe  vollends  sinnlich  und  pn« 
schaulich  gemacht,  zur  Augenweide  für  den  genufssüchtigen. 
Schweiger,*  Beim  Verfall  der  Kunst  blieb  endlich  nur  dia 
Form^übrig,  die  Idee  entschwand  je  mehf  und  mehr,  und 
die  veritas  wurde  eine  gemeinX 

Zunächst  folgt  S.  209  ff.  öine  geographische  Ueber* 
sieht  der  Kunstprte  und  Sunstwerke,  und  Hr;  M.  wird  uns 
belehrender  t'ührer  und  Ausleger  von  Sinope  an  bis  Gades» 
S.  265  ff.  versucht  er  in  einem  üeberblick  den  Charakter 
un|l'Gang  der  griechischen  Kunst  darzustellen,  und 
%um  BescbJufs  S.  283  ff.  gibt  er  eine  treffliqhe  Nach  Wei- 
sung noch  vorhandener  Denkmale  ^aus  der  Zeit 
•des  hohen  un4  schönen  Styls.  Das  Ganze  gewinnt 
dui*ch  die  ausführlichen  und  sehr  fleifsig  zusammengetragenen 
Kegister  an  Brauchbarkeit,  und  wird  ohnte  Zweifel  noch 
mehr  gewinnen  ,  wenn  die  Ankündigung  der  Verlagshandlung 
zu  Stande  kommt,  vom  Hauptwerke  unabhängig  ein  Heft  von 
31  erläuternden  Kupfern  in  kL  Folio  und  eine  vom  Verf. 
synchronistisch  geordnete^  Künstlertafel,  ebenfalls  in  kl. 
JTolio,  herauszugeben ,  falls  eine  hinlängliche  Anzahl  von  Sub« 
scribenten  deli  Kostenaufwand  decken  wird» 

K7.  F.  Rinck, 


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N-  15*  1825* 

H  ^  i  d  e  1  b  e  r  g  e  i" 

Jahrbücher  der   Literatxir. 


l}e\  Vasi  Greci  conumemente  chiamati  Etruschi^  delle  lor  fomii  6 
dipinturOf  dei  nomi  ed  usi  loro  in  generale»  Colin  giunta  di 
due  Ragionnmenti  sui  fondamentali  principi  dei  Greci  nelV  arte 
del  disegno  #  ioi/a  pittura  alt  encäusto»      In  PaUrma  i8lt3«  8« 

Verfasser  obiger  Bemerkungen  über  die  Bereitungs*  ntxA 
Bemalungsarty  über  Namen  und  Gebrauch  alt-griecbiscbet* 
Gef^fse  ist  der  Oberaufseber  des  königlichen  Museums  zu 
Neapel,  welcher  seine  Schrift  als  eine  Vorrede  zu  einem  band« 
schriftlichen  Katalog  von  beiläufig  500  daselbst  beündliched 
Vasen  angesehen  wissen  will. 

Nach  seinem  Dafürhalten  sind  die  Farben  auf  den  bemaU 
ten  Vasen  aufgetragen  worden,  nachdem  diese  an  der  Sonnja 
getrocknet  waren,  und  ehe  sie  in  den  Brennofen  kamen.* 
jDenn  man  finde  öfters  mit  einem  Griffel  eingegrabene  Umrisse^ 
die  we'cfer  so  tief  soyen ,  dafs  der  Thon  weich  gewesen  seyn 
konnte,  noch  ausgerissen,  wie  der  Fäll  wäre,  wenn  der  Thort 
fichoii  gebrannt  und  spröde  geworden  wäre;  Bei  Mörfeale  ic 
6icilien  finde  man,  sagt  er,  eine  Thonerde,  welche  nach  an- 
gestellten VelBuchen,  wenn  sie  gebrannt  sey,  an  Feinheit, 
röthbcher  Farbe,  Metallklang  und  Glanz  ohne  Hinzuthun  e]> 
jie^  Firnisses  den  schönsten  antiken  Gefäfsen  gleich  komme. 

Er  unterscheidet  S*  22.  zwei  Gattungen  bemalter  Gefäfse, 
solche,  deren  Feld  mit  schwarztr  Färbe  bedeckt  ist,  worauf 
die  Figuren  in  Umrissen  gezeichnet  sind  ,  und  solche,  wo  die 
Vase  ihre  natürliche  Farbe  behält,  und  die  Figuren  wies 
Schattenbilder  ganz  S(^hwärz  darauf  gemalt  sind ,  in  welchem 
letzteren  Fall  sie  in  starker  Bewegung  hervor« utreten  pfle- 
gen, damit  sie  nfcht  wie  todte  Massen  erscheinen,  Biswei-* 
en  wurden  an  den  schwarzen  Bildern.,  nachdem  sie  aus  dem 
Ofen  gekommen-,  die  Theüe  innerhalb  dem  Umrifs  radirt, 
Andere  Farben  als  schwarz  fand  det  Vf.  möhr  in  1?^eben wer- 
ken/als  in  ^en  Hauptfiguren,  nämlich  w'eifs;  roth,  gelb^ 
Wau,  selten  grün^     Zum  Belege  dafs  das  schwarze  Feld  eher 

'  .XVm.  Jahrg.  5.  Heft.  ^        ^^ 


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226  I^ei  Vast  Greci.  i 

als  die  Figuteh  gefertij.t  worden  ,  zieht  er  S.  26.  eine  uiivoU^i 
endete  Vase  im  königlichen  Museum  an,  wo  einige  Räum« 
leer  gelassen,,  andere  zum  Theil,  noch  andere  gan»^  ausgefüllt 
sind.  Jedoch  erstreckt  iich  das  schwarze  Feld  so  weit  und 
so  bestimmt  an  den  leeren  Raum ,  dafs  schoi/  erkenphar  ist, 
ob  eine  Figur  sitzend  oder  stehend,  mäijulich  oder  weiblich 
ist.  Er  vertouthet,  diese  in  dem  Betracht  merk\^ürdige  Vase 
sey  aus  Versehen  in  den  Brennofen  gekommen  ,  und  habe 
^bemach  nicht  mehr  können  ausgebessert  werden,  ^uch  ist 
nach  der  Bemerkung  des  Vt  der  Entwurf*  des  Gänzei^  ynd  *die 
Anordnung  der  Theile  manchmal  mit  einem  spitzigen  Wetk^ 
geug,  durch  Punkte  angedeutet  worden. 

iyiit  I\echt  macht  er  S.  24  f»  auf  die  bewunderungswür- 
dige Festigkeit  und  Sicherheit  der  Hand  aufmerksam  ,  mit  Ei- 
ttem  Pinselstrich  ohne  ünterbr.chu hg  ein  schönes  Profil  zu 
seiebnen.  Aus  diesen  Vasenmalereien  erklärt  er  unsers  Be- 
dünkens  am  richtigsten  die  bekannte  Anekdote  von  dem  Wett#» 
streit  des  Apelles  mit  dem  Protogenes^  dafs  jener,  um  sich 
als  fertigen  Maler  zu  erkennen  zu  geben ,  einen  solchen  küh* 
nen  und  schwürigen  ümrifs  in  der  Werkstätte  dieses  mit  einem 
einzigen  Zug  gezeichnet  habe,  dals  Protogenes  darauf  mit 
einer  anderen  Farbe  der  künstlichen  Wellenlinie,  ohne  sie  za 
berühren,  inntfrhalb  nachgefahren  sey,  wozu  gröfsere  Ge- 
wandtheit erforderlich  W£|r,  da  die  Hand  bei  der  beengenden 
Aufgabe,  sich  weniger  frei  bewegen  konnte  und  der  Umrifs 
sich  verkleinerte.  Apelles  aber  zog  noch  einmal  mit  einer 
dritten  Farbe  seine  Linie  mitten  hinein  mit  unübertrefflicher 
"Meisterschaft  und  Feinheit.  Diese  Erklärung  scheint  genü- 
gender und  annehmlicher  als  die  jüngst  von  Meyer  gegebene 
in  der  Gesch,  der  bild.  Künste  Bd.  I,  S.  l8l.j  ob  er  gleich 
richtig  sah,  dafs  hier  nicht  an  eine  gerade  Liihie  zu  denken 
6ey,  wie  Salmasius  u.  a.  vermeinten.  In  neuerer  Zeit  haben 
nach  der  Bemerkung  uns.eres  Vf.  Alb.  Dürer  und  Leon,  da  Vinci 
in  dieser  Art  Ausgezeichnetes  geleistet.  Indessen  glaubte  er 
S.  27.  an  einigen  antiken  V^sen  zu  bemerken,  dafs,  wenn  der 
.Pinsel  etwas  au  weit  ausgleitete,  das  Fehlerhafte  durch  dicke- 
res Aufträgen  der  Schwärze,  in  dem  die  Uinrisse  begrenzen- 
den Feld  verbessert  wurde, 

.  Zu  den  alten  Namen  von  Irdengeschirr  bemüht  sich  der 
Vf.  Belege  unter  den  im  Museijm  vorhandenen  aufzuweisen 
und  durch  Umrisse  auf  einer  Tafel  zu  yeranschäulichen.  Pa- 
te/a  und  simpulum  sind  die  bei  Libationen' gebräuphlichen 
,Gefäfsf;  a^.vTör/va  (Theophr.  Car.  10.  Pollux  X.  17.)  ist  ein  lan- 
ges eiiges  cyJinderfdrmiges  Irdengeschirr  zu  dem  Zweck,  den 


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Dei  Vau  Grfoi.  227 

t 
Badenden  die  S^hnTlem  su  netsen  ,  welche  nicht  in  die  Wanne 
bioein  reichten;  was  zur  £rkl3ruug  von  Vasenmalereien  he« 
merkenswerth  ist.  Die  iinguenta'ria  (S.  32  f )  werden  oft  ir- 
rig iür  Thiünengefdfse  gehalten.  Das  k.  Mnstium  enthält  ftf|:« 
«er  pine  irdene  GewClrrJade  mit  vier  cylindrischen  Fächern. 
Behälter  von  Flüssigkeiten  sind:  ampuUa  ulearia^  (imphora^ 
cadas,  hydria,  carchesium,  crater,  d.  i.  Mi.^ichgeEifs,  cyathus^ 
d.  i.  Credencgef^rs,  .Trinkgeschirre 9  meistens  unsern  Unter« 
tassen  mit  einer  oder  zwei,  Handhaben  ähnlich»  Uringeilifse, 
wiei  die  unsrigen  gestaltt^t,  eiiws  an  der  Handhabe  mit  einem 
Schirm  verschen,  dafs  der  Sklave  beim  Vorhalten  nicht  be- 
schmutzt wurde. 

Aber  bei  weitem  die  Mehrzahl  von  den  auf  uns  gekomme« 
nen  Vasen,  die  nicht  zum  Hunsgehratich  und  nicht  zui^  Tt^m« 
pejdienst  angewendet  wurden,  die  mystisch  symbolischen^ 
Grabesvasen  iäfst  der  Vf.  in  dieser  Reihe  ungena^int  und  un* 
erörtert.  Wenn  es  auch  wahr  wäre,  was  Inghirami  in  sei- 
nen Monumenti  £trusc|)i  behauptet,  d^fd  sich  über  diese  kein 
altes  Zengnifs  beibringen  lasse,  weil  es  heilige  GeiSfse  von 
mysteriöser  Bedeutsamkeit  waren;  so  mufs  doch  der  Augen- 
schein ihres ,Vorhandenseyns  zu  ihrer  Anerkennung  und  Un- 
tersuchung führen.  Es  fehlt  aber  auch  nicht  an  alten  Berich- 
ten hiev'on  :  unter  der  Regierung  des  Julius  Ciitsar  wurden 
xiach  Strabo  zu  Korinth  und  desgleichen  nach  Suetonius  (^in 
Caosara  u  81.)  tu  Captia  Gefäfse  von  alter  Arbeit  in  Gräbern 

Sefunden«  wie  der  gelehrte  Vf.  selbst  bemerklich  macht.  Seine 
leinung  aber,  als  wäre  Hausgeruthe,  das  im  Leben  Freude 
machte,  noc})  im  Tode  mitgegeben  worden,  um  das  ^ai^t  Sinn« 
lildlich  zu  wünschen ,  wird  heutzutage  schwerlich  mehr  Bei- 
fall finden.  Die  Ansicht  von  Inghiramis  Pracht w er k  ,  welche 
ihm  freilich  bei  dem  leidigen  Mangel  an  literarischem  Verkehr 
in  Italien  noch  nicht  zu  Theil  wurde,  hätte  ihn  wahrschein- 
lich eine»;  Bessern  belehrt,  wenn  man  auch  die  ausschliefsli- 
che  'Bestimmung  aller  gemalten  Vasen  für  mysteriöse  Zwecke 
zu  lä'ugnen  geneigt  seyn  uiddbte.  So  viel  uns  in  diesen  Blät- 
tern vom  Inhalt  des  k.  Museums  bekannt  wird,  so  dienen  dio 
Vorstellungen  auf  den  dasigen  Vasen  nur  zur  Bestätigung  un« 
serer  bisherigen  Ansicht.  Sie  sind  nach  p^  28«  grotsentheils 
aus  dem  bacchischen  Mythenkreis  entlehnt;  und  mehrere  zei- 

fen  nach  p.  21.  einen  weiblichen  Kopf  im  Profil  (Libera)  in 
er  Mitte  von  Laubwerkroder  Blumen,  oder  mit  einem  Vögel, 
vierftifsigen  Thier,  oder  einem  Paar  Fische  auf  einem  Teller, 
Mit  der  angehängten  Zugabe,   welche  in  der  archäologi-v 
•eben  Akademie  zu  Rom  vorgelesen  wurde,  lind  übc|;  den  Styl 

15* 


#'^  -  *  '  1  Digitized  by  VjOOQK 


228  Dei  Vasi  Qtecu 


« 


der  Griechen  in  den  Zeiclienktlnsten  Betrachtungen   ansteUti 
wollen  wir  unsere  Leser  nicht  aufhalten ,  und  sie  eher  auf  die 
Abhandlung,  welche  aus  der  Bibljoteca  Itali^na  vom  J.  1820 
hier  wieder  ahgedruckt  ist,  ufnd  die  Erklärung  von  Flinius  H.* 
N.  XXXV«  in  Betreff  der  ejika^stischen  Malerei  der  Alten  Be» 

.^bsi.chtigt,  aufmerkis'am  machen.  Die  erste  Gattung,  da  maii 
vermittelet  des  Wachses  den  Farben  Haltbarkeit  zu  geben 
suchte,  ist  nach  dem  Urtheil  des  Vfc  am  besten  yom^Grafen 
von  Caylus  in  demjenigen  Versuch  (Acad.  d.  In&cript.  T.  48» 
in  8.)  .'^^^^S^^^"™^  worden,  wonach  er  eine  mit  weifsem*Wachs 
überzogene  Tafel  über  Kohlen  erhitzte,  mit  pulverisirtem  Blei- 

'  weifs  betreute 4,  sodann  bemalte  und  über  ein  mäfslgeres  Feuer 
als  das  erstemal  setzte.  Ein  anderer  'P^fünstrer  .  mischte  dem 
Wachs  statt  des  Gebrauches  von  Bleiweifs  ^in  weifses  Hans 
hei  und  erreichte  dadurch  die  nämliche  Wirkung,  dafs  die 
mit  Wacbs  getränkte  Tafel  die  Farben  annahm.     Dergleichen 

.  Gemälde  konnten  ohne  alle  Beschädigung  abgewaschen  wer- 
den». Die  zweite  Gattung  auf  Elfenbein  hat  vor  einigen  Jali- 
ren  ein  fremder  Kunstfreund  in  I\pm^  wie  es  scheint,  aufs 
jieue  und  zwar  unabhängig  von  ^ler  Stelle  des  PHnius.  und  von 
dem  Kunstbetrifb  der  Alten  erfunden.  Er  bestrich  Elfenbein  mit 
einem  Fett,  wodurch  dss  Verbrennen  verhindert  wurde,  liefs 
^s  über  dem  Feuer  schwärzlich  werden,  und  zeichnete  nun 
mit  einer  Nad^l  und  anderen  eisernen  Werkzeugen  niedliche 
und  unauslöschliche  JBilder  darauf.  Auf  die  dritfö  Gattung 
zum  Anstreichen  der  Schiffe  mit  flüssigjen  Wachsfarben  lief» 
«ich  der  Vf.»  da  es  mehr  ein  Tünchen  als  ein  Malen  war, 
nicht  weiter  ein,  so  viel  auch  darüber  schon  Versuche  ange» 
stellt  worden  sind.  .  Zuletzt,  theilt  er  einen  Erklärungsver- 
such vonjden  scamilli  impares  des  Vitruvius  mit, 

PT^.  F\  Rinck. 


»Saera  regnl  quina  cicennalia  angustissimt  $t  •potentissimi  -principis  ae 
domini  Maximiliuni  Jose-phiy  regis  Bavariße  in  Gymnam 
sio  Regio  BarutUno  D.  XVJ.  Febr.  MDCCCXXIF  pi^  cele^ 
hranda  indieit  et  —  invitat  D,'  Joannes  Christ ophorus 
Held^  Prof»  Praemittuntur  Oh s ervatio nes  D^is" 
eellas  in  PlinH  Panegyricum  Trajano  dictum» 
^anßthi }  typis  F.  0,  Birneri,  26  S*  in  grofs  4* 

Wir  erhalten , hier  eine  Reihe  scl^ätzbarer  kritischer  Be- 
merkungen au  verschiedenen  Stellen  aus  des  Jüngern  FHniud 


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Held  ObieiTatt*  in  PUnii  ^aneffrrieu&L  829 

Ufobrede  auf  den  Kaiser  Trajanus.  in  derselben  gröndlicben 
yVeise  der  Behandlung  ^  welche  aus  andern  kritischen  Arbei-  • 
ten  des  Verf.  in  der  grieohischen  ,  wie  in  der  römischen  Lite« 
ratur  hinreichend  bekannt  ist,  dabei  vorgetragen  in  einer 
reinen y  einfachen  classischen  Sprache  ^  die  von  einer  gründli- 
chen Kenntnifs  der  lateinischen  Sprache  und  einem  anhaltenden 
Studium  der  classischen  Schriftsteller  Korns  die  erfreulichsten 
Beweise  liefert.  Neben  dieser  Reinheit  des  Ausdrucks/wird 
man  überall  ein  Iö^>liches  Bestrehen  entdecken,  den  Grundtext» 
so  wie  ihn  die  Handschriften  g^ben ,  auf  befriedigende  und 
natürliche  Weise  zu  erklären  und  ihn  so  inibesondere  g^^gen^ 
unnöthtge  Conjecturen  und  vermeintliche  Verbesserungren  in 
Schutz  zu  nehmen.  Die  lichtvolle ^ehandlungsweise  des  Vf« 
in  streitigen  Fällen  wird  um  so  mehr  anziehen,  als  dadurch 
die  Erklärung  einen  Grad  von  Gewifsheit  erlangt |n  die  für 
jeden  Unbefangenen  überzeugend  werden  möchte.  Wir  wol- 
len daher,  sd  weit  es  der  llaum  dieser  Blätter  verstattet,  eine 
'^jcurze  Uebvrsicht  der  hier  behandelten  Stellen  unsern  Lesern 
.^ittheilen. 

Fassend  auf  das  Ereignifs,  das  überhaupt  dieser  Schrift 
Jie  Veranlassung  gab,  eröffnet  der  Verf.  seine  Bemerkungen 
mit  der  Stelle  I,  4-  ^i«  er  auf  seinen  Fürsten  mit  nicht  minde- 
rem Rechte  anwenden  konnte,  als  einst  Flinius  auf  '5*rajan. 
Kr  vertheidigt  und  erklärt  die  Vulgata:  sed  ah  Jove  ipso  coram 
ac  pahiw\  repertuSf  elecjut  est:  (£uippe  inter  etC.  Elr  be« 
zifht  tire  mit   Gesner  „ad  quaerendi  Studium/*  analog 

dem  ü  ■  uchen:  ausfindig  machen.  Den  übrigen  vom 
Vcrf  ai.lgestellten  und  lichtvoll  entwichelten  Gründen  iür.die 
Beibebaltiing  der  Vulgata  möchte  selbst  eine  gewisse  Concin- 
nifät  zu  Hülfe  kommen,  die,  weil  zwei  Adverbia  coram  und 
palam  vorausgehen,  nun  auch  zwei  nachfolgende  Verba  ,  w^enn 
auch  in  verschiedenem,  ^o  doch  nicht  in  entgegfeusetzteni  Sinne 
erforderte.  —  IV,  1.  („Sed  parendtim  est  Senatus  consulto,  , 
qaod  ex  utilitate  publica  placuit,  ut  Consulis^'  etc.)  erklS(rt  sich 
der  Verf.  für  Beibehaltung  des  quod^  das  er  aber  nicht,  wie 
Gierig,  als  Pronomen  Kclativum  auf  Senatus  consultum  be- 
zieht —  was  in  jedem  Fall  unstatthaft  ist  — ,^  sondern  mit 
Ar^tzen  in  dem  Sinn  von  quia  als  Conjunction  auffafst, .— . 
XlV,  1.  Q^onwe  inpunahult*  baec  tibi,  Caesar  et  rudimenta  etc") 
wo  der  Verf  die  historischen  Schwierigkeiten,  die  sich  den 
Herausgebern  in  Erklärung'  dieser  beiden  Worte  darboten, 
dadurch  zu  heben  sucht,  dafs  er  sie  in  weiterem  Sinn  auf  alle 
Handlungen  und^  Thaten  des  Trajanus  vor  deiner  Adoption 
bezieht,  in  Vergleich  mit  den  weit  grölseren  Thaten,  welche 


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2S0  <         Held  OJbsen^att.  in  FHnii  Fanegjricuia. 

Traja^n  $päter  als  Imperator  ausgeführt.  t)ixs.puer  admodum  und 
die  incünabulß  bezieht'  er  auf  den  Pjarthischen  JßLiieg,  das^mte^ 
{fuum  und  rudimenta  hingegen  auf, die  spiltere  Zeit  des  Germani- 
'.«chen  Krieges.— •  XIV,  5,  (jcwxxi  aliis  Super  alias  expeäinonibus 
itinere  illo  dignus  inveriireris)  wird  die  Yülgata  vextheidigt 
und  mit  Schwarz  und  J.  A.  Schäfer  erklärt:  ,,cuni  propter  iter 
iliud  tani  laudabiliter  confectum  iinvenireris  dignus  aliis  supra 
alias ^  h.  e.  m^ho  pluribus\  expeditionibus.  —  XVI,,  3,  werden 
di«  schwierigen;  Accli^ative  zTiiperafortfm  reportßntein  gut  yerthei« 
cKgt,  die  Ultere  Lesart:  Imperatora  repoitante  yerworfen.  — 
XXj  4,  Bei  den  offenbar  vevdprhenen  Worten:  cum  ahactushospi^ 
tum  eooerpereterkiHrt  sich  derVf.für  die  Verbesserung:  c.  abactus 
hoipitum  exercitüSf  oder  für  die  eines  Recensenten  m^der  Jen. 
Liter.  Zeit.  1796  Nro.  346  t  abacti  hospitum  gre^es',  da  Gierig's, 
VerbesserungsvpKscbläge^als  zu  kühn  und  gewaicsäai  abgewie^ 
sen  werden  mufsten.  — ,  XXII,  1.  (Nam  priores  invehi  et  im- 
portari  solebant,  non  dicp  etc.)  wei^den  die  Behauptungen  voa 
schwarz  (als^enn  «o/i  dico  stets  zu  d^m  bedeutenderen  Ge?» 
danken«  sed  aber  zum  schwächeren  gesetzt  werde,  während 
mehrere,  vom  Verf,  angeführte  Stellen  gerade  das  Gegentlieil 
beweisen)  und  Gierig  widerlegt,  der  Sinn  der  Stelle  aber 
richtig  so  aufgefafst:  ,|die  früheren  Imperatoren  pflegten  nicht 
blos  atif  einem  Viergespanh  von  weifsen  Rossen  in  did  Stadt 
einzuziehen  (was  selbst,  unsere  Vorfahren  bei  einem  C^tmillus 
aulfallend  und  tadelnswerth  fanden),  sondern  sogar  auf  den 
Schultern  der  Menschen,  was  ein  Zeichen  von  noch^röfsere'c 
A^imafsung  und  Stolz  war.*«  So  ergiebt  sich  auch,  dafs  die 
Lesart :  ^«04  arrogantius  erat  durchaus  keiner.  Aendetung  oder 
Verbesserting  fähig  ist.  '• —  XXX,  4,  (  -  „sed  supino  etiam  ad 
deünenti  solo  non  pTacido  se  molliijue  lapsu  refugum  absttilerat 
etc)  der. Verf.  erklärt  das  schwierige  detinenti ^  das  man  als  un« 
passend  verwerfen, oder  iii  ein  c/«iiitfrtfi  verwandeln  wollte,  techt 

f>ut  durch«  „quod  remöratur  ac  retlnet  aijua^,  ne  Celerioro  . 
apsit  recedant//  'Auch  mpinus  wird  durch  Vergleichupg  der 
f  aralleUtelle  bei  PlJn.  H.  Na.t,  IX,  2,  1 ;  in  mari  t^m  late  supino 
befriedigend  erklärt,  —  XLI,  1.  wo  der  Verf.  die  Lesart  ei* 
'  niger  Codd.  t  an  tantat  vires  habet  friigalitas  principis,  för  ha/m 
beat  vOTZioht  und  mit  an  eine  neue  Frage  begingt.  ^ — »  XLV, 
4«  Dw  einfache,  von  einigen  Auslegern  nicht, richtig  aufce- 
iafst«  Sinr^  dieser  Stelle  wird  datgdegt,  —  LI/ 5.  (^Lipelbit 
ergo  civibvis  tuis  invicem  contueri  6tc,)  nieint  der  Verf.  müsst» 
d*»«^  **f  Welches  einige  Handschriften  nach  or^o  einschieben, 
wirklich  in  den  Text  aufgenommen  werden.     Bei  dieser  üele^ 

tenbiit  wird  »uch  von   den   beiden  Bedeutungon  des  Ad ver^»  . 
iura«  imk^m  gthandelt.    Es  uiKvv^tbvsjdt^t  näoijich  dcv  Verf. 


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Kajjer  iateretsantr  EriShtungen  am  Livios«  22l 

1)  wo  in  Einem  Satze  zwei  Personen  dasselbe  thun  und  dann 
' invicem  gehttiucht  werde,  oder  2)  WO  es  bedeute,  i^vicissitu« 
dineiH,  qua  vtd  dua'e  unius  actione«  inter  se  sequantur,  v«l 
rem  ab  uno  factam  excipiat  alterius  actio<<  z.  B,  bei  Liivius 
XXni,  28  u.  s.  w.  —  LXll,  3»  (An  parum  saepe  cxperti  su- 
mu^  etc.),  Iil  dieser  für  die  Erklärung  so  schwierigen^  Stelle 
yerinuthet  .der  Verf.,  es  sey  vielleicht:  fuu  -prosit  tuu  zu  strei« 
chen,  obwohl  er  die  Schwierigkeiten,  die  dann  für  die  Er- 
klärung des  Zusammenhangs  der  nächstfolgenden  Worte  her- 
vorgehen, wohl  fühlt  und  deshs^lb  bescheiden  kein  entschei« 
dendes  U/theil  fällt.  —  LXII,  7.  Hier  ist  wohl  mit  Livi- 
nejus  und  dem  Verf.  zu  lesen:  „quisvis  pi^obatos  senatm  vl- 
ros  sttspuit^^t  wo  der  gew4luiliche  Text  sutcipU  giebt.  — 
JLXXVII,  7.  wo  der  Verf.  die  Vulgata:  «qi^ippo  etiam  Foria- 
/jfl^'yidebatiirindignura«*  vertheidigjt  g«?gen  die  Lesart  einiger 
Codd. :  Formna  und  Fortuna  v.  imli^nius  etC. 


lnl0r^^ante  Erzählungen  oder  Ausu^ahl  anziehender  and  fiir  die  Kennte 
Ttifs  des  Römischen  Alttrthums  lehrreicher  Abschnitte  aus  T,  U^ 
viusy  zum  Behuf e  eifier  zwevkmäfsigem  Vorbereitung  zum  Vet^ 
stehen  dar  Römischen' Classiker ^  hauptsächlich  fUr  mittlere  Ab^ 
theilungen  gelehrter  Schulen ^  9on  Dr.  Carl  Philipp  Kayser, 
Director  und  Professor  des  vereinigten  Gymnasiums,  Bibliothekar 
und  Professor  der  Universität  zu  Heidelberg»  Zweite  ,  'verbesserte 
AusMabe,   \  1824-   Erlangen  bei  Palm*     XXIV  unfi  652  Seiten,    8« 

2  fl.  24  kr. 

Der  Titel  des  Buches  deutet  schon  an,  dafs  es  damit  auf 
nicht»  gt^ringeres  abgesehen  sey,  als  darauf,  die  unzweck- 
inäi'iigeu  Lateinischen  Autoren,  die  in  den  mittlerh  Classen 
i/elehrter  Schulen  gebraucht  zu  werden  pflegen,  aus  ihrem 
,laug^,  wieviroLl  mit  Unrecht,  behaupteten  Besitze  zU  ver- 
diüngen  und  den^  Lehrern  Gelegenheit  zu  ^eben,  ihre  Zöglinge 
.auf  ^iwt  zugleich  anziehendere  und  den  Geist  belebendere  Art 
mit  der  Lateinischen  Sprache  aus  der  classischen  Zeit  und  mit 
Vlen  seihst  in  Bezug  auf  das  Verstündnifs  dieser  Sprache  wich- 
tioen  Ansichten  der  akenWelt,  dem  Leben  und' den  Sitten 
der  Kömer,  wie  auch' vornehmlich  mit  der  Einrichtung  ihres 
Staates  bekannt  zu  machen  uml  so  gründlicher  für  die  hö- 
hein  Classen  vorzubereiten,  als  es  ht'i  denx  Gebrauch  der  ge- 
wöhnlichen Autoren  möglich  ist.  In  der  Vorrede  habe  ich ' 
versucht,  die  Gründe  f(Jr  die  Einführung  dieser  Auswahl  aus 


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233  Kajs^ .  interessant«  EaShIupgea  aus  Lmm. 

deiö  "grofsen  Werke  eines  tJer  vörzliglichsten  Schriftsteller  aus, 
ehian<it;i:  zu,  3eteen  und  die  muthraaXslichen  Eipweildungen 
dagegen  zti  heben,   auch  die  Methode ,    welche   ich  bei  dem 

•     iDeorjährigen  Versuche,  den  ich'eelbst  damit  angestellt  habcy^ 
^ach  ihre'n  Gründzög^n  zu  beschreiben.     Ich  biii   atier  weit 
entfernt  zu  glauben,  tlafs  sie  den  Kampf  mit  dem  unbeugsa«    . 
inen  Eigensinne  de^  V^purtheHs  und  des  Widersprlichsgeistes'J 
mit  Verkehrten  Rücksichten,,  mit  Unkenntnils  und  Ungeschick- 
lichkeit, welche^letztcren  nur  gar  zu  geneigt  sind ,  aus  einer    , 
Mticke  einen  Elephanten  zu  machen  ,  leicht  und  glücklich  be-  * 
stehen  werde,  denn  Gründe  wirken  insgemein  nur,  wenii  man 

.,  init^  Unbefangenheit  und  Bereitwilligkeit  ih'nen  Eingang  ge^ 
•tattet  und  sijBh  also  durch  sie  überzeugen  lassen  will.  Darum'^ 
Jiatte  in  einem  äbnUchen  Falle  Cicero  Recht  vordu&auschicken: 
experia'r  equideiii:  sed  inagna  res  est;  animöq^ue  mihi  oJ»uff 
e9%  npthrepugaante  (Tu^c.  disp.  II,  5),  Erfreulich  mufste  es 
mir  \n  dieser  Beziehung  seyn,  dieselbe  üeberseugung  von 
;  der  IWöglichkeit  und  Nützlichkeit  der  Benutzung  Livianischer 
Stellen  in  den  untern  Ciassen  bei  dem  Hrn.  Prof,  Krebs,  ei- 
nem erfahrnen  und  einsichtsvollen  Schulmanne,  zu  finden,  Wel« 
"  eher  in  der  Vorrede  zur  5ten  Ausgabe  seines  Lat.  Lesebuchs/ 
für  die  ersten  Anfänger.,  Seite  V>  sagt;  ,, Welcher  Schrift- 
Steiler  zuerst  zu  lesen  sey,  diarüber  pflegt  man  oft  in  Verle- 
genheit zu  seyn,  A«i  besten. ist  wohl  der  junge  Lateiner 
dur(^h  eine  Geschichte  Roms  in  xjie  Sprache  der  Römer  ein zu- 
*  führen.  Daher  greift  maheher^zum  Eutrop,  wiewohl  dieserj^ 
schon  als  einer  der  spätern  Schriftsteller,  von  der  I:#ectüre  in 
Schulen  auszuschließen  ist,  dabei  aber  durch  seine  magere, 
dürte  und  reizlose  Erzählüi^g  das  Gemüth  der  jungen  Leser 
nicht  ergreifen,  noch  sie  zum  Studium  der  Sprache  anlocken  , 
und  aufmuntern  wird.     D9gegen  ist  wohl  unteV  den  bessern 

.  vSchriftjjtellern  keiner  mehr  dazu  geeignet,  als  Li  vi«^  ,  wenn 
nur  da  und  dort. die  weniger  uns  interessirenden  Stellen  aus- 
gelassen werden.  Daher  hab*  ich  einen  solchen  Versuch  hier 
mit  dem  ersten  Buche  gemacht,**  ,   , 

Die  neue  Ausgabe  meines  Buches,  unterscheidet  «ich  von 
der  frühern,  aufser  manchen  Veränderungen  in  der  Auswahl 
der  Stücke,  lateinischen  Columne^-Tite.ln ,  die  den  Inhait 
jeder  Seite  andeuten,  u.  dgl.,  hauptsächlich  durch' die  Vermeh- 
rung mit  verschiedenen  wichtigen  Artikeln ,  die  auf  die  Fabel- 
iieit  und  auf  die  Geschichte  der  Verfassung  de^  Römischeii 
Staate!  Bezug  habend  wozu  Niehuhr's  geistvöjle  Forschungen, 
deren  Ergebnisse  auch  am  gehörigen  Orte  itn  Auszüge  mitge« 
tbeilt  oder  nacligewieseu  3»nd ,  Veruüilassung^  gegeben  haben. 


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PSdagoguehe  Lkeraton  S33 

Noch  ftige  ich  hintu,  dafi  das  Buch  in  seiner  <nrsten  Gestalt 
bereits  durch  einen  hohen  Erlafs  des  Kprfflrstlich. Badischen 
Ev.  ret.  Kirchenratbs  unter  dem  1.  April  J805  in  dem  hiesi- 
gen Gymnasium  eingeführt  worden  ist ,  und'  dafs  ich  die  zu 
ineiner  Kenntnifs  gelangenden  Einwendungen  gegen  den  Ge- 
brauch dessetben  in  den  mittlem  Classen  der  Gymnasien,  da 
dies  mit  dinr  Schulmfinnern  und  Schulvorstehern  nicht  gleich«« 
gültigen  Frage  f  welche  Autoren  man  in  diesen  Classen  vorzüg* 
jAch  zu  benutzen  habe,  und  ob  es  wohl  gethan  sey,  Luther's 
nath,  die  Bücher  zu  wenigerh  nnd  zn  erlesen  die  besten, 
auch  hier  zu  befolgen,  oder  nicht,  in  Verbindung  steht,  in 
Seebode's  Archiv  für  Philologie  und  Pädagogik  sorgfältig  ^u 
prüfen  und  gewissenhaft  «a  würdigen  gesonnen  sey. 


FnimÜtl^ge  Jahrbücher  d$r  aHg$m$ih9n^  dentschsn  Volksschnhn  ^  hst^^  ^ 
ausgegshen  von  Dr»  Schwarz,   Prof,  der  ThcologiA,  und  Grofsh, 
Bad,  Och,  Kirclienrath  zu  Heidelberg  f  D.  PPagner^    Orofsher9. 
Hess,  Kirchen  *  uud  Schul rath  zu  Darmstadt ;    tCJutel  ,  Königl, 
TVUrtemb,  Oberconsistorimlrath ,    Oberhof prediger  und  Prätat  %U 
Stuttgart :   t),  Schellenberg ,   Herz,  Nau»  Kirchen»  u,  Obesrcfml-^ 
tnth  zu  IViesbadenm      Erster  Dd»  2  Hefscf  Darnutadt  hei  Heyer 
und  Leske  18l9.   8.   (528  S.)  3  fl.  36  kr.     Zweiter  Bd.    2  Hefie^    . 
Ebendas,  18^2  u,  1823.   (489  S.)  auch  3  fl.  36  kr.      Dritter  Bd, 
2  Hefte,   Heidelberg  und  Sjreier  bei  A.  Üfswald,  l823.   (i%2  und    . 
200  \S.)'4  fl.      Vierter  Bd.  i  Hefte^  Ebettdas.  «824.   (l92  «.  I96 
S.)  i  fl.  36  kr. 

Die  Bestimmung  dieser  Zeitschrift  ist:  den  SchulbehÖr- 
den  nnd  Schullehrern  vollständig  den  Zastand  der  deutschen 
Volksschulen,  und  der  dahin  gtfhörigen 'Literatur,  zugleich 
mit  interessanten  Nachrichten  über  das  Schulwesen,  aus  dem 
Auslande,  mit  zeitgepilifsen  Abhandlungen,  HathschlMgen  und 
Bemerkungen  vorzulegen,  und  so  das  Statistische,  Literäri-^ 
^che  nnd  Instrnctive  für  diesen  Zweig  deg  Schulwesens  so  viel 
möglich  in  umfassender.  Uejiersicht  tum  begründeten  Urtheiie 
isusamrtien  zu  sttllen.  Sie  hat  die  Einrichtung  als  Jahrbücher, 
weil  sich,  so  wie  Gott  sey  Dank. unser  im  Fortschreiten  be* 
grifl'ents  Schulwesen  selbst,  ^o  auch  die  vollständige  und 
'rundliche  Kenntnifs  desselben  sich. nun  in  periodischer  Dar- 
egung  eilt  wickfein  kann.  Freimüthig  sind  diese  Jahrbücher, 
Weil  sie  keiner,  Autorität  dm  Person  oder  Mode,  keiner  For« 


f, 


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234  /     Maotb  Gesqhiobte  des  Ostgothisokoa  Reiches« 

tei  för  und  wider  dienen ,   Li,  Iceine  Persönlichkeit  eingehen, 
audi  nicht  dem  Zeitgeiste  frdhiien^  der  ei^  buntes  ÄDtrlei  in' 
oiFentlichen  Blättern  liiAtt^    sich  '^n   grellen  Meinungen  und 
guchrwühl  an  schmähendem  Zank  und  Streit  ergötzt.:  sondern 
weil'^ie,  uuhekrimmert  um  dieses  und  jenes,  xiur  in  der  wich- 
tigen Angelegenheit  und  für  dieselhe  arbeitei^  und. nichts  an* 
'  ders  auinehmen,  als  was  nach  dem  erfahreneiy  und  gemeinsa- 
men Urtheile  der  Betau sgeher  rauch  wirklich  den  Oberen  und 
Untergebenen  im  Schulwesen  zur  bbsten  Wirlisamkeit  nützen 
mag«     Dahin  rechnen  wir  vorerst  die  Mittlieilung  aller  Ver« 
Ordnungen  die  Volksschulen  betreffend  ,  so  wie  sie   nach  und' 
nach  erscheinen;  dabei  Erinnerung  an  ältere;  wie  anch  meh- 
reresf'ür  die  (reschichte  der  Schulen,     In   den  ersten  Bänden 
ist.  eine  kurze  Geschiebte    <ier  Vplksschulen  in    Deutschlana 
iseit    dem    siebenjährigen  Kriege,    und    eine,  ausführliche  der 
.  Nassauischen  Schulen  eiilhaltttn.    Noch  andre  historische  Nach. 
^  richten  finden  sich  in  den    folgenden  Bänden.      Die  neueren 
Schnlverordnungcn  aus  mehreren  deutschen  Staaten  sind  eben- 
falls bereit^   ipitget heilt.      Auch   enthält  jed«r  Band  einzelne 
praktische  Abhandlungen.      Die  kritische  (Jebersiclit  der  Li- 
teratur ist  in  den  letzteren  Bänden  angefangen,    und  wird  uns 
bald  zu  d^m  Ziele  führen,  dafs  wir  mit  begründetem  Urtheile 
unsernLiesern  die  bewährtesten  und  dienlichsten  Schriften  für 
.   die  einzelnen    Zwecke    unter   den  bisherigen    in  bessiuimter 
Auswahl  angeben  können,  und,  bei  den  weiter  erscheinenden 
das  Verbältriifs  einet  jeden  t,i\  diesen-vor  Augen  legen.     Jedes 
Jahr  erscheinen   2  Hefte,  zusammen  von  24  Bogen;    und  so 
-wird  zur  Ostermesae  xlas  Iste  von  diesem  Jahrgang  iQ26  dem 
TiftbliGum  übergeben. 
'    .  ,         Schwarz^ 


Ceschit^to  des  O^^gotkUahen  Reichs  in.  Italien  ^  von  J,  C»  F.  I}jIanso, 
Breslau,  Joseph  Max  u.  Comp.  1^24.  8.  490  S,    2  Kthlr,  16  gr« 

Nicht«  iftt  erfreulieber,  als  wenn  man  die  Arbeit  eines 
befreundeten  Mannes  anzeigen  soll,,  tind  dann  nur  von  einoi^ 
Gelehrten  zu  reden  hat ,  dessen  Eigenschaften  überall  g^each- 
tet  sind.  Wem  wärp  unter  uns  unbekannt  ^  welche  grofse 
Verdienste  Hr.  Manso  im  practischen  Lehen,  um  die  Bildung 
einer  tüchtigen  Jugend,  Jahre  hindftrch  schon  gehabt  feat  *^ 
Welcher  Deutsche  wüfate  niciht,  dafs  er  in  ganz^  verschitJde* 
neu  i'ächern  der  Literatur  nicht  blo^  Vi.'rdiei.ste  bat,  sondern 


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Manso  Getehiditt  d«t  Oitgptbiidiea  BeiobM.  235 

überall  als  Erbalter  des  guten  Geschmäcks^,  als  Lehrer  knilder 
Weisheit 9  als  für  jede  gute  und  weise  RicKtung  der  Jüngern 
Zeit  empfänglich,  gf'gea  jede  tolle  und  verkehrte  fest  uad  ge- 
rüstet unter  den  Ersten  glänzt?  Gelehrsamkeit  undGes^mack^ 
-Gründlichkeit  und  fliefsender  Vortrag  sind  in  seinen.  Arbeiten 
so  innig  verhundep,  dafs  man  nothwendig  bei  einem  neuen 
Werke  von  ihm  zuerst  fragen  muls ,  \varum  er  ^  der  Sprache  ' 
und  Sache  Meister,  den  einen  oder  andern  Styl  vorgezogen 
habe,  und  wie  er  ihn  der  Materie  angepafst.,  So  hatten  wir 
z»  B.  bemerkt ,  dafs  er  in  seiner  Geschichte  des  Freufsischeil 
Staates  vom  Hubertsburger  bis  Tsum- Pariser  Frieden  eine^  man 
möchte  fast  sagen,  ängstliche  Mühe  auf  den  Styl  gi^wendet 
hatte  und  glaubten  schon,  eine  ihm  nicht  eigenthümliche  Ma- 
nier darin  zu  erkennen,  die  bei  aller  VortreJBFlicfakeit  dennoch 
für  uns,  die  wir  täglich  die  Alten  lesen,  etwas  Peinliches 
hatte.  Schon  dachte  Kef^  der  Verf.  wolle  diese  Manier  an  die 
SUlle  seiner  vorigen  Leichtigkeit  setzen;  er  findet  aber  jetzt, 
dals  er  sich  sehr  getäuscht  hatte.  Herr  Manso  hat  aus  guten 
Gründen  für  den  leichten  StolF  den  schweren  Styl  erwählt,,  er 
hat  dtin ,  was  er  aus  der  Tagsgeschichte  nahm  ,  und  was  ihm 
oft  unter  den  Händen  zerrann  ,  durch  antike  Form  eine  edle 
Gi'Stalt,  und  dem  Körper  vorüber  wandelnder  Erscheinung 
durch  das  Gewand  der  an  Sentenzen  reichen  Sprache  einen  wür* 
digen  Schmiick  gegeben.  Ganz  anders  schreibt  er  die  Ge- 
schichte der  Ostgothen.  £r  selbst  t;-itt  zurück,  er  läfst  statt 
des  theiloehmenden  Betrachters  der  Gegenwart,  den  ruhigen 
Lfehrer,  der  die  Kenntnifs  der  fernen  Vergangenheit  zum  Heile 
der  Zeitgenossen  mild  und  sanft  anwendet ,  hervortreten. 
Gründliche  Kenntnifs  der  verschiedenen  einzelnen  Verhält- 
nisse, gelehrte  Untetsuchungen,  die  ^r  schon  früher  über 
den  Gegenstand  bekannt  gemacht ,  philologische  und  kritische 
Behandlung  der  sehr  schwierigen  Liiteratur  der  Zeit  bereph« 
tigten  ihn,  entscheidend  zu  herrschen,  s*. ine  Bescheidenheit 
ist  aber  seiner  Gelebt ^>tmkeit  gleich.  Es  ist  freilich  nicht 
die  ganz  leichte,  oft  zu  nahe  der  Wielandischen  verwandte 
Sprache  des  jüngeren  Manso,  «s  ist  ein  ruhiger ,  ernster,  rei- 
ner, durchaus  belehrender  Styl ,  und  man  ist  in  Verlegenheit, 
was.  man  mehr  loben  .soll,  aas  GrOnrilicbe  und  Passende  der 
Noten,  die  Menge  gelehrter  und  anzielit^nder  Bemerkungen, 
sowohl  in  den  Nütt;n,  als  in  den  Beilagen,  oder  die  ruhige 
und -edle  Haltung  des  Vortrags,  die  Keinhelt  der  Sprache,  die 
Entfernung  aller  AfFeclation.  Solche  Werke  fehlen  den  Deut- 
schen, solcher  Werke  bedarf  unsere  Jugend,  wenn  nicht  bald 
JZ^iteii  eintreten  »uUuu,    wo  eines   deutschen  Cassio^or  und 


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236  Manio  Ofschick^e  ^gi  O&tgotkucben  Reiches»  ^ 

EonDcfiiis  Styl  uns  aanz  anäors  und  vreit  besser  gefällt  ^  als 
cfer  Styl  eines  deutscuen  Tacitus  oder  Cicero.*  Wtixke  dieser 
iVrt  sind  es  aNein ,  aus  denen  unsere  Jugend  das  Läcberlicbe 
d^s  Haschens  nach.  Abstractionen ,  des  Gebrauchs  toller  £il*  ^ 
der  nnd  nichtssagender  Redensarten  lernen  kann,  dieser  ruhige 
Ton  kann  sie  aus  dem  Hübnerkorbe  des  Aristophanes  auf  die 
ebene  Erde  wieder  zu  ihren  Brüdern  bringen,  die  in  dieser 
prosaischen  Zeit  ihrer  um  so  mehr  bedürfen.  Je  mehr  .ihr 
Streben  nach  dem  Unerrei<^hbare'n  eine  edle  und  hocbstrejiende 
Seele  verräth.  Geschieht  dies,  ^&o  wird  der  Geschu^ack  und 
die  gesunde  Vernunft  der  deutschen  Nation  aucl^  im  Auslande 
in  £hren  bleiben.  ^  Jetzt  klagen  sowohl  Englander  als  Fraii« 
^oiien,  wir  hätten  uns  die  Kunst  zu  eigen  gemacht»  mit  Vie- 
lem nichts  £u  sagen;  wir  hätten  Worte,  die  ihnen,  auch  wenn 
wir  sie  erklärten  ^  keinen  Sinn  gäben ,  wir  nähmen  den  Mund 
voll 9  bliesen  beide  Backen  auf,  machten  ungeheure  BeWegun-' 
gen,  Tim  am  Ende  Nichts  zu  sagen,  oder  Etwas,  das,  in  an- 
dere Worte  gefafst,  kein  Mensch  angehört  liätte. 

Ein  Buch I  wie  das  vorliegende,  kritisch  durchzugehen, 
würde  der  Verf.  dieser  Artzeige,  eineqri  Mtinn  wie  Manso 
gegenüber  anmafsend  finden,  und  was  w.lie  damit  geholfen, 
wenn  er  hie  und  da  eine  Berichtigung  ausklaubte,  oder  eiiie 
Stelle  nachwiese?  Er  will  lieber  mundlith*  an  des  Verfasser» 
Uahd  durch  das  Werk  gehen,.  und,ihm  hie  und  da  sagen,  was 
■  ihm  gelegentlich  einfiel,  da. er  Weifs,  dafs  der  Verf.  ihm  ver« 
zeiht,  weni^  eine  Bemerkung,  in  der  niclits  Tadelndes  liegt, 
joder  liegen  soll%  mitunter  so  erscheinen  könnte,  als  wenn 
ein  Tadel  darin  liege;  das  X'uMicum  wird  aber  auf  diese  Weise 
die  treffliche  Arbeit  am  besten  kennen  lernen. 

Das  Buch  zerfäJlt  in  zwei  gleiche  oder  doch  wenigstens^ 
nicht  sehr  ungleiche  Stücke,  das  Eine  von  302  Seiten,  das 
Andere  von  188.  Das  Erste  enth.lit  die  Geschichte,  das  An- 
dere gelehrte  Bearbeitungen  einzelner  Urkunden,  die  zu  die- 
ser Geschichte  gehören,  oder  einz^ne  Untersuchungen  und 
ausführlichere  Bemerkungen  über  besondere. Puncte.  VVir  re- 
den^ von  Beiden  besonders.  Man  wird  von  'einem  Manne,  wi^ 
Hr.  Manso,  sich  leicht  denken,  dals  er  die  Geschichte  rler 
Ostgothen  erst  da  beginnt,  wo  sie  eigentlich  historisch  wir<i, 
und  die  frühere  Geschichte  denen  überJäfst,  welche  die  Sagen- 
geschichte fianz  eigentlich  behandeln.  Würde  man  immer 
mit  dieser  Besonnenheit  verfahren  ,  so  würde  weit  eher  lierr  , 
ausgebracht  werden ,  wie  w^eit  sich  noch  eine  Sage  gewinnen 
'  läfst,  und  was  man  auch  immer  gewönne,  d^as  wäre  reiner 
GevFinn  für  die  roesie^    sie  hätte  eiuen|  neuen  Stoff,   wenu 


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Bfaikso  Gesebfohtt  des  Oitgottüiohen  R«iohef^  25? 


\ 


aticb  eigerttliche  GescUchte  und  Sage  sich  ihrer  Natur  nach 
nie  sollten  vereinigen  lassen.  SoJ)ala  man  einmal  die  Sage  als  - 
Geschichte  und  dann  einmal  wied.er  die  Geschichte  als  Sage 
behandelt,  entsteht  chaotisches  Dunkel.  Verstehen  Wir  indefs 
die  Beilage  S.  305  —  309  richtig,  so  scheint  Hr.  Manso  der 
Sache  noch  weniger  einzuräumen,  als  Ref,  doch  thun  möchte/^ 
Nicht  etwa  um  eine  weise  Mitte  zu  halten,  er  ist  jeder  H«lh. 
heit  Feind  y  sondern  aus  Achtung  für  die  den  Germanischen 
-wie  den  Hellenischen  Stämmen  auch  in  den  frühsten  Zeitin 
eigene  Foesio,  die  um  so  reiner  ist,  je  näher  die  Völker  dem 
Zustande  der  Natur  sind.  Wer  hätte,  ehe  Grimm  deA  Schatz 
der  deutschen  Sprache  ans 'Licht  gezogen  hatte,  g:.4i.(cht,  dal's 
Tinter  Schutt  des  Alterthums  solche  Weisheit  l3gß  T  Wer  sollte 
nicht  hoffen,  daffi  auch  aus  dem  Aufspüren  der  Deutschen  und 
Nordischen  Sage,  wenn, sie  vei^finftig  und  langsam  betriehea 
•wird^  ein  eben  so  erspriefsliches  Resultat  hervorgehen  werde, 
als  aus  dem  Studium  der  Indischen  Sptache  und  Literatur^ 
wenn  man  es  wie  Bopp  treibt.  Ref.  ergreift  gern  diese  Gelt»« 
genheit,  um  anzudeuten,  dafs  er  seinen  Spott  nur,  gegen 
-diejenigen  richtet',  die  eher  ärndten  wollen,  als  noch  gesäet 
ist  und  durch  hohle  aber  hochklingende  Reden  die  Jiigend  an 
den  Ort  führen,  vort  dem  Sophocles  sagt,  er  sey: 

Ref.  bemerkt  dies ,  weil  Hr.  Manso  die  Sage  mit  der  Chrono« 
logie  verfolgt,  diese  hat  aber  gerade  da,  wo  die  Sage  herrscht^ 
ihr  Recht  verloren.  Im  Uebrigen  möchte  Ref.  gern  jödes 
Wort,  das  Hr.  Manso  bei  der  Gelegenheit  sagt,  gesagt  habend 
und  stimmt  also  gewSfs  mit  ihm  Völlig  überetn.  Derselbe 
Fall  ist  S*  5  mit  den  Hunnen,  wo  ein  Gelehrter,  der  es  auf 
den  Scliein  anlegte^  die  schönste  Gelegenheit  gefunden  hätte,^ 
einen  ganzen  Flitter  von  Bel^senheit  auszukramen.  Wie  leicht 
hätte  er  bier  aus  Oesguignes  ,  Gibbon  und  andern  eine  Menge 
Dinge"^ beibringen,  können,  um  uns,  wenn  wir  von  Einein 
zum  Andern  gelaufen,  noch  viel  confuser  zurückzulassen,  als 
er  uns  angetroffen  hatte*  nicht  so  Hr.  Manso«  Er  giebt  uns  ^ 
ruhig  und  besonnen  ,  das  Resultat  seiher  Forschungen.  |,An«  ~ 
lafs  und  Zusami^enhang  dieser  Hunnischen  Wanderangen, 
sagt  er,  sind  verborgen  und  werden  es  wohl  immer' bleiben." 
Vrarum  mufs  der  Mann  nicht  noph  in  der  Blüthe  seiner  Jahre 
seyn,  urn  durch  Schriften  und  Beispiel  das  uns  drohende  , 
Cimjherische  Dunkel  orakelnder  Historie  von  uns  zu  webten 
(^mvLick  Aery/v  a/txuvaO  •     ^^^^  ^^^  Hr.  Manso  aus  CoDsequenz 


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i38  M«D8b  <Gese1nohte  des  Offgollils^en  Reiclied; 

liuclilt^in  ülfila  '|)nd  der  Schrifter.findung -unter  den  Goth^n',  so 
wie  an  der  Tflanzung  de»  Chi  istent bums  unter  ihnen  so  eilend 
vprilber  geht,  das  hat  uns,  leid  gethan,  wir  hätten  g«rn 'seine 
Trütung  der  Hypothesen  gelesen^     Wenn  er  aber  S.  ii.  Not.a. 
den  Nanben  der  Amalen  aus  deui  Samscrit  abzuleiten  scheint^ 
so  sieht  naan  ihm  den  Scherz  art ,  iind  mit  Recht; . denn  »o  weit 
sind  wir  mit  dem  Samscrit  noch  nicht.      Dächten   doch  die 
llerrA)  4lie  Jetzt  Alles  aiis  der  eben  neu  getriebenen  Sprache 
ableiten  wollen y  nur  daran  ,  wie  nahe  das  Arabische  und  He« 
J)räische  sich  sind,  welchen  Spuk  man  seit  eine^  h;jlben  Jahr- 
hundei-t  mit  dem  Ableiten  getrieben,  und  wie  (jfisenius.auf 
einnrial  das  ^anze  Gebäude,  des  Efklärens^ ^er  Bibel  aus  dein 
eilig  durchblätterten  Golius  erschütterte!    Und  doch  war*es 
ein  Schultens  und  ein  Michaelis  (welche  Männer  I^i  die  hier 
clie.Ohoragen  machten.        Ganz    vprlrefiFlich   führt    uns  Seite 
j5 — 29  Herr  Manso  in  ckas  Innere  der   Politik   des  elenden 
Byzantinischen  Hofs,  und  man  schaudert,  wenn  man  bedenkt,' 
wie  wenig  die  Historie  4ienerzigt  wird,  da  doch  ganz  deut- 
lich ist,    dafs  der    Constuntinppolitanische  Kaiser,    wie   der 
letzte  Frai^zÖsi&cht*  König  vor  der  ReLVolution ,  und  aucli  Bo- 
nnparte   dadurch   untergingen,    dafs    sie    sich   unmoralischen 
^  Menschen  hingaben,   <\'te  sich  för  recht  klug  hielten,    wenn 
sie  weder  Treue  noch  Glauben  ^iewahrten,     Dafs  Hr.  Manso 
auf  den  einzigen  Helden  ,  den  ihm  seine  Geschichte  zeigt,  auf 
den  Theod.eri.ch,  nichts  kommen  liflst,  das  wird  man  von  ei- 
nemi  Manne,  .der    den  Plan   einer  Historie  zu  machen  weifs, 
ganz  natürlich  finden,    dufs  er  aber  dabei  der  Wahrheit  nicht 
ijjjfreu  wird,  dafs  er  nicht  Floskeln  an  die  Stelle  von  Wahr- 
heiten setzt,    das   wird   man   ehren    und  loben   müssen;  man 
vergleiche  die  neun  und  zwanzigste  Seilet      Von  der  dreifsig- 
ste^ji  an  giebt  er  eine  Uebersicht  der  damaligen  Lage  von  Ita- 
lien, als  gegen  dieses  Land  sich  Theoderich  und  die  Seinen  in 
,  ,  Bewegung  setzten/     Den  Odoacher,    den   Herr  Manso,    um 
Theoderich  als  dem  Hauptcharakter '  nicht   zu  schaden ,  nicht 
eben  sehr  hervorhebt ,  neunter  einen  M'ann  von  Ungewissen 
Volke,  wahrscheinlich  von  deutschem  Stamm,««     Wenn  wtr 
es  gleich  billigen ,  dais  Hr.  Manio  Odoacher  nicht  ebjen  bcf- 
8on.ders  hervorhebt,  so  hätten  wir  doch  gewünscht,  dafs  er 
S.  45 — 46  mit  etwas   stärkeren  Zügen   bömerklich  gemacht 
•    hätte,   wie  schändlich  Theodc;rich  gegeu  ihn  bandelte.      E». 
scheint  uns>    als  wollte  Hr.  Manso  die  Wahrheit  de»  Satzes 
ni^bt  zugeben,  dafs  nur  der  reinfe,  Sohn  der  Natur  oder  nur 
der  durch  und  durch  Gebildete  den  wahren  Menschen  ^m  Bif« 
sen  tragen,  dafs  aber  beim  balb  Gebildeten,  oder  gar  beim 


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ICavuo  Gttehicht»  d«s  Oi^othuebeiy  R«l«hei.  23^ 

^lalbbarlar  stets  <)er  Egoismus ,  <Ier  Feind  jeder  HamanitSt, 
obsiege.  Der  Sata  giebt  uns  den  JVIaasstab  des  Urtheils  föc 
Tbeoderichs  Leben.  Der  Anfang  ist  Mord,  Raub»  Treu- 
losigkeity  Wildheit ,  denn  es  sind  dies  die  Mittel  grofs  zu 
werden.  Die  Mitte  ist  Weisheit,  Milde«  Gerechtigkeit, 
scheinbare  Achtung  fOr  Bildung,  der  kluge  Mann  steht,  dafs 
dies  die  Mittel  sind.,  das  Erworbene  su  behalten  Das  Ende 
ist  Ai'gvirohn,  Zorn,  Grausamkeit,  Harthersigkeit,  denn  er 
fohlt  sich  bedroht,  das  Erworbene  zu  verlieren.  Wenn  Hn 
Manso  S,  641  Not.  c  den  Ret.  berichtige,  ^o  hat  er  gsmn 
Hecht,  %  er  sieht  Jetzt  wohl  ein,  dafs  er  Unrecht  hatte,  aus 
den  Stellen  mehr  zu  schliefsen,  als  dafs  gerade  die  Gepiden 
den  Landeseiawohnern  beschwt  rlicb  wurden  und  dafs  ihnen 
Cassiodor  oder  Theoderich  Erleicbteriu^g  schalten.  Wir  wol« 
len  uns  bei  dieser  äufseren  Geschichte  nicht  lilnger  verweilen, 
um  auf  das  zweite  StAck  überzugehen,  welches  iUier^chiieben 
ist'.  Innere  Geschichte  des  Ostguthischen  Reichs  unter  Theo- 
derich dem  Grofsen.  Der  Verl',  geht,  davon  aus,  dafs  er  fin« 
s<^2fulich  zu  machen  sucht,  wie  es  eigentlich  mit  der  Ansie- 
delung der  Gothen  zuging,  und  geht  dabei  atif  die  Ursachen 
der  Verödung  Italiens  und  deren  Geschichte  zurück.  Dabei 
macht  der  Verf.  eine  Bemerkung,  die,  so  naiie  sie  auch  liegt, 
doch  dem  Ref.  entgangen  war,  die  er  daher  hierher  setzen  will. 
„Eihe  andere  Bemerkung,  heifst  es,  die  nicht  weniger  hier« 
ber  gebort y  ist,  dafs  der  Verlust  an  Ländereien  nicht  die 
niedere  Classe  des  Volks,  sondern  die.  Reichen  ,  die  Eigene 
tbümer  des  Bodens  ,  traf.  Der  grolse  Haufe  wurde  durch  die 
vorgenommene  Zerstückelung  scnwerlich  ärmer  uui  unglück- 
licher. Er  fuhr,  allem  Anzeichen  nach  ,  unter  Tbeoderich 
fort,  von  dem  Ertrage  seiner  Arbeit,  von  besoldeten  Aemtem, 
vom  Hofe,  von  Pachtungen  und  von  Spenden  zu  le*ben,-wie 
unter  den  Kaisern,  und  genofs  nach  \vie  vor  die  Vergnügun« 
gen  des  Gircus  und  def  Schauspiele«  Sein  Loos  blieb  im  Gan- 
zen cewifs  das  Alte.  Däg&gen  l&onnte  die  EinbiiTse,  welche 
dir  Besitzer  grofser  ,  vielleicht  übergrofser  Landgüter  durch 
den  verminderten  Umfang  erlitten,  nicht  anders,  alswohjthä- 
tig  auf  Ackerbau,  Bevölkerung  und  Ausbildung  wirken*  Das 
kleinere  oder  verkleinerte  Gut  war  leichter  zu  übersehen  uiid 
£u  bewirthschaiten  o.  s.  w«  Nur  eine  Bemerkung  möchten 
wir  uns  erlauben;  es  scheint  uns,  als  wenn  das,  was  Herr 
Manso  hier  Haufe  nennt,  nicht  mehr  existirte,  man  möchte 
denn  den  Pöbel  der  grofsen  Städte  d%^für  nehmen.  Gerade 
dieses  war  das  Unglück  der  letzten  Zeiten  des  Römischen 
Reictu  tutd  droht,  das  Verderben  von  Europa  zu  werden,  es 


f> 


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240  Manso  Geschichte  del  Ostgothisohen  Reiches. 

.gab  nur  Sciaven  und  reiche  Schweiger,  der  Mittelstand  Vor 

.  dahin.  Pias  ist  indessen  gegen  den  6atz  selbst  kein  Einwurf, 
hebt  ihn  vielmehr  nur  stärker  hervor.  Beider  innern  Verwal» 
tung  Theoderichs  kömmt  dann  natürlich  Hr.  Manso  auf  Cassio* 
dor  und  verbindet  auf  eine  feine  Weise  Schonung  und  Zart, 
beit  mit  histoiischer. Gerechtigkeit.  Hef.  bemerkt  dies  um  so 
lieber,  da  er  von  sich  sagen  mufs:  video  mejiora  probocpie 
deteriora  sequor*  S.  88  heilst  es:  So  trefflich  er  (Cassiodoi*) 
indefsalle  diese  Aemter  a&um  Besten  des  Staats  und  seinem  Ya^ 
tf^rlandes  benutzte ,  so  diente  er  doch  beiden  noch  mehr  durch 
die  persönliche  Zuneigung  des  Königs,  die  er  er  sich  eben  so 

/  geschickt  zu  erwerben  9  als  ungeschwScht  zu  erhalten  wufste, 
und  um  die  ihn  gewifs  nur, wenige  beneideten ^  weil  er  sie. 
s^ii  besitzen  verdiente.  O.b  derVerf.-den  letzten  Satz  aus.  der 
Erfahrung  6der  aus  seiner  guten  IVIeinung  von  der  Menschheit 
ni^nmt,  das  weifs  llefvnicht,  er,  obgleich  au9h  schon  über 
die  NeFge  der  Jahre  hinaus»  kann  sich  nicht  rühmen,  diesge« 
sehen  oder  erfahren  zu  haben  , —  doch  Hr.  Manso  ist  um  meh- 
rere Jahre  älter.  Dann  handelt  der  Verf.  ausführlich  vom  Ge- 
richts- und  GesetÄwesen  und  der  Rechtspflege  unter  Theode- 
rich ^  wo  es  uns  nur  scheinen  will,  als  hätte  der  gute  König 
^an  der  Einsicht  und  Beurtbeilung  seiner  Kömer  zu  viel  i^ntheil 
erhalten»  Die  Gothen  Jübrigens,  wenn  ihrer  auch  nicht  so 
gar  wenige  waren,  als  S^torius  behauptet,  bildeten  doch  bei 
weitem  die  Minderzahl.  In  Beziehung  auf  die  Grundsteuer 
unter  d^n  Gothen  hat  ür.  Manso  zwei  Fragen  aufgeworfen. 
Bei  4®r  Ersten,  wie  ward  sie  erhöben ?  wollen  wir  un^  nicht 
verweilen,  in  Rücksicht  der  Zweiten  aber  gestehen  wir,  dafs 
uns  bei,  der  Beantwortung,  die  Hr.  Mansp  durch  zwei  Stel- 
len des  Cassiodor  giebt,  doch  noch  manche  Zweifel  übrig  ge- 
blieben sind.  Herr  Manso  fragt ,  wer,  zahlte?  Die  Antwort 
ist,  nicht  blos  dieUeberwundenen,  sondern  in  eben  dem  Ver* 

.  hältnifs  aucb  die  Ueberwinder,  Dies  stunde  im  Widerspruch 
mit  Allepi,    was  wir,  von  den  Germanischen  Völkern  wiesen, 

'  eine  regelmäfsige  Abgabe,  war  ihnen  Zeichen  des  iDienstes, 
nur  fireiwillig  Geschenk  gabeln  sie  den  Königen  willig.     « 


IBeschlu/s  folgt,} 


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N.  16.  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher   der  Literatur. 


Manso  Geschichte  des  Ostgothischea  Reiehs 
in  Italien.  ' 

.  Wir  wfirden  daher  auch  die  Sache  viel  einfsichf  fassen  und 
Alles  am  den  Einrichtungen  des  Occidentalischen  Reichs  kura 
vor Tbeodertchs Zeit  herleiten,  nicht  von  den  Ostgothen.  Wie 
Würden  aber  hinzusetzen,  dafs  Theuderich  zwar  das  Alte  lieis 
oder  herstellte^  dagegen  aber  das  Unerschwingliche  abschaffte, 
das  Di^ückende  mitderte  und  im  Nothfall  durch  Requisition 
erhob,  was  für  den  Augenblick  nötbig  war.  Mehr  mit  Theo- 
derichs  Ferson  zusammenhäng^d  ist  aber  das,  was  der  Verf. 
S.  111  ober  das  Gothische  Kriej^swesen  sagt;  wo  wir  nur  S. 
121  bei  der  Flotte  einen  Anstois  h^ben.  Hätten  die  G^then 
eine  solche  Flotte  gehabt,  so  scheint  es  uns^  als  wenn  die 
Vandalen  'ihre  Räubereien  wohl  hStten  unterlassen  müssen ; 
auch  hätte  man  vor  den  Griechen  dann  gar  nicht  zu  beben 
brauchen,  die  konnten  keine  tausend  Drömonen  ausrüsten  oder  ' 
unt!erbalten.  £s  scheine  uns,  dafs^reilich  tausend  Schiffe  in 
Cassiodor's  Moniteur  stand.)n,  dafs  es  aber,  bis  auf  eine  ge« 
ringe  .Anzahl,  danift  ging  wie  mit  BcAiaparte's  Englischer Lian- 
dungsflotte,  denn  hätten  die  Gotben  eine  Flotte  gehabt,  nim« 
mer  hätten  sich  Justinian  und  seine  the u er e* Ehehälfte  an  sie 
gewagt.  Die  Epistel,  die  S.  122  Not,  V  citirt  wird,  ist  ei- 
nem rapport  du  ministre  de  la  marine  gleich,  oder  auch  deir 
pomphaften  Ankündigung  von  Handlungsspeculationen  nach  In« 
dien  und  China  aus  dem  innern  Deutschland  über  Bremen  und 
Stettin,  Sehr  erfreulich  war  es  dem  Ref.,  mit  einem  Manne,  der 
die  Literatur  dieser  traurigen  Zeit  so  genaU:  studierrbut,  als  Hr« 
Manso,  in  seinem  ürt  heile  darüber  zusammen  zutreffen,  und  er 
kann  sich  nicht  enthalten,  für  die  Leser  diese«  Blatts  einen  SaIm 
hierher  zu  setzen«  S.  1^4  sagt  der  Verf.:  Der  falsche  Ge- 
schmack der  Producte  der  späteren  Rdmischefi  Literatur  rühre 
her:  aus  der  Begierde,' die  einfachen  Muster  der  Vor« 

XVm,  Jahr&  $.  Heß.  ^  16 


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24^  tb^o  Gesehiiohte  des  OsfgoUuieheii  Reidies.- 

26 it  nicht  8u  erreichen^  sondern—  xu  überbieten •  und 
die  Gemütber  wenigstens  dureli  den  Hei e  der  Neubeit  aü 
blei^dem  Eine  Klippe,  setzt  der  würdige  Mann  höchst 
wahr  hinzu  9  'der  «uktzt  keine  Litei^atur  Z}X  entrinden  vermeg, 
wäre  sie  an  guten.  Sohriftstellem  noeh  so.  reich!  DaAi  doch 
lindere  Zeit  ihn  hörte,  den  milden  JV^ann,  der  so  gern  seiner 
Zeit  und  den  Menschen  überbaujpt  Vieles  nacbrüfam^'y  was  der 
strengere  Richter  tadelt,  ihn^  der  das  Alterthum  kennt,  der 
selbst  Muster  ist  l  Höchst  anziehend  ist  das ,  was  der  Verf. 
von  S.  141'  aft  Hbet  das  Verhältnifs  der  weltlichen  Macht  zur 
geistlichen  unter  Theoderich\  und  über  das  Verhältnifs  der 
Ootbischen  und  AricKnisc^n  Kirche  vur  rechtgläubigen  insbe« 
sondere  gesagt  hat«  Ref.  freute  sich  um  so, mehr  darüber,  da 
er  die  Sache  etwas  sct  flüchtig  berührt  hatte  und  Gibbon  zu 
leichtfertig  ist«  Dafs  Hr.  Man#aGibI|pns  nur  einmal  gedenkt, 
erklärt  sich  Ref.  leicht^  er  setzt  'ihn, voraus,  'Crill  ihn  nicht 
gern  immer  tadeln  und  kann  seinen  Philosophismus  nicht 
brauchen.  XJebrigens  kann  es  auch  zufällig  seyn,  da  er  ja  di^ 
(Quellen  ganz  anders  studiert  hat,  als  Gibbon.  Wir  möchten 
diesen  Abschnitt  fast  den  Votzüglichsten  tiehnen^  bis  auf 
Eins,  die  Art ,  wie  er  den  Boethius,  eineii  der  Heroen, 
nicht  der  dunkeln  Zeiten  allein,  sondern  aller  Zeiten,  hier  ge« 
fafst  hpt,, oder  besser,  wie  er  ihn  nicht  gefafst  und  aus  dem 
Dunkel  der  Vergangenheit  in^  Licht  der  Gegenwart  gestellt 
hak.  Wohl  ist  Gibbon  zu  pathetisch ,  wobl  merkt  man  ihm 
an ,  dafs  es  ihnpi  um  eine  tragische  Scene  zu  thun  ist,  wohl 
sollte  ein  Mann  aus  Voltaires  Schule  sich  nicht  am  Grabe  ei« 
»es  tief  fühlendeii  Edeln  heiser  reden;  aber  eben  darum  hätte 
ein  MansQ  nicht  so  kalt,  so  ruhig  und  gelassen  vorübergehen 
sollen*  Scheints  docht nach  dem,  was  hier  jgesagt  ist,  Boethi|i% 
w^^äre  nur  jener  unseligen<}e)ehrtea  einer  gewesen,  die  über  das 
Blicherschreiben  den  Menschen  vergessen,  hätte  compilirt, 
übersetzt,  sopbi'stisirt  wie  die  Andern,  deren  Platz,  wenn 
sie  am  Neide  pder  Aergerilber  eine  veriehlte  Speculation  ge- 
stoibenr,  leicht  ein  anorer  Büchermacher  aiisfüllt.  Nein,  so 
"war  es  nicht ,  ^Boethius  hat  manche  Segele  zum  Himmel  erho« 
ben.  Er  hat  zur- Zeit  des  Untergangs  der  alten  Cultur,  für 
^as  neue  Geschlecht  den  Saamen  wahrhaft  schöner  und  ,edler 
Schwärmerei  ausgesäet,  welche  später  Barbarei  unci  wilden 
Fanatisgius  milderte;  er  hat  tausenden  von  Leidenden  im  Mit« 
telalter  der  Weisheit  Trost  ins  Herz  gegossen,  und  wenn 
harte  und  wilde  Gewalthaber  sie,  wie  ihn,  mit  grausamen 
Tode  vertilgten,  hat  er  ihnen  den  Flimmel  o£Fen  gezeigt,  den 
jeder  Edle  mit  sich  trägt.     Er  allein,  das  zeigt  die  ^5cbrift, 


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Maato  Oc«diMitt  ^  OilgolUiolittt  Reiekei.  S43 

die  er  am  Rande  des  Grabet  schrieb f  hat  in  den  wiltten  6e« 
filden  roher  Wirklichkeit  auf  daa  seelige  Land  der  Mdglich« 
keit  hingedeutet»  und  da,  wo  die  Selbstsucht  der  Hälbbarba« 
ren  eine  furchtbare  Oede  schuf^  «wig  grflnende  Auen  der 
HoiFnung  und  der  Liebe  bereitet!  Iboi  hätten  wir  hier  ein 
besseres  Denkmahl  als  einen  blofsen  Sandstein  gewünscht«  An 
seinem  vielgesegneten  Grabe  hlBtte  Hr.  Manso  nicht  so  kalt 
betrachtend  yorOber  wandeln  sollen !  Sind  dodi  der  £dlen  im 

(Jansen  Laufe  der  Zeiten  so  wenige!  Lieeeasie  doch  gewdhn* 
idbf  wie  BoethiuSy  den  Schlechten  uncT  den  Heuchlern,  die 
sie  hassen  and  verfolgen,  unter!  Sollte  ihnen  nicht  von  edeln 
Männern  wie  Hr,  Manso  bis  an  4er  Welt  Ende  ihi;  Lob  seyn  ? 
Bleibt  doch  ihr  einsiger  Lohn,  dafs  sie  erst  dann  leben  wer« 
den,  wenn  sie  nicht  mehr  sind,  und  dafs  jeder,  der  reines  ' 
Herzens  ist,  wenn  er  an  ihrem  Grabe  vorObergeht,  oder  ihres 
elenden  Todes  gedenkt,  durch  ein  sit  tibi  terra  levis,  levis 
stet  super  ossa  Japis  ihr  Andenken  ehret!  Wir  hätten  diesem 
Malm  viel  lieber  den  Kaum  S.  167 — 174  sugewendet  gesehen, 
wo  tlr»  Manso  sich  weitläufig  Oher  den  Charakter  des  Theo« 
derich  erklärt,  der  aus  dessen  That4>n  am  besten  hervorgeht^ 
und  dem  man  aus  den  schwQlstigen  Briefen  üt)erfrommer  Leute, 
denen  das  Schmeicheln  ein  Geschäft  war,  doch  liur  sehr  nn» 
vollkommen  kennen  lernt« 

Wir  geben  auf  das  dritte  StOck  Qber,  von  S.  175  an«  Et 
ist*  Theodericbs  unmittelbarer  Nachfolger,  Athalarich,  Ama- 
lasuntha,  Theodat  überschrieben.  Kef.  bat  mit  Vergnügen  den 
Artikel  Amalasqntha  gelesen  nnd  bewundert,  weil  hier  die 
Manier  der  Welt,  ihre  Fehler  durch  einen  Firnifs  su  beschd« 
nigen ,  mit  der  historischen  Wahrheit  fein  verbunden  ist. 
Für  ihn ,  er  gesteht  es ,  hat  die  Bildung,  keinen  Werth  mehr, 
wenn  sie  in  Verbildung  übergeht,  und  eine  Regierung  ,  wo 
Cabaleii  herrschen,  scheint  ihm  eine  schlechte,  die  S4;h)ecbteste 
aber,  wenn  Alles  nach  persönlichen  Verhältnissen,  nichts  nach 
Verdiedst  entschieden  wird.  Wenn  aber  der  Weiber  Leichtsinn^ 
Eitelkeit  und  Lust  das  Schickssl  der  Nationen  bestimmt,  dann 
scheint  ihm  Unheil  und  Verderben  unvermeidlich.  Dies  fiel 
Kef.  ein,  wie  er  S.  i84  I^'i  wo  von  der  Erziehung  des  Sohni 
der  Amaläsuntha  die  Rede  ist,  und  die  Gothen  hernach  einen 
schnöden  Ungehorsam  beweisen.  Wir  dächten,  die 
Sache  liefse  sich  auch  anders  fassen.  Wir  meinen,  Amalä- 
suntha und  ihre  Gothen  hätten  auf  gleiche  Weise  Unrecht  ge« 
babt ,  doch.  Amaläsuntha'  noch  mehr  als  die  Gothen.  Welcher 
edle  Herrscher  würde  nicht  lieber  selbst.untergehen ,  als,  um 
sich  zu  retten,  sein  Volk  unter  fremdes  Joch  geben t    Wir 

16  ♦ 


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244  Manso  Gesehlehte  des  Qstgothisohtn  Reiches, 

haben  bier  gar  nicht  böthig*,  aufdie  Urkunden  ztirQck  zu^gehen^ 
Herrn  Mansb's  Buch  ist  sdbst  Urkunde ,  wir  wollen  also  eine 
Stelle  seines  Buches  geben^  und  überlassen  das  Urtheil  dem 
Leset,  ohne  ein, yVort  weiter  hinzuzusetzen^' Es  heifse  S, 
l84:.))£^  fehlte  indefs  so  viel ,  d  als  die  hochgesinnte 
Frau,  der  man  sogar  die  Räumung  des  Palastes,  zumuthea 
^  Trniedrigungen  fügte,  dafs  sie  vielmehr 

I  I,  sich   m  ihrer  SteJ^ung  zu  behaupten. 

■j  Veise  wufste  sie  die  drei  Häupter  der 

i  ii  tu  trennen,  indem  sie  jeden  mit  der 

^  itlegenen- Provinz  beauftragte,  und  als, 

c  :hts  desto  weniger  durch  ihre  Fref'unde 

1  rfolgen  fortfuhren ,  liefs   sie  in   Geheim 

1  [an  anfragen,  ob  er  wohl  im  Falle  der 

I  derichs  aufzunehmen  bereit  sey  ?  u^s,  w. 

,  ]  [ann  zu  Justinian  nerüJ)er,    wo  er  doch 

c  ir  aber  hebten  hieV  eine  Stelle  aus,  um 

zuzeigen^  dais  seine  histörische/rreue,  seine  Milde  oft  Lügen 
straft.     Er  s^agt  S.  l86 ;    wirklich- gnig^  auch  Amalasuntha  in 
die  Absicht  des  Kaisers  einy  und  ergriff  drie  dargebotene  Gele« 
Igenheit,  um  ihr  Loos  für   die  Zukunft    zu»  sichern. 
Was- zur  öffentlichen  Kunde  gelangte,   war  eine   anständige 
und  genügende  Zurückweisung  der  an  sie  ergangenen  t'orde- 
rungen,    was  heimlich  verhandelt  wurde,    die  Abtretung 
Italiens  an  die  Griechen.     Und  an  Allem  diesem  ginge 
der  .Geschichtschreiber  der  neusten  Zeit,  der  die  Quellen  des 
Völkerelends  so  gut  erkannte,  den  £g\)ismu8  oft  scharf  rügte, 
rüber?    Er  ahndete  keint^i'Hochverrath  ?    Ee 
fs  es  schändlich  und  verbrecherisch  ist,  wenn 
nem  Fürsten  weicht',    dafs   es'aber  hlmmel- 
^erhört  ist,  wenn   ein  Fürst   sein  Volk  auf- 
en  zu,  dafs  A m:\lasunt ha,   als  ein  schwaches 
verdiente,'  dafs  auf  jeden  Fall  der  an  ihr  ver- 
:d  eine  Schändlichkeit  war,  aber  wir  geste- 
is  zu  der  Urbanität  der  feinen  Gesellschaft, 
erall  mild  urtheilt,  auch  wenn  sie  verleumdet 
ht  erheben  können,  dafs  wir  im   diplomati« 
Hr.  Manso  S,  190  zu   sngen  wagten:    „Eine 
ngt  durch  Irrthum,.  Eitelkeit   und  weibliche 
ii  gefehlt;  allein  durch  Bildung  (die  ist  ohne 
wl)  und  von  rechtlicher  Denkungsart  gewifs 
ein  besser  Schicksal  verdient  hätte.«     Am  Ende  dieses-Gapitels 
hätten  wir  mehr  Ausführlichkeit  gewünscht,   da   die  Belage- 
ger ung'^on  Neapel  durch  Belisar^  seihst  liach  Gibbon,  'manche 


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IbyGoOgli^ 


Manso  Geiphiclite  des  Ostgothischen  Reiches»,  245 

Uitistünde  darbietet,  über  welche  man  geri>  das  ürth^il  eine« 
Gelehrten,  wie  Hr.  Manso,  gewufst  hatte.  S.  203  beginnt 
das  4te  Capitel,  überschrieben,  der  Gothen  Unfälle  M^ter 
Vi.tig^s,  Ildibad,  Erat  ich.  Hr.  Manso  jfiufa  hier,  weil 
keine  andere  Quelle  vorhanden  ist,  allein  dem  Procopius  fol- 
gen  ,  das  hat  seine  Unbeqnemlichkeit  bei  der  Manjer  dieses 
Geschieht  Schreibers,  wir.  hätten  daher  auch  gern,  weil  hier 
das  Einzelne  so  r^ich  ist^  eine  topographische  B<^sthreibung 
des  damaligen  Rom,  seiner  Ausdehnung  und  BeschaEFenheit. 
.  in  Vergleichung  mit  der  gegenwärtigen  liocalität  gehabt.  Bei 
Gelegenheit  Mailands  können  wir  erläutern,  was  wir  vorher 
meinten.  Was  Hr.  Mnnso  nämlich  S.  217  von  der  Vernichtung 
dieser  Stadt  erzählt,  kann  sich  nicht  wohl  ganz  und  durchaus 
so  verhalten 'haben.  Wenn  man  nj^mlich  dreim^^lhunderttau- 
send  Schaafe  zu  schlachten  hätte,  wDrde  man  dies  schon  der 
physischen  Anstrengung  wegen  in  gewissen  Pausen  thun  mfts« 
seiif  es  ist  also  nicht  wohl  möglich,  dals  zehntausend  Bur- 
gundionen dreimaHiunderttausend  Männer  in  einem  Ansatz  zu- 
sammengehauen^  Das  ist  wahrlich  kcfine  kleine  Arbeit  I  Die 
Stelle  heifst  bei  Hr.  Manso;  „Keiner  wollte  /die  Gefahr  thei- 
len  ,  die  Thore  wurden^also  geöffnet  und  über  die  Stadt  kam 
Tod  wnd  Verderben.  Alle  erwachsene  Männer,  an  der  Zahl' 
d#eimalhunderttau8end,  starben  durchs  Schwere;  die  Weiber 
fielen,  eine  w^illkommene  Beute,  den  Burgundionen  anheim,, 
die  kleineren  Städte  n,  s.  w.  Die  Aufgalie ,  welche  übrigens 
Hr.  Man  so  in  diesem  Capitel  gelöset  hat,  ist  eine  der  Schwer- 
sten, die  man  ^inem  Geschiclitschreiber  aufgeben  kann.  Eine 
JVIasse  von  Einzelnheiten,  kein  Mittelpuflct  der  Handlung^ 
bei  Procop  oft  in  dem  einen  Buch  posaunpnde  Geschwätzig- 
keit der  Nachahmung  Herodots,  in  einem  andern,  "das  auch' 
seinen  Namen  trägt,  die  schändlichste  Klatscherei  der  Satyre. 
Die  Scene  ist  bald  hie  und  bald  da,  überall  nur  Grausanikelt, 
.Barbarei  und  Elend,  oder  Treulosigkeit  und  Verrath,  d^r  ße'-; 
siegte  so  unwürdig  als  der  Sieger,  Peiglieit  in  Rissen- Lefi- 
bern  \ind  Laster  unter  denen,  die  unlängst  noch  unverdorben: 
schienen.  Selbst  Belisar  ,  die  Hauptperson  dvs  Dräiöa,  von' 
seinem  Weibe,  Amazone  und  Hetäre  zugleich,  bald  verrathen 
und  bald  regiert,,  bald  gestürzt  und  bald  gelmlten  und  ^eho* 
V  43ep;,  ein  Mann,  der  sich  unter  den  W^iberrock  verkriecht, 
und  niederer  IJähsuebt  dient,,  pafst  sich  zum  Helden^einer ^ 
grofien  HündK>ng  nieht.  Nirgends  v  rweilt  das  Auge  mit 
Wohlgefallen,  und  wie  endlich  ein  tüchtiger  Mann  er&cheint^ 
fühlt  «ler  detasche  Sinn  dt^n  herl»en  Schmerz,,  dafs  deutsche 
Männer^    kräftige  Körper^    Seelen^    euiea    ewigen    Namens 


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i4^  Maiuo  Gcjdiieiite  des  Oitgol;hMeheii  Reiolief. 

urtirdig,  unter  einem  entmannten  Zwefs  9  unter  eiheni  su- 
•animengcscbruihpfteh  KSmmerling  ruhmlos  fallen !  £ine  Er» 
bolung,  eine  kurze  Erquickung ,  giebt  (iabe|r  der  Anfiing  des 
5ten  Capitelsy.  t|l>er schrieben*,  der  Gothen  GIüc|c  und  Unglück. 
Änter  den  Königen  Totilas  und  Tejas  und  den  AnfübVern  dei 
Franken,  Man  findet  endlich  zum^  erstenmal  wieder,  einen 
Mann,  Auch  hier,  finden  wir  dieselbe  freundliche  und' feine 
Humanität  wieder 9  die  durch' das  ganze  Buch  geht ^  die  aber 
jemand  I  der  de«  würdigen  Veteranen  Sinn  nicht  bat^  sich  ver« 
geblich  anzueignen  suchen  würde«  Er  wirft,  wie  wir  her- 
nach sehen  werden  9^  das  Elende  in  den^^ Verfahren  des  Byzan- 
tinischen Hofes*  ans  Ende;  aber  dem  Totilas  giebt  er  die  ge« 
.  bohrende  l^hre.  S,  237  sagt  er  von  ihmj  Wenn  gewöhnliche 
Sterbliche  durch  das  Glücl^  Übermüthig  werden  ,  und  sich  gern 
von  dem  gegebenen  Worte  entbinden  9  so  war  dies  Totifas 
Fall  so  wenig  9  dafs  er  sichs  vielmehr  angelegen  seyn  liefs, 
durch  Treue^  Edelmuth  und  Gerech ti'gkeit  den  ihm  gaworde*^ 
»en  Sieg  zu  verherrlichen.««  Dies  wird  dann  durch  Anführung 
des  Einzelnen  belegt.  Die  Geschichte  und  den  Charakter  Be* 
lisars  scheint  uns  dagegen  Hr.  Manso  zu  leicht  zu  nehmen, 
denn  auch  ohne  die  scandalöse  Curonik  herberzuzieben^  heifst 
es. doch  wohl  einen  %u  prosaischen  und  bürgerli<?hen  Stand« 

!>unct  nehmen^  wenn  es  S.  256  in  Beziehung  auf  Belisars 
^tzte  Abrufung  heifst:  9,3eine  Gemahlin  habe  den  Kaiser  ge^ 
'  beten 9  dafs  er  ihrem  Gatten  erlauben  möge,  zurückzukehren» 
und  sie  erhielt  ohne  Schwierigkeit,  was  sie  wünschte.  Beli« 
aar' selbst  säumte  um  so  weniger,  einen  Boden ,  wo  für  ihn 
keine  XiOrbeern  geblüht  hatten ^  zu  verlassen,  je  gewisser 
er  war 9  in  Constantinopel  mit  allem  Glänze  leben  zu  kön« 
lien^  den  bürgerliche  Würden,  kriegerische  Verdienste  und 
ansehnliche  Reichthlnmer  gewähren. <^  Wir  vermissen  hier 
nicht  allein  den  ,  Adel,  der  solchen  Wendungen  nie  feh- 
len sollte  ^  wir  zweifeln  sogar,  dafs  sich  der  Satz,  der  sich 
gutlieseti  historisch  rechtfertigen  lasse.  Völlig  billigen  kön- 
nen wir  es  auch  nicht,  wenn  Hr.  Manso  die  ganze  Schatten. 
'  iieite  hier  übergeht  und  erst  später  ihrer  gedenkt.  Zum  Lichte 
des  Totilas  gehörte  diese  wesentlich:  denn  in  Italien  ward 
nur  die  eine  Hälfte  des  Stücks  gespielt  9  in  Constantinopel 
hinter  den  CouHssen  die  andere.  Wenn  Gibbon  und  andere 
Unrecht  haben «  der  Unterhaltung  wegen ,  das  ganze  Stück  a]s 
hinter  den  Coulis^en  gespielt  vorzustellen)  so  darf  man  doch» 
wo  die  Cabale  sich  so  gütlich  9  wie  bei  diesen  Geschichten 
gezeigt  hat 9  das,  was  hinter  der  Scene  vorgeht,  auch  nkht 
ganz  übergehen.     Wir  erinnern  dieses ,  weil  der  Verf.  nicht 


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Gopgk 


^*  Bfanfo  Getehlehte  äe%  OiCgotliiieheo  Il«iohet;  247 

einmal  sagen  will,  warum  Naries  ganz  allein  e«  durchsetzte, 
dafs  er  eine  AusrOittiing  zu  Stande  Drachte ,  die  Beli««r  so  oft 
, vergebens  gefordert  hatte.  Wenn  Herr  Manao  iiernac^  dem 
FrSnkiscijen  König  Gtld^hert  die  abentheuerliche  Absicht  bei- 
mifst,  Justinian  in  seiner  Hauptstadt  aufzusuchen  »^  so  nahm 
doch  wqU  der  Grieche  Agathias,  dem  er  folgt,  den  Mund  * 
etwas  zu  voll,  oder  mag  auch  der  rohe  Franke  eine  solche 
Prahlerei  aus^estofsen  haben,  er  wufste  gewifs  nicht,  wie 
weit  der  Weg  vom  Rhein  bis-  nach  Constantinopel  sey.  Die 
Ursachen  der  schnellen  Vernichtung  der  so  lange  siegreichen 
Gothen  nach  dem  Einrücken  des  Narses  in  Italien  hat  Herr 
Manso  nicht  ausfdhrlich  angegeben ,  und  wir  sind  darüber  im 
Dunkeln,  wenn  wir  nicht  etwa  annehmen  wollen,  dafs  die 
.  Gothen  durch  die'  Besetzung  ihrer  eigentlichen  Sitze,  die. 
Basis  ihrer  Verth^idigung  verloren  und  sich  lose  in  einem 
Liahde  herumtreiben  mufsten,  wo  ihnen  die  Einwohner  nicht 
bold  waren,  und  wo  sie  nur  hie  (ind  da  einen  festen  Platz  hat«  ' 
ten.  Sehr  würdig  hat  Herr  Manso  die  letzten  und  edeln  An« 
«trengungen  der  Gothen  unter  Totilas  und  Tejas  geschildert,  ^ 
und  ibreXhaten  mit  der  Hede  geschmückt.  Den  fetzten  K^mpf 
iinter  Tejar  berichtet  er  S.  ^75  —  78  mit  Procopius  Worten. 
£s  ist  eine  traurige  Geschichte,  wenn  ein  Volk  nntergeht, 
"wie  dieses,  und  mit  ihm  das  schönste  Land  von  Europa! 
Wenn  Jammer  und  Elend  den  Sieger  verfolgen,  wie  den  Be- 
siegten, wenn  er  sich  seines  Sieges  nicht  freuen  kann  und 
nach  dem  Siege  viel  verlegener  ist,  als  er  vorher  war.  Wenn 
die  Natur  selbst  sich  Sndert,  Schlangen,  Ungeziefer  und  wilde  ' 
Thiere  die  Stelle  der  Menschen  einnehnaen ,  wenn  grausame, 
wilde  Horden  von  den  Enden  der  Erde  her  durch  den  Regen- 
ten selbst  gerufen',  einen  classis<;hen  Boden  zertreten,  und 
die  Cultur  von  Jahrhunderten  vernichten.  Armes  Italien  l  , 
seitdem^  stets  den  Fremden  zum  Haube,  kein  neues  Lebe»^  be« 

fann  je  dort,  wie  in  Gallien  und  Germanien,  nur  ein  Todes, 
ampf,  der  den  JLebenshauch  zuröckhält,  dessen  Entfliehen 
Wohlthat  wäre.  Wo1il  wäre  hier  reicher  Stoff  zu  Betrach- 
tungen über  Menschheit  und  ihr  Verhälttiifs  zur  Gottheit, 
über  Weisheit  der  Sterbli eben  und  des  Schicksals  Nothwendig- 
keit,  über  Werth  und  ünwerth  der  Völker,  über  Weltord- 
iiung  und  Bestimmung,  wenn  man  bedächte,  wer  die  Gothen 
waren ,  die  untergingen ,  wer  Griechen  ^^  L<xngoTiardeh 
und  Pfaffen,  die  sich  in  ihrem  Erl>e  theilten  l  So  weit  vi:ollte 
aber  IJr.  Manso  nicht  gehen,  sein  sechster  Abschnitt  S.  28ö  ^ 
302  soll  nur  Betrachtungen  über  die  letzte  Oöschichte  der  Ost«" 


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fothen  u^d  das  b)o8  rein  historiiclie  entfaaken.     WoU  hat  er 
Lecbt^  sagt  docb  Milton^  «9  sey  der  Teufel  Zeitvertreib: 

In'thoughta  qiore  elevate,  ta  reason  bigh 
Oi  prpvidence ,  foreicyowledge ,  will  and  fate 
Fix'd  fate,  free  will ^  foreknowledge  absolute 
)  And  find  no  end  in  wandring  maze<  lost. 

Of  good  and  evil  mucb  to  argue  tben 
Of  bappinefs  and  final  niisery,  ,        - 

Pä^sibn  and  apatby,  ,and  gloiy  and  sbameS 
.  ;  Vam  wisdom  all  andfahe  philosophyn^ 

Hier  erst  fafst  der  Verf.  den  Justinian  ein  wenig  näher 
ins  Auge  und  zeicjhn^t  S.  289  so  scharf  ajs  richtig  das  Treiben 
in  Byzaiiz.  Bei  der  Gelegenheit  bemerkt  Ref.  mit  Vergnügen^  . 
dafs  au^h  Hr.  Manso^  der  Mein^ing  zu  seyn  scheint,  dai's  die 
bistoria  arcana  nicht  von  Frocopius  sey.  IlefV  pflegt  di^^  auclr 
dadurch  wahrscheinlich  zu  m^chen^  dai'a  er  im  Einzelnen  zeigt, 
w:ie  ein  Mann  und^in  Schriftsteller  wie  Procpp  es  geschick- 
ter angefangen  hätte,  wenn. er  Leute,  die  er  vorher^so  hoch 
,  gepriesen  hatte,  so  tief  hätte  herabsetzen  wollen.  Er  wütde 
"  gewiis  zu  so  albernen  Geschmacklosigkeiten  4  wie  der  so  oft 
wiederkehrende  Gedanke,  dafs  Justinian  und  seine  Gemahlin  x 
,  im  eigentlichen  Sinn  eingefleischte  Teufel  gewesen  seyen. 
Illicht  seine  Zuflucht  genommen  b^ben«  Er  hätte  auch  ^ewiis 
,die  Klatschereien  des  Vorziinmers  besser  vorgetragen.  Wie  Hr. 
Manso  über  Justinian  geredet  hat^  kommt  ersuch  auf  Belisar« 
Es  scheint  uns  aber  immer  noch,  als  wenn  es  besser  gewesen 
wäre,  diBB  nicht  hiefaer  zu  setzen,  soi^dern  es  oben  in  die 
Frzählung  zu  ye^web^.  Dies  schon  aus  dem  Grunde,  weil 
Dinge ,  welche  man  in  die  Erzählung  verflicht  und  welche  aus 
ihr  hervorgehen,  die  Seele  ganz  anders  treffen. und  eher  fes^ 
darin  bleiben,  als  was  man  später  hinzusetzt.  Aber  Heil  und 
Segeh  vi^ünscben  wir  dem  würdigen  Greis,  der  so  manche  Seele 
, auf  den  rechten  Weg  geführt  und  Gott  erhaltep  hat,  der  nach 
einem  rühmlich  und  edel  vollbrachten  Lauf  gewifs  eher  hoffen 
kann,  seinen  Gott  zu  schalten  ,  als 'tausende  von  schmeicheln- 
den Pharisäern  oder  scphistischeU  Dogmen  «Erfindern  der  Zeit. 
Heil  ihm  für  die  eben  so  frommen  ala  wahren  Bemerkung 
gen  über  die  Lehre  der  Christen  und  iljr^  Entartung !  Die  «ine 
Stelle  ist  S.  293— -94»  sie  läuft  aber  a^if  den  folgenden  S.  295 
—  96 fort,  und  wir  bedauern,  das  Letzte ^nicht  ganz  |Jbschrei« 
ben  zu  können.  Man  lese  aber  hier,  was  ein  milder,  mäfsi« 
ger,  weiser,  bedächtiger  Mann  sagt,  und  schaudre  vor  dem 
Abgrund  zurück  n  in  den  jetzt  viele  Menschen  uns  wieder  lei« 


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Ksaio  GMliMrte  cbi  OitgoUBiolwo  tifkhn.  949 

ten  woUen,  die^  um  im  TrOben  su  fitdien,  Kirche  und  Staat 
darch  Predigt  eines  Uindert  Glanbens  verderben.  Blinder 
Glaube  und  blinde  Furcht  schafft  ih  Staat  und  Kirche  dem  Füh- 
rer eines  Haafenty  der  durchaus  des  eignen  Urtheils  beraub.t 
ward 9  freies  Spiel,  versteht  er  nur  die  Kunst,  den  Haufen 
xu  bearbeiten  •' hat  er  nur  Inatrumente ,  leicht  schafft  er  Fa* 
^  oatlsmus  hier  ^nd  Jacobinisoius  dort.  Wir  setsen  tiur  die  er- 
•^n  Worte  des  Hrn.  Manso  auf  S.  295  hierher:  |,Aher  g<'rade 
diese  klare,  einfache  ^kindlich -christliche  Denkweise  (die  er 
vorhA  dargelegt  hatte)  ist  Priestern  und  Leviten  von  jeher 
viel  XU  einfach,  zti  klar,  zu  kindlich  gewesen.  Das  Unend* 
liehe  und  ünBegreifliche  haben  sie  lieber  ergründen  und  be- 
stimmen, als 'das  Verständliche' und  nahe  liegende  mit  from- 
men Gemüth  auffaasen  und  sich  aneignen  wollen.  Untersu- 
chungen haben  sie  angesponnen,  die  ihrer  Natur  nach  keine 
Entscheidung  9  ja  nicht  einmal  eine  Annäherung  an  die  Wahr- 
heit erlauben,  und  Fragen  aufgevi^orfen,  die  xum  Theil  lächer- 
lich; xum  Theil  ärgerßch,  alle  leer,  unfruchtbar,  und  ohne 
Begehung  auf  das  pra(;ti8che  Christenthum  waren.«*  Ja ,  und 
dies  thün  sie  noch  alle  Tage,  weil  es  i^nen  wie  den  Milton- 
achen  Teufeln  nicht  darum  xa  thun  ist,  verständliche  Weis» 
heity  Ruhe,  Zufriedenheit  ins  Leben  xü  bringen:  weil 
sie  nicht  in  liebender  That,  sondern  im  grübelndem  Denken 
Seeligkeit  suchen: 

—  —  with  a  pleasing  sorcery  to  charm 
Pain  for  a  while»  or  anguish;    and  excite 
Fallacious  h.ope,,  or  arm  th'  obdured  breast 
With  Stubborn  patience,  as  with  triple  steel. 

Wie  Hr.  Manso  diese  trefflichen  allgemeinen  Sätze  auf 
die  Geschichte  der  Gothischen  Zeit,  die  er  vprher  erzählt  hatte, 
anwendet,  müssen  wir  den  Lesern  bei  ihm  selbst  nachzusehen 
überlassen.  Wir  machen  nur  noch  auf  die  vielen  feinen  Be- 
merkungen über  den /Charakter  jener  Zeit  überhaupt  und  der 
Italiäner,  Gothen,  Griechen  insbesondere ,  aufmerksam. 

Ueber  die  zweite  Abtheilung,  oder  die  Beilagen  zur  Ost- 

tothischen  Geschichte ,  können  wir  uns  kürzer  fassen*  Die 
Irste  giebt  eine  Erörterung  einiger  Puncte  der  Geschichte  de^ 
Ostgotben  vor  Theoderlcht  wir  haben •  ihrer  schon  beilätifig 
gedacht,  und  erinnern  hier  nur,  dafs  diese  Beilage  blos  dazu 
'dienen  soll|  um  deutlicher  xu  machen  und  zu  beweisen ,  was 
vorher  schon  ausgesprochen  war,  dafs  steh  mit  den  Quellen, 
die  wir  haben,  nichts  anfangen  läfst.  £s  ist  ganz  etwas  An« 
.d^res,  aus  Neugierde  und  zum  Zeitvertreib  untersuchen,  und 


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,  SfO       "      Manto  GeieUclilt  ftes  Oügoibiidieii  R^tiM 

wieder  etwa«  Anderea ,  in  Besiefattng  auf  einen  wähl  erwöge^ 
nen  historuchen  Zweck,  und  so  mufs  man  di«  Beirage  anseben^ 
da  fich  sonst  allerdings  noch  Manches  finden  liefse*  Die 
.zweite  Beilage:  Folgen  der  Zertrümmerung  desf  Hunnenreichs 
Auf  die  Wohnsitze  der  freigewordenen  Völker  .mufs  man  eben- 
falls nicht  als' eine  eigne*  Abhandlung  ansehen  ^  dann  hätten 
auch  andere  Nachrichten  ^  besonders  die  Byzantinischen  her« 
keigezogen  Werden  müssen  9  sondern  nur  als  längere  Nöte  z\kf 
8k  l3«  Aus  dieser  Ursache  ist  es  datin  auch  ganz  passend, 
d^i«  nur  Jornandes  befragt  wird,  u,nd 'einige  otellen  Vlieses 
Schriftstellers  erhalten  hier  eine  ausführlichere  Erklärung. 
Die  dritte  Beilage:  welche  Oerter  Theodemir  sich  von  lUyrien 
ibueignete,  scheint  uns  weniger  bedeutend^ ^  da  ^\n  £n^e  doch 
nur  Wahrscheinlichkeiten  herauskommen^  In  der  vierten 
Beilage:  über  AugustuUis  Entthronung  und  dessen  Gesandt« 
echaft  an  Zeno  stützt  sich  Hr.  Manso  besonders  auf  Buat  und 
giebt  hernaeb  ein  chronologisches  Register  ,der  Hauptbege« 
Benheiten  im'Abendländischen  lleich  von  457 — 493  9  eine  al- 
lerdings peinliche  Arbeit ,  weiL  schon  viele  daran  gesch^tert 
sind.  Wichtig,  ist  es  indefs,  dafs  von  Zeit  zu  Zeit  aufs  neue 
von, gelehrten  Männern  eine  Revision  aer  frühern  Arbeiten 
angestellt  werde.  Die  fünfte  Beilage  handelt  von  dem  Um- 
fange des  Ostgothiscben  Reichs  unter  Theodericb.  Das  Re» 
'sultat,.  worauf  der  Verf.  kommt,  wollen  wir  kurz  angeben. 
£r  sagt  8.  32,5  t  Führen  v\^ir  den  Umfang  des  Goluischen  Reichs 
auf<die  Länder  zurück^'wie  sie  heute  heifsen,  so  begreift  es 
auXs^r  Italien,  einen  Theil  der  Provence,  die  südlichen  Län* 
der  des  Oesterreiphischen  Kreises  und  das  südliche. Ungarn, 
sammt  Sclavonien,  Croatien,  Bosnien,  Dalmatien ,  Servien 
und  eiilem  Stücke  von  Bulgarien.  Sehr  anziehend  ist  die. 
sechste  Beilage,  über  die  Wanderungen  der  Heruler,  Wer 
die  aufgedunsenen  Schriftsteller  jener  Zeit,  wer  ihre  lächerliche 
Uebertreibungen ,  ihren  Schwulst  und  Wortschwall  kennt, 
wer  weifs,  wie  reith  sie  an  allerlei  J*^nstausdrÜcken  horb-' 
trabender  Philosophie,  wie  arm  an  geographischen  und  hrsto« 
riscben  Kenntnissen  sind,  der  weils  auch,  wie  schwer  man  * 
sichere  Angaben  aus  ihnen  nehmen'  kann;  aber  auch  das 
Forsclion  darnach  ist  dankenswerth.  '  ^ 

Uebrigens  widerspricht  Hr.Mapso  am  Ende  ganz  bestimmt 
der  "Vermutbungj  welche  Marfnert  aufgestellt  hatte,  dafs  die 
Bojoarier  eine  Mischung  aus  Heru)ern,  Rugierii  und  an- 
dern Völkerschaften  gewesen  seyen^  Die  siebente  BeilaVe 
über^ie  von  Cassiodor  verwalteten  Aemter  und  ihre  Folge  ist 
gegen  Buat  und  Xifaboschi ,  und  sie  i&t  nicht  blos  für  Cassio« 


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Ibafo  OeMkUite  d«  OitgotiÜMlien  RtSehet.    ,  951 

dort  6e«chtchtef  sondern  ftlr  die  Geschichte  der  Jansen  Zeit 
von  der  gröCiten  Wichtigkeit.  Wenn  Hr.  Manso  tragt,  warum 
Cassiodor  sich  so  demfirbig  ausdrückt,  wenn  er  selbst  voit 
sich  redet  und  so  prahlerisch,*  wenn  er  im  Namen  des  Königs 
von  sich  spricht  y  so  hat  uns  das  IScheln  machen.  Hr.  Manso, 
mufs  noch  wenige  vornehme  Fromme  von   Profession  näher 

fekannt  haben.  Die  achte  Beilage  giebt  eine  Uebersicht  der 
taatsämter  und  Verwaltungsbehörden  unter  Theoderich  nach 
den  Bestallungen  Cassiodors.  Dies  Stück  hätte  der  Verf.  nicht 
hinten  in  die  Beilagen  werfen  sollen,  es  hStte  besser  eineii 
Abschnitt  der  Geschichte  selbst  ausgemacht ,  dann  hätte  diese 
höchst  wichtige  Abhandlung  bei  weitem  mehr  lieben  und  Be« 
wegung  bekommen,  die  sie  jetzt  nur  für  den  Kenner  nnd 
Forscher  zu  haben  scheint ^  da  sie  doch  durch  Inhalt  und 
Form  jeden  anziehen  kann.  Eins  scheint  uns  Herr  Muhso 
fibersehen  zu  haben,  eine  genaue  Vergleichung  des  Codlex 
Theodosianus  hätte  ihm  gewifs  noch  manches  gezef^t,  da  ja 
im  Grunde  die  Sache  mit  den  Gothen  nichts  zu  ^baffen  hat; 
sondern  ganz  dem  spätem  Römischen  Reiche  angehört.  Ref. 
hat  dies  bei  Gelegenheit  einet  Untersuchung  tiber  die  Scrinia« 
Irii  gesehen,  die  er  aus  einem  Anlafs  anstellte,  über  den  er 
sich  einmal  vollständiger  erklären  will.  Diese  Beilage  macht 
ein  eignes  Büchelchen  aus /und  Hr.  Manso  hatte  sie  auch  als 
solches  1823  im  März  als  Programm  herausgegeben.  Es  wäre 
Schade  gewesen  ^  wenn  die  Arbeit  nicht  ah  einem  Orte  auf- 

fehoben  wäre ,  wo  man  sie  eher  suchen  wird ,  als  in  einem 
rogramm.  'Die  neunte  Beilage  lenthält  Bemerkungen  über 
einige  Stellen ,  die  sich  auf  die  Römische  Grundsteuer  be^ie« 
hen.  Die  zehnte  hat  es  blos  mit  der  Steuer  Binä  und  Terna 
zu  thun.  Die  eilfte  enthält, eine  Inschrift^  mit  der  sich  schön 
viele  den  Kopf  zerbrochen  haben.  Die  zwölfte  handelt  von 
Kunst  und  Kunstgeschmack.  Hr.  Manso  seigt,  wie  wenig 
wir  fibrig  haben,  das  man  mit  Sicherheit  auf  Theoderich  zu« 
rückfahren  kann,  und  geht  deshalb  die  von  Agincourt  gege« 
benen  Abbilduugen  historisch  durch,  Ref.  ist  kein  Bau  ver- 
ständiger, er  mufs  sich  also  blos  an  das  Historische  halten, 
und  hier  scheint  ihm  Hr.  Manso  so  ganz  Recht  zu  haben,  dafs 
er  sich  völlig  bei  dem,  was  dieser  sagt ,  beruhigt.  Er  sagt 
in  Beziehung  auf  den  Ausdruck  gothische  Baukunst  S.  402  : 
„Die  Gothen  fanden  ^in  ihrer  alten  Heimath  gewifs  nicht  die 
mindeste  Veranlassung,  ^ich  in  der  Baukunst  hervorzuthun, 
geschweige  denn,  ii)  ihr  Erfinder  zu  werden,  ündals  sie  in 
den  Römischen  Ländern  einwanderten,  widmeten  sie  sicU 
ausschliefsend  den  Geschäften  d^s  Kriegs,  nicht  über, der  öe« 


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kbrsamleit  oder  den  Künsten. '  .FeF|]er^  ,90  weif  die  Ajnideö- 
tungen  der  Geachtchte  reichen,  bediente  sich  Tbeodericb,  dei^ 
einzige  gothische  König  9  der  die  Baukunst  förderte  und  sie, 
während  «einer  langen  und  friedlichen  Herrschaft  fördern, 
konntest  keiner  andern  a]&  Hömi^cb^r  Baumeister.  CaAsiodor. 
Boetbius'y  Synimachu^,  die  er  in  allen  wichtigen  Baiiangele-  . 
genheiten  um  Rfitb fragte,,  und  der  Baünieister  Aloisitis,  dem 
er  (IIj  39.)  Aufträge  ertheilt,  sind  lauter  Römer,  wie  schon 
ihre  Namen  beweisen.  Endlich,  wer  möchte  behaupten,  dats 
Cassiodor  nicht  Kömische,  sondern  Gbthiscbe  Gebäude  vor 
Augen  ha^te,  als  er  VII.  15,  die  Bauart  seiner  Zeit  schilderte, 
oder  wer  wird  (in  der  Note  ^etzt  IJr.  Mänso  binzn^  nitt  den 
Wiener  Jahrbüchern  der  Literatiti>  XV'.  Band:  1821;  S.  |9l, 
bei. Gelegenheit  von  Mollers  Denkmäblern  der  Deutsclien  Bau- 
kunst) »US  der  Aehnlichkeit  der  Aegyptiscben  Capelle  zu  Sais 
wnd  dem  Monumente  Theoderichs  in  Ravenna  \den  Sohlurs 
ziehen,  ^s  babe  unter  den  Gothen,  wenn  gleich  keine  eigen« 
Baukunst,  so  doch  ein  ^eigner  Baustyl  iStatt  gefunden  und  in 
diesem  sich  Spuren  einer  Morgeidändischen ,  —  Persischeri 
oder  Indischen  Cultur ,  die  mit ,  ihnen  /nach  Europa  öberge- 
Wandert  sey,  erhalten  und  ausgeprägt.  Was  vielleicht  der 
Zufall  erzeugte,  vielleicht  der  phantasicreiche  Schwung  eines 
Einzelnen,  soll  ni,cht  gleich  verallgemeineit  werden.**  Soweit 
Hr.  Manso*  Die  dreizehnte  Beilage  enthält  des  Atbalarici 
.Gothorum  regxs  edictum  univepale,  vom  Verf.  kritisch  und 
philologisch  behlandelt,  besonders  aus  dem  9ten  Buche  Cassio- 
dors.  Dann  folgt  in  der  Vierzehnten  Beilage  des  Atbalaripi 
regis  Gothorum  edictum  in  Simontacos.  Dies  hätte  schon 
Heumanal743  i»  der  Sammlung  seiner  Programme  besonders 
beraufgegeben,  Hr.  Manso  sagt  aber  S.416  — .—  statim  vidi,'  . 
virpm  doctissimum  quidem,  sed  Cassiodoi'i  Latinitati  parumi 
familiärem,  alia  male  intellexisse,  alia,  dum,  studio  Luthe« 
ranäe  doctrinae  abreptus ,  Catholicae  paullb  esstjt  ihifjnior, 
prave  detorsisse,.  nonnulla  inqiie  bis  difRciliora  silentio  prae- 
teriisse.**  Die  fünfzehnte  Beilag«  giebt  die  chronologische 
Folg«  der  Begebenheiten  während  der  drei  ersten  Jahre  des 
Griechisch -Gothischen-  Krieges.  Der  Verf.  beseitigt  die  ' 
Schwierigkeiten  bei  Procopius  dadurch,  däfs  er  beweiset,  wie 
Procop  auch  darin  alterthOmlich  sey^  dafs  er  das  Jahr  mit  der  . 
Sommer* Sonnenwende  anfange  und  ende,  wodurch. eins  un- 
serer Jahre, immer  halb  in  das  Eine,  halb  in  das  Andere  seiner 
'  Jahre  falle.  Gani^  am  Ende  folgt  dann  diß  Schrift,  welche 
der  Verf.  im  März'  l822  als  Programm  in  Breslau  herausge- 
geben h^tte;  Ennodii  Pänegyricus  regi  Ostrogothorum  Theo* 


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'  Seebode  Archi?  fiSr  PliilologiV  und  Fadagogil:.  253 

dorico  dlctut  cum  animadversionfbus  oder  Wie  es  jetzt  heiFst 
cum  annotatiombus.  Er  fand  nämlich^  dafs  auch  «nach  Sh*« 
niona'noch  Vieles  für  die  Ktitilc  der  Kede,  und  eben  so  viel 
ffir  die  Erklärung  zu  thun  sey,  und  erldSrt  sich  dann  Ober 
die  Absiebt  und  den  Zweck  der  Arbeit,  wie  folgt  ^^  —  — « 
cum  res  externae  optime  profecto  ex  ipso  (Ennodio),  inter« 
iiae  e  Cassiodori  Variis  cognosci.  et  disci'  possint.  Itacfue 
stadiis  ad  bistoriam  Ostrogotborum  conversTs,  cum  ad  legen« 
dum  l'anegyricum  Ennodiaiium  aggrederer,  statim(£ae  tfuot 
et  quantis  difficiiltatibus  vel  post  Sirmondi  curas,  premere« 
tur,  intelligerem,  non  inutile  duxi»  operam  aliquam  t>puscu- 
Jo,  Tjuamvis.yili,  naväre,  id(jue  praecipue  agere,  ut  non  %q^ 
lum  c{uic(£uid  bistoriae  Tbeoderici  sui^ue  temporis  p^rspi« 
ciendae  prodesset,  diligenter  excuterem,  sed  etiam  sententias 
et  verba  auctoris,  Latinum  in  Latinum  vertendo,  satis  decla« 
rarein  9  sicqüe  quantum  et  a  vet^rura  ductorum  praestailtia  et 
ab  ipsa  priorum  Fanegyricorum  mediocritate  distäret  Ennodri 
tenuitas  clara  in  luce  ponerem.  Qua  in  re  si  qui  fortasse  pec« 
cantem  me  interdum  oiFenderint,  bos  ne  omnem  culpant  in  uie 
iinum  transferant,  verum  indolem  Latinitatis,  aureae  prorsus 
dissimilem  et  degenerem ,  ipsiusque  Ennodii  pravum  et  ad 
prava  delabens  ingenium  cogitenty  monitos  et  rogatos  volo» 

Schlosser» 


Archiv  für  Philologie  und  Pädagogik»  Im  Veröine  mit  mehreren  Ge» 
lehrten  herausgegeben  von  Gottfried  See'bode»  Erster 
Jahrgang»  Helmstedt^  Verlag  der  C*  G»  Fleckeisenschen  Buqfi^ 
handlang.  t824«     istes  und  lies  Heft^  zusapfunen  896  Seiten,  8. 

4Rtblr. 

Piese  periodische  Schrift  9  die  als  Beilage  zu  der  seit 
niehreren^Janren  unter  der  Aufsicht  desselben  verdienten  Her- 
ausgebers erscheinende!)  kritischen  Bibliothek  für  das  Schul» 
und  Unterrichts  Wesen  betrachtet  seyn  will,  liefert  Chroniken 
von  Gymnasien  (kurze  Geschichte  derselben),  Lehrplan  und 
LehrhtHfsiiiitte] ; 'wissenschaftliche  Abbandlungen  über  wich- 
tige Gegenstände  der  Pädagogik;  Abbandlungen  aus  dem  Ge- 
biete des  klassischen  Alterthums;  grammatische  Untersuchun- 
gen; LeSearten  aus  noch  nicht  verglichenen  Handschriften  und 
alten  Drucken  Griechischer  und  Römischer  Schriftsteller;  La«' 
teinische  und  Deutsche  Schulreden ;  Biographieen  verdienter 
Schulmäoner  I  S^hulnacLrirhten ,  Verordnungen  9  Beiträge  zur 


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854  Stffböa«  ArdiiT  fSr  PUloldgie  ^nl  PSaagogilc. 

\    -  ,    .      '  /^  '    "  , 

ültern  und.  neuem  Schulgetchicbte ;  Griechische  und  Lateini- 
sche Gedichte;,  am  Schlüsse  des  Jahrsangs  ein  alphabetisches 
Yerseichnils  der  verstorbenen  und  betörderten  GyoinasiaUeb« 
rer.  Der  Jahrgang  besteht  aus  4  Heften  (jedes  von  nngei^ht 
12  Bogen  in  gr.  8.)  und  kostet  4  Rthlr.  (7  fl.  12  kr.)  Ref., 
dem  von  der  Kedaction  dieser  Jahrbücher  Kurse  geboten  ist^ 
darf 9  wie  gerne  er  auch  wollte,  nicht  ins  Einzelne  eingehen: 
er  mufs  sich  daher  begnügen,  seinen  Lesern  die  Versicnerung 
gegeben  su  haben ,  dafs  die  vorliegenden  beiden  ersteh  Hefte 
reich  sind  an  gtöfsern  und  kleineren  Aufsfitsen  des  mannig« 
faltigsten  InhaltSi  veifafst  roVI  Gelehrten  aus  denverschieden« 
sten  Tbeilen  von  Deutschland ,  deren  N^men  sum  Theil  schon 
rühmlich  bekannt  sind.  In  allen  giebc  sich  ein  lobenswürdi* 
gfs  wisflienschaftliches  Streben  und  ein  warmer  Eifer  für  das 
ErziehungS-  und  Bildungswesen  kund ;  manche  interessante 
Nachricht  ist  darin  mitgetheilt;  manche  Ansicht /ausgespro« 
eben,  die  zu  weiterem  fruchtbaren  Nachdenken  veranlassen  j 
Jcarfn:  so  dafs  zu  erwarten  steht  9  die  Zeitschrift  werde  liald 
nebst  de-i  Freunden  der  Philologie  und  Pädagogik, überhaupt, 
insbesondere  alle  diejenigen  Schulmänner  für  sich., gewonnen 
haben 9  die  auf  ihre  eigene  Weiterbildung,  wie  auf  die  Ver- 
voHkopmnung  des  Schulwesens  mit  gleichem  Ernste  bedacht 
sind  y  und  denen  ihr  Fach  etwas  mehr  ist^  als  (um  mit  unserm 
Schiller  zu  sprechen) :  -     .  * 

Eine  tüchtige  Kuh,   die  sie  mit  Butter  versorgt« 

Der  angehängte  PhiJologitch  -  pädagogische^^  An« 
' zeige r,  besorgt  von  einer  Gesellschaft  Gelehrter,  ^n  deren 
Spitze  sich  Herr  Dr«  Günther  in  Helmstedt  gestellt  hat,  ver«, 
dient,  io  sehr  auch  in  ihrer  Eigenliebe  beleidigte  Auetoren 
in*  giftigen  Antiiuitiken  über  Unrecht  schreien  mögen,  den 
vollen  Beifall  der  Unbefangenen  und  daher  einer  rühmlichen 
ErwUhnung,  'Er  liefert  reckt  gesunde  und  treffende  Urtheile 
über  die  bedeutenderen  Schriften  aus  der  pädagogischen  und 
philologischen  Literatur  und  hat  so  unstreitig  ^ie\  voraus 
vor  seinen,  der  Verleger  Verkaufslüst  meist  nur  zu  sichtbar 
an  der  Stirne  tragenden  und  von  verdientem  und  unverdientem 
Lobe  stets  übersprudelnden  Namensbrüdern«  :  / 


Das  dritte  Heft,  dai  lief,  so  eben  erhält,  entspricht  voIU  , 
kommen  den  Erwartungen,  welche  er  sich  nach  den  beiden 
ersten  He&ei^  für  die  folgenden  gebildet  hatte.     Unter  den  44 
Stücken,  die  es  enthält^  sind  15  gtöfsere  Aufsätze«  die  Nie« 


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Hu)>«r  dMfia  PitallelanuD;  255 

inand  ohne  Interesse  lesen  wird»  iie  übrigen  kleineren  Mit- 
theilungen (Miscelleh)  dürften  dem  Philologen  und  Schul» 
manne  in  mehr  als  einer  Hinsicht  willkommen  Veyn. 


Nooa  theoria  de  ParalUlarum  rectarum  proprietaUbus  ^  anet*  Hahtro, 
Basileense ,  in  Jcäd.  patrta  Mathem,  Prof»  et  Biblioihecario  ; 
Basileaef  suniptihus  libr^  Schweighaeuser  ^  |825,  36  kr. 

Wenn  sich  auch  die  Versuche  über  eine  bessere  Begrün« 
diing  der  Farallelentheorie ^  als  sie  sich  in  Euclids  Elementen 
findet  y  I  fast  bis  sum  Ekel  wiederholen ,  indem  die  meisten  der» 
*  selben  herrühren  voii  jungen  Männern,  welche  die  Seh  wie« 
rigkelt  der  su  lösenden  Aufgabe  gar  nicht  kennen »  so  erregt 
es  doch  die  Aufmerksamkeit  des  literarischen  Fublicums»  wenn 
eiii  bejahrter  Mathematiker^  welcher  sich  im  Felde  der  Geo.  ' 
metrie  vieÜältig  versucht,  und  sie  lange  und  glücklich  gelehrt. 
Laty  seine  Stimme  darüber  abgiebt.  Mit  gespannter  Krwar«  / 
tung  ging  daher  lief,  an  das  JLesen  der  kleinen  Schrift  eines 
Mannes^  dessen  wohl  begründeter  Ruf  eines  gründlichen  Geo- 
meters  ihm  lüngst  bekannt  geworden  war«  Und  mit  Freude 
gesteht  er,  dals  seipe  Erwartung  nicht  getäuscht  worden  ist«  ^ 
Hr.  Huber  verhüllt  und  verbirgt  die  Schwierigkeiten  nicht, 
welche  er  wohl  kennt,  und  äufsert,  dafs  ohne  Zweifel,  wenn 
das  11.  Axiom  von  Euklides  nicht  angenommen  werden  solle» 
irgend  ein  anderes,  dem  das  Recht^  als  Axiom  zu  gehen,  nicht 
streitig  gemacht  werden  könne,  an  seine  Stelle  gesetzt  wer« 
den  müsse.  Nachdem  er  nuur  an  den  Euklidischen  Begriff  der 
Parallelen  sich  haltend,  d^e  Realität  desselben  in  der  Euklidi- 
schen Weise  mittelst  der  ersten  25  Sätze  des  i,  Buches  der 
Elemente  dargethan,  und ''einige  zu  seinem  Zweck  dienende 
Zusätze  hinzugefügt  hatte^  stellt  er  folgenden  Satz  als  Grundr- 
satz  an  die  Stelle  des  ü.^xiomes  von  Euklid:  i^Wenn  auf 
einer  von  zwei  Parallelen  in  irgend  einem  Puncte  ein  Perpen- 
dikel aufgerichtet  wird,  so  schneidet  dasselbe  die  andere, der 
Parallele.«« 

'  Wenn  nun  auch  gegen  die  Annahme  desselben  als  eines 
Grundsatzes  sich  einige  Beder^lichkeiten  möchten  erbeben 
lassen,  so  gesteht  ReF.  doch  mit  Freuden,  dafs  ihm»  diesen 
Satz  einmal  Zugegeben ,  g'^-^gen  die  Ausführung  der  ganzem 
Theorie  keii^e  Schwierigkeiten  aufgestofsen  sind^  sondern  dafs 
er  dieselbe  als  eine  auf  jenen  Satz  gestützte  sehr  lesenswertbe 
lieue  Theorie  der  Parallelen  empfehlen  kann. 


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256  Knntk  8bn  MäseliineD,         ^      < 

Die  hotanUche  Terminotogifi  älthrer  Zeiten  im  Auszüge^    von  J«  H. 
Dierbach.y    Heidelberg  l824» 


•o 


Man  findet  in  dieser  kleinen  Schrift  Zuerst  allgenieine 
Bemerkungen  ül^er  die  Pflanzenbeschfeibungen,  .Welche  ^ich 
in' den  Werken  der  Griechen  und,  ildmer  vorfinden,  däna 
ein  mit  den  gehörigen  Erläuterungen  versehenes  Verzeich* 
nifs  besonderer  Ausdrücke,  deren  sich  Calb,  Varro,  Co- 
j  LL^n  ellja,  Plinius  und  Andere  bei  Beschreibungen  der 
Gewächse  bedienten «  wobei  noch  auf*  die  späteren  Arbeitea 
"dtis  lluellius,  Costaeus  etc.  in  diesem  Theile  der  Bo«  . 
t£^ük  Rücksicht  ^enammen  ist.N — 

J»  H^yDierhaeh* 


üeher  den  Nutzen  oder  Schaden  der  Mtuchinen^  besonders  in  Fahrt» 
Ken»  Von,  Kunth^  Königl.  wirkl»  Geh»  Ober ^  Regier ungs» 
Aath.      Berlin  ^   DuhckSr  u.  H.,    1824.     28   «S.    4. 

Diese  sehr  anziehend  geschriebeiie  Abhandlung  isjt  aus 
den  Verhandlungen  Aks  Vereins  zur  Beförderung  des  Ge-, 
werbfleifses  in  l'reufsen  abgedruckt.  Sie  verdient  zunächst 
von  allen    beherziget   zu  werden,   denen    noch    ein   ^Zweifel 

'  an  der  NtttzJichkeit  der  Maschinen  im  Allgemeinen  (übrig 
geblieben  ist^    doch  wird  sie  auch  fllr^  Andere  Interesse  ge« 

-nug  haben.       Recht  gut  ist  herausgehoben,    wie  w'enig  iol« 

'gerichtig  es.  ist,  gegön  neue  Maschinen  zu  eifern,  während 
wir  doch  täglich  eine  grolse  Menge  älterer  vor  uns  sehen, 
deren  Einführung  nicht  von  Nachtheilen  begleitet  war  und 
deren  Vortheile  wir  mit  Freude  «^-eniefsen ,  —  ferner  daf» 
gerade  die  beschwerlichsten  und-  gedankenlosesten  Arbeiten 
den  Menschen  abgenommen  werden.      Doch   ist  der  Gegen« 

*  stand  nicht  gerade  erschöpft,  es.  hätte  z.  B.  das  häufige 
Aufkommen  solcher   neuen  Beschäftigungen,    welche  keinen 

-Gebrauch  von  Maschinen  zulassen,  näher  untersucht  wer« 
den  können* 


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Gopgk 


^N.  17.  1Ö25- 

H  e  i  d  e^  1  b  e  r  g  e  r 

Jahrbücher  der  Literatur, 

iiiiiiiii'iiiiiiii  I  I  III  lim    III  III 


Qesehicht§  der  durch  Oeherliefenmg^  naehg9wi$$BnBn  tUßtUrtichen  Ver* 
änderungen  der  Erdoberfläche,  .££ii  Versuch  von  K.  £.  ji.  v^ 
Hofff  Ritter  des  weijsen  Falken' Ordens ^.  und  HerzogL  Sach'^ 
sen  GotK  Oeh*  Assistänz^  Rathe^  h  Th.  Eine  von  der  Kön^. 
Gesellschaft  der  fVissenschaften  zu  Göttingen  gekrönte  Preis» 
Schrift»  Mit  einer  Charte  von  Helgoland,  Gotha  tB22.  XX, 
und  ^  S»  ,IIm  Th»  Geschichte  der  Vulcane  uud  der  ,Erd^ 
heben.     Ehend.  1324.    XJCXf  u,  660  S.  8.     6  Rtblr.  12  ggn 

Dieses  Werk  gehört  ohne  Widerspruch  unter  die  bedeu« 
tendsten  Beiträge  für  das  Studium  der  Natrurgdschicht^  unse* 
rer  Er(ie.  Wie  yiel  Schätzbares  auch  in  den  Liehrbüchern 
der  physischen  Geographie ,  den  Werken^über  Geognosie  und 
Geologie  9  und  den  wenigen  Schriften  über  die  Veränderungen 
der  Erdoberfläche  gesagt  seyn  mag  ,  nirgend  dndejrman  einen 
so  reichen,  mit  so  viel  Sorgfalt  und  Umsicht  gesammelten 
Schatz  von  Tbatsachen  geordnet  und  zusammengestellt  ^  als 
hier,  und  da  man  gldcklicherweise  zu  der  Ueberaeuffung  ge* 
langt  ist 9  dafs  ein  Gebäude  kfihner  Hypothesen ,  auf^  i^enigtt 
sichere  Thatsachen  und  viele  dreiste  Comb inationen- und  Ana«  > 
logieen  gebauet ^  weit  mehr  zur  Verwirrung  der  BegriiFe  als 
zur  Enthüllung  der  Wahrheit  beiträgt^  so  werden  alle  unbe« 
fangene  Naturforscher  diese .  Schrift  mit  groXsem  Vergnügen 
und  dankbarer  Anerkennung  der  Verdienste  des  Verf^  aufneh« 
men.  Mit  Recht  legt  derselbe  auch  den  gröfsten  Werth  auf 
die  gewissenhafte  Benutzung  der  Quellen,  und  die  'genaue 
Angabe  der  Autoritäten  ^  denen  er  gefolgt  ist. 

Dafs  nun  unsere  Beurtheilung  des  ersten  Theiles  dieses 
reichhaltrgen  und  gichtigen  Werkes  erst  jetzt  erscheint^  da- 
von liegt  die  Ursache  keineswegs  in  einer  späteren  Beachtung 
desselben;  vielmehr  kann  Rec.  versichern,  dafs  er  den.  nicht 
gemeinen /Werth  der  Schrift  sogleich  erkannte,  als  er  dariit 
blätterte,  um  den  Inhalt  im  Allgemeinen  >kennen  zu  lernen, 
hätte  auch  das  Urtheil  der  Gdttingschen  Societät  nicht  schon 
im'  Voraus  günstig  dafür  entschieden.  Allein  die  Hoffnung, 
XVm.  Jahrg.  5.  H^ft.  17  ^ 


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25S      V«  Hoff  Oeseliicht^  ^et  VerSnoierungeii  der  ErcloberflScIie« 

.   '  *  ■      "*  - '         ■ 

daftst;Ib,e  bald  ganz  vollendet  eii  besitzen^  liewirkl;e  anfangs 
einen  Airfschui/,  nachher  eine  längere  Vei-z^gerung  der  An- 
zeige, welche  wir  an»ern  Lesern  von  Anfang  an  niitzutfaeilen 

.  epUchlossen  .warfen.  Gänzliches  Stillschweigen  von  einem 
literarischen  Pxoducte  dieser  Art  würden  Wir  hei  unfern  Le- 
sern icaum  zu  entschuldigen  wagen.  Gegenwärtig  ist  auch 
der  zweite  Theil  erschienen ,  njdcn  bleibt  manches  zu  erörtern 
übrig 9  üii(d  fes  ist  die  Frage,  wann  es  dem  fletfsigen  Verf» 
möglich  seyn  wird,  auch  dieses  noch  zli  liefern.  Indem  aber  jeder 
Theilfür  sich^in  Ganzes,,  obwohl  mit  dem  Uebrigen  zusammen- 
hängend ausmacht^  so  säumen  wir  keine»  Augenblick  länger^ 
übei:  dasjenige,  was  jetzt  in  den  Händel)  des  Pühlicums  ist^ 
auch  unser  individuelles  Unheil  t^us  zu  sprechen.  Indefs  ist 
diese  Aufgabe  bei  .-weitem  nicht  so  leicht,  ^Is  ies  auf  den  er« 
steM  Blick  scheinen  mögte.  Dafs  das  Werk  im  Allgemeinen 
gut 9  dafs  «S  Sjchätzbar  und  in  der  Literatur  sehr  bedeutend 
seyj  sieht  jeder  Sachverständiger  auf  d«n  ersten  Blick  9  und 
der  Beurtheiler  darf  daher  allen  denjenigen,  welche  sich  für 
diesen  umfassenden  und  wichtigen  Zweig  der  Naturkunde  in- 
teressiren^  dasselbe  unbedingt  empfehlem  Hiermit  dürften 
aber  keineswegs  die  weiteren  Wünsche  di^s  Publicums  und 
atn  wenigsten  des  eben  so  gründlich  als  fieifsig  forschenden. 
yerfl  völlig  befriedigt  seyn.  Das  Buch  enthält  nämlich  haupt- 
sächlich einen  sehr  reichen  Schatz  genau  geprüfter  und  geord- 
neter Thatsachen,  allein  der  Verf;^  hat  vollkommen  Kecht,' 
W.enn  er  sagt,  dafs  diese  allein  tind  ohne  Vereinigung  derseU 
Ken  zu  Systemen  und  allgemeineren  Schlüssen  nur  ein  nacktes, 
geist«  und  Seelenloses  Skelett  abgeben  würden,  und  Ref.  setzt 
unbedenklich  hinzu,  dafs  ein  Schriftsteller  sich  unnatÜVlichen 
Zwang  anthun  müfste  ,  ohne  dennoch  auf  den  Beifall  des  Lesers 

'  rechnen  zu  dürfen,  wenn  er  nicht  zugleich  dasjenige  Urtheil  hin- 
zufügen wollte,  wozu  ihn  die  Zusammenstellung  der  sorgfältig 
erwogenen  Thatsachen  geführt  hat.  Neben  jenen  kommt  da- 
her auch  dieses  allerdings  in  Betrachtung.  Will  aber  ein  fte- 
iirtheile^r  des  Werkes  rücksichtlich  dieser  beiden  Gesichts- 
puncte  sich  ins  Einzelne  einlassen,  so  kann  dieses  nur  mit  ge- 

^  laner  Angabe  der  Gründe  geschehen;  denn  einen  Schriftsteller, 
welcher  mit  so  seltenem  Tleifse  und  so  gewissenhafter  Sorg- 
falt geschrieben  hat^  verbessern  zu  wollen,  ist  keine  leichte 
Aufgabe  auch  für  denjenigen,  welcher  eben  diesen  Gegenstän- 
den viele  Zeit  und  Mühe- widmete;  dem  auf  allen  Fall  durch 
Gründe  unterstützten  Urtheile  des^Verf.  aber  ein  blofses  Aii- 
dersmeinen  entgegensetzen  zu  wollen,  wäre  offenbarer  An  st  ofs 
gegen  ernste  wissenschaftliche  Forschung.     Hieraus  folgt  aber 


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T.  Hoff  Gesebidhte  d.  Vnan4eniBg0n  ik  ErdoberflSokti*  ,     ä59 

von  selbst  ^  dafs  ^ine  gründliche  Erörterung  auch  nur  der  we« 
sentlicbsten  Puncto  eine«  .so  überaus  reichhaltigen  Werkes 
.weit  mehr  Kaum  erfordern  würde,  als  unsere  allgemeinen 
.kritischen  Zeitschriften  einem  einseinen  Zweige  verstatten. 
Weil  aber  in  der  VYl^senschaft  Freiheit  der  Ansichten  ^  Zwei« 
Sei  und. selbst  Widerspruch  suni  Gedeihen  unumgänglich  er« 
ibrderlich  ist^  ul^d  auch  dieses  Buch^  ohngeachtet  seines  gro« 
S^n  Werthes  naiitentlich  in  Hinsicht  auf  die  vom-  Verf.  ge« 
folgerten  Behauptungen  picht  cur  unwidersptechlichenj  Hegel 
.erhoben  werden  darf;  so  wird  Rec«^  deir  engen  ihm  gesteckten 
.Gi;en2en  ungeachte^^  sich  bemühen^  neben  einer  Uebersicht 
des  Inhalts  auch  diejeni'jgen  Gegenstände  anzudeuten ,  über 
welche  er  andt;rer  Meinung  ist  f  odet^  welche'  noch  eine  wei- 
tere Prüfung  verdienen  9  und  er  hegt  das  Verti^auen^  dais  der 
.Veitf.  dieses  um  so  weniger  übel  deuten  wi^d  ^  ah  er  im  Vor« 
aus  sich  ni^bt  Scheuet  ^  das  Bekenntnifs  abtülegeii  ^  dafs  er 
hinsichtlich  des  ganzen  Umfanges  der  behandelten  Gegenstände 
keineswegs  sich  fähig  dünkt  ^  mit  dem  Verf.  ih  die  bchranken 
2U  treten. 

tn  der  Einleitung  sum  ersten  Tbeile  stellt  der  Verf*  allw 
.gemeine  Betrachtungen  über  den  behandelten  Gegenstand  an^ 
und  sagt  sehr  Wahr  ^  dafs  aus  den  jetzt  bestehenden  genauen' 
Messungen  und  Zeichnungen  der  Erdoberfläche  das  Menschen- 
geschlecht nach  viertausend  Jahren  vielleicht  besser  im  Stande 
seyn  Wlrd^  etwas  richtiger  über  das  Vorschreiten  der  Vorgä' 
'gangenen  Veränderungen  zu  urtheilen^  als  wir  mit  den  uns 
^u  Gebote  stehenden  Hülfsmitteln  vermögen.  Die  bescbeide* 
r^en  Aeufserungen  übrigens  j  wonach  der  Verf.  sein  Werk  nur 
iab  einen  ersten^  zur  vollständigem  Bearbeitung  des  Gegeii« 
Standes  ermunternden  Versuch  angesehen  wissen  will  i  bezeu- 

§en  genügend  I  wie  tief  er  in  die  Kenntnifs  desselben  einge- 
rungen  sey;  denn  nur  danil  erst  lernt  man  die  gedämmten 
Schwierigkeiten  einer  solchen  Aufgabe  hinlänglich  würdigen. 
Das  erste  Buch  p,  24  bis  99  erörtert  die  allgemeine  Frage  über 
jdie  Veränderung  des  Verhältnisses  zwischen  Latid  und  Meer^ 
und  weil  es  aus  leicht  begreiflichen  Gründen  unmöglich  ist^ 
diese  bei  unserer  mangelhaften  KenntiiiTs  der  Erde  im  Ganzen 
genügend  zu  beant\^orten|  so  werden  zitvörderst  die  einzel« 
nen  VergröXserungen  zuerst  de^einen  und  dann  des  aridem  in 
Untersuchung  gei^iomm^n.  .  Zuerst  also  die  Vergröfserungert 
^er  Meeresfläche,  .  Da^  mittelländische  Meet  bietet  der  Ver« 
änderungen  pn  «einen  KiUten^  d^  Unterganges  Von  Städteri 
und  des  Abgerissenwerdens,eineelnetLiandtheire  eine  $o  grofse 
Menge  dar  ^   dafs   die   Ursachen  solcheiT  Zerstörungen  frübei^ 

-      17  * 


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• 


gewaltsamer  gewirkt  haben  iBÜssen,  ah  in  den  neuesten  Zet«  - 
teii;  allein  die  sehr  gemtfine  Sage  vom  Abreifsen  Sicili^ils  ist 
dennoch  historisch  durchaus  uherw^rsUcb,  obgleich' eine  Meiigtr 
pbysischerGrttnde  überwiegend  für  «inen  geiyatianmeh  Darcn« 
^  bruch  «ntsöh^den ,  Reicher  nach  dem  Verf.  noch  wäbrschein*  ' 
^  litrher  dt^rch  'die  GeWah  der  MeereswreUen ,  aJs  durch  vulcani« 
sehe  Erschütterungen  herbeigefahrt  seyn  mag.     Die  £roherun^ 

{en  des  atlantischen  und  teutschen  Meeres  sind  glerchfaHs  sehr 
edeutendyfinid  dauern  nodifort^  die  Kenittnifs  des  Balti« 
■sehen  Meeres  aber  ging  nach  aufborender  Beschiffung  durch 
die  Fbdnicier  so  sehr 'verloren^  da^  die  Römer  den  Eridanum 
(w^hrscheinliäi  die  B.haüdäune  bei  Dans  ig)  im  Po  wiedersu« 
^nden  glaubten.  Von  diesem  gönnen  daher  nur  die  nenesten 
Zerstörungen  bekannt  seyn.  .'  .  -  ,^ 

Von  der  Ost*  und  S^dküste  Asiens  lassen  siqh  dest^««||gen 
keine^  Veränderungen  geschichtlich  nachweisen ,  vreil  wir  von 
diesen  G^enden  keine  Geschichte  haben.  Inders  folgert  der 
Verf.  4IUS  der  Gestalt  jener  Küsten  sehr  richtig,  dals  sie  aujE 
viele  frühere  Verluste  durch  die  Gewalt  des  Meeres  hindeutti^B^ 
worüber  sich  Schon  frühere  Bemerkungen  in  den  Wiener  Jabrli«^ 
1820.  IL  p,',  21*0  finden^  Man  darf  dreist  hinzusetzen,  dafs 
die  allgemein'e  nach  Osten  gerichtete  Strömung  jenes  Oceans 
die  Gewalt  der  Wellen  vermehren  muiste/  und  Wenn  man 
die  VulcaneitiKt  j^ner  Gegenden  mit  berücksichtigt  ^  so  wird 
es  hödist  wahrscheinlich^  dafs  die  Zerstörung  der  lausten  dort 
noch  bedeiitender  gewesen  seyn  inag ,  als  im  griechischen  Ar^ 
chipelagus*  Indefs  wjrd  die  viel  besprochene  Angabe  von  der 
früheren  Gröfse  der  Insel  Ceylpn  sehr  umsichtig  geprüft,  und 
für  histerisch  unbegründet  erklärt,  indem  in  jenen  Gegenden 
tlas  Lamd  eher  zunimmt, -als  Verluste  ei^leidet.  War  die  Insel 
früher  beträchtlich  grciiser;.  S9  liegt  diese  Perjode  «ufser  den 
Grenzen  genauerer  Gescfaicl^tskenntnils.  Von  Africa  wissen 
wir  übei^haupt  wenig,  und*«eine  Küsten  scheinen  nicht  be« 
•deutende  Verraindemngen  erlitten  zu  haben;  Vind  noch  mar« 
gelhafter  ist  unsere  Kenntnifs  von  den  Küsten'  America's  und 
Australiens,  doch  scheint  iiie  Beschaffenhtfit  der  Nordwest« 
'Jküste  America's  auf  bedeutende  Veränderungen  zu  deuten. 
Noch  mehr  mögte  Ref.  hinzusetzen,  ist  dieses  der  Fall  bei 
der  Ostküste  des  mittleren  Theiles  von  America », den  Antillen, 
dem  mexicanischen  Meerbusen,  wo  die  .  vereinte  Wirkung 
der  beständigen  StrÖmung^^es  Oceans  und  die  vult:änische  Be« 
schaffen t(^it  äer  Länder  dem  Meere  gew.ifs  bedeutende  Verän* 
derungen  l^rVorzubringen  erlaubt  haben,  denen  nur  der  hob« 
Felsenrücken  ycin  Panama  unüberschreitbare  Grenzen  setite,  ' 


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'y 


n  Boff  Gtidiiebt«  i.  y«rSiickniDgta  cL  EfUtmtfOA»..       iSl 

In  der  ScbluAbeiiierkang.  deutet  deriVerf.  datauf  hia^  daCi  die 
dem  Lande  abgewonnenea  Theile  sich  noth^endig  in  die  Tiefti 
•enken,  denjneereaboden  ausfoJlen^  und  »omit  eine  Erhöhung 
desselben  bewirken  miifsten^  welche  indefs  fär  eine  Länder« 
niasse  von  £si(  22  geogr.  Cabikmeilen  nicht  mehr  als  1  Zoll 
fflr  die  sanse  Qber&jicbe  der  Meere  betcflgt.  Wollte  man  in 
diesen  6ch]i4fif olger ungen  noch  weiter  geh«n  ^  so  lieget  diaL 
Bemerkung  aiemUch  nahe,  dafs.  die  OJberoächti  der  £rde^  weaa 
wir  sie  uns  ursprOnglich  ohne  Wasser  vorstellen  wollten^ 
höchst  uneben  gewesen  seyn  mjirste.  Auf  deötLiande  nämlich 
ist  erweislich  vM>l  geebnet  ^  im  Meere  aber  f.  dessen  Bewegun- 
gen f  mit  Ausnahme  der  Ströme ,  mit  der  TiejEe  stets  mehr  ab- 
nehmen^  müssen  die  Vertiefungen  ausnehmend  au sge£fült  ioyn^* 
"und  dennoch  sind  sie  Immer  noch  s«hr  bedeutend. 

In  ungleich  grössere  Schwierigkeiten  ^  ja  sogar  Wider« 
•prüche^  wird  die  historische  Forschung  Bei  deti jenigen  Ge« 
genstS^deu  verwickelt} ,  welche  den  Inhalt  des  sweiten  Buches 
ausmachen,  nSmlich  die  Durchbräche  des  einen  Meeres  ia - 
das  andere.  Der  Yerf.  geht  hierbei  von  dem  Bekannteren  aum 
Unbekannteren  über/  und  handelt  zuerst  von  dem  vielb«ts^ro- 
ebenen  Durchbruche  des  schwarten  Mee^res.  KücksichtlicK 
diesea^  mit  gtofser  WahrscheiiiHckkeit  angenommenen  Natur« 
pliftnoraens  siini  die  Meinungen  der  GelehjLteiv-sagetheilty.  dai'a. 
Juan  fast  Bedenken  tragen  mufa,  noch  weiter  ecwaa  darüber 
EU  sagen»  wenn  nicht  aufser  den-  vom  Vorf.  sehr  vollständig 
susammengestellto^  Th^tsachen  noch  neue  entscheidende  aui« 
gefunden  werden«  Solche  siiid  Ref»  nicht  bekannt «  und  er 
)st  daher  im  Allgemeinen  der  Meinung  des  Verf.,  nämlich  daÜi 
allerdings  ein  Durchbruch  des.  schwarzen  Mecres^ 5  jedoch  im 
vorhistorischen  Zeitalter  stattgefunden  habe^  indem  in  die 
fabelhafte  Erzählung  dea  Argonautenzuges. nichts  davon  einge« 
webt  iu«  und  die  Sagen  von  der  Ogygischen  und  Deucalioiu« 
sehen  Fhith  sich  schwerlich  damit  in  Zusammenhang  bringen 
.k^ssen^  I>ie  Höhe,  welche  der  Fontus  Eluxlnus  als  Binnenmeer 
haben  konnte^  '  giebf  der  Ver{.  n^ch  Kephalides.  auf  S& 
F.  an  ^  und  findet  die  Bestätigung  hiervon  ( 2.  Tb«  VIII )  in 
Olivier's  Reise.  Ref.  kannte  diese  Angabe  schon  früher,  in« 
dels  läfst  aich  dagegen«,  immer  einwenden  ^  dafs,  jetzt  die. 
Höhe  jenea Stands trichea. nicht  gröXser  seyn  mag,  ob  sie  aber 
^  vor  so  vielen  Jahrhunderten  nicht 'bedeutender  war  9.  ist  damit 
noch  keineswegs  entschieden  t,  aber  es  läfst  sich  auch  ahen  so 
wenig  mit  Wahrscheinlichk4tsit(^  annehmen,  daCi  die  Höhe  des 
ehem^Jig^n  Daixunes,  die  jetzige  um  hundert^  oder  gar  hun» 
dcrte  von  Fufsen  über  troffen  babe^  und  was  daher  der  vor« 


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2^2        y.  Hoff  Gesohio&tQ  d*  y^rSnileniogen  d.  ErdoberflKdie, 

..'■''.,-'  "  '*^ 

biandene  Ring,  anscheiniend  znm  AnhinJen  der  Schi^Fe  I^e^timmt« 
%tnd  ähnliche  «'.  B.  die  angeblich  von  Stürmet  dm  Haemus 

iefundenen  Riage  für  eine  Bestimmung  gehabt  haben  mögen^ 
leibt  pben  sq  dunkel,  ajs  4ie  Frage,  ob  auch'sö  dickes  Eisen 
demEinflüsafe  der  Witterung  Jjdjrtaüsende  widerstehen  konnte. 
Auf  gleiche^  Weise  tritt  J\ec.  der  Ansicht  des  Verf.  b^i',  dafs 
die  Q^^nung  desi  Dammes  aillmälig 'durch  Auswaschung ,  nicht 
aber  durch  ei^ie  vülcapische  Katastrophe  plötzlich  eitstanden. 
Beyi^  und  dan^i  P^uf^te  der  Abflufsi  alluiälig  erfolgen,  konnte 
it'eMich  die  depiselb^n  zugeschriebenen  gewaltsamen  Revolii- 
'  tionen  nicht  hervorbringen,  um  so  mehr,  als  dje  geringst« 
■  Breite  des  verbindenden  Canals  nicht  mehr  als  y/^Me^le  f  j>,  128), 
mithin  nicht  piehr  ^Is  die  Breite  eines  grofset;  Flussös  betragt.' 
£s  läfst  sich  ohnehin  noch  ein  Argument  geltend  machen«  S<;y 
wie  man  nämlich  die  Grdfse  d«'s  rontus  veroiebrt,  deniselbeU 
die  Umgebungen  bb  selbst  nach  Ungar«  hin  überschwemmen 
läfst,  die  Verbindung  mit  dem  Caspischen  Meere  voraussetzt, 
und  die  in  jenen  Gegenden  $o  bedeutende  Vermehrung  der  Ober- 
fläche (da  4er  Spiegebdes  letzteren  bekanntlich  300  F.  niedriger 
als  der  <}es^  sphwarzen  Meeres  ist)  betrachtet;  so  miifstef  dia . 
Verdunstung  auch  so  viel  gröfser  seyn,  und  da  alles  Zuflusses 
ungeachtet  das  Caspische  Meer  stets  tiefer  sinkt,  sd  konnte 
eine  solche  Wasserfläche  der  starken  Verdunstung  wegen  un- 
möglich eine  so  bedeutende  Höhe  erreichen.  Pie  Zeugnisse 
mancher.  Schriftsteller  berechtigen  iswar  allerdings  dazu,  bei-^. 
den  Meeren'  eine  frühere  weit  gröfsere  Ausdehnung  beizüle« 

fen,  allein  leider  sind  die  Angaben  der  Alten  wegen  der  ünw 
estimmtheit  des  gebrauchten  Maafses  allezeit  höchst  unzu« 
verlässig,  womit  die  heutigen  scharfen  Gröfsenbestimmungen 
auf.  eine  grelle  WTeise  und  mit  entschiedenem  Vorzuge  der 
jetzigen  Zeit  gegen  die  alte  contrastiren.  Indefs  bleiht  doch 
immer  eine  unverkennbar  grofse  Scbwierigkeit,  nämlich  dafs 
höchst  wahrscheinlich  das  Caspische  Meer  mit  dem  schwarzen 
früher  vereinigt  war,  welches  ohne  eine  bedeutende  Erhöhung 
beider  nicht  s^att  finden  konnte.  Hinsichtlich  dieser  Unter- 
suchung lüfst  der  Verf.  seine  Leser  i^llerSings  etwas  unbefrie- 
digt. Zuerst  sucht  er  p.  132  darzuthun ,  dal«  der  Spiegel  des 
schwarzen  Meeres  früher  nicht  mehr  als  36  F»  höher  als  jetzt 
gewesen  seyn  könne ,  bauet  hierauf  eine  Berechnung  der 
Wassermasse,  welche  bei  e^nem. Durchbruche  in  das  Mittel- 
.  ländische  Meer  sich  erglef^ei^  mufste,  deren  Zulässigkeit  aber 
nur  so  lange  stattfindet,  als  man  auf  die  grofse* Ausdehnung 
de$  zum  Theil  durch  üache  Küsten  begrenzten  Caspischen 
lyieeres  nicht  Rücksicht  nimmt,   wenn  man  sich  den  Spiegel  ' 


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▼.  Hoff  Geiclttcktf  d.  Veritiideruttgen  d.  StdoberflSdiV.        263 

deMelben  tmi  t^iiidestens  336  F,  exböb»!  vorttellt,  und  sagt 
daan  p.  l36  j  <^ßis  dieses  letztere  Meer  50  Toisen   niedriger 
sey ,  als  das  schon   beträchtlich   gegen  sonst  erniedrigte 
schwar&e  Meer«     Sollten  beide  aber  ehemals  verbunden'  seyn  ; 
so  mulste  ihr  gemeinschaftlicher  Spiegel  über  den  sie  trennen«  ' 
den  LfSndess trieb  binüberragen.     £s  wird  zwar  die  Meinung 
kngef'ührt^  daZs  dieser  durch  die  Flüsse  allmälig  erhöhet  seyn 
inögte ;   allein  weder  die  Höhe  dieses  Jjandstriche«  zwischen  ' 
beiden  Meeren.i  noch    die  BeschaEenhett  desselben  wird  an* 
gegeben,  und  doch  wäre  es  sehr  wichtig^  zur  genauen  Beur- 
theilung  des  Ganzen  beides  genau  zu  wissen«   Ref.  will  indeüi 
offen  bekennen,  dafs  dasjenige,    was  er  bisher  hierüber  g«« 
sammelt  hat,  zu  unvollständig  ist^  als  dafs  er  es  mitauth^ilen 
ivagen   sollte.     ,Ini  Allgemeinen  ist  i^ichts  mehr  zu  bedauern^ 
als  dafi  den  Fortschritten  der  Wigsens'rhaft  die  geringe. Cnltur 
des  grofsten  Theils  der  Erde  als  feindliches  Princip  stets  enU 
gegeusteht ,  und  so  kann  man  denn  auch  über  jene  Gegenden 
wegen  der  Aobbeit  seiner  Bewohner  nicht  ohne  grofse  Mühe 
zu    einer    wünschenswertben    genaueren   Kenntnifs  gelangen.    . 
Der  Boden  de»  Caspischen  Meeres  mag  allerdings  nach  Engel- 
hatd  und  Parrot  (beide  unbefangene  und  scharj^ichtige  Btfob^ 
achter)  minrlestens  stellenweise  gesunken  seyn ,  allein  dieses 
als  Grund  des  fortd^^uernden  Sinkens  des  Meeresspiegels  anzu- 
sehen, namentlich  unterirdische  vulcanische  Höhlen  als  Was- 
serbehälter s^nzunehmen,    will  lief,  nicht  einleuchten.       Diel 
dortige  scharfe- und  trockene  Luft  verzehrt  das    in   den  Sand 
weiter  Steppen  versiegte  Wasser  stärker  als  das  des  Mittel- 
ländischen Meeres,  und  hieraus  ist  der  sinkende  Wasserspie- 
gel jenes   grofsen   See»  gar  leicht  erklärlicli,    welpUjir  zwar^ 
viele   und  mächtige,    aber  doch  keine   durch  tropische  Regen 
schwellende   Flüsse  aufnimmt.,     Ueberhaupt 'aber    dürfte    es 
scheinen,  als  wäre  man  jetzt  geneigt  ^  die  .Wirkungen  des  vul-  ^ 
canischen  Feuers,  wie. früher  die  des  Wassers,,  etwas  zu  oft 
in  Anspruch  zu  nehmen.      Ref.  theilt  hierin  ganz  d*  A  u  b  u  i  s- 
son's  Ansichten,  und  denkt  im  Allgenieiaeui  medium  teouere 
beati.  ^ 

Ref.  übersieht  mit  einigem  Schrecken  die  Läi^ge  seiner 
Anzeige,  welcUe  zwar  unbedeutend  hinsichtlich  der  vVichtig- 
keit  des  Buches  ,._  aber  grofs  för  den  Raum  unserer  Blätter  i*t. 
Mit  dem  festen  Vorsatze,  sich  so  kurz,  als  möglich  zu  fassen, 
kann  er  indefs  nicht  uuihin',  sich  in  einen  Streit  zu  mischen, 
auf  welchen  die  Ansichten  cles  Verf.  über  den  Dm^chbruch  der 
M6ereng<j.  von  Gibraltar  führen.  Zuvörderst  ist  auch  diese 
Trenniuig   der    beiden  Welttbcile   nur   sehr   wahr  schein«* 


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264  ,    tfBoMihultUtL^^i^Veaa^^ 

Hefa»  kftiiief wega aber  eigentlich. g^^cbicbtl ich  erwiesen« 
Mit  triftigen.  GrCUiden  bettreitet  ferner  der  Verf.  die  Ansicht 
derjenigen,  «reiche  das  mittelländische  Meer  durch  den  Durch*  ' 
bruch  d^s  schwaraen  Meeres  überfallt  werden  »  und  hierdurd» 
den  Csinal  bei  Gibraltar  entstehen  lassen«      Ref.  trit  ganz  der^ 
Ansicht  des  scharfsinnigen  Verf*  bei  ^  wonach    vielmehr  ^t 

'  atlantische  Ocean  sich  diesen  Weg  gebahnt  haben  soll.  Denkt 
man  sich  den  Ginal  geschlossen ,  zugleich  aber  durch  einen 
kleinen  Waldba9h  n^r  eist  eine  Vertiefung,  wie  so  oft  geschieht^ 
eingerissen,    so  konnte  das  Meer  die  entstehende  OeJBFnung 

^  bald  erweitem.  Wollte  man  in  den  Hypotheken  weiter  gehen» 
*  so  Heise  sich  feageh^  wie.  viel  tiefeip  der  Spiegel  (les  mittel- 
ländischen Meeres  wohl  [seyn  mogte,,  als  die  VerbindungenT 
mit  dem  aUantischeu  und  schwarzen  Meere  noch  nicht  exi* 
Jstirteh;  was  für  Küstenländer  und  Inseln  damals  bewohnbar 
waren ,  welche;,  die  einbrechende  Fluth  Verschlang ,'  und  ob 
mchti  der  Grund  zu  den  dichterisch  ausgeschmückten  Sagea 
'  von  ^iner  allgemeinen  Ueberschwvmmung  gerade  hier  zu  su« 
eben  «ey  ?  Der  Spiegel  des  Caspischen  Meeres  liegt  jetzt  min-» 
destehs  300  F.  niedrigerV  als  früher»  und  hiernach  liefse  si«j^ 
allenfalls  ein  Maalsstab  nehmen,  um  eine  kühne  Hypotht/so 
'wenigstens  stattlich  a^uszuschmücken.  - 

&&  so.  weit  also  ist  Ref..  .mit  den  Ansichten  des  Verf. 
völlig^nverstanden.     Wenn  derselbe  aber  /  um  die  grundlos 

Sebegte  {'urcht  vor  eikier  .UeberfüUung  des  mitteKäiidischen 
leeres  au  bestreiten ,  die  Existenz  .einer  Unter  Strömung  in 
der  Meerenge  von  Gibraltar  durchaus  verwirft,  so  kann.Kec» 
bierin  ihm  nicht  beipflichten*     Zwar  beruft  er  sich  auch  spä« 
ter  Tb*  II.  p*  VII.  auf  das  Zeugnifs  des  Antonio  Rossi^ 
allein  hierbei  läfst  sich  fragen,  worauf  dieser,  übrigens  höchst 
,   achtungswertbe  Geometer  seine  Vermuthuhg  gründet?     Der 
'Verf.  fufst  auf  Halley's  Berechnung  der  starken  Verdunstung 
*des  mittelländischen  Meeres^     welcher   Autorität  man    eine 
ganz  entgegengesetzte  Ansicht  Kant*s  in  dessen  physischer 
Ueogräpbie  entgegengestellt  bat.     Was  die  letztere  betrifft,  so 
,  mufs  Bec.,  bei  aller  Achtung  geg^n  den  berühmten  Fbilöso« 

Jhen,  doch  bemerken,  dals  es  ihm,  (oder  eicentliche'r  yrohl 
em  Verf.  des  genannten  Werkes)  in  diesen  (jegenständen  an 
d^i   erforderlichen  Kenntnissen  fehlte,  um  als  Autorität  zU 

feiten,  ^^ie  jeder    zugestehen   mufs^    welcher   in    eben   der 
cbrift  liefet »  dafs  durch  die  bedeutende  Zunahme  des  spec. 
Gewichtes  der  Luft  in  den  Bergwärken  von  Wiliczka  kleiiie 
Knaben  mehrere  Centner  schwere  Salzblöcke  fortschieben  könn*, 
tm*    Aber  auch  Haliey's  Berechnung  fällt  Jüber  den  Haufeiu 


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r.  Boff  OeteUehi«  4«  VwribiAerttiigi«  ^  HrdobcrflSehew        i6S 


W6tin  man  dio  damalige  und  jetsige  UnTolIkomnienheit  der 
Atmidotoetrie  herücksichtigc.  Das  ieinaig«,  aber  auch  sehr 
gewichtige  Argument ,  worauf  bisher  die  Annahme  einer  Un- 
terströmung  gestO tat  wurde ,  ist  das  bekannte  Factum«  dafs 
ein  fn  der  Meerenge  versenktes  SchiflF  nach  einigen  Tagen 
westlich  wieder  empor  kam.  Zur  Erklärung  diestfr  Thatsache 
sftellt  der  Verf.  eine  sehr  künstliche  Hypothese  auf «'  indem  Ar 
einen  scharfen,  die  Meerenge  mieer  durchschneidendtin  ROc£eit 
annimmt,  an  welchem  das  Siefsende  Wasser  sich  stofsen,  und 
hinter  diesem  surfickfliefsen  soll.  Aber  ahges<»hen  davon,  daIV 
die  Existenz  einer  solchen  Wiand  blos  hypothetisch  ist;  würde 
aie  den  angenommenen  Effect  nicht  haben ,  indem  strömendes 
Wasser  9  durch  ein  Hindernifs  aufgehalten ,  sich  hinter  dem^ 
aelben  tief  eingräbt  ^  und  es  müfste  also  die  Östliche  Seite  der 
Meerenge  die  tiefste  seyn;  was  gegen  die  Erfahrung  streitet« 
Nach  der  Ansicht  de»  Kec«  ist  suvörderst  die  Kückströmung, 
oder  die  westliche  Strömung  des  Wassers  an  den  Seiteik  des 
beständigen  östlichen  Stromes  zur  Zeit  der  Flu th  leicht  er« 
k!2rlich.  Gerade  beim  stärkeren  Andränge  des  Wassers  näm- 
lidi  kann  derjenige  Theil  desselben  9  welcher  an  den  Küsten 
mehrfache  Hindernisse  ündet^  dem  mittleren  Haüptstrome  an, 
Geschwindigkeit  nicht  gleich  kommen ,  sein  Niveaa  wird  nie« 
driger»  undes  entsteht  ein  Ersats  durch  die  KückstrÖmung^ 
wie  so  oft  bei  allen  grofsen  Flüssen ,  durch  -wekhe  aber  nicut 
eigentlich  Wasser  aus  dem  mittelländischen  Meere  in  das  at« 
lantische  gelangt*  Dafs  aber  überhaupt  kein  Tropfen  (p.  15Ö) 
Wasser  aus  jenem  in  dieses  durch  den  Unterstrom  gelangen 
sollte,  ist  schon  deshalb  fast  unmöglich,  weil  hiernach  der 
Salzgehalt  des  mittelländischen  Meeres  zuletzt  bis  zur  Ueber« 
Sättigung  steigen  mOfste,  wenn  stets  Salzwasser  einströmte, 
lind  süfses  verdunstete.  Vielmehr  wird  das  untere  salzrei« ' 
chere  Wasser  als  spec»  schwerer  durch  Unterströmung  dem 
atlantischen  Ocean  wieder  zugeführt  werden,  da  die  Bewegung 
des  Meeres  im  Ganzen,  unabgesehen  von  seiner  Oberfläche, 
durch  die  beständige  Einwirkung  der  dem  Monde  folgenden 
F^luth  von  Ost  nach  West  gerichtet  ist.  Dafs  indefs  diese 
Strömung  an  sich  langsam ,  und'  auf  keine  Weise  eine  Ueber- 
füllung  des  mittellänoLSchen  Meeres  zu  fürcht(:n  sey,  ist  eben 
$0  natürlich ,  als  mit  der  Erfahrung  übereinstimmend. 

Im  dritten  Hauptstücke ,  vtrelches  vom  vermutheten  Un. 
lergange  ganzer  Länder,  oder  Inseln  im  Meere  handelt,  zeigt 
der  Verf,  umständlich,  daTs  die  Nachricht^  von  derExistens 
def  Atlantis  und  der  Insel  Friesland  in  das  Gebiet  der  Dich« 
tungen  8U  verweisen  sind^    und  es  ist   zu  wünschen  ^   dal's 


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26&        y«  Hoff  6e«diicUt«  d«  Ver^ndertisgf  n  d.  ErdpberAadie« 

^nftig  nicht  niebr  so  ▼i^l.,$chai*ftsinn  auf  die  Hettüng  de»  bi# 
ftprlschün  Wertbe»  solcher  Fabeln  verwandt  wird.  Die  Übri« 
gen  Ndchricbten  von  früher  gesehenen  ,  spiiter  aber  nicht  wie- 
dergefundenen Inseln ,  beruhen  ohne  Zweifel  mindestens  »um 
groTsteit  Theile  auf  unrichtigen  geographischen .  Augabeil  der. 
Seefahrer. 

Öas  vierte  Hauptstück  bandelt  von  der .  Vergröfserttng 
der  Oberfläche  des  Landes.  Einige* der  hierher  gefcöVigen  Vn* 
tersuchtiiigen  ^  näiblich  das  allgemeine  Sinken  de«  Meeresspie« 
'gelsy  Erhebungen  des  Me.ergrundes  durch  vulcanische  liiäfte, 
verweiset  der  Vei*f,  an  einen  geeigneteren  Ort-,  Bildung  voiv 
Land  durch  einen  sehr  grossen ,  ins  Mejr  gefallenen  Meteoro- 
lithen  Jcann  nur  als.denkliar  erwähnt  werden  ,  und  so  bleibt 
^lur  noch  die  Anhäufung  der  dem  Lande  entrissenen,  ander* 
Wärts  aufgehäuften  Massei;i  als  Gegenstand  der  näheren  Be- 
trachtung übrig.  Im  Allgemeinen  7*eigt  der  Verf..  zuerst  die 
Bedeutsamkeit 'der  Wirkungen  9  welche  das  fliefsende.  Wasser 
r ucksichtlich  des  Einscbi^eidens  und  Auswaschens  der  Thäler 
und  des  Fortfübrens  von  zerkleinertem  Erdreich  und/ GevOlla 

"^  hervorbringt.  '  Rec.  ist  hiermit  durchaus  einverstanden ,  un^^ 
läfst  auch  diejenige  Ausnahme  nicht  gelten,  welche  man  au* 
den  Worten  p,  23 1  ableiten  könnte,  dafs  diese  fortdauernde 
Zerstörung  die  in  Eis  und  Schnee  gehüllten  bdchsten  Berge 

^  vielleicht  gar  nicht  treffe,  Eisfelder  und  Gletscher  nämlich 
senken  sich  stets  herab  und  werden'von  unten  verzehrt;  das 
^erabgleiten  solcher  nngeheriren  Massen  ist  indefs  mit  bedeu- 
tender Zerreibung;des  Bodens  verbunden,  und  das  hierdurch  . 
zerkleinerte  Gerolle  wird  durch  das  unten  abBieisende  Was« 
ser  stets  fortgeschwemmt,  wie  schon  die  unterhalb  der  Glet* 
scher  erzeugten  Hügel ,  (die  moraines  des  glaciers  nach  Saus- 
sure) genugsam  beweisen.  Mit  Recht  zieht  dann  p.  223.  der 
Verf.  die  Ansicbt.des  Hrn.  Arends  in  Zweifel,  dafs  das  See« 
Wasser  die  Biifstandtheile  chemisch  aufgelöst  enthalte,  und  eind 
chemische  Ausscheidung  derselben  durch  Vermischung  mit  dem. 
Fl ufs Wasser  erfolge.  Allerdings  trägt  die  BeschaiFenheit  des 
Meerwassers  ^  namentlich  der  Schleim  de^  Seethiere,  welchen 
dasselbe  in  sieb  enthält,  vieles  dazu  bei,  die  aus  zerstOckel« 
ten  Scbaaltbieren,  Corallen,  Sand  u.  s.  w.  bestehenden  Felsen. 
z.B.  an  der  Küste  yon'Sicilien,  auf  Gu^daloupe ,  den  Inseln 
der  Shdsee  und  sonst  vielfach  zu  bilden ;  im  Ganzen  aber  hiU 

"  det  oft  das  Geschiebe  der  Flüsse  allein  Inseln ,  wie  in  der 
El  he.,  der  Durance^  der  .Rhone  u.'a, ,  oft  wird  der  Meeres- 
sand allein  zu  Dünen  aufgehäuft,  wie  an  manchen  Küsten 
Africa*s,   zuweilen  geben. Flüsse  und  Meer  geoiteinscbaftlich 


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▼,  Hoff  GeKbichto  d«.  VesSacleniogcn  d.  ErcEoberflaebe.        267 

I 
die  Bestandtheile  su   den  neuen  Gebilden  her,   wie  an  der 
Mündung  des  Amazonenflusses ,.  des  Ganges  und  an  vielen  an« 
dem  Orten.      Alles  dieses  ist  so  ziemlich  allgemein  bekannt; 
das  gröfste  Verdienst  des  VerfJ  besteht  aber  wiederum  in  den 

'  liun' folgenden  geschichtlichen  JNachweisungen  der  Eroberun- 
gen, welche  den  einzelnen  Meeren  in  den  beifannten  Theilen 
der  Erde  abgewonnen  sind.  Hier  kann  iadefs  Rec. ,  so  gro« 
fses  Vergnögen  es  ihnu  auch  machen  würde  ,  derti  Verf.  nicht 
im  Einzelnen  folgen,  ohne  die  ihip  gesteckten  Grenzen  zu  sehr 
zu  überschreiten,  und  niul*s  sich  daher  mit  der  Anzeige  ,be- 
gnügen,  da.%  zuerst  die  Küsten  des  mittelländischen'  un  l 
schwarzen  Meeres,  dann  diä  EuropSischi'n  Küsten  des  atlan* 
tischen  Oceans  und  teutschen  Meeres,  der  Ostsee,  cUs  nor« 
dischen  Oceans,  die  Küsten  Asiens,  Africa's,  America's  und 
Australiens  einzeln  untersucht  werden.  Zugleich  prüft  dec 
Verf.  hier  auch  die  Hypothese  von  einer  ehemaligen  Landenge 
zwischen  Dover  und  Bpulogne,^  zeigt  sinnreich,  dafs  dieselbe 
sehr  viele  Gründe  für  sich  hat,  dafs  durch  die  Verscbliefsung 

•  deB  CaViaU  da$  von  Norden  herstrdmende  Meer  einen  höhere^ 
Stand  erhalten,  und  die  holländischen  Küsten  bilden  konnte, 
glaubt  aber  mit  Recht  annehmen  zu  dürfen ,  dafs  der  Durch- 
bruch  von  Osten  nach  Westen  hin  erfolgte,  aber  vor  die  hi« 
storische  Zeit  füllt,  also  mit  der  Cimbrischen  Fluth  nichts 
gemein  hat,  und  dafs  die  nachher,  stattündeiide  freiere  Strö- 
mung des  Meeres  die  später  eingetretenen  Zerstörungen  der 
Niederländischen  Küsten  veranlaiste.  Mit  grofsem  Interesse 
lieset  man  ferner  die  Beschreibung  der  riesenxnäfsigen  Wir- 
kungen des  Ganges  und  Burremputer,  nebst  den  Vermuthun- 
gen  iind  zweifelhaften  Nachrichten  über  die  frühere  Gestalt 
der  Süd-  und  Ostküsten  Indiens.  Einzelne  Beispiele,  woraus 
die  Gröf2i.e  der  Wirkungen,' durch  die  wahrhaft  Ungeheuern 
Gangesschwellen  in  Erzeugung  neuer  Inseln  anschaulich  wür- 
dien ,  werden  nicht  angeführt.  Der  Missi^ippi  sthet  jenem 
asiatischen  Jliesenstrome  in  den  erzeugten  Versandungen  ge- 
wifs  nicht. nach,  und  führt  noch  aufserdeni  eine  ungeheure 
, Menge  Holz  den  ne\i'gebildeten  Inseln  zu,  eben  wie  der  Ama« 
zonenflufs  (vom  Verf.  nicht  ervv?ihnt),  dessen  Fhifsholz,  im 
Meere  unter  dem  Sancje  begraben,  v.  Humboldt  als  da^ 
Material  künftiger  Steinkohlenfl^tze  ansieht. 

Das  fünfte  und  letzte  Haup^stück  dieses  Theiles  ist  der 
höchst  interessanten  F^-age  über  eine  allmälige  Abnahme  des 
Meeresspiegels /gewidmet.      Es  werden  dem  Meere  stets  eine 

,  Menge  Geeenstände  zugeführt,  uncj  hiernach  müfste  sein  Spie- 
gel ällmühlig  steigen,  wenn  das  W^^ser  nicht  in  das  Innere  der 


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S68       %  ßoS  Oeiishieht«  cl«  VeribdempgAii  4«  .Br^berflalehe.  / 

Erde  ({ringt,  oder  si^h  an  den  Polen  als  Eis  «nfaHuft,  pdek*  au  festep: 
B^lHungen  auf  der  £rde  verwandt  wird.  A]l^r,dings  scheint 
'hoch 'ein  sonstiges  Mitter  zum  Unterbringen  dcti  Wassera 
nicht  vorhanden  £u  seyn  (p.  4o3},  deni^  die  Hypothese,  daia 
die  Wasser dampfatmosphäre  9  als  die  höchste  der  die  Erde  um» 

Sehenden  y  an  ibrei*  äufsersten  Crenze  sich  im  weiten  Räume 
er  Welten  verliere,  mag  Rec,  nicht  einmal  aU  solche  vOr«. 
l>ringen»  Tndessen  ist  /bin  solches  allmäliges  Steigen  durchaus 
iijcbt-  begründet ;  vielmehr  hat  man  sogar  eine  allmälige  Ab- 
nahme historisch  sü  erweisen  gesucht.,  Hierbei^  kommt  nun 
vor  allen  Dingen  die  Behauptung  des  berühmtc^n  Celsius  von 
einem  allm'äligen  bedeutenden  Sinken  der  Ostsee  a^ur  Untersu-^ 
chung.  Unser  Verf.  prüft  die  von  dem  genannten  Geometer 
und  seinen  Anhängera^ aufgestellten  Beweise,  und  sucht  sia 
als  durchaus  ungenügend  darzustellen.  Viele  der  angegebenen 
Kennzeichen  eines  allmäligen' Sinkens  dei*  Ostsee  lassen  sich 
allerdings  aus  den  bekannten  Versandungen  und  Bildbngen 
von  n^uem  Lande  leicht  erklären,  die  Erhöhungen  der  ab« 
aicht]ic)i  eingegrabenen  Zeichen  und  mancher  Felsen,  welche 
firübier  tiefer  unter  dem  Spiegel  des  Meerer  öder  demselben 
näiher  gewesen  waren,  sollen  aus  dem  Heben  dieser  Massen 
selbst  durch  Wasser  und  Eis  erklärlich  seyn,  und  znm  Beweise 
wird  angeführt,  dafs  an  der  Schottischen  Küste  Steine,  ein- 
mal einer  30  Cub,  F.  grofs  und  mehr  als  zwei  Tonnen  schwer 
durch  die  Fluthen  ans  Land  geworfen  sey^  ,  Dieses  ist  dem 
Scheine  nach  zwar  etwas  Grolses.  Wenn  man  aber  berech- 
net y  dafs  ein  solches  Stück  als  Kugel  gedacht,  nicht  mehr  als 
xiahe.Syd  9  wir  wollpn  also  annehmen  ^Fufs  Durchmesser  hatte, 
so  könnte  man  leicht  Beispiele  von  zehnmal  gröfseren  b^weg*' 
ten  Massen  tugeben,  .und  niüfste  sich  doch  sagen/  dsrfs  die 
Felsen,  wovon  Celsius  redet,  von  ganz  anderer  Gröfse 
waren«  Auch  müfste  ein  seltene^  Zufall  mitgespielt  haben, 
wenn  es  sich , ereignet  haben  sollte  9  dafs  alle  bezeichnete  Fel- 
sen gehoben ,  und  gerade  so  gehoben  wurden  ,  dal^  das  Zei* 
eben  höher  über  dem  Meeresspiegel  erschien,  gesetzt  auth, 
dafs  inan  sie  insgesammt  nicht  für  feste  Massen,  sondern  für 
einzelne  grofse  Geschiebe  ansehen  wollte.  Eine  solche  Stein- 
inasse^  durch  die  Gewalt  der  Wellen  bewegt,  verdrängt  auch 
^ohl  ihr  Unterlager,  und  sinkt  tiefer  ain »  oder^wird  etw'as 
gedreht,/  so  dafs  ein  eingegrabenes  deichen  zwar  höher,  abt^r  v 
eben  so  gut  auch  niedriger  i/nd  schief  erscheinen  kann.  Dafs 
die  Abnahme  des  iVTeeres  aas  verschiedenen  Messungen  Un- 
gleich erschien  •  durfte  wohl  nicht  aufFalien,  denn  so  durch« 
aus  eKen  kann  der  Spiegel  der  x>hnehin  unruhigen  Ostsee  nicht 


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?  Hoff  Gctflbieht«  i.  VtfSo4«riiDgeo  i.  Erdolwdttoht«       269 

•eyn  |  daCi  did  langMitMren  Osdllatiotiefi  tiicbt  ein«  Diffei^ns 
Yon  einigen  Zollen  berbeifübren  sollten  —  wofüber  Rec.  je«« 

,  docb  nicbl  bestimmt  zu  entscbeiden  wagt.  Unser  gelehrter 
Verf.  darf  ^es  dem  besonnenen  Celsius  nicbt  sebr  verargen, - 
dafs  er  seine  Hypothese  auch  durch  einige  nicht  haltbare  Grfinde 
tinterstQtzte  9  denn  er  selbst  sucht  i^as  gewichtige  Zeugnif« 
des  H.  y.  Bucb'p*  445  zu  «.^ttkrfiften,  inden^  er  annimmt,  et 
cründe   sich  auf  die  Aussagen    ungebildeter   Schweden» 

.  Kec.  bat  sich  gleichfalls  nach  dieser  merkwürdigen  Streitfrage 
l^i  allen  Gelehrten  jener  Gegend  erkundigt^  welche  er  kennen 
jBuJepien  Gelegenheit  hatte,  und  bei  allen  die  UeberzeuguW 
▼on  einet  Erhöhung  der  KQsten  fest  begründet  gefunden.  Dafs 
diese  Hebung  indeis  nicht  allgemein  ist^  namentlich  an  der 
ganzen  Nordkflste  des  Baltischen  Meerel  nirgend  angezeigt 
wird,  an  einigen  Orten  vielmehr  erweislich  ein  Sinken  statt« 
gefunden  hat^  wird  durch  den  Vf.  sehr  genügend  dargethan,  Und 
sprechen  für  eine  unverSnderteHöbe  des  Meeresspiegels  eben  der 
Ostsee  anfser  den  beigebrachten  Zeugnissen  auch  noch  die*  dufth 
B.aw'ert  und  Garlieb  im  J.'l8l5  auf  Bornholm  angestell« 
ten  Beobachtungen.  Ein  allgemeines  Sinken  des  Meeres,  we- 
nigstens in  dem  Mafse^  wie  es  aus  den  Beobachtungen  dea 
Celsius  folgen  würde ,  ist  auf  allen  Fall  mit  bekannten  Erfah- 
rangen  nicht  zu  vereinigen.  Ein  partielles. Sinken  der  Küsten 
auch  in  bedeutender  Ausdehnung ,  wie  es  vielfach  beobachtet 
ist,  lafst  sich  auf  verschiedene  VVeise  leicht  erklären;  allein 
eine  Hebung,  wenn  auch  nur  partielle,  aber  doch  so  allge« 
meine,  als  sie  aus  unleugbaren  Beobachtungen  an  den  Schwer 
dischen  Küsten  folgt»  gehört  allerdings  unter  die  seltsamsten 
Naturerscheinungen,  und  Rec.  ist  daher  begierig,  die  weite- 
ren Verhandlungen  hierüber  kennen  zu  lernen ,  wozu  der  Vf* 
im  2ten  Th.  p.  406  Hoffnung  macht,  wo  es  heifit:  ,yJetzt 
vei^sichert  man  uns»  dafs  neue  sorgfältige  Beobachtungen  das 
allmälige  relative  oder  scheinbare  Sinken  des  Spiegels  des  bal- 
tischen J\7e4?res  auf  das  Vollkommenste  bestätigen,  und  dafs 
die  Beobachtungen  darüber  der  Welt  baM  vorgelegt  werden 
sollen/^  Als  Erklärungsgrund  fieser  Thatsache  ^  welche-  Rec. 
für  rWahr  zu  halten  sich  allezeit  bewogen  sah ,  scheint  ihm 
weder  die  Hypothese  des  Veif.  von  einem  Heben  durch  die 
Gewalt  des  Wassers  and  Eises,  noch  eine  andere  genügend, 
wonach  die  Felsen  durch  Wellenschlag  gehoben,  und  durch 
zwiscbengedrängten  ^and  getrennt  erhalten  ^werden ;  ein  so 
langsames  ^ind  ungleiches  Heben  durch  unterirdische  Vulcan« 
bat  gleichfalls  vieles  wider  siclH  Sollte  wohl  die  ungleich^ 
Erwärmung  der  Erde ,   welche  sich  in  den  KrÜmmrungen  der 


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270       ▼•  Öoff  Oesehiohte  ä,  Ver^dernngen  ä.  Erdoberfläche« 


jsptbermiscfaen  Linien  so  merkwürdig  iier vorstellt»  deren  ei«« 

f entlichen  Grund  bis  jetzt  noch   nicht  aufgefund^.  ist,   als 
fraiache  anzusehen  seyn  ?   ,  ^  '   . 

Reo«  mufs  aberpials  um  Entschuldigung  bitten  ^  dafs  er 
sich  bei  einem  so  wichtigen  Gegenstande  so  lange  aufgehalten 
bat,  und  fügt  nur  noch  bei^  daf^  aufser  diecer  specieilen  Un- 
tersuchung übet  das  vermeintliche  Sinken  der  Ostsee  auch 
noch  die  allgemeine  über  d]<b  vorhandenen  Spuren  einer  Ab« 
•  nähme  des  Meeres  in  andern  Gegenden  der  Erde  hinzugefügt 
ist,  wobei  die  beJianntJ ich  auch  Tür  das  Gegentbeil  sprechen« 
den  Ze,ugillsse  nicht  unerörtert  geblieben  sii^d«  Rücksichtlich 
des  Erstereu  vermifst  Rec.  einige  nicht  ganz  unbedeutende 
Zeugnisse  für  eine  Abnahme  des  Meeres^  welche  er  gern  durch 
den  Ver£  näher  geprüft  gesehen  hätte,  namentlich  Playfair'» 
VOrti  einem  Heben  der  9chottischen  Küste  (Explication  cet.  p. 
355.)»  .Latrobe's  über  den  Küstendistrict  von  Newyotfc 
(M.  Cor*  XXVl*  241)  etwas  diesem  Aehnliches  von  v.  Hum« 
boldt  (Journ.  4e  Phys.  LXX*  121)  und  insbesondere  For^ 
stär's  (von  Peron  wiederholte)  Anrgabe  Über  die  Erhebung 
der  Litbophyten  mitten  in  der  Südsee  (Bemerk,  p,  125>,  wel- 
che noch  Mac-Cullocb  durch  Vulcan»scbe  Kräfte  (?)  gehow 
J)en  seyn  sollen.  Indem  dann  der  Verf.  nach  genauer  Prü- 
fung der  wichtigsten  4  zum  Theil  €;inander  widersprechenden, 
Zeugnisse  zU  dem  Resultate  gelangt,  dafs  die  Höhe  des 
Meeresspiegels  innerhalb  det  Zeit  geschichtlicher  Ueberlie- 
ferung  unverändert  gebliebeil  sey,'  so  kommt  nothwendig 
die  Frage  ilii*  F^örterun^ ,  wohin  das  durch  die  vielen  vom 
Meere  verschlungenen  Substanzen  verdrängte  Wasser  kom- 
men möge^  indem  durcb  jene  der  Meeresboden  fortwährend, 
went>  auch  nur  um  ein  Weniges,  erhöhet  wird*  Man  wird 
es  dem  Vetf«  nicht  zum  Vorwurfe  anrechnen,  dafs  er  dieses 
schwierige  Räthsel  nicht  zu  lösen  vermag,  ja  sogar  kaum  ei<ne 
Hypothese  darüber  wagt ;  indefs  zeigt  er  sich  doch  geneigt, 
der  Meinung  derjenigen  beizutreten  ,  welthe  die  Ursache  aus 
einer  Verrückung  des  Schwerpunctes  der  Erde^  hauptsächlich 
durch  ungleiche  Vertheilung  der  Wassermasse  auf  beiden  Erd- 
bälften  bedingt,  abzuleiten  suchen«  Soll  indefs  diese  Hypo« 
.  these  ernstlich  zur  Untersuchung  kommen;,  aa  ist  dabei  wohl 
^u  beachten  der  Unterschied  zwischen  einem  durch  die  Schwere 
der  Erde  affttirten  Körper,  bei  welchem  eine  veränderte Ver- 
theihing  der  Masse  sogleich  eine  Vtrrückung  des  statischen 
Momentes  hervorbringt ,  und  der  freischwebenden  Erde,  'de« 
ren  Form,  durch  die  Anziehung  ihrer  GesamratmaSse  und  diei 
Schwungkraft  bedingt,  sich  bei  jeder  Vetrückung  specieller  Mas« 


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T.  Hoff  GeseUehte  d.  VeranJernngen  3«  Erdoberfläche*        Üt 

sentbeile,  sogleich  wiecler  zum  mittleren  Gleichgewicht  des  Gan« 
«en  herstellt,  und  welche  nur  mit  einer  verhältnifsmäfsig. ge- 
lingen Kraft  und  mit  Einflufs  der  Lage  ihrer  Axen  g<^gefi  Sonne, 
Mond  und  Planet€?n  gravitirt.  Eben  aber  die  grolse  Mdnge 
des  Flössigen  auf  der  Erde  bewirkt  bei  partieller  Verrückung 
sogleich  wieder  die  Herstellung  der  normalen  Gestalt.  Liefse 
sich  sonst  irgend  ein^  plausibele  Ursache  einer  Verrückung 
des  Schwerpunctes  in  der  Erde  selbst  auffinden,  so  hat  aller« 
dings  Wrede  sehr  sinnreich  dargethan^  dafs  manch«  geolo« 
gische  Rätbsel  hieraus  erklärt  werden  könnten. 

(D.#r '£#<«&lii/#    im    nächsten   Heft 9.) 


Schriften  üher  die  hinth  •Unternehmung, 

±m  Aufruf  an  die  Schweizerische  Nation  zu  Rettung  der  durch  Ver* 
sumpfungen  ins  Elend  gestürzten  Bewohner  der  Gestade  des  Wal* 
len»Sees  und  des  untern  Linth*^Thales•^  März  l607.  45  <^.  8«.  mt| 
1  Charte, 

2»  Officielles  Notizenblatt  ^  die  Linthunternehmung  betreffend,  L  Bd» 
1 — 7,  Stuck.  Zürich  9  lOOT  —  09*  459^5.  8.  mit  6  PlänenJ^  ^^ 
IL  B.  8  — 14.  St.  I8i0'-:i4.  610  S.  mit  6  Plänen.  —  ///.  Bd. 
15—22  ^tt  1815 — 1824#   551  S,  mit  2  Plänen. 

3'  Neuntes  Neujahrsblatt  der  Zürcherischen  (Zürchischen')  Hiilfsgem 
Seilschaft.  I804.  12  S»  4,  ^—  Fier  und  zwanzigstes  der  gl.  1824. 
27  S.  4. 

4,  Bericht  der  Commission  zur  Untersuchung  der  Linthapgelegenheii 
an  die  Eidgenofsische  Tagsatzung  des  J.  1810.   72  «9.   8, 

5«   Das  Unththal^    wie    es  wäre  (war)^  und  wie   es  jetzt  ist^    oder: 
die  Entsumpfung  des  L,  Th, ,   ein  Denkmal  schweitzerischen '  <?*- 
'  meinsimts  und  (schweizerischer^   Vaterlandsliebe.      Mit  l  Chartern 
5.  Aufl.  1821.   20  S.   S.* 

Wenn  man  das  Unternehmen ,  von  welchem  diese  Schrif« 
ten  Auskunft  geben ,  lediglich  nach  der  Erstreckung  des  zu 
Stande  gebrachten  Ganais  beurtheilen  wollte,  so  würde  man 
ihm  keine  grofse  Wichtigkeit  beilegen  können ,  indem  ein 
Canal  von  etwa^  dritthalb  deutschen  .Meilen  sich  den  zahlrei- 
chen grofsen  Wasserbauten,  die  Europa  aufzuweisen  hat,  nicht 
an  die  Seite  stellen  läfst.  Aber  jener  Maafsstab'  ist-  keines« 
weges  düt  eihsigei    yieln^ehr  giebt  es    ^ine.  Menge^  anderer 


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97t       '    .  Sdbriftea  8ber  d!«  Iaiith*üatentiäimiuigk        ^     ^ 

Gesichtsptincte.  aus  denen  die  Lintharbeiten  avf  eine  vorzüg« 
itche  Autmerksamkeit  Anspruch  haben.     Eine  Strecke  vpn  5 
»-i6  Quadratmeiien  ,  die  sum  Theil  schon  gans  in  Sumpf  wer- 
wtindelt  war  und  die  Luft  Uiiiher  verpestete^  theils  wenigstehü  - 
^er  baldigen  'Versumpfung  entgegen  ging ,   ist  völlig  trockien 
gelegt  und  dem  Anbau  wiedergegeben  worden^  und  das   in 
einem  starkbevdlkerten  Tbale  eines  Xjebirgslandes  »< wo  jedes 
Stückchen  de|  fruchtbaren  Thalbodens  von  so  bohem  Werthei  . 
für  die  Gesellschaft  und  ein  so  kostbares  Besitzthum  für  den 
Eigenthümf  r  ist !  Die  bösartigen  Krankheiten  sind  verschwun«  ' 
den  y  ein  ungestümer  Bergstrom  fliefst  ruhig  und  unscbädlich  • 
in  seinem  neuen  Bette  y  und  dies  ist  bewirkt  worden  durch 
einen  Aufwand  von  KunflLtmitteln  y   der  für  die  Theorie  des 
StrombaaeSy  zumal  in  Gebirgsgegenden,  viele  Bereicherungen 
»darbietet.     Die  Mannichfaltigkeit  und  Gröfse  der  Schwierig- 
keiten, welche  wir  glücklich  üi^erwunden  sehen  ^  m^chei^  das 
Unternehmen  für  alle  Zeiten  merkwürdig  und  zeugen  sowohl 
.von  der  Geisteskraft  der  Vorsteher,  als  Von  dem  Gemeinsinn  > 
des  Volkes,  in  welchem  Behörden  und  Einzelne  wetteiferten^ 
zum  Erfolge  mitzuwirken.     Das  Linththal  fälltin  das  Gebiet 
dreier    Cantpne,     Glarus,     St.,   Gallen    und    Schwytz, 
woraus  stboii  eine  Schwierigkeit,  entsprang ,   die  aber  durch 
die  Bundesverfassung  der  Schweiz  leichter,  als  man  glauben  ' 
solUe,  gehoben  wurde«     Da  übrigens  kleine  Staaten  ebenso 
gut,  Wie  grofse  das  Bedürfnifs  umfassender,   kostbarer  Un« 
tefnelunungen  empfinden ,  so  ist  es  niUzlich ,  an  einem  gelun« 

fenen Beispiele  zu  sehen,  wie  man  durch  mancherlei  Verein- 
arungen  Hindernisse  dieser  Art  beseitigen  kann ;  was'  dort 
die  Tagsatzung  that,  das  könnte ,  wenn  ein  solcher  Fall  in 
Deutschland  vorltärne,.  vermitt;,elst  einer  besonderen  üeber- 
einkunft  der  betheiligten  Regierungen  ebenfalls  geschehen.  — 
Endlich  bietet  sich  noch  ein  allgemein  menschliches  Interesse 
dar^  insofern  als  sich  in  der  ganzen  Unternehmung  die  In« 
dividual|tär  eines  der  edelsten  unserer  Zeitgenossen^  des  un«< 
vergefslichen  Hans'  Conrad  Escher  von  der  Linth 
(geboren  1767»  gestorben  1823)  auf  die  anziehendste  Weise 
ausspricht. 


X^er  Beschlufs  folgt.) 


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N.  la  ^1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher   der  Literatur. 

/  ... 

^smBBBaBs^Bsa^BBs^BaBasBssssasasssssaaBSBBBSsa 

Schriften  über  die  Linth-Ünternehmimg. 

CBeschlufs.) 

Die  wisseilscbaftlicben  Leistungen  des  trefflichen  Mannes 
fiürfen  hiör  als  genugsam  anerkannt  vorausgesetzt  werden; 
in  dem  Linthunternehmen  wirkte  er  mit  der  ganzen  Kraft  sei^ 
lies  Geistes  y  GemÜtbes  und  Willens  ^  und  die  Grdfse  seines 
Verdienstes  läfst  sieb  scbon  daraus  erkennen  j  dafs  die  Regie- 
rung seines  Cantones  (Zürtcb)  kurz  nacb  seinem  Tode  be- 
scblofSf  ihm  und  seinen  Nachkommen  den  Ehrennamen  von 
der  Lintb  beizulegen,  — Da  die  genannten Schriften.bei uns 
sehr  wenig  bekannt  sind,  auch  von  dem  ganzen  Linthwerke  nur 
einzelne  unvollständige  Nachrichten  sich  verbreiteten,  da  fer- 
ner erst  jetzt,  wo  die  Anlagen  beendigt  sind^  das  Ganze  völ- 
lig übersehe;i  werden  kann ,  so  hält  es  der  Vf.  dieser  Anzeige^ 
der  sich  an  Ort- und  Stelle  näher  unterrichtet  hat,  für  ange- 
messen, unsern  Lesern  einen  ausführlichen  Bericht  zu  erstat- 
ten und  denselben  mit  seinen  Bemerkungen  zu  begleiten. 

Dafs  in  allen  Ländern  von  £uropa  in  den  letzten  Jahr- 
bunderten  ^ine  beträchtliche  Erhöhung  der  Flufsbetten  zu  be- 
merken ist,  hat  von  Wiebeking  (Wasserbaukunst,  I,  2ff) 
^n  sehr  vielen  Beispielen  nachgewiesen.  Die  nothwendigen 
Folgen* dieses  Um&tandes  sind  Erschwerung  der  Schiffahrt  und 
Versumpfung  der  Ebenen ,  welche  niedriger  liegen  als  der 
Spiegel  der  in  erhöhten  Betten  sich  bewegenden  Flösse,  In 
Gebirgen  mufs  das  letzte  Uebel  im  gröi'sten  M^afse  eintreten^ 
weil  die  Flüsse  vermöge  ^ibres  hohen  Falls  viel  ungestümer 
sind  und  weit  mehr  Erde^  und  Steine  mit  sich  führen,  die  dann; 
indem  sie  bei  abnehmender  Geschwindigkeit  des  Wassers  nie- 
derfallen y  sich  scbichtei)weis6  auf  dem  Flulsboden  anhäufen. 
Sx>  ist  das  Thal  der  Etsch  in  Tirol  mit  Sümpfen  bedeckt,  von 
denen  bösartige  Flehet  veranlalst  werden  ;  so  steht  ein  grofser 
Theil  des  Finzgaus  (des  oberen  Salzachthals)  unter  VV  üsser^ 
und  auf  gleiche  Weise  hatten  sich  seit  einigen  Jahihuuder- 

XVIII.  JaJiig.   5.  Heft^  lÖ 


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274  Schtifted  Sbti  dt«  Linth-IJntedi^miingl     ' 

^en'im  LSnththal,  vom  Züricher  See  aufwärts,  an  de/ Stelle 
fruchtbarer  Ländereien  Sümpfe   ausgehreitet.       Die   Linth 
<>htsteht  .aus  dem  Staffelbach,  der  von  den  Gletschern  des 
IXö  di  und  der  C 1  a  r  i  d  e,n  kommt ,  und  aus  dem  L  i  m  m  e  r  n- 
Üäch,     der*  vom    Selbstsanft    herabrinnt,     erreicht    dert 
oberen  Tbeil  des  Züricher  Sees  und  tritt  urtter  derBenennuilg 
Limmath  aus  demselben.     Da  die  Felsarten,  über  die  sie  ih* 
ren  Lauf  nimmt y    häufig  zerklüftet,    oder  nicht  hart  genug 
sind,  um  ihrem  Ungestüm  zu  widerstehen,^ mit  dem  sie  z*  B. 
in   deiri  furchtbaren  Schlünde  tinter  der  Panthenbrücke  fort- 
braust, da  ferner  viele,  ihr   zuBiefsende  Bäche  über  nackte, 
steile  Abhänge,  oder,  wie  die  wilde  Löntsch  ,  aus  jähen  Pel- 
senscjiluchten  herabstürzen    (man    findet    im   hinteren   Thalp 
"  mehrere  «Wasserfälle  von  grofser  Schdiiheit),  so  istf  leicht  zu 
(erklären ,  daf*  sie  eine  Menge  Erde  und  Gesteine  (Geschiebe) 
mit  sich  fortrollt.     In  neuerer  Zeit  geschah  dies  in  stärkerem 
Maafsey  weil  mib  der  zunehmt^Jen  Bevölkerung  des  Cantons 
Glarus,    dessen    Bewohner    sich   häufig  auf  Fabrikarbe^ten 
legten,    die  Abhänge, mehr  des    schützenden  Ueberzugs   voit 
"Wald  beraubt  wurden  und  daher  von  dem  Regen -tind  Schnee* 
wasser  mehr  durchv^eicht  werden  konnten.    Diese  Entblölsung 
der  Abhänge  ist  es,  welche  viele  mehr  oder  minder  schädlicha 
Bt^rgiälleln  der  Schweiz  veranlafste  und  bewirkte,'  dafs  vie« 
les  truchtbare  Land  durch  üeberschüttung  mit  SteingeröUe  zu 
G'i^inde  gerichtet  wurde.      Was  Es  eher  zur  Verhütung  die- 
ser Gefahren  dringend  rieth  (s,  z.  E.  dessen  Aufsatz  über  die 
Verheerungen  im*  Nollathale  bei  Thusis,  in  v.   Leonhards 
roineralog.  Taschenb,  lö'21,  S. 63l.)i  das  wird  jetzt  nach  und 
nach  ausgeführt,  xwie  noch  gartz  kürzlich  Waadt  und  L  u« 
cern    gegen    die  Fällung   solcher  Waldungen  Vorkehrungen 
getroifen  haben»      Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,    dafs  auch 
aufs  er  den  eigentlichen  Gebirgsländern  die  allmäiige  Erhöhung 
und  Versandung  der  Flufsbetten  von  dem  weiter  an   die  An- 
höhen hinauf  sich  verbreitenden  Anbau  herrühren,  wodurch, 
wo  nicht  Geschiebe,  doch  Erde  in  grösserer  Menge  den  Th^- 
lern  zugeführt  werden  kann.     W-enn  sich  dies  bestätigt,  so 
erhält  die  pplizeiliche  Oberaufsicht  auf  die  Puvatforsten  eine 
besondere  Wichtigkeit ,  da  man  aber  dieses  Uebels  willen  den 
Anbau  der  Abhänge  doch  nicht  ganz  hindern  dClrfte,  so  mufs 
die  Strombaukunst  soweit  gebracht  viterden,  uhi  die  nöthigen 
Gegenmittel   darzubieten.-  — -     Das   Linthbette  erhöhte   sich, 
in  der  Gegend  der  Ziegelbrücke  zwischen  W^  esen  und  Nie- 
der-Urnen,  binnen  50 Jahren  um  16'*    Die Canalgrabungen 
teigteii  an  mefacttreii  Stellen  die  Spuren  der  yiekn  Auischwem« 


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Sohlen  üb«r  ^  Lifltli-UiiUnie^niif.  275 

inüngen.  Beim  Kdleticana  1- fand  man abwecfaselndd  Schichten 
eines  schwarzen  Lehms  und  ein^s  torfar^gen  Lettens  (Not* 
Bl.  I,  193}»  beim  Mollisercanal  lag  unter  der  Dammerde 
eine   zusammenhängende  Geschieblage  (ebd.  I«  304)  bei  der 
Maag  zeigte  sich  8 — 10'  tief  eine  alte  Strafse,  rll,  206)9  5^ 
tief  ei Qr  alter  Reckvreg  (Leinpfi^)  (I,  320)  9  an  einer  andern 
Stelle  wurden  10'  tiei  viele  Wurzeln  eines  ehemaligen  Waldes 
angetroffen  (II,  3l2.  493),  viele  alte  Wuhre'bis  auf  20'  Tiefe 
muDsten  aqsgehoben   w,erden,    auch  die  Ke^te  einer  Brücke^ 
von  welcher   sich  keine  Erinnerung  erhalten  hatte  (III,  50). 
Im  untersten  Theil  des  "^hals,   vom  Züricheb  See   au^'wärts^ 
hätte  der  Flufs  auf  10,000'  des  Laufes  nur  3-r4'  Gefälle  be. 
'    halten,   die  vielen  Windangen  schwächten  ebenfalls   die.Ge« 
seh  windigkeit,    die  das    Ufer    einfassenden  Dämme    konnten 
nicht  so  sehr  erhöht  werden,  dals  nicht,  besonders  bei  hohem 
Wasserstande    im  Frühling,  die  Gewässer  sich  in  die  tiefer 
liegenden  Ebenen  hätten. ergiefsen  können  ,  an  welchen  Fällen 
dann   wegen  der  Verminderten  Geschwindigkeit  dea  Wassers  ' 
in  5lem  Flufsbette  immer  starke  Aufschwemmungen  erfolgten. 
Aus  diesen  Ursachen  bildeten  sich  auf  beiden  Ufern,  in   den 
Landschaften  March  und  Gast  er,  vorzüglich  um  Schän- 
nis^  weite  Sümpfe,  grofse- Strecken  wurden  ganz  unzugäng- 
lich; die  am  Rande  des  Sumpfbodens  liegenden  VViesen  trugen 
nur  saures,  zum  Einstreuen  dienendes  Gras.      Es  kam  aber 
^och  ein  besonderer  Umstand  hinzu.      Dicht  vor  der  Ziegel« 
brücke    ergois  sich  der  Ausflufs  des  nahen  Wallensees,   die 
Maag,   in  die  Linth.     Je  mehr  nun  diese  in  ihren  Ufern  er- 
höhe^'wurde,   desto  weniger   war  sie  imiStande^    noch  die 
Maag  aufzunehmen.     Diese  wurde  also  angeschwellt  und  ihr 
Gefälle  nahm  immer  ab,  so  dafs  es  zuletzt  i)ei  der  Länge  von 
ungefähr  einer  Stunde  nur  15/4'  ausmachte  (I,  24)«     Die  Folge 
war,  dafs  der  Wallensee  immer  höher  stieg  bis  auf  6'  über 
seinen    früheren  mittleren  Stand,  dals  die  an  ihm  liegenden 
Städtchen  Wesen  und  Wa,llens,tadt  zur  grofsen  Plage  für 
die  Bewohner  unter  Wasser  standen,  dafs  die  schönsten- Wie- 
sen und  öärten  an  den  Seeufern  und  längs  der  Maag   sich  in 
Sumpf  verwandelten,  Lastschiffe  da  fuhren,  wo  man  früher 
Heu   mähete^    dafs  endlich  bei  hohem  Wasser  der  Züricher 
und  der  Wallensee  ,  obgleich  wenigstens  4  Stunden  von  ein« 
ander  entfernt ,  durch  eine  ununterbrochene  Wassermasse  zu- 
s^ammenhingen.     Wie  der  Verlust   oder  die  Verschlechterung 
%on  etwa  20,000  Jucharten  deä  besten  Bodens  (man  rerhnete  ^ 
gegen  10  Mill.  Q"^*^'*^*^'«^^''   *"  ^^  Quadratfufsen ,    wovon 
1  Million  ganz   unbrauchbar  geworden  war),  auf  c|as  Nah*   ^ 

18  * 


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'   27iJ  . Schriften  übör  dio  Linlk- UoteTfiohmdog« 

nmgs Wesen  des  volkreichen  Thaies  wirken  mufste,  ist  leicht 
zu  denken;  zu  der  Sorge  \^nd  Noth  tr^Uln  aber  noch  die  bös- 
artigen Wechsel-  Und  Faulfieb^r,  die  jährlich  weiter  um 
Äich  griffen  und  bereits  an  entfernteren  Uferstrecken  des  Züri- 
cher Sees  zum  Vorschein  kamen.  Zu 'alle'm  dem  kan^  noc]:i, 
dafs  daf  Uebel  stets  fortsctiritt ,  weshalb  auch  die  etwas  hdher 
liegeHdon  Ortschaftan  gleich  trai^iges  Schicksal  nahe  vor  sich 

,  ^ahen.  '  - 

Schon  früher  beschäftigte .  man  sich  mit  Entwürfen  zur 
ReUung  des  Thaies.  Schon  17Ö3  übergab  der  von  der  Tag* 
Satzung  beauftragte  Ingenieur -Hi^uptmann  Lanz  Vorschläge,, 
in  denen  die  einzig  mdgüchen  durchgreifenden  und  nun  wirk- 
lich ausgeführten  Mittel  enthalten  waren.  Sie  fanden  damals 
noch  kein  Gehör ,  die  Noth  iQufste  noch  höher  steigfsn.  T>fach- . 
dem  viele  Bemühungen  Eschers  u.  A.  frutihtlos  geblieben 
'  ^^aren,  genehmigte  endlich  auf  dessen  Bericht  die  Tagsatzung 
1804  den  vorgelegten  Plan,  und  l807  wurde  zur  Ausführung 
geschi^itt^n.  Die  Grundzüge  des  Plans  waren  die^^:  1)  Die 
Linth  sollte  durch  einen,  von  der  Brücke  bei  Näf^ls  anfan- 

;  genden  Canal  in  den  Wallensee  geleitet  werden,  um  ihre 
Geschiebe  in  denselben  zu  führen"  und  von  denselben  gereinigt 
wieder  herauszutreten;  die  Maag  bedurfte,  einer  Correctioif, 
U91  die  ganze  Wassermasse  der  Linth  aus  dem  See  führen  zu 
kdni^n«  2)  Von  der  Ziegelbrücke  an  sollte  das  Bette  der  Linth 
x'crtieft,  in  gerade  Richtung  gebracht  und  eingedämmt  wer- 
den^ um  einen  bessern  Abzug  zugeben,  den  Spiegel  des  Wal*i 
lensees  ivieder  zu  erniedrigen  und  die  Trockenlegung  der 
Sümpfe  zu  ermöglichen.  Für  das  erstere  von  beiden  Mitteln 
bot  das  Berner  Oberland  zwei  Vollkommen  gelungene  Beispiele, 
es  war  nämlich  schon  Vor  mehr  als  100  Jahren  die  Kander 
mit  ihren  zahlreichen  Zuflüssen  in  den  Thüner,  und  die 
Xüts<hine  in  den  Brienzer  See. geleitet  worden. 

