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Full text of "Heidelbergische [afterw.] Heidelberger Jahrbücher der Literatur"

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'^77 


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HEIDELfeERGB 


JA  HR  BÜCHER 


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der 


Literatur 


/ 


unter  der  Redaction  der  Professoren 


V 

G.  Kirch^nr.  Ä  E.  G.  Paulus. 
CKirchenr.  F.H.C.  Scfifr^Rz. 
G.  Hofrath  C.  S,  Zacüjiria^, 
I*rofe8sor  G.  F.  JValch, 
G.  Hofrath  F.  Tisdemann. 


G.  Hofrath  F.  Creüzer. 

Hofrath   WlLH,  MUNCKE, 

G.  R.  Ritter  K.  C.  v.  Leonhard. 
Hofrath  C  H.  Raü. 


SECHZEHNTER    JAHRGANG 

X 

oder  '        ^  . 

Neue    Folge: 

'      DRITTER     JAHRGANG. 


JE  r  s  t  e     Hälfte. 

Januar  'bis    Juny. 


HEIDE  L  B  E  R  G, 
in  der  XJniTersitäts-Buchhandlung  von  Avovtr  0$»ytkt». 

18     2     3. 


•  » 


,    / 


Jahrbücher  der  Literatur 


Jahrbuch  der  käudiehen  Antlctchl  und  Erhebung  des  fferzenj^ 
von  Elise  V.  d,  Recke  geh,  Gr.  if,  Medetn,  Bieder^ 
Stadt j  Demme'j  ßinierj  J,  ti,  Fritsch^  Gitter* 
mann^  Hans t ein j  Jufti,  A,  H.  Niemeier,  Arthuw 
von  Nordstern  ,  Schuderoff ,  G,  tf^.  C*  Starke, 
Tiedge,  J^eillodter  j  tf^ilmsen  j  ff^itsckel  j  und 
dem  ilerdusgeber  J»  S,  Vater ,  fiir  das  Jahr  4893*, 
Fünfter  Jahrgang»  Mit  3  Kupfern,  ('S,  Jakobus  ifin^ 
nach  i^n  J)fk  'Von  Schwerdgeburthß  J,  Johannes  Bapt^ 
nach  Piazetta  v,  Böhme,  u.  A.  Fr.  Schweigger  nach  Knorrm 
V,  BoltJ,  und  mit  s  Musikbeitagep,  fi*on  F,  NaueJ^ 
Gotha,  in  der  Beeker^scfien  B,uchh,  (3o4S,},  4  R(ht  4^* 

IVlit   eineoA   geWifs   nrcKt  kleinen.  TKeile   des   die  «ufgddärtet« 
Andacht  liebenden  Publicum$  erfreuen  wir  Uns,  der  gewunschteia 
Fortsetxqng  dieses  Jahrbuclif ,  •  de&setl  neuer  «fa^hrgabg  wiederum 
reichlich  .von  dem  ehrwürdigen  Herau^eber   und  seinen  Mifar* 
bcitern   ausgestattet    worden.   *^9ie   obigen   Namen    verkflndigen 
den  vorztiglichen  Gehalt.  ^  D^e  pro;$aischcn  AuSsBtzc.  wurden  ^it 
im  Ganzen:  den  poetischen  vorziehen^  -vycil  man  in  den  letztere^ 
meist  *d^n   Höheren  Schwung   vermißt«     Zwar  erhebt  der  Geist 
der  Andacht  schon  an  sich  zijim  Himmel  und  bringt  von  da  eiT 
leuchtete  BHcke  in  das  irflisphe  Leben  herab,  alleia  ^ur  eigent* 
liehen  Poesie  wird  er  dpdi  erst^w^enn   «r  durch  Gefühle  Wn-» 
durchspricht!   die  in  wiiin^ej^samen  Anklängen   das  U^tauss^rech* 
liebe  des  Himmels   in's  BcwuEst^ejn  rufen.     In  mehrerei^  .di^sfsr 
Lieder  vermissen  wir  das  xiicht,   z.  B.    wedef  iil  dem  sanfteren^ 
das  Glück  des  Dasejrns,  nocli  in  deni  glühenderen^  Himmelfahrt^ 
ausgezeichnet  ist  die  Elegie  von  unserm  geistr^eichen  Justi,  Blu'^ 
men  auf  meiner  Alwina  Gruft,  dem  trauernden  y^tei^heraen  enl* 
flössen,   mif'd^em  w^ir  klagen    in  seine  Wehmuthsharfe ,    die  ufS 
aber  in*  ihrem  christlichen  Aufschwünge  mit  em|>or  flügelti  .  Die 
Aufsätze  haben  säqamtiich  den  Grundzug ,   dafl  sie   die  Audachl 
zur  verständigen  Betrachtang  unterhalten^  doch  sprechen  sie  auch 
das  Gefühl  an,  manche  auch  lebhafter,  wie  die  von  VeiUodter; 
und  indem  sie  sich  so  in  einem  gewissen  gruhigcn  Tone  der  Ai.*^ 
aprachf.  «a   die  froamiai  I^^^«n  halten  ^   b^ai^tea    sie  ihrm^ 


WertTi  für  vielerlfi  Leser.     Besonders  nützlich  $i^d  solche  Auf- 
tauet  weDD  sie  in  die  Lebensverhaluusse  'eingehen,    und   den 
Geist  des  Christenthums   in    sie   so    eiTifnhren ,    dafs    er  auch    in 
jenen    atärteren    erscheint,    worin    die   Glückseligkeit    iin. Stillen 
blüht.     Nicht  das  allge wohnliche  Moralisiren  gewährt  das,  denn  ~ 
ftas   zieht   in  kahle  Geraeinplätze   mehr  aus   dem  Leben  heraus, 
sondern  jene  Fortbildung   der  christlichen   Deakanty' welche  die 
feinen  Fäden  des  liebevollen  Zusammenlebens  erzeugt   und.  auch 
ttn  All(äglichsten  erhebend  wohlthut«  Dazu  bedarf  auch  der  Ge^ 
Eilüeic  beständig  des  weiter  führenden  Lehrers^  weinn  auch  nur 
seiner  Winke      Wir   fechnen  dahin  besonders  den  Aufsatz  vom 
Hrn.   Herdu«g.   Selbstliebe   und  Selbstsucht   in   der  Häuslichkeit  ^ 
■Vyie  iiuch  die   Morf^enfeier  eines  alten  Schulmeis/erS  von  ßihter, 
ind    der  Ergufs    einer   hohen ,    ffomnien  Vsiterfreude  bei  Gele- 
genheit der  Taufe  zweier  £nkel  von   Delnmej   welche  demjeni-* 
gen  Leser  noch   um   so  erbaulicher  wird,   der  diesen  verdlenst- 
toUen  Lehrer  des  sittlich -religiösen  Lebens  seit  einer  Generation 
tier '  dankbar  kennt   Nicht  minder  ist  in  diese  Klasse  die  schvye- 
'5terHche  ßrinnerung  zu    setzen,    welche   die    edle  Freut yon  der 
JUetki  als  ErhiuMerung  zunt  Dank  gegen  Gott  auch  In  traurigen 
Lebensverhältnissen   ausspricht.     Die   Wehmuth   über   das   Hin* 
fidieiden  dct  viel  -   und  tief  betrauerten  Herziogin   von  Cui'Iand 
schliefst  durc^  den  Uebergsng  des  frommen  Gefühls  an  das  Lol>- 
und  Danklipd  von  uriserm  JDichter  Ticdge  an,  welches  bei  einer 
▼whergebcndcn   Genesung  der  Unvergelslichen   gesungen  Mror* 
d«n.    Vornehmlich  sind  es  auch  Zä«;e  aus  dem  1  eben   frommer 
Menschen,  welche  zur   Bildung  des  christlichen  Lebens  vvirken» 
Tbtt  Herr  Herausgeber  theilt  selbst  einige  mit,    aus  dem  Lebftu 
^ch^veiggefs ,   der   auf    einer  Reise,    die    er  ^  als   Naturforscher 
machte,' in  Sicilien  inx  X  1821  von  Mörderhand  umkamt    Hiier« 
auf  folgen  biographische  Notizen   von    Ntemej.er^   Meister h'and» 
zuerst  von   einem   ehrwürdigen  Ehepaar  "von  ^o^ .  in  Livland ; 
dann  aus  dem  Leben   de^  ruhmyolled    Jijh,  Aug»  Itermesj   der 
i^  hohem  Altet  «usAnfaug  des  Jahres  lÖzst  'zu  Quedlinburg  Ver« 
starben«     Die'  Lehred    dieses  christlichen  Lehrers  wirkten  lang6 
und  segensreich,  man  denke  nur  an^  seiti  vielgelesencs  Handbudh 
<ler   Religion,   das   zuerst   1779    erschien.     So    wirkte  Huch  sein 
.  BeispieL     Aber   er  blieb   nicht   ohne  harte  Kämpfe^     Ik  sriner 
jüngeren  Zeit  wurde  er  von  damaligein  Orthodoxen  Verfolgt,  weil 
die  Zeloten  jener  Zeit  sich  des  damals  geltenden  Tones  bedien» 
len^  $0  wie  die;  dei'  jefzigeur  deji  entgegengesetzten  jetz^  gelten^ 
den.     So  wicf  jaf  auch  eiinst  eiil  Melanchth'otf  geschmäht  wurde^ 
K  Und  vrürde  es  ihm  jetti  heßser  ergehen?     0er  Lehrer  des  rei* 

I  oren  Evangeliums  hat  immer  den  Zeitgeisf  wider  sich,    und. die« 

V         IW  waeliselt  immeC  nur  die  GesHdt.;  AVer ' wunscheü  dcsta.mehr 


t 

Ei^wtitt^sschriften.  3 

^iif^  das  an^ezeigCe  JaHrbvoIi  mk  jedem  Jabre  die  evangdUche 
Gesiuuöiig  oiebr  fördern  mä^e; 

.  ^         -  Schwarzi 


^^- 


Dai  Christfest*.  Eibe  Schrift  fitf-  das  Vclk  von  F.  J.  Khüms^ 
Mt^cusn.  Dritte  vMig  umgearbettetje  Auflage.  Essen  Bei 
G:  D.  Bädeier  sS^i.  Audi  unter  dem  Titel:  Fesfbuchlei/u 
Eme  Schrat  etc.  Mtes  Sändcheni  Das  Christfest  etti 
C»S5  S,  ß.J  t8gr.  V 

Wie  stets  das  haasliclxe  Leben  \m  Christentbam ,  und  wie  sicii 
»dieses  io  dem  festiiobeii  ^wie  alUägbcben  Leben  des  Httu^vaters 
mit  den  SieioigCB  verhmlicbt,  das  lleset  man  in  diesem  Btic^t- 
le'u  nQti  immer  neuer  Freude..  »Immeir,  wenn  ein  FesI  bevorr 
^tatid  -^—  war  ein  jug^ndlieh  .Wesen  ku  ihm;  und  eine  kiödiicbe 
Rubd  lag  auf  seinem  Aiigesicbt. .  Dann  bescHafti£(te  et'^sicli  viel^ 
faltig  mit  den  Kindern  f  malitle  ibned  lieilige  Gesehicbii^n  \  und 
lebjrte  sie  Lieder.  ~7,~  Der  Geburtstag  des  Wciiheilandes 
glänzte  ihm  wie  etü  Äforgeurotli  aus  der  Fenie  pnt|;egen< . .  Und 
wie  €i\n  Mörg^iisterii  stand  neben  diesem  Frührotti^daa, Weib^ 
aaehtsfesi  uud  Cbristktndleii)  der  Kinder  uiid  ibre  Freude.«  ~ 
Wir  boren'  nun  b^lige  Gesehiehieii  ans  dem  a.  Tesi,,  init  |euer 
Bexiebuog  auf  das  neue  eszäblen ,  und  das  fi^bmme  Geniii(l)  et* 
keont  oait  freudigem  Erstaunen  die  wunderbaren  Fugujigen  \ 
wir  boren  de»,  wahren  , Bibelfor^ober ! ,  Die  eiwgewebleo  Be-* 
leHruiigea  nnd  Lieder  geboren  zu  dem\GäDien,  um  es  zum  an* 
geaehift^d  Lesebucb  für  Erbauung  iii  |eder  cihrisilicben  Faroille 
zu  nptacbeii«  Und  aucli  das  füblen..wir  inii  dem'  V^rf^,'  Wfii  er 
in  Aii  Vorrede  sagt ;  iEin  ifutes  Kircheulicd  ist  eioie  Gabe 
Goues  üind  viel  Segen  darini  d^n  ei  bleibet  ^'wäbrend  ra^n 
aller  weltlichen  satt  wird« «—4  Mochten  .doch  die  vielen,  die 
itt  uoseni:  Zeiten  das  evangelische  Cbristenthuä  nicht  mehr  ke^* 
Den,  dtti:cb'  diese  UnterbaUuugeng  die  auch\äen'  gebiideten  Ge-' 
schnaack  adziefaenyiur  .rt*chten  Erkenntöifs,. geführt  weMen!  D^r 
geist-  'und  gemutbVoilc  Dichter  der  Parabeln  spricht  hier  auqh 
als  Makler  für  den  evangelischen  Geistlichcb,  dem  die  Bibel,' 
nnd  feiger   auch  da^  Alte  Testament  noch  ab  beiliges  Wort  der 

OffBobariuig^  gHt»  \  ' 

Schwarz^ 


4« 


'4  Pädagogik  und  Methodik, 

•^*  Ueher  einige^  Hi/idernisse^  welche  ^den  Erfolg 
der  Erziehung  und  die  Wohlfahrt  derStd^atert 
aufhalten.  (Fünfzehnte  Fortsetzung,  Womit  zu  der 
öffentlichen  P rifun g ,  welche  in  dem  Kön.  Joachimsthal- 
sehen  Gymnasium  afn  ^Sten  j4pr.  48u4  zu  Berlin  eingela-» 
den  worden),     Berlin  4824.    Gedr.  bei  Spener,  (^6  S.  8*) 

fVir  nehmen  aus  einer  Reihe  solcher  belehrenden   Schulschrif* 
ten  diese  heraus,  weil,  sie 'eine  Wahrheit  sagt,   welche  der. Pä- 
dagoge und  Schulmann  in  jetziger  Zeit  mit  höchstem  Ernst  be- 
denken  mufs.     Die   blosse  EiHwicklüng    des  Verstandes    macht 
nicht  selig,   sondern    wie  sie   sich   von  -der  PrÖmmigkcit  trennt, 
verfeinert  sie   nur  die  Laster  der  Cultur,    und    zerrüttet   schoa 
^on  der  Schule  aus  den  Einzelnen  und  das  Volk.  Man  ^oU  -dai- 
her   die   Erziehung   im    Christenthum   mit   der  Schulbildung"  von 
frühem  an  verbinden.*  Davon  spricht  mit  tiefer  Einsicht,  crfahr- 
'  ncn  Lebensweisheit  und  aus  der  Fülle  seines  Herzens  in  obigea 
Blättern  einer  unserer   ehrwürdigsten    Schulmai|n^r,' Hr.  Direc- 
tor,   Consistotialr.  Snethlage    zu' Berlin/   »Falsche    Propheten, 
•sagt  er,    die   den   Menschen   Heil    verkündigen,    ihren  Leiden-r 
Schäften  schmeiqheln ,  den  Stolz  nähren ,  Freiheit,  predigen ,   ihre 
hohe    Weisheit    anpreisen,     und   dadurch   die   Welt    beglücken 
'wollen,  stehen  überall  in  desto  grösserer  Anzahl  auf,    je  weiter 
**eine   durch   Romane   etc.    bewirkte  •  Aufklärung   sich    verbreitet, 
"und   selbst   aus   den  Hefen    des  Volks    sich   Apostel ,  gewotbca 
hat  etc.« —     Wer   die   Wahrheiten    des   achten    Christonthums 
in  sich  aufgenommen  hat,    der  denkt  an  keine  Revolutionen,  an 
keine  Reformen  der  Welt   überhaupt,   in    der   immer   das    Gute 
mit  dem  Bösen  im  Kampfe   bleiben  wird  etc.   sondern  er  denkt 
^nur   an    Reformen   und   Revolutionen   in    sich   selbst,    in    seiner 

*  Denkweise  etc. «  —  So  lange  das  christliche  Princip  in  den 
G'emülhern  feststand,  dafs  »der  Mensch  von  Natur  «böse  sej^ 
herrschte  sowohl  in  den  Kirchen  uhd  Schulen  als  auch  in  Suats- 

■  Verfassungen    und   Verwaltungen* eine  grössere  Strenge  etc.«  — 

'Das  Band  zwischen  Eltern  und  Kindern  etc.  neigt  sich  jetzt  im- 

'mer  mehr  zur  Auflösung  bin  etc.«—'  »Derjenige,  welcher. no6h 

im   Ernst   ein    moralisches    Erbübel    annimmt,  wird    aufs    Beste 

mit  einem   mitleidigen  Achselzucken    abgefertigt.«     »Dem  Uebel 

•  ttiufs   man    also    suchen    an    die  Wurzel   zu  kommen.  — ^     Nicht 
•die   so   hoch   geprijescne  Aufklärung,    welche  die  Wahrheit  nur 

halb  sieht,  ja  oft  ganz  vernichtet,  und  den  Irrthum  in  das  Ge- 
wand der  Wahrheit  kleidet,  nicht  die  Bildung  des  Verstandes 
allein,  die  nur  zu  leicht  in  den  Dienst  der  Leidenschaften  tritt, 
können  der  Welt  Heil  bringen  etc.«  Diese  pädagogischen  Sy- 
steme,   die   nun    schon   ein   halbes  Jahrhundert  allgemein  einge- 


Pädagogik  und  Methodik*  S 

föfirt  sind,  und  in  def  ersten  Hälfte  dieses  Zeitraums  auf  eine 
^cUaJOfe,  weichlicW  JiiunaniUit  etc.  .hinarbeiten  ^-  in  der  letz- 
ten  Hälfte  aber  eine,  ernster«  Miene  annakmen,   und    vorzüglich 

Erbebung   des   Geistes' S(olz  -^  und   n^ue   Ansichten    vom 

Menschen  und  der  Wdt  —  Reform'ensucht  —  bezwecken,  ha- 
ben fast  schon  die  halbe  f^litische  -Welt  aus,  den  Angeln  geho^ 
ben  .etc.c  -^ —  s£s  mufs  also  zu  der  Bildung  des  VerstandeS| 
d^r- nur  Jlu  lei.eht  ein  Knecht  der  Leidenscl^iften  wird,  eine  an- 
dere, viel  wichtigere,  .die  freilich > nicht  so  leicht  zu  bewirken 
ist;  hinzukommen ,  -  wodurch  djpm  Verstände  eine.  Richtung  auf 
das  Gute  und  Wahre  etc.  auf  Genügsamkeit,  auf  Menschen-  un^ 
Vaterlandsliebe  gegeben  wird.«  »Die  Schule  soll  und  mufs 
dahjer  ersetzen  und  verbessern,*  was  in  der  Familie  vershumt 
oder  verdorben  wurde.«  —  ?  »Soll  aber  (überhaupt)  der  wohl- 
thätigc  i^weck  erreicht  werden,  so  lirnfs  man  die  christliche 
Religion  in  ihrem  eigentlichen  und  wahren  Geiste  zur  iOrrundr 
läge  aller  Erziehung' m.achen.« 

Manches,  was  der  fromme  und  mensch enkundig^  Greis  zum 
Theil  noch  stärker  gesagt,  hat,  mag  wohl  übertrieben  scheinen, 
Hec.  ist  indessen,  von.  der  Wahrheit'^  sein  er.,  pädagogischen  Blicke 
überzeugt,  und  wünscht,  .  dafs. seine  Warnungen  gehört  werden, 
datüit  nicht  das  künftige  Geschlecht  U0S  anklage,  die  wir  uni 
gerne  seine  Erzieher  nennen«  '  '  •   .  .      v 


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%,  Einifitimg  in  die  Erziehungs-  und  UntenriditS"  Lehre  ßir 
VolksschuUehrer  Don  B,  G.  Deüzbl  ,  Inspector  des  Kon. 
Wiiriemb,  Schuüekrer  -  Seminarüiws  zu  EfsUngen  und  eha^ 
r akter is,  Herz.  Nassauischeni  Oberschulrat  'le.  Erster  Theilm 
Zweite  verb.  und-  verm.  Aufl,  Stuttgart  in  der  /.  B.  Metz- 
lerschen  Buchhandluug.  484y.  ( XIV  und  3o3  S.J.  — 
Zweiter  Theü,  Ebendaselbst.  484g.  (VIII  und  SjS  4$*.^.— 
Dritter  Theil.  Ebendas.  48^9.  (FIII  und  Qü3  S,  nebst 
Tabellen J.  Auch  itnter  dem  Titel :  Einleitung  in  die  Ele^ 
mentar  -  Schulkunde  und  Schulpraxis  ßir  Lehrer  in  -dgut- 
sehen  Elementar  -  Schulden  von  B,  G.  Denzel.  Professor 
'    und  Insp,  eic,     lErster  '—  Zweiter  —  Dritter^  Theü  etc. 

l/?r, erste  Theil  erschien  zuerst  48 14  nud  ist  von  Recens  im 
Jahrg.  i8i6,der  Heidelberger  Jahrb.  S.  265  ff.  so  angezeigt 
worden,  t wie  die  baldige  neue  Auflage  das  Lob  gerechtfertigt 
hat.  Das  Ganze  ist  nunmehr  seiner  Vollendung  nahe,  und  wir 
dürfen  es  ein  ganz  vorzügliches  Werk  nennen,  das  beste  Buch 
für  deutsche   Elementarschulen ,    das  Rec.   bis   jet£t    kcunt»     Et 


) 


5 


Pädagagik  und  Methodik. 


fvrafs  auf  s^ln«  dortige  Beuriiieituiig  T^r^^seti^  wdl  er  sonfst  ii| 
Gefahr  wäre,  sich  selbst  mtszusclnreiben.  I>ev  Verfass.  b^t  vott 
einigen  der  dortigen  kletoen  Bemerkoiigeii  pebraucb  gemacbf. 
€berh«apt  aber  in  detr  ateir  Aufl.  seine  guten  Grundsätze  tnia. 
Beinen  siel^ereo  Plan  festgebaltea^  ^^'"g^  ^^^  Vortheil  in  andere . 
Form  gebracht;  aueb  mancbet  »ebr  «a«gefiibrt«  Diese  stei^uflL 
«les^isten  Tbeils  bat  nicbt  blols  doreb  eiaige  Bogen  dat  Werk 
vermehrt,  sondern  aoeb  innerlicb  mebr  vollendet. *'      -       '  ^ 

Von  demselben  verdicostvolleo  Verfass*  erscKifii  i.  J.  *9iy 
«in  methpfklogisclier  Lebrkursus-  imler  deni  Titel  :>  Die  f^olks^ 
^ehaleß  welches  Buch  Rec    im  Jfabrg.^i84  7  der  Heidelb.  Jahrb. 
ebenfalls  angezeigt,  und  in  seinet^Vorzilgen  anerkannt  hat    Auch 
auf  diese  Bl  tter  mufs  er  ^icb  hier  bezieben,    «m  so   nlehr,   d« 
jenes  BiLch  im  Umpfs  und  -  in  fleo    Granden  augiebt  y  was  dais' 
obii^e.  Werk  ausführt.  Wir  haben  in  jener  Beurtheiluog  auf  das 
Ausgezeichnete   dieses  Melhodenbiichs  fur^  Yplksschiilen  •  -hinger 
iwiesen;'  was  nun    von  Lehrgegenständen^   Lehrgang,   Lehrfotm, 
liehrton  und^Li^rmittetn  <iort  gelehrt  worden,  das  wird  in  dea 
^rei  Ttieikn  des  vorliesenden  Werkes  einzeln  an  die  Hand  ce- 
•geben,  so  paf^  dieses  mit  jepem  zusammen  den  Schurorganiso^us 
im  Ganzen  und^inzelnen  fafslich  und  ToHstandig  vorl^.     Zu- 
«gleich^  uiöchte  necens.  -  auf  sefne  Anzeige  des  viel  gute  Gedanken 
enthaltenden  Buches:  der  Geist  der'  Schule y  oder  wie^wird  ein- 
zig   eifi  kräftiges  jf^olk  gebdtkt?   etc.     von    /).  G,.  G.  Mehring 
S.  620   ff.  desselben  Jahrg.  1817  udserer  Jahrbucher  verweisen. 
Und  so  scliliessen  wir  die  gegenwärtige  Anzeige  an  die  Bemer-- 
;lung  bebier   von  uns  tuletzt  vorgelegten  ^padagogisebcfn  iSchrif- 
ten   S.  678  des  Jahrg.  1822    uns.   Jahrb.   so   an,  49fs  wir  -uns 
^ntsphuldigen  müssen   von  eineoi  der  vvichtigsten  Bücher  in  die- 
sem Gebiete  nicht   eher  Nunsern   Lesern  Kui^de  gegeben  ftu  ha«^ 
ben.     ^ir  warteten  erst  diese  Ausführung  ab. 

'  Der  ehrwürdige  Schulmann  und  Lehrer  ^er  Scbulmanner 
s^st  mit  vollem  Rechte  in  der. Vorrede  zqm  Aten  Theile,  dafs 
ihm  nur  im  Einzelnen  vorgearbeitet  gewesen,  dafs  er  «iber  iu 
Lösung  der  Ge^mmtaufgabe  keinen  Vorgänger  gefunden.  Das 
eben  ist  das  ausgezeichnete  Verdie^ist  dieses  Buches  für  die 
Volksschulen.  »Das  Wesen  und  die  Kraff  der  Methode,«  liegt 
ihm  nur  in  4^r  £inheit«  Jn  dem  Geiste»  der  die  gan^e  Erzie- 
hung und[  den  ganzen  .Unterricht  durchdringt,  nicht  aber  in  die- 
sem* oder  jenem  einzelnen  Stück,  z.  B.  im  Lesen  etc.«  Hierzu 
gehdrt  was  S«  44  ff*  sO  treffeiid  unter  andere  g^^g^O  V^  Mifs- 
^erständnifs  der  Pestalozsiscben  Idee  von  nur  Eiuer  Methode 
erinnert,  wird;  und  selop  recht  liat  der  Verf.  dafs  der  Geist 
'  einer  guten  Methode  nicht  in  der  todten  Form  sondern  in  der 
Kxait  und  Persönlichkeit  des  Lehrers  v\ohBt,  der  nach  den  Ent- 


Pädagogik  vvA  Methodik, 


Z 


wickluQgsgesetzen  der  Natur  den  gegebenen  Sto(E  z«  gestalten, 
versteht.  Obgleich  dieses  Buch  in  vielen  Punkten  mit  jenem  das 
die.  Volksschule  darstellt,  zusammentrifft,  so  sind' doch  da  keine 
Wiedcrhotungen ,  sondern  beide  gehören  zu  einander^  um  die 
Idee  einer  Elementarschule  in  allen  Theilen  aufzuführen«  Das 
vorliegende  giebt  dem,  de^  sie  einzurichten  so  vrie  dem,  der 
IP  derselben  zu  lehren  hat,  alles  an  die  Hand,  was  ?.u  thun  isij 
und  läfst  es  ihn  uicHt  nur  genau  sondern  auch  gründlich  wissen. 
Dieser  zweite  Theil  hat  4  Abschnitte,  welche  von  dem  Wesen 
der  Yolksschttld,  und  ihrer  Grund  Verfassung,  von  der  Organi- 
sation des  Unterrichts,  und  von  dem  Schulhalteo  handeln. 

Erster  Abschn.  Erstes  Kapit.  AUgemeine  Be^immungen^ 
Die  Volksschule  ist  Elementaranstalt,  weil  die  Bildung  zum  Men* 
schea  allem  besonderen  Berufe  zum  Grunde  liegt,  ob  sie  gleich 
Bucksicht  auf  den  BeruC  nimmt,  und  also  keinen  blofs  foro^aleii 
Zweck  hat-  Sie  ist  hiermit  auch  euit  erzielieude  Unterric[its- 
anstalt.  Sie  versorgt  elementarisch  mit  denjenigen  Kenntnissen 
und  Fertigkeiten,  Welche  noth wendig  sind  zur  Entwicklung  des 
Menschen  aber  auch  um  ein  thätiges  Volksglied,  und  um  zu 
einem  bestimmten  Berufe  tüchtig .  zu  w^erden.  Auch  den  kuuf* 
iigen  Gvmnasialsehüler  würde  so  manches. in  den  £lemetitai;ge' 
genstanden  besser  begründen.  Zweites  Kap.  Arten  4^r  f^oILf^ 
schulen.  In  'die  Art,  wie  tin^er  Verf.  die  Stadt-  und  (^.n4^ 
schulen  unterscheidet,  kann  Reo,  nicht  gan/;  einstinDum^en;  zwar 
so  weit  vollkommen,  dafs  zwischen  beiden  kein  wesentlicher  Un- 
terschied  sej,  sondern  in  der  letzteren  nur  weniger  Stoff  vor- 
kommen könne,  aber  Rec.  setzt  hinzu:  vor  der  H^pd,  und  we- 
gen des  Dranges  der  Umstände.  Denn  die  ]L»and«chule' 'soll  vco 
möglich  dahin  gebracht  verdien,  dafs  sie  eben  so  gut  für  den 
künftigen  bürgerlichen  BeruC  bildet  lyi^  die  Stadtschule,  da  wir 
iadti  dem  liandbewohner  da^  gleiche  Recht  mit  deqa  Städter 
hi^iu  nicht  absprechen  w^Hen.,  Ueber  die  Xrennnltg  der  be(- 
dei^  Geschlechter  in  den  Schjol^n,  wo.  sie  räthlLch  sejr,  und  wo 
nnnoth>g,  findet  man  hiei^  einige  ne^e  und  feinere  9.eme];;ki|.ngeo* 
Die  Realschule  schl^^fs^sich  an.  die  Elemjantarschule  ap,  ha^  aber 
eben  darum  einen  vesenllichen  Eipünfs  auf  .di<^  Riprichtung  des 
Unterrichts  in  derselben..  — *  Drittes  Rap.  Geisf  der  Schute. 
Er  ist  ein  christlich  frommer  Geist.  Ei.ndripgiich  schön  spricht 
Hr.  D*  Ton  und  aus  di.eseni  Geiste;  rmil  einem,  exegetisch  richti- 
gen Bück  auf  die  hc!:riichjcn  Worte:  »Werdet  wie  di.e  Kiniderlc 
Er  bleibt  acht  evangelisch  dabei,  dafs  d,anQ  k;eineswegs  eine  U^* 
Verdorbenheit  sder  Kinder  angcnoi^meii  werden  dürfe,  sondern 
nnr  4^e  ETnfalt,  die  uns.  npch  im  Kinde  erscheint ,.  das.  TAeX  uu* 
sers  bildenden  Streben^  ^sejn  solle.  Ueber  die  Vcrwchlicliun 
im  sysrs  burgerlicbeu  L^cns^  die  zur  Verkunstelung  im  Erziehen 


8  Pädagogik  und  Mediodik. 

I 

und  Uikterriclilen  verleitet  liat,  liest  man  hier  Worte  zu  seiner 
Zcit^  d,  li.  gegen  den  Zeitgeist,  auch  einige  aus  der  Kraftspra- 
<che  des  ehrwürdigen  Gteises  Pestalozzi j »%,  B.  »Wir  haben  der 
^ Alten  Wohlkönnen  des  Nothwendigen  und  ihr  Nichtwissen  des 
»Unnützen  in  das  Yielwissen  des  Unnützen  und  in  das  Nicht- 
»können  des^  Nothwendigen  umgewandelt.  Anstatt  des  gesua- 
»den,  im  Mutterwitz  geübten  Geistes  haben  wir  Weltfo^-men 
»nicht  so  fast  des  Denkens,  als  der  wörtlichen  Ausdrücke  über 
tdas  Gedachte,  die  dem  Bonsens  das  Blut  aussaugen ,  wie  ' der 
»Marder,  der  sich  an  den  Hals  einer  armen  Taube  ansetzt.« 
(Bferkt  es  für  Euer  Verstandes wesen!)  Die  Züge,  welche  die 
pchule  n^it  dem  Familienleben  gemein  hat,  sind  nicht  minder 
■wahr  und  schon  angezeichnet;  und  hierzu  den  Frohsinn,  das 
muptere,  yegp  Leben,  die  Gewöhnung  zur  Sittlichkeit  und  be- 
stehenden Ordnung,  das  innere  Freiwerden  der  Kinder;  und 
Sfvie  das  alles  von  dem  Lehrer  ausgeht:  so  steht  ein  Bild  von 
einer  Volksschule  da,  d^fs  man  es  kaum  erVvarten  kann  bis  man 
solche  Schulen   in   der  Wirklichkeit  sieht  —     Viertes  Kap.   Ei" 

fenschaften  ^es  Lehrers.  Er  soll  ein  frommer,  rechtschaffener, 
indlicher,  heiteret;  lebendiger,  kräftig  und  besonnen  ruhiger, 
fester,  sanftmüthigfer  Mann  sejn.  Sehet,  berufene  Lehrer,  ciii 
"fvahres . Bild ;  es,  wird  Euch  anziehen,' begeistern  und  efmuthi'- 
gcn J  —  Fünftes  Kap. '  Die  Bildungsmittel  dkr  Volksschule.  Sie 
sind:  der  Unterricht  selbst,  die  Schulordnung  mit  guter  Gewöh- 
nung, das  Beispiel  und  die^  Wärme  des  Lehrers ;  denn  allerdings 
|S(  seine  Persönlichkeit  wichtiger,  als  man  gewöhnlich  beachtet. 

Zweiter  Abschnitt»  Ansichten  über  die  Grundverfassung  der 
Yolksschule.  Erstem  Kap.  Die  äußere  Ordnung.  Ohne  Weitschwei- 
figkeiten genau  {ingegeben.  Zweites  Kap.  Die  di^ciptinarische  Ord^ 
fiung.  Vorzüglich  durchdacht  und  praktisch.  »Dafs  die  Schule  ihre 
erhaltende  Kraft  in  sich  selbst  haben  müsse , «  ist  ein  sehr  gedeihr- 
lich^r  Gedanke ,  "vvobei  unser  Verf.  aus  der  Lancaster- Schule 
einiges  zum  Vortheil  zu  verwenden  weifsy  da  er  in  dieser 
'  Schul  «Fabrik  nun  eine  Fabrik  -  Schule  erkennt,  und  mit  dem 
scharfen  aber  begründeten  Ü^theile  eine's  Natorps  und  Andrer 
libei'cinstimmt.  Er  sagt  sehy  gut:  »man  übersetze  sie  frei  ins 
Deutsche,  d.  h.  man  hebe  sie  auf  denjenigen  Standpunkt,  auf 
»den. sich  das  Schulwesen  von  Tag  zu  Tag  mehr  hebt,  und 
»man  wird  sich  sphr  wohl  dabei  befinden,  und  dem  Britten  für 
»seine  Erfindung  allen  Pank  wissen;  Wir  dürfen  nicht  über- 
, »sehen,«  fährt  er  fort,  »dafs  besonders  unsere  nach  Pestaloz- 
»zischen  Grundsätzen  eingerichtete  Schulen  in  Gefahr  sind  auf 
»den  entgegengesetzten  Abweg  zu  gerathen,«  Ausser  der  Schule, 
\n  der  Wohnstube,  könnten  die  besseren  Schüler  den  schwä- 
ehern  forthelfen,  und  in  der  Schule  mit  ihnen  Repetitionen  an- 


^Pädagogik  und  Methodik. 


stellen  y  fretHcli  nur  unter  Umstanden»  Aucli  k&uien  '  maoclif 
Scbiiler  Aufseher  niclit  nur  über  Ordnung  in  den- Sachen,  sonr 
dern  auch  im  Beträgen  sejn.  Das  letztere,  welches  Rec.  noch 
als  eine  alte  Sitte  aus  seinen  Schuljahren  kennt,  findet  er  all« 
zubedenklich;  Knaben  müssen  noch  Knaben  sejn,  zur  gerechten 
und  ernsten  Aufsicht  geliört  ein  Mann.  •< —  Drittes  Kap.  F'om 
den  Mitteln  zur  Erhaltung-  der  Schulordnung  und  zar  Förde^ 
rung  des  geordneten  Fleisses.  Wenn  auch  Einiges  seine  Bedenk- 
lichkeit bat,  so  finden  wir  doch  fast  alles  über  Schulstrafen  und' 
Belohnungen  vortrefflich,  z.  B.  von  dem  Gebrauche  des  Stocks: 
»Viele  stossen  bei  ihrem  Stuckwerk  stündlich  auf ' Hindernisse^ 
»ärgern  sich  etc.  greifen  dann  natürlich  zum  nächsten  Zwang&« 
»mittel  •**  und  siehe  da,  die  Uhr  geht  wieder  auf  eine  halbe 
»Stunde,  aber  nicht  länger.  Nur  durch  eine  Umwandlung  un- 
»serer  Schulen,  durch  das  Pflanzen  einfes  bessern  Geistes  i|i 
»denselben  wird  der  Stab  entbehrlich,  und  das  sinnliche  Zwangs« 
»mittel  wird  dem  geistigen  Reizmittel  Platz  machen«.«  Mit  Um- 
sicht w^erden  die  Lbcationen  beurtheilt.  —  Viertes  Kap.  Die 
Ordnung  der  Schule  in  Rücksicht  auf  Zeit,  Nach  den  gewöhn-* 
Jichen- Verhältnissen  bestimmt,  und  da  hiernach  Kinder  vielleicht 
noch  vor  zurückgelegtem  6ten  Jahre  in  die  "Schule  geschickt 
werdenfj  so  wird  für  die^e  eine  Vorschule  vorgescldagen  (dio 
auch  an  manchen  Orten  besteht).  Der  Schulmann«  vvird  alles - 
reiflich  durchdacht  für  die  An^wendung  finden.  — >  Fünftes  Kap. 
Klassification,  Die  Schwierigkeiten  sind  so  wenig  als  die  An- 
sprüche übersehen ;  das  Klassen  -  und  das  Fach^jstem  mit  dea' 
mehrfachen  Verflechtungen  und  den  Beziehungen  auf  die  Lehrer 
ist  hier  überaus  sorgfältig  für  die  Elementarschule  abgewogen, 
und  man  möge  bei  Schuleinrichtungen  diese  Berathungen  ja  an- 
hören. Das  •  Resultat  fallt  aus  »zu  Gunsten  der  stehen4en  Klassen 
unter  Fachlehrern.«  Gegen  die  Idee  Graffs  in  seiner  Schrift: 
die  zur  Einfährung  eines  erziehenden  Unterrichts  nothwtndigc 
Umwojidhin^  von  Schulen  etc.  2te  Aufl.  i8i8  tritt  unser  Verf« 
auf,  nach  unserer  Meinung,  siegend.  Rec.  fügt  den  Gedanken' 
hinzu,  dafs  die  Gcsammtheit  (der  heranwachsenden)  Generation 
nicht  dem  einzelnen  Manne  so  dürfe  übergeben  werden,  wie  es 
nach  jener  Idee  der  Fall  seyn  müfste;  noch  abgesehen  von  den 
Störungen  durch  die  vielerlei  menschlichen  Zufälle.  Die  8  Jahre 
Schulzeit  theilt  unser  Verfass.  in  4  Haupt-» Cursc  und  4  Haupt- 
Klassen.  Das  Maxin^um '  der  Schülerzahl  ^  setzt  er  auf  S€>.  — 
Sechstes  Kap.  Anstalten  fuf'  die  Aufsicht  über  die  Schulen  und 
für  die  Förderung  des  Örtlichen  Schulwesens^  »Der  Religiops- 
»lehrer,  und  kein  andrer  in  dem  Maafse,  eignet  sich  zum  Vor- 
» Steher  der  Schulen.  Dabei  werden  ihm  allerdings  für  die  Au f- 
» sieht  auch  weltliche  Oftvorstände  zugegeben  werden  e(c.«  So 


•tf 


PSdagogd^  .UQd  MetbodUfi 


wird  dieser  Paiikt,  lind  def  aber  die  Prüfungen  mt  4en  prakf 
tilclieD  Blicken  de9  erbbrnen  Scbttlaufs^jiers  ausgeführt. 

.  Dritter  Abschnitt.     Die   Organisation  des  Schdunterrichis 
jinek  Gegtnstana.  und  Form.    Erstes  Kap.     Mgemeitie  Grunde 
9&tw9.    Diese  sind  in  einer  Reihe  ausführlich  au^estelk  und  er^ 
läutert  Alan  könnte  'da  wohl  einige  Wiederholung  aus  früheren 
Capitrin   zu   todeki   versucht  werden,  aber  genauer  betrachtet, 
irird  man  er  gerade  sn  recht  finden,  um,  den  Schullehrer   aus 
den  Ornnden    ^ur    Anwendung  sicher   zu  fuhren.     Zu  diesen 
i«rickligen  Grundsataen  gehört  es,    da^s  in  der  Elementarschule 
«der  nateriale  Dnterricbt  dem  formalen  stets  untergeordnet  bleibe, 
-nber  sich  durchdringe,    und  Mati^rie  upd  Form  in  dej^  Methode 
fiinS'  Verden  nrais.  -*-  .  Zweites  Kap«     Dus  Elemehtarische  des 
-Unterrichts "Stoffes.    Mit  ungemeber  und  glücklicher  Forschung 
Ciidet  der  Verf.  diese 'Gegenstände  auf,   und  ordnet  sie  mit  je* 
ner  seltene»  Verlündung  theoretischer  Tiefbiicke  und  praktisclier 
Gewandtheit  auf  eine.  Axt,  die,  so   weit  wir  wenigstens  sehen, 
teicht»  au  wünschen  iibrig  lafi^,    Yqu  dem  Benierken,   Betrach- 
ten^ Anschauen  des  Aeussered  geht  alles  aus,  Wifseti.  und  Kdii* 
ben  seil  angteich  gebildet  werden,'  es  ergeben  sich  die  3  Ope» 
^rationen  in  diesem  Unterricht,. das  Finden,  Einpirägen ^  Anwenr 
^eu  (Auffassen,  EinbiUen»  Ausbilden  hat  es  Bec». jgenaiibt),  als 
Lehrgegenstinde  sind  aufgefunden  elenftentari^che  lleligii^nslehri^, 
Hslementar. -Gesehiehte,  eieapeiitar.  Natnrkvinde,  hierziii  Sprach^, 
'Zahlen*^  porm-  und  Grossenlehre,  alles  el^meutari^ph,  ^ie  auch 
abreiben.  Sprechen,  Singen,  Jlnchnep,  Messen,  Zeichnen.  Hier- 
«sit  h^ben  n^ir  ein   festbegriindetes  Schema  für  den  Elementai^ 
«nterritht  und  zugleich  für  die  Scbuleinrichtung.    Wiie  das  alles 
'ZU   behandehi,    an  vereinfachen,  neben  und   nach    einander  zu 
■ordnen    ist,  dasu  giebt  dieses  lehrreiche  Capitel  die  deutlichste 
Anleitung.  -^     Drittes  Cip,     Das  Element ari^ßhe  der  Methode 
'^des  Sehadmnterriehts.     Eben,  so    wichtig  und  lehrreich.     Unter 
•andern  wird    auch    aehr   gut   die  lYerbinduiig   des;  ana^tischen 
'tmd  sytirhetisoben  Lehrganges,  geieigt.     Die  obigen   3  Operattio« 
•'nen   werden  auf  die  Pensen  glücklich-  aogjswendet;  die;  laulep 
und  stillen  Pen!»en  sind  gedeihlich  zugetheil|>  und  alles  ist  genau 
auf  cbis  Eigenthwnlidie  des   Schulunterricbts,  das  Gemeinschaft- 
liche des  Thuns  luitcr  den  Kindern,  berechnet.  Die  ganze  Ele* 
'mentarschule  hat ''also  4  Garaus:    der  erste  der  Anschauung  ge- 
widmet,, ist  >  die  Vorschule,  .für  die-  Kinder  von   6  —  S  J.  aui 
w^cheotlick   «4  *^-  t6  Stunden;    der  ate  ttnd,3te  der  Uebuqg 
oder  Verarbeitung,  für  die  Kinder  ^ön  8t--  la  J.  zu.  wöchent- 
lich 20-*- 96  Stunden;  der  4te  der  Anwendung  für  die  Schüler 
von  la—- i4  J*  wöchentlich  aS  St.    Jeder  Cursus  ist, weiter  in 
^denretnfaelian  und  wiederholenden^  zn^leicb  ajUisfuhrendeD »  ^er- 


PSAdgogik  und  'Melhodil^^  tt 

Up.i  iy^Vflei^t\\o\ttk  \A%  hier  ntclit  evwa  «itt  9Mr  Ail6»g«A 
der  ersteo  Lection,  soodiern  eine  Erweiterung  des  GeCsrTstcttf 
und  so  ist  aacii  bei  den  stillen  Petise»  für  die  Selbstbescliäfti- 
goii^  und  orp^aoisch  fortwirkende  Selbaubjkigkeh  gesorgt«  Die 
Vertheiluu^  der  Gegenstände  in  dio  Lehrstunden  ist  ebenfalls' 
wolil  erwogen.  Die  Vorschdle  solhe.  mir  alle  a  Jahre  Kinder 
aufnehmen,  wenigstens  meiste  doch  nixr  alle  a  Jahre  eine  KlaiaA 
in  den  folgenden  Cursus  vorgeschoben  werden. 

F'ierter  Abschnitt,  Das  Sthulkalien,  Auch  in  dieaen  Ab* 
schnitte  ks^nn  der  praktische  Schnllehrer  wie  der  Theoretiker 
Und  wie  der  Anfscher  sehr  viel  lernen;  nnA  es  ist  «wichtigwx 
Erstes  Cap.  Des  Lehrer^  F'erhalten  in  Rütkskkt  4mf  dia  Schatz 
^rdrinng  und  ihren  Zweck,  Wir  empfehlen  besonders  waa  det 
erfaliine  Verf.  angiebt,  v«  ic  der  Lehrer  ein  f  Buch  nber  das  N»»  . 
icireil  und  die  Anlagen  jedes  Schülers  haken  möge,  eine  Erfor^ 
schuugj  die  Recens.  in  seinen  Schriften  -als  onerli^alich  tut  die 
wahre,  Erziehung  erklärt  hut  und  immer  '  ernstlicher  -  erkkrai 
mufs.  Auch  Hr.  D.  sagt,  wie  das  ebm  der'  Vorzug  der  ge- 
netischen Methode  sej,  dafs  d^  SchSler  da  die.besott4cri^  Riitb* 
tjiiig  und'  Anlage  seiner  Kraft  offenbart.  Anch  haben  sich  des 
Hec.  Grundsätze  über  den  Gebraneh  der  rerscbiedeueii  Ldir* 
formen,  die  hentistische,' die  vorspretheode,  die  katechetische 
!!.'$•  w.  ihm  selbst  überhaupt 'tinnker  bestätigt  ^  und  Was.  er  ia 
dem  vorliegenden  Capitd  so  reichhaltig  und  aa  piaktiaeh  aws«* 
geführt  findet,  mufs  ihn  noch  mehir  darin  befestigen.  •*-*  l>rittea 
.Cap. :  Kunstgr^e  des  Sehuthidtens.  Auch  das  durfte  aicht  feh« 
len;  z.  B.  das  Commando,  und  der  militärische'  Tact,  den  die 
Ordnung  in  manchen  Stiickc^n  verlangt^  hierau  das  Choi^recheu 
und  Chorleseh  u.  dgi  Ueberraschen  wird  eS,  vreuu  der  Leh^ 
rcr  befolgt,  was  ibqi '§.  177  angegeben  wird ^  dab  «Mr.  die 
Kinder  z.  B.  im  Kopfrechnen  die  Aufgaben  von  euiein  znui  «lo- 
dern weiter' Idsend  einander  selbst  geben  lafst»  Ein  kuraer  An* 
Lang  fügt  noch  einen  guten  Rath  hinati)  wovou  wir  dcu  ittz^tn, 
der  auch  der  erste  sejn  mag,  und  das  HberaU ,  bierher  setzen; 
»wenn  dir  etwas  uieht  gelingen  wS^  so  suche  die  Ursache  im- 
»mer  zuerst  in  dir  selbst.« 

So  habet!  wir  denn  hier  ein  Buch,  weldtes  alle  Fortschritte 
der  Methodik  für  das  Volksschnlwesen  zusaiumeii&fst  und  das 
man  niclit  ohne  Freude  den  Männern  vom  Fach  in  die  Hand 
giebt,i  da  es  sie  in  den  Stand  setzt  Schulen  einzurichten  und  in 
solchen  Scinilen  zu  lehren,  wegen  deren  man  unserer  Nation^  - 
und  der  netten  Generation  •  Gluck  wnnschen  vaag»  Der  di'itle 
Theil  gebt  nun  in  das  Schudgesehäft  selbst  ein.  Er  enthält  die 
spt'cidle  Einhitung  in  die  Unterriehtslekres^in  F'olkssehtden ;  erste 
j4btheiUing4  erste  Ehmentarkl^sf\  SckUkr  t^wt,  ^  '^'^  Jufufen; 


/ 


«s.  Pädagfogik  lind  Methodik. 

'•■"■"  /  •■ 

Cursus  dlsr  \4nschauimg.    Wir  haben   also    noch,  einfge  Theik 
zur  Vollendung  des  Ganzen  zu  erwarten. 

Da  dieser  Unterricht,  welclier  die  Seelen  der  Kinder  zum 
Wachsthume  der  Kraft  zubereitet ,  so  wichtig^  ist,  und  da  grade 
in  der.  Vernachlässigung  desselben  meist  der  Grund  der  weiteren 
Verwahrloflubg  Hegt,  da  er  aber  auch  ein  sehr  geübtes  Lehrta- 
lent erfordert,  so  verdient  es  allerdings  die  lauteste  Rüge,  dafs 
man  gewöhnlich  Anfängern  im  Amte  diese  Klasse  iibergiebt.  Der 
Ldirer  mtiCs  sich  in  den  Gedankengang  der  Kinder  liineinstellea 
um  sie  zur  Betrachtung  der  sinnlich  gegebenen  Dinge  und  hier- 
mit zum  Benennen  derselben  anzuleiten.  In  Verbindung  mit  dem 
Lescii  lind  Schreib.en  macht  dieses  den  Stamlm  ,des  ersten  Un- 
terrichts. .  Es  gehört  dazu  di.e  Religion  als  der  Mittelpunkt  voa 
allem,  denn  di^eser  soll,  »alle  Strahlen  in  sich  vereinigen;  er' soll 
Verstand  und  Gefühl /des  Kindes  im  Einklang  erhalten.«  Es  ist 
die  innere  Anschauung,  Vertrauen,  Dankbarkeit,  welche  die  Re- 
ligion schon  für, die  Elementarklasse  eignet j  als  das  Innerste  und 
Tiefste  für  sie  auch  d^s  Erste,  was  als. die  Wurzel  von  allem 
angeregt  werden  mufs,  womit  der  Verf.  in  einer  Note  den  Un- 
verstand hierin  widerlegtT  »Schon  im  ersten  Unterricht  soll  man 
die  Kinder  an  diese  hphere  Ansicht  der  Dinge  und  dtes  Xcbens 
gewöhnen.«  Erreguug  der  frommen  Gefühle,  Erzählungen, 
Sätze ^  Verse,  kurz  biblischer  Unterricht  gehört  dahin.' —  Uie^ 
körperlich  gymnastischen  Uebungen  dürfen  zwar  ebenfalls  in  dieser 
Klasse  nicht  fehlen,  aber  nach  der  Beschafienheit  unserer  Volks- 
schulen kann  hiervon  nur  wenig  vorkommen;  woriir  wir  ebetn- 
falls  dem  Vf.  beistimmen.  Tactnjiässige  rUebungen  im  Sprechen» 
auch'  als  Vorbereitung  zum  Singen  und  Uebupg  der  Hand  im 
Schreiben  und  Zeichnen,  sind  hierin 'das  Noth  wendige. 

Der  Lehrton  fliefst  aus  der  in  die  kindlichen  Empfindnn- 
gen  eingehende  Liebe,,  er  ist  nicht  kindisch,  aber  kindlich, 
freundlich,  herzlich  und  lebhaft.  Die  Lehrform  läfst  finden 
(  auffassen  )  /  üben ,  einprägen ,  anwenden  y  hauptsächlich  durch 
Sprechen  mit  dem  Kinde.  Der  An  schauungs-»  Unterricht  ist  we- 
lliger ein  Erschöpfen  des  Stoffes  als  ein  Formalismus,  d.i.  Ue- 
bung  im  Aufmerken-,  Betrachten  und  Urtheilen.  Das  Materiale 
( der . Ausdruck  Realismus,  der  im  Lehrbuche  diesen  bezeichnet, 
steht  nur  nicht  naph  dem  Sprachgebrauchc  jenem  gegenüber), 
herrscht  hier  noch  vor,  da  in  jenem  Stammunterricht  der  for- 
male, religiöse , und  materiale  Gesichtspunkt  vereinigt,  die  ele- 
mentarische  Grundlage  ausmacht.  Der  materiale  Gesichtspunkt 
ist  der  jeitende;  denn  jede  Materie,  Wenn  sie  nur  aus  dem 
Kreise  des  Elementarischen  gewählt  worden,  kann  zur  Bildung 
der  Kraft  methodisch  behandelt  werden ,  da  unigekehrt,  wenn 
man.blofs  dem  Formalen  folgte,  aller  Zusammenhang  der  Materie 


\ 


Pädagogik  und  ll^ethodik.  iS 

zerstört  wurde.«  Sehr  ricliti^  Enden  :virir  den  Tadel,  den -der 
Yf.  über  die  sogenannten  unmittelbaren  Denkübungen  ausspricht^ 
und  der  auch  die  besten  Lehrbücher  der  Art  trifiL  £s  ist 
«in  Wort  zu  sjeiner  Zeit.  Man  treibt  darin  viel  Unwesen,  denft 
«s  ist  doch  am  Ende  eine  Art  Tändeln,  wodurch  das  Lernen 
selbst  zu  weit  zurückgeschoben  wird.  Auf  der  andern  Seite  ist 
«s  aber  doch  auch  wahr,  dafs  in  dem  wahren  Elementar*  und 
Stamm  -  Unterricht  die  beste  formale^  Uebung  und  -  die  rcphte 
Materie  vollkommen  zusammenfallen-  müssen ,  woraus  das'  wahre 
Lernen  entspringen,  und  der  BAum  des  Wissens  aus  seiner  Wui^ 
■sei  erwachsen  und  sich  verzw^igcu  würde.  *  Bis  jetzt  ist  es  nur 
ein  Versuchen ,  wo  beides  tfon  der  einen*  und  der  andern  Seite 
gegenseitig  näher  rückt,  aber  der  innere  Keim,  'der  alles  aus 
einein^  Stück  hervortreibt ,  ist  noch  nicht  rein  aufgefunden.  Das 
wäre  eigentlich  ein  Gegenstand  philosophischer  Art,  für  die 
Methodik  nicht  blofs  psychologischer  Art,  denn  das  letztetre  ist 
ohnehin  ein  Hauptbestandtheil  dieser  Wissenschaft.  Und  das  wäre 
jetzt  bei^  den  bisherigen  Fortschritten  an  der  Zeit.  Dfts  vorlie- 
gende Lehrbuch  hat  alles  Bisherige,  was  dahin  führt,  so  bear- 
beitet,, dal^  es  auch  das,  was  die 'Methodik  durch  Pestalozzi, 
L.ancaster  iind  Graser  gewonnen  hat,  in  dem  rechten  Punkt  ver- 
einigt und  hiermit  von  den  Einseitigkeiten  dieser  Methoden  be« 
freit.  Die  Grundsätze  des  Anschauungs  -  Unterrichts  werden  ' 
hierauf  nach  Reihenfolge  seiner .  Uebungen  Beispielsweise  von 
Betrachtung  des  Schulzimmers  anfangend  gezeigt,  und  die  ganze 
Behandriiug  so  angedeutet,  'dafs  dem  nur  einigermafsen  denken- 
den Lehrer  nichts  weiter  zu  wünschen  übrig  bleiot.  Bei  aller 
dieser  Yollständigkeit  und  Umsicht  des  Verfassers  feh]t  doch  ein 
Hauptgegenstand  des  Elementarischen,  'und  zwar  grade  der, 
welcher  diesem  Alter   so  ganz   eignet,   die  Sinnenübungen.     Bei  . 

•  dem  enschiedenen  Nutzen,  bei  der  ausführlichen  Anleitung  dazu, 
die  Gütsmutbs  ertheilt,]  und  bei  der  Leichtigkeit,  womit  sie 
«uch  in  der  Vorschule  betrieben  und  mit  dem  übrigen  Lernen 
verbunden  werden  könpen ,  niufs  es  Rec.  als  eine  Lücke  bd- . 
merken,  dafs  in  diesem  trefflichen  Lehrbuchc  nur  gra4e  davon 
keine  Rede  ist.  Wie  gut  lassen  sich  z.  B.  die  Uebungen  des 
Gesichtssinnes  und  selb^  des  Augenmafses  mit  dem  Schreib-  und 

•  Zeichnungs  ^  Unterricht,    und  die  des^  Gehörsinnes  mit  dem  Le- 

•  senlernen  vet einigen,  so  dafs  bei  wenigem  Zcitsfufwand  Gewinn 
für  beide»  ist!  Auch  stellt  sich  in  solchen  Uebungen  der  Zu- 
sammenhang des  Anschaunngs*Unterricht5  mit  den  folgenden  drei 
Lehrgegenständen  vollkommen  her.  ,:         . 

Ä.  Der  Lese  "Unterricht.  Auch  hier  ist  der  Vorzug  dieses 
Lehrbuchs  zu^<  er  kennen,  dafs  es  das  Gtfie  aller '  sogenannten 
Methoden  mit  Vermeidung' ihres^  Pedentischen^  su   einem  leben- 


9« 


I%l%ogifc  m^A  Metkoäilf^ 


weon  der  Vcrf*  ^gt:  ^Nwr  sollen  ^tejeaigeo ,  die  «us  d.«eseift, 
Uoiiefrichr  allzuviel  Wesens  machen ,  und  i/vülinen,  »ii  dev  Met 
Aodik  /deiselb«!)  häog^  dais  ganze  Gliick  dei*  Scbiile,  es  «nt 
aacli  nicht  übel  deiUen,  wenn  wir  ihn  fiir  den  waiiren  elemenr 
farikhen  Z^veck  nur  »Is  ein  Mittel  bf trachten,  nnd  daraach 
ntntben,  ihn,  ohi\e  eine  Swde  g^gen  den  Geist  des  Elemdatar* 
«riterriobtSy  spbald  als  mögUch  wegzubringen^  darum  weil  wit 
fiesseres  und  Wichtigeres  zu  Ibun  hd»efi.«  Darum  zieln  unser 
Vecf«  4ie  Sfephatmoke  Lwutmelhode ,  der  OUt^iefschen  umstand«» 
üeke»  Qmlioepie  mit  .aUem  Hecht  vor V  oder  vielmehr  die  Kruff^ 
#cAe^  welche  tieles  aus  der  letateren  einfacher  anzuwende* 
meiüj  was  er  nixA  mehr,  in  den  Anleitungen  von  ZeHer  no4 
SMi'er  iodet.,  >«fid  M^obcj  er  nicht  das  Ei^'^^euthiifnliche  in  Gram 
t$en^s  geisiY^lleii  Angaben  .anbeaichtet  lafst.  Dennoch  sbheint 
sler  praktische  Blick  des  VesTassers  von  de«  Kün&tekien  hierm 
isioeh  elwiis  .geblendet  »i  seyo.  Was  sollen  doch  den  Kindeia 
•diie  HefleSBionett  über  die  .iMiganischen  Thätjgkeiten  der  Sprachf- 
•weirkziBiige  bei  federn  Buchstabeti?  Wir  bez^ieifelny  ob  raai^ 
jAamil  das  l^esenleraen  «um  Denkgeschäfie  machte  und  mit  sol<i> 
.«KecnPhystologisiren  nur  irgend,  etwas  zur  Geistesbildaug  wirku 
•Wavtiin  ^khrt  man  nicht  lieber  auch  eben  so  die  Bewegung  der 
JFingeiHnudkeln  bei  dem  Spielen,  und  der  Fufsmüskeln,  damit 
Idas  Kind /gehcA  lern«?  ^ein,  der  Verf.  sieht  es  selbst  bess^ 
t<UA,  wesen  er  aas>^LeseillerneB  als"^  eine  technisclie.  Fertigkeit  (in^. 
dufteten, der  Bucbstaben)  betrachtet,  warum  es  nun  durch  jene 
dbratrfiüHigen  Dinae  lersebwepeu?  Oder.gtebt  es  entschiedene 
iSrfabtuog^n  vjoq  ihrem  Nfi^en  in  Volksscbuien.  Eben  so^  findet 
,iWsc.  -mch  immer  die  vornehme  Benennung  für  Laute  nur  ver-p 
rWirrcttid.  Jeder  ^Vocal  kjino  in  verschiedenem  Tone  gesungem 
^uiüi  gesprochen  werden.,  aber  der  Laut. bleibt  derselbe.  Utfbri* 
'^ns  rist/dic  »ttsnehmenide  Genauigkeit,  vvomit  der  ganze  Lese- 
•uatenticht .  dem  j^chuUi^hrer  vodtgeiegt  wird,  ganz  in  der  Treff- 
-lidhkeit  dieses  vllchrlmcbs.  .£s.  scheint  uns  ein  ^Gewinn,  dafs  das 
JLteieo  nach  d^m  Rhytmuts,  Z.B,.  in  Jamben,  von  dem  Leser  nach- 
dem Tact  unterschie.den  und  ak  eine  weitere .  Uebuog  eu%e- 
.sldlt  wird» 

*  Der  SßkreituHteiricki.     Damit  er   zugleich  .  bei  seinem  mt« 
iieriaka  Zwecke   nicht  nur   die   AujTmerksamkeit   und  das  Nach- 
denken übci  st^udera  .auch  das  ScljönheitsgcFcihl  und  die  Kunst- 
lluoaft   bilde«   vyiid  er   mit,  'der   elementarischen    Zcichnungslehro 
verbanden,  und  übrigens  methodisch  behandelt.  Auch  hier  wird 
stcb  der  (ElemeiHarlehrer^  der  de^itlichen  Belehrungen   erfreuen, 
'ilie  ihm  das  iBeste  in  die  Hand  geben,   'was  die  Methode  gc>> 
woaaea.kat»   ifii^.Feacalftaiüsche  Formenlehre  verdimit  dutchau^ 


m  dii^sen  Sc^iöleii  b^heliailten  zu  werden,  ^et  aacb  AeA  füm«^ 
gen  Unterrtcht  zu  einem  organis<ihen  Ganzen  einverleibt  zu  werden^ 
Das  hat  denn  «nch  unser  Verf.  getroffen.  Er  giefot  vorerst  Vqr^ 
obong^n  für  das  Scbreibenleiiien  aus  die^e^  Formentebre,  axif 
weicbe;  Torubniigen  von  Haltung  des  Rdrpers,  der  Arme|  der 
Binde  und  der  Finger  folgen ,  sodann  werden  einige  kruma^ 
tmientnit  graden  eingeübt/  Weiter  die  ZdStrn  tind  Budistabe«  ^ 

'  eittzdn  'tu  sbMcklicher  Stufenfolge  xgi3>tldet,  und  endlich  di«  Zn^ 
sammensetzmig^  zur  Fertigkeit  gebracht.  So  weit  sdles  tfuf  äeä 
Schiefertafeln}  nun  geht  e^  aUmählig  an  den  Gebrauch  der  Fe* 

I       der,  welcher  aber  erst  ganz  im  2ten  Jahre  dieses  Cursus  eintritt. 

!'  Der-  ZtüUenuntef'ncht,    Auch  dieser   ist  methodisch  behan« 

deh,  vedd  zw«  nach  der  Pesialozzisijken  Weise,  wclolie  ma& 
nur  da  in  Schüleii  aufgeben  konnte^  wo  aMn  «ie  pedantisch  und 
sdRSt  mnsemg  getrieben.  Ihr  .bleibender  Wertb  bat  sieh  da^  wo 
nan  ai^  irerstend^  zu  entschieden  gazeigt,  aU  dafs  .tfbaprechende 
WiUkulii'  sie  wieder  verbannen  sollte^    Unser  Verf^  versteht  sie* 

I  aber^  und  kenot  auch  die  anderweitigen  besten  Lehrmittel;  tf 
giebt  daher  mit  seiher  Sorgfalt  dem  Elementarlehrer  die  richtige 
ste  Anleitung  zum  organischen  Zahlenüdterritht ,  Und  fuhrt  au^ 
dieser  Stufe  in  das  Zifferschreiben  und  Zifferlesen  hinüber.  Wut 
vermissen  mit  die  Uebung  in  dem  Aügenmaalise  ^  welche  siclii  ^ 
vortrefflich  an  Nr<  ^  ff.  anschll  essen  würde. 

Warum  aber  fehlt  die  Formen  -  upd  2e!chnungslehre ,  so 
wie  sie  nach  der  Pestälozzischen  Idee  bearbeitet  worden,  und 
so  weit  sie  in  dem  Kreise  dieses  Elementarunterrichts  liegt  t 
Zvar  sind  die  Gruiidlagen^  wie  oben  bemerkt,  in  diesem  Lehrr 
buche  mit  anderm  üiite^rrlchte  geshickt  velhünden ,  äbiU  es  i&( 
weniger  darin  gegeb'eh,  als  iü  solcher  Schule  gelehrt  werden 
kann  und  soll.  \Väre  diese  Lücke  aufgefüllt,  so  hätten  wir  Ih^ 
diesem  Werke  ein  Schulbuch  für  Elemenfarlehferi  wie  man  e^ 
nnr  wünschen  mag«  Denn  die  eidieludn  Gegenstände  sind  so  zu^  ' 
sammengijordnet^  4iJs  jn  der  Schule  ein  lebendiges  Ganzes  des 
Unterrichts  werde  ^  wozu  genaii  die  dem  zarteren  Alter  züge- 
dieiltea  Schulstunden  zuteichisn.  Rec.  wünscht  daher  bei  einer 
nenor  Auflage  diesem  Buches  die  bemerkte  Vervollständigung^ 
wenn  ätiders  der  auch  dureh  vielcf  Erfahrungen  in  diesem  Faclie 
aosgezeic^nettf  Hi'.  Yerf*  seiner -Ansicht  zustimmt. 

Der  Anhaf^i'  über  den 'Gebrauch  der'  Bell-Xjancasterscheu 
Medibde  'UM-  unser n  Schtileb, '^agt  auf  wenig  Biättemwas  dar- 
über ztf  sagen'  ist^-  und  was  ans  dem  gründlichen  Urtheil  einSi^ 
Vntorp  und  anderer  deutschen  Paclagogcn  hervorgeht.  Er  sajj^ 
knrz  ioind  gut,  dafs  nur  ein  sehr  be  chränktcr  Gebrauch,  und 
dieser'  nuf  'da,  wo  es  ledighch  das  Einüben  gilt,  in  unsern 
deutschen  Volkssehulen  y  n^elche  im  Ganzen  genommen  auf  einer 


\ 


i6  Pädagogik  \md  Methodik«^ 

lioberea  Stufe  steKen ,  davon,  cemaclit  werdep  kann»  —  Als 
|lec.  seine  pädagogische  Lauf  bann  betrat,  ahndete  er  die  Zeit 
solcher  Verbesserungen  der  Schulen.  Während  seiner  Wirk-* 
samkeit  stärkte  ihn  der  Blick  auf  die  Fortschritte  hierin  und  et 
durfte  sich  auch  der  Mitwirkun«:  hierzu  erfreuen.  Jetst  wird 
diese  seine  Freude  vollkommen,  da  er  es.  durch  solche  JtfänneJi 
•wie  Hr.  D.  so  weit  gebracht,  'und  daher. auch  seine  Idee  so 
verstanden  und  in  Erfüllung  gebradht  sieht.  Auch  dafür  da&kt 
tx  dem  ehrwürdigen  Manne. 


J.    Anäeutungen  üter  Amt  uhd,  Lehen,  des  Lehrers  in  Land^ 

.  und  Bürgerschulen  j  in  Briejen  an  einen  ttngehenden  Land^ 

i    .    Schulmann  j  v.  :G.  J.  .ScüljcHtsh.,  erstem  Lehrer  am  Loui^ 

senimdtiit  .in  Dessau^,  \  Deseaji  h,  C«  G**  Ackeruimn*  4&s^4^ 

(208  S.J  42  gr^ 

fVenn  der  anseilende  Schullelirer  in  dem  Werke  von  Denzet 
seinen  Geist  gebildet  hat,  so  wird  auch  sein  Herz  für  die  schone 
^  Wirksamkeit  seines  Berufs  erwh>mt  seyn ,  und  dann  lese  er  ein 
Buch  wie  das  vorliegendQ.  Hr.  Schi,  führt  Um  als  ein  erfahr- 
ner Freund  in  das  Schulhaus,  und' macht  ihn  mit  allem  bekannt, 
was  die  neue  Lage  von  einem  wohldenkenden  Manne  fordert^ 
und  wodurch  er  sich  auch  seine  Lage  zu  einer' angenehmen,  se- 
gensreichen machen  kann.  Der  Ton  dieses  Buches  ist  fafslicb 
und  edel,  wie  es  solchem  rathgcDenden  Freunde  ziemt.  Wir 
TFÜnschen  dem  Verf, ,  dafs  er  anerkannt,  und  überhaupt  in  die- 
sem,Faehe  recht  Vielen  belehr  Aid  werde.  Er  will  in  diesen 
%^Briefen  keine  eigentliche  Methddik  des  Unterrichts,  sondern  eiiie 
des  Lebens  für  diesen  Berufskreis  geben;  und  gefade  das  giebt 
seinem  Buche  recht  viel  Werth. 


/•  Versuch  eines  Lehrplans  für  zahlreiche  f^olisschiäen  zur  Se-^ 
Wirkung  eines  genauen^  stufenweisen,  Fortganges  im  Unter^' 
rieht j  mon  ff^OLFC,  Konr,  Schültheiss  j  ,  Lehrer  an  der 
Pfarrschu}e  u,  Organist  zu  St.  Peter  b,  Nürnberg.  Nümb. 
b.  C.  FeUeker.  4 8 Ho.  (n4  S.  u.  »glithogri^Bog*).  %  ß.  8  kr, 

Jxennthisse,   praktischer   Sinn,   ^dler  Eifer  beV^eiseii    in    diesem 
Versuche  einen  wackern  Schulmanti,  det  Aufmunterung  verdient. 

{Die   Fortsetzung  fol^t,) 


^ 


N-2* 


Heidelberger  iSOö* 


Jahrbücher  der  Litterätur 


PMägügik  und  Mtthodik% 

llalieir  Ifsiueri  i^tr  ilfm  Aldi  lu^  dafs  er  jefzt  sctimi  in  ^iiiettl 
Plaoe^  den  er  in  zwiefaclier  Uebersictit  darlegt,, manche ,  das 
der  Yerbtfsseriing  bedairfy  selbst  werde  eingcselien  babeii.  Dä*^ 
Kill  gehört  die  Methode  des  Unterriciits  im  Reehnen  und  der 
Mangel  am  Untcrricbl  in  der  Formen-  und  Gröfsenlehfe.  Wir 
sieben  nämlLcli  bei  der  Ueberzeugung  fest,  dals  die  Pestatozzi- 
scbe  Lehrart  fSr  beides  in  keiner  solcbeir  Schule  mehr  fehlen 
dürfe.  So  kann  auch  im  Lesen,  Schreiben,  Zeichn^it,  nachi^  dem 
angezeigten  Verfahren  zu  urtheilen  y  eine  mehr  methodische  Ein*-< 
richtung  statt  finden.  Dafs  RTnder,  zumal  in  unteren  Klassen 
sicK  manchmal  blos  als  zuhörend  verhalten  mgssieii,  ist  ein  pSda-*^ 
gogischer  Hauptfehler,  der  in  uusern  Zeiten  um  so  leichter  ver^* 
mieden  werden  kandi^  cta  wenn  man  auch  fiber  zu  wenig  ^Lett^ 
und  Lehrerkräfte  bei  einer  zahlreichen  Schule  tu'  klagen  hätte^ 
Wenigstens  einiges^  von  der  Lancasterschen  Methode  zu  Gebot 
steht*  Wir  verweisen  hierbef  und  in  mehrerem  auf  das  oben 
angezeigte  DenzePsche  Lehtbuch,  das  gerade  solchen  denkendcfi 
Scholmännern^  wie  Jftr.  Schultheits.,  zur  vollständigeia  Beratbung. 
sehr  dienen  wird.  Wer  das  Gute  so  will  und  findet,  verdient 
auch  das  Bessere,  das  man  in  diesein'  und  jenem  bereits  gefun«*^ 
den  hat,  schon  fruhzelUg  bei  seinem  Werke  kennen  zu  loruen 
un^  dmch  die  hdher  stehenden  Lehrer  des  Fjichs  zur  voUkpinn'^ 
Bern  Wirksamkeit  gehoben  zu  werden» 


H    Nti>* 


5.  Latithide'mii  Jtieh  Btitfäiah^n  an  ^  tri  tin^  MttkoiUchen 
Sti^knfolge  j  für  Elementar' Klassen,'  auth  mm  Pri\^gt-' 
brauch  ^on  Ö.  C.  H^.  GlJsisk,  kUmfenta!tkkr&  an  def 
VBckterichöte  tu  Hannover.  Erstes'  Buch,  ffännöi^ery  in 
der  Hakn^sehen  JSößuchhandltmg.  />«o.  f /^.  ».  4MA.) 
Zvvtües  Such  ete,  ( 4t)3  S.J.     S  ggr. 

i/as  BficUeia  zetdmet  mA  vor  vieleii  n^nes  Gleichen  auf  durck 
X^e  AoMTdnuDg-wal  diireb:  nei^  gesehAaökviiU^  AuswaU  der 


^ 


t8('.-  Pätlagogik  und  MethoJik. 

Lesestücke.  Es  kanu  bei  der  verbissenen  LeAemethode  gebraucbt 
werden;  fiir  DanVdbupgcn^ist  njuf  w^if^en,  Slälterä  melir ''gpge- 
&ai<al«  ■'»1  aoderGWa-in  weltlädGgeD  l^lechisalioneii  fiadel. 


<5.  AM  T^erttandeshueh  ,  oder  Verst&niigimg  der  Jugend  in 
f^olitschulen  i'ther.  die  wiuenswürdigtfen  CegenitöJide  des 
menschlickert  Ltbens,  von  Jqhansbs  Spisciss  ,  Docior  d. 
ThtoLf  Kircki:nr,  m.  Prof.  am  theol.  Seminar  ia  Herborn. 
_3te  yerm.  und  verb.  At^.    Marb.  u.  Cassel,  bei  J,  ChriiU 

^'^'■'■Srüger.  tSu.  (3oS  S.S.),     36  kr. 

■[^..Di^  Sekide  der  f^erjtandesübungen  nach  der  Stuftn/clge , 
Jur   Bärger-   und   Landschulen    entworfen   *fln  Df^  J-i,   G- 

I  ii4GBLf  Ractor  der  Schide  ^u  ffornbtirg  cm  Fiirtte/ithwn 
fftäbertladt.     ^weiter  Theä.     Magdeburg  in  der.Creia'schen 

"'■'"iiufhhandl  t8.fto^(4U  Abtk.  4tS  S^  3te  Abth.  ig»  S.  8.)- 

j  .i^^retf  48  Ggr.  „ 

A  tat  Verctandusübuu^  für  Volk»- 
das  eaiue  Lerora  in  der  Schule 
I ,  und  der  Lehrer  mufs  das  ohne 
jit    wissen,     tndessen    deak^  man 
:  einp  Ssipmlung  von  Muierialien 
yarsiaiiJeseatwicklung  geordnet, 
,  worin  di«,y'<^GU(idesbef;riff'e  tum 
die  Schull^iader  gemafh^  werde». 
en.Xfelii^r  eia  liedürfoifs  scj,  ist 
iiet  von  ,Nro.  i.  kann  es  bewei- 
ihrung,   an    deren   Rulirilea   wir 
inden,  beweise!  für  die  rtütalidt- 
eichihum    gemeionütEiger   Rennt- 
^  stattet, .welche  aus  diesem  3ucKb 
durch  einen  geschicktes  fehrer    ÜnlerrLchl    erhallen,     nnd   aiicK 
dieser  Tctrd  von    dem  Ichrkundigen ,    viclverdienten   Hrn.    Verf. 
überall  in  dem  rechten  Gange  erhalten.     Es  ist  ein  wahrhaft  auf- 
UäieDdes  Verslandesbuch,  dem  auch  der  Geist  ehrittUcber  Her- 
zensbildung, nicht  fehlt, 

/  '  ^b  ^er  ein  ßuch  der  zweiten  Art ,  Bedüifnifs  sey,  ISrst 
sich  ifocli  bezweifeln.  Nro,  2.  ist  ein  solche«.  Es  gebt  vou  Sin- 
nen^iischiiuuDgen  aus,  und  lehrt 'durch  Reflexion  die  logischen  uikI. 
'metaphysischen  Begriffe  bilden.  .Selbst  wenn  dieses  mit  aller 
katechetiscticn  Kunst  geschieht,  wie  von  dem  Hrn.  Vf.  so  ist  «s 
doch  unmöglich,  alle  B^riffe  zu  effra{[en,  oder  aus  dein'  vor- 
gel^en  Stoffe  bUdea  la  lauen,  ipmcr  wird  man  sie  entweder 


Pädagogik  und  Mediodik«  i^ 

als  scliön  bekannt  aus  dem  S|>racligebraucti ,    wie  z.  Bi  der  Be^ 
gritf  Yorsteüung,  sugjg^ei'ireuy   oder   ohne  Umschweife?   ifotfistgen 
inusspb.'  Weichein  Nutzen  soll  man  sich  auch  davon  versprecheoi 
ivenn  etwa  eiü  Schuljahr  hindutch,  eiucj  solche  Reihe   von    He-^ 
flexionen  durchges()rochefi  worden?  E^  bleibt  dotih  immer  mehi^ 
oder  weniger   ein   Buchstabiren,   dhs  nicht  daiu  kommen  kann^ 
Geist  zu  werden.  *  Rec.  hat  wenigstens  keine  Erfalhruhg  gefun* 
den,  die  ihm  seine  Meinung  von  dem  nur  sehr  unt^rgebrdiieted 
Mutzen  solchen  Katechisirens  widerlegt  h3ttcf«     Auch   weifs   mail 
nicht    recht y    wie   man  an  einer  Schule  solche  L.ectionen  vej^an«'^ 
Staaten  soll,  ohne  den  Lehrer  sammt  den  Schtilem  einzuschjäferil 
oder  einzuengen.     Denn  der  erstere  müfste  buchstäblich  wie  ei- 
lten Katechismus  das  alles  durchfragen ,  —  welcher  Uncjrträglich^ 
Mechanismus !   -*-  und   die  lettteren   mäfsten  bald  das  alles '  so 
langweilig  finden,  dafs' Aufmerksamkeit 'und  Nachdenken  endlicli 
gant  aufgiengen.     Soll  die  Sache  gut  gehen,   so  mufs  dem  Leh*- 
rer  ein  freier  Gang  überlassen  bleiben,   worin  er  bald  so',  bald 
anders  fragt ,  bald  auch  vorsagt.    Hierzu  bedarf  er  aber  ilur  det 
IMatertalien    und  der  Winke.     Doch   wollen   Wir  einem  sokheki 
'Buche  seinen  Nutzen  nicht  absprechen;   es  belehrt   den   Lehrer 
^  Beispiele.     Und  das  vorliegende  kann^  dem   Volksschdllehrei* 
bierzu  sehr  dienen.     Die  Reichhaltigkeit,  sqwic  die    Anordnung 
der  Materien^  dabei  die  geschickten  Prägen  alle  der  Reihe  nacK 
sammt' den  Uebungsangabeii  können  ihn  bei  einigem  Talent  recht 
gut   in   den  Stand  setzeii,  die   Begriffe  der  Kinder,   selbst  dili 
^jchologrschen  zur  Deutlilrhkeit  zu  entwickeln.     Die  Recapita^ 
iatk>n  aller  dieser  entwickelten  Begriffe  in  einer  Reihe  yoii  Fra^ 
gen  am  Ende,  von  dem  Körper  an  bis  zu  den  Geistestkätigkei^ 
ten,  beweist^,  wieviel  hierin  gethan  werden  kann,  und  der  Blick 
auf  dieses  schöne  Ziel ,  Wenn  es  auch  erst  in  Jahr  und  Tag  erreicbl 
wurde )  eriüuntert  und  belebt  den  Lehrer  schon  zum  Voraus« 


MMMVMMMkMMMM« 


Sm     Ceistestehre  der  Unterricht  üler  den  Menschen,  was  er  äÜ 

feistiges  tVesen  ist  und  sejn  soll.  Pur  die  aus  derKmdt-' 
eit  zur  Jugend  heranreifenden  Zöglinge  verfa/st  von  /.  JF« 
Shell,  PJa&er.  zu  Nauheim  bei  Limburg  an  der  Lakn^ 
Giessen^  bei  C.  C^  Müllen  48sin.  (XF.  u.  476.  S.  iS.J54^r. 

JUie  Campischen  Sedenl^hren  fißr  Kitider*  haben  schwerlich  einfe 
Setlt  grofs  gemathft.  Man  lasse  die  Kkiheii  hinaussthaü^n  in 
^e  Welt  mit  üübefaiigcnbeif,  und  was  die  Natur  und  die 
-Sprache  darbietet  -  in  sich  aufnehm^ti  mit  Aufmerkstimkcit ,  das 
liahrt  und  läfst  die  Seele  wachsen.  Wenn  ma^n  abet  das  KiiiiblciA 
oder  MagdkiD)  nicht  etWa  blofsi  tvas  noi^h  mitunter  hingehen  mag^ 


^o  Pädagogik  und  Methodik. 

sem  lechliehes  Angesicht  im  Splegdi  bescliauen  sehen  §  s^xdiera 
^s  sogar  von  Einbildnngskraft  oder  von  Wahrheit  und  brthuna 
^otwoft  geben  hort^   so  kann  man   sich   nicht  enthalten  ^   einge- 
bildetes. Wesen  und  Unwahrheit  in  ihm  selbst  zu  entdecken  j  und 
inufs  über  den  Wurmstich  trauern,   der  die  schöne  Knospe  der^ 
kindlichen  Unschuld  trifi^     Gleichwohl  galt  das  in  der  nunmehr 
abgelebten  Generation  als  Erziehungsweisheit,  die  noch  in  man* 
j^y^n  schalen  Catecbisiruiigen  ^d  Kinderbüchern  noch   ein  wfr- 
HJg  sphimmert. ,  Wir.  erinnern  nur  an  obiges  Kraftwort  vonPe» 
§mIo7.zi*     Dafs   aber  bei   der  Jugend  eine  Zeit  eintritt,  wo  de^ 
l^rziehcnde  Unterricht  das,  Auge  des   Schülers   auf  sein  Innere« 
wendet,   versteht  sich  von  selbst,  und  dals  dieses  mit  Verstand 
geschehen  soll,  damit  der .  heranwachsende  Mensdh  über  seine 
^isiige  Natur  klare  und  vvahre  begriffe  gewipne,  ist  eine  wich* 
^ige.  Aufgabe   für    den   Jugendlehrer.     Nur  alles  zu  seiner  Zeil» 
So  nidgen  wir  denn  diese  Geistesichre  betrachten,  als  eine 
j^nleitung«  welche  ein  deutlich  denkender  einsichtsvoller  Lehrer 
lindern  Lehrern  in  die  Hand  giebt,  obgleich  Rec.  das  Alter  von 
,ia  Jahren  noch  zu  frühe  für  ein  Refleqtiren  hält,  das  dem  Km»- 
.^en  eher  schadet  upd  nur  etwa  dem  reifenden  Jüngling  njutit.  Er 
^äfst  in  diesem  Buche  denjenigen   Tbeil  der   Mcnschcnlehre  be* 
•trachten ,   welcher  die  innere  Welt  zum  Gegenstande  hat,     Be* 
stimmte,  richtige,  deutlich  ausgedrückte  Begriffe,  und.^inmethodi« 
.^cher  Qang  vomAeuTsern  und  Niedern  zum  Innern  undHöhercij  vom 
Einzelnen  zum  Ganzca  und  immer  tiefer  führend,  geben  diesem 
Buche  einen   entschiedene!^  Werth  and  .Vorzug  vor  vielen  ähn^ 
liehen«     Auch   wird   es  jeder  csrfahrne  Schiümann  billigen,  dals 
,er,  die  i^ciiebte  catechetiscl^e  Form  für  seinen  Zweck  vefivvof'fea 
bat^   schwerlich  aber   ihm- darin  beistimmen,    dafs  der  Lehrer 
.erst  den  Abschnitt  vorlese.    Für  Schulen  gehören  überhaupt  keine 
Vorlesungen,  ausser  als  Leseubungen;  denn  soll  der  .Untenriclit 
belebend  sejn,    so   mufs  man  nicht  mit  dem  todten  Buchstaben 
überwältigen.     Der  geschickte  fehrer  wird  vielmehr  durch  Bei- 
spiel, Erzählung,  Lenkung  der  Aufmerksamkeit  auf  sinnlich^  Ge-* 
gensiSndc  u.  dgl.  vom  Anschaulicheb  ausgehen^  um  in  dem  vtfr- 
gezeichneten  Daläge  zu  den  Sätzen  dieses  Lehrbuchs  zu  führen, 
"die  dann  d^T  Schüler  als  cfrijabisch  in  sich  erzeugte  Urtheile  aus- 
sprechen möge,  wie  sie.  dastehen.    Denn  wir  sa^en  'es   Wieder« 
liok,  diese  Sätze  "Sind  tihgemein  klar,  richtig  uhd  kusämmenhin- 
f  end  ausgesprochen.    £s  reihen  sich  sojbKe  logische^  rP^jchplVr 
gische,  moralisch^,  rechtliche  und  religiöse, Lehrsätze  aneinajpder^ 
uf^d  es  ist  kein  Zweifel,  dafs  ein  guter  Lehrer  den  Schüler  xor 
Erkenntnifs  und.  eigenen  Aussprache  derselben  mit  diesem  Bucb(e 
in  der  Haud  recht  glücklich  führen  kann.    Auch  wird  der  Scipu* 
lei;,  welcher  diese  Anleitung  erhalten  hat,  den  wissenschaftUcbeii 


Pädago^  und  Methodik.  2^ 

Cotemclit  fiber  jene  Ge|[ei]Stinde  nunmelir  reclit  gut  rerstelteu.  Da« 
hermu£s  Rec.  dieses  Lehrbuch  als  eiacs  der  Nützfichstm*  seiner  Art 
empfehlen.     Nur  "wurde  er  in  Verlegenheit  seyn ,  wenn  er  eigne 
Lehrstunden  für  so  etwas  in  irgend  einer  Schule  besümmen'  soUle. 
For  niedere  Classen  is^  es  nicht,  wie  schon  gesagt,  \veil  es  die 
wenigstens   anfangende  JSnglingsreife   verlang,  wenn  man  nicht 
Terfirnhen,  und  .also  ungrundltcfa  upd  nur  scheinbar  bilden  will; 
und  man  würde  da  auch  bald  das  Langweitige  oder  Trockene 
solchen  Unterrichts  fühlen,   wenn  die  nnreif^ii  Knaben  stunden* 
lang   damit   unterhalten  würden.      Höhere  Classen    aber  habep 
sonst  so  ?iel  zu  lernen,  dafs  ein  rechter  Schulmann   die   Achsel 
zucken  wurde,  wenn  man  mit  hoch    einem  Lehrgegenstand  j   die 
ohnehin  so  bunte  Mustefkarte  von  Lectionen   bereichern   woUtfe^ 
und  da  ihm  überhaupt  die  eignen  Lehrstunden  für  Psychologie, 
Moral  u.  dgl.  nicht  gefaHen   mögen.'    Vereinfachen   müssen  wihr 
Tielmehr ,  und  nicht  blos   unsere  Gjmnasien  |  sondern  auch   die 
höheren  Burgerschulen  wollen  von   ^er  Ueberlast  des  Vielerlei 
endlich  einmal  erlöst  seyn.    Dafür  aber  sollen  die  Lehrer  es  vef* 
stehen,  in  den  Lehrstunden  der  Grammatik,   der  Religion,  der 
classischen  Leetüre  die  Begriffe  über  den  Geist  und  die  Bestim- 
mung des  Menschen   zu  entwickeln  und  auch  zu  beleben.     In« 
dessen  ist  es  nun  einmal  so,  dafs  mau  eigene  Lehrstundeii  sowie 
in  niedern  Schulen  für  Verstandesübungeh  so  in  hohem"  für  an- 
thropologische Kenntnisse  haben  wiH,  und  in  dieser  Hinsi^hi  sfnid' 
auch  solche   Bücher  ,  wie  das  angezeigte  von  Herrn  Pfarrer  S« 
Schulbedürfnifs;  Und  wo  es  auch  diesies  nicht  wäre,  so  wird  es 
jedem  Lehrer,,  der  solche  Schüler  hat,    überaus  nützlich   seyii, 
um   gelegentlichen  Gebrauch  ^davon  bej  manchen  Lectibnen  zu 
machen.  '  \       •  ^^       Schwätz.^ 


./ 


Betraehiungen  über  die  doppelte  Anficht:  oh  Jesus  blojll] 
ein  jädifchßr  LandraiBinCß  oder  -^-^  (Sott es  Sonn 
gewesen  sejr?  yon  Dr^  Lvnw*  Aug.  Kjeulea,  Konsist. 
Rath,  ord.  Prof,  d.  Ttheol*  Superint,  u.  Pf,  zu  Königsberg 
inPreussm»  Königsh,  Unii^,  Bmhhandl.  482s.  jtj^S.  8. 

Jbiine  seltsame,  zum  Glück  auch  seltene,  Erscheinung  in  der 
Dogmengeschichte  des  laufenden  Decenniums.  Der '  sonst  durch 
seine  dunkle  Philosbpheme  über  Offenbar ungstheorieh  1818  be<- 
kaonter  gewordene  Vf.  schaft  sich  eine  eigene  Kezerpkrthie,  um 
sie  durch  eine  eben  so  wenig  im  kirchlichen  anerkannte  Th^brie 
von  Gottessohn  mit  vielem  Eifer  zu  widerlegen  öder  nieder  zu 
declaniireo.    Wie    auf   dem  Titeln  50  auch  sogleich  wieder  im 


.92  Di%  Kahler  üb;  e.  doppelte  Ansicht  r.  Jesus. 

Anfangs  dieser  Schrift,  tritt  der  Vf^  mit  dmn  grellen  Gegeasate 
hervor:  ob  Jesus  ein  blosser  Lfuidrabbüie  gewesen  sej  oder^^ 
Gottes,  Sohn?  Soll  dies  Aufsehen  vacbea?  wie  etwa  Canzel« 
redner,  denen  doch  mehr  um  milde  Erbauung,  als  um  ein  stür- 
.  misches  Aufsehenmachen  zu  thun  sejn  solly  mit  irgend  eineA 
irappanten  Paradoxon  aufzutreten  lieben?  > 

Hätte  sich  der  Vf.  seinen  selbstgemachten,  fast  blasphemen  Ge- 
gensatz nicht  bei  wenigem  Nachdenken  selbst  auflosen  können  und 
3olIen?     Jesus  trat  allerdings  als  ein  jüdischer  Laudrabbine  auf. 
Dies  ist  Geschichte.   Dies  haben  schon  Tor  langer  Zeit  die  keincrr 
llcterodoxie  Verdächtigten,  des  jüdischen  Orientalismus  aber  etwas 
mehr  als  gewohnlich,  kundigen  Schriftforscher,  Schoettgßn^  in 
ä^n  f^ectionäfus  rabbin.  T.IL  c.  4%,  zu  Luk,4j,46,47*  u.  Danz 
Im'  Nov.  Testam.  c  Ttdmude  explicatum  p.  5f8*  nach  ihnen  Hilr 
sther  de  Studiis  Christi  »r-e^ypu^g  s.  Fabricii  Codex  Apoctm 
N»  Test*  T.  IIL  p,  4^9.  nicht  nur  gewufst,  sondern  mit  über«- 
zeugenden  Geschichtsgriinden  gezeigt.     In  eben  diesem  Sinn   hat 
auch  der   Evangeliencommentar  des  Rec.  nicht  blos  behauptet, 
sondern  historisch  gezeigt,   dafs  Jesus  als   ein  junger  Rabbi  aus 
der  Provinz  Galliläa,  als  ein  Landrabbine  hervorgetreten  ist.    S. 
$.  233.,  die  Inhaltsanzeige  zu  Lul^.  üj  40-^^9*    In  der  Weise 
eines  Landrabbinen  trat  Jesus  auf,  und   war  dennoch  der  M«s- 
.>ias,  der  Gottessohn,  der  wahre  Heiland  der  Welt.   Joh.  4,  4^* 
.  Warum  denn  einen  Gegensatz ,  aus  den  beiden  zugleich  wahren 
3ätzen  erzwingen  wollen?  Warum  einen  sp  crassen? 

Die  Wahrheit  ist,  was  schon  Paulus  den  Philippern  2,  7.  zur 
nachabmei^den  Bewunderung  vorhält:  Jesus  entäusserte  sich  selbst)  er 
iiahm  eines  Dienenden  Gestüt  an  (Joh.  «S,  1^.  ao.).  Da  £r 
Menschenähnlich  geworden  war  und  im  Betragen  wie  ein  Mensch 
erfunden  wurde,  erniedrigte  £r  sich  selbst  (noch  niehr)  bis 
!^um  (gewaltsamen)  Tode  und  zwar  zum  Tode  (der  schmäh- 
lichsten und  schmerzlichsten  Art)  am  Grenze.  Darum  hat  ihn 
auch  Gott  erhöhet  u.  s.  w.  Er,  welcher  die  Geistesanla- 
gen gehabt  hätte,  die  Messiasschaft  wie  im  Raube  an  sich  zu 
reissen ,  verabscheute  den  Weg  der  Gewalt  und  wollte  selbst 
die  Macht  erst  durch  den  langsamen  Weg  der  Uebcrzeugung 
für  da3  wahre  Gute  desto  sicherer  gewinnen.  Die  historisch 
unleugbare  Wahrheit  also  ist:  Jesus  trat  in  der  einfachsten,  zu 
.^einer  %eit  schicklichen  Weise  lehrend  hervor  und  war  dcnnoct 
wie  wir  vor  Augen  sehen,  durch  Sendung  und  Unterstützung 
von  der  Gottheit,  der  Stifter  eines  Reichs  göttlicher  Ueberzcu<f 
jungen,  das  in  den  sichtbaren  Kirchen  als  die  unsichtbare  und 
wahrhaft  {irchristliche  fortdauert  und,  je  höher  die  Mensehen-r 
t^'ü^de  sich  selbst  ;sicb  enthüllt,  desto  gewisser  fortdauern  wird* 

^0  Muscheinbar  J^^u^,  als  («andrabbin^  aufgetreten  wai:,  dennQQh 


Dr^K^i^er  üb.  .e«;  doppelte .  Aosicht '  v.  JesK.  23 

hai  er .  ianerlialb  der  drei  JAre*  sein/es  meksiiDiscIini  Wirkeni 
durch  seineo  ganzen  Charakter,  iq  seiner  ganzen  Wirkuogsarc^ 
histonUch  gewifs  gemacKCy  dafs  in  ihm  ein  Geist  Mensch  ge* 
worden  ww ,  wie  gerade  der  Messiasgeist  nach  irgend  den  rein« 
steil  und  erhabensten  Erwartungen,  die  man  in  diese  idealische 
Beoeonung  zusammengedrängt  katte,  sejn  sollte.  Ja,  durch  alles  das^ 
was  er  wirklich  var  und  geschichtlich  ieigte,'  hat  er  eine  inner« 
eigQitbfimlicIie  Erhabenheit  bewiesen,  in  welcher  er  selbst  das 
Messiasideal  der  Propheten  und  seiner  Zeitgenossen  nach  dem 
moralisch  religiösen  Sinn  und  Werth  wundersam  weit  übertraf.  So 
gewiüs  er  dieses  alles  in  der  Gestalt  eines  Rabbi  vonNa/.areth  an  nnS^ 
aus  sich  gezeigt  hatte,  so  gewifs  konnte -^und  muiste  er  dmMky 
als  der  Hohepriester  in  dem  Sinn,  in  welchem  der  Jude  dieses 
fragen  konnte,  ob  Er  der  Sohn  des  lebendigen  Gottes,  der  aohle 
Messias  oder  Gesalbte  in.  JehQvens  Namen  für  tlie  Nation  fteyn 
Volke,  eben  dieses  als  den  Charader  seines  Geistes  tmd  Wesetos 
behaupten.  Und  die  gesuchteste  Sonderbarkeit  wate  es,  daa 
eioe  Wahre  dem  andern  entgegenzusetzen. 

Hätte  der  Verf.  nach  wenig  ruhigerer  Ueberlegimg  die  be^ 
(len  Wahren^  Satze  gegen  einander  über  gestellt,  wie  der  •  Apo«- 
stel,  nicht  aber  selbst  erst  sie  in  einen  gehässigen  Gegensats 
verwandelt,  so  wäre  freilich  Titel  und  Anfang  seines  Schriftcli«os 
i  nicht  so  ptquant,  aber  er  wäre  wahrer,  nicht  Zank  aufiregend 
geworden.  Der  Verf. .  dagegen  eilt,  seineu  seibstgemachteH  Ge<* 
geosatz  schon  S.  2.  zur  Yerketzerung  anderer,  gegen  welche  A'ex 
Cateckismus  Raccoviensis  p»  4^.  noch  hjperorthodox  wäre,  ru^ 
stig  zu  verwe^nden.  Späterhin  aber  S.  5.  gesteht  er  selbst  ein^ 
dafs  der  Satz  den  er  irgendwo  (??)  in  Beziehung  auf  Lehrmo* 
tliode  gef|inden,  der  Satz:  »zwischen  einem  jüdischen  Land-r 
» rabbioen  wie  Jesus  war^  und  einem  öffentlichen  Religiooslehrer 
?>ans^rer  Zeit y  finde,  die  beiderseitige  Würde  abgerechnet ,.  ^or 
9 keine  Vergleichung  statt«  —  Jesum  allerdings  nicht  ein ^  blos^ 
stn  Landraibbinen  nenne,  abep  doch  einen.  Landrabbinen.  W»* 
ram  lieüs.  denn  also  der  Verfasser  den  Satz  nicht,  wi»  er  wan 
Warum  setzt  Er  selbst  ecst.  einen  »ä/o^^m»»«  Landrabbinen?  Et^ 
wa:  Um  ein  Buch  darüber  zu  machen,,  von  welchem  ihm  selbst 
S.  4-  sein  Gewissen  sa^;  es  habe  iMcht  nur  eine  über  seinen 
Vorsatz  gebende  Länge  ^  sondern  auch**  eine  Oestalt  und  Ordi^ 
mng  gewtonrw^ß  die  er  g^isne  ändera  mSchte,  wenn  Zeit  tuid 
Kräfte  ihm  irgend  daza  gestattet  wären.  Für  etwas  Gewonnenei 
vrird  wahrbaHig  aucb  der  mUdesta  Benrtheilev  die  Ordnung 
nicht  halten  können,  die  man  in  der  alles  ineinander  meugendcis, 
Schrift  wirklich  antrifft;  noch  weniger  ist  die  Gestalt  ein  Ge« 
winn,  die.  Schciagestalt  nämlich,,  sieh  einen  Gegner  zu  schaffen, 
ihm  .das  gehässige  Wort  YCMtt.  &/o^ii:en  Landrabbinen   wissentlich 


34  Dr«  SMdßr  ftb..e.  doppelte  Ansicht  ▼«  JesiM^ 

stt  unterlegen I  und  nun,  ^wie  Hr.  K.  sagt^    in  eialgeu  freien 
Stunden  Betrachtungen  von  hoJiem  Interesse  dafHiber  mzusteüen, 
die  wcenigfiteas  keinen  Haltpunkt  hatten ,   weil   der   (dem  Reo. 
völlig  unbekannte)  Bebanpter  jenes  Satzea  voir  Jesus- nicht  als 
yon  einoni    blossen  Landrabbinen    gesprodien    bat.     Aach    der 
^atiy  dafs  »zwischen  einem  jüdislsheD  Xandrabbinen  jener  Zeit 
und  einem  öffcndicben  Religionslebrer  der  unsrigen,  die  beid^r*- 
seitig^  Würde  (Rabbi  =  Lehrer)  abgerechnet ,  gtnr  keine  Ver^ 
i;leichung  statt  finde«  kann,  je  nachdem  der  Zusammenhang  ist^  - 
einen  ganz  richtigen  Sinn  haben ,  in  sofern  «wischen  einem  jü- 
dischen Landrabbinen   xu^Jesu  21eit,    welcher ,    s.  Mendelsohns 
ilerusalemi  ausser  der  Eingottheit  Jehova's  an   kein   t)ogma  g^ 
bunden  war  und  nicht  gerade  eine  örtliehe  Amftsanstelking  haben , 
.inaTstei  und  — -  einem  öffentliclien  Religionslebrer  unserer  Zeit 
^mstrntig  in   vielfacher  Hinsicht,    zunächst   im  Verhtfhnife  zum 
Staat  als  Beschützer  christlicher  Gemüthsbildüng,  und  ^ur  Kirche 
^da  Geselisehaft  ohne  Synedrium,  auch  überhaupt  in  fast  allen 
seinen   öffentlichen   Rechten    ^nd  Pflichten    gar  keine  passende 
Yergleichung  anzustellen  wäre« 

Eben  daher  hätte  sich  auch  der'  Verf.  leicht  historisch  die 
Fragen  S.  7  auflosen  können:  wie  Jesus,  welcher  zunächst  die 
daosaligen  Rechte  eines  Rabbi  und  Volks*  Propheten  "gd^rauchte^ 
in  einer  Webe  aufzutreten  vermochte,  die  freilich  von  der  jetzi^ 
ßen  Kirchenpolizei  nicht  geduldet  lyürde.  Wäre  denn  aber  da* 
uurch  ein  jetzigjss  Einengen  der  Ueberzeugungsfreiheit  und  Lehr^ 
Greimüthigkeit  gerechtfertigt,  von  welchem  der  Verf.  voraussetzt, 
dafe,  wenn  es  damals  existirt  hätte,  auch  J^sus  selbst,  nach 
dem  Maasstab  desselben  beurtheilt,  seine '  Saehe  etwas  zu  arg^ 
getrieben  haben  würde.  Wozu  überhaupt  ein  solches  nur  zu 
^  endlosetf  Gonsequenzmacbereien  leitendes  Vergleichen  des  Nicht- 
vergleichbare^?  '       '    * 

Wozu  auch  der  entsöheidende  Ton'  S.  6.  7  dafs  geschieht* 
Üpk  die  Behauptung  wegfalle,  als  ob  Jesus  (welchen  doeh  so 
inanche  als  Rabbi  anredeten)  wirklich  Rabbi  gewesen  wfire.  Wie 
linentscheidend  sind  dagegen  des  Verfe.  Gründe.  Jesus  hab« 
fi befall  gelehrt.  War  denu  eiu  jüdischer  Rabbine  an  ^* 
|ien  O]^  gebiiuden?  Jesus  werde  eben  so  oft  Prophet  (gleich 
dem  Täufer)  ^Is  Rakbi  genannt.  Schlieiiil  denn  Eines  dsKS  An- 
dere aus?  Wanw  aberou^  ein  GegenaatZ|  wo  beides  ungleich. 
mX  finden 

Noch  qiebr  aber  müfs  Rec.  fragen:  wozu  der  weithin  •^Vor^. 
herrscheilde  bitter  ironische  Ton,  mit  w^hem-d«r  Vf.  Fx^geit 
gehandelt,  die  nur  durch  die  ruhigste,  den  Gesetzen  der  histori- 
schen Auslegungskui^ist  einfach  sich  unterordnende  Erforschung  des 
Bibelsinns  all  wühlig   der.  ledlicheii  JEntscbciduPg  nähei^  gebracht 


Dr.  Kahler  üb.  e«  doppdte  Ansicht  v.  Jesus*  IS 

werden  kdoii«n?  8.7  will  die  F'orausseizung^  erzwingen  ^  dab 
der  UngenanDte,  tvelcher  in  den  oben  angefülirten  Zeilen  von 
AelmIrcMceit  (nicht:  GleicYiheh)  der  f^ürde  eines  jud.  Rabbi 
ant  unsenr  dfienfHclien  Religionslebrern  gesprochen  zu  haben 
Kheint,  ^e  Aehnlichkeit  Jesu  mit  Landpfarreru  und  Landschul« 
oiastern  uns^er  Zeit  ausgesprochen  habe ;  und  nun  folgert  des 
Vis«  sarkastische -Laune :  £r,  Jesus,  »wäre  dann  etwa  dem  ehemali» 
^gen  Zo/yfprediger  Schutze  za  vergleichen,,  der  ßir  die  Aufklä^ 
Wrang  rediick  eifernd ,  zwar  nicht  ans. Kreuz  geschlagen j  son^ 
'»dem  nur  abgesetzt  wurde  u.  s.  w.€  Unglückselige  Polemil:, 
die  der  IFeder  eines  Mannes,  weicher  Landschulmeistern  und 
Landpfarrern  von  Amtswegen  ein  Muster  der  Bedachtsamkeit  und 
Vorsicht  zu  seyn  die  Pflicht  hat,  solche  durch  nichts  begründete 
Consequenzmachercien  entreissen  konnte. 

Bter  Verf.  sdbst  spdttdt  S.  3  über  die  i^'sc%arfsinnige  Er^ 
wßndwig  weüa3id  der  bögmatiker^  welche  dUrch  die  Communi- 
iteatio  Idiomatum  sogar  die  körperliche  Ubiquifät  des  Mensch  eil 
>Jesa  za  erweisen  und  die  deutlichsten  Erklärungen  über  seine 
9 Menschheit  und  Abhängigkeit  vom  Vater  mit  der  athanaiiani^ 
buchen  fVesenslehre  zu  vereinigen  vermocht  hätten. «  Er  selbst 
also  dispensirt  sich  Ton  einer  Vorstellungsart,  welche  (das  von 
derUbiquität  abgerechnet)  immer  noch  kirchlich  ^  sjmbollsch  ist« 
G^en  Andere  hingegen  soll  das  Kirchliche  entscheide^?  S.  4* 
■leint'Er,  dafs  wenigstens  in  der  Kirche  entschieden  seyn  müsse, 
wie  von  Jesu  Vl^urde  zu  denken  sey.  Er  hört  nipht  auf,  die 
bloTs  ihm  eigene  Fiötion,  als  ob  S.  ii.  12.  gegenwärtig  zwei 
Ansiebten  und  Lehrparthiecn  gegeneinander  stünden,  wovon  die 
Eine  Jesus  für  einen  blossen  Landrabbinen ,  die  andere  aber  für 
den  von  Gott  gesandten  Erlöser  des  menschl.  Geschlechts  er»> 
kenne,  durch  alle  ersinnliche  Consequenzmackereien  und  lieber- 
treibungeo  so  lange  auszuspinnen,  bis  er  zur  Folgerung  gelangt, 
dals  S«  39.  endlich  die  christliche  Kirche  selbst  wegfallen  und 
die  ReUgicfn  wenigstens  geschwächt  werden  müfste.  Hiernacli 
erklärt  Er  (bicdlcr  zwar,  aber  mit  äusserst  unnöthiger  Heftig-« 
keit)  S.  3o.  dafs  Er  selbst,  wenn  ihm  heute  vollkommen  klat 
wurde*,  dafs  Jfsus  nichts  weiter  gewesen  seje,  heute  noch  sein 
Predigtamt  niedeflegen  und  lieber  mit  seinen  Kindern  betteln 
ivnrde,  als  dafs  er  istner doppelzüngig  von  dem  Landrabbinen  als 
von  Gottes 'Sohn  reden  wollte.«  'Wo  ist  denn  ein^  Lehrpar-r 
thei  in  der  Kirche,  welche  dieses  beides  mit  Zwei^mgigkett  als 
Entgegensetzungen  behvitimet.  Ob  Jesus  wirklich  ein  nach  Sitte 
der  Zeit  graduirter  Rabbine  war,  oder,  wie  der  Veif.  meint, 
nur  ans  Höflichkeit  von  manchen  al^  Rabbi  amgeredet  wurde, 
was  liegt  der  Hauptsache  daran?  Wozi;i  das.  Ereifern?  Wer 
dieses  oder  jeiiesfar  wahr^cheinUcher  hält,  läugnet  denn  ein 


2ß  Dr.  Kubier  ül>.  e«  doppelte  Ansicht  V'.  iesva» 

solcher  dadurcli,  dhfs  Jesus,  als  Kaipliss  ihn  zu«  sagen  bi^scbwoi^ 
ob  Er  des  lebendigen  Gottes  Sohn  sej,  auch  dieses  nach  den 
Eigenschafte»  eines  ächten  Messiasgeistes,  die  er  in ^  sich  selost 
l^annte  und  in  seinem  historisch-unverkennbaren  Charakter  zeigte^ 
mit  vollem  Rechte  bejaht  habe,  so,  i^ie  £r  schon  durch  seia 
ganzes  Leben  sich  als  den  menschgewordenen  Messia^eist  be«- 
währt  hatte.  Wozu  Gegensätze  erfinden,  wo  nur  Vereinbarkeit, 
und  diese  so  klar  gegeben  ist,  wie  schon  in  dem  Phtlipperbrief 

der  Apostel  das  ev  fiofnfij  ^ss  tnrctfX^^^  ^^^  ^^'b  M^^f^^  ^^^ 
KxßeiU  verbunden  hat. 

Wie  aber  nun,  wenn  wir-  auch  die  Kehrseite  der  Miinze 
betrachten,  auf  welche  der  Verf«  als  kirchlich- acht  hindeutet* 
Er  spöttelt  nicht  nur  über  die  ethisch -kritischen  Theologen  S.9 
so  sel>ir,  als  über  andere  Rationalisten.  Er  meint  nicht  nur  alle 
diese  S.  25.  zu  den  gemeinen  Schulmeistern  rechnen  zu  müssen, 
weil  jader  doch  eben  aucf^  nur  zu  seiner  Vernunft  fuhren 
iönMe;  wie  denn  doch  auch,  der  Verf.  vfreder  die  absolute  Ver- 
nunft noch  die  Offenbarung — wenn^s  aufs  be^te  geht-— scbwer* 
lich  je  anders  als  nur  durch  ^«i/ie  Vernunft  erfassen  wird.  Abeir 
auch  die  alte  Dogmatik  belächelt  S.  i6o.  welche  die  Objecti" 
vität  des  Glaubens  (Verba  sunt! )  so  verkehrt  aufgejafst  habe, 
dafs  durch  ihre  Schuld  ein  Schatten  der  Ungereimtheit  wid  Un^ 
vernünftigkeit  auf  die  Lehre  der  Erlösung  selbst  gefallen  sey^ 
Wie  lichthell  mufs  wohl  dagegen  die  neue,  eigene  Dogmatik 
unsers  Verfs.  seyn. 

S.  260.  giebt  dafür  eine  sehr  richtige  viel  umfassende  Regel: 
»Nicht  was  zweifelhaft  ist,  nicht,  was  mit  gleicher  Wahrschein* 
lidikeit  vierfach,  zehnfach,  gedeutet  werden  kann  und  worden  ist, 
nicht  was  mit  sich  selbst  im  Widerspruche  steht,  nicht  Wfis  von  dem 
Gelehrten  mühsam  erlernt  und  von  dem  Layen  nie  h^egriffen  wird, 
nicht  überhaupt,  was  auf  einer  Reihe  mühsamer  (wir  sagen: 
nicht  überzeugend  mittheilbarer)  Unterscheidungen,  und  Schlpsse 
beruht,  kann  eine  Mehre  des  Heäs  sejn.  Einen  Glauben  .an 
Worte  [ohne  kkren  Sinn]  kann  (darf)  es  nicht  geben,  und 
eine  Offenbarung  in  sinnlosen  [unverständlich  geheimnüsvoU  blei^ 
benden]  Tonen  ist  keine  Offenbarung.  Nur  das  Allen  deutll« 
che,  auch  dem  einfachsten  Sinn  tfegreifliche,  und  sds  gewifs  in 
der  h.  Schrift  vorliegende,  das  in  allen  ihren  Theilen  festgebal-r 
tene  und  der  Kirche  von  Anfang  an  bis  jetzt. (?)  Wesentliche, 
mtr  das  ist  das  eigentliche  fVort  GoUes,  aus  welcfiem  die  Be* 
ifirährung  und  Erklärung  des  übrigen  nach  besonderer  Rücksicht 
jedem  frei  steht  und  für  niemand  anders  als  mit  gewissenhaßer 
KUtgheik  gegeben  werden  kannte  So  hier  der  Verf.  .Und  eine 
helle,  heitere,  glückliche  Stunde  mufs  es  gewesen  sevn^  wo  er 
dies^'lichthelle,  treffliche  Steile  niederschrieb. 


Ol*.  Kahler  üb.  e.  doppelte  Ansicht  v.  Jesus.  97 

Werden  .also  von  Hirn  alte  und  neue  Dogmatiker,  und  allo 
nnr  durch  ihre  eigene  Vernunft  vernünftige  Rabbinen,  Theolo* 
gen  und  Layen  klar  und  hell  erfahren ,  was  —  der  Goltessohp 
vrar  und  sej^  für  welchen  das  ganze  Werkchen  kämpft  und 
streitet  ? 

Bedenklich  y  gesteheu  wir,  wurde  es  uns  zu  Muth,  als  nach 
viel-  und^manchfachem  in  des  Gottessohnes  Jesu  Geschichte 
nicht  begründetem  Idealisiren  (wobei  man  nur  immer  ausrufen 
iDÖcbte:  wie  viel  leichter  ist  Phaatasireu,  als  historisches  Exe- 
gcsireii!)  schon  S.  85.  uns  der  Ausspruch  entgegenkam:  i^die 
Erscheinung  eines  GQtiessohns^  nicht  im  figürlichen  Sinn,  worin 
die  Vernunft  selbst  sich  als  eine  Gottes -Tochter  erkenne,  son- 
dern im  wahren  Sinne,  bezeichne  -^  ein  über  das  Lehen  unhe* 
dingt  herrschendes  ff^6sen,€  Gute  Layen!  wie  werdet  Ihr  die* 
sen  wahren  Sinn  von  Gottessohn  dort,  wo  Petrus  seinen  Jesus 
als  solchen^  verehrt,  oder  wo  Ka'ipbas  nach  jüdischem  Sprach- 
gebrauch darnach  fragt  und  Jesus  es  bejaht,  als  das  einfache 
BegrciÜiche,  Wesentliche,  finden  können?  i 

Aber  vieüciclit  wird  der  Flofs  der  Rede  im  Fortstrdmen 
klarer.  S.  iSj.  lesen  wir:  »die  Wahrheit,  dafs  Jesus  Gottes 
Sohn  ist,  erkläre  die  heilige  Schrift  so,  dafs  nämlich  in  Ihm  sich 
eine  Freiheit  über  die  menschliche  Natur  gezeigt  habe,  welche 
Aie  Vernunft  zwar  begehre,  aber  zu  erreichen  sich  unfähig 
fohle,  Unsündlichkeit ,  Unsterblichkeit  und  endlich  Bestimmung 
deP'  natürlichen  Regeln  nach  dem  Zweck,  nicht  des  2twcGks  nach 
den  Regeln;  welches  der  wahre  Begriff  des  Wunders  als'That 
sej»«  Dies  also^  erklärt,  wie  der  Verf.  versichert.  Ihm  die  h. 
Schrift  über  das,  was  für  Ihn  Gottessohn  sej.  Dafs  doch  die 
heil.  Schrift,  um  sich  so  recht  zu  erklären,  gerade  für  des  Vfsl 
Erklärung  die  wahren  Wdrtc  und  Begriffe  nicht  gewufst  habeu 
mufs,  welche  Er  jetzt  erst  entdeckt  und  offenbart.  Nur  dafs  dabei 
sehr  unklar  bleibt,  in  welchem  Sinn  —  dem  physischen  odet 
moralischen?  -»  Freiheit  über  die  menschliche  Natur  dem  ersten 
der  Gottessöhne  zukomme?  und  ob  denn  Er,  Jesus,  der  Messias, 
uod  nicht  vielmehr  des  Vaters«  der  Gottheit,  ewig  weises  und  heiliges 
Sejn  die  Regeln  der  Naturkräfte  von  Ewigkeit  her  nach  dem  Zweck 
alles  Dasejns  und  Lebens  bestimmt  habe*  Auch  scheint  unklar 
zn  bleiben ,  wie  in  Ihm  Unsterblichkeit  als  ausgezeichnet  ange- 
geben wird,  da  die  Schrift  alle  Geister  ads  durch  den  unsterb^ 
liehen  Gott  unsterblich  glauben  lehrt. 

Rec.  l^t  sich  nach  Klareren,  schriftgemSssen  Stellen  bei  dem 
Verf.  ufngesehen.  U|iscre  Leser  mögen  sich  selbst  fragen  ^  wie 
dem  Rec.  in  Hinsicht  der  Hoffnung  auf  Klarheit  zu  Muth  werden 
mufste,  4a  cy  S.  177.  so  las:  —  »Die  FernunftausbUdung  ist  nichts 
mderes  9I9  di^  iip  Qefül^l  enipfangene.  Totalität  des  ohjectiyen 


tt8  Dr.  Kahler  idi«  e«  doppelte  Ansicht  v*  Jesu& 

f^ens,  durch  die  vermittelnde  Thätigkeit  des  Verstandes  und 
der  Urtheiiskraft  zur  innern  Totalität  des  suhjectwen  Lehens  er- 
hohen.  Sie  ist  oline  Gefühle  so  wenig  denkJbar,  dafs  sie  (die 
Vernunftausbildung  nämlich)  nur  die  durch  Erfahrung  (wir 
sagen:  durch  vernqnftgemässes  V^oUen)  erlangte  Fertigkeit  und 
Gewohnheit  ist,  die  einzelnen  Gefühle  zu  beherrschen,  welches 
durch  ihre  Suhsumtion  unter  eine  erkannte,  also  gefühlte  höhere 
Totalität  geschieht,  woraus  sich  als  Erkenn tnifs  die  Regel  und 
au^  der  Regel  die  suhjectit^e  Möglichheit  der  Handlung  ergiebt. 
Sie  (die  Vemunftausblldung  also?)  ist  dann  vollhommen,  wenn 
sie  aUe  Objecte  in  der  Totalität  unis^ersal  erkennt  und  also  sich^ 
geistig  in  der  Totalität  hewegt,€ 

y/V.iT  sind  gewifs,  dafs  alle  Vernunftige  zur  wünschenswert 
Ihen  Vernunftausbildung  früher  gelangen ,  als  sie  die  Totalitat 
dieser  Anleitung  dazu  zur  objectiven  und*  subjcctiveu  Klarheit 
universal  sich  erhebend, finden  werden. 

Vermöge  einer  solchen  Methode  von  Vernunftausbildung^ 
kann  man  denji  freilich  auch  zu  einem  Ideal  von  Gottessohit 
kommen,  welches  nicht  nur  alle  alte  und  neue  Dogmatik  über- 
fliegt, sondern  auch  weder  in  der  biblischen,  historischen  Wirk- 
lichkeit des  Lebens  und  Leidens  Jesu  nachzuweisen  ist,  noch  als 
Regel  für  die  subjcctive  -Möglichkeit  der  Hapdlungen  der  Chri- 
sten anzuwenden  wäre. 

Am  wenigsten  weiüs  Rec.  wie  dieses  Ideal  dennoch  auch 
dem,  welchem  es  nach  der  objectiv-subjectiven  Totalität  seiner 
Vernunftauibildung  klar  sejn  mag,  erlaube,  neue  Ketzereien  zu 
fingiren  und  damit  Lärm  zu  schlagen,  um  desto  auffallender 
seine  eigenthüitiliche,  aber  auf  keinen  Fall  kirchliche,  Ansicht 
von  dem  Gottessohn  (die  wir  ihm,  so  lange  Er  selbst  vill,  gerne 
lassen  wollen)  der  Länge  nach  aussprechen  und  wie  die  sdlein- 
gültige  Standarte  der  Kirche  aufstellen  zu  können. 

Recens.  erinnert  sich,  zu  seiner  Freude,  aus  der  neuesten 
Kircheugeschichte  keines  ähnlichen  Falls,  als  des  Einzigen,  wo 
gegen  den  seeL  Dr.  Löflerj  welchem  so  wenige  die  Schuhrie- 
meti  zu  lö^en  werth  oder  tüchtig  >vären,  einige  Schäferische 
S<;hriften  über  die  Offenbarungs-  und  Genugthuungstheorie  Ver- 
ketzerungslaute,  gleichsam  eprofundis  herauf,  ertönen  Hessen,  un» 
geachtet  die  Theorie,  welche  sie  als  Gegengift  behaupten  woU« 
ten,  mit  dem,  was  kirchliche  Orthodoxie  genannt  werden  möchte, 
auf  jeden  Fall .  auch  nicht  zusammenträfe.  Möge  jenes  schlimme 
Nachtvogelgeschwirr  um  des  unvergefsltchen  Löflers  letzte,  da- 
durch verbitterte,  Tage  für  immer  verhallt  und  vergessen  blei* 
ben.  Wir  ziehen  nur  Eine  Lehre  daraus.  Selbst  solchen  Man- 
nern ist  es  also  unverkennbar  geworden,  wie  sehr  Aie  alte  Con- 
cilien,  «Kii'cfacnlebrer  und  ächolastiker  unrecht  hatten,  iu  sofern 


Taschenk  d;  G^clt  d  gi<te((li. Volks  m.  Kpf.  u,  Chart  ig 

sie  die  Hodificationen  ihrer  Dentaag  der  Bibelwalurlieiteii,  wdclie 
$ie  nach  ihrem  Zeitmaas  für  die  einzig  denkbaren  hielten,  alleit 
Folgezeiten  zum  Maasstab  gemacht  haben  wollten.  Und  dennoch 
können  sie  sich  aufs  neue  so  weit  vergessen ,  nicht  einmal  das 
jetzige  Zeitmaas  überhaupt,  sondern  nur  das  seit  gestern  und 
^egestern  ihnen  selbst  erst  $o  zu  Sin^t  gekommene  Ideal  Toa 
Jesus,  dem.  Gottessohn,  oder  von  dem  Sinn  seiner  immer  weiter 
reichenden  ErliSsung  als  der  freiwoUenden  Freimachung  vom  Sün- 
digen und  desselben  Folgen  zum  Maasstab  der  übrigen  Zeitge- 
nossen und  der  jetzt  schneller  Torröck^nden  Vernunfiausbildung 
feststecken  zu  wollen. 

Recensent  wünscht  nichts  mehr,  als  dafs  der  Verfaß  durch 
baldige  Selbstbefolgung  der  oben  aus  Ihm  S.  260  angeführten 
trefflichen  Kegeln  für  wahre  und  klare  Erforschung  des  Wortea 
Gottes  in  der  Bibel  die  jetiiga  Ucbereilung  ganz  vergessen 
mache«  Ä  JE.  6.  Paulus. 


Taschenbuch  der  Geschichte  Jes  griechischen  F'^lki 
in  allgemeinen  Umrissen  pen  der  äüesten  bis  zur  neueren 
Zeit.  Nebst  der  jetzigen  Constitution  und  andern  Aeten^ 
stü^ieH»  Rrster  Jahrgang.  Mit  (gut  KthographittenJ 
Ansichten  von  Constantinopel,  Korinth ,  de^ 
Akropalis  {Hochburg)  pon  Athen,  zwei  ailegori^ 
sehen  Bildern  (^des  tyrannischen  ujid  4^  künftig  frtiä^ 
Zustmides)  und  einer  Charte  {der  Buropaiseheü 
Türkei ß  vpmehndith  fßiäH  Übersieh  GriechenUmds  odf 
Land  knd  Inseln}.  Neidelkrg  b.  €hr^.  Fr.  fVint^.  48%3* 
klein  8.  VI  S.  Varr,  46t  S.  Text,  und  ^07  S.  Verfnv^ 
sung sur künden  des  wesdiehen  Grieckei^^ands',  dank,  des 
Pelopö'Mnes  und  der  proi^ikorischen  Regterw^  <H)k  HeUeUk . 
%  fl^  »4  kr.  ■  '' 

v7eme  zeigt  Rec«  dufch  die  VervoUstäqdigirog  4^  Titels  dest<^ 
gedrängter  die  gute  A,usstatti^g  dieses  zettgemässeu.  Taschen« 
Duchs«  l)ie  sjprecliende  Büste  des  sich  für  .das  Vaterland  selbst« 
verlaufenden  Mätiades  macht  den  Eingang  zu  dem  geschichtiL<* 
chen  Texte.  In  diesem  führt  Nro.  I.  den  Leser,  welcher  die 
Qiarte  zur  Hand  hat,  auf  einer  guigeordneten  .Bereisung  der 
alten  Provinzen  durch  das  gesammte  Griechenland.  Zuerst  muls 
der  Geschichte  ihr  Boden  gegebei^  werden.  Diirauf  folgt  in  ^ 
Abschnitten^  der  Giiechen /Urgeschichte  und  alte  OeschLclite  bis 
nur  Unterjochung  unter  die  Waften.  der  Römer,  w^he  doch^ 
2tt  ifaron  Glück,  der  griechische  Geist  selbst  besiegte,  ^ngeü'igt 


5d  Tdschertb.'  d.  GescH.  d.  ijnech.Vollts  ni.  KpfJü.  Cliart. 

ist  «xtt  (nur  zu  kurzer)  Ueberbüek  der  Wissensriiaften  und 
Künste  der  alteo  Griechen,  II.  Herrschaft  der  Römer  und  der 
fömtsch-chrislianisirten  Griechen,  der  Bjzautiner.  Kurz:  das 
Sinken  und  Fallen  durch  despotische  und  pfäfBsche  Ucbermacht* 
III.  Erstürmung  Constantiiiopels  durch  die  Türken  i45Z  nmet 
Constantin  demXI.  eio^m  der  besten  in  deii  byzantinischen  TÜy-i' 
iiastien.  »Dort,  statt  des  heiligen  Creuzes  auf  der .  Sophienkircff tf 
weht  nun,  von  Zeit  zu  Zeit  vom  Blute  der  Christeti  getränkt, 
in  seinler  blassen  düsteren  Herrlichkeit  der  Türkische  Hcdhmnnd^ 
über  eiifieni  Zwinget  von  sultanisirten  Sclaven.«  IV.  Hellas  un*- 
ter  der  Zwinffherrschaft  der  Osmjinen,  welche  iiie  dmi  Unter-^ 
fochten ,  dem  Xwefek  aller  ViUerthanspflichten ,  der  gemeinschaft-» 
liehen  Sicherung  vor  Willkührlichkeiten,  auch  nur  näher  zu  kom^ 
jnen  gestatt6t«ii.  V.  Der  allgemeine  Aufstand  der  Hellenen,  i^ü 
bis  zur  'Epidaurischen  Constitution.  Nach  Yersicherttng  dits  Spetf- 
tateur  Oriental  soll  (S.  98.)  auch  zu  Stambul  selbst  eine  allge- 
meine Erhebung  der  Griechen,  im  Einverständnifs  mit  Suffo 
und   Alex.  Ypsilanti  verabredet  gewesen   sejn,    die   von  einem 

S ingeweihten  der  englischen  Gesandtschaft,  und  dadurch  (?)  dem 
ivau  bekaant  geworden  scy  und  jene  Wnth  gegiä)  die  griecK 
Einwohner  veranlafst  habf.  S.  ii4  entscheidender  Veirath  des 
Kaminar  Sawa  gegen  Ypsilanti  bei  Tergowitsch.  S.  12S  der 
Jammer  von  Chios.  »Diese  GräueltkaC  geschah  -—  nichts  schreibt 
der.  Verf.,  zu  den  Zeiten  des  Attila,  der  Gottesgeissel,  niöh«  zu 
den  Zeiten  Tamerlaos  und  DschiUgiscans ,  nicht  zu>  den  Zeiten 
Robespier^'s,  sondern  im  J.  «822*  zu  4^n  Zeilen  der  Comtitw^ 
^onenj  d^r  Bibelgesellschaften,  der  /rötnmdnden  Myst^  und 
'Jtestauration  des  orthodoxen  (  Mittelaltclr«  )  Chris tenthums f  iind 
jchrisüiche.  Blätter  sprachen  kalt  und  frostig^,  b^chdem  sie  das 
Sterberegister  iiusführlich  aufgezählt,  ihr  Amen!  und  den  Preis 
der  Milde. des  Kapudan- Pascha  —  »nämlich  des  ersten,  dessen 
auch  mit  Europäern  besetztes  Adiniralschiff  durch  die  hellenische 
Nemesis  in  die  Luft  flog.  Die  Erzählung  endet  für  jetzt  bei 
dem  zurückgeschlagenep  Eindrängen  des  (jetzt  auch  von  derTv^ 
rannei  belohnten)  Churschid  Pascha  in  Morea  Und  dcni  Helden- 
tod der  Pbilhellcnen  bei  Arta.  Wer  ;»^ird  nicht  hierüber  in  der 
Fortsetzung  ein  vollständiges  Denkgcmäide  wörischen !  VI» 
Prociamatiönen  über  die  Aufstands -ürbchen  vbq  AI.  Ypsilanti. 
(Uns,  wenn  wir  durch  die  Geschichte  lertten  wollen,  «^eberi 
»u  gleicher:  Zeil  noch  nähere  antitürkischc  Belehrungen  'Surcli 
Thatsachen  —  die  von  Dr,  E.  Mttnch  lebhaft  skizzirten  Hec^r* 
»ügc  des  christl.  Europa  gegfen  die  heranströmenden  Osmanen. 
I.  IL  Theil.  Basel  bei  Schweighauser).  VIII.  Held  Scanderbe^-s, 
des  Epiroten,  -  Vermahnung  aii  seine  Landesgenossen  aur  Befrei^ 
img  vom  Tuckenjoch.    Nach  ßarleti's  Vha  Caiiriotae.    IX.  Hei* 


t  *  * 

Taschenb.  cL  G^ch.  d.  griecb.  Volks  m.  Kp£  u.  Chart.  3 1 

Jenrtihm  alt- und  neaheUenischer  Frauen  ^  von  den  Spartane« 
tinn^n  bis  zu  der  ihres  Mannes  tSrkiscbc  Ermordung  rächenden 
Seeheldio  von  ^  S^ezia  |  BobeUina,  und  den  Kämpferlnnen  bei 
Zeituni  und  SülL 

Alle  diese  Aufsätze  beseelt  ein  Erzählungstoi^  i  dessen 
Lebendigkeit  und  Mitgefühl  seine  Leser  zugleich  anziehen  und 
belehren  wird.  Eine  eigebe  Th'eilnahme  aber  erwirbt  sich  ge- 
ivifs  d<fr  S.  i5i.  folgende  Beitrag  eines  (zu  Heidelberg  mit 
liilsbarrendeni  Eifer  Medtcin 'studierenden)  Griechen,  Xflntkos^ 
iur  richtigeren  und  müderen  Benriheüung  des  jetzigen  griechi^ 
scktn  F'olis.  Die  türk.  Tyrannei  erkannte  immer  recht  sach- 
kundig, dafs  sie^  alle  Kenntnisse  und  Wissenschaften  von  den 
Griechen  ferne  halten,  pfaflischc,  nur  christlich -genannte  Vor- 
urtheile  aber  hegen  und  pflegen  müsse.  Der  Verf.  zeichnet  mit 
Nameo  und  bestimmten  Angaben  den  Weg,  wie  Studien  dennoch, 
nch  3 oe  Jahnen  gänzlicher  Unterdrückung,  von  Venedig  über 
Janioa  kuerst  durch*  MathemMik  und  Naturkunde  an  die  Grie- 
chen zu  kommen  anfingen.  »Viele  Arme,  die  nicht  ihr  tagHcheN 
Brod  hauen,  strömten  dahin,  um  .^Menschen  zu  werden,.%  »NacU 
'der  allgemeinen  Sitte  nämlich,  welche  bei  uns,  schreibt  dei- 
»glelchgesiiiote  Verf.  mit  edlem  Nationalge^iihl,  bis  beut 'zu  Tag<\ 
'im  Gebrauch  ist,  sagt  man:  Ich  gehe  um  zu  studieren^  damit 
'i ich  an  Itensch  werde.  MoafJ^^vw  ypcc/nfixTCc ,  itot  vx  yevu  etv- 
*9(^ooToc*€  ^Welche  von  denen,  die  dieses  Volk  als  der  Be- 
Keiung  unwürdig  verschreien,  haben  und  erhalten  unter  sicli 
ein  solches  Volkssprüchwort^  ein'  solches  Sjmbol,  der  uralten, 
National -Eni'pfanglichkeit  für  Homerische,  Sokratische,'  Platoni- 
sche Geistejrhebung  ? )  Ausfuhrlicher  beschreibt  S.  169.  wie 
Johannes  Oekonomosj  ein  äusserst  heller  Kopf,  gegen.  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  Kjdonia,  ein  geringes  Dorf,  durch  Künste  und 
Unterfichtsanstalten  zu  einer  grossen  Stadt  uml^ildete.  .,  Er  baute 
eine  Moschee |  nur  um'  auch*  seine  Schulen  errichten  zu  dürfen^ 
Mit  /oo  t,  und  bald  wieder  mit  »00  tausend  Piaster  muistc 
der  Tyrannei  nur  die  Gestattuhg ,  auf  eigene- Kosten  hier  bes- 
sere Lehr -Anstalten  zu  machen,,  abgekauft  werden.  Was  wurde, 
ivenn  solche  Hindernisse  der  Bildung  in  Deutschland  genuichc 
^firden,  bald  aus  all  unserer  gerühmten  Wissenschaftlichkeit  und^ 
Aufklärung  werden?  in  unsei^m  Deutschland,  wo  zw-«tr  so  viele 
dem  Geistigeren  bestimmte  Stittungeii  der  Väter  nui^  unter  der 
Beditfgting,  das, 'was  den  G^ist  zunächst  betrifft.  Schul-  Und 
Kirchen -Unterricht,  zeitgemafs ,  also  mit  den  Bedürfnissen  fort* 
schreitend,  zo  fiSrdern  in  die  *  Staats'^  DoKiMnen  zurückgenommen 
Worden  sind,  für  Deckung  der  unvermeidlich  steigenden  Erfor- 
dernisse aber,  ohne  welche  die  Staatsgesellschaft  weder  für  Recht, 
noch  Gesundheit,  noch  IndusU'ie  und  Staatswirthschaft  eine  zeit- 


3a        Aglaja^  Tasclicnbucli  f,  d*  Jahr  1823^ 

5 emafs  unterrichtete  Nachkommensdiaft  erbalten  luiiuv  mir- etvra 
as  abgelassen  werden  soll,  was  nach  allem  andern  übrig  seya 
mochte?  in  Deutschland,  wo  ein  vorherrschender  Q^müths^^Hang 
zum  Studienleben,  zum  wissenschaftlichen  Menscbwcrdeo,,  für 
die  meiste  nur  eiae  Anwartschaft  giebt,  sich  dürftiger,  ak  ein 
Copist  oder  Handwerker  du^^chbcing^n  zu  mussi^ii?  fiiß  W(^^ß 
Entdeckungen,'  wie  gegen  tjrajDvei  und  das  damit  laicht  ver- 
bündete Pfaffe^hum  dennoch  die  etwas  VermqgUchern,  .und  ber^ 
sonders  die  handelnden  Inselbewohner  sich  Kräfte  zur  muthvoUi^n 
Resurrection  gesammelt  habefi^  müssien  in  der .  künftigen  JPorl« 
Setzung  dieses  inhaltreichen  !Seitgesfihenis  ecwünscbt  sejn» 


jiglaja,  Tasehenkuch  für  das  Jahr  48%3%  neunter  Jahrgangs 
fVienj  gedruckt  und  9^  Fisrlage  bei  Johk  B^k  IVaäis^ 
hauser*    7  fl^  v 

In  ansprechender  Gestalt,  und  t^nter  freundlicher  Begleituqgi 
tritt  uns,  wie' schon  öfter,  so  aucK  diesmal ^  diese  Grazie  ent*^ 
gegen.  Welche  Gaben  wird  sie  uns  bringen?  Mit  Recht  bat. 
die  Anmuthige,  den,  wie  wohl  dem  Titel  nach  etwas  unpoe* 
tisch,  klingenden  Postzug,  B,riählung  von  Caioline  Pichler,  den 
übrigen  Geschenkten,  welche  sie  der  Lesewelt  darbeut,,  voran«, 
^e^ellt.  Ein  liebenswürdiges  Landmädchen,  durch  ^glänzende, 
Erziehung,  frühe  Bekanntschaft  und  nahe  Verbindung  mit  Per- 
sonen aus  der  vornehmen  Welt,  wie  durch  die  Freudeii  und 
Genüsse  des  Residenzlebens,  für  die  stille  häusliche ,  Wirthschaft 
auf  dem  Lande  verbildet,  kann,  als  Gattin  des  Früb|;eliebten, 
würdigen  jungen  Mannes,  auf  der  alterthümlicheu  Waloburg,  in 
welcher  er  als  Oberfofster  hauset,  schwerlicb  ein  ^upUiches 
Loos  etwarten.  Sie  findet  es  um  so  weniger,  als  ihr  Oatte^  wie 
trefflich  iind  liebevoll  er  auch'  ist»  zu  lest  und  eigensinnig^  an 
Sitte  und  Gewohnheit  der  Väter,  selbst  an  dem  alterthümlicheu« 
morschen,  t\xm  Theil  wurmstichigen,  wiewohl  reinlichen  und 
blank  politten  Hausrath  hängt.  Auch  alles  was  Glanz,  Pracht, 
jrauschcndes  Vergnügen  beiist,  ist  ihm  'eben  so  von  Grund  dejr 
Seele  zuwider,  als  seiner  boi  ihm  lebenden,  und  ihn  in  seinen 
Neigungen  wie  in  seinem  Abscheu  bestärkenden  alten  Mutter. 


{Ikr  Betehh^s  fidgt.) 


N=  3.         „  .,    '.  1823. 

-  Heidelberger  *"<*'• 

/ 

Jahrbücher  der  Literatur. 


jiglaja,    Tasehenhxteh  für  Jas  Jahr   4Sq3» 

CBescbiu/s.) 

Ua  die  jnn^e  F^au  öfter  Gelegenlieit  findet,   aaf  dem  benacli- 
barteQ  Solilossey   mit  ibrer,  dort  im  Sommer  wohoenden  gräfli- 
chen Jugeadfrepndin,   die  Freuden  dar  Hauptstadt  zu  erneuern  |^ 
da  eben  die  Freundin  sie  gegen  ibren»   diesen  Genüssen  abbol<* 
den  Gatten  aufreizt^  und  auf  solcbe  Weise  Oel  ins  Feuer  scbüt'». 
tety  da  aucb   der  Vater   der  Frau  leichtsinnig  in  ihre  Wiinscli« 
stimmt,  so  ist^  wenn  beide  Eheleute  ihren  Gesinnungen  treu  blei- 
ben, der  Weg  zur   Scheidung  gebahnt.     Erst»   als   diese   Schei- 
dung wirklich  eintreten  soll,  fühlen  beide  Theile^  neben  berzli- 
eher,  nie  erloschener  Liebe  und  Achtung  gegen  einander ,   dafs 
jeder  zu  weit  gegangen  sej,  zu  viel  verlangt,  zu  wenig  den  bil-* 
Ugen  Wünschen  des  andern  sich  hingegeben  habe.  Durch  wech«« 
selseitiges  Nähertreten,  und   durch  Nachlassen  an  den   zu  sehr 
sich  widerstreitenden  Forderungen ,    wird   endlich  -der  häusliche 
Friede  beFgcstellt.     Die  Abschaffung  des  prunkvollen  Postzugs^< 
den  sich    die  junge  Frau '  zum  Verdrusse  des  Mannes  zugelegt 
hatte y    ist   das    erste  Opfer,    welches  sie  dem  Gatten  darbringt» 
Aon  beiden  Seiten  erfolgen  dann  mehrere  Entsagungen,  Und  aus 
gegenseitigem  Zuvorkommen  erwachst,  von  der  Sonne  der  Liebft 
und  Achtung  bestrahlt,  die  herrliche  Blume  des  dauernden    ehe- 
lichen Glücks.  Mit  Anmuth,  Kenntnifs  des  menschlichen  ^erzcn8y 
und  in  kräftiger  Zeichnung  sind  diese  höchst  unterhaltenden  See— 
nen  des  häuslichen  und  geselligen  Lebens  von  disr  Verf.  durch<r 
geführt.   —     Daniel  und  seine  Blumen^  von  L,  M*  Foiique.  Anek- 
dote  aus  dem  Leben   der  Königin  Elisabeth  von  England.     Eint 
Knabe,  "W elcher  der  nachherigeu  Königin,  damaligen  Gefangeueu 
im  Tower,   Blumen   brachte^   und   dadurch  sich  ihre  Gunst  er- 
warb ^  hatte  sich,  wie  sie,  als  es  sich  zutrug,  nicht  wufste,  son- 
dern erst  aus  der  Erzählung  eines  alten,    am   Hofe   der  Konigin' 
lebenden   Grafen  erfahrt,    ihr   zum   Ritter  geweiht,    der  im  wil- 
thendsten  Kampfe  ^  unter  dem  Feldgeschrei :   » Elisabeth  nnd  Blu- 
men«  überall  die  Feinde  seiner  Monarchin  schlug.     Die  Erzäh- 
lung des  Grafen  weckt  in  der  Brust  der  Konigin  den  Wunsch^ 
(iea  so  getreuen  upd  muthigen  Ritter^   den   sie   nur  als  Knaben 


V 


^^       'Aglaja,  Tascbenbucli  f.  d.  Jahr  1823^       ^ 

-''*■.      *•'.',*♦ 

gdtannty  wieder  zu  sehen.     Sie  sieht  ihn  yrieder,  vom  Grafen 
geführt^  aber  wie*?    fir  hatte  die  ßluinrn  nach  «ker  Weise  ge- 
pfiegd  bis  ihn  dey  vOn  flisabetb  verübt.e  Mond  'ao  der  Unglück« 
liehen  Maria  v.  S.,  ia  tiefe  Schwermuth  versenkte.    Eben  da  sie 
ihn  im  Garten  unter  seinen  Blumen  erblickt,    ist  er  beschäftigt 
fliege  mit  dem  vormals  kriegsgewohnten  Sohwerdte  unter  dem 
Ausruf  zu  vertilgen:  »Elisabeth  und  Blut!^4   Ob  wohl  die  Zart- 
heit und  Milde y  welche  der  Ki>uigin' in  dicker  Erzählung  beige- 
legt wird,  ihr  eigeothümlich  gewesen  ^sejn  sollte?  —     Die  un^ 
schuldigen   Verbrecher  ^  ofon  Helmina  von  Chezjr,     Ein  sehoncs 
Fi;Mulein  von  bösen  Räubern   in    eip  Klostergrab  gesperrt;    ^11 
junger  schöner,   zufällig  dahin  kommender  Rittersm9nn,'der  sle^ 
wfe  sichs  gebührt,  befreiet ;  ein  harter  Oheim  des  Fräuleins,  der 
den  Befreier  für  den  Räuber  ansieht,  ihn  in  einem  unterirdischen 
Burggewölbe   als   Gefangenen   hält   und   dann   umzubringen  '  gc^ 
denkt;  ein  anderer  liebenswürdiger  Ritter,  der,  ein  ganz  unscbul^ 
diges  Blut,  auf  gleiche  Weise  mit  ihm  eingesperrt  ist,   und  mit 
ihm  gemordet  werden  soll;  ein  gemeiner  Bösewicht,  der  eigent- 
liche Thälcr,   weldier  sich  in   dieser  Unterwelt  mit  den  beiden 
zusammen  findet,  sie  ohne  Grund  als  seine  Schand- und  Schmach -- 
genossen  bezeichnet,  und  sich  naclider  selbst  entleibt;  ein  Gefan- 
genwärter, der  die  Schuldlosen,  die  er  Weiter  sieht  kennt,  mit 
uefahr  seines  eigenen  Lebens,  au$  dein  ^erker  befreit;  das  sind 
etwa  die.  in  der  Erzählung  vorkommenden  Hauptpersonen.    Dafs 
das  gerettete  Fräulein  vor  Schreck  schwer  erkränkt;  dals  sie  als 
Todtgeglaub^e,  aber  keineswegs  wirklich  Todte,  zur  Nachtzeit 
die  Burg  verläfst,  um   den  Retter  aufzusuchen;  dafs  diese  Lie- 
benden,   und  noch  ein  junges  Paar  sich  wiederfinden;   dafs  der 
Comödienvater  oder  Onkel  sein  Unrecht  einsieht,  und  mit  einer 
Doppelhochzeit  die  Erzählung  schliefst,  alle$  das  ist  ganz  in  der 
Ordnung.—  Ein  recht  erfreuliches  Gegenstück  zu  diesem  aben— 
flieuerlichen  Quodlibet  giebt   die   Moosseite,  fuitn    Theodor  HM» 
Die  einfache  rührende  DarsteUiing  einer  dürftigen,   aber   durcH 
Arbeitsamkeit,  Tugend  und  Frömmigkeit  glücklichen  Familie  ia 
Schottland.  Das  jüngste,  von  Allen  geliebte  Kind  liegt  darnieder 
an  einer    schweren,    den  nahen   Tod    desselben   v erkündend ea 
Krankheit.     Während  der  Trailer,  welche  sich  auf  die  ärztliche 
Aetisserung:   dafs' das  Ende  des  Lieblings  nähe   sey,  über  den 
ganzen  Kreis   der   Hausgenossen   verbreitet,   langt  ein  Schteibeix 
an,    dafs  man   für    die  Mahnung   eines   harten  Gläubigers   hält» 
Aber  das  Kind  geneset,  und  der  Brief  enthält  die  Nachricht  voa 
einem. massigen,  aber  für  die  geringen  Bedürfnisse  dieser  einfa- 
chen Familie,  bedeutendem  Legat,  welches  sie  für  jetzt  uqd  im-» 
mer  alJer   Sorgen   entbindet!     wahr   und   schon  ist*s,   dafs   der 
Hausvater  das  Glück^  welches  in  diesem  Briefe  liegt  da  erst  be* 


\ 

I 


'  Ji^laja^/TaKlwiilRith  f.  «t  Jahr  tSiaJi       3S 

fttjöieii^  «mit  dfe  firoUe  Ktnhridil  Ftab  mdtRIiijtero  mitibeik^ 
als  Toon  Arzte  die  Yersiclieratig  koflimt;  ein  sanfter  Scklaf,  det 
das  liehe  Kind  umiatigeOy  deute  *ttf  sekie  nidie  Oene^ang.  «« 
£iMa>  Enuhiung  von  Elise:  Ein  Nlioa  zu  oft  bebiodehcSr  Gv^ 
Keastaftd'  wird  unt  hier  aiife  neue  ?i)r^liiirtr  Ein  lieblidiett 
-Tdchterelien,  die  ("ruclK  der  tieindi^eili  £ii«  tioer  Prinfeessin  mit 
•eioem  £delip»Bn^  ist  Ton  d^  ffiisflieb^  Mütter  dem  einfttcW»» 
^inbescfaohenen  BdUniana  tut  EniAvmf  hingegdken^  als  «iei  ?oh 
abrem  Bruder^  deite  Ländesherrn  hart  bedriftii{;ty  und  ilit  Gidtt' 
^on  ihm  feindlMh  v^rtel^  Wkd.  Di«  kk  Metister  Sohdnbeit  ua<i 
Unschuld  aufgewachsene  Rosa  wird  bezaubert  von  del^/Anmuib 
eines  Jünglings,  den  sie  auf  ijuren  Spaziergängen  zufällig  ^ntriffb 
Aus  Bekanntschaft  wird  A'^ndscIiäÄ,  ans  dieser  Liebe.  Dei^ 
Jüngling  mufs  sich  aus  der  Gegend  auf  eine  Zeitlang  entfernen» 
KiM^  m  eikiAn  Flist^p  in  die  Stedt  gck^ttwea,  tieht  und  eribenüdi 
ihn  wieder,,  da  elr  iakt.  einer  schi$ae«i. Prinzessin  .itor  dem  Altai^ 
^ie  Ringe  gewechselt  hat,  und  selbst  Prinz  genannt  wird».  Ypf 
^SdmieTz  über  dt^  tiem^iiite  Untreue'^  ^nlfcradct  dib  aftbe  Kosd j 
iie  glaubt  sicl^  tlm^xA^  von  lieblicheli  Ttitbaam^  die  tfuf  dn6 
«chdne  Vergangenheit  deuten V^b er  nictit  Wai^feii  es  Träultifie:  It^ 
freundete«  Gestsrlt^^  der '^irklicMcdit  ang^örend,  ^aktdcn  um 
ihre  Ruhestatt^:  D^t  Wiedergenesendeti  virird  kund,  Wes  Stach« 
des  sie  sej,  da(s  iht  Geliebter^  obwohl  tt>ti  färstücheoi  Stiimqni 
'ihr  docb  •  wäre  sie  atidh  das  nredr^  Landinidcheh  gewesen ,  £^ 
-Hand  geboten  l^en  würde;  dafs  jehes  Ringe  Wechseln  mit  det 
Pjrtnzessin  von  ihm  riur  l??aiiiens  und  ^als  Stt^v^tret^  feines  ali<^ 
'dern  Prinzen  geschah.  '¥t>n  dem^  dl^  Hfirte  S^S'^^  steine  eigne 
Schwester  bereuenden  Ländesherrn,  wi^d  Rosa  zu  sjeiner  lEmil 
ernannt  and  ihrem  Geliebten,  dem  Ycrwatidttn  eities  bcnachbar-» 
ten  Pursten ,  in  die  Arme  geführt  -^  ßie  Schachtel ß  NoPcUä^ 
von  Friedr.  Lium,  mit  Laune  erzählt  ^  nur  hätte  sich  letztet'd 
fiber  einen  weniger  verbrauchten  Gegenstand  verbreiten  ftnogeni 
als  über  diese  schon  zu  ilfren  Jähren  gekommene,  noch 'mit  Zärt^^ 
iichkert  auf -Männer)  tnit  inoch  grösserer  aber  auf  den  gesainrnd^ 
ten  Mammon  blickende,  ehr«- tind  achtbiaren  Jungfrau  EmMnttd 
Ktisimir.  Dafs  sie  ihren  Verwandfen,  eitieh  Jutigen  talentvoUeH 
'Kunstler  von  sich  vvei^*t,  nachdem  er  wid^r  ihren  Willen  eiil 
armes  ehrbares  Mädchen  zu  seiner  Lebensgeuossin  efkohren^  dafi 
sidi  alte  geldsfiditigt  Gecken  als  Liebhaber  txi  ihr  drätigen;  däfs 
sie  lange  prüfti  wäfrlt  und  bedenkt,  ehe  sie  dem  Einen  den  Vor* 
zug  i^ebt  vor  dcAm  Andern;  dafs  sie  am  Ende  der  Liebhabet 
TJn Würdigkeit  und  die  Wifrdigkcit  des  Vetters  einsetzende  jenö 
zurfickil^eiset,  diesen  mit  seiner  Gattin  an  sich  zi^ht,  ist  ganst  itt 
der  Ordnung;  nur  ist  dergleichen  schön  zu  oft  vorgeWeteh.  Be^ 
aoadcrs  aiadr,  d^  die  Sühne  von  ^e^  Schaditel  attsgeheä  «üb» 

3« 


wotm  des.Ytftttrl  &ind,  Jieser  iteu^nvPhatao's^  Todite^  äber^ 
^bea  vird.  —  I>a;sipb.  »Dt^r  d^Q  PicKtern;  weiche  Beiträge 
.geli(Dfert,  die  Nam«n  yc^ir  Cas/ellij^  {..  M.  FompiS^  Kühiß  Prä^ 
^,  Rückertj  finden,  so.  dürfen  dieJLc^er.  unter  dieserf  Beiträ*- 
gea.  Manche^  zu  findeo  gewifssejn,,  welches  das  Almanacfasplu: 
:iüberlebea  und  zuc  fernen  Zukunft  schwebea  wird.  Was  be- 
,ftQM]d«rs  zu  lobeilt  ist:  dafs.  falscher  Mystizismus  und  der  gewöhn- 
I liehe  matte  Soi^tlenklipgklang  keine  Aufnahme  iu  dem  Tascken«- 
.bucbe  gefunden  hat.  -r-  Uie  Kupf^,  triefiElicheu  .  Malel^n ,  yoa 
forziiglicKen.Kyq^d^ißil 'l^(^gebild<^t^  WjcLder  ehrenvollsten  £v^ 


•  •  1 


Tasekmiuch  ium  ge*Mig^n  Vergnügen  auf  das  Jähr  s3*  Lmpu 
.b.  J.  F;  Gleditsch.    Wien  h  C.  Gerold. 

ij,u€h  im  zwei  ^n^.  zwanzigsten  Jahre  erhalt  sich  dies  Taschen* 

buch  in  feinem,  friilieren  Werthe.     Von   den   v^er  Erzählungen^ 

..die  es  diesmal,  den  Lesern,  darbietet,    ist  keine,   welche,  nicht, 

,wie>Yohl.  jede  jauf,  eine  versichiedene  Weise,   dem  auf  dem  Titel 

.angegebenen  Zwecke  entspräche.  —     Palmerio ^  Novelle  von, 

Leopold  $chefer.     Eine  nach  Griechenland  yerpflanzte  Geschichte 

.des   Grafen   von  Qleichen-^   oder  der  Göthischen   Stella;   jedoch 

mit  manchem,  besonders  dem  Unterschiede ^^  daüs  unsers,  Helden 

beide.  Gattinnen,  zugleich  leibliche  Schwestern  sind.     Der   Aus-^ 

.gang,  ist  sphaueiilich,  da  der  Verbfecher  Palmerio,  vor  den  Au— 

Sen . seiner  Frauen  das  Leben  endet,  der  Vater  desselben;  und 
essen  Todfeind,  in  eben  dem  Momente  auf  einander  stolsend 
sich .  lyechselseitig  erdolchen ,  und  die  .  b^i^^^n  Schwestern  als 
trostlose  Wittwen  und  von  allen  verlassene  Mütter  und  Töchter, 
im  ^yiedererkennungsaugenblicke,  über  den  Leichnamen  der  Ge« 
npprdcten  einander  in.  die  Arme  sinken.  Die  sehr  zusammenge- 
setzte., und  mit  Abentheuern  zu  Wasser  und  zu  Lande,  hinläng- 
lich, ausgestattete  Novelle  blendet,  durch  die  reiche,  wohlklingende 
Sprache,  die  klaren,  und  lebendigen  Schilderungen  grie<;hischer 
Natur  uiid  Sitte;  durc)i  die  häufig  uns  begegnenden,  wahrhaft 
dichterischen  Aufschwünge;  und  endlich  durch  manche,  des  Vf. 
Welt  und  INfeoschenkunde  bezeugende,  Stellen.  Aber  auf  Wahr- 
heit soll  sich  diese  Erzählung  gründen^  wie  in  der  Note  ver- 
sichert wird?  Schwerlich!  Sollte  nicht,  der  Dichter  vielmehr 
die^  Absicht  gehabt  haben,  durch  seine  Novelle  die  Unart 
mancher  unter  unsern  Romantikctn  zu  rügen ,  weiche  Dinge^ 
die  Aich  ip  der  Wirklichkeit  so  wenig  begeben  Aaien^  als  sio 
»ich,  nur  begeben,  ^o/tnr^n^  zu  Grundzügen  ihrer  Gemälde,  v^äh- 


ito;  dftf  dc^n,  'Was ^oft'^tfls^fehcrt  Krallt  in '^to  U%^  äufbUt^*» 
die  uügliiubUcheil  Abflbt^uer  tuil  Willem  il«it  bunter  -und   ^pi^ii*»' 
geoder  Farben ,   auszostsifit^n  $  *  und   dabei  ^reuli^rstg  versicheri^^ 
die  Strebe  habe  skb ,  man  <mög>«  es  nnnr^  glaube,  oder  nicht ,  'doch 
'wirkKch  IM),  wit  darg^sti^lll  werden,  'Zu^-iftta^eni     Hatte  der  Vf.' 
nicht  diese   MjBtifrcation   mA   Sinne  gehabt,  -^er  hiittto  vLiii  k.  Bw* 
nicht  die  Gdschichte  mit  <d#ai  Ringe,  so  Wid  sie'dasteKl,  erzShlt^ 
Die  zweite  1  Braut,  naohh«tfige  Gattin-  Palttidriofr  «öU    n^mlrcK   ei>^. 
nen  Ring ,  das   £ilitig6   WAi  It^-  iioish   von   ihreä  i£ltern  bfsifs^' 
deren  Andeills;en  ihr- noch  lebhaft  und  hl»illg  geblieben)  verklraft- 
haben,  niclic-etwä  um  einer  dringendari  Nofh  abzuh^feh ;  oneihF* 
um  sich  einen    eutbehrlicHen>  Histarschmueky'ifu^ 'deh  Preis   dei 
theaern  Andenkens  zu 'erhandln.   *  Eben  d^n- Ring,  den  frtihei^' 
das  zwölfjährige  Mädchen  'tru'g,-  konnte  nacHhör  der,    zwiscli^'' 
zwaodg  und  dreifsi^  Jahren  stehende,  Pa!lmerio-»aili  Finger  trä« 
gen,  und  trug  ihn,   als  ^r  von*  seiner  zweiten  Gätttii  zur  erstell 
zarnckkehVt«.     Da  nun  bei  den^ 'Eltern'  der  Letztem,  ^ie  sie  däA* 
Ring  an  seiner  ,>Hand'' erblick cn,   die   Vermuthnng  entsteht:  >di« 
lange  .vermifste  Tochter  möge-  noch  am  Leben  ^yn  /  holt  Palme^" 
rio,  ohne  alle  Yeranlassting  afneh  die  Capse)  herb^,  tworin  def 
Riog  stöckle;   wodurch  -dalin" sehr   natürlich    jeäe   Vermuthungy^ 
die  unsern»  Helden,  nur  verd^^lich  werden  konnte,   noch  niehr* 
Grund  erhielt.     Auch  die  untnotivii^te  und  grausame  Ermordung 
eines  gewissen  Bathori'dnrdi  Palmerio,  bestätigt'  die  voHiin  mft- 
getheilte  Meinung ' über  ^ie»  Intention  dei  Vf.     Denn,  dafs   der 
mit  allen  iruhern  Verhältnisreiai  bekannte,    titfällt^  Woft  P.'  auf* 
Cbios  angetroffen^' ManUi'roii   uuserm  Helden,'  seiner    zweiteit' 
Gattin  und  deren  Freutiden*,;.  zugefülMrC   Wei'den  konnte,  ist  un-« 
denkbar,    dafs    aber  Pabnqrio  sf^itt  dt^iin  frii^dfertigen  Menschen^ 
Stillschweigen  zu  gebieten-,  ihn  nntiblos  ibordet ,  als  ti  nach  Ein—, 
zelnheite«  auB' der  Vergangenhek  fragt,  erscheint  um  so  unnättir^ 
licher,   da  der  gute  Bathori  'mit  dem  Mörder  lange  befreundet 
war.     So  ist  auch,  (was  wieder  die  obige  Ansieht  rechtfertig;t ^ 
dasZusamaieutrefifen,.der  beiden  Todtfei«nde  am  Schlufs  der  Nc^*' 
velle,  eben  so  unmotivirt,  als^  daa' plötzlich«  lErschdnen  der' zvei«^* 
ten Gattin  Palmerios  int  geltenden  Moment.' —  Die  Reisenden,, 
pon  L,  'tieck  lafst  sich  >niche  mit  deiii   gCTröhnlidhen   Maasstab^ 
für   soleber  Drehtungen  messen.     E^  wäre    ihr,  '  geschähe  das^^ 
rielleichc  nichl  mit  Unredht  vcviuwe^fen,  dafi^  zii  viel,   für  deit 
geschichtlkbefl  Zweck ,.  vuinütte  Personen '  auftraten ,  tüid  dnrch 
sie   ein    Gewivre   entstehe,  au»  d<$m   der   Le^ev   sich   mrt  Müh^ 
herausfinde;  dafs  der  Faden' 2«  oft  abgerfssi^n^  und  die  Scenenf 
zu  oft   gewechselt   werden  ^  dafa^  niaä  inihStliigeirweise  zu  länge 
hei  den   Leuten   im  In^enhams«  verweilen  mfisse;' dafs  vieles  Aei 
VoikoMoieadetf  faättö  wegbl^btA  konnett  ^  und  ikt  Ldsun^  ohn^ 


Mt   1a«>Vcflj>.;?vges«B«  Vetgtu  f-ü-,  3.  48a3t 


/ 


i 


I 


6.1».  iich  wur4«  i«mi<il^  Msfo«   'AiMrti  ^«fftfl  d^  i;  <.Tid<t  niobK 

faUcn,:  habe  «u<:k»:  4«ir  g^n^en;  Aidüg^  naoh^  nich^  wqW  aiiderV: 
9k  gewaksam  gusql^hea  köiKD^m  endKck  vrerd^  man  VidB.Wiib&T» 
^p  ua4  ToUlieit  so  arg  um^kkt»  dafa  kam»  h^rauaivigr&diir 
fttitfie,  yirejf  von;  dtm  y<»kamm«iidaii  Mch  als  verniiiiiftig  blstracbf. 
1^  weVdeq  solle?    und  dec  I^ci^er  am  Eo4e  io  den  ZwetfeV 
ffliqatbeii  k&on^;  ob  er  es  selbst  noch  aa  leidli^K  aej!  *^.  Aber 
wiia  gesagt  I   dieser  Maasstab  taogi  för  die  vorKogende  Novello 
weht;  up4  wiird  er,  wie  bilUg  biet  bei  Seite  gelegt^  somüfiseo 
4ie  herrlichen  LicblCtinken ,  wdehe  durch  die  Meistarhand^  dea 
ijichters,  ans  der  an.  sieb  widrigeoi  Masse  entwiokelt  werdeo, 
ups  reichlich  für  d(u  eotschfidige»,  was  wir  aa  dees  Sl06fo  selbst 
Ulifid  an  seimer  historischen   Bebandluog  vermissem     Auch  io  deie 
2eiohnuDg  der  Indiyidoalitat  dec  eiozehieii  Genossen,  des  Irxenr«^ 
^^ses,  offei^bart  sich  diese  Meisteischaft,  Wie  in  dem^^^  in  die* 
$fir  Schilderung   verwebleii  S{>Qtt4    übejr  manche    Vertrrüogea 
miserer  Zeit,  namentlich  in  den  Fachern  der,  ao  ha^fig-^nun  un<> 
^üsrsiäodlichfn  Gallmathias   herabgewütdiglen,   Philosophie,    der: 
gemilsbiauohtea  Schdng^sterei  und  der  unreifen  Critik«     Hie 
ic^nd  da  könnte  indessen  dieser  SpottteivMis.?iu  grell  ansgesproc^ea 
Scheinen,  und  bei  Einzelnen  jeiier  Schilderungen  selbst,  Ems  i%i 
psTchologischer  Hinsicht  vernufsti  werden.     Immer  «errath  näm-* 
lieh,  was  das  Letztere  betrifft  (von  Rasenden  ist  hier  nicht   di» 
Jlede)  der  Wahnsinnige »  wdchen  au  anhaiteodes  Nachgriibeliig 
^  inniges  Fe^alten  eines  und  desselben  Gegeoslaiidea^    oder 
f^ne  %u.  gewaltsam. aufgeregte  Pbantaaie^  auf  den  unglückseligeti 
iPunkt  geführt  hat,  wo  sftcb  sein  ganzes  Sinnen »  Penk^u  und 
j^mpfinden  auf  ein  eibaiges  begränzt^  und  sich  in  diesem  Ein-« 
2^gen   verliert ;   immer   verrStb    einv  solcher  Wahnsinniger  dea 
Uesbergang  ans^  dem  p^Srlichen^  tZostande  in  den  .  unoatik'lichen  t 
4ie  Abweichung  von  der  rechten  Bahn «  so  wie  das  früheipe  £r^ 
^ssen,  und  Anerkennen  desRecUen  offenbart  .sich  immer  bei  ihn» 
in  Wort  und  Tha|t.    Biese,  def  Erfahrung  gemäfse  Erscheinung 
ISEitt  in  den  hie^  voiJkcmmenden^  an  G^isteszerrüttupg  LeideMden,t 

Sentgstens  aa  Allen,  nicht  hervor»  es  fehlt  hier  und  da  an  der^ 
^  anse^uenz,  iioai,  Wahnsinn«  Eine,  itw  .tnefiichsten  Zeichnangea 
^?g%^n  y^  gewifs  die,  des  unglücklkhen  Juegliikgis,  voh  seinem 
Leidensgefährten  Alethnsalem  genannt,  der  sein  Leben  nicht  nach 
!fagen  und  Jahren.,  ^ndern  uaeb  den  nnglodUachen,  früher 
wahren,  itz^  eingebildeten  Ungiüchsfiillen 9  und  tnmrigen  Erfah-« 
ipungcn.  vber  sicb^  wie  andre  Menschen  und  ihre  Schicksale  ab«« 
mifst,  und  auf  d»  Weise  oft, in  wenig  Stunden,  um  einige hun-« 
dert  lahr^  älter  geworden  a«.  sejn  wihnt,  Wie  wah*  ist,  und 
VW  welch  mnf  ^cber«  Uand  lengt  ^n^  Qemälde}^  wim  ver« 


Toscliedk  2.  gßS^!  Vergä.  ei/cL  J.  i{?23.    3r) 

UMt  1^  A«r  ieiMstkf  N^Äif  Abs  Mensclben'  mufs  der  DaHreHey 
seyo)  der  diese  tiefergreifende  Charaeteristik  9a  zu  ^nCWeifeQ  im4 
90  dorchzufuhren  vermochte,  -r—  jDiß  Salamanderin  ^  erklä-^ 
rendes  Gegenstück  zu  Hoffmanns  Elementar geist ,  im  Taschenbuchö 
tum  gtsMgen  f^ergnügen^  ^8»%^  von  Elise  i^n  Hokenkausen^ 
Nick  blos  durch  gldoläioh^  und'befHedigvadä  Ldstwg'  det,,  v4i 
einem  geisivoUeB  Schrifükeller  gesohürzleit  Knotens,  zeichnet  sich 
diese  Erzahlojig.  aus,  soaderii  auch  dadurch,  daCs  die  Entwir- 
raog  des  selur  verwirrteit  G«iUchies«  wie  kaum  zu  erwarten  war, 
vermöge  etn&cher,  aus  menschlicher  Leichtgläubigkeit .  und  Schwa- 
che von  den  einen,  und  Bienutzung ' dieser  Mängel  von  der  mm 
dem  Seitci  entlehnter  Itfittel  bewirkt  werden  konnte.  *  Dabei 
Eät  diese  Losung  das  Verdienst,  auch  ohne  Be^u^  aaf  das  frühere, 
ebe  unterhaltende,  für  i$ich  bestehende  Novelle  zu  enthalt)^»» 
Abeir  ein  noch  gröfseres'  Yerdienst  liegt  in  dem  Ernste,'  womit 
die  Verfasserin,  die  unniafsige  Romanenleserei ,  die  Sucht  nacT^ 
iiberoaturlichen  Dingen^  und  die  daraus  so  leicht  erwäthsehdö 
Abweichung  der  FräU  von  ihrer  eigentlichen  Bestimmung,  rugt^ 
und  die  schädlichen  Folgen  dieser  Ycrirrüng  zeigt.  —  Die 
Grofsmütt6r  voh  H*,  Claitren.  Ein  junger  ManU,  durcK  Erb« 
Schaft  reich  geworden,  wird  an.  deni  Orte,  wo  er  den  Sohat^ 
Lehen  soll,  tou  Vaicrii  und  Muttern  belagert,  welche  einiTihriär 
Tochter  durch  ihn. gern  zur  reichen  Filau  machen  möchten.  AUo 
gelegte  Schlingen  vermeidend  findet  er  unter  angenommenem'  Na- 
men, diejenige',  AeYen  Tugend^  Geist  und  Schönheit  vor  allen 
der  Kranz  gäührt.  Dieser  einfache  Stoff  ist  vom  Vf«  so  geist^ 
ibd  geotSthvoll  behandelt,'  die  Situationen,  in  welche  <r  deinen 
Helden  versetzt,  sind  so  anziehend';  die  Menschen,  HOÜif  denen 
er  zu  schaffen  hat,  so  lebhaft  und  gut  chanicterisirt;  und  der 
Ausgang  ist  so  friedlich  und  woblthuend,  dafs  man  übeif  euiig4 
KemiQiscenzen  und  Ifn Wahrscheinlichkeiten  gern  hinwegsehend^ 
tok  Vergnügen  und  THeilnahmc  bei  deib  lieblichen,  anziehenden 
Gemsflde  verweilt.  —  Utifer  den  Gedichten  finden  sich  viele 
Ausgezeichnete,  besonders  wurden  die  nckeisten  Leser  ansprechen : 
Die  Hochzeit S''  und  Abschieds gesckenke  an  eine  Jutstlic&e  Braut 
von  Fr.  Bücher tß  das  Leben  ein  Beisewagßk  von  Kühnelj  die 
Kaiserkrone  von  Fr.  Förster.  —  Für  die  Treflichkell  der  acht 
BeigctKupfcrst.  von  S'chwetdt gehurt  j  AC.  Malter,  ¥t^.  Böhnt,  ^^ 
Muller  >  *  Eugene  Aübert ,.  nach  Gemälden  von  Raphaiel,  Cdtl^ 
T>dce,  'den  Andchteu  von  Dominico  Quaglio  und  Zeichnünged 
tön  Ramberg  leisten  schon  die  Namen  der  Kunstler  hinlängKöhÄ 
Bürgschaft,  Jedes  würde  die  Zierde  eines  jeden  TaschenBuchc» 
seyo;  aber  der  höchste  Preis  gebührt  doch  dein  herrlichen  Chri^ 
stus  von  Schwertgeburf  nach  Carlo  Dolce.  Charaden  und  Baihsel 
^uid,  wie^  gewoü^cby  auch  diesmal  beigefügt^  und  eine  Blfusik« 


beilage,  nougriecLiscIi«.  Melodiken  eatlialte^d^  's<Ui«CAdi«|  mki 
Henug  zu  tmfiehl&uini  Ganze« 


BüHHß  bei  A.  Marcus^'    Lehrbuch  des  Kirchenrechtf  ß  mit  Bd^ 

räcksichtigung  detr  neuesten  Verhidtnissek'    f^on  Dr.   Femd^ 

.    ff^jLTMR ,  öidehtLProf,  d*  R,  axif  der  rhevfiischen.ünwer^ 

sit&t  zti  Bonn»  VL  a.  4io  ^*  ^  ^'^  nehst  dem  IrAaltsvsa*^ 

zeichnifs.  fl,  4\  ^^* 

^xJer  ernstern  Bearbeitung,  des  Kirch parecbts  sind  die  Alles  er«^ 
schlitternden  Ereignisse  der  ietz.ten  3o  Jähre  sehr  nachtheiUg  ge- 
wesen* Während  die  Verni^ihlung  bedeutender  kirchlicher  In- 
stitute das  praktische  Interesse  minderte,,  war  es  besonders  aucli 
die  Gleichgültigkeit  gegen  kirchliche  Verhältnisse  überhaupt,  wo- 
durch eine  eifrige  Beschi^ftigilng  mit  dem  Kirchenrechte  verhin- 
dert, wurde.  Zum  Theil  ist  dieses  durch  die  neueste  Zelt  geän- 
dert; eine  erhölietere  Theilnahme  an  den  Angelegenheiten  der 
K-irche  ist.  sichtbar,  und  schon  sind  Schritte  zur  Wiederherstel- 
lung und  Befestigung .  der  kirchlichen  Ordnung  gethan ;  es  zeigt 
sich  ^pgar  von  mancher  Seite  eine  Hinneigung  zum  entgegenge- 
setzten Extrem.  —  Bei  dieser  Lage  der  Dinge  würde  ein  Werk^ 
worin  mit  strenger  UnpartheilichKeit  und  Sachkenntnifs  die  I^echte 
der  Kirche  in  ihren  äufsern  und  innern  Verhältnissen  bestimmt 
wären,  von  besonderer  Wiclitigkeit  sejn. 