Um  die  Kosten  aufzubringen,  ward  beschlossen,  einst- 
weilen 1600  Actien  zu  machen,  jede  zu  200  Seh w ei zerf tan- 
ken, und  die  ganze  Nation  zur  Theilnabme  aufzuforfl^n. 
Die  Möglichkeit,  die' Actien  zurück  zu  zahlen,  Wurde  durch 
folgende  Bestimmungen  gesichert.  Alles  ganz  unter  Wasser 
stehende,  völlig  unbrauchbar  gewordene  Land  fällt  der  Un- 
ternehmung gänzlich  anheim,  weil  es,  wenn  diese  nicht  zu 
Stande  käme,  doch  für  immer  verloren  wäre.  Bei  dem  blos 
versumpften  oder  versauerten  Lande  dagegen  soll  die  ge* 
sainmtfe,  ^urch  Austroekhung  bewirkte  Erhöhung  des  Werthes 
der  .Unteniehmung  von  dem  Eigenthümer  ersetzt  werden,  wo- 
ferue  ditfl«4  nicht  vorzieht,,  das  Grundstück  gegen  Erstattung 


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^        Sohnften  übet  die  Linth  *  Unternebmuog« «  277 

des  vor  der  Auitrocknung  abgeschätzten  Wertbes  abaiitteten. 
—  Man  kann  woU  nicht  in  Abrede  stellen ^  dafs  diese  Anord- 
mingen  etwas  Ungewöhnliches  enthalten.  Wenn  s^uch  die 
fortdauernd  unter  VVasser  stehenden  Ländereien  aufgehört  ha*  » 

'  ben^  Nutzen  zugehen,  so  bestand  doch  noch  das  Eigenthuin 
derselben  und  es  blieb  wenigstens  denkbar,  (obschön  keine 
Wahrscheinlichkeit  obwaltete},  dafs  einmal  mit  grofsen  Optern 
von  den  Eigenthümern,  aber  ohne  die  gänzliche  Hingabe,  die* 
aes  Land  dem  Wasser  wieder  entrissen  werden  könnte.  Eben 
so  scheint  es  hart,  dafs  der  ganze  Mehrwerth  der  durch  Ver- 
sumpfung verschlechtert  gewesenen  und  wieder  verbesserten 
Grundstücke  von  dem  Eigenthümer  bezahlt  werden  »oll,  dafs 
dieser  also  zur  Tbeilnabme  an  einer  Melioration  gezwungen 
wird,  von  der  er  keinen  Gewinn  hat,  sond^n  durch  die  er 
blos  von  der  Gefahr  weiterer  Verluste  befreit  wird;  Nach 
der  Analogie  des  Deichrecbtes  möfste  man  der  Meinung  seyn^ 
dafs  die  i^osten^  also  der  Betrag  der  Actien  sammt  einem  bil- 
ligen  Gewinn  y    auf  das  sämmtlicbe  mehr  oder    weniger  be*    " 

,  schädigte  Land  auszutheilen,  der  diese  Kosten  übersteigende 
Mehrwerth  aber  den  Eigenthümern  zu  belassen  gewesen  wäre. 
Der  Mehrwerth  der  ndch  brauchbar  gebliebenen,  und  der 
volle  Werih  der  erst  wieder  nutzbar  gewordenen  Ländereien^ 
zusammen  konnte  mit  der  Gesammtheit  der  Kosten  vei'glichen 
und  daraus  der  von  jedem  Stücke  zu  bezahlende  Antbeil  be- 
rechnet werden.  Auf  ähnliche  Weise  hat  auth  das  K.  französ, 
Ceset»  vom  16.  Sept.  18O6  (bei  Fournel,  lois  rurales,  t^ 
117  der  5,  Ausgabe,  auch  im  Memorial  forestier,  A.  XIV, 
S.  253)  bestimmt  y  daf*  bei  Entwässerungen  ,  die  eine  von  den 
Eigenthümern  veeschiedene  Gesellschaft  unternimmt,  der  be- 
wirkte Mehrwerth  zwischen  den  Eigenthümern  und  Unter- 
nehmern nach  einem,  in  der  Commission  für  jede  einzeln» 
Unternehmung  besonders  festzusetzenden  Verhältnifs  getheilt 
werden  solle.  —  Der  Unterzeichnete  "laubt  nach  seinen  Er- 
kundigungen die  (Quadrat klafter  Mattland  im  Linththal  ziv 
einem  Durchschnittspreis,  von.  1  fl.  oder  nicht  viel  weniger 
annehmen  zu  können.  Da  nun  die  4200  Actien,  die  man  aus- 
geben mufste,  erst  840,000  Schw.  Franken  (588,000  fl.)  aus- 
machen, so  kommen   auch  nach  Zusatz  von.  33  Proe.  für  Zin- 

'^  sen  erst  784,000  fl.  heraus,  und  nvan  sollte  denken,  der  blofse 
Werth  des  «»anz  verloren  gewesenen  Landes  müsse  schon 
di^se  Ausgabe  decken.  Es  soll  hiermit  nur  ausgesprociien 
werfien,  dafs  die  angeführten  Bedenklichkeiten  aus  den  obigen 
Schriften  selbst  nicht  zu  lösen  sind;  vielmehr  wird  man  daria 
bestärkt  durch  die  Schwierigkeit ,  die  sich  bei  der  Einziehung 


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g78  ^  S^Wtea  IU>er  die  Linth  *  Üiiker&eliQitto^. 

des  MehtwettheB  von  den  GrundeiÄenthüme^n  ergabt  ün4 
durch  die  man  auf,  das  Auskunftsmittelgeriethy  Actien  an  Zah- 
lun^s^tatt  anz\inehm^n5  welche  in  manchen  Fällen  leicht  zu 
ef\werben  waren.  — 

Die  Beschlüsse  der  Tag8at;sung  von  l804  i  ein  aüsfübrli« 
eher  Bericht  Über  den*'Zu«tand  des  Thaies  und  ein  Aufruf  zur 
Uebernahme  von  Actien ,  'von  Ith  zu  Bern  und  Esche r 
zu  Zürich  unterzeichnet,  und  in  der  Schrift  Nr.  i.  erithal- 
teil.  Das  Neüjahrsblatt  von  l809  (Nr.  3)  giebt  eine,  au» 
-  £  seh  er  6  Feder  geflos$en^^  zunSlchstjFür  die  Jugend  bestimmte 
Schilderung  der  Noth  der  unglücklichen  Bewohner.  Das  No- 
tizenblatt  (Nr. ^)  begann. gleichzeitig  mit  den  Arbeiten ,  um 
den  Actien  Inhaber  n  von  Zeit'zu  Zeit  o£^ene  .Rechnung  vorzu- 
legen und  sie  mit  der  ganzen  Lage  der  Sache  bekannt  zu  ma- 
chen^  Dies  Verfahren  ist  musterhaft  und  hat  den  grofseri 
Vortheil,  dafs  der  reiche  Schatz  von  Erfahrungen  für  die 
Nachwelt  sicher  aufbewahrt  werden  konnte.  Nur  vermifst 
'  man  ungetan  nähere  Angat)en  über  die  Zahlen  Verhältnisse,  die 
"siGhbei  den  Abschätzungen  ergeben  haben  mögen.  Dös  Tech* 
nlsche  der  Unternehmung  b^soi^gte  die  Aufsichtscommissiony 
bestehend  aus  den  Hrn  Es  eher,  als  Präsidenten ,  der  alle 
Berichte  yerfafste,  Osterried  von  Bern  und  Rathsherr 
Schin  dierr  vom  Haltli  in  Mollis;  die  ökonomischen 
Geschäfte  besorgte  die  Schatzungscommission,  deren  Präsident 
der  Oberstund  Rathsherr  St ehl in  wurde.  Die  Tagsatzung 
sowie  die  verschiedenen  von  ihr  niedergesetzten  Früfungscomi- 
missionen  (am  ausführlichsten  diejenigen  ,  deren  Bericht  in 
Nr.  4  angezeigt  ist)  erheben  mit  dem  wärmsten  Eifer  bei  je« 
dem  Anlasse  die  unvergefslichen  Verdienste,  welche  sich  die 
treifli^ihen  Männer  E  s  che  r,  Schindler  un^d  S  t  e  hl  in-  er« 
warben^  auch' finden  die  grofsen  Dienste,  wekhe  der  grofsh, 
badische  Ingenieur -Major  Tulla  dem  Unternehmen  in  der 
ersten  Zeit  geleistet  hat,  gerechte  Anerkennung;  ihm  ver- 
dankte Escher  seihst',, die  wi&fienschaftHcbe  Ausarbeitung 
des  Qperationsplans*«  (11,  260),  und  die  T^gAtzung  stattete 
ihm  ihren  wärmsten  Dank  ab*  Uehrigens  bleibt  man  unge- 
wifs,  pb^nan  sich  mehr  über  die  feste  Zuversicht,  mit  wel- 
cher die  Vorsteher  ,  so  oft  da«!  eingegangene  Geld  verbiauchjt 
war  ,  immer  von  Neuem  den  Börgersinn  ihrer  Landsleute  zur 
Hälfe  aufriefen,  oder  über  die  Bereitwilligkeit,  der  letztern, 
immer  neue  Aetien  zu  übernehmen,  freuen  soll;  in  jedemFall 
verdienen  das  Selbstvertririten  und  die  unerschütterliche  Festig- 
keit der  Aufsichtscommission,  wodurch  die  mannichfaltigsten 


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Sehriften  phet  dit  Linth  -  üntiBfnelinimig«  f79 

und  grdfsten  Hindernisfe  glflcUich  b«£wungen  wurden,  AHg^« 
meine  Hochacbtung, 

Was  die  technische  Ausführung  betrifft«  so  kann  darüber 
hier,  auch  wenn  es  der  Kaufn  nicht  verböte,  schon  aus  dem 
Grunde  nicht  vollständig  gehandelt  werden,  weil  ohne  eine 
Ciiarte  keine  Deutlichkeit  zu  erreichen  ist;  also  nur  das  Wi$:h- 
tigste.  Beim  Fortgang  der  Arbeit  zeigten  sich  alle  hydrauli- 
scnen  Berechnungen  su  richtig,  der  Erfolg  fiel  «o.  unverhofft 
günstig  aus,  dals  man  den  ursprünglichen  Plan  stets  erwei- 
terte, um  noch  neue  Vortheile  zu  bewirken.  Zuletzt  .erscheint 
das  Unternehmen  in  einer  Gröfse,  an  die  man  beim  Beginu 
bei  weitem  nicht  zu  denken  wagte.  Statt  die  Maag  und  Li^ith! 
nur  in  einen  geregelteren  !Lauf  zu  btingen,  wurde  von  dem 
Wallensee  ein  fortlaufender  Canal  bis  nahe  an  den  Züricher- 
see, 55481^  lang  (ohne  den  Molliser  Canal  von  11300'  Länge) 
angelegt^  dessen  einzelne  Thcile  man  in  den  Berichten 
aufs  deutlichste  entstehen  sieht.  Durch  die  gerade  Richtung 
wurde  sehr  beträchtlich  am  Gefälle  gewonnen.  Man  theilte 
dasselbe  gleichförmig  aus,  um  dem  Wasser  einen  sicheren  Ab« 

,  lauf  zu  geben,,  und  brachte  es  dahin,  dafs  nicht  blofs  dieser 
Zweck  vollkommen  erreicht,  sondern  auch  der  Spiegel,  des 
Wallensees  um  7  t/2'  erniedrigt  wurde,  wohei  eine,  seit  langer 
Zeit  unsichtbare  kleine  Insel  in  demselben  wieder  zum  Vor« 
st:hein  kam.  Das  mittlere  Gefälle  dieses  neuen  Canals,  dessen 
eineeine  "rheile  nach  den  Schlängelungen  des  alten  Bettes,*  die 
sie  durchschneiden,  besondere  Benennungen  erhalten  hal>en, 
ist  gegen  12'  auf  10000.  Das  Profil  wurde  s^o  angelegt,  dafs 
e«  es  einer  mittleren  Wassermasse  von  4000  Cub.  F.  in  der 
Secunde  entspricht;  indefs  war  auch  auf  die,  jäbrlich  bei  der 
Schneeschmelze  zu  erwartenden  Hochgewässer  Rücksicht  zu 
nehmen,  bei  denen  man  in  der  Secunde  auf  einen  Ahflafs  von 
10000  Cub.  F.  rechnen  mufste.  Dies  machte  die  Errichtung 
guter  Dämme  noth wendig,  die  zugleich  bequeme  Fufs-  Und 
Leinpfade  gaben.  Es  wäre  nicht  rathsam  gewesen,  dieselben 
sogleich  am  Rande  des  Ufers  aufsteigen  zu  lassen;  mam  rückte 
sie  folglich  beträchtlich  von  demselben  ab,  so  dafs  ihre  inne« 
,ren  Kronen  200'  von  einander  entfernt  sind,  während  die  obere 

>  Canalbreite  nur  86'  ist;  die  Dammhdbe  beträgt  wenigstens 
6'  und  die  Ausladung  dabei  12'-  (T,  2d2),  Jen&ieits  der 
Dämme  sind  auf  beiden  Seiten  Gräben  zur  Aufnahme  der  von 
den  Gebirgen  kommenden  Bäche  und  der  Sumpfgewäs*er  an- 
gebracht. Damit  die  Dämme  durch  die  Einmündung  solcher 
Nebengewässer  so  wenig  als  möglich"  unterbrochen  werdet 
möchten,    entschiofs  man  sich,    diesen  Dammgräben   in  det 


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2d<>  Schnften  llber  die  Lintb^  Untemdiuituijg«  • 

«titeren  Gegend  eine  ansebnlicbe  Breite  su  gt^ben ,  ja  ei  wurde 
der  rechtseitige  in  einem  abgesonderten  Bette  dem  Züci'cber 
.5ee  augeleitet,      .  \  . 

Ein  Blick  auf  die  Schwierigkeiten^  die  sieh  diesem  Un« 
ternebmen  entgegenstellten  ,  wird  am  besten  eine  Vorstellung 
von  den  Leistungen  der  Vorsteher  gebeti  können,;    Ref.  bebe 
nur  einige  der  bedeutendsten  Umstände  ans.     Man  hatte  mit; 
dem  l^urzsicbt^en' Eigennutz  der  Grundeigentbümer  zu  kam« 
pfen^  die  vOn  den,  noch  wenig  verst^mpften  Ländereien  einen 
•  ansehnlichen  Gewirtn  aus  dem  Verkauf  des  zum  Streuen  dien- 
lichen Grases  zogt*n ,  und  nicht  bedachten  j  da£s  ohne  kräfti«- 
fem  Widerstend    auch    dieser   atigenblickliche   Nutzen    beim 
ortgange  der  Versumpfung  bald  unwiederbringlich  yerloren 
gehen  wurde.     Da  indels  an  einigeh^teJlen  des  unteren  Linth-  ' 
thals  wirklich  so  grolse  Strecken  sogenannter  Strohwiesen  vor- 
handen sind,  dafs  ihre  bessere  Cultur  aus  Mangel  an  Capital 
und  Arbeitskräften  fürs  Erste  nicht  mdglich  schien  9  und  das 
Bedttrfnifs  eines  Streumjttels  filr  die  vielen  Viehwirthschaf- 
ten    der   Umgegend    dringend  ist,    so   War    es  ^ein  passender 
Gedanke  Eschers,    dafs  man    einstweilen  durch  künstliche 
W'ässerung  der  Strohwiesen    den    Ertrag    derselben    erhöben 
Äollte:  (It,  230),  und  dies  geschah  ayich,  (III,  38 1).  —    Die 
Arbeiten  durften  nicht  vom  Züricher  See,  also  von  der  tiefsten 
Ste)le,  begonnen  werden,  sonst  würden  die  neuen  Canäle  von 
der   grofsen  Geschiebmasse,    die    der  Strom   mit   isich  führte,  , 
Ijald  angefüllt  yvorden  feyn.     Man  fing  also  an  der  höchsten 
Stelle,  oei  der  Ziegelbrücke  an,  tind  arbeitete  abwärts,  wäh- 
jencf  zugleich  die  Anlegung  des  Molliser  Canals,  von  welchem 
nachher  gesprochen  werden  soll ,  betrieben  wurde.     An  jener    . 
Stelle   trifft  das   neue  Bette   mit   dem   alten  zusammen,    man 
fafste  deshalb  den  Gedanken,  deh  Strom  selbst  an  seiner  Ver-» 
^tiefnng  arbeiten  zu  lassen,  .indem  , man  ihn  durch  Faschinen- 
spdrnen,    die  ibre  Richtung   schief   stromaufwärts   erhielten, 
einengte.    .  Dieses  Mittel  leistete  treffliche  Dienste;  in  dem 
mittleren  Theil  des  Stroms  verschwanden  Sandbänke  in  kur- 
zer Zeit,  das  Bette  vertiefte  sich  zusehends,  W'ährend  zwi- 
schen   den  Spornen  sich   Sand  und  Geschiebe  anlegten,    was 
«ur  Bildung  eines  festen  Ufers  und  zur  Ausfüllung  vieler,  von 
den  Windungen  herrührender  Lücken  nützlicli   war.     Die  in 
grofser  Ausdehnung,  gesthebene  Anwendung    der   Faschinen- 
spornen,     deren  viele    nahe'   beisammen    angebracht    wurden, 
ist  unstreitig  für  die  Wasserbiiukunit   lehrreicb.       Aber  dio 
Konten   dieses  Mittels    belicfen   sich '  hocb ,     weil    das  erfoi- 
derliche  Holz  theaer  war  und  die  Arbeiter^ erst  eingeübt  wer* 


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Sdniftai  fibtr  dk  linih » Üntdmtlinwmgt  ^i 

den  mufften;  es  wurden  sogar  iwei  geschickte  Arbeiter  «u« 
Baden  herbeigeholt  ^   um  di,e  Anderen  ^u  unter vireisen.      Spä- 
terhin kamen  auch  Steinspornen  in  Anwendung ,  die  zur  Be« 
•chützung  des  Ufers  dienten.  —  ^Unterhalb  der  Ziegelbrücko, 
bei  den  VVindecken,    wo  die  Ltnth   dicht  am  Schänniser 
Berg  hinfliefsty  zeigte  sich,  als  das  Bette  tiefer  eingeschnitten 
MTurde,  ein  Hindernif«,  welches  auf  eine  unerwartete  Weise    . 
die  Erniedrigung  des  Wallensees  ungemein   verzögerte,  näin« 
lieh  ein  queer  durch  den  Fliifs  laufendes  Felsenriff  von  fester 
Nagelfluhe,  welches  über  die  beabsichtigte  Tiefe   des  Bettt^s 
um   10—12'  in  die  Hohe  ragte,  und  10—40'  breit  war.     Die 
Sprengung  war  unvermeidlich,  aber,  da  sie  fdst  immer  unter 
Wasser  gt^scheben  niufste,    kostbar.       £  sc  her    vereinfachte 
das  in   solchen   Fällen   üJiIiche    Verfahren.      In  das  BohrlocÜ 
wurde  eine  hölzerne.  Ober  das  Wasser  herausreichende  Röhre 
eingesetzt  und  eingekittet,  das  Wasser  mit  einem  Heber  bec- 
autgezogen,  das  L«och  mit  Lumpen  ausgetrocknet,  schnell  ein  \ 
Stück  Lehm    eingestampft,    wenn  nämlich   unten   im    Loche 
'  Wasser  eindringen  wollte,  dann  Pulver  eingeschüttet  und  mit 
Sandbesetzung  das  Loch  vollgestopft«       Wo  das  Loch  nicht 
ganz  trocken  zu  bringen  war,  bediente  man  sich  einer  Patrone 
•von  Papier,  stark  geleimt  (II,  40)9  später  bei  tieferen  Löchern 
]3lecherner  Patronen  (II,   l6l).       Da  man  die  Arbeit  nachher, 
in  Verding  gab,  i'  Vertiefung  für.8 — 10 Carolin,  so  bewähr- 
ten sich  die  Vortheile  der    Verdingarbeit   dadurch  ,•  dafs  der 
Unternehmer  das  Verfahren  noch   zu  verbessern  wufste;    er 
nahm  Darmpatronen   statt  blecherner,    und  setzte  ein  Schilf- 
rohr ein,  in  welchem  der  Pulverfaden  angebracht  war  (11,398), 
und  weil  die  Sandbesetzsung  das  Herausziehen  der  nicht   los- 
gegangenen Patronen  erschwerte,  so  schüttete  er  nur  1/4,"  hoch 
Sand  auf  und  stampfte  darüber  wollene  Lumpen  ein,  die  beim 
Eindringen  des  Wassers  anschwellen  und  dadurch  desto  fester 
schliefsen.     Dies  hatte  den  besten  Erfolg  (III,  48).  —    Der 
die  Stelle   der  Maag  vertretende   („Westyier")  Canal    konnte  . 
erst  im  Frühling  18I 2  eröffnet  werd^n^     Seine  Grabung  wurde 
überaus  erschwert  durch  den   Umstand,    dafs  eV  durcli  einen 
Sumpfboden  geführt  werden  mnfste.     Es  gehörte  grofse  LJn- 
verdrossenheit  und   Geschicklichkeit  der  Arbeiter  dazu,    um 
hei  einer  so  widrigen,  selbst  ungesunden  Verrichtung  auszu*- 
harren,  auch  würde  dies  schwei-iich  ohne  die  Aufmunterung 
und  den  festen   Willen   der  Vorsteher   geschehen   seyn.      Die 
Leute  mufsten  die  Vertiefungen  ,   in   denen  siegrulien,  durch     , 
stehengelassejae  Erdstreifen  g^'gen  das  Eindringen  des  Wassers 
schützea,  in  den  schlammigen  Stellen  auf  Brettern  stehen  u» 


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SlS2  Iriivlft«»  fiber  da«  liiikli  •  Uatinmelimiig«    ^ 

4erg1.  (t,  3l7,  II,  206  otc).  '  Da  man  mit  allen  cli«»en  MitteTn 
doth  nicht  bis  zur  erforderlichen  Tiefe  gelangen  konnte, 'ap 
wur^e  auf  eine  andere  Weise  der  beabsichtigte  Erfotg  bewirkt. 
I>er  Boden  wurde  mit  einem  einfachen  Werkzeuge  von  Arbei«  . 
tcfTn  in  Schi£Fen  umgewiihlt,  wozu  man  statt  des  anfangs  ge« 
brauchten  Böhrruders  eine  scharfe  eiserne  Schaufel  anwendete^ 
die  der  Arbeiter  einstdl^t  und  dann  umwendet  (It,  92).  Die 
anderen  zur  Vertiefung  der  Gewässer  dienenden  Kunstmittel, 
die  man  z.  £.  bei  Wiebeking  (11,  484  ff.)  undBbrgnis 
(d^s  mach*  employeVs  dans  jes  constructions  diverses ,  S.  83  ff*) 
beschrieben  findet,  Worden  wohl  nicht  passend  gewesen  seynj 
weil^  sie  zur  Emporl^ebung  dei  Schlammes  dienen,  hier  aber 
ein  fester  Lehmgriind  aufgelockert  und  dem  Strom  zum  Foft«  ' 
spulen  dargeboten  werden  sollte,  doch  wörde  das  von  Wie* 
beking  empfohlene  Fortschleppen  eines  Ankers  mit  Pferden 
sich  vermuthlich  auch  gut  haben  anwenden  lassen.  — -  Eine 
andere  Scbwie|"igkeit  verursachten  die  jährlichen  ^Frühlings« 
bochgewässer,  welche  die  Arbeiten  nicht  nur  geraume  Zeit 
unterbrachen,  sonderh  auch  aijif  mann  ichfaltige  Weise  die 
Werke  bedrohten,  ,  Am  gefährlichsten  war  die  beispiellose^ 
durch  Schmelzung  des  Schnees  von  6  Jahren  verursachte  Fluth 
von  1817,  welche  eintrat,  noch  el^  die  Canäle  hinreichend 
vertieft  waren*  In 'mehreren  Jahren  kostete  es  die  gröfsten 
Anstrengungen,,  um  verderbliche  DammbrOche  zu  verhüten, 
bisweilen,  wie  18 17 5  gelang  dies  nicht  ganz,  doch  Waren 
die*BescIiHdigungen  nicht  bedeutend  und  dies  erhöhte  das  all« 
gemeine  Zutrauen  zu  der  Unternehmung;*  denn  ohne  die  vor« 
hergegangenen  Arbeiten  würdel  die  unerhörte  Wassermasse 
jenes  Jahrs  für  das  ganze  Thal  furchtbare  Wirkungen  gehabt 
haben.  (III,  122X  ^^  i*t  deutlich  von  Jahr  zu  sehen,  wie  das 
.  anfängliche  Mistrauen'einer  festen  Zuversicht  wich,  dietrocken  - 
gelegten  Strecke^  wieder  in  Anh^u  kamen  und  überhaupt  die 
Polgen  des  grofsen  Werkes  sichtbar  hervprtraten,  —  Ehe  die 
Liinth  in  den  Wallensee  geleitet  werden  konnte,  mufste  auf 
Mittel  gedacht  werden ,  die  neuen  Canäle  vor  den  Geschieb- 
masse  zu  sichern,  die  sich  in  ihnen  würde  niedergelassen  ha« 
ben.  Dies  geschah  auf  die  sinnreichste  Weise,  indem  man 
'die  Strömung  so  leitete,  dafs'^die  Geschiebe  in  den  auszuföl« 
lenden  alten  Betten  oder  üferlücken  niederfielen.  Hierüber 
und  in  Ansehung  der  Schwierigkeit,  welche  der  Aufführung 
von  Dämmen  in  dem  schwammigen  Torfgrunde  der  unteren 
Thalgegenden  ii;n  Wege  standen ,  muXis  auf  das  Notizenblatt 
verwiesen  werden«  .     ' 


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.  Sehtitfn  fiB^'-te  linth'UatehiebmiiDg.,  £83 

>  .  " 
Der  Moll if  er  Canal ,  welcher* die  Lmth  in  den  See 
leitet,  war  nnÄtreitig  das  Wichtigste  der  gansen  ynterneb-' 
mung ,  deshalb  wurde  auch  bei  -ihiii  ein  Aufwand  von  Mühe 
und  Kosten  gemacht,  den  man  für  überflüssig  zu  halten  ver« 
Biu:bt  wäre,  wenn  man  nicht  das  Ungestüm  des- Stroms  be« 
röcksichtigte  und  wenn  nicht  die  Gefahren  ,  welche  der  Canal 
glücklich  bestand,  wahrscheinlich  machten,  dals  er  bei  etwas 
geringerer  Sorgfslt  würde  zerstört  worden  seyn.  Die  Ljei- 
tung  dieses  Baues  führte  der  Rathsherr  Schindler  ganz  al- 
lein, und*däs  Werk  lobt  den  Meister.  Das  ganze  Ufer  wurde 
mit  eipem  Steinwubr  (St^inbekleidung )  versehen,  2'  unter 
<ias  Bette  hinab,  und  noch  2'  hoch  über  das,  8'  über  dem 
Bette  stehende  Ufer,  mit  56^  Neigung  und  70  Quadratfufs 
Profil  auf  jedej  Seite.  Um  das  Bette  vor  Atiswaschung  zu 
•ichern  y  wurden  zahlreiche  Steinschwellen  angebracht,  wel- 
che in  einer  Breite  von  30 — 50'  ganz  durcb  den  Cana}  gehen ^^ 
Da  dies  /.lies  mit  Alpenkalkstein  ausgeführt  wurde,  so  ist 
leicht  zu  erklären,  wie  dieser  Canal  von  11 300  Fufsen  bis  zu 
Ende  1823  die  Summe  von  216504  Franken  (l523l6  fl.)  kosten 
konnte.  Der-Erfolg  entsprach  ganz  den  Erwartungen.  Bereits 
haben  sich  am  Rande  des  Sees  breite,  buntgeförbte  Lageii 
von  Geschieben  abgesetzt  und  der  Canal  konnte  in  diesem  an« 
ge^scbwemmten  Boden  zur  beabsichtigten  Länge  fortgeführt 
w^erden.  Die  Tiefe  des  Sees  beseitigt  die  Besorgnisse,  die 
ii^in  sonst  für  die  künftige  Einmüridung  des  Canals  hegen 
mochte,  wie  dies  Escher  durch  eine  gründliche  Betrachtung 
der  Schuttkegel  dargethan  hat  (III,  485). 

Der  ganze  Kostenaufwand  bis  zu  Knde  des  Jahrs  l823  ist 
074543  Fr.  (685428  fl.)^  von  denen  aber  10000  von  den  Ge- 
meinden Mollis  und  Nä^fels  wegen  der  Gdrrectionen  oberhalb 
der  Näfelser  Brücke  und  60000  von  der  Schiffahrtscommission 
erstattet  wurden.  (Die  Schiffahrt  hat  auch  wirklich  auf  di^- 
aer  wichtigen  Handelsstraüse,  die  von  Zürich  durch  den  Wal- 
lensee,  durch  das  Rheinthal  und  von  da  sowohl  über  den 
Splügen  und  Corner  See,  als  über  den  Bernhardin  und  den 
iJago  maggi/3re  nach  Ober -Italien  führt,  äufserst  gewonnen. 
Man  fährt  in  2  Ständen  von  Wesen  in  den  Züricher  See, 
wozu  sonst  1  Tag  oder  mehr  gehörte,  und  man  fährt  höchst 
leicht,  da  man  vorher  mit  Sandbänken  die  gröfste  Plage  hatte.) 
Die  Tagsatzung  sprach  am  14.  Aug.  1823  die  Üebergabe  des 
Werks  aYi  die  3  Cantone  aus,  die  AtifsicbfscommiSsion  löste 
sich  auf  und  es  trat  an  ihre  Stelle  die  Linth -Polizei -Commis* 
sion.  Für  diese  schrieb  Esch  er  eine  ausführliche^  auch  die 
Mängel  der    ünternelimung    offen    aussprechende    Instruction 


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■£' 


234  Schtiß^niilbeT  «die  Linth  •Unteii2«limuQg.„ 

nieder ,^  Welche  er,  wie  im  VorgeffiHl  des  liahen  Todes,  alk 
^a$  T^stämeyit  der  abtretenden  Aufslolits  -  Commi*siQn  be* 
trachtete  (III,  438)»  Die  schöne  Polizeiverordriung,  .worin 
die  könf'tigen  Verhältnisse  der  C^näle  genau  geregelt  Werdeik 
(11,368)-,  erinnert  an  die  Einrichtungen  in  Valencia,  wor* 
tiber  uns  kürzlich  Jauh.ert  de  PaSsa  geiiaue  Nachrichten 
egehen  hat,  doch  mit  dem  Unterschiede,  dafs  die  spanischen 
)analgesellschaften  ganz  unabhängig  sind.  Der  gan?e  Hautii 
am  Uter  hin  bis  an  die  Mitte  der  Dammgräben  ist  als^  Unver- 
äufserlicher  Lintliboden  erklüft,  d.  h.  ohne  Zweil«!  als  ge-^ 
meinschaftlichesEigenthum  aller  betheiligten  Gemeinden.  Für. 
die  ünteihaltJing  der  Canäle  sind  die  Thalbewobner  in 'Genos- 
senschaften vereinigt,  deren  jede  (äbnlicb  dem  spanischen  gre- 
ryiio)  eine  besondere  Strecke.au  öbernehmen  hat.^  Jede  Genos- 
senschaft wäbh  einen  Ausschufs,  Lri  n  t  h  oiei  st  er  (wie  die 
electos  in  Spanien),  der  aber  in  Ansehung  des  Technischen 
unter  den.  Von  der  Wasserbaupolizei- Commission.  gesetzten 
Aufsehern  steht.  Die  ganze  Verordnung  verdient  zur  Berück- 
«ichtigung  in  ähnlichen  Fällen  empfohlen  zu  werden,  wie 
denn  überhaupt  das  Notizenblatt,  noch  vielerlei  In teressan- ^ 
ted-  und  Lehrreiehes  enthält,  was  hier  übergangen  werden 
muXste, 

V^on  einem  andern  gemeinnützigen  Beginnen,  welche»  zu. 
dem  Linthbau  in  einiger  Beziehung  steht,  giebt  die  genannte 
Schrift  nur  im,  Vorbeigehen  eine  vereinzelte  Nachricht,  näm« 
lieh  von  der  zur  Versorgung  verarmter  Fabrikarbeiter  im  Can- 
ton  Glarus  entstandenen  Stiftung,  in  Ansehung  deren  R^c 
die  Hauptumstände  nicht  übergehen  zu  dürfen  glaubt.  Wohl- 
gesinnte Bürger' stellten  die"  Noth  dar,  welche  das  Stocken 
der  gewohnten  Fabdfcbeschäftigung  in  den  stark  bevölkerten 
Thälern  (dem  Linth*  und^Sernfttbal)  hervorgebracht  hatte; 
sie  ermunterten  zu  Beitrügen  ,  welche  daaif  verwendet  werden 
sollten,  den  beklagen&werthen  Familien  im  Laridbau  Unter- 
kommen zu  verschafFeri,  Es  wurde  von  der  Linthunterneh- 
mung  ein  Stück  Land  auf  dem  linken  Ufer,  unterhalb  der 
Ziegelbrücke,  zunächst  an  dem  Dprfe  N  i,e  der- Urnen,  an- 
gekauft. Da  aber  dieses  Grundstück  grofsentheils  aus  dem 
alten  Li nthbette  bestand,  dessen  Ausfüllung  iind  Ebnung 
grofse  Kost-en  verursachte  und  vielen  Menschen  Besebüftignng 
gab,  so  wurde  hierdurch  eine  solche  Summe  vevrschlungen', 
daf*  der  ursprüngliche  Plan  nur  noch  in  verjüngtem  Maafsstabe 
ausgeführt  werden  konnte.  ,  Man  errichtete  nämlich  eine  Ar- 
nien schule  nach  v.  Fellenbergs  Art,  worin  die  Knaben  'A* 
landwifthschaftlichen  Geschäften  angelernt  werden^  nicht  blo& 


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Sdftifcen  ill>ir  dU  Lintli-Unteniehiimiig.       '  285 

damit  ^ie  sohcbergestalt  ihren  Unterhalt  ztim  Theile  abyerdie« 
nen  y  sondern  auch  wjeil  die  Landwirthschaft  als  Bildungsmit» 
tel  von*  entschiedenem  Werthe  ist.  Man  Endet  nun  in  der 
yyLiiothcolonie*^  eine  Anzahl  armer,  von  den»,  bittersten  £lende 

feretteter  Knai)en,  die  unter  einem  Wackeren,  bei  Fellela- 
erg  und  Wehrli  gebildeten  Lehrer  zu  tüchtigen  Bauern 
erzogen  werden;  begreiflich  ist  in  demokratischen  Staaten^ 
wo  schon  der  1 6jährige  Jüngling  auf  der  Landsgemeinde  mit 
zu  stimmen  befugt  ist,  die  gut;e  Erziehuf.g  der  Unbegüterten 
von  ganz  besonderer  politischer  Wichtigkeit  ^  aufsei;  ihrer 
hohen  Bedeutung  in  anderen* Hinsichten.  Kec^  wünscht,  dafs 
die  finanziellen  Verhältnisse  dieser  tre£Flichen  Anstalt,  die  bei 
«einer  Anwesenheit  im  J«  1823  einige  Besorgnisse  erweckten, 
sich  unterdessen  wieder  günstiger  gestaltet  haben  möchten« 

Was  die  oben  angezeigten  Schriften  betriift,  so  ist  nur 
noch  beizufügen^  dafs  das  zweite  der  in  Nr.3  erwähnten  Neu« 
Jahrsblätter  die  Hauptresultate  der  LiWthuntejnehmung  be<^ 
richtet  und  anziehende  Erzählungen  aus  Eschers  v.  d,  L, 
Wirksamkeit  für  dieselbe  mittheilt,  und  dafs  auch  Nr.  5  zu 
.einer  oberflächlicheren  Belehrung  wohl  zu  gebrauchen  ist. 

K.  U.  Rau. 


Die   Schnellgerherei    in  Nordamerika^    oon    Ludw,    Gall^    K»   Pr^ 

Kjeissecretär.      Mit  46  jibhild*  in  Steindr*   Trier ^    Gull,  l824, 

(Nebentit^l:    Technische  Mittheilungen  aus  dem  Gebiete  der  Er» 

'     fahrung  ,   Ir  Bd.)  XII  u,  l64  S.   3-  9  fl.  27  kr. 

Die  Lobgerberei  verdient  die  besondere  Aufmerksamkeit 
des  Staatsmannes,  weil  sie  wichtige  Bedürfnisse  befriedigt, 
eine  grofse  Masse  von  Erzeugnissen  liefert  und  in  ihrem  bis« 
berigen  Betriebe  nur  zu  häufig  noch  sehr  viel  zu  wünschen 
läfst.  Wenn  der  reichere  Gerber  seine  Häute  I1/2  —  2  Jahre, 
jener  Nebel-Crepus  in  Malmedy  aber  die  seinigen  4 — 5 
Jahre  irf  der  Grube  läfst  (nach  N  e  m  n  i  c  h)  ,  so  zeigt  sich  darin 
der  günstige  Einflufs,  den  die  Verfügung  über  ein'groiseS 
Capital  aut  die  Unternehmungen  äufsert,  es  wird  aber^  da- 
init  nicht  grofse  Gütermassen  so  lange  Zeit  luüssig  zu  liegen 
brauchen,  dringend,,  sich  nach  einei*i  abkürzenden  Verfahren 
umzusehen^  S  e  g  u  i  n  s  „Schnellgerberei'*  leistete  bekanntlich 
nicht,  was^  man  anfangs  von  ihr  erwartete,  indefs  ist  es  des- 
halb nicht  nöthig,  das  ganze  Bestreben, fallen  zu  lassen,  es 
lüfst  sich,  verbessern.     Wie  wir  aus  der  Vorliegenden  Schrift 


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i8$  ^Gally^^Sehn^llgerWetlli  Kär^i^exica» 

♦  '  ■  .  *        ■' 

BjBhen^ist  ein  Amerk^ner  deutscher  Abkunft,  Gb*  Lutber^ 
glücklich  er .  ,ge  wes  en  als  seine  Vorgänger  'M  atbri.de,  S  e- 
guin^,  Hermbst^dt,  Gurande.au,  Meidinger  u«  A«, 
und  die  genaue  Mittheilung  seinem  Verfahrens  sowohl  als  sei« 
ner  Vorrichtung  ist  unstreitig  .verdienstlich.  Insoferne  der 
Vf.  auch  für  Gewerbsleute  schrieb,  ist  er  nicht  eben- darüber 
SU  tadeln ,  dafs^  er  eine  chemisch^  Einleitung  vorausschickte, 
doch  hätte  dieselbe  wohh  kürzer  seyTi^  können ,  so  wie  auch 
die  Darstellung  der  gewöhnlichen  Lohgerber^t,  l3ei  der  es  hin- 
reichend gewesen  wäre,  auf  ihr'e  Mängel  aufmerksaiii  zu  ina- 
eben.  Erst  auf  S.  90  beginnt  die  Erklärung  der  Luther'schen, 
Me^tbode,  zu  der  sich  Rec.  sdgleich  wendet.  .Sie  ist  bereits 
tn  ^o  grofse^n  Maafsstabe  ausgeführt,  dafs  tiu,ther'(inan,  er*^ 
fährt  nicht  wo  und  seit  wann)  jährlidi  960  Stück  Wildhäute, 
ebensoviel  inländische  Ochsen-,  Kuh-^  und  Xlofshäute' '  und 
fast  2000  Felle  kleinerer  Thiere  gerbt»  Mail  findet^ im  Grün* 
de  bei  dem  ganzen  Verfahren  wenig  Neüe^j  aber  eine  ge- 
schickte Benutzung  aller  vorhandenen  Erfahrungen. 

Das  Ein  wei  eben  geschieht  in  einem  durch  das  Werfc- 
haus  geleiteten  Bach,  in  welchen  die  Häute,  nachdem  Beinn 
stücke»  Kopfhaut  und  Bauchlappen  abgeschnitten  worden  sind, 
ganz  ausgespannt  gehängt  werden.  Enthaart  werden -die 
gröfseren  Häute  in  einer,  durch  Dampfröhren  auf ,30^35^  lU. 
erwärmten  Schwitzgrube,  in  die  sie  mittelst  hölzerner  Rah- 
men und^  eines  Hebezeuges  gesenkt  werden.  Vorher  bestreicht 
man  sie  mit,  Holzsäure,  (Eine  mit  Lohe  geheizte  Schwitz- 
grube von  derselben  Temperatur  ist  schon  länger  in  deii  treff- 
lichen Gerbereien  von  St.  Gp  ar  Üblich).,  Das  Abstofseh  muis 
sogleich  nach  dem  Herausnehmen  geschehen*  Kleinere  Fell« 
werden,  in  Kalkwasser  enthaart,  welches  ebenfalls  mitDaknpf- 
röbren  erwärmt  wird;  unmittelbar  vor- dem  Ab^toisen  giefsli 
man  beifses  Kalkwasser  auf,  ^Das  hatte  Hermbst^dt  gera- 
then).  Zürn  Seh  welle ii*,  welches  aber  nur  selten  vorge« 
iiommen  wird,  dient  das  gewöhnliche  Sauerwasser«  auf  20^ 
erwärmt  (die  in  Frankreich  sogenannte  WaJlachische  Gerberei), 
Die  Behandlung  mit  Lohbrühe,  die  nach  Seguin-'s  Art  be- 
reitet,  und  in  gtofsen  Behälter»^  aufbewahrt  wird,  beginnt 
mit  dem  Einweichen  in  ganz  schwachen ,  nur  2-^4  Proc.  haL. 
t'enij^' Bröhen,  die  Luther  vorbereitend  nennt,  worauf 
dann  erst  die  stärkeren    gerbenden    von   9  —  jo  Proc.  ge- 


I 


braucht  werden.  (Eine  ähnliche  Stufenfolge  beobai^htete  öe- 
5  u  i  n).  Sämmtliche  Gruben  werden  mit  Dampfröhren  geheizt, 
)is   auf  25^   R.  (Crofs   in   Lancaster    gerbte    schon   mit 

Brüb^  von  30^ ,  indem  er  unter  dem  Boden  der  Grube  beizte.. 


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Gall,  ilU  SdinelIg«|rb«rciiAff^H«liericli.  287 

S.  Hermbft.  Grundi«  etc.  I»  23»  Die Dampfheisung  i«t  oi« 
f<snbar  viel  passender),  Diä  Daropfrdhren  siii,d  jiehr  zweck« 
mäfsig  gegen  den  Verlust  von  Wörme  verwahrt;  das  durch 
Verdichtung  des  Damplies  wieder  gewonnene  Wasser  läuft  in 
den  Kessel  aurfick.  Die  Dauer  des  Verfahrens  für  Sohlleder 
ist  folgende ; 

1)  Einweichen  und  Schaben  ,  «  ,  4  Tage, 

2)  Schwitzen  und  Ahstofsen  ^  •  .  2     — 

3)  Schwellen        .         •         ,  ^  .  .  12     — 

4)  Lohbehandiungi 

a)  in  BrOhe  von  2  Proc,  .         .         .         2     — * 

b)  in  dergl.  von  3  Proc,,  die  später  um  1  oder 

2  Proe.  verstärkt  wird       ,  •         »28     — 

c)  in  Stärkerer  von  9—10  Proc,     ,         .       14     — 

62  Tage, 
also  doch  9  Wochen,  nicht  2  oder  3,  wie  Seguin  woHte. 

Diese  Methode  entspricht  allen  Anforderungen  der  Theo« 
rie,  es  ist  also  auch  zu  hotfen ,  dafs  sie  sich  in  der  Ausübung 
bewähren  werde.  Dann  bleibt  Lutbern  immer  das  Ver- 
dienst,  unter  dem  Bekannten  das  Beste  ausgewählt,  geschickt 
'  in  Verbindung  gesetzt,  auch  manches  näher  bestimmt  und  ge« 
regelt  tu  habeii.     Die  14  Steintafeln  enthalten  alle  Vorrichtun« 

fen  so,  dafs  man  sie  leicht  herstellen  kann.  Ob  es  übrigens 
^i  der  Verschiedenheit  der  IHlute,  rathsam  ist  ,  eine  so 
strenge  Ordnung  einzuführen,  dafs  das  Herausnehmen  aus 
den  Gruben  immer  an  bestinunten  Tagen  geschieht,  das  scheint 
Hec«  noch  zweifelhaft.  * 

.  Der  Ver£  macht  es  sich  an  vielen  Stellen  besonders  zujn 
Geschäft,  einen  sehr  bekannten  deutschen  Chemiker  uiidTech« 
nologen ,  der  doch  manches  Verdienst  um  die  Gerberei  hat, 
ad  absurdum  ZU  führen,  £s  sieht  so  aus^,  als  ob  er  nicht  gans 
sine  irä  et  studio  geschrieben  habe ,  wodurch  er  bei  dem  Uube^ 
fangdnen  UHmöglich  gewinnen  kann, 

K.  H.    Rau. 


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^88        '    I        '      Bchlon  botabiiehei  Handbveh«  ,  , 

r  •  ,      ''  ■  .  ■  ..    '  '  '   ' 

Botanisches  Handhuch  oder  Diagnostik  der  eit^efmisfihen  und  der  W>r»' 
zü^Hchsten  £ji  Teutschland  im  Freien  fortkommenden  fremden  Forst* 
gewächsey  mit  hesonderer  Hinweisung  auf  den  ScHönbusch  bei 
jischaffenhurg.  Von  Stephan  B eh  l e  n  ^  K*  Bater,  Forstm,  »i 
Ltehrer  an  dt  Forstschule  zu  Jischdffenbfirg  etc»  Bamberg  bei  JV^ 
L.  Wesche  |824.  549.  8.   8.     ^  -      5  fl.  24  kr. 

Obgleich  es  an  Werken  nicht  mangelt,  die  die  Beschrei« 
l)ung  der  Forstgew^cbse  Deutschlands^  und  der  fremden  Hölz- 
arten, die  in  unserm  Klima  im  freien  aüsdauerny  zum:Zwecke 
baben«  ^o  bedarf  darum  eine  neue  Schrift  der  Art  doch  kaum 
eine 'Entschuldigung,  wenn  man  Weifs,  wie  Vieles  in  den  jüng- 
sten Zeiten  für' rllanzenkunde  überhaupt ,  und  für  die  Forst« 
Botanik  insbesondere  gethan  worden  ist;  so  dals  derjenige-,^ 
welcher  all^  dahiii   einschlagenden  neuen   Entdeckungen  0der 

,  Berichtigungen  zu  sammeln  und  zu  orden  bemüht  ist,  ohne 
Zweifeleine  iirofse  und  verdienstliche  Arbeit  übernimmt.  Mit- 
Vergnügen  haben  wir  das  vorliegende  Buch  gesehen,  das  an 
einem  Orte  geschrieben  ist,  an  dem  so  reiche  Hülfsmitt&l  für 
das  ^titdinm  der  Forstbotanik  sich  vorfinden,  — v 

Die  Gewächse  sinci  nach  dem  Linneischen  System  geord- 
net ,^  die' Charaktere  der  Gattungen  mitgetheilt;  «tatt  (Per  Di* 
agnosen  der  Arten  aber  ist  eine  ausführliche  Beschreibung  * 
ders^elben  gegeben,  mit  Angaben  des  Vaterlandes,  desNutze/ist 
oder  Schadens  und  anderer  passender  Nachrichten ,  wobei  wir 
a'uoh  sehr  gerne  die  Culturart  mit  erläutert  gesehen  hätten,-— - 
In  Hinsicht  der  Trivial -Namen  folgt  der  Verf.  wie.  er  in  der 
Vorrede  bemerkt,  so  oft  es  anginge  Li nne,  was  Jedermann 
«ehr  zweckniäfsig  finden  wird,  und  wovon  wir,  auch  nut  we- 
nige Ausnähmen  bemerkten,  wie  bei  dem  Aprikosenbaume» 
der  hier  ohne  alle  Nöth  tiiit   der  wepig  gebräuchlichen  Benen- 

'  nung  Jrmeniaca  epirotica  bezeichnet  wird.  Zu  bedauern  ist  e$^ 
aber,  dafs  der  Verf.  bei  der  grofsen  Zahl  hier  beschriebener 
Gewächse,  die  in  den  Linneischen  Schriftei^»  noch  nicht  enthal* 
ten  sind,  grofsentheils  die  Autoren  zu  nennen  unterlassen  hat, 
von  welchen  ihre  systematischen  .Namen  herrühren,  Äs  ist, 
dle^  ein  Umstand ,'  der  das  vorliegende  Buch  weit  weniger 
nützlicher  macht ,  als  es  wohl  sonst  gewesen  wäre.  Wir  WoL 
len  dies  mit  einem  Beispiele  belegen. 

^  (^Der  Beschlufs  folgt./) 


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N.  la  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher  der   Literatur. 


Botanisches  Handbuch  von   St.  Behlen. 

{Beschlmfs.') 

In  dem  A|)scliuitte  yon  den  Linden  führt  der  Verf. 
itnter  andern  an  Tilia  americana,  caroliniana^  pubescend^  und 
im  Nachtrage  Tilia  alba.  Nun  aber  sind  Tilia  pubescens, 
Akon^  Tilia  caroliniana  Miller  und  T.  americana  PVangenheim 
ein  und  derselbe  Baum;  ferner  Tilia  alba  Alton  ist  T.  ame« 
ricana  Du  Rot;  Tilia  americana  Alton  dagegen  ist  wieder  ein 
anderer  Baum  ,  den  TVangenheim  T.  caroliniana,  und  MichauxT. 
canadensis  genannt  hatte.  Wer  fann  unter  solchen  Umständen 
wissen,  van  welchen  Bäumen  der  Verf»  redet?  und  mufs  nicht 
ein  Anfänger  nothwendig  dadurch  irre  geführt  werden?  Die 
Beschreibungen,  welche  der  Verf.  gibt,  kdnnen  zwar  naturge« 
treu  und  brauchbar  genannt  werden,  aber  es  ist  dabei  ein  höchst 
wesentlicher  Umstand  übersehen,  indem  auf  die  oft  dem  An« 
scheine  nach  geringfügigen  Merkmale,  die  tur bestimmten  Un« 
terscheidung  der  Artea  dienen^  kaum  Rücksicht  genommen  ist, 
80  dafs  selbst  der  geübteste  Botaniker  aus  den  gegebenen  Be? 
Schreibungen  bei  vielen  Bäumen  oder  Sträuchen  nimmermehr 
wird  enträthseln  kdnnen ,  welche  Species  der  Verf.  vor  sich 
gehabt  jiabe«  Die  Dunkelheit  wird  über  dem  noch  dadurch  ver- 
mehrt, dafs  die  ,5 yn o ny m,i e  ,  die  bei  schwierigen  Gattungen 
kaum  entbelut  \verden  kann,  fast  überall  unberücksichtigt  ge- 
hlieben  ist,  und  Abbildungen,  die  oft  recht  gut  ausallemirr« 
thum  oder  Zweifel  helfen,  nirgends  citirt  sind.  Bei  diesen 
Verhältnissen  können  wir  es  nicht  wagen,  viele  specielle  Be-' 
merkungen  zu  machen,  und  die  wenig^en  folgenden  wünschen 
wir  bloTs  als 'einen  V^such  angesehen  zu  wissen,  einige  von 
Herrn  B.  beschriebene  Holzpfianzen  näher  zu  Bestimmen.  — -^ 
Cornus  femina  dürfte  C.  paniculata  Heritier  seyn;  Bibes  ame^* 
ricanum  —  R.  floridura  Heritier;  Cler^atis  maritima  möchte 
die  Lamarkscbe  Pflanze  seyn,  die  als  Varietät  zu  Clematis  Flam^ 
niula  Li.  gehört«     Alnus  laciiiiata  und  A.  glaciosa  möchten  mit 

XVm.  Jahrg.  5.  Heft.  }^ 


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290  /  B«hlw  botanisches  Handbiiqli. 

Aln^s  glutinös»^  ferner  A..  lanceolata  und  glauca  niit  Alnu«  in- 
cana  habe  verwandt  seyn.  Corylus  arborescens  dürfte  zu  C* 
tubulosa  Becbstein  u.  C.  sativa  fructu  oblongo  rubente  zur 
gemeinen  AvelJana  gehören.  Qiiercus  virginiana  könnte  syno- 
nym mit  Q.  Pbellos'L,  und  Q.  virens  ^1^0/1  seyn;  ferner  Quercu» 
nigra  sjcbeint  mit  der  Quercitrone,  Q.  tinctoria  nabe  verwandt 
zuÄeyn,  Jgglans americana alba  i^t der Bescbreibungnacb  nicbt« 
anders  als  J.  alba  Li.  Juglans  ovalis  Behien  möcbte  zu  J.  compresda 
Gärtner  gebeten.  Bei  Juglans  maxima  sagt  der  Verf.  selbst^ 
sie  sei  Varietät  der  gemeinen  Wallnuls;  aber  in  diesem  Falle 
bätte  er  ^itt  notbwendig  gleicb  bei  dieser  anfttbren  und  nicbt 
alle  amerikanischen  Sorten  dazwiscben  einschieben  müssen, 
ßegen  welche  gewöhnliche  und  wissenschaftlicbe  Ordnung 
überhaupt  öfter  \n  diesem  Buche  gefehlt  ist,  —  Betida  odo- 
rata  Beckstein  und  B.  pumila  broccenbergensis  T^a/»sind  ver- 
muthlicbeine  und  eben  dieselbe  Pflanze;  dafs  letztere  aüsNord- 
amerika  stamme,  wi^  hier  als  Vermuthung  geäti'fsert  wird, 
ist  ganz  iind  gar  nicht  wahrscheinlich.  —  Finus  echinata  ist 
wohl  eine  Vari  *^tit  von  Finus  Taeda.  —  ülmus  racemosa 
dürfte  zu  U.  effusa  gehören  u,  s,  w.  — 

Bei  Rosa  centifolia  wird  bemerkt,  sie  wachse  in  Grie- 
chenland wild,  welches  nachzuweisen  schwer  fallen  dürfte; 
dal's  ferner,  wie  Hr.  B«  sagt,  im  Odenwalde  Rosa  provincialis 
wild  vorkomme,  haben  wir  Ursache  zu  bezweifeln.  — 

Wenn  gleicb  der  Verf.  eine  grofse  Zahl  von  Holzpflnnzen 
beschrieben  bat,  so  vermissen  wir  doch  mehrere,  die  ebeii 
nicht  zu  den  seltensten  gehören,  und  zwar  unter  andecn  föl« 
gende,  die  alle  in  der  forstbotanischen  Anlage  zu  Heidelberg 
schon  lange  im  Freien  cultivirt  werden:  nämlich  Cornus  al- 
ternifolia  Li,  fil.  Cornus  stricta  Heritier,  Lonicera  grata  Aiton^ 
Lonicera  sempervirens  Michaux^  Xantorhiza  apiifoTia  Heritier^ 
Aesculus  rubicunda  De  Candolle  f  Koelreuteria  paniculata  Lax* 
manrtf  Prunus  ce^-asifera  Ehrh.,  Crataegus  monogyna  Jacquin% 
Mespilus  Cbamaemespilus  Li.,  Mespilus  canadensis  L.,  Pyrus 
sinaica  TAoum  9  Pyrus  spectabilis  w^i/on,  Aucuba  japonica  T^if/f 
herg  u.  8,  w.  Dagegen  sind  mehrere  aufgenommeu,  d^itd  wir 
glauben  zu  den  in  l^eutchland  seltenen  rechnen  zu  können, 
wie  Sophora  tetraptera  und  microphylla,  Cletbra  panpiculata, 
Jttglans  baccata,  Quetcus  exoniensis,  Celastnis  bullatus  u.  s^w. 
die  allerdings  eine  Zierde  des  ^chönbusches.  in  Ascha£Fenburg 
sind.  -^  Mehrere  aufgeführte  Arten,  die  man  für  neu  halten 
könnte,  scheinen^  uns  auf  bekannte  Species  zurückgefiQbrt 
werdeit  zu  können,  und  ihre  Benennungen  von  Hand^lsgärt-* 
nern  her^surühren,  wie  Pruntis  nanai   Robinia 'inacrop|iylIa, 


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Andllpa  6Uiik«ii  iin4  Wisneii  lö  der  Phil.  291 

Röbinia  mofistrosa «   Cytisui  ^Intinotus  u.  r.  w.  9  docb  )flff f 
«ich  ohne  Autopsie  darflber  nichts  Bestimmtes  sagen* 

Das  Buch  zeiclinet  sich  vortheilhaft  durch  gutes  Fapiet 
und  säubern  Di  uck  aus,  leider  aber  sind  bedeutend  viel  t)ruck« 
fehler  stehen  geblieben«  — 


.  (Jeher  Glauben  und  Wissen  in  der  PMhsophh»  Ein  Versuch  von 
Friedr,  Ancillon,  Aoq-^i  «cu  0Tf*  Berlin f  'bei  Dunker  v, 
Ilumblot ,  Z824*  1S2  S*  in  $•         *  16  ggf. 

Nach  einer  lesenswerthen  kurzen  Vorrede,  über  den  Stand 
^  Jakobi's  im  Felde  der  Philosophie,  welcher  auch  der  Stand-« 
punkt  ist,  von  wo  aus  der  Ver£  seine  Bahn  wandelt,  beginnt 
sogleich  der  I.  Abschnitt  dieses  Büchleins:  von  der  Philo«' 
Sophie  überhaupt«  Diese  ist  dem  Verf.  in  ihrer .allge« 
meinsten  Bedeutung  die  Wissenschaft  von  den  Existenzen  und 
den  Principien;  ihr  Hauptzweck  und  ihr  Hauptwerk  ist:  das, 
was  im  Innern  der  Seele  rein  persönlich  ist,  zu  unterscheid 
den  von  dem,  was  in  allen  menschlichen  Seelen  sich  vorfindet, 
was  mithin  allen  gemeinschaftlich  ist;  jenes  ist  das' Sub* 
jektive,  dieses -das  Objective,  das  Gegebene:  jenes  sind  die- 
Empfindungen,  dieses  die  Anschauungen,  Nach  dieser  Er* 
klärung  geht  nun  der  Verf.  die  ganze  Geschichte  der  Philoso- 
phie durch  y  schildert  In  kurzen  aber  tre£Fenden  Zügen  Plato 
und  Aristoteles,^  Car^esius  und  Locke,  Leibnitz  und  Kant, 
Fichte  und  Schelling,  zeigt  den  Hauptpunkt  ihrer  Systeme^ 
und  rügt  deren  Mängel;  «lies  aber,  wie  sich  von  selbst  ver» 
steht,  in  Beziehung  auf  die  Jako|)ische  Ansicht  der  Philoso« 
pbie,  welche,  wie  erwähnt,  auch  die  des  Verf.  ist* 

Der  II.  Abschnitt  ist  überschrieben  :  philosophiscber 
Glaube.  Es  fragt  sich,  was  ist  dieser  Glaube^  worin  be« 
.  steht I  woher  stammt  er,  warum  wird  er  ein  philosophischer 
genannt?  -*-'  Hierüber  äufsert  sich  »der  Verf*  S.  42  auf  foU 
g^nde  Weise:  „Dieser  Glaube  bestehet  in  der  unmittelbaren 
Wahrnehmung  der  Existenzen»  (ein  Lieblingsausdruck  des^ 
Verf« )  wekhe  den  Sinnen  ganz  verborgen  und  verschlossen 
sind,  die  sich  uns  aber  im  Innern  (was  für  einem  Ii^nern?) 
offenbaren  y  und  zwar  mit  einer  nothwendigen  Ueberzeügung 
ihrer  Objektivität.  -^  Glauben  im  philosophischen  Sinne  heifst 
also:  ohne  Beweis,  6hne  VernunFtscblufs,  ohne  irgend  eine 
Deduction,  Wahrheiten  höherer  Art  annehmen,  die  zu  dem 
UebersinnUcben,  und  nicht  zu  der  Welt  der  Erscheinungen  ge« 

19* 


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iSi       -       AaciUon  Glauben  und  wissen  ia  der  Thik 

liörem  Dieser  phUosbphiscbe.  G]aube  bezieht  sich  ; wie  ^er 
tbeologisjche  auf  die  Mysterien  der  unsichtbaren  Welt,  abec 
ir^ena  dieser  Jetzt€i\e  sich  auf  das  Ansehen  einer  äufseren  Of« 
fenbarung  gciln<let,  ßo  grüiidet  sich  jen.er  auf  die  OiFenbaruhg 
des  inneru  Sinnes  oder  des  Bewtifstseyns. .  Weit  entfernt^ 
d^fs  der  philosophische  Glaube  der  Vernunft  entgegengesetzt 
wäre,  ist  er  nicbt  einnral  wesentlich  von  derselben  verschie- 
den, er  ist  yielraebr  die  Vernunft  selbst,  in  ihrer  Quelle  oder 
©rundlage  awgeschaut.«  Wfeiter,  S.  43,  „Der  philosophische 
Glaube  nimint  Existenzen  ö**-y-die,  weder  zu  begreifen  noch 
2^u  beweisen  sind«  Der  Glaube  ist  al^o  wohl  ein  Wissen  um 
die  Existenzen,  allein  er  weifs  nicht  die  Existenzen,  wenn 
man  unter  Wissen  -c-  l>ewei8en,  erkennen,  begreifen  versteht/* 
'Diese  unmittelbar  vernebinende  Vernunft  nennt  der  Verf.  spä- 
ter auch  einen  intellectuellen  Instinct,  der  in  sich  selbst  be^ 
gründet  Wahrheiten  offenbare,  die  sich  nicht  beweisen  las«en^ 
tmd  dieser  Instinkt  ersieuge  den  philosophiscbejn  Glauben,  der 
^ie  Grundlage  unsers  Wissens  ausmache, 

^  RefTäumt  zuv9rderst  ein,  dafs  es  Wahrheiten  gibt,  die 
ohne  und  vor  allern  Beweis  wahr  und  gewifs  sind,  ja,  daf$ 
es  solche  unmittelbc^re  Wahrheiten  geben  mufs,  w^il  e« 
eonst  auch  keine  abgeleiteten  demonstrirb.vren  Wahrheiten  ge- 
ben k«»nte;    aber  er  sieht  nicht  ein,    warum  man  das  noth- 

'  wendige  FiVrwahrhalten  solcher  Sätze^  g^g^'^  ^llen  Sprachge- 
brauch, ein  Glauben  nennen  soll,  da  v4ermehr  eben  ein 
solches  unbedingtes.  Von  dem  Bewüfstseyn  der  Nothwendig- 
keit  und  Gewilsheit  begleitetes  Für wahrhalten  das  rechte 
Wissen  i5t.  Dafs  all^n  Werdenden  ein  Seyn  zum  Gruncle 
Jiegt,  dafs  was  ist,  nicht  zugleich  nicht  ist,  —  dafs  LttgeA 
schilndlich  ist  etc.  -^  das  glaubt  nicht,  dtis  weifs-jeaer 
mit  Vernunft  begabte  Mensch,  sobald  er  nur  den  Sinn  der 
Worte  gefafst  hat. 

Ret.  gibt  ferner  zu ,  dafs  auch  der  Satz :  Gott  ist,  ein« 
Iftnmittelbare,  für  sich  gewisse ,  daher  keines  Beweises  föhige 

'  (d*s  Wort. Beweis  im  eigentlicben  logischen  Sinne  genommen) 
Wahrheit  ausdrückt;  aber  er  sieht  wiederum  nicht  ein,  warum 
das  feste  Für  wahrhaken  dieses  Satzes  bei  allen  denen  nicbt  ein 
'Wissen  soll  genannt  werden  dürfen,  die  ihn  nicbt  auf  das 
Ansehen  einer  äufseri)  Offenbarung  annehmen,  sondern  darum, 
weil  die  Vernunft  ihnen  die  Unmöglichkeit  auflegt/  eine  Welt 
ohne  G^itt  «u  denken.  Ref.  stimmt  drittens  mit  dem  Verf. 
I!lberei;n^  dflf-aBe  Philcisophie  von  etwas  G  e  g e  b ene m- aus« 

SebeVi  Äiüssej  «lleip  dieses  Gegeben^,  ist  nicht,  blo»  die  W^Jt 
er  Er^eiRungen ,.  sonder«  auch  und  v^rneluiiUcb  da«^'  ofan« 


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Ancaion.  Qlauben-  und  Wi5sen.'fn'  der  PhH.  $W 

welches  jene  Welt  seUyst  weder  exUtiren  noch  gedacht  werden 
/kannte^  das  in  allem.  Erscheinen  Beharrende  ,  der  unabhängige 
Grund  desselben.  Beides  gehört  untrennbar  zusammen;  und 
diese  Einsicht  ist  wiedernm  ein  Wissen,  und  nicht  ein 
Glauben.  Und  so  ist  Philosophie  durch  ihre  ganze  Ge«- 
schichte  hindurch  ein  stets  erneuertes  Streben  des  JV^enschen- 
geistes,  über  sich  und  die  Welt,  und  was  beide  hält  und  trägt, 
zum.  vollständigen  Bewufstseyn  ,  also  zu  eii^em  Wissen^  zu 
gelangen.  Am  Schlüsse  dieser  Abhandlung  bemerkt  der  Ver^». 
noch  9  dafs,  „wenn  man  bei  der  AnfsteTlung  eines  Grund- 
satzes der  Philosophie  von  allem  Inhalt  abstrahire,  damit  m«n 
den  Schein  behalte,  alles  selbst  zu  constriiiren^  —  man  vom 
Jlieeren  (und  Hohlen)  ausgehe  oder  gezwungen  sey,  die  Rea^ 
lität,  dievman  geflissentlich  bei  Seite  gestellt  habe,  wlUktthr- 
lich  wieder  auizunehmen^  und  so -sich  kunstmäfsig  bles  die 
i2eit  vertreibe,    und    ein    eitles  Spiel    ipit  Begi-iffen    spiele.*^ 

Der  III.  Abschnitt  hat  die  üebersrhrift:  philosophir 
aches  Wissen.  Man  ist,  wenn  man  ihn  durchlesen  hat^ 
dessen 'uicht  gewifs,  was  der  Verf.  eigentlich  will',  warum 
er  das  hier  Gesagte  philosophisches  Wissen  nennt,  und  wie 
er  es  vom  philosophischen  Glauben  unterscheidet.  So  viel 
scheint  hervorzugehen.,  dafs  er  der  Philosophie  das  Wissen 
eines  bestimmten  Verhältnisses  zvi^ischen  Aeulserm  und  Innerm 
abspricht,  worin  er  aber  gewifs  unrecht  hat. 

IV.  jjbschnitt  Religicn;  S.  59.  Religion  ist.  dem 
Verf.  da:»  geistige  Band;  welches  endliche  Personen^  mit  der 
Person  Gottes,  freie  Intelligenzen  mit  der  Intelligenz  und  der 
Freiheit  Gottes  verbindet,  „Gott  aher  ist  eine  Person ,  yveil 
er  ein  intelligentes  und  freies  Wesen  ist,  JDle  Intelligenz  . 
Gottes  besteht  in  einer  allumfassenden  ^  objectiven  ,^  immer- 
währenden Ansicht  (warum  nicht  lieber  f'.insicht  ?)  von  allem^ 
was  existirt;  seine  Freiheit  ist  die  Macht,  die  Folge  von 
Handlungen,  die  man  das  Weltall  nennt,  zu  beginnen^  ohne 
dafs  man  nöthig  hätte,  etwas  anderes  vprangehen  zu  lassen^ 
als  den  Willen ,  eine  solche  Folge  von  Handlungen  zu  eischaf*-^ 
fen,«*  Sehr  gut  zeigt  der  Verf.  in  diesem  Aufsatze,  dafs  jedes 
System,  das  nicht  von  einem  persönlichen  Gott  (im  obigen 
Sinn)  ausfi;.eht,  auf  Widersprüche  führe^  aber  auck,  dafs  wir 
das  Verhältnifs  der  Schöpfung  nicht  begreifen  können, 
wohl  aber  anerkennen  müssen.  Schöpfiing  aber  ist,  dem 
Verf.  Äufolge  ,  die  Thathandhing  der  göttlichen  Freiheit,  die 
man  vor  der  bedingten  Naturno^hwendigkeit  annirao^.  -* 
Diese  ist  selbst  etwas  Erschaffenes. 

V;  Abschnitt.  Moralische  Freiheit;  S.  109.   'Der 


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894  Aotittton  Qtänben  nad  V^^en  In  d^  Phü; 

Veif«  erinnert  mit  Recht,  ^daeVicbti^ste  Und  «chwlerigate 
Froblem  dör  sansen  Philosophie  liegt,  in  d|$r  Frage  von  der 
Freiheit  un^d  Nothwendigkeit.  Man  kdnnte  ohne  Uebertrei« 
büng  sagen  9  daTs  die  ganzie  Philosophie  in  dieser  Frage  ([und 
in  dem  ^  was  mit  ihr  zusammenhängt)  enthalten  ist««*     Dafür 

'  ist  sie  denn  auch  von  jeher  angesehen  worden.  Die  morali- 
sche'Freiheit  beruht  aber  4  nach;  dem  Verf«,,  auf  einer  unmit- 
telbaren Thatsache  des  Bewufstseyns  9  die  M^oth wendigkeit 
hingegen  iiur  auf  Schlüssen,  vermittelst  des '  Yerstaddes  und 
der  Aefiexion^  welche  die  Wirkungen  auf  Ursachen  beziehet» 
Beide  in  Einklang  zu  bringen,  übersteige,'  sagt  er,  die  mensch- 
lichen Krähe,  und  so  oft  man  «s  versuche,  laufe' man  Gefahr^ 
die  eine  oder  die  andere  Thatsache  zu  läugneii,,  upd  also  in 
^Widerspruch  mit  sich  seihst  zujgerathen—  Aef«  ist  dagegen, 
der  Meinung  y' dafs  sich  dieser  Einklang  gar  wohl  zu  Stande 
bringen  Ir/sse,  ohne  weder  das  eine  noch  das  andere  za  iSugf  • 
nen,  wenn  man  nur  nicht,  i^ie  es  seit  Cartesius  Sitte  gewor- 
den, diese  beiden  sich;  so  grell  und  schneidend  ehtgegeh  setzte 
und  dem  Menschen  nicht  eine  absolu,te  Freiheit  zuspricht^ 

'  die  kein  endliches  Wesen  besitzen  kann.  'Wenn' man  freilidb, 
wie  jener  französische  Philosoph  es  mit  dem  Leibe  und  der 
Seele  gethan  hat,  erst  künstlich  trennt ,  dann  mufs  man  auch 
künstliche  Mit^l  ersinnen,  das  Getrennte  wieder  zu  vereini« 
gert,  weil  Vernunft  und  Erfahrung  lehrt,  dafsdas  Entgegen«- 
geset^te  zu  einer  £it^ hei t  in  reium  natura  verbunden  sey.  Sq 
verhält  es  sich  auch  mit  dem  zu  künstlich,  d.  h.  zu  willkühr- 
lieh  von  unsern  Philosophen  ausgesponhenen  Gegensatz  von 
Freiheit  und  Nothwendigkeit. 

.  VI.  Abschnitt.  Das  Unendliche;i  Sehnsucht  nach 

demselben,  S.  l3l.  — *  Unter  diesem  Titel  handelt  der 
Verf.  von  der  Unsterblichkeit  und  unendlichen  Bestimmuitg. 
der  menschlichen  Seele;  von  Gefühl,  Gemüth  und  Liebe,  von 
der  höchsten  Liebe,  welche  die  zu  Gott  ist,  und  von  der  aus 

^  dieser  Liebe  sich  erzeugenden  unendlichen  Hoffnung  auf  all- 
mählige  Vollendung   unsers  Wesens«      Dieser-  Abschnitt  ver« 
'trägt  keinen  weitern  Auszug. 

.Gegenwärtiges  Büchlein  ist  übrigens  in  einem  schönen 
lind  klaren  Vortrag  abgefafst,  der  gegen  die  Barbarismen  der 
neuen  Scholastik  sehr  absticht;  sein  Verf  kennt  die  Probleme 
der  Philosophie  sehr  wohl ,  ist-  mit  der  Geschiebte  der /ver- 
schiedenen   Systeme  vertraut,      und  weifs  ihre.  Mängel  sehr 

.    ]genau  anzugeben.      Man  darf  ihm  die  Bifugnifs,  in  Sachen 
der  PbilospJD^e  mitzureden,  keineswegs  absprechen,  •■  -    . 


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Cliottfam  Tal^  im  OmoImcIiI«  der  )Mfidietiii  S9& 

Trfeln  %mr  Getchiehu  der  M9dicUt  nach  der  Ordtmmg  ihrilr  DoeitiiHm 
yon  den  ältesten  Zeiten  bis  zum  Sehimsse'des  aehtmehnten  Jaki^tm^ 
derts.  VoH  D.  Ludwig  Choulantf  Ante  am  KönigU  Kraa* 
kenstifte  zu  Dresden  •  Friedrichstadt.  ^  l^eifzig  1^%%.  Im  Verlage 
hei  Leopold  Vojs^     54  ^.  WoUo.  1  RtUr.  20  ggn 

Bei  einer  Witsenscbaft  ^  wie  die  Medicin  »  deren  Haupt!« 
ttütze  die  Erfabruneen  und  Beobachtungen  aller  Jahrhunderte 
sind  ,  gehört  ohne  Widerrede  d(e  historische  Bearbeitung  sti 
den  nützlichsten  und  schätsenswertbesten  Betäubungen  ^*  die 
nur  immer  in  ihrem  so  weiten  Umfange  vorgenommen  werden 
können.  Alles  daher,  was  zur  Geschichte  der  Medicin  gehört^ 
Ihr  auf  irgend  eine  Weise  dient  und  ihr  Studium  erleichtert» 
verdient  jed^s  Arztes  volle  Aufmerksamkeit  und  «Beachtungi 
ja  nach  des  .Recens.  Meinung  wird  der  nie  ein  tüchtiger  Arzt 
werden  können,  der  das  Studium  der  Geschichte  seiner  Wis- 
senschaft vernachlässigt  oder  gering  arbtet.  Mit  Vergnügen 
teigen  wir  daher  ein  Werk  an,  dessen  Absiebt  es  ist,  zur 
Verbreitung  historischer  Kenntnisse  beizutragen ,  und  dazu 
einen  Weg  und  Form  wählte,  deren  Brauchbarkeit  längst  an« 
Erkannt  ist.  — 

Zwar  können  tabellarische  Arbeilren  denjenigen  nictit  an» 
sprechen,  der  in  der  Geschichte  blos  erne  unterhaltende  Lee» 
türe  sucht,  auch  sind  die  vorliegenden  Tabellen  für  solche 
Leser  nicht  bestimmt.  Allerdings  ist  ferner  derjenige ,  wel* 
eher  blos  Tabellen  verfertigt,  noch  Jange  kein  Geschicbtschrei- 
ber;  dennoch  wird  Niemand  eine  so  umfassende  Arbeit  wie 
die  vorliegende  liefern  können »  der  nicht  mit  dem  Wesen  der 
Geschichte  selbst  bekannt  ist.  Weit  entfernt  bleibt  deshalb 
Rec.  von  dem  Gedanken,  dem  würdigen  Hrn.  Verf.  Mangel 
an  gründlicher  Einsicht  in  den  bearbeiteten  Gegenstand  voi'- 
werfen,  oder  seine  Sehrift  als  eine  blofseCompilation  ansehen 
zu  wollen;  ja  es  würde  dieses  hier  gar  nicht  erwähnt  worien 
«eyn,^  wenn  derselbe  nicht  selbst  in  der  Vorrede  die  Furcht 
geäufsert  hätte,  da  oder  dort  solche  empfindliche  Vorwürfe 
hören  zu  müssen.  Mit  Recht  bemerkt  der  Verf.,  dafs  es  eine 
doppelte  Bearbeitung  der  Geschichte  gibt  und  immer  geben 
wird;  eine  vorbereitende,  die  ^Qn  StoJÜf  sammelt  und 
ordnet,  und  eine  beschauende,  welche  den  gesammelten 
Sto£F  benutzt,  Um  allgemeine  Ansiebten  demselben  abzuge^ 
winnen.  Vollkommen  theilt  Rec.  dieMeinuüg,  dafs  die  letz- 
tere, allerdings  schwierigere  Bearbeitung,  ohne  dafs  die  er«» 
stere  bereits  vorausgegangen  wäre,  unmöglich ,^  letztere  da«« 
gegeii,  wärö  sie  die  erstere  nicht  zu  fördern  im  Stande,  zweeki» 


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2§6  Ciboulanf  Tafelii  lur^esohu^tQ  der  Mtäkia* 

las  ist.  Da  Huh  aber  in  der  vorliegenden  Scbtift  so  tnancbe 
Notil&en  gesammelt  y  und  so  »weckmäfsig  zusammengestellt 
sind^  wie  man  sie  anderwärts  nirgends  findet  ^  so  glauben 
wir  ibr  unter  der  Reibe  der  Scbriften,  die. der  zuerst  genann- 
ten Klasse  bistoriscber Bearbeitungen  angeboren,  eine  votzüg^ 
ücfbe  Stelle  einräu'meii  zu  müssen«  Eine  kurze  Uebersicbt  des 
Inbalts  wird  dieses  tjrtheil  bestätigen,  — 

Die  erste'  Tat*el  gibt  eine  Uebersicbt  der  Gescbrcbte 
der  ,gesammteh  Medicin ,  welche  der  Verf.  in  8  v  Zeiträume 
eintheilt.  In  jedem  dieser  Zeiträume  sind  die  wichtigsten 
Männer  und  Erfindungen  chronologisch  unter  einander  gestellt, 
wobei  'man  die  dabei  getroffene  glückliche  AuswaW  nicht 
verkennen  kann.  Wir  erlauben  uns  darum  nur  Wenige  An- 
merkuiigen.  In  dem  zweiten  bis  auf  Galen  reichenden  Zeit* 
^aum,  ist  Theophrast  von  Eresos  vor  dem  Aristoteles  genannt/ 
was  uns  nicht  zwc^ckmäfsig  scheint,  da  letzterer  älter  und  der 
ticbrer  des  ersten  war,  wobei  noch  überdies  die^ Ken-ntnifs 
eines  nicht  unwichtigen  Umstandeji  verlören  geht,  dafs 
liämlicb  Theophrast  zu  den  Feripatetikem  gehdrte,  dereii 
Stifter  Aristoteles  war.  —  Die  Rhizotomen  führt  der  Verf, 
mit  der  Jahreszahl  117  vor  Christi  Geburt  an,  welchen  Grund 
er  dazu  hatte,  ist  dem  HecenSr unbekannt;  so  viel  ist  indes-' 
sen  gewifs,  dafs  mehrere  hundert  Jahre  früher  zu  und  vor 
den  Zeiten  des  Aristoteles  sehr  berühmte  Rhizotomen  lebten, ' 
wie  Eudemus,  Thrasyas  von  Mantinea,  Alexias  u.  s.w. 
Zwar  führt  der  Verf.  einen  Eudemus  ungefähr  100  Jahre 
nach  Christi  Geburt  an^  womit  aber  notb wendig  der  Anatome' 
gemeint  sey^i  mufs ,  der  ein  Zeitgenosse  des  Erasistratus 
war;  damit  ersterer  nicht  mit  dem  gleichnamigen  Rhizotomen 
verwechselt  werde,  hätte  noch  ein  bezeichnendes  Wort  bei- 
gesetzt werden  können,  im  fünften  bis  auf  den  Paracelsus 
reichenden  Zeitrauifn  wird  die  EJrfindung»  botanischer  Abbil- 
dungen auf  i49l  gesetzt,  w.elches  um  einige  Jahre  zu  spät 
ist,  denn  bereits  4488  kamen  dergleichen  in  Augsburg  heraus, 
die  Scbönsperger  besorgt  hatte,  und  welche  nachher  in  Stras- 
burg von  Balthasar  Beck  wieder  abgedruckt  wurden.  Ungern 
vermifst  Rec;  im  sechsten  mit  Harvey  schliefsenden  Zeitraum 
die  Angabe  des  Jahres,  in  welchem  die  ersten  Ausgaben  der 
griechischen  Aerzte  in  Venedig  besorgt  wurden.  —  Janus 
Cor  nari  US  ist  im  5ten  Zeitrau];ne  ohne  Jahreszahl  angeführt,' 
nach  des  Rec.  P/Ie{nung  fände  er  schicklich  seinen  Platz  im 
sechsten,  und  zwar  mit  der  Jahrszahl  1538,  zu  welcher.Zeit 
er  die  erste  (Jebersetzung  der  Werke  des  Uippokrates  heraus, 
gab,   woran  er  iß  Jahre  gearbeitet  hatte.      Dagegen  dürfte 


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Chonkttl  Ta&lii  tat  ^whicht^  der  Medkiii,  |Ht7 

tt^ohlOtho  Brunfelsy.als  erster  grflndlicher. Botaniker  Deutsch« 
lands.,  im  fünften  Zeitraum  eine  Stelle  verdienen« 

Zweite  Tafel.  Anatomie.  .Bei  dieser»  so  wie  den' 
folgenden  einzelnen  Doctrinen  der  Medicin  ist  zuvörderst  eine 
kurze  allgemeine  Geschichte  derselben  gegeben;  die  Tafel  selbst 
stellt  die  Thatsachen  ethnographisch  und  synchronistisch  dar; 
wobei  die  wichtigeren  und  einfiufsreicberen  Männer  mit  der 
Jahreszahl  ihrer  besten  BUUhe,  oder  mit  der  Jahreszahl  des 
ersten  Erscheinens  ihres  für  die  abgehandelte  Doctrin  wichti« 
gen  Werkes  abgehandelt  sind.  ,Auf  der  der  Tafel  gegenüber 
stehenden  Seite  sind  die  Titel  dieser  Werke,  chronologisch 
geordnet,  aufgezählt,  bei  de^en  Auswahl  besonders  auf  histo» 
i*ische  und  literarische  Wichtigkeit  Piücksichtgenommen  wurde. 
IDiesen  Titeln  sind  zugleich  die  Geburts-  und  Todesjahre  der 
Verfasser  beigegeben..  Endlich  ist  noi^h  hinter  jeder  einael«« 
nen  Tafel  die  sämmtliche  historische  Literatur  der  in  ihr  ab« 
gebändelten  Doctrin  mitgetbeilt.  Hie  und  da  hat  auch  der 
verf,  ein  kurzes  Urtheil,  da»  wir  fast  überall  sehr  treffend 
finden,  über  den  Werth  des  Buches  hinzugesetzt.  — 

Für  die  Geschichte  der  Anatomie  nimmt  derselbe  folgende. 
Zeiträume  an: 

ij  bis  auf  Aristoteles  350  vor  Cliristus, 

2)  von  Aristoteles  bis  Galen  150  nach  Christus^ 

3)  von  Galen  bis  Mondini  1335, 
A)  von  Mondini  bis  Vesal  1643, 
6)  von  Vesal  bis  Harvey  1619, 

6)  von  Harvey  bis  Winslow  1732f 

7)  von  Winslow  bis  su  Ende  des  achtzehnten  Jahrhun- 
derts. 

Die  älteste  ganz  der  Anatomie  angehörigen  Schrift,  ist 

die  des  Rufus  ^s^i  ovoi^ag-ta;  tcwv  avB^wrou  (AsotaiVf  de  appe]latione 

c.  h.  partium  gr.  lat.  ed.  W.  Clinch.  Lond.  1744.  4«     DenBe« 

.  achlufs  macht  Seilers  Anat.  corp.  human,  senil,  specimen.    Er« 

lang.  lÖOO.  8. 

Dritte  TafeL     Physiologie. 
'    Vierte  Tafel.     Hygieine.     Ihre  Geschichte   zerfällt 
nach  unserm  Verf.  in  f(\nf  Zeiträume  : 

1)  Vorwissenscbaftliche  Epoche  Vis  auf  Hippokrates  430 
vor  Chr. 

2)  Von  Hippokrates  bis  auf  Galen  bis  15C^  naeh  Chr. 

3)  Von  Galen, bis  auf  das  Regimen  Sanitatis  Scholae  Sa« 
^              lernitanae  1 100.      . 


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f. 


29S  '  Chouhiit  TaCsln  tut  Ocüdiidil«  a«!"  ICt&iilM ' 

4^  Von  dem  Regimen  Sanitatis  Scholaid  Salernitanae  bis 

auf  Sanctorius  I6l4« 
SX  Von  Sanctodus  bis  au  Ende  dea  acfataehnten  Jahrhun« 
derta.  -  " 

*'  Ohne  an  dieser  Abtbeilung  irgend  etwas  au  tadeln  oder 
eändert  Winsen  su  wpllen,  glaubt  Recens.  aus  gut^n  Gründen 
olgende  Zeiträume  annehmen  2u  kdniien.  i)  Aeltesfe  Epoche 
bis  auf  Hippokrates  9  2)  von  Hippokrates  bis  a^ur  Trennung 
der  Medicin  285  vor  Chr. ,  Z)  von  der  Trennung  der  Medicin 
bis  auf  Galen ,  4)  v'on  Galen  bis  zu  dem  Regimen  Sanitatis 
Scholae  Salernitanae,  5)  Von^da  bis  2ut  Entdeckung  Von  Ame- 
rika und  darauf  folgende  Einführung  neuer  Nahrungsmittel  in 
Europa^  neqe  Gewürze  u.  s.  f.  ( Kartoffeln ^  Tabak,  Mais, 
Cacao^tc.)  bis  1493.  6)  Von  der  Entdefckung  Amerika's  bia- 
auf  die  neueste  Zeit«  -.- 

In  dem  ersten  von  dem  Verf.  angenomnlienen  Zeiträume 
bätte  die  Cultiir  der  Baumwolle  in  Asien ,  der  Gebrauch  der 
ägyptischen  Bohne ,  die  Einführung  der  Cultur  des  Oelbaums 
in  Griechenland  angeführt  zu  werden  verdient.  In  dem  zwei» 
ten  würden  wir  die  Einführung  des  häufigen  Salbens  in  Grie- 
chenland 9  das  Verbot  des  Gebrauches  der  Mentha  als  Speise 
bei  Kriegszeiten  9  dann  den  dem  Aristoteles  schon  bekannten 
Reiswein,  den  Gebrauch  des  Sesams  bei  den  Griechen  u.  s.  f. 
bemerkt;  nicht  minder  würden  wir  das  SiFphion ,  so  berühmt 
im  Alterthum  als  Gewürz  und  Arznei  nicht  ganz  übergangen 
haben.  ,— 

In  dem  vierten  Zeitraum  hätte  sicher  der  Hopfen  und  die 
Anwendung^  desselben  bei  der  Bierbrauerei  eine  Stelle  ver« 
dient.  * 

Fünfte  T^afel.      Praktische  Medicili. 
.Sechste  Tafel.     Chirurgie. 

Siebente  Tafel.     Geburtshülfe. 

Achte  Tafel.     A  r^i^  <^i  mittel  lehre« 

Neunte  Tafel,     PLarmacie. 

Zehnte  Tafel.     Staatsarzneikun  de.^ 
Bei  der  zu  dieser  TafelNgehörigen  Literatur  vermissen  wir 
gerade    die  älteste    Schrift,     nämllqh    Galens  Büch  Quomodo 
morbum  siniulantes  sunt  deprehendendi^  das  unserer  Meiifiung 
nach  hierher  gezählt  werden  kann.  \ 

Elfte  Tafel.     Medicinische  Bibliographie. 
Diese  Tafel   unifafst  vorzugsweise  die  sogenannte  alte  Li- 
terat'ir  der  Medicin,  und  von  der  i>eueren  dasjenige,  was  un- 
mittelbar auf  die  alte  Bezug   hat«      jDer  Verfl  .hat  hier  alle 


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Chodänt  Tafeln  wn  OetdiMiC«  der  Kecl!^«  999 

Ausgaben  der  >Werk6  des  Hippolrates,  Galen ^  Avicenna,  Gel* 
aus  9  £rotiaR9  Ortbasiua  etc.  susammengestelley  einige  der 
berOhmtesten  Sämnilungen  alter  medicinl scher  Schriftsteller 
binzugesetat  y  die  Titel  der  medicinischen  WdrterbCIcher  ge« 
geben,  und  mit  den  wichtigeren  der  medicinischen  Literatoren 
geschlossen,     £s  sind  hier  folgende  Zeiträume  angenommen  : 

1)  von  Hippokrates  bis  Galen, 

2)  von  Galen  bis  Avicenna, 

3)  von  Avicenna  bis  zur£rfindung  der  Buchdruckerkunst|f 

4)  von  Erfindung  der  Buchdruckerkunst  bis  zur  Einfüb*: 
rutig  gelehrter  Zeitschrifteni, 

6)  von  da  bis  1800*  — 

Beigegeben  ist  dieser  Tafel  eine  chronologisch  geordnete 
Uebersicht  aller  Universitäten  ^  bei  mehreren  sind  •  verschie« 
dene  Zahlen  angegeben ,  weil  wie  der  Verf.  aagt^  manche 
das  Jahr,  an  Welchem  die  Stiftungsurkunde  ausgefertigt  ist, 
andere  das  Jahr  der  Einweihung  als  Anfang  einer  Universität 
l)etrachtet  haben.  Die  mehrfachen  Zahlen  sollen  deronach 
nieistens  wichtige  Epochen  für  die  genannte  Universität  be« 
Eeicbnen.  Bei  Heidelberg  gibt  der  Verf.  1346  und  ]3d5  an; 
aber  beide  Zahlen  sind  unrichtig.  Der  kur^Orstliche  Stiftuifgs- 
brief  ist  vom  f.  October  1386  datirt,  und  am  18.  October 
desselben  Jahrs  wurde  das  Fest  der  Einweihung  gefeiert.  — ^ 
(Wund^  Geschichte  und  Beschreibung  der  Stadt  Heidelbergs 
jfag.  224.). 

Zwölfte  Tafel.  Systematische  Vebersicht 
aller  Epochen« 

Auf  diese  zwölf  Tafeln  folgt  endlich  eine  Uebersicht 
Sämmtlicher  Schriften  zur  Geschichte  der  Medicin  überhaupt, 
die  in  viele  einzelne  Abtheilungen  zerfällt,  und  die  wir  für 
eine  sehr  zwecicmärsige  Arbeit  halten.  — 

Den  Beschlufs  macht,  ein  Register,  welches ,  was  sehr 
feU  bedauern  ist,  nur  diejenigen  Namen  der  Autoren  «ntbäit, 
deren  Geburts  •  oder  Sterbejahr  angeführt  wurde. 


Notice  Jur  Iss  anctens  cMteaux  et  autret  monnmens  remarquahUs  de 
'  la  partie  meridionale  du  Departement  da  Bas  -  Rhin ,   par  J,  G. 
Schweighaeus er.      A  Strasbourg.    De  l imprimerie^  F.  G • 
Letfrault  1824;  Sß  S,  in  B. 

Der  Verf.,  der  mit  einem  gröfeeren,  umfassenderen  Werke 
über  die  Alterthümer  des  Elsasses  beschäftigt  ist,    giebt  uns 


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300     J«  Ö.  5<^^ig(ii^uier  Nptiees  •iir>les'^ancten&  e]Udteatiz 

hier  eine  vorläufig»  Nacbricbt  über  einige  dabin  gehörige 
.jDenkniale,  die  etien  dadurch  aber  hesoiiders  geeignet  ist,  die 
Aufmerksamkeit  des  gelehrten  Publikums  avii:  diese  grdlsere 
Unternehmung  liiri3ulenken,  da  dieselbe  einen  bisher  so  we- 
nig untersuchte];!  und  bekannten  Gegenstand  behandelt  und 
züglejch  auf  eine  so  befriedigende  Weise,  wie  hier  ersichtlich, 
durchgeführt  ist.  Leider  ermangeln  wir  fast  aller  historischen 
Nachrichten  über  die  in  vorliegender  Notice  beschriebenen  lleste 
4er. alten  Zeit,  und  wenn  auch  gleich  einige  derseljjen,  nach  un- 
xweideutigen  Spuren  in  die  Zeit  der  Römerherrschaft  und  selbst 
noch  früher  zu  fallen  scheinen,  so  finaen  sich  doch  sichere. und 
xuverlässigeData  erst  seit  dem  12n  und  l3n  Jahrhundert.  Auch 
mochten   w.enige   der  nach    mannichfachen  Verheerungen    und 

^Zerstörungen  bis  in  die  nei^esten  Zeiten  herab  noch  vorhan«^ 
denen  Cönstructionen,  deren  Grund  vielleicht  höheren  Alter» 
thuYns  seyn  mag,  über  diese  Zeit  hinaus  fallen,  die  meisten 
sind  später  vergröfsert,  oder  von  neuem  aufgebaut,  bis  in  das 
i6te  Jahrhundert  herab.  In  zwei  Abschnitte  bat  der  Ver^ 
seinen  StoflF  zerlegt,  Im  ersten  beschreibt  er. die  zwischetl 
der  südlichen  Gränzlinie  des-Departements  nnd  dem  Thabvoa 
Barr  gelegenen  Schlösser    oder    vielmehr'  deren    Ruinen  J    im 

^   zweiten,  dem  unstreitig  wichtigeren  und  interessanteren  foU 
gen  die' Burgen  und  andere  bemerkenswerthe  Denkmahle  des 

\  Altertbums  zwischen  den  Thälern  von  Bar  und  Kliiigenthal. 
Das  Ganze  umfafst  einen  Distrikt  von  kaum  zwei  JLieues  ins 
Gevierte..  Zu  den  im  ersten  Abschnitt  beschriebenen  gehören 
die  Schlösser  von  Hohenkönigsburg.  und  Königs  heim, 
(geme^inhin  Hobkinsburg"  und  Kinsheim  genannt),  beide 
nicht  sehr  iJ^^eit  voii  einander  entfernt,  in  der  Nälie  des  durch 
Carls  des  Grofsen  Pallasf  und  öfteren  Aufenthalt  ilierkwürdi«  ' 
gen  Schlettstadt,  atif  Anhöhen  gebaut ,  von  welchen  man  eine 
reizende  Aussicht  über  die  Ebenen  des  Elsasses,  geniefst.  IVJö« 
gen  anderweitige  Spuren  und  Vermuthungen  auf  ein  höheres 
Altertbum  beider  Burgen  führen,  iii  ihrem  gegenwärtigen  Zu- 
. stand,  so  wie  nach  den  ersten  historischen  Daten,  die  der 
Verf,  weiter  bis  auf  die  Zeit  der  yernichtung  und  des  gegen- 
wärtigen Zustandes  verforlgt,  reichen  sie  nicht  über  das  drei- 
zehnte Jahrhundert  hinaus.  Nicht  anders  im  Ganzen  verhält 
es  sich  mit  mehreren  andjsrh  Schlössern ,  die  in  derselben 
.Richtung  liegen  und  hier  beschrieben,  werden ,  deren  Ge« 
schichte  der, Verf.  von  der  Zeit  an,  wo  sich  solches  nachwei-  ^ 
sen  läfst,  bis  auf  ihren  Untergang  und  bis  auf  die  gegen  war-  . 
tigeZeit  herab  durchgeht.  So  das  berühmte  Schlofs  von  Fran- 
ken bürg  a^it  Aeinen  ausgedehnten  Ruinen  und  Ueberresten 


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dor^Departement  dti  Ba«  •  Rhiii.  30i 

ifan  Befestigung  aus  den  verschiedensten  Zelten ,  so  die  bei* 
dea Schlösser  von  Ortenherg  und  Ka niste  in,  wovon  jene» 
o£Fenbar  älter,  und  Eigenthum  einer,  mächtigen  Familie  gewe- 
sen, dieses  aber  mehr  in  der  Eile,  hios  teroperärer  Zwecke 
willen  erbaut  worden  zu  seyn  schMnt;  ferner  in  der  Nähendes 
Städtchens  Damhach  die  Burg  Bernstein  mit  wenigen  UeJ^ 
berresten;  das  Schlofs  Bilstein,  in  einer  pittoresken  Lage, 
auf  einem  Schieferfelsen  von  demselhen  Gestein  grofsartig  er- 
baut,  in  jedem  Fall  höchst  sehenswerth;  das  Schlofs  von 
Speshurg  und  Andlau',  letzteres  bis  vor  die  Zei^  der  Re- 
volution das  wohlerhaltenste  von  Allen,  jetzt  noch  in  einigen 
Mauerüberresten  kenntlich. 

Von  hier  geht  der  Verf.  zu  der  an  Denkmahlen  jeder  Zeit 
und  jeder  Art  reichen  Bergkette  über,  die  sich  im  Norden  des 
Thals  von  Barr  hinziebt ,  und  zwar,  wie  bisher,  in  der  Rich- 
tung von  Süden  nach  Norden»     Aber  nicht  blos  die  an  ihr  lie* 
gendeh    Burgen   und  Schlösser,    wie  die  von  Landsberg, 
Birken  fels,     Dreistein      und     Kagenfels,     Hagel« 
schlofs,   Lützelburg   und    Ra thsa mhausen    sind   es, 
auf  deren  Beschreibung  der  Verf.  sich  beschränkt,  er  hat  auch, 
was  jedem  erfreulich  seyn  kann,  die  berühmte  Abtei  und  das  Klo- 
ster der  h.  O  tili  a,  die  Abtei  von  ^^'.  edermünSter,  das 
Kloster  Tutten  hausen,  die  h.  Jakobs  -  Ca  pelle  m^it 
in  den  Kreis  seiner  Darstellung  gezogen  —  Gegenstände,  die, 
unbeschadet  dem   Uebrigen ,  gewifs  fast   noch  mehr  in  viel- 
facher Hinsicht  das  Interesse  eines  jeden  in  Anspruch  nehmen. 
Die  Familie  der  Landsberg,  deren  Namen  jenes  Schlofs  trägt, 
ist  in  der  Geschichte  des  Elsasses ,  und  insbesondere  der  Stadt 
Strasburg  sehr  berühmt;  sie' ist  uralt,  da  dieser  Namen  schon 
in  den  Verzeichnissen  der  Ritter  bei  den  Tourniren  im  lOten 
Jahrhundert  vorkomiät,  das  Schlofs  selber,  das  jetzt  noch  in 
seinen  Ruinen  existirt,  ward  gegen  das  Ende  des  i2ten  Jahr- 
hunderts  erbaut,    ungefähr  gleichzeitig  mit  der  Stiftung  des 
Klosters  von  Truttenhausen,  das  fleirada,  Aebtissin  zu 
St.  Otilia,    aus  dem  Geschlechte  der  Landsberg,   urkundlich 
im  J.  it8i  gründete,  das  jetzt  aber  nur  in  seinen  Ruinen  noch 
sichtbar  ist.     Auf  dem  VVege  von  diesem  Kloster  zu  dem  der 
heiligen  Otilia  hat  man  zur  Seite  die  Ruinen  der  Kapelle  des' 
heil  igen  Ja  kob,  nach  einer  Tradition  und  merkwürdigen 
Lf»genqe  803  n.  Chr.  schon  gestiftet./  Die  Ruinen  der  Kapelle, 
in  deren  Umgebungen,  sich. das  öt.  Otillenkloster  befindet,  so 
wie  die  Felsen,  auf  Welche  sie  sich  stützen,  bieten  einen  für 
das  Auge  eben  so  imposanten  als  pittoresken  Anblick  dar,  sind 
'Itber  Wohl,  schwerlich  I  wie  ntan  veramthete  9  Trümmer  einet 


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302         J.  6.  Sehweighaenter  Kotüoe  «or  let  andens  didc^aut 

Gehäudek  auff  deiüi  9ten  Jabrbundert,  im  Gegentheil,  niehrec» 
Kennseieben  9  welche  an  dem  .noch  am  besten  erhaltenen  Tbeile 
aicbvoi  Enden  ^  f(\bren  eher  zu  derVermutbung,  dafa  das*  ur« 
sprüngliche  Gebäude  -ganz  x>der  docb  dem  gröfseren  Tbeile 
näcby  im  12ten  oder  iSten  Jabiphundert  erneuert' worden« 
Verfolgt  man  weiter  diesen  Weg,  so  gelangt  man  binnen  einer 
Viertelstunde  höher  zu  der  Qu  eile  der  h<eiligen  Otilia, 
berühmt  wegen  ihrer  w'undejrbaren  Eigenschaften  und  wegen 
ihret  Heilkraft  bei  den  Filgrimen ,  welche  hierher  wallfahren« 
Vom  Kloster  selbst  ist  $ie  in  gerader  Linie  nur  etwa  400 
Metres  entfernt  j  auf  jepes  kommt  der  Verf.  wieder  weiter 
unten- zurück  9  indem  er  hier  «die  Beschreibung  eines  andern 
boch^t  merkwÖifdigen^DenkmaWs  grauer  Vorzeit  einscbaltety 
von  dem  wir  eben  deshalb  hier  etwas  ausführlicher  reden  müs«' 
sen.  £s  ist  dies  jene  Mauer,  welche  sich  |n  Einern  Umfang 
von  einigen  Standen  über  die  Gebirgsfläche,  welche  jene 
Schlösser  ^nd  Klöster  umfafs):,  noch  ziemlich  erhalten  in  ge- 
rader Linie  hinzieht«  Am  besten  tritt  man'  in  sie  ein,  wenn 
ii^n  mit  dem  Verf.,  den  Weg  von  Barr  aus  wählt  nach  dem 
Schlosse  von  Landsberg^  dann  über  eine  öde,  nur  mit  Heide- 
kraut bewachsene  Anhöhe,  Mönkalb  d.  i«  monstälvus  ge« 
iiannty  und  von  hier,  es  sey  in  gerader.  Linie  oder  in  einem 
kleinen  IJmweg  über  Jon  Mennelstein  aufwärts  heran« 
schreitet»  Diese  Mauer  zeichnet  sich  vor  allen  ähnlichen  Ue- 
berbteibseln  alter  Befestigungen  in  den  Elsässiscben  Gegenden 
wi^  überhaupt  vor  ähnlichen  Monumenten  anderer  Gegenden 
auf  eine  höchst  merkwürdige  Weise  aus.  Ihre  Dicke  ,  überall 
von  fünf  FuJTs,  ist  beinahe  nirgends  durch  mehr  als  zwei- 
Schichten  gebildet.  £s  sind  jdicke,  viereckige  Felsstücke, 
woVpn  die  unteren  oft  unregelmäfsig  sind  un^  mit  dem  Fei« 
sen,  auf  den  sie  gelegt  sind,  sich  zu  «verbinden  scheinen, 
während  dem  die  Steine  der  oberen  iScbicbten  in  einer  groben 
Art  rechtwinklicb  behauen  und  statt  des  Mörtels  durch  Zapfen 
von  Eichenholz  verbunden  sind:  die  meisten  dieser  Zapfen 
ftind  freilich  im  Laiffe  der  Zeit  zu  Grunde  gegangen,  einige ~ 
haben  sich  aber  doch  noch  ziemlich  erbalten,  um  daraus  ihre 
ursprüngliche  Gestalt  und  Beschaffenheit  zu  erkennen:  auch 
sieht  man  an  ^en  weifsen  Steinen  noch  ^die  Einschnitte ,  in 
welche  djese  Zapfen  gelegt  waren,  .  Man  bat  zwar  an  Aegyp. 
tischen  und  Römischen  Bauten  etwas  Aehnliches  entdeckt^ 
was  aber  dpch  hier  nicht  zu  der  Annahme  berechtigen  kann^ 
dafs  diese  Mauer  ffin  Komisches  Werk  sey,  da  die  grofsen 
Fortißcationslinien,, welche  die  Kömer  auf  mehreren  Funkten 
Euiopa'si  angelegt  liabisnf   von  regelmäTsigerer  Maurerarbeit» 


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(Kn  t)ipatteiBeae  clit  Baf«ftkiii«  S03 

und^an  den  Seiten  mit  Th armen  gedeckt  sind«  was  bei  dieser 
]y[a^er  .dut'chaus  nicht  der  Fall  ist.  '  Zwac  hat  man  auch  hier 
eine  bedeutende  Anzahl  Rdmischer  Münsen  entdeckt 9  auch 
schreil)t  eine  aus  dem  Mittelalter  herrührende  Sage  die  Er- 
bauung einer  Veste  auf  diesem  Gebirge  deot  Maximianus  Her- 
kules'^ dem  Mitregenten  des  Diodetianus  su^  und  endlich 
scheinen  selbst  die  geplatteten  Wege  ^  welche  aufwärts  führen^ 
dafür  zu  sprechen ,  dafs  diese  Mauer  von  den  Römern  oder 
doch  unter  ihrem  EinfluTs  erbauet  worden.  Allein  der  aufser« 
ordentliche  Umfang  der  Mauer ,  der  ganz  im  Mifsverhältnir» 
steht  mit  der  kleinen  Zahl  von  Streitern 9  welche,  die  Körner 
bei  ihrer  so  ausgedehnten  Gränzlinie  für  die  Vertheidigung 
solcher  Plätze  verwenden  konnten ,  der  Maiigel  an  Wasser 
im  Innern,  die  grofse  Unregelmäfsigkeit  der  Form  und  andere 
mit  der  Bau-  und  Befestigungskunst  der  Römer  unvereinbar^*^ 
.Gegenstände  sprechen  durchaus  dagegen.  £s  sey,  meint  Hr. 
Schweighäuser,  eher  natürlrch,  die  erste  Errichtung  dieser 
Mauer  den  alten  Gehen  zuzuschreiben,  derefi  Gewohnheit  es  war, 
auf  Bergen  ausgedehnte  Befestigungen  zu  errichten,  in  welche 
im  Fall  einer  Invasion  die  ganze  Bevölkerung'  der  umliegenden 
Gegenden  sich  zurückzog,  erneuert  sey  aber  wahrscheinlich 
diese  Mauer  worden,,  als  die  Einfälle  der  Alemannen  die  Be-  ^ 
wohner  der  Ebenen  nöthigten,  innerhalb  dieser  Mauern  einen 
Ort  der  Zuflucht  zu  suchen. 

Der  Verf.  durchgeht  dann  weiter  diese  Mkuer  in  ihren 
verschiedenen  Richtungen  und  einzelnen  besonders  merkwür- 
digen Funkten;  und  kehrt  dann  über  die  Ruinen  des  einsam 
liegenden  Schlosses  Birkenfels  zu  dem  Otilienkl oster 
zurück«  Die  alte  Abtei  ward  zwar  1546  von  den  Flammen 
verzehrt  und  in  Folge  dessen  verlassen,  dann  aber  eine  Fre- 
monstratenser  Friorei  errichtet,  welcher  man  den  gröOiten  . 
Tbeil  der  noch  subsistirenden  Constructionen  verdankt,  ob- 
obgleijch  auch  diese  durch  einen  abermaligen  Brand  16dl  ge- 
litten haben^  Die  gegenwärtigen  Gebäude  datir^n  sich^  mit 
einigen  Ausnahmen,  sämmtlich  aus  der  Zeit  nach  dem  Brande. 
Mit  der  Kirche,  deren  Bau  1692  vollendet  ward,  stehen  zwei 
Kapellen  in  Verbindung,  dre  glücklich  zu  verschiedenen  Ma- 
len den  Flammen  entgangen  sind  und  merkwürdige  Denkmale^ 
der  Baukunst  aus  den  Zeiten  der  Gründung  dieser  berühmten 
Abtei  bilden,  die  eine  schliefst  den  S^rg.des  Vaters  der  heili- 

fen  Otilia  und  seiner  Gattin  Bereswinda,  die  andere  den  der 
«eiligen  Otilia  selber  in  sich.  Der  Verf.  beschreibt  diese 
durcli  ihre  Alterthum  ehrwürdigen  üeberreste  mit  eben  der 
Genauigkeit  und  Klarheit  |  mit  der  er  auch  die  anderen  metk» 


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304      .^«  6«  Scbw«iKiiaeiitfl(r  Nodo«  lur  lei  ancitfAt  di4ieaak  6to, 

Würdigen  Futikte  dieses   vielfach   besuchten  Wallfahrtsortes  ' 
schildert,  worauf  wir  die  Leser  verweisen- müssen«     In  dem 
reisenden  Thale  von  Niedermünster  war.es,   wo  die  heilige 
OtiUa  für  die  kranken  Wallfahrer  ein  Hospi^l  stiftete,  woraus 
dann  aber  im  Verfolg  eine  ^elbstständige  Abtei  geworden^ist. 
Nur  die  Ruinen  einer  1187  gestifteten  Kirche  sind  davon  noch 
4Ü}rigf  und  ein  wenig  weiter  unten  eine  verlassene,  obwohl 
noch  ziemlich  erhaltene  Kapelle*     So  verfolgt  der  Verf.  seine 
Bahn  weiter  und  schildert  die  übrigen   merkwürdigen  Funkte 
und  Schlösser^  welche  auf  diesem  Terrain  in  nicht  sehr  grofsen 
Enifernungen    von  einaiid^er  sich  ei^heben   und   meistens  dem 
3yiittelalter  angehören.       Wir  führen    hier  nur    an:     dier  alte 
Stadt  Oberehnheim,   deren    eine  Kirche   aus    dem    i3teii 
Jahrhundert  herrührt,    das  Schlofs  Dreistein,  das  Schlofs 
Kagenfels,    bisher  bekannt  bei  den  Einwohnern  unter  dem 
Namen:    Hanfm  attersch  lofs^  oder    Ho  mb  urg  weile  r- 
schlofsn   auf  Cassini's  Charte   fälschlich  unter   dem  Namen  ^ 
B. h e i h  ^bezeichnet,  das  Schlofs  Hager) schlofs,  das  jedoch 
nnter  diesem  Namen  in  keiner  alten  Urkunde  yorkommt.    Der 
Verf.  vermuthet,    dafs  der   Wahre  Name  desselben  Walds« 
berg  sey,  da  alle  Nachrichten  dieses  Schlofs,  das  man  bisher 
vergeblich  an  verschiedenen   andern  Stellen  der  Umgegend  zu 
entdecken  bemüht  war^  in  die  Gegend   verlegen^  in  welcher 
die  Ruinen   des  jetzigen   Hifgenschlosses   sich  vorfinden. 
Dieses  Schlofs ,  an  das  sich  eine  Reihe  zum  Theil  schreckhaf- 
ter Sagen  knüpft,  ist  untör    allen  Schlössern   der  Umgehung 
das  am  vrenigscten  erhaltene,  doch  scheinen  selbst  die  Ueber« 
reste  eine  stärkere  Befestigung  ursprünglich  zu  verrathen.  Die 
heiden Schlosser,  von  Ratnsamhausen  und  Lützelburg,  * 
die  ursprünglich  einer  und  derselben  Familie,  der  von  Lützel* 
bürg,  angehört  zu  haben   scheinen 9   und  beide  9  'in  geringer 
Entfernung  von  einander ,  durch  ihre  herrliche  Lage ,  mitten  , 
in  einer  üppigen  Vegation,  und  mit  einer  weiten  Aussicht  in 
die  Ebene  die  Blicke  des^R^isenden  auf  s^ich  ziehen  müssen, 
machen  den  Beschlufs  dieser  Beschreibung,  die  gewifs  Jeder,^ 
der  nur,  irgend  ein  Interesse  für  solche  (gegenstände  hat,  mit 
Dank  annehmen  wird.     Wünschen  wir,  dafs  der  thätige  Verf.; 
«un  auch  die  erforderliche  Zeit  und  Mufse  finden  möge,  bald 
die  übrigen  an  ähnlichen  Denkmalen  nicht  minder  reichen  Thä« 
1er  und  Berge  seines  Vaterlandes  in  einer  ähnlichen  Weise  uns 
zu  schildern  l 


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N.m  1825: 

H  e  i  de  1  b  ä  r  g  6  f        .^ 

Jahrbücher  der  tXi^t^^ 


sssBEaBREasssesEavii 

K.  ^tXoTti^  ha-fcdvTfi  TcwO  p/ioYfivwv;  ^t*  «YoStt»  r^;  *l^kkddo;*  ^Ej 
Ha^tmotf;,  «ic  'njg  'I\^oy^>a(i>ta;  I.  M*  ^Ey3^fa^T(r3.  Se  trouve 
ehez  Firmin  Didotj  -phre  et  ßh,  Rue  Jacob  Hro.  9A.  AwKai 
Mit  einem  Porträt  das  jiristottles  ^  nach  einer  Büste  ^  dib  sich 
im  Pallasl  Sf^AdA  zu  Aom  befindet  ^  gestochen  von  Mgügeot. 

2)  Fom  alten  und  neuen  Hellas.  PTorti  äti  die  griechische  Nation\ 
gesprochen  von  Adamantios  Corai.  Zugleich  als  Eittleitun<rfJ 
Schrift  zut  Politik  des  Aristoteles.  Jus  dem  Alt"  und  New^ 
griechischen  übersetzt  von  Dr.   Carl  Iken.  '  Leipzig  iQ^S. 

yi)  •AfMrrerfe'Aou;    Tlohrt^Sv   ßtßkia  »y.        Aristotelis  Pbtiticörjifn    libri 
Ccto.      Ad'  cqdicum  fidem  edidit   et  ad  notationeih  adjecit   Caro'» 
lus  Goettling»     Jenae  t824.      Die  Ausgabe  ist  Göethiö  Idü^ 
,        reati  populi  pruicipi  gewidmete 

So  Äebr  wir  auch  von  dem  edelmtitbigeo  Streben  iei  Alt« 
Vaters  neugriechischer  Bildung  *)^  von  den  tiefen  und  klugJ 
berechneten vFroIegOinenen  uns  angezogen  fühhen^  so  müfstejl 
wir  doch  von  dem  Standpunkte  deutscher  Philologie  aus,  über 
diese  neue  Ausgabe  der  aristotelischen  Politik  ein  ungünstige^ 
Urtheil  tiiederschreiben ,  wenn  sie  sich  selbst  nicht  beinahe 
als  einen  blofsen  Nachdruck  der  Schneiderischen  und  für  die^ 
fifeiigriechen  bestimmt,  angekündigt  hätte*  Unmöglich  würde 
es  mir  gewesen  seyn,  sagt  der  bescneidene  Greisj  ohne  Schnei« 
der  eine  Ausgabe  der  Politik  zu  bewerkstelligen.  Ich  hatte 
iYe<ter  Zeit  n9ch'  Kräfte^  die  vorbandeneil  Uülfsmittel  £nj)e« 


^)  I^aehriefateD  übet  ihn  findet  inan  m  einem  Briet  von  Villoisoii 

an  Sturz  9  in  der  Vorrede  zu  den  Fragmenten  des  Ümpedokles^' 

>     in  decd  Slsteü  Stück  des  Edinburgh  Reriew  und    In    den  An« 

inerkungen    des  Lord  Byron  zu  seinem  Ghilde  Harold  \»>  l6lf 

nach    der   Fleii^herischen  Ausgabe    seiner    sammtlichen  Werke; 

ilVm.  Jahrg.   4.  H<5ft;         ^  20 


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,306  ^  Aristoteles  Politik.  ^^ 

ttütaien.  Neben  Seh.  Ausgabe  benutzte  ich  blos  noch  die  von 
Conrhig  l65ö  und  die  Abdrücke  >  die  sich  in  »we^i  Ausgaben 
der  särniiiwlichen  Werke  des  AHstoteles  vorfinden;  hie  und  da 
habe  ich  einige  Verbesserühgen  angebracht  oder  vorgeschla« 
gen*  Mit  Unrecht  Wiird  aber  tehauptet,  die  Uebersetzung 
von  Ghanipagne  habe  nichts  zut-  Erklärung  des  Textes  beige« 
tragen;  es  finden  sich  im  Gegentbeile  in  seinen  Anmerkungen 
manche  gute  kritische  Bemerkuhgtjn  ui^d  Viele  treffliche  Sach«  , 
ferklärahgen.  '    ' 

t)ie  Art  und  Weise  de^  A.  C.  ist  aus  den  frühern  Jßänd^n 
der  hellenischen  Bibliothek  hinlänglich  bekannt^  wir  könnten 
also  füglich  unsere  Anzeige  schlielVen  ,<wenn  wir,  nicht  die 
Gelegenheit  ergreifen  näöchten,  einige  Bemerkungen  ,  die' so« 
wohl  Sehn,  als  C.  treffen,  hier  nvederzulege^.\  Sehn,  hat  be« 
kanntlich  eine  gänzliche  Vi^ränderung  in  det  Kapiteleinthei- 
lung  votgenötnraen  J  welche  von  C.  beibehalten  worden  ist; 
ein  Verfahreiiii  A&i  sich  wohl  schwerlich  im^GsLnz^n  wird 
Vertheidigeri  lassen»  Als  Hülfsmittel  zur  Verjressetung  des' 
an  vielen  Stellen  so  veidotbenen  Textes  bediente  er  sich 
iiicht  allein  det*  sogenannten  Antiqua  versio^  die  nach  der  nicht 
viel  für  sich  habenden  Meinung  von  Joutdain  (rechetche$ 
ctitiques  sur  l'age  etl*origine  des  tfaduCtions  lätinesd'Aristote^ 
S.76)  Robert  Lincoln  zum  Verf.  hat,  sondern  auch  neuerer 
Uebersetzungen,  besonders  des  LeonharduS  AretinuS,-  Are- 
tinuS  Vrar  nun  2vi^ar  ein  grofsei^  Kennet  der  griechischen  Spra« 
che^  wasr  auch  die  Von  Neumann  herausgegebene  ^Xw^^e^fTivm^f 
tlohrafob  hinlänglich  beutkundet;  aber  auf  seine  Auctorität  al- 
lein« möchten  virir^Äine  Stelle  im  Aristoteles  vöränderil«  Die- 
ser berühoite  Humanist  und  Staatsmann  sah  iri  seiner  Üeber- 
Setzung  meht  auf  Correkiheit  und  Glätte  des  lateinischert 
Ausdrucks  j  als  auf  eine  genaue  UebettragungJ  et  VörbeSserte 
wohl' häufig  dem  Sinne  nach^  wie?  z.  B.  IIL  3.  6i  aVfcwv  für 
ÄuTCövj  Was  Vettori^  der  doch  wohl  alle  Handschriften  des  A* 
h^enutzen  konnte,  in  keiner  vorfand  ^und  vVurde  deshalli  schtfrt 
iron  den  Gelehrtfen  seiner  Zeit  stark  angefochten.  -  Das  Näher© 
findet  sich  iri  seinen  Von  MehuS  besorgten  Briefen  ^  Flotentiaö 
1741-  ö.  3  Bde,  Welch  ein  Yerttauert  Verdient  eiii  Mann; 
der  sagen  konntet  usifs  mihi  videtUr  Aristoteles  inPolitlcorum 
libris  amplissimo  quodam  scribendi  genere^  elegaiftia  ^  nitor0 
et  inct-edibilitate  exemplorunt  copia  refetta*  Epist-  Hb.  VIL?^ 

Vlll.  1.  ^  _/ 

üebrigenö  iSt  Schö.  selbst  dei*  coi-rettö  ÄbJtuck  dei*  anti- 

güä  versio  entgangen ;  ^r  bediente  «ich  zweier  Verdorbienert 

•Exemplare,  die  »sieh  unter  den  Werken  des  heiligen  TJharaat 


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Ariftotele«  Politik«  307 

Von  Aquino  rorfinden.     Naqh  Hi^iiidftcfariften  er^ien  die  an* 
tifua  yersio  unter  folgendem  Titel: 

Arifitotelis  Stügiritae  Folitia  seu  de  Aepiibltca  1.  8.  Leonardo 
Aretino  interpre£^  cxini  sct.  Thomae  Aq[uinatis  explana- 
tione  summa  cura  ad  Mänuscriptum  collata.  Adjecta  est 
anti(jiia  versio*et  Tbomae  de  Kegimine  Frincipum  1.  4- 
Jul.  Martiani  Rotae  labore  ac  diligentia,  Venetiis  apud 
Juntas  1568,  fol. 

Von  die&em  Werke ,  Welches  für  eine  kritische  Ausgabe 
der  Politik  unentbehrlich  ist,  scheinen  sich  wenige  Abdrücke 
nach  Teutschland  verirrt  zu  haben«  s  Kec  sah  es  blo^  in  den 
fiibliotheken  2u  Bamberg  und  München,  wo  sich  mehrere  Seh ät&ei 
dieser  Art  voränden;  Aul  diesem  Andeutungen  kanii  maii 
leichtlich  erachten,  auf  welchem  festen  Grunde  viele  sogeiiahntd 
£mendatianen  in  der  Schneiderischen  Ausgabe  beruhen«   ,    , 

toi  Allgemeinen  müssen  wir  uns  gegen  daä  Verdächt ig-J 
niacheh  öder  Ausstreichen  mehrerer  in  den  akroamatischeii 
Schriften  jdes  Aristoteles  so  häufig  vorkomrriehden  Fartikelii 
wie  yd^,  ^«,  HotTotf  YOi  n.  s.  w.  erklären.  C.  hat  sich  «wm 
Oeftern  die^e  Freiheit,  genommen,  ohne  zu  bedenken ^  dafs  iii 
mancher  solchen  unscheinbaren  Partikel  ein  ganzer  Gedanke 
eingeschlossen  ist.  Sätze,  die  Aristoteles  in  den  ekoterischeil 
Schriften  mit  einem  i^wischengliede  würde  Verbunden  haben^ 
bangen  in  den  esoterischen  häufig  durch  die  so  oft  wieder- 
Jcefarenden  Conjunktionen  zusammen ,  und  dem  denkenden 
Leser  bleibt  ef  überlassen,  den  verbindenden  Gedanken  auf» 
SuEndeh.  Ou  yacg  ^(rBsvefA  Xoyoxi  ro  J^aipi;  a-jrov  to7;  ffvyygafXfxaati^ 
iyiwro^  sagt  Simplicius  in  den  n^oXs/o/*-  si<;  rag  ^A^tffror^koxi;  KotjJ* 
yo^iag  Basil..l55l  fol;  S.  2.  a.  1.  35  secj^,  Ytraurt  fxiv  nai  et  fxar^twi 
^SyvüTä^^UvLoXov^sivBvvafJt.avoi»  Jr/iroXXijv  ifx(patV9t  Aajtrmjjv  bvvajAtv  *j  *X^f 
^TOTt'Xöu;  •E('|üt8V8/a,  aJ ;  5/*  oXi,yaiV  r~^XXa¥.ig  cvXXaßw^  'ita^ar 
ht^oyiaif  oaa  oüh  a  v^  rt;  iv  ToXXai;  ict^toBoti  iBfBa^i: 
jUis  den  vielen  Beispielen ,  wo  C;  gegen  diese  Eigenheit  der 
arisrotelischeti  Sprache  fehlte  j  hier  nur  einige;  so  ist  z.  H,  II, 
1.  6,  T^  keineswegs  dberlliissigj  wovon  sich  jeder  leichtlich 
überzeugen  kahn^  III.  5*  11.  »nufs  a^^nothwendig  stehen  blei- 
ben, des  Gegensatzes  wegen;  Zu  verwundern  ist  aber,  wie 
I.  1.  11.  zwei' Kai  ihm  verdächtig  seyn  konnten  *  da  das  e^ste 
käi  TtXätiü^fV  ganz  dem  k«)  x^§^^^^  entgegengesetzMind^aiZweitW 
gewöhnliche  Conjunktioit  ist.  Im  Gegentheil  wird  I.  26."  un» 
nötbiger  Weise  eixi  ««/  hinzugesetzt.  Man  sehe  aifch  ähnliche, 
VeriesseruDgen  I.  3.  Ö.  I.  3;  2.  II.  1;5.  IH.  i-  7.  III.  7.  2: 
Üi  «.  W;  , 


20 


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308  ^     Arii^olclei  Politik.. 

Di«   gt^miöatiÄch  •  kritid0he   Erläuterung   erbeis^bt '  ein.o  ^ 
Vorzögliebe  Aufmerksamkeit   auf    dje   eigentbOmlicbe^Denkv 
^  weise  eineSiSchriftstellers,  gleichsam  auf  die  Strahlenbre/chung 
ulhd  Farbentöne  des  im  Woitr^flex  sieb  abspiegelnden  Bigrif- 
.   fes.     Hierin  w^td  verscbiedenfacb  von  den  Auslegern  der  Po- 
litik geteblt.     tag^c  ist  dem  Aristoteles  so  viel  als  HoXiTsiaf  die 

j  Staatsverfassung,  IlcA/T8/a  troXswq  ■Taz,tg  MT^  am  Anf. ,  so  auch 
lll.  1  i.  IV.  i.  4.  IV.  11.6.  Desv^egen  beifst  es  VII.  14-  10. 
ganz  ricbtig,Tag/5  «^vcuv  nacb  den  Handscbriften  ,  und  braucht 
deswegen  i}icbt  mit  Scbn. ,  G.  und  ändern  Ta^i«  tcmv  i$mv  gele- 
sen Äu  werden.  In  der  angeführten  Stelle  erkläre  ich  übrigens 
dxoTt'B&rl^ai  Jiieht  mit  Vossius  durch  tollere  liberos^  i,  c.  dgnos« 
cere  natos  pro  suis  liberis  et  ediicare  (zum  Mela  I,  8.  S.  359.* 
ed.  Lugd.  Batav.  172^.  8)  welche  Bedeutung  eist  zu  bewei- 
sen wäre  ^  sondert!  mit  alleii  übrigen  Auslegern  durch:  Aui^ 
setzen;  yd$  nach  vS^ftrBat  ^st  entweder  mit  Lambinus  zu,  strei« 
cben^  oder  was  besser  ist,  in  a^a  zu  verwandeln.  Die  Stelle 
würde  dann  s^o  interp.unktirt  .und  übersetzt  "Werden  müssen: 
^tä'ds  ^Xyj^og  tsuvtuVf  tdv  ^  ra^t;  rluy  eBvwv  xoAe^»  iJ^b^v  dieofi^sffS^äi 
t-cu V  7'Yf o/ji^vttjv ,  (Julius  Skaliger,  von  dem  sieb  an  dem  Rande 
.  eines  Exemplars  der  Politik  in  der   Heidelberger  Bibliothek 

V  'mehrere  Emendationen  vorfinden,  die  Schreiber  dieses  an  ei- 
nem apdern  Orte  mittheilen  wird,  scVeibt  ohne  Grund:  »yavv»- 
fjjvtiuv)  wQtaS-at  a^a  5«  tjJ;  rsvLvoicoua^  r^  itk)^So$'  Wiegen  der 
3y[enge  der  liinder,  wenn  die  Verfassunjg  de.r  Völ- 
ker verbietet,\irgend  eine  Frucht  auszuset^eni 
müls  man  der  Kinder  erzeug  ung  ein  Ziel  setzen« 
Auch  hier  kann  man  seb^n,  wie  wenig  kritischen  Werth  die 
aretinjsche  Uebersetzung  b^t;  sie  weicht  ganz  ab  vOn  dem  in 
allen  Handschriften  gleichartigen  Text.  Ueber  d^as  (jesetz  her 
den  Atheniensej^n  in  dieser  Beziehung  sehe  man  den  attischen 
Procefs  von  Meier  und  Scbömann  8.  428)  wo  unsere  Stelle 
des  Aristoteles  anders  erklärt  wird. 

/  IIL  3*  2.*schreibt  Cor.  mit  CameraifiuS  unrichtig  ^g,*-f»(f5#- 

/  0»««$  anstatt  des  bandschriftjichen  i^  iiro^ii&swi.  Die  Kinder,  sagt 
A.,'  sind  noch  keine  wirkliche,  sondern  Bios  v^rmutblicbe,  hy-i 
pothetische  Bürger,  so  kommt  uiro^«*/;  auch  vor  II.  5.  i.  III. 

I.  3.  IV*  1.-2.  und  öfters-,  der  Bedeutung  von  Vorsatz  aber 
^     nähert  sich  9T»5ee//$  If.  6-  20.    Den  dem  lateinischea  olim  glei* 

eben  Gebrauch  des  griechischen  iraA^r ,  bat  C.  gut  erklärt  zu 

II.  1.  18,  doch  vor  ihm  viel  früher  schon  Valken.  an  Euripid« 
Hippol/v.  108S.  Den  eigenthümlicben  Gebrauch  des  ri  fyov 
hei  Aristoteles  und  andei^n  Philosophen  bemerkt  Tsetzes  in 
den  Scholien  zu  Hesiod.  ^y,  S.  3^,  A.  dd«  Heins.  |  wodmcb*die 


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Aristoteles  Politik.  30t9 

Ph^aie  in.  il.  to.  h rot;  tfjLofot^ ua)  fiwi;  erit  recht  rerstSndlicb  wiiJ.  ; 
Mehrere  solcher  Wörter,  deren  eigcnthümliche  Beaiehungen 
genau  erfafit  werden  müssen ,  sind  y^tjfiartvTtHi!! ,  ir^ali;,  fx^j&oLf, 
a^irrsKroviKi} ,  *oi>ieuq  u,  s.  w.  9  abgesehen  von  den  Staatswissen« 
achaftlichen  Ausdröcken  und  Begriffen ^  die  jedem  Leser  der 
Politik  geläufig  seyn  roflssep. 

Mehrere  Stellen  ausführlich  au  behandeln^  liegt  jetzt  we«r 
der  in  unserem  Plan,  noch  würde  der  Kaum  dieser  Blattei^ 
dazu-  hinreichen ,  nur  über  IIL  9.  3»  u.  7.  mögen  hier  noch  * 
einige  Bemerkungen  statt  finden.  Soviel  auch  über  den  Un^ 
terschied  von  TaT^to;^  irar^tvog  und  xar^aJo;  (jonisch  Targ(t>iogj  böo- 
tisch  TaT^o7o;)  geschrieben  wurde,  siebe  die  Ausleger  zu  FolK 
L  1.  Wyltenb.  au  Plut.  Moral.  II.  175.  Barker  zum  EtymoL 
Magn.  Etym.  Gud.  S.  1086  9  so  mufs  dach  der  aufmerksame^ 
Leser  der  Classiker  bekennen ,  dafs  diese  Wörter  wie  patricus, 
patrius  und  paternus,  bei  den  besten  Schriftstellern  häufig 
ohne  allen  Unterschied  gebraucht  werden.  Man  geht  deshalb 
wohl  am  sichersten,  wenn  man  hierin  ohne  alle  Emendation 
blos  den  Handschriften  folgt.  Deswegen  scheinen  a.  a.  O. 
die  Sjchneider-Coraischen  Verbesserungen  keineswegs  solche 
3u  seyn,  'VVie  aber  Tittraanh:  Darstellung  dftr  g|iechi$chen 
Staatsvorfassungen  S.  67.  xar^tcu  ßcuuXsTcu  durch  „von  den  Söhnen 
der  ersten  Bürger  anerkannte  Kegierung^^  und  fy/yvsvro  ßa^iXsl; 
i^ovrwvf  HOi  ««*;  'ra^ofAßavovat  .leuT^iot^  („denen,  die  Könige 
freiwillig  annahmen,  wurden  sie  legitime^*)  durch  —  ,jwur den 
sie  Könige  durch  den  Willen  der  ersten  Bürger,  auf  deren  - 
Söhne  dan%  die  Anerkennung  des  Königs  forterbte /<  über-* 
setzen  konnte ,  ^st  mir  unbegreiflich. 

Angehängt  sind  zwei  sehr  brauchbare  Iri3tceSf  über  dia 
Politik  selbst  und  über  die  Anmerkungen.  Druck  und  Papier 
lassen  im  Gegensatze' mit  dem  Widerlichen  der  Schn^  Ausgabe^ 
wie  in  den  meisten  französischen  Büchern,  nichts  zu  wüU'r 
sehen  übrig« 

2.  Pie  üebeisetzüng  der  Frolegomenen  von  Dr.  Iken  (die 
von  Orelli  ist  uns  nicht  zu  Gesichte  gekommen)  ist,  so  w^it 
wir  sie  verglichen  haben ,  treu  und  fl^efsend.  In  der  Vorrede 
(XIX.)  wird  -der  Streit,  der  sich  unter  den  Schriftstellern 
neu  griechischer  Sprache  erhoben  hat,  berührt.  Von  vielen 
»einer  Liandsleute  wird,  gegen  die  Art  Corai^s,  gegen  die  will4 
kührliche  Vermischung  des  Hellenischen  mit  dem  Nengriechi-* 
sehen,  nach  unserm  DafjQrh'alten  nicht  mit  Unrecht,  freilich 
aber  in  einer  unziemlichen  Weise,  geeifert.  Die  jetzigen  ^ 
Griechen  sind  ihrer  Religion   und  Geistesbildung,  ihren  Ge- 


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fl 


fttum  und  Gewolinlieitön  naefa^  ^llni^ch  ir«tsdiieiItoiivioii  il^,^ 
|ten  Altvödern,  Warum  sollte  die,  dm^ch  mannicbfaobe' Yee« 
ÄnderuDgin  in  der  maraU»ch«n  und  äufterlicben'  Welt  verän« 
äerte  Sprache ,  ai^h  liicht  in  eigner  \  f elbstständiger  EntfaU 
tung  zu?.  Sdirift spräche  erbeben  'i  warunEi  sollte  hiebt  ein^  ei» 
gentbümlip^e  Geistesausbildufig  des  Volkes,  das  Abb ild  dieser 
Ansbildung ,  die  Spracbe  ,  obne  veralteten  Zu^fatz  von  Aufsen, 
}^ch  eigne  Kraft  sieb  entwickele  und  verfeinern?  Nicht  darcb 
ehie  Zurückfflbrunc  zum  Alten  bat  sich.  Dante  unsterbliche 
'  V^dienst©  um  die  italienische  Sprache  ^erworben. 

'  Die  Inhaltsübersicht  der  aristotelischen  Politik  von  Bar« 
flielemy  bat  Corai  mit  einigen  Veränderungen  und  Anmerkun» 
|en  feinen  f  rolegomenen  eingeschaltet;  aus  diesen  hat  sie  Dr« 
ken  im  Anhange  wieder  gegeben.  Wir  unterschreiben  ganas 
das  Ui^tbeil  über  die  Schlossersch^  Uebersetzung  der  Politik, 
und  ftlgen  bin^u ;  dafs  die  von  Garve  ebenfalls  in  der  uner« 
^ickli^ben  paraphrastischen  Slanier  abgefafst  ist«  Die  Nach^ 
Weisungen  (iber  die  zwei  ^pidaurus,  Epida^rus  Ljmera  und 
.^as  in  Argplis^  wovon  aiich  Paus,  III.  24»  4«  wozu  Siebeiis 
S.  75.  (Mannen  Geographie  der  Griechen  und  Hd^ner  VIII» 
604.  664  U»  folg.)  ^i"ö  hinlängliche' Nachricht  hat ,  iind  ihre 
veränderten  Benennungen  ist  dankenswerth.  Nicht  so  ganas  ' ' 
gönnen  wir  mit  manchen  Aeufserungen  in  den  Anmerkungen 
tlkberein stimmen.  Was  z.  B.  S,_l.  in  der  grofsen  Anmerkung 
i(lber  Macniavelli  und  die  eigentliche  Absiebt  seines  Principe 
gesagt  wird,  'wäre  wahrscheinlich  nicl)^  niedergeschrieben 
worden^  wenn  ilrn,  Dr.  Iken  bekannt  gewesen  wäre,  däfs 
seit  der.  Auffindung  (18IO)  eines  eigenhändigen  Briefe^  von 
Machiavelliy  über  die  Absicht  des<  flurentinisenen  Staatssekre« 
^airs  bei  Niemanden,  wie  früher  bei  keinem  Kundigen  italie^, 
jiischer  Denkweise  und  Staatsklugheit,  irgend  ein  Zweifel 
mehr  obwaltet.  Das  Nähere  findet  sich>  in  der  durch  gesunde^ 
^rtheil  sidi  auszeichnenden  Geschichte  der  italienische^  Lit^^ 
ratu^  von  dem  verstorbenen  Ginguene, 

3.  Seitden^  wir  die  vorstehende,  im  Abdruck  zufällig  ver* 
fpHtete  i^na^eige  ui^der geschrieben,'  ersphien  in  Fran^reichj 
die.  früher  angekündigte ,  nach  der  coraischen  Ausgabe  gefer<> 
tigte  Uebersetzung  vom  Professor  Thürot,  den  wir  «chon 
durch  andere  Uebersetzungeri  kennen,  un4  in  Deutschland 
eine  neue  Ausgabe  der  unscbät^^baren  J^rucbs^tlcke  aristoteli«» 
scher  Staats  Weisheit;  d^nn  dafs  di^  IVJeinU^g  des  .K.  0^^li"g9 
die  Politik  vfäre  in  ihr^r  ietztgen  (/eftal;  Yqllständ^gi  M^g?*! 
gründet  ist,  wird^   w^e  )[yir  toffe^«  unt^n  g«9tig?n4^?Tß^ 


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Aristoteles  Politik;  '  -  311 

ih^n  werden.  Hr.  G.  hatte  anfang«  nur  eine  Ausgabe  zum  Ge- 
•  brauch  seitier  Vorlesungei^  beabsichtigt,  erhielt  ab^r  später 
durch  Osann  vom  Herrn  Con^ervator  Haaae  in  ^Dresden,  ei- 
nem fieifsigen  Leser  des  Aristoteles  ^  d^e  dm  Rande  der  Pu- 
rallischen und  Sylburgischen  Ausgabe  geschriebenen  Lesarten 
von  fünf  pariser  und  einer^Mailäiider  Handschriften  ^  vrestialb 
Hr,  ö.  s^uph  sehr  bes.cheiden  Hrn.  £[.  das  Verdienst  der  ganzen 
.Ausgabe  zuschreiben  möchte«  Zu  diesen  Hülfsmitieln  kam 
noch  der  Leipziger  Codjei(  und  die  verschiedenen  Ausgaben 
seit  Aldus  9  auch  die  neueste  von  Corai, 

Die  Schriften  des  Aristoteles  sind  theils  als  blofse  £x- 
cerp.te,  CoHegienbefte  mid  d^rgl,  s(uf  die  Nachwelt  gekommen, 
theils  durch  Ihre  wunderbaren  Schicksale  ^chon  zi;  frühe  ver- 
dorben worden  f,  als  dafs  der  Text  durch  Hau  dsghriften^  des 
vierzehnten  und  fünfzehnten  Jahrhunderts  viel  gewinnen 
l^Önnte^  di^  Ausbeute  fällt  daher  gewöhnlich  gering^  dus^  so 
jn  der  Politik ,  9.0  bei  ar^dern  Werken ,  am  meisten  möjchte 
noch  aus  den  wörtlichen  ^  nicht  in  cic^ronii^nischen  Perioden 
ahgefafsten  Ueberaetzungen  und  aus  den  alten  Commentatoren 
zu  lernen  seyn.  Die  Uehereinst^mix^ung  der  Codices  in  den 
für  verdorben  gehaltenen  Stellen  'hemmt  die  Verbesserungs- 
aucht»  uild  treibt  den  Scharfsinn  zur  Erklärung  des  früher  für 
unerklSrb^r  Geachteten.  Mit  YergnVigen  halben  wir  dieses 
Streben  in  den  Anmerl^ungen  de^  Hrn.  G.  wahrgenommen  und 
gestehen»  wie  manche  kühnen  Umstellungen  und  sogenannten' 
Kmendationen  Schneiders  beseitigt  worden  sind-  Anders, 
freilich  fäirt  das  ürtheil  aus  über  die,  ii4  der.  Vorrede',  den 
Anmerkungen  und  li:^cursen  ausgesprochenen  Meinungen  übeif 
$taatsweisheit  und  Staatenve^fassüng  in  dejj  alten  Welt^   * 

In  der  .Vorrede  behar^ptet  Hr.  G,  Plato  habe  sei|[ie  ?olitik 
^aXXivoXtq  überschrieben^  die  Aristotelische  hingegen  sey  in 
den  vorhandenen  acht  Büchern  ganz ,  man  müsse  nur  bedeix* 
ken^  wenn  es  heifst:  „weiter  unten,«  dafs  auf  die  Oecono- 
mik  verwiesen  wird;  di,e  Fr'ägmente  der  Pythagor^er  a.eyen 
lange  nach  Plato  und* Aristoteles  geschmiedet,  wei\  sie  vorn, 
Köuigthum  sprächen,  Tolybius  soll  in  Staatssachen  der  Ein- 
sicht ermangelt,  (S.  485  in  rebus  ppliticis  nön.  perspicacissi- 
mnn\  se  praebet)  und  Aristoteles,  der  ,' versteht  sich,  sonst 
sehr  erho.ben  wird,^  soll  beim  lakedaimonischen  Senat  (S^  40^) 
aich  geirrt  hs^hen.  IJebrigens  sey  di^  PoHuK  zwei  Jahre  yor. 
feinem  "föde  v^^^Hendet  worden,  aber  nich^  in  Athen  ^^Qgen 
'  der  Stell4  über  das  Ki nder^b treiben  *  (VH,  15,  S.  2ö5,  6.  ei/ 
Q.)  sonst  würde  ei^  ja'  w^geix  TJebertretung  des  G^^etzes  r^; 


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31^  Aristoteles  P9li^ü:. 

^pL^Xwffsm;  vor'« 'Gericht  cefordertwofden  leyn.^-r  Wif  WpK 
Jen  31  un  diese  Sätze  einzeln  beleuchten. 

Durch  eine  Stelle  Flato*8,  wq  nicht  einmal  die  Lefart 
sicher  ist,  (Pol.  VII,  9»  daselbst  Ast,  S.  666.) ^nn  doch  wahr- 
lich nicht  bewiesen  werdep,  dafs  er  dieses  Werk  KaXXiroXi^ 
tebersctriehen  habe!-  Wie  oft  nennt  er  fe«  nicht  fro^i;  oder  iro- 
XtTsia^  vergl.  Ili.  9,  l8.  V.  1.  2,  und  im  Timäüs  heifst  ef  Q.  17, 
Twv  iy  g/^cLf  f;y5^vTwv  A«7wv  Il^f)  IloX/r^/a^  (Ast  zur  P61^.3l3.)  — 
Dui'ch  ein  aufmerksames  Lesen,  müfs  sich  übrigens  jedem  die 
Bemerkung  aufdringen,  dafs  Plato'f  Haupta)3sicht  bei  diesem 
»einem  gröfsten  und  vollkommensten  Werke  war,  die  Natur 
cier  Gerechtigkeit  darzustellen,  was  sch9n  Proclu^  bemerkte) 
und  Morgenstern  (De  Piaton»  Äep.  comment.  tres  p.  47.)  hin« 
Inngllcb  hewiesep  hat.  Von  den  Staatsverfassungen  hat:  er 
aber  vorzüglich  deswegen  gesprochen  ,  S^rt  4v  rgSi '^^^fataug  t^o*. 
re^ov  ay-oveiv  7^  *i^>J  ^  c^  Toi;  tBtvoratg  (Vol*  ^45.  B.)  —  Die  Poli*« 
tik  ist  also,  ganz; —  wodurch  sind  aber  mit  einmal  die  gegrün» 
deten  Z\yeiTel  gegen  die  Aeghtheit  der  Qekonomik  gehoben? 
Wenn  auch  die  o.  430  angeführte  Stelle  ganz  passen  würde|^ 
wo  spricht  dann  Aristoteles  ausführlich  yon  der  Cqnsti|utio£| 
der  Monarchie  und  Aristokratie^  die  jeder  nach  VI.  4.  erwar» 
tet ,  wq  spricht  er  ausführlich  über  die  einzelnen  pehdrden 
eines  jeden  Staates?  Warum  sollte  er  mitten  in  der 'Abhand- 
lung über  Erziphung  abbrechen,  da  er  selbst  sagt:  ^-q/Saj  --^ 
vaiSsvHov  VLqi  t4;  aAXäc  'yjktyitc^i  VII.  13.  S.  20.  ed.  Schn.,^ 
WO  bleiben  die  Vorschriften  für  die  Erziehung  erwachsener 
Jünolinge  und  Männer?  . —  Tov  ya  niXkovra  icfuhtay  aicayscHi 
hei  ist.  es  II,  2.  10.,  y.ai  vofxi'^qvra  Btu  Ta\)T>j;  icsv^at  tjjv  -roX/v  cirov» 
^aiavj  Urovov  rot;  -rc  \>roii  oY^Bat  5fo^$oüv,  aA^^a  fAvj  rQ74  «.&«»(  ho;«  rj 
(^Aoo|o^/'a  uai  to7;  v''>/;^  -t-  WO  bleiben  aber  die  Vorschriften 
in  fieser  Beziehu  .^?  Und  wie  sollte  ein  Mann,  dem  der  ana- 
lytische Weg  zur  ^atur  geworden  ist,  nach  der  Voljlendung 
der  Politik  erst  die  Oecönomik,  von  der  ex  sc^on ,  freilich| 
eine  ziemlich  undetitliche  Uebersicht  am  Anfänge  seiner  Staats- 
weisheit gegebep  hat.  ausarbeiten?  ynd  hütte  e,r  das^u  ^eit 
gehabt|''da  tfie  IVhetqrifc  (Rhet.  L  4.  Magn.  Moral,  l.  1.)  nacl^ 
sichern  Beweisen  erst  na^h  Vollendung  de^  Pplitife  ausgear- 
beitet würde  ^  wenn  er  nämlich  seine  acht  ^üche^  von  der 
Staatsweisheit  erst  zwei  Jahre  ypr  seineiri  Tode  geendet 
hätte?  -Tf^  Die  Pythagoräer  hatten  ^war  dem  f>Iainejp  pach  lijei^ 
nen  Kdnig^'doch  bat  t^thägoras  unui^sciiränktej^  geherrscht 
jpber  se^ne  O.i'dfnsleut^,' als  irgend  oin  ^önig.  Wa^  ^ierii^ 
unpytnaeoräiscb  seyn^sol!^  wenn  pi9togenes  fagtj  (^erlC^mg 
^ey  de^  Gerechteste,  tegitimste  ivofJuirc^Toi;)' i  j{öaper^  ^\x  vn* 


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Ariytottltf  PoUUk,  3lS 

inffgli^b  einteben.  'Uebrigenf  $agt  ArpbfUii:  der  nxi$  deta 
drei  bekannten  Forman  suaaminengesetzte  Staat ,  wie  Sparta^ 
l«t  der  Beste.  (Stob.  268.  330.  20.)  —  Die^Ste^le  w\  dS^m^ 
fko»i  konnte  fibrigena  Ari^totelea  iefar^iit  in  Atben  acbreiben; 
er  bat  atcb  ja  nicbt  in  der  Tbat  yergangea.  Schwerlicb  wOrd« 
H«  G.  ein  einziges  Beispiel  aus  der  ganzen  atben iensiacben 
Gescbicbte  anführen,  wo  die  Gedanken  aufser  irt^i  a^tßttäf^ 
WO  der  ausgesprocbene  Gedanke  die  Tbat  seibat  iit«  bestraft 
worden  wäi-en.  Und  er  ratbet  ja  blos  sein  Mittel  denjeni£«n 
Staatevi ,  wo  es  erlaubt  war,  und  erlaubt  war  «a  in  yieleii 
Staaten  der  alten  Welt  (Lipsii  Epist.  t.  II.  p.  8 17.  ap.  omn.)« 
3edacbtsam  setzt  er  binzu  iav  >/  ri^ii  riv  itBvwv  u»Xvy  (VII.  i5« 
^53  ed.  Gpett].).  liß  Gegentbeil  ist  wabrscheinlicb»  dafl  dt« 
Politik  in  Athen  geschrieben  wurde  y  weil  er  niemals  di^SQH 
Staat  nennt,  obgleich  das  Meiste,  was  er  von  der  l^^fAOH^ip 
V«A«uTa*>  und  dem  Gerichtswesen  aagt,  auf  Athen  zielt ;  treff* 
jicb  wufsten  dieses  die  neuesten  Bearbeiter  des  attischen 
Rechts  Schdmann^  Meier  und  Flattner  zu  benutzen»  Stellen 
'  WO  er  auf  Athen  zielt,  s^nd  II.  4*  ü*  Q^*  S^P.  und  da*  ganz«  ^ 
vierte  Capitel  im  vierten  Qucbe  deutet  auf  Athen  9  eine  Be« 
merkung,  d^e  fchon  BfirtÄelemy  gemacht  bat.  Yoyagel.  447t 
nach  der  Ori&inal  -  i^u^gabe, 

D6n  PoTybiuf,  die  Fragmente  des  V%  Buches  und  Rubn«? 
^en$  Urtheil  gedenjiendi  woUe»^  und  |^dnnen  wir  doctoref 
vmbratici  d.  b. ,  wir  in\  S^hul^taub  Erzogene  und  jLebciiid«, 
picht  vertheidigen ;  —  warum  aber  Arsstoteles,  der  auch  bcir 
sonders  eina  ir«A<4>f/'atf  Aa««^j>Aoy^v  geschrieben  bat,  von  der 
aich  npcli  eilf  Fragniente  erhalten  ha  b^rnt '  in  der  Dar  steif 
Jung  der  lalLedaimpnischen  Y«^*'**""^  *i<^b  geirrt  haben  tollt 
ist  mir  unerklärlich.  Schwer  i^t'a  w^rUcb,  ausfindig  zu  ma« 
cbeui  nach  welchep  prundsätzen  4er  hob^rn  Kritik  viel« 
^fiserer  Alterthumsforschejr  jetzt  yerfahreu.  llefodoti^s  ist 
9uf  einer  Seite  i^o  einfältig,  sich  von  Hgyptiscbep  Pfafftu  bin«! 
ter's  Licht  führen  zu  lassen ,  oder  nach  andern  ein  iibgefeiaiUf 
Beti'üger.  und  auf  de^  andern  Seite  prangt  e^  al«  unbestecMi^ 
eher,  tieferfabrner  Zeuge;  auf  die^ein  Wfgc?  wird  nur  Vern 
wirrung,  keineswegs  aber  fördemdei  KJarbeit  in  das  Ounkel 
des  griechischen  Alter^huin«  gebracjit.  - 

Wenn  hei  jrgend .  ^i"^"*  Schriftsteller  ein  anhaltenae^ 
Stndiuin  vpn  l^ötl^en  ist,  ihn  ip  «einem  eigenthQ»>licberi 
|deeiigang  pnd  hefopderer  Schreibart  aufzufassen  f  so  ist  ea 
Aristoteles,  f  iv  -^f  f  £'ov  Twv^A^w.crjApidfv^'y^ v  sagt  Sip^pliciuf 
\n  Categor^  ?•  .*[•  i*  f •  if''  MV  ^^^X^  ^^  tKti'vou^ryaXcv^/«^  ükcAiz-^jaSait 


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J14^  ÄmtotJW  nihit. 

;^Ä^w^r*&ÄW wi;5traj  iTurnft*owi.  Bei  ihm  fittd^^n  ftch,  was  tchoA 
Cicero  ftlhite,  (Fraem;  de  philos.'  nbncont endete)  gans  eigen-» 
thücnllcfae  Schwierigkeiten^  Aristoteles  machte  sich ,  v^iS 
4l}e 'Gelehrte ,  entweder  etg'^nhähdig  Excernte,  oder  üefs  sid 
yon  einsichtsveiUen  Schüterh  machen.  Diese  Experpte  wur- 
den häufig  nur  im  Rohen  verarbeitet,  durch  Partikehi  «,  yä^^ 
iSg  ua\  t  iiraf  U.S.  w.  verbunden  ,  um  auf  ihüren  innera  Zi^sami 
luenhamg  hinaudeuten;  manchmal  wurde  aber  auch  cär  kciti 
Zusammenhang  bewerkstel]tgt;  daher  der  Mangel  an  äugen- 
l^heirtliehem  oä<»:  irgend  einem  Zusammenhangt  daher  di^ 
Jbödt^tt« eichen  des  Üeicht  obenhin  lesenden  Conring^  und  man- 
cher andern  diese'EigenthttmHcbkeit  nicht  beachtenden  Heraus- 
gebet."  '  Derselbe  Excerj^ten&tyi  (^ergU  Ammoniu|i  He'rmeae  f. 
m  ybr^yrii  Inst.,  Adstot.  Gategor,  et  librun^  da  Interpre-. 
tatioTie,  Joanne  Baptista  Aasario  Medico  Navari^nse  Inter» 
pt-^te.  Veiietiis  1559.  fol.  78.)  j  wie  auch  Job.  v.  IVJüHer  den 
Seineii  plannte,  erzeugt  a-b^r  auch  wiederum  in  eiiiem  gtöfserit 
Wef-J^ö  RH^ncb^s  Uebierfl{(ss]ge  ,  indem  das  s  e  {  b  e  leichtlich 
an  verschiedenen  Of tön  eingetragen  wird;^Ydaher  die  Wieder- 
.  bolMng  S.  159,  7  —  12  von  S.  67,  6^15Ved,  GoettJ. ,  wfe  oft 
ist^uf  iFQXiryj;  und  ßSysv^g  erklärt),  auch  Gedanken  finden  sich- 
bilufig  wiederholtf  mian  lese  nur  die  Gap,  8.  9,  TO.  11.  12*  des 
^ritten.  Buches  aufmerksani  undmaj^  wii^d  auf.  genug  Beispiele 
litofsenv  Hi^f durch  'mufstt^^lie  Sprache  des  Stagirit^n  notb<n 
\eendig  manche  H|lrtB  und  Sonderbarkeit,  »von  \Hrn.  Q.  gut 
durch  iiKpncinnitas  "bezeichnet,  (S.  461.)  bekommen.  Sq  öft- 
er aber  selbst  a"Mi^^3  dufmerlcsam  itiacht,  hat  er  ddch  wahr«' 
8cheiniicb,  als  er  4^8  Cäpitel  des  2ten  Buches  dem  Aristoteles 
^  abspracht,  diese  Eigei^lhümlichkeic  nicht  genug  beacbtet;  dot:h 
'  bdren  wir  ihn  seiner:  Ut  nqri  ab  Aristo^le  tutuni  höc  ulti- 
IBUtn  Caput  profect^um.  credammultae  fäciür^t  eae^i^e  grävissi- 
liMle  ciuisaef  ^uae  |um  ex  rebus  ipsis  pröliiciscLintüt»  Qe  quibus 
|o<{uitur  ineptu^  CQmp^lator^  i^um  ex  hermpne  fere  puerili,f  quer 
|!isüsest,  tJt  d©  rebus  primum  dicamifs^  cüi  bono  ji,  66.  13 — 
10  insulsa  Jsta  i'^petitio  eorum  ,  quae  ab  Aristotele  d^cta  sunt 
P»  4,4.  4*  s.«9«  ?  Cdr,  ama^bo^^  p.  6öi  24-^?6.  repetita  et  memp- 
^ia  Phaleaie  (nam  XbäAf'^u  W^9,  24»  legeiidiim  esse  videtur  cum 
^qdicibqs  P,  2, 3,  pro  dt^Xo^äüvX  ridiculüm  enim  fdisset  et  dignüm 
dlecrepito/^ene  etc.  si  ^ticXaQvivetinea^  nön  cerebifum  fuit  hu^q 
b^minl  i^e'd  crU>rym;^tc:)  ex  päft.  44^  14  at  Piatonis  ex  pag. 
40,  8?  X>ann  st^i^deu  auch  die  Zeukit^n  al^  aweite  Clässe  iu 
4^  solpniscben  Cphstit ution  fl\rifgelft»hrt ,  "ier*  kcitcJ  rsj^vijü; ^avri- 
iiiy#li3^umwandernde  OnoiüakrjtP&  \iitd  die  ganze  Weise'  ttne$ 


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Atltffotllet  PoUlft;  »1$ 

der  Aechtheit  diese«  Capilels  entgegen  u«  t.  w.     "     • 

Wie,  diesem  fiihcbep  Aristot^es  90^  «s  etucb  air.Urthei^ 
fehlen  ?  JLasset  uns  doch  einmal  sehen^  Von  d^n  ScbrUtstel^ 
lern  ttber  die  Snaa'tsweisheic  waren  einige  praitf füi^  Staats« 
luänner,  andere  Privatleute;  von  diesen|f  Flato  »t  Hippodamti# 
u,  s.  w«  wurde  gebändelt;  jet^t  su  den  Oeaetzgebern.  Ueber 
Ijacedämon  ist  schon  gesprochen;  den  86ton  hnlt^n  ^inige-füc 
einen  trefflieben  Giesetzgeber;  (es  wetden  dann  ihre  Gründe  x 
mgegeben^  einige  tadeln  ihn  aber,  weil  er  die  Theilaahäie  am 
den  Gerichten  allen  verstattet  e^  Weil  er  ^ardurcfa  die  übfigei»^ 
^eikiente  des  Staates,  das  Oligarchische  und  Aristokratisch«  • 
rem ichtet  habe.  Nein,  sag^  <l?gegen  der  faisdie  ATistoreles,. 
das  war  seine  Absteht  nicht,  das  war  Zuüeill,  (pcUifrtaitf  vd'H«v# 

die  Gesetzgeber  aufgeführt  uhd  berichtet,  einif(e VQHenf  ei*««  - 
fSesetzgebeir  «Schule,    von  Ononiafcricos   an  geifecbnet , -* #«M/ 
Nachahmung  der  Kun^tgeneiBrlogieeii  und  philosophischeit  Stbu^  ' 
Jen,  (Tbierscb  üben  die  Epochen  der  bildend<en  Kunst  berdeit' 
Griechen  It.  30.)  annehmen,    aber  der  decrepitus  senex^  b«w^" 
bauptet;    raZra   I4*v  A^you^/v  d<ni^iFT&T9^ov  rwv  yj^fvwü  X^'ybt^ri^**     1*^V 
der  Klasseneintheilung  Athens  scheint  ein  alt«r  Srhreib&bler'^ 
oder  ein  Versehen  der  Copistep  zu  stocken.     Dafs  aber  in  die» 
$em  Ca^itel  so  viele  Sacjien  berichtet  wenden  ,  dit^  sonst  nicht' 
bekannt  sind,  ist  gerade^  ein  Bewers  sejrner  Aechtheit,     Wie^ 
viel  Unbekanntes  mufifte  erst  Aristoteles  in   feinen  nöXft«Aii$' 
^berichtet  haben,  und  wie  vie]  dieser  Art  findet  sich  nicht  iif 
der  Politeia»  8.  ?.  II.  7.  8- der  iröAfn*o5  ianvLoi  aut'CrHai  wwrw» 
^ber  uns  vielleicht  der  zweite  Theil^  von  Uoeck's  ausführKchem» 
Wecke  Aufschlüsse  ertheilen  wird^      Von  diesem  Onoma-»* 
l^ritos  wissen  wir  freilich  vreiter  nichts,  als  wa^  Ari^tqteles 
sagt«  und  das  ist  sehr  wenig.     Mehr  weifi|  freilich  St.  Croix 
in  seinem  so  sehr  gepriesenen  Werke:    Det  anpen^  goirvetn. 
u«  s«  w*     S,  351«  qaselbst  bei  Ist  es  be;  den  Creten^rn,;  uno 
^ouyelle  Promulgation  de^  loi^li:  ^evien^  dpnc  necessaire,     Ono» 
macrite  fut  celui,  ^ue  les  Gretpis  choisirent.      Onomacrita^ 
aJQUta  a  Tart  d^un  "proph^pte  Celles  du  cöenr  bumain  et  dela^ 
politi^ue  —  ce  füt  ij^  tietche,  q^u'il  remplit  h  Tegard  del^loix.de^ 
Minpt». 

».  Diet  Anmerl^uiige.n  enthaltei^  bäußg  i^uszüge  au^  d^  frü« 
bern  Commeutar^en  ^  Ä|üller*s  Darier  wurden  benutzt  und' 
beinahe  alli^tv^^lben  widerlegt;  keineswegs  fehlt  es  alnir  an 
vielen  trefflieben  V  eignen  Bemerk ^^ige^,  kritischen  \ii^d^  er- 
liäiftcrnden);  besonders  aber  grammad^^  dennhierifti 


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U6  AnttoifYfi  Politik; 

^8t  sich  i^f.:0;  Hiagtl  «cboiji  ak  grdndli<;hei]  utid  «i^entbfimV 
liehen  Forscher  beurkundet.  Die  ^Bemerkung  über  den  Phase« 
Jiter  Theodektut  S.  292  ^  ist  s«ns  gegründ«^«  Er  bat  eine 
Apologie  des  Sokrates  geschrieDea ,  sie  wird  in  dem  Lexic« 
rbet.,  welches  Forson  e  codiceGaleno  abgeschrieben  hat ,  nn« 
ter  '^tj^ot  673  9  30  hinten  am  Ffaotiua  Les^icon  der  Londn.  Aüa« 
gahe' angeführt.  Es  wurde'  schon  daraut  aufmerksam  gemacht 
im  Cassical  Journal  1823«  Z6i*  ' 

•  ^  Wir  hjibfen  lins  schon  zu  sehr  beim  Einzelnen  auj^ehal« 
tetiy'tifn  noch  Mehreres  ausführlich  würdigen  ZM  kennen,  wir 
machen  blos  »uf  mehrere  treffliche  Beobachtungen  in  den  Anm 
merkungeji  8.  278.  279,  287,  292,  293,  298,  296,  4o8,  424, 
455  (was  S.  335  von  aUu;  g«?8agt  wird,,  wird  '466  wieder  iu* 
I^Ückgienammen)  aufmerksaui^  und  wenden  uns  gleich  zu  den 
drei  angebängten  ExCMrsen ,  t\her  die  lakedaimoriische,  creti» 
«che  vaid  ^arthagtniensische  Staatsverfassung,  und  auch  hier 
k/Vnnen  wir  dasjenige^  wo  wir  nach  historischem  Wissen  und 
Gewissen  anderer  Meinung  sejrn  müssen ,  blos  andeuten.  Der 
Jlleinung,  dafs  die  cretische  Verfassung  von  einer  dorischen 
C»okinie  ausgegangen  lieyn  soll,  ist  d^s  ganze  Alterthum  ent« 
gegen,  und  :schon\  Ephorus  widerlegt  sie  hinlänglich,  wenn 
er  <(^gt:  7a  fiiv  fiifAijra  [x^  «7vaK  Tgors^a  viSvTcä^ahtyfxaTMVyiJiyjis  rck 
fitirt^arwv  ir^99ßvri^viv  (Ephori  fragm.  p.  107.  ed.  Marx).  Wir 
lieben  gute/  Gründe,  daran  zu  zweifeln ,  dafs  der  Verf.  über 
die  Anzahl  der  Cosmen  das  Rechte  gesehen  habe,  am  allerwe* 
l^igften  können  wir  ef  aber  billtgeri,  die  ics^jtoUov^  mit  den  Skla^  ' 
ven  dei^  Dosiades«  der  aU  Xi'^^enser' gewil«  dier  Verhalt i^isse 
seines  .YateHande^  gek^annt  hat,  in  eine  Klasse  zu  werfen, 
]en#  sind  EJrbpMchter,  die  einen  Theil  ihres  Liandertrages  ab-« 

Kbe|i  müssen ,  ^v  2ouA»v  iu  ^Kcurrog  at^ytvafov  (^i^si  drar^^a  ^Athen^ 
[•143).  Pas  Spruch  wort  1 -die  Kreter  sind  Lügner, 
hezieht  sich  auf  ihre  Lügen  tiber  Religion ,  von  denen  unä 
l^iodortis  Sj^ulus  eipe  grofse  Anzahl  aufbewahrt  hat.  Der 
ISniyu^TtrfJiis  bezieht  sjch  keineswegs  auf  die  Zeiten  der  Römer  ; 
wiehättfin  dieStSldte  einerHom  unterworfenen  Insel  sich  verbin* 
den  dürfen  ?  Aristoteles  selbst  scheint  darauf  hinzudeuten,  wenn 
cor  sagt;  „die  gegenseitig  sich  bekriegenden  Städte  unterstützen 
nie  den  Sklavenaufruhr ,  und  wenn  auch  Flutarch  nieht  atia* 
drücklich  gesagt  hätte:  Q/ K??r4;  t4)Wxi^c  orrW?pvr«;  aXXifXofj 
mai  xok^fJtc^VTMq  f  ^aJ&«v  iriavTwy  iroA«/#/t«v,  hsX^towo  noi  fltuv/'crwavTO ,  Ma^5 
«ourci  yjv  0  nakovfxtvoi  S-ir'  avTOfv  Xy-'Hf »f rie/xo'< ,  (PJut.  Moral,  IL -}I. 
W3.  eA  Wytt.  VIL  910.  ed.  Reiskfe,  Etym.  Ma  n.  s.  v.  <rjY- 
mfifTi&ä^t  so  Würden  doch  die  bfi  ChisbuU  sich  vorfindenden 
Inschriften,  deren  liiibalt  man  auch  b«i  Neum^nn :  rerum  cre« 


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Ariitotdei  PöKtik«  3iY 

tfcaniin  spedmen  S.  94«*t04  lesen  kann,  bii>lflnsK«liv  einigem 
da£i  an  keine  Verbindung  su  den  Zeiten  der  ünterJA>cba<ig 
Creta'ft  beimSynicretismus  gedacht  werden  Jtdnne«  Uebrigeo* 
•timmen  wir  der  Bemerkung  über  die  Gewalt  der  Yolkiver« 
«ammlung  gegen  Tittmann  uodt  Müller  vollkommen .  bei ;  ibr 
war  gleiche  Macbt  mit  der  Homerischen.  Vergl.  die  gründ» 
liehe  Note  in  dem  Werle  von  Scbdmatjn  und  Meier:  der  atti« 
acbe  Procefs  S,  8.  9. 

Noch  weniger  können  wir  aber  in  Betreff  der  cartbaginiensi- 
scfaenVerfassung  mit  H.G, übereinstimmen.  H«G.nimmtdoppekai 
Beamten  an,  die  theÜs  aus  dem  alten  Adel»  (nobilitate  stirpium) 
ijieils  aus  den  Reichen  (^i  divitiis  poUerent)  gewählt  worden 
aeyn  sollten»  und  will  dieses  durch  ein  RSsonnement  und  4"rch 
.Gründe  dartbun^  die  jedergeschichtlichen  Grundlage  ertnangeln» 
Wie  in  aller  Welt  ist  es  möglich,  z\x  sagen  (S.  483) :  hinc  factum 
ut  ab  initio  Suf'etem  alterum  ex  .optimatihus  ,  alterum  e^  iis 
primoribus  ejigerent,  qui  divitias  sibi  parassent  etc.  und  dann: 
%\t  intelligitur  quod  est  apud  Aristot«»lem  hinzuzusetzen,  de^  - 
ausdrücklich  sagt:  ou  ^dnw  d^tcrivSfj^t  dXXi  kcCi  xkqvrivhfpf.  «,£• 
gäbe  zweierlei  Arten  Beamten  zu  wählen ,  sagt  der  Philosoph» 
jeine  Oligarchiscbe  tiach  Keichthum,  eine  Aristokratische  nach 
Trefflichkeit ;  die  Carthaginienscr  hätten  aber  eine  vereinigter 
dritte,  denn  sie  sähen  bei  ihrer  Wahl  auf  beides  zugleich  {^ti^ 
tio  Ta!jTa)  ;5<  und  wie  konnte  dieses  in  einem  phönikischen  Staate 
anders  seyn  ? 

In  jedem  Handelsstaate  finden  wir,  ä^er  Natur  der  Dingo 
gemäfs,  eine  Plutokratie.  Von  einem  Erbadel  in  unserm 
Sinne  des  Wortes  findet  sich,  einige  Priesterfamilien  ausge- 
nommen ,  auch  bei  den  Griechen  keine  Spur.  Aristoteles  sagt 
Pol.  IV.  6»  5  y*  1.  3.  ed.  Sehn.  ^  tu^M'^  i^nv  d^alöi  rXoyrog 
Moi  d^tTif»  'ECyivt7g  Mtvat  6o  noZ^tVf  o?;  ixd^y^ti  ir^o^yovwv  d^mf  nal 
irkovroi*  dasselbe  sagt  er  in  dem  sicherlicb  ächten  Frag«  ^ 
ment  De  Nobilitate  beim  Stobäus  S.  498.  g.  d,  £  499.  23.  — 
^us  Aristoteles  Worten:  r^jv  ya^owiav  dvdküyov  ro7;  y^poyat  tä> 
/ifitiiti.  zu  folgern ,  der  Senat  hätte  bios  aus  dreifsig  Mitglie« 
dern  bestanden,  ist  sehr  gewagt;  auch  d/is  Institut  der  104 
vergleicht  Aristoteles  mit  den  Ephoren.  — .  In  Beziehung  auf 
^e  *Erat^iai  bin  ich  mit  dem  umsichtigen  Recensenten  von 
Kluges  Werlcchen :  De  republica  Carthaginiens.  (in  der  kriti« 
sehen  Biblioth.  1824.  S.  liSO.)  einverstanden.  Unmöglich 
kdnnen  in  einem  Wohlgeordneten  Staate  ^^  wo  jemals  weder  «»"  ,- 
betIäcbtlicher  Aufruhr  noch  ein  Tyrann  entstanden  ist,  factio^'  ^ 
nes  publicae  geduldet  worden  spyny  die  Leute  darum  einladen^ 
um  sich  im  Staate  eint  Macht,  eine  rarthei  zu  verschaffen. 


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W«ii]i  aücb  bei  dem  unbedeutendsten  Werke  ^  de*  Attef^ 
tbumJ  dmh  tiicht  mit  blofser  Spraöbjcenntnifs  und- kritischem 
Scbarfslna  ausreicht I  — •  welch  eine  Masse  alter  Scaatiwei«» 
beit  und  Stäatengescfaicbten  erheischt  nicht^eine  allseitige  Et* 
klärung  der  atistateliachen  Folttikl  Die  X»ipsius  sind  sekeo^ 
(ieswegen  ist  sehr  zu  rat hen^^  einzelne  hie  und  zerstreu)be  £r* 
MSmngen  einsichtsvoller  Philologen  zu  sammeln;  beispiels« 
weise  wollen  wir  hlos  folgende  anführen:  Matthiae  Miso* 
\  fhiloK  ?!•  ^.  h  167  n.  ?2.  Ih  iU  Philologiscbe  Beiträge 
vi^us  der  Seh  weis«  I«  iio* 


< 


SenßM  Fr^  -Frommanru     Corpus  Jarfs  Gerntmuet  tarn  -pubtict  {^tta^ 

*-       privoti  aeademicum,^     Bearbeitet   vom  Dn   Güstao  Emtidnghmtti, 

•         Aegierungsrath  in  fVeimat*      th.  L  S.  62&   -  Th.  U.    S.  740. 

1824.     gr.  8..  ö  Rthlr*  8  gr. 

Zwei  Reoensionen  *^), 

Es  istgewifs  ein  erfreulicher  fieweis  Aei  Fortschreiten^ 
in  der  Erlernung' der  Rechtswissenschaft  in  Teutschland,  dafs 
das  Bedürfnifs'  nach  den  Hauptcjuellen  alles  positiven  Rechts, 
.'  dien  Gesetzen,  immer  lebendiger  empfuilden  wird.  ^Es  Werden 
sich  nicht  leicht  mehr  Zulidrer  finden^  die  sidh  däi^an  ge^ü^en 
liefseni  wenn  der  Lehrer  ihnen  ^agt:  Diesen  Satz  ha6  M  e  ir  i  u  s^ 
bat  Böhmer,  hat  Hellfeid  behauptet.  Sie  \yo]leh  di« 
Gründe  der  aufgestellten  Theorie  kennen  lernen  tind  ari  Aeri 
Gesetzen  prüfen.  Die  fremden  Gsetzhdcher  ^  Rö^misches.^  Ca« 
tionisches  Recht,  sind  in  d^n  mannichfächsten  Gestalten  vor« 
banden  und  daher  weit  zugänglicher  für  einen  Jeden  ^  als  un« 
sere  einheimischen  Quellen  de^  gemeinen  Teutschen  Rechts, 
Wie  kostspielig  und  selbst  schwer  zu  erlangen  sind  nicht  di^ 
Summlungen  von  Senkenberg  und  Gerstlacher^  die' 
doch  fast  die  einzigen  einigermalsen  vollständigen  sind,  und 
wie  ühbequem  sindsie  nicht  fflr  den  täglichen  Gebrauch?  Zu- 
erst wurde  daher  durch  Bergmannes  Corpusf  juds  judiciarii 


^)''Da  110S9   S^*^^  nachdem. die  erste  dieser  heidsn  Änseigen  bei 
"  /nos  eingegaagen  war,   die  sweite  ifDgebo^tn  wurde;   so  liefernd 
yit  aufsrr  'fenelr  auch  tföSh  -diese* 


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Emminghattt  Corp:  Jur«  Qnm*  t^9 

für  den  Ci^i|procef*  geftorgt,  w^ll  hhr  Aä$  ^ JR^ddtttAC^  am 
stärksten  war;  aHein  auch  die  übrigen  Theile  der  Tautscheft 
Rechtswissenschaft^  das  Staatsrecht  insbesondere,  und  daa 
Criininalrecht  Jiefsen  ein  Gleiches  auch  f'ßr  diese.  Disciiplinen 
^jrünschen.  Dies  ward  depn,  wie  der  Verfasser  seilest  in  der 
Vorrede  andeutet,  die  Veranlassung  su  dem ,  obigen  Werk, 
welches  alle  bis  auf  die  neuesten  Zeiten  erlassenen  Gesats«^ 
Teutschen  Urspiungs  umfassen  soll,  welcl^e  Bestimmungen 
fiber  irgend  einen  Theil  des  g  ^  m  e  i  n  a  n^  Teutschen 'Re(±ta 
enthalten.  '    ^  , 

Pa  indessen  des  Verfassers  Zweck  nur  wan,  ein>Bncfc 
sum,  Nachschlagen  für  Studierende  und  G.escbähsmflnn^  tm 
Jieferny  nicht  aber  bcfi  histprischen  gelehrten  Untersurhu4ig.€n 
^zijL  dienen;  so  bat  er  sich  ,  einen  doppelten  Grundsatz,  ala 
entscheidende  Norm  für  das  Aufnehmen  oder  WegTafsen  einer 
Stelle  erwählt  (jS*  VL  der  Vorrede),  nämlich  : 

i)  nur  solche  Stellen  aufzunehmen,  die  in  einem  gang* 
baren.Compendiuiii  citirt  seyen,  mit  wenigen  Aasnahmen  ;und 

2)  von  mehreren  gleichlautenden  allemal  nur  die  neueste. 

,  Was  den  ersten  Satz  anlangt;  su  dürfte  er  nach  Referenten* 

Ansicht,   namentlich  als    ober s  ter   Grundsatz,    schwerlich 

Senügen,  indem  der  Verf.  Gefahr  läuft,  durch  neue  Auflage!» 
er  gewählten  Handbücher  sein  W^rk  ,  sofort  unvollstämiig 
werden  zu  sehen ,  indem  sich  wohl  noch  manche  practisci| 
wichtige  Stelle  iii  den  Teutschen  Reichsgesetzen  auffinden 
lassen  dürfte,  die  noch  nicht,  wenigstens  nicht  in  den  jetzt 
gangbaren  Xehrbüpherii,  citirt  wäre»  Freilich  hat  der  Verf. 
versichert,  die  gröfseren  Sammlungen  der  Reichsgesetze  aucdi 
aufserdem  durchgegangen,  aber  wenig  gefunden  zu  haben; 
allein  gerade  d  i es  Verfahren  hätte  nach  des^  Ref«  Meinung 
die  Basis  des  Ganzen  werden  müssen,  indem  der  V^£  dann 
njcht  nur  weit  leichter  seinen  zweiten  Gruncjsatz  würde^  ha« 
ben  durchführen  können  ^  sondern  auch  die  gewünschte  VoJI* 
ständigk^it  am  sichersten  erreicht  hätte.  -^  Als  Beispiel  einer 
fehlenden  Stelle  soll  hier  nur  der  für  die  Glaubwürdigkeit  aller 
Insinuationsregistraturen  so  wichtigen  Vorschrift  der  neuesten 
Caojiaiergerichtsordnung  (Thl.I.  Tit.  36.  §.  1.)  gedacht  werden. 
So  seht  nun  auch  Ref.  dagegen  mit  dem  zweiten  Grund- 
satz des  Verf.  einverständen  ist)  so  hätte  elp  doch  ein  Doppel« 
tes  dabei  gewünscht;  einmal,  dafs  derselbe  streng  conse(£uenC 
durchgeführt  seyn  mdcbte ,  und  dann ,  däfs  die  gleichlauten« 
den  fr  über  eh  Stellen  wenigstens,  so  zu  sagen,  dem  Gi  tat 
nach,  angegeben  und  mit  Verweisungen  auf  das  neueste  Ge- 
setz   veisehen  wofrden  wären.      Denn'  wie  oft    ist  in  einam 


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JMI   '  IttÄiA^Mtti  Corp..  jor.' Genn. 

Compendrum  nicht  gerad^'^äle  neueste  Stelle  citirty  A^t  Stüp 
dirende  kunn  diifselb«  nicht  wissen,  er  schlägt  vergebens  nacU' 
«nd  thut  dennoch  dem  Buch  Unrecht,  indem  er  es  fCfr  nnvoD- 
•tSndig  hält.     Als  Beispiele  der  mangelnden  Carißeq^uent  abex' 
macht  Re(,f  um  sugleich  den  Verf.  von  seinem  genauen  Durch«^ 
gehen  des  Buchs  8u  überzeugen »  auf  folgende  Stellen  aufmerke 
>amt  Im  ersten  Bande  S.  2^3«  iit  fast  die  ganze  ReichspolU' 
sei  «Ordnung  yon  l^SO^ufgenomdien ,  obgleich  sie  fast  wört- 
lich mit  der  von  l54Ö,  ja  meist  sogar  mit  der  von  1577  über- 
einatimmt,    während  von  der   er^teren  gar   nichts ,    von  iet 
letztem  wenigstens  die  fänf  ersten  Titel  nicht  aufgenommen^ 
sondern  ledigfich-auf  die  Polizei -Ordnung  von  1.^30  verwie« 
Hn  sind,     £ben  so  S.  278*  hin«ichtlich  des  Artikel/1 11^  der 
pelnl.  Ger.  Ordn. ,  ferner  S.  407.  Zufolge  der  beiden   eignen 
Notjeh  de«  Verf. ,  dann  S.  469.  Tit.  XV;  S.  49'tJ  J.  4.  {  S.  523. 
§.  1.;  S.  666'  §.  161. {   S.  567.  $.  165.^    im  zweiten  Bande  S. 
73.  i*t2. ;   S.  377.  bei  „Sechstens  und  Siebelitens«*;  S.  379# 
]k«i ,, Erstlich";    S.  49i.  §.8.;    S.  657.  art.  63  — 63.;  S.  706. 
•rt.  1^  S.  708.  art.  6  — 8,;   8.729,  $,  1  — 4.}    S.  730.  $.  8.J 
S.  733.  §.  22.;  S.  739.  §•  42--44.  und  S,  740.'$.  49,  50,  53 
— 54r  •'—  Vielleicht  lag  bei  diesen  Abweichungen  ^um  Theil 
dWr  Wunsch  zum  Grunde,  ein  gröfseres  Ganze  nicht  zu  zer« 
reiffseh.     Ob  derselbe  aber  .zur^  Abweichung  von  einem  aufw 
gestellten    qb  er  steh     Frincip    berechtige?     mdchte    sieb 
wohl  eben   so  sehr  bezweifeln  lassen^  als^  daf»  die,  (Bahd  I. 
S,  94*)    aufgenomil;ene  FäpstKche  Bulle    eine   y^ecbtsquellef 
Ten t  sehen  Ursprungs"  sey  (vergl.  S.  III»  der  Vorrede).  — 
Bei  seiner  Auawabl  hat  sich  übrigens  der  Veril  se}i)st  vor  dem 
labr  1^37.  keineawegea  auf  die  in  der  S enkehb er gi schenk 
öder  Gerstlacfaer'schen  Sammlung  befindlichen' Gesetze  be« 
•chränkt,   sondern   möglichste  Vollständigkeit   zu   erreichend 
besucht.    (Vergl.  Bd.  1.  S.  9.  l3.  43.  96.  165.  332.  343i  573^ 
Bd.  IL  S.  267.  667.  358.  440.  und  47l0< 


{t)§^f  B9i§hlujs  fotßii} 


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lö  by.Gbogle 


N.'21.         .    •  r}    ■  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher  der   Literatur. 


Emminghaus  Corpus  Juris  Germanici. 

(Beschlafs,') 

Was  nun  aber  die  innere  Form  des  vorliegenden  Buchs 
betrifft;  so  umiklst  dasselbe  in  seinen  beiden  Bänden  die  G^« 
setze  vom  Jahr   1122  bis  zur  Weserscbiifahrtsacte  Vom  Jahr 
4823  eiuschliefslich,  indem  der  erste  Band  mit  dem  Goncilium 
Tridentinum  (1563)  schliefst;  und  die  Anordntuig  der  einzel« 
^  nen  aufjgenommenen  Stellen,  die  nach  einem  berichtigten  Text 
abgedruckt  aWid^  ist^  und  w^ohl  mit  Aecht,  lediglich  die  cbro« 
jfiologische«       Allein   auch  ^diese    ist  nicht   streng  consequent 
duicbgefQhrt,  insofern  nämlich  oft  in  den  Noten   ganze^  Ver- 
.  Ordnungen  gelegentlich  mit  abgedruckt  sind  9    (z.  B.  Bd.  f«  S* 
161.  391.  409.  415  Note  *>    S.  427.   443  Note  **).    S.  461. 
460.  Bd.  II.  S.  24.  26.  95.  102.  122.  392.  402.  405.  636.  643. 
691.  692.  und  708.)  die  wohl  eben  so  gut  eine  Stelle  im  Texte 
verdient  hätten«     Aufserdem  sirid  die  hie  und  da  beigefügten 
.  Noten  sehr  zweckmäfsig  und  es  hat  der  Verfasser  namentlich 
auch  durch  das  Berichtigen  falscher  Citate  sich^  nach  Aefer« 
Ansicht,    ein  recht  grofses/ Verdienst  erworben.      Wir  glau« 
ben  daher  uns  den  Dank  der  dort  erwähnten  Verfasser,   h^^ 
sonders  hinsichtlich  neuer  Auflagen«  zu  verdienen,  wenn  wir 
hier  eii^e  Zusammenstellung  der  Noten   liefern^  welche  jene 
Verbesserungen,    meist    wohl    nur    Druckfehler,     enthalten. 
Nämlich  Verbesserungen:    zu  Danz    Teutsch.  Privatr.  (bei 
£mminchaus  Bd.1.  S.  220  u.3430f  *"  Feuerbach  Criiö. 
Recl?t.  (Bd.  II.  S.  364.),  «"  Gens  1er  Handb.  zu  Martin  (Bd. 
31.  S.  123.  und  199.),  zu  Grolman  Crim.  Recht&wiss.  (Bd. 
II.  S.  364.)»  zu  Martin  Civilproc  (Bd.  II.  S.146  u.  524.), 
zu  Mittermaier  Teutsch.  Privatr^  (Bd.  I.  S.  362.  Bd.  II. 
S.  56  u.  256),  zu  Quistorp  peinl.  Recht  (Bd.  I.  S.  148.201. 
223.  Bd.  IJL  S.  8.  76.  il8.  144-  199.)   zu  Runde  Teuticb. 
Privatr.  (Bd.  II.  S.  305.  u.  338.),  «u  Thibaut  System  der 
Pandecten  (Bd.  I.  S^  II4.  1^0%  228.  362,  651.  Bd,  IL  S.  l46  u. 

,*  xvra.  Jahrg.  4.  a^t.  *  21 


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322  Emminghans  Corp.  jur.  Germ. 

I99.)i  2u  Tittmann  Handb,  derStrafrechtW.  (Bd.I.  S,362. 
Bd.  II.  S.  76.,u.  80.)  zu  A.  D.  Weber  von  Injurien  (B.  II, 
S.  437.)  und  zju  Wening-Ingönheim  Civil-Recht  (Bd.II. 
5.  155.).  —  Ein  üben  so  bequemes,  als  brauchbares  Register 
schliefst  das  Ganze. 

'  Was^ndliqh  die  Mufrere  Form  des  Buchs  anbelangt;  so 
verdient  dieselbe  in  jeder  Hinsicht  Lfob ,  indem  Druck  und 
l'apier  sich  aiifs  vortheilhafteste  vor  -  vielen  gleichzeitigen 
^vissenvschaftllrhen  Büchern  auszeichnen.  Auch  die  von  man« 
eben  Schriftstellern ,  zur  ^rofsen  Unbequemlichkeit  ihrer  Le- 
ser, noch  imnrtr  nicht  beachteten  Columnentitel  sind  hier 
nicht  vergessen.  ~  Nimmt  man  nun  zii  d^m  Allem  noch  den 
verliältnirsmälsig  nicht  hohert  Preis ;  so  wird  es  wohl  keinen 
Zweifel  leiden,  dafs  das  Buch  namentlich  allen  Studirenden 
iind's.  g.  Gescbäftsmännera  recht  sehr  zu  empfehlen  sey.     , 


jS^immlungen  der  Rechts q-u eilen  sind  immer  verdienstlich^ 
vor  zii  gl  ich  "wenn  sie  auf  Quellen  sich  heziehen,  die  nur  zer- 
istreut  in  Verschiedenen  groften  Sammlungen  vorkommen,  W^r 
nun  den  Zustand  unserer  Deutschen  Rechtsquellen  kennt  un*d 
erwägt,  wie  häufig  auch  noch  jetzt  dem  Practiker  Stellen  aus 
älteren  Reichsgesetzt^n  wichtig  werden,  wer  aber  auch  weil^, 
mit  welcher  Mühe  und  mit  welchen  Kosten  die  Saipmhmgen 
teigeschäfft  werden  können,  in  welchen  die  verschiedene^ 
Quellen  abgedrückt  Stehens,  mufs  demjenigen  danken^der  es  über- 
nommen hat,  auf  eine  verständige  das  Bedürfnils  wohl  be« 
rücksichtigende  Weise  eine  Samnilung  zu  veranstalten,  deren 
Besitz  die.  Beischaffung  der  übrigen  kostspieligen 'Werke,  in 
welchen  man  bisher  die  Quellen  finden  konnte,'  unnöthig 
mächt;  der  Practifcer,  welcher  sonst',  entferüt  von  den  Orten, 
an  welchen  er  die  Sammlungen  fihden  kann,  ith  Falle'd^s Ein- 
flusses deutschrechtlicher  Quellen,  auf  die  eigene  Einsicht 
derselben  Verzichten  niu'fs  und  daher  an  das  nächste  beste 
Coinpeüdium  sich  hält,  gewinnt  durch  eine  solche'  leicht  hei^ 
zusdiaffende  Sammlui^g;  e)>en  so  seht*,,  als  das  Wissenschaft« 
liehe  Studium  auf  Universitäten  dadurch  befördert  wird^  in- 
dem der  junge  Mann  ^  der  die  deutschrechtlichen  Quellen  ent- 
behren -miifs,  gleichgültig  gegen  Quellenstudium  wird,  wäb- 
rend'sein'  eigener  Forschungsgeist  geweckt  wird,  wenn  man 
es  ihm  «riöglich  matht,  auf  eine  nicht  kostspielige  Weise  sich 
die  Einsicht  derQ^^'^H^»  *<^lbst  zu  verschafFen,  Der  Verfasser 
bezeichnet  in  der:  Vorrede  seine  Aib^it  als  eine  Saimmlung  der  ' 


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Emminghaoi  Corp,  jur.  Gertn.  3^3 

fflr  ias  gemeine  Recht  in  aeinem  ganzen  Umfange,  mithin  für. 
Staats-,  Kirchen«,    Polizei-,   Criminal-^  Lehn«  und,Frivat* 
recht,  sowie  fOr  den  Criminal-  und  Civilprocefs» vorhandenen 
wichtigeren  und  unbez  weifelten  Quellen,  Deutschen  Ursprungs, 
und  in  Bezug  auf  die  Frage;    was    aufgenommen    wor- 
den ist,    hemerkt  der  Verf.,  dafs  er  den  Bedarf  des  Studi- 
renden  demnächst  aber  des  Practikers  im  Auge  gehabt  habe; 
wie  weit  aber    dies   Bedürfnifs    reiche,    ist  allerdings    eine 
schwierige  Frage,    und    der  Herausgeher  verdient   nach  des 
Kec.  Ueberzeugung  Dank,  dafs  er  eher  zuviel  als  zuwenig 
gegeben  hat.       Manche  reichsgesetzliche  Bestimmungen  sind 
zwar  nicht  unmittelbar  practisch  ,  aber  mittt^lbar  einUuisreich 
für  den  Practiker,  der  ohne  die  Kenntnifs  derselben  den  wah- 
ren Sinn  seiner  Landesgesetze,  die  so  häufig  an  die  Reichs- 
gesetze sich  anschlössen,  und  daraus  auszulegen  sind,  nicht 
verstehen  kann  ,  oder  jetzt  bestehende  oder  streitige  Verjiält- 
Disse  nicht  richtig  zu  beurtheilen  im  Stande  ist,  wenn  er  nicht 
die  Ansichten  der  früheren  Legislation    und  die  Fortbildung 
derselben  ktnht;  daher  hat  z.  B.  der  Herausgeber  sehr  Recht 
gethan,  auch  die  Wahlcapitulation  abdrucken  zu  lassen,  weil 
sie  zur  Beurtheilung  älterer  staatsrechtlicher  Verhältnisse  un- 
entbehrlich ist.      Vorzüglich  zweckmäfsig  war  es,    dafs^  die 
kirchenrechtlichen  Quellen  Z.  B.  die  sanctio  pfagmatica  Germa* 
no4uin  von  1439  (vol.   p,  43),    die  Bulle  P.  Eugens  vom  5ten 
Febr.  1447  (vol.  I.  p.  94),  die  Wiener  ConCordate  von  1448 
(vol    I.  p.  96)  und  Augsburgische  Confession  von  1530  (vol. 
I*  p«  165)9  dasConcilium  tridentinum  (vol.  L  p.  272)  vollstän- 
dig lind  nach  den  besten  Ausgaben  abgedruckt  worden  sind. 
—  Einen  vorzüglichen   Werth  erhält  die  Sammlung  auch  da- 
durch, dafs  der  Herausgeher  die  wichtigsten  für  den  gemei- 
nen   Civilprocefs    unentbehrlichen    gemeinen  Bescheide  z,  B.    . 
vol  n.  p.  471,  über  Form  der  Beweisantretung ,  p.  495,  über 
die  Vestitatio   in  integrum  und  p.  502  •   das  dubium  camerale 
von  1786>  wegen  restitutio  der  Partheien  im  Falle  der  negli- 
gentia procuratoris  aufgenommen  hat.      Wenn  auch  diese  Ge- 
meinbescbeide  keine  Reichsgesetze  sind,  so  sind  sie  doch  dem 
Practiker   wichtig,    weil   sie  Rechtsansichten    der  Reichsge- 
richte beweisen,  und  dadurch  däfs  sie  in  die  Deutseben  Lan* 
desobergericbte    übergingen,    eine  Grundlage   der  Deutschen 
Praxis  geworden  sind.     Nicht  weniger  verdient  der  Heraus« 
geber  Dank  für  die  Mittheilung   der  Quellen  des  neueren  öf- 
fentiichfn  Rechts;    di^  Sammlung  der  BundeitagsschlÜsse  ist 
nicht  in  den  Händen  eines  jeden  Practikers;  in  der  vorliegen- 
den Sammlung  hat  er  bequem  die  Rheinbundsacte,  die  deutsche 

21*' 


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324    '  ^tmmiDghaut  Corp.  jnrw  Germ.     / 

•••  •  j  ^  ^ 

Bunde*acte,  die  Wiener  Congrefsacte^,  die  Austrägalordnung^ 
Büridesschlufs  (aber  Prefsrnifsbräuche,  Universitäten^  Austrat 
'pal  verfahren,    NachiRteu  er  Freiheit   ir,  a.    in 'einem  Werke    zu- 
sammengedruckt, auch  der  wichtige  Reichsdeputationsschlufs 
'von    1Ö03    (bekanntlich    sind    die    Abdrücke    dieser    interes- 
»anten  Urkunde  fetzt  sehr  selten  geworden)  ist  (vol.  II.  p.  562) 
"abgedruckt;  auch  ist  der  Werth  des  Buchs  noch  dadurch  er- 
höht, dafs  der  Herausgeber  häufig   in  den  Noten   auf  neuere 
Schriften,     in    welchen    sich  Bemerkungen    über   schwierige 
'Stellen  finden,  oder  auf  die  practi sehe  Wichtigkeit  der  Stel- 
len hinweiset,  oder  aus  den  Verhandlungen  über  gewisse  G*»- 
«etze  entscheidende  Stellen  abdrucken  lälst,  durch  Welche  der 
richtige  Sinn  de^  Gesetze  klar  wird.  —  Auf  diese  Art  ist  in 
Ansehung   der  Vollständigkeit  nichts  .Erhebliches  gegen    die 
Sammlung  einzuwenden,  ob,woiil  Rec.  doch  gewünscht  hatte, 
dafs   noch  manche   deutsche  Rechtsquelle   wäre  aufgenommen 
worden  ;  insbesondere^hätte  man  wünschen  mögen,  d als  eine  das 
Judenverhiiltnifs  in  Deutschland  betreffende  Urkunde  von  t237 
'und  ein  Reichsgesetz  von  K,  Albrecht  von  l3lO  über  die  hof- 
törigen  Güterabgedruckt  worden  wären.  Die  er^teÜf  ku  nde  von 
K.Friedrich  ist  abgedruckt  in Hormayer*s  Taschenbuches  12  S, 
70  und  in  einer  Erneuerung  von  K.  Rudolph  v.i  277/in  der  Schrift 
VorrKurz:  Oest erreich  unter  Ottocar,  in  den  Beilagen  Nro  9. 
Rec.  besitzt   aber    eine  ältere    Urkunde    handschriftlich,    die 
wöjtlicli   mit    der    obenbezeichneten    übereinstimmt;    sie    ist 
vom  K.  Heinrich  von  1090  für  Juden  von  Speier  ausgestellt. 
Zwar  könnte  man  einwendet!,  dafs  diese  Urkunde  keinReichs- 
gesetz,    sondern    nur   einen   Schutzbrief  für    einzelne    Juden 
enthalte;     allein     wenn     man     auch     zugeben     kann,     dafs 
kein    eige^itliches    Reichsgesetz    darin    liege,    so   zeigt  doch 
der  Umstand, /dafs  verschiedene  Kaiser  (Heinrich,  Friedrich, 
Rudolph)  auf  die   nämliche  Art  den  Schutz  ertheilten,    ein^e 
\   jgewisse  Rechtsansicht,    nach   welcher  die.  Kaiser   alle  Juden, 
welche  dem  Kaiserlichen  Schutze  noch  unmittelbar  unterwor- 
fen und -nicht  an  Reichsstände  verpfändet  waren,  betrachte- 
ten und  behandelten,  und   so  gu't  der  Herausgeber  vol.  I,  p, 
343.  eia  Privilegium  Carl  V.  von  154t, fi^r  die  Judenschaft  ab- 
drucken liefs  ,  obwohl  dies  auch  kein  Reicbsgesetz ,  sondern 
nur  die  gewöhnliche  Art  war,   mit  Welcher  Carl  V.  den  Juden 
I    Schutz  verlieh   und  Privilegien  ertheilte^  ebön    sowohl  hätte 
die  interessante  ältere   Urkunde    einen   Platz    finden    fcönnenj 
Zu    den   merkwürdigen  Stellen    dieser  .Urki^nde   gehören:    la 
domibus  Judattorum  hospit^s  si:ne  eoruni  conseiisu^non  mittan« 
tür,  nullus  ab  ^is  eqiiuüi  ad  piofectionem.  regis  aut  Episcopt 


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Srnmioghaut  Corp«  jur*  6erm»  Z25 ' 

V«J  aügariäm  regia«  profectioniftrequirat,  Si  res  furtiva  apuci 
«ps  inventa  fiüerit,  sl  divefit  JudaeusVse  euiisse^  jurärneiito  ' 
j)roBet  ftecundum  legeiu  suam^  quanti  cmerit,  et  tantundem  ^ 
accipiat',  et  sie  rem  ^i^  cujus^  erat^  rejftuuat.  Nullus  Hlios^^ 
aut  fiUas  eorum  invitus  huptizai  L  praesumat  et'  si  coactos.  aivt 
i'iirttin  raptös  baptizaverlt  XlL  libras  ad  erarura  regis  persol- 
vati  81  a]ic[ui  spaiite  baptizare  velint,  tridus  reaerventur  ut 
integre  cognoscatur ,  &i  vere  christianae  religionis  causa  aut 
aliqiia  illata  injuria  legem  Siiaiii  abiiegent ;  £a  heirst  e&  Docb 
im  Verfolge  des  Piivilegiuma:,' n^mo  j^udäeum  ad  ignitum  fer- 
xum  aut  iid  a^^uam  calidam  aul  fiigldum  cogat ^  nee  flagellfa 
cedat,,  nee  in  carcerem  mittet^  sed  juret  tantum  secunduoi 
legem  si^am  post  XL  die«;  nee  ullis  tes^tibiis  passit  cot^vinei 
Judaeus  qualibet  de  causa*  —  Das-' Wenige  mag  gtnilgen,  «ja  ' 
zu  zeigen,  daf«  das  Privilegium  für  die  Geschichte  der  Jj.ideni« 
Verhältnisse  nicht  unbedeutend  ist.  Aber  auch  dies  zweite 
oben  bein.erkte  Gesetz  K  Älbrechts  über  die  hofhörigen  Recht« 
(gegeben  zu  Rotweil)  von  l3lO  verdient  geng^uere  Beachtung^, 
ilec.  besitzt  ein  Manuscript  des  GesetztJs;  in  neue&ter  Zeit 
aber  bat  Rive  in  seinem  Buche:,  über  das  Bauerngüter wef er» 
in  den  Grafschaften  Mark,  Recklingbau^en  etc.  (Köbi  1824) 
I.  Bd.  S.  399  —  4  durch  die  Besorgung  des  Abdrucks  der  Vet* 
Ordnung  sich  ein  Verdienst  erworben.  Für  die  Geschichte 
der  bäuerlichen  Verhältnisse  ist  das  Gesetz  h^ahsttbedeuteo.«!.^ 
— ^  Eine  besondere  Vorsicht  ist  bekanntlich  bei  der  Benutzung 
der  Deutschen  Reichsge»etze  auebin  so  fern  notbwendig,  ala. 
viele  Entscheidungen  aufReichshöfen,  von  manchen  5aminleriv 
als  eigentliche  Reichsgesetze  angegeben  worden  sind;,  stärker 
als  Goldast  hat  dies  wohl  N^iemand" getrieben,  ftnd  will  man 
alles,  was  Gablast  in  die  Constit..  imperial  oder  in. die  Reichs^., 
tagssatzungen  als  Reichsgesetz:  aufgenommen  bat»  aJs  solches' 
gelten  lassen ,  so  beköm\nt  man  freilich  eine  noch  einmat  fla 
grofse  Zahl  von  Reichsverordnungen  ;  allein  einen  klareu.  Be* 
weis  giebt  das  von  ihm  aufgenommene  Rerchsgesetz  v.ou  K, 
Adolph  von  1293  über  die  Regalität  der  Inseln;  es  ist  diese 
angebliche  Verordnung  offenbar  eine  Recbts Weisung,  die  au£ 
einem  Reichshofe  gegeben  wurde  ;  und  die  Wcwrte :  apud  Nu-« 
reHberg  pro  tribunuli  sedentibus  ad  reqrui&tionem  speetabili*^ 
viriReinaWi,  Comiti^  Gelriae  beweisen  srchoi;^,  wie  der  Aus«* 
Spruch  veranMst  wurde;  es^läfsi  sich  auch  tlar  beweisen  (En-s 
gau  cuinam  i^sul^  in  flumim;  P^^^-  "^^^«  eompet»  douiin.  Jen.  ] 
l7M)j  dafs  nie  im  deut sehen  Reiche  der  Ausspruch  als  ein. 
Rexchsgesetz  betrachtet  wurdt?;  RfC.  bedauert  es,  daft  der 
H(/imt5gcber  vol;  f,  p,  VZ  doch  mit  Berufung  auf  Gdldait  'die 


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336  Intelirift  ton  Roliti«^ 

Urkunde  alt  elq  ReicWes4itz  aufgenommen  bat;  kuf  jeien 
Fall  bätte  die  Urkunde  oänn  nicht  auszugsweise  ^  sondern  in 
eictensb  abgedruckt  werden  sollen«  -*  Manches  ^  was  in  der 
vorliegenden  Sammlung  aufg^enoiiimen  ist;,  hätte  wöhl  weg. 
bleiben  können  ,  z.  B.  der  Reichsabschied  Friedrichs  von  11Ö7 
und  selbst  die  früheren  Liandfrieden  von  Friedrich  I. ,  oder . 
von  i303  gehörten-  nicht  herein  9  eben  so  wenig  als'  Fried- 
richs II.  Verordnung  wider  die  Ketzer,  Dagegen  hätte  die 
wichtige  für  die  Geschichte  der  Liandeshoheit  bedeliteiide 
Verordnung  Friedrichs  II,  von  1232  über  die  Rechte  der  welt- 
lichen Fürsten  nicht  weggelassen  werden  sollen ;  der  Heraus- 
geber hat  S,  9^  nur  5  Artikel  aus  der  Verordnung  aufgenom- 
men; man  fragt  mit  Recht}  warum  nur  diese?  Eine  der  wich- 
tigsten Stellen  der  Verordnung:  census  vini,  pecuniae ,  fru- 
menti  vel  alii  quos  rustici  constituerint  se  solutores,  irelaxen- 
tur  et  ulterius  non  recipiantur  hat  der  Herausgeber  nicht  auf- 
genommen; Auf  die  VV'ichtigkeit  der  Stelle  für  die  Geschichte 
des  Bauernatandes  hat  Moser  in  dem  erst  nach  seinem  Tode 
von  Sturz  herausgegebenen  dritten  Bande  seiner  Osnabrücki- 
iBchen  Geschichte  S.  l4o  aufmerksam  gemacht  t  obwohl  Rec« 
die.Mdserische  Auslegung  nicht  für  die  richtige  hält«  —  Doch 
wo  soviel  Ursache  fia  ist 9  dem  Herausgebet^  für  seine  Bemü- 
hungen zu  danken ,  din  er  auch  auf  ein  höchst  sorgfältig  ge- 
arbeitetes und  vollständiges  Register  ausgedehnt  hat,  mag  der 
Tadel  «über  Nebenpunkte  schweigen ,  undT  so  wünscht  JRjec« 
nur,  d^h  das  Werk  recht  viel  zum  gründlichen  Quellenstu^ 
dium  beitragen  möge. 

Mittermaisr^ 


ßhtorisch  ^  anthfuarisehe  Untersuchungen  über  jiegyjtten  oder  die  In* 
schrifk  von  Rosette  ans  dem  Griechischen,  übersetzt  und  erläw^ 
tert  von  V^  fVilh,  Drumann^  ord,  Prof»  der  Geschichte  zu 
Königsberg  und  Bibliothekar  das,  Königsberg  iir  der  Üniver^ 
sitätsbuchhandlung^     l82S,   Ö,     S.  27u  1  Rtblr.  4gr^ 

Der  berühmte  von  den  Franzosen  unter  Napoleon  am  hol* 
bitinlschen  Nilarna  entdeckte  und  seit  dem  J.  l802  im  britti- 
achen  Museum  jaufbewahrte  Basalt  von  Rosette  wird  hier 
nach  dem  in  London  besorgten  Fac-simile  in  gfiecbischer 
Sprache  und  deutscher  üebersetzung  mitgetheilt^  und  findet 
nach  den  Vorarbeiten  von  Ameilhon,  Villoison^  Cousinery^ 
Sacy,  Akerblad,  Heyne  und  Schlichtegroll  von  einem  gelehr- 
ten G(fschichts«    und   Alterthumskundigen    eine  lesens-  und 


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Inschrift  you  Roiettf«^  -  227 

-labenswerthe  Erläuterung  ^:  welche  viielo  Zweige  des  Leb^s^ 
de«  Cultuf  und  der  Friefterscbaft  vpn  Aegypten,  ins))e8ondere 
19  der  Ftolemäer  Zeit,  umfai'st;  und  manches  Licjiit  hierUher 
verbreitet. 

Die  loschrift  ist  befeanntTich  m  hieroglypbischer^  ^gyP-^ 
tischer  Biichajtaben  -  und  griechischer .  Schrift  v.erfafst,  und 
Wenn  ja  eine  Entzifferung  der  beiden  ersten  Schriftarten  ;bu 
hoffen  ist,  so  roufs  dieses  Denkmal  den  Wieg  dazu  bahnen. 
Hr.. D.  aber  wagte  keinen  Versuch,  die  Sprachforsch ei;  darauf^ 
vorzubereiten ,   und  enthielt  s-ich  alier  Vergleichung.      ,     , 

Der  Inhalt  des  Monumentes  ist  ein-Bescblufs  der  ägypti* 
sehen  Friesterschaft  vom  27-  März  i95  vor  CJir.  Geh,  zu  £hrei» 
des  vierzehnjährigen  Königs  Ptölemäus  V.  Epiuhangs  bei 
Gelegenheit  der  Anakleterien  d.  i.  der  Königsweihe,  Wjslche 
auf  Anregen  eines  einfluf^reichen  Friestera  bei  Hof  nach  .al- 
tem Gehrauch  im  Tempel  zu  Memphis. durch  die  Friesterschaft 
geschah  und  zugleich  als  feierlicher  Regierungsantritt,  des,  fClt 
u^üodig  erklärten  Königs  angesehen  Wurde. 

Vpraa  geht  die  Zeitbestimmung  nach  dem  Qten.Regie-^ 
rungsjahr  des  Königs  Epiphanes  und  nach  dem ,  ^famen  des. 
Priesters  der  Lagideti  und  der  Friesterinnen.  der  verstorbenen 
Ptolemäer* Königinnen,  ferner  nach  Tag  und  Mpjiat  im  ma« 
cedoniscben  und  ägyptischen  Calender.  Hiebei  bemer£:t 
der  Vf.  in  der  Einleitung  S.  23  2  ,iEs  wird  beg^tätigt^  was  aus, 
den  Münzen  , hervorgeht,  dafa^.  die  Ftolemäer  keine  fortlau- 
fende Aere  bleibend  einführten  5,  sondern  die  Jahre  nach  dem 
Anfange- ihrer  Regierung  zilhlten  ^  ihid  zwar  mit  Beibehaltung^ 
der  macedonischen  Monatsnamen  y  wobei  vieles  in  Betreut  des 
mace- Ionischen  Calenders  Licht  gewinnt  *f 

Unter  andern  schmeichelhaften  Frädicaten  wird  1.  2  u.  3. 
von  dem  König  ausgesagt^  wa&  den. Auslegern  uncT  jauck  ^eat 
Hrn.  J3r..  D.  viel  zu  schaffen  gemacht i^  er  sey  Herr  der, 
dr^ifs^ig  jähr  igen  Perioden^,  wie  Heph^tos  der  grofse^ 
und  König,  wie  Helios  der  grofse  Könige  der  obern^  und  un« 
tern.  Gegendern.  Ref*„  hält  diese  Redensweise  füi:,  eine  Meta- 
pher von  dem  Begriff  einer  der  Zeit  nach  sehr  langen  und  im. 
Raum:  ausgedehnten.  R'?gieru.Dg.  Denn  T^<aiiovTa«Tjjp<5fj  ^  ©i*^ 
den  Priestern  geläufiger  Zeitabschnitt,  scheint  eine  runden 
Zah)^  für  dies  Apisperioden  zu  seyn^  welche^  sonst  za  25  Jah- 
ren berechnet  wurden.  Die  Schmeichelei  mochten  deniungea 
Könie  um  so  mehr  zum  Herrn  dieser  Periode  machen  j.  als  er 
sich  nach  1.  33.  um  den  TempeL  des.  Apis-  verdient  gemacht 
hatte.  Ga^izjn  derselben  Bedeutung  wird  ihm  1.^4.  das  Attri* 
but  «;fii}v//3ic$- beigelegt.,     Dent  Hejihästo«.  oder  Pbtbas  wird  er  ' 


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^28  Inlehrift  ton  .Roittt*. 

in  dieser  Beziehung  gleichgesetst;  die  genaue  Verbindung 
nber  dieses  Gottes  mit  dem/Apis  geht  schon  daraua  hervor, 
dafs  neben  dem  Fhthatempe]  zu  Memphis  das  Apinum  gebaut 
war.  Helios  aber  als  der  grofse  Kdnig  der  obem  und  untera 
Gegenden  d.  i.  der  beiden  Hf;m isphären  scheint  hier  im  Gegen« 
sats  nur  ein  Bild  der  ausgebreiteten  Herrschaft  über  Otter- 
und  Unterägypten  zu  seyn.  »  ^ 

Gelegentlich  erfahren  wir  aus  diesem  Stein,  däfs  die  Lot» 
gtden  einen  gemeinschaftiichen  Priester  hat;ten,  welcher  Ae- 
tos,  der  Sohn  de&  Aetos  genannt  wird,  so  wie  däfs  einige 
Königinnen  fortwährend  ihre  Friesterinnen  behielten,  wäh- 
rend in  der  Bharaonenzeit  die  Aegypter  keine  Friesterinnen 
kannten  ,  ferner  dafs  „mehrere  Beinamen  der  Ftolemäer,  deren 
Erfindung  man  der  Spottsucht  der  Alexandriner  zugeschrieben 
bat  9  vielmehr  Ehrennamen  ^^aren  und  auf  ihre  Gemahlinnen 
übergingen,*«  wie  5ioi  *A5sX(Do<,  5soi*  *iAoirarop«;. 

X)ie  Reihe  der  göttlich  verehrten  Ftolemäer  beginnt  mit 
Alexander,  wobei  der  Vf.  S.  71.  Eusebs  Chronik  F.  I.p.  ~ 
251.  (Venetiis)  hätte  anführen  können^  wo  Alexahder  in  die- 
ser Reihe  gleichfalls  obenan  steht»  DieseH^  Chronik  a«  a.O." 
,  p.  252  f  welche  das  von  Scaliger  mitgetheilce  griechische 
Fragment  vervollständigt,  widerregt  seine  Behauptung  S.  76» 
dafs  kein  anderer  Lagioe,  als  der  zweite,  den  Namen  Fhil- 
adelphus  geführt  habe.  Sie  giebt  diesen  Beinamen  be« 
atimmt  dem  lOten  und  Uten  FtoTemäus,  und  in  üeberein- 
itimmung  damit  der  Ohelisk  von  Fhilä  dem  Uten  Ftdlemäer; 
weswogen  die  von  Champollian  vorgeschlagene  Correctur  jenei 
Fragmentes  unstatthaft  ist.  - 

Die  den  Beschlufs  fassen ,  piachen  sich  nainhaft  als  Hohe»  ^ 
priester ,  Propheten ,  Stolisten ,  Fterophoren  (irrg^/oCp^a*  nach 
dem  gemeinen  Dialekt),  heilige  Schreiher  und  alle  übrigen 
Priester,  Hieraus  lernen  wir  die  ägyptische  Fries terscha^'t  in 
ihren  Hauptclassen  und  ihrer  Rangordnung  kennen  »  und 'der 
Vf.  liefert  einen  nützlichen  Beitrag  zu  deren  näherer Kenntnifs« 
Von  den  Fterophoren  zeigt  er  S.  114  ff.»  dal»  sie  nicht, 
wie  bisher  erklärt- worden ,  nach  ihrem  Schmuck  benannt,, 
für  Federn-  oder  Fltl  gel  träger  zu  halten,  noch  mit  den  heili- 
gen Schreibern  zu  verwechseln,  sondern  einerlei  mit  den  Pa- 
stophoren  seyen,  da  Hesychius  irr«^>ov  mit  <rK>jvj/  glossirt;  Wir 
haben  uns  also  unter  ihnen  die  Capellträger  zu  denken,  wel« 
che  bei  öifentHchen  Aufzügen  gewisse  Götterbilder  in  ihren 
Tempelchen  tragen  uiufsten. 

Die  Verdienste  des  König*,  welche  die Friesterschaft     . 
mu  dem  Ehrenheschlufs  bestimmten,  werden  in  ein^m  langen 


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IsieHrifi  tofi  Retet^  .  129 

Vordefsat«  1.  9 — 36  bervor  ^ ehob^9  indem  ite  de«  Knabei^ 
beimaff  en  ,  was  sein  voti  den  Rdmern  gesetster  yormund  ArU 
stoinenes  gethan.  Die  Hauptsache  besteht  darin  ^  dafs  den 
Tempeln  und  deren  Dienern  viele  Wohlthaten  erwiesen,  deren 
Besteurang  vermindert  und  neue  Einkünfte,  wie  vor  Alt  er  s^ 
zu^theilt  wurden  ,  und  dafs  er  die  aufrührerischen  SoMaten 
und  andere  Mifsvergnügte,  ^die  sich  schon  zur  Zeit  seines 
Vaters  Fbilopator  zu  Lykopolis  in  Unterügypten  verrammelten» 
besiegte  und  bestrafte,  gleichwie  Horus  seinen  Vater  Osiris 
rächte«  Der  VK  verfolgt  diesen  gleichnifsweise  angezogenen 
Mythus  und  sucht  seinen  ursprünglichen  Gehalt  auszumi^teln.  ' 
Er  nimmt  Osiris  für  den  Nil  und  die  Sonne,  und  zwar  nach 
Hug  für  die  Sonne  während  ihres  Laufes  vom  Zeichen  des 
Krebses  bis  zu  dem  des  Steinbocks ,  Typhon  trage  am  kürzen 
sten^  Tag  den  Sieg  davon ,  aber  Osiris  verjünge  sich  als  Ho- 
rus, tind  werde  so  an  Typhen  gerächt.  Gegen  diese  Ansicht 
erbeben  sich  zweierlei  Bedenklichkeiten:  einmal  würde  Har- 
pokrates  als  Sonnengott  keine  Statt  mehr  finden ,  und  dann 
waltet  Typhon  in  Aegypten  vielmehr  in  den  Frühlingb-Mona- 
ten  vor.  Ref.  fiafst  den  Mythus  anders  auf ,  insbesondere  ' 
durch  die  Mittheilung  einer  ehernen  Denkmals  geleitet,  wel- 
ches Hr.  Job.  Dav.  V^eber  in  Venedig  aus  den  Händen  einea 
Goidschmidts  errettet  hat,  Es  stellt  den  Harpokrates  darf 
kenntlich  durch  seine  einzige  Locke  am  rechten  Ohr,  mit 
Geiselriemen  in  der  Hand,  zwischen  den  Zeichen  des  Krebses, 
des  Scorpions,  des  Löwen  und  Steinbocks  stehend,  der  Kopf 
des  voUwangigen  bärtigen  Typhon  über  seinem  Haupte,  und 
unter  seinen  Füfsen  zwei  Krokodile.  Durch  die  vier  Zeichen 
dei  Thierkreises  wird  Harpokrates  als  die  Sonne  in  ihrem  Ab- 
nehmen vom  Krebs  bis  zum  Steinbock  bezeichnet,  und  die 
gewöhnliche  Vorstellung,  als  wäre  er  die  Sonne  nach  dem 
Wintersolstitium,  urkundlich  berichtiget«  Seinen  natürli- 
cben  Gegensatz  findet  er  in  Horus  mit  dem  langen  Bart  und 
voller  Kraft,  unter  welchen  man  sich  dabei*  nicht  nur ,  wie 
gemeiniglich,  die  Sonne  im  Sommersolslitium,  sondern  über- 
haupt in  ihrem  Zunehmen  zu  denken  hat.  Diese  Vorstellung 
mulste  dem  Aegypter  um  so  geläufiger  seyn,  da  sein  Jahr 
mit  dem  heliakischen  Aufgang  des  Hundssterns  um  die  Som«^ 
mer- Sonnenwende  anfing  (Porphyr.  A.  N.  p.  123.),  und 
sich  so  nach  den  Solstitien  in  zwei  Hälften  tbeilte,  von  denen 
^ie  erste  den  Hai'pokrates-,  die  andere  den  Horus  zum  Vor« 
Steher  hatte.  Für  Osiris  bleibt  nun  kein  Sonnenamt  übrige 
er  .scheint  auch  ursprünglich  weder  als  Sonne  noch  als  Nit, 
«oud«rn  mit  Isis  im  Allgemeinen  als  die  Natur  in  männlicher 


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330  Iniebrift  tob  Roiette* 

ut»d  weiblkhet  Potent  gedacht  Worden  tu  leyn. ;  W?lii:end 
deftZunebmens  der  Sonne  herrschten  inAegypten  verderbllche- 
typhonische  Mächte:  der  Naturorganismus  d«  i.,  Osiris  wird 
zerstückelt y  das  Hsypllsche  Land  \yird  verödet  durch  die^rpk« 
k^ne  Hitze  und  Oluthwinde;  Isis  und  die  Menschenkinder 
erheben  ihre  Klagen.  Horus  aber,  Theil  q'nd  Sohn  der  Na- 
turgdtter,  Herr  dieser  gefährlichen  Jabrszeit ,  unternimmt 
den  Kampf  mit  Typhon,  führt  die  Sonne  triümphirend  zur 
Hdhey  veranlafst  die  NiUchwemme  und  rächt  so  den  Vaiter« 
Ein  neues  Jahr  geht  an^  Harpokrates  waltet  und  .alles  trliiift 
ron  Segen.  ^Auf  jenem  Denkmal  brennt  daher  die  Opferfiamme 
freudig  auf  einer  Säule,  und  auf  einer  andern  steht  der  g'»t« 
Vogel,  üeber  und  unter  d^m  Gotte  aber  befinden  sich  die 
Zeichen  der  vormaligen  und  nachfolgenden  typhonischen  £in* 

*  flüsse:  der  schauerliche  Kopf  und  die  Krokodile  d.  i.  schädli- 
che Feuer-  und  Wassersgewalt,  Jenes  aufgedunsene  Gesicht 
bedeutet  die  sengenden  Winde  und  die  ausdorrende  Hitze 
vor  der  Nilfluth  vom  April  bis  Juni,  und  die  Wasserthiere 
sind  ein  Symbol  von  der  Macht  ihres  Elementes  vom  Jawuar 
bis  April  und  zugleich  des  Meeres,  welches  den  Nil  verschlingt 
und  fest  hält,  dafs  er  nicht  über  die  Ufer  trete  (Flutarch  Is«. 

,  et  Osir.  p,  363.  366).  ZwiSiChen  beiden  Symbolen  st »»ht  daher 
Harpokrates  als  die  Jahreszeit  vom  Krcfbs  bis  zum  Steinbock 
richtig  in  der  Mitte.  Eine^i  ähnlichen  IJarpokrates  mit  dem 
Typhonskopf  über  dem  Haupte  fand  Bruce  zu  Axum,  und  Efug 
(Unters,  über  den  Myth.  d.  her.  Vol.  S.  129.)  weist  and<*re  der- 

tleicben  Denkmale  nach,  ohne  ;edoeh  eine  befriedigende  Er- 
lärung  zu  geben.  Dem  Bestreben  des  Hrn.  Dr.  D.^,  das  rein 
Aegyptische  von  dem  &päter  Eingemischten  zu  sichten,  kdn- 
r  nen  wir  unsern  Beifall  nicht  versagen,  jedoch  glauben  wir 
.nicht,  dafs  Leto^  welche  in  Aegypten  für  die  Amme  de^  Ho- 
rus uud  der  Bubastis  galt,  von  den  Griechen,  welche  s.ie  für 
die  Mutter  des  Fhöbus  und  ()er  Artemis  hielten,  entlehnt  wor» 
den  sey,  da  sie  nach  Herod.  II.  155  f.  zu  den  acht  ersten  Qötm 
tern  im  ägyptischen  System  gehörte  und  in  Buto  einen  Tem- 
pel und  Orakel  hatte. 

Bei  Gelegenheit  der  1,  3l.  gerühmten  Freigebigkeit  gegen 
die  heiligen  Stiere  Apis  imd  Mnevis  äufsert  der  Verf.  S,.  JÖ6* 
die  Meinung,  dafs  dem  ausgebreiteten  Thierdienst  lediglich 
die  Betrachtung  der  Nützlichkeit  der  Thiere  zum  Grunde  lag. 
Allein  da  mit  dem  Tode.und  der  Beisetzung  des  Apis  ein  Zeit- 
abschnitt abgeschlossen  Wurde,  so  mufste  er  zugleich  mit  Be« 
Ziehung  auf  das  Zeichen  im  Thierkreis  als  persdnificirte  Sonne 
'    angebetet  worden  seyn« 


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iBfehrift  f 00  Roi etU«  S3l 

Der  ^efchlufs  (4^'(i>i^/uui)  selbst  L  3.6  -*  ^4  bezweckte, 
aen  jungen  König  zu  vergöttern ,  indem  er  ^jwaos  ^^^  Götter 
aHer  ägyptischen  Tempel  werden  sollte.  Sein  Bildnifs  («Wy) 
sollte  nämlich  in  jedem  Tempel  des  Landes  aufgestellt  werden^ 
nsch  der  Bemerkung  des  Vf,  S»  200  £F.  wahrscheinlich, 9uf  dem 
gepflasterten  Vorplats  (d^o/xoO  vor  den  Propyläen  der  Tempel. 
Ibili  zur  Seite  sollte  der  Hauptgott  jedes  Tempels  stellen  und 
dem  Epiphanes  die  Siegeswatfe  reichen.  Die  Priester  (wahr-^ 
scheiniLch  die  Propheten)  hatten  für  ihn  dreimal  des  Images  df  n 
Dienst  zu  verrichten,  und  die  Stolisten  den  heiligen  Schmuck 
anzulegen.  Aufserdem  sollte  zum  Behuf  der  Frocessionen  im 
Innern  Heiligthum  (adurov)  jedes  Tempels  ein  kleineres  Schnitz« 
bild  (^oovov)  des  Epiphanes  und  eine  Capelle  {vao;)  niedergeleaC 
werden,  beides  vergoldet  und  mit  d,en  Reichsinsignien^,  mit 
einer  Schlange  und  mit  beschriebenen  Amuleten  versehen.  Die 
Fast'ophoren  mufsten  an  den  grofsen  Umgängen  mit  den  übri* 

§en  Tempelchen  auch  die  des  Gottes  Epiphanes  umher  tragen, 
erner  sollte  der  Tag  seiner  Gehurt  (den  wir  hier  gelegent- 
lich kennen  lernen)  und  seines  Regierungsantrittes  als  Festtag 
iii  den  Tempeln  des  Landes  begangen,  und  überdies  das  Fest 
des  neuen  Gottes  auf  Neujahr  vom  Neumond  des  Thoth  an 
fünf  Tage  lang  gefeiert  werden.  Die  Priester  sollten  hinfort 
nicht  allein  nach  den  Namen  ihrer  bisherigen  Götter,  sondern 
auch  nach  dem  Gotte  Epiphanes  benann^  werden.  Aufser  dem 
ö£Fentlichen  soll  auch  sein  Privatcultus  erlaubt  seyn  ,  dieser 
Beschlufs  aber  in  hartem  Stein  in  heiliger,  in  der  Landes-  und 
in  griechischer  Schrift  in  jedem  Tempel  vom  ersten  und  zwei* 
ten  Range  aufbewahrt  werden. 

Wir  begegnen  hier  entarteten  Priestern,  deren  Altvor« 
dem  Pfleger  der  Wissenschaften  und  Lehrer  der  Vorw^lt 
waren.  Doch  so. geschmeidig  sie  vor  den  fremden  Herrschern 
zu  kriechen  wissen,  so  fest  hangen  sie  am  Alten  'iiid  an  ihren 
Ansprüchen  ,  und  zeigen  uns  so  die  Schattenbilder  und  Nach* 
klänge  der  Pharaonenwelt  zugleich  mit  dem  Verfall  ihrer  Kaste, 
ihrer  Religion  und  ihres  Zeitalters.  Wenn  ihr  Machwerk 
seit  dessen  Entdeckung  aU  ein  Fund  für  Sprachforschung,  My- 
thologie und  Geschichte  geachtet  worden  ist,  so  wird  die 
vorliegende  Verbreitung  und  Erläuterung  dankbare  Aufnähme 
finden« 

PV,  F.  Rinck. 


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SS^ '  S^iiiiStUi«iin«r.  Güebiohu  ^er  Ttuuehen. ' 

I>i#   ÖVsc^icht0  ä9f  T0utsch§n^  ßin  Lehrtüch  für  höhere  ürt'^ 
frrichtsanstalten    von    Dr,    S  chmit  tht'nA^r  ^     Pror&ctor    wind, 
mehrorer  ^otehrt,   Ges,   Mitgti^d^        Hcrborn^^    in    der  Krieger^ ' 
ichen  Buchh.  1824.     XIL  'sii  S.  '  '  1  fl,  48  Icr. 

Der  VerfaMer  iat  «ich  drei  Grundfehler  gegen  die  Ge* 
Schichtschreibung  zu  Schulden  kommen  lassen »  Taktlosigkeit 
d^  Stylsy  ungehörige  Anordnung  .des  Stoifes  und  falsche  An* 
eichten.  ^ 

Der  Styl  ist  taktlos  im  Gan^sen,  weil  ein  Theil  des 
£uch$  in  einem  allerdings  eben  so  verständlichen  als  langwei- 
ligen Erzählungston  geschrieben  ist,  ein  andrer  Theil  aber 
mi%  metaphysischen  Speculationen   sich  Jj^efafst,  deren  Gehalt 

.  uifd  Spräche  der  Jugend  Völlig  unbegreiflich  sind.  — •  Der  Styl 
ist  taktlos  im  Einzelnen,  zunächst  b^i  der  ^Erzählung.     Oef*^ 

.  ters  springt  er  aus  dem  Iniperf'ectum  ins  Präsens  über,  ohne - 
däfs  die  Steigerung  in  der  Sache  läge,  zuweilen  gerade  im  um- 
gekehrten Klimax,  z.  B.  S.  336.  Üeberall.aber  ist  er  trocken^ 
ohne  das  Verdienst  scharfer  Verständigkeit  an  sich  zu  tragen. 
Seine  Langweiligkeit  wird  noch  durch  den  Fehler  der  Anord- 
nung erhöht.  Der  Verf.  verweilt  unnöthig  bei  unbedeuteri- 
den  Gegenständen  ,  häuft  Endlos  Namen,  Kriege,  Schlachten, 
Ländertheilungen  u  s.w.  und  verbreitet  sich  über  Wirkungen, 
ohne  die  Ursacnen  gehörig  auseinanderzusetzen.  S.  285  wird 
ein  Krieg  gegen  Frarikreich  geschildert ,  vOn  dessen  IJrsache 
man  gar  nrchts""  erfährt.  Wie  kann  dies  Schüler  interessiren,^ 
oder  m  ihrem  Gedächtnifs  haften  ?  Der  Kampf  der  Protestan- 
ten gegen  die  Katholiken  wiVd  ausführlich  Gehandelt  ^  aber 
nur  als  Wirkung,'  und  die  Ursache  bleibt  verborgen.  Wenn 
Herrn  S.  Werk  für  spätere  Jahrtausende  die  einzige  Quelle 
deutscher  Geschichte  seyn  sollte ,  so  würden  sie  sich  den  gro- 
ssen Kampf  der  Reformation  nicht  z.u  erklären  wissen  >  da  sie 
von  den  Grundsätz.en  der  Partheien  nichts  erfahren.  —  Der 
Styl  ist  taktlos  bei  den  Reflexionen.  Am  unglücklichsten  ia> 
dieser  Art  ist  die  Einleitung  des  Buchs  gerathen,  darin  allge- 
meine Gesichtspunkte  aufgestellt  werden  sollen.  Hier  sind 
unter  andern  die  Völker  nach  ihrer  gröfsern  oder  geringeru 
Aehnlichkeit  mit  einer  perspectivisch  in  den  Hintergrund  ge- 
stellten vollkommenen  Menschheit  classificirt.  Was  ist  wohl " 
mit  dieser  negativen  Definition  gewonnen,  und  wo  bleiben 
die  qualitativen  Unterschiede  der  Nationen  ,  die  sich  unter 
keinen  Maafsstab  jemals  bringen  lassen?  S.  l69'heirst  es: 
,,Das  Mittelalter  ist  für  die  Teutschen  diejenige  Zeit,  wo  sie 
durch  die  Formeu  des  Cbri&tenthums  für  den  Gei^t  'desselben 


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^SehnuUbtODer  6«sebie}it«  j3lh  TtuUchto.  333 

.«tzogen  wurde«  D«mit  diet  nicht  anffalle;  bedenke  man»  dafs 
c»  i"ti  dem  Reich  des  Bevrulstseyn«  wie  in  dem  de.r  Natur  ewige- 
.Gesetze  gie^^,  nach  denen  die  Vorsehung  wirkt  und  waltet. 
.Ji*  der  Geschichte y  wie  in  der  Natur,  geschieht  alle  Entwick« 
Inng  von  innen  heraus ,  wird  aber  in  ihrer  Gestaltung  durch 
äuf^iere  Verhältnisse  bedingt.  Die  Knospe  mufs  seyn,  damit 
^die  Blüthe  werde;  wenn  aber  die  Blüthe  ist,  so  prote« 
•  tirt  sie  gegen  das  Seyn  der  Knospe,  die  nun  zu  einer 
gewesenen  wird.  Also  mufsten  auch  dje  Formen  des  Mit« 
telalters  seyn  ,  damit  der  von  iiinen.  verhüllte  Geist  des  Chri« 
,stenthums  sich  in  der  Reformation  als  Blüthe  entfsjte/^  Der- 
leichen  ist  für  die  Jugend  unverständlich  und  an  sich  ein 
alscher  Schlufs  aus  einem  falschen  Gleichnifs,  dem  das  wahre 
tertium  mangelt;  denn  welcher  Vernünftige  wird  nicht  in  der 
Religion  des  Mittelalters  eben  so' gut  einen  Geist  finden,  als 
im  Protestantismus  eine  Form  ?  Nicht  unrichtig,  aber  für  eine 
populaire  Darstellung  sehr  ungereimt  ist  folgende  Definition 
des  Adels,  S.  215.  „Das  Gehlhl  der  Selbstständigkeit,  das 
stärkste  in  der  M^enschenbrust ,  flüchtete,  von  dieser  Seite 
(von  der  Demuth  im  Glauben)  auj^egriffen ,  in  das  der  Ehre  . 
hinüber,  die,  in  VVaflFenthaten  gesetzt,  für  den  Adel  der  spriii- 

tende  Punkt  des  Lebens  wuide.**  Was  soll  man.  zu  folgender 
teile  sagen:  S.  340:  „An  innerni  Leben  stand  damals  kein 
Volk  den  Teutsichen  vor,  besonders  (?)  war  in  dem  Reich  des 
Geistes  ein  seltsames,  durch  die  ersten  Strahlen  der  herein« 
brechenden  Helle  bewegtes  Zwielicht**  Und  zu  folgender: 
II.  341.  Vor  der  Schreibehunst  und  Buchdruckerei  war  das 
Fortschreiten  der  Menschheit  im  Ganzen  kein  Aufsteigen, 
sondern  ein  blofses  Gehen,  also  (?)  ein  stets  fallendes  Steigen 
oder  auch  ein  stets  verhindertes  Fallen  ,  die  Geschichte  des 
einen  Jahrhundeits  ward  dem  folgenden  zur  Fabel;  aber  seit 
sie  die  Kunst  besitzt,  dai  flüchtig  verhallende  Wort  zu  fes- 
seln und  den  für  das  Auge  gemahlten  Gedanken  mit  leichter 
Mühe  zu  .vertausendfälrigen,  ist  sie  gewisser  über  Zeit  und 
'Haum  (?)  emporgestiegen.**  S.  410  rühmt  sich  der  Verfasser 
in  einer  'Note,  ein  eng  Vertrauter  des  Hegeischen  Systems  zu 
seyn.  Wer  aber  sollte  wohl  begreifen,  wie  seine  Illogismen 
unmittelbare  Früchte  dieser  Bekanntschaft  mit  einem  System 
aeyn  können,  das  grade  die  Log^ik  zum  Alpha  und  Omega  der 
Thilosophie  gemacht?  ' 

Die  Anordnung  ist  ungehörig  im  Ganzen,^ weil  der 
Anfang  des  Werke»  verliäUnifsmäfsig  viel  weitläuftiger  behan- 
delt worden,  als  Mitte  und  Ende.  Sie  ist  ungehörig  im  Ein- 
zelnen, weil  unbedeutende  und  überdem  das  (jedächtnifft  der 


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334  SobrnfttheDoer  GescluchU  der  Teutichen« 

Jugend  verwirrende  Ereignisse  för,  den  Z.wec^  des  Lebrbuchs 
*  au  ätisttiiirlich,  und  dagegen  Hauptfbegebenlielten  und  groÜse 
.  \  ein flafsr eiche  Charaktere    bu   flüchtig   hehandelt^    häiifijg    gaf 
nictit' er  wähnt  sirtd.     Zu  utoständlich  ist  im  Verbältnirs  »um' 
gatTzeri  W«rk  oifenbar  aufser  dein  Anfang  überhaiupt  die  Ge« 
schichte  der  spätern  und  unbedeutendem  Merowinger  ,   Karo- 
linger  und  Habsburger ,    ferner  die  Schilderung    der    ersten, 
ft-anzösisclieri  Feldzdge  in  Italien  behandelt.     Dagegen  werden 
die  ersten  Züge   der   Göthen,   Franken   und  Alemannen  vor 
Attila   gar  nicht  berührt;  von  dem  wichtigen  fiinflufs  Theo« 
derichs  des  Ostgothen  auf  die  neue  Gestaltung  der  deutschen 
Königreiche  erfahrt  man  keine  Sylbe ;  des  gfofsen  Karl  M|ir« 
teil   wird    nur  in    wenigen  flüchtigen    Worten  gedacht;    der. 
wichtige  Bischof  Hatte  von  Mainz,  die  Seele  seineif  Zeit,  ist 

fanz  und  gar  Weggelassen,    der  schöne  Zug  deutscher  Treue, 
ei  der  Wahl  Konrads  II.  fehlt;  der  grofse  Kampf  der  Hussi- 
ten  wird  auf  eine  Seite  zusammengedrängt  u*  dergl.  mehr, 

•  Falsche  Ansichten  herrschen  im  Oeberfluls.  Die  ftäm 
leri  Franken,  der  herrlichste  der  deutschen  Stämme,  werden 
wiedev  einmal  für  ein  Mischvolk  verschrieen.  Als  die  Trieb* 
feder  der  frommen  Thätigkeit  eines  Bonifacius  wird  schlecht« 
weg  Eitelkeit  angegeben,  und  wird  ihm  vorgeworfen,  er 
habe  die  deutsche  Kirche  an  Rom  verrathen.  Darf  man  so 
die'Zeiten  eines  Bonifacius  und  die  unsrigeh  verwechseln? 
In  gleicher  Weise  wird  das  Mönchswesen  schon  in  seinem  Ur- 
sprünge mit  dem  Hafs  verfolgt,  den  erst  die  Reformation  recht- 
fertigt. So  wird  durchgängig  die  religiöse  Begeisterung  des 
Mittelalters  mit  Verachtung  oder  doch  mitleidiger  Gering- 
*  Schätzung  behandelt.  Ludwig  der  Fromme  wird  unter  fast 
kläglichen  Beileidsbezeugungen    mit  einer  Apotheose  beehrt^ 

tegeri  die  sein  ungeschicktes  Betragen  im  grellsten"  MiTstver- 
ältnils  steht.  Von  der  Kunst  des  Mittelalters  überhaupt  ist 
w^enig  die  Rede,  von  der  Baukunst  gar  nicht.  Den  Dichtun»^ 
gen' wird  S.  26*7  gänzlicher  Mangel  an  Ideen  vorgeworten, 
während. sich  leicht  beweisen  läi'st,  dafs  kisium  je  in  der  Welt 
so  ideenreiche  urtd  wahrhaft  welthistorische  Allegorien  gedich- 
tet worden  sind,  als  das  Niebelungenlied  und  Parcifal. 

Wo  so  im  GröXsen  gesündigt  ist,  mangeln  auch  kleinere 
Gebrechen  nicht.  Die  Ingaevoiles  werden  ,  obgleich  der-  Vf. 
sich  rühmt,  Grimms  Grammatik  recensirt  zu  häbeii,  schlecht« 
weg  mit  Innwohner  übersetzt.  Heinrich  der  Vogler  wird 
mit  Moses  vergllcJhen,  Wir  finden  Schriftner  statt  Scihrift- 
steller,  Füfsler  statt  Fufskämpf et  ui  s.  w.  ' 


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iupplemtntnm  edit.  Publii  Sjrli.  ed.  Orolliu«.  336 

Was  dem  Buch  übrigens  zuiJj  Lobe  gereicht,  gehdrt  den 
Bestrebungen  seiner  Vorgänger  ah.  Ret.  hat  nichts  GelMilt* 
reiches  darin  gefunden |  das  er  nicht  schon  anderswo  gele« 
§en  hätte»  •  ♦  j^ 


Supp  lernen  tum  Editionis  Lipsiensis  noousimae  Sent^ntiarum 
Publii  Syri  et  D.  Laberii  continens  Emendationer  et  jin» 
notationet  F*  H,  Botldi  et  Censorit  Hoidelbergensis  net  npn 
sententias  noQas  plusquam  CCC  a  Bothio  collectas  edidit  et 
suarum  notarum  ädditamenta  insermt  Joh,  ConradmtOrel'*' 
'  liui^  Parochus  xid  Aedem  Spiritus  Sancti  et  collegii  Carolini 
Turicensis  Canonicus,  Lipsiae  sumtibus  Frede rici  Fleischeri» 
MDCCCXXir.  IV  und  60  S.   in  gr.   8. 

Die  gröfser«  Atisgabe,  deren  Sup^lementum  wir  hier 
anzeigen  y  erschien  bekanntlich  im  Jahre  l822  und  ist  in  die«* 
sen  Blüttern  von  einem  andern  Kecensenten  einer  ausführ« 
liehen  Beurtheihifig  unterworfen  worden  '(Jahrgang  l833  Nro, 
40.  41).  •  Seitdem  aber  erschien  ,auch  der  fünfte  Band  der 
Poetae  Scenici  von  Friedr,  Heinr.  Bothe^  worin  der  Heraus- 
gelrer,  so  zu  sagen,  eine  ganz  neue  Recension  jener  Sentenzen 
lieferte.  Denn  nur  höchst  wenige  blieben  in  ihrer  ursprüng- 
lichen Gestalt,  die  meisten  erschienen  auf  irgend  eine  Weise 
verändert  und  zwar  meistentheils  zu  ihrem  Vortbeij,  obgleich 
manche  hinwiederum  nach  Herrn  Orel]i*s  Ermessen  allzukühii 
und  ohne  Noth  oder  den  allzustrengen  Regeln  einer  vollkom- 
menen Metrik,  die  hier  vielleicht  nicht  in  ihrem  »ganzen 
Umfang  anwendbar  seyn  könnte ^  zu  Gefiallen  verändert  wor- 
den, Üeberdem  enthielt  sie  eine  Zahl  von  326  neuen 
Sentenzen.  Diese  neue  Bearbeitung  des  erf^^hrenen  Metri- 
kers und  scharfsinnigen  Kritikers,  so  wie  die  oben  be- 
merkte Beurtheilung  in  diesen  Jahrbüchern  konnten  der 
Aufmerksamkeit  des  unermüdet  thätigen  und  umsichtigen  Hrn. 
Orelii  nicht  entgehen,  sie  bildeten  die  Veranlassung  zum 
Erscheinen  eines  allerdings  für  die  von  ihm  früher  besorgte 
Ausgabe  nothwendig  gewordenen  Supplementum,  das  auf 
diese  Weise  jedem  Besitzen*  der  gröfseren  Ausgabe  unentbehr- 
lich seyn  wird,  deren  Vollstiindigkeit  nun  aber  auch  nichts 
mehr  abgehen  dürfte.  Aus  der  Vergleichung  mit  jener  Aus- 
gabe und  mit  den  Bemerkungen  in  diesen  Jahrbüchern  ent- 
standen zuvörderst  die  Cärae  secundae  in  Publii  Syri  Sententias, 
Zahlreiche  Verbesserungen   und  vielfacht  Sinn  und  Wort  cr- 


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ISurfmdeBemetkungeil  de«  Hrn.  OrelH  sind  allarwärU  nach* 
/getragen,  und  dabei  aorgfältig  ron  £othe*f  Bemerkungen  ge« 
.  ach\e4eii«     M^n  wird.«  besonders  in  den  kritischen  Bemerkun« 

fen,  Verbesserungen  verdorbener  Stellen  oder  Vertbeidigung 
er  Vulgata  nirgends  den  besonnenen  Kritiker  verkennen,  wie 
er  aucb  als  solcner  in  den  übrigen  von  ihm  besorgten  Ausga« 
ben  sich  bewährt  hat.  Darauf  folgen  S.  SO:  Puhin  Syri  et  alio* 
rum  sententia«  CCCXXVlnovae^  collectaä  a  F.  H.  Bothe.  '  Da  die 
i^uellen,  aus  denen  sie  entlehnt  sind,  nicht  immer  angegeben, 
so  vermuthet  Hr.<Orelliy  sie  seyen  ziim  Theil  aus  irgend  einer 
vollständig^ en  Handschrift  des  -Fublius  entnommen;  anderd 
sind  aus  den  Sammlungen  des  Joachim  Camerarius  und  Janus 
Anysius  entlehnt.,  welche,  beide  muthmafslich  vieles  aus 
.Handschriften  genommen,  ohne  die  Quelle  davon  anzugeben., 
Auch  hat  Bothe  selber  diese  Sentenzen  durch  Klammern  von 
den  übrigen  unterscheiden.  ,  Auch  hier  hat  Hr.  Orelli  zahl« 
:  reicliÄ  Yerbesserung^in  und  Erklärungen  von  Sache  und  Wort 
beigefügt,  den  Ursprung  vieler  solcner  Sentenzen  .aus  ähnli« 
eben  Sprichwörtern  nachgewiesen  u.  dgl.  Dagegen  siikI  S. 
4&  und  47  ajle  die  Verse,  es  sind  deren  in  Allem  49 1  aufge- 
führt, welche  Bothe  als  unächt^^ind  den  Gesetzen  des  Metrums 
widerstreitend  ausgemerzt  hat«  Zuletzt  folgen  S*  48:  F.  H. 
Botbii  Notae  in  D,  X^aherii  Prologum  et  Fragmenta,  in  Fragmtn* 
trnn  ex  'Restione^  in  senientias  '  f^arrotti  adscriptas.  Auch  hier 
sind  eigene  Ben^erkungen  des  Hrn.  Orelli  und  seines  glelehr« 
ten  Vetters  Caspar  Orelli  heigefügt. 


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N-22;        .  '^  .    1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher   der  Literatur, 


Veh§r  Rafael  Sanzio^s  Verklärung.  i^^iquB  in  unius  hu* 
jus  operibus  intelHgitur  plus  i9mper^  quam  pingitur  ^  et  cuni 
ars  summa  sit ,  Ingenium  tarnen  ultra  artäm  est.  Plin.  XXXV"* 
Von  Karl  Mo r genstem^  Russ,  K.  Staätsrathe  etc.  Dorpak 
auf  Kosten   des   Verfassers^    Leipzig    in    Cömm*  bei  Kummer* 

Diese  Monographie  über  Rafaels  Transfiguration  schrieb 
Hn  M.  während  seines  Aufenthalts  in  Paris  im  J^  1009  Vor 
dem  Gemälde  seihst ,  welches  damals  in  dem  grofsen  frantÖsi«* 
sehen  Museum  aufgestellt  war,  zog  sie  aber  erst  1820  als  ei* 
ncn  Beitrag  zu  der.  an  mehreren  Orten  begangenen  Feter  von 
Kafaels  Todestag  ans  Licht,  Was  Hrn.  Ms.  Frühere ,  die  bil« 
dende  Kunst  betrelFende  Schriften  auszeichnet:  gründlrche 
K^nntnifSy  tiefes  und  besonnenes  Gefühl^  und  Wärme  un4 
Anschaulichkeit  der  Darstellung,  findet  man  auch  in^  dieser 
Abhandlung,  und  es  ist  fast  überflüssig  zu  versichern,  dafs 
•le  seihst  denen ,  welche  das  Originalgemälde  nie  gesehen» 
sondern  nur  aus  einem  KupfersticQ  von  Morghen  oder.  Do« 
rigny  kennen,  eiiien  eben  so  angenehmen  als  belehrende^  Ge<* 
nufs -gewähren  wird.  Die  Anschauung  derComposition,  wenn 
aiich  nur  in  dürftiger  Nachbildung,  wird  freilich  hier.  Wie 
bei  jeder  Beschreibung,' Erläuterung  oder  Beurtheilung  eines 
Werks  bildender  Kunst  npthwendig  .vorausgesetzt,  trotz  dem 
aber  blieb  es  eine  der  schwersten  Aufgaben  der  DarsteUung 
und  Kritik,  das  Ganze  und  Einzelne  dieses  Meisterwerks  za 
entwickeln ,  und ,  vom  Allgemeinen  der  Ideen  bis  zti  den  fein- 
sten Schattirungen  des  Individuellen,  das  klar  Ausgesprochene 
wie  das  dunkel  Angedeutete  nachzuweisen  und  der  Einsieht 
und  Empfindung  des  Lesers  naii  zu  bringen»  Diefte  schwie« 
riae  Aufgabe  hat  der  Vf.  durch  die  Kunst  der  Anordnung  und 
des  Ausdrucks  so  befriedigend  gelöst,  dafs  seine  AbhandluiYg 
dem  Besten,  was  bis  jetzt  Über  das  fragliche  Bild  geschrieben 
ist,  Pardo  de  Figueroa's  Schrift  nicht  ausgeuommen, 
ehrenvoll  zur  Seite  steht,  und  ein   würdiges  Denkmal  jenes 

ivilL  Jahrg»  4.  ßef^.  22 


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333  Uebcr  Rafael  Sancio'ii  Verklarung* 

MeiÄterwkes   und   seine«  Urheber«  genannt  su  werben  reüf« 
dient. 

Die  Betrachtung  beginnt  von  der  untern  Gruppe  des  be- 
sessenen Knaben  und  der  Apostel,  und  der  Vf.  entwickelt 
hier  mit  feinem  Sinn  die  Situation  und  den  "Ausdruck  der  ver- 
schiedenen Charaktere.  Schön  charakterisirt  Hr.'M.  den  Kna» 
ben,  die  zunächst  ihn  üaigebendenj  und  die  midiere  Gruj^Q 
der  Apostel.  Was  die  übrigen  Figuren  betrifft,  so  leugnet 
Rec.  nicht,  dals  er  in  mehreren  Funkten  anderer  Ansicht  ist, 
als  der  Verf., —   Die  Meinung,  jener  bärtige  Mann,  der  Ein- 

•  ter  dem  Vater  des  Unglücklichen  steht  und  die  Hand  nach 
de«n  B'?rg  erhebt, ,  vernehme  den  oben  rollenden  Donner,  hat 
»war  Hr.  M,  selbst  beinahe  zui'iickgenommen ;  jedoch  dürfte 
es  auch  kaum  passend  seyn ,  denselben  für  einen  Eharisäer  zu 
halten.  In  seinen  scjimerzlich  zusammengezogenen  Augen- 
braunen malt  sich  zu  deutlich  der  ScUrecJc  über  den  neuen 
Anfall,  womit  eben  die  Krankbeit^in  dem  unglücklichen  Kna- 
ben wüth^t,  als  dafs  man  einen  kälteren  Zuschauer,  und  nicht 
einen  Angehörigen  der  Familie  in  ihm  vermuthen  sollte,  wel- 
cher der  geschmückten,  vorn  knieenden  Tochter  Svohl  ent- 
spricht. Erscheint,  gleichsam  antwortend  dem  Jünger  ,■  det 
in  der  IMitt©  steht  und  Rettung  verheifsend  zum  Berge  hiitauf- 
"Weist,  mit  den  geöffneten  Lippen  und  der  emporgehobenen 
Rechte^   sagen  zu  wollen:     „Was  zaudert  ihr?    Warum   ruft 

'.ihr  ihn  hiebt  herab,  ^  euren  Meister,  wenn  er  allein  helfen 
kann?««  Ein  angstvoller  Vorwurf  ist  in  seiner  Miene  nicht 
zu  verkennen.  — •  Mit  ihm  bilden  dann  die  drei  äufsersten 
Jünger  der   linken  Seite  einen  Gegensatz.      Der  abgewendete, 

'hinter  dem  voransitzenden  Andreas,  deutet  nicht  mit  der  zu^  . 
versichtlichen  Bewegung  nach  oben,  wie  jeiier  in  der  Mitte 
stehende,  in  seiner  Hand  liegt  eine  fragende  Bewegung,  ec 
scheint  die  zn  ihm  Gewendeten  anzureden:  „Ist,  der  Meister 
noch  auF dem  Berg  i  odef  kommt' er  herab?«  Und  der  zii- 
•nücbst  Stehende  antwortet  ihm  mit  .einer  Bewegung  beider 
Hände,  welche   deutlich   ÜTigewifsheit   und  zugleich  Nieder- 

Seschlagenbeit  über  das.  vielleicht  noch  lang  dauernde  Leiden 
er  Unglücklichen  ausdrückt.  Durch  diesen  und  den  hinter, 
ihm  Stehenden  hat  Rafael ,  wie  uns  dünkt,  angezeigt,«  dafs 
die  Jünger  von  dem,  was  über  ihnen  vorg'^ht,  nicht  die  min» 
deste  Ahnung  haben.  —  Auch  die  beiden  vordersten  Figuren^ 
der  sitzenfe  Andreas  und  das  knieende  Mädchen,  scheinen.^ 
uns  vom  Vf.,  w^e  von  den  übrigen.  Erklärern ,  nicht  geniig 
in  Beziehung  gestellt.  Der  letztern  Figur  vyird  häufig  etwas 
itheatralisches  vorgeworfen,  und  ihre  Stellung  erscheint  auch 


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»     f 


Utb«C.  Rafael  Santio'f  VerklSrang. '  3d9 

MO ,  wenn  man  nicht  annimmt,  dafa  sie  in  leidentchaftlicher 
'Bewegung  flehend  vor  Andreas  niederi[niet  ist »^  und  nun,  da 
der  Faroxysmus  des  Knahen  von  neuem  beginnt,  ihre  Bitte 
eben  so  leidenschaftlich  durch  das  Hindeuten  mit  beiden  HSn«. 
den  ünterstütat«  —  J^ndreas  dagegen  scheint  aua  einer  ruhi- 
igen  Stellung,  in  der  er  vorher  las,  aufiiufahren ,  wie  er  den 
Jammer  vor  Augen  sieht,  daher  der  ausgestreckte  schwebende 
Fufs  und  die  vorgewendete  Linke* 

Was  Hr.  M.  über  die  obere  Gruppe  der  Verklärung  sagf| 
ist  tief  gefühlt^  und  selbst  die  beiden  Zuschauer  an  der  Seite 
des  Berges  I  sind  als  Repräsentanten  der  Kirche  gut  verthei« 
digt.  Ein  Grund ,  warum  Rafael  sie  gern  angebracht,  iiefse 
sich  vielleicht  auch  darin  Enden,  dafs  sie  e  nen  gewissen  üeber« 
gang  von  der  untern  su  der  obern  Gruppe  bilden  da  ohne 
ihr  Da seyn  beide,  dem  Inhalt  nach  to  verschiedene  Scenen^ 
äufserlich  gänzlich  getrennt  seyn  würden« 

Was  die  allgemeine  Würdigung  des  Bildes  betrifft,  so 
ergiebt  sich  Hr.  M.  einer  unbedingten  Bewunderung,  und 
sucht  jeden  Tadel,  welcher  gegen  das  Ganze  ^nd  Einzelne 
desselben  vielfältig  geäufsert  worden,  abzuweisen»  Rec. 
gesteht,  dafs  er,  obgleich  dem  herabwürdigenden  Urtheile 
Fr.  Schlegels  keineswegs  geneigt^  doch  auch  nicht- doa 
Vfs.  Meinung  seyn  kann,  dieses  letzte  Werk  Rafaels  ssy  zu« 
gleich  sein  vollkommenstes.  Der  Vorwurf  ^^%  Mangels  an 
Einheit,  welchen  nan  der  Composition  gemacht,  A^^  Unzu^ 
sammenhängenden  der  obern  und  untern  Abtheilung,  zerfällt 
in  sich,  sobald  man  mit  Schreiber  und  Hm«  M«  die  my. 
stische  Bedeutung  des  Bildes  ins  Auge  fafst.  Der  Gegensatz 
des  Himmlischen  und  Irdischen,  der  rettenden  Gottheit,  und 
des  schwachen  Menschengeschlechts,  welchen  Rafael  darstellen 
w^ollte,  machte  die  Verbindung  beider  Scenen  nothwendig; 
keine  kann  in  dieser  Beziehung  ohne  die  andere  bestehen,  und 
eben  deshalb  möchten  wir  den  untern  Theil  des  Bildes  auch 
in  dem  gemäfsigten  Sinne  A^t  Vfs*  nicht  eine  Episode  nen^ 
nen ,  sondern  betrachten  ihn  als-  integrirenden  Theil  ^eS  G^ 
dankens  und  der  Darstellung«  Oh  aber  \\\  diese  tiefgedachte 
Composition  alle  Segnungen  von  Rafaels  edlem  Geinüch  über- 
gegangen sind,  die  m  andern  seiner  Werke  leben?  Ob  es 
ihm  gelungen  ist,  den  tre£Flicben  Gedanken  auch  Überall  mit 
gleicher  T>elF]ichkeit  durchzuführen  ?  — 

Um  von  dem  Letzteren  ajizufangen^  so  glauben  wii*  Zwar, 
das  Schweben  der  drei  obern  Figuren  sey  uui  jenes  Gegen- 
satzes des  Himmlischen  und  Irdischen  willen  voUkoaimeu  zu 
rechtfertigen.,  wi«  denn  aua  der,  Anm«  17.  vom  Vf.  gegebef« 

^2* 


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340  Üeb«»  RaAd  S«ttiio'«  VerklSnuit. 

nen  in«rkwjird]gen  Notiz  eines  un  französischen  Museum  b«« 
findlicben  Entwurfs  von  Rafaels  Hand  ,  auf  welchem  Cristus^ 
Moses  und  Elias  auf  dem  Berge  stehe  n  ,  deutlich  hervorgeht^ 
dafs  Rafae}  nach' reifer  üeberlegung  diese  Anordnung  getrof- 
fen* Aber  die  Art^  wie  die  Figuren  sch\y eben,  sclieint  uns 
nicht  so  tadellos ,  wie  der  Verf.  annimmt.  Die  Behauptung 
5.  18 J'» durch  eigenen  Willen,  und  allein  durch  eigene  Krafc 
schwebt  der  GöttJic'he  ruhig  empor«*  lätst  sich  iiiue]:s  Bedün« 
ken&  auf  keine  Weise  rechtfertigen.  Alle  Falten  der  Gewänder 
an  Christus^  Moses  und  Elias ^  zeigen,  dafs  Rafael  sich  einen 
Xiuftstols  von  unten  dachte,  welcher  Christus  emportrSlgt» 
und  in  welchem  Moses  und  Elias  schweben.  Der  Mantel,  de.r 
Qber  des  Heilands  Unterkleid  geworfen  ist,  schmiegt  sich  in, 
«ufwäS'ts  getriebenen  Falten  eng  um  die  Beine,  bläht  sich  auf 
um  dteBruSt,  wo  er  freier  hängt,  und  flattert  hoch  über  die 
Schulter  empor;  selbst  das  Haar  des  Erlösers  und  der  Wui^f 
seiner  A er mel  fühlen  den  Luftzag.  Ein  Gleiches  ist.  an  Elia« 
und  an  dem  rückw^ärCs  flatternden  Gevtrande  des  Moses  wahr-« 
sunelimeh;  Rafae],  wollte  das  „und  er  ward  aufgehoben«  aufs 
Natürlichste  darstellen.  Christus  ist  auch  ganz  passiv;  nicUjt 
eigener  Wille  und  eigene  Kraft,  sondern  der  Wille  des  Va- 
tets  und  die  erregte  Naturkraft  heben  ihn  empor.  Durch  diese 
ZXarsteÜMng  einer  natürlichen  Gewalt  hat  aber  Rafael  unstrei* 
tig  der  Ruhe  und  Würde  seiner  Figuren  geschadet.  Christus 
sch^^ebt  schön  und  leicht;  aber  würde  man  ihn  für.Chris^u^ 
halten,  wenn  man  das  begeisterte  Antlitz  nicht  sähe  ?  Reo« 
dünkt  der  stehende  Christus  mit  weifsem  Gewand,  in  J^h* 
Bellins  Verklärung  im^^Museum  zu  Neapel  weit  erl>abener  ai^ 
diesti*  schwebende  Rafaels.  Besonders  scheint  auch  der  zIl* 
rückgezogene  linke  Fufs  zu  schaden.  —  Von  den  zwei  andern 
schwebenden  Figuren  verdient  wohl  in  Hinsicht  auf  Würde 
der  Stelliiug  Elias  den  Vorzugs  bei  Moses  sind  die  gespreia« 
ten  Beine  uoj]  die  etwas  gewaltsame  Wendung  des  Hauptes 
dem  Grofsartigen  der  Figur  eher  nachtheilig  als  förderlich. 

1^  dem,  was  der  Vf.  über  die  drei  auf  dem  Berge  nieder-  , 
gesunkenen  Jünger  sagt*,  pflichten  wir  ihm  vollkommen  bei; 
wir  können  in  diesen  Figuren  nichts  Theatralisches  finden» 
sie  sind  geblendet  von  dem  überirdischen  Licht,  und  ihr'Zu- 
stand  spticht  sich  in  jeder  Individualität  eben  so  edel  als  na« 
türlich  aus.  '  . 

Wenn  man  in  dem  untern  Theile  des  Bildes  die  tiefe 
Einsicht  in  das  menschliche  Gemüth  und.die^ufserordentliche 
Klaiheit  der  AnfFassungbewumlern  mufs,  Eigenschaften,  di^ 
zwar  alle  Werke  Rafae)s  cbarakterisiren:  so  wird  maa  dpci^ 


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^     lieber  Refael  Saneio*«  YeTUImag^  l^ 

aifcti  tugelreTi  müseeny  dB£$'}eneB  innige  G«fAhf^  j«ne  ecliwir- 
inerische  Begeisterung,  die  una  aus  den  Werken  seiner  mitt«  ^ 
lern   Zeit,  aus  der  Schule  von  Athen  und  der  Disputa,  und 
eeihst  afis  einem  grofsen  Thei)  deF  Teppiche  ansprechen,  &icb 
hier  in  geringerein  Grade  zeigen.     Die  Periode,    in   welche« 
der  Gedanke  in  seiner  vollsten  Kraft  sich  mit  dem  innigsten 
Gefühl  vereint,  wo  die  Begeisterung  Werke  erzeugt,  die  ih* 
rem  Urheber  seihst  z.um  TheiJ  Räthsel  bleiben  ,^  tritt  wohl  bei 
jedem     grafsen    Dichter     und     Künstler    einmal    eia^^    g^^' 
aber  auch  bei  jedem  meh^  oder  weniger   vorüber.     Aiicb  Ra* 
fael  scheint  uns  bei  der  Schdpfung  dieses  Bildes  mehr  berech* 
iiend    als    begeistert   zu  Werke  gegangen  zu  sefn^  Und  ibnv' 
darum  jene,    seinen  früheren  Werken  innewohnende  WUrme^ 
jenen  unbegreiflichen  ^  aus  dem  Gefühl  entspringenden  Orga^- 
nismus  vlicht  «rtheilt  ^u  haben.      Ob  diesFo^ge  veränderter 
Stimmung   und  Lebensansicht,     oder  nur  der   Schwierigkeit  . 
dieser  Eesondern  Aufgabe  war,  wer  vermöchte  das  au  ent« 
scheiden?    —    Wie  bewundernswürdig  hat   er  alle  Momente, 
der  Empßndung  an  einander    gerauht,    wie    künstlich    jedet 
Hauptfigur  den  Ausdruck  einer  doppelten  Seelenthätigkeit  er« 
tbeilt,  mit  welcher  Ueberlegung  ist  alles,  zu   einem  Ganzen, 
verbunden  und  der  allgemeinen  l.iee  angefügtl  Aber,  eben  dies^ 
Absichtliche,  das  wir  bemerken,   stört   uns«  das  reine  Gefühl, 
lind  bie  und  da  schadet  es  sogar  der  Annehmlichkeit.     So  wird 
jeder  zugeben^  dafs  die  emporgestreckten  Arme  der  Ruhe  des 
'  Ganzen  nachtheilig  'sii»d.     AucjK^  können  wir  nicht,  mit  Hrn^ 
M .  ^  die  gewifs  absichtlich  sa  geordnete  Pyramidalgruppe  der   • 
beiden  hinaufdeutenden  Apostel  und  des  Andreas  durchaus  urt*^ 
tadelhaft  finden,.  —    sie  bildet    keine  schöneh  Linien^  und 
heso/ders  das  den  rechten  Arm  verhüllende  felse&äptige  Ge- 
iTirand  des  mittlern^  ist  uns  immer  st^end  gewesen.       In,  der 
gai^^en  Versammlung  endlich  sind  nur  vier  Personen  ,^  die  an» 
dem  Unglücklichen  Knaben  recht  herzlichen  Antheil  nehmen:.  . 
der  junge  Apostel  und  der  neben  ihm  knieende  ältere,,  die  jün-  * 
gcre  Schwester  und  der  Greis  hinter  ihr.      Alle  übrigen  Figu- 
ren sind  mehr  oder  weniger  demonstrirend,  —  Eben-dies  stört 
uns  auch  hauptsächlich  an  der  vordem  Figur  des  schönen  lei- 
denschaftlichen Mädchens.    Von  wahrem  innigen  Gefühl  durch- 
drungen wtli^de  sie  sich,  an-  den.  Kranken  angeschmiegt,  oder 
wenigstens  völlig  zu  ihm  hingewandt  haben,    statt   dafs  si* 
jetzt  noch  vor  Andreas  knieet,  mit  ihm  red<et  und^nur  auf  de» 
Knaben  deutet.      Die  heftige  scheue  Bewegung  des  Andreas^ 
fainwied^tum  verr fltb    eher  Schwäche  des^  Gemüths.  als  ^n« 


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Z^2t  JJJkiit  Ra&et  SjümioV  TeAUniog^ 

ruhige  Besonnenheit  und  erbarmend?  Theilnahme  ^  welche  dem  . 
vdTrdersten   der  Apostel    hier  gebührt  hätte,    und  durch  eiiio 

,  würdige 9  su  dem  Knaben  hingewandte  Stellung  hätte  ausge- 
drückt wenden  können.  Wir  treten  irt  Bezug  auf  die  Präten- 
tion, die  in  diesen  beiden  Figuren  liegt ,  vollkommen  Speth  a 
Meinung  bei  (Kunst  in  Italien  11.  38o  S,);  sie  sind  unstreitig 
auf  eine  gewisse  Wirkung  berechnet,  ui^d  Rafael  mag  wohl 
hier  SU  sehr  dem  von  Mich.  Angelo  angeregten  Streben  nach 
einem  viel  bewegten  breiten  Style  gefolgt  seyn  ,  bei  dem^  man, 
wie  der  ebengeufinnte.  Schriftsteller  sagt  ,^  j^mehr  auf  Abwechs« 

^lung  in  den  Stellungen  sah  und  wie  die  Figuren  am^besten 
ins  Auge  fielen  ;  wo  man  den  durch  die  Handlung  geforderten 
wahren  A'isdruck  mit  pikanten  Contrasten  v«=rtauschte,  und 
bei  der  Wahl  der  Figuren  nicht  auf  den  Bedarf  der  Handlung, 
sondern  auf  den  Raum  Sah,  der  damit  ausgefüllt  werden 
^  sollte.« 

Was  Hr.  2VI.  Ober  die  technische  Ausführung  des  Bildes 
fagty  dünkt  uns  eben  so  wahr  als  schön  ausgesprochen;  gewila 
hat  Kafael  in  keinem  seiner  Gemälde  so  hohe  Naturwahr« 
heiterreicht,  als  hier.  D^r  Kopf  des  vorn  sitzenden  Apostels 
wefchen  der  Vf.  als  Beispiel  anftlbrt,  war  auch  für  Rec,  bei 
jeder  wiederholten  Beschauung  ein  Gegenstand  neuer  Bewun« 
derung;  tro^  dem,  dafs  man  den  Auftrag  der  Farben  sieht^ 
scheint  er  in  allen  Theilen  körperlich  und  wesenbaft  da  zu 
seyn\  Auch  ist  Rec.  mit  Hrn*  JVC.  überseugt,  dafs  Rafael  das 
Bild. 'zum  gröfsten  Theil  beendigt  hat,  und  nur.  «ahr  wenige 
von  Giulio  Romano  und  dem  Fattore  untermalte  fartieen  ohne 
Riitou^he  von  seiner  Hand  stehen  geblieben  sind.  Die  Ver- 
gleichnng  der  auch  vom  Vf.  angeführten,  jetjt  ebenfalls  im 
Vatikan  b^indlichen  Himmelifahrt  Maria  ,  wo  der  untere,  voa 
Giulio  vollendete  Theil  eine  weit  trocknere,  wehiger  natiir» 
gemäfse  Behandlung  zei^t^  giebt  dafür  den  besten  Beweis^     ( 


f^rtef jährige  Mitthiilungen  ßnß  den  JrheUen  Jet  Predzgervereins 
im  Neustädter  Kreise  f  ausgewählt  und  herausgegeben  oon  Dr* 
Joh.  Fr.  Heinr,  Sehwßbe^  /♦  bis  /Ki,  Mittheilung.  Neu^ 
$tadt  ä.  d*    Orla^  bei   PVagner.      7824^      ^85   S,  in  8«  ^-. 

Nichts  kann  zur  Erhaltung  und  Erhöhung  des  innerit 
Werths  der  Geistlichkeit  mehr  beitragen,  ^Is  alle  die  Einrich- 
tungen ,  welche  sie  zum  gemeinschaftlichen  Fortstudieren  und 
IBUr  «mtsbrüderlicben  bäufigen  Mittheilung  des  In  ländlicher 


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-      Sohwab«  rUrt^ljiOir.  BfitU»«iluDgtii«  243 

Rulie  Ueberdacbten ,  aufmuntern«  Empllndungtvoll  spricht 
bievon  eine  Hede  hei  der  Hauptverüammlung  zu  Triptii. 
Heft  IV.  Ueberhaupt  beweist  diese  Quartalscbrift  den  guten 
"wissenschaftlicb  und  praktisch  regen  Geist  ihrer  Gegend.  Die 
Sammlung  giebt  auch  gelehrte,  auch  lateinisch  geschriebene 
Aufsätze  neben  den  schätzbaren  pastoralischen.  Zum  Beispiel: 
Frenkel  de  diligenter  evitandis  theologo  periculis  ex  aetatis 
nostrae  controversiis  oriundis.  Ein  nur  allzu  häuRg  zu  erwägen* 
des  Thema,  Schubert  Frohen  aus  einer  (anziehend  erzäh«. 
lenden)  Geschichte  des  Märtyrers ,  Johannes  Hufs.  Meh- 
reres  von  Kaphahn,  Schatter,  VVolf,  Schwabe  über 
eine  Jubetteier  wegen  Luthers  Bibelübersetzung  und  über  de- 
ren Gebrauch  unter  dem  Volke.  (Rec.  macht  hierbei  zugleich  mit 
Vergnügen  aufmerksam  auf  den  geschichtUch-]iteidri&chen(genau 
belehrenden)  Ue  her  blick  über  Luthers  Vorscbdile,  Meister- 
schaft und  vollendete  Reife  in  derDollmeschung  der  h.  Schrift. 
Von  Rector  Göz  zu  Nürnb.  l824).  Wegen  allgemeiner Benu-, 
xung  der  Bibelübersetzungen  tritt  Rec  der  lebhaften  AuflFor- 
derungdes  Herausg.  bei.  S.  2l6.  Wo  der  Prediger  fleifsig  in  dfer 
Kirche  und  Schule  auf  das  Nöthige,  Allgemeinfarsliche  hinweist^ 
auch  das  historische  mit  Herzlichkeit  erklärt,  d.'  wird  schäd- 
liches Mifsversteben  der  Bibel  gewifs  fast  unmöglich.  Wo 
die  Bibel  gelesen  werden  darf,  kann  der  menschliche  G^ist  nde 
so  zurückbleiben,  wie  dies  nach  S.  169.  ein  junger  Künstler 
in  den  Religionsansichten  mancher  Salzburger  fand. 

Einige  Aufsätze  deuten  auch,  wie  die  Geschichte  der  Re- 
formation und  auch  neuere  Geschichten  zu  religiöser  Erbauung  ^ 
und  Belehrung  anzuwenden  seyen.  Durch  die  Lesefrüchte 
des  Hrn.  Archidiak.  Rintscb,  einen  Auszug  aus  Llorente 
Gesch.  der  Inquisition  erfährt  Rec.  zum  erstenmal  (was  ihm, 
weil  er  den  Hesperus  l824.  -Nr.  28.  nicht  zu  Gericht  be- 
kam, leicht  unbekannt  hätte  bleiben  könr^n)^  dafs  er  die 
Ehre  hatte,  in  einem  römischen  Breve,  das  ^chon  vom  l8. 
Dec.  I8l9  datirt,  gegen  Dr.  Fessel,  Vorsteher  des  bischöfli- 
chen Seminars  zu  Leiitmeritz  erlassen  wurde,  charakterisiert 
zu  werden.     Das  Elogium  lautet  also: 

,, ÄudivimuS    nempe,    Doctorem  S.  Theologiae    Fessel, 
perversae  plane  doctrinae  hominem,  Cathvücae  et  praesertim      i 
Ecclesiasticae  juventutis  mentem  multis  erroribus  iuficere  at- 
que  omnino  pervertere  conari.       Candidatos  enim  S.  ThejJo« 

friae  quoscunque  libros  —  ;sine  discrimine  delectuque  qmni 
egere  lubet,  tamquam  efficacissiinum  remediuni  expoliendi 
Ingenium  et  prat'judicia  vitandi;  quare  intei  ceteros  pemUio^ 
jisnnios  libros  9  qui  in  manibus  eorum  quotidie  versantur,    r«H 


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344  SehwaLf  tinteljSbr,  llittMlangeD»    . 

centetur  Opus  Exegeticum  DoctorU  Paali,  A^cathoRcif  alterum 
'  ft^egscheiäeri  de  Dogmatibuj ,  cathdlicae  do€trifiae|miiius  (?^ 
i;pnformi8%9  -  et  carmina  amaioria  a  Goethe^  Schiller^  PVielanäy  Her» 
4er  ^  auctoribus  a  •  co^Ao/ccü  exarata  ^  ^aeCandidati  ipsi  legere, 
recitare,  et  declan^are  tenentur.«« 

Rec.  hat  in  seinem  Leben  sich  nie  in  besserer  Gesellschaft 
befunden  1  •—  — ^  Aber  was  fClr  Berichterstatter  aus  Teutsch«^ 
'     taqd  niufs  der  irrefragable  heilige  Stuhl  zulassen,  die^ihn  über 
die  carmina  amatoria  SO  sii  berichten  wissen  ?    Da  möchte  man 
wohl  a  Pontiiice  male  informato  ad  melius  informandum  provo- 
zieren. -Aber  so  geht  es,  wenn  eine  üniyersalreBierung  ausge« 
übt  werdeu  soll,  während  man   der  Uni  ver-sal  kennt  nkf« 
so  sehr*  ermangelt  und  die  Zutrügerei  zulrXst,  die,  nach. 
Pfründen  lüstern,   die  Besseren  auch  in  ihrer  Kirche  durch  An«. 
-  acbwäraungen  au  verdrängen  strebt.   Wer  aus  solcher  Feme  fast 
infsillibel  regieren  will,  müfste  er  nicht  wenigstens  immer  nur 
die  besten  Köpfe,   die  Scharfsichtigsten  und  Redlichsten,   zu 
seinen  Telescopen  zn  machen  verstehen?   VgL^dagegen  die  of« 
^cielle  Denkschrift  über  da$  Verfahren  des  römischen  Hofa. 
(Carlsruhe  i8lÖ.  f«>I.)  S.  27. 

Mehrep  Aufsätze  der  Mittheilungen  beschreiben  die 
Entstehung  und.  Erhaltung  dieses  Predigervereins,  sei« 
Ties  Lesezirkels  und  d^l«  m.  Möc^ite  sein  Beispiel  über- 
^I  nachgeahmt  seyn;N  wie  es  im  Badischen  häufig  ist,  au^h' 
durch  eine  Synodalrede  von  Hrn.  Pfarrer' Mylius  (bei 
Surlach)  192^  noch  mehr  empföhlen  wurde. 

V 

^E.  JS.    G.   Paul  HU 


•  Wumilrenanduchien»  Von  Lndwpig'Pflaum,  Erster  Jahr'gang^  iB22^ 
Nebst  einem  Anhanget  Feirmischu  Nachrichten  und  Bemerkuip^ 
gen.     NUrnhetgf  hei  Riegel  und  PVieJsner^.     aOO  S*  8«^ 

.  Die  Betrachtungen » }pr eiche  hier  unter  dem  Titel  ,)F am  U 
lienandaehtenc*  erscheinen,  sind  theils  Ausxüge  aus  Pre- 
digten, welche  (der -unlängst  verstorbene,  rühmlich  bekannte) 
Jlr  Pfi.  in  Baireuth  gehalten,  theiU  sind  sie  aber  auch  beson-t 
ders  für  diese  Schrin  von  demselben  ausgearbeitet  worden.  -«- 
Das  vor  uns  liegende  Hefe  enthält:  i)  Emel^sterbetrachtung^' 
Wer  mit  Christus  wandelt«  dem  öffnet  sich  eine  Welt  des 
Lichtes  für  (^eist  und  Herz  uud  Leben.  2}  Jesus  Christus, 
dein  guter  Hirte.     3)  Christ!  sey  seibat  ein^uter  Hirtej^  wie 


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Ghmtui.  4)  Welcbe  Freude  gie&t  das  Evangelium  dem  £r« 
denbflrgeri  5}  Das  Evangelium  giebt  seinen  Glaubigen  auch 
Gotteskraft. 

Alle  diese  Aufsätze  sind  in  ficht  christlichem  Sinne  ge« 
schrieben.  Wie  hätte  Hr.  Pflaum  aber  auch  anders  schreiben 
können  ?  Er  hatte  die  Gotteskraft  des  Evangeliums  kennen  ge- 
lernt, die  durch  göttlichen  Unterricht  und  göttliche  Heiligung 
'in  dem  inwendigen  Menschen  eine  solche  Erleuchtung  des 
Geistes ,  eine  solche  Veredlung  des  Herzens  ,  eine  st)lche  KrSf« 
tigung  det  Willens  hervorbringt,  dafs  der  Mensch  ^ede  Tu^ 

.    gend   christlich,  ikben,    jedes   Leiden    christlich- ertragen  und 
selbst   den  Kampf  des  Todes«  christlich  kämpfen  kann, 

Unter.der  Haupttlberschrift,  ,,verinischte  Nachrichten  und 
Bemerkungen**  sind  ,,Abschiedsworte  eines  ehrwürdigen  Grei- 

-  ses  an  alle  seine  Lieben,  die  hier  surdckgeblieben,«  von  dem 
$enior  Job.  ?r.  Stadelmann  zu'  Winterhausen,  abgedruckt* 
Hierauf  folgen  die  Bemerkungen  und  Nachrichten,  in  wf^lchen, 
der  leichteren  und  be(juemeren  Uebersicht  halber,  da^  Gleich«, 
artige  unter  folgenden  Ueberschriften  zusammengestellt'  ist: 
Woblthätigkeit,  Licht  undSchatten.  MisCelleiu  ' 
Unduldsamkeit.  Chrislicher  Brudersinn,  —  Eine 
Nachricht,  welche  S.  1 96.  gegeben  wird,  sei  dem  Ref.  erlaubt, 
hier  scbliefslich  mitzutheilen:  ^fZa  Fruntruth  in  der  Sch\yeiz 
ist  das  Lesen  des  neuen  Testamentes,  als  eines  schädlichen 
Buches,    durch    ein    an   allen    Kirchenthüren   angeschlagenes. 

^  Mandat  unter  Androhung    der  Es^commanicatiou    verboten 
worde«/» 


DU  Kränkheit$n  d§s  M^mchßngeschleehts  historisch  und  geographisch 
betrachtet  von  Dr^  Friedrich  Sehnurrer,  OheraiH^sphysikus 
%u  Vayhingen  an  der  En^,  Der  historischen  jibtheiL  ir  und 
'  2r  Thl,  Juc\  unter  dem  Titels  Chß'onik  der  Seuchen  in  Ver* 
Bindung  mit  den  gleichzeitigen  Vorgängen  in  der  physischen 
pj^elt  und  in  der  Geschichte  der  Menschen»  ir  und  2r  TheiL 
Tubingen  f     Osiander^   1»25  und  1825.      gr.^  8.      Vlll  und  576. 

6Ä9  S.^  ir  Thl.  2  fl/64  kr.     2r  Thl.  4  A.  42  kr. 

Alle  gebildete  Aerzte  stimmen  ohne  Zweifel  darin  mit 
einander  überein j  dals  eine  geschichtliche  Bearbeituag  der 
Krankheiten  von  dem  höchsten  Interesse  und  von  der  grölsten 
Wichtigkeit  seyn  inufs;  denn  einerseits  wird  dadurch  die 
Wissenschaft  bereichert ^    und  ein  wichtiger  Beitrag  zu  d^t 


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■ .  -^^       ■  ■  '       ^ 

Geschichte  dfes  Menschen  iQherhaupt  geliefert,  den  ix^^'«u<!h> 
im  Icr'anken  Zustande  kennen  mufs^  wenn  maxi  überbau p):  steh, 
eipier  umfassenden   allseitigen   Kenntnifs    desselben    erfreuen^ 
will)  andrerseits  bat, die  Geschiebte  der  Krankheiten  auch  ei«  - 
nen  grofsen  Einflufs  auf  die  Kunstübung  selbst  ^   welche  da^ 
durch  vor  der  Einseitigkeit  bewahrt  werden  mufs,    die  so' 
leicht  ^\ind  so  gewöhnlich  bei  demjenigen  überhand  nimmt,  Her 
'Hos  dij^  Krankheiten  kennt,  welche  und   wie  sie  in  der  Ge-' 
genwai't  vorzukommen  pflegen«     Aber  auch  einen  bemmendea 
Einfiufs  kann   die  Geschichte  der  Krankheiten   haben;    denn 
CS  :mufs  die  Meinung  von  der  äi^ztlichen  Kunst  ja  wohl  berah- 
gestimmt  werden,  wenn  man  sieht,  mit  welch  einem  märhti- 
gep,  Feinde  man   es  zu  thun   bat;  wie  ohnmächtig  die  Kunst, 
im  Grofsen  betrachtet,  gewesen  ist,  wie  wenig  sie  im  Stande 
war ,« Krankheiten  vorzubeugen,  sie  im  Keime  zu  zerstören; 
wenn   man  erfahrt ^  wie  gutartig  viele  Kiankbeiten  und  Epi« 
demien  waren,  die  auch  ohne  Kunsthülfe  verschwanden,    wie   - 
mörderlich  dagegen  viele  andre,  welche  aller  Kunst  spottend^  ~ 
fast  mit  unbesiegbarer  Kraft  die  Kranken  in  grofsen  Masscvn 
*dem  Tode  zuführten.      Doch  man  lasse  sich  durch  solche  3e^ 
tracbtung^n  nicht  zu  weit  und  zu  üeb^rtreibungen,   von   de- 
n^n  allerdings  auch  In  dieser  Schrift  einige  später  zu  erwäh- 
nende Spuren  vorkommen  ,^  verfüfiren ;    denn  allerdings  lehrt 
uns  eben  dieselbe  Geschichte  de^r  Krankheiten  ,  dafs  die  Kunst 
;Dicht  in  allen  Fällen  ohnmächtig  gewesen  und  dafs  es  ihr  ge« 
Jungen  ist,  nicht  nur  zur  Heilung    vieler  Kranken,  sondern 
auch, zur   Abkürzung,    Verdrängung   und  gänzlichen  Zerstö- 
rung vieler  Seuchen  mit&uyvirken  und  etyiras  Wesentliches  bei- 
zutragen* ..  ,  ,  , 

Welch  eine  Aufgabe  ist  es  aber,  eine  Geschichte  der 
Krankheiten  zu  schreiben I  Wie  grofs  ,isfc  das  Feld,  auf  dem, 
man  sich  bewegen  mufs,  vvie  mangelhaft ,  unzuverläfsig,  oft 
widersprechend  sihd  die  Angaben,  an  die  man  sich  halten  kann. 

Es  gehört  fürwahr  viel  Math  und' Geisteskraft  dazu^,  von^ 

solchen  Schwierigkeiten  nicht  zurückgeschreckt  zu  werden 
imd  man  mufs  von  einer  lebendigen  Idee,  wie  unser  Verfasser 
ergriffen  seyn  ,  wenn  man  es  nur  wagen  will,  an  die  Arbeit 
zu  gehen.  --  Es  kommt  hinzu,  dafs  noch  sehr  wenig  vorge- 
arbeitet ist;  die  deutsche  Literatur  besafs  bis  jetzt  nicht  ein- 
mal den  Versuch  einer  Geschichte  der  Krankheiten  oder  auch  ' 
nur  der  Seuchen;  blos  in  der  englisch  •amerikanischen,  in  der 
spanischen  und  in  der  französischen  iinden  sich  Werke  der 
Art  und  z.war  in  jeder  auch  nur  eines.  Nur  eines  dieser 
W«rfce^  Von  Webster  geschrieben,  gi^bt  «ine  Uebersicht  aller 


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iSclintmct  Crmkheictn  <lei  BCeoiditngeteIiI«ehef»»  $47 

£pld«iiiien ;  der  Spanier  Vi llalba  beschränkt  ^sich  blos  auf  dia 
spanischen,  der  Franzose  Osanam  (dessen  Werk  noch  nicht 
einmal  vollendet  und  von  deth  seit  idlS.  nicht  einmal  die  Fort« 
Setzung  erschienen  zu  seyn  scheint)  auf  die  Europäischen  Epi-* 
demieen  und  fipi^ootieen.  An  eine  Geschichte  der  Krankhei« 
ten  überhaupt  hat  sich  noch  gar  Niemand  gewagt ^  so  weit  es 
dem  Rec.  bekannt  ist.  Geistreiche  Andeutungen  ,  welche  Hu- 
leland  und  Kieser  gaben ,  bezeichnen  blos  die  Aufgabe,  —  ^ 
Aber  das  schlimmste  ist,  dafs  auch  im  Einzelnen  noch  zu  we- 
nig'vorgearbeitet  ist;  sehr  wenig  Krankheiten  haben  ihren  ' 
Geschichtschreiber  gefunden  f  wie  der  Aussatz  an  Hensler, 
das  englische  Schweifsfieber  an  Grüner  etc.;  .selbst  tlher  den 
Ursprung,  der  Lustseush«  hat  man. sich  noch  nicht  vereinbaren 
können,  und  doch  liegt  uns  derselbe  höchst  wahrscheinlichi 
ziemlich  nahe  und  fällt  in  eine  Zeit,  wo  bereits  viel  geschrie« 
ben  wurde ;  Geschichten  der  Seuchen  und  epidemischen  Kon- 
stitution einzelner  Gegenden  ,  Städte  etc»  giebt  es  noch  gar 
nicht,  nnd  doch  müfsten  solche  spe<:iel)e  Arbeiten  der  allge* 
meinen  Geschichte  vorhergehen  und  sie  begründen,  auf  jeden 
Fall  würden  sie  die  Bearbeitung  derselben  sehr  erleichtern. 

Zieht  man  diese  Umstände  in  Erwägung,  so  wird  man 
dem  VerE  Dank  uhd  Achtung  zollen  müssen,  es  mag  auch  di» 
Arbeit, selbst  ausgefallen  seyn,  wie  sie  will.  Viele  Ansichj^en 
desselben  werden  vielleicht  ni^ht  gehörig  begründet  erscheinen 
und  in  der  Folgezeit  roodificirt  werderi,  ja  die  Grundidee  selbst 
kann  eine  Aendf rung  erleiden,  viele  anderweitige  Daten  wer« 
den  nachzutragen,  manche  zu  berichtigen  seyn,  manche,  welche; 
dem  Aberglauben  ,  der  Leichtgläubigkeit,  dem  Mangel  an  wis- 
senschaftlicher Bildung  d^r  Zeit ,  in  welcher  sie  erzählt  wer- 
den, ihren  Ursprung  verdanken ,  und  welche  sich  nicht  alle 
so  bestätigen  werden,  wie  die  neuerdings  so  trefflich  beleuch- 
teten Meteorniederscbläge ,  werden  gänzlich  gestrichen  wer- 
den, ja  die  ganze  Geschichte  der  Krankheiten  und  Seuchen 
könnte  sich  nVöglicherwei^e  ganz  anders  gestalten,  als  sie  hier 
vorgetragen  wird;  niemals  kann  dadurch  der  Dank  und  die 
Achtung,  die  wir  dem  Verf.  aollen  müssen,  der  Ruhm,  den 
^r  sich  auf  einem  bis  jetzt  fast  gar  nicht  betretenen  Wege  er- 
rang, geschmälert  werden.  Immerdar  mufs  das  Verdienst 
desselben  anerkannt  werden,  daXs  er  der  erste  in  Deutschland 
war,  der.  mit  deutschem  Fleifse  sammelte,  mit  deutscher  Ge- 
nauigkeit und  Gewissenhaftigkeit^  erzählte,  mit  deutscher 
Gründlichkeit  einzudringen  und  mit  deutschem  Sinne  dieLehre 
iaein  Ganzes  zuigestalten  suchte.  Wir  hoflen,  dafs  sei/i  Bei* 
spiel  Nachahmung  finden  werde-,    und  dafs   vorerst  die  Gt- 


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,«ehiclit<!  einzelner  Krankheiten  ^  so  wie  die  Seuichen  einseTner 
Orte  aorgftltiger  und  häufiger  bearbeitet  Verden  wird- und 
glauben,  dafs^dies  ein  vors^Oglicb  angemesaeiles  Thema  für 
rnauguralschriften  seyn  möchte. 

Es  Kann  wohl  billigerweise  nicht  erwartet  ifretien ,  daf»  ' 
wir  an  diesem  Orte  etwas  wesentliches  zur  Bereicherung  'oder< 
Berichtigung  der  Geschichte  der  Krankheiten  beitragen,  oder 
aach  nur  die  Angaben  des  Verf.  bestätigen.  Dazu  fehlt  es 
diesen  Blättern  an  Ra^m^  uns  aber  selbst  an  den  ndthigenMit« 
teln.  Auch  wollen  wir  durch  einen  ausfohrlichen  AUszuV  den 
Intern  unserer  Blätter  das  Lesen  der  Schrift  nicht  unndthig 
machen  9  sondern  sie  vielmehr  durch  eine  kurze  IDar&tellung 
der  Grundidee^  der  Form  und  des  Inhalts  zum  Studium  der« 
felben  geneigt  zu  tnacheA  suchen  und  uns  bei  dieser  Gelegen« 
faeit' einige  Bemerkungen  erlauben. 

Die  Idee,  welche  dieser  Schrift  zum  Crunde  liegt,  und 
jick  wie  ein  verborgener  Faden  durch  dieselbe  hinzif*hty -an 
vielen  Stellen  deutlicher  hervortritt,  wird  in  der  Einleitung 

.  (S  i — 18)  auseinandergesetzt  und  scheint  uns  in  folgenden 
Worten  des  Verf.  selbst  ausgesprochen  zu  seyn:  »Die  Krank« 
betten  des  Menschengeschlechts  sind,  verschieden  von  'den 
Mos  intercurrirenden  Krankheiten,     nicht  für    unmittelbare»^ 

'  Product  der  Aufsenwelt,  sondern  vielmehr  als  aus  dem  innern: 
Leben  des  Menschen  hervorgehend,    eber^för  Ausgleichungs* 
versucke  zwischen  der  in  Di^Ferent  theils  mit  dem  Planeten^ 
theih  mit  der  intellectuellen  und  moralischen,  kurz  der  weit« 
geschichtlichen  Entwickelung^  gerathenen  Natur  des  Menschen 
zu  halten ,  indem  solche  Ausgleichungen  nicht  allmählig,  son«  • 
dern  meist  durch  Seucheti,  denen' eine  ung<^wdhnliche  Frucht«, 
barkeit  des  MenscbengescblecUts  folgt,  zuatande  Aommen  oder 
Wenigstens  durch  das  Erscheinen  neuer  bisher  nicht  gekann« 
ter  Krankheiten  bezeichnet  sind.     Dem  gemäfs  sind  die  Epi-  - 
demreen   theils  objective,  theils  subjektive ;*  in  jene^n  betrifft/ 
die  Ausgleichung^  eine  Differenz  mit  dem  Flaneteii,  in   diesen 
bezieht  sie  sich  mehr  anf  das  Weltgeschichtliche«     Als  Aeprä« 
sentänt  von  jenen  ,  \y eiche  eine  grofse  Fläche  der  Erde  und  '' 
aufser  dem  Menschen  auch  andere  Organismen  befallen,  nicht ' 
kontagiös  sind  und  am  ehesten  periodisch  erscheinen  können^ 
wird  die  Influenza  genannt..   Die  wirklich  ansteckenden  Krank- 
heiten urni  unt>r  ihnen  vorzüglich   diejenigen,  welche  durch 
ei*rt  sogenanntes   ursprüngliches  Contagium   sich  fortpflauÄen^ 
gehören  zu  den  letzteren,  von; denen    die  Pocken  als  Reprä« 
sentant  genannt  werden.     Beide  Momente  kommen  aber  häuHg 
mit  einander  in,  Verbindung  vor  tind  bewirken  dann^betls^t«  ^ 


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SehoorDir  Xva^bei|«ii  dM  Mcpi»htng>ithleclitf.  '349 

»  / 

^  Weitere  Verbrfiltung;  theiU  eine  MacUficatioa  eigentlifimlicb«r 
f/ktK^er  fubjekttven  oder  otijeJbtiven  Seuche^  theil«  eine  b««» 
sooder«  Intensität  und  Bösartigkeit  derselben,  vorrügUcb  i^r 
er«tern.*<  —  £s  scheint  uns,  ah  ob  der  Ilr.  Verf.  diese^SSt^e 
ein  wenig  ausfübrlicber  als  gs  geschehen  ist,  hätte  entwickeln 
und  sugl  eich  auch  mehr  her  vor  heben,  sollen;  durch  das  erstere 
würden  sie. an  Klarheit  gewoanen^  durpb  das  letztere  mehr 
.  £tngahg  bei  dem  Leser  gefunde^^  haben  ^  welcher  sie  in  d^r 
gegenwärtigen  Gestalt  alUrdipg«  «ehr  leicht  (übersehen  oder 
wenigstens  nicht  für  das  halten  wird ,  was  sie  sind,  für  Bas 
Thema  des  gan£en\Buches,  —  Was  ihren  Inhalt  und  die  Sach^ 
selbst  bötriift;  so  möchte  erstens  zu  erinnern  seyn,  dals  der 
BegrifiF  der  Epidemieen  als  solcher  uns  die  Idee  einer  Ausglei« 
chung  auszuschlielsen  scheint.  Denn  so  wie^  die  Kranko^iC 
des  einzelnen  Menschen,  so  mufs  auch  die  Seuche,  d.  h.  die 
Krankheit,  einer  Mehrzahl  (wir  sagen  absichtlich  nicht  des 
Menschen^Gescblechts,  wie  unser  Verf.  und  Kitfser,  weil  diea 
in  seiner  Totalität  wohl  noch  niemals  von  Krankheit  ergriffen 
worden  ist,  dieser  Ausdruck  daher  als  Übertrieben  getadelt 
werden  mufs),  immer  nur  in  einer  Differenz  bestehen,  die 
Ausgleichung  erfolgt  erst  in  der  Heilung  der  einzelnen  Krank« 
beit  und  in  dem  Aufhören  der  Epidemie;  ein  Zeuge  derselben 
ist  die  neu  eintretende  Gesundbeit  und  höhere  Liebensfülle 
bei  dem  Einzelnen  9  so  wie  [die  geringere  Sterblichkeit  und] 
die  grölsere  Produktivität  und  Zeugungskraft  nach  der  Sea<P 
che  9  welche  sich  aber  auch  bei  den  einzelnen  Menschen' findet, 
die  eine  schwere  Krankheit  überstanden  haben.  —  Ferner 
scheint  e^  Mns  aber  ganz  unmöglich,  die  Entstehung  irgend 
einer  Epidemie  zu  erklären,  ohne  zugleich  auf  das  endemi- 
sche VerhältniTs  Rücksicht  zu  nehmen«  Alle  entstehen  ja  an 
einem  bestimmten  Orte,  von  wo  sie  sich  langsamer  oder  schi\el«' 
1er  weiter  verbreiten;  überhaupt  ist  all^s  Konkrete  sowohl 
an  Raumes«  als  an  Zeitverbältnisse  gebunden.  Deshalb  wür- 
den wir  es  für  nöthig  erachtet  haben  ,  in  diesem  historischen 
Theile  auch  auf  das  geographische  Verhültnifs  Rücksicht  zu 
nehmen ;  .es  hat  dies  jedoch  der.  Verf.  weder  in  der  Einleitung, 
noch  auch  sonst  in  der  ganzen  Schrift  getban  und  er  scheint 
uns  allzu  rigordt  das  historische  und  geographische  .Verhält« 
nifs  der  Krankheiten  aus  einander  zu  halten«  —  Auch  möchte 
es  wohl  nicht  erweisbar  seyn  ,  dafs  irgend  eine  kontagiöse 
Seuche  ohne  Einflufs  der  tellurischen,  .planetarischen,  atmo- 
sphärischen oder  objektiven  Verhältnisse  entstandeji  sey,  die 
e*  g,^  subjektive  oder  weltgeschichtHche  Differenz  möchte  über« 
baujpt  nicht  leicht  als  Ursache,  der  Seuche  au  erkennen  B^yn-, 


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'350     I      'Jehntirr^ir  Krtskhfit«ii  d«i  M«öi^«o{M€liIedk|i» 

vrenn  «ie  auch  auf  Verbreitung  derselben  «inen ,  sicbtliclien 
Einfii^fs  hat,  und  es  werden  datier  auch  die  einzelnen  Momente^ 
,  worauf  ,e&  ani^omnit  \ind  wodurch  sie  «ich  äufsert,  iil  dieser 
^chrift  ^ebr  unbestiiniiit  angegeben^  da  im  Gegentheil  -  mit 
grof^er  Bektimoitbeit  auf  die  Umstände  aufmerksam  geiiiacht 
wird»  welche  die  s.  g«  objektive  Differene  beseichnen;  «— 
Da^  Wahre,  was  in  dieser  Unterscheidung  Hegt ,  scheint  uns 
darin  zu  besteben ,  dafs  die  s,  g»  subjektiye  Seit«  der  SeMchen 
der*  Anlage  zu  Krankheiten  einzelner  Individuen  entspricht, 
^die  objektiv«  aber  dem,  was  gewöhnlich  lufserea  ursäcMi« 
ches  Moment  .  oder  Gelegenheitsursache  genannt  wird;  dafs 
beide  zur.  Ai^^bildung  jeder  Seuche  noth wendig  sind,  dafs  aber  , 
das  eine  Mpmentl)isweilen  das  andere  überwiegen  kann  und 
eben  so  sich  die  Seuchen  bald  vorwaltend  aus  dei*  Konstitutioa 
einer  gr^fsern  iVJen  sehen  zahl ,  bald  vorzugsweise^  in  Folge  von 
äufsern  planetariscben  Veränderungen  entwickelt,  wie  dies 
auch  bei  den  Krankheiten  einzelner  Individuen  in  so  fer^  statt 
findet,  als  man  konstitutionelle  Krankheiten  von  denjenigen 

'  unterscheidet,  welcjie  in  Folge  bestimmter  l^ufserer  Gelegen- 
beitsursacben  entstanden  sind.  — 

Die  Art  und  Weise,  wie  diese  Grundidee  in  der  Schrift 
selbst  durchgeführt  wird,  ist  sehr  lobenswerth ;  sie  erscheint 
nicht  als  eine  Hypothese,   welche  der  Verf.  auf  Kosten  der 

.  Wahrheit  zu  verfechten  suchte,  sondern  mit  der  grölsten  Un» 
parthetlichkeit  des  Geschicbtscbreibers  berichtet  er,  was  sich, 
.zugetragen  bat,  u^^d  hebt  an  einzelnen  Stellen  die  bestStigen- 
de;n  Momente  heraus,  ohne  das  zu  verschweigen,  bder  zu 
verdrehen,  was  auf  diese  Idee  /licht  z^urückgeführt  werden 
kann« 

Die  Anlage  der  Schrift  jund  ihre  Form  ist  sehr  einfscb« 

'  Was  die  Geschichte  aufbewahrt  hat  und  von  dem  Verf.  aufge-  . 
funden  vv^rden  konnte,  wird  in  chronologischer  Ordnung  be- 
richtet. Geistreiche  Raisonnements  und  Vergleichungen  der 
einen  Zeit  mit  der  andern  werden  eingest/eut,  so  dafs  das 
Ganze  nicht  das  Ansahen  einer  geistlosen,  registermäfsigen 
Chronik,  sondern  daa  einer  geistreichen  Zusammenstellung 
von  Daten  hat.  Welche  dereuist  eine  Geschichte  der  Seuchen 
Begründen  kann.  Der  Styl  ist  im  Ganzen  recht  fliefsend  und 
klar,  nur  kommen  bisweilen  zu  lange  Perioden  vor,  und  die 
Betrachtungen,  die  der  Vfcrf,  roittheilt,  treten;  wie  schon 
oben  angedeutet  wurde,  nicht  ganz  scharf  und  bestimmt  v'or 
das  Auge  des  Lfese.rs,  der  auch  dadurch  in  höherem  Grade  an« 
gestrengt  wird,  dafs  ihm  sehr  wenig  Rubepunkte  gegönnt 
werden;     Denn  die  gans«  mehr  als  tausend  Seiten  enthaltend« 


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;S«liiiiirrtr  Kn^khekcb  4%$  McmeliMigtietiltfhtf«  ZS$, 

Sclitift  «erfilHt  titii*  in  vier  Abschnitte,' ron  denen  der  letut» 
den  ganzen  asweiten  Band  füllt  und  ohne  Unterbrechung  von 
5. '6  bis  622  fortläuft.  Die  Bezeichnung  der  Abschnitte  wii^d 
von  der  politischen  Geschichte  hergenommen  und  der  erste 
"erstreckt  sich  bis  «u  der  gröfsen  Völkerwanderung,  der  zweite 
his  zu  den  Kreuzztlgen,  der  dritte  bis  zur  Erfindung  der  Buch- 
druckerkunst  und  'd«r  vierte  bis  in  die  neueste  Zeit  (den  An« 
fang  des  Jahres  l824)»  WSpc  es  nicht  angemessener  gewe« 
ten^  w^enn  mehrere  Abschnitte  und  Unterabtheilungen  ge« 
macht,  und  die  Bezeichnungen  derselben  von  dem  Auftreten 
einer  neuen  Seuche  entleJhnt  worden  wären?  —  Ein  s*hr 
wichtiges  Bedürfnifs  des  Jl.esers ,  der.  diese  Schrift  benutzen 
w^ill ,  wird  durch  das  Register  befriedigt.  Wir  würden  ttber** 
dies  noch  chronologische  Tabellen  wünschen,  wo  in  der  einen 
Rubrik  die  tellurischen,  in  der  andern  die  welrgeschichtlichert 
iind  in  der  dritten  die  Krankheits-Erscheihun«^en  angegeben 
W^ren,  Wir  meinen,  dafs  eine  Vergleichung  dieser  Mo- 
mente, welche  dann  erst  möglich  oder  wenigstens  erkichtert 
Würde,  sehr  interessante  Resultate  geben  müfste. 

Mit  dem  Reicht hkim  und  der  Mannigfaltigkeit  des  Stof« 
fes  wird  wahrscheinlich  auch  der  begierigste  Leser  zufriedeil 
gestellt  werden,  und  nur  die  wichtigsten  von  deft  Erschei- 
nungen ,  welche  so  oft  wiederkehren,  werden  wir  hier  beruh« 
ren  können.  Ein  wichtiger  Einfluis  auf  die  Entstehung  von 
Seuchen  und  auf  die  Beschaffenheit  der  stationären  Konstitn« 
tion  wird  den  Kometen  beigemessen  und  das  häufige  Vorkom- 
men derselben  angezeigt.  Ferner  werden  die  atmosphärischen 
Einflüsse  sehr  sorgfältig  berücksichtigt,  zu  denselben  zählt 
der  Hr.  Verf.  auch  die  Meteorsteinfälle  und  gibt  nicht  nur 
diese  an,  sondern  auch  die  Niederfälle  von  Aschenregen,  Blut« 
l'egen,  blutiger  Masse,  welche  zündete,  die  Erscheinungen 
von  Feuer,  FeuerkMgeln,  Feuermassen-  Säulen-  Strahl-Regen 
u.  a.  Leuchterscheinungen  am  Himmel,'  die  ^merkwürdigen 
signacula,  truciculae  etc.,  welche  in  dem  15ten  Jahrhundert 
oft  auf  den  Kleidern  entstanden  und  nach  1500  nicht  mehr  er- 
wähnt werden,  Sternschnuppen  etc#  Auffallend  hoher  odef 
niedriger  Barometerstand,  Abweichung  der  Magnetnadel,  aus- 
gezeichnete Gewitter,  Hagelwetter,  ^grpfse  Hitze  und  Kälte, 
Trockenheit  und  Feuchtigkeit,  Höherauph  ,  Nebel, -Regen, 
Schnee,  Nordlichte,  heftige  Stürme,  ungewöhnliche  Verdun- 
kelung des  Tageslichts,  sehr  abweichende  Beschafferiheit  der 
Witterung,  (z.  B,  Reif  und  Schnee  in  den  Sommermonaten), 
ungewöhnliche  Sommer  und  Winter  etc.  werden  besc|^rieben* 
Von    tellurischen    Momenten    werden    UeberflkChwemmungen, 


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'  Abi^ehmeii  undZurückweichen,  Au£brausen  und  Uebertträmeit 
d^s  Meeres  y  der  Seen  und  Quellen^  Einbrüche  und  hohe  ^Iw* 
then  des  Meere»/  Versenkungen  ,  Erdbeben,  Erdfälle,  Erd^ 
spdlten,  Bergstürze,  Ausbrüche  ron  Vulkanen  etc.  nahn>bafc 

gemacht.     Ferner  werden  die  Jahrgänge ,:  welche  durch  Man« 

fei,  Hungersnoth'und  Theurung^  oder  durch  grofse  Frucht« 
arkeit  (besonders  am  Wein)  ausgezeichnet  waren,  erwähnt 
und  dabei  wird  bemerkt ,.  dafs  die  Seushen  gewöhnlich  erst 
alsdann  recht  verheerend  auszubrechen  pflegen,  wenn  nach 
schlechten  Jahrgängen  wieder  bessere  und  fruchtbare  folgen, 
80  daf^  die  Vegetabilien  in  Folge  der  planetariscUen  Di£Feren-« 
zen  früher ,  als  die  Menschen ,  zu  erkranken  pflegen.  Dafs- 
dabei  jedoch  das  Mutterkoirn,  das.  Lolium  temulentum  etc. 
nicht  unerwähnt  bleiben ,  versteht  sich  von  selbst;  denn  der 
Verf.  ist  nicht  so  von  seiner  Idee  beherrrscht.  dafs  er  es  nicht 
anerkennen  sollte,  wie  auch  die  schlechten,  verdorbenen  und 
/in  zu  geringer  Menge  genossenen  Speisen  Krankheiten  veran« 
las^sen.  Sodann  werden  auch  viele  Fälle  angeführt,  wo  dia 
teliurische  Differenz  theils  Seuchen  und  häuEges  Sterben  vie« 
Ler  Thiere  (  der  Bienen  ,  Fische ,  Vögel ,  besonders  der  Hüb« 
ner,  der  Katzen,  Hunde,  Füch&e,  der  Schaafe,  Schweine^ 
des  Rindviehs,  der  Pferde  u.  s.  w*),  theils  ungewöhnliche 
Vermehrung  und  Züge  derselben*  (z.  B*  der  Heuschrecken^ 
Spinnen,  der  Insekten,  der  Karpfen ,,  Mäus,e  etc.),  theils 
verändertes  Streichen  der  Fische,  grofse  Bewegung  unter  den 
Cfus^aceen  und  Erscheinen  de/selben  an  den  Küsten ,  beson« 
dere  Bewegung  unter  den  Vögeln  veranlafste«  —  Neue  Nah« 
rungsmittelz.  B.  di<5  Kartoffeln^  der  Kaffee  etc.  werden  nicht 
vergessen.  •-»  C^ef chichtlicb«  Ereignisse  werden  zwar  häufig 
berührt,  -jedocbtnicht  in  der  Ausdehnung,  wie  es  uns  nöthig 
SU  seyn, scheint,  und  auch  ^ie  werden  nicht  sowohl  aU  ursäch- 
liche JVXomente  der  Ent$tehung  und  Ausbreitung  der  Seuchen^ 
sondern  vielmehr  in.  so  fern  erwähnt ^  als  sich  in  ihnen  eine 
eigenthümliche  Stimmung  des  Menschenlebens*,  Geistes  und 
Tbuns  ausspricht;  Sehr  anziehend  wird  in  dieser  Hinsicht 
von  der  grofsen  Völkerwanderung,  den  Kreuzzügen  ,^  der 
grofsen  Kinderwallfahrt  im  J.  1209  und  der  Kindfahrten  nach 
St«  Michael  im  J.  1458  etc.  gehandelt»  • 


(Der  B^stfilujs  folgt.). 


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N.  23*  1825 

Heidelberger 

Jahrbücher  der  Literatur. 

Schnurrer  Blrankheitea  des  Menschen -^ Geschlechts^ 

''"^  Unter  den  Seuchen  nehmen  die  pestartigen  die  oberste 
Stelle  ein  und  werden  auch  in  dieser  Schrift  recht  ausführlich 
in  Hinsicht  auf  ihre  Entstehung ,  Ausbreitung ,  Verheerung» 
Dauer  y  Erscheinungen  und  in  Hinsicht  auf  ihren  Nachlals 
und  gänzliches  Aufhören  beschrieben.  Sehr  zweckmäfsig  wer^ 
den  die  einzelnen  Arten  aus  einandergehalten  und  die  Test  zu 
Athen  9    die  Bubonenpest,  welche  seit  dem  5ten  Jahrhunderbe 

frassirt  etc.,  als  ^igenthümliche  Krankheiten  beschrieben.  In 
[insicht  auf  die  letztere  wird  die  gefährliche  Ansicht  mitge- 
theilt|  dafs  in  dem  Westen  von  Europa  die  Empfänglichkeit 
für  dieselbe,  wenn  nicht  gänzlich  erloschen,  doch  wenigstens 
»ehr  vermindert  sey  und  dafs  die  Quarantaineanstalteh  nur  we* 
iiig  dazu  beitragen,  dafs  diese  Krankheit  Jetzt  selteii  in  Eu- 
ropa vorkomme»  Wir  nennen  diese  Ansicht  gefährlich  f  weil 
»ie  leicht  sehr  verderbliche  Folgen  haben  könnte,  wenn  sie 
etwa  einzelne  Behörden  veranlassen  sollte^  nachläfsig  in  Be* 
folgung  der  Quarantainegesetze  zu  seyn;  denn  dafs  die  Em- 
pfänglichkeit nichts  weniger  als  erloschen  Bt:y  f  davon  haben 
uns  neuere  festfälle,  z*  B.  zu  Noja  wohl  hinreichend  belehrt; 
überdies  Äehen  wir  ja  die  Pestfälle  so  bestimmt  an  den  Gren- 
zen aufhören,  wo  die  Quarantaineanstalten  anfangen^  dafs 
man  an  dem  Einfliir^  derselben  zu  Zweifeln  nibht  im  Stande 
seyrA  kann*  Auf  der  andern  Seite  ist  freilich  nicht  zu  leugnen^ 
dafs  sie  höchst  wahrscheinlich  fruchtlos  seyn  worden,  wenn 
der  höchste  Grad  von  Empfänglichkeit,  wie  er  vielleichf:  in 
jnanchen  frühern  Jahrhunderten  statt  fand,  noch  vorhanden, 
wäre*  Das  Wahre  in  dieser  Ansicht  scheint  uns  darin  äu 
beruhen^  ,  dafs  allerdings  die  Intensität  der  Seuche  und  die 
Empfänglichkeit  fiQr  dieselbe  bereits  vermindert  seyn  mufs, 
Wenn  menschliche  Gegenanstalten'  einen  Einflufs  gewinnen 
Süllen,  dafs  diese  aber  alsdahit  allerdings  viel  zur  Verhütung 
XVm.  Jaiirg.  4.  Heft.  23  '       ^ 


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354  Sohnurrex  Kranklieiten  äti  Metisehengesehleohu.^ 

der  Seucb«  beitragen^   welche  wabTScheinlich^   wenn,  auch  in 
'  längeren  Pausen,,  hoch  Jahrhunderte  lang  ohne  Gegenanstalten 
fortdauern   und   immei^  wieder   erscheinen  würde.       Eben  so 
verhält  es  sich  auch  mit  den  Blattern,    deren  Verschwinden 
unser  Verf.  nicht  den  Kuhpocken  allein,  sondern  auch  der  ein« 
,    getreteneu  Vemiinderung  der  Intensität  beizumessen  geneigt- 
•   ist.     In  diesen  Behauptungen  zeigt  es  sich  offenbar,  dafs  der 
Ver£  durch  die  oben  erwähnte^  Grundidee  von  der  Entstehung 
und  der  Bedeutung  der  Seuchen  sich  izu  weit  habe  führen  las- 
sen, dafs  er,  um  konsequent  zu  bleiben,  zu  viel  behauptet 
und    das,    was    allerdings  von  dem  spontanen  Aufhören   der 
«iehrsten  Seuchen,    gegen    welche    die  Kunst  und  Kraft   der 
Menschen  keine  Gegenanstalten  aufgefunden  hat,  seine  yolfe 
Richtigkeit  hat,  auch  auf  alle  ausdehnt. 

Sehr  aufmerksam  verfolgt  der  Verf.  den  Ursprung  und  die 
weitere  A^usbreitung  der  eben  genannten  Blattern  und  des 
Scharfachfiebers',  der  Masern  wird  weniger  gedacht,  •—  Fer- 
ner werden  die  eigenthümlichen  Krankheiten  des  Mittelalters, 
d,  h.  diejenigen,  welche  entweder  blos  in  diesem  Zeitabschnitt 
I  vorkommen  oder  sich  damals  gebildet  und  bis  auf  die  neuere 
Zeit  erhalten  haben,  und  unser  Interesse  in  dem  höchsten 
Grade  in  Anspruch  nehmen ,  tpit  einer  der  Wichtigkeit  des 
Gegenstandes  angemessenen  Sorgfalt  abgehandelt.  So  das  eng- 
lische Schw'eifsfiei>er,  die  schwarze  Krankheit  und  der  schwarze 
Tod,  die  Petechien  und  Petechialfieber,  das  ungarische  Fi e* 
her,  das  Antonius-  oder  heilige  Feuer,  der  Aussatz,  die 
Liustseuche ,  der  Weic^selzopf,  der  Keuchhusten,  Scorbut, 
;  die  Rhachitis  u,  s.  w«  Es  wird  gezeigt,  dafs  die  Influenza 
in  hundertjährigen  Perioden  grassirt  hat.  Aufserdem  werden 
der  Abortus,  der  zu  Pestzeiten,  einigemal  3ber  auch  zu  an- 
de4n  Zeiten  in  grofsfer  Frequenz  vorkam,  die  brandige  Bräune, 
die  Parötideiigeschwulst,  die  Liuftröhrenentzündung,  Brust- 
entzündung, welche  nicht  zu  allen  Zeiten,  wie  jetzt,  mit 
Blutentzjehung  behandelt  werden  durfte,  die  Augenentzün- 
duiig  und  die  Gangrän  der  Augen,  Herzentjsündung  und  Herz- 
bräune, das  Nasenbluten  und  Nielsen,  die  Schlafsucht  und 
Apoplexie,  der  Anthrax  und  Carbunkel,  die  Kolik,  Ruhr, 
Gellisucht;  das  Gallenfieber,  Faulfieber,  Nervenfieber,  Schleim- 
fieber ,  der  Typhus,  das  Hungerfiebör,  welches  im  J.  1683 
zu  Leyden  grassirte,  die  Wechselfieber,  von  denen  bisweilen 
die  Qnartanen  ungfvvöhnlirh  zahkeich  vorkamen  ,  das  Ker- 
kerfieber  (z.  B»  zu  Oxford),'  die  Kriebelki^ankheit,  der  Friesel 
und  viele  andere  Krankheitsformen  in  ihrem  epidemischen  Vor- 
kommen  ausführlich   abgehandelt.       Endlich  wird    auch  den 


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Schnorrer  KivftUiciteii  des  Mentdien^eseLIeohu.        .    355 

Sueben»  Welche  in  der  neuesten  Zeit  sidb  auftgebtldet  bäben^ 
dem  gelben  Fieber  und  der  Cholera  die  nötbige  Aufmerksam« 
Iceit  gewidmet.  —  Hierbei  können  wir  jedoch  die  Bemerkung 
nicht  unterdrücken  y  -  dafs  es  gut  gewesen  wfire,  wenn  der 
fYerf.  öfter  und  Vollstflndiger»  als  es  geschehen  ist,  seine  Ge« 
währsmänner  citirt  und  überhaupt  in  einer  Uebersicht  die 
von  ihm  benutzten  Schriften  ansefOhrt  hätte.  Wir  eweifela 
nicht  an  der  Wahrheitsliebe  des  Verf. ;  aber  es  Würde  dadurch 
die  weitere  Bearbeitung  dieses  Gegenstandes,  der  dui'ch  die 
vorliegende  Schrift  keines weges  erledigt  ist,  andern  sehr  er« 
leichtert  worden  seyn. 

So  glauben  wir  g«nug  von  dem  Inhalte  dieser  Schrift  ver« 
rathen  zu  haben,  um  derselben  recht  viele  Leser  auzuwenden;- 
tinter  diesen  wird  es  ho£Fentlich  mehrere  geben^  welche  sies 
«um  Gegenstand«  ihres  aufmerksamen  Studiums  machen  und 
die  Sache  selbst  weiter  fördern  werden.  Es  möchte  dies  in 
der  gegenwärtigen  Zeit  besonders  empfehlenswerth  seyn  ,  in 
Streicher  in  der  äufsern  Natur ,  in  dem  planetarischen  Verhält- 
nifs  so  manche  ungewöhnliche  Erscheinungen  vorgekommen 
sind,  wie  grofse  Ueherschwemmungen,  theils  (^urch  die  Flüsse 
und  Austraten  und  Ueberflie(sen  der  Quellen ,  theils  durch 
Austritt  des  Meeres  veranlafst.  Stürme  j  Gewitter  im  Winter, 
•viele  Meteore ,  schnelles  Sinken  und' Steigen  des  Barometers, 
der  im  Ganzen,  diesen  ganzen  Winter  hindurch  sich  über  der 
mittleren  Höhe  befand.  Kälte  und  nach  vorhergegangener 
Trockenheit  viel  Schnee  in  Neapel,  geringe  Kälte  und  wenig 
fichnee  In  Deutschland,  Rnfsland  u.  s.  w.  Soll  man  nicht 
denken,  dafs  dies  einen  au^ffallendenEinflufs  auf  die  stationäre 
<x>n8titution  haben  wird  ?  Die  bis  jetzt  herrschende  scheint 
ohnehin  unserer  Erfahrung  zu  Folge  namentlich  in  diesem 
Winter  bereits  eine  auffallende  A«naerung  erlitten  zu  haben, 
welche  wir  an  einem  andern  Orte  näher  bezeidinen  ^werden. 
Ja  ist  es  nicht  möglich ,  dafs  uns  Seuchen  bevorstehen  ?  ohne« 
«hin  wälzt  sich  aus  dem  Osten  ein  mächtiger  Feind  heran  und 
kommt  uns  näher  und  es  läfst  sich  im  Voraus  Wohl  nicht  be« 
.  ^stimmen,  ob  er  sich  an  gewisse  Breitegrade,  wi^  das  gelbe 
•Fieber,  binden  wird.  Doch  wir  wollen  keinen  Unglücks* 
*propheten  abgeben ,  sondern  die  Aufmerksamkeit  den  Erschei«  . 
*iiungeu  zuwenden ,  welche  in  der*  äufsern  Welt  und  in  dem 
^Menschenleben  vorkommen^  den  Hrn.  Verf.  aber  insbesondere 
gebeten  haben ,  von  Zeit  zu  Zeit  in  Zeitschriften  Ofler  beson* 
dern  Abbandlungen  die  Geschichte  der  Seuchen  fortzuführen  , 
oind  die  Ergebnisse  der  neuesten  Z^it  nachzutragen. 
■     .    t  .  U.  Puchelt. 

23* 


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366  '  '  'HoföUen  von  Tieek. 

Novellen  von  Ludwig  TiecK     Dresden.     In  der  Araol^scJan  Bueh^ 
^handlang  f  ister  iis  Zier  Band. 
Ancli  unter  ^Aem  besonde»  Titeln : 

ir'  ^attd^    Die   Gemälde ,  184  S,f      2r  Band»    Die  Verlobung^ 
124  S.     3r  Band^  Die  Reisenden  ^  i98  S. 

Es  gewährt  uns  ein  eigenes ,  erfteuliches  GefObI ,  einem 
Schriftsteller,  an  dem  wir  uns  früher  mit  inniger  Liebe  er- 
götzt hatte^^  nach  einer  Reihe  von  Jahren,  während  welchei: 
wir  nichts  von  ihm  gelesen  und  auch  er  selbst  fast  gänzlich  in 
seinem  dichterischen  Schaffen  ruhete,  wieder  zu  begegnen^ 
und  zu  gewahren,  wie,  indessen  in  uns  selbst  mit  unserer 
ganzen  Lifbensansicht  auch  unser  Urtheil  über  schriftstelleri- 
sche WerJce  eine  bestimmtere  Gestalt  gewonnen,  nun  2|uch  bei 
diesem  Schriftsteller  sjch  so  manches,  was  früher  in  einer 
phantastischen  ünbegränztheit  erschienen  war,  in  einer  festem 
Form  und  gröfsern  Läuterung  zeigt.  Wenigstens  war  dieses 
mit  dem  Ref^  der  Fall,  als  er  die  beiden  ersten  der  hier  ange« 
zeigten  Novellen  eines  in  der  zuletzt  verfiosftenen  Periode  so 
einnufsreichen  Dichters  las«  £r  fand  in  denselben  eben  die 
grofse  Anmuth  und  Lieblichkeit  wieder,  wie  in  vielen  d^r 
frühern  Arbeiten  dieses  Dichters,  dabei  aber  noch  eine  aufser- 
ordentliche  Klarheit  und  Durchsichtigkeit  der  Farben  in  die- 
sen Gemälden.  Der  Styl  ist  unübertre£Fiich  leicht,  nattfrlich 
und  edel,  durchgeglättet  und  gediegen,  und  auf  eine  sehe 
verträgliche  Weise  Witz  .und  Humor  mit  grofser  Gemüthlich- 
keit  vereint. 

In  Hinsicht  der  Erfindung  gewährt  dann  die  erste  Novelle, 
die  Gemälde  überschrieben,  noch  das  besondere  Interesse^ 
dais  sich  das  Gänze  um  Gemälde  dreht,  undv alle  auftretende 
Personen  Maler,  Kunstfreunde  oder  Gemäldebesitzer  sind» 
W  r  weifden  sogleich  in  dem  Eingange  mit  dem  jungen  Eduard 
in  den  Gemäidesaal  ^es  Geheimen  Käthes  Walt  her  versetzt, 
wo  wir  auch  den  Fürsten  in  seinem  Incognito  treffen. 
Walther  ist  enthusiastischer  Kunstfreund,  und  bei  der  beab- 
sichtigten Vermählung  seiner  Tochter  Sophie  allein  darauf  be- 
dacht, einen  Eidam^zu  gewinnen,  in  dessen  Händen  seine 
Gemäldesammlung  gesichert  seyn  wird.  .Eduard  ist  der  Sohn 
von  dessen  Freunde,  der  früher  noch  zahlreichere  Gemälde, 
als  der  Geheimerath,  besessen  ,  die  aber,  wie  andre  gesajn- 
melte  Schätze,  durch  seinen  einzigen  SpröfsUng,  der  ohne 
Sinn  für  Kunst,  sich  einem'  ungeregelten  Leben  ergab,  bis 
auf  eine  Zahl  der  auserlesensten  Bilder  zerstreut  wurden  I  und 


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Norellc»  yon  Tteck.  J57 

auch  diese  sind' verschwunden  9  ofan6  dafs  doch  jemaDd  weifs, 
wohin  sie  gekommen. 

Nachdem  nun  Eduard  fsist  sein  ganzes  Vermdgen  ver- 
schwendet und  sich  lange  vor  dem  Freunde  seines  Vaters  nicht 
geseilt  hat;  so  erscheint  er  hier  mit  einem  Gemfilde,  angeb« 
lieh  einem  Salvator  Kosa,  dessen  Unechtheit  aber  von  dem 
Prinzen ,  der  als  unbekannter  Kunstliebhaber  in  der  Gallerie 
arbeitet  y  erkannt  wird.  In  Z>vist  und  mit  Schande  raufs  der 
Beschämte  sich  eiitfernen,  nachdem  er  nur  der  Freude  genos« 
aen,  dafs  ihn  aus  dem  kleinen  Fenster  das  Köpfchen  Sophiens 
seiner  Jugendfrenndin,  als  das  schönste,  lebendige  Bild,   he- 

f [rufst  hat.  £r  fühlt  heftige  Liebe  und  beschlielsty  ein  ordent* 
icher  Mensch  zu  werden.  Das  Bild  aber  hatte  er  nicht  seihst 
verkaufen  wollen  ^  sondern  nur  in  dem  Auftrage  seines  Freuiv* 
des,  des  alten  Malers  Eulenbdck,  gebracht.  Dieser  steht 
als  eine  ganz  diabolische  Gestalt  da:  ein  Säufer,  Schlemmer» 
Heuchler  un4  Verläumder,  auch  in  seinem  Aeufsern  eine  ganz 
verzerrte  Figur,  an  dem  sich  aufser  seinem  entschiedenen 
Kunsttalente  nichts  Guter*  befindet  und  dessen  Humor  und 
sprudelnder  Witz  nur  seiner  bösartigen  Ironie  dienen  mufs» 
Gerade  das  Gegenbild  zu  ihm  stellt  der  junge  deutsche  Maler 
Dietrich  dar;  mehr  vermittelnd  steht  der  alte  Kunsthänd-  . 
}er  Erich  da  und  eine  scurrile  Beigabe  des  Dichters,  seine 
Scenen  zu  beleben,  sind  die  beiden  He  rren  Von  Eichen* 
schlicht,  das  Krokodil,  der  Pietist  und  Buchhalter. 

Wir  müfsten  das  Buch  selbst  abschreiben  ,  wollten  wir 
alle  die  witzigen  Scenen  aufzeichnen,  in  denen  nun  in  Ge- 
sprächen ,  freundlichem  und  abstofsendem  Begegnen ,  Gaste* 
feien  und  zuletzt  in  dem  Feste  an  dem  heiligen  Dreikön}gs* 
abende  das  Ganze  sich  bewegt,  bis  endlich  Eduard,  durch  die 
Tolizei  von  seinen  ausgelassenen  Gästep  befreit,  die  ver* 
schwundenen  Gemälde  aus  ihrem  Kerker  —  von  denen  wir 
übrigens  nicht  recht  verstehen,  wie  sie  hinein  gekommen  — 
bervor  holt  und  nun,  als  Besitzer  so  aufserordentlicber  Kunst* 
schätze,  die  Hand  seiner  Geliebten  erhäk,  die  auch 'nur  um> 
ihre«  Vaters  willen  sich  erst  etwas  widerspenstig  gezeigt 
batte. 

Uebiigens  bleibt  in  dieser  ebenso  schelmischen  als  gemüth* 
liehen  Sophie  immerhin  etwas  Fratzenhaftes  und  ihr  Gelieb* 
ter  ist  ein  weichherziger  Sünder  ,  der  blos'  um  ihres  schönen 
Gesichtes-  Und  der  erwarteten  Vorlheile  eines  bessern  Lebens- 
willen  Bekehrung  gelobt  und  kaum  seinem  Vorsatze. 'würde 
treu  geblieben  aey:a,  wlxie  ihm  nicht  das  Glück  in  der  plcHz» 


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34ft  Bovdten  yon  ^leck.» 

liehen  Wiederericheinung  der  vertorenen-O^niälcte  Att  'Half»^ 
gekommen. 

Sonst  stehen  alle  Personen  in  frischem  regem  Leben  da 
iind  gar  anziehend  ist  die  Art ,  wie.  «ich  in  der  Kunstansicht: 
einer  jeden  ihre  ganze  Leben^sansicht  abapiegielt^  so  wie- die 
kurzen  , eingestreuten  K^unsturcheile  ein  besonderes  Jnteresse 
gewähren.  Gesprochen  freilich  wird  hier  und  da  aljzu  viel 
und  sehr  natöflich  fögt  sich  in  der  Verschlingung  und  Ent- 
wicklung äea  Stockes  nicht  alles.  Auch  erräth  maji  sogleicfa^^ 
dafs  alles  sich  so  Idsen  werde;  so  wie  von  einem  Prinzen  die« 
Rede  ist«  der  kommen  solU  vermuthet  man, diesen  in  dem^ 
vornehmen  Unbekannten,  und  der  vejständige  Leser  weifs 
voraus 9  so  wie  er  nur  von  den  vermifsteii  kostbaren  Gemäl- 
den ^drt,  dafs  diese  sich  wieder  vorfinden  und  dem  Verach<< 
teten  zu  Ehre  und  Glück  verhelfen  werden.  Sonst  möchteir 
wir»  um  mit  wenigen  Worten  von  dieser  N9velle  ein  Urtheil. 
zu  ffillen,  darauf  anwenden,  was  der  alte  Eulenhdck  verglei- 
chend von  seinem  Weine  sagt:  MDafssich  hier  zeige 
die  ruhige  Gediegenheit  trefflicher  Sch^riftatel- 
ler,  Gemüth  uiid  Ftille.,  ohne  Phantasterei- und 
sebwärmerische  Allegorie*« 

Wenn  indessen  diese  Novelle  mit  aller  Ergdtzung,  wel* 
che  sie  gewährt»  doch  nur  als  ein  glänzendes  Gebilde  der 
Phantasie  erscheint,  das  «ich  eine  Zeit  lang  in  erheiterndem; 
Spiele  vor  u^nserm  Blicke  bewegt,  von\dem  wir  aber  am  Ende; 
wenn  wir-  das -Buch  achliefsen,  auch  mehr  nicht  ats^die 
Erheiterung  einiger  Stunden  empfangen  haben ;  so  dient  diet 
aweite  Dichtung »  die  Verlobung  überschrieben,  zugleich 
einem  ernstern  Zwecke ,  und  kann,  je  nachdeo»  man  aie  ben 
trachtet 9  eineNovell^  oder  auch  nicht  genannt  werden.  Denn* 
•eben  wir^  auf  da»  Gescbichtiiche  derselben ,  so  findet  sich 
darin:  eine  verkannte  T^g^^d»  verborgene- Wohl thättgkeit,^ 
eine  Hau|iitpersony  die  erst  unter  der  Hülle  der  Gesehäftsfüh« 
rang  einer  .andern  erscheint,  und  dann  selbst  als  der  angekün- 
digte« Americaner  ,  auf  den  die  Aufiiierk&amkeit  hingeleitet, 
wirdi  hervor  tritt^  eihe  Flucht  zur  Mitternacht,  ein  ausge- 
sprochenes Bakennthifs ,  das  unbewufst  zu  den  Ohren  dessen 
dringt,  dem  es  verborgen  bleiben  soll  und  hierdurch  die  Ld- 
aung  des  Gänsen  herbei  führt,  und  andere  Ingredienzen  einer^ 
Novelle;  das  .Ganze  schliefst  nicht  mit  einer  Vermählung,  , 
sondern  mit  deren  vier ;  auch  in  den  vorkommenden  Namen, 
von  Wallen,  Weiden,  Halden,  Moser  und  selbst 
Brandenstein. liefse. sich,  me  in  früheren  Oichtjingen  deA 
Verf.,  eine  Anspielung  auf  dea  Character  der  damit  bezeicb«^ 


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l^oTdlen  voa  Tteek*  369 

mten  Feraonen  erkennen,  und  so  könnte  man  sagen,  daf»  die 
X)icbtung  in  ihrer  Erfindung  weder  etwas  UngewdhnlicLes, 
noch  Ausgezeichnetes  habe.  Aber  dies  soll  sie  auch  nicht, 
und  alles  diesiss'^Aeufsefe  ist  nur  d^s  Gewand ,  in  das  gewisse 
Ideen  eingekleidet,  ein  Spiel,  in  dem  d^r  höhere  Zweck  des 
Dichters  fühlbar  und  anschaulieb  werden  soll.  Und  hier  er- 
scheint dann  derselbe,  wie  in  frühem  dramatischen  Stückön^ 
^Is  derjenige ,  welcher  gewisse  Verirrungen  seiner  Zeit  eben 
so  mit  heiligem  Ernste,  als  mit  ergötzlichem  Humor,,  ja  mit 
der  scharfen  JLauge  einer  wenig  schonenden  Ironie  zu  geifseln 
weifs.  Wir  sehen  ihn  nämlich  hier  die  Kunst,  als  die  Die- 
nerin der  Keligion,  und  das  tief  phantastische  Element  des- 
Grauens in  der  Erziehung ,  so  Wie  die  feinere  Sitte  in  der 
höheren  Gesellschaft  in  Schutz  nehmen;  nebenbei  werilen  ei^ 
nige  Worte  zu  der  Ehrenrettung  eines  neuerlich  angegriiFenen 
berühmten  Dichters  gesprochen*  Doch  alles  dieses  sind  nur 
noch  Nebendinge,  und  was,  als  eigentlicher  Zweck  des  Gän- 
sen, in  der  Baronin  und  ihren  vier  schönen  Töchtern ,  nebst 
dem  Anhange  der  ihr  Haus  besuchenden  Freunde,  bervoiiireten 
•oll,  ist  die  falsche  Richtung  und  Aeufserung,  welche  das 
veieder  erwachte  religiöse  Regen,  besonders  m  dem  Bunde 
mit  der  Sentimentalität  der  vornehmern  Gesellschaft,  hier  und 
da  gewonnen  hat,  und  immer  mehr,  zu  blofser  Modesache 
werdend,  zu  nebmen  droht:  dieses  süfslich  und  selig  thun 
mit  Empfindungen,  von  denen  man  nicht  wirklieh  eigriEFen 
und  durchdrungen,  öder  nur  flüchtig  berührt  worden,  diese  ^ 
Frömmigkeit  ohne  wahres  inneres  religiöses  Leben ;.  diese  reli« 
giöse  Schamlosigkeit,  die  sich  in  ganzer  Nacktheit  zeigt,  und 
mit  den  geheinisten  Regungen  ^  welche  die  wahre  Frömmig- 
keit in  dem  innern  Heiligthume  zu  verscbliefsen  pflegt^  ein 
prunkendes  Spiel  treibt;  dieser  pharisäische  Hochmuth  ün.d 
dabei  die  Engnerzigkeit'  einer  Ansicht  die  nicht  auch  in  der 
Vernunft  der  Geschichte,  in  Kunst  und  Poesie^  und  selbst  in 
dem  heiter  frohen  Spiele  des  Lebens  das  Göttliche  erkenne» 
will  und  durch  .die,  wenn  sie  je  siegend  werden  könnte,  end- 
lich alle  gröfsere  Formen  des  öffentlichen  Lebens  zernichtet 
werden  müfsten.  Wie  viel  Herrliches  apsicht  in  dieser  Hi?>- 
sicht  der  Dichter  durch  den  Mund  des  erst  so  verläumdetei^, 
und  dann  alle  beschämenden  ^Grafen  von  Brandenstein.  Doch 
wird  hier  mehr  nur  die  Verirr ung  getadelt ,  als  dafs  das  reine 
religiöse  Leb^n,  ^as  mehr  ist,  als  blos  siftlicher  Sinn  und 
moralisches  Freiheitsgefühly  in  irgend  ei:ier  der  Perspnen  sfejb^t 
hervor  trete.  Auch  muüs  in  den  Bildern  der  Verirrung  das 
nothwendig  hier  und  da  den  Eindruck   schwächen,   dais  sie 


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I. 


366  NoTeHen  von  Tieek« 

allzsu  grdl  gezeichnet  sind ,  und  wir  wollen  auf  das  auffallend 
Unwahre  in  der  schnj&llen  Umwandlung  der  frommen  Ersiehe« 
rin,  die  nun  auch  gar  den  Anstand  nicht  mehr  wahrt,  blos 
hindeuten»  Dabei  raufs  es  dem ,  der  die  frühere  Ansicht  des 
Verfassers  kennt,  auffallen,  ihn  hier  als  Yertheidiger  des 
freiem,  reinem  religiösen  Elementes  auftreten  zu  sehen,  da 
er  früher  als  einer  der  eifrigsten  Verehrer  jener  ästhetisch- 
phantastischen Kunstreligion  erschienen  war,  und  interessant 
wäre  es  ,*  einen  Bliqk  in  des  Dichters  Inneres  werfen  zu  kön« 
iien  und  zu  sehen,  wie  fern  er  nun  zu  der  gröfsern  Anschauung 
des  I'jebens  und  der  Freiheit  der  Kinder  Gottes  gelangt,  denen 
Geschichte^  Natur  und  Kunst  eine  Offenbarung  des  Göttli- 
chen und  alles,  worin  ein  grdfseres  Regen'  des  Geistes  sich 
verkündet,  heilig  ist,  die  aber,  von  dem  Höchsten  selbst  er-- 
riffen  ,  über  allem  diesem  stehen ,  stark,  kräftig,  klar  und 
reiy  ohne  wie  Christus  selbst,  eines  andern  zu  bedürfen,  ala 
der  JElinigting  mit  dem  Vater. 

Doch  es  ist  hier  nicht  der  Ort,  diese  Idee  weiter  zu  ver- 
folgen« und  wir  danken  dem  Dichter,  der  sich  seines  treffli^ 
chen  Talentes  bediente,  einer  so  verderblichen  Verirrung  enti^ 
gegen  zu  kämpfen,  und  uns  eine  Dichtung  schenkte,  die  eben 
ao  ergötzt  als  tief  anregt.      .  ' 

Bis  hierher  hatten  wir  die  critische  Anzeige  der  beiden 
ersten  Theile  beendet,  als  «uns  der  dritte  zukam  und  wir 
bedauern;  von  diesem  nicht  ein  g}eich  günstiges  Urtheil  fällen 
zu  können.  Denn  obschon  diese  4i*itte  Novelle  den  beiden 
erstem  zusammen  an  Umfang  fast  gleich  kommt,  so  enthält 
sie  doch  kaum  die  Hälfte  des  Geistes  und  der  anregenden  Kraft 
einer  derselben.  Was  soll  überhaupt  dieses  seltsam  zusam- 
mengefügte Werk  mit  seiner  unendlifchen  Breite ,  und  in  wet« 
ehern,  fast  ohne  alle  Handlung  der  auftretenden  Personen,  der 
ZufaH,  wie  ein  allmächtiger  Gott,  alles  naeh  seiner  Laune 
gestaltet?  Ganz  planlos  sehen  wir  den  geckenhaften  Baron 
von'Kron'enberg  mit  seinem  Geheimnisse  des  gefährlichen 
Buches  durch  das  Stück  hinschweifen'.  Zuerst  trett'en  wir  den 
von  seinen  Wechseln  Verfolgten  in  dem  Gasthause  vor  dem'^ 
Thore/  Hier 'führt  ihm  sogleich  der  Zufall  nicht  etwa  blos 
einen  Freund  und  den  Diener  Ghri  stoph,  sondern  auch  dem 

feheimnifsvoll  thuenden  den  wirklich  GeheimnifsvoK- 
en  zu,  der  ihm  zum  Danke  für  die  empfangene  Wohl  that- 
die  Brieftasche  entwendet,  von  dem  wir  aoer  vorausse>- 
ben,  dais  er  mit  dieser  zu  bedrängnifsvoUer  Zeit  hülfreich 
wieder  erscheinen  werde*  Von  den  beiden  Herren  von 
WiHbausen  vrird  dann  der  Seh  weitende  nach  Neubau^ 


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Novdleii  ttm  Tiect:.  36l 

^erwieieni  und  von  hier  weggescbeuclit»  trSgt  ihn  sein 
sdieues Pferd  indatSchlofll  der  gräflich  Werthheimiselien 
Familie.  Durch  eine  besondere  Fügung  des  Zufalles  wird 
hier  eben  ein  Baron  Feldheim,  ein  naher  und  der  ältesten 
Tochter  zum  Bräi/tigam  bestimmter  Verwandter,  erwartet, 
und  der  Fremdling,  der  irt  dem  Schlofshofe  in  dem  Angesichte 
der  versammelten  Bewohner  mit  seinem  Pferde  stürzt,  wird 
als  dieser  Vetter  gerettet  und  in  seiner  Krankheit,  die  der 
Sturz  nach  sich  zieht,  gepflegt,  und  dann  weilt  der  v5llig 
fremde  Mensch  unter  dem  Namen  des  Vetters  in  der  Familie, 
und  niemand  aufser  dem  scurrilen  Verwandten  ahndet  auch 
nur  von  dem  Betrüge  etwas.  Es  ist  eben  die  Zeit  der  Unter- 
drückung Deutschlands.  Zwei  Französische  Officiere  befiitden 
sich  in  dem  Hause,  ein  junger  Verwandter,  drei  schöne  Töch- 
ter, von  denen  besonders  die  ältere  die  Eifersucht  der  jungen 
Männer  erregt.  Dies  führt  zu  mannichfaltigen  Berührungen. 
Der  eitl^  Baron,  der  sich  auch  hier  gern  wichtig  macnen 
möchte,  gibt  sich,  wie  früher  den  andern,  so  einem  der  Of- 
ficiete  als  Vefrfasser  des  Buches  zu  erkennen  ,  das  er  nicht  ge- 
schrieben hat.  Er  wird  verrathen  und  nun  zeigt  der  Zutall 
wieder  seine  Wundermacht.  Ah  dem  Tage,  da  die  ganze 
Familie  zu  einer  Lustparthie  ausfahrt,'  sieht  sich  der  Baron, 
durch  eine  seltsame  Verirrung  des  lächerlichen  Verwandten, 
mit  der  von  ihm  Angebeteten  in  dem  Säle  eingeschlossen  und 
die  andern  entfernen  sich,  ohne  zu  bemerken,  dafs  zwei  und 
«war  zwei  in  dem  Hause  so  wichtige  Personen  fehlen.  Der 
Baron  ergreift  diese  so  aufie. ordentliche  Gelegenheit,  Cäci« 
lien  seine  Liebe  zu  bekennen«  Sie  enthüllt  ihm  die  schauer« 
liehe  Oede  seines  Innern,  bekennt  aber  die  unwiderstehliche 
Macht,  die  sie  dessen  ungeachtet  zu  ihm  hinzieht.  Er  zeigt 
Reue;  allein  da  erscheint  ein  Commando  Soldaten  im  Schlois- 
hofe;  ihre  Reden  verrathen,  dafs  sie  von  dem  Französischen 
Marschalle  abgesandt  sind,  sich  des  gefährlichen  Mannes  zu 
bemächtigen.  Zu  Entfliehen,  verläfst  er  die  Gleltebte  tind 
steigt  in  den  Garten  hinab;  aber  er  beschädigt  den  Fufs  und 
w^ird  gefangen  genommen.  In  ^diesem  Momente  führt  nun  der 
Zufall  wieder  die  Gesellschaft  zurück;  es  erscheinen  zwei  ge- 
»faUgene  OfRciere,  ja  nun  der  wahre  Baron  Feld  heim 
selbst«  Die  Zerknirschung  des  Enthüllten  ist  vollkommen, 
die  drohende  Gefahr  grofs}  er  wird  vor^  ein  Kriegsgericht 
gestellt. 

Aber  gar  glücklich  gestaltet  sich  auch  hier  wieder  alles 
durch  die  hülfreiche  Macht  des  Zufalls.  Nicht  nur  der  alte 
Graf  und  der  Verwandte  der  Familie  verwenden  sich  für  den 


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362  Wavdlen  von  Tiedk.  ' 

B^drobeten ; '  auck  jener  Geheimiiiffvolley  deV  sieb  jetit  als  ' 
einen  Diener  der  geheimen  Polizei  enthüllt,  Erscheint 9  wie 
in  dem  Anfange  $  so  an  dem  Ende  des  Stückes  9  und  eia  BUtt^ 
daji  «r  ai^s  der  Brieftasche  des  Barops  aufbewahrte ,  setzt  es 
avfser  Zweifel,  dafs  er  nicbt  wirklich  der  Verfasser  des  ge» 
fährlichen  Buches  sey.  Die  beiden  andern  Gefangenen  wer- 
den erscbossen;  der  Lügenhafte  cirbält  seine  Freiheit  wiede^f 
u^id  aller  dieser  Herabwürdigung  tind  entebrefnden  Auftritte 
unenTchtet  bleibt  ihm  die  ganze  gräfliche  Fam^ie  innig  zuge. 
tbany  ,>weil  ihm  ein  gewis^ser.  Zauber  beigegeben' 
ist,  ein  Talisman,  der  al  lentha  Iben  Liebe  un  d 
Freundschaft  erwirbt.«  Dei^ Graf  verzeiht  und  sichert 
ihm  ^ie  Hand  seiner  Tochter  zu',  die  einmal  ohne ' ihn  liicht 
leben  kann. 

Damit  scbon  glauben  wir  den  Nichtswürdigen  allzu  sehr 
I)egü|nst]gt;/aber  der  Zufall  thut  noch  mebr  für  ibn  Denn 
je^t^  erscneint^ucti  wieder  der  alte  Christoph  und  sein  Freund, 
der  Baron  von  "Vyildhausen,  und  der  UeberglQcklicIieverninmit, 
,  dafs  seine  Schuldner  befriedigt  sind,  ja  aafs  sogar  sein  ihm' 
zürnender  Öheim  Verzeihung  bringe,  der  ihn  dann  auc^  in 
«eine  Arme  schliefst  und  das' Bekenntnifs  ablegt,  dafs  er  ihm 
erst  zuviel  nachgesehen,  ihn  dann  ^n  streng  gehalten  habe. 
Die^ganze  Gesellschaft  findet  sieb  hierauf  in  d^m  Schlosse  zu- 
sammen, die  yerbindung,  zwischen  Cäcilien  unddem^  Baron 
w^ird  vollzogen,  und  dieser  geht, in  dem  Eigensinn  seiner 
Besserung  nun  so  weit ,  i^^dafs  er  nicht  einmal  dulden 
konnte,  dafs  in  dem  Scherze  die  Unwahrheit 
gesprochen  wuVide.««  »  ' 

Dafs  es  b^i  der  grofsen* Mannigfaltigkeit  der  Scenen,  die 
•ich  wie  die  aus  einem  Spiele  Kärt^  gezogenen  BldVter  durch 
«inander  mischen,  nicht  an  manchem  Unterhaltenden  fehlen, 
bann,  bedarf  bei  dem  Talente  des  Dichters  der  Rede  nicht. 
'  Aber  nochmals  mochte  man  fragen:  was  soll  ein  solches  Werk  ? 
Soll  es  anschaulich  machen ,  wie  ein  in  sich  eitler  upd 
lügenhafter  Character  nur  durch  Mahnung  von 
Aussen  zur  Selbsterkenn tnifs  und  Heue  gebracht 
werden  könne?  Hierzu  haben  .wir  durch  ein  gansfes  Meer 
vort  ünbedeutenheiten  ,  weitem  Gerede  der  Herren ,  und  brei- 
tem Geschwätze  der  Diener  ,  von  denen  jeder  mit  crpfser 
Wichtigkeit  seine  Meinung  geltend  zu  machen  sucht ,  wie  auf 
einem  ruderlosen  Schiffe  durchzuarbeiten.  Es  ist  nichts  vor- 
banden, was  dem  Geiste  oder  Gemütbe,  eine  tiefere  Anregung 
gevi^ährte.  oelbst  wo  das  Ganze  in  Cäciliens  Rede  sich  zu 
heben  .scheint  j  ist  es  nur  Theater  *  GeprUnge.     Auch  in  dieser 


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'    ^  ■  "    S^elton  TöO  Tje^.  ^  36J 

Scene  iAvüert  Asl$  un Wahre  Spiel  tort^  ini^m  A$t  Bar^  sich 
Tor  ihr  nieder  wirft  und  mit  seinem  Haupte  -—  man  denke  sich 
die  Situation  deriieiden  Eingeschlossenen —  in  ihrem  Scholse 
lehnt,  aher  auch  jetzt  seinen  Betrug  nicht  bekennt«  Und  waB 
ist  das  für  eine  Besserung,^  wenn  elende  Mensehen,  nachdem 
sie  mit  ärgerlicher  Frivolität  alles,  was  nur  einem  reinem 
Gemüthe  heilig  ist,  verletzt  haben ,  vonAufsen  bedrängt,  mit 
Einem  Male  eine  Umwandlung  gewinnen  sollen,  und  sich  als 
die  Freunde  der  Tugend  zeigen,  die  sie  nie  gekannt  oder  ge« 
liebt  haben?  und  dafür  werden  sie  dann  mit  allem  Pompe  des 
äufsern  GUickes  Ühermälsig  gelohnt  und  ausgeschmückt! 

Wir  verlangen  von  der  Dichtung  mehr,  als  dafs  sie  uns 
mit  einer  gewissen  Leichtigkeit  die  Flachheiten  des  gemeinen 
Xiebens,  -sey  es  auch  in  den  hohem  Ständen,  darstelle ,  und 
die  sjiärliche  Beigabe  einer  feinern  Ironie  kann  gedehnten  Sc&» 
jien  eben  9o  wenig  die  Breite  nehmen,  als  die  Beimischung 
einer  gewissen  Seltsamkeit  charact erlosen  Personen  die  man^ 
gelnde  Haltung  verleihen.  'Ueberdem  wird  der,  welcher 
Wahrheit  in  der  dichterischen  Darstellung  sucht  und  tiefer  in 
das  Gemüth  schaut,  an  solchen  blos  gleifsenden  Gestalten  sich 
wenig  ergötzen,  und  der  Dichter,  der  für  seinen  Helden, 
aller  seiner  Nichtswürdigkeit  ünerachtet,  eine  entschiedene 
Vorliebe  zeigt  und  einen  gewissen  Schimmer  äufserer  Anmuth 
Ober  ihn  verbreitet,  kann  dann  mit  allem  künstlichem  Tugend- 
preise  das  einmal  gekränkte  sittliche  Gefühl  in  dem  Leser  nicht 
wieder  versöhnen,  und  am  wenigsten  damit^  dafs  er,  als  der 
Stellvertreter  der  höhern  Gerechtigkeit ,  dea  Ui^würdigen  asu* 
letzt  noch  so  unverbältnifsmärsig  lohnt. 

Es  ist  diesem  unsere  ernste  und  innerste  Ueberzeugung, 
und  wir  glaubten  diese  hier  eben  so  unverholen  aussprechen 
Sil  müssei»,  als  ^ei  den  beiden  ersten  Dichtungen  unser  Lob. 
t— •  Sonst  ist  das  Aeufsere  aller  drei  Novellen  solcher  Art ,  als 
es  jedem. diditerischen  Werke  zu  wünschen  wäre. 


Pl^anderhüchUin ,  eines  reisenden  Gelehrten  nach  Salzhur g^  Tirol  und 
der  Lombardey  von  Dr,  G»  H*  Sch'ubert  (,")  Bergrath  und. 
Professor  in  Erlangen,  Erlangen  i8M,  hei'  J,  J.  Pdfnt  und 
Ernst  Enke.      Vill  ^^  27«   S.  in  gr.  12.  " 

Als  Schreiber  dieses  auf  dem  Titel  des  VVanderbüchleins 
dieNamen  Salzburgs  Tirol  und  Lombardey  las,  so 
griff  er  sogleich  nach  dessen  Erscheinung,  um  so  begieriger 


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364  Seliubert  Wenäei^iSthlem  119dl  Tirol. 

nach  demselben,  da  er  «ejbst  He  Plane  einer  Reise  in  ider  an^ 
gedeuteten  Richtung  hegte  ^  und  uns  auf  einem  noch  nicht  be- 
tretenen Wege  ein  erfahrener/und  wohlwollender  Führer  eben 
so  angenehm,  als  erspriefslich  ist.  Zwar  fand  er  nun  in  sei- 
ner Erwartung  sich  zum  Tbeil  betrogen ;  denn  .von  Venedig, 
von  Mailand  und  den  andern  Lombardischen  Städten  hören 
wir,  wie  geho£Ft  werden  konnte,  hier  gar  nichts 9, und  die 
Wanderung  des  reisenden  Gelehrjten  geht  wörtlich  nur,  wie 
der  Titel  sagt,  durch  Salzburg  undTirofnach  der 
LiOmbardey,  nach  der  berühmten  Stadt  Verona  ,  als  dem 
Ziele  der  Reise.  Aber  doch  wurde  es  nicht  bereut ,  das  Wan- 
derbüchlein gelesen  zu  haben ,  tknd  mit  neuem  Vergnügen  hat 
Ref.  indessen  wieder  vieles  aus  demselben  gelesen ,  seit  er 
selbst  seine  Reise,  wiewohl  in  anderer  Richtung ,  nach  dein 
Berner  Oberlande  und  dem  Cbamouny-Thale  gemacht  und 
von  dem  Col  de  Balme  den  majestätischen  Montblanc  au»  der 
NShe  geschaut  hat;  und  er  kann  versichern,  dafs  man  aus 
dem  Büchlein  den  Wiederhall  der  gewaltigen  und  tief  zu  dem 
Herzen  dringenden  Stimmen  der  Hochgebirge  recht  klar  und 
deutlich  vernimmt  und  sich  durch  dasselbe  von  neuer  Reise- 
lust angewehet  fühlt. 

Durch  sein  gemüthlich- humoristisches  Bekenntnifs  g^«^ 
winnt  uns  der  reisende  Gelehrte  sogleich  in  dem  Eingange  und 
wir  folgen  gern  seiner  Einladung;  »So  wollen  wir  denn 
die  schöne  Reise  antreten.  Und  wer  ein  recht' 
fröhliches  und  übrerall  vergnügtes  Her«  hat  — -^ 
tind  das  ist  immet  zugleich  auch  ein  salth^By  das 
auch  die  Thrähen  kennen  gelernt  hat,  des 
Schmerzens  und  der  tiefen  Trauer,  der  JLiebe 
und  des  innigen  A/ufblicks  nach  oben  —-der  ma|^ 
gerb  mit  uns  reisen.««  —  Wir  sehen  uns  zunächst  an 
einen  durch  seine  geschichtlichen  Erinnerungen  so  anziehen- 
den Qrt  versetzt,  in  die  alte  und  berühmte  Stadt  Nürnbergs 
deren  Merkwürdigkeiten  wir  kennen  lernen ;  und  wo  des  schö« 
nen  Almanachs  von  Nürnberg  noch  eine  besondere 
Erwähnung  hätte  geschehen  können,  in  welchem  die  Kirchen 
des  beil.  oebäldus  und  Lorenz,  der  schöne  Brunnen,  Vk^ 
•cher's  berühmtes  Denkmal  und  andre  bemerkensw«^rthe  Dinge 
abgebildet  sind  und  in  dem  der  Reiseade  einen  wülkommenen 
Wegweiser  durch  di^se  Stadt  findet. 

Bis  hierhin  begleitete  den  Bergrath  seine  Familie.^  Von 
da  setzt  er  an  der  Seite  seiner  Hausfrau  und  mit  e^nemFreunde 
111  ^inem  Wagen  seine  Rei&e  bis  Salz.burg  und  Bercliteä« 
gaden  fort.     Man  fühlt  sich,  mit  ihm  ergriffen  von  dem  An- 


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Sehotot  Wanderi)delilt2ii  naeh  TkoU  S6$ 

blicke  des  Landes  und  der  Hochgebirge.  Interessant  ist  dl» 
Geschichte  von  dem  alten  Weitmose r>|  der  das  edle'Ers  zim, 
Gestein  entdeckte ,  und  tief  bewegend ,  was  von  der  Heil* 
quelle  gesagt  wird»  Fühlbar  wird  die  Zwiesprache  zwischen 
dem  Herzen  des  Reisenden  und  der  Natur.  Mit  gutem  Ho« 
inor  ist  die  spärliche  Bewirthung  in  der  Sennhütte  gewürzt 
imd  der  seltenen  Reinigung  der  Lt^Sel  gedacht.  Wir  steigen 
In^  zu  dem  Glätscher  des  Grofsklockners  hinan,  wo  dio 
Hausfrau  eine  Probe  ihres  Muthes  gibt«  Wir  treten  in  das 
Drau-Thal  und  Eisach-Tbal,  hdren  von  dem  »besten 
Menschen««  und  der  wandernde  Bergrath  hält  uns  Vorle- 
sungen über  das  Gestein.  Das  Etsch.  Thal  öEnet  sich; 
Bot^en,  Trienty  Roveredp  begegnen  uns  und  wir  glei^ 
ten  ganz  behaglich  auf  der  Etsch  in  das  Wälsche  Land  hin« 
ein.  So  gelangen  wir  denn  wohlbehalten  nach  Verona^ 
wo  wir  mit  den  Reisenden  »einen  blauen  Montag«« 
halten  und  die  Merkwürdigkeiten  besehen.  Nachdem  auch 
der  Garda-See  besucht  und  auf  demselben  ein  Sturm  be« 
standen  worden,  so  wird  die  Rückreise  angetreten  und  dio 
gute,  herzlich  ersehnte  Heimath ,  die  den  3ten  Sept.  (l822) 
verlassen  w^orden  war,  den  8ten  October  glücklich  wieder 
erreicht. 

So  hat  die  kleine  Reise  etwa  fünf  Wochen  gedauert  tind 
sonderlich  viel  Geographisches  lernt  man  auf  derselben  nicht ; 
auch  gewinnt  man  bei  des  Erzählenden  Art,  mehr  nur  mit 
Umrissen  und  einzelnen  kräftigen  Strichen  zu  zeichnen ,  als 
,  auszumalen,  selten  eine  vollständige  Ansicht  des  Dargestell« 
ten;  überdies  verstehen  der  reisende  Gelehrte  und  ein  paar 
junge  Reisegefährten,  die  sich  an  ihn  anschlössen,  nicht  zum 
hesten  die  Sprache  des  Wälscken. Landes,  und  ergdtzhch  ge« 
nug  ist  die  Verwechselung,  die  mit  dem  letto  und  latte ,  mit 
calzoni  und  scarpe  vorgegangen  ,  und  der  abbate  feie  bei  dem 
Sturme;  dabei  ist  der  Bergrath  sehr  redselige  gibt  sich  ganz 
dem  innern  Regen  hin,  und  ohne  erst  zu  fragen,  ob  der  Leser 
ihm  auch  gern  sein  Ohr  leiben  möge,  spricht  er  viel  von  den 
Steinen  und  Namen  der  Pflanzen.  Aber  doch  fühlen  wir  uns 
stets  wohl  mit  ihm  zusammen ;  er  ist  immer  so  von  Herzen 
froh;  alles  gefällt  ihni ;  selbst  die  Polenta  und  andere  Kost, 
w^elche  der  Hausfrau  nicht  munden  will,  findet  er  vortrefflich. 
Dabei  leitet  er  uns  vifel  weiter,  als  durch  das  Salzburger  und 
Tiroler  Land;  er  führt  uns  durch  alle  Höhen  und  Gründe  des 
Erdenlebens  und  wir  —  und  auch  unsre  Kinder  - —  kennen 
schof>  lange  den  Verfasser  der  Naturgeschichte  für   27 


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byGoögk 


3$6  NienwA  W<prk^  Tui  ido  Miultdiipior  10  I^eyden. 

Kreueer  ^.  mi]^  seinen  Gemfitbe^  dem  alle  irdischen  Ersebei- 
nun'gen  nur  ein. Fingerzeig  sind  nach  dem  Himmel  und  ein 
Wegl^eiser  in  das  eieen^  Herz ,  und  die  ganze  Natur  eine 
Stufenleiter  hinanzufclimmen  bis. zu  dem  Tmrone^der  ewigen 
Liebe  und  Maje^lt«  ^  ' 

.     '   So  können  wir  denn  das  Wanderbüchlein  nur  allen  Ldsem 
von  Geist  und  Gemüth  empfehlen,  die  eine  heitere  und. erbe« 
bende  Liectüre  wünschen  9  und  sich  eben  >so  erbauen ,  als  ge«. 
legentlich  unterrichten  wollen.,      Wir  selbst  aber  danken  dem" 
reisenden  Gelehrten  für  die  Erheiterung  wie  für  dieErhebungt 
welche  er  uns  gewährte. 


Nieuwe  T^^erken  van  de  Madtichappy  der  neierlandsche  Leuerkunde 
te  Leyden.  L  Duel  1.  Stuk.  Te  Dordreditp  by  IXufsd  en 
van  Hraam,     1824.  8.      XFL  2S6  S.  '  ^ 

Es  ist  vorziÖglich  der  in  diesem  Werk  enthaltene  erste 
^ufsatZy  welcher  llec«  dazu  bewegt,  eine  Anzeige  dieses  He£» 
tes  zu  geben.  Derselbe  ist  fojgendermafsen  überschrieben ; 
Verhandeling  over  den  Orsprong,  den  voortgang  en  dehoeda- 
nigheid  van  den  invloed  des  Verden  Staats' ili  de  Staats v er gade« 
ringen  gedureiide  het  bertogelyk  en  grafelyk  Bewind  in  Bra- 
bahdy  Ylanderen',  HQÜand  en  Zeeland  door  Mr«  J.  C.  de  Jonge. 
_  und  enthält  die  Darstellung  des  Verhältnisses  der  städtL* 
sch^n  Depütirten  in  den  Ständeversammlungen  von  Brabant, 
Flandern,  Holland  und  Seeland.  -Da  diese  Liandsjchaften  bis 
ins  Ißte  Jahrhundert  (diplomatisch  sogar  bis  ins  17te)  Theile 
des  deutschen  Reiches  ausmachten ,  und  ihre  Geschichte  <vonK 
l3ten  bis  zum  i8ten  Jahihundert  es  ist,  um  welche  vorzüglich 
sich  die  Arbeit  des  Hrn.  de  Jonge  dreht^  So  kann  der  Inhalt 
dieser  gekrönten  Freisschrift  aucu  uns  Deutschen  nicht  unin* 
teressäot  seyn.        '        .       . 

Was  die  Verhältnisse  vor  dem  J2ten,  ja  vor  dem  l3ten 
Jahrhundert  betrifft,  so  gesteht  der  Verf.  selbst  an  mehreren 
Prten  seine  Unwissenheit  ein ,  und  beweist-  dieselbe  auch 
dfcer  ohne  sie  einzugestehen.  So  hält  er  dafür,  die  Einwoh- 
ner der  Städte  seyen  früher  Leibeigne  gewese« ,  und  hätten 
6ich  aus  dieser  Leibeigenschaft  erst  stit  circa  dem  I2ten  Jahr» 


*)  Lehrbuch    der  Naturgeschichte  fSr  den   ersten  Ünt^cridit.     Er* 
laugen  l>vi  Carl  Heyder^   1323«  .         .  .      ' 


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Kienwd  Werkmi  tan  de  VttoiHthMfff  te  Leyjeti.  367 

'hundert  allmäli^  befreit;  die  Scbdffencollegien ,  w^Iche^  ehe 
noch  Bttrgeruiexster  und  Räthe  die  Städte  regierten,  deren 
öffentlichen  Angelegenheiten  vorstlanden,  »hält  derselbe  für 
einen  Beweis  der  froheren  unfreien  Verhältnisse  der  Städte« 
einwohner.  Ueberbaupt  entwickelt  der  Verf.  an  mehr  als  ei- 
nem Ort  eine  nicht  blos  höchst  vage  9  nebulose ,  sandern  auch 
durchaus  falsche  Ansicht  von  den  Rechtsverhältnissen  d^s 
Mittelalters ,  so  sagt  er  z,  B.  p.  92 :  De  Vorsten  en  hunne 
inagtinge  Leen  mannen  vo^rten  en  onbeperkt  gebied,  en  het 
geweld  zegevierde  alomme.  Wetten  bes tonden  er  niet,  of  «y 
werden  verwaarloosd  en  geschonden;  de  willekeur  zat  op  den 
troon  en  woonte  in  de  Kasteelen  der  Grooten  etc.  Solche» 
mag  wohl  auf  einzelne  besonders  verwirrte  Zeiträume  desMit«^ 
telalrers  passen ;  nicht  mehr  und  nicht  minder  als  auf  dieXheile 
der  neuen  Geschichte ,  welche  die  Regierangen  des  absoluten 
Despotismus,  sei  es  in  Monarchieen,  sey  es  in  Republiken^ 
zum  Gegenstande  der  Darstellung  haben;  iai  Ganzen  aber  ist 
es  durchaus  unwahr,  ebenso  wie  die  Meinung,  die  Bürger 
bätten  sich,  soweit  sie  früher  dem  Adel  unterworfen  waren, 
plötzlich  und  gleichsam  k  propos  emancipirt,  welche  der  Verf. 
nie  und  da  auszusprechen  scheint 9  während  er  an  andern  Stel- 
len die  allmälige  Entwickelung  städtischer  Freiheit  zugiebt. 
Die  Italiänischen  Städte »  die  als  Beweis  jener  plötzlichen  ge* 
waltsamen  Emancipation  angeführt  werden ,  dienen  gerade 
znm  Gegenbeweis,  da  ihre  Emancipation  längst  bewerkstelligt 
war,  als  sie  Gelegenheit  erhielten,  die  erworbene  Freiheit 
mit  den  Waffen  zu  vertheidigen. 

P.  4,.  giebt  Hr.  de  Jonge  die  Definition  dessen,  was  er 
unter  dem  dritten  Stande  veisteht;  ich  theile  sie,  da  das  Hol« 
ländische  ,  ohngeachtet  es  unserer  Muttersprache  so  nahe  liegt, 
doch  wohl  nicht  allen  Liesern  dieser  Blätter  vollkommen  ge« 
läufig  ist,  in  der  Uebersetzung  mit: 

,»Der  dritte  Stand  istdieBenennung  für  denjenigen  The  il 
der  Bevölkerung  bei  den  Europäischen  Nationen,  der  weder 
dein  geistlichen  noch  dem  adeligen  Stand  angehört  und  im 
Mittelalter  aus  den  Bauern  und  lleibeigenen  nach  Abschütte« 
lung  des  Joches,  dem  sie  lango  unterlegen  waren,  entstanden 
ist.  £r  kam  in  den  Besitz  vieler  Vorrechte,  liefs  sich  in 
Städten  ,  denen  die  Freiheit  geschenkt  ward,  nieder,  und  war 
niemanden  als  dem  Fürsten  unterworfen ;  mit  der  Zeit  wufste 
er  durch  mancherlei  Umstände  und  auf  vielAlche  Weise  solche 
Macht  zu  erwerben,  dafs  er  mehr  und  mehr  im  Ansehen  zu* 
nahm,  zu  den  Ständeversammlungen,  von  denen  er  bisher  aus* 
geschlossen  giwesenwar^  zugelassen,  mit  den  Geis.tlichtn  und 


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.3£fft         Kieuwe  Werken  vais  de  fttaatieliappy  te  I.«7d«a#'  ^ 

Adeligen  in  gleichen  Rang  gestellt  ward  titid  auf  diese  Weise 
unter  dem  Namen  des  dritten  Standes  eine  nette  vricb^ige 
Classfe  der  Gesellschaft  ausmachte  ^  die  früher  gans  unbct^ 
kannt  war,«« 

Die  Zelt  anzugeben,  wo  sie  aus  den  Leibeigenen  mit 
einemmale  freiq  Bürger  wurden,  hält  iet  Verf  aTeJbst  für . un- 
möglich. Recensent  auch;  aber  aus  andern  Gründen«  In 
Deutschland  wissen  w^ir  nun  bestimmt  y  daTs  die  Hauptgrund«, 
läge  der  städtischen  Freiheiten  in  den  Rechten  von  Gemein« 
den  bestand  y  deren  Glieder  so  frei  und  edel  w^ren,  als  irgend 
ein  Freiherr  des  Landes,  und  welche ^  da  sie  früher  unmittel- 
bar unter  den  Königen  standen  ,  erst  sehr  spät  unter  die  Herr- 
schaft von  Fürsten  kamen. 

Wäre  der  Verf.  nicht  auch  von  jenem  Niederländischen 
Nationalstolz 'besessen  gewesen,  der  alles  ^  was  an  ein  ehe^ 
maliges  Zusammengehören  mit  der  Deutschen  Nation  erinnert,  ^ 
vermeidet  und  zu  umgehen   sucht,  so  Würde  der  erste  Theil 
seiner  Darstellung  so  gehaltreich  und  lehrreich  geworden  seyn^ 
wie  der  spätere,  und  hätte  er  sich  ein  wenig  um  die  neueren 
in  Deutschland  über  die  Deutsche,  also  auch  Niederländische 
Städteverfassung  angestellten  Untersuchungen  gekümmert,  sq  . 
möchte  ihm  selbst  gar  manches  klar  geworden  seyn,   was  er  ., 
jetzt  durchaus  falsch  auffafst. 

Die  Behandlung  der  Zeit,  in  welcher  nun  eigentlich  der 
Antheil  der  Städte  an  den  ständischen  Verhandlungen  recht 
hervortritt,  ist  vollkommen  klar  und  belehrend,  und  da  jes 
bei  der  Anzeige  eines  Werkes,  dessen  Verfasser  im  Ausland^ 
lebt,  nicht  sowohl  darauf  ankommen  kann,  diesem  Unrichtig- 
keiten nachzuweisen  ,  als  den  Hauptinhalt  seiner  Schrift  Deut« 
sehen  Lesern  mitzu^heilen,  so  will  ich  hier  kürzlich  eine  Ue«.  ' 
bersicht  der  Schicksale* des  städtischen  Anjtlyiils' an  den  ständi- 
schen Versammlungen  der  erwähnten  Landschaften  nath  Hrn* 
'de  Jongegeben .^ 


(fisf  ^esehtttfs  folgt.) 


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tf  6  i  d  e  i  i*  6  r  g  e  i* 

Jahrbücher   de/  Litörätttf/ 


NiCiüwci  Wcrköri  vad  dd  »laätschajjpy  td  liöyddrii 

t^ie  erste  Spui*  der  Thellriahnie  des  dritten  StäriaeÜ  aä 
ätaatsgeschäften  In  Brabant  fällt  inä  Jahr  1194^  Wo  ßufser 
den  Adeligen  auch  3  Städte  einen  Friedensvertrag  Herzog 
xleinrichs  I^  und  Balduins  VIII.  ^  des  Grafen  «von  Flandern; 
bestätigen;  '  (Auch  Flandrische  Städte  heitätigeri  dies(|h  Ver- 
trag,  UMii  da  in  Flandern  die  Städte  Weit  früher  eine  gröfse 
Bedeutung  erlangt  hatten ^  So  kanii  es  ieyh-^  dafs  das£ir^hei« 
iieri  der  Fiandriichen  Bürger  tei  dieser  Angelegenheit  die  ^rstä 
Veranlassung  gab^  aucii  die  Bvabanti^lfeA  zuzuziehen^  Eine 
tjdmbinationy  die  Hrn.  de  jonge  entgangen  ist).  Iii  dei-l^ote 
ti  wird. dann  noch  auf  ein  früheres  Erscheinen  städtischer  Mlt^ 
'Wirkung  bei  öffentlichen  Verhältnissen  ei* vi^ ahnt;  e^  heifst  da^ 
gelbst:.  Het  verdient  angetekenid  te  worden^  dät  teeds  in  bet 
jaiar  1179  de  ^Scabini  omnei  cum  praeco'ne  Walterö  et  qdani- 

})lureS  butgensium  de  Brucella  et  nieliöres«  neveris  tele  Ede- 
en  als  gdtuigen  optraden  bj  zeker  huvtrelykd  verdräg,-  ges'loteii 
doör  Govert  IH.  Hertog^  van  'Biaband  en  Philip  vari  Eliai 
door  derzelver  zoon  en  klein  ddchter;  Doch  bat  blykt  hiet^ 
Öf  zy  ie  dien  einde  een^  Stativergadetirig  hebbeii  bygev^öcfnd; 
Miraeus  ö|jera  diplom;  t,  i,  p.  107^  .     '  j'- 

lai  Jahr  1207  ward  ein  lleirathÄvertfag  iwlscaen  König 
rhilipyÄ  Tochter  tind  dein  Sdhn  Herzog  Heinrichs  I,  Vpri  Efra- 
bant  abgeschiössert  und  nicht  nur  die  liehenledte  des  Herzogs,* 
«ondern,  auf  Philipps  ausdrückliqherf  Verlangen f  duclt  did 
Städte  von  Brabant  solltÄrt  dieien  Coritract  garantir^ri. 

Die  Zuziehung  der  ver^cbiedenen  Stände  sfd  Regi^f  lingi^ 
«ngelegenheit'Qii  war  In  dieser  Zeit  hoch  Gelten!  uhd  linregel» 
mäfsig.  Erst  nach  dein  Fall  der  Hohönstauiten^  (rijEt  ,all- 
-inälig  überall  eine  neiie  Ordnung  der  Dinge  eiti*  Irt  Wabafhf 
wird  von  einer  Ständevertfamaihing  erst  wicdei  im  Jahr  i26i 

XVIH.  Jahfg.  4.  Hefif;  /  '  ^4 


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370         lyteatr«  Werken  tan  Jt  Vamdut^  te  leyieau 

■>  -  ,  '  - 

gemeldet,  wo  die  ]VGnder}3brigkeit  der  Söhne  Heinrieiit'IH, 
St^reitigkeiten  Ober  die  Regeirtscbaft  veranlasste.^  Die  vee» 
wittwete  Herzogin  Adelhtrid  fiatnd  besondere  bei  de»  Städten 
^titerätÜt^ng  und  l^s^ti»  dveat  WiihtschetiiUcb>  däZiJL  fiuf* 
jgefufeiv^  .  \  "    ^    .  - 

Wie  hief.  die  MinderjSbrigJceit  der  Prinzen^  tcr^  solUe 
^Id  eine  Succes^ionsänderung  den  Stitdten  Gelegenheit  geben ^ 
ßiqh  vKicbtig  zu  machen >  Adelheid  wollte  ihren  ältesten,  ati 
Geist  nnd  Körper  schwachen  Sohn^  Heinrich;  zur  Reaignar« 
tion  'bewegen  zu  Gunsten  >eines^  jüngeren  Bruder»,,  Johann, 
p.  14^  'Herin  alaagde  zy,  en  nu  werd  een  Fartemeilt  of  eene 
EfagVaßrd  m  het  jaar  1*67  te  Gortenbergh  te  zehnen  gproepei^, 
in  welke  Hendrik  in  tegenwardigheld  der  Geitelyken,  Edislen  ^ 
en  der  groote  en  kleine  Steden^  de  waardigheit  ^an  Hef tog^^  aait 
z^nen  broeder  ov^erdroeg^ 

Seit  dein  erscheinen  die  Deptitirte»  der  Städte  tegölmS» 
üsig  auf  den  Brabantiscben  Landtagen,  Unter  Johann  J.  im 
Jahr  1290  waren  die  Sttfdtedepntirten  auf  einer  Stündever* 
tamm^thg  bei' Abfassung  einerXandkÄfe  thSl^ig  und  die  vielen 
Fehden  rtieses  Fürsten  machten  den  Bei&tand  der  Stärfde  unter 
Veinem  Sohne  Jobann  H.  uner]äfs}ieb ,  so  dafs  besonders  die 
Städte  iuaufserordentlicfier  Wichtigkeit  stiegen.  ?.  l-?.  helfet 
es  dann  von  der' Regierung  Johanna  IJi:  Geene  gejwrichtige 
aängelegehhadeW vielen  er  voor  ,'of/de  Stederi  werden^?  medu- 
rende  het  bestutir  van  dezeh  Vorst,  door  beih  geraad  ffeegt, 
en  zy  verkreegen  zirlk  een  gezag^.  dat  b^t  aanzien  des^^A<leU 
liieidödr  merkbaar  afnai^.  ^'. 

Zugleich  aber  mit  dieser  Steigenden  Wichngfceif  äet 
Städte  stieg  auch,  die  Eifersucht  und  der  Efafs  zwischen  Rör- 

tern  und  Edlen  und  der  Hochmuth  der  Städtebewohner.  Koch 
atten  die  Stände  ein^e  Gewühlt  üirer  Rechte  an  dem^  Kaiser, 
Wo  sie  als'o  von  ihren  Ftfrstei>  in-  ihren  errungeneii  Hechten 
nieder  beeinträchtigt  werden  sollen  ^  wenden  ^  sich  an  die 
Kaiserliche  Majestät  —  es  kam  hier  nur  auf  die  äu"  erhaltende 
Berechtigung  an^  denn  ihre  Sache  riiit  den  Waffen  weitend  zu 
machen  vers^ahdierr  sie  dann  schon  selbst«  Sie  warevi^  eis,;diö 
überall  gewannen.  Die  Gor tenbergi sehe*  Charte  bü^st^tigte 
iendlich  noch  am  Endi*  der  Regierung  Johannar  IL  yrammtliche 
Freiheiten  der  Bt-abantis9heri  Stände  und  namprttUch  die  der 
Städte  j  ein  Obergericht  aus-  lÖ-Börgerlichenund  vier /Itiel  igen 
zusammengesetzt  ward  angeordnet, 

Mbt»  kann  sagen,  dall»  das  Schi c^WF  den  Brabantiscben 
Ständen  besonders  gUnstig.  war,  denn  auf  Johann  11,  folgte 
noch  unmündig  Johann  IH;     Das  Herzogtbum  war  durch  die 


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hngwieTi^ri' Kriege  t  die  Versdrvf^endimg^  der  fets&tefn  Fäti'terf 
und  die  Veruntreuung  der  Verwalter  der  beraoglicUen  Gelde^. 
m  einen  traurigen  Zuatand  gerathen;.  £t  blieb  kein. IKIittef 
Kbrij  aU  die  Hülfe  der  Städtei  Die  Stäfdte  fandeiV  «ich  g€?^* 
Vieigt^  Bejstsurd  tu  lei^aten^  aHein  nur  gegerf  St'cbersteHung^ 
gaben  sie  GbW,  und  hur  gegfen  BeatätigMiig  und  yermebr^ngi 
fbrer  Vorrechte  uiid  Freiheiten J  Dietfe  werden  ilitien  danA'  i^ 
der  Wahfsehen  Dietichen  Cbarfe  zu  Theil,  Die  Städte  erlang*" 
ten«  um  Misbrauch  vora&ul)eitgen^'  fdr  die  Zeit'def  Mindet^ 
jäbrigkeit  dei.  ^ers^s^  das  Kecht^  ,  die  bevi^illigt^n  Gelder;, 
•elbst  zu  administrir«^.  Dies  und  dafs  Adel  und  OeidtlicbtfeiC. 
li'n  den  genieineh  Lasten  nur  geringen  Antbeil  nahmen i'  erboljL 
die  Simte  auiserofdentlich.  Als  BaWeiä  de«  £inß;u5se9/  d^rt; 
die  Städte  unter  den  Ständen  bokommeni  dient  der  im  Jah^ 
%^Z9  zWitcben  Flandern  und  f>rabant  geacLlossehe  Vertragj'^ 
^esnen  Artikel  faÄt  allein  das  Wohl  de^  Srävlte^  und  den  Vori 
tbei-1  ihres  Handels'  zum  Inhalt  haben.  /        ;    '   '     ,  / 

Nirgendhin  Deutschland  traten^'  dur^h  die  Ij»ajH^  deVgeCh^, 
^en  Landes  begünstigt,  die  Städte  so  her vörr,  ats  tn.d«nNie'^ 
d'erla'tliilen*  Voii  neuem  war  dtn  Stiföderr  fn'Brart)a.nt  dre  Üri-A 
iicberbeit  de^Succession  nadh  Johaiins  IJI.  Tode  gl^nsti'g/  und 
dieri  Städten  natürlich  als  dem  müchtF«^steii  Stand  am  meisten^ 
jDer  Herzog  vc^^n  Luxeng^burg,'  d^^  Her  zag  vof?  Qeldernf.uncl. 
der  Graf  von  Flandern  erhoben  Ansprüche.  Alld'  drei',  v^aren^ 
des  letzten  Herzogs'. von  Brabant  Schwiegersöhne^  a^lle  dref, 
schienen  gleiche  itechte^zii  bähen  und  nicht  ohne  Grtind  fdrch-j 
l^eten  die  ^t^^^de  von  Brabant  Theilungi  IZii  £«euwen  Sichert^ 
sie  eine  Tagfahrt,'  und,  beschlossen ,'  ii)  keine  Theijun^' zti 
\^illig4;n  /  sondern  gemeinsclxn'ftlich  ihre  Freiheiten  aucb  ferner 
zu  wahren.      Zugleich /neigten  sie  sich   zumeist;   zu  Johannay^ 


iidfolgti 

der  Regieröhg;  13515  huldigten  die  Stände, .  Johanna  wufste|f 
wie  viel  Dank  sie  den  Städten' schuldig  vfar,  d^^VJ^uf  mifc, 
iiirem  Beistaik}  vernjochte  sie  ^i<«h  aegen  ihl%  Schwesteri^  zu|l. 
I)ehauptefi  und  die  Städte  ihrerst;its  fühiten  sicfr^n  ihi'ef  JM^achli', 
so  9  dats  sie  in  dieser  Zeit  in  der,. Regel  ohne  Zuzietun^'des , 
Adels  über  ti«nde»g(ng%legenhe4ten  BesihUisse  fafeVn,  und  i^^"*/ 
Ifanna  zezg^te  s^lph'yveder  g^^n  sie/noeb  ge^en  du  Geistticif^ 
IteiC  undden^AdeKuffdanltbar,;   ,,.  .^.   .    ;    ^      ,*  4,    v /..  ^^  «\  5^1*- 
Geistlicbteit  und^Adel  hatten  sicV  eVidlicbr  ent'SphlVsfcn,^ 


Sei  al]g8ii[iethen  Bedeit  mitzustenern  und  diteS^ijllh.ertirsre  .vvi,e*, 
det  de«'Eihfiufs/  dön  die  Städte  ÄwotBen  liattenl''   Tri  d^ri? 


■j.* 


.DigitizedbydOOgk 


372         Nieuwe  Werken  van  ä6  Maatschappj  te  Lcyden«    . 

letzten  Jahren  Jo]ianna'8  bildetcfi^  »ichn^  auf  ihren  Betrieb,,  die 
Verhältnisse  der  drei  Stände  so" weit  aus,  dafs  sie  von  nun  an 
als  ein^  gegliederte  Cörporatio«  auftreten.  Einträchtig  in.- ih- 
rem Streben  erscheinen  die  S taten  von  \Brabant  seit  dem 
Ei^de  des  i4ten  Jahrhunderts  (der  Name  Staten  erscheint  jedoch 
erst  l4l8)«  /Die  Geschichte  dds  Einflusses  des  dritten^  Standes, 
auf  die  öffentUchen  Angelegenheiten  wird  seitdem  eine  Qe» 
schichte  der  Brabantischen  StÜndeversaminluqgen.  Unter  An- 
tons Regierung  hielten  die  Stände  streng  auf  ihren^  Recht  ge- 
gen seine  Eingriffe,  und  unteY  Johann  lY.  waren  sie  es,  die 
fast  alle  Staatsangelegenheiten  in  Händen  hatten.  Wäjirend 
'dessen  Minderjährigkeit  bestellten  sie  ihm  Vormünder;  nah- 
men ihm  später  die  Regierung  und  übertrugen  sie  eine  Zeit 
]ang  seinem  B];^uder  Philipp,  und  als  er  durch  eineVets^hnung 
xn^t  ihnen  wieder  zur  Regierung  kam,  war  ihr  Einflufs  natür-  . 
lieh  aufweine  Lebenszeit  gesichert.  Nach  seinem  Tode  folgte 
Philipp  u;id  auch  unter  ihm  behielten  die  Stände  ihre  Rechte  . 
und  ihren  Einflufs.       -  '  -  ,       ^ 

Nach  Philipps  Tode  erhoben  Philipp  .der  Gute  von  Bur- 
gund  und  die  Wiltwe  Graf  Will^lm  VI.  von  Holland,  Mar- 
garethä,  Ansprüche  auf  die  Successiön.     Die  Stände  entsehie-^ 
den  1430  zu  Leuven  für  Philipp.      Unter  ihm  wurden  zuerst 
wieder  die  fürstlichen  Recht  mit  Kraft  geübt,   den  Ständen 
angemafste  Eingriffe  in  die  Regierung  untersagt  undMisbräu- 
che  abgeschafft.     Die  glänzende  BurgündiScbe  Hofhai tuiig  gaj> 
auch  dem  Adel  eine  neue  Stütze  und  so  kehrte  der  dritte  Stand    , 
in  gesetzmäfsige  Schranken,  aus  welchen  ihn  eine  Zeit  lang 
die  umstände  faerausgerissen  Jiatten,    zurück.      So  bli^b   es  ~ 
auch  unter  den  Oestreichischeii  Landesherren  bis  zu  dem  Auf- 
stand  der  Niederlande.     Nur  trat  noch  die  Veränderung  ein, 
dafs  den  kleineren  Städten  die  Tagfahrten  zu  kostspielig  und 
ihr  Einflufs   auf  densfelhen  zu   gering  war. ^  so   dafs  um  die 
JVEitte  des  i6ten  Jahrhunderts  nur  noch  Leuven,  Brüssel,  Ant-    ^ 
werpen  und  den  Bosch  die  Ständeversammlungen  besuchten. 
Die  Fürsten  mogten  dies  Wegbierben  der  kleineren  Städte  be^ 

fünstigen,  da  durch  ihre  Anwesenheit  nur  die  UmständliGh-, 
eit  derV^rhandlungen  vergröfsert  wurde.  v., 

P.  36*  geht  der  Verfasser  auf^die  Verhältnisse  in  Flandern 
.über.  Hier  erscheinen  die  Städte  früher  als  in  Brabant,  wenn 
auch  nicht  auf  Landtagen,  dolch  in  bc^sonderer:  Wichtigkeit. 
Graf  Karl  der  Gute  wird  1127  ermordet;  hach  diesem  Vorfall  • 
versammelten  sich  die  'Stände-  der  Grafschaft  vund.  der  'neue 
Fürst  legteseinen  Eid'auch- in  Gegen  wai't  der  Städti'deputirteri^ 
ab.     Nachher  wird  der  dr^^e  Stand  während   des  zwölften 


.  pigitized  by  VjOOQ IC 


Nienwf  WerkeQ  ran  de  Maatiehappj^U  Ki^ydoo«         373 

Jahrhundert^  hei  TagfalürteB  als  ÜiäHg  erwähnt,  und  bei  dem  , 
achon  erwähnten  Friedensvertrag  mit  Brahant  im  Jahr  1194 
unterschrieben  aMch  zwölf  Flandrische  Städte.  Im  Jahr  121  i 
erscheinen  der  Adel  und  die  Städte  als  Bürgen  der  Lehenstreue 
des  Grafen  gegep  Frankreich  (p,  40:  »Graaf  Ferrantf  in  het 
jaar  1211  aan  het  bewind  körnende,  leide  den  eed  van  getroaw^ 
keijd  aan  zyneh  Leenheer^  det^  koning.van  Fran]^ryky  af^  en 
hieVby  verklaarde  hy ,  dat  Vai\neer  hjr  «yne  trouw  niet  be* 
waarde  de  Edelen  en  al  de  Steden  van  Ylaanderefi)  de  i^yde 
des  monarchs  tegen  bem  mogten  kiezen.  Exposition  des  droits 
de  Flandre  p.  24*)  H"^  *^^^  dieser  Zeit  wird  das  Gutheifsen 
der  Städte  deich  dem  des  Adels  geachtet«,  Et  folgten  in  Flau« 
dem  zwei  negierungen  von  Frauen,  Johanna's  nämlich  und 
Margaretba's ,  —  schon  dies  miifste  den  Ständen  au fsetqir«  • 
dentliches  Gewicht  geben,  was  aber  den  Städten  in  Flandern 
hauptsächlich  Gewicht  verschaffte,  war  wie  in  Brahant  die 
NoXh»  in  welche  das  Land  durch  unglückliche  Kriege  kam« 
und  ^ie  Zwiste  in  der  Kegentenfamilie  selbst.  Die  Städte 
hatten  Geld ;  sie  allein  konnten  in  dringender  Noth  helfen  — 
aber  mit  ihrer  steigenden  Wichtigkeit  stieg  auch  ihr  Bürger^ 
stolz  9  ihr  Uafs  gegen  den  Adel ,  und  dies  Streben  4^  Bürger 
fand  Unterstützung  bei  dem  König  Philipp  von  Frankreich, 
welcher  Agenten  in  die  einzelnen  Flandrischen  Städte  schickte, 
sie  in  ihrer  Anmalsung  gegen  Fürst  und  Adel  zu  bestärken, 
ja  endlich  bemühten  sich  die  Könige  von  England  und  Frank« 
reich  während  ihrer  Kriege  im  l4ten  Jahrhundert  im  wahren 
Wetteifer  einander  in  Bewilligungen  gegen  die  Flandrischen 
Städte  zu  überbieten,  um  die^se  dadurch  an  ihr  Interesse  zu 
fesseln.  England  bot  Handelsvurtheile  auf  der  einen,  Frank- 
reich Unterstützung  gegen  die  Grafen  auf  der  andern  Seite« 
IDa  dieStädte  durch  ihrenßaiidel  mehrUnterstützung  vonEngland 
für  ihre  Unternehmungen  gewinnen  kannten,  als  vo^n  Frankreich, 
so  wandten  sie  sicu  auf  die  Seite  Englands,  und  waten  nun 
im  Stande,  ihre  Fürsten  zu  zwingeh.,  zu  ihren  l^lanen  dia 
Hand  zu  bieten  ,  ja  sie  wagten,  sie  gefangen  zu  nehmen  oder 
von  Land  und  Leuten '  zu  treiben,  .Die  Burgen  des  Adels 
wurden  aebrocheu,  dessen  Güter,  verwüstet;  die  Adeligen 
selbst  nicht  selten  mishandelt.  Die  Städte  allein  £ast  führten 
die  Regierung  des  Landes^  und  wo  sie  darih  gestört  wurden» 
war  IVIord,  Brand  und  Verwirrung  die  Folge.  Die  Städte 
schlössen  «elbstständig  Verträge^  Sündnisse  und  rathscblag« 
ten,  ob  sie  ihren  Fürst  nicht  absetzen  sollten.  Dieser  Zu<* 
stand  dauerte  mehr  oder  weniger  bis  gegen  Ende  des  i4ten 
Jahrhundert«  t  um  .welche  Zeit  die  Gra|scuaft  an  das  Herzog- 


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■♦.V.  ^  *    i   *  j  'a*^.^  ^  ■'•.  .  •         .1 

^echtei^  Zeit  Strange  und  ij^äfsmung  anwendete^  Öent,  und 
ISaüt^  in  der  Nfiilii»  der  bed^^utendaten  Stüdtö  Citade})e;ii,  uo^ 
fie  in  Scbraplj^ei)  zulißiten.  JUnter  iJAui  und  lohann  dem  ^im^ 
ier^bpocJ^enen  b^att^nei;  wieder  fegelmUf^ge  Ständeyersainai^ 
Jupgen.  -  '  '  ^  .      "  .  , 

I   '    f  pbngef^r  um  tHe^e^he  Zpit^   v^q  |iucb  die  ^tShde  ro^ 
/jßriCbänt  unCef  dem  Namen  d«r  Stateili  yon  Brabaiit   zu  einer 

feFege]tenfe«ten<Jorporati0fl  «ich  bUdeten,  liatte  eii»e  ^leicl^ 
ortWldung  in  Flandern -jjtatti  Im  Jahr  l4P7  t^nimt  deri^am^ 
j^'tät^^n  yon  Isländern  zum  erstenmal  zum  yprscbe-in.  Während 
^eir  ^pneren  pnruben  in  Flandj^rn  hatten  die  grölgeren  Stä.dt^ 
Ihre  llecbte  80  laberinütbig  cebandhabty  da^s  def  Eififiufft  der 
inindtär  l^edeutenden  dadlii^  fast  ganz  vernichtet  ward;  sie 
icTScheifie^  wenigstens  bei  den  Beschlüssen  der  ^kigdd^  i^ 
4d|esW  spaterä^i  Zeit/hiebt  mehr  thätig4  die  Herzoge  v^on  fiur^ 

fund  schlössen  sjeganz  aus.  <jenty  Brügge  und  ^pern  waren 
ie  ^rnzijgen  zu  den  Staten  kommenden  StUdte^^  und  >^ie  nebs^: 
4^en  DepuCirt^  des  |]?heiles  von  Flandern,  der  het  Vtje  ge* 
^annt  ^ird^  vej>r|[8entirten  in  den  St^ndey^er^ammlungen  de» 
^ritten  ^ Und.  ^  Zu  neu'em  Uebergewicht  stieg  dieser  durcb 
JAie  <jeldbedürfnisse  l^Jiitiptps  des  Guten  und  Kans  das  Kiihnei^ 
^abrend  ])laria's  l^urzer  fiegierung  wujfsten  die  Sttldte  di0 
entschied cnsten  yötre<:bte  zu  gewinnen/  J)]e  Gefangennelw 
^lijf^g  MaicimUiaiis  ist  be:jtännt.  Unter  Fhilipp  nnd  Kail  V^ 
Wurfien  glücJcÜcbe  Verfucfee  zu  iinterdröpkung  diesem  yebe^-» 
fnutbe^geitiacfat^  bis  der  Äufsjtand  aller  Niedei^iandejeine  neue 
i-Oi^m  der  Staatsverfassung  ins  JL»eben  rief/ 
^  -  -  Die  Ständeversaounlürhgen  yon  Holland  ujqd  Seeland  b^? 
^>en  Adt$  £igene^  dafa  die  Geistlichkeit,  w%nigstei>s  in  frtlhei* 
fCT  yZeit;,  ^u  denselben  nicht  eugezogen  ward«  In  HoUandl 
jkame^  Vr^t  anter  Karl  V.»  in  ^^eland  erst  gegen  die  Zeii 
Maximilians  die  Geistlichen  xu  Sitz  und  Stimme  iiuf  den 
|jatidtag^n.  *  Aoch  die  Städte  iamen  in  Holland  und  i6eelan4 
#p'ater  Tzu  PinllM.fo  ujld  Bedeutung,  als  in  Flandeii;n  .^nd  BraV 
i|)ant.  Erst  im  Ifstaten  Viertel  das  i  Sten  Jahr!hu«jderts*'^rSchei« 
'  ilMsh  ppttllndMche  und  SeeJgndifche  Städte  bei  dff^ntUcbem 
i/VJcte|i  der  Regierung  thtttig,  und  ihre  eigentliöbe  Wichtigkeit 
•|ieg^Vin  erst^  als  ilie  Gi*afen  ymi  dorn  Ad.e1  des  Lande^  und  dei^ 
i^la^nj^hd^rn  bedifai^gt,  jhres Beistandes  bediwften^  i(^rafFlo«» 
':|-us  er^ai'b  sjch  bei  f^e^rihm  unruhigeh  AdeJ  ^urcb  die  fiegttn'« 
/jt^iingdes  drjtfen  ^(and|^  den  Bt^nanien^  4er  Karlen  uo4 
4.*^; 'rti?r  ;^uepi\4W0tV|  ujad  eirregte  d&n  Öikfs  de*  £dleiä  M 

te£;en'*icb  %  4^  diiiMlbe  ihkxx  deh  UntiWftarfß  btp^it*^  '^*    '  ^'^ 


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Kiett«#  yVtAea  rm  3«  Maatsohaiipj  u  L^dei^  S75 

.•Na<^  Flotus  Tode  erscbein^n  die  Städte  4uf€bftuf  ia 
gleicher  Bedeututia  mit  dem  AdeL  AU  Wolfart  von  Boraseler^' 
dpt  die  vormutidachaftjiche  Regierung  führte ,  der  Stttdte  Frei« 
heiten  nicht  achtete  9  sahlle  er  seinen  Uehermuth  mit  aeinem 
liebep«  Johann  von  Aresnea  9  der  schon  fröiier  von  einigen 
Städten  zur  Vormundschaft  berufen  worden  wart  trat  nun  äin 
die  Spitze  aller  Städte  uni  führte  die  vormundschaftliche  Ke« 

S^ierung»  in  welcher  er  bald  darauf  von  deni  jungen  Grafen 
obam«  selbst  bestätigt  ward.  Durch  Florus  Ermordung  ruhte 
auf  dem  Adel  eine  Schmach«  die  ihn  dem  FOrst»  Wie  dem  y 
Bßrgerstande  als  verabscheuenswer^h  erscheinen  liefs.  Als 
dann  Johann  frühaeitig  starbt  g^'^g  ^^^  Grafschaft  auf  das  ver- 
wandte Haus.Avesues  über^  i/ind  auch  dadurch  ward  der  Ein« 
flufs  der  ^Städte  gemehrt,  da  sie  es  waren  9  die  Johann  van 
Avesnes  berufen  iiatten,  da  sie  es  waren,  durch  die  er  sich 
geg^n  den  Adel  behaupten  konnte*  Er  erneuerte  und  bestätigte 
ihre  alten  Freiheiten  und  Aechte.  Sie  erscheinen  s,^itdem  Dei 
fast  allen  dtfentlicbeh  Angelegenheiten  thätig,  ohne  jedoch  211 
nnverhältnifsmälsiger  Gewplt  gelangen  zu  könnerf.  Erst  die 
tehdevollen  iJeiten  Graf  Wilhelms  IV.  und  das  Streben  Marga* 
retha'89  der  Gemahlin  Kaiser  Ludwigs,  sich  die  Städte  zu' 
ge^vinnen^  führten  diese  allmälig  aus  ihr&n  Schranken.  Die 
JKegenten  aus  dem  Bairischen  iiause  l^gOnstigten  vorzugs^ 
weise  die  Städte.  D;ese  waren  es  dann  auch,  welche  i'ür  Wil« 
heim 9  Margaretbens  Sehn,  gegen  die  Mutter  Farthei  ergrif« 
fen.  ,  Im  Jahr  l35l  schlos^n  die  Städte  eine  Verbindung  eben- 
falls zu  Untersttttzüg  Herzog  Wilhelms.  (Pi  7^.  ^Tot  het 
sluiten  van  dit  Verbond  yereenigten  zieh  die  Steden  op  eene 
plegtige  wyze,  zeer  waarschynlyk  met  toestemming  van  den 
Vorst|  ten  minste  oder  zyne  oogluiking;  en  nu  betuigden  zy, 
dat  zy  zieh  onderwondenhadden,  Hertog  Willem  Here  te 
maken  en  machtich  zyns  Lands,  en  dat  zy  bndernomen  hadden^ 
hem  uit  zyne  groote  schulden  te  redden ;  dat  zy  het  nadeel^ 
hetwelk  zy,  uit  hoofde  van  de  verdediging  dezer  zaak,  en  Van 
wege  de  bescherming  huner  eigene  vrybeden ,  mogten  onder- 
winden|  genieenschappelyk  zouden  dragen;  en  dat  zy^  indien 
df;  Hertog  zonder  wettige  eifgenamen  njogt  overlyden  niemand 
als  Heer  zouden  erkennen  9  tenzy  hy  onoerlinge  toestemming, 
en  volgens  de  ))epaUngei](^  door  kevcer  Lodewyk  des,  wegen* 


41s  auf  Wilhelm  sein  Brude^  Alhrecbt  folgte,  verband  er 
sich,    die  Giafbchaft  mit   Rath    und  Ueberlegung-  der    galten 
Städte  von  HoUand  und  Seeland  zu  regieren.      Er  seigte  sich** 
^^(ir^fQd  t^inn^anaje«  Re^^i^rung  d^n.  Städten  gewogen,  und 


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^T§.    '     iSPtH^'^  WeA«n  van  de  Maatechkppjr  tii  Lejdenf  -  -  ^ 

f'^  nahmen  ^iefelbeil  auf  seine  Vefanlassuns  ait  den  lie^eutend«« 
f'ten  Staataang^legenhcdten  l^heil.  So  blieb  es  aacfi  unter  sei^ 
|iein  Sotn  Wilhelm  VI. .  der  um  so  mehr  Ursacbe  hatte,  die 
Stände  i^ii  ^chohen',  we^  er  durch  sie  feiner  Tochter  Jaqobii 
die  SucceSsiin  Äusicherrt  lassen  wojlte,  .Diese  Zus^i(:herune 
erjiangte  er  l4l^  ^u^  einer  .StSnd^yersammiung  von  Adel  unS 
Städten.      '    ' 

*  "'  pfe  Städte  huldigten  auch  wirklich  der  Jacqha  nach  Wil- 
helms Tod ,  ohngeachtet  deren  Oheini  Johann  von  Baiern  alle^ 
äufbptji  sich  in  B^sits  der/ Grafschaften  «u  setzen,  Um  die 
Städte  an  sich  ?:a  a^iehen^  versprach  er  ihnen  die  Freiheit,  (licH  , 
aucl^  unberufen  1i;u  xyersammeln  und  ihnen  noch  andere  l^ri vi-» 
legieii  zu  ertheilen.  Als,  ohpgeabbtet  die  Städte  s^ine  Aner* 
jbietungen  nicht  annahmen^  dönnoch  Johann  zur  Regierang 
Icam;,  wufsten  sie  ihre  Freiheiten  zu  heha^upten,  spät  ei*,  riefen 
ste/ Jacoh^'s  Gemahl  zum  Grafen  aus  und  erhielten  von  ihra 
iiil^e  ih^e  Freiheiten  bestätigt  und  neue  bewilligt,  woruntei? 
unter,  anderen  sich  das  Versprechen  be£aild,  nur  au  Landes^ 
|cinder^tilQter  zu  vergeben.  \  ' 

jps  folgte  c\un  eine  Zeit  vpU  Verwirrung  und  Streit  zv^i^ 
^hen  rhUipp  von  Burgund  und  der  unglücklichen  Gräfin  Jacoba,  ^ 
welche  mit  der  Befestigung  der  Burgundischen  Herrschaft  en* 
dete/  Auch  unter  dieser  behielt  d/dt  dritte  Stand  einen  be» 
deutenden  Einflufs  auf /Staatsangelegenheiten,  dqch  nur  in« 
nerhaih  der  festen  ihm^  eingeräu'tuten  Schranken,  Karls  d^a^ 
itübnep  Kriege  und  Geldbedürfnisse  iiefsen  nach  seinem  Toda 
'  die  Städte,  welche  helfen  sollten ,  zu  neuer  Macht  emporsteir 
gen.  Sie  erlängten  von  Maria  das  s»  g,  grosse  Privilegium. 
Die' Städte  sollten  unter  sich  und  mit  den  Ständen  andrer 
Niederländischer  T^rritprien.Tagfabrte?;!  halten  dürfen,  wq 
'und  wann  i|ie  wölkten.  Die  Persönlichkeit  der  folgenden  Be- 
genten  trat?  war  dem  Üeb^rmuth  der  Bürger  in  den  Weg^ 
doch  blieben  deren  Fretiheiten  bis  in  die  Zeiten  def\  aUgemei»; 
nen  Aufstandes  der  Niederlande  vertheidigt  und,  bewahr tV 

lEs  war  besonders  seit  A^nfange  des  löten  Jahrhunderts^ 
loÜand  ur(d  Seeland  di^  Strände  ay  gröfserer  Ein-, 
elmäfsig^Le^t  in  ihre.^  Geschäfteii  gelangten  un<| 
pt  mehr  zu  einer  Korporation  bildeten.  1428. 
dem  Guten  vo^B.wrgund  kommt  zi^erst  der  Name 
Lan^d^S  vor.  Zu  A.ntange  des  löten  Jahrbunderta^ 
tändev(ßrsammlungen  bäu^g^r  un^  kostspieliger;^ 
sha^b  auc^  in  der  Grafschaft  Holland  die  kleine^ 
:^,'  nuv  Dordredht,  'Ha^lem,  Delft,  Leyden, 
Amst^^dam  xind  öqudä  4IS  Ha\ipt  c^der  ak  ^i^  4e?t5  ^xki^^n^ 


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Stfldte  traten  hoch  als  Repräa^ntant^n  4et  3(eii^  StalM^t- ftuf* 
Iif  Seeiätid  hätten  früher  nur,  sWei  Städte,  Middelburg  Und 
Zrerifceee  Atttbeil^  weil  die' anderen  Städte  Berren  unterwor* 
feh  waren;  nach  der •  Vereinigung  qsehrerer  Städte  mit  dia 
Grafschaft  gelangten  allmälig  5  zur  Landstandschaft. 

Dies  ist  der 'Hauptsache  nach  der  Inhalt  des  ersten  Üliei« 
les  der  Abhandlung  des  Hrn,  de  Jonge,  in  welchem  er  histo* 
riscb  die£nts^hung  der  landst^ndiscnen  Cor^orationen  in. den 
mehrfach  genannten  Provinzen  verfolgt.  ~£in  zweiter  Tbeil 
enthält  Reflexionen  über  den  Weg,  den  die  Städte  bei  £j:* 
langung  ihrer  Freiheiten  gingen«  £r  beginnt  mit  grundlo'sen  , 
Schoiäbungen  gegen- die  früheren  Zeiten  des  Mittelalters  und 
sucht  vor  allem  die  Meinung. festzuhalten ^  das  Streben  der 
Fürsten  gegen  den  Adel  aey  Schuld  an  den  Begünstigungen 
der  Städte. 

In  Flandern  soll  Qrammpnt  zuerst  i[m  Jahr  1068  städtische 
Freiheiteii  erjangt  haben. '  In  Brabant  wird  als  der'älteste 
Freiheitsbrief  der  von  Vilvoorden -vom  Jahr  li92  erwähnt, 
und  die  Gertruydenberger Handfeste,  die  früheste  in  Holland» 
ist  erst  Vom  Jahr  12 l3t  Die  Middelburger  Privilegien ,  die 
ersten  städtischen ,  deren  in  Seeland  Erwähnung  geschieht^ 
aind  vom  Jahr  1217t  ^ 

Das ,  was  in  den  erw|lhnten  Freiheilsurkandeh  eigentlich 
enthalten  sey,  erfahren  wir  dabei  nicht;  der  Verf..  denkt  sich, 
dafs  die  Bürger  früher  Leibeigene  waren  y  ^und  dadurch  die 
persönliche  Freiheit  erlangten.  Das  ist  doch  etwas  starke 
obgleich  es  in  sein  System  vom  Mittelalter  pafst. ,  Wahrhaft 
lächerlich  ist  die  Döclamation ,  wie  der  vom  Sclavenjoch  be- 
freite Bürger  ein  bisher  ihm  unbekanntes  Gefühl  in  sich  wahr« 
genommen  habe,  das  Bewufstseyn  seiner  Freiheit;  wie  da-, 
durch  das  Gefühl-  eigener  Würde  erweckt  worden  sey  $  und 
wie  er,  der  sonst  nur  meinen  Herrn  gerheitet,  jetzt 
als  freier  Mensch  Ijandel  i;in.d  Gewerbe  betrieben  habfe.  Mail 
glaubt  zu  träumen«.  _        . 

Auch  dieser  Irrthtim  ist  natürUcb  die^  Folge  der  irrigen 
Vorstellungen  von  dem  Ursprung  städtischer  Freiheiten,  dafs 
i^fimlicb  stäitischer'Adel,  erst  entstanden  sey^  als  die  Städte 
durch  ihre  Blütlie  den  f^andädel  reizten,  sich  in  ihnen  nieder« 
zulas^en.  Auch  die  Berufung  der  Städte  zu  den  Landtagen 
soll  statt  gefunden  haben,  weil  die  'Fürsten  dem  Adel  ein 
Gegengewicht  gebeip  wollten  l     . 

Da  wo  der  Adel  sich  gegen  einen  Suc,pessi6nsprätendenten 
ausgesprochen  hatte ;  «lag  dies  als  Ursache  der  Begünstigung 
4er  St|(dte  angesebeil  ii«.erd<?n  ,•  spn^it  abeir  ist  die^^erlegenheit 


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'378  likow«  Wciiva  T«ii  U  H^^^thaj^  iß  L9S^: 

'  ,'     *  ^ 

^er.it'ttrfttett  io  slenilidi  die  eioiige  Quelle  ff^hetßn  tiAdKi*. 
^cbefi  £ififlMS^t.  $i;9ilta  liuiTsten  mit  OeM  nelfen ,  w^il  dt« 
jabme  Lieben»liälfe  des  Adel«  gegen  die  SdldneirVcbareiv^l^bt 
mebr  ausreicbtey  utid  er  nicbt«  anderes  ^  die  G^i^tlicbkeit  w« 
möglicb  gat'mcbts  zum  al^emeinen  3esten  beitragen  HrolUe« 
Die9  M^ira  dann  bir  die  spätere  Zeit  ypi^  Hrn,  deO^enge  ait|:h 
iiXich^aiielkfuiit^  und  er  erklärt  allerdings  ab  Hauptgrund  der 
^u^ieii ufigdeir  Starke  auf  di,e  IL^andtage  de  uitputting  der  yor^ 
H^iyk«^  SdUatkist ,  en  de  hegeerte  der  V'örsten  }iierin  doar  dei) 
eeldelyken  bystand  der  Steden  ^e  vor&ien.  Audi  ist  falseh« 
ddi*4  sieb  nun  die  StftiUe  für  den  Fürsten  in  feinen  BecUUf'uis- 
men  und  g^gen  den  Adel  Überaus  nobel  genon^men  bätten;  im 
Gegentbeil  wufstei)  sie  ibr  Ii>tef*es^e  rcacbt  woHl  wahr- 
suüebiiien« 

^neu  reflectirte«  Plah  supbt  der  Vf.  darin ,  dafs  die  Fflr- 
«ten  picht  mit  allen  Städten  auf  einmal*  iondern  zuerst 
mit  ekligen  ratb^cblagten ;  dafs  die  Gegenstände  dieser 
l^eredui^geii  zunächst  Gegenstände  betrafen  ^  die  für  .den  Adel 
ohne  Interesse  piraren,  wie  den  Handel  und  di^  Gevr^rbe; 
dafsAie  Städte  zu  $taatsbandlungen  zuerst  nur  als  ^eugen  zu. 
gezogen  wurden  u,  s.  w.  Hierbei  bann  man  i^ber.  nur  Ziifall. 
und  unber^cbpete  Wirkung  der  Verhältnisse  anpebmeiJ, 

Noth  d^  Fürsten  aus  Erschöpfung  ihrer  Kasse^  aus  Zwi« 
f^igkeiten  in  ihrer  FamiUey  aus  JV^ind^rj^hri^keit,  aus  zwei- 
^*elba;^en  Erbansprüphen«  aus  unglückli$;heu  Kriegen  entttan^ 
dßn  —  das  ist  die  Quelle  des  Antheils  der  Studie  an  Staats* 
l^escbäften  In  den  ^|iederlandel7,  wie  fast  in  ga^^  Deutschland^ 
iind  die9er  Antheil  ist  mit  Unterstützung  der  FüVsten  durci^ 
^^d  und  }\}ann#cbaft  tbeu^r  genug  bezahlt  «vordeii. 