Das  vorliegende,  voii  einem  Katholiken  verfafste  Lehrbuchi 
zeichiiet  sich  in  mancher  Hinsicht  vortheilhaft  aus,  insonderheit 
durcli  die  beständige,  der  Regel  nach  sehr  sorgfaltige,  Berücksich- 
tigung des  Geschichtlichen.  Auch  die  Art  der  Darstellung  undt 
die  Ordnung  in  demselben  sind  zu  loben.  Nach  einer  kurzen 
JE^inleitui^  wird  im  allgemetnen  Theil  von  der  Kirche  überhaupt 
(namentlich  von  der  Religion,  dem  Begriffe  der  Kifche,  dec 
Kirchengewalt  und  dem  Verhältnisse  des  Rechts  zuf  Kirche)^ 
sodann  Von  der  Geschichte  des  canonischen  Rechts  und  von  dem 
staatsrechtlichen  Verhältnisse  der  verschiedenen  Rcligionsthelle  ia 
Deutschland  gehandelt;  im  besondern Thdle  von  der  Kischenverfas^ 
sung,  von  den  kirchlicKea  Sachen  und  von  den  Theilen  der 
Gottesverehrung,  welche  kirchenrechtlich  in  Betracht  kommen. 
J)as  catholische  und  protestantische  Kirchenrecht  ist  mit  Rech^ 
peben  einander  und  nicht  in  zwei  besondren  Theilen  abgehandelt« 

Vorzügliche  Aufmerksamkeit  und  eine  nähere  Betracliluug  ver- 
dient indessen  eine  charakteristische  Eigenschaft  dieses^  Lehrbuchs, 
pämlich  die  an  vielen  Stellen  mehr  oder  weniger  sichtbare  Hin- 
neigung zu  curialistischen  Grundsätzen»     Der  Vf.  sclieiut  zwai* 


imt.r«diid»^r  Ab»ifihii  Yfle  sidx  aus  4^  gaiM&en  Dsprsldlinf^  e^- 

giebt|  liauptsädilich  dtDJenigen  sich  entg^geiizastelleiii.  weklitf. 
gegen  das  PabsyttHum  so  sehr  idfern,  »als  ob  i^ur  von  €kr  SmUt 
adles  Unrecht  gekommen  und  alier  MiJEs|}sattch  zu  färcbtf&s  sey« 
(S.  4a.)*  ^'  ^^  ^^^^  dabei  2U  iweit  gegangen  und  hat  Grund« 
tätze  au%;estellt|  welche  nach  der  Uebefzeugung  des  Rec«  in  der. 
Anwendung  zu  verderblichen  Folgen  führen,  die  der  Vf.  selbst 
gewib  nicht  bilb'gen  wird.  Allgemein  bekannt  ist  es»  dais  die 
römische  Curie  (denn  von  einzelnen  Päpsten  ist  hier  ntdit  die 
Rede)  dadurch,  dafs  sie  auf  unrechtmäfsige  Ausdehi^ung  der 
päpstlichen  Macht  über  den  Glauben  und  das  aufsere  L^eq  uiH^ 
aofhörlich  bedacht  vvar,  und  mit  kluger  Berucksiefitigung.  alles, 
mr  irgend  hierzu  ^Die(iliche  benutzte,  seit  Jahrhi^udertea  dett*, 
nachtheiligsten  Einflufs  auf  Deutachlands  Wohlfahart.in  religl5set 
Und  politischer  Beziehung  gehabt  hat.  Uif  so  gefährjid^er  ist 
daher  die  Aufstellung  von  Grundsätzen ,  welche  in  der  A^wen-«« 
dang  so  leicht  gemifsbraucht  wcrdei)  können.  ,. 

Wir  übergehen  die  Ansichten  des  Yfs.  ,  über  CathoHcisnuis. 
und  Protestantismus  im  Allgemeinen,  weil  jn  dieser  Anfzeige  faaupt-^ 
lacblich  das  berührt  werden  soll ,  was  rein  .kirchenrechtlich  ist.  Be-% 
trachten  wir  nun  in  dieser  Hinsicht  einige  Qrundsätze  des  Vf.  etwas 
näher;  so  finden  wir»  dafs  derselbe  zwar  anfangs  gesteht,  es 
lasse  sich  gegen  die  Richtigkeit  des  Episcopalsjstemes  an  und 
für  sich  nichts  einwenden  (S,  4^);  aber  dann  doch  behauptet: 
Es  sej  eine 9  schon  in  ihrer  Fassung  nichtige  Frage:  Ob  der 
Papst  einem  allgemeinen  Concilium  unterworfen  sej?  —  Diess 
Behauptung  können  vyir  nicht  zugeben;  denn  auf  dem  Concilium 
zu  Kostoitz  ( ivo  mehrere  Päpste  wirklich  abgesetzt  werden  )  undl; 
auf  dem  zu  Basel  vrurde  diese  Frage  ausdi^icklich  bejaht,  und  die 
Decrete  beider  Concllien,  worin  dieses  enthalten  ist,  sind  in  die 
deutschen.  Concordatp  übergegangen  (vrgl.  die  2e  und  3e  BuUer 
Eugens  v.  i447  uiit  dem  Acceptationsinstrumeqte.  Alberts  von, 
i439  und  den.  Verhandlungen  des  Kurfürsten -Vereins  v.  i446)« 
Bas  Episcopalsjstem  ist  daher  auch  insofern  keine  blofse  Schul-» 
ineioung,  wie  der  Vf.  S.  ,i65  behauptet.  Die  Aeufserung  des^ 
selben,  S.  ±63i  dafs  der  Papst  zu  allen  Zeiten  oder  in  edlen  Län'^ 
dern  gleichförmig  die  a.  a.  O.  von  ihm  als  wesentlich  angenom«» 
meaen  Rechte  ausgeübt  habe,  z.  B.  die  Berufung  der  Concilieo. 
und  ihre  Bestätigung,  das  Gesetzgebungsrecht  innerhalb  herkomm-« 
licher  Grenzen,  das  Recht  in  Glaubensstreitigkeiten  provisorisch 
zu  entscheiden  u.  s«  vr.  bedarf  keiner  Widerlegung ,  und  der 
Verf.  selbst  nimmt  S.  63  wenigstens  für  die  ältere  Zeit  au^ 
dafs  ein  Subordinatioiisnexus  zur  Erhaltung  der  Einheit  nocb 
nicht  zur  Sprache  gekommen  %ej. 


4i       W^lirp^  iiehrbtieli  Äes  KirolietiMefats; 
\ 

'  *  Wiehfiger  iaft  dt«^  auf  dir  ha  WitelMtr  si^ithitr  ^'€fgtB^ 
Aoratig  der  päpstlicheo  Madit  sich  beztehendt^  Behikiptitug  dem 
Verfs.,  dafo  Merzu  die  betrügerischen  Psettd&i^miscken  Deere^ 
f^tn-  hlthb' beigetragen  hätten ,  indem  sie  mir  den /Zustand  der" 
Kirche ,  vtiie  er  damtds  in  der  That  schon  vbrhanden  watj  &e-' 
ilvicbset  und' daher  nichts  Nettes  eingeführt  hätten,^  ^ch  überhsiap« 
tfietstentheils  tinbedeuteiid^n'  uhd  unschuldigen  Inhalts  wären. 
Der  Yerf.e  fiihrt ,  um  diese  Behauptung  ztji  unterstützen  ^  einige 
Hebte  Diecretalen  früherer  Püpste  an,  worin  diese  $tcii  schotr 
jfrosse  Vorrechte  beilegen.  Allein  niit  Hülfe  dei  betrugerisqheti 
Bfachweiis  der  falschen  Decretalen  ist  die  Jahrhunderte  lang  be-* 
fltandene,  ehrwürdige  und  selbstständige  Verfassung  der  Provinz 
mabjrfiodßn  zu  Grunde  gerichtet ^  und  dadurch  ist  (wie  sick 
CpUstant;^jt^«.A  in  pra^,  ausdrückt)'  die  ganze  Kirch enverfas-^ 
9ung'  entnervt ,  eine  Verwirrung  der  Rechte  d^r  Bischöfib  und 
ErdbiscKoffe  bewirkt,  und  unabsehbares  Elend  über  die  Kirche 
Terbreitet  worden.  Der  Beweis  hiervon  läfst  sich  leicht  führen: 
i«^  Auf  der  Provinzialsjnode  abgesetzte  Bischoffe,  und  zwar 
blofs  Btschdffe^  konnten  nach  dem  Concü*  Sardicense  durch  Be«^ 
tfufung  an  den  Papst  die  Anstdilung  einer  neuen  Sjnode  und 
Revision  ihres  Urtheils  verlangen.  Durch  die  falschen  Decretafeti 
wurden  Hierin  zwei  der  wichtigsten  Acnderuhgin  vorgenommen'; 
aHe  auf  die  Bischöffe  sich  be^i^ enden  Angelcfgenhditen;  n^men^* 
Kch  die  Absetzung  derselben,  wurden  wiederholt  dem  Papste 
äOeiu  reservirt  (z.  B.  c.  6.  7.  9.  C.  3.  ij'.  6.  PieuAy '  Damasüs^ 
Sleuthertus  und  Julius J^  sbdann  wurde  es  einem  Jeden  in  der 
^nzen' Christenheit  erhubt,  tu  jeder  Zeit  im  den  päpstHcheTt 
Stuhl  zu  appelliren  (z.  B:  tJ. '4-  8«  C.  2.  9.  6.  Pseudo'Sixfns 
lind  ZephirinusJ.  Dais  diese  beiden  wichtigen  Aenderungen*  mit 
Hülfe  der  falschen  Decretalen  durchgesetzt  wurden,  und  der  bis-^ 
Herigen  Verössung  entgegen  waren ,  wird  durch  die'  merkvrüjr-* 
digen  Worte  des  gleichzeitigen  Erzbischoffs  Hincmar  v.  Rheims 
bestätigt;  Er  sagt  (vgl.  Marca  C.  'S.  Vif.  a'd.  n.)>  s«it-Jahr- 
Kunderten  sejr  das  Conc.  Sard.  in  dem  oben  ailgegcbeneii  Sinne 
beobachtet  und  die  Streitigkeiten  blofs  durch  di'e  Synoden  und 
2war  bei  einer  Berufung  a;i  d^n  Papst  durch  eind  neue  Sjnode 
mit  Zuziehung  bepacHbarter  Bischöffe  beendigt  worden;  er  er-* 
i^ähm  namentlich  (Marca  Vü.  20.  9.  u.  ;io.)  der  Isidorischeti 
Pecretsiien,  die,  dkmals  in  Umlauf  gebracht,  diese  Neuerung  eiit^ 
Kielten.  Noch'  im  J.  992  wurde  Enb.iAtnulpli  xa  Rheim^f  von 
der  Provin%iaIsjnode  abgeiietzt,  dsi^  Recht'  zu  dieser  Absetzung 
^er  durch  Anführung  von  falscheu  Decretulen  bestritten.  Wenn 
der  Verf;  den  häufigen  Gebrauch  dieser  Decretalen  lä^gnet,  so 
braucht  man.  nur  an  die  damit  «ngeföllten  spätem  Sdnfmiunged 
«nd  uamentUch  «A  das  noch  jeut  gehende  Decretwn  Graiia/ii 


Waütef V  JLetufcvob  ^SvKürc&eiftedkt«;       4$ 


»  «KOiDeiii  i.  w«?in.|  vränn  'mtn'Ae  b«t  Monddlas  ipi»  96  ft^ 
bezeitkneteii  eiotdiMii  Angaben  .jammmenzildt«  .ß^i^o  -  ^90  SfsW 
kft.aiu  diesem  Machwerk«  exeetpiit  siad.  Wi«  inrichtig  ist  nidiS 
schon  die  einzige  Stelle  der  falschen  Decretalen,  woriii  geSiissai|l 
^irdy  däfs  der  Pbpst^  als  dn  einzige  Uidber  allec  Kircbenge« 
vah,  die  übsigen  Kurchenbeamten  nor  «n  jMtrlcns  soUickudinis  be» 
stellt  hdbe;  yv  eiche  Steile  picht'  allein  in  das  Diecret  äierging 
(«« is.  £.2*  q.  6.)  Sondern  auch  späterhin  haUfig  benntiA  ynxüm 
(z.  B.  in  den  I>ectfctalen  Gregors  {X.  c.  4«  X«  <&  öteel.  et  um 
fßU.j,  da :  sie  Stoff  zur  ungeheuersten  AnsdehotiiDg  der  päpstl»« 
dten  Macht  enthäll.  ,  / 

In  Beziehung  auf   da»  protestantische  Kirchenreebt  sagt  der 

Vet£,  dafs  die  Landesherren  nach  der  •ausdrnckliohen  Aeusseron^ 

der  Reichsgesetze   ( durch  Ertheilung  des  Jus  rrf^ormandi}  unik 

nach  dem  jetzigen  Besitzstande  di«  alleinigen  Inhaber  der  KixHi 

obeDgewali  seyen   (nach  denr  Grundsätze f  cujiis  0s$  regio  äUus 

€it  r^iä  ('S.  4^.).     Das  Jas  reformandi  im  Sinne  der  Reichs«* 

gcsetae  ist  aber  das'  Koebt,  eine  bestiennte  Religionsiibixng  in  et«* 

»em  Staate  abzuschaffen   und  eine  andre  eintufähven ,   wekhei 

lucbt  nur. den  psotesiantisohen^  sonder»  aueh'  den  kadbolischels 

Beichsmittelbaren   ( J.  K  CX  Yt,  39.)  ertheik,  ist,   und  sich  voa 

der  Sircheiigewalt*  selbst  o£Gnibar  unterscüieidet*^    Freiiic|i  könnt« 

SUD  mit  Einfiihrung  :de7  pfotest»itischen  .Religion  der  Lande»* 

herr  die  Aasiibung  gewisser  Rechte  der  ^KirdieBgewalt  als  Be«^ 

diDgung  der.Reoeption  für  sich  behalten  ^  da  tiii<ii  den  Orand«» 

aätien  des  jProtestaniisnBUs  die  de»  Kirche  tai  Allg[ei»einen  tuste« 

hendo  Gewalt  in  ihrer  Aosäbung  nicht  an  ehien  beaiininiten  Slmd 

f;cbuDden  i^t.  Da,  wo  der  Lamdesbert  hatholisch  bKebp  ist  dagegei^ 

das  Kirchenregiment  entweder  bei  den  Gemeinden  gebKebeh  (win 

io  der  GraCidiaft  Mark)  oder  auf  andre  Personen-  iSbergegaingeii 

s.  B^  auf  laiidsässige  Magistrate,  Adliche  n«  dgh  und  diese  Reditn 

darf  der  Landesherr ^  sollte  es  auch  spfiter  ein  protesiantischey 

wyn,  nicht  «nd^n.    Gebt  ein  ^nr  Ansnbnng  der  KkchengewaK 

berechtigter  Landesherr  zur  kalholiseken  Region  Hher,  so  mufi 

San  .der  pers5jiliche  Einfittfs  destelben  wegfeBen,  wen«  aueh  dan 

mmol  durch  den  Landeihtrrti  erworbene  iCircJienregüneni  fort«« 

wühlend  dui^oh:  landesbenrliche- Behörden  >erwaltiet  wn^d,  unft 

>o  ist  es  auch  in  älterer  und  neuerer  Zeit-  gehalten  worden« 

Hüuftg  bit'.der  Yerf«  als  aUgemeines  prot^siantiscbeS  Kir-i 
eh«o«RechE  angegeben /  was  noi^  in  einzelnei»  Landern ^  näment^ 
beb  in  Preisten  hergebracht  ist,  «»B.  dafo  dttr  I^trb»  gemeiiH 
tcbaftlich  mis  der  Getdueinde'  die"  Btinkosten'  trage  (S<  3no.},  daft 
di^  Presbyterten  nur  fär  aus^fcte  Angdegenbeiten  namcntüDli  Ver*« 
wtltnng  des  Ki'i^hen^ermdgenS  bestellt  sejen  (S.  s^o9*  vgl.  hm^ 
«Qhaich  der  Aufsiebt  übejr  die  üHtea  dK«  lütebenver&isiing  i^ 


44       Waket^  LefaAttcIi  äe^  ku-chaireoht^ 

Hessdf:  u»  a.  Laildenu  BShm^rJ/^E/P.  I.  94-  ^S'  ff*  ^-  Pfeifler 
Kurbess.  Kr.  R.  §.36  ffs)y  endlloh.  dab  die  refofmine  Kirche 
Mir  aus  ^ein^lnen  durcb  Sjnodea  verbundenen  Pfarreien  be- 
stehe (S.  49* )•     '  '  • 

Da  sich  das  Lehrbuch  hauptsächlich  durch  Berücksichtigung 
de^  Quellen.  auszeicfaneL  so  soUen  in  dieser  Hinsicht  hier  einige 
^eiträg^'  gf geben»'  w erden.    Der  s«>.g.    codex  cänonum  ecclesiae. 
äniffersae  ist  *  dicht  *nur  höchst  wahrsohcinlich  von   Justelius  xvt^* 
sammengeaetzt)  wie  der  Verf.  (S.  68^)  glaubt,  sondern  ganz  ge- 
vrifsy  denn  Ju^elius  sagt/ selbst. ausdrücldiGh  (T.  L  p.  3.  4-  ^o), 
dafs   er-  die   Zusammensetzung  auf  den   Vorschlag  Le^chassierV 
To^gdnommien  habe.  —   Man  ninnut  gewöhulich  an  (vgl.'S^gG), 
4afs   die  paleae  bestimmt   nicht,  von  G^ratüm  selbst  herriihrenf' 
und,  Sai^igM/'  hat  ganz  neuerlich  (R.G.  B.  3.  S  .476.)  wieder  eine 
sehr  interessante  Stelle  mitgetheilt,' Worin  Paucapalea  als  Verfasser 
angegeben   wird.     Merkwürdig  sind  jedoch    in   dieser  Hinsicht 
die  Aeusserungen .  des  kaum   3o-r>4o  J*   nach  der  Erscheinung  > 
des  Decreiii  lebendoa  Glossators  Huguccio.  In  der  ungedrucktea 
Glosse  zuiB  Decret  (welche  sieb  auf  der  Marburg«  Univ.  BiblioF« 
ihek  beftndöt).  sagt  er..vQn|Gratian  (ad  c.  3.  C.  6- qw  3. ) :  if^  ^uia 
mugister  crimen  Mepravdatianis  inpanit  expressum   in  seqtienti 
i$äpke   et   in.sequkhti  palea^  ideo  hunc  aäsurfi  expomü  hie 
sptoitdilerd  -^i- 1  Üiid    an   Mehreren  änderte   Stellen   kömmt   das 
Wort  pälea  so  •  Vor,,  daia    man   es   nicht   füglich   auf  den  Na- 
men eiaea  Maunes  itez^ehen  »kann  z.  B*   ad  />•  5«  c,  4*:  -quida/n 
üfri  ncok  hoient  hisiiith  Ulti  loQQy  si   mid*  quamu  ted  ko€  usqu^ 
iiud  est'paleaf"{eKU«T  D*  Jß^ic*  4.  hoc  capitid.  hie  ht^iur  pra 
palea  u.  S4  vf^.  -r*  .  Böhmef  mac^t '  darauf  aufmerksam',  dals  *Cle- 
eieos  V.  seine  Sainmluug^war- vollendet,  aber  nur  an  die  Uni- 
«tersität  Orleans  abgeschickt  habe   und  zwar  mit   einer    eigenea 
kurzen  Vorrede:^  v^etchc  sich  in  einem  Cafsler  Mscr.  ohne  die  Vor*« 
yedo  Joh.  JUCH.  befindet;  er  erklärt  dieses  aus  einer  bescmdereii 
Vorliebe  für  diese  von  ihm.  gestiftetie^  Univ.;  später  habe  ihn  die 
Sammlung  g^Aeut  uitd.er  habe  sie. im . Gegentheii zu  unterdrücket 
gesucht,  weshalb  sie  auch  bei  seiniHi  Lebzeiten  nicht  nach  Paris 
und   Bologna    abgeschickt    worden .  sey«      Auf    der    Marburger 
Bibliothek  ist.  indessen  eiq  M^cn ,   in  .  welchem  sich  auch.  bloJb 
dieselbe  kurz«  Vorrede,  .Und  zwar  s(n  die  Pariser  Universtfät«  ge-^ 
jHChtet,  vorfindet^  Die.  Sache  erklär^  sieh  aus  der  Acusserung  de$ 
Glossators  J»  Andrea,  inrelcher  ad^pr*  Chm.  sagt, , die  Sammlung 
sejr  wirklich  4^  igan&   vollendet  (^^Uo  mit  Vorrede  und  Angabe) 
der  Universitfiten)  in  audientia  publioiri  worden ;  nach  dem  Tode 
Clemens    V.   h^be  m^n   aber  keifie    Abschriften  ■  mehr    aus  der 
Canzlei  erhallen;.  endUch  habe  s^ich  Joh.  XXII.  eftiscbloisscn ,  die 
Samnilttui^  fdiadicibi  heräi^sjebeii. 


.i     » 


Waitcr^s  Lcihrbfielt  des  KirehenndtfC       49 

Der  Verl,  $^  (S.  ioo)^  mn»  iieone  iwi  Cl  /;  eaiuk»  hitt 
im  den  ClemjeDtmen  C.  y .  c.  clausum,  ohee  dafs  man  die.plbern 
Umstände  dieses  Abschliessens  kenne;  md  nackher  »inumi  er  die 
fitravagaates^,  Johi.  XKII.  und  die  sommunes  ^Is  PritatsamraUn'* 
,^eB  apy  die  um  d..  J.  »34o  und  i483  verfertigt  worden.  <«je% 
'Welcbes  apch  ajlgemeio  von  den  Canonisten  behauptet  wird*  Mr 
leb  die  Entstehung  des  Nansens  C  /.  c.  claustan  und  der  bei"* 
den  Sammlunn^n  läfst  sich  auf  folgende  Art  erklären.  Seit  de^ 
Clementinen  wurde  keine^  eigentliche  Sammliing  von  den  Päpsten 
f)abllcirt,.  jind  man  nannte  die  sammtlichen  Sammlungen  bis  zi| 
den  Clementinei[iy  welche  als  gültig  recipirt  waren,  da^  iSQrpu$\ 
juris  canon.  Da  indessen  späterhin  eineelne  Decretalea  erschioiF 
nen,  welche  you  wichtigem  Inhalte-  waren,  so  setzte  man  sie  bin^ 
ter  die.  Clementinen.  Auf  der  Marburger •  Bibl.  ist  ein  Mscr.  d^v 
CiementiDen,.  wo-  sich  am  £nde  noch  3  Decretalea  Joh.  XXIL 
befinden.  (nameititL  das  «..  execrab,).  Zwanzig  Discretalen  Job«. 
XXir,  wurdei)  wegen  der  gemeinschaftlichen  Glosse  des  Zenze- 
linus  schon  im  i4ten.  Jahrh.  als  eiA  Ganzes  betrachtet.  Merk- 
würdig ist  es  indesseti,  dafs  diese  Sammlung  in  altern  Ausgaheip 
der  Clementincn  (91.  B.  Basel  i486  und  i494)»  bintcr  welcheni 
doch  neuere  Decretalen  und  namentlich-  auch  einige  von  diesea- 
20  vorkommen ,  sich  nicht  findet.  Da  seit  den  Decretalen  Gre- 
gors IX.  alle  Sammlungen  dieselbe  Ordnung  und  fast  dieselben 
Titel  haben,  so  war  es  leicht^  die  neuem  Decretalen  unter  eine 
Reihe  von  Titeln  zu  bringen.  In  der  Ausgabe  v.  i486  (Basel 
bei  Wei^ler )  befinden,  sich  hinter  den  Clementinen  neuere  De- 
cretalen unter  i5  Titeln;  in  der  Ausgabe  v.  i494  (Bas^l  bei 
Frohen)  sind,  schon  weit  mehrere  gesammelt  und  zv^^ar-unter 
andern  Titeln^  die  letzten  sind  ohne  .Titel  mit  vder  Uebeitchrift 
cqpia  huilae  u.  s.  w.  Endlich  in  der  Ausgabe  von  i5a8  (Ljoa 
hi  Sim,  Vincent)  ist  die  ganze  Einrichtung  so,  wie^  sie  jetzt  in 
dem  C.  j\  c.  gefunden  wird.  Die  ao  Decr.  Job.  XXU«  sind 
hier  voi^handieo  und  am  Endender  4xtrai^.  co.mmu.ne^  sagt 
der  Corrector  in  einer  antäogia  ausdrücklichj,  dafs  dif  selbep  voa 
ihm  zuerst  in  diese  Ordnung  gebracht  worden  sejen;  er  bemcr]^ 
ferner,  dafs  er  einige  Decr ete  Joh.  XXII.9  welche  sich  schon  un- 
ter den  aco  befänden,  deshalb  hier  abermals  eingeruckt  habe^  um 
die  Glosse  Wähelmi  de  Monte  Lauduno  anbringen  zu  können. 
Aus  di^em  AUem  ergiebt  es  sich,  warum  die  spätern  Decreta-^ 
ten  im  J,  14*6  bei  Abfassung  der  ^raf^omina  na^<oiii>  jer^rma- 
^icae  nicht  zum  corpus  juris  gerechnet,  und  weshalb  blofs  -di# 
wTtcojy.  jur^  enthaltenen  Reservationen  (reservationes  in  corpore 
jwis  clausaej  für  rechtmässig  gehalten  wurden.  Aus  den  Wor- 
ten :  in  corpore  juris  clausa^  ist;  bemach  der  Ausdruck,  corpus-, 
hxloumjifi  enIslandcB.   .    >  .    / 


4(S        Vttbow  Traäe  Auilies  Caiatnp^tibitt. 

.  .  )8eliü«rslic1l  bemeri(t  Reib  codi  falj^^odel  fib^  die  riMii  Vf. 
fi*  iB5.  ak  bcstrhtea  aogegebene  Bedeutung  des  Umersekiedek 
ftwisehen  l^x  tUoeeeswim  wai  lex  j'urisdictionis*  Ifugueeioj  wei* 
ther  ffir  den  Erfinder  dieses  Uht^schiedee  geftahem  wird  (vgl. 
ßökmer  ad  c,  j  S»  Xi  de  o»  j\  0.)j^  bestimmt  «denselben  in  seir 
tier  ungedruekten  Glosse  folgendermassen  fade^  /.  C.  4o.  g*  4.J: 
die  KlöstenT'  soUeii  in  favarmm  religionis  der  lex  diotcesana  des 
Biscboffs  ntckt  untetn^orfen  «ejn ,  von  der  hx  ptrüd.  sollen  sie 
nur  vermöge  eines  besasders  xu  beweisenden  Privilegiums  exi^ 
mirt  seyn«  Zur  iex  diottctiäma  gebort:  das  Recht,  zur  Synode 
fen  berinen,.  die  itmuutw  eccUnaß  und  invesfimra  chrieorum,  .so 
ifvie  die  besonderen -^ea  Biscfaoff  zustellenden  Abgaben  z.J3.  cu'* 
fhedruuum.  Zur  kx  junsdittiwiis  werden  dag^egen  alle  ilbrigen 
Recbfie  des  Biscboffs^  die  er  vermöge  der  Kirohengewalt  und  des 
ordö  bat,  gerecbnec  5o  wird  der  Unterschied  auch  von  spä<« 
eem  Glossatotfen  angvgdbea  ( vgL.  Gloss:  ad  c.  48.  K.  eü.J. 

Mdge  der  Verf.  drese  Bemerkungen  als  Zeichen  der  Auf* 
mek'ksamlteit  ansehen,  mit  Welcher  Rcc.  sein  interessantes  Werk 
gelesen  bat  und  Überzeugt  sejn ,  dafs  derselbe  in  den  ihm  ent- 
gegeogesettten  Ansiditen  vor  Adlern  bemüht  war ,  sich  ohne  Ne- 
SenrücksiCbten  offen  tmd  unparteiisch  auszusprechen.  ^ 


Traiiil  sxt  hs  Cbampigfwns  t^mettAhSß  eonimant  Vlnäieation 
des  !kspdifies  musMes;  präeddä  d'ane  Intf^da^tiän  d  VUb' 
sMite  des  ChatmpigHt^ns.  Apbc  quätr»  planches  colon'ees, 
Par  €•  H.  Pemoonj  dfrreifondamt  de  iß  SoeieU  royale 
de  Gottmgu0;  Membre  de  VAosMmie  des  Sciences  de  Tf/v 

^  tin ;  de  ia  SaaM  des  Namralistes  de  Bejün  et  de.  la 
y'etim'wm}  de  la  SocidtS^  Linneänfte  de  Phäadelpkie  etc. 

'  'Pmü  ehez  Belin'^ L^rieur ,  Libraire^  jani  des  Augustins^ 
Nro.  3S.   484$. 

Liaiige  echo«  endiebrt  man  nicbt  dine  Bedauern  neue  Iiierari«- 
eche  Arbeiten  von  dem  bertt|raiten  Herrn  Verfasser.  Um  so  er* 
frenlioher  wird  die  £rscheinuiig  dieser  Schrift  seyn,  die  Liebt 
übef  einen  Gegenstand  vevbreitel,  der  obgleidi  wi^tig  genug, 
dewieeh  noch  immer  niahi  gebdrig  bearbeitet  worden  ist.  Man 
^tfgleioke  die  neuesten  Handbädier  der  NakrungSmittelkund« 
«lod  der  Toxikologije,  und  man  wird  sich  äheriieugvtt,  A^U  das, 
was  ^0«  den  efsbaren  und  giftigen  Schwammen  iu  ihnen  vor* 
koQieity  <gar  aehr  der  Aenchtigung  bedarf.  Iu  der  vorliegenden 
Schrift  besitzen  wir  mm  ein  Werk,   das  äix  diesen  Theil  <ler 


PeKocin  Trait^  ffirki  Gfaiiiiipigiioiil       47 

KähruBgwüitfd«*  un^  GifUiiuld«  iimiialiiii  Ua^isdien ' WeM&  be* 
haken  tirird,  tmi  da^er  fiir  jeden  Araly  für  jeden  Pbamaceutea 
nnend>e)irlich  bleibt;  ja!  selbst  aUen  Gdbildeten  als  «100  4Ar 
niDtzlidie'Scbrtft  enipMilen  werden  kann. 

in*  der  «raK^n  Ahtbeilung  er6r(6Pt  der  Henr  Verfasser  die 
verscbiedeDen  Meinungen  der  Natuiibrscfaer  über  die  Natnr  der 
Sckwimame  $  Er  •  se&st  'finda  grosse  Aefanliclikeit  Versehen 
nie  den  Frncliten  bäberer  Vegtetabilidn^  nnd  gknbi  desMb  den 
Satz  aufstellen  zu  dfiflen^  dafe^^nuRi  däe  Schw&nniei  <denen  wahre 
Wurzeln  y  Blätter  nnd  Bknsen  fehhen^  n}s  blosse  Saasftenbehäl* 
ter  ansehen  köane;  indessen  bemerkt  er  dodi^  dafii  «ie  stob  nur 
durch  •Gemmen  und  Spt>rnlen  fsrtsefzen»  ja  dtfi  selbst  aanehb 
vielleicht  durch  generatio  aefitüfoca  'entstehen»  «-  Interessant 
ist  eil,  dafs  der  Berr  Verfasser  dann  alle  eincefaie  Tbeiie  der 
Schwämme  auf  dis  genaineste  beschreibend  durchgeht ,  indiii 
somit  diescTs  Buch  anqb  xugleich  ab  eine  Anleitnng  aur  Um^v» 
Buchung  der  Sckwamsie  angehenden  Botanikern  'nm  rnksget/wl^ 
netto  Nutten  «tejn  wird.  Das  viehtigsle  dyer  in  dieser  erstem 
Hä^&e  des  Buehe|  ist  der  Umitfs  einer  neuen  Methode^  die 
Schwämme  systematisch  zn  iordnen^  wovtm  wir  nur  die  Gstfnd^ 
2fige  hier  mittheilen«  »Statt  der  nwei  Klassen,  die  der  Herr  Vei^ 
fasser  in  seiner  bekannten  Synopsis  Fung^rum  anfgesSeHt 'haiss^ 
nimmt  er  jet^t-deren^  secbs  an,  die  folgendcrmasswi  benannt 
werden  t 

1)  B/ssoiden,  Byssi,  Ttichomyci,  faden-  und  seidenaritg(^^ 
ebene  oder  gegliederte,  einfachere  oder  verflochtetie,  ge- 
wohnlich saamenlose  Schwämme ;  sie  sind  in  ein  rundlicbes 
oder  gctheiltes  Kdpfchen  ohnö  HulIe  vereint. 

sj^Die  eigen'tlich  sogenannten  Schwämme,  Fungiß 
Hymenonjcu  Sie  sind  fleischig ^  ledexartig ,  markig  und 
grqfs,  einfach  oder  ästige  oder  in  Platten  au8g€J>reitety  se;» 
wohnlich  aber'  mi(  e;inem  ausgebreiteten  Körper  oder  Hut 
begabt,  der  offen  und  mit  einer  sporentiagenaeii  Haut  odeb 
Hjmenium  von  sehr  verschiedener  Form,  das  die  wenig, 
deo^ichen  ßaan;ien  trägt,  versehen  ist^ 

3)  Schwämme  mit  na<ckten  Saamen, /'ftaeräomfei.  Diosä^ 
bbgfeicb  unter '  sich  dem  Ansehen  nacb  verschieden,  haben 
nb  Charakter,  daüs  ihnen  dss  Hjnneniil(n  £ehlt,  sie  bringnn 
aber  staubartige,  dichte  o^er.flibsige  Saamen  in  bestknmtnr 
Quantität,  nackt  oder  auf  einem  offenen  Fruchtlager  hervor. 

4)  Staubschwämme^  Ljcoperdacees.  '  Sie  sind  zugerindet 
oder  länglich,  manchmal  unregelmässig,  vor  der  Reife  von 
allen  ßeiten  geschlossen ,  sie  enthalten  reichlichen  oft  von 
Faden  durcfawebten  Saamenstaub   in  einer  Art  Sack  (^er^ 


/        s 


43       PiersoöTi  Traitc  $«r  lei  CbampignonSt 

'  "■'   'aUrn)  '^e!t  ledenirtt^    oder   faoatigy   fcvyretlei):  £Merig  Ist^ 
i^        isad  bei  einigen  durch  ein  Pset^ioperidittin  ersetzt  wird»    . 
i)  HLnarpeUchiiyrainiiie,  Scleromjffi,    Sie  liabenr  eine  flei- 
schig-lederartige  Substanz,  im  Innern  sind  sie  fest^  gleich- 
.Itttig   oder   niarmorirty    sie    enthalten .  Kapseln  oder   v^enig 
.deutUeh«  Sporen.  ' — 
(     0)  Holzartigci  Sc hwänimei    Xjlomyeu     Per  Haaplcha^ 
,        .rakter    derselben,  besteht   in  sehr  sichtbaren  Kapseln  oder 
.    ^Fäpbebn, ,  die    eine   harte,  oder  Starre   Cansisteaz    haben, 
trocken.  hiAly  sons^  ^ber  mit  einer  flüssigen.  CaUerte  gefüllt 
•  iSind^  die  unter  dem  Mikroskop  betn^cbtet,   leinen  Haufei^ 
«lurchsichtiger,  länglichet  Schwache  daxstellen ,   die  Sa^meii 
oft.  in  bestimmter  Zahl  einschliessen^ 
Jede  dieser  Abtheilungen  wird  dann,  einzeln  d^rchgegan** 

Ell»,  in  ihre  Unterabtheilungen  zerlegt  und  gezeigt 9  d?fs  diese« 
eine  Familieo  oder  oft  sehr  natitrliehe  Gruppen  bild^P»  die 
folglich  mit  mehr  Genauigkeit  definirt  werden  konnten«  Von 
•Uen  ^diesen  Gcuppei^  werden  die- Hauptgattungen  genannt^  und 
dabei  beschreibende  Notizen  derjenigen  Artep  au$  ihnen  g^e* 
I)[en>  die  sich,  diwch  irgend  eine  merkwürdige  Eigenheit ,  in 
Hinsicht  der  Form,  der  Farbe  oder  sonst  eines  andern  Ujpistan-' 
.de&  wegen,  auszeichnen. 

In  4ec  zweite»  Hälfte  deij  Schrift  giebt  der  Hr.  Verf,.  dio 
allgemeinen  Unterscheidungszeichen  der  efsbaren  Schwämme  voj^ 
(^ea  schädlichen  Arten  sorgfältig  an^  erörtert,  die  Behandlung  der 
durch  Schwämme  Vergifteten,  und  giebt  dann  eine  beschrei- 
bende Aufzählung  der  in  Frankreich,  Deutschland  und  Italien 
Torkommenden  efsbaren  und  schädlichen  Arten,  mit  der  ihm 
eigenen  Klarheit  und  Bestimmtheit;  so  dafs  in  dieser  Hinsicht 
wohl  nichts  tu  wünschen  übjrig  bleibt.  —  - 

Abgebildet  sind  folgende  Arten  Tab.  L*  Amanita  aurantia" 
ca.  Tab.  IL  jigaricus  bulbosus:  Tab.  III.  Pofyporus  Pes  Ca- 
präe,     Tab.  IV.  Helpella  escidentu.  —7 

Recens.  hält  es  für  völlig  überflüssig  etwas  noch  zur  Em- 
pfehhmg  dieses  Buches  hinzuzusetzen,  da  der  Name  des  berühm- 
ten Hrn.  Verfs.  allein  hh)i*eioht,  jedens  Freund  der  Gewächs* 
konde  darauf  aufmerksam  zu  machen.  <^* 

.  Von  diesem  Buche  ist  in  dem  Verlagie  der  neuen  akade- 
mischen Buchhandlung  von  Karl  Groos  in  Heidelberg  eine  deut- 
sche UebersetzttDg  erschienen.  •**• 


-  Ueidelh  et get  ^^^^* 


i'>  ..\.     «_.  •  .       .    f.    '■/ 


Jahrbücher  d^erVEiteratur 


*  .1'  I 


if.  Tp'rh t  CrtlsAvN rs  dt  Ä»  Publica  fitn.e  sup^rsuni 
Edente  An^^iiB^'Mait^  VtaiicunaJß  rMi^Üaikfcat 
Praefett'o,  Stutt^attia'e  ^i  Tubin^w^^  in  libt'a'» 
Ha  Cotta^  M^CCGXXiL  Ihdicatim  tOtdeti  Fmptt 
Pitts '  VH*  und  iPmefatio^  hVI  S.  -Text  dtPCkerpniscksn 
Bücker  fnit'yien  Fragmenten^  von- p.'^'^Aä^ p\  334  indus 
f'i^p^pon^^Aet  p,  3r5'^'3a8  dem  SdmrsiiM  Scipi^nis  angt- 
kpren^.  Von  da  an  bis  p,  36ö  Indices^  Privüegien  ^taid 
t^erzeichnifs  der  S^fördm^r  des  üntarndtnwns ,  rnü  einerfi 
^kpbldtte:  Sp^oim^n  .p'ulimpses^i  P^atieänik^'^dTer 
WirVge  Wext^gf,  Suok   ■'  •.  .     •;. -r  - 

Der   Sjfcfdl^ [flqm   ajso*  V^r*.  4i^  %hte  Vorlieliabc^  c(ie$Äs  Werk 
ein«  ihr  ff  gf^o^f^^^i^^^SSfU^y'^^^S^iem 

tergawge.^^   rett;«!,*  uii^  xj^^  iyveitcnjpaalc  sie;^t.;^^  dies* 

Btich^r  ^pm '  Stßote^ .  au,%  ,4.qrflelben  Welt  -  Capiiple  het  vorgjebcn— 
das   zwefl^ilial   zyvar    in   s^^p  vti^fin/ieTter  Qtstal^  j-p  aber  Äock 
so,   dals   Wßn  nun   eLoe.iAn^hpuung  von.:t^if\ii.  Ainqi   A^lajg[«  4'es 
Ganzen-  g;eWinnty  und  dafs   4a^   Weik  .xuj^^  i)i;$Giv  das  von  ,aea 
Gesetzen  runbedenklicb  |;estellt  werden  darf.  —  "^  Aber  4»^^  be^ 
durfte    CS  auch  eines  aq  .fpbarfiiiph^igen  ,§j)^hpp,  UMd,.!Pine|t  ao. 
gluckUcJben  Finder)|^  ?y^i^?i^'^('^  3fa t'^l...   T.?^*?*>  Geleiirsäm- 
keit  nnct  Glück  i|iu£ste9i(SijC$j  zu.  einem  3o(ciiftt  Ergebf^ift  yerei^ 
Digen;    vind   wenn   im  i^t<i^  ^uii^.  i6ten  ja]a^l^^e^t  g^>vö^]y:K 
ein   gliif^db^r  Zu^U  jene   grQSS^  AduIu^   wipl  .dei^.  Lao^oon 
und  nndre   aus  den  Gewölbe^  hervorrief ,  woipn^.^ie'  das  ianjg;e 
Milletälter  hindurch   ge|:uhet^   so   gehorte  ein  plaomfissiges  For** 
sehen  Uinl  eine  ungemein^  ^^wandtheit  d«zU|.  um  die  Schfifteil 
des  cbsftUchep  Alterthumf  ui)t«r  der  Decke  von  rjsi^bestoffen  und 
Tinten  zu  erkennen  und  si6  davon  tu  bc^rcien^  yi'ie  Angelo  Jäai 
BUB  sc|ioir  sp  oft,   iipc|^^;|aeip4ls,aber  mit  so  glänzendem  Erfolg 
als  dieanial  bcurkui^de^ -^^.   Und   dann  bevi^ahi^  sich  derseQ}^ 
glockiiciie .  Jindcar   f^s>.  ein(;4 ;  wahren   Gelehrten   in  dem  ahderti 
Geschäft!' w.o  es  Aw^gadiVist.die  Stellen  ausza&ii^'en.  wohin  die 
fnilier.  gleiteten  Br,ücj^töc^e  jenes  Werkes  ahjetzt  gehören ,  una 
sie,  wfc  ,^ie   einz^neiji,  Steine  ,i^nd  Würfel,  eines  zertrümmerted 
MusaTcp  «H  ihrem  jr^cMfli  l'l^itzic.  wieder  einzufügen,    tn  Wahr- 
heit, schoR.dije.  Wiei4e«ri;^i^iijng  Und  Wit^'ei'herstelljing^ctieii« 


So     in  T.  Cicero  de  Republica  ed,  Stultgsirt.  *" 

Einen  Werks  wjrd^den  Namen  Angelp  Mßi  mit  grossem  Rulim 
'Wf  dl«  NichWelt  bringen..  '.     •  '^  ' 

Da  ich  mir  vorstelle ,.  dals  A\^  ILeser' unserer  Jahfllficlier 
nach  niclits  so  sefir  begierig  sejn  werden,  als  nach  dem  Inhalt 
,  dieser  Bücher  selbst,  so  will  ich  einige  nothwendige  Vorworte 
über  dieses  Werk  möglichst  zusammendrangen;  und  es  za  mei- 
nem Hauptgeschäft  machen,  von  dem  Gange  der  Vorträge  kurze 
Notizen.  XU  |^en«  ■  In  B'^trefl^.  m^ineir  eigenen,  kleinen  /l>iinOr- 
kimgen,  <£e  ich  mir  zwiscbend^ni'ch'erkube,  mufs.  ich  die  Leser 
aweierlei  XU  «rw'^geü  bilten.  -  Erstens »  dafs.mir  dieses  Werk 
lerstvov  eifligett  Tagen' '^u  HW(ten^^kditMnea$,  sodann  was  Se^ 
tmeä  in  aeineo^«  4o9ten.  Bfiefe\diiv6n  s^^ti  Qumn.  Giearonis 
libros  da^  R^Hhlica  prendit  hinc  Philolo^usi  aüffWj  hinc 
GvomimaUcuSi^  hin^  PhüosophM\4sditu$ i  alias  uli'o  .cur0m  suam 
nutiii.         ...••■ 

.  Die  vielen  Kbgen  über  dct^  V^^Jusjt  dieser  Bücher,  die 
Nachrichten»  id^ifs,  sie  noch  im  i.ileo  JahrhutMfert,  ja  bjs  kurz 
Tor  dem  dreifsigjährigen  Kriege  hie  und  da^  sichtbar  .j^eweseu, 
die  Jn   neueren  Zeiten    oft  erregten    und  immer  getauschten  £r- 

*  Wartungen ,'/3re  arisehkiliclien   SuÄmlert'^  8ie   Von  Cacrdinälen  und 
andern   Grössen 'Q^^^egen  verg^lföh '  äül^evf ertdifc  Worden,    so 

"vvie^die  Bemühungen'*  feines  •5Y«**o.rt^^^^^^  Ahilet^öi?,  tt^e  vöil  Kir- 

"  cJvfenväterh'  ünj  •ferärafnatikeril  ät]F&e\v^hiien  Trdghi^iitil  \\x   sani- 

*  mein.  —  'T^ifes  Äll'es'  kann   ich    Bd  jedem",   d^r  die  Erhestisclie 
Ausgabe  üi^i  Faliriiius  fÄ'W.  ^Ld^.J  k'enHl,'als'  Bekiinht  toratis- 

'  seti'ey.   'W.eriiger  bekannt  ftlüch'tif  Folgendes  Sern,    dbfs   in   der 
"^neuesten  Zeit,  Ifs  die 'Fragen  lilJ er  die  Politik  der'  Alten  durch 
die  Französlsi^^e  ReVolütion  nciici'  fntc^es^e  g^Wonrierf*, '  eiV  Fran- 
zösischer' (i'äehrter  niic  diesen 'Fragrtteriien  dasselbe  versucht  hat, 
was  froher   ^e'Srösjres  mit  d^iV  B^ii'ch'stiJckert   der   SJlllisti^Kxjn 
'^  G^schiciiisb&cKÜr  tinteiriommen  hiitfc  ^—  h^amlich'aus    deii  einziel- 


*  Ripubliqud  ou  du  tneilleur^Gouvitne^meht ^  cfu^^rage 
de  Cic^ron,  rilabti  d*ajh^e}  ^Üs'ffägtHifts  et  sts  mitres  Serif s, 
Paris  chti  Puchs.  B&i  S.  g^.    .  t   .  f^  •-   ♦  .      .    .  •  . 

Ein  berufeii'i^  ^  Rrftiker  dcff  'Bafrörf*  vt)n '  Sa^ticrhik  be- 
lobte dieseis  Untern ^hitien',  und'  datT  ei  audh  im  P|ibfikuni  'Bei- 
fall gefunden^  beweist  der  Ümstind , '  dkfs  diese  ^ammhrng  im 
,  Jahr  1807  in  zwei  Duodezbanden  neu  aufgelegt  Verden  mufste. 
Da  diese  Bearbeitung  in  weniger  Deutsüfien^Handen ^ejn  dürfte, 
so  theile  ich  die  Stelle  mir,  worin  sich  ^e/«/i^(ft' fiber' das  Ci- 
cerönische  WerkyXjnd  seine  eigene  Methode'  bei  dieser  Samm- 
lung erklart:     ^Le  iraiti  de  la  RepuMique,  sagt  er,  cofitient  un 


( 

I 


M.  T.  Cicero  de  Repablica  ed*  Stilttgart      5^ 

taiUau  hisforiqiie  des  institutioru  Römaines^  des  diseusiiöns  mr 
les  questions  lesplits  importantes  de  lä  itiorale  et  de  tapolitique :  tel^ 
ks  que  Vorigüie  de  la  ^ocietij  l'essence  de  laloi  it  du  devoir,  ta  diffp- 
rence  eternelie  diL  hien  Jat  du  mctt^  tes  fondemeus  du  boH?ieur 
public  et  particulier:  On  jr  troupe  les  fameux  argurheiu  de  Cot'- 
neade.  cöntre  la  justice  et  le  droit  naturell  Lactancej,  qüi  U/S 
rapportej  les  avoit  puisSs  dans  Iß  RepuhUque  de  Ciceron.  Jl  Ipf 
ju^e  insöluhles  ä  lä  f^aison  hiwiaine  destitued  du  secours  de  la 
retierion,  Jl  a  neglige  de  nous  ff^i^e^  connoitre  les  reponses^  ijui 
Cieeroti  j  as^oit  jcdtes»  J'ai  supplei  d  cette  onusston^  comni/e 
pour  toiu  le  reste,  en  cherchant  aans  ses  autres  ouvrages»  J*o^ 
me  flotter ,  ^qde  ces  recherches  n^ont  point  et4  infructueuses^^ 

So  viel  von  den  ScYiicksalen  des  Gcerooischen .  Werls.  Die 
Zeit  seiner  AJ)fassung  und  andere  Umstände  erfahren  wir  %i^ 
ziemlich  aus  Gcero^s  übrigen  Schriften.  Im  Frühling  des  Jahrs 
;oo  u.  c.  finden  wir  ihn  damit  beschäftigt  und  ivyar  in  seinem 
Landhause  bei  Ciimae  (Cic,  epist.  ad  Qu.  Fratr^  Ih  iß^  IIJ,  5. 
uod  üher  die   yUla  Midelleton  IF.  p,  igS.}* 

Es  ist  also  diesf  die  allererste  von  stUen  philosophiscfiei)  Schrift 
teo  dieses,  Staatsmannes  — -  und  Staatsmann  war  er  damals  noch 
in  vollem  Sinne  3es  Worts  ^.  (^g^*  ^fttenhach  in  der  Biblioth, 
erit.  L  3*  p^g'  7')  deiin^  3  Jahre  später  zog  er  erst  als  Prü- 
consul  nach  CUicieri  ^  und  die  Zeit  ging  mit  grossen  Ereignis- 
sen schwim^eri  denn  nacb  dem  in  demselben  Jahr  (700)  erfolg- 
ten To'de  von  Casars  Tochter  und  Pompejus  Gemahlin  JuUa  vyM 
die  durch  andere  Umstände  schon  vorbereitete  Trennung  dieser 
beiden  Staatshäupter  d^m  Bruche  noch  um  Vieles  näher  gebracht. 
Nicht  weniger  verhängnifsvoll  war  die  Zeit,  in  welche  der'  Vf. 
seiaeo  0ialog  verlegte.  '  Es  war  da^  Jahr  625  u«  c,  es  warep 
die  Tige,  Aä  eben  der  jüngere  Gracchus  (^ Cujus J  .mit  den  ge- 
fährlichsteo  Angriffen  Roms  Aristokratie  bci%ohte;  kurz  vor  dem 
gewaltsamen  oder  doch'  räthselhaften  Tode  des  A  Corni  Scipio 
AemiUanus  ( Africanus\  minor ,  s,  Cic.  ad  Q.  Fr.  IIL  5.  vergL 
</c  RepuU,  /•  S>  ed!  Ang,  Mai )  •—  und  vvie  in  illen  Cicero ni- 
»hen  Dialogen  die  Wahl  der  Personen  (ra  roiJ  iioLkoymf  w^off- 
<ivft)  VOR:  grosser  Bedeutung  ist,  so  auch  hier  unverkepnbar. 
(Von  ^H^Vtit%qtAeni%t\f\M<ii*sPräefatip  i$ii)  Alliehreres  zu  lesen). 
Im  WiQier  des»  gedachtsen^  Jahres  ('62^5  uttler  dem  Consulat  des 
C  Sempron.  Tuditeuuis  und  Af.  jiquäius)  am  ersteig  Tage  der 
Latinischen  Festfeiei*  findet  sich  bei*  Rom  in  den  Gärten,  (in 
hortisj  d<;s  genannten  Scipio  bei  diesem  grossen  Mannis  nach 
uad  nach  eine  Geiellsehaft  von  folgenden  Personen  beitirraipen: 
C.  Laäius;  M,  MatuUus^  L.  ^ar.  Paus  (Phäus);  Q>  Tubero; 
PubL  HutiUus  Räfui\  Spun  Mitmmius  und  die  beiden  Schwie- 
gersohne des  Laelius:  C.  Farmms  und  Q.  MucüisScaevda  fCiC 
t 

4* 


Sa      M.  T.  Oc^ro  d<^  Repid^lioa  ,edy  Stuttgart 

ad  Q.  Fr.  JIL  5*  vergl.  de  RjtpuhL  /.  g,  p,  ^6-  und  dazu  aus* 
serdem  nocK  das,  ^affinent  aus  dem  6tea  Buche  bei  Macrobius 
in  Somn.  Scip.  4.).  -*—  So  weit  Alles  wie  in  den  grösseren 
mimischen  Dialogen  des  Plato.  —  Und  auch,  darin  vahmet  Cicero 
die  Anlage  einiger  dieser  Werte  4^?  Griechjsclien  Philosophen 
iiach,  dals  er  nun  weiter  einen  «historischen  Umstund  benutzt,  um 
die  Wahrscheinlichkeit  (T/9"ÄJ/oTJ/f)  dieser  I)iscurs&  noch  zu  er- 
lioKen,  und  eine  der  anwesenden  Fersonen,  den  Puhl,  Kutüius 
dem*  damals  noch  jungen  M.  TulUus  Cicero  und  seinem  Freunde 
J^y  Pomponius  Atticus  oder  Quintus  0icer6  dem.  Brüder  Unsers 
Marcus  *)  in  Smjrrna  mehrere  Tage  hindurch  den  ganzen.  Inhalt 
jener  Gespräche  erzählen  läfst  fde  Rep^ibV  L  8  j  />♦  ä^.J?  — 
Die' Anlage  Aee  Werks, wa^r  ursprünglich  gröfser..  Es  sollten 
neun  Bücher* werden,  nach  den  angenommeiieh  neup  Unterhaltun-* 
gen  an  eben  so  viel  Tagen  der  Latinischen  Ferien,  -r-  Es  wurden 
aber  nachher  nur'  sechs  Bücher,  auf  drei  Unterhaltungen  und 
drei  T^ge  vertheilt.  >  Ueberhaupt  waren  während  der  Arbeit 
kioch'  wesentliche  Veränderungen  damit  vorgenommen  worden 
(ad  Q,  Fratr.  IIJ[,-5:  v^rgl.  tl,44')  und  Zweifelmüth,  oder 
doch  verschiedenartige  Stimmungen  des  Verf.  leuchten  aus  des- 
sen Briefen  hervor  (s.  a.  a.  O.).  Er  nennt' diese  itokirtv.a»  ein 
Spissnrn^  opus  et  operosum  und.  der^leiclien.  _  Die  ^^ufnahme 
scheint  desto  ^glänzender  gewesen  zu  sejn,  und  zvvar  nicht  blos 
bei  Freunden  wie  Atticus  ( Epist,  äd'Attic.  VI.^  4.)  sondern 
auch  £(eim  ganzen  Publicum  (C*oc/iW  Ar/  Ci'cVgiiiVy.  fam*  VlII. 
4 ;'  ik'tuipoliticiJibriomnibus'vigBnt'.^  und  aus  der  Vaticanischeii 
Handschrift  dieses  We^ks  geht  ein  unvvidersprechlicher  Beweis  her- 
Vor,  dafs  diese  Bücher'  gleich  nach'  ihrer  Erscheinung  in  Rom 
'durch  sehr  zahlreiche  AbschriA'cii  viefvielfältigt  worden^  (s.  An- 
gelo  3fäi  zu  IL  4'  P*^  *34  ^^T^.  mit  Epist^,  ad  Attic.  PU  ^,). 
-^  So  iehr  nuii  auch  bei  dieser  Arbeit  Plato's.Werk  vom 
Staate  dem  Cicero  vorleuchtete,  und  soviel  auch  in  Absicht  auf 
Anlage  I  uie  wir  '£fesehen,  oder  einzelner  Gedanken  daraus  ent^ 
lehnt  wurden,   so   sind  doch  Zweck  und   Geist,  beider  Werke 


^>  Er  ist  nämlich  In  den  Wetten  des  «ritieiii  Bttclis  ifi' fif  fifitfrft 
^h  ^9  h  ^*  \^*^  ^*^  tihiqut  quoudam  ad'ulescentul» 
zyreifelhut , .  ob  det  Lei ztere ,  Jlttkus.  oder  unser  Cic.tr  os 
Bruder  J^uintus  ist.  An^eL  Mai  verbreitet  si^h .  darüber  in 
der  Frae/atio'p.  XII-^Xll^.  In  dem  ersten  Falle  wai-eii  diese 
B(fClier  vom  Staat  dem  Freunde  Attitus^  im'^üd^kn  detn  ferudet 
jQmrfirt.  zu ge  eignet»  Denn  die  Vermutfaoiig^  da£i  »ie  dem 
Parro  gewidmet  gewesen»  hat  vv^iger  lux  ^fcbu  Ich  werde  im 
Verfolg  Praefattp  und  den  jQhalt  dtr  dx^^t  u^gcstcl}ten  Ua- 
t<rsuchtti2gen  kurz  angeben. 


•  T;  CiccM  de  Republicä  ed;  Sfutfgart      53 

sehr  vcpscliteden :  "^  Piatonis  quÜlem  exemplo  (.sagt  Wfttenlach 
a.  a.  0.>  Cicero  scripsit  sex  lihros  de  RcpiMicaJ  neque  tarnen 
ita  eam  informavit],  ut  in  re  ac  jiatura  existere  non  possetj  sed 
ut  explicita  humänae  societätis  origine  atqiie  indole,  '^optiniam 
civitatis  formam  ^ffingeret  ^  eamque  in  exemphtm  proponeret ,  ad 
quod  Romana  res  publica  revoearetur  atqiie  emendaretar,€  Jaf 
man  wird  den  Ubt^rschied  noch  gröfser  finden  j  wenn  man  ia 
diesen  Büchern  ^selbst  den  Satz  wiederholt  sieht,:  Die  rd  mi- 
sche Staatsverfassung,  wie  sie  in  der  angegebenen' 
Periode  des  jungem  Scipio  wirklich  war,  sej  eben 
die  beste  Verfassung. 

Dies  wird  hinrerchen,  um  den  Standpunkt  zu  bestnnmeo^ 
ans  welchem  dieses  Werk  betrachtet  s.ejn  will.  Ich  wende  mich 
zu  diesen  Büchern  urid ^  Fragmenten  selbst,  und  da  ich  vor- 
aussetzen darf,  dafs  sie  bald  in  den  Händen  aller  Gelehrten  sejn 
werden,  so  begnüge  ich  mich,  wie  gesagt,  in  etwa$  den  Gang 
des  Discurses  anzudeuten,  und  hi^  und  da  einige  Bemerkungen 
einzustreuen.  Die  gelehrten  kritischen  und  exegetischen  Anmer- 
kungen des  Herausgebers  werde  ich  nur  selten  berühren ,  weil 
sie  Jedermann  mit   dem  Buche  selbst  wird  lesen  wollen. 

M,  Tulli  Ciceronis  De  Re  Publica  (so  getrennt  hat 
die  l^aticaniscke  Handschrift  immer)  Liberi*  /...•  Impetu 
Hheravissent,  Also  der  Anfang  fehlt.  Was  zunächst  vorherge- 
standen, darübei^  theilt  der  Herausgeber  eine  scharfsinnige  Ver- 
muthung  mit.  —  Von  Oip.  1 — 7:  eiiie  einleitende  Un- 
tersuchung der  von  den  alten  Philosophen  verschie- 
den beantworteten  Frage:  ob  es  Pflicht,  ob  es  klug 
und  rathlich  sej,  Staatsgeschäfte  zu  führen,  mit  Be- 
jahung derselben.  —  ^  '        - 

Cap.  4»  p«  *5  :  ^tempestatibiis  ac  paene  fluminibuSet 
yntdi  ffdmiuibus  heissen  müssen  und  wohl  ein  blofs^r  Druckfeh- 
ler seyn.  —  Cap.  8:  Angabe  der  näheren  Anlasse  zur 
Abfassung  dieses  Werks:  Hier  stdfst  Ang^  M.  p.  23  mit 
Recht  au,  und  bringt  einige  Vcrmuthungen  bei.  Sollten,  fra[^e 
ich,  die  Worte:  quandani  facidtatein ,  als  ein  vom  Rande  in 
den  Text  gehonunenes  Gtossem  zu  dem  vorhergehenden  ^  memo'- 
ria  dignum  gehörig,  nicht  aus  dem  Texte  zu  werfen  seyn?  — 
P.  24  wird  die  Schreibung  Zmjrnae  statt  Smjrrnae  aus  Gram- 
matikern und  Inschriften  jgerechtfertigt.  Es  konnte  beigefügt  wer- 
den, dafs  die  l^inwohner  dieser  Stadt,  wie  eine  vor  mir  liegende 
Silbermunze  zeigt  (vgl.  auch  Eckhelj  />.  N.  V-  II.  p.  338.  sq  Jf 
den  Namen  selber  so  schrieben,  besonders  mit  der  älteru  Form 
dey  Z.  wie  wir  es  bei  Eckhelj  Mionnet  und  jetzt  ia  der  In-» 
Schrift  bei  Osann  QSrttoge,  Inscr.  /.  p.  ^.  Not.  4^)  s^hen,-** 
Zu  Cap,  9,  p*  ^3)  ^ot«  4    erinnext   A*  M>:   i^Scipionis  hdrti 


I 


54      M.  T.  Qcero  de  Republica  ed.  Stuttgarts 

^xtrd  urbis  pamperium  mtmorßniur  ü  Jpicerpne.  N:  D.  IL  ^.c 
Dort  ist  aber  4'^^  Lesart  sehr  UDgeiivits.    P.  3ß\8a^t  A>  Mi   id 
auod  docet  ratio  dialogi  in  tres  dies  tribuii,^..  Ich  vergleiche 
mit    dieser  SteUe  .des   ersten    Buchs   die  Worte  des  Fragments 
aiis  dem  sechstep  bei  Macrobius  Somn,,  /;   i^Tum  Scipio,  Pati^^ 
mini  Jpe  [ itiquit ]    quanitun    tertium^diem    feriati  sumus, c  — 
Jbid.  xum   Text :   » laiinis  ipsis   C/eriis  nämlich  ^   mane   ad^um 
(  ^um  Scipio)  primus  sororis  films  venit  ,Q.  Tubero j  quem  cum 
üomiter  Scipio  appdlavisset  Ubenierque  ^idisset;  quid  tu,  inquii^ 
tan  (  über  diese  Schreibart  s.  ^,  itfj, )  m^n^  Tubero  ?  ^  Ler^terq 
Worte   erinnern    an   den    Anfang    von    Plato's    Krit'oji    und    ai^ 
den  Phaedon  (p.  Sg,  p«  7^  Bekk^^)   und   die   Situation   beider 
äauptpersoneo'  war   diesejbe;  Scipio  war   damals   wie  Sokrates 
meinem  To^e  sehr  nahe,  -r-     Cap.    *o,,p    3^    wird   eine    treff- 
Uchie  Conjectuir  des  /•  CujaciuSj  der  Obsery.  XL  g,  vorgeschlagen 
hatte,  ^tatt  tum  vero  zu  lesen    Tubero^  durch    die  yatikaiiische 
Handschrift  bestätigt.  «-    Cap.  i3.  Die  Personen  des  Gesprächs 
haben  sich  nach  und  nach  bei  Scipio  eingefunden,   und  da  mau 
sich   bereits   über    die    vor  kurz^em  in   nom   gesehene^  Neben- 
'suiine  in  allerler  Vermuthungen  ersphöpft  hatte,  ^o  fuhrt jeta  die 
Bemerkung   des  Ladiusj  dafs  sie  \ielmehr^über  da^  Haus-  und 
Sta,atswesen   sprechen  'sollten,  da$   Gespräch    allmählich   auf 
diesen  letzter n  .Gegenstand.     Jene  Erinnerung  (im  acht  So'^ 
kratisehen   Sinne  gedacht,  setze   ich   hinzu}    wird   Cap.    ig, 
p.  56  sqq«  noch  iebhaftcr  wiederholt  und  motivirt.  —     Weua 
d]e   Nebensonne    im    Verfolg    eine    grofse   politische    Wahrheit 
Tersinnlichen   hilft   (in    Einem   Staate  keine  zwei  Regenten,  wi^ 
keine  zwei  Sonnen  am  Himmel!)   —  so  wird  in  dem  später  ge- 
schriebenen Werke   de  Not.  Deor»j   welche   Discurse    ebenfalls 
an  den  latinischen  Feiertagen  gehalten  werden,  von   dieser  £r- 
«cbeinung  eine  andere  trefflidie  Wendung  hergenommen  Cde  iV. 
D,  IL  5:  Sole  geminato  —   quo  quidem  anno   P.-  Africanus 
jol  alter  esstinctus  est,  €j,'^r'  Cap.  aosqcj,  6osqq.:  Es  folgt 
die  bestimmte  Bitte  des  Loßlius  an  den  5'c<jp(o :  er  möge  seine 
Gedanken  über  die   beste   Staatsverfassung. vortra- 
gen« —     Cap.  32,  p.  64  sqq.  (vergL  Cap.  a4,  p«  68  sqq.  u. 
A.  Mai'i  Note  p.  69)  Anfang  des  Vortrags,  und  Erklärung 
d«s  Scipio,  was  von  Letzterm  zu  erwarten  und  nicht  zu  erwar- 
ten stj*  —     Zu  den   Worten   p,    65 \    '»Quam  ob  reiß    unum 
e  togatis  etc,  vergleiche  man  die  ganz  ähnliche  Stelle  de   Orat* 
/•  s4'   »petam  -*—   sed  quasi,  unus  e  togatorum    numero.€  — 
Cap.   23,   p.  66   uqten,    kann  man  fragen,  ob  nicht  Cicero  ge^ 
schrieben  habe:  quae  a  Graecis  nobilissimis  scripta  sunt  om^ 
nia^  Statt:   a  Graecis  nobis*     Denn  letzteres  ist  sehr  matt«  — 
Cap.   25,   p.   6g.    Grundideen    über  die  Elemente  de» 


M.  T.  Cicero  äß  Hepublle^  ed.  Sbittgart^     55 

Staats.    Man  yerglejche    damit   die  Fragmeute  aus   dem   Slcn 
Buclie  beim  Augustinus  de  Cmt*  Dti  It.  %,  —     Zu  den  Wor- 
teu  des  Cicero:  popuUis  auterti  non  omnis  fiominufn  coetus  vcrgl: 
Produs  in  PleUoriis   Alctb,   L    48,  p.  56^    •'—     Bei   dieser  Ent-' 
wicUufig  des  l^e^S%:  populus  (Volk)    hat   Cicero  den  Ari^ 
itoides  fPolit.  P^.  3*  '4o,  p.  4^4   sqq.   Schneiden^    und   viel- 
leicht auch  den  Poljrbüis  (f^L  ^.)  vor  Augen  cehabt,  —  Ibid: 
Entstehung  des  populus:   (EinsicYitigc   werden  \die    BeibsYialtung 
des  römiscben  Ausdrucks   gut   beissen)  aus   dem  Triebe   der 
Geselligkeit  ("»non   est   enirn  singulare  nee  solivagum  genug 
hoc  etc).     Wenn  bicr  Scipio   sagt    (p,   70):    i^Ejus  ^populij 
miem  prima  causa  eoeundl  est  ^on   tarn   imitc illit a s   quam 
naturcäis  quaedam  hominum   quas{  co7kgregatio.€     so    hat  Hugo 
Crotius  nun  einen   neuen  '  Ge«;ner.     Man  lese   de  jure  SeOi  et 
PacU  t,  4»  7«  P'  ^83: —  "s^Sed  sponte  adducios  (^homines)  «r- 
perimento  in/irmiiatis  J'amiliarum  segregum  adversuk 
violentiam  in  societatem  civilem  coiisse,^  Xn   Cap.  36.  p*74- 
Cyms  justissimus  rex  und  xu  Cap.  37,  p.  76:  amabili  Cyro  \f^^ 
Heroäot*  IV,  Sg*  Diodor   IV,  3o.    Proclus  in   Alcib.  cap\  53, 
p»  l5o  sqq.  und  Oljrmpiodor  ebendaselbst  p.  4^  u.  p.  5i|  sqq. 
~  Cap.  26:    die  drei  Hegierungsarten '( Verf aasaog): 
Die  Rpgierung  des  Volks  übernunml  entweder  Einer ^  oder   ei- 
nige  Auserwablte,    od«    A|le    ( muliitudo  ipsa).     Letzteres  ist 
ci^itas populär is  (Demokratie vgl,  Tacit»  AnnalL IV. 33) .  Diese 
vill  dem  Scipio  am  wenigsten  gefallen  (p.  7S : — vet  ipse  populus^   , 
quanquam  id  est  minime  probandum).    Hiemit  vergleiche 
mau,  lib.L  cap.35j  p*g%,,  die  Schilderung^  ^\e  populus  die  Frei- 
heit reclamirt:  TtEcce  autem  miusima  vote  clamat  populus  neque. 
se  mi  neque  paucis  velle  parcere;  libertäre  ne  feris  quidem  quiC'^ 
quam  esse  dulcius ,  hac  dmnes  carere,  sive  regi  sive  optimatdüu 
serviant  €  ' —     Aber  dagegen  auch  wieder   ( L   cap*  3%ß  />.  W 
WJ^  »e^  vero  negant  oportere  indomiti  popuU  vitio  genus  Hoc 
totum  Uberi  populi  repudit^i:  concordi  populo,  et  omnia  refe^ 
renti  ad  incolumitatem  et  ad  Ubertatem  suOm,  nihd  esse  imtnuta^ 
häüisj  nihd  Jirmius,4L     Worte,    die  für  unsere  Zeit  geschrieben 
lu  scjn  scheinen,  vgl.  auch  /.  34 j  p*  80.  —     Cap.  29 9  p.  70 
gehören   die  IVorte:  in  gubernanda  —  retinentem  (retinentes^ 
hatte  die  Handschrift  erst)    vielleicht   an   eine  andere  Stelle.  — 
Ebendaselbst  am  Ende  des  Capitels  folgt  nun    die  unumwun- 
dene Erklärung  des  Scipio:  Er  halte   eine  aus  Mon- 
archie,   4i'^**o"^i'^tie    und    Oemokrati«    gemischte 
Verfassung  für  die  beste.  Man  vergleicl^e  damit  die  Stelleä 
/.  ctqt.  35 f  p.  p4j  (wo  Scipio  so  ziemlich  wie  ein  guter  RoTaltst  re- 
^ttj  vgl.  //.  2Mj  p*  4j8  sqq.  u.  Tacitus  1. 1.)  und  /.  4^,  p.  44%.  — 
^P«  33  (so  mufs  p.  84  das  XXX.  corrigirt  werden)»    Daa 


jSG      M.  T.  CicÄro  äeB^uWica  cd,  Stuttgart 

•    •      ....  f 

Königtliupa'.    llierbeiv  geboren  die  ParallelstelleQ  IL  »6j  init 
und  //.  «7  upd,  ausser  dem  wa?  Grotius  de  J,  JS,  et  jT,   /.  J. 
4^,  p.  U4g  sqq,  aus  deu  4l^en  beigebracht  hat,  müs^ep  hier  be-^ 
sonders  folgende  Stellen  verglichen  werden:   «uvörd^r^t   Cicero, 
$elbst  de  Legg.  ///.  4ö,  sodann  die  Griecheni   j4rütQt^,  Polit.- 
JII.  40j  p.  4^6 sqq.  j^d.  Schneider.  Dionys  HfiUc.  V.  J^^  p.  itastsi 
Reisk.  und  Jo  Laurent.  .  Lj'dus  d^  magistratt.  Rön\m.   /.  6.  p. 
^^.   .^     Ebendaselbst,     p.   85;      ik  Qua    autem    nwdo    assequi 
poUrat  Lacedaemon  iUa  —  quicumque  genere  regio  natus  e^setjL 
Pier  ist  vorzuglicV  AristQtcles  in  i^et  flawtstelle  -von  den   vier 
Arten  des  iCönio;thiims nachzulesen ,  wo  er  {Polit.  III.  4o,p.  iaö^ 
^cjmfid-)  vop  Lac^dämpn  sagt:  das  dprtige  lionigthum  (ßotaiKsIx) 
sey.eine  (Jirgt»Ti^xi» ,it»Tq,  yivog  afSiog  x,r  X, —  Cap.  34  sind  diq 
l^orte:  —  .^^m  ^ito  evertetuv^  quqmjaa^is,  si e  vectoribus'sorte 
ductus  ad  guhernacula,   accesserit   dem  X^nophon  ^- 
geborgt,     S.  Men\orabh,  J,  ^j  g:  —  wq  iim^tby  etil  T^^<  F^  T^C 

)ivocaev^^^   .'Vefgl.  ebendaselbst  I^  7,  3,  II.  6,  38..  • —    {^benr- 
das..  p.  85  wird  di^  Geldaristokratie  scheuslich  ijenannt.-^  Cap, 
38,  p,  99:    ^\Et  videre  est.<L     Hici^it  ist  also    die  theils   be- 
zweifelte, theils.  gänzlich  geleugnete  gute  Prosa  dieses  Ausdrucks 
^  gerechtfertigt.     Man  s.  auch  Gell.  N.  A-  HL>  P*M97a^  Gron^ov^ 
und  berichti&e  nun  die  Note  Ruhnkens  ad  Mureti  opera  Tom  I^ 
p.  62.   — '     Cap«   4o>  p*   ioa:  »cfe  quo  progrediente^  orafione 
'a;*enturo  l^.^.dicturupi  puto.f^     Ang.   Mai  glaubt,    A/as /i>en,turn 
iLönne  ganz  weggelassen  werdeii.   .  Aber  da  die  vatikanische  tland-r 
Schrift  ursprünglich:  uita  hat,  welches  von  der  zweiten   Hand 
in  Ventura  verandejrt  worden,   und  da   der    Codex  p.   4/}g^   ad-r 
yitum  für  adi^ltum  hatte,  so  könnte  Cicero  geschrieb^  haben ; 
liltra^   4*  h^  weiter,  ferner  mit  Beauehui^  auf   das   zweite 
Buch  II  /WQ  Scipig  ausführlich  von  dem   hiec  berührten  Gegen- 
$tan^  handelt.   —     Cap.  4^,   p«  iQ7i^   Ua«  3.  mufs  es.  vielleicht 
e^^  modera^ior  heissen,,  statt  et  m. 

Lib^r  IL  p.  4^0,.  sqq.  ^Voreicsi  erthcilt  der  Herausgeber 
ttr^ffliche  p2(laoigrap]iisch«  Nachricht  von  der  Beschaffenheit  des 
fqd.  f^atic.  an  dies.er  Stelle;  dann  füllt  er  Cap.  1  den  fehlen- 
j^en  Anfang  scharfsinnig  sßvisi  ^Ut  on^nis.  igitur  uidit  in^ 
jQensos  (^npid^tate  ßudiendi ,^  ingressus,  est  s\e  loqui  Scipio. 
-r- .  Na9h  ei^iige^  Yorbemierkungen ,  worunlQr.das  I^oib  dei^ 
Römischen  Verfassung  au^s  Cato  des  AUcn  AJunde ,  giebt 
jpuu  Scipio  ^ine  historisch* politische  Ueb ersticht  der 
rö.mis.chen.  Y^rf^s^sung  yon  der  Gründung  der  Stadt 
ftn.  — r  Cap-  3.  4».P',  427  sqq.  Bei  der  Stelle,  wo.  Ropdulus 
gelobt  wird,  dafs.  er,  seine  Stadt  nicht  uni;nittelbar  ans^  M^er  gcrr 
|)^ut,  "^ird  vom  timusgeber  ri^chtig  i)^eme]fktj,  dafs  l^er   Cicero 


I  l  •  •  • 

M.'T."Ctc6rö  Ü6' Rep\jf)lica  fe3;  Stuttgart.      5; 

Plato's  Ideen  im  vierteil  Bucli  von  den,  Gesetzen  vor  Augen  g«- 
liabu     Die  St;^lle  steht  p^.  7p4  sqq.  pi  84^  sqq.  Behkeri;  womit 
«ich  Theopornp  beim  Athenaeus  f^I.  p,'  a54^  i*  f'474  Schwgh 
lind  Aristides  iu  der  orat.  Platon»    if.  p.soÖ  ed»  Jehh,   vergli- 
chen werden  müssen.      Ueber   diese   Ausicliten    des   Ptato,   Ari- 
stoleUs  und  'nun  9ucb  des  Cicero  lese  man  die   Erörterung  von 
De  Geer  in  der  Diairiha   in  Poliiices  Pidtoms  Principia   Sect^ 
IL p.  4^  ^  4^'  —     Cjip.  4>,  P«   *3o   ist   Phliuntios   (so   liat 
Mai  richtig  verbessert  statt  Phtluntios )  in  dem  Codex  Vaticanus 
stehen  geblieben^  da  doch  C*/cero *  selbst  sagt  i^ad  Attic.  VI.  s!.^  ' 
er  habe  in  seiner  Handschrift  verbessert:  PA/iajioj.     Ein    re- 
deader  Beweis ,    wie   schnell    Cicero*s   politische   Werke    durch 
Abschriften  Vervielfältigt  worden  sejn  müssen.  —     Cap.  4   ^Ut 
Cicero,  wenn  Mai's  Erklärung  richtig  ist,  ein  hartes  und  kaum 
gerechtes    Urtheil   über  4^e    Etrusker.      Ihre   Seeherrschaft  war 
doch  wohl  nicht  die  von  blossen  Piraten  oder  Flibustiern.  Man 
lese  nur  Ußrodot  /.  466.     EuseBiL  Chron,  p,  36  und, besonders 
Livius  L  a.   /^.  34.^  Aber  die  Stelle  bedarf  noch  weiterer  Auf- 
klärung, auch  wegen  der  Poenij  worunter  Mai  (p.  i3'2  nt)t.  t.) 
die  PhÖnicier  mit  begriffen  glaubt.  —    Cap.  8.  p.   iSg  hat  Mai 
die  Lesart  der  ersten  Hand:  potentatusj  welclier  die'  zweite 
iß  dominatus  umgeändert  hatte,  wiederhergestellt,  und  jenen 
Ausdruck  aus  dem  Nachahmer  Cicero* s ,  Lactantius  (VI.  4'J.) 
vertheidigt.   — r-    'C.ap.   io,  p.  i47  sqq, .    Eine   Lücke   von    etwa 
sieben  feilen ,  wprin  d^r  griechischen  Dichter  gedacht  vi^ar,  die 
W  ihrer    eignen    Zeit   keine  Wunder   gemeldet.      Einen   Theit 
dieser  Lücke. (tat  unser  deutscher  Landsmann   Niebuhr  lus    den 
übrig  gebliebenen    Spüren  scharfsinnig   ergänzt,^    dessen   eigene 
Wor^e  vpn   A,   Mai  hier  mitgetheilt  werden.  —     Cap.  2  i ,   p. 
469  w(rd  4cr  König  nach  Tarquinius  dem   Alten  Seruius  SuU 
picius  gepani/t.     A^  Mai  h^t  es  so  stehen  lassen ^   obscbon   die 
9te  Haiid   scheint    Tiillus  corrigirt    zu   haben.     Ein   Umstand 
piacl^te  ihn  bedenklich*     Nämlich  Coquaeus  sagt  in  seinem  Com* 
meptar   zun^   Augiistin.  de  Cif^.  Jp.   XVI IL   3j'   Cp^  ^^^   ^^• 
fran^oß  ^d  Hamburg ^  —  ich    will    die    Stelle   beifugen.,   weil 
das  Buch   nicht  jedem   i.iax  Haind   ist ) :   T^et  ultiini  proph^tarent 
4^gaeiis^    Zacchaeus  et   Mala^hieis  Servio    Sulpitio   regnante 
opud  Rorjpanos.iL     Woher   nun    dieser   Name?     Ich  '  wiH   einige 
Stellen  und  Fragen  beifügen.     Die    Sidpicier  wsfreu  jcin,   uraltes 
Patricisches  Geschlecht,   s.   Ta,cit.  Anall.  III.  4S*     Suetoiiius  in 
Colha.  cap,  3,  (wo  dieser  Kaiser  nohilissirnus ^  magnoqm  et  VS''. 
tere  pvosapia  genannt  wird.     Er  wollte  sogar  vpm  Juppiter  und 
yon  der  Pasiphße .  abstammen^     Vergl.    Havercamp.    im    jThesaur. 
Morell.  p.  408'  ö.J  Cicero  pro  J^turena  cap.  7:  T^Tua'vero  no' 
hilitas,  Scr»  Sulpicij   tnme^si  s{tn\ina  est  tameß  homihibufi  lite^ 


5  s     IML  T*  (Ucero  de  Republica  ed.  Stutt|[art 

ratis  et  histoncis  est  notior;  wo  Erne&ti  in^  der  PJ'ole  den  Ser^ 
mius  S.iJpicuis  als  Ahnberfn  der  gens  Sufpicia  anhiebt ,   von  dein 
OS  in  Cicero* s  Brutus  cap,  46  heifst:  ut  j  si  ego  me  a  M'  Tul" 
iio  esse  dicerem,  qui  patricius  ciim  Servid  S^ulpitio   conside 
anno   X  post  exactos  reges  fuit.^     Da   Ernesti'zu   seiner    Be- 
hauptung keinen  weitern  Grund  hat,  so  darf  man  wohl  fragen  : 
Führte  vielleicht  dieser  alte  Republikaner  Serviüs  StUpicius  sein 
'Qeschlecht  auf  den  romischen  König  zurück,  und  hiefs  letzterer 
Servius  Sutpicius  Tiilliüs?     Oder  ist  die  Stelle  des  Cicero 
im  Brutus,  woM.Tullius  und  Servius  Sulpicius  gerade  bei- 
sammenstehen, von  jener  alsdann   anzunehmenden    Corruption    in 
der   Stelle  de  re  publica  die  unschuldige  Ursache  gewesen?  Oder 
iam   dem  Schreiber  des  codex  f^aticanus  der  Name  Sulpicius 
ui   die  Feder ,    weil   man    unzähligemal   b^ide   Naniea   vereinigt 
findet? —  Cap.  22;  Eine  wichtige  Stelle  über  die  Centuriea 
und    Classen    nach    des    Serv.    Tullius    Einrichtung, 
—    Cap.    26,  p.    i84   zur  Not.  1,    mufs   zur  Verhütung  eines 
Mifsverstandes  btemerkt  werden,   dafs  in  der  Stelle  des    Tacitus 
IfinalL  II*.  4^  nicht  tyranno  sondern  regXbus  steht.  «-Cap« 
29,  p.  JR6^^.sc{q.  »no/i  in  iÜa  (re  publica)  quam,  ut perscripsit 
Plato,.sHi  ipse    Socrates  peripatetico   illo    in   sermone   de^ 
pinxerit,     Vergj.  Ang»   Mai  not,  /.     Hieraus  wird  für   die  Ge-' 
^hichte  der  Philosophie  die  Fr;^e  bejahet:  ob  Platonisphe  Ge- 
spräche schon  peripa te tische  genannt  wurden,  wie  Ammo- 
nuis  Hermifl^  behauptet.  —     Cap.  3t,   p*   191.     Hier  lesen  wir 
nun  über   eine   wichtige  Sache  Cicero'* s  Wortfe  selber,  viro  sich" 
Ä  Grotius  mit  einem  dürftigen  Citat  des  Seneca  ("epist^  4o8,J 
Legnügeii    mufste.      Jener    schreibt    de   J,  B,   et   P,   I,  3 ,    siOm 
p,  Si4']*     T^^uod  si  Romanis  magis  credimus,   in    causts   qu^äs-^ 
dam  proi^ocatiohem  ad  p  opulum  a  regibus  fuissej^  ex 
Ciceronis  de  Republica  lätris,  ex  pontificalibus  quoque  li^ 
bris  et  FenesteUa  annotawit  Seneca,«.  —    Cap.  3i.  p.  192«  vgf. 
A.'Mai^A  nota  5j     T^Neque    i^ero  leges  porciae ,   quae  tres  sunt 

triam  Porciorum  —:   ne  qui  magistratus  sine  pro¥ocatione 

€reqretur,€     Hieraus  erfahren  wir  also  zuerst  dafs  3  Porcicfr 
<lieses  Gesetz  bestätigt  hatten.  —     Cap.  32.  p.   194:  Natur  des 
eingeführten  Consulats:  —   eine   wahre   königliche  Gevifalt    Und 
ifesthaltung  des  aristokratischen  Priucips.    Mai  hat  hier  schon  an 
die  Parallelstellen:  Cic    de  Legg,  IIL3.  und  Dionys- V.  4.  er- 
innert.  Deutschen  Lesern  brauche  ich  wohl  nicht  zu  sagen,  wie 
sehr    dies    Alles   mit  -Niebuhr's  Ansichten  zusammenstimmt.     Ich 
hebe  folgende  Worte   aus:     -»Quodque  erat  ad  optinendam  (so 
schreibt  dieser  Ubrarius  immer)  potentiam  nobUium  .vel  maximum, 
ftehementer  id  retinebatur ,  populi  comitia   ne  essent  rw 
ta,  nisi  ea  patrum  adprobavisset  auctoritas^a    Man 


M.  T.  Cicero  de;RepubIica  ed.  Stuttgart      ^tj 

TergL  cap.  35..  p.  498  sq^y  wo  Cicero  von  den  raoradi sehen  Ur«« 
sacheo  redet,  welciie,  auch  nach  Entstehung  des   Trihunatj,  der 
Aristokratie  fortdauernd  zur  Stütze  und  Empfehlung  dienten.  — ; 
Cap.  33.   p.   4-96  sq.:    Entstehung  des    Tribunal* s   und  Ver- 
gleicbung  desselben    mit   der   der   Eiaführung   der  Ephoren   in 
Sparta  und  der  Kretischen  Kosmen  (^^oCfjioi).    Ueber  die  letz« 
tereo  vergleiche  man    noch    Ephvri  Fra,gg    p.  167.   ed,    Marx; 
r/r/oiAiw'jDarstcIli|ng  der  Gniech.  Staiitsvcrfassungen  p.4i3.  und 
Ismmam  rerum  Creticaruih  Sjtecitnen  p«  74 seq.  p.  io5.—  Cap.  34« 
p.i99.DOt.3.  Nach  dem  Orgapismus  der  Periode,  da /»a/«r  im  Zwi- 
schensätze steht  und  die  Worte  so  geordnet  sind:  eumqucj  ut  audi" 
stisj cum pater^  hat  Cicero  vielmehr  gesagt:  der  Quaestor  habe  de» 
Spurius  Cassiuj  verklagt,    und   auch,   da  der  Vater  ihn  schuldig 
erkannt  und  die  Nation  ^nicht  auf  der  Freisprechung  bestand,  das 
Todesurtbeil  ao    ihm   vollziehen  lassen.       Ohne   weitere  Hand«- 
Schriften  würde  ich  niciu  zu   ändern    wagen:    eumque  pater^  ut 
audistis,  cum  dixisset  etc.  —    Cap.  35,  mit  der  Note  a«  p«  aoo« 
Hier  erfahren    wir,   dafs    L,  Papirius  a.  u.  321,   zum   a/tenmaf 
Ceusor  war   und  zwar  diesmal  mit  dem  P,  Pinarius,  -»     C>P». 
3ü  sq.  p.  aoi  sqq.,  mit  Note  3:   Das  Decemvirat  und  die  Ztifäif^ 
tafelgesetze.  Auch  hier,  wie  anderwärts  ist  das  tiefe  SliJIscIiV«!- 
gen  von   einem  Griechischen   Ursprung   der  XII.  Tabl.  bemeilt^ 
lieh.  Wen^  A.  Mai  hierbei  des  ricp  gedenkt,  so  kaim  ich 'jetzt 
auf  eine  eben    so   gekehrte   aU   geistreiche  Deutsche  Bearbeitung 
(ies  Hauptwerks    dieses   merkwürdigen  Schriftstellers    verweisen« 
}hu  s.  Giamb.  f^ico  Grundziige  einerneuen  Wissenschaft  über 
die  gemeinschaftliehe  Natur   der  yctker.     Aus  dem  Italienischeo 
Ton  Dr,  IV.  £.  Weher^Leipii^  «822,  und  was  die  XILTabL 
l>euiffi,  besonders  p.   93.  98.   ii5  ff.   und   p.   1^4  ff-  — -     Cap» 
4o.  p.  208.  sq.:   3Scip^:  Ergo  die  Indus  aut  Poenus  unum  ^co» 
irctt  behtam  etc.     Aehnliche   Farbe   hat   die  Stelle  in  den  Aca-- 
denm.  IL  34  Vfiit.     UnWe   Stelle  aber,    worin   von    der  Pflicht 
des  Staatsmanns,  sich  von  allen  Leidenschaften  frei  zu  halten,  dif 
Rede  ist,  verräth  noch  deutlicher  ihre  Quelle,  nämlich  die  Pia* 
tODJsche.     J.  de  Republica  IX.  p.  588.  C»  p.  4^^-  ßekkeri;  vgL 
il>id.  lY.  p.  439-  B.  und  den  Staatsmann  p*  Sog.  D.  ferner  den- 
Athenaeus  VI*  p.  474  Schwgk,   An  Plato's  Aeusserungen  in  der 
Republik   a.  a«  O.   erinnert    Proclus  in  Alcib.   cap.  56.'  p-  t6o. 
bestimmter:  ro^ro  yof  ianv  itsref  Si}/ioc  iv  t^'X«/,  ^— —  'KSH 
oXä^  ri  iroXt/K^^ftAov  S'tjpiovy  coe  h  iv  TlohTsi^  ^ff/  £p- 
^^Qf  wo   in   den  Noten  mehrere  Nachahmiinge»  jenes  Plato- 
nischen BHdes  nachgewiesen  sind.    ^  , 

Liber  HL  Schon  am  Ende  des  zweiten  Buchs  war  eine 
herrschende  Meinung  berührt  worden,  diese:  ein  Staat  könne 
ohne  Ungerechtigkeit  (Unrecht)   nicht  t^rwaltet  werden.     Scipio 


€ö      M'.  T.  Gcero  de  Republica  ed.  Stuttgart. 

liatte  stell  rlort^h  schon  geradezu  uod  mit  dem  scbroffen-  Gegen- 
satz: et  hönne  nicht  oktie  höchste  Gerechtigkeit  verwaltet  wer» 
den,  «lap^egea  erklärt ,  diese  Untersuchung  selber  aber  auf  den 
andern  Tag  verlegt. 

Nun  erfahren  irfir  aus  dem  Auszug  Cepitome)  dieses  dritten 
Buches,  den-  wir*  dem  Augustinus  de  Civitate  Dei  II.  21.  ver- 
danken, dafs  in  diesem  dritten  Discurs :  4)  L.  Furios  Paus  (ge- 
wöhnlich Phäus  genannt)  obgleich  in  seinem  Wandel  ein  sehr  mof 
tfllischer  und  streng  rechtlicher  Mann  (wie  auch  ausdrücklich 
jfiber  ihn  bemerkt  wird,  s.  Hb.  III.  cap.  5.  p.  225)  jenen  ersten 
Satz  von  der  Nothwendigkeit.  des  Unrechts  in  der  Politik  im 
Geiste  des  Carneades  auseinandergesetzt  und  vertheidigt  hatte; 
(gelegentlich  bemerkt:  hierauf  bezieht  sich  die  Aeusserung  des 
Stoikers*  Seneca  ixü,  loSten  Briefe,  wo  er  von  diesem  Werke 
Cicero* s  redet ;^  Phäosophus  admiraiur ,  contra  Justitium 
diei  tarn  multa  potuisse).  Dagegen  »)  Laelius  den  Gegen- 
satz: *oon  der  Nothwendigkeit  der  Gerechtigkeit  hei  der  Staats^ 
Verwaltung ;  worauf  dann  3)  Scipio  den  abgebrocheneu  Faden 
seines  Vortrags^  wieder  au%enommen,  das  f fiesen  des  Staats 
mehr  ins  Licht  gesetzt j  und  gezeigt  hatte,  dafs  eine  Verfassung 
gar  kein  Staat  (res  publica)  sej,  in  der  nicht  das  Interesse  der 
Nation  (populi)  gleichmässig  gehandhabt  werde;  wo  entweder 
ein  König,  oder  eine  Aristokratie,  oder  das  Volk  selbst,  die  übri- 
gen Elemente  des  Staats  (rei  puhlicae ,  rei  popnlij  un^erdiückt 
habe. 

Von  diesem  3t.  Buche  sind  pun  in  der  Vaticanischen  Hand- 
schrift biofs  Fragmente  übrig,  die  theils  eine  Charakteristik  des 
menschlichen  Geistes  enthalten,  theils  die  Frage  über  die  Zulas- 
sigkeit  von  Recht  und  Unrecht  in  der  Politik  berühren.  Die 
Vorrede,  die  dieses  Buch  ohne  Zweifel  hatte,  so  wie  das  Meiste 
aus  dem  Buche  selbst,  ist  verloren.  Dagegen  haben  die  Römi- 
schen Grammatik e^r  der  Philosoph  Seneca  und  die  Lateinischen 
Kirchenvater  eine  ziemliche  Anzahl  von  Stellen  daraus  aufbehal- 
ten (s.  jingelo  Mai^s  Scholion  vor  dem  3teii  Buch  p.  2i5  sq.; 
^ö  auch  1)  mehrere  Nachahmungen  dieses  Ciceronischen  Buchs 
Tiachii^ewicsen  ifnd  2)  der  Inhalt  des  Prooemium  (des  Ein- 
gai^gs)  aus  mehreren  Stellen  der  genannten  Römischen  Autoren 
mit  Wahrscheinlichkeit  dargelegt  wird. 

Ich  kehre  zu  meinen  kurzen  Andeutungen  und  Bemerkun- 
gen zurück: 

Cap.  2.  p.  219:  tAccessit  —  ut  suspiceremus  in  caelum^ 
mpfs  mit  Cicero  de  N.  Z>.  IL  64 •  im  Anfang  verglichen  werden ; 
wie  denn  überhaupt  aus  diesem  Vortrage  des  Baibus  im  2tcu 
Buch,  von  der  Natur  der  Götter  mehrere  Salze  in  Betreff  der 
Gedanken  wie  der  Worte  mit  diesen  Fragmenten  des  .3t.  Buchs 


Tdm  Staat  2i|89mmci»uäteliiSQ«  sifl4•^***  -  Csip^  4*.  p9g«  9a3.>  die 
luckenbafte  Stelle,  »...«»/tfijjtf,  Sj^^i^iam-^et  UgibusiL  gqwimit 
laicht ' aus  Cicero  de  Legtous  HL  ^6 :  ^Nwn  yetereui verboienus 
-*-  disserehantA  Es  werden  ia  beiden  Stdlea  die  politischen  Leh^ 
ren  und  Schraten  det  Phäosofien  tptd  die  .dd^  praktischen  St  etat j^ 
männer  mit  einander  verglici^n»  -7*  Cap*  6.  p«  227  s^q.  Hier 
hat  Ang,  Mäi  zinket  lapge  Stellen  aus  Lactontius  ( di^inn,  Institu 
W,  44  ^i^d  Epitom§  cap,  X/>^  ^eiftgerückt,  woiii^.  von,  des  Car« 
neades  erstem  Auftreten  vor  deml^aniischen  Publicum  und  sei*, 
nen  Erörterungen  über  die  Geicecbtigkeit  die  'Rede  i^t.  Beide 
Stellen  habe  icb  ,  in  d^n  bisbei:  gesammelten  Fragmenjt,en  (sie 
mufsten  in  der  Eriieslischei^  Aasgabe  der  Ciceröuiscbei|i' Werke 
Vol.  rV,  2..  p.,  107.4?—  « 07 Q.  stehen.)  vergeblich  gesucht  —  eia 
Beweis,  dafs  die.  ßruchstücke  diesier  Bücher  vofn  «^/aa<. bisher 
nicht  ganz  vollständig  g^samm^lt ,  waren,  -—  Cap;  8 ;  JSs  gebe 
kein  Naturrecht:  »/14s  enifn^  de  quo,  qiiuferimtis^  ciyile  est  all" 
quod,  naturtkle  ni^ll^Lm ,te/|c*  }/ltu. mufs  ^b^jf, ,|ii(^t  verges- 
sen,  dafs  hier  ein  Skep^ker  f,ed(t(t  —  Cap.'  9«'p«.  233«  Üu.  i« 
ist  sici^  Caput ,np^^  Wohl  nur,  ein  Pruc]^ehler  st8|t6  s.aput  (so 
wird  diese  PrSpQSffioii.  im  Cpd^  JT^^^  geschrielfen  wie  in  der 
f^eronesischen.  des  sGajusJ  \noj^.  ~r-  Cap,  10.  p«.  2^5  sq.  gcwin-» 
nen  wir  eine  neue  ,Ctceironi;if;Ve,  %eUe  über  die  .^eit  Wieder- 
herstellung der  ^Wissenschaften  und,  ganz  neuerlich  wieder  (mäii 
vcrgl.  HaubfiUfiS .  Epicrisis  zu  Jfeineccii  Antiqq.Jlompi,  p*  pJ^) 
so  viel  beli^ndelt^.jile^p,  yoconia.  ■.  Ich  ivill  die,'WQi;t9  Cice«o's 
daher  hier  ■  beijE^eQ :  »i^  .  hie  ^ juris  noster  inf^rpres, . plift .  nunc 
ManäiuLs  jura  mcßt  esse  dci  Fmliertfm  legatis ,  et  kf'Veditatibus^ 
alia  soUtus  mt'odulescens  dieerey  nondu^  iioconia  lege  lataj 
quae  quidem  ipsaUx  utHitatis  virornm  gratia  rogatß,  in,.fftii(ieres 
plena  st  (so  de^:  Codex  fast  immer  ?n  diesen  f!äMen.  statt.  es(J 
miuriae^  Cur  e:i\im  pepuniam .  non  haheßt  mulier? ^  ear  ^'rgfrti 
uestali  sit  heres^  non  ^it;.  mafri  ^uae?  ,Cur,autem  j^.  .si\  p^ 
cuniae  modus  staUundus  fuit  feminis^j  P.  Cra^C  ßlia  posset 
höhere,  siuniaa  patri  esset,  aerif  milliens,,salua'iege ;  mea  tripiens 
non  posset  ..•.>...,  ^  folgt  eu^e  L^eke,  von  etv^a.  3  Seiten.  In 
der  Note,  3.  hat  A*  Mai  di<^  ü|ix:igeu  .CJiceromschient  St^dllc^y,  wp 
von  diesem  (j^eietz  die  Rede  istj^^Dgefühit,  und  \j^,  iftp  l^^rittscheA 
Anmerkungen,  unte]^«lit.4r  ,da>l^.  «Qftfmerksam  gemac|it|,^da&  nun- 
mehr  in  der  ^tdXe.iies.Augustirms  de.  \C  fi»  JIL,,fi4^  obgleich 
die  ftltesten  j^uspben  hartnackig  bei  depi,  n^ee.fUmcfm  ßw^ß 
heharreiTy  nisi  .unictan  Jifiam.  verbessert  werden-  mufs ^  iodein  es 
nun  vdiens  .entschieden  ist,  idafs  €ine,emuge  Tach^er,  .telbst  ijk, 
dei^  Besitz  der  grossesten^)  iplrbs^haft .  von  ^ihrem  Vater  gelaogep 
kounte«  —  .  j^ap.  ü.  initA^nt.».,^,  junjKtsset  Jura  nohis;  et  p/n- 
ttes -^  uterentar.^  Jftif  ^qfaög, ,  ,kan» ,  wenn  ükht  Slehrerw 
idli^  meines  B«dfiiüi.ens  so  «rgjäQZt  werden:  Qfiod  si  natura 


\ 


\ 


t 


'     ,  ...  .       . 

.  64      U.  T.  Cfcerö^  Reptiblicar  ed.  Stuttgart.     '» 

igitur  sänxisset  etc.  — ^^Gap.:ii.  p  2*39:  iSipientia  jutet 
*  augere  öpes,  aMpUßcctre  äMtiäi  etc.€  Dieser  Satz  war' auch  voa 
den  StoYkern  besonders  adoptitt  worden.  SiV  sagten  un'ker  jhideriK 
der  Weise  werde  a^ch  reich  {v^^itrioe)  s.  PliUäirc'h  de  aninii 
tranqüill  p.  47»  A.  -p.^i-ßi  ed.  0^xttenbach),  Namentlich  ge- 
hört hierher  die.Lelir«?,  clafs  dei*  Weise  "o  (ToCpoi)  auf  dreierlei 
Art  sicir  Vörinögen  crwcTben  werde,  du^ths  Königthüin,  vom 
Staate  y  durch  A^iS  heliT^tÄi  ('Slubati  Edogjae  vhfs,  et  etft,  If, 
^.  p\  i'fi4  —  ««<^-  i^eer:-''^(Jlrifi]kTikTi$9iitt  olv  'Kc/ijdiito  rfig  jeoXi- 
Tg/Ä^i  W  ^'^^  ''^^^^  (p(}jDüVj  rroi/ii/  x/ic^{6xUti  oin'wv  h.V.  X. ). 
— .  Cap.  12.  p  239.  Die  im^  "Ciod,  /^ä^cia/i.Jsfebr  verwischte 
StellV,  ^t\t\\^  Ajig.  Mdi\  durch  CurisivschriFt  zuäi 'Thfell  anszd- 
f.illen  gesucht  hat,  Jtann  arii  Schlüsse  'vielleicht[  nö^h  ein  Venjg 
crgätizt  werden:  -hJastitia  ttutem  praecipit  parce9^  omnibui,  con-' 
siuerd  genein  kömimim,  siiwn'  cuiqiie  reddere ,  s'cicrä ,  publica 
(äli^na;  ivv*ei!e\ha?te  Wovte  hdi  A.  Mat  in  Kiainmerh  .einge- 
schlossen) hon  (iangerej  'niaL(Xk\r<^^  so:  saera  pubiita  p r i ^ a t a 
'(^(Sderprii^iiJprofänänonf^ngerbJ,' 

(Lib.  ffl.)  Cap.  12$.  p.>4ii  seq.;  Vortrag  Aei  'FAiha  ^s. 
verlier).  Betrachtung  der ^rtonarchisckerij  arrsto^ratischin  und 
demokratischen  l^erfassungen  nach'  dem  Sjrstem  deiCarneades, 
"d.  h.  nach  '  ieinem  System,  diis' folgten  de  zwei' 'OrüniJsä^ze  Hat: 
)»  Etenitn  jUstitiue  non  nniurd'nec  ^rohmtas ,  sed  imbecittitas  ma- 
ter  esl<k  Uhd:  ioptimum  est  /acere-finiuriarnj  ifnpnne  ji  poss't\\^ 
(Die  platonischen  Stelleri  hat  Angelo  Mut  nkch^eWies^n,:  Aus- 
serdem Vn'trfs' .  das  G  es  pHlch^  der  Athenischen  Gt^sähndtj?»  mit  den 
Meilern  M^Wn  ^Thäcy^dides  V."  »5.^  bösoftd^rs  caji.  «9:  vei^glicheft 
"werden^  ^o  jöne  dheselben  GründsStze  unverholen' bekennen  in»d 
befolgen;  blnigcfahr  wie  Mmv  heim  Xenophönj  Atifd>as  II,  6. 
/^. -i-  Zd  der  Formel  Jxjyb  optinti  cet,  htit 'Md!i^iriiiki  den  Atei 
d(^  fratm  JiH^hlip:  ±66  und  p.^^3b  Viele  Biyltgeg^gebep). — 
Cap.''i5:  i^proinde  ^aut  nullam  essit  jiistittani ;  ':fiät  sp  m  uliqua, 
suniikaih  esse  stidtitiufnfL  ^erinnert  wieder  an  IChticydides  Itl:  82  ; 

ayoL^ol^  dofch  min  hiufs  das  ^anzd  t^apitäl^  nsrchh^mi ;  und  die 
OegtBOSätzB  beim  Pktto  itafiof^as  p.  622  p.  i63,sdj(j.  Bekkerl. 
■—  Zum  Sd^lufe  defs  Capitcls-  vjg;K  den  ApvHodor  Itl:  8.  /.  und 
daselbst  Heyne  p*  261  — ^61f\  und'  zu  der\v6fi  Ang.  Med  p.  a43 
not.  1.  angeführten-  Steife  äts  Snidas  dks ' Verbcssctung*  des  *Sy/- 
burg  znm  El/rfiüfi  m.  p*  202.  ^.  i^i  ^tioyi  ed»  Llps.  Veigl. 
Sturz  ad'Phefecyd.  p.  6g,  —  Cap.  i^s<fq.  Die  AMit^e  zur  Ge- 
rechtigkeit nach  dem  Epikurelscheh  System,  —  'C^p:  lö;  Der 
ungerechti^  Brucf»  des  Ndmamtni^hen'  Verfi*ag*  ^.'u^  6^18,  zu 
welcher  üttgei-echligkcit  PÄ//ifcf  g^athen  hatfc;  wofeei' vom  Her- 
ausgeber  richtig  bemerkt- wird,'  däfi  ihhi   deswegen    Cicero    in 


V 


M.  T-  Cicero  de  HepnbBca  ^ed.  Stuttgart     S^ 

iit^en  Disbursek  sehr  passend  diese  Rolle  zugetheiK  Ifwe,  woHh 
wir  ihn   hier   die   GrundsStie  des'  Rechts  bekämpfen  sehen.  -^ 
Zum  Anfang  des  Capitels  lese  man  wieder   den    Thucydidts  üb. 
V.  ^ap,  io5  h^t^  nach.  —    Cap.  19.  ao.^  p.  a47  s^q.   Ailvren- 
dong  dieser  Garneadischen  und   Epikureischen  Rechtsgrundsatze 
auf  einzelne  Fälle,  wie  auf  Kauf  und  Verkauf,  eigene  Lebensge- 
fahr u.  ^^-^  Cap.  ^1  p.  ^49  ff.  die  Yertheidigung^  des  Rechts 
und  der  Gerechtigkeit,  die  darauf  Ladius  durchgefiihi^  hatte,  ist 
leider  in  der.  Vati can Ischen  Ha^dschrtfr  rerloren.  Es  werden  alsb 
die  hei  den  Lateinischen  Vätern  aufbehaltenen  ansdmlichen  Bruch- 
stackie  vom   Herausgeber  hier   eingefügt ;   zuerst  eine  Stelle  aus 
G(Üm  N.  A,   I.  2  9j  worin  ^cipio  den  LaHius  zu  dieser  Ver- 
theidigungsrede  auffordert;  wobei  >^//^e/b  ilfm  in  eiii€^  trefflichen 
kritischen  Note  Ibeberkt,   dafs  diese  Stelle  in'  den  Ausgaben  d«9 
GtUius  zwar  in*s .  2^  Buch  vom  Staate  versetzt  wird,  jedoch  hier- 
her in's  3te  gehißt ;  wober  di6  angenehkne  Hoffnung  erregt  wird, 
aus  dem  coä.  f^atic.  palimpsestus,  der  älter  als  alle  übrigen  Hand- 
schriften d^s'  Geäius  sej,  noch  eine  schone  Anzahl  von*  Pragfmeii-  ' 
tca  der  ei>Aei)'  vier  ttiche^  der  N,  A.   mit  -A^ortreißt^hen  Varian- 
teo  zu  gcfwipi^en.    Doch  Ist  jenes  Frirgmeut  bei  'Öeliiu^  a'.  a.  O» 
in  der  Erpestischen  Aus'gsKe    det   Ciceronischen  Fragmente   p. 
1076,   nach  des  Patricius"  Ahyveisiin^^   in   das   3te  Bnch  einge- 
ruckt. —     P.  a5o.   not.  1.  wird   von  Ang.   Mäi  treffend   be- 
merkt, dafs   Cibero    die   Vertheidigung   dei^^Oerechligkeit  sehr 
schicklich   dem  *Jijeisen   Laeläis    zugetheilt  Jmbe. '— •     Cap«   21 : 
Nach  Beseitigung  der  Auclfotität,  .die   die  Person  des  Ceurntades 
behauptete,    hatte .  i:a^//t</  seine  R6d'^  fitr  d^e  Gerechtigkeit  fae- 
gooiunt,  und  zwar,  wie  e^  scheint,  so  zietadich  iii  der  Art  und 
Weise  die   vVjr\in    den  Büchern    des  Lactäntitä  Ihiden    (s.  pu 
3^1  und  däSelbst    die  kHtische    Nöte   von   Ang.  Mm'J  i^nn  in 
der  Vatikan  i^ch^n  Handschrift  fehlt  dieses  Exordfum.    0«r  Her- 
ausgeber ( p.  25a  )   weiset   noch  rtehrer^  Stellen  im  Augustinus 
ii»ch,  ^d  diesem  Theil  der  Cicerdtiischeii  Bficher  vom  Staate  aft- 
ziigehdren  sdieinen^  setzt  aber  acht  kritisch  hinzu ,  er  wolle  sie 
nicht  beifügen,  um  seine  Ausgabe'  nicht  durch  zweifelhafte  ^  Vor- 
räihe  zu   vergrössern.     Uebri^ens  betreffen  die  hier  eingelegten 
Bruchstacke  bis  pag.  256  mehrere  Wichtige  Punkte  des  Kriegs-, 
Fölier^  tuid  Familien^ Rechts,  wobei  (p.  253  not«  ii)  bemerk 
^ird:  LaeUus  habe  vermulfiHch  die  Gerechtigkeit  mit  denselben 
Gründen  vertheidigt,  womit  sie  Canieades  in  seiner  eigenen  erMen 
Hede  verfochten  hatt^. —  Zu  dq:  Stelle  aus  Augustinus  (p.257) 
dafs  der  Korper  des  Hercules  nicht   in  den   Himmel   gekommen 
scj,  mufs  besonders  die  Hauptstelle   des  >  Cicero  de  N,  D,  IlL 
*(>•  verglichen    werden.     Man   vergl.   dorten  in   den  Noten  des 
liavies  und   Anderer  was  die  Griechischen  Dichter  und  Philo- 


64     ^r  T*  ,.Gicero  .d^  Rep«tli!Ca^  ed.  •  Stuttgart. 

•  ■ 

.$öphcn  4af<«  ;fiir.  Tcrschwdea?  Voi;stcIlung<?q  l^tfitt,Y(p.  55 1 

.meiaer  Ausgabe).  —  NacU  eimgep  Beisp^'jlcn.  ;yp«,  stjcei^gi^  Siu- 

Jtchkeit  Römischer  Feldherrn  und.  Staatsmänner,  g^Kt  'Laäiu^^  zur 

^ügc  der  Ungerechtigkeit  des  Tii^  Gracchus,  geg;pn  die  Latinen 

und    BundesgeBOßseu   iibjer   (cap.  jigp,  258  sqq.) ..  und   en4igt 

.danu  seinen  Vprtrug  mit   foigcndem  herrlichen  Schluls:    t^.Qiui^ 

41  cpnsuetudo  ex  licetitfa .  manare,  pofpefff    latiiis^    imperjiumque 

Mosirum  a^^  uipi.a.  iure  traduxerit ^   ut  quiadhuo,,jnQluntate  nphis 

^oboediunt,  (diese  Schreibart  wird  von  A.  M.  vcrt^eidigt)i  ternore 

teneanturf  ßtsi  nph^Sj,  qtä  id  aetatis  sitmus,  euigii(^turr\fege.st^; 

.tarnen  de  fwstris. post.eris,€t'de  ilia  immortatitaU rci pub),icae ,soUici-' 

j^gr:  qvae^pqf/^rat  esse  pßrpetua,  si  patris  (per  erasiri  (iir  palriisj 

fUiueretur  ifi^sfUutis.et  moribusß  \yobei  der  Hera.asgeber  den  Haupt- 

^iivveck  des   Cicero    bei   diesem    Werke   vonx.  Staate   bemerkÜch 

.macht:    difi  alte  .Reinheit  und  Einf(dt^  der  Sitten  wieder  kerzu- 

steUen.TT'    Cap»,3o:   Per  Eindxwv^   der.Rede;  dp4,  J^a^<W  auf 

-die   Zuhörer,  .besonders   auf  S.cfio,  — .  Cap.  5i :  Der  Anfang 

£ehlt  Per  Ijerajisgebcr  mittel.t .^bec  (jp.a6i)  n»i[t  ^gr^Msein Scharf- 

.ßinn  auj,;.;4ff*   y^Qi   ehernen  /Sti 91:  des  ^Tyraimeu  Phfäiffis  und 

?w>rher  vpu^  Sicq^i^^s  Einriicjitu;ig  .  des  jStaats  y  on, yigr  iff f nt  ,di^ 

<Red«  g^yjresen,     Scipio  (deni^  idi^or  redet  hier)  kommt, spclt-inn 

-auf  die  tJebi^J':^^  Sprech eq^ .  die  dj,^  Regierung  d?r  |ryrannen  in 

.  Syracus  hqrvo|;gcbracht,  .wobei,  d^r  Grösse  und  Herrlichkeit  die- 

'.  ser  Stadt  .g^^^V^^  und  der  Geschicbtschrciber.^7>>ii<2^^  angeführt 

wird.     (Man  vergL^hiefa^u:    QoeUer  dp  ^itu  et  origine  Syracw 

sariim  p.  XIF'»sqq^]p.  ä/ä  sqq-j  und  fuge,  diese  Stelle,  dfen  dort 

gesammelten  Frf  gpaenten  jties   Timaems  bei ).  — r     ,^ap..  ?;^ :  Wi« 

'  «(ine  Tjradnenherrschaft  \iit\ti   Staat  (res  piii)licaj\^\^i,^  so  kann 

.man  auch -^ne  herrschende  Faction  keinen  ^'^aait^  i|ennc;p;.  wobei 

;  die  .Dreifsigmännerherrscbaft  in   Atlien    und    da^.  Dc^cemvirat   in 

»Rom  aiigefühi;t  >yerden   (die  Stelle  p.  2Ö^  oben  )iat  etwas  Pla- 

4onLsche  F^r.];»e.  ^Mfiu  vcjrgb  den  Phaedrus  p.  33o  d.  p.  9  Bekkeri, 

■JUfid  «hidici^'Ge^äqkeni   wenn, gleich  in  anderer  Al^^sicbt  geäus* 

♦  Äcrt,  wie..yacA^«f,^/^/^a//.XIH.  3 1  ,zu  Anfang), —  Cai^,33:  Auch 

.  findet  kein  Staat  statt,  w;o  die-  ^^ng^  regiert.  Pi^s  Regifo^nt  ist 

.die  ärgste  Tyrannei.     Am  End^  dcjr,  Seite  264«    Anspielung  auf 

eine   V erfiigung   in  ,  den  .  XIL  TabI* :    » Nee    uejro  conueinit  qunt 

furiosorun^  (fona ,  legih}is  in  ndgnatpr^im  pptestät^  sint^  qi^od  eo- 

rumja/ß,*.:  Pava^of .  eine  Lücke,  vom  ft  S.eiten*  rr ...    \   • 

»^  '        •  ■   '  i .    II  '    .'     •    »    ir       . 


f 

Jahrbücher  der  Littefätüt 


M,  7i  Cicsno  Je  AepuhUta  tdi  Stuttgart  v 

(B  €  s  c  b l u/u) 

Ijap.  34«  3^  (p-^  ^^^  ^?*)-  '^P*  Mammius  hatttf  sieb  aÜzustartc 
gegen  die  Demokratie  ausgesprochen )  Scipio^  mildert  diese  An«» 
sieht  ^  ohne  ihr  im  Wesentlichen  zu  widersprechen  ^  vertheidigik 
auch  die  Monarchie  (regaUs  res  publica)  in  Vergieichung  mit 
der  Aristokratie,  und  urtheilt  nicht  ungünstig  über  die  damals 
mehr  demokratische  Verfassung  der  Rhodier.  Auf  diese  Beschreib 
bung  der  Rhodischen  Verfassung  macht  A,  Mai  (p.  267)  mü 
Recht,  als  auf  eine  Bereicherung  der  Geschichte,  aufmerksam» 
Hiebei  zwei  Bemerkungen  dös  Herausgebers  (p/a66  sqq.)  eine 
grammatische:  dsSs  fortan  (vielleicht  ybrreofi  oder  fortasjfean^ 
Siehe  'Niebuhrs  Index.  J  als  >  Ciceronisch  den  Wörterbnchera 
einzufügen  sej,  und  eine  kritisch -paläographische!  dafs  wir  nach 
Berechnung  der  Quaternionen  Und  Blatter  des  Codex  F'äticanuSi 
mit  den  von  andern  Scht-iftstellern  aufbehaltenen  Fragmenten^  bis 
jetzt  die  Hälfte  des  Materials  dieser  Bächer  vom  Staat  besitzen^ 
Die  Worte  des  Scipio  (p.  266):  i^Apud  quos  nuper  fuimus 
unac  beweisen  nun  unwiderspi'echlich,  dafs  Sp.  Mummius  Be-^ 
gleiter  des  Scipio  auf  der  Ge^ridtsthaftsreise  zu  den  verbünde^ 
ten  Königen  war,  woraus  die  Erklärer  diBs  Polfbius  (Tom.  V^ 
p,  i5.  Man  s.  auch  p.  7a)  berichtigt  werden«  Als  das  Jahr  die- 
ser Reise  nimmt  A.  M.  das  «Jahr  6^4  u.  c.  an.  (Aus  dem  nuper 
allein  würde  man  dies  nicht  schliessen  können.  Abet  es  sind 
andere  Gründe  da.  Hieraus  ist  nun  auch  i^an  Linden  Disputat* 
de  Panaetio  p.  4^  sq.  zu  verbessern^  der  übrigens  richtig  schoA 
den  Mummius  als  Begleiter  nennt.  Ueber  diese  Begebehheiten 
vergleiche  man  auch  nOuch  ff^yttenbachii  Animadvy.  in  Pluttzrchi 
Tohu  IL  p,  4  4Si7  —  /^Ä<?  ed.  Oxon*)  —  Von  p;  j|68  —  270 
folgen  die  Bruchstücke  des  3ten  Buchs,  deren  Stelle  sich  zur 
Zeit  mit  Sicherheit  nicht  ausmitteln  lafst  (zum  Fragment  p«  26i 
den  Sardanetpal  betreffend  liefern  Ktesias  beim  Athenaeus  XIL 
p.528.  p.464.  Sc/iwgh.  wo  auch  die  Schreibung  ILoti^ixvATruKkoQ 
dem  Texte  wiedergegeben  ist,  und  die  Auszüge  aus  Nicolaus 
Damascenus  p.  4^5  sq.  Väles.  p.  16  sq.  Qrelli  einen  trefBichtu 
Coraroentar).  > 

Liber  IV.     In  dem  von  A.  Mai  rorausgeschiekten  Seho-» 

5 


ß6 .     M-  T.  Cicero  de  Republic^  ed.  Stuttgart. 

Hon   de  quar  ti ^libri  fragmentis   wird   gelehrt   von  dem 
Inhalt  dieses  4^en  ßuchs  und  von  den  Mitteln  gesprochen,  den 
liier  besonders  sehr  grossen  f^erlust  'möglichst  zu  ersetzen.    Dafs 
Cicero  in  diesem  Buche  sich  mit  einer  Kritik  und  Reinigung  der 
■Moral  als  der   alieinigen   Grundlage    eines   jeden*  wahren  Staats 
beschäftigt  hatte,'  ist  ausgemacht.     In  jeder  Hinsicht  leisten  hier 
die  Schrifteti  des  Lactautius  die  beste  Hülfe,   aber  der  Heraus- 
geber weiset  auch  noch   andere  Schriftsteller  nach,   welche  die- 
ses   4^6  Buch  gelesen  und  theilweise    benutzt  halten;    und  wenn 
Kt  hierbei  selbst  auf  ein  Feld  für  künftig^  kritische  Untersuchuu- 
•geu  hindeutet^  so  sollten  doch  diejenigen  Gelehrten,  die  sie  etwa 
tinterDehmeniadchten,  nicht  nacUher  vornehm  von  oben  auf  den 
H«rrn  Angelo  Mai  herabsehen,  und  bedenken,*    dafs  er  in  dic- 
ker ersten'  Ausgabe  nur  das  ganz  <Uobe£  weif  ehe  aufnehmen  i^oUte^ 
und  dafs  er  auch  der  Mtinn  d(izu  gew^sien   \Aäre,   hätte  er   das 
Publicum  Jioch  einige   «Bahre  •  warten  lassen    wollen,    dieses  Ge- 
schäft  der   höheren    Kritik   selbst  zu  ^verrichten.  —     In    Betreff, 
de»  Geistes  diesjer  Sittenlehre  wird  voin  Herausgeber  noch  ver- 
«lutbet,  d^f^  Cieero  hierbei  die  Grundsätze  des  J^orro  nn^  An- 
^iocAf/j  befolgt  habe.   (Ueher  ditsen  Akademiker,  der  sich  wie- 
der, dem  Lehrsysteuie  der  Stoiker  näherte,  \ex^^  man  Cic*  Acad» 
J,  4»  H«  43.  und  Se^t,  Empir.  Pyrrhon.  Hypoth.  L  33.  §.  235)^ 
.—  Cap.  I.  enthält,  da  der  Anfang  gleich  fehlt,  die  kritisch,  und 
«xegettsch  bearbeiteten  Fragmente  aus  den  Anführungen  des  Lac- 
tantius   und   Anderer.—-     Cap.  _ll. ...  liefert   ein    kleines  Stück 
«US  dem  Codex  Katicanm  selbst,  worin  auf  eine  Maafsreg.el  der 
-Craechen   angespielt   wird)    und  woraus  man  sieht,   dafs  Cicero 
liier  von   der  Sittlichkeit   der  Staatsbürger    ( von  der  öffentlichen 
^  Moral)  gehandelt  hatte  (p.  276.). —    Cap.  3  sqq.  p*  276  sqq* 
folgen  einige  Stücke   des   Vatic.  Cod.   die  Erziehung  betreffend, 
.weiche  Fragmente  der  Herausgeber  mit  grosser  kritischer  Sorg- 
falt und  mit  genauer  Nach  Weisung  der  Quellen  behandelt  hat. — 
Cftp.   4«   Strenge   Bemerkungen    über    die   Erziehungsgrund^ätze 
and  Gewühuheiten  der  Griechischen  Völker.    ( Bei  den  Worlea 
p.  279:    TtMitto  apui   Eleos  et  Thehanos  -^  licentiam   hat  Ci^ 
cero  dm  Flaio  im  Symposium  p.   182.  A^  B.  p.  388.    ^A.  Bßkker 
Tor  Angen  gehabt;   und    mehreres  aus    der  Rede  des  Paufianias 
.gehört   hierher.  '  Zu  iier   Anmerkung   über    die    Vorhänge    zwi— 
«cken  den  Zimmern  mul's  besonders  Pollux.  X;  32.  mit  den  Aus- 
legern p^  iijZ  sq.  Hemsterh.  und  was  Boettiger  in  der  Sahinct, 
IL  p.  54*  dj&über  nachgewitsen,  zu  Rath  gezQgen  werdeOf   W^ir 
gewinnen   aus  Cicero's   Stelle  ein  treffendes  Sprüchwort:  pallas 
inter  pecus.     Scipio,    der   hier  redet,    scheint  hierbei  die  stren-> 
•gen    Grundsätze   des  alteren    Cato  befolgt,    und   selbst   n^aucbe 
Ansichten    des    Platö   einer  eensorischcn   Rüge    unterworfen    zl& 


ML  T.  Ciceno.  de  R^uUica,  ed.  Stuttgart      6j 

kaben.)— r  Cap.4-*r  la.  Es  folgen  Wdc'FxagQiente  dieses  Bvolii 
aus  den  Kircheovateni  nnd  Grammatikerii  mit  kfitischea  £rör^ 
teiiiogen  aod  erklärcndea  No^f;a$  worunter  (p.  286  sqq.)  di^ 
Untersuchung  Aufioo^rksamkeit  verdient^  in  ^leiern  die  Anfuh-l 
ruQgen  des  Johann  S!on  SatUhurjr  im  i2tei)  Jalirhuodert  Aucto- 
liiät  haben  (vergL  auch. die, Pra^/a/Zo  p.  XVUJ.),  *D«r  Henns«« 
gcber  hat  diese  Stellen  von  seiner  Sammlu9g  avsgescblosseii.  J}^ 
gegen  hat  er  diese  Sammlung  durch  J^ioftthrupg  eiset  boged 
Stelle  aus  Äristidei  Quintüianus  de  Musica  (s*  P«  ^9^  aq«>  tcT"" 
mehrt.  Die  Bruchstucke  betreffen  lauter  Gegeti8taa4<^  der  öf- 
fentlichen Moral :  ßrzUKungs  *  Theaterwesai, '  die  Zucht  der. 
Frauen j  die  Zutässigkeit  und  den  Charakter  Aex. Musik  ü.8«tlr« 
Liher  V^:  Voran  eine  lange  Stelle  ^m  Augustinus^  deCi^i 
Dei,  die  in  der  bisherigen  Fragmentei^ammlung  nicht  sti  voU« 
ständig  aufgeführt  war,  als  sie  hier  ist  (Man  vergl.  p^  ioSii 
ei*  Ernesti.  und  die  Ausgabe  des  Ang,  Mai  p«  agS)«  Si^  ItAX'^ 
Üalt  eine  schwere  ASaklage  des  Sittenverfalls  dei*  Rdmer  siä  Ci«^ 
cero's  Zeit.  ; —  Cap.  2.  (p.  297  sqq,  ^^  Hieir  liefert  der  Fet^ 
ticonische  Co</ej7  wieder  einige  Stucke.  Zuerst .  eSiye  :bemerkent- 
werthe  Schilderung  der  Rom.  Könige  in  ilwem  Richt^eiintä.^  jin^ 
gdo  Mai  vermuthety  dafs  hier  Manilius  redet.  £r  hatte  X  43« 
angedeutet,  daFs  er  eine  Schutzrede  für  das  Aticht  Kalt^ti  wolle. 
(Zu  der  Stelle  über  die  königlichem  LätKleireieri  utid  Einküäft^ 
müssen  nun  Niebuhrs  Untersuchungen  iu  den  Rr  Gi  beioiuW^ 
I.  p.  258  ff.   11-  pag.  35o  ff.  zu  Hülfe  genoihnl^ti  vtretdeäi     Zii 

den  Worten:    *£/  mihi.quident  ^ möriinh  veiefuiH  Gr4eem& 

regum  c  vergleiche  man  die .  Stelle  des  Pjthagör^ers  Hü^iögene/ 
vom  Köfiigtlmm  beim  Stobaeus  Semiom  XLVL  p;  829  iqi,  und. 
besonders  den  Aristoteles  in  Aet  Politik  l!L  i4-  [cap«^<  p;  i25i 
Schneider'],  ol  ß^aiXsTg  —  Tct^  i/t(äfi  ijc^ivov  H.  n  X  )^'— ;Cap; 
3.  Yergleichnog  des  Staatsmanns  itiit  dem  Ländwirth  .üncl  Haus-' 
vater,  Arzt  u.  s.  w.  Er  soll  voi*  AU^not  auf  das  Praktische  se^ 
heu  (p.  299.  der  active  Gebrauch  voof  vdiiüri  inuft  nühmabr 
auch  dem  goldenen  Zeitalter  beigelegt  werden  ;  '^oraüsi  Fatcia^ 
lati  und  Forcellint  in:  'villicare  txi  B.eiichtigen  sind).  -^  Cäp.» 
4«  Von  den  edleren  sittlichen  Maiiv^ij  die  det  Stääiünänn  zu 
schonen  und  auszubilden  hat.  -^  ,Capi  5.:  ^prtitsche  Ehe  (justaS 
nuptiae);  legitime  Kinder,  Farfiilieni-efigioh  ti6d  Fafnili^hgiit  diel 
Grundlagen  des  Staats  ^  ziini  Theil  g^^n  Platofs  GO^ergeol^eiD-' 
Schaft  (p.  .3oo.  Hiet  haben ;  wir  sUsdimJCödi  t^atic,  den  ge^ 
wohnlichen  Genitiv  Lalum  vei:gL  Cit.  d4  Ni  D;  III.  25.  und 
daselbst  die  Anmerkung  p*  633.  .(jrhd  ebehdaselbst  It.  27;  p; 
3 « 5  sq.  zur  Erläuterung  uiiScrpr  StcUe  dient  besonders'  das  Frag** 
ment  aus  Ciceto's  Tiniaeus  §.  ii.  p.  Hi^  iq.  ediErnesti;  vor- 
ziiglich  am  Schlufs).  —    C?p^  6 — 8.  p.  3(^.i  —  3ö4.'    Wcittr^ 

6^ 


0     M.  T.  €icert>  de  Rcpublica  Ml'  Stuttgart; 

GliaiKikleristik«h  d^  wallten '  Staafsmaiines -mit  Beispielei)  aü^  äer 
kei'oUchen  und  historischen  Zeh:  Es  sind  Fragmente  aus  andern 
Schriftstellern,  die  Angela  Mäi  \\\€i  eingelegt  und  mit  kritischen 
Rechtfertigungen  und  Erläuterungen  ausgestattet  'hat.  — 

Liher  FI.  Cap.  i.  2.  p.  3ö6  —  3ö8V  Es  folgen  nun 
mehrere  aus  diesem  Buch  ausgezeichnete  Steilen  beim  Gramma» 
tiker  Nonms.  ( Zu'  d6n  cäpedines  hat  der  Herausgeber  die  Stelle 
Ciceri/s  de  N.  D*  IIL  ij:  nicht  rcrgcssen;  wo  in  den  Anmer- 
kungen über  di«se  Wortfamilie  p.  56o.  mehrere  Zeugnisse  d^r 
Alten  beigebracht  worden).  —  Cap.  3 — 8.  p.  Sog  —  3  »5.  hat 
A*  Mai  mehrere  bedeutende  Stellen,  die  tu  diesem  Buche  ge- 
hören/ aus  dem  Eidogüts  und  seinem  Zeitgenossen  Augustinus, 
ungleichen  aus  Macrohius  eingeschaltet,  die  in  der  bisherigen  Frag** 
menlensammlung  (s.  p.  10 §4  sq.  ed,  ErnestiJ  fehlen.  Sie  be- 
aiehen  sich  theils  auf  die  bekannte  Enähiung  vom  Zustimd  der 
Seeka  nach  dem  Tode  beim  Plato  CReipublic.  X.  12  sqq.  p. 
6i4  *^^0  theils  auf  Scipio*s  Traum;  wobei  der  Herausgeber 
(p.-3ii)  eine  Stelle  des  Plutarchus  benutzt,  um  zu  erweisen, 
dafs  Cicero  sehr  schicklich  gerade  dem  Sctpio  diesen  Traum  bei- 
legt, und  uns  zu  schätzbaren  itngedruckten  Stacken  des  f^roelus 
iiber  >did  Republik  des  Plato  Hoffnung  roa'cht.  —  Cap,  9  —  26; 
p.  3i5  —  328.  folgt  das  Soninium  Scipionls'seXbst  mit  kritischen" 
und  erklärenden  Anmerkungen.  Nach  ilem  Traume,  glaubt  der 
Harauagdber^  habe  sich  das  ganze  Ciceronische  Werk  mit  eini- 
gen Schlufsbemerkungen  geendigt.  Endlich  machen  einige  Bruch^  * 
stucke  aus  diesem  Ciceronischen  Werke,  die  sich  noch  an  keine 
bestimmte  Stelle  bringen  lassen,  den  Schlufs' von  p.  329  —  33 1;* 
da  in.  der  Yaticamschen  Handschrift  aus  dem  6ten  Buche  feider 
nichts  mehr  '  übrig  ist. —  Von  p,  332  —  338.  folgen  Addita- 
menta  ef  Emendätiones  des  Herausgebers  sowohl  zum  Text  als 
2u  den -Noten.  —  Darauf  p.  35o  sqq.  ein  Index  historicus  und 
einer  Latinitatisf  beide  von  Herrn  Staatsrath  Niebuhr ,  wofür 
sich  der  Herausgeber  in  ^iner  Note  sehr  dankbar  bezeigt;  fer- 
ner p.  352 :  ein  Index  atictorum  et  tibrorwn,  qui  in  Ubris  de^re 
publica  laudantur  und  ein  Index  librorufn  adkup  inedilortim,  qut 
in  commentariis  citantur ,  nicht  weniger  als  i3  Nummern  ent^ 
haltende  Zuletzt  ein  Conspectas  orthographiae  codicis  Faticani 
von  p.  353  —  356. 

In  der  Vorrede  (Praefatio)  handelt  der  Herausfgeber  alle 
die  Gegenstände  ab,  die  man  in  Protegomenen  zu  erwarten 
pflegt.  Da  ich  meiner  Anzeige  des  Inhalts  dieser  Ciceronischen 
Bücher  einige  nothw endige  Yorwotte  vorausschickte,  wobei  ich 
die  ErgebnissQ^  der  Untersuchungen  in  dieser  Praefatio  des  Ang. 
Mai  vorläufig  unberücksichtigt  liefs;  andrerseits  aber  diese  ganze 
Anzeige,  nicht  zu  weit  ausdehnen   mÖehte^    so  will  ich  hiei^  die 


M..  T.  Jdcßto  '.de'  aq>ttUioa\  ed  Stuttgart      6tf 

Rubriken  der  Pratfatio,  ;mit  rAusi^eichiniD^  .einiger  Ergel»ni$si(y* 

heraashebea.  Pra^atio  ^  L;MZ(nK  ^der  Abfassung  diese«. Bo^che»» 

vom  Staat :    das  Jahr   700  .u-  .c,  nach  ytnn^ronisfiher  Cbronologie« 

Es  sey  zu  vermuthen,  dafs  Ci^'ßrö  während'  des  Aufenthalls,  beii 

Cumae  ("una  iüa  m  rusticaii^ne)  das  ganze- 'V^erk. habe  beendi-t 

gen  kennen.  **-     §<.II. :   Zweck  dieses  Werks  und  Zeitah^,  in 

weiches  daSk.  Ge^räeh  vom  Y^rfasser  versetzt  wird.  — .  ^  III.  f 

Mehrknalige  .Veränderung;  diäs  Pbns«  — »  '  §.,  IV.:    Wer  in  der 

5teUe   de  :i^,puhUq,a  1    8.  .«Ingeredet  wird^  tind   wem   folglich^ 

das  Werk   gewidmet  -vi^rv    (Das, Resultat  habe  ich   bereits  in 

ersten  Theile  meiner  Aa^eig^  aagodeutet ).  : — \  ^  V.  i  Welche 

Schriftsteller  bis  zum  7jtep  Jahrhundert  oacb  Che«  diesea  Wi^il^ 

Erwähnang  than.  —    §•  VI ;  Welchf?  vom  7tbtt^Jbi»«  av^m  xixtm 

jtahrh.    (hier   sdion   vorläufig  p.  XYXL  sq^»   einige' Erörterungen 

über  die   f^aiicanische  Hsmdschrift)./ —  ,  §,  ¥U.  i   HoSnungien 

das  W«fk  aufzuBnden  bi&  z»in  t7ten  Jahi4»ut)ideTjL  7—   §.  VIILit 

Wann  die%cr  Codex  in  die  y^^'ctmücktt  Bibliothek  gekommen 

sejf   zugleich,  Notizen  von  der .  Hs^odschriü :  ^  Siö  ist  von  Perga«« 

ment  in    Folio,    Nro.  VJ^DCCt-Yfl.    Ueb«r-die   eMe  Scfcrjft; 

welche   jene  Stücke   d«s.  Cicem  de  re  pMiüa  enthält,    warea 

Comiuentarltu   und   einzelne .  Abhandlungen  t  des  b-    Augustinui 

über  die  Psalmen  geschrieben«     I)afs.der  Y7o(^ftr  froher  zu  J^oj^ 

hio  im'  Genuesischen  sich  befunden , « bezeu'gl  die-  alte.  InSchsÜ^^ 

Über  j.  Qflumhani  4^   BpbfO^y    Der  Herallsgeb«^  ist'  ge&e]|;t  <sa 

glaubei^f   dafs   die  vHandscJirift  erst  zu  Anfang' dte  «7ten  Jahriif«. 

in  die,  Vfttiipauische  Bibliothek  giekommea  s«^.  *<^'"  §.  IX.:   Vois 

dem  Werkt  des.  Augustißmf. .  in  dem  CiniäApaUmpsestus  ^atict,  -— 

§.  X^:    Vori.  der   Unter.. de^  AngUslinisi^B  .Sph^ift  itcrborgcnen 

Schrift  de^/C<iQero.;   Dei9r£[<^ausgeber' angt;  ■er;hfaabe  nie   eineen 

Cocfex  i^.'Axl  (restdpi^)- 'tttä%  weitläuftigerek'  Schiift  gesehen« 

Es  sind  -30 A.  Seiten    in    §feepdltenen oGidbmneil>^  jede..    Wegeii 

dieser  Grösse  •  der  Buchslaben  ist  ddbcir  deiLlohalt':iib  Verhältnifs 

zum  Umfang  (Volumeai)  .sehr  kldui.. .-«-     §;  XLt  Vcanwimingeli 

und  Lücken  io  derüHandschrift  mit  den  WiederherstcUungen  ^vwl 

später^V   Hand«  —     §•  ^^'  •     Wie  solche    Codices   palimpsesti 

zu  lesen  und  zu  ordnen  »ejen.     §.  Xlll. :  Palaeographie  dieses 

Codex  palimpseAtus^     Ein   belc^hrendes  Capitel,  worin  der  Hejsj- 

ausgeber  über    das   Sdhretbe-  und  'BiScherwesen'  dfer  Afteu  sicn 

verbreitet.  —  '  §.  XIV.':'  YermiiithjingiBn   iiber   das  Aker    dieser 

Vaticanischen 'Handschrift.    Die  Grösse  und  der  Clanz  der  Qia* 

raktefe  und   andere 'Umstände  machen  den  Herausgeber  geneigt  ^ 

za  der  Annahme:  diese  Handschrift  sey  vor'dem  Einbruch  der 

Barbaren  tthd*  wenigstens  noch  unter  der  Regierung  der  letzten 

Caesarea  geschrieben    worden.     Hierbei   interessante  Bemerkung 

g^n^übfr  :das  mdglicher  Wei^€  9el»¥  hohe  Atteo^  fttanclher  IBmd^ 


7(1*       /  RichdinyvAbbandl.  übär  Apoplexie. 

s^rift«!!.-^  g.XVy:  ^Von  YOrläHgst  herausgegefoeiie0  t*rli^etitei| 
<lie$er'Bficheri  r-     §^  XVL:    Von  dea  Anmerktidgen  des  Htr- 
9Xk$geheTi.    Hier  Sossert  sich'  der^  würdige  Gelehrte  imt  eben  so 
grosser  Einsichl  «Is  Bescheidenheit.   Mit  Kedit  vertheidigt' ^' die 
historischen  Anmerkungen)  und  jeder*  Studierende  wird  •  denn  nur 
allzubesctieidenen  Herausgeber  dafdr  daiiken.    £s  folgt  vo^  pag« 
!KL1V%  an  die p ros  öp  o-gn aphia  I>ial ogo rum  de  Ä«pr wovon 
^ch  imr  den  Anfaig- mittheile^  in  d&r  Ueberzeugung,  d^fs  jeder, 
fler   diese  Böcher lesen  Will)  sich  ntil  der  Charakteri«ik  ^er  ein- 
zelnen  P.ersdnen  ato$  der  Vorrede  ^selbst '  bekannt  npiacKeB  mufs; 
i^J)ialogoPum  de  repi  personae  noveM-sant,  quingue  scilket  )scnes^ 
rdifiti  adukscenies.     Intit  senes  est  'Stipvoi    LaJeliüs  Scipiötte 
natu  ^  major f  ■  Laelu  aequdtts  Gkäui'^t  Mt^nmius  (Cic^  de  Afnic* 
XXVII.);    Jlanäius  item  senex'A  qtäa   de'  rep^  lllv  i^.  dtcihif 
fmsse  cLdiiescens  ante  legem  ^voeoniafftj  quae  lata  est  oMö  Urbis 
JJLXXXF",;  -quadragesima  ante   h/Oni'  diälfgunit  '-  Mitkätu^  a 
Cicerone  pätad,  VL   dicit^r  wixiss&  pat^am  sudritm   Menigria; 
secäs  verQ'  ftütHiain'' '4t  Sca^Hilam  viditf^  adtdescens  Xac^i^oJ  ue 
infra  ^icwn^     'QuätUQr  fuissej  iadulescenteS  mt  ipse   Cieer0   ad 
jdniej  IV.  i6.j    idque  apputet  ^tiam  a  eödi'ce  vaticUff^  -^  « — 
P-ag*'XLIX-   sqq.-  folgen  :     T^estimonia   yetepa    OperiJ 
^uUiitni  ^e  R€pi  mit  uatergcscft^ten  Anmerkungen^  -—     Die 
Vorrede '  seh  tiefst  mit  AetsL    Monüatn,  de  prima  operis  lacuna; 
-fVQoriii  dec  Herausgeber  au^  eine  sehr  gelehrte  und  schar fisiinnige 
Airt  wahrscheinlich-  mächt,   dafs  -  Cicero  im   £in^ange>sicli   über 
ilieVbekannte  Platonische   Sentenz:    Tum-  demum  fiyre-  häatöi  res 
jptibiieasj,  si  €iut  dQpt(eäs  regere  coepisseni  etc.;   diafs  er  si^  fer-^ 
»er  über   d«i|  «populfi^da   uäd  praktlsoh«n  Zweck  diesi&s  Werks 
eTlci»rt;r  unrd  dfal^^-er   endlich  (le^  Vatrr^  tind-ded  Publtus  Nigi- 
dins   in>  ^ie^eiil   Einopng   ebren^oHe/fetwähnnng-^tha«!    (pag. 
liV;  sq.).  -^     Zumi   Bnde  fder^  t^a^tio  gehört  -düS;  beiltcigi^Dde 
Fttc  siimle  der   Yaticairiisdieb    Hünd^cbf Ifl.   •—       Diese"  deutsche 
Ausgabe  ist '/mit.  ganz  neuea  Lettern  ^edruc^  und  die  Einrieb«- 
{•nrg  d^  Dtiteks  tsl  ebeir  so  zw eakmas^  «Is  atfstÄiiligl 
1-.  ..    •/.  ^  ,  ,        .  -     Creuz'cr; 


'.  ■         gtt'r*>'^<l    '* 


f^<ersuch  einer  Abhandlung  iiber^  dik  Apoplexie j^  ihr ß  Natur,  Pa- 
thologiß  i^d  Hjf gierte.  \4^is  den}  Französischen ,  des  Dr» 
RrcuELMr  fiti  übersetzt  j,  mit  Anmerkungen  ,ufid  Literatur 
^vermehrt  von  t^DUjnD  jioQifi^  G^J'fJgjfDoc/Qr  der^  Mcdicin 
uhdChiri^rgiejpraliticirßndemjAfZtß  ^f^d  Mttgliede*  der  me^ 
dicinisch 'iiihirur^chen -Gesellschaft  iu  Berlin,  ßerliß  48m* 
Gedruckt  Und  verlegt   bei  G,  Reimer,  ,       - 


D 


er  Titd  cUvr  $chrift^   -wcV^b^  wie  kier  in  der  Uebtrsetzung 


Eichelniy  Abhapdl.  über.  Apoplexie.         ,71 

Tor  uns- licg«n.  höhen,  ist;  I^ssai-sur  TApoplexie,  ou  PatWogie. 
SeiD»otl(jiie,  Hygiene  et  TFierapeutlque  de  celte  muIacUe  etc.  und 
entspricht  dem  Inhalle;  in  sofern  der*  Verfasser  ui^ter  Hygiene 
die  Prophylaxis  versteht,  den  Theil  für  ^as  Ganze  nimmt,  sich 
aber  dieses-  Wortes  jedesmal' Bei? ient,  >vo  von  Verhütung  des 
Schlagflusses  im  Allgemeinen  und  ßesondecn  die  Rede  isi.  Aus 
diesem  Titel  hat  der  Herausgeber  obigen  fehferhaften  gebildet. 
Wozu  das  überflüssige  WqiJt  Natur,  das  dei  Patholpgio '.vörher- 

^rank- 
ferncr 


tischen  Tlieil  der  Schrfft?-  vt^arum  den.  Titel  nicht  verdeutscti 
so  gegeben,,  wie  m^u  ihn  in  der  Vorrede  des" Uebersetzers,*  vob 
dem  Verfasser  gegeben*  antrifft,  '.      i.\ 

Dje  Schrift  zerfallt  iii  drei  Ahschnitte.;  Der  erste  «enthalt 
nach  gegj^bener  Definition ,  Eintheilung  uncl  Besehreibung  des 
Schlagflusses  in  fünf  Capitelh  die  verschiedene  Gattungen  d^ 
Schiagflusses,  wobei,  der  Verfasser,  was  dcn.Vertheidigungsgrunä 
betrifft,*  den  Ansienten '  des  berühmten  B;)gli vi  gefolgt  ist.  E^ 
wird  aber  der  SchlasfAufsr  von  demselben  deßnirt  als  eine,  Um- 
Stimmung  des  Gehirns,  wo  4ie  Sensibilität  der  Innern  und  äus- 
sern Sinne  fortdauernd  ^jehferhaft  beschaffen',  uad.  dfe  .wiflkühr- 
liehe  Bewegung  mehr  oder,  weniger,  geschwächt  oder  ünterdrucl(t 
ist,  während  die  organische  Functionen,  obgleich  manchmal  ver- 
ändert, ihren  Gang  gehen,  und  in-  der  Anmerkung  wird,  er in- 
u^rt,  dafs  bei  jed^r  Apoplexie  mehr  öder  wenij«^cr'eIne,ÜmstiinK 
mung  des  Sensoriiims  gegeben  sejj  welche  dao  thlerische  Func- 
tion lähmt;  doch  wär.e  es  nicht  nplhwcndig^i*  dafs. heim  Schijag- 
flusse or^inische  Krankheit  des  Gehirns  sev^  IJnerachfet  dieser 
Note  ist  das  Wort  Umstimmung  ein  sehr  unbestimmter  Aus|- 
druck;  aich  wurde  der  Veifasser  besser  und  bestimmter  sich 
ausgedrückt  haben,  wenn  er  anstatt  fehlerhaftei^  Sensibilität  der 
Innern  tnd  äussern  Sinne  plötzliche  Aufliebung.  der  Thätigkeit 
derselbe!  gesetzt  hätte/  subita  ii>teg^a  sens.uum  externoräm  et 
internornm,  wie  Boerhaave  sich  ausdrückt.  Di6  der  Definition 
folgende  Beschreibung  des^  Schiagflusses  ist  kurz  ausgefallen; 
übrigens  wird  die  Apoplexie  von  dem. Verf.  in  die  satiguiniscbe, 
pituitjsc,  nervöse,  traumatische  .und  orgsinische  vertheijt. 

Das  erste  Capitel  dieses  Absphnittea  handelt  von  der  san- 
guinis den  Apoplexie^  die  aus,  übermässigem  Zuflüsse  des' 
Blutes  nadi  dem  Mehirne,,.  oder  aus  gestörteiBi  Rückflusse  des 
Blutes  SLUi  demselben ,  oder  aus  beiden  Ursacl^en  zugleich  ent- 
standen is;  Die  Ursachen,  welche  hierzu  Veranlassung  gebep, 
werden   vco  dem  Verf.  gehörig  gewürdigt,  doch  glaubt  Rec?  in  | 

Ansehung  les  hier  erwähnten  Sonnenstiches,  als  Gelegeiiheitsur-  \ 


• 


s: 


■ 

^9.         Richelmy  AbhandL  über  Apoplexie. 

aache  bemerken  zu  müssen,  dafs  Steinbulil  bei  den  ünter&u« 
cliungen  der  Lelclmamen,  die  im  Sommer  «819  auf  dem. Felde 
durch  den  Sonnenstich  umkamen,  blofs  Affectiönen  der  Lungen 
>vahrgenömmen  hat.  Als  Abarten  des  sanguinischen  Schlagflusses 
Werden  die  active  i;nd  passive  angegeben.  Zu .  dem  letztera 
jrechnete  der  Verf.  den  Schlagflufs  der  Erdrosselten ,  vieler  au 
Gehirnkrankheiten  leidender  Greisen,  und  aller  dcrer^  bei  denen 
der  Rückflufs  dei  Blutes  gehindert  ist. 

Pas  zweite  Capitel  handelt  von  der  pituitosen  Apo* 
lexie.  Dieses  Prädikat  pafst  aber  nicht  für  einen  Schla^ufs,  ' 
tief  die  Wirkung  einer  allgemeinen  lymphatischen  Djskfasie  seyn 
soll,  welche  in  der  Folge  Ansammlung  von  Wasser  bewirkt.  ^ 
Wie'  viele  und  verschiedene  Djskrasien  giebt  es  hier,  bei  denen 
sich  in  der  Folge  Wasser,  erzeugen  kann«  Das  letzte  Stadium 
des  Hydro^ephalus,  betrachtet  der  A^erfasser  als  eine  Apoplexia 
pit'uitosa.  Dieses  Capitel  befriedigt  keineswegs,  es  enthält  mau« 
che  irrige  Ansicht, 

Das  dritte  Capitel  spricht  von  der  nervSsen  Apoplexie^ 
%ei  welclier  die  Zufalle  auf  tJmstimmupg  des  Nerv  cd  System  es 
durclji  materielle  oder  immaterielle  Ursachen  hindeuten.  Jeder 
Schlagflufs,  der  sich   nicht  unter  die  andern  Abth^ilungen  briu- 

fen  .laf^tji  wird  hierher  gerechnet.  Nach  des  Verfs.  Ansichten 
rächten  die  Ursachen  hier  entweder  einen  Gehirnkrampf  zu- 
Vvege,  oder  die  Sensibilität  werde  durch  andere  Yeranhsisungenf 
als  die,  Compression  angegriffen.  Da  jeder  Schlagflufs  eine  Ner- 
venkrankheit ist,  so  'palst  der  Name  nervös  allderdings  nicht  für 
die  ,  von  dem  Vert  beschriebene  Gattung,  eben  so  wenig  als 
fiir  die  j^  welche  afuf  wahrer  Schwäche  beruht.  Diesn  Gattung^ 
verfallt  nun  in  zwei  Häuptclassen  und  zwar  in  die  nervös- 
idiopathische  und  sympathische  Apoplexie  und,  zwar 
'mit  und  ohpe  Materie.  Als  nervösidiopathische  Ipoplexieu 
'mit  Materie  werden  angegeben :  die  rheumatische,  du  arthriij- 
'schcj^  die  ab  Folge  der  Gascinwirkuug,  die  durch  UelerfüUupg 
der  Veqen,  ferner  die  als  Wirkung  einer  fehlerhaften  Beschaf- 
fenheit der  Milchabsonderung;  dann  die  wo  die  Uj^ache  im 
Harn  liegt,*  und  endlich  die,  welche  die  Folge  de|  Hautaus- 
schlage ist.  Als  Artcii  der  nervösidiopathischen  Apo^exie  ohne 
Materie  werden  hier  aufgeführt  diejenigen,  welche  ii%  Sthenie 
oder  'mit  Asthenie  verbunden  ist.  Von  der  nervössyl^pathischeu 
Apoplexie  mit  Materie  werden  als  Arten  aufgestellt  Weh ^,  die 
mit  Mätbrie  in  den  Organen  des  Unterleibes,  der  B^ist,  in  der 
Peripherie  oder  in  den  Gefässen  sich  offenbarep.  '  Inder  Ab- 
theilung  übet'  die  nervös -sympathischen  Schlagflüsse  fineMaterio 
wenden   diejenigen   angeführt ,  welche  auf  Stcigcru<i^  der  Senc»*- 


Bichtelmy  Abbandl.  über  Apoplexie.  7} 

bilitlt  des  tTterus  hindeuten,  aus  einem  Nervenschmerz  oder  aus 
irgend  einem  mechanischen  Reiz  in  einem  vom  Gehirn  enl-  , 
fernten  Thfeile  entstehen.  Der  Verf.  beruft  sich  bei  jeder  der 
hier  angegebenen  Arten  auf  die  Beobachtungen  und  Erfahrun* 
gea  der  besten  Aefrzte,  und  legt  dadurch  sdne  Bekanntschaft 
mit  denselben  auf  das  deutlichste' an  den  Tag;  auch  trifft  man 
hin  und  i/vieder  viele  gute  und  mit  Scharfsinn  gemachte^  Bemer- 
kungen. '  >  '     ' 

Das  vierte  Capitel  handelt  toiü  der  traumatischen  Apo» 
pjeüe,  Folge  von  Schlägen  auf  den  Kopf,  oder  einen' andern 
Theil  des  Körpers.  Das  fünfte  Capitel  endlich  spricht  von  dem 
organischen  Schlagflusse ,  der  durch  'Geschwtilsta,  AusAV*6chs% 
u.  s.  w.  erzeugt  wird.  Mit  Recht 'bemerkt  der  Verfasser,  daft 
mehrere  derangezergtcn  Ursachen 'sich  nicht  sel<!(sn  vereinigteii, 
um  den  Schl^gflufs  zu  bilden,  s6  dafs  dieselbe'  häufig  zusammen^- 
gesetzt  in  der  Praxis  vorköninit.'         -  -'  '•  • 

Der  zweite  Abi^chnitt  h^r^jie 'Zeichen  des  Schla^ftis^i^s  zuib 
Gegenstande , 'ttnd .  ih  sehr  sKisftiKrlfch' bearbeitet.  ^Dre  Zeichen 
desselben  werden 'hier  in  allgembine^  besondere  nbd'  solche  a)>- 
getbeilt,  ii^ctche  diii  Krankherten  Tun  ihrilkben  nnterichdden. 
Die  all^ömeine  theilt  er  in  anamuestische ,  diagnostische' änä  prd« 
gnostische.  Zu  den  anamnesti^chen  werden  die  vorbereitenden, 
und  Gelegenheitsursachen  und  endlich  die  Vorboten  gerechnet. 
Indem  nun  hier  von  dem  Verfass.  die  Ursachen  angegeben  wer-  , 
den,  so  bat  derselbe  fut  die  Aetiologi^  keinen  Abschnitt  in  die- 
sem Werke  besHmmt,  da  er  glaubt,  dafs  man  das,  was  er  dar« 
ober  mitgetheitt,  Ätiologisch  oder  diagnostisch  annehmen  könne; 
aber  als  Aetiologie  betrachtet ,  vrird  das  Gesagte  nicht  sehr  be- 
Medigen.  Jede  •  Art  des  Schfagflusses-  wird  nun*  ferner  Ki^  nach 
ihren  Zeichen,  die'  er  in  anamnestische  und  pathognoniischc  ver-» 
theflt,  geK6rig  bezeichnet.  Den  ScMufe'  der  speeiellen.  Semiotik 
machen-,  die  Zeicheii,  dnrch  welche  der  Schkgflufs  von  dem 
Schlafe,  der  Epilepsie,  der  Katalepsie,  der  Sjnoope  nnd  end- 
lich dem  Tode  unterschieden  werden. 

Der  dritte  Abschnitt  handelt  von  deip  Prophylaxis  iiqd  'The- 
rapie der  verschiedenen  Arten. de^  S'chlagfiiisses  und'  zwar,  sehr 
weitläufig.  Als  l^rbbe  für  die  Behandlungsart  des'  Verftissers  ge- 
ben wir  die  Behandlung  der  sthenisichen  Apoplexie,  ^o'  der, 
bei  demselben  eine  vorzügliche  Rolle  spielehde  G^hiVnkrampf 
aus  einem  Hartwerden  der  Fiebfer,  oder  wohl'gat  aus  einer 
übermässigen  Lebensthatigkelt  des  gesaromten  Nervensystems  b«- 
fttiht,    wodurch  die  Circulation  de$  Blutes  im  Gehirne  bei  Ple- 

Gefässe  entstehen, 
witd  folgendes 


thcra  gehemmt   vifird  und  Verstopfungen  der  G 
Um  diesen  ürMcbcn  und  Folgen   zik  begegnen, 


74         l^ht  iU)er  dili;HuQds\vuthkraQkh:Qft 

Verfahren,  vorfrescbrieben',.  näiplkb.  um.  den  «oosecattven^Blulanr 

Käufuogtfn  vorzubeugen,,  vvird  .mit;  Äderlassen  und  .Blutigeln  iea 

Anfstag  getuilclit,    der  sthenische  Zustand   wird  dann  besänftiget 

durch  d^n  seichb'chcn  Gebrauch*  der  Molken,  Kalbs-  und.  Hiih^ 

:iiotbr.üheif,  und  durch  gelinde  temperirende  antispasmödica,  nam- 

.lieh    Lind^hblütheauf gösse    u.  s    w.   *  Ferner  Fufs-,  Halb-  und 

.Ganzbäder  ,uud^  erweichende    krampfstillende   Loven^ente.     Um 

den  Gehirnkrampf  endlich  zu  lösen  ^    werden    destiUirte    Wässer 

jait '  A^ther,  .Moschus ,  den  er, .  ^em  Opium  vorzieht^,  oder  *  Cam- 

phery  Gastier eum  u.  s-  w.  gemischt  verordnet.  ^      ,  i 

Pen  £|e$chlufs  machen'  die  ;&um  ersten  Abschuitte  gehörigen, 
theils,  eigieneii,  theils  fremden . Krankheitsbeobachcungen  von  ver- 
^hiedenem  Werthe  j  mehrere  unerhebliche  ,  h^t  .der.  Uebersetzer 
weggelassen;  ja  es  bitten  wohl  noch  mehrere  abgeschnitten  wer- 
ben: können»  -  I^e..Anmerk;inge^^  des  Herrn  Doctor  Gräfe,  der 
überdies  das  Werk  in  Paragra^phen  vertheilte,-  ei^e  möglichst 
vollständige.  ch|ippp|^gUqh:..geor4ne^e  Literi^ajr  |[ab,  die  sich  am 
^ßnde  des;  Werkes  auf,  v^er,  Seitei^.  befindet;,  gind  o^ei^tens  Ai|^- 
»3gc  aus.  dep,  bekannten  Werli^en  Spreng,e||s,;  Haare's  u.  s.  w. 
,Dise6es^seJi  g^nug;-  um  die.  Verdienste  des  Verfassers  ,uud-  Üeber- 
*et»ef^  zu...w.öildigea.  /  :      .j  ., .,  ;.,.  ,._    S.;. 


^atiik  <?    und    madioinifch'e  Gssciichte    der  Hündesvmthkrar^kJkeit 

bei  Meascken  und  .Thiehen  und  dere/if    tJeäiing  .  (f44trh^ßt 

,  ifoft  ^•^Cki.BjBMB  Profi  7Yf>  und  L$hreK  ^&    yetcrifi^n^^U- 

Jünsekaft  bei.  der   ünit^sitßt    Le{p:iig^   .Jpt^jäkonqmwhefi 

:      '.  ^Qeseüscketfti  im  Kötngn^Kt  Sä.chsefi,'jt  "So  sMiie-^mehrer^r  dep- 

i^lerehen  G'eseüsckaaften  Mitglied,     Nebst  einer  f^orr^d^  von 

.  ■  ^■.  JKr.-.  Joa^    Cur.  RchSEWMüJLLBR ,    K^uLigh    Sachs.  Hpfrath, 

Miitei^  und  Professor  der  Anatomie,    Leipzig    1/^8 iio.    4  4^8 

^    Sieiten  S»- 

U«ber  die  fiirphterljche'  Krankheit,  welche  ii^ch  dem  Bisse  ei- 
nes t^len  Ijundef  zu  entstehen  pflegt,  sind  zwar  scheu  eine  Menge 
Schriften  vorhanden,  aber  noch  immer  ist  uns  ^Jdas  Wesen  dieses 
Ueb eis,  nicht  tlar,*  noch  kennen  wir  keine  Iieil^ethode,    die   a^ls 

•  siqhe»  uijd^pyerlässig. unter  allen  Umständen  sicTi  bewährt  hätte; 
aucji  durch  die  viqrliegende.  Schrift  scheinen  wir  in  beider  Hin- 
sicht nicht  um.  Vieles  weif  er  gekommen    zu    sejn,    docli    ist    sie 

V  wegen,;  uiäncUer.  aufgenommener    Beobachtungen    und  Thatsacljen 
nicht  .ohne  Interesse,.—  .        , 

.     ]!^ach|  eiuer  kurieii.  Einleitung  geht  der   Hr.  Xerf.   zur  Dar 


ttibbe  -gb^  die  HuädeswuHikraDklielt       7$ 

itislhmg  did^  We^iitlidien  der  xi^hreD  Hiiiides^uib  b«!' deif 
MeDschen  iiber^  Mst  skK  y}«r 'dabei  äti$s«rst  kur»^.  nud  bestimiAl 
dAs  WesentUckc  der  Krankkeit .  blob  daktn,  dsifs  ein  Jeder  djfr 
von  erffnffen  nothwendig  darin 'stei^cti  mäsfle^  W^tH»  dem  Rec; 
£ese  Angabe  Biclit  genügt^  und  «r  ^^  für  hochsl  Unwes/indicli 
und  Nichts  togendkiltyso' £nroktet;^er  ebmi:  keinen  grossen  Wf^ 
derspiacb,  obgiesoh  ,ev- wdld- weifi^  da£i  es  sekvver  c^^r  unmog^t 
lieb  ist,' dvese:  Frage >  genugthuend  zu  beantworten»  Hecbt  gu^ 
«Verden  die  Symptome  der  Wasserscheu  bescViiebeb  .und  di^ 
Männidifaltigkeit  gezeigt,  in  der  dieses  unerU^rKche  und  m\ 
der  v^bren  Hnnds-wütb  immer  verbunden«  PhMnom^  yorkommtj 
aasfühi^di  wird  von  der  Beschaffenheit  der:  Leichen  solcher 
Meuschen*  gesprochen ^  die'  an  dir  Hundswutb  starben ,  wor^Ml^ 
hervorgeht, 'dars-  die.  Anatmnte  keinen  AufseUurs  iibelp  den  Si\t 
des  Udiyels  xu  geben  jvera»g,  inoeh  auch  beständig^  ^^cbeu  äk§ 
auf  dies^  Krünkheit  folgten'  und  ihr  eigen  wären  ^  sif>k  Uk  d^ft 
C;|davi^ni  iindmv  lasston;  *— '•     .  * 

bi  eiirem  evgeneil  •  Ab$ehnitt^  bringt  der  Tis*  Yerf.  Beqicrr 
kuttgen  (iber  das 'Wuthgilt  an  und  für  sich  bei  dem  Huade,  t^ 
sammen,  hvertkefmmt  unter,  andern  di«  BehaufM ung.  vor,  dafs  daff 
in  dem  Spei^ei  it^  toiVen  Hundes  enthaltene  Gift  nur  ,durd^ 
den  Zutritt,  i^-atäiosphäriteben. Luft  seine  Ansteckungsf^higk^it 
erhalte;  es-  soll  ^ts  daraus  erv^iesen  werden  wej'l  Fälle  genug 
bekaniil  sind  ^d^fs  i^on  mehreren  Individuen,  dio' von  einem  u2»d 
eben  d^Quelb^n  Hnnde  gekssse»  wurden,  nuo  difsj^igenin.dl^ 
Krankb^l  verfielen,  welche  düs  tolle  Tbieir  :2i)»orst  v^Het^ä 
Ohne  gegen  die  Bichdgk^it  dieser  Thatsache' etwas  einwende^ 
zu  weifieii,  mSchte  doch  de^  daraus  gesogene  5chlu£s  nicht  vollr 
kommen  b«grittlde^ sejn ,<' wofor  schon  dieifjnfaQhe^  Bemerkung 
spric&ty-dafV' von  vieleb  znigleÜDÜer  Zeit  gebissAnen,;  0fi^  nur  ein 
einziger 'in  die  Krankheit  verfiel,  .und  dieser  jelne  W4r  nicht  ipiif 
mer  der  mtM  verwundete,  i  Wichtiger  ist>  die.  (  p*  3  O  8^^%!^ 
zeicbttete  B^obachtuiiTg ,  dn{s  aus  dem  Bande  der  Wunde  eii^f 
kleine  Wulsf  sich  erhebe,«  in  welcher  das  l^in||eiinpfte  Wut(i-» 
gift  S'oiiieii  ersfen  Aufenthalt  habe ^^  es<  ist  nun  ^War  diese  Beor 
bacbtut»g  nicht  neu;  wenn  es  aber  seihe  Riohiti^eit  hat,  wie  un^ 
ser  Hr«  Verf«  behauptet,  dafe  so  lange  diesig. Wul$t  sich  voi finr 
det,  das  Gift  noch  nicht  ireiter  gedrungen  ia^,  folglich  durch 
örtliche  Mittel  entfernt  Werden  kann,  so  bleitediesev Spelte  yo^ 
dem  grossesten  Intereäsek  -«-  lieber  drie  Entstehung,  des  Wtftlir 
giftes  bei  äim  Hunde  wird  Iner  eine  ganz  eigene  Ansicht  vor^ 
getragen,  es  soll  nätnlich  diese  Krankheit  ni^^^on  selbst  entste-»* 
hen,  sondern-  zu  denjenigen  ansteckenden  Uebel  iu  zählen  sejo, 
die  aus- Asien-  ihta  so  zu  uns  gebracht  worden  wären,  wie  diu; 


76        Ribbe  über  die  Hunidsmithkrankheif; 

Blattern^  die  Pest  v.s.  w.  'Der  Hr.  Verf.  legt  einiges  Gewfblit 
auf  diese  seioe  VermuthuDg   und  sucht  sie  mit  quehreren  Grün- 
den SU  Unterstlitzen.     Man  finde ,    sagt  er,  in  keiner  Geschichte 
irgend  ein^n  bestimmten  Beweis,  dafs  die  Hundswuth  von  jeher 
in  Europa  bekannt  gewesen  sej,   selbst   in  den  von  Kaiser  Karl 
dem  Grossen  gegebenen  Verordnungen  sey  nichts  enthalten^  wor- 
aus man  nur  einigermassen  schliesaen  könne,   dä£s   diese  Krank- 
heit schon   zu  jener   Zeit   bekannt   gewesen  sey;    auch  in   den 
Schriften  des  V«^tius,  Columella  und  Plinius  finde -mch  nichts 
das  auf  die  Hundswuth   gedeutet   werden   könne.  «—     Recens. 
kann  kaum  sieh  überzeugen  dafs   der  Hr.  Verf.  im  Ernste  diese 
Bemerkungen  für  wichtig  und  uberzeugeold  halten  konnte.     In 
den  hippokratischen   Schriften   koramt*  allerdings  nichts   von  der 
Hundswutli   vor,  und  gesetzt  es  wäre  davon  auch -nichts  in  de- 
inen des  PÜniuS' enthalten,  so  wird  .doch  in  andern  nur  zu  deut« 
lieh  davon  gesprochen ,    wie  bei   CelsuSy  DioscoHdeSj  Aretaeus, 
Coelüis  Aurelianus,  Galen  u.  s.  w.   die  fast  alle  in  Europa  und 
tum  Theil   mehipere  Jahrhunderte  vor  Karl  'dem'  Grossen  lebten. 
Mit  Reteht   sagt  der  berühmte  van  Swieten:   Cer{e  canes   omni 
wte90  fuerunt ,.et  hoc  morbo  frequenter  corripiun€ur;'WAle  ^idHur 
admodum  probabäe  esse,  rahieni  caninam  antiquorünk  jfUedieoruni 
tempore  etiäni   'exstitisse>     ( Commeniar    in  Boerh^.   Aphörism. 
Ulm  536)'     V^äre  die  Hunds wuth  eine  ansteckende  Krankheit^ 
wie  die  Blattern  und  die  Pest,  so  würde  sie  auch  gleich  ihnen 
sich  durch  die^  Atmosphäre  mittheilen  und  bisweilen  epidemisch 
lierrschen,  »aber  beides  geschieht  nicht;,  wohl  aber  aoheint  sie  an 
teiabchen  Orten  gleichsam  endemisch  zu  sejn,  was  schon  Coe/iW 
AureUanus  von  Greta   bemerkt;   und  wenn   dies  üeb.eUn  eipi-i- 
gen  Ländern  gar  nicht  bekannt  ut,    so  kann   dies  vo4  Verhält* 
taissen    abhangen,    die    jenen    Ländern    eigenthüroHch   sind.     In 
Deutschland   glaubt  unser  Hr.   Verf.   sey    dieselbe  aller  Wahr- 
scheinlicbkeit  nnchauch  nur  erst  zu  Anfang  des  sechzehnten  Jahr-^ 
Hunderts  bekannt  geworden ,^  indem  «'mir  seit  dieser  Zeit  sowohl 
in  m^dicinisohen   als  auch    in   andern  'Schriften  de?  Hundswuth 
erwähnt  werde,  wie  bei  Ms^hiolif!  allein  Recenst   kenn  dieser 
Meinung  gar  nicht  beipflichten.  Hicroiijmus  Tragus,  d^r  zu  Ende 
des  i5ten  Jahrhunderts  geboren  'v^mrdc^  und   äitex^  .aU  Mathioli 
ist,  spricht  insei-^m'Kräuterbpche.von  mancherlei  Mitteln  gegen 
den  Bi&  toller  Hteide,  uiid  zwar  spricla  er  davon  so,  wie  man 
Üeh  über  eine  alhägjith  und  langst  bekannte  Sache  auszudrücken 

Efiegt.  Wenn  ältere  Nachrichten  schwer  zu  finden  aind,  so 
onimt  dies  mit  daher,  dafs  Bücher  die  vor  den .  Zeiten  der  Er* 
finduiig  der  Buchdruckerkunst  geschrieben  wujpden^  und  über 
dergleichen  G^enstände  handeln,  ub^baupt  seilen  sind«    Dazu 


Kibbe  über  die  Randswutbkrankheit      .  77 


kommt  aber  nocK  dafs  Matbioli's  Zeagnib  für  Deutschland 
niger  wichtig  ist^  indem  er 'in  Italien  geboren,  dort  auch  gros* 
s«ntbeils  lebte ,  in]  italienischer  Sprahhe  schrieb ,  und  bei  seinen 
Nachrichten'  kaum  vorzugsweise  Deutsi^hland  im  Auge  hatte,  seine 
Werke  worden  übrigens  spater  in  mehrere  andere  ^Sprachen 
übertragen.  —  ^  *  ' 

Nach  Angabe  der  Kennzeichen  der  Wuth  an  Hunden  geht 
der  Hr.  Yerfass.  zu  dem  wichtigsten  Theile,  zur  Heilung  des 
Hebels  über.  Mit  Recht  wird  bemerkt,  dafs  die  wahre  Hun-^ 
I  deswutli  noch  immer  zu  den  völlig  unheilbaren  Krankheiten  ge- 
rechuet  werden  müsse,  und  dafs  wenn  hier  von  Heilmitteln  die 
Rede  ist  nur  solche  gemeint  sind  die  angepriesen  oder,  empfoh- 
len worden  sind.  So  zahlreich  auch  die  Mittel  sind;  die  *  man 
seit  Jahrtausenden  gegen  diese  fürchterliche  Krankheit  prie^,  so 
hat  sich  doch  auch  nicht  eines  als  zuverlässig  bewiesen ;  auch 
hat  Recens.  gar  wenig  Zutrauen  zu  dem  Mittel,  das  Hr.  Sieber 
kürzlich  auf  marktschreierische  Weise  ange&ündigt  hat;  so  weit 
unsere  Kenntnisse .  jetzt  reichen  hat  der  Hr.  Verf.  vollkommen 
Recht,  wenn  er  behaupt^^t,  dafs  man  sich  darauf  beschränken 
mnsse  das  Wuthgift,  so  lange  es  noch  Zeit  ist  in  der  Biüswunde 
zu  zerstören,  und  so  es  zu  hindern  weiter  in  den  Körper  ein* 
i  zudriogen,  was  nur  durch  Einschnitte  und  die  Anwendung  des 
'  Feuers  bewirkt  werden  kann.  Die  Scarifikation  der  Wunde 
wird  von  dem  Hr.  VI  vorzugsweise  empfohlen  und  dem^  Bren- 
nen vorgezogen.  Hier  verdient  indessen  angemerkt  zu  werden, 
dafs  letztere  Methode  $chon  sehr  alt  ist  und  auch  schon  im  An- 
fange des  i6ten  Jahrhunderts  in  Deutschland  in  Anwendung  ge- 
bracht wurde.  Einzeln  geht  nun  der  Hr.  Verf.  die  Mittel  durch, 
die  man  als  wirksam  gegen  die  gefährlichen  Folgen  des  tollen 
Handebisses  anrieth,  er  spricht  zuerst  vom  Quecksilber,  und 
nennt  dasselbe  eben  nicht  sehr  richtig  das  älteste  unter  allen 
gegen  die  Hundswoth  empfohlene  Medikamenten,  von  diesem 
geilt  derselbe  zum  Gebrauche  der  Belladonna  über,  scheint  aber 
nicht  genau  von  der  Geschichte  dieses  Mittels  unterrichtet  zu 
^cjn,  indem  er  sagt  die  erste  über  diese  Materie  erschienene 
Schrift  sej  ohne  Namen,  aber  so  viel  er  wisse  von.  Friedrich 
Manch  1781  in  Göttingen  erschienen.  Dem  ist  aber  kaum  sos 
olayerne  rieth  zuerst  den  Gebrauch  der  Belladonna -Beeren  an, 
Was  aber  nicht  sehr  beachtet  wurde;  die  erste  NachHcht  davon, 
die  Aufsehen  machte,  steht  im.  Hannoverschen  Magazin  1768 
•"^fo.  38;  ein  gewisser  Bergmann  brauchte  die  ff^urzel  an  3o 
Jahre  lang  mit  glücklichem  Erfolge,  hielt  aber  sein  Mittel  ge- 
■leioi)  das  spater  der  Pastor  Schmidt  zu  Lättiensckneer  eniätckie 
''nd  bekannt  machte.     (Man  sehe  Murray  j4pparatus  Medicami» 


78        Kibbe  i^er  4i^  |IupdsJi?n4tl^kr9pkbeit., 

num  i.  p.  4^8 ).  Au^ier  i^hreren  zusa^o^eogesetztes  Mitteln 
wird  noch  besonders  von  den  Maikäfern  und  dem  Gauchheil 
gesprochen ;  in  llin$icht  der  Geschichte  d^s  letzt  er  eir  Mittds  be- 
findet sich  der  Hr.  [Verf.  abermals  wieder  in,  |;;rossfm  Jrrthume; 
als  die  älteste  Na!cbricht,  d^y.OD  fuhrt  ^ er  da§  ,K^äutcrhuch  Ma- 
thioli's  an,  allein  Tragus  spricht  auch  schon  davQp,  uod  selbst 
die  bei  ihm  v^rlc^mmende  J^achricht  ist  nicht  die  erste^  denn  es 
wurde  diese  Pflan/e  goger^  die  Hydroph^bia  schon  von  Rif/us. 
Ton  Ephesus  empfohlen ,  der  zu  den  Zeiten  des  Kaisers  Trajan, 
also  ungefähr  iop  Jahre  natch  Christi  Geburt  lebten  Nicht  bes-, 
ser  geht  es  dem  Hin.  Verf.  mjt  der  . Curart  durch  Eintauchen 
der  Kranken  in  das  Meer»  die  er  blofs  von  .einem  französisch eii 
Arzte  Magerrte  erzählt;  abef  diese  Methode  ist  sehr  .alt..  Mufi-' 
pides  soM  durch  ägj^ptische  Priester  dadurch  von  dieser  Krank- 
heit befreit  worden  sejn  (Piog,  Laert,  in  vita  Platon^  Lib» 
HL  Num.  Vllh  pagK  H&Sh  In  den  Schriften  des  Tulpius, 
Helmoni  u.  s.  w.  kann  man  darüber  Vieles  finden.'  Uebrigens 
vermifst ! Recens  manche  sehr  bekannte  Mittel,  wie  z.B.  den  vor 
einigen  Jahren  von  Riifsland  her ,  mit  grosser  Zuversicht  ange- 
priesenen Wasserwegerich  ( Alisnia  Plantago  L.)  und  viele  äl- 
tere. Neuerlich  ist  auch  m  Hufelands  Journal  Scutellaria  late^ 
pißora,  eine  in  Nordamerika  einheimische  PPanze  empfohlen 
worden.  Den  Beschlufs  der  Schrift  mapht  die  Erzählung  eini- 
ger merkwürdiger  die  Hundswuth  betreffenden  Ereignisse.  — - 
Kecens.  verkennt  die  gute  Absicht  des  Hrn.  Verfs.  so  wie  sein 
Bemühen  njcht  nützlich  zvi  werden,  jund  otiigleich  seine  Schrift 
keine  neue  Aufschlüsse  .über  dieses  Uebel  in  irgend  einer  Rück- 
sicht giebt,  so  kann  sie  doch  vop  Uner&hrenen  mit  Nutzen  und 
Zuversicht  gebraucht  werden.  -^ 


Beschreibung  der  Idolsberger  Landwirthschaft ,  oder:  Praku^Ke 
Anwendung  der  neuesten  Grundsätze  der  Landwirthschcift. 
Von  Jos  BPH  r,  HopFEV,  Besitzer  der  Herrschaft  Idolsberg, 
Wien  iSm.    Im  f^erlag  hei  Franz  Wimmer. 

JLlie  Ackerkultur  iftacht  ui  den  5sterreichischen  Staaten  sicht- 
bare, Fortschritte.  Alle  Zweige  der  Landwirthschaft  werden  dort 
in  Eiitonso  betriel^en,  und  der  Ackerbau  wird  dort  der  gröstraög- 
Uehsten  Aufmerksamkeit  gewürdigt. 

Das  hier  aufgestellte  Wir thschafts-Sjstem  stützt  sich  auf  die 
wahre  Grqndlage  eines  nactihaltig  einträglichen  Ackerbaues«  auf 
einen   ^usj^rebreiteten   Fulterbau.     Der   Verfass.   sucht,    in   einer 


V.  Hopfen  Beschreib,  d.  Idolsb.  Landtrirthsch'  79 

ohgekunstehen  und  ungesdfmlhkten  Darstellung   faktiscb  nacliia« 
weben :  d^fs  nicht  dl«  Menge  des  Ackerlandes,  sondern  das  rieh««. 
tige  Verhältnirs,   in  'welchem  solches^zum  Futterbau  steht,   dea 
Werth  eines  Gutes  bestimmt,  d.  h.  den  nachhaltigen  Ertrag  des- 
selben sichert;   indem   der  Umfang    der   gesammten   Produktion^ 
TomYiehstand*,  dieser  aber  rom  Futterbau  abhängt,  folglich  Alles  in 
Allem  sich  bei^m  Ackerbau  auf  den  Futterbau  stützt.    Dem   Putterbau 
gehört   daher*    mit    Recht,    der   erste  Platz  in  jedem  Acker$ysteme* 
Der  Land  wir  th  mufs  nothwendig  so  viel  Futter  bauen,    als  zur  £r«< 
nahruDg.  eines  Viehstandes  erfordert  wird,    der  zureichend   tst,   den, 
zar  Erreichilnp;  der  beabsichtigten  Production ,  benöthigten  Dünger  zu 
liefern«    0er  Umfang  der  Viehhaltung  kann  "und  darf  nicht  anf  einen 
unverhültnifsmafsigen   Futterbau   beschrankt,   fomdern   er  mufs   nach 
dem  Dünger- Bedarf  abgemessen  und  in  gleichem  Verhältnifs   mnfs  der 
Futterbau  erweitert  ^werden.   -—     Die  angezeigte  gehaltreiche  Schrift 
enthält  eine  Menge  von  Bemerkungen,  die  äusserst  beherzignngswerth 
sind»  wiewohl  sich  der  Hr*  Vf.  mitunter  auch  in  zu  kurzen  AndeU'« 
tangen'iind  zu  oberOüchlich  über  manchen  Gegenstand  ausspricht,  wie 
i  B*  über   die  wesentlichen  Vortbeile  der    Maschinen-Arbeit    bei'm 
Ackerbau.    Besonders  hat  Ref.  das  Urthcii  angesprochen,  welches  er 
über  Master -Wirthschnften  fällt.     Er  unterscheidet  sehr  richtii^,  zwi« 
scbea  Versuch  *  und  Muster-Wirthschaften*    Ersteren  gestattet  er  die 
ünterstfitZung  von  Seiten  des  Staats.    Von  letzteren  erheischt  er  Selbst« 
ständigkeit,  uikI  will,  dafs  sie  sich  in  sich  selbst  erhalten  isollen*  J7v 
jreht  dabei  von  der  Behauptung  ausi   dafs   in  cftier  'Landwlrthsi*haft, 
die  sich    und    den    Lehrer  selbst   erhält 9   manches  wirthsehaftlicher, 
also  auch  nachahmuiigswürdiger   betrieben  wird,    und    dafs   die    lehr- 
reichsten Musterwirtjischaften  von  Privatleuten  getrieben  werden,  die 
«leb  bei  jedem  Unternehmen  fragen  4  was  es  kostet  und  eintrügt,  wo 
daher  nicht  etwa  eine  Liebhaberey  tefrfedigt ,  sondern  nur  das  Nittz- 
bebe  beachtet   wird,  und  wo  der  Verroösensstand  des    Unternehmert 
*er  Probierstein  de?  Nützlichen  ist.     Re£    unterschreibt  dies  ürtheil 
aus  der  Fülle  seiner  Ueberzeugung.    Der  ausübende  Landwirth  ttöfsfe 
gerechter  Weise  Verdacht  gegen  seine  Lehre  ein ,  wenn  er  nicht  durch 
eii;enes  Beispiel  beweisen  kann,  dafs  gute  Wirthsehaft  auch  das  Ver- 
mögen  vermehre.    Der   Musterwirth  soll  praktisch  lehren ,    soll  zu 
seinem  eigenen  Vortheil  praktisch  darthun ,  wie  mit  wenig  Aufwand 
viel  geleistet   und  viel  erworben    werden  kann*     Sagt   doch    schon_ 
Plinius  dem  Cato  nach  »wenn  die  Landgüter  viel  eifibringen  und  viel 
Aufwand  erfordern,  bleibt  nicht  viel  übrig»«    —     Beispiele  wirken 
überzeugender  auf  die  Menge  ein ,  als  alle  künstlichen  Berechnungen, 
was  ein  jcnltivirt^r  *Aoker  eitragen   Jtünn  ,    in  welchen  anf  die  unge* 
Wisseste  Grundlage    hin   noch    ungewi^sere    Folgesatze    gebaut  sind« 
Solche  Beispiele  besitzen  Aie  Zauberkraft,  das  geistige  Vermögen  des 
gemeinen  Mannes  zu  erhöJben  ,  nur  sie  können  den  allgenjetncn,   in's 
Leben  eingreifen dfn  Erfolg  haben,    den   man  von   Musterschulen    er- 
wartet.   Eine  Wirthsehaft,   die  nur  durch  groisen  Aufwand   aufrecht 
erhalten  wird,  ist  mehr  abschreckend,    als  ermunternd    für    den    ge« 
meinen  Mann,  wenn  die  Einrichtungen  auch  noch  so   hervorstechend 
sind.    Weder  gesteigerte  Production  im  Einzelnen.,    noch    gestei\^erter 
Roh-Ertrag  im  , Allgemeinen  ,  sondern  nur  das  Ergebnifs   des  ailjähr- 
b'chen  Rechnungs- Abschlusses  und  Gassen -Bestandes  liefert  den  sichern 


/. 


y 


8o  T,  Hopfen  Beschreib,  d.  Idolsb.  Landwirtfasch. 

vad  uotrügUehiii  Probierstein  einer,  mosterhaäen  Wirtbsohaftsweise.^ 
JeanerH^ni^ter  diese  Wahrheit  ht,  desto  mehr  ist  man  berechtigt, 
4te  Anforderung  an  ^edeä  Musterwirtb  zn  machen:  das  Stich-  und 
Probehältende  seines  Systems,  den  Landwirthsehaftsverständigc^  nach 
diesem  nntrüs;Hchen  Probierstein  darzuthnn.  Auch  an  den  £igeBthii- 
ilter  der  Idolsberger  Musteiiwirthschaft,  d^r.die  Hälfte  .seiner  Gründe 
dem  Fntterbaa  widmetv  mn^^  demnach  die  Aufforderung  ergehen :  Auf 
diesem  Wege,  d«  h.  durch  Rechnungsbelege  nachauweis^n ,  infwelchem 
Verhältnjfs  sich, '  nach  der  dortigen  OertlicliKeit,  di»se  Verv^rendang 
der  Hälfte  der  Grundstücken  zum  Futterban  durch  den  Viehstand  etc. 
bezahlt  nacht?  In  der  Landwirthschaft  mufs  noth Wendig  alles  durch 
Rechnungsbelege  nnd  Thatsachen  begründet  seyn  — -  wenn  es  anders 
den  gewünschten  Eindruck  machen  und  allgemeinen  Eingang  finden 
soll*  Man  verzeiht  es  dem  Landwirthe  zwar  wohl,  wenn  er  irgend 
etwas,  wovon  er  sich  grofsen  Vortheil  verspricht,  mit  besonderer 
Vorliebe  für  die  Sache  empfiehlt)  so  wie  z.  B.  der  Eigenthümer  be- 
sagter Musterwirtbschaft,  den  Obstbau  empfiehlt,  Von  dem  er  sich  in 
kurzer  Zeit  einen  £rtr4g  verspricht,  aas  Welchem  er  die  Zinsen  von 
dem  gHnzen  Ankaufs -Kapital  des  Gutes  zu  nehmen  gedenkt*  Der 
feste,, zuversichtliche  Glaube  an  irgend  eine  empfohlile  Sache,  er- 
wächst aber  eigentlich  erst^  aus  den  beigefügten  Rechnuiigs- Belegen* 
Inzwischen  hegen  wir,  iVi  diesem  bt  ondern  Falle,  keinen  Zweifel  gegen 
die  iache,  sondern  sind  vielmehr  ganz  der  Ueberzeugung  dafs  die 
zunehmende  Doppelnutznng  des  Feldes  durch  den  Obstbao»  einen 
neuen  Fortschritt  in  der  Landwirthschaft  bezeichnet. 

J)ie  Gründe,  welche  der  Herr  Ver&sscr,  zur  Entschüldic:ung 
seiner  flüchtig  hingeworfenen  Arbeit,  am  Schluss«  seiner  Schrift  an- 
giebt ,  um  einer  allenfalls  unbescheidenen  Kritik  vorzubauen ,  werden 
gewifs  nirgend  nhheachtet  bleiben;  um  so  weniger,  als  ein  Mann, 
der  so  liberalen  Sinn  für  die  Förderung  des  allgemeinen  Besten  aus. 
tert ,  auf  volle  Achtung  und  mildd  ^enrtheilnng  seiner  Schriftefi  ge- 
gründete Ansprüche  hat. 

Eine  zweite  Schrift,  von  demselben  Verfasser,  unter  derb  Titel: 
Anbau  und  Ffiege  der  Idolsb erger  Rübe.  Von  Joseph  ircN  Hopfen* 
Wien  i82i.  enthält  eine  Beschreibung  der  Vorzüge,  Pflege  ür|d  Saa- 
men- Erziehung,  der,  nach  dem  Gute  des  Verfossers  benannten,  Idols* 
-'berger  Rübe,  die  eine  Spielart  der  bekannten  Krantrübe  ist.  Ihre 
Vorzüge/ sollen  so  grofs  seyn,  dafs  sie  alles  Gute  in  einem  weit  hö- 
heren Grade,  alles  Ueble  hingegen  in  einem  weit  geringerem  Grade  dar<* 
biethet,  als  ihres  Gleichen,  und  dafs  man  wenige  Vetbesserunj^en  in 
der  Oeconomie,  seit  einem  halben  Jahrhundert,  aufzuWeiCsen  habe, 
welche  eines  gleichen  Nutzens  sich  rühmen  könnten*  Sie  wird  übri- 
gens behandelt  und  benutzt ,  wie  unsreRunkdrübe,  Beta  cicla  aUissitnu^ 

Forstner», 


■bHh^MdtewM 


•»«• 


Jahrbücher  der  Literattii* 


The  l)esaiih  or  Saered  tPrüihgs  of  the  jtncient  Persum  Pro^ ' 
phets;  iti  tke  Original  't'ongue;  Together '  with  the  ancieni 
Persian  Version  and  Commentäry  6f  the  fifth  Sasah;  cct^ 
refuHjr  publiskeä  Bjr  Mulla  Firuz  Bin  Kaus ,  wko  hku  sui^ 
joined  a  cöpiöus  giössary  of  the  obsolete  and  techtucai 
Persian  terms.  7<>  whick  is  addefl  ah  Englisk  translation 
of  the  Desdtit'  and  Cönimintary^  In  tv^o  Völunies,  FoLti, 
SöMajri  PHnted  at  thi  Courier  Press ^  By  J.  F,  Sk  Jesui 
4848.  *'  '   ,'     ^       ^ 

*  •  • 

ßie  htüge  Sa^e  und  das  gesami^te  Relijgiöns^stem  der  ülteA 
Bäkt'rer^  Meder  und  Perser  oder  des  Zendvolks.  Von  Ji 
G»  RiiöDS,  Frankfurt  am  Main,  Hermmnscher  Verlage 
4320.  g.  545  Seiten. 

eit  mehr  als  eiHem  halben  Jahriiün^ehe  besUxt  Europa  diurcn 
Anqifetil  du  Perroa's  unsterbliche  Bemühungen  die'  älteste. 
hellige  Sagiß  der  Seddschriftea  ohne  dieselben  noch  hinlängliqH^ 
lach  ihtem  ganzen  Gehalte  ge würdiget  %ol  haben.  Nachdem  die , 
selbst  von  Sit  William  Jones  anoeföohlene  Echtheit  dersel- 
ben öusser  allem  Zweifel  gesetzt  yfoÄ^ ^  \e\ixeX6  Kleüket  der 
deutschen,  Littecatur  den  grofsen  Die'ast  die  Seiidsdiriften  §amm^ 
Aoqu«iirs  dazu  gehörigen  Abbandlungen  zu  übetset^cn  und 
mit  den  »einigen  zu  vermehreii;  dennoch  lag  die  in  denselben 
2u  Tage  geförderte  reiche  Ausbente  altestei'  Religiönsgcschichte 
vierzig  Jahre  lang  der  gelehrten  Welt  vor  Augen  ^  dhAe  in  ih- 
rem  vollen  Wetthe  beachtet ,  oder  durch  gehörige  Anwehdivngi 
fracliihar  benutzt  worden  zu  seyn.  In  Frankrfach ,  Wo  die  Echt-^ 
beit  derselben  am /wentgsrien  bezT^eii(^elt  -wqftAen  "iearj  sprach  de^ 
lobalt  dieser  alten  Urkunde  .  morgenländischet'  Reügiopshegriffe 
und  Andaehtsübühgeri  die  Aufmerksaiiikdt  selbst  d^r  Gelehrten 
und  Dobh  wfeit  weniger,  der  grdfseren  Aniahl  voti  Lesern  in  deii 
^tfctea  atfirmisbhen  dreifsig  Jähret  zu  wenig  an ;  um  grofsels  In-; 
tcresse  dafür  aiu  ertegen;  in  England  war  det  Send-Aw.est 
wf  da<  vdrlaute  urid  ungerechte  Urtheil  völi  Sir  Will iani 
'^ones  lange  als  Apocrjpfh  verschrieen^  und.  selbst  in  Dentsch- 
W  schadete  dfem  tiefeten  Studium  desselben  der  von  Mcinc/Tj^* 
io  ubb eieheu  Abhandlangeii  >  erhobene  Atigsiff; 


82   The  Dessatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  d.  Baktreir  efc. 

Nur  Geister  wie  Herder  und  ^Johannes  von  Müller 
Uef$en  steh  dadufph 'keineswe^fs^  beirren  uftd  ericannten  iii  der 
neu  eoulegeitcu  Quelle  den  alfien  Born  lieiliger '  Ursagie  ^  au» 
welefaein  sie  die  Flutb  geschichtlicher  Erkenutnifs  rein  aufschöpf- 
ten und  in  ihre  Ansicht  der  WeltgeschiV;hte  angetrabt  herüber 
Itit^ten. 

Mit  dem  ßlick'e  eines  in  alle  Mysteriea  der  Vorwelt  tief 
eingeweihten  H j eropbanten  drangen.  G ö  r  r-e  s  ^  und  ^C  r  e  uz  e  r  ia 
^as  Studiu^ri  dieser  heiligen  Schriften  ein  und  der  letzte  be- 
sonders zeigte  überall  die  vielfache  Yerflechtunu  der  Aeste  die- 
ses Baumes  lebendiger  Erkenniuifs  niit  dem  Lebensbaume  des 
gxiechischea  Mjrthos.  .Aber  keiner  von  allen  diesen  Gelehrten 
hat  sich  die  reine  Darstellui^  der  in  den  Sendsc^rifteii  enthal- 
tenen  Religionslehre ,  ohne  Bezug  aiif  spatere^  damit  verwandte 
ü^j^then  und  die  kritische  Beurtheilung  des  Alters  und  Werthes 
dieser,  alten  Urkunde  eines  langst  untergegangenen  '  Volkes  -  zum 
einzigen  Zwecke  seiner  Untersuchungen  gesetzt,  wie  'der  Ver- 
fasser des  vorKegeitdea '  V^dienstvoUen  deutschen  Werkes. ' 

Schon  als  Anregung  zu  tieferem  und*  gründlichem  Studium 
der  KenDtBiCs  und  Geschjehte  der  Religion  der  alten  Welt  4ind 
der  Entwicklung  des  mensclilichen  Geistes' überhaupt ,  in  Bezug 
auf  seine  moralische  Wurde ,    welcher   der    Verfasser  laut    der 
Vorrede'  seines   Werkes  durch'  dasselbe   gehörige   Achtung,   zu 
verschaflPea  sich  bemüht ,,  ist  die  Lesung  desselben  änsserst  em- 
p^ehlenswerth ;  denu  wenn  auch  tillein,  und  ohne  Zuhandnahme 
der  Sendsehriftenr  selbst  gelesen ,  gewährt  dasselbe  eine  fast  durch* 
aus  ganz    treue  Darstdiung  der- Lehre  und  des  Geiste»  dieser 
al(en  Sehrjft.     Die  streitigen  Punkte  in  welchen  Rec.  der  Mei- 
nung des  Verf.  keineswegs  beipflichten  kann,  KetrefiPen  nur  Ne--* 
ben Sachen  und  lehaden   der  treuen   Darstellung    des    Geistes    in 
welchem  sich  das  lebendige  Wort  (Sent  Avi^esta)  ausspricht 
nicht  im    Geringsten.     Wenn  also   das    Studium   dieses   Geistes 
der  ßeudscbriften  schon  für  sich  und  allein  empfohlen .  zu  wer- 
den  verdient,  so  verdient  das  deutsche  Buch -noch' weit  gröfsere 
Berücksichtigung  in  Verbindung  mit  dem^  englisehen ,    welches 
sich   ebenfalls  als   eine   andre  heilige  Schritt  d^s  Morgenlandes, 
ja  sogar  zum  Theii  älter,    als  Zoroaster  und  die  Sendschrif«- 
ten   ankündet.     Wiewohl  dasselbe  unmittelbar  in    Indien  seKist 
unter  enghschcm  Schütze  erschienen  ist,  und  ungeachtet  der  von 
Sir  William  Jones  diesem  Werke. (zu  dessen  Einsicht  er  je« 
doch  nie  gelangen  konnte )  gezollter  hohen  Meinung  'sind  in  den 
indischen    Tagsblättern    die    englischen    Gelehrten .  darüber     als 
über   ein    ganz    apocryphes  Werk  und   einen   sehr   späten  Itte-» 
x^risclien  Betrüg    hart  her   gefallen  und  haben  dem  krltiscKen 
Urtheile  des   grofsen   Sir   William    (der  in  seinen  An^ 


* 

The  Dessatir  eta  u.  d.  heil.  Sage  d.  Baktrer  etc.  83 

sichten  der  äitesten  asiatischen' ßildungsgeschicliten  vieles  auf  di6 
Dynastie  uud  ReHgion  der  Mehabaten  und  auf  das  Zeugnifs 
des  Dabistan  und  Dessatir  gebauet  hat;)  unbarmherzig 
wledervei^olten ,  was  dessen  freventliches  Urtheil  über  die  Un-> 
echtbeit  der  Sendscbrifien  an  Anquetii  du  Perron  versun<* 
diget  hatte.  Nach  ^inseren^  Urtl^ile  mit  fast  gleichem  Unrecht^ 
vvell  wenn  auch  Dessatir  keineswegs  das  ist  und  sejni 
kaao|  was  ts  zu  seyn  vorgiebt,  nämlich:  die^6ammlttng  äet 
Schriften  von  vierzehn'  altpersischen  Propheten»  derselbe  doch 
ganz  gewifs  ein  uraltes^ Werk  morgenlandischer  spekulativer 
Philosophie  und  keineswegs  ein  seit  zwei  Jahrhunderten  her 
nta  gebackener  literarischer  Betrug  ist,  wofür  dasselbe  bishef 
die  englbcben  Kritiker  gehalten  hab^^n. 

Ueber  die  Wichtigkdt  dieses  neuen  zu  Tage  geförderten 
Fandes  und  über'  das  muthmafsliehe  Alter  desselben ,  welches 
jedoch  mit  dem  der  Sendschrüten  keineswegs  gleichzuhalten  ist» 
wird  hernach  zu  sprechen  schicklicher  sejn,  Weil  der  Dessatir 
in  jedem  Falle  (selbst  wenn  das  vom  Verf.  angegebene  Datum 
seber  ogenen  Lebenszeit'  als;  vollkommen  ^abr  angenommen 
werden  sollte)  die  jüngere  Schrift  ist,  deren  Studium  dem  der 
Sendschriften  folgen  und  nicht  vorausgehen  söU.  Wir  spred^ea 
also  zuerst  ohne  Be^ug  auf  Dessatir  von  Herrn  R  h  o  d  e '  s 
Bach.  — ^  Dasselbe  zerfallt  in  drei  Abtheilungen ,  deren  erst^ 
vorbereitende  Unter$uchungeik  geographisch -historischen  Inhalts, 
die  zweite  die  Darstelluiig  der  heiligen  Sage  und  des  r«ligidse9 
Systemes  des  SendyolkeSy>die  dritte  Erörterungen  einzelner  Ge^ 
genstände  der  heiligen  Sage,  der  wissenschaftlichen  Bildung,  der 
Sitten  und  Gebräuche  des  Sendtolkes  enthält. 

Die    erste  ^theilung  verbi^im  sich   in  zwei  Abschnitten 
über  die  geogi'aphische  Bestimmung  der  Ursitze  des  Sendvol- 
kes und  seiner  nachmaligen  WdhäpIttAe»  und  wirft   Blicke   auf 
die  Geschichte  der  heiligen  Safge  des  Sendvolkes  überhaupt  dach 
Anleitung  der  Seudschriften  sammt '  einer  allgemeinen  Yerglei^ 
chungfder  Haupdehren  des   Sendsjjrstems  mit  dem  System    der 
Hindu.     Ohne  sich  in  die  für  den  Hauptzweck  des  Verfassers 
gleichgültige  Frage    einzulassen:    ob  Sofoaster   wirklich'  der 
Verfasser    dieser .  Schriften    sej^    untersucht    er  .blos,    ob    es 
dieselben   Schriften    oder    Theile    der  Schriften    sind ,    welche 
die  allen  Perser  schon  besafsen ,  und  Soroaatern  zuschrieben. 
Er  zeigt  zuerst,    dafs    der   Behauptung:     daß   die   Sendscfarif« 
tcn   wbkiich    Theile    derselben    ochriften    sind,    welche    vor 
Alei^nders  Eroberung  von  den  Persero  als  heilig  verehrt  und 
Soroasiern   zugeschrieben  Wurden,   durchaus  kein  äus-^ 
»erer  Grund  entgegen  stebt,   und  gehet  dann  zur  Pnw 

6* 


84  The  Dessatir  etc.  u.  d.  hell.  Sage  d.  Buktrer  etc. 

fang  der  inneren  ans  Form  und  I^nhait  dieser  Sclirlf- 
teH  selbst  herfiiessenden  Gründe  über,  weic)ie  flir  \xn* 
geacbtet  der  hierüber  von  Anquetii  du  Perrpn  und  Kleu« 
ker  angestellten  von  Neuem  vornimint,  da  er  von  ihrer  Mei- 
pung  oft.  in  wesentlichen  Punkten  abgeht.  Diese  Abweichungen 
dürften  aber  von  der  Kritik  über  die  Kritik  des  Verfassers  nicht 
immer  richtig  befunden  werden,  weingstens  kann  der  Rec.  nicht 
umhin,  in  einigen  Fällen  der  MeinUn^  der  ^rsten  und  nicht  der 
des  Verf.  bcizufallen,  in  anderen  aber  von  beiden  abzugeben. 
So  zeigt  7..  ß.Hr.  Rh.  wider  die  früheren  Ausleger  (Anque- 
tii du  Perron,  Kleuker,  Herder  und  Heeren)  auf  eine 
sehr  genügende  Weise,  dafs  das  in  den  Sendschriften  so  dent- 
iich  begränzte  Uriand  in  welchem  das  Sendgesetz  waltete,  nämlicK 
Eriene  wedsch,  Ariema,  Erman  oder  Irman  (das  Land 
der  alten  Arier  oder  Medier^ welche  im  Schähnameh  Krmanen 
gehcifsen  werden)  nicht  ,in  Georgien  zwischen  den  Flüssen  C}'* 
rus  und  Ära x es  eingeschlossen  gewesen  sejn  könne;  aber 
Statt  der  im  Wendidad  gegebenen  Lfindertafel  treu  zu  folgerr, 
verwirrt  der  Verf.  ganz  bestimmt  die>  Begriffe 'wenn  er  die  vier* 
zehnte  Landschaft  welche  Wer  heifst  für  die  Lafidschaft  Pars 
^  oder  Fars  erklären  will,  welche  neben  Wer  oder  T^r  so*- 
Wohl  im  Bundehesch  als  Wendidad  Pares  genennet  wirci. 
Ich  redenoch  einmal  von^  den  Mobeds  'son  Pares 
(Bundehesch  XXXIII.  S.  auch  XX.). 

Der   Berg  Asperudsch    (der   Isberus^  des   Schah- 
nameh)  ist  eine  Festung,  'die  sich   vom   Var  Tetscfh- 
eschte  bis  nach. Pares  hinzieht,    (Bundehesch  XIII.  ) 
der  Berg   Kobodichegoft  ist   in   Pares.    (Bund.  XII.  ) 
d.  i.  der  Berg  Schuku'ft  im  Districte  Kobad  (Kurter  Kt>- 
bad)  w;elcher  noch  heute  einer  der  fünf  Kreise i^on  Pars  oder 
Fars  ist.     Die  Behauptung  desVcrf,  dafs  die  Worte  .V er  od^r 
Var,  (Wer  oder  War)    eins  und  dasselbe •  setn   konnten     mit 
Pars  oder  Fars,  zeigt  von  der  gänzlichen  Unbekanntschaft  mit 
den  Elmcnten  irgend  einer  .  orientalischen  Sprache,    indem    für 
jeden  nur  mit  den  Anfangsgründen  derselben  Bek^nnte^  die  Ua^ 
moglichkeit  klar  ist,  dafs  der  dritte  und  bedeutendste  der  Wur-« 
«elbuchstaben  nämlich  das  s  so  zufällig  hinzugekommen  sejd  .und 
|tas  ursprüngliche  Wer'  oder^War  in   Pars.  oder. Fars   -ver- 
ändert haben  könne.     Die  Stejlen  aus  den  persischen  Qepgrapheii 
welche  die  Sage   der   Stadt    War  Dschem^erd  oder   Irau— 
sqhehr  klar  in  Taberistan   an  der  Stelle  .des   heiitigcn   Da— 
maghan   ausmitteln   und  keinen  Zweifel  überlassen,    dafs    diese 
9lte  von  Dschemschid  (wie  d^r  .Bundehesch   ausdrücklich 
sagt)  s^m  Gebirge  Dämagban's  er))aüte  Stadt  keine  andere,   als 
die  bekannte  alte  persische  Hauptstadt  Hecatompjlos  gewesen 


The  Dessatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc.  85 

» 

seje,  sind  in  dem  neunten  Bande  der  Wiener  Jahrbücher  der 

Literatur  *)  so  iu  TJebersetiung  als  in  Text  geliefert  worden. 

Indem  sich  Reo.'  auf  dieselben  und  auf  die  eben  dort  gelieferte 

Landehäfel  (S.  2Ö)  Ari  emas  bezieht,   gesteht  er   durch    Hrn. 

Hb  od  es  Untersuchung  die  vollkommenste  Ueberzeugung  erhalten 

za  haben,   dafs  die  erste  der  dort  angegebenen  sechzehn  Land** 

Schäften,    nämlich:    Eriene   Vedscho    od^r     Iranwedsch 

keineswcjg^s.  wie  A  n  q  u  e  t  i  1    und    Kleuker   dafürhielten,    für 

Eriwau   oder  Arran   am  Ararat  verstanden  werden  könne, 

weil   der    Sprung    vom  Ararat    nach    der    zweiten    Landschaft  ^ 

uämlich  nach  Sogd  eben  so  unnatürlich  wäre,  als  der  Sprung, 

welchen    die    Bibelauslcger   bisher  in    d^r  Bestimmung  der  vier 

Paradiesesflussc  begieng^n,  indem  sie  den  ersten  (Pischon)  als 

,den  Phasis   annahmen    und.   von    diesem   westlichen '  Flusse   am 

schwaf^zen  Meer  auf  einmal  nach    dem  Dschihon   oder  Oiua 

absprangen.,  So  wie  die  Flufstafel  der  Genesis  in   geographt-» 

scher   Ordnung    vbp    Osten  nach   Westen   fortschreitet,    ebenso 

die  alte  Ländertafei   des  Wendidad,    und   so    wie   bei  Moses 

der  erste  Flufs  (der  Pischoq   d.  i.   der  Sihün  oder  Jaxar-« 

tes  welcher  ^ui'ch  das  Land  Chawila  d.i.  das  heutige  Chad->    ^ 

sehend  (tiefst)  der.  östlichste  d^r  vier  Flüsse  ist,  so  ist  auch  in 

der  Ländertafel    des    Wendidad    Eriene    Vedscho    oder 

Iranwedsch  ostlicher  als  das  zweite  «(Sogd)  uamlich  indem 

asiatischen  Hochlande   zu   suchen ,   von   vvo  die  Länderbeschrein 

bung    westlich    nach    S'ogd,    Merw,    Balch    oder  Bami«n„ 

Nissa,  Herat  u.  s.  w.   fort  bis  herunter  nach   WardscUcm- 

gert,    d.  i.  dem  alten  Hecatompjlos   an  der  Stelle  des  heu-« 

tigep  Damagan  au  dem  Gcwässe^  des  Sdiboeles  oder  nich^ 

Veit  davon  gelegen,  fortgeht.  , 

Weit  gründlicher    ^Is   dies^  geographische   Bestimmung   der 
von  Dschemschid  jerbautep  Stadt  ist    die  in   folgendem  Ab-  s 
schnitte   durchgeführte    Untersuchung    des    Verfassers    über    die 
Person    Zoroasters    und    über    das    Volk     und    über    die   Zeil 
welcheni  und  welcher,  er  angchgrte.    Ey  witleri^gt  HejfdcrBk 


*)  %Xt%  Band  Seite  89.  fiineB  andvrea  Bewtia  wider  des  VeriW 
üirpotl»f se ,  dafs  iinter  .  Vardscheiii|;^rt  die  Provinz  Par$; 
04er  Vks  gemeint  sey,  ^n^hUlt  die  folgende  Stelle  aus  dem  Leben  S  o. 
roasters»  welche  4ie  Stadt  Kaswin  inVardschemger 4 
gelegen  nennt:  Jl  (Zoroastre)  en  cricea  aufen  Farpa 
;röuire  par  D|emichid  sur  le  rnönt'  Kharekom  ^ v^a 
de  Kaibifl  dairs  le  Vard jemguerd«  Zend  Avesta 
d'AD<iaetil  a«  P^cran.  T.  11.  p.  46.  Vardscb^mKerd 
war  also  die  nördliche  Landschaft  woijno  Damagkain  und 
Kai  Win  liegen,  nicht  aber  das  süddiche    Pars. 


96  The  De$serti^  cftc.  u.  d»  heil.  Sage  der  fiaktrer  etc. 

ifek^er  Soroasiern  für  keioo  wirUiche  Pemn,  sondern  für^eia 
l^osses  .Sjmbol  hidt  undKlcukern  wdclier  nach    ^nquetil 
und  Foucher   mehrere  Soxoaster   annahm ,   endlich  die   ein« 
sti^imige  Meinung  dieser  Gelehrten   welclxe  Urmia    am  gleich- 
nahmigen  See  in  Aserbeidschan  als  den  Geburtsort  des  Pro- 
pheten annehmen,   er  weiset  dem  früheren   Hom   (dem   Oma- 
i).e$   der   Griechen)    seine  gehörige    Stelle    als    Rebgionslehrer 
an  und  stellt  als  Resultat   auf,   da£s   So.roaster    »ein    Arier 
war,   der   während  der  JR.egierung  des  K>dnigs  Vesch- 
tasp  unter  seinem  Volk  in  Ari,   als  ein  Prophet  Or- 
nauzd  auftrat,  und  die  früher  von  Ilom  gekehrte  Re- 
ligion erweiterte  und  reformirte.«     Dieses  Resultat  un-> 
Vei^schreibt   der  Rec.    ganz  und  gar,    nur    nicht,  die    Auslegung 
desselben,  vermög  deren  Veschtasp  keineswegs  Dar  ins  Hy- 
^tapis,  sondern  ein  uralter  arischer  oder  medisch er  König  >veit 
über  Kjaxares  den  I.  hinaus  gelegen  gewesen  ,sejn  soll.     Der 
Reo.  n;iuls  hierin  der  von  Hydc,  Anquetil,  Kleuker,  Her- 
der und  Johannes   Müller  beitreten,   nicht  nur  ans  denen 
schon  von. ihnen  angeführten  Gründen ,  sondern  auch  aus  denen 
der  von  ihm  im  IX.  Bande  der  Wiener  Jahrbücher  der  Literatur 
'  iiach  den  Quellen  der  morgenländischen  Geschichte  (in  Uebereinstim- 
imung   mit  den    grij^chischen)    aufgeführten  Regenten    medischen 
oder  .altpersischen   Regentefivolke ,   vermög   weicher   Dschem- 
scliid  als  Dcj^ches  ,  Feridun  als  Pbraortcs  I.  und  folg- 
lich viel  später. G US« htasp  als  Darius  Hjstaspis  ^scheint, 
unter  welchem  Soroaster  wirklich  gelebt  haben  .mu£^,   wenn 
nicht  alle  Quellen  motgenländischer  Geschichte  durchaus  zu    Lu- 
chen gestraft  vyerden  sollen.     Dieser   unhaltbaren   Hjpc^these   des 
Verf.  fü^te  er  eine  andere  an,  vermÖg  welcher  die   ganze    Sage 
v^n  Sohak  (dem^ossjrischen  Eroberer)  offenbar  nichts  als   das 
Sjmbol  der  Brachmanenlehre  und  die   Abbildung  der    indischen 
Trimartas   gewesen  seyn  soll.     Der  Verf.  verfallt  hier  gerade 
selbst  in  den   von  ihm  den  neuesten  Historikern   vorgeworfenen^ 
Fehler,,  bistorische  Personen  nur  immer  als   Allegorie  betrach- 
ten zu  wollen.     Diesei'  Vorwurf  soMte  vielmehr  wider  die  neue- 
sten Mjthologen,    als  wider    die   neuesten   Historiker   gerichtet 
sejn.     Jenen  mag   es  die  Kritik  um  so  leichter  nachsehen,   als 
alier  Sljthos  wenn  'auch'urspitinglich   einem   historischen    Nameii 
>angeknüpft  nur  als  Alleg6rie  und  Sjmbol  in  das  Leben  »nd    in 
die  Religion  eingewirkt  hat,   aber' diesen,   welchen   der  Mjthos 
als  solcher  nichts  angehet,  kann  die   wiDkührliche  AUegorisirung 
wirklich  historischer  Personen  um  so  weniger  verziehen  werden. 
Daher  trifft  Hr.  Rhode  in  Hinsicht  dieser  vrillkührlicben  AUego- 
risirung des  historischen  Sphak  (Minus   oder  Nimrod^  der 
von  ihm    wider   die  neuesten   Historiker  gerichtete  Tadel     mit 


The  JDesatir  de.  u.ß:beil.  Skg0ä  der  Baktrerelc;  87 

sdoäi  eigeaea  WoTfea:  »Nach  V(HrIi«r  entWorfeneii  Planen  ton- 
»struirt  joaandte  Vorwdt,  ttDd  alles,  was  sich  nicht  fugen  wifl, 
»was  im  höchsten  Akiarthum  uns  schwer  ^^d  za  verstehen,  wns 
»nur  mit  Mähe  und  tiefer  Kenntnirs   det  -  Vorwalt  sich  in  Ge-  ^ 

»danken  uiul  Sprache  mehrerer  Zeiten  -übertragen  iäfst,  ist  Hie- 
trogljphe,  Allegorie,  SjinboL  Leicht  und  mühelos  ist  diese 
» Erkläningsart  freilidi%<  »Sohak  und  Itasian  siud  die  assjri-* 
sehen  Eroberer^  von  4^on  Herrschlift  Feridun  {Phraoi;t^es) 
lias  Reich  wieder  befreite,  niid  der  vom  Verfasser 'aufgestellte 
Satz:  9dafs  die  Verfassei^  der  Sendschriften  in  dem  alten  bA* 
»trisckeo  Reiche  lebten ,  und  Aib^  Geschichte  *  ihres  Volkes  er- 
»sahlen,  ehe  es  von  ißa  A»sjrern  unterjocht  wurde«  fällt  also. 
TOtt  selbst  zu  Boden. 

Die  vom  Verf.  a«$  Elphinaiene  «irgefSlirte  Sdgcj,  dafs 
die  Afghan  en  ihre  Abkunft  von  Sohak  ableiten,  beweiset  hlcrui 
wohl  gar  nichts,  auch 'die  Kurden  leiten  die  ihrige  zu  ihm 
hinauf I  als  Abkömmlinge  der  Unglücklichen ,  die  um  seiner  Ty* 
rannei  in  «nt^ehen  sich  Ins  Gibirge  flüchteten.  Die  Tadschik 
endlich  nnd,  wie -Elphiastone  sagt,  whk)icb  eine  Misch!ing;s- 
Rasse  der  alten  Eingebcvnen  «nd  «der  Araber,  welche  auf  per- 
sisch nie  anders  als  Tssi  genennet  wurden. 

Zweckmässiger  als  diese  lingegfrondete  Hypothese  dner  Afle- 
gorisirung  der  indischea  Trimurfas  in.d«r  Person  des  ass}> 
risclien  Eroberers  und  Tyrannen  Soh-ak  ist  die  Zusammenstel- 
hing  der  Hauptlehreii  der  -ScndreligMm.'  Ihrer  Wichtigkeit  wil- 
len setzen  wir  diese  v  Havpdehren  -mit  den  Worten  des  Verfas- 
sers hieherr  .  .  > 

I.  Es  ist  ein  ewiges,  höchstes,  aofhwendiges,  heiliges,  all- 
mächtige» Wesen,  Bit  ahme  ^er  Zervane  Akere-ne,' d.  L 
der  Ewige,  Anbeginnlose  genannt,  von  dem  alles,  was  da  ist, 
seinen  Ursprung,  in  dem  alles  seinen  letzten  Grund  liat 

n.  Dds  unendliehe  Wesen  brachte  im  Urbeginn  mcTirdre 
grosse  göttliche  Wesen  hervor,  denen  es  so  viel  ron  seiner  GrössjS» 
seinen  Eig^ns^hafcen,  seiner  Mac^t  und  -  Herrlichkeit  mitthelltei 
als  möglich  war.  ^ 

III.  Eins  odep-mehvere  der  e)rs^eSchaflfenen  We^cn  fielen 
durch  Mifsbrauch' ihrer  Freiheit  ton  ihrem  Schöpfer  ab,  Wurden 
böse  und  Urquell  alles  »Oösen  in  der  Welt  ' 

IV.  Iks  unendliche  Wesen  beschlofs  mm  die  sichtbare  ma- 
t^ielie  Welt  durch  jene  ersten  Machthaber  schaffen  zu  lassen, 

und  jene  wurde  gesdiaffen.  ' 

V.  Der  Zweck  der  Schöpfung  der  Kötperwdt  ist  kein  an-  / 
derer,  als  durch  sie,  die  von  ihrem  Sehöpfer  abgefallenen  We-  J 
sen  wieder  auriick  zu  führen,  sie  wied^  gut,  und  dadurch  alles  | 
Böse  auf  ewig  verschwinden  zu  ihachen«  r  { 


\ 


iMi 


88  Hl«  Dmdr  etc«  u,  d.  heiU  Sagen  der  Bftktrweto^ 

■ 

VI^  Der  Ewige  bat  %\xt  Dauer  der  .Rarperweit  einen  Zei^ 
faum  Tpa  zwölftausend  Jsihren  liestimi^t,  welcher  in. vier  Zeital«* 
ter  al)getheilt  ist.  In  dem  ersten  Zeitalter  herracbt  das  gute  (er- 
haltende) JPrincip  allein  5  i<n  s^weiten  wird  das  böse  (zerstörende} 
princip  scbon  wirk^^tfOy  dqcb  untei:geqrdaetj  im  dritten  bcrrscbea 
])eid.e  gemeinscbaf|lich ;  iip  vierten  hat  das  hQ%e  (.zerstörende } 
die  Oberhand,  up4  füh^t  das  Ende  der  Welt  herbei.. 

yil.  Die  Regierung  der  Welt  bSogt  zwar  im.  AUgemeinen 
von  dem  jinendl^che^  W^sen  a}),  da$  allos  nach  seiner  .Weisheit 
durch  sdqeii  RathscUufs  bestimmt;,  die  besondere  Verwakung  ist 
^ber  ^un^phst  den  ersten  gfpssen  Wesei^,  und  von  diesen  wie- 
der ^ner  Menge  vermiUe|n4er,WeseP|  . Erzengeln ,  Engeln  und 
Schutzgeist^m  Überträgen ,  die  einander  zu.-  unfl.  untergeordnet 
^ndy  und  in  def  ^n  siel)  pft  Nafiurw^s^  ui^d.  Natu^kraltiß  nicht 
^yerkennen  lassen, 

yill.  P^e  £iee}en  ^et  .Men^hen  ..sind,  .vom  Anfange  'der 
ßchöpfuog  zf^y  als . geistige  y  selbstständige,  freihandelnde  Wesea 
yorhandeq-  SiQ  i^üssen  $ich  blpfs  auf  der  Erde  mit  einem  Kör-t 
per  yereinigeti,  ui^n  eiqe  JPrvfupgsisiraiideruDg  im  Kampf  des  Bösen 
^u  macheq.  Ni|ch  jX&p^  Tode  9  wa  sie  .^wig  fortleben ,  werden, 
die  Guten  in  den  Wohnsitzeiv  der  ewig  setigen  Geist^er  belohnt, 
4ie  Bö$e](i  in  den  Wohnsitzen  der'  Teufel,,  der  Holle  bestraft. 

IX.  Was  den  Mepschen  ihren  Kampf  auf  der  Erde  er-? 
8chwer(,  sind  die  Devs,  'ifeulel  qdcr  böseu  Geister,  welche  sie 
Tag  und  Nacht  un^lauerni  um  sie  zuqi  Böjs^  zu  verführen*  Aber. 

.der  Sphöpfei;'  hat  ficji  ;d^9^  ^scl^wachenMep^chen.  erbarmt,  v  und 
ihm  jenen  Willen  in  einer,  von  erleuchteten  Propheten ' schrift-; 
lieh  yerfafs^ea  Offenb^ui\g  }i\\vA  getl^an.  Befolgt,  der  Mensch 
diesen  WiUfQ  seinem  .Schppfers,  $0  gewinnt,  ej:  daduroh  Xraft^ 
nicht  allei^  d^^  Ye^ff^h^'ungen  der  Teufel,  zu  widet^tehett ,  son-? 
oern  sich  aup.|i  du^ch  Heiligkeit  scI^ojcl  jin  diesem  Ld>en  z.a 
^iner  e^vig^i[i  Verein^ung  i^xt  de^.  Qottheit  zu  erheben,    .  . 

X.  Im  let^^en  Zeitrauqi,  geg^n  das.  Ende  der  Wek,  wo  dasv 
böse  Princip  die  Ob^rH^d  h^(,  und  di^  .Gute  ganz  von.dert 
Welt  zu  verschwinden  scheint,  wird  Gott  den  Menschen  einen 
Erlöj^e^  senden  1  deip  dem  B^^en  iveh^^t,  Tugend  und  Gerechtig- 
keit .Wied^^  l^e^r^chend  |Q^ch|,  imd  ds(s  Beich:  der  bösen -Geistern 
zerstört,  indem  er  dasf  Bfiiicl]^  Gatten  y^i^herrlich^. 

XI*'  Siind  di/e  ^^ui^  W^ltd^uer  bestimmten  zwölftausend  Jahre 
yerflo^s^i^,  s^  wir<^  d^^  Efdo  .duric|i  Feuer  vcj^nichtet  werden, 
9ber  eine  neue,  schönere,  geistigere  Erde. tritt  an  ihre  Stfl^ei  t:.. 

Als  ^^e  i^IL  .spvrol^l  ;der.  aiti|i4is9h^n>a}s.al|tpersischcn  Be^. 
ligipn  gemeinsamen^  ,H3^ji(Btle\M'e,  fijel^ßl?  wir.  die.de^iJFeue^diaiT, 
ijte|  hinzu j  yvfildaf  Fenj^r  ;s^  ijfcis  yyürd]ig§l^  §jmb<;>l  d^riiioöH'  ^ 


The  Dösatfr  ete.  u;  d.  faeÜ  Sagen  der  Baktrer  €te.  8g 

heit  ufspriingilch  nur  die  Seite  befteidknete  woliinsiob  der.  Be« 
teode  weudea  sollte.  *)      - 

In  der  zWeiten  AbtbeUuDg  warnet  der  EiDgang  wider  An» 
quetil  du  Perron,  JPaucher  und  Kleuker,  wekhe  aiM 
dem  lohalt  der  SendbuGher  des  Religiods-  Systems. So voa«^ 
ters  aufzustellen  versuchtet:  'in  den  Sendschriften  liege  ein  et-> 
gendicfaes  System  gar  nicht,  indem  sie  nur  als  Grundquell  aller 
Religtonslehren  eine  alte  heilige  Sage  enthielten,  welche  als  solcho 
dargestellt  werden  möge,  wenn  die  Darstellung  wahr  und  ver« 
staodlioh  sejn  sdie.  Dieses  ganz  zugegeben,  Aiiire  nur-  zu  wün-r 
sehen,  der  Verfasser  hätte  diese  gegebene  Lehre  selbst  befolgt 
und  nicht'  hie  und  da  seine  eigenen^  ganz  falschen  Vorstelluogen 
hineiagetragen.  So  maohlf  er  gleich  auf  der  dritten  <  Seite  jjene» 
Darstellung  di^  vier  Fixsterne,  welche  als  Wächter  des  Him*? 
meJs  ges<?tzt  sind ,  -ganz  eigenmächtig  ^u  Planeten ,  den  T  a  s  c  ht 
t  e  r  zam  Jupiter^  den  S  a  t  e  w  i  s  zum  Saturn ,  den  V  e  n  'a  n ,t  zma 
Merkur^  den  Heftor  eng  «um  Mars,  und  den  Mithras  ziur 
Veaus.  Ohne  hier  näher  bestimmen  zu  wollen,  welche  Fixsterne 
unter  deo  drei,  ersten  gemeint  sejen ,  so  sind  die  W  orte  des 
Bundehesch  doch  isonnetklar:  noch  hat  Ormusd  an  den, 
vier  Himmelsgegenden  vier  Wachen  gestellt,  Acht 
zu  haben  iib.c|r  die  Standsterne  (also  nicht  über  die.  Pla-r 
Heteo,  sondern  über  die  Fixsterne)^  •— >  Taschter. schützt 
Ost;  Satevis  bewacht  West;  Venant  Mittag,  und 
über  Norden  ist  Heftoreng.  Heftorengh^iCst:  die.  »en 
heu  Thronen,  und  Jst^bekanntermassen.  der  noch  heute  gebräuch-r 
liehe  älteste  Namen  des  grossen  Bären,  aus  welchem  der  Verf. 
eben  so  willkiihrlich  den  Mars  macht,  als  wenn  er  das  griechii 
sehe  Sternbild  Argtp\dafür  erklären  wollte.  Ifeft  ist  die  Zahl 
sieben,  nicht  nur  im  Altpersischei^  sondern  auch  im  Sanskrit, 
und  wohl  ist  e%  noch  keinem  Sterndeuter,  a^  Hr.  i^bode,  ein-? 
gefallen,  ein  durch  sieben  Tbrop würden  bezeichnetes  .Ge^tira 
als  den  Mars  zu  erklären.  In  dem  ^Dessatir,  wo  aq  viele  der 
ältesten  persischen  Namen  der  sieben  Planeten  und  ihrer  Sipliä* 
reo  aufgeführt  sind,  ist  auch  nicht  eine  Spur  von  einem  der 
obigen  Fixstern  Namen» 

So  weit  die  Kenntnifs  orientaliscber  Sprachien  und  Stcrn^. 
namen  reicht,  hat  Heftoreng  nie  eine  ancü're  Bedeutung,  a(s 
di^  der  sieben   Sterne  d^s  grqssep .  £[^^6^  geljiabt,  ui^d   i^ftjVair 


*)    ,    Da^   Feuer  diente  damals   nuiF  ^It  Altar 

Während  das  Aug*  des  Anbeters  voll' Wasser  waf.\ 
S(^hnameh.    S*  den  Text  W^  Jahrbücher  der  Litt.  Vill.  Band 
«♦  327*  '     "*  •  *     • 


iß  The  Desätir  etc.  u.  d.  heiLS9geD  der  Baktra*  etc. 

V 

Hm. 'Rh öde  vofb/eHakeny  ohne  4ie  genogsie Kenntnir«  der  Spra« 
chea  des.  Orients  denselbeb  über  die  wähl«  Bedeatuog^  seiner 
Worte,  brfchren  sttt  wollen.  .*)  .  ^ 

Mk  ^rsdben  liartnäckigen  Verblendang«  womit  Hr.  Rbode 
(S.  1791  .und  355)  die  Fixsterne  zu  Planetei)  macht,  macht  er 
diese  (S.  179  u.  2%5)   vi  Kometen«     Demnach  sind  ihm  Tir, 
Behram,  Acbuma,  Anahid  imd.Kevaiiy  weiche  aUbekana- 
termassen  die  Planeten  Merkur,   Mars,  Jupiter,   Venus 
und  SatuTnus  sind,    nichts  als  Konniten.     Am  aliertadelswer- 
thesten  ist  die  Vf-drehung,   w^che   sich  Hr.  Rhode  mit  den 
klaren  Worten  des  Bunde  he  seh  erlaubt,  um  aus,  dieser  Ver* 
drefaung  seine  Lieblings* Hypothese  zu ^ behaupten      »Wie,  fragt 
»er,  kirnen  S'onhe  und~Mond,  die  uqter  die  sieben  Slandstcrne 
»gezählt  werden,  unter  die  Fixsterne.«  Hier  werden  zwei  Stei- 
Ich  des  Bund  eh  esc  h»   nämlich    11.  und  Y.  geflissentlich  ver- 
mengt,  denn   ^rten  ist  ausdrücklich  nur  von  vier  Himmels- 
wacb^i  die  Rede,    wdche  über  die  Standsterne  wachen,  hier 
werden  diese  vier  wiederholt,  und  der  jedem  beigegebenc  Pla- 
net ausdrücklich,  genannt.     Dem   Taschter  im   Osten   ist  Tir 
der  Merknr,  dem  Satewis  im: Westen  ist  Anahid  die  Venus, 
dem  Venant  im  Sijulen  ist  Acivuma.der  Jupiter,  dem  Heft- 
oreng   im   Norden  ist  Bebram  der  Mars  beigegeben;    Saturn 
ht   dem  Staiidstern   Mesch    iu  Himmels  -  Mitte   untergeordnet, 
iinjl '  die  beiden    Sohweifsterne  Gu r z s c bt r  und  Müschewer 
stehen  unter   der  Wache  •  der  Sonne   und  des  Mondes«     Herr 
Rhode  fragt t    »Wie  denn  Sonne  und  Mond  hier  uoter  die 


*)  Zu  allem  Ueberftusse  setzen  wir  noch  den  Artikel  Heft or eng 
aus  den  beiden  zu  Konstai>tinopel  gedruckten  persischen  Wör- 
terbüchern 'Purhan\  Katfi  untf-Ferhengf'Schuuri  hie- 
lier:  Heftoreng  heifst  «»eben 'Thronen ,  d.  i**  die  auf. arabisch 
Binatun.naasch  (die  iTif^hter  der  Bahre)  and  auf  t^rliisch 
Jediger  eei^annten  sieben. .Sterne  des  grossen  Bären*  Pur- 
han i  Kitii  S.  842* 

■     »  •    i      ,     . 

Heftoreng  auf  arabisch    Binatun  -  naasciif   so  sagt  der 
Dichter  König  Hekim  AU  Farkadf  :- 

Et  kreisen  um  Sein  Z^^  ^i^  sieben  Himmelsstricbe  ^ 
Wie  um  äen  Fol  des  Naris  die  Sterne  Heftorer^» 

Und  der  Dwhtcr  Schems  «Fachj-f :  .. 

Es  glänzt  der  Himnßel  mit  des  Mondes    Wtmge^ 

Die  stehen  Thronen  ihm  zum  Fferdescbmuck. 
Manchmal   gebrauchen  es   Dichter   auch    für  die   siebeii  Him- 
mel z«  B«:       - 

Htfiüteuft  htd  dehen  Fitrhen^ 
\  Doch  du  Mchste  ist  He  s^lmarze^ 
Ferhengi  Sohnuri    II.  Band*  4lQ*  Blatt 


/ 


TbeDejatir  etc.  u.  d  heil  Sagen  der  Baktrer  etc.  <)i 

»StandsterUe  od^r  Fixsterne  iLomtnenc  als  ob  er  Tiiclit  (was  aber 
freilich  möglich )  aus  D  i  o  d  e^r  "und  C  i  o  e  r o>  wirfste ,  dafs '  die 
chaldäischen  Priester  (desselb«i  Stammes  and  derselben  Lebre, 
-wie  die  Sendpriester)  nicbt  ioebr  als  faof  Wandelsterne,  näm-^ 
licli:  die  fiinf  abigcn  anerkannten,  und  dafs  aucb  sie  Sonne  und 
Mond  den  Fixsternen- beizählten,  wie  das  Bundcbescb  diesel- 
ben unter  die  Mondsteijie  setzt.  -*) 

Hätte  sieb  Hr.  Rhode,  wie  er  in  der  Vorrede  anbändet, 
damit  begnüget,,  die  beilige  Sage  der  Sendbüeher  blofs  zu  ord- 
nen und  in  lichtvolle  Punkte  zusammen  zu  djifingcn,  so  bitte  er 
der  Kritik  nich4  das  weite  Feld  erdfin et,  worin  sie  sich  mit  ihm 
lienim  tummeln  mufs,  so  oft  er,  vom  Buchstaben  tiud  Geiste  der 
Senclhu(;her  abweichend,  demselben  seinen  eigenen  unterschiebt.  ' 
Unter  diese  Einschiebsel  gebort  nebst  der  gerügten  Sterndeulerei, 
wodurch  er  die  Fij^teme  zu  Planeten  .und  diese  zu  Kometen  macht, 
auch  zum  Theil  seine  Auslegung  der  persepolitanischen  Thier- 
gestalten  und  seine  Erklärung  des  Mithra>  als  Morgenstern. 
Der  Verfasset  hat  hier  unverändert'  aufgenommen,  was  er  in 
früheren  kleinen  Schriften  ab  :  '  U  e  b  e  r  Al  t  e  r  u  n  d  W  e r  t  h 
einiger  morgenländischer  Urkunden,  uhd  in  den  bei- 
den Heften  seiner  antiquarischen  Abhandlungen  aufzustellen  ge- 
wagt. In '  der  Erklärung  der  Thiergestalten  bemerkt  _ er  zwar 
voilkommen  recht  gegen  Heeren,  dafs  die  an  den  Thoren  des 
Pallastes  stehende  geflügelte  Thiergestalt  mit  dem-  Menschenge- 
sichte  unmöglich  der  Martichoras  seyn  könnej  aber  er  irrt, 
^ben  so  sehr  als  Heeren,  wenn  <ir  di^e  Thiergestalt  für -das 
l^efiügelte  Einhorn  oder  dais  Oberhaupt  der '  reinen  und  guten 
Thiere  hält.  ^  Er  vermischt  hier  das  ungezügelte  Einhorn  ( deii 
Esel  des  Ktesias  oder  den  dreifüfsigen  Esel  der  Sendscl^ten) 
mit  dem  Urstier  (Abu da d  oder  Kejoniorsj,  den  persischen 
Cheruby  der  vor  den  Thoren  des  Pallastes  die  Wache  hält,  wie- 
wohl die  Verschiedenheit  dieser'  beiden  Gestalten  beim  ersten 
Anblicke  einleuchte^      -*•  ' 

Um  sich  davon  zu  überzeugen,  haben  wir  auf  dem  beilie- 
genden Steinstiche  nicht  nur  -  das  geflügelte  and  ungeflügelte  Ein- 
horn persiseher  Monumente^   als  das  Oberhaupt  der  vierfüfsigen 


*)  Da  in -der  neuen  morgenländisühen  Sterakande  Arktnrusder 
Wächter  des  Himmels  beifst,  wie  Ai*deberan  der 
Wächter  tier  Fleiaden,  da  dem  grossen  Bären  am  entge- 
gengesetzten Pale  K  an  opus  als  das  leuchtendste  Gestirn  entge-i 
gensteht  $  da  endlich  Taschter  nach  Plntareb^s  bekannte 
Stelle  der  Sirius  ist,  so  ist  es  am  wahrscboiniichsten,..dals  un- 
ter Venant  der  KaaQ.pnS  nnd  nnfeir  Satewis  Al-Debe- 
raa  unter  M  esch  aber  vielleicht  Orion  gemelat  tey» 


92  Xhe  Desatir.etc.  Uo  d.  heil  Sagten  der  fiaktrer  etc. 

Tbierc  0 r-m us d  und  Abriman's  zusammengestellt ,  sondern 
auch  mit  Vergünstigung  des  Herrn  Direotors  des  k.  k.  Anti- 
)ken - Kabiuets  Herrn  Steinbücbel's  von  einem  Goldgefa$se, 
welches  ganz  mit,  Gebilden  persiscber  Kunst  bedeckt  ist,  deu 
K,dnig  oder  vielmehr  Ormusden  auf  dorn  Cherub  reitend,' bei- 
gegebeu.  *) 

Wie  sich  der  Verfasser  in  der  Erklärung  der  v2erf(ifsigen 
Thiere  de'^' S^ndawesta  stark  gehrret  hat,  so  im  er  sich  nicht 
minder  in  der  Erklärung  der  Vögel,  die  er  ganz  unnötliiger  und 
Mrilikiihrlich et  Weise  theils  zu  Div^en  theils  zu  Planeten  macht, 
während  über  ihre  wirkliche  Vögelnatur' die  Beschreibung  der 
Sendschriftoii  nicht  deii  geringsten  Zweifel  iibrig  läfst.  So  s^nd 
ihm  die  Greife  nichts  als  eine  symbolische  Vorstellung  von  Di- 
-wen,  was  ihm  so  weit  zuig;eständen' werden  m^g,  als  s^Ue  ahri- 
maniscfaen  Thiere  diwartiger' '  Natur  sind ,  wo  deiin  dasselbe 
eben  sowohl  vom  geflügelte^  ]ßinhorh  und  deq  Sti'auiSen  gesagt 
werden  könnte,  niit  welchen 'O'rmusd  und  Mi thras 'kämpfend, 
und  dieselbe^  bändi|^end,  auf  persischen  Gemmen  und  Cy lin- 
dern häufig' vorgestellt  viträ.  Der  Greif  ist  kein  anderer  als 
der  in  den  Schriften  der  Morgenländer  $o  oft 'vorkömmende  Vo- 
gel Roch,  dessen  Namen  sich  bei  uns  in '  doppelter  Gestalt  ein- 
gebürgert bat^  eiiunal  ^lit' seinem  ünveir^nderten  Namen  im  Schach-« 


*)  Das  ungedügelte  Einhorn  (4et  Es^l  4es  Ctesias),  das  Oberhaupt 
der  dem  Ormusd  heiligen  vievfüfsigen  Tbiete,  wie  et  vom  ah- 
vimani$cheh  Lämmergeier  (Hoc  oder  Greif;  ve^iolgt  nnt}  gepackt 
wird«  ist  hier  Nro.  i,  anz|isehen)  Nro.  2.  das  geflügelte  ^inhorn 
oder  das  Oberhaupt  der  ahrimanischen  Thiere,  welches  auf  den 
j^uioen.von  Persepolis ,  der  KiViiig  als  Diener  Ormusd's  mit 
dem  Dolche  psche  mschid's  durchbohrt.  Dasselbe  wird  oft 
mit  Menschen gcsicht  angetrpffen,  und  ist  der  eigentlicke  Marti* 
c^horas.  Diesessclbe  Thier  findet  sich  zu  Persepolis  ülieraU 
als  Karyatide  oder  an  den  Ecken  der  grossen  Altarpostamente  an- 
gftbraeK,  auf  dersen  der  Feuerathir  und  der  vor  demselben  opiFernde 
K9ni^  steht. (Kro.  ä.)*    Eine   iuleressante    Vergleiehung  bietet 

.  diese  .^ersepolitan^che  Unterlage  der ,  Feuetaltäre  mit.  dem  von 
WeTcker  in  Zoegas  Abhaddlungen  aus  dem  Ptoclem en- 
tin i  s  o  h  e  n  Museum  bekannt  gemachten  Träger  eines  iachischen 
Pyreon  dar,  indem  auch  das  geflügelte  Einhorn  (als  Altarhorn) 
^^iheMten.  keine  andere  Modifikatian  erUlteo  hat^'ak  die  durch 
die  Verschiedenheit  pei:sisc)ier  iind.  griechischer  Kunst  nothwendig 
gew^rd^ne. .  Nro*  4*  .  De?  Cherub  ahnlich  Nro«  S  ist  aui$en* 
schcinlicjti  dasselbe  den  Eingang  d^s  Fallastes  von' Persepolis  be- 
wachende WundeUhier,   welches  hier  auf  der  Stirnir  das  auf  an« 

.  dern  pei^isQhen.StekiCfi  (S.Fig.^0  häufig  vorkonimende  Mahrii 
oder  i^ondgesiebt»  4*  i*  üa  heiliges- Opfer werkzieog  der  Tar- 
sen trägt»  .         .  .   ,    .  .      'is^ 


The  Besatlr  etc*  m  d.  heii  Sagan  der  Baktf er  etc«  93 

^leie  (Roquer  von  Roc  d<$m  Nameti  d^s  Thurntes  btt  den 
Persern)  das  andere  mal  aU  Recke,  ganz  den»  altperai^hen 
S^tracbgebrauche  gemüfs,  inuem«  auch  im»  Schafanameh  der  ht-* 
nlhmte  Kampf  der  zwölf  Recken  (S«  Gdrres  Schah  na» 
meh)  das  älteste  Urbild  der  ^eld«nthat^  der  zwölf-  Ritten* 
der  Tafelrunde  nicht  apders,  als  das  Abentheuer  der  zwölf  Roch« 
oder  Greifen  betitelt  wird.  Die  Abbildung  eines  persischen  Grei-^ 
feo  zeigt  N^o.  j.  des  beiliegenden  Steinj^tiohes  >  nach  einer  per*« 
siscbeu' Gemme  des  k.  k.  Antiken -^  Kabinets.  Des  Greifes  ge-»^ 
sohiehet  in  den  S'endbüchcrn  gar  keinii  firwabnuilg»  •and  def 
Verf.  hätte  sich  .daher  seinen  abschweifenden  |rr]acif\uber  die*- 
selben  sehr,  wohl  ersparen  können.  *)  < 

Umgekehrt  hätte  er  ,  von  den  Vögeln , .  deren  sowohl  im 
Weodiddd.  als  im^Bundehescfa  so  häufig  erwähnt  wird,  ge<^ 
Dauere  Kandis  ncUmen  sollen,  so  -  hätte  es  ihm' nicht  J!)egegneii 
können ,  dieselben  für  Planeten  anzunehmen.  Ihre  Namen  sind  ] 
Eorosch^  Hofrascbmodad  ,:  Eoroschasp  •  und  Asch* 
trenghad«  Der '  erste  derselben  wird  als  der  Dollmetsch  der 
Götter,  als  die  himmlische  Zunge,  als  der  Vogel  des  Gesetzes 
bezeichnet,  .und  ist  kein  anderer  als  der  Habicht  ( /«p«^  Eorosch)^ 
welcher  jauch  den  A^gjpteru  -  das  G;esetz  vom  Himmel  brachte« 
£r  ist  der  eigentliche  Himmelsvogel  und  wie  Isesschnee**  ) 
sagt,  schneller  als  das  Pfe^rd,  als  der  ^egeu,  als  die  Wolke,  als 
das  vortre£3iche  Oberhaupt  der. Vögel.  Dieser  ist  der  zweite v 
Hefruschmodad,  der  in  der  Sprache  der  reinen  Menschen 
Pcröderesch,' in  der  gewöhnlichen  Spräche  K  er  kes,  d.i. 
der  Geyer  und.  auch  der  dreifache  Vogel  (Simurgh)  heifst.***) 
»  Wo  ist  .bei  so  genauer  Bfzeicbnung  des  thierisclien  Ober* 
Hauptes  der  Vögel,    das  aoob  beute  ivor  ganzefi : Orient  als  Si* 


'  *)  Auf  dem  bdlieg^ndefi  Steiiidrttbke  hefindet  steh  ilef'  äreif  oder 
'  Roöh  auf  dtei  Tersehlddenen  GettflütA.  Nro«  a^  stöfst  er  avf  dai 
nnirefliigelte  Einhorn  herunter« 
**)  Eoroscb,  Fun  des  quatrt  oiseaux  eikstes^  4clatant  de  hmtihti 
mit  voi^  de  hin^  exceüent^  intelUgent^  pur^  farUmt  h  Im^ue 
da  cttl,  savmti  dont  la  Utf  H  ies  fieds  tm  ki  criis  i^oir^  fbis 
prompt  que  le  cbevalj  phts  pro^t  que  k  veut,  plus  prompt  que 
la  pluie^  ptus  prompt  que  h  fwe^  plus  ptompt  que  VexcelktU  cbef 
4tqbU  sur  Ies  oisenux  {le  shnourgh)  Jsescbni  Hu  L&IV*  Man 
vergleiebe  .bi^hnit»  was  Plutarob  De.  JsuU  et  Osiride  JjI*  vor  der 
bieroRlypbiscben  Bedevtunin  dep  Habichts,  seiner  S«h«ellfg]\eil 
und  seina^  scharfen  Gesichtes-  wiUen  sagt«  . 
,  ***)  Thr4etei\o  mBregäfhe^  r.  ä»  <i*  oiieau  d  iräis  eorpst-  Let 
iHots  Tbri-  etono  meregkehe  peuvent  $e  rendre  oiteäu  k 
irois  Corps  et  fönt  peutitre  aUmioee  ä  ees  trois  nomt»  Anqug'- 
m  itL  p.  I7i«  Note.  .       . 


N 


g4  The  Deaatir  etp:  u.  d.  heil  ^ägen  der  Bäktrwetc. 

margfa,  rri^  i^  Bojroscb  ab  Hvmai'  (der  Ronr^s-  öiTcr 
Glücks^ogel )  y  wohl  daran  zvk  de-lceD,  dafs  unter  diesen  vier 
Vögeln  Planeten  gemeint  aßja  könnten,  wahrend  die  Planeten 
mit  ihren  Name»  mehr  als  ffiBmal  ordentlich;  aufgeführt  sind  ? 
bald  nach  dem  neuem  Sjsteme>  da&  deren  sieben  zählen,. 
bald  nach  dem  ältesten,  dafs  deren  iiicht  mehr  als  fönf  sejn  kön- 
nen; aber  von  vier  Planeten  ist  in  den  Sendschriften  eben  so 
wenig  die  Rede,  als  von  fünf  Wächtern  des  Himmels^  deren 
nach  den  vier  Hjimmelsgegenden  nur  vier  /genannnt  weren.  *) 
Herr  Rhode  hat  ein  besonderes  Unglück  in  seiner  Sterridente- 
sei,  denn  wie  er  die  Vögel  zu  Planeten  und  diese  zu  Kometen 
umschafft,  so  verwandelt  er  mit  gleichem  Grande  und  gleicher 
Willkuhr  den  Mittler  der,  Schöpfung ,  den  Genius  der  Wahr- 
heit und  Liebe,  den  Träger  der  Sonne,  de  n  unermüdlichen  Hei- 
deoläufer,  den  Herrn  der  Zeuffung  und  des  Lebens, .  den  allse- 
benden,  allstarken,  allschiitzenden ,  allbetr achtenden  Mithras  in 
den  Morgen  -  oder  Abeudstern ,  der  in  den.  Sendschriften  unter 
»einem  eigenen  Mfahren  Namen,  als  der  weibliche  Genius  Ana- 
hid  er^heint.  Um  uns  in  der«' Widerlegung  dieser  ungereimte- 
sten aller  Ungerdbatheiten  hier  nicht  zu  wiederholen,  verweisen 
wir  auf  das  in  dem  X.  3ande  der  W.  Jahrbücher  der  Lit.  (S.  22Ö 
bis  2^g,)  Gesagte.  Dahin  (S#  219  —  225.)  beziehen  wir  uns 
«ach  in  Betreff  der  Fejer,  deren  Ei^itheilung  Herr  Rhode  bes- 
ser verstehen  will  f  als-  der  P a r  s e n  -  Prieser  des  Destur  Da- 
rab. 

Das  über  diese  Punkte  nun  zn  BemOTkende  wird  bei  d^r 
Ißr  das  Verständnifs  der  Sendschriften  nahe  aufgeschlosseneil  Quelle 
des  Üessatir  zu  bem^rl^en  der  Schicklichere  Ort  sejn,  und^ 
indem  wie  dem  Verf.  in  allen  jenen  Stüekeu  widersprechen  mü^ 
sen,  vfo  er  ohne  Kenntnifs  der  Sprache  den  Worten  der  Send- 
schriften sei^e  eigene  Deutung  unterschoben ,  welche  er  doch 
besonders  nach  dem  in  der  Vorrede  G^agtpn  hätte  fügfioh  bei 
Seite  lassen  sollen ,  so  können  wir  demselben  audh  nicht  anders 


( 
/ 


*)  Diese  doppelte  Eihtbeilnng  des  Planetensystems  in  fünf  oder 
sieben  geht  durch  den  icanzen  Orient,  und  soga/  heute  heissen 
noch  die  fünf  alten  dialdäiscben  Planeten  Wi  den  Morgenländern 
vorzugsweise  die  fünf  irrenden  Hüiflosen*  S.  Ferhengi  Sohu- 
nri  I.  Thh  Bl.  &5A  V«  Penstchei  bitsohare  d«  i.  die 
hülflose  Fünf  sind  die  fünf  Sterne,  'welche  bei 
den  Arabern  Chamssei  mutehaire  d.  i*  die  verwirrte 
irrende  Fühf  heissen  nämlich;  Saturn,  Jnpiter,  Mars» 
Venns  und  Mercur^so  sagt  der  Dichter  Bedii  Seifi. 
Einige  Male  schon  stand  fest  der  Vpriatz  tu  fliehen , 
Hälfe  fehlt  mir,  wie  hälfebedürftiger  Fünf« 


»  •  •  ♦  • 

The  Desattr  etc.  u.  d.  heil.  Sagen  der  BaktreiP  etc.  9S 

als  darcliaus  Beifallen,  wo  er  sich  Llofs  ah  die  SacKe  gefialtcn, 
Qod  anbeküqnmert  um  eigene  oder  fremde  ^asleguiig^  den  Sinir 
und  Geist  der  alten  Suge  treu  aüfgefafst  und  dargestellt  hat. 
Dieses  ist  besonders  der  Fall  mit  dem  ietz^ea  Abschnitte  der  zwei- 
ten Abtheilung,  welche  von  der  Offenbarung  des  Ormusd'sr 
fon  der  Sittenlehre,  von  den  bürgerlichen  und  gottesdienst- 
lichen Gesetzen  handelt^  woraus  Wir  einige  Andeutungen  hier- 
her setzen. 

»Der  Zweck  Äer  Offen bäri^ng  ist  zweifach,  erstens:. 
»ist  sie  dem  Menschen  Mittel,  das  Bdse  zu  uberirinden,  alles 
»moralische  und. physische  Uebel  von  sich  zu  entfernen,  imGu- 
»ten  sich  zu  stärken,  und  sich  in  Ormusd's  Welt  zu  verherr- 
»liehen;  zweit\eus  Mittel  -den  irdischen  Wohjstand  des  Volkers 
»zu  befördern,,  den  Ormusd  wie  Jehota  an  die  Ausübung 
»seines   Gesetztes  knüpfte 

»Der  Zweck  des  äussern  Gottesdic^nstes  ist,  den 
»Menschen  rein  und  gut  zu  erhalten,  oder  wenn  er  böse  uwA 
»unrein  gewordisn,  "yviedcr.  rein-  und  gut  zu  machen.  Die  Mit- 
»tel  zum  ersteig  3in4:'  das.  Gebet,  das  Lesen  des  Wort^  Or* 
»musd^s  und  der  Feuejcdienst,  zum  zweiten:  Reinigungsmittel 
»durch  Wasser  und  £rde,  nämlich  Abwaschungen  und  Bestreiienr 
»mit  Staub. c  Der  Ormusd  dienet,  bet^t  zu  Seinem  Vater 
»im  Himmel:  dafs  sein  Name  gcheiliget  werde,  sein  Reich  ihm 
»zukomme,  sein  Wille  geschehe  wie  im' Himmel  also  auch  auf. 
»Erden;  erfleht  um  tägliche  Nahrung,  um  Vergebung  seiner 
»Sünden,  um  Abwendung  der  Verführung  der  Diwe  und, um 
»Erlösung  von  allqm  ücbeh  - —  Die  Opfer  bestehen  in  Fleisch 
»von  reinen  Thieren,  in  Blumen  und  Fruchten,  in  Milch  und 
»Wohlgerüchen'in  kleinen  ungesäuerten  Daruns  Broden.  Die 
» Sittenlehre  beruht  ganz  allein  auf '  dem  Grundsatze  der  Heilig- ' 
»keit  und  Reinheit  in  Gedanken,  Worten  und  Werken.  In  dem 
»Gesetzbttche  werden  die  kleinen  oder  lafslichen  Sünden  (Ta- 
»nafur)  von  den  grossen  oder  Mithras  -  Senden  unter« 
»schieden.  €  '  -     (Die  Fortsetzung  fo^,) 


Jahrhächlein  der  deutsehen  theologischen  Literatur*  Verfafs^ 
und  herausg,  \^pn  J,  M,D.  Z.  Djssgeh,  Pastor  der  Evangel. 
Gemeinde  zu  Kettwig^    friert  es  Bändchen.   Essen  bei 
Bädecker  48ü». 

bchoa  seit  1819  erfalst  dieses  unter  dem  anspruchlosen  Titjsl  her- 
vorgetretene BuchTein  den  Umlang  der  theolog.  Fächer,  wie  sie  iii 
Teutschland  gegenwärtig'  bearbeitet  werden,  von  dem  Jahre  18«  i 
her.  Rec.  freut  sich  des  g4ten  Fortgangs  pxxti  niiididiesy  wohlge- 


gG  yergj&meinnieht,  Taschenbuch  f.  d«  J,  dS33.' 

4>r(Ineten  Arbeit,  die  zunäcYist  den  Yf.  als  einen  der  selteneren  Pasture 
äeigt,  die  sich  mit  dem  Gang  der  Theologie  fort6<ihreitend  in  Bekannt- 
schaft erhalten.  Seine  Schrift^erletehtert  dieses  für  Andere  nicht  we- 
nig. Alle  Abtheilungen  der  Theolo|^ie  sind  passend  klassificirt.  Von 
jedem  Buch  ist  in  [seiner  Klasse  eine  Notiz  mitgeth  eilt,  die  häufig 
charakteristi.sch  ist  Und  den  Hauptzweck  andeutet.  Der  Verf.  zeigt 
dadurch^  dafs  er  ^Ibst  wisse,  worauf  es  ankommt.  Meist  sind  einige 
Recensiorien,  die  das  Buch  kehnbarer  mäcden,  (oft  aus  unsern  Jahr-^ 
bücbeiii)  nachgewiesen^  nebst  dem  Preise.  Durch  gute  Wahl  ver- 
schiedener Schrift,  auch  durch  Ueberschriften  au^  jeder  Druckseite^ 
^ird  das  Maochfaltige  leichter  zu  überblicken,  und  was  man  sucht, 
ituszufinden.  Solche  Ersparungsmittel  (tir  die  kostbare  Zeit  werden 
jetzt  meist  gar  zu  sehr  vernachlässigt..  Hier  folgen  auch  zweckmäs- 
sige Register.  l)as  vierte  fiändchen  gicbt  die  Uebersicht  der  theoL 
Litet'ütur  vom  J.  1819  mit  der  Kritik  derselben  bis  iSai.  Möge  die 
Fortsezung  bald  mit  den  nächsten  yerfliessendeu  Jahreü  gleictieil 
Schritt  halten  können.  H,  £•  G.  Paulus. 


Fef'gißmtinnidht^j   ein  Tai6häntuch  ßih  das  ^ähh  ^8i3ß  von  tt» 
CLAuiiEir.     Leipzig  bei  Fr,  Aug.  Leo.     4  tltJib^.  üo  ggr. 

JN ur  zwei  Erzählungen  enthält  das  Taschenbuch:  Der  Generalhe-* 
•  voUmäqhtigteß  und:  Vater  der  du  bist  im  Himmel,  oder  das  Christ"^ 
puppchen;  sie  gestatten ^  ihres  Reichthuins  au  Personen  und  Bege« 
benheiten  halb^erj  kaum  einen  .^uszug.  Zu  empfehlen  sind  beide,  vor-^ 
zuglich  die  letztere,  welche  bei  weitem  den  grölsten  Rauni'des  Ta- 
schenbuchs einnimmt,  wegen  des  hohen  Interesse,  welches  vom  An- 
beginn bis  zum  Schlüsse  unterhalten  wird^  der  kräftig -lebendigen, 
dem  Vf.  eignen  Darstellung;  der,  mit  sicherer  Hand  aust  dem  Leben 
aufgegriffeneu,,  uns  vor  das  Auge  gestellten  Züge ;  der  in  beiden  vor- 
herrschenden reinen  Sittlichkeit,  und  des  wahren  innigen  Gefühls, 
welches^  besonders  in  d^r  zweiten  Erzählung,  wie  eine  Gloriei  über 
dem  Ganzen  schwebt.  Gcwifs  sind  Wenige,  die  nipht  von  dieser 
Weihnachtsfeier  innig  ynd  freudig  angesprdcheh  werden;  denen 
nicht  maiiche  geschilderte  Charakter^  vorkommen  mochten,  als  wä- 
ren sie  ihnen  im  Leben  schön  begegnet  \  die  nicht  von  der  Unschuld 
Doralicens  und  der  ächten  Kindlichkeit  des  kleinen  Mädchens,  ergrif<« 
f^nsejn^ollten.  Wohl  Hätten  hie  und  da  UnwahHcheinlicfikeiten,  und 
manches  abentheuci'liehe  Ereignifs  vermieden  werden,  wohl  hätten 
einige  Charaktere,  besonders  det*  Josephiiiens  iii  der  ersten  Erzäh- 
lung, fester  gehalten  sejn  mögen,  aber  warum  rügeti  und  den  feinen 
Gemifs  störeBf  den  die  Gabe  im Oanzeurgewährtl-^  Zum  Titelkupfer 
dient  das. Bild  di^r  regierenden  Herzogin  von  Sachsen -Coburg,  ge- 
stochen von  Dav^  Weifs.  Mehrere  Scenen  aus  den  ErzäldangeD  sind 
von  i.  ^trober  in  |;MungeneB  Bildern  dargestellt. 


^  '^'  Heidelberger  *^^' 

r  ( 

Jahrbücher  der  Literatur. 


^  prdciical  tnquiry  into   the  causes  of  the  'frequent  faüwre  of 

the  Operations  of  Depression  and  of  the  Extraction  of  the 

Cataractj  as  xisiudfy  performed  with  the  Descriptionof  a 

feries  qf  new  and  improved  Operations  by  ff^.  Adams* 

London  '484y.  8.  443  S. 

Uer  Ve^L  bemüht  s^cli  in  vorHegetidem  WerJ^e  die  Ursacbea 
des  MifsliogeDs  der  Staaroperation ,  und  die  Regeln ,  deren  Ber 
foIgoBg  den  UDgiinstigea  Ai^sgang  verbätet»  aazugcb^.  Er  tadele 
an  den  über  diesea  Gegenstand  erschienenen  Werken ,  dafs  sie 
ronüglich  nur  die  günstige  Seite  der  eineu  Operationsweise 
teigen,  wahrend  sie  die  Nachtheile  der  andern  zu  sehr  vergrös« 
Sern  (Vorrede  S.  XY.).  Er  beschreibt  mehrere  ihm  eigenthüm- 
liche  Operationen  zn^  Entfernung ., des  Staares,  die  jedoch  alle 
mit  Ausnahme  ein^r  neigen  Extractionsmethode,  in  seinem  WefLe 
über  Augenkrankhmten  bekannt  gemacht  wurden.  Der  Verfass. 
giebt  zuerst  Notizen  über  das  Wesen »  den  Sitz,  die  Ursachen 
und  die  Vcirschiedepheit  d^s  Staares,  beschreibt  dann  die  De^ 
pression  und  die  Extraction,  welche  er  kritisch  besonders  in  Be* 
Ziehung'  auf  die  Yerschiedenheit  des  Staares  und  dessen  CompU« 
cationen  würdiget^,  und  von  der  Unzulänglichkeit  dieser  Operar 
tioDsweiaen  überzeugt ,  giebt  er  mehrere  seiner  Ansicht  nach  {u*> 
cheren  und*  schneller  zürn  gewünschten  Ausgajbge  führenden  Opc^ 
rationsweisen  an,  deren  glücklichen  Erfolg  er  durch  Yergleichun-" 
gen  und  Beobachtungen  be weifst. 

Die  Meinungen  eines  so  berühmten  Mannes  verdienen  alle 
Aufmerksamkeit;  Rec.  hält  es  deshalb  für  Pflicht,  bei  Anzeige 
der  im  Werke  behandelten  Gegeni|l^nde  vorzüglich  die  den^  Ver- 
fasser dgenthümKchen  Ansichteii  mit  möglicher  Uebei^gehung  d^ 
allgemein  bekannten  zu  berühren. 

Der  V^rf.^  nachdem  er  den  Sitz  des  Staares  auf  die  Linsc^ 
deren  Kapsel  .^nd  dei^  MorgagaVschen  Liquor  beschränkt/  glaubt, 
dafs  eist  in  der  Mitte  des  -iTten  Jahrhunderts  der  Sitz  desStaa«- 
res  «illllont  wurde  (S.  3.),  dafs  in  den  frühesten  Zeiten  hierr 
über  die  dunkflkten  Ideen  hen^schend  waren,,  welcher/ Ansicht 
Kec*  durchaus  nicht  beitreten  kann,  da  durch  Sprengel  gezeigt 
ist,  dab  die  Alten  den  wahren  Sitz  des  Staares  schon  kanntei^ 
und  kennen  mu£sten|  i»  mehrere  derselben  die  Ausziehui^g  ver- 


98  Adams  on  depression  and  extraction  ofCataract. 

richteten. '  Der  Verf.  giebt  die  verschiedenen  Arten  nach  dem 
Sitze  des  Staares  an,  ohne  etwas  Neues  hierüber  vorzubringen) 
und  geht  dann  auf  die  Ursachen  über. 

Als  eine  der  vorzüglichsten  Ursachen  des  Staares  wird  die 
Entzündung  der  Kapsel  bestimmt  (S.  28.).  Der  Linse  (S.  39.) 
.wird  aber  die  Fähigkeit,  sich  zu  entzünden,  al^esprochen,  ob- 
gleich der  Verf.  Gefafsverbindungcn  als  im  normalen  Zustande 
Bestehend  zwischen  Kapsel  und  Linse  annimmt  und  der  Linse 
Blutgefässe  zuschreibt  (S.  3o).  Die  Entzündung  aber  scj  nicht 
die  Ursache  jener  Staare,  welche  Folge  traumatischer  Einflüsse 
sind,  sondern  hier  sej  die  Kapsel  zerrissen ,  die  Linse  komme 
mit  der  wässerichten  Flüssigkeit  in  Berührung,  die  Gefäfsverbin- 
dung  zwischen  Linse  und  Kapsel  sej  aufgehoben ,  und  die  ge« 
hinderte  Ernährung  der  Linse  bedinge  das  Entstehea  der  Ver- 
dunkelung. 

Di^se  Behauptung  des  Verfs.  enthält  eine  Reihe  unrichtiger 
Sätze,   welche    der  Erfahrung   gerade  entgegenstehen.     Walther 
hat  die  .Entzündung  der  Linse  in  Folge  der  CapsuUtis  unbezwei- 
feit   nachgewiesen;    eine  primäre  Entzündung  der  Linsa  besteht 
■wohl  nie,   allein   secundär  wird'  dieselbe  beobachtet.-   "Wallhct 
hat  gezeigt,  dafs  eine  Gefafsverbindung  zwischen  Kapsel  und  Linse 
nur  bestehe  als  Folge   einer  vorhergegangenen   Entzündung  und 
der  Prolongation  der  Gefässe  von  der  Kapsel  aus.    Ganz  unrich- 
tig ist  es,   der  Linse  rbthcs  Blut  führende  Gefass^  im  normalen 
Zustande  zuzuschreiben,  und  gegen  alle  Consequenz,  nach  dieser 
Angabe   die  Entzündung   der   Linse  leugnen   zu  wrollen.     Beim 
traumatischen   Staare   ist  die  Kapsel  gewöhnlich    nicht    zetrisseni 
sondern  nur  aus  ihren  Verbindungen  abgelöst,  der  Stoffwechsel 
in  der  Kapsel  ist  nun  gestört,   sie  trübt  und  verdickt   sich;   d^e 
Linse,  deren  Speise  der  Morgagni'sche  Liquor,  ein  Product  der 
ungetrübten  Thätigkfeit  der  Kapsel  ist,   wird  nun   ebenfalls  alie- 
nir£.5  es  entsteht  auf  diese  Weise  die  Cataracta  cysticCLj  die  Cor 
taracta  säiquata  etc. 

Der  Verf.  bemerkt  weiter,  (S.  Sa)  dafs  zuweilen  die  Kap- 
sel mit  der  Linse  in  abnormer  Verbindung  Istehe,    Mras   bei    der 
Extraction  das  Hervortreten  des  Staares  hindere,  dfTfs   dieser  Zu-, 
stand  entweder  angeboren  oder  Folge  eines  krankhaften  Prozes-' 
ses  sei.     Diese  Angabe,  deren  Richtigkeit  man  nicht  in  Zweifel 
ziehen  kann,  ist  auffallend,    da  der  Verf.,   wie   bereits  bemerkt 
wurde,   eine  Gefafsverbindung  zwischen  Kapsel    und    Linse   im 
normalen   Zustande  annimmt' und   in  diesen   Fällen    doch    keine 
Schwierigkeit  beim  Austreten  des  Staares  beobachtet. 

Der  Verf.  erwähnt  vorzüglich  des  elastischen,  des  Zitter-,, 
des  Balg-  und  des  Nachstaares,  geht  auf  die  allgemeinen  un(l 
ortlichen  Complicationen  über,  giebt  die  Erscheinungen  an,  nntei: 


Adams  on  depressibn  and  extraction  of.  Cataracta  99 

welchen  sich  der  Staar  ambildet,  ohne  hieiiibex'  etwas  Neues 
vorzuIegeD. 

Der  Verf.  glaubt,  dafs  ausser  der  Operation  kein  Mittel, 
das  Uebel  zu  beben,  ntStzlicb  sich  bewähre,  dafs  oft  die  Ge- 
sandheit  durch  innerliche  Mittel,  in  der  Absicht  den  Staar  zu 
heben  dargereicht,  untergraben  werde  (S,  4(>)  Kecens.  glaubt 
hier  bemerken  zu  müssen,  daTs,  je  mehr  wir  über  die  Genesis 
der  Cataracte  aufgeklärt  werden,  um  so  erfolgreicher  gegen  die 
verschiedenen  Arten  des  grauen  Staares,  so  lange  er  im  Begin« 
nen  ist,  eingewiikt  werden  kann«  Wnlther,  dessen  Arbeiten  der 
Verf.  lycht  zu  kennen  scheint,  hat  den  Weg  zur  rationellen  Be- 
handlung vörgezeichnet  und  mit  Erfolg  eingeschlagen.  Auch  giebt 
der  Verf.  selbst  an  (S-  S^\  den  beginnenden  Kapselstaar ,'  der 
sich  in  Folge  einer  syphilitischen  Entzündung  zeigte,  öfters  durch 
ein  passendes  Heilverfahren  ohne  Operation  beseitigt  zu  haben. 
Kec.  thetlt  die  Ansicht  ^^  Verf.  über  das  Unzureichende  der 
Arzneimittel  bei  völlig  ausgebildetem  Staare. 

Der  Verf.  bemerkt,  dafs  sehr  dunkelgefärbte  Staare,  oder 
Vcrdunklangen  der  hintern  Kapselw^nd  bei  durchsichtigem  2ki* 
Stande  der  vordem  und  ^der  Krjstall- Linse,  oder  Verwachsun- 
gen der  Kapsel  mit  der  Traubenhaut,  wenn  tioch .  einige  Erschein 
naageo,  welche  sonst  den  schwarzen  Staar  bezeichnen,  sich  bei- 
gesellen, leicht  Anlafs  zu  einer  Verwechslung  dieser  Fälle  mit 
~Ama(irose  um  so  eher  verursachen,  als  in«  solchen  Fällen  durch 
die  anhaltende  Unthätigkeit  der  Retina  ein  Schwächezustand  in 
diesem  Gebilde  gesetzt  ist.  Der  Zustand  der  Pupille  klärt  hier 
nicht  ^of  und  die  Diagnose  wird  um  so  schwieriger,  als  der  Pa-r 
tient  Fanken,  weisse  Flecken  etc.  (S.  63)  wahrzunehmen  wähnt. 
Der  Verf.  will,.d^£s  in  allen  Fällen  operirt  werde,  in  welchen 
der  'Kranke  .eine  deutliche  Lichtperception  hat  ( S.  64)' 

Im  zweiten  Cap.  handelt  der  Verfass.  von  der  Depression. 
Nachdem  er  das  Geschichtliche  dieser  Methode,  ebenso  die  ge-' 
wohnliche  Vollziehungsart  derselben  unvollständig,  da  er  nicht 
einmal  den  Unterschied  zwischen  der  Depression  der  Alten  und 
der  Reklination  der  Neuern  feststellt,  angegeben  hat,  sU  geht  er 
zur  nähern  Prüfung  derselben  über.  Die  Einwürfe,  welche  deri 
Verf.  der  Depression  m^cht,  sind^:  i)  wenn  der  Staar  zerstückt 
werden  kann ,  so  erfolgt  die  'Resorption  dieser  Stücke  schneller 
ia  der  vordem  Augenkammer,  alis  wenn  dieselben  in  den  Glas« 
iorper  eingedrückt  sind.  Für  die  Fälle,  welche  keine  Zer- 
stucklaog  erlaul>en,  empüehlt  der^Verf.  eine  eigene  Art  der  Ex- 
traction,  in  den  andern  Fällen  vvill  er  die  zerschnittene  Linse  in 
die  vordere  Augenkammer  schaffen ,  um  sicherer  die  Resorption 
zu  bewirken.  Rec.  glaubt,  dafs  diesen  Ansichten  nur  zum  Theil 
gehuldigt  werde^  indem  man,  entweder  durch  die  Hornhaut  oder 

7* 


/ 


\ 


ioo  Adams  on  depiression  and  exiraction  of  Cataracta 

iie  Sclerotien  die  Nadel   einfülireiid »   die  harte  Linse   nieder- 
drückt,  die  weiche  aber  zerschneidet,  die  verdunkelte  Kapsel  ^er- 
reifst  und  deren  Flocken  in  die  vordrere  Augenkammer  schiebt. 
Ree.  hat  die  Ansicht,  dafi^  für  solche  Fälle,  in  welchen  die  Zer- 
stücklung nicht  Statt  finden  kann,  des  Verfs.  Extractionsmethode 
der  Depression   nicht  vorzuzieKen  sej.    Der  zweite  Einwurf  ist, 
dafs  beim  gesunden  elastischen  Zustande  des  Glaskörjpers  jede  nie- 
dergedrückte Linse,   so   lan^e  sie  'noch  unaufgel5st  ist,  in  ihre 
vorige  Lage  zurücktreten,  oder  In' die  vordere  Augerikammer  fal- 
len kann;  ersteres  würde  abermalige  Erblindung,   letzteres  Ent« 
Zündung  des  Auges  setzen.  lR.e(B.  mufs  bemerken,  dafs  diese  Be- 
hauptung Scarpa^s  und  anderer  berühmter  Männer  Erfahrung  wi- 
derspricht, da  eine  gehörig  niedergelegte  Linse  höchst  selten  auf-^ 
steigt;   die  sich  zuweilen   nach   der  Depression   zeigende   Ver- 
dunklung wird  gewöhnlich  in  Verdunklung  der  Kapsel  bestehend 
mit  Unrecht  für   die  aufgestiegene  Linse  angesehen.     Der  dtitte 
Einwurf  besteht  darin,   dafs    die   niedergedrückte  I^iinse  durch 
Druck  die  Retina  und  die  Iris  in  den  Zustand  der  Entzündung 
versetze,  Pupillensperre  und  Amaurose  bewirke,  besoAders  wenn 
/der  Staar  durch  die  Bewegungen  des  Kopfes'  in  dem  Glaskörper 
sich  wälze.    Die  Erfahrung  zeigt  diesen  Satz  nicht  ganz  gegrün- 
det, da  wohl  ahnliche  Zufalle  eher  den  leicht  zu  vermeidenden 
Verletzungen  der  Retina  als  dem  angegebenen  Drucke  zuzuschrei- 
ben sind ;  auch  gesteht  Rec. ,  nicht  zu  begreifen,  wie  ein  in  den 
Glaskörper,  wenn   auch   dieser  in  dem  Zustande  der  Verflüssi- 
gung sich  befände,  versenkter  Staar  hin  und  her  zu  rollen  ver- 
mag, da  die  Glasfeuchtigkeit  in  verschiedene  Zellen  eingeschlos- 
sen ist.  Die  übrigen  der  Depression  gemachten  Vorwürfe  schlägt 
der  Verf.  (S. '8a)  iiicht  hoch  an^  da  er  durch  eigene  Erfahrung 
sich  überzeugt  hält,  dafs  Verwundungen  der  Chorioideuj  der  Re- 
tina,   der  diliarfortsätze  ohne   wichtige  Folgen  sind.     Die  Ver- 
letzungen der  Retina   und  der  Ciliarfortsatze  sind  nach  Anderer 
Erfahrung  nicht  selten  die  Quelfe  mifslicher  Zufalle,  obgleich  der 
Verf.  diese  nur  als  eingebildet  erklärt. 

In  dem  Eingange  des  3ten  Cap.,  welches  von  der  Extrac.- 
tion  handelt,  giebt  der  Verf.  (S.  120)  das  Verfahren  von  Wa- 
then  als  Musterverfahren  an,  scheint  demnach  die  Vervoilkomm-' 
nungcn,  welche  diese  Operation  durch  Beer,  F.  Jäger,  Gräfe 
u.  a.  in  Deutschland  erhalten  hat,  nicht  zu  kennen.  Nach  Auf- 
führung der  altern  Extractionsmethode  geht  der  Verf.  auf  die 
Beschreibung  seines  Verfahrens,  das  fiir  Fälle,  in  welchen  der 
Kern  der  Linse  so  hart  ist,  dafs  er  nicht  zertheih  werden  kann^ 
bestimmt  ist,  über.  Die  Pupille  wird  durch  Eintröpfeln  des 
BelladonnaGTitT'dctes  erweitert;  die'  Auflösung  des  Eztractes  soll 
schwach  sejn,    und  das  Eintröpfeln   soll  in  der  Nacht  ror  der 


Adams  pn  depression  and  extraction  of  Cataract;  toi 

Operation  geschehen,  damit  die  Papille^  sobald  die  Linse  in  die 
▼ordere  Ang^enkammcr  geschoben  ist,  in  den  Mittelzustand  zwir 
sehen  Expansion  und  Contraction  trete  (S.  i38).   Hec  furchtet, 
die  Iris  konnte  auf  diese  Weise  sich  expandiren,   ehe  noch  die 
linse  in   6,ie  •  vordere  Augenkammer   gebracht  ist     Die  Nadel 
wird  nun  .  wie  bei   der  Depression  durch  die  Sclerotica  in  das 
Auge  gebracht,  und  zwar  so,  dafs  eine  Flache  nach  vorne,  die 
andere  nach  rückwärts  sieht,    und  in   der  hintern  Augenkammer 
fortgeführt.   Man  versucht  nun  den  Staar  zu  zerschueidcn,  indem 
man  einen  scharfen  Rand  der  Nadel  durch  die  Substanz  der  Linse 
von  vorne  nach  rückwärts  zu  führen  sucht,  alsdann  die  einzelnen 
Stücke  in  die  vordere  Augenkammer  bringt^  und  der  Resorption 
überläfst«     Der  Verf.   giebt  an,   dafs  flüssige   Staare  in  wenigen 
Stunden  resorbirt  werden,   dafs  die  Resorption  in  eineni  Falle 
{S.52)  so  schnell  vor  sich  ging,  dafs,  bevor  die  Nadel  aus  dem 
Auge  gezogen  wurde,    das  Geschäft  der  Aufsaugung  schon  vol- 
lendet und  das  Staarichte  dadurch  entfernt  war(?).     Findet, sich 
aber  der  Kern  hart,   so  führt  man   die  Nadel  upter  und  hinter 
den  Staar,  bringt  den  untern  Rand  desselben  in  die  Pupille,  und 
druckt  ihn  dann  vollends  in  die  vordere  Augenkammer,'  wornach 
noch   die  Kapsel   dufch    mehrere  Bewegungen   der  Nadelspitze 
zerschnitten  wird.     Nun  wird  die  Nadel  zurückgezogen,  um  die 
Ausziehung  zu  bewirken      Der  Patient   soll  zu   diesem  Zwecke 
in  eine  horizontale  Lage   mit   massig   erhöhtem  Haupte   gebracht 
werden  (S.^  i4<>);  der  Operateur  eröffnet  die  Hornhaut  mit  ei- 
nem   zweischneidigen     lanzettartig    gebildeten    Staarmesser    vom 
Schl^ferand  her;  er  erweitert  dann  diesen  Schnitt  nach  auf-  und 
abwärts,  bringt  ein  Häkchen  in  die  Augenkammer  und  zieht  den 
Staar  aus.     Einzelne  Reste  des  Staares  läfst  man  mit  vplier  Zu- 
versicht auf  die  folgende  Absorption  in  der  vordem  Augenkam- 
mer Hegen.     Alle  jene  ungünstigen  Ereignisse,  die  bei  der  alten 
Extractionsmethode  beobachtet  werden,  sollen  bei  dieser  Opera- 
tionsweise nicht  vorkommen. 

Der  ate  Abschnitt  des  3ten  Capitels  zeigt  die  Fälle  an,  in 
welchen  die  gewöhnliche  Extractionsmethode  ganz  unanwendbar 
ist,  oder  nur  mit  den  höchsten  Gefahren  angewendet  werden 
kann.  Der  Ve^f.  findet  die  gewöhnliche  Extractionsmethode  bei 
hllndgebornen  Individuen  und  bei  Kindern  unanwendbar,  da  er- 
stere  des  Willenseinflusses  auf  die  Bewegungen  des  Augapfels 
beraubt,  letztere  ohnehin  zu  unruhig  sind.  Für  diese  Fälle  aber 
eignet  sich  die  Zerstücklung,  wobei  der  Verf,  um  den  Aug- 
apfel zu  fix iren, .  eines   Augenspiegels  sich  bedient  (S.   l49)* 

Der  Kapselstaar  kann  nur  mit  Gefahr  auf  die  gewöhnliche 
Weise  extrahirt  virerden,  indem  leicht  Vorfall  des  Glaskörper^ 
und  der   Iris   entsteht  (S.  i5o))   die  Extractibn  wird  noch  ge- 


1 02  Adams  on  depression  and  extraction  of  Cataract 

fährlichery  wenn  die  hintere  Kapsel ,  die  fest  mit  der  Glashaiit 
zusammenhängt,  der  Silx  der  Verdunklung  ist  (S.  l55).  Die- 
selben Zufälle  sind  auch  bei  dem  üüssigen  Staare,  wenn  man 
diesen  auf  die  alte  Weise  extrahiren  will,  zu  befürchten; 

'  Der  Verf.  empfiehlt  in  diesen  Fällen,  besonders  wenn  die 
Kapsel  mit  der  Traubenhaut  in  abnormer  Verbindung  steht,  hin- 
längliche Zerschneidung  der  verdunkelten  Ktipsel,  oder  Ablösung 
uud  Niederdrückung  flerselben  (S.   i56). 

Der  Verf.  spricht  voa  einem  Kapselstaare  mit  durchsichtiger 
Linse,  die  ebenfalls  die  gemeine  Extraction  contraindicirc.  Reo. 
glaubt,  dafs  diese  Durchsichtigkeit  der  Linse  nicht  lange  bei  ver« 
dunkeltem  Zustand  der  Kapsel  zu  bestehen  vermöge.  Noch  führt 
der  Vf.  die  Abdachung  der  Hornhaut,  das  Vorwärtsdrängen  der 
Iris,  das  Tiefliegen  des  Augapfels,  den  krampfhaften  Zustand  der 
Augenmuskeln ,  eine  erweiterte  Pupille  bei  einer  kleinen  Linse, 
wodurch  leicht  Vorfall  des  Glaskörpers  entsteht,  die  Myasis j 
Synchisis  etc,  als  Umstände,  welche  einen  ungünstigen  Erfolg  für 
>  die  gewöhnliche  Extraction  herbeiführen  können,   auf. 

In   dem   3ten  Abschn.   des  3ten  Cap.   führt    der  Verf.   die 
verschiedenen  Züfnlle  ,an,   v\- eiche  auch    in  günstigen   Fällen  bei 
der  gewöhnlichen   Extraction   sich   ereignen   können,   und   sucht 
dagegen  das  Gefahrlose  seine's  Verfahrens  darzuthun.    Rec,  ohne 
•^Anhänger  der  Extraction  zu  seyn,  mufsx bemerken,  dafs  der  Vrf. 
nicht  unpartheiisch  prüft,  und  jene  Zufälle,  welche  nur  die  Folge 
regelloser  Einwirkung  sind,'tnit   jenen   Unglücksfällen,   welche 
nicht  auf  Rechnung  des  Operateurs  kommen  können,  verwechselt. 
So  führt  der  Vf.  die  Verwundung  der  Iris,  das  Ausfliessen  der 
w'ässeriehten  Feuchtigkeit  vor  Vollendung  des  Schnittes,  das  Fort- 
führen des  Messerjs  zwischen  den  Lamellen   der  Hornhaut,    das 
Verstellen   des   Augapfels   in    den   innern  Augenwinkel    etc.    als 
Gebrechen,  welche,  der  gewöhnliclien  Extractionsmethode  anhän- 
gen sollen,    auf,    was   doch   gewöhnlich   nur   auf  Rechnung  des 
Operateurs  «kömmt,  und  was  bei  Befolgung  der  von  Beer  gelehr- 
ten Grundsätzie  sich  nicht  ereignen   wird.     Ist  die  Kapsel  gehö- 
rig zerschnitten ,  so  fordert  es  auch  nicht  jenen '  Druck  des  Au« 
ges,  welcher   nach    des  Verfs.   Meinung  'einen  Vorfall  ^des  Glas- 
körpers, so  leicht  verursacht,   sondern   durch  die  Thätigkeit  der 
Augenmuskeln  tritt  gewöhnlich  die  Liiise  ohne  Zuthtm  des  Ope« 
rateurs  hervor,  so  dafs  der  zweite  und  dritte  Moment  der  Ope- 
ration in  eineii  zusammenfällt.  . 

Der  Verf.  sucht  seine  Methode  zu  extrahiren  ganz^  von  die- 
sen Flecken  zu  reinigen;   da  diese  aber  nicht  auf  Rechnung   der 
Methode,  sondern  des  operirenden  Künstlers  kommen,  so  konn- 
ten ja  alle  diese   Zufälle  bei  seinem  Verfahren  ebenfalls  sich  er« 
eignen.     Nur  bei  einpm  rein^en  Linseustaare,  welcher  ohne  örtli- 


V 

\ 


Adams  pn  depression  and  extracjtioa  of  Cataract  to3 

che  und  allgemeine  Complication  ist,  halt  Recens.  die  Extraction 
angezeigt,  und  in  diesem  Falle  kennt  er  nur  einen  Umstand,  der 
aaf.  Rechnung  der  Methode  kömmt,  nämlich  den  Vorfall  der 
Iris.  Ist  die  Methode  des  Yerfs.  diesen  verhütend?  Nein,  denn 
wir  finden  (S.  223)  einen  Fall  erwähnt,- in  welchem  nach  dem 
Geständnisse  des  Verfs.  Vorfall  der  Iris  Statt  fand,  ohngeachtet 
nach  der  neuen  Operationswelse  gehandelt  wurde.  Rec.  hat  zu 
oft  Bieer  und  Jäger  glücklich  extrahireu  gesehen,  und  selbst  öf- 
ters mit  Erfolg  extrahirt,  als  dafs  er  über  diesen  Gegenstand  dem 
Verf.  beistimmen  könnte  und  obgleich  er  für  des  Verfs.  Tajente 
die  höchste  Achtung  hegt,  und  dessen  Erfahrungen  vollen  Glau- 
ben beimifst,  wagt  er  kaum  dei'  neuen  Operationsmethode,  da 
eine  doppelte  Verwundung  gesetzt  wird,  den  Vorzug  vor  der 
alten  einzuräumen. 

Im  4ten  Cap.  geht  der  Verf.  auf  die  Prüfung  seiner  neuen 
Operation  über,  und  sucht  die  Vorzüge  derselben  ziv beleuch- 
ten. Bei  Kindern  und  blindgebornen  Individuen  ,  selbst  Wenn 
diese  das-  männliche  Alter  erreicht  haben,  empfiehlt  der  Verf.  das 
schon  erwähnte  Verfahren,  vermöge  dessen  die  Linse  sammt 
Kapsel  zerschnitten  und  dan»  zerstückt  in  die  vordere  Augen- 
kammer geschoben  wird  (S.  255).  Ist  die  Kapsel  adhärirend, 
so  mufs  dieselbe  in  ihrem  ganzen  Umfange  zerrissen,  und  die 
losgetrennten  Stücke  in  die  vordere  Aügenkammer  gebracht  wer- 
den. Ist  die  Kapsel  zu  dick,  so  mufs,  sobald  sie  hinlänglich  aus 
ihren  Verbindungen  gelöst  ist,  dieselbe  aus  der  Sehaxe  durch 
Versenkung  in  den  Glaskörper  entfernt  werden  (S.  265).  Wenn 
ein  Kapsellinsenstaar  von  der  Beschaffenheit  ist,  dafs  Kapsel  und 
Linse  theils  unter  sich,  theils  mit  der  Ui^ea  abnorme  Verbindun- 
gen eingegangen  haben,  so  wird  bei  hinlänglicher  Weite  der 
PupiOe  die  Zerstücklung  dieser  Xbeile  bewirkt  und  die  Resorp- 
tion er  zweckt;  nicht  selten  aber  ist  die  Vcrgrösserung  der  Pu- 
pille durch  Einschneiden  der  Iris  noth wendig.  In  diesem  Falle 
ist  dann  die  zweischneidige  Nadel  nicht  anwendbar, '  sondern  es 
wird  das  Irisscalpel  des  Verfs.  nothwendig  seyn ,  um  die  Iris 
leicht  zerschneiden  und  um  dem  Schnitte  die  gehörige  Ausdeh- 
nung geben  zu  können.  Das  Messer  wird  eine  Linie  vom  Rande 
der  durchsichtigen  Hornhaut  entfernt  in  die  Sclerotica  so  einge- 
stossen,  dafs  die  Schneide  .nach  rückwärts  gerichtet  ist.  ^  Würde 
die  Schneide  anfangs  nach  oben  oder  nach  unten  gerichtet  sejn 
und  dann  im  Verlaufe  .der  Operation  die  Richtung  nach  rück- 
wärts erhalten,  so  könnte  durch  das  Auseinandertreten  <^er  Wund- 
ränder einTheil  des  Glaskörpers  ausfliessen,  und  dadurch  die  Span- 
nung der'  Augenhäute  j  welche  zur  glücklichen  Vollführung  der 
Operation  nothwendig  ist,  vermindert  werden.  Die  Spitze  des 
Messers  wird  nun  durch  die  Iris  durchgeführt,  so  dafs  dieselbe 


in4  Adams  on  depressiou  and  extraction  of  Cataracf. 

etwa  eine  Linie  vom  Ciliarligamente  entfernt  vom  Scbläfenindc 
der  Iris  iü  die  vordere  Aogenkammer  tritt;  das  Messer  wird 
akdaiin  durch  die  vordere  Augenkammer  die  Iris  quer  durch« 
schneidend,  bis  gegen  den  innern  Rand  derselben  fortgeführt* 
Damit  die  Papille  die  gehörige  Aasdehnung  erhalte ,  muTs  die 
Durchschneidnng  behutsam  geschehen,  und  zwei  Drittheile  des 
Querdurchmessers  der  Iris  müssen  getheilt  werden.  Die  Kapsel 
und  die  Linse  werden  nnn  zerstückt  und  die  Fragmente  des 
Staares  zwischen  die  Wundlippen  eingedrängt  (S.  370).  Der 
Verf.  glaubt,  dafs  das  Verwachsen  der  Oeffnung  durch  die  Thä- 
tigkeit  der  strahlichten  Fasern  (S.  278)  verhütet  werde,  so  dafs 
in  jenen  Fällen ,  in  welchen  kein  Staar  vorhanden  war,  mithin 
auch  kein  Keil  zwischen  die  Ränder  der  Wunde  eingebracht 
werden  konnte,  doch  die  Pupille  die  /gehörige  Weife  erhielt, 
selbst  an  Umfang  zunahm,  und  das  Sehorgan  vollkommen  herge- 
stellt wurde  (S.  280)*  Die  neue  Extractionsvyeise  des  Verfs. 
ist  oben  beschrieben  worden. 

In  dem  2ten  Abschn.  des  4ten  Cap.  stellt  der  Verfass.  die 
verschiedenen  Einwürfe,  die  der  alten  Operationsmethode  ge- 
macht werden  können,  zusammen,  führt  noch  einige  füp  seine 
Ansiciit  sprechende  Fälle  in,  und  schliefst  endlich  damit,  dafs  er 
den  Erfolg,  welcher  in  verschiedenen  Hospitälern  Englands  und 
Frankreichs  nach  Staaroperationen  beobachtet  wurde,  zusammen- 
stellt. Würde  der  Verfass.  die  Resultate  der  deutschen  Aerzte, 
eines  Beer,  Langenbeck,  Gräfe,  Walther  etc.  kennen,  so  mochte 
die  Vcrgleichungv  zwischen  den  üblichen  altern  Operationsme- 
ihoden  und  der  jseinigen  nicht  so  glänzend  für  ihn  ausfallen. 

Das  vorliegende  Werk  zeugt  von  dem  grossen  Talente,  von 
der  gereiften  Erfahrung  und  cLem  glücklichen,  die  Kunst  mächtig 
bereicheruclen  Erfindungsgeiste  des  Verfs.,  der  durch  seine  frü- 
hern Arbeiten  in  >d?r  gelehrten  Welt  glänzt. 

Die  zu  häufigen  Wiederholungen,  welche  in  der  Befolgung 
der  nicht  ganz  zweckmässigen  Anlage  des  Buches  gegründet  sind, 
und  unnöthigerweise  dessen  Umfang  vergrössern,  dürfen  den  Le- 
ser niclit  abhalten,  die  darin  zerstreut  liegenden  Schätze  aufzu- 
suchen. C.  J,  Beck* 


Zeitschr^t  für  geschichtliche  Rechtswissenschaft,  herausgegeben 
"von  F,  C.  von  Saviguy  ,  C  F,  Eichhorn  und  J>  F.  £. 
Göschen.     Band,  3,  Nr.  y/.   und  Band  4-  Nr.  ^.  , 

Band  III.  Nro,  XL  Etwas  über  den  Ueberfall  der 
,  Ftücht^'  und  das  Verhauen  überragender  AestCj 
von  dem  Herrn  Bibliothekar  Grimm  in  Cas^eL 

JUieser   kleine    Aufsatz   liefcit    e/nen   Beweis  sowohl    von 


Zeitsdlr.  f.  geftcbichiL  Recfafswiss.  v.  Savigny etc.  to5 

BiB&isseDdeB  Gdehrsamlrait  ^  als  auch  von  der  vorherrschenden 
poetischen  Richtang  des  Verfassers.  Ersterer  verdanken  wir  eine 
Reihe  höchst  interessanter  Stellen  ans  Spanischen,  Französischen, 
Friesischen  und  Deutschen  Rechten  von  dem  Ueber£all  und  Ue« 
berhang,  welche  fast  sämmtlich,  wenigstens  uns,  bisher  unbe- 
kannt gewesen  sind,  obgleich  wir  ihre  Zahl  aus  andern,  z.  B» 
den  bei  Leu  (im  eidgenössischen  Stadt-  und  Landrechte  Th.  a. 
S,  645,  6)  ausgezogenen  Schweizer- Rechten ,>  der  Frankfurter 
Reformation  Th.  8.  Tit.  i3.  5*  ^*>  ^^^  Breidenbacher  Grund« 
brauch  Ord.  14^  dem  alten  Schlesischen  Landrechte  Buch  t» 
Cap.  45.  Dist.  i4-  U.S  w.,  so  wie  aus  den  unbeschi^iebenen  Ge- 
wohnheitsrechten mancher  Hessen  -  Darmstädtiscfaen  und  Cassel- 
schen  Districte  noch  bedeutend  zu  vermehren  wufsten.  Für  die- 
sen Theil  der  Arbeit  wird  man  daher  dem  Verfasser  Dank ,  wis-* 
sen.  Sehr  bedenklich  sieht  es  uns  aber  aus,  wenn  für  die  Aus- 
l^ng  dieser  Bestimtmungen  die  Poesie  zu  Hülfe  gerufei^  wird, 
und  es  will  uns  fast  scheinen,  als  ob  der  poetische  Theil  des 
Aufsatzes  aus  detaa  Gebiete  der  Wahrheit  in  das  Bleich  der  Dich« 
long  zurückgewiesen  werden  mufste. 

So  müssen  wir  prosaischen  Juristen,  die  nun  einmal  so  vcr« 
stockt  sind,'  erst  dann  den  Zufall  walten  zu  lassen,  wenn  die  Lo- 
gik nicht  inehr  forthelfen  will,  uns  gleich  den  Beistand  der  Poe- 
sie verbittep,  wenn  es  auf  die  Erklärung  des  Sachsenspiegels  B« 
2.  Art«  5s.  und  des  Sächsischen  Weichbildes  Art.  125  u.  126« 
ankommt.  Die  Befugnifs  des  Eigcnthümers,  den  zum  Nachbarn 
Mnubergerankten  Hopfen  wieder  zurück  zu  ziehen,  glauben  wir 
als  Folge  seines  fortdauernden  Eigenthums  betrachten  zu  dürfen, 
halten  aber  deshalb  diese  Bestimmung  für  nichts  Besonderes  bei 
dem  Hopfen,  sondern  meinen,  bei  jedem  biegsamen  Gewächse, 
namentlich  bei  solchen  Aesten,  die  sich  zurückziehen  lassen,  müsse 
dasselbe  gelten.  Dafür  spricht  auch  namentlich  die  bei  Gärtner 
abgedruckte  Glosse  zum  'Sachsenspiegel,  und  eben  so  die  oben 
angezogene  Stelle  des  Schlesischen  Landrechts,  worin  es  aus- 
drücklich heilst:  i Welch  man  bot  bie  sinen  nackebcrn  einen 
bowmgarten  legen  was  demm  obir  des  andern  gewen  (leg.  ge- 
wer) koffipt  mit  sinen  esten  und  mit  sinen  ersten  Zwigen  wer 
denen  deme  stamme  adir  die  wurzii  in  siner  gewere  hot  der 
zihe  sich  der  irste  zwige  an  und  grife  denne,  so  her  veste  möge 
was  im  denne  volgit  das  ist  sin  das  do  un  adir  nicht  gevolgen 
mag  das  sal  ienes  sin.«  Fragt  man  nun  aber  weiter,  warum 
der  Nachbar  das  überfallende  und  überhängende  Obst  ganz  oder 
zum  Theil  zu  sieh  i^ehmen  und  behalten  düidPe,  so  gehen  wir 
davon  aus,  dafs(^ses  fast  überall  durch  Gewohnheit  entstandene 
und  in  den  Ländern  des  Germanisch ea,  Rechtes  so  weit  verbrei-« 
tctc  Institut  mit  sehr  allgemeinen  Germanischen  Rechtsideen  zu- 


io6  ,  Zeitschrift  fiir  geschiehtlicbe 

samme&bängen  müsse. .  Und  diese  idee  scheint  uns  keine  andere 
als  die  Heiligkeit  der  Were   oder   der   wichtige   Grundsatz  zu 

'  sejn,  dafs  man  in  seinem  Hause^  so  wie  in  seinen  befriedigten 
Besitzungen,  alleiniger  Herr  und  Meister  und  nicht  gezwungen 
sejn  soll,  wider  seinen  Willen  dem  Nachbarn  darin  den  Eintritt 
XU  Yerstatten.  Im  Glarner  Landbuche  pag.  54*  (bei  Leu  a.  a« 
O.)  ist  diese  Beziehung  bestimmt  anerkannt,  indem  es  bei  Obst- 
bäumen, die  über  den  Zaun  ragen ,  dem  Anstösser  gestattet,  dais 
er  Vauf  sein  G]|;und  und  Bod^- gehen,  und  was  er  dann  zumal 
mit  denen  Händen  und  Hacken  erlangen  mag,  abgewinnen  niö- 
gen,  doch  dem  anderen j  auf  dessen  Grund  der  Baum  stehet j 
nicht  auf  sein  Boden   gehen   noch  auf  den  Baum  steigen  solle j 

'  und  hinwider  der^  andere  demselben  auch  nicht. <l  Dafür  spricht 
ferner  das  vom  Verf.  angeführte  uralte  Herkommen  des  Anites 
Landeck,  wornach  nicht  der  Eigenthümer  sondern  der  Nachbar 
die  auf  seinen  Grund  und  Boden  überragenden  Zweige  beern- 
tet, und  nachher  nur  dem  Eigenthümer  des  Baumes  den  dritten 
Theil  davon  zurück  giebt;  welche  Yerfahrungsart  des  Zurück- 
gebens  wohl  regelmässig  da  eintritt,  wo  eine  Theilung  der  Früchte 
statt  findet.  Endlich  ergiebt  sich  auch  aus  der  bisher  noch  un- 
gedruckten Görlitzer  Glosse  zum  Sachsenspiegel,  B.  2.  Art.  52., 
dafs  die  dem  Anscheine  nach  allgemeiner  gefafsten  Bestimmun- 
gen dieses  Rechtsbuches  auf  !»hopfengertin,  odir  weingertin  odir 
baumgcrtin  di  gereint  und  grenicz  weren  und  gescheiden  mit 
ein  grabin  odir  mit 'ein  zune«,  also  auf  befriedigte  Besitzungen 
beschränkt  werden  müssen;  so'  wie  sich  denn  auch  anderswo, 
z«  B.  im  Hessischep  Districte  Blankenstein  und  in  Unterwaiden 
und  dem  Kernwald  der  Grundsatz  findei:  »..fällt  aber  das  Obst 
auf  die  AUment  oder  die  Gassen,  so  mag  einer  desse  die 
Bäume  sind,  dieselbige  Frucht  wol  zu  seinen  Händen  sammeln,« 
(Leu  a.  a.  O.).  —  Interessant  ist  es  zu  sehen,  wie  der  Glos- 
sator zur  angeführten  Stelle  des  Sachsiuispiegels  nach  der  Gör- 
litzer ^Handschrift  das  deutsche  Recht  gegen  Einwürfe  aus  den 
Römischen  Gesetzen  rechtfertigt,  und  es  mit  den  letztern  in  Ein- 
klang ^\x  bringen  sucht.  Auf  die  den  Schöffen  vprgelegte  Frage : 
»Ab  ein  man  einen  obiz  boum  hette  sten  an  seinem  zune  odir 
reine  von  dem  boume  viel  alz. er  in  schütte  in  sines  nagebures 
Hof  mochte  dirre  diz  wider  nemen  mtt  rechte?«,  antworten  die- 
selbe :  »Ilir  uf  spreche  wir  ein  recht.  Hot  ein  man  einen 
obiz  boum  neben  sienz  nagebures  rein  odir  grenicz  alz  er  sein 
obiz  abslehit,  wez  so  in  seins  nagebures  hof  velt  daz  ist  sein 
nagebures  von  rechtiswegen«:,  und  entfernen  den  ihnep  gemach- 
ten Einwand:  »Diz  ist  unrecht  und  zih  mich  an  daz  recht, 
weune  daz  recht  sprichit.  Ich  will  mit  nichte  daz  ymant  gewalit 
gesche  an  seinem   fruchtin  zu   lesen,   ut  l.  4  pr,  D,  de  glande 


Rechtsifis^enschaft  von  Savigny.ctc.       io7 

legendaj  und  vile  denne  eins  maos  frucht  in  eins  hoff,  •— -  und 
weret  tsan  qIo  denne  in  den  liof  zu  geen  so  tet  man  ihm  ge- 
walt,  so  were  auch  jo  da^  urteil  unrecht«  —  mit/^der  Solucio: 
»Diz  lose  wir  alsus  und  sprechin.  Daz  daz  urteil  nicht  unrecht 
sj  wenn  daz  recht  spricht  das  man  im  keine  ^gewalt  suUe  tun, 
wenn  er  sein  obiz  scbut  noch  auch  an  seime  lesin.  'Daz  tut  man 
nicht  wenne  waz  in  einz  andern  gewere  kumt.  Daz  \MtsiX  \x^ 
eins  andern  gewalt  mit  rechte  und  dor-umb  tut  man  im  keine 
gewalt. «  —  Besitzt  nun  gleich  der  Nachbar  das  in  sdne  Were 
herüber,  gefallene  Obst  nicht  auf  eine  fehlerhafte  Weise,  so  folgt 
daraus  doch  nicht,  dafs  er  dasselbe  ganz  oder  th'eilweise  behal- 
ten darf;  allein  er  leidet  durch  die  Nähe  des  ßauines,  er  hat 
die  Muhe  des  Auflesens  und  der  Gegenstand  ist  nicht  bedeu- 
.teud,  deshalb  hat  es  gewifs  alle  Billigkeit  für  sich,  dafs  ihm  der 
Ucberfall  so  wie  der  Ueberhang,  den  der  Eigenthümer  nicht 
von  seinejoi  Grund  und  Boden  aus  einärndten  kann,  ganz  oder 
zum  Theil  verbleibe.  Hier  entscheidet  also  nicht  der  Begriff 
des  Instituts,  sondern  die  Billigkeit,  und  so  darf  es  uns  nicht 
befremden,  wenn  die  Rechte  in  dem,  was  sie  dem  Nachbarn 
einräumen,  so  sehr  von  einander  abweichen,  ihm  bisweilen  AUes^ 
bisweilen  einen  gewissen  Theil  von  jedem  Ueberfall,  bisweilen 
hingegen  «nur  vom  Sommerobste  zusprechen,  und  ihn  auch  wohl 
verpflichten  das  Obst,  was  ein  3turm  herab  geworfen  hat,  dem 
Eigenthümer  zum  grösseren  Theile  zurück  zu  geben.  — ^ 

Die  Hauptideen,  womit  die  Lelire  vom  Ueberfall  der  Früchte 
zusammenhängt,  sind  nun  dem  Römischen  Rechte  fremd,  yielmehr 
gestattet  uns  dieses,  stets  ^egen  eine  cautio  damni  infecti  den 
Grund  und  Boden  des  Nachbarn  zu  betreten,  um  unsere  dar- 
auf |;eratheae  Sache  wieder  wegzunehmen.  _  Da  nun  dieses  na- 
DlentlicK  auch  bei  übergefallenem  Obste  gilt  (b^sS*  i*  D,  ad 
exfiibendum),  ohne  dafs  irgendwo  auch  nur  angedeutet  Ist,  der 
Nachbar  dürfe  etwas  düvon  behalten,  so  wird  es  schwerlich  bei 
Juristen  Beifall  finden,  wpnn  Herr  Grimm  aus  dem  bekannten 
tertio  quoque  die  beim  interdicto  de  glande  legenda  folgert,  das 
am  <^ten  Tage  übergefallene  Obst  s^j  dem  Nachbarn  verblieben. 

Das  Verhauen  der  überragenden  Ae^te  wird  nach  den  Ger- 
manischen Rechten  gewiüs  aus  denselben  Gründen  wie  bei.  den 
Römern  gestattet,  und  der^  Ueberhang  in  einer  gewissen  Höhe 
mufs  wohl  ebenfalls  deshalb  geduldet  werden,, weil  ein  jus prO" 
kibendi  rücksichtlich  der  über  ^unsefm  Grund  und  Bocten  be- 
findlichen Luftsäule  uns  doch  nur  gegen  solche  Anlagen  zuste- 
hen kann,  die  der  gewählten  Benutzungsart  von  Grund  nnd  Bo- 
den auf  eine  bedeutende  Weise  hinderlich  sind.  Zwei  Abwei- 
chungen vom  Römischen  Rechte  sind  dabei  bemerkenswertb.  Die 
eine  besteht   in  den  eigenthümüchen  Arten  der  Höhebestimmung 


io8 


Zeitschrift  för  geschichtlicfae 


tut  die  zu  duldenden  Aeste,  erklärbar  aas  dar  danudigen  Vor- 
liebe des  flachen  Landes  for  handgreifliche  Bestimmungen  beim 
Meissen  und  Wiegen,  und  dem  Mangel  stets  gleicher  Normal- 
Maafse  ubd  Gewichte  daselbst.  Als  eine  zweite  ist  nach  der 
Fassung  fast  aller  Rechtsurkunden  der  Satz  anzunehmen-,  dafs 
der  Nachbar  mit  den^  Verhauen  der  Aeste  nicht  zu  warten 
braucht,  bis  der  Eigenthümer  sich  geweigert  hat,  es  selbst  zu 
thun;  wobei  nur  die  bei  Leibnitz  abgedruckten  alten  Goslar- 
Gesetze  B.  i.   vom  Ervegude  §*  56.  ein  Bedenken  machen. 

C. 

Band  IF.  Nr.  IL  Skizze  des  Güterrechts  der  Ehegatten 
nach  einigen  der  ältesten  Teutschen  Rechtsquellen,  von  Herrn 
Professor  Hjsse*  — -  Bei  der  Anzeige  dieses  geistreichen  Auf- 
satzes, der  dem  Vorworte  des  Verfs.  zufolge,  theilweise  nur  ein. 
Auszug  aus  einer  bereits  ausgeführten  grösseren  Abhandlung  ist, 
und  der  nur  die  zusammengedrängten  Resultate  reichhaltiger 
SammluKgen  und  Vorarbeiten  über  den  Gegenstand  liefern  soll, 
kann  Rec.  gleich  anfangs  den  Wui|sch  nkht  unterdrücken,  dafs 
es  damit  nicht  gehen  möge,  wie  in  der  Einleitung  zu  dieser 
Zeitschrifr  sehr  wahr  gesagt  ist,  dafs  kleinere  Abhandlungen  leicht 
die  Abieiter  grösserer  und  bedeutend^  Werke  würden,  und 
dafs  der  Verf.  mit  dessen  feinem  Takte  gerade  eine  Materie,  wie 
die  vorliegende,  behandelt  sejn  will,  hier  nicht  zögernd  die  Rolle 
eines  blossen  Acclamator  übernehmen,  sondern,  da  er,  seinem 
eigenen  Bekenntnisse  zufolge,  den  Eid,  das  Recht  hier  nicht  wei- 
sen zu  können,  nimmermehr  leisten  kann,  es  auch  gestatten  möge, 
auf  ihn  recht  eigentlich  die  Frage  zu  stellen.     , 

Herr  Hasse  geht  in  der  Einleitung  davon  aus,  die  Teutschen 
hätten  gleich' den  Römern  bei  der  Ehe  an  eine  idealische  Ein- 
heit des  Lebens  und  der  Schicksale  gedacht,  und  hätten  ferner 
angenommen,  dafs  diese  Einheit  sich  aqph  ^m  Vermögen,  wovon 
ja  die  Schicksale  mit  abhingen,  darstellen  solle.  Mann  und  Weib 
hätten  folglich  bei  ihrem  Leben  kein  g'ezweietes  Gut  haben  kön- 
nen, was  um  so  natürlicher  gewesen  sey,  da  man  nicht  von  dem 
Grundsatz  der  Römer,  dafs  der  Mann  die  Lasten  der  Ehe  zu 
tragen  habe^  sondern  davon  ausgegangen  sej,  dafs  diese  beiden 
Eheleuten  gemeinschaftlich  oblägen  und  unmittelbar  aa(  beider 
Vermögen  ruheten.  Diese  Einheit  des  Vermögens .  sey  vermittelst 
der  ehelichen  Vogtschaft  in  dem  Maafso  bewirkt  worden,  dafs 
die  Frau,  so  wie  sie  dem  Mann  ihre  Person  so  auch  all  ihr  Gut 
vertrauete,  es  seiner  Gewehr,  seinem  Schutze,  und  seiner  Ver- 
fügung unterworfen  habe,  und  dieses  nach  ursprünglichem  Rechte, 
wie  es  sich  noch  im  Sachsen  -  Spiegel  darstelle,  »hne  Einschrän- 
kung und  ohne  alle  obligatio  des  Mannes.  Blieb' daher  auch  der 
Frauen  Gut  während  der  Ehe  ihr  Eigenthum,  so  konnte  doch 
der  Mann  darüber,  selbst  mittelst  einer  Veräusscrung ,   frei  ver- 


Rechtswissetisehaft  TOjfi  Savigny  etc.      iog 

fugeiii  wena  gldcli  die  Sitte  dieses  nicht  billigeyi  mochte;  und 
leste  sich  nach  mit  aufgehobener  Ehe  die  Vogtschaft  so  wie  die 
darauf  gegründete  Einheit  des  Vermögei^  wieder  auf  und  erhielt 
nuQ  jeder  Theä  seine  R^echte  wieder  zurück,  so  bekam  er  sie 
doch  nur' zurück,  so  weit  und  so  wie  sie  vorhanden  waren ^ 
was  verloren  war,  blieb  verloren  und  brauchte  nicht  ersetzt  zu 
werden.  Die  Frau,  die  während  der  Ehe  nichts  von  ihrem  Gute 
veräussern  konnte,  erhielt  jetzt  darüber  die  freie  Verfügung  zu- 
rück. Das  Vermögen  habe  sich  aber  bei  der  Trennung  «nicht 
hlofs  in  seine  ursprunglichen  Bestandtheiie  aufgelöst,  das  habe 
der  eheliche  Erwerb  gehindert,  woran  der  Frau,  die  nach  der 
ganzen  dejutsphen  Lebensyveise  als  mitarbeitend  gedacht.  Wwde» 
müsse  und  die  ihr  eingebrachtes  Gut  zu  den  Kosten  der  Ehe 
mit  hergegeben  hatte,  die  folglich  auch  hinsichtlich  des  Verm5-  > 
gens  als  eine  socia  des  Mannes  im  weiteren  Sinne  angesehea 
wurde,  ein  Antheil  eingeräumt  w^den  muJste.  Die  alten  Volks- 
gesetze enthielten  über  die  Vertheilung  des  ehelichen  Erwerbf 
abweichende  Besttiinmungen,  auf  die  zum  Theil  schon  das  Romi*» 
sehe  Recht  eingewirkt  hatte,  die  Ufer&anken  (wohl  allgemein  die 
Frauken  s.  Cap»  Üb*  4'  ^*  $f^^*  ^»  c*  üg5>.colL  Marcidfi  fornim 
II j  4J.)  gaben  der  Frau  nur  ein  Drittel,  die  Westphalen  die 
Hälfte;  andere  Hessen  sie  nicht  an  der  ganzen  Errungenschaft 
Theil  nehmen,  sorgten  aber  dann  bestimmt  für  sie  durch  eine 
Gerade  oder  ein  bestimmtes  Witthum* 

Rec.  findet  diese  Darstellung^  im  Ganzen  eben  so  richtig  als 
lichtvoll,  und  erlaubt  sich  blofs  einige  BemeAungen.  In  der 
Vorstellung,  dafs  rechtmässige  Eheleute  als  ein  Leib  angesehen 
werden,  scheint  uns  zugleich  die  würdevolle  Stellung  der  deutr 
scheu  Hausfrau  angedeutet  |  und  wir  möchten  in  der  Beziehung  das 
alte  uplandische  Recht  zur  Vergleiehung  anführen,  welches  dem 
Manne  gebot,  das  Weib  als  ein  Glied  seines  eigenen  Korpers  zu 
ehren,'  und  wornach  der  Vater  des  Weibes  sie  ihm  mit  den  Wor«* 
ten  übergab:  »ich  gebe  dir  meine  Tochter  zur  Ehren  Und  zur 
Frauen,  zum  halben  Bette,  zimi  Schlofs  und  Schlüssel,. «  -^  — -^ 
Offenbar  war  hier  die  Meinung,  es  solle  der  Frau  nicht  blofs 
die  Pflicht  obliegen,  sich  des  Hauswesens  anzunehmen,  sondera 
sie  solle  auch  das  Recht  dazu  haben,  «wie  letzteres  auch  noch 
namentlich  daraus  hervorgeht,  dafs  gedachtes  Gesetz  der  Frau 
eiae  Klage  gegen  den  Mann  einräumte,  wenn  er  ihr  ohne  :ge« 
hörigen  Grund  dip  Schlüssel  abnahm.  Obwohl  nun  in  den  deut*« 
sehen  Gesetzen  unsers  Wissens  diese  Ansicht  in  so  bestimmten 
Formeln  und  Rechtsgrundsätzen  nicht  ausgesprochen  worden  ist, 
so  möchte  sich  doch  unbedenklich  annehmen  lassen,  dala  sie  im 
Leben  bestanden  und  durch  die  Sitte  ihre  Sanction  erhalten  habe. 
Wie.  hätte  sich  sonst  die  sehr  gewöhnliche  Form»  .womit  die  Frau 


110    '  Zeitschrift  für  geschichtliohe 

sich  des  elielichen  Nachlasses  begab,  dem  veirstorbenen  'Manoe 
die  Schlüssel  auf  das  Grab  zu  legen,  bilden  können ;  und  wiiirde 
es  nicht  auch  bei  uns  von  jeher  sehr  unsittlich  und  für  die  Würde 
der  Frau  verletzend  geachtet  worden  sejn,  W€nn  der^Mann  ihr 
ohne  gehörigen  Grund  die  Schlüssel  und  damit  die  Verwaltung 
des  Haus'vr.esens  entziehen  wollte? 

Diese  auf  Einfachheit  des  Lebens  und  auf  die  Innigkeit  des 
ehelichen  covsortii  gegründete  Einheit  des  Haushaltes,  und  die 
dabei  der  Frau  durch  Sitte  und  Recht  eingeräumten  Befugnisse,- 
scheinen  uns  n^n  die  Eigenthümlichkeiten  der  ehelichen  Güter- 
Terhaltnisse  der  Deutschon  vor  denen  der  Römer  veranlafst  zu 
haben.  Zwar  stand  auch  die  Römerin  dem  Hauswesen  vor,  wie 
schon .  aus  den  bei  der  aeductio  in  domum  mariti  beobachteten 
Förmlichkeiten  hervorgeht,  aber  sie  that  es  mehr  als  Schaffncrin, 
wie  als  Genossin  des  Manneis,  und  schwerlich  fand  man  etwas 
dabei  zu  erinnern,  wenn  der  Mann  dieses  einem  seiner  Leute 
übertragen  voUter  Die  Einheit  des  Haushaltes  wurde  auch  nicht 
als  wesentlich  angeseh^n^  denn  ei  konnte  ja  namentlich  der  Frau 
ihr  Brautschatz  vom  Manne  zurückgegeben  werden,  um  von  des« 
sen  Einkünften  sich  und  die  Ihrigeft  zu  alimentiren  (L  ^3.  §./• 
2).  de  iure  dotium);  eine  vertragsmassige  Trennung  vom  Tische, 
die  das  deutsche  Recht  als  dem  Wesen  der  ehelichen  Genossen- 
schaft widerstreitend  gewifs  nicht  zugelassen  haben  wurde* -  Ge- 
nossenschaft aber  ist  in  der  Germanischen  Rechtssprache  der  Kunst- 
ausdruck 2ur  Bezeichnung  des  von  dieser  Seite  der  Gleichheit 
Hud  der  Gemeinschaft  von  Vermögensrechten  betrachteten  eheli- 
chen Verhältnisses.  So,  um  nur  einige  Beispiele  anzuführen, 
heilst  es  in  dem  Frciburger  Freiheitsbriefe  vom  Jahre  1120  art. 
21  :  i>Omni4  muiter  est  genoz  wi  sui  in  hac  civitate;  it  vir 
rmdieris  simüiter.  Omnis  quoque  mulier  erit  heres  viri  sui  et 
vir  similiter  erit  heres  älius;€,  was  in  der  vei wandten  Aurea 
bulta  Bernensis  a.  laiS  art.  4o*   mit  folgenden  Worten^  ausge^ 

drückt   ist:     » quicunque  Jiurgerises  in   urhe  vd- extra  cow 

traxerintj  chiuscitnque  fuerint  conditionis ,  pares  sint  in  omni 
Jure,  et  uno  defuncto  alter  omnia  bona  ipsius,  que  reliquitj  jure 
kereditario  libere  et  quiete  possidebit;€  und  im  Sachs.Sp.  B.  1. 
Art.  4^'  findet  sich  der  Ausspruch,  den  wir  mit  den  Worten 
der  Wolftenbuttler  und  Dresdner  Handschriften  anführen  wr ol- 
len: »Ab  ein  man  sinem  wibe  nicht  ebinburtig  ist,  he  is  doch 
ir  Vormunde  iinde  si  is  sin  genos^unde  trit  in  sin  recht,  wenne 
si  in  sin  bette  gct  «...••  Am  wirksamsten  zeigt  sich  diese  Ge-* 
Dossenschaft  in  bestehender  ^  Ehe ,  -^  und  dies  möchte  gemeinen 
deutschen  Rechtens  seyn  — ;  aber  nicht  selten  bleiben  die  Fol- 
gen davon  auch  nach  aufgelöster  Ebc^  sichtbar,  z.  B.  durch  einen 
lebenslänglicheu  Nicisbrauch  des  Ueberlebeaden  am  Gesammtgute, 


Rechtswissenschaft  von  Savignj  etc«     üi 

oder  c'urcii  Fortsetzung  des  Gesammtbe&itzes  mit  den  Kindern, 
— -  worüber  etwas  Allgemeines  sich  nicbt  mehr  sagen  la'fst,  ge« 
rade  weil  die  Geipeinschaft  mit  Trennung  des  ehelichen  Bandes 
aufgehoben  ist,  und  ihre  späteren  Wirkungen  nicht  mehr  durch 
eiae  strenge  Ausbildung  des  Princips,  sondern  nur.  nach  dem 
der  sckiYankenderen  Billigkeit  bestimmt  werden  können. 

Während  der  Ehe  besteht  nUn  aber  neben  der  Genossen- 
schaft und  im  gewissen  Sinne  ihr  gegenüber,  die  Vormundschaft 
oder  die  Vogtschaft  des  Mannes  über  die  Frau.  Diese  Vor- 
mundschaft des  Ehemannes,  obwohl  sie  aus  der  Ueber tragung  des 
'Mundii,  dem  das  Weib  schon  vor  ihrer  Verheirathung  unter- 
worfen war,  entstanden  ist,  unterscheidet  sich  doch,  so  weit  sie 
auf  das  Vermögen  des  Weibes  von  Einflufs  ist,  von  demselben 
v^esentlich  dadurch,  dafs  das  Vermögen  der  Unverheiratheten  in 
ihrer  Gewehr  und  Verwaltung  bleibt,  und  sie  nur  nichts  ohne 
Einwilligung  des  Mannes  davon  veräussern  darf;  während  das 
Vermögen  der  Ehefrau  der  Gewehr  und  Verwaltung  ihres  Mau« 
nes  anvertrauet  wird.  Der  Grund  dieser  Verschiedenheit  scheint 
uns  nun  lediglich.. in  der  zwischen  den  Eheleuten  wenigstens  für 
die  Dauer  der  Ehe  bestehenden  Genossenschaft,  oder  mit  andern 
Worten,  darin  zu  li^en,  dafs  dem  Ehemanne  schon  als  solchen 
die  Einkünfte  des  Frauengutes  mit  gebühren,  und  dafs  Beider 
Gut  zu  einem  und  demselben  Zwecke,  um  die  Lasten  der  Ehe 
daraas  zu  bestreiten,  dienen  soll.  Wenn  nun  aber  hiernach  nur 
eilt«  Administration  des  Gesammtgutes  geeignet  erscheint,  so  kann 
diese  nur  deni  Manne,  als  dem  Haupte  der  Ehe  gebühren.  Sehr 
merkwürdig  scheint  Rec.  in  der  Hinsicht  eine  SteUe  aus  der  nn« 
gedruckten  Glosse  der  Görlitzer  Handschrift  des  Sachs.Sp«  vom 
Jahre  1387,.. wo  2u  den  Schlulsworten  von  B.  1.  Art.44.  (vulgo 
Art  4^.)  dieses  Reehtsbuches ,  die  Frage  aufgeworfen  wird: 
»worum  mugin  mejde  und  ungemante  weip  ir  gut  vorgebin  'att 
irs  vormundei's  wiÜe,  und  nicht  eliche  weip?«  und  darauf  die 
Antwort  erfolgt:  >Czu  dirre  frage  antwort  wir  also,  meide  und  weip 
di  nicht  bemant  sin  mugen  ir  gut  gebin  jtvem  si  wollen  dorom 
daz  ir  Vormunde  mit  in  czu  schadin  nicht  stet,  ellcher  weibe 
Vormunde  stet  abir  mit  irm  manne  in  ebinture  uf  schade  und 
uf  gewin«.  —  Aus  dieser  Gruiidansicht  des  ehelichen  mnndü, 
und  aus  der  deshalb  dem  .Ehemanne  am  Vermögen  seiner  Frau 
eingeräumten  Gewehr  folgt  nun  in  Beziehung  auf  Veräusserun- 
gen  nichts  weiter,  als  1)  dals  der  Mann  vom  Mobiliar*- Vermö- 
gen der  Frau  rechtsbeständig  veräussern  kann,  was  er  will,  denn 
dieses  hat  die  Frau  durch  Eingehung  der  Ehe  freiwillig  aus  ih-, 
rer  Were  in  die, des  Mannes  übertragen,  kann  also  zur  Vindi- 
cation  aus  der  Hand  eines  '  Dritten  in  keinem  Falle  zugelassen 
werden ;  2)  dafs  er  ebenfalls  ohne  die  Frau  zu  fragen ,  auch , 
Liegenschaften  der  Frau  auf  rechtsgültige  Weise   alieniren  kann 


112  Zeitechr.  f.  geschtl.  Rechts  wissensch.  v.  Savigny  cta 

wenn  diese  Alienation.  zu  solchen  Zwecken  vorgenommen  wnr* 
de^  für  welche  das  Gesammtgut  *  der  Eheleute  bestimmt  war,  also 
s.  B.  um  davon- zu  leben,  oder  um  den  verschuldeten  Mann  mit 
dem  Erlös  von  der  Uebergabe  zu  Hand  und  Halfter  zu  befreien. 
Es  folgt  aber  daraus  keinesweges,  3)  dafs  der  Mann  auch  aus 
anderen  beliebigen  Gründen  die  Liegenschaften  der  Frau — selbst 
wenn  darauf  ein  Faniiliennezus  nicht  haftete»  wp  sich  die  Be- 
schränkung anderswoher  von  selbst  ergab  —  ohne  deren  Za- 
skimniung  an  Dritte  unwiderruflich  übertragen  konnte;  denn  bei 
Liegenschaften  nimmt  der  Umstand,  dafs  ich  die  Gewehr  daran 
einem  Dritten  eingeräumt  habe,  mir  nicht  die  Befugnifs,  mich 
•— -  so  wie  das  Recht  des  Dritten  erloschen  ist  «—  zu  4em  Gute 
zu  ziehen,  auch  wenn  es  sich  jetzt  in  fremder  Hand  befindet 
So  lange  freilich  das  Recht  des  Dritten  fortbesteht,  und  insofern 
er  dasselbe  nicht  durch  die  weitere  Yeräusserung  verwirkt  (vgL 
L  f.  i8.  §«  1.;  II.  f.  g.  pr.;  5a  pr.  §«  i.;  5$  pr.),  kann  der 
Eigenthumer  gegen  den .  weiteren  Erwerber  nichts  ausrichten, 
weil  dieser  durch  das  Recht  seines  Auetors  geschützt  ist;  und 
so  wird  insonderheit  der,  welcher  das  Frauengut,  vom  Manne 
erworben  hat,  während  bestehender  Ehe  gegen  die '  Ansprüche 
der  Frau  um  so  mehr  gesichert  sejn,  da  letztere  ohne  Vollbort 
ihres  Mannes  gar  nicht  gerichtlich  auftreten  kann ;  es  möchte  denn, 
was  aber  ohne  eine  positiv'e  gesetzliche  Vorschrift  nicht  angenom- 
men werden  kann,  die  eigenmächtige  Yeräusserung  des  Frauen- 
gutes den  Verlust  der  ehelichen  Vormundschaft,  wenigstens  hin- 
sichtlich dieses  Gutes  nach  sich  ziehen.  Dafs  aber  nach  getrenn- 
ter Ehe  die  Frau  oder  deren  Erben  sich  nicht  des  Gutes  nn« 
terwinden  können,  folgt  nicht,  und  wir  können  daher  dem  Verf. 
nicht  beipflichten,  wenn  er  allgemein  behauptet,  nach  ursprungli- 
chem Teutschen  Rechte^  sey  das  Gut  der  Frau  dem  Mande  un-^ 
bedingt  unterworfen  gewesen,  und  er  habe  es  frei  veräussern 
dürfen«  Dafs  man  zu  letzterem ,  bteonders  wenn ,,  wie  in  man- 
chen späteren  Geset7.en,  eine  freiere  Veräusserung  der  Liegen- 
schaften gestattet  wurde,  leicht  gelangen  konnte  und  wirklich  öfters 
gelangt  sey  (wohin  4ie  Jura  Friburgi  a*ii2o  art«22u*37*  u*  die  Au* 
reß  huUa  Bern*  a.i2i(iarti  42»  43,  die  wohl  schwerlich  blofs  von  des 
Mannes  Gut  za  verstehen  sind,  gehören  möchten)  bestreiten  wir  nicht  i 
allein  aus  dem  allgemeinen  Zweck  der  Vormundschaft- über  Weiber,  sie 
zu  schützen,  zn  vertreten,  und  für  die  Erhaltung  ihres  Vermögens  zu 
sorgen,  ohne  dals  dadurch  der  eigene  Wille  des  Weibes  ennullirfc  wurde, 
scheint  uns  hervorzugehen,  dafs  da,  wo  der  Zweck  der  ehelichen  Genos- 
senschaft eif  anderes  nicht  mit  sich  braGhte,da£B  mithin  in  den  eben  unter  3) 
aufgeführten  Fällen  derMann  nach  den  echten  GermanisohenRechtsgrund- 
sätzen  die  Liegenschaften  der  Frau  ohne  deren  Einwilligung  nicht  rechts- 
beständig veranssern  konnte,  oder  dafs,  wie  eine  MainzeV  Urkunde  vom  J. 
li3i  sich  ausdrückt,  es  eigentlich  die  Frau  seyn  mufste,  die  die  Veräusse- 
rung vornahm  „per  manum  maritisui  in  cuius  mundihurdio  ipsa  et  bona  eins  ibc« 
bebantur  (ße  Gtdenus  Cod.  dipL  1 1«  p«  98).  (Der  ffeseblüß  folg^O 


^^  S»  Heidelberger  1823» 

t 

Jahrbücher  der  Literatu^. 


Zeitschrift  für  geschichtliche  Rechtswissenschaft  von  >Sat^ißn^  etc. 
f.  ,( Btseblufs»') 

Jtfür  diese  Behauptung  fehlt  es  denn  auch  nicht  an  directenBe-r 
weisen,  von  denen  wir  nur  drei  herausheben  wollen.  Bei  den 
Longobarden  war  das  Weib  bei  Schenkungen  und  yeräusserun- 
gcii  an  die  Einwilligung  ihres  Vormundes  gebunden.  L.  Rat^w' 
ris  2o5»^  Dieses  Gesetz  unterscheidet  nicht  zwischen  unverheira- 
Iheten  und  verheiratheten  Weibern,  und  dals  hinsichtlich  der 
letzteren  den  Ehemännern  keine  grössere  Gewalt  und*  keineswe- 
ges  die  Befugniüs  zustehen  sollte,  ohne  freie  Einwilligung  der 
Frau  deren  Güter  zu  veräussern,  ergiebt  die  Verordnung  in  TLegg. 
Liutprandi  Lib.  IV.  cap.  4*>  wornach  es  bei  jeder  solcher  Ver- 
äusserudg  zuvor  constatirt  werden  mufste,  dafs  der  Mann  die 
Fraa  dazu  nicht  gezwuqgen  habe;  wie  denn  auch  Urkunden 
aus  damaliger  Zeit  ergeben,^  dafs  die  in  gedachtem  Gesetze  ror« 
geschriebenen  Formen  in  der  Praxis  genau  betolgt  wurden  (Urk. 
V.  J.  1017  bei  Muratori  antiquitates  Italiae  medii  aevi  Tom»  s^ 
pag*  4»^  —  43o).  Das  zweite  Beispiel  möge,  das  Lübisclve  Recht 
ao  die  Hand  geben,  in  dessen  ältesten  lateinischen  Handscliriftea 
(bei  de  fP^es^hälen  monumenta  iriedita  tom%  3.  coli,  6 st 3.)  af't* 
%8.  sich  schon  folgende  Bestimmung  findet :  » F'ir  non  potest 
i^pignorare,  vendere  vel  dare  iixoris  sue  immobdia  cum  q^iibus 
ipsa  adhesit  (da  he  mit  "sineme^Wiwe  heft  gendmen  —  Cod,  a,  . 
4fi4o  art,  7.  ibid.  col.  64o»)  preter  eins  voluntatem  et  Liberorum 
si  liberos  hahuerint^  nisi  legitima  cogente  necessitate ,  scilicet 
captivitatiSß  Jarrimisj  ivel  si  in  proprietatem  dort  deberetj,  tunc  id  ' 
sine  eontrad{ctionejaoerepoterit,€  Zur  Vergleichung  möge  Itie- 
neben  das  nahe  verwandte  Hamburger  Recht  stehen,  wo  m  der 
ältesten  Redaction  vom  Jahre  1270  der  aoste  Art.  des  isten 
Stucks  (^bei  Anderson  im  Hamburgischen  Privatrechte-  Thl.  i. 
S.  39.)  so  lautet:  »Werd  en^r  Vrouwen  Erve  medde  geven, 
also  men  se  to  Mann  gifft,  offte  werd  van  creme  Gude  Erve 
koff^,  dat  Erve  ne  mag  cre  Man  nicht  vorsetten  offte  seilen  ,ed- 
<ler  uplaten  ane  ere  VuU-Bort  und  ere' Jawortc  Zwar  ist  die 
Richtigkeit  der  Lesart  hier  nicht  ausser  Zweifel,  indem  nament- 
lich eine  auf  der   Göttinger  Bibliothek  von  Preier  dortliin  ge- 

8 


X 

y 


ii4  ^  Zeitschrift  für  geschichtliche 

schenkte  Handschrift  die  ansgezeichnet  gedruckten  ^Wörter  niclit, 
mithin  gerade  den  entgegengesetzten  Sinn  der  Vorschrift  enthält; 
«nd  in  den  späteren  Redactionen  von  129a  und  i497  >^*  ^^^ 
Artikel  atweichend"  dahin  gefafst :  »Wert  einer  vrouwen  erve 
'  mede  gheven  also  men  se  to  manne  ghift.  ofte  wert  mit  eremc 
goede  erve  coft.  dat  enre  mach  ere  man  wol  setten^ofte  seilen 
ofte  oplaten  ane  ere  valbort  und  ere  jawort.  ofte  he  ein  bederve 
mau  is  und  he  is  behuf  hebbe«  (Statut  v.  lags  C.  XIIII.  bei 
Anderson  a,  a.  O.  S.  266 ^^  Stat.  von  i497  ^*  ^I^*»  ebendas. 
S.  433)«  AHein  'die  Göttinger  «Leieart 'scheint  durchaus  man- 
gelhaft,  und  in  den  späteren  Redactionen  schliessen  die  End- 
worte die  Wniktihr  des  Mannes  aus,  und  gestatten  ihm  die  Ver- 
äusserung  nur  im  Falle  des  Bedürfnisses,  bringen  es  also  auf  den- 
selben Punkt,  Vfle  das  Lubische  Recht,  welches  jenen  Fall  des 
Bedürfnisses  nur  specieller  ausführt. 

Wenn  nun  aber  diese  beiden  dem  alten  Sächsischen  Rechte 
angehörigen  Statuten  dem  Manne  die  unbedingte  Veräusserung 
der  Liegenschaften  seiner  Frau  ohne  deren  Einwilligung  nicht 
gestatten ,  ein  Grund  aber«  warum  die  Städte  eine  solche  Be- 
,  schränkung  bei  den  ^  Immobilien  der  Weiber  neuerdings  einge- 
führt haben  sollten,  so  mrenig  erfindlich  ist,  dafs  vielmehr  ein 
entgegengesetztes  Verfahren  bei  weitem  leichter  zu  eHiLlären  sejn 
mochte;  so  darf  man  wohl  mit  Sicherheit  annehmen,  daüs  jene 
Vorschriften  aus  dem  älteren  Rechte  herüber  genommen  worden 
sejen;  und  mufs  es  bedenklich 'finden,  Mrejin  ftt^  Hasse  aus 'dem 
Stillschweigen  des  Sachsenspiegels  (S.  69,  70  und  }S.)  tfolgeri, 
dafs  es  darnach. der  freien  Willkühr  des  Mannes  überlassen  wor- 
den sey,  Liegenschaften  seines  Weibes  ohne  deren  Jawort  zu 
veraussen.  —  Zur  Bestärkung  unserer  Ansicht  möge  hier  end- 
lich ein'e  auch  sonst  merkwürdige  Stelle  aus  dem  bekamiteo  Eng' 
wüschen  Rechtsbuche  des  Ranulphus  de  GlanviUa  (womit  zum 
richtigern^Verstandnifs  ^ie  Regiam  Majestatem  Likr*  9.  eap,  46» 
§.  4ü  — -  46*  zu  vergleichen  sejn  möchte)  stehen,  die  wir  aus 
der  Ausgrabe  von  1673  entlehnt  haben.  ISs  lautet  hier  nümlich 
Lib.  YL  cap.  3.  so:  i^Sciendum  autetn  estß  quod  muUen  nihil 
jiotest  disponete  circa  dotem  suam  (d.  h.  ihre  Morgengabe,  s. 
fleta  llbr.  5.  cap,  33.  §.  a.)  tempore  vitae  mariti  sm\  Quia 
cum  midier  ipsa  plene  in  potestate  viri  sui  de  jure  sitj  non  est 
mirum  si  tam  dos  quam  ^sa  muiier  et  cetera^  pmnes  res  qfsius 
midier  is  plene  intelliguntur  %ssä  in  dispositione  wi  ipsias,  Potest 
autem  quüibet  iixörem  heJfens ,  dotem  uxoris  suae  donare  njel 
*venderi,  vel  tdio  quo  voluerit  modo  alienare  in  t/ita  suay  ita 
quod  tenetur  uxor  sua  in  hoc  sicut  et  in  aliis  rebus  )omnihus, 
quae  contra  deum  no7i  sunt  ei  assenttre,  Adeo  euitem  ienetur 
mulier  obedire   viro  suo  quod  si  vir  ejm  dotem   suam.  V€nderc 


'  Recbts Wissenschaft  von  Savigny  elc.        iiS 

pöluerä  €t  ipsa^eantradixerUß  fal.  consenstrii)  npostea  fuerk 
ita  pmüta  dos  ei  emptUj  mortuo  i^y-Q^stio  (oL  adduut:  non) 
poterii  midier  dotent  ipsam   versus  empiorem  petertj  si  confessa 
fuerh  üi  curia  vdf/fuper  hoc  convicta  quod  ea  contmdictntc  (td 
consentientej  viro  suo  fuerit  dos  a  viro  suo  i^cnditOM  '* 

Rec.  ist  bisher  dem  Verf.  mit  grösserer  Ausföhrliclikeit  ge« 
folgt,  weil  es  den  Grundbegriffen  des  Ganzen  galt;  tum  £inzel<» 
nen  mofs  er  sich  daher  desto  kürzer  fassen,  und  sich  —  ausser 
beim  Lübischen  Rechte,  wo  es  noch  einmal  einer  Grundansichf 
gelten  wird  —  mit  einzelnen  Bemerkungen  begnügen« 

Zunächst  wird  nun  das  eheliche  Güterrecht  nach  dem  Sach«»* 
seaspiegel  dargestellt;  ei'nleitungsw eise  bemerkt,  das  Eingebracht« 
der  Frau  habe  gewöhnlieh  nur^tn  Gerade  bestellen  können;  dann 
voa  den  einzelnen  Bestandtheilen  des  iingezweit^n  Guts  wiihrend 
d/*r  Ehe,  gehandelt^'  und  als  solche  angeg<:ben:  Eigen >  Gerade^ 
Morgengabe,  eingebrachte  Fahrnif»  des  Mannes  ui^d  der  Frau^ 
die  nicht  zar  Gerade  gehören,  und  Erwerb  in  der  Ehe  ausseid 
der  Gerade.  —  Wenn  der  .Verf.  bei  der  Gerade  behauptet,  in 
fruherea  Zeiten  sdietne  sie  mehr  auf  w^blichen  Schmdck  be^ 
schrankt  gewesen  zu  seyn:  so  erhält  das  durch  Lex  Bargund* 
Tit«  5i.  §.  3.^  wo  auch  nur  otnainenta  et  uestintenta  matrimo*- 
rutia  genannt  werden,  seine  Bestätigung.  Ovis  die  Schaafe  z^r 
Gerade  gezählt  werden,  erklärt  sich  um'  so  leichter  aus  dem  Geiste 
des  IdstttutSy  da  nicht  blols  das  Kratzen  der  Wolle  sondern  auch 
das  Scheereu  der  Schaafe  vor  Alters  za  den  Geschäften  der  Wei» 
her  gezShlt  wurde.  ,Capit.  i.  a.  j89ycap.  79  in  fin.  Deshalb 
ist  es  denn  ^uch  ganz  in  der  Ordaung^  dafs  nicht  blols  einzeln« 
Schaafe,  sonderoi  'Wenn  deren  auch  Viele,  zur  Gerade  ^[erechnet 
wurden.     So   sagt  auch   die   Görlitzer  Glosse   zum  Sachs.Sp.  L 

^4 »Hot  Qin  fieischhonwer  schoff  ocler  rinder  odir  ku  odir 

aadtr  vich  do  er  alle  tage  czu  den  benken  abslet  daz  gehört  czu 
dem  erbe  und  nicht  czu  <  der  gerade«  hot  er  abir  schoff  oder  kue 
vz  gethan  umb  nucz  daz  ist  umb  caUAs  odir  hot  erz  in  sime  hns6 
czu  sime  tegelichen  nucze  waz  sotans  weibez  gesiechte  ist  dai& 
gehört  CBU  der  gerade  ?on.  rechtiswegedc.  Aber  warum  ist  vom 
Verf.  nicht  der  Heerwedde  neben  der  Gerade  gedacht? —  Ge* 
wi£i  deshalb,  weil  wenn  der  Mann  die  Frau  überlebt  nur  die 
Gerade  ausgeschieden  wird,  das  Heergewedde  aber  gar  nicht  als 
etwas  Besonderes  hervortritt,/ sondern  ab  cfin  gewöhnlicher  B&- 
standdietl  des  Erbe  bei  dem  Manne  bleibt«  Wir  meinen  nnn 
alxT,  a«ch  die  Gerade  trete  als  etwas  Besonderes  erst  bei  einem 
£rbfalle  und  der  demnächstigen  Erbtheilung  hervor,  und  las'se 
sich  nicht  füglich  als  ein  Bestandtheil  des  ungezweieten  Gutes 
«DgcSien  ;•  denn  theils  ist  es  früher  von  matiehen  Gegenständen 
^twifs^  <4>  sie  zum  Qrbe,  zmp  Heergerätbe  oder  zur  Gerade 


-> 


ii6  Zeitschrift /für  geschichtliche 

kommen,  theik  reden  die  Rechte  davon  nur  bei  TheSangen  des 
Vermögend,  theils  endlich  möchte  es  von  keinem  praktischen  In- 
teresse sejn.  das  Mobiliarc  früher  nach  jenen  Rücksichlen  zu 
sondern,  da,  wie  Hv,  Hasse  n^ch  dem  Sachs,Sp.  ausfährt,  und 
wie  das  noch'  bestimmter  in  manchen  Westphalischen  Statoften 
herausgehoben  ist,  der  Mann,  über  alles,  was  zur  Fahrnifs  geliorte, 
auch  über  solche  Gegenstände,,  welche  dereinst  als  Gerade  der 
Frau  oder .  deren  Erbinnen  anfallen  möchtejn ,  ohne  auf  Nothfälle 
beschrankt  oder  zur  Rechenschaft  gehalten  zu  sejn,.frei  verfiigeo 
konnte  (^ergl.  die  alten  Dortmunder  Rechte  bei  Dreier  in  den 
'Nebenstunden  S.  4^99  Rüthenisches  Stadtrecht  yom  Jahr  üjS 
<:ap*  44  — 58). 

Bei  der  Morgengabe  eildärt  der  Verf*  das  im  Sach%«Sp.  I, 
20.  vorkommende  und  oft  miüsverstandene  »getüne  und  getim- 
barec  durch  ein  Gebäude,  was  aber  hier  als  Fahrnifs  gedacht 
werden  mu^e.  Die  Richtigkeit  di<^ser  Erklärung,  ergiebt  sich 
auch  noch  aus  Aen.Codicibus  picturatis,  die  zu -jenen  Worten 
des  Artikels  ein  mit  einem'  Zaune  .befriedetes  Hausi  darstellen, 
und  aus  der  Gorlitzer  Glosse,  die  hier  bemerkt:  3 Nota  AI2 
er  spricht  czune  und  czimmer  ••»••.  daz  ist  alle  g^bude  dax  uf 
eines  gute  stet  • .  • .  daz  .gibt  er.  siner  frauweu  nach  mejdcbur- 
giscbim  rechte,  und  mag  iz  auch  losin  ab\er  wil.  —  jilf  einme 
weihe,  so  gebude  un4  czune  und  czimmer  gebin  wurde  und  si  bot 
iz  czu,  losie  und  genir  weigert  iz  czu,  losin  mochte  siiz  alhrechin 
und  weg  füren  mit  rechte?  Hir.  uf  spreche,  wir  ein  recht,  si 
muge  noch  lantrcchte.  und  nicht  nocU  weicbilde  rechte,  wen  czu 
weicbilde  bawct  man  mit  steinen,  dorum  so  sol  man  czu,  weic- 
bilde rechte  keine  morgengabe  geben  aa  gebude,  sundern  ein 
genant  gelt.,  odir  sotan  ^gebude  czu  irem  leibe/  und  wejine  si 
stirbt  so  gevelt  iz  wider  an  irs  manues  erb«n  vo,n  xechtiswe- 
gen«  (yergl.  d.  Sacfa%.  Weichbjld  Art.  aa  ). 

Wir  übergehen-  was  Hr.  Hasse,  über  die  Theüung  des  Gu- 
rtes bei  aufgelöster'  oder,  getrennter  Ehe  bemerkt,  un4  wenden 
uns  sofort  s^u  der  .Frage,  ob  die  Schuld  nach  dem  Sachsenspie- 
gel auf  dem  ungezweieten  Gute  behaftet ?~  Die. Frau  <kann  die- 
ses nsftürlich  nicht  bewirken,  auch  der  Mann  nicht  in  dem.  M»afse, 
dafs  sein  oder  der  Frauen  Eigen  oder  die  der  Frau  am  Eigen 
eingeräumte  Leib zucht  dafür  haften  müfsten,  das  folgt  schon  aus 
dem  Sachse  Sp.  I*  6.,  wonach  die  Schuld  nur  von  der  yoThande« 
nen  fahrenden  habe,  gegolten  werden  solL^  Die  Frage  steht  da- 
»her  blofs  so :  ob  die  Frau  Mu&theil,  Gerade,  Morgehgabe  und  eine 
etwa  .zugesicherte  Widerlage  vQrwcg  nehmen  konnte,  oder  ob 
,sie  dieselben  im  Notlifalle  zur  Bezahlung  der  Schulden  beim  Erbe 
laWn  mufste?.  ^— :  Der  Verf.  verneint  dieses  .letztere,-  und  mit 
, Aufnahme,  des  , rückständigen  Liedlohns  haben  wir,  so  viel  das 


r 


Recht5#isfien$cliaft  "^pti  Savigny  etc.        117 

Reclit  des'  Sachsenspiegels  betrifft,  kein  Bedenken  ihm  beizu- 
pflichten, und  meinen  zu  seinen  Gründen  noch,  folgendes  hiniu- 
fiSgen  zu  können :.  i)  Die  Schuld  soll  nach  dem  Sachs.Sp«  L  6. 
vom  Erbe  entrichtet  werden,  non  sagen  aber  die  alten  fast  ganz 
auf  jenes  Rechtsbuch  gegründeten  Goslar.  Statute.  »Van  Ervec 
§.  70.  (bei  Leihnitz  Script,  rer.  Brunst^ic,  Tom.  3,  pag,  4Sj): 
Wat  in  enes  weren  bestervet  dat  syn  was^  do  he  levede  wente 
aji  sjnen  dot,  dat  is  all  erve  sunder  herwede,  gerade  und  lehn- 
gudc,  also  haftet  sie  auf  diesen  letzteren  Gegenständen  nicht; 
uod  das  ordnen  die  gedachten  Gesetze  zum  Ueberflufs  mit  ddr^ 
reu  Worten,  indem  von  der  Verbindlichkeit. der  Erben^  die  Schul- 
den des  Erblassers  zu  bezahlen  gebandelt  und  dabei  die  'Aus<^ 
nähme  gemacht  virird:  »Van  .morgengave,  vaugherade  van  her- 
vrede  en  gilt  men  nicht.  Van  lifftucht  en  gilt  men  nicht,  de  cn 
man  siueme  wive  jnackct..  . .  •  (ebendas.  §.  35.  36,  coli.  §.  77 
a.  E.).  a)  Ferner  kommt  in  Betracht,  dafs  nach  dem  Sachs.Sp. 
ly  22  und  24*  liur  der  Oienstlohn  vom  ungezweieten .  Gute  be- 
2a1ilt,' dann*  aber  sogleich  gemufstheilt,  und  Herwedd^  und  Qe- 
rade  ausgeschieden  werden  sollen.  Hätte  noch  mehr  vorweg  und 
mit  Hintcmausetzung  des  Heergeräthe  und  der  weiblichen  Rechte 
berichtigt  werden  sollen,  so  wäre  sicher  des. Diensilohns  nicht 
besonders  gedacht,  sondern  es  würde,  wid  z.  B.  im  Freiburgcr . 
Stadtrechc  v.  J.  i'52o  Tract.  3.  Tit.  3.  §•  'Und  damit  .  .  und. 
§.  fin.  allgemein  geordnet  seyn,  »dals  vor  allen  Dingen  ufs  ge-*/ 
memem  Gut  die  Schulden  bezahlt  werden  sollen.«   ' 

Im  folgenden  führt  Hr.  H.  aus,  dafs  die  Grundlage  des  . 
ehelichen  Güterrechts  im  Schwabenspiegel  dieselbe,  die  sie  im 
Sachsenspiegel  war,  geblieben,  die  Gerade  aber  in  der  fahrenden 
Habe  untergegangen ,  die  Veränsserung  des,  Frauengutes,  selbst 
des  beweglichen,  auf  NothfijUe  beschränkt;  auf  [Verschleuderung 
des  Prauengutes  Suspension  der  ehelichen  Vogtsphaft  gesetzt,  und 
hinsichtlich  der  Güterrechte  das  schon  von  grossein  Einfilufs  ge- 
Virorden  sej^,-ob  die  Ehe  beerbt  oder  unbeerbt  war. 