In  dem  letzte^  Tbeil  entwickelt  endlich  noch  det  Verf» 
dl«  Art,  wie  die  Städte  in  den  Ständeveftaimnlungen  auftra* 
ten.  Er  i)4ngt  seine  Untersuchungen  bi^bei  uoter  dt*e| 
|Iaup1ts|itZ4i  die  wir  ibn^  gern  zugeben^ 

1)  Der  Einflufs  der  Städte  in  d^n  Ständeversamn|lunget| 
))lieh  keinefweges  Immer  in  den  Sphranken ,  die  ^n  Stftdteii 
der  Umfang  ihr^  recbtliphen  Ansprfiche  «etzt. 

i^  Der  pinflu|S|  vi^elphen  die  Städt^  ^ber  die^e Sqhr^nl^eii 
|iinau4  erlangten  ^  w^r  aber  kiur  yc^rt^bergebend. 

3}  Die  rechtlichen  An^p.rOche  4er  St.^d^^  biezogen  sich 
a)   auf  <}te  Bewilligung  der  Steiiern  und  Bedeq,     f^s  gönnte 

nichts  hinsichtlich  'dst  Steuerri  beachlofsen   Mpd  festge* 

ftell^  werden ,  ah  rpit  Zuitimmt^ng^des  di:|t|e^  Sta(^4^9^ 

1^4  djeae  kq^tf  d^r4<|h^  yer^eig^^^ti. 


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GjDogk 


,  hy  auf  Mitwirkung  bei  Beitimotüiig  des  Gtiialt««  wid  'G#- 
prlges  dM  G^loea«  Die  Mansoperationen  der  Fürst«» 
am  MittelaUeia  sind  bekannt ,  und  daher  kein  WiiDder^ 
daj#  die  Stftdte  aick  in  dieser  3eaie)iattg  e;^neo  cewisseil 
£iaflu£s  zu  sichern  suob|en»  ^ 

So  verband  sip&  Jphann  Ilf.  in  Braba«?t,  Mne  M<Iok# 
ecblagenzi^  lassen,  als  in  den  freien  StHd-^en  und  mit  deren 
ilatb.  Dies  bttStStigte  dann  auch  Wenzel  und  Johanna  in  ibter 
blyde  Inkomfo  -(foyeuse  entree).  N(K:h  andere  Beispiele  W£if# 
4en  ai^efahrt.  .  \  ^ 

J^fs  dann  die  Städte  einmaj  :^u  begründetem  £<nflufii  .ge^ 
liot^men  waren,  wurden  sie  natürlich  bei  den  verschiedensten 
^Staatsangelegenheiten  zix  Katbe  gezogen.  Besonders  die  Be* 
Stimmungen  und  Verha^idliingen  tther  Handel,  Seefahrt  ui>4 
Fischerei  kaqaen  fast  ganz  in  ihre  JfSnde« 

Gegen  Bewi]Jiguiig  der  Beden  und  pelder  liefsen  sich  die 
jSt^dte  iure  alten  Freiheiten  bestHtigen^  neue  einräumen.  Dibs^ 
fuuls  man  als  rechtlich  be^TCkndet  aitsetien. 

£s  enthält  djeses  Hen  aufser  dem  Aufsatz  des  Herrn-  de 
JoTige  nofh  zwei  andere  minder  wichtige  des  Herrn  Willen* 
«Pornelif  Ackersdyck;  nlimUch  i)e}ne historische  Untersuchung 
^ber  Herrmann  de  Ruyter  und  Jessen  Einnahiae  der  Yeste 
X/oevesteip.  Eine  Unters ucfaiing^  'die  nicht  uninteressant,  abev 
von  ganz  particularem  Interesse  ist^  diasselbe  gilt  2)  von  der 
lyiittneilung  eines  Bruchstücks  des  Gjedichtes  Jacobs  von  Maer- 
Jänt  vom  Trpjanischen  Kriege  p  was  vielleicht  unseren  (jeiv^f^ 
mscbeii  Spraphforfcbern  willkommen  seya  dftrft^«  1        ^  . 

1.   Catdogif  de  la  eotUctioh  de  Coleoptersi   df  Mf.    h  Baron  Bf^ 
^     jf  an  f  Lieutenant'^  Geae'ral  tax ^      Pmrii^  cheX   CreQOU     1821«  5« 
,$'.1—1$^'        ' 

^.  HUtaire  natifrelle  et  feomograjAfe  des  Jnuffte;^  Cot&eptiree  d!£a^ 
rope»  J^oßT  M*  Latreille^  Membre  de  t Institut  etc.  et  M. 
le  Baron  Pejean^  Lum^endtu^  Genertd  ete^  fremiere  Lt0r«M 
eon.     Pf^t  <?Aff  Creoot.  i83?.  ^.     S,   f— 'W-   Tfh*  f'^f^* 

J^r.  1^  ist  ^vif  ^i»Namc|n7^rzeichnifs  der  Arten  yon  K?fern« 
'rfie  sich  \ji  dev  ^ufferordeiitlirh  Vejchen  Sammlang  des  Krp. 
Baron  Dejea^  befinden,  mit  Angabe  ^er  Eniromplogen^  die 
^ie;  Arten  be|iahntep,  uebsf  der  ndth^en  ^ynonymie,  SO  wi<; 
^e^  VateiUiides  jed^  Art.       yQrȟ"hch    bedeutend    i#t   dU 


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38cr  Dejein  Cattlogito  •  .  •  Qut»  natureUe« 

■ '      •  .  ■  -  -•  * '     '  ^  '^ 

'Monge  vpT^Eür.opaiscbeD  KSfeiti)  cUe  l^  aufgeführt  sidd; 
äiber  es  findet  sich  ^ufser  diesen  auch  t4ae  jr)>of;|e  Anzahl  yoti 
Ausländctn  aus  allen  Weltjtheilen.'  Sowohl  unter  diesen ,  ala 
unter  den  £uropliischen  Arten  sind  sehr  viel  neue  von  De- 
\  jean  zuerst  bestimmte  u nd^ benannte ,  »so   dafs  fast  kein  be« 

.  deutenderes  Genus  angegeben '  ist  ^  das  nicht  wenigstens  mit 

^«inigen  Arten  bereichert  wäre.     Seine  Sammlung  besteht  etwa 

aias  6700  Arten,  ist  gewifs  also  eine  der  bedeutendsten  KäiFer- 

Samoilungen,    die  es  giebt,  und,  die  Frucht  einer  SOjäbrigen 

Arbeit«  ^^Fabriciu^s  in  seinem  Systema  Eleutoeratorum  i)e- 

-  schrieb  etwajiur  5250  Arten.—  Während  der  Kriege  Franki* 
reichs.ttiit  (Jen  meisten  übrigen  Ländern  EJuropas,  wandte 
Baron  De  jeaif  jeden  fri4en  Augenblick  an,  selbst,  in  diesen 
Ländern y  z.B.  in  ganz  Teutschland,  in  Italien,  Polen^  Rufs« 
land  und  besonders  in  Spanien  und  Portugal,  wo  er  sich  3 
Jahre. a ufbi ek ,  zu  sammeln  und  durchsuchte  später  ein  ganzes 
Jiibr  hindurch  die  Steyerischen  Alpen,  durchstreifte  ferner  ein 

'  Jalir  läng  Croatie'n  und  Da)matren.  Vor  einigen  Jahren  sammelte 
Bar.^.Dejean  ,  wie  Ret  weifs,  in  den  Pyrenäen.  Er  untere 
suchte  genauer  die  reichen  Sammlu,n^en  des.  Wackern  Grafen 
Hoffmansegg  zu  Berlin  (die  jet^t  der  Königl.  zoolpgi^chen 

JBammlung  einverleibt  sind),  ^er  Herren  Ziegler  und  Me- 
gerle  V.  Mühlfeld  zu  Wfen,  des  Hrn,  D  uftschm  i  d  zu 
Linz  und  des  Hrn.  Sturm  zu  Nürnberg.  Durch  s^ine  aus^ 
gebreitete  Correspondenz  mit,  den  berühmtesten  Entomologen 
ip  Teutschland  (z,B,  Ger.mar,  Gravenhor^t,  Mögerle 
u.  m.  a.) ,  in  Schweden.  (Schoenherr,Gyllenhal)',  ii^ 
England  (Mao-Leay,  Leach]),  in  g^nz  Frankreich,  in 
Rufsl^nd  (Steven), -in  Piemont  (Ro  n  elli)  u.  s.  w.  erhielt 
er  eine  grofse  Anzahl  gut  bestimmter  Käfer  und  interessante 
^emerki^ngen  darüber.  Ausländer  theilten  ihm  mit  Lang St 
doF.f  in  ßraVilien,  B^no'n  in  Caye^ne^  ßosc ,.  Savighy, 
Olivier,  Palis.ot-Beauv  ois  u.  a,  —  Baron  De jean 
folgte,  bei'  der.  Ausarbeitung  seines  Cat^loges  dem  Sys^teme 
Latreille's,  den  er,  ^o  wie  auch  seinen  Freund  DumexH, 
als  seinen  Lehrer  in  der  Entomologie  dankbar  erwähnt«     Er 

Jyenutzte  aufserdem  einige  neuere  gejnaüe  Mpnographien  über 
einzelne  Käfer -Familien,  z,  B.  die  von  Bonelli  über  die 
Laufkäfer,  von  Gravenhorst  über  die  Kurzflüg)er^  vQn 
Paykul  über  das  Gen.  Hister.,  L in.,  die  noch  ungedruckten 
Arbeiten  von  Ger  mar  *)  und  Megerle  i^iber  die  Curculiq^ 


?)  Ref.  müSfl  jedoch  bemerken,   dafji  Heji;  Prgf.  Qermari    einer 


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Dejcin  Cutäligne  •  «  •  Hist.  nattivellt.  381 

nlden  ü.  ••  w.  lYo  er  esfür  uQümgSi^gHch.  n^thig  blelt,  hiU^ 
dete  er  vorläufig  neue  Genera«  z.  B.  unter  den  Laufkltfem 
des  Gen,  Pelophila  (Blethtisa^  Bon.),  Tetragonotierus ,  uViter 
der  F^m«  Hernoxes  (Serricomes  Ijatrl« ,  Gv.)|  die  Gen..  Gry««, 
ptosoma,  .Fhyllogerus  ,*  unter  d(}r  Familie  der  LamelHcornen 
aas  Gen.  Facbypus  (Geatrupes  F.),  Diphucephala ,  ChapuMr« 
topterus,  Chrysopbrora  (Melolontha  LtrK).  Unter  den  Het^ 
rooi^res  die  Geh.  Heliophilus   (Pedinuii  Li  trl^y,    Opatritius^ 

/{Ptfdin.  Ltrl.),  Blapstinus  (!)|  Calcar,  Corticus,  Decatpina 
(Mylahris  Fab^).    Unter  den  Tetram^res  die  Gen.  Tubicenu«) 

,  Eccoptusy  Arcbarias,  Anifua,  Spbaerogastef,  Cyclopus,  Bra^ 

^cbysoma,  Acorynua^  CamptoceruSf  Megaderusy  Adeamut^ 
Apomecyna ,  Colobatbea  (Saperda  F.)  ^  Leptocera  (Cer^mbyx 
F,),  Ti:agoceru8,  Veaperu»  (Stenocorus  F.),  'Deamocerus 
(StenocF.),  Stenoderua  (Cerambyx  F.),  Megascelit ,  Pelece* 
pborus  (Nötoxus  Scboenb.).  -J—  .  .  " 

Bei  den  Laufkäfern  atebt  ein  Gen.  Oromiua  Bon.>  eine 
Benennung,  die  zu  aebr  mit  der  eines  Krabbengenua,  näm« 
lieb  Dromia  Fabr.,  gleich  ist;  ferner  ein  Gen,  Hell aoBon.^ 
wobei  zu  bemeipken,  dais  derselbe  Name  von  Oken  Wurm^ 
arten  gegeben  ist,  die  früher  zuHirudo  gehörten.  Der  gene« 
riscbe Name  Dolichus  Bon.  ist  mit  dem  eines  Pflanzengenu» 
DqUcIios  übereinstimmend.  Unter  der  Farn,  der  Necropbagen 
steht  ein  Gen.  Strongylus  Herbst,  wobei  zu  bemerken,  daia 
Müller  denselben  Nanien  früher  einem  EingeweidewJirm« 
gen  US  gab.  Der  generisqhe  Name  Heliophilus  l5-ej«  unter  den 
Tetrameren  ist  zu  verwspidt- mit  dem  eines  Pflanzengen. -He« 
liophilar  (Tetradynamia  Siliquosa).  Zu  Irrungen  kann  das  . 
Gen.  Merionua  Meg.  (Tetram^res)  Anlafs  gehei|,  da  dieser. 

^ Name  zu  sehr  verwandt  ist  mit  dem  ein^  von  II liger  gebil- 
deten früher  zu  Dipns  gerechneten  Säugt  hiergenas  Meridnes» 
Der  ein^m  Curculionidengenus  von  Ger  mar  gegebene  Name 
Pachygaster  ist  schon  von  Meigen  einigen  Zweiflüglern 
(dem  Gen.  Vappq  Latrl. )  aus  der  Familie  der  Stacbelfliegen 
beigelegt«  Der  einem  andern  Curculionidengenus  von  Dejeait  . 
gegebene  Name*  Cyclopus  ist  ohne  Zweifel  von  hukAo^  und  Ti?| 
abzuleiten ;    denn  Wenn  dies  nicht  wäre,   so  itaiüfste  es  be«   • 


unserer  ausgezeichnetsten  £n(otäologeo^  sclioti  mehrere  Üntetsu«)' 
chuDgea  über  Careulionideu  ptibiiclrr  liar,  wie  in  den  letxten 
Banden  seines  Magaxins  der  Eutoioologie^  in  den  Neueit  WcUtr.'* 
auischen  Aunalen  £d«  I«  Abth.  1.  $•  II69  ü.  f. 


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^häiinüidk  Cyclops  beifieny;  ^injNfanke,'  di^n  Mürllei-  ^ane^ 
hem  von  Linne  su  Monoeulu^  gerechneten^  Crustaceengenu^ 

Jrab^  -TT  Der  von  MegerW  einem  CurcuKdnidengeiTu^ ii^ige«^ 
egte.Name  Kbinöbalur  «ttuA  au€b  geifitdert  werden',  indem^ 
Schneider  deniiblben,  »ction  einer  A*btheUuYi|r  Voii^  frÜhei^;; 
«ü  Raja  gezä'blteit,  knorj^liisc&en  gftb«  t)ass«tH)e  iiPt  der  Falt' 
anit  dem  gfAerii^b«»  Namen  J^hina  X>a'tfK  £)^r  gen.  Name» 
CSalcar  ist  i^6n  M arn tfoftThierarten  gegebtn^f  die  eu  d<hii 
Univalvenge^hlechr  Tro^hua  gezählt  werden,'  aber  woii)  kauns 
4a von  getTennt  werden  J^dnhen.  Mege  r  1  e  aoil  den  Nani'ei^' 
AucbeniW  Käfern  y  die  su  den  Chry^bmeupes  gehdren^  gi>^gi^beii 
iiiben.  AUeiti  scfaoi^  Mar  aha  in  i^n  a.  I^nti^indl.  britannrca^ 
2^<ynd«  l30d.  hJEit  dief  Genus  aufg^i^ellt^  —  I  Üi  g>  r  bar  attÜr  mit 
Unradht  depsetben  iptfter  den  in  Amerika  lebenden,  (fSbier  suiif 
Gen«  C/amems  gerechneten  y  SiKig^hiieren  gegeben^  Den  gener«'' 
Namen  Clypeaster  >•  der  yon  A  n  d  e  f  a  c  h  einem^  Chryabmell«^ 
fiengenlis  (Coaayphus  OyiPlh.)  beigelegt  wutd^^gab  LaniarM 
einem  liu  den  Seeigel/i  gebdreiiden  Genua.  ••—  AuV  der  AbtheiV 
lung  d^rPentamere»  bes^itzt  p  ej#  32 '?7  Arte»,  unter  denen  sialk' 
atfein  908  Arten  VOfy  iMufk^^ern  beündenV  am  dW  derHete^- 
rocb^ren  6S[3f  aiirder  der  Tetrameren  ^eSdf",  unter  denen  bcH- 
aonders  die  FamiHV  d^i'  Cür<iij]ioiiiden  aehr  reiicib  ist  |<  die  auW 
lOr73  Arten  besteht ;;- ai^a'd;er  Abtheilung  der  Trimer^ri  119  und' 
aus  der  dei»  verm^ih  tliehen  XHmeren  17  Arten,  Um  einrge  spectel* 

'  lere  Beispiele  iic«h  von' dem  ^eidhthum  <fer  Dejean^Ghen  oainin« 
lung  an^ufißbren^  beitiert^il  wir,  dala  sie  zum  Bbispiel  voinr* 
,Geä.Har|K(lu«  9^2 Arten  besitzt,  unter  detWii  532  neue  von  D<^- 
fean  benaonld^  vom  ä4n,  Stapbflinu^  1^0,  uitft^r  .dt^nen  28^^ 

'  I^ÖNin  Gen.  Bupre&ti»  l33»*  unter  denen  Jü^  voiw\Geri,  EJater 
199 f  utiter  denen  SÖf'  voiii^  Gen.  Hal^ica  l49»  unter  denen  öSf."^ 

'  Vom,  Gen,  CÜrysomel^  119  Arten,  unter  denen  26'  neuevoiV 
ibej^ean  ^beiteiinte  Sil:h  finde»;' r*-  ,Es  rsfc  wohlWvermuthen^^ 
daf«  manche  f&n  den  neuerep  l(«tfferge*|:hlechtern  mit  andern;^ 
recht  gut  rert&n igt  werden  Jiöni^jt  und  roöss^n,  so  wie  äucU 
gewil's  manche^  §ls  eigentbttmlrcV  ahg^iH>minene  Ai^t  >  nur  Va^" 
rietät  ist/  — 

Nioi  2^  Der  oben  artgezeigfe  Cätalö^,  wel«ll«T  Wohl, 
^ner  Erwahnifing'hier'  terdieute .  da  er  gewlfe  jedem'Entomoi*'^ 
logen  sehi'  anaenehm'und  nützlich  s«eyn  v^irdy  beyr^c»»t  eaobn4r 
Widerrede  schon  »"dafs  Niemand  besser  ak^^ejnean  in  Yev^ 
bindui^j^  mit  dem'  grafsen  FraffzÖsiscköir^  Ähtdmologen  'Liw 
tr  e  i  ll'e  ,  de«»'.ati«jh>i he.ausgezeichneti  Insect^nsämtniLing/l]^« 
siut  /  eine  llea*bettu#fg"  der  Earbpöischeri  Käfer  mit  den  Vä. 
tbig^ti'  Abbi{d(kng<^n   bereitet/  beginntii  lü^fint«^»"  und^  ^» 


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^Ittt  ror  uns  Hegende  Heft  zeigt  ^s  at^b  Inder  Thal  hhtläng« 
ttcfa  f  dafr  beide  iVfä'iiner  wacktrr  gearbeitet  haben*  In  der 
Einleitung  vor!  S.  1—24  v^erden  allgenteine  Bemerkungen  über 
jdie  KtlfiT  mitg-^tbeilt  ;f  dann  folgt  die  Qi<iracterist^.der  ersten 
Abtheilufig  der  Käfer  y-  n^inlich  Fentam^res  ^' Fentamera  Dxu 
mer, ,  die  6  Glieder  anr  allen  Taften  baben«  Die  ertt^o.  FamiU 
he  begreift  die  Fleischfresser  (Carnäs««erSf  Adephagt  C 1  a  »r  y.% 
die  vor  allen ,,  sowohl  ali  ausgebildete  Insecten  wie  auch  als 
Larven  ^  Jagd  afuf  andere  Tbiere  macben,  (VYr^rden  aqcb'  wohl 
Von  manchen  Entoroiologen  Greophagesv  Oi'^^^pba^i  -^ 
^ou  K^fo;  und  ^aypk  —  genannt^«  Sie  smd  entweder  Lalid« 
oder  WasferkJrfer,  Erstere  begreifen  2  Zünfte  (tribtis)  unter 
•ich  9  gebildet  aus  den  Geschlechtern  Cicindela  und.Carabut 
von  L i  n  r  e.  Die  Kwei^e  ^btheiliina,der^eischfressende»  War^t 
•erkSferUr  begreift  die  älteren  Geschlechter  Dytiscus  um)  Gyri« 
jnui,  — '  Diesres'  erste  H«ft  enthSlt  nua  die  BeschteibMng  der 
Geschlechter  und  Europ^scheif  Arten  autf  der  ersten  Zunft^ 
Cicindeleta e,  Ciciirdelites^,  CicindeTen^  Sand« 
käfer^  t^nt)  die  allgemeine  Eintheihmg  der  Gesch'lechtev  der 
Carabrci  oder  Liaufkä^^fer. 

Iit  der  Einleitung  üitdet  sich  nichtt  bemertertswei^heir 
Neues«  Das  Hrn*.  L  a  t  r  e  i'VI  e  E ige nthümliche liefern  ^chon  seinö 
früberen  entomologisrhen  Werke  und  einzelne  Ahbandiungea 
in  den  Annales  ifnd  Memoire^  du  Mus^e  'd*Hist6ire  naturtTle« 
K«f.  ben^erk^  jedoch f  dafs  sich  okn  Ende  derselben  einige  Vn*. 
teressante  allgemeine  Notizen' über  die  geographische  Verbrei* 
tung  der  Europäischen  Ktifer  finden ,  so  s.  B'.  dais  diese  €f\ne 
groisa  Vervil^ndtschaft  mit  derien  Westatfiens  und  Nordafi'ifea's 
haben ,  besonderer  wenn  Boden  und  Tehiperatur  fast  gleich 
tfindf  dafs  sich  mit  dem  44^  ntirdl.  Breite  A^ten  einiger  Ge- 
schlechter det  Patnilie  der  Fleischfresser^  Lamellicornea,  der 
Abtheilung«  der  Heteromeren  |t  der  Zunft  der  CurcnlioiVen  fin- 
den ^^  die  warmen  L>.-»iideri^  eigenthfimlich  sindr  da£r  die  In« 
•ecten  der  Lerante  und  selbst  nocb^  Fers&ev)«  Europa s€he  Fhy« 
sionO^mie  haben  (u  r.  w.  IVef.  r^rwelst  hier  a^ber  auf  eine 
ausführlitbere  sehr  lesVnswer the  Ahhandlüng  L  a  t  f  e  i li  e'  s^ 
die  dieser  viröhl' hätte  dtiren  können,  näitilicüf  Introduction 
II  fo  Geographie  g^&nerale  des' Arachnid er  et  des  Insf'Ctes'"  <>u  de* 
Qimats  proirfes  a' ces  aniinaux^,  in  den  JVtem.  dxi  Nbis.  d'Hist. 
nat.  T.  111.  Parwiv  ldl7.  pv  37.  u.  s  W, ,  wieder  »hgedruckt 
itr  dessen- MeinoiresTsur'^ divers  Sujets  .le  Thist,  natiir.  des  In- 
aecty,-  de  Oeogi'.iphie  nncrenne  et  <le  Chronologie.  Paris  l8!9^ 
ö".  — -.  An*' d'^r  Einleitung  entnehmen  wir  nbchy*  daf*  Hr.  Li» 
i^tich  genauertm  Br^übuehtungen  die5te  und  letzte  Hauptabthei« 


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lung  Sev-KiSer',  die  er  Di n^i res  nannte^  nun  vervrirft ^  lind 
jgwar  von  Reell tfwegeii;  da'iie  nicht  STärseng^ieder,  son^eni 
3  baben  utid  das  3te  von  tbm  ff  über,  weg^n  seiner  aufserr 
ördentUcb^n  ILleinheii,  nur  tlberseheh  wtirde^ -^.  EeF.  mulstd 
sieb  wundern,  dafs  Ldtreille  noch  in  dem  l8l7  berausge- 
kommenen  Steh  Bande  ronGü vier* s  A^gne  animal  die«e 
;  letzte  Abtbeiltf anhahmi  dk  eir  woEI  hätte  wissen  IcÖnhen.  dafs^i 
bei  dem  Gen.  Pselaphus  Wenigstens^  schon  früher  3,  Tarsen» 
^lieder  gefunden^  und  selbst  abgebildet  waren ,  Von  1 1 1  i  g  e  t 
nSi^icb  (Magas.  £  Insektenkunde  L  305>9  und  Reicbenbach 
(s.  de$6en  ttefflieh^lttonographia  Fselaphorum  Li^s,  i8l6.  8» 
p.  19*  Tab.L), 

Der  Gang  ^  den  die  Verf.  in.  diesen*  Werke- geben  werden 
ist  der:,  difs  sie  liaeb  Beendigung  der  Fleischfcesser  öder  Raub« 
käfer  &U  den  Käfern  übergeben  ^  die  sieh  von  faulenden  anima^ 
liscbeh  oder  vegetabiüseben  Substanzen  nähren^     Dann  sollet 
die  folgen  y  die  harte  TÜeile  von  V(»getabilie'n  nagen  und  deii 
Beschlufs  die  machen ,  die  ron  zarten  fflanzentheilen  leben^i; 
Die  Verf*  machen  jedoch  keinen  Anspru^  daratif,  diejse  Ein^ 
theilimg  eine  natürliche  zu  neiineti^      Les  diverses  combinai'P 
8ons,  sagt  Latr.y  qu&j'ai  essay^es^  afinde  i^*en  rapprochei^ 
d'aussi  pres  qu'il;€tait  possibie,  me-portenril  croire,  que  le# 
Coleöpteres  a^a^^ues  condtiisant  par  un  bout  aux  lamejlicpr« 
li^s  et  de  l'autre  aux  camäs3iers   terresttes,  aüx  serricorne^^ 
aux  clavicornes  et  enEn  aux  bracb^ytres  ^    doivent  ötre,  mid 
en  t^te^  et  que  de  ce  poiht  partent  plusieurs  lignes  se  termi-' > 
}ient  par  les  insectes  les  plds  voisins  des  Orthopt^res  et  des 
Uemipt^res ,    ou  par  les  plus  inipaifaits  sous  le  rapport  de 
quelques-,  points  d*orgähisations  et  sous  celui  de  leur  formes 
en  etat  de  larve^     Mit   dieker   Stufenfolge    k^nn   Ref.   nichir^ 
libereinstimiiienj  jsumar  wenn  man    die*  Was«»erkäfer   ob^nait 
stellen  wilL      Die^  Kurzflögler  aber ,    G  r a  v  e  h  b  o  r  s  t*  s    Mi-? 
croptera  i    müssen    geWifs  zu  de)i   am  r.iiedrigsten  stehendert 
Käfern  gezählt  werden;  da  sie  in  ihrer  ganzen  Bildung^  wenrt  . 
wir  sie  mit' den  meisten  übrigen  Goleopteren  vergleichen  (Me^   , 
loö^  Fselaphus,  Claviger  und  wenige  andere  Genera  etwa  ausge« 
nommen)^   a1^  unvollendet  gebliebene  mehr  d|em  liarvenarue^ ' . 
atand^  sich  nähernde  KäferWJFormen  drsqbeinen^  ' 


iÖeir  ii$sthUfi  fpiiii) 


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Google 


N-  25,  .     '  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher  der   Literatur. 


Dejean  Catalogue  et  Histolre  naturelle  de$  Insectes 
\  Coleopteres. 

Es  sind  aucVf  wie  wir  beiläufig  bemerken,  bekanntlich 
die  Liarven  der  Kurzllügler  den  völag  aus^elrildeten  Thieren 
sehr  äbnlich.  —  Die  natürlichen  Verwandtschaften  der  Käfer 
unter  sich  und  mit  den  übrigen  Insectenordnungen  aBer  ge« 
nau  festzustellen  y  ist  in  deiThat,  wenigstens  für  jetzt,  ^noch 
eine;  sehr  schwierige ,  ja  unmögliche  Aufgabe",  indem  wir  in 
der  vergleichenden  Anatomie  der  Insecten,  di^e  aufser  eineni 
Swammerdam,  Lyonnet,  Ciivier,  Meckel,  R'a m- 
dohr,  Marcel  de  Serres,  Treviranus,  Herold, 
Gaede,  so  wenige  andere  befücksichtigten,  noch  sehr,  sehr 
•weit  zurück  sihd.  Hr.  Marcel  de  Serres  will  sogar  die 
Orthopteren  an  die  Spitze  aller  Insecten  stellen ,  besonders  in 
Bezug  auf  die  sehr  bedeutende  Entwickelung  der  Locomo^ 
tionsorgane,  —  - —  . 

Was  nun  die  speciellere  Bearbeitung  der  Sandkäfer  (Ci- 
cindeletae)  in  diesem  Hefte  anbetrifft,  so  bemerken  wir,  dafs 
.aufser  ^e\\  schon  früher  bekannten  Geschlechtern  Manticora 
Fabr.,  Cicindela  L.  u.^Colliuris  Latr.  (Collyris  Fabr.)  und  den 
neueren  Megacephala  und  Therates  L.atr.  (s.  Cuyier's  Beg.^ 
anim.  T.  IH,  —  Cicindela  L.  und  F.)  folgende  neuere  aufge- 
f(\hrt  werden:  Ctenostoma,  Klug  (Paris ,  Fi  so  h.)  und 
Tr  icond  yla^^La  tr.  —  Zur  Bestimmung  dieser  ersten  Zunft 
der  fleischfressenden  Käfer  ist  ein  Ch'aracter  hier' hinzugefügt, 
den  wir.imRe*g.  anim.  vermissen;  nämlich:  Palpes  a  4  articles 
distincts  V  le  premier  etant  degage.  (Bei  den  Carabidis  heifst 
e^  dagegen:  Palpes  ne  paraissant  ordiivairement  compose's  (jue 
de  trois  articles  u.  s.  w.)*  Dals  sich  diese  Sandkäfer  durch  ihre 
iitarken  Mandibeln,  ihre  grofsen  ui^d  vorragenden  Augen  ,  ih- 
rpn  di(iken  Kopf,  ihre  eigenthüojiliche  Lebensweise  n.  s,  w, 
XVm.  Jahrg.  4.  Heft.  -  25       ^' 


V 


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386  'Deiean  Cätalogtie^.  •   •  Hist.  naturirll^« 

>       '  '     '  '  '* 

telir  auizeichnen,  ist  zur  Genüge  hekantit«  Wir  lernen  hi^rf 
nach  den  früheren  Beobachtungen  von  GeöfJFroy  und  Des« 
niarestf  genauer  die  Larven  einiger  Srindkäfer  (Cicind.  hy» 
J^rida«  C.  campestris)  durch  Latreille  kennen,  vort  denen 
^er  jedoch  eine  anisfCihllicbere  Beacht'eibung  schon  In  der  2ten 
Aiisgabe  des  Nouveau  diclionaire  d'Hist«  natut,  lieferte.  1)10 
Ijärve  von  C.  hybrida  ist  lang,  etv^^a  l''  ausgeWachien;  der 
Körper  weith 5  scbinutzig  weiis^  aus  12  Ringen  bestehend, 
deren,  erster  nebst  dem  Kopfe  schuppicht  (ecailleux)  sind, 
oberhalb  oietallgrün 9  unterkalb  braun;  Füfse  von  derselben- 
,  Beschaffenheit I  aber  gän«  braun.  Der  Kopf  viel  breiter  alt 
def  Körper;  2  3ehr  kurze  aus  4  cylindrischen  öücdern^uSiam« 
meügesetzte  Fühler,  6  kleine  glatte  Augen,  von  ungleicher. 
Gröise,  Arachniden)aug'en  ähnlich,  4  gröfsere,  2  klet« 
nete  u.  3.  w.  Diese  Larven  höhlen  sich  In  der  Erde  ein  cy« 
linderförtniges  Loch ,  das  gröfser  ist  als  ihr  Körper.  Stnd  so 
g^frälsig,  dafrsie  selbst  die  ihnen  benachbarten  Larven  der 
eigenen  Art  nicht  verschonen.  —  In  einem  Tableau  des  Gen- 
res werden  die' Sandkäfer  Unter  2  Hauptabtheilungen  gebracht, 
die  vorzöglich  durch  die  Verschiedenheit  des 'vorletiten  Glie« 
des  der  palpes  labiaux  begründet  sind«  Zu  der  ersten,  die 
wieder  in  2  Unterabth^ilungen  zerfällt^  gehören  die  Geschlech-  , 
ier  M^nticora,  Gtenostoma,  Megacephala  und  Cicindela  für 
die  erste  Unterab^beilnng,  und  das  Gen.  Therates  für  die 
8 weite;  Zu  der  2ten  Hauptabtfaeilung  rechnet  Latr.  die 
öeschlech^^ter  Tricondyla  und  Colliuris.  — 

Nur  aus  dem  Geschlecht  Cicindela  ünd^en  sich  mehrere 
Arteift  in  Europa;  die  der  Übrigen  Geachlechter  sind  alle,  so 
viel  bis  jet^t  bekannt ^  Ausländer^ 

Das  Geti.  Manticora  gehört  dem  Vorgebirge  der  guten 

JÖtotfuiing   äiti.       (Mant,   maxillo'sa  F.,    abgeb.    Pi.  I.  t,  l.). 

jOlictitiget  wird  es  Mantichpra  geschrieben ,  nach  Mam^topa^f 

"^as  al)er  eigentlich  ein  unbestimmtes,  fabelhaftes  vieriüfsiges 

Indisches  Thi^r  ^ bedeutet*  —  Char.  des  Genus  Gtenostoma 

.Kl. :  T'roisi^me  article  des  d.eux  tarses  antii^rteurs  des  mäles  di« 

Ja^^  prJrs  de  son  origine,  en  devant  et   obliquementf  en  mji- 

nier^  de  lobe  ovoide,  ou  formant  un  deAii»coeur,'  »Von  K>ug 

'ist  nur  eine  Art  aus  Brasilien  beschrieben^   Ct.  Formidirum 

.  (aftgeTt*  P^l.  li.  f^  1.);  ist  Cöllyris  formicaria^  Fabr#  —   Die 

ineiste'n  Arteft  des  Gen.  Megacephala  LatrL  geholfen  der 

Iteuen  Welt,,  n^tr  zvt^el  def  alteyt  an;  vort  letzern  leb^t,  eine  am 

Senegal  j  die  apderc,  in  Westasien  und  dies  ist  M.  eupbrätica 

jQ  11  r.  (abgeb,  PI.  I*  £  4.).  — «.  Au»  dem  Gefr.  Cicindela  sind 

izo Europäische  Arten  beschrieben  und. abgebildet  jr  atuls^  u  e* 


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bejMn  Catalogue  ;  •  •  Hist.  niltiireile«  .  idi 

itn  aber  aui;Ü  noca  liwei.  aualändlsche«  n^miicb  C^  coaretatii 
(Fl.  !«•£  5)$  die  ticbder  C.  germatlica  nähert;  fus  dem  Land^ 
der  Kaffern   Voii  deiii  trefflieben  9    leider  tiun   äbgescbiedeneit 
lualunde  ipitgebraicbt^    und  C.  cjuadriiiötata  (PI.  1. 1;  6}  tikii 
Brasilien.     Die  scbon  iVilhet  gci^auel*  bekähnten  Arten  $indi 
G  dampestria  (PI.  Ul;  f.  |.  ü.  2),'  CL  littöralis  (PI.  IIL  f.  4  u^ 
ß),  e.  Maurä  (PL  III.  f.  6)i  C.  syl^atica  (PI.  III.  £  7)i  C.  by- 
J)rida  (PL  IV,  £  1)^   C.  sinuata  (PL  IV.  £.  6),  C.  fle:^«osä  (PI. 
V.  f.  3),  C.  germanica  (PL  V.  £  ß  xi.  7)i  C.  gracilis  (PL  V;  f.  8), 
Neu  und  wenig  bekannt  sind  i  G.  c  o  n  co  1  o  t  (PL  III.  f;  t)t  Su«" 
pra  obicurd-aehea;  elytri^  sutiii*a  Cuprea«.     Sehr  ähnlich  dei^ 
C.  campest.     Auf  der  Ihsel  Candia  von  Oll  vi  ei*  gefurideh.  — • 
Qsoluta  ^iegL(PLIII;  f .  &) :  PafalJela^  süpra  pqrpureo« 
subvire^cens  j   yel  vii-idis;  elytris  lunula  bumerali  apicaliqu« 
utra<{ue  irfterrupta^   fa^cia<Jtie  tenüi  media  siniiata  a'bbi>eviata' 
albis.       Kommt   unter  verschiedene^  Namen  in  Sanim'Iungeii 
Vor  9  (*.  Ä.  als  C.  iriterf  dpta^  D  a  h  1 ,  C.  tntegra^  M  e  g.  ü.  s.  w.J( 
Aehnlich  der  O.  bybrida.  .  Vaterland}   Ungarn^  Volhynieri*  — 
C.  ri|)ariai  Meg.  (PLlV.£2).*  Supra  subabscUre  föirpu^cä- 
irirescens;    elytris   Imtula   bumerali   subinterrupta   apicali^e} 
fatfcia(|ue  media  sinuata  ^uhfectä  abbreviata  atbis;     Vor^ftgtich 
Bin  den  Ufern  der  Donau.  —  C.  triins  versaht,  Ziegl;(Pl.IV; 
f*  3)*  Supra  j^urpufeö- su'bviresceris;    elytris  lUnulä  bumerali 
interrupta  amcali(|ue;  fasclar^ue  tenui  media  dinua(t^'  subr^ctat 
abbreviata  albis.     VaterL  Oesterreicb  wäbrscbeirilich:  ^  ..Viel- 
leicKt  riut  Var,  von C. bybrida.  —  C.  s y  1  ^ i c o lä,  Meg.  j^l^Ll Vi 
f.  4):    Supra  purpureö-subviridisj  elytris  lunfuia  humeralf  in* 
terr up'tai  apicalique  ^  fasciaque  medii(  sinusfta  äbb^eviatit  albfsf« 
Häufig  in  Oe^terreicb  (hier  lange  für  die  v^abYe  b]^btidil  gefaal« 
|en)^  aber  auch'  in  einigen' Gegenden' Frankreidhtf«  — i  CX  mar!« 
tima  (PLIV.  f.  6)t  Suprax  pur pureö-süb vi reScens  J  elytris  lu« 
nüla  bumerali  ärpicaU(|ue,  faV<6ia({ue  nifedia  ffexuosa  abbreviatst 
^Ibi^.      An'  den  Ufern  dei  Meeres  \x\  deixi  Departement   Aei^ 
Somme   «ad  dei  Vsi»  de  Calais  g'efuinden.      Reh  bemerkt  bei" 
dieser  Art,    dafV  S-pia?:   und   JViartlu^    Jn  ihrer  lebrrei^bei:^ 
HeiflTe  in  Brasilien ^'  Tb,  I,  5.  i^i  ^  äu^b  eine  rieue  Clqindela/ 
f^n  dqt  Meei^esbfiste  obnweit  Rio  gefangen;  C,  rä^aritima  beW 
nanht  babön/  einsame,  den  unsere  Reisenden  liatOl^li'dlif  an- 
dern rtiüsa^en.-^C,  f  ri$iffn'ata,*Hdffinsegg;  (PL  IV..  £7)^ 
Viridi-Cupreö^.aenea;'  ely  trisf  margin'el'atei'ali,    lunuraf  hume« 
Mi  apitaliqfue  dentata  y   striga^cjue  mfedia  recurf a'  imcumböhte 
al^is.     An  den  Meeresuferi^  in  Södfranki'eich*  und*  ItaßehV  -^J 
VielJeicbt  C.  trifasciatar*b.--.C.  tibialis  (PLIV.  f;8.)r  V|V 
tWi-aenea;^  elytris  margirfe  fateraU  lato/  hinufa  bumerali  apt- 

26*     ^ 


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388  Dejean  Catalogue  •  •  •  Bist*  naturelle*  .      ,     . 

calique^  fasciaq[ue  media  recurva  dlbis,  punctis.seriatis  im« 
pr^ssis  nitidis ;  antentiis  basi  viridibus,  illarum  apice  tibitsque 
rufis»  Gkicht  sehr  der  folgenden  Art,  von  dier  sie  vielleicht 
nur  eine  Var.  ist.  In  Languedoc;  von  Oliv,  auch  aus  Ae* 
Ägypten  mitgebracht.  —  G.  c  h  i  1  o  1  e  u  c  a  (Fl.  V,  /.  i)  :  Sub- 
cylindrica^  viridi  -  obscucp  -  aenea ;  elytris  marginef  l^^eralt 
lato,  lüpula  humer a]i  apicali^jue,  fascia<{ue  media  recurva  ob* 
soleta  albis;  antennis  has(  viridihus,  iDarum  apice  tibiisque 
rufis.  Kleiner  ah  vorige.  'Ist  G.  Mniiata,  Fisch«  (^Entomogr. 
imp.  russici).  In  Südrufsland.  —  C,  circumdata  (PI.  ¥.• 
f  2):  Viridi-aenea;  elytris  basi,  margine  laterali,  lunüla 
humerali  apic^lique,  fasciaque  media  recurva  dentata' albis; 
antennis, basi  viridibus,  apice  rufis.  Aehnlich  der  G,  tibialis. 
"Von.  Öl  Wie r  auf  den  Inseln  des  Arcbipelagus  gefunden]; 
Wie  es  scheint,  auch  in  Südfrankreich.  —  C,  scaläris  (PI.  V. 
f.' 4  u,  5):  Subrylindrica,  yiridi-obscuro- caerulea;  elytris' 
vitta.  submarginali,  abbreviata,  sinuata,  saepe  interrUpta^ 
lunMlaqueapicah  albis.  Von  Dufour  (in  den  Ann.  gener* 
des  sc.  phys;  VI,  l8e  Gab.  p.  3l8  )  C.  paludosa  genannt. 
Gleicht 'sehr  der  C.  germanica..  Im  südlichen  Frankreich  uhd^ 
im  östlichen  Theile  6paniens.  —  — *  Von  dem  Gen.,  Thera« 
t es  L  a  t  r.  (Eurychile ,  B  o  n.) ,  dessen  Arten  ausschließlicEi  ^ 
die  östlichsten  Inseln  Asiens  bewohnen,  sind  zwei  neue  Java- 
nische 4>*tenhier  abgebildet,  nämlich  T.  caerulea  (PI.  L  f,  2) 
und  T.  spinipennis  (PI,  i.  f.  3).  —  Der  Ghar.^es  Gen/ Tri- 
con dyla  Li atr.  ist:  Xes  trois  premiers  articles  des  t'arse4 
ante^ieurs  des  mäles  dilates;  le  troisifeme  prolönge'  aititerietir^» 
jonent  et  obliquement  en  manifere  de  lobe  öu  d*appendice  ovale. 
-  Corselet  en  forme  de  noeud  ovalaire.  Art:  T.'  aptera  (PL  II. 
f.6>{  ist  Cic.  aptera ,  Oliv.  — ^  Von  dem  Gen*  GoUiuris 
litrl.  (Collyris,F ab;)  sind  abgebildet:  G.  major  (PI IL  f.  4), 
bei  Easbr^  Gull,  aptera,  und  (X  iongicolUs,  Fb.  (PI.  II.  f.  3). 

^Von  p.69  an  begipnt  eine  allgemeine  Uebersicht  der  zwei- 
ten Zunft,  nämlich  der  Laufkäfer,  Garabici.*  Zuerst, 
der  Character  derselben  upd  einige  allgemeine  Bemerküngeii 
darüber,  die  meist  Bekanntes  enthalten.  Die  Laufkäfer,  eine 
der  an  Zahl  der  Arten  reichsten  Abtheilungen  (es^si^d  ab'70Ö 
bekannt) V  wurden  früher  von  Paykull,'llliger,  Weber; 
Glairyille, -B  on  el.li  ,  Panzer,  Sturm  u,  a.  genauer 
untersucht  und  bestimmt,  Jedcoctf  ist,  da  die  Untersuchung 
und  Bestimmung  dieser  Insecten  ohne  Zweifel  zu  den  schwie- 
rigsten Gegt-nständen  in  der  Entomologie  gehört,  noch  vieles 
in  jener.'Hinsicht  zu/  thun  übrig.  Ihre  Naturgeschichte  mufs 
für  uns  deshalb  noch  ein  besonderes  Interesse  haben,  da  ihr 


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Dejean  Catalogiro  •  ,   •  Hist,  uaiarelle.  ^      36,9 

vorzüglichster  Aufenthalt  in  Europa  ist.  Auf^erdein  dann 
auch  in  den  nördlichem  Cegenden  Asiens  und  Amerika's.  Die 
'  Jurten  des  eigentlichen  Gen,  Carabus  verschwinden  immer  -mehr, 
jemehr  man  vomNorden  aus  sich  den  tropischer^Gegenden  nähert^ 
während  die  Arten  <\e^  verwandten  Gen.  Culosoma  sicii  bis  un- 
ter den  Aeqiiatorhin  ausbreiten.  Üie  Gen.  Drypta,  Siagona^ 
Graphipterus,  Anthia  u,  a.  sind  mehr  in  Afrika  und  in  dem 
Westlichen  Theile  Asiens  zu  Hause.  Jedoch  kommen  einige 
Arten  in  den  das  Mittelmeer  einschliefsenden  Gegenden  vor. 
Hier  erscheinen  auch  schon  Arten  von  Brachinus,  Scarites, 
diemi't  den»  den  Aequatorialgegenden  eingentbümlichen,  Aehn- 
lichkeit  haben.  Vor  allem  bewohnt  das  Gen.  Frocrustes  die 
das.Becken  des  Mittelmeers  umgränzenden  Regionen.  -:-  Auf 
die  allgemeine  Schilderung  der  Laufkäfer  folgt  ein  Tableau 
des  Genres.  Aus  dem  einzigen  Gen^  Carabus  Li  in, 
sind  nun,  Gott  sey  Dank!  ?  nahe  an  i  00  Gen  era  durch  die 
Verf.  herausgebracbt.  Sie  werden  unter  mehrfache, Abthei- 
lungen gestellt,  von  ^nen  wir  hier  nur  die  Hauptabtheilungen 
anführen  können,  I.  Les  deux  jarahes  anteVieures  sans  echan- 
crure  au  c(St4  interne.—  Les  Abdominaux.  II»  üne^forte 
echancrure  au  c6te  interne  des  deux  jambes  ante'rieures.  a)  Pal- 
pes  extcrieurs  termine's  en  ale»ne.  Les  Su  b  ulipalpes^  h) 
Talpes  exte'rieurs  lion  termines  en  altjnp.  Les  Etuis-tlon» 
que's  (Truncatipennes);  les  Bip^artis;  les  Tho- 
raciques.  —  — 

Referent,  und  mit  ihm  gewifs  alle  Zoologen,  wünscht 
recht  sehr  eine  baldige  Fortsetzung  dieses  Werks  iVnd  vor 
allem  die  genaue  Bearbeitung  der  Europäischen  Laufkäfer, 
Leider  hörte  er  vor  einiger  Zeit,  dafs  keine  Fortsetzung  von 
dem  angezeigten  Werke  folgen  werde;  vor  Kurzem  jedoch  hat 
er  dagegen  zu  seiner, Freude  vernommen,  dafs  allerdiqgs  ^a 
einer  Fortsetzung  gearbeitet  oder  dafs  auf  jeden  Fall  Baron 
D.ejean  allein  monographische  Arbeiten  über  Käferfantilien 
erscheinen  lassen  würde,  und  ^war  zuerst  über  die  Laufkäfer, 
was  gewifs  sehr  eu  wünschen  ist,  —  Die  Zunft  der  Euro- 
päischen Sandkäfer  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  selir  berei- 
chert worden.  Die  Verf.  haben  mehr  geleistet,  als  sie  auf 
dem  Titel  versprechen,  indem  sie  auch  4fi6  Characteristik  der 
ausländischen  Genera  und  Abbildungen  mehrerer  exotischer 
Arten  geliefert  haben.  Dies  ist  nun  einerseits  der  Vergleichung 
wegen  sehr  gut,  anderer  Seits  aber  wird  dadurch  das' Unter- 
nehmen weiter  ausgedehnt  und  das  Werk,  wenn  auf  diese 
VVeise  fortgefahren  wird,  weit  theuver.  Die  ^bbildungeUr 
sind  übrigens  vortrefflich    und    gewifs    durchgehend«    genau; 


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^00  '      pejeaii  Catalop^«  f  /  *  Bist,  naturellcrt         ;    - 

^w\^,  wir  nac^i  eenauer  Betra^jbtung  oiebrerer  4rten  ?u  fcKIies^ 
^enf  be^:f cl^tigVwn4 ,  die  in  natura  nail  cfen  Abbildungen  yer- 

'  l^liclien  lye^din  konnten.     Gut  wäre  es  gewesen,  wenn  auch 
eine  X^rve^ab^ebUdet  und  die  Frefs Werkzeuge  zerlegt  darge* 
»tel^t  wären.     ■ 
"":  ^ir  ^^nei|7  diese  Anzeige   nicbt  s^bliefsen  ,   qbne  auf 

*  einig«  l^einerkungen  ^be^*  die  flbetmäfsij^e  yermehrtnig  der 
06|]eca  aufmerksam  91^  machen ,  die  wir  Trüber  schpn  \n  die* 
»en^lätteri^  bei  ip^ner  andern  Gelegenheit  (s.  lSrro/43.  1523) 
initthe^l(6n«  Wenn  wir  die  «^ufserprdentlicb  geringen  und  mi- 
siutiösen  tJ^tersthiede  der  meisten  Geschlechter  der  Sandkäfer 
befrachten!  wenn  wir  ferner  den  im  Ganzen  So  ähnlichen  To- 
talhabUuA  derselben  wahrnehmen,  so  lyapdelt  uns  gern  die 
liust  snf^ur  f^lr  fJnteral)theilungen  eine^  Genus  allentalls  dä^ 
xu  haUen,^was  in  verschiedene  Geiiera  gespalten  ist.  Die  ^bge« 
|>ildeten  5*beratesarten  b^ben  doch  ganz  die  JPorm'des  Gen, 
Cicijndeja;  die  Cicindela  coarctata  w/icht  weit  mehr,  wie  e» 

.  uns  scheint,  in  der  Hauptfo^m  dayoii  ab;  der  Körper  h%  meht 
yersc.limäcbUgt  9  mehr  in  die  I^änge  g«?zogen  und  scheint  durch 
seine  Form  den  Uebergang  zu   den  Generib.  Ctenosoma ,  Cql- 

.  iiuris  und  'Tricondyla  zu  machen,  die  wir  für  langgestreclite 
Cicindelen  gälten  mögten.  02 s  Gen.  IVl'egacephala  ,  ^yas  in  det 
Tbat  noch  deutsch  genug  den  Typus  5er  Cicindelen  aj^igt. 
Weicht  '  alletäings  durch  die  Gestalt  des  Kopfs«  des 
Thorax  u«  s.  w«  ab.  Das  Gen.  Manticora  ist  sehr  ausge« 
zeichnet. 


Ititunüs  Rectoris  in  jicademia  Christiana  Ali^ertina  aditurus  .'jinä:^ 
IdctOf  ehtömolagioa  ex  H^uieo  regio  Hävmehsi  maxitr^p, 
congestOy  pfofert  iconilfusque  tlluiträtDr*  C,  Ä;  (?.  J^iede^^ 
mann,     Kiliae  iB24.  4.      P.   i— 60.     (Tijit  i  KupfeHafel). 

ilerr  justizrathundl*xofes8or  Wiedemann  inKi^^ 
^nger^Ieit  als  ausgeze'icbneterZoötom.  uridZoöJQg  i-ühinlichst  be- 
^ann^ba^  sich*  besonders  in  denleUteren  Jahren,  mehrfache  Ver^ 
dlienste  um  die  Entomologie  erworben.      \n  seinem  zoolog-'IVIa«  . 
g^zi^e ,  wovon  lief    bis  je^zt  4  flt'ft«  zur  Hand  hat,  ppd  in    , 
einj^aai^  besonc^ereiiS^chriften tbeiite  er  Bti$chreibu,ngen  einer b^-*  . 
i^eu^endenA ti^^abl  neuer  o.der  nur  wenig  bekarin.ier  Insectenartei^ 
mit  und  rich^etje  besonders  sein  Augenmerk  auf  die  Zw^lfl^lg* 
^e^  oder  tJiptercn,    die  aufser  ihm  vor  allen  andern^Meiger^ 


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Wledemaon  AoaleoU  entpmologic«^  3^1 


'  kl  neuerer  Zeit  bearbeitet  hak  *)•  Leti^terer  bat  uns  vor« 
sugfweite  mit  den  Europäischen  zweifiügligen  Insekten  ge* 
nauer  bekannt  gemacht  9   Wiedemann  dagegen  hat ,  wie  er 

'  Much  in'Beineoi  ^oolog. Magaz.  BA.l  St,  3,  6.  40  ^ntserff  die 
Ahaicht^die  äufsereuropäiscben  Zweifli^gler  nach  de<n  von  Me  i- 

ten  für  die  Europäischen  angegebenen  ]Plane  ^u  bearbeiten* 
^urch  Freunde  unterstützt , 'bat  er  schon  iQehrere  Beschrel« 
bungen  exotischer  Diptern  geliefert  und  er  macht  nun  ^leder 
im  vorliegenden  Werke  nicht  allein  eine,  ansehnliche  Reihe 
neuer  Arten,  sondern  auch  mehrere  neue  Geschlechter  bekannt, 
—  TVIit  Vergnügen  haben  wir  die  Vorrede  durchgelesen,  worin 
er  die  in  Kiel  studirende  Jugend  i^um  Sti^dium.der  ISfatur  u^it 
wahren  ,und  kräftigen  Worten  ermahnt  und  wir  w(lnschen| 
dafs  dieselbe  von  recht  vielen  Studirenden  zur  Beherzigung 
,  geleiten  werden  könnte;  denn  wahrlich ,  solche  Ermahnungen 
tbun  jetzt  sehr  nothl  Nur  wenige  Auserwählte  ergreifen  ftilt 
Lust,  Liebe  und  Eifer  diesen  herrlichen ,  tief  auf  Geist  und 
Gemüth  einwirkenden 'Zweig  des  Winsens,  der  in  jedem  Alter^ 
in  sjedem  Verhältnisse  (^es  Leheo^  unerschöpflichen  Stoff  zuv 
Anschauung)  zumPenl^en,  der  unauslöschliche I\eize  (!l_arbietet. 
Leichtsinnig  und  kalt  wenden  sich ,  auf  Is^amm  begreifliche 
Weise y  die  meij^ten  davon  ab,  beschäftigen  sich  nur,  und 
häufig  nQch  no.thdürftjg  genug,  mit  dem,  was  man  mit  dem 
nicht  s.ehr  erbaulichen  Nainen:  „^Qrod Studium'*  bezeichnet  hat« 
Was  soll  mar^  j^ber,  fragen  wir  1  z.  B.  von.  einem  Arzte  halten, 
der  sich  nicht  eifrig  mit  Naturgeschichte ,  mit  Botanik,  Zoq. 
logie  u.  s.  w.  beschäftigt  hat?  VVie  kann  ein  solcher  Fhy&io« 
logie  des  ]V(e|ischen  studiren?  Nach  dem  jetzigen  Standpuncte 
dieser  Wissenschaft  ist  sa  etwas,  rein  unmöglich.  Ein  Arzt 
ohne  genaue  physiologische  Kenntnisse  aber  kann  durchaus 
auf  kvine  wissenschaftliche  ärztliche  Bildung  Anspruch 
machen:  er  mufs  alsQ  ^nter  die  Katego^rie  der  ^^fus^h^lT 
gestellt  werden.  — r- 

Z^uerst  hat  Hr.  W.  einigeSpiunen  und Insecten  9us  andern 
Ordnungen  beschrieben,  z.B.  einen  H^rp^luS  Bajah»  S^ylocopa' 
pery^rsa;  Aranea  h^ea^stoma  u,  m.  a^^d^nn  folgen  6  neue  Til^iila- 
i4enj  4^rauf  jdie  neuen  Genera  mit  ihren  Arten  und  nach  diesen 
die  neuen Species,  von  denen  1 39  beschrieben  werden.  —  Ret, 
))es(:h|4nkt  /^ich  i\u^  darauf  j^  d,[e  neuen  Qes(;hleQhtec  nat^haf^ 


*)   S.  desiea  fjsicii\aii<che  Bescl^rfiibuog^  dev  bek^noten  Eurapaischei\ . 
sweiJOjligen.  jAse<?len^   Jßd.  l«-tUX.     Aclien.    l8l9— ?3.  8/^ 


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'  S92    „  -     Wiccleniann  Anaketa  £iiloiiio1o|i6a^         * 

jBU  maclieti,    -Es  wttrd^  zu  weit  führen,  wenn  wir  hier  irrelir 

ins  Detail  eingehen  wollten,  da  von  dieifem  schätzharen  Bei«, 

trage  zur  Naturbeschreibung  der'Diptern  ktin  Auszug  gegeben 

-    werdep  katin.      Die  neuen  Genera,  aus  der  Abtheilung:  An- 

tennis  parumarticulatis,  sind:  Lasia  (S^.  L.  splendens  f.3.); 

Ceratur^us  (Dasypogon,    Fabr.)    (C.  aurulentns  f.  4.); 

tlatyna   (P.  ba«tata  f.  2.);   Cyphomyia   (abg^b.  C«  auri« 

flammä  f.  40 1    CHtellaria    (Ephippiuin,  Latrl.^^     Schon 

früher  durch  Meigen  bekannt.       Die  Arten  der   3    lets^ten 

Genera  wurden  früher   zu   Stratiomys  gerechnet,      Oerato« 

phya  (C,  notata  f.  9.);   Nerius   (N.  tuscus  f.  j.).      Dieser 

Name  erinnert  zu  sehr  an  das  Pflanzengeschlecht  Nerium,* 

sollte  daher  billig  geändert  werden.      Timia    (T.  erylhroce- 

phala  f.  6.)»      Von  T/nx/05,   carus,  pretiosus^x     Wir  wünschten 

.     .    für  dies  Genus  auch  einen  andern  Namen,  da  er  zu  viel  Aehnlich« 

keit  mit  Timmia,  einem  Moosgeschlechte ,  hat.     Man  muls  es 

.     so  viel  wie  möglich  zu   vermeiden  suchen,  zwei  so  ähnliche 

Namen  j  wenn^aucb  eine  ganz  verschiedene  Abstammung  ha« 

liend,  aufzunehmen^.     Ortalis,  Fallen  (O,  moereps-f.  11,); 

Kapalomera  (R.  dayipes  f.  1 2.  —    DictyaFab.);    Colax 

•  (C.  macula  f.  8.);^   Strebla   (S.  ve«pertiIionis  f.  ?•  —  Hip« 

pobösba  Fabr.).  AbgelTÜdet  ist  noch  f.  tO  Sargus  furcifer  äua« 

Brasilien.  —  Mehrere  Arten  sind  ^us  Asien,  Amerika,  Afrika* 

die  meisten  aber  aus  Ostindien.  — 


Vebüngen  zum   üebersetzen  vorn  Deutschen  ins   Griechische.       Gesamt 
melt  von  Carl  Friedrich   N  eumann^   f^ehrer  an  der  k,  (^baier  ")  ^ 
Studienanstalt  zu  Speyer»      Speyer  und' Heidelhefg,      Verlag  von 
August  OJswald.  1824.      FIU  u,  izi  S.  8,     12  gr.  od.  54  kr. 

Als  vor  wenigen  Jahren  VömeJ  die  ersteAusgabe  seines 
Uebnngsbuchei  für  den  Zweck  dt?s  Griechischschreiben^  her- 
ausgab, konnte  er  mit  VVahrheit  sagen  ^  stin  Buch  verdanke 
sein  Entstehen  dem  Bedürfnisse.  Denn  nachdem  man  sich 
von  dem  Macht*  und  Banuspruche  Ernesti^s  gegen  die  grie- 
chischen Stylübungen  erholt  und  zureclitgeftinden  hatte,  hat- 
ten sich ,  aufser  Werners  sehr  schlechtem  und.Oünthers 
sehr  gutem  Buche,  noch  so  gut  wie  gar  keine  Hülfsmittel  ge- 
zeigt. Später  erschien  Heis's  Anleitung- augleidi  als  erster 
TheH  au  Vom  eis  Uebungsbuche,  es  erschienen  die  vorzüg* 
liehen  U«bungen  von  Blume  und  die  treffliche  Anleitung  voii 
Rost     und    VV^üstemann^     dann     der    Hülfsbüche^    von 


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Nenmaan  tJebiipgen  zum  Vßh^taßit^n*  '       3,^3 

Thiertch  oder  eigentlich  von  seinen  Schillern,  und  awiscben 
ejn  kamen  neue  Autiagen  des  griechischen  Spt^^cius  von  H^as 
heraus.  Und  noch  Begnügt  man  sich,  nicht  mit  dem  Voiba»(i- 
denenS  kann  man  fragen.  Allein  es  ist  kaum  nöthig,  a^if  diese 
Frage  zu  antworten/  da  sie  schon  so  oft  von  fiecensenten 
\^\  Erscheinung  neuer  Grammatiken  ,  wie  neuer  KatecUismen^ 
aufgeworfen  worden,' und  eben  so  oft  bald  von  Verfassern,  bald, 
TonRecens^nten  beantwortet  worden  ist.»  Aber,  sagt  njian,  eju 
Beues  Lehrbuch,  wenn  es  ein  Recht  zu  eyistiren,  nicht  nur 
ansprechen,  sondern  auch  beweisen  will,  niufs  auf  jeden  Fall. 
die4Vüiier  vorhandenen  Obertreffen.«  Auch  dies  ist . nicht;  so 
unbedingt  zu  behaupten,  und  es  kann  in  der  Individualität  ei- 
nes Lehrers,  in  der  Localität  einer  Schule  dder  der-SchuJen 
eines  Landes  oder  in  sonst  Etwas  ein  nicht  zu  verwerfender 
Grund  liegen ,  neben  guten  und  schwer  zu  übertreffenden 
Werken  eii»  neues  herauszugeben,  das,  ohne  jene  entbehrlich 
machen  zu  wellen  oder  herabzusetzen,  sich  einen  eigenen  Kreis 
Lüdet  und  sich  eines  einzelnen,  nicht  zu  verachtenden,  Vor- 
-»uges  erfreut.  Ein  solches  Buch  scheint  Hrn.  Neumann's 
Buch  seyn  zu  sollen  und  seyn  zu  wollen.  Er  fand  nämlich, 
oder*glaubte  zu  finden,  dals  die  bisherigen  Lehrbücher  dieser^ 
Art,  indem  sie  über  Atw  einzelnen  Abschnitten  die  Ueber- 
»chriften  In^icativ,  Coiijuftctiv  u.  s,  ^.  geben,  de^m 
Schüler  die  Sache  zu  leicht  machen  und  ihn  veranlassen ,  ge«. 
dankenlos  die  über  gleichen  Leisten  gebildeten  Formen  nieder- 
suschreifben;  überdies  nehme  in  manchen  Uebungsbücbern  auch 
der  Inhalt  die  Aufmerksamkeit  A^^  Schülers  nicht  in  Anspruch, 
und  so  entstehe  eine  mechanische  Uehersetxerei ,  der  der- Vf. 
durch  dieses  mit  Mühe  aus  den  Klassik«;rn  für  alle  Theiie  der 
Etymologie  ausgelesene  Uebungsbuch  abhelfen  wolle.  Was 
et  nun  weiter  in  der  Vorrede  über  die  Nothwendigkeit  und 
*dt*n  Werth  des  Griechischschreibens  sagt,  übergeheyi  Wir,  da 
die  Sache  schon  gar  zu  oft  zur  $prache  getiommen  ist.  Der; 
Vf.  wollte  also  ein  Üebungsbuch  geben ,  das  etwa  so  weit 
reichte,  als  Hefs's  \^nleitung  uxid  der  erste  Cursus  von  Rost 
und  W.üstemann,  das  ist  illyfr  die  ganze  Formenlehre.  Eigen 
ist' ihm  die  Sammlung  der  Beispieje,  die  eine  grofse,  Menge 
interessanter  Notizei^  und  62tae  aus'  den  Alten  enthält,  nur 
nicht  immer  verstÜridlich  ohne  Erörterung  A^s  Lehrers,  zum 
Theil  durch  die-oft  dem  Deutschen  widerstrebende  Wortstel- 
lung, die  sich  durch  die  Stellung  der  auf  die  griechischen  Wör- 
ter hinweisenden  Zahlen  leicht  hätte  vermeiden  lassen.  Eigen  > 
ist  ihm  die  Mischung  der  Dialektformen,  worin  sich  woUl 
der  Anfällger  nicht  immfer  gut  zurecht  finden  möchte«^  und  die 


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394  I^ettiiuuiii  Uebttogen  ftom  U<4M*(^ieii» 

der  Vf.  wob!  darum  ftufnibiQ^,  weil  sein  Buch  M^uch  dem  Er« 
iirachsenen  dienen  toll»  der  sein  erlerntet  Griecbischegründ«» 
lieh  wieder  Wien  will.«  'Eigen  nennt  der  Vf.  endlich,  wie 
wir  angegeben  baben ,  di«  Unterlasaung  de^  Af»gabe  des  Ma«- 
dus.  Doch  findet  sieb  dies  auch  bei  Kost  und  Wüstemann^ 
iÖlieken  wir  nun  auf  das  Buch  selbst ^  ohne  weitere  Verglei^ 
chung,  so  können  wir  ihm  das  Zeugniis  der  fira»clibaikeit 
für  seinen  ZWeck  nicht  Versagen;  wiewoh^  e!^  nötbig  seyn 
dürfte,  6sJ[%  ein  soi^gf^ltiger  und  genauer  Lehrer  jedes  fttn* 
9am^  das  er  seinen  Schillern  aufgiebt^  genaq.  durchsehe,  weil* 
im  Deutschen  und  im  Griechischen  Manches  zu  beficntigeA 
ist,  was  das  angebängte  £rratenverzeicbni|s^  nicht  berichtigte 
Einer  zweiten  Auflage'  mag  denn  auch  die  Ausmerzung  einiger  . 
xiicut  passenden  Beispiele,  die  richtigere  Uebersetzung  aride- 
rer,  und  die  gleichförmigere  Schreibung  i^nd  Beliebt  ig  ung  der 
Eigennamen  vorbehalten  "bleiben  und  seqr.  empfohl«in  werden, 
W/odurch  ,das  Böchlein  in  ^der  Hand  p\ne^  gewandten  Lehrers 
an  Brauchbarkeit  gewinnen  wird.  Seltsam  ist  es,  dafs  das 
Buch  mit  Ci taten  der  Paragraphen  einer  Grammatik  begingt, 
deren  Name  und  Titel  nicht  angegeben  ist.  Wir  haben  in« 
dessen  gefunden,  dafs  Bi^ttmannS  Scbulgrammatik  gemeint  ist. 
Unter  c|ie  zu  verbessernden  Dinge  rechnen  wir  unter  Andern.^ 
«inige  Ausdrüc^0  In  der  Vorrede,  die  wie  Sprachfehler  aussei 
hen^ '  Z.  B,  Etwas  Abstrakte,  das  Hellas,  grofsen 
]V|£^fige]  fiii  die  entsp'rfi^hende  Ausdrücke;  4$chrei. 
hungen  W4®  Pythagoräer^  Epikuräer  Cr o tone,  Tex* 
p  a  r^  (|  1*  u  s »  N  e  a  n  d  r  ti  s  ,  S  a  p  h  o ,  L  o  g  g  i  n  u  s ,  It  ü,r  n  o  s, 
Q^ranus,  Meg^bützi.  Ungleichheiten  wie  Cal 7 psO| 
Cercyra,  Cy<;lo.pen  neben  Aikyoneus,  Aikib^ades; 
Gratiei^  und  dabei  Phönizier,  I|  e  r  ak)e  i  t  Qs  ^r^i^d  P  o- 
lykletos  neben  ganz  lateinischen  {formen.,  S«  6^  oben  mufs; 
Bildung^  statt  Erziebtisig  stehen*  £bend.  siebt  es  aus» 
als  ob  Afgus  auf  griechisch  n<«vdirT:>]$  beif^en  sollte.  S,  iS* 
steht  ra^fjLe^f  das  soll  nac^  d^m  Erratenverzeichnifs  ir^ayiAa  cor«  * 
rigirt  \f  erden ,  4^  doch  das  Wp.rt  v^ayi^i  heifst,  $.y  %  virar 
d^^yU  nic^t  dur^h  A  n  f  ü  I^  r  er .  zu  übersetzen«  S.  1 2..  heifst 
es:  in  d.cM^  meisten. Fällen,  wo  der  Lateiner  den  Ablativ  an« 
Wei^tdet,  bedient  i^ich  der  Qriech^  des  i>ativs^  Aber  Quttmann 
sagt  (Au^f«  griech.  Gfan^m,  S,  i34.):  gerade  diewesentli<:bstei^ 
Bedei^tupge^  d^s  Ute^nispbei^  Ablativs  liegen  im  Griechischen 
im  Geoi^i^ ,  p^icht  im.  Pat^y, .  &.  l^-  v^otr9:K4BtiyTii  heifrt  nicht 
setztet}  sic^>  sonder^  ^afsen,  wohnte^h  bei.  S.  15. 
steht  seltsam  geschrieiben :  di^  Griechen '^  sa.^^n  Imi 
S p  r  i  c  h  w  o  r  t  e.  fö  r  t ;  &  u  i  e  d  IV  ^  b  e  lu     S,  16.  „: S^ait; sagt 


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-  C.  Tadti  A^eoja  t:^.  Pronke» ,  *'    ^95 

Hiebt  sich  des  Edelmutbi  Kedien^n  für  Edtlmi^th 
ausfiben«  S.  i8  Nicht  die  Er^ithung  des  Cyrus  ist 
ein  Bild  eines  yortreffi|cben  Herrsebers ,  sonderif  Xenopbons 
Cyroparfie,  da^  5"Cb.  S,-20.  Nicht  Zeus  führt,  sondern 
lafst  kprainisn  pder  gelangen  oder  vererben.  S.  22* 
ist  Zeile  2  u.  3,  nicht  zu  yersteben*  S.  26.  irj.55  ro  tt-^n^y^^ 
dXAi/Xoiy   beifst  nicht;     um    s^i«    sugleic/b    «u    bewegen. 

5.  27.  at^bt:  sie  bedienen  sich  —  Milch»  Honig  und 
Fleiffcbf  6.  23*  vri^m  heifst  nicht  lieben,  sondern  9 ich 
begnOgeni  zufrieden  seyn.  S.  35.  (piXcawf^MTo;  heilst 
nicht  bofartic  (fiucb  nicht  hoffärtig  oder  h q f fit h ir-. 
tig  d.  i.  bochtj^hrend).  S.  Ii3.  steht:  er  sagte  —  zvl 
ivollen,  Qia(^bten  iiufstehen^  sich  im  Tempel  flücbA 
ten/  '  S.  1'19«  4hm. -—nicht  schlafen  lasse«  S.  121« 
Gebrauphfe  —  yieler  Gegensötiie.  Die  Stachel 
meinef  Heden.  S,  61.  weil  es  selten  (seist).  Grie^ 
chische  Wörter  endlich,  wie  AaKOvrxpvS.  39.  — ^  S.  24»  •^C'^* 
ßiiTO»    5.  2»  iruHyfxyiV'     5«  4»   "ratBfa»    S,  6»  r^wywhia»     S,  26»'i5;w* 

6.  66.  ir^o^tofjMt.  Und  wer  erkennt  in^Cyris  S.  71.  die  Stadt 
CiireS|  die  freilich  bei  Dionys.  von  llalikarnars  £u;.ar$ 
beiCit,  Diese  und  dergleichen  Dinge,  die  theils  von  der  fiilo 
des  X)rucks^  theils  von  der  Eile  des  Schreibens  herkommen 
mdgen^  wird  eine  xweite  Auflage  verbessern  gönnen  un4 
müssen.  ^ 


fp  Corn^  Taciti  Agricola,  Cum  lect,  varheate  atquk  amtoti^ 
tione  edidit  Ern^  Dronke,  Phil*  Dr.y  Oymnaiii  regii  Cen^ 
ßu0ntini  CoUega  et  Bibliothecae  -praefectus*  Confluentihus^  apud 
Jac.  Hoeltcher.  MDQCCXXiy'.  XFl  u.  i72S.8.     li^.  12kr* 

X'em' Heraufgeber  genügte?!  mit  Recht  weder  die  bisbeiri* 
gen  besonderp  Ausgaiben  diesem  Buchet,  nodi  die  Bearbeitun» 
gen  des$e]bep  in  den  Ausgaben  der  sä mmt liehen  Werke  des 
Tacitus.  ^8  war  mit  dem  Texte  dieses  vielgelesenen  Buehes 
dabin  gekQmmen ,  wo  es  noch  g<>genwSrtig  bei  manchem 
Schriftsteller  des  Altertbuqis  i^t,  nämliph,  dafs  man  keine 
Ausgabe  hatte,  aus  der  volUtSndig  erhellte,  was  im  Tfext^  tir*» 
kundliph  beglaubigt  ,^  und  was  erst  durch  Ganjectur  in  ihn 
bin^ingeko.rpmen  sey.  Diesem  föhll  %  "n  Mangel  wollte  Hr. 
Dr,  dur<;h  sein^e  Ausgabe  abhelfen ,  und  verglicl^  tUeilft  selbst, 
Iheils  durch  Andere  die  Handschriften  und.  alten  Ausgaben  mit 
grdirstmdgUcher  Sorgfalt ;  $0  bat  er  deiin  e.  B".  etterst^dielßti« 


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3%,  C.  Xacili  Agrieola  eJ.-ÖroÄkr» 

<  «t^ ^usgäbe  dieses  Buches  verglichen»  Welche 'in  der  ersten 
Ausgab«  od e?r  Saiiipalung  der  Pauegyriker  von  Fr.. Pateolanus, 
MedioL  um- 1482  sjtebt,  und  so»  vermochte  er  denn,,  mit  Zu- 
siehung auch  der  neuern  Ausgaben,  eine  Geschichte  des  T^x*. 

.  tes  zu  Tief^irn,.  die  ibm^  wie  er  sich  nicht  mit  Unrecht  ver- 
spricht,, den  Dank  des  philologischen  Publikums  erwerben 
•wird,  gesetztauch,  dafs  Kenner,  noch  diese  und  jene.  AussteU 
lungen  daran  sollten  machen  können.  Im  AllgemeinefT  finden 
wir,'daXs   der  Vf.  seinen  Autor  verstanden,   üeirsig  mit  sich 

.  selbst  verglichen,  dafs  er  die  gehörige  Kenntnifs  des  Tacitus- 
schen.  Sprachgebrauchs  und  ein  gesundes  tJrtheil  mitgebracht 
bat^  und  Jcönnen  nicht  umhin,  ihm  bei  den  meisten  von  ihm 
vorgezogenen  Leesarten  und  Erklärungen  Recht  zu  geben»  Sei- 
nen eigenen  lateinischen  Vortrag  können  wir  indessen  ^icht 
durchaus  loiien.  Gleich  in  der  Vorrede,  worin  er  recht  gjut 
über  die  Handschriften" und  Ausgaben  des  A.  spricht,. beginnt 
er  mit  Pauca  sunt  (juae  —  moneam  für  monenda  /videantur  oder 
wohl  auch  Inonerula  videntut.  S.  XI.  steht  das  berüchtigte 
vitiis  «catet,  S,  XII.  nec[ue  temeritatis  eum  —  accusarem  für 
äccusaverim.  Sehr  oft  lesen  wir  das  falsche  Em.  (oder  ein 
önd^rer)  ntallet  oder  auch  ma/ft,  für  n?.avult,  malebat.  Weil' 
die  Herausgeber  von  sith  selbst  urban  malim  für  malo  zu  sagen 
pflegen,  so  folgt  nicht,  dafs  ich,  wenn  ich  erzähle,  was  eiii 
;Anderer  wollte,  auch  von  ihm  schicklich  den  Conjuactiv  brau- 
chen kann.  S«  90*  soll  nescio  annon  (sie)  vi  eil  eicht  heifsen. 
S.  103.  wird  einer  Ellipse  vorgeworfen,  sie  sey  contra  animi 
leges.  Die  zahlreichen  Druckfehler  sind  bei  weitem  i^icht  alle 
angezeigt :    z.  B.   S.  65.  eJ&A-^;,    67.  experiba^tur,    72.  togata 

•fürtogati,  77«  lectinem,  72  und.  60/ Wird  Hrn.  Döderleins 
Name  das  einemal  in  Dolderl. ,  das  anderemal  in  Dcrede]^  ver- 
stümmelt; Passows  und  Walchs  Namen  ßlnd- zu weilei? 
hieroglyphisch  nur  durch  P*  und  W,  bezeichnet.  Zuweilen 
ist  ein  Ci tat  falsch  ,  z.  B.  S,  8i.  Liv.  23,  2U  Unter  den^än« 
geln  müssen  wir  auch  aufzählen,  dafs  Hr.  Dr.  zuweilen  .Les- 
arten Anderer  tadelt  oder  billigt,  ohnesie  anzugeben.  Z.  B. 
S.  7lv.gcgen  liipsiuSt  und  Pichend.  S*  ll8.  wird^Dödierlein« 
Aiisicht  verworferi,  Picfaena's  gebilligt,  aber  keine  von  beiden 
angegeben*  Am  Anfange  des  30.  Capitels  steht  eine  ^öt« 
iXhev  quotiens ^  die  lum  Anfange  des  ersten  gehörte.  Cap.  7,  ist 
Obeflins  in  praesidiis  (für  praediis)  suis  nicbt. angeführt.  .Ver- 
inutblich  hielt  es  derVl^rausg.  für  einen  Druckfehler;  und  da- 
für halten  wir  es  auch*  S.  ÖO.  sagt'  er,  oppetere  stehe  häufig 
in'dem  Siqne  von  appropinquare.  W"ir  müfsten. dagegen  prp^ 
t6$litenf    wenn 'nicht  aus  T^xt  und  Note   eVhelkei  dafs  ^r 


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C.  Taciti  Agrieola  ed.  Dronke«  397 

iTppetere  meint;  —  Doch  dies  siixl Mangel,  die  sich  bei  einer 
künftigen  Auflage  leicht  verbessern  lassen^  Vielleicht  eirt« 
schliefst  sieb  dann  auch  Hr.  Dr.  den  uctbetjaemen  und  unöko« 
nopiischen  Notendruck  hinter  dem  Texte  anders  einrichten 
zu.  lassen  und  entweder  mehr  oder  weniger  fremde  Noten  auf- 
zunehmen, weil  uns  hierin  das  Verhältnifs  nicht  ganz  gut  be- 
obachtet zu  seyn  scheint.  Doch  um  unsere  Leser  auch  eini« 
germafsen  in  das  Innere  dieser  emzfehlungswerthe'n  Ausgabe 
einzuführen,  begleiten  wir  noch  einige  Stellen  mit  iMisern 
Bemerkungeip. 

G.  6»  Liudos  et  inanln  honoris,  ^odo  rationis  atqae  abun- 
dantiae  duxity  uti' longe  a  luxuria »  tta  famae  propior»  ^Wir 
loben  ,  es  an  dem  Herausgeber,  dafs  er  nicht,  wie 
manche  Andere,  über  diese  schwierige  SteDe  weggebt» 
öder  durch  eine  erzwungene  Erklärung  sie  als  richtig^  oder  als 
leicht  darstellen  will.  Er  erklärt  vielmehr  geradezu :  modus 
ro«n:endi  abruptior  vel  Taciti  exemplo  caret.  Natürlich:  denn 
die  Stelle  ist  sicher  verdorben.  Wie  man  leSen  müsse,  ist 
Weit  weniger  sicher.  Die  bisherigen  Versuche  sind  bekannt^ 
und  können  wenig"  genügen.  .  Ref.  versuchte  einmal:  Ludos 
alque  inania  honoris ,  moderatior  alifs,  abundantia  (^dj.)  du« 
xit :  at  uti  longe  a  luxuria  ita  famae  proprior,  C.  9.  tristitiam 
fet  arrogantiam  et  avaritiam  exuerat.  Hr.  Dr.  sieht  eiji,  dafs 
aväritiam  nicht  herpafst, "w^agt  aber  nicht,  es  wegzustreichen, 
weil  er  nicht  einsieht,  wie  ein  solches  Glosscm  sollte  in  den 
Text  gekommen  seyn.  Wir  loben  diese  Vorsicht,  hätten  aber 
doch  entweder  et  avaritiam  in  Klammern  eingeschlossen  oder 
et  severitatem  vorgeschlagen;  obgleith,  wenn  Tac.  so  schrieb^ 
eine  Cprruption  schweif  zu  begreifen  ist.  Am  Schlusse  dieses 
.  "Capitels  hat  uns  das  egregiae  tunf/ spei  nie  gefallen  wollen, 
und,was  auch  der  Hera usg.  von  der  Hoffnung  sagt,  die  vor- 
ztlgHch  von  der  Jugend  eines*  Menschen  gehegt  zu  werden 
pflege,  wobei  er  Manut.  ad  Cic.  Fam,  I.  7.  (<^iß  Stelle  ist  p. 
100.  ed.  Wechel.)  ohne  dafs  die  Stelle  etwa$  beweist,  citirt, 
so  sind  wir  doch  der  Ansicht  des  Heinsius,  welcher  tum  für 
überflüssig  erklärte  bei  spei;  wir  vermuthen  aber,  spei  sey 
eine  Abbreviatur  für  speciei  und  es  müsse  heifsen:  egregiae 
tumspecieU  Dafs  fast  nur  Dicbter'species  für  Schönheit  trau- 
chen,  darf  uns  nicht  abhalten,  diesen  Gebrauch  auch  bei  Tac»  * 
für  möglich  zu  halten.  C.  iX).  sagt  Hr.  Di\  bei  den  VVortißU 
in  occidentem  Hispaniae  oi^^tentlitur  folgendes:  ohtendere  est 
vertinere  s.  spectare.  Er  wollte  aber  wohl  obtendi  schreiben. 
C,  11.  israus  Handschriften  richtig  vbcinam  insulam  occupasse 
hergestellt,    da  in  der  Venetidnischen  Ausgabe  zuerst  durch 


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$98  /  G.  Tiebi  AgirieoU  ed«  Dr^nlce^ 

tinen  DtutkiehUr  stand  vicinatn  -sblum^  welches  dann  Be|rOaI-i 
dvis,  oiine  die  MSS.  weiter  einzusehen  ^  vichmm  tolum  corri« 
girte,    dem  die  Andern  ohne  Untersuchung  folg^ten.     C.  15. 
«eqüe  discordiani  praepositorum  ^  aeque  cof^cordiam  suhjectis 
elxiliosana^     So  giebt  Ux.  Dr,  im  Text,  heiCst  aber  in  der  Note 
mit   Recht    ät^w    concprYiarn    herstellen  ^    vorzüglich   durch 
Ha^d«  ad^Xronov.  Di£^tr.  in  Stat*  S,  4.  5.  p.  411«  ed^  JLips. 
Idl2«  bevi^ogen«.  .  C.  l8*    Sed^  ut  in  dubiis  consilii^^  nayeS 
deerant;  »ratiq  et  constantia  ducis  transvexit.      Gronova  von 
Ernesti  gebilligte  Lesart  in  suhUis  consiliis  ist  von  Mehrerü 
verWorfet)  worden  ^  auch  IJr«  Dr»  nimmt  sie  nicht  an ,  aU  nicht 
urku^idltch  f   eben  so  v^enig  Fichena*s  Versuche  und  die  Um« 
steHung  (transpositlo  sagt  er  unlateinisch)  deS  Acidsilius.  Wenn 
er  aber  behauptet^    Ddderlein,  Vertheidige   die  gewöhnliche 
Lesart 9  80  irrt  er^  denn  dieser  billigt  die  Schreibung xdes  Je« 
liaischenHecensenten :  ^t^^  ut  in  dubiis  confiliis  (nat^es  deerant^ 
tatio  et  constantia  etc.  (J*  Li  Z.  1816.  p.  74.),""^  überseht 
liuch  dem  zufolge:  ,>Aber^  wie  bei  unsicherem  Vorhaben  ge« 
schiebt  (Schiffe  mangelten),    die  Ei^^cht  und  Beharrlichkeit: 
des  Anführers  drang' hinüber,««     DerHerauSg^  findet  dietfeLes« 
art  wegen  des  Ssd  hedenklich^     Uns  gefällt  überhaupt  diese^ 
mehr  als  tacitusisch  harte  Parenthese  tiicbti  und  dofch  erttageri 
wir  noch  weniger  den  sonderbaren  Gedanken,-  da£f  et  /wie' 
Bahrdt  übersetzt)  bei  schnellen  E^ntschlüssen  gewöhnlich  anf 
Schiffen  zu  fehlen  pflege.     Eine  Emendation ,    di«  deft  Sinn, 
folgender  Scbreibui^g  gäbe  (wenn  man  sie  nicht  als  Emenda'tioA' 
gehen  lassen  will):  Sed  uti  (oder  utfür  da)  ,  dubiis  consiliisi^< 
ndves  deerant^    ratio  et  constantia  d^ucis   transvexit^  würd^ 
utis   am   meisten    zusagen.       G.  27«   At   Britanni    Jiori   vir« 
tutey     sed   occasiotie   et  arte  dücU  rati^  nihil  eo6  artogantiaf 
remitterev      Dafs    diese    Stelle   nicht    unverdorben  ist^   er* 
ketint  auch  Hr^  Dr.  an^  findeft  aber   nichts ,  sondern  theilt 
fitir  die  Coftjecturenf  Anderer  itt   der  Note  mit^   ohne  ihi;ienf 
Beifall  t^x  geben ^^ und  aagt  dann  selbst^  er  ^ey  überzeugt  j  ea* 
aey  ein  Wort  wie  innci  ausgefallen.     Das   soll  den^  V'erm'uth* 
lieh  nach  duci*  stehen  ^  wird  aber  wohl  schwerlich  Bteifalt  fin- 
den können.     Wir  ziehen  usof  (för  ducis)  dasrdie  Zv^eibrük«' 
ker  geben  ^  oder  Oberlins  duCis^  uso$/  oder  Freirtiheims'  non 
vh-tutert ,  sed  occas^ionem  et  artem  ducrs  rati  vor.     C.  43.  No- 
hl^  ftrhll  Comperti  affi^rraare  axisim.-     Dafs  sick  arf  dem*  iSlobisr 
^-»  aiiisim  schon  Mancher   gestof&^n  hat,^   läfst  sich\ deuten. 
Hr..  Dr.  STigt  :•  nohis  non  de  in  sola  dicit  Tacitus»,'  sed  de  a'equa« 
libti#.'     Wir  glauben^  er  mein!!  mit  nöbis'  tfich  und  dberbaupt 
dier  Angehörigen  des  Agricola/    C;  46'.  ardinitatiotie  te  potius^ 
.  ip^nüi  UMpoirAlibüf  laiidib^S^,/  et^  si  natura  SUppedit'et,  sinüUttidiaäf 


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C.  Tarnt!  df  monbiir  6«nnanoniiii  ej»  Hefif»  399 

äblanmu  Hier  ^ar  bej~  der  entschieden eiv  Verdorbenbeit  der 
Stelle  in  den  Handschriften  nur  die  Wahl  s wischen  inehr  oder 
-i^eniger  von  denselben  abweichenden  Conjecturen:  und  wir 
.können  die  Wahl,  die  Hr.  Dr.  getroffen ^  nur  billigen^  da  die 
^von  dem  Jenaer  ReCensenten  (18I6)  gebilligte  Conjectur  des 
Lipsiust  adnriratione  te  poti/iSy  u  immortalibus  \sL\xiihxx%  theila 
eine  etwas  unschickliche  Emphase  enthält  9  theils  der  Gegen- 
satz miam  temp.  laud.  dem  Schriftsteller  y  auch  wenn  er  sei* 
nen  Werth  fähit,  dennoch  mehr  geziemt« 


Caji  CorntUi  Taciti  de  slta^  morihui  et  populis  Germania^ 
libelhu  ex  recensione  et  cum  selectis  observationibus  hucusifue 
anecdotu  Pauli  DanielU  Lbn^olii  ex  MSC*  editus  a  Joatmä 
Kappio»  Edith  altera  auctior  et  emendatior,  Textum  pas^ 
sim  refinxit^  varietatem  lectionis  supplevit  notasque  suas  adjecit 
Philippus  Carolus  Hejs^  Philos^  Dr^  et  Gymnasii  Hanoviensis 
Prof*  —  Lipsiae  et  Soraviae^  sumptibui  Frid,  Fleischeri  iS24* 
Xyill  und  250  S.  gr.  8,  lütirunter  14  S.  Index  in  notaSf  und 
5  S»  Addenda  et  corrigenda»  18  ggr. 

Zuerst  erschien  die  Kappische  Ausgabe  im  Jahr  1788  auf 
XHund  176  Seiten  in  klein  Oc!tav,  und  war  für  jene  Zeit 
nicht  ohne  Verdienst.  Der  Verleger  wünschte  eine  neue  dem 
.jetzigen  Standpunkte  der  Kritik  und  Interpretation  des  Taci« 
•  tus  angemessene  Ausgabe  zu  refanstalten,  und  wendete  sich 
auf  Hrn.  Seebodes  Empfehlung  hin  an  Hrn.  Prof.  Hefs  in  Ha- 
nau. Dieser,  bekannt  und  vertraut  mit  Allemi  Was  seit  jener 
Zeit  für  den  Tacitus  gethan  worden^  und  besonders  für  di^«« 
Schrift  desselben  (und  wieviel  treffliches  haben  nicht  blos  die 
letztverflossenen  Jahre  geliefeirt !)  ^  war  ganz  der  Mann  dazu, 
idies  Geschäft  zu  tibernehmen,  da  ihm  nicht  entgangen  war, 
dafs  Selbst  die  besten  bisherigen  Bearbeitungen  einem,  ja  wohl 
roebrern  Nachfolgern  noch  etwa»  zu  leisten  übrig  ßekrssea 
haben.  Was  nun  der  neue  Herausgeber  leistete  und  leisten 
wollte^  giebt  er  in  der  Vorrede  an.  Er  »habe  die  von  Kapp 
unvollständig  und  ungenau,  «rft  ohne  Angabe  der  Quellen, 
angeführten  Varianten  vollständig  gesammelt;  Sey  übrigen« 
in  der  Recehsion  des  Textes  von  dem  PassoWschen,  den  er 
mit  Recht  für  den  besten. hält,  nur  an  einigen  wenigen  Stel- 
len/ abgewichen^  ob  er  eleich  nie  der  Autorität,  sondern  nur 
Gründen  und  eigenem  Urtbeil  gefolgt  Sfiy;  er  h^be  nach  K.Lr, 
Schneiders   und  Grotefbnds  Ansicbt  und   nach  Tassows  und 


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40O  G.  Tacjti  de  moribas  Gennanorum  ed«  Hef«« 

Xiin^ieinanns  Vorgang  und  Gründen  nicht  die  alte  Orthographie 
wo    ohnedies    eine    groise    Ungleichheit    und    Inconsequenz 
herrsche,  vprgezogen  ,.  sondern  die  neuere.     In  der  Erklärung 
bahe^^r  besonders   den  eigenthümlichen,  concisen  oft  an  die 
poetische  Constructibn   streifenden   Ausdruck ,    der   so   viele 
Schwierigkeiten  und  Dunkelheiten  herbeiführes    die  geogra« 
phischen,  historischeii  und  in  die  An  ticjuitäten  einschlagenden 
T Lenkte  in  helleres  Lricht  zu  setzen  gesucht, .  Hier  habe  Kapp 
xnit  nicht  sargfältiger  Auswahl   au&  des   Longolius  Papieren 
viel  Unbedeutendes  auch  Falsches  auf^enominen ,  er  aber  dies 
um  Raum  zu  gewinnen,    gröfstentheils  weggeworfen,  dabei 
jdenn  Uebersetzungen ,  Commentpre,    einzelne  Abhandlungen 
und  Recensioiien,  die  bisher  erschienear^^nutzt  uild  zwar 
mit  Angabe  seiner  Quellen;  die  Capitelül^erschrif't^   habe  er 
vervollständigt,  die  Citate  beriphtigt,  die  schlechte  LatinitSt 
Kapps  verbessert,  und  sich  selbst  einer  richtigen,  einfachen 
und  eigentlichen   zu  bedienen  gesucht.       Ueber  ^weck  un^ 
Glaubwürdigheit  dieses  Buches,  so  wie  über  die  Frage,  ob 
Tacitus  selbst  in  Deutschland  gewesen ,  glaubte  er  mif  Recht 
nach  Passows  und  Dilthey*  Forschungen  weggehen  zu  können. 
Dafs  dpr  Herausg.   das  Versprochene  geleistet,    däfs  er 
eine   auch   nach   den 'vielen  bisherigen  Bearbeitungen  nichts 
weniger  als  überflüssige,  sondern  eine  sehr  schätzbare  und  ge-~ 
lungene  Arbeit  geliefert  habe,  bezeugen  wir  ihm  mit.Vergntl- 
gen,  und  der  Philolog  so  wie  der  Forscher  der  alten  Geschichte 
unseres  Vaterlandes  wird  diese  Ausgabe  schon  wegen  der  sorg- 
fältigen Zusammenstellung  des  bisher  Geleisteten  nicht  ent- 
behren wollen,  wenn  auch  nicht  manches  dem  HerauSg.  Eigei^ 
thümliche  ihren  Werth  noch  erhöhte.      Wenn  ihm  den i1  doch 
noch  Einiges  entging ,    wenn  einige  Stellen  durch  Auslegung 
und  Kritik  noch  gewinnen  können,  wenn  einige  bedeutende 
Lesarten   nicht   ange-geben   sind   u,  dgl.  ,   so    mag  gerade  die 
Fülle  des  sdfhon  Vorhandenen  daran  schuld   seyn,    und  wenn 
bei  irgend  einem  Buche,  so'  kann  bei  diesem   ein  Bearbeiter 
init  Recht  sag^i :    copia  me  perdit.       Was  wir  vermissen  ,  ist 
eine  vollständige  Aufzählung  der  Literatur  dieser  Sch;-ift,  die 
wir   bei  Krebs  z.  B.  liicht  vollständig  linden,    und  die  der 
Herausg^.,   wie  wir  aus  seinen,  von  Kapps  durch   Klamhiern 
gesonderten,    Anmerkungen  scbliefsen ,    wahrscheinlich   hätte 
geben  können.      Es  Heise  sich  dieses  vielleicht  in  einer  aus 
dieser  Ausgabe  von  dem  P.  H,   auszi^rehenden  Schulausgabe^ 
die  uns  vrünschensvverth  scheint,  nachholen. 

CD  er  Bgschlufs  folgt») 


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^26.     .       •.  1825: 

Heidelberger 

Jahrbücher   der  Literatur. 

«ESB^3aBaBIBB9SS8aBB^88B8BBBBH^HBHaBBSHr 

C.  Taciti  de  morlbus  Germanorum  ed.  Hefs. 

CBeschlufs.)  > 

«  Wir  theilen  nun  einige  Bemerkungen  über  einselne  Stel« 
len  mit,  die  deii|  Herausg.,  wie  unaern  L»etern,  beweisen 
mögen y  däfs  wir  sein  Werk  der  cehdrigen  Aufmerksamkeit 
gewürdigt  haben.  Dafs  er  viel ,  sehr  viel  gethan  habe  ,  seigt 
achun  die  oberflScblichste  Yergleichung  mit  der  Kappiscben 
Ausgabe,  die  wir  neben  der  Hefsischen  vor  uns  haben.  In* 
dessen  nicht  vergleichungsvireise^  sondern  an  sich  wollen  wir 
seine  Leistungen  betrachten. 

,  I.  2.  wesen  sinus  und  dessen  streitiger  Bedeutung  konnte 
Tac.  Ann.  IV,  5  beigezogen  'werden:  «juantum  ingenti  terra» 
run^  sinu  ambitur.  — •  Dafs  bei  Danubius  Ritters  Vorhalle 
der  Europäischen  Vulkergeschichten  citirt  wird  :  Pronaos  bist, 
gent«  Europ.9  ohne  die  Angabe,  dafs  es  ein  deutsches  Werk 
ist,  scheint  nicht  zu  billigen,  eben  so  worden  auf  derselben 
Seite  (2.)  Barths  Werk :  Deutschlands  Urgeschichte  und  Am« 
inons  und  Bäumleins  Teutsche  Akerthümer  der  Mythologie 
und  Sprache  wie  lateinische  Werke  angefüt^rt.  Da  die  oben 
von  uns  gewünschte  Aufführung  der  Literatur  fehlt,  so  möchte 
diese  Art  zu  citiren  um  so  weniger  zweckmäfsig  seyn.  Das- 
selbe gilt  S.  6.  von  Kadlofs  Keltenthum.  Auen  sind  Citat^f 
wie  S.  37.  Hag.  Irmin.  und  Mon.  T,  II.  nicht  sehr  verstand- 
lieh,  —  II.  1.  Zu  adversus  Oceanus  ist  zwar  Tac.  Hist,  IT,  98. 
citirt,  aber  bo^  dafs  die  Stelle  von  Flüssen  zu  bandeln  scheint. 
E^  heifst  aber  dort  ausdrücklich :  mare  secundum .  '—  Nach 
porro  sollte  efn  Comma  stehen  11.  4*  f^^i*  ni^^  51'  patria  Sit  hat 
ein  Leipziger  Rec.  l8l7,  1Ö4.  nicht  übel  vermuthet:   nisi  cui 

fatria  sit.  —  Bei  der  sciiwierigen  und  vielbesprochenen  Stelle 
I:  7.  Ita  nationis  nomen  etc.  hnden  wir  die  Vcnnuthung:  ob 
metum  a  victore  (aus' Furcht  vor  dein  Sieger)  nicht  angeführt 
(s.  Seebodes  krit,  Bihl,  l821,  p.  453.);  auch  nicht  die  von  G. 
XVIII.  Jo/irg.   4.  Heft.  26 


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40^^  C.  Taciti  dt  moribas  ^ermanorum  ed.  Hefi«    \ 

H.  Waltber  Allg.Lit^tg.  1820.  Erghl.  306.  primmn  a  vicl^ 
re,  ob  roetum  moy  a  se  ipsis,  invent^o  nomine,  Germani  voca- 
rentur;  welcher  sagt:  a  yicto  ist  s.  v.  a«  a  victis,'  re  ist  d<?Bi 
ob  meUim  entgegengesetzt,    Germani  heilst    viri    belli  ^    und 

^  all  ob  metuHi  roufa  man  denken :  qui  nooiini  inest.  —  III.  l.  Zu 
memorant  hätten  wir  nicht  eiläuterwd^gesetzt  §c..  Romani,  son- 
dern auetotes  s.  scriptores,  \quos  sequor.  Ebd.  Kannte  zu 
haec  qubqüe  bemerkt  Werden,  dafs  haec  so  für  ea^ stehend  zur 
latinitas  Badens  gehöre.  Zu  KI,  2.  prout  sonuit  acies  konnte 
die  sehf'pasÄende  Stelle  Liv.  III.  62^  med.  citirt  werde»,  .Ebd. 
Verdiente  der  dem  Tacitus  nicht  übel  stehende  Vorschlag  eines 
Jenaer  Recensenten  (I8l8.  i  06.)  angeführt  zu  werden :  Nee 
taiii  voces  illae.,  quam  virtutis  concentus  videtur  (nicht  vocis 

'ille,  wie  Rhenanus).  Dafs  Oberlin  vocis  ille  —  videnltur 
(wahrscheinlich  wicietr  Willen)  gegeben  hat,  und  die  Zwei« 
brücker  vocis  ille  —  videatur  ^st  nicht  angegeben,  — J-  IV.  ^2. 
i,\x  magna  corpora  konnte  aufsei  den  citirten  Stellen  noch  ge« 
nommen  werden  Veget.  de  re  Mil.  I.  1.  Quid  adversus  Germa-, 
norum  proprietatem  btevitas  (Romana)  potuisset  audere?  — 
V.*ö.  baud  proindel  Hier  lesen  wii*  dennoch  lieber  mit  Ernesti 
und  Oberlin  aus  vielen  alten  Ausgaben  und  Handschriften 
perinde«  Ueber  perinde  und  proitide's;  aufser  dei^  vom  Her« 
ausgeber  Angeführten  noch  Moser  in  der  ^leinen  Ausg.  des 
Ciq..de  N.  D.  II.  38.  96.  p.  l37.  und  z^  Cic.  deXe^gg.  II.  19. 
extr.  p.  311.  auch  Gdrenz  zu  dieser  Stelle;  ferner  Ochsner« 
ad  Cic.  Eclog.  p>  7.  Herzog  ad  Caes.  de.  Bi'G.  VII.  66.  p.  490. 
Dronke  ad  Tacit.  Agric.  p.  81.  Morus  ad  Caes.  de^  B.  C.  Hl.  %, 
Cort,  ad  Sali,  Catil.  12.  Wir  erklären  die  StelU  fast  wie 
fiongolius:  possessione  non  ita  laetantur,  quam  usu.  —  V.7^ 
Bei  prokimi  konnte  bemerkt  werden,  dals  einige  alte  Ausga* 
ben  das  Glossem  Galliae  haben,  das,  als  Erklärung,  mctit  zu 
verwerfen  ist.  —  VI.  5.  Da  Orelli  aus  dem  Züricher  Codex 
varUlat»  gyros  notirt  hat,  so  war  der  Einfall  des  oben  genai^un 
ten  Jenaer  Recensenten  (1818*  205.)  nicht  übel,  varietatem 
gyrornm',  ob  Wir  gleich  deswegen  noch  nicht  dessen  .  Auf- 
nabme  in  den  Text  rathen  wollen.  — -  VI.  9.  Dafs  ^ie  Lesart 
der  Ed!  Dithmar.  fortitudinia  für  formidJnis  nicht  angeführt 

"  ist,  wollen  wir  nicht  tadeln,    da  jenes  eher  Druckfehler  als 

'  Lesart  »u  seyn  scheint.  Von  8  bedeutenden  Ausgaben ,  die 
vxir  uns  liegen,  findet  sie  sich  in  keiner.  —  VII.  3.  über  nee 
—  qufdem  ist  noch  nachzusehen  Moser  ad  Cic.  de  N.  D.  IIL 
26.  66.  p.  219.  der  k  lein  er  n  Ausgabe,  ued  Beier  ad  Cic.  de 
OflF.  III.  4*'  1^.  p-  210f  welche  beide  es  billigen.     Ein  Leipsi« 

/  gcjT  Rec^  181 7t  l84«  willne  —  quidem«     ä,  aber  noch  Jenaer 


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'  C.-Taeiti,Je  mdribüs  ÖtfhDiinöniiii  cd*  Hefs,  4oS 

LItztg.  i821i  Ergbl.  78-  p.  240.  —  Vm.  1.  Zu  öbjectu  pectd* 
tum,  der  Gebärde  der  bittenden  Mütter,  ist  lliad;  XXII;  79« 
8q.  tu  vergleichen:  ixvjryjg  ^au3^  iH^oi^sv  oiv'^'sT^  Myi^'jyßo-ocä  ^  xcX* 
'icov  dvtSfJLdyyj  bTi^yj($i  Bb  [ia^Sv  dv^^&y^s  x.  ^r,  X»  —  VIII.  2. 
Zu  Divo  Vespasiano:  die  ^Stelle  über  die  Apotheose  der  fomi- 
flcben  Kaiset  steht  bei  Creuzer  Sjrmb.  u.  Myth.  111.  p.  4rs(j. 
2.  Ausg.  X.  3.  Mox  si  publice  coniuUtür , etc.  So  Host  Hr, 
H.  mit  den  alten  Handschriften  und  Ausgaben.      Wir  können 

.  uflS  mit  diesem  Futurum  nicht  befreunden,  Oerin  v^enn  ßr- 
jfi«sti  sagt,  er  wisse  nicht,  warum  man  an  dieser  Lesart  rüttle^ 
da  ja  das  Futurum  nach  if  So  göwohnlich  sey,  und  den  Ver* 
citirt:  Ante  focum^  si  frigus  «rf^;  si  measis,  in  umbra^'  sd 
bat  er  nicht  liemerkt,  dafs  sich  diese  beiden  Stellen  nitht  gut 
Tergleichen  lassen.  Wir  ziehen  Murets  consuhatur  vor,  und 
will  man  die  „Vocehi  in  rebuä  sacris  s'ölenheui«,  io  wäre  docb 
consulitur  lichtiger.  Wenn  man  auch  des  RhehanuS  coitsulatut, 
verwerfen  will.  Dagegen*  billigen  wir  ganz  das  bald  darauf 
fölgetide  si  prohibuerw/zt  gegen  der  Zweihriicker,  Öherlitis  und 
Seebt)des prohibuerfwt.  —  X.  lö.  extr.  steht  einsehr  Obetflüs*« 
«iges  Komma  nach  illius^.  —  XL  1.  pertractentur.  Auch  wir 
würden  diese  Lesart  im  Tt-xt' behalten,  aber  der  £mendatioi^ 
des  MuretuS  tind  Grotkis  praetfactentur  (dem  griechischen"  rpd- 
ßovXs'jso'^ai)  9  so  gut  wie  Erneiti,  mit  Ehven  erwähneif.     Deni^ 

.erstlich,  man  drehe  den  Satz  wie  nian  will,  es  ist  ufid  bleibt 
eine  Vorb-erath  uh  g,    von  der    die  Rede  ist:  zweitens  ists 
das  Wort,  stehe  es  auch  sonst  nirgends,  der  Analogie  gemäfs 
gebildet)    und  Tacita^  ist  vtrohl  der  Mann  dazu,  so  ein  ara* 

fXsyofxsvov  ZU  bilden;  drittens  ist  die  Zusammehitimraung  der 
Händschriften  in  einer  Sylbe,  die  gewöhnlich  äbbrevirt  wurde,* 
(wie  per,  prae,  pro)-,  nicht  sehr  gewift,  urid  eben  daruni 
nicht  ganz  entscheidend.  —  XI.  6*  fehlöil  iiach'prout  aetaif' 
Cuique  die  Worte  prout  hobilita^.  -—XII.  6.  konntfe  Miiiola'^ 
Vorschlag,  Gentenis  ff.r  Centeni  zu  lesen ,  angeführt  vi^erdenV 
—  XIII.  7.  Expetuntur  etiam»  Hier  die  Angabe,'  daf;^  In  dexi; 
meisten  Ausgaben  expetuntur  enim  steht;  auch  Oberlin  hat  so; 
Unter  den  Ausgaben,  die  vor  uns  liegen,  hai  hur  Dithmar 
etiahi;  -^  XIV.  4*  magnumque  comitatum  rioanisi  vi  helloruni 
tueare.  So  hat  uhtcfr  alleri  Ausgaben,^  die  Votuns  liegen,' 
keine,  aU  die  Kappische,-  von  der  Hrn.  Hs!.  Aiisgabe  di^ 
zweite  ist:  auch  giebi  K.  so  wenig  als  Hr;  H;  an,  woher  e^ 
sie  bat.  Wir  halten  diö  Lesart  der  meisten  Ausga'ben  vi  helto^ 
ijue  h\r  die  fechte,  utid  vihellorum.f  wenn  es  irgendwo  Steh't^' 
für  eine,  übrigens  probable,  Glosse.  Auch  hätte  das  gehörige 
Beurkundete  tuemtut  tiitht.  so  mit  kürzet  Hand  abgeVries'enJ 


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404  C*  Tacitus  de  moubu«  Qermäi^onuii  ed.  H^fs.  « 

I  . 

imd  tueare  nicht  durch  lauter  Stellen  vertheidigt  werden  sollen^ 
die  allaem^ine  Sätze  toder  Sentenzen  enthalten.  *  Denn  gerade 
das  spricht  für  tuearitur^  dafs  bieF  eine  Notiz  und  keine  Sen« 
\enz  ist,  ,wie  die  Zweibrücker  und  Oberlin  gahz  richtig  .gegen 
Gio«ov8  ntueare  elegantius«  bemerkt  haben«  —  XV«  1.  Quo- 
tietls  be|]a  non  ineunt,  nan  mulfuui  venatibu^,  plus  per  otlum 
transigunt.  ,  Unser  Hr.  Herausgeber  hat  sich  mit  Passow  und 
Barth  auf  die  Seite  der  'Vertheidiger  des  non  vor  multum  ge- 
schlagen. \^ir  können  uns  damit  nicht  befreunden;  i^nxk 
Cä^ar^  Aeufserung :  ab  parvulis  labori  ac  duritiae  Student, 
lüTst  sich  doch  nic;ht  wegdisputiren,  oder  nur  als  für  seine 
<Zeit  geltend  annehmen.  Woher  denn  Vorübung, zum  Kriege 
und  Abhärtung I  als  von  der  Jagd?  Dafs  es  nachher  heilst  ipsi 
hehent^  will  doch  nicht  weiter  heilsen,  als  dafs  sich  die  rüsti- 
gen Männer  um  Haus*  und  Feldgeschäfte  durchaus  nichts  an- 
,  jiehuieii.     XVI*  5.    bei  Anführung  und  Verwerfung  der  Con-  - 

jectur  eines  Jen,  Recensenten  (t8l8.  205.)  konnte  dessen  we- 
s  iiiger  verwerflicher  Vorschlag  splendenti  zu  schreiben ,  um  zu 
bezeichnen,   dafs  das  Wort   hier  adjektivisch   nnd   nicht   als 
Participium  zu  nehmen  sey,  angeführt  werden.  —  XVIII.  2^ 
Hier  konnte  Roths  treffliche  Abhandlung :  über  Sinn  und  Ge- 
brauch des  Wortes  Barbar  4  Nbg.  18|4»  eingeführt  werden  bei 
Note  c.  • —  XVHT.  4*  Hier  ist  das  Komma  nach  probant  durch*  ' 
aus  nicht  zu  billigen,  sondern  es  mufs   eine  stärkere  Inter- 
punktion se^rn :  sonst  müfste  das  zweite  muAera  ausgestrichen 
werden;  denii  die  Anadiplos^t  intersunt  —  propin(|ui  ac  m«- 
nera  probant,  munera  non  ad  delicias  •—  qüaesita,  würde  ein 
poetisches,  hier  noch  dazu  falsches,  Pathos  in  den  Satz  legen. 
£s  läfst  sich  hier  ohnedies  einer  von  den  Hexametern  hören, 
^     die   dem  Tacitus   zuweilen  entschlüpften:    probant:    munera 
non  ad  delictis  muliebre's.  — •     XX.  5.   Fares  validaeque  mis- 
centur.      Wir  stieben  mit  Koler,   Kirchqiaier ,    Dithmar  und 
)    Ändern,    auch  dem  Jenaer  Recensent^i  l8l8*   iSO f    oaliduiue 
vor,  als  schickUcher,  so  dafs  validi  andeutet,  dafs  Bräutigam 
ui>d  Braut  von  kräftigem  Körperbau  aeyen.     XXI.  extr.     Die 
Worte  Victii^  ihter  hospites  comis  vertheidigt  der  Hr.  Herausg. 
so:  £([uicjem  verba  loco.non  esse  movenda  puto,  quae  noster, 
ut  de  Gerjnanorum  hospitalitate  narfationem  sententia  iri  uni^ 
versum  pronu^itiata   beviter   clauderet,    cbnsulto   hic;  posuit. 
Bei  zu  verschiedenen  Zeileji  wi<?derhülter  Betrachtung  dieser 
Stelle  haben  wir  uns  dennoch  unmöglich  ;überzeugen  können, 
tlafs  jene  VVorte ,  so  gestellt,    die  zusammengefafste  Ansicht 
des  Tacitus  über  diesen  Gegenstand  enthalten.      Dies  scheint 
uns  dv^chaus  flicht  seine  Manier.      Wir  halten  jene  Worte 


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C*  Taciti  de  Bioribus  G«tiiiao6rum  fd.  Hefs.  405 

*        ■  "  .  '  * 

knit  Emestiy.  Oberlin ,  See&ode  und  einem  Jen.  Rec  (1818. 
flrgbl.  86:  Th.  I.)  för  ein  Glossem,  und  sollen  sie  erhuUea 
werden)  so  ist  ihnen ^  dünjct  ui^s,  die  Thierschische  und 
Heddekampsche  Versetzung  nach  disctmit  nicht  zu  ersparen*. 
XXIV.  4.  konnte  die  Lesart  Dwciri  statt  venire  zwar  nicht  ge» 
lobt  (denn  aie  ist  nichts  als  Glosse  zu  ahigari)  aber  doch  ange- 
führt werden,  als  Beweis  9  wie  oft  nöthige  Textes  worte  durch 
zu  andern  Worten  gehörige  Glossen  verdiüngt  werden.     XX^V» 

2.  Cetera  domus  olficia  uxor  et  liberi  exsecjuentur.  Hier  soll 
nach  Hrn.  H.  cetera  adverbialisch  stehen  fOr  ceterunty  iMtid  dies 
zu  beweisen,  werden  T.icit.  VI.  42.  Tursellin.  de  Partlcc.  und 
Ruddimannüs  citirt.  Dies  bedurfte  es  kaum,  denn  nichts  ist 
sicherer,  als  jener  Gebrauch,  Aber  alle  Beispiele  davon  kdki- 
nen  nicht  beweisen^  dafs  cetera  so  zu  offidia  gestellt  von  dem 
Schriftsteller  nicht  so  gemeint  sey,  dafs  man  es  fUr  dad  Ad« 
jectivum  nehmen  dürfte.  Wollte  er  es  nicht»  so  war  es  ta« 
delhaft,  so  zu  schreiben,  iak  man  nothwendig  erst  es  anders 
verstehen  mufste,    als  er  wollte«  .    Wir  haben   alle  citirten 

,  Beispiele  und  noch  mehrere  nachgesehen,  und  keins  gefunden, 
wo  nicht  gleich  in  die  Augen  fiele,  was  hier  nur  nach  vorher- 

fegangenem  Irrthum  ^  und  nie  mit  Sicherheit  erkannt  werden 
onnte.  —  XXVI,  2.  Erwähnung  verdiente  wenigstens  der, 
freilich  etwas  gewagte  und  willkübrliche  Vorschlag  eines  Jen, 
Rec.  (1&I8.  206*}  zu  lesen:  Agri  ab  utiiversis  vicis  occupun« 
tur ,  ^08  mox  pro  numero  cultorum  inter  se  secunduntr  digna- 
tionem  partiuntur.  Derselbe  Rec,  wollte  XXVIU.  6.  die  ver- 
dSch^gen  Worte  Germanorum  natione  entweder  mit  Passow  und  , 
Thierschals  Glosse  betrachtet,  oder  in  Germanorum  agnatione  K  e. 
incremento  verwandelt  wissen.  Das  Letztere  kdrtnten  wie 
nicht  billigen  utid  mdchten  wohl  den  Tacitus  nicht  gerne  aus 
demSprachgebrauche  des  Appulejus  emendirt  sehen,  —  XXIX, 

3.  Nära  neque  tributis  conumnuntur,  Hr.  H,  sagt  zu  dieser 
Stelle  nichts 9  sondera  giebt  blos  Kapps  Note,  der  contemnuntur 
billigt  und  vertheidigt.  Uns  tiberafeugt  weder  Kapps  Raisou^ 
nement,  noch  Gronovs «Ausführung  und  BeweisHellen,^dafs 
Tacitus  oder  irgend  ein  Alter  sich  hätte  entscliliefsen  können, 
tributis  contemni  zu  sagen*  Zu  den  Conjecturen  und  Lesarten 
conteruntur,  tcontunduntur ,  consumuntur,  condemnantur, 
contenüantur  f  consternuntur,  wollen  wir  noch  eine  siebente 
Stellen,  die  wir  fdr  nicht  mehr  und  für  nicht  Weniger,  als  für 
eine  —  siebente  ausgeben:  contaminantur,  Eine  ziemlich 
alte  Hand  hat  am  Rande  einer  der  Ausgaben,  die  vor  uns  lie- 
gen, geschrieben:  al.  premuntur.  Wenn  dies  irgendwo  steht, 
so  kann   es    für  mehr  nicht,    al3  für    eine  Glos  Je  gehen.  — 


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406  C  Taoid  de  moribus  6ermanonu|i  ed«  Qefs.  " 

XXX,  1,  finalen  wir  die  Lesart  oder  Conjectur  uon  ita  ^/«*l  filr 

-  sffufia  picht  angeführt,    Ayöför  (freilich  nicht  ailztipassend J 
Vellej,  Pat«  11,  i^.^ effusa  im fnani^  vis  (Jermanariun  gentium' 
citirt  ^ircL  ~  iJtXXI.  p,  J^am  ne  in  paee  «juidem  etc.     Hier 
vördjsn  wir  «it  einem  Jen.  Rea  (l8l8*  löo.)  das  Nam  lieber 
eiitfernt  sehen,     XXXV,  5*   Fromta  tarnen  omnihus  arma^  de 

.  ßi  res  poscat  exercitus,  plurimum  virpruin  eq;uoruin<[ue;  et 
qiiiescentihus  eadem  fania.^  Diese  Lesart  gieht^  wegen  desf 
iatalen:  si 'res 'poscat  exercitus«  nur  mit  Zwang  ,und  Drang 
einen  Sinn.  Die  Conjectur  des  Jen.  Reo.  (I8l8.  206v)  exerci- 
torum  plurimorum  virorum  tsqubramqüe  klingt  indessen  gar  z<jl 
l^bel.  Wir  würden  bei  einer  peuen  Auflage  zu  der  Aufnahme 
der  Lesart  -plurii^ms  aus  dem  Zürcher  Cadex  rath«n ,  mit  4<v 
yon  Hrn.  H*  in  der  Anm.  vprgeschlagenen  Interpunctionnach 
•poscät^  —  XXXVtl.  2.  ({uorum  ambitu  nunc  quöque  metiavi^ 
liiolem  manusque  gentis,  et  tarn  raagnt  ^xt^ui  üdem,  Hr.  H« 
sagt,  Oberlih  habe  di^  Conjectur  des  Lipsius  (exerci^Hs)  gut 

i  >videilegt  durch  Anführung  des  Stellen  Cic.  Parad,  IV.  1.  und 
Caes.  B.  C.  jn.  69.  Aber  in  jener  Stelle  heilst  eooitus  da«  V er- 
lassen des  Vaterlandes,  dej:  Act  des  Fortgehens,  in  die« 
^er  heifst  es  Ausweg-  zum  Entkommen.  ,  An  unserer  Stella 
müfste  magnus  exUus  die  grofse  Ma%se  der  Auswandern- 
den heifsen:  und  dafür  lassen  sich  doch  jene  Stellen  nicht 
citiren  ?  XXXVni.  4-  5.  Hier  köii^nen  ^wir  uns  eben  so  wenig 
mijt  dem,  nur  mit  grofsem  Zwang  erklärbaren,  capillum  r^tro 
seqvuniur , .  Siis  mit  cura  formae,  sed  innoxiae^  trotz  denhedeu« 
^eMden  Patronen  dieser  fatalen  Lesarten  »^  befriedigen  lassen^ 
auch  fias  nngebührncbe:    in  ^so  solo  vertice,   können  wir,  . 

,  ungeachtet  der  Vertheidigung  in  der  Note,  nicht  recht  ver- 
(iauen,  und  fragen,  wie  (wenn  wir  nicht  irren)  MuretuS'  ir- 
gendwo: warum  soll  denn  ein  trefflicher  SchriftstelliE?r  schlecht 
oder  gezwungen!  oder  sprachwidrig  geschrieben  haben,  damit 
«in  Mönch  des  Mittelalters  sich  nicht  verschrieben  habe?   Dage* 

,  gen  mag  der  Jen.Rec.  (l8lS.  206.)*^"^  comitatuiet  hos^iunl  oculi«, 
iür  cpmpti,  ut'hostium  oculis,  für  sich  bebalten,  Hr«  H.  hat 
es  gar  nicht  angefahrt.  XL  IL  3.  quatenus  Danu|)io  pgragUur» 
Jlier  hat  zu  denConjecturen  praetexitur,  protegituri  porrigi- 
tur,  porgitu^,  pfaetenditur  auch  Hr.  H.  sein  Contingent  ge- 
stellt undper^gtatur  yorgescbtagen.  Die  Erklärungsversuche 
Passows,  pütlM^y^  und  des  Jen.  Rec.  I8l8.  Nov.  genügeri 
liucl^  nicht»  Yi^U^^ic^^  schlägt  m"*  einmal  einer  aus  dem  rseudo- 
^^Lpicius,  ff ertangitur.  vor.  -—  XLV,  7,  Nec  quae  (acc.)  natura, 
qüaeve  ratio  gigmt,  ut  ba^barisy  '  quaesitum  ^ompertumve. 
Hier  führt  uns  Ifr.  H.  eine  ganze"  Schaar  von  Gelehrten  auf. 


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C,  Taciti  de  moribus  GermaBorum  ed.  Hefs.  4<X7 

die  über  -den  Indicativ  in  der  indlrecten  Frage  gesprochen  ha« 
l)en/  und  behält  den  In'dicativ  bei.  Die  Sache  i^t  indessen' 
«och  bei  weitem  nicht  entschieden,  und  der  Stellen,^ wo  der 
Indicativ  sicher  st^ht ,  sind  bei  weitem  nicht  so  viele ^  als 
inan  citirt.  Andere,  wo  er  sicher  steht,  gehören  nicht  hier« 
her,  und  lassen  sich  durch  richtige  Construction  erklären, 
Z..  B.  Cic.  de  Offic.  I.  7.  c[ui  studiose  e3cc[uirunt,  unde  verba 
sunt  ducta«  Hier  ist  sint  gar  nicht  Lesart' aller  Handschriften 
und  alten  Ausgaben ,  und  Heusinger  und  Schütz  haben  sint  auf- 
genommen; so  Tusc.  HI.  5,  Gl-aeci  -^  fjiaviav  unde  appöUantf 
non.  iacilö  dixerim.  Hier  hat  F.  A.  Wolf  richtig  appellent. 
Cic.  de  Finn,  IV.  24«  67.  at,  cpio  nituntur  hpmines  acuti  argu« 
tnentd*  ad  probandum,  operae  pretium  est  confiderare«  Auch 
biet  hat  ein  Cod.  des  Davis,  mtantur.  Aber  wir  können  ruhig 
mfuiffur*  behalten  ,  denn  die  Stelle  ist  so  zu  erklären,  dafs  ar- 
gumento  aus  dem  Hauptsätze,  wo  es  argumentum  heifsen  müfste, 
in  den  Relativsatz  gezogen  ist^  und  man  coiistruiren  mufs: 
at  operae  pretium  est  considerare  argumentum^  Quo  nituntur  ho« 
mines.  -  Hier  hat  auch  Hr.  Görenz  ein  Versehen  begangen, 
wenn  er  sagt,  er  hätte  de  Finn.  IT.  5.  es^  tribus  optimis  (Codd.^ 
aufnehmen  sollen;  si  —  non  intelligam,  quid  Fpicuru^ /o^ul- 
iur^  denn  dietres  optiihi' haben  dort  loquatur^  wie  alle,  aber 
gleich  darauf  haben  sie  qui  ita  logujtur  (rür  loquatur))  ut  noo 
InteHigatur ,  wo  loquitur  recht  gut  stehen  kann.  Wir  ver- 
weisen über  das  punctum  litis  noch  besonders  jTuf  Beier  ad 
Cic.  de  Off.'  1.7,  26.  und  Creuzer  ad  Cic.  de  N.  D.  I.  41,,  die 
Hr.  Ö.  selbst  citirt.  —  XXXIX.  2.  auguriis  pätrum  et  prisca 
formidine  sacrum.  Diesen  Hexameter  möchten  wir  nicht  un- 
ter ^ie  zufälligen  setzen,  die  dem- Tacitus  unbemerkt  ent«« 
schlüpften,  wie  Ann.  I.  1.  urbem  Romam  a  principio  legea 
babuere*);  und  zwar,  wie  Ernesti  mit  Recht  bemerkt,  weil 
auguria  für  consecratio  steht  ,^  patres  für  majores,  uhd  formido 
für  religio.  XXXI,  6.  Bei  nulli  domus,  aut  ager,  aut  aliqua 
cura.  Hier  haben  vyjr  uns  längst  eineConjectur  bemerkt,  doch 
ohne  den  Urheber,  die  uns  picht  milsfällt;  Nulli  domus  aut 
agri  aliqua  cura;  doch  für  nöthig  halten  wir  sie  gerade  nicht. 
-t— ^  Da  das  Vu$rarum  secreta  viri  pariter  ac  feminae  ignorant, 
liiitten  zwischen  d^m  Lobe  der  Keuschheit  und  Zucht  der  alten 
Deutschen  steht,    und  also  (wenn  man  es  nicht  gezwungen 


*)  Oder  wie  der,  welchen 9  ohne  es  tu  wollen«  Luther  machte) 
GeD.26.d.i  dafs  Isaak  scherzte  mit  seinem  Weibe 
Rebekka.  • 


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.  40fi       l&peD(.el  Vaf^andtsch^t  d.  gritoh.  u«  deuftsdien  Spmoh«* 

"AutthUUets  doux  übersetzen  wiU)eine  Notis  enthSlt,  die  wie« 
jiigstens  nicht  an  ihrem  Ort  ist,  wenn  sie  auch  nicht  falsch 
wäre ;  so  hat  ein  gelehrter  Freun^  uns  die  Conjectur  secreta ' 
It^Hrarnm.  (des  Schminkens)  mitgetlreilt^  und  aus  Juvenal«  VI. 
^82[.  iaciem  linere  und  aus  Martial  X»  68.  3«  Uta  niater  dafür 
citirt.  —  Doch  , wir  müssen  hier  abbrechen ,  ungeachtet  wir 
gern  noch  mitBeifall  eine  grofse  Anzahl  kritischer  und  erklä- 
render Bemerkungen  dieser  so  yerdienstlichen  Ausgabe  genannt 
bätt€;n.  Auch  über  den  Styl  des  Hrn.  Verf.  können  wir  nur 
noch  .beifögen ,  dals  an^  demselben  ein  sichtbares  und  nicht 
inislungenes  Streben  sich  beurkMndet^  das  in  übeln  Ruf  ge« 
.  kommene  und  fast  slim  Sprüchwort  gewordene  Notenlatein  zu 
vernieiden.  Manchmal  stdfst  man  freilich  an;  doch  wir  wol- 
len nurcfinen  mehrmals  vorkommenden  Fehler  rügen,  ,den 
Wir  auch  in  andern  Conimentaren  oft  finden.  Man  sagt  «näm- 
lich z.  B.  ich  möchte  lieber  bella  lesen ;,  ntalim  bella.  Will 
xfian  nun  sagen:  Tassow  möchte  lieber:  $o  sehreiben  die  Einen 
Passowius  mallet^  Andere »  wie  Hr.  H.,  Passowius  mtditi 
beides  falsch,  £s  mufs  mavuk  heifsen.  —  Auch  das  AeuXser- 
liehe  dieser  Ausgabe  ist  empfehlend»  *., 


üeber  die  Verwandtschaft  zwUclien  der  griechischen  md  deutschen 
Sprache,  Von  Franz  Christoph  Frenzel^  Consistorialrathf 
Director  '  des  Gymnasiums  und  Efirenmitglied  der  lateinischen 
Cesellschrft  zit  Jenom  Eisenach  ^  bei  J.  F.  Bärecke»  i825.  VI 
und  41  «y.  8.  30  kr. 

Eine  Aeufserung  F.  A.  Wolfs,  der  vor  10  Jahren  bei 
einem  Besuche  zu  dem  Vf.  sagte ,  dafs,  wenn  er  eine  griechi- 
sche Grammatik  fu,r  Anfänger  schreiben  würde,  in  den  ersten 
8  Bogen  kein  Wort  vorkommen  sollte,  dem  nicht  in  der  deut- 
schen Sprache  ein  ähnliches  entspräche  —  diese  Aeulserung. 
gab  die  erste  Veranlassung  zu  dieser  Schrift.  Er  begann  mit 
einer  Wörtersammlung ^  rand  aber  bald,  dafs  dies  nicht  ge« 
nüge,  sondern,  tiefere  Erforschung  der  älteren  und  ältesten 
deutschen  Sprachformen  nöthig  sey.  Er  studirte  zu  dem  Ende 
das  I^iebelungenlied,  Grimms,  deutsche  Grammatik,  später 
Heizs  Belga  Graecissans.  Hier  giebt  er  nun  in  dieser  Schrift 
den  Vorläufer  (ein  böser  Druckfehler  nennt  es  einen  Verläu« 
f  e  r)  eines  gröfsern.  Wejrkes  i|ber  diesen  Gegenstand.  Auch 
ICannes  Buch  über  die  Verwandtschaft  der  griechischen  und 
deutschen  Sprache  hatte  er  vor  sich ,  und  macht  demselben  den 


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Freäiel  Verwandtschaft,  dtr  gricefa.  n,  cbntioheu  Spracht.' '  ,  409 

'  Vorwurf,. Reizs  Werk  fleifsig  benutzt  zu  haben ,  ohne  e»  sij 
nennen.  Rec.  ist  der  Meinung,  däfs  weiter  nichts  ^  alr  genaue 
Kenntnifs  des  innern  Baues  beider  Spradien  dasu  gehört ,  um» 
.ohne  alle  Benutzung  früherer  Arbeiten  dieser^ Art,  viele  Hun- 
derte von  Wörtern  beider  Sprachen  harmonirend  su  Enden, 
und  zwar  gerade  wie  irgend  ein  ,  auch  der  beste ,  Vprgfinger. 
Seit  vielen  Jahren  pflegt  Rkc,  bei  seinem  Unterricht  in  der  la^ 
teinischen  und  griechischen  Sprache  seine  Schüler  auf  die  nicht 
nur  durch  die  Vvortstämme,  sondern  durch  den  ganzen  etymo- 
logischen Theil  der  Gramnibtik  hindurchlaufende  enge  Ver« 
wandtschaft  der  deutschen ,  lateinischen  und  griechischen  Spra*' 
che  aufmerksam  zu  machen ,  und  findet  immer  mehr  9  wie  vor* 
tbeilhaft  es  ist,  den  Jünglingen  zu  zeigen',  wieviel  an  griechi- 
schen Wörtern  und  Formen  sie  aus  andern  Spracben  schon 
Wissen ,  und  wie  fruchtbar  diese  Vergleichung  für  das  tiefere 
Verständnifs  und  Auslassen  des  Geistes  einer  Sprache^x  dec 
Denkgesetze  überh^pt  und  des  Ueberganges  der  Begriffe  und 
Bedeutungen  in  einander  ist.  Nach  einer  allgemeinen,  das 
WörterverSsetchnils  zum  Thei)  anticipirenden ,  Einleitung 
kommt  er  zuerst  auf  die  Aehnlichkeiten  der  deutschen  und 
griechischen  Präpositionen ,  dann  der  Zahlwörter 9  einiger 
Conjunctioneu  und  Adverbien ^  der  Deklinationen  (hier  ist 
der  so  wichtige  Artikel  vergessen!),  Fronominum»  Verbo« 

.  rum  und  der  Wortbildung  ,  alles  zusammen  auf  f  6  Seiten  dürf« 
tig  und  mager  genug  1  Von  S.  16  bis  zu  Ende  folgt  der  lexi« 

'  kographische  Theil  9  ober  den  wir  noch  eine  Anzahl  Bemer« 
kungen  werden  folgen  lassen^  wenn  wir  erst  noch  etwas 
übipr  die  £inlei)tung  werden  gesagt  haben. 

In  der  Einleitung  vermissen  wir  die  Bemerlcung«  dafs 
man  in  der  deutschen  Sprache  fünferlei  griechische  Wörter 
genau  unterscheiden  mufs«  1)  Wortstämme 9  im  Deutschen 
wie  im  Griechischen  gleich :  diese  bestimmen  die  'eigentliche 
Verwandtschaft  beider  Sprachen  im  Aeufserlichen  und  werden 
in  dieser  Schrift  allein  berücksichtigt;  wenigstens  ist  es  des 
Vf.  Absicht;  da  er  sich  aber  dieselbe  nicht  vollkommen  klar 
dachte,  so  ^ind  ihm  in  ^ein  Büchlein  Wörter  wie  Spelunke 
(<Tx>j'Xvyg»  lat.  spelunca,  woher  wir  es  eigentlich  haben),  ga- 
]  o  p  i  r  e  n  (viakiraistv.  Der  Vt  sehe  nur  Frischs  deutsch  •  latei- 
nisches Wörterbuch  nach),  ja  sogar  (man  traut  seinen  Augen 
kaum)  Marotte  (fjim^cTyji)  hineingerathen,  2)  Wörter,  die 
im  Mittelalter  durch  Vc^rkehr  mit  dem  griechischen  Kaiserthum 
nach  Deutschland  kamen,  z.  B.  Namen  von  Pflanzen,  Edel«, 
delsteinen,  Arzneien,  Gewürzen,  Wörter  wie  Kirche  (hu- 
^taKi^).  .3)  Wörter,  die  durch  Vermittelung  dei  Lateinischen  , 


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410      Jf^renzel  Verwandtschaft  der^riech.  u.  cfenUehen  Sprache. 

tmd  seiner  Töchtersprachen  »u  uns  g^koromen  sind,  wie*Mu- 
«ifc,  Geographie,  Akadeoiif.  4)  Wörter,  die  erst  d^e 
«eiiere Zeit  aus  dem Oriiechiscben  geholt  hat,  z.  B.  Technil:. 
'6)  Wörter,  äie  die  alten  Griechen  gar  nicht  hatten,  die  ah«r 
von  den  Neuern  der  Analogie  geinäfs  aus  dem  Griechischen 
gebildet  wurden,  z.  Bj^'ßarometer,  Telegraph,"  Lithp- 
grajjhie,  Botanik,  Stenographie.  M^irsten  wir  nun 
3en  ersten  Theil  der  Schrift  für  sehr  d'ürftig  erklären,  so  müs. 
s<»n  wir  dies  von  dam  zyreiten  noch  mehr  sagen,  und  beson- 
ders auch  dies,  dafs  der  Vf.  oft  zu  sehr  an  der  Oberfläche  dep 
Wörter  hängt,  ohme  in  d^n  Bau  der  Wörter  und  der  Sprache 
tie^^r  einzugehen.  Wir  sind  für  diese  letztere  Behauptung 
Beweise  schuldig»  'Erstlich  mangelt  eine  Menge  Wörter,  die 
«ben  so  gut,  als  die  Aufgenommnen  (oft  mit  mehr  Recht, 
wie' sich  zeigen  wird)  hierhergehört  hätten,  z,  B.  Ewig  v. 
öl ^wyi  blicken  V.  /öa^tw,  Hunr?  v.' hüww,  blocken  v.  y3A-^- 
%dö\xaiy  s  c  h  w  e r  V.  /9a^>u?  (wie  s  c  h  w  a  t  z  tj n  v.  ßd^tü^  schmel- 
zen Vr /ut^AJtw,  schluchzei)  v.  Aü<oü),  wogegen  er  da s^  Wort 
Baroii  unter J3afu5  giöbt;  Kübel  v.  hutsAAcv,  A.chse  v. 
iTgcBv,  Büchse  V.  irujr^,  Butter,  Kamin,  Kammer, 
Drache,  Lanze,  Pfahl,  eng,  heiter,  Wetter,  Gras 
(7^<x(^r(5)y  Löwe  (Luchs  dagegen  führt  er  auf)  u.  s.*  w. 
Dagegen  fi n det  mari:  Nachbar  a'^-^t-xo^oi  und  dyxtfrrsvq  dec 
Nächste  freirlich   mit  Eragzeichen;    aber  wer  wollte  da  fra- 

Sen,  wo  die  VVahrheit  so  nahe  liegt?  Bube  y,  ß^i-rcat;^  mid 
och  danfi  wieder  unter  iraT$;  Geräthe  v.  y^tjrjj,  Herz  v. 
jJtu^  (statt  V.  cor,  w'a^  hj}^»  na^/a),  Lümmel  v.  Au/^a»  nun 
(doch  nicht  zunächst)»  v«  o2v,  Mausefalle  v.  fxvxrTchraytj  (s^ 
Äiemer} ,  niedrig  v.  vi^S-s ;  1  i  t  k  e  n  (  niederdeutsch  )  von 
c-Xtyogy  {wir  verweisen  auf  Frisch  unter. lüzzel),  essen'  und 
äzen  von  irao-ö-t«,  .  schiffartig  v.  ffüa(pq8t8^g  ( kommt' ötwa 
Art  von  «75oc?),  schauen  ^^^  cKoirsc«^  woher  spähen 
kommt,   dagegen    schaue«    von  j^y^* ;     scbilh&chtig   von 

TT. 

cfMu^o^f  Setzen  v#  9-^(riJLo;$  spanisch  v.  ^xav/o;.  Arm  v. 
iSjucoj.  Der  Artikel  vjjj^t«,  Nacheji  könnte  an  Klarheit  gewinn, 
nen  durch  Hinweis ung  auf  Buttmann :  üeber  den  Mythus 
der  Sündflut  p.  44;  *?•  ^^*  v^^w  ist  zu  bemerken ,  dafs  nicht 
dieses  Verbum,  sondern  zunächst  neo  (vscu)  dem  Wort  nähen 
den  Ursprung  gegeben  hat,  und  dafs  Nacht  luid  Nadel 
eben  daher,  und  wahrlich  nicht  von  vvrrcv  kommt.  Bei 'der 
Verglejchaug  von  l^xdiiov  mit  Hemd,  mufste  auch  an  ^rrcwv 
(STiSM)  Kittel,  Küttel  gedacht  und  bemerkt  werdeti,  dafs 

der  deutsche  Sprachgebrauch  au^  dem  Unterkleid  ein  Obe;*. 


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Frenzel  VerwandtsiBkaftcier  gri^h..u.  devtsoheii  Sprache.«      4il 
-  -  i  > 

Ideid',  -und  aus  dem  Oberkleid- ein  Uptericleid  geraacbt  hat. 
'^^tiw  scheiden  und  cryj^^yj  Zettel  .«guten  nicht  .getrennt 
seyn;  auch  gehört  zu  diesen  Formen  «icheiden,  schne4- 
den  9  rchi  ndeü  9  scindo^  sehe  da  und  alle  davon  abge- 
leiteten Wörter.  Bki  yj^^y  Gans  ^  spllte  es  heif^en:  ^jjv,  j^Jv» 
Gans  ohne  Kehlstofs  anser,  daher  auch  anas,  apatis^  Ante, 
Ente  (Aente),  so  dafs  Guns  und  Ente  von  einerlei  Wur- 
zel sind.  Bei  -^^k;  gestern  müfste  gesagt  seyn  x^*;,  Xs;, 
^e<Th  hesi  (heri)  9  hesi  t  e  r  n  us  (hesternus) ,  ges  t  e  r  n.  —  Nicht 
von  oxov  kommt  wo,  sondern  Z,  q[uo,  wo  gehören  zus^m- 
men.  Ueber^aupt  wäre  zu  wjUnächen,  der  Vf.  hätte  den  lexi- 
Icographischen  Theil' dieser  Schrift  noch  zurückbehalten  9  und 
an  dessen  Stt'lle  das  wichtige  Kapitel  von  dem  Üeber- 
gange  der  Buchstaben  in  einander  aus  der  aUgemei- 
nen  vergleichenden  Sprachlehre,  die  noch  geschrieben  werden 
spll,  wozu  aber  gute  Vorarbeiten  vorhanden  sind,  *eingeschal« 
tet,  Stoff  dazu  hätte  er  in  der  Schrift  des  Vossius  (J.  G.) 
äe  literarum  permutatione,  vpr  seinem  Etymologicum  Linguae 
latinae,  besonders  aber  in  Böckbs  Abhandlung  von  dem 
XJebergange  der  Buchstaben  in  eitiander,  in  Creu- 
zers  und  Daubs  Studien  IV.  Bd,  S.  358— 396.  Dahn  wVe 
jener  Index  gehaltreicher  und  fehlerfreier  geworden.  Der 
Druck  ist  übrigens- nicht  sehr  genau,  und  die  griechischen 
Wörter  sind  (was  einem  Schulmanne  übel  ansteht)  durchaus  . 
ohne  Accente  geschrieben,  S,  7.  steht  ayBoi^  Wuchs,  ohne 
2v^^ifel  für  Wucht,  S.  33.  Keto'fü^  Xe-ro,  ixaXaJ;  steht 
unter  den  mit«  anfangenden  Wörtern,  S.  34»  der  X)oaische 
Dialekt.  S.  4.  «agt  er  von  Kiemers  Wörterbuche:  „Nur  nie-^ 
drige  Vejkle^nerungssucht  —  konnte  sich  —  unterfangen, 
diesem  Werke  —  wegen  einiger  verzeihlichen  Versehen 
herajjzuwür  dJgen  suchen.  Das  ist  wohl  Schrteib*  und 
Druckfehler  zugleich  Doch  um  von  der  Sachfe  zu'reden:  Es 
/war  wohl  weder  a^niedrige  Verkleinerungssucht^«  noch  „gemei- 
ner Handwerksneid«,  Wenn  wohldenkeiide  Schulmännei*  ihren 
Zöglingen  lieber  Passows  als  Riemers  „geistreiches  Lexicon^« 
empfahlen,  sonderj^ , das  Gefühl  und  die  Erfahrung,  wie  schäd-  ^ 
lieh  der  höhnische  und  ironische  Ton,  der  Riemers  vortreflF- 
liches  Wörterbuch  entstellt',  auf  die  zu  unterscheiden  noch 
nicht  fähige  Jugend  wirklen  mufs  und  wirklich  wirkt,  — -  Was 
wir  nun  übrigens  auch  an  dieser* Schrift  a\is£ieStellf  haben 
mögen,  es  hindert  uns  nicht,  sie  dennoch  als  ein  Product/vie- 
len  Fleifses  und  Nachdenkens,  und  als  ein  gutes  Hülfsmittel, 
Studirende  auf  interessante  Untersuchungen  und  Resultate  auf» 
merksam  zu  machen,  mit  gutem  Gewissen  zu  empfehlen. 


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4lf  Alberlr.  Lion  Mtecemitiaiui,   . 

.Ma§.e0naitana  sioe  de  €•  CUmi  Ma^eenätis  vita^et  mprlhns  scripsk 
atifme  operum  fragmentaf  quae  sttp^rsünt^  colhgit  Albertus 
Lion,  Phil.  Dr.  in  Academia  Georgia  ^ugasta  prioatim  doeens, 
Prafifixa  9€t  effigUs  Maecemäis  aeri  inci^,  Gottingae ,  in  com^ 
,  musU  apud  Vandenhoeek  et  üuprecjit.  MDCCCJüXIK  XII  »« 
6i  «y.  a.        J  •  ^         40  Icr. . 

Seit- ein  Paar  Jahren  finden   wir  Hfrrn  Lion  im  Felde 

,  der  Philologie  als  »ehr  rflstigen  Schriftsteller.     Schnell  folgte 

auf  Xenophons  'Anahasis    die   Sammlung   der   Fragmente  des 

Ktesias ,   die  in  Kücksicht  des  frtlhern  Erscheinens   der  des 

>  Herrn  Professor  Bahr  den  liang  ablief,  ohne  jedoch-  diesem 
Werke  an  Gehalt  gleich  su  kommen.  Nun  folgen  auf  die 
Tironiana  in  Seebode^  philologischem  Archiv  die!  Mae« 
^enatiana^  veranlafst,  wie  der  Vf.  in  der  Dedication  sagt, 
durch  eine  Aeufserung  in  Wolfs  Li tterari sehen  Anal<^kten  I. 
p*/267.9  wo  eine  vollständigere  Sammlung  seiner  Fragmente 

■'  gewünscht  wird.  Wenn  Hr.  L,  aber  dort  su  lesen  glaubte: 
),desiderari  vitam  hominis«,  so  hat  er  wohl  in  die  Aeu£serung 
der  Analekten:  „parum  norunt  Maecenatem ,  gui  eum  cfx  com« 
pendiis  literarum  historicis  norunt«*  zu  vieL  gelegt,  denn  was 
sich  vom c  Lieben  des  Mäcenas  bei  den  Alten  findet,  war, 
wie  Hr«  L«  selbst  sagt  (bei  Aufzählung  der  Literatur  über  den 
M.),  schon  längst^in  verschiedenen  Monographieen  über  ihn 
ziemlich  vollständig  gesammelt.  Die  Quelle  aller  dieser  Mo- 
nographieen war  (wohl  auch  ft\r  den  V£),  die  Schrift  des 
Meibo^ius  :  Maecenas  s.  de  C.  Ciln.  Maecenatis  vita  mori- 
bus  et  rebus  gestis  liber  singularis.  Acc.  C.  Fedonis  Alhi  no- 
vahi  Maecenati  scriptum  epicedium  notis  illustratum.  Lugd. 
Bat.  ap.  Jo'.  es  Dan.  Elsevier  (sie).  MDCLIII.  27  Bogen  in 
Quart ,  welche  Schrift  wir  nebst  der  Dissertation  von  Bdcler 
(Maecenas  ^s.  consiliator  regius  ex  Dione  Cassio  lib.  52«  deli- 
neatus  ac  in  — -  Argoratensi  academia  ad  —  examen  prüposittis 
d,  23.  Martii  J643  nioderatore  Jo.  Henr.  Boeclero  P.P.  respon« 
dente  Frid.\Barnewiz»  Equite  Dano.  Argentoi^ati.  6  Bogen  in 
Quart)  vor  uns  haben.  Viel  Meues  w.ar  also  nicht  wohl  zu 
geben,  und  nur  die  Fragmente  könnten  vollständiger  gesam« 
nH-lty  das  Leben  des  Mäc.  und  sein  Charakter  shet  etwas 
klarer  und  weniger  weitschweifig,  als  es  von  Meibom  gesche« 
heil  war,  dargestellt  werden.  JQarauf  beschränkt  sich  auch 
das  Verdienst  des  Hrn.L. ,  dessen  Schrift  die  so  selten  ge- 
wordene Meibomische  (s.  Biblioth.  Salthen.  p.  156.)  für  dieje- 
nigen ersetzen  kann,  welche  über  Mäc.  etwas  VollsländigereSf 
als'in  den  Compendien  steht,  lesen  wollen.     Ueberflüssig  wird 


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AU^ert  LioD  Maeetnatiaiia.  4i3 

dadurch  Meiboms  Werk  nicht ,  obiea  gleich^  im  Geist  und 
Geschmack  «jener  Zeit  geschrieben,  miTnchea  Ueberflüssrge 
enthält,  nicht  leichte  Uebersicht  gewährt ,  und  auch  ciie 
Schreibart  nicht, immer  vom  besten  Geschmacke  seugt.,  Diese 
Fehler  tadelt  Hr,  L.  auch  an  ihm,  ohne  dieselben  selbst  gao& 
zu,  vermeiden.  Seinen  Styl  kdnnen  wir  wenigstens  nicht  Juas« 
sisch  nennen ,  wie  sich  aus  folgenden  Proben  ergeben  maa.: 
S,  yil.  Wolfii  —  quem  nuper  diem  supremuol  obiisse ,  valde 
dolendum  est:  (wie  seltsam  klingt  der  Ausdruck:  es  ist  sehr 
zu  bedauern,  dafs  der  Mann  neulich  gestorben  ist.  Er, 
hätte  sagen  sollen:  quem  nuper  diem  supremum  ohitsse  magno 
cum  dolore  relatum « legimus ,  oder  einfach  dolemus).  S.  ?• 
annus,  quo  natum  dicas,  ignarus  est..  Hi^«  L.  citire  uns  nicht  . 
die  Stellen,  wo  SalliMt  und  Tacitus  und  Ovid  und^Virgil  und 
Seneca  ignarus  itir  ignotus  haben;  sondern  schreibe  so,  dals  er 
das  Ungehörige  nicht  durch  Seltsamkeiten  einiger  Schriftstel- 
ler zu  vertheidigen  braucht),  S|.  35«  forte  (vielleicht!)  est 
fragmentum.  Das.  aliter  für :  zu  einer  anäera  Zeit.  S.  36- 
id  apud  veteres  frequens  occurrit,  S.  50,  quamquam  enim  U 
-.  magnam  in  literas  ,vim  habere  po'tuisse  non  negaveripa» 
Q.  26«  steht  bei  dem'  Tadel  des  Styls  des  Mäcenas  ,  neben  dem 
Vorwurf,  dafs  Mäc.  zn  kühn  neue  Worte  gemacht  habe,  das 
bei  den  Alten  ganz  unerhörte  Wort  transposkio»  S.  17.  in 
amicis  seligendU  für  eligendis«  S.  20.  Senecam^  qui  vitia  ob- 
tegere  —  volebat  (für  vellet)  -—  Maeceqatem  incusasse.  Da«, 
sunt,  qui  —  suspicati  fuerint»  S,  21, '  publicarc  luxuriam  amici 
Das.  unde  haud  znepe^',  credo,  suspicio  oritur«  (Ist  dies  Schreib« 
oder  Druckfehler  für  ]nepta?X  o,  22.  est  tamen  —  ubi  specta- 
ret,  S.  24.  Nimirum,  illum  scribendi  genere  usum/dicunt, 
quo  cum  Augusto  epistolarum  commercium  faceret,  quod  quo'^ 
modo  comparatum  fuerit ,  mtnime  constat.  Wenn  hier  nicht 
nach  illum  ausgefallen. ist  singulari  quodam  oder  secreto  quo— 
dam  oder  etwas  dergleichen,  so  ist  der  Ausdruck  mehr  als 
seltsam;  und  noch  oben  ein  das  Claudianische  commercium 
facerel  Und  gleich  darauf—  welche  lose  6atzverl)iodung  in 
der  unperiodischen  l^eriode:  In  aliorum  usum  eas  notas  Acuius 
s,  Aquila,  libertusMaecenatis,  piiblicavisse  traditur :  fortasse 
ipse  invenit,  quod  patrono  tribuebatiu*;  domini  servorum 
sibi  viudicant  studia.  Sehr  unantik  sind  auch  die  häufigen  in 
Parenthesen  gesetzten  Worte  v.  infra,  v.  post^  überhaupt 
scheint  es  oft,  als  habe  Hr.  L.  hlos  seine  £xcerpte  dnick^n, 
lassen,  ohne  sie  zu  verarbeiten,  Druckfehler y  wie  S.  4S- 
abeo  für  ab  eo  und  5.  20»  Epicurum  für  Epicureum,  sind 
strlten..     Was  nun  die  Fragmente  betrifft ,  die  aus  15  Scl^rift* 


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414  AlbertiXibDÜfaeeena^ana»  V 

' '         '  '  '        ,'  ■  '       • 

ilrd]em  gesammelt  sind,  un^  die  HSlfte  der  Scbrift  etnpeh^ 
men^  so  ilnd  ihter  so' wenige  upd  diese  so  unbedeutÄd',  -dafi 
ft|e,  zusammengedruckt ,  kaum  über- 2;  Seiten  füllen  w.tirden»' 
Ausgedehnt  sind  &ie  hier  dadurch^  dafs  z.  B.  das  viert«,  fünf 
Zeilen  einnehmende  Fragment  nach  verschiedenen  Liesarten 
und  Emendatiönen  mehr  als  t2mal  abgedruckt,,  dann  eine  Ver-* 
niMthung  des  Verf.  hi:pzugefögt  ist,  die  er  seiher  „divinare«« 
nennt,  und  so  4*/^  §eiten  angefüllt  werden.  Dafs  der  Yf.  die 
an  gehl  i  che  Rede  des  Mäeenas.  hei  dem  Di^  Gassitis  (52, 14—- 40^ 
/nicht  aufnahm,  weil  er  sie  für  das  Machwerlc  gfieqhischeni 
,  Khetors  hält,  ist  ganz  billig,  da  «die  Einkleidung  sicher  ^  der 
Inhalt  wahrscheinlich,  nichfdeiii  Mäcena'S  gehörü.  'Meiboni 
£at  sie  auch  nicht;  aber  nicht,  weil  er  sie  für  unächt  hieltf 
sondern  w«il  er  sie  besonders  heraosgehert  und  erläutern  wollte^ 
Dafs  dies  nicht  geschehen  ist,  ist  nicht  sehr  pu  bedauern r 
wir  hätten^  in  dem  Commentar  unstreitig  solche  discursos^  politU 
coi  erhalten,  an  denen  das  l7te  Jahrhundert^so  reich  war,  und' 
die  dem  gründlichen  Studium  der  Alten  und  der' richtigen 
Au£Passung  ihres  Geistef  so  wenig  förderlich  gewesen  sind« 
Doch  uip  unser  Urtbeil  über  vorliegende  Schrift  abzusehjiefsen, 
so  erklären  wir  Hrn.  Li*9  Arbeit  in  sa-  fern  für  verdienstlich^ 
als  doch  daraus  hervorgeht,  dafs  sich  nur  Weniges  und  Un- 
bedeutendes von  M*  erhalten  hat,  und  daf^  der  Verlust  des; 
Uebrigen  nicht  zu  beklagen  seyn  möchte.  Da  aber  auch  das 
Kleinste  aus  dem  Alterthum  nicht  zu  verachten  ist,  und  an«  , 
dererseits 'es  doch  wÜnschenswerth  ist,  von  einem  auf  die 
lateinische  Literatur  d^s  goldenen  Zeitalters  so  einflufsr eichen 
Manne  zu  wissen,  was  unis  das  Alterthun»  meldet,  ^o  m&^ 
diese  Schrift^  bei  der  ünzügänglichkeit  der  frühern  Schritten 
ttberMäc.,  Mnd  da  sie  doch  Einiges  mehr  und  besser  hat,  aucjl 
s^elbst  in  ihrer  ziemlich  unatisgearbeiteten  Gestalt,  dem  Verf. 
den  Dank  der  literarhistorischen  Philologen  oder  vielmehi*  der 
philologischen  Literarhistoriker  erwerben,  M     e 

*rh^atre  Chöisi^  d*Eschyt'ej  cÖntenant  Promethe'e^  ^les 
Sejft  C'heJ^s  devant-  Thehei  et  Lei  Pe'rses^  puhlU 
d*apres  la  texte  de  Schütz  y  aoec  un  index  des  mots  les  '-plus 
difficilesy  par  Louis  Vaucher^  Docteur  des  Lettres»  '  JL 
Genese  ^  chti  J.  J.  Paschoud^  imprinieur  libfaire  ^  a  Parii^mime 
tnaison  de  Commerce  j  rue  da  Seine  ns;  48-'  »1823»  XIV  imd  l69^ 
i,   ingt.  8.  '  / 

"Wir  Äeigen  die?se  in  Deutschland  minder  bekannte  Ausgab cjf 
ci'm'geif  Tragödien  des'  Ae^chylus  unsernLesem  als  einen  höcnst« 


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Th^al«e^Choisu.d*B«chjrW  od.  L.Vauclier.  415 

* 
erfreulicfaen  Beweis  an  9  wie  auch  in  den  Nachbarländern  das. 
fcüher»  wi^e  es  »chlen,  fast  gün dich  erstorbene  Studium  der 
griechischen  Literatur  neues  Leben  zu  gewinnen  .scheint  j 
wir  zeigen  dies  uoi  so  mehr  mit  Vergnügen  an,  als  es  gerade 
der  ernste  und  würdevolle,^  aber  auch  dunkle  und  schwierige 
AeschylMS  ist,  für  den  sich  das  an  Sitten  und  Denkart  vielfach 
verschiedene  Nachbarland  so  lebhaft  interessirt ;  möge  der 
thätige  Herausgeber  auch  fernerhin  Mufse  und  Zeit  linden, 
in  gleicher  Art  die  übrigen  Schöpfungen  des  griechischen  Dra- 
mas unter  seineii  Landsleuten  einzuführen  und  das  Studium 
der  griechischen  Literatur  auf  diese  Weise  immer  mehr  unter 
ihnen  zu  verbreiten.  Nach  einer  kurzen  Vorrede  folgt  eine 
Notic^,  sur  la  vie  d'Eschyle  et  sur  ses  ouvragesy  worin,  wie  es  der^ 
Zweck  dieser  Bearbeitung  erforderte,  die  Hauptpunkte  aus' 
dem  Lehen  des  Dichters,  angegelien  und  eine  kurze  Charak- 
teristik der  auf  uns  gekommenen  Stücke  geliefert  wird.  ^  Wir 
würden,  wenn  auch  nur  mit  ein  Paar  Worten,  auch  der  Tri- 
logien  des  Aeschylus  erwähnt  haben.  Nun  folgt  der  Text  der 
drei  Stücke,  deren  jedem  zur  Erleichterung  der  üebersicht  ein 
Somniaire  von  dem  Professor  Hrimbert  vorgesetzt  ist.*,  Im 
Ganzen  liegt,  wie  auch  der  Titel  t)emerkt,  die  Schützische 
I^ecension  zum  Grunde,  doch  ist  sie  an  manchen  Stellen  nach 
der  englischen  Ausgabe  berichtigt,  ohne  d^^fs  die  oft  allzu« 
kühnen  öder  wenigstens  nicht  nothwendigen  Aenderungen  des 
englischen  Bearbeiters  eine  Stelle  gefunden  hätten.  Eben  so 
sind  manche  von  Schütz  in  den  Noten  als  nothwendig  bezeich- 
nete, aber  noch  nicht  in  seinen  Text  aufgenommene  Verbes- 
serungen hier  wirklich  aufgenommen.  Geht  man  die  Stellen 
durch,  wo  diese  Ausgabe  von  der  Schützischen  abweicht,  so 
wird  man  die  von  Hrn.  Vaucher  gemachten  Aenderungen  nur^ 
billigen  können  und  es  ihm  Dank  wissen,  4^Ls  er  den  Text  an 
so  manchen  Stelleu  verbessert  und  gereinigt  wieder  giebt. 
JVIöge  seiq  Beispiel  doch  auch  unter  uns  Nachahmer  finden, 
damit  wir  doch  endlich  einmal  dahin  gelangen,  einen  gerei- 
nigten und  lesbaren  Text  des  Dichters  erhalten,  dessen  dunkle 
Ausdrücksweise  ohnehin  der  Schwierigkeiten  genug  darbietet,* 
die  durch  die  Verdorbenheit  des  Textes  auf  eine  unerfreuliche 
Weise  erhöht  werden!  Noch  bemerken  wir,  dafs  dieser  Aus- 
gabe ein  erklärendes  Verzeichnifs  der  Wörter  beigefügt  ist, 
welche  Vii^h  in  dem  griechisch -französischen  Lexicon  nicht 
vorfinden,  so  wie  eine  tabellarische  Uebersicht  der  Abvrei« 
chungen  im  Texte  dieser  Ausgaben  yon  der  SchOtzischen  llt« 
cension.  Üebrigens  zeichnet  sich  das  Aeufsere  dieser  atis  den 
Pressen  des  Hrn.  Fick  z\i  Genf  hervorgegangenen  Schrift  durch 


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416  Donekcrmann  Lim  DrasUla., 

eine  nur  in  Frankreich  und  England  gekannte  typographisches 
Schönheit  aus ,  fapier  und  Scbriit,  so  wie  Corf ektheit  des 
Druckes  lassen  Nichts  zu  wflnschen  fibrig*  ' 


iMiHi*  en  Kmrakter^Schits  van  Uoia  DrusilUp  laatsu  schtg^noote 
»an  I^eUer  Augustus.  In  eene  opsnbare  vergadenng  von  de 
Leydsehe  afdeeUng  der  Uollandsch»  maatschappy  van  fraatje 
Jamsten  en  wetenschappenp  den  i5*  Nooember  t820f  ooorgelezen 
door  F.  H.  L.  Donekermann,    a4  ^»  8«         ' 

Nicht  Um  unsere  Leser  aufzufordern,  diese  Schrift  zu 
kaufen  und  zu  lesen  ((lenn  sie  scheint  weder  in  den  Buchhan* 
del  gekommen  zu  seyn  y  noch  dürfen  wir  bei  Vielen  Ke^intnifs 
der  holländischen  Sprache  voraussetzen),  Zeigen  wir  sie  in 
diesen  Jahrbüchern  an,  ob  sie  gleich  gelesen  zu  werden  ver- 
diente 9  da  sich  die  Nachrichten  über  die  genannte  merkwür- 
dige und  einflufsreiche  Römerin  wohl  nirgends  besser  beisam- 
men finden  möchten :  sondern  deswegen  machen  wir  auf  dfe- 
selbe  aufmerksam  y  weil  sie  eine  neue  und  gründliche  Bearbei- 
tung der  Consolatio  ad  Lwiam  Aagustam  de  motte  Drusi  Neronis 
verspricht  9  und  gleichsam  deren  Vorläuferin  ist.  Seit  längerer 
Zeit  sammelt  Hr.  D, ,  ein  deutscher  Gelehrter  aus  Lingen,  aber 
längst  in  Holland  eingebürgert,  auch  ehemals  Conrector  in  ' 
Haarlem ,'  der  sich  scboq  früher  durch  eine  Bearbeitung  des 
Jakobs  -  Döringischen  lateinischen  Elem'entarbuchs  f ür  die  Hol- 
ländische Jugend  und  andere  Schriften  'bekannt  gemacht  hat, 
an  Materialien  zu  einer  für  Kritik  tind  Interpretation  alles 
Erforderliche  leistenden*  Ausgabe  jenes  Gedichts ^  das  gewöhn« 
lieh  den  Werken  des  Ovidius  beigedruckt  ist ,  aber  von  den 
Literarhistprikern  mit  mehr  Recht  dem  Pedo  Albinovanus  zu- 
geschrieben wird,  -und  auch  unter  dessen  Namen  von  A.  Götz 
(Nbg.  177V  8.)  und  J.  H.  F,  Meineke  (Quedl.  I6l9.  8.)  und 
Andern  herausgegeben  worden  ist.  Der  Verf.  hat  eben  zum 
Behufe  jener  Ausgabe  alle  bei  den  Alten  zerstreute  Nachrich- 
ten über  die  Livia  DrCtsilla  gesammelt  und  sie  hier  zu  eihem  , 
kurzen  anziehenden  JLebensgemälde  vereinigt,  aber  dem  Zwecke 
einer  solchen  Vorlesung  gemäfs  die  Citate  und  Belege  bei  die- 
ser Schrift  weggelassen.  Sie  wird  aber  wieder  in  die  ver- 
*  sprochene  Ausgabe  verarbeitet  werden,  und  dann  werden  auch 
die  Quellen  nachgewiesen  seyn.  Es  läfst  sieb,  aus  dieser  Proße 
zu  sCliUefsän ,  von  der  eigentlich  gelehrten  und  philologischen 
Arbeit  etwas  Gründliches  erwarten. 


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N.  27.       •  1825. 

Höideljberget 

Jahrbücher  der   Litej 


De    altera    Pauli    jipöstoti    cüptivi 
critica,      Scripsit    'Erh.    FUrchteg, 
Stßinio '^  Misn^      TheoL   in    Üni0,  Ltpsi  Studl      Pärticula    11.    ah 
:  Glückwunsch    der    ( überall  nacfiahmungswürdigen )   SöcAä* 

tati^m^     Exegeticae    et    Hehrai6a6^     zürn    Döctqrat  Üii 
Um,  Prof.   TViener.      LipS,  hei  Glück.      9S  S^   in  84 

Bei  Anzeige  der  Ersten  Äbtteiluhg  dieser  mit  vieleiä 

tleifs    und   Scharfsinn   bearbei^e^n    Untersuchung  War  Reci 

i\        auf  die  Zweite  begierig.     Nach  S.  84.  aber  dachte  er,  noch 

\^  '    eine  Dritte  erwarten   zu  müssen,  welche  das  chrönola« 

1^     gische  Und  pakr  i  stischö  der  Frage  beleuchten  wtlrde; 

^*Ä    JDiese  ist  ihm  bis  jetzt  nicht  zu  Gesicht  gekommen.      Reo.  er- 

.   ^   greift  also  endlich  die  Gelegenheit^  die  erschienehe  Fortsetzung 

anzuzeigen,  zugleich  aber  auf  einlege  Momente  aufmerk« 

^        sam  zumachen,  welche  i  mm  ei*  no  ch' ein  e  zusammen« 

bangende    Ansicht*  Aei    Ver  h  ältn  iss  e4    dwischett 

dem  Brifefan  die  Philipper,    und    den    beiden    ah 

*r  i  m  o  t  h  e  u  s  u  n  d  T  i  t  u  s  hindern.     Forschern  wird  nicht 

unangenehm  seyn,  wenn  Rec.durchÄufhellung  der  Beziehungen^ 

in  denen  diese   drei  Briefe  zu  einander  stehen^  den  uninittel« 

bar  historischen  Sinn   derselben  deutlicher  zu  macheii   Sucht* 

Eben  dadurch  werden^  bofft  er,  auch  die  Innern  Gründe 

für  die  Aecbtbeit   der  Briefe    an  Timotheu»  übet«? 

lyiegend  hervortreten. 

Per  Vf.  beginnt  mit  Prüfung  der  iniferri  GrÜhde,  näcH 
denen  Eichhorns  kritischer  Si:harfblick  den  ühmit« 
telbaren  paulinischen  Ursprung  des  jl.  Briefs  an  TimOthöu^ 
in  seiner  Einleitung  ins  N.  T.  Tb.  III.  S.  354  u,  4o4.  bezwili- 
fek  hat.  Nur  Schwachmüthige ,  deneii  das  Hergebrächtcf  und 
nun  einmal  in  ihre  individuelle  Empfindung  aiifgenohlinenä 
Inöglichst  festzuhalten  j  zur  Angelegenheit  wird ,  weil  t\Qi 
um  Vorurtbeilfreie  weitere  Untersuchungen  ^elbstdönkend  zU. 
benützen,  pft  zu  voreingenommen,  zii  beqneni^  zu  zerstr^ut| 
oft  auch ^  zu  unvorbereitet  und  su  ungeübt  sind,    vergdsseri 

Xyra.  Jahrg.  5.  Heft,  ^  tl  . 


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4|8  «  D«  altera  Pauli  Ap.  capÜTitat« 


t 


sich  soweit,  defgleicten  eigenthüßiliclie  Forschungen,  di« 
freilich  nicht  Jeder  ei:n  ein  Eicüljorn  nächitfacht,  wie  Angriffe 
auf  die  biblische  Zuverlässigkeit  zu  verschfeieii,  und  dagegen 
,  sich  selbst  durch  Vindiciae  ^  Apologien  etc.  wie  £hreprett«r 
und  SchutÄ Wächter  5,des  göttlichen  Worts««.  dai'zustfcHen.  Sol- 
ch^  ehedem  noch  nicht  möglich  gewesene  kritische  Prüfungen 
aber^  zu  denen  bei  unsern  Reformatoren  die  Zeit  nicht  hin- 
gereicht und  die  Jange  dunkle  Vorzeit  ^zu  weni^e/Hülfsiiiittel 
tibei-liefert  liatte  ^  die  nachfolgende  polemische  Dogmatik  aber 
ohnehiii  die  nöthige  Unbefaiigenheit  ein  Paar  Jahrh,und«rte 
hindurch  hemmte^  sind  vielmehr  nur  Angritfe  auf  vorgefafste 
herkoitimliche  JVXeintingen  dogmatisirender  £)cegeten|  die  man  ' 
, entweder  besser  zu  begründen  oder  zu  berichtigen  gendtbigt 
Werden  soll«  Wenn  sie  auch  noch  so  sicher  und  mühelos  von 
lange  her  eingelernt  und  nachgesprochen  worden  sind ,  sind 
sie  doch  etwas,  d^s'aU  Einsicht  nur  durch  Gründe,  nicht 
durch  Auctoritätenmacbty  stabil  seyn  könnte,  sondern  mit 
deni  erweislicheren  ausgetauscht  werden  müfste.  Denn  Cohsue* 
jtßdo  sine  veruate  vetuhas  firroris  ^st*  Cyprian,  Epa  74-  (contra 
ßtephanum,  rom.  Epum)  ad  Fompej.  und  t(berhaup£  giebt  es 
im  Gebiete,  der  wissenschaftlichen  Ueberzeugungen  kein  jus 
consuetüdinariunt^  Auch  die  kirchlichen  aber  müssen  zuvörderst 
wissenschaftlich  begründete  seyn  ^  ehe  sie  mit  Zuyersicht  po« 
f  ulär  gemacht  werden  dÜrfen«^  Selbst  wenn  eine  solche  scharf«' 
sinnige  Ei chhorn ische  oder  Schleiermacherische 
Kriticky  wie  sie  beim  zweiten  Brief  #an  Timoth.  angewen- 
det worden  ist^  Zweifelsknbten  dargeboten  hat,  die  sich  andera 
lösen  lassen ,  so  ist  dies  für  diejenige  Wahi^heitsliebe,  welche 
für  ihren  Glauben  eines  andern  Schutzes  f  als  des  eigenen  der 
jLTeberzeugungsgründe  nicht  zu  bedürfen  niieint,  doch  grofsen 
Dankes  werth,  eben  weil  solche  kt'itische  Thätigkeit  alle  See- 
lenschlafsucht und  Selbstgenügsamkeit  stört  und.  die  Prüf ungs« 
fähigen  gewöhnlich  zum  tieferen  Durchdenken  ,  welches  desta 
bleibefidere  Resu}tate  gewährt,  aufregt,,  Denn  nichts  ist  dem 
Denkkräftigen  gewisser,  als  dafs  keine  Behauptung  gewifs 
genannt  Werden  darf,  wenn  sie  um  sich  nur  in  ihrem  Zeitbe«« 
sitz  durch  ein  Zurückschröcken  undErsticken  der  Gegengründe ^ 
«uerbalten^  fremde  Mittel  anstrengt,  GewiTs  und  als  Ueber. 
Zeugung. fes^ wird  nur  das,  was  zu  jeder  Zeit  nach  allen  Sei^ 
ten  frei  geprüft  zU  Werden  wünscht.  Denn  als  geWifs  kann 
nur  das  gelten.  Wogegen  alle  denkbare  Zweifel  in  ihrer 
scheinbarsten  Gestalt  aufgetreten  sind,  eben  dadi/rcfa  aber 
die  Einsicht  möglich  gemacht  haben,  dafs  sich  das  Behauptet« 
iaber  alles  solches  Zweifeln  erheben  lasse«    Zweifelsfrei  wird, 


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iioA  Tou   d.  Briefen  ^ao  d.  FhiUpper  u«  Tlmoth,  4i9 

%ie  in  allen  andern  WIss/Hiscbaften ,  io  auch  in  einer  gottes« 
.IVürdigen  Gottheitlehre  nur  das,»  wogegen  alle  wahrschein« 
liehe  Zweifel  von  den  Scharfdenkenden  versucht ^  offen  und 
ungehindert  dargestellt^  dann  aber  doch^  .wenn  sie  als  dai 
weniger  Denkbare  oder  Nlcbthalthare  erfunden  werden,  durch 
Ueberweisung  weggeräumt  sind.  Was  ariderer  Bestärkung 
hedarf^  erklärt  sieb  selbst  für  innerlich  uninächtig  und  un- 
kräftig« Vertrauen  und  Glauben  überhaupt  erhält  eine  Fersoii 
oder  Jüehre  nut  dann,  wenn  durch  nichts  die  Prüfung  gehin« 
^iert  wird  und  daher  nur  das  an  sich  gültige  durch  Sach« 
gründe  gelten  will. 

t)ie  Zweifelsgründe,  welche  Eichhörn  aus  dem  Innern 
des  lU  Briefes  anTimoth«  mit  psychologischer Menschenkennt« 
nifs  (ohne  welche  auch  historisch- exegetische  Kritik^  wie 
'< Vieles  andere^  nicht  möglich  ist)  aufgefunden  hat,  werden  von 
dem  Vf.  deutlich  angeführt  und  beleuchtet.  Nur  scheint  noch 
.immer  im  Wege  zu  stehen  die  Vorauss6tssung>,  dafs  der 
-Brief  an  [die  Philipp  er  von  Rom  aus  geschrieben 
Äey,  also  damals 'fimotheus  zu  Rom  gewesen  und  erst  voii 
Rom  aus  (Phil.  2,  l8.>  nach  Makedonien  abgeschickt  worden 
Äeyn  m'üfste.  Würde  aber  alsdann  Timotheus  —  von  Rom 
her  i;iach Makedonien  reisend  ,  über  Eghesus gekommen  seyn? 
wie  er  doch  nach  1  Tim.  1,3.  $ollte.  Denn  die  Stelle  sagt: 
g^Wie  icji  Dich  angesprochen  habe,'  anzuhalten  (etwas  zu 
verweilen )  zu  Ephesus;  dafs"  Du  doch  ja  *) ^  r e i send 
nach  Makedonien,  gewissen  Leuten  ankündigest,  nicht 
auf  andere  Weiie  (wie  jene  jüdisch -gnostische  Ausdeutet  des 
jüdischen  Gesetzes  1,  7.)  »die  Lehrer  zu  machen,  noch  »ich 
zu  halten  an  Mythen  und  unb es ti  n^rote  Geschicht- 
sagen (Vergl.  tlilHn  1"  ^^^  Bedeutung:  Erzeugnisse 
der  Zeit,  Ereignisse  1  Mos.  9,  1.  und  daher  im  rabbini« 
sehen  Sprachgebrauch:  historiatf  Stammsagen,  National« 
geschieh  ten.  Buxtorf.  Lex.  thalm.fol.  956.) »die  viel  lieber 
Streitfragen,  als  die  mit  üeberzeugungstreue  verbundene  hauff- 


*)  <W  ist  bei  F.  behnnals  imperativ I  dafs  doch  ja!  und  faog^ 
alsdann  eine  Construction  an,  1  Tin?«  i,  18.  ' Iva  erf|^«U}j ,  dafs 
Du  doch  ja  wie  ein  Kriegor  kanapfest,  1  Thess.  4  12.  Die 
Versetzung:  irp^aOe/unvo;  af^  Makeiev^ay  vor  Ivd  macht  x#a'r  di6 
'  Stell«  schwerverständlich,  ist  aber  im  Styl  des  Apostels  nicht 
selten,  iro^fuojixsvo;  als  Nominativ»  ist  von  fft  tu  trennen'  üuc 
kaau  also  nur  mit  ira^^flfyys^Xjjf  verbunden  sejn.  ' 
-     /     '  '  27  * 


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420  De  ahefa  Ap.  Pauli  ea.ptintate 

''    ' 

väterliche  Leitung  Gottes  (den  Gemeinden)  darbieten.«  D^r 
Anfang  dei  Briefs  geht  dann  auf  die  einwirkende  alexaiidri« 
nisch- jüdische  Gnöstiker,  welche  meist  zu  Ephesns  (2  Tim. 
1,  15.)  ^ittenverderblichen  Einflufs  gewannen.  Das  übrige, 
was  Kirchenordnung  anbetrifft,  war  auf  der  ganzen  Aufsiclitft« 
reise  des  Timotheus  anzuwenden. 

Wäre  der  Brief  an  die  Philipper  zu  Rom  geschrieben ,  so 
müfs^e  er  (auch  nach- dem  Vf.  S.  Ö8.)  nach  dem  zweiten  Brief 

'an  Timoth.  geschrieben  seyn.  Aber  auch  dagegen  wären  wieder 
Einwendungen  vonBedeutung.  Fassen  wir  aber  nur  das  Datum 
de^  Phil  ippe  r  brief  s  richtiger,  so  wird  auf  manchen 
Seiten  mehr  Liicht.  in  der  Leben sgeschichte  des  Apostels.  Im 
Ptilipperbrief  1,  l8.  24'.,  Ö,  23  «ind  des  Apostels  Aussichten 
noch  weit  heiterer,  als  im  zweiten  an  "i^imotheus^.  Die  Um- 
gebungen sind  anders  i,  15— 18.  Alles  pafst  auf  die  Umstände 
zu  Caesarea* 

Der  einzige  Grund,  warum  man  den  Brief 'an  die 
Philipper  alszu  Kom  geschriebeb  denken  zu  mÜ8* 
sen  annimmt,  liegt  in  zw6i  Ausdrücken.  Nach  Phil.  1 ,  13. 
versichert  P.  mit  Freuden,  dafs  seine  Gefangenschaft  als  „mit 
dem  Messias  in  Verbindung  stehend««  (Sg^/uufj  «v  X5''^  ^^•' 
cvraj)  im  ganzen  Prä  tori  um  deutlich  geworden  sey« 
Das  Wort  Prätorium   versetzte  die  Exegeten    sogleich  nach^ 

.  B.om.  Wie  aber  wird  de;nkbar,  dafs  ein  Prätorium  zu 
B-om  selbst,  voll  römischer  Kriegsobersten  und  Soldateil, 
auf  die  Gefangenschaft  ein^s  Juden- Christen  so  aufmerksam 
geworden  sey?  und  wie  sollten  diese  Römer  besonders 
daran,  gedacht  haben,  dafs  sie,  «v  X^/^fr^)  d.  i.  etwas  mit  dem 
Messias  in  Verbindung  stehendes  sey?  Auch  den  Kirchen- 
gteschichtforschern  und  Exegeten  begegnet  es  nur  gar  zu 
oft,  dafs,  weil  ihnen  gewisse  Gegenstände  immer  in  Ge<* 
danken  vorschweben  ,  sie  voraussetzen  ,  eben  dieseljbe 
se^en  überall  auch  so  wichtig  erschienen.  War  aber  doch 
Paulus  selbst  zu  Rom  nicht  einmal  im  Prätorium  als  Gefange- 
ner, sondern  bald  in  eigener  Miethwohnung,  wo  es,  nach  2 
Tim.  1,  17.  sogar  einem  Onesiphorus  schwec'wurde,  ihn  nur 
a^avif zufinden«.  Zu  Gaesatea  hingegen ,  wo  Paulus  vorher  über 
zwei  Jahre  lang  Gefangener  und  bv  Bi(Ttxot;  (Apg.  26,  29.,  24.  .27.) 
gewesen  war,  befand  Er  sich  s.  Apg.  23,  35.  in  dem  vom 
jüdischen  König  Herodes  zum  Besten  jüdischer 
Gefangenen  (damit  sie  nicht  mit  den  Heiden  vermischt 
wohnen  mufsten )  gebauten  Theil  des  Praetorium, 
Hier  konnte  und  mufste  seine  Gefangenschaft  bekannt  werden, 
und  die  dort  mitgefai^geneu  Juden  all«  Skoy  (r^ro)  n  te^curw^tovf 


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\ 


und  Toa  d.  Briefen  an  d,  Fhilipper  u.  Timoth.  /  421 

verstunden  dann  wohl^  in  wie  fern  lie  «y  ^^^low  «ey,  d.  i.  fith 
auf  die  grofse  Frage :  ob  der  IVtessias  gekommen  oder  noch  zu 
erwarten  «ey?  beziehe.  Dafs  überhaupt  traetorien  nicht 
zu  Rom  alldin  waren  ,  ist  sogar  aus  Mark.  15,  16.  unverkenn- 
bar. Vgl.  übrigens  Bynaeus  de  Morte  Christi  h*  IL  c,  7-  p» 
'407,  Perizonius  de  Fraetorio« 

Das  von  Herodes  zur  Schonung  für  Juden  ,  welche  so 
vielerlei  Keinigungsgebräuche  zu  beobachten  hatten,  zu  Cae* 
sarea  gebaute  Praetorium  kann  vermöge  dieses  Zwecks  nur 
wie  ein  Nebengebäude  an  ^er  eigentlichen  Fraetorsvyohnung  , 
des  röm.  Procurators  Provinciae  gewesen  seyn;  gleichsam  ein 
Anbau  für  jüdische  Gefangene,  so  wie  überhaupt  für  Gefangene 
nahe  bei  jedem  Praetorium,  insofern  dieses  nicht  blosCt>mman« 
dantenwobnung,  sondern,  besonders  in  den  Provinzen,  auch 
das  Haus  des  obersten  Richters  war  ^  ein  eigenes  Aufbewah* 
rungs- Gebäude  seyn  mufste.  Ein  solches  römisches  Praeto- 
rium nun,  wo  es  irgend  zu  Rom  oder  in  den  Provinzen  seyn 
mochte,  war  damals  ein  Caesar  isches  Haus,  nach  unserer 
Sprache,  ein  StaatSgebäude^  Hatte  demnach  der  in  dem  jüdi- 
schen Nebengebäude  aufbehaltene  Paulus  dort  unter  den  jüdi- 
schen iVIitgef.mgenen  Aufsehen  gemacht,  konnte  er  dort  mit 
Freuden  sehen,  dafs  selbst  durch  sein  Gefangenseyn  die 
Heilsverkündigung  Fortschritte  (ir^.eKOT»jv)  mache,  so  gewann 
er  wohl  in  dem  eigentlich  römischen  Praetorium,  in  der  y.ai'* 
ca^'o;  otvita  Philipp.  4»  22.  auch  aus  den  Heiden  einige,  welche 
Gottgeheiligte,  ayio/,  sn  werden  sich  entschlossen  und  von' 
denen  er  „vorzüglich"  (weil  es  doch  etwas  aufserordentlichea 
.war)  an  die  Philipper  ausdrücklich  einen  Gsufs  beisetzt. 

So  l-änge  man  den  Brief  an  die  Philipper,  in  dessen  üe- 
berschrift  r,  auch  den  Timotheus  als  gegenwärtig  nennt,  als 
zu  Rom  verfafst  denkt,  läfst  es  sich  nicht  begreifen,  dafs 
manche,  um  dem  Apostel  zu  schaden  1,  15 — 18«  das 
Christenthum  verkündigten.  In  Palästina  nur  war  dies  mög- 
lich; dafs  dortige  Judenchristen,  denen, Paulus  immer  zu 
aufgeklärt -und  universalistisch  war,  s.  Apg.  21,20  —  25.  das 
Christenthum  judäizirender  darstellten  und  behaupteten',  dafs 
es  als  eine  jüdische  Religionsansicht ,  als  Glaube  an  einen  ge- 
kommenen, nicht  erst  künftigen  Messias,  den  Römern  nicb^ 
gefährlich  sey,  wenn  man  nur  nicht  „mit  Paulus«  zu  weit 
gehe  und  das  Positive,  die  Beschränkung  auf  das  mosaische 
Gesetz,  ganz  aufgebe.  Eben  S(J  wenig  lälst  sich  der  Philip-» 
perbrief  mit  dem  zweiten  an  Timoth.  vereinigen,  so  lange 
man  jenen  als  den  Späteren  und  doch  wie  aus  Rom  geschrie« 
ben  betrachtet. 


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423  *'     De^altera  Ap.  Pa^  ^pdyitaf f 

Unläugbär  richtig,  dflnkt  uns»  hat  Eichhorn  bemer)ct^ 
4afs  der  zweite  Brief  «i|  Timoih.  sich  in  eine  Zeit  setzt j^  wo 
^ie  Gefangenschaft  zu  Rom  npch  nicht  lange  gedauert'  hatte» 
Niir  eine^^  die  erste«  Rechtsyertheidigung  hatte  F;  Üherstan« 
idfen  (2  Tim«  4^  16.)  und  di^se  mufs  doch^  ehe  ihm  eine  Fri« 
vatwahnung  erlauht  vf  urde,  gUicklich  yorüher  gewesen  seyn. 
Damals  nur,  kann,  man  auch  denken,  dafs  er  noch  xeinef^reunde 
von  Ansehen  zu  Rom  sich  eiworhen  hatte,  die ^als  Beistände' 
mit  Ihm  yor  dem  Untersuchungsrichter  erscheinen  wollten. 
W^re  der  Fhilipperhrief  vpn  Rom,  %<;^  mpfste  er  ziemlich  spä« 
.  ter  geschrieben  seyn;  nachdem  Timotheus  den  Wunsch,  vor 
der  Winter^eit  zu  kommen  {%l^\m.  4»  21.)  erfüllt  hätte.  Als» 
dann  aber  müfste  Fhil.  2^  49.  anders  sprechen,  als  wir  jetzt 
lesen.  F^  vyärde  geschrieben  haben;  Ich  werdp  euch  bald 
wieder  den  Thimothe'us  schicken  (ungeachtet  er  erst  kürz* 
lieh  von  euch  zurückgekommen  ist)  u.  dg]»  Er  würde  ihn 
jfiicht  erst  empfehlen,  sondern  als  schon  erprobt,  und  bei  ib« 
nen; selbst  erprobt,  b.eschreiben. 

Sobald -wir  uns  aber  die  Reihefolge  der  Begebenheiten  sq 
denken ,  dafs  Faulus  zu  Cäsarea  bald  von  Fbilippi  berjidurch 
Epaphroditus  eine  Geldbülfe  bekommen  hatte,  nachdem  er 
xiächstzuvor  aus  Makedonien  koibmepd  in  die  jüdische  Gefan« 

fenschaft  gerathen  wat;  dafs  er  zu  Caesarea  leichter  loszu- 
omm^n  hoffte;  dafs  er  aber  doch  von  dort  den  Timotheus 
i)ald  nach  Makedonien  schicken  wollte.,  weil  er  ihn  am  ehesten 
in  seine  Stellie  bei  der.  wandernden  Aufsicht  über  die  Gemein- 
den eintreten  lassen  zu  können  hpIFte  (Phil.  2,  20,),  so  reihet 
es  sich  alsdann  sehr  J>assend  an,  dafs  nach  1  Tim.  l,  3.  Timo- 
theus würklich  von  Caesarea  allgesendet  waip  und  Faulus  ihm 
diesen  Brief,  der  ganz  den  officieliert  Ton  einer,  pstensibeln 
Instruction  hat,  etwa  nach  Antiochien  oder  Lystra,  noch  ehe 
er  bis  Ephesus  gekommen  war,  nachsendete.  Er  giebt  aller? 
Ui  Bestimmungen,  wie  Gemeindeaufseher  zu  wählep,  Witt- 
-  wen  in  das  Almosen  nicht  leicht  aufzunehmen  seyen  u.  dgl, 
mehr,  nicht  als  ob  zu  Ephesus  noph  keine  Presbyters  als  Epis* 
copen  gewesen  wär^n  (  Apg.  20^  17.  28.).  Aber  es  mufste  ^a 
die  kaum  begonnene  Kirchenverfnssung  fortgesetzt  werden. 
Hiezu  wölkte  die  schriftliche  Instruction  am  besten.  P.  sagt 
dem  Timoth.  ferner,  so,  dafs  er  sich  hei  allen  darauf  berufen 
konnte,  vor  welcher  Art  von  Gnosis  (clie  nach  |  Tim.  6,  20, 
ysiXQ  \  Job.  1,  4«  sich  selbst  diesen  Namen  gab),  er  streng 
warnen  und  wie  er  die  Gemeinden  durch  Presbyters,  Diako- 
nen, Wittwenaustalten  u.  dgl.  mehr  mufstermürsig  ordrien 
^oUe.  ^  •  .        ^       '. 


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nod  voa  d.  Briefen  an  d»  PloUpper  u«  TiniPth,  423i 

Selbst  dai  nicht  genaii  geordnete  dieser  Än^ei« 
sungen  betrachtet  IV.ec.  als  ein  sprechendes  Zeichen  der  Aecht« 
>  heit.  Die  Verfassungsvorschriften,  welche  von  2$  1.  bis  3<  lö» 
aneinander  bangen ,  tinterbricbt  der  dogmatisch  «polemisch« 
Abschnitt  S,  16.  bis  4,  11.  Alsdann  folgen  wieder  Kirchen« 
Verfassungs Vorschriften.  Ein  Erdichter  würde  gewiss  alles 
Gleichartige  zusammengestellt  haben.  Noch  weniger  hätte  ein 
Erdicht^r  mit  69  12.  einen  Schlufs  gemacht  und  alsdann  doch 
noch  6,  17 — 22.  aus  vollem  ^erzer^  einen  Nachrtif  angehängt. 

Durch  den  I*  Brief  nun  hatte  Timothl  eine  schwere  Auf- 
gabe« l'aulus  Selbst  wird  Inde/s  nach  Rom  verschifft,  Timo* 
theus  hat  hievon  Nachricht,  und  schreibt  an  F.  so,  dafs  dieser 
zu  Rom  bald  zwar  diese  herzliche RücJcerinnerung,,3ro/uivi]0'/Si  an 
d^e  ersten,  frohesten,  wärmsten  Jahre  des  Timoth.  von  die« 
sem  erhält y  2  Tim.  1,5.  aber  auch  sieht,  wie  furchtsam 
Tim,  geworden  sey,  l,  7.  wie  ein  «xa^ty^^uvicörai  1,  8.^12.  I6f  ein 
Scheuwerden  möglich  wäre*  Sinkt  das  Glück  einer  Sache, 
wie  leicht  kommt  man  in  Gefahr,  sich  derselben  zu  schämen! 
Daher  dann  <ler  zweite  Brief  an  Timotheiis.  Dieser  geht  da- 
von auSy  dafs  Paulus  zu  Rom  war,  aber  so,  dafs  Onesipho« 
rus  nodh  IVfühe  gehabt  hatte,  ihn  zu  finden  1,  17,  Damals 
war  er  also  nocii  nicht  lange  da  gewesen.  Jndefs  war  sein 
erstes  Verhör  überstanden,  4,  16.  wo  niemand,  nämlich 
von  dfiti  Juden-  und  Römercbristen ,  mit  ihm  hatte  auftrfeten 
wollen,  da  er  doch,  nach  römischer  Sitte,  sich  durch  Miterschei- 
nende, dazu  hergebetene  Freunde  und  angesehene  Beschützer 
(advöcati)  gerne  vor  dem  Richter  dieses  Zeugnifs  der  Achtung 
von  andern  verschafft,  hätte,  .  Vorerst  entging  er  dem  Löwen' 
4,  17.  der  drohenden  Lebensgefahr,  Aber  P.  sieht  sich  doch  al- 
ternd, spricht  gerührter,  als  Phil^  ^,  17.  davon,  dafs  Er 
gleichsam  Tropfen  für  Tröpfeln  fallend  zum  Opfer  werde 
((nrsvS^dÖfli/)  für  seinen  tüchtig  betriebenen  Lebenszweck.  4J  Tim, 
4,  7,  8. 

Aus  allem  diesem  folgt,  dafs  der  Brief  sich  nicht  in 
eine  späte  Zeit  setze,  Die  erste  Vertbeidigung  war' 
a»berhaupt  doch  wohl  nach  der  Natur  der  Sache  bald  antangs. 
Er  hatte  von  den  Römercbristen  und  von  den  Juden  no A 
keine  bedeutende  farakleten  für  sich  gewinnen  können.  Denn 
picht,  dafs  ihn  bei  diesem  ersten  Verhör  seine  christli- 
cbeBevleiter  allein  gelassen  hätten,  klagt  er  4>  16.  Man 
hätte  diese  im  Briefe  später  folgende  Beschwerde  nie  mit  dem 
fYHaTaXiJTi«  des  Demas  4i  10.  vermischen  sollen.  Bei  dem  röm* 
Verbör  war  es  nicht  um  das  Daseyn  etwa  des  Lukas,  und. a«s 
Arirffcarcbus  zu  tbun.      Was  hätten  äufeerlich  unbedeutend« 


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424  De  altera  Pauli  Ap.  eapdvitat« 

ifidischa  Begleiter  seiner  Gefangenscbaftsreise  (Apg.  17  f  2*> 
ihm  vor  dem.  röm.  Gericht  nützen  können?  Nach  eben  dieser 
Stelle  waren  auch  nur  zwei  mitgekommen ,  Aristarcbui,  als 
Mitjgefangener  oder  Selbst  Inquisit,  und  Lukas,  Den 
pemlas,  Crescenc^,  Titus  auch  mit  Paulus  nach  Rom  zu  ver*^ 
«etten,  ist  wider  di^  Angabe  der  Apostelgeschichte,  -und  wie 
wäre  zu  glauben, -dafs  Lukas,  der  immer  bei  ihm  gebliebene 
.(4,41.)  inri  dort  verlassen  habe..  Die  Klage,  dafs  Alle  ihn 
verlielsen,  kann  nur  auf  solche  sich  beziepen ^  die  ihm,  wie 
Fiitroni  dem  Clienten ,  dort  ein  gutes  Vorurtheil  und  Schute 
l^ätteii  gewähren  kdhnen. 

Bald  anfangs  aber  war  ohne  Zweifel  dieses  er^te  Verhör, 
Denn  wer  würde  ihni  *vor  dem  ersten  Verhör  erlaubt 
haben,  für  sich  zu  wohnen  Apg.  28,  16;  Weil  dönn  dieses 
Verhör  sjch  von  selbst  verstund,  erzählt  es  Lukas  nicht  be- , 
sonders y  sondern  giebt  blos  die  Folge  davon  an,  dafs  Paulus, 
mit  einer  Kette  a^  einen  bewa<^hcnden  Soldaten  angeschlossen, 
.  doch  eine  eigene  Miethe  beziehen  durfte^  welche,  alsOnesiphorus 
ihn  aufsuphte,  noch  wenigen  bekannt  War.  Die  Ankettdng 
fsty  wje  Apg*  28f  20.  so  aucb  2  Tim,  l,  16>  und  mit  einerlei 
4^usdruck  (dXxjfftg)  erwähnt. 

Dafs  Demas,  Crescen$,  Titus  erst  yo'^  Rom  aus 
anderswohin  vpn  Paulu^  Weggereist  waren  ^  folgt  aus  2  Tim* 
4f  10.  nicht,  Sie  waren  nicht  mit  ihm  nach  Rom  gekommen^^ 
sondern  Lukas  t^ut  und  Aristarchns  Apg.  27s  .3.  Wahrschein- 
lich also  Vikaren  sie  schbn  während  der  mehr  als  zweijährigen 
Gefangenschaft  dei  Apostels  ztiCa^sarea  weggereist,  NurDemas 
ohne  seinen  Willen.  Crescens.  nach  Galatien,  Tij:us  nacK  Dal« 
jppatien  wahrscheinlich  aum  Besten  der  dort. von  f.  gestifteten 
Gemeinden;  Nur  müssen  sie  später»  als  Timoth,  nach  Ephe- 
Bus  und  Makedonien  von  Caesarea  aus  geschickt  war  (1  Tim,  , 
',  li  3,,  vPhil.  2,  ^90  von  Caesarea  weggegangen  seyn^  weil  P. 
ihr  Wegseyn  dem  Timoth.  erst  bemerblich  macht.  Diese  an» 
dem  s|nd  auch  Phjl*  2,  21.  schon  nicht  als  sehr  anhänglich  ge- 
schildert. Demas  aber  scheint  in  der  Folge  doch  wieder  zu 
P.  ^ach  Rom)  gekommen  zu  seyn.  Coloss.  4,  i4*  Philem.  vs 
24,  (wie  auch  Markus  sich  mit  P,  wieder  verständigt  hatte), 

Paulus  war  erst,'  als  Me  der  Seefahrt  gefährliche  VVinter-. 
zeit  vorüber  war  (Apg.  2Ö,  11.)  von  dem  Ad  riatischen 
^elite  her  (Apg.  27,  27.  Vgl.  mit  28,  i.)  herab  (KurayOsi^ 
28912.)  naph  Syrakusae,  und  folglich  nicht,  vor  dem 
Frühjahr*  bis  Rom  gekommen.  Erst^j  nachdcai  er  schon-; 
besonders  wohnte  (28,  17..  23.)  besprach  er  sich  mit  Vörste- 
liefft  ^e^  Judeiischj^ft,  um  ihnen  einige  Vorurtheile  K**g<^"  *eiM« 


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tind  Ton  d.  Briefen  an  ci.  Philipper  u/Timoth.  v    425 

dennoch  patriotische  Denkart' «ubenehm^en.     Zuvor,  h^i  dem  ,, 
ersten  Verhör,  war  er  daher  ohne  angesehene  Beistände. 

In  dieser  Zeit  erhielt  P.  '(uVo/xvjj<r/v  >a/3tüv  2  TLm/1,  5.) 
einen  zärtlicneh  Brief  von  Timotheus,  der  seine  Erinnerung 
I)is  au{  den  Anfang  ihrer  Bekanntschaft  zu  Lystra,  bis  auir* 
die  jüdische  Grofsfnutter  (oder  Amine?)  und  Mutter  zurück- 
führte, welche  den  jungen  Timotheus  schon  durch  Kenntnifs 
der  hebr.  Propheten  für  die  Christusreligion  empfänglicher  ge- 
macht hatten  (2  Tim.  2, ,14-  Apg.  16,  1^  2.)  Diese  Kemini. 
scenzen  waren  also  veranlafst.  Sie  geben  nicht  etwa  eine 
Spur  ,  dafs  der  Brief  ungeschickt  erdichtet  sey. 

V  Dagegen  zeigt  sich,  dafs  eben  dieses  Schreiben  des  Sohnr 
an  den  geistigen  Vater  viele  Furchtsamkeit,  ein  xwu/jia 
3«/X/a;  verrieth.  -  Paulus  fand  sogar  Ei4nnerungen  ndthig^dafs 
sieb  Timotheus  nicht  des  Gefangenen  schämen  möchte 
2  Tim.  1,  7.8.  Würde,  müssen  wir  .fragen,  ein  späterer 
£rdicfater  etwas  dieser  Art  dem'Timotheus  schuld  zu  gebea 
gewagt  haben,  oder  dazu  veranlaist , gewesen  seyn?  Um  iso 
jnehr  aber  begreifen  wir,  warum  P.  ihn  bald  möglichst  zu 
sich  zurück  wünscht.  Mündlich  ihn  zu  stärken  (evduvofxtfv  2 
Tim.  2,  1.)  war  umso  möglicher.*  Auch  dafs  P.  ihn  vor  dem 
Winter,  also  noch  im  ersten  Jahre  seines  römi^ 
sehen  Aufenthalts,  zu  sich  wünscht  (2  Tim.  4,  21.)  fügt 
sich  in  alle  diese  Umstände  sehr  gut«/  Denn  bald  anfangs, 
nach  dem  ersten  Verhör,  konnte  P.  noch  nicht  wissen,  dal» 
man  ihn  zwei  Jahre  lang  ruhig  würde  fortleben  und 
"würken  lassen.  Apg.  28,  30.  Eher  war  anfangs  eine  baldige 
Aburtheilung  ( «(pfiö-rjjxs  4f  6.  instüns  periculurp)  zu  erwarten. 
Nachher,  um  die  Zeit  als  Lukas  seinen  zweiten  Privatbericht 
an  Theophilus,  die  Apostelgeschichte,  endigte^  mufs  nach 
dem  so  ruhigen  Ton  dieses  Schlusses  alles  unbedenklicher  ge- 
schienen haben.  - 

Ist  aber  gleich  die  Zaghaftigkeit  des  Timotheus  den  ge- 
wöhnlichen überhohen  unhistorischen  Begriffen-  von  der 
Apostelzeit  niqht  gemäfs,  so  läfst  sie  sich  doch  aus  den  scljTvie- 
rigen  Verhältnissen  psychologisch  w«^hl  begreifen,  in  welche, 
der  noch  junge  Mann  versetzt  war.  Timotheus  waj:  von 
Paulus,  von  Caesarea  aus,  über  Ephesus  nach  Ma- 
kedonien geschickt  worden,  um  Gesetzgelehrten, 
also  Jt^di  sehen  Christen  (l  Ti«u.  l,  7.)  entgegen  zu  wür- 
ken,  die  ihre  Lehrart  seihst  fälschlich  eine  Gnosis 
„Tiefkenntnifs«  benannten  (6,  20  )  alleylei  biMliche  Lel^rfer- 
zählungen  (^AuSt;  1,  4.  47.)  für  leibliche  Tugendüluingen  (4f  8.) 
auslegten  und  2^uf  Enthaltsaniiveitei^  vom  Heurathen  und  Spei- 


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486  D«  all«r«  PaoU  Afu  OüpÜvilatt 

,  $fin  hindeuteten.  Diese  Verein i gung  von  O  e  i  e  t  s  •  ErllSrungt* 
Kun$t(vpfAo*hba<Tvia\ta')  mit  einem  religiösen  Philoso- 
phieren, das  sich  Gnosis  nannte,  über  JVty  then  ,(wie 
Gen.Iir,  rgL  i  Tim.  3,  13-^15.)  klögeUe,  aber  aulveineAsketik, 
drang / Welche  die  Meinung,  im  Körper  sey  die  Sünd- 
lichkeit,  voraussetzte,  ftht  sich  schwerlich  anderswoher 
als  von  einem  ägVptisch^-ther  apeut  isphen  {idbbini^- 
inus  *)  ableiten^  den  die  vieltbätigen  (ira^f9^ot  1  Tim,  6,  l3.) 

^vonder  ^rofsen  Handelstadt  Alexandrien  leicht  i,n  das  ver«, 
wandte  Ephesus  hinüber  bringen  mochten,  wo  sie  die  stren2> 
scheinende  f^nthaltsamkeitsphilosophie,    die  zugleich  so  vi«! 
Tie^kenntnifs  und  allegorische  Mythendeutung  versprach«  auch 
zum    Gewinn    (iro^tciAo?  6»  5*)  nach   rabbinischer  Art  anzu« 
wenden  verstunden,      Durch   Ueberlegenheit   im   Disputiren, 
(<irnjc««f,  XoyoiMx^iy)  wurde  jene  Provinz  Asien,  um  Ephesus 
her,  von  Paulus  abgewendet  (2  Tim.  1,  15.)     Die$  wufste  der. 
junge  Stellvertreter  des  nun  schon  lange  gefangen  gehaltenen, 
dessen  Sache  nicht  mehr  so  sehr  von  Gott  befördert  schien. 
Begreiflich  wird  also,  was  im  zweiten3riefe  von  I,  5  bi^  11,6. 
unverkennbar  ausgesprochen  ist,  dafs  in  dem  Schreiben,  wel* 
ches~,P.  von  Timotheus  nach  l,  5.  zu  Rom  empfangen  hatte, 
eine  sehr  bedenkliche  J^urchtsamkieit    4 9  7,  si,ch  zeigte. 
Eigennützigen  (1  Tim.  6,  5,  10.)  und  doch  scheinbar  strengen, 
(4>  3.)  zugleich  gesetzgelehrten  (1,7.)  und  von  ihrer  Tief  kenn  t- 
nifs  Pseudo.  Gnosis  (6,  21.)  aufgeblasenen,  in  der  Streitkun^t 
über  Lehrdichtungen  und  alten  Sagen  (i,  4.  4i  7.)  geübten. 
>üdisch  •  asketischen  Gegnern  .entgegen   zu   w(1rken,    war  dih 
Aufgabe  gewesen ^   die,    wenn  gleich  Timplheus  schon  zehn 
J^hre  a}s  l^egleiter  nach  dem  HeiSenapostel  sich  gebildet  h^te^ 
dei|i  jungen  Manne  (1  Tim.  4,  12.  6,  22.)    nicht  leicht  wer-x 
4en  ^nnte.      Denkt  man  sich  lebhafter f  wie  neu  ,  wie  rein,, 
also  wie  wenig  den  Leidenschaften  der  Ä|eisten  entsprechend^ 
die  Forderungen  des  Urchristenthums  waren-^,    wie  dje  grofse 
Sache, kaum   erst  begonnen   hatte;  -so  wird  begreiflich,    wie 
P.  das  pjiebe  Kind^'  doch  immer  wieder  zum  abermaligen 'An. 
fa<chen  (^ava^oi^Mtv)  der  d;^rch  die  Ordination  ^um  wandernden 


*)  Dafs  P.  ihnen  gerade  die  aUügyj^tiseUe  (tra^iffonellgenapnte) 
Zauberkünitler,  T^elehe  ah  Gegner  wider  Mose  auftraten  ,  paralle^ 
Steint,  wird  dadurch  aqch  begreiflicher,  wenn  man  denkt,  dkU 
•  die  hier  l)esohriebeaen  Irrmeinungeiiji  wenn  man  ni^r  aÜe  Prädi* 
cäte  zosanuneonimmt  I  ichwerlich  anderswo  |  als  iQ^Afg^pten, 
entstanden  waren. 


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\  tmd  TOD  d*  Brltfen  an  ä.  Pfaillpper  u*  Tlmotli.  437 

Ijebrg<»8andten  {fam  aufgegebenen  Geistesgabe  aüfzuCoTdernT 
nötbig  haben  mochte.  Nicht 'furchtsam  2  Tim,  1,  7^.,  night 
verfolgungsscheu  (l ,  8.  2,  3.  150  ^>"  tüchtiger  Krieger  und 
Kampier  uud  fortarbeitender  Anbauer  zu  bleiben  (2,  3;, 4.^.) 
ruft  ihm  Paulus  zu.  Ein  Erdichter  würde, dies  schvirerlich  so 
gesagt,  er  würde,  wie  die Infallibilitäts- Theologen,  den  Ti».  ' 
xnötheus  schon  mehr  im  Nimbus  der  Vergangenheit  als  einen 
Vollendeten  dargestellt  haben.  Aber  der  (psychologisch  glaub- 
lichen) Wttrklichkeit  gemäfs  spricht  der  Brief  an  ihn,  als  an 
einen,  der  des  Ermahnens  und  der^Erkräftig^ng  (2,1.)  Wohl 
noch  bedurfte.  Es  war  durchgängig  schwerer  für  Paulus »  seine 
reinere,  erhabnere  Idee  vom  Christenthum  geltend  zu'machen, 
als  den  Judaizirenden  das  populärere.  Und  so  hatten  sich  doch 
in  der  Provii^z  Asien  (um  Ephesus)  alle  von  ihni  abwendig 
machen  f  mehr  in  jene  gnpstisch  verschönerte  jüdiscbgelehrt^ 
Suf&ere  Asketik,  in  eliien  christlich  gestalteten  Therapeutis*  / 
juus,  der  Jesus  als  Messias  gelten  lieis,  hineinziehen  lassen.  -    ^ 

Auch  andere  Umstände  aber  stimmen  mit  dieser  Stellung 
der  Briefe  an  Timotheus  zusammen.  Man  hat  durch  dieApo« 
kalypse  alle  Ursache,  gewöhnlich  sich  Johannes  den  Apostel 
und  Evangelisten  in  jene  Gegenden  zu  denken.  Aber  auch 
<}er  Erste  der  Johannisbriefe  hatte  gerade  so  sich  -wider  Geg- 
ner zu  erklären,  die  gerne  von  sich  sagten;  Ich  habe  Tief- 
kenn tpifs  (oAe'ycöV  fiycü  Bjvwvia  2,4)  folglich  ebenfalls  sich 
Giio.sivS  zuschrieben.  Und  zu  derer  Widerlegung  hatte  Jo- 
hannes d\e  Thatsache,  welche  sonst  gewifs  nicht  sq  bedeutend 
hätte  erscheinen  können,  anzuwenden:  dafs  der  Messiasgeist 
in  einem  fleisch  liehen  Körper  irdisch  sichtbar  gewor- 
den sey  (iv  ora^iu  shjXvBoj;  4>  2.)  gerade  wie  Paulus  1  Tim.  3,  16- 
auf  das  Sichtbarwerden  des  Messiasgeistes  ty  aat^^yny  in  einem, 
gewöhnlichen  Leibe,  den  Nachdruck  legt,  um  zu  zeigen,  dafs 
folglich  4>3.  die  Fortpflartzung  solcher  Körper  und  ihre  Er- 
haltung durch  alle  Speisen^  bei  deren  Gebrauch  man  dankbar 
an  die  Gottheit  denken  dürfe,  nichts  unchristÜrhes,  vielmehr' 
dadurch,  dafs  dier  Messiasgeist  in  einem  Jbo/ihe  dieser 
Art  erschienen  sey  (j  Xcyc^  ckg^  syivhro)  stis  an  sieb  unsündlich- 

fezeigt  sey.  Auch  deutet  schon  die  Apokalypse  2^.24.  eine 
fehrart,  die  gernp  von  T  i  e  f  e  n,  /3cz5>;,  also  nach  gnostischer 
Art  sprach,  nur  mit  dem  Unterschied,,  dafs  dieselbe  zu  Thy- 
ateira  nicht  Folgerungen  del*  Enthaltsamkeit  aus  jener'Tiefkennt- 
nifs  herauf  zu  Tag  förderte.  Der  Grundsatz  nämlich,  dafs  im  *" 
Körper  die  Stindhaftigkeit  ihren  Sitz  habe,  gab  zu  zweier* 
lei  ganz  entgegengesetzten  Auflegungen  des  angenommenen  - 
Ausspruchs:    abutendum    ess«    $;orpoie!     gleich  sehr  Anlafs. 


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•428  Do*«l^era  Pauli  Ap»  captivi^ajte.  . 

Per  Sorglixjher«,  Melancholischere  folgerteEntbaltsanJcrit  gegen* 
Fortpfknzung  der  Körper  (l  Tim.  4,  3..).  D^rLeicht8innig;^r«. 
meiiite  soweit  ,jim  Lichte  zu  seyn««,  dafs,  weil  die  Sfinde  nur 
im  Körper,  Er,  deri  Geistvolle,  Gottbegnadigte,  sich  alles 
erlauben  dürfe  (l  Job.  2,  9.)  weil  es  überhaupt  für  ihn,  als 
Geist,  keine  Sünde  gebe  (1  Job,  J,  8.   2,  4.)     / 

Wie  sehr  der  Brief  an  Titüis  eben  dahin  — -r  nämUcb  auf 
die  an  sich  schwer  zu  erdichtende  Angabe  — ^  stimmt,  da£s  es 
gerade  jüdische  Gnostiker  waren,  die  auch  in  Kteta  würk- 
ten ,  'fällt  von  selbst  auf.  Juden  als  Religionsphilosophen  zu 
fingiren,  wäre  'für  einen  -Erdichter  dai  nächste  gewifs  nic)it 
gewesen.  Uöd  doch,  setzt  er  so  besltinimt  iaBaty.p]  fxjSot  Tit.  1, 
14«  vojMnai  'iJioLx^at  3,  9.  die  von  Gott  meht  als  andere  zu  wis- 
sen behaupteten  1,  16,  aber  sittenverderblicb  ihre  Grundsätze 
anwendeten  1, 15,  und  auf  Gewinn,  m<Ty(j^ov  ks^-So;,  speculirten. 

Noch  ein  Hauptgrund  für  die  Aechtheit  das  zweiten  Briefs 
ah  Tinaotheus  und  für  die  Stellung,  in  welche  ihn  Hec.  nach 
dem  bisherigen  hinein  zu  denken  hat,  erhellt^  dünkt  uns,  da- 
^ durch,  dafs  sein  Inhalt  keinen  Zweck  einer  Erdich- 
tung entdecken  läfst.  Der  Erste  bezeichnet,  wie  manche^ 
Anordnungen  in  den  Getpeinden  zu  machen  und  fortzusetzen 
seyen«  Er  spricht  im  Tone  einer  Instruction.  Dort  wäre,, 
-wenn  andere  Umstände  solqben  Verdacht  begründeten ,  eine 
Absicht  des  Erdichters  denkbar.  Aber  der  zweite  Brief  hat 
blos  den  Ton  und  Inhalt  eines  Privatschreibens ,  um  den  Ti- 
xnotheus  wieder  mehr  zu  ermuthigen  1,  6-7-2,  l3.  Von  da 
an  Werden  die  zu  bekämpfende  Gegner  berührt '2,  14  —26.. 
aber  schon  als  bekannt  und  wie  anderswo  bezeichijet.  Selbst 
in  wiefern  sie  die  Auferstehung  für  etwas  schon  geschehenes 
erklärten,  ist  dun>kel  gelassen ,  weij  Timoth.  es  wissen  mufste 
und  vermuthlich  es  selbst  an  P,  berichtet  hatte.  Nannten  sie 
etwa  die  Erhellung  in  ihreGnosis  auch  Auferstehung,  wie  Ire- 
näus  II,  c.  3j.  fol.  I64.auf  ^ine  solche  gnostische  Auslegung 
und  Vermeidung  der  Körperauferstehung  deutet? 

Genug,  nirgends  ist  etwas  neues,  eigenthümliche^,  wes- 
wegen ein  Erdichter  «ich  zur  Mühe,  diesen  Brief  als  Auetori» 
;tät  des  A.postels  iti  die  Kirche  hereiilzubringen,  h^tte  entschlies- 
sen  mögenl  yVie  ins  Allgemeine  hin  spricht  3,  1 — •9«f  ^afs 
Timotl^eus  Über  die  ^iele  Lasterhaftigkeit  nicht  ?u  sehr  er- 
staunen solle.  Jetzt,  während  tes  mit  der  Erden  w^lt  gleichsam 
zu  Ende  gehe,  müsse  ja  wohl  die  ünverbeBserlichkeit  vieler 
recht  sichtbar  werden.  ,  Zeiten  der  Despotie  unter  Tiberius, 
Claudius,  Caligula,  Nero,  bringen  die  dort  geschilderten. 
edlen.Früchte  der  Sittenlosigkeit;  aber  nicht  eiu  einziger  Zug 


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unci  Ton  d.  Brlefisii  an  4*  I^l^Oipper  n;  Timoth.  4^9 


V 


ist  darunter y  auf  welchen  etwa 'besonders  hinzudeuten)  nur 
.als  möglicher  Elrdichtungszweck  auffallen,  könnte. 
,  '  Ebenso  Mos  individuelliist  3,  10 — 17»  die  väterliche  Er- 
inahnung,  däfs  Timoth,  den  persönlichen  Vortheil,  von  Kind* 
beit  auf  durch  die  ^alte  Bundesschrift^n  auf  die  Christuslehre 
vorbereitet  worden  zu  seyn.  Standhaft  benutzen  solle» 

Nirgends  ist  eine  neue  Anordnung  für  die  Gemeindever« 
Fassung,  nirgends,  auch  4»  1  —  5  nicht,  ein  Whik  über  etwa« 
unterscheidendes  in  der  Lehrart^  so^  dafs  der  JBrief  wie  eine 
J^rgänzung  oder  Nachtrag  zu  dem  ersten,  doch  auch  mir  eini« 
gen  Scheingrund  zur  Erdichtung  in  sieb  schlösse.  Alles  ist 
Erratithigung  für  den  ängstlich  gewordenen,  von  dem  sogar 
F.  die  Möglichkeit  denkt,  dafs  er  sich  seiner  Bande  schämeci 
und  scheu  werden  könnte,  er,  von  welchem  wohl  kein  Erdicbter^ 
wenii-  er  verloren  gegangene  Briefe  von  Paulus  an  Timotheus 
aus  Muthmafsung  hätte  wiederherstellen  wollen  (Eichhorn»^ 
«Einl.  Ilf.  S.  406—8.)  ein  solches  icvsvfxa^tXta;  zu  vermuthea 
•gewagt  haben  w^ürde  ?  Die  \WvVrkIichkeit  mufs  da  gewesen 
seyn.  Und  jeder  kleinere  Zug  im  Briefe  deutet  auf  diese  dem 
Apostel  bedenkliche  Würklichkeit  zurück,  wie  4,  8.  aXXa  xot 
^auTi  d.  h.  also  auch  Dir,  wenn  Du  beständig  bleibst. 
Ebenso  3,  11.  12.  die 'Rückerinnerung,  wieviel  Paulus  er* 
litten  habe  und  dafs' davon  keiner  frei  bleibe,  der  Gott* 
verehrend  von  der  gewöhnlichen  Denk-  und  Handlungsweise 
der  Meisten  abweiche  und  sich  dagegen  erkläre.-  Gerade  des- 
wegen erinnert  P.  an  die  erste  Zeit,  wp  TJimoth.  mit  ihm  be- 
kannt geworden  war.  Damals  (Apg.  l3.  14*)  wufste  Timo- 
theus zu  Lystra  (Apg,  16,  1.)  wie  P.  vom  Pisidischeh  Antio- 
chien  her,  zu  Ikonium,  Lystra  verjagt  und  verfolgt  gewor* 
den  War.  Er  wufste  voraus,  dafs  man  auf  diesem  Wege  Lei* 
den  und  Widerstand  finde.  Dennoch  liefs  sich  Timotheus  ihm 
empfehlen  und  zum  dienenden )  künftig  auch  lehrenden^  Be- 
gleiter (durch  Beschneidung)  annehmen,'  Solche  Rüftkerinne- 
rungen  an  die  früheste  Wärme  und  Entschlossenheit  pafsten 
für  den  jetzt  furchtsam  werdenden,       '  „, 

Endlich,  was  das  letzte  Kapitel  4,  9-*21.  betrifft,  war 
ses  "den  Bedürfnissen  der  Gemeinden  wohl  sehr  angemessen,  dafs 
Timotheus  von  Makedonien  her  nicht  unmittelbar  nach  Rom^ 
sondern  im  Sommer  wieder  zurück  über  Troas,  Ephesus,  An- 
tiochien  reisend,  die  besuchten  Gemeinden 'noch  einmal  sehen, 
-aber  doch  vor  dem  Wipter  nach  Rom  zu  gelangen  suchen  soTl- 
Dein  Demas  zu  Thessalonich  finden  zu  können  ,  hatte  ihpi 
Paulus  einen  Wink  gegeben  4,  lO.  Da  Demas  nachher 
wieder  bei  P.    zu  Rom  ist,,  so  darf  man   wohl  vermuthen. 


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430      -^  Dt  ihm  Faun  lip.  oajititxtat«  . 

Timollieüi  selbst  habe  ihn  wieder  gewonnen  und  s^uF«  zurücki^ 
geleitet,  Markus^  der^  er  mitbringen  sollte,  war  in  Gypem; 
^Apg.  16>  38,  3^9.  oder  auf  d^m  benachbarten  Festlande,  Ueber 
-  TrOas,  Ephesus^  Jerusalem  hatte  I^clulus  Apg.  20»  3-^21,  3. 
eben  so  seine  letzte  Auf'sichtsr^ise  gemacht ,  auch  Cjpetn  ,da« 
mals  berührt,  wo  der  ohnehin  so  wolilwollende ,  neidlose 
(Apg.  il>  24.)  Barnabas  und  der  Fetiriner«  Markus »  sich  mit 
ihm  wieder  verständigt  haben  mochten; 

Was  nun  ^P,  etwa  vor  3  Jahren  t\^  Troäs  zrriickgelaSseh 
batte  (2  Tiq?.  4»  13.)  dieses  wieder  zu  bekommen^  war  jetzt 
die  erste  unmittelbare  Gelegenheit»  Dafs  die  Membranen  Ur« 
künden  waren,  die  für  Jraulus  bei  weiterer  Vertheidigung 
dienen  konnten^  ist  eine  sitiiireiche  Muthmafsung  des  Herrn 
Wolf  (Particula  II.  p.  92.  )  Würde  aber  P.  sie  alsdann 
nicht  schon  zu  Caesarea  bedurft  haben?  Dafs  er ,  als  Ta^ser, 
'römisches  Bürgerreclit  hatte ,  war  ohnehin  gewifs»  wenn 
P.  nur  Seine  Abkunft  aus  Tarsus  beVi^ieS«  Und  dies  mufste^ 
ehe  et  zu  Caesarea  gültig  appellireti  konnte,  sc^on  gesche- 
hen seyn.    ' 

.  Pen  'Trophimus,  welche^  mit  zuJferusaJem  gewesen  war^ 
Apg.,  10|  29.  kann  P.  erst  nachher  von  sicl\  weg  gelassen    . 
haben  fairsAnrov,     Vergl.  auch  <{lie  Variante   Tit.   1»  5.)    wohl 
aber  wissen,  dafs  er  jetzt  zu  JVliletus  und  k^ank  sey? 

D«r  Grufs  an  Priska  und  Aqruilä  hindert-  nicht;  denii 
das  Billet  für  Giüfse  Korn«  l6/ 3.  bestimmt  nichts  wo  diese 
Waren^ 

Auffallend  ist,-  dafs  der  I^. Brief  mehr  einen  amltlictien^ 
dier  II.  mehr  einen  facniliS'ren  Ton  hat.  Jener,  dünkt  mich,  ^ 
ist  so  verfafsti  dafs  er  v  o  r  z  ei  g  b  a  r  (ostensibel}  war,  gleich«*' 
sam  als  eine  Instruction,  durch  die  sich  der  noch  nicht. viel 
über  die  yso-nj^  (1  Tiiii.  4»  12.  über  das  zürn  jüdisch/en  i-iehrer 
.  ferforderJiche  Alter  von  dteifsig  Jahren)  vorgerückte  desto" 
mehr  lejitimirert  konnte.  Der  ganze  zweite  Brief  hat  nur 
Aufmunterungen  an  ihn  selbst  im  Privatton,  Dafs  beide 
von  Eine'm  erdichtet  wären,  ist  um  so  weiter  von  aller 
Wahrscheinlichk^t  entfejrnt,  . 

Nacl^  allem,  was  H r. .  W o  1  f  ausgeführt  hat,  und  was' 
Rec.  durch  das  bishjerige  noch  mehr  mit  der  ganzen  Lebens-' 
geschichte  des  Apostels  vereiiibai*  zeigen  wollte,  wird  der 
SaiiptzWeck  der. Abhandlung,  eine  Prüfung  und  Weg- 
räum ung  der  Hypothese  »von  einer  spätem  zwei- 
ten Gefangenschaft  des  Apostels  zu  Rom  in  so« 
fei^n  rmmer  mehr  erreicht^  dafs  wenigstens  keiner  der  Pau« 
linlschen  Briefe  dahin  gehöre.    Möglich  bleibt  es  übet  dochy 


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und  Von  d»  Briefen  aa  d*  Philippet  ii.  Tlmoth.  43 1 

dafi  P.  seinen  Vorsats 9  bia  nach  Spanien  das  Eirangdiuni 
%a  bringen  Rom*  15»  23«  24*  ausgeführt  habe,  Ist  er  £u  Rocä 
vpT  Ende  des  bessern  Quinquenhiura,  Nero's  frei  gewOrd^n^ 
so  hätte  er  nach  eben  dieser  Stelle  wohl  nicht  viel  Neigung 
gehabt y  nach  Griechenland  oder  Asien  wieder  zu  reisen«  ,wo 
ihm  die  Judenchristen  „keinen  freien  Rauip  liefs^-n^i  sondern 
tkberall  Unkraut  und  Streit  einstreuten,  weswegen  F.  lieber 
mit  seinen  reineren  Ansichten  recht  weit  sich  wegzuwenden 
und  Gegenden,  di«  Andern  nicht  leicht  erreichbar  wären ,  su 
gewinnen  dachte.  Aber,  sollte  dieser  Wunsch  deto  Apostel 
gelungen  seyn^  so  wissen  v^ir  wenigstens  durch  das  N«  T« 
nichts  davon.  Nur  Spuren  finden  sich  in  der  Kirchengeschichte^ 
dafs  in  Spanien  ein  wohlgeordnetes^  in  Britannien  ein  freiere«  • 
Christenthum  war  (vgl.  über  letzteres  mehrere  Data  im  §.  115. 
des  vdr  treulichen  Lehrbuchs  über  Kirchen  geschieh te  ,  von  Ur^ 
<7ieseler.  1824*)  dessen  baldige  Fortsetzung  Hec.  äufserst 
Wünscht).  Woher  jene  Spuren?  Die  Tradition  schweigt,  wie  , 
sie  fast  immer  entweder  schweigt,  oder  nur  eigene  spätere 
IVfuthmafsungen  wie  Geschichte  erzählt.  Von  Spanien  oder_ 
Biitannienf  diesem  tfi(.fxa  rtuv  5ü(t/üuüv,  hätte  dann  P.  eher  wie- 
der nach  Rom  zurückkommen  können,  als  etwa  noch  einmal 
aus  dem  Orient.  Wenn  er  aber  durch  das  Schwerdt,  d.  i.  auf 
eine  cerichtliche  Weise,  umkam,  so  wäre  dies  doch  schwer« 
lieh  während  der  Neronischen  Verfolgung  geschehen ,  wo^  nur 
Wütherichsgewalt  und  keine  Gerichtsform,  würk^e.  —  Rec. 
ist  begierig,  wie  der  achtungswerthe  Verf^  diese  weitere  Pe- 
riode geschichtlich  beleuchten  wird»    • 

H.  £.    G.    Paulus^ 


"Ijeipztg  f  hei  Wilhelm  iMuffar :  Die  häusliche  Erziehung  (,J  vorztlg"' 
lieh  des  weiblichen    Geschlechts  Öon/dem    ersten   Ltbensjahre  big- 
in  das  reijerd  Alter,       Ein  Handbuch  für  Eltern  un^  Erzieher» 
Nach    dem  Französischen  der    IPIeidäme   Campan   (^,)    Obdrauf'* 
siherin  des  Hauses   Ecouen,      Frei  bearbeitet  von  PVithelmine  P. 
Gersdorf.      1824.    VUI  u.'  214  3.  8.  21  ggr. 

Frau  yon  G.  Übergiebt  hier  dem  deutschen  Fublikum  eine 
Schrift  Über  Erziehung ,  vorzüglich  des  weiblichen  Geschlechts 
von  M.  y*  C4  Diese  letztere  war  j  wie  aus  S.  23.  erhellt^  Er- 
zieherin in  der  Anstalt«  welche  Naporeon  in  Ecouen  filr  die 
Töchter  der  Öfficiere  seiner  Ehrenlegion  gestiftet  I\atte.  — 
Obgleich  dies  Werkeben  viel  Gutes  enthält^  so  kOnnen  wir 


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432  GamiMin  dU.hSu^UeM  E?«Jbk9ii|(. 

doch  xiicht  diese  ^  wenn  auch  mit  grofsem  Fleif$e  und  mit  nicht 
cewöhnHcher  Kenrttnifsdes  ErziehungsgeschäfteA  ausgeführte 
.Bearbeitung,  als  für  die  deutsche  Literatur  in  idies^em  Fache 
xiöthig  rechtfertigen,  .  Wir  haben  Alles,  w:as  uns  hier  mitge«» 
theilt  wirdy  viel  gr<ünd]icher  und  auch^  trots  des.  Strebens 
der  Fn  v.  G.^  das  Buch  den  deutseben  Verhältnissen  an^upas« 
jsen  (S.  I.  Vorr.})  pn^erm'  Natjionalcharakter  angemessener,'  }fi 
aus  demselben  hervorgegangen  und  mit  ihm  auf  das  Innigste 
yerl)unden',  in  den  Schriften  von  Schwarz 9  Jean  Faul,  Nie- 
li^eyec  und  anderen  vorzüglichen  Pädagogen  und  Fädagogikern 
vind  unter  den  dejut^chen  Frauen ,/  w^elche  über  weibliche  Er- 
ziehung schrieben^  bebai4ptet  Karolme  Rudolphi  noch  immet 
eine  der  ersten.  Stellen,   und  ihre  „Gemälde   über  weibliche 

.  Erziehung««  setzt  Ref.  weit  über  das  Werk  der  Madame  v«  C 
.T—  Diestern  voran  geht  eine  Einleitung  C^.  1  —  27.)  von  dem 
französischen  Herausgeber  F.  Barriere.     Der  Inhalt  des  Bu'^ches 

'  selber  ist,  den  Hauptüberschriften  nach,  in  drei  Abhandlun-r 
gen  gegeben.  Erste  Abhandlung,  Von  der  Kindheit.  Uebcr 
die  Kxziehung  der  Knaben  und'Mädchen,  vom  dritten  bis  zum 
siebenten  Jahre.  Erste:  Erziehung  bis  zum  Alter  vqn  sieben 
Jahren,  Unterricht  vom  dritten  bis  zum  siebenten  Jahre# 
Zweite  Abhandlung.  Von  der  Erziehung  der  Tochter  vom 
siebenter^  })is  zum  zwölften  Jahre.  Lauf  der  Studien  vom  sie- 
ienten- bis  zwölften  Jahre.  Dritte  Abhs^ndlung,  Von  dem 
Alter  von  zwölf  bis  achtzehn  Jahren.  Eingeflochten  sind  pas- 
«ende,Stellen  aus  den  Werken  von  Fenelon,  Rousseau,  Rolliqy 
Montaigne  u.  a.  Aufgefallen  pst  uns  S.  17  «  wo  es^  heilst:.  ;,,in: 
angenehmen  Talenten  unterrichten«,  S,  70.  ^euchrock  statt 
Zeugrock;  S.  119.  »wenn  die  Jahreszeit  die  Kinder  mehr  inne 
hält«  statt:  die  Kinder  n^thigt,  mehr  im  Hause  und  Zimmer 
zu  bleiben J  S.  121.  der  lächerjiche  Druckfehler:  seht  mit  wel- 
chem Vergnügen  die  abscheulichsten  Herzenbilder  (statt  Etexeiw 

Ülder)  betrachtet  werden,««  ' 

Der  Hauptzweck  dieser  Anzeige  k^nn  nun.,  dem  oben 
ausgesprochenen  Urtheil  cemäfs,  nicht  sowohl  aeyh^  das  vor 
uns  liegende  Buch  zu  empfehlen,  als  vielmehr  dai;auf  auf  merk- 
saui  zu  machen,  wie  viel  Gediegenes  wir  schön  in  diesem 
Zweige  unserer  Literatur  besitzen,  und  dafür  zu  warnen^ 
dafs  das  eigene  Gute  und  Vorzügliche  vornehm  übersehen*  und 
dagegen  das  fremde  weniger  Gute  und  Vorzügliche  überschätzt 
werde. 


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N.  2a,  1825» 

Heidelberger 

Jahrbücher   der  Literattir. 


CoUecHons  des  chroniquet  Nationales  Frangaises  ecrites  eh  tängue  tuU 
gaire  du  treizieme  au  seizieme  siede  aoec  hotes  et  ectaircissemeni 
•par  J,  An   Buchon,        Ersti""  ^htheilung    Chroniques   de  Proissart 
\     Tfim.  I^-^IXj  i824.   8«      Patis  ^   P^endiere  iihratre  et  J.  Carez, 

In  demselben  Augenblick,  wo  in  der  fVänzÖsiscken  Natiort 
ein  neues  Streben  rege  v^ird ,  die  Geschichte  nicht  mehr- blos 
iii  Declamationen  und  Halbromanen  äu  suchen,  sondern  siö 
aus  den  Quellen  selbst  kennen  zu  liernen,  wo  Hr.  Guizot  diö 
Schriftsteller  der  englischen  Revolution  und  die  der  älteren, 
s<y  wie  Hr.  Buchon  die  Originalschriftsteller  der  mittleren  Pe* 
riode  der  französischen  Geschichte  neu  herauszugeben  und  zu- 
gärjgHcher  zu  machen  bemüht  ist,  wo  Hr.  von  Barantte- in  sei- 
iiör  Geschichte  von  Bourgögne  das  erste  Muster  eirter  wahren 
und  belegten  Geschichte  für  die  «Franzosen  aufstellt, | erweckt 
uns  Hr.  Mafsmann  Hoffnung,  dafs  auch  unsere  Chroniken  be-* 
kanntet  werden.  Wenn  Hrn.  Mafsmanns  Plan  gelingt,  so 
"werden  wir  deii  ganzen  Faden  unserer'Sagengeschichte  durch 
alle  deutsche  Chroniken  hindurch  bis  auf  den  Anfang  der  ei- 
'gentlichen  Geschichte  in  der  Cölner  Chronik' auf  der  einen 
und  in  der  ElsasVer  Chronik  von  Königshofen  auf  der  andern 
Söite  verfolgen  zu  können,  im  Stande  seyn,  "  Hr.  Mafsmanrt 
w^ill  zwar  zunächst  die  sogenannte  Kaiserchroriik  nach  vi ei* 
Handschriften  drucken  lassen ;  allein  nach  dem  ,  was  Ref.  münd« 
lieh  von  ihm  gehört  hat,  vVill  er  daS  Verhältnifs  aller  deut- 
schen Chroniken  zu  dieser,  als  ihf  em  Mittelpunkt  nachweisen^ 
und  uns  auf  die  Veränderungen  aufmerksarti  machen,  die  nach 
Zeit,  nach  Bildung,  nach  Gegend,  nach  Verfassern  ieine  und 
dieselbe  Erzählung  erhalten  hat.  Da  dem  Publikum  bekannt 
genug  ist,  dafs  der  Verf.  dieser, Anzeige  nichts  Phantastische^ 
m  diesen  Blättern  zu  empfehlen  pflegt»  so  hofft  er  desto  mehr 
Gehör  zu  findsn ,  Wenn  er  seinen  Candsleüten  die  Untetneh* 
mung  des  Hrn.  Mafsmanrt,  über  Wfelche  ein  eigener  Prospekt 
tus  gedruckt  ist,  dringend  als  Sa6he  der  Wissenschaft  und  aU 
eine  wahrhaft  für  die  Vaterländische  Geschichte  nützliche  üii* 

XVni.  Jahrg.  6.  Heft.  28 

Digitiaed.by  VjOOQIC 


434        «Bliebon  Colleedoiu  dei  Chronfcpiei  Dation«  Praofftiief. 

ternehmung'  empfiehlt.  Sollte  auch  tirn,  JVfafeaiannft  Arbeit 
hernach  Ktnnem  *nichjt  gans  genfigeh,  so  wird  doch  ein  aehr 
grofser* Schritt  gethan  seyn,  und  ein  nachfolgender  Bearbeiter 
des  Gegen8tand(K8  wird  den  Weg  gebahnt  hnden.  Ehe  lief«- 
nun  Gelegenheit  haben^  wird  ^  über  die  Chroniken  seines  Va* 
terlandes  Bericht  zu  erstatten  ^  will  er  von  dem  qierkwfirdig« 
sten  aller  VoUcsschriftstellet  des  Mittelalters  9  dem  treuen 
Bilde  seiner  Zeit  und  deren  Sitten,  dem  treuherzigen  und  lusti« 
gen  Froissart ,  und  von  des  Hrn. Buchon  Bemühungen  um  den« 
selbeu  hier  kurze  Nachricht  geben«  £s  waren  bis  jetzt  be« 
kanntlich  vom  Froissart  ^ur  Ausgaben  in  Folio  vorhandeni  die 
mehrsten  mit  gothischem  Druck^  wir  wollen  sie  aber  hier' 
nicht  aufzählen,  weil  m^n  sie  im  Artikel  Froissart  der  Bio- 
graphie universelle  und  viel  vollständiger  gleich  vorn  herein 
im  ersten  Theil  von  Hrn.  Büchons  Ausgabe  angegeben  findet, 
das  dürfen  wir  aber  nicht  unbemerkt  lassen  9  dafs  keine  kriti« 
scb,e  Ausgabe  je  veranstaltet  war.  Dies  war  um  so  unange«^ 
nehmer  y  da^  wie  dies  bei  allen  Chroniken  der  Fall'  ist,  eine 
Han<)schrift  desOriginals  von  der  andern  so  wesentlich  ab  weicht, 
'  di^fs  die  Erzählung  derEinen  der  Andern  oft  ganz  fehlte,  oder  doch 
80  verschieden  und  abweichend  erzählt,  dafs  man  sie  nicht  wieder 
erkannte,  die  Verschiedenheit  dar  Form  nicht  einmal  zu  er- 
wähnen. Da  nun,  wie  wir  gleich  zeigen 'wollen,  dieseChrö- 
nik  für  die  französische  Nation  ^ine  Art  Herodot  seyn  sollte 
und  könnte,  da  sie  ferner  ein  acht  französisches  Werk  und 
ein  classisches  Buch  über  das  Ritterwesen  ist^  so  entschlpfs 
sich  Hr.  Dacier,  Gonservator  der  französischen  und  lateini» 
sehen  Handschriften  der  königl,  Bibliothek  in  Paris  und  Mit« 
'glied  det  beiden  Akademieen,  mit  den  Ungeheuern  Hülfamit« 
tcltif  die  ihm  für  eine  solche  Arbeit  zu  Gebot  standen ,  ^eine 
neue  und  vollständige  Ausgabe  zu  besorgen.  Z)ies  Qeschäft 
hat  er  nun  dem  Hrn.  Buchon ^  einem  juifgen  Rechtsgelehrten 
VÖis  Geis^^  Talenten  und  Kenntnissen  überlassen»  und  es  lie* 
gen  neun  Bände  ider  Arbeit  vor  uns*  Ehe  wir  davon  reden, 
WM  durch  die  vereinigten  Bemühungen  des  gelehrten  Vetera« 
nen  und  eines  jungen,  rüstigen  und  eifrigen,  für  die  Geschichte 
geiner  Nation  thätig^n  Gelehrten  ausgerichtet  ist,  halten  wir 
ea^für  Pflicht  1  unsere  deutschen  Leser  knit  Froissart  Selbst  zu- 
erst etwas  näher  bekannt  zu  machen.  Dafs  Ref.  viel  Neues  zu 
sagen  hätte,  wird  man  nic^t  erwarten,  wenn  er  erwähnt,  dafs 
dö^  vortreffliche  Kenner  alter  französischer  Literatur,  H;err 
vdnBarante,  im  aechszehnten  Theil  der  Biographie  universelle 
undCurne  de  Ste.Palaye,  der  sich  sein  ganzes  Leben  hindurch 
mit  altfrdnzdsischer  Literatur  und  mit  dem  Ritterwesen  und 


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cteiten  Gebräuchen    abgegeben  batte^   iid  zebtiten  tind  rier« . 
sehnten  Tboil  der  jileinoires  de  racad^mie  des  intcr.  et  bellei 
^  lettres  ausfübrliche  Nachrlcfateri  von  thm  und  über  ihn  gege« 
]>en  haben.     Ref.  will  indessen  seinen   eigenen  Weg  gebend" 
das,  was  dief  Franzosen  gesagt;  babett^  voraus^etaien^  und  die 
Wichtigkeit  der  Erscheinung   einer  neuen   und.  scb^itaibaren^ 
weJin  gleicb  nicht  eigentlich  'kricischeii  und  genauen  AuSgabd 
wird  ihn  entschuldigen,    w^nn  er  Bekanntes  wieder  in^  Ge« 
ditdhtnl^i  surückruf't«     Die  Chronik  geht  bekanntlich  von  1326 
-^1400,  in  welchem  Jahre  Froissart  wabi'scheinlich  gestprbeii 
isi^  und  befälst  also  im  ganz   eigentlichen  Sinn  seine  ganz« 
Lebenszeit^  da  er  um  i353  gelioren  war.     Scbon  aus  der  Zeit* 
angäbe  sieht  rtiati  alsd^   dais  Froiss^ärt  gerade  ani  Aande  der  ; 
Slterei^    und    heueren  Periode    der   Kitterzeit  xirid  iri  j^ahrea 
lebte 9  wo  die  Prosa  der  KitterrOmane ,  und  die  Zeit  der  Aben*    . 
tbeuer  einzelner    rüstiger  Männer    in    die  Zeit    des  .Kanipfd 
grofser  Reiche   und    ihrer  Bundsgenosseh -vnd   Unterthanea 
fiberzugehen  anfing.      Die  Geschichte  fing  also  ah  zi\  werden^ 
was  sie  in  den  Zeiten  der  Griechen  und  Rdiner  gewesen  war 
und  unter  den  Neueren  wieder  geworden  ist^  sie  war  es  aber 
noch  nicht y  und  man  kann  sich  den  versehiedenen  Charakter 
der  Zeit  des  Ausgangs  vom  vierzehnten  Jahrhundert  von  deni 
des.  fünfzehnten  Jahrhunderts  nicht  besser  anschaulich  machen^ 
als  wenp  man   die  Chronik  Froissarts  mit  den  Memoires  sur 
le  regne  de  Charles  V.  von  der  Christina  von  Pisa  verg^leicbt^ 
welche  unmittelbar  nacli  FroissartsTode  schrieb.     D^a^  ganzö 
Lrebeh  des  Verfassers  war  übrigens ,  wie  einst  HerodotS  Leben, 
völlig  und  durchaus  seiner  Geschichte  gewidmet ,  nur  mit  dem 
Unterschiede,    dafs  Herodot,    um  des  menschlichen  Lebens 
Laluf  und  Zweck,   Froissart^    uo^  Abentheuer  zu   erkunden^ 
auszog,  weil  der  eine  in  einer ^eihfacheri  und  reinen,  der  ahdfa 
iri  einer  abentbeuerlichen  Welt  lebte  und  verkelörte,'  beide 
waireh  aber,  wie  6s  die  Natur  der  Sache  mit  siöb  brächte,  gleich  ^ 
wahr,  in   ihrem  Streben  und   in  ihren  Bericbten ,   hnd  man!- 
würde  sie  besser  Organe  ihres  Zeiti^ters  als  Schriftsteller  des«' 
selben  nennen.      Als  Canohicus  und  Schatzmeister  in  Chim'ay 
hatte  Froissart  Mufse  genug,  und  da  er  seine  Zeit  nieiir  in 
der  Schenke  und  in  lustiger  Gesellschaft  als  iri  der  Kirche  zu« 
bnraichte,  so  hatte  er  auch  GelegenEeit  genug,  den  Erzähluh« 
gen  von  englischen  und  frahzd^sischeh   und  später  burgundi« 
scheh  Kriegen  zu  horchen^  und  er  ward  bald  als  guter  Erzäh- 
ler bekannt,  dichtete  und  sang  manches  Ritterlied  und  berei« 
iete  sich  durch  Lesen  der  Ritterroinahe  der  Zeit  auf  die  Art 
Geichithtschreibung  vo'r,^  in  welcher  ei^  eih(zig  und  uaöbeic« 

2Ö*  ^ 


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436         !^ehon  CoIleeCioiii  des  ChroDiques  nation.  Fran^ aise«. 


I 


troißFen  ist.     Scboh 'in  seinem  zwanzigsten,  Jahre  ward  erlern 
'Grafen  von  Namur  bekannt,  und  vö^n  ihm.  aufgefordert,  ««ihrieb 

.  er  hernach  die  Geschichten  seiner  Zeit,  vom  Tre£Een  von  Poi- 
tiers  (13/56)  beginnend.  Diesen  eisten  Anfang  seines  Werks 
'feherreichte  er  hernach  der  Königin  von' England  >  welche  als 
französische  Prinzessin  einen  Mann ,  der  als  Sänger  und  Ro- 
maiienschreibei;  bekannt  y  dgrch  seine  Unterhaltung  anziehend 
^  Wär,.2u.  ihrem  Privatsekretär  annahm«,  Schon  in  der  Zeit, 
als  er  in  Diensten  der  Königin  stand ,  durchreisete  er,  \im.die 

,  Oertlichkeiten  kennen  zu  lernen ,  und  Nachrichten-,  die  ihm 
fehlten 9  zu  erft-agen,  ganz  .Frankreich,  und  kam  auch  an  Ita- 
Uänischen  Höfen  herum.  Nach  dem  Tode  der  Königin  fin« 
4eu  wir  ihn  hinter  einander  bei  Wenzel  von  Luxemburg,  aer 
Dichter  war,  wie. er,  bei  Guido  von  Avesne,  Grafen  von 
Blöis,  und  später,  um  die  Kriege  des  Südens  zu. erfragen 9  an 
verschiedenen  Höfen  des 'südlichen  Frankreichs,  dann  in  P^- 
ris;  immer  eifrig  auf  Kundschaft,  im  me;r  begierig  zu  forschen 
und  zu  fragen.  .  Seihst  im  höheren  Alter  scheut  er  die  Mühe 
^  iiicHt ,  wenn  er  hört,  dafs  ein  bedeutender  Augenzeuge  wich- 
tiger Begebenheiten  In   den  Niederlanden   angekommen  sey, 

.  ^ich  von  Paris  aus  dahin  aufzumachen,  und  in  Person  den  Zeu- 
gen auszufragen.  Hauptcharakter  ^s^einer  Erzählung^  ist  daher 
JUeben  und  Bewegung.  Alles  das,  was  die  Romane  selnec 
Zeit  auszeichnete,  hat  er  in  die  Geschichte  herübergenommen, 
und  80  wie  diese  Romane. die  Rauptzüge  der  Zeit  an  sich 
,  tragen,  weil  sie  gröfstentheils  von  den  Personen,  die  in  den- 
selben eine  bedeutende  Rolle  spielten ,  abgefafst  sind ,  und 
deren  eigne  Geschichte  etwas  verschönert  erzählen,  so  bildet 

-  auch  er  mehr  das  Leben  und  die  Bewegung  selbst  theilneh- 
mend  ab V  als  dafs  er,  wie  wir  zu  thun  pnegen,  die  Sache  sich 
selbst  erklären  liefse*  Den  Ton  des  Ritterromans  findet  man 
vom  Anfang  bis  ans  £nde  gehalten  ,  und  man  möchte  das  VVerk 
wohl  besser  ein  Epos  der  Zeitgeschichte,  als  eine  Chronik 
nennen.  Dieser  Charakter  des  Buchs  ist  es  gewesen,  der, 
Herrn  Buchon  bewogen  hat,  ^en  Versuch  zu  inachen>  es 
durch  die  moderne  Orthographie  und  durch  einzelne^  A«nde- 
runeen  lesbar  zu  machen  und  so  unter  das  gröfsere  Publikum 
zu  bringen.  Wie  das  geschehen  ist,  davon  will  Ref.  erst 
dann  reden,,  wenn  er  von  Froissart  selbst  ausgeredet  hat^^  Ef 
zweifelt  indessen,  dafs  des  Herrn  Buchon  an  sich  löbliche  Ab- 
sicht unter  den  Franzosen  kann  erreicht  Werden,  das  gelehrte 
^  Fub^ikum  aber  verliert  durch  die  Art  des  Abdrucks,  die  ^f 
vorgezogen  hat,  die  Gelegenheit,  den  Hauptschriftsteller  des 
Mittelalters  kritisch  genau  in  einer  würdigen  Ausgabe. zu  be« 


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Bu^oM  CoUeelions  dei^  Chroni^et  naiioxu  Fraiif flisef.         437 

Mitzeiu  Eiire  zweite  Ausgabe  neben  dieser  ist  nicht  wohl  denk- 
bar 9  und  dafs  man  auf  königlicne  I^osten  eine  Ausgabe  veran- 
stalten werde,  scheint  ebenfalls  nicht  wahrscheinlich.,  Die 
ganze  Geschichte  Froissarts  «erfällt  in  vier  grofse  Theile,  die 
wieder  in  Kapitel  getheilt  sind.  Der/  erste  Theil  g«ht  bis 
1379,  der  zweite  bis  l385,  4er  dritte  bis  1389,  der  vierte 
tis  1400.  Der  erste  Theil  hat  fünfhundert  und  fünf  und  neun- 
zig Kapitel  und  füllt  die  ersten  sechs  Bände  der  Ausgabe  des 
Hrn,  Bucbon,  der  zweite  Theil  schliefst  bei  Herrn  Buchon 
mit  dem  zweihundert  und  neun 'und  zwanzigsten  Kapitel  in 
der  Mitte  des  neunten  fheils.  Dieser  Theil  enthält  in  der  äl- 
teren vor  uns  liegenden  Ausgabe  nicht  allein  noch  die  29  Ka. 
Eitel,  die  Hr.  Buchon  noch  in  dem  iieunten  Bande  beigefügt 
at^  sondern  noch  aufserdem  drei  ulid,  zwanzig  andere,  weK» 
che  wir  in  einer  folgenden  Lieferung  von  Hrn.  Buchon  als  Ka-  ^ 
pitel  des  dritten  Theils  erhalten  werden.  Man  sieht  dai:aus, 
dafs  diese  Ausgabe  mit  den  Zugaben  des  Hrh,  Buchon  übei^ 
Froissarts  Leben  wenigstens  18  Theile  in  8vo  enthalten  wird. 
Nur  das  erste  Buch  des  ersten  Theils ,  welthes  man  im  ersten 
Bande  dieser  Ausgabe  findet,  yi^ard  wahrscheinlich  der  Köni- 
gin von  England  überreicht,  nur  dieses  ist  aus  Johann  le  Bels 
Nachrichten;  bei  Allein  andern ,  vom  Treiben  bei  Poitiers  auf- 
gefangen, ist  Fi!oissart  selbst  Quelle  und  Verfasser  zugleich. 
Um  den  .Freunden  diest^r  Literatur  deutlicher , zu  machen,  wiö 
weit  das  Werk  gediehen,  so  bemerken  wir  noch,  dafs  diese 
9  Bände  des  Herrn  Buchon  bis  zu  feuillet  CLXXVHI,  der 
Ausgabe  y,on  Ve'rard  reichen-,  von  welcher  Ref,  den  Abdruck 
von  1530  zur  Hand  hat;  die  Ausgabe  von  Sauvage,  welche 
er  früher  gehrauchte,  steht  ihm  in  dem  Augenblick  nicht  zu 
Gebot.  Üin  zu  Froissart  selbst  zurückzukehren^  so  tritt  er 
im  Charakter  des  unterhaltenden  Erzählers,  d6s  Aufbewahrers 
edler  Züge  der  Menschheit  und  der  IVitterschaft,  gleich  imrro<* 
log  und  in  dem  ersten  Kapitel  des  Textes  auf,  ruft  auf  christ«  \ 
licne  Weise  statt  einer  Muse  die  göttliche  Hülfe  an,  und  macht 
uns  klar,  dafs  die  Geschichte  seiner  Zeit  upd  ihr  Verfasser 
ganz  Bilder  und  Kinder  ihrer  Zeit  seyen.  Wir  meinen ,  dafs  ' 
es  nicht  auf  Philosophie  abgesehen,  dafs  der  Wunsch,  den 
Grund  der  Dinge  zu  ergründen,  oder  das  Ziel  und  den  Zweck 
des  menschlichen , Lebens  zu  erforschen ,' fern  von  ihm  sey. 
Er  will  lustig  leben,  des  Lebens  Schicksale  berichten,  dieZ^it 
durch  muntere  Erzählungen  kürzen,  bis  ein  seliger  Tod  auf 
«ine  bequeme  Weise  durch  Hülfe  der  Kirche  erlangt,  dem 
Fechten  und  Streiten,  dem  Gl^lnzeil  und  Buhlen,  deiu  Trinken 
\ind  Singen,   dem  Beten  und  Büfsien  «eines  ritterJicUea  und 


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43i9         Bluibon  &Ueetioiit  det  C]iromq[ttef  lurdon*  Fhwfaüer;. 

^fafEicben  Lebens  ein  Ende  mache«     Wir  ei4fitttern  idiea  4iirch 
N  «inige  Stollen ,  welche  Uns  düzu  passend  scheinen.    Die  Erste 
ist  sein  Proloe. 

Damit  ebrepwerthe  Unternehmangen ,  edle  Abcntfaeuö: 
u^d  Waffentbaten^  die  sieb  in  den  Kriegen  von  Frankreich 
Mnd  England  ereigne^  Haben,  an  eitlem  Orte  der  Aufbewah«* 
rung  nied^gelegt  und  zujoi  ewigen  Gedächt^iis  dort  aufge« 
*  hoben  seyen,  auf  dafs  allen  Wackern  *ein  Muster  aufgestellt 
bleibe,  welches  sie  in  ihrem  guten  Beginnen  spornen  könne, 
will  icp  behandeln  und  aufzeichnen  Geschichten  und  Sachen/ 
- 1  iie  gro(sen  Preises  werth  sind.*  Aber  ehe  ich  beginne,  flehe 
ich  den  Heiland  aHer  Welt  an ,  der  aus  Nichts  alle  Dinge 
schuf  ^  dafs  er  scha£Fen  wolle  und  legen  in  mir  einen  so  • 
kräftigen  Sinn  und  Verstand ,  dafs  ich  fortfahren  und  ver* 
harren  kOnne,  auf  solche  Weise,  dafs  alle  Männer  und 
Wji^iber,  die  mein  Buch  lesen  ^  sehen  und  von  ihm  hdren 
werden,  Ergötzen  und  "T^ergntlgen  daraus  nehmen ^  und 
durch  mich  ergötzt  mir  ihre' dunst  Schenken.  Man  sagt, 
uifd  inan  hat  Recht,  wenn  man  es  sagt,  dafs  jedes  Gebäude 
gebaut  und  gemauert  wird  auf  die  Weisö,  dafs  man  Stein 
^  auf  Stein  legt,  und  dafs  alle  grofse  Flüsse  entstehen  und 
vereinigt  werden  aus  mehreren,  Bächen  und  Quellen |.sa 
'  werden  auch  Wissenschaften  durch  verschiedenartige  Schrift* 
Steljer^ behandelt  Und  zusammengebracht,  itiid  wjts  der  Eine 
wet£s,  das  w^eifs  der  Andere  nicht,  denn  es  gibt  nichts  in 
^er  Welt,  das  nicht  der  Eine  pder  d^  Andere  wCül'ste,  sey 
f8  fish  oder  |iern.  Um  nun  zu  erreichen  und  einzugehen  in 
detx  Stoff,  den  ich  begonnen  habe  durth  Gottes  und  der  gebene* 
fleytenjung&au  Maria  Gnade,  von  denen  beiden  jeder  Trost 
urtd  jedes  Vorschreiten  in  der  Wissenschaft  kommt»  will  ich 
bauen  und  mich  beziehen  auf  die  wahren  Chroniken ,'  die 
der  hochwürdige  Mann  und  bedachtsame  Herr  Johann  le 
Bei,  Kanonikus  von  Stt.  Lamh^tt  in  Lüttich  gesammmelt 
hatte  u;  s.  w* 

Dies  mag  g^nug  se3rp,  um  den  Erzähler  in  seiner  lieb^nst 
"  Würdigen  Breite  und  der  liieblichkeit  des  Tons  ^  den  er  von 
f^er^ Kitterromanen  her  sich  aneignet,  zu.ctaraklerisiren,  wir 
Algen  dazu  zur  iplrgänSsung  nur  noch  d^n  Anfang  dpr  Geschichte 
seihst  bei,  weil  er  darin  den  vollen  Ausdri^ck  des  Beginn^ 
der  Erzählung  unterhalteiide^  und  b^l^^render  ^  aber  dabei 
.'wahrhafter  Rittef2il)entheuer  gelegt  ^at:  »^Um  alle  ^dlen  JfJerr 
sen  zu  ^rmuthigen  und  il^nen  zu  zeigen  Beispiele  in  Wa£Een« 
^batefi  um  Ehre,  beginne  ich  Johann  F^pissar^  zu  r^den  nach 
,4eiii  Bericht  meines  gnädigen  Herrn  Johann  le  Be]|  einst  Ka«. 


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Baekon  CoUeetiom  det  Cbroniqu«!  naciqn.  Frao^aifes.         43^ 

nanikui  von  Saint  Lambert  in  Lttttichy  denn  woh]  meine  ich^ 
dafs  viele  edel  und  nicht  edel  geborne  Leute  viel  Mäbl  von 
den  Kriegen  zwischen  Frankreich  und  England  geredet  haben, 
die  wahrhaftig,  Wenn  man  sie  fragte  und  auftorderte,  nicht 
wissen  würden  und  nicht  sagen  könnten,  weder  wie^  noch 
ans  welchem  Grunde  diese  Kriege  ausbrachen;  darum  findet 
man  hier  den  geraden  und  wahren  Grund  des  ganzen  Verlaufs, 
We^l  ich  aber  nichts  beifcigeh,  nichts  abnehmen,  nichts .ver-» 
gessen  j.  nichts  verderben ,  und  die  Geschichte  nicht  dadurch 
abkürzen  will ,  dafs  ich  es  an  Rede  ermangeln  lasse ,  sondern 
sie  vervielfältigen  und  Ihr  Zuwachs  geben,  so  viel  ich  nur  immei; ' 
kann,  so  will  ich  Ihnen  von  Funkt  zu  Fiinkt 'reden  und  zeigen 
alle  Abentheuer  seit  der  Geburt  des  edlen  Kdnigs  Eduard  Von 
England,  der  so  mächtig  regiert  hat,  u.  s.  w.  Oer  Geschieht« 
Schreiber  vergifst  sich  selbst  über  die  Begebenheiten,  der 
poetische  Erzähler  des  Geschehenen  mufs  aber  sich  vorführen^ 
denn  die  Freude  des  Horchens  hat  ihn  zum  Forschen,  die  Hoff- 
nung künftigen  Geschlechtern  als  Heblicher  Erzähler  bekannt 
zu  werd.en,  hat  ihn  zum  Niederschreiben  angetrieben.  Darum 
beginnt  er  ,  als  er  den  vierten  Theil  seiner  Geschichten  anfängt 
(bis  dahin  ist  Herrn  Buchons  Ausgabe  noch  nicht  fortgerückt), 
aufs  neue:  „Ich  Johann  Froissart,  Priester  und  Kapellan  mei- 
nes sehr  theuren  Herrn ,  den  ich  oben  genannt  habe ,  und  zu 
gegenwärtiger  Stund  Kirchen -Schatzmeister  und  Kanonikus 
in  Chiinay  und  Lisle  in  Flandern,  habe  mich  in  die  Werk- 
stattgesetzt, um  zusammenzusetzen  und  zu  arbeiten  eine  Er-  / 
Zählung  aus  dem  edelsten  Stoff  (dies  ist  die  sehr  ut^behülf- 
liche  wörtliche  üebertragung  der  Worte;  me  my  en  la  forge 
pour  ouvrer  k  forger  en  la  haulte  et  noble  matiere,  laqueue 
traite  u.  s.  w.)  der  Thaten  und  Abentheuer  der  Kriege  von 
England  und  Frankreich  und  von  dem,  was  damit  a^u^aminen- 
bangt  und  daran  klebt,  wie  dies  deutlich  und  klar  durch  die 
Traktate,  die  Vom  Datum  des  heutigen  Tags  sind,  In  tlieser 
allervortrefflichsten  Materie  zu  arbeiten,  werde  ich  fortfah- 
ren, so  lange  ich  durch  Gottes  Gna4en  leben  weirde,  und  je 
mehr  ich  dabei  schwitzen,  Je  mehr  ich  mich  dabei  abmühen 
mufs,  desto  mehr  gefällt  es  mir,  Gerade  wie  ein  stattlicher  . 
Ritter  und  Knappe,  der  «eine  Waffen  Hebt,  immer  in  seiner 
Uebung  fortfährt  und  verhart^  sich  dadurch  nilhrt  und  ver- 
vollkommt,  so  v^rvolllcomme  und  ergätze  auch  ich  mich,  wenn 
ich  fortfahre ,  in  ^ies^r  Materie  zu  arbeiten  uqd  mich  zu  be- 
mühen." Weiter  unten  in  demselben  vierten  Theil  setzt  er 
dann  noch  hinzu,  was  wir  nicht  übertragen  wollen,  tim  ihm 
iiichts  von  der  originalen  Natürlichkeit  und  Frische  üu  rauben; 


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^|4D         9iub«i^C{plUolioiu  d^C3iroai^i|es.naUpa^|^^ 

Teiles  .cfapsea  k  jireet  }{  mettre  -en  avunt  me  «ont  grandement 
plaisanteis  et  si  plais^nc^  ne  m'eut  incline  a  dictfef  et  h,  Vear 
gaerre  je  n'en  fusae  ja  venu  a  bout.  Doch  ni(:ht  genug  daoiltf 
^r  führt  sich  selbst  redend  und  handelnd  eip^  wo.es  tiur  iqir 
m^r  gescl\ehen  kann^  un4  di^s  k^nn  es  besonders^  da^  wo  er 
von  jdein  beriphte^,  v^as  er  gelbst  ausgefor&cht  ui|d  gehOrt^ 
nicht  abe^  yon  Jqhann  le  Bei  angekommen  hat.  IJip  auch  die« 
anschaulich  z^n  machen ,  wollen  wir  zwei  Beis^pii;le  wählen^ 
wo  map  zugleich  sieht ,  weicht  Bedeutung  er  iind  auch  seine 
,  Zeit  £^uf  die  Erzählung  und  das  Aufbewahren  des  Geschehenen 
legte  I  und  wie  innig  dies  mit  dem  ganzen  Leben  der  Zeit  zur 
sammenhing^  In  Herrn  Buchons  Ausgabe  im  9tenTheil  S.  219« 
^Ujid  um  d<^s  willen ,  ich  ,  Johann  Froissart,  der  ich  mir  Mühe 
gegeben  (ens^oingne)  und  micl^  damit  beschäftigt  habe;  diesem 
beschichte  zu  dictirei^  und  ^u  achreiben ,  auf  Bitte  und  An^ 
auchei^  des'  vornehmen  und  hpchberühmten  gnädigen  Herrn 
Guido  von  Chatillony  Grafen  von  ]ßIois^  Herr^  von  Avesnes^ 
fieaumont)  Schoonhort.  und  la  G^^de^  meines  guten  und  ge-^ 
bietenden  Herrn  und  Regenten  (Herr  ßuchon  bemerkt  in  der 
^ote,  dafs  Froissart  138;4»  als  Wepzel  von  Luxemburg  starb, 
Hofkapellan  bei  Guijdo  von  Blois  wurde,  ^r  gelbst  al^jer  erzählt 
hier, 'was  ihn  von  da  zum  Grafen  v<>n  Foix  ans  andere  Ende 
von  Frankreich  führte).  Weil  ich  nun  in  mir  dachte  und  be- 
trachtete^ dafs  keine  Aussiebten  seyen,  dafs  in  dc^n  Gegeri-^ 
den  der  Picardie  und  in  Flandern  irgend  bedeutende  Waffen«* 
^baten  geschähen j(  weil  Friede  war,  so  mbichte  ich  do.rt  nicht 
mtlfsig  zurück  bleiben,  denn  wohl  wuf$te  ich,  da (s  auch  noi^x 
\n  künftiger  Ze^t,  wenn  ich  längst  todt  seyn  werde,  diese 
hohe  u^d  edle  Geschichte  ^n  giofser  Aufnahme  s^yn  wird,  un4 
dafs  alle  wfickere  und  rüstige  Männer  Ergötzen  und  Beispiele, 
wie  sie  thuu  un^  handeln  sollen,  daraus  nehmen  werden.  Soj 
lange  ich  also  noch,  Gptt  sey  Dank,  Verstand,  G^dächtnifa 
und  deutliche  Erinnerung  hätte,  und  geistige  Fähigl^eit  (en-i 
gin),  um  deutlich  und  bestimmt  darzustellen  alle  die  'J^hatsa- 
chen,  über  Weicheich  könnte  berichte^  seyp  un.d  welche  mit 
meiner  Hauptarbeit  in  Vt'rbindung  standen,  ^o.  lange  ich  l?och 
Altert  Lieibeskraft  und  Gliedmafsen  hätte,  um  zu  diesen^ 
Zweck  Mühe  übernehmen  und  tragen  zu  konqe^^  so  lange 
entschlofs  ich  Tipich  nipht  aufzuhören  (sejournev),  meinen  Ge^ 
genstand  zu  verfolgen.  Lfm  nijr^  dje  Wahrheit  dex  weit  voa 
meiner  Heimath  vorgefallenen  ißegehe^iheiten  zu  erkunden^ 
ohn^  dafs  ich  nöthig  hätte,  eine  pudere  Verson  an  i^einer  Statt 
hinzuScluicken,  so  nutzte  iph  dargebotene  Mirtel  und  Gelegen-?; 
feeit  (aphoispu),   m^ch  zuui  hocligabiete4iien  Her^n  und  f ü,r- 


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Bu^on/CoUeetioDi  doi  Clifok!^6|  niitioD.  ffranf  ftisci»         44l 

«teaGafton^  Grafen  von  Foix  und  Beam,  eu  bee^ban,  imnn 
WoUl  wufste  icby  dafs,  weiin  ich  iii  seine  Hofhaltung  (huttfl) 
koinoien  und  dort  nach  Belieben'  verweilen  könnte ,  ich  an 
Iceineoi  Ort  in  der  Welt  besser  seyn  würde,  um  alle  mögliche 
Nachrichten  einzuziehen.  Dort  verweilen  und  dorthin- kom^ 
snen  gern  alle  fremde  Ritter  und  Knappen ,  weil  dieser  Fürst 
,  von  hoher  Geburt  und  unter  dem  Adel  hochangesehen  ist. 
Gerade  wie  ich  es  mir  gedacht  hatte»  so  ereignete  es  sich.  Ich 
stellte  meinem  lieben  und  in  Untertbänigkeit  verehrten  Herrn 
dem  gnädigen  Eferrn  Grafen  von  BJoijS,  meine  Absicht  un4 
yneine  B.eise  vor»  und  dieser  gab  mir  seine  Empfehlungsbriefe 
an  den  Qrafen'von  Foix.  Nun  reisete  und  ritt  ich  so  lange/  ' 
und  sammelte  zugleich  auf  allen  Seiten  mir  Nachrichten  ein^ 
bis  ich  durch  Gottes  G^iade,  ohne  Gefahr  und  ohne  Schaden, 
auf  des  Fürsten  Schlofs  Orthez,  im.  Lande  B^arn  kam.  Dies, 
war  a^  h.  Catharinentage  im  Jahre  der  Gnaden  dreizehnhun- 
dert und  acht  und  achtzig.  Der  Graf  von  Foix,  so  wie  er 
niich  sah,  empfing  mich  aufs  1>este  und  sagte  mir  lächelnd  a^f 
gut  Französisch :  dafs  er  mich  gut  kenne ,  wehn  er  gleich,  niidi 
jlie  gesehen  habe  y  doch  habe  er  oftmals  von  mir  reden  hören. 
So  behielt  er  mich  bei  seiner 'Hofhaltung  ganz  nach  .meinem 
Wunsche,  wegen  der  guten  Empfehlungsbriefe,  die  ich  mit» 
gebracht  hatte,  und  icli  durfte  dort  verweilen ,  so  lange,  ich 
wollte.  Dort  ward  ich  von  dem^ ' gröfsteh  Tbeile  der  Angele* 
genheiten  unterrichtet,  die  im  Königreich  Kastilien ,  im  K'ö* 
nigteich  Fortugall,  im  Königreich  Navarra ,  im  Königreich 
Arragonien  und  im  Königreich  England,  im  Lande  Bordelois 
und  in  ganz  Gascognp  sich  begeben  hatten.  Wenn  ich  dca 
Grafen  selbst  fragte,  so  erzählte  er  gar  gern  mir  Alles,  un4 
aagte  mir,  dafs  die  Geschichten,  die  ich  geschrieben  hätte 
und  denen  ich  nach^nge,  würden  der  kommenden  Zeit  mehif 
aju  empfehlen  seyn ,  als  tausend  andere.  Wollt  ihr  wissea 
wariim,  lieber  Magister,  sprach  er;  in  diesen  fünfzig  Jahrenc 
und  darüber  sind  mehr  Waifenthaten  geschehen ,  mehr  Wun^ 
der  in'  der  Welt  gewirkt,  als  in  dreihundert  Jahren  vordem*«^ 
IS/lan  sieht  aus  dem,  was  wir  von  ihm  angeführt   habent,  zum 

Sleich,  wie  er  erst  die  früheren  Geschiqbten  bei  seinem  Domh- 
errn, dann  in  England  die  englischen  und  französischen  Ge- 
schichten, während  s.eines  Aufenthalt«  bei  .der  Königin,  dana 
bei  Wenzel  und  Guidgs ,  w.>^  im  Norden  von  Frankreich  vor» 
gefallen,  endlich  be^  dem  Grafen  von  Foix  das,  was  im  Süden 
vorgegangen  war,  selbst  (auszuforschen  Gelegenheit  hatte.. 
Wir  wollen  nun  noch  aeigen,  wie  er  die  lcrt;(ten  anglisch- 
t:Vanzösischen   Gres.phi(;hten   erfo(scht«f.       Pia  .St;ella    darüber 


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449         Batbou  <felkitfa»i  im  Ovonlgitt  mUob«  >r— ftfait 

riUken^  wir  um  «o  UAer  ein,  da  itian  in  dertelb«n  den  Maim 
durch. iioh  selber  geschildert  erkennen  wird«  Im  sehnten  Ka- 
pitel des  vierten  Tbeils  unserer  Ausgabe  feuiUet  X.  versa, 
tflllt  es  ibfin  ein,  wieder  nach  England  su  gehen  und  £rkandi« 

Sungen  einzueiehen,  da  heifst  es  dann:  »So  sehnte  ich  mitik 
enn,  dies  Reich  wieder  su  sehen ,  und  .es  schien  mir ,  als 
wttfde  ich|^  wenn  ich  wieder  in  dem  Lande  gewesen  wfirey 
länger  leben ,  denn  volle  sieben  und  swana^ig  Jahre  hatte  ich 
angestanden  hini^ureisen.  Wenn  ich,  bo  dachte  icb^  auch  die 
,  Herrn  dort  nicht  wieder  ^nde,  die  ieh  vor  meiner  Trennung 
^  von  England  dort  gekannt  habe,  so  werde  ich  ihre  Nachkom« 
'  men  sehen»  Auch  würde  es  mir  sehr  angenehm  seyn,  bei  der 
Gelegenl^eit  in  meinen  Geschichten  dasjenige  berichtigen  au 
können,  was  ich  von  den  Engländern  geschrieben  habe.«* 
.  /Nun  folgt  in  der  ihm  eigenen  Breite,  wie  er  sein  Anliegen 
allen  seinen  gnädigen  Herrschaften  eröffnet  habe,  und  wi^ 
diese  ihm  Empfehlangen  mitgegeben,  dies  würde  hier  zu  weit* 
'  läufiff  seyn,  ausauführen,  dann  fährt  er  fort:  Und  ich  hatte 
im  voraus  schon  schreiben,  noit  grofsen  Bnchstaben  rerechö^ 
nein  (grossoyer),  illuodiniren  und  sammeln  lassen,  alle  Lie« 
Üesgescbichten  und  moralische  Erzählungen  (moralit^s)^  die 
ich  durch  Gottes  und  der  Liebe  Guust  in  den  sieben  und 
awanzig  Jahren  gemacht  und  gesammejt  hatte.  Diese'  Sache 
vermehrte  mir  denn  au^h  meine  Lust,  nach  England  zu.  geheri, 
und  dort  den  König  Richard  zu  sehen.  Dieser  war  ein  Sohn 
des  mir  bekannten  edeln  und  hochmächtigen  Prinpen  von  Wa- 
les und  Afuitanien,  und  ich  hatte  ihn  nicht  gesehen,  seit  er 
aus  der  Taufe  gehoben  war  im  Dom  der  Stad(  Bordeaux,  In 
jenen  Tagen  war  ich  dort»  und  hatte  die  Absicht^  eine  Reise 
nach  Wales  au  machen  u.  s.  w.  —  So  wünschte  ich  dann,  den, 
König  au  sehen ,  und  meine  gnädigen  Herrn ,  seine  Oheime, 
und  hatte  mich  versehen  mit  einem  schönen  Buch  schön  aus« 
ceaiert»  in  Sammt  gebunden,  und  mit  silbernen,  vergoldeten 
Nägeln  be#chla£en,  um  dem  Könige  bei  meiner  Einführung 
damit  ein  Geschenk  au  machen;  die  Arbeit  und  Mühe  des 
Schreibens  übernahni  ich  recht  gern,  wegen  der  Gedanken, 
die  ich  damit  verband,  wer  aber  eine  Sache  gern  thut,  dem 
acheints«  als  koste  sie  ihn  nichts.«  ^ann  berichtet  er,  wie 
er  sich  dort  bekannt  macht,  wie  er  Eingang  erhält ,  wie  er  an 
den  Hof  des  Königs  kommt,  und  hier  sieht  man  auf  eine  ko« 
mische  Art,  wie  es  ihm  darum  au  thun  ist,  wunderbare JVfähre 
SU  hören.  Er  fragt  einen  Ritter,  ob  er  mit  dem-fcönige  in 
Irland  fi^Wf^B^n  •ejl  Dieser  antwortet  ja.  .  Er  fragt  weiter, 
ob  denn  das»   was  man  vom  Loch  des  b.  Patrik  sage,  wahr 


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Bttiobott  ColUtftioiii  4f*  Chf önl^tfe»  luitioib  Jft9a^9t         44S 

•ey  ?/  Ja^  tagt  er,  denn  ^rund  ^in  anderer  Ritter  im  Oefbige 
de«  Königs  hätten  sieb  dort  die  ganse  Naeht  eingeschloes«»'  . 
gehabt.^    Wip  er  aber  auf*  seine  Fragefi ,  vicas  sie^  denn  dorti 

Seseben  hätten,  die  Ant^wort  erhält,  er  sey  in  Schlaf  gefall en^ 
abe  wunderbare  Din^e  get^räumt,  wisse  aber  ni(iht  mehr^ 
^as  er  geträumt  habe,  so  ist  ihm  das  durchaus  nicht  gelegen^ 
und  er  plagt  den  prosaiscb^n  !E(itter  mit  weiteren  Nachfragen 
nicht.  Da  Froissart  nicht  dem  Faden  der  Historie,  der  Zeit- 
folge, sondern  dem  Gesetz  des  guten  Erzählet s  nachgeht,  und 
seinen  Zuhörern  die  ganze  Keihe  der  Abeisheiuer  einer  gewis« 
sen  Geschichte  in  allen  ihren  Beziehungen  vorführt-,  so  geräth  ^ 
er  allerdings  immer  mit  der  Chronologie  in  Verlegenheit,  steigt 
nach  und  nach  von  einem  Funkt  ian  bis,  zum  ersten  Anfange  > 
auf  und  hebt  dort  vom  £i  an.  -Den  Grund  davon  gibt  er 
selbst  an  ,  wenn  er  uns  näiiilich  die  Geschichte  des  iümeriol 
Marcel  im  dritten  Buch  auf  9  Folioblättern,  jede  Von  4  ga^ 
spaltenen  Kolumnen  erzählt  hat,  so  fällt  ihm  doch  selbst  end<« 
lieh  ein,  dafs  dies  für  die  Geschichte  von  jemand  j^  den  er*einen 
cappitaine  robeur  nennt ,  doch  etwas  zu  ausführlich  sey.  Er 
entschuldigt  sich  also  beim  Anfange  eines  Aeuen  Kapitels  in 
unserer  Ausgabe  feuillet  CXXXl.  verso  folgender  Mafsen: 
Wenn  icli  so  weitläufig  über  da«  Leben  des  Amerigot  Marcel 
geredet  habe ,  (je  me  suis  niis  a  parier  tout  au  long  de  la  vie 
de  Aymerigot  Marcel  et  de  remonstier  tous  ses  faits)  und  deine 
Thaten  so  ausführlich  vorgetragen ,  so  ist  die  Ursache  davon 
die,  dals  ich  seinem  Grabe  und  seinem  Schatten  zur.gebüb« 
renden  Ehre  helfen  möchte,  weil  man  in  einer  Geschichte  von 
den  Guten  wie  von  den  Schlechten  handeln  mufs,  wenn  sie 
so  ausführlich  ist,  wie  diese.  Dies  mufs  man  thun,  um  ein 
Beispiel  aufzustellen  für  diejenigen,  welche  nach  uns  kommeii 
werden,  um  ihnen  Beispiel  und.  Antrieb  zum  gut  Handeln  zu 
geben.  Hätte  nämlich  Amerigot  Marcel  seine  Fähigkeiten 
und  seine  Schlauheit  (argus)  zu  guten  Zwecken  angewendet, 
so  war  er  ein  tüchtiger  Mann  in  den  Waffen  und  zu  jeder  Un- 
ternehmung brauchbar,  io  dafs  er  sich  hätte  gut  gelten  machen 
können;  aber  weil  er  gerade  das  Gegentheil  that,  kam  er  zu 
^inern  schlechten  Ende.«  Die  ganze  Form  ist  aufserdem  die 
sei^ier  beliebten  Romane,  denn  nicht  nur  flicht  er  dieselben 
Bemerkungen,  wie  jene  Romane,  ein,  nicht  blos  läfst  er  die 
Leu^e  seihst  erzählen,  was  ihnen  begegnet,  nein,  er  bedient 
siph  sogar  der  Kunstformel  der  Romane  ör*  dit  le  conte,  gan« 
besonders,  aber  führt  er  seine  Personen  redend  und  handelnd 
f  in.  .Davon  zeigt  sich  ein  merkwürdiges  Beispiel  bei  Gelegen*- 
beit    des  Aufstandes  der  Frpvinze^i  Äent  und  Essex  gegen 


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444         Btiölion  ColIeeUoits  ^es  Chtpniqtieft  luititfä»  tmt^u\ 

Ricbara  II.;  viro  der  Daobdecker- Gesell,*  W«  Tyler,  an.  *er 
Spitze  yon  mehr  als  hunderttausend*  Mensehen  nach  Londonr 
sog.  Als  Walter  Taillier,  sagt  Froissart  bei  Hrn.  Bnchoix 
Vol.  III.  p,  51.,  den  König  »ah,  welcher  da  war,  sagte  er  zu 
seinen  Leuten:  Schau|:  da  den  Kdnig^  ich -will  hingehen  und 
knit  ihm  reden;  rührt  euch  nicht,  bis  ich  ein  Zeichen  gebe, 
und  wenn  ich  euch  dies  Zeichen  gebe  (er  machte  ein  2!eichen)^ 
dann  komtht  heran  und  schlagt  i^lle  toxit,\  aufserdem  Könige, 
Dem  Könige  abeif  thut  kein  Leids,  er  ist  jung,  wir  kennen 
mit  ihm  machen  ,  was  wir  wollen ,  und  fohren  ihn ,  Wohin 
wir  wollen  in  England,  Und  sind  HeiTn  im  ganzen  Königreich^ 
daran  i.«t  kein  Zweifel.  Es  war  aber  ein  Wamsmacher  in-Lon« 
don,  der  hiefs  Johann  Tide,  der  hatte  herbeigetragen- oder 
herbeitragen  lassen  sechzig  Wämser,  mit  denen  sich  einige 
der  Frefssäcke  bekleidet  hatten,  und  auch  Wat  TyJer  hatte 
eins  angipzogen«  Da  fragte  ihn  Johann  Tide,  He  Herrl  wer 
bezahlt  mir  meihe  Wämser?  Sie  kosten  virenigstens^  30  Marfc.^ 
Sey  still,  sagte  Wat /Tylei- ,  du. sollrft  noch  beute  (enriiiit)  he* 
zahl^  werden,  halt  dich  nur  an  micG,  da  hast. du  Bürgschaft* 
(pleige)  genug."  Mit  den  Worten  spornte  er  das  Pferd,  auf  * 
dem  er  ^afs,  trennte  si^h  von  seinen  Genossen  ^  g^"^  gerade 
auf  den  König  los,  und  so  nahe  bei  ihm,  daTs  der  Schw^anz 
seines  Pferdes  auf  dem  Kopfe  vom  Pferde  des.  Königs  war. 
Das  erste  Wort,  was  er  sagte,  als  er  zum  Könige  redete, 
sprach  er  alscr:  „Köpig,  siehst  du  alle  die  Leute,  die  da  sind?« 
Ja,  sprach  der  König,  warum  sagst  du  das^  „Tch  sage  es;  weil' 
sie  alle  unter  meinem  Befehl  sind,  weil  sie  mir  alle  Treue  und> 
Ergebenheit  geschworen,  habe;?,  zu  thun,  was  ich  wiU..^' 
Äecht.gut,  sagte  der  König,  ichibins  wohl  zufrieden  (je  veueil 
bi^n),  dafs  dem  also  sey.  »»VVohl  dann  (Adonc),  sagte  Tyler, 
.der  nur  auf  Aufruhr  (riote  — ^  ^"gl.  fiot)  ausging,  glaubst 
du,  sprich  König,  dafs  dies  Volk,  das  da  ist,  und  ehensaviele 
in  London,  alle  unter  meinem  Befehl,  »ich  voii.  dir  entfernen 
we^de,  ehe  du  ihnen  ihre  Verbriefungen  ausgefertigt  hast? 
Meiner  Treu,  nein  (Nennit)  wir  wollen  sie  gUich  iuitnehmen.« 
Der  Befebl  ist  schon  ertbeilt;  aber  man  muls  einen  Chartern 
Brief  nach  dem  andern  schreiben  und  austheilen.  Geji,  Kam« 
rad  ,  geh  ganz  ordentlich  zu  deinen  Leuten  dort  zurück«  laTft 
sie  von  London  abziehen  ,  haltet  Frieden,  denkt  au  euch  sel- 
ber, denn  unsre  Absicht  ist,  dafs  jeder,  i^qn  euch,  Dorf  für 
Dorf,  Stadt  för  Stadt,  soll  sfeine  Verbrie/'ung  erhalten.««  ,  Bei- 
diesen  Worten  vir avf  Wat  Tyler  die  Augen  ai^f  einen  Waffen-, 
träger  des»  Königs ,  der  hinter  diesem  sUr^  um!  den  Degen 
desselben   trüg,    Tyler   hafäte   aber  diesen  Waffenträger  de* 


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Biidhoii  CoUeetions  des  Chironi^es  mitioni  Franfalief*         444 

Königs  heftige  denn  si«  hatten  früher  Worte  mit  einander  ge«: 
habt  und  der  Waffenträger  hatte  ihn  geschimpft  (villene)..  £i 
rieh  einnvaly  sprach  Tjler,  bist  du  da?  gieb^mir  deinen  Dokh« 
Nt>in  ,  das  werde  ich  wohl  bleiben  lassen,  sprach  der  Waffen* 
träger:  warum  sollte  ich  den  dir  geben?   Der  König. sah  sei« 
nen  Diener  an  und  sprach:    ^^Giebs  ihm.«      Dieser  gab  ihm 
den  Dolch  mit  grofsen  Verdrufs.     Als  Tyler  ihn  in  dbr  Hand 
hatte,  spielte  er  damit,  drehte  ihn  in  der  Hand  herum,  rieb« 
tete  wic^der  das  Wort  an  den  Waffenträger  und  sprach:  „Gieb 
xnir  auch  den  Degen«      Das  werde  ich  wohl  bleiben  lassen, 
sprach  der  Waffenträger,    es  ist  des  Königs  Degen,  du  bist 
-nicht  werth,  dals  du  ihn  in  die  Hand  bekommst,  da  bist  nur« 
ein  Handwerksgesell ,    und   wenn  du   und  ich   hier  auf  dem 
Platze  allein  wären,    dann  stalltest  da  mir  weder  die  Worte 
sagen,  die  du  gesagt  hast,  noch  die  Antwort  erhalten;  nein, 
nicht  um  so  schwer  Geld,  als  dies  Kloster  St.  Pauls  groXs  ist.«« 
Bei  meiner  Treu,  sprach  Tyler,  ich  will  nicht  eher  esseli,  bis 
ich  deinen  Kopf  iiabe.«     Bei  diesen  Worten  kam  der  Bürger- 
meister von  London  u.  $,  w.     Doch  nicht  blos  seine  handeln« 
den  Personen,    sondern  auch  sich   und  seine  Berichterstatter 
führt  er   redend  auf,      Wit  wollen  apch  davon  ein  Beispiel 
beibringen.     Als  er  in  Pamiers  ist  (bei  Herrn  Buchon  tom;  IX. 
p,  2450»  findet  er  einen  Ritter,  den  er  Messire  Espaing  de 
Lyon  nennt.      Nun  fährt  er  fort:    „Ich  gabv  niich   in    seine 
Gesellschaft,  das  machte  ihm  grofse  Freude,  weil  er  gern  die 
Geschichten,  die  sich  in  Frankreich  ereignet,  wissen  wollte. 
Wir  waren  dann   6  Tage  unterweges^  ehe  wir  nach  Orthez 
kamen/«     Dies«  6  Tage  nun  wurden  mit  Gesprächen  über  die 
Geschichten  der  Gegenden  zugebracht,. die  wir  aus  dem  Munde 
des  Ritters  und  in  der  Ordnung,  wie  sie  an  den  Oertern  vor« 
beikommen ,  wo  die  Geschichten  vorgefallen  waren ,  erfahren. 
Wie  dies, geschieht,  wollen  wir  durch  drei  Stellen  erläutern, 
jiWie    wir  denn  hinabritten,    sagt  Froissart,    plauderte   der 
edele  Herr  und  schöne  Rittersmann,    sobald  er  des. Morgens 
seine  Gebete  hergesagt    hatte,    vertraulich    den    ganzen  Tag 
durch  mit  mir,  fragte  mich  um  allerlei  Geschichten  und  gao 
mir,  wenn  ich  ihn  fragte,  Antwort.     Wie  wir  aus* der  Stadt 
Pamiers  ritten,   kamen   wir  über  den  Berg  Gosse,  der  sehr 
mühsam   zu  ersteigen    ist  (travailleux  et  malaise  k   monter)y 
dann  kamen   wir   an    der   St^dt  und   Schlofs   Ortigat  vorbei, 
welches  der  König  von  Frankreich  inne  hat,  und  gingen  ^icht 
hinein,  sondern  hielten  unser  Mitti^gsmah]  in  einem  Schlosse 
des  Grafeh  von  Foix,    das  eine  halbe  Meile  von  da  ist,  das 
man  Carlat  nennt  und  welches- auf  der  Höhe  eines  Berges  liegt. 


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.Macb  dem.MittagASsei^^pradi  der  Ritter  su  mir:  Wir.w<d)eit 
gans  sachte  (tout  souef)  mit  einander  fortreiten  ,  v^ti:  h^beit 
»ar  zwei  Stünden  nach  dem  Wegmaas  des  Landes  ^  was  etwa 
dxei  fransdsische  Stunden  sind  ,  bis  an  unser  Nachtlager.  Ich 
erwied^rte  :  Ich  hins  wohl  zufrieden.  Da  sagte  der  Ritter  1 
Mein  Herr  Johann  ,  heute  sind  wir  vorbeigekomd^en  vor  dem 
Schlofs  Ortigaty'dies  Scblofs  hielt  einmal  fünf  Jahre  lang  eino 
Belagerung  aus,  mit  der  Feter  d'Anchin  es  bedrängte.  Er 
nahm  es  endlich  mit  Sturm  ,  denn  er  legte  Leitern  an  ui^d  die 
Einnahme  war  für  das  Königreich  Frankreich  ein  Verlust  von 
sechzigtausend  Franken,  Und  wie  nahm '  er  es  denn  ?  sprach 
ich  tuni  Ritter,  Das  will  ich  euch  sagen ,  erwipderte  er,  es- 
war  am  Liebfrauentage  in  der  Mitte  August  JVIonats,  da  ist 
ejne  Messe  in  der  Stadt,  bei  der  das  ganze  Lan(}  sich'elnfin« 
Aet  und  viel  viel  Waaren  hergebracht  werden  u.  s.  w.  S.  252. 
erzählt  er  ihm  bei  Gelegenheit  des  Schlosses  Bourdes,  an  dem 
sie  vorbeikommen ,  mit  grofsem  Vergnügen,  wie  der  Raub«^ 
ritter  Mongat  von  diesem  Schlosse  aijs  so  lustig  und  listig 
'  aein  Wesen  getrieben  habe. ,  £r  verkleidete  sich  als  Abt  und 
seine  Leute  als  Möi^che,  liefs  sich  eine  Tonsur  scheereh  und 
zog' so  iiti  Lande  herum,  Beut«  auszuspähen.  Jetzt  mag  der 
Ritter  selbst  erzählen :  ,>So  verkleidet  kam  er  dann  nach  Mont^ 
pellier  und  stieg. im'  Gasthof  ^^^  Engel  ab.  Er  sagte,  er  sey 
ein  Abt  aus  Ober-Gascögne,  der  Geschäfte  wegen  nach  Fafis^ 
reise.  Da  ttaf  er  dann  einen  recht  reichen  Mann  aus  Mont- 
pellier ,  genannt  Hr^  Berengier  Oste  ,  der  hatte  auch  in  seinen 
Angelegenheiten  in  Paris  zu  thun.  Der. Abt  sagte,  er  wolle 
ihn  auf  seine  Rechnung  und  Unkosten  mitnehmen,  und  jener 
machte  sith  mjt  dem  Morgat  auf  dpn  Weg  ^  er  und  ein  Die« 
ner«  Nicht  drei  Stunden  waren  sie  von  Montpellier ,  so  packte 
ihn  Mongat  und  führte  ihn  ^uf  abgelegenen,  unbesjuchten 
Umwegeii  mit  sich ibrt,  und  hielt  ihn  in  Bourdes  fest,  bis  er 
sich  später  mit  fünftausend  Franken  loskaufte.««  Heilige  Ma« 
ria^  Herr,  sagte  ich,  war  denn  der  Mongat  ein  stattlicher 
Kämpe?  Ja,  Wahrlich,  das  war  er  und  in  den.WalFen  starb 
ler,'  auf  einer  Stelle  ^  an  der  wir  vorbeikommen  werden  ia 
eti^a  drei  Tagen,  in  dem  Fafs,  den  man  au  Lane  in  Bigorre 
nennt,  unterhalb  einer  Stadt,  die  man  Giotat  heifst.  —  Und 
ich  will  euch  dai-an  erinnern,  sprach  ich  zumRitteir,  wenn 
wir  bis  dal^iti  gekommen  sind««*  Das  ist  dann  freilich  poetisch» 
aber  doch  lo^  dafs  wir  froh  seyn  müssen,  dafs  die  Zeiten 
vorbei  sindl  Üann  kommen  sie  zur  Stadt  Cass^res  und  blei«^  . 
ben  da  Aen  ganzen  Tag.  Da  heifst  es  denn  wieder:  Und 
Während  die  Dienet  das  Abendessen  bertfikisten  y  tagte  Messirof 


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Btiehoo  Colleetiotft  i9$  ChroDi^uM  ttttidn«  VranftiiM.         447 

Etpaing  ie  Lyon  su  mir:  »»Mestire  jokaniip  ^Ir  wollen  ein«, 
mal  dieStadjE  besuchen.^  Ichbins  recht  wohl  zufrieden,  sprach' 
ich.  Wir  gingen  dann  der  ganzen  Länge  nach  die  Stadt  durch 
und  kamtn  an  ein  Thor,  das  nach  Falauiininch  hingeht^  gin« 
gen  hinaus  und  kamen  an  die.  Gräben.  Der  Ritter  zeigte  mir 
ein  Stück  der  Mauer  und  sagte:  Seht  ihr  di^  Mauer  da?  ^a 
Ritter«  sprach  ich,  warumTragt  ihr  so?«*   Ich  sage  es  darum^., 

,  weil  ihr,  wei^n  ihr  sie  sehet »  auch  erkennen  werdet ,  da£s 
das  Stück  neuer  ist,  als  das  Andere«  ^»Das  ist  wahr»  sprach 
ich.**  Nun  dann  will  ich  euqh  erzählen,  durch  welches  £r« 
eicnifs  dieses  geschehen  ist,  und  was  für, Dinge,  vor  etwa 
zehn  Jahren  sich  damit  begeben  haben*  Ihr  habt  wohl  schon 
vorher  von  den  Kriegen  des  Grafen  vQn  Armagnac  und  des 
Gxafen  von  Foix  teden  hören  u«  s.  w.  Wie  er  die  Geschichte 
ebenso  wie  seine  romantische  Erzählungen  beginn^,  so  schliefst 
er  sie  auch  auf  dieselbe  Weise.  Dahin  gehört  dann  die  For« 
mely  die  beim  TodesfaU  eines  bedeutenden  Mannes  selten. ver- 
gessen ward  9  mais  amender  ne  se  peut  d.  h.  doch  todt  ist 
todt  und  vorbei.  Das  Leben  und  Treiben  der  Ritterschaft 
darzustellen  y  ist  er  übrigens  ganz  gemacht,  er  ist  unruhig 
und  bewegt,  einfältig  in  allem  Theoretischen,  verständig  in 
allem  Praktischen,  andächtig  und  heftig,  wie  seine  ganze 
Zeit  war,  deren  Gebräuche  und  Sitten  er  uns  aufbewahrt  hat. 
Er  führt  uns  alle  Verhältnisse  der  Ritterschaft  vor  den  Augen 
vorüber,  ban  und  arri^re  ban,  Angriff  und  Vertheidigung 
der  Plätze^  ihre  Befestigung,  Ausfälle,  Scharmützel,  Seewe- 

^  sen  und  Schilfe,  Oeschütz  und  Rüstung  beschreibt  er  ausfuhr« 
lieh  und  anschaulich.  Vor  Allem  wird  man  von.  dem  länger 
der  Damen  schon  erwarten,  dafs  Rittergelübde,  Herausior» 
dejrungen,  Kämpfe  auf  Leben  und  Tod,  Stechen,  Tourniere^ 
Einzüge  der  Fürsten,    Prachtfeste,    Bälle,    Kleidungen    der 

.  Damen  mit  einer  Ausführlichkeit  beschrieben  werden  ,  der  wir 
es  ganz  allein  verdanken,  dafs  wir  über  das  Verhältnifs  dec^ 
poetischen  Uebertreibungen  in  den  Gedichten  der  Zeit  zu  der 
historischen  Wahrheit  so  bestimmt  urtheilen  können.  Eine 
Stelle  der  Art  findet  man  im  dritten  Buch  feujllet  XCVIir,  und 
folc^ende,  unter  der  üeberschrift:  De  Tordoni^ance  de  l'errtr^er 
et  bien  venue  de  la  reine  Isabelle  de  France  en  la  ville  de  Pa* 
tis.  Man  wird  dabei  überall  die  wunderliche  Vermtschung 
einer  ungeheuren  Pracht  und  Kostbarkeit  und  einer  Dürftig- 
keit der  Mittel  lind  Geschmacklosigkeit  und  Unbe^aemlich* 
keit  der  Ausführung  nicht  verkennen,*  Um  auch  nier  eine 
Probe  zu  geben,  will  Ref.  Einiges  anfübfen,  so  wenig  er  ein 
Freund  der  Erfindungen  ist^  welche  die  Geselligkeit  zur  Last^ 


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.  448         Boehon  CoHeetioni  dei  Chroni^ei(natioii«  Fran^alstt. 

und  die  BezeiguTig  der  'Ächtung  und  VerebriHig  zu  einer  leeren 
Ceremonie  machen,   Einrichtungen,  welche  gerade,  aus  den 
unglücklichen  Zeiten  FruisSarts  herstammen ,  wo  kein  König 
einen  Augenblick  sicher  auf  dem  TKrone  war,    und  der  Adel 
auf  Unkosten  der  Könige  und  des  Volks  sich  glänzend  zeigte^ 
und  die  Industrie  von  det  Ueppigkeit  abhängig  machte.     In 
der  Beschreibung  nämlich  witd  Alles   der  Reihe  nach  gleich 
ausführlich  beschrieben,  endlich  kommts  denn  auch  ans  Lssen, 
wo  er  mit  dem  Tische,  an  dem  man  safs,  beginnt.     £» heilst  3 
Ihr  müfst  wissen,    dafs  der  grofse  Marmortisch,  der  immer 
iiil  Saal  feststeht  und  nie  ^eageräumt' wird,  verlängert  war 
durch  eine  daran  gestofsene  Tafel  von  Eichenholz,  vier  Zoll 
dick,  und  dieser  Tisch  wurde  zum  Essen  gedeckt.««     Dann  geht 
er  Stück  Vor  Stück  die  Anordnung  durch  uiid  erzählt,  in  wel« 
ther  Ordnung  man  sich  daran  setzte,  endlicht   „An  zwei  an« 
dem  Tischen,  um   den  Ss^l  herum,  safsen  mehr  als  fünfbun« 
dert  Fk-äulein,     Aber  das  Gedränge  war  so  grofs,  dafs  man  sie 
'  kaum  mit  Gerichten  bedienen  konnte,  welche  übrigens  köstlich 
uiid  prächtig  waren.    Hier  macht  er  eine  sehr  naive  Entschuldi- 
gung: De  ce  ne  vous  ais  je  que  faire  de  tenir  compte:  maia 
je  vous  parlerai  des  entremets  qui  y  furent,  qui  si  bien  eStoient 
ordonnez  que  on  ne  jpourroit  inieux,  .  Et  eust  ete  pour  le  roy 
de  France  trha  grant  plaisance  h.  veoir  si  ceux  qui  avoient  entre- 
prins  a  joüer  eussent  joue.     Das  verunglückte  aber,  und  wir 
können  nicht  umhin,  hier,  wie  überall  bemerklith  zu  machc^n, 
wie  in  jenen  Zeiten  Könige,  Fürsten  und  Grofse  notji wendig 
beliebter  seyn  mufsten,    als  j^tzt,    da,  noch   noch  immer  die 
alte  Oeffentlichkeit  ihres  Lebens  fortdauerte,  'die    erst  seit 
KarlV.  zu  verschwinden  anfing  und  später  durch  Ludwig XIV. 
anz  auf  das  Leben  mit  der  Hofgesellschaft  beschränkt  ward« 
eiche  Unbequemlichkeiten  dieses  oft  hatte;  wird  die  fol- 
ende  Stelle  zeigen.     ^Mitten  im  Palast  war  ein  Kastell  von 
lolz  gezimmert,    vierzigFufs  lang  und  zwanzig  breit,  dies 
Kastell  hatte  vier  Thürme  an  seinen  vier  Ecken  und  einen  hö- 
heren Thurm  in  der  Mitte  des  Kastells«      Dies  Kastell  sollte 
die  Stadt  Ti^oja  vorstellen,  und. der  Thurm  in  der  Mitte  den 
Palast  vonJlium,     Dort  waren  dann  angebracht  die  Wappen 
der  Trojaner,    des  Königs  Friam,    Hektors,    seines  Sohnes» 
seiher  andern  Söhne  und  auch  der  Könige  and  Fürsten,  welche 
mit  ihm  in  Troja  belagert  wurden. 

/ 

CD$r  B$S€hluf$  folg^.}  ^ 


£an 


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N.  29,  1825* 

Heidelberger 

Jahrbücher  der   Literatur. 


CoUections  des  Chroniques  nationales  Fran^aises 
pat*  J.  A.  Buchon. 

iBescklufs.') 

Üiet  Kastell  bewegte  sieb  auf  vier  Bädern  9  die  Inwendig 
sebr  ainnreieb  herumgedrebt  wurden.  Gegen  dies  Kastell 
kämen,  um  es  anzugreifen  und  sieb  daran  zu  versueben, 
andere  Leute  von  einer  Seite  ber,  die  in  einem  Geselt 
waren,  welcb^s  Gezelt  ebenfalls  sebr  sinnreicb  und  verdeekt 
auf  vier  Rädern  ging;  von^  der  Kadbewegung  .sähe  man 
aber  niebts.  An  diesem  Gezelt  waren  die  Wappen  der 
Könige   von    Griecbenland   und    aller,  derer   aus    andern    Ge- 

f enden,    die    einst  Troja  belagert    baben.       Dann  war  noeb 
a^  als  wenn  ftian  de/i  Leuten  im  Gezelt  zu  tlülfe  käme,  ein 
Sebiff  ganz  aHerliebst  gemacbt,  dies  3cbiff  fafste  wabl  bunderj; 
gerüstete  Männer,  und  durcb  die  Kunst  und  die  Veranstaltung- 
der  Räder  bewegten  sieb. die  drei  Dinge,  das  Sebi£F,  das  Ka* 
stefl,   das  Gezelu     Da  war  denn  von  denen  im  Sebi£F  und  de*< 
nen  im  Gezelt  von  der  einen  Seite  ber  mäebtiger  Angriff  auf 
die  im  Kastell,  und  von  dehen  im  Kaste]]  gegen  jene  mäebtige 
Verlbeidigung;  aber  das  Gefecbt  konnte  nicbt  lange' 
dauern    wegen     des    Gedrängtes    der    L,eute,     die 
rundberum  waren.     Bald  wurde  die  Gesellscbaft  dureb 
die  Hitze  und  das  Gedränge  in  grofse  Unbe<jaemlicbkeit  ge» 
l)raebt.  -  Ein  Tiscb  vor  der  Tbüre   des  Parlaments,    wo  eine 
Menge  Frauen  und  Fräulein  safsen,   wurde  mit  Gewalt  auf 
die  £rde  geworfen,    und  man   batte  seine  Notb,  die  Damen 
und  Fräulein  plötslLcb  und  obne'Scbaden  wegzubringen,   we« 
gen  4^5  gewaltsamen  D,rängens  und  der  Hitze  im  Palast.     £s 
feblce  wenig,    so  wäre,  die  Königin  von  Fiankreicb  vor  der 
Hitze  inObnmacbt  gefallen,  and  man  mufste  eine  Bretterwand 
hinter  der  Tbür  eiiiscblagen  ,  um  Luft  und  Durcbzug  zu^  er- 
balten.    Die  Frau  von  Coucy  war  aucb  ganz  ohnmächtig  ge« 
worden«      Der  König  you  Frankreich  sab  das  Ding  endlich 

XVm.  Jahrg,  5.  Heft,  *  .29 


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450         BnehoD  CoUeclIons  des  Cbtöni^ues  nadon«  Franf aisfS.^ 

ein  und  gab  Befehl,  clafs  man  aufhören  solle.     Man  hörte  aui^ 
die  Tische  wurden  schnell  abgedeckt  und  weggeräumt ,  damit 
die. Dornen  Plata  hekämen^    Man  theilte  Wein  and  Specereien 
aus,  dann  ging  jeder  und  jede  heiaii  alii  sich  der  König  ui>d 
die  Königin  in  ihre  Gemächer  hegebeit  hatten^     Einige  iJamen 
blieben  im  Palast ^  andere  gingen  in  ihre  Wohnungen  in.  die 
Stadt  zurück,    um  mehr  ihre  Bequemlichkeit  zu  haben.     Sie 
waren  vom  Gedränge  und  von.  der  Hitze  hart  mitgenommen 
gewesen.««     An  Liebesgeschichcen ,     lüstigen  und  rührenden^ 
ist  er  reich»    die  Religion  erscheint^  Wie  sie  eben  in  seiner 
Zeit  erscheinen  konnte,  seine  Philosophie  ist  wenigstens,  durch* 
aiis  nicht  künstlich  ^  sie  ist  ihm  eigenthümlich,,  sie  geht  auf 
ein  lustiges  Leben  tind  einen  seeligen  Tod^  viel  Tiefe  und 
Empfindung  höherer  Art  wird  man  von  einem  lustigen  Sauf- 
bruder, der  sein  Leben  lang  denHöfcn^  Festen,  Abentheuern 
und  Schmausen  nachzog,  nicht  erwarten«     Eine  weit  bedeu«* 
tendere  Rolle  als  Gott,  dessen  Stelle  überall  die  Jungfrau  Ma« 
ria  und  die  Heiligen  einnehmen  ^  hat  der  Teufel ,  doch  scheint 
bei  aller  Treuherzigkeit  der  gute  Froissart  lieber  andern  eine 
Geschichte  vom  Teufelsspuh  aufzuhängen,    als  sie  selbst  zu 
glauben.      Auch  davon  wollen  wir  ein  Beispiel  geben.      Ea 
Hndet  sich    in -Hrn.  Buclions  Ausgab^  im  9ten  Theil  Chap« 
XXII.  p.  421^«  überschrieben  Comment  un  malin  esprit  nömme 
Orton  servit  par  un  tems  le  Sire  de  Corasse  et  lui  rapportoit 
uouvelles  de  partout  le  monde  d*huia  k  lendemain.     Froissart 
ist  dort  in  Verlegenheit  zu  ^rfraken ,  wie  doch  der  Grat  fön 
Foix  wissen  könne  ^   was  überall  sich  ereigne.      Er  w^endet 
sich  an   einen  von  dessen  Dierern»  um  zu  erfahren,  ob  das 
auch  mit  rechten  Dingen  zugehe,  und  dieser  antwortet:  Es 
könne  leicht  seyn  y  dafs  es  nicht  mit  rechten  Dingen  zugehe^ 
denn  er  wisse,  dals  der  Herr  von  Corasse  einen  dienstbaren  ' 
Geist  gehabt  habe,  der  ihm  alles  berichtet.     Wir  übergebeil 
hier  die  lange  Erzählung,  wie  der  Herr  von  (Corasse  zur  Beif 
kanntschaft  diefes  Höllensohns  gelangte,  und  erwähnen  nur, 
dafs  der  Geist  den  Ritter  so  liebgewann^  ^dafs  er  sehr  oft  des 
Nachts  ihn  besuchte,  und  wenn  er  ihn  schlafend  fand,  zog  er 
ihm  das  Kopfkissen  wegv  oder  |)ocbte  mit  derben  Schlägen  an 
die  Thüren  oder  Fenster  des  Zimmers  ^  und  der  Ritter  ^  wenn 
erwach  war,  sprach  zu  ihm:  Orton,  lafs  mich  schlafen ^  ich 
bitt'  dich.     Das  Ii^sse  ich  wohl  bleiben,   sprach  0;*ton,   ich 
muls  dir  erst  Neuigkeiten  belichten.     Dann  gerietfa  die  Frau 
des  Ritters  in  $o  grofse  Furcht,  dafs  alle  Haare  ihr  zu  Berge 
standen  f   und   dals  sie    sich    unter   das  Deckbett  versteckte  . 
Cmufoit  en  siiR^ouverture).    Dann  fragte  ihn  der  Ritten  Was 


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BAehon  CoIIeoti^iu  des  Chrdni^tief  nation*  Fran^atse^         451 

för  Neuigkeiten  Lringsfr  du  denn^   und  aui(  welchem  Landä 
'  kommst  du?  Hör*  (La),  sprach  Ortoh.     Ich  komme  aus  Eng- 
land^  Deutschland,    Ungarn,    oder  welches  andere  Land  er 
eben    nannte^    gestern    erst   verli^fs   ich   es,    und   das   und 
das  hat  sich  dort  zugetragen.     So  erfuhr  denn  der  Herr  voii 
Corasse  durch  Orton  Alles,  was  sich  in  der  Welt  zutrug,  und 
.  der  Spafs  dauerte  sa  seine  fünf,  sechs  Jahre.      £r  konnte  aber 
tiicht  schweigen ,  sondern  entdeckte  dem  Grafen  tron  Foix  deii 
Zusammenhang.  .  Nun  .|jeht -es  grdfstenthe'ils  dialogisch..  wei<< 
^er  fort,   wir  wollen  aber  von  d«*r  langen  Geschichte  nur  den 
Inhalt  gehen..     Der  Graf  von  Foix  plagt  den  Herrn  von  Co- 
rasse-y-er  solle  den  Geist  bitten,  dafs  er  sich*ihm  zeige,  darüber 
erhebt   sich,  denn  in  der  Nacht  zwischen  Orton.  und  seinem 
lieben  Ritter  eiti  langes  Gespräch,  das  sich  daüiit  endet,  dafs 
der  Geist  sagt,  er  ;S olle  Acht  geben,  das  erste  Ding,  das  er 
am  andern  Morgen .  sehen   Werde ,    das  sey  er.      Der  Ritter 
steht  auf«,  geht.in  den  Hof,  sieht  ein  ungeheures  abermagresr 
und  garstiges  Schwein,  das  auf  ihn  zukommt,  wird  ärgerlich 
über  die  Zudringlichkeit  des  Schweins,   schickt  aeine  Leutd 
und  die.  Hunde  dahinter.      Es  verschwindet.    ,Seit  der  Zeit 
Isam  der  beleidigte  Geist  nicht  i^ehr ,  und  im  folgenden  Jahr 
starb  der  Herr  von  Gorasse.     Jetzt  wollen  wir  mit  Froissart« 
Worten  zeigen,  wie  er  sich  aus  der  Sache  zieht  p,  438.  »Jetzt 
habe  ich  euch  das  Leben  Ortons  er2?ählt  und  wie  er-eine  I^eit; 
jang  dem  Herrn  Von  Corasse  Neuigkeiten  brachte  aus  lautelr 
freundliclier  Gewogenheit^     Das  ist  die  Wahrheit  j^  sprach  ich 
zu  dem  Knappen ,  der  ifiir  die  Geschichte  (le  conte)  erzählt 
und  berichtet  hatte  (fait  et  ^it)^  doch  auf  das  zurückzukom^ 
men,  bei  dessen  Anlafs  ihr  mir  die  Geschichte  erzähltet^  hat 
denn  der  Gtaf  von  Foix  einen  solchen  Böten  zu  seinen  Dien« 
Sten  ?  Darauf  erwiederte  der  Knappe  s    ^Um  euch  die  gerade 
Wahrheit  zu  sagen,   $0  glauben  das  Vide  Leute  in  Bearn: 
denn  es  geschieht  nichts  im  Lande  oder  auch  an  andern  Orten^ 
das  er  nicht,  wenn  ihm  das  Geringste  daran  liegt,  alsbald  er<< 
führe,  wenn  man  sich  auch  noch  so  sehr  in  Acht  nimmt ^  dafs 
es  nicht  geschehe*     So  war  es  auch  mit  den  Nachrichten^  dief 
er  euqh  erzählt  hat^  von  den  guten  Rittern  und  Knappen^  di€^ 
aus  diesem  Land^  gebürtig  in  Portngall  geblieben  sind.     Auf 
jeden  Fall  bringt  es  ihm  grpfsen  Vortheil,  dafs  er  in  diesen^ 
Ruf  und  in  dieser  Meinung  steht»    Dennman  darf  hier  keinen 
silbernen  oder  goldenen  Löffel,  .ader^ was  es  auCh  seyn  mag, 
Verlieren,  dafs  eres  nicht  sogleich  wüfste.      Ich  nahm  darauf 
Abschied  von  dem  Knappe^i  und  faind  andere  Ges|eltschaft,  mit 
der  ich  mich  ergötzte  und  verweilte;  doch  prägte  ich  mir  Hitf 
/  «9  * 


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452         BiMhon  Con«etitfBt  d«s  GhionifBet  oadoii*  PUm^tlifi* 

ganze  ErkAhhiiigt  Aie^et  mir  vorgetragen  hatte,  fest  {nt  Ge« 
däcbtnifs^  wie  man  jetat  gesellen  hat.  I>als  eben  dies  Teo^ 
fdswesen  nicht  hinderte,  dafs  er  nicht  an  andern  Stellen  eine 
sehr  Ternttnftige  Einsicht  in  den  •  Zusammenhang  der  Dinge 
bewies ,  giauh^fn  wir  am  besten  su  erläutern ,  wenn  wir  bk^ 
riditen,  wie  er  in  dialogislcher  Form  die  Untersuchung  Ober 
Kerls  VT.  piMslicb  ausgebrochenen 'Wahnsinn  uns  vorführt* 
Der  unglückliche  König  ward  nämlich  bekanntlich  im  August 
1^92  in  der  Kähe  von  Mans  plötzlich  verrückt^  und  seine 
Ondes  4ind  Verwandten  hielten  eilten  Rath  darüber.  Hier 
würden  auerst  die  Abrate,  die  damals  oft  unter  Christen  nicht 
l»esser  daran  wärest  als  jetzt  unter  den  T<)rken,  über  sein 
Essen  befragt;  wie^sie  diese  Frage  beantwortet  haben  ^  fragt 
der  Herzq»g  von  B^urgogne^  Wer  war's  dann,  ,der  ihm  zu 
trinken  gab?  Das  wissen  wir  nicht,  erwiederten  die  Aerzte^ 
denn  sobald  die  Tafel  aufgehoben  war,  gingen  wir  fort,  um 
uns  suiu  Aufbruch  fertig  zu  machen«  ^  Fragt  seine  Mund- 
schenke oder  seine  Kümmerlinge.  Darauf  wurde  dann  Robert 
vop  Tulles ,  Kittecstuann  aus  der  Ficardie  und  Oberster  der 
Scheuken,  gerufen.  Er  kam.  Als  er  da  war,  fragte  man 
ihni  wer  dem  Könige  zuletzt  zu  trinken  gea  beti  bitte« 
Er  antwortete  und  jipräch:  Meiner  gnädigen  Herrschaften^ 
Herr  Robert  von  Lignac.  Er  ward  hergefordert. .  per  Rit- 
,ter  kam«     Als  er  da  war,  (ragte  man  ihn,  woher  er  den  Wein 

S?nömmen  habe 5  den  der  König  in  seinem  Zimmer  getrunken^ 
a  er /eben  zu  Pferde  steigen  wollte.  .Er  antwortete  und 
spracht  Meine  gnädigen  Herrschaften^  fragt  Robert  von  Tul- 
les ,  der  mir  den  Wein  gab  und  kostete,  wie  ich  auch,  in 
JGegenwart  des  Königs«  Das  ist  die  Wahrheit ,  sprach  Robert 
von  Tulles,  aber  in  Allem  dem' kann  nicht  die  geringst«  Be« 
denkltchkeit  oder  der  kleinste  Ai^wobiv  seyn ,  denn  es  ist 
iioch  von  demselben  Wein ,  den  der  König  getrunken  hat»  in 
den  Bouteülen^  und  wir  wollen  ganz  gern  hier  in  eurer  Ge- 
genwart davon  trinken  und  ihn  probiren.  -  Da  nahm  der  Her« 
zog  von  Berry  das  Wort  und  sprach :  Wir  überlegen  und 
quäien  uns  um  Nichts;  der  König  ist  sonst  nicht 
vergiftet,  noch  behext^  als  nur  durch  schlechte 
Raibgebery  davon  zu  reden  ist  aber  jetzt  die  Zeit  nicht; 
|4fst  uns.  alles  aufschieben  bis  auf  ein  anderes  Mahl. 

Nachdem  Ref.  seine  Leser  zuerst  etwas. ausführlicher  mit 

dieser  Hauptperson  unter  den  Geschichtschreibern  des  Mittel« 

,  alters  bekannt  gemacht  hat,,  will  er  sich  au  der  neuen  Ans- 

eftbe  desselben  wenden.      Herr  Buchon  giebt  uns  in  setner 

Vorrede  genaue  Nachricht  von  seinem  Ciaui  doch  nur«  in  «o 


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B«di^  QoUeeiroiii  des  Gbr^ni^«!  nalioii,  haiifalsff«.        483 " 

W«it  ei  Froittart  angeht«    Ae£  will  dabar  dio  Hauptfach»  dea   * 

Sinsen  Tlans  aila  einem  Briefe  des  Herrn  Bucbön  hinaua^kaen. 
err  Buchon  will  alle  Sehr iftsteller  in  der  Muttersprache  rom 
l3ten  Jahrhundert  an,  welche  von  firan&dstsehen  Angelegen« 
beiten  handeln,  hera-usgeben.  £r  theilt  diese  J>ekanat  »u«' 
machenden  Cbronii^en  des  l3ten  Jahrhundqt-ts  in  »wei  Rubri* 
kent  Affaires  de  France  au  dehors  und  Affaires  de  l'intevieuv. 
Die  erste  Rubrik  beginnt  mit  Villebardouin^ron  dem^  tftn^ 
lüsue  Ausgabe  sehr,  wünschenswerthjist,^^  da  indessen.  Herr 
Ha^e  auch  wohl  die  neugriechische  Chronik  übe»;  die'  latmni« 
achen  ReicUe  in  Griechenland  wird  edirt  baben^  Die  Aaatf  M 
de  Jerusalem  9  die.  Chroniken  fiber  den  Zug  des  Hausea  Anjoa. 
und  dergl.  werden  hier  begriffen  s«yn.  Affiaires  de  Tinteriear 
wird  de€  Nangis  vie  St.  Louis »  de  Fhilippe  III ,  de  Philippe 
ly«  und  andere^  Chronübenv  begreifen  9.  lOr  deren  T<^xt,  wm 
Aef*  aus  eigener  Erfahrung  wei&f  mit  H^lfe  der  Sch^Jtie  der 
Bibliotlufq,ue  du  roi  und  der  de  l'arsenal  noch  sehr  viel  geache« 
hen  kann«  Im  vieraehnten  Jahrhi^idert  aufser  Froissar^^  der 
jetzt  die  ganze  Sammlung  erdffnet,.  der  Foctsetaei^  des  Nai>gis> 
das  lieben  JLiudwig^  von.  Böurbon^  Gesandtschaften  des  Her«^ 
sogs.  von  Anjou  u.  a.  m»  Im-  iSten  Jahrhundert  MiMistrelet^ 
St.  Remy^  Chastelaln  vie  de  Ftulippe  le  hon  ^  chronique  scan-  ^ 
dalexiae  de  Louis  XI.  ^  Ainelgard  mehrere  andere.  Herr  Bu^ 
chon  rechnet^  däfs  die  Serie  dea  i3ten  Jahrhcuiderts  etwa  15» 
Bände  ausmachen  werde  ^  die  des.  I4ten20j  Bände  (viel  zu  we^ 
n<g  gerechnet^  denn  Froissart  allein  giebtgewirs.l&)i^die  des. 
l^ten.  JahrhunderU  25  Bände. 

Von  Froissart  Ȋhlt  Herr  Buchon  in  der  Vorrede-  secbe^ 
verschiedene  Ausgaben  auf 9.  vox^  deren  jeder  verschiedene 
nieue  Auflagem  gemacht  sind.  Die  Handscbriftenv  hatt^  Her» 
.  Dacier  aUe  verliehen  ^  was.ddber  fär  den.Text<  geseheben  ist^ 
das  ist  diesem  zuzuschreiben^  nur  da£s  Ur»  Buchon  hie  und  da 
Einiges  in  den  Text  aufgenomo^en  hat,  was  Hr.  Dacier  auskriti«-^ 
«eher  Genauigkeit  nicht  au^ehmen  &u  dürfen  geglaubt  hatte. 
Dies  ist  auf  jeden  Fall  den  von  £aris  JEli>tfernteia  ati genehm». 
da.  sie  jetst  alles  beisam<;cien>  haben^  utid:  da.  Herr  Buchou 
jede«  Mahl  bemerkt,,  aus  welcher  Handschrift  und  au  abweichen* 
Gründen  er  einen.  Zusata  aufgenomjnen-  hat ,  so  kann  iede» 
selbst  urtbeilen-,  ob  er  seiner  jVleinung  seyn  wiUoder  nicht.. 
Was  die  Handschriften  angeht,-  so  hatte  Hern-  Daciei»  alles». 
was  sich^  thun  Uefi^,  schon  gethan»'  und.  alle  lAbweichungen 
bemerkt^  oder  mitgetheilt  erhalten.  Wir  können  nicht  ei- 
warten,  dafs  unsere  deutschen  LeSei^  Lust  haben ,  ans  in  einer 
kiitiscben  ^nteraucbung  iU>er  den  Text  Froissaris  &u  folgen  ; 


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454         BachoB  Coüeetioiis  dei  Glir«iilquts  nadon^  Fianfaists«  ^ 

wir  wollen  da&'<^r  untetn  Laadsleut^n' nuV  mittheilen /d£^s  4er 
,  Ruhm  deB  herühmteo  Bre^IauerManuscripts  der  Cbronrk  Froia* 
iarta  hier  ganz  heruntergesetzt  wjrd.  Franzo'^en  and  Deutsche^ 
Herrn  Curne  de  Scte  Palayo  mit  inbegri£Fenv  -  hielten  bisher 
die  Breslauifr  Handschrift  für  di6  beste,  welche  vorhan- 
den sey;  wir  wollen  daher  diplomatisch  genau  hier  einrücken^ 
was.  Herr'Buchon  sagt,  mag  i^n  Herr  Wacbler^  der  jetzt  delt 
Breslauer  Bibliothek  vorsteht ,  bekämpfen ,' oder  auch  sein 
Vrtheil  bestätigen,  er  ist  gelehrt  genug  dazu,  wir  mischen 
uns  in  die  Sache  nicht.  Herr  Bubhon  theilt  Preface  p*  XIV» 
die  Handschriften  i)  Manuacrits  etrangeres,  2)  Manuscrits 
des  provinces  fran^atses ,  3)  Manuscrits  de  Paris.  Da  heffsC 
e^  denn  über  die  erste  Abtheilung  gleich :  Allemagne.  Breslau 
en  Sil^see.  Le  plus  cel^bre  des  ^anuScrits  de  Troissärt  se 
trouve  k  Breslau«  Semblable  li  beaucoup  d'aiitres  cho'ses  c^« 
l^re  il  n*a  dus  sa  Imputation  qyCk  un  defaut  d*examen  attentif« 
On  l'a  vu  ^egamment  copie^  richement  relie ,  orne  de  bril- 
lantes vignettes;  il  avoit  appartenu  k  un  haut  personnagie;  on 
Ta  cru  excellent«  II  faut  souvent  moins  de  tit'res ,  pour  ao« 
querir  uii  nom.  Lies  habitftns  de  Breslau  (nein,  liener  Herr 
j^uchon,  sondern  der  alte,  würdige  Schneider,  Saxo,  und 
seine  Freunde)  attachoit  tant  de  prix  k  cette  possession,  que 
lorsque  Breslau  se  rendit  ^n  l806  alpx  Fran^ois,  les  Prussiena 
craignant|  gu'on  lie  le  leur  enlevat,  insertrent  dans  leur  ca« 
pitulatioh  un  articie  expris  li  sori  intention,  portant  que  In 
bibliqth^que  publique  seroit  respect^e«  Si  |'edition  du  Frots* 
9art  de  M.  Dacier  eut  ^t^  publid  ßlors  l^s  Prussiens  eussent 
moins  redout^  la  violation  de  leur  bihliothfeque. 

N^ous  avons  k  la  Biblioth^que  de  Paris  parmi  und  treii« 
tain>»  de  co|>ies  deFroissairt  du  moins  cinq  ou  six  manuscrits^ 
qui  sont  de  beaucoup  pref((^rables ,  surtout  celui  de  Boisratiet 
et  deBourges,  Was  nun  die  Behandlung  des  Textes  betriflFt,  sq 
war  Hr .Dacier,  wie  alle  Kenner  des  französischen  Alterthums  und 
eigentliche  Gelehrte  dafür,  dafs  so  viel  ii^Öglich  der  eigentliche. 
Text  des  Froissart  mit  seiner  eigenthümlichenOrthographie  wie« 
der  gegeben  werde;  Hr.  Buchon  hat  durchaus  die  neue  Ortho* 
graphie,  u%id  hat  auch  hie  und  da  an  den  Wendupgeoi ,  wenn 
sie  gar  zu  schwer  schienen,  geändert.  Wir  sehen  voraus,  wa« 
auch  Herr  Buchon  am  Ende  der  Vorrede  zu  v«?rstehen  giebt, 
dafs  sich  dagegen  alle  Rigoristen  erbeben  wer<4en»  Was  wir4 
'Graf  Fprtia  d-ürban,  was  der  Herr  von  Monmerqu^  und  ihre 
Oesellscbaft,  die  ihre  Sammlung  der  ältesten  Poesien  mit  so-? 
viel  Genauigkeit  auf  eigene  Ivosten  in  wenig  Exemplarei^ 
drucken  }^siien,.  was  der  gute  Meom  odt^r  der  siUe. l*£pine  daetf 


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t  Aaehon  Colleedont  des  Chi^oniqtiM  liatioii«  Fraofalses*  455 

sa^en?  Ref.  g^s^eht^  er  hätte  iiicbt  gewagt ,  den  Schritt ,  den 
Herr  Biicbon  gethan  h^t,  zu  thun;  allein  ^a  er  gethan  ist^ 
läfst  sich  nicht  verkennen  ^  daf«  durchaus  nichts  dabei  verlo« 
ren^  wohl  aber  viel  gewonnen  wird.  Es  ist  nirgends  etwas 
Wesentliches  geändert,  es  ist  aber  jetzt  jedem  mdglich  ge« 
jDiacht ,  den  ganzep  Frbissart  ohne  Anstofs  zu  lesen,  und  durch 
die  Art,  wie  die  Erklärung  der  veralteten  Wörter  gegeben 
ist,  (nur  hätten  wir  dabei  mehr  Genauigkeit  gewünscht)  wirft 
dies  noch  mehr  erleichtert.  In  einem  Glossar  aufzusuchen^ 
wür^e  ermtkdend  seyn ,  stets  unten  auf  der  Seite  hinweisende 
Buchstaben  aufzusuchen,  hält  im  Lesen  ungemein  auf,  man 
hat  also  die  erklärenden  Worte  durch  Parenthesen  in  den  Text 
selbst  gebracht.  Wir  wollen  eine  Stelle  abschreiben  ,  um  > 
dieses  zu  erläutern,  wo  man  zugleich  sehen  wird,  wie  Berr 
Buchon  dem  Text  das  alte  Kleid  ausgezogen  hat«  £s.  beifst 
Tom.  I«  p.  379<C  Adonc  commanda  le  ait  comte  que  on  fit  aiiisi « 
comme  pour  le  mieux  on  lui  conseillet  et  pour  la  t6t  prehdre. 
Si  quist  (chercha)  on  grands  bois  de  ebenes  tantöt  ouvre's  (tra- 
vailles)  et  aiguises  devant,  et  si  accompagnoit  (mettoit)  k  un 
pilot  vingt  ou  trente  et  s'ecueillQtent  et  pnis  boutoient  (frap« 

E^rent)  de  grand  randon  (impetuosite)  contre  le  mur;  et  tant 
öut^rent,(frapp^renr)  de  grand  randon  (impetuosite)  et  si  ver« 
tueusement,  (|u*ils  pertnis^rent  (perc^rent)  le  mur  ae  Pabbaye 
etc.  Man  sieht,  dafs  diese  £rk)ärungsart  auch  ihre.(Jnbe« 
quemlicbkeiten  hat,  wenn  sie  gleich  dasLtesen  sehr  erleichtert. 
Die  Anmerkungen  unter  dem  Text,  wenn  sie  die  Sprache  he« 
'  treffen,  sind  mehrentbeils  von  Herrn  Dacier;  doch  sind  diese 
sehr  kurz,  des  Herrn  Bi^chon  Erläuterungen  dagegen  sihd  vor- 
tre£Flich.  Wer  mit  den  Namen  zurechtkommen  will,  wer 
nicht  Zeit  bat^  die  andern  (Quellen  immer  zu  vergleichen,  der 
kann  diese  Ausgabe  gar  nicht  entbehren.  Herr  Buchon  war 
mehr  als  unzählige  andere  Franzosen  dem  schwierigen  Unter« 
nehmen  der  ErkL^rung  gewachsen.  Er  versteht  Spanisch,  Por* 
tugiesisch  und  Englisch  sehr  gut,  ist  des  Teutschen  nicht  un^ 
kundig,  und  hat  Freunde,  oie  in  der  alten  I^iteratur  und 
Geschichte  seiner  Nation  ganz  zu  Hause  aind.  Man  kann 
sich  daher  hier  ganz  auf  ihn  verlassen,  und  er  selbst  giebt 
sehr  fein  zii  verstehen,  dafs  der  Herr  Dacier  hier  sonderbare 
Blöfsen  gab,  denn  dieser  gehört  noch  zu  den  Franzosen,  denen 
Samojeden  und  Deutsche  iiti  grofsen  Lande,  le  Nprd  genannt, 
hausen.  Das  hat  sich  bekanntlich  in  der  neuern  Zeit  bei  den 
Franzosen  merklich  geändert,  und  die  aus  der  neuem  Bildung 
hervorgegangenen  bekümmern  sich  doch  etwas  mehr,  als  .die 
alten 9   um  andere  Völker.      Für  die  englischen  Namen,   die 


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496  V    *  j^aehon  Collcetions  4«s  Cknmlfo«»  natlon.  Fnm^alses.. 

Froittart  merkwürdig  verstummet,  fai?d  er  durch  Engläader» 
für  deren  Geschichte  der  lustige  Pfaff  £ast  noch  mehr  Quelle 
ist,  als  für  die  französische ,  gut  vorgearbeitet«  Wir  haben 
nämlich  zwei  englische  Uebersetzungen  dieser  Chronik.  Die 
eine,  unternahm  Bourchier  Lord  Berners  auf  Befehl  Hein- 
richs VIII.  und'  sie  virard  zum  ersten  Mal  1525.  in  f.Fülio  ge- 
druckt, hernach  l8l2  in  Qvo  und  4to  durch  W.  J^iddleton 
wieder  zum  Druck  gebracht.  Die  andere  Uebersetzung  machte 
Johnes,  der  auf  s&inem  Schlosse  Hafod  eine^anze  Sammlung 
kostbarer  Handschriften  des  Froissart  vereinigt  hatte.*  Er  ließ 
auf  seinem  Schlosse  i80^  in  prächtigem*  Quart  und  in  Octar 
diese  Uebersetzung  drucken  und' fügte  gestochen  alle  Zeich- 
nungen bei,  die  sich  in  einer  Handschrirt  der  königlichen  Bi- 
bliothek in  Paris  finden.  In  einzelnen  Fällen  scheint  es  uns, 
als  ob  Herr  Bu<;:hon  ganz  ohne  Noth  der  Originalität  Frois- 
sarts  zu*  nahe  träte;  So  z«  B.  wenn  dieser  in  seiner  sonder- 
baren Art  die  Namen  halb  französisch  macht  >  hätte  sie  Herr 
Buchon  immerhin  wiedergeben  dürfen  ^  wie  er  sie  schrieb, 
man  hätte  doch  gewufst^  was  ^er  will.  So  z«  B.  sagtFroi^sart 
immer  Westmoustier,  Herr  Buchon  ändert  im  Text  Wes't- 
'  minster.     Etwas  anders  ist  uns  aus  einem  andern  Grunde  auf- 

fefallen ,  wir  meinen  wegen  der  falschen  Schämhaftigkeit  der 
ranzosenl  Bekanntlich  hat  kein  Volk  unzüchtige  Lieder  und 
schändliche  Bücher ,  selbst  von  bessern  Schrift stellejn  in  grö- 
J^serer  Menge  aufzuweisen,  als  die  Franzosen  und  die  Italiäner, 
bekanntlich  ist  in  keiner  Sprachein  derConversation  der  besten 
Gesellschaft  der  Gebrauch  der  eigentlichen  Benennung  für  na- 
türliche Dinge  so  erlaubt ^  als  in  der  französischen,  und  docti 
"i^erden  gerade  die  Franzosen  auf  einmal  spröde,  wo  andere 
en  gar  nichts  Böses  denken  9  oder  denken  können.  Man  wird 
dann  durch  solche  Sprödigkeiten  oft  erst  daran  erinnert,  dafs 
man  etwas  Unschickliches  in  ;einer  Sache  finden  könne.  Dies' 
.  ist  dieselbe  Meinung,  die  in  der  gebildeten  oder  vielmehr  ver- 
bildeten Welt  derTheetJSche  und  grofsenEfsgeseihchafeen  allge- 
mein herrscht,  wo  schleichende  Verla umdung ,  boshaftes  Lob^ 
leise  Andeutung,  unvermerktes  Verdrehen  der  Worte,  lang- 
sames Untergraben  der  Ehrej  und  alle  die  kleinen  Künste 
armseliger  Seelen,  wodurch  sie  sich  seihst  unter  den  Armseli«* 
gen,  deren  Zahl. immer  sehr  grofs  seyn  wird,  erheben,  und 
andere  herabdrücken,  ganz  leidlich,  unterhaltend,  rechtlich 
findet.  Schimpfen  un'l  Foltern  aber  höchst  schmählich  und 
unanständig,  .Ref.  bemerkte  dies  hier  bei  einem  unbedeuten- 
den Anlafs,  weil  es  heifst  ex  ungue  leönem,  da  so  etwas, 
wenn  es  national  ist,  durch  und  durch  geht.     Es  wird  gewifs 


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CSdHa.  ^  457 

f 

Niemand  den  I^roissart  lesen  f  der  vor  den  Namen  gewisser^ 
^beile  des  männlicben  Körpers  zurückschauderte,  und  thäte 
er  dies  auch^  Bo  würde  doch  seine  so  leicht  scheu  gemachte 
Einbildun^gskraft  heftiger  durch  eine  Lücke,  die  er  beim  Le« 
sen  ausfüllen  mufs,  erregt  und  durch  Ausfüllen  in  Bewegung  ' 
/gesetzt  werden 9  als  durch  das  eigentliche 'Wort.  FroissafC 
nämlich  erzählt  ausführlich  die  schreckliche  Hinrichtung  des 
Hugo  Spencer  9  den  man  aufser  andern  Verbrechen  ^  deren  er 
nicht  schuldig  war,  auch  der  Ketzerei  und  Sodomie  beschul- 
digte. Da  heifst  es  in  unserer  alten  Ausgabe  C;  XX^y»  feuiUet 
y,  pn  lui  coupa  jtout  premi^rement,  le  vit  et  les  couillons,  da« 
bei  sind  wir  nieangestofseh ,  wohl  aber,  wie  Herr  Bi;Lcbon 
achreibt  Tom.  I.  p.  52.  on  lui  coupa  tout  premier  le  •  •  .  •  . 
et  les  •  •  .  •  ,  Dies  rührt  nicht  vom  Herausgeber  her  f^  denn 
Ref.  weifs,  dafs  der  von  solcher  Ziererei  weit  entfe|:i|t  ist^ 
nein ,  so  forderte  es  französische  Scbicklichkeit, 

^  '  '         ^  .  Schloisetm 


CaecUia^  eine  Zeitschfijt  für  die  musikalisclie  Welt^  fieraus gegeben 
von  einer  Geseilschaft  von  Gelehrten ,  ^  Kunstverständigen  und 
Künstlern,  Mainz  ^  im  Verlage  der  Hofmusikhandlung  von  B. 
Schott  Söhne.  das  Heft  36  kr. 

Unter  diesem  Titel  erscheint  seit  April  1824  eine  Zeit- 
schrift für  Musik  ^  jedoch  im  Ganzen  weniger  speciell  techni« 
sehen  Inhaltes,  als  mehr  auf  das  allgemeine  musikalische  'In- 
teresse berechnet,  daher  die  räsonnirenden  Aufsätze  die  Mehr-  , 
zahl  bilden.  Es  sind  davon  bis  j^tzt  (Februar  l825)  4  Hefte 
des  ier&ten  Bandes  und  2  Hefte  des  zweiten  erschienen ,  au« 
welchen  wir  auf  die  bedeutenderen  und  gröfseren  Aufsätze 
nur  mit  dieser  kurzen  Anzeige  hinweisen  wollen ,  da  der 
Kaum  dieser  Blätter  ein  Mehreres  nicht  gestattet;  und  wir 
fügen  nur  noch  hinzu  p  dafs  die  Namen:  Gottfried  Weber^ 
F.  Kochlitz,  ö.  L»  P.  Sievers,  Chr.  H.  Rinck  ü.  a«  mt 
gewifs  zur  Lesung  dieser  Zeitschrift  aufmuntern  müssen.^ 
w^elche  überdies  von  Verlagsha;idlung  mit  schönem  klarem 
Drucke  und  weifsem  Papiere  auch  Üufserlich  gut  ausgestatte 
worden  ist,  Inhalt  der  erschienenen  Hefte.  Erstes 
Heft.  Voran  geht  eine  kurze  \und  Lündige  „Einfüh.rung"f 
wodurch  der  Leser  mit  der  Tendenz  dieser  Zeitschrift  bekannt 
gemacht  werden  soll,  undr welche  sich  recht  verständig  darüber 


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45»  CiwUa. 

ausspricht,  kfrine  Partbeifahioe  aufstecken  ^ti  wollen  ,  sondern 
aUem  Giften ,  es  komme  von  welcher  Seite  es  wolle,  freien 
Kaum  zu  gestatten;  übrigens  werden  als. Inhalt  der  Zeitschrift 
bezeichnet:  Theorie,  l^ritik,  historische  Artikel,  d.  h»  No« 
tuen  und  Mittheihmgen  über  Kunst  und  Künstlet: ,  Verkehr 
in  Anfragen  und  deren  Auflösung«  Mittheilung  kurzer  Mu« 
,  sikstücke,  SO  wie  musikalische  oder  sich  doch  auf  Musik  be- 
istehende Unterhaltungtsn  verschiedener  Art«  '£s  folgt  sodann, 
wie  gebühren^ ,  ein  Gebet  an  die  Heilige ,  deren  Namen  diese 
Blätter  tragen,  von  Dr.  Grosheim,  welches  sehr  ominöse 
Bekenntnisse  enthalt,  und  wir  wdnscben  mir  Erfüllung  allet 
darin  an  die  Heilige  gethanen  Versprechungen,  Den  Ueber« 
gang  zct  den  eigentlichen  Auisätzen  macht  ein  Brief  des  Herrn 
A\  von  Dusch,  aus  Carlsruhe,  welcher,  mit  vielen  Wün« 
achen  für  das  Wohl  d«>r  Caecilia ,  eine  Kelation  üher  die  Auf- 
erstehung der  Zauberflöte  auf  der  Carlsruher  Bühne  mittheilt; 
die  Kef.',  welcher  einer  der  ersten  Vorstellungen  beiwohnte, 
VolHgv unterschreiben  mufs.  Hieran  schliefst  sich  ein  Auszug 
aus  Tieck's  bekannter  Novelle:  »^Musikalische  Lieiden  und 
Freuden^«,  und  eine  scharfe  Kecensibn  über  „Asioii's  JLehr« 
buch  der  Anfangsgründe  der  Musik^  frei  übers,  von  B  Ü 1 1  i  n« 

Ser,  Mainz  1823^,  vrorin  aber  doch  manches  zu  scharf  seyn 
ürfte;  sq  z^  B^  wird  p.  46-  die  Uebersetzung  des  Wortes 
^^,caratteri«  ( Schfiftzeichen )  durch:  ,>^Charaktere'<  getadelt^ 
da  doch  dieses  letere  W^ort  mit  ^  Schriftzüge «  gleich* 
bedeutend  gebraucht  wird;  im  Ganzen  aber  ist  das  ausge» 
atellte  testimonium  paupertatis  nicht  unverdient.  Mit  Ueber« 
gehung  von  mehreren  kleinen  Aufsätzen  und  Auszügen  inachen 
wir  nur  noch  aufmerksam  auf  einen  sehr  scharfsinnigen  Anf- 
satz  des  Herrn  Dr.  Gottfried  W«ber,  welcher  eine  Hy- 

Jothese  über  die  menschliche  Stimme,  besonders  über  die  Bil- 
ung  des  Falsetts  enthalt ,  und  diesen  Theil  der  Stimnve  von 
einer  eingetheilten  Schwingung  des  Stimmorgans  und  bes on<« 
'  ders >der  SUnder  desselben  herleitet ,  ebenso,. wie  bekanntlich 
•  auf  dem  Monochord  dieOctave,  Quinteetc.  durch  Eintbeilung 
der  gespannten  Saite,  und  folglich  ihrer  Schwingungen  ent- 
stehen; wo  denn  aber  Hr.  Dr,  Weber  wegen  der  Kürze  der 
))änder  des^  Stimmorgans,  sie  nicht  mit 'einer  gespannten  Saite, 
tBondern  ^her  mit  dem  Zungenwerke  an  einer  Orgel  vergleicht, 
Tind  beider  Aehnlichkeit  sebi*  schön  durchführt;  die  Entscheid 
düng  mufs  aber  billig  einem  Physiologen  überlassen  bleiben. 
Zweites  Heft.  £s  verbindet  sich  mit  dem  ersten  Hefte 
durch  eine  daselbst  angefangene  Recension  von  Vpgler*s 
Requiem,   von  Hrn«  J.   Fröhlich»  von  welcher  dor£  dec 


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'        t 


baollla.  459 

allgemeiiiey  hier  der  besondere  Theil  eingerüctct  ut;  in  jenem' 
haDenwir  aber  Klarheit  und  B<»8tii»intheic  der  Gedanken^  sehr 
vermifsty  wie  z.  B.  p.  i07,  in  der  Angabe,  wie  dasMuaCs  der 
bei  einer  musikalischen  Schöpfung  angewendeten  Kräfte  zu 
erforschen  sey,  wobei  das  Wort  »denn«  doch  wohl  nur  ein 
Druckfehler  ist  für  „dann««,  statt  „sodann*.  Der  besondere 
T4ieii  ist  die  eigentliche  Recension ,  welche  sich  über  diesesi 
Werk  Vogler's  mit  grolsem  Lobe  ausdrückt,  jedoch  in 
ebenso  Dnystisch- unklaren  Ausdrücken,  wie  im  ersten  Theile;  ^ 
auch  können  wir  in  die  Kritik  der  einzelnen  Theile  nicht 
durchaus  einstimmen,  und  gerade  das  so  sehr  gelobte  Beispiel 
(auf  dem  Nötenblatte  zu  p.  125»  Nr.  8.)  enthält  bei  den  Wor» 
ten:  „et  amara  valde«  ,  in  der  fortschreitenden  Figur  mk.  gro- 
sser 3  und  übermäfsiger  5  nicht  nur  eine  gro fse  itärt«  ,  son* 
dern  auch  eine  sehr  ppinliche  Spannung,  welche  nirgends, 
wnd  am  wenigijten  in  einer  Seelenmesse  an'  ihrem  Plätze^  Ist.- 
Wir  machen  auTserdem  noch  auf  folgendes  aufmerksam:  „Be- 
trachtungen über  Handstücke  für  Anfänger« ,  p.  151.  t  welche 
«ehr  beherzigenswerthe  Warnungen  gegen  das  Abmartern  der 
Schüler  bei  dem  Elementarunterricht  enthalten;  und  auf  Hrn. 
Cb.  H.  Rinck's  Recension  über  Müllers  Orgelbuch,  nebst 
der  Nachschrift  der  Redaction^  Auch  allerlei  Curiosa  finden 
sich  in  diesem  Hefte,  wie  ein  paar  Räthselcanons  und  ein  faa 
sim'tle  von  Mozart's  Handschrift.  Drittes  Heft..  Wir 
heben  nur  folgende  Stücke  heraus.  Ganz  besondre  Aufmerk« 
samkeit  Verdient  ein  Aufsatz  des  bekannten  Hrn.  G.  L.  F« 
Sievers  (früher  zu  Paris,  gegenwärtig  zu  Rom,  wo  der« 
selbe  ein  Kunst -Commissionscomptoir  errichtet  hat)  Über' den 
Zustand  der  Musik  in  Italien ^  besonders  in  Rom;  es  wird 
freilich  über  den  dortigen  Geschmack  nicht  viel  Tröstliches  ge- 
sagt, indem  der  Rossinianismus  gänzlich  dominirt,  ui^d  seihst 
in  der  Kirche,  mit  Ausnahme  der  päpstlichen  Kapelle,  die  alte 

S Ute  Schule  hat  weichen  müssen ;  sehr  interessant  sind  auch 
ie  Bemerkungen  über  die  musikalischen  Anlagen  der  Italiäner^ 
und  wir  haben  uns  nur  sehr  über  die  obligaten  ??  und  I!  von 
Seiten  der  Redaction  gewundert,  sind  abei^  überzeugt,  dafs 
Jeder  diesen  Aufsatz  mit  grofser  Befriedigung  lesen  wird. 
Noch  machen  wir  aufmerksam  auf  mitge^heilte  Ideen  des  Hrn. 
IProf.  Wendt  über  die  Bestimmung  der  Musik,  die  Sprache 
nachzuahmen ,  welche  denn  allerdings  mit  Recht  geläugnetj 
und  der  Tonsetzer  auf  das  Auffassen  der  lebendigen  AuTsen« 
Welt,  und  das  Reproduciren  de$  gehabten  Eindruckes  in  der 
^usik  hingewiesen  wird.  Nur  können  wir  den  dabei  zu 
Qrunde  gelegten  Satz  p.  2j68  %  dafs.  die  Sprache  hei  dem  Au$« 


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460  GldUi. 

)         .  '  \  ,  -^    . .  , 

*  4nick€  der  Empfiniliiiig  dem  Gei^nge  an  Valllommenbeit  naelK 
st^«9  nicht  billigen»  da  sie  da«  Bestimmte  itt,  und  den  IfW  n 
halt,  wie  die  Gränzen  der  Empfindung  genau  au  beaeii:hnen 
veräiag,  io  der  Musik  aber  ein  Mifsverstehen »  Wie  'auch  p» 
269.  g«^agt  v^Vd,  Ic^icht  möglich  ist,  mithin  Unbestimmtheit 
statt  findet.  Viertes  H  ef  t.  Wir  bitten  besonders  folgende 
.gröfsere  Aufsätse  zu  bemerken.  *  Wohl  Jeder  wird  mit  Ver* 
gnügen  eine  musikalische  Idylle  (wenn  uns' der  Ausdruck  et* 
la übt  ist),  betitelt:  der  siebzigste  Geburtstag»  von  Herra 
^Rochlitai»  lesen,  soviel  GemütliHchkeit  und  so  viele  poeti«*. 
acbe  Auffassungsgabe  «erscheint  darin ,  und  wir  heben  in  die* 
aer  Hinsicht  besonders  den  ersten  Theil  heraus  ^  welcher  die 
Idee  Aer  Septime  ficht  poetisch  und  fromm  in  Worten  darlegt. 
Recht  Interessant  sind  auch  die  (sehr  ausführlichen)  Gorre* 
apondenznachrichten  aus  Paris,  und  sehr  lobenswerth  ist  ihre 
Anti-Rossinische  Tendenz  f  und  das  scharfe  Urtheil  über  das 
Zurechtschneiden  der  gröfsten  Meisterwerke»  sowie  das  Her« 
vorheben  des  einfachen  gefühlvollen  Gesanges  g^g^n  die  Onse« ' 
lige,  leider  so  allgemeine  SchndrkeJmanier.  £nalich  verdient 
Beachtung  ein  sehr  weitläufig  er 'Aufsatz  des  Hrn.  I>r.G.  We- 
ber über  die  neueste  musikalische  Literatur ,  welcher  aehi: 
sorgfältig  und  mit  kritischem  Raisonnement  die  Werke  über 
Musik,  sowie  die  neuen  Compositionen ,  Auflagen  u«  a.  w. 
angiebt;  einer  näheren  Beleuchtung  des  Aufi^atzea  enthalten 
wir  ui^s  \\m  so  mehr,  als  wir  Hrn.  Dr.  Webers  Ansicht^ 
dafs  die  neuere  Zeit  in  musikalischer  Hinsich|  auch  ^ehr  lo* 
benswerth  sey,  nun  einmal,  wir  gestehen  es»  wenigstens  in 
vielen  Beziehungen  nicht  theilen  können ,  sondern  uns  lieber 
an  die  gute  alte  Zeit  halten.  Fünftes  Heft  (zweiten 
Bandes  erstes  Heft,}«  Eä  beginnt  mit  einem  ebenfalls 
sehr  ausführlichen  Aufsatze  desselben  Verfassers,  worin .  er^ 
sehr  ins  Einzelne  gehend ,  Spontini's  Olympia  betrachtet^ 
und  deren  örundlage ,  das  Erreichen  des  Effects  durch  Anwen« 
düng  übermäfsiger  Mitte]  und  Massen  billigt;  —  ein  bekannt- 
^  lieh  sehr  bestrittener  Grundsatz,  welcher  wegen  seiner  Unbe« 
grähztheit  sehr  gefährlich  ^^yn^  möchte,  wie  die  neuesten 
Nacliriohteu  über  S  p  o  n  t  i  n  i'  s'  Unternehmungen  beinahe  be«  ^ 
weisen.  Es  folgt  ei^  geistreicher  Brief  des  bekannten  Hrn. 
Weitzel,  den  wir  nicht  zu  überschlagen  bitten ,  etwa  mit: 
,  Ausnahme  der  theologischen  Dlatribe  p.  35,    die  uns.  nicht 

.  ganz  an  ihrem  FJatze  scheint;  desto* treffender  ist  die  Aufstel« 
lung  des  Bildes  der  musikalischen  Liaien,  welcher  mit  wahrem 

,  Kunstsinn  den  Künstlerin  entgegentritt,  unot.so  erinnert  oeif 
Brief  an  einen  von   gleichem  Geiste^  dictir^en  Aufsatz  ^  dar; 


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CtflOir.  461 

Musikfeind  betitelt  ^  In  den  Fhantasiestflcken  des  verstorbenen 
Kammer  «  GerichUratbs  Hoff  mann  Bd,  tl.  p.  328.  Hierauf 
folgt  eine  ausfähriiche  Kritik  des  Textes  der  Oper  »Suiyantbec« 
TOB  Hm.  St.'Scbatzey  welche  bei  ihrem  Tadel  wohl. kaum 
Ungerecht  zu  nennen  ist.  ^  Den  Beschlufs  macht  ein  Auisats 
des  Hrn.  Sievers»  we1f:her,  ausser  einem  Nachtrage  zu  dem 
obigen  Aufsätze  (Heft  Nr.  HI,  p.  201.) f  sehr  interessante 
Notizen  über  die  Au£FQhrung  des  Miserere  von  Allegri  in 
der  SiKtinischen  Kapelle  zu  Aom  enthält;  wo  wir  aber  mit 
Herrn  Sievers  an  dem  demselben  mitgetheilten  Mäbrchen 
über  die  Entstehung  und  Ausbildung  dieses  Meister^tverkes  zu 
seiner  jetzigen  Form  billig  zweifeln,  trotz  aller  dafür  aufge« 
stellten  Gründe^  indem  uns  eine  Verflachung  des  Werkes  durch 
die  so  wirkenden  Zuthaten  der  Sänger  ganz  unvermeidlich^ 
eine  so  richtige  Ausbildung  aber  in  den  Mittelstimmen  auf 
diese  Weise  unmöglich  scheint.  Die  Bemerkungen  über  die 
Gesangmanier  d^ss  ^pranisten  Mariano  wünschten  wir  von 
jeder  Sängerin^  welche  sich  für  die  Kirche  bestimmt,  mdg* 
liehst  behei'zigt  zu  wissen. 

Sechstes  Heft  (Hten  Bandes  2t^s  Hft.),  Den  Eingang 
macht  »ein  Wort  zu  rechter  Zeit  gesprochen««,  von  Hrn.  Sie« 
'v er s,,  welches  die  Rückschritte  zu  den  Meisterwerken  der 
älteren  Opej  als  d}e- einzig  möglichen  Vor-  und  Fortschritte 
empfiehlt,  obgleich  nicht  ausschliefslich,  sondern  neben  der 
neueren  Oper;  wir  wünschen ^  dafs  dieses  geistreiche  Wort 
ei:ne  gute  Statt  finden  und  gehört  und  bewahrt  werden  möge, 
l^ezweifeln  dieses  aber  auch ^  wege^  der,  für  Viele  darin  lie« 
genden  musikalischen  Ketzerei  (z.  B.  vergl«  Caecilia  Hft.  IV* 
,p.  3 17  ff.) 9   besonders,  da  Hr.  Sievers  zu  diesem  Ende  ein 

fanz  verschollenes  Werk,  Marti n's  Cosa  rara  vorschlägt; 
afs  er  aber  auch  die  Hillerischen  Compositionen  in  diesen 
Kreis  gezogen  h^ben  will,  düifl^  docbein  wenig  zu  weit  ge« 
gangen  I  und  dem  Publikum  kaum  zuzumuthen  seyn.  Nochi 
sind  auszuheben  Nachrichten  des  Hrii.  Dr.  G,  Weber  über 
einige  wesentliche  Verbesserungen  des  Fagottes,  welche  wir 
uns  begnllgen  anjgezeigt  zu  haben  ,  da  sich  ohne  eine  Probe 
wohl  kaum  genau  darüber  urtheilen  läfst;  endlich  eine  Re« 
censton  über  Kocher*s  »^Tonkunst  in  der  Kirche,  Stuttg. 
1823«*  von  Hrn.  Prof.  Müller  in  Bremen,  welche  aber,  von 
dem  Grundsatze  der  Vortrefflichkeit  des  Neueren  im  Gegen- 
satze des  Alten  ausgehend ,  uns  kaum  zu  billigen  geschienen 
bat;  so  z.B.  ist  uns  die  Behauptung,  ,»ilafs  die  aUe  (Kirchen*^ 
Musik  das  Geiuüth  wenig  bewege««^  duvchaus  unbegreiflich^ 
und  fir.  MüUer  mufs  von  den^erken  des  von  ihm  ange* 


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'     46i         V.  Hoff  Geiehichte  d.  Veränderungen  ä,  JBrdoberflSo^o.. 

'    I   •     •        ,       '   .  ''  .  ^'  ; 

Itthrten -Ifalestrina,  wie  von  jLotti,  MoraTi  u.  a.  m. 
wenig  gehört  haben,  um  dies^  sagen  su  können,  indem  nicht 
leicht  in  neuerer  Kirche^pmusik  sich  diese  innere  Glut  der.  An« 
dacht  9  und  diese  Erhabenheit' der  Qedanken  finden  m€k:hte^  ' 
was  denn  doch  nothwendig  in  dem  Zuhören,  wp  möglich,  auf 
ähnliche  EntzÜndMng  Wirken  mufs«  Uebrigens  gefällt  sich 
Hr.  M.  in  Paradoxen  z.  B..p.  152  f  wo  derselife  die  £i;hebuna 
des  .Geistes  zum  Lol)e.  Gottes  eine  • —  Leidenschaft  nennt!  2 
der  Verf.  des  recensirten  .Werkes  möchte  dagegen  kaum  eia 
Paradoxon  augestejlt  haben ,  wenn  er  die  chromatiscbef  Scale, 
wegen  der  ihr  inwobnenden,  Unruhe,  und  Leidenschaftlichkeit 

^  aus  der  wahren  Kirchenmusik,  besonders  der  Choralmusik 
verwiesen  wissen  will,  obgleich  er.liei  Verdammung  ^er 
Septime  etwas  zu  weit  gegangen  ist.  Doch  genug !  wit  ver- 
weisen lieber  auf  die  andre,  im  Vorworte  der  Redactioä  an- 
geführte Kecension  des  KocHertfohen  Werkes,  und  bitten 
sie  recht  sehr  beherzigen  zu  wollen,  wünschen  aber  dieser^ 
Zeitschrift,  welche  -  allen .  Partheien  und  Farben  bo  billigen 
Raum  gestattet,  und  schon  so  manches  Interessante  su  Tage 
gefördert  bat,  von  Herzen  allen  möglichen  Fortgang.. 


Cefchichte  det  durch  üsberlieferung  nachgewiesenen  Aatärlichefn  Ftfr« 
ändert^ngen  der  Erdoherßui^he,  £«i  Versuch  von  Kr  £.  j^.  Vm 
^off  II«  i;  w»  Th»  IL  Geschichte  der  yulcane  und  der  Erd-* 
heben^   '         ^ 

Fortsetzung  von  Nro.  17.  d.  J, 

In  diesem  zweiten  Theile,  welchen  Rec.  bei  der  Beut-» 
theilung  dea  ersten  schon  einigemale  gelegentlich  mit  erwäh«< 
nen  muiste,  weicht  der  Verf.  etwas  von  Semem  früheren  Plane' 
a]}^  indem  er  sich  nicht  auss^hliefsirch  auf  die  Geschichte  det 
Veränderungen  der  Erdoberfräche,  beschränkt,  sondern^  ailge- 
n»eine  Untersuchungen  übec  die  Vulcane  und  Erdbeben  nebst 
deren  Ursachen  und  Verbindungen  vorausschickt.  Das  Pu- 
blicum nimmt  begrei^ich  diese  s.cbätzbare  Zugabe  von  ^inem' 
so  erfahrnen  Schriftsteller  dankbar  und  mit  Vergnügen  ^i 
und  die  Kritik  kann ,  keinen  scheinbaren  Grund  zum  T^del 
lijierin  findep,  mufs  aber  den 'Gegenstand  so  beleuchten ,  wie 
er  hier  dargestellt  iit^  Unstreitig  geboren  diese  Forschungen 
unter  die  vielfachst  angesteilten  und  schwierigsten  der  physiW 
Sehen  Geographie  I  und  kaum  ist  es  möglich  y  irgend  eine  Hy« 


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T«  Hoff  Geselnchte  d.  VcrSadeniogen  ^  firdpber/lScUe.       463 

pothese  mit  öründen  zu  unterstützen  ^  welcher  sich  nicht 
auch  andere  gewichtige  Gegengründe  oder  mindeste^ns  plausi«- 
bele  Hypothesen  entgegenstellen  lassen.  Um  &o  melir  aber 
mufs  man  streben,  die  Sache  allseitig  ^u  prüfen,  und  unpar« 
theiisch  zu  würdigen,  damit  nicht  aus  Bequemlichkeit  der  Na« 
1  turforscher  eine  falsche  Theorie  bleibendes  Ansehen  erhalte. 
Diese  Gründe  werden  Hec.  entschuldigen,  wenn  er  den  An« 
sichten  des  gelehrten  Verf.  in  einigen  btückeii  seine  Bedenk« 
lichkeiten  entgegenzusetzen  keinen  Anstand,  nimmt» 

I^ie  allgemeinen  Untersuchungen  gehen  nur  bis.  S.  98.  und 
beziehen  sich  auf  die  Erscheinungen  der  Erdbeben  und  vul« 
canischen  Ausbrüche  nebst  ihren  Ursachen  und  VVirkungen. 
Kecensent  tibergeht  die  nur  kurz  erwlihnten  Zerreifsungen 
und  Einsinkungen  des  Boddens,  nebst  den  Erhebungen  dessel- 
l)ei^  von  Innen  heraus.  Kücksichtlich  der  Vulcane  entscheid 
det  der  Verf.  darüber  bestimmt^  dals  ihre  Crater  nicht  aus 
den  Spitzen  der  jetzigen  Berge ^  als  schon  gebildeten,  ent« 
standen,  sondern  daÜB  diese  letzteren  seihst  blasenförmig  von 
Innenf  aufjgetrieben^  und  durch  die  ausgeworfenen  iVlassen  selbst 
beträchtlich  erhöhet  sind.  Hierfür  spricht  schon  sehr  ent« 
scheidend  die  Beobachtung,  dafs  alle  Crater  aus  ein  und  der« 
selben  Steinar^  9  nämlicb  Trachyt^  bestehen.  Indem  sonach 
.  die  blasenförmig  erhobene  Masse  an  der  schwächsten  Stelle, 
also  in  der  Mitte  durchbrachen  werden  mufste,  so  hätten  wir 
bei  der  Bildung  selbst  der  höchsten  Vulcane  mehr  diese  Ursa«- 
che,  als  eine  allmälige  Anhäufung  der  ausgeworfenen  Substan« 
zen  zu  berücksichtigen. 

Um  über  die  Ursachen  der  Erdbeben  und  vulcanischen 
Ausbrüche  mit  Sicherheit  zu  entscheiden,  erklärt  der  Verf. 
mit  vollem  Rechte  die  Tbatsachen  bis  jetzt  noch  keineswegs 
für  genugsam  bekannt ,  obwohl  wir  als  gewils  annehmen  kön- 
nen ^  dafs  ihre  eigentlichen  Sitze  sehr  tief,  auf  allen  Fall  unter 
dem  uns  bekannten  Theile  der  Erdrinde  liegen  ,  und  auf  weite 
Streckeamit  einander  in  mehr  oder  minder  naher  Verbindung 
stehen.  Inzwischen  sucht  der  Verf.  die  Hypothese  zu  begrün« 
den,  dafs  die  Ursache  dieser  Phänomene  in  der  Zersetzung 
der  Schwefelkiese,  zu  suchen  sey«  Kec.  will  nicht  ixi  Abrede 
stellen,  dafs  sich  verschiedene  Gründe  hierfür  beibringen  las* 
sen  f  indefs  steht  doch  allezeit  das  Hauptargument  entgegen, 
dafs  der  schon  gebildetete  Schwefelkies  ohne  Zutritt  der  Luft 
nicht  zersetzt  wird;  denn  Lemery's  Versuch  kann  hierfür 
nichts  beweisen  9  indem  er  SchwelFel  itiid  Eisen  vor  ihrer 
Verbindung  anwandte,  welches  immer  eine  ganz  andere 
Sache  ist. 


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464         ^  Hoff  Oes^^te  d.  VnrSiideraDgeii  d.  EtdoberflSdie»  . 

(Beiläufig  wollen  wir  aus  Rücksicht  auf  die  Stellung  einet 
Buches 9  welches  vielen  künftig  als  Qiielle  dienen  wird^  doch 
zu  S«  37.  bemerken,  dafs  Michell  und  Cavendish  die 
Dichtigkeit  der  Erde  vermittelst  der  Drehwaage,  aber  nicht 
durch  Ablenkung  des  Bleilothes  zu  erforschen  suchten ,  und 
daher  hier  an  der  unrechten  Stelle  stehen).  Breislaks  Hy* 
pothese  ist  aus  den  vom  Verf.  angegebenen  Gründen  auf  allen 
Fall  unhaltbar,  jedoch  thut  er  ihm  Unrecht,  wenn  er  das  aus 
der  extreme  le^hret^  der  Erdmetalle  hergenommene  Argument 
desselben  als  unstatthaft  zurückweiset ,  indem  die  Erdmetalle 
oder  Metalloide  allerdings  sehr  leicht  sind.  Allein  dessen  un« 
geachtet  hält  Rec/  diese ,  auf  allmälige  Oxydation  der  nicht 
oxydirtäri  Erdrinde  gebauete  Hypothese,  mit  Hinzunahme 
der  wahrscheinlich  grofsen  Hitze  im  Innern  des  Erdballes, 
doch  noch  immer  für  die  plausibelste,-  indem  sich  gegen  das 
angegebene  Breis lak sehe  Argument,  wie  freilich  gegen  die 
feste  Begründung  jeder  andern  möglichen  Theorie,  einwenden 
läfst ,  dafs  wir  l)  das  Innere  der  Erde  gar  nicht  kennen  ,  in- 
sofern die  Sitz«  der  Vülcane,  gesetzt  auch,  sie  befänden  sich 
in  20  Meileh  Tiefe,  doch  noch  immer  zur  äufseren  Rinde  ge- 
hören, so  dafs  also  die  lieicbtigkeit  der  Erdmetalle,  eben  wie 
die  vom  Verf.  S.  42.  dieser 'mit  Grunde  entgegengesetzte  des 
Bergöls  gar  nicht  in  Betrachtung  kommt,  2)  4^fs  aber  die 
Dichtigkeit  des  Kernes  als  Folge  des  noch  nicht  berech]>eten 
JDruckes  ganz  unbestimmbar  ist ,  wori^ber  der  grofse  Geome« 
ter  La  Place  nur  einige  hingeworfene  Bemerkungen  bekannt 
gemacht  hat,  und  3)  endlich  eine  feste  Begründung  des  einen 
\vie  des  andern  durch  die  uns  zu  Gebote  stehenden  Hülfsmittel 
in  der  nicht  bestimmbaren  Temperatur' des  Erdkern^  und  der 
hieraus  folgenden  Ausdehnung  dieser  JBestandtheile  ein  un« 
tlber steigliches  Hinderpiüs  findet.  Wie  ohnmächtig  steht  da. 
her  'der  MenSch  mit  allen  seinen  erworbenen  Erfahrungen  und 
allem  seinem  lange  geübten  Scharfsinne  vor  diesem  schwieri« 

Iren  Probleme!    Rec,  folgert  daher  di^  Hypothese  von  einer 
ange  fortdauerhden' allmüli^en  Oxydirung  der  Erdrinde  und 
den  damit  muthmafslich  zusammenhängenden  vulcanischen  Er«  ^ 
scheiriMUgen    nur  problematisch   aus  der  Combiuation   vieler 
hierzu  passender  Erfahrungen. 


CDer  Bes€hlufs  fol^^*) 


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.       H  e  1  d  e  t  b  e  i*  g  e  r  ,    .^ 

Jahrbücher  der  Literatur* 

Geschichte  der  Vel-ahderüngeü  der  Erdohärilachö 
VOD  K.  E.  A.  V.  Hoff. 

Auch  dftr  Verfi  tritt  später  dieser  Ansicfvt  bej^  welche  eir 
acBon- vor  längerer  Zeit  dutch  Smieder  urid  Steffen«  ge» 
U'a[sert  nachweiset;  indefs  müsstJn  wir  dann  von  Schwefelkie- 
sertf  und  den  Vor  Davy's  Entdeckung  allein  bekannten  Me« 
fallen  abstrahii'en  j  welche  Soiieder  und  auf  allen  Fall  Stef- 
fens nach  der  p^  64»  angefahrten  Stelle  allein  vor  Augen  bat^ 
ten  und  haben  konnten  ,  obgleich  schon  niedrere  andere  Na^ 
turfbrs(;her  d4e  Möglichkeit  einer  metallischen  Natur  versohie« 
dener  StOiFe  ais  unbestiinniteiVIuthmaisutig  ausgesprochen  hat- 
ten (  und  eben. so  bedarf  es  aus  .deiv  oben  angegebenen  Grün« 
den  der,  auf  allen  F4II  unerweislichen ^  Hypothese  Von  *HOh«  ' 
lungen  im  Innern  der  £rdj^  nicht  >  um  das  aus  der  Annahmt 
-eines  metallischen  Erdkernes  folgende  Vröfsere  spec.  Gewicht 
der  EVde  mdhr  berabeubringen,  obgleich  sie  in  der  äufVern 
ßrdrinde  allerdings  «tnleugbar  vorbanden  sind.  Denn  nach 
der  Hypothese  t)äyj*s  gehören  die  Bestandtheil^  des  Gran!« 
teS)  Sandsteines,  Kalkes  u.  s«  w.  äben  so  gut  zu  deA  Metallen 
als  die  Schwefelkiese  4  das  Bieters,  u^a^  lii.  Hiertiaeh  kann 
aber  Rec.  ^en  tiefen  Sinn  nicht  ä^den^  welcher  in  derl  gdiiadn« 
teil  Stella  liegen  soll^  nämlich:  »vMajn  hat  tiicht  dngeseh^^ 
daifs  alle  Metalle^  die  in  den  Gebirgen»  erscheinen,  nur  du^rch 
^partielle  Reductionen  erzeugt  sind;««  auch  ist  vor  det  Harid 
noeh  gar  nicht -abzusehen,  was  für  gbo£se  odet,  jgar  grdfstd 
Aufschlüsse  die  vulcanischen  J^rsoheinungen  von.  D  d  b  e  t  e  i^ 
iier's  allerdings  höchst  wichtigen  ;^Ef>tdeckang  der  Enta^ün^ 
dung^  vor!  WasserstofiFgas  durch  Tlatinsch^Amni  ethialteil 
sollen«  ReceiiiS^  fübli  wahi^  dafs  solch äi'£enjerkung«n  nitht 
das  Mittel  sind ,  i^ich  beliebt  zu  machen:^  Indeiü  ittail  di^ei 
>iur  dadurch  erreicht  $  Wen|i  man  dem^eitgeiste  huldigt.  Lei- 
der hat  dieser  aber  bei  den  Deutschen  schon  länge  id  tineä 


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466'        ▼•  Hoff  ÖMdiifihte  d«  Vcrittd«niiig«ii  d*  £rcloberflfic)ie* 

■  -  ■        » 

Bum  Theil  ans  Gutmflthigkeit  «ntipringondeaUebericbätziuie 
neuer  Entdeckungen  beetanden^  wosu  die  MenschenquSleret 
bei  der  Anwendung  des  Galvanismus  gegen  Taubheit  ynd  das 
fibrikinäTsige  Durchbofacen  der  meipbrana  tyi»pan)  j^tpr*.  (ei- 
«pieU weise  als  Belege  dienen  m^een;  aucb  Iie£se«icb  Woktdta 
Herrschaft  des  Neptunismus  nach  Werner  und  der  jetaigo 
Vulcanisoaus  anführen;  £s  ist  schon  etwas  Groiaes,  daa^^Ge« 
bäude  der  Naturwissenschaften,  noch,  mehr  aber,,  seine  viel« 
fachen  Lficken  zu  kennen ,  gana  vorzüglichen  Dank  aber  ver« 
dient  derjenige  9  welcher  einen  wichtigen  Schlufsstein  für  eine 
oder  einige  derselben  durch  glückliche  und  scharfsinnige  Com« 
binationen  auffindet.  Dann  soll  man  diesen  aber  nicht  in  alle 
Lücken  schieben  wollen  y  sondern  nur  in  diejenigen ,.  woria 

^  er  gehört,  damit  nicht  die  Ausländer ^  indem  sie  ihm  seinen 
richtigen  f  lata  anweisen ,  sich  ^ie  ganse  Entdeckung  beimea« 

*    «en.     IS^tn  so  sehr  aber,  als  Rec  es  für  Pflicht  der  Wahr^ 

^  beitsUebe  Kielt ,  bei  dieser  Stelle  seine  Zweifel  offen  au  fiua« 
Sern,  mufs^er  zugleich  aucb  seine  Freude  darüber  bea^ugen, 
dafs  der  Verf.  ganz  im  Geiste  ruhiger  Forschung  sidi  durch 
Hansteen's  groCse  Gelehrsamkeit  nicbt  hat  blenden  lassen« 

^(s.  Vorrede  S«  X(.)  den  Vnlcanismus  der  Erde  joait  ihrem 
Magnetisnms ^u  verbinden«  da  die  magnetischen  Aiten  als 
Folge  eines  inneren  metallischen  Erdkernes  mit  der  Wände« 
rune  der  Linien  ohne  Abweichung  ichwer  vertrflglicfa  sindy 
und  die  täglichen  sowohl,  als  auch  die  jäbrlicb^en  Varatiouen. 
der  Declination  sich  unmöglich  darauf  zurückführen  lassen* 

Mit  Vergnügen  folgt  der  Leser  dem  gelehrten  Verf.  .wei^ 
ter  bei  seinen  Betrachtungen  über  die  ausgebrannten  VulcaiMT 
und  denBasalt^  für  dessen  vulcaniscfaen  Ursprungs  auffer  den 
bier  ange^benen  Gründen ,  wohl  hauptsächlich  das  inter4M* 
aante  Probestück  entscheidet,  welches  Sta.nley  von  seiner 
Heise  nach  Island  miteebracbt  hat«  nämlich  ganz  eigentlich 
poröse  Lieva  vom  Heclat  welche<oben  ^>^  ^^^^  krystalliniscb 
geformte  Basi^ltsäule  endigt  (s.  Zimmermann  TascbenK 
l8o4)*~  Als  endliches- Resultat  folgt  aber  aus  überwiegenden 
Gründen,  dafs  die  Bildung  der  Urgebirge  derjenigen  laue 
vorausging,  wekhe  die  Flötzgebirge  erzeugte,  worauf  die 
von  vielfachen  un4  sehr  allgemeinen  Veränderungen  der  Erd* 

'  rind^  begleitete  Entstehung  der  basaltigen  Berge  folete«  Ei« 
nen  eieentlicben  ZwisicUenraum,  gleichsam  <ier  Kühe,  zwir 
sehen  dieser  und  den.  .Iioch  jetzt  fortdauernden  Veräilderungefi 
d^  Erdoberfläche  ist  llec.  nicht  geneigt  anzunehmen ,  obgjeicii 
,  die  Wirkungen  in  früherer^Zeit  u|igleich  bedeutender  geweaem 
seyn  ihdgen.  Schön  und  sehr,  waiur  sagt  aber  der  Vert  S.  \^ 
»»Das  Basaltgebilde  mit  aufmerksamen  Blicken  za  verfolgen 


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T  <Boir'6««^ithte  d^  VerfiiidenMigoii  d«  EtddberiiStihe.        467 

•ebeint  uns  unerlfifslich,    da  ea.in  der  Abei:id(}äaiineruns  de« 
Gestern  liegt|  von  dem  wir  das  Heut«  in  der  eritea  Morgen«, 
dftminerung  zu  durchftucheri  wagen«<c 

Bei  den  Erdbeben  wird  suerst  ihr  naber  Zusamtnenhang 
nift  den  vulcaniscben  Erscheinungen  nachgewiesen^  und  ge« 
steigt  y  dafi  Ganäle^  ,  \^«  lebe  den  unter   der  ErdoberflÜche  ge«-^ 
bildeten  Dämpfen  einen  Ausweg  vQi*statten,  gegen  die  Erder« 
achütterungen  sichern,  wobei  als  Rassisches  ßeispiel  noch  diö 
Sicherung  l^alästina's    gegen  die  Verheerungen^  Syriens  durch 
die  Ausleerungen  von  (ja%  und  Asphalt  im  todten  Meere  nach 
Rittc^r's  S«  129i  erwähnter  sinnreicher  Vermutbun^y  ange- 
führt werden  kdnnte^     £s  leidet  somit  wohl  keinen  ^weife)^ 
dafs  die  durch   Chemismus    entwickelten    gasförmigen  Stoffe 
tiebat  den  durch  die  hierbei  entbundene  Wärme  expandirten 
Wasserdämpfen  als  nächste  und  Hauptursache  de^  Erdbeben^ 
.  v^ie  derVulcane  anzusehen  sind,  wobei  mit  Hecht  die  Electri- 
oität  als  Ursache  ausgeschlossen  bleibt,  obgleich  dieselbe  die 
vulcaniscben  Erscheinungen  seligst  notb  wendig  begleiten  mufs.' 
i>iie  beifsen  Quellen ,  dief  Naphtha  gebenden ,  desgleichen  did 
Salsen ,  reihet  der  VerK  mit  genügendem  Grunde  den  trulcani« 
sehen  JBIr schein ungen  an  ^  schliefst  bei  d%n  ersteren  mit  Kecht 
d«n  Galvanismus  aus^  und  folgt  in  ihrer  Erklärung  dem  gründe 
lieb  forschenden  BerzeliuS. 

Im  zweiten  Uauptstücke  von  S«  98  an  zeigt  sich  der  Verf» 
wiederum  als   fleifsiger  und  kritischer  Sammler ,'  und  bietet 
dem  wifs'begierigen  JLeser  einen  solchen  Reicbthuot  von  That^ 
Sachen  y    dais  es  unmöglich  ist^    eine  kurze    Uebersicht  des 
Wichtigsten  herauätuheben  ^    vtreswegen  wir  uns  begnügen^ 
nur  einzelne  vorzüglich  hervorstechende  Puncte  näher  £u  £e- 
Beichnent      Zuerst  erläutert  et'  den  vulcaniscben  Erddistrict 
i^  Oberasien  in  der  Gegend  des  Gaspi$chen  Meeres.      Merk^ 
wüirdig   ist  hierbei  die  Nach^Hreisung ,   dafs  die  vuldanischeti 
'Berge  Denawend^    Sind^ar^    der  voü  Kepse  bei  Antiochiä 
Stehst  der  Insel  SaBto;*in  und  verlängert  bis  zum  Aetha  in  eine 
liinie  fallen^  und  somit  den  Zusammenhang  solcher  Zügef  be- 
ilrkundem   Die  auf  die  vorhandenen  Thatsachen  gebaUete  Vei^ 
muthung  Über  die  Entstehung  des  tödten  Meefes  wird  jedef 
mit  Vergntlgetl  beifällig  auf  neb  mem      Ob  Ordinaii*e*S  Be- 
hauptung, dafs  die  Chimaeta  nOch  jetzt  stets  Flacttmen  und 
Hauch  sluswerfe^   gegründet  aeff    datüber   findet   man   hier 
iHcht  ganz  befriedigende  Entscheidung,    desto  vollständige^ 
ist  der  Verf.  über  die  vielen  Erdbelien  in  Syrien  und  die  Ent« 
stehung  neuer  Inseltt  im  griechischen  Archipelagus^  vejrfolgt 
alsdann  die  Spuren  vulcanissbar  EracLeinusgen  durch  Griechen«    . 

'  30* 


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468         Vy  HolTGes^tchte  dv  Verfindcni^gcii  d»  SrcbbeHMtcIte. 

hmd  nach  Italien  bin^   wo  man  ohne  Streit  in  Europiei  Um 
grdfste  vulcanische  Tbätigkeit  wafarniminty    wenn  aie  niebt 
von  Island  noch  übertrofien  wird.       Vom  ersten  Ausbruche* 
des  VesuvSi  ala  des  Hauplpunctes  der  brennenden  Felder  »  und 
den  Zeugnissen  der  Schriftsteller  über  ihn ,   woraus  hervor- 
geht,  dai's  kein  Ausbruch  desselben  ver  dem  Jahre  79  nach 
Chr.  G.  bekannt  war ,  wird  hier  gehandelt,  und  nachgewiesen^ 
dai's  durch  denselben  die  beiden  Städte  Herculamim   und  Fom-^ 
peji  nebst  Stab iae  gänzlich  verschüttet  sind,  worin  Rec.  der 
t^erscbiedenen  hiergegen  gemachten  Einwendungen  ungeaditet 
vollkommen  beistimmt.     So  weit  sie  dann  aus  den  nicht  gans 
vollständigen  Nachrichten  hergentellt  werden  kann ,  giebt^iler 
Yerf.^eine  vollständige  Geschichte  der  AnsbrÜche  dieaea  Ber- 
ges und  der  sie  begleitenden  Erdbeben ,  deren  eins  in  früheren 
Zeiten  wahrtfcheiniich  die  Verschüttung  des  Serapis -Tempela 
bei  Fuxzuoli  und  die  Biliung  einer  Lagune  um  ihn  veranlagtem' 
ao  dafs  seine  Säulen  allerdings  von  Fholaden  angebohrt  werden 
konnten.      In  das  16te  Jahrhundert  fällt  dann  auch  das  merk« 
Würdige  Ereignifs  der  Bildung  d«a  Monte  di  cenere,  wdcbea 
ausführlich  mit  Nachweisung  der  zahlreichen  Nachrichten  dar* 
über  erzählt  wird^      Für  Kec.  hat  dieses  Fhänomen,  wobei 
ein  Berg  nach  Art  eines  Maulwurfshügels  von  Innen  heraua 
durch  vulcanische  Kräfte  aufgeworfen  wurde,   allezeit  hohes 
Interesse  gehabt ^  es  stimmt  mit  den  neuesten  Beobachtungen 
von  Inseln^  welche  im  Meere  gebildet  wurden,  genau  übereini 
und  wir  mdgten  diese,  gewiis  in  gröfserem  Malsstabe  öfter' 
vorgekommene  Erscheinung  wohl  für  die  einzige  der  vnlcani« 
sehen  Aeufserungen  halten  ,  mit  einigem  Zweifel  gegen  blofse  ^ 
blasenartige  Hebungen  grösserer  Berge^  da  durch  ei^en  aolchen 
Frocefs  nothwendig  die  zu  einer  beträchtlichen  Höhe  angehe« 
bene  Masse  ausgedehnt,  folglich  an  irgend  einier  Stelle  locker 
werden  I    und  den   hebenden  elastischen  Flüssigkeiten    einen 
Ausweg  darbieten  mufste.      Ob  aber  dieser  Berg  unqjeachtet 
seiner  Kühe  seit  der  Zeit  seines  Entstehens  künftig  stets^ruhig. 
2)leiben  Werde,  wie  der  Verf.  8.  2Ö8  mindestens  andeutet,  die- 
ses ist  bei  der  bekannten  Geschichte  seines  Nachbars  ,  des  Ve« 
suvs,  noch  immer  sehr  fraglich«     Mit  der  Geschichte  der  bAm 
genden  Ausbrüche  des  Vesuvs  werden  zur  leichteren  und  vofl« 
Ständigen  Uebersicht  die  des  Aetna  und  die  Erdbeben  verbun« 
den ,    welche  die  das  Mittelländische  Meer  in  einer  weiten 
Strecke  umgebenden  Länder  verheerten,  namentlich  die  furcht«, 
baren  von  1766  und  den  folgenden  Jahren*     Es  gewährt  in 
der  That^  eine  interessante  Uebersicht^    wenn  man  sich  vof«- 
stellt,  wie  von  diesem  Jahre  an  bis  1769  der  ganae  Erdatricb* 


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▼»  Haff  GtieUchio  j«  Ver8Ai«niog,eii  A.  'RtAAmBtah:.        469 

roxi  Veraien  an  bis  eu  den  Ganariscben  Inteln  oder  «oga^  bis 
Barbados  ,  und  wenn  man  den  "Ausbruch  des  Xorullo  hinzu« 
nimmt,  bis  an  diesen  9ufsersten  Westlichen  Funct  in. einer 
Breite  von  30  bis  35  Graden  stets  erschüttert  wurde,  welche 
schreckliche  Catastrophe  mit  demi  groTsen  Aushruoha  de^  Ve«* 
auvs  von  1760  endigte. 

Auf  gleiche  Weise  vollstitndig  ist  di^  interessante.  Ge« 
schichte  des  Aetna  bearbeitet ,  welcher  in  den  mit  Laven 
wechselnden  Schichten  Kalksteins  und  den  hi^Brin  ^eingeschlos*« 
senen  versteinerten  Seegeschdpfen  deutliche  Spuren  seiner  iq 
die  urweltliche  Geschichte  hinaufreichenden  Tbätigkeit  ent^ 
b^lt.  Die  mit  seinen  Ausbleichen  wechselnden  oder  sie  be^ 
gleitenden  vielen  Erdbeben  findet  nian  gleichfalls,  hier  aufge« 
s^blt|^  nebst  de»  verwandten  Erscheinungen  der  SchlammvuU 
Cane^  Saison  u.dgl.  Dann  von  den  Inseln  Stron[\baU  und  VuU 
cano«  Eine  sehr  interessante  Zugabe  ist  aber  die  S.  263  u.  f,  ; 
mitgetbeilte  synchronistische  Uebersicht  der  Ausbrü<^he  de^ 
Vesuvs  und  des  Aetna ,  n^bst  der  Erschütterungen  der  unilie<« 
genden.  Gegenden  und  den  einselnen  bedeutenden  Eruptionen 
der  kleineren  Vulcane  auf  den  Inseln,  woraus  sich  ei^ie^bt^ 
da(s  die  vulcanischen  Scfalündet  alles^eit  abwechseln  ,  und  wenu 
sie  aämm^tlioh  verstopft  sindj^  die  unterirdischen  Qasarten 
durch  Erdbeben. einen  Ausweg  suchen ,  wonach  man  einen  Zu^ 
^ammeuhang  awisch«»n  den  Ueerden  mehrerer  Vulcaae  bdeip 
ein  gemeinschaftliches  J^aboratoriuo^  für  diese  Ftocesse  durch-« 
jkua  nicht  bezweifeln  kann. 

'  Wir  verlassen  den  Verf.  bei  seinen  weiteren  Untersuchung 
ger^  der  vulcanischen  Erscheinungen  an  der  Nordküste  von 
Africa  nach  den  Azoriscben  und  (Janarischen  Inseln  ,  .um  noch 
etwas  aus  demienigen  auszuheben»  was  er  über  die  nordwärts 
vom  Mittelmeer  gelegenen  Gegenden  mittheih.  Hierbei  isi{ 
es  zuerst  merkwürdig,  dafs  die  Liiniö  der  vulcani&chen  Spu^ 
Ifen^,  welche  sich  yon  deti  Carpatben  aus  durch,  die-  Sudeten 
vnd  die  merkwürdigen  Qrte  in  den  Marken  und  Holstein  zie-t 
ben  l?fst^  wo  in  der  Havel  i807  ,  im  CJaveezer  Suee  bei  Pl&u 
l803  eine  Insel  entatand,  und  der  l8i22  durch  E.insinkung  der 
Erde  gebildete  Arendsee  liegtet  verlSneert  durch  die  Fäijöer 
Ins.eln  nach  Island  geht.  Sonnst  bietet  das  mittlere  und  nörd-r. 
Uche  Deutschland  zwar  einige  sehrHervarstechendebasaltisebo. 
und  ähnliche  vukanische  Gebirgszüge  dar  ^  l&t  aber  durch  Er d-* 
beben  verh^ltnifsmWsig  nur  wwiifi  heirogeaucbt ,.  und  in  d^a 
flachen  Gegenden  an  der  Nord-,  undt  GfÄt-See  fehlen  beid<»fa&.ti 
gänzlich.  'Die  über  ä)tere  und  neuere  Erdbeben  vorhandenen 
rJa^Erifhifen  aind  zusamK^eng^aiteHt^  doch  fehl^u  einige  der  n^ne* 


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tten,  «;  B.  vom  2S»te»  bis  28*ten  Nor.  l822  in  einem  groAen 
Theile  de«  südlichen  Deutsclilande« ,  vom  Nov,  1-6^3  in  Frey;* 
I>iirg^  vom  Oec.  desselben  Jahres  in  MühHieim  u^  vom  Jans 
1824  in  Prag,  Wunsiedel  u«  s.  W,  Weit  mehr  Stoff  bietet 
der  g]etcb&n$  noch  ganz  vukänisch  gebildete  Theil  von  Ober* 
Italien  dar,  dl?ssen  häufige  Erdbeben  aufgezählt  werden.  Hieran, 
reihen  sich  die  wenigen^  welche  tn'dfen  eigentlichen  Alpen, 
häufiger  Km  Jura  beobachtet  sind^  d^nn  dieiii  Frankreich  und 
den  Pyrenäen  wahrgenommenen,  worauf  der  Verf.  das  2te  und 
3te  Hattptatück  nnt  einigevf  i^Dgemeinen  Bemerkungen  be« 
fChHelst.  Beachtenswerth:  scheint  VinB  hierunter  voredglicb 
der  hervorgehobene  Uinstand,  daffs  Erdbeben  und  vulca'nisch^ 
Ausbrüche  in  den' neue^iten  Zeiten  so  oft  vorkümqien  ,  und'  da 
sie  früher  gewifs  nicht  seltener  gewesen  sind,  so  darf  man  m|t 
überwiegenden  Gründen  annehmen,  dafs  vormals,  nur  die 
X  gröfseren  und  allgemeineren  aufgezeichnet  «Wurden,  weswe« 

ten  map  auf  diese  mit  mehr  Sicherheit  Folgerungen  gründen 
,  ann  ,  aj»  auf  einzelne^  der  netteren. 

Im  vierten  Hauptstücke  wird  der  Isländische  Ersclhütte^ 
rungskreis  untersucht,  dessen  Hiauptsitz  die  ganz  vulcanischd 
Jnsel  Island  i$t.  Dort  sind  die  verheerenden  Erscheinungen 
so  häufig,  wie  sich  insbesondere  ans  einer  vorausgeschickten 
^ronologitchen  Uehersicht  derselben  ergieht,  dals  sie  noth^ 
wendig  zuweilen  mit  denen  der  anderen  Erschütterung skreiae, 
liam entlich  des  jm  mittelländischen  Meere  liegenden  zusamt 
menfallen  müssen,  ohne  dafssich  daraus  auf  eine  Verbindung 
beider  ^chliefsen  läfst.  Der  Verf.  verwirft  auch  xite  Annahme  * 
eines  Solchen  Zusammenhanges  im  Allgemeinen ,  wiewohl 
nicbt  mit  il«^r  Bestimmtheit,  als  Jlec«  zu  thun  geneigt  ist,  in« 
dem  es  S.  392beifst:  „dafi^  sie  dodi  picht  a^ufser  aller  Ver^ 
bipdung,  nicht  ganz  von  einander  abgeschnitten  zu  aeyti 
scheinen.**  Cleichhills  wechseln  auch  auf  Island  die  yulcanl« 
sehen  Ausbrüche  mit  Erdbebeq ,  und  haben  ihre  Ai^btung 
hauptsächlich  vo^i  SVV.  tiach  NO, ,  vom  Vorgebirge  Reikianäs 
bis  zum  V.ulcane  Krabla.  Die  Wirkungen  derselben  erstrek« 
ken  si<?h  übrigens  nach  mehreren  angeführten  Beispielen  bi« 
Zu  den  ürgebirgen  Englajrids.  und  sogar  bis  nach  Bretagne,  auf 
der  andern  Seite  ^nach  Skandinavien,  upd  gegenüber  bis  n^eh 
Grönland,  wo  sich  mindestens  $asal(e  finden,  wenn  gleich 
Erderschütterungen  pur  fliehen  verspürt  oder  wahrscheinjioii 
:picht  aufgezeichnet  wurden.  Auch  der  Vulkan  E«k  auf  der 
Insel  Jan-Mayen  gehört  in  diesen  Kreis. 

Im  fünften  Hauptstücke  giebt  der  Veif.  eine  Darstelking^ 
Her  yvklceL^kiiiu  im  gtofae^i  Qcean,  un4  bemerkt  tni>  VonKis« 


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t.^nsäG9$AUiutA,VmSkimtfiiimi^  471 

dafii  Amt  weher  von  Europa  entf^nten  tWendea  iine  ]>fi  wei^^ 
tem^nicht  so  volLitBndig  bekannt  tind»  ab  die  eben  b^trach* 
teten  f  und  wir  uns  jdaber  oiit  minder  vojlkooiineven  N^brich«* 
ten  begnügen  mCUsen.  Ei*  glaubt  indjSJGi  im  grofeen  Ocean  swei 
Vi^canketten  deutlich  unterscheiden  zvk  kdnneui  deren  etne- 
Uingfl  der  ganzen  Oftküste  von  Asien  in  einer  tteihe  ron  In^. 
s<dn  von  MO.  nach  SW.  hinlaufend ,  die  andere  }ftngs;de^  VVe&t« 
kAste  der  grdfseren  Hälfte  von  America  im  festen  Xande  yo^ 
N«  g^'W.  nach  S»  g«  O.  anaunebmen  sey«  Bios  die»ersteve  wird 
im  5teu  Hauptstücke  näher  untersucbt.f  und  bis  Sumatra  bia. 
verfolgt,  indem  der  Ver£  am  £nde  S.  446  bia^uaetat,;  ^^wei« 
ter  alü  bis  dabin  liefsen  sich  (America  ausgenomiiien)  die  in 
merkwiirdigen  Ii^selketten  ziemlich  deutlich  erkennbaren  Züee 
von  Yulca:üen  In  ähnlich  .sichtbarem  Zusammenhange  nicht 
wohl  verfolgen  ,<<  weswegen  er  dann  die  bis  dahin  noch -flicht 
'  einzeln  betrachteten  Vulcaugruppen  in  Asien,  Africa  und  America  . 
einer  näheren  Untersuchung  unterwirft.  £s  ist  allerdings  schwer, 
eiiiem  Schriftsteller,  welcher  sich  seines  Geg^mttuides  sa  voll- 
ständig bemächtigt  hat,  eine  andrere  Ordnung  vorzuschlagen, 
wUbei  ^uch  acn  Ende  die  gewählte  Aeihenfolge  nicht  für  «ehr 
weseütlich  2u  achten  ist«  Indefs  würde  Rec.  nach  Aeiner  in* 
divid u  eilen  Ansithtaufser  den  schon  untersuchten  vukaniscben 
Hauptgruppen  noch  drei  andere  annehmen,  hiervon  die.  eine  ' 
»ach  liamtschatka  Stttaen  undbierau  die  Vulcane  der  Aleuten^ 
Kurilen  und  Japanischen  Inseln  zählen«  die  sweifce  ind^"^  aaia« 
tischen  Archipelagus,  deren  Hauptsita  die  Molucken  und.Pai« 
lippiiK^Q  wären,  mit  einem  in  daA.a#iatische  Festland  aicb. 
verlaufenden  Arme,  die  dritte,  aber  in  die  AntUlenimit  zwei 
Hauptarm^'n  nach  Südamerica  und  einem  andern  nac^  Mexiko» 
wobei  allerdings  nocheinaelue  Vulcane  übrig  bleiben  würden^ 
von  denen  es  fraglich  bliebe,  au  welcher  jieaer  Gruppen <]bder. 
oh  überhaupt  su  einer  sie  au  rechnen  wären,  .  Indefsi  kann 
man  ea  der  Gelehrsamkeit  des  Yer£  zutrauen  ji  da{'s  er  dur^li 

tenügende  Gründe  bewogen  ist,  die  gewählte  Ahtbeitung  i^u 
efolgen^  .  ,  :  ' 

Unter,  die  merkwürdigsten  v^lcanischen  ^rscheinungea 
der 'Aleutischen  Inseln  gehört  wobl  ohne  Zweifel  die  Entsteh 
tKing  einer  Insel  mit  einem  VulcanevOn  3000  F.  Höhe  unfern 
von  IJnalaschka,  welcher  nach  y.  Buch  wuhj  niclit  füglich 
fiXr  eine  Aufhäufung  yan  Schlacken»  sondern  viejinehr  als  bla- 
senföirmig  aufgetriebene  JVJasse  (jedoch  mit  einer  Oeifiuing,  ' 
einem  Crater)  anzusehen  ist.  I>er  Verf.  verfolgt  dann  den 
Zug  der  Vulcane  durch  Kamtschatka ,  die  Jiapnischen  Inseln^ 
die  Philippinen  ,1  iVlatiauen  uAxd  Sunda-Inäiein  mit;  .be«iV^J*??«r 


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WlH4lgtiilg'>d«r'in^ere8ianten  Intel  Java,  und'  beorerbfc  irtit 
Hedft^  äafl«  «ifter  4ten  *  v«t$chieitnen  Innigrnpfta  diese»  «ty 
ftark  besKeeen^Ckeftiis,  s«  B.  d^ll^Fr•tllld«€bair»•9  G^lUct^&i^ 
il/l^tqü^m^'lnt^ln  u.  a.  noch  manch)?  yukffnese^^inidgeii»  dt«^ 
^tr'rtitcht  genau  kennen«  •  Eben  so  fahlen  2ur  Zeit  noch  ge^ 
itauer)9  Naebrichten>  über  Neiiaeeland»  Neuholland.  und  vaa 
fHeniens-'Ij^nd,  aufser  daU  sich  auf  dem  letste^^n  Baaalte  An^ 
den,  -Btfde^teifdiB  Vulcan«  aiud  doYt  wohl  nicht  su' erwartett^ 
^  »'  Iftii  aecliaten  HauptatüclM  werden  alle  noch  übrigen  yuK 
fjantsekbn  Gruppen  susaannengefarst,  unter  denen*  veipachiedem 
f^hr,  bedeutende  aind«  Vo»  Hochlande  Aaiena  wiesen  wiif 
weitig,  4odi  Bind  Qiehrere  Theile  desselben  »  ebeiü  wieP^fsien 
Mxj^d  Arabien  ofr  durch  Erdbeben  heimgesucbt.^  Africa  ist  un« 
i^bch'  wenliger  bekannt,'  indefs  muls  dieser  Welttheil«  nach 
ä^iner  geognostiscben  Beschaffenheit  weit  weniger  vulcaniscb 
,  Seyn,^  als  die  tlbrig«».  <  Weit  niebi:  vulcanisch  sind  die  Insela 
im  Südien.von  Af'rica  und  dstHcb  vorr  Südamerica «  Madagaa<v 
far,  Isle  de  Franke,  Bo.urboiit  Amterdam,  'Barren«Island  d.a. 
Aber  her  weiten;^  die  grdfste  und  ihren  inneren  Zusammenhang 
deutlich  b^«kundende  Vulcankette  befindet  sich  in  America^ 
wo  ai«  von'erwa.5l^  S«  B;  anfangend  die  ColrdiUeren  verfolgt, 
und  ungelMhr  in  der  Provina  Quanascuato,  nördlich  von  Me«^ 
xico  (in  etv^a  25**  S.  B,)  e«dtgt.  Nach  dem  Veirf,  läuft  m  l» 
N,  B,  von-  diesem  Hauptamre  ein  Nebenew«J£  in  .N.  O.  Rieh« 
tti,ng  nach  i«n,  kleinen  Antillen ,  uti4  scheint  sich  durch  dletm, 
u^d  ^i^Jgrofsen  Antillen  in  Mexico  wieder  mit  dem  Haupt« 
arme  auvi^inigen«^  Viele  Inseln  giebt  es  an  der  Weflseite 
ronAAierica  triebt,'  dodt  scheinen  die  Gallo]» go.*s  Unter  dem 
AetYdaft^r  alierdings  v^Wanisch  ^u  se^n;  die  grofse  Ll|nder^ 
ft&clie  Vö«  Sädamenica  östlich  der  Andeskett«  von  Patagoniei« 
an  bis  tfü  den  Ufe^n  des  Ofen oco  ist  a.her  frei  von  Vulcanen, 

Aufser  dieser  aNgenteineA  (^berfiiicbt  ei]ftutei(t<der  Verf^, 
iltit  d«i^  ihm  >igeneii  Ge^oauigkeit  die  einzeln^i^  vulcanischei^ 
Spitzen«  Wddae  sich  deif  Lä-nge.  nAcl?  vom.  Feuisrknde  a^  bi* 
nach  Californien  durch  America  hinzinhei?,  mit  KOcksicht  %u£ 
d4e  deneinaeliieu' Proyinäs^n  angejjörigen  Gpuppen.  Ob  sich 
auf  dem  Feuerlande  ein  wirklicher  Vtiicai^  betin  de  >  ist  &wet« 
felhaft,  auoh  wird  in  P^tagonien  nur  ein  einziger  an£Le£<bei% 
Chili  dagegi^  hai;  deirep  vi«!^,  wovon  20  hier  nameniiicfh  ge^ 
i^a^ntsind^  Peru  nur  einen,  und  doch  viprd.  dieses.  Land  sa 
pft  von  Erdbeben. heimgesucht.  Quito,  enthält  die!  gröls^tea 
tfnd'grimmfgsten  ui;iter  älhen.  Neu- Granada  »eigt  «ich  durchs 
aus  vtrlcanisch  ohwe  eigi^ntliche  feuerspeiende  Berge ,  Gi^iati^ 
W^la^  ba^-a^^\5if4prl|p^,  32  y^lca^i    wU  Or^d-i^a^Jf^  -ai^gM^bl^; 


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r.  Hoff  Gct0l|i«)d»4»  Vevlbi4«ratis»a.  d.  BvdobctflSeht.        47) 

faidem'  wabrfch^intichhiert  wU  auch  wohl  in  der  a^iaiUdieii 
Jnsdgruppe  die  nämiicbet^  unter  v^ricbledenen  Namen  aufge« 
»ihit  w«rdefl|  doiib  aber  lat &ea  aicb  vröbl  mehrere  veroiutben^ 
als  die  21  nacb  Arago  bier  einseift  genannten.  Mexico  ^iat 
wieder  ein  sehr  vulcanischer  District  mit  6  und  wobl  mebre« 
ren  gPorse,n  Vulcanen,  wenige  finden  sieb  in  den  oft  durcb 
£rdbeben  verwüsteten  Provinzen  Qst-Neu^Gcan^da  und  Ca« 
yacasy  <)eren.  ZusaaiQBanhang  mit  der- Vulcangruppe  der  West^ 
indiscben «Inseln  unverkennbar  ist.  In  Mordamerica  finden. 
aicb  verbültnifsinälsig  nur  wenige  Spuren  vulcanisclier  Tbätig- 
keiten^  obgleicb  einige-  warme  Quellen  und  Gasvulcane  be« 
wei«en,  dai's  es  niebt  <g&nalich  frei  davon  $ey.  Auf  Califor- 
aienäst.unser  Verf»  nicbt  geneigt,  Vulcane  anzunebmen^  und 
Rec  ttxdgt«  ibm  bierin  weniger  die  Autorität  von  Malte« 
Brun  entgegensetzen,  welcber  ^Precis  de  Geogr.  II.  463.) 
iüof  daselbst  anniinat,  alArielmehr  K^t.zebue's  Aussage 
(Reise- III.  17.)  nacb  welcbem  auf  der  Insel  St.  Barbara  allert 
dings  ein  nocb  tbHtiger  Vulcan  ist,  und  nocb  andere  auf  de« 
Halbinsel  sieb  zeigen  sollen,  aucb  den  kleinsten  bekannten 
Vulcan  der  Welt  von  nur  6  F,  HObe,  welcher  sieb  in  Prince 
Ge«r£e's  State  am  Indian  River  (nach  Giornale  Arcadico  XV iL 
Ißdk)  finden  aoli,  sollen  wir  nicht  erwähnt.  ~    - 

I^ec.^  bat  nicht Mulae  genug,  seine  Collectaneen  mi.t  den 
Angaben  des  sorgfältig  forechenden  VeiiV  Schritt  vor  (Schritt; 
sa  vergleichen,  lim  auszumitteln^  ob  in  der  hier  mitgetbeil* 
ten  UeJbersicbt  nach  f^berwiegenden  Wabr^cheinlicbkeitsgrüU'» 
den ^npcb' jetzt  tbätige  Vulc^ne  Übergangen v  sind;  sonst  wäre 
f;s  tauch  au fserdem  eine. zUm  mindesten  die  Neugierde  befrie« 
digende  Arbeit,  bi^inach  einmal  wie49r  jzu^aaunenzuT^ählen^ 
wie  viele  Vulcane  wir  auf  der  ganzen  Erdoberfläche  kennent^ 
und  in  wie  weit  diese  Zahl,  mit  früheren  Angaben  übereinstim« 
men  würde,  l^ine  echätzbare.  Zugabe  liefert  aber  der  Ver£^ 
liucli  hier  S.  643.  in  der  chronologischen  (Jebersicht  dec  in 
AneiUca  seit  15S0  bekannten  Erdbeben  utvl  vulcan isichen  Aus« 
lirilche,  welche  wegen  ihrer  grofsen  Zahl  wahrhaft  Schrecken 
erregend  ist«  Hieran  leihetsich  S.  555  nacb  einigen  Scblufi^« 
Bemerkungen  eine  die  Bequemiichkeit  des  Gebrauches  dieses 
vorlit^enden  Theiles  sehr  erhöhende  Uebersicht  der  durch 
vulcanische  Kräfte  in  der  bistarischen  Zeit  wirklich  oder  wahr-? 
scbeiaiUch  auf  der  Erdoberfläche  berv.argeb  räch  ten  Veräiid^^run« 
gen  mit  beistehenden  Seitenzahlen ,  um  die  f^usführlicbe  Er-* 
Zählung  danach  im  Buche  selbst  aufzufinden.  Schliefslich  niju£l 
^ec.  uoch  dem  fleifsigen  ui^d  gelehrten  Verf.  seinen  Dank  für 
d^^  yielfache  ^ele^ruag  ab4ta|tej(ij^  v^elchf  eir  ^vk$  di^m  W<i^ 


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Ihiltig^w  W#rke  te«cb6plc  bat«  4ii»d  die  V#r«tcli«riiiig  lmi««b« 
fügeir,  Hain  er  eelbit  nebst  einem  gröfsetoi  Tbeile  de»  Fubli«* 
fiims  mit  Begierde  der  ForttetBung  dieser  iiitereMaiiteii  Ua^ 
iei^ücbtttig  entgegen^ebet»    - 


Dm-  y'tmff0l  d^r  hinmäiishon  Oöuim  %m  P0ipho$  mut  Dr.  FrUdrimK 
Mümtsr.  Zumte  IhUag^%ur  R$Ugion  dmr  Karthmgmr,  Mit 
pier  Kupf «Haftin  mnd  eintr  mrehittktanischtn  Erklärung  poi»  Gttm 
i'tao  Fritdrieh  üetsek^  KjönigVush^m  Anhktkitn  umd  Pro^ 
fe$to¥  der  Iftrspeaht  an  der  AkademU  d$r  tchömm  Känsia  %m 
Köp4nkag»n*  Kopenhagen  1824  bei  dem  Mö/huchhUndl^r  J»  Hm 
6ehuboihe^    Gedrmekt  bei  H.  F.  Popp»    40  S,  ia  gr.  4.      t  Rtblr^ 

Die  Anzeige  9  die  wir  voiAles  Verf.*  Schrift  über  die 
Btfligion  der  liarthager  und  Ober  die  ernte  Beilage  deraelbeit 
in  diesen  Jahrbüchern  ]ft23^  Nro.  76  und  77«  gemacbt  haben. 
Würde  unf  schon  die  Verpflichtung  auAegen^  auch  von  dieser 
zweiten  Zugabe  hier  zu  reden,  auch  wenn  wir  nicht  in  de^ 
gelehrten  Scdrift  selber  eine  hinreichende  "Aufforderung  hiesur 
würden  gefunden  haben«  Die  dem  Verfasser  eigenthünilicbe 
Be^andlungsweise^  sei ne^ gründliche  KenntniÜS  der  morgenlän- 
discheh  Wie  der  altcla^sischen  Sprachen  ^  vereint  mit  einet, 
seltenen  Belesenfaeit,  der  nichts  auf  den  fraglichen  Gegenstand 
Bezügliches  entgangen  ist,  sind  Vorzüge,  die  hier  in  ^)»en 
dem  Grade,  wie  in  den  übrigen  Schriften  des  Verf.  angetsofi» 
feil  werden,  und  wir  bedauern  nur>  nicht  alle  die  merkwflr« 
digen  einzelnen ,  auch  gelegentlich  berührten  Geg^^nstflnde 
bier  hervorbeben  zu  können ,  wo  eine  allgemeine  Üeberstcht 
der  in  dieser  Schrift  enthaltenen  Untersuchungen  und  derea 
Resnltate  genügen  kann,  die  J^eser  zum  Studliim  der  Schrift 
selber  aufzufordern  und  anzuleiten.  Die  Einleitung  oder  $«!« 
*' betrifft  die  Gdttin  selber,  die  auf  Cypern  verehrt  war,  iund 
die  JLiokalitflten  ihres  Tempels  zu  Papbos.  Man  sieht ,  daia 
dieser  Tempel  eines  der  ältesten  find  gefeiertsten  äeiligtbtt«* 
nier  der  alten  Welt  selbst  bis  in  die  späteren  Zeiten  der  Kd« 
mischen  Kaiser  herab  gewesen,  und  dafs  dije  in  ihm  verehrte 
Gdttin  kein^  andere  ist^  als  die  Naturgöttin^  welche  in  Fer- 
sten, Armenien,  Syrien,  PbÖnicten  und  allen  phöniciscben 
Golonien  unter  den  verschiedensten  Namen  verehrt  ward  ,  als 
das  zweite  Princip  der  Erzeugung  und  de^  Daseyns  aller  Dinge 
— »  Begriffe,  welche  in  Griechenland  auf  .A  phro  d'tte  und 
Arfe-mis,  }a  «elbst  auf  iltcve  übertragen  ivurden,  wie  selbst 


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yfiam  f  te^T«»!^  der  Qlkün  tu  Ttfghm^'  476 

d#r  ^^on  ihr  Torkomte^nJ« Nftin«  Ku^ra  zu^  be^eUen  ftcheinly 
alft^einer  und  jierselben  Wetenh^it  urspröngUch  mit  der  A  p  b  r  Op 
«lite  Urania;  PhAnicitcha  Ansioiller  butun  frübzeitig  deo 
-  Cultuf  tbres  Vaterlandes  aus  Asiens  Festlande  eingefiibrt,  und 
wenn  Grteclien  wi«^  Römer  Zeus  und  Aphrodite  als  diß 
beiden  Hauptgottbeiten  der  Cyprier  anfübren,  so  wird  Ni<;- 
niand  bi|)»rin  den  Baal  und  die  Astart«  verkennen  wpUen^ 
di&  nacb  den  su  Karthago  neu  entdeckten  und  entzifferten  In* 
•cltrifcen  aucb  ^f)  und  i^^f)  d«  i«  der  Ereciuger   ntid  di^ 

Gebärerin  genannt  wurden.  Merkwürdig  ist  es,  dafs  diese 
zu  Cypern  verehrte  Aphrodjte,  diese  Phönicische  Astärte, 
nach  einer  Stelle  des'Hesycbius  auch  '£Xs};|uicvv  die  Barmb^r* 
z  i  g  e  biefs,  welchen  Nanien  gleichfalls  die  Saitiscbe  Isis  fahrte 
Ulla  seihst  in  Inschriften  Baal^  oder  Ado  nis,  als  Herr  det. 
Barmherzigkeit  begrOi'st  wird.  Unter  den  zaMreichelt . 
Tempeln,  in  denen  man  auf  Cypern  der  Aphrodite  diente, 
werden  besonders  drei  von  den  Alten  hervorgehoben:  zu  Pa« 
phos,  Amathus  und  Idalium;  und  seihst  nocrb  in  heutU 
gen  Benennungen  haben  sich  Spuren  dieses  0)>er  die  ganze,  Inf«^ 
sei  so  ausgebreiteten  Dienstes  der  Aphrodite  erhalten. '  Der 
Ursprung  des  paphischen  Tempels  verliert  sich  in  die  Fabel» 
zeit.  Genug,  dafs  er  vom  festen  Lande  Asiens  durch  Ph^hi« 
tische  Ansiedler  gegründet  war  an  einem  Orte,  dessen  ältester 
Name  nach  des  Pausanias  Zeiignifs  Golßi  war*,  wabrschein« 
lieh. ^5^3,  wobei  wir  an  das  Hebräische  Gilgalf  so  wie  an 
die  jetzige  Benennung  des  Ortes  Koukla  erinnert  werden.  Oh 
die  ersten  Pbdniciscben  Colonisten  zvt  jenen  durch  Josua  ver« 
triebenen  Canaanitern  gehörten ,  wird  noch  immer  als  hlofse 
Verinuthung  zu  betrachten  seyn ,  so  gewifs  es  auch  hinwie« 
derum  ist^  dafs  bei  Homer  schon  des  Paphischen  Heiligthums 
Erwähnung  geschieht.  Ueber  die  Lage  des  Tempels  in  seiner 
ersten  Anlage,  die  selbst  bei  den  vielfachen  in  der  Folge  durch 
Zerstörung,  Erdbeben  u.  dgl.  nöthig  gewordenen  neuen  An* 
Jag%n  nicht  verändere.'  ward,  lassen  uns  bedeutende  Trümmer 
'  aiOset  allem  Zweifel,  und  die  Ueberreste  der  Mauern  gleichen 
vollkommen  denen,  die  man  gemeinbin  mit  den\  Namen  der 
cyclopiscben  belegt  bat.  Möchte  es  doch  neueren  Reisenden 
nidglich  werden ,  diese  mit  zahlreichen  Inschriften  bedeckten 
Trümmer  genauer  zu  untersuchen;  von  Hanyner  in  seinen  to» 
pogf  aphiscben  Ansichten ,  gesammelt  auf  einer  Reise  in  di^ 
Leviyite  (Wieft  iSll.)  und  Ali  Bei  (Voyage  Tom.  II.  p.  l4+;3 
sind  bis  jetzt  die  Einzigen,  die  bestimmte  Nachrichten  von 
deif  Ruinen  jenes  Temp^Ts  uns  geb^{  Und  doch  welche  Auf^ 


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«fc^UOtte  würde  die  AHerthuilitwtti'entclmft  aaa  «iiiar  «ovgfUf 
ttgen  fl^reiiung  iiiöes  noeh^  so  wenig  befuchtefl  Eilatides  und 
Girier  genauen  Besichtigung  aller  Ueberreite  ^des  AltelrtbuaM 
gewinnen!    ,  .       /  t   ' 

Wir  wenden  uns  ieu  '$.  II«  Er  banflelt-^von  der  Geatalc« 
in  welcher  diese  asiatische  Naturgdttia  £u  Pttphos  in  dem  b^ä* 
«nerkten  Heiltgthuih  verehrt  wurde;  Allerdings  mochte  die 
ionderbak'e  Gestalt  des  Idols  Griechen  und  Kdmern  dieacss  Hei- 
ligthuin  so  tnerkwUrdig  mächen.  -  Denn  etnstimmig  nenaea 
die  ayf  uns  gtfkocnmenen  Nachrichten  der  Alten  kein  Götter- 
bUd«  wie  es  die  übrige  gebildete  Welt  kannte,  sondern  e\men 
aohlichtei;  Ke^el^.in  dessen  Beschreibung  sie  jedoch  in 
einigen  Einzelheiten  von  einander  abweichen«  Wir  konnten 
^j)  wobl  von  der  ausgebreiteten  Gelehrsamkeit  des  Vetf.  er« 
jwarten,  dafs  er  auch  die  andern  zahlreichen  Orte  in  A^iea 
U9d  Griechenland  anführte^  wo  ebehf'alU  solche  Steine  ver« 
fbrt. wurden f  wahrscheinlich,  wiederVer£  yßrmutbet,  Aero« 
lithen»  die  man  sich  ßls  fiiithylien»  geheiligte  Wohnun^ea 
der  Gatter  dachte»  und  die  selbst  auf  Münzen,  wie  der  Veri^ 
l^iicbwei^t ,  dargestellt  worden.  Ja»  er  ^ndet  nach  dem  i\Uen 
es  /wa,hrscheinlich,  dals  diese  Gestalt«  niqht  sowohl  der 
Astar|:ey  als  auch  dem  Baal,  al* 'den  beiden  Princinien  der 
^litor -heilig  war,  und,  wie  die  Gestalt  der  FyramideQ  und 
Obelisl^^,  die  Sonnen^itrahlän  symbolisch  vorstellen  sollte^ 
j^r  fügt  noch  die  mei'kwürdige  NacVicbt  bei,  da^s  man  so^ar 
iüi  Am^rii^a  )  in  der  Neuspanischen  Provinz  Guatimala  ähnltcl\e 
K^^l  entdeckt  habe,  die  a^u  IVeligionsgebr buchen  gehört  ha« 
b^en  muCsten.  Die  Mysterien  ,  die  man  ip  diesem  Tempe| 
(^^  IIL)  feierte,  bezogen  $ich  zweifelsohne  auf  ApUi'odite 
und  Adonis»  dessen  Tod  noch  IVömische  Dichter  nach  Qy« 
perp  verlegen.  Wenn,  gleich  ihrem  Ursju-ung  naqh  sehr  alt^j 
Ifmd  auf  astranomische  Beobachtungen  gebaut»  mdgen  ^ie  docb^ 
gleich  andern  ähnlichen  Inj^ti tuten  in  IJellas  mit  dei^  Zeit 
, manche  Verminderungen  erlitten  haben^  *Was  die  weitere  Ver- 
ehrung der  Faphischen  Göttin  (§.1V.)  betrifft,  ^SQ  ist  di<e 
Nachricht  d^s  facitua  bö^hs't  merkwürdig,  dafs  a.uf  ihren,  AU 
tären  kei^i  Blut  geflossen,  und  das  heilige  Feuer  b^oa  Weib4 
ra^cb  verzehrt,  von  dessen  Gedßfte  dann  au^h  vieli^ach  die 
Dichter  schon  vö^n  H^mer  an  singen.  A<^dere  Nachrichten 
«cbeioen  jedocbdamit;  nicht  gana;  zu  übevein stimmen  ,^  und  ia 
andern  Temj^eln^  anderer  Gottheiten  auf  Salami*  berrscblte'^  ein 
^ebr  bli^tiger  Dienst,  wenigstens' i^  älterer  und  iilte&ter*2eil;, 
Doph  sind  ober  AUea  dies  im  Ganzem  unsere  Nachrichten  «ehr 
iinvQllkpmmeQ  und  uiivoliitiindig,      E^twaa  mehr  wissen  wir 


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MQiUiff,  ^et  TffDptl  3er  65tüo  sn  Paplfot«  477 

von  dta  WeiAS^ungen  im  Tempel  der  faphi sehen  Gd^in  ($%  V.). 