Endlich  läfst  der  Verf.  die  Darstellung  des  {bübischen  Recl^ts 
folgen.  Hier  gehe  im  Fall  einer  unbeerbten .  Ehe  \\h  Wesent- 
lichen dasselbe 'Recht  nvic  es.  oben  aus  dem  Sach/seiispiegel  nach- 
gewiesclh  worden  sey,  im  Fall  einer  beerbten  Ehe  aber  hätten 
die  Verhältnisse  sich  zu  einer  eigentlichen  Gütergemeinschaft, 
oder  zu  einer  Gemeinschaft  der  Rechte  selbst,  hfosichtlich,  deren 
die  Eheleute  zusammen  eine  juristische  Person  bildeten,  un\ge- 
sultety  dem.  Manne  jedoch  habe,  vermögender  beibehaltenen  ehe- 
lichen Vormundschaft  die  Administration  des  Gesammt Vermögens 
zugestanden.  Diese  Modifieatton  erkläre  sich  leicht  darauf,  dafs 
nach  Lubischem  Rechte  die  Weiber  auch  bei  Liegenschaften,  die 
gar  nicht  höher  al$  Kopfcatt  geachtet  wurden,  gleiche  Erbrechte 


iiS  Zeitschrift  für  geschichtliche 

\vie  die  MSnneir  geftabt  hättda^  und  aiis  dem  gescbwaclitfn'ftöclite 
der  nächsten  Erben  am  Eigeii,  was  jetzt  nur  noch  ein  Näher- 
recht und  selbst  dieses  schon  im  Rechte  von  i24o  auf  ererbtes 
Eigen  beschränkt  sey,  welches  letztere  dfr  Sachsenspiegel  nir- 
gends erfordere^  auch  habe  eine  indir^cte  Veräusserun^  dieses 
Erbgutes  durch  das  Contrahiren  von  Schulden ,  wofür  jenes  zu- 
let^a  als  Pfand  gehaftet  habe^  statt  gefundeq. 

Hier  kann  Ree.  gleich  in  mehreren  Punkten  mit  dem  Verf, 
nicht  einverstanden  sejn;   zuvörderst  nicht  darin,  wenn  derselbe 
andeutet,   nach   dem  ä'ltes^ten  Lübischen  Rechte  habe  den  näch- 
sten Verwandte»  auch  auf  die  wohlgewonnenen    Liegenschaften 
eines  Mannes  dasselbe  Recht ^  wie  auf  angeerbte  zugestaiklen ; 
denn  auf  letztere  bescliränkt  ^,  nach'  Hr.  H  —  s  eigenem  Anfuh- 
ren, der  Cpdet  von  t34o,  und  obwohl  die  lateinische  Recension 
viel  früher  abgefafst  gewesen  seyn  mag,  so  würde  man  letztere 
doch  nicht  in  den  Jahren  «232,  i235  und  «243  mehreren  Städ- 
ten ohne  Aenderung   in  Abschrift  mitgetheilt  haben,  wenn  seit- 
dem* das  Recht  sich  in   einem  so  bedeutenden  Punkte  geändert 
hätte.     Auch  , ist  ja   in   der   Lateinischen   Recension,  im  Artikel 
3'de  conqttisitis.  proprietatibus   viri^^     dem  Manne  die  Befugnifs 
eingeräumt,   mit  seinen  wohlgewonnenen  Gütern,  also  auch  mit 
seinen  wohlerworbenen  Liegenschaften  nach  Gefallen,   ohne  Jfr* 
mandes  Widerrede  zu  schalten —  {de  H^estphalen  monum.  med, 
T*  ni.  col.  622);  wie  denn  auch  der  Deutsche  Codet  voft  1240 
.Art.  igt',  coli.  192  und  242.  solche  Liegenschaften  in  der  Hin- 
sicht ddr  Kopscatt'  gleich  geachtet  wissen  will   (vergl.  das  Jüti- 
sche Low  B.  4.  Gap«,  6.  §.  5,  6).  Pieses  scheint  uns  nun  auch 
der  echten  germanischen  Ansicht  über  die  Familienverbindungen 
und  deren  Pfand  die  Erbgüter  völlig  angemessen ;  und  wir  indch- 
ten   daher   fast  glaubeo , '  dafs  auch  im  Sachsenspiegel  Kaufeigen 
nur  als  Surrogat  des  wohlgewonnenen  Kaufpreise^,   und  dessen 
Veräusserlichkeit  als  von   der  Einwilligung  der  Erben  nicht  ab- 
hängig angesehen  worden  sej;    wenigstens  sagt  schon  die  Gdr- 
lizer  Glosse  zu  B«  %,  Art.  5a;     thot  ein  man   erbe   und  eigen 
um  sein  wolgewuifmeu  habe  gekauft  und  mag  er  das  Volumen 
daz  ers  in  geweren  in  jgewelden  b«b  c^  tun  und  ezu  laten  als 
recht  ist  (das  bezieht  sich  nach  der  vorangehenden  Frage.  bIo£s 
auf  den  Beweis,   dafs   es  kein  Erbeigen   oder  dessen  Surrogat 
sej),   er  mag  dat  gut  geben   und  uflasen  wem  er  wil  uf  alle 
daz  recht  daz  recht  is  von  rechtiswögen «.  —    Femer  scheint  es 
uns  bedeokKch,  wenn  der  Verf.  annimmt,   man  habe  angeerbtes 
Eigen  unbeschrankt  veräusseru  können,  wenn  man  es  zuvor  den 
nächsten  Erben  zuoi  Näherkauf  augeboten  gehabt  habe;  denn  da* 
mit  würde  die  Vorschrift,   dafs,  gewisse  Notbfalk  abgeredmet, 
ohne  der  Erben  VoJlbc^  nichts  dergleicKen  veräus^erl  werden 


Recbtswisseo^chaft  Ton  Savigoy  etc.        119 

»lle,  int  WideMpruchc  jftelieBy  Wir  teeiato  dalier^  es  beiiehe 
shb  jenes  Näherreclii  der  Erben  blols  auf  die  Fälle,  wo  der 
Verlauf  des  Erbeigen  ausoalkinaweise  gestattet  warj  wie  les  sich 
in  der  alten  Lex  Saxoiluni  l^'\i,  17.  §.  i,  findet  und  im  revi- 
drten  Lüb*  Recbte  Lib.  I.  Tit.  X.  Art.  6.  ausdrucklich  vorgc* 
9:hriebeu  ist.  «^  Ferner  sagt  der  Verf.,  Gerade  und  Heerge« 
vette  sejcn  im  Lübtschen  Recbte  ganz  aufgehnbeti;  und  das  ist 
11  soferne  richtig,  als^man  darunter  dne  Aufhebung  jener  Insti- 
tite  dteai  Namen  und  der  Ausdehnung  nach,  worin  sie  im  Sacl»- 
s^nspiegel  und  in  Westpbilischen  und  Sächsischen  Statuten  vor- 
iommen,  versteht;  sonst  aber  sind  mehrere  Ueberbleibiel  davon 
unveriiennbar    (vergL   «•  B*   den   Cod^x  r.  ia4o«   Art.  5.  6« 

10.   27).  V 

Am  wichtigsten  isl  aber  wa»  Hr,  H»  über  das  in  beerbter 
Ehe  euitrotende  Verhältnifs  ^sagt*  DaTs  hier  eine  wahre  Güter- 
gemeinschaft, und  twar  eine  Gütergemeinschaft  in  dem  Sinne 
vorhanden  sey,  in  Welchem  der  Verf.  das  Wort  bereits  in  seiner 
früheren  Schrift,  über  diesen  .Gegenstand  gebraucht  bat,  und  aus- 
schlleUsch  gebraucht  wissen  nkichte;  leitet  derselbe  aus  zweien 
seiner  Meinung  nach  untrüglichen  Kennzeichen  ab;  daraus,  dafs 
alsdann  das  ursprSngliche  Gut  der  Frau  mit  für  die  Schuld  her- 
kommen' muCste,  und  daraus,  dafs  nach  dem  Tode  dbs  eineii  Eher 
gatten  zwischen  dem  Udoicrlebenden  und  den  Kindeiti  das  gor 
sammtle  Gut^  ohne  bei<  dan  einzelnen  Stucken  darauf  zu  aeheui 
von  welchem  Ehegatten.; sie  ahstanunten,  getbeik  wurde.  R^c. 
»efs  gestoben^  .dab  diese  Bdweise  ihm  keinesweges  ausmdiend 
erscheineUy^nd  |däfs  er  sich  freuet,  der  bisher  von  dem  Ver£ 
ohae  Bdege  aufgestellteii  Ghadansicht  von  der  ehelichen  Güter- 
gemeinschaft in  X>,eutachlünd ,  jetzt  einmal  auf  festem  htstonsthen 
Boden  begegnen  zu  können»'-^  So  Viel  nun  zunächst  dasXü- 
hisohe  Recht  anbetrifft,  so  sefaeinlen  üns.der  .Ansicht 'des  VerCs. 
folgende  'entscheidende  (laründe  .eiktg^en  ^;pA  stehen:  'i)  Traie 
wahrend  einer  beerlActa  Ehe  vollige  Gütergemeinschaft  in  dem 
Tom  Verf.  angehommeii^D«  Stnoe*  ein;  so  könnte  das  bei  keinem 
Stöcke  des  Sammtgutes  eine  Verschiedeirfieit  maoheii,  ob  es  von 
dem  Manite  oder  von  der  Frau  herstammt,  und'  wenn  es  daher 
hei  der  Veränsserung  von  Xiegenscliaftenfatif  die.  Einwilligung 
der  Frau  überall  ankommen  sollte,  so  hätte  das  oluie  locoQSie- 
qoenz  aidit  auf  dMvoii  derselben  eingebrachten  besdiränkt  wer^ 
den  dürfen.  Letzteres^  ist  nun  aber  geschehen,  und  was  ja  nicht 
tubeachtet  zu  lassen,  die  Einwilligung  der  beerbten,  wie  der 
unbeerbten  Frau  auf.  gleiche  Weise  erfordert,  auch  sind  die  da- 
bei eiotretffnden  Au^nahmeu  ie  beiden  Fällen  gleich  bestimmt 
(Cod.  Las.  arl.  %%^.  ENulacber  Codex  v*  J,  ia4o  Art,. 7  und 
16t;  vergl»  mit  Arl«  199;  revid.  Lüb,  Reicht«.  B.  s.  Tit*  5.  Art«. 


12A 


Zeitschrift  für  geschichtliche 


8  and  9^.  Schon  hierin  scheint  es  uns  sehr  klar  ausgesprbch^i  dab 
so  lange  die  selbst  beerbte  £he  besteht,    die  Jlechtc  der  Frat 
ihr   abgesondert  verbleiben ,   und   dal«  der  Mann,  wie  in  unbe- 
erbter Efie  darüber  nur  kraft  seiner  ehelicbeu  Vogtschaft  verCitr 
gen  kann.    Daau  kommt  nun  aber  a)  daJCs  die  nach  den  Ansiclr 
teu  des  Verfs    durch  die  Geburt  eines  Kindes  begründete  innere 
Gütergemeinschaft  sich  wieder  in  eine  blosse   äussere  Gemein- 
schaft der  Rechte  auflöse,  wenn  das  Kind  wieder '  verstirbt,  dam 
wieder  ierstere  eintritt,   wenu  ein   a&weites  Kind  geboren   wirc^ 
mit 'dessen  Tode   dasselbe   abermals  wegfällt  u«  &  w*     Würden 
sonach  den   Eheleuten  der  Reihe   nach   7   Kinder  geboren  und 
diese  verstürben  wieder,  so  hätten  eictteve  7  mal  angefangen  und 
7  mal  wieder  aufgehört,  eine  juristische  Person  zu  bilden,  so  wate 
zwischen  ihnen  7  mal  die  aussere/Genieinischaft  der  Recfafte  auch 
zu   einer   innere»   und  eben   so   oft  letztere  wieder  zu  ersteicr 
geworden!     Wie  kann   nun  aber  eine   Grundansicht  der  Ver- 
hältnisse,  die  zu  solchen  Resultaten  führt,  dem  schlichten  Sinne 
unserer  'Vorfahren  angemessen  geachtet  werden!     Nun   evwäge 
man  femer    3)  dafs  während  bestehender  Ehe  «^  deii  einzigen 
Fall  der  Flüchtigkeit  des  Mannes  wegen  Schulden,  der  vom  Vf. 
selbst  S.  io4'-<^  106 -genügend  erklärt  ist,  abgerechnet'-'^  «die 
Verhältnisse  sich  "gleich  sind,   e^  mögen  Kinder  vorhandea'seyn 
oder  nicht.     In  <dem    einen  wie  in  i dem  andern  Falle  kann* der 
Bfani^  über  die  gesammte  Fahrnifsy  aubhi  in   soweit  sie  von  der 
Frau  herstammi,  frei,  über  deren  Liegenschaften'  aber  in  der  Re- 
gel nur- mit  ihr^r  Einwilligung  verfügen,    ohne  für  Veraussertes 
nicht  blöfe  Umgetausthtes^  zum  Ersatz  pfiichtig  zu  s«jii;'in  dem 
einen^Vie  in  dßm  andern  Falle  darf  jund  mufs  das  Gut  der  Frau 
zur  Befreiung  des  Mannes,  aus  dem  Gefängnisse  verwaiidt  wer- 
ded;  ki  dem  einen  wie!  «n  dem  andern  Falle  sind  Verpflichtung 
gen,  .welche:  die  Frau,   die '  keine  Handolsfrau  ist,   ohiie   ihren 
VorniuiKl  (den  Manu)   übernimmt,  ungültige   während  dagegen 
» wat  en'  man  lovet  sunder  siu  wif  vor  Ralmaunen,  (diese  Form 
ist  deshalb  nöthig,   weil  sonst  >  die  Schuld  gegen  die  Frau  nicht 
»witlic«  uicht  1>eweisbar  ist  vcrgl.  Cod.  v.  i24o  Art«.  162;  colL 
Art.  '5i' und  53.  Cod.  Lat.  art.  63  und  64)  dat  schal   dat  wif 
gelden  sunder  Wedersprake  (Cod«.Lat.  art.  34;  Cod.  v.J.  1240 
Art*   a*).  '    )  ••••.. 

Nur  erst,  wenn  die  Ehe  durch  Tod  oder  ^chuldenflücbtig^ 
keit  des  Mannes  aufgelöst  worden  ist,  zeigt  sich  die  Verschieden- 
heit der  beerbten  von  der  unbeerbten  Ehej  und  da  können  wir 
gleich  den  Schlufs  nicht  zugeben,  dafs  auch  schon  früher)  ^  wäh-f- 
rend  bestehender  Ehe  solche  Verschiedenheüen  statt  gründen' 
haben  müssen:  denn  wie  oft  ist  es  nicht  der  Fall  in  deä  Deut- 
sehen    Statuten,   dafs  oach   dem  Tode  des  einen  Ehegatten -der 


Recht$wissehsehaft  von  SaVigby  eta       i A t 

DclerldSendis  xmii  gesanmiten  imdtgelalseiien  Gute  iir  eilt  ande- 
res Verliältuifs  kommt  als  btslier.  Das  Besondere,  was  alsdaan 
das  Lübisclie  Recht  für  den  Fall,  dafs  die  Bhe  beerbt  war,  vor- 
sclireii]^  lälst  sich  uusers  Erachtens  auch  ohne  Anfaahme  eines 
froheren  GeSammteigenthums  genügend  erklären.  Die  Erbschaffts- 
Verhältnisse  sind  schon  in  .unbeerbter  Ehe  so  regüKrt,  dafs  der 
überlebende  Ehegatte  am  ptivatif  en  Gute  des  Vorverstorbenen 
paftidpirt,  und  nur  einen  Theil  davon  an  dessen  Erben  heraiu- 
giebt,.  daher  alsdann  stets  das  Sondergut  der  Frau  ausgeschieden 
werden  mufs.  Dieser  Ausscheidung  aber  bedarf  es  nicht^  wenn 
Kiader»  also'  dieselben  Erben  für  beide  Aeltek'n  vorhanden  sind, 
und  wo  der  Ueberlebende  zunskihst  mit  diesen  in  Gedej  iind 
Verderb  sitzen  bleibt,  ^und  wenn  es  ^ns  irgend  einem  Grunde 
zur  Abtheilung  kommt,  diese  rucksicfatlich  des  Vermögens  beider 
Aekern  erfolgt  ('Cod.  Lat.  Art.  di  «^  23,  ^j  hei  de  We$tpha?^ 
kfi  mon  ined.  Tom  3'  cM,  6m3J»  WTozu  also  jetzt  noch  5on- 
dcrung  dessen,  was  von  dem  einen  und  was  von  dem  andern  Ehe^ 
galten  herstammt,  da  dieses  ja  gar  keinmi  praktischen  Nutzen  ge- 
währen kann? 

Schwieriger  ist  die  Lösung  der  Frage,  warum,  wenn  der 
Mann  in  :Schulden  vertieft  stirbt,  öder  deshalb  fluchtig  wird,  die 
beerbte  Ehefrau  ihr  sämmtliches  Gilt'  seinen  Gläubigem  opfern 
mufs,  während  die  uäbeerbte  das  ihrige —  verstellt  sich  so  weit 

es  noch  rorhanden  ist  -—  ^riick  nimmt?  . Die  Verpflichtung 

der  Frau,  den  lebenden  anwesenden  Ehegatten! mit  allem  ihrem 
Gute  von  ETgensciiaft  und  Gefiingnifs  zu  befreien,  kann  hier,,  wo 
dergleichen  nicht  zu  besorgen  steht,  nkhts  erklären,  und  das  um 
so  weniger,  da  jene  Verpflichtung  die  unbeerbte  gleich  der  be- 
erbten trifft/  '  Im  Udbrigen  aber  darf  nicht  iiberseheiu  werden, 
dafs  in  dem  ältesten  Lübischen  Rechte,  wie  es  in  den  Lateini- 
schen Handschriften  enthalten  iit,  von  .der  Befugnifs  der  u^beerb^ 
tcD  Ehefrau,  ihre  Tor}ianden/en  lUaten*  zurück  zti  nehmen,  sich 
Boch  keine  Spur  findet,  dafs  in  dem  Codex  von  *t^4o,  und  selbst 
noch  in  viel  jüngeren  Handschriften,  die  Rückn^hnue^  der  Mit- 
gift ihr  unbedingt  nur  für  den  ]Fall  gestattet  ist,  dafs  der  Mann 
Schidden  halber  fluchtig  wurde  (CodU  ▼•  ta40|  Art«  i62;  Cod.- 
Brock.  IL  Arti  4o ;  Cod.  BrocL  IIL  Art.  Ro)^  im  Fall  er  fainge- 
geo  iu  Schulden  vertieft  starb,  diesd^ben  ihr  dieses  mir  dann  eiii-* 
räumen,  wenn  der  Mann  so  kurz  ilacli  Eingehung  der  Ehe  gestor- 
lien  war,  dafs  er  noch  kein  Kind  von  ihr  hlitte,  und  wenn  xu-> 
gleich  die  Schulden  schon  vor' der  Ehe  cöntrahirt.  waren  (Cod«. 
T.  ia4«,  Art.  19B;  Cod.  Brock.  I.  Art.  167;  Cod«  Br.  U.  Art« 
3;;  Cod.  Br.  IIL  77)«  £rst  im  revidirlen  Läbischien  Rechte,  Th« 
L  Tit  5.  Axt*  5.n.  11;  Thl.  Hl.  Tit*  i  Art.  9,  findet  sich  all- 
gemdnand  lOibeschränkt  dieRegd  ausgesprochen,  dafs  nach  dem 


/ 


ifti  Zeitschrift  für  geschiditlidie 

Tod«  des  verchttldet  verstöibcSnen  Ekemonnesi  die  unbeerbte  Ehe^ 
frau  das  Ihrige  vorweg  Dehmen ,  dürfe. 

Nach  dieser  Darstellofig  des  geschichtlichen  Gaoges,  den  es 
»it  den  Yorsdirij&en  über  jenen  Gegenstand  g^noramen  hat^scheiot 
«s  uns  vielmehr  so,  als  s^ej  ursprünglich  die  Frau  mit  ihrem  Gute 
für  die  Sohnlden  audi  des  flüchtigen   oder  Yerstorbenen  Mannes 
KU  haften  ischlechthin  verpflichtet  gewesen;  wonach  denn  die  Auf- 
gabe ludit  darauf y   warum  die  beerbte  Khefrau   hafte; ,  sondern 
vielmehr  darauf,  weshalb  die  unb^rbte  späterhin  nicht  haftete, 
EU  stallen  'Seja  mochte.     Die  L&uhg  dieser  Aufgabe,  wobej  der 
allgt^meine  Unterschied  «wischen   der   beerbten   und  unbeerbten 
Ehefrau  sich  freilich  leicht  aua  der  Rücksicht,  welche  auf  die  Er- 
ben, dteder  JFrauen  Güter  warten, genommen  wurde,  erklart  (vergl. 
Schwab^Sp.  Kap.  363.  §.  4*  u.  5.),   die  Erklärung  der  näheren 
Medificationen    aber    bedeutenderen    Schwierigkeiten    unterliegt, 
würde  hier  an  weit,  führen.     Für  den  gegenwärtigen  Zweck  ge^ 
BHgt  c»'2u  bemerken  y  daft  die  Verpflichtufig  der  beerbten  £hc- 
fr&u,-  in  den  angegebenen  Fällen   für  die  Sdiolden  A^%  Mannes 
mit  ilircm  Gute  zu  haften,  nach   dem  Bisherigen  duf  keine  X\\ 
»um  Beweise  einer  vorhandetien  GntergemeiHsehalt  angeführt  oder 
daraus   erklärt   werden  kann,,  da   die   unbeerbte  .Ehefrau,   die 
nacli   der  eigenen  Theorie  des  Yevfs.   mit  ihrem   Manne  gewifs 
nicht  in  Gütergemeinschaft  stand,  ursprünglich   ebisn  io  strenge 
als  die  beerbte  haftete;  wie  das '  auch ^  den' Yorsohriften  des  Lü- 
bischcn- Rechts,  dals  die  Fran  bezalilen  mnfs,  was  i  der  Mann  auf 
beweisliche  Weise  versprochen  hat^  und  dafs  die-  Gläubiger   des 
Fluditigen    oder  Verstorbenen   durch     eine  Resstiuiig.  >der   von 
demselben  hinterlasscnen ,  also  in  gewisser  Hjncbt  als  noth we^ 
drge»Ffend  für  die  Schuld  angeselienen  Güter  ihre  Befrtedigung 
stiohefei  Idnnen  ( Cod.  v..  J.  t a4ow  Art.    7a ,   88   ^,  a^'o\    Cod. 
Brock.  L  Art*  73,  iao,^i.52,  is56.  tu  s.  w.\  ganz  angemessen  ist. 
Ja,  halte  jener  Unterschied  auch  vqn  Anfange  an  und  ini  vollen 
Maafse  be|&^inden,'  so  würde  die  Verpflichtung  der  beerbten  Ehe- 
irätt,  sich  «ucb  ohne   die  Annahme  einer  Gütergemeinschaft,   in 
dem  Sinne^  wie  der  Verf.  hier  das  Wort  nimmt,  erklaren  lassen, 
und  Wege»  der  oben  gegen  die  Gütergemeinsclia&  geltead  ^[emach- 
ten  Griinde  erUärt   werden  läüssen«     Denn  imqier  ist   bier   die 
£hefra«  ninbt  persönlich,  sondern  nur  vemutteist  ihres  Gutes  upd 
so  weil  diese»  reicht,  den  Gläub%ern  des  Mannes  gehalten;  und 
sonacK  kann  alles   sdion  daraus  genügend  erklär!  werden,    dafs 
dem  Ehemeoae,  für  dessen  burgerirdie  Ehre  und  guten  Nacforuhm 
•zu  sorgen,  Frau  ^und  Kindern  besonders  angelegen  ttjn  mufste, 
und  der  diesen  selbst  durch  letzt  will  ige  Verfügunge  Vieles  ent- 
ziehen k^1[ftltey  auch  eine  iudirecte  Beschwerung  und  .Veräufserung 
der   wcihliehen .  IHaten  durch  das  Contrahiren   von.  Schulden  ge- 


T 

.  Rechtstrissienscbaft  voii  SavigQjr  etc.        ta3 

stBttk  wurd^  wefelft  «mn  Ifaditiieil  Von  Frau  oad  Rindero  auch 
nach  seinem  naitfirKclieD  oder  InirgerKcben  Tode  galtig  blieben^ 
nicht  aber  ^uoi  Nachthcil  anderer  £rben  dep  Ebefraou  ^ 

U^berhaupt  mu&  Reo.  es  sehr  bezwcifeio,  ob  das  Verhaltoifsj; 
velches  Hr.  Haue  ausschlieCslich  Grütergcmeipschaft  genannt  wis- 
sen wil]|  in  den  alteren  Stataten  Deutschlands,  die  eine  zeitgemäfse 
Fortbildung  der^eg^d^enen  Urbegriffe  enthalten  und  in  denen  sich 
noch  die  Bedürfnisse  der  modificirten  Lebensverhaltnisse  und  nieht 
die  oft  so  crassen  Schalbegriffe  der  älteren  Germanisten  autopre« 
dien,  gefunden  werden  könne;  wenigstens  mufs  Rec.  gestehen, 
dafs  er  es  dorl  bis  jetzt  vergeblich  gesucht  Hat«  So  wie  es  nach 
der  eigenen  Ansicht  des  Verfs.  in  alterer  Zeit  blofs  eine  durch 
die  eheliche  Vogtschafit  bewirkte  aufsere  Vereinigung  der  beider* 
seitigen  Güter  der  Eheleute  war",  so  neinen  wir,  es  sej  dieses 
auch  später  der  Grundbegriff  und  das  leitende  Princip  in  der 
Lehre  geblieben;  Was  die  Zeit  geändert  bat,'  betrifft  unsers  £r- 
achtens  im  Wesentlichen  das  Verhaknils  der  Rechte  der  £he* 
Icute  und  namentlich  des  Ehepiannes  zu  den  Rechten  der  Fami- 
lie. Früher,  vVo  die  Bedeutsamkeit  dev  FamiKenl  verbin  dangen  so 
yitii  greifend  war,  traten  letztere  den  ersteren  viel  kraftiger  en^* 
gegen,  verhinderten  froiwHltge  VerSufserungen  der  Erbgüter  und 
gestatteten  der  Ehefrau  nach  aufgelöster  Ehe  nur  eine  Theilnahme 
'an  der  Errungenschaft;  am  Erbetgen  des  Mannes  aber  höchstens 
eine  Leibzuch^  dl«,  anfangs  noch  besonders  ausbedungen  und  wohl 
iiiit  Bewilligung  d«r  Erben  constituirt  werden  nufste.  Später, 
als  die  Familienverbindungen  und  somit  auch  die  Erbgüter  ihre 
wahre  Bedeaiung  verloren,  liefs  das  Statut  selbst  daran  den  le-» 
benslänglichen  Nie£d>rauch,  noch  später  sogar  ein  Erbrecht  des' 
Ueberld^enden  zu;  oder  setzte  die  Erbgüter  den  wohlgewonne  ^ 
uen  völlig  gleich ;  und  gestattete  consequenter  Weise  dem  Manne 
während  der  Ehe  auch  über  zugebrachte  Liegenschaften  der  Frau- 
irciere  oder  ganz  freie  Verfügungen*  Bei  aUen  diesen  Vo-ände- 
rangen  Mrar  aber  eine  Umg^taltun^  der  äufseren  .in  eine  in« 
nere  Gemeinschaft  der  Güter  keinesweges  ndthig;  und  erst  seit«* 
dem  man  angefangen  hat,  dabei  in  der  Theorie  die  alte  natürliche 
Ansicht  zu  verlaissen  und  von  einem  condominium  in  soiidum  der 
Ehieute  zu  redeto,  6ndet  man  in  den  statutarischen  Rechten  An- 
sichten, wie  sie  z.  B.  das  neueste  Bambei^er  Lan&weibt  Tk«  iv 
Kap.  2,  Tit  3.§.  1.  enthält,  ausjg;esproohea,  dafs  »was  dem  ei. 
Den  Ehegatte^  gehört,  dem  anderen  mit  eben  denselben  i^echten 
und  Venbiadlichkeiten  zuständig  sey.c  C. 


Vthtr  den  Dünger^  zugUch  aber  muiok  über  diu  Unwesen  dabei  in 
ßeutsekland,  besonders    in  der  Haftpt"  und  Residenzstadt 


124  TtMti  Haxzi  über  den  Dünger/ 

MüncMfi ,  täid  ganz  Baierh,  vom  Stuatsrath  Vi  Hjzzt*  ^Vor^ 
gttrugen  in  der  öffentlichen*  F'ersammlung  des  landwirth' 
schaftliehen  'Vereins  in  Manchen;  und ,  /     •  ;    ,  [ 

.  Eine  Beilage  über  die  HorAviehsiaUungen  der  k,  0Urtemh,  Versuchs^ 
lehranstalt  zu  Hohenheitnj  nebst  einigen  Notizen  ilber  die  DStn-^ 
gerbereitungmrt  daselbst  vom  Director  ScHtrsnz  ( sammt 
einer  Steinzeichnung)  München  i8i4,gr*4*  ^o  halb  gebr.  S, 

Die  zwei,  iu  dieser  Schrift  entbalteaea  Aufsätze  siad  eso  jeder  für 
sich  abgeschlossen» 

v.  Hazzi'ihergieht  ans  im  ersten  ders^ben  4tne  Ueberstcbt. 
fast  alier  rei^chiedenen  Diingerarten,  mit  Anführung  der  neuesten. 
Vorschläge  und  Entdi^ckungen. .  Ersteigt  in  3  Abschnitten:  wie. 
der  Diiuger  bisher  bei  andern  .Völkern  (den  ftdinerny  Chinesen, 
Belgiem,  Engländern,  Italienern,  Franzosen  [als  J^oudrettc  und 
Uratej'undiden  Schweizern)  gewürdigt  worden;  dann  wie  und 
wai^um  er  jn  Deutschland  und)  nafii entlich  in  Batesn /sioh  so  sehr 
Ternachiässigt  findet  -  und  endlich  auf  welche  Weise  «er  auch  in 
Deutschland,  b^onders  in  Baiern  besser  bearbeitet /und  verwen- 
det werden  miilste. 

Jeder  ersieht  hieraus  leicht,  dafs  er  nichts  Neues  in  diesem 
Aufsätze  zu  erwarten  babe ;  blöfs  die  Tendenz,  alle  Mlfsgriffe  der 
IDeotschcn  in  der  Diingerbehaodlung  vor  Ahgen  zu  legen,  sie  zur 
Nachahnmng-  des  fsusterhafteltn  Verfahrens  manciier  Ausländer  in 
der,  Dnnger-'tiiereitung-und  Verwendung  aufzumuntjern,  und  auf- 
diese  Verhältnisse  nicht  nur  die  Landwirthe,  sondern  ..auch  die 
Staatsbehörden  aufmerksam  zu  machen,  diese  ist  es,  welchp  sol- 
chen veranlalst  hat;  und  wit^  wünschen  recht  ernstlich  dafs  sein 
Inhalt  möglichst  allgemein  beherziget  werden,  und  die  flarin  ausge- 
sprodhenen  Rügen  von  Erfolg  sejn  mögen;  denn  c^uen  seiner  gröfs- 
ten  und  am  nächsten  liegenden  Schätze  kennt  d^.  Deutsche  lei— 
def  noch  sehr  wenig.  Besonders  bei  ReiniguDg\  der  -^^dte  ver- 
weilt der  Vf.  und  zeigt  wief  diese  in  dem  Falle'  ganz  ohne  Ko- 
sten- geschehen  müfste,  wenn-  man  'alle  Dängermaterialien  gehörig 
zu  Windigen  verstaiide,  während,  sie  jetzt  oft  mehre:  T^uaende 
kostet.  •'    •  .  .  ' .     ^    <    ■   i 

Wmin  dagegen  die  Frage  erhoben  wird,  wie  der.  Vf^im  Gän- 
sen ieine  Z'osammenstellung  ausgeführt  habe,  so .  finden  wir  sie  für 
eine  Uebersveht  ^to.  gut.  >In^  Einzelnen  indessen  mföcjite  doch  zu 
w(itasehen.sqäi,dali  dersdbe*sich  zuerst  selbstnberdasijeaige  gründ- 
licher-unterrichtet  hätte,  wasisr  andern  als  Lehvefivdriva^en.will. 
Doch  wir  wollen  uns  nicht  bei  der  Definition  des  Düngers,  (S.  <) 
den  der  Vf.  »di^  Ernahrbarkeit  der  Pflanzenc  nennt,  aufhalten;  noch 
bei  dein,  was  er  fS.au.3)  über  d\es  Bau  der  Pflanzen  beibringt,, 
wodurch  er  zeigt,  oals  er,  Wa»  andre  davon  gesagt,  nur  miftiyerstan'- 


.VfrarHaz^  über  den  Düoger.  %aS 

itn.  WeitetKin  (»S»  18 )  scbeint  er.  der  Aeusierui^g  ^tr  Bauern 
um  Muachea  Gli|uben.  beimessen-  zo  wollen  y '  die  da  bel^iupteii^ 
der  Abtrittdüager  tauge  nichts ,  seitdem  k«in  Gassenkotli  mehr 
darooter  gemengt  würde.  Allein  ihrer  Absurdität  Wegen  wirk- 
lich jnerkwürdig  ist  die  «Behauptung, « bei  Gelegenheit  (^erGuUe- 
bereitung  nach  Schweitzer  Ar^^  wo  der  Verf.  sagt  » der  Dunger 
»wird  auf  der  D.(ingers|ätte  noch  so  gut,  wie.  vorher,  ohne  Gülle* 
»Diese Jiat  pur  das  Geistige  erhalt^ni^  was  sich  sonst  ohnebin  v.er- 
»flüchtigt  hatte«.  Dem  Dünger  bleiben  noch  die  nämlichen  Kräfte, 
»gleich  dem  Rindfleisch,  um  doch  ein  B^eispiel.zu  gehen,  wcma 
»schon,  die  Suppe  bereits,  ausgesotten  istc  (üi)-  Auch  befrem- 
dete uns  (S.  4^r)  die  Bemfirkupg,  ,dals  man  in  DentichUnd  xuv 
grünen  Düngung  nur  den  Klee,  stürze.  Hätte  derYf.  die  Thaer*- 
scheu  Zeitschriften,  die  Schriften  v,on  Schwerz«  u.  a.  mit  Auf- 
merksamkeit gelesen,  so  "tfürde  er  anders  gesprochen  habep.  Wei- 
ter (S.  49  Anm^)  finden  wir  eines  neuen  Holzsprrogates  er- 
wähnt« Der  Verf.  sagt  nämlich,  von  der. Ackejr Verbesserung  iet 
Eogläoder  durch  Brennen  des Thones  sprechend:. »Wenn  der  Ofen 
>  recht,  im  Zuge  .ist,,  braucht  man  weder.  Steinkohlen,  noch  Torf 
.»noch  Holz  hinzuzusetzen,,  der  Klaj  brennt' von  selbst.«  -Wer 
so  etwas  doch  glauben,  und. niederschreiben,  kann!.  Sollte  auch 
hie  und  da>  viel  Bitumen  , im  Bo^en,  vorkommen,  so  ist  solches 
jedenfalls  nur  örtlich.  Doch  wir  eilen  von  dannen,  da  wir  uns 
schon  zu  lange  bier  .yerweilt  >habei%  un4  erwähnen  nur  noch 
der  Worte ,.  womit  der  Aufsatz  schliefst:  »das  Ganze,  wurde 
»von  der  Versammlung  e|instimmig  mit  allem  Beifall  aufgenom-* 
»men,  und  von.  mehreren  Mitgliedern  nebenbei  mit  verschiede-» 
»neu  Bemerkungen  uiid  Anekdoten  bestätigt,  wornach  die  Yer-* 
»Sammlung  auseinanderging.«  Wir  hatten  nicht  geglaubt,  dafs 
der  Verf,  so  viel  Gewicht  auf  Komplimente  lege. 

Zu  grossen  Erwartungen  berechtigt  uns  der  ate  Aufsatz, 
von  Hr.  «S'cAiy^rz.  *  Die  Beschreibung  der  Einrichtung  der. Ställe 
in  Hohenheim  ist  keines  Auszuges  fähig.  Im  Wesentlichen  kom- 
men sie,  der  eine  für  die  Bereitung  des  Mistes  im  Stalle. selbst, 
mit  den  Belgischen,  der  and^e,  für  die  GüUebereitung  bestixbmt, 
mit  den  Schweitzeris^hen  übereiu;.  doch  finden  sich  mehre  Ver«*' 
l)esserungen.  Comparative  Untersuchungen  sollen  über  die  wech- 
selseitigen Vorzüge  dieser  /2  Arten  der  Düngerbereitung  ent- 
scheiden. 

Wir  können  uns  nicht  enthalten  hier  anzuschliessen ,  'was 
der  Verfass.  in  kurze  Worte  zusammengedrängt,  über  diese  a 
Bungerbereitungsarten  bemerkt.^  Er  sagt  '(S.  76):  »Vorläufig 
»geht  unsere  Meinung  über  das  Güllewesen  dahin :_  1)  dafs  die 
»DüBgermasse. dtabei  an  Quantität,  unbeschädigt  der  Qualität  (?] 
>  gewinne  a)  dafs  sicb^^Vortheile  bei  4^r  Anweodang  vereini- 


<v 


laß  '^'0^  Hazii  fiber  den  Dünget. 

•gen  ddrch  die  Wäbi ,  i«»ch  den  UinstSnden  ub«r  flüssigen  nnd 
»festea  Dünger  gebieten  zu  können;  3)  dafi  wir  es  in  nnserer 
»Macht  haben,  kränkelnden  Vegetabilien  sogleich  zu  Hülfe  kom- 
»men  «i  können  j  4)  dafs  der  Umsate  dei  Dfingercaptt^ls  bei , 
ider  Gülle  in  schnellerer  Zeil  vor  sich  gebt,  als  bei  jeder  an* 
üdem  Diingerart;  ein  Umstand  der  nicht  genüg  beherzigt  Wer- 
»den  kann;  5)  dafs  auf  Wiesen  tind  Kl^  die  GüBe  die 
»einzig  wahre  Döngerart  ist,  wobei  nichts  vergeudet  irird,  und 
»der  Wasserzusatz  an  sich  schon  nicht  ohne  Nutzen  ist;  ausser- 
»dem  düTs  durch  diesen  Leiter  die  Nahrungstheile  sdgleich  dem 
»Boden  zugeführt  werden;  6)  dafs  die  GöUe  vor  der  Jauche  den 
1^ Vorzug  habe,  da  diese  bi^annttich  nur  auf  i  Jahr,  jene  iiber 
»unserer  Meiniln;;^  nach  durch  ihre  mehr  festen  Btetandtheile 
»auf  mehr  als  i  Jahr  Wirkt.  7)  Dafs  diejenigen,  die  ihr6 
» Aecker  und  Wiesen  in  der  Näh^  *  der  WirthSchaftsgebaude  ha- 
»bcn  sich  nickt  einen  Augenblick  bedenken  sollten  zur  GüUe-^ 
1» fabrikation  überzugehen,  dafs  dieselbe  aber  bei  entfernten  Be^ 
^Sitzungen,  des  schweren  und  langwierigen  Transportes  wegen, 
»unserer  Erfahrung  nach,  weniger  rathlich  ist.«  Ueber  die  Bel- 
'gische  Bfereitudg  Aei  Dungers  in  den  StaHen  sagt  (S.  78)  der 
Verf.:  »Kein  Regen  verwischt  ihn,-kein^  Sonne  dörrt  ihn  aus, 
^kein  Wind  entzieht  ihm  etwas  von  seinen  fruchtbaren  Tbeilcn,^ 
# selbst  das,  was  aus  ihm  ^verdunstet,  schlä<^t  gröfstentheils  wie- 
♦  der  darauf  zurück,  woziÄich  dann  noch  der  Niederschlag  der 
»thieiischctt  Ausdünstungen,  worauiF  wir  viel  halten  P],  gesellt. 
»Hierzu  gehört  die  unglaubliche  Leichti^eit  seiner  Behandlung« 
tr.  s.  w.  Hieriruf  begegnet  der  Verf.  allen  Einwürfen,  als  dem 
der  Unsaiiberkeif,  die  er  aus  der  Erfahrung  widerlegt,  dem  des 
uttangenehmefn Qeruches,  des  häfslichen  Anblickes,  ündderNoth- 
wendio'keit  geräumigere  und  höhere  Ställe  dazu  ^u  erbauen.  Die 
letztern,  Sagt  er,  rentirten  siqh  durch  den  verbesserten  Dünger 
vollkommen.  Allein  sollten  jaicht  durch  verdeckte  Behälter  aus- 
ser dem  Stalle  dieselben  Vortheile  gröfstentheils  eit eicht  werden 
körnten,  ohne  dafs  man  diese  grössere  Auslagen  nöthig  hätte? 

Wir  schiiessen  mit  dem  Wunsche,  dafs  es  dem  Verf.  ge- 
fallen möge ,  sich  das  Publikuiii  ferner  zu  Verbinden ,  durch  nä- 
here Bekanntmachung  mit  dem  Ganzen  des  Hohcnbeimer  Insti- 
tutes. Zwar  haben  wir  seit  einigen  Monaten  mehre  !Nachrich- 
ten  in  andern  Schriften  darüber  erhalten.  Allein  der  Verf.  selbst 
hat  uns  gewöhnt,  von  landwirthschaftlichen  Ortsbeschreibungen 
noch  mehr  zu  erwarten.  Wir  glauben  hier  ^en  Wunsch  des 
ganzcu  landwirthschaftlichen  Publikums  auszusprechen» 

Ifewrich  Bronn. 


Vi 


Geistesrel. u.  Sinnengi.  Verem.  d.  christl.  B^k^nntn«  i  a^ 

GeistesreUgion    und  Sinnengläuhe   im    XIX*'  Jähr* 
'hunderte  Mit  tintm  Anhnng  über  die  Vereinigung 
der  ckriitliehen  Bekenntnisse,  fVinterthur  bei  Stti'* 
ner,  4^»».  48fi  S.  in  8. 

Der  sdbadenkend^  Verf.  geht  als  Zeitbeobachter  S.  FV.  YÖn 
ErfakruDg  aas :  »Eine  geheime  Tendenz  uUrampntanischer  Ppose^ 
IjteDDiacherei  ist  durch  alle  Verhältnisse  das  bürgerlichen  un4 
politisclien  Lebens,  der  Wissenschaft  iTnd  Kunst  verbreitet*  Sip 
drängt  sich  jauf  die  Lehrstühle  der  Theologie,  Philosophie,  Ge- 
schichte,  Aesthetik,  des  Staatsrechts  u«  s.  f«;  sie  beschleicht  dea 
Yerstai^d  aus  historischi^n,  philosophischen,  politischen  Werken, 
ausErbauungsschriften»  Keisebeschreibungen,  bemächtigt  sich  der 
Phantasie  aus  Romanen,  Gedichten,  Thea^rsttick«i.  Zum  nämli- 
dien  Zwecke  macht  sie  die  Künste  sich  unterthänig.  Unter  dem 
tanscheudeu  Namen  der  Toleranz,  sucht  man. ein  System,  welches 
vod  einer  wahren  Toleranz  unendlich  entfernt  ist,  allgenijein  zu 
machen.  Dem  Jesuitismus  soll  während  der  Dauer  dieses  &ied- 
hell  scheinenden  Zustandes  der  Gebrauch  aller  seiner  Angriffs* 
Waffen  gesichert,  dem  Protestantismus  hingegen  VertheicUgung 
verboten  sejn«  ^      . 

»Vor  allem  aber  sollten  die  denkenden  Katholiken  erwägeoi 
da£s,  sobald  die  Protestanten  nicht  mehr  sprechea  dürfen,  ihnen 
selbst  jede  freie  Aeusserung  unmögU^k  werden,  .und  ihre  eigene 
muhsann  erkämpfte  freiere  Stellung  bald  wieder  einer  um  sich 
greifenden  inquisitorischen  Mischt  unterliegen  würde»  Täuschead 
ist  der  Wahn,  dafs  schop  dadurch .  die  Gewissensfreiheit  gerettet 
sej,  wenn  der  Denker  unter  jedem  Systeme^  und  selbst  itntev 
dem  Drucke  einer  allgemein  verbreiteten  loquisitioa  in  seineoi 
Innern  frei  sey^  denken  und  glauben  k&ine  was  er  wolle.  Frei- 
lich ist  dies  der  letzte  Trost  des  Unterdrückten ;  aber  es  ist  doch 
eine  gefährliche  Beruhigung, selb«t  für  die  nur  sich  allein  beachtende 
Selbstsucht  (noch  gefährlicher  für  verbessernde  Apologeten)'. 

»In.  allen  'katholischen  Läadem  giebt  es  eine  Menge  heUae- 
hender  Männer,  aber  solcher,  welche  durch  ihre  eigene  Anfkla« 
rang  befriedigt,  oder  durch  häusliche,  auch,  durch  prieslerlich« 
Verhältnisse  abgehalten  tind  geschreckt,  sich  keine  Mühe  geben 
ibre  Erkenntnifs  fortzupflanzen,  oder  durch  Gegenwirkungen  gcH> 
stört  werden.  Das  Licht  erlischt  sodann  mit  denen,  in  deren 
Innerem  es  leuchtete,  während  entartete  und  verbildete  Protei 
stauten  uud  die  ui'  dunklern  Begriffen  zurückgedrängte  Katho« 
liken  nicht  nur  die  Ihrigen,  sondern  das  ganze  aufsprossende 
Geschlecht  im  Sinnentaumel  und  Aberglauben  bestricken*  So 
müfsten,  wenn  die  offene  Sprache  der  Wahrheit  verboten,  allen 
Künsten  der  Arglist  hingegen  freier  Spielraum  gegeben  fvürdci 


^1 


1^  Geistesrd;u»3innengI..yereio«  d.  christI.Bekeniitn. 

nicht  nur  Denkfreiheit  und  Protestantismus,  sondern  auch  freie» 
Ter  Katholicismusy  Wirksamkeit  d^r  Bischöffe,  Unabhängigkeit 
der  Regierangen  tind  mit  diesen  jede  besserjß  Einsicht  nach 
'  und  nach  wieder  der  Hierarchie  und  einer  alles  verdunkelnden 
Pricsterreligion  unterliegen.«  — 

Die  Schrift  selbst  schild^t  die  Einwendungen ,  welche  gtr» 
gen  den  Protestantismus  gemacht  werden,   zugleich   mit  treffen- 
I  den  Au&dsunt|;en ,  voll  Ruhe  und   Kraft.     Alsdann  betrachtet  «ic 

'  von  S.  33  die  Quellen  des  Unpratestantischen ,  welches  sich  in 
den  Zeitgeist -eingeschlichen > hat,  nach  manchen.für  Selbstdenkeii 
und  aus  Ueberzeugung  Handeln  ungunstigen  Zeitverbältnissen. 
Sehr  gut  spricht  S.>46  gegen  >  die  neuerdings  versuchte  Ver- 
wechslung, vvle  w^n  -die  Religion  in  einer*  traditiondien ^  unbe- 
greiflichen Glaubenslehre  und  dem  Kirchenthum  mehr|  als  in  der 
religiösen  .Pflichtenlehre  bestünde.  »Zum  Wesen  des  Protestan- 
tismus ^  sagt  der  Vf.,  gehört  es,  dafs  seine  Bekenner  mpralischen 
Sinn;  und  Ausübung  der  Vorschi'iften  der  im  Christenthum  lie- 
genden' Moral  als  Pflicht  und  als  unerl^fsticthen  Bestandtheil  ihres 

■  Bekenntnisses  ansehen.  Wenn  -  wir  bisweilen  lesen  oder  hören, 
dafs  auch  Protestanten  und  selbst  Theologen ,-  sobald  von  mora- 
lischen Ansichten  und  dem  selbstständigen  Werthe  der  Sittliqh- 
keit  die  Rede  ist,  Bitterkeit,  ja  den  heftigsten  Ingrimm  äussern, 
so  beweist  dies  nur,  dafs  die  Bessern  upter  ihnen  entweder  durch 
einzelne   Erscheinungen   Araltsirender  ■  Heuchelei  Irre   gemacht, 

'  oder  in  abergläubischen  Systemen  befangen  sind,  und  dafs  die 
Schlechfern  entwc*der  überhaupt  keine  Moralität  anerkennen,  oder 

,  ihre  vorgebliche  Religion  nur,  als   dzs  SUhnungs/t^ittel  ihrer  in- 

'  neren  Verdorbenheit .  betrachten,  und  daher  In  der  Sittlichkeit  ein 
Schreckbild  erkennen,  welches  sie  in  Ihrer  Selbsttäuschung  stört. 
Auch  davon,  wie  die  Sueht,  neu  zu  seyn  und  originell  zu 
scheinen,  nebst  dem  dazu  keck  gewählten  Mittel,  schlechthin  das 
0egentheil  von  ,allem  ■  Geltenden  zu  behaupten,  und  jede  Wissen- 
schaft auf  den  Kopf  umzustellen,  den  Zeitgeist  genietrunken  ge- 
macht, unter  anderem  aber  auch  Katholicismus d.i. Universal -Kir- 

;  chenthum,,  "miV  Ünii^ersalreligion  ifcrwec/^elt  habe^  giebt  der  Vf. 
treffende  Stellen  S.  78.    Zur  nämlichen  Zeit,  wo  manche^  katho- 
lische Theologen,  Kirchenrechtslehrer  und  Geschichtschreiber  eben 
so  gründlich  als  billig  über  Hierarchie,  kanonisches  Recht  und  Pro- 
,  testantismus  sprachen ,.  glaubten   mehrere  protestantische  Schrift- 

steller durch  einen  wegwerfenden,  geringschätzenden,  selbst  ver- 
dächtigenden Ton  gegen  den  letztern,  und  durch  Rechtfertigung 
,  hierarchischer  Grondsätze  schriftstellerischen  Credit  erwerjben  zu 

müssen. 

.   {JDer  Beicklu/t  /elg$;) 


^=  ^-  Heidelberger  *^^* 

Jahrbücher  der  Literatur, 


\     • 


Geisttsreii'gion  und  Sirmenglatthe.     V^rtinigung  der  christlichen 

Bekenntnisse. 

(Beschiufs.) 

Oo  muls  man  6S  sicTi  erklären,  dafs  man  jeder  Erfahrung  der 
Gescliiclitc  zuwider,  behauptete,  ^ie  Kirche  wurde  sich  auch 
ohne  die  Keformatlon  durch  sich  selbst  verbessert,  d.  h.  die  lu- 
Iiaber  der  Hierarchie,  welche  bis  auf  diese  Stunde  die  Unver- 
jährbarkeit aller  ihrer  Rechte  nie  aufgaben,  würden  von  selbst 
die  Mifsbrauchc;  abgeschafft  haben,  welche  dem  blinden  Glauben 
der  Völker,  und  durch  diese  die  Macht  und  den  Reicbthum  des 
Clenis  begründen.  Auf  die  nämliche  Weise  suchte  man  die 
bischofliebe  Selbstständigkeit  wieder  ganz  der  Komischen  Curie 
UDterzuordnen,  obgleich  die  einsichtsvollsten  katholischen  Kirchen- 
lehrer, auf  die  Autorität  der  heiligen  Schriften  und  die  Verhält- 
nisse der  ersten  Kirche  gestutzt,  esrschon  längst  zur  gröfsten 
Klarheit  dargethan  haben^  dafs  die  bisclidfliche  Gewalt  kein  sicht- 
bares wirkliches  Oberhaupt  erkenne,  dagegen  zur  höchsten  Evi- 
denz entwickeln,  wie  durch  ein  künstliches,  Jahrhunderte  lang 
fortgesetztes  System  der  Schlauheit,  Rom  seine  geistliche  und  da- 
durch nicht  selten  auch  die  weltliche  Oberherrschaft  sich  erwarb« 
Um  nichts  unvollendet  zu  lassen,  ging  man  so  weit,  dafs  maa 
selbst  die  Jesuiten  herbei  zu  rufen  empfahl,  und,  uneiugedenk 
ihrer  arglistigen  und  verderblichen  Thätigkeit,  wieder  sie  einzu- 
setzen anrieth.c 

Auch  die  schönen  Künste  sollte  der  Protestantismus  gegen 
sich  haben.  Allerdings  die  mehr  sinnlichen  als  geistigen,  die 
mehr  aberglaubig  staunenden,  als  die  wahrhaft  ideälischen.  Wer 
aber  vermöchte  ein  Id^l  von  Jesus  Christus  sich  bilden,  als  ein 
Helldejikender  ?  Andacht  besteht  nicht  in  verdrehten  Augen, 
oder  in  einer  nicht  zur  Heiterkeit  und  Kräftigkeit  der  Tugend 
durchgedrungenen,  zwischen  kjSrperlicher  Jungfräulichkeit  und 
geistig- reiner  Mutterschaft  unentschlossenen  Verschämtheit.  S.  89 
macht  über  dies  eine  richtige  Instanz:  Wenn  es  wahr  wäre, 
dals  beim  Protestantismus  die  Malerei  und  Bildhauerei  sich  we- 
niger entwickeln  können,  als  beim  Katholicismus,  so  würde  fol- 
gerecht daraus    fliessen,  dafi   bei   den  religiösen   Systemen   der 

9 


,  / 


*  t 


i3o  Geistesreligion  und  Sinneoglaube. 

Griechen    und    Römer  dieser   Zweck  noch  weit  eher   erreicht 
-wird.     Der  Künstler 'müfste  zar  Mythologie  zurückkehren. 

Sollte  aber  um  deswillen,  dafs  manche  Heiligen-  und  Le- 
genden ^Geschichte  den  gebildeten  Protestanten  weniger  anziehen 
kann,  nicht  vielmehr  in  den  edeln  Stoffen,  welche  das  neue  Te- 
stament enthält,  und  in  4cn  manchfaltigen,  jede  Gattung  der  bil- 
denden ^Künste  beschäftigenden  Scenen  grosser  Leidenschaften, 
welche  d)k$  Alle  Testament  darbietet,  ein  weit  vielseitigerer  Er- 
satz gefunden  werden?  Ist  mit  dieser  Manchfaltigkeit  das,  was 
die  Legenden  liefern,  zu  vergleichen?  -*- 

Der  gtfährUchste  Vorwurf  pflegt  im  Nameri  d§r  Staats- 
kuMSt  gemacht  zu  werden.  Die  Glaubens  -  und  Kirch enverb es« 
serung  des  sechzehnten  Jahrhunderts  sollte  (S.  io3  — 17)  die 
Torzüglicliste  Quelle  der  Gährungen  sejn,  vVeil  ein  Bauernkrieg 
sie  in  Deutschland  begleitet  hatte,  weil  in  den  Niederlanden,  in 
Frankreich  u.  s*  f.  die  Unterdrückungen  und  blutigen  Verfol- 
gungen ganzer  Menschenalter,  endlich  Empörungen  und  Bürger- 
kriege hervorbrachten.  Aber  man  vergafs,  dafs  Bauernaufstände 
lange  vor  Thomas  Münzer  mehr  als  Einen  europäischen  Staat, 
und  namentlich  Deutscbland,  erschüttert  hatten.  Man  kennt '  den 
sogenannten  Bundschuh  unter  Kaiser  Maximilian  L  die  Jaquerie 
unter  K.  Johann  in  Frankreich  und  ähnliche  Volksstände.  Die 
Schweizer  rissen  sich  von  Oesterreich  los;  die  Lombardischen 
Städte  suchten  sich  der  Obei^crrschaft  der  Kaiser- zii  entziehen; 
die  Yenetianer,  Genueseri  Pisaner  entwickelten  üire  Macht;  die 
Hanse  widerstand  Königen  als  das  ganze  Abendland  in  dem  Papste 
noch  dem  Stellvertreter  Christi  erkannte. 

Man  behauptet,  nur  durch  die  Reformatipn  habe  sich  Deutsch* 
land  entzweiet;  sie  sej  es  gewesen,  welche  allein  Deutsche  Für- 
sten einer  fremden  Macht,  hingegeben,  und  so  die  Franzosen, 
die  Feinde  des  deutschen  Namens,  zu  Verwüstern  und  zugleich 
zu  Schiedrichtern  Deutschlands  gemacht  Labe.  Aber  man  sagt 
nicht,  dafs  häufig  katholische  Reichsglieder  sich  dem  Auslände 
hingaben,  däijs  zur  Zeit  des  dreissigjährigen  Kriegs  ein  geistU- 
chcr  Giurfürst  Philipp  Christoph  von  Trier,  wiederholt  an  Franko 
reich  sich  anschlofs;  dafs  Franz  Egon  von  Furstenberij;,  Bischof 
zu  Strafsburg,  Ludwig  dem  XIV.,  als  dieser  sich  mitten  im  Frie- 
den der  Reichsstadt  Strafsburg  bemächtigte,  und  freilich,  dem 
Bischof  das  Münster  wieder  übergab,  mit  den  Worten  empfing : 
»Herr^  nun  lafs  deinen  Diener  Im  Frieden  fahren;  denn  meine 
i Augen  haben  dein  Heil  gesehen;« —  däfs  im  spanische^  Suc*- 
cessioBs  -  Kriege  nicht  nur  der  katholische  Churfürst  von  Baicrn, 
sondern  selbst  der  geistliche  Churfürst  von  Cöln,  der  dem  Hause 
Oesterreich  seine  Erwählung  grölstentheils  zu  danken  hatte,  die 
Franzosen  ins  Herz  des  deutschen  Reiches  einführten  «—  dafs  im 


VereioigUDg  der  christlichen  BekeDntmsse.  t3i 

I 

ost(QreiG)»tsipben  Sa^ce^ionskriege  Baiern  wiederam  das  Näi|üicke 
that«  Man  eriiineire  siel»  des  im  Solde  Ludwigs  XIV.  sielieo*  • 
dea,  1^4  fiir  ibn  Dicht  nur  mit  Holland »  sondern  selbst.  mi( 
Kaiser  ^ndlleicli  Krieg«  fubrebdeDy  uni^uKigen  Bischofs  von  ]VItm«* 
ster,  CHfistopb  Qepohard  von  Galen,  gerade  ans  der  namiicliei^ 
Zeit,  als  4®f  entschlossene  protestantische  Chorfurst,  Friedrich 
Wilhelm  yon  QraivieDburgy  es  wagte ,  dem  ii])ermüthigeii.  frao^ 
zds>  Erobere  I  welcher  Deutschland  Gesetze  vorzuschreiben  ge- 
dachte, kühn  en^giigen  zu  tretend  Gegen  Frankreich  und  die 
Türken  vertheidigten  Brandenburg  Sachsen,  und  andere  j^pte«. 
slantische  Fürsten  ^en  Kai^r  «nd  das  Reich  oh  mit  der  groCsteii 
Anstreqgungiund  4ehnteu  diese  Hülfe  weil  über  Deutschlands  Glän- 
zen aus.  "^  Noch  darf  man  fragen :  wie  eqge  würde  vielleicfal 
schon  lange  d\e  Kraft  Deutschlai^ds  ver^ioigK  «ejn ,  weqQ  Carl 
Y.  und  Ferdinand  I.  die  Protestanten  nicht  gedrängt^  durch  Y^Jt- 
folgung  ihr^n  Yercia  und  den  schmalkaldischen  Bund  den  sp  lang« 
Zaudernden  aufgenöthiigtbätteq?  odet  wenn  Maximilian  II.  sich  noch 
näher  an  dieselben  würde  angeschlossen  haben?  Wie  viel  Unglück 
wäre  für  Deutschland  unterblieben,  wenn  wenigstens  FerfUoand 
II.  sich  nicht  den  Jesuiten  und  ihrem  Project,  dem  Restitutions« 
Edicte,  hingegeben  hätte? 

»  Schriftsteller  vou  Bedeutung,  welche  dpch  datnlen  Protestanttsr 
mus  verdächtigende  Sjstem  befolgen,  behandeln  die  immer  wie-    - 
derkehrenden  Kri^e,  welche  die  Päpete  in  manchen  Staaten,  un4 
namentlich  in  Deutschlai|d  angefacht,  entweder  als  untergeordnete 
Ereignifse,  oder   stellen   dieselben    ah   unerläfsliche   Mittel   zur 
Rettung   Deutschlands   gegen  den   Despotismi^s   der  Kaiser  dai;. 
Diese   QeschichtKhreiber  sprecheii  auf  dieselbe  Weise-  von  den 
Päpsten,  welche  die  Plane  der  Kaiser  aul  dem  Hoheastaufischen 
Hause  durchkreuzten,  Ludwig 'den   Baier   verfolgten,   und  alle 
die  bekanoten  Scenen  des  Bürgerkrieges  in  Deutschland  anfachr 
ten*     Die  Hervorrufuhg  und  päpstliche  Bestätigung  so  vieler  Ge* 
^enkajser  durch  fremde  hierarchische  Gewalt  beleidigt  ihr  Le^ 
^timitatsgefühl  nicht*    £s  ist^  merkwürdig,  dafs  die  Begründer 
dieser  historischen  Ansicht  und  die  uoter^ordnetcn  Schriftsteller, 
-welche  ih^en  na^tiscbreiben,  ein  so  grosses  Gewicht  auf  di^Be^: 
schränlLuiig  der  kfMsieptiche^  Maehi  und  die  RcUung  Deutsdier 
Freiheit  ip  einem  Zeitpunkte  legen,  wo  die  deutschen  Reichsfür- 
steil nud  Städte  bei  weitem  noch  nicht  diejenigen  Anbrüche  auf 
UinAhlngigkeit  und  Selbstständigkeit  errungen  hatten,  welche  ein« 
"VeijähfOiig  von  mehreren  Jahrhunderten  (und  die  Wahld^itube 
•ton )  ihnen  zu  den  Zeiten  Carls  Y.  und  Ferdinauds  IL  zusicfaerCeu 
Auch  bedenken  sie   nicht,  dab  die  knechtische  Unter würfigkeit 
flBsncKtr  durch  hierar^chische  Gewalt  «u%.eatel^en  SchaUeu-Raiscr\ 
vmttt  Kerns  AUeiiKherxschaft  die  Länder  und  Yixtker  dieser  Füe- 

9*  ' 


y 


/ 

r 


f3^         Geistesreligion  und  Sinnenglauben. 

sten  einer  ausländischen  Gewalt  zinsbar  machten*  Finden  yfyt  nun 
dafs  die   nämlichen  Schriftsteller  die  deutschen  Färsten,  welche, 
um  diQ  grofsen  Vorschritte  Carls  V.  und  Ferdinands  IL  zu  ver- 
ieiteln,  sich  an  Frankreich  anschlofseo,  uqbtfdingt  verdamineni  so 
därfen   wh:   fragen:    wären   nicht   diese  Fürsten   weit  mehr   im 
Besitz   bereits  anerkannter'  Gerechtsame ,  als  jene  iltem  Reichs- 
itände?   kämpften  sie  nicht  fiir  die  Rettung   weit  niehrerer  Ver- 
haltnifse  und  Anstalten,  als  jene   früheren  Widersacher  der  Kai- 
ser? Wie  sollten  Carl   und  Ferdinand  ein  Recht  zur  Einzelherr- 
ichaft' gehabt  haben,  die  Heinriche  und  Friedriche  hingegen  nicht? 
Und  warum  sollten  die  Blutscenen,  welche  Italicner  xa  Deutsch- 
land veranlafsten,  und  zur  VergrÖlserung  ihrer  Macht  benutzten, 
beilig  seyn,  während  man  die  spätem  Kämpfe  nur  aus  einseitigen 
Gesichtspunkten  beurtheflt?     Man  vergebe  nicht,  dafs  die  frühern 
Kriege  wenigstens  nur  für  politische  Rechte,  die  letztern  hinge- 
gen auch   fiir  die  Freiheit  des  Gewilsens .  und  für    raanchfaltige 
heilsame  Anstalten  kämpften.     Man  stellt  den  Protestantismus  so- 
gar als  ein  Bekeuntnifs  hin,  bej  welthem  die  Throne  nicht  ge- 
sichert sejen,  indefs  katholische  Fürsten  an  der  Spitze  ganz  pro- 
testantischer Yölkerschaften  doch  noch  der  Zuneigung  ihres  Vol- 
kes'genolsen ,   obgleich  dafselbe   bei   Weitem  nicht  immer   wohl 
oder  schotiend  von  ihnen  regiert  wurde,  und  dafs  sie  die  treucste 
Anhänglichkeit  erfuhren,  sobald-  ihre  Regierung  ziyeckmäfsig  und 
beilsam  war.     Diels  letztere  bei^eifst  ein  volles  Jahrhundert  der 
sächsischen  Geschichte«     Kaum  ist  es  indefs  zu  begreiffen,    wie 
inan  eine  solche  Sprache  führen  konnte,'  wenn  man  bedenkt,  wie 
viele  Fürsten  und  gekrönte  Häupter  durch  die  Ränke  und  An- 
mafsungen  des  römischen  Hofes  und  seiner  Satelliten  ihre  Reiche, 
oder  ihr   Leben  einbiifsten.     Den  orientalischen    Phokas   entband 
Papst  Bonifaz  IIl.  der  Blutschuld  gtfgen  seinen  Vorgänger  Mau- 
*    riz  und  defsen  ganzes  Haus,  und  erkannte  ihn   als   Kaiser  ^   weil 
jener  zuerst   die  Suprematie  Roms  anerkannte. .   Der  letzte  Me^ 
rowingische  König  Childerich  III.  mufste  vom  -  Throne    ins  Klo- 
ster wandern,  undPipiu,  sein  Haushund  Staatskanzler,  nahm  den- 
selben  in  Besitz   mit  päpstlicher  Genehmigung.     Conradin,   der 
letzte  hohenstaufische   Spröfsling,   und  sein  fürstKcher    Begleiter 
Friedrich  von  Oestereich  fanden  den  Tod  auf  dem  Schaffot,  mit 
Zustimmung  des  Papst  Clemens  IV.,  weil  jener   sein  Reich  Nea- 
pel, welches  der  Vorgänger  dieses  Papstes,  Urban  IV.,  aus  apo- 
stolischer Machtvollkommenheit  Carln  von  Anjou  zugetheilt  ^tte, 
wieder  zu  erkämpfen  versuchte.   Heinrich  IIL  und  IV.  von  Frank- 
reich starben   unter  den  Messern   eines  Mönchs  und  eines  durch 
die  Lehren  der  Jesuiten    entflammten  Fanatikers.     Was  von  den 
Jesuiten  und  ihrea  Schalem,  den  Zeitgenossen  dieser  beiden  Kö- 
nige, im  i>inn  der  Ligue,  Tjrannenmord  und  Aufkündigung  des 


Vereioigung  der  christlichen  Bekenntnisse.  i33 

Geliorsams  gegtn  Fürsten  ^  wtlclfee  dem  .Oberhäuplje  der  Ktrdie- 
mtüsfalleii  halten  >  geschrieben  wurde,  ist  ron  den  zügellosesten 
Produkten  der  heftigsten  Revolutionen  nicht  übertroffen  worden. 
Das  romische  Sjstem  hat,  um  seine  Alleinherrschaft,  seine  Idee 
eioer  Alles  umfassendendeu  Kirche  zu  begründi^ny  viele  MiUioitei|k 
Menschen  durch  das  Feuer,  das  Schwert,  durch  unzählbare  Mar)«. 
ttT  und  Bedrängnisse  gemordet^  ganze  Isländer  entvölkert  und  ver- 
wüstet. 

»^£s  kann  zwar  in  unsern  Zeitea  diese  Praxis  nicht  fortsetzen,- 
aber  —  der  Grundsatz  ist  nie  zurückgenommen  worden.  .Wartet  er 
auf  gunstigere  Zeiten?,  Nie  datgegea  hat  ^er  Protestantismus  eine 
priesterliche  Autorität  auericannt,  welcher  die  Befognifs  zustehe, 
die  Untergebenen  von  Eid  und  I^flicbt  loszubinden  und  ihnen 
diese  Loss^igung  zur  Pflicht  zu  mai^heu.  Bäufig  iJ^er  haben  die 
Päpste  Kaiser,  Könige  und  Fürsten  mit  dem  .Banne  belegt,  und , 
sie  .die  Folgen  desselben  schwer  und  sogar  durch  Entehrungen 
fühlen  lassen  oder  die  treu  gebliebenen  Völker  mit  geistlichen  und 
weldichen  Ahndungen  für  diesen  Ungehorsam  gezüchtigt.  .  Au<^ 
dem  Volke  Refs  das  System  der  römischen  Cuiie,  iir  diesem  Falle 
keine  Aussicht  auf  Ruhe^  Tüennt  es  sich  von  der>  Staatsgpewalt, 
so  zerfallt  es  in  bürgerliche  Spaltungen;  bleibt  es  ihr  getreu,  so 
liegt  auf  ihm  die.  Verdammnifs.  (s*  .wie  lebhaft  Shakespi^are  dieses^ 
im  König  Johann  vergegenwärtigt  hat  -*-  im  >Sophronizou,  Jahr^ 
gang  1822.. 2.  Heft).         /.      ■. 

Nie  entsagte  Rom  diesen  Bannstrahlen;  es  schleuderte  ^to 
noch  im  Laufe  des  verflossenen.;  Jahrhunderts  auf  mächtige  Thsone« 
Zwar  ohne  Erfolg.  Aber  da  die  Rechte  der  Kirche  nicht  v«^:- 
jähren,  so  kann  jeder  Fürst  sicher  sejo,  dafs  wenn  en  früher,  oder 
später  das  Mifsgeschik  haben  sollte,  dem  römischen  Hofe  zu  mifs-* 
fallen ,  es  nur  von  dem  Stompifsinn.  oder  der  Einsiebt  des  Zeitr. 
alters  abhängen  wird,  ob  das  Anathema  ihn  oder  seine  Nachfol- 
ger zermalmen,,  oder,  wie  den  Napoleon,  bald  wieder  als  dilec«» 
tus  filius  anerkennen  werde. 

.Ungeachtet  aller  dies^oinleugbaren  Tbatsachen  und  Sachgründe,: 
mufste  in  den  neuesten  Jiliren  der  Protestantismus  als  Feind,  Rom 
als  die  Vormauer  der  Regierungen  gehen»  Wie  ei.  in  der  Po«, 
litik  beinahe  immer  zu  gesdiehen  |[)flegt,  sah  man  nur  auf  Eine.  Seite 
der  Gegenwart.  Weil. die  Curie,  indem  sie  für  ihre  Befixgnibe 
focht,  sich  Neuerungen  widersetzte,  dachte  man  nicht  mehr  an  die 
früheren  Anmassungen  d<n'sdJben  tind  welche  Grundsätze  in  ihr 
die  bestehenden  sind. 

Als  schwerer  Despotismus  über  einem  groüse^  Theii  von  Eu- 
ropa lag,  Rom  selbst  zu  den  Bedrüdtten  giä>örte^  kräftig  wider- 
stand, achtete  man  nidit  wi^  darauf,  dafs  eben  dieses  Rom  kul^z 
Torher  mit  den  neuen  ^ewidtbeber  Goncdrdate  gescUolscni  und 


i34  Gaistesreligloa  und  Sinnenglaube» 

^s  Oberhaupt  der  Kinshe  ded  aenen  »Usurpator«  zu  krönen 
gekommen  war,  weil  es  boffeii  konnte  auch  durch  ibn,  ieine 
Zwecke  zu  erreichen. 

Geni^,  um  den  Geist  dieser  überzeugenden  Darstellungen 
au  charakterisirei^y  welche,  weil  sie  durch  Ueen  und  Geschichte 
z:agleick  reden,  unwiderleglich  überiveisea,  >att  sich  aber  um  so 
denkwürdiger  sind,  in.  sofern  iq  ihnen  ein  gründlich  geldirter 
Schweizer  spricht,  der  von  seiner  wunderbar  sich  erhaltetfidea 
Laiidio$el  aus,  dÜo  zvt  ihrer  Sethststfusdigkeit  uiehts  al»  das  feste 
Abhalten  all^  fremdartigen  Ein  Wirkens  nothig  ha^ 'ibtr  da»,  was 
sonst  Europa  gährend  madite  und  noefa  in.  Spannung  ei*hält^  mit 
unge^örter,  unpartheüseher  Besonnenheit  hinfolicken  kann. 

Auch  die  Bemerkukig^  über  Feretfugung  der  christUehenBe^ 
k&mtnuse  sind  ( Sw  i%  bis.  Ende )  gedankenreich.     £3«  Haupt- 
punkt ist;  wasi  nicht  ta  Grundsätzen  einig  ist,  kann  nicht  Eines 
werden,  ohne  .daffr  ein  Theii  den  4^dem  versohlinge.    -Ntair  Ei- 
nen Absorption»  r  Verein   will  notbwen%  der,   welcher  allein 
recht  haben  will. und  soll,   nod  zwar  deswegen,  weit  er,  auch 
während  alle.  Weit  eine    Keformatios  ui  Haupt  und   Gliedern 
herbeirief,  doch  iocHner  allein  recht  hatte.     Ein  anfderer   Haupt«* 
punkt  steht  fest:     Ueber  Wahr   oder  Unwahr   darf  man  nicht 
accordiren,  ja,  man  kann  es  nicht.-  Wer  kann  zusagen:   ich  wül 
glauben,  was-  ihm  nicht  wirklich  glaublich  »t  ?     Wo  die  in  den 
Principien  über  die '  Erforschung  der  Wahrheit,  im  Methodus  in^ 
$^niendi  vera,  ohnehin  ^iigt|  protestantische  Kirchen   sich  verei- 
Higen,  da  geben  sie  nichts  auf,  Vielmehr  haben  sie  de«  Grund- 
satE  des  Prottbstantismus ,  dafs  je^er  gewissenhaft  Ueberzeiigung 
^che,  ihff  redlich  lebfe,  und  so   durc^   Glauhenstreu»,  m^ht  als 
durch  den  Gltsuhensinhült  selig  siej  ^  nur  um  so  vollgültiger  ge- 
macht. Bis  dahin  ward  z»ar.  der  geistig  edle  GrundsatZr  behaup- 
tet; aber  in  der  Wirklichkeit  hatte  es  doch  Unanoehmlichkeiten, , 
T^enn'  der  Einzelne  -aus  der  Einen  dieser  Kirchen  in  die  Andere 
förmlich  übergehen  wollte,  oder  wenn  er  vielleicht  in  der  Abend- 
mahlslehre mehr  nach   dem  re&^mirten ,   in  der  Ih^fidestinations- 
lohre  mehr  nach  Melaiu^thon   dachte.    Jetzt  ist  weder  das  Ein^ 
noch  das  Andere  aiägegeben  und  schlechthin  verworfen.    -£s  ist 
aber  auch  keine  von   cfen  denkbaren  tinrd  mit  Schrift  und  Ver- 
mfiift  recUich  vereinbaren  Juehr^nsiohten  $ur  indiffet'enti  keio  er* 
keimlMrea  Theilcben  des  Wahren  ist  füt  geringfögig  ausgegeben. 
Nein«    Je  richtiger  gedacht,  mich  im  ILleinsten  j«  richtiger  ge- 
dacht, desto  besser!    sagt  der  Rechtwollende«     Aber  indem  sich 
dkmt  iiei<ie    gegen   Aaciorkätsglauben    standSiaft  profestbenden 
Kir^heir  irertimgen«,  sind  jene  l7fiann«ihaiKcMii»i^n    nicht  «i#hr, 
weiche  ^ias  ineie  Ancrkekraen  Aos^n,  Srras  ^liitftt  Äffend  -«(«»lal  uh 
das  Riehligtiie  ledüeh  finden  mocMei^  ^rwBür  iHOh«  heMni^^  liüch 


Vereinigung  der  chrisjjichen  Bekenntnisse.  i35 

erscliwer^n  kouiit^     Di&  Vereintea  sind  nicht  zwar  im  Grund" 
satz^  den  beide  The.ile  anerkannten^  aber  in  der  Pf^irklichkeit  pro- 
teslantischer ^  gewQrdevu,    N^ch'riila^er,  w(^  zuvor,  k^on  ein  je- 
der TtVi,  jeder  Zci^  g^wissenhs^t  bedenken,  welclie  Lc^ransicbt  in 
jcd^ni  ein^«lnen  Artik^  seine  Urth^ilskrafty   deren  Uebung  fort- 
gebreitet,  .mehr  befriedige.     4^ch  ifir^hchtfir  hat  nun  rein  ven 
deo  Gründen  d^  möglicher  Weise   verschiedenen  Lehransichten 
-US  sprechen«  der  Unterschied^  daXs  jene  Gründe  mehr  die  Sym- 
Vole  der  Reformirten,  diese  mehr  die  Kirchenschriften  oder  Aus* 
legungen  der  Lptherisch*  Evangelisch eix  für  sich  hatten,  hat  j^zt 
jiur  noch  gescliichtlidie  Q^ziehung,  und  liegt  nicht  mehr  mit  auf 
der  Wagschale  der  Prob^ilitat.  vV*er  im. Grundsatz  acht  prote« 
stantisch  ist,  freut  sich,  auch  in  der  Ausübung  immer  mehr  die- 
sen Weg  der  Selbstdberzeugung  in  allen  Fächern  und  Bcaehun* 
geu  offen  vor  sich,  und  von  incensaqueat  gewesenen' üenunun- 
gen  gereinigt  zu  sehen« 

Gegen  alles  blofs  coTir^itVi'one^e  Vereimgeii  abci»  überLelir- 
Wahrbelt^n  *—  *t|ra4,  wie  ges^,  an  sich  einen  Geistes -Wider- 
spruch einschließe  «^  stimmt  nee.  ilem  Sohlufs  des  V^f«.  voft- 
ständig  bei:  »Nicht  nur  in  einer  allgemeinen  Uebereinstiintnuiigf 
sondei^  auch '  in  der  ibstnchfahigsfen  Verehrung  de«  Hdchsten  . 
liegt  etvvas  Grosses  und  Erhabenes.  (Hat  denn  der  ewige,  hei- 
lige Wiüt:  dtr  Allmacht  die  Natur^  hat  er  die  Geister  unifermik>t 
gewollt?)  Sorgsam  aber  sollen  wir  uns  büten,  ilegen;ten-  oder 
Priestergewalt  zu'  Staätscongressen  oder  'Vertrügen  nbor  den  In- 
halt der  Religionslehre  aufzufordern.  Der  SchaafistaU ,  den  sie 
bauen  kdunteri^  Wäre  nicht  der  fdr  die  frommen  Sehaafe*— diesfe 
finden.  Was  ühr  Geist  fafst  und  iht  Herz  bedarf,  «nter  freiem 
Himm^,  dhne  Cohvetitionen  nur  desto  aiigemes^ener^  während  nur 
die  Einfältigen,  durch  Gewalt,  von  den  Fluren  und  Quellen,  welche 
die 'Vorsehung  ihnen-  v<^ieh,  verscheucht,  bald  der  Oeissel  h#ri^' 
loser  Treiber  bder  dem  Messer',  welches  toodi  mehr  alt»  die  Wolle  ^ 
will,  überlassen  würden.«. 

'  H.  E.  C  Paulus. 


:     '  ^     . 


/.  yorlp*u,ngejß  ühßr  die  Taktik  der  tleutere,i  von 
dem,  Grafei\  v-on.  Bi^au^  -rr-  Hiermit  yerbunde^x:  Mlc 
me.nt4  der ..  ßewegunßskunsi  eines  Reuterre.gi- 
jh€nts^  aU  '^^pfyqi^g  zu  den  ForlesuHge^'  Das  gofize  mit 
S^  litifigr^lt/^i^^ef^  Plan/t^.  ^tpeite  vermehrte  Außage. 
Carlsruhe  in  C.  K.  ^Hflefs  HQfbuchhand\ufig  iSi^     Qrösr 

IL  Feiddienst  dehR€Ut4^ei,  vom  Ve^.  i»  V^^ksuugea 


i36  Militär  -  Literatur. 

uier  die   Taktik  der  Reuterei.     Carlsruhe  in  C.  F.  MäUers 

Ho/buchhandlung  48^0.  KL  Taschenformat,  43st  S. 
IIL  Der  Feldherr,  nach  Vorbildern   der  Alten ,   vom 

Verf.  der  Vorl.  Ober  d.  t.  d.  R.   Carlsruhe  in  C.  F.  MiO- 

lers  Hofhuchhandlung  48sio>    KL  Taschenformat,   sjfo  S. 
IVn  Felddienst ^ Instruction  für  Schützen  und  Reu" 

terei.    Entworfen  von  dem  General  Grafen  von  Bismasik. 

3te  Ausgabe.   Carlsruhe  in  C.  F.  MSUers  Hofbuehhandlung 

4S%4'  KL  Teischenformat.   g^  S. 
V*  System  der  Reut  er  ei,  ifom  Verf.  der  Vorlesungen  über' 

die  Taktik  der  Reuterei.   Berlin  und  Posen  bei  Ernst  Sieg^ 
fried  Mittler  48%"%^    Grösseres  Taschenformat.  %8%  S. 

W  ehn  die,  nach  laoigeii  t.hatf»ivoUen  Jahren  wiedergekehrte.  AYaf- 
fenrtthe,  Mrenn  eine  ve^gangepe^  yiclb^wegte  Zdt,  dem  depken« 
den  Kopfe  ein  unermefsliches  Feld  darbietet  seine.  Kräfte  zu 
üben,  ao  ist  es  besonders  fruchtbar  für  den  jKrieger,  ^'eify  nach 
einem  kühnen  Willen  gelenkt,  seine  Waffen  von  den  Gestaden 
des  atlantischen  Oceans  bis  %\k  den  Ufern  der  «isbedeckten  IVol^ 
ga  trug.  — 

D^e  Kunst  d.e*  Krieges  mufste  eine  andere  Gestalt  gewin* 
nen;  veraltete  Formen  und  .  Regeln  sanken  in.  Trunimer  dahin, 
der  Gewohnheit  und  des  Herkommens  Qebrauolie  reichten  nicht 
mehr  aus,  kaum  fand  noch  Anwendung  was  eines  Gustav  Adolph'sj, 
•eines  Montekukulij  eines  Türennej  Eugen j  und  des  grossen  Fried- 
richs schöpferische^  Genie,  erfunden.  Ein  anderer  Geist  bemacb« 
'  tigte  sich  d^r  Wissenschaft  des  Kriegführens,  -^  und  diesen  zu 
eHiehnen,  zu  erfa^en,  ysx  die  Aufgabe  der  neueren  Zeit. 

Dieses  ist  im  hohen    Grade  dem  Verfasser  der  oben  ange« 
zeigten  fünf  Werke  gelungen;  obgleich  «r  sich  ausschliessend  nur 
mit  einer  Ws^ffengattung ,   der   Kavallerie,  beschäftigt,  so  hat  e^ 
eben  dadurch,  einem  Bedürfnisse  der  Zeit  genügt,  und  durch  die 
geniale  Art  wie  er  ihn  in  Darstdlung  und  Sekteibart  behandelt, 
für  die  Milit^rliteratur.  eine  neue,  glänzende  Epoche  eröffnet.  -^-« 
jyie  Forderung,   welche  man  von   ewigen  Zeiten   her  an  jeden 
thut,   der  in  der  Welt   etwas  mit   Glück,    Nutzen  und   Erfolg 
leisten    will,    nämlich    dafs    er    des  Gegenstandes    Meister  ^v, 
den    er    behandelt,    .ist     von    dem    Verfasser     treflüch    gelffsf, 
und    ihm   ist    gelungen ,     was    den    höhern    Geist    bezeichnet , 
was  nur  dem  Genie  gelingt,  welches  Erfahrung  mit  Forscbüngs^ 
geist  zu  vereinen  weifs,   das;  um  mich  eines  populären  Gleich- 
nisses zu  bedienen,  sogleich  die  rechte  Thüre  am  Hausei  und  zu 
dicset  Thüre  den  rechten  Schlüssel  findet. 

Eine   nähere  Anzeige   des   Inhalts   der   Werke    wird  ^  dem 
Leser  zeigen  dafs  an  Form.und  Stoff  nichtt  vergessen  M^  i  .. 


. 


Militär  -*^  Literatur.  13; 

Nf o. ].  enibik  in  20)1^^  Vorksungeni  i)  Tliktik^  —  Strat«. 
|riey  eine  Definiüoii;  a)  Charakteristik  der  Reuterei;  3)  Taktik 
der  Reuterei  j  4)  Charakteristik  des  Gefechts ;  5)  Form  dfer  Reii- 
terei;  6)  Fortsetzung,  7)  Stellungskunsi  der  Reuterei;  8)ßewegungs^ 
kunst  der  Reiiterei;  9)  Gefecht  dfr  Reuterei;  «o)  Operationen  der 
Rctttereiy  die  Stellungen  und  Bewegungen  des  Heeres  zu  sichern ; 
1 1)  Operationen  der*  Reuterei,  die  Stellungen  und  Bewegungen  des 
Feiades  zu  erkunden;  la)  Hauptmomente  der  Geschichte  der  Reu- 
terei.—  Der  hiezu  gehörige  Anhang:  Elemente  der  Bewegungskunst 
eines  Reuterregiments,  enthalt  ausser  einer  kleinen  Einleitung,  drei 
Abschnitte.  4r  AbschnUt.  Bildung  der  Linien  aus  Kolonnen. 
urAhschnUU  Bewegung  der  Linien.  3r  Abschnüi*  Abmärsche^ 
Bildung  geschlossener  Koloonen. -— — •  Was  in  diesen  Element^ 
der  Bewegung  eines  Reuterregiments  abgehandelt  ist«  geschieht 
mit  beständiger  Hinweisung  auf  die  Vorlesungen  über  die  Tak- 
tik. Hierzu  gehören  ao  sehr  deutlich  gezeichnete  und  gut  typo- 
graphirte  Plane;   drei  sind  ib   den  Vorlesungen  ^nthajten. 

Nro.  IL   iit  das   in   der  dritten  Vorlesung  über  die  Taktik 
der  Reuterei  angezeigte  Feld -Dienst-^  Buch^  in  eine  logische  Form 
gebracht.   .Der  Vorf.  erklärt  sich  selbst  in  der  Einleitung',  dafs- 
es  nicht  sein  Zweck  war,  hiermit  ein  neues  Lehrbuch  zu  gAtm^ 
sondern   nur,  längst  bekannte  taktische  Urprincipien   des  Feld*^ 
Dienstes  für  das  Gedächtnifs  bequem  zusammenzustellen. 

Es  besteht  dieses  Werkchen  aus  zwei  Hauptstücken j^  und 
jedjBs  llauptstfick  zerfallt  in  drei  ^Abschnitte.  Das  erste  Haupt- 
stück handelt  in  Bi^ziehung  der  Taktik  der  Reuterei,  die  Stellun- 
gen und  Bewegungen  des  Heeres  zu  sichern,  von  den  Feldwa- 
chen.  PiquetSi  Vedetten,  Vortrab,  Nachtrab,  Bedeckung,  vom 
Biänkeln,  Gefeqht  ü.  s>  w.  Das  zweite  Hauptstupk  bebandelt  die 
Taktik  der  Reuterei,  in  Beziehung  auf  die  Stellungen  und  Be« 
Wfgungen  des  Feindes,  von  den  Auskundschaftungeo,  Ueberiüllen 
und  dem  kleinen  Kriege.    > 

Nro*  HL  enthält  aus  dem  Heldenleben  der  gröfsten  ■  Feld* 
herrn  der  Alten  und  den  besten  Kriegs  «Schriftstellern  der  alten 
Geschichte  der  Kriegskunst,  den  Geiste  in  Form  i^on  M(iß:imen, 
wie  dies  der  Verfasser  in  dem  Vorworte  selbst  kund  thut.  Es 
wird  dies  stets  eine,  für  den  Officier  sehr  ^interessante  Rectum 
bleiben. 

Nro.  rV.  Feld -Dienst -Instruction  für  Schützen  imd  Reuter; 
ist  auch  in  zcvei  HaüptstUckeß  und  jedes  derselben  in  drei  Ah^ 
schnitte  eiagetheilt.  Das  erste  Hauptstuck  handelt  vom  Dienste 
der  Reuterei, : in. Beziehung  auf  die  Sicherung  des  Heeres,  Stel- 
lung» Bewegung  und  Gefecht;  das  ate  Hauptstuck  vom  Dienst 
der  Reuterei  in  Bexidiung  auf  den  Feind.  Die  Eintheilung  und 
der  Stoff  ist  ders^elhe,  trie  in  Nro.! IL,  /jedoch  ist  es  in  Form 


I 

i4o    Eckietle  Lehrbegriff  der  Gewerbskunde* 

nur  solche  Besebäfliguogen  kdailen  zu  denselben  gezahlt  werden, 
die  den  Gewinn  zum  Zweck  und  zur  Richtschnur  nehmen*  Da- 
gegen ist  eine  weit  engere  Bedeutung  des  Wortes  aus  der  po- 
litischea  Oekün<>mie .  gekommen,  man  bezieht  es  nämlich  oft  blpfs 
«ttf  die  hervoibtingcndcn  Beischäftigungen,  die  Erdarbeit,  die  Fa- 
brikation ufid  den  Handel,  .obschon  diese  für  die  Theorie  höchst 
wichtige  Unterscheidung  im  bürgerlichen  Lcb^n  weniger  bekannt 
ist,  und  die,  Barfocheerer  oder  SpieUeute  schwerlich  daran  den- 
ken, dafs<  ihr  Unterhalt  nicht  unter  die  Productionskosten  gehört, 
sondern  blofs  aus  dem  reinen  Volkseinkommen  bestritten  werden 
kann»  Endlich  fiijiden  sich  auch  zuweilen,  etwa  in  rednerischem 
Gebrauch,' Lindbau,  Gewerbe  und  Handel  neben  einander  ge-' 
nannt;  es  ist  aber  nicht  zu  sagen,  warum  die  stoffVeredelnden 
Beschäftigungen  eher  xoer*  ^i^X^^  Gewerbe  zu  nennen  sejn  sol- 
len, als  der*  Handel  oder  dje  Landwirthschaft ;  es  sej  denn, .  dafs 
man  für  jene  kein  anderes  ausschliessendes  Wort  hätte,' welcher 
Grund  neuerlich  durch  Wiedereiiiführnng  des  alten  Wortes  Gc- 
werke  ohnehin  weggefeUen  ist 

In  der,  vorliegenden  Schrift,  über  welche  Schreiber,  dieses 
den  Grundsätzen  unserer  Jahrbücher  gemäfs  sich  keine  Beurthei- 
lung  erlaubt,,  weil  der  Verf.  dem  Grofsherzogthum  Baden  ange- 
hört, ist  die  Lehre  von  den  productiven  Gewerben  abgehandelt, 
in  der  Absicht,  die  Jugend  ^jt  diesem  Gegenstande  ^  dessen 
Kenntnifs  ihr  in  mehrfacher  Beziehung  höchst  nützlich  seyn  müsse, 
bekannt  zu  machen;  allerdings,  eignen  sich  auch  diese  Gewerbe, 
als  angeifVaodte  Naturwissenschaft,.  ;am  meisten  z^r  Aufnahme  in 
die  Unterrichtsgegenstande.  '\Vähre«d  aber  die  gewöhnlichen 
Lehrbücher  für  Schulen  nur  die  eine  oder  andere  Classe  voa 
Gewerben  umfassen,  soll  das  gegenwärtige  das  ganze  Gebiet  der- 
selben in  sich  begreifen. 

Die  Eintheilung  der  Gewerbe. is^  so,  dafs  für  jedes  der  3 
Naturreiche  die  Gewinnung,  dann  die  weitere  Veräi^^iitung  der 
Sto^e  abgehandelt  wird.  Am  Schlüsse  des  Ganzen  ist  dem  3. 
Theilo,  der  die  P^oducte  des  Thierreiches  betrifft,  ein  kurzes 
3tes  Hauptstück  von  dem  Handelsstandc  angehängt.     . 

Die  Einleitung  erklärt  das  Wesen  der  verschiedenen  Ge- 
werbe, die  Verhäl^uisse  der  l}audwer)cer  und  den  Unterschied 
der  chemischem  und  mechanischen  Verarbeitung  des  Stoffes.  Dann 
folgt  im  A»  Theile  S.  i4  der  Bergba.uj.  S.  ^8  das  Hüttenwesen 
saoiiiit  dem  Nöthigsten  über  Cigensohaften,  Vorkommen,  Mischun- 

5en  der  Metalle.  -^  Bei  der  ^mechanischen  Verarbeitung,  S. 
6  — -  879  sfnd,49  verschiedene  Gewerbe  erklärt,  manche  nur 
«kit  einigen  Zeilen,  das  Steinschleifeo,  Dratziehea,  die  Bereitung 
des  Bled)s,  das  Schlosser»  und  Büchsemnacher *- Gewerbe^  die 
Verfertigung  der- Nadeln,  Uhren,  Goldr  und  ;$ilbei^waar^li^  das 


Eekerle  Lehrbegriff  der  Gewerbskunde.     i4i 

üiessen  in  Messing  etc.,  das  Buchdrücken  und  kupfefsfechen  et** 
was  ausführlicher,  und  mit  kurzen  geschichtlichen  Notizen.  — ^ 
UnUr  den  chemischen  Verarbeitungen  (S.  88  —  108)  ist  die 
Bereitui^g  des  Kochsalzes,  Salpeters,  Alauns,  Vitriols,  VitriolGlsy 
Scheid ewassers,  Salmiaks,  Borax,  Grünspans,  Bleiweisses,  Blei-* 
Zuckers,  der  Mennige  und  Bleiglätte,  des  Zinnobers,  M5rtel$, 
Gjpses,  das  Vergolden  und  Versilbern  beschrieben ;'  begreiflich 
kann  hier  keine  genügende  Erklärung  der  chemischen  Processe^ 
nur  die  Angabe  der  Verrichtungen  und  Erscheinungen  erwartet 
werden.  — ^  Einige  Gewerbe,  in  denen  chemische  und  mecha- 
nisclie  Verrichtungen  verbunden .  sind',  z.  B.  Ziegelbrcnneref, 
Topferei',  Steingut-  und  Porzellanbereitung,  GUsbereitung  ha-** 
heu  im  3ten  Abschnitt  (S.  109  — ^  ^27)  eine  besondere  Stelle 
gefunden.  —  Im  2ten  Thcil  enthält  das  iste  Hauptstuck  eine 
kurze  Ucbcrsicht  des  Ackerbaues  (S.  i3o  —  44)}  ^^^  Garten- 
baues (S.  i44  "^^  *^^)>  der  Baumzucht  (S.  lÄa  —  162)  und  1 
der  Forst  wir  thschaft  (S.  i63  —  68);  hierauf  kommen  im  aten 
Hauptstack  3i  mechanische  Verarbeitungen  yon  Pflanzenstoffen, 
z*  B.  das  VV^eben  und^  Spinnen,  Papiermachbn ,  Getreidemahlexr, 
Oelschlagen  (S,  169 — 190),  und  17  chemische,  die  etwas  aus- 
führlicher als  die  mechanfschen  abgehandelt  sind,  z.B.  Potaschen- 
sieden,  Zuckersieden,  Weinbereitung,  Bierbrauen  etc.  (S.  190— r- 
218).  —  Zu  den  mechanisch -chemischen  Verarbeitungen  wer- 
den gezählt  das  Stärkemachen,  Brodbacken,  Zuckerbacken,  die 
Tabacksbereitung  etc.  (S.  219  —  226). —  Im  3tenThcile  finde! 
sich  die  Viehzucht  ( S.  227  —  249),  die  Jagd  (S.  249  —  2^*)» 
die  mechanischen  Verarbeitungen  thierischer  Körper  (S.  aSa  — 
261),  die  chemischen,  worunter  zuerst  die  Verfertigung  von 
Butter  und  Käse,  dann  Leim-  und  Seifensiederei,  Gerberei tt.a. 
aufgeführt  sind  (S.  262—  374)»  endlich  die  mechanisch -che- 
mischen, wie  Hutmachen,  Berlinerblaubereitnng,  Verarbeituifg 
des  Wachses  etc.  (S.  274  —  2  83),  —  Statt  eines  Inhaltsver- 
zeicbnifses  ist  ein  ausführliches  Register  angefügt.       S,  B,  V. 


Christliches  Glauhensb ckenntiiifs  des  Pfarrers HxNXr 
HÖFSRS^  von  Mählkauseffi,  Seiner  Gemeinde  und  seinen 
ehemaligen  Zuhörern  und  Freunden  gewidmet.  Tiihmgen, 
gedruckt  hei  Fues,  Heidelberg  in  Cojnmissian  bei  Winter. 
4 8 »2,  4 4?  ^'  ^^  ^-   ^  ggf*  Sachs,  od.  36  kr.  rhein. 

•Uer  bei  seiner  Gemeinde  und  in  der  ganzen  tJmgegeod  sejir 
geschätzte  iind  gerne  gehörte  Verf.  giebt  in  der  Vorrede  die 
Notiz :    Nachdem  ich  bereits  3  —  4  Jahre  in   der  /Gemeinde 


t49    P£  HenDhöfcrs  christl  Glaubensbekeniitiiifs. 

MuhUuuiS€A  bei  Pforzheim  I  freiheirL  von  Gemmmgenischen  Ge* 
biets,  gearbeitet  und  nicht  ohne  Segen  gearbeitet  habe^  uforde 
ich  schnell  von  der  Gemeinde  ab  und  zuriJntersachung  vor  das 
bischöfliche  yicariat  n£ich  Bruchsal  gerufen.  So  lange  ich  als 
Seelsorger  zu  Mühlhausen  stand ,  habe  ich  nie  etwas  wider  ka- 
tholiscbe  Grundsatze  Vorgetragen^  sondern  nur  innerliches  Chrir 
stenthum  zu  pflanzen  mich  bemüht«  Und  hab^  ich  auch  bisweilen 
wider  Ceremonien  gesprochen ,  so  geschah  es  nur  deswegen  ^  um 
Leut^^  die  sich  dahinter  fincbtetea,  und  wegen  ilirer  Befolgung 
,  sich  selb$t  fQr  gut  hielten,  Ton  der  Nichtigkeit  dieser  ihrer  selbst-, 
genachteJi  Gerechtigkeit  zu  überzeugen  und  auf  etwas  Bessere? 
%fi  führen.  Ich  selbst  aber  habe  aüe  beobachtet.  Erst  zu  Bruch- 
sal fand,  ich  Zeit  und  Gelegenheit ,  über -manches  nachzudenkeoi 
und  so  recht  den  geistlichen  Tod,  so  wie  auch  den  Grund  des- 
selben ii^  der  katholischen  Kirche,  zu  beobachte». €  Nach  dieser 
Stelle  y  welche  zugleich  eine  Probe  seiner  schlichten  Darstellung 
ist|  welche  Tom  Herzen  zu  Herzen  gehen  kann  bemerkt  der  VL 
einzeln  SvEK—XIIL,  was  er  iu  jenen  spätem,  erst  durch  >den  Wi- 
derstand mehr  erregten,  Nachforschungen  zwar  i«  dem  katholi- 
schen Kirqhenthum  sehr  hervorgehoben,  Hn»  der  biblischen  lieber* 
lief^ung  des  IJrohristenthums  aber  nicht,  oder  anders  bestimmt, 
gefunden  habe.  Er  mifskennt  nicht,  dafs  es  manche  treue  Lehr 
Tcr  und  Hirten  gebe,  aber  auch  Miethlinge ,  welche  mehr  die 
Wolle  ab  das  Heil  der  Schaafe,  sjachen,  daher  oft'  vpp  der  ur- 
christlichen  -einfache»,  lebensthätigen  Wahrheit  auf  Mensehensa^ 
tzungen  und  Menscheagebote  hinuihren,  welche  $ic  mit  dem  Na- 
men irUehre  empfehlen.  Uebrieens  ist  dennoch  ider  grölste 
Theil  dieser  von  dteinegg  bei  Pforzheim  datirten  Schrift  nicht 
polemisch^  sondern  im, Gehalt  und  Ton  erbaulich,  herzlich  und 
Yolksverstandlich.  Ihre  Wirksamkeit  dabin,  und  auf  das  Jßrgrei- 
fen  der  Erlösung ,%  welche  durch  Jesus  Christus  sich  verbreitet 
und  durch  Glaubenstreue ,  thätigen '  Gehorsam  und  Entfernung 
vom  Aberglauben  für  jeden  zu  ^verwirklichen  is(,  wird  nicht  zji 
heiümen  sejrn,  wie  das  Urchristenthum  selbst,  die  Gemüther  er- 
greifend und  begeisternd,  von  unten  herauf  die  heidnische^  jüdi- 
sche und  jede  selbstsüchtige  Priestergewalt  überwog  und  immer 
aufs  neue  überwiegen  und  überleben  wird,  weil  die  GoUaqdäcb- 
tigkeit  (Religiosität)  in  den  Gemüthsanlagen  aller,  der  Kirchen- 
zwang aber  nur  in  wechselnden  Zeit -Meinungen  gegründet  ist. 
Wir  wünschen  jeder  Kirche,  um  ihres  eigenen  Wohls  willen, 
dafs  sie  Volkslehrer  von  solcher  Herzlichkeit  für  praktisches  Chri- 
stepthum  von  sich  auszuweisen  nicht  für  räthlich  erachte,  oder 
.gK  nach  festgeaetzlen  Lehrschrankeo  für  nothig  halten  müsse. 
l}en  Geist  ersticket' nicht,  sagt  der  Apostel  Noch  weniger  weifs 
Hec.  wie  einer  Gemeinde,  wcna  sie  zu  einem  solohenr  sittlich  ta- 


Pf.  Hennho&rs  cliristl.  GladbensbelteaDtniis.  «43 

9 

s 

l 

dellosen  Yolkdelirer  Oir  volles  Vertrauen  btteugt,  die  Hielarckib: 
denseibea  abspv ecken  diirfe,  da  die  Gemeinden  otch  Ldff»  «nd 
Leben  nicfat  uni  der  Hierärckie  wilieo  sind,  vielmekr  die  |^na» 
Hierarchie  um  der  Gemeinden  weg^,«  und  da  historisek  nnalrei«^ 
ti^  ist»  dafs  meltfere  Jahrhunderte  bindurck  vomeknilich  die. 
Stimmen  der  Gemeinden  ihre  «krieliichen  Bischöfe  und  Plnesb|^K 
ters  wählten  y  diese  Gewählten  aber  nie  ein  Recht  haben  koma-? 
teo,  den  Gemeindet  in  der  Fo%e  diesig  ihr  Recht  allmikU|^  «u, 
entziehen  iind  sich  selbst  beizulegen,  nachdem  sie  zuvor  D«r^e 
Leitung  der  Wahlen  gehabt  hatten.  Hat  die  Hiemcbie  diHiK 
Lehrer  einer  Gemeinde  gegeben,  der  naohker  den  Dogmen  det 
Hierarchie  nicht  entspricht,  so  kann  sie  dies  der  Gemeinde  be^ 
kannt  machen  und  die  ?ön  ihr  gekommene  Anstellung  ■oruck-^ 
nehmeri.  Wie  aber,  wenn*  dann  doch  die  Gemeinde  selbst  ihr 
Vertrauen  £u  ihm  nicht  aufgiebt?  Der  Verf.  steht  nach  &  i4o 
noch  auf  jenem  Punct,  wo  einst  Melanchthon  gerne  sagte:  Man 
konnte  Papst  und  Bischd£Fe  wohl  fcugd>en,  wenn  sie  das  Evao-r 
geliuoi  nicht  hindern  ^  vielmehr  durch  Au&icht  gegen  Unsiftliebr 
keit  fördern  wollten.  Was  Luther  weiter  sprach,  ist  bekannt 
und  3oo]Qhrige  Erfahrung  hat  indefs  gezeigt,  dals  sein  fester 
Blick  in  die  Natur  alles  ^  Kirchenzwangs  richtiger  Sah ,  ab  dw 
Wunsche  und  Hoffnungen  des  gutmiithigen  Philoiogeki.  Der  Ver&' 
scMte&t  ^it  Rührung  durch  eine  vielumlasseiide,  unläugbare 
Lebenswahrheit:  ^Das  einzige  Mittel  der  wahren  Freiheit  und 
auf  rahigem,  friedlichem  Wege  dahin  zu  gelangen,  das  einzige 
Mittel,  Fürst  und  Voik  nieht^  im  Gegensatz,  sondern  mit  himm*«> 
lischeB  Banden,'  .wie  Vater  tmd^  Kinder  (in  der  Rechtsthaffenheit) 
verbunden  zu  seheVß  iH  Religi<m,  ist  wahres  Curjpränglichesj  Chrif 
Stent hum,  (nicht  politisch -heiliger,  doch  niemand  mehr  täuschen* 
der  Scheioglaube  j  nicht  Unglaube,  und  nicht  AberglaQbe.€ 

H^  E.  G,  Paulw. 


4.  Notiee  sur  les  signes  numiriques  des  aneiens  Egyptiensf  pr^ 
cedit  du  plan  d'un  oupra^e  ayaht  pour  titre:  Obsers^tions 
et  recherches  nouveües  sur  les  hieroglyphes  accompagne'^ 
d*un  tableau  methodique  des  signes;  par  M,  JoMjiitD,  Membre 
de  VAcademie  royale  des  Inscriptions  et  Beiles  •-  Lettree, 
Paris  484g.  34  S,  8.  mit  4  Kupfrtl. 

4.  Etalon  mitrique  troiwe  d  Memphis,  Par.  489St*  4^  S.  gr»  4* 
mit  4  Kivpfertajd. 

iiie  erste  Sclirift   enthält  eine  blosse  Uebersidit  der  Versuche 
des  eben  so  gelehrten  als  fleissigen .  Verfs.  di«  Z^blenzeichen  der 


s 


i44  '  JoQiard  Etalon.  metrique  de  Memphis. 

alten  Aegjptier  aus  einigeo,  Vorzoglich  in  Theben  aufgefundenen 
'Documenteh  wieder  herauntellen,  nebst  einer-  Probe  verschiedeoer 
solcher  Chiffern  und.  ihrer  muthmafslichen  oder  gewissen  fiedeu-' 
tttng.     Rec»  tirürde,  um  einen  anschaiulichen  Begriff  hiervon  zu 

Sehen,  fast  das  Ganze  abschreiben  mfissen,  und  dennoch  ohne 
le  erforderlichen  Figuren  unverständlich  bleiben.  Es, mag  da- 
her genügen  durch  eine  blosse  Anzeige  die  Aufmerksamkeit  des 
deutschen  Publikums  auf  die  schätzbaren  Bemühungen  des  Hm* 
Yerfass;,  zu  beurkunden,  j^e  in  die,  Sache  selbst  eingehende, 
nicht'  eben  leichte ,  Kritik  lälst  -sich,  ohnehin  erst  ^  dann  geheoy 
wenn  diis  Ganze  vollständig  zusammengestellt  seyn  wird.  So  viel 
sich  vorläufig  übersehen  läfst.sind  die  hier  mitgetheilt^n  Combi- 
nationen  und  Vermuthungcn  allerdings  gut  begründet ,  und  ver* 
sprechen  weitere  schätzbare  Resultate« 

Dieses  Urtheil  wird  .noch  mehr  begründet  durch  den  Inhalt 
der  zweiten-  Abhandlung.,  welcher  in  der  Uebersdirift  genauer 
als  in  dem  unvollständigen  Titel  angegeben  ist.  /Diese  heifst 
nämlich:  Descrption' d'un  Etßlon  mitrique,  orne  d^Meroglj-phes, 
ddeou9ert  dans  les  ruines  de  Memphis  par  Us  soms  dß  M,  le 
Chevalier  Drovetti,  Consid  gefferal  de  France  en  Egjfpte.  Schon 
früher  hatte  Hr.  Girard  einen  getheilten  Mafsstab  aufgefunden» 
und  dieser  .zweite  dient  sehr  zur  Vergleichung  mit  jenem  und 
zur  Controle  der  Erklärung  desselben.  Dals  es  ein  Mafsstab 
oder  eine  Elle  (coudee)  %ejj  wird  auf  den  ersten  Blick  klar, 
aber  schwieriger  ist  es ,  die .  in  das  Holz ,  woraus  er  verfertigt 
ist,  (boisde  Meroe)  bis  eine  halbe  Linie  tief  eingeschnittenen  und 
mit  einer  Art  Stuck  sehr  schön  eingelegten  Hierogljphen ,  Zel«» 
chen^  und  Striche  zu  deuten,  und  hiernach  zugleich  seine  Bestun- 
mung  im  Allgemeinen  anzugeben.  Vorläufig  sind  die  Hieroglj^ 
phen  hier  in  der  Zeichnung  und  in  der  Erklärung  weggelassen, 
weil  sie  Kochst  schwierig  zu  zeichnen,  zugleich  aber  bis  jetzt 
noch  unverständlich  sind,  und  hier  nicht  zum  Wesen  der  Sache 
zu  gehören  scheinen.  Ob  Lietzt^res  richtig  sej,  ist  wohl  fraglich ; 
auf  allen  Fall  wird' es  interessant  stju^  künftig  eine  Zeichnung 
^es  Ganzen  zu  erhalten. 

Der  Hr.. Vf.  erläutert  mit  Hülfe  der  beigegebenen  versinn- 
liebenden  Tafel  die  Zahlenzeichen,  welche  vieles  sehr  Merkwürdi- 
ges enthalten.  Rec.  ist  zu  wenig  in  den  ägjptischen  Alterthümern 
bewandert,  als  dafs  er  sich  herausnehmen  sollte,  eine  genügendere 
Erklärung  dieses  wichtigen  Documentes,  als  die  vom  Vf.  hier  gege- 
bene ist,  nur  einmal  zu  versuchen.  Allein  da  er  ^ich  oft  und  viel  mit 
getheilten  Mafsstäben  aller  Art  beschäftigt  hat,  so  kann  er  sich  ^3 
Yergiuigen  nicht  versagen,  das  wichtige  Monument  der  grauer  Vor- 
aeit  blofs  als  Mefswerkzeug  zu  betrachten,  und  auf  diese  Anseht  ei- 
Tiige  Hjpothesen  zu  grunHen.  ^^^ 

/    {Der  Biscbimi /okt.  ) 


-   1^*        Heidelberger  ^^^* 

Jahrbücher  der  Litterätur. 


Jomjrd:  '  JEtalon   metrique  de  Memphis^ 

»         {Bescbiu/t.)  '   c    .  , 

JCtiiie.' wichtige )  nicht  eigekids  berührt?,.  Frage  dürfte  sejn,  zu 
velchem  Zweck  diese  £0e  bestimmt  war  ?,  Nach  der  Mühe  u^d 
dem  Aufwände  zu  schUesseo^  womit. ^.hjöchs)  kunstreich  ver-* 
£erugt  ist,  war  sie  keine  ^gemeine  Kaufa|anijsr£ile,  sondexo  ein 
Mafsstab,  .entweder.  Kvm  Normal -Mab  bestimmt,  wenn  wir  etwas 
der  .Art  schon  in  jdnen. Zeiten  annehmen  dürfen,  oder  etv^a.pi* 
Dem  .vornehmen  Baumeister  zugehörig,.  Letzteres  möchte  Recf^os« 
am  liebsten  anoefimen,  weil  die  Eintheilung  des  Ganze»  sel^  da- 
für entscheidet.  -  Die  ^absolute  Länge  betrügt  nach  einem  genau 
f^twheiieun  fac  simäe  o^y530,  und  ist.  in  a8  Theile  getheilt« 
Vier  derselben, wV(kn  der, Linken  zur  Rechten,  sind  grösser .jeilei* 
K^o'P^to 4^25,  die  übrigen  jeder  =  o^.",oi 85.  Drei  der  grösse- 
ren Theite  betragen  zusammen  o^")058  oder  drei  Zoll  d^r  sclion 
hekannten.  alten.  £Ue,.  der  Best  o™ ,  462.,  welches  gerade  die 
Länge  der,  alten  Elle,  oder  ;24  Zoll  derselbe»  beträgt  Hiernach 
enthält  also  das  Gänze  in.  .28  Theilpu  a/  Zp)l  oder  ij-  j^lle» 
Diese -27  Zoll  soUea  nach  der  Ansicht  des  Hrn.  Yerfs.  in  2^ 
Tbeile.  getheilt  sejn,  weil  die  letztere  Zahl  durch  2  theilbar  ist. 
£ben  dieser  Hauptansiel^t  aber  kann  Rec.  nicht  beistimmen,  weil 
darnach  die/ sehr  zusammengesetzte  Eintheilung  des  Malsstabes  in 
seine  einzelnen  Theile  ganz^  unnütz  wird,  und  es  kaum  begreif-* 
lieh  sejn  dürfte,  warum  d^  Atbeiter  sie  mit  so  grossem  Auf« 
wände  gemaeht  haben  sollte,  da  er  nur  die  Grosse  der  Theile^ 
wie  die^vier  ersten,  sind,  beibehalten  konnte.  So  bequem  nämr* 
lieh  die.  Z.ahl  ^Q  für.  die  Theilung  durch  2  ist,  so  giebt  der 
Mafsuob,  ,iils  solcher,  doch  weder  Hälften  noch  Viertel  noch  son- 
stige Theile«  Nimmt  man  diese  nämlich  von  der  Linken  zur 
Rechten,  so  ^nd  sie  zu  grofs,  umgekehrt  aber  zu  klein,  und  aw^r 
uamer  ia  Verhältnissen,  welche  die  muthmafslicheii  Zahleuaus- 
drücke  der  alten  Aegjptier,  wie  sie  namentlich  auch  aus  den 
gehaltreichen  Untersuchungen  des  Hrn.  Verfs.  folgen,  weijt  über- 
steigen. Die  eigentliche  Länge  des  Zolles  ist  nämlich  =:  o'^i 
^^92$t  die  der  kleineren  Zolle  aber  =;:  o,oi85,;  und  indem 
die  letzteren  ini|2,  3..».i6  Theile.  getheilt   sind,    so   ist  , 

10 


i4Q      Jomard  Etalon  metrique  de  Memphis/^    > 

ein  }eder  dieser  Theile  nur  eio  iffitel  des  Th^iles  eines  wirk- 
lichen Zolles,  nicht  zu  gedenken,  dafs  der  Mafsstab,  auf  welchem 
2^  kitiüe  Zolle  und  i  grosser  zur  £U^  gehören  sollen,  f uf  diese 
Weise  weder  eiYie  ganze  noch  eine  halbe  £Ue  im  rkhtigefi  Mafse 
enthält« 

Weit  leichter  findet  es  Rec.  d«&  MaÜMtftb  genz  för  sieb  und 
aus  sich  selbst  zu  erklären,  welches  auch  tait  vieler  inneren  Con- 
sequenz  geschehen  kann,  und  so,  dafs  nur  sehr  weniges  keines- 
wegs widersprechend'^  aber  vorerst  noch  dunkel  bleibt.  .  Hier- 
nach wäre,  mit  Benutzung  der  sehr  richtigen  Ansichten  des  Hrn. 
yfii«über  die' einzelnen  Zeichen  folgendes  anzunehmen.  Da  für  die 
ü^bthfeilüfig'  des  Mdfses  der  ahen  Aegjpiier  in  zwölf  Theile 
Ütk^  Menge  (Gründe  entscheiden,  so  ist  diese ^  nebst  den  ersten 
S|)Ureti  des  Decimalsystems  und  die,  aHen  Menschen  naturltcke 
leichteste  Halbirung  mit  der  alsdann  von  selbst  folgenden  £in- 
theilung  lä  1,  a,  3  u.  s.  w.  Theile  taucb  anf  dem , vorliegenden 
Monumente  abzunehmen.  Es  wäre  also  das  Ganze  als  ein  Mafs« 
Stab  anzusehen^  worauf  ein  Theil  der  schon  bekaufaten  £lle,  nad 
eine  roltstindige  andere  neuere  oder  ältere»  auf  alicn  Fall  kleinere 
|rexetchYiet  sich  findet.  Letztere  müfs  bei  denen,  welche  den 
MafsSt^  gebrauchen  wollten,  die  gangbarste  gewesen  seyn,  denn 
sie  ist  nicht  blofs  ganz,  sondern  auch  vielfach,  in  Theile  getheilt 
auf  demselben  vorhanden.  Von  der  Linken  zur  Rechten  ausge- 
bend, geben  die  4  ersten  gleichen  Theile  Zolle  der  alten  Elle, 
und  im  Ganzen  |tel,  vielleicht  aueh  |tel  Fufs  oder  halbe  Elley 
oder  Palme,  oder  womacli  sonst  die  ahen  Aegjptier  gemessen 
beben  mögen.  Verticale  Striche,  i,  s  und  3  , zählen  die  drei 
ersten  Zolle;  im  vierten  steht  eine  Hand  ohne  Daumen,  welche 
der  Hr.  Verf.  für  ein  Zeichen  der  Zahl  4  hält.  Weil  aber  diese 
als  vier  lothrechte  Striche  ohnehin  zweimal  Torkoaunt,  und  kein 
Grund  vorhanden  ist,  die  Bezeichnungen  der  nämlichen  Sache  zu 
vervielfältigen ;  so  möchte  Reo.  dieses  lieber  für  ein  Zeichen  der 
an  ihrem  Ende  anfiingenden  eigentliöhen  Elle  halten,  so  dafs  diese 
gant  und  in  &4  Zollen  geth^eÜt  rechts,  ^tel  der  alten  aber  oder 
|tel  Fufs  links  läge,  und  die  Hand  gleichsam  den  Wendepunkt 
bezeichnete.  Hie^ür  spricht  ausserdem  die  gleiche  Bezeidinung 
aller  dieser  vier  Zolle  mit  dem  Ellenzeichen,  wie  es  der  Hr. 
Verf.  wahrscheinlich  sehr  richtig  deutet,  mit  einem  lothrechten 
Striche  unter  demselben  und  vier  ähnlichen  Strichen  unter  einem 
Bogen,  minder  nicht  entscheiden  hierfür  die  beiden  lothrechten 
Striche,  womit  die  eigentliche  EHe  anfangt.  Das  absolute  Mafs 
dieser  neuen  Elle  wäre  dann  nicht  o™,462,  sondern  o'",444« 

Ungleich  schVverar  oder  gar  nicht  bestimmbar  sind  die  Be- 
zeichnungen der  einzelnen  Zolle  dieser  kärzeren  Elle,  und  alles, 
was  Rec.  hierüber  zur  Erklärung  sagen  konnte,   würde  Uofs 


Jdmard  Etulon  tnetrique-  de  Mcmplus.       14^ 


lijqnHlifltiidt  Qiid  ohne  ^  genaue  Uebereiostinimang  des 
mit  iem  Geoiea  icjrn.  • ' 

Lmehl  und  chnn^  Sfreil  leaber  ht  dagegen  die  Bezeichnung 
der  Zalla  tob  der  Ruhten  zur  Linken  auf <  der  kurieren.  Elle« 
Die  ßnl^  f  5  ZoUe  sind  hifs  von  a  bis  zu  iß  Tbeilen  gatheüt^ 
welcitfs  peweiset,  dk£s  der  $tab  bestimmt  war,  kleine  Tbcile  des 
ZoHos  zu  messen,  und  hierauf  gründet  sich  unsere  Vermuthung, 
d^ifs'yi^Heidil  cinBaumelstor  sio^  de^seihen  zut  Verfertigung  von 
ßi^SfiO  lind  Zeichnung^  biedtenS  habe«  ^als  die  Tbeibing  nicht 
weiter  als  bis  16  geht,  dürfte  keine  Schwierigkeit  macfa^,  da 
diese  Theile  schon  sehr  klein,  und  ausserdem  durph  wiederhc^ 
Halbiruhgen  entstanden  'sind.  Die  ZaM  der  Theilstrich^  isi  Inf 
der  FlSch^  des  Stitbes  ängegcfben,  und  *  hieraus-  fsrgi'ebt  sfcb  iß 
Uebereinsitnimung  mit  Ata^j  was  der  Hr.  VAf;'  iik  def  ^ten 
Schrift  schon  gezct]^  hiit.'$ehr  au^e;iiäffig^,'/dars  die  Ao0pti<sr 
nach  einem  upvoU^Lommienetf  decadisch^' 'Sjstetn.e  die  %mfeA 
Ton  1  bis  9  durtdh  ^CTfifzehie  Striche  aus^röettän,  ftlr  10  aber  eiQ^ 
eigene'  €%iff!hr^  %in  diit  der  0<^fi;nung  iidcb ;  qnten'  gekehrtes  'Ühi- 
eisen'  hatVen,  worauf  VrM  unser  Null-  Ziehen  ' entstandei^'  sevit 
kdnnte.  C'Jnännert  y  de  hiunerorumj  qup4  arabitos  Toicant  j  hrdfa 
origiite  pytha^orictu  Iforhnb.  4840  p:  47^  Ifitet'  dasselbe -votü 
Pjthagoräs,  u.  z.  aus  deib  GriechischeAy  eiiieta  Ä  tn  einem  Kreist 
ab,  wovon -blofs  der'foels  b«3>chalten  sey)/zu  der  Zehn  w^^ 
den  dann  einzelne  Stiche  gezählt ,  hier  v6i|  i  bijf  6,  und  ünsejr 
jetziges  Ntuheriretf  nach  einer  decadischen  Prp'gression  war  ih'neft 
also  fremd«  Der  erste,  in  zwei  Theile  g;eth'eia<i^  Zoll  l^at  anstatt 
zweier  lothrechter' Striche,  dem  Zeichen  der  Ü,  ^wei  horizontale, 
dnrch  einen  schrägen  verbanden.  T^aeh'  der  Meinung  d^s  Hra. 
Verb,  soü  dieses  ein  abgeändertes  Zeichen  der  a  sejn,  alleih 
anch  fcrer  möchte  llec.  die  Zeichen  ungern  vervielfältigen,  und 
lieber  lesen:  zwei  Halbe,  zu  Eins  Verbunden,  indem  dieser  Zoll, 
das  Mafii  eines  ganzen' und  eines  halben  zugleich  angeben  sollte, 
wofür  dlenn  der  ungetheilt«  Zoll  fehlt. 

Ausser  der  Beschreibung  und  mutbmalslichen  Entzifferung 
dieses  höchst  interessanten  tJeberrestes  aus  der  uralten  Zeit,  auir 
ser  seiner  absoluten  Grösse  un4  AbtheMung  giebt  der  Hr.  Verf. 
noch  eine  kurze  Vergjeithong '  desselben  mit  andern  ägyptis<p(ien 
Matsen.  Eine  ausfühi'Iiche  JBeärbeitung  des  gesammten  Mafs-Sv- 
Sterns  der  alten  Ae^ptier  und  ihrer  niiatliematLichen  Kenntnisse, 
welches  Vom  Verf.  schon  4817  ein  Bd.  fül.  herausgegeben  is1|, 
und  jetzt  äüfs  Neue  von  ihm  bearbeitet  wird,  soll  zugleich  den 
siebenden  Band  der  neuen  Ausgabe  von  der  Description  de 
l'Egjrpie  ausmachen.  Wir  werden  von  diesem  nicht  blofs, für  den 
AUerthumsfoTscher,  sondern  Zuverlässig  auch  für  jeden  Freund  der 
Wfssensclial^n  im' Allgemeinen  interessanten  Werke  seiner  Zeit  eine- 
Anzöge  liefern.  M. 

10* 


i46      .    Jomaird  Mein, .  sur  PEp^yptfe  Tom.  L- 

:Be€Utä  d*Ohteryüiiohsi  eixdeiMimoires  sut^VE gypte  */in^enne 

et  moderne;    ou   jPeseription  historique  et  pttthr^sme  de 

•  '  •  plusi'eurs des  pr*ncipau-3P^  mv^Umehs  de  cettekon» 

.  tree;   actompagnde  ide  techerckes  9ur\  les  eonmiisances  des 

•»•:  anciems-  E^jjrptiens  -et*  de  Remarques  jur^.  lä  Geographie l^^P' 

chaeologie  et  Us  Beaux-Arl^jpar  Mi  J^OMjihD^,  Membre 

f  .  de  VIhstitut.  rojal .  de  Franc^e^  de'Iä  Ugian  d^honneitr  etc. 

.   r    Tome  premiet^^  P^tris ;  45^  S. -m  gr, 'S,  y  motu-  einige 'llz>- 

:  ßrungeii   PÖH  KupfmtiekeH  m  versehiedenen  Folwß)rmaten 

f-{.    .-gehciran,     '  ini. 

^ip  ist  ^^iD^  "^ffieü  der  grossen  pes5rißti9,H'dß  TEgyptc  nach  der 
j(^eu€^^  Öctav^usg^be-j  wovon  inqhr.ere..jyar  juns  liegeq^  ^ie  4a$ 
Memoire  sut •  le^  ^sten^e  mdtrique  desi.äncieus  £gjpti(|qs  ypA.demr- 
se)l>ea  Verfasser^,  qnd.  wovon  jin-ajo^^erer;  Älilarheit^r  a^  ^^xi^pxn 

l\.\\'p.^^p}}  Siri^^  nni,noQh  neuerlich  .X9.i^,d|9n ^qr^Imög^^n  i^nd 
B^^dec^Bgen  aei. .  Qck,hrten ,  4W9  W  4h?  Ö^crjy5iig5n>  di?  «rE- 
jgyi^le,  verdanken,  vielfachen  pebrau9h.  g,e^a/:;ht,   und.,4abx?^^ 
^ei^a  inliaU  des  awüquansfJien  Theilsjepe^  Werks.  qifeptliQhi.iio- 
lii6 


tiqn 

i* iqh .  ßs  i  mein  einziges  Geschäft  $e^n  ,fessc?n^;,  unsern  Les^ei;^ ,  ^ic  In- 
laltsanzeige  dieses  Bandes  mitzutiieijen.  .  Was  die ...Theiio^lkine 
4es  Herrn  /of^iara . an  diesen' Nacbtorsphungei^  und  andern  grps- 
sen .  beschVcibendep  WJevke  selbst  betriftji  sd  sind  .jrleicl)  nach 
$rscheinung  d,er,  ersten  Bände  die  ausgezeichneten,  ja  in  vieliacher 
iJinsicht  einzigen  Verdienste  dieses  Gelehrten  im  ganzen  gebilde- 
ten Europa  anerkannt  jvojfdeu.  Was  ihn  besonder«  .vor:,4o  .yijr»- 
\ei\  verdienstvollen  JMjinoern  des  g^ieKr^;3n  'Frankreichs  jai^f  d^ 
vorthcilhaftestp  bexiaertlich  macht,  ist  |enjerf,^iicklLch^.,Vei;eiD  der 
mannigfaltigsten  Keutitnisse  so.  w^hf  ;Eiuf  den;i ,  Gebiete  der  P^j||ur- 
Wissenschaften  als.  auf  dem  der  Alterthumskunde  und  insbeson- 
dere die  wahrhaft  geniale  und  gröfsartige  Weise,  womit  €?r  den 
in  ^Aegyptens  Institutionen  und  De  «tmahlen,  so  markirt  ausgepräg- 
ten Gbarakter  mj>rgenländischer  Vorpit .  aufzufassen  und  d^zu- 
jl^^llen  versteht.'  Ehe  ich  mich  zur  Vl^rhg^ug  de%  Inh^jits  der 
vorliegenden  Memoiren  wende,  mufs  ich  auf  ein  Haup^^gebnils 
aufmerksam  machen,  das  Herr  Jomard  aus  seinen  i^mfassenden 
Studien  und  Forschuiigcu  an  Ort'u.nd  Melje  gewonnen  tzu  haben 
versichert.  Es  ist  der  Satz,  daf^  wir /Theben  ii^  Ob^-Aegjp- 
ten  als  den  Mittelpunkt  der  ganajen  Pharagnischen  Macht,  Civili- 
sation  und  Herrlichkeit  zu'betrachfen  haben,  dafs  von  hieraus  nicht 
nur  die  Nied erlasungen  ini  miuleren  und  unleren  Aegjpten  ausge« 


Jomard  Mem.  ,ßur  i'Egypte  Tom.  L        i4() 

gao^en,  sondern  dafs  9uob  da^  Aetliiopistiiie  uad  AUe5,  was  wir 
ixn  beutigea  Nubien  von  Bau-  und  S^^uipiurwerken  fiDden,  durch/ 
gkiclien  Charakter  bei  geringerem  Maafsstabe  $ich  als  Fiiial^Cor 
k)Qisation  jen£r  grofseo  Metropole  io  der  Tliebais  auküudigt.  .^    . 
Dia  die^BeSichreiljuiig  d^  oberen  Aegjptens  in  der  Descripr, 
tioB  de  TEgypte  von  der  S\idgränze  des  Landes   ausgeht,  so  ist 
die  Darstellung  von  Sjßne  (Assuan)  und  seinen  Umgegenden  der 
Malt  des  erjUii  Kapitels,  welcher  in  die  a  AbUieilungeu  zerfällt : 
Beschreibung  von  Sj^ne  und  von  den  Katarrakteu  des  Nil.   Also 
dort:  von  der  geographischen   Lage  Sjene's;   von  der  alten  und 
neuen  Stadt,  vom  Aegyptischen  Tempel  und  andern  Ältcr(hümef  n 
daselbst,  von  den  Umgebungen  —  sodann;  AUgemcine  Bemerkun- 
g^ja  .über  die  NUfälle;   Beschreibung  des  letzten.  Wasserfalls  und 
des  dälnn  führenden  Wegs;  Berjchtc  der  SchriftsI eller  über  den 
Katarrakt;   von  den  oberen  Katarrakten  —  ates  Capitel:  Beschrei- 
bung von  Elephantine,   und  zwar  zuvörderst  allgemeiner  Ueber- 
blick;  sodann   von  den  zwei  Tempeln,   dem  südlichen  und  dem 
nör Jüchen j  von  'der.  Ufer mauf^r    (mur   de.  quai)   dase^^ft;   voji^ 
dem  Cultus' der  eh  maligen  Bewohner  dieses  Orts;,  zuletzt  histo- 
rische und  geographische  Untersuchungen^  3tes  Cap. ;  die  Strasse 
von  ^yene.  nach  Ömbos;  die  St^dtOmbos  mit  ihren  Alterthüinern ; 
die  beiden  Tempel  daselbst,  der  grofse  und  der  kleine;  die  Strasse 
von  O.  nach  Edfu.  —  4tes  Cap. :  Allgemeine  und  historische  ße- 
merkun^eti;  der  grolsc  .Tempel  zu  £dfu,  seine  Bauart  und  jetzi- 
ger Zustand,  s^iue  innere  Einrichtung  und  Verzier&ng;  wann  er 
gebaut  und   Wem  er   gewidmet;   Untersuchungen    der  bildlichen 
Darstellungen,  der  Sculptar^n   und  Malereien ,   unter  andern  der 
Abbildung   des  PhöiAx  und   anderer  Symbole^   die  Maafsverhält- 
nisse  des  grofsen  Tempels  und  Beschreibung  des  klein ern  T^m^^ 
pcls  daselbst.  —   5les  Cap.:    Beschreibung   von^Ermenth   (dem 
alten  Hei'monthfs) ;  die  Sudt  selbst;  der, Tempel;  die  Seulptulren 
daran;  das  Wasserbecken  (bassin)  von  Hermonthis;  das  aus  den 
Trümmern  dieser  alten  Stadt  zusammengesetzte  Gebäude  —   6ics 
Cap. :  Beschreibung  der  Hfypogcen  ( Necropolen ,  Grabesstätten ) 
voa  Theben;  (wobei  man  jetzt  vergleichen  mufs  *  desselben  Ver- 
fassers Note  sur  an   monument  manuscrit  Egyptien   sur  Papyrus, 
reofermant  des  Plans  i^  Monutnens   avec   les  mesures  ecrites  en 
chiffres    hieroglyphiques ).      Allgemeiner    Üeberblick;    Topogra- 
phie dieser  unterirdischen  Oertlichkekenf  Beschaffenheit  des  Bo- 
zens, worin  sie  ausgegraben ;  gegenwärtiger  Zustand  und  Beschwer- 
lichketten dieser  unterirdischen  Wanderungen  ;  System  dieser  Ar- 
chitektur unter  der  Erde;  Charakter  der  Ornamente,   und  Clas- 
si^calion  der   hier   abgebildeten   Scenen   und  ^Gegenstände;   von 
dem  Sachlichen  was  man  hier  findet:  Mumien  von  Menschen  und 
von  Thieien,  Sarkophage  und  Mumiendecken  mit  Malereien  und 


i5o  Letronne  sur  le  tdmbieau  d^Osymäüdy^s  etc. 

Vielrfalti-eh  der  Mälcr  hA  dlfeseä  Arbeiten,  liebst  einigen  Nbtizen 
ilt>M  torilElalfge  Nöthsüchuttgen  Und  Entdeekuogen  in  dieseif  Hjr- 
fo^eetk  gemaeht;  Paipjrasrolien ;  Ziegelsteine  mit  eingedfilckteti 
Charaktereii  —  Folgerungen  Und  Betrachtungen :  über  die  Schrift 
auf  diesen  Papjrusrbli^n  $  bemerkliche  SyttiDole  in  den  Malereien 
dieser  OrSber;  AehnHchkeit^h  it^ancher  &ebrfiuche  det  veuto 
Elfi  Wohner  Aegjptehs  mit  denen  der  alte»;  Hauptstellen  der  alten 
Schriftslelltelr ,  die  TÖn  ÖifefcfeA  Hypogeeh  gehandelt  haben  —  yits 
Cap. :  Bescht-eibton^dfer  AltertJ^fimer  von  Abfdus:  Topographie  und 
▼ergleichende  Geo^rap^bie$  Hii?tori4che$j  Üeberbleibstel  v^  Aller-' 
thfimfern  ±vl  Abydus;  d«r  Päkst  daselbn,  Uhterstttliün^n  und 
Schlafs. —  8les  Gap.:  Nachricht  über  die  Schlange  voti  ^hjkh 
el  -  ifar^dy  und  übtet*  ^ie  Aiterthfimer ^  die'  mau  in  deu  Utt« 
gebungeu  findet«  ^         '    «  Ci^ugeh 


M'emoir^  ^Ur  le  Tömbe'äu  d* Osymandfas  ddtrit  par 
l)iodö>e  de  Steile,  —  I^märqtces  sur  plasteurs  In- 
scriptions  grecfues  du  flösse  de  Memnortj  'et  sur 
ceHe  du  Mtometre  d'Elephantinei  Par  M.  LxTkONifK,  Paris 
Impriniei^ie  Royale  48^si-  ' 

Ijis  war  voraus  m  sehen,  dafs  da^  grosse  Französische  Werk 
{9>er  Aegjpten  iA/For)si  und  Inhalt  ein  Gegenstand  vieler  Erör- 
terungen werden  würdd.  Bedeutendeti  Entdeckungen  im, Gebiete 
der  Wissenschaften,  folgt  immer  die  Kritik  auf  dism  Fu$s6  nach. 
Es.  hit  dies  in  der  Natur  des.  menschlich eä  Geistes  gegründet, 
und  ttiuTs  zur  Förderung  der  Wissenschaft  gereichen ,  besonders 
Wienn  die  Kritik)  von  aller  Partheisucht  und  Persönlichkeit  Unbe^ 
rührt,  einzig  die  Entdeckunig  der  Wahrheit  sich  tum  Zielpunkte 
settt.  Es  ist  erfreulich  ^u  sehen,  wie  die  Französischen  Gelehr- 
ten nuki  ihre/  kritischen  Forschutigen  .auf  das  genannte  Werk  an- 
wenden, und  pnbestochen  von  der'  Vorliebe  zu  einem  National-, 
denkmal,  dasselbe  um  so  eifriger  der  strengsten  Prüfung  unterVver- 
fen,  ohne  die  schuldige  Achtung  aus  den  Augen  zu  s^zeli,  wor- 
auf die  berühmten  Verfasser  des  ui£9^erblichen  Werks,  so  ge- 
rechte Anspräche,  hab^n.  Ui)ter  diesen  Kritikern  , zeichnet  sich, 
auf  das  vprtheilhafteste  Herr  Latronne  aus.  'Seine  SchriftSu  er- 
innern auf  alleu  Blättern  an  die  alte  Schule  der  grossen  Franzö- 
sischen Philologien ,  wie  die  Werke  eines  Villoison  und.  Bois^o- 
uadi;;  und  wir  dürfen  uns  von  seinem  nächstens  erscheinenden 
Werke  über  Aeg]^pten  unter  den  Ptcflemäem "^ etwas  Yorziigltcbes 
versprechen. . 

Gegenwärtige  Schrift^  vtrelche  auch  im  Journal  des  Savans 


Letronne  sui^le  tombeau  d^Osymandyas  etc.   i5i 

abgedrückt  worden,  be$cYiSftigt  sich  mit  einem , Gegenstand  einer 
ytclt  frühem  Periode  des  Aegyptischen  Aherthuitas. 

Da  nämlich  die  Herrn  JoUois  und  Devillicrs  in  der  Oe- 
scriptioD  de  l'Egjpte  (Descript  de  Thebes  p.^at  s<I<{*)  i>^  dem 
sogenannten  PaUastb  des  Memnon  das  durch  Diodors  Beschrei- 
hoDg  so  berühmte  Grabmahl  des  Osymandjras  glaubten  wieder 
gefunden  zu  haben;  andrerseits  aber  Hamilton  (Aegjpfiaca  p. 
ii4)  erklart  hatte,  dafs  kein  ih  Theben  übrig  gebliebenes  Ge- 
bäude der  Beschreibung  des  piodor  in  allen  seinen  Theilen  ent- 
spreche, so  war  es  sehr  zweckmässig  den  Text  dieses  Schrift- 
stellers einer  neuen'  kritischen  Auslegung  zu  unterwerfen.  Ehe 
ich  die  Untersuchung  des  Hrn.  Letronne  berühre,  will  ich  vor- 
laufig bemerken,  dals  auch  Hr.  Professor  Noehden  neuerlich  in 
Bottigers  Amalthea  ü.  p.  i63  jene  Meinung  anführt,  der  gemäfs 
auch  Hr.  Jomard  den  in's  Britische  Museum  gekommenen  herr- 
lichen Golossalkopf  ganz  folgerecht  fiar  den  Kopf  des  Osjman- 
djas  hielt. 

Unser  Verfasser  wirft  als  Gegenstand  der  Forschung  drei 
Fragen  auf:  Erstens,  findet  man  in  den  Ruinen  von  Theben 
uoch  einige  Ueberbleibsel  vom  Grabmahl  des  Osjmand^^as  ?  Zwei- 
tens war  zur  Zeit  des  Diodor  noch  etwas  davon  vorhanden  ?  unfl 
drittens  in  wiefern  kann  man  annehmeh,  dafs  jemals  ein  solches 
Gebäude  zu  Ihebä  vorhanden  gewesen? 

Die  erste  Frage  betreffend,  so  zeigt  der  Text  des  Diodor 
(nämlich  lib.  I.  cap.  47»  wa*  för  diejenigen  hätl^  bemerkt  wer- 
den sollen,  die  ihn  ini  Zusammenhang  nachzulesen,  wiinschen)  zu- 
vörderst die  grosse  Schwierigkeit,  dafs  der  Eingang  zum  Mem- 
nomium,  den  jene  zwei  Mitjgllcder  der  Aegyptischen  Expedition  fiir 
den  ersten  Pylon  vom  Grabpallast  des  Osjmandjas  halten ,  von 
Sandstein  ist,  während  der  Griechische  Geschichtschreiber  das 
Mateiial  des  let|Lteren  für  Granit  ausgiebt  (kl^ov  frotTilkov  hatten 
zwar  Jollois  und  Devilliers  von  gemalten'  Reliefs  erkh'iren  voUeji. 
Der  Verfasser  sucht  .^ber  zu  zeigen,  dafs  jener  Ausdruck  Granit» 
Pot^hyr  und  ähnliche  Steinarteh  bezeichne,  und  handelt  dabei 
von  diesen  und  ähnliehen  Benennungen,  wie  ^Soc  At^iOitiuo^ 
[welchen  andeiv^arts  die  Herrn  Jollois  und  Devilliers,  wie  ich 
doch  bemerken  will,  richtig  durch  Granit  erklären.  Z  B*  He- 
rodot.  n  427.  vergl.  Description  d^  Thebes  p,  1^2.]  und  an- 
dern. Ich  will,  statt  abzuschreiben,  einige  andere  Nachweisun- 
gen geben,  da  Hr.  Letronne  das,  was  von  andern  Forschem,  zu- 
mal Deutschen,  hierüber  verhandelt  worden,  gar  nicht  anfuhrt; 
<vie  ihm  denn  deutsche  Philologie  und  Naturforschtmg  zur 
Zeit  noch  wenig  bekannt  zu  je/n  schemi»  /^uvördciist  hat 
schon  Biel  im  Thesaurus  III.  pagena  62^.  recht  gelehrte 
l^achweisuflgen   über  den   harten   Stein   (n^ch  Letröiuie   Basalt) 


i5^   Letronne  suf  le  tombeaa-  d^Osymandyas  eta 

geg^beO)  dessen  man  sich  zur  Bescbneidung  bediente..  Auch  hat 
bereits  Fprbcr  in  sejnen  Briefen  aus  Welschland  p.  270  sq. 
drei  Arten  schwarzen  orientalischen  Basalts,  unterschieden.  Auch 
Fea  zu  Winkelmanns  Gesch.  d.  K.  I.  p»  365  neueste  Dresdn. 
Ausg.  erörtert  die  Frage  was  die  Alten  unter  TCvg^ontot%LhK  ver- 
jstai^dep ;  und  nach  ,  Werners  Andeutungen  zu  Bekkcr's  Augus«- 
teum  I.  p.  4^  nennt  man  jetzt  einige  dieser  zu  Kunstwerken  ver- 
arbeiteten Steinarten,  wie  z.  B.  den  in  der  von  Letronne  ange^ 
führten  Stelle  des  Strabo.  (p*  808)  genannte  :  Syenit,  wozu  aach 
die  röthliche  Sieinart  gebort,  die  zuweilen  mit  Hornblende  einge- 
sprengt vorkommt,  und  alsdann  recht  eigentlich  der.pjtrhopoecilus 
des  Pllnius  zu  seji?  scheint;  wie  auch  Böttiger  in  der  Amalthea  II. 

ßi^g  annimmt.  Am  allerwenigsten  ist  aber  in  Diodor's  Stelle  an 
armor.zu  denken,  wie  der  neueste  Italienische  Uebersetzer  thut. 
Da   diese  Ucbersetzung  -manchen  Stoff  zur  Kritik  Ueten  kann, 
auch  in  Deutschland  noch  unbekannt  ist,    so    will   ich    hier  und 
im  Verfolg  einige  Proben  daraus  geben:     Intorno  (?)    ai  primi 
sepolcri,  ne'  quali  diconsi  deposte  le  favorite  di  Gioye ,  raccon- 
tasi,  che  il  monumento  del  re,  che  chiamano  Osimandua,  fu  di 
dieci  {!)  stadj,    alcui   ingresso    era  «im   atrio    di   marmo  a  varj 
^olQri  etc.  *  Bibliotcca  S^orica  d^  Diodoro  Siculo.     Milano   1820 
|.  p.  89.  90).     Der  Verfasser  sucht   darauf  zu   zeigen,    dafs  in 
den   folgenden   Worten   das :    X/3'/vov   TrepifJTvkov   einen  Gegen- 
satz gegen  den  yorliergeh enden  pjlöne  de  granit  bilde ,   so    dafs 
man  eine  Galeicje  von  blossen  gewöhnlichen  Steinen  zu  verstehen 
habe:  un  peristjle  carre,   construit  axi  pierres,  wie  er  übersetzt. 
(In  der  Mailänder  Ucbersetzung  hcifst  ^s  auch  hier  wieder:  Di 
la  presentarsi  un  peristillo    di  marmo  di  forma  quadrata).     Den 
Beweis  für  diesen  Gegensatz  sucht  Letronne  durch  Vergleichung 
einer  Stelle  des  Herodot,  IL  p.  176  zu  führen.  Auf  diese  Stelle 
würde  ich  aber  keinen  Beweis  bauen,  und  es  ist  zu  verwundern, 
dafs  ein  so  genauer  Kritiker,  der  doch -über  einen  andern  Punkt 
dieser  Stelle  so  verstündig  spricht,   die  ganz  zweifelhafte  Lesart 
da  wo  es   darauf  ankommt,    mit   keinem   Wo^te   berührt.     Die 
Worte  sind:    kiel  $k  tu)  ccvt^  ßdd'pff  laraa^,  AiS^fOTriicov  iovTo4 
^3*0:/,    Svo  Ho}iO<T(7$i   i(TTi  ie  KidivoQ  Stb^qq  TQ<jlvfog  ^{gif  Iv.  Um' 
X.  T.  X.  Zuvörderst  ist  es  der  Herodotcischen  Deutlichkeit  nicht 
gemäfs,>   dafs   auf  einmal  zu  dem  Worte   ein  anderer  das  Wort 
Ki9iVQQ  in  einer  von  der  obigen  verschiedenen  Bedeutung  gesetzt 
$eyn  soll;  und  ich  frage  ob  vielleicht  der  gelehrte  Grieche  Mu- 
Stoxidi  diese  Schwierigkeit  gefühlt  hat,   weil   er,  nachdem  auch 
er  im  Vorhergehenden  geschrieben   hatte:   stanno  due  colossi  di 
pietra  etiopica   (siehe;    Le  nove  Muse   dl  Erodoto  etc.  Milano 
48^0  Tom.  I.   p.  3q4)  •—  nachher  mit  Weglassung  jenes  Bei- 
wortes so  -fortfährt ;   Ve'  n'ba    anche  un  altro  in  Sais  etc.  ?  — ^ 
Aber  was  die  Hauptsache  ist^   so   lesen  >wir  erst  seit  Wesseling 


Letronnc  sur  le  tombeau  d^Osyniandyas  etc.   t53 


/  - 


in  dieser  Stelle  .A/^/or/xor.  Vorher  hiefs  es  rov  etirtv^  und 
so  hat  J.  G'rono?  in  der  trefflicLeh  Mediceisclien  Handschrift  ge* 
lesen,  denn  sonst  hatte  er  es  bemerkt;  so  hat  auch  die  gleich 
treffliche  Schcllerheimlsbhe  (Cod.  F.^bei  Schweigh.)  und  ausser- 
dem zWei  ändere.  Es  ist  ferner  der  Herodoteischen  Schreibart 
gemäfs  ds^  rZ  ocvraj  mit  rov  ocvrov  und  dergl.  zusammen zustel* . 
len.  Da  auch  drei  Colossen  auf  einer  und  derselben  Basis  stan« 
den,  so  ist  nicht  zu  vermuthen^  dafs  sie  von  verschiedener  Stein- 
art gewesen,  und  das  X/S^og  Al^iotrniog  konnte,  gegen  Wesselings 
Anuahme,  sehr  leicht  den  Abschreibern  beifallen,  da  es  in  dem- 
selben Buch  des  Herodot  schon  etlichemal  vorgekommen  war.-— 
Ohne  Zweifel  wird _ der  scharfsichtige  Valckeila er,  der  bei  d^m 
toi'  olvtqv  gar  nicht  anstiefs,  zu  den  Wesselingischen  Inconseq- 
uenzen»  worüber  er  hinterher  klagte,  auch  diese  gerechnet  ha- 
ben, da  maa  in  demselben  Gipitel  das  sinnlose  fjtsydpov  stehen 
lassen,  während  man  das  rov  »\>tov  ausgemerzt.  Dn  jedoch  das 
Kläiofcimv  auch  einige  handschriftliche  Auctorität  hat,  so  wäre 
es  möglich^  dafs  hier,  wie  öfter,  ein  Ausfall  statt  gefunden^  und 
man  lesen  mufs:  Liei  Si  rp  n'uTff  ßa^püf  iarccat  Aldioirino^ 
tot)  xvrov  iouTse  (letzteres  mit  Schweighaeuser,  welches  mir 
besser  gefallt)  X/5'Qt/.  Im-erstcren  mir  wahrscheinlicher  dünken» 
den  Fall  haben  wir  aber  drei  .Colossen  von  gewöhnlichem  Stein, 
im  zweiten  drei  dergleichen  von  Granit  oder  Sjenit  —  und  in 
keinem  Fall  wird  in  dieser  Stelle  ein  Beweis  für  den  in  den 
DIodoreischen  Worten  vermutheten  Gegensatz  gefunden.  —  Zu 
den  folgenden  Worten  ^wi/a  ^.  t  X.  -bemerkt  der  Verfasser, 
dafs  dieses,  wie  ^a,  hier  und  öfter  Figuren  überhaupt  bedeute. 
Dies  ist  von  Zoega  in  den  Bassirilievi  di  Roma  I.  früher  auf 
gelehrte .  Weise  dargethan  worden.  Man  vergleiche  auch  Eich- 
sladii  Praefat.  ad  Diodor.  I.  p.  LXXI.  seq.  j  welcher  Kritiker  , 
dem  Hrn.  Letronne  auch  in  der  richtigen  Behandlung  der  Stelle 
Diodor  I.  98  zuvorgekommen  ist.  Gleichwohl  hat  die  Mailänder 
neueste  Uebersetzung  auch  hier  noch:  sostenevan^o  animali  di 
&ediei  cubiti).  Es  werden  nun  weiter  die  Schwierigkeiten  nach'- 
gcwiesen,  die  jener  Hypothese,  dafs  das  Grabmahl  des  Osyman- 
d)as  im  Memnonium  zu  finden  sej,  in  Betreff  der  Mafse  meh- 
rerer Localitätep  im  Wege  stehen,  indem  z.  B.  die  Länge  voh  4 
Plethren,  die  nach  Diodor  jede  Seite  des  einen  Hofes  von  jenem 
Grabmahl  hatte,  ein  Gebäude  von  einem  viel  grösseren  Mafsstabe 
voraussetzt  als  jedes  Bauwerk  mifst,  das  noch  jetzt  in  Theben 
vorhanden'  ist.  Auch  zeigt  der  Verf.  dafs  die  Monolithen  des 
Diodor  zu  den  an  den  Pfeilern  der  Gebäude  angelehnten  Golos-^ 
&en,  wie  man  sie  dorten  allenthalben  findet,  nicht  passen,  indem 
letztere  immer  wie  die  Säulen  aus  verschiedenen  horizontalen 
Lagen  zusammengesetzt  sind.  —   Da  ferner  Diodo;-  an.  dem  Ein- 


I 

i54  Letronne  sur  le  tombeau  d'0«ymandyas  etc. 

«rang  des  zweiten  Prions  von  jenem  Grabmahl  drei  Colossen  aus 
einem  einzigen  Steine  geKauen  angiebt,  und  man  bier  wirklieb 
die  Bask  einfcs  sehr  grossen  Colossen  und  nicht  weit  davon  die 
Trümmer  eines  derselben  von  rosenfarbenem  Grault  gefunden,  so 
iivar  hierauf  ein  besonderes  Gewicht  für  den  Satz,  dafs  hier  des 
Ostpiaiidyas  Grabmahl  befindlich,  gelegt  worden  (Dcscript.  de 
Tbebe(  p.  124)*  Dagegen  Sucht  unser  Kritiker  nun  zu  zeigen, 
dab  das  gefundene  Postament  keine  drei  Colossen  habe  aufneh- 
men, und  dafs  überhaupt  drei  Colossen  aus  einem  einzigen  Gra- 
nitblock  ihres  Gleichen  nicht  haben  unter  Allen  was  sich  ;iu 
Thebe's  Ruinen  vorfindet.^  (Ich.  übergehe  der  Kürze  wegen 
inaucbe  einzelne  scharfsinnige  Erörterungen,  wodurch  deb  Ver- 
fasser das  Unwahrscheinliche  jener  Hypothese  zu  erweise«  sucht. 
Wenn  derselbe  aber  jepc  kleine  Figuren,  die  man  en  relief  ne- 
ben den  Füssen  der  Aegyptischen  Colossen  sieht,  für  blosse  Or- 
namente hält,  so  wird  ihm,  denk'  ich,  niemand,  der  den  Geist 
der  durchaus  bedeutsamen  Bildnerei  Aegyptens  kennt,  beipflich- 
tcU.  In  det  Debersetzung  dieser  Stelle  folgt  auch  L.  der  Emen- 
dation  des  Salmasius:  ^  ivh^  Toig  irdvTocg  Titdov  reju.vofi£i/ot/g 
rov  Et/ifv/roü.  Dies  thut  auch  der  Mailänder  Uebcrsetzer: 
Neil'  atrio  vedevansi  ,tre  statue«  tutte  fatte  di  un  solo  marmo  di 
Siene.  Statt  marmo  würde  es  aber  richtiger  beissen  sasso.  Zu 
der  kritischen  Note,  die  Hr.  Letronne  hier  beifugt,  muTs  ich  be- 
merken, dafc  erstens  Zoega  de  obeliscis  p.  4*9  ^"^n  genug  alle 
drei  Worte  lAifWOVOQ  tfyv  Xvjivhov  auszustreichen  rieth,  und 
zweitens  dafs  unserm  Verfasser  Jacobs  über  die  Graebcr  des 
MemnoB  p.  36  in  seiner  Behandlung  der  Stelle ,v  wornach  man 
1  blofs  Mi/xj/ovoc  ausläfst,  zuvorgekommen  ist.  Ich  habe  immer 
Jablpnski's  Kritik  hiei:bei  vorgezogen,  und  freue  mich  den  Hrn. 
lietronne  auf  demselben  Wege  zu  finde»;  Denn  die  Hauptper- 
son, mufs  doch  einen  Namen  haben,  da  die  beiden  Nebenperso- 
nen genannt  werden.  Das  Ergebnils  dieser  ersten  Untersuchung 
lautet  nun  so:  »Ces  savans  (Joliois  und  Devilliers)  ont  par- 
faitement  prouvi  quc  le  tombeau  d'Osymandyas  n'a^pu  exister 
ailleufs  qtie  sur  la  rive  gauche  du  Nil,  et  ques  les  ruines  de 
Medinet- Aböu  (Man  schreibt  mit  ChampolUpn  richtiger  Medinch- 
Tabou)  ne  säuroient  lui  ^tre  assimilees :  or,  comme  je  crois  avoir 
prouv«  a  mon  tour  que  les  ruines  du  pulais  du  Memnon  u'y 
conviemient  pas  d*avantage ,  il  en,  resulte  qu«  les  restes  de  cc 
monumeni    ne    se   retrpuvent  pas    dans   les   ruines  actueües   de 

Bei,  der  Erörterung  der  zweiten  Frage,  ob  das  Gralbmahl 
des  Osymandyas  zu  Diodor's  Zeit  noch  vorhanden  gewesen,  denn 
es  könnte  ja,  wie  z.  B.  das  Labyrintb,  erst  'später  zerstört  wor- 
den seyn,  kebrt  nun  der  Verfasser  zur  vorhergehenden  Erzählung 


\ 


I 

i 


'     haitohnt  Sür  le  tönkb^au  d^OsymaDdyas  etc.   i55 

(IModör.  I.  46  fi^O  fük'iicky  Wo  ^)n  dfn  A?  K5uigsgrabern  zu 
Theben  die  Rfed^  ik,  die  tut  Zeit  des  Ptolemaeus  Lagi  bis  auf 
17  verseil  wundcfn  Hind  folgert  sodann  streng  philologisch  aus  den 
bei  der  Besebr^ibuiig  des  Grabmabls  gebrauchten  Ausdrücken: 
(pxniu  hm'a^^ettj  ^iviffdatj  iitvrpiBtv^  so  wie  aus  dem  Stillschwei- 
gen des  Diodbr,  der  doch  sdbst  in  Thieben  war  und  auch  nicht 
das  Geringste  merken  läfst,  dafs  e)r  Trümmer  dieses  Grabpalla- 
stes  selbst  gesehen  »—  eine  in  der  That  unbegreifliche  Gleich-  • 
gtlltigkeit  in  einem  Solchen  Falle — dafs  dieses  Denkmal  zu  Dio- 
dors  Zeit  gar  nicht  mehr  vorhanden  gewesen,  dafs  nut  die  Prie- 
ster ihm  davon  als  von  einer  vorlängst  gewesenen  Sache  erzählt 
hatten,  und  da(s  mithin  die  ganze  Beschreibung  dieses  Historikers 
auf  einem  blossen  Hörensagen  beruhet.  (Hiebe!  hätte  ich  zu-  / 
vorderst  gewünscht,  der  Yerf'.  hatte  auf  Zoega  Rücksicht  genom- 
men, der  (de  Obeliicis  p.  fiiB2)  ]i^e  Stelle  des  Diodor  berührt 
hat.  Zweitens  hätte  Hr.  Letronne  bei  Gelegenheit  des  ebendaselbst 
erwilinten  Hecataeus  (von  Abdei^)  noch  einen  Irrthum  bemer- 
ken können,  in  den  die  2wei  Schriftsteller  verfallen  sind^  Aeteä 
Schwächen  er  zu  zeigen  so  bemiht  ist ,  indem  sie  diesen  viel 
Jüngern  Hecatireus  taiit  dem  g^gen  die  69Ste  Olympiade  blähen- 
den Milesier  gleiches  Namens  vern^^chseln.  M.  s.  die  Description 
de  Thebes  p.  i3Ö  sqq.  —  Drittens,  wenn  ich  in  dem  Haupt- 
^rgebnifs '  auch  dieses  Theils  der  Untersuchung  mit  den  Verfass. 
vollkommen  einverstanden  bin,  so  kann  ich  ihm  doch  in  Eineni 
Punkt  des  weiteren  Räsonnements  unmöglich  beipfliditcn.  Indem 
der  Vf.  nämlich  mit  Recht  auf  den  Umstand  aufmerksam  macht, 
dafs  kein  anderer  Griechischer  und  Römischer  Autor  von  diesem 
Grabe  des  Osjmandps  Erwähnung  thut,  sagt  er  auch:  »Hero- 
dote  n'en  a  point  parle',  c  Dies  letztere  beweiset  zu  viel,  folg« 
lieh  verliert  es  von  setner  Beweiskraft  eben  so  Viel.  Herodot 
weifs  'auch  Vom  tönenden  Colofs  des  Memnon  nichts,  wovon 
dodi  alle  atidefe  Schriftsteller  wissen«  Nöhden  sagt  hierüber  in 
BöttigcTs  Amalthea  IL  p.  i33  sehr  treffend:  »Herodot  erwälint 
nichts  davon,  woraus  man  vielleicht  vermuthen  dürfte,  dafs  die 
Sage  (vom  tonenden  Memnon)  nach  seiner  Zeit  aufgekommen 
sej,  wenn  es  nicht  xu  gefährlich  wäre  aus  dem  SttUsshweigtn 
eines  Schriftstellers  auf  die  Verneinung  einer  Thatsächc  Xu  scnaes'^ 
sen.  Ich  gehe  noch  weiter:  Obgleich  Herodot  (V.  8»3  sq.  Vit« 
i5i.  II.  io6)  von  Memnon  und  Memnonicn  redet ,  50  lasse  ich 
es  doch  dahiu  gestellt  seyn,  6b  brauch  sdbst  in  dtfr li^tatten  Stelle 
den  Memnon  Von  den  Aegyptischen  Tiiehehl^ttaeiXiX  lialt.  I(fh  wfll 
hier  nicht  Voto  tierddoVs  Zurdckhalttxng  bei  Dingen  feden,  die 
hur  teini^ertnäs^^n  das  Innere  der  Religion  angehen  '(wozu  t)sy- 
niandyas  und  sein  Grab  offenbar  gehören)  —  -wie  viel  ev^hlt 
dieser  Geschichtschrerber  dann  überhaupt  von  Theben,  und  wie 


i56  LetroDoe  sur  le  tombeau  d^Osyiqandyas  «to. 

viel  TbebaUclie  Denkmahle  beschreibt  er  inis'^dcim  .•— .er,.der 
sich  sonst  so  gcmütlilich  in  Schilder ungcri  so]c]ier  ^erkviirdig-' 
keiteo  verbreitet?  —  und  dennoch  hatte  er  4ies' Alles  gesellen^ 
und  war  selbst,  bis  S^ene  hinaufgekommen.  Was  ist  d)lui  der 
.  Grund  eines  $o  sonderbaren  Stillschweigens?  (Einmal  der  an- 
£;eführte,  der  ihn  auch  abhält  über  Klcusis  uud  andere  heilige 
Oertlichkeit^n  g^nau  zu  redeu. —  sodann  und  ha;Upt&ächliöh,  weil 
gerade  Thebens  Geschichte  und  Merkwürdigkeiten  vom  Milesier 
Hecataeus  bereits  ausführlich  abgehandelt  worden,  waren;  wie 
auch  die  von  Hr.  Letronne  kritisirteu  Verfasser,  4^^^  Desccipt^  de 
Thebes.p.  a8o  richtig  bemerkt  h^bpn.  D^mit  will  ich  aber  kei- 
nesweges  sagen,  dafs  dieser  Hecataeus  auch  vom.  Grabmahl  .des 
Osjmandj^as  überhaupt  eine  oder  vollends,  eine,  solche  Beschreib 
bung  geliefert  habe.  Dies  läfst  sich  sogar  aus.  itn  Aeusserun- 
gen  des   Diodor  I.  46  ün.  und  I«  47  init.'  fast  bestimmt  vernei- 

»en).       ,  '  ..       . 

Ueber  die  dritte  Frage:  ob  em  spith^s  Crabmafd des.^Qs^man" 
draSß  wie  Jas  voß  Diodor  beschriebene,  jemals  in. Theben  existirt 
hohe,  welche  unser  Verf.  geradezu  .'vero^^/i^ ^  ist  gai^z-  unläugbar 
auch  viel  Gedachtes,  und  Tüchtiges  gesagt   worden.     Aber  wird 

X  flann  ein.  jeder  AUerthumsforscher  ihm  auch  hier  beipflichten 
J^önnen?  Wir  wollen  sehen.  Mau  wird  erwart«^  dafs  hier  der 
goldene  Kreis  des  Osymandjas  und  was  der  Verfolg  der  Erzäh- 
lung (Diodor.  .1.  49  s^^*)  Auffallendes  hat^  Gegenstand  der  Un-^ 
iei^suchuug  seyn  werde.'  Vergoldet  soll  dieser  Kreis  picht  gewe- 
sen se}n,  wie  Einige  gewollt,  denn  warum  hätte  ihn  alsdann  doch 
Kambyses  wegbringen  lassen?  (War  denn  aber  nichts  daran  zu 
lernen?  Derselbe  Kambyses  liefs  doch,  wie  wir  von  eben  dem 
Diodor  erfahren,  auch  Aegyptischc  Künstler  nach  Obqrasien  füh- 
ren, die  für  i^n  bauen  und  Bildwerke  verfertigen  sollten.  Jedoch 
er  sey  golden  gewesen  —  und  v^oher  das  viele  Gold  gekt^inmcn, 
lesen  wir  ja  bei  demselben  Geschiclitschreiber,  wo  er. aus  den 
eW  der  Revenuei^  des  Pharao  Osymaodyas  angiebt.  Das  ist  nun 
aber  eben  der  Punkt,  wogegen  sich  des  Verfassers -^Schwergläu- 
bigkeil  empört.  Und  in  der  That  die  Summen  sind  epc^rm.  Da 
ist  von  533,333  Silbertalenten  die  Rede,  die  ihm  alljährlich  aus 
deif  Gold-  und  Silberminen  Aegyptens  zuflössen;—  d.  h.  m^hr 
al$  die  sämmtlichen  Revenuen   der    Ptolpraäer  ; — .und  zwar  aus 

.  einem  Lande  das  zur  Zeit  der  Griechen  gar  k^iue  Gold-  uud 
Silberbergwerke  mehr  hatte.  ( Sollte,  frage  ich,  nicht,  vieles  er- 
klärbar werden,  weno  wir  erjStens  erwäge«,  dafs  in  der  Periode 
der  älteren  Pharaoneu  alles  Land  bis  weit  in's  pbere  Nubien 
hinauf  Aeg/pten  hiefs,  und  dafs  ausser  dem  Gold-  und  Silber- 
ertrag aus  den  königlichen  Domanialbergwerken  der  Handel  mit 
edlen  Metallen  dorn  Könige  an  Procenten,  wie  wir-  sprechen,  ua* 


\ 


Letroü^e  sttr  Je  tombeau  d^Osymandyas  etc.   i5y 

geKeu£re.  Samiqen<:tfbw^fen^  mtifistC}  wovon  Jii  dien  Gnecliischen 
Zeiten   ilidvt  in«l)y''<fte   Rede   War.'    Sodann '  wissen  wir  ja  aus 
der  G«nesi6  JLLVil.  i^4^:26  dafs^  ganz  Aegjpten — und  nun  denke 
man , ,  wie  'gesflj^t ,  '  an  das  darnalrge  Aegjpten   dea  ,  FilnftlBn  *  vom 
Getreideertrag .  entrichtenr  ntufstcf   Weiter  melden  uns  die  An na^ 
Icn  des- Jtidisclien  JKöttig<9  1  B.  •  der  Könige  X.  *4  ff#  '2  GhrqnC 
}X.  i3^i.daiji>  Sälbmo^  ausser  den-dbrigen  tingelieuren  Einküofteir^ 
jähflich  666  Goldtalent e'^us  sdnem  Reiche  bezog:     Ich  fiSrchte^ 
unser  Verfasser  bat    hier   den  orientalischen  Maa^stab ,' wogegen 
Alles  Griechische  und.  Europäische' zu  kurz  kömmt,  zu  sehr  aus 
den^Augi^  gelassen.     M^e  er  doch  unseres  Niebuhr  ^-  G.  ITi 
p,  397  .ff/ lesen,  um  zu  seÜen^  wicl  man  solche  Angaben  aus  deii 
alten  yölkeryerhä|tnissen  zu  wtiirdigecx  hat*'  — -  .  Aber  e$  sej  mit 
der  numtraereu:  Resdität  dieser  Pbataotiischen  Dinge  -wie  es  wolle 
—  es.  giebi  daliir  noch  •  ein eif  andern  Standpunkt.  Ich' bleibe  bei 
der  Sache:  wie  wäre  esnUUj'Wenn  der  ffolden&Krek  des  Osj- 
mandjas-.inf  •eineD'xA?c/i9Mr«i>  gehörte?  'd.  h.   in  denselben  Kreis^ 
Yf'ie.  das  igofdene  Tuch  '(^ipofjtee/Kr^^u)   des  andern  Pharao,  des 
Rliampsiuit,  wofin  sißhon  der  tiiichtere  Z^^ga  d«  obeliscit  p.3o3 
kein  Handtuch^  k^ne  handgreifliche 'Sache,  sondern  ein e^  Allegorie 
erkanDte.i#  iSo  fa&'aucheni.  wir  ja  den  Olous  Borric4iius  mit- seinem 
hermetischen  Stein  der  :Wei$eiY  nicht  zu  Kentiiihen,  und'  die  itol-^ 
zeo  Ptolefnäer  «dürfen  ihre  Vorfahren  um  allegorische  Reichthum 
nicht  mahr.  beneiden,  so  wenig  als<  irgend  ein  verständiger' Grieche 
jemalsi  .den  .Ho(qärisohen  Zeus  um  seine  goldene  kette  beneidet 
hat.   In    Zelten,   wo  die  alte  Yerfitssung   und  Rißligioil  der  Pha^ 
raonen  zu  einem  corpus  mortuum  geworden,  ward  das  Alles  frei- 
lich albern  genug  erzählt   und    gedeutet.     Damals  war  auch  der 
tönende  Memnon  nur  noch  ein  elendes  Spiel  der  leichtgläubigen 
Neugiei;.  ..v^h^ffQi^i^  .h>t;t<e  ler  .seinen .  grosastig^  Gebair.  und  Sinn 
gehabt  (,we  ,  auch  Böttiger,  ^^eblx  Aotalthea  .II.  p.  176 ).  — •     Es 
fehlt  noch  viel  dai^   die    Geschichte  der   Pharaonen,   $0  wie  sie 
beiHerodot'Uiid  ^Diodor  vorliege,  gehörig  verstanden  wäre.  Wer 
da  Facta,  geschichtliche  Thatsachen  allenthalben  sucht,  mufs  eben 
so  fehl  greifen,  als  wer  Homers  goldene  Kette  mit  beiden  Häa** 
den  fassen ,   und   wenn    er  iti  did   Luft   gegriflPen  '- —  sieh  durch 
eine  Platsanterie  rächen  wollte. 'Was  jene  Pharaonischen  Annalen 
melden  sind  gVotoentheiU  epische  Sägten  aus  einer  heroischen  Men* 
schenwelt«   Kritischer  Scharfsirtn^' reicht-  hier  nicht  aus,  mufs  so- 
gar  oft  irre    führen;  >_ —  es  wir 3  ein    Sinn   erfordert,  der   die 
Denk^j   Dicht-   und  Schreibart   der  morgenländischen   J^orwelt 
zu   fassen   vermag—  und  diesen  möchten  wir  unseren  sonst^  so 
tüchtig  forsdycnden  Kritiker  wuris^hen. 

Es   folgen   Bemerkungen   über   einige    Inschriften  auf]  dem 
grossen  ^.Memuojoacolofs'  und  über   eine  auf  dem   Nilmesser  zu 


Eieph9fi)ti])e.  Hier  befinj^l  floh  Hieiw  l^tfdiioe  gwaz  auf  seioeiB 
feldie^  WQrsiuf  er  schon  sp  vi^9.B«weUe:;ä«r  gillftklkhsten  Coror 
binatioiiiigab^  gelieferf.  B^i  der  ersten  «Qnd  withtigsieQ  ImebTift, 
dU  ihi)  haii^ptsÄ^hlicb  beschäftigt y  biiUe  er  die  awei  Sätse,.  «lafs 
Ser^pis  fiuc$  ^^U9  genapqt  «nq  d^fs  er  voniiglicli  %n  Memphis 
verebr^  wardi  au^  dem  Aristidi^s .  (Oratt.  Tom.  .L  p.  53 .  u.  p.  5$ 
cd»  Jebbf)^  bf)^r§l£tigeo  könnep.  Ab«r  vieliekhl  y^t  h\eit  vom 
l^emphitiK^eQ  Sei^pi$  ni^b^  die  ß^e.  Zufolge;  eiotf  andern 
{Stelle  4^4^fn  4ristftde$  (p*ß^)  ko«i»te  man:  das.CEIXOT  der 
drittef^  Zßüe  yi^Ueicbl  duivgib'  its/ttsftJW (d,  i,  IVWiro^).. ergänzen, 
und  hatte  iis^^n  qocb  den  Yprlbeil,  den  erstfco  fittebstab  des  ab«- 
gebrppbeflfn  Won$  nrnntAnil^  ^u  blasen^  Msptnf^^  irard  auch 
l^itbraiii  g^nßnnik  (PlutartPi^.  de  Isid«  el  Osicid..  p.  3^  p  5i4  ed. 
Wji^e^bj)  der >)ai|t  del9i  SfirapU  1^, diesen  Zeiten  der  Rellgions«- 
mengetei  ein  ^nd.  amleri)  BAinameii  gemein  hatte;  Man  s.  s.  B. 
Gruteri  Tbcts^^vr,  In$cnpU«!]UI^IL  «o,  »i  vevgL  ebendaselbst  XXXIII. 
9).  1(1  4^i:»^lbea  Zeile  w$Fe  0s  den  Zügen  der: finchstaben  ebem- 
hU  gmihpTf  ä/M  ttttt  des  vorgeselilageaeü  dMiw ,  zu  leseir. 
£(aii  "vv^ff.  JA,  wie  4ei^Lei$ken  Memnonische'  InschrifVeB  auch  In 
Prpsa  gern  ßin.  wenig  poedscben  Schwrung/Jal  manchmal  sogar 
Schw^Ut  Jiebc».  -rr  Durcb.  Ver^lffichung-dcr. zweiten  und  drit- 
tcua  la^fi^ripnii^n  wird  das  Aber  des  gedachten  Nüniessers  zwischen 
d«^  JsihrAn  tgi  r*^  900  unserer  Aera  genau  bestimmt^  und  wir 
€^^fl9i:  «lii^eißdem,  d«fi  das.  Mirak^  mit  disr  McmnonssSule 
IVKh  «#  AnfiWJg  des  3ten  Jahrhunderts  nach  dhr«  Geb.  und  ver*- 
iimt|ilipb .  mvtfit  iipiter  im  Gange  man ,  Creuzer. 


iims  mt  ia  p^jrnfue  pan^  C.F.  Parrotj  Professtur,  de  Phy^ 
Mfue  d  Dorpatj  m^mirä  du  eomiti  des  ^ic&tes^  ChevalUr  et 
CoHdeiUer  des  colU^es  de  Russie  cet.  D^rpat  484g*  Tom, 
4.  334  S.  und  Tom.  //,  JSS.  Bkend.  48%o,  T.  IIL  $40  S. 
8ä  msgmmen  g  Ktfin: 

lib^fl  f9  «ehr,  als  das  Studium  der  Phyiil  j!p  d(en  letzten  De- 
cennieo  unstreitig  an  Genaiugkeit  und  Tiefe  der  Forschung  ger 
woonen  liat ,  ist  auch  die  Verbreitung .  desselben  yermehrt  uad 
die  AufQierksamkeit  des  grofs^n  ,Publicums  auf  die  darunter  gce- 
borigea  Cegenstände  allgenu^inier  gewprden.  Von  Tage  zu  Tage 
-wird  die  Udberzeugung  fester  begf iindeti  d^b  die  Erforschung  der 
Natur^esef^e  nicht  blofs  objeiftiy  m.  eiqem  reichen  ßewinne  viel- 
iTacher  Hülfsmittel  des  Nutzens  und  dfr  Sequembchkei t  fuhrt,  soa- 
der^  »l^lwh  auch  den  Verstand  un4  das  Zlfwlidienken  schärft,  und 
dem  m^WfiMichen  Geiste  eipe  wafarMÜi;  edle  SiditttiKg  giei>t,  i»- 


Parrot  Pntretieiis  sur  la  Ph^sique,         %Sq 

) 
dem  €S  den  Blick  von  dem  Kkmlich^n  der  Uoigebung  auf  das 
Werk  de^  allmäcktigen  Schupf ei-s  wendet,  welcher  von  jeher  auf 
der  Unead^ichkcit  der  Welt  vorzüglich  erkannt^  und  ab  ^rb^ber 
derselben  verehrt  wurde.  Alles  dieses,  nebst  dem  inp^ejci  Zu-  ~ 
sammeohange,  wodurch  der  Mensch  sich,  mit  der  Natur  verbun- 
den fühli^  ist  Ursache,  dafs  die  Aufa|er|KsamkA  auf  aUe£rsqhei<^ 
nunge^,  welche  sie  uns  darbietet ,  unter  allen  Ständen  grofs^  iin4 
das  Yerlaiiigeii,  ihre  Ursachen  ,i^|i  ^rgr^nden,  allgj^mcia  ist.-^  '^pi^*', 
scbrifu-n,  zunächst  ntik*  zur  Uaterh4lrung  bi^stimiati  ja  sogar  poli* 
tische  Tagsblätter  nehmen  daher.  Ab^>4Adlungen  und>-]^(«cfaricpteii| 
welche  in  das  Gebiet  der  Naturkunde  gehören^  häufig  und  geri^ 
aaf.  Aber  leider  rühren  diese  m^stens  von  Nichtkenncmlieri 
und  dieneq  mehr  dazu,  die  Begriffe  zu  verwirren«  als  zu  berich- 
tigen; die  vielen  vorhandenen  gründlichen  Werke  sind  durch  ihre  ^ 
streng  wissenschaftliche  Form  für  gänzlich  Unvorbereitete  entw^-* 
der  überhaupt  unverständlicll  pder  ermüdend  zu  IßipUj  und  di^ 
logeoanuten .  populären  Schnften  mei&teni^  wässerig,  weitschweifig 
und  zum  Theil  du4*ch  Unrichtigl^iten  <|mts^elU.  Kein  Wunder^ 
dafs  der  Wunsch  so  vieler  Dilettanten  nach  Belehrung  iher  die/if 
wichtigen  Gegenstände  unbefriedigt  bleiben  mufs. 

Eine  ganz  andere  Sache  ist  ^s  mit  dem  Verfs.  de^  vorlie- 
genden umfangenden  Werkes.  (Jtilängst  hat  derselbe  durch  feiinf 
theoretische  Physik  und  durch  mehrere  gehaltreiche  Abbandlunr 
gen  die  Meitserhaft  errungen,  und  wenn ,  er  gleich  getrieben  duro^ 
das  Verschmäheiij  im  ofienea  Fa^rgieise  seinejti  Yorgäng^ern  nach- 
antreten ,  auf  den  versuchten,  neueip  Jahnen  miinnter  weitet  ab«' 
wich,  als  andere  für  erlaubt  hielten,  ^  eprgab  sich  docb  allezeit 
dafs  er  nicht  träumend  sich  verixi*!^  andern  ^us  Ueb^iiZengung 
die  gangbare  Strasse  verlassen  habe«  Es  isf  hier  also  nicht  vo^ 
dem  Versiicke  eine«  Anfän^f^rs  die  ^<)d^,  daf  "eb^  £r|ernte  mi^t 
Weglassung  der  schwierigsten  Untersucbung^p  plan  wieder  vo^ 
zutragen,  sondern  ein  becühnitei',  yvM  den  Ycrteranen  beizuzahr 
leuder  Phj^ik«^  schreibt  für  d^s  picht  eigentlich  gelehrte  j  aber 
fein  und  wissAuichaftlicb  gebildete,  und  m  Nadlidecik^^  geübtf 
Publicum* 

Das  yorllagende  Werk  soll  also  sein  er«  Bestimmung  nach  die 
Naturlehre  in  ihrem  ganzen  jUmfangö  in  populärer  Darstellung 
enthalten«  G«wöhulich  wähl^  m^  hierzu  di«  Einkleidung  in  Briefe 
oder  nur  einen  leichten  und  lu^ne  Anstrengung  verständitchen  ep- 
sählenden  Vortrag»  denn  die  Form  des  Dialogs  fäUt  gar  leicht  ins 
Trivial^  und  Matte,  abgerechi^et  dafs  sie  wegep  erforderlicher  Hal- 
tung der  gewählten  Charaktere  bei  weitem  die  schwierigste  ist» 
Allein  der  Verfs.  hat  sich  hierdurch  nicht  abschrecken  lassen,  zu- 
gleich aber  den  Standpunkt  ganz  eigenthümlich  festgestellt.  Im, 
gesellschaftlichen  Kreise   einer  vornehmen  Familie,  aus  lauter  in- 


ifio         Parrot  Entretiens  sur  la  Phj^sique. 

teressanten,  moralisch  guten,  aber  rucksichtlicK  auf  Wissensdiaft 
im  Allgemeinen  und  einen  feinen  Ton  der'  grofsen  Welt  hocli" 
gebildeten  Personen  bestehend,  erläutert  ein  gewisser  Herr  von 
P.  die  Gesetze  der  Natur  ohne  Experimente  anzustellen,  beschreibt 
und  zeichnet  die  Jiöthigsten  Apparate,  und  leitet  die  aufgestelhcn 
Wahrheiten  aus  mahlten  Beobachtungeq  und  Versucfien  ab.  Die 
ganze  Gesellschaft  in  ihrer  angegebenen  Individualität  der  einzeln 
nen  Sub]ecte'soU  in  der  Wirklichkeit  etistirt  haben,  wie  in  der 
Einleitung  versichert  wird.  Wir  lassen  diese,  nicht  sehr  wesent- 
liche, Behauptung  dahin  gestellt  sey^j  wären  aber  auch  ohne  diese 
mitget^eilte  Nachricht  eher  geneigt,  es  zu  glauben,  als  zu  bezwei- 
fein.  Auf  allen  Fall  ist  ed  einfc  nichts  weniger  als  leichte  Auf' 
gäbe,  die  einzelnen  Charaktere,  tait  ihren  individuellen  Ansichten, 
Vorkenntnissen  und  Neigungen  durch  das  gani^e  Werk  gleich 
bleibend  und  mit  Conseqaenz  durchzuführen^  wozu  bei  den  un* 
tmterbrbcben  eingestreuten  Antworten,  Zweifeln,  Fragen,  feinen 
Neckereien,' aber  auch  artigen  Schmeicheleien  u.  s.  w.  wahrhaft 
dramatisches  Talent  erfordert  wird.  Der  Verf.  hat  indefs  diese 
grofsel  Schwierigkeit  meisterhaft  überwunden.  Keine  der  Personen 
f^Ut  aus  ihrer  Rolle,  alle  reflectiren  vielmehr  von  Anfang  bis  zu  Ende 
gerade  in  derjenigen  Weise,  wie  sie  ihrem  anfangs  gezeichneten 
Chiarakter  angemessen  ist,  der  Leser  wird  unmerklich  in  diesen 
Kreis  einer  grofsen  Familie  versetzt,  hört  die  Demonstrationen 
des  Vortragenden ,  und  ahnet  im  Geiste  zum  Voraus  die  Bemer- 
kungen, welche  der  eine  und  der  andere  hierüber  machen  wird. 
Gleich' anfangs  bevorw ortet  der  H.  v*  P.  und  entschuldigt  sich 
in  Voraus,  dafs  er  oft  in  den  pedantischen  Ton  des  Katheders 
verfallen  würde-,  an  welchen  er  gevi^öhnt  sey,  man  kantml  überein, 
dieses  möglichst  zu-dulden,  im  Uebertreibungsfa^ll  aber  ihn  freund- 
chaftlich  zu  eiinnern,  und  im  Vertrauen  hierauf  beginnt  er  seinen 
Vortrag.  Rec.  will  nicht  bergen,  dafs  vielleciht  ein  und  der  an- 
dere, blofs'an  ernste  und  streng  wissenschaftliche  Forschung  gewohnte 
Physiker  zu  einier  solchen  Art  der  Darstellung  einer  ernsten  und 
-tiefen  Wissenschaft  den  Kopf  fchütteln  niÖgte;  allein  für  den  Phy- 
siker von  ProfessioU  hat  sicher  der  Verf.  nicht  geschrieben,  denn 
bej  vielen  wenigstens  dürfte  4^e  Zeit  mangeln,  aus  der  Fülle  des 
Mitgetheilten  das  für  diese  Wichtige  und  Interessante  herauszufinden. 
Dagegen  aber  ist  nicht  zu  leugnen,  dafs  es  eine  grofse  und  ausge- 
breitete Klasse  von  Lesern  giebt,  welchen  gerade  diese  Form  des 
Vortrags  nicht  blofs  überhaupt  zusagend,  sondern  gpnz  eigentlich 
nützlich  und  die  Belehrung  erleichternd  ist« 

* 

(Der  Bf  seh  luf$  folgt.) 


N^  li;         Heidelberger  1823* 


•    ■»  •  / 


Jahrbücher  der  Literatur^. 


V  • 


l. 


Parrot  Entrttiehs  sur  }a  PhjfsiquCm 

S.  .. 
0  leidit^es  ttäailkli  dta  Gddirten  von  f«eK  werden  ranbi  seHüt 
das  ged]^gt«ste,il^rigeiisal»er  vollständige  Cc^mpoodittm  in  weoi- 
geo  Tagen  darebzulesen,  und  demooqfa  alles  Yfik%  etwa  neu,  oder  tot- 
2Bgltcb  treffend  dargestellt  ist,  genau  zu  i  bemerken,  ••  wenig  ist 
TOD  dengcbildet^enuiid  selbst  imNacbdenkea^efibtesteRLesern  «nd 
Leserinnen'  aus  den  bdbereb  Standen  im  erw«ten,  «kiaff  siejaidit 
schon  nach  d«in  Lesen  weaiiger  Seiten-  «naiifideu^  und  aeüsiMsil^ 
der  gamsen  Snobe  dberdrössig  werden  sollten;  Hieir'  findeii  •  sie 
statt  dessen  ilberall-Brholnngen,  sie 'fiibien  sieb  gltidiaaiii  in  eiive 
Sphäre.  v<^cilit,  worin  i sie  sieb  frej  zu  bewegen  gewbbnt  liiii, 
die  £inwärfe^  -Bemerkungen  und  Zwiscbenredeir ,  sind  gana  4Bic 
ihren  e^feni^  Ansichten  Ibereinstimuetid.,  di»  bierdnrefa  Vera»- 
lafsten-  Erläuterungen  maeben  ihnen'  unbemerkt  klar,  was  iwoit 
leicht  ^umfteutliob  geblieben  wäre,  obne  dafs  di^Verf.  überall  ge- 
zwungen ist,  weitseh wei%  zu  seyn,  und  so«' werden  si^  aitcli 
durch  die  £iliiBl>didttng  angezogen,  idlmälig  in  die  vei4)lni[eueMi 
Untersuchungen  etfler  Wisseiisobaft  bineingeführ« ,  welthe  iu  ib- 
rem  Wesen  und  in  ihrer  vielfachen  Anwending  durckeus  ftHiekt 
jeden  naobdenkenden  MenUchen^  interossirenund  fesseln Jmpife/  Re«, 
darf  weoigstefis  seinerseits  gewissenhaft!  vcvsicberft,  dafsvibm{«iete 
dnroli^  die Zttborer  gemaebteBemerkui^eii,  so -weit  siet  audv^oft'  -voii 
der  Hauptsadie  entfernt  zu  liegen  scheinen,  doch  aebrint^pesJtttAt 
gewesen  sind,  und  er  -  glaubt  daher  diejenige  KlasM  von  Lesern, 
för  welcAie-  das  Werk  gesobrieben  ist:^  dreist^  darauf  «ufuterksaui 
machen«  und  esihueii  als  gteioh  «ingem;hui  und  bi^ebrend  ganz  vor« 
xnglich  ompfeblea'i&u  'dür#Ml. 

Die  :]^gentb(iitAicfak^it  der  Foim  «urebte-esneibweDdtg,  ä^it 
ausfibriicbe  Dttstelking  dersdbdn  vo^ailsAu!lcbidL«n*  Rilcksicfaf. 
tich  auf  den  weientii^eo  ^itih%lt  solbst  kann  das  Werk  twur  sei«- 
Ber  Bestimmung  nach  die  ^gesummt«»  fi^aEtoi-gesetze  nicht  auf  6su 
VoUsiändigste  aus  den  ErscbeinuAgen'OUtwiekelp^  allein  es  bereift 
viel  mehr,  unfd  gebt  w^t  ttefer  iit  di^Sacben  >eio,  als  mancher  vef- 
mutheu  ilidohCe.  Der  Verf.  weils  sehr  gesehiekt  doreh  die  ein- 
gestreuten Fiugen  uud  Einwurfe  eine  liüher«  EHsuterung   selbst 

.     11 


tfo' ,      Parrot  Entreiierts  sur  la  PhysJquei  \ 

der  scfiwierigern  Aufgaben  zu  veranlassen,  und  übergeht  bey  allen 
Entschuldigungen  über  die  uovermeidiiche  Trockenheit  »olciier 
Fof^ch^^g^n  ^ie  Auseinandersetzung' d^r  verWjjdcdfern  Phobie oie 
nicht.  Den  Inhalt  einzeln  anzugeben  würde  überflüssig  sejn^ 
vielmehr  genügt  es  nur  im  Allgemeinen  zu  bemerken ,  dafs  die 
"beiden^'«!*«!«!!  TWie.nach  den  vodättfigen-  rilgemcioep  l^estim- 
mungen  die  Statik  und  Mechanik  fester^  fliJssiger  und  cxpansi- 
belcr  Körper  y-  der  ^Tilte  in  zwei  Abth^iluugen  die  Wärmelehre 
und  Optik  enthält.    -    '        ^  -    /      . 

Rec.  hat  der  Billigkeit*  gemä'^-jdvs'» grosse  Verdienst  des  Veif.y 
welches  er  sich  durch  dieses  bedeutende  Werk  um  die  Verbrei- 
luüg  p^ysikaÜBcher  K^iHitBfissc  erwirbt^  gebühreadanetkabnt,  vmd 
-theik  voUkoinmen  seine  Ansicht«»  sowohl  ükr/die  BebasitUuB^s-   ' 
weise  -der  Naturlehre  im  Allgemciticü^.  als  auch  über  die  Bevreis- 
^art  und  (Ue  daraus /.gefolgerte  Giütigkell  d^r   aufgesteihep  Sätze 
iim  Einzelnen«     Damit .  ab«r  die  Leser^des  W«rks,  deren  Zahl  hof- 
.featlicK  grofls.sejn  whd^  nicht  «u  glauben «veranlarst  werden^    als 
;s^jFeM  alle  dteiaufgesleHten-  Bebaupli^Bi^  dut^hius  und  ohne  Streit 
'.ervTieleni  ab  gäbe* es  fernef  unter  den  Besirbeiceni  dieser  Wis- 
t,fenschaft  .uitobt  gl^i^ falls,  < wie  bei  alieti  freieti  Forschungen   des 
,iiie'DGUfeJKeii   Vei^tandeSf   Verschied<*nheit  der  Ansithten,    insbc- 
^fioodfic«»  abei*^  wd  den  Schein  zu  beaeitiged, ;  als  wäre  da&  ausge-^ 
-aptoohene  Urtheil  auf  eine  'blofs  oberflächliche  Uebersucht  dt$  Werks 
.«gegri>nder,.  erlaubt tsiclh  Reo.  einige  aii%e&teUte.  Sätze  h eijausxulke - 
.S^n,  .gegen  :  welche   er  ^bedeutendere  jEinUrendungen- .machen  zu 
iköon^  gltii]:^  ^alsi. diejenigen  sHid  ,•.  welehe  .deoi  Verf.  in*  seinem 
laehr  interessanten  .iKreise  oft  scharfsinnig  «wd  treffend-  entgegen- 
•|*estellt  /rerde;«.     Wenn   Th.    t.  S.  l o5. -angegeben   wird,    die 
iCyiasfaden  sejen^k^aofein,  ab  ein  Haar,  so  bedauert  Rec*  dalsihm 
.das.  y^rgttÜgen, versagt  ist,  dem  Verf«  ein«  Pjrobe derjenigen  feinen 
*Ci^pio$Xe  zustdleu  zu  können,  deren  Purchmesser  nach  mikros- 
ikopiloH^ftUntersuchuogen  laerklieh  kleie^r  ist,  als  der  Di^rcblbes- 
aeV'det.  Röhre  in  einem  gewöbolicb^a  Menschenhaare.     Im    aten 
,Tk.  ^469^  wird,   übereinstimmend  mit  Jlib^^  Jhchauptet,  Galiläi 
babe  sicher  die  Unache  gewnist,  ^weswegen»  das  Wasser  in  den 
Säugpumpen   nichl 'höher,  ab  3i  F,.  aufsteigen:  wellte,  allein   er 
habe  sie  verschwiegen,  veimuthlich  ,aii(5k  Furcht,  ti^v  dev  Inquisi- 
Mtip9  (nach  jßie^  au^  Mofuerie).     Rec;  möebte  wissen,  ai|frWelche 
hial^ri^e  Thaisadbe  «ich  dieses ,  gründet.   GalUäi  war.  incJbt  der 
-lltf.ani},,.wdeher' mit  ernsthaften  Dingen . Spafs.  trieb,  auch  hatte  er 
;ktine  Ufsafthe,  sipb  wegen  eines  nipht  gegen  die  Bibel  streitenden 
^Saueavpr  der  Inquisition  jmi  für«btf^n«  Aviserdem  war  der  Glaube 
.4n,  QfiB  hoi^ror  vacui  «in  so  aligemein^einge^oraeiter  Irrtbum,  dafs 
Galiiäi.  die  <]oHasion>  daraus  erklaren:  wollte»  uuä  ungeachtet  des 
:  wichtigen  Versuches  ..vpn  7<9rrj««//i  ^erthcidigte  der  scharfsinnige 


I 

Parrot  Entretiens  sur  la  Physique.  163 

Pasetd  -ooch  xwej  Jahre  nach  der  eutta  Keo'ntoifs  desselben  und 
drei  Jahre  nach  Galiläas  Tode  diese  sogenannte  qualitas  occulta^ 
YOQ  welcher  er  sich  erst  nach  abermals  drei  Jahren  i648  durch  wie* 
derholte  Versuche,  insbesondere  durch  das  bekannte  ciperimen- 
tam  cmcis  seines  Schwagers  Ptrritr  auf  dem  Puy  de  Dome  los- 
zumachen vermogtei  und  erst  i663,  also  ai  Jahre  nach  Galilai^s 
Tode  erschien  das  Werk,  worin  Ptuccl  die  Torricellische' An- 
sicht vertheidigte.  Diese  Gründe  können  durch  keine  Aicguraente^ 
aas  dein  Scharfsinne  GaliläiV  entlehnt,  sondern  nur  durch  histo-, 
rische  Documente  widerlegt  werden.  Nach  S.  i38  ff.  sollen 
die  bjdrostatischen  und  hydraulischen  Erscheinungen  tropfbarer 
Flüssigkeiten  auf  der  Elasticität  derselben,  wie  bei  den  expansi- 
belu  ber^ben•  Als  Beweis  hierfür >  wird  hauptsäcliUch  augeführt, 
dafs  feiger  Sand  nicht  wie  das  Wasser  in  einer  Röhre  aufsteigt, 
oder  im  AUgt^meinen  nich^  fliefst,  Und  dafs  der  Sprungkegel  kleine 
Quantitäten  Wasser  höher  schleudert,  als  dieses  nach  den  Gese« 
tzcu  des  Falles  möglich  wäre.  Indem  so  eben  auch  ein  anderer 
berühmter  Phjsiker  behauptet,  der  Druck  der  Flüssigkeiten  von 
unten  lasse  sich  nur  aus  ihrer  Elasticität  erklären  (Gilb.  Ann.  Bd. 
72.  S.  i6i),  so  ist  es  um  so  aothwendiger^  hier  in  der  Kürie 
den  Gegenstand  zu  erörtern.  Die  Erscheinungen,  am  Sprungke- 
gel (hydraulischen  Kegel)  wor^iuf  seit  Bernoulli  zuerst  der  Verfv 
vieder ^aufmerksam  gemaeht  hat,  zeugen  sehr  evident  für  die  £Ia^ 
stlcitat  des  Wassers,  denn  wenn  man  das  t^bauiorafen  nach  den  Ge- 
setzen  des  Stosses  betrachtet,  .so  ist  es  unmöglich,  dals  harte  Kör- 
per durch  den  StoCs  gegeneinander  eine  gröfsere  Geschwindigkeit 

erzeugen^als  die  ablanglichö  war,  wife  aus  der  Formel  O  S9  .  .     »     ? 

*  M  -fro     4 

sogleich  folgt.  Indem  nuni  das'  Wasser  durch  den  hydraulischen 
Kegel  höher  springt,  als  sein  Fdl  ist,  so  geht  die  ohnehin  erwie- 
sene £lasticität  dit^  Wassers  hieraus  unbestreitbar  hervor.  Allein. 
da  aas  den  Versuchen  von  Can$on,  Zimmermann,  Perkin'j  u«  x.' 
eben  so  gewifs  folgt,  dafs  die  Compressibilität  des  Wassers  eine 
höchst  kleine  Gröfse  ist,  so  steht  dieses  mit  dem  so  eben  ange* 
führten  Satae  zwar  keineswegs  im  <  Widerspruche ,  indem  z.  B; 
eine  Stahlkugel  bei  geringer  Compressibilität  die.  Erscheinungen 
der  Elasticität  eben  so  gut  zeigt,  als  eine  von  Federharz;  wohl 
aberdamity  die  hydrostatischen  und  hydraulischen  Erscheinung«!  auf 
die  ähnlichen  bei  expansüeln  Flüssigkeiten  zurückzuführen.  Der 
Beweis  des  Verf.»  aus  dem  Verhalten  des  losen  Sandes  entnom- 
D^ea,  ist  so  viel  weniger  gültig,  als  die  Sandkörner  unzweifelhaft 
sehr  elastisch  sind,  wie  unier  andern  Jessops  Methode  des  Stein- 
spreagens  beweiset.  Indem  man  nun  diesen  sa  wenig  als  dem 
Nasser  Ezpaosibilitüt  zuschreiben  kann,  so  mufsteu  die  Phiiuo- 
luene  l^ei  beiden  gleich  seyn.     Dafs  sie   es  nicht  ^sind^   liegt  a.11 

r 

11* 


i64      •   Parrot  Enlrctiens  sur  la  Physiquc. 

Mangd  der  Flüssigkeit  beim  Sande,  dessen  Theife  daher  Reibung 
an  einander  leiden,   der  hydrost4tische  Druck  von'ttnten  und  von 
der  Seii^  folgt  aber  einfach  aus  mechanischen  PHncijpien,  die  Be- 
dingung des  Flussigsejns  vorausgesetzt.  Man  denke  sich,  uui  bei- 
des zugleich  tu  deotonstriren,  nur  eine  zweimal  reehtwinklich  ge- 
bogene Röhre,  stelle  sie  mit  ihr^in  Schenkeln  lothrecht,  fülle  den 
einen  mit  Wasser,  und  denke  sich  das  untere  Ende  dieses  W;rs- 
sereylinders  in  lauter  Riciie  von  einer  gegen  ihre  Länge  vcrschwin- 
dendeti  Dicke  ausgehend;   so  wird  der  horizontal  Hegende  Theil 
der  Röhre  sich  mit  einei ,   dem  Drucke   des  Wassers  im  vollen 
Schenkel  |>roportionalen   Kraft   füllen  müssen.     Denkt   man    den 
hieraus   entstandenen  Wassercjlinder   an  seinem  Ende  wieder  in 
solche  Keile  aasgehend;  so  wird  auch  der  zwejtelöthrechte  Schen- 
kel  bis  zum  Niveau    des  erstereu  erfulh   werden  müssetr.     Man 
könnte  die  Demonstration  auch  aus  den  Gesetzen  des  Hebels  her- 
nehmen ;  denn  wenn  man  den  Wassercjlinder  iti  der  ^beb'  ange- 
gebenen Röhre'  als  fest,  aber  in  der  Mitte  des  horinzoatalen  Thei* 
les  drehbar  anbimmt,  so  wird    dasGleichgewicht  nicht  eher  her- 
gestellt sepi , ,  als  bis  auf  beide  Ende  ein  gleich  hoher  Cjlinder 
drückt.  -—  Der  Erfinder  des  Fälfschirms  hi  nicht  Garnerin^  wie 
S.  222  apgegeben  wird,  sondern  le  Formern,  yv eichet  schon  1783 
Versuche  damit  anstellte,  nach  (SM,  ^/in.  Bd.  rÖ.  S.  1 56.  Wegen 
der  S.  237  angeführten   Versuche  des   H.    fVMinson  >öm  Wi- 
derstände  der  Luft  in   einer  5ooo  F.  langen   weiten  'Röhre  fst 
Rec.  $<^hr  in  Verlegenheit,  indem  er- sich  eben  so  deutlich  erin« 
nert,  sowohl  diese,   als  ihre  Widerlegung  gelesen  in  hab^b,  ohne 
dafs  es*ihm  nach  stundealaageak;  Suchen  möglich  ist,  die  Belege 
für  das  eine   wie   für   das  andere    aufzufinden.     Zur  Erklärung 
der  indiTiduellen  Besehaffenh^it   der  Töne  verschiedener  Instru- 
ratote  ohne  Rücksicht  auf  ihre  Höhe  oder  Tiefe  konnten  dem  Verf. 
die  Versuche  des  B.  Sai^ard  noch'  nicht  bekannt  sejü^  sonst  würde 
€9  die  bedingenden  Schwingungeü   der  verschiedenen  Thclie  je- 
des liistrumentes  nieht  in  Zweifel  gezogen  haben.     Bei  dem  Coef- 
ficienteiif  für  die  Ausdehnung  trockner  Gasarten  nach  Gay^Lussac 
vJbd  Th.  HL  S,  66  nochmals  die  Correction  wegen-  Ausdehnung 
.des  Glases  hinzugefügt,  welche  aber  bekanntlich  Sf^bon  berück- 
sichtigt  ist;   S.  La  Place   Mec.  cel.  T.  IV.   p.  270.  ^ — '•  Den  S. 
172  empfohlenen  Löschbes^n  kann  Rec.  keinen  Beifall  gebeii,  we- 
gen  ihter  Unbehfilflichk^tt  bei  gröfserer  LSnge  und  ihrem  be- 
sehrankten  Gebrauche,  wenn  sie  kürzer  sind.     Ein  künstlioh  vor* 
gerichteter  VersUeh  ist  immer  eine  andere  Sache  als  ein  wirkli- 
dier  Brand.     Im  Auf|tnge  wird  jeder  Besonnene  von  s^elbst  das 
ihm  zu  G^ote  stehende  Wasser  zum  Löschen  benutzen,  späterhin 
aber  hindert  der  erstickende  Dampf  In  den  Zinu^ern,  die  bren- 
nenden Treppen  u.  dgL  das  Aniiäharp  zum^  Feuer,  welches  dann 


Parrot  Entrctieps  sur  la  Physique;         i65 

sie))  des  Dachweiks  zu  bfmiclitigeii  pflegt ,  uqd  in  den  meisten 
Fallen  dttrch  die  genannten  Hindernisse,  insbesondere xaberivcnn 
erst  die  Strasseti  gesperrt  sind,  das  Annähern  mit  lo  bis  i5  F. 
langen  Lösphbesen  bald  unmdglieh  macht.  Gegen  die  Erklärung 
der  Ausdehnung  des  gefrierenden  Wassers  aus  der  entweichen- 
den Luft  hat  Rec.  schon  anderwärts- bedeutende  Zweifel  erhoben: 
Vorztiglich  ist  zu  berücksichtigen,  dafs  Wasser,  aus  welchem  durch 
langes  Sieden  die  Luft  entfernt  ist,  im  Vacuo  sich  mit  gleicher 
Kraft  beim  Gefrieren  ausdehnt  als  ungekochtes,  und  dafs  die  Kraft 
der  Ausdehnung  nach  den  darüber  bekannten  Versuchen  über« 
haupt  grofser  isf^  als  der  Druck  von  800  Atmosphären,  mithin 
die  mögliche  Compression  der  Luft  im  Wasser  übersteigt.  Ob 
die  Ausdt^hnuug  des  erkälteten  Wassers  vor  dem  Gefrieren  von 
«ner  schon  begonnenen  Bildung  der  feinsten  Krjstalle  abzuleiten 
sej,  ist  wohl  minder  ausgemacht,  als  es  hier  dargestellt  wird, 
MreDJgstens  ist  nicht  wohl  begreiflich,  warum  auch  die  feinsten 
Krjstalle  keinen  Einflufs  auf  den*  polarisirten  Lichtstrahl  haben 
sollten.  Läf^t»  man  dehselben  aber  durch  Wasser,  unter  dem  Ge- 
frierpunkt erkaltet,  fallen,  so  zeigt  sich  so  lange'  kein  Einflufs, 
als  noch  keine  sichtbaren  Krjstalle  gebildet  sind.  Die  Gründe 
für  die  Materialität  der  Inpooderabilien,  namentlich  der  Wärme,  und 
für  die  ihnen  eigenthümlich  zukommende,  ihr  Wesen  gleichsam 
bedingende^  Repulsivkraft  sind'  sehr  scharfsinnig  entwickelt,  ob- 
wohl sich  über  diesen  Gegenstand  noch  ausführlicher  streiten 
Heise,  als  der  Raum  hier  gestattet. 

Der  s<^hwerste  Abschnitt  in  der  Phjsik  ist  ohne  Zweifel 
die  Lehre  vom  Lichte.  Auch  dieser  ist  aber  mit  gleictier  Grijnd-* 
lichkeit  vorgetragen,  als  alle  übrigen,  und  einige  neuen  Ansich- 
ten können  allerding$  die  Aufmerksamkeit  dqs  Physikers  erregen. 
Nach  S.  222  soll  dafs  grüne  durc|i  Blatgold  fallende  Licht  be- 
weisen, dafs  die  innere  Farbe  dieses  Metalles  grün  sej.  Prevost 
findc^  nach  seinen  S.  32?  dieses  Werks  angeführten  schätzbaren 
Versuchen  durch  wiederholte  Reflection  die  gelblich  rothe,  und 
oieses  scheint  richtiger,  wenn  man  annimipt,  dafs  dann  das  durch- 
weinende Grü|]  die  complementäre  Farbe  sej.  Auf  allen  FaU 
ist  diese  Erklärung  die  leichtere,  jindem  nach  der  Aq&cht  des 
Verf.  räthselhaft  bleibt,  warum  die  inneren  Theile  des  Geldes, 
welche  durch  Feilen  oder  Schaben  sofort  im  äufseren  werden 
Unneo,  eine  andere  Farbe  als  diese  hbben  sollteo.  Spaterhin 
wird  die  grüne  Farbe  aus  der  Verbindung  des  durchfallenden 
gelben  und  bkuen  Lichtes  erklärt,  wobei  aber  die  Schwierigkeit 
entsteht,  dafs  das  gletchfalfs  entstehende  violette  Licht  nicht  wahr- 
genommen wird,  ein  Einwurf,  welcher  m>  nahe  liegt,  dafs  ihn 
die  Zah6rer  leicht  hätten  machen  können.  Ueberhaupt  scheint 
<Jer  Verf.  geneigt,  die  gesammten  Farben  auf  Roth,  Gelb  und  Blati 


i66  Schwab  Legende  ron  d.  heil,  drei  Königen. 

lurückzufüliren,  stellt  diese  Hypothese  aber  nur  sJs  paoglich  auf,  und 
Bec»  wagt  gleichfalls  über  diesen  schwierigen  Gegenstand  vor- 
läufig noch  gar  kein  ürlheil.  Schätzbar  ist  der  Beitrag  des 
Verfassers  zu  dem,  was  bisher  bekannt  war,  dafs  die  Dauer  des 
Lichteindruckes  im  Auge  nach  eigenen  Versuchen  desselben  im 
Dunkeln  J  See.  im  Hellen  §  See.  beträgt.  Selbst  die  «ehr  ab- 
stracten  Untersuchungen  über  doppelte  Brechung^  DeUgung  und 
Polarisirung  des  Lichtes,  die  Hypothesen  Newionfs  über  die  An- 
wandlungen des  leichteren  Durchganges  und  der  leichteren  Zu- 
rück Strahlung,  und  endlich  die  verscniedenen  Systeme  über  das 
Wesen  des  Lichtes  sind  so  klar  vorgetragen,  dals  auch  minder 
Geübte  der  Darstellung  Geschmack  abgewinnen  müssen.  Ueber 
die  eigenen  Ansichten  des  Verfs.  hinsicbtlich  der  Erklärung  die- 
ser Phänomene  ausführlich  zu  seyn,  erlaubt  der  Baum  dieser.  Blät- 
ter nicht. 

Bec.  darf  mit  Becht  hoffen,  dafs  die  zahlreichen  Leser  und 
Leserinnen  dieses  reichhaltigen  und  angenehmen  Werkes  dem 
Erscheinen  der  Fortsetzung  desselben  begierig  entgegensehen 
werden,  und  er  wird  nicht  säumen,  dem  Publikum  eine  An- 
zeige niitzutheilen »  sobald  er  selbst  zur  Kenntnifs  desselben  ge- 
langt ist,  M. 


Die  Legende  von  den  heüigen  drei  Königen  t^on  Johann  t^on 
Hildesheim  aus  einer  tfon  Goethe  n^itgetheilten  lateinischen 
Handschrift  und  einer  deutschen  der  Heidelberger  Bibliothek 
bearbeitet  und  mit  zwölf  Romanzen  begleitet  ^ort  Gustav 
Schwab.  Stuttgart  und  Tübingen  m  der  Cotta'schen  Buch- 
handlung, 48»2>   »9»  S.   kl,  Octav* 

jjls  ist  beim  ersten  Blick  überraschend,  wenn  man  übersieht,  was 
aus  den  einfachen  Magiern  aus  den  Morgenländern,  deren, da« 
Evangelium  des  Matthäus  ohne  nähere  Nachrichten  gedenkt,  seit 
18  Jahrhunderten  in  der  christlichen  Kirche  durch  verschiedene 
Auslegungen,  Vermuthungen  und  traditionelle  Zuthaten  gewor- 
den ist.  Immer  mehr  wufste  man  aus  der  schlickten  Erzählung 
des  Evangeliums  herauszulesen ,  oder  aus  mündlicher  Ueberltefe- 
rung  in  sie  hineinzutragen ,  bis  sich  im  Fortgange  der  Jahrhun- 
derte eine  unendlich^  reiche,  immer  üppiger  wuchernde  Sage  von 
diesen  rätliselhaften  Personen  bildete;  eine  Sage,  die  sicK  durch 
manche  herrliche  Productionen  in  allen  Gattungen  der  Kunst  so 
lieblich  einschmeichelte« 

Die  Geschichte ,  in  sofern  sie  sicher  Bewährtes  liefern  soll, 
läfst  uns  freilich  in  Beziehung  auf  diese  Magier  in  grosser  Dürf- 


Schwah  Legende  toa  d.  heil  drei  Königeof..  167 

tigkeit,  «od  die  sweifelode  Kritik  droht  oder  drohte  uns  vrenig- 
stens'zu  wiederhohen  Muten;  auch  das  Wenige,  was  die  einfache, 
evangelische  Erzähluiig  giebt,  zu  rauben«  Man  wird  sich  also 
hier  leicht  geneigt  fühlen ,  der  Historie ,  die  uns  mehr  Vernei- 
ouog,  Zweifel  und  Wahrscheinlichkeit,  als  Gewisses  darbietet, 
einmal  den  Kucken  zu  kehren  \ind  sich  zu  dem  reich  und  üppige 
ausgeschmückten  Fabel-  und  Sagenkreise  voll  bestimmter,  schö- 
ner, würdiger  Gestalten  hinzuwenden,  und  iidber  mit  der  christ- 
Itcfaen  Mythologie  in  Fülle  leben,  als  mit  der  Geschichte  dar- 
ben. — "  Die  Legende  vou'  den  heiligen  drei  Königen  ist  durch 
redende  und  bildende,  besonders  zeichnende  Künste  verherrlicht.. 
Eine  Reihe  der  sinnvollsten  Gemälde  besonders  aus  der  nieder- 
tetttschen  Schuko  hat  den  Blick  ueuerdings  auf  diese  Gegenstände 
hingelenkt  und  so  wird  gewifs  auch  eine  poetische  Darstellung 
dieser  Legende  jetzt  freundliche  Aufnahme  finden;  Diese  bietet 
Ulis  Hr«  Schwab,  der  uns  schon  mit  so  manchem  Schönen  be- 
schenkt hat,  dar,  indem  er,  wie  ein  guter  Hausvater  Altes  und 
Neues  aus  seinem  Schatze  ■  hervorträgt. 

Die  Veranlassong  gab  Gothe»    Dieser  nach  allen  Seiten  hin 
anregende   Altvater  unserer    Litteratur, -äusserte  sieh    in    einem 
Briefe    an    Dr.   Sulpiz  Eoiseree  und  'in    seiner   Zeitschrift  über 
^Kunst  und  Alterthum.  aten  Bandes  ates  Heft.  S.  i56.  höchst  er- 
freut  über  den  Fund  jeiner  lateinischen  Handschrift ,  welche  die 
Geschichte  .der   heiligen  drei  Könige  enthielt,  und  wünschte  eine 
Bearbeitung  und  Herausgabe  derselben.  Es  erwiefs  sich,  dafs,  die 
anmathige  Legende  von  einem  fär  seine  Zeit  gelehrten  und  selbst 
historisch  nicht   gauz  unbedeutenden  KlostergeistUchen  des  liften 
Jahrhunderts,  VoAa/m,  vo/i  Hddeskeim  herrühre«     Bald  fand  sich 
auch  unter  den  aus  Rom  zurvickgekehrten  pfälzischen  Handschrif-. 
teo,  ein  Manuscript  ( Nro.  CXVIII. )  welches  in  niederteutscher 
Prosa  dieselbe  Legende  enthielt.     Hr.  Schwab  gebrauchte  beide 
Handschriften,  um  dem  Publijtum  6.ie  alte,   in  keiner  der  gege- 
benen Formen  allgemein  geniefsbare,  Darstellung  durch  seine  Be- 
arbeitung näher  zu  bringen.   Er  verfuhr  dabei  nach  seiner  eige- 
nen Allgabe  so:  »Ich  benutzte  zu  meiner  Arbeit  die  alte  lieber- 
Setzung  aus  der  Heidelberger  Bibliothek,    von   welcher    ich   mir 
eine  voUständige  Abschrift   genommen,   folgte   jedoch  dabei,  bis 
auf  einige  im  deutschen  Manuscript  gelungene  Stellen,    vorzugs- 
weise der  lateinischen  Handschrift,   als  dem  Original.     Von  der 
IJehersetzung   aber  borgte  ich   den  alterthümlichen  Ton,  ebnete 
nur  die  latinisireoden  ^  Constructionen   und   verbannte   alles   Nie« 
derteutsche.     Denn  auf  diese  Weise  glaubte  ich  am  besten  alles 
Manicrirt  -  altcrthumliche  zu  vermeiden,  c     Gegen  dieses  Verfah- 
ren möchte  schwerlich   etwas  eingewendet  werden  können;  auch 
ist  die  Bearbeitttng  der  Legende  nach  dem  angegebenen  Gründe 


^  » 


i6ft   Schwab  Legende  Yon  d.  heiL  .drei.  Kaoigeii; 

sstxe  HrB.Scbwab  so  wolid  gdangen^'dib^sie  einerseits  wahrhaft 
altertliiimlkh  klingt,  anderersoits  von  Seiten  der-  Sprache  niefat 
die  mindeste  Schwierigkeit  för  dasVerständnifs  übrig  lafst. 

Unter  der  Arbeit  boten  »ich  , die  poetischen  Lichtpunkte  der 
Yolkssage  der  Phantasie  unseres  Herausgebers  so  einladcfld  dar^ 
dafs  er  nicht  wideratehco  konnte,  sie  in  einer  Reihe  vem  Roman- 
zen  in  seiner  Weise  ZAisammenzufasseii.  Das  gunstig  ermunternde 
Urüvtil  Göthe's  (nachher  auch  in  Ktinst  und  Alterihum  III.  B. 
3^.  Hefe  öffentlich  ausgesprochen)  liels  den  Ejitschlufs  des  Ver- 
fassers lur  Reife  kommen,  diese  Römanzeii^  der  Sage  selbst  V4)r- 
a^iuatellen,  »als  crneuien  Eingang  zu  den  alten  Hatten  der  Le- 
gende.« 

Aus  dem  Inhalte  der  Rohianücn  und  einselneii  gewählten' 
3lleilen  mag  sich  dem  Lesel*  der  Geist  derselben  zunächst  dar* 
Steilen.  •— •  Wir  sehen  uns  zuerst  auf  einen  hohen  Berg  des 
^orgcnlandes  (die  Legende  nennt  ihn  Vaus)  versetzliy  wo  zwölf 
«jdle  Greise  bei  nächtlicher  Weile  harren,  um  den  .von  Bileam 
verheissenen,  die  Ankunft  des  Messias  bezeichnenden,  königlichen. 
Siern  sogleich  bei  seinem  Aufgange  zu  entdecken.  Sie  schauen 
die  Nacht  über  ohne  Bast  und  Ruhe  zum  Himmd^  tind  erst  wenn. 
«<;  mit  dem  MorgenstrahL  im.  Thale  lebendig  wird,  überlassen  sie 
sich  dem-  Schlemmer.  So  waren  Jahrhnmlerte  vorübergegangen 
und  an  die  Stelle  der  hingeschiedenen  Greise  waren  fmmer  an^ 
dere  getretoi.  Unermüdlich  blickte  ihr  Auge  nach  den  Sternen. 
KudUch  erscheint  eines  Abends  der  ersehnte  Stern»  (Trefflieb 
'schildert  der' Dichter  seinen  Aufgang  ) : 

,       Die  Bücke  glükn,  die  Herzen  schwellen^    . 

Denn,  eirwr  Morgenröthe  gleich ^ 

Sehn  sie  den  Osten  sich  erhellen  > 

Und  tUle  Sterne  werden  bleich; 

£s  steigt,  €s  steigt,  es  ist  die  Sonne, 

Zu  nennen  ist  ein  Stern  es  nic/it ,'.  , 

Getrunken  hat  er  aus,  dem  Bronne 

Des  e*v'gen  Lichtes  selbst  sein  Licht» 

Er  sendet  lange,  goldne  Strahlen, 

Nicht  wie  die  andern  Sterne  thun. 

Die  heute  matt  in  ihrem  fahlen,  ""^^ 

Verschwommnen ,  armen  Glänze  ruhn» 

In  ganzen  Strömen  giejst  er  nieder 

Das  Licht,  das  seinem  Kern  entstammt. 

Als  schlug  ein  Adler  sein  Gefieder, 

So  waUt  sein  Strahl  und  fleugt  und  flammt* 

Kaum  War  der  Siero  sichtbar  gewordeAf  so  macheD  drei 
mächtige  Fürsten    des  Noirge«Ja«des  (you  Arabien ,  &ba  und 


Schwab  Legende  von  d  beil.  drei  Königen.   1G9 

TharsU)  d«r  Verlieissuiigeu  kundig,  mit  ailet  PracKt  und  Herr- 
lichkeit in  grossem  Gefolge  sich  auf,  dea  iK^eugcborenen  Messias-, 
könig  zu  yerehreu.  Leicht  und  unaufhaltsam  geht  ihr  Lauf,  bei 
Tag  die  Sonne  bei  Nacht  den  3tern  ub.<<r  ihrem  Haupte.  Hun- 
ger, Durst  und  Müdigkeit  befällt  weder  sie,  uoch  ihr  Gefolge, 
noch  ihre  Thiere. 

In  der  dreizehnten  Nacht  wird  ^s  zubi  erstenmal  neblig 
und  dunkel.  .  Die  Könige  befinden  sich  auf  verschiedenen  Pfa- 
den herangekommen,  in  der  Nahe  von  Jerusalem  auf  einem  Hü" 
gel.  Es  war  der  Ort,  der  einst  durch  dils  grdfste  That  geweiht 
werdet^  der  Orf|,  wo  der,  don  !si)&  jetzl  finzob^en  kamen,  den 
Todeskampf  für  W^b«t  nnd  Liebe  bestehen  sollte*  Die  Kö^ 
nige  begegn^iR  sich  auf  einem  dreifachen  Esre^zwege,  verstehen 
sieb,  obgleich  jeder  seine  eigene  Sprache  redet  und  vereinigen 
sieh  miit .  gljeicbeü  Liebe  %^  gleichem  Zwecke.  So  ziehen  sle^ 
verbunden  in  die  königliche  St^dt  der  Juden,  wo  si^  ;(uersl 
Schrecken,  dann  Freude  verbreiten.  Nun  folgt,  was  aus  dem 
Evangelium  bekannt  ist,  wie  Herodes,  von  seinen  Priestern  be- 
lehrt, die  Magier  nach  Bethlehem  weist,  und  sich  von  ihnen 
hfl  ihrer  Ruckkehr  mit  heuchlerischer  Theilnahme  Nachricht  er- 
bittet. 

Auf  dem  Wege  nach  Bethlehem  begegne»  di^  Könige  den 
Hirten,  welchen  in  jener  Nacht,  da  der  Stbrn  zuerst  erschienen 
nvarj  Himmelsboten  die  Geburt  des  grossen  Retters  ebenfalls 
verkündigt  hatten.  Von  ihnen  werden  aie  Könige  berichtet,  dafs 
sie  den  Neugeborenen  nicht  im  golddurchschimmerten  Pallast, 
sondern  in  armen  Windeln  in  der  Krippe  zu  suchen  hatten.  Die 
freundliche  Begegnung  und  Vereinigung  der  heidnischen  Könige 
und  der  judischen  Hirten  bezeichnet  im  Voraus  die  gemeinsame 
Berufung  der  Juden  und  Heiden  zu  einem  Reiche  und  Volke 
Gottes.  Jetzt  ziehen  die  Könige  in  die  kleine  Davids- Stadt  ein. 
Hier  i^gt  sich  die  Phantasie  und  Dars.tellungsgabe  unseres  Dich-r 
ters  am  kräftigsten,  um  so  mehr  da  sie  (wie  er  auch  selbst  p. 
39  andeutet)  durch  die  besten  bildh'chen  Kunstwerke  unterstutzt 
var.  Das  grosse  van  Ejksche  Bild*  in  der  Boissereschen  Samm- 
lang (nämlich  das  Mittelbild,  die  Anbetung  der  drei  Könige)  ist 
von  ihm  frei  aufgefafst  und  mit  lebendiger  Anrauth  in  Worten 
wiedergegeben.  Die  Könige  treten  in  den  Stall  und 'sehen  auf 
armem  Heu  ein  stillos,  sanftes  aber  hohes  Weib  mit  ihrem  Kinde« 
Mntterseeligkeit  und  jungfräuliche  Unschuld  leuchtet  aus  ihren 
Blicken.  Schmucklos  in  blauen  Mantel  gehüllt,  das  Haupt  von 
einem  Geissen  Schleier  umgeben  sitzt  die  Gottesbraut  da,  in  ihr 
Kind  verloren.  Die.  Könige  stehen  verwirrt  von  ^er  einfachen. 
Hoheit^  von  der  in  Armut4i  gebiillten  £rbabenkeilk  Der  Anblick 
reiftf  sie  7ur  Anbetung  luUt  Sie  briogeo  in  der  Ver^^irfung  ihre 


170    Schwab  Legende  Tod  d.  heil,  drei  *  Königen. 

geringsten  Gaben  dar,  Balthasar  der  Greis  ein  wenig  Weibraucli, 
Melchior  'der  Manu  Gold,  Jaspar  der  Jüngling  Mjrrhc.  Auch 
hier  finden  wir  die  alte  Deutung  dieser  Gaben  auf  die  göttliche, 
königliche  Würde  Jesa  und  auf  seinen  vorherbestimmten  Erlö- 
sungstod : 

.'Dem  Gott  wird  Weihrauch  dargebracht , 
Gold  wird  dem  Könige  geboten: 
Doch  Myrrhe?  Myrrhe  schmückt  die  Nacht 
Des  Grabes  und  die  Gruft  der  Todteru 

Der  weise  Mblehior  besinnt  sich  indefs  noeb  auf  eine  i^essere 
Gabe.  Er  reicht  dem  Kinde  einen  goldenen  Apfel,  das  Zeicbeu 
der  Weltherrschaft,  von  *  Alexander  herstammend.  K,isium  berührt 
ihn  des  Rindes  Blick  und  Hauch,  so  zersiebt-  er  in  Rauch  und 
Asche.  Und  in  diesem  Augenblick  strahlt  alle  Hoheit  ^es  Him- 
mels aus  dem  Auge  des  Kindes« 

Verwandelt  ist  das  Angesicht 

Des  Kindes  da  vor  ihren  Blicken  j 

Auf  seinen  Wangen  wohnt  das  Licht,  , 

In  dem  die  Himmel  sich  erquicken. 

Und  welch'  ein  Aug*  —  ein  Aug'  ist  sein 

Geformt  euis  Gottes  Feuer/lammen; 

Ein  Aug'f  es  spricht:  die  Welt  ist  mein. 

Ich  kann  erlösen  und^  verdammen!  /-^ 

Jetzt  taget  es  in  ihrem  Geist, 

Die  alten  Finsternisse  fliehen  ,  s 

Und  die  entsetzte  Zunge  preist 

Des  Schöpfers  Macht,  vor  der  sie  knieen, 

( Offenbar  hat  sich  hier  dei^  Phantasie  des  Dichters  t^n  Raphael'- 
sches  Bild  untergeschoben,  wir  meinen  das  Christuskind  auf  der 
Sixtinischen  Madonna,  in  dessen  Blick  die  ganze  in  der  Strophe 
so  kräftig  ausgesprochene  Herrscherhoheit  und  Himmelsbegeiste- 
rung liegt).  Die  Könige  kehren,  im  Traute  abgemahnt  nicht  zu 
Herodes  nach  Jerusalem,  sondern  auf  anderen  Wegen  in  ihre 
Reiche  zurück,  aber  nicht  mehr  so  raschen  Laufes,  sondern  ge- 
hemmt durch  manche  Schwierigkeiten.  Joseph,  ebenfalls  durch 
einen  Traum  gewarnt,  flieht  mit  Marien  und  dem  Kinde  nach  Ae- 
gjpten.  (Hier  ist  die  Sage  apokrjphischer  Evangelien  voip  Zu- 
sammenstürzen der  Götzenbilder  vor'^der  Erscheinung  des  Jesus- 
Kindes  wohl  benutzt).  Die  ergreifende  Schilderung  des  Beible- 
hemitischen  Kindermordes  hat  der  Dichter  (und  wir  werden  ihm 
deshalb  gom«  verzeihen,  dafs  die  Einheit  des  Budes  in  dieser 
Romanze  gestört  ist)  dadurch  gemilden»  dafs  er  uns  eine  Ans- 


Schvrab  Legende  von  d.  heiL  dtei  Königen.    171 

sieht  eroffuet  anf  das  sicher  geborgehe,   am  Mutterlierzep  sanft 
gewiegte  Kind  und  dessen  künftige  hohe  Bestimmung* 

In  seinen  7 räum  am  Mutterherzen 
Verirrt  sich  nicht  der  Mörder  Toben;     * 
JEs  ist  ein  Kind  zu  andern  Schmerzen j 
Und  anderm  Sterben  auf  gehohen. 

Ein  Mann  wied  er  das  Land  durchwandeln. 
Und  Zeichen  thun  und  göttlich  lehren j 
Mit  seinem  Wort,  mit  seinem  Handeln 
Zum  Himmelreiche  viel  bekehren. 
Zu  einem  Reich'  vor  dem  kein  .König 
J^n  Thron  mit  Morde  braucht  zu  wahren. 
Zu  einem  Reich,  dem  unter thänig 
Nur  Seelen  sind  und  Engdschaaren* 

Er  aber  dieses  Reiches  Gründer, 

Er  wandelt  nicht  den  Weg  zum   Throne, 

Er  geht  den  Weg  verdammter  Sunder, 

Kon  Dornen  trägt  er  eine  Krone. 

Er  wird  am  Kreuz  den  Fluch  der  Erde, 

Die  Welt  erlösend,  göttlich  büßen.^ 

Den  Geist  durchbohrt  n)on  einem  Sehwerdte 

Sieht  seine  Mutier  ihm  zu  Füssen, 

pie  Könige,  in  ihre  Länder  zurückgekehrt,  verkünden  ihren 
Völkern  das  Erlebte,  ^nd  herrschei\  über  sie  mild,  liebevall  und 
glucklicli.  Sie  bauen  auf  jenem  heiligen  Berge  eine  CapeUe,  wo 
sie  sich  jährlich  mit  dem  Viplke  und  den  Edlen  zum  Gebete 
versammeln.  Es  bildet  sich  unter  den  Völkern  ein  frommer,  ein« 
facher  Kinderglaube  an  das  göttliche  Kind,  an  den  SterA  und 
seine  Verheissungen.  Einst,  nach  vielen  Jahren  sind  die  jetzt 
schon  sämmflich  greisen  Könige  mit  den  Ihrigen  in  der  Capelle 
versammelt,  da  tritt  ein  schlichter  Pilgersmann  herein  und  ver- 
kündet ihnen  das  fernere  Schicksal  des  angebeteten  Kindes,  sein 
göttliches  Leben,  seinen  marter vollen  Tod,  seine  wunderbare 
Auferstehung  und  Himmelfahrt.  Der  Prediger  war  der  Apostel 
Thomas  (den  die  Tradition  als  Glaubensboten  zu  den  Parthttrn 
reisen  läfst).  Die  Greise  werden  getauft  und  feiern  als  prie- 
sterliche Könige  in  seliger  Verbindung  das  Brudermahl  der  Liebe. 
Dann  neigen  sie,  noch  einmal  voh  dem  wiederferscheinenden  Sterne 
bestrahlt,  ihre  müden  Häupter  zum  sanften  ewigen  Schlummer. 


So  ist  das  Wesentliche  derXegende  in  zwölf  tbeils  kurzen, 
thcils  massig  langen  Romanzen  wiedergegeben  und  wir  erhalte» 
eine  klare,  befriedigende  üebcrsicht  über  den  Fortgang  der  Er- 


iy%  Schwab  liegende  voa  d,  beiL  drei  I^önjgen. 

tXkilang.  Hr.  Schwab  hat  mit^  sicherem  Tact  da$  Höhere^  Gei- 
stige aus  "der  Legende  hervorgehoben,  das  verzierende  Nebcn- 
werk  aber,  das  nicht  wesentlich  in  den  Zusainmfnhang  der 
Dreikönigs- Geschichte  gehört  weggelassen«  Die  populär  breiten 
bis  ins  Einzelste  lebendigen,  halb  historischen^  meist  aber  mähr- 
chenhaften  Schilderungen  nehn^en  sich  auch  in  einer  leichten  Prosa 
weit  besser  aus  als  in  Versen.  Dessen  ungeachtet  ist  in  den 
Komanzen  des  Yolksmässigen  und  Sagenhaften  noch  genug.  Sie 
bilden  ein  schön  geschlossenes,  abgerundetes  Ganze,  durch  sich 
selbst  verständlich,  an  dem  man  weder  etwas  vermissien  noch 
iiberEü'ssig  finden  wird;  sie  fuhren  einen  grossen  vollendetet 
Kreis  vor  unser  Auge,  beginnend  mit  dem  sehnsuchtsvollen  Har- 
ren der  morgenländischen  Völker  ,auf  ^  den  Stern  des  grossen 
Königs,  schliessend  mit  dem  seligen  Tode  der  drei  Köpige,  die 
jetzt  schon  vollkommene  Christen 'geworden  sind.  Die  einzelnen 
Romanzen  athmen  ein  fVisches  Leben,  und  zeugen  (besonders  die 
8tc,  Ute  und  täte)  von  einer  kräftig  anschauenden,  bildsamen 
Pliantasie*  Auf  eine  feine  und  sinnreiche  Art  ist  das  Mährchen- 
hafte  gepaart-  mit  dem  Wahrscheinlichen  und  Historisch  wahren. 
Ja  es  ist  auf  eine  ergreifende  Weise  auch  manche  ewige  Wahr- 
heit in  diesen  Liedern  ausgesprochen.  Es  herrscht  darin  nicht 
ein  manierift,  sondern  ein  wahrhaft  gesunder  frommer  Sinn,  der 
ungekünstelt  und  schlicht  in  manchen  Stellen  wärmer  hindurch- 
bricht,  durch  das  Ganze  aber  wie  ein  zarter  wohlthätiger  Hauch 
binweht  ^ 

.  Die  anmuthige  im  echten  Volkstone  geschriebene  Legende 
ist  durch  den  Bericht  und  das  Urtheil  des  Meisters,  der  ihre 
Herausgabe  yeraulafst  hat,  ihrem  Charakter  und  Inhalte  nach  zu 
bekannt  (Kunst  und  Alterth.  a  B.  ates  Stück)  als  dafs  sich  Re- 
ferent erlauben  sollte,  hier  darüber  weitläuftig  zu  sejn.  Damit 
aber  der  Leser  die  Ißchandlungsart  in  gegenwärtiger  Ausgabe 
kennen  lerne,  mag  eine  schöne  Stelle  der  Legende,  die  Ankunft 
der  Könige  bei  dem  Christkinde,  beschreibend  hier  stehen.  »An 
dem  Tage,  da  die  drei  Könige  zu  Bethlehem  •  Christum  suchten, 
ihn  anbeteten  und  ihm  Gaben  opferten,  da  war  Jesus  in  seiner 
Menschheit  ein  Klndlein,  seines  Alters  dreizehn  Tage  und  war 
ein  völliges  Kind  für  sein  Alter;  und  lag  in  der  Krippe  und  in 
dem  Heu,  bis  an  die  Arme  in  schnöde  Tücher  gewunden.  Und 
Maria  setue  Mutter,  wie  wir  in  vielen  andern  Büchern  lesen, 
war  auch,  voll  von  Gestalt  und  bräunlicht,  und  bri  Erscheinuno" 
der  drei  Könige  war  sie  mit  einem  blauen  armseligen  Mantel 
bekleidet,  den  hielt  sie  vor  sich  zu  mit  der  linken  Hand.  Und 
ihr  Haupt,  ohae  das  Antlitz,  war  mit  einem  leinenen  TucK^  ganz 
umwunden,  und  sie  safis  auf  der  Krippe  und  hielt  mit  der  rech- 
ten Hand  das  HaUpt  des  Kindes  Jesu  empor.    Da  aber  die  Kö- 


Prokescli  DenkwGrdigkeitciil  ty'i 

])!ge  das  KiDd  Jesüm  fanden  in!  der  Krippen,  gelegt  auf  das  Heti 
ärmlich,  wie  ihnen  die  Hirten  auf  dein  Wege  vorhergesagt,  und 
als  der  Stern  zwischen  den  Wänden,  6nd  in  der  Hdhle^  cb  Cttri- 
itns  geboren  war,  seine  Strahlen  theilte,  und  leuchtete  mit  sol- 
cher Klarheit,  dafs  sie  in  seinem  Glänze  stunden,  als  in  einem 
glühenden  Ofen,  da  stiegen  die  Könige  Ton  ihrem  wohlge* 
vierten  Dromedaren  und  Pferden  und  luden  ihre  Schätze  ab, 
Qod  küfsten  die  Erde  vor  der  Krippen,  utid  die  Hände  des 
Kindleins  in  Dcmuth.»  -*-  x 

Für  Sitten  und  örtliche  Verhältnisse  des  Morgenlandes  ist 
för  den,  der  zu  sondern  wciAi,  ans  dem  Büchlein  ohne  Zweifel 
mancbef  zu  lernen,  ebenso  für  kirchliche  GebrluiJhe  der  mittle« 
fcn  Zeit  und  selbst  des  höheren  christlichen  Aherthums.  So  ist, 
am  nur  Eines  zu  berühren,  manches  von  demjenigen  uralt  und 
Mstorisch  wohlbegründet,  was  p.  170—173  über  die  Feier  des 
Epiphanienfestes  erzählt  wird.  Freilich  ist  das  Historische  durch-^ 
gäogig  mit  heiter  fabelnder  Poesie  gemischt. 

Einen  schöi^n  Schlufs  des  Büchleins  bildet  die,  leider  nur 
skizzirte  Abhanddlung  d^s  Hrn.  S*  Boisseree  über  die  Entstehung 
und  Ausbildung  der  I>reikö»igS' Legende. 


<♦■ 


Denkwürdigkeiten  aus  dem  Lehen  des  Feldmarsehaüs  Fürsten 
Carl  zu  Schwarzenberg  vcn  A,  Phokrscb ,  Oberlieu- 
tenant im  '  kais^  österreichischen  Generalstabe.  Wien  48h3* 
346  S.  9. 

Weder  eine  Vorrede  noch  Einleitung  giebt  über  das  Verhält- 
nifs  des  Verfassers  dieser  Denkwürdigkeiten  zu  dem  Heldeui 
dessen  Biographie  hier  mitgetheiit  wi^d,  Auskunft^  allein  maa 
erfahrt  ge'gen  das  Ende  des  Buches»  dafs  erst^er  unter  ilen  Be* 
gleitern  ^e%  Fürsten  auf  seiner  letzten  Reise  nach  Leipzig  war^ 
und  aus  dem  Inhalte  der  ganzen  Schrift  leuchtet  hervor,,  dafs  ein 
hoher  Grad  des  Vertrauens,  von  der  einen  Seite  und  der  Hoch- 
achtung von  der  andern  zwische»  beiden  statt  fand«  Ohne  das 
Erstere  würden  dem  Verf.  .eine  Menge  einzelner  Aeusserungeu, 
Briefe  und  Nachrichten,  nicht  zu  Gebote  gestaoidcin  haben.  Be- 
rücksichtigt 'man  aber  das  Verhältnifs  eines  wahrscheinlich  noch 
jungen  Offiziers  gegen  einen  vielversuchten  Krieger,  des  Subal* 
tem  gegen  dto  Feldmarschall,  Infst  man  ausserdem  die  Empfin- 
dungen nicht  ausser  Acbt^  mit  welchen  der  Krieger,  einen  in  vie- 
len Scklaehteo  si^eichen  General  anblickt,  so  wird  inan  es  nickt 
hlofs  entschuldigeni  sondern  sogar  wohlnekmen,  dafs  das  Bild  au 
einigen  Stellen  mit  bfiUercn  Farben  .gemalt   ist,  als  die  strengt 


174  Prokesch  Denkwürdigkeiten. 

historisch  treue  Darstellung  wohl  erlauben  möchte.  Dier'Feld- 
Vaarschall  gehörte  einmal  einer  grossen  und.  ewig  denkwürdigen 
Zeit  an,  er  hat  darin  oine  der  schwierigsten  und  bedeutoidsten 
Rollen  gespielt,  vid,  sehr  viel  bat- er  daftu  beigetragen,  dafs  die 
Lage  der  Sachen  in  Oeutschland  sich  anders  gestaltete,  und  viel- 
leicht wäre  dieses  ohne  seine  Mitwirkung  iiiclit  geschehen i  lu- 
dern ist  er  yom  Sdtauplatze  abgerufen,  und  hierdurch  dem 
Neide  und  der  £i£ersucUt  entrückt,  warum  sollte  n^an  ihm  die 
schönste  Biographie  misgöuuen?  Und  eine  solche,  eine  wahrhaft 
köstliche  ist  ihm  hier  geworden.  ^ Der  ernste  Historiker  wird .  ge- 
gen manche  Angaben  gründete  £mwendungen  ma/i?heh,  allein 
Rec*  vermeidet  dieses,  um  sich  den  angenehmen  Genufs  iiicht  zu 
verkümmern y  welchen  ihm  dfl(s  Lesen  dieser  Denkwürdigkeiten 
gemacht  hat«  Dem  Gescfaiehtforscher  stehen  noch  andere  Quä- 
len offen,  aus  denen  er' einige  Einxelnheiten  verbessern,  k^no,  aber 
jeder,^  welcher  sich  der  vergangeneu, schwerlastenden  Zeiten  noch 
lebhaft  erinnert,  wird  einen  Üeberblick  derselben,  «wie  er  hier 
gegeben  ist,  mit  dem.  innigsten  Vergnügen  lesen«  :.* ..  ;, 

{Jebrigens  ist  der  acbtungswßrthe  lYerfasseT^  nichts  weniger 
als  absichtlich  untreu  im  Geschiehtlicb^n».  .vielpaelir  sieht  m^  bald, 
dafs  es  ihn  um  die  im  Ganzen  gegebene  lautere.  Wahrheit  zu 
thun  war,  jedoch  verheJilt  er  zugleich  nicht,  wie  sehr  sein  Ge- 
müth  hierbei  iu  Betrachtung  kam«  S.  3i4  heifst  es:  ^Und  so 
1^  hätte  diese  schwache  Haud  mm  ihr  iheures  und  wehmäthiges  Ge- 
:^  Schaft  j  das  Leben  des  hohen  F^erewigten  zu  schädenij  so  weit 
psie  es  zu  thun  vermögend  war,  geendet.^.  Zum  Beweise  übri- 
gens, wie  sehr  der  Yerf^ss.  seinen  Helden  hervorhebt|  dient  die 
Beurtheijung  der  Schlacht  von  Waterloo.  i^Die  Nachricht  von 
jener  yerzweißangssMachtj^.  heifst  es  S.29b.,  "»erfiiÜte  den  Fur^  , 
lösten  mit  inniger  Freude,  fffärde  er,  unter  dem  f^orwaade  des 
^Dienstes  nur-  sich  haben-  dienen  s^oUen,  so  m>äre  gemfs  seine 
9  Empfindung  dam^als  eme  ganz  andere  gewesen.  fVdchfi  glän^ 
» zende  Bahn  er^nete  sich  vor  ihm ,  wenn  in  den  ^Niederlanden 
9  die  verbündete  Streitmacht  erlegen  wäre!<  Wer  es  weifs,  mit 
iplrel^hen  Opfern ^der  onerschütterliolie  Wefiington  seinen  festen 
Stand  g^en  di«  Uebermacbt  erkaufen  ^raufste,  und  mit'wrelcfaem 
Ungestüm  der  im  Kampfe  immer  noch  jugenditidie.  Blö^her  ge- 
rade im  AugeKrblicke  der  Unmöglichkeit  eines  längeren-  Wider- 
standes das  üebergewicht  in  die  steigende  Waagschale  legte,  wer 
endlich  die  Schnelligkeit'  berücksichtigt,  womit  Napoleon  eine  ge- 
schlagene Armee  zu  vernichten  pfl^te  und  die  Hül&mittel,  wel- 
che er  sieh  mit  dem  siegrefchen  Schw«erdte  zu  v^schafien  Wulste, 
wird  sich'  nicht  ohne  Wehmuth  und  ohne  bange  Gombioationen 
einer  damab  möglichen  Zukunft  der  verbangnif »vollen  Tage  er- 
innern, an  denen  das -Sdiicksal  Buropens  zum  zweiten  Male  ent- 


Jacobi  Tertnischte  Schriften*  175 

schieden  wurde,  — -  Doch  alles  dieses  thut  in  unsern  Augen 
dem  Werthe  der- treffliqhen  Biograpliie  keinen  wesentlichen  Ab- 
bruch, deuo  sie  würde  nicht  seyn^  wie  sie  ist|  hätte  der  Verf. 
mit  mioder  inniger  Liebe  geschrieben. 

Druck  und  Papier  wetteifern  mit  englischen  Werken ,   und 
nudben  der  Industrie  im  grossen  Kaiserstaate  Ehre. . 


Fermischte  Sehtet en  i>on  FmtüRtCH  Jjcqbs.  Erster  Tkeü.  — 
Fki^defch  Jjicoßs  Reden,  Nebst  einem  Anhange  vermischter 
Aufsätze,  Erster  Theil,  Gotha  in  der  Ettingei^lschen  Buch" 
handlang.  48%3.  XXFI  und  546  S.  8. 

lohalt:  I.  Rede  zum  .Andenken  Her7>og  Ernst  des  Zweiten  im 
Gjmnasium  zu  Gotha  gehalten.  i8o4*  II.  Abschiedsrede  im  Gynw 
aasium  zu  Gotha^  ißoy.  '  IIL  Rede,  gehalten  im  Lyceum  zu  Mün- 
chen. IV.  Teut$chland*s  Eh^e.  i8i4*  V.  Bruchstücke  über  die 
Forderungen  der  Zeit  iSao.  VK  Zufällige  Gedanken  über  den 
Religionszustand  der  Zeit  1816.  .YIL  Analccten.  VIII.  Mis- 
ccllen.  — *  Nro.  I.,  IV.,  V.  und  VI.  sind  mit  Anmerkungen  be- 
gleitet.-<—  Ueber  Veranlassung  und  Einrichtung  dieser .  Sammlung 
gicbt  die  Vorrede  Auskunft,  wo  der  Ver£  auch  den  Gesichts? 
puokt  bestimmt,  aus  welchem  der  materielle  Inhalt  dieses  Bandes 
betrachtet  werden  soll  |^  zu  Welchem^  die  Anmerkungen  eine  er- 
freuliche Zugabe  bilden.  Auch  in  diesem  Buche  hat  der  Verf. 
seine  Meisterschaft  in  teutspher  Zunge  beurkundet;  wie  er  über- 
haupt in  seinen  Ter^chiedenen  ti^utscheu  Schriften  bewährt  bat, 
was  einer  unserer  Philologen  einmal  sagt:  »Die  Darstellqng  des 
»mit  den  Alten  vertrauten  Gelehrten  gewinnt  ein  eigenthüqiliclie^, 
> frisches  Leben.  Man  merkt  es  seiner  Sprache  an,  dafs  er  mit 
»Männern  umgegangen,  die  in  einem  grossen  Stjle  dachten  und 
»lebten,  lind  der  Natur  getreuer  blieben,  als  wir  Spatgeborne. 
»Sic  haben  ihn  herausgeführt  aus  i^ex  engen  dumpfen /Bücher- 
»kammer  in  die  freie,  rege  Himmelsluft,  wo  ein  lebendiger  Odem 
»ihn  anwehet,  umfängt  und  stärket.c  -7-*^  Wir  sqhliessen  diese 
Anzeige  mit  dem  Wunsche  dafs  der  zweite  Theil  bald  folgen 
möge.  A^  B, 


,mmmtm^ 


A  C  FAir  DEH  Book  Mesch  disputatip  geologtea  ( geo^ 
nt6stica?J  de  Granite,  Lugduni  Batayorum,  apud  Hasten^ 
^rg,   48$o.    Flu  et  435  pag,  8, 

•Ciine  flelssige  Zusammenstellung  bekannter  Thatsachcn« 


476  Becker*  Taschenbuch  z.  geselligen  Vergnügen. 

Beckers  TastihMueh  zum   gtsdUgen   Vergnügen,  hetausgegehen 
,vön  FniKDn.  Kino  auf  das  Jahr  4^ st 3.    Leipzig  bei  Georg 
Joachim  Göschen,   fVien  in   der   Carl  Gerold*schen  Bußk^ 
handlang. 

Jlxi%  acht  gdAagfnm  hUtorischen  Kupfern,  iDei$tebs  nach  Rain^ 
bergs  Zeichnungen  von  Fleischmann,  Böhm  und  Schwer  dt geburt» 
Vier  Ansichten  des  Kömersehen  Wembergs  bei  Dresden  und 
v/</jsichten  von  demselben  in  die  reiche  Gegend;  Melodien  zu 
Liedern  de»  Taschenliuchs  von  Maria  v.  Wehen  A»  MetJ^es^, 
ji.  B,  Fürstenau  und  Dotzauer)  und  Tanzßguren  vom  königl. 
Balletmeister  Laucherjr  i^i  Berlin.  —  In  Rücksicht  der  Mannig- 
faltigkeit und  Gediegenheit  des  Inhalts,  ringt  dieser  Nestor  der 
deutschen  Taschenbücher ,  noch  immer  glücklich  und  ehrenvoll 
mit  Minem  Nebenbuhler  gleiches  Namens,  d^tai  er  wohl  diesmal 
*den  Preis '  abgewonnen  haben  ^nö^hte. —  Das  kleine  Liistsptei  in 
Alexandrinern  von  Eduard  Gehe:  Die  Schiffahrt,  reihet  sidh  wür- 
dig an  die  frühem  draiihatischen  Arbeiten  des  Yfs.  Die  einfache, 
einer  Enählüng  entlehnte  Fabel  (ein  Paar  junge  geschiedene  Ehe- 
leute treffen  >sicli  zufällig  auf  einem  Seeschiffe,  wo  erneute  Be- 
-kanntscbdft  >ttnd  wechselseitige  Anerkennung  des  Werths,  das,  nur 
durch  Mifsverstäiulnisse  gelösete  Band,  wieder  anknüpft,  wird 
durch  Dicfion,  ^Chsrakterzeichnung  und  Sc^neif'ibildung,  zu  einem 
recht  erfreulichen  und  unterhaltendcti  kleinen  Geniälde,  in  dem 
es  auch  ftn  poetischen,  und,  glücklich  für  die' Bühnr  berechneten 
•Stelled,  nicht  fehlt.  -*-  Vier  Erzählungen,  welche  das  Taschen- 
buch enthalt:  die  weisse Röse,  uon  C.W.Contessüf  die  Jungfrau 
'am  See,'9on  Kind;  das  Mtarbäd,  uon  Lindau;  und  die  drei 
Söhne,  von  X«  Brathinann  haben  ohne  Ausnahme  Interesse  und 
Werth.  Die  letzfete  ^U  Nachlafs  einer  geschätzten' Dichterin  noch 
ibmen  um  'so  höhern.  Jedoch  dürften  die  beiden  ersCern  Erzäh- 
lungen voVi*  Gontes^a  und  dem  Herausgeber  als  die  voi^/nglichsten 
dem  gebildeten 'L^er  sieh  darstellen,  da  sie,  und  ror -allen  die 
weisse  RWse  äh  Mtrst^r'in  dieser  Dichtungsart  gelten  können. — 
Nicht  g^nag  zu  lob to  ist  ebenfalls  die  gl.ückliche  Auswahl,  vrel- 
chic  d^ 'Herausgeber  bei  deu  kleinetn  Poesien  -getroffen,  deren 
viele 'von  L.  Brachmarmj  FKKinid,  Tiedge,  Arthurtr,  Nordstern  etc. 
die  Weihc^rer  Verfasser  beurkunden«  —  Die  Auflösung  der 
vorigjährigen  Räthsel  und-  Charadea,.  ist,  wie  gewöhnlich,  diesem, 
durchaus  zu  empfehlenden  Taschenbuche  beigefügt. 


N'l-  12.        Heidelberger  *^^^* 


«  « 


Janrbucner  der  »Literatur* 


J,;    .     .      •  «••  * 


.».      » 


jRfe  Desatir  etc*  und  dieh^Uige  Sage  der  JBakirer  etCm 

M       ^nrtsetzungdfrJ»iI^m6*aigebrodfenenMecinsiont  ^ 

as  Buch  Herrn  Rhode 's  ^urde  unstreitig  an.  Verdienst  g^^ 
Wonnen  haben,  wenn  er  sich  njxr  auf  Solche  denii  Texte  deth 
Sendschriften  getreue  Darstellung' beschränkt^-  und  seine,  eigeneil 
ZusätKie  hiebt  beigefügt  hätte.  •  Eine  ganz  andere  Art  eines  noch 
zu  panschenden  Comfientars  wäre  ein  Werk  ins  die  nooh 
unbenutzten  Quellen  morgenläqdischer  Religionsgeschichte .  benu-^. 
tzend,  die  darin  enthaltenen  Stellen  welche  die, alten  Religioneil, 
Fersiens  betreffen,  sammelte  -und  zweckm^sig-  zusamnoienstellteAi 
wo^u  aber  freilich  zuerst  4i^  KenntniTs.  der.  morgenländtschem 
Sprachen  unumgänglich  erfordert  wii>d.  •  Um  nur  einen.  Fingerr 
zeig  nach  dem  weiten  Felde  zu  geben  das  hier  noch  uiazubr^^« 
chen  isty  wollen  wir  nur  auf  die  in  einena  einzigen  zweimal  (zu 
Konstantinopel  und  zu  Calcutta),  gedruckten  und  folglieh  leidig 
zu  erhaltende  Werke  nämlich:  auf  das  persische  Wörterbuch 
Burhani  Katii  hinweisen,  und,  durch  diese  Hinweisungen  au£ 
die  darin  enthaltenen  Na^cnrichten  yon  der  Religion  SoroasterS 
sowohly^als  anderer  ältesten  Religionen  des  Orients  uns  den  Weg 
bahnen  zur  Anzeige  des  ungemein  wichtigere^  Werkes  näm  i 
lieh  des  Dessatir.  ^ 

Herr  Rhode  erwähnt  nach  Herbelot^  Ajardeh.  un4 
Khurdefa  als  zwei  Bücher  der  G hebern  und  wütischt  dar«, 
über  von  könftigen  Reisenden,  Aufschlufs  zu  erhalten.  Ohne  sit 
weit  zu  gehen  kann  man  sieh  darüber  vor  der  Hand  aus  Bur-^ 
hani  Katii  Raths  erholen« 

Jjarde  nicht  Ajardeh  ist  der  in  t^asend  geschrieben^ 
Commentar  des  Sendawesta  (S.  ii6)  und;Ghurde  tiichi 
Khurdeh  ist  nichts  als  der  Name  eines  der  ai  Noske  des 
Sendawesta  (S.  3a3).  Andere  dergleichen  Namen  von  Nos«* 
ken  sind:  Eschatad  (S.  S6)  Dal  minofer  (S.  35i)  Xfe* 
ringan  ($.  52)  Erdem,  der  Name  eines  besonders  latigen  Ca« 
pitels  (S.  70)  und  Ikbawen  der  Nütnen  eines  besondern  Re* 
ligionsbuches  der  Magier  (8/^17  )«  ' 

•  Ueber  ihre  Feuertempel  welche;  man  geWc^ttnlich  nüt  ixhtnt 
dem  Namen  Ate^chkede  Jcennt^  geben  die  Namen  Naus  (das 

^        12 


ijS  The  Desatir  etc.  u»  d.  Beil.  Sage  der  BaktreF  eta 

griecliisclie  vetoc  S«  789)  R«nest  (S.  671)  Sjnonyme  an. 
Ein  allerer  Nan^e  doi  bisher  Uaff  unter  dem  tob  Newbehav 
bekannten  Feuerleiqpdf  vqB  Qalch' bt  N^sreiD  (5.  ,i9o)'ia 
der  Nähe  der  kolossalen  Götzenbilder  von  Chunk  but  und 
Surch  but*)  d.  i.  der  weisse  und  rothe  JBuda  TS.  799)« 
Eorned  i«t  ein  anderer  Name  fnr  Farmed,  das  Dorf  bei  Tus 
yffo  die  eine  der  beiden  Frelheits-Cjpressen  Soroasters  stände 
wie  die  andere  beim  DorfeKs^sobmir  m  pistr^kt^de«  Terisch 
ebenfalb   in  Chorassan    (S.  £92  und  626 )• 

Manches  Neues  enthalten  die  4itui^sche«  Artikel  über  das 
Semseme  d.  i.  das  heilige  Gesumse  mit  geschlossenen  {^ippea 
(S.  855)  wahrend  des  Waschens,  Fssens  und  Abschueidens  der 
Barsom- Zweige  (S.  439  und  i44)>  ^^^  ^^  heilige  Schwel- 
gen Badsch  (S.  119)1  über  das  E^sengebet  Jescht  (S.' 856), 
und  die  über  die  Speben  laut  ausgesprochenen  hcihgen  Worte 
(S.  36a);  über  die  verschiedenen  Arten  von  Almosen  das  an 
grossen  Festen  welches  Da  sehen  heifst  (S.  35p)  sowohl  als 
die  gewöhnlichen  Gaben  für  die  Feuertempd  Sudasohna  ge- 
nannt (S.  438)  mehrerer  anderer  bisher  in  Europa  unbekannter 
Gebräuche  nicht  zu  erwähnen  ^  wie  z,  B.  Oharfedsch  das 
Strohfeuer,  )ivdches  die  Feueranbeter  beim  feierlichen  Aufzuge 
^er  Braut  hinter  derselben  anzünden  (S.  57 3|)* 

Die  Kunden  über  die  Hierarchie  der  Engel  wie  ^eselbeu 
zum  Tbeil  noch  heute  im  Islam  bestehen,  geben  merkwürdige 
^Spuren  über  einige  der  akpersischen  fsede.  an  dcr^n  Steile  die- 
selben getreten  sind.  So  wird  z«V*  Taschter  oder  Baschter 
(S.  157  und  a44)  der  grosse  Genius  dier  Sendbücher  ^1^  der 
l^rzeng^^  Michael  erklärt^  von  diesem  aber  (S..595)  gesagt,  A)kb 
er  der  Engel  der  Wolken  sej,  so  dafs  er  in  seinen  yerrr<;htifn' 
en  ganz  an  die  Stelle  Taschtcrs  getreten,  welt;her  iiti.  Sen- 
aw<$sta  der  Genius  des  R'cgens  ist.'  Der  islan^i titsche  'J^o- 
desengel  Israel  welcher  gewöhn Kch  der  Seelen jäger  cDsöhan- 
S'chiker  S.  265)  heifst,  kömmt  auch  unter  dem  Namen  des 
altpersischen  Genius  Assman  d.  i.  der  Genius  des  Himmels 
vor  (S.  49);  endlich  Mst  Gabriel  sowohl  an  die  Stelle  des  alt- 
persbrhen  Himmelsboten  S  u  r  u  s  c  h  (  S;  475  )  als  au  die-  B  e  h- 
m^ens  (der  obersten  Intelligenz  der  Himmel)  getreten,  und 
in  dieser  EigenscUaft  heifst  er  auch  Ispehbedi  Chore  d..i.  der 
Herr  der  Erleuchtung  wie  die  menschliche  Seele  selbst.  Die 
Engel  heisscn  heut  zu  -Tage  überhaupt  die  Pfauen  dies  Paradie« 


s 


«)  But  heifst  heute  ein  6(itze  wie  4at  Wort  Fogb  (S.  ^| )» 
So,'v^eit  sfnil  dicrse  beiden  heiljgen  Worte  herabgesunken»  denn 
Fogh  ht  nichts  anders  als  das  slavische  Bog  der  Name  der 
öottheit.'  •.    r-.      -  . 


Tlj^t>essitir  etc.  tou  d  beiL  Sage  der  Baktrer  etc.  f  ^j 

^ TS,.  5455  oJer  ite  Vögel  des  limmlUctien  LotoÄ  (S. 5^o\ 
Hie  Zeitenbewobuer  des  Himmels  (S.  5äo}^  die  Beisitzer  dei 
X>ot6s-Baiunes  und  die  grün  Gekleideten  des  Himmds  (S«453)j 
Jaüteir  Beziehungen  welche  durch  die  Vorstellungen  ägjptischet 
iind  altjpersischer  Kunst  trefflich  beleuchtet  werden,  auf  den  äg^p*« 
tlscbeü  Gemälden  sind  die  Genien  iinmer  grün  beschwinort,  und 
in  den  persischen  aUeu  Künden  uberschwebeu  sie  den  Tbroä 
des  Königs  in  der  Gestalt  von  Vögeln.  ^ 

ÜerHiitei:  des  moslimischen  t'aradieses  in  welcliem  die  gruA 
gekleideten  Bräute  der  Ewigkeit  (S.  45a  u.  563)  sammt  den 
Leb.eusgeistern  des  böchsten  Himmels  (S«  562 )  d.  i.  die  Prö-- 
phetcR  wohnen  ist  der  *£ngel  Riswan  (S.  781)  dessen  Sitellc 
aber  in  der  altpersiscben  Lelire  schon  der  Ised  Samiad  der 
Genius  des  aSten  Monatstages  (8,^21)  und  der  Ised  Ferwer* 
din  der  Genius  des  igten  Monatstages  als  Hüter  des  Patadiesek 
<S  S93  einnehmen,  denen  noch  der  Ised  Din,  der  Genius  dei 
.24teii  Monatstages  als  Hüter  der  Schicksalsfeder  gesellet  ist  (S* 
389).  Die  Ferwere  (  die^  Ideale  Platon^s)  Wssen 
Fcrdfer  und  werden  als  Herreh  einzelner  Gattungen  der  Ge* 
schöpfe  (Reb6uo-]N  ewi)  dargestellt.  Ispendarmed  odef 
Isfendarmed  ist  der  bekannte  Genius  der  Erde,  welcher  aber 
auch  noch  die  Genien  Achter  TS.  66)  und  Siped  ( S.  455) 
als  Wächter  gesetzt  sind.  So  nat  auch  das  Feuer  nebst  ieofi 
grossen  bekannten  Sohutzgeist  Ar  di  bebe  sc  dt  noch  den  beson-' 
deren   Getitus  der  llamme  Äser   und   das 'Wasser  nebst    dem 

gössen  Amschaspande  Chordad  noch  den  Genius  der  FlutÜen 
arespend   (S.  647 )  oder  Mehrasfend  (S.  J78)  genannti 
So  wird  auch  die  Sonne  vom  grossen  Mithras   geleitet;   abei^ 
der  besondere  Genius  des  Sonnenlichts   l^eifst   Chor  ( S«  34o  )^ 
Schehriar  ist  der  grosse  Schut2geist    der  Metalle,  aber   die 
Fundgruben  haben  ihren  eigenen  Ab  an  (S.  3i ),  der  mit  dem 
Genius   des   Regens   Abangah   (S.  3i)   welchei"  dem  grossen 
TascTiter   zugesellet   ist,    nicht  vermischt   Werden   darf.     Der 
Genius  der  Bäume  ist  Murdad    (  S.  483)    doch  auch  zugleich 
der  des  Winters  (  S»  759)   so  wie  Chordad  der  Genius   der 
Bäume  zugleich  der  der   Flüsse    (  S«  3^3 ))    und  wie  Bad  der 
Genius  der  Winde    zugleich    der  Genius  der  Heirathen  ist    (  S* 
it^).   Als  Treiber  der  Winde  heifs^  er  auch  Badratt  (jS^iia) 
und  der  Genius  der  Reisenden  ist  Behram  (  S«  175)« 

Noch  wichtigere  Aufschlüsse  liefert  dieses  Werk  übet  die 
Reiigionsgeschicbte  der  verschiedenen  Sccten  der  Magier,  vvovon 
bisher  nur  sehr  wenig  bekannt  ist^  und  iu  Hr.  Rh*  Werk  gaf 
.keine  Er wäh nung  ges^hielit.  Im  B  u  r  h  a  u  i  .K  a  t  i  i  w erden  zu- 
erst in  dem  eine  Fpl^ioseite  latigen  Artikel /Seratuscht  tS.419) 
die  folgenden  acht  Secten  erwähnt^   in  wejche  der  Magismus  in 

12* 


1  So  The  .Desatlr  elc.  ,u.  d,  heil.;  Sage  d,  Baktrer  Mc. 

der  .Foke    der  Zeit  zerfallen  war.  .  4.  Die  ilteste  ,d^r .  ersten 
Feueranbeter  welche  den  Kei'omers  für  Adam  anerkannte,     2. 
l)ie  Sewanije  welche  der  Lehre  des  grossen  Sewan    (Ser- 
Wan)  die   unbegränzte  Zelt  folgten  und  sonst  auch  Serdanye 
genannt  vvurden  (  S.  426).     Die  Periode  S^erw ans  aus'  debca 
Gedanken  Ahriman  entsprang,  wird  auf  9099  Jahre  angegeben. 
3.    Die  Anhänger    Soroasters.     4>    Die    Dualisten    welche 
die  absolute  ewige  Doppelherrschaft  d^s  Lichtes   und   der  Fin- 
ftternifs  aufstellten,  während  nach  Soroasters  Lehre  das  Böse 
nur    ein   Abfall    vom  Guten   und  In    der  Zeit  endlich  ist«'   Auf 
diese  vier  ältesten   Secten  folgen  die   vier  neueren,   welche  sich 
aber  alle  aus   der  Soroasterischen  ehtvvickelten,   nämlich:     5* 
'Die  Secte  M  a  n  i  s   der  seih  Sjstem  aus  den  Lehren  des  Magis- 
mus  und  des  Christenthums  zusammensetzte.    6.  Die  hchtc  Mas- 
dek's  des  revolutionären  Apostels  allgemeiner  Freiheit  und  Gleich- 
Leit.    7.  Die  Lehre  Dikans  der. wie    die  Dualisten  die  zwei 
sich'  einander   entgegengesetzten    Grund  -  Principien   des  Lichtes 
und  Her  Finstcrnifs  ahnahm,  und  endlich  8tens  die  Lehre  Mar- 
cion's  welche  darin  "bestand,   dafs   Gott  aus  freier  Wahl  gut, 
Ahriman  aber  gezwungen  bÖse  sej,  und  däfs' zwischen  Beiden 
eine  vermittelnde  oder  ausgleichende  Krafl^  (Muaddil)  bestehe 
wodurch. das  gehörige  Verhällnifs  aller  Dinge  in  der  Welt  her- 
ge$tellt  werde  (S.  757).     Das  Gleiöhheits- Evangelium  welches 
Masdek  predigte,  hiefs  Dissna  (S.  388)  und  die  Bilderbibel 
Manis  Teng,  oder  Erteng  oder  Erscheng  Mani  d.i.  das 
Bilderbuch  Mani's  als  Gegensatz  des  Teng  Lnscha  (5.256) 
d.  i.  das  Bilderbuch*  Lukas  dessen  Evangelium  die  Morgenländer 
wie  das  Gesetzbuch  Mani's  fiir  eine  Bilderbibel  halten  S.y4o). 
Den   Marc iou    den   auch   unsere  Ketzergeschichte   so  wie  den 
Man  es   als   einen   Lehrer   der    Gnostiker    kennt  nennen    sie 
übrigens   auch   Ramasan    <  S.  4o6  ).     Ausser   den    obigen  acht 
Hauptsecten  gab  es  deren  noch, viele  andere,  deren  2^aht  wie  die 
der  Secten;  des  Islams  auf  72  angegeben  wird.    Eine  der  aus- 
gezeichnetsten  scheint  die  des   Kessun  gewesen  zu  iejn,   wels- 
cher wiewohl    ein   Magier,    dennoch    den    materiellen   Ursprung 
aller   Dinge   aus    drei   Elementen,   nämlich  alus  Feuer,    W^asser, 
Erde,  und  die  Seelenwanderung   lehrte   (  S.  65 i).     Diese  Ein* 
mischnng   indischer    Religious-Begri£Pe    in    persische   Lehre   ist 
sehr  merkwürdig  und  bewegt    uns  wegen  der  nächsten  Verbin*- 
dung  dcrseljjen    mit   dem   Dessatir,   hier   aus  dem  Burhani 
Katii    noch   einige  indische  Propheten  zu  erwähnen  deren  Re- 
ligibnslehren   auf  persische   unmittelbaren  Einflufs  gehabt  zu  ha- 
ben scheinen.  Der  am  ältesten  erwähnte  ist  Schakemuni  (der 
indische  Gautamah  oder  Buda  5.  5io)  dessen  Matter  Mah- 
mah  genannt  {S.  74i  )   und  dem  die  Lehre  der  Seclenwande- 
rung  zugeschrieben  wird  (S*  740  26te  Z.)* 


The  Desatir  etc.  u.  d  heil.  Sage  der  Baktrer  etc.  fSi 

An JLere     indische  Propheten    waren  ?  M  a  h  t  s  c  h'u  r ,'   d^Mtn 
Leib  -aus  Sonnen  ^  Mond  -  und   Feitersehein   ftnsammen    geset^ 
ohne  Mutter  auf  die'  Welt' kam;  Milan  welcher  der  Luft  di«: 
oberste  Herrschaft  der- ElementSe  einräumte,  tri«  Soroaster  dem. 
Feuer  (S.  781),  Na««-!!:,  welcher  lehrte,  dah  es  keinem- Aitftr^l 
stehuog'gebe,  uud  dafs  der  Mensch  wie  die  Pflanzen  waol^e  und 
▼erWelke  (  S.  786.)»     Erheft  dei*' die- Seel«nwanderuilg'  eine* 
Reihe  von  4ooo  E  r  h  e  f  t  e  n   und '  di«  allg^mfeine  •  VerOHbtung 
lehrte    (S.    y5)   u.  s..  w«      Von    Reli^onswerkeu  wir4   nebtt 
dem  Werke' Seh i| kern u»i's   noch    Batengpai»' (S;  »i^l)  er*« 
wähnt«-     Alle  diese  indis^en   Propheten  haben  doch  nibht»  ige» 
mein  mit  dem  ältesten  dei^Persev,  deravM»habad/d.  L  ämm  gra^nt 
sen  Ab  ad,  dem  Verfasser  des  Dessatir  cid  er  ältesten  Geseta*** 
bucbes,  von  dem  zuerst  durehides  Sch'eioh  Mohammed  Fani 
aus  dem  Persischen  ins  Englische  (vbft  Gladwin)  und  ddlrta^ 
ins  Deutsche  (von  D  a  1  b  «  r  g)  ansaugsweise  •  übersetite  Werk'  D  a  *- 
wistan  die  erste* Kunde  nach  Europa . ged rängen  ist.     •  >• 

Ab  ad  (sagt  der  Burh.Kat.  S-.  Si-  und  778)  ist  iler 
sonst  Mehaibad  (di  i.  Aet  grosse  Abrieb ^- genannte  Prophet; 
dessen  Gesetzbuch  Dessatir  beif^t«  =  Dieser  Abad  odev-Mtf^ 
liabad  hat  aber  aheb  einen ' andern  Namen,  der  über  die  wahrv 
Etymologie  desseUbeii  ein  r  neues  Licht  anaündet,^  er  heifst'  nänw 
lieh  auch  der  gro&se  Abadona  und  das  von  ihm  gegebene  Oe-« 
setz  H^rnidsaw  oder  Vernnnftgesetr  i(:S»^  833.)  •*^), 

Die  Bekennen  dieser  ältesten  Reügion  hiefseh  Sipassiaii 
d.  u  die  Begehrendeo ,:  SUichenden,'  oder  Betiler  (5/ 4^5),>d:»  i« 
ganz  gleichbedeutend  mit  Sassanian,  dem  ^NacAen  *  de?  Bekentocv 
der  Religionsl ehre  des  Dessatir.  Sa^san  ist  jedück, laicht  zq 
vermeogea  mit  Tassan,  welches  der  Name'  eines  der» letzten 
Propheten  des  D  essatir  ist  (S.  853.)  und  sonst  ^überhaupt  schick«^ 
licli  oder  gesetzmässig  bedeutet,  vou  Jassa  eib  Gesetebucb,'  Wel-« 
chen  Namen  auch  die  Gesetzbücher  TimUr^s  und  Dscliengisch»»'« 
trägen.  Die  Propheten,  heissen  überhaupt  Farruchsch ur> <.(S. 
588.)  .und  die  Bekenner  der  Lehre  Ferssensdadsch  (S;  S^d.-^t 
iwei  altpersische  Wörter,  welche  iu  diesen»  Siotie  auch  ioan'devn 
Wöi^erbtichern  vorkommen.  Wiewohl,   wie 'wir  sehen  werdieu^ 


•J.F  e  r  h  en^  ist  ^ das ' persische  Wort  welches  ah  gl^chbede»* 
tend  mic  Hernidsaw  angegeben  wird.  Ferhen  g  heifstaber 
sowohl  ein  Buch  als  auch 'Verstand.  Hernid  i^  also  nur  eine 
andere  Form  von  F  e  rn  u  d,  welches  Vernunftbeweis  heifst  (S  592). 
Fernud  das  alttltutecbc  Vernunft  isfe  zusamroenges^tztaus  ctem 
aUper^tschen  VC^urzelworte  Fer  (Licht»  Glanz,  Feuer)  und  Nud 
d.  u  Grand.  F,  ar«ud  >od#r  Vernunft  heifst  aUo  LicbtgTunit  oder 
FenergruQd. 


Y 


ft82  The  DesüUr  etq,  u.  d  heil  Sage  dev  B<tktrer  etc. 

die  Grundlage  der  Keligioa  dcf  Deis^tir  retner  Sideirisjnut 
ist»  so  werden  die  Bekenn^r  desselben  (die.  Mebab4diiin>  Si- 
p^ssian  oder  Sassenian)  yoa  den  eigentUcben  Sabaernim- 
tcrtchiedeo,,  welche  Nag.btticba  beistenund  über  welche Burh« 
Ka^  unter  diesem  YV^ortc  ziemlich  geaugeade  Auskunfi  giebt 
(S.  7990*  ^^^  werden  dort  als, Magier  9tt%efuhrt.  Vielleicht 
0ehdrt  denselben  der  Propbet  Dscbumest.  oder  Games t  mit 
dem  gl^hnamigen  Gesetzbucbe  (S.  2.79  U..718)  dessen  Umfaug 
^o  Kumehl-Ladungen  betrug  und  welches  ^  nachdem  der  Prophet 
getodtet  worden,  verbrennt  war»  Von  der  Sprache  des  Des« 
iMttir  sagt  das  persische  Wörterbudi  an  wiederhoUen  Stellen 
(-&  67  u.  65.)  dafs  diesdbe  Send  und  Pasend  se;»  w^s  sie 
nun  freilich  nicht  ist  ^). 

Da  es  bei  der  Beurtheiinng  des   Alters  und  der  Echtheit 
des  Dessatir  hauptsächlich  auf  die  Sprache  ankömmt»  im  wel-* 
eher  derselbe  eesehrieben  ist,  ^o  muls  die  kritische  Untersnchung 
derselben  der  Forschung,  welche  den  Inhalt  erörtert,  vorausge« 
tieo«  .Der  gelehrte  indische  Heransgeber  des  Werkes   Mo  Ha 
iPirus  Kaus  erkl^it  iu  seiner  Vorrede,  dafs  dieselbe  weder  Send 
noch  P  e  h  l  e  w  i ,  noch.  D  e  r  i  sey ,  worin  er  ganz  gewifs  Recht  hat, 
kl  8)0  weit  er  unter  Deri  das  rein  Neupersische  versteht,  in  wel-* 
ehenvdas  Soh^fanameh- und  auch  der  Commentar  des  Des- 
;9atir  geschrieben  ist.     Die  englischen  Blätter  in  Indien,  welche 
.sogleich  nach  der  Erseheinung  des  Werkes  zu  Kalkutta  über 
dasselbe,  als  über  ein  apocrjphes  Produkt  mit  derselben  Heftig- 
keit herfielen,  wie  weiland  Jon  es  und  Meiners  über  die  Echt* 
beit  des  von  Anquetil  nach  Europa  gebrachten  Sendawesta, 
erklärten  .die   Sprache  des  Dessatir  ohne  vieles  Bedenken  für 
eine  vom  Commenlator   desselben  zum  Spafs   erfundene  und 
würdigten  das  ganze  Werk   zu    einer  kaum  ube^  200  Jahre  al- 
len literarischen  Betrügerei  herunter,     Sie  hätten  es  vermuthlich 
"gerne  nocli  für  jünger. erklärte  wenn  nicht  der  Verfasser  desper- 
sichen  Wörterbuches  Burhani  Ratii  der  des  Werkes  Scbeh- 
l>ista.ni  tschehar  l«chemen,  welcher  zu.  Anfi^ng  des  17,  Jahr- 
b«nderta  schrieb  und  i«  J«  1624  starb,  und  endlich  der  Verfasser  des 
Dabist  au,  welcher  deicbzeitig  (unter  der  Regierung  Dschihan- 
gir*s  oder  Schah  Dshihan^s)   lebte,    des  Dess^atir's   nicht 
schon  häufig   erwähnet   hätten.     Diese  Kritiker  bedachten  nicht, 
dafs  wenn  dm  De«sa(tir^rä  so  pabe'mi(  dea  Verfassern  jener 


^')  Gerade  die  beiden  Worte  wo  et  dfeset  t^fti  «ämlteh  Aehna- 
«ti  unwillkiihTltob,  und  Adtohunban'  unbeweglich»  sütd  rein 
Mr;(isch  von  Chuasti  wiUkübrIicb  niid  Oschuaban  beweg;« 
lieh  mU  dem  A  privative« 


/ 


The  Desatir  etc.  u.  d.  hell.  Sage  derBaktrer  etc.  %S$ 

Werke  tmd  betoniert  .mit  deor  ded  pertisefaäi  Wörterbuoliet 
Burhani  Katii  j(as^  gleiehzeitigdr 'Betnt|^  »irSre,  der  letzte 
(denen  Werl  mi|  fteelft  -fuff  den  aiit  dem  grdfsteo  kritischen  Ur^ 
tbeiie  gesichteten  petsi^chen  Spraclnchatt  gilt)  genirirs  iiiofal  eine 
so  grosse  Zahl  heuten  lii^ht  uAuebr  ^bKdii^  Ausdrücke  und  pbiioi- 
soph|scber  Terminologien  A%  altpkirsiscbe  afnfgenomnieili  vnii 
als  solclieaof  4stt  An^eheii  wibi  Zeognifs  des: De isattr  erkiärel 
hätte.  Aber  abgesehen  vOo-  dem  Zeixgiiifs«  des  per^veheo  Ka«* 
mas  (i^ic  der  B  n  rb  a  ai«.Katii  in*  YergktcH  mit  dejls  orabir 
scbepK.  a  m.us^dem  giodteg^nslen  Meistemerk«  iDrienltaKstberL  eni^^ 
grapbie,  genenut  zu  werden  pflegt)^  fi^'gfc  die  Striche  des  I)  es«* 
sattr  iniiere  Beweise  ursprünglicher  £ebtheit  in  aicb.  Dte^e 
besteben  Erstens  in  der  N^tur  ihres  Banbs  nnd  ihrer  Btldbng^ 
sjlben  selbst,  welche,  TveiUk  gegen  das  beut  ä(>liohe reinF  Pensili^tt 
oder  Deri  gehalten,  sich  zu  demselben  getane  so,  wie  dos  Goh 
thische  zu  dem  Englischen  verliüt^  nnd  eine  ^sa  wunderbare  U^ 
bereLusiimmung  und'  Analogie  des  Kttlturgangca  jener  altp^nn- 
schen  uiid  dieser  altgermanisi^hen  SpracHi  -  diiräidt ,' weldie 'keD- 
nesweges  '  ^^%  Resultat  eines  {ein  •  aus^dsonnenen  oder  mflklf|; 
gelungenen^  Betruges  seyn-  kam».'.  Zw'Aiten'«.'  Während  -der 
Commentator  (wekLem  di4  Khi^e  diidser  i  fipraob-Er6wdf mg  zngd- 
dacht  wird)  in  der  Regel  dem  aUen  T^Äte  Wert  ftir  Wort  fnigl, 
und  der  ungewöhnlichen  alten  Fornr  he%  Wottek:  die  neue  8äb- 
stituirt,  so  sind  doch  häufige  Beispiel^  (toii  denen  mehrere  un- 
ten als  Belege  folgen  werden  )*  vorhatideW,*  aafs  der  Commentator 
den  alten  Text  wirklich  nicht  nfehr  v^fot^ifden  ,'  und  demidben 
willkuhrliche  Bedeutung  untergelegt  bat.  Drittens,  endlich  fin^ 
det  sich  gerade  unter  Jen etf  Wörtern-  Aief  hente'iil  keinbnr  per- 
sischen Wörterbuch  e  mehr  stehen,  eine  blträch^lSishe  Zähl  Wm^grie- 
chischen^  lateinischen  und  besonders  geni}an(seh(m  Wurme^wtikSera^ 
w^elche  doch  wahrhaftig  für  kein^  glückliches  Wahrzeichen  gelten 
können^  welches  der  Zufall  deifi  ErilndA  diese^Spi^i^heava  fJn- 
gefabr  zugeführt  hnben  möchte.  %%  \^$te  doch  efi^  s^ir  s|lak- 
haftcr  Zulall,  welcher  dem  spafshaffeglf  Erfind  ei*  dieser"  Sp^ach^ 
sogar  die  alten  (heute  iiß  P^sischen  nfacht  nlebr  iiblLdbeb)  fier 
clinations-Sjlben  des  Pronomens  eingegeben  hatte.  Wo- 
durch dasselbe  in  der  D  es sa  M r-Sfäfiicbe  '^jäk\ d^  g^tKis^hen 
und  niederdeutschen  Pronomen  zuaaldKnenfliefiitt. wahrend  diese 
Verwandschaft  in  der  heutigen  FornI'  .des  perHiseheil  P r  on  o  * 
menis  nicht  mehr  zu  erkennen  ist.  Dasselbe  gilt  auch  Ton  einigen 
Fonnen  der  Zahlwörter  und  anderen  wovon  die  Beispiele  un- 
ten  folgen  werdesb* 

Aus  diesen  Gtüudeh  tifet  sieh  die  Echtheit  der  Dessatir- 
Sprache  als  einer  ^  wirklichen  altpersischen  Mundart  dem  Philo- 
logen ztir  Geflüge    erweisen   und  e^  fragt  sieh  nur,  in  wieweit. 


)84  l^e  I^aatnr  etc.  u.  d.  heÜ.  S4ge  der  Biktrer'eto. 


«tuB  diese  dem  Neopersisclien  weit  tiäbet'ak  Send  und' Feh- 
le lyi    verwaadte  Sprache  bbber   wenigstens  dem   Namen  nach 
•bekannt  gewesen  sejn  dürfte.     Wir  wissen  dafs  im  alten  Per« 
»ten  vonuglich  zwei  Spiacben  gang  und  gäbe' waren,  die  Peb- 
Lew i  in  den'  westlicben  Ländern  des  Reichs  und^  die  Pars!  in 
den  östlichen;   diese  tlmilte   sich   in   die  Mundarten   von   Pars 
He^at,  Sogd  u.  s*  w.,   wovon  die  besonders  zu  Merw  Bo- 
ehara  und  Bamian    gesprochene  reifste  Mundart- den  Namen 
-D'eri  d.  i.  die  Hofsprache  erbielt.  "*)    Unserer  MeintiDg  nach  ist 
die  Sprache. des  Dessatir  keine  aiiidere  als  eine  der  oben  ge- 
•nannten  Mundarten,  des  Parsi  t|nd  am   aller  wahrschein  liebsten 
:die  ursprünglich   zu   Bamian  gesprochene  Deri.     Ja  der  Uu'* 
•terschied  zwischen   der' Sprache   des  Dessatir    (welche  nicht 
•später'  als  der  letzte  Sassan  nämlich  in  das  Zeitalter  des  Chos- 
-^•0  e s  P  ar  vy  i s ' herabgesetzt  werden  kann  )   und  dem  Deri  wie 
•dasselbe  sich  in  dem  ältesten  uns  bekannten  Werke  (dem  Schah- 
•aameh)  vorfindet  ist  nicht  so  grofs^dafs  derselbe  während  der 
.3qö  Jahre  arabischer  Herrschaft  über  Persien  nicht  hätte  bewir- 
lliet  werden   kjtnnen«.    Ehe  wir  aber  znr  weiteren  Untersuchung 
^des  wahrscheinlichen   Alters    des   Buch  äs  und   seines  Yerfassei^ 
-fortschreiten,   legen  wir  die  oben  berührten  Beweise   von  der 
.Echtheit  der  Sprache  und  einige  andere  dieselbe  betreiSende  ph^ 
lologische  Et diterungiufi  tor« 

Griechische  Wörter: 

.  .  Enivdtam^(S.443])  die  Nächsten ,  Inner-  Eurifiot' 
-'  ^  sten. 

•  jirschiam.  fS.  sto5}  die  Herren,  Weisen,  AfX'^vrtg 


JSader.  CS.qooJ         Feuer« 
Meramid.  (S.  4^00)  Sonne. 


FiuiMs.  (S.  63) 
Sudkehh  CS.  948) 
PaL  (S.  47)        , 
Parduh.  CS.  46) 

Saied.  CS.  -i8o) 
Tifftd.  C&  4S0) 
Pan.  CS.  498) 


Scheinend« 

Weiser, 

Wieder« 

das  Vergangeneb 

Er  empfangt. 

'di»!£lemeiite. 

Oben. 


Jlvfocfitc  i  Sonnen- 
^ymbol ) 

griechisch  iCipn 
ocitKvic  nöugriech. 


neu- 


"^T""""* 


*")  Siehe   die  hierher  geh(jrigen   in  den  VGfietier  JahrhÜehernder 
Literatur  aus  F  erb  eng  Scbuuri  .aLdm.  Theil  im  Texte  ange- 
führten Stellen.    . 
**)  Vielleicht  ist  Tf  g  noch  näher  mit  dem  plattdeutschen  ^eion 
'      von  Zeuch  T^rwanät«' 


«      I 


The  Desatir  etc.  tu  d.  heil.  Sage  der  Baktr^r  etc.  1 65 

Mähras.  fSl  ooo)     der  Gl^ozende.  'flli'9ectci .. 

Sewsckin  tider  SU"     Jupiter.  \  ZJet/C«  *) 

/cÄm:  f  4$*.  lyg)  .    '' 

Dib  griechische  Mjtholo|(ie  mag  die  nistorisclien  Personen  det 
Vorzeit  in  der  Folge  immer  sjmbplisiret  haben ,  aber .  die  gros- 
sere Zahl  dersftberi  ist  in  der  mdrgenländischen  Geschichte  elu-^ 
heimisch.     Wir  haben  bereits   (in  den  Wiener  Jahrbüchern  der 
Literatur  ibr  Band)  das  Dasejn  des  persischen  Herakels  (als 
Sam  oder  ^ccvirjg)   des  Ares    (als  Aresch)    des  Perseus 
(abBersin)   d^s'Kepheus  (als  Kiw)   der  H.cre..(als  Js- 
fendarmad)'  der  Anaifis'  (als 'Anahid)    der.  Vesta   (im 
Awesta}  nachgeyviesen ,    und  liefern  zu   dieser  mythologischei^ 
Nameulese-  einen  neuen   und   wichtigen. Beitrag, in  deii  4  ersteu 
der  folgendeii   lateinischen  Wörter    welche   sich    in  denen   des 
Dessatir's  "vorfiq'den.  Merchar'I  ist  der  Name  Mercur^j  Be- 
nid  der  Name  der  V^nus;    Penähim  der  Naine  det  Penaten; 
uodMinari  wahrscheinlich  der  Miqerva'si  welche  in  jeder  Hin* 
sieht  dem    flimmel    (Mino)  Werwandt  ist.     I^Ierchäri  kömmt 
«war  nicht* in    der  .'besondern '"Bedeutung   des  Planeten -Nametis, 
sondern  in  der  allgemeinen  Go(tes  vor«    Der" Planet  Mer cur 
heilst  auf  persisch /Tir,  und '  merk^vurdig  genug  ist  in  demMer* 
cur  auf  der  Vorstellung  einer  etruskiscben  Psitera    (Winkel« 
mann  Monumenti  indditi)  der  Name  Tar  bieigeschriebea. 
Im  Dess^tir  heifst  der  Planet  Mercur  auch  GüLüug  d.  i. 
der  Hammer  oder  die  Haue,  eine  neue  Andeutung  dbt  w^sprüng- 
liehen  Verwandtscliaft  des  morgenländischen  Tir  mit  dem  nor- 
dischen Tyr  öder  Thor  der  den  Hammer  fuhrt« 

Lateinische  Wörter. 

Metchuri  (S,  4^6^  Gott,  '  Me^curiu». 

Btnii  (S\5i3)       '  V^nus%'  Venus. 


*J  t)er  Fund  der  beiden  letzten  ^orte  ist  nicht  nur  etymologiscfr, 
sondern  aneh-  mythologisch  ausserordentlich  merKwürdig«  weil  bei 
dem  ersten  die  indisch  -  griechische  Form  des  Mithras  der  in  ^^n 
Scndschriften  Mchra  heifst,  rein  erhalten  ist,  so  wie  bei  den 
zweiten  Flausten -Namen  Sew  odef  Su  (das  sc  hin  ist  nur 
Ableitungssilbe  )^  S  e  w  oder  S  a  ist  aber  in  der  aUpcrsiscben  Ge- 
Sjchichte  auch  ein^  historische  Person»  nämlich  der  indische  Kö- 
nig So  der  Sohn  Fahmasb*s  der  dritte  Nachfolger  Feridun*s 
(Phraortes  !•>,  welcher  Jran  von  dem  ersten  scytischen 
£in£Blle  Efrasiab's  des  Königs  von  Turaii  befreite.  Das 
Sankfest  dieser  fiefreiuug  wurde  (Bnrhani  Katii  S.  Si)  am 
i3tcn  des  Monats  Ab  an  d.  i.  Oktober  gefeiert,  das  ist  gerade 
an  demselben  Tage  wo  Im  römischen  Kalender  das  Oankfest  dem 
Zevs  liberator  gefeiert  ward,  welches  also  ursprünglich  kein 
anderes  als  das  altpersische  Volksbefreiungs  •  Fest  war« 


idd  Tlie  p93atir  etc.  u.  d.  heU.  Soge  d,  Paktrer  ete. 


MinarL  (S.  Si56j 
JBenahim  (S,  •»••). 
IVäurad.  (S.fiöl) 
Paturad.  ('S,»94j' 
SünschaJ.  ^S*  ^49^ 
Jdetaji  ('S.  4^oj 
Med.  (S.  402^ 
MeddscAi  (^S.^g^J 
Sohet.    . 
Soras* 

Tüver  CS.  465) 
Pule  CS.  M44} 
Pur 

Patafer.  CS*  $?) 
Sop€ir,  CS»  4^6) 
Misur.  CSm  000 J 
Tschench 
Enter  CS'  470^ 
Entefide.  CS»  •—) 
Partus.  CS'  ^^*J 
Wachar* 
Murtigiden* 
Mortadschäm.  S.43g' 
Sofisaran^  CS*  4»oJ 
Wmid.  CS  U) 

m. 

IVadei.  CS.  42i^ 
auch  wie  neupersisch 
Dad.  CS'  »o6j 
Schibest.  CS.         y  ' 
Pard.  CS»  sio6) 
Pard  dad.  CS.  2oö'J 
Assaien.  -J^) 
Jbstaik  CS.  44J,X 
Adtndm 


"LA^n, 


Minetva, 


Wir  flucliten  uns.  *> '  PenaUs, 


Ewigkeit« 

in  Ewigkeit» 

EinfacKheit« 

Einlieit 

Mittel. 

Mittler. 

Heilig. 

vVortrciiic. 

Hufs,  W«sser. 

Junges» 

Sohn* 

Vater. 

Schlau: 

Üebel. 

Krebs. 

das  Innere» 

Verboigcn. 

Papier. 

Wort,  ReJc» 

Sterben.. 

die  Sterbliebcn, 


AettrnituSm 
in  Aeiemunu 
simplidtas^ 
JdentUa$4 
MedtuMm 
Mediato. 
SanetuSm 
Series* 
TdriSm 
PuUus. 
Puer.  ***J 
Pater* 
Sopor^ 
MiserieL 
Cancerp 
Jnterius* 
Jnternufm 
Charta.     ^  ■  , 

MorL^ 
Mortidei.  ■ 


die  Beai^teh« 

k efiret  um  p.der  zurucl^  Kertite* 

Sieh.  yide^ 

Er  bat  |(egeb«n»  t)pdit* 


Schreiben. 

Autwort. 

Er  antwortete» 

Sejn. 

das  S^n. 

Sie  sinüd» 


scribere^  .     . 
Pw's.       ' .  . 
Jl  aßdt  pettJL 
^ksse.  - 

Suni^ 


*)  Die  tttltesirisehe  Form«)»  wdmit  jedes  det  vierz^hfi  Sftülier  an- 
fiHigtj  ttadf  dnhtt'  Penah'  iet  Zirflnchtkorl.^ 

**)  1ÜA^  sfeijut  da&'dfe  Ableitungssilbe  a4  so   wie.  die  folgende 
^Ljy^nz.d^:  lateinischen  Ableitungssiliie  as  entspimbt» 

i)    lndfscir  ▼ancKa'.     M^n-  erfreimt  ht  der  A^MtM^s^lbe   at  von 
S'ap-ar  nnd  V»€ht|t  Ah  latiinischt  Abirttvmssallbt  ot; 

if)  Indisch  a^s»tan» 


Tbe  I>^6€|tljr  otc;  U4  d;  beU.  3pge  d^r  Buktrer  etc.  187; 


Sefdinh. 
Farsim, 

Smdschinu 

Temim» 

Firim. 

Harun, 

Ertar.  *>  fÄ  /^^ 


Nir  CS.  435 J 
Jeta  QS.  3oX        ,, 
Lach  fS»  „,'J 
Tal  CS.  siooy 
Ferim   odeix   Forgn^^ 

Kurd  CS.  jgiif)  ■;, 

rilar, 

Mitar. 

Na.^tar  (S.  4S,'X' 

Swil  CS*'M(^^ 

Sbis  CS-  y^) 

Varnusgf^  (^S*  / /^ 

Wadram  ('S-  </]^ 

Baslar. 

Chad  CS.  üosi)  '" 

Sad  CS.  Äop) 

Schild  (»y. '50/) 

Ramram  (5.  igyy 

fVerd  iS:  ///) 

Top  (S.  4o ) 

Sawger  ( *y.  /  J«  )( 
Äw//er  (5.  7^ ) 
ÄVi^  IS.  f6) 
Attornan  {^S^  ^y) 


3ie  werben  Mja^ 

der  Vierte. 

der  Dritte«  , 
der  firste; 
yo^  ilassen. 
der  Mann. 

« 

Englische  WdfPter. 

Nase.  "        .     , 

Theil,  Lod*. 

Stark,  Grofs. 

»  •■« 

Anbcs;inH$..  , 

Reioigun|;s>vas$^f^ 

Vater. 

Mutter. 

Lcichnaiik 

Süfs. 

Bienen. 

der  Bildner» 

Wasser. 


MrnnU 

S^Hfmh 

Quarlus. 

Sextus. 

Terfim. 

For^l^^ 

FÜ'  V,.  >.  iy. 


from.  firsi. 
(Jur^le4^ 
fd(her^ 
moihct^ 

hees^ 

varniseh. 

water. 


Kunde  des  Vergan^D.  passd. 


Er  sagt« 
Er  sagt. 

Verständige  Aug* 
die'Thiere. 
W^elt.    , 
Voll. . 

Wdtint^Iig^^eD. 
Sclidpfer. 
Der  Höhere.    ; 
Der  Bessere^ 


^ 


he  quoth. 
hß  icUd» 

roaming^ 
World. 

wQrtfties  ,  w^rid. 
lawgi^er^ 
higher, 
beter. 


Die  Gesetzgelehrten,  aitornejrs. 


*).Ar.  od«r  Tat  ids  AUfftnugaflbe  verbreitet  sitli  dorcli  viele 
fipni«V|«ii.  und  vertritt  m  JKeiipersischem  wo  dm  alte  Tat  wei« 
«her  dar  huM^  die  Stelle  dec  dcnitschcn  Ab^leitungsttlbe  er  wel- 
che ater  «tgilfAcb  den  Mfl9ien  des  Mannes  in  Sprachen  vom  ver- 
schiedenstem Stamme  bezeichnet:  im  Altscytisoben  «a;^,  imTKicba- 
gtlaiBolieii '  noeh  heute  Aar,  im  Türkischen  Er»  in  da  Des»a« 
tinprache  Brtar,  im  Laidnischea  Vir.    ^ 


/ 


i3ft  The  Desatir  ete.  u.  d^  heil.  Sage  der  Baktrer  etc. 


Das  letzte  Wort  ist  zwar  Pchiewi,  gebort  aber  eben  so 
gut  oder  vielleicht  tioch  früher  der  Dessatir-Sprathe  Iid,  in  wel- 
cher es  Huri  Star  lautet;  die  Stainmwui^el  ist  Hur,- welche  in 
Pehlewi  saerst  Athurnan  und  dann  Attornan  lautete. 


Üradi  CS.  44)*) 
Urach  CS.  444)*") 
ürengan  (S.  64): 
Binai  t  S.  5/5 ) 
Haur  (S.  yp7) 
Fermram  («J.  g4^ 
Mertessa  CS.  54) 
Akam  ( S\  ...) 
Entam*^)  (i'.M.) 
Entamaniden  (S.  •• ) 
Herschamu. 
Herscham  (S.  Soo) 
Pimard  (S.  4po) 
Entas  CS.  »77) 
Nirasam  (S.  478) 
Nirund  (  S.  4Sg  ) 
Hahigi  ( *y.  ^<? ) 

Kat  CS.  ~.) 

Aütn. 
Ruham.    ^ 
Mundram  (  S,  g5 ) 
Festamram  {S.  q5) 


Deutsche  Worter. 

die  Elemente« 
Seele. 

der  Ersten  Erster* 
Luft. 
.   Feuer« 
Feuer. 
Erde. 
Anfang. 
Ende. 
Enden. 
Herrschaft. 
Herrscher. 
Finger. 
Hände. 
Kräfte.   "' 
Vernunft. . 
Wirk^h. 

TAegt* 

Kuh. 

Ruhm. 

Grosse. 

Herrlichkeiten. 


Ursioffe. 

Ursache.  ., 

Uranfs^ng. 

Wind. 

Feuer»    . 

Feuer. 

Erde. 

Anfang. 

Ende« 

Enden. 

Herrschaft. 

Herrscher« 

Finger. 

Hände« 

Nieren. 

Vernunft.  ****) 

Anhabicht  (was  sin- 

zuhaben  )  ? 
Khze. 

Kuh.      .     , 
Ruhm. 
Wunder« 
Feste. 


''^)  ad!  ist  die  indische  Endung« 

**)  Ach  heifu  im  Gothiseben  VTesen,  also  Urach  soviel,  als  (las 
Urweseo.  ^  ■  v       .   , 

***)  auch  indischp 

*•**)  Wirft  man  Nir  weg^  so  bleibt. Nu d,  das  mit  vo^C  ver- 
wandt ist«  aber  Ver  selbst  ist  äusserst  bedettl;tiogtvon«  Im  Neu- 
persischcn  ist  das  dafür  gebninchie  Wort  Perm  od»  welches  mit 
dem  Altpersischea  eines  und  dasselbe  ist,, denn  Fer  beifst  Licht 
und  Glanz,  wie  Nir  und  Fir  im  Altpersischen  Licht  und  Feuer 
beifsc.  Das  deutsche  ver  in  Vernunft,  Verstandes,  w., 
ist  daher  •  arsprünglioh  ein  besonderes  bedefitnngsvoUes  Stamm- 
wort, das  sieh  nicht  nur  im  Neupersischen,  sondern  auch  schon 
im  Altpersischen  des  Dessatir*»  häufig  findet.  In  dieser  heißt 
Fers:|d  und  Ferdad  der  Weise  und  der  Verständige»  Pers- 
sad  und  Ferschad  der  Grosse  und  Weituinfassende»  und  F e r« 
seh  engin  der  Vorsichtige,   und  Fers  am  Pf  eis» 


TheDesatir  etc.  u.d.  hei|.  -Sage.d..Baktrer  etc.  iSg 


Sindkaram  (S,  gS) 
Sindassam  (S.  9 2?) 
Nuren.  das  Weib.    . 
Feraredsch  (S,  43 J 
Lasch  ( S.  HOQ^ 
Flis  {S.         )         ■ 
Fuff{S.        •) 
Sai  {'S.  ^6) 
Nemtdai  iS,  49^ 
Chotad  <5.-  449) 
Herteng  {  S.  45k  ) 
Semini  (S.  43ü)     • 
Hemoram  {S*         ) 
Heroisch  (*$".  i^o3) 
Ersehe^  • 
KeriaSm 


Sünder* 

Sünden. 

und  Nurmann 

Pferd. 

Tpdtes  Fleisch. 

Fleisch. 

Pelz. 

Seite.  ' 

Entzückung. 

Gott. 

Wahn. 

das  Sehen. 

Scdrung« 

Geschrei. 

Aehre-       -   . 

GrÖftter. 


Lab  (S.  iJ7) 

Sar  (S.  4oy) 

Frendab. ' 

Frendschi, 

Mitar. 

Hiiram  (S.  43o) 

Hurir, 

Ferfffiun. 

Rad, 

Hai.        . 

Fronadi  (  S.  43o  ) 

FroJQX  (5.  vJo>    • 

IVertas  (5.  43n) 

Kamam  {  S.  »44} 

Naschiden,  (S.  H43) 

Tsckarühn  (S.  J7  ) 

Schumurden  {S.»4S) 

Dedendem 

Scharidcn  (S»  44.9) 

Ardar  (  S.  4m5) 

Gandsehas  (  S,  445) 

Rächt  (S*  ÄÄo) 

fVerded  (  S.  st9Q  ) 

£fnir  {S,  8g) 

Narun  (S.  474) 

Manusch^)  (S.  »3) 

*)  auch  indisch« 


\. 


Milde. 

Jahr.  ' 

Freund. ' 
•  Freunde 

freund. 

Liebe.    •• 

Geliebte. 

Wohlieyn.  - 

Sprecher» 

Heil. 

Pu  bist  froh« 

Frohscyn. 

Die  Welt.         • 

Die  Häuser. 

Lecken. 

Wählen. 

Tödten. 

Refssende  Thiere; 

Etwas  suchien. 

Tapfer. 

y  ollkommen. 

Recht. 

Wird. 

Immer» 

Das  I»ner<;. 

Der  Mann. 


Sünder.  ^ 

Sünden. 

die  Weiber,  Schnurr. 

Pferd. 

Aas4      ■ 

Fleisch. 

Pelz. 

Seite. 

Entnehmung. 
Gott. 

Erdenklich. 

Sehen. 

Hemmung. 

Geräusche.  ' 

Aehre. 

Gröfster. 


^acMS..oO    •       -l'GtSi)         f'ch. 


Labsal. 

Jahr. 

Freund.    » 

Freund. 

Mittler. 

Hure. 

Hurer. 

VergnugCD. 

Rath. 

Heil. 

Du  bist  froli. 

Frohsejn. 

Die  Welt. ' 

Kammern. 

Naschen. 

Küren. 

Morden,', 

Tödtende. 

Sich  schere. 

Hart. 

Ganz. 

Recht« 

Wird. 

Immer. 

Das  Nähern. 

Mann. 


igo  The  Dcsatir  ctc^  u.  d.  heil.  Sage  clet  Baktrer  etc. 

Meiihusch  {^S.  i2o)  Mensch«  Menscli. 

Nesem  {S,  ^7)  Heraach.  "Wächst. 

Stmasentk  Gleich,  equcdes.  Muhammer   ^ 

Sehida  {S.  9i6^  Yerschiedea«  Vefschicden. 

Schlimm  (^S.  »06^  Schlau;  SchKinm« 

Schulden  (^Si  488)  Suchen.  Suchen. 

Was  die  Grammatik  der  Sprache  selbst  betritt ,  se  Ist  die* 
selbe  mU  sehr  wenigen  Abanderutigen  ganz  d^  persische,  nur 
herrschet  ein  Ueberfluls  von  l^örmen,  deren  sich  die  n^persi-« 
sehe  eben  so  wie  die  deutsche  Sprach^  des  ^oss^nj  Reichthums 
gothisohcrBildungs«  und  Conjugations  ^^rmen  entlediget  hatj  aus« 
ser  der  Sjlbe  r  a ,  Tvelche  die  Endsjlbe  des  persischen  Dativsund  Ac« 
cusativs  ist,  bedient  sie  sich  auch  des  tartarischen  ga.und  nnhert  sich 
dadurch  in  manchen  Formen,  namentlich  in  denen  des  Proi\omen$| 
den  altdeutschen  Formen  nach  mehr  als  dro  gegenwartige  p^sisehe. 
So  sagt  der  heutige  Perser  mich  oder  ihn  ora  welches  in  der 
alten  Sprache  bald  sura^  und  baldl  stt'ga  lau^t ,  ebiin  So  für 
dich  temura  oder  t^uiuga,  für  mteh^himra  odcrehim« 
ga;  überhaupt  haben  die  Fürwörter  eine  doppelte'  Form',  deren 
eine  dem  deutschenr  weit  näher  liegt  als  die  andere,, nifmlich: 

ich  ehim  oder  enim;  mir  oder  mich  ehimra  oder  enim« 
ra,  enimga  oder  ehimga;    , 

wir  ehema  oder  ersema,  uns  ersemra  oder^rsemga; 

du  temu  oder  erdschem:   dir  oder  dich  temura  oder 
temuga^.  erdschem  ra  oder.erdschemga; 

ihr  erdschema  oder  tima^    euch   erdscbemaga  oder 
simaga; 

er  hi^  od«r  su,  ihm  öder  ihn  jOider  sich  afa,  oder.  8 mg a. 

sie  imam  oder  hi schäm,  oham  öder  suwam; 

ihnen. i'mamra,  hischamra»  ohamra,  ^uwamra»   oder 
imamga>.  hischaraga,  oh^pigai  suwamgg.. 

Nebst  .dieser  doppelten  Endungssjlbe  d^  Accusativs  und 
Dativs  hat  die  Decliiiation  nebst  deiki  persischen  Pluralia  in  an 
auch  den  in  'am,  als  Negation  theils  das  d(  PiivatjvUnr  der  Grie« 
chen  gerade  so  wie  dieselb^en  es  brauchoi  im  Anfange  des  Wor* 
tes  nämlich:  chuaste  -erw^ioseht,.  und  O'chufa^te  unerwünscht, 
parchide  getheih  (pars)  und  a^parchide  urigeihecit.  Send 
das  Sendvolk  oder  Land^  Aseud  Was  nidht Send  ist,  näm- 
lich Indien;  theiis  die  Partikel  li  welche  das  arabische  la  zu 
sejn  scheint,  also  er  ist  nicht  114  und  lesp'  «usammengezogen 
aus  li  ed  und  li  esp,  weil  sowohl  ed<  als  esp  e*r  ist  heifst. 
Diese  ajpabische   VereiuigungsrPartikei   würde   alinder   Wunder 


*)  Englisch  same. 


The  Desatir  etc.  u.  d.  heil;  Sage  der  Baktrer  etc.  iji 


ndimen,  wenn  sich  in  der  ganzen  Sprache  sonst  irgend  eine  Ein- 
niischung  ^des  Arabisclien  vorfände,  von  welcher  aEer  zwei  oder 
drei  Wörter  ausgenommen  nicht  die  geringste  Spur  tu  entdecken 
ist.  Diese  Paar  Wörter  sind:  das  ein  Paar  Mal  für, Wasser 
gebrauchte  Wort  a  p  m  u  j  e  wo  dem  gewöhnlich  persischen 
Worte  ab  das  semitische  mujo  angehängt  ist,  welches  noch 
beute  in  AegjpUn  fnr  Wasser  gebraucht  wird,  und  wovon  schon 
Itfoses  seinen  Namen  erhieltj  das  andere  Wort  ist  schumuss  für 
Schönheit, 'Glanz  und  das  davon  geformte  Zeitwort  schumu»- 
s  i  d  en  für  erleuchten  ^  was .  augenscheinlich  mit  dem  arabischen 
Worte  schemms  die  Sonne  verwandt,  ist.  Von  dem  dritten 
dal  der  Wassermann  lalst  sich  .bezweifeln,  ob  dasselbe  ursprüng- 
lich arabisch  oder  nicht  vielmehr  wirklich  altpersich  ist^  und  in 
die  arabische  Sprache  erst  als  d  el  w  übergiog*  Dasselbe  gilt  von  ^ 
snrad  ein  Buch  welches  im  Arabischen  sara  lautet«  Ausser 
diesen  Paar  Worten   semitischen   Stammes  ist  alles  übrige   reia 

Sersisc.h.  Um  einen  Begriff  zu  geben ,  wie  wenig,  sieh  die  alte 
fundart  von  der  heute  in  Persien  übliche»  unterscheide,  setzet» 
wir  einige  dieser  Wörter  der  alten  und  heutigen  Form  mit  ih- 
rer Bedeutung  hidter: 


von. 

solcher  I  so. 

in. 

als,  wie. 

Welt. 

jene  PerSQiu 

darin* 

dieser« 

jener. 

jeuesy  was« 

eben  so« 

er  sagt« 

er  hat  gesagt« 

Namen. 

Sache« 

Gott. 

Schöpfer« 

Ort. 

Seite. 

senden. 

beseelt. 

die  Thiere. 

das  Thier. 


y 


gemischt. 


altfersisehm 

neupersisch* 

hes. 

es* 

isfihemofn» 

tsahünam^ 

dem. 

,  der. 

tschem. 

tsehun. 

Dschihachm 

Dschihaiu 

hankisthm 

ankess,, 

demwif^   " 

derun. 

htm. 

in. 

harn» 

an.. 

hantfchim. 

antsehi. 

hitschim^ 

hemtschOnißM 

ojet  od^r  nojet. 

gojed. 

wefie, 
Nad. 

gufte. 
Nam. 

Tschemis^ 

Tsckis. 

ohormüchers* 

Orimisd. 

Kinde. 

Kirnende. 

Schai^ 

Dscharu 

SaL 

SuL 

erschtaden.     . 

Firistaden. 

dschamtar. 

dschantar. 

dschtmidjttram. 

Dschamwirsm*  - 

Dschanüsar . 

DfSchanwer. 

demfl. 

mele. 

102  The  Dcsatir  etc.  u.  d.  heü.  Sage  d^r  Baktrer  etc. 

Aucli  die  ConjugatioD  ist  ganz  tlieselbe  wie  im  Neupersischen, 
und  wir  haben  nur  eine  einzige  Ausnahme  bemerkt,  in  welcher 
nebst  der  gewonlichen  neupersischen  Form  der  dritten  Pcrsor^ 
des  Pluralis  der  gegenwärtigen  Zeit  auch  unsere  heutige  nut  dem 
inünittv  gleichlautende  gebräuchlich  ist,  nämlich  en  statt  dem 
neupersischen  e  n  d.  So'heifst  es  s  i  r  e  n  d  sagen,  penewendsie  bö« 
ren,  aber  S.  968  statt  gurend,  sie^  sehen,  guren,  Vorin  ausser 
der  deutschen  Conjugalions -Form  auch  noch  das  Wort  selbst 
rein  deutsch  ist,  indem  noch  iii  deutschen  Mundarten  Guren  oder 
Gluren  sic^h  erhalten  hat.  Andere  auch  heute,  noch  als  rein  per- 
sische Worter  in  den  Wörterbüchern  befindliche  hat  der  eng- 
lische Uebersetzer  gär  nicht  dafür  erkannt,  und  dieselben  in  ih- 
rer ursprünglichen  Gestalt  als  ganz  ausserordentliche  Spracherschei- 
iiungen  übertragen;  dergleichen  sind  die  Wörter;  Fersen- 
dadschune  Taradsch,  die  gerade  so  übersetz*  dem  englischen 
Texte  einverleibt  isind.'  F  e  r  s  e  n  d  a  d s  c  h  heifst  aber  (Bör.  Kat. 
S.  590)  der  rechtgläubige  Bekehner.  was  immer  für  einer  Re- 
ligion, uiid  Taradsch  oder  Taladsch  (Ferhe^-gl  Schuuri 
I.  B.  273  V.)  ist  gleichbedeutend  mit  Bang.  (Das  englische 
pang).  '  So 'Keifst  aber  noch  heute  durchaus  das  allgemeine  Ge- 
schrei, welches  bei  öffentlicher  Verrichtung  des  Gebetes,  nach 
Vollendung  desselben  einstimmig  erhöben  wird  und  als  das  Ende 
des  Gebetes  freilich  die  Stelle  Von  unserem  Amen  vertritt. 
Das  persisdie  Wort  Lareng  färben  16 sex  ist  nichts  als  eine 
Uebersetzung  des  indischen  nirgunä,  der  Na^e  der  Gottheit 
als  negativ  und  ohne  alle  wirkliche  Eigenschaf t^  gedacht. 

Wir  Wenden  uns  nun  zu  dem  Reste  der  Wörter  dieser  Spra- 
che, welche  <fntweder  dem  Persischen  heilte  ganz  und  gar  fremd,, 
oder  welche  wenn  gleich  persische  Wu^zelwÖrter  mit  fremden 
Ableitungssjlben  ausstafliret  sind,  einsjlblge  Wörter  der  ersten  Art 
sind:  nur  Rose,  chur  Dorn  (p.  char>  pass  Sohn,  puss 
Tochter  (ueup,  pusser)  ab  s^in  eigän,  sab  alle,'  tab  Wort, 
ptp  Herz,  bis  Haut  ^neup.  post)  tim  ICi^rper,  (neup.  Ten)^> 
tun  Haar ,  Wolle  ( neup.  t  ui )  h  u  s  Tag ,  heute  (neup.  r  u  s  ) 
sadsch  Kojpf,^  Kadsch  Handlung,'  badsch  schlecht,  patsch 
Schiiee^  tschar  (^elieimnrfs ,  mesd  Steinbock,  t  sc  hak  Zorn. 
Die  ßildungssylben  der  Wörter  ^ind  weit  zahlreicher  als  in  dem 
Neupersischen,  indem  fast  alle  Consonant'en  des  Alphabetes  dazu 
verwendet  und  diese  nach  den  vier  Vocalen  a,  e,  i,  u^  'wieder 
in  zahlreicher  Verschiedenheit  ausgebildet  Werden,  als :  ad,  ed,  id, 
ud,  ar,  er,  ir,  ur,  as,'es,  is,  us,  am,  em,  iiii,  Um,  an,  en^  in,  uiii  u.s.  w. 


*)  Timriany  auf  gotbttch  Zfmmera  d*|Si*  bitdem 

'      .  (Die  Fortsetzung:  folgt.)        .  ^J! 


-  ^^*        Heidelberger  1^23* 

I 

Jahrbücher  der  Litteratur. 


The  Desatir  etc.  und  die  heätge  Sh^  der  Baktrer  etc* 

(^Fortsetzung*) 

Alle  diese  Formen  haben  wenn  gleich  auch  heute  im  Persischen 
nicht  mehr  gebräuchlich,  dennoch  persische  Familien-Phjsiognomie 
und  man  sieht  es  ihnen  auf  den  ersten  Blick  8|n,  dafs  dieselben 
wirklich  zum  alten  Reichthumq  der  Sprache  gehöret  haben,  ■  des- 
sen sie  sich  in  späterer  Zeit,  so  Vfie  die  Gothische  im  Fortschritte 
zum  heutigen  Deutschen  zahlreicher  Bildungs  -  und  Ableituogs- 
sjlben  entledigt  hat..  Um  Sprachkennern  hieron  eine  deutliche 
Idee  zu  geb^n,  mögen  einige  Beispiele  folgen: 

Di/r  Focale  a,  e,  i  als  AhUitungssylhen^ 

Duma  de^*  IVIrachtige,  ramsa  der  gissende,  dschamadet 
Gerechtef  larta  der  Unabhängige,  ferensa  der  Erste,  (first) 
gerdscha  noth  wendig,  nudeira  die  Materie; —  hertameBucb^ 
hettidsche  Augenblick,  fersane  Seele,  derkiatsche  Wachs* 
thum,  herkatsche  Verfall,  «perkadsche  Verlang«»!,  wcr- 
kadsche  Abneigung;  «^  hurengi  Werkzeug,  iditaji  Ein- 
heit, ptitferaji  Vielheit,  ferdassi  Muster,  dschuscbcaiExit 
stenz,  sempuri  Hülfe,  irlami  ungehorsam.  — 
•OÄr  Conxojianten  mit  vorstehendem  a,  e,  i>  u  als  Jlbleitunffsjrlhem 

Ab:  ferdab  Glanz,  'senasab  Glorreicher,  ferenda b 
Hnter,  fernab  rechtschaffen,  setascha/b  AllpreiswÖrdiger  (neup. 
Sitaiscfa  Preis)  si schab  schändliche  Handlung,  dschamab-* 
dschab  Höchster. 

Adsch:  agadscll  Feuer  (auf  indisch  agi^i),  uuradsch 
Cut,  nudadscfa  Ungerechtigkeit,  tomargatsch  Ehebrecher. 

Ach:  Urach  Seele,  lisach  Pfau,  senarach  Znrechtwei- 
suDgy  ri stach  Pflanzenreich,  semsach  Vielheit,  dieses  ach  ^o^ 
wohl  als  lach  findet  sich  auch  im  heutigen  Persischen  aber  sei-' 
tcn,  es  ist  die  deutsche  Ableitungssjlbe  lieh,  deren  Abstam- 
mong  man  bisher  nich^  treiter  als  bis  zum  Englischen  like*  hin-* 
auf  verfolgen  konnte^  also  diwlacb,  .diwlich,  (dii^engleich) 
wie  freundlich.  ,        ' 

Ad:  m  i  ik  a  d  Herz ^  s  e  m a  d  VoUkommen'heit,  f  e  r  d  a  d  Glanz^ 
irad  Freadc,  ramsad  Rahe,  herdad  Gabe,  Farchad  und 
chotad  Gott. 

13 


*  I 

r 

194  The  Desalir  etc.  u.  d.  heil.  Singe  der  Birklrer  etc. 

Ed:  tasmed  Weisier,  n n r med  Mächtiger ,  diefs  ist  augen- 
scheinlich das  heutige  mend,  welches  sich  \a  dieser  Form  in  der 
Dessatir-Sprache  nicht  findet,  wiewohl  der  Ausgang  e  n  d  dersell)en 
nicht  fremd  ist,  als:  ruwend  Verbindung,  herwend  viel,  te- 
rawend  und  gumend  gleich,  raicnrd  Wohlthat,  solr^ren- 
dschend  rein,  surend  diese  Welt,  .hurend  jene  Welt.  -^ 
Id:  famschid  Mondi  heriid  Minister^  'scharid  Wis-*^ 
Sender«  ferahid  Gerechtigkeit. 

Ud:  schehrud  Himmel,  ferpud  Sohn,^simud  zufrieden, 
tigud  Elemente,  perdschud  Zelt,  ^liashud  Allgütiger,  el- 
masrud  Allgnädiger«  Man  sieht  dafs  hier  ausser  dem  einfachen 
ud  auch  rud,  hud  und  pud  Ableitungssjiben  sind. 

Ar;  4ie  wohllautende  altdeutsche  Ableitungssjlbe,  welche 
sich  nur  in  einigen  Wörtern,  wie  z.  B.  JCancelar  (das  persische 
ehuansalar)  erhalten  hat*  Fessar  Thatiger,  ferschar  Gat- 
tung, Art,  fiernar  Strahl,  pilhar  fühlend,  geidar  (das  heu- 
tige girdar)  That,  geschtar  (das  heutig«  guftar)  Wort, 
m  e  s  c  h  a  r  Herz*  :  Die  Ableitungssilbe  t  a  r ,  welche  in  t  a  b  t  a  r 
Gerede,  berengtar  offenbar,  s u r  u s c h t a,r  Glanz  u.  s.  w.  vor- 
kömmt, lautet  heute  dar.  Auch  sar  und  b.ur  kommen  in  Des- 
satir  wie  im'Neupersischen >als  Ablfituugssjlben  Yor>  z.  B.  rani- 
sar  T  hier  reich,  hitbar  Gott. 

Er:  wer,  ber  und  t e r  das  letzte  ist  der  Vergleichungs- 
»taffei  als:  hur  alt  er  der  Vollkommenste,  radramter  der 
Glorreichste , ^ a r d a s t e r  der  Höchste;  wer  und  ber  Werden 
>rie  im  Neupersischen  gebraucht;  miladwcr  'Schöpfer,  ger- 
wer  das  absolut  Nothwendige,  tuscHadwer  der  Erleachter, 
diwer  Element,  siver  Schützer,  tawer  Zufälligkeit.         ' 

1 1 :  p  e  t ir  der  Erste,  s_e r  i  r  K  ö  r p  e  r.  1 

Ur  :  herschiur  Verifü hr er,  ferruchschur  Prophet,  fe-  -^ 
rahidur  Gerechter ,  hef  diur  Dränger ^  s  a  t  ur  Freund  madur 
Feuer,  schepnur  KamehL 

Asi  wertas  Welt,  hilas  Böses,  kidas  Kreatur,  sidas 
( neup.  sipas*)  PreiS)  nifasR^gen,  semas  schlecht,  Kanu- 
rtis  vermeidUcb,  minas  der  Himmel,  run^as  die  Höjle. 

Is:  Keschmts  Veigehung,  forendis  Rabe. 
-    ,   Us:>hartus  feucht,  tartus  leicht,  dar ti^s  trocken,  kar- 
tus  schwer,  jirrtus  kalt,  bartus  warm,   humus  hoch,  (ganz 
die  lateinische  Ableitungssilbe  üs): 

Asch:  tschemasch  Herrschaft,  hurdarsch   Erhabener, 
pcrkasch  Auge,   timsascti  Gemeine, hema s.a seh,  Leopard. 
Isch:     schalisch    Wissenschaft,    hirtaisch    Anbetung,, 
heraisch  verständlich^  aj  arisch  Strafe,  schar  isch  Begehren, 
kenurisch  unverständlich. 

Usch:  ferhusch  Engel, hernusch  Temperament^  dscha- 


The  Desatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  ctc  igS 

nusch  Seele,   (im  neup.  dschan)>  pedanusch  Leili,   (im 
neup.  beden)   ramenuscli   Herr,  saranjasch  AUherrscher^ . 
lierpusch  $ul>stanz. 

Af  uod  If:  Arschnuwaf  Zierde,  Mefchnuwaf  Freude, 
Schewarif  und  Sewurif  grosse  Liebe. 

.Eng,    Hcng,   Rengy    Teng,    Tscheng   oder   Seng: 
F]eTseag  Gedanke,  Ferheng  und  Serhuscbeog  WisseQsdiaft,^ 
Sciiemreng   Lich|,  Herdeng  RechVs,  Fer tscheng  Seele, 
Hei:,seng  Nnhe. 

AI:  Hemal  Idee,  Hemissai  Werth,  Demal  Zeiten, 
Schims&al  Form,  Sermal  Kleid,  Schemissal  Handwerkzeug, 
Efssal  und  Temssal  Licht  und  Glanz. 

A  m  oder  R  a  m  bildet  clie  zahlreichsten  WSrter  uqd  das  letzte  ist 
nicht  nur  allein  Bildungssylbe  von  Hauptwörtern  sondern  auch  die 
der  vielfachen  Zahl':  Am:  Ferham  Sphäre  {<x<pcci^)Rid schäm 
Leben,  Forundam  rund,  Sipam  Schatte,  Ersam  Rubin, 
Narscham  Saphir,'  S c h i 1 1 a m  Ahorn ,  ( nach  allem  Anscheine 
das  Sittim-  Holz  des  Moses)  Nemam  Panther,  Hemam  Wolf, 
Temam  Tigfer,  Ferse h am  der  Geber,  We  rs'chan^  der  Of- 
fenbare, D.erscham  der  Glückliche. 

Ram:  ials  Bildungssylbe  des  Hauptwortes:  Puschram  der 
Schopfer,  Fersusclbram  Verstand,  Ferdschuschram, 
Nedscbaram,  Aramram  und  Dsc^hlmram  Seele,  JOschi- 
für  am  Essenz,  M  e  h  r  a  m  Yollendiing,  Besxhram  Freude, 
Ab  ram  frei,  Nirusr  am  Fröhlichkeit,  Nan^ram  auserwäblt, 
Her  am  und/Nerani  das  Annehmen  und  Abwerfen  der  Form^ 
Tersadschram'  Wissenschaft,  Serendram  Beständigkeit, 
u.  s.  w.  Mi^sd'aram  Gott,  welcher  Name  in  d^m  Griechin- 
Sehen  des  Gebirges  Musdoramus  (Gottesberg)  sich  .  erhaltea 
hat..  *  ^ 

I^am  als  Zeichen  des  Pluralis  :  Schidra.n^  die  Lichter, 
Schadram  die  Welten,  .T s c h ein j s r a  m  die  Dinge,  Nusch« 
tadschram  die  Seielen  u.  s.  ir. 

Statt  Rs^m  findet  sicli  aber  öfters  die^jlbe  Ain^  welche  nichts 
als  der  persische  Plural  mit  der  Veränderung  des  n  in  m  ist, 
als:  Schidper  '  der  Beweis,  Schidperam  oder  Schidwa- 
ram  dis  Beweise,  von  Tand  bar  ein  reissendes  Thier,  Tund* 
barabi  von  Hemtar '^Raubvogel,  Hemtaram,  von  Ram« 
wer  das  ThierRamwera^m;  von  Numwer  die  Pflanze, N um« 
-weram^  von  Siimwer  d^r Stein,  Sumweram;  ebensoPur« 
tariam  oder  Astariam  die  Wesen;  Bischam  ,  Lissam  und 
Hissam  Insekten^  Endafa.m  Kleider«  Ferhendam  weiden4e 
Thiere,  Dusengam  ireilsende  Thiere,  Huliam  kriechende 
T6iere  u.  s.  w. 

Em:  Fextscb^m  Spähx:e  {fftpauffi)  Serdschem  Wirbel 

'  13* 


196  ThcDesatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrei*  etc. 

auch  Grosser ,A r s e m  Gdbdmnifs,  Nnrdschcm  Reiter,  Ers«- 
•  'chem  Gelehrter,  Terschem  Gater,  Mersem  Wackerer. 

Im:  vertritt  als  Bildungssjlbe  der  Adjeiötive  die  Stelle  des 
persischen  In,  ials:  Sendschim  röfs,  Semim, dünne,  Gerw- 
im dicht,  Tchendim  mächtig,  He  mim  gering,  aber  auch  als 
^ildungssjlbe  von  Hauptwortern,  wie  Sendim  neligionsgebraoch, 
Hawadim  der  1.9ut,  Sern  es  im  und  auch  He  in  im  die  Wis* 
senschift ;  A  b  kömmt  erstens  als  der  gev? ohntjchc  persische 
Plural  und  dann  auch  als.Bildungssjlbe  von  Hauptwörtern  vor, 
als  Plural:  W  er  na  d  an  und 'j^er  dschaman  die  Diener, 
•Dschutvaradan  die  Wunder,  Uderamah,  die  Stif^hluQgcn, 
Fenaran  die  Gedanken,  Ramisarao  die  Herren,  Sch«iiiiran 
die  Gottesdiener,  Nuschraman  die  Jahrei^zetten«,  Timnian 
reissetide  Tbiere,  Tu  nd  er  man  die  Formen,*  F  er  cngr?iua« 
die  Schatten,  Nimoraq  die  Menschen  u.  s.  w. 

Als  Bildnngssjlbe  von  Hauptwörtern:  Reswjin  das  Bund- 
Ulfs,  SerWan  die  Zeit,  die  Welt  ünd'dds  Glück ^  Chan  an 
das  Sejti,  Huschadan  der  Himmel,  Arendscha^n  die  Erde 
und  alle  sieben  Planeten ->Nam#n,  Saturn  Hu daiwan  (^otiotjv)f 
Jupiter  Per his  ^  Schi  wan,  Mars  K eifern iwa-n  u.  s»  w. 

En  :  Narwen  Form,  Scl^atte,  Scheten  Substanz ,  Fer" 
schidten  Wunscherfüll  er.  , 

Fn :  Laidschin  Geburt,  Beschin  Substanz,  Reschmin 
Eid,  Set  in  Schiria  die  grosse  Periode^  -oder  auch  als  Eil- 
dungssjibe  von  Beiwörtern  wie  im  heutigen  Persischen;  Betin 
getrennt,  Nu  was  in  der  Erste^  Turii)- der  Zweite,  Fersin 
wenig,    Wcrdin'alle  ü.  sV  w# 

Auf  den  oder  ten  wie  im Neupersischeti,  enden  auch  alle 
Zeitwörter,  als:  Scha listen  wissen,  Sittarsiten  hören,'  Nu- 
Tiden  reinigen,  Suiziden  segnen,  Nuiden  sagen,  tschali- 
den  bedecken,  hirassiden  Gestalt  annehmen,  mirassiden 
Gestallt  ablegen,  Fersamideu  erschaflPen,  herschiden  und 
mehiden  geben,  tscherkessiden  und  tschemraniden  se- 
lie?i,  vcrsaniden  befehlen,  tuschaniden  erleuchten,  Firu- 
siden  und  Kimusiden  bilden,  tirudidien  und  niraschi- 
den  stellen.  Auch  die  Form  des  Pafticips  ist  ganz  dieselbe  wie 
im  Neupersischen:  her  ende  und  dschemerende  kuftisend, 
bekende  geltend,  pekende  fliegend,  at  seh  ende  krt^chend, 
dscharende  brennend;  und  passiv:  in erdschenii de  gemischt, 
temiride  untergebracht,   enteride  vert)orgen  u»  s.  w« 

Eine'  besonders  merkwürdige  im  heutigen  Persischen  nicht 
mehr  gebräuehliche  Form  des  Verbums  ist  die  des  Gerundi- 
ums in  eni,  welche  in  dem  zweiten  Buche  des  Dessatir  4^ 
Mal  unter  den  Eigenschafts -Wörtern  Gottc$  vorkömmt,  io  deren 
Uebersetzung  doppelt  gefehlt  worden^  indem  wie  sehr  leicht  zu 


The  Desatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc.\  197 


erweisen  weder  der  Text  vom  persischen  Commentatpr  noch 
dieser    vom    englischen    Uebersetzer    gehörig    verstanden    wor- 
deD    ist,     .  Nachdetn    ( bis    auf    den    65tcn    Vers }    4o    Numen 
Gottes   ak  Eigenschaftswörter   wie;    der  Schöpfer,    der  Erste, 
der  Allmächtige ,    der   Höchste   u,  s.    w.    vorausgegangen    sind/ 
cntlinlt   der    65ste  Vers   im    Original    die    vier   Wctrte  :     Ha- 
mesteniy    Ramesteni,    Schamesteni     und     Samesteni 
und    der    66te    Vers    wiederholt    viermal     das     Wort    Scha- 
uste ni.    Der  persische  Commentator  der  den  wahren  Sinn  . 
der  vier  Zeitwörter,  ha m est en,  ramesten^  schaniesten  und 
samesten  aus  denen  die  vier  obigen  Gerundia  gebildet  sind 
Dicht  mehr  verstand,  sagt  blofs:  in  suchan  heme  chob  hest 
d.  i.  diese  Worte  sind  alle  gut,    oder  bedeuten  alle  Gute,  der 
eoglische  Uebersetzer  aber  ninimt  sich  die  Freiheit  dieselben  auf 
$eine  Faust  gls:  Excellence,  Worthiness,  Benefice^ce, 
Goodness,  zu  übersetzen,   und  verfehlt  hingegen  den  wahren 
Sinn  des  viermal  wiederholten  Gerundiums  SchaÜsteni  4* 
i.  der' zu  Erkennende  (von  Seh  allsten  wissen  oder  erkennen) 
indem  er  übersetzt  Must  be  compreh  ended!  nämlich  cpm« 
preh  endend  um,  während  der  wahre  Sinn  kein  anderer  ist  als, 
der  der  vorhergehenden  Eigenschaftswörter  nämlich:   c omp re- 
henden dus    joder    com  preh  engende    der   zu   Erkehnende 
oder:  o  du  zu  Erkennender. 

Da  die  Namen  Gottes  als  die  älteste  Litanej  in  allen  morr 
genländischen  Liturgien  oben  au  stehen,  da  dieselben  noch  heute 
hei  den  Arabern  wie  bei  den  Anhängern  der  Kabbala  ^heiligst 
geachtet  werden,  und  die  Vcrgleichung' dieser  ältesten  persischeiji 
Litaoej  mit  jener  arabischen  oder  hebräischen,  welcher  feine  ägjpT- 
tische  zu  Grunde  zu  liegen  scheint,  mehrere  interessante  Ver- 
gleichuqgspunkte  gewährt,  so  übersetzen  wir  dieselben  hier  um 
so  mehr  als  sowohl  die  englische  als  persische  Uebersetzung  gev 
rade  hier  au  mehr  als  einer  Stelle  zu  berichtigen  ist. 

Die  Litanej  beginnt  mit  dem  syten  Verse  mit  der  Formel : 
Im  Namen  Gottes  des  Ernährers  der  Leblsnden,  des 
Belohners  der  Wohlthu enden.  Das  für  Gott  gebrauchte 
Wort  ist  H  r-m  ehr  oder  H  r  m  i  h  r  welches  der  Commontar  mit 
IsediGott)  der  englische  Uebersetzer  mit.  B  eneftcent  über- 
scut^  -1^^-.  .1. .:± 

das 


j^^  scheint  aber  eigentlich  All-Liebe  zu  heissen,  so  wie 
Inende  Mehrjari  Welches  der  Kommentar  mit  Nahrungs-« 
geber  übersetzt,  eigentlich  Li-ebeshelfer  zu  heissen  scheint. 
a8.   Nothwendig    Eiistirender.     29.   Der   Lichter   Licht,  **) 


*)  Dschemsascban,  Oschemsasch  der  Plural  steht  voraus» 
^nz  wie  in  den  alten  sassanidischen  (von  Freiherrn  S  i  1  v  e  s  t  r  e 


198  The  Desatir  etc.  u.  d.  lieiL  Sage  der  Baktrer  etc. 

.      .     '      . 

3q.  Dier  AnbetUD(;swnrdigsten  Anbetungswürdigster.  3 1.  Der  Her- 
ren Herr.  32«  Erhabenster.  33.  Preisvürdigster.  34*  Glänzendster. 
35.  *)  Strahlendster.  36.  Grofstnächtigster.  3y,  YoUkommenster. 
38.  Spendentster.  39.  Gütigster.  4o.  Ruhmstrahlendster.  4** 
Stärkster.  4^«  Gffenbarster.  43.  Vermögendster.  44*YerleiheQdster. 
45.  Weitberrsch^adster.  46*  Vortrefflichster.  47*  Gliickgebendster. 
48.  Reinster.  49*  Hellster.  ,5o.  Schopfer.  5i.  Uranfang.  53.  We- 
senheitsschöpfer. 53.  Idcntftäts  -  HerYorbringer.  54.  Der  Vor- 
sichten Vorsicht.  55.  Der  V^under  Wunder.  56^  Reinigkeits 
iHcrvarbringcr.  57.  Der  Vernunfte  Vernunft.  58.  Der  Seelen 
Seel^«  59.  Der  Freien  Freier.  60.'  Der  oberen  Spl>aren  Goti. 
6i.  Der  unteren  Elemente  Herr.  6a.  Der  ungebundenen  Ele- 
mente Herr.  63.  Der  ^ungebundenen  Stoffe  Herr. 

Nun  folgen  die  56  Gerundia  in  eni  deren  vier  erste 
der  Engländer  auf  s^ne  Faust  6*5.  Excellence»  Worthi- 
ness,  Benef^cence,  G<^odnes$  übersetzt.  66.  Der  zu  Er- 
kennende,  der  zu  Erkennende,  der  zu  Erkennende,  der  zu 
Erkennende.  Von  den  vier  folgenden  Mosdesteni, 
Sesesteni|  Wesd^steni,  Esdesteni,  gilt  das- 
selbe was  schon  von  den  vier  obigen  bemerl^  worden  ist,  dafs 
dieselben  schop  der '  persische  Commentar  ganz  unrecht  mit  Gott- 
l^it,  Einheit,  Vollkommenheit  und  Namen  fibersetzt*  In  dem  er- 
sten (Mesdesteni)  Kegt  zwar  das  Wort  Gott  in  Mesd  klar 
vor  Augen,  aber  in  der  Form  des  Gerundiums:  der  da 
Gatt  se^n  mnfs,  und  nicht  die  Gottheit.  Von  den  drei 
Übrigen  läfst  sich  nichts  mit  Gewifsheit  behaupten.  68.  Dqt  zu 
Erkennende,  der  zu  Erkennende,  der  zu  Erkennende,  der  zu 
Erkennende.     69.  Sidestcni^  Midi^sCcni,  Dschidesteni, 


de  Saey  entzifferten)  Jssefarrfteii  des  Maliiftn  Malka  R  e- 
>  gnm  Rex^  die  deutsche  Sprache  kann  «ich  «Ise  hier  kichter 
dem  Qr-tgtoal  anschmtegen  als  die  englische  in  welcher  das 
Light  o£  LightsI  eigentlich  of  tne  lights  the  li'ght 
hehsen  soüts»  ^ 

*)  Die  Nrnnmem  St»  339  S4,  35  sind  eiafoche  in  den  Siwa  in 
as  Wassalas,  Passapass» /Rassarast,  Tassatass  von 
denen  es  .ungeaehtet  der  iau'gcii^  Erläutemng  des  persischen  Com* 
mentars  sehr  zu  bezweiFcln  steht,  ob  er  den  Sinn  rtcltf^ ver- 
standen habe.  Oasselbe  j;ilt  ascb  von  allen  folgenden  bis^Bf  54« 
Bei  einigen  läfst  sich  zum  TheH  die  Unrichtigkeit  der  penfschen 
Uebersetaoug  nachweisen ,  so  z*  B«  SfrKerjas  namnd,  was 
der  '  Eagläiider  atch  dem  persischen  Commentar  of  mig^hty 
Mightiraessl  übersetzt*.    Kerjaa  oder  Kirjas  sey  es  nun 

mit  dem  deutsehen  g  r  o  f  s  oder  dein  griechischen  Mf  MC  snnichst 
verwandt  ist  aber  hiejr  nur  die  Hälfte  des  zusammengesetzten 
Wortes,  wovon  namud  die  andere  Hälfte  bildet,  wie  Aie  drei 
folgenden  37.  Kertassnnd»  SS«  Eljashod,  39^  El'masrnd. 


The  Desfiiir  ctc;  u,  d,  heil^  Sage  der  Baktrer  etc.  199 

Scha.listehi.     Die    englische   Ucbersctzung   lautet    nach     dem 
persiscbeu  Comiuentai' :  Lif e,  Kiio wledge,  pesire,  Power, 
mustb^e  co'mpr  ehended.     Hier  ist  in  dem  ersten  zwar  wie- 
der das  Wort  Leben  (Si)  klar,  der  zu  Lebende,  wie  das 
letzte    der    zu   Erkennende,   aber  die  drei  übrigen  scheinen 
yrilJkührlich    übersetzt.     Noch  weit  offenbarer    liegt  diese  Will- 
kuhrlicbkeit   in   dem   folgenden   yoten  Verse   »u  Tage,   wo  die 
Gerundia   Kajesteni,   Karesteni,    Haresteni,    Ware- 
steni,  Schausten i  auf  englisch  nach  dem  Commentar  folgen- 
dermassen  übersetzt  sind:    The   Word   ofGod,    the   Book 
of  God,    the    Angel    of   God,    the   Prophdt   of  God, 
mustbeeomp>rehcnded!  Dieselbe  Willkiihr  ist  in  allen  folgen- 
den Formen  in  eni  offenbar.   ji.Herkesteni,  Nerkesteni, 
.Serkesteni,    Ferkesteni^    Schalisteni.     Oldness    and 
Newness,  Stabilitjr,  Instabilitj,must  be  comprehen- 
d  e  d.  Wäye  es  auch  wahr,  dafs  in  den  vier  ersten  Wörtern  der  Be- 
griff vW  alt,  neu»  beständig  und  .unbeständig  zu  Grunde  Hegt,  so 
mufste  die  Uebersetzung  doch  lauten:  der  da  alt,  neu,  bestän- 
dig, unbeständig,  sejn  mufs.    Nicht  besser  steht  es  mit  den 
.  neun   folgenden   Versen ,    indem    sich    die    von   dem   persischen 
Commentator    und    nach   demselben   vom  englischen  Uebersetzer 
angegebene   Grundbedeutung   der  Worte  des  Onginals  aus  kei- 
ner  andern  Parallelstelle  des   De^ssatir  nachweisen  läfst.     Die 
vier  Elemente  z.  B.   sowohl  als    die  drei   Naturreiche   kommen 
mehr  als  einmal  vor,  abjer  die  vorkommenden  Namen  haben  nicht 
die  geringste  Beziehung  mit  den  Wörtern  des   y4fen  und  '76ten 
Verses.     74«   Firc,  Air,  Watcr,  Earth,    must  be    com- 
prehended!     76.   Mineral,   Vegetable,   Amimal,  Hu- 
roankind,  must  be  comprehendedl    Die  Wörter  des  er- 
sten lieissen:  Dschanisteni,  Manisteni,~Ranisteni,  Wa-, 
nisteni.     Da  an  anderen  Stellen  Dschanistar  der  Geist  und 
Mani Star  die  Seele  heifst,  so  wird  wohl  aueh  hier  der  wahre 
Sinn  der  beiden    ersten  Worte   seyn:     Der   da    Geist    seyn 
mufs,    der    da    Seele   sejn  mufs,    und  niefit  Feuer  und 
Wind  wie  es  dem  persischen  Commentator  eingefallen  ist  die- 
selben zu  erklären.  *)  ,  , 


:»■     ■  •  ■    >      • 

')  Die  56  Gernndi^n  mit  den  36  yorhergehenden  V^nen ^ma** 
eben .92  Namen«  Das  ofb  wiederholte  Schalisteni  (der  zu 
Erkennende)  ist  der  93te*  Die  Eingangsformel  enthält  deren  drei 
andere  (Hrmehr  Mehrai  und  der  Lohner  guter  Thaten),  vier 
andere  enthält  der  zweite  Vers  des  Buchest  Im  Namen  Gottes 
des  Schcn'kenden,  Verleihenden,  Ljebeaden,  Ge- 
rechten, so  dafs  die  Ceotarie  der  Namen  Gottes  vollständig 
ist* 


200  The  Desatir  etc.  u.  d.  htA.  Sage  der  Baktrer  etc- 

f 

Ausser  dieser  Centurie  der  Attribute  Gottes  kommea 
in  deu  yerschiedeueii  Biichern  des  Dessatir  noch  versdiledene 
Namen  Gottes  Tor,  als:  Mesdan,  Schcmta,  Lareng,  Far- 
chad,  Laguindsch,  Belirad,  Ferjar,  Merchad,i  Hilad, 
Dschinaly  Hilabram,  Schemassas,  HerdscKem,  Ater- 
tuscber,  Obernusch  ram  und  häufig  das  oben  langeführte 
HermeUr.  Die  englische  Uebersetzung  hat  diese  Namen  (mit 
Beisetzung  des  persischen  Wortes )  durchaus  blofs  als  G  o  1 1 
übersetzt,  wiewohl  bei  einigen  der  wahre  Grundbegriff  noch  im 
heutigen  Persischen  klar  vor  Augen  liegt,  wie  z.  B.  Farchad 
d.  i..  der  Mittler  von  Fercha  Mittel  (Ferhengi  Schuuri 
II,  Blatt  492.  V.)"Hilad,  der  Hervorbrinjgfer  der  Mat«rie,  (He^ 
]uli  )  Behrad  der  vortreffliche  Weise  aus  Beb  vortref&ich  und 
rad  (Rath)  der  Weise.  (Ferh.  Schuuri  II.-Bl.  2.V.)  S<:he- 
massas  der  Frleuchtende  oder  der  Strahlende  von  Schems 
die  Sonne,  Dschinal  der  Schöpfer  oder  Dasejngeber  von 
DscKun  oder  Gun  die  Existenz,  Hermehr  aus  Her  und 
mehr  zusammengesetzt,  wovon  jenes  in  Herbe d  und  dieses  als 
der  Namen  des  M  i  t  h  r  a  s  aus  dem  Sendawesta  hinl^glic^h 
«bekannt  ist.  Laguindsch  d.  i.  der  Anfafsbare  ( von  G u i n d- 
schiden  fassen  enthalten)  ist  ganz  nach  der  Analogie  von  La- 
reng (das  indische  Nirguna)  gebildet.  Statt  dieser  beiden 
negativen  Attribute  der  Gottheit  kommen  in  deu  Gedichten  der 
heutigen  Sofis  häufig  als  Namen  Gottes  die  Wörter  Läse  man 
tind  Lamekian  vor,  wovon  jenes ^ so  viel  heilst,  als:  der  den 
kei-ne  Zeit  umfafst  und  dieses:  der  den  kein  Raum 
enthält.  /  • 

Die  vorstehenden  philplogischen  '  Erörterungen  ,  welchen 
grössere  Ausdehnung  zu  geben,  der  Raum  dieser  Blätter  verbie- 
tet, genügen  als  Belege  des  oben  geführten  Beweises  von  der 
unbezweifelbaren  Echtheit  dieser  alten  dem  Neupersischen  weit 
näher  als  Send  und  Pehlew;  verwandten  Sprache,  diesem 
neuen  Mittelgliede  in  der  hermetischen  Kette,  welche,  die  ger- 
manischen Sprachen  mit  den  altasiatischen  verbindet.  Na<ih  aller 
Wahrscheinlichkeit  ist  dieselbe,  wie  sehon  oben'  gesagt  worden 
keine  andere  als  eine  der  ältesten  Mundarten  des  Deri,  welche 
zur  Zeit  dier  Regierung  von  Chosroes  Parwis  unter  welcher 
der  Verfasser  des  Dessatir  lebte  und  schrieb,  d.  i.  im  Meben- 
ten  Jahrhunderte  der  christlichen  Zeitrechnung,  wenn  nicht  in 
Pars    doch   in   den  nordöstlichen  ")    Landschaften   des  Reiches 


*)  Eine  vorsüc^liahe  Afldeutun|f  auf  den  nordwestlichen  Sitz  der  D  e  s- 
sat ir- Sprache  siebt  die  dem  heutigen  Persischen . ganz  fremde 
tatarische  Endung  ga  für  das  gewöhnliche  ra  gebraucht. 


TheDesatir  etc.  n,  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc.  201 


nimUcli  yu  Sogd  und  Bamian  so  geredet  und  geschrieben 
worden  scjn  mag,  das  Leute  mehr  als  das  Erste  weil  der  lohs^t 
des  Dessalir  grossen  Theüs  metaphysisch  und  specuktiv  nur 
der  Schrift-?  und  ßiicbersprache  und  nieht  der  gewöhnlichen  dea 
Volkes  angehören  konnte,  so  wie  z.  B.  unter  uns  die  Termino- 
logie der  neuesten.  Pbilosapbien  kein  Gemeingut  der  Yolk^pra«» 
cbe  sind. 