Zwei  Frief terf tämma.^  ' die   KinyTaden  und  Tamiraden 

veraaben  den  Dienst  ^  letztere  vielleicht  zunächst  das  Sehern 

amt  nach  Andeutung  einer  Stelle  des  Tacitus.     Es  stand  in 

Ansehen  noch    in   den    ersten  Zeiten  nach  Christi    Geburt, 

da^  der  iCaiser  Titus  sich,  noch  hier  befragte  auf  einer  Keisd 

nach  Palästina  zu  seinem  Vater,     Später  sank  mit  der  Vernacb« 

Jässigung  des  Gdtberdienstes  auch  das  Ansehen  dieser  Orakel^ 

und  gegen  Anfang  des  dritten  Jahrhunderts  scheint  es  ganz  in 

Vergessenheit  gerathen  zu  seyn,     Aufser  den  yon  Tacitus  an« 

geführten  Weissagungen  eoo  fibris  haedorum  achtete  man  gewila 

auch  auf  Vdgelflug,  (wohl  überhaupt  die  älteste  Weissagungs« 

art)^    und  hier  wohl  zunächst  auf  den  Fliig  der   Tauben, 

deren  Verebfung  und  Heiligachtang  wie  in  andern  Tempeln 

und  heiligen  Orten  der  Astarte  und  anderer  Gottheiten  Asiens, 

so  auch   wohl  hier  angenommen  werden  darf^  zumal  da  die 

Alten  öfters  von  Paphischeii  Tauben  reden,    ihre  Schönheit 

preisen  u*  dgl.  mehr.,  da  die  Tauben  mehrfach  auf  Münzen  in 

verschiedenen  Lagen  irorkommen  und^  selbst  nach  der  Vermu- 

thung  von  Lenz  die^  Fenster  Jiber  dem 'Vortal  des  Tempels 

Taubenschläge  gewesen  zu  seyn  scheinen.     Auch  die  heiligen 

Fische  Syriens ,  vermuthet  unser  Verf.,  fehlten  in  Faphos 

nicht.     Den  grdfseren  Brunnen,  der  sich  im  Innern  der  Tem« 

pelruinen  vorfindet,  hält  Hr.  Munter  für  einen  Fischbehälter, 

der,  gleich  dein  zu  HieropoHs  die  heiligen  Fische  eini^hloU* 

Hier  verlassen  wir  Hrn.  Munter,  und  wenden  uns  ru  dian 

Kupfertafeln  ^  wovon  die  drei  ersten  ,  die  sich^  auf  die  Lag« 

des  Tempels vder  Faphiscben  Göttin  beziehen,  mit  einigen  £r« 

läuterungen  des  Hrn.  Professor  G.  £.  Hetsch   S.  30^3(> 

ind.  begleitet  sind.     Dieser  unternahm  es  nämlich,  den  Flau 

und  die  Zeichnung  jenes  berühmten  Tempels  nach  unvoUstän« 

digen  Grundrissen   und  anderen  Nachrichten  über  die  Trum« 

mer  desselben,    aus  Vorstellungen  auf  geschnittenen  Steinen 

und  Münzen,    und   nach  Wahrscheinlichkeiten,    welche  dio 

Analogie  anderer  Fhönicischer  Bauwerk^  an  die  Hand  gab,  zu 

entwerfen  (S.  20.     ^r.  Hetsch  versichert  uns  gleichfalls,  dals 

•o  genau  auch  die  Lage  ^es  Tempels  in  topographischer  HiUf . 

aicht  durch  v.  Hammers  und  Ali  Bey*a  Angaben  bestinimC 

sey,  doch  eben  so  wenig  hieraus  über  Form  und  Stellung  fle% 

Gebäudes   etwas  Näheres    ausgemittelt  werden   könne;    4^i'* 

demnach  das,  was  er  hierüber  anführe,  theils  aus  der  Analo« 

gie  ähnlicher  Gebäude,   theils  aus  Abbildungen  auf  Münzen 

entlehnt  sey*      Wir  übergehen  -die  £inz«rlnhiiiten,    die  ohiJ# 

Einsichtsnahme  der  Pläne  selber |. nur  unvei'StiUi^lich.filr  4i«. 


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47^1  f  eteh tu  Olileitiitt.  id  FUttO  Hb t .  Iftrn  *  " 

lieser.  «eTri  worden;  wir  bemerken  mir,  d^A  die  eriitftUTtd 
i& weite  Tafel  UiiirUie  von  den  Ruinen  su  Alt-Faphos  4tn4 
von  dem  Tempel  der  Faphtsclien  Göttin  geben,  die  dritte 
.  das  Tempelgebäude  selber  nach  seiner  niutbmafslicben  Gestalt 
Ton  aufsen  sowobl,  wie  im  Innern,  mit  deiti  koniscben  Idole 
darstellt.  Die  vierte  entbSlt  scehn  kleinere'  Abbtldungcm,  die 
sämmtlich  den  Tempel  der  Paphischen  Göttin  in  versdui^e* 
^er  Gestalt  darstellen^  meistens  nach  Cypiischen  MQnsen« 


Wir  ergreifen  diese  Gelegenheit,  unsere  Leser  mit  einet 
andern  9  uns  gleichfalls  aus  Kopenhagen  sügf^koihmenen  klei* 
neren  Abhandlung  bekannt  zu  machen,,  die  für  die  Kanstge^ 
schichte  9  wie  für  die  Kritik  und  Erklärung  des  Litern  FUnius 
von  Belang  ist : 

Solemtda  jicademka  ~  e^ltbranda  ihdicit  üniv^rsitalls  Ragia^  Hoo« 
mensiS'  Rector  —  cum  Senatu  jicademico*  HaQniae  X824.  HU 
sohnnihus  proluiurus  Ohservationes,  in  PIuHi  Histor.  Natürai» 
XXXiy^  i9j  1.  seriptit  Dr*  Fred.-  Qhrist^  P0^0rsen^ 
Philologe  Prof*  P,  E,  TypU  dirsctürU  Jard  Uoßtrup  SchukpÜ 
muhu  et  wdversUatis  tyrpographu     20  S.  In  4« 

Es  ist  dies  die  schwierige  Stelle^  wo  Flinit^s  von  dea 
Wer^,en  des  Fhidias  spricht,  so  wie  vofl  denen  desselben  Mei-» 
sters,  welche  nach  Kom  in  den  Tempel  der  Fortuna  hujusoe 
Met  entführt  Wurden«  Der  erste  Funkt  betrilTt  diesen  Tempel^ 
als  dessen  Gründer  man' gemeiniglich  nach  einer  Stelle  des  Flu« 
tarch  Q.LuctatiusCatulüs  annimmt,  der  vor  der  Schlacht 
mit  den  Cimbern  652  a.  u*  p.  der  Glücksgöttin  dieses  Tages 
einen  Tempel  geweiht.  Nun  nennt  uns  aber  Flinius  an  der 
aligeffihrten  Stelle  ein  Minervenbild  des  Fhidias,  welches  Ae«« 
riiilius  Paulus  in  diesen  Tämpel  g^eWeiht,  der  doch  nach  dei^ 

J;ewöhnlichen  Annahme  erst  durch  Catulus,  mehr  als  funfstg 
ahre  später  sollte  gestiftet  worden  seyn!  Nur  zwei  Fälle 
sind 9  Ulli  diesen  Widerspruch  zu  l^sen^  denkbar;  wie  wellen' 
die  eigenen  Worte  des  Verf.  hierhersetzen :  Catulus  igitur  atte 
ipse  nuUam  fortunae  aedem  dedlcans^  statuam ,' quam 'Vave« 
rat^  in  antiqaiore  aliquo  templo  posuit,  pMt^  si  cum' atäfua 
templum  huic  deae  ipsi  sdcravic,  in  illo  tarnen  antiquiore  tem« 
]j]o  ea^  qnorum  mentio  apud  flinium  fit^  signia  d^icavit.««  • 
[  Schw^ieriger  ist  ller  zweite'Funkt  der  Untersuchung,  wel« 

chei  näailich  0e  Werke  des  Fbidias  ge^^esen,  mit  deiAeovdle^ 


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Tat»»!)«  Ptut^ngeriawi.  479 

•^r  Tempel' ati«ge9c^riilU;kt  war.  .  Jülich  hier  ,iclilagt  Her  Verfi 
«in«  doppelte  ErklärungsweUet  vor.  ]^liniu8  ?(rtlilt  in  jener 
ßte)]e  mehrere  Bilder  der  ^linerva  von  Ffaidtas  auf,  mit  dem 
^etfügeh:  fecit  (Fhidiaa  sc.}  et  alt  am  Minervam  quam  üa« 
mae  ^smilius  Paulus  ad  aeäem  Fortun^e .  hujusqtte  diei  äedicavit» 
mGieo  dttO  Signa  ^  f  <>'  Catulus  in  sadem  ^a^ds  posuit  paUiataf^  et 
alter  um  eolossieon  nudum,^  Sonach  kdnnte,  man  wohl 
rerjnuthen,  daa  yon  Aemilius.  Paulus  geweihete  Mlnervenhild 
a^y.  eben  das  suletat  von  Plinius  genannte  eolossieon  nudum. 
Allein  der  Auadruck  nmdum  jiafst  wiederum  durchaus  nicht  auf 
ein  Bild  derMinerva^  und  auf  die,  Jpnisch-Athenische  weitere, 
verhallende  und  bedeckende  weibliche  Tracht.  *  Sonach  bleibt 
nichts  übrig»  als  bei  dem  eolossieon  nudum  an  das  vorher  bei 
Fliniuft  erwähnte  Amazonenhiid  des  Pbidias  zu  denken ;  eine 
Erklärung»  die  eben  wegen  dem  Ausdruck  nudum  jener  erstem 
Erklärung  vorzuziehen  wäre.  Doch  verhehlt  sich  der  Verf.^ 
der    mit  grofser  Vorsicht  bei  dieser  Untersuchung  zu  Werke 

tegangen^  nicht  die  Ungewifsheit  und  das  Schwankende,  das 
ierin  ,  eben  so  wie  in  andern  Punkten  der  fraglichen  Stelle 
des  Plinius  liegt»  wenn  man  dessen  Angaben  mit  den  Anga* 
ben  des  Pauaanias  über  die  Werke  des  Phidias  vergleicht. 


Tabula  Itineraria  Tetttingeriana*  Przmum  A§n  incisa  et  edita  a  Franc ^ 
Christoph,  de  Scheih^  MDCCLIIL  Denuo  cum  codice 
Vindohoni  coUatay  emendata  et  nova  Conradi  IVlannerti 
introduetione  instruota^  studio  et  opera  Academiae  Literarum  Re" 
giae  Monaeensis.  Lipsyae  MDCCCXXIV.  Exhihet  Librariä 
Hahniana*  Monaehii  impreuum  typis  Lentnesianis.  63  S»  In 
gr»  Folio  itnd  12  gco/sen  Kupferplatten» 

J^iiie  neue  Ausgabe  des  unter  dem  Namen  der  Tahulfi  Peu^ 
tingefianä  bekannten  für  die  alte  Geographie  so  höchst  wichti- 

5en  Denkmahls  war  ein  schon  längst  lebhaft  gefähftesBedtU  fnif«, 
ader  fehlerhafte»  dabei  sehr  selten  gewordene  Scheybscbe  Ab- 
druck sammt  der  dazu  gehörigen  Introductio  keineswegs  mehr 
den  Forderiingen  unserer  Zeit  genügen  konnte.  .  Wir  treuten 
uns  deshalb,  als  vor  mehr  als  einem  Jahre  die  Ankündigung  einer 
neuen  Ausgabe  und  Bearbeitung  durch  den  Conrector  Trofs 
in  Hamm  uns  zukam ,  begleitet  von  einem  lithographirteri 
Probehlatt»  welchem  im  Ganzen  der  Scheybscbe  Abdruck  zum 
Grunde  gelegt  war.  Ein  in  Lateinischer  Sprathe  ahgffafster 
Commentar  sollte  die  Resultate  der  bisherigen  Unteisuchun* 


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480  Tabuk  PeatinginriAiHi.x 

-   •  ■'  '  '  .       »  ,  \     '  1      • 

-gert,  to  wie  die  eigenen  des  Heratisgebeir»  enthftlten»  'Wir 
baben  ieitdeui  keine  Weitere  Nachrftfat  vöh  diesem  Unter n«b« 
men  9  weiches  auf  dem  Wege  der  Subscription  begründet 
werden  •ollte,  erhalten;  dagegen  ist  uns  die  yorliegeiide  Be^ 
'arbeitung'  zugekommen ,  welche  von  der  Königlich  Baterscben 
Akademie  der  Wissenschaften  veranstaltet  worden  ist ^  in  de-« 
ren  Nameh  uns  Hr.  Thiersch  die  nübere  Veranlassctng  nnd 
d}e  nSh'eren  Umstände  mi.ttheitt.  Vor  Allem  mufste  man*  auf 
eine  neue  sorgfältige  Vergleicbung  der  Scheybschen  Blätter 
ipit  dem  zu  Wien  aufbewahrten  Original  denken.     Deniv  ok. 

tleich  Scheyb  selber  mit  der  giöfsteri  Sorgfalt  verfahren^,  aa 
atte  sich  doch  erweislich  der  Kujifer Stecher  sehr  viele  Nach^ 
lässigkeiten  und  Fehler  zu  Schulden  kommen  lassen,  sogar  in 
der  Schrift  nnd  in  Kachbildung  der  einzelnen  ffiichi>tabeii4 
J3urch  Verwendung  des  Vorstehers  der  Wiener  Bibliotlnsk^ 
Hrn,  Kopitar,  erhielt  man  eine  im  Jahr  i8l5  vom  Pro{ea<i&- 
sof  Vodnis  gemachte  genaue  CoUation,  welche  nach  Breslair 
Seitdem  gekommen  war,  und  zugleich  eine  weitere  neue  Ver««. 
gleichung  der  fehlerhaften  Stellen  des  Scheybschen  Adruckei 
mit  dem  Original^  durch  Hrn.  Friedrich  von  B.artsc^i} 
so  dal!s' auf  diese  Weise  man  hinlänglich  in  den  Strand  gesetzt 
war,  eben  so  zu  prdfen,  als  wenn  man  das  Original  selber 
vor  Augen  gehabt  hätte  ,  und'  zugleich  einen  vollkommen  be« 
richtigten  und  verbesserten  Abdruck  der  Tabula  Featingeriaiils 
.zu  liefern.  Die  Scheybsche  Introductio  von  neuem  mit  äbzit«  • 
drucket,  war  unnötbig^  da  sie,  selbst  der  ungemeinen' und 
vnndthigen  Ausführlichkeit  nicht  zu  gedetfken,-  gar  v^el  Irri<< 
ges^ntb^lty  und  dem  gegenwärtigen  Standpunkt  der  Wissen- 
schaft durchaus  nicht  mehr  genügen  konnte.  Um  so  erftjtfuli« 
eher  n&ufste  es  für  uns  seyn ,  dafs  Hr.  MaAnert  sich  ent« 
schliefsen  konnte,  an  die  Stelle  der  Scheybschen' In trodMCtio 
eine  neue  zu  setzen,  die  allerdings  unseren  gerechten  Erwar-« 
tungen  ^  ^o  wie  dem  jetzigen  Standpunkte  der  Wissenscbafteii 
mehr  zu  entsprechen  geeignet  war« 


iBfijchlu/s  /o/«[t.> 


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Heidelberger 

Jahrbücher  der   Literatur^ 


Tabula  Peutingeriatia  ed.  O.  Mantiert. 
XBeiehlufs.) 

Auch  bitte  Herr  Mannert  achon  früher  diesen  Gegenstana 
l)tBhande]t  in  der  bekannten  Abhandlung:  Je  rebus  Trajäni  ad 
Datiubium  gestis'.  •  Wie  sehr  hierdurch  die  neue  Ausgabe  gewon«  * 
nen ,  ist  einleuchtend ;  wir  haUen  uns'  eben  deshalb  für  ver« 
pflichtet^  die  Hauptresnltate  yorsulegen.  Iri  acht  Abschnitte 
ist  diis  ganze  Untersuchung  abgetheilt,  vtrelchen  noch  ein^  Ap« 
peiidix  über  densogenadiiten  Geographus  Raoennäshei^ebSgt  ist^ 
Sectio  It  Auctör  -primus^tüm  Orhis  Pictl  tum  Itinerarii^  qu'od  Antomni 
vocamut f  aeslimänäus  est  Jmp»  Auguitui  Oct<..ianuiit  seu  potius  ,M. 
VipSanius  Ag'rippa ;  quorum  opus  ah  aevi  rectntioris  imptratoribus 
stihihde  emendätum  est.  Unter  dieser  Ueberschrift  fblgt  eino 
ausführliche  UntersiKihung  über  den  Ursprung  der  Charten; 
wovon  sich  eine  spätere  Nachbildung  in  dec  tabula  Feiitinge« 
riana  erhalten.  Schon  itnter  Cäsar  .ward  durch  einen  Senats--^ 
beschlufs  eiiie  Messung. des  Höraia^chen  Reiches  verordnet,  diö 
aber  bekanntlich  erst  unter  den  rdhigeren  Zeiteh  des  Äugu^ 
Stüs  durch  Agrippa  zu  Staride  käni;  Das,  was  auf  diese  Weise  ' 
zu  Stande  kam,  bildet  die  Quelle  und  den  Ursprung  der  ta« 
hulaPeutingeriana,  so  wildes  Itinerariiini  Antonini,  DieVer« 
ändeVungen,  die  jedes  Jahr  sich  eteigneten  j  e^  sey  durch  An^^ 
kge  neuer  Strafsen^  durch  neue  Entdeckungen  u.  dgl,  mehr 
wurden  sorgfältig  immer  auf  dem  dutch  Agrippa  zu  Stande 
gebrachten  Werke  j  das  in  dem  ReichsaVchive  aufbewahrt  warjl 
eingetragen ;  ei  wurde  aber  auch  Zugleich  dieser  orhi$  pictuk 
zum  Unterricht  in  der  Geographie  für  ^ie  Rdixiiäche  Jugend 
benutzt  utid  deshalb  Nachbildungen  einzelner  Theile  Verfer« 
^igt  und  weiter  in  zahlreichen  AbdrÜckeii  iii  den  Prövinzeil 
Verbreitet.  Auch  das  sogenannte  Itiherarium  Antonint  hat  den« 
selben  Ursprung  aus  dem  angeführten  Werke  des  Agrippa^  ob» 
schon  eS  im  Verfolg  vielfältigen  Recensioneh  tind  Abdrütkerl  ^ 
unterlag ,  wovon  die  letzte  aud  dem  Ende  dei  Zeitraums  deif 

3IVm;  Jakrg.  5,  Hell;  St      ' 


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48?  Tabula  Ftttüngeriitia.  ^ 

Antoniiie  in  dem  deshalb  sogenannten  Itinsrarium  Antomtd  sich 
erhalten  bat.      Letzteres    rObrt    twar  bel^anntliob   aus  vspä« 
terer  Zeit  her,  nach  Wesseling  selbst  aus  der  ^eit  nach  Con« 
stantin   dem  Grolsen,  weil  mehrere  Städte  darin  verzeichnet 
werden ,  die  in  •  dieser  Zeit  zuerst  und  nicht  f'i  Ober.  vorJLom« 
jnen.      Auch  nach  Hr.  Mannert  dacf  durchaus  keine  altere  Fe* 
riode  angenommen  werden,  als  das  J,  364  n«  Chr.  G.     Für  den 
VerfV desselben  hält  Hr.  Mannert  den   Aetbicus,  worüber 
Wessf^ling  noch  zweifelte.     Während' also  Abdrücke  einzelner 
Th«ile  und  Itinerarien   sich  vervielfältigten,  war   der  grofse 
durch  Agrippa's  und  August.us  Beinübung  zu  Stande 'gebrachte 
orhis  pUtus  in  den  kaiserlichen  Archiven  verschlossen ;  wichtig 
genug,  um  bei  allen  Berathungen,  bevorstehenden  Feldzügen 
u|id  boi  den  an  die  einzelnen  Feldherrn  zu  erlassenden  In« 
'   s^ructionen  benutzt  werden   zu  müssen;  ^  wodurch  derselbe 
freilich    eine    grofse    Bedeutung   erlangte,    und    die    pünkt« 
ILcbe   Eintragung    aller    Veränderungen,    die    sich    in    allea 
Forovinzen    des   Udmischen    Reiches     ereigneten ,  ^notbwen« 
die  machte.      Aber   eben   diese   zahlreichen  Veiänderungen« 
wofür  bald  der  erforderliche  Raum  mangelte^  führten  das  JBe« 
df&rfnifs  einer  neuen  recensio  herbei,  d«  b.  wohl  nicht  einer 
neuen  im  strengsten  Sinne  des  Worts ,  nach  neuen  Me«* 
•^ngen    allerwärts    berichtigt,    sondern  wahrscheinlich   nur/ 
eines  Abdrucks  des  urs^prünglichen  orbis  pictus  in  seiner  zu« 
letzt  gewonnenen  Gestalt ,    wobei  auch  zugleich  der  erfordere« 
liehe  Raum  frei  blieb,  um  eintretende. Veränderungen  schick- 
lich nachzutragen^  Das'Nähere  hierüber  ausführlich  z.u  bestim« 
men,  möchte  unmöglich  fteyn,  da  ja  schon  die  Natu^r  und  die 
Bestimmung  solcher  Charten  eine  den  Augen  dei^  Menge  yer^ 
ischlossene  Behandlungs weise  mit  sich  brachte.     Nun  ist  aber 
die  allgemeine  besonders    durch  Scheib  verbreitete  Ansicht, 
dafs  unter  Tbeodosius  dem  Grofsen  zufolge  einer  neu  vei:au» 
stalteten  Messung  ein  solcher  neuer  orbis  pictus  zu. Stande 
gekommen,  wovon  in. der  Tabula  Peutingeriana  sich  eine  Ab« 
büd^ng  erhalten,     Hr.  Mannert  erklärt  sich  geradezu  gegen 
diese  Ansicht:    „buic  asserto,    sagt  er  S,>  iO«  unten ,*  renuit 
nomen  Imperatoris ,  obstat  Status  reipublicae  qualis  tunc  teaim 
poris,erat|    repugnat  aspectus  nostrae  Tabulae ,  contradicunt 
ipsi  scriptoris  versus  ,  omnia  consurgunt  contra  illam  senten» 
tiam;cc  welche  Funkte  er  dann  im  Einzelnen  näher  ausführt 
und  beleuchtet.     Eher  liefse  sich  etwa  noch  behaupten^  da£s. 
eine  neue  Edition  eines  vorhandenen  Orbis  pictus  gemacht, 
und  dafs  das,  wiis  wir  in  der  Tabula  Feutingeriana  besitzen^ 
'  ein  bievon  genommenes  Apographum  sey«     W^ir  hätten  also  io 


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Tabula  PeatiDgeriäna;  483 

der  Tab.  Feuting.  ^Ine  getreue  Abschrift  eines  Orbis  pictui^  . 
dessen  Abfassung  früheren  Zeiten  angehöre ,  um  so  mehr  ali 
dieselbe  durchaus  Nidhts  enthält,  was  dem  Zeitalter  des  Theo« 
•ius  angehört,    vielmehr  Provinzen   sich  verzeichnet  ünTden, 
welche  damals  gar, nicht  mehr  existirten,  dagegen  Städte,  die 
dainals  in  blQhendem  Zustande  waren  ^  gänzlich  darauf. fehlen^ 
auch   die  Namen  der    vielen   Aherall   bemerkten   heidnischen 
Tempel  bei  gänzlichem  Mangel  aller  und  jeder  Spuren  eines 
christlichen  Gultus  auf  ein  früher  in  der  heidnischen  Periode 
und  nicht  im  christlichen  Zeitalter  der  Theodosier  ahgefafstes 
Original,   von  welchem  die  Abschrift  genommen  war,    hini 
führen.     An  diese  Untersuchung  schliefst  sich  daher  unmitteU 
bar  ans   Sectio  IJ:  ^uo  aevöi    quihus  Imperatorihus f  a^öUetypon^  , 
^ut  exhibemus  delineationem^  prodierit.     Der  blofSe  Anblick  der 
Blätter  selber  lehrt  schon  hinreichend  ^  dafs  weder  Constantin 
der  Gröfse,  noch  irgend  ein  anderer  der  vorhergehenden  Im« 
peratoren  des  vierten  Jahrhunderts  Urheber  des   otbis   pictus 
seyn  kann«     Man  ist  daher  genöthigt^  weiter  zurückzugehen^ 
bis  auf  Aurelian,  den  man  als  »restaurator  viarüm  auctorqud 
tabulae««  etwa  betrachten  könnte«     Allein  dagegen  spricht  aei* 
Umstand,  dafs  von  Dacien  ^  welches  Aurejian^  bei  der  Un^ 
niöglicbkeit  es  länger  zu  vertheidigen  ^    den  Gothen   üherliefs 
und  seine  Kömischen  Colonisten  auf  das  rephte  Ufer  der  Dc^ 
nau  verpflanzte,    sich  hier    noch  gar  kerne  Spui^  ßjtidet,    die 
doch  billigerweise  vorhanden  seyil  mülste;    denn  wir  sehen 
hier  ;ioch  Dacien,   wie  unter  Trajdns  Zeit,  mit  allen  seinen 
Städten^  Strafsen   und  dgl.;  es   mufs  also  über  den  Aureliaii 
noch  weiter  hinaufgegangen  werden^  wenn  anders  aufgrund« 
liebem  sicherem  Wege  die  Zeit  ^  in  det  das  Archetypon  der  iit 
späterer  Zeit  gemacnten  tabula  Feutingeriana  ahgefafst  vtror« 
den,   näher  bestimmt  und  ausgemittelt  werden  solL      Unter 
den  Vorgängern   des  Aurelian  können    aber   blos    2wei    iil  / 
Betracht  kommen ,  Septim^us  Severus  utid  Alexander 
Server  US  j     wobei     also    immerhin     die     gan^e     Differens 
nur  einen  Raum  voii  etwa  eilf  Jahren  befafst^  da  Septimus 
211   starb  und  Alexander-  von   222  —  235  regierte^       Wehrt 
der  Erstere  der  Zeit  nach  schon  passen  könnte ,  so  hetben  wir 
doch  ur^undlicli  gar  keine  Nacbricht  von  einer  unter  seinel^ 
Regierung  veranstalteten  Recensio    eines  orbis   pictus  $   Jes« 
balo  entscheidet  sich  Hr^  Mahriert  für  den  letzteren  ^  von  wel' 
ehern  überdies  JLampridius  Cap.  45  Manches  berichtet^  was, 
uns  zu  dieser  Annahme  hinreichend  berechtigen  kann,  aUch 
ein  besonderer  Umstand  auf  der  Charte  selber  ^   nämlich  did 
Lage  der  Farther  und  Perser^   welche  Alexaiider  Severut  id 

3l  * 


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0    • 


484  .  f  abola  PeuUngeritnli. 

M^'Sopbt^mfen  bekriegte  ^  dafür  mit  Recht  sich  liMiltaen 
läi:st«  Daher  ergiebt  sich  am  Schlüsse  der  Untersuchung  das 
Kesultat^  das  wichtig  genug  ist,  um  mit  des  Verf.  eigenen 
Worten  hier  eine  Stelle  zu  iioden  \  «^Quibus  omnihus.  ductua 
Orbis  Ficti  nostram  recensionem  inscribo  Alexandro  Se« 
vero  eamque  confectam  esse  circa  i^nnum  230  mihi  persuadeo; 
num  et  aliis  persüasurus  sim,  id  e  doctorum  dependet  judicio^ 
Curiose  per  multos  annos  perlustrando  singulas  l^abulae  mem^ 
])ranas  nihil  cert^  oculis  meis  occurrit  sententiae  repugnan«^ 
emnia  in  han<;  consentiunt  aetateni/<  «—  Sectio  III:  Du^nixuto^ 
nam  unicum  quod  Vtermae  asservatiir  Bxemplum  genuinum  sU  arcke^ 
typon  Orbif  •P'^^i*  cujus  reeensionem  curavit  Jmp,  Alexander  Severui^ 
Nicht  aus  dem  dritten  Jahrhundert  der  christlichen  Zeitrech« 
nuhg^  sondern  vielmehr  aus  dem  Mittelalter  rfihrt  die  Abschrift; 
her 9  welche  wir  die  tabula  Feutingeriana  nennen;  dies  be« 
weisen  eur  Gentige  die  vrelen  Fehler  alier  Art  9  welche  der 
nachlässige  und  unwissende  Abschreiber  beginge  die  uns  aber 
auch  zugleich  »eigen,  dafs  der  Verf»  ein  Christ  aus. dem  Mit« 
telalter  gewesen  ^  der  davon  die  Merkmale  allen  Blättern  ge^ 
fiissentlich,  wie  ca  scheint^  eingeprägt  hatj^  wir  übergehen 
die  einzelnen  Beweise^  man  mufs.sie  bei  Hr;  Mannert  selbet 
nachlesen ,  um  vollkommen  überzeugt  zu  werden.  £r  weist 
,     sogar  nach  9  dafs  der  Abschreiber  im  dreizehnten  Jahrhundert 

felebt  und  sein  .Werk  zu  Stdnde  gebracht  ^  dafs  ^r  an  den^ 
Jfern  des  obern  Bheins  gelebt ,  ja  endlich,  daCs  er  wahrsdiein« 
lieh  ein  Mdnch  zu  Colmar  gewesen  ^  der  von  dem  damals  noph 
iforhandenen  ^  aus  den  Zeiten  des  Alexander  Severus  berrüh« 
renden  ^  aus  zwölf  Blättern  bestehenden  orbis  pictus^  ^\e%e 
glücklicherweise,  wenn  auch  gleich  mit  so  vielen  Fehlern  uns 
erhaltene  Abschvift^  4^^  tabula  Feutingetiana ,  gemacht  hat« 
Üeber  das  filtere  Original^ .  welches  der  Mönch  copirte^ 
verbreitet  sieb  Sectio  IV.t  MonnchUs  seculi  XIIL  transm 
soriptor  fiiit  Tahulav  9  nee  oero  ejus  ancior  aestimandas  und  ins^ 
besondere  Sectio  Vi  Methödus  in  exarando  Orbis  Picd  archetypo 
adhibita^  indeque  ad  nos  tßdundans  utilitas%  >' Sectio  VIl  De  p/tüx 
fubulae  a  IVLonacho  inftuis  et  de  aliis  perperatn  Orbi  Picto  imputatis»  ' 
Die  Sectio  VII  behandelt:  Fata  Tahulae  Peutingirianae i  haupt«« 
sächlich  nach  Welser  (Opp*  1682  fol.  Nürnberg),  Lotter 
(Dissertatio  de  Tab,  Peutinger.  a.  1^34)  und  Scheyb  mit  eini^ 
gen  Berichtigungen  und  Zusätzen.  Sectio  VIII:  Merka 
Scheybii  in  exornanda  sua  Tahulae  hditiont ,  panculß^  insup9r  de  no^ 
stris  conatibus.  Darauf  als  Anhangt  de  Geögrapko  Mavejmai0^ 
£r  schrieb  im  neutiten  Jahrhundert,  ist^zwar  ein  homo  iiisU 
pidus,'  übrigens  multae  lectipmS|  sed  nullius  judicii|  durch 


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C.  Q.'EJSihn  de  m«ü<^nae  militaiis  apnd  T«ter«s  «onclitioiie«     4^35 

die  Menge  der  Quellen  und  Schriftsteller  (FtolemSus  istj^öch 
unter  ihnen  der  älteste} ,  die  ^t  benutst,  gewinnt  wohl  sein 
Werk  einige  Bedeutung;  allein  durch  das  unverständige  und 
unkritische  Zusammenwerfen  aller  der  Verschiedensten  Nach« 
richten  aus  Schriftstellern  der  verschiedensten  Zeit  verliert 
dasselbe  wieder,  ^Universus  inde,  sagt  deshalb  Hr«  Mannert, 
complexus  nullius  est  usus ^  e  sInguUs  autem,  modo  perspexe« 
ris  cui  aevo  quaeque  attribuenda  sunt,  geographiae  litque  hK* 
storiis  inservientia  bauriri  pOssuntj  nisi  detin^aris  magno 
numeroy^pro  ejus  aevi  con^u^tudine,  corruptorum  nominum 
ät(|ue  viri  latinitate  intetdum  adeo  vitiata,  ut  sensum  vix  eli- 
cias.c«  Sonst  ist  auch  das  Werk  für  da^  Yerständni^s  der  Ta^ 
^Lula  Feutingej»iana  yon  grofsem  Nutzen. 

ikuf  diese  Introductio  deä  Hrn.Mannert  folgt  nun  S/45. 
aus  der  Scheyb^chen  Ausgabe  abgedruckt ,  der  l^dchst  brauch- 
bare Jndepo  npmirmm^  quae  in  Tabula  Peutingeriana  €Ontinentur^ 
Dabei  aber  sind  die  fehlerhaft  bei  Scheyb  eingetrsigenen  Na- 
men berichtigt ,  und  .^^e  unrichtigen  Namen  in  Klammern  ein- 
geschlossen»  die  Verbessei^ungen  aber  durch  vorgesetzte  Stern- 
eben kenntlich  gemacht.  Am  Schlufs  folgen  i  die  einzelnen 
Blätter,  nach  den  oben  b^merl^ten  Gollationen  9fk  den  fehler« 
l^afte^  Ste^c^n  verbei^sert^ 


D«  Carokts  Oottlp^  Kühn,  physinhpgimi  ^t  pathohgtoß  prqf.  pt^K 
ord,  «£  universitalis  lUcrarum,  JLipsieflsis  h..  t,  ProcancellaritUi 
Panegyrin  medicam»  '-—  diq  XVl  m^nsis  fJoDenihris  A.  ü.  S^ 
MDCCCXXiy  hab^ndam  iadi^it,  —  I)e  mediuma^  mUti^risi, 
apud    peteres   Graecos,  Rqmatip^quß^   conditione^     f-  i^.   S.  in  4« 

Diese  Abhandlung  befafst  einen  Gegenstand,  iex  bisheir 
i^o  gut  wie  gar  ni^ht  von  den  AUerthumsfoirschern  behandelt 
worden  war;  w^sba^}  wir  es  uns  erlauben^  die  Auftnerksam« 
j(e*it  unserer  ^jeser  darauf  zu  wenden  und  sie  mit  dem  Inhalte, 
deiselbei;]  nähe^  bekannt  zu  inschen.  I^  den  gewöhnlichen 
Handbüchern  der  Römischel;)  Antig^uitäten  sowohl  wie  in  de- 
inen ^  die  sich  eigens  mit  dem  Kriegswesen  abgtben,  ist  auf 
das  lyiedicinal-  pder  Sanitätswes^n  der  alten  Krieg s- 
he^re  fast  gar  keine  Rücksicht  genommen;  selbst  in  Li e 
B.eau*8  Ah^*^i^^l"^g*  ^*s  diverses  spries  de  personnes^  att achtes 
au  Service  de  la  legion  in  den  Me'moires  de  l'Acad.  des  Inscriptt. 
fom.  XXXVII,  pag.  222  ff.  fand  der  Verf.  nicht  die  erwarte- 
tep  Aufsclilüsse  hierüber  ,  woLl  aber  eine  desto  austtihrUchcre 


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4M     C«  6*  Kfibn  Jia  meJUeiiue  nuUtarls  apuik  regeres  eondidone. 

> 
^Ört^rung  Ober  die  Bedeutung  de«  Worte«  me^icns  im  alt^  . 
Sprachgebrauch  9  w'onach  dasselbe  sowohl  auf  die  Heilung  in« 
A^rer  iQs  äusserer  Uebel  und  Krankheiten  bezogen  wird,  so« 
init  also  isugleich  einen  ht%%  und  einen  Chirurgen  be«  , 
zeichnen  kann.  Man  mttfs  e%  daher  ^em  gelehrten  Foracher 
4^8  ärztlichen  Alterthum^  danl^en,  dafs  er  bei  dem  Mangel 
liller  Yorarbeitungen  es  unternommen  ^  eine  vollständige  <^e« 
f^hichte  4^  lyiilitärsapitgtswesens  der  alten  Welt,  der  Grie- 
chen yf\e  derjldmer  un3  zu  liefern  und  wtinschen  eine  baldige 
Fortsetzung  dieser  Untersuchungen,  die  in  yorliegefider  Ab« 
hand)ung  nach  den  derselben  gestalteten  Gränzen  nur  bis  auf 
Xenophons  ^eit  fortgeführt  werden  konnten«  £s  ist  demnach 
^unächs^  das  heroische  Zeiti^lter  Hqniers«  da«  in  dieser  Ab« 
linndlung  {»erücksichtigt  wird,  |Iomer  erwähnt  zwar^  aufser 
Anderen^  des  Fodalirips  und  Macbaon  als  Aer^te;  aber 
man  würde  sehr  irren,  wenn  n^an,  auch  nach  einer  Stelle  dea 
Piodot  IVjj  71.  und  mit  dessen  gelehrten  Ausleger  Wesseling, 
liier  an  förmliche  Aefzte  denken  wollte  |  die  blos  das  Geschäft 
der  Heilung  der  Verwundeten  gehabt  und  dafür  selber  yooi 
eigentlichen  Antheil  am  Kampfe  als  Mitstreitende  befreit  ge^ 
Wesen  wären.  Dies  ist  nicht  nur  mit  dem  ganzen  Geiste  je- 
lie««  heroischen  Zeitalters   und  der  Art  desselben,  den  Krieg 

V  f^u  führen,  unverträglich,  sondern  es- wird  auch  durch  be- 
stimmte Stellen  des  Homer^^  wo  sie  glei(:h  andern  als  Antheil 
|iehinend  am  Ks^mpfe  erscheinen  und  sogar  im  Kampfe  verwun- 
det werden,  widerlegt,  AJsa  eigentliche  Feldjrzte  bei 
Isomer  an^^^nehmen,  wäre  in  jedem  Fall  unsitattbaft  •  wohl 
niQchtet^  einzelne  Ausgezeichnete  des  Heeres  einige  Kenntnif^ 
von  Heilmitteln  besitzen  und  *ie  zur  Heilung  von  Verwunde- 
ten benutzen,  h^iupts Schlich  zur  Stillung  des  Bluteai  und  He-* 
bung  oder  Linderung  heftige^,  krampfhafter  Schmerzen  j  sie 
mochten  in  sofern  iMS  Aer^te  gelten  und  als  solche  auch  ge- 
nannt werden,  penn  diese  Gegenstände  allein  befafste  diQ 
^Ite  Heilkunde,  Schwerere  Wunden,  gebrochene  Glieder  u, 
dgl.  waren  ihnen  unmöglich  zu  heilen,  wie  man  z,  B.  aui| 
Jliad.  IVj  517  ff.  j,  wp  A^X  Tod  als  unausbleibliche  Folge  einei^ 
fiiolqhen  Wunde  dargestellt  wjrd  ,  ersieht,  '' 

;  .  Von  Homer  oder  vielmehr  vPm  Trojanischen  Kriege  an 
hi\  auf  Qippokrates  findet  sich  gar  keine  %uir  von  Feld- 
llra^ten  bei  irgend  etnen\  alten  Schriftsteller^  Die  erste  Nach* 
Cfcht  kummt  wieder  yor  in  einer  Rede,  we'lche  defl(  grofseix 
üippokrates  Sohn  Thesisalus  an  die  Athener  hält  und  worin 
eir  "untei"  seinen  Verdiensten  uni  die  Stadt  auch  das  anführt^ 
dafs.  ihn  Sern  V^ter  de^  unter  d^s,  Alcibiades  Anführung  di^^ 


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C.  F^-Glir,  Wagnetr  de  Egvriae  fönte  et  spten.  407 

mala  nach  Sicilien  ateaernden  Flotte  als  Feld*  t>der  Wandartt 
beigegeben  und -dabei  sogar  auf  seine  Kosten  uiiterhalten,  ohne 
Anspruch  »ui  irgend  einen  Sold  oder  Löhnung,  Auch  andere 
Stellen  aus  Xenophon  setzen  es  aufser  Zweifel»  dafs  man  in 
dieser  Zeit  den  Kriegsheeren  9  wenn  sie  ins  Feld  sogen  ^  er- 
gene  Feldärste  beigegeben.  Dl^s  und  Anderes  soll  Aun  in 
det  jsweiten  folgenden  Abhandlung  auseinander  gesetzt  wet« 
den.  W*ir  sehen^ derselben  mit  Verlangijn  entgegen,  und  be^ 
merken  noch^  dafs  diese  erste  Abhandlung  durch  gut  Lateini- 
schen Ausdruck  vor  vielen  ähnlichen  Abhandlungen  sich  aus« 
zeichnet,  ^  •  ' 


Natalem  quadm^esUnum  octavnm  jiagüstissimi  H  Totentissimi  Prindph 
aa  Domirü  Guilielmi  Ih^  EUctoris  et  Landgravii  HassioB. 
ttc.  'jfc,  — ,  ah  Academia  Marbttrgensi  die  XXyill  Julii  ora^ 
iione.  *-*  celehrandum  indicit  Car,  Franc,  Christ»  Pf^ag^ 
ner^  Inesk  de  Egeriae  fönte  et  speou  ejusque  situ  Cdmmen" 
tatio.  Marburgij  typis  Kriegerianis  MDCCCXXIK  28  S^ 
'  in  gr*  4«  mit  einer  lithographirten  AhhUdung» 

Die  Veranlassung  zu  dieser  Untersuchung  übet  die  wahre 
Lage  dex  Q^uelle  der  Egeria  und  ihrer  Grotte  gab  dem  Vetf, 
die.  bekannte  Stelle  Juvenala  Sat.  III,  10  —  20.  Die  Härte^ 
die  in  der  Verbindung  dieser  Verse  einzeln  mit  einander,  so 
wie  seihst  in  einzelnen  Worten  derselben«  nach  der  eewöhn* 
Jichen  Lesart  und  Interpunction  liegt,  wird  wohl  keinem  Le^ 
ser  des  Juvenal  entgehen,  selbst  wenn  ihm  die  innern  Wider* 
Sprüche  iinbekannt  blöihen  sollten,  welche  dieselbe  enthält. 
Schon  frtther  hatte  der  Verf.  dieser  Abhandlung  diesem  üebel* 
Stande  abzuhelfen  gesucht  in  einem  Programm  zur  Ankündigung  . 
der  Sommervorlesungen  zu  Marburg  l8l4»  wo  er  in  der  Stelle 
des  Juvenal  va,  12.  statt  des  gewöhnlichen  hie  oder  heic^  ein 
hinc  verbesserte.  Ruperti  in  der  zweiten  Ausgabe  seines  Ju- 
venal beliefs  zwar  das  hie ,  doch  veränderte  er  die  Interpun« 
ction,  indem  er' nach  Capenam  vqt  Hie  ein  Punctum  setzte,  und 
dadurch  die  Verbindung  des  Hicy  uhi  etc,  mit  vs.  17  ,  in  skillem 
Egeriae  descendimus  etc.  andeutete ,  die  Verse  15  und  16  aber 
durch  Klamn lern  als  eingeschaltet  bezeichnete,  weil  der  hier 
erwähnte  Hain  von  dem  Capenischen  Thore  in  ziemlicher 
Entfernung  liege»  also  hie  unmöglich  nach  der  Localität  mit 
dem  vorhergehenden  ad  Capenam  in  Verbindung  gesetzt  wt^r«» 
den  könne.     Auch  er  iüllt  aber  dann  auf  die  Vermuthung,  ein 


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C.  F«  Qa»  Wagner  d«  Xg«riae  featc  et  ipeeo« 

^2no  ftlr  &20  KU  setzen  I  in  dem  Sinne  m^m«  progres3^  Ümbriciu^ 
^t  lego  in  valUm  Jßg^jiße  d0sce.n4jmus^f  uhi  etc.  (4.  Tom^  I.  pag.  43-. 
ppt,  12)*  Diese  Verbind ungs  •  und  Erkl^rungsart  ist  es,  £Chr 
die  sich  Hr»  Wagner  erklflrt  upd  seihst  seiner  früher  versuch« 
ien^ErklSrungsweise  vorzieht^  die  er  für  die  einzig  richtige 
\iä\t^  ^uhstUit  primum  ad  portam  Capenamf  et  /ivtc,  fortässQ 
KO^t^uani  JuvenaU^  ad  eumaccesi^erat,  descendit  ab  eo  comita- 
tua  in  oalUm  Ej^eriam  etc.««  (vergl,  S.  17  not.J,  W(>Jhe  man  hw 
lieihehalteiiy  so  ^müfste  man  sonst  annehme^f  die  Nymphe 
jßgefria  sey  aus  dem  von  ihr  he^qhnten  Thale  an  das  Capehi« 
ache  T^or  gekommen,  um  hier  den  Numa  zu  treffen.  Aucl^ 
widerspricht  JLiyius  I,  21,  der  an  ein  und  dieselbe  Stelle  dea 
Qdell  oerJEgeria  und  den  Hain  der  Musen,  in  welchem  Nums^ 
•eine 'Zusammenkünfte  mit  der  Egeria  hielt,  verlegt«  Allein 
WO  ift  pun  jenes  Thal,  jene  Quelle  und  Gi^otte,  die  bei  Ji:i^  - 
yens^l  erwähnt  ist,  zu  suchen?  Die  gewöhnliche  Meinung, 
die  auch,  wieB.efer.  bemerkte,  £!arl  Sachse  in  ^iner  Ge« 
fcbichte  und  Beschreibung  der  alten  Stadt  Aom,  Han«. 
nover  l824f  !•  Th«  S.  91«  %  73.  angenommen,  erkennt  dafür 
^ie  jetzt  unter  dem  Namen  la  Caffarefla  (nach  einem  Meyer« 
liof^  bekannte  Stelle,  vor  dem  Thor  dl,  St,  Sebastiano.«  Auch 
der  Rdmi<K:he  Arcbäolog  Ven.titi  in  seiner  Descrizione  topo« 

frafica  delle  Antichita  di  IVpma^  Edizione  terza  in  Koma  1024' 
,  II.  p.  I9s^q5.  erklärt  sichdafQr,  obgleich  Nibby  und  der 
Seiehrte  f^ea  anderer  Ansicht  sind.  Der  Verf.  ver4ientPank* 
.  afs  er  die  ^teilen  gelber  aus  deii  bei  uns  so  seltenen  Werken 
^er  genannten  Komischen  Archäologen  und  Anti^uar^*  hat  voll* 
ftändig  abdrucli^en' lassen«  jplr  sucht  zunächst  jene  bisher  all« 
gemeiihang^ommene  Meinung  gegen  die^enanntenKömischei^ 
Gelehrten  ^n  Schutz  zu  i^iehnien;  ^lit  Gründen  ,  d^ren  Gewich- 
tigkeit durch  Autopsie  des  Verf.  und.  seipe  an  Ort  und. Stelle, 
aelber  gemachten  Untei^suchungei?  erhöhfwird;  seine  eigene 
,  Ansicht  .glaiibeH  wir  am  besten  mit  .seint;n  eigenen  Worten- 
liier  gebet?  zu  können.  S.  25:  »fraeterea  yero,  si  a  v^ro  npn 
9bho,rre(i  Camenavup:^  liici  partem  in  lila  fluyii  Almqnisf  ripa^ 
^uae  Aomam  spect;at,  sitam,  fuiSse,  tpsumq^ue  deind^  per  to« 
*^aro  yal^IeiQ  bpc  (lumine  irrigatara  se  extejidiä»s^ ,  ^"»4  obstat, 
^is^  quis  iis  ad^entiatui:,  q^ii  affiVmentj»  aedes  jam  S.  Urbaiio^ 
^ici^^a^  olin;!^  Camenis  sacrat^S  fuisse,  quo  mi,nüs  credamus^  in^ 
ifla^Al^toniß  ripa  Camenarumaedes  fukse  exst,räptas  ^  *  Eger^ße  verfi^ 
hntetfi  £0  allerä  exsiitisse  ^  ubi  iUe.  est,^  qui  vul^q  "Egeriae  non\.yne  in» 
ngnitut:?  .^ohis  piofecto  vallis  illius*,  qi^ain  bis  saepiusve.  per« 
^uf ti^avVmus y  idque  hiemis.  tempore,  quo  rura  animos  iion 
^_a|[nopere   allice.re   solent|    florum    v^rie^ate    quam    ma^iu^e^^ 


I 


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Goode;  *'*'.  ' 


B^^ono»  Sjitem  der  urweltHehtii  Konehjlien«  489 

di^tlnc^e  atque  pratofum  virijditate  «e  commendantis  xknta 
Visa  est' amoenitas,  ut  nisi  quis  sententiam  nostram  arguinen« 
tis  sole  clarioribus  ^efallat)  vl^  adduci  possimus,  quin  illam 
yallem  dignissimam  judicemuS,  quae  Egeriae  uomiiie  celebre- 
tur.«  Wenn  Fea  noch  dagegen  einwendet,  dafs  man  an  dem 
])emerlcten  Platze  den  Tu^tein  nicht  finde,  dessen  Juveiial 
gedenke  9  und  im  Innern  der  angeblichen  Grotte  der  Egeria 
picht  ds^B  Bild  einer  Nymphe,  sondern  das  verstümmelte  Bild 
^iner  männlichen  Gottheit  sich  vorfinde,  wie  konnte  dies  au« 
snal  bei  den  vielfachen  Veränderungen,  die  diese  Plätze  in 
taufenden  von  Jahren  erlitten  ;  für  einen  hinreichenden  Gegen-K 
grund  gelten  ?  ^ine  schöne^litbographirte  Abbildung  der  Quelle 
und  Grotte  der  Nymphe  Egeria*  in  dem  jetzt  genannten  Thale 
fa  Caffarella  witd  jeder  als  eine  dankenswertbe  Zugabe  dieser 
Vntersuchung  betrachten.    ' 


$ys\em  dßr  M^noeltUchen  KonchylUn  -  QesthUchter ,  äurgh  Dia^nose^ 
Analyse  und  Abbildung  der  Geschlechter  erläutert  j  zum  (/«•» 
^rauche  hei  Vorlesungen'  über  Petre/aktenkunde  und  zur  Er* 
leichterung  des  Selbststudiufns  derselben ^  90n  Heihr^  Bronn» 
Mit  7  Steindrucktafeln,  Heidelberg  f  bei  J,  C.  JB.  Mohr. 
1024.     55  Seiten  in  foU  3  fl. 

Da  maQ  di«  l^otbwepdigkeit  des  Studiums  der  Fetrefak- 
tenkunde  immer  allgemeiner  erkennt:  eines  Studiums,  das, 
M^ie  so  viele  andere,  in  Deutschland  zuerst  ins  Lebe^  gerufen, 
dann  aber  ^en  Ausländern  zur  Bearbeitung  tiberlassen  vvorden^ 
^o  hat  der  Vf.  geglaubt,  dea\  grösseren  Publikum  sowohl,  aU 
dem  Kreise  der  Zuhörer  bei  seinen  Vorlesungen  durcb  Her- 
ausgabe dieser  5chrift  nützlich  seyn  zu  können.  Es  existirt 
kein  lediglich  f(lr  das  System  der  Petrefakten  bestimmtes  AVerk. 
Die  zu  diesem  3^ecke  brauchbaren  sin4  entweder  unvollstän- 
dig ,  oder  nach  alten  Systemen  angeordnet ,  oder  da  sie  auch 
4i^  noch  lebenden  Thiere  mit. inbegreifen,  für  den  Liebhaber 
zu  tbeue/,  aufserdem  dafs.  jene  Geschlechter  darin  nicht  alle 
i^ngecteutet  sind,  die  den  Fej^refal^tenfreund  interessiren^  Aus- 
ter einigen  Worten  über  die  Terminologie  zur  Eintheilung 
2;erfällt  slolcbe«  in  drei  Abtheilu,ngen.  Die  erste  zum  Behüte 
der  Vorlesungen  und  i'ilr's  Selhsistudiufn  zugleich  bestimmt,-^ 
enthält  die  systeoD^atische  Anordnung,  Karal^teristik'und  Ver- 
weisi^ngen  auf  die  Abbildung  der  Geschlechter.  Das  System 
^ft  das  Lamarckscheij  mit  Anführung  derLinneischen  Synonyme 


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'490  Bronn  9  Sji t«m  der  ürweltliel^#n  Konehylien. 

und  mit  einigen  ZufStien.  Die  Anzahl  der  aufgenonunenen 
Ge^chteebter  belauft  sich  auf  172 ,'  indem  alle  diejenigen  vreg« 
bliehc^Of  aus  welchen  dem  Verf.  keine  versteinte  Reste  bekannt 
waren.  —  Dem  L«amarkschen  Konc|iylien8y8teme  wurde  der 
Voraug  Yor  dem  Altern  Linneischen  und  dem  neuern  Ferussac« 
•chen  {gegeben ;  vqr  jenem:  vireil  dort  oft  in  einem Gescblechte 
Landkonchylieil  ^  Flufskonchylien  und  Seekonchylien ,  über» 
haiipt  ßher  auch  Tbiere  mit  einander  verbunden  sind,  die  sehr 
w^enig  Verwandtschaft  mit  einander  eeigen,  weshalb  denn 
di«?se  Eintheilung  weder  für  die  Geologie  und  Geognosie^ 
noch  für  die  vergleich e^ide  Zoologie  die  beabsichtigten  Vor« 
theile  gewahrt.  Vor  dem  des  Herrn  von  Ferussac  u,  a.  erhielt, 
dieses  System  den  VorsMg>  ^eil  Liamarck,  selbst  beständig 
mit  Untei^suchung  fossiler  Arten  beschäftigt,  vorzüglich  die 
Karaktere  der  Schaale  scharf  gepittft  und  hervorgehoben  hat, 
während  die  Neuern  weit  mehr,  ja  lediglich  fast  auf  die  Or^ 
ganisation  des  Thieres   selbst  Rücksicht  genommen  ^   das  uns 

,  im  fossilen  Zustande  verloren  geht,  —  Da  aber  demungeach« 
tet  de  Lamarck  bei  den  Hauptabtheilungen  nicht  immer  die 
Karaktere  der  Sohaale  allein  ganz  ausreichend  fand  und  Klas- 
sen machte,  die  sich  aus  deäi  Baue  der  Schaale  nicht  alle  an* 
deuten  lassen*;  so  mufsten  wir  versuchen  ^  zum  Vortheile  der 
Fetrefaktenfreunde  ein  andres  Auskunftsmittel  zu  finden  ^  was 
in  der  zweiten  Abtheilung  unsrer  Schrift  geschehen,  welche 
in  dichotomischer  Form  alle  Geschlechter  nach  Merkmalen  der 
Schaale  analysirt^  und  das  Aufsuchen  im  Systeme  sehr  erleich« 

.  tert.  Zu  sicherer  Verglelchung  §ind  hier  auch  jene  Genera 
nicht  ganz  übergangen  worden«  aus  denen  wir  noch  keine 
fossilen  Reste  kennen,  —  Die  dritte  Abtheilung  endlich  ent- 
hält eine  Erklärung  der,  auf  die  7  Steindrucktafeln  vertheilten 
charakteristischen  Abbildungen ,  deren  Zahf  sich  airf  mehr  ala 
200  beläuft.     Den  Scfalufs  macht  ein  Vollständiges  Register. 

Ermuntert  durch  die  günstige  Aufnahme,  welche  jetzt 
schon  diese  Arbeit,  im  Publikum  gefunden,  haben  wir  uns 
entschlossen,  ei i>  zweites  Heft  urweltlicher  Thiergeachlechter, 
Pflanzenthiere  (Strahlenthiere  und  Korallen),  enthaltend,  bis 
künftige  Herbstmesse  folgen  zu  lassen.  Auch  nac})  Er&chei* 
nung  des  gröfaeren,  vollständigen  Werkes  über  Pe^^fakten 
werden  diese  Hefte  wegen  der  analytischen  Abtheilung  und 
der  charakteristischen  Abbildungen  der  Repräs^entanten  deü 
Systems  immer  ihre  Brauchbarkeit  behalten.  Der  Herr  Ver-* 
leg&r  hat  durch  äufsere  Ausstattung  und  Preis  gewifs  den 
Wünschen  des  Publikums  entsprochen« 

'  *.      •  Heinrich  Bronn, 


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Pansanias  ed»  Siebelfs*  491 

J^ipHgy  TJ^eidmannschß  Buchhandlung^  Tlauo'av/'oui  r>ji  *E^a2c;  ira" 
^i>jy'ij9tg,  Pausaniae  Graeciae  descriptio»  Ediditf 
graeca  cmendavit^  latbtam  jtmasaei  interpr^tationepi  casLigatam 
adjunxU .  et  adnotationes  atque  indices  adjecit  Carol,  öodofn, 
iiebelis,  VoL  /•  cui  inserta  est  Descriptio  Athenarutn  Paw 
saniae  Jtticis  accommodata  et  in  la-pide  delineatm,  1822.  J^LyiJL 
576  II.  270  S.      Fol   IL  1823»   FJJL  458  ».  206  S.  gr.  8; 

Zu  keiner  Zeit  \irürde  man  eine  neue  Bearbeitung  gerade 
diese«  Schriftate)ler8  mit  gröiserer  Theilnatme  aufgenommen 
haben »  als  in  der  unsrigen.  Aller  Augen  sind  auf  Griechen- 
Jland  gerichtet;  der  merkwürdige  Boden,  die  «einzelnen  Loka- 
litäten dieses  in  seiner  Wiedergeburt  begriffenen  Landes  ge- 
'vrinnen  in  unserh  Tagen  neues  Interesse.  Nie  ward,  wie  ^ 
jetzt,  das  Studium  griechischen  Lebens  und  Glaubens ,  grie- 
chischer Kunst  und  Literatur  mit  solchem  Ernst  und  solcher 
w^issenschaftlichen  Tiefe  betrieben:  in  unserer  Zeit  mufsein 
Schriftsteller  besonders  wichtig  und  schätzbar  seyn,  der  uns 
auf  dem  Schauplatze  jenes  Treibens,  auf  dem  Grund  ujid  Bo« 
den  unserer  Untersuchungen  als  ein  treuer  Führer  heimisch 
ynacbt.  Zwar  ist  seit  Erscheinung  der  früheren  Ansgafien  des 
Fausanias  im  Einzelnen  Manches  für  denselben  gethan  ,  und 
für  seine  Erklärung  einem  neuen  Herausgeber,  jedoch  mehr 
indirekt,  vorgearbeitet  worden,  was  für  Letztere  von  einer 
3eite  b^tfachtet,  Erleichterung  ist,  von  der  andern  aber  ihm 
gröfsere  Forderungen  auferlegt.  Allein  nie  ist  in  n«»'*rn  Zei- 
ten- diesem  Autor  von  einem  gründlichen  deutschen  '.lehrten 
ein  umfassendes, Studium  gewidmet  worden,  und  seit  Faciu« 
immerhin  verdienstlichen  Bemühungen  wuchs  mit  fortschrei- 
tender Vervollkommnung  der  Alterthumswissenscbaft  das  Be^ 
dürfnifs  einer  von  Seiten  der  Textverbesserung,  so  wie  der 
Erklärung,  befriedigenden  Bearbeitung.  Um  so  mehr  blieb* 
hier  zu  v^üi^schen  ül^rig,  als  so  manche  Dunkelheiten  den'Oe- 
})rauch  des  Fausanias  erschwieren,  die  theils  von  der  Eigen- 
thümlichkeit  seiner  Schreibart  und  den  mannichfaltigen  Ver- 
derbnissen seines  Te^^tes,  theils  vpn  dem  Umstände  herrühren, 
dafs  er  bei  seinen  Lesern  Bekanntschaft  n:\it  den  Gegenständen 
durch  eigene  Anschauung  oder  sonstige  Belehrung,  an  so  vie- 
len Orten  voraussetzt,  Herr  Siebe^lis,  Director  des  Gym. 
nasiums  zu  Bautzen,  hat  sich  also  ein  eben  so  schwieriges  ak 
belahneudes  Werl^  znr  Aufgabe  gemacht,  wenn  er  es  unter- 
nahm ,  eine  Aufgabe  von  diesem  Gemälde  Griechenlands  au 
liefern,  die  hinsichtlich  der  Verbesserung  des  Textes  und 
angemessener   Worti*    m^d  Sacberklärung  den  Forderungeri, 


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492  Pausaoiis  ed.  Slfb^lis. 

s-  -      ■    ^  '  ^  ■ 

yrehh^  bei  dem  beutlgerh  Stande  der  Fbilolocie  &^  einen  Her-. 
Quigeber  «ergeben,  entsprecben  sollte.  Bereits  in  den  Jabrea 
l8ld  uTkd  i8l9  erscbien  ein  von  demselben  iGelebrten  besorg.« 
ter  Abdruck  de$  Textes  als  ein  Bestandtbeil  der  Weigelscben 
Bibliotbeca  Classica  in  drei  Bänden  |  weJcbem  (wie  Hr.  S,  in 
praef.  p.  XXXIX.  T.  I.  gegenw,  Ausg,  versichert)  ohne  ^ein 
Wissen  und  Willen  der  Name  einer  neuen  Kecension  geg^eben 
wurde.  Um  vieles  verbessert  erscheint  der  Text  in  vorliegen- 
der neuen  Ausgabe,  Ton  welcher  bis  jetzt  die  zwei  ersten 
Bände  vrschieneu  sind*  Damit  unsere  Leser  erfahren  9  was  «ie 
von  divser  Ausgabe  zu  erwarten  haben «  mdgen  sie  mit  uns 
dem  Hrn.  Herausgeber  durch  seine  Frolegomenen  folgen,  von 
welchen  ein'groiser  Theil  (^S»  IV'^XXilL)  bereits  m  einem 
Programm  des  Veif.  vom  J.  18.19  enthalten  ist. 

Nachdem  Hr.  S.  einige, Worte  ttber  die  \Vichtigkeit  aei- 
pes  Autors  vorangeschickt  hat,  hafndelt  er  S,  IV— vni.  von 
der  Heimatb  und  dem  Alter  desselben.  Er  findet  mit 
Goldbagen  die  gewöhnliche  Annahme  ^ehr  unwahrscheinlich, 
dafs  unser  Fausanias  derselbe,  sey,  von  welchem  Fbilostratus 
erzählt  ^Vit,  Sophist,  11,  13.)  t  er  sey  ein  aus  Cäsarea  in  Cap- 
padoci^  gebürtiger' Sophist  oder  Khetori  und  SchüUr  des 
Herodes  Attikua  gewesen,  hätte  lange  Zeit-zu  IVom  gelebt, 
daselbst  rhetorische  Vorträge  gehalten  ,  un(]  wäre  ebendaselbst 
in  bohöm  Alter  gestorben.  Uegen  seine  Abkunft  au^  Cappa- 
docien  scheint  dem  Herausgeber  die  Stelle  V,  13,  4»  su  strei*. 
ten:  IlAexoj  Ü  ¥,al  TavraAoU'  r^i  fea{  jjf*?v  cvornj^^-sai;' etC, ,  WO 
^a^  ^fxi.Jkui  Lydien  gebt.  Aus  dieser  Stelle ^  so  wie  aus 
If'24,  8.  extr,  schliefst  Hr«  S.  unsers  Bedünken^  etwas  zi:|. 
rasch,  dafs  Paus,  aus  Lydien  gebürtig  war.  ^ 'E^  kann  mit 
einiger  Bestimmtheit  nur  ein  lätlg^rer  Aufenthalt  in  jener  Ge- 

fend  daraus  gefolgert  werden.  Wir  begnügen  uns  mit  ^inex 
urzen  Anführang  der  weitem  Gründ.e,  mit  Welchen  Hr.  S« 
obige  gewöhnliche  Meinung  ^bestreitet.  Des  fbilostratus 
Fausanias  führt  bei  Fhav.orinus  den  Beinamen  Aegäua.  von 
einem  Berg«  bei  Cäsarea,  seiner  Vaterstadt.  Dieser  B^rg  is( 
nach  Max.  Tyrius  (XXXVHI,  460,  Oagon.  od.  VIII.  6. 6.)  Kor- 
icaBoKatq  Kot  Bali  xai  ?fK05  tiai  äya^iAO?  Dessen  ungeachtet  erWähtit 
Fausanias  dieses  heiligent  Lokals  in  seinem  Werke  mit  keinem 
Worte.  Ferner  nennt  Fbilostratus  deinen  Fausanias  einepi 
S<;hüler  des  Herodes  Attikus.  Unser  Fausanias  erwähnt  des 
Letztern  mehrmals,  allein  von  seinem  Verhältnifs  siu  ihn^  alSi 
Schüler  findet  sich  keine  Spur,  wiewohl  er  sehr  häufig  bei 
Andern  ausdrücklich  bemerkt,  wer  ihre  Lehrer  gewesen. 
Fbilostratus  läfst    seinen  cappadocischen  Fausanias  im  Grei- 


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Fanntntüs  ti.  Siebelb^  493 

Genauer  {m  Rom  sterben.  Allein  aus  jder  Stelle  Vltl,  17f  3« 
^weifse  Hirsche  habe  ich  su  tneiner  Verwunderung  in  Rom 
geseken,  ob  sie  aber  vom  Festlandes  oder  yon  Inseln  dahin 

f «bracht  w^ord^nf 9  vergafs  ich  zu  fragen«^,  geht  hervor,  dafs. 
ausaniaS|  als  er  dies  schrieb,  Rom  bereits  verlassen,  und 
also  keine  Gelegenheit  mehr  hatte,  sich  nach  jenem  Umstände 
9a  erkundigen.  Da  endlich  Fhilostratus  von  den  rhetorischen 
Vorträgen  seines  Fausanias  spricht,  wie  ist  es  zu  erklären, 
dafs  er  yon  einem  weit  wichtigern  Weerke,  der  Beschreibung 
Griechenlands,  scbweigt,  wenn  dessen  Verfas.ser  kein  anderer» 
als  eben  jener  Cappadocier  war?  dafs  auch  Suidas  dieses  Wer- 
kes nicht  erwähnt,  folgt  eben  daiaus^  dafs  er  blos  vcm  dem 
Fausanias  des  Fhilostratus  spricht»  Aus  diesen  (jründen  un-«  - 
terscheidet  Hr^  S.  zwischen  einem  Fausanias  Cappado^,  und 
einem  Fausanias  Ferie^eta.  —  So  wenig  sich  Etwas  fitU  die 
Identität  dieser  beiden  anführen  läfst,  so  äüfserten  doch  die 
angeführten  Oründe  wenigstens  auf  den  Ref.  nicht  die  yolW 
Ueberzeugungskraft^  um  das  Gegentheil  für  erwiesen  anzu* 
nehmen.  —^  Die  Zeit  der  Abfassung  dieses  VVerks  setzt 
Hr.  S.  in  die  Regierungsjahre  HadrianS  und  der  beiden  Anto* 
nine;  und  zwar  sollen  namentlich  die  beiden  ersten  Bisher  in- 
Hadrians  Zeit  fallen,  weil  II,  27,  7.  von  einem  Senator  An* 
töninus  die  Rede  ist,  von  welchem  nCredibile  est«  dafs 
er- der  nachmalige  Kaiser  Antoninus  Fius  sey.  Ueber  das  AU 
ter  der  übrigen  Bücher,  namentlich  V,  VII,  VIII,  X.  geben 
die  Stellen  V,  1,  1,  VII^  2o;  3.  VIII,  43,  4^  X,  34,  2.  Wenig- 
stens eine  negative  Bestimmung. 

Von  S.  VlII.  an  handelt  der  Verf*  von  Fausaniaa  !als 
Süibrift steller.  Sein  Werk,  das  nach  und  nach ^  in  einem 
ziemlich  langen  Zeiträume  entstanden  |st^  und  dessen  Bücher 
einzeln  ans  liicht  traten,  trägt  die. Spuren  gewissenhafter 
Genauigkeit  an  stch^  Seine  Quellen  (S.  X  s(f.^  waren,  aus« 
ser  derycigenen  Anschauung  viele^  alte  Nachricliten  und  Denk* 
mähl^:  hierher  gehören  die  Ohroniken  der  Olympiaden  und 
Hieronik^n  (VI^  22)  2.  X,  36*  4.  ^1.)  die  viarakoyot  &\jfAfxJix^» 
(z.  B.  V,  23.  init.  Vll,  6,  3.)  hauptsächlich  aber  die  In8<^irift 
ten  auf  Weihgeschehken  und  Kunstwerken,  die  er  übrigens 
mit  Vorsicht  und  Kritik  benutater  Durch  eine  Reihe  beweis« 
kräftiger  Beispiele  zeigt  ferner  der  Heraosg.,  wie  sich  Fausa- 
nias auch  im  Gebrauch  der  zahlreichen  Dichter  und  Geschicht- 
schreiber, welche  er  vor  sich  hatte,  als  ein  besonnener  und 
aufrichtiger  Forseher  bewährte.  Das  meiste  Gewicht  le^te  er 
auf  Homer,  nach  seiner  eigenen  Aeufnerung  II, '21,  extr.  (vgl* 
^^f  4)2.}*     Eine  reichliche  Qjli  eile  flofs  ihm  ferner  in  der  äiünd-« 


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'  494  '     Pausapias  ed.  Siebeli«. 

liehen  Ueberlieferung  der  Priester  und  Exegeten^  so  wie  dei 
Volkes  2u.  ''  Ueber  diesen  Funkt  reinigt  Hr.  S,  seinen  Schrift* 
steller  auf  eine,  wie  uns  scheint ,  sehr  gelungene  Weise »  von 
dem  Vorwurf  der  Leichtgläubigkeit  und  iA\\n%  lim  -die  Wahr- 
heit unbekümmerten  Verfahrens.      (5.  XIII  sq[.)  Unbillig  ist 
es  ferner  9  wenn  man  diesen  Autor' des  Stillschweigens  über 
Gegenstände  anklagt,     deren,  Erwähnung  in  den  Plan  seines 
Werkes  gehöre.     Vieles,    was  für  uns  das  Wissenswürdigste 
\väre,  verschweigt  Pausanias  (S.  XV,  sq.),  weil  die  Weihe 
ihm  den  Mund  schlofs  (I,  l7,  3.  38,  6.    II,  3,  4),  Anderes, 
weil  ^r  fQr  unterrichteter^  Leser,  als  wir  seyn  können ,  schrieb. 
Gar  m|nches  berührte  er  nur  kurs,   oder  übergeht  es  ganz, 
weil,  wie  er  an  vielen  Stellen  ausdrücklich  sagt,  seine  Vor- 
gänger* bereits  genügend  davon  gehandelt  hal)en«    Viele  (haupt« 
sächlich  Kunst-)  Merkwürdigkeiten,   über  welche   wir   von 
Pausanias  Auskunft  erwarten,  mögen  sich  in  dem  damals  schon 
;  sehr  zerrütteten  Griechenland  nicht  mehr  vorgefunden  haben. 
Endlich  ist  nidht  %u  vergessen ,  dafs  er  uns  immer  nur  das  Er«  * 
beblichste  (ra  ^aXurta  i^ta  i*v>{iAyji  III,  11,  1.  cf.  I,  39f  3.)  auf- 
zuführen  verspricht.     (Bei  der  Art  der  Entstehung  dieses  Wer- 
kes ist  es  erklärlich,  wie  manche  Notizen  nicht  an  ihren  gehö- 
rigen Stellen,  sondern  später  erst,  von  Pausanias  gelegentlieh 
eingeschoben,   sich  finden.      Vergl.  VII,  20,  3.    Vlll,  ^,  1# 
u.  s.  w.  mehrere  Stellen  s.  S«  XVII.    Dergleichen  Fälle  belasten 
allerdings  den  Schriftsteller  mit  dein  Vorwurf  einiger  Unord-  . 
nung   im  Einzelnen),    ^    S*  XVlI.   kommt  Herr  S*  auf  die 
Schreibart  seines  AutotS  zu  reden:  ^genus  scribendf,  quod 
clamant  esse  obscurius,  nimis  jejunum,    exsangue,   salebro« 
sum,  paruin  elegans,  deni(jue  rhetoris  Cappadocis.  <<     Hr.  S« 
will  aus   diesem   (vielfältig  z.  B..von  Syli»urg,  Heyne,  Un^ 
neuerdings  fast  mit  Heftigkeit  von  Boeckh  s   Vorr<  zu  VoL  If« 
ausgesprochenen)  Tadel,  nicht  auf  seinen  Mann  kommen  las^ 
sen:  er  giebt  zWar  zu,  Pausanias  habe  zuweilen  ungewohnt 
liehe  Verbindungen  den  natürlichen  vorgezogen  |  allein  viele 
Dunkelheit   u.  s.w.  komme  auf  Rechnung   des  verdorbenen 
Textes   (wovon  später)  oder    auf  die,   vielen  Lesern   unge» 
wohnte.  Kürze  und  Bündigkeit  des  Ai^i^clrucks;  und  mancne 
seiner  Beurtbeiler  hätten  sich  mit  des  Autors  Eige^tbümlich^ 
fceit  zu  wenig  vertraut  ge^nacht*      Hr.  S,  tritt  der  Meinung. 
Wesselings,    Valckenaers    und  Schäfers   (welcher  letztere  %\x- 
Dionys.  de  comp.  p.  32.  Quid  avofxdkt»;  dictum  in  patre  histo« 
riae  reperi^s  ,  -quin  in  Periegeta  isto  recurr^tV)  bei,  dafs  Pau« 
sanias  sich  den  Herodot  zum  Muster  genommen  habe ,  (doch 
wohl  nicht  immer  dessen  lichtvolle  Darstellung?)  und  bedient 


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'  '    Paoiamas  ed.  Sitbelii.  495 

sich  daher  zur  Erläuterung  des  Ausdrucks  ^  so  wie  zur  VrtSi/m 
fung  und  Feststellung  des  Textes  sehr  häufig  Herodotei&cher 
Stellen.  *Der  ^color  Herodoteus  Fausaniae  adspersjus^  sey  nicht 
sowohl  in  einigen  Jonismen  sm  suchen  (Ji^v  aw^Jt  o<t)cuv  für 
aurcvvf  die  Formen  rourtf  ixdfftfvj^  die  jonische  Anastrophe  u.  s.w. 
finden  sich  auch  hei  andern  Nicht«  Jonern  jener  spätem  Zeit) 
als  vielmehr  aain  formulis  modisgue  loquendi  ac  sententiis  He« 
rodoti  usurpatis.  <«  Quodsi,  sagt  ^er  Verfasser  am  Ende, 
Herodotum  Fausanias  non  servili  imitatus  ingenio»  nequeHa« 
Hcarnassei  .simius  esse  dici  potest,  sed  orationem  a  saeculi  ar- 
tiEciis  ad  simplicitatem  ill^nl  Herodoteam  revocare^studuit,, 
nonne  potius  laudem,  q.uam  reprehensionem  meretur  ?  ' —  Der 
Schlufs  dieses  Abschnittes  ist  hauptsächlich  gegen  Quatrem^re 
de  Quincy  gerichtet,  der  in -seinem  Jup.  Ol.  unserem  Schrift«  ' 
steller  Geist,  Künstlerhlick  und  Darstellung^gabe  abspricht. 

S,  XXUL  folgt  die  Rechenschaft  des  Herausgebers  über 
Absicht  und  Fian  dieser. Ausgabe,  uiid  über  die  Hülfs- 
mittel,  welche  ihm  hei  ihrer  Besorgung  zu  Ge^ot  gestanden 
hatten.  Zwar  beabsichtigte  der  Herausg.  auch  die  Sacherklä- 
rving ;  er  spricht  von  diesem  ^Theile  seiner  Arbeit  mit  vieler 
Bescheidenheit,  und  gesteht  namentlich  in  Hinsicht  der  Er* 
klärung  der  Kunstwerke,  dajs  er  dies  Geschäft  einsichtsvol« 
lern  Archäologen,  einem  Bottiger,  Meyer,  Schorn  u..  a.  zu 
überlassen  gerathener  gefunden  habe.  Seine  Hauptabsicht  aber 
war  möglichste  Wiederherstellung  des^sehr  verdorbenen,  mit- 
unter lückenhaften,  Textes.  So  i sehr  er  hier  bemüht  gewe- 
sen, die  durch  die  Nachlässigkeit  der  Abschreiber  und  durch 
dpn  Zahn  der  Zeit  diesem  Werke  zugefügten  Schaden  nachzu- 
weisen, und  möglichst  zu  heilen:  eben  so' sorgfältig  wollte 
er  auch  den  Text  von  solchen  Conjekturen  und  vermeinten 
Verbesserungen  reinigen ,  welche  häufig  eine  irrige  Critik  ge« 
Sunden  Stellen  aufgedrungen  hat,'  —  Die  vom^  Herausg.  ge- 
brauchten critischen  Hülfsmittel  (S.  XXVI.)  sind  kürzlich  fol« 
fende:  1)  die  Varianten  zweier  Wiener  Handschriften  bei 
acius,  2)  die  Var.  deß  vorzüglichen  Moskau  er  Cod.  ,194. 
(welche  Facius  nur  unvollständig  besaß),  von  Matthai  an  den 
Rand  der  Kuhnschen  Ausgabe  geschriebien),  aus  der  hönigl.  ' 
Bibliothek  ^u  Dresden.  3)  Einige  Varr.  von  vi  er  Pariser 
Handschriften  y  welche  Ciavier  verglichen  und  in  seiner  Ausg. 
für  die  vier  ersten  Bücher  benutzt  hat.  Da  nach  Clav.  Tode 
(l8l7)  Hr.  S.. dessen  Apparat  mitgetheilt  z,a  erhalten  vergeb- 
lich gesucht  hatte,  wandte  er  sich  an  Boisso  nade,  mit  der 
Bitte ,  gewisse  einz^ejne  Stellen  aus  den  sechs  t\brigen  Büchern 
mit  jenen  Handschriften  SU  vergleichen.     Dies  geschah.     Die 


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496  PänsttuAs  «d.  Siebelu« 

Ausbeute  wat  jedoch  sehr  unbedeutend.  —  Nocb   itanden 
einige  Lesearten  aus  einem  andern  Pariser  Cöd«   zu  Gebote^ 
welche  Sevin  in  seinen  ObserVattarts  sur  le  texte  de  Paus,  iii' 
bist,  de  TAcademie  des  Inscr.  et  B.  L.  T.  XIV.  p.  195  »q^* 
aufgezeichnet  hatte.      4)  I3es    Victorius    Varr. »    an    de^ 
Kaad  der  Aldihiscben  Ausg.  geschrieben  ,  dem  Herausg.  rdm 
Hrn.  Hofrath  Thierscb  mitgetheilt^    nebst  einer  Probe  Von 
Varianten  ans  einer  sebr  späten  ^  die  zvrei  ersten  Bücbe^  ent« 
haltenden  Münpbner  Handschrift  voii  sehr  geringer  Erheb- 
liebkeit. /^    5)   Die    hauptsächlichsten    Varr.  aus    einem 
Cod«  Ydticanus  (auch^  wie  ei  scheint,  Palatiniis  gehannt) 
und  einem  Cod»  Angelicus,  zu  R^m  von  Ubden  exterpirt^' 
Hrn«  S«  mitgetheilt  vom  verstorbenen  Schneidet  zu  Breslau,   . 
6)  Eine,  durch  Furia  in  Florenz  für  dep  Herausg.  besorgte 
Probe  von  Värr,    zweier    Mediceiscben   Cddd. ,     welche 
zeigte,  dafs  aus  diesen  beiden,  mit  den  Editt.  und  den^  Mos^ 
Icauer  Cod..  übereinstimmenden  Hand^chfiften  nichts    zu  ge« 
winnen  sey.     7)  Aus  Heidelberg  durch  Hrn  G.  H.  Creqzer 
£xcerpta  aus  einem  Cod.  PAlatinuSf  nebst  MarginaHen.« 
und  Conjecturen  eines  Anonymus  (nach  Hrn., CreuiSär  des 
GrS.vius)  zu  der  Aldina,  und  Valckenaers  bandscbriftlichl» 
Randbemerkungen  ^ur  Knhn*schen  Ausg.       8)   Ans  Dresden 
die  pbne  Zweifel  nach  einer  Handschrift  gefertigte  lateinische  ^ 
Uebersetzung  des  X)omitLus  Cal  der  in  us:<  diese  ent^ 
hält  das  «erste  Buch  und  das  zweite  bis  c.  VI,  2. —  Man  siebte 
die  Hülfsquellen  für  'e^ine    auf   Urkundliches   sich  .stützend«! 
ctitiscbe  Behandlung  fliefsen  bei  Pausanias    nicht   reichlich^ 
Die  schon  von  Fapius  gebtaucfaten  Wiener  Coll^tidgen,  und 
die  Varianten  aus  dem  Cod.  Mbsqu.  mtifsten   für  Hrn.  Sieb.', 
das  Wichtigste  seyn  ,    wiewohl   die  Mosk.  Handschrift  und ' 
die  beiden  Wiener  offenbar  nicht  zii  derselben  Familie  gehd«'" 
ren,   und  jen^r   eine  grdfsere  Zuverlässigkeit  als    letzteren 
einzuräumen  ist*  ,         ^ 


(Beschtufs  folgt.) 


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^' 


»I "» 


'Heidelbei*gei^ 

Jährbüclier  der  Literatur* 


Pausaniae  Graeciae  descriptio   ed^  S ie bei isi 

fein  grofi^es  Feld  bleibt  hier  immer  der  Conjectural*Crititt 
offen^  und  Hr.  ^ieb.  hat  (nach  S.  XXXVin.;  Jcein  Bedenkea 

fetrageify  dieVerbe«Seruiigen  eine«  Syl  bur^,  Kuhn^  Gold« 
agen,  Falmerius,  Facius,  G.  H«  Sbbäferi  Forson^ 
LdHeck^  wenn  »te  ihm  die  wahren  schienen^  so  wie  seine 
«igenen^  an  die  Stelle  des  Verdorbenerl  su  setzen. '^-*  Noch 
benutzte  der  Herausg.  die^Beiiiei-kung^n  roh  Porson  (bei  d^n 
lectt;  Piaton.  ed«  Gaisfordi  Oxon.  1820«)  und  die  Obsertra^oni 
'  de  M«  Corai  sur  le  texte  de  Fauianias  im  4ten  und  6ten  Band 
der  Clavier'sch^h  Ausgabe.  —  Von  Ausgaben  (S*  iXXXlVi 
aeq.)  hatte  Hr.  S^  vor  sich  l)  die  Aldi  na ^  3)  die  Frank* 
furter  (i58i)  mit  Sjlburgt  Anm.;  3)  die  Kuhnsche,  in 
vir^lcher  Sylburgs  Noten^  not  unvollständig  wiederglrgebeii 
aitid,  4)  die  Faciut'sche,  ö)  die  von  C 1  a v i e r ,  welch^i 
letztere  mit  den  Conjecturen  von  Corai  hereicbiirt  isti  — ^ 
TJeb  ersetz  Uli  gen:  die  lateinische  von  Romulus  Amt* 
ft  ä  u  t  (nadi  Handschrifttsh  ,  wie  Sylb;  vermuthet)  i  die  deiit- 
BCiie  ron  Goldbagen,  di^  italiänisrhe  von  Nibby  (Rom 
*8i7i  I8l8.  fV  Vol.  80f  die  französische  tok  Clavier; 

Hr.  S.  wollte  ket he  Akftg.  cum  riotie  varidrum  liefetd  (XL.) 
sondern  hob  aus  den  Commentaren  seiner  Vorgänger  9  mit  je« 
desmaliger  Nennung  des  Namens.f  nur  dasjenige  aus^  wi^  suir 
Bestätigung  oder  Vefvtrerfung  einer  Leieart^  un  l  zu  richtiget 
Erklärung  solcher  Stelleft  diente^  welche  dereelben  bedurften* 
.  Der  ari^häologisehe  Tbeil  des  Commentars^st  ^  wie  idhdn  oberi 
gesagt,  etwas  dürftiger  ausgefallen^  ihdem  der  Verf.  auf  die 
neuesten  Zugaben  au  Winkelmanns  Werken  verweist.  ^-^  S; 
ILLil.  nimiht  der  Herausg.  Veranlassung^  die  iri  ein^m  Progriimiri 
vom  J.  ißiS  vdh  i&m  gcfgebene  gründliehe  ErÖrteriing^det^ 
▲usdrilcke  SyäAfxa,  Igoavov  und  «y^iii  bei  Fausaniaii  im  Auif 
^Uge  zu  gebeäi  •  ^         ^ 

XVia^Jahrg^  9iH«&  .       ^2 


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49&     ^  Panjanias  ed«  Siebeiis. 

.  » 
D^s  ftomulu's^Amd säuft  tat*.  U^berseUung  Ist' unW 
dem  Texte  ttbgiicirnckt  »»qiniin  non  itä  rariim  videatur  es$e  g«« 
mit  eoruixif  q\ii  graeca  legetitea  auxilio  i^uodam  indigeant  ad 
ea^  quae  legant|  rectius  t'aciliusque  intelligenda.««* '  bo  grobe 
.LobsprCcbe  im  AUg^ui einen  aucbSylburg  dieser  UeheraetAung 
^rtbeilt,  so  bat  er  docb  selbst  viele  Mängel  derselben  tbetla 
nacbgewiesen  und  verbessert  (in  Notis  in  Rom*  Amai. 
>ers.  ed.  Francof.  p.  3o3.)9  theils  stillschweig/snd  geäi|dert. 
Hr.  S«  bat  von  diesen  «Aenderungen  GebraucU  gemacbt,  (S« 
XLVIX.)  auch  iuwetlen  einige  Veränd^rungt^n  angebradit  (e^ 
nennt  sie  deswegen  castigatam),  jedocb  sie  da,  wo  Amasäus 
eigenen  Lesearten  gefolgt  zu  seyn  sebeint^  oder  wo  in  d«a 
Anmerkungen  eine  andere  Auslegung  vorgeschlagen  wird,  mit 
Recbt  ünangetastbt  gelassen.  Nur  wäre  zii  wühscheri  gewe« 
•en,  da£s  die  bessernde  Hand  bäufiger  wäre  angelegt  worden^ 
denn  wenn  auf  der  einen  Seite  .dieser  Uebersetsung  der  Vor« 
£ug  vorzüglicher  Latinität  zuerkannt  werden  muls,  so  ent« 
iternt  sie  sieb  auf  der  andern  nicht  nur  oft  ganz  willkflbrlic& 
'iin^  ohne  Notb  vom  Originale^  sondern  giebt  auch, nicht  sei« 
>ten  leinen  schiefen  9  oft  ganz  falschen  Sinn,  Hierher  gebÖrt 
-'z.  B.-lI|  If  1«  ciiivo,  ol^a  ttxovTCt  letti  ffifovi^  ti.  s,  w*  4fnnm  stt^ 
diose  quaesierim^  nonduni  inveni ,  qui  tradiderit^  während^  dtr 
6inh  ist^  jf^^  habo  ich. noch  Niemanden  im  £rnst  bebaup« 
ifen  höten.<<  Ferntr  jene  oben  angeführte  Stelle  V,  l3, 4-  WA«- 
'4toi  hi  vMi  TaittaXoi}  rijc  wap  Jjf**«»  tvöiKiytfuöj  vy^jjisla  tn  Kfti  ig 
ifihi  \^ickTat,i  we)che  Amas.  übersetzt:  Et  t/t  GravciVm  quidem 
Tantalum  et  Pelope'm  cototdam  deduxisse  ^tc^  wo  docb^  ati«k 
-nacfa  der  Vülgata«  ivofyttiffig  nichts  anderes  als  Wohnen  befe 
•deuten  kann« 

Der  Herausg«  schliefst  mit  Aeufserungen  einer  achtangs^ 
ift^ürdigen  Bescheidenheit  (vgl.  die  Vor|r.  zum  2ten  Bd.  p.  lO.) 
und  einer  reinen  Liebe  für  die. Wissenschaft  di^es  Vorwtortf 
in  welchem  det^Fleifs  und  die  Genauigkeit  in  der  Darlegung 
#(Biiies  Plans I  die  lichtvolle  Ördnungi  sa  wie  die  klare  imd 
tlffgetfutbte  Sprache  «in  günstiges  Vorartbeil  für  dieBeban^ 
'  lung  ieiti&9  Scbrifutellers  erwecken«  «—  Det  Raum  dieser  Biät* 
tet  erlaubt  keine  ausfüfarlicfae  Critik  des  Einzelnen  durch  Vei«» 
gleicfaung  einer  bedeutenden  Parthre  des  Conmientars  mit  denl 
'lejsctei  Wir  lassen  daher  nur  einige  Bemerkungen 'ühei*  mwt^ 
ie]ne  Stellen ,  hauptsächlich  aua  deit  Coriittftiacie  odi^  4ma 
^  ftW^iten  Buche^  folgetf«  ; :       -        .  .- 

Pen  Annotationen  txx  jedeni  einzelneil  fiticb  sind  B^stfe«^ 
klangen  üb^  die  Zeil  der  Ab&ssunj^dept^Ibftt^f  und  €ä»ef  41tr 


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FauiaDtas  cd.  Si^bellf.  .  499 

^abei  benutt^n  Quellfeij  un^  schriftlichen'  Halfsmittel  voran« 
^eachickt^  Auch  der  Zeit  nach  sind  die  Corinthiaca  das  nächste 
JSuch  nach  dem  frühesten,  den  Attjicis.  Ueber  Corinths  frühe« 
ftte.  Geschichte  gebrauchte  der  Schrfftsteller  eine  dem  Eumelus 
.Eug&schriebeqe  Kö^iv^/a  <ry7V5'<»J)i/-  —•  H,!,  t.  schreibt  Hr.  5^. 
^v/utj;>05  ui  H«!  ^T>j,  mit  Clav.  nach.  JVIos^.  und  Vind,  statt  J;  h«) 
^a  ^ir^i  wie  uns  scheint,'  mit  Recht,  Der  bestimmte  Artikel 
Jkann  hier  nicht  wohl  stehen.    Paus,  bat  das  cyclische  Gedicht 

.^es  EumeluSy  Corinthiaca^  aus  welchem  der  Schol.  zu  Find« 
OL  l3,  75.  und  Tzeta.  zii  Lycophr.  I74i  p.  432;  ed.  Müller.  . 
«ine  hieher  und  tu  II,  3,  8.  gehörige  Stelle  anführt ,  nicht  vor 

.sich  gehabt,  ja  wohl  gar  nicht  gekannt^  (2j  2.  übersetzt  Ama- 
5^us  Ta  Eufjti^Xou  mit  gewohnter  VVillkühr  Eumeli  carmina)  imA 
scheint  überhaupt  keine  Dichtungen   des  Eumelus  anzuerken« 

.%ieii  i  Äüfser  dem  Prosodion  an  den  Dali  sehen  Apolldn  (IV,  4»  !• 
welche  Stelle  verdient  hätte^  von  Hrn.  S.  hier  berücksichtiget 

^aiil  Werden)  uhd  den  nach  seiner  Vermuthung  von  demselbeii 

'jDichter  herrührenden  Inschriften !  auf  dem  Kasten  des  Cypse* 
lu«  (Vi  19.  2i)^ .   Dafs  aber  von  Eurtielus ,  aiifser  einigen  an« 

.dem  Epen  (s.  Heyne  Ind;  Scriptt.  ab  ^ppollod.  laiudatt.  p.  983* 
43d.  prior J)  auch  .ein  cycHscbes  Epos^  die  korinthischeri  My« 

.tben  enthaltend  4  vorhanden  war^  ist   schwer  zu  bestreiten^' 

.auch  wenn  Paus,  dieses  Werk  wirklich  nicht  gekannt  hat. 
Unstreitig  sind  diese  Corinthiaca,    und   die  von  Paus,  ange« 

^^iXhvte  Ko^iy^fä  d^yy^aß^yi  nicht    ein   und    dasselbe  Werk,    dpnni  ^ 

.^iryyfo^jy  bedeutet  immer  eine    pfosaische    Composition  s. 

.Creuzer  bist.  Kurist  p,  178.  Und  doch  findet  «ich,  was  Paus^ 
II4  I4  1.  und  hauptsächlich  II,  3,'  8i  aus  jener  angefophtene» 
c'JYYC'Ot'^^i  anführt,  in  der  von  Schol.  ad  Pind,  ol.  l3>  75.  uns  er- 
haltenen Stelle' deS  cyclischei^  Epos  von  Eiimelus.  Um  dieä 
zu  erklären  bleibt  niphts  als  die  Annahme  übri^,  dafs  ein 
späterer  Logögraph  da*  Werk  des  Eumelus  in  Prosa  auflöst^* 
aUo  eine  ffuy-^,^afsf)ij  verfertigte,  die  wenigstens  hinsichtlich  d^r 

^Füt-m   mit    Unrecht   den  Namen    dei  Eumelus   äfi    der  Stirnd 

.trug;  Diese  hatte  Paus,  vor  s ick  (wohl  auch  Clemehs  Strom» 
VI.  p,  629):  daher  sein  zweifelnder  Ausdruck  «/  iyj  *JSüjlii}Xou  ^ 
^vyy^a'^ii'      Urigfciahr  dieselbe  schon   von 7 Groddeik    in  der 

.Blblioth.  der  alten  Lit.  und  Kunst  II,  p,.94  sc[q.  aufgestellte 
Hypothese  fiftdet  auch  Hr.  S.  zu  dieser  Stelle  wahrscheinlich. 

^Das  Alter  diesem  EomeluS  —  wenn  man  nicht  zwei  Dichter 
dieses  Namäns  annehmen  will,  und  der  Unsri^e  derselbe  ist,' 

.welcher  die  Titariömachie  dichtete  (cf.  Schweigh.  Ind.  ad  Atlie- 
ii^um  f,  V.  Euoi.)  —.  setzt  Vo«5.  (aU^  Weltkunde  p.  XXVH.jf 


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500  *  Pamaofaf  e6/  Slcbel!«* 

th  die  40« t^  Olymp.  ^  aho  gegen  dei  Eii^e  derfR^^erüng  <i€% 
tCypseluf  benrb:  atleih  wahk-ncbeinli'clieir  ist  iminer  ^  daU  der 
JDicbter  der  Corintbiaca  tu  des  Arcliia«,  des  Gitlndera  vim- 
Syraku«,'  Zeiten  gtjebt,  nacb'Diönyr.  bei  Clemtrtir  Stt<Mtt. 
1.  b.  333.  C.  yvai  autb  Init  der  Angabe  in  Hieron.  Cbron.  Euael». 
%6  ziemli^b  übereinkommt.  Syrakus  aber  ward  gegriHidet  Ol* 
XI.  4.  nicbt  V,  Wie  Ör.  S;  irrig  angiebt.  S.  Goeiher  de  aitm 
et  orig.  Syrac,  p.  3,  Diese  Annahme,  däfa  Euni.  um  OL  XI. 
gelebt/Iafst  sieb  au»  der  oben  ^ngeföbvteri  Vermiithung  de« 
rausanilsis  Y,  l9,  2.  nicbt  bestreiten  :  -denn  der  Kasten  mit  aer* 
tieh  tnstbriiien  ist  wobi  Ulter  ala  G3rpse]a8.  Vergl.  Tbiersdh 
Aber  die  Epocben  II,  p.  49,  sq.  —  II,  1,  2*  verbessert'' Hr.  S. 
die  Vulgata  rew  rot»  ijYOU^^vou  rtCv  lirl  vr^aroirtiov  ^Pcu^/ojvj'  mtt 
Kecbt  durth  iv)  at^äHic^hov ^  nach  X,  |,  3.  —  If,  1,  3.  beginögt 
sich  der  Herausg.,  die  sWeifelbafte  Stelle  ivr<tj^a  T^ct^ijvai  etc. 
tu  geben,  wie  sie  Ciavier  aus  Caldettnus  Uebersetsung  und 
aus  verdorbenen  Sj^uren  des  Cod,  Vatic.  und  Mosqu,  stiaaol* 
inengesetst  bat,  näihlich  iV«  f^a^ijVa/  (paei  4?aTav  (Clar.  ♦ü*)- 
KOT«  ri  ixijt  iif  KÄi  eti^dat^  s;  avnjV  icrtv  t^yoVf  WO  wir  nicfailf  bbse« 
lieiif  wdche.  Deutung' letzteren  Worten  mit  grammatisch« 
ricbtigeir  Bestimmtheit  gegeben.werden  könnte^  — *.'*II,  i,  6. 
kind  wir  mit  ^  dem  Herüusgeber  nicht  einverstatiden ,  •  der, 
\iro  f/jtoi  aoRit  absolut  und  ohne  Einflufs  atif  die  Coii^ 
atrubtion  des  Satzes  steht «  in  ifjLo)  6ck«7v  ändern  wilb  Vergl. 
ku  tl»  l4.  2^  Zwat  Ut  letztere  die  gewdhtilichere  Form; 
iUein  ersterii  Streitet  durchaus  nicht  gegen  die  Analogie »  aön- 
dem  findet  gatiz  wi^  icKä  tfaeils  atii  Anrang  (Schaef»  ad  Soph« 
Ded.  Cot.  V.  99[d*}f  theils  in  der  Mitte  des,  dadurch  nicht  ä£. 
%cirten  Satzes,' ihre  Stelle,  cf.  Lucian.  somn«  $.  16?  wo  Leb* 
mann  gewifs  mit  Unrecht  a^ktty^  g^g^^  die  AutoritSt  di^ 
nandschriften,  geschlrieben  hat.  -i-  ll,  2,  2.  giebt  Hr.  S.  mit 
ClaW  den  Worten  der  Vuk^  ouk  «v  hu9  $1  i^!^.  n;  tTiA^Äp»*; 
«fee»*  ti  *Evi^>}Aout  die  regelmäfsiger^  Stellung  owh  Äw  tupo?., 
'<)u6*'t/  i^r^^ti  ixtk»  '^a  ^Evfk.  y  und  hat  damit,  wie  uns  scheint,  ein« 
£igentbilmUcbkeit{des  Fausanias  verwischt,'  bei  welchem  der^ 
gleichen  yei'stellungen  nichts  Seltenes  sind«  -r-  H»^»  3.  iMßt 
Kecht  ist  der  CünjeCtur  in  der  N.  allg^  d:  Bibl.  XXll^  1,  1.^  M 
T^  xwiimTi  statt  des  vidrdorbetien  M  r$  ikiyfxdtt  Beifall  ceeebeH, 
ohne  sie  jedoCh  in  den  Text  anzunehmen.  Ihre,  W anrbeit 
lüt  mit  |ewitfalten  Beispielen  dargetbani  Eb^ri  ao  triftig  wird 
gleich  dai  '    "  -»*     .  .... 


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Pn^^o^**  .^*  SiebelU«  -  501 


'  / 


Hr.  S^  diur^li.gr angliche  N^tbwcUuncen  ül)er ^s  Fi^u»aniat,  *" 
hüufig  vorkoimiietide  Eigenthümlicbkcsxt,  fät  m^t  4<?in  Art^ke]( 
inr<ig^u1asAen  ,  wenn  J  ^«  folgt  ,1  ^u  |II,  ll,  8.  -^  I9  d^r  b^mer« 
k^nswerthen  Stelle  11,3^  4,1  viro  Fauf.  die  in  de^i  B^yst^riei^ 
der  Cybele  (iv  rcXttj}  Mi^r^o^  empfangene  peüt^ne  öbef  di^  Ver-  • 
hindung  de«  Hermes  mit  dem  Widder  geheim  llält^un«]  nui^ 
die  Voiksdeutung  nach  Homer  (Iliad^  £  v.  490,  welche  Nacb^ 
Weiaang  bei  Hrn.  S.  fehlt)  angiebt,  wird,  atatt  M>)r^o$«  A>j% 
ff^T^^  zu  lesen,  vorgescbjagen^  mit  Hin  Weisung  auf  Lobeckde 
^Xyster.  Graec.  argum.  P.  H.  7-^  .  Wir  wollen  den  Faus^niai^ 
in  einer  Stelle  nicht  corrigiren,  wq  ef  v9q  eiqer  Sache  spricht^ 
ober  welche  er  uns  abvcntllch  i\ähere  Auskunft  v  er  sagt* 
Sollte  aber  wirl^lich  hier  von  den  Mysterien  der  Ceres  ^die 
Rede  sey^i,  so  heifst  diese  j^  auch  My^r^g  (»'  HeJiych.  I,  p.598i 
j(^lb.)  ui^d.  dies  vielleicht  gerade  in  der  mystischen  Sprache* 
Man  vergleiche  auch  v^as  ein  anderer  Hecensent  in  dieftei^ 
Jahrbüchern  neuerlich  Qber  die  $telle  des  Hero4ot.  IV,  5^.  be^ 
merkt  bat.  —  II>  3>  3,  üeber  die  Qm^lle  Pirei;ke  y^cni^s^ 
man  die  Hinweisung  auf  folgei^de  Hauptstellen:  Schal.  £uri{^^ 
Med,  v.  69,  Athen.  JL  6.  fiaut.  AuluL  lU,  6,  23.  Stat.Sylv^ 
1,  4f  27  —  Die  Stelle  H»  3  ,  5.  4<«;  3^'  fxdkivta,  -^  IlifyaVou  hat 
der  Herausg.^auf  die  e^fachste  Weis^«  duifch  Einschaltung 
des  vj  nach  og/a  und  durch  die  Verbess^ung  de^  0  in  «/  nach 
'  üwg  (letzteres  nach  Qoldhagiena  Vprsdilag)  Teilbar  gepaacht*  — 
Zu  II4  3,  8i«  sind  dje  ^lythischen  Anf^ngQ  der  ^oriptbischeu . 
Geschichte  in  kkrer  fi^ftr^e  dargeste^t.  Pa^F^usaniM  4»4^  . 
die  Form  BaVx'«  M»  (Schol.  Apolion.  IV^  1212.  Cod^  Faris^ 

Sax^/o;«  und  Bd^yw;  der  SchoX ,  edituSj  Bach  Euseb,  intp^^ 
[ieio<i.  fü),  35.  BaK^aTo?  Her^cU  Fojit.  fragra.  Vf  f,  8.  ed, 
KoehW)t  SQ  hUtte  Hr.  S,  mit  Vind.  Mosqu.,  der  Aldina  unjl. 
Diodor  von  Sic.  ffdgw.  Vi,  X«  l^  ?•  635/  e^*  Wesse^,  Bcikx^^!; 
achreiben  soUeci.  Lieber  das  Qescöichtlicbe  von  §.  4«,3ind  des 
Herausg.  Nachw^sungen  etwa.ii  ungeniigend  ^us.geifallen.  -r»,  ^ 
i^u  Il|  20^ 4. «?  —  «w» ä^t^i^Qv  etc.  hätten  können  beigeb];acbt  wer-^ 
depTipdar  Ol.  VI,  %}^  ma  S^wiija  Vv^v  TjA«;5<vTA»vf  av^^welcW 
Stelle  Stanley  t,\x  Aescbyl us  Sieben,Vo\,  I,  p.  206«  ed.  ScbA^s  diesjt. 
Behauptung  des  Fausania^  be^tfeitet.  —  In  der  viejbehandel^ 
^en  Steile  Ober  dje  Xripoden  ?5u  Amy^l?  ^^  lö,  6.  (verßl,  IV,^ 
l4t  2.)  folgt  IJr.  S.  mit  ailem.  Hecht  der  «ue^st.vou  Jacobe 
VEmer\d^t.  ad  vEui:ip.  "y,  I,  p^  ijl, J  vorgeschlagen^;!  und  ^upU 
von  Ciavier  angenommenen  VerhesAcrung  JaKai-jjy  statt  S^flj^  ^"i4, 
y^rweis^t  sehr  jpassepd  auf  t,  201  2.  1Ä  ^*nfium  es.i,  setzt  ^f 
hinsu^  qiiQd^  ^nter4uii\  yel  pptim^^  si  quid  jnou.  natis  int|ell\«. 
flU^t,  ej[^s  fe^  c^t^SAo;!  npii  in  se|  Sfd  «sttra  äe  ^uaeraat^  bi.n^ 


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^tn  *         Pautanias  ed.  Siebelü« 

t^rinjuriae  veterlbus^tiam  scriptaribu«  factae  a  recimtioirihuv 
Hunc  ipfum  Faasani^e  locum  ^  vide  quomodo  Heynius  repre« 
bend^rit  in  Antiq.  Aufaaets«  ^ben  «o  ist  die  Vertbeidigung 
de?r  Stelle  •A(^o5i'tjj5  ayäXfxa  —  «vrouJ&a  (III,  ^4,  2.)  zu  billigen, 
welcbe  von  C.  O.  Müller  und  Hirt  für  ein  Einscbiebsel  aus 
obiger,  mifsverstandeneti 9  Stelle  erklärt  wird.  Einen Excurs 
über  die  Richtung ,  welche  Fausanias  bei  Beschreibung  der 
einzelnen  Stadtheile  von  Athen  verfolgte  (V.  !•  p.  159.  sq.) 
begleitet  Hr.  S.  mit  einem  lithqgraphirten  Piain  dieser  St^dt, 
welcher  in  der  Hauptsache  eine  etwas  yergiröfserte  Copie  d^r 
jtfüUerschen  Zeichnung  in  Ersch- Grubers  Encyclop.  T.  VI.  ist, 

*  Ueb^r  einzelne  Abweichungen  I  z.  B.  in  der  Setzung  des  Meli« 
tischen  Thors,  des  Odeums  des  Ferikles,  der  Gegend  Coele, 
begeben  wir  uns  unseres  yrtbeils. 

"  Vyir  trennen  uns  von  dem-  Herausgeber  mit  derjenigen 
Höchiachtung ,  welche  das  Verdienst  seiner  Arbeit  uns  gegen 
ihn  einf|dfsen  mufste.  ^s  ist  uns,  so  weit  wi  *  uns'  in  den 
vorliegenden'  zwei  Bänden  umgesehen  haben,  keine  dunkle 
Stelle  dieses  in  so  mancher  Hinsicht  schwierigen  Schriftstellers 
aufgestqfsen  y  die  H«  S.  nicht  entweder  aufzuhellen  oder  zu 
yerpessern  gesucht  hätte  |  und^  unter  diesen  Stellen  fanden  wir 

*  nur  Wenige  9  deren  Behandlung  ur^^s  minder  geltingen  schien« 
Humaner  Ton  gegen  Vorgänger,  genaue  I^enntnifs  des  Au- 
tors üind  seiner  Be,sonderheiten),zweckmäfsige  und  umsichtige 
Benutzung  der  alten,  wie  der  neuest e^i  Literatur  (worunter 
namentlich  ^ie  neuesten  Jleisebeschreiher)  uftd  gedrungene.  Ha- 
bei  kla^e  K^\rze  sind  Vorzüge,  die  jeden  Commentar  in  ebei^ 
d^m Grade,  w^e  diesen,  zieren  sollten,      ^  .     ' 

Die  bis  jetzt  erschienenen  zwei  Bände  enths^Ite^'  die  fünf 
^tsten  Bücher:  wahrscheinlicbwird  mit  dem  vierten  das  Ganze; 
IJeendrgt  seyn.  Im  Vorwort  zum  zweiten  Band  verspricht 
Hr.  S.  am  Schlüsse  noch  Nachträge  zu  den  Atticis  und  C»o;rin« 
tjbiacis  aus  Leake  Topographie  or  Athens  und  Qells  Itinerary 
oftl^e  Morea'  zu  geben.  Noch  ifiy  ^"*  der  Wunsch  erlaubt, 
daCi  es  dem  Hera üsg,  gefallen  tnÖcht<*,  durch  recht  vollständige 
Bei  PauiJaiiias  bffsoiiders,  nöthige ,  Tndices  den  Werth  dieser, 
yt>ti  allen  Verehrern  des  hellenischen  AJtenhums  gewifs  mit 
WafnSem  Danke  aufgenommenen, Bearbeitung  :^u  erhöhen. 

V*  VVas  das  Aeufsere  dieser  Ausgabe  betrifft,  so  hätten  wir 
das  Papier  Weiisergewtlnscht;  der  Dmpk  ist  deutlich  und 
geßllig ,*  un^  imlöanz ,n  torrekt.  Die  DmckfehlfeT -  Ver^^iich» 
nUsetaiiden  wir  sor^*'itig  (^ergli  Vorr,  zu  Vol.  fl,  p»  1V;>.5 
nachzutragen  sind:  1^  p,  204V  I.  3i  von  er,  ilei'cöiasult?^  P*'^^^. 


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•ehr  lölilick  »t^  .dia.5jsit^n«alika  doc  Kuhnscti«ii  Auigabe  ma, 


GrUcTdiehesi  EiefMrstarlmoh  für  diB  ^sten^  Jnfiingsr^  enthaltend  uks^l 
ser  eirtem  dreifach  gettfdttßfen  griecMf€li''äems^eitPhcdbulitrinm,'' 
auch   die   nÖtM^n   hesestücke    ^nd    Schemata   zwr   Deciiimtion^' 
Comparatiott  und  regelmäfsigen  Cqnjugatioru     Herausgegeben  im  ^ 
Vtrhindang  mit  den  Oy^nasiaUeJix9rn  J}r^  J.  Ch»   Elster  -and- 
Dr.    C.    Ly  f^.    Franokf   oon  Dr.    O.    F;    C.    GUn^ther^    ' 
Director    des   Gymnasiums    %u  Helmstedt»      Helmstedi-^   Verlag 
der    C.    G.    Fleckeisenschen    Buchhandlung.     %BZS.      iSifl  Bo^ 
gen.  8.  *  .  ^0  kr. 

Griechischer  Speccias  oder  kleine  üeherset^ungen.  ßus-  dem  T^nficAtfit  , 
ins  Griechische  {soll  heifien:  l^eine  Aujgßhen,  %npi  üehersetzen)^ 
zur  Erleichterung  des  L^^hr)fns  und  t^ej^ifens  der  gri^chischeffi 
Spr^aphe  aufgesetzt  von  ^oh,  Q  Ott  fr,  HaaSr,  Könrector  an 
der  Schule  zu  Schneebßrg^  Vierte  verbesiserßej  ^i^g^'  Leip^ 
zig.y  hei  C^  Cnohloch.     iBZZ.     iQ6  S^       ^  ^P  kr.  ^ 

Wir  Tprbinden  d}e  4-oaeige  «y^eier  durch  die  Zeit  ihrer 
Erscljkeinung,  so  wie  durch  ihren  fiühern  Zweck  verschiede^ 
neM  Bllcher,  weil  hejde  den  E]eqientarui>terric^t;  im  Gfiechi« 
tcbeji  zu  erleichtern  be^timoic  sin4. 

Die  Herausgeber  dei  ersten  Buches  glauben  durch  das^lba 
ei^en3  dnnger^deii  ^«^ürfnisse  ahzuheUen ,  nämlich  dafs,  ua^ 
den  ersten  Unterricht  nq  Griechischen  noch  ipehr  auf  den  na^ 
tMifgemMfsen  Gang  »uröck^uführen  und  au  yereinfaC^ienA  dem 
5ph(Ue|^  neben  dem  sichern,  richtigen  iin^  gewandten  Lesei^ 
des  fremcjen  Idiqms  VQr  Allem  ein^-g^bärig  grofse  Aniahl  ypr-. 
aiüglich  wicl^tiger  Vqcabeln  auf  eine  methodisch  wichtige 
Weise  yerscha^t  werden  ml\sse.  Zu  diesem  Zwecke  gehen 
kie  nun  von  S.  1  bjs  49.  gr iephli^che  I^esestücke.  (D\e^ 
$er  Abschnitt  gönnte  erspart  werdep ;  denn  amn  Ltes^enlernen 
taugt  eben  so  gut  Ja*cobs  Element^irbuch  jj  sol)en  e^  aber  ^uch 
Ueb'ungen  25un\  (Jebersetzeri  seyn,  s^o  erset^^en  sie  den  ersten 
Cursus  des  genannten  Ruches  nicht%  S.  49 — 1^3,  QriechJ- 
ache  yensa.  So  nennen  die  Vf.  IQJ  Abtt^eiluncen  von  grie- 
chischen Wartern  mit  beigesetater  4<J^tscher  Bedeutung,  wo 
bei  jede^r  Al^t^eilung  Y^rvf  ^«dmchaf^  4p?  (Jegenstän^p  berück* 


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S^        Oflnüifr  u.  HaM  CknitDtafMItbif  d.  scipbli.  Spradit.. 

flditigtfol.     S.  104  — 164.  Alpk«b«t»ich«j  VerÄ»ioli^. 
|iifs  nupb  d^n  Wdrte? klas^en^  s«  B.  8ub«taitti^  pacll 
^et^erften,   dann  pflch  der  sweiten,   dapn  nack  der  dritten 

/  'Deelina^iQn»  Adjectiva»  Verba  (nach  ihren  Arten)  u.  a;  w. 
^•155 — 178.  Verseichnifs  einiger  vorzagliisben  • 
Verba  mit  ihren  Gompositit  und  Derivatis,  um  den 
Schüler  die  ini^re  Familifsny^erwan^tacbaft  einea;  Tbeila  der 
.eriechiachen  W^rtermatce  kennen  su  lehren.  Die^a  drei 
Wörteryerieichhisse  halten  wir  für  aehr  sweckina£iig|i  xin4 
lieaondera  daa  erate  und  dritte,  doch  auch  daa^weite^y  sum 
Auawendiglernen  ftlr  Schlier  sehr  geeignet.  Was  aber  jet^t 
IHK^fc^g);;  S«  179-^207.  nämlich  die  Paradigmen«  hatten 
wir  abermals  für  überfl^iig»  da  sie  ja  in  jeder  Grammatil; 
anch^teben^l  und  d^e  in  dieaem  fiülfahucbe  enthaltenen^  ^ich 
nicht  vor  denen  in  guten  Grammatiken  ausaeichnen«  Wir 
nehmen  van  dieser  Erklärung  aus  die  Aufstellung  der  persdii^ 
lieben  tind  i[|p0ei^iven  Pronominumt  deren  VFissenschaftlicho 
und  praktische  Richtigkeit  vtix  gebührend  anerkennen,  und 
^ie  bisher  in  deii  Grammatiken  nicht  «0  aufgestellt  sind,  - . 

2.  Hat  ein  neu  erscheinendes  Buch  oft  Mühe^  seine  Ex^« 
atenx  SU  rechtfertigen 9  so  trägt  eine  vierte  Auflage  einea 
"  buchet  das  Privilegium  seiner  Existei^s  auf  der  Stirne  t  und 
^  ftopft  dem  vorwitzigen  Frager,  wosu  es  denn  di|  sey^  mit 
4er  Antwort  den  Mund:    mein   viermaliges  Erscheinen    ia^ 
Hechts  zum  Daseyn  mn^r  als  genug«     So  wdllen  wir  denn  auch 
4^m  «um  vierten'male  erscheihcnden   g-riechischenSpec«? 
ciua  das  Recht  su  existiren  nicht  verkümmern ,  auch  seine- 
Brauchbarkeit,  be^onciers  für  die  Zeit,    da  er  suerst  erschien 
(i(801)9  nicht  bestreiten^  ohne  deswegen  zu  verhehlen ^  dafe  i 
^ns  die  später  erschienenen  Werke  didser  Art,  die  allgemein  . 
bekannt  und  eingeführt  aind,  theils  sweckmäfsiger  eingerictn 
'tet,   tfaetU  vollständiger  erscheineni   dafs  uns  die  29  Seiten 

f    Grrammatikali^n ,  4i^  das  il(lchlein  enthält,   entbehrlich  vor«  ^ 

kommen,  da  es  i^eine  Grammatik  geben  darf,  w.o  diese Sachel^ 
.  f^ehlen,  endlich  dafs  uns  Anekdoten,  wie  die  S.  63.  von  den^ 

.    Neapoliti^ntschen  Kaufmann  und  den  Jesuiten  ,  S.  61«  von  den^ 
^dvokaten  ohl^eNase,  S^59.  von  dem  Fastor  und  dem  Btuck«' 
]|ichen,  ein  für  die  Jugend  ^eh^  u()geeigneter  l|ebfrs,et%uipgi^ 
|toff  sch^ine^.  '  '  -^  '^^ 


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Libl;  Xkmcdta  Vm9$,  ho^.  »9 

•£2«iiitfii£a  PJdloi0iphUi0^  B6tmdea0.    .  jimetort    Hf-nn    Frid,    Link 9 

.^Phihi,  it  Mfd0  DqU*    Mujm   Pixtßss^  P,  O»    llt»*t   m  Cötu^ 

Mäd,  intimis^    Hprti  R'gü  iüianici  Dir^etore  €tc.      Oum  iahm-^ 

li$    mtttgis   ly,    .  BßroUtdt     Sumptibtu   Haud§    9t  S potior   iff24. 

•^    afl.lü  kr* 

Linna't  tmsterblicbea  VVerk^  dfe  Pbilosophia  bcrtanica, 
die  er  im  Jabce  17.^1  beratjsgab,  \trar  iron  dieser  Zeit  an  tin« 
auflgesetEt  eine  d«^r  vorzOglicbftten  (Quellen  ^  aua  wekber  die 
BotaniJLer  die  GrundzOge  ibrer  Wissensicbaft  ftcbdpften,  und 
die  ohne  Zweifel  in  der  spStesteh  Zukunft  noch  geachStzt  und 
atudirt  werden  wird.  Wir  besitzen  darum  aucL  davon  ei no- 
Menge  Ausgaben  und  UebersetzQngen ,  unter  welcben  letzte^* 
ren  wir  mir  an  die  französische  von  Quesne'  und  die  spanisch e^ 
vonQrtega  erinnern  wollen,  in  Deutscbland  wurde  mit  Recht 
dasselbe  vielfältig  benutzt',  wie  die  Erlit^onen^  von  Gleditseb, 
Willdenow,  Sprengel  u.  s.  w.  beweisen.  Auch  Hr.  Professor 
Lin^  schrieb  vor  geraumer  Zeit  f  Göttingen  1789}  einen  ^ro« 
dromus  philosophiae  botanicae,  der  wie  flies,  was  wir  von 
ihot  besitzen,  mit  allgemeinem  Beifall  aufgenommen  worden- 
,  ist«  Freimütbig  bekennt  der  Herr  Verf.,  dafs  er  damals  nocb 
keine  Kenntniiie  von  dei*  Anatomie  und  Physiologie  der^Bflart- 
sen  besessen,  diese  Zweige  der  Gewächskj^nde  dann  aber^ 
wie  dies  mehrere  seitdem  von  ibm'  herausgegebene  Schriften 
(Gruirfdlebren  der  Anatomie  und  ^Physiologie  det  PÜanzen. 
Gdtt.  S807.  Nachträge  dazu  )d09  und  l8l2)  sureichend  be- 
weisen, mit  besonderer  Vorliebe  b<arieben;  habe.  Diesem 
Umstände  verdanrken  wir  das  £raobeinen  der  ^r^eg^ndei^ 
Schrift I  der  8 war  offenbar  auch  Liinne's  oben  gerübmti^ 
Werk  aur  Basis  diente,  die  man  aber  doch  als  eine  völHg  neue 
und  originelle  Bearbeitung  der  >  Pbilosopbia  botanica  betracb^ 
ten  kann,  in  welcher  das  Wichtigste  und  Interessanteste,  was. 
in  den  neuesten  Zeiten  in  vieWn  Thalien  der  40  ausgebreiteten 
Gewächskunde  geleistet  wurde  ^  wie  in  einem  Brennpunkte 
concehtrirt  zusammengestellt,  und  auf  eine  neue  höchst  scharf« 
sinnige  Weise  geordnet  ist.  Vide  Satze  des  Hrn.  Verf.  wer- 
den ohne  iZweifeJ  itberall  als  gältig  anerkannt  werden,  aber 
manche  mdchten  auch  hartnäckige  Gegner  £nden.  Im  Ganzen 
aber  glauben  wir,  dafs  diese  Eiömentä  pliilosopbiaß  botanicae 
ihren  wohltbStigen  £inijurs  auf  die  küiffcige  Bearbeitung  der 
Oewächskunde  nicht  veirft^hlen  werden.  Wir  theilen  biet  nur 
fin'e  aligemeine  Uehersicht  dai  Inhaltes  mit.  Die  Eirnleitung 
enthält  di»  Elemente  der  alYcymeiuen  ^t^siologi^^    d|ie  ,    vfi« 


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TP 


d«r  Hr»  V^r,(  ia£sert|  «diejAiigen,  w«ldie  »ich  leälgllcli  _^^ 
der  Botanik  abgeben,  über«cmageo  Jtönnei^^  was  wir  M>«r 
keines w^g«  befolgen  wollen.  Daraiuf  fofgt  eine  lieue  Motpbo* 
|ogia  boUnica^  von  dor.wir  jedem  Freunde  der  Gewlcbs* 
künde  ratben  wollen,  sie  vi^iederbolt  zu  lesen  und  zu  studiren^ 
dann  die  l'flanzen- Anatomie,  Fhysiologiei  Geographie  u.a.  w« 
wie  dies  aus  der  nachstehenden  Angabe  der  Ueberscbriften 
der  einzelnen  Kapitel  näher  erhellen  wird« 

h  yii*nta,  IL  Forma.  III.  Structura.  IV.  Radix.  V. 
Cauli«.  VI.  Folia.  VII.  Gemma.  VIII.  Integumenta.  IX» 
F\o$f  t)  Il%Q,Of «f «centia ,  2)  Heceptacuhim/  3)  Perigoniumy 
4)  Stjkmi^n^.  5)  rUi^lltun.  X.  Fructus.  XI,  Qualitas:  XII. 
Vegel4tio*  XUK  Systema.  XIV.  GeologicÄ.  XV.  Phyto«: 
tcopiok     XVI«  Metbodologia* 

1>^  Kupferiaiielii  sind  xur  BtlSuterun  der  FfiAnsen*  Ana« 
tpmie  bee^iMunt., 


Nom^melat^  BotamUtUi^  eHmthePons  ordhf  alphaheiieo  Nomina  tUqu^ 
Sy^fOi^yinm  inm  ^geMritxt'  tmn  tpecifica  et  a  i>inuaeö  9t  receum 
thribus  dß  wäi  kepharia.  s^iptoribus  Pimntii  Phanerogamis 
impoiita.  Juot.  JSnt.  ßtekddl^  Medi  Dr.  Stuttgardiae  et 
Tuhingme  iutißptikus  ^  O.  Cotta.     MDCCCXXl.     9  A.  36  kr. 

Nomeaclaitor  Botf^nfcus^   emiinfirans  ordine^  alphabetico  Nomina  at4fno 

Synonyma   tum  genarica    tum    sp^^ißca    ^t.  a .  Linn^ieo  fif  r§cen» 

,       tiorihüs  de  i^e  Botanica  scripforiffus    Plantis    Crypt^gamii 

imposita,       jf^    Erup,    Steudely    Med^    ßr»      Stuitg.  e(    TsA. 

.    iumt:  J.  G,  Qatta.    MDCCQiQar.         Beide  ^Jnd^  14  fl/ 

^  Wir  reebnen  die  beideii  vorliegenden  Schriften  |,  die  zu» 
sammen  ein  yollstlpdig^s  Ganzes  ausmacbe^i ,  mit  zu  den  nfite« 
liebsten  und  schfitzbarster^  Werken ,  wqniit  .|n,dei^  jüngsten 
Zeiten  die  Cfewltcl^skunde  bereichert  worden  J^t.  We^  ^ur 
Imm^rhii^  sich  mit  derselben  besf^bäftigt  .hat|  dem  wird  die 
^  grobe  Zahl  von  Sy-nonymefi  der  Arten  und  die  grolle  Scbv^ie« 
rigk^it^  dieselben  richtig  zu  deuten ,  bald  «\if'ge&l]en  s^yn^ 
der  wird  auch  manche  Stunde  ■  Zeit  zu  bedauert  baben^  die 
auf  ihre  Berichtigung  verv^end et  werden  mulste«  Ein  Wf  rk» 
das  in  solchen  Fällen  ohne  Zeity^l US t  i^ufschlufs  giebt^  ^ird 
^  kein  Botanil^er  gern  entbehjpen  \  SelbA^  schon-  die  mdgUchst 
▼öllf (findige  Auuählung  def  bekannten  Arten  Ut  piebt  olme 


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Vilxtzexil  Nach  äer  vorliegenden  Berechnung  tlnd  39^84. Ar« 
ten  Fhan^rogamen  9  die  in  3376  Gattungen  v«rtheilt  $tn4i  be-i 
schrieben.  So  grofs  auch  diese  Zahl  ist  ^  so  beweist  sie  doch» 
dafs  detn  fleifsigen  Htn.  Verf.  manche  Hüll^smittel  abgingen, 
indem  an  einigen  kürzlich  erschienenen  Werten  eine,Men|^e 
\f}ti  Gewächsen  beschrieben  ist,  v6n  denen  Hr.  Dr.  S,, noch, 
keine  Kunde  hatte.  —  Dafs^ manche  alte  Gattungen,  die  recht 
gtit  als  solche  hätten  bestehen  können^  in  mehrere  xerstückelt 
und  die  dahin  gerechneten  Artet)  dadurch,  der  alphabetischen 
Ordnung  wegen,  oft  weit  von  einander  gerissen  werden 
mufsten,  ist  eine  Unannehmlichkeit,  die  man  gern  hätte  ver- 
mieden gesehen.  Wenn  man  ferner  aufmerksam  und  genau 
die  Synonymen  durchgeht,  so  finden  sich  allerdings  unancba 
Unrichtigkeiten  und  Iirungen ;  ajlein  bei  einem  Werke,  voa 
so  grofsem  Umfange,  zu  welchem  so  verschiedenartige  Hölfs- 
itiittel  benutzt  werden  müssen,  gehört  es  wohl  geradezu  zu 
den  Unmöglichkeiten,  allen  Irrthuin  zu  vermeiden,  und, wir 
halten  ä$  darum  auch  gc^r  nicht  für  i^weckmäfsig  oder  schick« 
lieh ,  alles  das  hier  aufzuzeichnen  ,  was  wir  in  diesvr  Hinsicht 
bemerkt  haben. 

\ya^  besonders  den  zweiten  oder  krypto  •»umsehen  Theil 
angeht^  %o  zeigte  sich  bei  der  Bearbeitung  desselben  die  be^ 
sondern  Schwierigkeit,  dafs  kein  einziges  Werk  von  ^^nem 
neueren  Botaniker  ei^istirt,  welches  eine  systematische  Ue« 
bersicbt  aller  dahin  gehörigen  Gewächse  lieferte;  es  $ab  ^icli 
deshalb  der  Hr.  Verh  genötl^igt,  selbst  eine  solcf^e  zu  verfer« 
tigeiT,  undisieaus  deii  Werken,  die  über  die  ein2ielnen  kry- 
ptogamischen  Familien  vorbanden  sind^  zusammenzu^f^tzen« 
Zu  dem  Ende  tfaeilt.derselbe  über  die  Schwämme  den  Con- 
spectus  der  Systeme  der  Herren  Nees  von  Eiepbeck, 
Fries  und  ^ersoon  mit,  in  so  weit  nämlich  die  der  zwei 
letzteren  bearbeitet  und  herausgekommen  sind;  ein  höchst  un- 
angenehmer Umstand,  indem  für  das  vorliegende  Buch  binnen 
kurzer  Zeit  grofse  Supplemente  werden  nachzutragen  seyn ; 
wobei  wir  den  Wunsch"  nicht  unterdrücken  k^i^nen,  *dafs  zum 
Besten  der  zahlreichen  Besitzer  des  Nomenc^ter^  die  Nach« 
träge  für  beide  Bände  möchten  be^tonders  herausgegeben,  und 
sie  nicht  genötbig^  werden,  sich  eiiW  zweite.  Auflage  anzu« 
schaiBFen;  Von  Fer^oons  Mycologia  ist  nur  noch  wenig  er- 
schienen, allein  dieser  berühmte  Botaniker  hat  eine  ^ehersicht 
seines  Systems  in  dem  Traite  sur  les  Champignon^  comestibles 
gegeben,  diie  Herr  Dr.  Si,  wie  es  ftfshetnt,  nich^  benuzeu 
^äite.     Sei  den^  AI  geil    ist  lediglich' Agbar  d*  4  ebenfalls 


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ImiAtr  aocli  nicht  hteniittM  Sy«te«  b^miict;.  för  dl«  Fl«e>* 

•  t«i»«ind  die  Systeme  von^Acbariu«,  Fries  und  Aghar'd. 

(  niitgetbeilt.  Dip  Homallophyten  bilden  die  vierte ,  dl« - 
XieJDermoose  die  fünfte,  die  Laubmoose  die  secksto 
Familie,  ¥on  welcher  Utateren  Bridejs  neuestes  System, 
mitgetheijt  ist.  Die  Farrenkräut^r  'machen  die  siel>ento^ 
^nd  die  F^erO'iden  die  achte  oder  letste  Familie  au»;  sie. 
serßllt  wreder  in  die  Stämme  der  Schismatopteriden»  I^co* 
padeen^  llhisospermen  und  Gonopteriden. 

Nach  der  Züblung  des  Hrn.  St.  sind  jetst  10965  Arten 
Yon  Kryptogamen ,  die  in  557  Gattungen  vertheilt  sind,  be«- 
Icannt;  rechnet  man  daau  die  oben  angegebenen  Fhaneroga«. 
men,  so  kommt  eine  Summe  von  40649  heraus.  Man  kdiia 
alter  ohne  alle  Uebertreibung  annehmen,  dafs  wirklich  gegen 
50f000  Fflanzenarten  bis  jetzt  aufgefunden  worden   sind»   — 

.  Was  wir  oben  von   dem   ersten  Bande   sagten,   gilt  im 

Ganzen  auch -von  diesem;  er  hat  aher  doch  einen  Voraug,  der 
uns  wichtig  genug  scheint«  um  ihn  hier  anauißhren :  es  sin4 
nämlich  die  Nummern  der  Kryptogamen  in  der  berühmten  Hai« 
lerischen  Historia   stirpium  Helvetiae'  an   ihrem  Orte  aufge«. 

'  führt,  und  die^^neuen  Gattungs»  und  Trivial« Namen  b^i^e« 
setzt,  eine  Einrichtung ,  die  wir  sehr  gern  auch  ip  de^n  phi^ 
nerogamiscben  Theile  befokt  gesehen  hätten, 


HtiMherg^r  klinische  AnnaUitf    el/ia  Zeitschrift^  ,h^rat(^g£g^erf  vom 

'  den  Vorstehern  der  medicinuchett\   chirurgischtft  und  g^ürtshiüf» 

'  liehen    akademischen  Anstalten    s»  Heidelberg  y    den  Professoren 

t.  A.  B.  Puahelt^   Mx.  Jos.   Chelius^  Fr.  JC,  Nägelf^ 

Enstetf^  Band,      Erstes  Heft»      Heidelberg    in   der  akad,  Buchh^ 

von  J.   B*  Mohr.     1Q25.     163  S.  gr.  B^ 

'  '    '     '  ■     ■    •      ■         '  **  ■• 

Did  Herausgeber  haben  sich  vereinigt |  vieftdl^brig  ein 
Heft  dieser  AonaJen  erscheirien  zu  lassen,  40  dafs  4 Hefte  einen 
Band  aufmachen,  und  werden  nicht  nur  seihst  durch  Original* 
abhändlungen  aus  dem  Gehiete  der  Heilkunde  nach  ihrem  gan« 
sen  Umfangei  durch  jährlich  zu  erstattende  Uebersichten  dfiv 
untejp  ihrer  Direction  sich  beHadenden  Anstalten,  durch  kfit^ 
sehe  Würdigung  der  vorziigKchsten  Entdeckungen  und  Ereign 
^isse  der  neueren  Zeit  (wovon  jedoch  eigentKdie  BücUerreceii« 
sionen  ausgeschlossen  werden),  die  Wissenschaft  und  Kunst 
^u  fördern  suche^i   sondern^  auch  vet^hrtec  nad  geacbtet^c- 


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Rcidtlb«rg«r  klio!Mh«*Aiiiial«ii. .  S09 

Kiinttver^andten  (deren  innrere  ihre  Tfaeil  nähme  bereite  stt^ 
getagt  haben)  ähnliche  Arbeiten  gern  aufnehmen*  In  dem  so 
eben  erschienenen  eretrOrHefte  des  «rsten  Band«(8  befinden  sich 
'5  Abhandlungen^  nfimltch  :Ni)Klinifct)ernstitute  an  der 
UniTersitatv  8  a  UeideJberg.  A.  da^  medi.ciniache 
Klinikum  im  J«  i824r  ^on  ruchelt»  der  aber  ireilicb- 
einen  detaillirten  Bericht  nur  voh  den  5  letsten  Monaten  er« 
ifetattl^n  konnte ,  weil  er  im  August  erst  id  diesen  Wirkungs« 
kreis  eintrat«  Nach  einer  Einleitung  ^  welche  vom  klinisqheii 
Unterricht  überhaupt  handelt  und  einer. tabellarischen  Ueber* 
eicht  aller  in  diesem  Jahre  in  die  Anstalt  eufgenomme^en  Kran« 
ken ,  wird  auf  die  epidemis<;he  Constitution  dieses  Jahres  auf« 
fnerkeam  gemacht,  ierner  werden  einige  Beobachtungen  üb»»r 
^ie  durch  das  Stethoskop  wahrnehmbaren  Zeichen  )>ei  Brust« 
krankheiten  mitgetheilt  und  endlich  13  einzelne' Krankenge« 
schichten  erzählt  II«  U eher  die  Ünentbehrliclikeit 
der  FeTforatlon  und  die  Schändlichkeit  der  .ihr  sub« 
•  ti.tuirten  Zangenoperation  v.  W.  Jos..  $chmi  d  t« 
'III.  lieber  diö  Anwendung  des  Trepans  bei  Kop£. 
Verletzungen  von  .v.i  Klein.  GegenrTp^l  wird  die 
Notb wendigkeit  einer  schnellen  Trepanation  nach  Kopfver« 
letzungen  überhaupt  und  besonders  in.ujied.  gerichtlicher  Hin« 
ficht  nachgewiesen..  IV*  U  e  b^e  r  di  e  I  n  q]  i n  %t  i  o  n  des 
«weiblichen  Beckens  voii  Fr.  K.  Nägele  (enthält  das 
Resultat  mehrjähriger,^  diesem  Gegenstande  gewidmeten  Üq. 
tersuchungen  und  eine  Beleuchtung  der  vor  Kursem  vorgeschla- 
genen. Methode  zur  Bestimmung  der.  liidination  der  oberen 
Beckenapertür  an  Lebenden).  V.  (J e'b er  d i e  A  n  w e li  d  u  n g 
des  Decocti  Zitjtmanni    im.  Vergleich  mit  aindera 

fegen  inveterirte  Lustseuche.  und  andere  Krank« 
eiten  empfohlenen  Behandlung.swe'ise;i  vonMax. 
Joseph  Chelius.  £s  werden  hier  iiamentlich  |)  der  Aab 
•iintisypliilitique  von  Laffecteur«  2)  der  Tränk  von  VigarouXf 
3)  das  PollinifcheDecöctg  4)  derSassaparilletra^k  nach  Sainte« 
.Rarie,  5)  die  Quecksilbereinreibungen  mit  Hungerkur,  6)  die' 
^rofse  Quecksilberkur  nach  AVeinhold  und  7)  das  Zittmamn« 
sehe  Decoct  gewürdigt.^  «^  Die  Herausgeher  Werden  sieh 
freuen  ,  wenn  ihre  Bemühungen,  auch  auf  diesem  VTege  die 
Wlsaen«chaft  und  Kunst  zu  fördern  ^  freundlich  inerkannk 
werden  und  nicht  ohne  Erfolg  bleiben.        ^  ■  ] 


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^  51^0  Pkloir  fn^ri  ät$  SynanymM, 

I 

^  Tr^e  des  Synonymes '  et  Homanymei  *  Orees  i  ir§i$ik  -  dm^.  Qtmi 
d^Amnumus:  ttugfnent^  d^un  grand  (?)  Homhre  ^jtrtiehä  iWr 
de  dwers  autfet  Qrichnmairient  ^Gtfets ^  jjfor  ji,  Pillo^f  de  im 
Bibliothique  du  Rot  Qaorage  apfrouioe  j>nf^  le  ^orufiU  rayM 
de  Vunhersite'i     'Paris,  ehe»  N*  M4ne^    ^1924.      XVI  tmd..Uff 

In  der  «Vorrede  verbreitet  sich  Rr.  Fillon  über  das  Wese« 
der'  Synonyme,  ihren.  Unterschied  von  Homonyme y  wobdi 
Aristoteles  (Categor.  iL.  II.  c  I.)  nicht  nachgesehen  wordejh 
Z1I  seyii  sobeint;  er  berührt^  dafs  jede  Uebersetzuiig.  Bines 
Wortes  iit  eine  andere  Sprache,  um  mit  Schley-ermacher  zu, 
ViEfden^  irrational  sey ;  kommt  dann  auf  die  Schritten  der  Grtep 
dien  über  Synonyme  ,  $o  wenig  uns  auch  die  Zeit  übetliefett 
habe;  endlich  spricht  .er  von  den  synonymischen  Beatbeituit« 
gen  in  der  französischen  Sprache,  wo  er  des  Hrn.  Guizat  nicht 
erwähnt,  u^d  in  der  lateinischen,  wo  et  Gardin  DumeSf^iiTTu 
boch  schätzt  und  Ausotiius  Fopma  vergi£st«  Zuletzt  giebt  er 
noch  einige  Notizen  über  Ammonius  Alexandrinus«  JDietöfi 
übersetzt  er  nun  denf  Sinne  nach  d.  h.  bald  paraphrasirehdi 
J)a)d  in  Kürze  zasammenziehend ,  bald  beschneidend ;  einigt 
"wenige  Artikel  fügt  er  aus  Thoma's  Magister,  Phrynichus  und 
Moscbopulus  hinzu.  Warum  nicht  auch  aus  den  andern  Grant« 
'matikern  und  licxikographen,  warum  jiicht  auch  aus,  d«a 
Scholi^sten,  warum  nicht  auch  aus'  Flato  und  Aristote^ 
les? \warum  hat-Hr.  tillon  Überhaupt  li ich t  lieber  eine  selbst 
ständige  Bearbeitung  unternommen  und  ausgeführt,  nfiit  B<f 
nutzung  des,  namentlich  in  Deutschland v  Vorhandenen?  dl|S 
aber  scheint  der  Hr«  YerE  nicht  zu  kennen;,  er  hat  .nicht  et »- 
'mal  xlie  neiien^-Ausgaben  der  Grammatiker  benutzt^  wie^demA 
•di^  Arbeit  nicht  ohne  merkliche  Spuren  der.  Flüchtigkeit  an*«, 
Xiicht  getreten  ish  Sie  wäre  anders  ausge&llen ,'  wenn  4^^ 
'Stellen  der  Altert  selbst  neben  einander  gehalten,  die  Granit 
snatiker  ü;rtd  ihre  Gommentatoren  durchstudirt,  Bücher  wt« 
Büd|us  j  das  Lexficori  Xenophonteum  ^  d'Orville  isum  Chart tc^ 
Yal  est  US  IE  um  Harpokrätion ,  ja  hur  Valckenär  ^u  Amm0nMJ«9 
fleifsig  Ovaren  nachgesehen  worden^  dies  ist  4^r  allg«2mi?iiM 
Eindnick  ,  welchen  das  Buch  macht. 

'  Soll  Ref.  Äoch  •  ins  Einzelne  geheti  ?  Es  sey ;  damit  * 
nicht  in  den  Toii  derer  ei li stimme,  welche  jetzt-iaideftfe^lH^ 
meren  dffentlichert  Blättern  jurJ3ire  in  verbat  magistri  verlangen* 
Nur  darum  einige  Proben:  S,  3<  wird  behauptet^  dieAusspra« 
che  dtii  a/  und  g  (nicht  des  ^  sey  vollkommen  gleich  geweseni^ 
absokment  k  m^me*-   Würde  dies  als  so  afusgemacht  bingestelli 


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-Worden  «dyiit-w^nii^IW^nalnip  lind  Wetstein  Vir Si'm^f ragt' 
forden  ^  um  von  Liacovftus  iilcliC  jbu  redei»^  det«en  Schrift  in 
•Frankreich  hoch  nkh^  laekannt  sey^  konnte«  Bei  Ammoniaa 
'Jteht  dyw¥o!^fha$  ftlJ  M  r«»  ^jtufvtnmv  Ai^Hioei*  a^X^htut  hi  txi  rcuv 
YW««^'  ^A^'*  dieser  Unterschied  nicht  gegründet 'S  ey  9  bewies 
ValckenS^r;  nichts  desto  weniger  schreibt  Hr.  Fill6n{  ay^ouges 
des  jeux  sce'niques«  a5A«  juges  des  combats  du  cirqiie,  alsq  ladt 
circensensci^!  Die  Agonotbeten  sind^  wie  schon  Hrn.PilLons 
Landsmann  Bartbelemy  andeutet  und  unser  Forscher  BOckb 
(Staatsh.  der  Athen.  T.  I.  S.  232.  T.  II.  S.  107  sq.)  uns  lehrt, 
Kampfrichter  im  Allgemeinen;  ^die  Athlotheten  waren  bdi  den 
^anathenäen  beschäftiget.  Zuweilen  versucht  Hr.  Pillon,  ^och 
-bescheiden  ,  leibst  einen  Unterschied  zu  machen;  so  zwischen 
til^f  und.  dj(p9Xov^  jenes  drücke  einen  einfachen  9.  dieses  einen 
stärkern  Wunsch  aus  und  schliefst  den  Gedanken  ein^  dafs  dlß 
Sache  möglich  sey  und  dafs  die  geschehene  Sache  anders  hätta 
geschehensollen.  Oifen  barer  Widerspruch ,  welcher,  l^fy  ^ 
Seiten  füllend,,  auf  drei  nichtssagende  Stellen  des  Homer  ge« 
stützt  wird.  Ist  Homer  der  Umfang  des  Sprachgebietes? 
£s  sind  aber  die  verschiedenen  Constructionen  der  Modo« 
rum  und  Temporum ,  welche  den  verschiedenen  Sinn  geben; 
daher  die  Verwirrung.  AiWai  unterscheidet  Hr.  Filloi?»  dem 
Aijimonius  nipht  ganz  folgend  9  so  von  Cßfvi^  dafs  jenes  sey-: 
maüvais  traitements ,  coups  ^  blessures  .seulement.;  uyS^et^  ihsul« 
teSy  injureSy  outriiges  accompagnes  des  mau»ais  traiMtientt^  Ist 
dies  ein  vernünftiger  Unterschied?  Wollte  Hr.  Ptllon  nicht 
in  das  Gebiet  des  attischen  Rechtes  eingehen,  worauf  doclr 
Yalckcfnär  in  der  Note  hindeutet;  so  hatte  er  besser  gethan, 
dem  Ammonius  treu  zu  bleiben:  oivLiat  ai  avsu  'te^.o'r^iXayuciJioS 
icXyf^ai  (eine  übrigens  corrupte  Stelle;  die  Wortkritik  be«» 
rücksichtigt  Hr.  Tillon  ^nirgends).  ^Tß-^t;  ist  Schändung 'des 
Körpers  (  a<VXf ou^/a  ) «  und  Realinjurie  (vX^aO^  wobei  dia 
damit  verbundene  Herabwürdigung  eines  Bürgers  die  Haupt- 
sache ist',  darum  sich  alle  dai^urch  beleidigt  sehen;  die  An« 
klage  darauf  ist  deswegen  auch  eine  öflFentliche  (y^aCfh/),  aMa 
dagegen  ist.  einfache  Realinjurie,  deren  Klage  nur  Privat* 
klage^  ist  ($/k);).  Statt  vieler  verweisen  wir  nur  auf  Schö« 
mann  und  Meien  attisch.  Procef«.  S.  !3l9  sqq.  besonders  S. 
324  u*  S,  647  «q^I.  ibiq.  citt.  A/'itif  und  »y^q^^  ^'****  ^'  ^^» 
ohne  weiteres  blos  nach  Thomas  M.  unttrschiedeur  Nir* 
gends  eine  reelle  Ergänzung^ 

In  Deutschland  wird  das  Buch  wenig  Glück  machen« 


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Hamfwßftwrbuch  der  Miniralogiß  f  Betgm^  H&ttBH''  mnd  jiahslcärh^ 
kands  f  nehst  der  fran»Ösitchßn  •  Synonymie  mtd  ^einem  frMmAn* 
•  ßchen  MegUter^  Kon  »C.  Hartjnannf  HenogL  Braunsehv^d» 
gischem  HilUenheamten  m  #•  ur«  ^Erste  JhtkeiluHg  ^  ^  bU  JCi 
mu^eke  Mtheil.i  L  hu  Z  g  VIU  und  .872  S. '  kli  8.  Umeuim^ 
2825  hei  B.  ^F.   Voigt. 

Wir  beeilen  unt^  das  betre£Fende  FuMikum  mif  dieses 
nützlicbe  Buch  auf  merk  sam  tu  knacbeii.  Die  altern  Werke 
der  Art  blieben  theils  unvollendet ,  tbeils  sind  dieselben^* 
bei  d^m  jetzigen  Stande  der  Wissenschaft ,  nicht  mehr  brauch«* 
bar;  aie  Bearbeitung  eines  solchen ,  in'  gedr2tngter  Kürze 
abgefofsten,    Handwörterbuches,    vir^r    folglich    wahres   BIm 

^  dilrfnifs  der  Zeit,  und  die  Sorgfalt  des  Hrn.  Verf.,  der  als 
Schriftsteller  bereits  vortheilhaft  bekannt  ist,  läfst  sicbf 
selbst  bei  den  kletnen  Fehlern,  Wiederholungen  u;  s,  W.f 
Welche  man  hin  und  wieder  wahrniniimt,  nicht- verkennen« 
Wir  zweifeln  nicht»  dafs  das  Werk  eine  wohlwollende  Auf- 

'  nähme  finden  werde  und  sind  übereetigt,  dals  Hr.  H.  ^  b^i 
«iner  demnächstigen  neuen  Auflage^  nicht  unterlassen  wird^ 
die  kleinen    Mängel    zu   .verbessern,  '  die '  ihm    selbst  ^     bei 

-  wiederholter  Yergleicbung  des*  Buches ,  nicht  entgehen  kdn* 
nen.  Yon"^  wesentlichem  Nutzen  würde  die  Beifügung  der 
englischen  Synonymen  seyn« 


t 


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N.33;  ■  18231. 

■'  •     >  '  "      .  '  '      '  ^ 

"  H  6  i  d  e  l  b  c  t  g  e  r- 

Jahrbücher  der   Literat 


Giefsen  M  Ö^Pr.    HüyeK       Üebet  die  G6Hohts\ 

t       gerichtliche  Verfahren  Frankreichs    in  besonderer  ^.^_^.,»^^ 

die  Oeffentliehkeit  und  IfJUndlichkeit  der  Oerächtigktitsfjtegis 
{Auch  unter  dem  Titeln,  Betrachtungen  über  die  OeffäntlichkeUS 
und  Milndlichktit  dar  Gereclitigkbitspßege ,  zweiter  Bund)  voH 
-rf,  Aitter  p.  Feuerbachj  k.  b,  Staatsrathey  Präsidenten  deä^ 
Jppelldtionsgerichts  für    den  Rezatkreis  ettf.      1823.      XFJ  Und  » 

49i  «y*  .      '  4fl.  48  kn 

Es  ficlieiht  allmäblig  das  gtöCat  tntetesse  an<]«r  £it)füfa-< 
fung  der  OeffentUchkeic  und  der  damit  verwandten  lnstitute| 
in  Deutschland  ,bedeutend  abgenommen  zu  haben;  viele  Stim^-. 
xtieni  die  ^no-ch  vor  einigen  Jahren  mit  Begeisterung  für  di« 
neuen  Formen  sich  erklärten^  verstummen  allmähiig,  und 
itian  scheint  wieder  an  das  Alte^  |das  »choh  lange  seihe  Dienste 

fetban  bat,  sieb  zu  gewöhnen,  bö^cbtetens  verlangt  man^  dafs  , 
as  alte  Gebäude,  damit  es  doch  eitlen  modernen  Anstrich 
gewinne^  mit  einer  friseben  Farbe  öhörtöncht  werde.  Wenn 
2war  den  ruhigen  Foi^scb«^  die  Rücksicht^  dafs  eine  so  wicfaw 
tige  lind  mit  soviel  Begeisterung  vertbeidigte  Sacbe  so  scbndll 
ihre  Anhänger  und  das  Interesse  verloren  habe,  traurig  und 
ernst  stimmen  könnte^  so  wird  diese  Stimmung  doch,  hald 
durch  eine  andere  Jlrwägüng  geändiert;  man  kann  e9  nicbt  te^ 
klagen^  dafs  diejenigen,  deren  Begeisterung  nur  So  schnell  auf-f 
Joderte-und  eben  so  rasch  verrauchte,  vom  Ksfmpfplätze  abge«* 
treten  sind  J  Freunde  der  Wahrheit  scheinen  sie  nicht  gewe-»  . 
Äen  au  seyn ,  und  ihre  Tbeilnabme  am  Streite  Über  Oettent-» 
liebkeit  kam  vielleicbt  nur  aus  einer  gewissen  Neuefrungssucht^ 
öder  aul  dem  Zusammenhange  der  Frage  übei^  OetiFentlicbkeit 
üiit  gewissen  M6deansicbten  der  verflossenen  Jahre  j  oder 
vielleicht  aus  einer  «klugen  Berecbnung  der  Vortbefle^ ;däheK| 
aus  dem  Anscbliefsen  an  die  berrschende  Partbei  und  demGlau^ 
hen  ,  dafs  die  f'reunde  der  Oeffentlichfceit  siegen  ^wärdcüi  Zunü 
6l6cke  für  die  Wabrbeit  ist  nun  die  Zeit  der  Leidensicbaffe 
vort|ber  uild  die  Stimmen^  die  npt  empörtem  Jai tbeigeitte  art 

XVm.  Jahrg,  d.  Heft,  .    '  Ü 


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^•r  Saeb«^  die  st«  Vertheidigten^  nur  Glans  undTrtfflklübvjte 
fiMideiiy  und  g«gen  a))e  Gr finde  der  Gegner  taub»  grgen  Mm 
Xicbtpunl^te  der  von  dey  Gegnern  verf och tenen  Meinung  bUo4 
waren  9  «cbveeigen  allmSblig;  |>et  dem  kleinen  Häuflein -der*  . 
janig<^9  dl«  nur  nacb  VVabrbeit  itr^ben^  und  g^rn  den  migtm 
iften  IrrtbiTm  gegen  die  erjcannte  bessere  Uieberseugung  vertäu» 
•eben  ,  ist  die  Grundansicbt  nocb  die  nftmlicbe  geblieben^  .^^4 
mit  Kraft  und  Wärme  yertbeidigeh  sie  nocb  jetst  die  a^ion 
>or  Jabren  verfocbtene  Meinung.  Entfernt  ebenso  fwn  de« 
Tborbeit,  die  alte  deutscb^  Oetfentlicbkeit  jSu  preisen,  tms 
weil  sie  altgermaniscb  ist,  als  von  dem  Haschen  nach  Neuen^ 
weiVes  neu  ist|r  oder  von  der  VerUcbtung  des  Alfen,  weil  es 
•eine'2eit  überlebt  babe,  mit  freudifier  Anerkennung  derLichlh 
aeitei»  des  deutschen.  Verfabrens«  der  edlen  Einfachheit,  die 
Jedea  Ge{Hränäe  acheut,  und  des  Sinns  ffir  Grdndlicbkeit  wüiw 
achen  die  wahren  Freunde  der  Oeffentlicbkeit  eine  den  jetsU 
gen  Verbähnissien,  den  vernünftigen  Forderungen  der  Zeit  «fi« 
passende,  und.  mit  dem « ganzen  oysteme  der  St9atsregierun|; 
und  den  Verbältnissen  des  deutschen  Volkes  barmoi^ireiida 
Veränderu/ig  der  Gerichtsverfassung  und  d<^s  Verfabrena,  dij^ 
£reUicb  obne  eine  wohlverstandene  materielle  Qeffentlichkeit 
Hiebt  gedacht  werden  kann.  Soll  aber  die  Fraae.um  den  Werth 
.  Hiftd  die  wahre  Form  der  Oeffentlichkelt  mit  ymaicht  und  Be- 
aonnenbeit  beantwortet  werden ,  so  gebort  daau  ein  Erfaisen 
4ea  Wesens  der  Oeflentlichk^it  nach  ihrem  grofseiT  ZusammeiH. 
tiai^ge  mit  bürgerlicher  Freiheit  und  mit  denjForderangen  an^ 
die  Gerechtigkettspflege,  dafs  sie  ebenao  gründlicb  als  SjdineU 
upd  unpartbeiiscb  verwaltet  werde;  nicht  weniger  nölhlffen« 
dtg  wird  aber  die  biatoriscbe'Forichung,  um  die  weiaei^ 
liatbscbläge  und  die  ernsten  Warnungen  der,  Gescbicl|te  ver«> 
acbiedeher  Zeiten  und  Völker  zu  benutzen/  Was  ton  dieses^ 
Seite  geleistet  werden  mufste,  bat  von  Feuerbach  in /lem! 
•taten  Tbeile  seiner  Schrift  über  Oe£Fent:licbkeit  und  Münd- 
licfakeit  geleistet 9  und^ durch  die  neuen  Schriften  von  Frei^ 
^♦''g»  öu ebner.  Stein  er »  vorzüglich  aber  von  Ma  urer«. 
als  die  Beantwortungen  der  von  der  Müncbner  Akademie  der 
"V^ssenscbaften  gegebenen  Preisfrage  sind  iti  Bezug  auf  ge- 
l^bicbtlicbe  Nacbweisungen  bdchst  verdienstliche  Arbeiten  ge«> 
liefert  forden.  Wenn  aber  ^cfaon  die  Aufsuchung  der.  in  Sm 
Quallen  der  Vorzeit  uns  aufbewahrter!  Zeugnisse  Über  die 
Ausl^ildung  und  Formen  der  OeBTentlicbkeit  eine  reicbbaltig^«. 
Ausbeute  glebt,  so  mufs  die  Betracbtubg  der  OeffeiitlicbkeS^ 
wie  sie  mit  den^  f rischeji  Farben  im  L«ben  sieh  bewibrt,  VßtA 
gtO£it0h  Wertbe  ^eyn,  ^  Hier Jbedart  ea  nicht  er«t  einef  Äua^ 


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Mtlung  d^  iutth  die  gelcliicbdicheri  Qudlen  gelattcneh  Lflk^ 
keti  durch  l^ineleickt  «u  täytch«nde  Pbaiitali«  oder  durch  diä 
oft  gewagten  CombinaUonen  des  Oelcbiehtsf^scher« ;  in  deii 
L(ftndern^  wo  die  Oeffelitlichkeit  im  Leben  ^ch  findet  9  tteht 
iie  mit  volUtlndigeti  und  lebetidigeii  Fai'ineu  vor  dem  Be^ 
achauer  utid  ein^  räUe  rört  Zengnisaen  derjenigen^  die  aui 
Erfahru^iig  iiivel^acbiedetien  Verbitithiaaeh  däa  Wirkefii  deir  Oef» 
lentUcbkeit^obä^bten  ko(>titen,  atebt  dahii  dein  Fdracber  ii4 
>Gebotr«  ,Eä  bedarf  dibei"  iiicbt  erlt  def  Veraicheruhg^  dalk 
•rat  dut-ch  dai  vorliegende  Werk  4  M  dai  Reaultat  der  auf  det 
Keiae  dea  Verfaaaerl  nach  Frahki-eich  geaailinidten  Erfahrun» 
«en^xfär  die  Ehtacbeidung  det  F^fage  üb^r  Einf^rung -4ier 
Ueffetitliehkeit  dU  bisher  t^hlertde  Vorarbeit  geliefert  iat^ 
Wenn  eitle  vorher  *chon  erlangte ,  grändlichir  Ketinttiifa  dei 
fransda.  Erdzeaiea  au a  Schriften  ^  ein  diirtb  tiefe  Einaicht  iti 
die  deutacheii  GericbiavethSitniaae  äudgerüateter  SthaffblicK 
und  der  ^redliche  Willei  tiur  VVabfheit  sä  iuchen  4  di*  Tteuä, 
^  und  A.icbtigkeit  der  fieObacfatUftg  verbÖrgerT  können  i  ao  darf 
wohl  voti  dieaer  Seite  gegen  die  Wichtigkeit  dc^a  Vorliegen« 
den  Wefkei  kein  Zweifel  erhoben  wöi-deni  und  w^nii  Rt^ceü^ 
aent  im  Verfolge  der  Re^naioh  nicht  aejten  auf  abtiireicb^dä 
Beobachtungen  aich  attttaen  muis,  ae  wii^d  «ich  diea  aui  deii 
^igei^tbünilicben  VerhSltniaaen  leicht  erklären^  die  b^i  deoal 
Studitim  dea  franzdaiacfa^n  Verfahrena  berückaicbti^t  wetd^ii 
ttiüiaen,  und  aogleich  niibei*  angedeutet- werden  loileri.  Kiti 
grofser  Theil  deutscher  Juristen  gladbt  noch  immer ^diifa  mait 
das  fj-äng^di^Che  Verfahren  bint-i^icbend  durtb  dal  Sttidiu^ii  der 
i^an^daiacben  Geaet^bäcbet*  kennen  Jerheii  kdrine,  sdlein  ditf 
Folge  dieaea  Irrtbiima  ist  die  öberfläcbliöb^  Kenntnifa,  mit 
ürelcher  aO  häufig  in  Deutschland,  aber*  fVdnadiisch^iii  FroäeA 

Sedrtbeilt  «Irird.  Itt  Ansehung  deS  Civil  Verfahrens  ist  ea  geri-- 
eau  unmöglich^  ein  vollAändigea  und  treues  Bild  voh  deni 
iDetäil  und  dem  Jneinandergreißn  der  ^inzeltien  Handlüngeit 
aich  2U  machen ;  der  Cdde  de  procedure  ist  keine  0<»rithtf  ord* 
liling^  allea  stuf . Gerichtsverfassung  Be^Äglicbei  miufs  dah^'r  aius 
den  <<intelneti  Dekrat«n  erkannt  virerden ;  dieie  faabih  äb«r 
*  Cbet^  den  Gifng  dea  Verfahrens  seibat  soviel  Abweicbetidea  fesU 
getsetst^  und  2.  B.  ohne  Kenntnifs  deSvDekrets  irotn  $0.  Marc 
1808  über  t^oliaei  und  Disciplin  der  Gö^iCbtsbaf^  kann  msiii 
die  Art  f  wU  die  Sachen  auf  die  ftol^  üitd  zum  iPlädiren  kpad* 
In«,  gar  nicht  begreifen.  Selbst  Üekrete^  did  gar  nicht  vori 
Gerichtsverfassung  handeln  4  s.  B.  das  Pek^ei  Von  iß&7  Aber 
die  Jaiten^  aind  unentbehrlich^  uili  sich  ein^B^griiaFniathefi 
§a  kdhn^ni  in  #10  tetn  im  franaidiitCiben^Vetfabrto  Schriften 

^      33  *        ^ 


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516    feimbadi  iSOh  OdBmdk.  u.  lidlk.  d«  0«rtehHgk.  Fi.  ^  lH 

,  «ngerMC&t  werden  kdnnen.     Der  Code  de  pMJ^dnt«  ist  MflfiN» 
l^enhafty  er  spricht  von  einigen  prosesfiialisehen  Handlairge« 
s.  B,  voti  der  Widerklage^  von   der  laudatio  aoic^orii^   voit 
der  Legitimation*  zur  Sacjie  gar  hiebt ^  tthd  reebnet  «uf  dem 
Gejicbtsgebraucb.      Ohne  'die  Kenntnii«   des  letsteren  "wivJL 
man  2.  B«  von  dem  Gange  des  Verfabrens  bis  die  Sache  in  dt« 
Sitzung  kommt,  oder  wie  Ober,  die  Aegulirung  der  Qualit8t«a 
verbandtflt  Avirdy  «sich  gar  keine  Vorstellung  macben  können». 
Mdn  miils  Gdegenbeit  gehabt  haben ,  auf  dem  Bureau  dea  im 
franz.  Prozesse  höchst  wichtigen  Gre£fi.erf  auf  dem  <^tude  emez- 
;«youe  die  übliche  GescbäftSDehandlung   zu   sehen,    um  eine, 
klar^  Anschauung  zu  erhalten.      In  Be&ug.  auf  das  Strafverfab» 
ren  verstchert  zwar  von  Feuerbach  (S.  Xi\.  dafs  man  aus  dem. 
.Code  d*instruction    und  dem  expose'   des    motifs    wohl   eine 
iKestimmte  und  klaze  Vorstellung  von  den  Formen  und.  dem 

/  Gange  des  Verfahrens  gewinnen  könne,  allein  Aec^  beruft  sich. 
auf  aas  Zeügnifs  derjenigen,  welche  aus  deutschen  Provinzen  ' 
in  französische  Gerichtsstellen  kamen,  und  versichern  werden,, 

-  daJOft  man  wohl  von  dem  in  de^:  öffentlichen  Assisensttzung  vor* 
kommenden  Gange  aus  dem  Code  eine  Vorstellung  bekommen. 
Juinn^  dafs  aber  auch  diese  höchst  ungenügend  ist;  —   das. 
«VerhältniXs  des  wichtigen  Fräsic^enten.  mit   seinem   pouvoiT/ 
•discretlonaire.,  worüber  des  Gesetz  nur  eiue  flüchtige  Anden- 

'   tung  giebt ,   ist  nicht  aus  dem  Code  zu  'erkennen ,   und  man 

,  ^Uurf  nur  die  neueste.  Schrift  von  Legriverand  des  lacunes  des 
Joesoins  de  la  legislation  criminelle  studiren,  um  sich  zu  über«  , 
zeugen»  dals  dureb  den  Gerichtsgttbrauch  und  die, jurispru« 
dence  sehr  viele  Stellen  des  Code  so  modificirt  forden  ^ndf 
:idafs  man  die  jetzige  Artf.der  Anwendung  derselben  gewifsnicbt 
aus  dem  Code  errathen  könnte.  Noch  weniger  aber  ist  es  mög« 
lieb  9  die  Kenntnifs  der  instruction  prelimiiiäire  aus  demCode,  . 

^  Jier  gerade  in  diesen  Liehren  höchst  lüifkenhat't  ist,  zu  gewin* 
oien.  Schon  über  das  Verhältniis  des  Instructionsricbters  und  . 
der  Staatsbehörde,  über  die. Art,  wie  d^rXhatbestand  erhoben 
werden  soll,  über  das  tiefe  Eingreifen  des  der  deutschen  Juris« 
prudenz  fremden  Begri£Fs  von  delit  flagrant,  den  Zusammenhang 
der  qaandats  de  compuration  de  depot,  d'arrdt,.d*ara^ner  ,  kann 
..man  ohne  Kenntnifs  französischer  Voruntersuchungsakten' un4  ' 
obne  Beobachtung  des  bei  den  Staatsbehörden .  üolichen  Go« 
acbäftsganges  keine  richtige  Vorstellung  erhalten.  Aber  auch 
> denjenigen  deutschen  Juristen,  welche  glauben »  aus  dem  Stu« 
dium  einiger  französischer  Schriften  die  Kenntnifs  des  fran« 
•zösiscben  Frozes  -as  zu  erlangen.^  darf  inan  versi4:besn  ^  dafs 
aie.iich  darin  täuschen.      Schön  .überhaupt  fehlt  ei:  in  der 


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9tf^to]>Mh  üb«  (MTMitlk.  tt.ltdlk«  a.  Gtmlit^k.  Pfl.  B,  U.    517 

iflrftnsdsisdi^n  Jlftteratiir  fär  einige  Tb^l^  des  Hecfhts  an  Wer«' 
jik&a^^  worin  rolUtändig  und  auch  dem  Ausländer  Terständlich 
^s^  ganae  Verfahren  vorgetragen  wäre/  Die  franzdsiscben 
^dirifutelJer  ßber  d^n'CivUprocefs  halten  sich  voraüglich  bä;i 
'der  Darstellung  der  Farmlicbkeiten  d^r  einreihen,  Handlungidn 
)oder  bei  Erörterung  einsdner  Gontroversen  auf:  dm  beste 
-Werk  über  französischen  Civilprocefs  von  Carr^,  analyse  rai- 
«önne  und  sein  traite  und  questjons  de  procedure  eivile  (es  ist 
sehr  au  bedauert^  dafs  der  Vf.  des,  vorliegenden  Werks  nie  auf 
-Garr^'s  Schriften  RikJcsicbt  nahm)  ist  mehr  der  £nt Wickelung  der 
.Gontroversen  gewidmet,  BerriatSt.  Prix  Conrs  de  procedure  bat 
«war  das  einsige  mit  einem  deutschen  Compendium  zu  verglei« 
ohendeBucb  geliefert ,  allein  es  ist  zu  kurz  und  gedrängt  ge« 
-schrid^en ,  als^dafs^man  vollständige  Kenntnifs  der  französi* 
••eben  Prozesses  daraus  erhalte  sollte»  Aus  Pig^au's  Buch 
Jernt  man  zVirar  die  Formen  einzelner  prozessualischer  Hand- 
lungen kennen,  aber  nicht  das  Ineinandergreifen  derselben 
und  die  in;  jeder  Lehre  entscheidenden  Grundsätze*  Reich- 
baltiger  tat  zwar  die  Literatur  des  Strafverfahrens;  allein  auch 
^lierast  ^in  Theil  der  gröfseren  Schriften  z.  B.  Garnot  inst^uc-* 
tfcion  ■  criminelle ,  nur  exegetisch  und  folgt  nur  der  Ordnung 
-der  einzelnen- Artikel  des  Gode,  so  dafs  man  den  inneren  Zu» 
-sämmenhang^  nicht  kennen  lernen -kann;  nur  Legraverend 
traie^  kann  als  wahtes  Handbuch  des.  französischen  Strafpro- 
£esses  betrachtet  werden,  und  zeichnet  sich  ebenso  durch 
Gründlichkeit,  als  durch  geistreiche  und  practisch  ^  wichtige 
Bemerkungen  aus.  Fast  noch  mehr  möchte  Rec,  das  diirch 
«aeine  Vollständigkeit  und  praccische  Richtigkeit  trisffliche^ 
Werk  von  Marcel  de  Serres  manuel  des  Gours  d'assises  ou 
examen  de  la  procedure  par  Jute*  d*apr^s  l*ordre  adopte  dans 
lesjugemens.  Paris  1822,  HI  starke  vol.  jedem  deutschen  Ju- 
•risten  empfehlen ,  der  sich  für  französische  Legislation  interes^ 
••trt,'  und  es  ist  zu  beklagen,  dafs  v.  t^^uerbach  auch  dies, 
Werk  nicht  benutzt  bat.  Aufser  diesen  drei  Hauptwerken, 
aus  welchen  man  doch  nicht  hinreichend  die  Kenntniis  des 
Verfahrens  in  der  Voruntersuchung  erhalten  kann ,  giebt  es 
noch  eine  grofse  Zahl  kleinerer  Schriften ,  die  in  Deutschland 
im  icneisten  Eingang  gefunden  haben,  vorztiglich  von  Beren- 
ger,  Bavoux.,  Dupin.  In  einem  hinreifsenden  lebhaften,  wür- 
digen. Styl  geschrieben,  enthalten  diese  Schriften  eine  Fülle 
geistreicher /Bea^erkungen^  und  doch  muls  bei  dem  Gebrauche 
dieser.  Schriften  höchste  Vorsicht  empfohlen  werden.  In  kei- 
nem Lände  stebeiy  sich  die  Partbcien  so  bestimmt  und,  ausge« 
sprochen  einarider  gegenüber ^  als  in  Frankreich^  und  dieFra- 


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cen  über  p^dbtptiklikeit,  JnTj\  tber  Sdiuta  ietrUbg«^«!«^ 
'  Freibefff  S^g^*^  ricfaterliflie  £ingri£Fe  hangen  KokaitntKcl)  «41 
ifien  Intere48«ffrd^e4ier  Parthe|9|i  eiMam^etr.  £lfi«^PfiJtherg1auft( 
fkberall ,  wo  nur  entfernt  ui|d  mittelbar  dfe  Fte^iä^  bedroh^ 
acfieinty  sich  ^ür  Webfe  fetsen  su  mflslen,  t|e  ||^nt  dleGe* 
i^hrepi  welche  drehen  werden,  wen  f?  deni  Gegnern  urirgeH^ 
freies  Feld  gel^if^fii  wfirde,  dal^^r  fibert'reibefi  difeAnbilas^  d^ 
Farthei  jede  Gtffinbr,  8Chi)derii  nilt  den  «tfirjcstea  Jparfaen  d<im 
lieble^htenZ^«tandde«gejgel|wi|rtigeflStI^(V^abreflS9  iif|4  a^Wß 
i^egreift  v^ohi|  wieinjt|ie#erStiinaiungderOppeBitlQi|  auch  aimtPr 
fki^  bülbwahre  Getcblchtclien  aufgeeriBFen ,  yqn  der  lebhaften 
Fh^ntil^ift  au^geschmflckt  und  9^\^  yy»^ettdtf^  fixempel  bingeateUt 
wird^  weil  die  Freunde  der  Freiheit  iininer>nif  noch  mefalr 
|(u  cfrreicbei^  streben/  müssen  ^ie  di|^  je^^t  Bestehende  alt  Tdl« 
iig  9ch|e(:ht  upd  unbrauchbar. schildern,  und  so  sind  TieJeKlaN 
£«fi  u nd jpar^lelliingei^  bei  Q^rengerti'  A»  offenbar  •fiberftriebeB^ 
tna'nch«  deutsche  Juristen  fahren  nun  diese  S^briftf teller .  unV 
bedingt  als  Zeugen  und  Gewäbrf^lnner  aOf  ohne  su  erw^ 
gen,  dufs  diesen  prodiisirten  I^eugen  die  nöthige  Unbefangen« 
Seit  und  ünp^rtbeil|chkeit  fehlt.  -^  Unter  solph^n  LFmiftiindw 
giebt  es  kein  suv^rlässigeres  J^itte),  um  franads.  Prp^efs  stt 
Hlu^fretiy  1^1^*  sich  die  eigene  lebendige  Ansch<|uuiig  su*  ^et«r 
.fchaffep;  aberau^h  damit  hat  es  eigenthüm)i^h(3  SchwierigJiei* 
^en^*  Die  biof^e,  Gegenwart  in  ein  l^as^r  Sitaungen  gehdgC 
^rch«|us  nicht;  nur  ati  qfi:  hängt  schon  d^*  g^t^so  ÜrtheUi 
(  W^lpbes  der  Bppbachter  ffilUf  yqn'  dem  Zu^U«  »b^  ob  er*  dM 
(jfltick  hatte,  ^^ßn  völlig  unpartheiiscbep j|  mit  Gtibe  der^Qo? 
ir^dsamkeit  und  niit  äu(»ertfqi  Anstände  versehenen  Pr{l4ideii« 
^n,  i^nd  gewandte^  grQndlifh  gebildete  AdyqJ^ten  mi  beoh? 
actiV<»n  f  oder  einen  Frl(s(tdenten  k^ennen  au  lernen^  auf  wfi<^l^ 
die  Schilderung  pa(isite,  welche  Zum  Bach  i*^  ^^in^  ^hri&.& 
,899  gegeii.die  von  deni  untera^jchnet^n  Bece|l^efiteii  geljie«- 
|erte  l^rst^llung  eq^wirft^  ^  I^n  er«t«n  Falle  Yfird  der  Beooadiv 
^cr  den  Si^nngs^aal  mjt  güni^tieeri  in»  ^Rweiteq  Fälle  mit  etnef 
^l^limtnen  iVJeinung  ober  c^en  Francdsischen  Frpaei^  vfrla^^en^ 
^nd^  iq/ beiden  Fftllen  wärde  dqeh  ^^einV  ^ephac^tifng  leicbi( 
/Cintreu^  und  i|ein  Lfrthcfil  grttndips  »eyn^  wen*^  er  VP«!  4*«| 
Jie^u^tate  der  beobach^eten^itsungen  auf  den  Werth  de^  Stank 
f^si^chen  Verfahrens  ^chlieften  wpHte.  Ein  grpfser  Theii  d6f 
franaQsi(lPhen  Fre^xeisyerhandlMngen  kön^mt  gar  nic^t  in  4^ 
,  ^jtajiun^  YP^f  Wd  wer  ein  ger^h^M  tlr^heil  f^)^n  witlj  i^u^ 
^ie^-  bei  4an  ^i nze^n en  Fers pqent  ^^rep  Wirk^ainlleit  in  d«ll 
ffa^lg^^^  Verfahrens  eingreift^  di«  VerhandiungW  yprb^#b 
t??t  <^*i^?  I^iflf h  bcf  pjiigte?  Sitispng  tli«ti|  ^irl^  |ii«^i^ 


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V 


ycwftiNMil  iW  Ot»ff«otlkl  %  Mlk*  i.  $m(Dhi%lu  FA.  A^IK    5i^ 


Jbaiten.  Eigentliche  Jjkktenitflcke  9  iU  beiOeiichi  kufbewnkti 
trürden ,  k^nnt  der  fransdsiscbe  Vxözeü  nicht,  man  ntuCi  4«* 
her  aus  dem  SitzMngsprotokblle  des  Greffier ,  -  aus  den  doiter 
der  Advokaten  und  dtsn  ^kten  der  huissters  sich  nath  holert^ 
vnd  für  die  Kenntnils  des  französischen  Crimtnalverfahrens 
ist  das  beste  Mittel,  sich  an  das  Far(pet  der  Staatsbehörde' su 
wenden,  wo  die.  Aicten. der  Voruntersuchung  sich  finden,  uitcl. 
die  Anträge  der  Staatsbehörde  gemacht  werden.  Auch  darf 
i(^irht*un))erQck;«^htiget  bleiben,  dafs  die  Art  der  Verwaltung 
der  Jiistis  in  Fi^nkfreich  höchst  yerschiedenartig  bei  den  ver^ 
ichiedenen  Gerichtshöfen  sich  findet,  weil  noch  s u viele  j^er^ 
^onen  aus  der  französischen  Aevolutiönsseit  her  die  Stellen 
ilm^ haben,  su  welchen  Sie  damals  mit  einem  guten  Zeugnisse 
des  Bürgersinns,  mit  natürlicher  Beredsamkeit  and,  wenn  elf 
gut  gt^ht,  mit  gelunden' Mensch^enyerstande  lei<Jit' gelangen 
konnten«  Es  giebt  in  allen  Theibn  der  Justizverwaltung  in 
Frankreich  Personen,  die  nie  ein  wissenschaftliches  Stndiunf 
gemacht,  und  daher  als  RoiUiniers,  mit  den  Gesetzbüchern  und 
den  arr^ts  sich  vertraut  haben ,  SQ  dafs  bei  manchen  Gericht^ 
höfen  (bei  nranchen  ist  ein  Präsident,  der  ala  braver  Soldaft 
,  «ich  bis  ztim  Obersten  aufschwang,  und  dann  die  Givillaüfi' 
bahn  betrat)  freilich  ein  schlechter  Geist  der  Verwaltung  <a 
tie^Fen  ist.  So  linden  sich  auch  unter  Advocaten,  Notarien, 
Friedensrichtern,  viele  Individuen,  welche  nie  eih  wissen« 
schaftliches  Studium  gemacht  haben  ,vund  nur  mechanisch  ihr 
Geschäft  fortsetzen,  von  welchem  sie.nicht  das  Wesen,  *on-^ 
•dern  nur  die  Formen  kennen*  Kömmt  nun  ein  Fremder  ,  der 
das  französische  Verfahren  und  tie»^  Werth  der  ganzen  Organi^ 
sation  studiren  will,  an  ein  Gericht,  welchem  ein  solcher^ 
Präsident  vorsteht,  so  erhält  er  freilich  einen  schlechten  Be»- 
grilFvVon  einer  Jastizyerwaltung«  die  so  geistlos  und  mecha-* 
nisch  getrieben  wird;  spricht  er  mit  Juristen  einer  4ol<^hen  Arf, 
so  sind  sie  wohl  nicht  geeignet,  eine  würdige  Vorstellung 
von  dem  inneren  Zusammenhange  der  französischen  Prozedur 
a(u  geben,  und  erkundigt  sich  der  Beobachter  bei  den  Amts« 
untergebenen  solche^  Beamte,  oder  den  £inwohnem  der  Dt^ 
stricte,  so  wird  das  Zeugnifs,  welches  diese  Personen  der  Ju«; 
Siizverwaltung  geben ,  freilich  «ehr  schlecht  ausfallen,  jeder,  . 
welcher  einen  P^zefs  verlor,  wird  über  die  schlechte  Justie 
klagen,  jeder,  dessen  Geschäft  nicht  nach  seinem  Wunsche 
Von  dem  Notar  besurgt  wurde,  wir4  das  I^otariat  überhi^upt  , 
verlästern,  ^nd  es  kann  nicht  fehlen,  dafs  bieatu,  um  deii\ 
Zeugnisse  niefar  Werth  bu  geben,  verschiedene  Anekdoten  und 
FÜk  erzählt  werd^  f  wo  freilich  der  Fremde  nicht  Gelegen^  ' 


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Ikf4(  hur»  eiiDi  it^tme  Vthfyng  darObf?  ftii«itat«iUc[|»9  ob  4w 
2Uuge  4ie  Wahrbeitlo^obachten  krO  n  n  t«  und  ob  er  sie  tm«« 
98gen  v^ollte«  Man  beiperkt  auch  bei  eineia  seljbst  nur  kuc^ 
seilt  Aufenthalt  in  Frankreich,  daüi  oi^hr  aU  in  einem  andern 
(japde  die  juttUverwahiin^  ein  Gegenstand  .von  Fi^rtheienin« 
tere^s^n  ist»..  Die  |i)tern< Juristen 9  die  nu|r  das  vor  der  ^etro« 
)ution^el^P{)e  Aecbt  J^ennen  $  betrachten  das  neue  j^tzt  gel« 
tebde  Keeht  immer  liur  als  ein  revolutionaires ,  und  als  ächte 
laudatores  tei|ipori*  ante  acti  wissen  sie  vom  (^uen  Recht  nicht 
genug  9ds^#   ^u. erzählen;   sehr  viele  Adeliclie  .oder  dtejeui^ 

iien,  die  durth  die  Revolution  viel  veriprep,  sind  aus  b^greifif 
icb<»n  Gründen  entschieden^  begper  des  nei^ei)  Recbtszustan- 
des.,  .während  4 it;  Liberalen  wieder  dajpit  unsufrleden.  sind^ 

'  Yreil  d^s  jetzige  Kecht  nicht  genug  Freiheit  gewährt,  und 
ihren  I^orderuugen  nicht  entspricht«  Sind  nun  splche  Ferso^ 
^^n  diejenigen,  911  Vielehe  der  fremde  Beobachter  sich  hält« 
•O .JXluXs  unye^m^jdUcI^  eine  ungünstige  JVXeinung  über  franzd-* 

~  aisch«*  Recbt  der  Erfolg  de^  Gespräche  seyn,  und.es  i'ehlt 
dai^n  nipht,  ^n  Anekdoten,  die  m^n  dutzendweise  angeführt 
^bal|:en  k^nn,  und  welcbe  dje  lebhafte  Phantasie  der  ^r^uzo«; 
den  so  {auszuschmücken  versteht,  4^^^*'  "^^^  woh)  verblendet 
yrerden  kann.  :—  So  gehören  vorzüglich  die  auch  von  Hrn.  y«^ 
Feue;'bdcb  öfter  angeführten  Schriften  eines  Hrir^  von  Sejyesi 
%j^  dePJ!^i>ig?n^.  die  mannüt.gröfster  Vor^irbt  lesen  mufs»,wail 
«^  piU.  einer  leid^n^ichaftlichen  bÜndeti  'Heftigkeit  gegen  alle^ 
HfM  franzäsijBicHe  Recht  ein^  Menge  Geschichtchen  erzählt^ 
deren  pn Wahrheit  sehr  unterrichtete.  Personen  dem  Hec^  ver«*. 
bflrgt  h^hen,  auch  hat  Hr.  v.  Feuerbach  nii^  seinem  Schärft? 
bUcKe  wqhl  seihst  bald  eingesfhjen  und  daher  redlich  ^bekannt; 
(&*6|3)i  wie  vorsichtig  map  ip  ßezug^  au^  von  Selves  seyi^ 
n[ui|s.  —  ßei  dem  Urtbeile  über  den  .fr^nz^ischen  FTOK^fs», 
vorzüglich  i^'^  Civilprocefs  in  so  fern,  der  Ui;theilende,  aar 
eigene  B^obschtung  sich  stützt ,  tritt  aber  noch  eine  wichtige 
liücksicht  .^in,    nämlich   die  grofse  Ver<schiedenheit,    welghe 

'abwischen  dei^  Pariser  GerichtsgeJ)rauche  Mnd  dem  de^  Provinzen 
Sicti  ftndet;,  die  grofse  Z^hl  von  Advokaten  in  P^ris,  dieTreii^ 
|iui)g  ypn^^VQues   und  ay.ocats,    verbunden  >  mit  find^^ren^Ver*!, 
h^Unissen    der    Hauptsta.dt,    die    die   Beamten,  not^^gen,^ 
ihre  Stell^jn.  möglicbsf  eintväglich  Z14  machen,    bewirkt  eine 

.  JVJasse  v,an  t, Schriften    und   eine  Kostspieligkeit  der  Prozesse^ 
isugleich  eine  Verzög^V^ing  des  Verfahrens,  yoa  wcJyher    man, 
i^  ^nd^r^n  Gegenden  des  franzqs.  Re^ht^  gar  .keine  Vors tel*. 
Iqn.gfbat,    In  |*aris  nnd  in  einigen  grofsep  St^t^n  Frankreith* 
tyieipfl  ^u^g^zeiphne^^  ynd   beröhavte  A4vpk^ten-uAd  ^\}gen 


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«efacn«  Notarten  eine  wichtige  Aolle,   und,   wie  derjent^«, 
der  ^inen   sehr    berlUhmten  Arzt  oder  VVundarzt  rufen    litXs.t;|  . 
nicht  klagen  darf  y.  .wepn  der  Berufene  auch  ni<;ht  so  schnell 
dem  Kufe  folgt ,    oder,  in  i^inderwichtigen  Füllen  die  Sa,ch« 
leichter  nimmt,  und  nicht  ao  oft  am  Krankenbette  «ich  e\n* 
ftellt^als  es  der.  minder  heScbaftijgte  Arzt  tbnt,.  so  geht  e% 
auchbei  den  ausgezeichneten  Geschäftsinl(nnern,  bei  weichet^ 
freilich  oft  froze^e  lange  liegen  bleiben »  bis  der  Streit  end* 
lieh  in  die  Sitzupg  gebracht  wird«.  -^  Diese  Vorbemerkungen 
acbienen  dem  Rec«  ^durchaus  nothwendig^   um 
sehen  Juristen,,  die  sich  das  yrtheil  über  den  V 
zö^ischen  Prozesses  so  leicht  denken^  auf  dl^  S< 
der  Beobachtung  aufmerksam  zu  machen ,  und  d 
des  vorliegenden  WerJtea,    (das   auf  aurgfältig 
Beobachtung   sich    gründet,    hervg!rzube)jen.  - 
onthält  3  Abtheilungen,  voi^  welchen  die  Erst 
richtsver&ssung ,  die  ,Z weite,  (S.  ji,94)  von  dem 
Verfahren  überhaupt  und  dc^m  Yeifabren  bei  C 
I^esondere,   und.  die   Dritte  (S.  329}  von  <leni 
Strafsachen  handelt.     Der  Verf.  bemerkt  (S.*3)i 
französische  Justiz rrein  ist,  aber  nicht  AlUs^bat,  was  iUr  ge^ 
l^ührt,  uqd  mi^t  J^ed^t  hält  e^  die^  J^s^istt^ifz  der  adini^ulstrativn 
Qontentip^en  Juatiz ,    die  von    den»  Pi^äfekturrätben    verwaltet) 
wird^  für  eine  incoi^sequente  Verletzung  des  Wesens  der  Ju-» 
^%iz.  :  Rec^  hat  schon,  im  Archiv,  für ; civil.  Praxis  IV.  B(i.,S, 
344»  35*7  die  Incoiasequ^pz  urid  die  Nai:h^heile  dieaer/£irir,ichi« 
tung  darzustellen  gesucht;  allel/ij.inan  mufs  riicHt  vergessen^ 
dafs.wir    auch  in  Deutschland    solche  Institute    aufzuweisen 
haben,  und.]pirenn  wir  auch  nicht  auf  Vertrüge  über  Liefejun:^ 

fen  ^it  dem  ^Staate,'  Klagender  Beamten  über  will|f:übrlich^ 
rirtlassung  ,aa  (die  Administrativ- Gerichte^  wie  in  Frankreio^ 
yerweisen,  ao.bdt  hekaantlich  au^fa  ip  Deutschland  (s*  Archiv 
S.  ?$t)  das  Institut  der  adniinistcativ-contentiosen  Sachei\ 
ihre  Vertheidiger  gefunden  it  un;d 'Von  jeher  l^at  es  nicht  .an 
lyandesgesetzen  gefehlt,  nach  welchen  X^emeinheitstbeiluugeni^ 
Streitigkeiten  über  Beiträge  zu  Kriegfschaden,  AbmeieruiigSi^ 
Sachen  u«,  a»  den  ordentlicüen  Gerichten  entzögen  und  an  "die^- 
Verwaltungsstellön  gewiesen  sind ;  seihet  die .  Streitig keiteny 
ül?er  Erfüllung,  dprAccorde.  zwischen  Unternehmern  cjflfenfU-' 
eher  Arbeiten  und  dem  Staate  sind  an,Kreisdirektiouen  ge^ 
wiesen  (z.  B«  badische  Organisat.  von  l809*  Kegierungsblatl; 
1809  S.  449);  .  Man  üherzeu^t  sich  daher  leichu  dais  man 
auch  in  Deutschland  de^  Justiz  nicht  Alles  jf^egehen  hat,  was 
ihr  gebührt f  und  es  ist  hei  der  deutschen  Einrichtung, ^lach 


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•elbtt  no^b  mehr  Nacbtbeil  (br  die  Ger^chtigkeiUpflfrg«  su 
))<^orgt;ny  al»  hei  der  iVanedtifch^n  »  tiacli  welcher  das  coheeü 
de|ire1ecture^eiii  eigene«  Qericht  für  die^e-Art  von  Gegen« 
ttaiiden  hi;l()et|  und  nut  unteV  deitt  FrUfekten\a)«  Vorataiida 
ientcbc'iäet,  ohne  dfiCi  die  PrSfekturrStbif  alr  blofse  VerwaU 
iungibeamte  in  dem  Sinn  ntx  betrachceri  «indi  wie  deutache 
RegierungarSthe  ertcheinen,  Daf«  in  Frankreich  die  Juttic 
^on  der  Verwaltung t  und  die  at reitige  Gericbtaharkeit  von 
dar  freiwilligen  getreirnt  iat<S.  ]8}  rObnit  der  Verf.;  und  man 
würde'  wohl  auch  in  Deuücbland  allmäblig  imoier^  celtener 
Stimiuen  %nr  Vertheidigung  der  Verhindung  der  Verwaltung 
mit  der  Juatis  hören«  wenn  nicht  die  Ktickaicbt  auf  die  Koliten 
iind  die  deciucbe^atrinioiiialgerichtfharkeit  ioi  Wege  atände. 
|n  der  höheren  Inatanx  tat  bekanntlich  auch  in  Oeutachland  die 
Jnatie  von  der  Adniiniitratlon  getl-ennt,  und  nur  mehr  in  Besug 
Httf  die  Organiaation  der  Untergerichte  kann  noch  Streit  seyn. 
nee,  wOrde  nach  torgfllltigerBcobachmng  derG^ricbtaverfaasung 
^erachiedener  I^Hnder  aU  die  aweckmSritgtte  Einrichtung  di^ie* 
nige  erkennen,  nach  wekher  d,ie  Aemter  oder  Landjger ich  te.in  ib« 
rar  Competen«  mehr  d^n  fransdaiacben  Friedenagertcfaten  gleich« 

featellt  n^d  nur  bu  |:4Qkatpoli8eiate)]en ,  eu  Unterauchungabe« 
dttien  i<i  der  Torunteraiicbungi  und  an  Civtlrichtern  in  Ge* 
gefittünden  wie  aie  etwa  nn  die  frana.  Friedenagerichte  eebö«* 
ren ,  gemacht»  und  wenn  die  ordentlichen Froeeaae  an- die  Kreta« 
gericbte  gewi^«<?n  worden,  -t-  Der  Verf.  (S.  21)  macht  auf* 
merkaain,  dafi  in  Frankiei^h  d^r  BegtilF  atreitiger  Juatiii  Tief 
}ye#cbrfinkter  iat»  alt  in  Deutacbland,  da  die  fransöa.  Gerichte, 
nur  nitcb  «cbon  in«truirten  Froseaaen  in  der  Aüdiena  die  An« 
wUlde  SU  hören»  und  da«  Urtbeil  au  filllep  bähen;  der  Veri^ 
(S«  26)  wirnt  $hew  ypr  dem  Vorurtb^ile»  nach  welchem  mllo 
glaubt  I  4d(a  die  geringere  GeachSftalaat  der  ft'^oitöaischen  Ge» 
richte  und  dafa  die  geringere  Anaahl  der  mit  der  luatia  !>•• 
»chäfti^ten  Bean^ten  auf  B^echnung  der  OeJFentlicbkeit  und 
Iblündlicbkeit  au  aet^n  nej^  mit  Re^t  adireibt:  der  Verf.  die 
•r«te  Erscheinung  der  franaöai^chen  Gericbtarerfaaaung  nu» 
jind  ))eqierkt  in  Ansehung  der  a weisen,  daft  man  nicht  die 
grofse  Maate  d^r  in  Frankreich  aufaer  den  QericbtcHlen  atnti* 
r^nd^n  Feraonen  vergea^en  dürfet  welchen  dieGeacbUFte  Aber« 
trage»  siiid.  Per  Verf.  hringt  l|ier  diö  3$3  Hypotbekenbo* 
wahrer  I  6990  Notarien  1 1  3847  Anw9l4^,  8000  Huiaaiera  in 
Anachlag.  -p-' Dieaiat  allerdinga  nicht  »u  iKugnent  die  deut- 
schen Juristen  könden  ^ber  ^awegen  kc^inen  Voraug  ihrer 
Oericjbtiverfaaaung  g^tend  machen.  w«il  sich  bricht  in  Abrede 
stellen  Ufitv  4»fl  wrch  die  Befrnung  der  fransöaiici^n  Ce« 


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ficiftft  riin  fremdartigen  Gefcbjlften-dieJUBtiaal«  die  Ifeii^ 
^icfae  emcbeinert  \jin4  die'  deA  GeUt  erdrückende,  get^r<ot«il 
GesciiAftume^bantflinus  herbeiführende  Ueheretlung  oder  dtii 
bei  den  deiitscben  Aemtern  so  oft  angetroffene  Aiisicbt,  wel« 
t^e  die  Jii»tiis  als  eine  Nebenaache  betrachtet ,  indem  doch  vota  v 
*Atntattrtheite  werde  äppelUrt  werden ,  am  besten  vörmiedeti 
werden  kann,  Wfnn  man  übrigens  die  Zahl  der  in  deutscheu 
Xiändern  mit  gleicher  Beird(keriing  wie  sie  F^ailkreicfi  hat,  mit 
gerichtlichen  GeaohSft«n  heauftragte  Personen  vergleicht',  in>^ 
besondere  das  Korps  von  Obersöbrei bei n,  Assessoren,  Actua« 
rien,  Sekretarien,  Verwahern,  Notarien,  Procurator^in,  Thei:« 
lungscommissarieny   »o^  ist  gewiii,    wenn  man    auf  die  Zaiil 

^tehty  das  Heer  der  deutschen  Juristen  leicht  im  Stande,  das 
gegenüberstehende   franaOstsche  &u   bestegeri.    — ^   Als   «^ineh^ 
-Voraug  französ/  Verfaß«' ng   (S.  30  —  36)  erkennt  der  Verf; 
die  Gleicfafbrmigkeit  der  Gerichtsveriassung  und  den  Sata>  an^ 
dafs  jeder  Unterthan  ohne  Rücksicht  auf  Stand  oder,  Wohn* 
pr^für  dieselbe  Sache  immer  die  nSitiliche  Form  der  Gerichts« 
Verwaltung  findet.     In  denr  Kapitel  (IV.  S.  36)  ühef  di«  Frie« 
densgerichte  hemerkt  der  VeriV  diu  Ungleichheit  der  AiJsdeh« 
)nung  der.Cantone  (deren  Grund  in  natürlicben, Einrichtungen 
liegt,   wen;i  man  a«  B.  die  nahe  eusammenwohnende  i^roise 
Bevölkerung  »in  ebenen  fruchtbaren  Gegenden  und  die  In  Ge* 
hirgsgegenden  ser^treut  wphncfnden  Familien  berücksichtigt)« 
Unter  dieien  Friedenarichtern  finden  aich  aehr  viele  Persaneitt 
phne  alle  jfuristischa  Bildung  (S«  39)«  dies  ist  richtig;  allein 
Huch  bi^r  nau(s  wieder  der  £infiufs  der  Revolution,  während 
l^elchar  man  nicht  unter  grofser  Zah}  von  Juristen  ausw^hp 
}eo  konnte,  nicht  r^rgessen  werden ; 'man  terkennt  dies  aelfo^ 
fn  Fr^inkreipb»  und  fucht  allm^hlig  immer  ipebr  dieae  lieber»    ' 
}»leibsei  der  Revolution  eu  verdrängen.     Der  firanzda*  Frie«* 
denaricbter  ist  tbl^M*  Yi'riiiittler,    $o  da£ 
bei   Gericht   pbne    vprausgiahenden   Verm 
Frt^d<»iiaric)itera  angenommen  wird»  tbeils 
^Crafricht^r  über  PoHaeiübertr^ungen  >  U 
riehtlichefi  FoUs«!«  theiU  eur  Aufübung 
freiwilliger  Gerif^t^barlieit.     IJer  Verf.  (»         ^ 
CfU|)didi?e    dea  friedeniri^terlichey^  Amtes    die    gerfcbtKche 
IPaUeei  und  die  poli^ailiclj«  Strafgewalt  u  n vereinbar  i  der  fran«* 
Friedensrichter   ^Q^te   ei«  yrieqen|»tifter,  und  Ver^Abmifiga« 
])ei|iqter  aeyn;  ei^e  Qevv^lt  ^her^  die  Furcht,  Schöu  und  M"*'^ 

« Irauen  erv^epkt/  aoU  dieaei^i  JEwed^e  wi«deraprephend  ^seyn; 
iienonderil  nuchtheUig  <re|ffe  aic}i  in  der  Erfahrung  diia  W«** 

H^gcdfbQtt  frivd^nffgerioftrii^b^  C^»i|i0fen«|  wenh  m^fi  dit 


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ihillitttt  ^i^lgtam«!).  Forjemngen  prwääi^f  d^-49»  Getets  te. 
dt«  Fäbi^eiteii  des  Fri^ddosricbter«  mmmt(  d«r,  Piriedttnftrid»« 
t«jB  »«»ll  ohne  Hücl»icht  Ai^f  gewi$$9.  Summen  alle  KUg«acli«ft 
Ober  Schaden  an  Fel4^n  und  ^rft^Aten«/  dW  pOMetstu^clMifr 
Sflct^en  entscheiden  y  ungeocbtt^t  m  dljEft^Nf  (^genttftnden  o£t 
ntebt  gewdfanJicb«^  ilec^b^t kennt nitiir  gj^drtefr«  Aec.  gkndbri 
dafe  die  i'ranx»  frieden^richterHcbe  G>aeipeten»  do^  vert^eidigc 
werden  Jti^niie^v  wenn  titan  ntir  nicht  \ar»  d^nPeklai^attoneii 
4ind  aanguim&cfaen  Hoünungen  £eathaken  :  Will ,  -  welche^  dt« 
Medner  in  den  ersten  HerplutionftBeitefli  inBeeiig.  au f^rleden^ 
gerichte  aufipracben,  wenn  man  vildatehr  daa  iitatitttt  in  aei^ 
Her  .Forthilduiig  und  in  aetiiem.  Zuaamioenbatig«  mit  der  gau^ 
«en  iranaös.  GeHcbtsorg^itatton  au^fst  und  die  MäiigeJ^  4ie 
oian  ao  einEelnei^  unwürdigen  Frieilensrichleru  findet,  uicht 
auf  Aodfnuiigdef  Instituts  überhaupt  setzt.  .^  Diei  FriedeW- 
^ertcbfee  tsind  nothwendig,  liin  die  Nach tbeile-«u  Veruleid4|^ 
4uid  den' Zwischen raufn  auszufüllen,  Weicher- du irch  die.  gfo^ 
•aen.  Beurksgerichte  (deren  Einrleblung  SM«  "dem  Prineip  ^er 
Cöllegialitätr  folgt)  z^wisciien  den  hliliVheHürÄigeh  Bürgen»'  und 
^  ihrem  it^rdentKcbe«  Gerichte  bleibt  (s.  aucb Archiv  für  civili»- 
.  «tisch«  Praxis  VII  Band  S.  S97);  daher  muXs. die  Entscbeidung 
Van  Gegenständen  I  bei  Welchen  wegediQofabr,  der  Selb stbülfe 
«in  Frovisoifium  getroifeh  werden  muTs-i  odtr  wo  den  mit  den 
yerbäSthissen  der  Land wirthschaft  Verttat^te  durch  einfaebea 
Abgensdiein  ieiöht  entscbeldeh  kann^y  solchen  Grericbteiii,'  dil^ 
den:  Fartbeien  ndhtsinl,  überlassen  werden.;  kommen  ^W^^ 
dock  seltener  ist^  schwierige  Kecittsocintröveraen  vor>  so  kanj^ 
durch  Appellation  nocb  immi?r  naebgebolfen  werden*  Da« 
Vermittruilgsamt  r  de«  ;Friedfensrfcht«ra  i&t  nliihf  die.  Haupl^ 
«ac^e,  nnd'  ist  der^Friedansrichter  nur  sonst  *ein  dur^  Reiiv 
lieit  des  GharecterJB,  durdai.VV^obl wollen  und  Kenntnisse  aüsl» 
g9ieicbn<9ter  Mann,  ao\wii:d  es  ib«n/ni(;ht  :schwer  werden, 
cinegrofse^'Zahl.Ton  Frozeasen^  wirkjlich  im  Keime  zu  erstik*. 
ken,  und  wobltb^ig  z^ii  wirken.  Für  die -Entstbeidung  der 
Folizeiübertretungen  9  die  in  JSfO  gtöfiser  Zaiil  vor  kommen,,  i^ 
et  gewifs  am  besten  g^gnet,  wenn;  mar^  nicht  mit  grafaee 
JCpsten  wieder  neue  ft^aalte  an  stell  ei^^^ill ;  seine  Tb^tigkek 
als  Beamter  der  gericbrlicben  Foli^Bei  &*ebt  nicht  der  Ajchtung, 
die  de»  FriedensFicbter  bei  dem  Volke  geniefsen  isoll  ^  ii|^ 
W^e,  wenn  ertnura^tin  Amt  uppai^tbeiistb  nnd  lei^enacbäfb- 
los  verwaltet.  IVJs^g  er  auch  für  dje  Verbrecher  und  ,geiabr*» 
}icben  l^ndiv:iduen  iBiii  JVIann  de,»»  Schreckena  seyn,  ae  wei^den 
deawegen,  die  äbrig^n  Bürger, nicht ;-mit  gmngem  V«§ir«?reuen 
tidi  ihm  nähet n.  -r-  Her  Verf,  föhrt  (Ä  49)  di^  Ar«.  14.  des 


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Goie.ie  proced.«  tjacb  welchem  j#4e  an  sieb  sur  frieitensg«» 
cicfatllGhen  Cqnipetens  geeignete  Sadur»    iobald  die  dte  £nt«^ 
e^keidung  det  Stmits^sum  Grande  liegende  Urkunde  nicfat  an* 
Erkannt  odet  falech  angefochten  wird  ^  an  das  ordentliob'e  G«^ 
rieht  gewieten  werden  fot),    als  Beweis  |i»f  wie  «wenig  dasi    ' 
Gesetsbuch  selbes  den  Frieden sridhtern  sutraae;  allein  went»' 
laan  -d6n  Sats  in   seinem  Zusammenhange  mit  Art.  4i7  deir 
Code  de  proc«  und  mit  der  jurisprüdence  auffafst,  wen«  miiii^ 
erwSgt,  dafs  wenn  der  Friedensrichter  deswegen  doch  in  <)er 
Sache  sprechen  kann  und  den  Partheien  überläfst,    die  Be» 
bauptung  de»  Falsums.bei  dem  Trthunde  weiter  au^  verfallen, 
dafs  auch  y  wenn' das  Trihnnal  über  die  Frage  «^ her  das  Fal-; 
aum  entscheidet^  doch  das  Urtheil  über  die. Hauptsache  wie* 
deren  das  Friedensgericht  verweiset  (Carre  traite  et  questiobS 
tom.  I.  p.  21)9  so  dürfte  doch  die  Sache  eine  andere  Ansicht' 
gewinnen  *).  -r-    Der  Verf.  schildert  nun  (S.  SO)  den  Zustand 
dtts^  Verinittlungswesens  der  Friedensgerichte ,  bemerkt  5.  54. 
dafs  es  jetzt  an  den  meisten  Orten,   an  welchen  Beziiksge«. 
richte  sind^    herrschende  Praxis  ist,    dafs  der  Kläger  seinen 
schon  angedungenen  avoue  in  dem  Vergleicfastermine  erscfaei« 
iH^n  läfst ;  die  Ausdehnung,  in  welcher  dieSer Sats  hier  behaup«  ' 
tet  ist  y  wird  nun  freilich  von  der  Erfahrung,   soviel  sich  Kee«  * 
erknndigt  hat,  nicht  überall  bestätigt;  aber  alles,  ^as^der  Verf« 
sonst  gegen  das  Vermittlungsamt  sagt,  ist  leider  völlige  w^r^ 
und  schon  die  Redakteurs  des  Code  deproc«  von  Geneve  p,  33  iu 
der  Stelle  ,  die  in  der  Schrift  des  Recens. :  der  deutsche  Prozefs, 
I  Heft  S«,   abgedruckt  ist,   haben  sich  gegen   diese  franzds.- 
Einrichtung  trefflich  erklärt.     Als  die  regeTtnäfsigan  Geriete 
erster  Instanz  erscheinen  ciie  Bezirk sgeri  chte  {S.  ßi\  sie 
sind  (nach  der  Ausdehnung  des  Bezirks)  sehr  verschieden  be« 
setzt;  die  Oeschäftslast  ist  durchaus  nicht  gröfs,  und'  s^lteii 
bdrt  man  von  Bückständen,  die  im  deutschen  Sinne^  in  ^o* 
fern  man  von  unerledigten  Akten  sprechen  will ,  freiJich  gar 
nicht  vorkommen  kOnnen;  mit  Recht  bemerkt  der  Verf.,  dafs  * 
die  Lreicbtigkeiti   mit  welcher    die  fransds.  Bezirk^geirtchte 


^y  Ueberhaupt  darf  denjenigen ,  welehe  das  fransösiiehe  friedenSge« 
riohtliche  Verfahren  kennen  lecnen  wollen ,  das^Werk  von  B^ely 
recneil  geiieral  et  raison^  de  la  jnrispri^deuoe  et  des  attributious 
des  jnstices  de  paiz^  de  France,  Paris  idi9*  S^yoLy  empfohlea 
werden.  Hr.  v.  Fenerbach,  der  S*  49  die  franz.  S^rifba  übet 
F^e^jSnsgerichte  anfnbri ,  neuat  dies  Bucli  nicht«  ^         .       # 


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wit  ibr^li  Geu^iftifi  fett%  wtf4eii|   tfi  dbr  BkelceiiHlg.. 