Nieaunden  kann  einfallen  die  i5  ßiickcr  des  Dessatir 
mrklich  für  das,  wofür  sie  sich .  ausgeben ,  nämlicb  für  die  hei- 
ligeo  Schriften  von  eben  so  vielen  Propheten  zu  halten ,  indem 
das  ganze  Werk  aus  einem  einzigen  Gusse  vom  ersten  Buche  bis 
aaf  das  letzte  den  Stempel  der  voilsländigsten  Einheit  und  Coat 
Sequenz  an  sich  tragt i  dieses  hindert  nicht  dafs  die  darin,  be- 
soöders  io  den  ersten  vier  Büchern  vorgetragene  Lehre  nicht  eine 
uralte  ja  unstreitig  ältere  als  die  des  Sendawesta  sej,  indem 
jene  ein  System  des  vollendetsten  Siderismus  aufstellt,  wel- 
cher wie  bekannt  von  det  zweiten  Feuerlehre  nämlich  der  Sor 
Toasters  ( die  erste  war  die  Huscheng's)  verdrängt  wor-> 
den  ist.  Wenn  also  der  Verfasj^er  des  Dessatir  (in  der  vor 
uns  liegenden  Gestah)  ganz  gewifs  nicht  so  alt'  ist  als  die  von 
ihm  überlieferte  Lehre,  so  ist  aber  auch  kein  hinlä>n^licber  Grund 
vorbanden,  denselben  jünger  machen  zu  wollen  als  et  sich  selbst 
im  letzten  Buclie  angiebt,  nämlich  demselben  später  als  die  Re- 
gierung von  Chosroes  Parviris  iA.  unter  die  Hälfte  des  si^ 
benten  Jahrhunderts  christlicher  Zeitrechnung  herunter  zu  setzen. 
Cbosroes  Parwia  (d«i.  der  Fisch)  lebie  gleichzeitig  mit 
Mobamed  der  an  ihn  ein  Einladungsschreiben  zur  Annahme 
des. Islams  erliefs,  darauf  aber  keine,  andere  Antv^ort  erhielt, 
als  dafs  der  Chosroes  den  Brief  in  Stücke  zerriis.  Diese 
Gleichzeitigkeit,  diese  Botschaft  und  das  grosse  Aufsehen  mit 
welchem  der  begeisterte  arabische  Dichter  als  Lehrer  der  £in- 
lieit  Gottes  unter  teii^m  Volke  auftrat,  erklären  zur  Genüge  die 
aaf  den  Islam  sich  beziehenden  Stellen  des  letzten  und  vor- 
letzten Buches.  Man  könnte  sogar  (der  Fxistenz  des  Verfassers 
unter  Chosroes  Parwis  janbeschadet)  zugeben,  dafs  die  Ein- 
gangs -  Fornrel  der  Büclier  des  Dessatir  nämüch  die  Flüch- 
tuDg  voih  Bösen  und  Anrufung  des  Guten  der  bekannten  islami- 
tischen Formel:  wir  flüchten  uu&^vam  Bö.sen  des  Sa- 
tans des  zu  steinigenden  und  beginnen  im  Namea 
Gottes  des  durch  Barmherzigkeit  AUbinigenden, 
nachgeahmet  sej,  und  dafs  der  Verfasser  von  den  Suren  des 
Korans  deren  J^ingangsformel  aus  der  Hälfte  der  obigen  näm- 
lich aas  den  Worten:  im  Namen  Gottes  des  Allmilden 
des  Allbarmherizigen  besteht,  Kenntnifs  gehabt  habe«  In 
i>essen  ist   es   weit  wahrscheinlicher  dafs  diese  dojppelte  Forine 


; 


202  The-  Desatir  etc.  u.  d.  heil  Sage  der  Bal^trer  etc. 

•der  Abwendung  des  Bosea  vtnd  Zuwendung  Act  Guten  eine  ur- 
alte persische  sej,  welch^  durch  die  Leine  Ormnsd's  uud 
Ahriman's  Bestand  und  Ansehen  gewann  ,■  und  welche  in  den 
Islam  erst  aas  jener  alten  Lehre  übergegangen  ist^  Als  Ein- 
gangsformel der  Bücher  des  Dessatir  lautet  dieselbe  folgen- 
dermassen:  i.  wir  flüciiten  ans  zu  Gott  (Mesdan)  vor 
Unrechtem  und  Schlechtem  von.Y  er  führendem  und 
•Beirrendem.  2  Im  Namen  Gottes  (S^hemtai)  des 
Spenders,  des  Gnadenseuders^-des  Liebendco,  des 
Gcrechtigkeits^benden.  *} 

So  wie  diese  Eingangsformvt  dem  Dessatir  und   Islam 
«gemein^  ist,  finden  sich  auch  ein  Paar  Stellen  die  dem.^rsten  An- 
blicke nach  'BUS   dem  neuen  Testamente  entlehnt  ta  scjn  schei- 
nen, alaf:  im  ersten  Buche  V.  38-  The  rapt^re  thence  ari- 
sing  Bo  transport  of  the  Ipwer  world  can  equal:  the 
tongi^e    cannot   express,    nor   the   ear   hear,    nor  the 
/eje  see  such  ecstacj.   Wie  Paulus  an  die  Korinther  II.  g.: 
^Was  kein  Aug'   gesehen  und  keiu'  Ohr  gehöret  hat,    und*  was 
»rn    keines    Menschen    Herz  -gekommein >.  ist.^     Und   im    Buche 
Dschemschid's  der  sacraraentalische  zehnte  Ycrs:    Me  thou 
8ees4,    Me  thou  hearest,    Me  tlrou  tastest,    Me  thou 
•touchest.     Diese  Stellen    mögeu  wohl  zufällig  der  Lt^hre  des 
neuen  Testamentes  uud  der  des  Dessatir   gemein  sejn,'  oder 
ohne  von  dem  ersten  in  das  letzte  oder  umgekehrt  übergegangen 
zu  seju;    doch  gesetzt  dafs  der  "Verfasser    des   Dess«tir   diese 
Anklänge   aus   den    heiligen    Schriften   der  Christen   welche  ihm 
im   siebenten    Jahrhunderte   der   christlichen    Zeitrechnung    doch 
wohl  bekannt  se/n  konnten,    aufgenommen    hätte,    ^o   beweisen 
dieselben  doch  nichts  wider  das  hohe  Alter  der  Grundlehre  des 
Dessatij   welche,  vorzüglich    in  den   ersten  Büchern  desselben 
enthalten  ist.     Diese  Lehre,  wie  seßr  sie  auch  dadurch,  dafs  sie 
weder  den    Abfall    vom   Guten    noch   die   Verkörperungen  der 
Gottheit    kennt,    von    der   Urlehre    indischer  Heügion   abweicht, 
bat  mit  derselben  doch  mehrere  unlaugbare  Bcrührungs  -  Punkte 
gemein,  nämlich :  das  ausgebildeiste  %s|em  der  Seelenwanderuug 
und  die  so  oft  eingeprägte  Pflicht,  die  Thiere  gut  zu  behandeln 
und  ihr  Leben   zu   schpnen.     Wenn  der»  unmittelbare  Austausch 
religiöser  Ideen   und  speculativer  Svstem'e  zwischen  Persien  und 


*)  Ilusamim  fe  Mesdam  bes  hesmass  ,n  sem  ass  hers- 
ch'itar  herdtur*  a.  Fe.  schid  Schemtat  herschende 
hersohischger  semrlpa-n  ferahidur«  In  4ex  englischen 
Uebersctzung  lautet  der  erste  Vers  nickt  so  treu  wie~  In  der 
deutschen:  Let  us  take  refuge  with  Mezd&m  from 
evil  thonghts'  wiilch  miste  ad  and  afflict  us. 


TheiDe^tir  ett.  ü.  A.  hell.  Sage  der  Baktrel*  etp.  2o3 

Indien  txi  kleiner  Zeit%Wund^  nt^hmen  jlaff,  so. darf  er  dies  am 
wenigsten  zur  Zeit  des  C^osroes  Panels  uitter  welchem  die 
seit  Chosroes  Nuschirwau  durcTi  die  Botbsdiaft  des  Ar«tes 
Barsaje  angekniipfte  engere  Verbiodung  fortdauerte.  Mit  dem 
Schachspiele  und  dem  herrlichen  Apologen  Werke  ( den  Fabeln 
Bi  dp  als  3  mochte  wohl  auch  ein  Theil  der  indischen  Lehre  in 
den  Dessatir  gekommen  sejn,  wenn  n>aB  nicht  lieber  mit  Sir 
William  Jones  annehmen  will,  dafs  die  heiligb  Lcbr^  und' 
Kultur  von  Persien  (Medien,  Aria  Baktra)  ausging,  und 
sich  nach  Indien  verbreitete.  Den  überzeugeTidsten  Beweis,  dafs 
die  Grundlehre  dfes  Dessatir  viel  älter  als  der  Verfasser  des- 
selben se^y  liefert  das  Dasejn  einiger  der  berühmtesten  Philo- 
$opbem^e  der  ältesten  , griechisclren  Philosophen,  welche  sicl| 
hier  in  ihrer  Urgesialt  r  erhöhen  haben,  wie  z.  B.'^Sie  Dämono- 
logie des  Hcraklito's,  die  Seelen  Wanderung  des  Pjtha- 
gor  äs,  die  Lichtlebre  der  Eleaten,  die  Ideale  und  der  De- 
niiurg  des  Plato,  und  die  Kosmologie  des  Aristoteles. 
Es  ist  sogar  sehr  wahrscheinlich  dafs  unter  den  Schriften  persi- 
scher Geheimlehre,  welche  Alexander  seinem  Lehrer  Aristo-, 
teles  sandte  sich  Schriften  desselben  Inhaltes  wie  die  ersteh 
vier  Bucher  des  Dessatir  befanden,  aus  detten  Aristoteles 
dus  Lehrgebäude  seiner  Physik'  und  Kosmologie  aufgestellt 
hat*).  Wie''aber  die  Grundlehre  dfs  Dessatir  zuerst  aus  dem 
Morgcnlande  nach  Griechenland  überging,  so  kehrte  wieder  das 
ganze  Lehrgebäude  der  Aristotelischen  Philosophie  durch  die  Ue- 
bersetzuvg&n  der  Araber  in  den  Orient  Zurück,  und  augenschein- 
lich war  der  persische  Commentator  ( der  wie  schon  bemerkt 
ifv'orden,  mit  dem  Verfasser  des  Urtextes  keioesweges  eine  und 
<iieftelbe  Person,  sondern  wenigstens  um  ein  Paar  Jahrhunderte 
junger  ist )  ein  in  alle  Speculationen  der  Aristotelischen  Philo- 
sophie lief  eingeweihter  scharfsinniger  Philosoph. 

Da  die  Sprache  des  Commentators  das  reinste  Der i,  ja 
ton  arabbcher  Einmischnng  i>och  reiner,  ist  als  selbst  die  Spra^^ 
che  des  Schahnamch,  so  kann  auch  das  Aher  des  Commen- 
tators nicht  jünger  als  das  Fir  dussi's^sejn,  sonderii  mufs  viel- 
mehr höher  angesetzt  werden.  .  Nach  unserer  Meinung  fällt  das» 
«ett)e  am  wahrscheinlichsten  in  das  dritte  Jahrhundert .  der  H  e- 
dschira  <das  neunte  der  christlichen  Zeitrechnung)  um  welche 


")  Diese  Eemerkfüig  dankt  Reeeii^*  dem  grdfsten  Kenner  in^isclieff 
Wehweisheit  dem*  Herrn  LegatMnsrathFr i ed r i c h  ▼•  Schle- 
gel, welcher*  mit  dem  Recenst  die  Achtung  vor  dem  hohen 
Alter  des  Dessatir  lind  auch  dis 'Meinung  theitt,  dafs  der- 
selbe sn  Innerem  Gebalte  und  Wichtigkeit  hundertmal  den  gan* 
zen  Sendawesta  überwiege«  / 


2o4  The  Desatit*^etc»  u.  Ü.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc. 

Zeit  das  Stmlium  der  Philosophie  und  be$oi}der$  dns  der  Aii-' 
stotelisclien  bei  den  AraberQ  und  Persern'  im  höchsten  Flore 
stand.  '        .  ' 

Der  Commeutatop  der  vielleicht  wirklich  aus  dem  ^escblechie 
Sassan  entsprossen  seyn  mochte,  erklärt  sich  selbst  (  S.  192) 
für  den  Sohn  des  vierten  Sassan  d.  i.  für  den  fünften  religiö- 
sen Gesetzgeber  dieses  N«'\fnens,  dem  das  f5te  und  letzte  fiuch 
des  Dessatlr  zugeschrieben  ist.  Da  dieses  sehr  kvr%  (nur  i2 
y.  stark)  und  eigentlich  von  gar  keinem  Belange  und  Zusam« 
roenhange  mit  den  vorhergehenden  ist,  so  wäre  es  wohl  mög- 
lich dafs  derselbe  wirklich  apdcrjph  ein  Machwerk  des  Com- 
mentators  wäre,. Welcher  sich  dadurch  zum  fünften  Sassan  d.i. 
zu  dem  letzten  der  Propheten  erhob,  deren ^  gesam.melte  heilige 
Schriften  den  Inhalt  des  Dessatir  ausmachen. 

Mehr  in  speculativen  Ideen  als  in  der  Chronologi^e  bewan- 
dert h^t  der  Verfasser  des  Commentators  in  der  angeblichen  Ge- 
schlechtsfolge seiner  Fami]ie  djsn  überzeugendsten  ßeweis  der 
Unechtheit  seines.  Machwerks  niedergelegt.  Er  leitet  sein  Ge- 
schlecht nicht  wie  die  Dynastie  der  Sassaniden,  von  Sassan 
dem  Sohne  Behmen's  (d.  i.  Artaxerxe's  ]o.ngimanas) 
sondern  von  eihem^andern  Sassan,  einem  Sohlte  de$  letzten  D«!- 
rius  aby  welcher  bei  der  .Eroberung  Alexanders  nach  Indien 
flüchtete  und  dort  in  einer  Grptte  vfiit  dem  Pr.pphetenthum  be- 
gabt war  (S.  487).  Dies  ist  der  erste  der  Propheten  Dyna- 
stie der  Sassan,  welche  von  der  Königs  Dynastie  gleichen 
Namens  also  wohl  zu.  unterscheiden  ist.  Durch  ein  ungeheures 
chronologisches  Versehen  giebt  der  Verfasser  von  dem  ersten 
Sassan  der  gleichzeitig  mit  Alexander  (323  Jahre  v.  Chr.  G.) 
lebte  bis  auf  sich  selbst  dem  fünften  S  a  s  s  a  n  gleichzeitig  mit 
Chosroes  Parwis^  (der  im  J.  Chr,  623  starb)  d.  i.  in  dem 
Zeitraum  eines  fast  vomähligen  Jahrtausend  nicht  mehr  als  fünf 
Ceschlechtsfolgen  an,  so  dafs  sein  Vater  nur  der  Urenkel  des 
ersten  Sassan s  ist.  Nach  dieser  excentrischen  Angabe  schliefst 
die  I^ebenszeit  der  fünf  in  ununterbrochener  Heihe  auf  einander 
folgenden  Sassan  nicht  nur  die  Regicrungszeit  der  2 2  sas'sanl- 
dischen  Konige  (bis  auf  Chosroes  Parwis^  sondern  auch 
die  der  3i  arsacidischen  Könige  ihrer  Vorfahren  in  sich,  und 
man  ersieht  daraus  wie  venig  der  speculative  CommenUtQr  sich 
um  die  historische  Wahrheit  bekümmert  habe. 

Wenn  gleich  diese  angegebene  Geschlechtsfolge  Erdichtung 
des  Commentators  ist,  so  mag  doch  wohl  der  letzte  Sassan, 
nämlich  d&r  Verfasser  des  Dessatir  der  unter  Chosroes 
Parwis  lebte  sehr  wohl  aus  einer  Seitenlinie  d^r  regierenden 
Dynastie  der  Sassaniden  entsprossen  gewesen  seyn,  und 
von  ihm  scheint  eine  Horde  herumstreifender  Bettler  oder  Der- 


The  Üesatir  etc.  u,  cl.  heil.  Sage  der  fiaktrer  elc.  üo5 

wisclie  die  in  arabisclien  Werken  unter  ihrem  Geschlecbtsnd*- 
men  Sassän  öfters  erwähnt  werden,  ihren  Ursprung  hergeleitet 
ztt  haben.  Dieselben  waren  vorziiglich  durch  allerhand  Belrii«- 
gerkuiffe  und  Gaunerstreiche  berühmt,  so  dafs'die  Kunde  ihrer 
Streiche  und  Knitife  in  der  orientalischen  En cyclo padie  uns- 
tet den  Zweigen  der  Magie  als  eine .  blondere  ^issenschai^ 
unter  dem  Titel  JlmoNHijelis ->Sassanij,  das  ist  die  Wis^- 
senschaft  der  sassanischcn  Liste'ti  aufgeführt  wird.  *) 

Nach  allem  Anscheine  war  dieses  Bettelgesindel  die  entar* 
teten  Jünger  Sa^sans  und  verschlechterten  Bekenner  der  allen 
reinen  Lehre  des  Dfessatirs^  und  der  persiche  Commentator| 
Tielleicht  einer  ihrer  Obern,  vielleicht  gar  (durch  F'und  des 
Dessatir)  der  Stifter  derselben  im  Islaifi  gab  durch  das 
Machwerk  d^s  Commentars^.  ein  bedeutendes  Probestück  von  li- 
ttTarischen  Betrug,  der  gar  wohl  in  der  Wissehschaft  Sas'-, 
sanischer  Listen  >  den  ersten  Platz  einzunehmen^  verdient. 

Nach  dieser  Yorkenntnifs  von  der  Beschaffenheit  des  Commen- 
tars  dürfte  wohl  auch  dem  was  derseljbe  von  anderen  bisher  unbe*- 
kannten  Werken  m^ldet^  nicht  unbedingter  Glauben  beizumessen 
sejd.  Ernennt  von  seinen  Werken. noch  (S.99)  das  Pertuestan 
(der  Lichtaufenthalt)  und  das  Werk  Du  giti  d.i.  die  zwei  Wel- 
ten^ worin  er  sich  über  die  zwei  Welten  den  Makrokosmos  d.i. 
das  Universum  und  den  Mikrokosmus  d*  i«  den  Menschen  ver- 
breitete. Weiters  nennt  er  (S.  i84)  seinen  speculativen  Commentär 
Bessatir  im  Gegriisatze  mit  dem  Texte  Dessatir^^  auch  spricht 
er  (5^96)  von  einem  Theilö  der  Dess'atir- Schriften  HaUei- 
tur  genannt  und  in  einer  besonderen  Sprache  nämlich  i  in  der 
Samrani  -  Sprache  *^)  endlich  legt  derselbe  in  der  Erläuterung 
des  Textes  des  Buches  des  ersten  Sassan  die  Worte  des  Tex- 
tes vier  alten  Propheten  Königen  unter,  welche  dieselben  un- 
mittelbar durch /die,  Offenbarung  von  Sonne  ^  Mond,  Mars  und 
MerEur  erhalten,  und  diese  Offenbarungen  in  besonderen  Wer- 
ken niedergelegt  haben  sollen^'  wiewohl  der  Text  selbst  von  alle 
dem  nicht  die  geringste  Spur  enthält.  Diese.  Werke  von  denen 
nur  das  erste  aus  der  gewohnliahen  persischen  Sage  bekannt  ist, 
und  ihre  angeblichen  Verfasser  sind  die  folgenden : 

Huscheng    schrieb    das    Dschawidani    Chi  red    d-  >• 
die  Ewigkeit   der  Vernunft^   über  die   von  der  Sonne 


*)  Siehe  Enc^clo^ädische  Uebetsidht  der  Wisseftschafiten  det 

Orients.    S.  506* 
**j  In  der  englisches  Veberseteung  steht:    Limrftni   tongue 

uni  im   persischen  Texte  Semrani  oder  Simrantt    so   dafs 

entweder  dieses  oder  jenes  gefehlt  ist. 


HoG  The  Desutir  etc.  u.  d.  'heil,  3age  der  Baktrer  etc. 

crliaiteae  Offenbart»]^;  Takmurafs  das  Bucli  Berin  Fer- 
heilg  d*'U  die  bö^liste  Wissenschaft  über  die  Ofieiibarung  des 
Himmeisschlüssels y  das*  ist,  des  Mondes;  Dschems  chid  das 
•Werk  '  Ferasin  Urweud  das  erb9ben$te  Urwesen  über  die 
Offenbarung  des  Mars;  Feridun  das  Werk  Hüneristan  ci. 
i.'  TugendsammelplaU  über  die  Offenbarung  Merkurs,  und 
Minolscbeher  das  Buch  Danischar  d.i»  die  Wesenheit  der 
Erkenutnifs  über  die  Offenbarung  Jupiters.  Diese  Beziehung, 
der  fünf  alten  persisjcheu  Könige  und  rropiieten  auf  fünf  Plane- 
ten ist  ganz  im  Widerspruche  mit  der  iroii  dem  Dessatir  gelbst 
10  den  Büchern  welche  den  Namen  dieser  Propheten  tragen,  ge- 
gebenen. Dort  folgen  die  sieben  Propheten  Könige  und  die  sie- 
ben Planeten  von  Keiomers  und  Saturn u's  abwärts  in  fol- 
gender Otflnung  :  i.  Keiomeri  oder  Gilscbah  das  ist 
^er  Herr  des  Lehmens  ( Adam )  der  besondere  Verehrer 
des  Salurnus*  2.  Siamek  det.  besondere  Verehrer  des  Jupl- 
4ers.  3.  Hu  seh  eng  der  besondere  Verehrer  des  Mars.  4*  Tali- 
4nuras  der  J>esondere  Verehrer  der  Sonne.  5.  Dschemschid 
der  besondere  Verehrer  der  Venus.  6.  Feridun  der  beson- 
dere Verehrer  des  Merkurs!  7.  Minptscheher  der  besondere 
-Verehrer  des  Mondes.  '        •      ' 

(Die  Fortsetzung  folgt,) 


V  . 


\ 


Mineri^ßß  Taschenbuch  ßlr  das  Jahr  ^S 23*     Leipzig  bei  Ger' 
hard  Fleischer, 

JLfurch  treffliche  Kupfer  von  Schwerdtgeburt ,  Böhm  und  Lan- 
ger nach  Zeichnungen  von  Rambe^g  wird  die  Gallerie  zu  Gö- 
thens  tV^erken  fortgeführt;  nur  haben  die  im  vorliegendeo  Jahr- 

§ang)s  gelieferten  Darstellungen  nicht  das  Interesse  der  frühem, 
a  hier  die  Gegenstände  aus  den  kleinern' ,  zum  Theil  nicht  so 
bedeutenden  Poesien;  dort  aus  dön  Meisterwerken  des  unsterb- 
lichen Dichters  entlehnt  sind.  —  Nur  ein  kleiner  Raum  ward 
diesmal  der  gebundenen  Rede  eingeräumt;  aber  das*  Wenige, 
w^s  wir  auf  dem  kleinen  Räume,  von  dem  jedes  Unkraut  sorg- 
sam verwiesen  worden,  antreffen,  bietet  in  den  Blumen ,  welche 
X.  Neufer,  Krug  pcn  Ndddch  Gr.  Ofto  von  Haugmtz,  Fr.  Ja- 
cobs und  Theodor  HeU,  der  hehren  Göttin  dargebracht  haben, 
einen,  um  desto^ngestörtern  Genufs.  —  Unter  den  prosaischen 
Aufsätzcü  gebührte  den  beeiden  Briefen  von  Fr.  H.  Jaeobi  an 
W'ieland  und  Kob^l  in  Matuiheirn,  aet  er.<}te  philosophische  Ge- 
genstände behandelnd  j  der  zweite  Ansichten  über  JK.unst  entwi- 
<;kelnd,  mit  Recht  die  erste  Stelle.  Nach  der  l]^ekannten  Welse 
des  Verfassers  ist  besonders  davon  die  Rede  wie,   beide:    Plü- 


Minerva^  Taschenbuch  f.  d.  Jahr  i823.      207 

losophie  und  Kunst,'  ins  praktiscliö  Leben  einwirken  sollen,  und  was 
Schriftsteller  und  Künstler,  damit  es  würdig  geschehe,   dafür  zu 
thun  haben.  —   JErzähiungsn  füllen  den  gröfsten  RaunA  des  Ta- 
scbenbuchs ;  aber  sehwerlich  werden  de/  Minerva  alle  diese  Ga- 
ben gefallen*  ^ —     Hätte    Hr.    Dr.    E*  Raupach  j   eingedenk   der 
Aufschrift  seines  Mährchens:   Laßt  die  Todlen  ruhetiß  doch  sei- 
nen  greuelvoUcn ,    aus  dem    Grabe   hervorgerufenen    weiblichen 
Vampjr   im   Grabe   seines    Schreibpults   ruhen    lassen!  —     Ein 
freundliches  Gegenstück  zu  diesem  mitternächtlichen  Schauerbilde 
stellt   Caroline  Pichler   in    ihren  freundschaftlichen  Briefen   auf; 
'welche  treffliche,  nicht  genug  zu  beherzigende,  aus  richtiger  An* 
sieht  A^  Lebens   aufgefalste  Ansichten,    über   Bildung   und  Be- 
stimmang  des  Weibes,  im  Gewände  einer  unterhaltenden  Erzäh- 
liiDg,  enthalten,  —    Weit  weniger  befriedigt:  Mensch,  Schicksed 
und  Glaube  von  Wilhelm  Bhmenhagen,  eine  Scene  aus  den  Zei- 
ten der   Reformation.      Durch  ermüdende  Breite,  und   offenbare 
Nachahmung  eines  geachteten  Schriftstellers ,    zeichnet  sich  diese, 
vielleicht    den   vierten  Th eil  des  Taschenbuchs  einnehmende.  Er- 
zählung, nicht  eben  zu  ihrem  Vortheil  ans.  -—    Bei  den  Liebes-' 
fassen,  Erzähkmg  nach   zwölf  aitfgegebenen  Worten  von  v,  d, 
Felde,  sieht  man  recht  klar,  wie  den  tonst  so  geist-  und  gemüth« 
vollen  Erzähler  die  Aufgabe  beschränkte:   wir    habenr  weit  bes- 
sere Dichtungen  von  diesem  Verfasser^  —    In  der  Nowelle:  der 
Mensch  denkt,  Gott  Unkt,  von  La  M,  Fouqiue  findet  der  Freund 
von  seltsamen  Aljcutheuern  gewifs,   was  er  sucht  und  erwartet. 
Da  nicht  voii  Nordlandshelden,  und  , ihren  Thaten  zu  «Wasser  und 
zu  Lande  die  Rede  ist,   so  zählen   die  Leser  mit  Recht  auf  gar 
tapfere  und  fromme  jugendliche    Streiter   aus   dem   Befreiungs- 
kriege; wovon  de^  eine,  weichend  seinem  befreundeten  Neben- 
buhler um  Pfarre  und  Mädchen,  in  den  Kampf  gegen  die  Grie* 
ehen •  Bedränger   zieht;    der   andere   aber,    als   schon   ordinirter 
Prediger  muthig  wieder  zum    Schwerdte   greift,    um  eine   vei* 
derbliche  Räuberbande   in    der  Heimath  zu  bezwingen.     Schwer 
Verwundet,  aber  siegreich,  stimmt  er,  «chon  im  Sterben,  auf  dem 
Schlachtfelde  mit  seinen  Kriegerii  ein  geistliches  Lied  an,  dessen 
letzte  Strophen  ihn  nns  bessere  Dasejn  geleiten.     Dals  der  todt- 
geglaubte 'Griechenbezwinger,  nicht  todt  ist;  dafs  er,  der  eigent- 
lich von  Anfang  an,   wold    am  meisten  Geliebte,^  die  Hand  der 
junjjen  Wittwe,  und  die  Pred'igerstelle,  zur  Freude  Aller  erhält, 
ist  ganz  in  der  Ordnung,-^  Sehr  gut  schliefst  sich  die  Reihe  der 
Krzählungen  mit:    den  Aasgewanderten  von  Fr,  Jacobs,  Ist  gleich 
der  Stoff  nicht  neu :   Liebe  einer  französischen  Gräfin,  zu  einem 
verdienstvollen,  durch  die  Revolution  gehobenen  Offizier  •*— Flacht 
der   Liebenden   nach  Deutschland,    da    der  Vater   des  Mädcbenf\ 
feindlich  der  Verbindung .  in  den  Weg  tritt  — ^  Wiederfinden  des 


y 


I  < 

2a8      Eldora^  Taschenbuch  a.  d.  Jahr  1823. 

iDachber  emigrirteti  und  darcK  seine  Enkei  mit  dem  edle»  Paare, 
y^rsdhulen  Vaters —*  ist  gleich  dieser  Stoff  nicht  neu$  die  Behand* 
lang  giebt  ihm  grossen  Reiz^  besonders  in  Rücksiclit  der  Cha- 
rakterschilderungen, unter  denen  sjch  -wieder  die^  des  ritterlichen 
stolzen  achtaltfranzösischen  Grafen  Nogorttj  durch  Wahrheit  und 
Bestimmtheit  aoszeichliet.  .       : 


•iBBih 


Eidorä,  Tctichenhuch  auf  ^ das  Jahr  1 8 ^3 r^ herausgegeben  von 
H.  GjRDHjiusEN.  Schleswig,  gedruckt  und  i^rlegt  itn  könig- 
lichen Taukstu/nmeninstittit. 

Jbiin  norddlbutscher  Musenalmanach^  der  zwar  einige  prosaische 
Aufsätze,  und  ein  Paar  kleine  dramatis(^he  Stücke  enthält,  dessen 
Blät(er  jedoch  meist  mit  kleinern 'Gedichten :  Romanzen,  Liedern, 
Sonetten  angeftSllt  sind)  wovon  die  Verf.j  einige  Wenige  ausge- 
nommen, bis  dahin  unberühmt,  ut»d  selbst  den  Namen  nach,  un- 
bekannt waren^  Das  ^igenthümltche  dieses,  in  recht  zierlicher 
Gestalt  erschienenen  Büchleins  wäre  w^hl:  da£s  es  manche  ge- 
lungene Ueb^rsetzt^igen  vorzügliöher  nordischeir  Dichtungen  lie- 
fert, die  in.  einer,  der  deutschen  Lesewelt  fremden  Sprache  ge- 
schrieben» i|ir,  ohiie  die  Eidora^- fremd  geblieben  wären.  Die 
meisten,  utsprünglid^  deutschen  Lieder  ^  Balladen  etc.  beweisen, 
dafs  ihre  Verf.  unsre  besten  Dichtet  gelesen,  auch  deren  Gedan- 
ken, Bilder  und  Versbau  sich  wohl  angeeignet  'hs^ben :  eigenthum- 
lieh  Poetis^^es  findet  sich  selten.  Die  beiden  kleinen  dramatischen 
Arbeitern  das  Gluck^  Schauspiel  in  4  Aitfzptg  t^.  K„v.  Reinhard  und 
die  Hellenen  im  Norden,  ein  Festspid  t^on  y,  Sc/iirach,  u^ögcn, 
letzteres  als  Gelegenheitsgedicht,  ersteres  als  Versuch,  Hoffnung 
geben  von  den  spatern  Arbeitern  der  benannten  Schriftsteller: 
als  hervuTti^rad  aus  der  Menge  gleichartiger  Erzeugnisse,  kann 
man  sie  nicht  betrachten.  Die  prosaisdieu  Aufsätze:  ein  Paar 
Ertählungen  und  eine  Mjthe :  Napoleon  Bonaparte,  vom  Heraus- 
geber zeichneu  sich  auf  keine  Weise  aus«  In  der  letztern  herrscht, 
neben  auffallender  Anmassung,  eine  Dunkelheit  und  Verwirrung 
der  Begriffe,  die  von  der  weitern  Schriftstellerei  des  Vexfass. 
eben  nicht  die  günstigste  Erwartung  erregt.  Ob  er  wohl  selbst 
verstanden,  was  er  geschrieben?  ,  ■ 

pas  Bild  der  Königin  von  Dänneipark  nach  Homemann  von 
Bolt  gestochen,  ziert  das.  Taschenbuch.  Weniger  gelungen  sind 
die'  Ansichten  von  Schleswig  und  Kiel^  die^  wenn  gleich  ziemlich 
treu,  doch  von  einer  noch  nicht  hinlänglich  kunstgeübtea  Hand 
ausgeführt  scheinen. 


N'=  14         Heidelberger  1823» 

»bücher  der  Literatur. 


-.-IILS:^- 


Der  christliche  Glaube  nach  den  Grundsätzen  tier 
evangelisrhen  Kirche,  im  Zusammenhange  be^ 
trachtet  von  Dr.  FkißDRicu  Sculej ^rmacher» 
(Neque  enim  quaero  inteUigerCj  ut  credoft,  sed  credoy  ut 
intelUgam,  —  JSfam  qui  non  crediderit^  non  experietur,  et 
qui  expertifs  non  fuerit,  non  inteÜiget  jinselm,  Prosol,  /. 
de ßde  trin^  i.)  Erster  Band  48^4  (35o  S.J.  Zwei" 
ter  Band  482»X?^^  S,' mit  dem  Motto:  Nihil  solitarium 
ex  divinis  sacrdmentis  aS.  suspicionem  audientium  et  ad  oc'^ 
casionem^,  blajphemdntium  proferamus.  Hilar.  de  Synodis  yo)^ 
Berlin  bei  G.'Reimer^ 

Fortsetzung^  dtr  Rec.  die  -Vr.  54*  60   6i.  des  vor»  Jiätrg»  vorerst 
...      %iie  Einleitung  dieses  Werken  betraf* 

Jedes  LehrgebSude  der  Dogmatik  mufs,  wie  allei  was  de« 
L  Menschen.  Hand,  oder  Verstand  baut,  irgend  einmal  brechen,  und 
'  zwar  früher  als  manche  andere  wissenschaftliche  Systeme.-  Denn 
das  Wort  Gottes  iafst  sich  nicht  bindeii.  Dafür  ist  es  selbst,  und 
zwar  iiA  Evansrelium,  unvergänglich,  und  giebt  jeder. Dogmatik 
nur  insoferne  Bestand,  als  ihren  Grundstoff  das  Evangelium  aus-* 
macht.  Recht  gut  also,  dafs  der  eitle  Wahn,  als  sej  e»  dem 
gelehrten  und  »tief  -  oder  scharfsinnigen  Kopfe  gegeben ,  uns  et- 
was anfzubaui^n,  das  wir  als  feuerfest  und  unerschütterlich  müfs-' 
ten  gelten  lassen,  immer  aufs  neue  durch  die  Erfahrung  selbst 
widerlegt  wird,  dainit  man  sich  an  den  bleibenden  Grund  halte^  ' 
und  seine  Freiheit  im  cfvangelischen  Glauben  nicht  einengen  lasse. 
Das  ist  auch  wohl  die  innere  Ursache*,  warum  die  Neueren  so 
gerne  einen  geheimen  Widerwillen  gegen  die  Orthodoxie  hegen, 
ohne  freilieb  immer  zu  bedenken,  dafs  d^s  heterodoxe  Gebäude, 
das  gegen  jene«  errictitet.  worden,  vielleicht  noch  fester  einmau-  , 
crt.  Y}ttiti  il»m  fehlt  gar  der  evangelische  Geist;  nur  da,  wo  der 
ist,  da  ist  Freiheit.  Mah  mag  da  immer  Vernunft  vorwenden: 
sie  ista'nur,  wo  diese  Freiheit  ist;  denn  ausserdem  ist  von  der 
Leidenschaft  eine  verborgene  aber  'starke  Fessel  dem  Geiste  an- 
j^elegt,  .so  dal^  er,  von  solcher  Ücberzeugimg  gelauscht,  Acn,  Irr- 
thum  gert)^  VV'ahrrheit  nennt.  Denii  die  Leidenschaft  blendet  den 
Abergläubischen  und  giebt  jhn  einem  unruhigen  Wechsel  der 
Meinung««    preifs,    in    dem    Uvglaubigen   aber    thront   sie   mit 

14 


''  • 


210  •  Dogmatik. 

—  *  * 

kalter,  liebeleerer,  furchtbarer  Festigkeit.  Eben  so  eitel  ist  da- 
gegen die  Anmassungy  dafs  in  den  hinfalligen,,  oft  schnell  veral- 
teten dogmatischen  Lehrbuchern ,   scyen   sie   nun  mehy'  Torthodax 

;  oder  hetcrodox,  nicht  die  Wahrheit  der  christlichen  Glaubens-, 
lehre  enthalten  sej.«Denn  so  wie  an  ihrer  Erzeugung  der  Zeit- 
geist Antheil  hatte,  so  -auch  an  ihi'er  ^Veraltung,  und  weder  sein 
Werk  noch  sein  Ürtheil'ist  göttlich.  Also  bleibt  es  das^Schick- 
sal  jeder  Dogmatik ,  dafs  sie  nur  ihre  Zeitfrist  durchlebe ,  und 
wir  wollen  mit  Demuth  erkennen,  dafs  wir  aq^h  in  unsern  dog- 
matischen Lehrbüchern  nur  DicfUer  des  Evangeliums  sind,  ausser 
diesem  aber  mit  unserm  Verstand  nichts  Bestehendes  aufstellen 
können,  vielmehr  ^ur  dann  unser  Rechtes  thun,    wenn  wir  nach 

.  jedesmaligem  Zeiterfordernifs  —  dem  Zeitj^iste  nicht  .huldigend 
sondern  oft  widerstehend— r  zur  deutlichen- Einsicht  der  evangeli- 
schen I-  ehre  fuhren ,  dAmit  sie  durch  jeden  Lehrer'  d(!;r^elben 
sich  in  ihrer  freien  Gestältunff  fortbewege.  —  Dieses  $ey  ge- 
sagt, wegen  der  Gedanken  und  der  Vorwurfe  ^ie  bei  den  so 
verschiedenartigen  und  schnell  vorübergehenden  Systen^en  der 
Dogmatik  in  unsern  Zeilen  leicht  dem  Theologen  undNichttbco- 
logen  vorkommen.  Seyn  wir  denn  Alle  ahjd'tvovTB^,  iv  cLjafcij* 
Und  weil  kein  Dogma  aufgestellt  werden  kann, -ohne  Be- 
ziehung auf  Irrthümer,  kein  Lehrer  aber  sich  diese  Beziehungen 
genau  so  wie  der  andre  denkt,  so  liegt  ein  gewisses  Streiten  ra 
dem  Wesen  jeder  Dogmatik,  und  so  kann  auch  keine  auf  allge- 
meine Zustimmung  in  den  Thesen  wie  in  der  Zuordnung  rech- 
nen. Je  melir  sie  Glaubenslehre  und  je  weniger  sie  Dogmenge- 
schichte  ist,  um  desto  gewisser»  ist  das  der  Fall.  Wenn  also  Rec. 

.  dem  vorliegenden  Lehrbuche  emen  vorzüglichen  Wertli  vor  den 
vorhergehenden  der  neuesten  Zeit  beilegt,,  so  meint«  er  nur  einen 
relativen ,  und  denkt  zugleich  ^  dafs  es  eben.,  darum  desto  mehr 
Widerspruch  erregen  mufs,  weil  es  strenge  dogmatisirL  So.  wie 
er  sieh  nun.  bei  der  Anzeige  der  Einleitung  seine  Gegenmeinung 

.  gen  erlaubt  hat,  so  wird  er  bei  dem  Systeme  selbst,  hauptsäch- 
ich  in  Ueziehung  auf  unsere  Bekenntnifsschriften,  sie  sieh  erlauben. 
Nicht  das,  ob  eine  Lehre  orthodox ,  oder  hekerodox  sey,  giebt 
den    Entscheidungsgrund,    denn    das    ist    doch    am  Ende    eine 

•  petiüo  principiij  da  wu"  nui?  .die  pls  wahr  fiefuiv^ne  für  ortbo- 
dbx  halten  können.  Auch  ist  es  eine  klägliche  Art  der  Beur- 
theiiung,  *  wenn  man  z.  B.  bei  demjenigen,  der  einen  orthodoxen 
Satz  festhält,  heterodoxe  Behauptungen  dagegen  aufsj^ür^y.  die 
man  ihm  dann  auf  irgend  eine  Art  drohend  aufrückt.'  In  Ein- 
stimmung mit  dem,  was  unser  Verf.  I.  Bd.  S^  i5^  mit  seinem 
Scharfsinne  über  das  Orthodoxef  und  Heterodoxe  sagt,  halten  iwir 
uns  an  die  Sache,  tin'die  evangelisch -kirchliche  Lehre..  Aber 
wie  vtird  sie  gefunden?  Aus *der » heiligen  Schrift  und  difin-  pro- 


7   ^ 


^  Dogmatik.  •        211 

♦-    <        ■ 

testantiscben  Bekeiintnilsschriften.  Wohl;  doch  über  diesen  Punkt 
mufs  man  ded  Verf.   selbst  hüren,  und  zwar '  noch  aus  der  £inU 
§.  3o  uin   uns   darüber   zu  verständigen.     £r   nimmt  dort  «drei 
Formen  der  protestantischen  Dogmatik  an,*  eine  mehr  biblische, 
eine  mehr  philosophische,  *eine  mehr  symbolische.     Die  letztere 
holt  die  $anctionirten#  Lehren  der  Bckenntnifsschriften  hervor,  sie 
ist  aber  dennoch   protestantisch,   weil, sie    nicht   eine   Auctorität 
über  .die  heil.  Schrift  setzt,  und  auch  nicht    die    eigne  Constru- 
ction  aufhebt.     So  darf  überhaupt  keine  dieser   3  Formen  sich 
von  den  andern  losreissen.     Das   Yerhältnifs   zwischen  dem  Ge« 
brauche  des  symbolischen  Bücher  und •  der,  heil.  Schrift  bestimmt 
er  so,  dafs  beides  sich  gegenseitig  ergänzt  und  bewährt,  welches 
auch  in  j^ianche&  .Lehren   durch  Nachweisung   ihres  Zusammen^ 
haoges  mit  den  dort  bestimmter  gegebenen  geschehen  mag.  Rec* 
möchte  hinz^ufügen ,    dafs    nicht  siswobl  die  genauere  Gestaltung 
der  in  der  heil.  Schrift  begründeten  Lehren  die  Hauptsache  der 
Bekeniitnifsschriften  scy,  als  vielmehr  die  Zurückführung  au^  die 
reiobiblische  Lehre.     Hiermiit   erledigt  sich  die  bekannte  Unter- 
scheidung ^uia  und  quatenus  cum  sacrd  scr,'  concordantj  welche 
Hr.  SchL  mit  Recht  einen  etwas  leichten  Behelf  nennt  (S.  i47)f 
da  sie  aiitb  nicht    »inmar  über   die  Auslegung  der   heil.  Schrift 
Richter ^seyn. dürfen   od^r  ,seyh  wollen;  damit  sehen  wir  jedoch 
das  quatenus  keineswegs  als  nichtssagend  an«  Denn  zur  Zeit  ih- 
rer Abfassung  w^  mau  von  der  vollkommenen  Üebereinstimmung 
derselben  mit  der   h^il.  Schr^  überzeugt,  sonst   wären  sie   nicht 
Bekenntnisse  gewesen,  ind.em  man  mit  dem  Gemüth  und  Mund  nur  , 
die  heil.  Sehr,  als, die  Aichterin  in  Glaubenssachen  erkannte.  AU- 
mählig  aber  mufste   die   Reflexion   auf  diese  Confessiönen   eine 
Kritik  hervorbringen,  und  so -ging  ganz  natürlich  das  aufrichtige, 
^^{'a  der  crsV£ren    Zeit  in  ein  eben   so  aufrichtin^es  qiuitenus  der 
folgenden  über.  Darin  lag  ind<95sen  immer  das  Bewufstseyn,  dafs 
sie  u irklich  Gottes  Wort   a;is  der  heil.  Sehr,  lehren,    und  daJs' 
sie  den,   meist  polemisch  geleiteten  Zweck    haben,   nur  *auf  die 
£r]^enutnifs  des  Evangeliums  selbst  hinziiführen.  Nicht  also  möch« 
ten   wir   so   ganz   mit   der  Behauptung  unsers.  Verls,  einstimmen 
(S.^45)  — «  alle  protestantischen   Gemeinden  sind   durch  An- 
scbliessung  an  «sie  entstandqp,  und  zur.  Kirche  zusamniengewacb- 
^ea — - —  da  nua  jede  dogmatfScheCDarsteilung ,   welche  sich  als 
protestantisch  bekunden  will,  an  diese  Geschichte  anzuschliesscn 
strebt,  so  «giebt  es  keine  Natürlichere,  ja'  kaum  eine  andere  Art, 
wie  dies  bewerkstelligt  werden  könnte*    Denn  die  Berufung  auf 
die   Schrift  an    und   für  sich  thut,  nur  das  Christliche  dar^    und 
nicht  das  Protestantische«.  Wir  müssen  ja  auch  umgekehrt  diese' 
Schriften  als  die  Folge  i^nd  Wirkung  des»  n^erwacliten  evange- 
lischen Geistes  ^ansehen;  und  so  haben  wir  uns  allerdings  an  sie' 

14* 


212        *  Dogmatik, 

anxuschliessfin  ^  weniger   aus   jenem  Gruöde   als   weil  wir  tiber^ 
haupt   im    kirchlichen    Leben  .diesen    Geist   gevirinnen    und   för- 
dern.    Haften  wir  lycht' sorgfältig  diesen*  Gesichtspunkt  fest^  so 
geralhen  wir  leicht' jn  den  Fehler  der  neueren  Zisil,   jene   Leb- 
Yen  blols  unter,  die  Reihe  de(  äusseren   Dinge   zu   stellen,    und 
alles- nur  historisch  '  zu  })ehandeln.     Statt  dessen  sehen  wir  viel- 
mehr auf  die  ganze  kirchliche  Lehre,  wie  sie  sich  von  den  alte^ 
sten  Zeiten  her  gestaltete,   um  zu  erkennen,  ik  wieferne  sie  die 
Dogmetf'  nach  der  heil.  Sehr,  gebildet  hat.  Das  Wollen  ausdrück- 
lich diese  Bckenntnifsschriften  und  die  Reformatoren.  Daher  jene 
uns  fremd  gewordene  Pietät,  womit  sie  die 'Kirchenlehre  behan- 
deln.    Man  höre  z.  B.  einen  Melanchthon  loc.  theoL  (d^  fiJUo): 
»Es  ist  eine  der  Frommen  würdige  Sorgfalt,  d;ffs  sie  Wegen  der 
»Eintracht  ihrer  Sprache  die  Ausdrücke  der  Kirche  gebrauchen, 
»und   das  auch  nicht  ohne  tiefere  'Gründe.     Die  alte  Kirche  hat 
»manche  Lehrbestimimingen  gebilligt,  manche   verworfen^     £nt<» 
»fefnt  scy   aber   von   uns   die   Suchf  dergleichen  herabzusetzen,' 
»und  beibehalten  la£st    uns  aus  gewichtiger  und  wahrhafter  Au- 
»ctorität  die  einmal  angenommenen 'Formeln.«  Und  weiter  ^arU 
de  spir,  s.)i    »Basilius  hat  die  Zeugnisse  von  Vielen  gesammelt, 
» die  vor  seiner  Zeit  bei  der  Kirche  in  grossem  Ansehen  standen, 
»weil  es  von  Nutzen  ist,,  daran  zu  denken.    Denn  die  Frommen 
»werden  befestigt,   wenri  sie   hören,    dals  die  Lehre  durch  der 
»wahren  und  reineren  Kirche  sichere  Zeugnisse  «überliefert  wor- 
»den  etc.«     Bald  darauf  führt   er  die  Hauptsjnoden  an   in   *Be- 
tre£P  der  Person  Christi ,   und  setzt  hin%u :    kae  sunt  fraecipucut 
Synodij  quarum.  judiciä  meminerirnns  et  atnplectemur.  Was  wurde 
.  man  erst   jetzt   diesem  Lehrer  bei  solchen  Grundsätzen  vorwer- 
fen?   Krjptokatholicismus ,  Mjsticismus,  ServilismUs!      Also   mag 
sich  in    jetziger    Zeit    mancher   mit   ihm  und   jedem -jener  geist- 
vollen Männer   der  Reformation  frosten;    denn  sie  alle  lebten  in 
diesem  frommen  Gefühle,  und  es  war  durchaus  das  Ansinnen  an 
die  Theologen  mit  solcher  Fr ömmigkeitf^  die  keineswegs  die  Frei- 
heit der  Untersuchung  stört,   sondern   vielmehr  recht  frei  macht, 
die  kirchlrche   Lehre  zu  studieren.     Etwas  ganz  anders  war  das 
freilich  als  die  sogenannte  Kritik  der   neuen    Z^it,  wo  man  sich 
dünkt  schon  zum  voraus  die  Sache  besser  zu  wissen ,    weil  man 
ein  Kind  der  neuesten  Zeit  #sy,  bevor  man  *doch  die  Lehre  deE* 
Kirche  auch  nur  dehi*  Buchstaben,^  geschweige   dem  Geiste  nach 
kennt.    Nur  allzugerne  halten  wir  uns  ja  für  gescheidter  als  alle 
diese  Männer,  ja  als  die  Apostel  selbst,    und  warum  nicht  aucli 
als  Christus,  und  kÖmien  es   nicht  begreifen,    dafs  man  noch    so 
einfältig   sevn  kann,   so  gläubig  zu  sejn.     Dennoch  ist  es  wahr, 
dafs    wir    Protestai|teu *" nur    dann,    wenn  wir   im   Glauben  jener 
grossen  Männer  stehen,  vermögen  eine  Glaubenslehre  zu  behaup- 


Pogmatik. 


2l3 


t^n.  Sie  kann  nämlich  nur  in  dem  Bewufstsejn,  das  nn«  durch 
Jen  Geist  des  CljTistenthums  geworden  ist,  ihre. völlige  Begrün- 
dung finden.  Also  auch  nicht  hlofs  in  äusserer  Vergkichung  der 
christlichen  Fröi)imigkeit  mit  anderen  Religionen.  So  waren  auch 
die  Reformatoren  in  dem  Gebrauche  der  heil.  Sehr«  viel  consc- 
quenter,  al»  die  neueren  Dogmatiker.  'Den*  sie  lehrten  folge- 
richtig aus  den  entschiedenen  apostolischen  Lebren  und  aus  der 
io  ihnen  lebendig  gewordenen  Erfahrung,  dafs  die  hei!.  Schrift 
Dar  durch  denselben  Geist  richtig  erklart  werden  könne,  der  in 
derselben  spreche,  v\'ie  das  so  classisch  Calvin  auseinandersetzt 
(Inst.  I.  7,  4«  9>  3.)  und  schon  von  Erasmus  Hessen  sich  ähn- 
liche Andeutungen  anführen.  'So  heifst  auch  in  der  Confessi<y 
Helifetiea  die  \u  Schrift  omnium  perfeeUssi(na .  et  antiquissima  phi-^ 
losophia;  und  die  Conf*  Gcdlica  &ag^  unter  andern:  Ex  hoc  au-- 
tem  efßcitiir,  neque  antiquitatem ,  neque  eansuetudims  s  neque 
midtäudmemj  (wie  Jetzt?)  neque  hümanam  sqpientiam  (wie 
jetzt ?^  etc.  scriptiträe  Uli  dwinae  opponere  licefe.  Stehen  gleich 
die  neueren  Theologen  in  der  grammatisch -historischen  Interpre- 
tation jenen  auf  den  Schultern,  so*'  müssen  wir  doch  allesammt 
vor  dem  Geiste  dieser  Männer  des  Evangeflums  bescheiden  zu-"^ 
nicktreten,^  und  dieser  mufs  doch  wohl  zu  jenem  Buchstabiren 
hinzukommen-,  wenn  es  Exegese  heissen  soll.  Hören' vvir  z.'Bi 
den  vortrefflichen  Grundsatz  in  der  Conf.  Hely'.  ^Proinde  hart 
prohamus  interpretationes  quasUhet  —7  sed  iUam  duntaxat  strip^ 
turarum  interpretationem  pro  orthodexä'et  genuind  agnascimuSj, 
quae  ex.  ipsis  e^t  petita  schip iuris  (ex  ingenio  utique  efus  linguae, 
in  qua  sunt  'Scriptae ,  secundum  ycircumstantiäs  item  expcnsacj  et 
pro  ratione  loeorumj  vel  similium  vel  dissimüium ,  plurium  quo- 
que  ei  clarioram  expositaej' cum  regulä  fidei  et  caritatis  congruitj^  ' 
et  ad  gloriam  Dei  hominumque  eximie  Jacit!<si  Wir  finden  bei 
unserm  Vcrfass.  Bemerkungen  über  den  Schriftgebrauch  und  Be- 
handlungen, welche  auf  diesen  Punkt  hinweisen.  Wenn  er  z.  B. 
S.  149  sagt:.  —  %es  m^^  sich  immer  mehr  ein  ins  Grosse  ge- 
hender Schriftgebrai|oh  entwickeln,  welcher  nicfit  auf  einzelne 
aus  dem  Zusammenhang  gerissene .  Stellen ,  sonderb  auf  ganze. 
Abschnitte  Bezuf  nimmt,  und  ,in  dem  ^Gedankengang  der  heil; 
Schriftsteller  tlieselben  Combinationen  nachweiset^  auf  welchen  , 
die '  do^atiscben  Resultate  beruhen  etc.  Daher  die  Dogftiatik 
von  dieser  Seite  sich  erst  mit  der  Theorie  der  Schriftauslcgung 
zugleich  vollenden  kann.«  Und  kann  jener  Gedankengang  ein 
andrer  sejn,  als  den  der  lebendige  Geis^,  welcher  durch  das 
Christenthum  mitgetheilt  wird,  nachbildend  hei^vörbringt?  Also 
kann  folgerichtig  auch  von  dieser  Seite  nichts^  durch  blofs  äus- 
sere Lehrprincipien  in  der  Dogmatik  festgestellt  werden,« und  sie 
mufs,  bei  allem  auch  äusserem  streng  wissenschaftlichen  Zusam- 


iii4  .  Dogmatik. 

inen  hang  docfi  auf  das  testimonium  spiritai  /•  ittruck^ähren ,  das 
dcmjeni^'CDy  der  dabei  grammatiscli  -  historisch  die  heil.  Schr.>  aus* 
legt,   den    "^ahi^en   Sinn    der   Schriftstellen   fiir  das   Dogma  auf- 
scliliefs't.     Das   ist   das  wahre   Verhältnifs  der  h,eil.  Schrift  nicht 
.Llois  zu  uusern  Bckeantnifsschrifteu ,  sondern  überhaupt  zu:uii** 
screr  iLirchlichen  Lehre,  «und  nur  aus  diesem  Vei^hältnisse  heraus 
kann  sich  eine  überzeugende  Glaubenslehre  bilden,  welche  etwas 
unendlich    Besseres   leistet,   als   dafs  sie   den  Theologen   an   die 
Coufessionsformeln  bindet.     So  wollen   es  aii«h  unsere  Bekennt* 
nisse,  und  darum  sprechen  sie  immer  gbrne .  das  Prtucip  aus, .  wie 
es  mit  den  Worten  der  Cqiicordienformel  lautet:  sola  sacra  scr,' 
judex j  norma  et  regida  cognoscitur,  ad  quam  eeu  ad  Ijrdüim  la- 
pidem  omnia  dogmata  exig*enda  sunt  et  judicanda ,  an  pia,.  on 
impia,  an   vera^   an  vero  ffdsa  sint.     Cetera  autem  sjrmbold  et 
alia  Script^,  non  obtinent  auctoritatem  judicis. 

Es  wird  nimmermehr  einer  Dogmatik  gelingen  in  der  Con- 
sequenz  den  ersten  Lehrsjstemen  der  profestantiscfien  Hirche 
gleich  zu  kommen,  wenn  sie  nicht  diesen  Grundsatz  festhält.  Am 
inconsequcntesten  aber  ist  jede,  welche  von  der  naiven  Mei&ung 
beseelt  ist,  als  könive  sie  ^twas  Yeirnünftigeres  dem  Inhalte  nach 
aufstellen,  wie  alle  bisherigen,  und  wie  die  Apostel  selbst.  Das 
mö^en  diejenigen  so'^lialten,  die  das  Chrlstenthum  As  eine  Schul* 
anstalt  ansehen,  welche  Christus  angefangen,  und  worin  man  im- 
mer weiter ,  rückt ,  und  mit  jeder  Generation  neue  Aufklitrangen 
in  Religionssachen,  erhalt,  oo  wie  es  die  Schiiten  unter  den  Mu- 
barae4aiiern  mit  ihrem  Koran,  hatten.  Die  Refoj^atoren  sind  an- 
dcirer  Meinung,  und  mit  ihnen  jeder,  welcher  das  Wesei^  dies 
Christenthums  kennt  wie  sie  es  durchschauen  ,*  nämlich  dafs  sich 
Gott  aufs  Vollkommenste  in  Christus  geo£Feubaret  4iat,  und  dafs 
hiermit  unser  Verhältnifs  t\x  ihm  in  ewiger  unveränderlicher 
Wahrheit  ausgesprochen  worden«  Er  ist  dabei  überzeugt,  dafs 
wir  uns  vervollkommnen ^  müssen,  d.  b.  reineres  Herzens  werden, 
um  in  das  geoffenbarte  Geheimnifs/  ii^ner  tiefer  eincuschauen, 
und  das,  was  die' Glaubenslehre  je  entlialten  kann,  iif  ieicKter 
'  Klarheit  zu  «rkennen.  Mag  man  das  immerhin  Mjsticismus  nen- 
nen. Es  ist  biblisch  und  der  evangelischen  Dogmatik  wesentb'ch, 
und  wird  in  allem  Wechsel  bleiben*  Sonst  Hesse  sich  in  der 
Th«it«nicht  absehen,  warum  nicht  auch .  eia  Proklos  odcr««in  Mai* 
monides  zum  dogmatischen  Lehrbuche  dienen,  und  ob  nicht  wer 
weifs  von  welchem  Rabbi,  Ulema  oder  Braminon .  noch  ein  ganz 
neu  aufklärendes  zu  erwarten  sej»  Je»e.  Geiste^männer  der  Re- 
formation sahen  wohl  tiefer,  als  diejenigen  neuern  Dogmatiker, 
die  über  dem  Evangelium  zn  'stehen  vermeinen. 

Uns^rn  Verf.   findeti   wir   nun  in   solcher  tieferen  Einsicht 
wenn  auch  nicht  ganz  in  jener  älteren  Weise.  ,  Er  sieht,  unser 


Dogmatik*  21 5 

BedüakenSy  was*  den  Gebrauch  der  beil.  -Schjrift  betrifft,  daria 
Bicht  ganziDMiem  Standpunkt  der  Bek^ntnirsschriften ,  daf^  er 
das  A.  Test  zu  viel  zurücksetzt.  Die  Lebre  unserer  sämmtli- 
eben  Confessionen  Bezieht  sieb  auf  das  Ganze  der.  göttlichen  Of- 
fenbarung,  wornacb  das  A.  und  N.  Test,  in  einem  tiefgehenden 
Zusammenhänge  steht ,  und  so  wie  das  Gesetz  im  Neuen  so  das 
Eyangelium  schon  im  Alt^i,  nur  in  federn  auf  seine  Art  vor- 
kommt. £1;  glaubt  ferner,  dafs  die  Lehrbestimmungen,  die  sieb 
aUerdings  auf  die  bereingeiiihrten  judischeh  un^  bei4nischenj[rr« 
thumer  bezogen  (jedoch  darauf  nicht  blofs ) y- jetzt  nkht  .mehr 
dergleichen  zu  besorgen  hätten,  es  sfij*  denn  dafs  j> Genossen 
unvollkqmmoer  z.  B.  indischer'  Glaubens  weisen  in'  grossen  Mas- 
seo  zum  Christenthum  übergingen«  (S.  i53).  Auch  hierin  scheint 
uns  -der-  Geist  unserer  Reformatoren  etvy^as  verschieden.  Deun 
des  Mensqfavn  Herz  und  5inn  kannten  sie  zu*gut  in  seiner  Ver*- 
derbtheit,  und  darum  verwarfen  sie  wohlbedachticr'  'den  Mani- 
chäismm,Pharisäismus,  Ariaäisraus,  Stoicismus,  Epikureismus  — ^  weil 
sie  dem  in  jedem  Menschen  versteckten  Juden  oder  Heiden  begegnen 
wollten.  Endlich  finden  wir  auch  das  nicht  ganz  mit*ihnep  ein- 
stimmend, dafs  das  neue  Leben  des  Christen,  das  ihm  in  der 
Wiederge*burt  aufgegangen,  als  ein  Gegenstand  der  Reflexion  un- 
ter dem  Namen  der  christlichen  Frömpiigkeit,  psychologisch  zer- 
legt--wircj,  um  hieraus  die  Dogmen^  zu  entnehmen.  Die  ersteh 
Lehrer  unserer  Kirche  sprachen  aus  diesem  neuen  Leben,  warral 
und  fribch  legten  sie  die  Ueberzeugungen  dar,,  welche  ihnen  durch 
dasselbe  in  der  Erkenutnifs  göttlicher  Dinge  geworden  war^  und 
lichteten  auch  genau  hternach  ihren^  Lehrgang.  Das  a^er  i^t 
schon  etwas  ihnen  nahe  l^ommendes  *in  «der  vorliegenden  Dog* 
matik,  dafs  sie  das  Grosse,  welches  in  der  Geschichte 'der  Mensch- 
heit durch  das  Christenthum  gegeben  ist,  als  eine  wir  möchten 
sagen  heilige  Thatsache  .auffalst ;  die  wiederholte  Durchle- 
song  dieses  Lehrbuchs  verstärkt  den  Eindruck  von  der  Heilige 
baltung  unserer  göttlichen  Religion.  Nur  ist  die  Behandlung  .eine 
ganz  andere,  als  sie  unsern  B^kenntnifsschriften  zum  Grunde  Hegt 
und  zusagt.  Denn  eine  Reflexion  über  das  fromme  Gefühl  des 
Christen ,  um  hieraus  die  Gjaubenslehren  zu  entwickeln ,  od>er 
aach  "nur  zu  ordnen,  macht  das  christliche  Gemüth  zu  einem  Ge^. 
genstand,  welcher  vorgelegt^  und  gleich  einem  organischen  Kör- 
per der  Aq^äljse  unterworfen  wird,  wie  auch  die  Abhängigkeits- 
gefühle des  frommen  Christen,  des  ironiimen  Heiden  etc.  in  der 
Einleitung  gleich*  Naturalien  in  die  Reihe  gestellt  werden.  Esr 
ist  also  immer  nur  eine  Besckreihuns  (nach  dem  Ausdruck  des 
Hrn.  Verfs.  selbst)  des  Christ enth ums,  wo  der  Theologe  von 
aussen  steht,  wo  er  wie  der  Phjsiolog  oder  wie  dbr  Kunstken- 
ner seinen  Gegenstand  demonstrirt,  und  s«  die«e  grosse  Erschci-» 


2i6  ^  ;    Dogmatik. 

nung  in  depi  .mensclilichen  Gemüthe  in,  ihrem  Zusammenliaiige 
aufzeigt.  (  Vgl.  die  Abc.  der  EiiiL  in  uns.  Jahrb.  v.  J.  S.  863. 
953.  959  fg..  978:).  Aus  einer  so  analysireen  Tcki.Q  geht  dann 
keine  andre  yviidCig  hervor,  als  dafs  die  Elemente  dieses  Gefühls 
auf  das  Historisehe  bezogen,  und  systematisch  in  Begriffe  gestellt- 
werden  Dafs  dieses  theoretisch  und  praktisch  , verdienstlich  sej, 
ist  unbezweifelt.  Aber  der  kirchlich^  Lehrbegriff  hält  es  anders 
(vgl.  Jahrb  S.  968  fg.).  £r  fafst  unmittelbar  ^uf,  was  ihm  die 
bell.  Schrift  darbietet,  nämlich  Gott,  durch  Christum  geoffenbart, 
una  ist  hiermit  ^gleich -^^läub ig  und  objectiv  lehrend.  Das  tiefe 
Bewufstseyn  der  Sündhaftigkeit  begleitet  den  Lehrenden  wie  den 
Lernenden,  und 'hält  ihn  beständig  hin  zur  höchsten  Vernunft, 
d.  h.  zum  Vernehmen  dessen,  v^as  Gott/ in  seinem  Worte  offen- 
bart.  Hiernach  Endet  sich  jeoe  Anordnung  als  die  natürlichste, 
dafs  zuerst  von  Gott,  wie  er  uns  geoffenbaVt  ist,  und  zwar  also  — 
gleich  in  Beziehung  auf  unser  Verderben  geredet  wird.  So  fan- 
g^en  nicht  nur  unsere  ersten  Lehi^bücher  an,  wie  Melantfitbon's 
loci  tkwlo^ici  und  Calvin's  Instüutiones ,  sondern  auch  die  älte- 
sten Sjmbple  uiid  unsere  Bekenntnifyschriften.  Der  erste  Artikel 
der  Augsb.  Conf.  enthält  den  ganzen  ersten  Abschuitt  einer  Dog- 
matik, und  ihm  zunächst  ist  der  zweite  von  der  Menschen  Fall  and 
Verderben,,  darauf  der  dritte  von  der  Erlösung  durch  Christus 
u.  s.  w.  Der  Heidelberg'er  Katechismus,  alle .  deutschen,  schwei- 
zerischen, niederländischen,  französischen,  brittischen  und  slavi- 
6chen  Confessionen  haben  alle  denselben  Gang.  —  Sonaqt  kann 
Rec,  diese  Glaubenslehre,  so  sehr  sie  auch  die  Grundsätze  der 
evangelische»  Kirche  in  sich  trägt,  nicht  dem  Geiste  und  Lehr- 
gange unseru  Bekenntgifsschriften  gemäfs  angeordnet  erkennen^ 
und  mufs  vielmehr  bemerken,  dafs  sie  gleich  von  Anfang  den  Ge-^ 
fichtspunkt  sehr  verschieden  genommen  hat. 

Hieraus  folgt,  dafs  die  von  dem  Ve.rf.  br wählte  Elntheilung 
picht  unmittelbar  dem.evang.  protestantischen  Xehrbegriffe  zusa- 
gen kann.  Nach  S  j66  ist  als  die  natürliche  Ordnung  vorge- 
zeichnet, dafs  der  erste  Theil  mehr  contemplativ  sej,  intern  er 
das  Abhängigkeitsgefühl  überhaupt  beschreibt,  der  zweite  mehr 
historisch,  indem  er  dasselbe  beschreibt  sils  durch  das  Geschicht- 
liche des  Cbristenthums  und  die  Erlpsung  bestimmt.  Sodann  »wer- 
den f  $.  169)  die  Sätze  in  dreifacher  Gestalt  bezeichnet,  1)  als 
Beschreibungen  dieser  Zustände,  2)  als  Begriffe  von  gö^jtlichen 
Eigenschaften  f.  3)  als  Aussagen  voq  Beschaffenheiten  *  der  Welt, 
welche  3  Formeln  der  Reflexion  in  jedem  der  l^eiden  Theile  out 
einander  verbunden  werden  sollen.  Wir  überlassen  dem  Leser 
das  Weitere,  was  so  geistreich  darüber  gesagt  ist,  dort  nachzu- 
gehen, nnd  stin^men  dem  Verf.  hei^  dafs  er  es  am  Schlüsse  als 
Unbe({uemlicl)keit^  xü2;t^  wenn  ein  Lehrgebäude  die  »wei  Haupt- 


Dogmatik. 


217 


theiie. Theologie  und  Anthropologie,  aufstellt,  ohne  dafs  wir  darunt 
für  die 'Darstellung  unsers  kirchlichen  Lehrbegriffs  die  Abtheilung 
dieses  Buches  bequemer  fanden. 

*     Das>eigt  sich'  auch   gleldi  anfangs  in  der Xehre>  von  Gott. 
Der  erste   Theil  ist   überschrieben :     Entwicklang  des  frommen 
SeUfStbewu/itsejrns  als  eines  der  menschlichen  Natur  einwohnenden^ 
dessen  entgegengesetzte  Verhältnisse  zum  sinnlichen  Selbstbewußt' 
seyn  sich  ^rst  entwickeln  sollen.  Eine  kurze  Einleitung  steht  voran* 
Sie  ^h^ndek  von  dem  Glauben  an  Gott,  und  sagt  ausdrücklich  und 
ganz  im  Einklänge  mit  de»  Kirche,  dafs  nicht  erst  Beweise  fürs 
Dasejn  Gottes  vorausgehen  .sollen  -,  kurz  und  gut  deutet  der  Vf» 
.  die  speculative  Wahrheit  an,    (  S.   179 )•  »dafs,*  weim-uns  Gott 
nicht  udmittelbar  gewils  ist,.,  dann  dasjenige  unmittelbar  Gewisse, 
woraus  Gott  bewies(;n  werden   konnte,    uns  Gott   seyn  müfste'.f 
Er  nimmt  4^s  ui'sprünglichc  Abhängigkeitsgefühl  als  ein  wesent- 
liches Lebcnselement,  das  denn  in  uns  Christen  nicht  anders  -zum 
wirklichen  Bewufstseyn   wird ,   als  mit  der  Beziehung  auf  Chri- 
stum (  §.   181).     Wir   halten  uns  also  hier  ganz 'folgerichtig  im 
Gebiete  der  Beschreibung  christlicher  Natur  (Gemüthes);    wel- 
ches auch  hier  keineswegs  zu  tadeln. wäre,  wenn  nkht,   wie  es 
wenigstens    Recensent  nicht   anders    finden   kann,   das    Wesent- 
liche  des   Christengefühls  übersehen'  worden.      Das   ist   nämlich 
das  eigenthümliche  Bewufstsejn,  in.  dem  Lichte  der  höchsten  Of- 
fenbarung zu  stehen,  und  von  diesem  höchsten  Standpunkte  aus 
überall  das  Wesen  der  Religion  richtig  zu  erkennen',    also  auch 
die  objective  Wahrheit  zu  wissen.    Zwar  fehlt  das  im  Bewufst- 
seyn dieses  Glaubenslehrers  nicht,  denn  e^  beweist  scharfsichtig 
( S.  182   ff.)  dafs  in  jedem'  frommen  Augenblicke  Beziehung  auf 
Christum  sejn  müsse,    und  da^  »ja  nicht  jeiftand  glauben  möge, 
es  solle  ßiiT  uns  christlose  fcomme  Momente  geben  können.«    So 
gut  nun,    wie   er  da&  fromme  Gefühl  überhaupt  voraussetzt  ( S. 
174)9  das  kein  Einssejn  mit  der  Welt,  welches  der  Idee  Got- 
tes und  unserer  Abhängigkeit    von  Gott  widerspräche,   in   dem 
Selbstbewufstsejn  zuläfst,  und  wie  er  sagt  (S.  180):  »die  Dog- 
matik  will   nicht   die   Frömmigkeit   aus   dem  Unglauben  hervor- 
bringen,  sondern  setzt  sie  imr^er  voraus;^  eben   so   gu^  mufste 
er  auch   von  jenem  christlich  bestimmten  Selbstbewufstsejn  aus- 
gehen, welches  aber  kein  anderes  ist,  ak  die  gewisse  Ueberzeu- 
gung,    dafs  "wir    Gott   nur  durch  seine  Offenbarung  in  Christus 
erkennen.  So  halten  es  uhsere  Bekennti^ifsschriften,  und  so  stellt 
sich  denn    diese  ganze  Lehre  etwas .  anders  heraus.     Wenn  der 
Vf.  folgende  neuere  Meinungen  rügt  (S,  iSi}]  i)dafs  die  Theo- 
logie, sich  unterscheidend  von  «der  Religion,  auch  aus  den  Vätern, 
iius   der  Vernunft  und  aus   der  Philosophie  schöpfte,   wo  denn 
mit  Recht  der  Dogmatik  die  Beweisi^  für  das  t)9i$ejii  Gottes  nicht 


!2iä  Dogmatik. 

♦  - 

erlassen  werdet!;  2)dafs  selbst  lo  ein<U' Dogmatik  wie  v<»ii-Rein- 
liard*  diese  Ansiebt  geltend  gemachr  werde,    wo  denn  die  Wahl 
zwischen  den  moralischen,*  den  geometrischen ,   und   den  wafar- 
scheiulichen  Beweis^  auch  schwer  genug. erscheint;    uad   wenn 
er  das  Herausweisen  dierselben  aus  der  christlichen  Glaubenslehre 
fiSr  einen  grossen  Gewinn  erklärt:  so  ist  das  ganz  im  Geiste  der 
Reformatoren,    und   kann    zum   Theil  mit   ihren   Worten    belegt 
-werden.     Aber  wenn  die  Gotteserkenntnifs,   oder  auch  nur  die 
Frömmigkeit  der  Heiden  als  gleichartig  mit  der  christliehen  an- 
gesehen wird,    so  ist  das  dem- Geiste* und  Buchstabe«  derselben 
geradezu»  entgegen*  Sie  stellen  die  Erkenntnifs  unserer  Sündbaf- 
»  tigkeit  neben  -  die'  Gotteserkeuntnils  voran,  so  dafs  der  Mono|he^  ' 
ismus  der  Weisern  unter  den  Heiden  noch  sehr  verschieclen  ybn 
dem  chrisCiichen' bleibt;  und  darum  nennt  auch  MelanchtV.  (loe. 
de  Dogm.J   selbst  Piatons  Idee  von  Gott  mutilamj  vergl.  Coli'» 
Jnst»  t,.3»  u    4>  ^^   CS  s.  3.    heilst:    »Es  ist  auch,  v^entgsjtens 
iron  4^cscr  Seite,   kein  grosser  Unterschied,  ob ^  man  Einen  Gott 
oder  .raehrete  denkt,   vyeil   man    doch    immer  vom  wahren  Gott 
abweicht  öder  abfällt;   und  -hast  da  ihn  verlassen,  so  bleibt  dir 
nichts  als  ehi  fluchwürdiges  Idol.«     Wir  bleiben   also   J]iei   dem 
Satze  des  Lactantius :  nidlam  esse  legitimam  feligiopemj  nisi  cum 
meritate  cönjanctam  ,   und  verweisen  i^bri^ens  auf  das,  was  wir 
oben  in  der  Anzeige  der  Einl.  (Jahrb.  S.  970 -^976  vor.  Jahrg.) 
darüber  erinnert  haben,  und  fugen  nur  noch  bineu,  daf^  die  Stelle 
S.  177  wo  die  zweite  Art  der  Gottlosigkeit,  die  vielgötterische, 
nur  darein  gesetzt  wird,  däfs  Gott  leiblich  vorgestellt  werde,  und 
da£s  solche   Vielgötterei    theils    gewöhnlich    zusammenhänge   mit 
Vielherrei    im  bürgerlichen   Leb pn,    wobei   man   sifch    gewohne 
,J)inter    einer   ausgesprochenen   Vielheit    eine  wes^entlicbe    Einheit 
vorauszusetzen  ( vfergl.  Jahrb.  S.  358  ff.  v.  7  ),  theils  etc.c  nur  in 
der   Ansicht' des  Verfs-  vom  Heidenthum  geschrieben  ist,   aber 
-von   unserer   kirchlichen   abweicht.     Denn  tiach   der    klassischen 
Stelle  Siöm.   i  ,  lö  ff.   wird  die  Vielgötterei   )iem   tiefliegenden 
Herzensverderben  der  Menschen  zugeschrieben,  und   unsere  er- 
sten evangelischeu  Glaubensschriften  erklären  hiernach  die  Viel- 
götterei an  sich  und  als  solche  für  eine  Gottlosigkeit,  ühd  zwar 
weil  da  selbstgemachte. Götter  sind,  der  Mensch  aber  aus  seiner 
verdorbenen  Natift*  sich  immer  nur  ein  Idol,  .einen  falschen  Gott 
scliafft,  der  wahre,  lebendige  Gott  dagegen  hur  durch  seine  Oi- . 
fenbarung    erkannt  werde,    und  diese  nur   der  sein  StTuden«|end 
erkennende,  Erlösung  suchende,  gläubige  Mensch  in  seineu  Geist 
arufnehme.     Ausser  obigen  Belegstellen  Ijessen  sich  aus  allen  Re- 
formatoren eine    Menge  anführen.  *  Sie  geben    zu,    dafs   Ueber- 
bleibsel   und  Fünkcheli  der    eingebomen  wahren  Gotteserkennt- 
nifs auch  unter  den  Heided  geblieben^  welche,  durch  Betpaebtung 


j- 


Dogmatik.  2i(> 

der'Wek  erwdckt|  ihnen  gär  w(Al  ri  yvo^ovVo^  0«oi5  enthüllt 
haben  würden,  hätten  sie. nicht  ^i^' W^^''^!^^^  durch  ihre  Unge- ' 
rechtigkeit  niedergehalten.  -Deshalb  verwerfen  sie  auch  keines. 
weg$  die  Beweise  för  das  Dasejn  Gottes  ganz  au§  der  Glau- 
benslehre, sondern  sie*  stellen  sie  auf  zum  Zeugnisse  gegen  die 
Heiden  d.  h.  für  das ^ naturliche  Verderben,  wie.  man  diese  Be^ 
handlang  am  besten  aus  Gerhards  loc,  th.  seh.en  kann.  Und  so 
gehören  sie  allerdings  in  unsere  Dogmatik ,  indem  der  äussere 
Beweis  der  OfifiAibarung  und  das  innere  Zeugnifs  des  beil.  Crfii'^ 
stes  Voransteht,  und  dann  die  Ein^mmung  der  Naturoffenbarung 
erkannt  werden  soll.  Trefflich  zeigt  unser 'Verf.  (  S.  i85^,  dafs 
keineswegs  durch  tiefere  Einsicht  in  den  Naturzusammenhang  sich 
Gott  verliere,  sofidcrn  vielmehr -bei  dem  Mangel  solcher  Einsicht 
das  Bewufstsejn  von  Gott  durch  fatalistische  Ergebung  und  durch  . 
magisch^  Bestrebungen  am  meistern  getrübt  werde  ,  Wie  aber 
dergleieh^^  Wahn  auf  ein  unter  uns  fortdauerndes  Heidenthuni 
deute,  mag  man  unter  antlera  aus  den  Stellen  in  Mel.  loc,  ent* 
nahmen,  wo  er  gegen  die  Stoiker 'und  Epikureer  spricht.  Jenei; 
kirehlichcn  Anseht  des  Heidenthums  nähert  sich  am  meisten  die 
Befflerkung  uns.  Verfs.  (S.  i83),'dafs  in  unsem  heiligen  Schrif- 
ten Gott  so  beständig  den  Beinamen  führe  der  Vater  uusers  Herrn 
Jesu  Christi,  das  komihe  von  der  Beziehu^ng  des  Gottesbewufst- 
sejns  auf  Christum  bei  den  heiligen  Schriftsteilem,  und  das  Wort 
Christi,  niemand^kennt  den  Vater  als  nur  der  Sohn,' und  wem 
CS  der  Sohn  will  offenbaren,  zeige,  wie  jede  Beziehung  auf  Chri- 
stnnj,  der  jedes  wirkliche  Gottesbewufstseyn  mitgetheijt  hat,  auch 
dieses  enthalte.  Allein  es  ist  noch  clas  Apostolische  Wort:  nie- 
mand kann  Jjesum -einen  Herrn  nennen  ohne  durch  den  hei- 
ligen Geist,  hinzuzufügen  und  so  tritt  auf  Qinmal  in  dei'  Got-  ' 
teserkenntnifs  der  reinchristliche  Cliarakter  hervor,  und  zwar  als 
keineswegs  gleichartig  mit  der  heidnischen  ^  '  sondern  wesentlich 
von  derselben  verschieden.  Und  erst  hiermit  stehen  wir  ganz 
in  unserer  evangelisch -kirchlichen  Lehre. 

-  Dieses  führt  uns  auf  eis  Hauptdogma ,  Waches  der  Verf.  • 
auf  eine  originelle  und  kunstreiche  Art  behandelt,  auch  darin 
von  der  gewöhnlichen  Weise  abgehend,  dafs  er,  dasselbe  gs^z 
an  das  Ende  und  als  den  wahren  Schhifsstein  der  christlichen 
Glaubenslehre«  setzt.  Es  ist  die  Trinitäts  -  Lehre.'  Sie  steht  Thl./ 
11.  S.  686*ff.  §.  186  —  190  unter,  dem  Titel:  Schlufs.  Von 
der  göttlichen  Dreiheit.  Wif  'setzen  sie  in  unserer  Betrach- 
tung voran^  Der  Verf.  giebt  ihr  ^»nicht  gleichen  Werth  'mit  den 
übrigen  eigenthütilichen  Glaubenslehren,«  sondern  erklärt  sie  für 
einen  nur  verknöpfenden  Satz  (§.  187);  Welcher  ihm||i«lchel'  ist, 
der  nur  um  des  Zusammenhanges  willen  in'  dem  Lehrgebäude 
steht  (Eial.   §.  4)-    »Unter  düe  eigenUiümlichen  Glaubensleh- 


320 


Dogm^tik. 


ren, .sagt  er,  rechnen  wir  nur  diejenigen,  welehe  «nmittelbare 
Aussagen  einer  bestinimten  Moc[ification  unsers  frommen  Selbst- 
bewufstsejos  sind.«  Wir  -wollen  nicht  abschweSlea  durch  die 
Frage ,  witf  solche  Abtheilung  sich  zu  der  älteren  in  artictdos 
fundamentales  et  non-^ßindamentales  verhalte^  das  liegt  vor  Äu- 
gten, dafs  die  Trinitätslehrc  hier  als  eine  selche  betrachtet  Tvird^ 
die  nicht  wesentlich  zum  christlichen  Glauben  gehört,  aber  doch 
wesentlich  zum  Lehrl^egriffe ,  um^  in  demselben  den  ZosammeD« 
hang  erst  völlig  'zu  bewirken.  Sie  steht  also'biW  gegen-  alle 
andere  Dogjneo,  z*  B.  anch  ^gen  das  von  der  Vereinigung  der 
beiden  Naturen  in  Christus  zurück,  uqd  hat  «überhaupt  einen  nur 
.  .LUitergeordneteo  Werth.  Ganz  anders  hat  es  die  Kirche  von  de» 
früheste^  Zeiten  her,  und  mi>t  ihr  die  «nsdru^klicbe  Erklärung 
der  Reformatoren  gehalten.  Indessen  dieser  Divergens^.  uneraah« 
tet  nähert  sich  doch  auch  in  ^diesem- Lehrstück  die 'Scbleierma- 
chersche  Dogmatik  weit  mehr  unserer  kirchlichen  Lehre  als  vi«4fr 
aus  neuerer  Zeit,  die  gerade  wegen  jhre»  VerXirprfuBg  solcher 
kirchlichen  Dogmen  grossen  Beifall  erhalten.  Un^  desto  sorgfäl- 
tiger müssen  wir  der  Idee  des  Verfs.  nachgehen.* 

Vorerst  ist  das,  g^n^^  in  dem  Sinne  jener  Lehrer^  da(s  die- 
ses Pogma. nicht  ein  Philosophemseyn  kann,  wie  (S.  690)  er- 
iniKrt  wird. '  Denn  schon  die  scholastische  Behandlung  desselben 
war  den  Reformatoren  zuwider,  so  Jafs  ein  Melanchthon/  sie  An- 
fangs sogar   verkannte,   und   wegen  der  Subtilitäten   lieber  gani 

'  wegliefs,  bis  ter^  die  Speculationen  abscheidend,  die  Umnittelbap- 
keit  derselben  einsah.  Damit  bestand  indessen  gar.  wohl  die  An- 
nahme, dafs  auch  in  d^r  Ve|^nuuft  noch  fine  dunkle  Idee  der 
Trinität  zurückgebUeben  isey  —  da  bekanntlich  ^^ch  der  Lehre 
\ox\  dem  göttlichen  £benbilde  eine  ursprüngliche  Ofieubarung  des 
drcieinigeu  Gottes  vorkam  — ',  und  dafs  sich*  sog'ar  "Spüren  der- 
selben unter  den  Heiden  finden ,  wie  man  sie  denn  z.  B.  nicht 
nur  in  dem  Piatonismus,'  sondern  ancH  in  dem  ladisch'en  Tri- 
murti,  ja  in  jenem  Homerischen  Gebiete  (Jl,  2,  871.  Od.  4» 
34t*)  hat  finden- wollen.  Und  ^so  möchten  auch  selbst  jene 
strengen  OfTei^barungslehrer  diesen  apticulus  purus  nicht  so  weil 
aus  dem  Gebiete  der  Vernunft  verweisen,  als  unser  Verf.,  wel- 
(jier  etwas  kühn  für  die  Geschichte  der  Menschheit  behau^ptet, 
»dafs  ohne  Veranlassung  jenes  kirchlichen  Satzes  es  niemals  Je- 
mand eingefallen  sejn  wür4&y  eiue  Dreiheit  in  Gott  zu  behaup* 
ten.c  Das  aber  ist  gewifs  nioiu.  in  dem  Sinne  dieser  Lehrer, 
dafs   »die  Lehren   von   der  Vereinigung   des   göttlich en  Wesens 

.  mit  der  menschlicheil  Natur  in  Christo  und  in  der  chri&tlichcn 
Kirche,c  cpen  höheren  Rang  habeu,  oder  fon  der  Trinitätslehrc 
getrennt  werden  Könnten.  Auch  findet  Receus.  nicht,  dafs  jene 
gerade  mehr  biblisch  aejen  als  diese,  und  dafs  jene  vons  Anfang 


Dogmatik.  .  221 

des  €linstlicli'en  Glaubeiis  an-  als  in  dem  unmittelbaren*  Selbstbe*^ 
wufst$,eyn  der  Gläubigen  mit   enthalten  deutlicher  ausgesprochen 
werden.    We^r  das   eine  noch   das  andere  Dogma  ist  von  dem 
Aposteln  als  solches  ausgesprochen  worden,  wie  es  von  den  YS*' 
lern  und  auf  den  Concilien,   von   dem   Niceni^ien   an   bis  zun   % 
Chalcedonensischen' geschehen,  denn  nur  in  den  Zeiten  der  Re* 
flexioD  und  der  häretischen  Misdcutungen 'wurden  die  ApQstoIl-»   " 
sehen  Aussprüche   in    die    Bestimmtheit  kirchlicher  Dogmen    ge** 
bracht    Die  Elemente  der  Trinitätslehre  aber  sind  in  den  Aeus-* 
serongen  der  Apostel  über  Vater,  Sohn  und  heil.  Geist^  einzeln 
und  zusammengestellt,  eben  so  'deutlich   enthalten,   als   die   £le- 
.    mente  über   die   ivcütrtc  hro^ocnH^  in  Ho  (pvfTscoi/;   und  Christus 
selbst  spricht  in  der  Tauffonnel  jene   doch  gewifs  nicht  dunkler 
aus,  als  seini^  Vereinigung  mit  Gott      Man  niufs  sich  nur  über 
das  VerhähniTs   der   biblischien   Lehre  zur  dogmatfschen  verstän- 
digen, und'  man  wird  es  wohl  nie  anders  finden,  als  dafs  in  der 
heil.  Schrift  die  Wahrheit  weniger  im  Begriffe  aber  desto  fester 
und  lebendiger  im  Geiste  spricht,    der  kirchliche  Lehrsatz  aber 
sie  buchstäblich    und    polemisch   nach   allen  Seiten  hin  benimmt 
und  bcgränzt  hat.     W^ir   vervveisen   dabei   auf  ^en  Verf.   selbst^ 
(s.  unsere  Anzeige  der  Einl.  in  den  H.  J,  v.  J.   S.  g5^  unt^n). 
Auch  mufs  man   mit  aller  Sorgfalt  ^ie  späteren  Subtilitaten  der 
TrinitätslehTe  unterscheiden  yon  der  froheren  einfachen,  wie  sie 
unsere  Sjmbole  nicht  anders  wollten.     Der  Verf.  hat  urts  hierin 
nickt  eines  andern  überzeugt,  und  so  bleiben  wir  bei  d^em  Grund* 
safze  aller  bislierigen  kirchlichen  Dogmatik,  dafs  die  Trinitätslehre 
mit  der  Lehre»  von   der  Person  Christi  »wenigstens  in   gleiche^m 
Ran^  stehe.   A})cr  auch  in  der  engsteh  Verbindung.    Denn  nie- 
raanil*  kann  den  Vater  Erkennen  ohnfr  durch  den  Sohn,  und  nie- 
mand den  Sohn  ohne  durch  den    Jieiligen   Geist.     Dieses  gehört 
noihvveuüig  und  üntheilbur  zusammen,  und  so  ist  die  Offcnb)arung 
des  ^öulich'en  Wesens  in  Christus  nichts  anders  als  die  göttliche 
Offenbarung  jener  Drcihcit   in  polt.     (  Doch  weiter  unten  wird 
sibh  auch .  wieder    die    Zustimihung    des  Verfs.   Zeigen).     Der 
ewige  Sohn  Gottes,  der  Kayog,  ist  in  Christtis  Mensch  geworden, 
und  der  ewige  Geist  des  Vaters  und  des  Sohnes,   der  Offenba- 
rende .(riXö6jS.>J<r«y  6id  Ttbv  vpo(p7{T(vv  nach, dem  alten  Symbolum) 
verkündigt  den  Sohn  und  bewirkt  in  dem  Gläubigen  das  neue  Le- 
ben.   So    Erkennt  der   Christ  und  betet  an  Vater,    Sohn,  Geist, 
diese  drei  gleich  hoch  lind  gleich  uahef  in  jedem  dieselbe  c\  ige 
Gottheit.  Auf  solche  Art  ist  der  Xoyog  als  der  'ewige  Sohn  Got- 
tes ganz  identisch   mit   dera   i/;oc  5'£ot5,  *den  *di«   Jünger    in    der 
Person  Cl^risti  erkannten,- und  das  'Trver/xoc'd^EOVf  das  von  Anfang 
in  Gott  war,  ist  dasselbe^  dessen  sich  die  Apostel  in  den  Offen- 
barungen und  die  «Glaubigen  in  ihrem  neuen  Leben  bewüfst  wer- 


I     . 
I  \ 


Ü22  Dßguiätik.  .  •     ' 

den,  und-das'ist  der  ia  der  Kirche  fortwirkende  GpUesgeist. 
So  lehren  die  Reformatoren  und  ibre  Bejeenntnifsschriften,  mehr 
oder  weniger  bt'stimmt  auf  die .  Lehrbestimmuug  über  die  ditj 
Personen  eingehend.      •         . 

.  Indessen  verlangt  es  die  Wichtigkeit  der  Sache,  dafs  wir  des 
Verf*Einwend^jBgen  heleuchtep-  S. 689 sagt  er:  der  ausammenfas- 
;ende  Begriff  der  Qreyeinigkeit  mit  der  darin  liegenden  Zweiheit 
Von  Wesen  und  Person  sey  nicht  unmittelbar  in. dem  christlichta 
Bewufstseyn-  begründet,  denn;  die  heil-  Schrift,  die  einzeln#u  Ele- 
inent^  anerkeimend,  wissen  nichts  von  den  zusammenfassenden  For- 
men, ^und  wir  könnten  doch  nicht'  glauben,  dafs  irgend  etwas  dem 
christlichen  Bewufstseyn  Wessentliches  in  derselben  gar  nicht  be- 
rührt sey.  Diese  letzteren  Worte  scheinen  uns  im  Wiederspruclie 
mit  jenem  zugestandenen  Anerkennen  zu  stehen;  aber  auch  abge- 
sehen davon,  ^o  beweifst  das  Argument  zm  viel,  den  es  wurde 
picht  nur,  wie'  scho^  bemerkt,  auch  von  dem  Dogma  über  die 
Person  Chri§ti,  sondern  auch  voii  dem  Dogma  über  Gottes  We- 
sen •  und  Eigenschaften,  xihd  von  .welchem  nicht  ?  ge)ten.  In 
der  l^eiligen  Schrift  sind  alle  Lehren  unsere  Lehrbegriffe  i^rührt, 
oder  ^vielmehr  durch  den  Geist  des  Christcnthums  begründet, 
der  mehr  anschauend  als  reflectirend  in.  den*  Aposteln  sprach, 
aber  keine  einzige  wissenschaftlich  aufgestellt  und  zusammenge- 
fafst,  welches  ganz  natürlich  dem  in  der  Kirche  sich  entwickeln-» 
den  Denken  mufste  überlassen  bleiben.  Weiyi  unser  Verf»  ge- 
gen, die,  welche  aus  der  Logologie  Joh,  L  1  - —  i4^  für  die, 
kirchl.  'Prihitätslehre  argumentiren,  bemerkt,- dafs.  der  Apostel  iß 
dieser  Stelle  die  Absicht  gehabt  h«d)e  den-Eindiyck  äes  Göttli- 
chen, in  der  Person  Christi  darzustellen,  so  bricht  er  damit  selbst 
die  Spitze  feiner  Einwendung  ab,  dafs  Johannes  grade  hier  auch 
voi*  der  dritten  Person  hätte  reden  müsseli,  wenii  ihm  ein  sol- 
ches Verhältnifs  der  einen  Person 'zu  der  andern,  oder  zu  der 
Einheit  des  göttlichen  Wfesens  vorgeschwebt. hätte  (S.  691).  Die 
Absicht  des  heil.  Sqhriftstellers  war  ja  also  keine .  DogmatiL  Da- 
rum. soU^  aber  diese  doch  in  solchen  Stellen .  suchen.  ^  Die  Tfi* 
nitätslehre  hat  aber  auch  sogar  das  voraus,  dal s -sie  in  den  soge- 
nannten CollectivsteJlen  des  N;  Test,  in  einer  zusammenfassenden 
Form  erscheint.  Gern  wird,  unser  Lehrbegriff  da^  eingestehen, 
(dafs  die  Zweiheit  von  Wesen  und  Person  nicht  so  bestimmt  in 
dem  N.  Test,  ausgesprochen  ist,. dafs  kein  Streit  darüber  entste- 
hen konnte.  Denn  daher  .eben  der  Sabelliauismus  und  ^^rianis- 
inus  samt  den  vielen  andern  Meinungen ,  .und  daher  die  Niceno- 
Constantinopolitanische  Lehirbeslimmung.  Eben  diese  will  jeder 
Wendung  dieser  Lehre  sowohl  zu  einer  .Vielgötterey  *als  au  ei- 
nem Trennen  des  göttlichen  Seyhs  von  dem  Erlöser  ubd  von 
dem  in   den''  Kirche   wirkenden  Geiste  begegnen^     Darum  trifft 


Dogmatik. 


223 


CS  attch  gar  nicht  unsere  ^kirchliche  Lehre,  w^  unser  Verf.  sagt, 
es  sey  nicht  zu  läugnen  daüs  die  Vereinigung  de^  göttlichen  We- 
sens als  Gemeingeist,  der  Kirche  geiringer  sfey,  als  die  Ver^ini- 
^üg  desselben  Wesens  mit'  Christo.  Denh  die  Unseriv  lehreii 
mit  der  alten  Kirche,  der  ewige  Sohn  und  der  ewige  Gejist  Got- 
tes,-mit  dem  Vater '  gleiches  Wcsens.^urid  gleicher  Macht,  sej, 
der  Sohn  zunächst  in  Christus,  der  h/  Geist  den  Glaubigen* wirk- 
sam, damit  die  Menschheit  zur  Vereinigung  mit  dem  Vater  ge-^ 
lange;  die  Art  und  das  Mals  dieser  Wirksamkeit  kommt^  für  die 
Gottheit  der  drei  sogenannten  Personen  so  w^nig  in  Anschlags 
^Is  die  göttliche  Wirksamkeit  In  der  Schöpfung  und  Erhaltung 
für  die  Allmacht  uud  Güte  u^  s«  w.  Auch  könnte  man  allenfalls 
die  unendliche  Gottesfülle  in  der  Vereinigung .  des  heil.^  G«istes 
mit  den  Glaubigen  in  der  Unendliehkeit  der  Einzelnen  und  der. 
ganzen  Kirche  finden.      . 

Eben  so  wird  unser  Lehrbegriff  unserm  Vef.  zugestcfae«! 
dafs  niemals  eine  allgemeine  Formel  dieser  Lehre  als.  allgemein  . 
Bes  Richtmafs  ^ir  alle. Zeiten  aufgestellt  werden  könne  (S.  ^ga)* 
Ja  nichts  kann  diesem  Lehrbegriff  mehr  zuwider  sejn,  als  jede  Aa* 
mafsung  solcher  Formeln ,  da  er  nur  die  *  heil*  Schrift  ab  sein 
Richtmals  erkannt.  Daraus  aber  folgt  weder  dafs  die  aufgestellto 
Fonnel  verwerflich  sej,  noch  dafs  die  Kirche  in  diesem  Dognui 
noch  einer  Verbesserung  entgegen  sehe,  ^icht  das  erste:  denn 
die  Kirche  hatx  sich  schon  frühzeitig  genugsam  darüber  au^e- 
sprechen,  und  zwar  g^^en  Häresien.  Ihre  Formel  ist  also  inso* 
fern  negativ  und  weiset  alles  das  ab^  was  der  heil.  Schrift  und 
dem  Geiste  des  Christenthums  widerspricht;  sie  ist  demuneraeh« 
tet  zugleich  positiv,  indem  sie  die  Lehre  Christi* und  der  Apostel 
verständlich  machen  «will.  Unsere  Bekenutnifsschriften  $ind  ohne 
Deiters  dabei  gebliebei),  nicht  atsob  sie  die  Athanasius,  Grego* 
rius,  Basilius  den  Aposteln  gleich  oder  über  sie  setzten,  jondera 
weil  sie  jene  Bedeutung  recht  ^it  verstanden^  und  wohl  einsah A, 
daüs  an  der  Formel  nichts  verbessert  werden  4eönne,  ohne  «sich 
in  neue  Irrungen  u.  Grübeldeu  zu  v%iswickeln :  sondern  dais  jede 
andere  Bestimniung  entweder  die  Verwahrung  gegen  die  Irrthü- 
mer  »vernachlässige ,  ,oder  das..  ^eheimnifs  nur  frevelhaftein  Spitz-* 
findigkciten  •  preifs  gebe.  Wir  stimmen  daher  ganz  den  Worten 
bei  (S.  692  f.).  '»Fast  oder  viehmehr  gaa%  unvermeidlich  aber 
ist  — r  daf«  )ed^r  Versuch,  —  Misverständifissen  ausgesetzt  ist,  ^-^ 
Daraus^  eatsteheu  den^  Bestimmungen,  welche  eigentlich  Cau'telen 
sind,  und  Grenzen  nach  irgend  einer  l^eite  hin  aufetellen Collen. 
Dieses,  nun* gelingt  zuerst  selten,  dafs  ihnen  incht  der  Schein  an- 
hangctt  sollte  etc.  Und  eben  ^daraus,  erklär  eji  wir  es  uns  und 
billigen  es,*  dafs  die  Reformatoren  diese  Lehrbestimmung  liefsen, 
y>'\t  &t  diesellie  in  den   allen  Symbolen '  fanden;   sie  sahen,    es 


V 


■^  V.       ._ 


aa4  Dogma  tik.         • 

•  •        •.  •  »        .   '•  • 

war  alles  «clion  init  dem  i^tüfsten  Bedacht  darin  bestimmt  wor« 
den,  so  weit  man  nur  ungestraft  hierin  bestimmen  darf.  —  Da- 
raus folgt  denn  atich  uqser  obiger  Satz,  welcher  keine  Verbes*- 
s^ung  wdieses  Dogma  mehr  erwartet,  und  es  möge  nur  noch  das' 
Wort  Melanchthons  dafür  sprechen:  (lac.^de  causa  veccj  »nee 
quaerantur  mbtiUores  disputationes  et  inextricabäes  labyrinthuL, 

.Boch    es  bedarf  nicht  mehrerer  Stellen.  Die  Reformatoren 
liebten  nicht  die  Speculationen  in  dieser  Lehre,   aber  sie  liefsen 
die  .altep  Formeln   nach   sorgfältiger  Prüfung   stehen.     Denn  sie 
erkannten,    dafs' diese  gerade  so  weit  das  Geh eimnifs  bestimmten 
als  es  gegen  alle,  die  in  der  Kirche  vorgekommenen  und  zu  be- 
sorgenden  Irrthümer,   wie   auch  zur   rein  christlichen  Gotteser- 
kcnntnils  nothwcndig  schien.  '  So  sagt  die  Augsb.  Conf.  (Art.  i.) 
»dazu   werden   verworfen  et» ,  auch  die  Juden  und  Samosateni, 
a\te  und  n^ue^  so  nur  eine  Person  setzen,  uud  voii  diesen  zweien, 
Wort  und  heil.  Geist,    Sophiiäterej  niiachen,  sagen,  dafs  es  nicht 
müssen  'unterschiedene.  Personen 's^yn,  sondern  Wort  bedeute  leib- 
lich 'Wort  oder  Stimme^  und  der  heil.  Geist  s^y  ge^chaflfene  Re- 
gung in-  den^Cfcs'tiM'eQ.v;  Und  wenn  sie  etwa  die  Sabellianische 
VorstÄllung  •  von  der  drejfachen  Offenbarung  des  göttlichen  We- 
sens noch  mit  solcher  Erklärung  'vereinbar  gefunden  hä^en,    so 
hielt  sie  doch  davon  zurück  der  Grundsatz:  wie  Gott  seih  We 
sen    uns    (Christen)   geoffenbart   hat,  so  ist  e^  auch  gewifs  und 
wahrhaftig    an  sich    und   in    sich.     la,    konnten   sie  .^  sich    auch 
hierbei   mit  den   blofsen  Bibelstell^n  und  ihren  Ausdrücken*  be- 
gnügen, so  fanden  sie  nun  emmal  die  Sache  so  vielfach  bestritten 
und  bestimmt  vor,  dafs  sie  in  der  UeberzeugunJ;  von  der  ?foO»- 
wendigkeit  einer*  kirchlichen  Fprniel  gerade   die   Athanasianische 
als  die  beste  anerkannten:     Nicht  als  wollten  sie  noch  weiter  ge- 
hen, vielmehr  wiesen  sie  alle  theosophische  Grübeleien  und  scho- 
lastisehb.    Spitz^ndigkeiten    zurück,,  sie   wollten    nur  die    .reine 
Lihre,   wie  Gott  im  Christenthuine  angebetet  werden  solle,  da- 
mit •sichern.     Da^fler  setzen  sie   auch   schicklich  die  Trinitälslehre 
gleich   iqs  Lehrstück  von  Gdttj  wie  Vvir  es  immer  für  die  Dog- 
matik  f olg[erichtig  finden.   Die  Kirche  sah  schon  früher  ein.  dals 
in'unserm  Gottesbewufstsejn  vön-V^ter  Sohn  und  Geist  das«  Er- 
habene und  Eigenthumliche  dei:  christlichen  Gottes^kenntuifs  ge« 
gen  das  Judenthum  und  Heidenthum  fest  gehalten  werde.  (VergL 
die  Einl.  zu  der  vorliiegendcn  Glaubenslehre  und  unsere  Anzeige 
S.  947-  Jahrb.  v.  J.  den  dortigen  Druckfehler  (<;2'cä/i^  statt ,  rich- 
tig können  wir  daher  füglich  stehen  lassen ; )  wie  denn  auch  der 
Mahometismus  beweist,  der  doch   offenbar  bei   s^ineih    antitrini- 
tarischen  Monothe|jimus  in  ein  Heidenthum  zuilSckgesuBken.  ' 

{DU  Fortittzun^  f<f^^X 


«=15/     Heidelberger  ^^* 

Jahrbücher  der  Litterätur- 


•  Jb  ö  ff  tti  ä  t  i  k. 

i/as  sätieQ  atteti*di^  Verf.  unserer  BekettiitDUsscIirift«ii  gär  wolJ 
ein,  uod  wamsten  Vienötliig  es  sej»  dif  Christen  tu  jeder  Zeil 
g^te  da$  Verstedkte  Heidenthum,  wonach  der  Mensch  sich  gernitf 
seinen  Gott  selbst  niatht  (rergl.  LutheA  gr*  Katecbisnu  auni  er« 
sten  G^ot)  aufs  sicherste  von  dieser  Seite  zu  verwahren.  Wenil 
nun  unser  Verf.  (II.  S.  6^  u.  706)  behauptet,  daCi  unsere  Tri-r 
nitätsformelii  tti  jener  Zei^  wo  noch  Anklänge  des  Heidnischen  undl 
dessen  Yermischiang  mit  dem  Christlichen  beröcksichligt  werdend 
mufsteu,  zweckmäfsiger  gewesen  sejen,  als  jetzt,  wo  durch  Be-^ 
festiguflg  des  Christenthüms  und  durch  das  Zurücktreten  derpo«* 
Ijtbeistischen  Elemente  eine  Menge  von  ängstlichen  Besorgnissea 
weggefallen  seyen :  so  sind  dabei  jene  fortdauernden  Besorgnisse 
wegen  des  innern  Heidcnthums,  (unter  der  su&tilen  Abgdtter'ej 
Itegriffen,)  welche  die  Reformatoren  bedachten,  übersehen^  nind  es 
bangt  mit  der  mehr  äusserlichen  Zusammenstellung  des '  Heiden-^ 
thums  und  Christenthüms  znsamnien ,  die  wir  in  der  Einleitung 
des  vorliegenden  Buches  bemerkte«.  Die  feinen  Argumentationen 
unsers  Verf.  nber  die  realistischen  und  nominalistischeil  Einsei« 
tigkeiten  und  über  dergL  Speculationeo,  dienen  zu  ctiner  treffli- 
eben Belehrung,  Welche  uns  dabin  zurückführt,  dafs  wir  mit  Au- 
gastians  in  der  augef.  ^t*  protesttren  gegen  die  Ansicht  von  ge^ 
rm,  species  indwidtlum  bei  der  Trinität>  und  uns  mit  ihm  fuj^ 
die  blofs  negative  Darstellungs weise  erklären.  Denn  alles  dieses 
aimm^  seinen  Tjpus  aus  weltlichen  Dingen,  und  das  darf  fät 
das  Geheimoifs  des  jgottlichen  Wesens  nicht  sejU»  Die  Meinung 
uosenVerL'dafs  diese  Lehre  erst  noch  ihre  Yoileüdung  erwarte^ 
wahrend  sie  andre  Lehren  bereits  in  unsem  ^ekcnntiiifsschnfteil 
erbalten  haben,  können  vvir  aus  den  angegebenen  Gründen  ni^t 
thetlen.  'Da£s,et.es  jEiicht  mit  jenen  Rationalisten  halt,  die  durch 
eine.pAeime  Capitujation  den  Unitarismus  in  Scheinforraeki  hei^ 
eiubnn^ea  mdcfaten^  versteht  sieb  von  selbst.  ^  will  die  Bei- 
behaltung* der  TrinitStslehre  als  einer  ächtbhristlicheti ,  ^msttich^ 
glai^  jsbeTi  dals  noch  eine  bessere  Formel  au  finden  sey»  'wozu 


226  Geseniqs  de  Samarit  Theologia: 


/ 


^r  selbst  den  Weg  in  den  Ausdrucken  Wort  für  das  sicli  mit 
ChrUtus  vereinigdndp.  Wesen,  wn^Sohn  Gottes  iixt  Aep.  mit^deiQ- 
selben  veremtgteii  Christas  aadeatet,  u^d  ^weshalb  er  einie  bessere 
Würdigung  dies  Sabellianismüs  d,  i.  des  FesUialtensan'dic  diei- 
facbe  Offenbarung  der  Gottheit  an|;äth.  Rec  zweifelt  an  dem 
Crdingen»  vrünscht  aber  als  einen  wahren,  iFortschrit(  4«r  Theo* 
logie  ein  tieferes  Eingehen  in  diese  Idee  *). 

(  Die,  FortsitzuHg  folgjt. }  * 


Jesu  Christi  Natalilia  pie  celchranda  Academiae  Fridericianae  Ha' 

'  lensis  et  F  itebergensis  Consoeiatae  civibus  'mdicunt  Prorec' 

tör  et  Senatus,  '■^^' Inest  Gvu.  OssErfitj    l%eoL  2>.  et  P* 

P.  O.  de  Samarit ahorum    Tkeolaf^ia  ex'  fontihus 

ineditis  Comm^ntatio.    Htdae,  in  Libraria  Rengeriana\ 

,       (MDCGCXXIIIJ  46,  S.  4'      ' 

JN  achdem  der  auch  eine  Zeit  hindurch  Heidelberg  schmückende  hoch- 
berühmte  und  'vielbegehrte  Orientalist  und  Kirchenhistori^er  Jok» 
JSeinr^  Hattinger  durch  seine  aus  dem  ehedem  Scaligerischen 
unter  dem  Titel  des  Buches  Josuas  bekannten  Chroniken  der 
Samaritaner  geschöpften  Beiträge  zu   der  so  merkwürdigen  Dog- 

'*)  So  eben  erhalten  wir  das  dritte  Heft  der  theol*  Zeit- 
schrift, herausg*  von  Dr*  Sclileiermacher,  Dr..  de 
Wette  und  p;*  Lücke  (9ernn  1 8 22,)«  worin  unser  Verf; eine 
eiijne  Ahhaodluog  seiner  widitigen  Idee  gewidmet  hat:  übet 
den  Gegensatz  der  Sabc  Uianischen  und  Athana« 
sianlschen  Vorstellui^g  von  der  Trinität.  Die  unge- 
meine Sagacität  in  den  dogmengeschichtlichen  Turschun^en  giebt 
^qch  für  dieses  Fach  viel  neues;  die  Dpgmatik  Erhält  bfcr  eine 
noch  nachdrucklichere  Aufforderung,  wie  wir  sie  oben  angegeben. 
Wir  k(5nnen  hier  nur  im  Allgemeinen  folgendes  entgegnen«  dals 
wir  nicht  die  Stellung  des  Chrisienthums  zwischen  das  Ju- 
denthum  und.  Heidenthum,  sondern  über  beiden  annehmen  müs. 
sen  (S.a59. ),  dafs  die  Kirche  von  der  ewigen  Zeugung  den  Zeit- 
b&griflP«  gänzlich  wegdenkt,  cn^  dafs  auch  Worte  wie  irlMrivBäotif 
ve^tyfxipri  falsche  Begriffe  hereinführen.  Denn  entweder  Kegtdie 
Zeh  od  der  Raum  in  unsern  symbolischen  Uezeichnung^en^  ^le  letztem 
sind  aber  immer  dlf  niedrigeren»  Wir  können  übrigens  diesen  Sabel- 

^  lianismu^  den  der  Verf*  vorzeigt,  gerne  zugeben,  und  der  sich  so- 
gar das  Wrrt  ic^ofxtxJTeoy  gefaneh  l^ßt,  ja  wir  erkennen  auch  an, 
dafs  hiermit  der  Glaube  an  Alt  GotthVit  Christi  und 
an  seiu  Reich,  „welche  beiden  Punkte  von  Jeher  di«  Angel 
aller' christlichen  Verkündigungen  waren"  fS.  538)  wie  überhaupt 
die  praktische  Seite  der  Trini^ätsilehre  sehr  wohl  bestehe  .•  aber 
wiefern  es  sich  um  ^le  kirchliche  Formel  handelt,  finden 
wir  keine  neue  Grunde^  fim  von  obiger  MeimiRg  absttgeheiii 


Gesenius  de  Samarit  Theologia.  22^ 

(«efigclckielite  jeaes  kochst  lateriesfantea  Volkes  zuerst  bewies^ri 
•JuuttCy  yne  aus  den  eigenen  Schriften  desselben  eine  weit  bestimm-- 
tere  tml  zuverlässigere  Kenntnils  seiner  Glaubenssätze  als  aus  deot 
ffaohrichten  der  KiccKenvä'ter  und  Rabbinen  zu  schöpfen  sey,. 
.folgten  seinem  Beispiele  andere  Männer  grossen  Namens,  eid 
Ceäariu4j,  Relandß  ßfunageß  Dw.  Mälius,  indem  solche  namentr 
lieh  aus  neueren  Briefen  der  Samaritaner  erläuternde  Nachträge! 
•zur  Dfffstellung  ihrer  eigenthüiplichen  Theologie  ItefeHea ,  und 
was.  diese  Gelehrte  aus  Mangel  an  Hülfsmitteln  in  lückenhafter 
UnbestinuBtheit  mobten  stehen  lasseUi  haben  in  der  neuesten  Zeit 
ein  Schrmrrer,  Bn^ns  und  Sihn  de  Sacy  im  Besitz  neuer  Docu« 
mente^  die  durch  sie  erst  aus  dem  Dunkel  eiilzelnei*  Bibliotheken 
hervorgezogen  wurden ,  erläutert,  und  ergänzt«  Ungeachtet  aber' 
der  verdienstvollen  Bemühungen  der  genannten  Männer  aus  deii 
Originalschriften  der  Samaritaner  ihi%  Dograengeschichte  reiii 
SU.  schöpfen,  ist  doch  gerade,  die  Hauptquelle  derselben,  nämlich 
^e  unter  dem  Namen  der  IMurgia  Damascena '  in  dem  Lez^ 
HeptagL  von  Edmund  Castell  bisweilen  angeführten  und  in  deü 
Samaritanischen  Anmerkungen  zum  Pentateuch  frägmentai'isch  äus-v 
gezogenen  in  der  Samaritanischen  Sprache  abgefafsten  alten  Lier 
<der,  unbenutzt  geblieben,  bis  eben  Jetzl  der  mit  deni  Samarita^ 
*i]ischen  vertraute  vielseitig  gelehrte  Oricöfalist  üiid  Theolog  Ge-^ 
senüts  in  4^m  oben,  dem  Titel  nach  angeführten  Weibnachtspro-* 
gramme  praktisch  därthut,  wie  vielLitht  noch  diel  Geschichte  der 
Dogmen  der  Samaritaner  durch  eiile  genaue  Berücksichtjguiig  der 
erwähnten  Lieder  erhalte.  »Neque  enJm  faorUm  catniinunl  ^äucto* 
res,  quod  faciunt  recentidre$  ilK  epistöfarüm  scriptoi'cs^  in  riti- 
bus,  ceremoQÜs  alüsque  rebus,  eiternis  strictidi  indicandis  sub- 
sistunt,  sed,  more  poetarum  sacrörum,  Interioral  qüaäi  fidei.ad^ptii 
xecludunt.€  S.  6.  Diese  denuidch  für  die  Theologie  der  Sama- 
ritaner sp  hochwichtigen  Lieder  fand  abei'  tit*  Dr.  GdsetiiuSj  aU 
er  die  beideä  jene  enthaltenden  einst  (ietä  tuastetblicheii  CaJtell 
selbst  gehörigen  jetzt  jrii  firittischefl  Maseum  s^u  Ldndoh  aüfbe^* 
#nrahrten  Codices  bei  seinem .  Anfentlialte  Ui  der  Hauptstadt  Eng- 
land« nachsah,  dergestalt  zerstückt  uAd  in  einzelnen  voti  eifiandet 
gerissenen  Thcilen  durch  einander  hergevVOrfenj  dafs  es  nicht  ttt 
verwundern  ist,  vf\6  CcUtell  und  andere  nach  ihnj^  die  sie  ein* 
sahen,  ihre  wahre  Beschaffenheit,  v^ka'nnten,  »Etenimt  fölia  ma« 
nuscriptoruni.ita  disjecta  iunt  et  (Urbafa^  ui  vix.  iiuum  et  nk^räm 
recte  sese  ezcipiatit^  quer  fdctutn  >est^  ütCatstelius  conteitum  Yhjth- 
'mumque  eorum  noii,  asseeuiüs,  non  nisi  singülä  ftfigmenta  eaqq^ 
saepe  prave  lecta  ti  intcUccta  exhibere  posset.«  S.  3.  tJfisercnl 
Gelehrten  gelang  i^  indessen  die :  alte  Qif'duung  de^  Biätter  uiia 
den  Zusammenhang  der  meisten  längeren  Lieder  wieder  hevztr« 
sceUen,  tmch  der  glücklioli  gem^tcbten  Bemerknpgj  dafs  jene  met- 

i5* 


i 


228  Gesenius  de  Samarit  Theplogia. 

stens  naeli  der  Folge  der  Budisfaben  geordnet  wären«.  Ufad  lo 

ist  er  denn  in  den  Stand  gesetzt  worden,  über  diö  aüieh  «für  die 

Jüdische  und  Ohristlicne  Dogmengeiebicbte  einer  tieferen -Kennt- 

I  Ulfs  so  werthe  ^Theologie  der  Sämaritaner  aus  einer  bisher  noch 

nicht  benutzten  QueHe  den  wesentlichsten  Puncten  nacl»  ein  hei* 
^ leres  Licht  zu  yerbreiteu,  als  das  ist,  welches  frah'ere  Forschet 
über  diesen  Gegenstand  angezündet  haben. 

'Zweckmässig  schickt  der  Verf.  seiner  Dariitelking  der  Dog« 
men  der  Sainaritaner  ein  Verzeichnifs  der  einzelnen  Biicher  ihrer 
lieute  noch  Yorhahdenen^BibUothek  voraus,  welches  er  jetzt  toIN 
ständiger  als  vor  ihm   Bruns  (vgl.  dessen  Au&atz  über  die  Sa- 
mariter, in  StäudUn*s  Beitragen   zur  Philosophie  und  Geschichte 
der  Religion   und    Sittenlehre « Thl.  t.   S.  7B  — *  97)  zu   geben 
'         im  Stande  ist.     Unter  den  einzelnen  zur  Samaritanischen '  Litera- 
tur gehörigen  aufgeführten  und  näher  besehriebenen  Werken  nia- 
then  wir  besonder«  auf  zwei  derselben  aufmerksam,  welche  kürz- 
lich erst  aus  dem  Bunkel   der  Bodlejanischen  Bibliothek  hervor« 
Vgezogcn,  wo   sie  selbst   von   Uti  übersehen  wurden,   von  dem 
JProf.  j^lex.  NicoU  zu  Oxford  gepau  characterisirt  worden  sind. 
"Vergleiche  dessen  BibL^Bodlej.  codd.  Manusor.  Otiental.  catalog. 
Oxon.   i8di  Fol.  p.  3  u.  4-   Die  beiden  merkwürdigen  Werke 
sind  nämlich :    Abulhassani  Tjrrii  opus,  de   ritil/üs  et  dogmatibus' 
Samaritanorum ,   dessen  Hauptinhalt   unser  Verfast.  kürzlich  nach 
NicoU  S.  10  angiebt,  und  ^on  eben  jenem  Veii.i'liber  de  futura 
njitaj  in  «velchem  vorzüglich  die  Gewifsheit  eines  künftigen  Le- 
bens aus  dem  Mosaischen  Gesetzbuch  z.  B.  aus   Gen.  9,  5  dar- 
Jethan   werden   soll.     Mit  der  Aufführung  der  schon  gerühmten 
amarilanischeii  Lieder  als  der  Hauptquelle  SamäHtanischer  Theo- 
>logie •  schlieDst  der  Verf.  das  Vcrzeichnifs  der  einzelnen  dahin  ge- 
^hdrigei)  Werke.    Bei  der  Bestimmung  des  Alters  und  der  Verf. 
dieser  Lif^der  etwas   verweilend  bekennt   er   aufrichtig,    dafs  er 
.  darü!>er  nichts  Gewisses  auszusprechen  wagCj   indessen  scheineu 
sie  ihm  docl>  nicht  lange  nach  der  Chaldäisch-^Samaritanischeb  Version 
aujfgezetditiet  »cujus  rei  testes  salfem  habemus  tum  ipj^m  patrian» 
dialectüm,  postmodoinvalescente  Saraccnarum  imperio  emortuam, 
tum  eam,'  quam  supra  significavimus ,  piuiosophicam  et  poeticam 
.  theologiae  indolem^   Alezandrinorum   philosophumenis  fiiiitinaam.c 
Freilich  st^eti  dieser  Meinung  die  hier  und  da  angegebenen  Na- 
inen  der  Verf.  eutgegen,  v eiche  meistens  Arabischen  Ursprungs 
sindf  wie  z  B.  Abulphataehi  beur  Jusitf,  Safi  al  Merdsctusni  u..a« 
tind  daher   auf  einen  späteren,  Ursprung  der   Lieder  scUicssen 
lassen.  »Caeterum  parum  refertc,  fügt  unser  ;Verf.  hinzu,  »quam 
sententiam  söqüaris,   quandoquidera   haec   Samaritanorum*  faoiilia, 
91'  qua  alia,  antiquioris  doctrinae  tenäx.  hi:< 

Nach  dieser  vorausgeschickten  l][ebersicht  der  Literatur  der 


-      Geseaius  de  Samarit.  Tbeologia«  229 

Samaritaner  geht  der  Verf.  zur  Darleguifg  ihrer  einzelnen  Dog* 
nen  über,  indem  er  dem  hin  und  kb^  ausgesprochenen  Inhalt« 
derselbe»  immer  die  Bewahrheitung  durch  einzelne  im  Original« 
text  eingerückte  mit /einer  Arabischen  und  seiner  eigenen  la- 
teinischen Uebcrsetzung  verbundene .  Stellen  der  oben  geuanntea 
Lieder  hinzufügt.  Rücksichtlich  des  Arabischen  Ucberset'zers  be- 
merkt der  yerf..*nur,  wie  jener,  unbezweifolt  einem  späteren 
Zeitalter  angehörig,  noch  eine  grössere  Scheu  vor  allen  anthropo  - 
moirphisttschen  Ausdrücken  als  »elbst  der  in  diesem  Punkte  sei- 
ner National -Kioenthümlichkeit  folgende  Orit^^fnal- Dichter  zeige« 
Die  unter  dem  Texte  befindlichen  reichhaltigen  I^^oten  bezieh ca 
sich  hauptsächlich  th«ils  auf  die.Yerbess^ruhg  Cor^ei^  In  der  Er« 
klärung  einzelner  Samaritatiischer  Wörter  und  Redensarten  oder 
auch  ganzer  in  dem  Lex.  H.eptagL  angezogener  Stellen  derselben 
Lieder,  theils  geben,  sie  bestimmte  Nach  Weisungen ,  wo  in  den 
Schrifte». des  »PAi/o  und' der  Alexandiinischen  Juden  die  schon 
häufig  bemerkte  Uebereinstimmung  ihrer  theologischen  Lehrsatz« 
mit  denen  der  Samaritaner  recht  sichtbar  hervortritt« 

Da  der  gröfste  Theil  der  Leser  unserer  Blätter  nicht  im 
Beaitz  des  angezeigten  über  'die  so  merkwürdige  ThecJogie  der 
Samiaritaner  höchst  belehrenden  Programmes  sejn  wird|  halten 
wir  es  der  Bestin^mung  unserer  Jahrbücher  für  angemessen,  wenn 
wir  'aus  den  eincelnen  Grund -Dogmen  jener  Theologie^  wie  sie 
der  zuverlässige  Verf.  aus  feiner  neuen.  Quelle  darlegt,  gewisse 
Hauptpunkte  herausheben  upcl  hier  .mittheilen. 

§•  1.  De  deQ|  ejusque  virtutibus.  Wie,  die  SaAiaritaner  die 
Einheit  Gottes,  im  Gegensatze  der  heidnischen  Vielgötterei  nicht 
nur,  sondern  auch  der  christlichen  Lehre  von  der  Erschaffung 
des  Gott  -  Sohnes  und  seiner  Tbeilnahme  an  der  Schöpfung  der 
Welt,  eifrig  behaupten  und  lehren,  geht  aus  den  vom  Verf.  an-? 
geführten  Stellen  der  alten  Lieder  besonders  deutlich  hervor. 
Interessant  sind  aber  vorzüglich  einige  Verse,  in  welchem  di«  be- 
kannte Samaritanische  Scheu  vor  Ahthropomorphisroen  in  der  Dar- 
stellung der  reingeistigen  Natur  Gottes  auf  eine  fast  an^s  Pafadoxq 
streifende  Weise  so  ausgesprochen  wird,  indem  der  Dichter  die 
Schöpfungsgeschichte  Gen.  i.  vor  Augen  hat:  »(Qui)  (ecisti  sine 
deßitigaiione  öpera  tua  excelsa  et  quiovisti  sine  defatigaiione  die 
sepümo.  "^  Exclamasti  sine  ort  verba  et  appäjruit  mundu^  c 
Dieser  eine  und  geistiffreioe  Gott  aber  offenbart  sich  dem  Meiir 
sehen  auf  eine  doppelte  Weise,,  durck  seine  Werke  und  durch 
seine  unmittelbare  Mittheilung  in  der  .heiligen  Schrift,  wie  folgeor 
der  Vers  besonders  beweist;  Rationis  ope  cognoscimus  tc.  ex 
operibus  tuis,^  op^  Vibri  tui  novirni^s  opera-  tua  a  te  ipso,  d^  i. 
wie  der  Verf.  die  tetztcren  Worte  ganz  riphtig  erkfärt :  ia  libco 
tuo  ipsc  nobis  opera   tua  patefecisti  tequc^  aüctorem  coriim  pro- 


33o  Gesenius  de  Samarit,  TheologliL 

<       ■  < 
',  .  <  . 

fettus  es.  Die  BeliauptuQg  der  Samaritaner  Ton  der  Unvergletcli«» 
lichkeit  der  Gottheit  mit  irgend  einem  sinnlichen  Gegenstande 
-wird  sodann  ebenfalls  durch  einige  sehr  bezeithnende  Verse  be* 
atatigt|  so  wie  zuletzt,  wo.vqn  den  Eigenschaften  Gottes  die  Rede 

.  ist,  unter  andern  ein  Vers  angeführt  irird,  aus  dem  die  so  häufig 
bemerkbare  Uebereinstimmung  der  Samaritanischcn  Theol^ogie  mit 
tler  Pbilo's  und  der  griechischen  Väter  auch  in  der  Lehre  yon 
den  verb.orgenen  Eigenschaften  Gottes,   Wc^lche   gerade  als  .die 
irorzuglichsten   erst  bei   der   Schöpfung   der  Welt  und  bei  der 
Gesetzgebung  zum  Vorschein  g^kummen  wäretf,  deutlich  genug 
Jiervofgcht    Die  an.  den  Alexandrinischen  Satz  yon   dem  Koyf 
iviiotdir^  und 'Vpod^of/Hft' 'erinnernden  Worte  de$  Samaritanischen 
JDichters  lauten   so;    »rotentia  tua   abscondita   (erat)   et  glorla 
fA  mbericordia  tua:   revelata  sunt  manifesta  et  abscondita  divino 
fuo  imperio.c  —  .  §.  a,*  De  creatione.  In  diesem  Dogma  stim* 
inen  die  Samaritaner  mehr  mit  den  Palästinensiscihen  Jifden  und 
den  christlichen  Lehrern  als  mit  Philo  und  den  Apocfjphischen 
Büchern  {iberein,  indem  sie  streng  die  Schöpfung  aus  Nichu  be^ 
]baupien ,  yri^  dieses   yiele^  Stellen  ^  ihrer  Lieder  beweisen  z.  B. 
produxiti   dextra   tua  creaturas,  ex   eo,   ubi  nihil   erat.     V8Hi^ 
Phüonisch  ist  nun  aber  wieder  die  Eintheilung  der  gapzen  Weh 
in  die  JicA/^are  und  unsichtbare,   wovon  die'crjlere,   der  Siu 
der  Engel,  nur  einmal,  nämlich  bei  der  Gesetzgebung  aufgeschlos- 

.  #en  worden  s<fjr.  Sie  ist  die  Welt  der  Ideen,  nach  deren  Mu-' 
fter  Alles,  was  in  die  Sinne  fallt,  geschaffen  ist  §.  3.  .De  an- 
gelis.  Hier  "wird  besonders  gegen  ReUtnd  (de  Samaritanis  §.  7. 
9.)  deutli(:h  «erwiesen,  dafs  die  Samaritaner  allerdings  an  Engel 
.glauben«  Sie  kpfninen  in  den  Liedern  unter  dem  Namen  von 
Jiräften  vor  {Suvafiei')  oder  heilen  auch  wohl  mundi  abscon- 
4iti  yirtutef  und  popiae  dpmiae^^ifii  welcher  Benennung   man 

.  sogleich  ^n  die  Heb^äischp  D^ptC^^     JK3üf  denkt,  welche  so woM 

yon  den  Sternen  als  Engeln  gebraucht  tvird«  So  sa^  ein  Dicli- 
|er:  Copiae  tuae  divii^ae  ipstructae  erant  in  Mionte  Sinai ,  copiac 
reffal  tui,  quis  possit  eas  aestimare?  —  Dafs  die  Engel  un^e- 
ßchaffipn  wären,  ist  noch  eine  besondere  Behauptung  der  Samail- 
-faner,  irelche^sie  mif  den  Cnostikern  und  einigen  orthodoxen 
Kirchenväter  theilen*  5*  ^'  ^^  ^6^  revelßtione  et  praestäntia. 
Wie  die  Samaritaner  nur  a^ein  das  Gesetz  Mosis  als  die  Riciit- 
^chnur  des  Glaubens  unter  den  Büchern  des  A.  T,  annehmen 
_^^uiid  glänzend  erheben,  ist  bekannt  genug,  ^o  erkennen  sie  auch 
nurvMosen  als  den  einzigen  Propheten  an  und  können  nicht  ge- 
nug erschöpfende  Namen  finden,  welche  seine  unvergleichliche 
Wtirde  bezeichnet,  worin  sie  wieder  mit  PhilQ  in  Yollkopimener 
|Jje][)ereinstimmuug  (»ich  befindeiif   Man  wird  vie}e  solcher  Namen 


Gesebiaä  dq  Samarit,  Theolegia.  a3i 

iB  dm  ?om  V&  iiiitgetl|e3teb'SuiUen  aus  dieo  alten  Sam^riuntficlieir 
Liedein  finden»  So  sagen  sie  aach,  dafs  Sjcbon  in  dem  Zeitraum  von 
secbs  Tagen^*  binden  welchen  Gott  die  Welt  erschuf,  Mosen4iie 
prophettsdhe  Würde  bestimmt  worden  ^sej,  irie  die  Wort^'^ine» 
Diesters  bezeugend  »Prophetia  ei   (dcstiuata  ^at)   instar. xor.o* 
nae,  a  diebus  creationis:    lUuminatio  Mosis  induit  eum,    qui  ca 
digoas  erat.  In  der  Ausschmückung  der  l^blischeb  lÜrzS^Iung  toii 
der  MittY^inng  dds  Gesetzes  duroh  mancherfeit  nilytliisicjTi-^bildKdi« 
Zusätze  stimmen  die  Samaritaner  xum  Theil  mit  «kn  Rabbineij 
fibernn,  z.  B*  wenn  sie  sagen :    Gott  habe  ,mit  leayigem  ¥m^t 
das  Gesetz  auf  die  Tafeln   geschrieben^  *'^ie/si<sh   daräbe^  ctii 
Dichter  folgendermassen  Ternehmen  läfst:    yMooiitravi»  in-  d%iaki>» 
nus  dnas  tabulas  firmas,  quibus  inscriptvni  erat  digite  ignis  C07 
medeQtis.c     Interessant  ist  es  endlich  auch,  die  Ausdrucke,  wel- 
che von  den  Samaritanern  ^ur   erschßpfe^en   B«%et^hnVtig  deff 
erhabenen  Würde  des  Gesetzes  gebraucht  werden,  mit  denen,  zu 
vergleichen,    welche  bei  Philo    vom   X,Qy^  ixüä   in^  Buche , der 
Weisheit  von  der  voCpifrov  «^soti  oder  in  den  Proverbien  von  de^ 

rlDDn   gebraueht  werden  9  v(ro  man  auf  manebe  fibet#asehe»di 

Uebereinstininaung  stossen  wird*,S.  p.  3o-— 34-  ^»  5>  De  Sab^ 
latko  et  ctrcumeisione.  Her  Saähath  und  die  •Beschfieiaunff.yrfBTr 
den  als  von  einander  unzertrennlich  angesebeif  und  ihre  Heilige 
achtung  erheischt  •  die  hohe .  Bedeutung,  des  zwischen  Gott  und 
dem  Volke .  ges<;hlosseocn  Bundes.  Die  .strenge  Feier  des  Sab** 
baths  namentlich  können  die  Samaritaner  nicht  dringend  genug 
empfehlen,  so  dafs  sie  die  Yerabsäumung  derselben  in  eine  Classe 
mit  dem  Götzendienste,  dem  gröfsten  aller  Yerbrecl^enj  setzen. 
Daher  auch  unsere  Dichter  immerfort  ermahnen,  die  Sabbatlisfeier 
strcDge  zu  bewahren :  denn  dieses  bringe  hohes  Glück.  ^Felices, 
qui  sabbathum  cel^brant  quique  digni  sunt  benedictione  ejus; 
umbra  ejus  sancta  eos  recreat  ab  omni  labore  et  defatigatione.« 
5*  6.  De  *vüa  pos't  mortem  Jatura^  Auch  bei  diesem  Haupt-  .' 
dogma,  welches  die  Kirchenvater  den  Samaritanern  fälscMich  ab*' 
leugneten,  beweisen  diese  den  reinen  von  allem  Anthröpomor- 
phisoms  fernen. Geist  ihrer  Religion,  wie  wir -besonders  aus  roeh- 
rereii'  Stellen  ihrer  Liedersammlung  sehen,  in  wclctien  auf  ein 
zukünftiges  Leben  angespielt  wird.  Z.  B.  »Habitatio  mihi  futura 
sedes  est  imperii  tui,  neque  mapre.  ibi,  neque  pontus',  neque  ip- 
sum  quidem  coelum.c  §.  y.  De  JkfÄwia. .  Welch e^  Begriff  die 
Samaritaner  sich  von  dem  Messias  maehen,  darii&er  drückt  sich 
unser  Verf.  naeh  den  besondei»  in  den  neueren  Briefen  cntfial- 
teoen  Nachrichten  so  aus:  »Prophetam  quendam  illustrem  esse 
spcrant,   cui  obsertatuti  sint  populi  ac  crcditari  in   illum  et  in 


, 


e»3fl  \         Geaenius  4e  Samarit  Theologia: 

fegem  61  in  montem  Gariziöli  qui,  fidem  mofaieam  eftaiartfs  sfti 
täbernaculum  rcstitjarut  in  monte  G«mim)  pöpttlom  suam  bea« 
forali,  postea  moritanis  jt  sepeiieodus  apud  Josephiitti  i.  e.  in 
tribu  Ephraim.  €  Die  Zeit  der  Erscheinung  dieses  Propheten 
id>er  sef  nur  Gott  bekannt.    Der  Name,  Velcher  in  der  älteren 

Cb^istologie  der  Samarilaner  für  Messias  gebraucht  wird  ist  äftlff rt 

•  •  • 

•d^r  Snnfls  den  heutigen  Samaritanerny  ^ie  es  scheint,  itnbe* 
lunnt  und  Yon  den  Philologen  auf  verschiedene  Weise  erklart, 
die  jedoch,  nach  unserem  Verf.,  schon  darin  alle  irrten^  da|s  sie 
.  das  dunkele  Woft  Häsi^hkaiodet  ßat-hab  aussprachen;  das* 
selbe  müsse  nelmehr  Hebräisch  s»  punctirt  und  ausgesprochen 

irretden:  9«|1V^rt  und  artpnft>  ^ovon  dann  die  Bedeutung  sej: 
r$duct4nr  Tel  amversor  i.  e.  propheta  homines  ad  meKorem  frn« 

gern  revocatnrus,  so  dafs  aWT  oder  a^fl  in  activer  Bt^deutnng 
gcdommen  w^rde«  mussCi  wie  es  ja  auch  im  Hebräischen  sowohl 
'reäire  als  reducere  bedeute  z.  B.  Num.  lo,  36;  Nah.^a,  3*  Ps. 
95,  5.  Diese  Erklärung  des  Namens  empfieUt,  sich  allerdings 
sehr,  indem  so  dje  etymologische  Bedeutung  desselben  mit  dem 
Inhaltie  der  Messiaserwartung  der  altef  en  Samaritan^r  v&lUg  fiber- 
^nstimmt,  nach  der  ein  Sittenverbesserer  und  Schöpfe^  eines 
l^läckücheren  Tolksläliens  erscheinen  sollte,  wie  di^es  aueh  z.D. 
«US  folgenden  Worten  eines  Dichters  hervorgeht,  in  welchen  der 
Messias  also  angeredet  wird;  »Poenitentibus  da,  obsecro  ch 
illis  mundum,c  wodurch,  wir  an  die  immer  vviedepkehrfnde  Lehre 
der  Hebräischen  Propheten  erinnert  werden,  dafs  die  Reuigsa 
des  Volkes«  von  Gott  mit  neuen  Wohhhaten,  besonders  i^it  de? 
ruhigen  Bewohnung  ihres  Vaterlandes  besel^t  Werden  S|0lhen, 
woi'auf  sich  gerade  auch  ik^  an|;efuhrte  Bitte  unsers  Samaritani- 
iPhe^  Dichters  bezieht.     :  F:  fV./C.  Umir^ie, 


fhilotogiicher,  historischer,  und  iritiseher  Com- 
mehtar  üb^r  die  Geschichte  d^r  Lelde^  uud  des 
Tqd^s  Jesuj,'n(Vfh  den  Ev^angetitn  des  Matthäus ^  Marcus 
und  LmcoSj,  yon  Dr.  Johann  Fai^bntin  Hknnkbrug, 
Pfarrer  ^  Eb'erst^dt  i^nd  ^onneiorn  im  Hisrzogthf^m  Gotha. 
Leipiig,  iSüs^j  b.  ffiOu  Engelmann,  Xtlu.  S167S.  8. 

er  durch  die  Herausgabe  mehrerer  zur  psactischen  Theologie 
«ehorenden  Schriften  schon  von  einer  vortheilhaften  Seifcc  be- 
kannte Verf.  dieses  Werks  beweist  durch  dasselbe,  da(^  er  die 
Qe^^hicbte  4es  Icidens  uRd  Todes  Je5^  nicht  Wp^  su  eigener 


Heimebergs  Cdmm.  üb.  Jesu  Leidensg.     ii33 

und  Anderes  Efbaurngstadirt  9  sondern   dieselbe  auch  als  ee^ 
lehrter  Pkilolojg;  zu.  erklären  weifs,   indem   er.  auf  ..die   von  inm 
früher  bdunntgemachten .  Hoqdilien   and  Vorlesungen  über   den 
benannten  Tbeil  der  Erangelien  zum  Gebrauch  bei    dem  offent« 
Itcben   Gottesdienst  und  zur  Beförderung  christlicher  Erbauung 
im  hauslich^a  Kjrei^e  nun  auch  eine  philologische  und  historisch- 
kritische  Bearbeitung  desselben   neu*testamentiichen  HauptrAb* 
Schnitts  folgen  läfsik     Freilich  wäird   der  Verf.  durch   die   Nähe 
der  berdhmtei^  Bibliothek  zu  Gotha,  welche  mancher  Universität 
zu  wünschen  wäre,  in   seinen   exegetischen   Arbeiten   vor    den  ^ 
meisten  .  seiner  AmtsBriider*  ganz  besonders  begünstigt ,   welche 
aller  literSrischen  I^ulfsmittel  entbehrend  es  bei  der  blossen. Er- 
bauung bcwemien  zu  lassen-  gezwungen,  sind.   Daher  v.erdi^t  es 
nur  Lob,*  da&  der  Verf.  dem  nun  verstorbenen  ebenso  geistrei« 
eben,  als  gdehrten  LandesAirsten  Herzog  August,  zu  dessen  ho- 
ben Vercüensten  um  das  geistige  Wohl  seines  Landes  vorzüglich 
auch  die  .ausgezeichnete  iind  grofsartige  Pflege   der  von  seine« 
edlen  Vorfahren   angelegten   Bibliothek  gerechnet  werden  mufs| 
sein  Buch    dankbar  gewidmet  hat     ^Tie  fleissig  nun  der  Verf. 
die  ihm  von  ihren  gefälligen  Vorstehern   geöffnete  Bibliothek  za 
seinem  Zwe^e  benutzte,    beweist  der   vor   uns  liegende  Com« 
mentar  durchgängig.     Mit  wahrem  Vergnügen    folgt  man   den^ 
Geiste  der  Gründlichkeit,  mit  welchem  der  Verf.  seinen  Gegen- 
stand behandelt ,  indem*  er  das  Ton  älteren*  und  ncue^n  Exege- 
ten  bereits  Geleistete   mit  Umsicht   und  Einsicht  benutzt,   aber 
auch  nicht  selten  selbststnodig  forschend  Neues  entdeckt  und  mit 
Scharfsinn,  und    Bescheidenheit    .zur    Prüfung    vorlegt.     In   der 
grammatisch -philologischen   Auslegung   hat  der  Verf.  besonders 
mit  Gluck  äurch  einzelne  Beispiele  dar^ethan,   wie  durch   eine 
genaue   Beachtung  des   Aramäischen   Dialects  mit   Rücksicht  auf 
den  neu- testanientlidieii  Sprachgebrauch  für  die  Aufhellung  desfi 
selben  jiocb  gat  Manch^  geleistet    werden  köune,   und  hier  hat 
man  Gelegenhett  von  des  Verfs.  Kenntnissen  vorzüglich  in  der 
Sjrischen  Sprache   sicli   zu   überzeugen.     Wo  es  auf  Sacherklä- 
rung   und    archäologisch  -  orientalische  Erläuterungen    ankommt, 
sind' dem  Verf.  hauptsächlich  Jahn  in  seiner  biblischen  Archäo- 
logie und  RostitatäÜer  in   seinem  alten    und  neuen  Mqrgenlande 
die  Führer  gewesen,  deren  gelehrte  Sammlungen  er.  mit  kritischer 
Auswahl  benutzt  hat« '  Ohne  mit  dem  Verf.  über  die  Erklärung 
einzeln^  Stellen ,  wo   wir  von  ihm  abwichen ,  hier  streite^  zu 
wollen,  schliessen  wir  diese  Anzeige  mit  dem  Wunsche,  dai^s  qs 
ihm  gefallen  mdge,   auch  nach  Johannes  die  Leidensgeschichte 
Jesu  auf  gleiche  Webe  gelehrt  zu  coromentiren  upd  auch  diese 
Ergebnisse  seiner  uentest.amentltcb'- exegetischen  Studien   öfFenti 
Ucb  mltwibeileik  >FV  fV>  C.  Umhreit* 


9 


I 

I 


234      Cellische  Nachrichten  för  Lsmdwhrthe» 

*  •  V 

Cdfiseht  .Nachrichten  ßir  Lahdwirth^  besonders  int  Königrnch 
Hannover j  herausgegthen  ün  Namen*  Her.  känigl,  Landwirih* 
Schafts geseUschaft  zu  Ceüe, '  /.  Bd,  </•  Stätk,  Hannover,  in 
der  Höhnischen  Hojiuchhandlung  484g  (ecufdem  Umschlage 
steht  48üo).  X  u.  g8  S.  4'  nebst  8  Kupfu  und  4  ^g* 
Tabellen.  —  jl.  Stack  cod.  a,  X  und  446  S.  mit  8  Kup^ 
fertafeln. 

Was  S.  i  des  t.  Stuckt  Ton  der  Landwirtlischaftsgesellicliaft 
zu  Celle  sagt,  dafs  ihr  Wirken  in  die  Geschichte  des  Landliaues 
im  Hannoverischen  genau  verfldchteil  sej,  das  sollte  man  Yon- 
jilien  Vereinen  dieser  Art  behaupten  können,  das  bezeichnet  ge- 
nau ihre  eigentliche  Bestimmung.  Auf  gleiche  Weise  haben  auch 

.  die  Ton  solchen  Gesellschaften  herausgegebenen 'Zeitschriften  xu* 
Ȋchst  eine  Beziehung  auf  ein  besonderes  Land;  sie  sollen  ror 
Allem  das  in  der  Wissenschaft  Anerkannte  unter  Viele  verbrei- 
ten, und  in  der  Anwendung,  welche  der  Oertlichkeit  entspricht, 
ins  Lieben  einfuhren.  Die  Förderung  der  Wissenschaft  ist  nur 
der  2te  Zweck,  aber  es  ist  doj^pdt  erfreulich,  wenn  er  neben 
|enem  erreicht  wird ,  obschon  ailch  ohnedies  die  deutliche  An- 
'  schauung  der  örtlichen  Eigenthumlichkeit  eines  Landes  die  ^er- 
liandlungen  ani^iehend  und  lehrreich  machen  kann. 

Mit  besonderer  TbeflnaHme  sehen  wir  eine  der  ältesten 
|!>andwirthschaftsgesel!s&harten  Deutschlands  tvieder  die  ersteh  Le- 
benszeichen geben,  nachdem  sie  seit  dem  Jahre  1 8 o3,  w^o  der 
Druck  der  fremden  Herrschaft  auf  dem  hannoverischen  Lande 
zu  lasten  begann»  ohne  Verabriedung,  ohne  Befehl  (nur  dafs  die 
Geidunterstützung  vom  Sta^ate  aufhörte),  blofs  durch  d^en  Gift- 
bauch  willkührlichcr  Ge^'alt  in  tiefem  Schlummer  gehalten  wor*- 
den  war.  Die  beiden  vorliegenden  Hefte  schlicssen  sich  in  ver- 
änderter Form  an  die  früheren  Miltheilungen  der  Gesellschaft, 
welcfhe  seif  1767    unter  dem '  Titel :    *  Der  KönagL    Grofsbritt. 

,  Churfürstl.  Braunschw.  Liineb.  Landwirthschafts*-  Gesellschaft  zu 
Celle  Nachrichten  von  Verbesserung  der  Landwirthschaff  und 
Gewerbe«  in  3  Bänd^,  derm  seit  1787  als  «neue  Abhand- 
lungen der  Kön.  Grofsbr.  Churf.  Br.  L.  L*  Ges»  zu  Celle,« 
hierauf  nach  erweitertem  Plane  imter  Thaer's  und  Betteck^s  Lei« 
tung  von  1 7^9  •"  i  806  als :  »Annalen  der  niedek'sächsischen  Land- 
wirthschaft«  in  5  Jahrgängen  erschietieii  waren.  Im  ersten 
der  beiden  jetzigen  Stücke  nennen  sich  unter  der  /^ueigpung  an 

'  den  Herzog  von  Cambridge,  der  Oekonomierath  Meyer  in  Kol- 
dingen (seitdem  gestorben;  und  der  Oberbergcommissar  Schaake 
in  Celle  als  «Herausgeber.     Das  2»  Stuck  ist  ganz  von  Me^^» 

Diis  1«  Stück  beginnt,  wie  sich  gebohrt,  mit' einer  ausführ- 
lichen Geschichte  der  Gesellschaft,  saaimt  beig^sfÜgten  Adenstü- 


Cellische  Nadbrichten  für  Landwirdtd      a3S 

t 

cken.    Geofg  III.  Bitte  ^r  Stiflang  des  Vmins,  die.i764*ar^ 
folgte,  Veranlassung^  gegeben.   \     -  , 

Die  hauptsachliche  Wirksamkeil '  bestand  In  dem  Anssetzen 
ton  Pribiien,   wobei  mit  Umsicht  dasjenige  ^  was  gerade  tod 
hndwirthschaftlioheaYeTbessertiDgen  dasWiinscheiiswertheste  war 
ausgewählt  wurde.     Beträchtliche  Mengen  Kleesaamen   wurdet 
anfangs  ünentgeidl^shi    dann  tixt  mSssigen  Freh  vertheilr.'    Seft 
der  Wiederbelebung  im  Jahr  «816  ist  der  Wirkungskreis  det 
Gesellschaft  auf  den  ganzen  Hannoverischen  Staat  ausgedehnt  unl 
ein  jährlicher  Zuschujb  von    iooo  Rthlr.  aus  der  Staatskasse  bc^ 
willigt.  Die  Zwecke,  deren  Verfolgung  zunächst  Noth  thut,  stiid 
auf  folgende  Weise  angegeben  worden:    i)  guter  Anbau   der  ' 
veithdhen  Stücke  von  Gemeinheiten ,  a)  Einftihrung  der  KoppeK' 
wirthscbaft,  wo  sie  möglich  ( sollte  sie  auch  überall  passend  sejv, 
wo  sie  möglich  ist?)    3)  Vermehrung  des  Bodenertrages  zufolge 
guter  Fruchtfolge,  Mergebing  undr  Düngung,    4^  Anlegung  von 
SchwemmwieseiJ ,  5)  Anbau  des  Rlee's,  der  Luzerne,  Esparsette 
und  des  Spergels«   6)  Verbesserung  der  Weiden ,  7)  der  Vieh^ 
zncbt,    8)   Pflanzung  junger   Obstbaume,    9)  Beförderung  der 
Holzcnltur.  — -     Zufolge  der  seit    «816  angelobten  Prämien  iit 
schon  an  liiehreren  Qrten  Meigel  aufgefunden  worden,  wo  bhui 
ihn  bisher  nicht  gewuCst  hatte,   und  es  ist  scbon^der  Gebrauch 
desselben  in  Gang  gekommen;  ein  Sachverstandiger  wurde  ver- 
anlaüst,  herum  zu*  reisen,  um  zur  Auffindung  und  Anw^dung 
dieses  wichtigen  VerbesseruugSmitteh   der  Felder   Anleitung  zu 
geben.    Mehrere  Bauern   erhielten  für  den  Gebrauch  der  Kühe 
tvLt  Feldbestellung  Belohnungen,  die  Bildung  von  Provipzialau*- 
Schüssen  der  Gesellschaft  wurde  bewerkste)lig|.  Sonst  Hesse  sich 
aber  bezweifeln,  ob  es  angemessen  ist,  für  eine  schon  voUendete 
Unternehmang  eine  Prämie  auszuschreiben,  die  also  nicht  erst  noch 
zu  verdienen  ist,   sondern'  nur   einen  Beweis  «eineis  schon  längst 
vollzogenen  Geschäftes   erfordert,   wie  dies  bei  der  Prämie   für 
diejenige   Dorfschaft,    welche  seit    10   Jahren   die  erste  Zusam-«' 
menlegung    (Arrondirnng)    der   Besitzungen  vorgenommen    hat^ 
der  Fall   war;  doch  die   Gesellschaft  mag 'ihre  giftigen  Gründe 
gehabt  haben«  /  ' 

S.  44  folgt  ein' Inhaltsverzeichniis  aus  den  beiden  ersten  Bän- 
den der  Communications  0/  $he  board  6f  agricuiturcp  mit  ein- 
zelnen ausgezogenen  Bemerkungen  und  den  Abbildungen  von  5 
Karren  auf  a  Kupfertafeln,  zu  denen  aber,  wenn  sie  Nachahmung 
finden  sollten  ^  eine  kurze  Beschreibung  hätte  gegeben  werden 
müssen. 

S,  Sa  fg.    ein   gediegener  Aufsalz  über   die  Vortheile  der 
Hagelversichernugsanstalten ,  die  bereits  in  Frankreich,  Schlesien,. 
Anhalt  -  Köthen  und  Mecklenburg  (und  in  Halberstadt  und  ffassau) 


230      epische  Nachrichten  (or  Landwirthe^ 

be«teb«D.     jDer  Verf.  sucht  zu  beweisen ,  dafs   diese  Anstalten 
I  für  Besitzer  gewdhnlitheri  besonders^  kleiner- Bauetogüter  nicht 

recht  passend  sej^n,  Und  durch-  die  wenigstens  im  HannoTeri- 
ichen   schon    zu    findenden   stilkchwcigenden  >yereine   mehrerer 
Dorfschaften    zu  gegenseitiger  Unterstützung^  .denen  «itian  leicht 
besttnunte  Form  geben  könnte,  zum ^.Tbeil  entbehrlich  werben* 
«  Ton  einem  'Zwaftge, zum  Eintritt. könnte  nach   des  Rec.  Dafür« 
,         ballen  schon  ftus  reditlichen  Gründen  dordiaus-  keine  Rede  sejn. 
Bis  nun   eine  ^  eigene  Anstalt  fiir   das  Königreich  Hannover  zu 
Stande  koinmt,  wird  einstweUen  zum  Eintritt  in  die  Köthen'sche 
oder.  Neu -Brandenburgische  gerathen ,   der^  Grmidgesetze  ^  la- 
slructionen  und  jj^ormolare  ;  deshalb  hier  abgedruckt  sind.  ,  Das 
Gesetz  der  ersteren,  im  Jahr.  1816  verbessert,   ist  sdion  aus  ei- 
jiem  besonderen  Abdrucke  •  bekannt.    Es  zeigt  im  Yergleicb  mit 
.-den*  Einrichtungen  der  Mecklenburgischen  Gesellschaft  -.  eine  zu 
,  «umständliche  Verwaltung ;   achon  der .  Vorstand  ist  für  einen  so 
einfachen  G^enstand  unverhäitnifsmässi|^  zusammengesetzt.     Der 
ll^vers,   den  man  noch  dai|^  beglaubigen  lassen  mufs,    ist  ganz 
,    entbehrlich,   da  man  sich  mit  der "^  ersten  Anmeldung  begnügen 
kanu;'4uch  möchte  es;  wohl*,   schon  der  leichteren  Ausschlagung 
^  V  ides  Sohadens  willen^  rathsamer  sejn ,  die  Schätzung  ^o  anzuord* 

tuen,  dafe  man  gewisse. Glassc^; vQn  Landereien,  Jn  nicht  zn  ge- 
ringer Zahl,  aufstellte,  bestimmte . Ertragssütze  für 'sie  ansmittelte 
•/  und  den  Theilnehmem  der  Anstalt  überiiesse,   ihre  Grundstucke 

^einzureihen«  Bei  der  jährlichen  Anzeige  brauchten  dann  nur 
:  die  Zahl  von  Morgen^  die  Classen  und  die  Arten  der  ausgesäe- 
't€ik  Frödite  angegeben  zu  werden. 

I  Die  Bemerk^gen  von  Meyer  über  die  Vertilguiig  der  Feld- 

miuse  in  Koldingen,   (  S.  82  — 8ß  >  .stimmen  mit  den  Erfahrun- 
<gen  ^tt&  letzten  Sommers  ganz  überein.  Da  die  lockere  Beschaf- 
fenheit, des   Bod^s  den   Gebrauch   des   Schwefeldampfes  unan- 
-.Avendbar  machte 4   so  nahm  man  zuin  Bohren  von  Löcliern  seine 
>Zu6ucht^  mit  dem.  besten  Erfolge.  Die  Kosten  des- Grabens  und 
\  ^ Ausnehmens  betrugen  für  den  Morgen  nicht  über  a.Ggr.>  .wäh- 

rend ;man,    nach,  den   Beschädigungf;n  «b^enaohbarter   Flureo    zu 
schltessen,    den  .  verhüteten  Verlast   wenigstens  auf  zwei*  Stiegen 
Frucht  oder  a  Rthlr.  a  Ggr.  auf  den  Morgen  rechnen  kann.  Das 
'Vcr^reta  wird  genau  beschrieben. 

Deiu  1.  <Stüeke  sind  Maafs-,  Gewichts*  und  Münztafeln  an- 
gehängt« Die  Nützlichkeit  saleher .  Angaben,  auch  für  den  Land- 
>wirdi^  ist  nicht  zu  bezveifebt,  und  die  htei^  roitgoth eilten ,  bei 
d^en  der  Hausvater,  Kruse,  Nel/ienbrecher  und  die  Lef^cArische 
Geld-,  Münz-,  Maafe"*  und  Gewichtskundc  benutzt  sind ,  hat 
.  )lec«  inv  Ganzen  richtig  gefunden^  Die  Tafeln  .gestatten  jedoch 
manche  Verbesserung^    .    ... 


•  •  '  *  ■  *  . 

Cdiische  Nachrichten  lur  Landwirthe.      it^j 

'     '      ■     '  '  '  :  ■        ■■...' 

Das  Ste  3tück  hat  den  NAcntitdi:  lieber' die  Verarbeitung 
des  Hanfs  und  «Fbcbfcs- im  uDgerotteten  Zustande,    durch   Ma^ 
Sühioeii..^  Yon'  /•  :(ri  M^«r.  «r-    Von   deif   ift  Abschmtten  sind 
awar  nur' die  beiden  letzten  eig^tüA  neu,   indefs  wird  es  je^ 
dem.  Leser  ^angenehn  seyn,    die  aus  ^verschiedenen  Zeitschriften 
schon  bekanirten  Materiati^  über   die  blols  mechanische  Verar- 
beitung desflachses  und  Hanfes  hier  vollständig  nadi. der  Zeit- 
folge gesammelt  zu  .finden;    man  erhalt. auf  diese' Weise   eine 
genaue  Eehntnils  von  *den  FoFtscbri|ten  der   Erfindung.     Den. 
Anfang  machen  Auszuge  aus  einer,,  wie' diese  Proben  beweisen, 
vortrdßlichen  Schrift^   Hausfabrik 'fiir  »Frauenzimmer,'  betreffend 
die  Linnenweberei,   von  /•  A.  A,  MfSUjLer,  4785 ;  der  Verfasser 
sprichltscho'n  von  den  Nachthciilen  des-  Rodens  ( Röistens ) ,   ^m^ 
pfiehlt   statt  desselben^  das  Trocknen    des  an    Stan^^en  aufrecht 
angelehnten  Flachses  und  giebt  ausführliche  Anleitung,  den.  Flachs 
dadurch  zu   verfeinern,   daCs   man  ihn   erst  in  einer  sehwachen 
Kochsalzlauge,   dann,  in  einer  mit  Kalk  atzend  gemachten  Potta- 
schenlaage,  hierauf*  in  Seifen  Wasser,   endlich  in*  saurem  Molken- 
wasser einweidit.  (Ein  ähnliches  Verfahren  Wurde  durch  BraB^ 
in  Amieiu  erst     ao    Jahre    später    bekannt    gemacht.     Landw* 
i^eit.  *i8o5  S.  43 1)*     Lee  erhielt  fiir  die  Erfindung,  vermittelst 
4  Maschinen  den  Flachs   ohne   alles   Rottc^n  in  Wasser  oder  an 
der  Luft 'ZU  verarbeiten,  iSi2  ein  Patent   mit  besonderer  Vei^- 
günsttgung,   das  Nähere  nicht  .bekannt  machen  zti  dürfen;   doch 
erhält  man   hier   S.    5i    einige  Vorstellungen    davon^    ffäl  mid 
Bundy  gaben  .1817  andere  Maschinen   an    (abgebildet  auf  der 
«.  Tafel)  und  bemühten  sich,  Atttn  Anwendung  zur  Beschäfti- 
gung der  Armen  zu •  empfehlen  (S.-3o— ^57).  Wie  Christian,  in  < 
Paris j  ohne  die  Hill'schen  Maschinen  genau  zu  kennen,  eine  an- 
dere Brechmaschine  erfunden  habe,  wie  Chcptaljlfermbstädt  tund 
DüigUr  im   £obe  des   neuen   Verfahrens  wetteiferten  und   die 
Sache^  aller  Orten  grosses    Aufsehen   erregte  (  S*  57 — 86),  ist- 
sattsam  bekannt.     Die  Tafeln  2 — ^6  mit  dem  abgedruckten  Auf- 
satze  des  Erfinders  geben   eine   ganz  vollständige. KenntniFs  der 
Vorrichtung,  zu  der  der  erste  Cedanke  vielleicht  von,  der  Krem-^ 
pdmaschine  enllehnt  sejn  mag.    Eine  im' Herbst  18« 8  zu  SchO* 
Urslage  bei  Hannover  errichtete  Fabrik,  in  welcher  ungerotteter 
Flache  auf  Maschinen  verarbeitet  wird,  gab  Gelegenheit  zu  meh* 
rerea  Versuchen,"  die  tum  Tfaeile  der  Herausgeber  selbst  anstellte, 
und^die,  wenn  sie  npch  nicht  zahlreich  genug  scheinen  kdnneiij 
um  ein  sieheres  Urtheil  zu   begründen,    vvenigstens   mit  grosser 
Genauigkeit  angestellt  und'beschrid>en  sind.     Ehen  so  sorgfältig 
und  verdienstlich  ist  die  ^Vergleichung  sämmtlicher  früherer  An- 
gaben mit  d^  Erfiinde  jener  Versuche«    Reo   mufs^^sich  begüü- 
gen ,   nur  die   Hauptresottate  herauszuheben.  *  4 )  Maii  hat  irrig 


a38     Cellische  Nachrtchten  für  Landwirthe. 


behauptet,  die  getiröIinCicIie  Behaoüitsg  gtslie  weniger  flaclis,  als 
die  Vembeitmig  der  ungeroctetea  Stengel*  auf  Muchiiieii;  der 
Ertrag  .ist  m  beiden  ^Fällen  bis  «ur  Hechel  ungefähr  25  Proe. 
n)  Der  ungerottete  Fiaclis%t  weder  haltbarer  noch  sonst  besser; 
Bur  den  Vorzag  hat  er,  l);ichter  gebleicht  werden  zu  können^ 
dagegen  zeigt  er  sich  spröder  und  hälter,  und  es  stellt  noch  zu 
erwarten,  ob  das  zur  Entfernung  dieser  Eigenschaft  nÖlhige  Ein* 
weichen  in  Lauge  dem  bisherigen  Rotten  yoizüzieben  sej.  3) 
Die  Kosten  dieses  Laugens  sind  ohne  Zweifel  grösser,  als  die 
des.Rottens.  4)  Lieber  die  Nahrhaftigkeit  der  Schaben  des  un- 
gerotteteii  Flachses  für  das  Vieh  fehlt  es  no(h  an  erprobten  Zah- 
lenangaben. Nach  Brande  sollen  6  %  derselben  so  gut  nähren 
als  i  %  Hafer;  5)  Der  Vortheil  der  neuen  Methode,  tltfs  man 
die  Verarbeitung  zu  bequemer  Zeit  vornehmen  kann,  ist  auch 
bei  dem  Rotten  anwendbar,  welches  keinesT^gs  ndlhwendig  so- 
gleich nach  der  Ernte  geschehen  niufs;  solchergestalt  lälsC  sich 
auch  ohne  Schwierigkeit  die  Verbesserung  bewirken,  A\6  der 
Leinsaamen  durch  längeres  Liegen  vor  dem  Riffeln  erhält.  6) 
Ungerotteter  Flachs  läfst  sich  auch  mit  den  gewöhnlichen  Werk-^ 
,  zeugen  verarbeiten,  und  die  statt  derselben  empfohlenen  Maschi- 
nen können  eben  so  gut  zu  gerottetem  Flachse  gebraucht*  wei^ 
den*  7)  Für  die  deutschen  Bauern,  w^che  auf  eine  sehr  vor- 
theilha(te  Weise  Linnen  •*  Arbeiten  mit  dem  Landbau  verbinden, 
wäre  es  höchst  wohlthätig,  V^erkzeuge  auszudenken,  welche  nti- 
gefahr'  so  einfach  und  wohlfeil,  aber  dabei  wirksamer  wären  und 
eine!n  geringeren  Abgang  am  Material  verursachten,  als  die  bis- 
herigen. 8)  Die  vielfachen  Verhandlnngeri  über  den  Gegenstand 
•  haben  zur  näheren  Einsicht  in  die  Mangel  des  gewöhnlichen  Rpt- 
tens  geführt;  leicht  bleibt  der  Flachs  etwas  zu  lange  im  Wasser, 
wobei  dann  die  Festigkeit  der  Faseiii  leidet,  daher  ist  es  rätk- 
samer,  die  Wasserrottung  früher  abzubrechen,  und  durch  Aus- 
. breiten  an  dchr  freien  Luft ,  (  Thaurottc )  nachzuhelfen,  r—  Was 
der  Verf.  dieses  musterhaft  gediegenen,  an  bedeutenden  Bemer- 
kftngen  reichei)  Aufsatzes  aus  den  ihm  bekannt  gewordenen  That* 
Sachen  ableitetet,,  das  ist  unterdessen  von  mehreren  Seiten  genau 
bestätigt  worden.  Rec  erwähnt  nur  der,  im  2.  Bande  der  Jahr- 
bücher des.  polytechnischen  Instituts  in  Wien  erzählten  Versuche, 
die  man  in  Frankreich,  in  Mailand  iiüd  Prag  angestellt  hat),  und 
aus  denen  sich  die  Unentbehrlidikeit  einer  'chemischen  'Behand- 
lung der  Fiachsstengel  ^ergiebt.  Steht  aber  dies  fest,  so  läi'st 
sich  kaum  eine  .wohlfeilere,  Art  des  Verfahrens  denken,  als  die 
Rotte  im  Wasser  und  dann  an  der  Luft.  Der  Gebrauch  von 
Pouascheolaiige  und  Seifenwasser  ist  jedoch  in  jedem  Falle  ein 
t reifliches  Mittel,  den  Flachs  zur  höchsten  Feinheit  zu  bringen, 
weil  nur  auf  diesem  Weise  der  leimarttge  ( noch  nicht  näher  uii- 


Y.Pechnfimn  fib»  Wasser-  u.  StrassenbaüIaBaiefn,  289 

lersttcbte)  SioWf  der  die.  Fasern  aneinander  Ucbc,  ySäig  besei- 
tigt werden  kapm  Die  Christian'sche  Maschine  hat  in  Frankreich 
idbst  noch  keine  rechte  Anwendung  gefunden.  Für  den  BeCrid> 
im  Gross^en  möchten  die  Maschinen,  für  welche  Lee  erst  im 
Jahr  1819  ein  Patent  genommen  hat,  noch  die  besten  sejn,, be- 
sonders die  ate^  bei  welcher  nach  Art  einer  Wasch*  Mangea 
gekerh.te  Walzen  auf  einem  gekerbten  Boden  hin  und  her  gezo- 
gen und  (durch  einen  Kasten  vol]  Steine  angedruckt  werden,  vobei 
nach  XreV  Vorschlag  erst  kaltes,  dann  heisses  Seif^nwysser  zu- 
(egosien  werden  kann  (Polytechnisches  Journal  V,  2,  367)..     . 

S.£.  F. 


'"i 


1 


Münehen  48 ^9»  üeber  den  frühem  und  den  gegenwärtigen  Zu^ 
stand  des  Wasser -*  und  Strassenbai^es  m  Königreiche  Bai^ 
tm.  .Von  Hmikm,  FüSiasKAU'  y.  Pechmann ,  königl.  bair. 
Oberhaurathe  u.  Ritter  des  MiUtär^Max."  Joseph  ^Ordens. 
München  b.  Lindauer.  436  S^  in  gr,  8.    54  kr.       «      • 

»Uine  Erfindung  oder  Verbesserung,  die  anderswo  (in  so  man« 
ehern  teutschen  Staate )  oft  kaum  Aufmerksamkeit  err<?gen  wiirde, 
verschafft  in  England  Ehre  und  Reichthum;  und  .in  Frankreich 
wurden  die  ausgezeichnetsten  Techniker,  wie  Frangois  de.  ffeuf- 
chateau,  Fowtrojr,  Parmentier,  Chaptal  u.  a.  zu  den  ersten 
Würden  im  Staate  erhoben,  die  in  andern  Landern  es  etwa  bis 
zum  ersten  Commis  in  irgend  einer  Fabrikanstalt  oder  höchstens  ' 
his  zum  Professor  der  Chemie  an  einer  Universität  gebrächt  hat- 

ten* Daher  hat  auch  die  Industrie  dieser  beiden  Staaten 

(England  und  Frankreich)  sich  beinahe  alle  kultivirten  Länder 
der  Erde  mehr  oder  weniger  zinsbar  gemacht,  wahrend  wir  un- 
sere müssigen  Hände  kaum  mit  der  Erzeugung  unserer  eigenen 
Dothwendigsten  Bedurfnisse  ^u  beschäftigen  vermögen.  Welchen 
Antheil  an  dieser  erzwungenen  Uuthätigkeit  auch  immer  die  po- 
litischen und  andern'  Verhältnisse.  Deutschlands  haben  mögen; 
aoen  sehr  grossen  hat  .unstreitig  die  bisherige  Nichtachtung  der 
technischen  Kenntnisse,,  und  der  Vorzug,  den  jnan  andern  Kennt-* 
nissen  von  viel  minderen  oder  gar  keinem  Einflüsse  auf  die  wicli« 
tigsten  BcdMrfnisse  des  menschlichen  Geschlechts,  oder  auch  nur 
der  Fertigkeit  giebt,  die  in  den  drei  Vorderiiogern  der  rechten 
Hand  liegt.«  Gerne  theilen  wir  diese  aus  der  Vorrede  der  vor- 
liegenden Schrift  genoimmenen  VTorte  mit^  vveil  es  möglich  ist, 
i^  sie  als  Saamenkörner  von  hier  aus  auf  einen  liicht  aller 
Fruchtbarkeit  beraubten  Boden  fallend  noch  einige  Fruchte  brin-. 
gen  können. .  Es  sind  höchst  wichtige  Worte,  die,  wie  meistens, 


9^o  T.  Pecliniaiin  üb.  Wa^ser^  u.  Strasseiibau  in  Baiern 

.....*..  •       .     .      ... 

an  eiaer  Stelie  tfehen ,  wdcYic  gerade  Ton  defM« ,  velcheo  sie 
gesdiiieheD  sind,  am  wenigsten  besacht  wird.  Dochgkubeir  wir 
noch'  bemerken  x^i  müssen^  dafs  die  Nichtachtung  fechnischei^ 
Kenntnisse  in  Tealschland  keineswegs  d^r  'Nation  vorgeworfen 
Mrerdec  darf.  Eine  nähere  Erörterung  könnte  eine  Predigt  vef 
anlasseh,  in  der  unser ^ Verf.  d*en  Text  vörgeschridieii  bat^ 

Die  Anlegung  der  Strassen  in  Baretn  unter  Max  Jotopb 
nennt  der  .Verf.  als* die  ersten  in  Teutschland,  die  dinn  ffeükh 
nf^ch  sehr  unvollkommen  ausfaHen  mufsten.  Die  ünvdllkftftitfiefr-* 
Gleiten  werden  angegeben,  und  es  wird  bemerkt,  dafs  soh^e  auch 
noch  jefKt  durch  fehlerhafte  Yerfugunj^en  von  der  Regierung  wie- 
der herbei  geri^fen  werden  können.^  Ungeachtet,  sagt  der  Yerf«, 
der  alleuthalbeu  sichtbaren  nachthetligen  Folgen  der  Erbauung 
und  Eiji.ahung  der  Strassen  durch  Menschen,   welche  ganz  und 

far  keilte  Kenntnifs  davon  besitzen ,  giebt  es  doch  immer  noch 
.eute,  welche  das  Heil  des  Strassenbaues  in  Aufhebung  der  Strat» 
scnbauinspectoren^  urfd  in  Verpachtung  .der  Strassen  oder  ite  IJe^  « 
bertraguDg  derselben  an  die  Landgerichte  suchen,  c .  Der  Zeit- 
punkt i-ev  Auflösung  der  Generaldirectiön  und  der  Anfang  ei- 
ner neuen  Epoche,  in  dem  Wasser-  und  Strassenbaue  Baierfis 
fallt  nach  dem  Verf.  iiis  J«  i8i8,  und  es  ist  meikwurdig,  dafs 
er  von  diese^a  Zeitpunkte  an  für  die  Bairis^hen  Strassen  zugleich 
die  Epoche  d^r  Besserung  rechnet.  »Eine  Strasse  A^ti selbst  in  ge^ 
burgigen  Gegenden  keine  Steigungen  enthalten,  welche  den  Fuhr- 
mann zur  Anwendung  einer  Vorspann  zwingen;  lin  blos  hügelir 
gen  Gegenden  aber  sollen  jene  nur  so  grofs  sejn,  dafs  man  die 
vollen  Ladungen ,  welche  man  auf  ebener  Strasse  fuhren  kann, 
mit  deir  nehmliciien  Pferde -ZahF,  wie  wohl,  etv^as  langsamer, 
darüber  wegzubringen  vermag.«  Der  Verf.  unterscheidet  hi^r 
zwar  gebirgige  Gegenden  von  Mos  hügeligen,  aber  jeder  Leser 
wird  mit  uns  die  Bemerkung  machen,  dafs  seine  Forderung  für 
beiderlei  Gegenden  nur  eine,  und  dieselbe  ist^  denn  der  Fuhr- 
mann soll  in. beiden  Fällen  seine  Ladung  ohne  Vorspann  fort- 
bringen. Der  Erinnerung,  dafk.  Umscbaffung  vorhandner  fehler'« 
hafter  fassen  und  ihre,  vollkommene  Einrichtung  zu  grosse  Ro- 
sten machen  würde,  ist  unseres  Erachtens  in  cmer  Sclirift,  wo 
es  auf  BMeiftehtung  und  Kritik  des  Bisherigen  abgesehen  ist,  was 
dann  auch  mit  dem  guten  Rvfe  und  der  Ehre  früherer  Directorea 
in  genauer  Berührung  steht,  zuV^berflächlich  begegnet  worden, 
wenn  der  Verf.  sagt:  3auek  der  ärmste mStaOi  ist jUr  nützlichen 
Aufwand  nicht  zu  arm^M,  Deim  altes  Nützliche  kann  kein  Staat 
erringen,  weil  alle  Staatskräfte  beschränkt  sind;  es  bleibt  also 
immer  die  Frage  übrigj  was  unter  degi  vielen  Nützl|^hien  das 
Wichtigste,  das  Nothwendigste  sej.  Seht"  viel  Gutes  in  einen 
.StaiUe   hängt  \oti  guten    Stras^n  ab,  aber   nicht  üdUs. 


^=  *^'   ,     Heidelberger  ^^^S, 


1'^' 


Jahrbücher  der  Literatur. 


•     * 


.    <M.  -^  *   i 


Ä  f'*  Pechm^jkk^  über  fFasjter^  und  Strtisseßlaä  in  Bcaern^, 

{its  ch  lufs.)  '    ; 

I'  '  •      ■  '  ■  '  '" 

n  dieser  ß^leuditang  gl^t  übrigens  der  Yfcr&bedeaCcfnifeVorthritei 

an,  die  durch  vollkommene  Strassen  tfaeilweise   im  Kofiigrelohe' 

verscKafft  werden  könnten*     Mit  .Recbt  eifert  er  gegen  das  En«*) 

treprisesjstem.     Ausser  mehreren  von  ihm  genannten    noch   feli-^ 

leuden  Hauptstrassen,   bringt  er  noch  vorzüglich  den  Mangel  an* 

Vicinalstrassent  xur   Sprache.   Reine  Verordnung,  sagt  er  m  (Be«^> 

zug  auf' Strassenbau  sehr  richtig,  vermögenden  Landgerichten  die* 

dazu  erforderliche  Fähigkeit  'zu  geben,  d.  h.  mit  dem  Titel  er«' 

nes  Directors  auch  Diredorskenntnisse  zn  verleihen* .  Gleich vroht 

^vird  häufig  g^nug  dageg(^  gesündigt,  hicht  bldsbeim  Strassen«*« 

bau,  sondern  selbst  bei  dien  wichtigsten  Fabrik -^u.: Land esanstal^^^i 

Der  Brückenbau  ist  für  Baiern  ein  höchst  wichtiger  Gegenstand,  dan 

mehr  als  60    über  theils  schiff-^  tlieils  fioibare   Flüsse   führeilde: 

Haaptbrücken    vorhanden   sind*     »Der   Geh.   iL  v*  .Wiebeking, 

sagt  der  YerR  hat  vor  ^einigen  Jahren  angefangene^  ^tt  f der  ge« 

wöhDÜchen  JochbrücluinL andere   (die   Bogcnbrücken )   mit    aoö. 

bis  200  und  mehr  JFiU!sti9lieiten  Oefhungen,   um  sie  vor  Beschält : 

digungeo.  gegen  das  £^  bu  sichern,  zu.  erbauen,  allein  man  fandi 

sie,  wie  aJle    Constructionim  (dieser  Art,,  zu  sehr  von  derfaiex'> 

vorzüglich  zweckmässigen  Einfachheit  entfernt,  zu  sdiwer  zu  er«i 

lialten  und  auszubessern,.. und  daher. zn  kostbar*—  und  mauka^n.) 

mit  ziemlicher  Gewifsheit  .voraussehen,'   dafs   in  wenigen  Jahveu: 

von  allen  diesen  Brücken  nichts  mehr  übrig  sejn  könne,  als  das^ 

AndeDken  an  dieses  kostbare  Experiment   der   Baukunst.«    Wir 

müssen  dem  Ycrf*  Wahrheitsliebe  und  Einsichten  genug  ^utrauen^ 

^m  hierüber  richtig  zu\  urtheilen.   Wenn  indessen,  -wie  der  Ver£». 

ausdrücklich   erinnert,   die.  meisten    dieser   Brücken^  auf  die  von 

^iebeking   seinen  Ruhm,   bauen  wollte,  jetrt  schon  in  einem  so 

i'ettungslosen   Zustande  sind,   dafs   sie    ganz  n^   erbaut  werden 

müssen y   was  .allerdings,  sehr   gegen   diese '  Bi^ücken  spricht,    so* 

^ann  diese  Erfahrung  doch  keiüesviregs  so  geradehin'  als  Bewei» 

^n  fthkrl^qften  Canstruction   gelten,   und   noch   weniger   gegc« 

^iebeking  als  Beweis  begangener  Schnitzer  gebraucht   werden « 

Wer  die   Construction.  tadelt,   muft   die  darin  liegenden. Feblef 

16 


ai2  V.  Pechmann  üb.  Wasser-  u,  Strassenbau  in  Baiern. 

bestimmt  anzugeben  wissen  und  sie  wirklicb  angeben;  vermag  er 
dieses  nicht,  so  liätte  er  dieselben  Scbnitzer  begehen  können;  nur 
Mangel  an  gleicher  Erfindungsgabe  und  an  gleichem  Muthe,  nicht 
ater  grossere  Einsicht  schützte  ihn  dagegen;  es  träfe  ihn  das 
bekannte  Ex  eveutu  iudicare  etc.  Uebrigens  ist  die  Schwierigkeit 
4er  Ausbesserung  allerdings  eine  Folge  der  Coruiruction,  und 
wenn  der  Verf^  in  iieser  Hinsicht  die  Conslruction  selbst  tadelr, 
so  läTst  sich  nichts  dagegen  sagen^  Aber  die  häufigen  Klagen  ge- 
gen  die  Wiebekiugschen  Bogenbriicken  betreffen  unseres  Bedün- 
kens  eigentlich  nicht  diesen  Umstand ,  sondern  den,  dafs  sie  so 
frühzeitig  Deformirungen  leiden  und  in  so  kurzer  Zeit  Ausbesse- 
rimg^n  bedürfen.  '  Uet  Veti^  empfiehlt  dagegen  dre  Bbgenhang- 
werksbrücken«.  Zu  den  wessentllchen  Verbesserungen  ^es  Brü- 
ckenbaues in  Baiern  rechnet  er  den  seit  einigen  Jahren  einge- 
führten Gebrauch  des  aus  Holzwürfeln  bestehenden  Pflasters,  und 
die  Abkürzung  unnothiger  Brückenlängen.  Jetzt  kommt  der  Vf. 
zu  des  verheerenden  Angriffen  der  Flüsse,  Bäche  und  G^rgs- 
Wasser  im  südlichen  Bai^rn,  denen. sich  noch  die  Eisgänge  und 
ir«rderblichen  Eisstopfuugeu  beigesellen.  Durchstechuugen  und* 
Beschränkung  .der  Flüsse  auf  ihre'  Nortoalbreite  sejen  hier  die 
vorzsglichsteh  Hülfsmittel.  Er  mifsbilligt  die  gäfazliche  Aufge- 
bung  der  von  ihm  beschriebenen  Uferarehen  in  Baiern,  wofür 
man. ohne  Ausnahme  den  Faschinenbau  eingeführt  habe.  Von  An- 
griffen der  Donau  und  des  Rheins  in  baierisch«n  Landen ,  auch 
nothigen  und,  zujfa  Theil  schon  ausgeführten  Bauten  an  diesen 
Stromeft;  itisb^oiidere  von  dem  grossen  Gewinn,  welchen  der 
Dämmenbau  aoi  Rhein  verschafft  hat  uadnaoch  verschaffen  wird. 
So  auch  vom  Maine,  dessen  verderbltokcu>  Angriffen  und  desfalls 
\  nöthigen  Bauten.   Dabei  erklärt  sich  der  Vetf.  für  die  notbwen- 

dige:  Abänderung  des  Gesetzes,  nacK  welchem  jeder  Staatsbürger, 
dessen,  Eigenthum  in  Anspruch  genommen  wird,  die  Nothwen- 
digkeit  des'  Anspruchs  widersprechen  und  durch  drei  Instanzen 
^seine  Beschwerden  fortsetzen  darf.  Aber  die  Befugnifs,  solche 
Gesetze  fvieder  abändern  zu  dürfen,  gränzen  nahe  an  die  Be- 
.  fttgnTrs,  über  das  Eigenthum  des  Staatsbürgers  nach  Willkühr 
disponiren  zu  dürfen^  und  ein^  Urtheil  über  diese  Befugnifs  liegt 
ausser  der  Sphäre  einer  solcheu  Schrift.  Es  folgen  nun  die  Ar- 
beiten am  Inn,  an  der  Iscw,  der  Salzach  und  derlUer.  Dabei 
gedenkt  er  der  Schiffahrt,  durqh  deiien  gleichzeitige  Beförderung 
zugleich  die  Kosten  anderer  Flufsbauteu  wieder-  vergütet,  wer- 
den. Er  betrachtet  in  dieser  Hinsicht  den  Rhein  j  die  Donau, 
den  Main,  den  Inn,  die  Salzach j  eineU  Theil  der  frankischen 
Saale  und  der  Redniiz,  die  yHs  im  Ober -Mainkreise  und  die 
Na€Lb*  Die  Ufeir  des  Main's  sejen  leicht  zu  erhalten,  weil  er 
langsam  fliciscfi  nämlich  aar'  3|^  in  der  Secuhde.    Dieses  ist 


/ 


vvPedimann  ük  Wasser-*  u.  Strassenbau  inBaiern.  24J 

al)er  eine  schon  tiemlich  bedeutende  Geschwindigkeit,  die  Flässed 
im  flachen  Lande    nur  selten    zukommt.      Als   Hindernisse   der 
Schiffahrt  werden  mehrere  Brticken  genannt,   wie  die  von  Re-^ 
gensbur^  und    Straubingen.     Bemerkens werth    ist  die  hier  be-^ 
söbriebene  Schiffahrt  auf  der  fTüfj^  fflr  deren  höchst  vortheilhaftfi 
Verbesserung  def  Vf.    3oo,öoö  fl.  fordert.     Jetxt  vermag    eiit 
Pferd  kaum   50  Centnef '  stromaufwärts  zu  ziehen ,    obgleich  äi^ 
Geschwindigkeit  des  Flusses  nirgends  trbei^  a^  .beträgt.  Der  Schif*^ 
fahrt  auf^  der  Rednitz  stehen  die  in  d^  (regend  von  Erlangen  aü 
derselben  angelegten  viele   Schäpffädex'  sehr  iin  Wcfge;   dieser 
Nachlheil  werde   durch   das  vom  Mdbermeister  Muhzer  in  Er-s 
langen  erfundene  neue  Schöpf rad  fs;  Kurist-  und  GfevV^erbblatf 
des  polytechn.  Vereins   in  Baiem.   VII.  Jahrg.  Nr.  63    S.  275 ) 
zwar  vermindert  aber  nicht  ganz  beseitigt.^    Es  folgen   iiuii  Be<^ . 
Schreibungen   von  Trifsanstalten   ( zum  Flözen  des  Brennholzes  )  ' 
mit  Bemerkungen  über  dabei  nöthige  Verbesserungen.  Die  Schiff-^ 
barmachung  des  Regen  wird  sehr  empfohlen.  Der  Verf.  kommt 
nun  auch  auf  die  Gestaltung  der  Schiffe  und  vergleicht  di^  Do* 
niauschiffe  mit  den  weit  voUkommn er en  Rhein-  und  Mainschiffen ^' 
Ohne  Paradekenntnisse  iirtheilt  er  hierüber  sehr  richtig  udd  Vf^eifs ' 
die  vorhandenen  Erfahrungen  gut   zu  benutzen^     Aus  allem  er-« 
hellet  die  bisherige   grosse   Vernaichlässigüng    det  Schiffahrt  iii ' 
Baiern  in  jeder  Hinsicht,  und  mit  Recht  fordert  der  Verf.j  däft 
Verbesserungen  der  Art  immer  von  der  Regieruiig  ausgehen  miis-^ 
sen.    Jetzt  folgt  ein  Ueberblick  des  Vielen^   was  in  Bezug  auf 
Strassen  und  Flüsse  in  Baiern  noch  zu  thun  ist^  v^obei  daän  auch  - 
die  Hülfs^ellen  erwogen   werden.    Als  Gegenstände  der  Aüs^ 
fuhr  nennt. er  Getreide,  Viehß  Wein,,  JtolZj  Salzj  Gtasj  Lem*^ 
wand.  Eisen  und   einige   andere  von  minderer  Wichtigkeit.—^ 
Dabei  Klagen  über  Abnahme  und  zum  Th eil  enistehetidd  Unbe* 
deutenheit;  die  aus  dein  Beichthume  von  Kochsäh  hcrtotttötendc? 
Quelle  des  Nationalreicbthums  yrtrde  durch  dici  irf   äef  G^geüJ 
Ton  tt^impfen  am  Nedcar  n^entd'dckted   ttgiehigifi  Satz^ueUen 
(eigentlich  SteinsalzlagerJ  auf  jsine  bedeutende  Weis^  l^ei^min- 
dert.  Jetst  hätte  der  Verf/  auch  den  dtirch  die  Fortuna  so  sehif 
begÜQstigteti  Fond  von  Steinsalzlag^fu  iti  den  Ümgebungetf  voitf 
VilUogeii  am  Schwarz walde  nennen  k(tnnen^    VtTerin  die  geschil^ 
denen  nachtheilige  Umstände  tiocii  lange  dauefn  sollic^Ä,  so  xüüss^^ 
meint  der  Verf.^  Celdmärtgel  und  Ai*müth  allrnählig'  bis  zu  ühäm 
furchterlichert,  Gradä  zunehmen^    Wif  können  ixtiSf  ohtie  jedäcU 
den  Einstchten  des  Vetfs;  und  üö  vieJ^f  Abdcfret  zu  iiahef  ttetetf 
zu  wollen,  von  det  lli<^ht%keit  diesef  fast  gan:^  aUgc^tiieiä  g^wbt- 
denen  Klage  ^  nicht  übers^eugen,  insofern  vofit  def  Abhähme'  A&it 
Geldmasse  im  Ganzetk  die  Rede  ist.  Wit'  dürfdtf  nicht  sehf  v^eif 
CRec.  nur  bis  in  seincf  Jtfgeodjähre)  zutdckgchen^  um  den  Zet(^ 


^44  v.Pechmaun  üb,  Wasser-  u.  Strassenbau  in  Baiern. 

« 

punkt  XU  finden,  wo  *  0,000  Familien  von  mittlerem  Stande  zu  ihrer 
Subsis.tenz  wenigstens' i Millionen  Gulden  baares  Geld  weDigertio- 
tliig  hatten  als  jetzt.  Daneben  flössen  damals  noch  Quellen,  die  jetzt 
kgum  mehr  träufeln.  Man  denke  an  die  Bisthümer,  Abteien,  Prälatu« 
rpn,  Klöster,  Ritlersitze  etc.  aus  welchen  Aufwand  aller  Art  die 
öeldms^sse  in  Umlauf  brachte,  von  der -'dann  ein  bedeutender 
l!heil  dem  Handwerker,  dem  Stadter,  dem  Landmanne  und  überr 
haupt  derjenigen  Klasse  zuAofs,  der  es  jetzt  zu  ihrer  Subsistenz 
SP  sehr  felilt.  Au  die  Stelle  ^iev  Gastfreiheit,  der  Liberalität, 
der  Baulust  etc.  ist  Engherzigkeit,  Knickerei,  Bauscheu  ,etc.  ge- 
treten. Hier  ist  der  Ort  nicht,  mehr  noch  zu.  sagen  und  tidfer 
ins  Detail  einzugehen.  Aber  gewifs  ist,  dafs  durch  die  vom  Vf. 
bis  hierhin  vorgeschlagenen  Mittel,  die  allerdings  die  Aufmerk- 
samkeit der  Regierung  verdienen,  jenem  Uebel  der  Verarmung 
upter  den  unteren  Stanä^n  nicht  abgeholfen  werden  kann.-  Er 
kjommt  daher  jetzt  auf  die  Nothw^ndigkeit  einiger  Unternehmung 
gpn  yon  grosser  Bedeutung,  deren  Wichtigkeit  für  Baiern  sebr 
einleuchtet :  die  schon  oft  gewünschte  f^erhindim,^  der  Donau  mit 
dem  Rheine,  und  die  er&t  von  ihm  vorgeschlagene  dej  Maines 
mit  dpr  Mieser,  Erlpgt  die  mit  solchen  Veranstaltungen  ver- 
bundenen, unermefslichen  Vortheile  vor  A.ugen,  geht  in  Bezug 
auf  hjdrotechnisdie  Möglichkeit  zicmlicji  ins  Detail,  und  sucht 
die  'anscheinenden  Schwierigkeiten  in  Bezugs  auf  den  erforderli- 
chen Geldaufwand  zu .  beseitigen  t—  alles  mit  grosser  .Umsicht, 
auch  mit  grosser  Belehrung  in  Bezug  auf  ähnliche  Unternehmun- 
gen ,  in  andern  Staaten.  Man  findet  Gedanken  und  Erinnerungen 
eingestreut,  die  zv\ar  aus  vorhandenen  Verhältnissen  ohne  tiefes 
Studium,  auf  eine  sehr  natürliche.  Weise  absreleilet  werden,  aber 
umsomehr  Finan^m^nnern  empfohlen  werden  müs^n,  die  vor  lau- 
tei:  J^äumen  den  Wald  nicht  sehen,  und  in  Spinnengewebeu  das 
Staatswohl  begründen  Wir  vvoUeu  nur  eine  dieser  einleuchten- 
den Wsfhrheitcn  hersetzen,  die  in  ihrem  ganzen  Gewichte  aufge- 
f^st  einem  Staate  wichtiger  werden  kann,  als  eine  halbjährige 
Predigt  über  vorgeschric3)ene Texte  aus  der  Finanz-  oder  Staats- 
yerwaitungskunde  <:Wissenschaft!):  »Eine  der  nachtheiligsten 
"Wirkungen  des  Stockens  des  Handels  und  deröewerbe  in  Deutsch- 
land, sagt  der  Verfi,  ist  der  Uebergang  des  Geldes  aus  den  Hän- 
den der  zahbreicHeren  arbeitsamen  Volksklassen  in  die  Hände  ei- 
niger Reichen.  — -  Daher  (weil  die  Reichen  nicht  wissen,  wie 
ihr  Geld  anlegen)  finden  die  Anlehen  in  Deutschland  so  glück- 
Jichen  Fortgang,  dafs  mau  dieses  Land,  ungeachtet  seiner  immer 
zunehmenden  Verarmung  für  das  Peru  der  alten  Welt  halten 
sollte«  Hat  doch  ein  einziger  Speculant  mit  Staatspapieren  bin- 
.  nen  kurzer  Zeit  grössere  Summen  aus  Baiern  gesendet,  als  die 
Verbindung  der  Donau  mit  dem  Rheine  gekostet  haben  üvürde. 


Heinroth  Lehrbuch  der  Anthropologie.      a/j5 

Dadurcli  yerscWinden  allmähli^  für  die  Belebung  des  Gewerb*^ 
fleisses  und  selbst  der  Landwirthschaft  nötbigen  Kapitalien,  und 
vorzüglich  mufs  die  Verarmung  der  untern  und  nutzlichsten  Volks* 
klassen  schnell  vollendet  werden.   Die  Verwendunnr  des  noch  iia 
Lande  befindlichen  disponiblen  Geldes  im  Lande   selbst  für   alN 
gemein  nützliche  Unternehmungen,  und  auf  eine  Weise,   dafs  es 
Tonuglich  in  den  untern  Und  ärmern  Volksklasscn  verbreitet  wird^ 
würde  eine  höchst  wohlthatige  Mafsregcl  seyn,  und  welche  Üii- 
ternehmungea  sirid  mehi:  und  vollkommener   dafür  geeignet,   als 
gerade  die,  ivelche  der  Gegenstand  dies^^r  Schrift  sind.     Immer 
haben  die  weisesten  Regenten  gerade  in  Zeiten,'  wie  dif  gegen- 
vrärtigen,  grosse  Unternehmungen  dieser  Art  als  Hülfsmittel  an- 
gewendet,  den  gesunkenen  Wohlstand  wieder  herzustellen  etc.4 
Gegen  jien  Vorwurf,  welchen  Manche,  die  nach  der  Tagesord- 
nung über  Sachen  urtheilcn  wollen,  von  denen  sie  keine  Kennjt- 
nifs  haben,  dem  Wasser-  und  Strassenbau  in  Baiern  haben  ma- 
chen wollen,   dafs  er    zu  kostspieh'g  betrieben  werde,  macht  er 
nebenbei  die  Erinnerung.,^  dafs  das  dabei  angestellte  Personal  iii 
andern  Staaten,  wie  in  Oesterreich,  Baden  u.  ,a.  drei  und  viermal 
(verhäUntfsmässig)  zahlreicher  sey.  Zum  Beschlüsse  folgen  noch 
einige  neuere  Anordnungen  in  Bezug  auf  Administration  und  au^ 
Bildung  tauglicher   Sübjecle.  .  Das   kleine  Werkchcu  schien  .un$ 
durch  seine  Reichhaltigkeit  zu  diesier  umstsuidlLchea  ADzei|;e  aaf-r  • 
zufordern.  v 


Leiwbuch  der  Anthropolof^ie  zum  Behuf  akademischer  Vortrage 
luid  zum  Privatstudium  nebst  einem  Anhange  -  erläuternder 
und  beweisfiihrender  Aufsätze  von  Dr,  Johann  Cant^TiäV 
August  Hejürotu  ,  Professor  der  psychischen  Heilkurtd^  ' 
an  der  Universität  zu  Leipzig  etc.  Leipzig  ^8fi9,  bei  Friedr. 
Christ.  fVilh.  Vogel,  gr.  S*  474^'     *  Rthlr.   ai  ggr, 

^Ju  einer  Zeit,  wie  die  jüngste,  wo  der  besonnenere  Theil  der 
Piiiiosophen  die  unhaltbaren ,  in  die  Luft  gebauten  Höl%en  deir 
Specalation  freiwillig  wieder  verlaust,  und  sich  in  die  Anthropo- 
logie, als  einen  zv^ar  weniger  sublimen,  aber  von  Natur 'aus  fer 
Stern  Punkt ,  zuriickzicht  und  diesea  bis  jetzt  unansehnlichen 
Punkt  selbst,  die  Anthropologie  nämlich,  mit  plastischer  Kraft  zu 
eioem  immer  grossem  Kreis,  der  den  Kern  ächter  Philosophie 
enthalte,  auszudehnen  sucht  ^ —*  zu  einer  solchen  Zeit  mufs  alles^  . 
>▼»»  auf  Anthropologie  Bezug  hat,  lebhaftes  Interesse  erwecken, 
das  niü  so  hdher  seyn  wird,  wenn  die  neue  gelehrte  Erscheiiiu»»"^ 
>on  einem  auerkaimt  originellen  Denker  herrühit.    Dafs  sich  die 


V. 


\ 


/* 


^i^Q     Heiuroth  Lehrbuch  der  Anthropologie. 

yor  uns  liegende  Schrift  4areli  Neuheit  der  Ansiebten  npd  etnen^ 

fanz  eigenthümlicheo  Gehalt  aosi^eichne,  i^ikiüt  bürgt  schon  der 
[ame  des  Verfassers.  Eine  umständlichere  Kecension  findet  da« 
her  in  eben  der  eigenthündichen  Art  des  »u  recepsireaden  Werks 
^hre  Entschuldigung, 

Nach  der  Eipleitung,  irelche  i)  den  Begrifi^  Inhalt,  Einthei^ 
lang  der  Anthropologie,  a)  die  Methode  derselben,  3)  den  wis- 
senschaftlichen Standpunkt  und  Wurde,  4)  die  Geschichte  und 
I^iteratuf  dcrsejl^en  enthalfr*^  zerfallt  d^s  Buch  in  %vvei  Th^ii(^ 

Der  Anthropologie,    Erster  Tkeä, 
Von  den  Bedingungen  des  menschlichen  Dasejrns« 
'   istet  Abschnitt,    Vom  leiblichen  Leben« 

Hier  wird  unter  andern  eine  neue  Ansicht  der  Entstehung 
ynd  Ausgestaltung  des  MenschengebUdes  im  Mutterleibe  aufge- 
Ifellt,  die  wir  einer  nähern  Prüfung  zu  unterwerfen  haben. 

Der  Verfasser  verwirft  die  bisherige  Ansicht  von  materieller 
]3asis  der  Bildung,  d*  i«  von  eiuem  Rudimente  des  Embryo,  von 
'  cinen^  praformirten  Homunpulus,  und  meint,  da  vor.  allen  ent* 
Ißtandeneq  Gebilden   Etwas  vorauszusetzen  sej,  aus   dem   diese 
^nt^tehen,  dals  dieses  Etwas  nicht  blofs  ein  nichtssagender  Stoff) 
|ondern  zugleich  eine  gesetzlich  thatige  Kx^h  sejn   müsse  ,  die 
auf  das  genaueste  mi(  dem  Quell  aller  Gesetzlichkeit,  der  Idee^ 
>!tusammenhänge.     Er   nimmt   daher    eine  ursprünglich    bildeDde 
Kraft  an,  die  den  Typus  der  Gestaltung  in  sich  und  die  Gestalt 
^n  das  ursprunglich  Ungestaltete  nach  und  nach  durch  Metamor- 
phosen übertrage;  — '  einen  unsichtbaren   Gtundtypus,   welcher 
aber  nicl^t  in  einer  materiell  praformirten  Gestalt  bestehe,  son- 
dern  in   de^  gesetzlich    bildenden  Kraft  als  Totalität  von  BiU 
4ungsgesetzen  liege,     Die  gan7;e  GestaUupg,  Gliederung,  Organi- 
sation  de^  (^nnfi^igen  Gebildes  n^ns^e  in  der  bildenden  Kraft  ver- 
bpi^en  liegen,     Es  müsse  ihr  folglich   die  Verfahrupgsweise  bei 
ihrem  Bilden  vorgeschrieben  seyp;   in  der  Bilduqg^kraft  müssen 
demnach  Bi]dungsr  Gesetz^  liegent     Nun  sey  die  zu  erzeugende 
Ißildung  ein  Convolut  organischer  Systen^e;  es  müss^e  also  in  der 
bildenden  Kraft  ein  System  von  Bildungsgesetzen  liegen,  welches 
f,ich  auf  die  Einheit   d?s  kijnftigen  Daseyns   beziehe;    ohogefalir 
vvie  dem  Gebäude  der  Rils  des  Baumeisters.^  den»  Gemäldq  die 
Idee  des  Künstlers  ^um  Qrunde  liege«    Vor  der  Entstehung  des 
MenschengebUdes  niüsse  also   in   der  bildenden  Kraft  gleichsam 
ein  Abrifs,  Entwurf,  Schema,  eine  ideelle.  Construction  enthalten 
seyn.     Alle  Entwicklung   im  Räume  geschehe  in  seitlicher,  Auf- 
einanderfolge  oder  stufenweise.     Die  verschiedenen  Thäugkeits- 
fnomente  der  bildenden  KrUft  könne  man  Schopfungsact.e  nennen, 


.  Udnroth  Lehrbuch  der  Anthrcfpologie.      ^4/ 

kdem  alles  im  Bäamo  unä  in  der  Zeh  Werdinäe  al^  Solches' 
in  der  That  geschaffen  werde.  Dergleichen  Schöpfuiigsacte,  wox^ 
ans  endlich  das  Mensch engebilde  im  MutierleiDd  hervortrete,  zShlt' 
der  Verfasser  sechs.  Ob  im  röjstischen  Sinüe,  als  zusammentref- 
fend mit  den  sechs  Sbhopfungstagen  der  Welt?  hat  er  dicht' 
ausgesprochen. 

'  Erster  Schdpfnngsacf:  Entstehung  des  Eies.  Die  wei(>]ichtt 
Eossigkeit  als  Bildubgsstoff,  als  flüssiger  Kelin  der  zu  bildenden 
Gestalt,  werde  von  der' mSnnlicheii ,  als  dem  Erregan^sporincip 
der  Bildung,  räumlich  umfafst  und  eingeschlossen;  indem  die! 
mannliche'  Flüssigkeit  zur  Form  der  Ei -Hülle  gerinne.  Da^ 
evidutn  entstehe,  dessen  Reizpol  die  Täterlicbe  lldlfe,  dessen  "R.er 
actionspol  das  von  der  Hülle  eingeschlossene  mütterliche  plasii- 
sche  Tröpfchen  sej.  Beide  erregen  sich  gegenseitig.  Das  erstd 
bildende  Organ  sej  also  die  Eihaut  ^^  wir  Wufsten  durch  ßichat; 
urelche  Dignität  die  Hüute^haben.  Dieses  erste  Organ  er^eng«^ 
aber  —  nicht  den  Menschen,  sondern  n^r  andere  Bildende  ^Ot*^ 
gane,  das  Kopf-,  das  Rumpf-  und  das  Darm-*lBläschen. 

Nämlich :  ,*  .       .\ 

Zweiter  Schöpfnngsact :  Entstehung  der  ersten  Rudimentif 
der  Frucht.  "Wie  die  Hülle,  erregt  vom  plastischen  Stoff,  den 
sie  umschliefst,  an'  Kra^t,  Umfang  und  Reizyermögeii  Wachse,  so* 
wachse  auch  ^  erregt  durcb  den  ))lastischen  Reiz  der  Hülle ,'  diö 
Fähigkeit  zur  Gestaltung  in  der  Flüssig&eit  des  £ies.  Sie  trete 
>us  ihrer  ursprünglichen  Einheit  und  Ungesbndernheit  in'  dne 
Sonderung  von  Urbildungen  auseinander,  die  zusammen  ein  Gan« 
zes  aasmachen  und  die  Brennpunkte  der  künfti^et^  Hauptheerde 
des  Lebens  scyen,  nämlich  des  künftigen  Kopfes,  Brust  vfnd  Ua  « 
terleibes;  vor  der  Hand  nur  drei  zusammenhängende  häutige 
Säckcheu,  jedes  mit  besonderer  Flüssigkeit,  dem  plasftischen  Stoffe 
für  die  kütiftigen  Organe,  erfüllt,  deren  Entwicklung  von  der 
Erreguujg  der  sie  umschliessenden  Bildungshäötchen  abhangen. 

3ter  Schöpfnngsact;  EiAstebuhg  der  Nabelscbuur  und  des 
Mutterkucbens. 

4ter  Schöpf ungsact :  Ausbildung  det  ersten  L6bensheerde 
der  Frucht. 

äter  Schöpfnngsact ;  Ausbildung  det  Soj[>fes;,  Kampfes  und 
der  Extremitäten. 

6ter  Scböpfungsact :  Empfikidungs-^  und  BeViregungsteben  de/ 
Frucht. 

Wir  können  die  einzelnen  Momente  dieser  letztem  Schö- 
pfungsactc  nicht  mehr  in  Kürze  ifeferiren,  indem  die  Combina- 
tioiren  in  steigender  Progression  vielfacber  werden,  und  bemer- 
ken hier  WclTs,  dafs  der  Verfasser  gezwungen  ist,  im  4ten  Schö- 
pfuiigsactc  di^  Entstehung  und  Bildung  des'  Gefäfssjstcihs  nithit 


^48      Hemroth  Lehrbuch  der  Anthropoiogiq/ 

mehr  YOQ  Einem '  Iffitulpunlcte.  aa$y  äei^  B,pnefi^  sondern  vo^ 
yerscliledenen  Paaktea  ausj  dem  Kopf-,  .Rumpf-  nnd  Batrinbläs-- 
cHen  geschehen  xu  lassen,  so  d^fs  die  vom  Herzen  au$'  eimpros* 
»enc  Gefässe  mit  den  vom  Kopf-  und  Darmbläschen,  aU  aus 
eben'  sp.  viel  Lebenskeimen  hervorbrechenden  Strahlengeflechten 
von  zarten  Gefafschen  einmüiideu  sollen. 

Unstreitig  hat  der  Verfasser   vielen  Scharfsinn  auf  die  Aus- 
i^ildüng  dieser  Theorie  verwendet,  der  zumal  im  3leu  Soljöpfungs- 
9Cte   aufs   glänzendste   hervorgeht.    Nichts    dcstoweniger    mochte 
B^ecepsent  diese  neue  Theorie  mehr  für  eine  siunreiclie  Erfindung 
eines  glücklich  combinireuden  Kopfes  als  für  eine  tiefsinuige  Eni- 
^eckupg  einer  Natura ahrbeit.  erKlärcn.     Vorerst  fragen  wir  den 
Verfasser  in  Hinsicht  auf  seine   bildende  -  Kraft  als  Grund  unse^ 
rer    leiblichen  Gebilde:    ob  sich  Kraft  denken  lasse  ohne  Stoff? 
Schwerlich!  Also  ist  doch  der  Stoff  bei  und  nach  der  Zeugung 
inehr    nur    als   nichts  sagend.     Ferner;    ob   sich   ein    Ur-tjpus, 
fine  Totalität  von  vielfachen  Bildung^kräften  und  Gesetzen  den- 
ken lasse  ohne  F'ielfachheit  des  Stoffes  selbst?  Eben  so  sbhwer! 
jUso  muls  doch  ein  vielfacher  und  als  solcher  präformirter  Stoff 
angenommen  werden,  dals  diese  innere  Gestaltsverschiedenheit  des 
Stoffes  bald  nach  der  Erzeugung  .den  seh wa dien  Sinnen  desSeo- 
|)achters  nicht  wahrnehmbar  ist,    möchte   keinen  Grund  abgeben, 
4ie  matiiriell  praformirte  Basis  des  Embryo  abzuläugnen^  da  un- 
sere  entwickelten   Sinnwerkzeuge  selbst   etwas    erst  durch    Zu- 
wachs, des  äussern  Nahrungsstoffes  Hervorgegangenes  sind,    und 
4arum  ebenfalls  nur  das  durch  Nahrungsiuwachs  Hervorgegangene, 
liicht  mehr  die  einfachem  Urgestaltungeu   im  Reiche  des  Micro* 
hosmi  wahrnehmen  können  (wie  Reoccsent  in,  der  Reccnsiou  der 
üS^assischen  Zeitschrift  für  psychische  Aerzte  im  vor;  Jahrg.   die* 
«er   Blätter   näher   auseinander-  gesetzt   hat ).  -  Freilich  mufs  der 
materiellen  Basis  des  Embryo,  dem  präformirten  Homunculo  eine 
thätige   Lebenskraft   inwohuen ,   sonst  wäre  die  Basis  mechauiscb 
pnd   der  ffomuncufus  ein  Leichnam,     Das  aber  wollte    man  ''nie 
Jäugnen,  auch  nicht  im  veraltetsten  Compendium  der  Physiologie« 
^ur  aber   die  RoU^    des   vorhel-rschenden   und  weisen  Baumei- 
sters, die  Deim  Verfasser  die  bildende  Naturkraft,  spielt,  i'iberlieis 
man  Gott.    Woher  weifs  wirklich  der  Verfasser^  (im  aten  Schö- 
pfungsacte)   dafs  das  im  Offulo  eingeschlossene  mütterliche  plasti- 
sche Tröpfchen  eine  ursprüngliche  Einheit  und  UngesondernAeit 
besitze,  aus  der  es   nachher  in  einp  Sonderung  von  Urgebilden, 
die  vorher   nicht  präformirt  da  waren,  .auseinandertrete?     Kann 
er  sich  selbst  sagen,    dafs  er  diese  Einheit  und  Uugesondernheit 
gesehen  habe?  Aber  wie  mau  diese  nicht  wirklich  erwiesene,  ja 
vielmehr  unwahrscheinliche  Einheit  und  Ungesondernheit  des  pla^^ 
itischen  mütterlichen  Tröpfchens  aufgiebf,  so  wankt  die  auf  p«- 


_y 


L 


Hdoroth  Lehrbuch  der  Anthropologie.      24 j> 

iarisclite  Wechselwirkimg   der   Bildungshaut   und  des  enthaltenen 
plastischen  Stoffes  gegründete  Theorie  des  Verfassers. 

Sie  yirankt  aber  auch  noch  von  einer  andern  Seite  her.  Der 
Verfasser  läfst  zu  Anfang  dieses  zweiten  Schöpfungsactes  die  vä« 
terliche  Htille^  erregt  vom  plastischen  StOFfiFe,  den  sie  nmschliefst, 
an  Kraft,  Umfang)  und  Reizvcrmogen  wachsen;  und  inufs  sie 
wachsen  lassen,  son^t  bliebe  alles  Stftlstand;  auch  ist  dies  Wach^ 
sen  derselben  Thats&che.  Um  nun  hier  beim  blofs  Materiellen 
stehen  zu  Bleiben,  so  entsteht  die  natürliche  Frage:  Woher  das 
Wachsen  der  väterlichen  Hülle  an  U/nfange?  Dieses  kann  dock 
nicht  statt  haben  ohne  E/näkrung  d^r  Hülle.  Woher  nun  diese 
Ernährung  ohne  noch  ernährende  Organe j  ohne  noch  prSformirie 
Ljmph- Gefässe?  Dies  Wachsen  an  Umfang  und  Kraft  mit  ei- 
nem blofs  krjstallinischen  Anschiessen  erklären  wollen  (was  der 
Verfasser  nicht  thut)  wurde  nictits  erklären ;  es  ist  hier  von  Le« 
bei),  von  Entstehung  de%  Menschen  die  Rede,  nicht  von  Bildung 
eines  Salzes  oder  eines  Schneeflockens.  Wir  sehen  also  das  Gei-' 
heifflnifs  der  Emptigung  und  Bildung  des  Menschen  in  der  ver- 
borgenen Werks!ätte.,der  Natur,  hier  im  aten  Schopfungsacte,  im 
Wachsthum  der  väterlichen  Hülle,  wieder  erscheinen.  Das  Rath« 
sei  des  Lebens  Üieht  neckend  vor  dem  Scharfsinne  des  Forschers^ 
verbirgt  sich  scherzend,  und  tritt  spottend  in  anderer  Gestalt  un- 
vermüthet  wieder  auf,  niemals  zu  ergreifen.  Wir  meinen,  so 
gcheimnifsvoll  die  Entstehung  des  Menschengeschlechts  überhaupit 
1)ieibe  und  so  ihaniche  natürliche  Frage  über  den  homunculus 
Adam  nur  durch  Zirkelschlüsse  beantwortet  zu  werden  vermag;  so 
auch  bei  der  Entstehung  des  einzelnen  Menschengebildes  in  Mut*^ 
terlcibe.  Wie  kommt  es  denn,  dafs  der  Verfasser,  der  einem 
jeden  Aederchen  seine  Entstehungsart  anweist,  die  Entstehungsweise 
von  Knabe  öder  Mädchen  so  ganz  mit  Stillschweigen  tibergeht? 
Das  ist  doch  ein  Hauptumstand,  worauf  Temperament  und  die 
ganze  Richtung  des  künftigen  psychischen  und  physischen  Zustan- 
des  ruht,'  und  mufs  doch  wohl  schon  im  iten  Schopfungsacte  be- 
'  gründet  werden :  vielleicht  je  nachdem  die  männliche  oder  weib« 
liclie  Flüssigkeitr  die  Oberband  gewinnt  und  zum  Reizpol  oder 
zum  Reactionspol  im  oi^ido  wird;  Sifabula  vcra. 

Der  Rest  dieses  iten  Abschnittes  beschäftigt  sich,  in  eigen- 
th ämlich er  Daf Stellungsart,  mit  der  Theorie  der* Gliederung ,  des 
Zu^aoämenlianges'  und  der  Beziehungen  des  organischen  Lebens, 
nod  Schliefst  mit  der  Betrachtung  des  leiblichen  Lebens  als  Ba- 
sis, als  Hülle  iind  Entwicklungsstätte,  nicht  aber  als  Princip  oder 

als  Grund  und  Ursprung  des  psjchiischen  Lebens.- 

«"     .         '  • 

ater  Abschnitt :     Vom  Seelenleben. 

Die  psychisch  so  wichtige  Geschichte  der  Entwicklung  der 


atio 


Heiaroth  Lehrbuch  3er  Anthropologie. 


(Gefutilfey  Sinne  tod  Triebe  des  Nc!nglBbon>eii  bis  zlir  Vorstellung 
und  endlich  bis  zur  Steigerung  der  Vorstellungen  uiiii  fiewiifst- 
«ejn  in  seinen  drei  Stufeq,  dem  Welt-,  dem  Selbst-  und  dem 
Vernunft -Bewnfstsejn,  ist,  wie  sie  hier  in  §.  47  und  den  fol- 
^endeU  aufgestdlt  ist,  ein  unubertreffliehes  Meisterwerk  tief  auf- 
gefaßter Und  treu  gegdbener  Naturschilderang,  in  welcher  sich 
•gleichsam  die  Rudimente  T9b  Gemüth,  Geist  und  Wille,  wie  in 
einem  psychischen  £mbryo  entdecken  lassen.  Diese  —  hinsidit- 
lieh  der  Wahrheit,  welche  «rfafst  worden,  und  hinsichtlich  des 
Geistes,  wdch er  ek'fafis^  hat— so  glucklich  geratfaene  D,ar8telluBg 
ist  allein-  schon  hinreichend«  dieser  Anthro^pologie,  auch  wenn 
sie  nicht  sonst  so  viel  trefiBiicbes  Neute  enViielte,  den  Charakter 
•der  Eminent  aufzudrucken.  Aber  Recensent  darf  sich,  des  engen 
'  Ranme»  und  des  Zwecks  dieser  Blätter  wegen,  nicht  sowohl  bei 
^«mj«ingen  ■  aufhalten ,  dem  er  bewundernd  seinen  Beifall  zollt, 
als  vielmehr  bei  demjenigen,  was  ihm  Aalaüs  zu  Zweifel^  was 
ihm  Blosse  zum  Angri£F  darbietet.  * 

Nitnlich  ob  nicht  hier,  schon,  in  den  im «Neugebornen  so 
glücklich  aufgefuiiaeneii  psychischen  Rudimenten  des  vollendeten 
morialischen  Misnsdien,  aucli  die  ersten  Elementen  g^en  des  Ver- 
fyssirs  fernere  Theorie  von  unbedingter  Willensfreiheit  (Indif' 
fertntismus)  und  in  Folge  davon  gegen  seine  streng  orthodoxe 
Glaubenslehre  g'eschöpft  werden  könnten,  mdchte  des  Versuches 
Wohl  werth  seyn. 

Der  Verfasser  sagt'§.  47  »der  erste  Impuls  zum  Erwachen 
des  Seelenlebens,  gleichsam  der  erste  Pendelschwang  des  psychi- 
schen Organismus  wird  von  aussen  gegeben  durch  den  Silin-  des 
Gefühls.^ —  Immorhin  bedenklieb  für  die  Lehre  von  unbedingter 
moralisolvet  Freiheit,  diafs  das  Seelenleben  von  aussen  f»er  zuerst 
erweckt  werden  uiid  also  beginnen  mufs!  Und  noch /bedenkli- 
cher, dais  es  von  jetzt  an  den  äussern  Eindrücken  erst  recht 
Preis .  gegeben  vi'irdi 

•  §.  48*  »Das  Kind  mag  Einiges  und  mag  Anderes  nicht;  Einiges 
zieht  es  ^n  sich ,  Anderes  weifst  es  ab ;  es  wird  wählisch ;  das 
Vcrm(>gen  dei?  Wahl,  die  IVälkähr  erwacht.« —  Zieht  aber  das 
Kind  den  Gegenstand  willkührlich  an  sich,'  oder  wird  es  nicht 
▼om  gl^n^^dern  Gegenstände  unwillkührlich  angezog>^ii?  Immer- 
hin wenigstens  rfbdv  Ungewifsheit ! 

§•  53 V  »Der  Silin  mufs  selbst  gleicbes  Wesens  mit  dem 
Geiste  seyn^  gleiphsani  |idr  noch  vethqllter  Geisf;  dieser  könnte 
ft^h^sonsl  nicht  aus  jedeqi  entwickeln?  Wir  m^seq  diemu^ch  schon 
'  im  Sinne  die  Natur  des  Geistes  erkennen  können*  Der>  ^inn,  als 
Auffassüngsverinögeq,  hat  ein  doppeltes  Gesclräft :  er  sanmielt  den 
ausgebreiteten  und  zerstreuten  W^hstoff^  und  giebtihni  bestimmte 
Form.     Man  könnte  diese»  -  Geschäft    ein  BcschHinken   nennen ; 


/    Heioroth  Li^hrbiidh  d^*  Atitbrppologie.     25  t 

(iflmi  Act  ^rlM  xiwgdbiuiden«»  Stoff  wird  durch  «die  Fotdi  be- 
«obräülQK.  D«r  Siimo>  isiboy  als  besicbränkendes  y^rmdgeD^  nuft 
k^  jirpiy  Ureil  fir  .t^it  q^cht  ,d^ii .  Stoff  IntscIurADkeo  jLÖunte:  Et 
mols  ä)er  auch  gesetzlich  sejn^  weil  er  soosi  nicht  zur  Form 
ilMSGhrai»lc9a  k^ote  Der  Simn  isl.d^ftmQachfrei-gesetzlichei  We- 
KB.  Uod  somit  ftind  auch  die  Elemente  des  .Geistes,  naroUch 
Frcibeit  und  Gesetzlidikeit.g^fanden.c—  Ist  aber  dieser  Schluls 
iHcht  KU  rasch  I  und  die  daraus,  abgeleitete  Freiheit  des  Geiste$ 
iiicbt  XU  duakel?  der  Sinn  besehränkt  den  Weitstoff «<- lüfst  wh 
aach.  s0  auslfitttn ; .  der  Sinn  Talat  von  dem  vor  ihm  liegenden 
sierttreoten  W^itsloff  dur  denjenigen  Theil  auf,  wofür  er  die 
meiste  Empfänglichkeit  hat;  und  diese  Empfänglichkeit  hal  wie«* 
der  nichts  mit  Freiheit  .2u  tbun. 

§.  56.  »Durch  die. Vernunft  wird^ie  Wil&ühr  cum  Wil* 
len  cntwiekelti  «ur  Selbstmacbt*  Als  solche  kann  nun  der  Wille 
sich  ^ur  oder  gegen  die  Vernunft  bestimmen,  als  guter  oder  als 
höier  Wale.  Die  Möglichkeit,  dals.  sich  da*  freie  Wille  %t%isvi^ 
.die  Vernunft  entscheid^  liegt  darin,  dafs  der  Wille,  ursprünglich 
vom  Weibe  abstamml,  .welcher,  an  das  Band  der  Sinne  gew^nt^ . 
euch  nach  ab  Wille  geneigt  ist^  sich  Von  ihnen  bestimmen  xu 
lassen.«  -*^  Aber  dann  ist  ja  offenbar  der  hose  Wille  in  seinem 
Ursprung  nicht  tQoraUsch  Böse^,  sondern  blofs  phjsi&che  Abhän- 
gigkeit; und  das  läuft  gegen  den  Sinn. des  Verfassers!  Freilich 
sstit.  er,  höchst  scharfsinnig,  noch  als  weitern  Grund,  dafs  sich 
der  freie  Wille  gegen  die  Vernunft  entscheide,  hinzu :  » weil 
der  Trieb,  schon  früher  zum  Spieltrid^  gesteigert,  wo  er  Mch 
vom  Boftde.  der  Sinne  losgemache  hat^  sich  nun  auch  als  Wille 
dem  Gesetze,  wie  es  die  Vernunft  vorschreibt,  nicht  fugen  inug,^ 
"-^  Das  wäre  nun  freilich  das  wahrhaft  moralisch  Böse,  wie  es 
der  Verfasser  haben  wiU.  Aber  heifst  dies  nicht  selbst  mit  dem 
Spieltriebe  gespielt?^  fiatrsich  der  Trieb  des  Kindes  im  Spiel- 
triebe  vom  Bande  d^  Sinne  losgemacht, ^so  wohnt  ja  wahre 
metaphjsiscfae  Freiheit  schon  ^  im  Spieltriebe  und  braucht  nicht 
noch  erst  aufgesucht  an  werden*  ^Aber  dann  ist  der  spielende 
Säugling,  dann  ist  das  spielende  Junge  durch  alle  Thierkiassen 
hindurch  metaph]rsisch  f'oi.  Und  wie  kam  der  Spieltrieb  zur 
Freiwerdung?  dbs  hatte  der  Verfasser  zeigen  sollen.  Und  se 
lange  er  diei  nicht  lebtet,  bleibt  seine  genetische  Erklärung  det 
nabedingieo  moralischen  Freiheit  «ubeGriedigend,  und  was  er 
darauf  baut  unsicher* 

In  sofern  oun  des  Verfisssers  weitere  orthodoxe  Glaubens*» 
lehre  sich  auf  die  unbedingte  moralische  Freiheit  und  auf  die 
damit,  zusammenhängende  Lehre  von  einem  Absolut -Bösen  grtil|- 
dct,  so  möchte  auch  diese  Glaubenslehre  jetzt  schon,  wenigstens 
in  Einem  .ihrer'  Crundpfeilefi   wanken.    Und  hier  mag  es  Jer 


f 

252      Ueinroth  Lehrbuch  der  Antliropologie. 

schicklichste  (^t  ißjn^  diese  Glaubenslehre,. als  solche  selbst;  auch 
noch  voD.  einer  andern  Seite  anzufechten,  iit  sofern  sie  der  Ver- 
fasser auf  .das  Vorhaudensejrn  fines  bescmderen  Geistes  Gottes 
ita  Menschen  gründet. 

Es  bezieht  sich  nämlich  der  3te  Aufsatz  des  Anhangs ,  mit 
der  Aufschrift:  vUeber  doppelte  Be4eutung  des  Begriffs  Geiste 
auf  diesen  2ten  Abschnitt  der  Anthropologie  vom  Seelenleben. 
Nachdem  in  demselben  der  Verfasser  die  Triplicitat  unsers  In- 
nern Wesens:  Gemüth,  Geist  und  Wille  gegen  diejenigen  ge- 
rechtfertigt hat,  welche  nur  eine  innere  psychische  Polarität  von 
Geist  und  Genuith  anerkennen,   die  WiUensthätigkeit  aber  zum 

^  Gemüth  als  Begehrungsvermögen  schlagen;  da,  doch  der  Wille 
nichts  weniger  als  das  sogenannte  obere  Begehrungsvermögen  sey, 
und  er  weder  begehre  nocli  furchte, noch  verabscbeae,sondern  offen- 
bar eine  Kraft  für  sich  sey:  die  Thatkraft,  die  Kraft  freier  Selbstbe- 
stimmung zum-Handeln  nach  gedachten  Zwecken  oder  nach  Trieben 
und  Gefühlen ;  —  so  geht  nun  der  Verfasser  einem  Widerspruch 
entgegen,  der  sich  aus  seiher  eigenen  Ansicht  zu  ergeben  scheint, 
and  den  er  zu  lösen  sich  bemüht.  Nach  dem  bisher  gesagt  ge- 
"wordenen  gehöre  der  Geist  -^  das  Denkvermögen  als  Erkennen- 
des, nnd  Bildendes  — ^  dem  Ich,  der  Seele  selbst  wetsentlich  an, 
sey  ihr  Theil,  einer  der  Fäden,  aus  vvelchen  i\^  inneres  unsicht- 
bares Wesen  gewebt  ist.  Nun  sey  unser  Ich  bekanntlich  ein 
schwaches^  gebrechliches  Wesen,  mancherlei  Mängeln ,  Fehlern 
und  Fehltritten  unterworfen,,  unter  andern  auch  dem  Irrthum  und 
der  Täuschung.  Kurf,  unser  Ich,  wiefern  es  eine  Seele  ist,  be- 
stehend aus  Gemüth,  Geist  und  Wille,  sey  nichts  weniger  als  ein 
reines,  makelloses  Wesen;  und  was  von,  diesem  .Ich «  von  dieser 
Seele  im.  Ganzen  gilt,  müsse  nothvvendig  auch  -von  den  >  einzelnen 
Theilen  oder  Gliedern  gelten.  Aber  wie  stehe  es  sonach  mit 
der  Vernunft?  Wenn  auch  diese  irren,  und  sich  täuschen  könne, 

'60  sey  es  ja  ftfr  uniaTmit  alier  Wahrheit  aus!  und  dennoch  müsse 
dem  so  seyn,  wenn  die  Vernunft  ein  Xheil  unseres  Geistes,  wenn 
gleich  der  höchste  nnd  gleichsam  des  Geistes  Schlufsstein  sey. 
Nun  werde  aber  der  Vernunft  eine  Reinheit,  eineHoh^it, .  ja  eine 
Untrüglichkeit,  Heiligkeit  und  Göttlichkeit  zugeschrieben,  /Reiche 
mit  allem  bisher  Dargestellten  im  ■  lebhaftesten*  Widerspruche 
stehe.  Denn  ein  in  sich  selbst  untheilbares  Ich  könne  nicht  zu* 
gleich  voller  Mängel  und  Gebreehen,  ja  schuldvoll  und  wohl 
gar  lasterhaft  seyn,  und  auch  zugleich  rein,  heilig,  göttlich.  Bei- 
des hebe  sich,  in  derselben;  Eanheit  des  Ich's  gedacht,  auf,  und 
Eines  oder  das  Andere,  die  Heiligkeit  oder  Schuldhaftigkcnt  müsse 
ajis  deii  Wesen  des  Mensqheh.  herausgedacht  werden.  Man  habe 
auch  in  der  That  einen  leichten  Ausweg  gefund<en:  .Man. habe 
den   Menschen,    wenigstens   ursprünglicb  und   wie  er  die  Welt 


Heinroth  Lehtbuch  der  Anthropologie.      5^53 

b^trlii,  für  gut"  anei^kanfit.  Ja  Andere  $eyen  noch  weiter  gegan- 
gen und  h9Uen  uberliaupt  die  Existenz  des  Bösen  geläugnet. 
Scy  dies  aber  der  Fall,  so  gebe  es  auch  nichts  Reines  und  Hei- 
liges. Und  doch  gebe  es -etwas  Heiliges,  oder  unser  Gewissen 
beiriigc  uns.  "Wie  sey  ntin  dieser  Wid^rspi-uch  zu  lösen?  Nicht 
anders  als  dadurch«  dafsman  das  Wort  Geist  im  doppelten  Sinne 
nebme,'  in  engerer  und  weiterer  Bedeutung,  als  mensMichen.  Geist, 
und  als  Geist  'Car/ei  im  Menschen. 

Recensent  kann  nicht  liiugnen,  dafs  er  dem  Verfasser  in 
seiner  tie£stnnigen>  Untersuchung  über  dlis  Bewufstsejnj  in  wel- 
cher er  d^n  doppelten  Geist  im  Menschen,  durch  die  Zurück- 
fühniog  auf  Selbstbeobachtung  nachzuweisen  gesucht  hat,  r—  hin- 
siclitlich  der  .Klarheit  der  Darstellung;,  welche  kein  mystisches 
Dunkel  aufkommen  läfst,  —  'mit  jenem  reinen  Vergnügen ,  wel- 
ches eine  geistvolle  Belehrung  gewährt,  gefolgt  ist.  Aber  schade! 
dafs  das  Endresultat  dieser  Untersuchung  so  ganz  unbefriedigt 
läfst.  Es  ist  folgendes:  >der  menschliche  Geist  kann  mit  dem 
Geiste  Gottes  im  Menschen  in  Verbindung  treten,  wenn  ihn  der* 
Wille  des  Menschen  diesen  Weg'  gehen  heifst.«  —  Was  hat 
aaniifder  Vcrfäss.er  gewonnen?  J^ichts.  Ist  nicht  der  Wille  des 
Menschen  —  und  der  ist  ein  organischer  ,TheiI  der  Seele  — 
schon  vorher  ein  guter  j  wenn  er  den  mensclilichen  ti eist  zur 
Vereinigung  mit  'dem, Geiste  Gottes  im  Menschen  gehen  keifst? 
Wozu  also  noch  der  Geist  Gottes  im  Menschen,  wenn  es  doch 
nur  blofs  auf  den  Willen  des  Menschen  ankommt ,  ^ut  Hi  seytL 
oder  nicht,  und  4er  Geist  Grottes  sich'  hiebei  blofs  passiv  verhalt 
uod  das  blosse .  Zusehen  hat?  Also  extstirt  hier  das  Gute,  das 
Heilige  wirklich  m.  -der  menschliehen  Seele  selbst  *—  im  Willen, 
der  schon  vor  .<l^r.  yereinjgutig.  ;mit  dem  Geiste  Gottes  als  gut 
vorausgesetzt  werden  ,mufs , .  wenii  •  er  nachher  diese  Vereinigung 
eingehen  soll;  un/i'der  Verf^ssfr'  hat  isomii  den  Widerspruch 
mcht  gelöst,  den  er  %u  lösen  sich  yornahm.  Nicht  will  Kecen- 
sent  die  Lehre. von  einer  Vereinigung  des  menschlichen  Willens, 
mit  Gott  antasten,  eine  Lehre,  die  ihm  selbst  tiber  alles  theuer 
und  heilig  ist;  nqr  will  er  andeuten,  dafs  des  Verfassers  cigen- 
thüinliche  Ansicht,  welche»  ohne  jselbst  mystisch  zu  sejn,  leicht 
zum  Mjsticismi^  überführen  dqrfte,  >keine  wirkliche  Ausbeute- 
gebe,  und  die  Macht  Gottes  weder  4uf  d.en  guten  Menschen  noch 
auf  den  bösen  zu  bestätigen  geeignet  sej.  Der  Mensch  an  sich 
ist  also  ein  höHenes  Wesen,  als  wozu  ihn  der  Verfasser  stem- 
pelt; denn,  vyie  wir  eben  gesehen  haben,  der  gute  Mensch  will 
das  Gute  aas  sich  selbst.  Aber  auch  der  weiseste  und  heiligste 
Mensch,  der,  nach  dem  Verfasser  etwas  Göttliches  wäre,  bleibt 
doch  immer  nur  Mensch  und  trägt  nicht  —  eine  Hostie—  Gott 


254     Heinroth  Lchi'buch  der  Antbppopologie, 

selbst  unsiclitbar  in  Sich;  und  alle  Swedenborg  sind  metit  nicbt 
dXs  ddle^  bumme  SeliwäTmer^  keine  Gottesbegdisterte. 

3ter  AbsfcBiiitt.    Von  dei  Gcscblechtern. 

4ter  Abschnitt«    Von  den  Lebens -Altern» 

Besonders  schön  und  erhebend  ist  die  Peoiade  des  Greisen- 
Alt«*s^  beim  Weisen  geschildert.  In  diesem  .^^»sohnitte  kommt 
auch  die  Th'eorie  des  Schlafes  un^*  Todes  und  die  Lehre  vom 
der  Fortdauer  ^de»  Lebens  nach  dem^Tode  vor.  i^Jeder  Moment, 
Wo  wir  in  der  Vernunft  lebest  ist  ein  Moment  des  ewigen  Le*^ 
hens  selbst,  mitten  in  der  Zeit  und  in  die  Zeit  eingehend,  ihr 
den  Gharakter  des  Ewigen,  Heiligen  einprägend*  'Wir  konnea 
solche  Momente  nicht  fortsetien,  ohne  die  'Spur^  die  klare  £r^ 
kenntnifs,  die  Gewifshett  des  ewigen  Ldie^is  »u  erfahi^ea.  c 

5.  Abschnitt.     Von  den  Temperamenten,' 

'  Die  so   wichtige  Lehre   von   den  Temperamenten  ist    auf 

soTche  klare  Grundsätze  zurückgeführt,  in  denen  der  ganze,  psj- 
cliische  wie  phjsische  Mensch  berücksichtigt  wird,  dafs  Recen^ 
sent  noch  nichts  über  Temperamente  gelesen  hat,  das  dem  hier 
vorgetragenen  au  Klarheit,  an  Umfassung,  an  Tiefe  und  realen 
Q ehalt  auch  nur  nahe  käme  Hochinteressant  ist,  wie  sich,  nach 
dem  Verfasser,  der  Tcmperamentscharater  in  der  Richtung  auf 
\yissensahaften  und  Küpste  upd  in  der  individaellen  Philosophie 
und  l^^gipn  aussticht»  - 

6.  Abschnitt:    Voq  den»  Anlagea^t 

»NurdenjenfgeuBinriclMungen  im  Menschen 'zu  besttiiimter 
Wirksamkeit*,  d>ie  sich  ai&f  'Entwicklung  der  Freiheit  beziehen, 
also  a]E|f  Einwirkung  seines'  Giemüths,- Geistes  und  Willens ,  kann 
die  Bezeichnung  mit  dem  Werte  Anlage-  ztikommen.  Die  Anlago 
als  Einrichtung  bleibt  zv!^r  immer  das  Werit  der  bildenden  Scho*' 
pferskTaft,  aber  ihre  Entwicklung  ist  der  Freiheit  des  Menschen 
Freifs  gegeben.  Jede  Anlage*  im- M^enschen^bedai'f  der  Erregung 
Tön  aussen.'  Jede  Anlage'  a|5o,'  wie  sie  ein  inneres  Wirkongs- 
vermogen  zu  bestimmfrer  Entwicklung  ist,  setzt  auch  auf  der  an« 
dern  S^te.  eine  Empfänglichkeit  für  äussere  Einwirkung  voraus. 
Wir  k6nnei)  die  Anlage  al^  Wirkungsvermdgen  Trrei,  als  Em- 
pfänglichkeit Sinn  nennen.  Ohne  bestimmten  Trieb  und  Sinn  ist 
also  keine  Anlage  im  Menschen  gedenkb  r.« 

»Das  Gemüth  ha^t'  nur  Euie  Hauptanlage  -^  zur  Religion; 
der  Wille  nur  Eine  üanpanlage  —  zur  Tugend.  Der  Geist 
verfolgt,  theils  als  erkennendes  theils  als  schäfiPendes  Vermögen, 
entgegengesetzte  Zwedte,  dort  den  Zweck  der  Wissenschaften, 
hier  den  der  Kunst;  daher  eine  mannig&ltige  individuellq  Ver- 
schiedenheit der  geistigen  Anlagen,  c 


Heinröth  Lehrbuch  der  Anthropologie«       ff)5 

1.)   Aolaiife  des  Gemtitlis  t^äer  religiöse  Anlage  im  Menschen. 

»Da   die  -Anlage  des  Gemiiths  in  der  Anlage  zur  Religioii 
bestethty  somals  im  Gemütlie  Trieb  und  Sinn  für  Rdtgion  nach- 
gewiesen  werben«     Der   erst^re  offenbart  sich  in  dem  Streben, 
in  der  Sehfl^V^cht.  des   Gemöths   nach  einer  Liebe,  welche  nicfar 
an  di^  Scbranl^ei^  der  Endlichkeit  gebunden  ist  .nach  einer  unend** ■ 
lich^:^;^b^,  .nach  der  Gottheit.     Der  Sinn,  welchen  das  Gemiith : 
fyr  di^eja    eingeborenen  Trieb   empfangen  hat,  ist  der  Glaube« 
Er  fafst,.up)d  ergreift  unipit.telbiar  die  höchste  Einheit  nnd  dan^t; 
das  Wesen  der  Gottheit  selbst.     Und  so  ist  mit   der   Sehnsucht^ 
nach  der  höchsten  Liebe  uiid  oftit  der  Bürgschftft  des  Glaubens 
dje*  Ajib\ge  xor  .Religion  gegeben.«    \ 

2.)  Anlage  des  Willens  oder  sittliche  Anlage  im  Menschen. 

»Diese  Anlage  ist  ebenfalls  thcils  durch  einen  Trieb,  theils 
durch'  eiüen  Sinn  begründet.  Der  Trieb  ist  das  dem  Willen 
einwohnende  Streben  nach.  Freiheit.  Der  Sinn,  den  der  Wille 
in  seinem  Streben  nfiph  Freiheit  bedarf,  um  auf  den  rechten  ge- 
leitet zu  wei*d^,  ist  das  Gewissen,  als  die  Empfänglichkeit  für 
das  rechte  Thunfi*  'Wie  der  Glaube  dem  Gemüthe,  so  ist  das 
Gewissen  dem*  Freiheitstriebe  des  Willens. beigegeben.  Das  Ge- 
wissen ist  der  Ctimpafs  des  Willens  auf  dem  i^ege  in  da&  Ge-. 
biet  der  rennen  Freiheit.« 

3.)  lÖesondere  geistige  Anlagen  im  Measchen;. 

»Di^  geistigen  Anlagen  sind  ebenfalls  theils  durch  besondere- 
WirknngsyftTjeaögen,  geistige  Tmtht;  theils.  durch  besondere  £m- 
pfänglichkeity  geistigen  Sinn,  bestimmt.  Aber ,  ohne  Rücksicht  auf 
die  Tef&ehiedenen  ^r/e/i  von,  Anlageni  giebt  es  noch  Grade  der 
geistigen  ,$aegi(},  welche  das  Mi^s  oder  dtc  Stufe  einer  jede» 
Afilagft,  bes^immoi*  Wenn  sick  Trid>  und  Sinn  auf  die  Gegen- 
st«iade  bfixiehen,  auf  ,weldie.  die  Anlagen  gerichtet  sind,  und  foIgL 
die  ohjegUY^ea.  Redingun^ipen  d«r  Anlagen  ausmachen ;  ^o  kann  man 
die  Grade  der  geistigen  Energie,  welche  die  Tiefe  oder  Ilöh»^ 
der  geistigen  Thätigkeit  bez^choen,  di^.  si^bjectiven  l^edingungen 
der  Anlage  nennen.  Diese  sind  in  ihrer  Stufenfolge :  die  Geleh- 
rigkeit,- das  Talent,,  das  Genie.  Die  jobjective  Verschiedenheit, 
der  geistigen  Anlage  nach  Trieb  und  Sinn  begreift  den  Erhal- 
tungstrieb mit  deo^  X«eb<?psi;infi,.  den  .F^^rs^hi^ngstrieb  mit  dem 
Wahrheitssinn,  und  den  Bildungstrieb  mit  dem  Schönheitssinn. 
£s  giebt  demzufolge  werkthätige,  wissenschaftliche  und  künstle- 
rische Naturen«  « 

Charakter  und  Richtungen  der ^  Anlage  zur  Werkthätigkeit: 

»Dieser  Trieb  findet  sich  vorzugsweise  in  Naturen  von  cho-» 
lerischea  Temperaturen.  Der  praktische  Trieb -wirkt  aüfirerschie- 


a5G     Heinrolh  Lehrbuch  der  Anthropologie. ' 

denen  Stufen^  die  durch  GeleKrigleit,  Taleiit  und  Genie  bezeiclr- 
net  sind.«  . 

Charakter  nnd  Richtangen  der  Anlage  zur  Wissenschaft: 

9  Zwar  Terträgt  sich  jedes  Temperament  mit  der  Apiagezur 
Wissenscahart,  doch  ist  ihr  vorzngsweise  das  melancholische  Tema 
■perament  gänstig«  Die  möglichen  Richtungen  des  ForschungS" 
triebs  und  folgl.  der  Anlagen  zur  Wissenschaft '  sind  dreievlei, 
nach  den  drei  Provinzen,  in  welche  das  Gebiet  der  Wissenschaf- 
ten ein<yetheiit  werden  kann,  n^LmlieW  Natarwissensehaftj  G^ckichte^ 
Metaphysik.  €    Also 

Anlage  zur  Naturwissenschaft! 

'»Die  Naturwissenschaft  schliefst  in  sich  die  Kenntnifs' der 
Erscheinungen  (Naturgeschichte);  der  Kräfte  (Phjsik),  und  der 
Gesetze  der  Natur  ( gesammte  Mathematik ) ;  Wissenschaftea  die 
eben  so  viele  bestimmte  Richtungen  des  t^'orschertriebs  oi^er  An- 
lagen voraussetzen.«  .  ^.  j,- 
Anlage  zur  Geschichtswissenschaft:     .  .  , 

»Wie  die  Naturwissenschaft  die  Erscheinungqpy  Kra/ie  tmd 
Gesetze  ^^^  Natur  im  Räume  und  fi^r  den  Raum  verfolgt,  SjO  die 
Geschichtswiissenschaft  die  Erscheinungen,  Kräfte  und  Gesetze  der . 
Menschen  weit  in  der  Zeit  und  für  «lic  Zeit,  per  erste.  Zweig 
der 'Geschichtswissenschaft,  der  beschreibende  /odßr..txzählcnde 
(Völker -Geschichte)  entspricht  der  Naturgeschichte  im  Gebiete 
der  Naturwissenschaft»  Der  zweite  Zwei^  der  Geschichtswissen- 
schaft, welcher  auf  die  Quellen  der  Erschetnungep  in  4^r- Men- 
schen weit'  oder  auf  die.  sich  im:Menschengesch(echtc,  entwickelnden 
Kräfte  zurückgeht  (Anthropologie  im  .weitesten  Sinne)  entspricht 
der  Physik  in  der  Naturwissenschaft,  der  dritte  Zweig  äer  Ge* 
sah  ich  ts  Wissenschaft  entspricht  der  Mathematik,  indem  er  die  Ver- 
hältnisse, unter  denrä.  die  menschliche  Gesellschaft  in  bestintmten 
Vereinen  bestehen  oder  nicht  beste&en  kann, 'aus  den  Erfahrun- 
gen von  Jahrtausenden  entwickelt,  und  <ibr^U5  einen  CitftOii  Ton 
Gesetzen  aufstellt.«         *  .  >  - 

(Der  Beschhfs  folgt*) 


VC  tb^sserungen. 

In  d€r  in  Nro.  3  S.  4o  u»  ff.  abgedruckten,  An  zeige  vou  WaU 
tet^s  Lehrbuch  des  Kirchen  -  Rechts  üt  zu  lesen: 

Seite  4a  Zeile  28:  c.  4»  8«  C.  %.  q*  6« 

—  4^    — .        5!   c.  i8» 

-»  •—        6:   c»  1«   C«  10    q,  1«  * 

—  —  12,  x3:  cathedraticuQi. 


•       *      ^!5L_ 


N^'  17»        Heidelberger  1023» 

Jahrbücher  der  Literatur. 


HsiNkÖTk   Lehrbuch   de**  Anthropologie^ 

{Bescblu/s.) 

Anlage  tuHt  Metaphysik  t 

!» iVlettiaphjsik  ist  die  Wissenschaft  4€^  tdeem  I>iese  gehören 
in  das  Gebiet  der  Vetnunfi  Die  Methaphjsik  uimmt  daher  die 
liochste  Seite  des  firkenntnifs  ^  Vermögens  alisscbliefslidt  in  An« 
Spruch-  Die  Vernunft  hat  aber  nur  Einen  Gegenstand:  sieHenki 
nur  Gott.  Die  Metaphysik  ist  also  ganA  eigentlich  Theologie  f 
und  eine  MethapKjsik  ohne  Theologie  ist  ein  Unding,  Dagegen 
ist  aber  auch  das  Wesen  der  Theologie  nur  Metaphysik,  und 
kann  nur  ajls  der  Vernunft  erkannt  )¥erden.  Die  Vernunft  ist 
daher  auch,  zWar  nicht  die  Quelle,  abpr  doch  delr  Sinn  und  der 
Probirstein  aller  Offenbarung.  Der  Glaube,  an  den  sich  die 
Offenbarung  ursprünglich  wendet,>  ist  nichts  anders  als  die  noch 
Ufa ebt wickelte  Vernun^,  wie  die  Vernunft  hinwiederum  nichts 
anders  ist,  als  der  iMta  Bewufstseyu  gekommene  Glaube.  Nut 
aus  dem  Glauben  Itifst  sich  die  Vernunft  entwickeln,  wie  det 
Baum  uur  aus  dem  Kerne.  Nicht  aus  dem  Sinne,  nicht  aus  denx 
Verstände  stammt  die'  Vernunft,  sönderli  aus  dem  Glauben.  Sinn 
und  Verstand  sind  blofs  l^mpfanglichkeiten  für  das  Endliche^  aber 
der  Glaube  ist  die  Empfu'ngiichkelt  für  das  Unendliche,  und  dies 
ist  auch  die  Vernunft.  In  der  Vernunft  ist  der  Glaube  erschlos- 
sen; im  Glauben  liegt  die  Vernunft  noch  verschlossen.  Daher 
setxt  die  Anlage  vir  Metaphysik  nothwendig  den  Glaubcti  voraus» 
Daher  sind  nur,  gleichsam  von  Natur,  gläubige  Seelen  für  diu 
Wissenschaft  der  Ideen  empfänglich.  4^ 

Charakter  und  Richtungen  zut  Ahlägö  der  ICuil^t: 
>  Wie  die  Wissenschaft  mit  der  Idee  endigt^  so  begtdht  diö 
Kunst  mit  der  Idee.  Wie  die  Wissenschaft  dutdii  deh  Föi*» 
Schungstrieb  und  Wahrheitssinö,  so  ist  die  Kunst  durch  den  Bil- 
dungÄtrieb  und  Schönheitssinn  vermittelt.  Wie  der  Forschungs-» 
trieb  bald  auf  die  Erscheinungep  des  Nätdrlebehs  im  Raünie, 
bald  auf  die  des  Menseheillebens  in  der  Zeit,  bald  auf  die  Er- 
kenntnifs  des  Höchsten,  Ueberräuniliehen  und  Uebeneitlichen  oder 
des  ewigen  Sejns  gerichtet  ist;  so  i^t  auch  der  Bildungstrieb, 
vom  Schönheitssinne  geleitet,   gescMftigi   die  Idee  des  SchÖneu 

.    IT 


5x58    Ifeinroth  Lehrbuch  der  Anthropologie- 

bald  im  Räume  (plastische  Kunst:  Baukunst,  Bildhauerkunst,  Ma- 
lerei \  bald  in  der  Zdt  ( redende  Kunst :  -^  durch  Töne  i  Mie 
sik^  —  durch  Worte:  Dichtkunst;  —  durch  Gebehrde?  Schau- 
spielkunst), und  endlich  auch  in  dem,  was  über  die  Zeit  ist, 
im  freien  Menschen  selbst  zu  gestalten  »(heilige  Weihe;  reine 
Lebensvirtuosität  \  « 

Recensent  glaubt,  dafs  dieser  dürftige  Auszug  aus  dem  reich- 
haltigen 6ten  Abschnitt  hinreiche,  um  den  ganz  ei^enthiümlichen 
Gang  des  glücklich  combinir enden  Verfassers  anzudeuten. 

Am  Schlüsse  dieses  Abschnittes  folgt  noch  die  Erwähnung 
der  in  besondern  Verhältnissen  der  Aussenwelt  (Erdstrich,  Bo- 
d«n,  Klima,  Erziehung  etc.J  gegründeten  Hindernisse  luid  För- 
dcfru6gS;Y)ittel  der  Entwicklung  der  Anlagen. 

Die  Frage :  ob  ,es  vielleicht  änssere  Zeichen  gebe,  an  denen 
man  ^ie  Anlagen  ohngefähr  eben  so  erkennen  könne,,  wie  die 
^Temperamente ,  vcranlafst  den  Verfasser  noch  ein  Wort  über 
Physiognomik,  so  vvie  über  Gall's  Kranioscopic  zu  sagen;  beide 
aber  als  unbrauchbar  zur  Erforschung  und  Erken;Dtnil^  der  An- 
lagen zu  erklären.. 

Dier  Anthropdoßie.     Zweier  Theü. 
Von  den  Beziehungen   des  menschlichen  Dasejns. 

»Wiefern  sich  4er  erstie*^  TKeil  der  Anthropoloigie  mit  dem 
Menschen  als  Individuum,  also  mit  den  B^ingungen  des  mensch- 
lichen Dasejns,  der  andere  Theil  aber  mit  dem  Menseben  als 
Gattung  oder  mit  der  Menschheit  überhaupt,  also  mit  den  Bezie- 
hungen des  menschlichen  Dasejns  beschäftigt;  kann  auch  der 
erste  der  besondere,  der  atidere  der  allgemeine  Theil  der  An- 
thropologie genannt  tverden.«  ^  ' 

»Die  Vernunft,  als  einwohnend  dem  ganzen  Meoschengc« 
schlechte  und  dasselbe  zu  einem  Ganzen  und  zur  Einheit  ver- 
bindend, stellt  sich  mit  ihrer  Anforderung  an  das  Menschenge« 
schlecht  :  aus  der  natürlichen ,  selbstischen  Gesundheit  in  das 
Aeich  der  Freiheit* und  3:es  Lichts  überzugehen,  —  als  Idee  der 
Menschheit  dar;  und  die  Realisirung  dieser  Idee  ist  als  4ie  Auf- 
gabe des  Menschengeschlechts  in  seiner  geschichtlichen  EDtwick- 
lung  zu  betrachten.« 

»Die  Entwicklung  des  Menschengeschlechts  zur  Freiheit  oder 
zur  Realisirung  der  Idee  der  Menschheit  stimmt  sich  in  so  vie- 
len Fäden*  fort,  als  das  Menschengeschlecht  Anknüpfungspunkte 
seines  Dasejns  hat.  Nun  unterscheiden  wir  nöthwendig  ein  Aus- 
ser -  uns  —  die  Natur;  ein  In  -  uns  —  den  Meruohen  selbst ; 
und  ein  Ucber-uns  -r  die  Gottheit;  und  so  steht  also  auch 
das  Menschengeschlecht  durch  diese  Richtungen  seines  Strebens 
nach  Freiheit  in  drei  grossen  allgemeipen  BeziehuDgen.« 


Heinroth  Lehrbuch  der  Anthropologie^      ajf^ 

isttt  AI^sdiÄitt.  fiefcifeliün^g  det  Metischheit  auf  iie  Natur. 

Allgemeiner  Begriff  der  Natiih 

»Im  Begriffe  iet  Natur  umfassen  wir  das  gesetzliche  Wer- 
den uud  Wirken  der  Etscheinuhgswelt  im  Raume^  die  Vernunft 
i«gt  uös  di*  f^rftge  vof  t  ^ötti  dtesirs  gCsetrtlicJie  Werd^  und 
Wirken  der  Allheit  räumlicher  Erscheinungen?  und  nöthigt  uns 
tei  ifcr  seüiit  die  Ant\i'Qi^  2u  hdrvn:  —  auf  Einheit.  In  der 
Thai  tritt  uns  aucb  die  Natur  ;in  verschtedencn  Sphären  ent/^og^. 
in  welchen'  ihre  Verhältnisse  scufeavireise  sich  <ler  Einheit  nähern : 
TOto  Äeiche  der  Muffen  an  bis  aur  Sphäre  der  Menschhi^it 
hinauf.« 

VerhStnifs  der  Natur  tum  fSchd^pfer)  Geist. 

Verhältnifs  der  Natur  zum  Men^chi^q,  '[ 

ViCrhältntfs  des  Manschen  aur  Ndlur. 

» Die  ganze  Geschichte  entbehrt  des  ferfdtissd*  m  ihrer  Eju 
kiSrung  und  bleibt  ein  labyrinthisehes  Gefwebe  voft  Widersptd- 
chen,  wenn  wir  nicht  den  ursprtingHch  geschichtlich cti  Zustand 
des  Menschen  an  einen  ursprünglichen  Zustand  seines  Dasejns 
vor  aller  Geschiehte  anknüpfen,  welcher  den-  Impuls  zu  dem  soir- 
dtrbaren  Verlauf  der  Ek'eignisse  im  Menschengeschlechtej  zum 
Drama  der  Menschengeschichte  gegeben  hat,  dessen  erste  Fäden 
eben  so  fvenig  in  *  del^  Zeit  liegen,  als  «rüe  ktzteii  in  d^  Zeit 
ablaufen.  Die  * Aus^frandefsetzung  dieis^ 'Gegenstandes  erfordelt 
eine  Untersuchung,  über  den  Ursprurt'g-^'dös  Mensehen  ^  die  aioh 
in  4  Fragen  auflöst:« 

Erste  Frage:  Wann,  entstand  das  Menschengeschlecht? 

Zweite  Fxage:  Wo  entstand  das  Menschengeschlecht?     .  '    . 

Dritte  Frage :  Wodurch  (durch  welche  £Lräfle)  entstand  es  ? 

»Noch  sehen  Wit  in  ^der  sogenannten  gen^atio  ae^iHssia 
einen  schwachen  Schatten  von  der  ui^sprünglibhen  2cugungskrrft 
der  Erde  « 

Vierte  Frage:    Wie   fin   welchem  Zustande)   entstand   das 
Menschengeschlecht? 

Schlafs*  und  Anknüpfungspunkt: 

9 Schwer  lastet  vom  ersten  Menschen  an,  der  Dtück  idejs 
Se&stseyns  auf  d^m  Mensch engeschlochte^  und  er  ist  gei^ade  das 
für  ^ie  moralisöhc  Welt,  was  die  Schwere  für  die  physische  iist. 
lu  der  Menschengeschiohte,  die  wir  ah  einen  fortlaufenden  mq'^ 
ralistihen  Entwioklungsproc^fs  zu  betrathten  habeiS)  ist  das  Liqbt^ 
der  Getst  •  imiUepfort  geschäftig,  das  Menschengeschlecht  von  deih 
i^t^iii«^  'det>  Sefi)fith^  ZU  ei^tösen!  JMe  Religion  tind  ihr  Durclt-* 

17* 


v% 


260     Heinroth  Lehrbuch  der  Anthropologie. 


^ 


zug  durch  die  Geschicbte  ist  es,   welclre  diesen  Läuterungspro- 
cefs  im  Mensdiengescbleclite  immerfort  anfacht«  € 

Geschichtlich  -  arsprübglicbes  Verhältnifs   des  Menschen  zur 

Natjur. 
Rückblick    auf    den    Urzustand  des    Menschen  und    seine 

Grenze: 

»Der  Urzustand,  der  Zustand  der  ersten  Kindheit  des  Men- 
schengeschlechtes war  ein  Zustand  seliger  Unschuld.    l>ic  ganze 
Natur  war  sein.,  weil  es  selbst  der  Natur  ganz  gehorte,  an   ihr 
iiing  und  sog ,   wic^  das  Kind  an   der  Brust   der  Mutter.    Der 
Schöpfer  redete  zum  Menschen  durch  die  Natur,    sie  War  sein 
Organ.     Aber* er  verlor  den  Schöpfer,  indem  er  zur  Selbslheit 
erwachte.     Es  war  nicht  das  Erwachen  zum  Bewufstscjn  über- 
haupt  sondern  nur  zum  Bewufstseyn  der  Schuld.   Er  hat  selbst 
seinen  Entwicklungsgang  z^m  vollständigen  BeWüfstsejn,  zum  un- 
.mittelbaren  Anschauen  der  Gottheit  gehemmt,  indem  er  der  Ver- 
-lührung    zutß   Abfall  nachgab*     Aber  nur  die  Möglichkeit   zum 
Abfall  lag   in  ihm,    weil  Freiheit   in   ihm   lag;    die   Verführung 
mufste  von  aussen  eintreten.   Mit  beiden  Elementen  in  sich  selbst 
-wäre  der  Mensch  böse  aus  des  Schöpfers  Hand  gekommen.  Die 
-Verführung  kam  durch  das  bös&Princip«  Das  bÖSePrincip  aber? 
Hier  knüpft  sich  die  Menschengeschichte  in  der  Zpit  an'  ein  über^ 
zeitliches  Verhältnifs  an,   und  gewinnt  den  Charakter  eines  Dra- 
ma's,   dessen   Entwicklung  Wenfalls  hur  in  einem  überzeitlichea 
Verhältnisse  zu  ervvarten  ist.    Für  uns  aber  ist  der  Mensch  nur 
in  seiner  zeitlichen  Entwicklung  ein  Gegenstand  der  Forschung.« 

Und  hier,  meint  Recensent,  knüpft  sich  des  Verfassers  Phi- 
losophie au  ein' fabelhaftes  Verhältnifs  an,  und  sie  gewinnt  den 
Charakter  eines  Romanos.  Wenigstens  heifst  das,  die  Sprache  der 
Philosophie  auf  einmal  ablegen  und  als  Dichter  auftreten ,  wenn 
man  das  Böse,  um  es  in  der  zeitlichen  Welt  zu  erklären,  ia 
eine,  aller  Forschung  unzugängliche,  überzeitliche  Welt  hinüber 
retten  wijl.  Da  nun,  nach  dem  Verfasser,  der  Mensch  nur  in 
seiner*  zeitlichen  Entwicklung  für  uns  ein  Gegenstand  der  Forr 
schung  ist  (und  nicht  nur  der  Mensch,  sondern  auch  alles,  was 
Weseh  heilst),  so  spricht  er  sich  selbst  das  Urtheii  über  seinen 
Sprung  über  die  Grenzen  des  Zeitlichen  hinaus  in  ein  überzeit- 
liches Ultra,  bis  in  welches  hinein  er  das  Böse  verfolgt.  Wenn 
die  Lehre  der  unbedingten  Freiheit ,  wenn  sie  nicht  Gott  zum 
Urheber  des  Bösen  im  Menschen  machen  soll,  zur  Annahme  ei- 
nes äussern  bösen  Urprincips  gezwungen  ist;  und  aber  diese 
Adnalime  eines  ^von  Gott  unabhängigen  bösen  Urprincips  die 
Maciit  und  Ehre  Gottes  einschränkt,  so  möchte  diejenige  Lehre 
von  blofs  bedingtel*  Freilieit,  in  welcher  das  Böse  nicht  als  ab- 


Heinroth  Lehrbuch  der  Anthropologie.     261 

solut,  sondern  nur  als  rdativ  böse  ersclieint,  die  am  wenigsten 
anstossige  seyn«  Mufs  ja  doch  selbst,  nach  des  Verfassers  An«* 
sieht,  das  Böse  endlich  dem  Guten  unterliegen  und  am  Ende  als 
Fordemingsmittel  des  Guten  dienen!  Warum  also  nimmt  .man 
niobt  lieber  gleich  in  den  Principlen  der  Philosophie  selbst  das 
Böse  als  etwas  nur  Relatives,  nicht  Absolutes  an?  Mufs  zuletzt 
das  Böse  demioch  als  Förderungsmittel  des  Guten  dienen,  so  mufs 
es  fürwahr,  nach  menschlicher  Logik,  im  Auge  Gottes  selbst  als 
etwas  nur  Relativ  -  Böses ,  Dicht  al^  ein  Absolutes  erscheinen! 
Warum  nieht  auch  im  Auge  der  Philosophie  ?  Diese  seine  Frage 
wünscht  Recensent  von  den  Gegnern  beantwortet. 

Geschichte  des  menschlichen  Strebens  die  Natur  zu  be- 
greifen :  /  , 
.  Der  Verfasser  geht  die  verschiedenen  Meinungen  über  Na- 
tur von  der  Mythologie  der  Indier,  Perser  und  Aegjptier  an 
bis  auf  die  heutige  Philosophie  durch.  Schon  und  überzeugend 
ist  CS,  wie  er  die  aus  der  Schule  der  Ideal -Philosophie  ausge- 
henden Stimmen :  die  Kraft  als  den  Träger  der  Dinge,  die  Dinge 
selbst  nur  als  Erscheinungen  der  gesetzlich  gebundenen  Kraft -r- 
aussprechen  lafst.  / 

Kritik  dieser  Bestrebungen  die  Natur  zu  begreifen.  i 
Der  Gewinn  aus  der  Fichte\schen  Ideal -Philosophie,  wel- 
chen die  Verzichtleistung  auf  eine  materielle^  Natur  -^  darum  , 
aber  nicht,  auf  ein  reelles  objectives 'Reich  von  Kräften  und  Ge- 
setzen, die  unsere  ErscheinuVigswelt  von  aussen  begründen  -* 
für  die  richtige  Würdigung  des  V^cltwesens  bringt,  ist,  nach 
dem  Verfasser,  nicht  zu  ei^messen  und  von  ihm  auf  das  vortreff- 
lichste, dargestellt.  Nur -vermirst  Recensent  —  zu  seiner  Freude, 
aber  zumr  Vorwurf  dienend  für  des  V^fassers  früher  angedeu- 
tete Lehre  von  einem  bösen  Urprincip  — ^  in  diesem  so  schonen 
Gemälde  von  der,  durch  Kraft  und  Gesetz  wie ^  durch  zwei  Fä- 
den innig  mit  der  Gottheit  v.erbundenen,  Natur,  die  verderbliche 
Hand  des  bösen  Urprincips.  Indem  der  Verfasser  seine  Theorie 
vergessen  hat,  ist  er  nur  desto  wahrer  geworden.  % 

Freiheit  des  Menschengeschlechts  durch  den  Wechselverkehr 
mit  der  Natur. 

Erster  Blick  auf  ^en  sogenannten  Lebensmagnetismus— Po- 
lemische Excursion. 

Der  Verfasser;  wiewohl  er  die  Möglichkeit  ausserordentli- 
cher Erscheinungen  des  menschlichen  Wirkens,'  tiicht  blofs  auf 
andere  menschliche  Individuen,  sondern  überhaupt  auf  die  N^tur 
annimmt,  findet,  dennoch  den  Lebensmagnetismus  nicht  von  der> 
grossen  Bedeutung,  die  ihm  seine  Gegner  nicht  weniger  als  ««seine 
Vertheidiger  gegeben'  haben.   Ja,  es  gewinnt  hier  den  Anschein, 


s^(ri     Heiaroth  Lehrbuch  der  Anthropologie. 

wie  er  seihst  sagi,  als  wolle  er  die  ganae  grosse,  vierfach  ausge- 
stattete Tbeoiie  und  die  ungeheure  Mepge  angeblicher  Tbatsa-« 
eben  cles  sogenannten  Lebensmagoetisnius  unserer  Tage  dnrcb 
einen  einzigen  Paragraphen  seines  anthropologischen  Compendi« 
«ms  in  Schatten  stellen,  ja*  um  den  Credit  des  Wunderbaren  uud 
Unerhörten  bringen. 

Zweiter  Blick  auf  den  Lebensmagnetismus.  <-—  Historisches. 
Dritter  Blick   auf  den  .  Lebensmaguetismus.  —  Seiu  tieferes 

Wesen. 
Der  Verfasser   sagt:    »Der  unzertrennliche  Zusammenhang, 
in    welchem   die   Wunder,  die  in  unsern  heiligen  Schriften  des 
alten  und  neuen  Buncles  aufgez^eichnet  sind,  mit  den  einfachsten 
und  hochsteit  Lehren  wahrhafter  Offenbarung  des  göttlichen  Gei« 
stes  stehen,  lafst  ups  an  der  Realität  der  Wunder  nicht  zweiflen, 
und  wir  nehmen  demnach  im  umgekehrten  Verhältnisse  mit  de^ 
^en,  die  sie  vor  Augen  sahen»  nicht  die  Wahrheit  nm,  der  Wun- 
der,  sondern  die  Wunder  um  der  Wahrheit  willen^  an.     Aber 
der  Kreis  der  Wunder  ist  in  den  Kreis  des  Heiligen  eingescblos*- 
ien|   und    es   ist  der  höchste  Frevel,   wenn  Unheilige  sich  die 
Kraft  der  Wunder  anmassen,  die  sie  nur  in  ihrer  dünkelbafteo, 
ja  wahnsinnigen  Klnbildung   besitzen  l^önnen;    wie  davon  unsere 
neueste  Zeit   ein  aufFallendes  Beispiel   gegeben  hat.     Nicht  eher, 
als  bis   wahrhaft  Heilige    wieder   erscheinen,  werden   wir  auch 
wieder  Wunder  sehen.     Es   folgt  hieraus,    dafs   man  sich    nicht 
täuschen  lasse,  und  etwa  auf  dem  Wege  des  sogenannten  Lebens- 
magnetismus zu  der  Quelle,  wie  wissenschaftlich  so  praktisch  auf- 
zusteigen wähne.«  —  Also  fehlt  ja  dem  Lebensmagnetismus  das 
tiefere  Wesen,  zu  desseiv  Auffindung  die  üeberschrift  dieses  Pa- 
ragraphen doch  Hoffnung  machte  j^    und  wir  sehen   hiermit  einen 
der  originellsten  Denker  und  der  scharfsinnigsten  Aerzte  Teutsch- 
lands,   ohugeachtet   des   kolossaliscb  in   ihm  vorwaltenden  Glau- 
bens Vermögens,  dennoch  gegen  den  Magnetismus  als 'etwis  Wun- 
derbares, das  nicht  phjsisch -zu  erklären  wäre,  auftreten. 

(^meinschaftliche  Basis  des  Natur-  und  Menschenlebens  und 
Gründe  des   Sinkens   und   der  Steigerung   des  letzteren 
in  Beziehung  auf  die  Natur. 
Das  Resultat   der  hier  aufgestellten  tiefsinnigen  Betrachtung 
ist;  dafs  ein  lebenskrälttges  Individuum,  in  welchem  die  Freiheit 
unter  Leitung  der  Intelligenz  das   Leben  zur   vollen  Gesundheit 
gesteigert  hat,  sowohl  hinsichtlich  der  EVkennlnifs  als  der  Wirk- 
samkeit, mit  der   äussern  Natur  in   eine  solche  Beziehung  trete, 
welche   vom   gewöhnlichen   Standpunkte   des   Lebens  (dem  der 
Schwäche    und   Beschränktheit)    qicht  begri6^   tferdbn  kdnne. 
Was  tiun   vom   Individuum  gilt,   gelt6  auch   vom  Menschcinge- 
schlechte  überhaupt,  ^^  elches,  künftig  ^nmal  tn  die  Babti  der  Ver* 


I 

Heiiufoth  LdbFl>ucIi  der  Aüthropfologie.      263 

■ 

flUjMft  aU^HckgjäfiisiM^t,  ^g^  sui^äclm  ia  Bttzicbimg  auf  die  Natur, 
,erke(iQ«Qd  uni  wirkend ,  einen  Grad  von  Einflufs  vevs^haSe^ 
kdane,  der  schon  jetzt ,  bei  4er  Zersplitterung  de«  Kräfte  d,e$ 
GcschlecbtS)  wenn  \yur  die  Fortschritte  unserer  Phjsik  vor  Au*" 
Hefi  kab^n,  s^cl^t  m  vefkennen  sejr. 
•     »tef  Abschnitt : '  Biexkliuiig  des  Meosebeitgeschlechi» 

auf  sich   selbst. 

Bestimmter  Begriff  dleseir  Beziehung  und  nächite  Bedingung 
ihrer  E^rörterunp^. 

HkStorisckeEn^wicklangskeiniedes  mensoblichon  Geschlechts» 

Entwickluugs.- Perioden  des  Messchciigeschlechts. 

Kindes  «Alter  der  Menschheit. 

Jugend  •  Alter  der  Menschheit  im  Orient. 

Jagend*  Alter  der  Menschheit  im  Al)endlttQde.  Griecheutand. 

(Beides  mit  det  glänaendstea  Beredsamkeit  geschildert.) 
Fortsetzung.    Bömer.   Europäische  Barbaren.    . 

»Wie  die  Seele  des  Orients'  dals  anbetende  Gemüt hj  die 
Seele  Griecheiilandes  der  sinnende  und  bildende  Geist  j  so  war 
«Üe  Seele  Rem's  der  energische  PP^iUe,^ 

Eintritt  der  Menschheit  in  ihr  männliches  Alter. 

«Die  Herrschaft  des  Verstandes  begann  mit  der  Hierarchie.« 

VoEbereitung  und  Fortpflanzung    des    Verstandes  *  Pr incip 
ausserhalb  der  Jlibrarchie. 

»Nur  die  aus  dem  Verstände  heryorgehende  Selbstständig- 
keit macht  die  Freiheit  möglich  |  sie  ist  die  negatwe  Bedingung 
derselben  y  wiefern  sie  gegen  alle  äussere  AngriJ*e  sichert.  Post" 
tiver  Weise  freilich  wird  die  Freiheit  durch  die  Selbstständigkeit« 
die  blofs  auf  dem  Verstände  ruht,  nicht  gefördert,  ja  vielmehr 
Qomöglich  gemacht,  indem  sie  den  durchgreifendsten  Egoismus 
hegt  und  pflegt^  und  zu  einem  System  von  Conseq-uenz  ausbin 
det.  Und  gerade  dieser  ist  es,  tvelcher;  im  Ganzen  wie  bei  den 
£iDzelnei^,  ausgerottet  werden  mufs,  wenn  die  Herrschiaft  der 
Freiheit,  uud^  als  die  Bedingung  derselben,  die  Herrschaft  der 
Vernunft  und  das  Menschengeschlecht  beglückeif  s6ll.  Nun  ist 
aber  der  Egoismus  oder  die  Selbstigkeit  der  einzige ,  m^x  auch 
ein  ewiger,  Feind  dek*  Vernunft.  Das  Zeitalter  demnach,  in.  wel- 
chem die  durch  den  Verstand  errungene  Selbständigkeit  herrschend 
ist,  folgUcli  das  männliche  Alter  der  Menschheit,  in  welcheoA  wir 
uns  schon  zum  Theil  befinden,  mufs  sich^  seinem  Charakter,  dem 
Verstände,  nach,  mehr  als  ein  anderes  der  Vernunft  widersetze^. 
Nun  ist  die  Religion  die  höcliste  Vollendung  der  Vernunft;  es 
mofs  demnach  das  Zeitalter  einer  reifen  Verstandes- Selbststän- 
digkeit Dicht  bbfs  einen  antireligiösen  Chaiakler  haben,  sondern 
sich  sogar  durch  «ine  föriiüiche  Feindschaft  gegeo  die  Religion 
»usieiicbneQ. «  ete*. 


ii64     HeiarOjlh  Lehrbuch  der  Anthropologie« 

Gestehen  wir  io  dieser  Stelle  dem  Verfassetr  den  sclineideii« 
den  und  feindlichen  Gegensatz  zwischen  Verstand  und  Vernonft, 
im  Ganzen  der  Menschheit  wie  in  den  einzelnen  Individuen  der« 
selben ,  zu ;  so'  behält  er  auch  fernerhin  durchs  ganze  Buch  und 
in  allen  seinen,  wenn  gleich  sdbst  nicht  mystisehen,  Cdenn  der 
Verfasser  selbst  denkt  und  schreibt  klar)  doch  dem  Mjsticismus 
günstigen  Sätzen  und  Behauptungen^ Recht;  und  es  ist  dann  voll« 
kommene  Wahrheit,  wenn  er  ^yeiterhin  (im  Anhange  V.)  be- 
hauptet: »dafs  die  Philosophie  der  Tod  der  wahren  Religion^ 
Und  wahre  Religion  der  Tod  der  Philosophie  sey,  und  dafs 
beide  als -Gegner  nicht,  ohne  einander  vernichtet  zu  haben,  aus« 
einander  kommen.«  —  Zuletzt  kommt  es  also  darauf  iHuausi 
dafs  der  Verstand,  d.  h.  das  denkende  Wesen  im'  Menschen  der 
'Todfeind  der"  Vernunft  (der  Mutter  und  Pflegerin  der  Religion) 
sey.  Findet  der  gesunde  Menschenverstand  den  Gegensatz'  zwi- 
schen Seele  und  Körper,  zwischen  Moralität  und  Sinnlichkeit  in 
de|r  Natur  wirklich  vorhanden  und  in  der,  durch  Besiegung  der 
Sinnlichkeit  zu  geschehenden,  Ausgleichung  dieses  Gegensatzes, 
die  grosse,  erhabene  Aufgabe  des  Menschenlebens^  so  muls  er 
dagegen  die  Uebertragung  eines  eben  so  grossen  und  radikalen 
Gegensatzes  auf  seine  edelsten  Innern  Güter  ^  auf  das  denkende 
Princip,  den  Verstand,  und  auf  die  Vernunft  als  Princip  der  Re- 
ligion ,  die  beide  im  feindlichsten  Widerspruche  mit  einander 
stehen  sollen,  mit  Unwillen  verwerfen.  Und  worauf  beruht  der 
Grund  dieses  vermeintlichen  Gegensatzes  zwischen  Verstand  und 
Vernunft?  Auf  der  mifskaunten  Selb^heit,  deren  Wurzel  höchst 
hypothetisch  und-  abentheuerlich  im  bösen  Urprincip  einer  über^ 
zeitlichen  Welt  gesucht  werden  will,  li'reilich  ist  die  Selbstheit 
die  Feindin  der  Religion,  wenn  sie  sich  auf  den  sinnlichen  und 
vergänglichen  JLeib  als  den  letzten-  und  höchsten  Zweck  bezieht; 
sie  wird  aber  die  Freundin  der  Religion  und,  ist  der  Wahrhafte 
Sinn  und  Trieb  für  Religion,  wenn  sie  sich  auf  die  unvergäng- 
lichen Güter  der  Seele  als  letzten  und^hochsten  Zweck  bezieht. 
Die  Tugend,  welche  den  Geldgewinn,  ausschlägt ,  um  den  Geist 
an  Gerechtigkeit  reicher  zu  machen,  ist  eben  jbo  gut  Egoismus 
üls  Tugend.  Ist  denn  t  die  unendliche  Sehnsucht  des  Gemüths 
nach  einem  (unbekannten)  Gegenstand,  der  es  völlig  befriedige 
und  seinen  Durst  nach  Befriedigung  sättigen  -^  welche,  nach 
dem  Verfasser  (§•  87  und  t5i)  den  angeborncn  Trieb  und 
Anlage  des  Menschen  zur  Religion  ausmacht;  — '-  ist  diese  Sehn- 
sucht nach  Sättigung  nicht  auch  Selbstheit?  nur  aber  Si^lbsthcit 
auf  das  Bedürfnifs  -^  nicht  des  Leibes  sondern  der  Seele  ge- 
richtet? Selbstigkeit  ist  die  Seele  der  Welt,  der^morallschen  wie 
der  physischen;  ohne  -sie  überall  Tod.  'Würde  sie  sich  selbst 
recht  verstehen  und  überall  auf  das  Höchste  und  £w%e  im  Mea-> 


Heinroth  Lehrbuch  der  Anthropologie.     96(> 

scLen,  nicht  auf  den  scUeclitenE5rper  berechnet  sejn,  sie  wurde 
nicht  blofs  die  Seelen  sondern  auch  die  Seligkeit  der  Welt  sejn« 
So  braucht  der  Mensch  die  Elemente  seines  innern  Heiligthums 
nicht  im  bürgerlichen  fiLriege  gegen  einander  aufzuwieglen.  Wenn 
der  Verstand,' an  Aufklärung  -wachsend,  die  Ton  Gott  und  nicht 
Tom  Satan  dem  Menschen  eingepflauzte  Selbstliebe  nach  und 
nach  immer  mehr  von  Kusserlichen  körperlichen  Zwecken  ab-^ 
und  nach  edlern  innern  Zwecken  zu -leitet;  so  bieten  Verstand, 
Vernunft  und  Religion  einander  freundlich  die  Hände;  und  d^r 
Weise  verschliefst*  in  sich  einen  Friedenstempel,  in  welchem  die 
inneren  Mächte  in  heiliger  Harmonie  den  Gottesdienst  verrichten. 
Jetzt  vnrd  selbst  der  Verstand,  der  als  solcher  den  einzelnen 
Menschen  wie  die  ganze  Schöpfung  als  ein  unbegreifliches  Wun* 
der  anei^ennen  mufsjf  weil  er,  wenn  er  scharf  bis  ans  Ende 
forscht,  überall  auf  Grenzen  stöfst,  die  er  nicht  zu  überschrciteii 
vermag,  ^— -  jetzt  wird  er  die  Realität  4er  religiösen  Wunder, 
um  der  moralischen  Wahrheiten  willen,  nicht  mehr  bezweifeln, 
sobald  er  sich  erst  überzeugt  haben  wird,  dafs  die  moralische 
Wahrheit  selbst',  ohne  die  Wunder,  nur  kalte  Worte  und  todte 
Buchstaben  sejen.  Wem  sie  dies  sind  —  für  dten  sind  die  Wun- 
der, damit,  um  der  Wunder  willen,  die  höhere  Wahrheit  Ein- 
gang in  sein  Herz  finde. 

Noch  zwei  Fragen*an  3en  Verfasser:  Woher  stammen  seine 
Bannstrahlen  gegen  den  Verstand?  Doch  wohl  aus  seinem  eige- 
nen, allerdings  eminenten,  Verstände,  und  nicht  aus  seiner  Ver- 
nunft! denn  er  sagt  ausdrücklich:  »nicht  das  Denkende  in  uns 
ist  die  Vernunft,  dieses  ist  un^  bleibt  der  Verstand.« -r-  Ferner: 
Woher  fliefst  sein  Eifern  gegen  die  Selbstheit?  doch  wohl  au9 
seiner  eigenen  Selbstheit,  die  eine  origin^e  Ansicht  zur  Ehre 
des  eigenen  Verstandes  vertheidigt!  Rccensent  ist  übrigens  weit 
entfernt  dem  Verfasser  diese  Selbstlieit  zum  Vorwurf  machen  zu 
wollen.  Die  Selbstheit,  die  der  öffentlichen  Mittheilung  neuer 
eigener  Ueberzeugung  zum  ^ Grund  liegt,  ist  eben  jene  höhere 
edlere  Selbstheit,  ist  heilige  Pflicht.  Sie  ist  eben  die  Seele  alles 
Lebens,  des  geistigen" wie  des  sinnlichen.  Lassen  wir  also  dem 
Menschen  die  Selbstheit,  die  das  Eigenthum  seiner  Seele  ist,  das 
ihr  nicht  mit  dem  Tode  entrissen' werden  kann,  und  trachte  man 
blofs  dahin,  diese  ^Selbstheit  slxx  verständigen  und  auf  das  rechte 
Out  iiinzuleiten.  Und  das  thut  und  wirkt  der  edle  Verfasse? 
puf  jeder  Seite  seines  Buches,  nur  unter  anderm  Namen. 

Zeit  -  Alter  der  Vernunft, 

Im  erhabenen  Stjle  geschildert. 

Anhang*  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Menschheit.  Höchste 
ßestimmung  des  Menschengeschlechts. ' 


266     Heioroib  Lehtbach  der  Antbrdpologie. 

J^uriiclEgang  au  der  Bexidiiiftg   d^  Men^eiijf^schleclits 

auf  sich  selbst. 
AUgcmeiBste  organisclie  Ansicht  der  VeriHinft  -  Eotwick* 
lui>g  im  Mepschepgeschlechte. 
Genaueve  Parallele    der   pbjsicK  -  organisclieii  ^it  der 
Vernunft  -  Entwicklung. 
HoHe  Begeisterung   spricht   skb   überall   la  dem  hier  Ge« 
jiagtea  aus,  «-*     Der.  Verfasser   siebt  ii\  den  Ebväern   da»  allge- 
meine BiiidungsviUlel  zwischen  dea  Völkera  der  verschiedensten 
,  WeUgegendeq    und    das   Organ ,    dessen  sich  ^die  Vorsehung  lu 
ihrer  i^x^vpn  Verherrlichung  unter  den  VöJ-kem  bedienen  durfte. 
Höchst   geistvoU   und   scbarfsinpig  ist   das   hier  zum  Gvuod  Ite-r 
gende   Rasoiineoient.     Aber    eben    darum,,   wenn   es  auch   nicht 
$elbsi  Scbwirmeret  ist,    so  wird   es  ui\fehllKir   Scbwäroaer  er- 
Beulen. 

Stev  Abschnitt.     Besiehipig  dea  Mepscheogescblecbts  auf 

eisk  Höchstes. 
Uebergang   zum   Stea  Abschnitt,   und  kurze  Darstellung 
>  seines  Inhalts* 

Die  Vernunft,   das   einzige   Orgaa   der  Erkenntnils  eines 

Höchsten,,  und  unsere  Beziehung  auf  dasselbe. 
Beschaffenheit   des   religiösen  Keimes  im  Individuum  und 
im  Menschengeschlechter  überhaupt. 
^\m  Gemüthe,  nicht  im  Vorstellungsvermögen  ist  der.  Reim 
der  Religion  zu  suchen,,  als  ein  Erbtheil  des  ganzen  Menschen- 
geschlechts^ imd  die  Vernunft  selbst,  das  Gemeingut  der  Mensch- 
beity  ist  anzusebeo  als  sich»  nicht  aus  dem  VorstetlungsvermÖgen, 
sondern   aus    dem   Gcmüthe    entwickelud.     Es  erhellt  ab^  auch 
Bugleioh,  daf&  mit  dem  Keime  zur  Religion  im  Glauben,  als  der 
noch  unentwickelten  Vernunft,    oder  in  der  Vernunft,   als  dem 
eiitwiiQke)teni  Glaubeiv  die  Religion  selbst  noch  keineswegs  %^%'^ 
ben  ist.     Der  Glaube»  wie  die  Veruunft,  ist  nur  der  Sinn  für 
die   höchste  iE^inheit,.    Der   Gegenstand  des   Glaubens   oder  der 
Vernunft  ist  mit.  ihr   noch   nicht  gegeben;  demnach  auch    noch 
Veine  Religiion^  wodurch  diejenigen  widerlegt  werden,    welche 
dem  Menseben  und  dem.  menschlichen  Geschlechte   ur&prönglicb 
ReKgiim  uiid  die  Vorstellung  de«  göttlichen  Wesens^  so  unvoll« 
liomaien  sÄe,  immer  «ej,  zu&chpeiben,  als  sich  ncktbvrendig  aus  ihm 
«nlwicketnd.     Das  Rdigien  -  Aebnliches  ist  nur  After  -  Religion. 
Wie  wollte  der  Mensch,  von   der  Weit  aus,   zu  einem  andern 
als  dem  Welt-Diei>st  aufgeregt   werden '.f     Der   religiöse  Keim 
bedarf  der  Befruchtung,   aber  einer  solchen,   die  nicht  von  der 
Welt,  sondern  vom  Geiste  herstammt.« 

OffenUitang,  als  Bedingjang  zur  EnewieUun|^  d^  religiösen 
Keimes  im  Menschen  und  seineiii  gan»e»  Geschlechtc. 


."' 


Hemtoth  Lehirbuch  der  Aiitbropok>gie.      2167 

ZuTÜckführung  ^der  Ofkehürung  tu  liii^cr '  ersten  Quelle.     . 

Hoher  Sinn  und  tiefe  Bedeutung  Hegt  in  folgender  Stelle 
(die  ein  schönes  Zeugnifs  für  Naturreligion  ablegt):  »Der 
erste  Mensch  erhielt  die  erste  Gottes  -  Offenbarung.  Als  das  ur* 
sprÜQglicbe  Band  durch  die  Schuld  des  Menschen  zeitrissen  wurde, 
blieb  doch  das  eine  Ende  desselben,  das  in  der  Brust  des  Men* 
schcq  befestigt  i^,  zurück:  da&  Gesetz.  Dieses  Gesetz  erhält  die 
Erinnerung  an  den  nun  unsichtbaren  Gesetzgeber;  und  der  Name 
!»Gott«  einmal  in  die  Menschenbrust  gedriHigen,  ist  nicht  in  ihr, 
XU  Ycrtilgen,  Er  tont  wieder  in  den  Stimmen  der  Völker^  wenn 
auch  noch  so  verworren,'  noch  so  .verstünnneh;  aber  es  ist  kein 
Laut,  der  aus  Buchstaben  zusammengestöppelt  wird,  die  aKif  der 
Erde  liegen  oder  am  Himmel  geschrieben  stehen,  sondern  es  ist 
der  Nachhall  der  Schöpferstimme  selbst  « 

Es  giebt  nur  Eine  Offenbarung  im  Meiäschengeschlechte. 

Wiederhall  uöd  Aus£\rtu^gen  der  Off<mbarung.      • 

Begriff  der  Religion  im  Gegensatz  von  Offenbarung. 

» Alle  .  vorgebliche .  Religion  ohne  Offenbarung  kann  nur 
Götzendienst  sejn.«  —  Dies  das  Endresultat,  das  der  Verfasser 
nicht  nur  so  hinwirft,  sondern  das  er  mit  logischer  Strenge  aus 
seioeu  frühern  Sätzen  erweist,  —  die  er  aber  freilich,  wie  be- 
reits zum  Theil  gezeigt  worden,  selbst  erschaffen  und  mit  gros- 
ser und  tiefer  Kunst,  die  an  jedem  der  einzelnen  Satze  meister- 
haft verdeckt  bleibt,  dahin  zugespitzt  hat,  dafs  das  ganze  Ge- 
bäude der  Orthodoxie,  —  was  vielleicht  die  schulgerechteste 
Bogmatik  bis  jetzt  noch  nicfit  geleistet  hat  —  mit  einer  Consc- 
(£uenz  prangt,  die  dem  systematischen  Geiste  des  Verfassers  zur 
grossen  Ehre  gereicht.;  aber  auch — Was  vielleicht  die  allerchrist- 
lichste' Dogmatik  in  dem  Mafs  bis  jetzt  ebenfalls^  noch  nicht  ge- 
leistet hat  —  von  einem  moralischen  Geisite  (wie  von  dem  Be- 
wohner des  Gebäudes)  erfüllt  und  ausgefüllt  wird,  der  den  Le- 
ser des  Buches  himmelan  zieht  und  ihn,  un  dieses  hohen  Be- 
wohners willen,  den  düster- orthodoxen  St jl  des  Gebäudes  selbst 
vergessen  lalst.  Wer  sich  selbst  nicht  kennt,  wer  den  Mensch ei| 
überhaupt  nicht  begreift,  der  wandle«  zu  diesem  Tempel  der 
Authropologie;  und  er  wird  begeistert  werden.  \otk  der  Wahr- 
heit: »Der  Mensch  ist  bloJDs  als  moralisches  Wesen  zu  begrei- 
fen.« Und  diese  Wahrheit  ist  der  Tod  alles  Unglaubens  vvie 
alles  Aberglaubens«  ^  ,  ^ 

Die  Beziehung  des  Menschei^^esehleehts  auf  ein  Höchstes 
in  ibrey  Vollendung. 

Scblubw  Beschränktheit  der  Aussicht  in  die  Zukunft  des 
Menseheugesehlechts. 


2G8     Heioroth  Leh^bach  der  Anthropologie.       ' 

Anliaiifi;  (von  S.  3^7  — 4740 

Erläuternde  und  beweisfuhrende  Aufsitze. 

Die  nur  schon  zu  sehr  überscYintteiten  Grenzen  einer  Re- 
censiony  wie  sie  sich  für  unsere  Blatter  eignet,  erlauben  deni 
Rccensenten  nicht  von  den  hier  folgenden  ungemein  interessanten 
und  geistreichen  Aufsätzen,  welche  die  höchste  Klarheit  des  Vor- 
trags init  tiefem  philosophischen  Rasonnement  verbinden,  mehr 
nur  als  die  Aufschriften  herzusetzen« 

/.    Heber  die  Statidpufikte    anthropologischer  Forschung. 

(Erläuternd  2ur  Methode  der  Anthropologie  §.4*^*) 

//.   lieber  den  VoTtheü  des  gegenständlichen  Denkens  in 

der  Anthropologie^ 

(Erläuternd  in  Beziehung  auf  die  §•  28  —  35  die  neue 
Ansicht  der  Entstehung  und  Ausgestaltung  des  Menschengebildes 
im  Mutterleib  betreffend.) 

///.  Ueher'die  doppelte  Bedeutung  des  Begriffs:  Geist- 
(Betreffend   einen   scheinbaren  Widerspruch  zwischen  §2. 
53  —  55.  und  §§.  74.  i44.)        ' 

ly.     Ueber  die   Einmischung   religiöser  Principien   in 

die  Anthropologie» 
(Zum  3tcn  Abschnitt  des  2ten  Thcils.) 

y,    Üejfer  die  ff^ärde  ffer  Anthropologie» 
(Erläuternd  zu  §.  7.)      , 

yi,  Ueber  den  Begriff  der  Anthropologie  ß  und  einige 

Folgerungen  aus  demselben, 
(EiKuternd^zum  §•  i.)  ' 

Friedi^ich  Groos^ 


P  ä  d  a  g  o  g  i  h 

Freimüthige  Jahrbücher  der  allgemeinen  deutschen  Folks^chden^ 
herausgegeben  *vqn  F.  H.  C  Scujrjikz  ordentL  Prof.  der 
Theolog.  und  Großherz,  Bad.  Geh.  JCirchenrath  zu  Meidet" 
bergj  F.  C.  TVagner  Grofsherz.  Hess.  Kirchen-  und  Schul-' 
rath  zu  Darmstadt,  A.  F.  d'AuTBL  KönigL  fViirtembergm 
OberconsistoricUr.  Oberho/pred.  und  PrtUat  zu  Stuttgart, 
und  B*  A.  ScHSLLSNB^MG  Herzogl.  Nassauischem  Kirchen^ 
'  und  Oberschulrath  zu  Wiesbaden.  Dürmstadt  bei  Hejrer 
und  Leshe.  484g.  Erster  Bandn  Erstes  Heft^  Zweites 
Heft   (VIll.  und  5%8  S.  nebst  einer  Tai-  <♦•  Musikbeil.  J 


Pädagogik.  261) 

Zweiter  Bqnä;  erstes  imd  zweites  Heft.   Durmstadt  bei  C, 
,    H^^  Leske  48si»  und  *—  ü3.  {4^9  ^O* 

Jr län  und  Zweck  ist  vorgedruckt.     Beides  gelit  aus  eiaem  all- 
gemein  gefühlten  Bedürfnlfs,  einer  $o)chei^   das   deutsche  Volks- 
Schulwesen  umfassenden  Zeitschrift,  und  zugleich  aus  dem  inne- 
ren Berufe  und  der  vielfachen  äusseren  dahin  gehörigen  Wirk- 
samkeit der  vier  Unternehmer  hervor.  Die  Abtheilungen,  welche 
für  die  möglichste  Vollständigkeit,   Gründlichkeit  und  Gemein-  , 
nutzigkeit  angelegt  sind,  enthalten  bis  jetzt  folgendes :  Erste  Ab- 
theilang,  für  die  Geschichte  und  Statistik  der  allgemeinen  Volks- 
schulen  bestimmt :     4  J  Geschichte    der   Schuherbesserungen  in 
Deutschland  seit  dem  /.  4^65.  in  einer  Vebersicht  "von  F.  H,  C 
Schwarz,    Sie  ist  im  isten  H.  des  isten  B.  angefangen,^  im  2ten 
fortgesetzt,  und  im  isten  H.  des  aten  B.  mit  der  jetzigen  Zeit 
beschlossen,   woran   denn   die   kritische  Uebersicht*  der  jetzigen 
£i*zichungsschrtften  überhaupt ^   angefangenem    2ten  Bande  2tes 
Heft,  anschliefst,     st)    Beitrag    zur    Geschichte   des   Sehid'^  und 
Erziehungswesens  aus  deni  46ten  Jahrh,  von  B,  A.  Schellenberg, 
im  2ten  H.  und:    Geschichte  des  V'olksschtdwesens  im  Herzogth. 
Nassau,  von  demltlbenj  im'ateuH.  des  isten  B.  fortges.  im  iston 
und  2tert  H.  des  2ten  Bandes.     4)    Gesetzliche  Verfassung  der 
Volksschulen  im  Herzogt hum  Nassau  j  nach  dem  neuesten  Ediet 
V.  a4-  März  4817   (im  4sten  B.   isten  und  2ten  H. );    Allgem. 
Schulordnung  für  die  Herzogthümer  Schleswig  und  Holstein  vom 
21.    Aug.  \^i^  (\m^\,  B.  2»  H.);    Consistorialf^erordnung  für 
die  Landschulen  im  Gebiete  der  freien  Stadt  Frankfurt  Vom  J* 
4820    ( im  *2.  B.    1.  H.)},    Erneuerte   Schulverordnung  Jur   die 
deutschen  Stadt  ^  und  Dorfschulen  in  den  kursächsischen  Landen, 
V.  J.  1773,  Nachtrag  zu  derselben  v.  J.  i8o5  (im  2.  B.  i.H.); 
Königlich    PViirtemberg,    Generalverördnung  für  die  evangelisch. 
Elementarschulen  (im  2.  B.  2.  H«);    Sachsen- Weimar,  Regula- 
tiv für  die  Landschulen  \  und :  *  Sachsen  -  fVeim,  Dienstinstruction 
für   die  Landschidlehrer  (ebendas.).  —     5J  Nachricht  von  den 
Anstalten  zur   BÜdung   künftiger  VolksschidlefiFer  evang,    Conf 
im  Königr.  PVurtembergj  von  A,  J,  d'Autel  (im  i.  B.  i.JH.) 
—  6)  Geschichte  und  Verfassung   der   Schullehrer   Gonfcrenten 
im  Königr    tViirtemherg  (im  2.x B.  2.  H. ).  —   7J  Nachrichten 
*von  bedeutenden  Verfugungen ,   Anstalten,   Stiftungen   und  Er«^ 
eiguissen  im  deutschen  Volksschulwesen  ^   aus  mehreren  I^ändern 
(in  beiden  Bänden).  —  ^)  Vebersicht  des  Schiäwesens  in  Schwe^ 
den,  Auszug  aus  vgn  Schuberts  Werk  Schwedens  Kirchenvcrfas" 
sung  etc.   ( im  2.  B.    2.  H.);  —    g)  Blicke  auf  die  öffentliche 
Volksbildung  in  Ittdien^  Frankreich,  England,  den  Niederlanden,. 
und  vereinten  Staaten  Nordamerika*s  (im  1.  B*  2«  H.);  kurz 


hyo  Pädagogik* 

aber  meAwGrdig  för  den  WerÄ  der  VoBcsschuIeij;  —  VoJ 
Chronik  der  FolksHhuleu  in  •  den  deutschen  Staaten  j  aus  dem 
Wiirtemberg.  und  Oesterreichischen  (im  2.  B-  2.  H.). —  44) 
Neigebetatr  Ferwaltung  des  Öffentlichen  Unterrichts  am  Rheine 
nach  Vertreibung  der  Franzosen  (im  2.  B.  2.  H. ). 

Zvoeite  j&theätmg.  Theoretische  j  praktische  und  kritisch^ 
Beiträge,  4)  Geschichtsunterricht  in  KolksschvUn^  2  Abli.  «iae 
von  JV'eingart  in  Hethsl?t]9en ,  und:  «ine  v^n  A*  L  Grimm  ia 
WeinWün  (im  i.  B.  4.  H.)»  -r—  ;? J  Unterricht  im  Sckönsehrei- 
hen,  TQo  Saricrius  in  Schotten  (i»  B.  2^  H*)»  ^-^  J^  ZT^^er 
«?(0/i  naturgemüssen  Zusammenhang  der  Unterrichtsgegenstände 
in  V'olkssclwlen^  be^nders  Uh^r  den  ersten  Sprachunterricht ^  von 
F.  ff.  G.  Graßmanh  in  Stettin  ('s.  B^  «.  H.).  —  4J  Ueher 
die  Nathwendigheit  der  SchuU^er-'S^nrnfffien^  von  Balbier  in 
Kaiserslaulern  {a-  B.  1.  H.)-  —  5)  Ueher  das  Volkssehulwestn 
in:  Rheifihessen  ( ebcndas,).  —  6)  Gßdanken  zur  Bestimmung 
des  p^erhMtnisses  ß  worin  die  F'olksschule  zitm  Staate  und  zur 
Kirche  steht.,  .voo  dem  unlerzeichncten  .Mitberausgeber  (  i.  B. 
2.  H*).  - —  7.  Jst  der  JLankastersche  Schuimethodus  d»  i,  der 
wechselseitige  Unterricht  ein  Fortschritt  in  derfl  Schulwesen  ?  von 
demselben  (ebeBdas.)^  —  8J  Kritische  Uebersicht  der  pädag. 
Literatur  seit  4821  von  demselben  (2.  B.  a.  H.)-  —  pj  Klei- 
nere Beiträge  und  Anekdoten;  hiei^u  einige  Lieder;  auch  eini- 
ges Musikalische  von  Hink  zu  Darmstadl. 

Diese  Sdiul  -  Jahrbücher  enthalten  also  bis  jetzt  6  beste- 
hende neue  Verordnungen  für  Volksschulen  deutscher  Länder; 
und  wir  hoffen  allmähhg  alle  bestehenden  vollständig  mit- 
zutheilen',  so  dlafs  die  deutschen  Schulbehörden  sie  alle  hier  zu- 
sammen finden  können.  Eben  so  hoffen  wir,  durch  Correspon- 
denz  und  Beiträge  aus  allen  Gegenden  Deutschlands  unterstützt, 
die  specielle  SchulgeschicKtje  und  alles,  was  zur  Kunde'  und  Be- 
lehrung der  Männer  der  Volksschulen  dienen  mag,  wie  auch 
eine  kritische  Uebersicht  der  pädagog.  Literatur  in  ihren  Zwei- 
gen, den  Oberen  so  wie  den  Lehrern  «^er  Volksschulen  in  die 
Hände  zu  geben.  Was  einst  die  acta  scholastica  und  einige 
kleinere  Uniernehmungen  für  die  Gelehrtenschulen  zu  sejn  such- 
ten, haben  wir  uns  in  dem  vorliegenden  Werke  in  einer  umfassen- 
deren Idee  für  das  Volksschulwesen  zu  leisten  vorgesetzt.  Die 
regelmassige  Erscheinung,  für  das  Jahr  1  Band,  uiid  für  das 
Halbjahr  1  Heft   wird  hoffentlich   das  W^efk  glücklich  fördern. 

/  Schwarz. 


I 

♦ 


T^ehenbHck  Od.  Jahr  iSoX  ikyi 

NiSUes  Tasche^idh  für  N&rfibgfg,  Mit  Beiträgen  von  Mau-* 
irXRT  ^  S^BBtjfKEES  cU,  Nürnherg  bei  Riegel^  und  fVie»* 
mar.   ^St^.  *  - 

WiewoM  zunächst  für  Nürnberg  bestimmt^  und  at]ssc'hlier4icH 
von  dieser y  einst  so  bedeutenden  Reichsstadt  handelnd,  bietet 
der  Inhalt  des  Buchs  dem  Freunde  vaterländischer  Gefühle,  wie 
dem  Verehrer  altdeutscher  Kunst,  die  reichste  Ausbeute  dar. 
Was  ein  fester  Verein  zwischen  Regierung  und  BurgCTB,  selbst 
in  c^iaem,  auf  vyenige  Quadratmeilen  beschrankten  Räume.,  lei- 
sten konnte j  und  wirklich  leistete,  für  allgemeine  Runstbil- 
dungy  Entwicltelung,  Handhabung  und  Aufrechthaltung  putzli- 
cher, bürgerlichen  Betriebe,  wird  hier,  aus  ächter  Quelle  ge- 
schöpft und  vorgelegt,  —  In  dem  Ueherhlicke  von  Nürnbergs 
Aufkeimen,  Bliihen  und  Sinken  {fon  C,  Mannert  zeigt  sich:  wie 
diese  Stadt,  aus  dürrem  Boden,  mühsam,  unter  Kaiserlichem 
Schutze  emjpor  gewachsen,  von  Jahr  zu  Jahr  kraftfger  und  lierr- 
licher  aufkam,  wenii  gleich  fremde  ^Gewalthaber  im  Innern,  ih- 
rem Gedeihen  oft  feindlich  entgegenwirkten;  von  Aussen  die 
Rohheit  der  Jahrhunderte,  die  Emporgekommene  drückte  und 
befehdete;  und  sie,  wenn  in  den  drangvollsten  Zeiten  der  Schutz 
des  Keichsoberhaupts  fehlte,  oder  unwirksam  war,  blofs  aut 
eigene  Kraft  sich  stützend,  mit  äussern  und  innern  Feinden  ihre 
Sache  durchkämpfen  mufste.  Zu' welcher  Höhe  Nürnberg,  trotz 
aller  Anfechtungen  und  Opfer  sich  emporgeschwungen,  beweiset, 
dafs  es  im  Anfange  des  sechzehnten  Jahrhunderts  sechstausend 
Mann  zum  Dienste  des  Kaisers  ins  Feld  rücken  lassen  konnte 5 
und  dafs,  liach  Aeneas  Sylvius  Zeugnisse  i  viele  Nümbergische 
Bürger  bessere  Wohnungen  besasscn,  als  die  Könige  von  Schott- 
land. —  Trefflich  ist  auseinander  gesetzt,  wie  durch  das  Inein- 
andergreifen der  Gewerbej  jedes  Einzelne  sich  leichter  und 
freudiger  entwickelte;  wie  der  Gewerbfleifs  allmählich  die  Runst 
beförderte;  wie  beide,  durch  Bediirfnifs  von  Ausseh  und  Be- 
günstigung von  Innen,  auf  alle  Weise  gehoben  wurden;  wie 
das  gleiche  Interesse  der  Staatsbeamten  und  Bürger,  auf  einend 
dasselbe  Ziel  hinstreben  mußte;  wie  die.  Verbindung  mit  der 
mächtigen  und  blühenden  Norddeutschen  Hansa ,  auch  auf  den 
Wohlstand  Nürnbergs  den  btedeufendsten»  Eiuflufs  offenbarte; 
wie  bei  aller  Pracht  und  Herrlichkeit,  welche  in  Öffentlichen 
und  Pr-ivat  -  Festen  vorherrÄhte,  die  höchste '.Einfachheit  im  in- 
nern Leben  an  der  Tagesordnung  war;  und  die  sorgsamen,  acht 
reichsbÜTgerlichen  Frauen,  nur  wenn  es  sejn  mulste,  mit  ihren 
Perlen  und  Diamanten,  Fürstinnen  überglänzten;  aber,  nach  ab- 
gelegtem Geschmeide^  wieder  treu  die  ererbte  stille  Häuslich- 
Keit  bewahrten,  sich  ihrer  Kinder  und  Gatten,  und  etwa  der 
Truhe  voll  selbstgesponoenen  feinen  Leinewands  freuend.  — *^  Sehr 


ajs^  Taschenb&ch.,f«>d«  Jahr  1823* 

klar  eotwickelt  ist  ferner:  darsti'  wiewohl  der  veränderte  Gang 
des  Weltbandels  seit  der  Entdeckung  des  neuen  W«ges  gen 
Ostindien,  nachtheilig  auf  Nürnberg  influirtei  dennoch  diese 
Stadt,  wie  jeder  dem  Welthandel  sich  einmal  hingebender  bür« 
gerliche'  Verein  früher  oder  später,  eine  neue  Bahn  eröffnet 
haben  würde:  wäre  nicht  Zwiespalt  und  Verkehrtheit  im  Innera 
eingetreten.  Seit  die  herrschenden  Familieu  an^ng^n,  die  Trei- 
bung bürgerlichen  Gewerbes  unter  ihrer  Würde  zu  halten;  seit'* 
dem  auf  solche  Weise  das  Interesse  der  regierenden  Classe  sich 
von  dem  der  erwerbenden  trennte;  seit  die  erstere  zum  Nach-' 
theil  des  Ganzen,  von  Staatsbedienungen  zu  leben,  und  in  ihnen 
zu  glänzen  suchte,  seit,  mit  grossem  Aufwände,  Landerwerbun^ 
gen  für  den  Staat  gemacht  wurden,  die  eigentlich  nur  den  Pa**' 
trizischen  Söhnen,  denen  sich  dadurch  neue  Stellen  öffneten, 
VortHeil  brachten;  seit  bei  der  schärfern  Trennung  der  patrizi- 
schen  und  andern  Familien,  in  4en  erstem,  adlicher  Luxus  äuf-^ 
kam,  und  die  andern,  sich  jenen,  wenn  sie  es  sonst  nicht  konn- 
ten, durch  Aufwand  gleich  zu  stellen,  bemüht  waren -^  seitdem 
sank  Nürnberg  immer  tiefer  und  tiefer.  Verschleuderung  der 
Staatseinkünfte,  Verminderung  der$elben  und  drückende  Schul* 
denlast  kamen  hinzu;  die  Ereignisse  der  Zeit  thaten  das  Ihrige 
mit,  und  so,  wie  der  kleine  Freistaat  am  Ende  seines  politischen 
Dasejns  stand,  ward  ihm,  wer 'will  es  verkennen,  die  Vereini- 
gung mit  dem  mildbeherrschten  Königreiche  Baiern  ,^  offenbar 
zur  Wohlthat.  —  Der  ■  Aufsatz :  zur  Geschichte  der  Künste  in 
Nürnberg  fon  yHder  verdient  wegen  Ausführlichkeit  und  ge- 
nauer Angaben,  auch  wegen  mancher  neuen  Daten,  Beachtung; 
tind  Anerkennung.  —  Weniger  für  den  Auswärtigen  anziehenc^, 
sind :  die  Nachrichten  von  dem  Leben  Paul  Wolf  gang  Merkels, 
ifon  Friedr.  Roth  und:  fiber  den  Hcuidel  der  Nürnberger  Pa- 
trizier von  Siebenkees,  —  In  dem  Aufsatze :  Nüjmberg  in  der 
neuesten  Zeit,  werden,  und  wie  es  scheint,  ohne  Partheilich- 
keit,  die  bedeutenden  Vortheile  vor  Augen '  gelegt ,  ^welche  die- 
ser Stadt  iu'^den  mannigfaltigsten  Rücksichten,  nach  der  Vercini- 
gui^  mit  der  Krone  Baiern  zu  Theil  wurden.  —  Treffliche 
Kupfer  zieren  das  Buch.  Vor  allen  sind  zii  nennen  das  Bild 
Mlbrecht  Durers  nnd  die  vier  Apostel  nach  Dürer,  beide  von 
Fleischmann  meisterhaft  gestochen.  T^ie  Ansichten  der  Stadt 
Nürnberg  und"  einzelner  merkwürdigen  Gebäude  von  F.  Geislcr 
und  Duttenhofer,  bringen  treu,  und  in  schönen  Stichen,  das  Dar- 
zustellende vors  Auge.  Eine  kleine  Charte  des  ehemaligen.  Ge- 
liets  der  freien  Reichsstadt  Nürnberg  kann  als  eine  unentbehr- 
liche Zugabo  betrachtet  werden ,  da  ohne  sie  ,  manches  iü  der 
Geschichte  die$e^  Stadt  vorkommende  unverständlich,  oder  doch 
weniger  verständlich  bleiben  würde« 


^ 


^'=  ^^*         Heidelberger  ^^^- 

Jahrbücher  der  Literatur. 


Syllose     Inscriptionum     Antiquarum  ,     Graecarum 
et  Latinarufn  Editore  Fa  i dkrtc o   Os^iNWj   Pro^ 
fessore  Jenensi,  Fasciculus  I.  Jenae  in  libraria  Croekeriana, 
48^2.    4S  S.  fol.      1  Rililr.  12  ggr.  ' 

lieber  den  Plan  dieses  Uoternehmeos  zu  sprechen  h^lte  ich  für 
tinnötliig,  da  derselbe  durch  die  allgemeiD  *  verbreitete  Ankündi- 
gung bereits  vor  einiger  Zeit  zur  öffentlichen  Xunde  gelangt. 
Dafs  es  damit  zur  Ausführung  kommt,  wird  jeden- freuen,  dem 
grundliche  Behandlung  der  Alteftbums Wissenschaft  eine  Angele^ 
genheit  ist.  Dieses  erste  Heft  stellt  für  das  Ganze  ein  sehr  gun^ 
stiges  Vorzeichfn;  und  vergleicht  man  die  Gediegenheit  der  Ar- 
beit mit  der  Jugend  4^^  Herausgebers,  so  sieht  man  sich  ange- 
nehm überrascht,  indem  es  etwas  beissen  'vvill,  in  solchen  Jahren 
so  grundlich  vorbereitet  auf  gelehrte  Reisen  gehen  Und  diese  mit 
solcher  Umsicht  und  Sorgfalt  auch  zu  benutzen  wissen.  Die  alte 
Literatur  darf  sich  von  diesem  Philologen  nhcht  gemeine^  Dienste 
versprechen.  —  Möge  nun  auch  dla&  gelehrte  Europäische  Pub- 
licum diesem,  grosse  Mühe  und  Aufopferung  fordernden  Unter- 
nehmen freundlich  und  fördernd  entgegen  kommen. 

Diese  erste  Abtheilung  liefert  das  Ergebnifs  der  Reise  nach 
England,  wie  uns  aucli  der  zweite  hier  folgende  Titel  sagt: 

Sectio  prima.  Marmora  Elginiana  e  Museo  Britannico,  cum 
Appendice  aliorum  titulorum  in  Doriis  Britanniae  Museis  conser- 
vatorum.  —  Bei  jeder  Inschrift  werden  voraus  die  Werke  ge- 
nannt, woraus  sie  genommen  sind:  namentlich  die  Synopsis  of 
the  Contents  of  the  British  Museum.  Es  mufs  aber  bemerkt  wer* 
den,  daCs  der  Herausgeber  sich  nirgends.,  auf  diese  Abdrucke 
verlassen ,  sondern  sie  an  Ort  und  Stelle  nach  den  Originalen 
selbst  copirt,  und  unzählige  mal  die  früheren  Abschriften  betich« 
tigt  hat.  I  leb  gebe  von  den  einzelnen  Artikeln ,  wie  sie  folgeii, 
kurle  Notiz ,  und  da  ich '  die  ganze  Schrift  aufmerksam  gelesen, 
setze  ich  gleich  meine  kleinen  Bemerkungen  bei,  so  wie  sie  mir 
sich  dargeboten« 

Bei  Nro.  i.  entschuldigt  sich  Hr.  Osann  in  der  ersten  An- 
merkung mit  guten  Gründe»,  dafs  er  die  berühmte  SigeVsche 
Inschrift  nicht  vorangestellt.  Sie  soll  im  Verfolg  -ihren  Platz 
ünden.     Die   hier  gelieferte  ^rste  Inscription  ist   ein  leider   sdir 

18 


\ 


s 


274  Osann  Sylloge  Inscriptt,  I. 

verstümoieltes  Bruchstück  eines  Schutzbündnisses  zwischen  Alben 
und  Erythrae,  vcrniuthlich ,  wie  der  Herausgeber  zu  beweisen 
5ucht,  aus  der  Boten  Olympiade.  In  der  Abhandlung  selbst  zei[!;t 
sich  Hr.  Prof.  Osann  sogleicb  als  einen  auf  diesem  Felde  Einheimi- 
schen. Paläographische  Erörterungen  mit  Benutzung  aller  Hiilfs- 
mittel,  trilische  Anwendung  und  Behandlung  der  Texte  der 
Schriftsteller,  lichtvolle  Zus-^mmenstellung  aller  historischen  Mo- 
mente mit  gehöriger  Beseitigung  alles  dessen,  was'  als  blofs  stoff- 
artiges  Anhäufen  mehr  hindert  als  fördert  —  solche  JEigenschaf- 
ten  der  guten  Methode  sind  hier,  wie  in  den  folgenden  Abschnit- 
ten zu  bemerken  /  und  werden  dazu  beitragen  der  so  wichtigen 
Ltehre  vun  den  Inschriften  auch  unter  uns  Deutschen  wieder  mehr 
Interesse  txx  gewinnen.  —  Schade  dafs  es  dem  lateinischen  Aus- 
druck im  Ganzen  an  Gewandtheit  und  hie  und  da  an  Reinheit 
und  Richtigkeit  fehlt.  Sicher  wird  der  gelehrte  Herausgeber  auch 
in  dieser  Hinsicht  künftig  gebildeter  erscheinen,  und  Ausdrücke 
vermeiden  wie  der  oft  vorkommende  lapis  erectus  est,  alludere, 
tarn  parum,  deprehcndere»  wo  es  nur  finden  bezeichnet,  quoniam 
longum  esset,  Pag.  9  sind  privigni  und  a  ministris  wohl  nur 
Druckfehler.  Bei  der  paläographischen  Erörterung  über  die  ver- 
schiedenen Formen  des  S  erinnerte  ich  mich  der  mir  von  mei- 
nem würdigen  Freunde  dem  Hrn.  Bischoff  Munter  sogleich  nili- 
getheilten  Inschrift  von  Elis,  welche  W.  Gell  gefunden  und  wo- 
von seitdem  in  thtf  Classical  Journal  XL  p.  349  *q<I«  XIII.  p. 
iiSsqq.  und. anderwärts  viel  die  Rede  gewesen;  auch  gedachte 
ich  der  Erörterungen  von  VUloison  (Anecdott.  grr.  IL  p.  i^^ 
sqq.).  Hierbei  sind  besonders  die  altgriechischen  Vascnbilder  zu 
Rtith  zu  ziehen.  Namentlich  liefert  das  neue  Werk  von  Millin- 
gen  (Ancients  Inedits  London  i82i)  mehrere  Schriftzuge  auf 
Vasen  mit  den  älteren  Formen,  jenes  Charakters.  —  In  der 
Stelle  des  Pbilostratus  V.  A.  VIIL  35  bleibt  der  Cod.  Schel- 
lerschem.  Bei  der  vulgata  ^f%f,  und  läfst  im  f^olgenden  i;  vor 
»'ijriv  weg.--  —  .  Zu  den  guten  Erläuterungen  über  die  Atheni- 
schen kTrlanoTtot  konnte  Suicer  im  Thes.  eccles.  p.  1178  vergli- 
chen werden,  und  zu  den  poiß$o(p,6pQi  und  §ecßSovxoi  'van  Daie 
ad  Marmora  antiqq.  Dras.  VII.  p.  522.  Wenn  ferner  der  Scho- 
liast  des  ApoUonius  IV.  vs.  262,  auch  der  Pariser,  ^agt:  die 
Planeten  seycu  von  den  Aegjptiern  .^ocßSoibo^oi  genannt  worden, 
so  verdiente  dies,  es  mag  nun  Uebersetzung  oder  Alexandrinisch- 
Griechisch  sejn,  wenigstens  in  den  Lexicis  bemci;kt  zu  werden, 
wo  dieser  ganze  Artikel  sehr  dürftig  ausgefallen  ist.  Auch  Sturz 
hat  es  nicht  bemei^kt.  Der  Grund  dieses  astronomischen  Wort- 
gebrauchs ist  übrigens  ziemlich  klar,. und  gehört  nicht  hierher. — 
Bei  der  Erörterung  über  die  (p^oufocp^t»  ist  zur  Note  33  bei- 
zusetzen:    Memorab.  Soor.   IV.  4»  ^7«   —    Wro.  a:  gleichfalls 


Osann  Sylloge  Inscriptt.  I.  5275 

Fri«gm«iit  und  frqher  von  Visconti  beliandelt.  Aber  auch  da  wo* 
Hr.  O*  solche  Vorgänger  hat,  weiüs  er  noch  immer  viel  Eigenes 
und  Neues  beizubringen.    Die  Inschrift  betrifft  ein  Biindnifs  4er 
Athener  mit  den  Rheo^inern  und  aus  dem  Namen  des  Archontea 
Apseudcs,  wird  wahrscheinlich  gemacht,  dai's  es  ins  4'^  J&hr  der 
86tcnr  Olymp,  gehört.     Scharfsinnig  wird  aus  dein  richtiger  co- 
plrten  Namenfragment  ILENOS   ein  Rheginer  Silenos  herausge- 
bracht. —  .  Ich  bemerke  hierbei :    Dieser  Ndme  kommt  ^uch  in 
Sicilien .  vor,  wie  diö  Ausleget  des  Athenaeus  wahrscheinlich  ge« 
macht  haben    (XI.  p.  220   Schwgh.   und  p.  2  83,  vergl.  XII.  p^ 
5i3  nnd   Goeller   de   situ   etorig.   Syracus..  p.  293).     Da  aber 
die  bessern  Handschriften  S/Aj/vo^  haben,  so  ist  nicht  abzusehen, 
warum  der,  Herausgeber,  p.  ü  bei  der  Umsetzung  der  Inscrip- 
tion  in   ordinäre   Schrift,  gleichwohl   ^Eihi\vo(;  geschrieben   bat. 
Ich  spreche  hier  nicht   davon,  dafs   viele  und  sehr   alte   Hand- 
schriften, wie  z.  B.   die  Clarkische  des  Plato,   den  Namen  des 
bekannten    mythischen    Wesens    immer   2/X)/i/o^*  schreiben;    ich 
meine  hier  den  historischen  Eigennamen»    Achten  wir  dabei  auf 
die  besten   Handschriften   (vergl.  Mueller   zum  Ljcophron.  vs. 
786,  p.  782)   so  scheint  sich  die  Vermuthung  wagen  zu  lassen, 
dafs  die  Griechen  den  historishhen  Eigennamen  gerade  zur  Un** 
terscheidung^  vom  mythologischen  mit  der  zweiten  Form  ^ihivh^ 
bezeichnet  haben.  —     Nro.  3:    wieder  verstümmelt   iind  früher 
von  Pococke  und  Visconti  edirt.     Hier  ist  nicht  einmal  die  Zeit 
auszumittelii.     DocK   vveiset  der  Verfasser   auf  geschickte  Weise 
eioe  Spur  nach,  indem  er  aus  der  Formel  ro  v.oiyovj  welche  vor 
dem  .Archonten  Euklidcs  Olymp«  94*' 3  nicht  gebräuchlich  ge- 
wesen,  Schlüsse   herleitet.'   Die   Inschrift  betriff  die  Athenische 
Gerichtsbarkeit  über  die  mit  ihnen  Verbündeten.  Hierbei  schfine 
Erläuterungen  der  Socialverhaltnisse  Athens ,  auch  eine  gramma- 
tische Erörterung   über   e:.  und  g/f.  —     Nro.  4^   J^ie  metrische 
Grabschrift  auf  die  bei  Potidaea  Olymp.  ^6,  4  gefallenen  Athe- 
nef.'     Sie   ist  bekanntlich  im   Classical  Journal   und  sodann  von 
Hrn.   Thiersch    zweimal   herausgegebenen   und  sehr .  scharfsinnig 
ergänzt  und  ^läutert  worden.     Der  Herausgeber,  der, sie  noch- 
mals xopirte,  bestätigt  mehrere  Muthmassungeh.des  Hrn.  Thiersch, . 
dessen  Abhandlung  er  mehrcntheils  excerpirt,   jedoch  auch  hier> 
niclit    ohne   ^gne    und  neue  Böiöerkungen.  —     Zu  den  Bedeu- 
tungen von  (ST}qh\  wäre  Mehreres  beizubringen.  Z.  B.  Oallimach. 
Epigramm.  VII.  und  XVl.,  Pi'oclus  in  Timac.  p.  3i.   Doch  fallt 
mir  ein,  dafs  Hr.  O,  darüber  schon  sehr  gelehrte  Erörterungen 
bei    Zoega   de   obeliscis,  *z.  B.   p.  329  sqq.,   hatte  finden   kün- 
ncn.  —     Zu  vs.  6    der  Inschrift   p*  19   sagt    der  Herausgeber: 
»Vera  sunt  quae  ThierSchius  de  nbminis  Ylor^i^nioi.  scriptura  mo- 
auit,  gra'vissimis  testimoniis  etiam  firmanda  (?). Tituli  infra  editi 

18* 


I  \ 

;  t 


1  ■ 
I 
I  , 


\ 


276  Ofsann  Syllogc  Inscriptt.  I. 


I 


.  V.  35,  Aristoplranis  (Equitt.  4^9)^  nee  iion  Marciatii  Heradeo- 
ta^.«.  Das  hätte  ich  nicht  gesagt.'  Zugegeben  dafs  manche  In- 
schrift diese  Schreibart  bestätigen,  dafs '  das  Metrum  sie  zpweilen 
fordern  mag;  aber  wenn  Thiersch  sagt  (Actt.  philoll.  Monacc. 
IL  p.  4^6):  ^ Falsa  igitur  est  scriptura  liorlSaiet^  licet  eam  om- 
nium  scriptorum,  qai  hujus  urbis  mentionem  fecerunt,  Msti  omnes 
sequantur«  —    so   lobe   ich   mir   dagegen   ScHweighäusers  und 

,  Bekk^rs  Verfahren;  wovon  jener  im  Hetodot  VIII.  ia6  sqq. 
TiortSet/riTou  (  wie  auch  der  treffliche  Cod.  F.  dorten  hat)  und 
dieser  im  Plato  (z.  B^  Charmid.  p.  3oo  Bekkeri,,  Sjmpos.  p. 
464)'  £v  YloTiSocIoi  hat  stehen  lassen.  Man  s,  auch  Baehr  zu  Plu- 
tarchi  Alcib.  p.  99.  Oder  soll  das  einstimmige  Zeugnifs  der 
Handschriften  gar  nicht  gelten?  Und  wissen  wir  daim,  däfs  die 
(kriechen  immer  und  überall  JJoreiSeti»  geschrieben  ?  Vch  dächte 
das  Gegentheil.  Finden  wir  doch  TloTiSav  eben  sowohl  als 
XloTstiw  als  Dbrisctie  Formen  aufgeführt  (Yalckenaer  zu  Euripid. 
Phoeniss.  vs..  ^96)  und  wird  doch  die  Schreibung  dieses  Got- 
ternamens  mit  /  ausdr,ücklich  als  .Dorisdi  und  AeoHsch  bemerkt 
(Etjmolog.  Gud.  p.  47,6»  53o)|  warum  sollte  nun  die  von  die- 
sem Gotte  benannte  Stadt  nicht  Hotßetix  gesehrieben  worden 
sejn?  Die  von  Dorern  gegründete  Stadt  Paestum  heifst  gewöhn- 
lieh  TloffetBoi'vioc  und  Ilo^e/^v/oe,  und  dennoch  finden  wir  auf 
den  Münzen  dersi^lben  eben  sowohl  Ylo(Th  und  HoffiS*  als  no(Xf/< 
( Froelich  Not.  Cp^p.  Gr.  p.  1 53  und  Eckhel  D.  N.  V.  I.  p. 
«57).  -^  Nro.  5  t  Ebenfalls  eine  Graibschrift  auf  Athener,  die 
im  Treffen  geblieben.  Sie  ist  von  Clarke  bekannt  gemacht,  und 
zum  Theil  aus  den  Fourmontschen  Papieren  von  Hrn«  Profess. 
Boeckh  geliefert  und  erläutert,  imgleichen  von  Visconti.  Diese 
Vorarbeiten  werden  nun ,  wie  billig,  benutzt  und  ausführliche 
.geographische  und  chronologische  Erörterpngen  angestellt  mit 
einigen  Abweichungen  von  den  genannten  Auslegern  und  mit 
gelegentlich  eingestreuten  Verbesserungen  von  Stellen  Griechi- 
scher Autoren.  — -*  Pag.  2$  lin.  i.  mufs  es  heissen :  immutata 
esse  videtur.  Auf  derselben  Seite  ^ird  eine  Foürmontsche  Les- 
art,  bestätigt ,  ^und  auch  anderwärts  öfter  der  von  Foürmoht  ge- 
sammelten Inschriften  gedacht,  welche  neuerlich  von  Raoui  Ro- 
cket te  in  seinen  deux  lettres  d  Mylord  Comte  d'Aherdeen  siir 
l'0Uhentu:ite  des  Imcriptions  de  Fourmont,  a  Paris  1819.  4^0 
und  von  Hrn.  Prof.  Boeckh  vertheidigt  worden^  während  Pajne 

'  Knight  (man  s.  die 'Nachschrift  zu  seine  Prolegg.  in  Homerum 
Lond.  i8ao  p.  107)  und  einige  Deutsche  Gelehrte  noch  immer 
in  ihrem  Widerspruche  beharren.  —  Hierbei  des  Herausgebers 
Bemerkung   p.  35,    dafs  die  Charaktere  tj  und  »  den  AAenern 

'  Schob  vor  dem  Archonten  Euklid  nicht  ganz  unbekannt  gew«** 
seu.  —  Nro.  6:  Ein  mutilirtes  Athenisches  Decret  das  Theater- 


-ÖsaBD  Sylioge  Inscriptt  I.  277 

we^en    betreff<änd,    vor    ^ttti  g^ritannten    Atcfiontat    verfafst.  — - 
Nro.  7:    Eine  ton  Chairdler,  Boeckh    und    Visconti   bebandche 
ebenfalls  luckenbafte  Inscbrilt.     Der  Hr.  Verf.   glebt   p.  35    den 
]mIk»U   an:    »Caeteriiin  continetar  boc  titulo  pecuni^rmn  compu- 
latlo  a  dispensBtoribuf  aerarii  Minervae  Poliadis  hellenotamiis  ad 
usitm  n^oxtme  bcilicum  pänsarum.«    l^s  wird  von  den  gedachten 
Behörden    gelehrt  gebandelt.     Bei   der  Erklärung    der   Inschrift 
trennt  sich    der  Verf,    in   wesentliche  Punkten  von    deö  änge-- 
führten  ]lrklärcrn.  P.  36  wird  bei  dem  Namen  ^iXofiJxeXoi  noch' 
ein  Beispie)    v6n   ähnlicher  Verdoppelting  der  Buchstaben  nach- 
gewiesen. —     Nro.  8,  wovon.,  die  Erläuterung  in  diesem  Hefte 
noch  nidbt  beendigt  ist,  entbdit  Fragmetite  einer  Rechnung  über 
Xjelder,  4ie  zum  Kriegsbedarf  an    die  Hcllenotamien   ausgezahlt 
vrorden.   Hr.  O/  vermutbet  mit  dargelegten  Gründen,  dafs  diese 
Bruchstücke  in  das  3te  Jahr  der  gaten  Olytnpiade  gehören,  und 
dafs  sie  Theile  emer  einzigen  grossen  Inschrift  gewesen.  In  der 
3 1.. Zeile  verbessert  der  Herausgebet  tHeraitOUro;,  indem  Meta- 
poDt  zu  den  Städten  gehört  habe,  die  den  Athenern  tributaer  wa- 
ren. Hieran  knüpft  er  einige  Bemerkungen  über  den  Namen  der 
Stadt,  die  bei  den  Römern  Metapontum  hiefs.   Er  vermuthet  zwei 
Griechische  Namensfprmen :    MsTaTroi/rog  und  McraToj/ r^ov ,  wo- 
von die  letzteie  am  bekanntesten  ist.     Allein   aus   der  Stelle  des 
Atl»enäus   (XHI.  p«  6o5  C;)   läfst  sich  keiti  JBeweis  hernehm^n^ 
denn  dort  hat  Schweighäuser  aus  allen  Handschriften  die  Form : 
tv  MsTüiXoin'iM  wieder  hergestellt,   nichts  davon  zu  sagen,  dafs 
er   in  ^^n  An^ierkungen   (Vol.  VII.  p.  2  84X  RdfiraTrovroj/  odfc^ 
MBTaircvTQi  als  Name  der  Stadt  geradezu  verwirft.  Sodann  sehe 
ich  nicht  ein,  warum  vom  Vrf.  if  MsTficTovrioi  als  Stadtnamen  so 
sehr  angefochten  wird,  da  ausserdem  Suidas  auch  das  Etjm.  magn. 
diese  Form  anerkennen,  .Und   auch   keineswegs,    wie   der  Verf. 
doch  meint,  die  Analogie  dagegen  ist.  Denn  beim  Stephanus  vom 
Byzanz     kommen .  mehrere    Städte    iuit    ähnlicher    Endung   vor» 
z.  B.  MaXotwo«;,  }^vpr6viog  h.  r*  ä  ,  und  da  ja  die  adjeciivische 
Bezeichnung  der  Städte   so  sehr  häufig  ist,    warum  soll  es  dann 
unschicklich  se^n  eine  den  Ostgriechen  hinter  ihrem  iPontus  ge- 
legene Italische  .Stadt  ij  MerccTrovTiog ^    sc.  TroX/f,   zu  benennen? 
—  Wie  Hr.  O.  im  vorhergehenden,  p.$,  eine  Münze  von  Rhe- 
gium  hatte  im  Context  eindrucken  lassen,    so  theilt  er  hier  eine 
von   Metapont   mit,   beide  aus  der  Sammlung  seines  Stiefvaters, 
des   verstorbenen   Hrn.   Ministers  von   Vogt.     Letztere  nennt  er 
nncn  riitnium  partim  ineditum^  Numismäliker  würden  wünschen, 
dafs  der  Verf.   diesen  Satz'  etwas  mehr  belegt  hätte,    indem  bei 
der  ungeheuren  Menge  Medaillen,  die  wir  von  dieser  Stadt  ha- 
bfn,  \cttt  sChoM  eiWas  dazu  gehört.    Eine  dcisclbeu  unter jfner 
Classe  auftuführen«     Auch  ist  mir  kein  Bild  noch  Schrifticichea 


»  / 


ajS  Oitain  Sylloge  In$cript|t.  IL 

jiuf -dieser  r  Müiize  vorgekommen ,  n  das  ich  z.  B.  niclit  in  meinem 
Eascbe  anträfe  ( s.  h.  U.  R.  N.  HL  i.'  p.  601 -^620  \  Doch 
-will  ich  mich  gern  ein^s  Besseren  belehren  lassen.-»  Zum  Schiasse 
noch  eine  Benierkung:  Der  Verleger,  hat  durch  gutes  weisses 
Papier,  wohlgewählte  sc})arfe  Lettern  und  überhaupt  durch  ein 
;inständiges  Aeussere  bei  diesem  Werke,  das  der  Alterthumskunde 
£hre  Aiachen  wird,.  Alles  gethan,  um  es  dem  In -.und  Auslände 
auch  vpi]i  dieser  Seite  zu  empfehlen.  Warum  sind  aber  die  Mün- 
zen auf  solche  Weise  dargestellt?  £s  fehlt  nicht  nur  der  antike 
Charakter.  Es  f(^hlt  mehr.  Ich  habe,  da  ich  dieses  schreibe, 
eine  Metappntische  Silbermunze  vor  mir  liegen.  Hier  sehe  ich 
auf  der  Kehrseite  die  Aehre'  der  G^ o£sgricchischen  Sonmaergerste 
(ecourgon),  klar  und,  deutlich.  In  dem  Bildet  wird  kein  Mensch 
.nur  eine  Achre  überhaupt  erkennen.  In  solchen  Nebendingen 
sollten  wir  Deutsche  hinter  den  Ausländern  nicht  zurückbleiben^ 
da  wir  in.  Hauptsachen  ( und  davon  hat  Hr.  Prof.  Osann  eiuQA 
neuen  Beweis  geliefert )  ihnen  nicht  nachstehen  dürfen« 


Sylloge  InscriptioTium  jintiquarum  Graecarißni  et  Laima- 
;    rum  eiL  Frid,  ,OsANNk  Facisculus  IL    Jena  Croeker*  fol 
-—  von  pag>  4$  "^  $^'     *  Rthlr.  12  ggr. 

•*  ^Forttetzung^)  ^ 

JUa  dieses  zweite  Heft  uns  gerade  noch  zu  Händen  gekommen, 
indem  die  Anzeige  des  ersten  der  Presse  übergeben  werden 
sollte,  so  will  ich  in  der  Kürze,  weiche  der  Raum  dieser  Jahr- 
bücher ohnehin  gebietet,  auch  davon  noch  Nachricht  geben :  An 
den  Besclilufs  der  Erläuterung  der  vorhergehenden  ^  Inschrift 
schliefst  sich  unmittelbar  p.  5o  sqcj.  Nr.  IX.  der  ui kundliche 
Abdruck  einer  andern  Inscriptipn  An  mit  den  durch  die  Schrift- 
art angedeuteten  Ergänzungen  und  mit  der  Üebertragung  in  kleine 
Griech.  Schrift.  Dieses  grosse  Denkmahl  ist  leider  nur  zur  Hälfte 
gerettet.  Es  enthält  das  unter  öffentlicher  Auctorität  aufgestellte 
Inventar  heiliger  Geräthc,  die  in  einem  Terapelschatze  niederji;e- 
legt  waren.  Wir  gewinnen  aus  dieser  Inschrift  die  Namen  der 
Athenischen  rnfijoti  in-  einer  Folge  von  zehn  Jahren ;  wovon  der 
Herausgeber  das  Nampnre^ister  und  chronologische  Verzeichnifs 
von  pljmp.  89.  3.  —  95.  3.  aufgestellt  hat.  Einige  der  Namen 
selbst  geben  zu  schätzbaren  grammatischen  und  kritischen  Erör- 
terungeü  Anlafs.  Auch  wird  mit  Benutzung  der  Vorgänger,  wor- 
unter besonders  Prof.  Böckh,  über  den  genaueren  Begriff  von 
cncKsdo^ofjiOi  und  bei  dieser  ^Gelegenheit  auch  von  den  Thesauren 


Osann  Sylloge  Inscriptt.   IL  a^i) 

oder  Schatzhäusern  der  Griechen,-  nach  den  neuesten  Aulschlüs- 
sen, gehandelt.  Hr.  Osann  bewahrt  auch  hier  allenthalben  sein. 
seJbststäudiges  Unheil  in  manchen  Berichtigungen  der  Sätie  sei- 
ner Vorgänger.  In  der  Note  p.  63  hatte,  statt  Wesseling.  ad 
Uerodot.  VI  34,  Valckcenaer  zu  demselben  II  7.  und  VIII.  46. 
iuigleichcn  die  Ausleger  des  Gregor.  Corinth.  p.  38o  sq.  und 
•l^orson  zur  Odyssee  HL  278  wegen  der  Form  'AS^Tjutcvv  ange^ 
{ührt  werden  sollen.  —  Zu  der  guten  Ausführung  über  die 
Schreibart  mancher  Local-  und  Völkernamen  mit  dem  einfachen 
c  bemerke. ich,  dafs  auch  in  den  besten  Handschriften  Römischer 
Schriftsteller  sich  diese  Schreibart  .findet,  wo  die  neueren  Her- 
ausgeber oft  das  g  ohne  gehörige  Auctorität  verdoppelt  haben  j 
z.  B.  Cnossiorum  statt  Cnosiofum  in  Cicero.de  Legg,  I.  5,  zu 
welcher  Stelle  ich  noch  Einiges  beibringen  werde.  —  Bcmcr- 
lenswerth  ist  noch  die  Erörterung  über  die  Dialekt  Verschieden- 
heit bei  der  Aspiration  in  der  Mitte  der  Wörter,  wie  auch  über 
den  Ursprung  und  die  Gewohnheit  der  Interpunktionen.  . — 
Nr.X;  Fragment  einer  Inschrift  die  blofs'  einen  Namen  liefert. — 
Nr.  XL  (so  mufs  das  IX,  corrigirt  werden  )  enthält  ein  Vcr- 
zcichnifs  von  W^cihgeschenken  gröfstentheils  an  Gewändern,  und 
ist  für  die  Kunde  des  Kleidervyescns  und  der  Stoffe,  woraus  bei 
den  Griechen  die  Kleider  der  Frauen  bestanden,  sehr  wichtig. 
Da  wir  den  Fundort  der  Inschrift,  die  jedoch  zu  Athen  befind- 
licli  gewesen,  nicht  genau  wissen^  so^  prüft  unser  Verfasser  Visr- 
conti^s  Meinung,  sie  habe  in  den  Parthenon  gehört,  und  suciit 
dagegen  seine  eigene  zu  begründen,  wornach  diese  Inschrift  ein 
Verzeichnifs  der  jährlich  an  die  Diana  von  Brauron  gemachten 
Weihgeschenken  enthalte,  und  zviar  nicht  sowohl  zum  Zweck 
öfTentücher  Rechenschaft,  als  um  diese  Donarien  mit  den  Namen 
der  Stifter  und  Stifterinnen  anzumerken.  Der  Anfang  ist  erbftim- 
lich  verstümmelt.  Die  übrigen  Zeilen  nennen  die  Weihgescheukc, 
die  von  Oljmp.  107.  4  bis  Ol.  109.  i.  gegeben  worden.  —  lu 
der  p.8i  ect.  ii  angeführten  Stelle  des  Pollux  hat  bereits  He nr. 
Stephanus  im  Thes.  IL  i643  e.  (pxivofirjpßac  verbessert.'  Man 
vergl.  auch  den  Ibvkus  beim  Plutarch  Comp,  Lycurg.  et  Nuiu. 
p.  139  ed.^Coraj.'  Ich  fürchte  aber,  in  der  Stelle  des  Pollux 
stecken  ^och  andere  Fehler.  ^—  -  Der  Verf.  -handelt  sodann  von 
den  vorieommenden  Namen  der  Donatare  besonders  den  Frauen- 
nameu  und  von  den  Benennungen  der  Kleider  nach  Farbe^  Stoff 
und  Schnitt,  auf  eine  lehrreiche  Weise :  p.  82  von  den  getüpfel- 
ten (^HccToccr/xToiG^  mit  Sternen,  zuweilen  auch  mit  Charakteren 
bezeichneten  Kleidern.  —  P.  83,  zu  y^miivoc  'Afid^yivov  *  wer- 
den, von  dieser  beliebten  Gattung^  der  Stoffe  weiblicher  Kleidung 
Nach  Weisungen  gegeben.  Ich  will  dabei  jetzt  nicht  fragen,  ob  sie 
immer  von  feinem  Linnen  waren.     Nach  manchen  Aeusserungen 


i8p  Osann  Sylloge  Inscriptt.  IL 

der  Alten  sollte  man  vermuthen,  es  sejen  duck  baumvroUene  Ge-* 
wänder  unter  diesem  Namen  gegangen,  und  man  habe  dabei  mehr 
auf  die  Farbe  gesehen,  wie  beim  Bjssus,  der  Ton  mefirerlei 
Stoff  war  (s.  Commentt.  Herodot.  Lp«  47  sqq.).  Herr  Osahn 
hätte  i)  für  seine  Bemerkung  die  gelehrte  Ausfuhrung  Yon  Bar- 
ker und  Andern  zum  E^ymologicum  Magnum  p.  y33  sqq,  be-* 
nutzen  können,  wo  jener  Englische  Philolog  als  Resultat  angiebt, 
dafs  dfiopytvo^  eigentlich  eine  Art  von  Flachs  (ron  der  Griechi- 
schen Insel  Amfiirgos)  und  dann  anch  uneigentltch  ein  Gewand 
gewisser  Farbe  (nämlich  Purpurfarbe )  bezeichnete ;  2)  ist  die 
Aenderung,  wornaeh  man  im  Eustathius  zum  Dionysius  p*  762 
dfiQ^iSiot  in  dfio^ytv»  ändern  soll,  zurückzunehmen;  denn  da 
man  im  Accusativ  ein  solches  Gewand  dfjuo^yti»  nannte,  so  konnte 
sich  diese  Adjectivform  ganx  analog  bilden;  und  dann  hat  der 
Scho^iast  zu  Piatons  iSten^  Brief  p.  a48  ganz  klar  die  beidea 
Forn^en  neben  einander:  ivSvfiotToc  'Afigpytv»  if  *Afi6gy(8io& 
KByofieu».  3)  Da  der  Verf«  ebendaselbst  ein  ungedrucktes  Lexi-«- 
con  aus  einer  Pariser  Handschrift  anfährt,  so  "will  ich  hier  die 
Worte  eines  andern  Pariser  Ineditum  niederlegen :  Scholiast*  mscr. 
«d  A.eschin.  ad?.  Timocrat  fol.  25:  'Afio^^ya/et]  rtiv  X/voxaAd- 
^1/1/  dfJLOpyiSot  Keyovcri.  ivioi  ii  rd  dfio^yii/x  icdvr»  ra  ks'X'rd 
v^üLfffiecT»  äkovrec  de  Ta  evecv^fj  Sid  riiy  ßectpi^v»  —  ''AK^Mg^ 
*AfiopyivoP*  elSoc  ^vXot/  ^7rotovv  iptocp  wiTirep  acrl  ro  ipKo^vKqvm 
SKKoi  iskiywai  to  kv  rote  Hockdjjuuc  ixneep  iptov  evpiCKo  p^j/ov 
iffdfirx  ik  yroii}(T»u  dich  roirtov  iarl  SvQXepic  Hotäh  Xstctotoctov 
ti  i(Snv  ioQ  hfitv.  Kotrd  roi'^o  Sk  7{gif  iroXvTt/xoc.  —  Wo  Aivexa- 
hicfiTf  der  mit  Fasern  gefüllte  BQschel  des  Flachses,  der  ver'- 
schlossenis  Büschel  des  Flachses  ist;  ipHn^vkov  fehlt  in  den 
Lexicis.  Vielleicht  gewinnt  dies  Wort  durch  Hesjchius  in 
ipHoire^oc  (Vol.  I.  p.  i436  Alb.)  einiges  Licht,  um  jetzt  nicht 
Mehreres  davon  zu  sagen. —  Das  öfter  vorkommende  und  schwie- 
rige :  iv  irKeiiff(^  ist  mit  Sorgfalt  behandelt ;  wobei  die  Anmer- 
kung gemacht  wird,  dafs  die  ^Iten  selbst  verbrauchte  Kleider  den 
Gottheiten  stifteten.  —  Die  Coiijectur  des  Verfs.  p.  87' not.  67, 
wornaeh  nian  in  der  2iten  Charakterschilderung  des  Theophrast 
Statt  KhiSoc  MshTocToc  lesen  soll :  KocXog  M  ,  wird  Widerspruch 
finden.  Das  KXxiSog  ist  hier  keineswegs  ineptum,  sondern  wie 
schon  Casaubon  und  Andere  von  Fischer  angeführte  Kritiker 
gezeigt  haben,  als  ein  sonst  Menschen  bezeicfinender  Ausdruck 
gerade  hier  recht  passend'.  Eben  so  wenig  möchte  ich  mir  dic«- 
sen  ganzen  Zug  des  Gemäldes  von  dem  Librarius  der  Augsbur- 
ger Handschrift  rauben  lassen^  wo  wir  blofs  lesen:  7(pe/  xvvot^by 
fA§KtreU6v  reXeuri^ffecuTö;  jLtvfjfi»  froitjaoci  9c^  rtiavt»  3^fi%voc 
itev^arew  (s.  Acta  philoli.  Monacc.  (U.  3. '  p.  3^5 )»  Ohnehin 
ist  hier  gerade  der  Codex  zu  Eode^  wo  gcwöboUch  Yerstüname- 


Osann   Syllogc  Inscriptt.  H.  281 

•    •      •  • 

luiigen  vorfirflen.     Oder  sollen  Vrir  auch  solche  Züge  auf  Recti- 
nuDg  eines  interpolator  setzen?  —   Liii.  35  der  Inschrift  (vergL 
p.  88)  ist  das  ^^/a  gewifs  sehr  kühn,  da  nur  das  ^  übrig  ge* 
blieben.     Aber^  gesetzt  auch,  so  müsse  ergänzt  werden,  so  hätte  ' 
der   Verf.  nicht  an   Thierfiguren  denken  sollen.     Die  Steile  des 
Plantus  liefert  keine  Parallele;  denn  dort  ist  von  Teppichen  die 
Rede   oder   von  Tapeten,   biet  aber  in  der  Inschrift  von  einem 
tTplßhlfict  von  einem  Anzug,  Kleid.     Es  sind  Figuren  überhaupt 
gemeint,  wie  auch  die   vom  yerf.  angeführte  Stelle  des  Pollux 
andeutet,    wo  von  Geviräudern  die  Kode  ist,  in  denen  entweder 
ßlumen  oder  ^os,   d.  i.  Figuren  eingewirkt  sind.     Ueber  diese 
leztere  Bedeutung  sehe  man  Eiehstädt  Praefat.  ad  Diodor.  SicuL 
I,  p.  74  ff.  —    Nr.  XII.  ist  das  Fragment  eines  Decrets,  dessen 
Inhalt   unbekannt  ist.  —    Nr.  XIIl:  gleichfalls  ein  verstümmeltes 
Decret;  woraus  man  doch  so  viel  sieht,   dafs   es   Vcrordnungea 
die    Eleusinische   Proeession   betretend   enthielt.     Aus  paläogra- 
phischen  Sporen  geht   hervor,    dafs  es  nach    dem  Afchontat  des. 
Euklides  verfafst  worden.  —     Nrl  XIV:    Eine,   wie  es  scheint, 
ganze  und  vielleicht  etwas  ältere  Inschrift,  worauf  alle  Namen  im 
Genitiv    vorkommen.     Scharfsinnig   erklärt  der  Heraiisgeber   den 
Inhalt  von  den  Söhnen  einer  Hetäre,  die  von  ihren  Vätern  nicht 
anerkannt  worden.    Waren  die  Namen  Ljcische  statt  vGriechiche, 
so    könnten  wir   die  Ehre   der  Frau    reiten   (Herodot/I.   173). 
Niln   aber   müssen  wir  mit  Demosthenes   ( adv.  Bpcotum  p.  997 
ed.  Reisk.)  fragen:  »Wer  hat  je  gehört,  undr  nach  welcher  Sitte 
hat   «nan   jemals    den    Namen   der    Mutter  beigeschrieben. «   -— 
Lehrreich  sind  des  Herausgebers  Bemerkungen,   über   die  Form 
i/otf.  statt  vto.,* 

Nr.  XV:  Nur  drei  Zeilen,  enthaltend  die  Notiz  von  einem  Athe- 
ner.—  Nr.  XVI  ^  Bruchstück  einer  Inschrift^  die  der  einem  Bürger 
erwiesenen  öffentlichen  Belobung  erwähnt,  wie  der  Erklärer  glaubt, 
nicht  lang  nach  Oljmp.  94  abgefafst.  —  Nr.  XVII:  Ein  ande- 
res Fragment  mit  den  Namen  Athenischer  Bürger.  Der  Verfas- 
ser dieses  Commentars  rechtfertigt  daraus  die  Form:  l^ohovii^eu 
und  eipe  ang'iöfochtene  Stelle  des  Hesjchius.  —  Nr.  XVllI. 
onthah  zweimal  den  Namen  ^AtrauhprioSeofOf  so  mit  ^em  doppel- 
ten. Ztsdhbuchstab.  Dex^  Erklärer  verweiset  auf  Böckh ,  bringt 
noch  ein  Beispiel  dieser  Schreibart  von  einem  Vasengemalde  bei, 
und  liefs.  sich  auch  dadurch  mit  Recht  bestimmen^  seiner  eige- 
nen Abschrift,  worin  A(T»K»  geschrieben  war,  die  des  Hrn.  Rose 
vorzuziehen.  (Von  dieser  Verdoppelung  des  a  finden  sich  Bei- 
spiele in  vielen  Denkmählera  der  verschiedensten  Zeitalter.  So' 
lesen  wir  in  einer  liischrift  aus  Corfu  bei  Paciaudi  Slonumm. 
Pelopoon.  I.  p.  198  CeßaaaTiOV  und  ^^cro'xai,  und  Marini,  Atli 
4«'  fratelU  Atvali*    p»  490>  sagt  Mehreres  darüber.     Wenn  der- 


282  ,  Osann  Sylloge  Inscriptt.  IL 

.  $elbe  p.  493    eine  Inschrift  mit:  Aff(mk7iV40LSflc  liefert ,   welchen 
ich  in  einer  andern  von  Cyzicus  mehrmals  ordinär :  AffxX^pr/ftJ^jc» 
geschrieben  finde,   so  kann  ich  jetzt  üazu   einen  Beitrag  aus  ei- 
ner kleinen  unedijOen  Anticagli^  liefern,    und  da  sie  Griechische 
Waffen  betrifft  uncl  denselben  Namen  giebt,  der  in  der  Inschrift 
bei  Hr.  Osann  vorkommt,    so    wilK  ich    einen  4^>n^i^^'i^^  dabei 
y ofw eilen  :    Von  der  Güte  meines  verehrten  Freundes, .  des  Hrn. 
J^egociatiten   Joh.  David  Weber  in   Venedig  besitze   ich    einige 
bleierne  Schleuderkugeln,  die  man.  vorlängst  ip  Corfu  gefunden. 
Mehrere  ähnliche   aus   Sicilien.hat  der  Prinz  von  Torrerauzza  in 
seinen    Insqriptt,    Sicul.   Panormist.    Clas».   XVI.   mit    allerlei  In- 
schriften (z  B.  um  eine  von  gutem  Vorzeichen  für  die  Griechen 
zu  wählen:  N/K9f  A/oa)  bekannt  gemacht.     Er  nennt  sie  p.  25 1: 
glandes  missiles  plumbeas.   Die  Griedien  nannten   sie  /j,oKvß6ivag 
^spfjia>öi^ovc  i  auch  /noKüßSociuocg^  auch  tcbccovq  in  fjboKißSov  (Cuci- 
an.   Lexiph.  5.  p.  32  8   Hemsterh.  Gymnas.  27    p.   909   Appian. 
Mithridat.  3i  p.  685  Schwgh.).     Jene  mir  mitgetheilten  Schleu- 
derkugeln sind  •  mandelförmig ,   aber   dick(ir   und  grösser  als  ge- 
wöhnliche Mandeln  mit  ihrer  Schaale,  haben  eine  angenehm  gelbe 
patina  und   auf   ihrer  breiten   Fläche   in   etwas    erhobener    und 
sehr  schöner  alter  Grofsschrift  Namen,  vermuthlich  der  Fabrikan- 
,ten.  Auf  einer  lieset  man  nun  ganz  deutlich :  A(j<TKh/iitiohu)^oiß  — 
§latt  ^Qs   doppelten  (j  scheint    bei  dieser  Namencla^s^   zuweilen 
eine  Diphthong  gebräuchlich  gewesen  zu  seyn,  wenigstens  in  der 
Aeolischen  und  Etrurischen  Schreibart.  So  fand  Lanzi  (s.  Saggio 
di    lingua   Etrusca  II.    p.   47*  )    in    einer   Etrurischcn    Inschrift  : 
Ai<m\cxntioi^i  •—-     Nr.  XIX.    enthält  bloFs   die   Erwarlmung    eines 
gewissen  Theodotos  aus  Antiochien,  ohne  dafs  man  weifs,  wel- 
ches. Aniiochien    gemeint,  ist.  —     Die  Leser  werden  aus  dieser 
Uebersicht  die  üeberzeugung  gewinnen,  dafs  dieses  zweite  Heft 
mit  gleicher  Sor^f^lt   und  Gelehrsamkeit  wie  das,  erste  bearbei- 
tet ist.  Creu^ien 


The  Desatir  etc.  und  die  heil.  Sage  der  Baktrer  etc. 