Getchiftetl  det  fti»iMHigen  GerichttbafUtil  uiid  üt  d«r  mt^tt«^ 
dehnten  Competent  dei:  Frie4«n«gei'fttble  ikrea  Grtond  .imtf 
•«  darf^bet'  dcM^tl  iücb^  wl«  lUceiis«  ekttbl)»  d«Nr  Mdo^db^ 
.keit  in  so  fi»iii  die  Ursache  der  GeechMn^rerein&cbung  suM» 
•diriebett  Werden»  als  die  Oerkbia  i^it  den  Handlungen  4#e 
^ovbereitenden  Verfabrens  und  def  ttutl-uktiön  eben  to  wmff 
alt  mh  den  V^rbaudlungen  in  def  £iceeationAiiMitana  b<^^«tt 
aind»     Wetin  man  iilt  anfftbren  bölrt^  daXii  die  franadfiacbeil^ 
Tribunalricbter^  die.bloi  iii  den  Sitiunge^  Auaufadreii  hal>e% 
ao  Wenifi  beecb&ftist  iind^  io  muU  docb  ftucb  erwogen  .w^r^ 
den,  daft  audi  anuet  der  TbeiiiUbnje  mencbe  Geediiifte  den» 
Richter  oblieget«      Derjenige 4    welcher  Ini^tructionaricbijteff 
iat,  bat  ohnebin  genug  tu  tbuni  aber  üu^  die  Üebrigen  sind 
binreidMnd  beichlftigt  1 .  da  sie  die  HedaJuion  der  Urtheile  au 
besorgen  haben  4   da  ihrien  Cammisiioni^n  Wegeti  Zeugenv^:^ 
Atmung  I  Augenschein  und  a,  au^etragen  werden V  da  aieia 
der  Bathskammer  in .  Sttsisactitn  |  und  in  den  corfedtioneHea 
Sitsungen  tu  uttbeüen  haben«     Wenn  der  Yerfi  S4  68  be- 
merkt,, dafs  man  so  viele  Klagen  tiber  die  Verwaltung  der  Ji|* 
atis  der  BeMirltsgetiehte  hdre»  wenn  er  anfährt,  dafs  in  Franfc* 
reich  MSnner  von  auSgeseichneteo  Talenten  und  Kenntni^eQ  , 
sich  in  der  Regelnicht  dem  Aichteraifit«  widoEuen  9  so  nmfs 
die^e  Behauptung  doeh  Wohl  mit  Beschrllnkung.  4ingenomm«)^ 
werden^  und  wenn  es  auch  wahr  ist|  dafs  die  ]LiSu{babn  aU 
Richter  nicht  so  einträglich  als  der  Advokatenstand  .ist.»  sa 
.findet  matt  doch  Überall  und  oft  mehr  in  kleinenStftdten  hdelist- 
talentvolle  und  gebildete  Besirksricfat^r^  die  ihre Neieungniet 
«um  Adtrokatenstande*  sog »   oder  ebenen  die  Natur  die  Oabsf 
der  Kede  nicht  so  te^scbwendefiseb  gab.     Dafs  diö  fraüads« 
Bf  <irkSf icbtef  s^^ecbt^  besoldet  sind.  (  ofr  katfmrl^OO  <Juld«B 
hahen)  tst  richtige  dafs  man  oft  Aber  die  schlechte  Justiz  kl»«, 
gen  bdrt|  köiümt  vörafigltch  bei  Betii-ksgencbten  vor^  bej 
lireltben  noch  ÜeberfeSte  aus   der  Hetolution  oder  vormalig« 
OfEaiere  frtsideliten^  und  iHichterstellen  bekleiden.      Üetfto 
Jblos  persOdilicbe  Klagen  bis  auf  Betrag  von  1(KK>  Fi*anks  er«» 
jebinem  die  Bezirksgerichte  in  letater  Instanäi;  so  Froeefji  veru 
«»rnwnd  dies  ist^  »6  ungerecht  ist  doch  diese  B^stimmulig 
(S,  76)'     Die  Awella^tionsbdfe  (S.  77)  »ind  theil#  die  höchsneif 
Instantgericfateiür  Ci^ilsacben^  tbeils  Appeliationsgs^ricbt^  ii^ 
i^tithtpöViteitälUu  i   tbeils  Anklagsktfmmern »    in  $0  fetM  Sie 
an  die  Stdle  der  ehemaliken  Jury  d*accusefion.  treten.  ^  Der 
Verf.  (S*  $0)  bemerkt  <   dafs  diese  AppellatiOnsgeticfaief  >iel 
weniger  eis  deutsche  Oberg^ticbCe  blscUlftigt  aiAd#  uttiiei 


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Gvuiiillicgt  wieder  in  der  geringjerett  2i^hl  der  FSlle,  welch« 

H«   <hi#  yAppeUationfgericbt  koaim^^n ;  an  sjlch  giebt  et  echoii 

ireniger  ¥rot9i$e^  al«  in  DeuUcbland«    da   eine  Reibe   Ton 

llechtaverhäUnitsen  s«  B.  Zeb^nden^   Frolinen^    Retrakt   in 

Frankreich  nicht  mehr  vorjtommen  j   nach  ist  der  franaöfiscb« 

Appellatioasbdf  nicht  wie  der  deutsche  ^  die  erste  Instana  fQr 

sille  Frivilegirten.      In  der  Oeffentlicbkett  i^4  Mündlichkeit 

will  der   yert^  den  Orund    der  Vereinfachung   nicht   finden | 

denn  in  Franhteicb  oiüfsten  die  Richter  länger  in  der  Audiens 

attsen  undbdren^  währeiid  sie  in  Deutschland  schreibend  ats 

Uauae  aitseu}  allein  e«  scheint  dem  i^ec,.,  dab  der  Mündlicb« 

Jkeit  doch  nicht  der  Einflufs  abgesprochen  werden  kann;   er^i 

w^gt  nian,  dals  vor  dem  ^eutscnen  Obecgerichte  die  Instritc«  • 

tioHshshndluneen  vorgehen  ^  dafs  Ober  die  Mittheilungsdekrete 

an  manchen  Orten  über  die  Erkennung  der  Appellationspro« 

sesse  und  dann  erst  über  die  Hauptsache  referirt  werden  mufs^  ^ 

erwSgt  man  ^  dafs  in  Deutschland  die  Richter  su  Hause  sich 

vorbereiten^  ihre, Relationen  ausarbeiten  ,  und  iü  der  Sitaung. 

daa  Selbsj^escbriebene  vorlesen  und  fremde  Relationen  anhö* 

ren  müssen,  so  ist  doch  wohl  in  der  Mündlichkeit  der  Grund 

der  geringeren  Geschäftslast  2u  suchen,  und  dals  dadurch'Viel 

vfär  die  Gründlichkeit  der  Urt heile  gewönnen  wird.  Weil  die 

{ran«us,  Richter  mehr  Mufse  haben   (Rec  will  nicht  sa^en^ 

dafs  sie  diese  Mufse  immer  gut  anwenden)  und  nicht  von  dem 

achlimmep  Nummernfieber  mancher  deutschen  Gericht««  befal« 

}en,  auch  nicht  durch  die  Geschäftslast  geistig  niedergedrückt 

werden,  bedarf  keines  Beweises«      Uebrigens  haben  die  fran« 

adsischen  Appellationsräthe  allerdings  Geschäfte  genug,  wie^ 

dies  schon  au  vor  in  Ansehung  der  Tribunalsri^b^^r  angedeutet 

wurde.     Die  UrtheilsreJaktion  ist  ein  Häuptgespbäft^  der  Ap- 

pellatio^sräthe.     Das  GeschäftsverbäUnifs  des  Kassationshofea 

ist  im  Kap,  VII  geschildert,  und. trefflich  aufgefafst,  nur  Ltättei 

(S,  101 — 103)  bei  def  Angabe  der  Gründe  der  Cassation  dio 

classiscbe  Abhandlung  Ton  Sire^  in  der  dissertation  pr^imi«« 

naire  seines  Code  de  pro^^dure  annote  benutxt  werden  sbllen« 

Dafs  der  Kassationshof  die  Übrigen  Gerichte  durch  seine  Ar^    ' 

tSu  nicht  verpflichten  kann,  dals  daher  das  Gericht,  an  wel^     ' 

^es  die  Siehe  aur  neuen  Aburtheilung  gewiesen  wird,  eben# 

$a  wie  das  vorige  Gerjcht ,  desseta  Ürtbeil  (lassirt  wurde,  ur« 

theilen  kann  ^  dafs  also  dann  neue»  Cassation  gesucht  werden 

darf  (S«' J04)t  ist  richtig,  ebenso,  als  dafs  es  zuletat  au  einet   * 

authentischen  ErklSrnog  komitien  mufs}  allein  mit. dem  Lraby«, 

rinthe  (von  welchem  der  Verf,  S.  106  spf  icht^  sieht  es  doch  nicht 

So  schlimm  aus ;  Schon  überhiiupt  sind  die  Fälle  der  bebarrlicheii 


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528    #«ueibieh  fib*  ÖvffeAÜk  n,  BCdlk.  d'.  Qetmi&ügk.M.  B^lt. 

,  [Wide/setzuns  der  t|titeren  G^rtchtsbdfe^gegen  die  AfiiNitnildie 
ähs  Kassationsbofeft'eine  grofse  Sdtenheiti  und  es  muM  eiira 
ftcftir  wiclitige  R^chtscontroverse  da  teyiiV  bk  der  Fall  eintritt; 
fibrigens  ist  er  nicht  zu  vermeiden  ^  Wenn  man  nicht  die  Aus« 
«prüche' des  Ka^sationshofes  als  absolut  verbindlich  'Erklären 
will;  geschähe  aber  dies,  so  würde,  die  Recbtsbildung  znoi 
Stillstand  verurtheilt  seyn,    wäbreiid  nach  der  jetzigen  Ein- 

^  richtung  der  Kassationshof,  wenn  er  weiseurid  gerechte  Aus« 
Sprüche,  gi^bt,  den  geistigen  Zw^ng  auf  die  Gerichte  ausflbt 

'  und  die  rärtheien  ebenso  aU  die  Advokatc^h  und  Richter  nach 
der  jurispr/uderiCe  de»  Kässatiohshofeä  fragen^'  ohne  dafs  der 
Kassatiot}sbof  gebindert  ist ,  besseren  Ueberzeugungen  Aauita 
itu  geben  uiid  später  aridere  von  der  bisherigen  abweichende 
änzunehnieny  daher  wenn  mäti  die  arr^ts  des  Kas^ationsbo£es 
Vor  18129  und  die  spätere  Jurisprudence  studir't^  allerdings 
öh  eine  VefSchiedenheit  der  Ansiebten  sich  findet)  die  Cassa^ 
tion  dans  l'inter^t  de  la  loi  (Meyer  esprit  origine  et  progres 
^     des  institutions  judiciaires  vol.  VI,  p.  188  hit  ihr  e'ine  gcist- 

.  reiche  Lobrede  gehalten)  hätte  eine  gröfsere  Erörterung  vcr- 

'  dient.  -^  Die  frahzös.  Juristen  beUaiipten  ,  dafs  tnan  nur  swei 
Instanzen  in  Frankr<*ich  habe;  der' Verf.  (S.  110)  hält  diesen 
Satz  för  unwahr,  er  soll  nichts  Weiter  bedeuten,  als  dafs  man 
sich  g^en  dasselbe  ErkeVintnifs  der  Appellatiion  nur  einmal 
Bedienen  köqne;  de^n  det  fVanzös,  Prozefs  J^ann  ja  auch  die 
requ^te  civile  und  das  Kassationsge^üch  und  da  die'ltassätioö 
mehrereniale  gesucht  werden  kann  ,  so  fehlt  es  f  .Wie  der  Verf« 
zeigt  ^  nicht  an  Mitteln ,  den  Prozefs  durch  höltere  Jnstapzen 
In  die  Länge  zu  ziehen.'  Allein  Kec,  hält  den  Satz  :  il  n'j  fl 
^ue  deux  degr^s  de  jurisdi'ction  «iit  der  .Uebersetzungf  e« 
"*,  giebt  nur  zwei  Instänzeni  wirklich  für  gegründet  j  die  requßte 
civile  (viel  weiter  gehend  als  die  deutsche  restitutio  in  inte« 

'  gr um)  kämmt  selten  zur  Anwendung,  iirid  ist  so  schwierig  in 
der  Begründung,  dafs*  man  sich  wohl  besinnt ^  ehe  man  «e 
Anwendet;  die  von  den  drei  Advofcatei;;  zu  unterzeichnende 
Consultation ,  welche  die  yecjuöte  civile  gut  heifsen,.  ist  nicht 
teicht  zu' haben;  und  ohne  dieselbe  wird  dies  (jeiuch  nicht 
'Ähg'enbmmeii;.  auch  hat  wieder  die  röquöte  (die  auch  keine  De* 
Vblutivkraft'bat)  noch  die  Gassation  suspensive  Kraft,  so  dafr  4 
die  Vollstreckung  ies  Urtheils  nicht  gehindert  wifd« 

{Fortsetzung  folgt»} 


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Qbogle 


Jahrbüclier   der  Literätutii 

i^euerbac^J  ^W  0efl[<^atli^Qhtiheit  und;  Mün4^eliif.ejlfc 


-^    "Ddaucli  irt  CivilWthfen,  efce"dfö'€astfaHdh  viri/kntb  In  dW 
*SitzLitig  von  den  Palt btitii  plücJirt  ^werdeH  kann,  daS  Gesuch 
ziOü^st  an  die  .i^ctlcjil   des  rei|üet^4   Icöaiöit,  Vtreldhfe  ftbei*  die 
'2^uläs5lgkeit  der 'Kas^atioh  eiit^cti^ide''t^    und  in  d^n.  m^ilBteh 
Tätlen  schon'  im  Kfeiiiie  .die  KassytioH^verhandlur/g*,   tr^nn  dai( 
Geiucli  grundlos*  bder  ciiicrfnöuS  scfhfiilt,  abschiieidet,  So' ist 
die  Gefahr  nicht  so  g 
hv  casfsift,  nicht' äiil 
Recht j  zusagen     di 
fier  höheieil  In^tari^  , 
Idas  Recht  haberi  mfif 
üitd  Vdn  allen  uVipar 
ۊ,  dafs  die  Entschei 
und  der  Hof  im  Rüc 
^i/n  liegt  in  der  Öhfei 
Sri'Ätrafrechtlrcheh  Yli 
Kassatldnfert  nkh  t  z'ü  i 
die  Kassation  nicht  £ 
"autii  m  Civilsachell 
"ijeutschen  Ob^^efrcl 
"iifet  den  von  defrfran 
der  Kässatiolishof  da 
Praxis  bev^irfcen^  V 
Tm^  tarnen  ]V>\\Y' 
^eyfehja  doch  nfefet^ 
gtOAde  de^Kasi^(itiönj 
'^iö  Rfec.  glaubt;    ä 
'Rechtsfrag<*n'  ah  'dl6 
ÄÜch  'forrmeH^die  AuS 

XViU.  Jahrfr  6.  Heff/  M^ 


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den»  sie  doch  ouiterldl  den  grdCiten  Einfluft  autOben»  nmi 
das  Schwanken  iitxic^n  Entackeidutigen  def  OepichubOfe  swar 
nicht  aufheben  9  aber  doch  bedeuteud  rermindern«  Jeder  Ad« 
vokat^  ehe  er  eineOiutefibenHinaiti  fragt«  welche  Anticht^ 
J[^r«<«PMtM>ii«^of.ü|er  dif  Atditatra^e  k|iVsl»Bt  birfi^tt^jtP 
der  Staattprokurator  ii;  aeinen  Ixincluflionen  macht  auf  die  ar« 
r^ti  dea  Kasaationabofei  aufmerksam,  und  so  ist  bei  einer 
grolsen  'ZäCTron  Cbntroreraen ,  dber  deren  Entachefduiiglnoch 
Tor  swölf  Jahren  die  Schriftsteller  und  die  Gerichtabd£» 
achmokten  ,  durch  die  cqnatanten  AusaprQ^e  des  Kassation«« 
bima  i^hiW  OleicblSrmigkeit  der  Entadi^dfungen  eiii^cMfart 
worden.  J^  üfuptattkM  VHI  TÖn  4fr>in9treiliEinrichtiuig 
der  franaös.  Gerichte  schildert  der  Verf.  rS.  121)  die  Wichtig- 
keit der  Huissiers  u«^  (S^  ^22)  jißV  Qretfiers;  mit  Recht  ist 
bemerkt,  dafa  wir  in  Deutschland  gar  keine  Ihnliche  Stellen 
^lachweiaen  können.  Die  Seele  eines  firanada«^  Tribumda  ist 
der  Träsident  (±26),  t)er  Verf.  bemerkt|  dafs  häufig  in  den 
.Sitaiingen  nach  geschlossenen  Verhandlangen  bei  der  aoge« 
^anntc^nBeratbung  bloa  der  Präsident  au  den  Kichtern  aprtclity 
,dfs  iÜrtheil  vorschlägt  und  die  Richter  nur  durch  Kopniicken 
^er  Meinung  beitreten.  Dieser  Funkt  hätte  noch  mehr  her^ 
^^oi'&ehoben  werden  sollen  |  es  ist  dies  eine  ziemlich  allgemein 
^in  Frankreich  vorkommende  Klage ,  dafs  die  Presidenten  ein 
^fO^^groCsea  Uebergewicht  über  die  Richter  ausüben  ^  undnidit 
^Itpn  sifb  beleidigt  finden  f  wenn  einer  der  Ricbter  eine  ab- 
^weif^f  nde  Meinung  aufst^len  wilL  pa  gewöhnlich  die  Be- 
oratt^t^^  nur  im  Audienzsaale 4  jedoch  fieheim  und  nur  dnrcb 
^)eif^a  Sesprec^en  und  in  die  Obren  nfistem  gescfaiebt,  §a 
.^ferqen, durch  diese  schlimme  Sitte  die  grüodlicnen  Delibera^ 
jl^ffnen  gehindert  9  der  Richter^  welcher,  eine  abweichende  An« 
jsic^t  vortragen  möchte^  aber  sie  in  Gegenwart  dea  Volks  durch 
leises  Besprechen  dem  Präsidenten  ins  Öhr  0daterii  sollt. un« 
:,M;rläXBt  lieber  die' Aeufserung,  der  dritte  Aichtfrr  ha^  kaunr.dMr 
^ina  pfir  des  Fräsicjenten  geflüsterte  Meinung  dea  «w^i^en  J^pU 
^l^gen. gehörig  verstanden^  und  so  siegt  leider  «u  oft  die  iVlet« 
jjRtjune  des  Präsidenten,  Auch  verdient  noch  ein  anderer  Ufh^^ 
jatand  Tadelf  nämlicb  dafs. die  oft  ungeduldigen  PräsidfntiBn 
^fiine  ßo  ^rofs«  Willkübir  über  den  SchTuifa  der  Ver^amt|(ingefi 
«i^usüb^  Können,  Sehr  öfc  bat  Rec«  schon  selbat  aiicb  j^bfi» 
.|&eugtt  dafs  der  Präsident^  wenn,  der  AdVjoJkat  sprach f  .uiige« 
ifüldig  auf  dem  Stuhle  herumrücktef  odet  dem  Advoli;aten;ftu* 
jfief,  dafs  dies  AUes.  schon,  vorgekomoien  o^r,  dafs  ea  ^i^t 
ji:^evantseyf  oder  dais  der  Präsident^  wenn  ^iffie  2  AA^^^kattp 
^geapjocben' halten,    die  IHaidairie  für  geacblossen  /ttjkXktUt 


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^ftd'  dem  Bndifefi  iMvtikntäni  4^  vieÜeicfai  hocti  wichtige 
ftkeifche  Aufklätangen  bStte  geberi  kötitien,  das  O^bdr  ver- 
sagte; —  Nach  eiber  "Schilderung  de&'  Gescbafttfkr^lset  der 
Hegierungsbeblirde  (mifilst^e  pnblit)  S;  i3l — 5i  beilierkt  der 
-Verf*  S.  i36i  daA  dadurch  ^^  dafi  d^f  StäaUanM^ald  auch  alit 
Fitkai  tUireilefi  auftritt  «,  B.  vii'eriri  der  König  we^^rt  Kron- 
•ddmUtiibn  öd<^r  d%r  dtilliste  Farthei  i§t^  ein  Widerstreit  der 
^hteteaaen  entitehen  müsse  ^    iridenf  der  Staat^prökurf^tor  zu- 

Sleich  als  Organ  deä  Geletsei  plädireii^  und  doch  aU  Advokat 
ea  Kdnigi  aprecben  ikStt^  Dfes  rist  richtige  alleiri  die  Gerichte 
Wiaa««  dann  ieht  &ui  die  beideh  (^ualitäteii  der  Staati^b^hörde 
tu  tretihen^  iiad  bet^aöhten  d^n  ^taatsproku^dtot,'  y^bhtl  er 
tut  dei§  Fiscns  plädirt  ^  nicht  andari  aU  einen  andeVii  Advoka« 
<een.  Der  Vei-f;  bilHgt  das  der  Staat^befadrde  anvertraute  Amt 
,der  öWrirt^h  Stai^auBicht  über  dieGeHchte  f^Si  l38)  Ktfid  mit 
Hecht  vrarnt  <$r  voi'  der  Ansicht^  deh  Sta^t8|)rokufator  ali  eiheti 
'Staataapion  zu  betrachifrn;  yöräüjglich  hkttebie^h6cbb^inerkt 
^«rden  tollen ,  wie  wohlthätlg  xhe  Staatübehöide  mit  ihrer 
Aufsicht  über  Ndtäfkft,  Iluiisi6r#^  Advokateri  ti;  tf.  wirkt; 
\-Hat  irgend  ein  Untärtfaan  gegen  Veraögeruhgeijl,  NaChlafsig« 
*^fceit  öder  Fflichlv^M^igkeiten  eirTeS  Beanitenf  sich  zfii  besfcbwa«' 
■tep  i  ao  fitidet  er  an  der  Stafatsbehcl^de  ^inen  natürliöhei^  Ver« 
-ttetery  und  A^Ibst  attf  Oeiü^ht  scbfeiketdi^  Staatsbähdrde  ein; 
irdgt  die*  Unreg^lmäfiiigkeiteit  un4  ist  daher  einö  von  jiiden^ 
«B^mten;  der  garne  e^edifeii  möchte ,'  gefürchtete  Personl. 
-Auch  i«t  der  StaatsprökSt^tor  dei  Tribunal*  derjenige  9*  wel« 
^dh^i  ifuf  allö  Anfragen  dei^Fil-i^en^rtchter  uiifd  anderer  BeamtanI 
'entfcheidet^  und  so  iifafnöben  ÄegeJwtdrigkeiteh  vorbeiigt;  — 
D^V^rf.  »ufeört  «i^b  (S.  140^1457  itacbdrtfcklicb  gegen  die 
'A'n^itbt,*  dafäi  di^  Staat«^behdrde  das  Organ  ^ies  Gesetze |i' tfeyii 
-^oU;  e^  meint^'  di^fo  der  Richter  dies  Orgarh  seynriiüs^e,  dajj^ 
^keil^' Grund  dn  äey,  warum  der  Staatsanwalt  mit  ieitiet  Ein« 
-i|t^l-Meitii>ng  d^mfticbtei^eonegidni  gegenüber  StebeA  soll,^  däti 
•«uch  dadurch  vief  Zeit^rlusc  entstehe, ^  weit  di^  Akten  der 
-Änwäd^  er^t  vonf  der  ^taatibehcrrdö  studirt  werden  tÄhtüeti; 
-Ü^d  dafir  auch  die  Fälle  dei  Art,  83  Code  de  p^oC  ;  nach  v^el- 
'Chenf' der  ^Staatsbehörde  bei  gewkär^n  Pröcesiert  gehört  Verden! 
'i^ttfs^^f  auf  kernei^  ^n^q^uent  durtbgef{|farteifi  Aufsicht  b^i^uhe^ 
*.ii-'  OBenhüt  bittet  die  Ansicht  von  d^r  Staatsbehörde  als  Ör- 
«^ai^  der  O^^ötses  mit  d^m  Ca'ssationäböfe  ius^amifierr;  inii' Ih- 
tet^sie  des  Qeieizeii  kann*  der  S^taatsprokufatof  Kasfsatiorn'  et* 
*^gi<e*ferr,  und  ^  Wi*  ei^  nach  gefSlltem  Ürtbdif  dai  Gesetz*  ver- 
t tritt,  so  kann  er  erf  nach  französischer  Ansicht  vorbeugend; 
^^*d^m  ei^  di:e  Rich^e^  Warnt  t^nd  die  Foi^deruhgeii  des  Gesetzei^ 

34  ^ 


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53«    Tm^h^9tuOtmmrk.n^UiSk^h:S^^  ' 

hervorbellt.  Da  4er  Suafsin^ak  ulit  deiw  iurUpuikiice  4e« 
Kaffationsliofes  geoeu  vertratrt  9ejn[*Q\\f'90  Iftitt  tickaitkl 
verkennen  ^  diff  die  GrUncUichlEeit  der  Urtheile  darcb  g%it  g*» 
stellte  Conclusions  der  Staatabebdrde-  «ehr  befördert  mrdL 
Der  Zeitverlust  itt  ührigene  nicht' gr^a,  da  in  der  R^el  «O* 
gleich  nach  den  geachlossenen  Dehatarder  &aattprokur»«or 
aeine  Bemerkungen  machte  und  die  Anordnung  etnea  arbiift* 
liehen  Verfahrens  hei  dvn  fraDzÖ*»  Gerichten  su  den  Selten« 
heiten  eehOrt.  (Ueher  die  Art^  wie  tlbrigeaa  die  fransda» 
Fraxia  den  Art«  83~ai) wendet»  siebe  a;ut  >Cai:ir^,  .trait^  et  .^u#» 
ationt  tom.  I:  p.  160^166>  Dafs  die  fiskaliacfae  £igeiiadkaft 
der  Staatsbehörde  nicht  passend  ihr  sufcömmt  4  ist  richtig  (S. 
147>  geaeigt;  ebenso  ^  da£i  die  Funktion  einea  Öffentlicben 
Auldlluera  (S.  147)  aus  der  Idee  des  StaataanWalu  hervorgehe^ 
und  mit  dem  Wesen  öffentlicher  Hecht^flege  in  Verbindung 
-steht  ^  und  nur  die  ausgedehnte  Gewalt  4  welche  die  fran«da» 
Staatsbehörde  bat»  tadelt  der  Verf.  S«  148.  Rec  findet  die 
Haiiptgebrechen  des  frans^ös*  Instituts.»  tdaa  entschieden  £m* 
pfehhing  verdient,  und  voraüglich  ati€&;  sur  Erhaltung  der 
.Reinheit  der  Justiz  und  sur  Befreiung  derGeridite  vom  fremd- 
artigen Geschäften  diente  datin,  diils  de^^Staatsbebörde  tbeila 
so  viele  Befugnisse^  die  nur  dem  unpartheiischen  Unteraucbunga- 
richter  sustehen  sollten  ^  eingerfiumt  sind»  theila  dafa  sie^bi^P« 
all  ihr  Uebergewicht  als  Beamter  geltend;  macht^  und  dadturch 
das  Verhältnifs  der  Waffen  des  Angriffs  und  der  Veribeidi- 
gung  gestört  wird«  Die  b^te  Schrift  über  den  Zusammeii* 
hang  der  öffentlichen  Anklage  mit  dem.  Institute  der  Staatabe« 
börde  ist  von  Robillard  Considerationa  snr  rinstitution  da 
ministre  public  dans  le  Systeme  de  raeeoaation  judiciaire. 
Paris.  1821.  Bei  der  Darstellung  des  Notariate  (unter  dfn 
irom  Verf.  S«  149  angf führten  Sdoriften  isttdfea  Werk,  w^ 
ches  offenbar  da^  beste  über  das  Notaviat  ist,  dictionaire  du 
notariat  par  une  societelV.  VoK  Paris  1822*-^  24«  nicht  an« 
geführt)  bemerbt^der  Verf.  S^  151  ^  daXs  noch  immer  inFrjaok» 
reich  das  Notariat  als  Privateigenthum  betrachtet  werde^  in« 
dem  ein  Notar  zum  Vortbeile  eines  jeden,«  welcher  dic|.gi^ 
setzliche  Eigenschaft  besitzt,  darunter  unter  Xiebenden  ^finrlH« 
gen  kann«  xlec.  mufs  jedoch  bemerken,  da£i  dieser  MÜsbri^v^ 
erst  seit  einigen  Jahren  in  Frankreich  allgemeiner  Wirdt  und 
früher  nur  in  Paris,  jedocb  nie  von  d«r  ilegierung  gehiUi^ 
sondern  nur  Ausnahmsweise  geduldet^  vorkam«  0er  Ver£ 
.  S.  154  gesteht,  dafs  die  Notarien  im  Ganzen  einen  gea^^^en 
Stand  bilden^  dafs  aber  auch  viele  MifsbrSucbe  vorkfttyi^, 
dafs  das  Gesetz  oft  i(mgangen  werde  und  die  Notarien  hUfUa^ 


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iSr' AJbt  all  Friiraflfpeimlation«n''k«tliittt9nV'  G^WitSi  Wfttd# 
itiaii:MwOftsöbt  kiib^iiy  daTf^dep^y^rt  tittittiiRdUGher  tidiiiibetf 
datfrLnsÖft.  Notariat  gi»{la£iert  liäet«f  di^  Mehrssafal-  der'^kit« 
rfckttn  JtirUten  hat :¥oitt  Notariat  itodh^ütcrit  ^ie^  ficfatige  Vor«^ 
^tAlnn^,  und  'sahbti  di^^gow6h^ith4¥Aii^9  Ober  <}ie  ui^geheue* 
retiiNotariatagebOhren  kt  ung«gräiidift«'  Freilich  massen  die' 
Contrahenten  dem  Notar  grolke  Geldiüiiinien  einbändigen^  bU  ^ 
lein.nar  ein  sehr  kkMi#rTbeil  gefaxt  dem  Notar  ^  und  die  ei* 
ganilichd  Sunii»e4ftüHp^da^  ej^regivtrement^  da»  der  Notar  su 
•fhäben  hat.  Hierin  Iieigt  ein  Hfiiuy^übeUtai^cl ;  der  Notar  mufs 
ieitieActe  binnen  lO  Tagen  ei:iiregTStt<iven  laeten  und  die  sehr 
hohen  Gebühren  dafür  besah len^  weil  daa  bureau  d'enregiatre« 
Hient  aioh  nur  an  deli  N^ar  hält,  '  DaÜureh  werd^h  dieNotare  ' 
genötbiget»  aeht  beHeutende  VorsehO«se  für  die  Fartheien  zw  ■ 
machen  >  weil  die  Uniter thanen  aelten  sogleich  bei  der  Auf« 
nahnfie  des  Actes  soviel  baar es  Geld-^  habeq  f  das  enregistrement 
besahlen  su  kdnneh;  daher  begreift  'man  auch  leicht ,  däts  der 
Notar  9  der  vielleicht  ein  Juhr  lang  auf  die  Beaahlung  der  den 
r.artheien  vorgeschossenen  enregistrements  -  Gebühren  warten 
mufs,  dazu  kömmt  von  den  Vorschüssen  Zinsen  zu  ,n*ehmen. 
Das  ganse  Notariat  würdo  selbstständiger  gestellt  werden 
können  und  im  Vertrauen  des  Volkes  gewinnen,  wenn  die 
bureaux  d'enregistrement  ihre  Gebühren  selbst  b^itreiben 
müfsten.  Ein  anderer  Uebelstand,  der  dem  franz.  Noiariatt 
schadet  I  liegt  in  dem  VerhUltnifit  der  Frirataqte.  ^Ein  wahres 
He#r  von  Winkelagenten,  Schulmeister,  Greffietü^  reti- 
tirirte  .Offiziere  u.  a,  bildet  die  eigentlichen  Not^rien,  oh«d 
den  Namen  zu  führen.  Der  Staat,  wi^lcher  ein  Interesse  hat, 
die  sehr iftliche  Abfassung  gewisser  Rechtsgeschäfte  unter  öf- 
fentlichem  Ansehen  zu  begünstigen,  wagt  nicht  aus  der  Rück- 
sicht, um  die  Freiheit  der  Bürger  nicht  zu  stören,  die  Vor»^ 
achrfft^»  dafs  gewisse  Verträge  nur  von  Notarien  geschlos- 
sen werden  sollen,  bestimmt  zu  erlassen,  er  rechnet  darauf, 
dafs  die  Partheien  selbst  ihre  Verträge  auffassen  Würden; 
allein  in  dem  kleinsten  Dorfs  findet  sich  ein  solcher  Winkel« 
»gent,  der  um  ein  Paar  Sous  d^  Partheien  ihre  Verträge, 
^eilich  schlecht  genug,  schmiedet.  Der  Notar  nun,  der  dies 
W^ifs,  hat  immer  gegen  dies  Gesindel  zu  kämpfen,  und  daraus 
kommen  manche  oft  geänfserte  Klagen  gegen  Notarien,  — 
Bei  der  DarsteUnng  der  französ.  avoueS  und  avocats  (S.  158) 
führt  der  Verfl  den  franzÖs«  Grundsatz  an,  dafs  Niiemand  in 
einem  vor  ein  ordentliches  Civilgerirbt  gehörigen  Rt^chtsstreit 
für  sich  selbst  postuliren  und  concludiren  darf,  dafji  ein  schar«^ 
l^r  Unterschied  aswiacheo  den  avoues^  die  ^as  R,vq[  %  ^u  postu« 


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Jure»  imd;im^CQncludk!9n;l>iJ^«iii  utid  «bn^«raia%  «icb  filid^ 
die  für  «ji4«r6  pl9diffi;&  dj|r{eii..  Der  ^erL^  «ebildert  fß.  167> 
die  hol^  Cltri^ns^e  ^,  we^p  der  frai|s5#«^  A4yQfcateii«tand  ein« 
nimmt^  («^n.  inter<^§(i^^^  Qe|ipiel.  rpa  *Sreiaifttbigkelt  uail 
Beredsi^iliJi^eit  ist  $•  l48-rrl72  Hogeführt)«'  Pdr  Verfw  b$rmerJEt^ 
dafa  die  Stella  einef  avqu^ala  eia  PrivaCeigeitthum  des  beitelW 
ten  und  sein  ^iqreau .  ^etade  genannt),  mn^  ^ipUtalgefecbli^keie 
die  mit  dei|  Frosessei^  als  f  ertii|ei|iS<tttd^tt  yer^aCiert  weisde^' 
so  di^s  oft  ein  splcheS;  .V^aarafi^ager  üin  liOOOOe  ^r^tilu^n  i^er« 
knuf^^^rde,  Einfs  ]^artbri^  ^eld^  in  i  Frankreich  ypr 'dem 
ord<mtlipb!9li<Qaricbtesjtreil6n.inu{a,  Ist  (wieS^^  175  bea^ckt 
wird)  vom  Augenblick  ^et  Bes^ellui^g  d^  arffu^  an  didituüebr 
l|err  ihref  Streites;  ^ie  bat  kein  Mittel (  den  Frpsefs  dem  Ad« 
vokaten  wieder  absunfbineB^  die  Voryerbaiidlung^n  ^  bis  die. 
Sdcbe  auf  die  röje  käaie|  4AuerteB  ins  Ufient^icba«  g^^g^n  Zö^ 
gerungen  der  Advpl^atep  sey  kein  Mittel.  (S»  178)  und  die 
ocbriit«fil:ze^  da  sie  na(^  Qogen  bdsablt  würden,  kennten  be^ 
liebig  ausgedehnt  werd^^n,  sp  dafs  C:(^ce||lipnäs^hriften  Ton 
40^50  Bogep  in  Ffaft^refch  k^ii^e  Se^tepbeit  wären  (S^  179)1 
^Diese  ^phuderung  giebt  ifreilich  ein  sehr  |iieder  schlag  ende« 
Oe0aäl4e  von  4eni  fr.anzds.  Frp^^sse;  allein  es  sey  dem  Ret« 
erlaubet  ^uqb  einige  ^einerkangen  au^  seiner  £rfahrunc  bei« 
EufQgen^  Pafs  keine  ^arthei  ihren  Froig;efs  selbst  ffibren 
kunfiy  ist  richtige  allein  nur  in  sofern  yoi^  der  Anstellung  ei- 
nes aypuf^  die  B.ede  fst ;  4^*  Gesets  w^fs  nichts  von  restitu« 
tiQ  liegen  erpr  u«  a.^  es  seta^t  voraus»  dej^s  jede  Farthei»  weU 
fbß  streiten  will^  auch  die  Foi^men  des  Gesetzes  kenne,  und 
da  es  b^j  4er  Vorvertiandlung  auf  gewisse  Termine  und  au£ 
r^cbtigQ  Insinuation  ankommt , /und Entschuldigungen  voraus^ 
^ufet^en  findi  wenn  nietet  ein  rechtsgelehrter  Anwalt  au&e« 
stellt  i^t  t  da  4as  Gesetz  auch  4ie  an  das  Tribunal  gehörigen 
f  ro^e^se  ifchpn  als  lyicbtige  betrachtet  ^  so  ist  die  Forderung». 
4afs  ein  Anwalt  da  sey ,  ni^bt  zu  hart..  Aach  m  Deut$(;^]an4 
best^l^en  ja  fib^lipbe  Vorschriften.  Da  die  Mehrzahl  d^'r  ^ro*« 
ze^se  an  die  Friedensgerichte  kömmt y  wo  die  Farfhei  ke^nea 
An^alde^  bedarf  I  da  jede  Farthei  bei  der:  Fla^doirie  selbst  das 
Recht  h^t  (Ausnahme  s,.  jedoch  im  Arf«  Q$  Ca4e  de  proc.)  ^ire 
(^i^se  zu  yertheidigen,  so  findet  man  dije  Yctrs(;hrift  der  Wbtb- 
lye^digkeit  eines  a^Que  nicht  drückend.  Was  den  Verkauf 
der  ^fude^  der  aypue  betrifft »  sp  hängt  di^  Sache  ao  zusaminen. 
Wenn  an  die  3t^.le  eines  verstorbenen  pder^onst  abtretenden 
aTpu4  ein  neuer  ernannt  wird,  sp  ist  es  |Vegel ,  dafs  die  F^r- 
theien»  welcfie  d^n  yerstQrbenen  qder  abtretenden  Anwald  ge^ 
wählt  hatten y  demjenigen,  der. an  seine  S^teJ^le  tritt f  die  For(* 
^etzung  der  Frozesse  übeilassen  '^  Mezi^  bedfir^'  def  neue  ayoue 


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d»  bithith  gMaJbmtAtett'  Jyc^n\  «iid Jte  d«if  biibefl^r^Adralult 
dl#ie  Axiten  betitst,  sd.VerluUiftittii  «dfcr  8ei|t^£rbe  s«i«i«fc«4li£ 
dem  fleaen'AnwakI«,  und  AbeiitrSjgt  irtwiii  Rc^lUty  i^iVd«i^i 
neue  «ogleteb  eilte  bedeiiteiide  Zehl  ron  ttoze^mem'  hkkömntt*» 
Will  aber  die  Birtfiet  dem  neu  ertttnnteli^Aii^aM«  di«(  Fort«« 
•etBtt«g  de«  Frotesiei  hiebt  fibertmgeiiy  -  «o  bttngt  ttiee  tfeitt; 
von  ihr  ab,  und  mit  Unrecht  glavbteniaii'y  daili  die>Paiibdi  e^ 
iriebe  viregen  dürfo^i   weil  sie  keinen  miidere6  AnwaH  £n(bi^ 
Wittde«     0a  bei  jedei^  Tribunale  wemgitelne  $  his  »ß  Jknwäl^ 
find )  und  jeder  frob  iity  neue  ^oaes  au  erbalten  9  ee  bat  die 
Farthei  niditä  zu  beaorgen,     Ueberbaupt  ut  ▼<»!  Faria  und 
den  dortigen  TerblUmtaen  kein  Scbluf«  au{  den  Zuclfaod  in 
den  FrovMicen  tu  machen.     In  Faria  sind  Ireilicb  etwa  6*-^10 
Ad^rokatc^n,  die  wafnre  H«rren  sind,  tmd  deren  Geniiiiitftt  dief 
Farcb^ic^n  schon  etwas  tbeurer  erkaufen  müBBetif  die  sieb  dla« 
her  auch  wegen  der  Menge  fhrer  Prozesse  nicht  so  leicht  ^8^ 
len  lassen«     Wetni  man  glaub^^  dafs  ein  franad^.  Advokat  über 
alle  Klagen  der  Fartbeien  erhoben  sey  ^  $q  berücksichtigt  man    . 
nicht  die  Einrichtung,  nach  wielcher  die  mit  demAnwälde-nnzu« 
friedenen  Fartheien  sieb  an  die  Staatsbehdrde  wend^  können^ 
die' eine  strenge  Aufsicht  über  die  avoue^s  föhrb,  undden  sSumi^ 
gen  Anwald  warnt ,  oder  bei  dem  Tribunal  das  geeignete  Ver«» 
wrbr^n  gegen  ihn  einleitet.     Was  die  Kostspieligkeit  der  Fro« 
aesse  uhu  die  VorTerhandlungen,  insbesondere  die  Exceptions«« 
Schriften  von  40—50  Bogen  betrifft ,  so  mnfs  überhaupt  be« 
merkt  werden»    dafs    auiser   Faris   eine   xiemlich  allgemeind 
Fraixis  unter  den  Advokaten  gar  keinen  vorhergehenden  Schrif*/ 
tenwsfcbaal  annimmt f  sondern  die  Sache,  wenn  die  Klage  in« 
sinuirt  und  der  Anwald  des  Beklagten  bestellt  ist»  von  der  thä^ 
tigen  Farthei  aHif  die  Role  und  in  die  Si tauifg  gebracht  wird« 
H^gegen  ünde*t  sich  ein   sehr  wicbtiger  Gencbtsgebraucb  in 
Ansehung  der  conclusions  motlves«     Da  die  Advokaten  nach 
deni  Geaetse  von  18O8  drei  Tage  vor  der  Flaidoirie  ihre  Con* 
clusionenf  die  eigentlich  nur  aus  3   <^der  6  Zeilen  besteben 
könnten  y   auf  der  Cerichtsschreiberei  hinterlegen  sollen  9  ao  ' 
bat  man  die  Sitte,  umständliche  und  niotivirte  Conclusionen^ 
die  jedoch  gedrängt  oft  auf  einer  oder  auf  swei  Seiten  die 
Hauptsache  darstellen  f  einzureichen  9  in  welchen  die  Haupt»  ^ 
gründe,  auf  die  sich  der  Anwald  stützt*,  enthalten  sinrf;  dies 
macht  die  ganaen  Vorverhandlungen  der  defense  und  reponse 
unndthig,    und  wirkt  zugleich  wohlthätig,  weil  sowohl  der 
FrUsident  und  die  Rinthter  vor  der  Sits^ung  au  gr^^  den  Stand 
nnd  die  entscheidenden  Gesichtspunkte  des  in  der  nächsten 
Sita^ung  vorkammondaQ  Froai^aaea  kannen>tnfii  und  sich  voi:«  . 


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der  Ym^^  yen  den  haUcierf  ^i  JOaA»  ^ditac^r  iClavse  ran  Be^ 
»mttfi  icbiei0iid«Mifs]>riuche:roQkQaimeiil  i$t  nklit  zu  Jä<jg^ 
litiiy  ItUeiliesdaif fikbtanbiȣai(Iutc^Ugtbl0il>eA9:daCi  in  Fr^nkhf 
iwiek  noch  spjele'bais^fli^^atMdfegr&äVQititioiiAseit  v§Nckof^mpti^ 
die  lei^ler'  diis  aÜte«  *G«wrabiakf Ifezi  .nlebtj^UegQn^  ,IUc.^<  derf 
mit  denigrftift^iVQisarUiQibn  §eg^n  di^  .buiiaier^  in  dicAhssi^^ 
g^gendtab  i^ao»,  .>nu£i  b«ke»»g^;.' daC»  die  Gebt  j^dbenjang^  ilicbl;. 
pQ  grofi  fkii)«  .oU.eritiob  d^  J(nftitat^  daicbte^  -uiidjdeff  G|:9ii}4> 
Kegt  iii.d^r.streiigenAufttcbt  der  3taa^<^h&>^^  über  dir h'tii«^ 
>aierk^  weldie  «a  hiebt >  wiig^n^  dütrfen,' acbteic^e^  S«r triebe  »4* 
maeb^fif.  weil  dkirch  eine  oder  die  aqdere  Partket  das.  Unvecbo* 
hM  entdeckt*  werden  würdet  .  Nur  bei  A^m  Exe^tititjnaver? 
febreh  finden  f icb  4tnch.  grofie  Mängel^  die  aber,  all mftbUg'  itK 
Rb^nfaaiecn  und  Rheinpretiften  wenigfil  füWbai  wei^deii,  aeit 
die  ineoen  G0seü£e,dieXeitung  der  2wang»Tisi'ftnrsvrupg  der. 
Mobil jeii  den  Friedensi;icbterj)  wie  in  Pr^fgöpi , oder  den  N07T, 
tarsen»  wie  in  Bai erh  tibertragen  haben;  -*-  In  der  Abtheijusg 
\l,f  von  dem  französi^eben  Verfahren,,  Abtcbnit-t  l.  voit'der^ 
Oeffentlicbkeit  ^er  Gerech tigkeitsipflege  jn^  Fr|lnk reich, benpterk^ 
der  Werf«  (S.  i93),  daft  nur  das  in  der.Au<^e»B  VofiooMrfenda 
dffe|it]i)<Üi  ist^  alles  aufae^  der  Audienz  vorgebende  ist  ea'nicibftt^ 
linrcdie  Bewei^handlungen  im  Civilproee«*»  .roachien  (3.  196)i 
dadoa  in  sofern  eine  Auspabme  9  als  ati^htdie  Betheiligtei>  däi« 
bei  gegenwärtig  Säjn  können.  DieVorverbianclIurig  ^iu  Qiviln 
proResse  ist  njcht  aff^ntlich  (S.  198).^  Daa  NämliAe  tritt  bei 
dem  Vorverfahren 'in  Strafsachen  ein  an4  diis  Beratbu>)g -und 
Prtbeils&ndupg  ist  Oberhaupt  geheim..  .  D^  Verf.  :(S3t2Q4i 
gestabty  dafs  aller  sorgfältigen  Beobachtung  l^ngeadite^  4ein^ 
tleberzeiigung  von  der  JNotliwendigkQit  lii^d  Würde  der.  Ge-^ 
ricbtsd^nüi^^bkeit.  nicht  durch  den  leidesten tZweife}  ^r^CbOjbii 
tert  wordcrn  sey ,  er  wideplegt  (S,  ^öf)  diei  Einwend^iigeiH 
daft  durch  Oeffentlicbkeit  da«  Ünglückfd^S:  Anklagestand«^  VQr-) 
ftäaliph  für  gebildete  PeraoneBj  aebr  .vermebtt  werdft,,  1>de» 
dau  die  Uribef^nge^nlieih  .und  üöcksifht^sigkeit  d^r  .If ^u- 
gin  leide,  oder  diei  Ankläger  s&u  grofsi^r  Ge&ijir  blas  .ge$telH 
•WSre.  •  (Höchst  gci^trejidi  und  jk^^tig  bat  ^chon  im  ißt&% 
Jabrhändert  der  Crimiballjewtenant  'Ayräult  4«  4eii1e>ii  We^ke  \ 
l*o«dref  et  instcuctior]  judi^siaire  döns.  les"  anciens  Qrec^.et 
Bomait^  ont  u«e  jdans  Ie$  QCch%io^8.:pubUcfj((äS.  F^ria  157'6U 
p.  d32—  63  die.  Einw<?i^du^ge»v  gegen  ' EttblisfiÄät  ^widert 
legt.  Wie  wahr  ist  ^W4s  er' S.  ölö^a^gt:.  J'inocewt  i^i^  «ern 
Hawaii |il«inemeot4b<kai4flJPi,Je  c«Hpq[blÄ  jtuni  t^rop  justeip^nj^'i 
^I  y  a  toujour4,  .qt(el(jue  chose  k  red^re,  si  leur  proces  Va  ete 


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/' 


vAt^^t  Csit  es  p<ib}ic;'q|}i^'af#q9  ulmolfMioni  qf9'«Atp9|tj|er|  U 
VMbli«  tant  «[fi^il  youdr»9  ilnep^hU^  ^^  fjB  ^.mI  e$t  ecrit). 
Ifr.  V,  Feuerbach  erJUärt  aber. 6,  212 f  dafs;,«c  qie  Formeii^ 
imter  wel(;beiv  «lieb  die  Qeffeiit^clikeit'  in  Fratikreic)i  ^«ciat^ 
][^icbt.  billigen  könne^  dal^  fr  g^^t^he^n  tpöMf^.dalJi  dieselho^ 
gjrofiea  Tb«il/i  «ehr  auf  dat  Scbna^,^  9la  auf  da^  Se^i\  berech- 
net« oft  gerade. das  AU6r,we$ent|ijchite  dem.  gebi^ji;»^  Piinkel 
überläfst»,  Die.AiidieiTzen  der  Friedeaarrcbt^f- und  die  Trin 
bunale  i^ter.  )I{^s^ans  s^yen  bÄu^g  leer  ,(S.  2J3)>  bäufig  «ey. 
nur  ein  aus  V\Teibi>r^9  Bettlern.,.  t>cbu}ki^dernM.  a«  bestehen* 
4«s  PuhliJiwn»;  gfcflßnv^tlrtig;  (fer  Verf  fftr<|«*tt:(S.  219J,  dafn 
Wjt^im  Oeffen^Ucbkeit  in  Deutschland  VFieder  fing^fOhrt  wörde^ 
iie  n^ic  Au^schiuXs  aller  Personen  weiblichen  Geschlechts  nui: 
auif  Z^ilassung  achtbarer  dui^cb  Eigvnthuni,  Amt 9. Gewerb»  an« 

eefebene  Qöiger,.  die  scho^n,  4^i|  ^ytaat^bürgereid  geleistet  ha- 
eA,,  zu  beschr^ok^n  sey.  --^  Die  Au^ftUirung  dieses  .Var-; 
fcblags  dQrfjto  <^ch  .wohl  manche,  Bcdei^ken  haben,  weil  da-^ 
4uf^cb  ersiC  an|  Eingang  des  Sitj^^ungssaales  eine  oft  nicht  ganz 
leichte  und  nicht  schnell  beendigte  Untersuchung  der  nOthigea 
£igenschaften  des  Eintretenden  npthig  würde;  jeder«  welcher 
eintraten  wollte,  .mdfste  alle  oft  weil^läüfigen. Legitimationen, 
mitnehmen,  der  Fremde  wilrd^B  dann^gar  niclit  Zutritt  Hndenj^ 
undMancher,  der  ein  vielleicbt  sehr  erlaubtes Jnt<ire^%^, hätte;, 
der  Verha/^dlung  ilber  seinen  Fr e;i;nd  beizi^ijwphnen ,  müfst^, 
aiuigeschloss^n  werden,  weil  er  noch  Bicht  ^i>geAte)ltf  .oder, 
angesessen  ist.  Selbst  die  .Willkühr  derjenigen.,,  weldbe  über 
die  Zulass^nil^fätiigkeit  entfchf^iden^sollten,  würde  durch  ein<^ 
aolche  Vorsiiriit.  gewisser* nicht  sogleich  i^urst^-licb  efk^nnba-, 
rer  Eigenscihahen  der  ßinfretendeh  zu  sehr.begün^^^g^*  ^ 
Scheint  Alles  i  yf^%  man  fordern  k^nn,  gethan^,  weni^  nur  fCin* 
dem  undtP^r&atien  des  weiblichen  Ge^Cnlecbts, der  ^Mtritl:  ver-^ 
Mgt  wird^  ui^d  selbst  in  An«el;»u»g  der  letztere^  möchte  ^ocli^ 
Bedenken.^}) walten.  Soll  9^^  di<e  jp;hefrau  qder  M^^t^  Q^^i? 
Schwester,  de^  Aogekl^ten».  Qber  welchen  ge^rthetljt.  \rird^ 
oder  foHen, weibliche  Verwan4tet  die  bei  einejpp  Famiüenpro-, 
se^sse  zwär;ni(:}|t  ^Is  Partheien  >  aber  dqch  miftflj)^r  interessirt 
$ind,  völlig  vpn^der  Sitzung  ausg^schlossej^  .seyi^?i  Der  Vev.f^ 
(S.  22'j)  führt  manche  nicht, sehr  erbauliche  j^pt^zen  über  dia- 
Art  ,1  wie  die  QeflfentUchkeit  sich  in  Frankr^ic^^  ^^W«lhrt,  z,  B^^ 
von  schJafejidpnjRicbt^rn;  ^ll^in  man  d?rf  Rolfen,  daXs  unsere 
deutsclien  J^ristfn  deswegen  uicbt  über  die  ,Qe^entlicbkeit 
flen  Stab  bt^chen  und  vielmehr  eiwä'gen  werden,  dai's,  wenn 
solche  Erscheinungen  da  vorgehen' köunen,  vyo  die  Gegenwart; 
^^  Pub)4(^ii}S  dje^Ri^ht^r  im  ^am^e  ^alfef^  spllte^  d^s  UebeJi 


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^oA  MlAt«r  ddrty  wo  iit  ItfthtA:  tliibeWttclil  nni  unbcob^ 
aicbtet  in,  sitb  ein«cUeiclien . IraMtr.  -Im  Abicbnitt  II.  T^n  detf 
MOndlidik^it  ^^s  yerfahi<eni  behauptet  iklr' Verf.  8.  226 «  dafo 
dat  rein  mOndltche  Verfierfai-eii  nur  Bei  Friedentgeritiilen  uti4 
Tor  den  ordentNchen  Gc^ftchten'fiiir  in  («uinm^risdkien  SacbMT 
vorkomme^  dsciichrifrlich- oHSh dHche  dagegen  hfA  dem  ordenU. 
liehen  Froaesee  die  Regel  Bilde;  aNein  da  die  sebriftljcfae  Vor* 
verifiandlung  gär  nicht  wesentlich  ist,  da  nacH  dent  Grundsatae 
der  fVanadl.  Ver&hrens  das  6ei*icht  nur  auf  d^n  'G>und  des  in 
der  Aadiena  mtthdlich  Vorgebrac^hten  urtbetlen  dairf ,  so  dürfte 
man  doch  wo^l  die  mOndliche  Form  als  Regel  aufstellen  utt^ 
selbst  der  Umstand,  dafs  d4)i  Gericht  ein  schriftliches  Verfoh« 
ren  aiioi'dnen  kann^  flnderl  nichts,  weil  diese  Anofdrtung  erst 
eintritt,  wenn  die  tnflndKche  Verhandlungen  schon  geschlos* 
gen^  aber  nicht  genOgehd  befunden  ist,  und  w^l  diese  in« 
struction  part  ecrit  nur  hdchst  sehen  vorkömmt.  Üeber*  den 
französ.  siiminatischen  Jroaels  bemerkt  der  Veffi  S,  231-^9, 
dafs  ein  Hauptfehler  in  der  Einrichtung  liege,  nach  welcher 
auch  im  summarischen  Prozesse  eine  Farthei  nicht  e4ine  Bei« 
stand  einei  Advokaten  plftdiren  kann,  er  tadelt  (S.  234)t  dafs 
die  Lehre  vom  summarischen  Froaesse  nur  so  nebenbei  in  el* 
nem  Winkel  des  6esetabüchs  (S.  404)  vorgetragen  werden^ 
lind  dafs  das  Gesetz  selbst  den  Advokaten  es  ^icbt  macbt^  die 
einfachste  Sache  in  den  ordentlichen  Frozef«  umzudtebeny  in« 
dem  das  Gesetz f  sobald  der  tStte  cohtestirt  ist)  den  summari^ 
sehen  Fro rief»  ausschliefst.  Rec.  bat  im  civilist.  Archiv  Band 
VII*  S.  385—9  c^ine  DarStellufi^g  der  summar.  Prozesse  nach 
französ.  Recht  zu  liefern  geäucfat,  und  gezeigt,  dafs  fCTr  die 
Mehrzahl  der  Fälle  summar.  Frozefs  eintritt,  so  dafs  die  Kla« 
gen  über'  Langsamkeit  des  franTtös.  brderitltcbeii  Fbozesses  auf 
keinen  Fall  die  Mehrzahl  der  F^He  treffen  kö^^nehi  man  mnfs 
nicht  verges^efci^  dafs  durch  da#  Institut  der  ^effi^r^s^^  {Code  de 
proc.  Art.  806)' jade  Farthei,  Weim  Oefabr  auf  dem  Verzuge 
ist  9  >in  lei^htes^  iVfittely  4^  Anspruch  sicher  zu  stellen  bat^ 
und  bei  dein  Friedensgerfcbten  itt  das  Verfahren  öhftehtn  sehr 
^in^ch  und  mit  keinen  Schwierigkeiten  ftir  dl«  Attbringung 
bfi  Bericht  Y^buiidep.  UebHg^ns  kömint,  wie  dem  ilec« 
von  lieb tupgswörd igen  franadii.  rraktikern  yersi<:bert  wurde« 
leichtsinnige^  und  chicaneuses.  Bestreiten  des  tttre  'do^h  nicht 
so  oft  vor,  als  man  wohl  glauben  möchte,  -r-  InSkzug  auf  den 
ordeAtlicbei|  Frozefs  bemerkt  d^r  Vfrf.  S.  240 1  dafs  das  V«r« 
fahren  durch  die  grofse  Zab|l  yon  incideni  y^r^Ögert  und 
durch  die  Möglichkeit  des  dabei  yorkommendeK  ^hriften- 
ipvechsels  erschwert  wird  (S^  243) t  da(«  auch  d^r  A^Wfdd  dea 


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N 


rto«ri»Mii  9h:  Oeffenllk.  u«  lUik.  d.  GencLtigk.  9äJ  BAT%    Ö39 

BeHigtto  et  leteht.liat,  durch  eine  Reihe  von  Einreileir  <ier 
Pflicht  der  £iiila8S4iiig  tu  entgehen,  daft  daher  oft  4  Vorpro^ 
«esse  vorl^ominen  f  bi*  es  rur  Hauptrerhandlung  kSSitMlit,  daft 
daa  Geästs  die  Pflicht  sur  ev^entfuelUn  Lttisclmtesta'tion  nicht 
kennt,  und  d^fs  häufig  selbst  vrenn  die  Sache  vn  die  Aiidieiift 
gebracht  ist  9  die  PJaidoirie  auf  die  nächste  jSit&ung  Vcrjegt  '  • 
ytiri.  -^  £in  grofser  Theil  dieser  Behaaptutigen^kdnn  nicht 
weggeläugnet  werden  9  allein  ^  wie  man  auch  m  D«H*tsch}and 
wenn  man  chicaniren  will 9  den  Prosefs  in  die  Ijänge  «ieheii 
kaiin,  so  geht  es  woU  aueh  in  Frankreich;  als  Regel  aber 
kann  9  wie  wepigtten^  Rec  ^tis  der  Beobachtung  der  Praxis 
Terscbiedener  Tribunale  9  wo  franz.  Recht  galt^  sich  Oher^eugt 
baty  diese  Veradgerung  nicht  angenommen  werd«»n.  Die  Vor« 
Verhandlung  zwischen  den  AnwäMen  (obwohl  sie  wesentliche 
Fehler  hat  9  s.  meine  Schrift;  der  gemeine  deutsche  Proaefs 
in  Vergleidiung  mit  dem  französischem  1.  Heft  S.  151)  ist  in 
der  Praxis  nicht  Jcostspielig ,  und  da  es  absolut  gesetslich  be*. 
stimmte  Termine  sind  9  innerhalb  welcher  gehandelt  werdet!  \ 
mufsy  so  können  die  Anwälde  nicht  lange  die  Siehe  hinaus« 
sieben;  gegen-  den  nachlässigen  Anwald  hat  die  Parthei  das 
Mittel  der.  Beschwerde  bei  ^sr  Staatsbehörde.  Was  die  In« 
Cfdentpunkte- betrifft,  so  ist  nor  dann  der  Prosefs  schlecht, 
irenn  ein  nachlässiger  Präsident  an  der  Spitze  ^%  Tribunals 
steht.  In  den  meisten  Fällen  wird  9  sobald  der  Anwald  z«  B. 
die  exceptioh  declinatoire  vorgebracht  hat,  das  Urtheil  auf 
der  Stelle  erfolgen,  und  noch  in  der  nämlichen  Sitzung  wird 
dann  verhandelt ;  da  das  Gesetz  (art.  1Ö6)  gebietet ,  dafs  alle 
dilatorischen  Einreden  auf  einmal  vorgebracht  werden  sollen^ 
M0  kann  oft  in  der  nämlichen  Sitzung  auch  darüber  entschieden 
und  dann  sogleich  au  fond  plädirt  d«  h,  lis  contestirt  werden« 
Dafs'auch  in  Deutschland  oft  über  eine  dilatorische  £inredo 
a&/B.  Legitimation  9  Monate  und  Jahre  lang  gestritten  werden 
kann,  ist  bekannt.  «—  Rec.  bat  ie^bst  schon  «age)) ort ^  dafii 
tfi  einem  französ.  Tribüne)  an  einem  Vormittage  m  der  näm- 
lichen Sache  zwei  Urtheile  über  die  flxcepttonen  «gesprochen, 
und  dann  au-  fbnd  verhandelt  und  noch  das  Delinitivurtheil 
gefällt  wurde«  Als  Hauptfehler  d^n  französ.  Verfahrens  be- 
merkt der  Verf.  (S«  260)  die  schriftUche  aufserger^tphtHi:he  In- 
struction derSache  durch  avoues  iind  huissiers  (daf<|  dieF|-axrS 
gelbst  nicht  überall  diesen  Seh riftfn Wechsel  ken^vt,  mit  Aus- 
nahme der  exploit  der  I^lage  i^nd  4er  t^on^titutigin  d'avoue  hat 
Kec.  schon  bemerkt).  EJer  Vtjrf.  erklärt  sjcli  (8.  263)  fpr  die 
Vermittlung  iindi  Leitung  de»  Verfahren^  dur$h^  das  Gericht^ 
und  ^  wie  Rec,  auch  gläub^  j^  ^^«^b^t     Al^^l^Vble^  des  frani^ 


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Vtmtmk»  erkennt  aucli  der  Verf.  (ä  $69)f  dafs  die  MOndKchkeit 
über  die  Gobabr^  besofarlnkt  ist  undtnsbeeondered^  Geset»  die 
BttWttislieÄdiungen  an  die  scbrlftliobe  Form  v«rweift;  in  Anae« 
bang  d«s2öageAbeweises  faalEec.  schon  lunstAndKdb  (im  Arcbir 
V.  Band  S.  MO). die  Mflngel  gerO^t^  fOr  das  Yer£ibren  bei 
dem  Augenacfaein  abef  bleibt  fait  niofats  anders  Qbrig,  ab  ei« 
neo  juge  'commissaire  die  Einkiabme  des  Angenachetna  auf# 
antragen^  weil  ^$  sckn^ierig  ^^yn  tn^Ate^  dafs  das  ganaeTri^ 
liunal  an  -den  K)rt  sieb  verl^ögtei  Dafs  das  an  sieb  so  treffliche 
Silitte]  der  intet  rogatoire  sur  faiaa  et  artidea  aebr  schlecht  in 

.  frans.  G>de  normirt  ist^  wird.  (S.  872]rrichtig  nachgewiesen» 
Haupt8t(H:k  V«  (S  276)  «btbält  die  Darstellung  des  Verlahrens 
vor  d«Mtt  Ka^sa^i;onsbo£e;.  der  Verf.  tadelt  die  Veranstaltung  des 
doppelten 'P^ec(Js8es ,   iiidem  «iterst  Ober  die  Zulassung  dee 

^  Kecursft?a. .'erkannt,  und  dann  erst  vor  einer  anderen  Kammer 
über  die  'sngi^lassene  Cassation  verhandelt  wird ;  erwSet  maii 
jedochi.  dafi  durch  diese  Eink'ichtung  einer  grolsen  Zahl  von 
Cassations  Verhandlungen  vorgebeugt  wii-d,  die  vollständig 
durcfagefOhrt  werden  müssen^  wenn  nicht  sogleich  anfange 
das  Verwerfungsdekret  erfolgt. wfre;  bedenkt  man 9  wieviel« 
Kosten  dadurch  gespart,  werden^  so  läfst  sich  doch  Mancfaea 
für  die  franzidsi^he  Einrichtung  sagen.  Was  der  Verf.  (S. 
292)  üb<r  das  Urtheilfinden  aus  dem  Stegreife  sagt^  iit  sehr 
ricbtigt  der  Vorwurf  trifft  aber  nicht  unmittelbar  das  Geaeta, 
aondern  die  Ungeduld  und  die  Despotie  mancher  Fräsid«ntenf 
treflnich  ist,  was  der  Veirf«  S.  30t«— 4  Sber  die  oft  eebörte 
Ein  wand  uitr  sagt,  dafs  nachdem  frans.  Fröaease  die  Ürtbeile 
liicbtgrüncuioh  aey.n  könnten.  Unsere  deutschen  Juristen  ver<» 
gessen  die  durch  Mündlic|ikeit .  und  Oeffentlichkeit  bewirkte 
unmittelbare  Kenntnifs  aller  Richter  vonder  Sache ,  wäh« 
rend  in  Oeutscbland  Alles  von  der  Gewissenhaftigkeit  des 
Referenten  abhängt.  Im*  Hanptstück  VII  (S;  3l5)  erklart  der 
Verf.f  dajs  niftn  nait  Unrächl  von  Wohlfeilbett  frianfcc»s*  lustis. 
spreche.!  Rec  giaul)t,  'dafs  .man  wohl  die  Kosten  des  Veri'ahf* 
rens  bis  man  das  Urtheil  erhält ,  und  die  Kosten*  der  Vollstrek^ 
kung  und  bei  den  Ersten  .d£e  .Kosten  der  eigentlichen  Rechts« 
pflege  und  die  anderer  Anstalten  ,  welche  damit  in>Verbindang 
stehen,  trennen  mufs*  Ein  franzds.  Proae&^bis  &um  Defini« 
tivurtbeil  ist,  wie  Rec.  glaubt ^  wohlfeiler,  als  ein^ deiUscher, 
allein  die  ICos^en  des  Stempels  und  das  enregistrement  ver«- 
tbeuern  die  Sache y  wovon  äb4r  nicht  die  Justiz,  sondern  die- 
Administration  die  Schuld  trägt.  '  Die  Gel^fUiren  der  huissiera 
aind  erst  bedeutend  9  wenn  es  zur  Vollstreckung  kommt.  Man 
«cbreit  in  Dbutscbland  ^^^^  die  jüosten  franaQsisAier  Justiz, 


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F^eÄaÜi  &r  Oefoittk.  ui  Mdlk.  a«  6«mteig|;  Pü/B^jt     541 

dhitr  6«  hSogt.nHr  von  ,deiili  Finafismlfiif tcrlo  afc ^  durch  4i# 
Aufhebung  oder  durch 'HerAhsetsung  dar  £iiir<»gi«tHrangsce* 
l>ühr^n  (d«nn  dus  Institut  hängt  «u  «töf  bttldc^oi  Itilnsd«.  Ci* 
vilrecht  8.  S.  bei  dem  UrkunoNenbe Weite  susammen ;  als  dafs 
nsaii'  es  so  schnell  aufbeben  könnte),  die  Justi«  wohlfeil  su 
unlieben.  Bei  der  Dauer  der  Frosesse  bringt  der  Ver£  (S,  dit) 
die  lange  Zek,  bis  die  Sache  mkr  in  die  Audiens  konimt,  die 
Schwierigkeiten,  bis  er  aium  PJmdiren  und  eiidUdi  siir  Ur» 
thfiilsf'ällung  kooMBt,  die  Masse 'der  iuctdens«  der  Mangel 
der  Streitbe&itigung  und  die  grÖfse  Zahl  ron  F^hrmliebkeiten 
und  NuUitSten  in  Anschlag.  «-^  In  der  Abtherlung  III« '  von 
dem  Verfahren  rn  Strafsachen  ibigt  der  Verf.  (5.  SS3)  der  An- 
mscbt  ron  Berenger^  dafs  der  Sactte  nach  die  Geeehwx^rnengei* 
ricjite  die  Ausnabfne  machen,  und  Von  den  Strafsachen  hdchsteus 
4m  Viertheil  von  den  Geschvrornen  abgeurtheilt  werde.  Dies 
ist  freilich  richtig ,  allein,  wenn  Stbon  hei  der  jetzijgen  Ein« 
richtung  die  Jury  oft  eine  L»ast  fttr  die  Bürger  wird,  würde 
•dies  nicht  yiel  mehr  der  Fall  seyn,'  wenn  alle  Sachen  an  die 
Geschwornen  gebracht  werden  müßten?  Auch  seheint  die  Idee 
der  Jury  nur  auf  schwere  Verbrechen ,  so  wie  die  crimina  bei 
den  Römern  m  judiciis  pubKcis  abgeurtheilt  Wurden  ^  enge« 
'wendet  werden  zu  dürfen ^  und  der  £rnst  und  «die  Wichtig- 
keit des  Criminalgebietes  möchte  sehr  leiden,  wenn  es  liuf  ' 
alle  Uebertretungei^  ausgedehnt  würde.  -  In  Be^ug  auf  das 
Vorverfahren  tadelt  der  Verf.  (S.339)  das  Institut  der  gericht- 
lichen Polizei  y  welche  mit  ihren  ^ahh-ieichen  Dienern  der  Bür- 
ger beobachtet  und  umstrickt;  dem  Kec.  seheint,  dafs  der 
Namen  schlimmer  als  die  Säch  e.  ist.  Da  e^  in  dem  Vorver^ 
.fahren  nur  auf  Constatirung  des  Verbrechens  und  auf  Sammlung 
von  Indicien  ankömmt  ^  da  noch  kein  Angeklagter  existirt,  so 
ist  auch  noch  kein  wahrer  Frozef»  da,  und  da  erst  die  Begrün- 
dung der  Anklage  nothwendig  wird,  so  ist  dies  eigentlich 
W^erk  der  Polizei ;  man  kann  nicht  eigentlich  sagen  f  aafs  dae 
frarizö^.  Vorverfahren  incfuisitorisch  ist;  denn  die  Staatsbe« 
hörde  ist  nur  im  Namen  des  durch  das  Verbrechen  ^erltt^ten 
Staats  der  öffentliche  Ankläger;  der  Untersuchungsrichter 
-handelt  auf  Antrag  des  Anhliigers^  und  der  Hauptfehler  liegt 
nur,  wie  Kec.  glaubt  a)  in  dem  vieldeutigen  und  vielumfat» 
senden  Begriff  von  deRt  flagrant^  in  dem  der  Staatsprokura« 
tor  in  Fällen  AeB  delit  flagrant  aufeerordentliciie  fiefugjiifs  er- 
hält^ b)  darin  ^  dais  das  Gesetz  nicht  bestimmt  genug  sich 
Ausspricht  9  it  we)chen  Fällen  est  o4Bcio  eingfwchrittfn  werden 
^iA\^  se»  dais  .die  StaatsIk^fidTde  in  vielen  F.llleii  auf  Untersu- 
chung antragen  kann,  wo  eig^fnei ich  die  AnkUige  dt*  Belisidig-  ^ 


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tm  odtr  4^  In  t^etMntcrii  abgewartet.  wad«n  4oB^   cf)  Hab 

idie  Staattbehdrde  den  Churaeter  ab  dffentlkben üakll^el-  nridit 

vein.ilurabüQbjrtt  und  .das  .Geüata^oder  den  Oericbtagebra^k 

riele  Unteraucbungskandluiigen  f  die.  deoi '  AnldS^  nicht  so«* 

aeeben  t olkea ,  de^  Staat^bebArde  ihberUfat.     Daia  da«  Yormt^ 

fabten  gebeim  iat  (S«3.^0)v  ist  ein  gegrandeter  Tadel ,  der-&» 

Ceseta  tf  ifft  I  und  schon  bei.Bteornston  des  ersten  Tbeste  ^hb 

VoHiegenden  Werkirs «  hat  Hec.  die  Nothwen^igjieit  einer  g«^ 

wiisen  Art  4^  OeflentU^^kait  des  Vorv^^labrens  vertheidigt^ 

«tid  besonders  acbltaim  wird  dies  in  Prankrfiob^  da  (^.  369) 

die  Atil^efiduog  dea  nettne  au  secret,  als. eine  Art  iron  Folter 

dein  Qeriebtsg^braucbe  nidit  fremd  ist,   obwohl  dies  Mittel 

allmihlig  iouner  seltener  wurde  |  und  auch  dem  Gesetze  feeiMl 

jtU  —   Oanä  YCiraäglich  ist  tirfihrend  des  Vorireifafarena  die 

persdnlidie  Freiheit  der  AA^escbvldigten  gefährdet  (S.  3M)^ 

es  bäi^t  tiu^  vom  Instructionsrichter .  ab ,    ein  Verhaftunga- 

mandat.au  erlassen  ^  und  s6  richtig  im  Gesetae  die  mandata 

de  compai'atioQ  depot^  detöntien,  d'arr^  getrennt  sind «   so 

w^enig  sind  sie  es  der  Sache  nach  in  der  Praxis;  ein  MandiA 

de  depQt  artet  leicht  in  .ein  Verbaftungsmandat  ans  und  leider 

«hat  der  Kassationshof  nicht  Jtreng  genung  äb^er  ^e  £inbaltiuig 

der  Unterschiede  gemacht  )(s.  sehr  gut  Xiegrairereod  des  lacunea 

et  des  besoins,de  notre  iegislation  en  reaüles  i^oliti^e  et  tcrl« 

minelle  V0I4 1.  p.  id^     Auch  darin  liegt  eine  Hiirte  ^  dafa  der 

"Wegen  crimes  Angeschuldigte  durch  nocfa^  so   grofs9  Canlion 

eich  nicht  ^oii  der  Haft  befreien  kaun^      Reebnet  ^an  dasu 

das  durchs  den  weiten  Begriff  von  delit  flagcant  bewirkte  aua- 

^debnte  Verbaftungsrecbt  (^.358)  und  dafs  durch  Opposition. 

der  Staatsbehörde  (5/  361)  $dbst  die  VoUstredtung  des  au£ 

Xfoslassung  de$  Gefangenen  ergangenen  Afisspfrucbs  des  TrÜH»- 

»ah  gebindert  .werden  k^nn^  etwtgt  man.die  lange.  Datier  dea 

Vorverfahrens  (8/364)«   *o  ist  dije  frana.  Vot'uhterSudbning- 

^ielfkch  tadelnswertfa.     Xieider  ist  über  den  Punkte  wann  dar 

•Angeklagte  wirklich  vot  die  Asiisen  gestellt  Werden  Soll^  dm$ 

tGeseta  C308)  und  die  Praxis  nidit  sichernd  geaug   .  (Di^  bes^ 

Darstellung  der  franz4  Praxis  darüber  s.  in  JVIarcel  de-Serrev 

.mafrruel  des  cours  d'asdises  vo>.  I.  p.  221)»     2>aS'fratoz5s.  Yoi^ 

verfahren  ist  nach  der  (S.  367}  von  Hrn«  v«  Fene^ach.  geSua« 

setten  Meinung,  inic^uisitorisch}  —  die  frai^aöälscb^n  Pralus« 

keV.  wollen  dies  nicht  gansi  a^ti geben »  und  wratiglFicbf  iü  4a 

Art  der  VeCbdr e  des  Untersuchunssrichters  mit  d^mi^Angeacliul* 

digten  tritf  die  Wichtigkeit  dei^  Frage  hervor.*    pie  £r£anguwi 

-mncB  Geständnisses  des  pr^<^end  ist  durchaus  nickt  ä&w  Zv(m£ 

des  Un^rst^hujigsri^hterf  ^  ea  wäre  die#ei^:.Zvveck  ichon^miitr 


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4em  Wesen  der  Oeffentlidiiieit  und  des'Ankbl|;^l!Qfi^fP^s  unh 
Y^rträgHcb,  und  di«  Verbdre  «oJien :  nuir  b^^4ri^  ^  d^fj^  d^ 
iknMechuldigte  «ich  üW  alle  Apfcbuldigungiipiiqkte  ArJUlM^f^li 
und  rechtfertigen  könne  und  i^she«andftre  t^bpt  dfißiGpwi^hli 
-der  gegeu  ihn  specbenden  Bewfi^e,  »i^li  erkläre;«      $cbiw^^ig|: 
der  Angetduildigte  beharrlich  ,  «o  get tattet  do^  da^  fran|iAi|. 
Geaetz  k^ine  Contuo^cialatr^fen  f .  und  w^nn  UnF^et^;ihurafr 
xichter  docQ  solche  Strafen  anwenden^  #o  geiicbiebt  es  ,wide^rref£t^ 
^icbf  nur  durch  das  lange  i^acbsjichtfg  geduldete ^ti^e^a^  sepret 
Jiatte  man  eine  Art  yon  Cfonttunqiciiultrafe.in  fanden.  -^  Autüf. 
die  Anklagskanunepr  entfcb^iaet  nur  0uf  den  Criind.d^  Actei^ 
i(S,  S73)f  die  leider  oft^at^^iue  nicht  sehr  gesetslinke  V^Jii»0 
.vollsef^llt  wordenslnd »  und  dada^Q^seta  .oSerdi«3ffugnifsi» 
4er  Inquirenten  nur  sehr  km^  ist;  so  häq^t;  M  Üoa  von  dem^ 
£Uten  Willen  und  der  Zartheit  der  Inf  ui^iMpnsrichter,^^  wler 
viel  sie  sich  erlauben  wollen  y  und:  man  nimmt  schon  dMiiregeo 
die  Sache  leichter^  weil  dt«  Geschwornen ,  wie  uMin  SiHigt,  doch 
nicht  auf  die  Act^n,     sondern    auf  dqn    Grund  der  in  der 
Sitaung  lebendig  vorgetragenen  Bev^eise  entfcbeiden  sollen. 
Allein  dies  ist  ejin  Irrthum,  und  die  Acten  des  Vorverfahrens 
fShen  immer  noch  Einflufs  ai}f  das  Schicksal  des  Angeklagten 
(S.  375)«     Parilber«  ob  der  Präsident  der  Assist  das  Ktfcht 
babCf  die  in  der  Assise  Melb^t  nicht  erscheinenden  Zeugen  ab« 
Jesen  zu  lassen  f  ist  in  Frankreich  groXser  Streit  und  grofse 
Juristen  (tu  B.  Carnot  instructlons  criminelle  tom.  II.  p.  1^4* 
JII,  p.  170)  behaupten  y  dafs  durch  solche  Ablesung  eine  Nul« 
lität  entstände  $    aliein  in  |ieUerer  Zeit  bat  der  Cassationshof 
(arr^t  vom  5^  Apiil  ]82l)  sich  bestimmt  darüber  au^gesprocbepV 
dafs  keine  Nichtigkeit  dadurch  entstände  (s<  npcfa  JVJar^el  de 
Serres  manuel  I..p..3l7— 26)«     Nach  einem  arrft  des  Kassa^ 
tionshofes  (arr^t  vom' 30«  Mai  ldi8)  darf  selbst  der  PräsM^nt 
den  Geschwornen  die  im  Vorverfahren  au^ezei<;hneten  Aussal«« 
j«n  des  Angeschul(|igten  vorlesen  lassen}   und  sa  sieht  mart 
|«icbt  i  daCi  die  ganze  Idee  der  Peffentlichkeit  in.  ]^f ai^fereicb 
verletst  ist  und  das  oft  gesetzwidrig  und  schlecht  geführte  ge^ 
h^ime  Vorverfahren  die  Gescbivornen  bestiii^men  kann^    Uebei' 
das  Unvfeseni  welche»  die  fninzöi»  Polizei  in  einigen  neue^ 
r^n  Verschwdrungsgescbichten  getrieben  hat,  liefert  der  Verf« 
cS.  384— '97)  *ebr  interessante  Notizen.  «—  In  Beaug  auf  die^ 
Urtbeilsflii}ung  klagt  der  Verf.  (S.  i|OI)  über  den  Leichtsinn 
und  die  OberMchlichkeit^  mit  welcher  in  Zucktpiofizeifälleit 
Urtheile  ausge.4prochf*n  werden  können  ;  der  Verf.   ist  inshe« 
sandere  dannt  unifufriedeh  ^  dafs' die  cofrektionelteniticfater 
nur    nach    ihrer   inneren    Ueberzengnog    ihr    IJtAi  it  fällen^ 


f. 


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;iMl|     t^raär^di^0<lferiili«;iranr.j;6^titi^.>B.'B.ll 

liicht  ^6 ;  'du  tiiKdr'iAi  C2trt^ro^^9«e-das  G«s«t«  cWd  RichteHi 
'kerne  SeW^ikth^Ot-ie  rorichteihrj^  so  schic^neil  auch  die<4rft* 
riciittfr'n^'ali  Geschwt^iVe^'M  Sprechen, ^  uhj  doch  erkonot 
liiali  ii^i  nicht  an  ^el^ii  ^<f 'Vf^kitg  aber  gtebt  tnan  et  in'Aniia- 
huhg  der  ^ufchtpoliaeigerijchte -zitiy  tmd  nimmt  Vielmehr  «ff, 
flaf*  dliä  AtchUl^  natb  d«tt  richtigen  Bemi^eisregeln  apecben 
vollen',  -ohnö  j&joch  dorcb  die  B<^chranküfigeti  derselbe  ^e« 
Ifunden'^utfeyn;  allein  R#«$«  glaubt ,  dafs-^diese  Ansidit  noA 
nicht  IregiWhdet  werden  l^hne ,  und  nur  da Jurch  entstanden 
'aey-/  Wetlman  ifi<fht  ehrlich  genug  seyti  will ,  uVn  su  gesteht, 
'dalli  die^tRt^hcörin'Frlmkir^ieb  doch  n^ir  quo  Oeaehworne  das 
ürtheil  ffellrti'.  •  'Na^  ^Inef  cektretchen  und  'richtigen  Daritef. 
fting  de)t  Ge^atei  der  engHs^hen  Jatj  (S.  4M^14)  erklärt  lid 
"der  Verf;  gegen  den  von  n^alHihen  Seiten- gemachten  Vorschlag 
duC^  mM  die  recht«ge^hrtert  Richter  mit  den  richterlichen  Ei- 
geftschäfteh  dir  G^schworrten  ausstatten  und  Qbrigens  dai  df« 
tentlich  ^  mündliche  Veifaht>en  beibehalten  sollte;  es  gißbt 
^nach  S.  4l9)'^k'eine  andere  Wahl »  als  entweder  keine  dilge- 
imet^e  ge^etelidi  vorgeschriebene  Bew^isnormen ,  alsdann  zm 
mindesten  ein  Geschwortiengericht ,  oder  kein  Geschwornen« 

f'reridit,  alsdann  aber  eine  gesetzlich  vorgeschriebene  Beweis- 
ehfe*  Rec.  stimmt  aus  voller  Ueberzeugung  dieser  Ansicht 
hei ,  ^edbth  mit  der  Modification  ,  dafs  wenigstens  dieBewei^ 
leh^e  keine  so' enge  sey,  wie  noch  immer  unsere  neuen  deut- 
schen^ Gesetzbather  sie  vorschreiben.  Man  sieht  ja ,  mit  wel- 
idher  Angst  diese  neuen  Gesetzbücher  die  Lehre  vom  kfinstli« 
<^hen  BeVreJ^e  normir'en,  tihd  übör  eine  Reihe  von  trage»»» 
Ä.  B.  ob  auf  den  Grund  ^er  Atistfage  voh  fcwet  Mifschuldigeö 
vollkommener  Beweis  gebaiit  w^^rden  dtlrfe^  schy^ieigen  doch 
vollstSndigstefr'  i^eüen  Gesetse.  Ein  sehr  merkwUrdiges  Ge^ 
Ständnils  a1)er  die  Unmögli^hkeitv  absolute  BeWeisregeln  g«^ 
'ietfelich  jtuf^ustelleii  y  enthält  die  neue  bannov.  Vef ord».  TO* 
1823  übef^  die  Aufhebung  d^  Folter. 


{Bwsehl-u/s  folgt,} 


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,'..  .  l .  .'i 


N^  35/  .     .  1825. 

H  ei  d  el  I)  e  1-  g  e  !• 

Jafarbitjpljeir  d^r  Literatur: 

-«     ...  -.:■   .,■  -•  ■.        .  >  ■ 

F.euerbiioh  übe*  OdfeptUchkeit  und  Mihidliefakdi 
'   '"        'dei*  Gerechtigkeits-Pflege.    Bd*  llw. 

{heschtu/si') 

:'  t>as  fcap«  IV.  (von  S.  420)  über  da«  französ.  Ge^chwöts 
^eiigferjcht  isb  höchst  uierkwüidig  durch  dia  vielen  IffopizeKif 
\Veicbe  der  Verf'.  selbst  von  Mitgliedern  der  franto^,  F^^i^skam« 
Üier  mitgetfcpilt,  erhielt;  dals  da«  jetzige  fVanz»  GeschwüTnen- 
(Je^i^ht  weder  die  hörgerjiche  Freiheit  sichert,  npcb  auf  einem 
consec[uenten  Prinzip  beruht,  gestehen  alle  Schriftsteller  ein; 
«v:hon  dadurch,  dafs  nur  Ürtheilsjury  da  ist  ohne  Anklagsjury 
^.,^3l)  ist  die  Verfassung  vel-stümfnelt;  die  Bil^Mng  der  Ge^ 
schwornenliste  \$%  so  schlecht ,  da|s  man  mit  Recht,  mit  Beren« 
jer  rufen  kann  J  voila  les  SöConunissairesl  Während. der  eng* 
^sctie  GeschvVvOrne  gegen  jede  möglich^  Einwirkung  von  Aus* 
sen  gesichert  ist  (6.  150)  is;t  der  französ.  Geschworne  allen 
tliniBüssen  des  Fartheienhasses,  der  Schmeichelei »  def  Volka<^ 
grinst  und  der  Klatscherei  Freis  ^geben.  Während  in  £ng-> 
land  die  Jury  nach  einer  tbeili  auf  Gefetze,  t^heils  und  vorzÜg^ 
'  lieh  aufjGeti.chtsgebr^uch  und  plte  An;! sieht; sich  tttttz^nde,  Be* 
lyeistheorie  il>r  Urtheil  baut,  hilden-  sich  die  Franzosen  oft 
ein  ^  dafs  die  Geschwornen  olj,ne  alle  Bew^istheorie  und  nur 
jißch 'innerer  ÜeJ) erzeug  '    '  "    Willkührf    sprechen 

«ollen.     Es  hat  Rec.  scho  )ftchern  (l$24S.  Ö09) 

cfie  Unrichtigkeit  dieser  jen  versucht^  ^ind   es 

in ufs  bemerkt  werden,  c  nz.  Gesetz  (a^n&ehd 

Art,  342)  vorausgesetzt  h  c})wornei:|.n>it.prflfen- 

dem  Verstände  die  Qrüiide  bw|igen  werden  ^  M^ß: 

liach  den  Regeln  ^  die   de  d  gebjijd^te  .M^^^  in^, 

Ijeben  zur  Erforschqng  c  >n  ThatÄache^»  ^ßvvieii- 

Jet ,  ihr  Urtheil  fallen  s  jlück  liegt  njur  darin,- 

dafs ,  währen^   in  England  die   Jiiry^  ^n  mit  der  Natip^  alt 
gewordenes  Jur'ch  tradiiionelles  Recht  fdrtgebildetes  Institut 
;i^VIH.  Ja^rg.  e.  Heft,  85 


fi 


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lS46     Fcaeibaeh  81).  Oetfentik«  n»  HMi.  a*  Geredit%k.  Pfl«  ]|,  1{» 

»r  .  '  .;*'."'*■ 

ist  9  die  fransöi.  Jury  «in  Kind  der  Revolution^  Win  In  das 

Leben  der  Nation  no#h  nicht  .ül^erge£an^ene%^  auf  keine  Tra» 
dition  und  im  Volke  fprKlebeiide  k-iobtfgeMäriitÄhnsicbt  gebaute 
Einrichtung  ist.  Vorsüglich  wird  bei  der  französ«  Jury  die 
Frage,  wichtig:  auf  #elche$tiiiai«n»ab}.da$  Ui\1iti|  «her^Jttif 
gebaut  werden  darf  (S.  478).  Alan  w^A^  wttf  die  frahida; 
Getetsgebung  so  oft  ihr«  Ansichten  änderte  y  und  mit  welchen 
N^thb«heUWaie  aich  ^pOtoe,  bk  d«r  sdriecbte  Art,  3dl  Code 
d'instruction  entstand.  (Am  geistreichsten  und  mit  der  gröXa« 
t«n  Sachkenntnifs  hat  der  bei  dem  yerf.  nicht  angeifihrte 
]aiarcf];4>  Sierres  manuel  VoL  L  p.  442.  Mch  ühit  dies«  Stirn« 
menaählung  frkUrt).  T^$  ist  gewib,  dals  d|e  G^schwornen 
in  Frankreich  wie  in  den  Bheingegenden  hSufigy  wenn  sie 
si^  nicht  bu  helfen  wissen ,  eine  verabredete  Mehrheit  der 
Stimmen  von  7  zu  5  bilden  9  damit  die  Sache  sur  Entscheidung 
an  die  Assisenrichter  komme,  und  das  Gewissen  der  Geschwor« 
nen,  wie  sich  manche  einbilden,  nicht  beschwert  werde. 
Wenn  man  aber  weifs,  dafl  die  Assisenrichtar  qft  gar 
nicht  so  sorgfUitig  den  Verhandlungen  znhörten,  weil  sie 
daranf  rechnen  durften,  da/s  die  Gescbwornen  das  Urtheil  Qber 
das  factum  flElllen  würden ,  dafs  daher  die  Richter  oft  Oberrlscht 
und  unvorbereitet  urtheilen  mfissen»  wenn  man  erfahrt^  dals 
nach  Art*.  351  die  Verurtbeilung  schon  erfolgt 9  wenn  nur  2 
Assisenrichter  zu  den  7  verdammenden  Gescbwornen  hinsu- 
treten^,  so  mufs  man  ebenso  die  Inconsequenz  als  die  Unge. 
fechtigkeit  der  französischen  Einrichtung  tadeln  und  die  Wohl» 
fhat  des  obwohl  eben  §0  wenig  consequenten  Gesetzes  vom 
24- May  1821  segnen,  nach  welchem  die  Assisenrichter/' un* 
ter  sich  über  den  Ausspruch  der  Jury  beratfaen,  \\n^  die  dem 
Angeklagten  günstige  Meinung  entscheidet ,  sobald  sie  von 
der  Mehrheit  der  Assisenrichter  angenommen  ist,  so  dafs 
wenn  auch  2  Richter  für  die  Verurtbeilung  stimmen,  der  An- 
geklagte doch  losgesprochen  werden  mufs.  Man  kann  aber 
auch  die  Gleichgültigkeit  nicht  begreifen  (sit  venia  verbo),  mit 
Welcher  die  Gesetzgeber  in  deutschen  Provinzen,  wo  französ. 
Recht  noch  gilt,  den  entschiedene  Ungerechtigkeiten  herbei- 
führenden Artikel  35 i  forthestehen  lassen,  nachdem  die  Fran* 
zolen  selbst  i821  ihn  abgeSi^dert  haben* 

Wirft:  man  nun  einen  Rückblick  auf  die  Resultate  der 
Beobachtungen  des  Verf,  so  kann  man  nur  darüber  staunen, 
Wievi^  und  wie  richtig  der  Ver£  in  U}  kurser  Zeit  beobacb- 
tet  haty  obgleich  Rec^  nicht '  iminer  den  Beobachtungen  *beU 
strnlmen  kojtnte.  :      • 

-  '  Es  ergiebt  sich  ^  wenn  man  die  französ.  Gesetz&ebung 


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;^0iiei;bMU  db.  O^enilk«  ür  MOlki  d.  G^recKUgL  PB.  B.  II.     547. 

i^it'i)en  ^^u^nisseii  de^  Erfabi'Uing  i^ergteicb^t  ^  w^9  wenig  Oe 
unbedingten  L*o^redner  jder^elbep  Glaiil^.en  vetdienenf  wi^ 
über  id  den  Gfuiidideed  die  GeseUgeliung  buchst  achtungs- 
i^ürdig  isti.und  nur  ai:i  dtir  Durcb'filbriing,  ibrer  Gi^undsätze 
incondequent  Wuitde^  wäbfc^rid  d^f  Gerieb Ugebfamch  die  JL^k* 
l^en  des  Gesetzes  njcbt  immer  auf  eirfe  den  jF*otde^urigeh  aii 
^ine  gute  Re^ts|>flege  «shtsprecb^hde  Weis«  ausgefüllt  bs^t^', 
VorzügUcb  db^r  ttberzäügt  man  sicbf  vi^ie  watir  ^d  ist;  was 
X^egfaveretid  in  det  getiialeri  Scbrift^  die^  la^ufies  et  des  bef 
^oins  de  nötige  legislatioii  eii  mati^e  poIitf(}vie  et  liriminelle.* 
Parii  1821*  IJ  VqI.  dutcbffthrt^  däfs  eä  Überall  in  Frankreict 
der  Cjesets^^bubg  ^n  «^iner  Garantie  für  die  treu)»  Befolgung 
der  Gesetze  feble.  Dief.Deutstben  baberi  dasGläckj  die  War« 
tiungen  ihrer  NaCnbdren  tu  benutzen  4  und  init  weis(er  tlück« 
«icbt  auf  uiisere  Verhillthiise^  ilbei'all  die  ^e.isen  £iriricbtunU 

Sen  des  Ausla^de^  ;Slc}i  ai^eig^eii  zu  könriei^,  ohhe  die  Fehler 
ersejben  oder  die  Mirsbräucbe  und  Entartqiigen  der  Ihstitute 
«ugileich  an^unehiiieha  Mochten  deuttfcbe  Schfiftsteller  mit 
Gründlichkeit  und  un|>art heiisch  häufig  einzelne  Institute  dei 
frau^ös«  Rechts  sa  behandeln^  wie  in  der  eben,  demi  Reo.  zu«  ' 
gekommenen  Schrift  das  Institut  der  Staatsanwaltschaft,  Leipzig 
lÖ25i  Hr.  Regierungsratb  Müllef  dietf  getban  bat. 

Mittermaier» 


ii  ^tleher  das  Uiurgischd  Reehf  evangelischer  Ländesfärsteii»  iiri 
theologisches  Bedenken  von  Päc ifi cus  Sittcerus.  G'öUingeni 
bei  V'aHdehhoeck  und  Ruprecht.     1824«      90  «S«  8. 

2i  N^hertf  Erklärung  über  das  Majestätsrecht  in  kirchlichen  $  te^ 
sonders  liturgischen  pingen.  Zur  Berichtigung  vieler  Irrthü^ 
,  luer ,  Vorurtheile  und  Mifsvefständnisse ,'  zur  Beruhigung  mari^ 
eher  Leser  und  zur  Rechtfertigung  des  Verfassers  gegen  unge-^ 
rechten  und  liehlosen  Tadel;  von  Joh,  Chr,  PT^ilh,  Aukusti^ 
Dr*  der  Phil*  und  Thtof,  ,  ordentU  Prof,  in  der  evang,  theoL 
Faculjtät  auf  der  Rhein- Universität  zu  Bonnj  K'önigL  Preuss^ 
Consist.  Räthe  in  dem  Königin  Consist,  zu  tölny  Ritter  Jf^v 
rothen  Adler "  Or de rfs  ü»'  s,  iv,  Frankfurt  d,  IVl.^  P'erldg  der 
Serntannschen  Buchhandlung.      1825.      Vllt    207   S:    8. 

Die  Erscheinung  einer  neuen  preüfsisrh^h  Kircbenagende 
bat  bekanntlich  schon  s^it  einigen  Jahren  eine  bedeutende 
Anzabf  voW  8tbViftste)I^nif  i\xx&  "f  h^il  auf  ^eh^  verschiedene 

13^ 


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Art  bescfaäfrigt;  in  det»  plien  Hui^jeröbrten  Scbrlften  fst  dicM^ 
Gegenstand  batiptdUcblieh  von  d^t  juristischen  Seite  Bulecu^ct 
Worden^  uiid  es  ist  allerdings  sehr  verdienstlich,  die««  S^ie 
genauer  zxx  iintetsuidh^n ,  da  die  Meinungen  Aber  das  Redit 
d^v  Regenten  in  liturgischen ,  so  v^ie  in  kirchlichen  Dinaen 
6he^baupt ,  gerade  in  der  neuesten  Zeit  wieder  so  hdraat 
kchwanktfnd  geworden  sind.  Der  Verf.  der  Schrift  Nr«  2  ,  ein 
Theolog)  gab  zuerst  dadurch  Veranlassung,  den  juristiftchea 
tjesitbtspunct  in  dieser  Angelegenheit  zum  Gegenstand  des 
$treites  zu  machen,  dafs  er  in  dem  zweiten  AbBcbnitte  seiner 
im  J;  182 3  anonym  erschiehen  Kritik  der  neuen  preufsifcheit 
Kirchenagende. behauptet  hatte,  das  Recht,  liturgische  Atiord« 
hunge^  zu  machen,  stehe  dem  Regenten  als  solchem,  kraf^ 
seines  Majestärsrechts  su^  zu  welchem  Ende  et  sich  auf  einige 
AnQtdnungen  Constantins  und  mehrerer  andren  rdmischen 
Kaiser ,  so  wie  Karls  d.  Gr.,  Lud wigs  des  Frommen 
ti.  s.  w,  berief.  Hiergegen  trafen  mehrere  Schriftsteller  ^  fast 
iUmmtlich  Theologen ,  mit  der  gr^fsten  Bestimmtheit  auf  und 
eine  besondre  Auszeichnung  verdient  in  dieser  Hinsicht  die 
Schrift  Nr.  i«,  als  deren  Verfasser  allgemein  Schleterma* 
eher  genannt  wird.  Die  meisterhafte  Art  der  Dar^tellungi 
so  wie  die  scharfsrnnige  Entwickelung  der  GrOnde  fCkt  die 
Selbftständigkeil:  der  Kirche,  verschafften  dieser  Schrift  bald 
einen.  anTserordentlichen  Beifall.  Der  Verf.  der  Kritik  der 
preufsischen  Age,nde  war  in  derselben  vorzüglich  angegriffen 
worden,  und  da  man  denselben  auch  in  mehrern  andren  c^chrif- 
ten  zum  Theil  auf  diö  empfindlichste  Art  bebandelt  hatte,  so 
schrieb  er  die  oben  unter  Nr  2.  erwähnte  Vercheidigungs- 
BChrift.  Hier  provocirt  6r  in  der  Vorrede  (S.  VII)  Torsüglich 
auf  die  Juristen,  von  welchen  er  eine  Bestätigung.seiner  An- 
sichten erwartet^  und  da  auch  der  Verf.  von  Nr.  1,  bekennt 
\S,  30),  dafs  er  sich  auf  juristischem  Boden  nicht  mit  vo]]- 
kommener  Sicherheit  bewege,  so  ist  es  wohl  gerade  jetzt  pas- 
send, wenn  ein  Jurist  diesen  Gegenstand  einmal  ganz  rein 
yon  dem  positiv -juristischen  Standpuncte  aus  beleucntet^  was 
in  dem  Folgenrlen  versucht  werden  soll;  vorher  mdgen  indes- 
sen die  beiden  entgegengesetzten  Ansichten  der  erwähnten 
theologischen  Schriftsteller  kurz  angeführt  werden. 

Der  Vf.  von  Nr.  1.  geht  von  dem'  Grundsatze  aus,  dafs 
eine  ReligionsgeseHschafc,  an  und  fbr  sich  betrachtet,  das 
Rt-cht  habe,  sich  seihst  und  ihren  Gottesdienst  zu  ordnen; 
betrachte  man  sie  in  Beziehung  auf  den  Staat,  so  kommen 
dem  Regenten  ober  diese  Gesellschaft  dieSelfitrn  Rechte  *b, 
wie  über  jede  andrö  im  Staat;  er  kdnne  sie  daheim  ri^Attg^n« 


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der  Y«rf)i<^Cei^  oder  ^esi^^i^,  Abänderung;  fc^rderns  alle: diesei 
|l<^cbte  «eyea  aber  blo«  negat^ive  ($.  li}),  j.  ^'ya,4er;Anwendung^ 
dieses  Grundsatzes  f^f  das  liturgbcl^A  Riecht , verwirft:  dabei;, 
^er  VL  (S.  14  ff.). die  Meinung  der j »n Ige.n, ,  welche  dem  Lan* 
desberrn^  als  solchem ^  wenigstens jBf^  A^cbj^binsiclitlicb.jdiei; 
^diapbora  (im  Gegensatfse  d^er  sacra  essen^j^U^^  gewäbren  ^  $o. 
wie  die  Bebauptiing«  dafs  dem  Regenten  dl^  K^rchengev^alt. 
(iberba upt  l^raf t  der  Staatsgewalt  zustehe.  Er  nimmt  vjelmebr^ 
ai^  (S.  3,7  f.)f  ^afs  dieses  Recht  dem  evangelischen  La^de^«if 
bt'i;rn  «eit  der  Reformation,  als  ein  .von  defi\^IM(ajeSlät4repht, 
verschiedenes,  durch  die  kirchlichen  Gemeinden  übe(tra,gei\ 
worden  sej  f  und  folgert  hieraus  (S,  47  f*),  dafs  ei«  anders^^ 
gläubiger  Regent  diese,  nur  d^n  pro^esti^ptischen  Fürsten 
übertragei^en Rechte  nicht  ausüben  dUrfe,y.dafs  selbst  von  den. 
protestantischen  Fürsten  das  li^urgbphe  JElecht  nur  dann  aus% 

S«Obt  werden  könne ^  wenn  eine,  wenn  gleich  formlose,  doch 
lautlich  ausgesprochene  f*or der ung  der  Gemeinden  vorhanden, 
tey  (S.  57  f.)<  und  dafs  deshalb  die  Ausübung  dieses  Re9hts. 
durch  Kabinetsbeschlüsse  nicht  für  zweckmdfsig  gehalten  wer*, 
den  icöune  (S.  6i  t)^  indem  vielmehr  die  bestehende  kirchlij; 
che  Verwaltungsbehörrie  vom  Regenten  au  veranlassen  sey,^ 
^}4f  die  in  dein  eingeführten  Geschäftsgange  liegende  Weisej^ 
die  Personen  zu  ernennen,  welche  diese  Veränderung  bear*. 
J;^eiten  sollen,  und  die  Forip  zu  bestimmen,  welche  dabei  zu. 
bcobaciiten  sey  (S.  69).  Bei  dieser  Gelegenheit  wünscht  in- 
dessen der  Vf.  (S.  71  f,)  ,  dafs  zur  Beförderung  des  Wohls  der; 
Kirche  die  in  den  meisten  Ländern  bestehende  Consistorial'» 
Verfassung  geändert  and  dafür  die  Presbyterial-  und  SynodaU 
Verfassung  eingeführt  werde,  und  berührt  zugleich  kürz« 
lieb  die  etwaigen  Vortheile  und  Nacht  heile  einer  Episcopal« 
Verfassung. 

Ganz  verschieden  von  den  bisher  aiigefübrten  Ansichten 
sind  dagegen  diejenigen,,  welche  der  Vf.  der  Schrift  Nr.,2..*n. 
verth<»idigttn  sucht.  Nach  einer  Critik  der  gegen  ihn  gerieb«, 
t^ten  Schriften  g^ht  er  in  der  zweiten  Abtbeilung  seines 
Werks  ( S.  63)  zu  einer  nähern  Erklärung  binsichtjicbdea 
lyiajestätsrecht^  in  kirchlichen-,  besonders  liturgischen  Dingen 
iQber.  Hier  begegnen  wir  gleich  Anfangs  der  merkwürdigen 
^chon  in  der  Kritik  der  Agende  von  ihm  vorgebrachten)  Aeus- 
Sprung,  dafs  er  sich  vorerst  aufser  Stand  fühle  und  wahrschein- 
lich stets  aufser  Stand  fühlen  werde,  über  einen  so  wichtigen 
Gegenstand  etwas  zu  entscheiden  (was  freilich  mit  dem  Titel 
der  Schrift I   wonach  sie  zur.  Berichtigung  vieler  Irrthümeri 


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^50^    Pftdf.  äimMnts  u.  iiiigatti  üb.  4.  'Iftiuig.  Rfoht  er*  l^nteHi 

Töt'unfa^fl^ 'bnd  MvfsTeritaiidniHe  dteif^n  toll,  nkht  «eln^ 
fibereinttimmt).  £r  betnflbt  sich  daher  Vor  allen  Dingen ,  vxi 
seicen  ,  dafi  die'  fiel^ftuptung,  disr  Regent  habe  ala  solcher 
aiicb  die  Rechte  Aei  Kirchengewalt,  rön  yielen  bewährten 
Scfariftstelkrn  angenommen  worden  tej  (S.  ^^  £).  Er  bemerkt 
sodann^  dafs  schön  die  jüdischen  Könige  }n  ^nger  Verbindung 
n^it'dem  Gottesdiei^st  gestapden  (S.  öl  f.^9  dafs  die  ernten 
christlichen  Kaiser  mitunter  liturgisdie  i^nbrdhungen  getrof* . 
fen  hätten  (S.  84  f.  ^,  dafs  Kirld.  Gr.  und  Ludwig  d* 
Fr.  ebenfalls  in  dieser  Hinsicht  besondre  flrwäht^ung  ver* 
dienten  und  dal'sf  auch  nachher  das 'liturgische  Recht  der  Für« 
^en  hiebt  unautgeübt  geblieben  sey  (S.  lOO  f.)  y  dafs  nament« 
lieh  bei  Gelegenheit  der  Refotjnbtion  jeder  Reichsstand  nach 
den  Principien  d^%  TerritorialSTSteins  verfahren  habe  und 
zwar  wegen  des  eiiiem  je<|en  zustehenden  jus  refbrmandi,  "vrel- 
ches  zuletst  noch  durch  den  .Westphälischen  Friedeq  au'sdrück« 
lieh  bestätigt  worden  sey  (S.  1Q3  f.)*  ßpäterhin  erklärt  er 
sich  noch  insbesondere  gegen  die  Annahmt:  eines  Vertrags, 
Wodurch  die  Kirchenge walt  auf  die  protestantischen  Regenten 
übergegangen  sey  (S.  126  f.)#  und  weist  namentlich  darauf 
^in^^  dafs  die  protestantischen  Fürsten  die  Kirchenordnungen 
nicht  als  Beauftragte,  sondern  als  Gesetzgeber  erlassen  hätten. 
Dafs  nach  dieser  Theorie  auch  die  andersgläubigen  Regenten 
liturgische  Anordnungen  fOr  ihre  Untertbanen  machen  könn- 
ten, findet  der  Vf.  nicht  anstöfsig  (S.  l4Ö),  sondern  betracb« 
tet  es  nur  als  ein  Unglück,  wenn  solche  Regenten  in  diesem 
Falle  ihre  Rechte  mifsbrauchen  würden  ,  weist  auch  auf  einige 
deutsche  Länder  hin,  wo  die  kirchlichen  Verordnungen  we« 
nigstens  im  Namen  .des  andersgläubigen  Regenten  erfolgt 
Aeyen  und  sagt  zuletzt  (^.  159),  dafs  durch  alles  dieses  natür* 
lieb  die  Gewissensfreiheit  nicht  yerletzt  werden  dürfe,  son- 
dern nur  die  adiaphora  Gegenstand  des  liturgischen  Rechts 
seyen.  Er  cieb^  5.  169  ssu,  dafs  in  den,  nach  dem  Muster 
palvins  eingerichteten  Kirchen  das  liturgische  Recht  bloa 
von  den  kircblichen'Gemeinden  ausgeübt  worden  sey,  bemerkt 
indessen  y  ^dafs  Zv^ingli  dagegen  für  das  liturgische  Recht 
dei"  weltlichen  Obrigkeit  gevfesen  sey,  und  dafs  man  bei  Ein- 
führung der  reformirten  Religion  in  vielen  deutschen  Ländern 
t^rritorialistische  Grundsätze  geltend  gemacht4iabe.  Scbliefs- 
lich  sucht  er  die  Art,  wie  die  preufsische  Agende  durch  Kabi- 
:^etsbeschlu|8  bekannt  gemacht  worden  ist,  zu  rechtfertigen, 
und  erklärt  sich  gegen  die  gegenwärtige  von  Manchem  vorge- 
j^lagene  Synodal  Verfassung  (S.  176  f.). 


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(aeif.  Sinccnis  u.  Augustl  iib,  d.  lituVg.  Recht  ev.  FOrsteo.      55  i 

Schop  oben  ist  bemerkt  worden ,  dafs  di^  folgende  l!r^^ 
^ng  der  von  dep  erwähnten  Schriftstellern  aufgestellten 
Grundsätze  über  das  Majestätsrecht  der  Kegenten  in  kirchli-, 
chei;!  Oingen  von  dtfin  5tandpuncte  des  jetzt  geltenden  gemei- 
xjen  Rechts  vor^enomoien  weiden  solL  Mao  kann  denselben 
^egenst£^nd  s^up^  von  der  reingescbichtlichen,  so  lyie  von  der 
pbiipsophischen  Seite  betrachten. nn^  es  bat  auf  dij»  au  zie« 
hende  Resultate  natürlich  einen  grofsen  Einflufs,  ob  man  den. 
€;iqen  oder  den.  andern  Weg  eins'cbJägt« .  Wenn  fs  pun  in  den 
beeiden  zuletzt  genannten  Rücksichten  unentbehrlich  ist^  auch' 
die  Art  und  W^\^e  genauer  zu  prüfen,  wie  in  frühem  Zeiten 
und  in  verschiedenen  Ländern  das  YerhältniCB  des  Staats  zu  . 
religiösen  Di ngeo  gewesen  ist,  so  wird  dagegen  der  positive 
Jurist  \ror  iülen  Dingen  die  Frage  aufwerfen  müssen,  welche 
Rechte  unsere^i  deutschen  Fürsten  hinsichtlich  der  in 
Deutchland  ^anerkannten  Kirchen  gegenwärtig  zustehe;!. 
Nur  auf  diese  Art  ist  vorerst  ein«t  sichere  Grundlage  ^u  ge- 
winnen, während  in  der  neuern  Zeit  häufig  die  S^cbriftsteller, 
welche  über  diesen  Gegenstand  schrieben,  durch  Vennengung 

tescbichtlicher ,  philosophischer  und  rein  juristiscber/Bemer- 
ungen  die  Sache  verwirrt  haben  *)• 

Oas  noch  jetzt  als.gemeines  Recht  bestehende  Grundge- 
setz, worin  die  rechtlichen  Verhältnisse , der  JBLeligionspdr- 
tbeien  Deutschlands  geordnet  worden  sind,  ist  der  VVest- 
phälische  Friede.  Einige  Schriftsteller  glauben  in  den 
4arin  vorkommenden  Ausdrücken  eine  Bestätigung  des  Terri- 
torialsysCems  zu  finden,  indem  sie  sich  auf  das  in  dem  J.  F. O« 


*)  Hierher  gehören  auoh  iwei  tod  zwei  Preufsischen  Reohtage« 
lehrten ,  die  •  ia  diesem  Jahre  für  das  Recht  des  Regenteo  iu 
dieser  Angelegenheit  aufgetreten  sind  ^  rerfafst^q  Schriften.  — 
Die  eine  dieser  Sehriften,  welche  anonym  unter  d^m  Titel : 
»Wer  hat  das  Recht  und  die  Verpflichtung^  der  evangelischen 
Landesg^meine  eine  gemeinsehafüiche  Agende.  zi|  gehen } «  er** 
schienen  ist ,  enthält  nur  allgemein  aufgestellte  RehaupCungeuy 
lind  läfst  selbst  die  juristische  Entstehung  des  Kirchea^Regi« 
meuts  der  eyangelisRhen  Landesherra  .anuntersucht ^ '  Die  andere 
ScliHft  C^t  Weidemann  über  das  Repht  des  Monaroheaj,  die 
Agende  vom  J.  1822  einzuführen)  kann  man  dagegen  wegen 
der  seichten  Mnd  häufig  sich  selbst  widersprechenden  B^hand* 
lung  geradezu  ^Dter  aller  Kritik  nennea,  — ^  ^ecensent  übergeht 
)>eide  Schriften  als  uabejeutead. 


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65$     Paeif.  Sneenis  u.  Augixf ti  üb.  d,  litorg.  Redit  ct.  Fürsten. 

art^  0*  $•  i2f  den  Lianclesberrn  beigelegte  Jus  refoirmand}  Jjieru« 
kn  9  wäbrei^d  die  Anbänget  des  ^picopalsjrsrem^^  Ije^.önder«, 
in  der  durcb  art.  5.  §r  48.  verftlgten  Suspehslon  der  bPscbÖflU' 
eben  Gewollt*  eine  Bestitigung  ihrer  An8idit"fand(!n  ,  die  Ter« 
tbeidiger  des  CoIIegiaÜysteriis  endlicb  rieb  ely^nfalls  -aUf  idiese' 
Stelle  berufen,  weil  durch  Wegfallen  der  bli^cböffitl^'en  GfeWalC 
binridltlicb  der|>rote8taliti«cbehR'eligionspärthel'die  u|-gprüag*^ 
lieben  Collegial^cbte  'der  Kircbe  von  selbSt  '>^te4er>  aufgeü 
lebt  teyen.  .  .  ,  <       :.      J        «. 

In  dem  Folgenden  wJrd  Rec*.  »ü  '«eigen,  stidben  ,  däfs  ,dte' 
Rechte  der  Staat  sgeiwält  unddie  der  Ki  rcbeng  ewalf 
namentlich  auch  im  Werftphfilischeri  Friedet^,,  dem  fVübertt 
Herkommen  gemäfs,  eüs  an  und  für* sich  Vei^stWedeilartige 
Befugni^sö  angesehen  \verden,;  xind  daft  da ,  i  Wo  beiderlei 
Rechte  ausnahmsweise  in  ^Inei"  und  derselbeVf  rersbri  seit  der 
Reformation  verbunden  worden  sind,  dennoch  di6  Verschie- 
detfheit  dieser  Rechte  an  und  für  sich  nicht  verkannt  werden 
.darfy  weil  daraus  noöh  jetzt  die  wichtigsten  Ffclg^ri  entsprin- 
gen. Als  Gruiidlage  dieser  Untersuchung  muft  eine  ticbti^e 
ErkUrung  der  wichtigen  Ausdrücke  j«j  refdrmarfdi  Und  jurisdictio 
^eelesiastica  iroraufligeheh.  £s  ist  aus  dem  Canon i sehen  Rechte 
bekannt^  dafs  man  unter  dem  Namen  def  jufisdictiö  ecclesiaseica 
die  Kirthengfewalt  überhaupt,  oder  dasjenige  ^  wa«  rtiaii  in  der 
neuem  Zeit  potestris  ecclesiastica  genaniit  hat,  verstand  (wel- 
che bei  näherer  Befceichnung  der  Kircbengewalt  der  Bischöfe 
auch  wohl  wieder  in  das  jus  dioecesanum  und  die  eigentliche 
jurisdictio  eingetheilt  wurde),  Ih  den  seit  der  Reformatioii 
gegebenen  Reichsgesetzen  ist  nun  auch  diese  Bedc^utung  bei-^ 
Behalten  worden.  Ganz  evident  beweist  dieses  der  §.  20.  de^ 
lle]ig]onsfriedens  v.  J.  1555,  i^^orin  es  heifst ,  dafs  die  geist- 
liche Jurisdiction  der  bist)erigep  katholischen  Kircben- 
behörden  hinsichtlich  „def  Augs'burgisch'en  Confcssions-Rfeli- 
gion,  Glauben,  Bestellung  der  Ministerien,  Ki'rchengc- 
Eräuche,  Ordnung',  Ceremonien  bis  ktt  endlicher 
Vergleichung  der  Religion  ^icht  exercirt,  gehrau^rht  oder  ge- 
übt werden  *  solle.««  •  ^s  wird'  also  hier  die  Pestsetzung  von 
Kirchengebräucben,  Ordnungen  und  Ceremonien  ausdriicklicb 
|ils  eigentliche!:  Bestandtheil  der  geistlichen  JuVi^'difctioo  ange» 

feben  I  jedoch  so,  dafs  die  Ausübung  dersetbeii  gegen'  die 
rotesftainten  yorörst  beruhen  solle.  Von  dieser  geistlichen 
Gewalt  heifst  es  nun  auch  in  dem  We8.rpli3liscfcen  Frjeden 
(3.  P.  Q.  ^rX.  5.  §.  4?.)»  dafs  sie  hinsic^tKch  der  Länder  der 
protestantischen  HeichSst^nde  su^pendirt  'seyn  spll«^; 
biniichtlicfa  der   katholischen  l^äi^de^  blieb  »le  iia^ü^rUcb 


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in  ihrer  .hislie 
dagegen  binsic 
S|irak:tigeb'raucl 
ftif  sein  Ijanä'^ 
geh,  %u  besti't] 
äThderuhg  in  d» 
Die  F^qtestant 
atidertl  ka,tho]iJ 
Mldete  sich  da 
e'in  ,  in  der  St 
desherrh ,  zu  1 
geführt  werdei 
Ausübung  Che 
schon' zur  Zeit 
dbeiri  Fürst  d 
das  jus  reform 
durch  den  M 
Recht.  Nur  d 
kenden  Verfas 
die  einzislnen^  1 
gewalt  hätten , 
und  Reich  die  ] 
IDieses  wurde 

§.  30.  festgesetzt,  wo  dieses  Recht  nach  einer  bisher  beobach- 
teten allgemeinen  Reichspiaxis   als    sümmtlichen   unmittel- 
baren Reichsständeh  zustehend  erk 
ist'  hier   der  Punct ,    dals  dieses   Ji 
sowohl  den  Reichsständen   katho 
tischer    Religion    eingeräumt 
oben  gesehen  haben,  die  Rechte  dei 
in  den  katholischen  Ländern  b^ 
Behörden  blieben,  so  folgt  von' sei] 

reformandi  nicht   zugleicti   di(  , 

gewalt  in    sich    begreift,  Vo  . 

VC  n'ver  scihieden  sind;  '       '   ' , 

.Wenn  iiuh;4i'esös  jus  reformandi  ziir  Zeit  f|e 
der  protestantischen  Religion  von  "der  größten 
W ä r ,  un d  d i e  PLech t e,  der  La n d es h er r n  ^s i ch '  hi ei 
schränkt  zeigen  konnten^  da  die  Existenz  der 
in  ihren  Ländern' von  ihrem 'W'^Ien  aKliing  ,  so 
doch  diese  Angelegenheit  ganz  a'pders  ,.nachdeifl 
den  Wpstphälisdhen  Frieden  die  rechtliche  t 
katbpli^hen  und  pifptiestantischen  JCi^cl^ti  in 
ßxiit  w^.     Was  bierasu^fSt  d^s  Recht  dW.  kalb 


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1 


5i4    Vüeit  Sineeras  n,  Aogtud  8b.  jl.  Iltorg.  Rceht  er.  l^nrsten« 

deiberrn   hinsicbdic1i|'der  in'  ihrem  ham  »ro« 

t  es  tan  tischen,  Kirche  b^tritft^  so  wie  um  pro* 

festantiscben  Landelherrn  hinsichtlich  der  che^ 

so  konnte  das  jm  reformandi  nicht  mehr  vöi  »Qbt 

wercfen^   insofern  dadurch  Veränderungei  Zu* 

'iftande  vorgenommen  werden  sollten,  w«lcber  zur  Zeit  des 
Entscheidungsjahres  statt  fand  (s.  art»  5.  $•  3l)|  wo- 
Lei  noch  ausdrücklich  festgesetzt  wurde^  dalii  eine  Aendrung 
c  )estandenen  Znstands  nur  dann  stattfinden  dürfe, 

1  e  chriltliche  Religion  entweder  im  Allgemeinen. 

'  (  n  iiew  einzelnen  Keichsst'Snden  und  ihren  Unter« 

1  gemeinschaftliche  Ei i^wiliigung  etwas 

A "uit  werde  (art.  5.  §•  3l  in  fin.).     Aber  auch  selbst 

zwischen  ^Lutheranern  und  Ileformirten  soll  der  Landesherr, 
wenn  er  etwa  von  der  einen  lleligion  zu  der  andern  übergeht^ 
das  jus  reforuiandi  nicht  ausCiben  (art*  7*  $•  2.),. 

Waren  zur  Zeit  der  Keformation  Fürst  und  Unterthanen 
in  dem  Bestrehen  I  den  neuen  Glauben  einzuführen^  vereiniat^ 
so  wurde  das  jus  r^formandi  natürlich  zu  Gunsten  der  neuen 
Kirche  gebraucht,    die  Landesherrn,  als  die  mächtigsten  Be* 
Schützer  derselben,   waren  bei  Einrichtung  6fii  neuen  Gottes-' 
dienstes  sehr  thätig,  und  sie  übten  bald  j^cla  die  Bischöfe  nicht 
bei  der  Reformation   mitwirkten)  wirkliche  Rechte'^  cler  Kir« 
chengewalt  aus,     Dafs  sie  indessen  diese  Rechte  als  etwas  von 
der   Staatsgewalt    eigentlich   Verschiedenes    ansahtm,    ersieht 
man  nicht   nur  aus   d^n    bisher   angeführten  Reichsgesetzen, 
sondern   auch  schon   aus  frühern  Ereignissen   ganz    deutlich. 
Die  von  den  protestantischen  Fürsten  mit  ihrer  Namensunter», 
Schrift  denl  Kaiser  überreichte  Augsburger  Confession   erklärt 
kelvon  det;  Kirchengewalt  ausdrücklich,  dafs  ein  Un- 
d  zwischen  Staats-  und  Kirchengewalt  sey  und  nament« 
d  darin  das  Recht,  Anordnungen  hinsichtlich  der  Kir- 
ebräuche   u.  dgl.  zu  treffen.,   als  ein    Recht  der 
—  ..^»engewalt  bezeichnet  (art.  de  pot.  eccl;  in  fin.),  je«~ 
doch  mit  dff  natürlichen  Einschiänkung,    dafs   dadurch  das' 
Gewissen  nicht  beschwert  werden  dürfe.      Eben  dieser  Un- 
schied   zwischen  Staats«    und  Kirchengewalt   wird    auch    in 
andren/ symbolischen  Schriften  hervorgehoben.      Daher  kam 
•s  dehn  auch,  dafs  die  Fürsten^  hiervon  aiif  das  innigste  über« 
seug^,  die  Veränderungen  in  Kirchensachen  auf  den  Rath  der  ^ 
Reformatoren  und  der  Landstände  vornahmen^   bisweilen  so* 

far  sich  aller  unmittelbaren  Einwirkung  in  das  Kircblidj^e  ent* 
ielten ,  wie  z.  B.  auf  der  Synode  zu  Homberg  im  J.  1526» 
WO  eine  ganz  selbstständige  Kirchenverfassung  in  Hessen  ein« 


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Pliäif.  Sneenis  v^  Augmti  fib.v  i.  iltuqr.  aMit  ef .  ^JlferVtetik     55S 

/rffihrt  wurde,  «reldre  «uf  Sj^noden  and ' dkn  CdlJ«gialrechteH 
der  ein£elnen  Gemeinden  beruhte.  Spftter 'wurde  indessen  die 
Consistonalver£assung  immer  mehr  ber,rffcbend,  allein  atteh 
auf  dieje  Art  blieb  die  Hauptsache  unverKndert*^  dafs  nämlich' 
Kirchengewalt  und  Staatsgewalt  in  rhrrstlicben  Staaten  an  m%d' 
für  sich  zweierlei  sey,  weshalb  auch  die  J>1rbt^stanti8chen' 
Fürsten  sich  stets  zum  Unterschied  von  den  katholischen  n«lten 
ihrem  Titel  als  JLandesberrn  auch  noch  den -eines  obersten 
Bischofs  beilegten,  um  dadurch  ansudeuten ,  dafs  ihnen 
die  Ausübung  der  weltlichen  und  kirchlichen  Gewalt 
znstände« 

Nach  diesen  dtirch  die  Reichsgesetse  und  schon  früher' 
durch  die  symbolischen  Bücher  begründeten^  so  wie  durch 
Farticularrecht  bestätigten  Sätzen' hinsichtlich  des  Unterschieds 
zwischen  Staats*  und  Kirchengewalt  mufs  man  das  Territorial« 
System 9  als  unserm  bestehenden  Rechte  zuwider,  geradezu 
verwerfen.  So  gegründet  nun  aber  auch  in  dieser  Hinsicht 
die  Behauptungen  der  CoUegialisten  sind,  $o  kann  man  doch' 
ihre  Ansicht  von  einem  zwischen  den  protestantischen  Regen«' 
ten  und  den  kirchlichen  Gemeinden  bestehenden  Vertrage 
(welcher  auch  der  Verf.  der  Schrift  Nr.  1.  huldigt}  nach  posi- 
tiven Rechtsgrundsätzen  nicht  vertheidigen,  und  sie  haben 
hierdurch  ihrer  guten  Sache  in  gewisser  Hinsicht  geschadet. 
£s  läfst  sich  nämlich  ein  solcher  'Vertrag  geschiciitlich  gar 
nicht  nachweisen,  da  einzelne  Reformatoren  oder  seihst  die 
Landstände  nicht  die  Kirche  als  solche  rechtlich  reprüsentiren 
(wenn  es  auch  factisch  geschah);  und  wenn  gleich  die  Uebertra-' 
gung  der  VVunsch  sämmtlicher  Unterthanen  gewesen  seyn  niag^ 
«o  ist  es  immer  eine  mifsliche  Sache,  zu  einem  s.  g.  stillschwei« 
genden  Vertrag  seine  Zuflucht  zu  nehmen^  eine  Fiction  ,  wel« 
che  freilich  nicht  viele  JNiJü he  kostet,  aber  eben  so  wenig  als 
bei  Annahme  eines  s.  g.  stillschweigenden  Staatsvertrags  zw 
wirklichen  positiv -juristischen  Folgerungen  berechtigen  kann. 
Die  Sache  machte  sich  vielmehr  so^  wie  Luther  in  der  Vor« 
rede  zum  Visitationsbuch  andeutet  (Werke  ed.  Walch  Tb.' 
iO*  S.  1909) f  wo  er  sagt,  »»die  Kirchenlehrer  seyen  wegen 
der  Nothwendigkeit,  die^Kirchenzucht  zu  bessern,  nachdem 
die  Bischöfe,  denen  die  Kircherivisitation  zustehe,  keine  An« 
stalt  zur  Besserung  gemacht  «—    den  Landesfürsten  angegan* 

teh  y  aus  christlicher  Liebe  für  das  Evangelium  und  das  Wohl- 
er  Unterthanen  zu  sorgen;  denn  ob  ihm  wohl  zu  lehren  und* 
Seistiich    zu    regieren   nicht  befohlen  sey;    so  Wäre  er 
och  schuldig,  als  weltliche  Obrigkeit  darpb  zu  halten,  dafft- 
nicht  Zwietracht I  Rotten  und  Aufruhr  sich  unter  den  Unter« 


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•/ 
thane»  eirg«be«<<  .  I)i^#€»  I^tttf  r^  Jki\kt  kodesherrlicb«  Rech^ 
M'odurcb  auck  d,9«  JM4.r «forma ndi  bfgründet  wird,  gab  näiii* 
lieb 9  wie  pbea  b^tsHu-kt  wurde,  dem  Hegenten  b^Ln  £tnlritt 
€^r  Rtfformaii^B.die  Befugniis^  n^lb^i;  zu  b^ftifiiuneiiy  in  iTvie* 
^r.u  ^  die-nei^e  Kircbe  anerkennen  wolle  ^  und  da  nac;b  pro« 
tvstant^^cb^n  QrundsäCsen  die  Ausübung  der  Kircbepgevi^a]t 
als  Gesell scbnitfi-^cbt  nicbt;  an  einen  bestimmten  Stand,  ge* 
knüpft  war  4  soiulern  nur  ein  Mitglied  d^r  neuen  Kircbie.  vor- 
^usfetztej  so  i^o^nte  er  sich,  ohne  ihre  Existenz  zu  ^elährden^ 
Hechte  der  Kirchengewalt  als  B«idingung  der  Reception  vorbe- 
balreii,  und  es  war  nicht  einmal  nöthig,  diese  Bedingang  als 
aoliche  aiiszuspr<»<;hen9  da  es  der  laute  Wunsch  der  IVotesran- 
t«D  war,  diüs  ihre  sie  begünstigenden  Landesherrn  diese 
Hechte  ausül^en  möchten,  Stand  nun  aber  diessBefugnifs  dem 
liegenten  bei  der  ivji.ni'ührun^  einer  neuen  Kirche  zu  9  so  ver- 
hält sich  dfEi^gen  die  Sache  ganz  anders 9  wenn  einmal  eine 
•olche  Kirche  durch  Staatsgrundgesetze  anerkannt  worden 
ist>  Alsdann  bört  natürlich  ein  jus  reformandi  binsicbtlich 
dieser  Kirche  auf;  unddieblofseErklärung^dafsmandieKecbte, 
welche  bisher  als  Aechte  der  Kirchengewalt  ausgeübt  wurde>n9 
nun  kraft  der  Staatsgewalt  ausüben  wolle ,  oder  mit  Einem 
Worte  die  Einführung  des  Territoriaisystems  wäre  verfassungs- 
wi«irig.  Aifi  deutlichsten  zeigt  sich  die  Wichtigkeit  dieses 
Satzes  für  den  Fall  9  wo  ein  andersgläubiger  Kegent  auf  den 
Thron  kommt;  die  Kirchengewait  t^ber  dh:  prot^estan tische 
Kirche  bleibte  alsdann  zwar,  sobald  die  bisherige  Verfassung 
«ine  Consistor ja) Verfassung  war 9  in  den  Händen  vom  Landes-, 
herrn  .ernannter  kirchlicher  Behörden  9  allein  der  persönliche 
Einfiufs  des  Regenten  auf  die  positive  Leitimg  der  Kirchen-, 
angelegenheiten  mufs  nothwei^ig  hinyvfgfallen^  ein  Satz, 
welcher  nicht;  nur  aus  den  oben  angegebenen  gfs^einrechtli- 
cben  Frincipien  hinsichtlich  des  Wesens  der  Kirchengew^alt 
fiiefst,  sondern  auch  stets  im  Particularrecht  anerkannt  wor* 
d^n  ist«  Ohne  hier  eine  Menge  von  Beispielen  aus  der  altern 
undi  neuesten  Zeit  anzuführen,  möge  die  Religionsassecura« 
tionsacte  vom^  2^.  Oct;ob.  1754  hinreichen9  Welche  der^  nach« 
herige  Landgraf  Friedrich  von  Hessen  ausstellte ,  als  er  zur 
katholischen  Religion  überging ;  es  heifst  ip  derselben ;  «»der 
jurudictiomis  ßc$l0siasdca0  Und  was  dazugehört,  als  deren  exer^ 
citium  nach  denen  prineipiU  «i;ii|t^d/icorum  —  von  einem  ka*^ 
thpliscben  Landesherrn  über  seine  protestantische  Unter« 
tbanen  ohnedem  nicht  ausgeübt  werden  kann 9  wqUch  wir  uus 
uiXß  lleberfl^fs  ausdrücklieb  biemit  begeben.«^' 


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9fto}f.  SlBecnia  u.  Angnsti  IIb.  ä.  Kiarg.  IMki  «v;  j^Sr^tesf.    55? 

'In  denjenigen  LSndem ,  \t^o  sur  Z^it,  der  lleformattott 
dfe  Regien ten  andersgläubig  waren  9  erhielten  sich  bekanntlicH 
die  Protestanten  ungeachtet  der  gröfsten  Bedrtickungen  unaKL 
bängigy  da  hier  der  Landesherr  sein  jus  reförinandi  blos  Aus«* 
übte^  um  sie  su  unterdrücken,  nicht  aber  um  sie  unter  ge* 
wissen  Bedingungen  anzuerkennen.  Hat  sich  nun  auf  diese 
Art  eine  -  selbstständige  Verfassung  gebildet,  welche  durch 
Staatsgrtindgesetze  einmal  anerkannt  worden  ist,  so  steht  es 
einem  liegen ten ,  sollte  er  auch  nunmehr  protestantisch  seyn^ 
nicht  SU,  die  Rechte  der  Kirchengewalt  in  Anspruch  eu  neh« 
men,  wi^  z.  B.  in  der  Grafschah:  Mark;  wo  reine  Synodal« 
und  Fresbyterialverfassung  statt  findet.  Eben  so  haben  auch 
die.  reformirten  Gemeinden  in  Hannover  eine  von  d«m  Lan« 
desherrn  unabhängige  Kirchenverfassung  zu  erwerben  ge« 
wufst.  Man  sieht  aus  Allem,  dafs  das  Verfahren,  Rechte 
der  Kirchengewalt  mit  jurib.  majest.  circa  sacra  zu  vermischet 
ganz  gegen  das  positive  Recht  Deutschlands  ist.  Seihst  so!« 
che  Rechte  der  Kirchengewalt  müssen  von  den  Regenten  ge« 
achtet  werden,  welche  Adlichen  oder  Magistraten  zustehen, 
wie  z.  B.  dön  Ffirsten  und  Grafen  von  Schön  bürg  im  Sächsi« 
sehen  ,  welche  ihr  eigenes  Consistorium  und  ihre  Superinten« 
denteii  haben. 

Es  mdgen  dieser  Untersuchung  noch  einige  Iiterärge« 
schichrliche  Bemerkungen  fiber  den  erwähnten  Gegenstand 
folgen,  weil  sich  hierüber  der  Vf.  der  Schrift  Nr,  2.  besonders 
ausläfst.  Diejenigen  Schriftsteller,  welche  theils'  vor,  theils 
nach  dem  Westphäliscben  Frieden  die  Rechte  der  protestan- 
tischen  Fürsten  über  ihre  Landeskirche  untersuchten,  waren 
von  dem  Unterschied  der  Staats-  und  Kirchengewalt  fest  über« 
zeugt,  und  sie  begingen  nur  den  Fehler,  dal^sie,  indem  sie  da§ 
Kircbenregiment  der  protestantischen  Fürsten  jus  episcopale 
nannten,  die  Fürsten  auch  in  einzelnen  Rechtsverhältnis« 
sen  als  wirkliche  Stellvertreter  der  Bischöfe  ansahen ,  Wie 
z.  B.  Carpzov  (I.  l.  4,;.  An  und  ft\r  sich  ist  der  Ausdruck 
jus  episcopale  als  Gegensatz  des  jus  territoriale  nicht  verwerflich, 
da  er  seihst  im  Westphälischen  Frieden  vorkommt  (J.  P.  O, 
art.  7.  §.  2).  Bekanntlich  war  es  aber  insbesondere  Tho  ma« 
sius,  welcher  späterbin  ans  Besorgnifs  wegen  der  Üeber- 
fliacht  der  Geistlichen  den  gemeinrechtlich  bestehenden  Unter« 
sdiied  zwischen  Kirchengewalt  und  Staatsgewalt  zu  verwer- 
fen sucbie,  obgleich  sehr  hild  die'bei  weitem  gröfste  Anzahl 
der  Schrif'tstelJer  des  Kirchen  r  echts ,  nachdenft  durch  Pf  äff 
das  eigentliche  Wesen  der  Kirchengewalt  besser  hervorgebo« 
hen   worden  war,   die*  jura  majestutica  t:irca  sacra   und  die 


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pqtestaf  fcde8iaftic4|;«iiau  unierschid^/  ij.  H*'B4h«ier  ver^ 
fheidigt«  in  dem  ersten  Bande  seines  jus  ecd/Prot«  im  J.  1713 
4as  Territorialflryttf m ,  indem  er  das  Unpassende  der  Garp^ 
20 y sehen  Idee  von  dem  Eintreten  der  protestantischen  Re- 

fenten  in  die  Person  der  BiscbOfe  zeigte^  und  dagegen  «He 
Lechte  der  Recenten  aus  der  suprema  iiispectlo  ü^er  die  Kir* 
chf  i|i})leitete  (£  3l,  §.  i»4)*  Der  yt  der  Schrift  Nr.  2.  legt 
4as  gröbte  Gewicht  auf  die  Autoritft  dieses  Namens  und  geht 
fogar  so  weit,  daCi  ^r  die  ungegrQndete  Behauptung  aufstellt 
(S.  99y»  dieser  Schriftsteller  h§be  in  vielen  protestantischen 
Ländern  gesetsliche  Autorität»  Ifif  hätte  sich  yielleidit 
llicbt  so  sehr  auf  diesen,  allerdings  sehr  achtbaren  Schriftstel- 
ler Berufen,  wenn  er  die,  vor  dem  fdnften  Bande  des  jus  eo^U 
Prot,  befindliche  Vorrede  vom  J,  1736  mit  den  Aeufserungen 
im  ersten  Bande  , verglichen  ^ätte.  Böhmer  waf  nämlidi 
^m  diese  Zeit  mit  dem  durch  Ff  äff  aufgestellten  i^ollegial« 
systeme  bekannt  geworden ,  und  wenn  er  auch  nicb^  zugieht, 
dafs  der  protestantische  j(\egent  als  Beauftragter  der  pro- 
testantischen Kirche  handle  (was  sich  auch  aiierdiiigs^  wie 
wir  oben  gesehen  haben,  nicht  rechtfertigen  läfst) ,  so  achlägt 
er  doch  nunmehr  folgende  Ansicht  vor  (s.  praeloq.  §.  XI*): 
der  Kirche  stehe  ursprOnglich  die  Kirchengewalt  als  Coilegl^dw 
recht  zu,  zur  Zeit  der  IVeformation  habe  die  protestantische 
Kirche  zu  Gunsten  der  sie  beschützenden  zu  demselben  Glau« 
ben  gehörigen  Fürsten  dieser  Gewalt  entsagt»  Jiuf  nicht« 
protestantische  Fürsten  sey  dagegen  dieses  Recht  nicht 
fkjbergegangeu*  Man  sieht  ,also ,  dais  auf  diese  Art  B  Ö  h  m  er 
gar  nicht  mehr  zu  den  Territorialisten  gerechnet  werden  kann, 
^-r  Wenn  in  der  neuesten  Zeit4finige  Schriftsteller  theila  aus 
a  pridri  aufgestellien  Begriffen  von  Staat  und  Kirche,  theila 
durch  mancherlei  aufseile  politische  Ufnstände  veranlafst,  die 
Einheit  der  Staats-  und  Kirchengewalt  behauptet  haben,  so 
hat  dieses  auf  die  Schriftstt^ller  des  positiven  Kirchenrechts 
fast  gar  keinen  ElnfluCs  gehabt.  ' 

vVentlen  wir  nun  die  bisher  ausgeführten  Sätze  auf  das 
unmitlelhar  hiernach  zu  beu  rt  heilend  ellecht  der  Hegenten  hin- 
sichtlich der  Liturgie  an,  so  mufs  man  hier  zunächst  das 
JUS  majestaticum  cirCa  Sacra  von  den  Kechten  def  Kirchenge« 
W^  unterscheidet.  Das  erste  steht  einem  jeden  TR^genten^ 
als  solchem  zu,  ündiieichrlfAkt  sich  darauf,  daf^er  alles  das* 
jenige  verbieten  kann,-  was  iti  der  Art  und  Weide  des  äufsem 
Gottesdienstes  dem  Staat^wohl  wirklich  nachtheilig  ist;  audi 
löfst  es  sich  rechtfertige^/ ^  v^enn  der  Regent  Feidrlicbke« teilt 
^Hche  ni^ht  mit  dem  besondren  Glauben  der  einmal  rectputen 


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Aeliflionsprtbei  zufaminenbängen  ,  sp^id^n  ^loe^  allgf^e^^ 
politische  Tefdens  haben,  durch  eine  Aufforderuns/ ae  di^ 
kirchliche  Behörde  veranlafst^  wo  er  jedoch  "äie  Mfonare 
Art  und  Weise  diesei;  Feier  der  Bestimmung  ä^jf  IfAiic^ptir 
Behörde  überlassen  mufs,  s.  B.  die  f'eier  manclier»  für  ae6 
Staat  wichtiger  Ereignisse  y  die  Anstellung  von  Fürbitten 
ii«  dgl«  Das  wirkliche  jus  lUurgicum  Ut  dagegen  pIFen^ar  nur 
ein  JDestandtheil  der  eigentlichen  Kirchenge\yalt  (wie  auch  daf 
Freufs.  Landrecht  Th.  2.  Tit.  1 1.  §.  46.  ausdrOcklicb,  bestimmt)^ 
Wshalb  die  Behauptung ^  dafs  auch  an^ersgläabige  Kegenten 
dasselbe  ausüben  könnten  y  gerades u  abgewiesen  werden  iQufs^ 
find  wenn  die  protestantischen  Landrsherrn  'die  Kirchenge^ 
walt  über  die  protestantische  Kirche  in  den  i|ieis^ei^  Hiän^ern 
Deutschlands  ausüben,  so  beri.bt  dieses  nur  auf  der  ob^  er« 
wSh'nten  geschichtlichen  und  rechtlichen  Grundlage.  Nun 
finden  wir  hier  gleich  von  Anfang ,  dafs  die  protestantischen 
Regenten  bei  Einführung  des  neueir  Glaubens  in  ihregi  Lande 
die  Kirchenagenden  zwar  gewöhnlich  in  ihrem  eigneh  Namen 
erlieben  (obgleich  auch  dieses ,  wie  man  aus  dem  Beispiel  von 
Hessen  ersieht,  nicht  immer  der  Fall  war),  aber  docb  die  Art 
und  Weise  des  Gottesdienstes  nur  auf  den  Rath  und  Vorschlag 
der  geistlichen  Behörden  bestimmtem  Hierdurch  bildete  Aicn 
bald  der  juristische  Grundsatz,  welchen  insbesondere  C^irp« 
zov  (H.  267)  ausspricht,  dafs  bei  Veränderungen  des 
Gottesdienstes  der  Regent  die  kirchlichen  Behörden  vorher 
zuziehen  müsse,  und  bei  erfolgtem  Widerspruch  diese  Verän« 
derungen  nicht  mit  Gewalt  durchsetzen  dürfe.  Diese  4|^icht 
blieb  die  herrschende  und  die  Fürsten  selbst  yeichen  in  der 
Regel  nicht  hiervon  ab.  Späterhin  legten  indessen  die  Terri« 
torialisten  das  liturgische  Recht  dem  Regenten  als  solchem 
unbedingt  bei  und  J.  H.  Böhmer  versuchte  damals  dasselbe 
wenigstens  für  den  Fall  zu  rechtfertigen,  wo  die  Ruhe  dea 
Staats  es  erfordere  (Tom.  HI.  diss  prael,  $.  7l)*  Schon  da« 
mals  fing  man  indessen  an,  bei  liturgischen  Aenderungen  die 
adiapbora  von  den  wesentlichen  Stücken  des  Gottesdienstes 
zu  unterscheiden  und  Böhmer  selbst  sagt  (§.  70) »  er  meine 
liur  die  Aenderung  willkühilicher  Ceremonien.  Die  fieuern 
Schriftsteller  des  Kirchenrechts»  namentlich  G.  L  Böhmer 
(princ.  §.  161)  bildeten  endlich  die  Lehre  vom  Kirchenregimeiit 
der  prutestanti-icben  Fürsten  genauer  aus  ,  und  reclineten  das 
^echt,  liturgische  Anordnungen  z«i  treflfen ,  zu  den  juribus 
communihus  dr-r  protestantischen  Regenten,  d.  b.  7.ii  denjenigen 
Rechten,  welche  nur  mrt  Belstimmung  der  Ktfche  g<^ltend  ge- 
macht werden  können,    ohne  dieses  indessen  bei  unhedeuten* 


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^h    titit  Siümti  ti.'Attgtisii  üb.  a.  liturg.  RecHl  ev.  Funten. 

'a>1iVeTpättdehiT)gen  streng  ziv  nehmen  (<  z. B.  Wiese  Ö* Ä. 

la^d^rgeseVzt  worden  ,  wie  bei  p^ 
l^r  uiotest'antisclien  Kirche  die  pro^ 
:^*  der  Rlrbheiigewalt  erwarben,  iin4 
iich  ieC^der,  Juaft  des  jus  refor-r 
c^ptiön  (fieser  Kirciie  zwar  Rechte 
ue  aber  die  spater  wirklich  begrün* 
^ig  \^er2(hdefn  durften.  Nun*  hatten 
heri'Aegen\en  desjenigen  Theils  der 
i  Ernchtüng  der  Liturgie  bestand, 
•^eVmittelst  gemeinschaftlicher  Bera« 
3'rdenTjedient;  sie  dürfen  daher  so 
pgsmäfsig  bestehende  Art  des  Got- 
nd' belieb  ig    aufheben   und  eine 


i^ih  Regent  Über  deii  einmal  recht« 
T^kreis  seiner  Liandstände   beliebig 

nun  die  Zuziehung  dt^  Kirche  bei 

Verändecüng 'der  Liturgie  zi^  bewerksteljigen  sey,  hängt  na* 
tüilich  Voh'd^en,  hi  dep  'einzelnen  Ländern  rechtlich  beste- 
henden Arten  der  Kirjcbenverwäl  tu  ng  ab  ^  und  der  positive  Ju- 
rist wird  daher  auch  nicHts'  erinnern  können ,'  wenn  in  den 
Ltindern ,  wo  die  CirisUtörialverfassüng  hergebracht  ist ,  die 
neue  Agende  auf  Äem' jdiirch  diese  VeVfassung  bestimmten  Wege 
vorfeereiVet  wjrd.  '  Setir  Schön  hat  indessen  gerade  hier  der 
Vf.  der  Schrift  "Nr.  1.  ausgeführt,  wie  w^n'g  die  Co'nsistorial- 
verfaftung  gegenwärtig'diizu  geeignet  sey  ,  einer  den  Bedürf- 
nissen de;-  kirdilichen  Gemeinden  wahrhaft  entsprecbendö'K ir- 
chenordnüng  aufzustellen  ,'  '  urid  wio '  es  eher  vorzuzieheil 
sey ,  diese  Sache  vorerst  noch  ruhen  zu  lassen,  so  lange  die 
Älöglichkeit  vorhanden  sey,  dafs  aus  einer  solchen  Unterneh- 
mung eine  blofse'N^uerung  phne  inneres  Lieben  und  freudi<re 
Zustimmung  der  Kirchenglieder  entstehen  könnte.  Aus  voller 
Üeberzeugunff  stimmt  er  mit  ihm  in  dem  Wunsche  üherein, 
dafs  die  bei  der  ersten  Einrichtung  des  protestantischen  Kir- 
chen w^senS  so  sehr  tbütigen  Sy  n  o  d  en  (welche  auch  geeen<ri 
^artig  in  Einigen  Ländern  mit  Glitck  wieder  hervorgehoben 
worden  sind),  allgemeiner  werden  mdgen,  Kine  Synodalver« 
(assüng,  wo  nach  dem  Standpunct  deär  gt^'genwärtigen  Zeit  na- 
türlich nicht  blos^  Geistliche  als  Abgeordnete  wirken  dtirfen« 
würde  auf  jeden  Fall  der  protestantischen'Kirche  nach  und  nach 
wieder  ein  kräftiges  unaselbststSndiges  Leben  verschaffen 


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H  e  i  d  e  1  b  e  r  g  e  f        ' 

JahrbücHör   der  Literatur^ 

^  ABEaesagiiii  iiiiiiiin  iiiii 

Ce4€hichte  und  ieschi>fiibuttg  des  Dofms  ^d  Kölp^  vqh  Sl  Jßotssi^ 
.       ree.,,StuU^rti$zh^  .' 

(FortsetJiung  votn*  Jäbrg*  i^i24.    lieft  iö:  ^.  982Ji 
'-  ' '  '  .      \         ...■-.  '  '     • .  • 

Der  Vöt fasler i-    rtachdeni    <5r   l^liö    die   Bedeutung;    di^ 
Würde  u<rid,deh  Vdt^räng  des  Gegerrständes  deiner  Udtersuchun« 
gen  festgestellt,  geht  nun  zur  näheren  Betrachtung  de^^elJlfeii 
tibeir ,   uHd  hegiiltit  ^Itrtächdt  in  iet  eräteri  AbtHeiluhg  mit  der 
GeSchiebtb  deä  'Gebäudes.     Er  kndpft  mit  grdiseni  Rückte  dei^ 
Fdden  dieser  Geschfchte  ah  dife  Äeste  jener  dfei  Weiäeh  äualf 
dkm  Morgenjaiide,  die  nach  derE*bhe^uüg  vbri  Mayläüd  Il62> 
Aurcb  die  Schenkung  de*  Kais'ei'd  nach  Köln  gev^ahcfert;  yotk 
dei*  däfriallgen  Welt  ebeh  ^b  als  das  Kostbarste  der  gemäcbteii 
B'egte  betrachtet,  vi^ie  in  jeriet  andern  Belagei'ung  der  Gräal^ 
deii  die  Getii<eä(^n  als  ihren  Antbeil  Vor  allen  ändeHi  S<;hätiieiir 
^ich  ^evirählt.       Dal^   man    dieseti    Botfhverehhefi  RedteH   it:i 
l*eUtschlatid  eirt  ^Ordig  lianiä  kii  bauen  uhtei'nodinieh,'^  isitisi« 
ttStlich  tind  dem  G'ei^t  det  Zeit  gemäß;    däfs  aber,    Wie  der 
Ve^f:  vermuthet^  auch  die  Politik  der  Kaiser  eiiieh  Antheil  siii 
dieseth  Bau  gehaibt,'   will  tiriä  iiicbt  eirileuditfeft;       Drei  Ge- 
krd^t^^  kommend  im  Namen  ftllel*  Änderii ,  wie  i^iel  Ihret  däi 
#eite  Morgenland  in  sich  beschHefot-,  um;  erfüllend  die  Wöi^- 
äaguhgeti  altetSeheri  das  neugebdrneKind  ahzübeterit  sife  bil- 
d^ti^n   ein   grofses,    schönes^    bedeutungsvollem  Bild,'    — ^    dli 
rfrtfibdlische  Darstellung    uttd  Vefwirklifcbltng  einei*    uiralteii 
Priesterdlisk^hauüng,-  die  die  Zelt  zuiä  vötäxii  angekürtdet^  ^^6 
Allei"  Knie  ^ich  hentgeh  iK^hrden  Vor  dem  einzigen  Göttei  — 
a(b>r profane  Politik  als.  Solche  lohnte  ohhmöglith  sonderlicberi 
Gefälleri    ah'  diesen»  Bilde  babeh.       £)ie  Idee   lag  allzit  iiaUti 
tftbtt  de»  Kinfdes  d^f)  spätem  Stättbaltör  desse}beh>af  Efdlöii 
^^^erttagen;   f\ähri  'knieteh    die    dfei  gekt^nteh  Häuptei*  alt 
Man  da  tat]  e^  d^s  Fürs^h  dieser  Welt  ,*  dej*  geistigen  Herrschaft 
d^$  brerfatbgek?ranted  ibre  Häldi^hg   d&riubringen $    d$iräh 
XVm.  Jahrg.  ä.  Heft;  56 


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562  Boisseree  Desdireibnng  des  Doms  in  Köln. 


aber  konnten  die  stolzen  schwabifcben  Kaiiei:  kein  Ergötzen 
baben;  uifd  die  Stelle  aas  Otto  Ton  Freysifeg<ii  deutet  geiada 
unmit^elbaf  darauf  hin  9.  dait  sie  die  5acbe  aus  dieaem  Ge« 
sichtstiutikt  cingesebeli  baben.  -  Eben  ih  Aett  groTsen  Kri^epi 
mwilGoeft  P^^st  tied  Kaisei*  ^  die.  die  vothctgebi^nilen  Jahrfansw 
derte  etfÜUt^  batten  die  swei  Mlkbte^  geistliche  uhd  weltli« 
che  4  K^uminttab  tttid  Scbwei-dt^  sieb  aufs  bestimmteste  ge- 
schiedeti^  und  jede  bdtte  gelernt  zu  tudieh  daa  Ihrig«,  iomI 
jede  wubte  ihr  Gebiet  zu  wabreft  *gegeti  ft-emdeti  £insp^ch* 
Krieget  tln4  $taatskbiga  als  Solche  bdUen  heiile  Kirchen  im 
höchsten  Style;  Paliste,  HdtbhJlilserf  .Gasernen«  allenfida 
Erbbegräbnisse 9  das  sind  dl6  KuhStwetite/dia  die  mit  Vor* 
liebe  pflegen ;  die  Kircbeh  aber  tibörlatsen  sie  der  Ftieater- 
ichaft^  Bo  Wät  denn  auch  d6t  Kölner  Dom,  das  Werk  der 
teutschen  Frlestetsühafr^  urid  es  sollte  als  das  erste  urid  eröfate 
seiner  Art  die  £hr6  teuticbei:  Nation  auch  in  den  Ang^egeo- 
heiteQf  die  tiitht  sind  Von  dieier  Welt^  deti  Umliegenden  yA 
kern  Vei-kfindigen. 

Nun  abet  Waf  es  um  die€)rdnUo£  del  fteicW  aüp  eetba«, 
dafs  im  linken  Rbeinnfer  haupts^lchncb  det  priesterliche  An« 
theil.Vom  ganzen  Ijiln4«tg«biete  desselben  ausgescbiedea  war. 
Hier*^  WQ  durch  die  Fratiketi  vli^B  Reich  aelbst  gegründet  wor« 
dea»  wat  uiü  die  Macht  undt  die  Kraft  des  uesammttHrjJUns 
auch  det  gai^  Aj[»parät  tu  seinel^  Weihe  und  Heiligung}  zu* 
4em.  auch,  die  Fülle  det  Einsicht  ulld  Erkenntnifs^  dauials  .heupC* 
ätcbiich  auf  die  Friesterscbaft  beschränkt ,  versadlnielt  und 
ielbst  als  det  Slit  det  Herrschaft  sich  tiefet  ins  Innere  des 
l«atldes  s.enkt^t  würdö  dieser  Tbeil  immer  als  sein  Haupt  und 
deif  .Sitt  det  höheren  Padultflten  i^ngeseben.  Dott  wat  4er 
Sit^  det  dtei  geistlicbeH  Wahlfütsten  *  mächtige  TarrltorUl« 
berten  in  ihreitl  eigen thämlichen  Gebiete  ^  breiteten  9i#  .als 
Mettopolitane  ihten  geistlitben  finfipfs  übet  Hoch*  uitdfUß^  * 
derteutschlatid  und  den  Tbtfil  voti  Gallien  aus^  der  spaltet  .iipil»  t 
dem  Hei^h  seblieben  j  während  sie  als  die  Augen  des  K^i^rSf  ^ 
als  die  Kanzler  des  Reichs  4  so  latige  Seitie  YerUssutlg  auß^clit 
stand  I  auch  die  Leitung  det  meisten  dffentlicheti  Angele^gen« 
heiteo  des  Sta^ats  besorgten«  Nebeti  ihnen  berfSdbtet)  U^  die- 
Sedi  Gebiete- noch  aridere  ix>ächtige  £tätateli^  die  Biscjldfe^  Vlfm 
I^ttich^  Worms ^  Speyer^  Sttafsburg^  ^Mel}  lelb^  bU  äa 
Seinen  Quellen^  die  dds  Bisthum  Chut  in  sich  beschlofis^ 1 4f«r 
d^t  Rböixistrom  geistlich^  vt^äbcehd  iiahlreith0-K|04t«r.^  %9lp^ 
hältnifsm^fsig  90  viele. Wie  in  Italien^  teicb^-Abte^A^  «ttf|«^|iif 
Sa  reich  wie  die  ErzbisphÖfei  dicht  gedrängte  Stlfi^  ü)Hr^^f)«s 
g^n^e/  westliche    Stromgebiet  a08gestreiii^.4«S  >,£r'M?i^Ai;^aB 


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Google  ; .,  A"    J 


^  BoUseree  Besdireibung  des  Doim«  in  Köln.  563 

und  diePriefttertireise  völlehd«  AprX  hert^cheiid  niächldh^     Wid 
Aarüm  in  AegypteH  'die  i^häbais ,  dl&  äertienieii  hi^tkrchUthejik 
Character  hatte  ^  au'eh  die  grdfated  De^nkihäli^r  d^s  Priettel'geiA 
ites  in  sich  b^achllefst;  ^omüfirte  atith  d^i:'  Antbed  >der  teut^ 
sehen  Leviten  I   wie  überhaupt' die  gröftte  Massfe  ^trchlichelr 
Gel)äude4  so  auth  das  gtdfsfe  und  tiefHicbste  von  Alleri,  deti 
Canon  di^r  ganzen  Ktiiist,  in  sich  bewahren.     Es  fanden  aber 
dort  glGcJtlicherwblse  zugleich  mit  dein  Slnn^'hnd  dem  Tttebö 
äach  die  ifidthigert  Talente  sibh  beisammen^  ttnd  diesen  Ta^ 
lenteh  fehlten  nicht  die  zeitlich  eh  Mittel^  ohne  di<9  all  ihr  Stre4 
Ben  fruchtlos  gevreSert  wäre;      Was  jene  Ersten  >  die  natürK^ 
then  Anlagen^  betrifft;  so  ist  es  Sicher  hibht'^ufällig^  däfs  iri 
deihsdben  Winkel  des  Reiches i  wo  früher  die  Baukunst  jenH 
Bltithe  erreicht^  später  die  blühendste',  originellste  gfeistteich« 
ite  Mahlerschule  sich  erhob  j    und  dls  ^ücli  diese  ahgeblUbt| 
die  neuete  Musik  ibi*e  ersten^  *cr3frig^teh  FlQgelscalSge  eben 
dort  gemacht^       Was    aber   die' Mi ttd   ahbetrijfft^    die  jedem 
grofseii,  Weit  aiisSehendeii  Unti^rnehm^n  Ner^  und  Rückhalt 
geben  mflssenp   bo   waren  auch   diese  tiirgemlwo  rälChlldielr 
vorhanden,    und  ei  Scheint,    als  hdbö  Gott  jene  Gegertdfen| 
wo  tnän^  ohne  ftbrigenS  dethTrdischen  sein  Recht  zu  weigern^ 
Shm  am   eifrigsten  gedient,'  auch' am  meisten  gesegnötj    und 
mit  GlßcksgÜtern  ausgestattet«      Der  Rh  ei  jt^    jetzt  dde,   ein* 
kam  und  Vetlassen,  ein   Steppenflufi^  ob  he  Fäll  lind  AuSflnfs^ 
stockend  und  versumiift^  vt^ar  daoials  die  grofse  Pulsader  des 
teutschen  Lebens ;    was    die   Weiten    WasSersttafSeh   Asiens 
d^m  »chvvdr^eri '  und  mittellitndiScheh  Meere   Ziigd'ührt{    was 
auf  Cameelei  Racken  seine  WtUteri  durchwandert  hatte;  waS 
das  vetschlössehel  Afriba  mtlbsaiii   äui  seinem  Indern   iii  döti  > 
grofsen  Kreislauf  der  GÖtfek*  hitiefhgegosSenj    da*  AlleS  Sam- 
melte sich  In  den  Lagunen  yrtn  Venedig,  und  der  Rhein  tt-ug 
bs  ti-eulich  und  emsig  in  den  Noi^deh.      Schon,  iri  den  Römer* 
keiten  hatten  zählreiche  Städte  ah  den  Ufern  dieSelT  LebensStro- 
jues  sieb  ang^sii^delt;  die  SthÖpften  fleiAig  Jsibrhutiderte  lang 
den  Goldrand  ^  deh  er  mit  sich  fhhtte;    and  langsam  wüdis 
det  Hort^  den  sie  Sith  ahaesammilt;    Üeiin  die  Mauerrt  Schätz« 
teil  ihn|  dafs  er  nicht  wieder  üntet  den  HSrid^ii  fäubetifcfaetf 
Nacbbaren  i^etratin }  und  die  Fk'eibeitsHebe  d^i-  Bttrge^  wehrte^ 
^afs  ihfi  iiicht  madrtige^  vei'Scln^eMderisthe  D^naSt^ri  durch 
ikre  Fin^nzküMSte  iet^ehrten.      Vntet  HlUfii  dieSeH  blüBeiideft 
Städteii  aber  wä^  keihe  blflhettder  als  Kd\h^  weil  äie  iri  gün^ 
Stiger  Lage  riaihe  bd  den  g6>^erbfs&ichefi '  Niederländer  selbst 
«m  thätigsteh  si^fa^ü  rühren  verstand ^utid  den  Erwerb^  deil 
dex  Ström  ihr  sugesch#emmt,  verdo'ptieltd  duith  eigene  innere' 


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564  Boisjeree  Beschreibung  des  Doms  iqf  Köln» 

ilQ  fflMScbf  AA,  >i.^U   Jwr^t/^^    und    damit  weiter  wuctert«, 
SiTolkreicb  Wim  fceii?«!»    w^^  »i^^  ^ahfer  mM^lutij'  gew^orden  wie 
^\n  Frei#Haat  dff  Ait^rtbunr«,  A,iß4  wtJit  .und  hjeit^  tirl^ännten 
alle  rViwUch«^/»  Städte  ^|ifa  iJegtfmp^Mft,  .  Sje  g^'liörte  dpm.  Ge^ 
hi^te  ienftf  J^^*cbe«iür^Ui^.^n  ^  deMenjgeJafl^ctie,  öbhiaclit  alt^ 
Ni^Aerlaini^  |iperkanpten,.,ul?d  in  dessen  y^efei^te  d^r  Sitz  der 
ffermßnia^hep  Weltherrschaft  im  Anbeginne  des  Reichs  gewe- 
sen;   ,Die  Nachb-^rn  hat^tep;  pufa  Tbei}  sqboq  fröber  ihre  Q^tbe^ 
d^aleti  unter  weniger  güns^ig^  VerbäU»]issen  gebaut;  Andere 
SÖgerten  nocfaf  weil  sie  die  Mittel  nicbl;,b|eisaminen  b^t^en ; 
bier  trafen  JBnt8cbluJllsj,;J'^lejit  .und  Keiphtbjuon  v  wie  die  drei  < 
Schweizer  ^m  Rütli^  Jm  ghlfklic^tsten  Augenblick  zii9,aniipep^ 
der  Brand   des  alten  Dofiige|)äLid^s  entschied  ^  und  so  wurde 
Köln  die  ^Stilttei  wo  i^cji  d^r  Wunderb.au  ^rhcib,     "Nicht  also 
dutch  eine  Wirkung  zufäUjiger  tJinstände  ist  dies  Gebäude  an 
dieser  Stelle  aufgestiegen;    dMrch  eine  Art  .'fron  historischer 
Noiht^^digkeit  ist  e^  vielmehr  gerade  dort  und  nicht  anders- 
we  b^i'vopg^gangen ) ;  un4  eben  weil  nicht  der  Kaiser  und  die 
weltliche  Macht  es  gegrlin^^t^  sondern  die  l'heocratie  es  Gott 
feu.£b*®A  und  ^icb  s^fn., unzerstörbare^  Denkmal  aufgebaut| 
ist  es«  gerade;  in  dieser;  Gegend  zur  Wirklichkeit  gekomnien. 
Wenn,  eher  in  splcher  Weise  die  weltliche  Macht  bei  der  Be-, 
gnttndung;und  Ausführung, dieses  Kircher^ljaues  nur  einen  un- 
tergeordneten Einfluß»  ausgeübt;,  so  hatte  dagegen  die  Art, 
wie  sie  in  den  zunächst  vergangenen  Zeitläuften  der  geistli- 
chen Gewalt  gegenüber  sich  gehalten)  den  ents(:hiedensten  auf 
die  FprniiUiia  dae  eigen^hümliche  Weite^  in  der  das  Gebäude 
vollendet  Wurde«    /Denn  vfas  wir  bisher ; die  gothische  Bau. 
kunst  genannt,  ist  eben  nur  eines  der  g^-o^e/i  Resultate^  die 
aus  dem  Kamj^e  beider  Mäcbte  her vc^r gegangen ;    es  ist  das 
Werk  des  in  diesem  Streite  bis  zur  höchsten  Elastizität  ge- 
steigerteil Oppositionsprincipf,  das , .  ii^rierb.alb  des  kirchlichen 
;Oebi^ts. beharrend^   in   der«Kunft  wie.  Überall,  einen   eigen* 
/  th(}Alitcb€tni$.pielraja^  sjfh  ab^^o^arkt,  unc^  ui^geben  von,  den 
telcb^A  }VIit;tel»«  dfe  ihni  die  Gnost  der  Zeiten  zuge^dhrt^  und 
tinteret^t^t  von  allen ;dj^|[i|  regen  »Kräften.,  die  jene  grofse  Be^ 
i^eg!M<>g.entapünde^  hatte  ,  nun  ini  Bunde  mit  der  .ernsten  Fröin« 
«ügk^il;  d^r  dai^alig^n  .pe^chlechjt^r,   Jepe  grpisen  unsterBli- 
eben  Denkmsile  gri^defe^  d^e  als  die  groTa^n,  Qrenzsteine   d^es 
germ9niaph$n   Qetstefi^  :Und.  seines  weitverbreiteten  KeicLes 
zleu gni£i^gebeti.     Pamit  die^ell^oiistellung  Vj6.n  derKntstebrung 
4er,,nei)eQ  JKun^fwei^^e  nipht  ohn^  die  nj^^tblge  ^hisrljorisc^e  Be- 
gründung bleibe  I    wird  ^es  unumgänglich  s'^yn^  einen  Blick 


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Boiss^ee  Beschreibung  4^s  Pomt  ii^Kolii«  ^65 


titer  diesen  Ge^^Pt^Wd/,  dlis  slAtUi^tt^' arider?- Bedöutilhtß  ^An^ 
äptüch  taachAi;m3g^ii ; '  ais  die  fhiteh  'elh  'nhhetati^et  ^nh 
uhdietnezwar'iin  ümfähge^  ifrii^t  a'|*iuV7'^t'atuäfgedefahte',iillif 
aafür  nkhtielcW^Äh^d^iOAerflkdi^  fifet^acStWA^ 

Üiitgebep^ktfHÄeSl*:^'    '^*:'^    •       w     /,i,.  .-,?./(,   r,r{r    ,  :  ^.j.jjü. J 

'*  '^Öie  Miietei  Pl^si^ V  iTidertr  iffif'^dns  gYbfs^h  Bih*4^fcfe  ^^»f 
Natur',  ^ifeCrystäJirsltfbiiei^V*f^  '^ 'ilcb»ftfei»*-B««»lttMÄ»M 

|en  ,uWcl  V^h^vh^m^tJi^Vish^Timigh^ 

^ei^isiän'  GrtÄiagt/?tifl¥^  liiid*  Wik'ife#t^fö!Wti^äHgöliHgK  kfk 
Sereil  fiinölttttt |  ti^d'  VerWadhs^  «ij^^  'die'  hB(«Ät«W(^4 

a*Ä  W^rke'^gri^sßfiei-  Bäiifkati^«;  ifli  5^ergtt*de^n  unterttimAil^ 
'^iiffitch*alif  itBnlfthy^drit^dforAW^V  <Ji*  '«i^'ft^^tstijÄ  WinkH^^^ 
sl^IC^if'^i^eiW'GdQiiiiftWjgf, '^eti  ^leicMeiHgj^n  tind  oblcwt^e« 
m\ifei;  die  CjHitider  iind  da^  pfti'eck^  aus  denw  wie  aurf 
ursui  Ö^]iicbört"Ö[eiu^rtt€?ii 'tille  st*tei^^ 

fii^erwfldfuweUe  «ich*:sii^ramen»etzi^T*-  ^Öa*  für  alk  lP\>i:iii*^^ 
gemein  ri^ingestlirirftc^  ^ng^'^difese^Völfe^s  hattfe  fröhey  sehok 
Ji^iti&tkit  d^ft'dte  Verschiedc'nen  Dim^sionan  öio«»  gevieüft^ 
Raiiiiiös-l  eir^ert  ^ActoiS  bilden ,'^  ä^is^n  IhietvaUe ,  f e*^'ii^hieitt 
sliö  irf  wepbselndeh  'V'erbältriisieii  ^bgem^areif  sfnd,^  kii  aBA 
lglMillt?'docb   idürH)'  tiiVsen   Wecbael'  dfen   GwairfäitfiihdMifck 


tk^6  hiöd^fic^ir^ri;  =  daf$  'b^s^timiiiteti ,  ^ttui^^^eisfe  fdltg^l«)!^ 
¥en  Cbhabiiiatiönei  jedesmal  be&ümm^  IjWX^  iH  d^rTdnfeilk 
der  ElpJ)finduitgeti'Aatwoi^t  gfeben,;  'Nöpb  «cBSlfer  iitftt«'Jdiei 
^ei'  jöhep  ^yljlidristfh  geformten  Skulen  sieb' d^m' auf m^rksak 
tlien  Siprie lausges.prd(;hen i  das  geometr;scbe  Yerbältnifäi  stimmte 
slcb  *bteV  beim  vai-berr^chenaen  üebtergewieht  der  liängen^ 
■aitfdn'stoTi  sin  i{ir  föhlbarer  uhd  datHin^  reiner  aus.;  durcb  stete 
WledWholqng  der  feäujenstelhing  prägte  es  iich  t^efW  und  vo\^ 
1er  deo^  Sihne^in,  undlvielfäcbe  barmoniscb^^eföcmte  Zutbat 


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566  Poiisere«  B^sebreibun^  des  Donis  in  ICöln« 

; .  , '   i '     •  «  t     •  . »   •'  t    •  1 1  «^  y .  ' ,  • .  •  \  »•      '  li  ■  4  >. 

il^.den  Kapjit2(]efi>  und.   Uf}|^^gUeQ  ,.^^  uiid   verstärkt^ 

mit  ff  in^m  Qli^e  au^g!t;tu.ncl.en ,  ^elcl;^^.  jioetUche  jElbythmeDi 

^9bßpde«.,Gtffty^  ^fP  rt>e^^l^  ;6u^i^gen,,flji'cf^:in  rfen  yer^bieder 
neR.5^l4fjQ9r4^g$»iP,  if  ^e.  dfl^rt  qie  nfijtü^lip^ien  Fginilie«  der 
Tpp^r^^^  jiq  JiiQf  4^i:  Fqrfiieiij^^fji»Ieft\(^r  jforUuaetzen  und 
d^%  fieei^fbpifnlic^  (jCfnpiLigeb^jßt  ej^eß^  Je^en  ^bzugrSnzeii. 
ll^Jöifi  %f  ICflQ^tler  nun  je^i«  Werf^pi^f^pj»  ^U  den  eijgentli* 
fb^I^grpef  des  peb9(^e§  ^  def'ihc^i>  yerh^l^ni^s^n  «in  meU 
'$%^  ^^fQodea  $tiniinM,ng:niit  de^  b^fROnUcb'  verwandten 
S)|i4e;i4telli|ng  ye^bapd<^n|.  die^^,s^)b9t  yyieder  in  aiarinicbfal« 
%iz  we^\isfilfLÖ(e^  Fq!g<^9  ^|m1  Yf^rbindM^gf^n.  qrdneten»  an  pals. 
llop^jP  Ste]|ip  d^e  groilier^  dTeied^Hei)  mit  jj^ildfsfn  ausgesetzten 
^ifbelf^t^ld^r  (iber  i^neii  erriqbteteo  •  un^  da<  g^qae  sparsam 
Vai^  jifVt^l^ifaitr^icIifa^  9^(^^<I^  .4ur9^.  ma'n^l^erlei  Schmuck 
^JKCfJfi^i^  e<^t4v4f)ijW$  ^rrlicb^fl^  der  al- 

kw  dai^lAw  Zei^Hr/if  4«««.^  ^4^  finftejre  |^terie^  j^urch  den 
^lipiulic^' •^nw:qbpei^q.ep.Kun^^etst^fb^^  4®n  Beschauer 

W**  WV*^<*«w4«^^  G^ö*ft^ftl*<^h|p^^  "»^  <Ji*  gleichwie 

4*1  Wwl  ig^wpifane  Ca  '   '  G|ie4^rlHiU  «ichthar 

m^ph^ß.  ^  4on  ,61^1;^  14  ^n  4ej3  ffnvirohnen« 

^{1.  (y^tt^r^Mtalta^.f  ij|^,^9SS^n/  ||ut  dem 

|i^,.  den  I^icbjtmag^et  f  gefrRnl^t,  dnjs  sie 

iiaqh^^jiTl«i,i4en4<9ji[l|.'9!  r*«>  H^^t  4p  ihren 

][|?rCk^.mefn,  noch.4r)..uni  i$chdq,e  blühen» 

>  i,    .\Yenn  i^ber  der  I  Griecbentenijpel  aUe 

«eine  Qsibev  «uig9b5^t^i.j.  j^q^  ^^tte  dagegen  d«r.^epboi«ph«  Ver- 
4^ta4id  ^ur  ^^.ripgep»  Aufw^j^d  jt'ür  f|ie  ß^»a/icl^t ,  und  ht^lgfofser 
Ariftutl^  an  Mu^l^Jp.'in  4i€iter,JJin^icb>:  w.^pn  f*«  «o  W  t^«>- 
fewg  ^i«  iöi  4^r  ^qs^jjjw^^en^etzung  f»eb,r.  b.^^^hränkt  ausgefal* 
J^5^  i  U^jL^ber  woljte  ;d^Ji .  J^^me^j^  ,in  keii^j^i:  ,^Wci^e.  g^n^geo^ 
4i^f  4«  fl|i^,.d,en,';ph^fmb^^u/  di?ni4i^:  y^}kn^  ^?i  ibfßj:  Zef- 
|^tJ5f^ung.in4lle^.an4e  aqsge^e^^t,  bei^jPrändiipg  ihr?«  V^^l?^ 
T.^ich#  in.  fJer  ejgenönllejiiV^tb  vjried«y  ayfg^nqmiiieii^  4l?n  mit 
^pejc  .^caobp  «pd  Q^^öfts  2sii  YPJ^föhren^uCjhtegi  vtri^j^ur  ein 
ypjlk^  Q^if  den  IVIiUelr^  feiler  Ändern  au^g^^ü^tet,  es  2ju  unter- 
nebmeniW^gt^n  durftq,  Sie  ^aj^n^n  dabjJt"  |apge,  vv[e  4ea 
^lei|ißi]i|en  griechi^ch^f^Scbönbeit  opcla  die  Grfif«^  P^isuf^gep^ 
u«d  es  gelang  ihnen,. ea^dj^cb,  als  ifie  dje  Kufll^t  35u  w^^jben  er- 
funden baU^n.f  4ind,a]^q^den  einfachen  geoip^trjsjpl^eii^^l^inen- 
tftiV  beUepjscUer  Ar(:hit^ktonik  nppb  die  K^^^sfpfm  niit  ^em 
ganzep  Keicl))(luiizi  mit  ihr  zusarnnu^pbängend^r  Kupst|Qrf^en 
Hinzugetreten  war.     Wie  in  den  Qurtbdgen  dpj(  Cif \vo|£p  S^ein 


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Boisieree  9esohre}bttti^  (3^8 "Doms  ^Q^filr^  66i 

an'Stein  sich  im  ^reUe  fdgt^  bi^  der  Scli|uft«teiti  oben  alle 
8cfaliei8tun<t  besiegelt;  so  hatten  si^  die  V^lke^  iiuch  in« 
grofse  Rtn^d  ihrer ^Herrscb^ft  i»^cb  WinüpeluiÄft  lnw|  'Riebt*« 
sdh^eit  zugehauen ;  alle  ^wtsciienr^uine  der  Bdigen  bi^tte^^  si^ 
tnit'Steinscbütt  uöd.dem  IV|QrteI  ihrer  Sprache  und  0e$et£^ 
aiisgeipauert,  und  oben,  lyo  stell  i|Ile  Sphwibbdgeo  kr^tten, 
^and  die  vergötterte  Rpina  als  ^^x  Scblufii  des  gaiizen  Gevrdl* 
bes^  das^  nnn  bin^  weit^  RQtux^d^t  sich  ^|be^  \TSiEend  und 
kus^rqn^enbaU^i^d  ihr  gat^zes' {j^ndetgebiet  umfing,  pie  Cnt« 
dedäing,  Symbpl^brer  Herrschaft,  und  auf  denselb^  mathe« 
Inatischeti  GrUndf^tzen  wje  ihl-i^fblitil^' beruhend,  kam  daheim 
Vor  slftetjß  And^pi  ihileh  zu\  lind'  sie  wursten  deri  b^Wennind 
geläufigsten  Qebran^h  davqn  ^n  msfcl^en.  Die  Griechen  bat* 
len  nur  flacl)  zu'detiten  verstanden,  und  das  De(;ken  darum 
häufig  gans^  unterlassen;  und  wo  Qberdem  Alles  in  die  gerade 
Linie  siph  ausgesogen';  konnten  auCh  die  grpfi^en 'Oeifnungen 
ünti  die  v^rbind^ilqen  Glieder  dtnr  SSc^lenstellungen  keine  A"^* 
itobme  inachen.  D5^  R£(mer  deckten  fhre  Werke,  und  gräna^* 
ten  4ie  dadurch  ^U  ein  geschlossenes  Ganze  Völlig  vonihr^^? 
ünigebung  ab,^  'Qt^  ^er  IJmftng  des  Gewölbes  keine  andere 
Schranken  hat  I  ^}a  .^^a  ihn)  4^(  anrch  d^n  Seitendruck  endlich 
doch  überwundene  Wider^tattd  ihres  eigenen  MÄteriajes  und 
aer  sie  zn^ai^menl^alfenden  Seitenmauern  setzt;  ^o  war  fQr 
ttib  pröfse  ixnd  Ausdehnung  ihrei*  Qeb^ud^  f'prtetn  der  weite- 
re Spielrauq  aufgetban,  den  selbst  der  ühermüthige  ^augeist 
ihrer  Kaiser  nicht  zu  erfüllen  yermogte,  IJer  prßn^ung  der 
^h^cben  CjlindergewQlbe  fplgte  bald  die  xusaminenge^etztere 
der  liemi'sphgriscl^en,  und  indem  1^}«  d^e  ihnen  eigenthftmj^cbe 
Rrei^form  des  ^]ten  Ye^tatempels  ;nit  ^nem  solchen  l^reisg^i 
wö&e  deckten,  entstand,  selbst  BiW  der  W^t^  ihr  wejtbe- 
irtthmte^  Pantheqri.  Vi^Jeckige  Terot>e|  mit  Kuppeln  über^Völbt 
Schüssen  sich  6^\e^en  freistünden  an.  Die  KJr^jjiform  ihrer 
Gewölbe  theilte  bald  aMph  den  grö^ierep  Qeffnungen  t^i^d  \hten 
Gesiinsen  sich  mit,  di^  oben* durph Qogen  geschlossen,  ii^  dei^ 
Bädern  Pipcjetians  £ichon  je  drei  un^  4rp4,  zwei  niedere  an 
den  Seitpn  xn\t  einer  höheren  Mittleren  verbunden  W^  durch 
Säulpl^en  getbeilt,  erscheinen.  Das  Ipitete  daranf^  $^uph  d^e 
Säulenstetlu^ngen  Statt  der  geradlji^igteb  Arphitraye  durch  solche 
aufgesetzte  P.og^n  9"  verbinden',  d|e  ;tun  in  A^caden  d^s  Tem- 
pel^ians  umziehen,  Q^er  i|o^st  ^ein  Inneres  yerzierei^n  $Q  ent- 
stand; «ugleicl^  tpit  ei^^r  neuen,  pa^slich  zjusammen gesetzten 
Säulenoraiiung  neue  eigentb^^nili^ha  JVömerweise  ^  und  in  ihr 
baute  in  Frapht  und  f]errlicbl^eit  die  Mauerkrone  sich  zusam« 
men,  \VQmit  ^\e  ^ph^  Herrin  d^^  stolze  Stirne  kränzte« 


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668  B#9«T^  Btt^ur^uog  4«<  '^<m^  i^  K^ 

X)l^,Ct^rjfBtctntbwn  ]t^urflei£rbci  all ^ißSß^  ^P^iifilF^s  der, H^i- 
^«nseUy  so  y^ej  d^yoin  die  Valfctfrhewegungj  tthef4auert,  hatte. 
Siegr^i(i;^:2Pg,«s.e49  ip^iej  v^p  ihren  ^ltr*i  fttj^t&^rn  yeir^sse- 

geräumige  Hallen,  um  fvofj^  jVfaMei^.  ypi^R«^^«  aMf«un^l\ijtien^ 
4aft  niit  Auge ,  Qbr  up^lfer^,  (iberaU  4ir  Ftip^  df^.^iyfyrf  ^rion 
und  dar  Ve^köndiguipg^es  Wo^ts  nahe  a^yn  .^pUte,,  Pi^?  Yp^l 
irar  aber  nach  de^*  Iiierarpbf^>  *die  aich  ,5chptiljjin' äeif  ^^v^9 
L^brft  av»geljii4et ,  ,ip  .Xes^fflmt^n,  aH^}^lig  ,ap8teig^e|^ 
\in4  ^i^h  yerf^delnden  Gl^isfUf^f  n  A>J"fi^*9b£ß^9^P?]t  ^9fl  ^!^T 

feth^i^t,  (tie.^Qtbwcndig  ^jptpgriec^ef  di  ,/J^lit^luj^  im  Gt.j 

Ki^a  fqrderten.  Die  geaainfn1^X)t^n&(^pgei^eiipe  yr^^r  ^de^  xL^ib^ 
fjen  der  ErlQf^r  ai^f  fU'dea.sich  g^b^iUg^  b^te/  vo«  .ditn  ;4lM.4f 
feriten  Gliftdipafsen  bU  a^uip  ^£(aLfpte  li^f  ei^  !^,y,pii$  ^er  Qrga^ 
nisation  hindurch ,  der.  iqiedem  a^geipndeEt;^  -(Jjrg^O.e  »?^^t| 
ficb  wicdfrbolend,  Alle  ^i>age^ammt:uiittir /ie^  ftWicUp^^  p.^- 
((ungsg'^fA^^ztt  ZLisamintei^hiek.  .Um  diesem  [im  ^O/s^e^di^^j^tif 
jjedesuml  aicb  selbst  p|]rfernden  t^etb  auf2;iinebn)fi:\9  vyyr^^  pig 
Kreuftesfurm  beliebt,  d^e  aocl^  das  erste. g^rp)fse  ^Obii^optfr  ^ü^ 

Senonimaii,  Also  wurden,  ^if  Wtirftjlniaf ae^i  ^It^r  grieql^isiqk^ 
'eoipel  s;usajnme^gerpp{ct,|^  bis  ,ste  im'^c^i%,.,^^,i;  beiden  Se^ 
tendügeln,  der  Vprbalie  des  Chorea  und  det,Hal^.ratund^  K^^ 
ter  4h»'>  ti^l*  '*?  *?'**  gesucht^. JF^rm  ver-eipigt  ha^^ten.  .  D^r  4ffr 
tlporticus  JBcbied  das  Gebü^de  yoin  laufen  M;)rl(,te  ^  tUad  dem 
profanen  Tr,eihen, -der  Welt.  D^ann  ^Qlgfj^  das  Atiiun^,  ^M^g^ 
Jben  von  seinem  S.äiiUnlaub^Pv^ur  Aufn?^?»fi  derj^ülsende^  un4 
JlückfUllißen,  ,  5oiort.öflFi\e^e^4?is  Schiff  ,«teip^  ^yViten  ^^u^ 
4en  kirf Mieten  Genosse^;  giyei  Siäulenr^ibfjEi  -^hvi^e^fe^^  ^ 
4rei  JH^lleip»  vv^oyon  dif  öjittlexei,  dc^  ifircb^Qj^eiri  üin^Cig^^^ 
4ie  Linke  ^en  M^nnerp^tC^atechuaien^n/tin^  BeJ^^hrt^n^  di^ 
Jlechte.  4en : Wölben?  diente.,  )f}ifi  Vo^baye  war^v.^^i  4f5ja  .ein- 
cescblp/^senan  H^unpfn  für  ,4ie  Acolyt^'l,  ?^rS<^!^9'"'^^^.f  ^°l 
V^hore  endlich;  sog  uin  das  Alierheiligste;das  Pj^ejfbyt^riuin  füc 
^itf  bö.bere  pei^tfichlfeit,  dep  Biscli^JS;*  in,  cjer  MUt^v  si(^b  im 
H^lbkrei^  her«,  5,0  ist  St.  Cle^^y^ns  in  iVA^^Xbei  S;  d'Äginpourt) 
eingerichtet,  so  alle  ältesten  Kirphen  de^s,  jtVjdht^ten  C^hrtsl;ei[^<» 
|huais  9  ap  auqb  thei]g  erweitert  im  ria(i^.,  t^iejls  abgekQr^r^ 
^ie  scbön^  Paiilskirpb^  in  der  Co ns tantin i^ph^i?  ^eit^  ajs.  ein^ 
der  J\Iiitterkirp.heq  dfs  CbvisM^^hums,  iin.all^r  dainj^l^  e,i;rei^bf 
^aren  Jracbt  aufgebaut.  D^|[  AtriMm  ist^^^pgje  eingezqge^; 
f.ber  yi?r  {leihen  pr;ichliger,  ^uin  Tbeil  a^tiJ^e«;  ^oriu^hi.scqer 
Säulen  theilen  da^  Scbitf  ^p  ftlnf  R^u^ie^  ejine  mit  ^^aub.werl^ 
schön  yer^i^r^e  ippgenstjf^^lung  v^^^bin^le^  ;<;ii?«|p.  S^ul^u:    (^p^ 


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Botimee  B«söliire^b^pg  des  Doms  io,  Kfiln«  ^69 

fpigt  höher  das,  GetSfel  init;  den  Bildern,,  darüber  die^ohere 
I\(;]he  kleiner  ruiidhogigerjFf^nyter,  endlich  zu  ohtrst  das  Ge- 
ialke  ohne  W^lhi^ng.  Nach  demselben ,  niir  noch  mehr  ver- 
jeinfachten  Planne ,  w#r  auch  die  , "alte  Teterskircfie  glelchi'alls 
zur.  Zeit  ,Coustaiitins  gebaut j,  schlankere  unheldahte  Süuleii 
.tt«^en  stalt'der  Bogenstellung  ein  gerarflinigtes  Gesimse,  das 
jtj.^^täjFel  is^^eingeschyvunden  9  dagegen  vorn  das  Auium  gertiu^ 
^Miger  beigeftVgÜ  '^  '  .  ^   * 

,  Vp»  j,fc,j^b^r  hat  zwischen  den  nahe  verwandten  ßt^mmen^ 
(ßem  Griechischen 'und  dem  Italischen  ,  Nebenhuhlerel  und  £i* 
fersucb.t  bestauden.  Jeder  von  beiden  hat  zu  seiner  Zeit  die 
.[^t;lt  beherrscjbt  j  jeder  seine  Sprache  und  seine  Bildiingsweise 
durch  di^  Macht  der  Waffen  im  gröfsten  \Yirkiing.skiert'ö  über 
d,eV;Erd(j  ausgebreitet,  und  während  der  Eine,  selbst  als.  er 
^em  i^iider^^  (üenstbar  geworden,  seine  günstige  Üeberlegen- 
bei^  in  alJe.Weis^  geltend  machte,  liels  dieser  sejnpractisches 
I}^^rsp|ievg.^S<jhick  upd  seine  Willensslärke  für  Alles  eiVisteheh'^ 
^nd  jed^.sppf^ig^  ^iöfse  decken.  In  t'olge  dieses  Wetteifers 
b^^^^-s^^  *^  er  ^Ut^^er  druck  cjer  andringenden  *  "  * -das  Ge- 
wölbe römiscuer  WeltherrschafVzu  sjwengen  d  ind  man 
^  rriit  Affueii  (Streiken  zu  unterfangen   sich  gei  ^es^hen, 

das  ßeich  sich^  J^n   ein  Oesllicbes  und    ein         Tiches 

getheilt,  und  auch  in  die  Kircbe  hatte  die  Neigung  zu  gleicher 
^.pheid^ing  sich  fc^rtgepflarizt.  Diese  innere  Entzweiung  strebte 
2^un,^chst,  ^ticpi  in« der  Kunstdarstellung  sich  kusz^i sprechen^ 
i|nd  als  ^^stiniai;)  j^ich  entd^hlofs,  der  ]V!{etrouole  des  Jiyzanti 
nisghen  Reiches  a^ch  ihre  grofse  ]VIutt^|kirche  aufzubauen,; 
strengte  de;:,  Genius  de%  Morgenlandes  alle  seine  Gaben  aiv 
^^mit  auch  jetzt  wieder  das  christliche  hellenische  Land  die 
christliche  2\öma  mit, einem  neuen  Wundeu*  der  VVeiy  üU<rfl(if 
gieln  i[BÖge.  So  entstand  i\\e  Soph  ienkirch  e/  Auch  hiei: 
W.r^ltetH  noch  die  a^te  Vorliebe  für  da^  Würfelförüiige  in  den 
^e.mpelconstructiot^en  vor,  und  leitete, die  Wijljl  auf  dai  grie- 
cbi^phe  gleichschetikjiche^reuz,    das*  ^iejr   dem  Vierecke  des 

fi^^idr^sses  einge^qtiriebeni  fortan  du^  herrschende  in  dieser 
irjche  \vt^i*|^^*  £|n  sojcber  Würfel,  in  sq  pewältigen  Dimen- 
pic^nen  aufff^thüvuiti  "«d  qiit  flacher  Ebene  oder  ungebrocher 
iierp  D^che  nach  pb^n  hin  gedeckt,  wäre  aber. dem  Auge  unevr 
träglicb  gewprden,  und  hätte  durch  einförmige,  breite, .plumpe 
^chwiere  aji^  ^egeji^  der  Kuast  verjfjtzt.  Um\  leitete  darauf, 
seine  ^Vlftte/weit  V9.«'ragend  zu  erhöhen,  und  diese  Vorracui^g 
in  eine  Kuppel  ab^u^undeiif  die  nqthwendig  do^t  ihre  Stelle 
fand^  yvpf  die  vier  Arme  des  Kreuzes  sich  in  Mitte  des  Ge- 
bU u des  kreuz te,n.      !Daabef   nach  der  Absicht  desselben  die 


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570  Boüseree  B^^breibnng  det  Doms  b  Köln. 

Durcbsicbt  hier  voD  allen  Seiten  frei  seyn  mufstei  60  konnte 
sie  nur  auf  vier  grofae  gewölbte  Bogen ,  die  \vieder  auf  vier 
gewaltigen  Eckpfeilern  ruhten,  aufgesetzt  in  der  Schwebe 
über  dem  eingeschriebenen  Viereck  cfes  Grundes  hängend  ste* 
hen.     Und  so  fafste  der  Kfin^tUr  die  grofse  Idee,   seine  Kup- 

Sei  9  ll5Furs  im  Durchmesser,  auf  scnwindelndefr  Höh^e  jenen 
ögen  und  Pfeilern  aufzulegen  ^  und  indeni  er  ihr  dstlicli  und 
westlich  in  abfallender  Höhe  svfei  Dalbkuppeln  beigefügt,  di6 
^egen  die  Enden  des  Kreuzes  wieder  in  einer  dritten  Stafe 
sied  niedersenken ,  bis  diese  endlich  den  Fortictu  erreidfat,  ge^ 
lang  es  ihm,  die  gesetzte,  festgewurzelte ,  stämmige  Ruhe 
des  Vifrecks  mit  der  gehaltenen  allumfangertden  Geschlossen« 
beit  der  Kugelform,  auf  eine  deui  Kunstsinn  wohlgefällige  und 
dabei  erhaben  strenge  \Veise  gltlcklich  zu  VeYeini^«p.  '^Und 
das  byzantinische  Keich  sah  mit  Stolz  auf  'dies  Werk  is^nes 
Geistes;  es  war  ihm  eine  Eingebung  voA  obeh^  die  das  kimm^ 
liscbe  Jerusalem,'  wie  es  der  Seher  mit  d<^r  IVothe  ausgen^es* 
sen,  auf  die  Erde^  herabgezogen,  und  in  der  Kuppel  es  mit 
etnein  Irdischen  Firmament  gedeckt,  un4  dein  Kaiser  rahmte 
iicbf  er  habe  Salömon  besieg^.  '      ' 

Sq  hatte  das  Christenthum  i^^ine  e Igen tnClmli che  Baukunst 
sich  geschaffen  9  und  die  neue  Kunstsprache  i^ar  gleich'  tut  Be« 

Sinnein  zvTei  IVtuud^rten  zerfallen;  ein6  Tateinisdie  fhr  da* 
kbendland,  und  eine  byzantinische  für  die  murgenländischen 
Heiche.  Im  Yerhflltnwe  wie  von  jenen  beiden  Mittelpcihk^ 
ten,  in  die  s|ch  die  erste  jüdisclchristlicfa^  Kirche  in  Jerusa* 
lem  verschlossen  hatte,  Heidenapostel  zur  Bekehrung  der  VdU 
ker  ausgingen',  verbreitete  sich  die  zwiefache  jETau^eise  in  alle 
Welt.  Wie  die  derselben  Bildungsstufe  entsprechende  IVfabyerei 
Jör  Christus,  die  Apostel,  dje  Propheten,  und  die  (leiligei^ 
stehende ,' unveränderliche  ,  immer  vviederkehrpride' l^yjpen 
hatte,  die  man  sieb  von  Kloster  zu  Klqster  und  von  froviriz 
zu  Frqvinz  mitgetheilt;  so'  l^^tte  aucU  dies^  Bäukiuist  fhre 
bleibenden  Forn^en;  wechselnd  Yiur  mit  der  ^uUge  jeties  dop« 

Eelten  Idioms,  und  fortgepflanzt  theils  durch  die  unmittelbare 
Teberlieferung  derBaukünstler^  die  aus  eine^  oder  ^er  andeiti 
Schule  ausgegangen;  theils  durch  ]V(iniatu^EemMet  in  den 
Büchern,  durch  Silberarbeiten  an  Altären  und  ^^eliq^uienkasten, 
deren  Architectur  immer  ur\^  ohne  ^u^n^hq^^fi,  in  den^selben 
Style  wiederkehrt.  In  solcb(er  Weise  wur  sie  deiii^  Kuch  yoii 
Rom  aus  zu  den  germanischen  Völkerschaften  gM^g^i  ^^ 
diese  zum  Cbristenthume  übergingen«  Zuerst  bktten  sie  di6 
<3othei2  angenommen,  als  sie  Italien  und  mit  ihr  die  Weltstadt 
in  Jahrhundert   langem  Besitz  ^gehalten«      Alles,    was   ai\^ 


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Boisseree  Besehreibung  des  Doms  in  Kolir»  571 

Theodericbs  Zelt  noch  übrig  ist,  die  Frans^iskaherktrche  ih 
Kavenna  angeblich  von  ihm  gebau^  9eipe  Paljaste  und  Schlös- 
ser, von  denen' man  noch  Abbildungen  35U  haben  glaubt:  (End- 
lich sein  Toatenmat^  ein  edel  strenges^  in  seiner  ernsten  Ein- 
falt des  grofsen  Murines,  dessen  Ascbe  es  bewahrte,  gjr  wohl 
würdiges  VV^erk:  Alle  sind  sie  im  romanischen  Styl  gebaut, 
den  die  späterii  Italiener  seit  dieser  Zeit,  ihre  eigene  V^ater- 
•cbaft  vergessend,  den  s^h  weren  G  0  thi scheu  genannt. 
Er  gelangte  weiterbin  ^u  den  Nachfolgern  der  Gotben ,  den 
Longobardeni  und  im  Laufe  ihrer  Herrschaft,  bis  zu  ei- 
ner gewissen  Entwicklungsstufe  mit  einiger  Ei-gtr^ntbüihlich- 
keit  fortgebildet,  nahm  e|:  den  Namen  des  Lombard isch eh 
an«  Die  (jallier  hatten  ihn  früher  schon\in  ihre  Heimath  hin« 
tiberverpflanzt,  und' die  Kirche  yon  Tours  mit  ihren"  120  SHu- 
len,  wie  Gregor,  Turon,  sie  beschreibt,  war  schon  um  460 
in  der  romanischen  Weise  gebaut.  Die  Merovinger  hatten 
die  Bauart  auch  in  ihrem  Gebiete  s^hgeiiedelt ,  und  nun  er« 
richtete  Karl  der  Grofse,  wie  er  auch  Ita^änische  Musik  ili 
Metz  und  St.  Gallen  angepflanzt ,  ihr  eine  Hütte  bei  seinem 
Dom  und  1?allastwerk  in  Aachen,  vqn  yro  aus  sie  in  seinen 
zahlreichen  Kirchenbauteii ,  -!—  der  Sage  n^cb  so  viele  wie 
Schriftzeichen  im  Alj^habete«  —  wh  üoer  ifein  ganzes  Reich 
verbreitete,  und  dort  später  den  Namen  der  Altfränki- 
schen erhielt.  Sq  hutta  9uch  Alfred,  nach  dem  tbeil weisen 
Vorg^ge  der  Bretonen  und  der  christlich  ^^ewordenen  Heptar- 
^hie,  sie  neuerdings  in  der  ^Entwickelung ,  die  sie  bis  auf 
seine  Zeit  erreicht,  auf  sein  Inselreich  hinübergetragen. 
Ninian,  der  die  Steinkirqbe  in  Whithern  gebaut,  \var  scnon 
in  Rom  unterrichtet,  jetzt  zog  der  grofse  Angt^Uachsenkdnig 
eir-e  neue  Sch^}e  römischer  Künstler  in  sein  Reich,  und  die 
schlugen  dort  ihre  Hütte  auf,  und  Alles,  was  in  seiner  Zeit 
und.  mehrere  Jahrhunderte  später  gebaut  wurde,  ist  ro« 
manisch,  «^p  Oxford  ,  so  die  ^)te  Kirche  von  Canterbury,  die 
Eadmer  »^    '^  '     *am  Rom^norum  opere  factam"  nennt, 

während]  lieh  hinzusetzt;    ad  imitationem  eccle« 

^iae  heati  es  wurae  die  Weise  dort   zu  Lande 

sich  -in  al  Schwere  und  St^mmigkeit  gestaltend, 

fortan  die  i  genannt.     Tn  Spanien  hatten  die  go- 

Xb^^chen  J  uust  denselben  Diepst  geleistet.^     Als 

im  Jahr  7'  Fauila  ^uf  der  Jagd  verunglückt,  baute 

^tfons   ^e  ,    $ein  Nachfolger,    seinem  Andenken 

djis  Mün$1  iv  in  Villa  nueva  au$  drei  Langschiffen 

so  wohl  ^  g^fMgt»  ^afc  Alles  869  Jahre  nach  der 

^rb^uiing  snneii   ^nv^rsehrt   erbalten,  war.     Am 


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572  Boliferec  BesArabuDg  des  Doms  ifl  Kola* 

.Fortale  ypä  seinen  Spulen  sab  man  nacb  der  VY^eise  jener  Bau- 
art die  Umstand'«  sein^is  Todes  auf  der  BäVenpgd  in  Stein  ab« 
gebildet  *)•  Wie  hier  in  dem  fcfrpsten  Weste«,  so  war  die- 
selbe Kunst  auch  in  den  äufsevsteu  Norden  Vorgegangen«  Als 
das  Qiristentbum  dort  eingedrungen,  settte  inan  in  dem  acah* 
dinavtschen.  Stonehenge,'  dein  Odihstemperyö'n 'jCTp^ala»  den 
vier  grol'sen  Märksteinen  ies  eineni  doppelffn  Achtecke  ein- 
geschriebenen Vierecks  y  eine  Capelle  aus  Quadern^  mit  acht 
grofsen  rundho^igen  Oettnungen  aus^  von  d&n  iiordischen  dreii- 
eckten  Giehehi  öl)eil*aiit,  iind  schloFs  sie  mit  einem  kreuzför- 
migen Gebäude  ein,|  das  auf  cfen  ührig'^h  st^chfizehh  JVIahlstei« 
jiciLruhte.  .  /  ' 

VVie  hier  im  Abendlande  In  solcher  WeiÄe  Rom  im  Kunst- 
cebiete  weithin  strahlend^. geworden,  so  Byzapz  im  Morgen- 
lande. Als  der  Russenczar  Wla(|imir  Sinnes  Wurde ,  in  sei- 
nem Reiche  eine  neue  Relig^ipii  einzuführen,  Saiiclte  er  i^acb 
Nestorji  fiei-ichte  zehn  weise  Münner  in  verschiedene  X^ande« 
^pm  zu  eiforscb^Ji,  welches  Vo\k  Gott  auf  ilie  sejlner  würdie- 
^te  Weise  eli^'e,  Pie  Gesandteai' fanden  Bei  den  ^oiahoiiietanv- 
schen  Bulgaren  elende  Tempel,  .traurige  .Geliete^  unheimliclie 
Mienen,  und  zogen,  cU  sie  an  diesem  1t)lenste  Keinen  Ge- 
fallen hatten,  zu  dert  Katholischen  nacb  ^l'eutschlanil.  Dort 
trafen  sie  nuti  zwar  einen  ge^rdn^ten  GoUesoiens^^,  ^iier\  wie 


...rUj 


*)  Die  Reschtei))mig  dieses  Qit^es  iP^oUen'  Wfr'hi^j  mh'^deÄf'Worfed 
einet  alten'  fpanischen  Cl^ronik  mittbeiletit  da  lie'^tDerkwiirdfk 
genug  die'Itleidiiog  der  aUeo  gothisehen  Kb'iiige  sehifde^t.*  ^^Eh 
otra  parte  de  la  puerta  desta  iglesia  es^a\äJte\^itiuaHer6  sh» 
armäs  ,  tos  vestidos  largos  hßsta  los  ptüs  ^ '  Vncima  "^Jtelibs  ikkk 
anidnera  de  almatica  sin*  mang'as^  lahrada  pbr  toda'ta  o^Uldf 
estrecha  per  los  costados »  cqu  '  unos  laros  cqnip^  pa^samanos  roh 
hotones;  la  cahepa  descubiertä  con  large  cituelUkcit  lor 'fapat^ 
puntiagudosf  el  caualto  en  que  irha  sin  pretal  «i  ^inh»p9rm% 
solo  tenia  silla^  estribos  y  TVefio.  La  niugpr  ti^^'el  iodtdb 
alto ,  cön  una .  toca  por  d^ba^co.  ijie  la  b^nta  %  tomo  '  lo  üMi 
agora- las  labradoras  mus  ruaSf  y  aunmuchd^'Hii^at  äalgö^de 
aquellas  montannaSf  iobre  iös  vesjddo^^  tieife'' otttr  rojik  cömo  tm 
del  rey  larga  hasta  los  todillos  \  y  presa  p6r  lox  ludos  y  ejj» 
cötada^  Este  es  et  trage,  mos  antiquOf  que  sfi  halla  de 'los. 
reyes  de  .Espanna  ^  y  my  digno  d^  ser  notadOf  que  d^uia  ^ 
fer  el  de  los  godos,  Despues  totnaron  mseitros  rey  es  ^^l  veithf 
df  los  moros  f  saluo  los  tur^antes^   que  ho'  lös,  asutoiu^^  r 


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Boisser'ee  Beschreibung  des  TJiDmt  in  Köln.'     *  573 

sie  sagten^  Ceremonien  oline  Wttf-de  iind  Grofshelt.  Sie  kn-- 
Aien  endlich  aujch  nach  Constantibpj)i2'l.  Mögen  sie  die  Httr^- 
Iichkeit  unseres  Gottes  sehen !  "sagte  der  Kaiser,  und  hiefs  sie 
in  die  Sophienkirche  führen,  .wo  der  Patriarch  in  seinen 
Aintsgewändern  den  GoltÄS'diens't  Versah,  Die  Pracht  des' 
Tempels,  die  Anwesenheit  d€s  ganzen  'griechischen  Clerus, 
die  reichen  Gewqinde,  die  Zierde  der  Altäre,  der'  D'üft  ides 
Weihrauch,  der  Gesang  de»  Chores,  das  $chweigeit  des  Voltes 
unti  ^e  Würde  des  Dienstes;  Ergriffen  die  Husten  so,  dal'a 
es  iBneii  ischien  ,  dieser  Tedpel  sey  Wirklich  das  Hauk  des' All« 
mächtigen,  u^nd  dafs  er  sich  clort  unmittelbar  deft  Sterblichen 
'  ^     ■  Si  '         **         ♦---  ^         .-       *  -«    .  . 


ofFenbare.  Sie  mächten  ittem  Puristen  de«  günstig^Stea  Bericht 
von  dem,  was  sie  gesehen,  tirid  dieser  entschlöA  sich ;  den 
Glauben  der  Griechen  anzune)iVheri/  "Er  hahm  die  griechische' 
Stadt  Chersbn  weg,  und  entfjötrte'iür  heiliges  GetSthe ;  und« 
nachdem  er  deä  Kaisers  Schwester  sich  als  Ga(tUr^  beigelegt, 
zerstörte  er  die  alten  Götterbilder  seines  Reiches*,  und  liers 
geschickte  Baumeister  von  Constdntinopel  kommen,  die  ihm 
in  Kiew  eine  S'ceinkirche  zur  Ehre  der  heiligen  Jungfrau  bau- 
ten. Der  Styl,  den  diese  Künstler  mitgebracht,  wurde  fort- 
an canonisth  im  ganzen  Reiche,  tind  Was  es  sonst  von  altem 
Bauwerken  in  sich  beschliefst,  i^t  Alles  in  ihm  ausgeführt; 
Was  die 'Reisenden  uns  voJi  den  tJeberresten  alter' Kirchen, 
die  die 'früheren  byzantinischen  Kaiser  in  den  Cäucasischen 
Ländern  erliiaMt,  berichten,  führt  alles  auf  diesen  Mittelpunkt 
zurück,  j^ben  so  die  in  Kleinasleri  und  Syrien  zerstreuten, 
zum  Theil  in  Moscheen  umgewandelten  altthristlichen  Gebäude, 
endlich  selbst*  die  heilige  Grabeskirche  ,  wie  Beda  ^ie  beschrie-  . 
Ben.  Es  ist  also  eine  unzubezweifelnde 'Wahrheit,  die  Bois« 
seree  in  jenem  Berichte  ausgesprochen,  dafs  die  Sophienkirche 
in  Byzänz  und  die  Basiliken  von  St«  Peter  und  St.  Paul  als  die 
beiden  Beziehungspunkte  durch  viele  Jahrhunderte  gegolten* 
und  dafs^von  ihnen  der  zwiefache  Grundtypus  aller  Bauwerke 
dieser  Zeit  ausgegangen.  Indem  man  beide  als  die  Brenn- 
punkte einer  Curve  nimmt,  kann  man  um^sie  her  eine  Folge 
concentrisicher  Ellipsen  ziehen,  in  deren  Peripherien  alle  gtös« 
seren  Gebäude  dieses  Styles  fallen',  und  deren  geitieinfiiphafu 
]iche  grofse  Achse  ^on  Spanien  zum  Caubasus  hih;iiebt^  Wäh« 
rehd  die  kleine  von  Sicilien  durchs  Adriatische  Meer  und  Uly« 
rien  nardwSrts  an  die  Grenze  der  get'manischen  und  b'stslavi* 
scheh  Volker  läuft,  Ueber  dem  Kreuzungspünkte  beiden 'Ächrf 
sert / in '^deh  Lagunen  von  Venedig,  hat  die  mächtige  Repuu 
iVikfiiiircli  ihren  Ursprung  eben  so  sehr,  wie  durch  ihre  In-* 
teresseiT  iiA&  Beftineungen  dem  Morgimlande  und  denb  hh6adm 


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574  Boittcree  Beishreibnng  des  Doms  in  Köln*" 

l«iii4e  sugleich  Verwandt  9  in  ihrer  Marcufkircl^e  ein  ehen  $0 
aus  beiden  J^auarten.  Eemischtes  jgevirakiges  Werk  bin^estelli« 
In  Teutschland  Hatten  die  Miser  der  drei  Dynastien,  die 
der  Karolingi sehen  g«folgt^  eben,  wie  die  Fürsten  dt^%  Reichs 
in  ihren  zahlreichen  Bauwerken  ^  getreulich  zur  Rdmiscben 
Schule  sich  gebalten ,  iind  zwischendurch  nur  eti^ira  da  und 
dort  in  £inzelheiten  iii  die  Byzantinische  übergegriffen.  Nun 
aber  nahten  die  Zeiten^^,  wo  im  germanischen  iVorden  eine 
neue  dritte  sich  gründen  und  ausbilden  sollte«  Der  g rofse 
Streit  mit  den  Päpsten  hatte  unter  der  Ostfränkischen  Cyna« 
ttie  sich  mit  Heftigkeit  entzündet,  und  Jahrhunderte,  bindarch 
fortgesetzt^  immer  gröfsere  Kreise  schlagend^  die  Nation  in 
allen  ihren  Tiefen  Und  Unfi^fen  aufgeregt.  Anfangs  ein  blos« 
ser  Zwist  um  Formen  und  QmrechUame,  dann  ein  Kampf  ent. 
gegengesetzter  Frincinieii ,  «lies  theocratischen  und  des  politi- 
schent  hatte  er  bald  den  Character  einer  grofsenf  tief  m  dec 
iSfatur  der  Dinge  9  der  Menschen  und  der  Stimme  begründeten 
Zwietracht  angenommen  9  die  schnell  alle  Elemente  der  Euro« 
päiscben  Gesellschaft;  durchdringend  ^  in  mannigfaltig  \redl« 
•elnden  Gestalten  zuqi  Vorschein  kam.  -Die  Teutschen  Ovaren, 
^]s  er  zu  diesem  Stadium  gelangt ,  zur  Einsicht  gekommen, 
dafseshier  der  eigenste  Geist  der^  früher  bezwungenen  Latei- 
nischen Völkerschaften  sey  ^  der  <  da  er  im  O  p  e  r  p  r  i  e^ 
Sterthum  eben  so  seinen  Mittelpunkt  gefunden |  wie  jener 
der  Germanischen  im  Kaiser  tb  uro|  ihnen,  liün  entge« 
gentrete,  um  die  letzten  Reste  des  früher  aufgeiefiten  JöcbeiS 
abzuschütteln,  ja  wo  möglich  di^r  Sieger  selber  zu  pemeistern. 
£s  war  natürlich  |  dafs  so  wie  die  Streitenden  zu, diesem  Ver« 
Ständnifs  gelangt,  jeder  fortan  in  seiner  Eigen thtimlicbkeit 
sich  abzuschlieisen^  und  in  allen  seinen  Ausbreitungexi  aufii 
bestimmteste  zu  begrenzen  strebte ^  um  im  vollen  Gefühle  sei- 
ner Persönlichkeit  dem  Gegner  entgegenzutreten.  Die  Teut- 
schen insbesondere,  da  sie  zum  zweitenmale  in  den  Kampf 
mit  der  weltbeherrscbenden  Roma  sich  verwickelt  fanden,  muj&« 
ten  sich  in  ihrer  ganzen  Nationalität  zusammennehmen  ;  *unc[ 
da  in  der, ernst  religiösen  Zeit  von  einer  Glaubensspait|ing 
nicht  die  Rede  seyn  konnte  ,  fand  das  Oppositionspriricip  nur 
innerhalb  des  festgeschmiedetefn  Sandes  der  OeSammteinheU 
Raum ,  sich  auszulassen.  Und  es  wendete  sich  nun ,  mit  aller 
Energie f  die  es  durch  diesen  Widerstand  im  langwierig^ 
Kan^ipfegewonnen^  ^egeti  Alles  bin,  was  sonst  der  ueist»  di^ 
Art  und  die  rbysiognomie  eines  Volkes  in  der  äufs  strengste 
gesonderten  Eigenthümlichkeit  ausarbeitet^  ilnd  gest4^te>n  ma^ 
i>0  warf  es  sich  denn  auch  ins  Kunstgebiet^  und  mip  die  eih^ 


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BD^s«re«.^l4^reibuiig  4ei  Domi  in  Köln«  575 

heiiaiicbe  Sprache  unter  der  Kircbenapracbe  tich  hervorsuarbei« 
ten  begann;  wie  in  ibr  eine  eigentbOmliche  Poesie  sieb  be« 
gründete;  so  wurde  aocb  eine  gibcllinische  Architectur 
gefordert ,  die  dejr  alten  Wel fischen  entgegentretend|  auch 
hier  die  Nation  als  eine  selbstständige  bezeichne. 

Mancherlei  war's,  wals  dem  germanischen  Stamme ,  als  et 
nur  erat  ^ich  zu  fühlen  begonnen  f  an  der  alten*  romanisch« 
byzantinischen  Baukunst  nicht  ferner  mehr  zusagen  wollte. 
Zuvörderst  rermifite  er  in  ihr  jenes  metaphysische  Prin« 
clpf  wozii  er  nic)it  hlos  im  Gebiete  der  Wissenschaft,  son- 
dern eben  so  sehr  in  dem  der  Einbildungskraft ,  Ja  selbst  im 
.Leben  mit  vorherrschendem  Bange  sich  neigt.  Die  Baukunst  in 
^Uen  ihren  Hervo^bringungen  nur  das  schwerste  irdische  Ele« 
pient  handhabend^  schien  die  Befriedigung  dieses  Triebes  bei« 
nahe  gänzlich  auszascbliefsen ,  und  doch  hatte  seihst  in  sie 
das  Christenthum  jenes ,  geistige  Ferment  gelegt.  Aber  es 
wollte  die  Nordischen  bedünken  |  dafs  es  in  seiner  ganzen 
Stärke  noch  bei  weitem  nicht  gewirkt,  und  dafs  darum  die 
Masse  fbr  ihren  hochstrebenden  Sinn  allzu  sehr  vorwiege,  weil 
«ie  klumpig  und  schwer  am  Grunde  sitzen  gehlieben.  t,s  kann 
aber  in  einer  ausgedehnte  Räume  mit  plastischen  Gebilden 
umschreibenden  Kunst  das  Metaphysische  nur  in  jene  höhere 
l^erspective  gelegt  werden  9  die  sich  im  Auge  des  Beschauen« 
den  auf  eine  geistige  Weise  theils  aus  dem  Verbältnifs  der 
Dimensionen  9  quantitätig  theils  aus  dem  Spiele  von  Schatten 
nnd  Licht  physisch  und  endlich  aus  d^r  gesetzmafsigen  Gliede« 
'rung  aller  Theile  qualitativ  entwickelt.  Wir  Alle  wissen,  dafs 
Gott  in  uns  und  um  uns  unser  Inneres  durchdringt,  ohne  dem 
was  aufser  uns  ist,  sich  zu  entziehen^  und  dßfs  er  tiefer ',  als 
jede  Tiefe,  doch  zugleich  auf  das  Hdthste  überfliegt;  und 
doch  liebt  unsere  Eihbildungsktaft  am  meisten^  ihn  nach  oben 
aufzusuchen,  und  über  sich  wendet  sich  jedes  Herz 9  das  sich 
ihm  entgegen  richtet.  Die  Höhe  ist  uns  daher  auch 
an  Gebäuden  Symbol  und  Ausdruck  des  Erhabenen; 
eben  wie  die  Dimension  der  Länge  Vom  profanen  Eingang  bis 
in  die  Geheimnisse  des  Allerheiligsten  uns  die  Tiefen  des 
Werkes  bezeichnet ^  an  dem  die  Breite  dann  für  die  nieder« 
ziehende  Wucht,  die  schweffällige  Masse,  und  zur  Begrän« 
zung  der  blöfsen  Zahl  übrig  bleibt.  Nun  zeigte  zwar  die  ro- 
manische r^orm  dtsB  langen  KreuTtes  sich  der  Tiefe  günstig; 
allein  da  ihre  einfachen  antiken  Spulen  nur  mäfsige  Belastung 
und  also  nur  eine  be.^chränkte  Hohe  dem  Geltätide  gestatteten, 
fand  doch  auch  wieder  seine  Länge  sich  begränzt,  da  sie  über 
ein   gewisses    Gröfstes   hinausgetrieben ,     den  Mifsstand    der 


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576  BoisÄeree  Besehihsibvng  des  Vottii  inTKÖliii^ 

manßeliiÄeA  Habe  pu)r  nöÄ  augeJif^ger  hetv^öirtfcÄiöben  h^tf. 
Die^ßyzantinuche  Weise  ,ijdadürcbj  dafs  sia  dSre  ÄTasaen  iSu- 
ftftromendrängte  ,  und  nun  iHamiöHatte  Pfeiler  tu it,ilir  beladen 
konnte,  erlaubte  xu  grörseren  Hoben  hinaMfibilWKgen ;  aber 
indem  sie  im  gleicbseitigen  Kl^euae  ^iiä  Breite  der  ]liähge 
oleicb8*etzte  ,  vernicht^te  sTe  die  Grä'ftW  elf?»  Eihdrucks  wieder 
durcti^die  ScbweVftlligkeir,  <J^e  dw.tutretenrfiWnsS'uiatefielfe 
ßimension  ,  Ins  VVei  k  binditgetVagen ,  und  fain*  tfadiir^h  awdt 
selbst  \a  jenem Hn^teigeh  auf  eineiti  gevtriWen'Pdnlte  si^h  fest- 
ßehaWen.  ^eide  t'oJmen  --batt^ii  "p  her  dein  dep'  rimden  Badtfi 
mit  einander  ^pmein,  iifid  Äufch  In  Ibo^ 'ftnH  j^iÄf  stets  üW 
ich  strebende  geistige  Federkraft  äüF  eine  hÖcbstmiftftIHgd 
Yeise  sich  beschrankt.      Die  Kreislinie  hat;  iwair  allerdings 


s 

Wei 


eine  gewisse' Freiheit,  abör  nircht  mehr,  ais  ibe  der  Äadius 
gestatten  will;  Alles,  was, hinauss^reht  über  die  Oiänae ,  die 
er  jeglichem  Bestreben  setit,  ftibtt  er  schn^ü  in*  O^lfei»  äu- 
rttck,  in  dem  nun  alleTbeilte',  jeder  dem  Ändern  glerch^<»stellty 
in  eintöniger  Einerleibeit  nebeneiriahder  litgen.  Der  Kreis 
ist  daher  physisch  die  Linie  aller  streng  centrirteVi  Naturbe^ 
w€gung«?n;  geistig  das  Symbol  der  enger  od^r  weiter  binden- 
den absoluten  Gewalt^  die  keine  Opposition  irtiftrem  Bereich« 
duldet,  und  hat  daruin  überall,  wo  er  vorkömmt,'  ein  ängst- 
liches, drÖckenJes,  peinliches 'Neben|geftihlbmO»?J*?ite  seiner 
scbdnen,  selbstgenOgsameH  Geschlos^nheit,  Selbst  das  Ge- 
wölbe des  Himmels  würde  drückend  schwer  sieb  uns  auflegen, 
hätte  nicht  ei^e  gldckliche  bplisthe  Täuschurtg^  das  Kreisrund 
in  eine  Ellipse  ausgezogen,  und  Wenn  nicht  die  Sterne  mit 
ihrem  Lichte  durch  die  crystallene  Veste  bre<:h6nd,  auch  der 
Einbildungskraft  den  Weg  zu  gleichem  Duffch^^uth  bahnten. 
Solchfe  Ausgleichung  im  Urtetidhcheh  mag"  aj)^r  nie  ein  Werfe 
von  Menschefaband  erreichen;  und  wie  sehr  dit?  Griechen  rüh- 
mend das  Halbrund  ihrer  Kuppel  ins  HypefböllschÄ  hlhausge« 
soaen,  schwer  Von  seh wef^eh  Untersätzen  titid  bHiten  widter* 
haltenden  Wänden  gÄtra^efi,^'  Will  dei-  EitidrUfck  in.  keiner 
Weise  dem  gema<^hten  Aufwand  ent^prechen^,^  utid  das  Ge« 
iäude  konnte  d^ii  AiisifrÖfche«  dfet  Aeu6h  Zeit  Äitht  ge-» 
iiügen*  ^  ,         ]        .  j  .    .  , 


Ji.  1 


.\i 


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N.  3X     •         ■'^-■'    ■  ■••  ■  :     1825. 

H.  e*  i'  d  e  r  b,  e  t  g  e  P  '.'';"■  [■'. 

Jafeurbücher  der  Literatur,;^ 


Gescliichte  und  BescliVeiBung  .des  Do)n(is  in  Kölü ') 

*^  von  &  BoiÄseree.  •        ^^  /,    ,^.v. .  , 

..;-;•  ■,'    _  -■>;■./- 

.    !•  • ;        I  '^j  »/  '    I    -    1,- 

Ein  Anderes  9  was  der  germamsclien  Völker  Art>anii  We^» 
sen  an  den  vorgefundenen  KiiftstwerkeniVersehrtCL,:  WAr%  da£l  j 
sie  ihren  Natursinn.^  gewöhnt  üherali  eine  reiche  Fülle..mflQf»7 
njgfialti^r. Elemente  scharf  und  lebendig  ui>ter  einem  oi-^aoi**- 
scthen  Gesetz  ^vl  fassen  9  durrh  die  schwebende  Besithttngs^i. 
]QS]gk^it  der  sparsamen  GJieder  ^    die  ,sie   zusammeA'setxten^ 
beleidigten  und  verwirrten.     Die  alten  griechischen  Bauwerke 
ihefriedigten  in  ibcer  beschränkterh  Sphäre  diesen  Natur sini%: 
aufs  vollkommenste;    alle  ihre  Elemente   sind  wie  aus  einer ^ 
Wurzel  au^etrieben,  aufs  genaueste  zusammen  verwachsen  und  1 
ineinander  gegliedert;  nirgendwo  hat  gesetsl(^e  WiUkübr*Ai)<M 
Sprünge,  und  unmotivirte  Ausweichungen  sich  erlaubt^   odet . 
n^ifsgebOrne  Ungestalten  eingeschoben;  Alle  sind^sie  in  zftcb« « 
tiger  Einbildungskraft  empfangen,  und  nachdem  sieii^  einet  ^ 
gesunden  kräftigen  Natur  ihre  Zeitigu;ng  erlangt,  ins  Licht  hin»  [ 
ausgebohren,'  und  blicken  nun  mit  eben  so  bellen  Augen  hn  ds^  ^ 
Gemüth,  wie  des  Euclides  mathematische  Lösungen  in  denVer«* 
stand.     Die  Kömer  sind  ihrerseits  bei  gröfserer  Aufgabe  r\ut ,/ 
tbeilweise  und  in  ihren  besten  Werken  zu  gleicher 'Durchbil*  ' 
d^ing  gelangt;  aber  selbst  die  Geringeren  in  ihrer  guten. Zeit, 
mo<£t;en  nie  völlig  von  der  strengen  Gesetzlichkeit  undGonse«  > 
quenz  ihres  gan&en  Wesens  sich  lossagen.     Die  christlichen 
Werke  aber  hatten,  wie  wir  gesehen,  in  der  .allgemeinen  An^^t 
Ordnung  ihrier  groTsen  Massen  und  Abtheilungen  £war  allere 
dings  ihre  bestimmte  Gesetzlichkeit;  keineswegsr  aber  dehnte 
diese  öconomische  Zweckmäfsigkeit  siqh  auch  auf  ilie  kstheti«  « 
sehe  Anordnung  ihrer  oonstitutiven  Elemente  aus,  die  sie  nur- 
zu  einem  Artefacte,  keineswegs*  aber  zu    einem  Na^turwerk  . 
zu  verbinden  wufsten«     So  sind  die  Elemente  jener  Faulskir«^ 
c^e  in  Rom  die  Qurinthische  Säule   mit   der  Bog^n stell ung^ . 

XVIU.  Jahrg.  «.  Heft.  ^  37 


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678  Boiitaftt  B<tflireibiiii|  dtt  Döim-Ia  KdUi* 

Aet  .g«tifSilU  vier«ckte  SjpiegeV,  ^und  -das  einfiBcbe  isnge  rund 
c«wdlbte  Fenster;  alle  diese  Glieder  aber  bsben  hi«r  nur  su«> 
fallig  sich  ausamanengefundeni  sie  sind  nicht  in  einer  innerJt 
Nothwebdiglteit  auseinander  betrorgejahgen  |  and  sind  diifaer 
«ücb  durch  keinen  innem  geistigen  Verband  in  wechfelseiti« 
M/BT  Unterordnnng  susamman  verwachsen, und  vereint.  Noch 
wehiger  wollen  in  der  Sophienkirche  die  kleinen  Künste  ga* 
Csllen«  die  man  angewendet,  die  Massen  su  brechen  und  nie 
EinfbrmigKeit  weilausgedebnter  Flächen  aufzuheben ;,  jene 
Sftuleny  die  man  in  awei  Stockwerken  übereinander  in  Kir« 
-eben  fiufge^ellt;  jene  Schweren  Gesioas«»  mit  denen  man  die 
Wände  dnrcbsogeny  jene  rundbogigen  Fenster,  die  man  oben 
in  drei  Reihen  übereinander  atigebracht^  jene  Marniorbunt« 
beit  und  Verschwendung  von  Mosaik 9  die  Oberall' das  Auge 
%u  bestechen  aucbt.  ^IbäT  das  bysantinische  Säulenkapital 
ii»  käMJ&g  dindi  dieselbe  nnnatOrliche  Kflnatlichkeit «  die^  der 
«ansen  &uart  anhängt  y  iuageaeichnet,  .  £Une  sahllose  Menge 
^#n  Klsinigkeiten,  ficbroehene  lanien,  Schndrkely  Bänder« 
Federn  sind  musiTiadi  aneinander  gelegt;  alles  susammen  ist 
in  eiMn  Teig  gekaetee«  aber  nirgendwo  tritt  ein  grofses  pla«- 
atischea  Oesets  herror,  in  dem  das  AUea  su  einem  ^eglieder* 
ten  Gänsen  sich  vereinigt  hätte.  Also  sapn  der  iCunstgeist 
fttim  andemmale^  uqn,  wie  er  früher  in  den  Aegjrptiern,  Cyrie« 
iciien>  Rümern  und  den  älteren  christlichen  fiaukünstlem  jedes» 
mal  das  der  Zeit  >  dem  Orte  9  der  Gelegenheit  entsprechendste 
ausgesonnen,  auch  in  den  germanis^n  Völkern  das  ihrer 
Sinnesart  und  Weise  angemessenste  anssufinden ,  und  damit 
das  bisher  herrachende  durch  gesteigerte  Trefflichkeit  su  über« 
Ineteffi  und  su  verdunkeln.  Es  gelang  endlich  dadurch,  dafs 
einer  jiwfr  Hochbegünstigten ,  der ,  weil  sie  alle  Radien  ihrer 
Ktuttst  tt^d  aUe  anstrebenden  Richtungen  ihrer  Zeit  in  ihrem 
eigenen  schnellkräftigen  Geiste  su  vereinigen  wissen,  als  Er- 
finder und  Gesetsgeber  in  ihr  Epoche  machen  9  an  die  Stelin 
dea  stetig  fortsiehenden  Bogens  den  gebrochenen  einführte» 
und  also  die  aph-ärische  Trigonometrie  eben  so  in  die 
.  Kunst  eintrttg,  wie  die  Rdmer  die  gewöhnliche  der  ein^ 
fachen,  reinen  Getometrie  der  Griechen  beigefügt.  Aber 
nicht  der  Spitabogen  war  dia  grofse  folgenreiche  £nt-> 
deckung^  das  allein  gab  dem  Funde  die  Bedeutung ,  dais  jener 
mllchtige  episdie  Geist  ^  der  dies  Runstelement  die  Welt  au<^ 
er«t  handhaben  gelehrt^  in  ihm  den  Keim  erblickte  und  be^ 
frutfatetei  aus  dessen  organischer  Entwickeliing  sieb  eine 
gana  neue  Kufrstform  gestaltete  ^  die  ^  wie  wir  sogleich  im 
Verfolge  der  Anzeige  dts  vorliegenden  Buches  s^hcn  werden^ 


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FoitiAree  B^ifliu^iitii^  des  boim  !a  X81o.^  ^79 

äft«  An^prfiche  äet  Zeit  befriedigte ,  tind  die  ^acbgewordenen 
Bildungsjtriebe  in  der  ihnen  natüriichsten  JRichtung  lenkte! 
Der  Spitzbogen  war  vrobl,  wie  Icauih  zu  bezweifeln  seyn 
mdgte,  früher  schon  rochanden ;  wenigstens  ii|t  es  kaum  glaubl 
Kch,  daft  nicht  irgend  ein  älterer  Baumeister  auf  den  nahe- 
liegenden Gedanken  geratben  wSre,  mitunter  den  runden  auch 
einen  solchen  beisumtschen.  Wir  haben' gesehen ^  wie  diel 
Kuppel  Ober  der  Vorhalle  des  Chors  lim  Münster  yon  Stras- 
burg auf  vier  grofseh  Spitzbogen  ruht,  die  von  Pfeiler  zu 
Pfeiler  sich  hinüberbrücken.  £s  kann  seyn,  dafs  mAn^  bei  der 
Umbildung  def  alten  Kirche  die  früheren  Rundbogen  iri  spitze 
verwandelt,  und  dann  darüber  die  Kuppel  mit  ihrem  Slitlen-« 
Umgang  neu  au^esetzt*  Aber  dann  begreift  man  schwer, 
warum  man  den  grofsen  Scheidebogen  Zwischen  Schiff  und 
Chor  mit  dem  Schnitte  der  Gewölbe  und  andern  Bogen  nach 
dem  Sechseck  so  disharmonisch  stumpf  nach  dem  Achteck  ein« 

Seschnitten ;  auch  will  die  Arbeit ,  Farbe  und  Verwitterung 
«fS  altergrauen  fiufseren  Umganges  und  seiher  Verzierungen 
iitcht  mit  neuem  Aufbau  zusammenstimmen.  Es  wSre  auch 
möglich 9  dafs  man  später  Spitzbogen  statt  der  runden,  nicht 
eingeschroten  aber  eingelegt;  aber  dann  ist  wieder  unVet- 
fttäridlichy  warum  man  die  mühsame  Arbeit  auch  auf  die  Sei« 
tenbogen  also  ausgedehnt,  dafs  man  nicht  b Jos  die  beiden 
kleinen,  die  auf  der  grofsen  Säule  ruhen,  zu  Spitzbogen  ge- 
inacht^  sondern  selbst  dies^  Umwandlung  auf  die  grolsen  in 
den  Speichern  vermauerten,  Stei  umfassenden  Bogen  aiisgedelint; 
ja  sogar  auch  die  vier  kleinern,  die  ihnen  in  deii  £cken  aufr 

feSetzt,  im  Innern  der  Kuppel  sich  vetsteckeft  ^  zugespitzt. 
,&  scheint  also,  däfs  dieSe  vier  Bogen  schon  bei  Errichtung^ 
der  alten  Kirche  im  eilften  Jahrhundert  bestanden  haben,  wo 
sie  dänti  in  diem  übrigens  romanischen  Gebäude  aU  einei  blöfse 
inicht  mifsfällige  Anomalie  ohne  weiter^  Bedeutung  rtilt  unter- 
liefen. Es  War  also  um  diese  Ehtdeckung  ohngeführ  ebfeh  Sa 
beschaffen,  wi^  um  die  Oelmalerei^  die  man  gewöbnlifch  denri 
Van  Eyky'beizulegen  pflegt.  Oel  unter  die  Pigmente  zu 
mi8chen,^m  ein  geschmeidiges,  markiges,  haltbares  Matl^riäl 
für  den  Pinsel  zu  gewinnen^  lag  viel  näher,  als  ein  junges 
Feigenblatt  bo  lange  im  Eiw^ifs  umzupeitscheh,  bis  aus  der 
Mischung  seiner  Milch  mit  der  Gallertedle  sogenannte  Teni- 
.peratur  aer  alla  Tempora  Malerei  entstand.  Das  Letzte 
konnte  eher  noch"  eine  Ent/leckung  genannt  werden,  als  da* 
Erste  I  was  gleich  von  selber  sich  dafböt,  und  daher  auch 
länge  vor  dem  angeblichen  Entdecket  in  Ausübung  gesetzt 
Wurde*     Die  alten  Aechnungen  über  den  neuen  Kirchl?hbaU 


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580  Boliam«  QMdi^^ianf  du  Dom  w  %J^ 

unter  äem  Jahr«  l325  dt«  ^uifi;ik-:  3  i/2  jLjig^ae  olei  prp  in»-^ 
cinibM«  <uper  coluomiA  dti^ingen^ift,/  un4  iiÄter<,i339»  3lt 
f^gen.  olirt  eoipd  ..pro  coJorihui  l^mperandifj  dasu  die  Fig« 
^oerrte  Go)dfafb«^  Blei  weis ,  Grüni^pa^ ,  Vermilign^  xyrio^^r, 
Asur>,  de  albo.  yero^cfa»  Silber^Jätter  und  Gc^ld^p^,,.  Aßch^ 
also  dijfrs  war  das  VerdieDSt  des  ^roXsen  Mannes^  [das.  iTei- 
'Men  ^aoi^n  sc|)nell  .durch  die  gan&e  dam^ige  .Ktinstw«lc 
^usgebreite^f  sondei^  lyejl  er  in  der  altern  Entdeckung 
den  Keim  e^er  neu^i  I^unttform  erbltckt^j  i|i^d  diese  aixs 
ihm  zu  entwickeln  verstand^  £r  war  e^en  afieh  wie  jener 
grofse.  unbekannte  ^aiimeiister  in  «in  St4i£e5pja))|r.  selncrr  Kunsl» 
gestellt;  (die^ilten  st«hendi|«>  Kirchenformen  ^orllt^n  ibUi/Jund 
sei^e  Zeit  ^icht  ferner  n^eh?  befriefiigen^  und  er  j^rlkanüte^ 
dafik  4^e  ifi  conventiionell^M  Sij^brankfn.  verpuppte  K4inst>,.  nux 
dadurch  in  einem  erweiterten  £)aseyn  sicherneu^nmocl^tev  4<^^ 
aie,  jene  Mumicndeckeh  dur^hbrecbeipd ,,  wiefJer.Auf  N^tur 
Wurücl^elürte  und  in  ibf;ei9i  Jungbrunnen  si^. {fische  Jugeol 
HKhOpfte^  .  ^eim  Ersten  Verl'uch  äieser  RUcl^hr  ergab  si^ 
idem  Künstler  sofert,  dalli  die  Tonleiter  der  aU^n  Malerei  «^ 
iu'm  seV»  <nd  in  Viel  su  >reit  getheilten  InKervailen  fortschreite^ 
^s  dals  sie  der.  I^OJÜe:  und  Manni^faltigk^t,  si^  genOgen  Vev 
xnachte,  die  diesem  ip  eint^m  t^nerscbd^flichen  IVeicbtJbiujii  vpn 
Formen,  'Gestalten^  TÖnen^  Arcorden^  3.eflexea  und  Asse»» 
yians^  aufquellenden  Born  entströmtem  Indein  er  aber^eine 
jneichere  c^^roma tische  l'onl^iter  auf  dcrr  Palette  beS^ftte*^  dr« 
^ann^e  *er>  dafs  die  atte  troclcene  Temperatuir^  zu  Bttjjpk.  uni, 
spröde  das  Spei  und  Ineinander scheioen  >ener  xart^ren  Töne 
Und  Halbtöne  beitchränke  und  duCi  dieser  Widerstand  kaitol 

Jinter  der  Dand  des  ki^nstf artigsten  Meisters  sic^  bezwingen 
asse^  Und  als  er  lange  nach  einem  geschmeidigeren  Verboivte 
für  seine.  Ktärmbnian.uhihergeforscht,  lehrte  eip  g^nstiget 
Stern  ihto  eudem  OfHe\  und  sein  Genie  wnfi^^  nun  sog)i?ich 
des  neuen  Wetkseugs  sich  mit  einer  Met9terschafty  wie  kaum 
einem  Spjäteiren  vergönnt  gewesen,  au  be  milcht  (gen  ,  und  ihm 
Alles  absugewinnen ,  was  ,e»  irgend  zu  M't'en  im  Stande*  w^r^ 
jDa  unter  seinem  Pinsel  das  QeT  Vpie  ein  Gla^nfs  dem.  dv'fhr 
•Cheinenden  Grunde  sicli  auflegte ,  bil<(let>  sich  eine  ArJ(,  ygn 
catoptriScher  GlaSmahle^^  unendlich  vollkommener,  ali^  ^ie 
dioptrische^  da  sie  nicht  wie  diese  an  die  ungewisse  WirJkung 
des  Feuers  gebunden  ist^  Der  Schmelz  stand  ai^f  seinen  BiN 
dem,  wie  ein  klarer ,  breiterer  ^  dufclisichtiger  Luftikreia  mit 
.warmen  Dönsten  tut  Genüge  satt  getir^nkt;  Und  irudem  er 
in  diesem  gläsernen  Meere  seine  Pigmente  wie  ein  eartea  G<« 


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wölk  au8goCi,/i)bfts.en  plastisch  woblgeforinteTheile  er  in  allen 
t/ebergälngen  und  deti  feinsten  Schaft! rungen  kunstreich  in^ 
teinanoer  zu  arbeiten  wufste,  brach  sich  an  ihm  dils  einfallen« 
de  Liicht  giiithwarni  wie  Morgeii-  und  AbendrÖthe  am  S0d4 
liimaiel,'  und  die  FoKe  deä.  Spiegels  warf,  wie  dprtdieQränze 
der  Atmosphäre  y  -die  schöne  JLuftspiegelung  ins,  Auge  au  rück. 
X>äs  w^r  Eyks  grofse  ErHndiing,  damil  vermochte  er  den  ge« 
)Btergerten  Ansprü<^hen  der  2^eit  an  Form  ufid  Farbe  Genüge  zu. 
leisten,  und  damit  wurde  er  Gesetzgeber  in  setner  KunsU 
4Jnd  gWjade  wie  er  in  äpht  germanischem  Natursjj^i^  die  ganze. 
FüHe  des  Ijebens  in  diese  KunStu hineingetragen,  und  zugleiche, 
auch  in  jener  Luftperspective  im  weiteafen  Sin|i,e  die  meta-. 
'physische  Hdhe  unct  Tiefe  in  ihr  hervorgerufen;  so  hat  jener^ 
oaukOnstler,  durch  die  Verbindung  df^  Spitzbogen^  mit  den 
gekuppelten  Säulen  Schäften  zugleich  die  Gesetzmäilsügkeit  eines. 
NafeurWerks  und  die  £rhabei)heit  und*  Tilsfe  eines  geistigen 
darzustellen  gewufst^  und  indem  auch  er  in  die  gewaltigea 
^Dimensio^nen  des'  Kunstwerks  die.  ihm  eigentfaümhche  Luft^ 
perspective  hineinzulegen  ver4ltanden,  ist  auch  in  die  Baukunst 
das  läystiiBche  Frincip^ePngetreteh,  und  diesig  dadurch  aua  ihreii^  * 
a]te.n  engen  Sdiranken  hervorgebrochen, 

I>a&   die  Erfindung   der  neuen  Kupst  b^yptsächlith  den, 
Teutscbeh  angehört,  kann,  alle  historischen  Zeugnisse  unbe« 
achtet 9  aus  ihrem  eigenthüuiUi^hen 'Gharactei*  ef wiesen  werden^,,: 
d^r, so  durchgreifend  nationeil  in :  ihr  era^ei^^t ,  dafs  man  sie 
'als  die  objectiv  gewordene  altteutsche  Staitimesart  undvNatar 
bezeitbnen  könnte.      Gerade  dafs  der  Erfinder  unbekannt  ge-' 
l:kUeben  ,  i^t  einer  der  characleristiacben  Nationalzüge,  die  sie. 
kennbar  machen;    di^  Nachbaren,   alle  ruhmrediger ,   hätten 
dk^  Entdeckung  schon   für  sich   geltend  zu  m^phen  gevvuDt^ 
wärfi^  sie  ihnei\  zugefallen«      B^i  d^n  Teutscheu  abejr^  hat  rox^, 
je   das  w^ahre  Verdienst   sich  zu  verbellen  geliebt,    und. die. 
Sorglosigkeit  und.  GleicbgiUtigkeit  der  Menge  ist  diesi^ia  Be-^^^ 
'mühe.^  iiri'mer  aufs  beste  zu  Hülfe  gekogamen',  dalji  es  in  4eu. 
'itiei&^en  FU^llent  seinen  Zweck  erreicht»      Da  dieselbe  SchnelK 
kraft  des. Geistes  und^GemütKes,  di^  jene«  grofsen  Bewegung 
geh  der  Zeit ,  Röiner  und  Kreu5^züge  in  den  Tentschep  her* 
v  o^rgeb  rächt ,  au^h  auf  die  an  der  n^  Völkerschaften  Europas^  ^i?  . 
daran.  gleichftiUs^  Theil  genommijth  ^  sicb\an4\Jehnte,  überall  die 
Menschen  fürs  Ungew,öl>nli^he  empfänjglich  macbtej,  so  ver- 
.breitete  sich  die  bei  jenen,  gemachW  En^dsckMHg  schne})^  vou 
,  einem  Ende  des  Mfelttheils  zu  dem  auderp ,  gerade  wi^.  späte? 
die  Druckerei,  und  eben  diese  schnelle  A-Hibreitung  und  die 
allgemeioe  ^^heilnahme  begünsltgt  hier   wi»  dcut    die  £iu« 


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iprficjbe  nationellerEiferstidit;  aber,  bitr  wit  doctiWtfd«  Alk» 
gen^a  untersucht^  die  Kuiut geschiebte  suletst  af die^  £^  £# 
Teutscben  steh  erklären.  Frankreich  9  insbesondere  in  ihm 
dieNormandie,  m5diten  die  scbein.barmteii  Grümdle  belbriogen» 
um  sich  die  £rGndung  su  vindiciren»  Aber  die  Normannen^ 
die  England  eroberten ,  brachten  noch  die  romanische  Wcdae 
mitf  und  übten  sie  bis  aum  XIII*  Jahrhundert  aus,  DieCatke» 
drale  von  Lincoln ,  1123  geendigt  9  war  in  diesem  Style  ^  so 
auch  Canterbury  vor  dem  grofsen  Brande  voll  1174*  Nun  am 
Anfange  jenes  Jahrhunderts  ward  Wilhelmus  Senonenaia  zu 
ibrem  NYiederaufbau  berufen ,  und  von  ihm  ist  geschrieben  ia 
der  Chronik  de$  Gervasius:  vir' aimodum  strenuus,  in  ligno 
et  lapide  artifex  ^ubtilisslmus  9  ad  lapides  formandos  torneU;« 
n^s^ta  ftfcit  valde  ingeniöse,,  farmas  quoque.a4  lapidea  ibrm. 
sculptöribus  tradidit.  Weiterhin  heilst  es  von  seiner  Arbeit: 
Ibi  coelam  ligneum  egregia  pictura  decoratum,  hie  fornix  ex 
lapide  et  toso  levi  decenter  composita  est.  Endlich  noch^ial; 
Utrinque  piiarios  appoauit^  qaorum  duos  extremos  in  circuitu 
columnis  marmoreis  decoravit«  Das  war  noch  Alles  xomaniacbt 
aber  das  Umste)len  der  Pfeiler .  mit  Säulen  deutete  acbon  von 
iferne  auf  die  teutsche  Kunst ,  eben  wie  die  schlanken  aucb 
sogar  jfcbon  gekuppelte^  Säulen'schafte,  die  änüsen  am  Chore 
und  dem  Fortale  der  St.  Michaelskirche  in  Favia  aus  der  Lion* 
gobardei^aeit  vom  Fufsboden  bis  sum  Dache  reichen»  .  Nadi 
^hm  erst  im  Ai^fange  des  XIII,  Jahrb.  erscheint  die  ispitsbogigs 
Saukunttf  und  wird  sogleich  durch  den  Namen  der  Teuto« 
>ni sehen  yon  der  Altsächsiscben  und  Normann ischeii  unter« 
schieden*  In  den  Acti4  ponti£  Eborac^nsiam  von  StUbba  sagt 
Alured  von  dieser  Zeit;  Supra  ostium  chori  aere  et  aurp 
opereque  incomparabili  pulpitum  fabricari  fecit ,  et  ex  utrar 
ifii9  parte  pulpiti  arcus,  et  i|i  medio  supra  pulpituoi  arcum 
eminentiorem, «  crucetti  in  suminitate  cestantem,  similiter  w 
aere,  auro  et  argento  apere  Twhni^  u^hticsLtäm  er^niu  Man 
si€tbt -deutlich t  v^ie  um  die  Zeit,  als  dieser  Lettner  gebaut 
wurde,  eipe  neue  l^unstwei^e  ei^ewandert,  die. man  mit 
einer  eigenen  Benennung  zu  b^eicbnen  nothwendig  fand^  um 
sie  vQn  der  einheimischen  un^  der  von  den  Eroberern  früher 
eingeführten  9  txi  unterscheiden ,  und  man  i^annte  aie  die 
Ppeutscbe ,  von  dem  iL^nde ,  das  sie  erfunden  hattei,  £s  war 
um  diese  Zeit  wdhl  noch  so  viel  Normiinniscber.Fatrlatvun 
in  den  jB«ronen  vorhanden^  die  jene  Gebäude  bauten.,  um 
nicht  zu  dulaeh>  dafi  man  einc^  Bauart  mit  dem  Namen  ^der 
Teutscben  beselchn^  h&tte,  die  ihnen  wirklich  aus  der  al(en 
H^ima^h  «ugekomt^e^i^  ua^  ap  mel^rv  di|  ibj[e  eitgli^dbiuti  Oi^ 


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terthmeiiy  die  sie  vtntet  dem  Joche  hielten  9  i^äbere  Sf^ati^m« 
Terwandte  dietet  Volkes  waren  ^  als  sie  selber, 

fragen  wir  aber  nun  9  näher  tretend  ,  nach  der  teuts^chen, 
IProvins  und  deoi  Stainine  des  gesammten  Volkes^  von  wo  die- 
Erfindung  ausgegangen»  so  wird  uns  die  geographische  Ver« 
theilung  der  Kunstwerke^  ihre  allmShiig  sunehmende  Häufige 
keity  die  gesteigerte  Ausbreitung  ihrer  Dimensionen  und  diW 
stetig  wachsende  Trefflichkeit ,  auf  die  Spur  des  allgemeinen« 
Brennpunktes  der  gesammten  Bestrebung  führen ,  die  noth« 
wendig  ohngei^br  auf  die  Stelle  fallen  miuls ,  wo  sich  der  Ca« 
iion  des  ganzen  Kunstgeschlechtes  findet.  Wir  haben  gesehen», 
wie  filr  die  alte  Weise  Bysans  und  Rom  die  beioen  Cen- 
tralpunkte  gewesen ^  indem  dieselbe  dreifache  allmählig  fort«' 
schreitende  Steigerung  von  Zahl,  Umfang  ^nd  Modalität  su« 
]<^tzt  auf  diese  beiden  Functe  wie  die  Abweichungen  undNei«-, 
ungen  der  Magnetnadeln  unter  verschiedenen  ^Längen  undi 
»reiten  auf  die  beiden  Fule  deuten.  Die  Sophienkirche  und- 
die  Basiliken  Borns  sind  diese  beiden  KunStpoIe;.  um  sie  her  , 
bat  die  bildende  Kraft  das  meiste  rohe  Material  in  seilen. 
Wirkungskreis  hineingezogen  9  Um  sie  her  haben  die  meisten. 
.  und  gröisten  Bauwerke  sich  zusammengedrängt  ^  und  von  ih« 
nen  aus  kann  man  nun  mit  Meridianeh  und  Parallelkretsen  die^ 
christliche  Erde  umziehen  f  in  denen,  allmäbligy  wie  die  £n^« 
fernung  vdh  gemeinsamer  Mi^le  wächst,  der  dort  wachsame^ 
Kunsttrieb  mehr  und  mehr  erstirbt ,  bis.  in  Scandinayien  nur 
wenig  unscheinbares  Gemäuer  noch  schwache  Spuren  seines. 
Wirkens  trägt ,  die  wie  die  Flechten  und  Moose  de$  Nordcaps. 
als  die  letzten  glimmenden  Funkeirder  erldschenden  Bildung^«, 
kraft  erscheinen.  So  weit  das  Netzwerk  dieser  Kreise  geht»^ 
wurd«  jene  zwiefache  Kirchensprache  gei^edet;;  und  wie  dte^ 
Gemeine  im  Abendlande  ihre  frommen  Geföble  in  der  schön^ 
gerundeten  lingua  latina  betete  und  sang,  begleitet  von  einenw 
Chorale  1^  der  gleicherw:eise  von  Ton  zu  Ton  m  einfach  grofsen; 
Bogenstell ungen  edel  und  figürlich  hinzog;^  so.  mufsten 
auch  seihst  die  Steine  des  Tempels  diese  Sprache  reden,  und' 
»ich  in  der  Rundang  fügen.  Aber  es  ist  eine  stetis  Neigung^ 
im  Menschen,  von  der  Einheit  abzufallen,  von  der  fea^tgestelt^! 
ten  Norm  sich  Joszusagen,  und  der  Fülle  und  bun|:en  Man», 
nichfaltigkeit  ihres  Naturells  sieh  hinzugeben.  Ja  dieser Nei-, 
gung  ..waren,  aus  dem  Mütterstamme  viek  Wurzel  sprossen^, 
die  Volkssprachen y  ausgegangen^  und  wucherten. imy täglichen 
Lebensverkehr  in  üppiger  Lebendigkeit*  Verachtend  sah  die^ 
stolze  Herrin*  auf  diese  Bastarde ,  es  war  die  Sprache^  der^ 
Bauern  und^des. l^obels.;^  die  Geinein^ea  ledeteq  in  died^ftoi.j^Of» 


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584  fioisseree  Besdur^tbang  der  Dmni  in  K5fti»  ' 

*fiinen  MJöme' linter  einander,  nm  rtit  Gott  und  ron  Gott  zu 
reden  y  mufsten  sie  die  edlere  Mundart  wählen^      Im  Norden 

'n^her  galt  andere»  Maafs  und  abgleichendes  Gewicht.  Die 
Kirche,  in  ihrer  Verbreitung  hatte   ii|i  germanischen  Stamme 

*  erst  den  rechten  Orund  und  Boden  yoi^gef'unden ;  aber  sie  hatte 
'wie  die  recbt  eigentlich  susagende  Sinnesweise  so  dagegen 

*  auch  eigene  Sprache  dort  angetroffen.  Diese  lingua  tedesca, 
selbst  schoii  spitzbogig  in  ihrer  ganzen  Natur  und  Art,  'war 

*keine^wegs  die* Sprache  des  Pöbels;   «ie  war  die  Sprache  der 
"Herren,  die  gan»  Europa  bezwungen  hatten;  sie  war  die  der 
'Kaiser,  die  weitgebietend  das  ganze  Abendland  beherrschten, 
und  sie  trat  nicht  farblos  ^  bidde  und  bescheiden  wie   gegen- 
wärtig auf,  sondern  ihre  reich  betonten,  scharf  accentuirten, 
'bestimmt  markirten  Brustlaute  wollten  die  Italiäner  der  dama- 
ligen  Zeit 9  nach  Aussage  ihrer  Chroniken ,  als  di^  Sprache  des 
drückendstem  Hochmuthes  beddnken.       Eine   Zeit  lang   liefs 
diese  stolze  Elgenthümlichkeit  sich  bereden,   in  «die   Bernde 
Mundart  sich  zu  fügen,  aber  sie  konnte  ohnmöglich  bleibend 
sich  befestigen.     Als  die  Kaiser  anfingen ,  in  die  Behandlung 
weltlicher  Geschäfte   die  teutsche  Sprache   einzuführen    ,und 
die    Urkunden   in  ihr    abzufassen^    als    eine    eigenthümliche 
Poesie  sich   ausgebildet,    die  die   früheren   lateinischen   Ge- 
dichte aus  Volksliedern  und  Sagen  sie  ergänzend  und   verjfin« 
gend  in  grofse  episehe  Gesänge  umarbeitete;  da  entstand  auch 
ein  gleicamäfsiges  Streben  ,  die  alten  romanischen  Kirchen  in 
eigenthümlich  teutsche  umzuschaffen.     Dies  Bestreben  muXstß, 
'  wie  wir  gesehen ,  nach  der  Natur  der  Sach«^  am  bestimmtesten 
da  sich  olfenbaren,  wo  die  teutsche  Theocrati^  ihren   eigen« 
'thümlicben  Sitz  genommen;    wo  das  Reich  und  seine  ganze 
Verfassung  ztierst  entstanden  und  ganz  im  germariischen  ötyle 
sich  ausgebildet,  und  von  wo  es  sodann  sich  über  das  ganze 
Abendland  verbreitet  hatte ;  dort,  wo  Kr^nungsstadt,  Fallast 
tiud  Kaisergruft,  Anfang,  Mitte  und  Ende  d^r  Herrschaft,  Alles 
sich  zusammenfand.     Das  wa^  also  das   Gebiet  der  Franken 
am  Niederrhein  ,  den  gröfsten  Theil  der  FJuf|»gebiete  von  Mo- 
sel, Maas  und  Scheide  in  sich   begreifend,  \xhd  jenseits   des 
•Rheines  mit  Altsachsen  lind  Thüringen  gränzend.     Dort  steht 
^  in 'Köln  der  Canon  der  ganzen  Kunst  weise  aufgerichtet,    nnd 

*  zwar  nicht  etwa  vereinzelt  und  verloren  in  Mitte  einer,  vireit- 
■um  von  Kunstwerken  ausgeleerten  Oede,  sondern  in  der  ^reicfa« 

Sten  Umgebung  einer  Stadt,  der  jedes  Jahrhundert,  das  an  ihr 
vorbeigezogen,  irgend  ein  bedeutend  Denkmal  zum  Gastge- 
schenke z^urückgelassen ,  und  die  man  daher  nicht  ohne  Gf^uhd 
das  teutsche  Rom  genannt,     Um  sie  her  ist  die  ganze  Provinz 


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Boiiseree  BeidireibiiDg  ^ei  Doms  InK^fi«  *8&5 

mit  ähnlichen  Denkmalen  erffllh,    von  den  ÄlOqduiigen  der 
'Maas  ani  Strom  hinauf  durch  Belgien  gegen  Lüttich  und  die 
'Ardennen  durch  Lothringen  hindurch  bis  an  die^Mosel^üellen 
im  £)safs,' dann  jden  Rhein  entlang  an  seinen  Ufern  hinäh,  ist 
'die  wahre  und  eigenthümliche'  JFieimatb  dieser  Kirnst ;     ihr« 
•Erzeugnfsse   drängen  sich   dort  am   dichtesten ;    beinahe  jede 
bedeutende  Stadt  zeigt  wenigstens  einen  Versuch,  und  wo  in 
'den  Metropolen  kein  solches  Werk  sich  Endet  9  erkennt  man 
«leicht  die  Ursache  in  der  Bedeutsamkeit  und  Grdfse  des  früher 
'bestandenen  Romanischen,  das  man  anzutasten  sich  mit  Rech^ 
'gescheut.     Um  diese  Mitte  her  lassen  nun  eben  solche  Faral- 
felkreise  sich  eiehen,  wie  die  alte  Kunst  sie  um  ihre.  Brenn- 
punkte hergezogen,  und  da  die  neue  so  hoch  im  Norden  fe- 
sten Fufs  gewonnen,  so  hat  sie  von  da  aus  in  dieser  Richtung 
mit  e^iner  Kraftsich  ausbreiten  können,  die  jene  aus  gröfse- 
rer  Entfernung  nie  erreicht.      Und  sie  ist  nun  von  da  schnell 
in  alle  Lande  ausgegangen,  weil  sie  allerwärts  congeniale  £le« 
•mente  vorgefunden,  die  das  alte  Weltreich  der  Teutschen  bei 
allen  Völkern  des  Abendlandes  zurückgelassen.      Frankreich, 
besonders  in  seinem  nördlichen'Theile,  Teutschlsind  viel  näher 
*als  jetzt  verwandt,  —  das  Gebiet  der  Karlinger  unserer  alten 
öedichte,  »-  hat  sie  am  ersten  aufgenommen  ,  und  mit  gros* 
*8er  Thätigkeit  durch  eingeborne  Meister  zu  ihrer  Ausbildung 
beigetragen.     Unter  allen  Provinzen  dieses  Landes  aber  hat 
'sie  keine  mit  mehr  Liebe  gepflegt,  als  die  Normandie,  die 
'zweimal  ins  Teutsche  übersetzt ,  durch  Franken  und  Norman, 
nen,   einen  tüchtigen    galisch -teutschen  Mittelschlag  zu  Be« 
wohnern  sich  gewohnen,  bei  dem  die  Kunst  eine  eigenthüm- 
lich  schöne  Zunge  sich  gebildet.     Als  sie  über  das  Meer  nach 
England  sich  verbreitet,   hat  der  unter   der    Eroberung  wie 
'unter  einer  Lauine  verschüttete  teutsche  Stammgeist  schnell 
unten  in  der  Tiefe  den  Anklang  wahrgenommen;  er  hat  sich 
rasch  gerührt,   und  der  Angelsachsen  alte  Art  hat  sich  in  ihr 
aufs  Neu6  durchgearbeitet,  und  die Cathed'ralen  dieses  Landes 
geben  Zeugnifs   von  ihrer  Wirksamkeit.       Auch  in  Spanien 
haben  die  Hidalgos,    d.  i,  hiJQs  del  godos  die  Gothensöhne, 
noch  einmal  das  alte  Blut  in  ihren  Adern  gefühlt,  sie  haben, 
wie  Boisseree  erzählt,     von  Köln  Meister  der  neuen  Kunst 
mitgenommen,  und  die  haben  dort  das  heimische  Reis  auf  den 
'mohrischen  Säulen wald  gepfropft,  und  inBurgos  die  teutsche 
Stiftshütte    hoch    über    dem   schweren,    massiven    iberischen 
Grundgemäuer  aufgeschlagen«     Selbst  ltal^en  bat  der  verhais- 
ten  Weise  sich  nicht  zu  entziehen  vermocht ;  der  nachhaltende 
Longobardengeist  im  Norden  bildete   die  Ueberleitung,  und 


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086  B^iiMMBtitlivtiimas^MDMuioXäs. 

^von  da  au«^h«t  der  Fluch  ^  wi«  spSt  noch  Vatari  bewv^cb 
Jdagty  die  Halbinsel  von  einem  Ende  auot  andern  durchsogen« 
Aber  dieser  Fluch  ist  nicht  ohne  Segen  S^t  <las  Land  und  die 
Kunst  überhaupt  geblieben.  Indem  der  Volksgefst  in  alier 
Macht  der  eindringenden  ihm  widerwärtigen  Weise  «Ich  ot« 
wehrte,  erstarkte  auch  er  wieder  seinerseits  im  langen  J^mpfei 
und  eroberte  endlich  auch  sich  gelber  ein  eingenthOtolich  KuusU 
gebiet,  in  dem  seine  classische  Yoraeit  in  origineller  Weise 
verjüngt  aufs  neue  sich  anbauen  mochte.  Aber  früher  nodif 
ehe  davon  4i<^  ^.^de  seyn  konnte^  war  J^ante  aofgestafiden« 
tiefsinnig  wie  irsend  je  ein  teutscher  Meister  und  in  SyaAo^ 
len  plastisch, zugleich  und  mys tischt  wie  keiner,  der  nacli^hm 
gekommen,  hatte  er  jener  Volkssprache  sich  bemeistert ^  die 
erst  vor  Kurzem  seit  der  Mitfce  des  XII.  Jahrhunderts  eaghaft 
den  Kreisen  der  Bildung  sich  genaht ^  und  sie  schnell  in  den 
Mittelpunkt  demselben  bineingesetzt.  '  Zur  nämlichen  Zeit,  aU 
Erwin  vo^n  Steinbach  sein  grolses  Werk  vollführte^  und' 
teutsche  Meister  in  Italien  nach  ihrem  Grunde  Visirung 
abteilten  t  baute  auch  er  in  dieser  Sprache  das  groCie  Münster 
der  Poesie  t  die  divina  commedia.  auf ,  das  Fandämonium  zu« 
gleich  und  Pantheon ,  wie  das  ägyptische  Lrabyrioth  die  Hälfte 
seiner  Hallen^  eine  grofse  Krypta  und  ein  anderes  Furgatorium 
des  heiligen  Patricius ,  unter  der  £rde  birgt ,  ^nd  von  jenen 
Abgründen  hinauf^  die  keine  Nacht  erhellt  und  wo  keine 
Liebe  wohnt  ^  durch  die  Regionen  9  in  denen  ein  zweifelbii^« 
t6s  Zwielicht  langsam  dflmmert,  endlich  am  Licht  des  Tages 
durch  alle  Planetenhimmel  kühn  aufstrebt  bis  dabin\  wo  im 
Allerheiligsten  die  HAi;r]ichkeft  des  Herrn  das  Haus  erfüllt,  in 
der  alle  Liebe  sich  im  Schauen  löst  9  und  alle  einströmende 
Erkenntnifs  immer  wieder  ausströmt  in  Liebe  und  Verlangen. 
Und  dieser  nämliche  Dante  »war  seines  Zeichens  im  Folitisicfien 
ein  Gibelline,  er  hat  zugleich  über  die  Würde  und  dieBe« 
deutung  des  Kaisetthums  vielleicht  das  Beste  geschrieben  9  was 
darüber  besteht,  und  eben  dieser  Gesinnung  wegen  mufste 
er  aus  seiner  Vaterstadt  entweichen,  und  in  der  Verbannung 
sterben« 

Wir  haben  die  welthiStorisc,he  Wichtigkeit  und  das  Wesen 
desgro£sen  Werkes ,  dessen  Darstellung  und  Deutung  Boisseree 
.nnternommen^umständlici^er als  sonst  der  Umfang  einer  Anzeige 
gestatten  will 9  auseinanderzusetzen  gesucht 9  damit  das  teut- 
sche Volk ,  indem  es  in  ihm  auf  seine  eigenste  Seele  sich  au« 
rückbesinnt 9  und  das  redende  Denkmal  seiner  alten  Ehre  und 
dieHandveste  seines  angestauunten  Adels  wieder  erkefint,  dem 
Unternehmen  die  verdiente  Tl^iluahme  ZMwenden  mdge,  Diesa 


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aiun  midi  für  den  Schlaf»  unMr#r  Aufteinaiiderietsung  in  An- 
spruch nehme^df  wenden  wir  uxu  wieder  sum  Texte ^  der 
jiDterdeasen  in  der  Erxählang  der  Geschichte  des  Baues  selbsl; 
weiter  forfg^scbtitt^n.  Der  Verfasser  desselben  beschreibt 
9iach  Anleitung  alter  Rituale  euerst  die  feieriiche  Art ,  in  der 
die  yersanMnelten  Fürsten  den  ersten  Grundstein  som  Werk 
gelegt y  und  wie  dieses,  im  Beginne  von  mancherlei  Umstän« 
den  Degttnstigt^  rasch  gefordert  wurde,  ^  Indem  er  alsdann 
fiber  das  Materiale  der  allmUblich  aus 'der  Erde  her  vorsteigen« 
den  Anlage  sich  verbreitet^  führt  der  Gang  der  Untersuchung 
asunächst  2ur  Erörterung  der  Frage  nach  dem  eigentlichen  Mei* 
ater  des  grofsen  Uhternehmens*  Er  glaubt  ihn  in  jeit^m  Mei« 
ater  Gerhard  zvl  erkennen,  dem  in  einer  Urkunde  des  Jahrs 
1257  das  Domkapitel  sur  Belohnung  seiner  Dienste  den  Flatft 
geschenkt)  auf  dem  er  sich  ein  grofses  steinernes  Haus  gebaut» 
xind  man  datf  kaum  ;& weifein,  dafs  er  die  rechte  Wahrheit 
hierin  getroffen.  Es  hei(st  in  dieser  Urkunde:  Magister 
Gerardus  Lapicida^  Rector  fabricae  nostrae.  Steinmetz  war 
das  Gewerk ,  dem  er  angehörte ;  er  war  in  ligno  et  lapide  ar« 
tifex  9  wie  fener  ^ilbeunus  Senonensis ,  der  zugleich  ohne 
alle  Frage  der  Baumeister  der  Cathedrale  von  Canterbury  ge« 
wesen.  Darum  heilst  er  Rector  fabricae ,  die  (Jebersetzung 
deB  teutschen  Werkmeister ,  unter  welcher  Bezeichnung  Ger- 
hard auch  ausdrücklich  unter  den  Wohlthatern  von  St.  Ursula 
vorkommt.  Er  war  also  nicht  etwa  der  Balirer,  sondern  der 
wirkliche  Baumeister  des  Domes,  und  wahrscheinlich  auHi 
der  Schöpfer  des  Werkes,  dessen  ersten  Grundstein  er  noth- 
wendig  gelegt,  weil. neun  Jahre  nach  dieser, Gründung  dia 
Urkunde  schon  von  höchst  belohnenswertben  Dienstleistun« 
gen  spricht,  die  er  der  Kirche  zugewendet.  Man  kann  von 
ibm  siigen,  dafsi  wenn  er  nicht  selbst  d^r  Vater  dieser  Bau- 
weise gewesen,  was  zu  bezweifeln  viele  Gründe  ratben,  er 
als  der  geübteste  am  höchsten  begjfbte  Abkomme  des  Urhe« 
bersy  den  Vitter,  dessen  Kunst  er  schnell  auf  den  Gipfel  der 
Vollendung  hingetrieben ,    weit  hinter  sich  zurückgelassei?. 

Wir  sehen  nun  in  der  Hebendigen  Darstellung  des  Ver- 
fassers das  Werk  unter  der  Pflege  dieses  wackern  Meisters 
voranschreiten  9  aber  schon  im  Beginne  zeigen  sich  die  erstea 
Glieder  der  langen  Reihe  von  Hindernissen,  die  anfangs  min« 
der  bedeutend,  bald  in  wachsender  Kraft  mit  den  fördernden 
Trieben  sich  in  Kampf  versetsten ;  und  da  ihre  £xponente)\ 
stets  in  dem  Verhältnisse  wachsen,  wie  die  der  Andern  ins^  ^ 
Werthe  sinken,  die  allm^hlig  ermattenden  Bestrebu^^n  ziii-  ^ 
letzt  nothwendig  gänzlich  aufheben.,  und  vernichten  iiiüssetiM 


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•Di«>Arb«it  war  irt  all  der  Schnellkraft  und  I^e^e^iglcelr,  die 
die  «cbwäLiacbe  Zeit  in  der  Nation  entwiokeh  hatt6|  unter- 
tiooimen  worden;  {hStte  dasselbe  GescblecbV, *däi  sie  angefin« 
gen 9  iie  auch  Tollenden  können,  aie  w8re  aicher  In  der  Aus- 
tttbruhg  nicht  zurückgeblieben ,  aber  in  einem  serfällen^ 
deiche  auf  die  Zmammenwirkting  vieler  Generationen  nn^e» 
wieten,  konnte  sie  dem  Lose,  trOmmerbaft  zu  bleiben,  kaun 
entgehen.  Schon  dafs  die  Grundlegung  in  die  böse  kaiiedose 
Zt*^it  gefallen,  bezeichnete  ein  jQbies  floroscopl  Die  Wabl 
Richards  von  Gornwall  brachte  zwar  englisches  Geld 
zur  KircHeniabrik,  'aber  in  politischer  Simonie  genomi&enf 
konnte  es  keinen  Segen  bringen ,  so  wenig  wie  jenes,  dasmaa 
in  Strasburg  den  Juden  abgestohlen,  und  cratoii  in  üns^rFrauea 
'Werk  angelegt.  Als  die  Kraft  noch  vorhielt,  störte  die Zücbt- 
losigkeit  den  Bau,  die  sich  in  der  Anarchie  des  Reichs  ent- 
wickelte; Gei8tlich«)r  Hochmuth  begann  die  Köpfe  der  Kir« 
cbenfürsten  zu  verrücken,  datk  sie  die  althergebrachte  Frei« 
Iteit  ihrer  Städte  unter  die  Füfse  traten.  Plebejischer  Hoch* 
tniithy^^en  der  zunehmende  Wohlstand  in  diVsen  entwickelt 
liatte,  begünstigte  ihre  Pläne,  indem  er  v*A  inneto* heraus  dal 

Semeine  Beste  untergrub ,  das  sie  vpn  aufsen  anfeindetem 
)ie  gährende  Masse  durchfuhren  in  allen  Richtungen  sich  itw- 
zende  Kriegesblitze,  die  zwischen  den  weltlichen  NachBaren 
lim  Rechte,  Besitz  und  Erbfolgen  sich  entzündeten,  un'4  is 
dem  TumultQ  steten  Haders  konnte  der  Bau  ntir  langsam  voa 
der  Stelle  rücken.  Erst  im  Jahre  1322  war  der  Cbor  völleiH 
det,  dessen  Einweihung  der  Verf.  sofort  anschaulich  i)e^ 
schreibt.  Neu  ermuthigt  diirch  den  Anblick  des  Werkea,  mit 
•dem  es  ihnen  so  wohl  gelungen,  schritten  die  bildenden 
Kräfte  mit  Emsigkeit  im  Baue  weiter,  beinahe  imoherfbrt  um^ 
lärmt  vom  Kriegsgeschrei,  förderten  sie,  so  viel  au  ihnen 
war,  das  Werk,  dessen  EVire  bald  in  alle  Laude  sich  ausbrei« 
.  tete,  und  bis  nath  Spanien  hin  Einflufs  übte.  Aber  wie  die 
Pfeiler  stiegen  und  die' Schwibbogea  sich  reiften,  sank  irno^^ 
tiefer  der  Stern  des  Reiches.  Yerdesben,  das^  von  oben  herab 
iiiederstieg,'  vereinte  mit  anderem,  daS/Von  unten  aufgestie- 
gen, einträchtig  sich  in  der  Mitte^  um  das  Gansezu  verder- 
ben. Was  hat  n^cht  achoo  Petrarca  an  dem  vM^rsucht^  der  in 
seinen  Tagen  nach  Italien  gekommen,  um  die  Kaiserkrone  »u 
empfangen?  Wie  hat  er  nicht  geeifert  und  geredet,  um  cHt 
Gefübl  der  Würde  und  eine  Ahndung  der  tiefen  B^edeutsamkeit 
der  kaiserlichen  Gewalt  wieder  in  ihm  zurück^iirufen.  Ali^ 
vergebens [  nachdem  dje^  eitle  Ceremonie  vorübergegang«»» 
nachdem  er  die  Reste  alter  Gefälle  cingetr^ebon   uud  über^U 


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>i^. 


.£[9iise]Q|eB«Mhr9i]kDiS^i^t^  ]>M«r  in  Edkk«^'  589i 

«i(c]»tft  ab  Hihm^t%ige^  U«jn)icti^  Geftinnutig  an  iTilg  g«^I^g^ 
«ilte  er,  «von  di^pi  Gebdbne  gjato«  italiena  geleitet»  um' den 
Scbimjii:'  i^  den  \Y^)dern  Böha^o«  Sit  rerbdrgen.  Unter  soU 
cUen  j^äegern  l^o^n^ei  W«^g  Ge4«iWi€be»  gefdrdebrt  »werden^ 
Vd4  wo  )a  eiae  bes«er«  Kraft  erachiedi »  mochte  aie  kautn  in» 
^bren.Xag^nd^s  Unkrauts  Blledster  werden  ^^  da|  frühere  F^ihr- 
läÄ^igkeit  und.T*i*t«ehvergea»enheittgeaiÄet.  .So,bU«b<  d^r  Qom. 
ifpp  KiÜfi  unvollendeit^  uod  atebt  nun  ein  Tptio  de«  teatÄchem 
IJercules,:  und  ;wie  Boissecee  steifend  sagt,  »^ein  doppeltet 
Peniuna^dea  erbabe^i^en  Geiat««^  dea  b^harrUcb9it«n  Willena 
v|td  kui?str.eicbaten  Veruidgei^s^  u^id  hinvt^ieder  dec  Ail^^  atd« 
l'e^d.en  Zwicjtracbt»  ®in  oionbild  der  gesammten  Geacbicbtet 
4t*8.  deutacb^n  Vaterlandes.  ^  Als  die  Titanen  das  ialte  Heicb 
zerrissen  y  .uiu^ste  daa  yVerl^.  in  aeiner  Durcbkrümmung  ein 
iDenkm«^  d^s  ^revela  dar  Nachwelt  seugen/« 

^Per  T^xt  gebt  nunsur  Beschreibung  des  Gebäudes  über, 
yon  deasep  Zusam^^epaet^^ing  er  d«rcb  seine  Worte  eine  klare 
AnscbauQng,  in  wis  hervorzurufen  sich  bestreb^.  .Man  kann 
ihfn  daa  Zeugniüs  nicht  versagen 9  dals  er  bei.  jedem  einiger <# 
mafsen  Achtsamen  wad  des  Gegenstandes  siebt  ginzlich  Urim 
kundigen  diesem  ZvFecke  aufs  »nervo]] kommen ste  Genüge  lei«» 
steU  .Anfangend  mit  der  Aua)egu,ng  des  Grundrisses  und  der 
jAngabe4er,  j&eosentarformeny  aua  denen  innerbulb  desselben 
das  Gan^0  sich  eusammeriset^t,  schreitet  : er  methodisch  zu« 
gleich  von  Glied  zu  Gli^d  und  vpm  Einfachen  zum  Zusammen« 
gesetzten  fort,  und  indem  er.  also'  in  edlei:,  vv^ürdiger,  Jich^ 
ypller  Sprache  Theil  vor  Thöil  in  steter  Rücksicht  auf  das 
Ganze  lan  un$  vorüberfübrt,  und  nun,  ohne  je  $ic.b  zu  ver* 
,wicren  und  i^n  Unklaren  sich  zu  verfangen,,  Gebilde  ap  Ge« 
))ildefQgt,  mufs  es  ihm  gel i (igen  ,  ein.in  a}len  Tbeüen  treues, 
durchsicntiges  Conterfei  des  Werkes  in  unserer  Einhildungs« 
kraft  beraufzurufeq.  Es  ist,  als  ob  Meister  Gerhard  uns  bei 
den  Händen  falste,  und  im  ganzen  Gebäude  uns  timführend 
mit  Lust  und  Liebe  das  mächtige  Erzeugnifs  schöpferischen 
'Geistes  uns  deutete  und  erklärte.  Er  kennt  dies  sein  Werk 
von  den  G^undvesten  bis  hinauf  zur  höchsten  Höiie  äufs  aller- 
^«naueste;  jede  Stiege  ist  er  tausendmal  ^uf«  und  hinabge- 
stiegen; jeder  Laubzw'eig,  der  sich  um  die  Capittier  schlingt. 
Jede  Ro^e,  jedes  BJatt  v^n  gr^em  Klee  t>der  JVIusJtatfänkraut, 
da|i  irgend  in  einem  Spitzgiebel  oder  Gesimse  sich  verbirgt; 
Alle  sind  sie  gewachsen  im  Garten  seines,  poetischen  Gemü« 
tbe^;  alle  aijicb  die. verborgensten  Verhältnisse  der  Theile.sind 
ibi*|  stets  gegenwärtig,  alle  geheimstenBe^iebungen  schweben 
vor  «einer  oeele,  wie  alle  Assonanzen  und  Dissonanzen  der 


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i90  B^miftt  BttOutibMt  At  Dtrti  tä-xm. 


Formen  ihm  rot  Außen  •ttlhtn,  tin«l  iO  trSfit  et^  di#  ginxa 
Partitiir  der  reichen  Compoeition  iteti  lebenotg^  im  Gedk^t« 
nift  um.  So  wohl  ist  es  dem  Verfasser  damit  fieltingen,  dafs 
er  in  de*  Meisters  Seele  denkt  und  deutet ,  uiid^  sagt  er  uns 
die  Resultate  Jahre  langen  Forscfaens  so  aorpruehlos  umd  ein« 
lach  her  9'  als  könne  jedes  Kind  sie  von  den  WSnden  lesen, 
oder  als  httt^  es  ihm  alt^  Leute  aus  dem,  fiörensageti  Von 
ehemals  vorerslfalt.  Darum  macht  diese  Darstelhinc  in  ihrer 
Art  vollkommen ^^Eindruck  der  bildlichem;  sie  ist  ein  ei« 
gentliches  und  wahres  Kunstwerk^  dem  Gegenstand^  t  devreie 
schildert  9  im  Gemfithe  Mittsverwandtf  utid  fiber  ihrer  pkieti- 
schen  Ruhe  weht  -derselbe  Geist  sinnenden  Tieftinns,  der  die 
Einsamkeit  jener  Hallen  erfällt ,  wie  Athem  Gotte»,  'duroh 
Vermittlung  der  Begeisterung  des  Künstlers  y  so  hier  dem 
Worte^  wie  dort,  dem  Steine,  eingebnueht.  £s  kann  an 
diesem  seelenvollen  Bilde  9  wie  der  Verf.  es  entworfen^ ,  *  nichts 
ge&ndert,  es  kann  nichts  weggenommen  und  nichts  hinsuge- 
setBt  werden  9  da  in  ihm  nichts 'vergessen  und 'nichts  fiberse* 
hen  worden  9  und  nirgendwo  ein  übertretende«  Zuviel  sich 
eingeschlichen,  sondern  Alles  in  der  schdnen  L#inie  des  £be«* 
malses  sich  gehalten.  Es  bleibt  uns  daher  hier  kein  Sdideres 
Verdienst,  als  etwa  die  Elemente  des  Gänsen  von*  unten  heu 
auf  nach  eigenthOmlicher  Anschauungsweise  in  gröften  Massen 
li^sainmenfassendy  die  allgemeinsten  Resultate  in  eivietngedi'ftfirg* 
ten  das  Zerstreute  susammentttckenden  Bilde  vereint  der  An- 
schauung vorzuführen,  und  also  in  dieser  Anzeige  am  Werke 
des  Ver£  «u  thun^  was  er  am  Münster  selbst  gethan«  So  ge- 
lingt es  vielleicht  denen,  die  sich  für  den  Gegenstand  interes* 
jiren,  im  engsten  Raum  ein  trenestes  Bild  au  geben,  'das^ 
weil  ei  das  ganze  Gesetz  in  der  einfachsten  Formel  bteohKefsty 
dem  Gedächtnisse  sich  leicht  einprSgt. 

^Fortistzung  /olgt,^ 

Di$  §rstßn  EUtnefU0  der   gesammten  Naturlehre   zum  G.ehrauehe  fir 

^  höhere  Schulen  und  O/mnasien   von  O,  PV^  M^i^ntikem      Hetr 

deiherg  u»  Speier  bei  August  OJswald*  i825.      XIU  U»  310  S» 

8.  mit  t  Kupfertafeln.        ,  1  fl.  30  kr.  od.  22  ggr« 

Der  Verfi  dieses  kurzen  Compendiums  der  Naturlebre  fltr 
liAhere  Schulen  und  Gymnasien  hat  keinen  Anstand  genommen, 
in  der  Vorrede  öffentlich  zu  gesteben ,  dafs  er  zur  Abfassung 
desselben  schon  Vor  mehr  als  drei  Jahren  durch  einen  Ihm 
wefthen  Lehrer  der  Mathematik  und  Physik  an  einem  vor- 
taglich blühenden  Gymnasium  aufgefordert  sey,  und  er  darf 


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Ifunek«  mtt  Element»  JU(rlffilQr1eIir^.  09% 

]«t£t  hinsnfbgeti ,  iaü  er  dies»  ^rb^it  mit  VergnOgeti  aber« 
nonfiinen  urid  v^olf^ndet  iiahe»  Es  leidet  nSmHch  keinen  Zwei« 
Seif  und  jeder"  erfahrene  Schüfinann  wird  ihm  bierin  belstim« 
merif  dafs  das  Studium  der  klassischen  Fhilorögie  auf  Schulen 
Hauptsache  bleiben  mufs»  und  wünschenswerth  wäre  es, 
wenn  dasselbe  noch  umfassender  und  gründlicher  betrieben 
würde,  als  in  der  jersigen  Zeit  meistens  wegen  des  schnellen 
Hinwegeilens  yon  den  l^yceen  geschieht;  aHein  eben  so  un*% 
leugbar  gewits  ist  es  auch,  dafs  hauptsächlich  in  den  höl^ren 
Classen  Uebung  im  Nachdenken  sur  Scbärfung  d^s  Verstandes 
ein  sehr  allgemeines  und  grofses  BedürfniTs  ist«  '  Hierzu  eig« 
nec  sich  aber  kein  Gegenstand  Mehri  als  die 'Aufsuchung  der 
NatuTgesetse  au»  den  uns  überall  dargebotenen  Erscheinungen»- 
insbesondere  wenn  dieses  nicht  sowohl  mit  Benutamng  vieler 
Formeln  9  als  vielmehr  nach  wissenschaftlich  mathematischer 
Methode  geschieht«  Die  Gesetze  der  Natur  sind  nimlich  ge« 
wifs  eben  sa  einfach ,  als  unter  sich  übereins^'mmend  ,  noth-. 
Wendig  and  fest  begründet;  d^leFr&g^  ist  niir,  ob  der.mensch« 
liehe  Yerftand  M  durch  richtige«  Nachdenken!  als  solche  tu 
erkennen  und  auf«ufinden  vermag,  wobei  aber  Fehlschlüsse 
durch  die  Erfahrung  widerlegt  werden,  und  in  so  fern  ist  dM 
Erforschen  derselben  der  bloisen  Speculation  gewifs  weit  vor-" 
EUsiehen«  Es  würde  überflüssig  seyn,  aufserdem  noch  den- 
objectiven  Nutaen  der  Kenntnifs  der  Natarerscheinungen  und 
ihrer  Ges^tse  hervorzuheben  9  da  die  stete  Anwehdung  dersel- 
ben auf  Gegenstände  der  Mechanik,  Technologie ,  Agricultur 
und  Oeconomie  ellgemein  bc^karint  ist«  Im  alTgemeihen  aber 
sollte  doch  billig  die  Kenntnifs  der  Natur  schon  ia  Sofern  nie*^ 
manden  fremd  seyn ,  als  sie  haup^tsächlich  zur  Verehrung  de» 
Schöpfers  der  Welt  üühren  mufs,  pnd  in  ^ser  Hinsicht  mufs 
ybrzü^lich  atich  die  gebildete  Jugend  in  mese  Kenntnisse  et- 
was em^eweihet  werden ,  um  nicht  gans  unerfahren  darin  die 
Universitäteii  äu  betreten. 

^  Diesö  Gesichtspuncte  bat  der  Verf.  stets  vor  Augen  ge^ 
habt«  Es  ist  nur  das  Wichtigste  und  Wissens  würdigste  aus 
der  gesammten  Naturlehre  hier  aufgenommen,  und  dasjenige. 
Worüber  mindestens'die  meisten  und  bewährtesten  Naturfor- 
sther einverstanden  sind.  Er  hat  sich  bestrebt^  die  Sätze 
kurz  und  bestimmt  atissudrücken,  um  dadurch  zum  scharfen 
AniSiassen  dei  Gesagten  und  «um  geregelten  Nachdenken  Ver- 
anlassung zu  geben.  Die  physische  Geographie  und  Atmo« 
»phärorogie  sind  Verhältnifsmäfsig  am  austtihrlichsten  behau« 
öfAt^  VrrS4uerber  die  Angaben  verschiedener  That^achen  liicht 
fthlea  durften  ^  und  diese  Gegenstände  ohnehin  die  Aufmerk- 


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69(%  .  P|4)ifqgiy|M.Li«tr«tiin  , 

tafnk«jt  am-  ipeiit«n  au  reisen  nfll^geo.  Wat  fiet  VerE  heab-^ 
slchtigt<{  und  zu  leisten,  wünschte 9  ist  hier  und,  in  <ier  Vor« 
rede  angesehen;  o^  und.  wip  V^t  ejr  dieses  erreicht  h^he, 
luuiii  dt^in.Urtheile  der  Sacbrerständigen  anbeimgef (f^t  J:^leib^ii. 
f   .  '     .     .       .    -  Muncke^  . 

Doi  Erste  und  I^Öttiigste  einer  jeden  Elementar "  Glosse ,  in  iSinsicht 
auf  Religion  und  yerstandesbildung*  In  Lectionen  verthiitt  uri^ 
socratifch  bearbeitet  9on  Carl  Philipp  S taufe nau^  Prii>atj^  Ge^ 
lehrten,  und  ehemaligem  Lehrer  am  ■,  fVeiJsenJelser  Seminario, 
Leipzig  ^  Immanuel  Malier^  182^.   ITIÜ  u.  169  <^.  8.     /  12  ggr. 

Der  V^rfi^^er  wollte  (wie  eij,in  der  Vprrede  Mgt>  da  der 
]^igidse.und,^ora)iscbeUnte^r]/cht  in  Volksicbulen^  aovrofal 
in.St;ädtei9t  als  ai^cb  auf  dem  Xiande,  oft  d^runi>sQ  .«rsf^wert 
wird  9  upd  unfruchtbar  blejbt^  weil  die  Masse  rofi  TeUgidsen, 
nioraltSfiben.vind{biIosophi9cbHro  BegrüFen^  die  mittdcsr  Reli- 
gion und  Moral  genau  in  Verbiiidung  stehen  ^  ^ hat '((^i^  Ele- 
mentar-jLfpter  richte  .nicht  ei|tw^kelc  worden^  upfl  ^er  auch 
"ViieleiLiehrer  kennen  gelernt»  di^  vi^egen  Unk:tindQia,d<^r  Be- 
handlung der  genannten  Gegenstände  dieses  ;&u  |hun  uiiterlas- 
Ben  mui^tefi;  jin  diesem  Schriftchen  einen  Weg  anzeigen» 
den  je<ler  Jugendbildner  gehenjcann.  —  In  6X  I^ectiquen  wrec- 
d^n  die  Begriffe:  Fflicht,  Absicht,- Zweck«  Endiweek,  Ur« 
^Mshe«  Wirkung,  Laster,  Ljohn»  Strafe,  Verstand  ^  Verpiaift, 
Gewissen  9.  Instinkt,  Denken,,  freier  WiUe,  QItii<^&eli^c^it, 
Glaube,  Hoffnung,  Furcht,  Vertrauen,  .NeigA^pg,,t|^i4en^ 
afbaft  et^«  |n  socraMschen  Gesprächen  erklärt«  .--rr\  Jede  ^X-'^O" 
tion  fängt nait  einem  passenden  Verse  an,uhd,auch4i9!&chluase  . 
Vit  oft  einer  gegeben,  Aufs^rdem  ist  jede^:  Lektion  eii\e  H.e- 
capitulatio/i  beigefügt  Mpd  eine  kurz ^  re]igidse  An^v^ndung. 

Die  igweckuiäAigkeit  aolcher  Unterredungen  mit  Kindern 
ist  aufser  Zweifel  (wie  schon  vor  50 .Jahren  ^^r  berühilite  G, 
Fr.  Seiler  durch  sein  Bächlein:  R.elig^on  der  UnniÜn« 
digen,,  bewiesen  hat),  und  das  viorliegende  Werkeben  virird 
gewili  Lehrern,  welche  in  der  socratischen  Untecrichtsweise 
weniger*geübt  sind,  vqn  grofserii  Nutzen  seyn,,  besonders, 
wenn  dieselben  vor  dem  Untersichte  die  Leption,  Wielche  ale 
in  der  Schule  vornehmen  wollen,  genau  durchgehe?!»  Z^^»  daff 
sie  den  Begriff  und  die  Entwickdung  desselben,^  heyor  sie.aii« 
fangen,  darüber  zufragen,  scharf  ins  Auge  gefafst  haben,  und 
das  Buch  selber  während  des  Unterrichtes  nicht  bedOrfe>i. 
Wolit^.sie  sich  während  des  Unterrichtes  in  dem  B^che  Rathii 
erholen,  .  dani?i  Vfürden  die  Unterredungen  lähm ,  ujui  füs^sia 
und  ihre  SchiUe^  langwierig,  schle|:rpeiid  undtinfruchitbar. 


.DigitizedbyVjOOQlC     \ 


N.  38^-  -  1825. 

Heidelberger 

Jahrbücher  der  Literatur. 

Die  Säkutat'öehutisfsier  Ktops^öeksi  iü  AttöHä%  ähi 
1*  Juli  1824.  Dargestellt  und  den  J^eräkrem  des  Ünstärblichkd 
tu  tiamhurg  und  Altana  hochäcktungsvotl  gewbidmet  von  Pried'^ 
tick  Karl  Julius  Schutz^  Dr.  Mnd  Proßsscr  Jer  PhUosophiä* 
tianlburg  1324.      iZ  S*  In  8« 

^^Tii  Klo^stochs  dic^htender  Seele  lag. ein  IVeicb  Aet  Idedlef« 
Auf  der  Himmelfi^hrt  seiner  Poesie  scnvrand  die  Erde  untei^ 
ibm  völlig';  Herder  vielleicht  würde,  wenn  6r  sum  eigentll^ 
eben  Dichter  Lerufen  ^jewesen  wfire^  «einen  Flug  erreicht 
haben  <<* 

\Vas  dieser  Geweihte  unter  den  cbristlichen  Dichtern^  als 
erhaben  unter  den  epischen  Sängern,  durch  seinen  Messias 
würkte,  ist  wahrscheinlich  nicht  einmal  das  reinste  und  wich- 
tigste^  Ohnehin  wäre  daraus  die  Einmischung  des  Dogmatil 
sehen  so  sehr  weg  zu  wünschen.  Nicht  nur  fremd  ist  sid 
dem  VYesen  der  Poesie.  Selbst  den  Standpunct  der  Kunst^  « 
Kritik  übet  das  Werk  hat  sie  völlig  verrückt,  indem  sie  eS  ^ 
leider!  dem  Streite  der  *  Theologen  unterwarf  und  dem 
reinreligiösen  Sinn  für  das  GotteswÜrdige  scliwetgeniers^ 
bar  machte.  Was  er  aber  als  grofser  Lyriker  ^  als  tiefer  K^n^ 
ner  und  gewaltiger  Beherrscher  unserer  edeln  Sprache |  alS^ 
der  Schöpfer  ihrer ,  durch  ihn  zuerst  dem  Getlius  der  Griec(ii«f 
sehen  verniiihlten ,  Prosodie,  für  deutsche  Kunst  Und  Art^ 
wie  für  die  Bildung  deutschen  Gemi^thes  und  GeisteSi,  was  tett 
auch  als  seines  Vaterlandes  treuer  Freund,  ein  volles  Halb«« 
Jahrhundert  hindurch,  tu  unvergänglichem  Verdienst  hat} 
das  ist  von -Allen  y  dfe«  wie  £r,  zu  den  besten  ihrer  Zeit 
gehölten ,  einstimmig  anerkannt  und  Wird  der  Nachwelt  un^i 
l^erloren  bleiben. 

In  Deutschland,  das  ltlopstoc&  mit  so  böW fiegeistetitng 
liebte^  dafs  er  in  der  schönen  Ode:  „Mein  Vaterland«  es 
sogar  einen  „schrvecic en d  edeln  Gedanken'^  nannte ^  s^seinef 
wertb  zu  seyn^^t hat,  wie  auch  der  Vf.  dieses  hervorhebt^ 
bekanntlich    der   einsige^     ihn    durch    eine    Pension    iinteri« 

XVlII.  Jahr  g.  e.  Heft-,  3ö 


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694  Altonaer  SlenlarCtier  wegen  Klopsto«k|         ,/ 

stütsende  Carl  Friedrich  von  Ba^^n,  schon  alt  Markgraf  dai, 
was  entwilderte'Staaten,  Weteh^^ur  durch  Geistesthkti&keit 
sich  heben  und  gedeihen,  Üir  alles  wistenschai'tlicb  tOcütige 
und  vortreffliche  tbun  sollten«  >  Kdnig  Friedrich  V.  von  DAne« 
dlprk  iber  9  dieser  von  dein^^  dankbaren  Dichter  in  mehrern  fei« 
ner  herrlichsten  0((en  so  würdig  gefeierte ,  rief  ihn  1751  n^ch 
seinem  schönen  Copenhagen^  wo  er  auch,  durch  di*^ Freund« 
Schaft  des  Grafen  Bernstorf,  eines  der  edelsten  Menschen,  wi« 
der  erleuchtetsten  Staatsmänner,  begUlckt,  bis  zu  d«*t«n  AÜ 
schied  im  Jahre  1771,  und  seitdem  in  der  freien  Stadt  Hain« 
burgi  als  Königl.  Dänischet  Legationsrath ,  von  Danischein 
Gehalte  lebte« 

Der  zweite  Julius  1824  vollendete  das  erste  Jahrhundert 
seit  der  Gi^burt  des  herrlichen  Christus-Sängera.  Zwei 
Städte  waren  vor  allen  zu  des  hehren  Tages  Feier  berufen. 
Die  Vaterstadt  d<ifs  Verewigten,  im  Mittelpunkt  Deutschland!» 
am  Fufse  des  altgermanischen  Harzes ,  und  das  nordisch  ferne 
heitere  Altona,  wo  in  dem  Boden,  auf  dem  er,  durph  die 
wahrhaft  königliche  Huld  von  Daniens  fdnftem  (wie  Er,  un« 
sterblichem!)  Friedrich t  ein  «weites  Vaterland  fand,  seine 
irdische  Hfille  ruht.  Hier,  in  der  so  freundlichen ,  von  einer 
romantischen  Natur  verschönerten,  Nähe  des  freien  Hamburg!» 
wo  Er  y  als  dreifsigjähriger  MitbOr^er»  am  l4ten  März  i803 
sein  —  Gott  und  dem  Göttlichen  in  clesM[en8chen  Brust  ge weih« 
tes  — Leben  beschlofs  *  hier^  wo  auf  dem  freundlichen  Kirchhof 
zu  Ottensee  bei  Altoni,  ganz  nahe  vor  dem  Eingang  zum  Got« 
teshause,  Klopstocks  Grab  ist^  (geschmückt  wie  Herdef  !0 
schön  sagt,  mit  den  dreifachen  Kränzen  der  Myrthe  und  de! 
Ziorbeers,  der  Palme  Sions  und  des  prophetischen  Eichenlaub! 
Seines  Vaterlandes)  neben  den  Gräbern  seiner  beiden  Gattin- 
nen Marg&f  etha  (Meta)  und  Johanna  Elisabeth  ,  von  der  icbd« 
nen  ihm  geweiheten  Linde  beschattet;  hier  —  versammelten  sich 
zur  Säcularfeier  seiner  Geburt  ^  seine  in  Hamburg  wohnende 
Anverwandten y  in  Begleitung  mehrerer  seiner ^  aus  beiden 
Nachbarstädten  sich  ihnen  anschlielsendenFreunde  undVerefarer. 
Das  Würdig  durchgefütirte  Geddchtnifsfest  macht  der  Vf.  W- 
haft  und  würdig  auch  dem  Abwesenden  und  Späterlebenden 
gegenwärtig*  Es  begann  rühirend  am  Grabe  selbst,  und  wurde 
sehr  zweckmäfsig  fortgesetzt  in  dem  herrlichen  Goncertsaalt 
des  Herrn  Dr.  Mut2enbecher  ztf  Altona^  wo  von  die- 
sem ein«  edle  oratdriscb*  musikalische  Feier  de»  fesilicheo 
Tages  angeordnet  waf , 

Wir  geben  einige  Laute  auS  det  mi^getheilten  Ode  de! 
Herrn  Prof*  Klausen: 


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bMchriebea  fon  Sehflu.  595 

Ja  der  Edlere  nur  dankt  iind  empfindet  ^  wl« 
Klop^ock  dacht'  und  empfand  ^  und  der  Geweihte  nur 
hört,  wie  seelenvoll  Klopstock 

iingt  in  silberner  Satten  Chor: 

Freundschaft 9  Liebe,  Natur,  Freiheit  und  Vaterland, 
Farsteiiinild«,  Verdienst,   Menschlichkeit ^  Heldenmuth»' 
Gott,  Messias,  Erlösung, 

Auferstehung  und   Weltl 

So  melodisch^  und  doch  mächtig  Und  voll  und  stark,' 
so  geschmeidig,  und  doch  einfach  ^  treu  und  wahr,  v 
BO  darstellend  die  Seele» 

so  enthüllend  den  innetn  Stnni 

so  den  denkenden  Geist  hebend  im  Adlerfliig^ 
so  das  fühlende  Hers  rührend  mit  Zauberkraft^ 
tönte  nie  noch  die  Sprache, 

wie  sie  tönte  durch  seinen  Mund; 

bald  in  leiserem  Laut^  ähnlich  dem  Silberbach, 
der  sanftmutmelnd  dahingleitet  durch  Blumentha^ 
hallend  bald,  wie  deir  WCaldstrom, 

der  durch  Klüfte  sich  donnernd  störst^ 

im  g^ihess*nen  Gesang,  ctet  zix  der  Lyra  tönt, 
wie  i^i  freieri  Bardiet«  der  dutch  die  Te^ynT  rauscht^ 
uiid  im  heiligen  Epos^  • 

das  vielstimmig  zur  Harfe  sctiallti 

Durch  det  Lieder  Gfewält^  Seliger,  weilest  du 
hier  noch^  dort  noch,  und  ringä^  mit  der  Entzückung  Tori^' 
oft  beini  Nameti  geiiennet^i 

oft  gerufeil  ^om  Gtabe  her. 

^Ist  durch  Tugend  einLob;  auch' es!'«  O  i  e  Flamm'erkohrst 
du  zur  Leiterin:  hoch  wehte  dir  stets  voran 
sie^  die  heilige  Flamme^ 

auf  der  edleren  Ehre  Bahn« 

Innigst  freuetest  du  dich  der  Unsterblichkeit, 
dich  der  irdischen  so;  wonniger  schwang  jedocU 
deine  Seele  sich  aufwärts 

zu  det  höheren,  himmlischen, 

welche  jetzt  dich  entzückt,-  näher  dem  Ewigen, 
iat  seraphischen  Chor.     Bis  wir  in  ihm  dich  schaun^ 
tfoll^  du  heiliger  Sänger, 

dein  Gedächtnifsr  uns  heilig  Beyn  l 

38  * 


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Gopgk 


596  Altonaer  SSenlarfeier  wfgen  Klops  loek« 

Zum  ScUufs  erhob  sieb  der,  aus  lecbsebn  SSngem  und 
aobt  und  zwanzig  Sä ngerinneB  bestehende  ,  Cbor  des  von  Hrn. 
Dr.  Mutzenbechei:  .gebildeten  .Altonaer  Singvereins^ 
und  ffifhrtey  untes.  Begleitung  eines  einzigen  Fianof orte's  das 
Klopstocksche  Vater  Unser,  und  der  erhabenen,  leider  nur 
selten  noch  geborten  Composition  des  verewigten  Naumann 
auf,  mit  einer  so  trefflichen  Fräcision  ,^  Reinheit,  Sicherheit 
und  Haltung  des  Wechsels  von  Kraft  und  Zartheit,  in  den 
Chören  wie  einzelnen  Parthieen,  als  der  Vf«  auf  seinen  Rei- 
sen in  und  aufser  Deutschland,  nur  von  der  berühmten  Zel" 
terscben  Singakademie  zu  Berlin  in  dieser  Virtuosi- 
tät Aehnliches  gehört  zu  haben,  sich  erinnert;  wie  tlber- 
baupt  das  Altonaer  Gesang. Institut  dem  Berliner  (vor  dem  es 
das  herrliche  Locale  der  Tonhalle  nocb  voraus  hat)  jetst  an 
die  Seite  zu  stellen  ist,  da  sein  Gründer  und  Vorsteher ,  gleich 
dem  des  Letztern ,  den  frivolen  Modegeschmack  in  der  IVIusik 
unserer  Tage,  würdig  verschmäht ,  und  den  Sinn  für  klassi- 
sche Werke  der  Tonkunst  älterer  Meister  stärkt* 

Auch'  H^.  Frediger  Freudentheil  zu  Hamburg  IleCi 
gerade  am  Morgen  dieses  Geburtsfestes  ein  Weibelied  erschei- 
nen ,  woraus  folgendes :  *      , 

Es  kebrt  der  Tag  auf  goldnen  Schwingen  wieder, 
Der  deine  Seel^  sich  verkörpern  sah« 

Dein  Adamida  *)  hörte  FeierUeder, 

Dein  Raphael  begann  die  Weibe  da: 

»jWje  Morgenschirnnter- walle  sanft  hernieder! 

Die  Erde  harrt,  dein  Mutterland.     Empfafa*^ 

Messiassänger,  deinen  Erdenschleier! 

Der  Menschheit  singe  würdig  den  Befreier!«« 

»^Erkoren  aus  der  Millionen  Menge, 

Bist  du,  Siona's  hohem  Dienst  geweiht« 

Sie  lehre  früh*  dich  göttliche  Gesänge, 

Sey  die  Genossin  holder  Blüthenzeit^ 

Entlocke  dich  dem  eitlen  Weltgepränge 
^  In  deiner  stillen  FlurcMi  Einsamkeit; 

Das  Höchste,  Beste,  sey  dein  frommes  Sehnen! 

Dich  ruft  der  Heiland,  rufen  Christenthrän^n.«« 


*)  Stern  der  Ungebemtn  (Meisias,  Im  3ten  upd  8ten  Gesänge.) 


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Göogk 


i>esehnebeii  von  Sohüti«  ,    597 

„In  seine  Schatten  winkt  der  Oelbörg»     Wage 
Zu  scbau'n   Gethseinane*s  erhab'ne  Nacht!   ■ 

Umfange  des  Erlösers  Kreuz  !    Nicht  zagQ 

Vor  seinem  Blut,  dem  Hochaltar  gebracht! 

Die  Gräber  sprenge,  dafs  es  freundlich  tage! 
Hernieder  zu  den  Todten  ruf:    Erwacht! 

Durch  , Herz  und  HarP,  Ihn  zu  bekennen, 
^en  alle  Zungen,  alle  Himmel  nennei)!'« 

Gefei'rter  Geist,  du  hast  vollbracht,  gehalten. 
Was  vorverkdndend  Raphael  dir  sang, 

Di^  Linde  deines  Qrabes  mag  veralten ! 

Verhallen  wird. nicht  deiner  Harfe  Klang. 

*Hienieden,  droben  wirst  du  herrlich  walten; 
Durch  alle  SäkulNi  führt  dein   Heldengang , 

Durch  alle  Lande,   wo  die  Kreuze  ragen. 

Wo  hoch  die  Herzen  für  das  Hohe  schlagen ,<< 


Der  längst  durch  historische  und  ästhetische  Schriftei) 
bekannte  Verf.  dieser  Beschreibung,  welcher  gegenwärtig  zu 
Hamburg  pri vatisirt,  hat  so  eben  auch  ein  Unterhaltungs- 
blatt für  Deutschlands  Jugend  iiegonnen  ,  mit  wel« 
chem  Er  einen  Pädagogischen  Anzeiger  für  Eltern 
und  Erzieher  verbindet,  ,, Nicht  für  Anbätigef  einer 
frömmelnden  und  pedantischen  Unterrichts*-  und  Er« 
«iehungsweise,  so  wenig,  als  für  die  Befolger  einer  leicht« 
sinnigen  und  nachlässigen;  sondern  für  den  Theil 
unserer  Jugend,'  der  das  GKIck  hat,  sich  solcher  FtVhrer 
zu  erfreuen,  die  wahrhaft  gebildet,  feind  aller  Kopf« 
bängerei,  Engherzigkeit  und  Heuchelei»  Freunde  einer  ge- 
sunden, das  Herz  erwärmenden  und  den  Geist  erhelle.n«  ' 
den  Jugendbildung  (die  nur  aus  einer  liberalen  Gesin« 
nung  hervorgehen  kann)  sind.  Diese  aber  soll  es  von  dem 
Standpunkte,  den  die  menschliche  Kultur  gegenwärtig 
erreicht  hat,  und  zwar  zugleich  —  auf  eine  angenehm  un« 
terhaltende  Weise,  fördern  helfen/* 

Kec.  freute  sich,  als  die  erste  unter  den  Bücheranzeigen, 
eine  kurze ,  aber  -treffende  Empfehlung  der  ^^Bibliscben  Ge- 
schichten, für  die  Jugend"  von  unserm  gemüthreicheti 
Alemannischen  Liederdichter,  dem  klardenkendeiL 
Berather  der  so  wichtigen  Jugenderziehung  in  niedern  und 
hoheni  Bildungsanstalten  unsers  Landes 9  vorangestellt  zu  fitw 


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698  Btlltff  &  A.  Jugend  roa  SehQtt. 


> 


den«  8te  besrichnet  p$  Eltern  un<l  Ensiehero  aU  die  ^yredL- 
mlfslgftte  Einleitung,  die  sie  su  einem  vernOnFtigen  LTnter« 
rieht  in  der  Religion  und  Bibel,  fflr  die  Jugend  wSblen 
können«  Oen  gans  eigentbflmlicfaen  Reis  der  NaivetSt 
iii  def  Sprache^  die  wir^  im  Sinne  des  Lutberschen  Stylet, 
•elbst  eine  bibliscbe  Spracbe  nennen  roö(;hten9  und  der, 
•o  tief  und  klar  aue  der  Natur  einer  wahrhaft  kindlich  acbönen 
Seele  hervorgehend,  unmittelbar  das  Innerste  ein^s  jeden 
freinen^  noch  unverdorbenen,  jugendlicbenGemfitbea^  anspre- 
chen muff,  hat  auch  in  der  i'roaa,  noch  kein  anderer 
deutscher  Scbriftateller  9  in  dem  Grade  erreicht«  Der  Farben- 
reithtbum  altorientaliscber  Darstelluncswetse,  paart  aich  hier 
mit  der  abendländischen  Innigkeit  und  Einfachheit  eines  d  e  u  t- 
f  oben  Gemüthsi  and  sq  läiftt  uns  das  in  seiner  Art  so  ein- 
£ig  schöne  Gänse  (dessen  erster  Theil  das  alte,  und  s  wei- 
te |r  das  neue  Tef tarne nt  umfafst),  nur  den  einen  Wunsch 
^brigi  daff  sein  ehrwQrdiger  Verfasser,  noch  mehr  auch 
fugi^iph  erkiHrendy  ersSblt  haben  möchte«  Denn  der  Er« 
klllrung  ftlr  die  Jusend*  bedarf  auch  selbst  dieses  Werk, 
wenn  sie  es  mit  vollkommenen  Nutzen  lesen  soll,  noch  an 
gar  vielen  Stellen^  wie  viel  niebr  denn  —  die  Bibel 
felbst!« 

Woh|an!  Dafs solchen  erklSrungs würdigen  Maater« 
Schriften  es  auch  an  den  wfirdige^n  Erklärern  nicht 
fehle,  dafQr  sorgen  ohne  Zweifel  alle  wahre  Bibelfreu nde  in 
dep  Oberaufsicht •  Behörden  sSmmtHcher  Unterrichtsanstalten 
und  Lehrers^ininarien  unablässig;  und  dies  um  so  mehr,  als 
das  liebe  Teutschland  ins  Ganzen  sich  auf  äufsere  Mittel  virenigi 
auf.  erpst^,    aufgeklaffte  Kenntnisse  abdr  Und  vorurtheilsfrei 

Sebil^etfc  Oeisteskraft  allein  fortdauernd  verlassen  kann,  um, 
a  die  Natur  es  offenbar  aüi:  sein  Inneres  am  meisten  ange* 
^jeseii  und  beschränkt  hat ,  auch  in  diesem  Innern  selbst- 
ftändigi  yqn  fremdem  ungetäuscht  und  in  sich  zuijrieden  an 
^erden» 

'  -  H.  E.   C.    Paulus. 


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^  Iknksefarlfteii  für  Dr.  Xnapp's  Jnltlftier;  599 

1.  Viro  i.  re9^  G0.  Chriäiiatfo  Knßppio:Th0oL  D.  0tProß  P^  (X 
Semnarii   Reg.    tlteoL   Orphanoirophei    #e  Paeämgogii   Directori 

,  Megis   Boruss,  m  SetMtu  smcro,  a  comtUiu^    jicademiaß  Seniori^ 

,  ordiiUM  aquilat  ruhrae  Equid »  iocietßtibus  de  re  sacra  prüeelare 
mereMibms  Londinensi  Holmiensi  TMngmnsi  mdscripto  -r  Serm^ 
4aecularia  ac^d,  niunerU  soiemnia  die  i.  Maji  o«  MDCCCXXV^ 
feliciier  celebranti  gratulatur  Theolagornm  Ordo  academime  reg* 
Friderinana»  Halensis  et  t^ehergensis  .consoeiatae.  -*-  Suhjectum 
est  ipecimen  exerciiationum  critiearum  in  Sapientiam  Salomoniii 
Hmlis  Sax*     10  ^•4. 

S.  jintiwilihald  Uhen~  das  wissenschaßlieha  Studium  der  Theo» 
logie»  Eine  Denkschrift  zur  Jubelfeier  des  Kön.  CR*  u,  Rit^ 
Hm  Dr.  G«  Chr*  Knappe  90m  Canzler  Niemey'er^ 
Halle  f  fVaiienhaushuchltandlung,     i825,    72  S. 

Ein    sehr  ehrwürdiger   Veteran,    Hr.    Dr,    Knapp    zu 
Halle,  hatte  den  l«  Mai  d.  J.  die  Irrende,  da«.  Jubiläum  der 
an  diesem  Tage  i775  dort  erhaltenen  Magisterwihde  su, erle- 
ben.    Die  gröiste  Freude  dabei  mufste  für  Ihn  ohne  Zweifel 
ditf  achtungsvolle  und  liehreicht?  Theilnahine  aeyn,    mit  wel« 
eher  die  aämmtliche  Facultät  Ihn  und    sich  selbst  hei  dieser 
Gelegenheit  difentlich  ehrte,  indem  sie  ein  Schätzbares  Zeug- 
nifs  ablegte,  wie  muftermäfsig   nameotlich  nach  dem  Grupd« 
pi'incip  und  Geist  des  reinen  Evangeliums  (Gal.  5,  I.  13 — iß.) 
und    des    Protestantismus,    Einsichtsverschiedenheiten    ohne 
Meinungseifer  und  Sectengeist  in  edlem ,  das  gemeinschaftlich 
aneikennbare  Gute  iörderdem  W  ohiwollen  neben  einandei^  be« 
stehen y  wenn  Männer,   welche  ihr  Fach  ganz  umfassen,   staU 
der  Gegensätze,  und   Einseitigkeiten,    die    Uebereinstimmung 
im  VVesentlichen ,  gott^swürdig  denkbaren  und  anwendbaren, 
um  so  einleuchtender  hervorheben.     De^*  würdige  Jubeldoctor 
verdient  es  durch  seinen,  hei  AenderMng  in  theoiogi-scheri  An« 
sichten  sich  praktisch  gleich  bleibenden  Charakter,    Er  V'er«< 
dient  es  auch  imausgedebnterern^Kreise  der  Mitforscher  durch 
seine  Kecognition  und  Handausgabe    de$  Neutestamentlichen 
Textes    i/nd    die    neuvermehrt^    Sammlung    seinem  trefflichen 
Conimentatipnen   (Scripta  varii  argumenti,  maximam   partem 
exegetici  ^tque  historici.   T.  1.  II.  editio  II,  multis  partibus^ 
auctior  et  emendutior.  |Q23.  739  ä.  in  d.),   da(s  auch  unsere 
Keceu^ion  an  der  Ihm  hewiesenen  Hochachtung  durch  einige 
Excerpte  aus  dem  Facu) t^tsprogr amn^  Antheil  neh^ 
me,  weil  dasselbe  diese  collegialische  Gesinnungen  nicht  Jj1o& 
aus  persdulicbejr  AnhllDglicbkeit  «usgesprocbeut  vi^ehr  mit 


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6M,  .  DenkMlirlftfii  fBr  Dr.  Kna|>p*<  Job«lMci. 

f  ' 

den  wahrsten'  und  anstehenditen  Grfinden  motlirirt  bat, 
«»Juttrssinia  ettaummi  gaudii  noKri  caufa,  quod  Tibi,  Vene- 
vfanda  CoUega^  hod^erno  die  ba«c  aemisaecularia  aolemnia  gra« 
tulari  licet  cum  fu^iy^r^ »  aingularidivino  beneficio  cODCessa, 
^tenim  npn  vivendo  tantum  attigisti  tempaa,  quo  ante  hos 
quinquaginta  annoa  iummoii  in  pbilosophiae  bonores  atieptui 
et  (brevi  poat)  rounua  doctorif  Aeademiciauspicatus  ei,  sed 
.  ata  vivendo  et  valendo ,  ut  Ibcum  ,  quem  per  tot  annos  tanta 
'  eum  laude  tenuisti,  atrenue  ^tiamnam  tuearis^  £t  nos  quidem, 
qui  arctiori  quodam  collegii  vinculo  Tecum  vivihiua  conjancti, 
Teque  veneramur  Ordinis  nostri  Seniorem,  num  vel  animo 
effingere  poisumus,  cujus  virtutes  praeopteihus  Tuis^  Amaot 
omnes  et  reverentur  bumanitatem  TaVLm^  integritatero  aiümi 
et  siuiplicitatem ,  quarum  ipse  vultus  Tuus  i^dex  est  certissi- 
mus,  Nobis  auteju  etiam  carior  factuset  propriis  quibuadain 
viitutibus,  quibus  facilis  et  gratus  reddicur  convictusf  et  tfui' 
,  hms  prqecipue  eollfiga  bonus  Censetur.  *  Quam  0nim  haU  es  üc  mtO' 
snetus  I  4^aam  älißnus  a  iaspichnibus  *t  simuUatibüs  y  ab  invhlia  tt 
ohtrtctatione  t  Quam  ^acis  amans  et  placabili«  |  Si  quis  alius, 
Tu  persuasus  es  ;  sin0  tranquillUate  animi  -et  vUae  no$  neque  disare 
poss9  neque  docprg\  ut  par  est.  In  consulendo  et  agendo  non  specttt 
personas,  omnium  minime  Teipsum,  sed  rem  et  veritatenif  i^^ 
ptfmmune  bonum*  Intemerata  fide,  prudenti  circumapectioneet 
exactissima  diligentia  res  Ordinis  nostri  procuras  et  tueris. 
Summa  est  Tua  advvrsus  omnes  atudiaque  omnium  aequitas, 
et  penitus  odisti  illiberalem  bominum  nimis  sibi  placentium 
-vanitatem,  qui  quam  ipsi  doctrinae  partim  amplexi  sunt,  eam 
unam  extollunt,  et  reliquas  paene  coiitemnunt.  Et  quanti  hae 
-praesertini  tempestate  facienda  est  amabilis  Tua  modestia ,  quae  ut  t^ 
Qmni  arrogantia  et  astentatiane ,  ita  maxime  ab  ambittosa  eorum  irn* 
portunitfUe  abhorret^^  qui  omnes  idem  secum  statuere  voluntf  v'iK  üilum 
ferentes  in  opinionibus  et  consiliis  disst^nsum'  Nempe  non 
tantum  probe  edoctus  es ,  090  sapientissimo  dioini  numinis  insiituto-  ä- 
versa  esse  Itominüm  ingenia  f  diversas  wluntatts  j  et  iti  hao  imbecillitaif 
humana  verum  et  rectum  prope  abesse  ab  er  rare  et  ültiöf  se'd  etiaiD) 
qubd  bumanae  cupiditati  mas^ime  adversator,  Te  ipsum  depu" 
tas  unum  e^ultis,  quamvis  judicaris  ab  omnibus  ee.  eS  unas 
ex  paucis  et  electissimis.      Sed  Jatius  patent,  quam  illae  quasi 

!>rivatae  virtutes»  clariusqüe  exsplendescunt  pablicae  Tua^ 
audes  ,  egregiä  Tua  de  litt-eris,  de  Academia  hac  uiuversaquö 
patria  pnerita,  Scriptis  quidem,  quis  est,  qui  nesciat,  quam 
praeclarede  crisi  et  interpretatione  Sciipturae  saera^  proineri^ 
tus  sis  ?  de  ea  igitur  doctrinae  tbeologicae  parte,  quam  pnn« 
i^ipe«  omnium   temporum   tbeologi  summam  ac  difficiUifna<^ 


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Denkichitften  fgg  -Dr.  KiMipp?i  JuM^üier.  ^i 


\ 


e$Be  pronuiitiav«runt,  Qnibui  ipsa-Jen^  Christi  et  Apöstolo« 
rutn  verba  legere  et  intelligere  curae  CQraiig[ue  est,  eorum  oih« 
nium  rfiaiiibu«  v'ersatur  Novum  Testam^n^um  ophra  Tua  reeognitum^ 
11  omiiet  astidae  .utunttir  illis  cömmenatmtionihms  TuUf  quarum, 
qu<A  sunt,  ioi  hahentur  legitimae  sacrptum  lihrorum  intitrprttationis 
exempla»  Agnoscunt  in  bis  ,  qui  criticae  4ttc[ue  bermeneutii^ae 
Brtis  ptfritia  excellunt,^  nativum  iiigenii  Tui  acumen^  et  inte* 
gram  judicandi  viin;  admirantur  accuratam  linguarum  veterum 
cuulOiientaliuin  ,  tumOraecae  et  Latinae  sciendam ,  et  copio« 
sam  rerum ,  opinionum  ,  morum  ae^i  potissimunr  ApoitoUci 
niemoriam;  collaudant  severum  nibil  alieni^  nihil  longiu»  ar- 
cessiti  admittentem  delectum ,  et  illam  ubivis  cotia^icuam 
-ant^tßstav %  quu  potissimuin  inaighiuntur  scriptores,  qui  nihil, 
nisi  quod  omnibut  numeris  expletuni  sit^  a  se  exir«  volunt« 
Latinarum  'elegantiarum  arbitri  et  qui  eruditae  antiquitatis 
sensum  et  quasi  gustum  babent,  admoduiA  delectantur  oratio- 
nis  Tuae  puritate^  perapicuitate,  f'acilitate  et  suavitate ,  *ac 
miriHcam  voluptatem  capiunt  ex  crebra  illa  et  cummodissime 
aTe  instituta  scriptorum  profanorutn  cum  »acris  comparatione. 
Quid  vero  proprii  nominis  theologi  Y  Praedirant  T*idi«nissimum 
Spenerianae  et  Franckianae  disciplinae  trar^o-Ka^a^TOi)  alumnum,  boc 
est,  tbeolpgum,  qualem  Lutberi',  Meianchtbones ,  Zwinglii 
volueruntj  in  Scripturis  natum,  solido  divinae  sapientiae  nu« 
trimento  educatum,  «-At^^^oCpo^ la  ir/Vn-sw;  rohoratum  et  constantem, 
qui,  quiäquid  habet  ingenii  et  doctrinae  j  in  sanctissiino  religionis 
jiostrae  sacrario  dedicavit,  et  omnia,  quae  discit  et  docet,  ad 
pietatis-  Studium  et  ipse  refert  et  ab  aliis  referri  vult*  Talein  igitur 
acripti«  Te  praestitisti  tbeologutn , 'de  litteris  et  ecciesia  me« 
rentissimum.  Neque  profecto  minus  iisdem  profuitti  scbolis, 
quas  ab  ipso  muneris  Aeademici  initio  usque  ad  hunö  diem 
indefesso  studio  et  maximo  cum  pJausu  auditorum  babuisti.  . 
Videmus  f'erventibus  juventutis  studiis  stipatam  hanc  Tuaui 
aenectutenu  Audimus  quötidie,  quanta  veneratione,  qui  ab^ 
ore  Tuo  pendent»  sapientiam  Tuain  senilem  prosequantur. 
Quot  autem  sunt  nunc  vel  in  gymnasiit  et  acddemiis  vel  pro 
concione  docentes,'qui  grata  memoria  tantum  Tibi,,  quantum 
neminiy  se  debere  proßtentur!  Uli  omnes  recordantur  laeti 
iniram  Tuam  in  docendo  animi  alacritatem,  fronte  et  viUtu  bi^ 
lari  suaviter  se  prodentem;  libentes  id  multoque  sermosre  ce- 
lebrant,  Tuo  exemplo  se  didicisse,  quid  sit  dicere  et  docere 
inra  xa^^tjfftail  sümmis  laudibus  ornant  doctriiiae  Tuae  lucem, 
jnonitorum  gravitatem,  praeceptorum  veritatem,  Quod  vero 
•uromum  est,  multi  Tua  disciplina  i^  in  se  effectum  esse  senm 


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tktnt  et  Eatentur^  ttt  9ä  iptof  nofcerent,  CliristuiB  yi'«ercreiit| 
>et  Christ  um  lucrarcntur« 

V<^utQiui^  qui  ^riMioi«  neceMitudme  Tecum  juncti  0u« 
iniUf  fentuoi  pietatU  et.laetitia  pubUoededarare.  —  FaxitDeut 
T*  O«  M.  ut  Jectiatimi«  aieritorum  praemiia  et  hoc  praecipae 
•oUrmnitatU,  gaudio^  quo  Te  ornaCuai  roluit^  diu  fruare. 
Orat  nobiacuoi  almum  Fatrem  pro  aalute  Tua  juventua  aacrii 
atudiia  dedtta,  örant  omnei,  qai  patriae  et  «ccletiae  bene  cu« 
piunt.  Ac  laeti  auguramury  eun,  quem  tarn  benigniim  ex* 
p^rti  aumuftf  ita  ratat  habere  haa  ptM  preceSf  uti  hanc  Aca* 
demiam  ;^uripria  evangelicae  doctrioae  aeminarium  «t  bonat 
piaeqiie  mentii /ofiicinaui  esie-iuilt.«« 

f  ZwecJcinäfiig  giaht  im  (Jährigen  daa  den  theologiacben 
Kritiker  ehrende  f  rogramto  eia  det  Aufmerksamkeit  würdiges 
Specimen-  Exercitationmm  crkicar.  in  Sapiemiam  Stdomonis.  0«r  Vf. 
(Hr.  Dr*  Vater?)  ^eigt^  welche  bedeutende  Sammlungen  au 
'  einer  bt*richtigten  Ausgabe  dieses  wichtigen  Apokryphums 
seine  unermOdete  Thfttigkeit  theils  aus  neuen  Handachrif* 
ten  der  kdn«  Bibliothek  au  Paris,*  theils  aus  patristiachea 
Schriften  9  aus  Versionen  und  Ausgaben'  ausammengebracht 
bat.  Zum  Vorschmack  der  bald  zu  ho£Fenden  Auagabe  giebt 
Er  ejne  Untersacbung,  dafs  diese  Schrift  ehemals  mehrere 
^rix^^C  al»  fetaty  und  a war  solche  enthalten  habe,  welche  nach 
«inem  Lexicon  Cod,-Coislin.  a\anche  W6rte,  die  sich  im  jetsi« 
en  Text  nicht  finden,  gehrauchten ,  folglich  auch  den  Sprach« 
undigen  desto  interessanter  wären.  Interpolirt  hingegen  ist 
die  Sophia  viel  weniger,  als  der  iSiracide.  Aln  Ende  w^ erden 
einaelne  Stellen  kritisch  erläutert.  Mögen  diese  reiche  iVIate« 
rialien  und  Vorarbeiten  zu  weiterer  Benutzung  eines  in  aeiner 
Art  sehr  eigenthOmlichen  Restes  vorchristlicher  Reiigionaplu« 
losuphie  recht  bald  erscheinen! 

Linmittelbar  allgemeinnötzliche  Bemerkuiigen  giebt  die 
GlückwünschungsscbHft  des  Hrn.  Canzlersj  dessen  lehens« 
längliches  Bemühen  ist,  durch  Wort  und  Tbat  zu  beweisen, 
\i^\e  nur  eine  duirchgeführta  Selbstbildung  in  den  historischen 
und  philosophischen  Gründen  des  Wissens  una  Glaubena  auch 
einen  hellen  Unterricht  in  dem  Anwendbaren  möglicb  macbe« 
Mit  der  ihm  eigenen  Klsirheit  löst  Er  die  Sophismen ,  durch 
welche  neuerlich  ein  Aufsatz  in  der  Buchholzischen  IVXonat- 
achrift,  Octob.  1824  d^m  Napoleonischen  (lerrsch^rgedanken, 
auch  die  Universitäten  (wie  alles  Zusammenhängende  und  Zu«* 
aammenwürkende)  durch  Zerstücklung  iil  SpeciaUcbulen  vom 
Einflufs  der  Willkübrlicljkeit  abbiingiger  zxi  machen  und  (um 
der  Gemeinnützlicbkeit   v^illen?)^  die  künftige  J^ehrer   nicbt 


\ 


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penbekriftfii  f9r  Dr.  K^spp'a  Jubelfete^.  603  ' 

virf  gründlicher  und  tcharfdenkender «  alt  die  künftige  Zvhö^ 
reVf  werden  zu  lassen,  besonders  auch  gegen  das  gelehrte  und 
.vrissenschaftliche  Studium  der  Theologie  su  richten^  versucht 
hat.  Statt  dafs  man  für  -das  Praktische  (das  heilst  hier :  füb 
den  Hausverhrauch  und  um  überallhin,  oltine  Selbsprüfen,  sich 
maschinenartig  MV^rwenden«*  zu  lassen}  die  künftigen  Vofks^ 
lehrer,  und  Kechtskennef  akademisch  geschickt  zn  machen 
jfucht,  würden  —  so  wShnt  jener  Sehn  eil  verbesserer  —  defi 
jnngen  Theologen  drei  ausgestorbene  Sprachen,  eine  spita« 
fündige  Glaubenslehre  und  eine  ganz  unfruchtbare  Kircheiige* 
achichte  eingeübt,  den  Juristen  ein  sogenanntes  Naturrecht,. 
das  an  sich  schon  eine  wissenschaftliche  Absurdität  tt^yy  dafa 
das  römische  Recht,  wofür  nur  der  Aberglaube  spreche,  und 
viele  andere  unbrauchbare  und  doch  Rechtswissenschaft  ge- 
nannte Doctrinen  eingelehrt.  Kein  Wunder,  —  so  entrüth- 
aelt  sich  dieser  weltkluge  Wilibald,  jene  polizeilich  ganz  anderi 
erklärbare  Zeiterscheinung  —  kein  Wunder,  dafii  solche  Stu« 
dierende,  auf  so  Öden  Feldern  derGelebrsanikeit  uinhergetrie« 
ben  und  ermüdet,  nichts  übrig  finden ,  als  in  geheimen' 
Verbindungen  Ersatz  für  die  'durch  so  ganz  unbrauchbare 
Studien  erschöpfte  Kräfte  zu  suchen«  — *  -—  Dieweil  derL«öwe 
ein  grimmig  Thier  ist,  also  wird  man  tn  einem  neuen  Leben 
Bu  wandeln  suchen  ??  —  «— i  Hr.  Dr.  N.  hat  diese  zeitgemäfse 
(d.  h.  alles  verwirrende ,  und  in  der  Verzweiflung  zum  gedul- 
tigsten,  vernunftscheuen  Nichtswissen  hintreibende)  Farado« 
xien  (auch  den  Mysticismus  findet  jener  Wilibald  für  die  Theo« 
logie  sehr  heilsam!)  vornehmlich  dadurch  zurechtgewiesen, 
dafs  Er  über  die  wahren  jetigen  Mittel  und  Zwecke  der  ge« 
lehrten  Studien  die  eifahrungsreichsten  Winke  und  Anleitun« 
gen  gegenüberstellt,  welche  am  besten  das  Versenken  vom 
Gemeinnützigen  ins  Gemeine  verbindere.  Wir  geben  noch 
eine  rührende  und  belehrende  Stelle,  durch  welche  der  Hr; 
Canzler  in  dieser  weit  mehr  belehr^denf  als  polemisierenden; 
^Streitschiift«  4>^im  Anbruch  des  Jubehags  „einen  der  fr ied- 
aamsten  Pfleger  der  theolog.  Wissenschaften«*  begrtifste,  weil 
eben  dieser  (S.  VII.)  immer  weit  entfernt  blieb,  dem  Frieden 
die  Wahrheit,  oder  schwacher  Nachsicht  die  Ger  echt  ig« 
keit  a  uf zu  opferen :  „Unter  uns  (S.  .XI,)  bleibt  es,  sagt  der 
Eine  dieser  erprobten  Universitätslehrer,  wie  bisher,  so  bis 
ans  E^de.  jßine  Vaterstadt,  Eine  Jugendschule,  Eine 
Wissenschaft,  Ein  Beruf,  selbst  Eine  na^rbbarliche  Woh- 
nung hat  ups  von  Kindheit  an  so  nahe  gestellt.  Freude  und 
Schmerz  haben  wir  oft  mit  einander  getheilt.  Manche  Last 
^nd  schwere  Arbeit  bat  mir  Ih^  Vertvaueq  leichter  gemacht. 


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604  Deokfchrifteii  £8r  Dr«  Knapp's  JttMf«i«r. 

Jeder  von  uns  hat  in  dem  Andern  die  Anlagen  und  Gaben  ge. 
lachtet y  die  nicht  unaer  Verdienst ^  sondern  ein. Geschenk  des* 
sen  sind,  vop  dem  alle  gute  und  vollkommene  Gabe  kommt, 
dem  Vater  der  Geister«  Welchem  von  uns  voranzugehen  be- 
stimmt ist,  das  ruht  in  Gottes  Hand,  Wo  könnte  unsre  Zu- 
kunft sichrer  ruhen?  .  ' 

x,Hätte  auch  über  Gegenstände^  die  fast  auTser 
dem  Kreise  einer  demonstrati ven  Gewifsheit  lie- 
gen, eine  Verschiedenheit  der  Ansichten  statt  ge- 
tunden,,  darin  waren  wir  stets  einig  und  werden  es  hi«  ans 
Ende  Iijeiben,  dafs  nur  die  Bildung  des^Theologen  recbtfr 
Art  sey,  die  auf  dem  Boden  einer  gründlichen  Gelehrsamkeit 
ruht,  und  daf^  selbst  die  reinste  Frömmigkeit  des 
Sinnes,  bei  dem,  derzum  öffentlichen  Lrebret 
für  alle  Stände  berufen  ist,  den  Mangel  einer 
tiefern  Einsicht  in  die  Wissenschaft  nie  gant 
ersetzen  könne,  da  «r  stets  auf  Kampf  und  Streit  gegen 
Irrthum  oder  Unrecht  gel^iafst  seyn  mufs,  und  selbst  tSgUcb 
wachsen  soll  an  Erkenn^ifs  und  Erfahrung ,  wie  an  Tugeud 
und  Frömmigkeit. 

,0  Alle  Zeitgenossen ,  welchen  die  weise  Verbindung  dassi- 
scher  Gelehrsamkeit  mit  der  Behandlung  der  Urkunden  ansres 
Glaubens ,  die  Verbindung  ein^es  festen  historischen  Wissens 
mit  dem  Vortrag  ihrer  Lehren  und  ihrer  Schicksale  am  Herzen 
liegt,  alle,  welche  eben  darin  das  sicherste  Schutzmittel  ^- 
den,  die  Keligion  sowohl  vor  einem  der  Schrift  fremdefn  theo- 
logischen Dogmatismus,  als  vor  einem,  in  dunkle  Nebel  ge- 
hüllten philosophistischenMysticismus  zu  fiebern  —  sie  blicken 
beute,  mit  hoher  Achtung  auf  Sie  als  Muster  und  Vorbild  bin) 
und  stellen  sich  9  zum  Theil  selbst  schon  Meister  in  der 
Wissenschaft)  dankbar  in  die  Reihe  derer,  die  in  Ihren  Hör« 
Sälen  gebildet  sind.  Aber  nicht  minder  ehren  die  Freunde 
des  practischen  Christent  hums  in  Ihnen  die  Gesin- 
jinng^  welche  Sie  von  deni  echten  Geist  der  Spener- 
Frankischen  Schule,  in  welcher  Sie  aufwuchsen,  ni» 
entfremdete,  ohne  dafs  Ihre  heitere  Frömmigkeit  ihn  mit 
ihren  unwesentlichen  Foruien  und  dunklen  Farben  verwech- 
selt hätte.«      X  ' 

Wo  Wahrheit  ist,  da  ist  Freisinnigkeit  2?ur  Tiefkennt. 
nifs  (Gnosis)  Und  Frei  wollen  des  Guten,  Job.  8,  32.  ^^^ 
der  heilige  Geist,  die  sich  dem  Göttlichen  heiligende  Kraft  des 
Richtigdenkeni  und  Rechtwollens ,  leitet /immer  mehr  2U 
aller  Wahrheit.    Job.  16,  13. 

H.  £.  G.  Paulus. 


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Blumhof  Lehrbnch  dtr  Lltburgik.  605 

Lehrbuch  der  Lithurgtk  oder  der  angewandten  J\HneraloBie.  Für  Kä* 
meratisten  9  Oekonomen ,  Technologen ,  Metallurgen  und  Forst^ 
männer^  •-«  Zum  Gebrauch  hei  F'orlaungen  auf  Universitäten^ 
Qymnasien  und  politechnischen  Lehranstalten  herausg,  von  Dr,  F» 
C.  L,  Blumhof;  O»  H.  Hess^  Hoßtani/ner^athe ^  Pro/,  der 
Technologie  und  Bergwerkskunde  zu  Giejsen  etc,  Frankfurt  a, 
M»  i822  bei  Franz  F'arrentrapp,     XIJ  uud  52i  S»  8. 

\  Der  Hr.  Yf,  äufsert  in  der  Vorrede,  dafs  er 9  aufg/emun« 
tcrt  durch  den  Beifall ,  den  seine  im  Jahre  1820  herausgegebe- 
nen „Grundlinien  der  ökonomiich-techniscben 
Mineralogie  etc.«  (Giessen  hei  Müller  40  S.  8*),  die  er 
einen  kleinen  Versuch  nennt ,   sich   entschlossen  habe  |    dies 

fröfsere  vorliegende  }^ehrbuch  aussuarbeiten  ,  das  „in  mog« 
ichst  gedrängter  Kürze  die  der  Benutzung  fä-* 
higen  Fossilien  nicht  nur  beschreibt,  sondern 
vorzüglich  die  Anwendung  derselben  zu  den 
Bedürfnissen  des  menschlichen  Lebens  dar- 
stellt.« —  Er  hat  dabei  das  neueste  W  erners*sche  System 
der  Mineralogie  zum  Grunde  gelegt,  weil  es  das  in  Deutsch- 
lan^d  bekannteste  ist  und  zugleich  für  diejenigen  Leser,  de- 
nen dies  Buch  zunächst  bestimmt  ist,  am  geeignetesten  seyn' 
dürfte.  —  Wir  wollen  darüber  nicht  mit  ihm  rechten,  müs« 
sen  uns.  jedoch  die  Bemerkung  gestatten ,  aafs  wir  es,  selbst 
im  Falle  der  Annahme  des  neuesten  Wernersche^n  Systems, 
für  zweckmäfsig  gehalten  haben  würden,  die  neueren  Fort- 
schritte in  der  wissenschaftlichen  Mineralogie  mehr  zu  be- 
achten, es  würde  dann  nicht  der  Jaspopal  als  Opaljaspis  un- 
ter Jaspis  stehen,  Basalt,  gemeiner  Serpentin  etc.  nicht  unter 
den  einfachen  Mineralien ,  sondern  unter  den  gemengten  Ge- 
birgsarten  aufgeführt  worden  seyn  u.  dgl.  m.  —  Die  erste  Ab- 
theihtng  des  vorliegenden  Werkes  entwickelt  die  Kennzei- 
chenlehre der  Mineralien  im  Allgemeinen.  Es  wäre  zu  wün-  * 
sehen  gewesen ,,  dafs  auch  hier  das  Bessere  überall  Wäre  be- 
nutzt worden;  denn  um  nur  Eins  zu  berühren,  so  erwähnen 
wir,  dafs  es  doch  nicht  wohl  verzeihlich  seyn  dürfte,  wenn 
ein,  im  Jahr  l822 ^Erscheinendes,  mineralogisches  Werk,  das 
regelmäfsige  (Pentagon-)  Dodekaeder  und  das  regelmäfsige 
Ikosäeder  noch  als  Krystal]gesta1ten  aufführt.  — 

„In  der  zweiten  Hauptabtheilung,  sagt  der  Vf.  in  der  Vor« 
lede,  werdeiix  diejenigen  Fossilien,  welche  bisher  zu  irgen  l 
einem  Zweck  benutz  worden  sind,  in  kur2en  Andeutungen 
beschrieben,  und  dann  wird'die  Anwendung  derselben  mög« 
liehst  kurz ^  mithin  compendiarisch,  gezeigt,  wobei  stets  auf 


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606  BlmnlMf  tekrlHMh  d«  Lttlwrgik« 

die  vorsflglicbite  Literatur  hingemeien  ut««  Wat  nun  <|cf| 
ersten  bier  ^wähnten  Punct,  nämlich  die  Beichreibungen  be- 
tri£Fty  so  können  wir  die  ver«procbene  compeadiarieche  Kurse 
keines wege  finden ,  denn  die  Beschteibungen  sind  «bge« 
schrieben  aus  dein  Hoffmann •  BreithauptjMiben  Handbucb, 
dem  bekanntlich  nichts  wenjger  als  Kurse  sum  Vorw^urf  ge- 
macht werden  kann  f  und  swar  oft  so  wörtlich  abgeschriebeOf 
dals  man  keinen  Unterschied  aiifsufinden  vermag;  hier*  und 
^  findet  sich  jedoch  eine  Abkürsung^  d^ese  besteht  aber  nicht 
etwa  in  einer  AbkQrsung  der  Schreibart  (wir  erinnern  an  di» 
überflüssigen  Einleitungsworte,  wie  die  in  folgendem  Beispiel 
in  Klammern  eingeschlossenen    (Farbe:)   dunkel ,   achyrars 

^i^nd  dunkelsrauy  (Glans:)  Glasglans»  (Durchsichtig« 
(eit:)  dur^sichtis  etc.**  welche  füg]  ich  wegbleiben  könnten), 
sondern  in  einer  VVeglassung  des  einen  oder  des  andern 
Kennzeichens 9  s.  B.  der  oder  jener  Farbe  etc.,  und  gleichwie 

fin  dem  genannten  Handbuch  ,  sind  auch  hier  bei  jeder  Varie- 
tät did  sämmtlichen  Kennseieben  aufgeführt,  und  nicht 
blos  diejenigen,  welche  als  die,  unterscheideuden  gelten  mOs« 
ten,  was  bedeutende  Abkürzung  verursacht  haben  würde; 
s.o  s,  B*  findet  man  S*  123  aufgestellt  die  Gattung  Jaapis^ 
qhne  dafs  angegeben  w^re,  was  den  verschiedenen  Arten  und 
YarietSten,  die  Jaspis  genannt  werden ,  gemeinschaftlich  zu- 
kommt; die  Ite  Art  ist  der  ägyptische  Jaspis ,  und  auch  hier 
ist  nichts  angegeben  von  den  Kennseichen ,  die  ein  Mineral 
sum  ägyptischen  Jaspis  machen.  Die  erste  Varietät  aber  vom 
ägyptischen  Jaspis  ist  der  rothe  ägyptische  Jas^pia^  die 
2te  der  braune;  jede  von  diesen  beiden  ist  ausführlich  be« 
schrieben ,   aber  die  Beschreibung  der    sweiten   Varietät   i$% 

•  nichts , anders  als  die,  mian  n:dchte  sagen  buchstäbliche 
Wiederholung  der. Beschreibung  der  ersten  Varietät,  nur  mit 
Ausnahme  der  Farbe,  die  beim  einen  roth,  beim  andern  grün 
und  braun  seyn  soll;  denn  dafs  der  badische  ägyptische  Jaspis 
nicht  blos  -  roth ,  sondern  auch  grün  und  braun  vorkoaimt, 
wird  der  Kurse  wegen  nicht  angeführt,  auch  nicht  eine  nä<» 
h^e  Bestimmung  Über  die  Art  der  braunen  Farbe  gegeben,  die 
dem  ägyp^ischeni  ägyptischen  Jaspis  (richtiger  wohl 
ägyptische^  Kugeljas^is)  vorsüglich  sustebt^ 

Uie  Anwettduns  der  Mineralien  ist  dagegeii  mit  grÖlseW 
rem  Fleifs««  beschrieben^  und  ob  sie  gleich  der  Natu t  der  Sache 
nach  niehts  andefes  seyn  kann,  als  eine  Compilatio^n,  so  hat 
doch  eine  solche  ihren  etgehthümlichen  Werth,  wenn  sie  mög« 

.  liebst  vollständig  ist«  miir  können  «vir  swar  von  vorliegen« 
dt»  V^'etk  nit;hi  bebeupten  /  dajfs  e$  in  der  genannten  Hin« 


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.Blutolior  Lbhribueli  der  Litlmtgik.  607 

siebt  den.  jSnid.  von  ^VolUtändidkeit  lieiitat,  d•n^  wir  ibm 
wünschen  möchten,  aber  es  ist  doch  bei  wettern  vollständiger» 
als  alle  seine  Vorgänger.  «—  Die  vorhandenen  Quellen  sind 
vpm  Vf.  in  den  weihten  Fällen  benutst ,  oft  nur  ^etwas  bu 
w^drtlich  f  weshalb  die  Bearbeitung  des  Ganaen  .fl^ehr  ungleich- 
mäfsig  ausgefallen  ist ,  was  wir  dem  Verf.  jedoch  nicht  sehr 
verargen  wollen.  WOnschenswerth  für  diejenigen  Leser^  für 
welche  das  Buch  sunächst  bestimmt  ist,  wäre  es  aber  gewe- 
sen, wenn  das  vi^le  so  Zusammengetragene  mehr  kritisch 
wäre,  gesondert  worden  ^  damit  derselbe  nicht  $o  oft  das  Gnta 
vom  Schlechten ,  das  Wahre  vom  Unrichtigen ,  erst  selbst  zu 
scheiden  gezwungen  wlUe  und  Widersprüche  auflösen  müfste^ 
die  sich  im  WerJce  auweilen  finden.  Um  diese  Bemerkung 
wenigstens  mit  einem  Beispiele  zu  belegen ^  führen  wir  an, 
dafs  5.  346f  bei  den  Anwendungsarten  des  Quecksilbers,  steht: 
,,mit  dem  Silberamalgam  läfst  sich  keine  Versilberung  machen*** 
während  S«  362,  bei  Gelegenheit  der  Benutaungsarteti  des 
Silbers,  gesagt  wird:  „die  chemische  Versilberung  auf  Kupfer 
und  Messing  mittelst  des  Qaecksilbers  geschieht  auf  dieselbe 
Art,  wie  bei  der  Vergoldung  mit  Quecksilber  (§.  210),^  diese 
geschieht  aber  nach  §•  210  durch  Aiifldsen  des  Goldes  inQueck« 
Silber,  Anstreichen  mit  diesem  Amalgam  und  nachheriges  Ver* 
dampfen  des  Quecksilbers.  —  Qals  auch  in  dem  Theil,  der  von 
der  Anwendung  der  Mineralien  handelt,  Vieles  hätte  kürzer 
getafst  werden  können  ,  ohne  dafs  darum  etwas  von  dem  Ge- 
sagten hätte  htnweggelassen  werden  müssen,  glauben  wir  eben^ 
falls  mit  Kecht  behaupten  zu  können,  es  würde  hierdurch, 
und  durch  die  oben  angeführten  Abkürzungen,  das  Werk  um 
ein  Bedeutendes  minder  voluminös,  folglich  minder  tbeuer 
geworden  seyn.  Die,  wie  schon  erwähnt,  grofse  Vollstän« 
digkeit,  und  die  reichlich  überall  gebotenen  literarischen 
Nachweisungen  geben  dirin  Werk,  unbeachtet  der  gerügten 
Un Vollkommenheiten ,  dennoch  einen  Werth,  dem  gemäis,es* 
den  älteren  deutschen  Werken  über  Jliithur£tk  vorgezogen 
werden  mufs.  Ein  sehr  vollständiges  Register  erleichtert  den 
Gebrauch  desselben.  Für  manche  Lieser  dürfte  auch  die,  aus 
Raa*s  Lehrbuch  der  Mineralogie  abgedruckte  »kurze  Ueber« 
sieht  der  angewandten  Mineralogie w  g^  yil  ff,  nicht  un« 
brauchbar  seyn. 


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608  Pamt  Entretieos  m  la  MjflqQe. 

EntntUm  star  la  Pkyäiqit0  par^  ö.  F.  Parrotf  ProfeUetir  Je  Vky 
siqke  h  Dorpat  ^  -  mmbre  da  eomite'  des  eeolüi^  Chevtäm  h 
Conteiller  d\Eiat  u  s,  to.  'Tom.  IV.  412  S*  Dorpat  i82i.  8. 
T(m.  V.  584  iJ.  .  dkdfßi.  1822.  Tom.  VU  518  S.  ^end.  1824. 
zusmmm0n  mk  9  Kup/eHafeliu 

Mit  diesen  drei  Bfindeh  wird  ein  eben  ao  umfiingendet 
als  yorstlgfiche«  Werk  Aber  die Experi mental-  und  angewandte 
Physik  vollendet',^ über  welches  Kec.  «ogleich  nach  dem  £r- 
acheinen  der  ersten  drei  Bände  dem  Fublicum  sein  Urtboil 
vorgelegt  hat.  ^Am  Schlüsse  jener  Anseige  (Jahi^.  %S2Z  Nro; 
11.  p.  166.)  stehen  die  Worte:  ,,Rec«  darf  mit  Recht  hoffen, 
dafs  die  sahireichen  Leser  und  lieserinnen  dieses  reichhaltigen 
und  angenehmen  Werkes  dem  Erscheinen  der  Fortaetzung^ des- 
selben begierig  entgegensehen  werden ,  und  er  wird  nicht 
sSumen,  dem  rublicum  eine  Anzeige  mitzutheilen  ,  sobald  er 
selbst  aAr  Kenntnifs  derselben  gelangt  ist.«  £s  dauerte  lange, 
bis  ihm 'dieses  Vergnügen  eu  Theil  wi^idti,  indem  die  Heraus« 

fabe  dieser  letzten  Bände  erst  gegen  das£nde  des  vergangenen 
ahres  erfolgte,  und  von  jener  Zeit  au  hit  auf  den  gegenwär- 
tigen Augenblick  eine  unüberwindliche  Menge  dringender 
Arbeiten  die  Erfüllung  des  gegebenen  Versprechens  unmdg« 
lieh  machte, 

Ohngeachtet  des  reichen  Inhaltes  der  vor  uns  liegenden 
Theile  wird  eine  nur  kurze  Anzeige  genügen,  um  das  Publl* 
cum  auf  denselben  aufmerksam  zu  machen.  Klicksichtlich  der 
Vollständigkeit 9  der  Klarheit ,  der  eigenthüaiHchen  Art  dtr 
Darstellung  und  der  hieraus  folgenden  vorzüglichen  Brauch- 
barkeit für  Leser  und  Leserinnen  aus  den  höheren  gebildeten 
Classen  bezieht  sich  Re<^,  ganz  auf  dasjenige  ,  was  hierüber  in 
seiner  früheren  Beurtheilung  der  ersten  Bände  gesagt  ist,  in- 
dem der  Verf.  selbst  bis  ans  Ende  des  weitläufigen  Werkes 
ohne  zu  ermüden^  die  einmal  gewählte  Form  des  Vortrags  bei- 
behalten hat  yv  deren  hauptsächlicher  Charakter  in  einer  Verei- 
nigung der  populären  Darstellung  mit  Gründlichkeit  und  Tiefe 
besteht*  .Sonach  gvnügt  es  also  neben  einer  AngaKe  de$  we* 
sentlichsten  Inhaltes  zugleich  solche  Ansichten  des  gelehrten 
Verf.  hervorzuheben,  welche,  zwar  alle  auf  Gründen ^beru« 
hend,  doch  noch  wohl  einigen  Zweifeln  unterliegen  könnten; 
auf  aUen  Fall  aber  ist  es  einem  jeden  gründlichen  Forscher,— 
und  wer  würde  Anstand  nehmen ,  einen  Veteran  unter  den 
deutschen  Physikern ,  wie  der  berühmte  Farrot  ist,  diesen  bei* 
zuzählen?  —  angenehm,  die  Ideen  und  Absichten  anderery'Wire 
es  auch  minder  erfahrener,  mit  seinen  eigenen,  zu  vergleichen. 
{Beschlufs  folgt,} 


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N.  39;  /      1825, 

Heidelberg  er 

Jahrbücher  der   Literatur, 


s^ 


Entretiens  sur  la  Physique  par  G.  F.  ParrdU 

Der  4te  Bän  j  enthält  mierit  die  Lehre  von  den  einfaqhen 
Stoffen ,  also  die  dem  Physiker  unentbehrlichen  Elemente  der 
Chemie.  Rec.  bemerkt  unter  anderem,  dafs  man  hier  den  von 
dem  Sohne  des  Verf.  constriiirten ,  auf  sehr  richtige  Frinci* 
pien  gegründeten  und  höchst  zweckmäfsig  eingerichteten  Caso« 
meter  beschrieben  findet,  welcher  anderweitig  aus  der  Selten 
zu  bekommenden  Freisschri£c  des  Erfinders  (Dorpat  18 14)» 
dann  iua  den  Nord.  Annalen  und  aus  Schweigger's  Jl  XXVII. 
192  bekannt  ist.     Will  man. den  gegenwärtig  minder  wichti« 

Jjen  Veriuch  der  Zusammensetzung  des  Wassers  noch  anstel- 
eh ,  so  kann  dieses  vermittelst  desselbei^  sehr  bequem  und  in« 
»tructiv  bewerkstelligt  werden.  Gegen  Davy  und  seina 
zahlreichen  Anhänger  nimmt  der  Verf.  noch  die  Theorie  La- 
voisier's  in  Schutz,  wonach  das  Qxygen  einziges  säurebil« 
dendes  Princip  ist,  hauptsächlich  aus  dem  Grunde,  weil  Chlor, 
Jod  u.  t.  w.  sonst  als  Zwitter ,  näm]ich  einmal  als  säuernde 
und  das  anderemal  als  säuerungsfäbige  Stoffe  auftreten  müfs- 
ten.  Allein  dieser  Grund  ist  schwerlich  haltbar,  indem  ,er 
den  Behauptungen  der  Anhänger  der  neueren  Theorie  durch- 
aus widerstreitet.  Hiernach  sind  diese  Stoffe  nämlich  nur 
säurungsfähigeGrundlagen^  und  geben  als  solch«, 
sowohl  in  Verbindung  mit  Sauerstoff  als  auch  mit  Wasserstoff 
verschiedene  Satiren.  Wenn  aber  die  Erfahrung  gelehrt  hat, 
dafs  die  Basen  mit  Saue'rstoff  verbunden  Säuren  liefern« 
warum  ioll  sie  nicht  auch  lehren  können,  dafs  dieselben  mit 
Wasserstoff  verbunden  gleichfalls  Säuren ,  obgleich,  ia 
ihrem  Verhalten  etwas  verscniedene,  liefern?  Der  Theori«' 
des  Verf.  kann  man  auf  gleiche  Weise  entgegensetzen,  ^dafs 
nach  derselben  der  Wasserstoff  gar  keinen  Charakter,  oder 
gar  einen  den  übrigen  Stoffen  widerstreitenden  erhält,  indem 
er  mit  Sauerstoff  chemisch  verbunden  keine  Säure^  «on- 
XVm.  Jahrg.  6.  Hcf^.  3^ 


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^10  Ftrrot  SnUeritos  mr  la  Plijiiq««. 

dem  elncti  neutralen  Kflrpcft  9  dai  Wasser  ^  liefert*  DmWu. 
YtfFStoffbyperoxyd  Tiienar^Te^  welches  S.  68  gelegentlich 
e^wftbnt  ist  y  wirkt  auch  mcht  vollständig  als  Säure.  DU 
Erden  als  Metalloxy.de  zu  lietrachten  ist  der  Verf.  ~&leicbblli 
nieht  geneigt  y  obgleich  er  ihre  £infadiheit  fbr  probTenuiiiid) 
bJlt,  dagegen  sucht  er  ^ie  neuerdings  wohl  allgenaeia  vritdtt 
verlassene  Hypothese  aufrecht  zu  erhalten  |  wonach  der  Stick* 
Stoff  die  Grundlage  der  Alkalien  (Kalimetalioide)  seyn  soH. 
Ai^cksicfatlrch  4^$  Ertteren  ist  mindestens  die  metallische  Na« 
tur  ^eM  Sicilium  wohl  nicht  mehr  sweifislhaft^  und  hiernach 
darf  ai»fh  wegen  der  Analogie  der  den  sSmmtlichen  Erden  ei- 

fenthümlichen  gleichartigen  Beschaffenheit  sie  sämmtlich  niin« 
ettens  mit  grofser  Wahrscheinlichkeit  fQr  Metalle  halten. 
Dagegen  lilftt .  sich  weit  weniger  mit  Sicherheit  von  der  Zu* 
saniin«fn8et%ün£  des  Ammoniaks  auf  die  Übrigen  Alkalien  und 
sogenannten  italischen  £rden  schliefsen,  da  die  iTalkerde 
einen  üebetgang  der  letzteren  zu  den  eigentlichen  Erden  hi\* 
det>  tind  die^ntmentdeefcten  togenannten  organischen  Alkalien 
auch  a;idere  Zusammengesetzte  Substanzen  mit  Eigenschaften 
darb«t*ten,  welche  diese  eigenthOmliche  Clatse  von  Körpern 
bezeichnen.  Dafs  man  übrigens  verschiedene  Wahrscheiolkh- 
kvitsgfOnde  atifstelien  könne,  woraus  sich  die  Nichteinfacbbeit 
des  so  auffallend  als  neutral  trscbeinenden  Stickstoffs  vermutben 
lasse ,  und  d»fs  die  Überwiegend  grofse  Zahl  der  Metalle  zU 
der  Hypothese  von  einer  oder  einigen  Grundlagen  derselben 
allerdings  einlade,  iSfst  sich  keineswegs  in  Abreae  stellen,'  ob« 
wohl  es'  auf  allen  Fall  am  rathsarosten  ist,  vor  der  Hand  noch 
bei  den  dut^h  die  Erfahrung  sicher  ausgemachten  Thatsachen 
stehen  zu  bleiben. 

Ohne  dem  Verf.  bei  seinen  gehaltreichen  Untersuchung«« 
über  die  chemischen  Verbindungen  und  Ver wandt scbaftsg^' 
setze,  über  Eudiometrie,  Hygrometrie,  Flamme  und  Ve^* 
brSnnung,  GSihrung,  Respiration  und  Krystallisation  Scbrilt 
vor  Schritt  zci  folgen,  erlauben  wir  uns  der  Kürze  wegen  tiux 
einige  wenige  ßemerkung^n  zu  machen.  S.,2l4  wird  <l^ 
Nethtbeil  einer  allzutrocknen  Luft  für  die  Gesundheit,  so- 
gleich das  namentlich,  bei  manchen  Leiden  der  ReSpiraUf''^^ 
Organe  mit  Nutzen  anwendbare  Mittel,  die  Luft  durct  ö** 
fmse  mit  erwärmten  Wasser  feucht  zu  machen,  ,erw3bn^ 
un8  hierauf  der  Schlufs  gegründet  ,  dafs  der  Sirocco  '^^!^^^ 
seine  Trockenheit  nachtheilig  wirke.  Die  rithselhsft«^ 
lind  noch  keiiieswegs  genügend  erklärten  Eigenschaften  ^^ 
beifsen  Winde  gebieten,  jeden  Wink  zur  Auinndiing  d^i^^'* 
Sachen  iht^es  fciiädlichen  Einflusses   zu^bcachten^  alleifi  ^^' 


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Parrot  Eotretiens  itxr  la  Phjsique.  ^  61  i 


^ 


hier  ertheilte  aclieint  doch  mit  der  JErfahrung  Yiicht  überein«  ' 
zustimmen,     2war  ist  das  Baden  ein  sehr  wirksames  Mitte) 
gegen  diese  Plage  der  heifsen  Gegenden,  indefs  der  Harmattan;* 
weJcherin  seiner  Fortsetzung  den  Sirocco  bildet,  ist  zwar^ 
den  Vegetabilien  Terderblich  und  den  Menschen  höchst  lästig, 
•oll  aber  nach  Dob  so n  gegen  viele  Krankheiten,  namentlioi 
faulige,   vielmehr  heilsam   seyn,    der  Sirocco  aber,  Welcher 
eine  weite  Strecke  Über  das  Meet  zurücklegt^  wird  von  Bry* 
done   u.  a.  auf  allen  Fall  für  feucht  ausgegeben,  wie  denn 
auch    allgemein   eine  feuchte  Atmosphäre   wegen    gehemmter 
Ausdünstung  höchst  erschlaffend  wirkt.  Rücksichtlich  des  Was- 
serdampfes  in  der  Luft  wird  der  chemische^  physische  undBtäs* 
chendampf  (vapeur  chimique,  physique  et  vesidulaire)  untere 
schieden,  und  soll  unter  O^Temperatur  blos  der  erstere  existiren« 
"Wenn  man  aber  in  eineni  Zimmer  von  —  6^  bis  10**  Wärme 
eine  kaltn^achende  Mischung  für  das  Gefrieren  des  Quecksit« 
iers  bereitet,  so  wird  der  Wasserdampf  der  Atmosphäre  aaf 
gleiche   Weise    am  Ge|äfse   niedergeschlagen,    als   bei    einer 
äufsern  Temperatur  von  10^  bis,  20?,  und  wie  äoU  Äian  hier« 
nach  also  einen  Unterschied  zwischen  dem  Über  und  unter  dem 
Gefrierpunkte  gebildeten  Dampfe  annehmen?    Noch  eine  Be« 
denklichkeit  mögte  Rec«  gegen  einen  Versuch  äüfsern,  Wel- 
cher übrigens  sehr  interessant  wäre.      £s  soll  nämlich  S.  281 
eine  Cadapane  nicht  zerspringen,  wenn  man  unter  ihr  einig« 
Grari    Knallstiber  oder  eine    sonstige  explodirende  Mischung, 
entzündet.     Rec.  hat  oft  kaum  i  Gr.  SchiefspuWer  unter  einer 
mit  Luft  oder  Gas  gefüllten  Campane  entzündet,  welche  zwar 
nicht  zersprangen  ist ,  aber  sie  wurde  mit  solcher  Gewalt  in 
die  Höhe  geschleudert,  dafs  nar  die  Geschicklichkeit  des  aie 
haltenden  Gehülfen  sie  vom  Untergange  rettete.     Mit  Interesse 
hat  Rec.  die  allgemeine  Bemerkung  gelesen,  welche  an  das  ge- 
ringe Leuchten  der  Flamme  des  Knallgasgebläses  geknüpft  wird, 
dafs  die  starke  Glühhitze  fester  und  flüssiger  Substanzen  alt 
Ursache  der   starken  Lichtent'tvickelung  anzusehen  ^ey,  gas* 
und  dampfförmige  Substanzen  aber  nur  wenig  Licht  geben*  < 
Zwar  soll  (nach  Biot)  Knallgas  im  Tachopyrion  durch  Com«* 
pressipn   entzündet^    ßtark  leuchten,    allein    dieses  Licht  ist 
schwerlich  stärker  als  das  des  entzündeten  Knallgases  in  der 
eVctrischen  Pistole  und  im'Eudiometer ,  welches  bekanntlich 
eben  wje  das  WindbüchsenHcht,    bei  Tage  nicht  sehr  wahr- 
nehmbar ist.«  'Endlich  wollen  wir  noch  Eemerken^  dafs  mäh 
S.  2l6'ein  >fhjr  zweckmäfsig  consruirtes,   vom  Verf.   schon 
früher  angegebenes^  Anthracometer  beschrieben  findet. 

•  39*    ' 


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Die  irOftert  HaJfre  des  5tM  Bande»  iiinimi  di^Lefar«  to» 
d«r  £l<;ctricitftt  und  dem  Magnetitaittt  eli^»*  w/ulcher  le^ist«rea 
der  Electromagnetitmut  sweckmftiJig  ang#ft»ilieC  ist,  Rec. 
Kber£«b^  den  ersten  Abtchpitt  der  KOrse  w«*ge»  g&nsy  indem 
die  überall  bewieaene  VoIlatBndigkeit  und  Ktarbeit  der  Dar«- 
atellung  auch  bei  dem  Vortrage  der  Electricilfttalebr«  von  aelbtt 
^rausgetetst  werden  kami.  Ali  dem  Verf.  iltgepthamlicb 
Mtarf  die  Behaaptung  &  i3l  4ingeteben  werden-^  dai'a  dim  darcfa 
Kleeiricit4fct  eraeugte  W4li>me  keiner  Compr^saion  beisumeftaea 
aey  (indem  aua  den  Eracbeinan^en  vielmehr  eine  A^ftdeb« 
n  41  n  g  ab  eine  Z  u  a  a  m  m  e  n  dr  ü  c  k u  n  g  folge),  aonder n  die« 
aar  animer  noch  rfithaelfaaften  Fotens  eigentbümlicb  &iig«h€'v^e* 
Man  erfährt  nachher  S.  281^  dafa  nach  der  Theorie  dea  Ver£  . 
die  positive  £K  VVftrme  (calorique).^  die  negative  Licht  ^lumi« 
ntque)  aeyn  aoll  Wiebtiger  aber^  und  der  Beachtung  atiler- 
ding.«  werth  tat  ein  aehr  genau  beachri ebener,  mit  einei»'  ao- 

f  ^nannten*    doppelten    Copdenaator .  angeatellter    Volta*acben 
undamentalveiau<:h,    \toaii  swei  auf  einander  .geachliffen« 
polirte,   find  nachher  aauber  geretnigte  Platten  von   Kujifer 
und  ^ink  genommen  Wtfrden,     5ie  gaben  trecken  gar  keine 
^pur^von  Electricitilty  jede  ein  a  ein  aber,  an  einer  Saite 
mit  einer  in  verd^lnnte  Säure  oder  au<cb  Waaser  geiauchtea 
.  Papierach^be  ))e]egt,  ^ab  — £^  dieFlüsaigkeit  dagegen  +£.». 
worauf  der  Scblufs  gebauet  wird^  dafs  die  BerOhrungseltfCtri« 
citftt  eine -Folge  dea  Chemiamua^  daa  Element  einer  sSule  aber 
ein  MetaU  und  eine  Siure  aey.     Dala.dieae  Behauptung  Wi« 
derapruch  finden  werde^  unterliegt  keinem  Zweifel,  .denn;die 
Autorität  von  Vol  taU  Fufidamentalverauche atebt  zu feat  bei 
de«  Fhyatkern.     Allein  genau  erwogen  ist  der  bekannte  Ver* 
auch   awar  vielen  gelungen^   vielen ^  und  wohl  den  meiat^a 
andern  aber  nicht;  alle  erwarten  daaReaultat,  und  da- maa 
weib^  wie  leicht  £4ectricitlt  erregt  wird{  ao  ktonte  man  die 
erhaltene  auch  von  andern  Uraachen^   als  von  der  blofaen 
Berührung  der  Metalle «bleiten.     Nimmt  man  bin« u,  d^ü 
völlig  trockene  5änlen  keine  £lectricität  geben ,  unddaC» 
es  doch  immer  aehr  achwer  au  begreifen  ist,  wie  swei  au*, 
aammengelöthete ,  folglich  das  vollständigste  Mitt«!  sur  Neu* 
iralisirung  der  £]ectricitäten  darbietende  Metalle  dennoch  b}ei» 
hend  in  ungleicher  ekfCtrischer  Spannung  erhalten  werden  und 
diese,  durch  die  Säure  atr^Sn^end^  wieder  ausgeglichen  werden 
soll;   ao  laaaen  sich  allerdings  Gründe  aufstellen ,  wekhe  ca 
raihaa«  macbeif,  die  Sache  vor  der  Hand  noch  nickt  ala  so 
volikomioen  auagcmachtanauaeheh^  um  ao  mehr^  als  ea  gleich* 


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VatMt  XtitT«tieo*  «itr  U  Pbytr^««*    •  6li 

Falft  tön  gvoTter  Wichtigkeit  istf  denjenigen  Antheil  genau 
SU  bestimmen  y,  welch 6 n.  der  Chemiimuf  an  den  WirJcungen 
der  Volta>cben  Sttulehat.  So  gern  indefi  Ree.der  Genauig- 
keit des  >  Experiment  es  und  der  Gründlichkeit  der  Sehlul^foh- 
gerungen  der  V«rf.  Gerechtigkeit  widerfahren/zu  lassen  geneigt 

'ist;  so  mui's  es  doch  atiftailen,  wenn  derselbe  rflcksichtlicii 
des  Verhaltens  der  in  der  SäuKs  sich  berührenden  Platten  tnr 
Electricit5:tserregung  durch  Verthei>ui>g  seine  Zuflacht  nimmt, 
Vind  ohendrein  dem  Zink  negative,  dem  Sifber  aber  positiv«» 
£lectricit9t  beilegt,  wovon Ersteres  mit  dem  Zusammehlöthen 
der  Platten  im  Widerspruche  steht  9.  Letzteres  aber  g«gen  all« 
Erfahrung  streitet,  da  der  Zinkpol  der  Sitiile  unverkennhar 
der  positive  rst.  £s  läfst  sich  dieses  kaum  anders  erklü^ren^ 
als  aus  einer  Yei'wechslung  der  ElectricitSten  h^im  Funda« 
mentalversuche  des  Verf.,  welche  bei  seinem  Apparate  wohl 
stattfinden  konnte.  Das  BohnenbergerscheEIectrometert  weK 
ch^s  in  dieser  Hinsicht  die  gröfste  Sicherheit  gewä*hrt>  H^den 
wir  nircht  erwähnt.  Endlich  ist  der  Volta'sche  Fundr^mental*- 
versuch,  auf  die  gewöhnliche  Weise  angestellt,  »war  aller- 
diogs  schwierig 9  allein  er  ist  xu  vielen  besonnenen  und  ge* 
siauen  Physikern  zu  bestimmt  gelungen,  und  neuerdings  ha^ 
der  fleifsige  v.  Yelin  denselben  sogar  auch  durch  electro- 
magnetische  Wirkung  auf  die  Magnetnadel  vermittelst  iies 
IVfuitipltcators  betätigt  gefunden;  so  dafs  also  jetst  wohl  keia 
gegründeter  Zweifel  mehr  dagegen  erhoben  werden  kanu. 

Zur  Erklärung  dev  magnetischen  Erscheinungen  nimmt 
der  Verf.  zwei  inpenderabele  Potenzen,  M  und  —  M  an» 
Welche  einander  binden,  blos  durch  dr^ei  Metalle  als^  isolirt 
und  somit  für  sich  bestehend,  erscheinen,  durch  den  chemi« 
sehen  Procefs  im  Innern  der  Erde  erzeugt  die  mag^netischeu 
Pol^  der  Erde  bilden,,  von  diesen  aus  crurch  dte  Öberßäche 
frei  eiirander  zuströmen,  kleine  Magnete  und  das  Eisen  auf 
derselben  in  ihren  Strom  ziehen,  und  durch  änn  Einfhib  der 
Sonne  zur  Erzeugung  der  titglichen  und  jährlichen  Variation 
der  DecUnation  modincirt  Werdei^.  Kttck .sichtlich  des  Electro* 
magnetisoMis  wifd  auch  hier  die  Nicht isoUrung  des  Magnetis^v 
mus  durch  ^lectrische  Isolatoren  für  ein  hinllhigU^bes  Argup- 

*  inent  gegen  A  m  p  ^  r  e'  s  Theorie  erklärt.. 

Den  Rest  des  5ten  Theites  und  äfin  ganzen  6tcn  füllt  die 
angewandte  Physik ,,  eine  Reihe  von  ÜtUersuchungen ,  für 
wekhe  der  Verf.  mit  Recht  in  einem  hohen  Grade  emgenom« 
men  ist,  wi,e  folgende  Stelle  beurkundet.  S.  294*  Cetts  s&ecfnd'» 
pÄi^s  de  la  Pkysiqu^^  ^t  t^He-f  qui'  unit  h  Tkyiicitn  h  plus  ^irait^* 


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^14     N  «    f  an^pt  SatTAtteos  für  la  Phjfi^* 

IMOI  ti99e  la  Katurßf  qui  l*orUmt$  pattoktf  sur  qutlqmm  pmfljk.ißli 
U^rre  oh  il  se  trouve,  dam  qufilqtf  contre^  du  €iol  ßh  son  imm^mum 
te  iransporte*  La^  ou  l'ignorance  ne  qoU  que  dߧ  dnigmes  ou  mim 
des  ohjets  de  terreur  |  /«  Phyiicien  se  irouoe  camma  ehest  lui»  J^n^vi 
de  Montagnes  oä  de  rOc/an^  dans  la  region  de  lafoudrc  oU  -prisim 
Volcan  en  e'rupHon^  il  observe\  me'dite^  calcule  avee  mn  calme^  aoi 
ptaeiratian  9  qui  annance  en  lui  le  Rot  de  lä  Naturim  JL»e  seul  mouot* 
\ment  de  son  dm^,  est  VAaoration  d*an  Etre  supr^me  ^  a  qui  U  doit  noa 
teulement  ces  m^roeilles^  maU  aussi  son  entendement  qui  ose  en  tent» 
rexpUcation» 

Zuerst    bestimmt  der  Verf*  die   Gröfse  und    Gestalt  der 
Erde   nebst  ihrer    mittleren   Dichtigkeit,    und    erläutert  die 
Metboden,  durch  welche  dieses  alles  gefunden  ist,  vollstän- 
dig,   soweit  solches   ohne  Anwendung  des  Calculs  geschehen 
lann.     Dafs   die  Form  des  Erdballes  nicht  regelmäisig  seyn 
Aolltc^    wie  von  vielen    und.  auch^  hier  angenommen    wirdf 
OdÖgte  Rec.    doph .  bezweifeln ,  und  ist  geneigt,    die  aus    den 
Iiles£iungen  folgenden  Unregelmäfsigkeiten  mehr   von  den  hei 
diesen   Messungen  begangenen   Fehlern    abzuleiten ,    welche 
41US   örtilichen    Ablenkungen    des    Xrothes    nothweodig  folgen 
mufsten.     Diese  letzteren  sind  dann  wieder  Folgen  nic^t so- 
wohl einer  ungleichen  Dichtigkeit  der  Erde  an  sich,  als  viel- 
mehr der  Höhlungen  in  der  Rinde  derselben  ,    deren  Annat- 
me.f  auch  bei  der  wahrscheinlichen  Gleichförmigkeit  des  Erd- 
kernes selbst,^   nicht  bezweifelt  werden  kann«      So  gut' aber 
«US  diesen   eine  ungleiche   Anziehung  auf  das   Bleiloth  folget 
mu(s  auch  eine  gleiche  Einwirkung  auf  alle  Körper  an  Q& 
Erdoberfläche  statt  finden,  woraus  yon selbst  einige  Unrcgel* 
inäfsigkeiten  der  aufseren  Gestalt  hervorgehen,  welche  inde/l 
^Is  unbedeutend   im  Verhältnifs    zu    ihrer  Gröfse,    eben  wie 
die  Erhabenheiten  und]  Vertiefungen  ihrer  Oberfläche,   ftg" 
lieh   vernachlässigt  werden  können.     Nur  kurz  wird  über  das 
Verhältnifs    des  Wassers  zum  ^ festen  Lande ,  tlbei;   dje  Berg- 
züge, die  Vulcane,  ausführlicher  über  die  Höhleh  gehand«ltj 
deren  viele  genannt  und  beschrieben  sind ,  wozu  als  Anbang 
jdQch  e^ne  Uebersicht  des   Höhenmessens  vermittelet  des  B&i 
rometers  und  einige  Angaben  der  Höhen  verschiedener  Buncte 
Über  der  Meeresfläche  kommen.     Viele  interessante  Angabe/* 
über   die  Höhe  der-Schneegrenze  ,  die  Gletscher  und  Cawi- 
nen,   die  Schwierigkeiten  de&  Ersteigens  der  höchsten  BfStß* 
spitzen   nebst  dem  Befinden    der  Menschen    in  jenen  Regio* 
nen  ,  über  den  Einflufs  der  Höhe  auf  die  Vegetation  W^rde» 
diesen  Untersucbungen  angereibet,  und  dann  folg^  nocb.^<^^ 


4 


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^arrc^  Satretitoi  lur  la  Fhjsl^«,  6tS 

fpecleUere  Betrachtung  d^r  vulcanischen  Erscheinungen  und 
Pf oducte.  Als  Ursache  das  £nt£Ünden&  d«r  Vulcane  s.ieht  d«r 
Verf.  die  Schwefelkiese  an,  die  sich -durch  den  £i  n  QauXs^  djes, 
Wassers  erhitzen  sollen;  allein  die  Zers^ietzuna  derselben  und 
die  hiermit  verbundene  £rhitsung  fijidet  nur  beim  ZiUritte 
der  Luft  statt.  Rec.  hat  zufällig  Gelegenheit  gehabt^  eine 
grofse  Menge  Schwefelkiese  mit  Braunkuhlen  gemengt ,  auA. 
einer  Tiefe  von  etwa  20. bis  30  Fufs  aus  eana&  feuchte^ 
.£rde  ausgraben  zu  sehen,  woselbst  sie  erw.el&lich  minde» 
atens  anderthalbtausead  Jahue  in  nicht  grofser  Tiefe  gelegetv 
hatten,  allein  sie  waren  hart  und  fest,,  ohne  eine  Spur  voa 
Verwitterung  y  blieben  aber  in  diesem  Zustande  nachher  der 
Luft  ausgesetzt  keine  sechs  Monate,  eine  übrigens  niicbceben- 
aelten  vorkommende  Erscheinung^  JL  e  m  e  r  y  '  a.  auch  hier  er- 
wähnter Versuch  kann  nichts  beweisen,,  da  er  tß^t  regnHni- 
acheih  £isen  mid  Schwefel  angestellt  wurde ,  und  dle^Hypo^ 
these^  welche  diesen  beiden  Substanzen  die  U[rsache  der  u«n« 
terirdiscjben  Erhitzung  beilegt,  müijste  aUa.  annehmen ,  da&v 
aie  von  einander  abgesondert  dort  vorhanden  wären ;  aber 
wie  sollen  sie  dann  nach  so.  langer  Zeit  Zusammen  koitimen  1 
Um  die  yulcanischen  Wirkungen  aus  der  Gewalt  der  Qilmpfs 
zu  erklären'.  Bedient  sich  der  Verf.  der  Schmi  d  t '  sehe  a. 
Formel  für  die  Elasticität  derselben,  und  berechnet  dieac  für 
die  in  denrvulcanischen  Werkstätten  stattfindende  Hitze  von. 
1400^  R.'  als  eine  solche ,  dafs  sie  eine  Layasäule  von  zwei« 
fnalhunderttau&endTriliijonenToisen.  zu  heben  im  Stande  s^yii^ 
Würde.  Es.  ist  recht  gut,  wenn  bei  nii:;ht  ganz  scharfen  £le-« 
mekiten  die  Rechnung  mehr  giebt,  als  maji  gerade  zu^  Ecklä,^ 
lung  einer  Wirkung  bedarf,  aber  das.  hier  erhaltene  Resultat 
geht  so  wahrhaft  ins.  Ungeheure  über  die  wahrscbeinliqlv  ricbr 
tige  Gröfse  hinaus^  dafs.  man  mit  Gewifsheit  auf  yarhanden.«^ 
Unrichtigkeit  schliefsen  d^rf,  welche  wir  indefs  der  Küi»ze 
wegen  hier  njcht  näher  untersuchen  können.  Eine  der  Wahr-., 
beic  ungleich  näher  konxinende  Berechnung  giebt  der  Verf^ 
über  die  ungeheure  Menge  des  bei  einem  einten  Ausbruch^ 
üusstrcimenden  Wasser&toifgasea  und  der  zum  Verbtcnrtea 
desselben  erforderlichen  Mtinge  atmosphärischer  Luft..  B.ec.. 
bemerkt  bei  dieser  Gelegenheit,,  d&is  die  Vorstellung^  weLch# 
sich  '  der  Verf.  von  der  Form  wid  Lage  der  vulcani sehen 
Ueerde  und  ihrer  Ausgänge  macht ,  wohj  ohne  Zweif<iJ  im 
Allgemeinen  richtig  ist,,  aliein  man  darf  hiierhei  wieder  nicht 
vergessen,  dafs  nomentlich  die  letzteren  vielfach  üufl  wer^ 
»cbieden  gestaltet  &eyn ,  auch  gar  manche    SuLstanien,  »l^t^« 


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£16  ^crrot  Entreticsi  mr  ]«  Fli/si^iM* 

mentltcb  Steinkohlen ,  Erdpech  u*  dgl.  m, '  ei^thalten  könntn, 
"vrelcbe  zugleich  mit  zersetzt  die  Wirkungen  modificiren  und 
auch  mit  ausgeworfen  werden  können.  60  mOtsen  nament- 
lich bei  den  änaericanischen  Vulcanen  das  Wasser  und  die  Fi- 
sche offenbar    seitwärts  des   eigentlichen  Ausganges  und  aus 

.     grdfseren  Höhen    mit  fortgerissen  seyn,    da  sie  sich  unmtie- 

^  lieh'  in  der  eigentlichen  Werkstatt  oder  auch  nur  in  einem  of- 
fenen Canale  aus  derselben  nach  der  Erdoberfläche  hin  befin- 
den konnten.  Den  unterirdischen  Wasserhöhlen ,  wodurch 
die  'Erschütterungen  der  Erdbeben^  fortgepflanzt  werden  sol- 
len, lassen  sich  gar  gewichtige  Grfinde  entgegensetzen,  weU 
che  Rec.  um  so  weniger  verschweigt ,  je  mehr  in  den  neue- 
Sten  Zeiten  die  Fseudophysiker  in  den  Tageblättern  aller  Art 
gar  wunderliche  Hypothesen  0,ber  ein  vorhanden  seyn  sollen- 
des unterirdisches  y  mitunter  sogar  ein  Ijeben  (hoffentlich  nur 
ein  poetisches)  besitzendes  Wasser  direct  und  indirect  in  Um- 
lauf zu  bringen  sich  bemühet  haben.  Ohne  tiefer  in  die  Sache 
einzugehen,  .wollen  wir  nur  einige  Dilemma's  aufstellen, 
welche  die  Unhaltbarkeit  dieser  Vorstellung  hoffentlich  dar- 
thun  werden«  Diese  problematischen  Höhlen  stehen  entwe- 
der mit  einander  in  Verbindung,  oder  nicht,  Jm  letzteren 
Falle  sind  sie  überflüssig;  denn  so  gut  die  zwischenliegenden 
Erdschichten  die  Erschütterungen  fortpflanzen  können,  weüu 
sie  durch  Wasserhöhlen  unterbrochen  sind,  können  sie  ei 
auch  ohne^ diese  Bedingung,  und  wir  müssen  die  Wasserhöh- 
len also  fttr  zusammenhängend  halten.  Solche  unterirdisch» 
Behälter  aber,    welche    der  Erfahrung   nach  von  Ungarn  bi« 

.  mindestens  zu  den  Canarischen  Inseln,  uiid  von  hiemus  wieder 
bis  jenseits  der  Westküste  von  America  sich  erstrecken  müfs* 
teUy  haben  schon  im  Allgemeinen  vieles  wieder  sich,  allein 
V7it  müssen  auch  weiter  annehmen  ^  dafs  sie  entweder  mit  den 
Vulcanen  in  gleichem  Niveau  liegen  oder  nicht.  Abgesehen 
davon,  dafs  dieses  Dilemma  auf  jede  Weise  zu  der  Hypothese 
einer  gleichen  Tiefe  aller  vulcanischen  Heerde  führen  miifst^» 
W^il   ihre   Erdbebengebiete    sämmtlich    in    einander   greifen, 

^könnte  kein  vulcanischer  Herd  tiefer  ausgehöhlt  werden ,  oh"" 
nach  erfolgter  i  oft  Jahrhunderte  dauernder  Ruhe  durch  die 
ungeheure  zuströmende  Wassermasse  zu  ersaufen.  Eben  die» 
tes  wäre  noch  mehr  der  Fall,  wenn  man  sie  höher  liegertd  an- 
nehmen wollte,  und  sie  müfstei)  also  noch  ungleich  tiefer  ai< 
die  vulcanischen  Heerde  gesetzt  werden,  eine  mit  der  nach 
unt;en  zunehmenden  Temperatur  unverträgliche,  und  aus  vielen 
;  ändert^  Gründen  unzulässige  Hypothese.     Kann  abec  die£x' 


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^^ 


.  Firrot  £Qtreti«Di  sur  laPIijriSqu«.  617 

f>lpsion  ^es  Blitzes  in  der  Luft  die  Oberfläche  der  Erda^  inei- 
enweit  so  erschüttern,  dafs  die  Fenster  klirren  und  massiv« 
Häuser  beben,  so  wird,  die  wfite  I^oi  tpflanzung  der  Erdbeben 
durch  die  festen  Gesteine  der  Erdrinde  nicht  xne()r  uperklSr* 
Jicb  seyn. 

Rec.  übergeht  di^  Untersuchungen  öher  das  Wasser  der 
Erde,  muIV  aber  seine  Zweifel  g*^gen  die  Angabe  S.  487  äus- 
sern, dafs  nach  La  Place  die  mittlere  Tiefe  Cmoyenne  pro« 
fbndeur)  des  Meeres  4  Heues  b»»tragen  soll,  auch  hat  er  rück« 
sichtlich  der  Bestandtheile  der  Atmosphäre  aus  den  Untersu- 
chungen des  jüngeren  von  Saussüre  das  Resultat  nicht  her- 
vorgehend gefunden  ,  dafs  die  Vegetation  das  verzehrte  Sauer- 
stoffgas wieder  erzeugen  soll;  vielmehr  hat  die  entgi'genge- 
setzte  Behauptung  jenes  Gelehrten  die  Harlemer  Societäc  vor- 
züglich mit  bewogen,  über  diesen  Gegenstand  die  noch  immer 
nicht  beantwortete  Preisfrage  aufzustellen,  welche  schwerlich 
jemals  beantwortet  werden  kann,  da  es  nach  des  Rec.  darüber 
jnit  Gründen  unterstützten ^  Meinung  kein  anderes  Mittel  der 
Erhaltung  des  constanten  Mischungsverhältnisses  der  Atmo- 
sphäre giebt,  als  die  Vegetation.  Rücksichtlich  des  Ursprun- 
fes  der  Meteordlithen  tritt  der  Verf.  Chladni's  Meinung 
ei,  dafs  aber  die  jVordlichter  nicht  durch  Verbrennung  von 
Wasser stoflFgas  erzeugt  werden,  sondern  eine  electrische  Er- 
scheinung sind,  ist  gegenwärtig  nach  den  übereinstimmenden 
Beobachtungen  des  L.  v.Buch,  Gieseke,  Tienemann, 
Scoresby,  Franklin.  Rofs  und  Parry  wohl  nicht 
mehr  zu  bezweifeln. 

'  Für  einen  der  wichtigsten  Abschnitte  des  ganzen  Werkes 
hält  der  Verf.  sein  geologisches  System ,  welches  man  hier 
vollständig  von  S.  609  an  bis  zum  Ende  des  ganzen  Theiles 
Vorgetragen  findet ,  uVid  er  würde  als  eifriger  und  wahrheit- 
suchender  Forscher  dasselbe  gewifs  gern  einer  umfassenden 
und  gründlichen  Kritik  unterworfen  sehen,  desgleicheii  trägt 
Rec.  durchaus  kein  Bedenken  ,  seine  i-ntgegengesetzten  Mei- 
nungen, wo  er  si^e  hegen  zu  müssen  glaubt,  frei  auszuspre- 
chen, wie  er  bisher  genugsam  bewiesen.bat,  ,  Endlich  sind  es 
auch  sicher  keine  leeren  Worte,  wenn  es  S»  722,  eben  so  wahr 
als  schön  gesagt,  beifst:  La  vraie  sei§nce  est  un  sanctuaire  ou ,  hien 
quo  toutts  fes  opinions  et  toutes  Us  objections  y  soient  pgrmises^  il  doik 
regnet  la  paix «  la  tolerance  et  par  dessus  tout  Vamour  de  la  ve'rite\  ou  < 
'  le  saoant  regarde  le  saoant  comme  ton  mni^  oi*  Pon  admire  la  ge'nie^ 
ou  Vcn  r^vtre  la  memoire  des  pre'äicesseurSf  ou  l'*on  nouhlie  jamais 
que ,  4K  Von  decouvre  unp  nguvelle  partip  du  domaine  de  la  ^^iencf  ,  c# 


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8l8  Pinot  EAtrtticM  rar  k  Fbjti^««. . 

fCesi   ^Un  moniant  sttr  Us  lomnuts  ^m»  ot^  iki  iU909  agmtu  ttam  n 
comme  pour  naus»     Wenn  aber  Rec.  auf  seine  obnefain  «dion  täa 
autgedehnte  Benrtbeilung    des  reichhaltigen  Werke«    curfld« 
blickt  y  und  überrechnet  |  wie  viel  Raum  noch  erfordert  wer- 
den würde  y  wenn  er  es  unternehmen  wollte  ^  nur  die  widi« 
tig^ten  Punkte  dieser  Tb^€>rie  gründlich  zu  prüfen  ;   so  mu£i  er 
scnon  imSeginnen  von  einem  solchen  zwar  incereitsanten,  aber 
zugleich  schwierigen  und  weitläuftigen  Unternehmen  zurück« 
geschreckt  werden«     Aufserdem  kann  Rec.  aber  'das  Bekennt« 
tiifs  nicht  zurückhalten,  dafs  er  sich  überhaupt  nur  sehr  un« 
ger^  indieBeurtheilung  einer  geologischen  Hypothese  einläl»^ 
indem  jede,  so  scharfsinnige  in  sich  selbst  und  mit  allen  vor« 
handeneii  bekannten  Thatsachen  übereinstimmend  sie  auch  aus« 
gedacht  seyn  mag  y  doch  auf  gleiche  Weise  zu  willktifariichen 
Voraassetzungen  ihre. Zuflucht  nehmen  mufs,  als  die  entge- 
genzustellenden Zweifel  durchaus  auf  keine  festen  Grundlagen 
f restützt  werden  können.     Um  dieses   sogleich  an  einem  auf- 
allenden  Beispiele  zu  zeigen,  mögen  nur  die  gleich  im  Anfange 
sich  darbietenden  wenigen  Zeilen  zur  näheren  Prüfung  kom- 
men,  wenn  es  S,  723  heilst:   La  ßgure  de  la  Terra  n^M  decU^ 
ment  point  spherufue  et  vraisemhlahlement  pas  elliptique. .      L^a  peio»* 
teur  specifique  du  noyau  est  double  de  t^  de  Pecorce^     Rücksicbtlich 
suf  die  erstere  Behauptung   ist  Rec.  aus  den   oben  zum  Tbeil 
angegeb^nen^ründen  lebhaft  von  einer  sehr  genau  elliptiscbea 
Gestalt  der  Erde  überzeugt ;  allein  wie  viel  würde  dazu  gehd' 
ren ,  um  diesen  Sata  gründlich  zu  erweisen,  wie  übrigens  an 
einem  anderen  Orte  geschehen  wird.      Im  Betre£F  des  %v7e\tetk 
Satzes  aber  dürfte  man  einmal  nach  dem  Beweise  fragen«     Nun 
läfst  sich  allerdings  nicht  zweifeln ,  dafs  eine  Menge  triftiger 
Gründe  zur  Unterstützung  desselben  aufgefunden  werden  könn- 
ten;   allein    was  würde    man    einem   Gegner   entgegen setzeoi 
welcher    behaupten    wollte,    dafs  uns    überhaupt    gar    kein 
Unheil  über  den  Erdkern  zustehe,  weil  wir  schlechthin  nichts 
darüber  mit  Gewilsbeit  wttfsten?    Noch  ist  niemand  bis  auf 
0,25  Meilen   un^er   das  Niveau  ^e%  Meeres,    also  noch  kein 
3540stel  des  Erdhalbmessers   tief  in   die  Erdrinde  gedrung^'»- 
WieHief  die  vulcanischen  Heerde  liegen  ,  kann  man  mit  Wahr- 
scheinlichkeit vermuthen,,  aber  dem  Zweifler  keine  feste  Griinfl.- 
Jage  weiterer  Schlüsse  entgegenset»en,     Indefs  zugegeben,  dafs 
sie  uns  Producte  aus  5  Meilen  Tiefe   unter  der  MeeresIlSch« 
lieferten,    so   beträgt   dieses  nur   den  hundertzweiundsiebVn^ 
zigsten  Theil  ^v%  Erdhalbmessers»  und  diese  SubstaiMen  wür^ 
den  ^  auch  das  Doppelte  y  fa  spgar  das  Vierfache  angenonna^^^)* 


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T^JA 


immer  nocb  zur  Hinde.  geboren ;  ^enn  man  wird  doch  tvigio-- 
ben,  dals  aat' allen   Fall  nicht  unverbältnirsmälsig  gerechnet 
^ist,  wenn  man  bei  einer  Kugel  das  VerbältniTs  de&  eigentliche^i 
'KerQS  und  der  Hülle^  wie  43  zu   1  annimmt.      Und  äo  ist  es 
also  ein^Leicbtes,  aucb^en  erfahrensten  Geognosten  und^scharf*- 
. sinnigsten  Physiker  von  der  Unmöglichkeit  irgend  eines  festen 
Anhajtpunktef  zu  überzeugen.    Dennoch  will  Reo.  keinesweges 
in  Abrede  stellen,  dafs  geologische  Theoritfen  allerdings  einen 
gröfseren   Werth  haben,  als  dafs  man  sie  höchstens  nur  für 
4;ine  Uebung  des  Scharfsinnes  halten  sollte)  vielmehr  sind  sie« 
vorurtheilsfrei    und    mit   beschrSinktem  Vertrauen    aufgefafst« 
ein  nothwendiges   Hülfsmittel  des    Studiums    der  Geognosie^ 
indeni  danp  die  Thatsachen  der  letzteren  Wissenschaft  nicht 
jsolirt  und  abgerissen  stehen ,  sondern  leichter  zu  einem  Gan^ 
«en  verbunden  und  übersichtlicher  werden  ,   wenn  man  sie  au 
irgend  eine  geologische  Hypothese  knöpft,      Rea  will  daher 
das  Sinnreiche^in   des  gelehrten  Verf.  Theorie  keinen  Augen» 
blick  in  Abrede  stellen,  hofft  aber  hiermit  genugsam  entschul* 
digt  zu  seyn,  wenn  er  sich  das  Vergnügen  entsagen  mufs^  sie 
bier  im  Einzelnen  prüfend  zu  verfolgen ,  statt  dessen  aber  nur 
einige  Bedenklichkeiten  äufsert,   welche  vor   der.  Hand  noch 
einer  allgemeineren  Annahme  derselben  im  Wege  stehen«     Die 
JLeser  werden  es  übrigens  dem  Verf.  Dank  wissen,  wenn  er 
^ie  in  der  Einleitung  vorläufig  mit  den  wichtigsten  Felsarteit 
bekannt  macht,  zugleich  auch  die  vorzüglichsten  älteren  und 
lieueren  geologischen  Systeme  in  ihren  wesentlichsten  Elemen- 
ten erläutert  und  ihre  Unvereinbarkeit  mit  ausgemachten  That« 
/  Sachen  genügend  dartbut. 

Das  geologische  Sys^tem  des  Verf.  ist  im  Allgemeinen  das 
nämliche,  welches  er  schon  im  3ten  Theile  seiner  theoretischen 
Physik  aufgestellt  hat.  Auch  hier  wird  nämlich  ein  fester 
Erdkern,  umgeben  von  einer  flüssigen  Rinde,  angenommen, 
welche  die  säuimtlichen,  jetzt  als  niedergeschlagen  und  gröfs* 
tentheils  krys(a]listrt  vorhandenen  Substanzen  als  klare  Auflö- 
sung in  sich  fafste.  Eine  umgebende  Atmosphäre  dagegen 
enthielt  die  zur  Krystallbildung  erforderlichen  Säuren  »  als  die 
Flufssäuren  für  die  Kieselerde,  die  Kohlensäure  für  die  Kalk- 
erde u,  s,  w.  und  als  diese  Säuren  und  reinen  Erden  ver» 
*  bunden  wurden,  erfolgte  das  Niedersinken  der  unauflösli- 
chen Salze  gröfstentheils  in  krystallinischer  Form.  Man 
sieht  bald,  dafs  auch  diesS'Theorie  sich  erlaubt  von  Hypothe-^ 
sen  auszugehen,  und.  iioch  dazu  von  solchen ,  gegen  welche 
4x9  vom  Verf«  so  hoch  geachtete  Chemie  sich  durchaus  erklä- 


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6jM  Panrot  Siitr«U«af  fw^b  fhj9ift9. 


rfn  mufsi  welcbe  et  ni^  sii|g;«ben  ji^jrd^  deo^  <^ars  fENr«» 
fluftiaurei  Salz  anzusehen;,  insbeaondfr«  jetzt,  wo  Oherwi«- 
^ende  Gründe  dazu  berechtigen,  die  Iiie$elqrdß  fOr  ein  Sili- 
ciumoxyd  zu  halten.  Hierzu  kommt  noch  <  ausserdem  die 
acbwere  Lösbarkeit  d^r  reinen  Kalkerde  (Calciumoxyd)  im 
Wasser,  Welche  aller  Analogie  nach  hei  dem  Kieselerde -Me- 
talle (Siliciiim)  npch  gröfser  seyn  müi'ste,  so  dafa  nlchfabtu« 
sehen  ist,  wie  grofs  die  Menge  des  auflösenden  Wassers  ge« 
.Wesen,  und  wo  diese  nachher  geblieben  seyn  sollte.  Wenn 
man  ind^fs  dem  Verfl  solche  Voraussetzungen  gleich  im  An- 
fange zugesteht,  so  bedarf  es  späterhin  nur  noch  einiger  we-' 
niger  anderweitigen  Hypothesen,  um  das  ganze  System  mit 
sich  und  den  bekannten  geognostischen  Thatsachen  in  Ueb<r- 
einstimmung  zu  bringen«  Nach  der  vorausgegangenen  allge- 
meinen Präcipitation  der  Erdrinde  begann  'lie  insbesondert 
durch  den  müchtigen  Druck  der  früher  viel  bölM^en^^Atmo- 
Sphäre  gehinderte  Zersetzung  einer  Lage  Schwefelkies,  wel- 
che nach  der  Hypothese  des  Verf.  unter  den  übrigen  Substan- 
zen liegend  den  Erdkern  umi>ab,  leitete  hiermit  die  noch  fort- 
dauernden vulcanischen  Erscheinungen  ein,  und  es  entstandks 
die  unermefslichen  Höhlen,  welche  das  tibei^flOssige  Waltet 
aufgenommen  haben.  Mit  diesen  Elementen  ist  es  dann  nicht 
schwer,  die  weitere  Bildung  und  die  Veränderungen  der^Erd- 
linde  und  Oberfläche,  den  Ursprung  und  Untargi^ng  der  Tbier- 
tind  Pflanzenwelt  zu  erklären,  wobei  jedoch  eine  der  schwie- 
rigsten Aufgaben »'  nämlich  der  WechHl  der  Schiebten  ^i^ 
Froducten  des^  salzigen  und  süfsen  Wassers  an  verscfaiedenea 
Orten,  namentlich  bei  Paris,  nicht  besonders  berücksieb« 
tigt  ist. 

Rec  bat  gleich  anfangs  und  insbesondere  auch  bei  der  ^ 
Anzeige  der  ersten  Bände  bemerkt ,  dals  das  etwa  Trockene 
und  Ermüdende  eines  streng  wissenschaftlichen  Vortrags  durch 
manche y^  oft  ganz  heterogene,  mitunter  witzige,  zuweilen 
.höfisch  artige  Bemerkungen,  Ejnwörfej  Zweifef,  Erläuterun- 
gen 11.  s.  w.  vermieden  ist,  welche  aber  sämmtlich  so  verfloch« 
ten  sind,  dafs  sie  den  Zusammenbang  durchaus  nicht  unter- 
hrechen  ,  dagegen  vielmehr  den  Leser  gänzlich  in  die.  Seen« 
der  gesellschaftlichen  Unterhältung  versetzen.  Ziitn  Schlusi« 
erlaubt  er  sich  auch  hiervon  Proben  zu  geben,  deren  ein  ig* 
zugleich  zeigen,  dafs  man  ^m  Norden  kein  Bedenken  trSg^' 
sich  frei  über  inanche  Dinge  am  äufsern,  welche  man  an  vie- 
len Orten  kaum  anzudeuten  wagt.  Tb.  VI.  S.  639  heifst  e$ 
bei  Gelegenheit  der  vulcanischen  Revolutionen;  €e  n§sorttff^ 


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älJ 


.   ~     •  '  '  '  ■  ' 

dss  e'fialhrs  de  gymnate  f  dÖnt '  hi  idifss  enfantines  jMiurröient  itre  rd^ 
primees  par  lav§rge\   coniineönnurait  du  dans  certains  pays  le  fidrß     • 
s  0ns  hruit%  au  lUti.  d^än  parier  dans  les  gazettes»       Dem  Folgen « 
den  kann  Kec.  zwü^bicht  beistimmen ,  und  es  mag  auch  wohl> 
•o  ernstlich  hiebt  geih^int  »eyn.      Indefs  beifst  es  Tb.  IV.  S. 
2B51   Etceroydü  Vöui^   General^  que  ce  sott  lapoadre  qui  noas  6nlev9 
K»  iuroroit  de  populati^n  7  Uhumanite'  auro'u  k  s*applaudir  si  cela  etoit. 
Ca'  sont  les  hopitaux  milkaires  oh  la  mort  moissonne  chaque  anne'e   la ' 
dixieme  de  nos  enormes  amues.     Ungleich  wahrer  mögte  Folgen- 
des seyn,  wenn  Tb.  V.  S.  62  erwähnt  wird,  dafs  Otto  von-, 
Guericke   die  Luftpumpe  und  auch  die  Electrisirmaschine 
«rfunden  habe,  und.  dann  einer  der  Zuhörer  einfällt:    Ce  hourf» 
^fttmakre  de  Magdehourg  avoitj  a  ^e  qu*il  paroit^   le  secret  des  inven*  <• 
twns»      Nous   lui  depons  la  pompe  pneumadque  f    le   manömetre   et  la 
machine  ^^etj^ujue^       Ya^t'il  aujottrdViui  encore  de  ces  hourguemai,^ 
tyms?   Mr,  d-e  P*    Cette  espece  paroit  avoir  dispatu  de  la  face  de  la'- 
terre  au  moins  pour  la  PhysUfue* 

Papier  und  Druck  (letzterer  mit  nicht  wenigen ,  aber  un. 
bedeutenden  DrnckfehlernJ  sind  schön  9  und  die  Ku  pf er  tafeln- 
sugleich  sehr  elegant« 

Jlifüncke.  • 


D4^  Jesuiten  und  ihr  Benehmen  gegen  geistliehe  und 
'weit liehe  Regenten.  Nebst  einigen  Zugaben,  Oröfsten» 
iheils  aus  ihren  eigenen  Schriften ,  auch  aui  andern  bewährtem 
Geschieht  sehr  eibern  dargestellt  ^  und  allen  Kaisern  9  köttig0n% ' 
Fürsten  und  Obrigkeiten  $te»  aus  wahrer  Wohlneigung  zuge* . 
eignet  von  dem  Kerf,  ^  Ernst  Friedman^  geh*  Secretär  zu 
■~      B**»      Grimma  b&i  Beyer,     2826.      595   S*   in  8. 

Das  fOr  Leser  aller  Art  berechnete  ^  im  Gonversationston 
«Txählenie  Ganze  giebt  in  der  Einletung  kurze  Nachrichten 
▼«U' der  Entstehung  des  Ordens  und  seiner  Constitution. 
Folgende  Abschnitte  geben  Bruchstücke  zur  Kenntnifi 
dej  Ordens,  l)  iTrtheile  von  Regenten ^  Päpsten,  Staats« 
mäiinern  e;tc*  Obenan  Joseph  II.  aus  Briefen  an  Choiseul» 
Friedri<^h  II.  2)  Vertreibung  aus  10  Staaten.  (Warum  fehlt 
gerade  das  wichtigste,  neueste,  die  noch  mancher  Aufhellung 
oedürferkle  Verweisung  sogar  der  repristinirten  Jesuiten  >aus 
dei)  Suaten  des  Kaisei  s  Alexander  ?  )      3)  Proben  vom  Betra« 


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G2fi     Dm  Jfiakea  n«  ihr  BcneluiMn  nadi  T^Jhaiiui  n*  M«lUsf «uy 

g«n.g«fien  Ffirtlen^   4)  g^cii  Pftpste,  andere  Ordto  etc«f  6)^ 
^egen  StaaUmftnn^ry  wie  Solly^  6)  Vencbwöriirtgen,  Unrube- 
atihungen,     7)  Lehren,  aus  14  ihrer  Schriftsteller^ -(Da«  neu- 
ere wäre  hier  besonders  immer  das  wfohtigere^  '  Deswegen  iit 
das  S.  259  aus  Gretservom  J.  1737^  — o9/ und  noch  mehr 
sipd  die  S.  2*60  gegeben^  Stellen  aus  der  • —  17  Jahre  ifach 
Aufhebang  des'Ordeiis  1790  gedruckten  —    ^Allgeinein  ka- 
tholisch* ebristlichen  Sittenlehre  aus  Offenbarung  und  Phibio- 
phie  für  die  oberste  Schulen   der  pfalzba  i  eT.  Ly« 
ceen  auf  höchsten  Befehl  von  Bened.  Sattler  verfafst  — 
Yorzfiglicb  merkwflrdig.     Nach  diesem  damaligen  Exjesüiten 
S.  337  —  40  sey  Ermordung  des  Beleidigers  im  bttrgerlicben 
ILeben  moralisch  erlaubt^  Selbst  um  eine  schwere  Realinjurie^ 
«.  B*   eine  Ohrfeige»  abzulehnen.     Auch  schweren  Verläam- 
dungen  d(lrfe  man  durch  Erihordung  zuvorkomoien  »^vrenn  ge- 
wifs  der  Verltf umder  tro^z  aller  andern  Gegenmittel  Glauben 
finden  würde.      Sogar   ein  falsches  Laster  dem  Ver- 
lilumder  anzudichten,   sey  erlaubt^  wenn  dieses^  das 
einzige  dienliche  Mittel- ist,  um  ihn  um  den  Credit  su  brin- 
gen.    Von  dieser  Art  wäre  also  die  wiederherzustellende  Je* 
auitiscbe  Jugendbildung,  aus  0£Penbahr,ung  und  Philosophie? 
Denn  P.  Sattler,     wenn  er    die  Repristination    erlebt   bStte^ 
wflre  doch   gewifs  unter  den  Vormännern  der  mit  so  vieler 
Thätigkeit  und  Unterstützung  in   Frankreich,   in  Irland  etc. 
sich  wieder  herstellenden  „Missionarien^  und  Pädagogen??) 
8)  Verdacht  wegen  veranlafster  Fürstenmörde.  ^   9)    Atid^re 
Vorwürfe.     (S.  3öll  besonders  über  das  Schädliche  des  Jesui- 
tiüchen  Schulwesens).       10)   Beweis   der  Schädlichkeit  ihrer 
"Wiederaufnahme  (besonders  da  die  Bulle  Pius  VJI.  vom  7. 
Aug.  ldJ4^ie,  die  in  der  sehr  mptivirten  Aufhebungsbulle  so 
sehr  gravirt  sind,  t)hne  Verbesserung  repristinirt.  /Nur  dann 
hätte  —  warum  rieth  dies  nicht  wenigstensdte  Wel  t  klag  Hei  t  ?  — 
imr   dann   hätte   neues   Vertrauen  verajfilafst  werden   können, 
-wenn   zum  Beweis  von  Reue  und;  Besserungsvorsätzen' ^ins 
Keihe  durchgreifender  zur  durchgängigen  Besserung  nothw^n-  ' 
diger  Einricbcungen  und  ein  Ueberbliclt  der  zui  Verhütung  det^ 
alten  Uehel  getroffenen  würksamen  Cautelen  von  der  OileH« 
der  Solicitudo  Omniiim  öffentlich  bekannt  gemacht  n na  also 
eine  Bürgschaft  vor  der  chnatlicben  Welt  gegen  das  «Sinf,   «* 
juntl  übernommen  worden  wäre.      Die  Aufhebungsbulle  vofl* 
l3.  Aug.  1773,giebfc  die  Gründe  an,  weswegen  Clemens  XIV«. 
d«r  Gefahr    für    sein  Leb^  wohl    bewufst',    dbcji    die   i»i^. 
so  lauten  Beweisen  lielegb^re  Ueberzeugung  Erklärte  und  be« 


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/  . 

folgte:   iiFieri  aui  vix^   aut  nnllo  modo  -passe ^   ne  ea  (Societate) 
incolumi  nian^nte,..p#r^  pa»  ae,4iuturna  sccUsiai  restuuattw^^ 

Der  Vf.,  weicher  Bei elts  im  GreisienaUer  zu  stehen  ver- 
sichertf  achliefsf,  die  Vorr.  mit  der  Ueberaeugung ,  dafs  er 
mit  diesem  Buctie  vor  Gott  treten  und  sagen  dürfe  :' Oeffna 
den  Blinden  die  Augen!  Ohne  ^Zweifel  wird  dies  bei  vielen 
Lesern  die  Würkung  seyn.  Doch  y  dünkt  es  dem  Rec, ,  wäre 
das  würksams^e«  Überall  nur  die  entschiedensten  Lehren  und 
Thatsachen  wöitlic^i  aus  d^n  unabweisliphen  Quellen,  mit  der 
genauesten  Nach  Weisung  derselben,  .vornehmlich  aher 
das  neuere,  untertretenden  I^ubrikeo,  mit  kurzer»  ruhi* 
ger  Erläuterung  der  Umstände,  dem  allgemeinen, <jrtheil  vor* 
zuhalten.  Aber  auch  wo.  die  nun  einmal  so  sebr  verdächtigen 
in  einzelnen  Fällen  zuviel  beschuldigt  wö|^i3en  SQ^^n  mögen,  - 
soll  der  Unpartheiische  nichts  unerforscht  lassen ,  wie  z.  B.^ 
der  Vf,  zwischen  Hume  und  Rapin  (S.  237)  wegen  Her 
sogenannten  Fapistischen  Verschwörung  von  1678  und  dem 
Londoner  Brand  von  1666  nicht  blos  ein —  »es  läf&t  sich 
doch  glauben,  dafs' Rapin,  welcher  die  Sache  als  rich- 
tig annimmt,  gründlicher  untersucht  habe«  sich  nacligesehen 
haben  sollte.  Nur  wenn  die  Thatsachen  und  ihre  Urheber 
Bc^vewiis  sind,  nur  nach  dem  Wissen  fängt  das  Glauben  an, 
dämlich  das  Festhalten  des  Erwiesenen,  ungeachtet  man  nicht  • 
gerade  zeigen,  d.J.  begreiflich  machen  kann,  wie  es  gewor« 
den  sey  oder  noch  werde.  Wenn  die  Würklichkeit  erwiesen 
ist,  glaubt  man  mit  Grund  die  ^Möglichkeit ,  auch  wenn  man  ' 
sie  nicht  vollständig  erklärbar  findet. 

Nach  diesem  Grundsatz  bemerkt  Rec.  hier  mit  Kurzem^ 
dafs  auch  eine  kleine  neue  Schrift? 

Die  .Monita  Secreta  Sdctetatis  Jesuy  oder!  Die  geheimen  Ver*« 
baltungsbefehle  der  Jiesuiten,  ein  Lügen-Mach  werk, 
kurz  bewiesen  von  L.  A.  Neilessen,  Pfarrer  zum  b. 
Nicolaus.     Aachen  bei  Meyer.  1825.  S.  l3, 

diese  Frage  der  historischen  Kritik  weder  im  pro  noch  contra 
weiter  zur  Entscheidung  bringe.  Die  Aechtheit  jener 
angeblich  geheimen  Instruction  ist,  wie  Rec.  schon  mehrere- • 
male  dargethan  hat,  noch  nicht  nachgewiesen.  Daraus  folgert 
Hr.  N.  die  Un  äch  theit.  Ist  dies  historisches  ürtheil  ? 
Das:  Quilibet  praesumitur  Bonus  donet  etc.  gilt  nur  bei  Gerich- 
ten iU)er  Bestrafung  oder  Lossprechung,  nicht  bei  moralischen, 
psychologischen  Beurtheilungen..  Der  Verf.  setzt  auf  den  Ti* 
tel  als  Motto:  »«Mit  vereinter  Stimme  fordert  die  gesaminte 


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Uttbol.  Welt  den  Jeiuitenorden  wreder  zurück.      l^pM  VII« 
Ist  nun  dtetet  ||ä^ft]iche  Urtfaeil  alt  &onam  zu  "prSik  ik-mire^^ 
Weifii  )ücht  ein  cvofser  Theil  der  kathal.  Welt  das  Qeg*«ip^eil? 
S«d.«€fareibtd^.yf. :  »sogar  der  nicht  nu^  d'en  J  es  uH^n, 
sondern    den  Katholi  ken    Oberhaupt   so'   sehr   a\u 
«neigt^«    Dr.  Paulus    su   Heidelberg  habe  in    den  Jahr- 
)6cberaerkl|irc:     Die  Unpartheilicbkeit  frage :  Ist  die  Aecbt« 
heit  jener  Monita  anerkannt  oder  bemesen ?«  Wahr  ists,  dtCi 
P.  aus  Unparthöilicbkeit  so  fragte  und  nocli  fragt.       Auch  ist 
P«  dem    Je^j^uitism US,  Gottlob!   sehr  abgeneigt.    '    Warum 
aber  schliefd^Hr.  N* -daraus  auf  Abneigung  gegen  Feraonen? 
V/arum  läfiteir  dem  Dr.  F.  nicht  auch  das  quilibet  praesumx« 
tur  bonuSy  zu  gut  komiTken  ?  Ich  kann  ihn  versichern  ,  -  dafs  es 
mir  gan^  jj^begre^ich  ist,  wie  man  irgend  einer  Person  ab» 
getieigt  seyiyköYine,  Um  ihres  Glaubens  willen,  NB.  ^»renn  sie 
ihm  nti^ht  zum  Sohltminen  anwendet.     Selbst  Hrn.  J>J^.  bedaure 
ich  nur,  dafs^r  -^  nach  seiner  Geistesbildung«— S-Olche^  mir 
iinbegreiillche  Schlüsse  von  Abneigung  gegen  Meinungen  auf 
Abneigung  gegen  Personen  zu  machen  fähig  ist;    noch  mehr, 
«laf»  er,  ein  Seelsorger,  sie   so   in   die  Welt  fainausacfareiben 
kann*    ,Zu  Aachen  weif»  man  doch  sehr  gut,  wie   ich  ffir 
Fonk  schrieb,  ungeachtet  ich  sehr  wohl  wufstej  dafs  £r  uni 
die  Seinigen  mit  Andacht  katholisch,  manche,  die  ihn 
angriffen, 'erklarte  Protestanten  sind.      Wenn  der  Protestan- 
tiamus  mir  nicht  die  heralichste  Unpartheilichkeit  zur  Pflicht, 
und  sugjeich  sehr  möglich  machte  und  erleichterte^  ich  «—  würde 
ihn  heute^  aufgeben. 


H«  £.   Cr.  ^mkfmü 


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