Fortsetzung  der  in  Nr,  l3»  abgebrochenen  Recension, 

Jxnt  di^se  sieben,  als  Könige  in  der  persischen  Geschichte  be- 
kannten Propheten,  deren  jeder  durch  den  Kultui  eines^  beson- 
deren Planeten  ausgezeichnet  ist,  f olgeii  Keichosrew  (Cjrus) 
Soroaster  und  Alexander  ebenfalls  als  Propheten,  und  end- 
lich das  Buch  des  ersten  und  letzten  Sassans,  welchen  die 
gewöhnliche  persische  Geschichte  als  Propheten  nicht  keniit;  eben 


\ , 


Tbe  Desatir  etc.  u:  d.  hell.  Sage  der  Baktrer  etc.  2,83 

%6  trenig  kennt  dieselbe  die  «ier  ersten  Propheten,  welche  vor 
Keiomers  «rsoheiuen.  Die  Parsis  welche  nach  der  (in  der 
englischen  Vorrede  des  Bttehes  enthaltenen)  Aeusserung  des  Sir 
William  Jones  den  Keiomers  ebenfalls  zu  den  ersten  Men- 
schen annehmen,  glauben -jedoch  an  eine  Sundfluth  vor  demsel- 
ben; in  soweit  wäre  Keiomers  freilich  Noe,  da  aber  alle 
Quellen  persischer  »Geschichte  denselben  ei^nstimmig  auch  Adam 
bder  Gils'chah  d.  i.  den  Herrn  des.Lehmens  nennen, 
und  unter  seiner  Regierung'  die  Geschichte  von  Abel  und  Kain 
erzählen,  so  sehen  wir  keine  gegründete  Ursache,  denselben  aus 
Adam  in  Noe  umzubilden,  sondern  müssen  die  in  dlm  Dessä« 
tir  vor  Keiomers  angegebenen  vier  Propheten  als  eine  will«* 
kührliche  Erfindung  uralter  Religionslehrer  betrachten,  wodurch 
Keiomers  oder  Adam  vier  Propheten' zu  Vorfahrern  erhält, 
deren  'erster  M  eh  ab  ad  nach  der  Lehre  des  Dessatirs  zu« 
gleich  für  den  ersten  Menschen  und-  für  -den  Stifter  der  M  e  h  a- 
bade»  Religion  gilt,  welche  von  seinen  vierzehn  Nachfolgern 
bis  zu  dem  letzten  Sassan  hj^unter  immer  empor  gehalten  un4 
aufgefrischt  ^wird.  Das  erste  Buch. nämlich  das  des  Mehabad 
oder  grossen  Ab  ad  ist  auch  das  wichtigste  von  allen,-  weil  es 
das  System  der  ganzen  Lehre  in  sich  schliefst,  welchem  in  den 
folgenden  nur  einzelne  Entwickelungen  der  schon  im  ersten  Buche 
gegebenen  Momente  erhält.  Da  die  Geschichte  den  Meha- 
bad und  seine  drei  Nachfolger  nicht  kenpt,  so  ist  die  Erorte- 
ruiig  ihrer  Namen  nach  dem  persischen  Wortsinne  um  so  wich- 
tiger. Abad  ist  in  seiner  gewöhi|lich&ten  Bedeutung,  nämlich 
In  der  eines  angebauten  Ortes  (das ,  englische  Abo  de)  aus  gco« 
graphischen  und  reisebeschreibenden  Werken  als  Städte -Namea 
hinlänglich  bekannt,  als:  Heiderab.ad,  Dschemalabad  u. 
s.  w.  in  Indien  und  zu  Konstantinopel  die  Namen  sultanischer 
Kd»chke  wie  Seaadetabad  d.  i.  Gluckseligkeits  -  Bau  an 
den  süssen  Wassern,  Humajunabad  ,d.  i,  ,der  Kaiserbau  zu 
Bebek,  Chosrewab^d  d.  i«- der:  ChoSroes -Bau,  und  Be- 
harabad  d.  i.  der  Frühlingsbau,  beide  in 'der  Gegend  von 
Alibeg  Köi,  Neschatabad  d«  i.  Fröhliehkeitsbau  zu  Be- 
schiktasch;  Emnabad,  d.  i.  Sicherheitsbau  zu  Topchana« 
Aber  ausser  dieser  gewöhnlichsten  Bedeutung  ^  hat  das  Wort 
Abad  noch  mehrere  andere  wovon  vorzüglich  die  von  Lob, 
Preis  und  Gebet,  hieher  pafst.  *) 


*;  Hier  folgt  der  Artikel  Abad  aus  dem  Bnrhani  Katii  SV  30 
ganz  übersetzt:  Ah  ad  ausgesprochen .  wie  As  ad  hat  sechs  Be- 
dentungen,  itens  urbar  gemacht  und  angebaut  {schein  u  ma- 
mur}*    2tfns  Loh  und  Gebet  (tahyetu  dua)  Wunsc^  und 


2S  l  The  Desatir  etc,  u*  d.  heu.  Sage  der  Baktrer  ttc. 

'Mehabad  Keifst  sjsa  der  groste  Anlieter,  d.  i.  der 
Stifter  iiiid  EiD^Uer  des.  ersten  Gottesdienstes  dessen  Nachfolger 
und  Junger  die  Mehabaden  d.  i.  die  grossen  Anbeter 
uiid  Lobpreiser  heissen.  Die  Bedeutung  des  Wortes  Lob 
und  Preis  findet  sich  auch  in  dem  Namen  des  zweiten  Prophe- 
%eUf  welcher  i)icht  wie  die  englische  Schreibweise  (JjafTam) 
glii^uben  machen  möchte^  ein  einziges  Wort,  sondern  aus  zweien 
zusammengesetzl  ist,  näuilich  Dschi  Afram.  *>  Hiervon  ist  das 
zweite  (Afram)  nur  die  ältere.  Form  der  Dessatir*  Sprache 
für  Afrin  oder  Aferiu,  und  .  ist  also  gans  gleichbedeutend 
mit  Ab  ad.  Dschi  ist  aber  wie  wir  aus  den  persischen  Wör- 
terbüchern lernender  uralte  Name  von  Isdfahan  und  auch  der 
Name  eines  Ortes  nicht  ferne  von  ReX* '*)  NacK  aller  Wahr* 
scheinlichkelt  das  griechische  yri'  so  dafs  Dschi  Afram  Lob- 
preis des  Oits  oder  der  Erde  bedeutet.  Dieselbe  Bedeutung 
scheint  audi  in  dem.  Namen  des  dritten  Propheten  Schal  Ki^' 
l'tw  zu  liege» ,  welcher  ebenfalls  au^  zvrei  besonderen  Worten 
besteht,  ***)  während  der  englische  Uebersetzcr  denselben  unge- 
trennt  Shatkiliw  schreibt.  Schai  ist  die  alte  Form  der 
D^ssatirr  Sprache  für  das  persische  Wort  D schai  der  Ort, 
ttud  es  ist  also  zu  rermuthoi  dafs  auch  Kiliw  gleichbedeutend, 
mit  Afram  und  ^bad  L^b,  Preis  und  Gebet  heisse.  Der 
Name  des  vierten  Propheten  ist  Jas^an  d.  i.  der  Gesetzgeber****) 
von  Jassa  das. Gesetz.  Man  siejit  aus,  der  Bedeutung  dieser  vier 
Propheten  Namen,  dafs  denselben  nur  der  aUgemeine  Begriff  von 
Gottesdienst  und  Gesetz,  von  Lobpreis  und  örtlicher  Anbetung 
zu  Grunde  Fiegt,  und  dafs  dieselben  der  GeschicUe  nicht  ange- 
hörend  über  derselben  als  blosse  Begriffe  erhaben  dastehen;  Die 
vier  Bücher  dieser  vier  Propheten  enthalten  den  reinsten  Deis- 
mus und  den:  erhabensten  Preis  der  Gottlieit,  ohne  dafs  der  St- 
derismus  und  Dämon isnvust  dessen  Grundlage  steh  jedoch 
schon  in  der  Ko'smiolagie*  des  ersten  Buclies  findet,  zum  ei- 
gentlichen Kultus  ausgebildet  ist;  dieses  geschieht  erst  in  den 
sieben  planetarischeu  Büchern  der  sieben  obgenaiinten  alten  per- 


6ru&  den  grossen  Propheten  gebracht«  3tens  Lobesaissruf  wie 
Vravo  («.fe];in)*.  4^9»^  Der  Kamen  der  Kaa.ba«  5tent$  0er 
des  ersten  persischen  Propheten*    6teos  gut  und  schön* 

,**y  ferheng  Schuuri  L  Blatt  S2(^  uad  Burli.  Katii  S.  28ft» 

***)  (^A^Ä^SiD  (^U  nicht  ^^IJb^A^. 

****)  Jassa n  was'schickUch  und  gebührend  ist     Burh.  Klti? 
S.  ^53»     .  ' 


The  Desatir  elc.  u.  cl.  heil  Sage  der  BÄktrer  etc,  ö85 

iisdien  Könige,  deren  Inlialt  besonders  fuf  den  Mjtfiolocren 
von  höclistcr  Wichtigkeit  ist.  Die  Bücher  Keichosrew's  und 
Atexanders  tragen  keinen  ausgezeichneten  Charakter  religiöser  Ge-r 
setigebung  und  selbst  das  Soro asters,  wiewohl  nach  dem  er-; 
stea  das  längste  von  allen  enthält  keineswegs  das  System  des 
Sendawesta  sondern  nur  Apologen  und  einige  geschichtli* 
che  Beziehungen  auf  die  Person  Soroasters  welcher  übrigei^^ 
hier  so  umgebogen  wird,  dafs  er  nur  in  die  Stufen  des  grossen 
Abad  tretend,  als  ein  Aufreehthalter  der  Religion  der  Meha- 
baden  oAet  grossen  G6tte$  Anbeter  erscheint.  Das  Buch  Sas-^ 
Sans  endlich  ist  theils  rein  metaphysisch  theils  geschichtlich  in 
soweit  dasselbe '  der  späteren  Religionsstifter  und  Sectenhäupter 
erwähnt  (Christus^  Mani  Masdek  Mohammed). 

Wir  liefern  liun  einen  kurzen  Umrifs  'des  Systems  des 
Dessatir's  selbst  'mit  Heraüshebung  einiger  yorzuglichsten  Std* 
len  in  wörtlicher  Uebersetzung  aus  deih  Persischen.  Das  erslij 
Bach  des  M  eh  ab  ad  die,  Grundlage  des  Ganzen  beginnt  folffen- 
dermassen: 

'  t.  Wir  flGchten  *)  uns  zu  Gofl  von  dein  Beirrenden  und 
Verführenden.  .  ' 

a.  Im  Namen  Gottes  (Schemtai)  des  Gewährenden ^  des 
Bescherenden,  des  Liebenden,  des  Gerechtigkeit  übenden.' 

3*.  lin  Namen  d^s  Farbenlosen  (Lareng). 

4.  Den  Beginn  von  Gott  kann  keiner  wissen  wie  er  ist 
wer  kann  ihn  wissen  ausser  Ihn? 

5.  Sejn  und  Einheit  und  Persönlichkeit  sind   ünzertrennli., 
'  che  Eigenschaften  Seines  Wesens  und  sind  nicht  ausser  Ihm. 

6.  Er  ist  ohne  Anfang  und  Ende,  ohne  Freund  und  Feind, 
oliite  Seines  Gleichen  Und  Helfer,  ohne  Vater  und  Mutter,  ohne 
Weib  und  Sohn,  ohne  Ort  und  Lage,  ohne  Körper'  und  Kör- 
perliches, ohne  Farbe  und  Geruch. 

7.  Er  ist  lebendig  und   wissend,   und   mächtig,    und   ohtie 


*)  Husam'Üh  in  dem  November  Heffce  des  asUtic  Journal, 
4as  uns  nachdem  das  Obii;e  gescbrleben  war  zu  Gesicht  ^t»kom- 
tnen  «v  fährt  Herr  N  o  r  r  d  s  um  die  Unecbtheit  der  D  e  s  s  a  t  i  r  - 
Spr«iebe  zu  beweisen  mehrere  Worte  als  arabisch  auf,  welche 
ganz  gewifs  nicht  arabisch  .sind,  so  z>  ß.  soll  das  Wort  husa- 
m i  d  e  n  von  der  arabiscÜen'  Wurzel  h  e  s  e  m  e  herkomitfeny  deren 
Bedeutirng  (pressit,  depressit,  sonjuit  striditye^r- 
cus)  mit  flüchten  auch  nicht  den  geringsten  Bezug  bat  bat 
m  gehört  gar  nicht  zur  Wuirzel,  indem  araiden  statt  aniden. 
bUiis  die  Eudsylbe  i8t9  die  Wurzel  aber  hns  (das  englische 
house  und  das  deutsch^  Haus)  wir  hausen,  d.  i.  wir  buch- 
ten uns  zu  Dir. 


5286  The  Desatir  etc.  n,  A.  heiL  Sage  der  Bakärer  etc. 

BediirfDtfs,  und  gerecht ;.  Er  hat  Kunde  yom  Honen  und  Sehen 
und  Sejo. 

8.  Und  feiles)  Sejn  ist  vor  Seiner  Erkenntnifs  auf  Einmal 
klar  und  ohne  Zeit  offenbari  und  Nichts  ist  vo^  Ihm  verborgen, 
was  da  ist  und  war. 

9/ Er  thut  nichts  Böses  und  ist  mit  Bösen  nicht)  das  was 
Er  thut  ist  gut. 

Wir  übergehen  hier  die  in  dem  zweiten  Buche  enthaltenen 
und  schpn  oben  vorgekonunenen  100  Eigenschaftswörter  Gottes 
und  fahren  in  dem  Preise  desselben  mit  den  Worten  des  dritten 
Buches  fort:  ^ 

6.  Im  Namei\  Gottes  (Hermehr)  des  Ernährenden^  des 
Vezeihiing  Gewährenden.  *)  • 

7.  Erhaben  bist  Du  unser  Herr.  **) 

8.  Von  Dir  kömmt  Preis  und  zu  Dir  kömmt  Preis. 

9.  Du  bist  nothwendigen  Sejns  und  Nichts  ist  nolhwendi" 
gen  Sejns  ausser  Dir.  / 

10.  Du  bist  der  Anbetungswürdigste  der  Anbetungswür« 
digen ,  ***)  und  Keiner  ist  der  Anbetung  der  Welten  würdig 
^  Du. 

11.  Du  bist  der  Erste,  an  Glorie  der  Höchste«  ****)f 
i2.  An  Preis  der  GrÖfste. 

i3.  An  Licht  der  GrÖfste  und  Leuchtendste. 
'      i4'  An  Grösse  Üer  Höchste. 

45.  Der  Vollendeten  Vollendetster. 
16.  Der  Besseren  Besserer.  *****) 


*)  Ämersende  heifst  der  Verzeiher  und  nicht  dtt  Protectör 
wie  es'  in  der  englischen  Uebersetznng  heifst« 

**)  Das  Wort  des  Textes  für  Herr  ist  Choremlam  welches  an 
den  C  h  e  d  r  0 1  a'm  e  r  der  Schrift  erinnert* 

***)  Im  Englischen  ganz  falsch  übersetzt;  Thott  aft  worthy 
oftheadora^ionofadorers* 

*^**)  Die  Werte  des  Textes  sind  Chuaterataji  fe  lat  hadter 
alle  drei  etymologisch  merkwürdig,  Ohorem  oder-Chorim 
Verwandt  mit  dem  lateinische^  primüs  had  mlfdem  englischen 
high  und  deutschen  hoch ,  1  a  t  wofür  im  Persischen  s  c  h  u  k  n  h 
d»  u  Pracht  und  A  n  s  e  h  »n  steht «  ist  der  Käme  des  im  "K  o* 
ran  vorkommenden  arabischen  Idols  lat  das  bei  Hefodot 
AhXeer  heifst. 

.*****)  Die  Worte  des  Textes  bidar  bid  arter  sind,  mit  sehr 
wenig  Veränderung  die  gleichbedeutenden  englischen  oder  deut- 
schen better,  besser,  besserer ;  wenn  der  Engländer  statt  Thy 
bounty  complete  wörtlich:  of  the  betters  the  best 
übersetzt  hätte,  hätte  er  nothwendig  schon  in  diesem  Worte 
'allein  erkeiknen-  müssen,  um  wie  viel  näher  diese  alte  Form  de- 
nen seiner  Sprache  liege  als  die  heutige  persische» 


The  Desatir  etc.  ii.  d.  heil.  Sage  der  Baktrpr  etc.  2S7 

17.  An  Güte  dor  Umfassendste. 

18.  An  Glanz  der  Leuchtendste. 

19.  An  Licht  der  Strahlendste.  '■  - 

20.  An  Herrlichkeit  der  Festeste. 

.   ai..  An  Freigebigkeit  der  Erfreulichste. 

aa.  An  Körper  der  Körperumfassendste«  *)    .       . 
•   23.  An  Güte  der  Scheiucndste. 

24.  An  Wesen  der  VortJcefiBTichste. 

2  5.  An  Vernunft  der  Vernunftigste. 

26.  An  Seele  der  Beseelteste. 

27.  I>ein  ist  die  Grösse. 

28.  Du  bist  der  Schöpfer  der  Welt. 

29.  Der  Erste  der  Ersten,  der  Beginner  der  Beginner. 

30.  Der  Dasejngeber  aller  Dinge. 

3i.  Der  Offenbarer  von  diesem  und  jenem. 

32.  Daseyngeber  der  Sej^enden. 

33.  Ernährer  der  Ernährenden. 

34.  Schöpfer  der  Wunder  und  dessen  was  wunderbarer 
als  Wunder. 

35.  Hervorbringer  der  Reinen   und   dessen   was  reiner  als 
die  Reinen.  ^    . 

36.  Würdigster  der  Anbetung  der  Intelligenzen  welche 
die  Hervorbringer  der-Substanzen  sind,  frei  von  Raum  uncffieit. 

37.. Denn  sie  sind  Lichter,  frei  von  allen  Rücksichten. 

38.  Sie  sind  die  Angekommenen  und  Nächsten.  **) 

39.  Würdig  der  Anbetung  der  Seelen,  die  befreit  sind  von 
allein  Oertlichkeit.  ***) 

40.  Strahlend  in  Leibern. 
4i«  Leitend  die  Leiben 

42.  Ohne  Vermischung  unfd  Vereinigung  mit  denselben. 

43.  Theilnehmer  an  der  Welt  der  Intelligenzen.    " 

44.  Von  Dir  ist   ihr  Beginn  und '  zu  Dir  strebt  ihr  Encje. 
^45.  Würdig  der   Anbetung  der  Körper  verleihenden  Sphä- 


*)  Die  englischd^ebersetzang  umscHreiht:  And  Thy  world- 
of-  body  (tcnisän;  ver y  capaüions,  während  der  Text 
bloß  die  zwei  Worte  entlialt:  horfasch  fo rtasebter  cor- 
pus  corpulentissimum. 

**)  Der  Text  enthält  wieder  blofs  die  obigen  Worte,  welche  die 
englische  Uebcrsetzung  umschreibt:  And  thcy  havc.attai- 
ned  feligity  ahdproximity  f  to  God  ).    , 

***)   Die   drei  folgenden  Verse  beziehen  sich  auf  die  Seelen  wel- 
t^che  hier  den    Intelligenzen  vorgehen,  wiewohf  wie  wir  weiter 

unten  sehen  werden,  die  Intelligenzen  als  Lichter  dem  Licht  der 

Lichter  am  nächsten  stehen. 


2B8  The  Desatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  4er  Baktrer  etc. 

rcD,  die  weit  entfernt  sind  von  Theilang,  von  Annahme  und 
Ablegung  der  Form. 

46.  Würdig  der  Anbetung  der  StraUIungen  die  d^  leuch- 
tend und  erhaben  sind. 

47-  Würdig  der  Anbetung  aller  Elemente,  der  reinen  und 
ungemischten,  wie  de^  Unreinen  und  gemischten. 

4^.  Da  bist  rein  o!  Anbetungswürdiger,  o!  Lebendiger,  o! 
Beständiger,  o!  Lichtester,*)  al  Unbeflecktester,  o!  Nähr  er  der 
Engel,  der  Sphären,  o I.Licht  der  Lichter,  o!  Heirr  der  Ewig- 
keit nnd  Zeitumwälzungen. 

49-  Von  Dir  ist  Ewigkeit  ohne  Beginn  und  Jiei  Dir  ist 
Ewigkeit  ohne  Ende. 

So.  Du  bist  d^r  Dasejngeber  aller  Dinge,  sej  es  Substanz 
oder  nicht  Substanz ,.  sej .  es  Wenigkeit  oder  Vielheit,  sey  es 
Hervorbrinrgung  oder  Hervorgebrachtes. 

5'i.  Du  bist  das  Ziel  der  Wünsche. 

52.  Du  hast  untergetaucht  oie  reinen  Stibstanzen  in  dem 
Meere  Deines.  Lichts. 

53.  E^  sahen  Dich  die  Augen  der  Reinheit  durch  d^  Glanz 
Deines  Wesens.- 

54-  Trübe  und  finster  ist  derjenige  der  Dich  geseh^  durch 
die  Bemühiingen'  des  Verstandes.  **) 

¥^5.  Durch  Deine  Vollkommenheit  bist  Du'  erhaben  tihex 
alles  was  sichtbar  durch  Deinen  Glanz. 

56.  Solchergestalt,  dafs  nichts  kann  mit  Dir  vereint  werden 
und  nichts  kann  getrennt  werden  von  Dir. 

5y.  Du  bist  verhüllt  durch  die  Stärke  Deiner  Offenbafkeit 
und  durch  die  Helle  Deines  Lichtes.  , 

58.  Und  unter  Deinen  Dienern  den  erleuchtesten,  den  mäcb- 
tigsten,  den  glorreichsten,  den  freien  und  befreiten  von  Körper 
und  Stoff  ist  keiner  Dein  Feind,  und  keiner  empört  und  keiner 
widerspenstig,  und  keiner  gefallen,  und  keiner  vernichtet.  ***) 

59.  Menschen  vermögen  niicht  dea  letzten  derselben  zu  prei- 
seu  auf  würdige.  Art. 


*) 

mentar 


Die  englische  üebcrsetzunR   lautet  nach  dem  persischen  Com- 
lentar:    O  Thou  who   rocallest  from  evil  to  good! 
während  im  Urtexte  nur  das  Wort:   iJartar  steht, 
**J  Das  Wort  des  Textes  welches  V erstand   hcifstj   m  Fer- 

.star. 
♦**)  Dieser  Vers  ist  sehr  merkwürdig,  wcii  denelbe  dnrchans  allen 
Abfall  hüherer  Geister  luugnet» 

(  Die  Fortsetzung  folgt,  ) 


N'lft       Heidelbergef         i823* 

•    .  .        .         *    ..   .     «•■■.»••*■ 

Jahrbücher  der  Literatur; 


i  ' 


2%i$  IJfesatir  eii.  tmi  £e  heäige  Sägt  ä&  Bkktt-et  ttc^ 

■  '  ■       .    "• .  '   ■         '.  ■     '      -...''• 

60.  Wie  Termächten  de  denn  erst  würdig  zu  preisen  Itiä' 
der  sie .( £e  höchsten  Gdister)  verschlangen  Kaft,  in  d^  Licht- 
glorie  seiner  äerrlicliLeity  die  überaus  grolsy.der  «sie  gescnmei« 
zet  in  dem  *Glanzje  seiner  Grösse  die  überaus  herrlich.     \ 

jS«:  Ohnmächtig  ^ind  S<;be  Diener  rot  der  ^Ufbermacht 
Seiner  Mäjfestät.  *         .    '  *  \     • 

62.  l>ie  Wahrheit  versteckt  wer  da  sich  eii^itaet.daTs  in 
Dir  Gleichnils  und  Qualität  und  Quantität  ijnd  OiartUchkejt  und 
Lagie  und  eine  ^Zufälligkeit  der  2Uifalligkeiten ,  uina  eine  Eigen* 
Schaft  der  Eigenschaften  v^hne,         .' ,  ^     .  »      .r  .        [  ^ 

63.  Es  sej  dei^  ob  nothwendiger  Form,  der  Sprächet  uüd 
▼egcii  Vierständlichkeit.  ^  V   .  *  •      .    - 

64«  Du  bist  erhabeii  Und  vortreäicii/        .       *    '■    ' 

65.  Da  bist  Gott  solchergestalt^  dals  keiiier.,änbetaiigtwiir-i' 
würdig  ist  als  t)u7  LicU  der  Lichter!  l'reis^urdigster!  ^wea-^^ 
der  der  ÜebfL.'  *(.;»..•  •  ,    . 

66.  Mil  Liebe  werdeü  angezogen  die  reinen  Substanteü 
lu  Dir..   '  '■  •    "       ^  ■-.'.■    'i 

67«  IK^,  unterwarfen  sind  die  erhabenen^  Wieseü* 
68L  V\t  üntistgehen  sind  die  reinen  Siäieieii. 
691  Da  bist  erhaben  und  gränzenlos  und  durch  nichts  bef 
sctränkt.  ' 

70.  Ich  flehe  von  Dir^  giesse  aus  auf  mich  pejne  strahlen- 
den Lichter.  *  ,      "  '*    .      .         . 

71.  Und  sptich  mir  *V(^orte  >  tut  Erkenntnifs  Deiner  6e^  * 
heiQ^niss^  di^  da  bewunaeriiswerth. 

72.  Büf  mir  mit  Licht  und  belebe  mich,  qjiit  Licht  und  be- 
wibre  mich 'mit  Licht,  und  efhebe  mich  mit  Licht. 

IZ.  icii  flehe  ton  Dir,  ö  Anbetungswürdigster,  und  verlange^ 
I^irh  zu  schauen 'tüid  hinab  tu  stdgen  in  das  Meer  Deiner 
Gt6$fe.  >      ■         ,     .  •  .  '  '■'■./  /«•'-:     -' 

74i.  Stehe  bdy  0  AnbetuügswStdigster^  d^  S^haar  des  Lii;ht$i 
reinige  ihr  Inneres  lihd  das  meinige ^  läütetd  sie  und.  mich  ytlH 
Ewigkeit  ^lU'Ewig'keil.  '    , 


2^0  THe  Desatir  etc.  u.  d.  heil  Sage  der  Bakti%r  elc. 

^5.  Im  Namen  Gottes   (Herrn- ehr)   des   Ernährers,  des 
Verzeihttög  Gcwähters. .  .,  / .    .    .    . 

n  'i  fa  •deniaelbeft  Geiste  '  faulet  iiuclij  der ,  LdbpreSs  Goltes  uft 
\icrtea  ^Buche,  das  ist  la  dem  des  Propheten  Jassan'oder  des 
GeselEgebers.  **'.•/ 

.6.1m  Namen  des  barmherzigen  Qoitcs  (Dai)'. 
^      7.  O  Anbetungswürdigster  mein  und  Anbetungswürdigster 
aller, .Wcf CO  der  untispen'  und  d«r  lAerenf  • 

8.  O  Verleiher  dei^  Seelen  und  Geister  (Intelligenzen)« 

9«  O  IJervorbringer  der  wahren  fieschafienheit  der  Stutzen 
und  Gründe.  * 

^       io.  Q  Wdth wendig  Bestehender.' 

41.0  Wohhhaten  AusgieSSeilder. 

1».  O  Aldnerdei'  Hetzen  iiiid  Sei^let».      *       « 
^  '      4  3,  p  Gestalter  der  Formeö  nitd  Schatten.    '  .  ^ 

44.  O  Licht  der  Lichter  uHdCmWäber  der  Uniitsfeangcn. 

i$.  Du  bist  der  Erste  dcnn.es  ist  keine  Vergangenheit  vor 
/    ■      Dir..    •      ;•  •       ,.         •    -  •• 

46.  Du  bist  der  Letzte,  denn  es   ist  Iceioe  Zukunft  näcli 
Dir.V  •    •   '  •  -  .''  ■ 

47.  Die  Engel  sind  ohnmächitg  Deine  Grdsse  zd  fassen. 
«8.  DieMensdien  sind  tiliYermögend  Dein  Wesen  zu  erjtetinen. 
49-  Anbetungswi^digster  mach  uns  firei  *)  von  den  Banden 

niedriger  Körperlichkeit!  '   • 

ao.  Befreie  uns  von  den  Fesseln  häfslii^ier,  fihsterei',  nie- 

deircr  KörpejpÄchkeit.  ,     '  >, 

21.  Sende- unseren  Seeleu  den  Glanz  Dein^sXichtes« 
32*  Qi^fs   herüntier '  auf   unsere    Seelen'  dii^   )FVdhNc1ikeit 

Deiner  Zeichen.  • 

23.  Dffe  Vernunft  ist  ein  Tropfe  von  den  Ti^o^f^  Deiner 
Seelen  -  Versammlung. '  *  "  ^ 

24.  ^i^  S«fele  ist  eine  Flamme  von  den  Fkmnnen'  der  Ilc 
sidenz  Deiner  Majestät*  •  .  *     '  ^        ^       .  '  * 

2$.  Deiike  Substanz  ist  ^ne  Substanz  l&ocKendi  und   spru« 
^delnd,  aus  welcher  hervorkocht  und.  sprudelt  die  Substanz  der 
*  Seelen,    ohne   Ort  und  Utitergebenheit,    ohne  Verisinduug  und 
Trennung. 

26.  F|*ei  und  reiii  von  Mängeln  und  Banden  ubd  Gebrechen. 

27.  Grols  ist**)  der  nolhvv endig  Bestehende,  solchergestalt 


*)  ISt  tibera  nos  a  nialo*  DcrMehabade  kennt  kein *ande- 
.   res  Uebel»   als  idt  Banife  der  Materie  über  die  er  sich-  durch 

.    Lichtes  £2nfiuf$  ^um  Licht  der  Lichter  au{^chwingt*. 

**>  Hier  seheint  einer  der  vielen  Fehler  zu  seyn«  wo.  derCommentator 
den  alten  Text  nicht  mehr  ventandeui  und  den  VC'^e  dettelbea 


The  De^atir  etc.  u«  d.  beil  Sage  4er  Daktrer  etc.  291 

i'dh  die  Angen   Ihn  oicht  sehen  «nd  die  Gedanken  nicht  er- 
reichen. » 

a8.  Dein  sind  die  Wunder  und  Feste.  •) 

29.  Von  Dir  4st   Zurückhaltung  und  Verleihung ,.  und  bei 
Dir  ist  Freigebigkeit  und  Beständigkeit 

30.  Grofs  ist  Crott,  solchergestalt  dafs  in  seinen  Händen  die 
Seelen  aller  Dinge -sindi  und  daüEl  Sie  tu  Ihm  kehren  zurück. 

3i.  Im  Naraien  des  barmherzigen  Gottes. 
'3a.  Gott  ist  keine  Subsitanz  und  keine  Zußilligkeit  und  ist 
erhabener  über  Alfes  was  Du  wähnest. 

33.  £r  gleichet  keinem  Dinge  und  keiil  Ding  gleicht  Ihni. 
34«  £t  ist  einzig  und  nicht  zu  zahlen. 

35.  £tr  hat  keinen  Seines  Gleichen 'ün(d. nichts  besteht  gleich 
Ihm.        \ 

36.  Er  lebt  nicht  durch  Geist  und  Seele  tyid  Leib^  Er  le« 
het  durch  sich  selbst; 

37.  Er  ist  weise  ohne  Gedanken  Und  tTntfissenheit  hat  auf 
seine  Wissenschaft  keinen  Einflufs. 

38.  Er  ist  seiner  Wünsche  Herr,  waü  Er  gevvt>tU  hat  Er 
gethan,  und  *  wird  thun  Was  Ihm  belieDt. 

39.  Er  ist  allmächtigi  ^as  Er  thun  «will  kann  Et  thuu  und 
ist  in  nichts  .gehindert  als  in  der  Erschafiung  Eines  gleibh  Ihm« 

%o*.  Seine  Vortrefflichkeiten  sind  mannigfaltig  und  unzählbar. 

Nach  dem  letzten  Verse  geht  der  Text  des  vierten  Buchesl^ 
des  Dessatir  wie  der  Text  des  ersten  Buches  nach  dem  sie-^ 
benten  Verse  von  dem  Preise  Gottes  auf  den  des  ersten  und 
(nach  der  Lehre  des,  Dessatir)  einzig  von  Gott  selbst  ge-* 
schaffienqn  GeschdpfeS|  nämlich  der  obersten  IntelUgenz  über. 

•  »         ■     * 

*  •  //•     Die  eheste  Inietligentä 

«lt.  Das  einfache  Wesen  (Gott)  ohne  Hotfnung.  der  Ver^ 
geltung  seiner  Güte  un<f  Liebe,  scihuf  zuerst  ein  WeseP)  frei 
und  einfach,  nnvermisclit|  unkdrperlich /  ohne  Beschränkung  von 
Zeit,  Körper,  StofiTj  Verlangen,  Wunsch,  Materie  oder  Efgen-* 
Kh'afc,  genannt  Behnamy.der  Erste  der  Engel* 


wiltkühftlcb«  Bedeutung  Unterschoben  hat$  denn  das  Wort 
Schcndschram  übersetzter  mit  filsttl/^  d«  i»  grafs«  wäh* 
rend  oben  Vers  19  und  2ö  das  Wort  Scfiendschrami  zwei« 
mal  dttrch  furuteni  d*i.  niedere  tCörperliohkeit  übtrseut 
ist,  so  dafs  entweder  ^ier  oder  dorten  oder  bei  Beiden  der  wabre 
Sinn  verfchk  ist  Ihsselbe  gilt  aneb  van  dem  Im  34te9  Veive 
mit  Jekta  d«  i.  tlnjii:  öbcmctzten« Worle  Semlra^m  das 
sonst  d?»  Wor.t  (veroum^  übersetzt  v^ird. 
^.  *).  Die  Worte  des. Textes  sind:  J^i^nd.ram  und  Fertaram  die 
der  Cümmeiitator  dnrch  Grösse  unb  Preis  übersetzt. 

i9* 


292  -The^  Desatir  etCi  u^  d,  hdlrSage  der  ßaktrer  etc. 

.12.  Ißr-  ist  ganz  Yortrefficbkeit  und  GiitCi  aus  ihm  ist  das 
Wesen  von  Amsehsfm  und  Manisiar  der  Vorsteher  der 
Seelen  und  Ta^nistar  der  Vorsteher  der  Körper.  *) 

i3.  Und  aus  Amscham  kain  Faoischtim  undFerard-* 
S-cham  und  Sama$.am.  **)       . 

44-  Und  auf  die^e.  Weise  kam  aus  jeder  Vernunft  eine 
Vernunft)  und  eipe  Seele  und  ein  Leib,  bis  das  Sphären- Sy- 
stem geendet  ward.  ***) 

Die  oberste  Int^iligenz  bt  aUo  der  eigentlicbe  Denii- 
urg  der  Kosmagonie  ^des  D es s.atlr  .welcher  aber  seiner 
Seit»  nicht  alle  übrigen  GeseKöpfe  son4eru  nur  Ver,nunft,  See- 
le und  Lei  &  er,schu£,  wovon,  die 'erste  wieder  Vernunft, 
Seele  und'  Leib  eirscbuf  und  so  weiter  in  heruatersteigeuder 
Ordnung  too  der  obersten  Sphäre  bis  zur  untersten  j.  so.  heilst 
es  im  Buche  Soroasters: 

ßj.  Sag  ihm:  Gott  ist  der  Schöpfer  älleir  Dinge,. und  ge- 
brauchte keiii  Werkzeug' in  der  .  ErsehaflFung  des- ersten  Engels, 
wohl,  aber  *  bediente  er  sich  bei  ,  der  Schöpfung  aller  anderen 
Wesen*  ein^  Werkzeuges.*  •  /  • 

.  $S*  Und  die  Vermittlung,  eines  JVescns  von  Gradzu  Grad 
Ipmfnt  nicht  daher,,  dafs.  Gott  ^unfähig  selbst  zu  schaffen. 

^  69.  Es  kommt  daher,   daf»   ein^Theil   der  Wesen  nicbt  ins 
Oil$ejti^etf n. kann  ohne  Vermittelung. 

.:..  70,, Und  ein  Theil  der  Weseh  .k^nn  'nicht  ins  Daseja  tre- 
ten ohne  viele  Mittelwesen.  ■  .    ,  ' 
^,.,    ,  .  , Und  ina, Buche. dps, ersten  Sassan: 
,',  .   «3>.  Uranfangs  ward^^e  ersje/ Vernunft  erspbaffeo. 

i4  Und  diese  erste  Vernunft  schuf  eine  Vernunft,    eibe 


*;  Im  £ii^is«hen  «teht I   Uy  hii»  (6%d)  cj-efted  tbcL^^sub- 

•  sti^nce  oJF^m.S:Chft^. nicht  g^nz  richtig  übersetzt«,  weil  wie 

^     ti^ir  ^sogleich >ehen  werden ^der   Dessäi^r  .aiiderswo  ausdrück« 

.lidh  Vägt»    däfs   Gott  nichts   schuf  als  die  ober^;te  Vernuni^t  odef 

den  ersten  En^el   (B'etiiiäm  tfder  Be  fernen)    welcher   Miner 

Seits  die  Vernunft  Amscham  die  erste  Seele  .M  a  n  i  s  t  a  r  und 

den  ersten  Leih  Tanistar  schnf*     Die  Vernunft  Amscham 

'Ichnf  dann  ihrer  Seits  die  Vernunft«  die  »Seele  und  den  Leib  des 

<    achten  Himtnels  (  der ,  Fixsterne  ) ,    die  Vernunft  des  achten  Him- 

.  '  jnels  ,sehuf  die   vernunft«>  die  Seele  und  ^eii  Leil^  des^  siebenten 

:  .Himmels  (Satlimus)   und  so  heriintet;  bis  zum  er^tett  plauftari^ 

.  «cbeii  Hinupei  (des  Monden );*        '    "         ^        y" 

"^  Farn  sbb  am  die 'Vernunft^   F  er  ardsobam  die  Seele  "und 
'  Samftsa«  der  Leib  des  tcbten  Hippels,  ^       '. 

•**)DieWdrte  de«  Textes  sind:    Feradfstan    efttam^tld, 
.   im  ersten  Worte  welche^*  ein  KoilelseiV  erX'enarihtti  iias  grie-« 
chisciie  ^^ui^  im  z weitdi  'itii  ikUts^Jinc  e 'ndh H«      • 


The/Desütti*  etc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  efc.  593 

Seele,  -etöen  X  e  i  b ,   und'  4io^  tibrigcn    I r  t  c U  ig« n  i'e  ri   dei- 
glciclien«  ]    '      »  .   •  i 

Und.  im  Buelie  Jassnns:     . 

4i'«  £f  scibf  unzählbare  Engel^  cler  '  eHte  derselben  ist 
B e h n a m  dem  alle  lutelligcnzea  und  Geschöpfe  unterge- 
ben sind-  *  •  .  .     ^  '    *       '     . 

42.  Dann  Mani^tar  der  selir  mächtig  uod  .der  Letter  der 
Seelen  ist*  '   .  .    , 

43    Dann  Tenbed  den  obersten  , der  Leiber- .  * 

Man  sieht  d^fs  In  der  letzten  Stelle  das  Mittelglied,  zwi- 
schen der  obersten  Vernunft  und  der  ersten  Seel^,  naii^lich^die 
zweite  Vernunft  (AmsobamV  übersprungen  trordei), .  B  e  h  n  a  m 
oder  Bcfbmeu  #ie  oberste  Intelligenz,  das.  erste,  und  vo$i 
'Gott. allein  unmittelbar  gescbaflPene  Geschöpf  bes^?lit  einzig  un4 
allein  und  ziinäc)ist  an  Gott  als  Demi  xirg:  Reicher  erst  die  er^ ' 
sto  Trias  nämlich  die- zweite  Vernunft^  die  erste  Seele 
nnd  den  ek>^teä'  Leib  sehuf..  Vernunft #  Seele,  mid  Lei;|>  sind 
*die  Trias  der  ganzen  Xosioolagi»  d^  U^ssatir  welclve 
von  der  obersten  Intelligenz,  wie  diese  von  Go|t  ausgeht'; 
die  lutellijgebzeB  (Vemüiifte>8iBdiglei<^bbedQa^end.n^it  Engeln 
und  theilen  sich  in  die  höheren  und, niederen:  die. höheren  JEn- 
gel  sind  die  {n teil i ganzen  der  Sphären  bi$  herunter  ^zi^r  ' 
Intelligenz  (Vernunft )  des  Menschen  welche  ebenfalls  e\a 
höherer  Engel  ist;  4^^  niederen  Engel  (Q.enjea);  sind  4i^ 
Sclüitzgeister  der  Elementey  Temperamente,  If^ati^neiche  *  ja«  4^. 
So  herkt  es  im  Bucl^e  Alexanders;  .  .,  k*       .-•.:; 

9.  Gott  erwies   Gutes  d%m.  Menschei^  indem  er ;  iha  yo^ 
zvcitfn  Range  der  Engel  schuf.  ... 

ÄQ.  Und  gab  »hm  eine«  Eogel  Ixii  vom  .  erneu  Rgnge,  ge- 
nannt Vernonft.  ...  .  ..    / 

11.  Und  gab  ihm  WcrkibeHge  von   det  unteren  Web  oyt 
unteren  Engeln.        ...  .  .,;.v.  ^   ,  . 

i2.  Einer  dieser  untereu  Engel  ist' iö  der  Leber  und  t^i&t 


*)  Die  Genien  der  Elemente  ttnd:  Atiirab  des  Feuers,  Hifäb 
4er  Luft,  Semirab  der  Erde,  und  Seh.tr ab  des  Wassers*^ 
Die*  Bwei  Getfiem  des  Thtenreichet  si nd  t  'F  e  r  s  e  n'r  ii  m  der  Ge- 
nius des  Mensebep  and  Ferarfsch''  der  Geniiis  des  Pferdes«. 
Die  Genien  des  Pflanxenreiches :  Aserwan  der  GeiiHis'der;C7«< 
frttse  find  Nuicrwan'der  Geoins  d^s.Aborn»  Die  Gcttiea 
det^  MUtemtreiohe»  sind  :  B  e  h  e  rs  a  tii  der'  Genius  des  Rubins 
und  Nehetsam  der  Genius  des  Saphirs; "endlich  die  Genien 
der  Meteore,  nämlich  des  NebelSf  Sehnees,  Regent,  D6niiers, 
der  Wolken  und  d«s  Blitzen,  Milratt»',  *Silra:inV  Nil/ani, 
Mrh<taS|  Behtam,  Niscbatn'.  * 


ä(>4  fhe  Dcsalir  «tc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc. 

'Temperament,  ciQ  anderer,  Leben  g^aaiHit,  wohnt  im  Her  < 

zen.  und  ein  anderer»  Seeltbim  Hirne« 

. '      .  ....  •     , 

///*  y^n  den  oberen  und  untern  Engeln  d,  i.  von  "den 

»  Jntelbgewn  und  Seelen, 

Man  hat  aui  dem  vorh^rgeliienden  Verse  gesehen ,    dafs,  die 

.  Beele  nar  ein  Engel^der  );vireitea  Klasse,  die  Vernunft  aber 

ein  £igel  der  ersjten  Klasse  ist;  von  der  ersten  heifst  es  im ^- 

«he  Hassan  iveiters^  *  * 

4 8.  Die  untere  (menscbUche)   Seele  ist  frei,  einfach,  ewig 

'und  unendltcli. 

io.  Die  Seele  wandelt  Ton  Körper^zo  Körper;  «die-  dorch- 
^us  fr««rn  sehen  den  Herren^,  die  denselben  *  nächsten  unteren 
^ohueQ  in  den.  Himmeln  und  die  noch  niedereren  ^woudero  .von' 
ciuem  elementarischen  Körper  zum  andern. 
*  Und  im  Buche  |Ceichosrews  ; 

6.  Deine  Seele  ist  ein  Engel. und  der  Sohn  riiies  Engels, 
und  so  habe  ich  Dir  «ioeo  grossen  erhabc^u  Engel  gegeberf; 
Vernunft  genaunt« 

Wir  hu>€n  oben  (in  den  Auszilgen  au^  dem  Buche  Jas* 
aaV|S)  gesehen,,  dali  die  Seele  eine  flamme  von  den  Fliimmea 
des  Feuers,   der  Residenz  göttlicher  lüfajestat  ist^  und  xu  Gojtt 
xurfickkebrt.    Der  höchste  ^Zwecfk  des  Mehabatl  ist  Er- 
hebung der  Seele   zu  Gott.    Die  Geb^ste  der  sieben  pla- 
vfiftartachen  Bucher  flehen  alle  einstionnig  um  Erhebung  der  Seele 
.  und' Annäherung  derselben  zu  Gott,  durch  die  Vermiltelnug  der 
'obersten  i'nfelligenz,    »Dafs  Er  inöge  erhöhen,  meine  Seele 
und  bringen  zu  Ibmic  *) 

"Wir  werden  auf  diese  Xäüterung  der  Sed^  durch  Licht 

weiter  unten  bei   der  VervoUkoflimnungs- Lehre  des  Dessetir 

'  noch- einmal'  zurückkommen;  betchrünken  iins  aber*  hier  Uofs  aaf 

die  Dämonologie  oder  Geisterlehrc,  den  wiehtigsten  Bestoiid« 

'ihetl  dies^  ganzen   Religiöns  <- Systeons ,   aus  welciieui  ,  dieselbe 

zuerst  in  die  philosophischen  Sjsteme  der  Criechen  durch  £m- 

^(.pedokles  und  Heiraklitos  übergegangen  i$U**'y    Diese  Gel- 


,  <■ 


V  ■ 


')  Im  Bnohe  Feridan*s  Vers  SS*    Siehe  sttcli  im  Buche  6il- 

sc hat's  Vers  eT,  3o-r}  im  Buche  SUmek  32  nnd  36  Vers; 

im  Boche  Husehe9j;*s  Veri  ftg,  dij'ini  Buche  Tahmufa's 

Vers  4^,  52».  im  Bnehe  Dsch  emschid's   Vers  36  uoil  42: 

Dafs  Er  möge  eileächten  meint  Seele  nn4  meine  Rqhwteriskeitca 

ebnen.    V«  43:   Dafs  Er   mich,  möj^i^  zu  Ihm  ziehen*    V*  4): 

Dafs  Er  möge  erleu((hten  die  Sohaar  von  Licht  und  Qiai^. 

^)  Dies  ist  das  dämonische»  jlcjlmetseh-ende,  dicncn- 

.  'de  Geschlecht  zwischen  den  Göttern  und  Menschen,  >vclche  die 

Vümche  uai)  Höthen  der  Mcoschcfl  den  Göttern  Tortragen»  aad 


The  Desatir  etc.  u.  d.  heil  Sa^e  der  fiaktrer  etc.  ajjS 

•■  ■  • 

stfsr  sind  ahor.  ditrolikus  giilic,  sowohl  die  öbejnnii  als  die  iaiiiereD| 
g^Don  an  mehr  als  «IlterSteNe  Wird  attsdrÜcIdU^  ^«sagty.  dab 
keiner  derselbeii  je  voa  G^tt  aiif^ei,' ausaer  dem  soklw  oben  aör 
geführten  ^Sgten  Verse  des  Buches  Seh aikiii w*s  l»eifs|  es  im 
^aten  Y«  des:  pqcbea  DscJi'iafram's.         -     -     >   .     .   . 

la.  Und  diese  sind  meine  auserwähltfn  Diener  die  nie  ao^  * 
gehonsam  'waren  und  nimmer  lusgehorsam  seja  werden«  - 

Sie  sind  also,  durchaus  Mofe  gute  £ng^.  und-  keine«  Teufe^ 
sie  werden'  in  die  höheren  Engel  6der  Intelligenzen  und  ' 
in  <lie  unteren,  das  ist,  die  Schutsgenien  und  Seelen  etngeCkeilt. 
Zu  den  ersten*  gehören  >alle- In  teiligenacn  der  Sphart^  iroa 
üe^  obenten  des  nennten  Himmels  bis  herunter  va  der  mensdif 
liehen  Vemiv^^  alle  diese  Intelligenzen  sind  freie < Lichteri 
;«ine8  tön  dem  andern '  erschaffen  oder  ausgehend ,  bis.biqauf  zu 
ihrem  Herrn,  Vat^ui^*  Schöpfer,  oämlick  d«r.  olMTsien  in"- 
•telligenz.  *  ' 

So  fleht  H^scbeng  «lir  Intelligenz  des  Härs:    . 

aS.  Ich  flebe  zu  Dir,  dafs  D14  zerbrechest ,di,e.Feifkde  des    , 
Herrn  der  Wahrheit*  ^ 

26.  Und  dafs  Du  begehrest  von  deinem  Vater  ui^d  P^erfh 
^eiD  maclitigei^  Licht/5.  . 

27.  Und  Yoft  «allen  mächtigen  ua4  nahen  lichterii,  den  freien 
Intelligenzed*  ',  ,   • 

aS.  Dafs  sie  begehren  mdgen  von  ihrem  Vater  und  Herrn 
und  Schöpfer  dem  Er^tei^schaffenen  der  obersten  Vernunft'. 

29«  Dafs  sie  begehren  mögen  die  Erfüllung/ eines  Wunsc^hes 
der  würdig  ist  reiner  und -unwandelbarer  Vernunft*    ^ 
So  heifst  es  im  Buche  Tahm.uras:  •* 

39.  Von  allen  mächtigen  Lichtern  den  freien  InteHigenz.enJ 
•  4o.  pa(%  «ie  begehren  mögen  die  ErfüUang  ctnes  Wunsches, 
würdig*  der  ewigen,  reinen  unwandeJibaren  W-elt. 
4««  Von  ihrem  Vater  und  Herrn. 

43.^DeB»r  nächsten.  Lichte,  dem  glorreichsten  Geschöjpfe  der 
*  .obersten  Vernunft,  dem  mächtigsten  und  ersten  Gesdiopfe.  ' 

43.  Dafs  Er  ( der  .Weitgeist  oder  die  oberste  cV^ernunft) 
so  flehe  von  dem  Anbetungswürdigsten  der  Anbetnogswnrdigen. 

44.  ^^  da  ist  die  Qränze  der  Ursachen  ^   der  <Her^  der 
Vereinigung  der  Welten* 

.  45.  Der  Beg^räazerund  Befastigtr  von  AU^ra. 


von  ihnen  die  Orakelsprüche  und  GOter  den  Menschen  bringen* 
CPlutatchus-de  Jside  et  Osiridc  XXVl.^.  Diefs  sind 
die  Zeu«;en  der  Gerechtigkeit  welche  die  Sonne  in  ihren  Schran- 
ken halten  (eben  da  XXXXVlllO< 


^qO  The  Desatir  etc.  ü.  d.  hdL  Sage  der  Baktrer  cSie, 

•  •■'.'•••■•       .    '- 

4$-  IHis  lidit  der  Lichter ,  w^jedig,  «ingebetet  zu  nerde« 
wwk  a^leir  InieHi^^tfieii,  Seelen  tind  Leitern,  4iiminlQicbea 
wdi^dmeiitariscbeii,  z^samvieDgesteUien  und  einfachen,- 

.  47-' D«^/ VoBkomu»eoste.  *    * 

48.  Der  einzige 'Got( 9  der  Selbstbestehende,  de?  mjestätir 
tehe  .Herrscher.  *^'  \     -     • 

Man  ^eht  aus  dieser  und  aus  allen  übrigen  dieser  fast  gan^ 

gleichen«  Antufungen  der  ^sieben*  flandrischen  Bucher  die  'g|»nze 

At)siufung   der   dämoEnischdi   Hierarchie«  yermiige   welcher  die 

.  Intdliigenzen   der   Sphären  als  MiiÜer  «rscl^eincn  zwischen 

der  .menschlichen*  .Vernunft  und-  der   oheratciB    erstgiesChaffen^ 

In^telligenZy    dem   Heuru,  Vater,   und  Schdpferder  Geister^ 

dem  näch&ten  Lii^hie    wckhe  ihrer  Srits  wi<^der  die  Ver- 

,  nunft '.ginmässsen  Wünschender  Inte  lügen«  en  der  SphalJI'en'  als 

MiÜlera  d^ii^  JW e^on  dqr  Wesen ,  dem* '  Licht .  der  \Licliter ,  dem 

einzigen,  und*  höchsten  Gott  vorträgt  Zu  diesem  kann  die  menschr 

Jiche  V^rPVuft  also  Qur  du^ch  das.Mittel  der  Vernunft  4e>'Sphä'r 

ren,  so  wie  qiese  nur  dui'^^b  4^^  ^i^^^^ 'der  oberi^ten  erst^eschaf- 

tenen  l^ertiünft  gelangen.     Üeber  die  %  zweite  Klasse  der  Geist^ 

naml\ch  über   4^^  unseren  Engel   erklärt  jsic]ti  das  Bucfi  K«i- 

ciio^revf's  folgenderigassen : 

iS.  Du  fragtest  mich,  welche  die  unteren  Engel  sind? 
Saff  fes  mir.  x  ^  ^     .    '       '   *     .  . 

49»  Die  Kräfte  ^er  rechtwandehider  Korper  sin^  untere 
feiigel. '  ■  ;■  .      r 

Und  im  Buche  des  ersten  Sassans: 

».-:•■•  ^  ■ .  .   ••  •   . 

•  i5.  Jede  Klasse  l^t  ihcen.  schützenden  Engel.. 

•  i 6;  'l n t e  1 1 i g,e Aze n  sind  ohi^e  AfHia^g* 

^7.  pie  Sphären  hatten  wi?k^nde  Seejep.  ^   • 

/  i^.'tl]^  meDSchliche  Seele  ist  unabhängig,  untheübar,  ohne 
Anfang  und  Ende >  ^         «    -'         •  *       / 

Sie  ist  wie  aus  dem  Buche  Alexanders  oben  ausdrücklich 
angeführt  worden ,  ein  uAteaer " Engel  wie-  das  Temperament 
viind  das  Leben ,  während  die- Vernunft  ein  höherer  Eogel^  ein 
Licht  ist  auso der ^chaarder^. Lichter  oder  Intelligenzen,  den 
eigentlichen  Urim.und  Tu  mim  d.  i.  Lichtetn  und  Voilkom- 
inenl|<ulen  des  'Weltalls*-*  f..  *.  .     w 

Die  Seelenvstfiderung  deren  System  schon  in  dem  oben 
angeführten  igten  Verse*  dea  Buches  des  Ersten  S  a,s's  a  u  s 
^nthalten^  ist^  wird  noch  deutlicher  in  den  folgenden  des  Buches 
Mehabad's  auseinandergesetzt: 

63..  Wer  im  elementariscben  Körper  Gutes  thul  und  nütz- 
liche Erkenittnifs  besitzt,  und  ein"  Hirtasp *c Heiliger)  ist. 

04r  Wenn  er  den  ^nt£rei^  Uß^   ausziel^t,   will    Ich   i^n*  in 


\ 


Tjbe  De^ath\ctc.  u.  ,d.  hdl.  Sage  der  Buktrer  ötc;  agj 

*  ■      •  •  -  '  »  , 

den  WoTinplato  der  Engd  eiijfSbreiij   dai^  e^  MhJi  init  den  er- 
sten Eqgela  anschaue. 

65.  Und  ^epn  er  keip  Heiliger  (  H  i  r  t  a  «  p )  nl>er*eip  Wei- 
ser und  vom  Uebel 'entfernt  ut,  mV^  Ich  ihn  doch.zudefnRaugp 
deir  £|)gel  erhe^ben.  ,  . 

66.  Und  feder  soll  naeh  Ma(ss|ab  seines  Wissens  und  Thuns 
seine  SliM^ '  einnehmen  in  dem  Range  der  Intelligente q.^ 
Hünmel  uiid  Sterne,  und  eiPirig  dortwohneq. 

•  67.  Und  jeder  der  zur  untern  Weh  zurückkehren  yv}ß  ui^ 
gute  Thaten  übt,  soll  nach  Mafs  seines  Wissens  und  Thuns 
empfangen  Herrschaft  oder  Yesirsdijafti  R^ichthuiii  oder  hohes 
Amt.  •  . 

68.  Bis  dafs  er  so  seinen. Lauf  vollendet. 
-     69.  Derjenige  der   zur    Zeit    der  .Fröhlichkeit.  Griim   nnd 
Schmerz  empfindet^  iiiUt  denselben  für  die  Reden  und  tland^ 
langen'  in  TÖrijgem  Körper ,    MToför  er  nup.^eifien  Lq^    emr 

8i«-lm  Namen  Gottes  (Lajreng's).  Un^jichtsagie  und.^el« 
wirkende  Kenscheh*  werden,  in  :den  Leib  von  Pflanzen  einge^ 
schlössen  den  Lohn  ihrer  dummen  und  schlechte^,  Handlungen 
finden.  • 

82.  Menschen*  von  unlöblichein  Willen  mnd  Thi|iQ,.werdejii  ' 
in  Körpern  von  Steinen  eingeschlossen«  .1 

•   83i  Bis  dals  ihre^ Sünden  gereiniget  sind,,  vvor nach ^sje  .vc^, 
dieser  Pein  befreiet/  mit  inenschlichen  Leibern  vereiniget  wer- 
den^ lind  wieder  nach  Mafs  ihres  Handelns  ihren  Lohn  finden^  ^ 

Diese .  Seelenwan^ernng    beschreibt    wie    n^in    sieht    einen 
grösseren  Kreis*  als  den  der  griechischen  und  ägyp^schen,  wel- 
ciier  blofs  das   Gebiet   der  Thiere  (nach  Crenzer  blob  de,a 
Thierkreis)^)  durchlief.'    Diese  zerfiel. nafeh  dem  voq  Stob  aus 
erhaltenen   Fragmente,  «des   Hermes    nicht   in   vier   sopdern^ia* 
fünf  verschiedene  .Wege,  nämUch   die  W^anderung  der  S^ele  ui  ^ 
schwimmende  y  >fliegend^,  kriechende  |  vierfüssige.  Thiere  und  in 
die  Wanderung  voii  einem  menschlichen  Körper  zum  andern.  ^*)  . 
Dife  {»ersiscfie  od^r  indische  SiclenWanderung  weicht  hieran  vqn  ^ 
dem  Systeme  der  griechischen  oder,  ägyptischen  ah,  dafs  sie  nur 
vier  verschiedene  Wege  kennt|  hämiich :  «in  Thierkörper,  in  Pfl^- 
zen,   in  Steine  und  von  einem,  menschlichen  Körper 'iA  den  aii* 
dern.     Diese  vier  Stufen  benennt   der  Commentar  zum.f9n 
Verse  des   Buches  des;   erstep   Sassans  mit  d^i  auch  übrigens 


\  « 


^r Siehe  Ceni.men*tatie'nes  Herodotftas  L  P>S29<  •     . 
**')  ifiFeroDSet^f  swi^Ay  x'^ipfr»tKf  7FeT»iv^f'»ydpcoirivx,  ib., 237. 


1198 '  TliQ  DesatiivetQ.  u.  d«  keil.  Sage  der  Baktrer  etc. 

w 

'aa«  -persisclien  WorterbHcYtern  *)  bekaonten  Namen,  nämlich :  die 

Waodening^  iu  meusclilicbe  Körper  Ferhengsar,  m  Tbier- 
'körper  Nengsar,  in  PÜanzenkorper  Teos-sar,  in*  Steiitkorper 
'Sen'gsar   (atif  arabtscb    oesob,   me^cli,    resch,    fescli). 

Nach  der  ErkläfiiDg  des  Cammeutars  find  dies  die  verscbiedeöea 
*  Grä\^e  der  Hdlle ;  er  weicht  alber  bierin  ganz  und  gar  von  dem 
'Grundteatte  des  ersten  Buchesf  d«8  Mehabad  ab,  weloher  eine 

besondere  Höile,  so  wie  ein  Jbesonderes  Paradies  anerk^ttni/*) 

wohii\.wir  uns  nun  begeben. 

'  [  IF.    Die  HöUe. 

•     •  W  ■ 

Der.  oben  bis,  2U  Ei^de  des  83ten  Verses  ubersietzte  Text 
;des  Buches  des  grossen  Abad  fährt  folgeodecniasseh  fori: 

84*  Im  Namen  Gottes  "(Larjeng).     Wean  ein  Mensoh  Ton 

.   volikornmeirer  Wissenschaft  damit'  schiechte  ^Hinidlungeu.  verbin- 

/det,  -so  «rbih  er.  bei  der  AuflSsunff  des  Leibet  in  seiu6  Stoffe 

.  keinen   anderen   elementarischen   Leib,  noch    erhält   seine  Seele 

Zutritt  zu   dem   höherem  Aufenthalte,  sondera  seine   ischlecbten 

^Eigenschaften   peinigen   iha  uifter  der  Gestalt  von  brennendem 

''Feuer  und  frierendem  Scbuee,  von  Scblaogca  und  Dxacbeny  die 

ihn  foltern.  •      .    "  • 

'85.  Und  ferne  von'4em  Orte  der  SeKgen,  von  Gott  .und 
den  Engeln  und  elementarischen  Körpern  breant  er  in  peiDiged- 
'.    der  'Flamme,  und  dies  ist  die  sclnrecblidiste  .Siui^  dar  Hfille. 

86.  Sage:    Möge  der  Herr   diclf  und  jdeine 'Freunde  vor 
dieser  grossen  Petn  bewahren. 

'Und  im  Buche  des)  Propheten  J^Asam's: 
46.  Die  Erlösenden  -  bleiben  imP^irtdiese  <Minas)  füc  im* 
mer  und  die  Sunder  (Sindlcaran).in  der  HöUe  (Runas^ 
Durch   diese  Stellen  ist  das  Dasejn  einer  Hölle  als  Peini- 
*  gungsort  der  Verdammten  klar  dargethan;    der  unterste    Grad 
'^er    Seelenwanderung  «durch  Kösper  ist    der  des  Steinreiches; 
'  aber  Steine  lind  noch  elementarische  .Körper^  wäjirend  die  Ver- 
dammten, wie  oben  zweimal  gesag.t  wird^  tsun  allen  eieiüentari« 
sdien  Körpern  ferne  ewigen  Flammen  Prds  gesehen  sind.    Die 
Hölle  als  der  tiefste  Gf ad  der  Bestrafung  schlechter  Handlungen 
liegt  also  aosser    den  «.vier  Wegen  der    Seelen  Wanderung  ^   so 


wie   der    Himmel. 


f 


Z')  Burhani  Kafii.    Seite  594  wo  die  umstand  Hebe,  fifklärunt; 
aller  vier'  Stufen. 

**/ Dieser  Widerspruch  d^s  Commentars  mk  dem* Urtexte  ist   ein 
.neuer  Beweit  für.  die   VerKhiedenheit  der  beiden  Verfiisser  des 
Destatirs  und  seines  Comm^ntars« 


,   y 


r  *  ^ 

Tbe^satnrctc.  ü.  d;h«il  Sage  der  BaktrÄr  etc.  igg 

\      '        '    :V/  l^ar  ftitrtmdode);  äks  Paradies. 


^l^it^Btt^h  4tfs  ^posMR  AJkd^d.  üt&lärt  «i<;li    noieli    

lieber  über  ^en  Hioim«!,  -4^'  Balblidiii^^Ft  der  Guten,  ais  über 
.die  Holk,  dten  jBQ9lrfiftiq§«ost  d^  92(s«fi:  • 

316.  Dss  ^ar«^^N<^  Im  äfir 'Wdbtfort  der  Engel,  die  EiDfriet- 
dtgnng  der^e1eh,'det  li^fei^lt  ider  SphlTren. 

37.  Wer  mxndx  m  db^Nähe  der  Engel  (AmscVa^pa-fii) 
kömmt,  sieht  da*^  Wesen  'des  Herta  def  Wek. 

^S.  IKese  iPVeude  ^kann  k-eine  Freude  der  unteren  Welt 
erreichen,' die  Züuge /kann  diese  Seli^eit  n'u^lit  aasdrucken,,das 
Qbr  nicht  bqrcfn,  und  das  Aiige  nieht  sehen. 

39.  *Im  Himmel  ist  solche'Freu^f?  (Ir a  dr  a  m  }  dafs  dieselb/e  ' 
tii^r  die  Dahingekommeneo  begreifen  können.    / 

40.  Die^  niederste  ^uf(^  dW  l^radieses  ist  so  als  ob  man 
dem  Aermsten  ein  Ocschenk  gebe^  ^gleich  der  ganzen  untereti 
Welt.     ■.  •   ■  " 

4i.  Ausserdem  kann  was  darin  ist*  von  schönen  Weibern 
lind  Mädchen  und  Sdaven,  von  Speisen  und  Geti'Snken,  voa 
Kleidern  und  Teppichen  WdSiopha's,  in  dieser  untern  Welt 
nicht  gezählet  (begriflfen)  werden. 

•  42*  l^ie  PäratUtise^bewohner  (9Iinassian)  haben  einen 
Leib  durch  die  Gnade  Gottes,  der  nicht- vergeht  und  niekt 
altert,  weder  «ffir  Schmerz  noch  Befleckung  «etBfxfäBgKch. 

Die  9^<^^r^uag  dieses  Paradieses  erinaert  sowohl  an  die 
Seligkeit  4es>»eoeDTestameols,  die  keita  Ai^e. gesehen  und  kein 
Ohr  gehört  hat  und  die  in  keines  Menschen  Seele  gd^ommaii, 
als  an  das  moditnisehSel^^ieS' durch  die  Aiasditttfbg  mit  Mäd-«. 
chen  und  Knaben,  mit  Speisen  und  Trank,  mit  Betten  und  Pol*- 
Stern,  ;..  . 

•'s'  '      '  '  ^ 

Die  Welt  ist  nach  der  Lehre  des  BeHsktir  eine*  Ans- 
strahlung  Gottes,  die  von  seinem'Wesen  nicht  getrennt  werden 
kann,  denn  das  Buch  <des  grossen  Ab  ad  sagt  ausdrücklich: 

101.  Die  Welt  kaim*  gleich  'einer  Ausstrahlung  von  der 
Sonne  des  Wesens  dei  höchsten  Gottes  nicht  getrennt  werden.^ 

10«.  Die  untere  W^lt  liegi  in  dem  W&rtc  *)•  der  obern. 
'  Die  folgenden   Vesse  (bis  118)   enthalten  die  Lehre  der 
Wei'iperiodeA,  deren  jede  ^00  »ouesd  Jahren  iinter  einem  an- 


*)  Das  Wort  des  T^tes  Tabtar  sowahl^ts  tias  persische  des 
Commeiitatoii  Guft  beisscn:  Wort  und  Rcdcj  die  engjisuhe 
Ufhersetznng  ist  also  ganz  wörtlich:  T>e  lower  yrotld  i9, 
sabjectto  Ihe  sway  of  thrtippet  world» 


3oo  The,  Des«|tir;6tc  u^.d  hM?)S»gederBA]hi}:ridrvetei 

dereii  Stinrne  ^tfM»  btin^eli  d^rydiirdsiitifepäi  gr^  Periode 
aller  Fixstern  je  upd  iPlan^en  Alles  wieder  in  der^vprigeii  Ord- 
nung tfmruckk«iirt.  D^  Ende -einer  jeden  ylehen  grössän^Weh-. 
]perio.de  uberfeebt  nur  ein  einziges  Taar|  von  wdchetn  das  Men« 
schcngesoMe'cht  der  neuen  Weltperiode  abstimmt;  das  zu  Beginn 
dei^.  |;rp,sseji;i  WeJtjyej^ode  in  der  wir  leben  besuriiende'Menffoben- 
paar /war  der  gross«' Abad  fun4  seine ^6ttttiii#  Von -der  Wdt 
h^t  es^^we^^er  im  Buche  D s c h em so h i d' s : 

58«  loh  scfau£.die  Welt  ein  Individ/uttti.  - 
.  59:  Die  Weh  ist  ein  Gedanke  des  Sdbs^bestebenddm 
6a*:.  Nicbts^n,*i9ll} der  Spiegel  t von. Seji^.*) 
6 i,*^ Ohne  das  Licht  des  Selbstbestehendec|  ist  Nichts» 
,'69v  Sein  laicht  verbreitet  sich  über  Alleji  uiid  giebt  Sej.n 
den  .Wesen.  --'.  - 

,  r  .63.-  Das  schönste  -Licht  ist .  das  der  Wäsenicbaft  wdches 
^14  .IMI^niier.  von '«Herz  fäUt»  ,...  .,         ,' 

6i.  Durch  Einen  3trahl  des  Schöpfers  wurden  ^eide  W4- 
tei|rt4rfta»bar.-. ''  .  .,•,',    .   ..,    .  ,'    • 

65#  J^e  Vi«lhi?it  sidiibaifer.^uud  •iintichtbarer    Walten   in 
EHpM^  in  Bezug. auf  die  Einheit« Gi)tteS|  denn« micbts  Jiat.Sejb 
-^b'Er.  •.**•: 

»  $6.  *D*r^  Vollendete  /si*>ht,  Eiqheitnn  Ider;  yielbeit  nnd^V^iel-' 
betli^ki  dertEinhßJit«..  5 

Die  Welt  ^1:hctk  sich*  inrdie  •  obere  -und  •  untere  ;•  «dTese  ist  die 
sublifttsirische',  jene  *dio  der;  höhten  Sphän6m  Von  den  bei- 
den Wielten  uud.^dep  Sphären    spricht  das  Bück  -^es  grosso 

'Ab ad:.'  •   ;  -     .  .     '  ~  \    •  '; 

37;  IDfit  r|pn«h  SpMrcn  siod  .  ruod  und .  feiu-u^^^ 

■Bimmer.  '.  •■  '.'  •  # 

2S*  Sie  sind  nicht  leicht  qicht  schwer,  nicht  kalt  niclit  warm, 
nicht  feucht  nicht  tro9kerf.  \     .    ' 

39.  Sie  kennen  Weder  Aufnahmt  noch  Abnahme ,  w^der 
Zütreiguiifg  taooh  Abneigung."       '  ,.  ;  :  ^^ 

■  3o.'  Weder  Nehmen  sie'  Formen  an,«  noch  legen  *slc'  Hicsel-:; 
ben  ab;  weder  zerstii ekelt  noch  zusammengeftigt. 

'    '  3i.  Sie  wählen»  sid)  iitihreii  Kreisen  -und  ihre  Umwälzung 
ist  willkührlich;  denn  sie  *sind  lebend  und  vernünftig. 

32V  Und  in  dieser  Kesidenz  ist  weder  gerben  noch  Gebo- 
'renwerden;   weder  Annc^^^pi^  noc6)Aible^en  dei:  Forjnen, 
33.»  Die  untere  Welt''  uxaet^^E  Er  der  oberen.  * 


•)  E#  ist* eine  gto^e  Frage,    eh  äle'Wortc  Vles   Textes  DseVial 
•^    tscliiiiad  dacHnalkesp  wirk^h*  das  ohige  hdssen,'.  wie  es 
dt:r  CommcntÄtör  will.      .  •    \   ♦  '  • 


The  0dsätir:  etqutd.' heil.  *Sage'd/Baktrer  etc.  3öi 

/ 

Der  Begriff  der  Steten  Unabäaderlichk^it'.  und  imdiec'gldi« 
chen  Kreisbewegung  in  deti  votgezeichn'^ten*  fiabnin'  wird  besor)-« 
ders  in  den  sieben  planetarisflien  Büübelrn  bei  der'Anrafung  'der 
die  sieben  Ptanetenspliären  leitenden  IntelligeiitVn  heraus'gd« 
hoben.  S6  heilst  ^s  in  der  Anfufüng  Saturnsiin  Buchtf  Git- 
scbab's: 

iid.  O  Mächtiger,  Grosser,  Starke»^  Gewaltf^efl 
-  ,  ii.  Gehorsam  deinem  Schöpfer. 

±i\  Kreisenä  in  freudiger  WiUkuhr.  * 

«3.  In  der  Umwälzung  Deiner  SphSre  welche  f/ei  ist  tdn 
Thcilung,  vän  Annahme  oder  Ablegung  dtr  Förin  und  voft  g^ 
radem  Laufe.  '        *  .  '  ' 

Die  beiden  letzten*  Vertfe  kehi'äta  auch  in  den  iibrigen 
sechs  planetarischen^HjrmnenL'Wieder,'  und  in  dem  Buche  Dscfaeüi-' 
schid's  wird  die  krcisfölrniige  Linie  iils  4^s  Bild;  aller  morali- 
schen Yollkammehhbit -durch  .die 'Yeieiniguiig  nkit  Gott 'Tor'«' 
gestellt:  •  ' 

74.  Wer  tn  GdU ; gelangt,  geengt  zu  ^ Hirn  Mrie  di^  Kr^il- 
linie  zu  dem  Punkte  zurückkehrt,  von  dem  sie  ausging. 

In  den  Ahrib'uten  der  sieben. Sphären  liegten  viele  aus  der 
späteren  griechischen  Mythologie  bekaiinte  Beziehungen  zu  'Tage. 
Saturnus  (im  Buche  Gilschah's"  17.  Verse)  heffst'^der 
grosse  Anbeginn,  dex  Herr  der  Ernh'ei^t  Uhd  ste'ien  .> 
Handelns;' ihm  sind  (V,  34  und.  56)  die  drei  Söh'ne 
und  die  vier  Miitter,  dasist,  die  drei  Naturreiche 
und  die  vier  Elemente  untergeben.  Jupiter  (im 
Buche  Siamek^s  V.  3o)  is*t  der  Vater  *und  Herr  des 
Glückes,  der  Spender  der*  Gelrechtigk'^eit  u'nd  Mil- 
de. Mars  (im 'Buche  Huscheng'4  V.  l5  bis  ap)  heifs't 
der  Muthigc  dessen  Waffen  sehrecklich,  j^'r  Herr 
vo?«  M^iiht  uiid  ZdrA,  d'^r  teste  ErSc1ireVke'i^,^er 
Feuerentfla,mn\er  ,  de#  Blutverbrenner,  der  das 
Schwert  schwingt  Und  die  Sonne  (  im.  Buchei  des 
Xa^m'urJk*  V.  34  bis  38)  ist  der  Herr  der  Hitze,  'der 
den  jS-itin©,n  Macht  v^rleiJii,*  det  HerltörbYing^r  neu- 
er Dinee  .und  der  Jahreszeiten,  der  Schätzen  der 
obersten  In4eUig«nz.    >  ...  .    ,.*    • 

VorzQgliiab -  merkwürdig  tsl  der  Preis  . der  weiblichen 
i^n/tlig'eiia^  idcr  43*ilt«a.  Siihäie,  «ämlkh  -dev  des  Veiaus  (im 


T-»! 


^>  In  PltttO  S04r6hY  tils'  in  H^tmei  Ttismigitrat  Ist  die 
%wBkXiti  4fts  Sinnbild  des  höchsteib  Nf^tsens,  lali  4er  Ab^laiir  des- 
selben, tind  die  charaktetlstfiche* 'Bezeiühnting  der  Sonni^  als 
jiortrs  A^tfli0,'cras  htT^  ah  €lränr$ott  des  Liäht^  t^tid  ^bafe. 
tcnrriohes  ist  in  den  folgeDideu  Verittt  iiiT]{cdenttt ,  VlIMt^  so« 


3o2  Tbc  Desatir  etp.  u..  4i  heU.  Sage  ^er  Qaktrer  etc^ 

Buch« ,,Bit lAfi9i oh I d^ s ).  Diei«r  Plapet  4«a  Renr  R Ii0de 
durchaus  wid<!r  alleaSinii  der  Sendscbriftea  zum  Mithrat  ma- 
chen wilU  erscheini  «chon  in  diesv  uralteo  Jlriunde  als  weib- 
lich. (Vers  48)  Alf  di^vmächtige  und  wunderjbare 
FraUi.als  die  «Meisterin  der  Erkenotnif^,  als  die 
G.-ebi Sterin,  des  ITändelns»  (V.  25)  Als  deri Schmuck 
der  Fr^Uide«  der  Freunds chaft^  der.  Gti,tc.  ( V.  3 1 
und  33.)l  Nur  durch  die  grosse  Liebe-und  Gnade 
des  Schöpfers  in  ihc^ni  Kreise^  erhalten  da  sie  selbst 
iphnmacK-tig«  Ajfi  ]pierk würdigsten  bt  in  diesem  Buche  der 
y.ent|s  die  Hind^tai]^  auf  eine  pcsoada^e  geheime  Wissenschaft 
upd  Erkenntnifsy  auf  Lichtmjsterien  in  welche  der  Glaubige 
durch  thr«n>  Dienst  ei.ng^w^hi  i^ird«  *.)  (V«  Si)  ^s  giebt 
e.tne  Krkenntnifs  in  Deiner  Sevle,  die  wenn  Du  sie 
den  Me^nschen  offenbarest«  dieselben  zitternd  m.a- 
^hen  wird^  wie  einen  Asi  vom  Sturme  g($sehutteh. 
(V.  52)  Wer  immer  Deine  Worte  recht  erkennt  und 
die's^lt>^®i^  ^^r  unbe.zweifelt  halt*  dessen  .  Gebet 
wird  erhöret  werden. 

•  Alle  folgend eo  Yerse^  dieses  BucKes  bezicheil  sich  auf  die 
Erkenntfiifs  Gentes  io 'Kiphieif  und  JVfannigfa^igkeit  durch  das 
Mittel,  der  SelbstevkenDlnifs.  (V.  79)  Wahr«  Selb^tkennt- 
oifs  ist  ^Erkenn tnifs  Gottes.  Diesen  Vers  erläutert  am 
besten  der  bekannte  arabische  Spruch  :  Wer  fpine -Seele 
kennt,  kendt  seinen  Herrn,  so  dafs  das  griechische  yv'wdi 
ffic$urav  nicht  als  Zweck  aller  Erkenntnifs,  sondern  «nur  als  Mit- 
lel  um  ior  BrkemitRifs  Gottes  z«  gelangen,  zu  betrachten  ist. 
In  der'Selbsteri^ennCniüs'und  folglich  in  der  Brkenntnils  Gottes 
üegt  aber  ^on  selbst  die  Erkenntnifs  der  ganzen  Welt  einge- 
(cHoasen,  denni  (V.  8^}:.  Die  Welt  ist  ein  Men«ch,.und 
de^r  Meifsch  ist  ^ine  Welt.    Im  Buche  Feridai|'a.^er 

:arobl  auf  Gott  als' anF  die  S^ne  a^lbtt  betogee  werdea  köoieo: 
44*  Tbe  Final  Limit  of  canres,  thc  L^ordthat  gWct 
nniofi  to  V^orlds$  4?»  T-he  Irinit  M^d  Stablishcr 
off  All.! 

*>'Ihirak  diese  Andfatnogen  erhält  die  belarnnto  SteBe  Pln- 
l«rcb*s  (in  Antaxerlte  IlfO  wo  von  der  Blnwetlning  des 
Kttaigt  In  dem  Tempel. dei?  pemiscltfmi  Atkejie.  dir  Red^^tt* 
neues  Licht,  und  was  Herr  Ho£rath  Ctenzer  hierüber  seoAith* 
mafst  wird  auf  das  vollste  ii^tätiget,^  so  wie  anderer.  Seilk  die 
dftf  Anahid  hier  ( Ven  ZO  kh  a4>)  lieig)ebg|en.Ata(|hnia  des 
.  ^vorzugHcHen  GUnses  und  Schimmers  du  m  den  Vifttef  Jahr- 
büchern (X.  S.  aas)  Gesagte  bestätigen,  daß  Gnschaab  nad 
das  Feiler  Gnsc^iasb'^s  nichts  sy^derea  ah  die  Venns  und  das 
Feuec  der  Venns  hcdedte«        « 


Tlte  De&atic  elc;  u.  d  hat  Sage  ä&  Baktrer  etc.  ypj 


zilr  VerdiroDg  Merluti  «n^cünrics^n   TWrd|    «^sbhdnt  dreier  hi. 
sejiren  Altrifauten  s\b  der  wufciihaftige  H^rm<es>  der  SOÜtf  re*; 
ligi  öser  G  ebrinfebe  und '  G  ebetformeln  ^»ak:    derWeise'.der 
Himmeln   und   Weitem«*    (V.«i4ttnd46)    Der  ScKato-. 
i^eister  i^oHeimer  WissfenscHaft.     (V.  ig)  ^Der  P«ilir. 
rcr    zur    Erkenntnifs.     (Y*  .20}   Der  Mitthetler  .vooi. 
Gehetmaissen   u>d  Wundern.     (V.  18)   1km  dankt  Fe- 
ridton  die i  Kunde    d€r  Zauberfoxmetn  irad  TaMgannr^  .dercir 
auch  im  Sisod-awesta  beim  Nfimen  Feridun*$  oiehr  als  <nn«' 
mal  Erwänaung  gescliieliU    Eben  so   ^timnieu-di^  dtm. Monde.. 
(im  Buche  M  ino^sc  heb  er 's)  beigelegten  AttriBufie  mit  denen* 
die  ihhk  der/Seudawesta   beilegt,   irollkoiiimeQ  iiberefn.     Er, 
ist  (V^i2)  dier   Hüter  des'  Elementes   des  Wass'ers., 
(V^  11.)    D^r  Schlu&scl  der  Hinfmeln  die  ihm. willig 
gehorchen.    (V.  tS)  Der  llerr   der  Feuchtigkeiten^, 
wirksam  in. Annabme  und  Ablegung  der  Gestalt.*) 

Wtewohl  die  an  dit  Plai^efen  gelichteten  Hymnen  dion  vor- 
geschriebenen ICultus  derselben  schon  für  sich  faktisch  beweisen, 
so  wird' derselbe  doch  in  dem  Buche  des  grQs$en  Ab  ad  schon 
deutlich  VorgeschHeben  und'  die'Verehrung  demselben  unmittelbar 
iiach  der  Veröhruiig  Gottes  anempfohlen,  und  'wir  gehen  nun  zu* 
Atset  im  Dessa:tir 'vorgescfariebeifeiirGot(e$verehfUi<g  d:t.  zum 
Gebete  üb^r«  ,      • 

.  '  ■_        FIL    Das  G$bet.         _ V 

Die  vip'r  etste^p  ^Bücher  des  Dessatir  enthalten  herrlfcbe 
Hjmoen  zum  Lobe*  der  Gottheit,. wovon  pben  Auszuge  g^ebeii 
Worden  sitid.  Nach  def  Anbetung  Gottes  empfiehlt  aber  wi^ 
gesagt  das  Buch  des  grossen  Aba^  ausdrücklich  die  Anbetung 
der  PUneten. 

i6^.  .Betet  die  Plan^tea  all  nach  Gott,  und  zündet  tbnen 
Luhter  an.  ^k 

^  .  i63.  Macht  Gestalt^ n^R  allen  {'lanetea  und  betrachtet  die- 
selben als  anbetungswürdig.    ' 

Hier  ist  der  vollständigste  Sabaeismus  welcher  nicht  nui( 
die  Anbetung  der  Gestirne  sondern  auch  die  sinnliche  Darstel- 
long  derselben  durch  Gestalten  (Idole,  Talismane)  gebeut. 
1q  so  weit  ist  da»  DessÄtii^  voUkommeu  einstimmig  mit  dem 
Dabistan,**)  welches  über  den  äheslen Sternendienst  umstand? 


*}  Lnna  rvxif  quia  eorpornm  pratsut  est,  qiiae  fortuitörum  Tarie^.  ^ 
täte  jactantur.    Macrobii  Sa^nrnaliarnm  Life».  I*    Ca|»* 
XIX.  ^ 

**)  ,Siehe  Scheicli  Mofianrnied  FanTs  Dahistan  ans  dem 
Pertisciien  G  i  a  d  w  i  n  s  übertctzt  von  b  a }  b  e  r  g ,  Astluffenbuig 


3o4  Tbe  Desaiir  «tc.  u;  d.  fteü.  Sage  dar  Bkktrei'  etc. . 

'■••..        •  *   *:  :  .:•  ..•  ■.  \  :    .  -  ^. 

Kche' AusktibfNgidjty  aber  wlfarebd  iu  ßafii stau  die  Plapeteii 
als  die  Kibla^  d.  i.  als  den  Ort  wohia  man' sich  beioL  Gebete 
"W  endet,  aufstellt,  *)  wird,  im  Bnehe  M  eh' ab  ad 's  die  KibU 
der  Willkuhr  des  Betenden  anfaeim  ^estellt^  und  die  Wendung 
gegen  die  Sterne  und  das  Licht  nij^ht  ausdriicklich '  gebdtea  soiir 
dern '.nur  vorzugsweise  empfohlen:  •       .     .■  .     ^ 

Scj.  Im  Namen  Gottes  ( L ar  e  n  g )i  Das  Gebet.gilt  nach  ^aDeii 
Stiten^.  das  beste  fst/  sieh  gegen  Sterne.  uAd  Licht  la  wendeil. 

Licht  ist  der  Mittelpunkt  dieses  ganzen  Sjrstem^  Welches* 
stich  im  Daliistan  durchaus  als.  einfe  Licbil ehre  geschildert 
^iti^  ütid  Uroröber  sich  Herr  Professor  Othmair  Frank  sp- 
wohUin  seinem  Lichte  des  Orients,  als  in  seid^  Werket-  De 
Persidts  Lingua  et  'Qienio  ^ausfubrU,th  terbreitct  hat«  .  Qas 
2iel  aller  Gebete*  dds  Dessatir  ist  Licht  ubd  Anitäheruifgf  dnröh 


66»  Du  o  Gott^bisi  ein  solcher  dafs  keid^jb^anbetatigswiir^^ 
ijig  ist  als  Dui  Licht  iet  Lich^r!  Gepriesener!  Entferner  der 

^Ä*el!     ••        ^   ~        .      ,   .  ,         ;       ,    / 

71;  Ich  flehe  zu  Dif|  giesse  aus  auf  mich  Deine  strahlenden 

Lachte^*  •  ,  . 

7a.  Und  sprich  mir  .Worte  Ae^mi^b  lehren  mögeii  fieincf 
Geheimnisse  die  wundcrBar*         '       ^^         . 


ig09« .  Ssife. 50  bis  71.  Dort  (S.  7i)  vr^d  das  Äailf  Kttbt 
Ahad  genannt 'Was  c^n  Dmc)ifehler  für.  Ab  ad,  d«  !•  Anfaetym«:!- 
ort,  nämlioh  die  tCaaba.    tm  Fcrheng^oh 


67tes.  Blatte   werden   als   Belege  dkler  Bedeutung  .des  Wertet 
'     Ab  ad  die  folgenden  Ve^tse  dergrostip*  ftjrisolien  tiiehteta  £>ssedl 
'  angeführt: 

Es  sandte  Gott  vomrartub 

Durch  eines  hekfn  Engels  Hand 

Ein  Stuck  vom  lautersten  Rubine  '       * 

,  Als  Saus  ^  das.  ward  A  b  a  d  gefumni 

Es  ward  alfJlittelfunkt  der  WeU  *    , '  * 

i       .    '      Und  ajis  Anbetungßort  gesetzt* 

Von  diesem  Orte  def  ersten  religiösen  l^ültnf  ging  Jiuiii-  der  ^ame 
iilif  jeden  bebauten  Wohnort  über,  in  welchem  Sittue  dieses  wort 
in  der  gemeinen  Sprache  g;äng  nnd  gttbe  Ist». 

')  Dabistan   S^t$  (9. 


.  ( lüer  Besebb^s  folgt  t) 


N|  20.        Heidelberger  ^*^; 

Jahrbücher  der  Literatur^ 


•    Tke\Dcsatir  etc.  und  die  h^ge  Sage  der  Bäkirer  ef^. 

{Mt$chiufs^)\ 

73.  9teh  mir  bei  durch  Liebt,'   beleb«  mich   durch  Licht, 
b«wal«e  niicb  durch  Licht  und  vereine  mttchdemk.Licbl*  *) 
Im  Budie  Siamekls: 

38.  Licht:  d«r  Lichter!  diOT  Bu  die  nühre  Lehre  «eifj;«| .dep 
kreisenden  WeliÄi.     .  .  ' 

.39.  Herr  4®s  hellstien  Glanzes  und 'des  iqächiigsten  Lichtes. 

4o.  Pyieisvviirdigster  Schöpfer  der  Welt«    .      .  , 

4i.  Verleiher  des  Lebens  I  Selbstbestehender ^  grofs  ,i^t 
Deine  Herrlichkeit.  r   .     '  •      «. 

43»  Dals  Er  (Gom)  mich  aufnehme  unter  Seine  Nächstep 
und  unter  die  Schaar  Seines  Lichtes  und  unter  die  Erkenofr 
Seiner  Geheimnisse. 

4^.  Und  dafs  Er  von  |nir  abvrende  die,  Uebel  der.  Seele 
und  des  Leibes.  '        , 

44«  Und  dals  Er  luir  verltthe  die  strahlende  Glorie  de^ 
Sdiaar  des  Lichte.  .  > 

Im  Buche  S  er  duscht's  werden' die  Ferw'ers  der  Send- 
sch(iften  (die  Ideen  Plato^^  zwar,  als  Lichter,  diese  Lichtef 
selbst  aber  blofs  als  Schatten  eines  höheren  Lichtes  dargestellt, 
und  so  fort  bis  zum-.  Lichf-'deir  Lichter« 

35.  Was  immer  auf  Erden  ist ,  ist  die  Gestak  und  der 
Schatten  ton  einem  Ditfge  in  den  SpbSren. 

36.  So  lang  jen<^  glänzende*  Wesen  woM  ist,  i'st  auch  det 
Schatten  desselben  wohl.  v     ' 


*)  Siehe  des  EvengeHum  Johannis :  7.  Dertelbige  kein  tum  Zeug* 
nifs,  dfit  es  ven,dein  Lich£  zetigete,  guf  dafs  sie  alle  durck  ihn 
glaubten«    8«   Er  wv  oicht  da^  Licht,   sondern,  dafs  er  zeugefee 

'  von  dem  Lieht»«  9,  Das  war  das  vi^ahrhaftige  Licht,  vrelches 
alle  Menschen  erleuchtet,  die  In  diese  Welt  kommen.  Cap.  L 
und  Cap.  XII-  36r  und  46r  Vers :  Glaubet  an  das  Lieht^  diewell 
ihr  ^  habe,    auf  4a&  ihr  des  Lichtet  Kinder  seyd«  -^    Ich  bin 

Sekomneo  in  die  Welt  ein  Licht,  auf  dafs,  wer  an  nikh  gku- 
et,  nicht  in  Finstemift  bleibe. 

.  .  20' 


3oß  The  Desatir  etc.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc. 

37.  Wenn  dieses  glänzende  Ding  von  seinem  Schatten  steh 
entfernety  eutferni  sich  auch  das  Lehen.  • 

38.  Dieses  Licht  ist  der  Schatten  eines  glänzendere»  lichtes. 

39.  Und  so  an?  l>is  zu  Mir  dem  Licht  der  Lichter., 

40.  Schau  da  herauf  zu  Gott  *)  der  den  Schatten  wiift. 

Ausser  diesem  gewöhnlichen  Wege  der  VervoUkommoupg 
durch  die  Sphären  des  Lichtes ,  um  mittelst  derselben  und  mit- 
tebt  des  höchsten  (dichtes  (der  ob^^en- Vernunft )  dem  Licht 
der  Ijii<;hter,  nämlich  Gott  vereinigt  zu  werden,  gicfit  es  noch 
eihei|  ausserordendichen  Weg,  nändich /den  der  Entzückung  oder 
•Ekstase  welcher  in  der  Ursprache -N^mi da  i  d.  i.  die  £nt- 
mSimung  heifst|  weil  der  Mensch  den  Sinnen  und  dieser  Weit 
entnommen,  in  eine  andere  versetzt  wird.  Dieses  'Zustandes  der. 
IJkstase  und  der  Mittel  zu  selben-aAi  gebngen,  "wird  in  den.foi- 
fixenden  Versen  des  Buches  Mehai)  ad 's  erVi^hnt* 

87.  Im  Namen  Gottes  (^ar^eog)  'wepii  ihr  hungrig  uu(t 
schlaflos  das-  Herz  an  Gott  heftet,  vom  elementaYlschen  Leibe  ge- 
trennt, so  schaut  ihr  äha  Himmel  und  die  Sterne,  und  die  En- 
gel und  Gott. 

88«  Dann  «kehrt  ihr  zurück  zum  elem entarischen  Leibe  und 
wenn  dieser  untere  Leib  aufgelöst  ist^  so  gelangt  ihr  wieder  za 
dieser  Stufe  die  tha  geiiehea  habt^  und  verbleibt  darauf  für 
immer.        ,        . 

Hier  wird  also  der  Zustand  der  Seligkeit  nach  dem  Tode 
üem  Zustande  d^r  Ej[itzik;ki|Dg  be^  lebendigetai  Leibe  dem  aber 
die  Seele  entnommen  ist,  gleichgesetzt,  ^ die  Entzückung'  ist  ein 
Vorgeschmack  .der  Seligkeit  welche,  nach  der  Auflösung  des  Lei- 
les  für  immer  dauert,  aber  wähk'e;nd  des.  Lebens  auf  £rden  nur 
80  lange  dauern  kann ,  als  die  Seele  dem  K5rpier  entnomlben 
bleibt«  Dies  ist  der  Zustand,  in  welchem  sich  die  Propheten 
befinden,  wenn  sich  ihnen  Gott  offenbart. 

•        '  •      '  4  *  •  *      •'  1.1 

s6y,  O  Ab  ad  das -ist  das  Wprt  Gottes  das  ein  Evgel  dei- 
nem H|rzen  bringu,  ^    .  . 


*)  ßXt^g  6§ov  Oas  grdsie  V^ort  der  Goostiker,  so  wie  das 
^P  fthtL%6r ti tischt  »9pov  ßktirej  welches  laut  4er  Erklärung 
«Äes  M  a  rc  u  s  A  n  tö  n  1  n  u  t  die  UnveriUiderliohkeit  des  Kreltlan- 
in  >hx  Gestirne  aufteilt«  entstammeo  beide  dieser  ahen  Lifht- 
lehre;  Die  Kehrseite  des  ßkeve  $sov  md' ß^^^s  a^fov  ist  das 
Stoische  cJar  ^Xcira  (Marc,  i^nu  Comment*.L»  VL  3-  ) 
und  'sviwf  ßktn  (LIb/VIL  $9')  gleichbedeutend  mit    7^^* 


The  Desathr  etc.  tt.,d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc.  307 


mit 

TRelig 

ien^dten^  norgenlitadischfn  Religion^  mit  der  Reinigypg'  dea^ 
Körpers  durch  Wasser /veribundcDy  die  ^eiie^  und  die  ZaMeii 
des  tägHchen  ^Gebetes,  sind  nicht  festgesetzt  y^  und  der  Vorstand 
eines  frommen  Mannen  als  Imam  oder  Priester  ist  Vohl^ls  wfin« 
schensuverthy  aber  nicht  als  nothwendig  empfohlen^  sa  heilst  eil 
im  Buche  Jassan*,s:  .  *      .. 

;  4^.  Reinlichkeit  ist.  doppelt,  die  wnrkli9|ie  und  fdrmlichf . ; '' 

49«  Di«  wirkliche  bestehet  daxin,'  das  Hein  nicilit  an  XJeW^^ 
zu  ))inden»  und  Laster  ansziirotten.  «    . 

5o.  Und  die  förmliche  in  der  Sntfie^pung,  dessen,  was  Sus-^ 
serlich  böse  ist.  '        ;;  *        . 

5i.  Piese  Reinigung  geschieht  d^^ch  das  Ws^er  jTefter» 

^a.  Und  das  Wasser  Kur d  bekomm^  d.eni  l^ü^e  wdÜ. 

5V  Wasch  if^  W^^ser  den  Leib,    das  Oesicht,  Htfnd  und 

.54«  Und  kannst  du  nicht  so  thue  es  in  0ei](ankeh*  ' .  , 
515;  Pani^  komm,  zu^   Scheschka^ch    f^iü  K.|b|aj    der. 

Sterne  oder  cles  Feuers)  und  bete«        .   . 

56u  Nachdem  du  zu  Gott  gebetet  hast,  richte  dein  Gebet  an 

die  Sterne  und  an  das  Feuer,  dafs  sie  dasselbe  zu  Gott  bfin« 

^.  Wen^-em  frop^mer  weiser  Mann  (Hirtasp)  bfeim 
Gebete  Tome  ateh^  und  die  andern  hinter  ihm  so  ists  wöhL 

58.  Wepn  ihr«  es  nicht,  könnt,  thutfcs  in.  Gedanken. 

5q*  Wa  ihr  immer  Sterne  oder  Feuer  seht,  betet.' 

60.  Jeden  Tag  betdt  yjlennal,  dreimal^  zweimal  oder  we- 
nigstens einmaU 

FJtt.    Cdott.  •  .      !• 

'  '  T  ■  ■ 

Das  vDrzfiglichstie  und  zu,  wiedethohetf  Malen  eingeiushlrfte 
Gebot  des  Dess,atir  ist  'das:  Harmlöse Thicre  nicht  umzubrii»- 
geu,  schädliche' abeir  aiu  r^folgen.   Dieses  ^nd  die  anderen  we 


^)  Dieter«  Vers  welchen  der  |)(ersl*ohe  Cöthinehtater  neeh  'weiter 
ausführt,  erklärt,'  warum  bei  den  metlimlkben  Philosophen  Gl- 
brtel  durch  welchen  sich  Gott  dem  Propheten  oflPenbart,  der  Na« 

.    men  der  hijchtten  Vernunft  Ist» 

«M  IM»  Vt^bi3t.Afl«fknnn  hel£it  leig^ntlteh' Unlust  oder  Traurig« 
keit,  indem  ilem  Worte  fi er knon,  dsa  ist,  Lnst  oder  Vergnü« 
^tn  dtfs  A  priir«tivtfia  irorgesetzt  ist*  * 

*t»)  Die  Wörter  des  Textes  sind  Fi  mach  ürid  Kt^sach  das  ist 
Finger  und  Zelte'n. 

IM)* 


3iO  The  Desatir  etc.  u.  d.  heil.  S9^e  der  Bdktrer  etc. 

•* 

W^na  der  Detsatir  einerseits  von  Priestern  und  ihrer 
Hierarchie  ^eiife  Kignde  nimmt  und  giebt ,  so  bezeiclindt  ^r  an- 
derersjeits  sehr  deutlich  di^  verschiedenen  feigen  und  Religionen 
über  welche  sich  das  Gesetz  des  grossen  Ab  ad  erhebt.  Die 
3ich  hierauf  beziehenden  Stellen  sind,  in  dem  folgenden  Äbscl^nitte 
zttsammengefafst.  .  * 

IX.    Von  dtk  'üm'schiedenen  BÜigionen  und  Sekten. 

«a8.  Eine  Schaar  wird  erscheinen  die  das  Gute  und  Busse 
iiun.*)       \  I     - 

lag»  Diese  Schaar  ist  auf  gesegnetem -Wege* 

i3o.  Eine  andere  Schaar  erkennt  und  tbut  das  Gute  ohne 
Busst  und  Heiligkeit  (Hertaspi)  sie  erforschen  die  Wahr^ 
heit  der  Dinge  durch  die  Vernunft  un4  leben  als  Serdasp.  **) 

i3i.  Pann  kommt  eine  Schaar  -welche  das  Q.ute  erkennt 
und  di^  Bos'e  thut  durch  Verfolgung  harmloser  Thiere, 

i3a.  Eine  andere  Schaar  vermische  Erleuchtung,  VernunTt 
iind  Unvernunft« 

i33.  Eine  Schaar  sagt:  ausser  dem  Bösen  Gottes  ist  nichts 
wikdrperiich» 

i34*  Ein(e  andere  Schaar  sigttf  Gott  sey  ein  Kdr^er» 

i35:  Einige  halten  Gott  für  naiürliche  Anlage. 

i36.  Eine  Schaar  hält  sich  für  Propheten  indem  }ie  harm- 
lose Thiere  plagen. 

*fl3^.  Ohne  Schonung  harmloser  Thiere^ und  ohne  Hertasp 
(Busses)  2u  sejnai  kann  keiner  %u  den  Engeln  gefangen.  . 

i38«  Diese  Schaar  wohnl  unier  dem  Monde  und  JCraft  ih- 
l«er  wenigen  Andacht  und  Busse  halten  sie  in  ihrem  Wahn  das 
was  sie  sehen  anderen  Dingen  ähnlich  und  handeln  unrecht. 

139.-  Eine  Schaar  wenn  fie  sehen  dafs  Menschen  elend  sind| 
begnüget  sieht  damit ,  sie  nicht  xu  tddten.  # 

i4o.  Deiyi  eine  andel'e  Schaar  hält  es  fit  recht  und  gut, 
Menschen  zu  tödten.  . 

i'4i*  Einige  Sektenstifter  sagen:  unsere  Sattungen  werden 
nie  aufgehoben  werden. 

i42.  Und  zwischen  ihnen  werden  Kriege  entstehen. 

i 43.  Eine  Schaar  ist  die  ein  wenig  Gutes  erkennet  aber 
nicht  gute  Tbaten  übt,  und  andere  die  ein  wenig  Gutes  üben 
ohne  das  Gute  erkennen.* 


*)  Das  VTort  Tipass  ist  das  deutsehe:    die  Busse. 

**)  Serda8*p  ist  der '  religiöse  Mensch  yvelcher  dem  Liebte  der 
Vernunft  folgt,  ohne  durch.  Bnf«ül»nngen.. auf  die  Heiligkeit  ei- 
nes iiertasp  Anspruch  zu  machen^  « 


The  Dpsatlr  ete.  u.  d.  heil.  Sage  der  Baktrer  etc.  3i  t 

-  *  • 

' .   .  ..       .,       .      . 

i44«  Und  so   Viele  Lelir^r  und  Herrscher  *),  werden  Ipm- 
ni«Dy  daTs^sich-BGcHer  füllen  werden. 

Der  Verfasser  hat  sich  damit  begnagt ,  zw6lf  verschiedene 
Sekten  zu  bezeichnen ,  von  denen  nur  die  beiden  ersten  der 
•H  is  r  t  a  s  p  und  S  e  r  d  a  s  p  nän^Iich  unte^  di^.  Rischtgläubigea 
(Ferseiidadsch)  der  Mehabaden -Lehre  gehören^  dfe  an7 
deren  zehen  aber  mehr  oder  inrepiger  auf  Irrwegen  ^wandeli»^ 
indem  sie  Thierfleisch  essen,  (V.  iii)  die  Wahrheiten  der  Of- 
•  fenbarung  und  der  Vernunft  mit  einaiider  vermischen ,'  (V.i^) 
die  Eogd  und  Güster  fnr  körperlich  halten^  (V.  i33)  die  Mate«' 
rialisten ^  (V.  i34>  4ic  Naturalisten,  fV.'! 35)  die  falschen  Pro- 
pheten, (V«'i36  — -*  i3S)  die  Egoisten,  (V.  139)  die  Menschenmör- 
der,  (V.i4o)  die  Kechterkennenden  ohne  Handlung  (V.  «43)  u^d 
die  Rechthaudelnden  ohne  Erkcnntnifs  (V.  i43}. 

In  dem  Buche  Ser duscht's  wird  der  beiden  philosophi-' 
sehen  Sekten    der  Idealisten    und  Rationalisten   gedacht,    deren 
Lehre  'von  Irah^  durch  Alexander^ nach  Griechedlahd  (als  die' 
Lehre  der  Akademiker  und  Peri^atetiker)  durch  den  Phi- 
losophen  Ti$nur  oder  Tutianusch    oberging.     Man  konnte' 
vielleicht  vermuthen,^  dafs  hier  Aristoteles  gemeint  sey,  wel- 
chem  Alexander  die   esoterischen  Bücher  persischer  Weisheit 
sandte,  wenn  es  nicht  aus  anderen  Quellen  persischer  Geschichte 
mit  Gevyifsheit  dargctthan    werden  könnte,   dals. dieser  Tianur 
oder  Tutianusch  "kein  anderer  sej,    als  Kallisthenes  der' 
Alexandetn  begleitete  uriS,  gewaltsamen  Todes  stafrb.  -**)    Durch 
diesei^  kam  also  laut  des  Zeugnisses  des  Dessatir  ein  Theif' 
der  alten  Weisheitslehre  des-  Ostens  nach  Griechenland  wo  die- 
selbe von  P lato  und  Aristoteles  aus.  verschiedenen  Princr- 
p  i  ^  n    entwickelt  und    nach   griechischem   Gr  e  Q  i  u  $    gestaltet 
als    DoppelbAum  der  idealen  und    rationalen  Philötophie   auf- 
wuchs. -')  \  ' 
Nd>st  dem  griechischen   Philosophen  Tutianusch    oder 
Kalli<sthenes    kommen  im '  Buche    Serduscht's    auch  die. 


*)  Herseham  ist  ^as  Wort  für  Herrscher  und  Kerseham 
für  Lehrer,  und  wiewohl  dieses  zweite  dem  deutschen  Worte 
nicht  so  ähnlich  lautet  als  das  erste,  so  scheint  es  mit  demselbta 
ilocb  eben  so  nahe  verwandt  zu  seyn»  am  ist  das  deutj^e  cn, 
das  Zeichen  des  Pluralis 

*^)  Nach  dem  Ferheogi  Schunri  (!!•  Blatt  V.  168)  war  Tu« 
tianusch  der  Sekretär  Alexanders  den  die  Senj^is  um* 
brachten. 

***>  Der  Commeotar ^zum  6Ucn •  Verse  des "BocheS/ Serduscht*s 
enthält  dfe  merkwlkrdige  ^Erläuterung,  dafs  die  Guscbaspian 
d«  i*g|ie  Lichtweihen  (Phaolophen  oder  heutigen  Sofis) 
zwischen 'd^n  Idealisten  und  Ratiohalisteq  stehen.   Die 


2^12  The  Desatir  €tc.  u.  d.  Ji^il*  Sage  der  Baktrer  i^tc. 

B'raliaianea    Senicerakas    oder}  T&chengereQgad^chfr 
uod  Biras  oder  Bias  vor^  w^che   n^ck  aller  'VV;ahrscbeiDlic)i- 
Veit  keine  andereii  sind  als   die  berühmtea  iodischen  Religious- 
Philosopheolehrer  Shankar  Acharjrai  Aucfaereaka  j^  und 
Vyasa.    Um  dep    leUten  za   widerlegen   oiffeub^iit   Gott  dem  ^ 
Serdwscht  die  Geschichte  der  Thiere  mit  Gilda  seh  eng  d.i. 
den  schönea  und  uralten   Apolog   des  Streites  der  Tbiere  mit 
4em  Menschen    über   den  Vorrang    desselben  welcher  arabisch 
uqirr  dem  Titel  eiiner  Abhandlung. der  Bruder  der  Bei-, 
iiigkeit  (Acbwanus  safa)*)  und  im  Türkischen  des  AdcLs 
des    Menschen    (^Soberfol  -  insan)  **)    bekannt    ist.     Im 
Buche  des  ersten  Sass  an  geschieht  endlich  sowohl  der  späteren 
Lrrlehren,    ^reiche    das  persische  Reich   zerrissen,  dämlich    der 
L(hre  Mani's,  (V.  4^)    und  der  revoiqtionären  Freiheits*  und 
Gleichheitslehre  Masdek.'s  (V.  Ay)   als.  auch  der  Juden,  (V. 
44)  der  Christen   und  des  Islams   £rwähnung,.  was  mit    der 
Zeitangabe  des   vierten  Sassan,    (des  YerfasKrs  des  Baches) 
welcher  ein  Zeitgenosse  von  Chosroes  Parwis   war  nicht  im 
geringsten  widerstreitet.    Anders  ve[rhält  es  sich  wie  schon  oben 
gesagt  worden  mit  der  Angabe  des  Cbmmentatoi's  der  sich  selbst 
zum  fünften  Sassau  macht,  und  die  klaren  llesuitate  seines  tie- 
fen Studiums  der  Aristotelischen  Philosophie  mit  der  alten  Lehre 
des  Textes,  den > er  hie  und  da  augenscheinlidi  nicht  mehr  ver- 
standen hat,  in.  Eines  verschmelzt  wissen  wilL 

Im  Dessa'tir  und  im  Commentare  dessölben  finden  wir 
'  die  morgenländische  und  griechische  Philosophie  in  der  ältesten 
und  neueston  Gestalt,  im  Des$atir«nämlie||  die  Grundideen  in 
iluer  ursprünglichen  Gestalt  vor  ihrer  Einwl^nderung«  ans  %A^ea 
nach  Griechenland,  und  im  Gommentare  das  vollende^te  vSystem 
aristptelischer  S'chölastik  wie  dieselbe  nachdem  A^Mstoteies 
denv  Arabesn  durch  die  Uebersetzun^  bekannt  vvar ,  von  ihnen 
ausgebildet  worden .  ist.  Ohne  hier  in  eine  umständliche  Zer- 
gliederung.dieser  metaphysischen  Scholastik  welche  sich  h^itpt- . 
sachlich  in  dem  Commentare  der  beiden,  letzten  Bücher  des 
J>essatir  beendet,  eingehen  zu  können,  werfen  i^ir  vielmehr 
zum   Schlüsse  •  dieser  Anzeige   ohne  Berücksichtigung  des  Com- 


tdeale* Lehre  heilst  Fertnd  ,  die  rational^  Nirnud,   die  Idea- 

.  listen  Fertnd iaot    die*  Rationalisten  Nirnudian»    Kiroad 

als   Vernunft  ist  gleidibedeutend   mit   den    njenischen  Wärtern 

Kirbud,  Fernurf,  Niwend,  Ferhen'g,  Chired,  Husch, 

14us  (N«r)  Nesbut,    Schuur,   NUk>   weiche   alle  Ver- 
nunft oder  Verstand  bedeuten. 
*)  Wiener  Jahrbücher  der  Literatur  IL  Bd.  S«  87*         ^ 
*♦)  Fundgrubcji  des  Oriente  V.  m.  S.  85.  -^ 


•  * 

The  Desätir  etc«  u.  d.  he^.  Sage  d^r  Baktrer  6fe.  3i3 

) 

nienUxs  noch  einenr  Blick  ^uf  die  Kosmologie  des  Teiles 
selbst f  von  der  sich  Bruchstücke  in  der  Metaphysik  des  Aristo^ 
steles  erhalten  l^abeu./  Wir  sagten  Bruchstücke,,  weil,  w<is  er 
dunkel,  -unzusammenhängend  und  schwankend  über^jic  Sterne  als 
l)eseelte  Wesen  und  nber  'dei^  Grund  ihrer  Bewegung  lehrt ,  in  . 
dem  D^ssatir  als  ein  vollkommen  klares  auf  festem  Grunde 
ruhendes  und  zusammenhängendes »W^eltsystem  erscheint.  Diese 
Kosmologie  ist  unstreitig  die  dejr  äl|estei)  orientalischen  Phir 
lo^ophie,  die  unter  dem  Namen  der  alten  morgenländ Ischen  Lehr(|i 
'.  bisher  in  der  tjeschichte  der  Philosophie  auch  nicht  viel  mehr 
als  dem  Namen  nach  bekannt  ist.  .  Einen  wichtigen  Beitfag  daiu 
liefert  der  Inhalt  des  Bessatir,  in  welchem,  wie  wir  gesehen, 
das  dobpelte  iSaamenkorn  von  Vernunft  und  Licht,  aus  weU 
chem  der  Doppelbaum  der  rationellen  und  idealistts.chen 
Philosophie  aulsprofs,  bereits  im  Keime  ausschlägt.  Das  l^ttel 
zw^ischeii  diesen  beiden  uralten  Stämmep  ihorgenländischer  Phi* 
losophie,  welche  wie  der  6ite  Vers  des  Buches  S  er  duscht 's 
sagt ,  zu  Alexanders  Zeit  nach  Griechenland  überging/  hielten 
(  wie  der  Commentaf  zu  demselben  Verse  lehrt)  die  Guschas» 
bian  *j  das ;is.t  die  Lichtw^.isen  Griechenlands,  und  ^ersiehs 
^  uamlich  die  Neu  -  Platoniker  und  die  Sofis.  ' 

Nachdem  man,die  Grundlage  der  Kosmologie  der  ältesten 
orientalischen  Philosophie  aus  dem  Desastir  kennt,  ist  es'nothwen-* 
dig,  auch  ein  Paar  Vt^orte  über  die  Entwickelung  dieser  K  osin  ol o- 
gie  so  wie  dieselbe 4n  den  geschätztesten  philosophischen  Werken 
der  Araber  und  Perser  gelehret  wird,  hinzuzusetzen,  weil  durch 
diese  Zusammensteliung,  mit  Einein  Blicke  der  innigste  Zusani- 
menhang  dieser  neuesten  roorgenländischen  Philosophie  mit  jener 
ältesten  klar  und  anschaulich  wird. 

Wir  haben  aus  dem  Dessatir  gesehen,  dafs  die  erste  von 
Ewigkeit,  her  und  von  Gott  unmittelbar  einzig  (geschaffene  Krea- 
"  tur  die  oberste  Intelligenz  ist,  welche  die  zweite*  Intel  li- 
efen z  nut  der  ersten  Seele  und  dem  ersten  Leibe  schuft 
Diese  zweite  Intelligenz  schuf  die  dritte  näimlich  die  der 
Sphäre  des  Saturnus  mit.  Seele  und  Leib,  und  so  herunter  .bis 
zur  zehnten  Intelligenz  nämlich  der  menschlichen  Ver- 
nunft.   '.         •• 


•♦;  .GnschasH  heifst  Glanz,  Strahlung. nnd  Erleuchtung,  Gn- 
•  s  c  h  a  s  b  i*  heifst  so  (riel  als  E  s  c  h  r  a  k  i  d.  u  Glänzender,  Strah- 
lender, Leuchtender,  deshalben  werden  auch  die  Akademiker 
(£schrakiuii)iGu!{chasbian  gekannt ,' weil  sie  die  Weis- 
heit von  Flato  ahne  mündliche  Lehre  durch  den  Weg.^er. 
Inspiration  und  der  JErleucbtnng  empfingen  '(  B u r h.  Katii 
Seite  7o7. ).  .  , 


•i 


3i4  The  Desatir  etc.  o.  d.  hell  Sa^e  der  Baktrer  etc. 

.  Diese  Hierarchie  der  Sphären  und  'tntelli^önzen  findet  sich 
genau  so  in  der  Kosmologie  der  neueren  Morgenländer^  welche 
Hfli  so  mehr  die  alte  Grundlage  der  erstgeschaffenen  obersten 
Iif felUgenz  beibehalten  konnten ,  als  dieselbe  durch  den  Sprach^ 
des  Korans:  Das  erste' was  Gott  erschuf  **war  die 
Veri^unft,  auch  in  religiöser 'Beziehung  neuerdings  geheilfget 
worden.  Demnach  bestehet  'dieses  morgenländische  ko^mologi- 
sche  System,  aus  einer  doppelten  Reihe  einer  absteigenden  der 
lotffBigenzen'  und  einer  aufsteigenden  der  Sphären,  wie  dieselben 
hier  gegeseinander  stehen.  • 

Jnielligenzen.  Sphären» 

Erste  ^berste  Vernunft.*)  '  Neunter  oberster  der  Himmel. 

^Zweite  Vernunft.**)  Achter  Himmel  (des  Thierkreises). 

Dritte    Vernunft.  Siebenter  Himmel  Tdes  ^atnrnus). 

Vierte    Vernunft.  Sechster  Himmel  (des  Jupiters;« 

Fünfte   Vernunft.  Fünfter  Himmel  (d«s  Mars). 

.Sechste  Vernunft.  /    Vierter  Himmel  (der  Sonne). 

Siebente  Vernunft.  Dritter  Himmel  (  der  Venus  ). 

Achte     Vernunft.  Zweiter  Himmel  (des. Merkur). 

Neunte  Vernunft.  Erster  *  Hii^meL  (  des  Mondes). 

Zehnte  Vernunft.  Die  menschliche  t*auf  der  Erde).  . 

Man  einsieht  aus  dieser  Zusammenstellung,  dals  dieses  gantee 
ßjstem  auf  ein  arithmetisches  Verhältnifs  der  Zehn  begründet 
worden  ist,  intern  die  zwei  sich  gegenüber  stehenden*  Zahlen 
der  Vernunft  uqd  des  Himmels  jedesmal  die  Zahl  Zehn  geben, 
uiid  dafs  sich  die  Intelligenzen  und  Sphären  nqr  in  der  Mitte, 
nämlich  in  der  heiligen  F  u  n  f ,  gleich  begegnen.  Die  Abspiege- 
lung dieses  Kosmogouischen  Decimal  Verh«ältnisses  findet  sidi 
auch  in  der  Eintheilung  der  Kräfte  des  Mikrokosmus  oder 
des  Menschen,  welche  zusammen  in  der  Kunstsprache  neuerer  per- 
sischer Philosophie  Destgahi  wudschud***)  d.i.  die  Fabrik 
des  Körpers  heissen.  Diese  zehn  Kräfte  thi^len  sich  in  die  f^nf 
äusseren  und  in  die  fünf  inneren.  Die  fünf  äusseren  sind 
die 'fünf  Sinnen ,  die  fünf  inneren:  die  Denkkraft,  die'Einbil* 
dungskraft,  die  Urtheilskraft,  das  Gedächtnifs  und'der  sensus 


*)  Sie  heifst  auch  Akli  Rülti  d*  h  die  allgemeine  Vernunft, 
D  s  c  h  e  w  h  e  r  i  e  w  w  e  1  d»  i«  die  erste  Substanz  (  B  u  r  h» 
Katii  S»  4o8> 

*^)  Im  Dcssatir  heifst  die^lbe  A ms c Kamt  ihre  Seele  Ma- 
nistar,  und  ihr  L^ih  Tanistar.  DerKame  der  Seele  Ma- 
nistar  Ist  noch  heute  unter  den  Sofis  als- der  Kamen  der 
ersten  Seele  gang  und  gäbe  (Burh.  Kätii  S«  748). 

***)  Burh.  Katii  S.  367.  * 


Ti»i  Desatir* etc.  m  d.  heil.  Sage  der  fiöktrer  ete.  3i5 

«ömmunis.  Der  Vmerscliied  zwiscbeo  ^tr  oben  stellenden 
Hierarcliie  der  nduerah  iporgenlä'ndischeo  Philosophie  und  der 
älteren  Ae$  Dessatir  besteht  darin,  daXs  die  oberste  Vernunft, 
über  aDe  Himmel  erhaben,  selbst  aber  dem  neunten  thront  i/v el- 
cher der  zweiten  Xernanft  mit  ihrem  Leibe  Und  Seele  angewie- 
sen i^t,  dälüs  im  achieti  Himmel  die  dritte  Intelligenz  thront, 
V.  L  Yf.j  so  dafs-  die  sich  gegenüber  stehenden  ZaBlen  der 
(ptelligenzen  und  Sphären  nicht  wi^  es  dem  ganzen  Sjsten^e  grund- 

femäfs  ist,  die  vollkommene  Dekas,  sondem  die  ^wfschea  der 
>ekas  utid  Bodekas  bedeutungslos  gebliebene  Eilf  bildend 
Noch  weit  mehr  aU  für  diese  arithmetische  (^ipnsequcoz  hat  das 
philosoplnsche  Studium  folgender  Zeiten  für  die  Entwicklungs- 
geschichte des  Universums  aus  der  Seele  der  zweiten. Intelli- 
genz gethan,  seitdem  Ait  Philosophen  des  Islams  es  am  gera- 
thensten  fandto,  diese  "Seele  dieWahrheit  der  Wahrhei- 
ten zu  benennen  und  sie  ak* eines  und  dasselbe  init  dem, 
Lichte  Moliamdled's,  wovon  der  Pro|^et  gesagt  habeq  soU: 
Das  erste  was  Gott*schuf,  war  meiia  LicbtO  zu 
erklären.  .  ^ 

Die  erste  und  oberste  Intelligenz  oder  Vernunft  wird* 
von  der  alleren  morgenlandischen  Philosophie  als  d^eieinige  Er- 
keontniijs  dargestellt,  •  nämlich  als  Erkenntnils  der  Wahrheit, 
(Maarife^i  hakk  )  die  Erkenntnils  des  eigenen  Wesens, 
(Maarifeti  nefl)  Und  die  Erkenntnils  d^  Nothdurft  (M'aa* 
rifeti  ifatiadsch).  Aus  dieser  ersten  Dreieinigkeit  der  ober- 
sten und  ^slen  Yernillift  entwickelte  sich  die  zweite  Dreieinig- 
keit, nämlich y.  aus  der  Erkenntnils  der  Wahrheit  die  zifeitcf 
.  Yernuttft,  aus  der  Erkenntnib  des- Wesens  od^  der  Seele 
die  «rsie  oder- allgeiAetne  Seele^  und  aus  der-Erkennt^ 
uifs  der  Notbdurft  der  er%te  oder  oberste  Kdrper,  liämr 
lieb  der  oberste  Himmel.  **)  Im  dem  Dessatir  wird  der 
ersten  reingeistigen  Dreieinigkeit  der  obersten  Vernunft  zwar 
mit  keinem  Worte  erwähnt,  aber  die  folgenden  Dreieinigkeiten 
von  Ver^mnfti  Seele  und  Körper  werden  sogar  mit  dea  einzel- 


■m 

*)  E&  ist  sonderbar  ilals  die  Doktoren  des  Islams  diesen  Inünd- 
liehen  Ansspmoh  des- Propheten  mit  jenem  des  Koraris;  da«  erste 
was  Gott  schuf  war  die  Vernunft,  nicht  lieber  ganz  in  Einklang 
. braehten , '  indem  sie  das  Licht  Mohammed's  und  die  oberste 
Vernunft  för  Eines  erklärten«  Da  sie  sich  dieses  zu  thun,  wie 
es  scheint  doch  nicht  getrauten,  erklärten  sie/das  Licht  Mo- 
bamedVf  lieber  für  die  etste  Seele  als  für  die  ihr  beiwoh- 
nende z w e i t e  V e rn u li f t* 

««}  Siehe*  hierüber  die  ziemlich  ausführlichen  Artikel  des  Burh. 
Katii:  akel  Seite  566|  —  dschem  Seite  274»  uiid  re^wan- 
bc'd  Seite  408. 


3i6  Tbe  Desatir  etc.  u.  d.vheil.  Snee  der^Baktrer  ?tc* 

'  -      *  '  '      . 

nen  Namen  der  Vernoiirt,  der  Seele  und^es  Leibes  jeder  eln- 
sdnen  Sphäre  durchgeföhrt,  *)  Ein  Theil  der  neueren  Plillöso- 
phen«  beliehen  dieses  Emanations*  System  bei,  ohne  Rück- 
sicht auf  den  Widerspruch  in  welcliem  es  init  der  Xehre  d($ 
j'slams  steht y  aija^ere  fanden  es  deoi^elbcn  aii^messener  in  der 
obersten  Intelligenz  blofs  die  drei  allgemeinen  Begriffe  des 
JSejnis  .  (Wudschud)  der  Noth wendigkeit,  (Wudschub) 
und  der  Möglichkeit ,( I m k i a n )  zu  entwickeln,  und  aus  dieser 
preieinigkeit  mit  Ueberspringung  aller  Sphären  unmittelbar  dit 
fublunarischo  Welt,  nämlich  aus  dem  Seyn  der  obersten.  Yer* 
i)Unft  die  letzte  oder  menscTh liehe  Vernunft,  aus  der 
Noth  w  endigkeit  dfe  mensch  liehe  Seele,  und  äuS  der 
Möglichkeit'  den  letzten  oder^  subl  Unarisch  cm  Himmrel  ent- 
lipringen  zu  lassen.         '  •  .  ,        " 

Die  letzte  oder  menschliche  Vernunft  heifst  .in  d^r  Ter- 
minologie'der  Phaosbph«o  Ispehb.edi  chore,**)  die 
iheifschliche  Vernunft  hcifst  die  wirken^de  (fijil).  ***)  Die 
ineisten  Niimen  aber  trägt  die  erste  oberste  oder  allgemeide 
3eole,*  welche  Manns tar,-J-)  Dscbem,  Tahmu-ras,  Dar,a-H*)^ 
^die  Wahrhe/t  der  Wahrheiten  und  das  Licht-Moham- 
med* s.  genenut  wird.  Aus  diesem  entwickelten  sich  ifach  der 
Lehre  der  neueren  Phausophen  im  Is^lam  die  vier  Welten, - 
deren  Lehre  zwar  weit'  älter  als  der  Islam,  der  ältesten*  nior- 
hcnländischen  Philosophie  angehört,  aber  von  Moslimen  auf 
ihre  Weise  in  den  Lslam  hereingezogen  worden  ist,  wie  von 
i^en  Juden  in  Bie  'Kabbala,  deren  Lehre  nicht  vrit  Hörn 
(in  seinem  Buche  über  die  biblische  Gnosis  meint ^  aus  der 
L%hrf  des  $endäwesta  wohl  aber  ans  der  des  Dessatir 
abzuleiten  ist,  indem  die  zehn  S  ephi  rot  h  schon  in  den  zehn ' 
Sphären  (Sip ehr )  liegen,  die  vjer  Weitem  der  Kal>bala*aber 
aus  den  vier  Welten  der  ältesten  mbrgenläAdischen  Kosmolo- 
gie, ip  welcher  dieselben  so  klar  und  helle  da  stehen,  dafs  sie 
die  vier  Welten  der  Kabbala  mit  einem  gatiz  neuen  Lichte  b,e- 
leuchten.  Der  Burh.  KutU  enthält  hierüber  verschiedene  län- 
gere und  ^Qsfährliche  Artikel'  von-  deneii.  wir  hier  mit.Anfuhrang 
derselben  die  Resultate  nur  kurz  zusammenfass.(?n-  können, 
diejenigen  aljer  die-  weitere  Belehrung  wünschen,  <iuf  die*QueUen 
gelbst  ve|-vVei^en  ipus^eo« 


mf'0m^mi^^imf^'*-^9mm 


*)  Buch  die^  grossen  Aha 4  vom  i8n  bjs  Ztü  Vers** 

**)  Burh.  Katii  Seite  82. 

***}  Burh.  Katii. unter  Feridun  (dem  NamcÄ'der  Vernnnft 

des  achten  Himmels  }  Seite  594« 
f)  BurJi    Katii    Seite  748. 
ff)  Burh.  Katii  Seite  349- 


the  tkiaiit  -ek.  «.  d.  hei).  Sag«  def  fiaktr«!'  «t«.  3i^ 

Nacli  Skm  €)dntitfemdt«  David'svob  Cäsaren  Kür-KaSr 
&1d<!'  Tilije-  Entwickelten 'ftich  aus  Aet  üllgedieii^  isfd^r  ersten 
Seele  (wd^lre  e\h6  AilssIraliluDg  der  obersten  oder  ersten  Vet*» 
iionft  ist)  sii^ärsf^  die  reineti  Seelen  nnd ^einfachep  Intelligenz 
2t en,  dann  die  Abdrucke  oder  Formen*  derselben,  weiters  die 
hiannlis«lfteti*'tit^d  endlich,  die  Ifrdisctien  Stoffe.  Die  beiden  ^sten 
Entwiekeluilgeii  (>iiden  tüsattmeix  die  {ibersinjaliche,  die  beideii 
letzten  '  die  sinaHohe.  Welt^  deten  jede  wieder  in  2wei  ^ndet^ 
terfiditi*  Dies^  vier  ^  Welten  sitid  äl^soi  Erstens  die  Welt,  der 
l*einen  Q^isler  und  einfachen  Intelüffehzen  vrekbe  die  Welt  des 
Geheimnisses,  ( A  «  1  e*tn  i.  g  h  ä  i  b)  die  Welt  der  HerrliMikeic 
(AaUil&i  WetkutX  keifst. 

«  Die  zweite  Welt  istdte  tjrpiscW  welche  den*  Abdruck 
der'  hofi^i'iin  *  reinen  Substanzen  -  und  die  Urbilder  der  niederen 
St.iffe  in  isidf  scHlkftt^^dft  dieselbe  den  Uebergjfng  von  der  Gei- 
ster wek  zur  Kcirgetwelt  bildet,  so- heilst  dieselbe  im  G^ensalz 
•der  erstfcti  XA*«Jc»i  ^«wah  dio<  Welt' der  Geister)  die  Fotr 
m^nv^elir  (Aafemi  esohbah  )  im  G^eiisiitt  der  zweiten 
<Aülemi'  edsebsaiü'  die  Weit  der  KSrper)  die  BHderwelt 
(Aalemi'  miVal)i  Sie  htfif^t- auch  Bersach,  Peikeristant 
aalem  däs'^st  det*  Formenplatz  der 'Welt,  das  achte  Klima,  das 
aufgehatigte  Büdj'' di6  Kaiserresiden.z  '(Keibad  und  Bsche- 
brni  'das  ist -di«' 6ewält  im  Gegensatze  mit  Melkiic  dem  Na- 
men def  ei^t«fi'Wel(^ Welche  auch  R'crwatigerd  faeifst/)  Dftse 
zweite  Welt  htfifit'smch  dt«  miUlere  (Aalemi  ewsai).und 
die  Welt  der  Grösse  (Aalemi  asn[iet)  bei  den.Sofis  welche 


der  Ettgd/.  wddie  lAWar  im  hdckslen «  Himmel  ^  Arsch)  und 
dem  Thföne:  Goh^^  (Kürs4)  ybhinip^  äber.d^^lb  nichts  de- 
stoWeniger^ljeiliei;;*hs(ben.  Nafch  dem  Verfasser  des  Isahol - 
H  a  k  i  k  a  t  .^a^  i&IJ  Erläuterung  ;,der^  Wahrheit  wurden  die  Körper 
deshäch^teiyrJEIiAniels  (Arscbj'des^Tlu-önes  (Kursi),  der  Him- 
meistragendem Engel  (H^iplei  Arach)  liiid  der  Thronhut^n- 
den  Enger'(^K'^sii''ei  Kursi)  unmittelbar  au)  dem  Lichte  M ö- 
hammed's'  däer^der'  eristeii  Seelfe  gebildet.  Diese  dHtte  Welt 
Jieifst  .|^eyrökplich..  die  Welt  der  Engel  (Aalemi  Melek)  mit 


•  *  . 


*)  $id»e  Im  BoirhAiti  K^tlidie  Artikel  Ser tuscht  ^eite  495, 

Ptik.€xUtßini.%^l^tä  Seite  219,   Keiabad  Seite  686,   We- 

'r  ft i  p CLS  t  u  ;P  Q 1  e nd  Seite  sai,    M  a n  e  n  d  A  b  a  d   das  ist  der 

Wohncrrt.  der  >Glei«;hfliase.  Seite  74&,   und   Sade   deicht 

Seite;.4#6. 


Si8  The  Dfisadr  etc.  u.  d.  beil.  S^fe  der  Baktrer  etc* 

I 

der  ersten  fM.elkutJi  lyiciit  tu  yenwcben; 'aUcU  heilst  äie*die 
Welt  der  Zei^eQ9oluift  «der  Ans^haulichk^t   (Aaltfmi  sehe- 

*  hadet^  im  Oegeosatz  ^er  Mnekeit,  welche  die  Welt  der  Gross« 
f  Aalemi  a$m.etj  uqd  der  ersteia,  welche  die  Welt  der  Vor- 
borgenheit*  f!  Aalemi  ghaib  et  j)  Jieifst.   • 

^ie  vierte  W^lt  ist  endlich  die  irdiscl|p  sinnltchef  gewohnUch 
A  ä  1  ein  i  n  a  s  ü  t,  da»  i$t^,  die  Welt  der  Menschheit  genannt,  im  Ge- 
gensätze mit  der  «weiten,  welche  Aal  ^m^  Dschebrutdasistdie 
Welt  der  Gewalt,  undinlG^g^nsatzeder  ersten  welche  Aalemf 
Melkut,  das  ist,  die  Welt  der  HerrschaTt  heifst.  Ober  4iAsen 
vier  Wdten  f^elkuty-.dschebrttt,  mele.ky  n a s u dj s.ch'Vf ebt 

.  äieGottheit  fLahntJ  in  der  Unendlichkeit' wo  weder  ^ulle 
Äoch  Leere  fla  ch«aJa*we  U  melaj  ist,5 

Man .  erkennt  gsfr  leicht  in   diesen    vier  W^ten  die.  Vier 

'  Welten  der/ I^abbala,  so  wie  in  ihrem.  A^am^  Kadmoa  die 
oberste v¥ern|inft<  Die  dritte  und  vierte  Welty  das  ii^  f\e  der 
Etigel  uiid  Menschea  sind  ga^^  diesdben  i^it  Jez»irali.  uiid« 
Asiah;  ab^  die  »weite  Welt  ist  von  den  K^kbbalisten  ent- 
weder gakiz  irrig  ^efafst  oder  ton  den  Aiwlegern  derselben  pich^ 
:verständen'  worden,  indem  diesdhis  wie  wir  ^<seh6a  die  eigent* 
lidie  typische  und  ideale  istf  das.  Mittelglied  zwischen  der 
geistigen  tind  körperlichen^  welchcpr  die  Fer^v^ecs  des  Senda^ 
westa  tiad  die, Ideale  Plato's  t^igehoren*  'Üinen  vreiten  31id^ 
in*(lie$elbe  scldiefst  das  Stodiam  der  mcffg^nlA^diftcben  Phtloso* 
pbte  überhaupt  und  insbesondere  das  D^etsatir  laiiilt^J 


r. 


t)  Nachflem  dljcse  Anzeige  hn  Jfmnar  vi  J.  ian. '4ie  fieclactian  der 

'  Jahrbücher  abeef;eben  war,  erhielt  der  Ver^i^^'jm  März  das 
Jennerheft  .und  im  April  das  Februarfaeft  d^  \j9urM  des  Satmns^ 
worin  sein  gelehrter  Prsttod  Bäirm' Xlvetift  de .  Sfu^  &^n 
den   Inhalt;  sowohl    als  über  das  .  Altet  nnd  ;die  ^sqhe  des 

.  Fesatir  i^ki;  Vrtheii  anis^riciil;^  Dieses  triOt  nun  in  soweit 
mit  dem  unsrigen  überein  als  <er  Cün  ersten  Auszüge)  den  Wertlk 
des  Ijih^lts  des  Desätifi  als  der  Reste  alter   Kelig^otaslehren  und 

.  philo'saphisöher  Sjst^e  aoerkennt,  und  die  M^glfohkeit  zngc!^ 
.steht  dafs  der  grtissere  Thdi  dei  .Desatir  iwlrklich  in  defi  ,stch 
hesiieii  Jahrhunderte  ekfistüeher  SSeitredinung  an^mmengetragea 

,.  worden  seyn  könne,  weicht  afier.in  dem^z^^eiten  Ansauge,  wel- 
cher sowebl  den  inneren  Gehalt  der  hier .  auseinandergeketzt^ti 
Lehre  als  auch  die  Zeit  I»  welcher  dieselbe  VeirMst  worden  seyit 
möchte,  um  ein  Beträchtlicb^  heruntersets^  und  diellrspraebe  de« 
Detatir  (Einstimmig  mit  den  englischen  Kritiken  namentlkli  mit  der 
£rskine*s  im  IL  J^t^xk^eAettrtmfßeHons  der  orientalischen  Geselkchaft 
von  Bonibai )  als  eine  iranz  neu  erAindene,  seihst  gemaohte  ond 
blöfs  zum  Behufe  <tnes  Betrugs  ausgebreitete  erklärt^  von  uns  be- 
deutend ab.    Dafs  das  der  Fall  nicht' sey  gtaabirn  wir  durch  die 

^  oben  angeführte  auflFallende  Üebeiellistimniung  der  Wörter  der 
Desatirsprache  mit  alt  -  gemunischen  Formen,  von  denen  frelUeh 


<  « 


Die  Polizei  för  liitland  von  J)r^  SoniitKg^  3i0 

•  '        *,  '  ■    '  .        ■  ' 

•  .       ♦ 

Die  Polizei  für  Lii^lmnd  pok  der  kältesten  Zeit  bis  .^Sfö, 
. '  in  einem  wich  den  Gegehsiänden  ( systenuttiseh)  geßrinetem- 
Auszüge,  aus  d^  RegieruHgs^Putenten  imd  andern,  obrigfmt* 
'  liehen  Verordnungen,  rißbu  kistor,  Zusätzen;  litprür*  Naah»  , 
Weisungen  und  einem ^  edphabetisch^  Register,  von,  De,  X;  G. 
SoNJffJGj  Livländ,  Generai^Superintendenten  und 
Ober-Consistoriums^Präses,  Mitglied  der  Pro^^ 
i^inzial^  Gesetze ommissioii.  ErsieH älfte*  Riga. 481^4 • 
hei  Muller.  '  s^6  S.  in  8.     ,.        •  -    ^       '   •. 

in  einer  .mustennässigeo  .Ojrdmitig  und  Ge<lra9gfKcit  .erhalt  liier 
auch  das  Anslapd  einen .  Ueberj^lick  des  PoHa&ejwesens  jener  Ge« 
genden,  wie  es  sieb  bis  jetzt  allmählich  diiroh  einzelne^  sonst  nar 
zerstreut  kenobare,  Vercrrdnuagen  gestaltet*  b|it«  Die  grosse  Mühe 
des  Sainmlers  ist  .unverkennbar,  •  aber  itich  die  .Nützlichkeit  ge- 
nauer, wörtlicher  Auszöge  aus  den  dort  allgemein  geltenden  Ycr^ 
baltensregeln.«  Auch  der  Auswärligen  Aufmerksamkeit  ist  vieles,  * 
was  die  Gesetzgebung  .bereits  bestimmter:  angeordnet  bat,,  sehr 
würdig,  wie  Sl  9-^1 5  die .  Mafsregeln  in  Hinsicht , auf  Scheintod 
und  Todtenbegrahung.^  S,a9rr-  aS*  xon-  den  Schutz^lqt'tern,  S.  36 
—  5o  Vorschriften  bei  am^MCtlei /Viehseuchen,  S,5^  gegen  franz. 
Refolutionsaus'jirtungen,  S. 70-^75  gecen  HundfW^th^  S.  8o*-rB4 
üher  äffimtlichen  Gedaniensi^erkefu'.  Spu^  ftSöa.kapn  jeder  Buch-; 
druckenden  anlegen,  »or  mit  An^ige  bei  dem  Ppl^eiamt.  Alles 
abermufs  censirt  werden  durch  dit^  Censarcommissionei^  entwe* 


weder  Hf«  £rsktn<  noch  Hr«  B.  ie  ittejf  alt  Nfchtdentsche  Etwaüi  \ 
>  geabnet iiiiben  dargelfhair  zu  Kdb^n*  wkren  die  gewählten  Wör- 
ter noch  heute  im  Penischen-  üblich,  to  würde  man-  die  Ver- 
wandtschaiFifc  auf  die  Rechntog  4f r  Verwandttebafik  der  denhcbeii 
*ünd  persischen  Sprache  schrellm  IsMnnen ,  es  sind  9f>tt  mit  Vor^ 
liedacbt  laufer  Wörter  die  heute  im  Persischen  nicht  mehr  üb- 
lieh  und  blofii  der  Desatirspfache  eigen  sind  geWählet  worden; 
die  zufällige  Uebereinstimnrattg  einer  erfundenen  Betrügerspracbe 
mit^lt«*geiiiianisehcn,  griophiscfaen^uod  lateii^ischeo  Formen  miil 
Wurzeln,  wüse  doch  ein  weit  ßrtfsteret  nnd  anerklärb^reres  VTun« 
der  als  .die  ^osse  Regcfmäasiglteic  dieser  hochgebildeten  alten 
Mundart  des  öitlichens  Persiens,  und  die  Uebereinstimmung  der- 
selben mit  der  neueren  noch  heute  üblichen  Sprache.  Ulbrigens 
hat  Freiherr  >«•  ^«7,  wie^  unsere  Anzefge,  nicht  bemerkt,  daft  an 
vielen  Stelleoj  der  Cepmefftar  den  Text  augenseheiiriich  nfebt 
▼eistattdep , .  üo4  beiop^s  in  der  metaphysischen  Terminologie 
ganz  willitührliche  Bed^tungen  unterschooen  ^  hat«  So  viel  ge* 
nügt  om  zu  «rhärten  daft  Rec*  selbst  nach  derlLesung  jener  bei- 
den AmitiSSß  des  Journal  des  Savens  sich  durch  die  darin  ansge^ 
geßihrteii  Gründe,  (welchen  tarn  Tfteil  durdi  den  Inhalt  dieser 
Anleine  selbst  schon  Widersprochen  ist,)  keineswegs'  bewogen 
gefühlt,  an  seinem  Urtheile  das  Geringste  abzuändern. 


I  . 


820  Di«  PoUm  tüir  Livland'vo»  Dr.  Sonntag. 

di^  der  tlniversitHten  oder  die  anderswo  angeordnete.'  Ans  der 
Censnrordnnng  für  diet^e  Coino^Monen  werden  Ans£«ge  nitge- 
theilt.  ^Z.  B,  C  33.  »EtneHbescheideney  vernünftige  Untersu- 
chung jeder  WaKrheit,  die  auf  Rdijgton,  Menschheit,  Bürgerliche 
Verfassung y  Gesetzgebung^  Staatsrerwaltung  oder  Auf  irgend  ei- 
nen Zweig  derselben  Bexug  hat,  ist  nicht  nur  nicht  der  geringstea 
Rüge  von  Seilen  der  Censur  unterworfen;  sondern  gemefst  einer 
Tollk^nsmenen  Prefsfreiheit,  die  die  Fortschritte  cter  Auftlärnng 
vermehlt.«  Aber— nichts  was  dox  Religion ,  deün-  Staate,  der 
Sittlichkeit  oder  der  persönlichen  Ehre  irgend  eines  Staatsbürgers 
tiwfider  ist,  darf  passiren  (wie?  auch  wenn  es  wahr,  oder  unter 
Verantwortlickeit  des  >  Behaupters  mit  wahrscheinlichen  Gründen 
belegt  ist?).  §.  2i*  Die  Cenfur  enthält  sich  jeder  parthciischen 
Auslegung  der  Schriften  oder  einzelner  Stellen^  folgt  dem  Grund- 
satz einer  i^isen  Nac)i^ht,  legt  •  2 welMhaftö  Steilen  anf  die  den 
Verfassern  vortheiUiaftere  Art  aus.  Verf.  und  •  Herausgeber  ha- 
ben nicht  nothig  sich  zu  nennen/  aber  der  Druckerherr,  Drucke 
ort  und  Jahr  Inüssen  auf  d^m  Titel  stehen.  Det^ Bücher -- Nach- 
druck ist  nach  S.  89  wenigstens  schon  mit  1^84  allgemein  ver- 
boten, y  Statt  der  Kirchenhusse  worden  1^65  gegen  Ehebruch 
Geldstrafen  von  80  —  4o  —  10  Rthlr,  rorgeschlagen.  Der  Senat 
unterlegte  und  die  Kaiserin  geliehmigte:  »Verheurathete  Stan- 
des-Personen  und  Bemittelte  zahlen  bei  begangenem  Ehebruch, 
an  die  Kirche,  jede  4  BW.,  unverhetirathete  2  Rbl ,'  geringere 
tferhie^trathcle  »  BW.,  iiny^i4i^urathete  5o  Ropeeken.  Ixik  Fall 
der  "Nichtzahlbarkeit  biissen  sie  privatim  mit  einer  .angemessenen 
Anzahl ;Ruthen,:Di^ses  Patent  ist  jährlich  z^weimal  zu- publicireo. 
-^  Das  Armenwesen  ist  ziemlich  genau  behandelt  luid  wird  das 
Betlek  sehr  verhütet*  /Von  S*  i64  *n  folgt  ein  Mrgänztndtr 
Nachtrag,  then  sb  gut,  wie  der  Teit  geordnet,  wozu  60  Jahr- 
gänge der  Rigaischen  wöchentlich:  Anzeigen  ausgezogen  werden 
inufsten. '  Nach  5i  264  befahl  tSoo  das^Polizeiamt  (Dorpat?): 
»Da  bei  den  theatralisclien  \Corstellungeji  sich  auch  die  Geseli- 
S^ft  des  Ad^  ab  Zuschauer  einfinden,  so  müssen«  die  Zuschauer 
von  aller  Benennung  ( vor  und  nach  dem  A|;Lfziehen  des  Vor- 
hangs) ohne  Mützen  oder  Hüthe  auf'  den  Köpfen  zu*  haben,  ein- 
treten «.die  iigirenden  Personen  nicht  belächeii  oder  auspfeifen., 
dergleichen ,  sich  am  gestrigen  Dato  »ge^^igt  ha^,  welches  iediglick 
und  allein  zur  Schmach  und  Beschaauag  der  ganzein  gegenwärtig 
gewesenen  wohlgebomen  Gesellschaft  um  so'  mehr  gereichen 
mufste«  u.  s.  w« 

Ä  £.  Cr»  Paulus, 


N=  2L         Heidelberger  1823* 

Jahrbücher  der  Literatur. 


Schleiermaekers    Glaubenslehre   etc^ 

Fortsetzuftg  der  in  }^u  15»  abgebrocbene»  Rece^do^»  - 

JLlas  GetieimniCs,  das.  von  der  Welt  tier  und  von  den  Zeiten 
her  verborgen  gewesen  ist,  nach  den  Ausdrücken  des  Ap.  Paulus, 
das  ist , den  Christen  kund  geworden;  Gott  ist  aus.  seiner  Ver- 
Lorgenheit  hervorgetreten  und  hat  sich  in  der  Menschheit  geof- 
feabart.  So  beten  wir  nun  in  dem  Sohne  zu  dem  Vater  durch 
den  heiligen  Geist.  Da  ist  keine  Kluft,  die  den  Ewigen  in  sei» 
ner  uner^rschlichen  Tiefe  von  uns  getrennt  hält,  sondern  wir 
haben  in  und  durch  Christus  den  Zutritt  zu  dem  Vater;  und  so 
glauben  wir  aii  den  ewigen^  wahren  ^  lebendigen  Gott.  Das  ist 
das  tJntersch(ridende,  wodurch  sich  der  christliche  Glaube  ün« 
endlich  weiMiber  alle  Religionen  erhebt,  von  der  alten  indischen 
an,  bis  zu  der  platonischen,  stoischen,  epikureischen  Philosophie, 
und  jjis  zu  den  rationalistischen  Theorieen  oder  EinTällen  der 
neueren  Zeit  Das  vorliegen'de  Lehrbuch  fuhrt  uns  weiter  zu 
dieser  Ijünsicht. 

Wir  gehen  denn  weiter  zur  Betrachtung  der  SehUiermacherschca 
Lehre  über  die  gottlichen  Eigenschaften»  Auch  diese  hat  ihr  Eigen- 
thumlicheS)  und  das  schon  in  der  Anordnung,  wie  die  TrinitätS'^ 
lehre.  Nicht  nach  der  bisher  gewohnten  Weise ,  die  zuerst  das 
Dogma  von  Gott  vollständig  abhandelt,  sondern  nach  dem  ganzen 
Gange  dieser  Glaubenslehre  kommen  einzelne  göttliche  Eigen- 
schatten  nach  einander  vor^  bis  zuletzt  die  höchste  erscheint: 
Gott  ist  Liebe;  worauf  denn  jene  Lehre  von  der  Dreieinigkeit 
den  Schlufs  macht.'  .  i 

Folgerichtig  wird  nach  diesem  Lehrgange  im  ersten  Ab«, 
schnitte  betrachtet:  Dasf^erhältnifk  der  Welt  zu  Gott,  wie  es 
sich  in  unserm  idie  GeSammtheit  des  endlichen  Seyns  repräsenti-^ 
renden  Selbstbewiifstseyn  ätisdräckt.  Denn  die  Abhängigkeit  von 
Gott  wird  unmittelbar  gefühlt,  und  so  wird  sie  zunächst  beschrie- 
ben als  glaubend  Schöpfung  und  Erhaltung  der  Welt.  Jedoch 
hält  der  Verf.  für  rathlich ,  die  ganze  Frage  von  der  Schöpfung 
auf  dem  philosophischen  Gebiete  zurückzulassen,  und  bis  die 
Auslegungskunst  über  die  mosaische  Schöpfungsgeschichte  im  Rei- 
nen ist)  solle  man  sich  nicht  verpflichtet  halten,  dogmatische  Be- 

.        *  .  ^  21 


322  Dogmatik. 

stimmungeQ  über  die  Scbopfung  festzustellen;  auch  sej  genau 
betrachtet  jede  jener  beiden  LeLren  in  die  andre  eingeschtosseD, 
fes  könne  also  eine  von  beiden  entbehrt  werden;  man  I6se  nur 
ißne  in  diese  auf,  so  habe  man  in  der  Erhaltung  der  bildenden 
Kraft  auch  die  Entstehung  eines  Jeden  einzelnen  Wesens^  und 
jeue  Abhängigkeit  sej  dem  frommen  Gefühle  gesichert.  Wir 
lassen  dieses  nebst  den  angeregten  Andeutungen  aus  dogmatischen 
Werken  an  selneh  Ort  gesteNt,^  und  höfen  nur  das  ebenfalls  an- 
geregte Urtheil  unserer  Bekenntnifsschriften.  Diese,  so  wie  Me- 
lanchthon  un^  Calvin  nehmen  allerdings  das  Dasejn,  Entstehen 
und  die  Dauer  der  Dlngie  als  lediglich  in  dem-  freien  Willen 
Gottes  begründet  und  von  demselben  durchaus  abhängig  an.  Sie 
reden  von  Schöpfung  und  Erhaltung,  ohne  im  mindesten  in  Spe- 
culationen  einzugehen,  sie  verwerfen  aber  alle  die  heidnischen, 
gnostischen ,.  manichäischen  etc.  Irrthümer,  mit  kurzen  Worten, 
und  berufen  sich  auf  das  ge^ffenbarte  Wort  Gottes,  und  diesem 
untergeordnet  auf  die  Offenbarung  Gottes  in  der  Natur.  CEc- 
clesia  J)ei  äffirmai,  hunc  esse  conditorem  rerum,  qui  se  patefecit 
misso  ßUo  et  dato  et^angelio  etc.  Mefancktk,  loc.  de  Deo  Hierzu 
der  Anfang  des  loc  de  creat.).  Die  Erhaltung,  Mitwirkung-, 
Vorsehung,  Fürsorge,  Regierung,  nehmen  sie  weniger  nach  fest- 
bestimmter Begriffsth eilung  als  nach  mehrfachen  Beziehung^  an. 
Daher  reden  sie  von  eipem  Einwirken  Gottes  selbst  in  alttcsta- 
mentlicher  Weise,  finden  dasselbe  hauptsncMich  in  den  Wun- 
dern (auch  der  grösseren  Art,  wie  z.  B.  das  Slillste^ien  der 
Sonne),  und  die  Schwierigkeiten,  die  später  durch  die  Refiexiou 
auf  das  VerhältniCs  Gottes  zur  Natur  und  Freiheit,  in  den  Be- 
griffen von  -Wundern,  von  concursus,  vom  Uebel  und  Böseu, 
cutstehen  mufsten,  liegen  niedriger  als  ihr  Gesichtspunkt,  da  sie 
fromm  und  glaubenskräftig  das  Auge  hinauf  nach  dem  lebendi- 
gen Gott  richten.  Aber  eben  darum  setzen  sie  in  den  BegriÜ* 
der  Erhaltung  und  Regierung  noch  etwas  mehr  als  in  den  der 
Schöpfung/  so  dafs  sich  erst  in  ihm  die  Idee  der  göttlichen  Wirk- 
samkeit ergänzt.  Ihre  Lehre  ist  hierin  nur  kurz.  Sie  lautet: 
Der  ewige*,  allmächtige  etc.  Gott  hat  die  Welt  erschaffen,  der 
•Vater  durch  den  Sohn,  und  erhält  und  regiert  sie  durch  ihn  in 
fiinigkeit  mrit  dem  Geiste, ^nd  er  waltet  besonders  mit  sei- 
her Fürsorge  über  die  Frommen.  Von  den  besondern  Beziehun- 
gen auf  das  Xrinitäts-Verhältuifs  hat  unser  Verf.  die  Hauptstel- 
len angeführt,  z;  B.  Helvet,  art,  7.  —  creavit  omnia  per  9erbum 
suum  coaet&rnian ;  wozu  Wir  die  unmittelbar  folgenden  Worte 
fügen :  eademque  consen^at  per  spiritum  suum  coaeternum.  Un- 
ser Verfass.  stimmt  nun  in  soweit  mit  ihnen  überein.  als  er  d<is 
Abhängigkeitsgefühl  Entscheiden  läfst,  welches  in  ihrer  Sprache 
jene  pietas  ist,  die  sie  als  sich  von  selbst  verstehend  voraussetzen; 


« 


Dogmatik.  3^3 

^«  aitch  Weiter  darin  ^  dafs  et  'von  den  Speculationen  ablenkt, 
and  so  S*a63  ausdrücklich  saget  »alles  txl  dem  einfachen  Lehr- 
t'sat^e  §.  59  Hinzugekommene  hat  nur  seinen  Werdr  in  Bezug  auf 
den  gemeinfiaiRien  Zweck  aller  dogmatischen  l^ormcln,  oÜmlicK 
der  religiösen  ^Mittheilung  in  der  öffentlichen  Lehre  eine  soiche 
Norm  %VL  geben  ^  dafs  der  Ausdruck  nicht  in  Widerspruch 
gerathe,  weder  mit  andern  Theilen  der  Lehre  selbst  noch  mit 
den  natürlichen  Ausdrnckeu  des  objectiven  Bewufstsejns,  wel« 
ehem  ja  das  fromme  beständig  zur  Seite  gehen  soll«.  In  jedem 
Versuch  einer  rein  speculativen  Darlegung  der  tdee  der  Gottheit 
wurden  diese  Sätze  nur  als  gehaltlose  Erweiterifngen  erscheinen  f« 
(in  der  Sprache  jenes  tiefblickendeu  Kirchenvaters  ri^vott  d^i%inii^ 
Spinnenkunste).  Nur  begründen  ^e  reformatorischen  Schriften 
nach  altkirchlicher  Weise  diese  Lihre  nicht  darch  das  sich  vor* 
findende  fronune  Gefühl  9  sondern  durch  das  geoffenbarte  Wort 
Gottes.  Dabei  warnen  sie  gegen  jede  heidnische  Ansicht,  Wofar 
auch  -wir  nicht  sicher  sind,  wenn  wir  z.  B.  den  ewigen  wahren 
Gott  denken  wie  einen  Zeus,  der  alles  belebt  und  durchliEuft^ 
oder  wie  Jupiter  deümqu^  Jwminumque  pater  etc.  Allerdings 
unterscheidet  ihn  das  vorliegende  Lehrbuch  von  jener  Poesie^  ^ 
und  Natur -Golllheit,  aber  jener  tiefere  Grund  fehlt,  und  wird 
bin  und  wieder  vermifst.  Weil  unsere  Bekenntnifsschriften  /ein- 
zig und  allein  von  diesem  ausgehen,  so  setzen  sie  die  Lehre  voti 
der  Schöpfung  und  Erhaltung  nicht  vor,  sondern  nach  der  Lehre 
von  Gottes  Wesen  und  ~  Eigenschaften.  Die  durch  Physik  und 
Metaphysik  durchgebildeten  Gedanken  unsers  Verfs.  in  diesem 
Lehrstücke  finden  wir  indessen  ungemein  belehrend  ^an  sich  und 
wichtig  für  die  Sjstembildung.  Selbst  das  Dahingestelltsejnlassen 
der  Speculationen,  wie  es  in  unsern  BekenntniTsschriften  vor«* 
kommt,-  findet  sich  hier  begründet;  auch  stimmen  wir  dem  Yerf. 
bei,  wenn  er  den  minder  symbolischen  Charakter  der  Verhandlan- 
gen  der  Dordrechter  Synode  darin  mit  erkennt,  dafs  sie  über 
die  Bestimmungen  der  andern  Confessionen  in  dieser  Lehre  weit 
hinausgehe,  indem  sie  SBSt:  quandoqtie  ipsi  viswn  fuit ^  ex  niküo 
creasse.  Das  ex  nihilo  findet  sich  sonst  z.  B»  in  der  Conf,  Pa-^ 
latirii,  und  in  Melanchth,  loc.  de  creatione,  aber  wie  will  m^rn 
sich  jenes  quando  denken ,  ohne  die  Zeit  vor  dem  Anfang  der 
Welt  oder  gar  in  Gott  zu  legen?  Und  vollends  iii  der  Conf. 
ßelg.  /57^  heifst  es  in  der  lat.  Uebersetzung  von  1 58  t  art.  la 
—  ex  niftüo  creässe^  quum  Uli  i^isutn  est  opjfor turtum  (wie 
9oli  man  sich  diesen  Begriff  denken? )j  singulisqae  suum  esse, 
formam,!  et  varia  offieia  trihuisse ,  ut  creatori  suo  inservirent. 
Wir  übergeheti  die  gehaltreichen  Winke  und  Bemerkungen  des 
Verfs.  die  hier  und  da  die  bedeutendsten  neueren  und  neuesten 
Dogmatiker  treffen« 

21* 


« 

\ 


32^  Dogmatik. 

i>ie  Leliro  von  den  gottlichen  Eigenschaften  folgt  als»  hiet 
auf  die  ¥oii   der  Schöpfung  u.,s.  w. .   In  soweit  ist  das;  ii^  dem 
Lehrgänge  der  Bekenntnifsschriften ,   als  diese  wollen,    dals  man 
aus  den  Werken  Gottes   seine   Hej^rlichkeit  erkennen   soll:   und 
so  nennen  sie  kurz  die  Attribute^  ohne. viel  auf  ihre  Erklärung 
einzugehen    Melaächth,  L  de  creat,  in,  ^P^oluit  Deus  innotescere 
et  se  conspici;    ideo   condidit   omnes  creaturas^  et  miram  artem- 
adhibmt  j    Ht  convinceret  nos ,    non  extitissc   res  easiij    se4  esse 
aeternam  mentäm^   architectrieem  j  bonam  j » justam  j    spectantem 
hominum  facta,   et  judicantem;^   ausführlicher  Calv.  Inst,  l,  i, 
c,  5»    In  ihrer  Behandlungsweise  verschmilzt  die   Einzelheit  der 
besonders  gedachten  Eigenschaft  mit  der  Idee  Gottes  und  diese 
mit  seiner  Wirksamkeit.   Grade  so  recht.  Wären  nur  die  neue- 
ren Dogmatiker  diesem   Gange  gefoljo;t!     Dann  wären  auch  ihre 
Capitel  von  den  göttlichen  Eigenschaften  nicht  so  unphilosophisch, 
nicht  so  unevangelisch  und  unpraktisch  als  sie  es^  trotz  allein  red- 
nerischen Phrasen,   in  fast  allen   Lehrbüchern   und  I^^atechismen 
sind.     Da   hat   man   oft   etwas  in   Gedanken ,   das  nur    nicht  ; — ^ 
Gott  ist.     IVTehr  als  man  glaubt  ist. da  vergessen,  jene  Warnung 
Melanchthons  (loc-  de  J)eo }  —  »Äoc  quoque  sciamiiSj  hof  vir-' 
tutes,  quas  Deo  tribidmusj  in  eo  non  esse  accidentia,  ut  iß  ko^ 
mine  seu  angelo  sapientia,  justitia,  bonitas  sunt  accidentia  et  res 
mutabilesj    sed  sicut  potentia  D^i  non  discernenda  est  ab  essentta, 
nee  aliud   est:  sie  non  sunt  aliae  res  —  sed  sunt  ipsa  essentia,^ 
Daher  denn   auch-  jene    erniedrigten   Begriffe,    wenn   z.  B.    voa 
der  Gerechtigkeit  und  Güte  Gottes   gesprochen   wird,   wie   von 
einem    ganz  guten    menschlichen  .  Herrn,,  und /eben    daher   der 
Leichtsinn,  der  hichts  von  Sünden,  SQndern  nur  von  Un Vollkom- 
menheiten in  uns  wissen  will,  womit  es  denn  der  gute  Gott  nicht 
SO  genau  nehmen  wird,  und   was  des   Unwesens    der  Art  mehr 
ist.     Es   ist  also    ein    wahrer  Fortschritt  für  die  Religionslehce, 
daß  dieses  Buch    statt  dieses  Irrweges  den  richtigen  Weg  wie- 
der einschlägt,  und  aus  dem  uns  geoffeubarten  Verhältnisse  Got- 
tes   zu   uns    auf  seine  Eigenschaften  zurückschliefst,   die  er  dann 
am  Schlufs  in  die  Einheit   und -Einfachheit  seines   Wesens,    die 
.Liebe,  eingehen  läfst.     Wir  lesen:  6.  2^65  fg.   »Es.  würde  aber 
auch  folgen,  dafs,  wenn  man  das  Auffinden  der  göttlichen  Eigen- 
schaften auf^  Principien  zurückbringen  und  sjstematisch  verfolg ea 
könnte,  alsdann  eine^  >chulgerechte  Erklärung  Gottes  an  tlie  Stelle 
seiner  Unausspre<Uilichkeit  treten,  und  eine  vollständige  Erkennt— 
uifs  Gottes  durch    Begriffe   möglich    seju    miifste,,. welches    aber 
unmöglich  ist,  indem  ein  so  beschriebenes  göttliches  Wesen  auch 

dien  Forderungen  der  Vernunft  nicht  angemessen  wäre  etc«  

JFerner  wird   S.  270  fg.    davon  geredet ,» dafs  grade  durch  die 
Zusammenstellung  der   göttlichen  Eigenschaften  nichts  gewonnen 


Dogmatil^.  .    32  5 

ist,  sobdern  jed^  solcher' Begriff  seiaen  Weith  nur  hat  inVcr- 
bindang  mit   der  Analyse  derjenigen  besondern  Modification  des ' 
frommen  Selbstbewufstsejns,    welche   er  in    einer  andern  Form' 
aasdriicktjc  unpL  hierauf  leitet  unser  Verf.,  nicht  ganz  den  alten 
dreifachen  Weg    (causalitatisj  negatiojiis  j  eminentiaej  biMigend, 
aus  dem' Abhängigkeitsgefühl  die    Allmacht   und  Ewigkeit,   und 
dieser  zur   Seite   die  Allgegenwart,   jener  z^r  Seite  die  Allwis- 
senheit  ab  f    nämlich  so  j    dafs  auch  die  Einheit  dieser  Att^bute 
gezeigt  wird.     So  z.  B.  S^  3oo.     ^»Oder  um  es  kurz  zu  sagen,' 
Gott  weifs  alles  was  ist,  und  alles  ist,  was  er  weifs,  und  dieses 
Leides  ist  eines  und  dasselbe,,  weil  sein  Wissen  und  allmächtiges 
Wollen  '  eines   und    dasselbe    ist. «     Die  scharfen  metaphysischen 
Erörterungen   decken  mitunter   eben   sowohh  die  Tiefe   als  den  . 
Erbfehler  der  Scholastiker  auf,  und  mögen  sich  für  unsere  Wis- 
senschaft sehr  nützlich  beweisen.     Folgerichtig  wird  erst  später, 
nach  dem  Lehrstück  von  der  Sundfe,  die  Heiligkeit  und  Gerech- 
tigkeit Gottes  gelehrt;  (  II.  S:  iSofi^)  die  erster©  als  :» diejenige 
göttliche   Eigenschaft,    vermöge  deren  in  dem  menschlichen  Ge- 
sammtleben  mit  dem  Zustande  der  Erlösungsbedürftigkeit  zugleich  ^ 
auch  das  Gewissen  gesetzt  ist.«     Eine  Anmerkung  sagt,  wie  die' 
gewöhnliche  Erklärung,  das  Wohlgefallen  Gottes  am  Guten  und' 
sein  Mifsfallen  am  Bösen,  etwas  Menschliches  auf  Gott  übertrage, 
nämlich  das  Gewissen,    die  mnere  Quelle  jenes   Mifsfaliens    und 
als  von  Gott    in   uns   gewirkt.     Weiter  verbindet  er  jenes  gött- 
liche  Attribut   mit   Jenen  früher  aufgestellten  ,  und   befreit   die 
heilige  Allmacht^  und  heilige  Allwissenheit  Gottes  von  aller  Her- 
vorbringung   des  Bösen.     Die  Vereinigung  dieser  obengenannten 
EigeBschaften  bedeutet  ihm,  dafs  es  weder  Wesen  noch  Idee  des 
Bösen  gebe j  ünd^aus  der  Unbegränztheit  der  göttlichen  Ursäch- 
lichkeit folgert  er,  dafs  das  Böse  auch  kein  reales  Daseyn  habe. 
»Wir  denken,  sagt  er,  in  der  allwissenden  und  allmächtigen  Hei- 
ligkeit Gottes,  dafs  das  in  unserm  zeitlichen  Bewufslseyn  ersc^ei-  / 
nende  Mifsfallen  an  dem  Auseinandergesetztseyn  der  hervorbrin- 
genden Kraft  des  Gottesbewüfstseyns  uiid  der  sinnlichen  Triebe 
etc.  —  »—*  welches  mit  der  gefühlten  Erlösungsbedürftigkeit  eines  ^ 
lind  dasselbe  ist,  weil  dieses  Mifsfallen  in  uns  eine,  wenn  auch 

nur  vorbildende,    Causalität  übt  -« -dafs  alle    Entwicklungen- 

desselben,  als  Eins  gesetzt,  und  das  ist  doch  in  seinem  ganzen  ' 
Umfang  das  Gewissen ,  in  dem  höchsten  Wesen  auch  idealiter 
vorgebildet  sind.«  Sodann  wird  gezeigt,  dafs  dujrch  den  Fort- 
gang der  Erlösung  das  Bewufstseyn  des  Bösen  immer  mehr  ver- 
schwinden solle,  folglich  nur  als  ein  Durchgangspunkt  für  uns 
geordnet  sey;  dafs  ein  blosses  Mifsfallen',  wenn  wir  uns  selbst' 
erlösen  sollten,  nur  von  der  Ghntnacht  geordnet  sey n. könnte, 
vind  dafs  in  dem  Falle  die  Allmacht  dagegen  einen  Widerstand 


I 


326  Dogmatik, 

» 

m  uns  geordaet  Itaben  wurde,  dessen  BetfuTsjseyn  ak  reines 
Kraftgefühl  nur  Iiust.  wäre ,  und  durch  seine  scbnelle  Entwick*- 
luBg  es  gar  nicht  2um  BewuCstseyn  der  Sünde  kominen  Hesse; 
dafa  al^  die  Heiligkeit  Gottes  nur  gefunden  werde,  indem  wir 
von  der  Sünde  auf  die  Gnade  sehn.  Die  Rantische  Schule  wird 
das  freilich  verkehrt  finden,  aber  dafs  des  Verfs.  Theorie  tieEer 
geht,  bedaVf  nicht  der  Erinnerung.  Auf  dieselbe  Weise  xeigt 
er  die  gÖttUche  Gerechtigkeit,  vermöge  deren  Gott  it|  dein  Zu- 
stande der  gemeinsamen  Sündhaftigkeit  einen  Zusammenhang  des 
Uebels  mit  der  wirklichen  Süqde  ordnete  Diese  Lehren  besei^ 
tigeu  auf  gewisse  Art  die  Schwierigkeiten  in  det  Theorie  von 
dem  Bös^  und  Ucbelin  der  Welt,  wenn  dagegen  fast  alle  neuere 
Dogmatiker,  auf  einem  von  diesem  ganz  verschiedenen  Wege  die 
Heiligkeit  und  Gerechtigkeit  Gottes  aufstellend,  diese,  und  nocU 
andere  Schwierigkeiten  so  gut  wie  ni^l»t  lösen.  Die  Tiefe  der 
Dauh'scken  Theorie  über  das  Böse,  die  allerdings  etwas  mehr  sagt, 
wird  auch  von  unserm  Verf.  anerkannt,  obgleich  im  Gegensatz.  Sie 
wird  sich  indessen  schon  nqch  weiter  aussprechen.  Unser  Vf.  beruft 
skh  bei  seiner  Darstellung  der  göttlichen  Heiligkeit  auf  i  Petri  i,  i4 
•i^  i6.  wie  auch  auf  ihren  praktischen  Gebrauch  nach  Ephes.  4» 
24*  und  auf  die  ältesten  Dogmatiker  TertuUianus ,  Hilarius  und 
Augustinus,  die  sie  gar  nicht  abhandeln.  Wir  übergehen  dieses 
alles,  und  haben  nur  die  Yergleichung  mit  unserer  kirchlichen 
Lehre  anzustellen.  Wie  oft  bemerkt  beziehen  siqh  unsere  Be-^ 
kenntnifsschriften,  so  wie  die  ersten  Sjstematiker  .Melanchthon 
und  Calvin,  überall  auch  in  der  Lehre  von  Gott  auf  die  heilige 
Schrift.  >  Sie  leiten  also  nicht  die  Heiligkeit  und  Gerechtigkeit 
aus*  einer  Yernuuftidee  ab,  sondern  sagen  nur  das,  dafs  auch 
ausser  der  Kirche,  schon  das  Gewissen  die  Menschen  aii  diese 
göttlichen  Attribute  erinnere,  dafs  aber  'erst  die  OFenbarung 
durch  das  Gesetz  und  die  angedroheten  auch  in  der  biblischen 
Geschichte  öfters  eingetretenen  Strafen,  sie  ganz  insLicht  setzen, 
und  uns  alle  Zweifel  darüber  völlig  benehmen.  Selbst  ^^t  alt^ 
biblische  Ausdruck  Zorn  Gottes  wird  i^  diesen  Schriften  fest-* 
gehalten,  Mel.  sagt  ausdrücklich  /.  de  pecc,  '»EtsLomnes  gen-- 
tes  vident  korrmdam  confiissionem  -—  —  genevis  humani  ac 
sent^^nt  onus  peccßtijf  tarnen  sola  ecclesia  Del  docet  et  uhde  sie 
et  quid  sit  peccaturn,  et  audit  ver(>un%  Dei  de  ira  divindj,  et  de 
poenis  praesentibus  et  qeternii*  *  Et  qua/tquatn  sapientia  humana 
docet  regere  mores  —  —  tarnen  non  agnoscit,  hoc,  quoef  est 
proprium  in  peccati  rationcj  videlicet  reatum  corcun  Deo  seit 
iiram  Dei,  Vergl.  C«/f.  InM*  L  4j  c,  4  ^-r-  ^.  AbeU,  möch- 
ten wir  uns  fragen,  verstehen  wir  ihr  Wort  ira  Dei?  Es  hat 
n)ehr  in  sich ,  als  wir  in  unserer  gewohnten  Weise  meinen« 
Nicht  der  mensclüiche  Zorn  ist  hier  aas   Element,  sond^ern  eine 


Dogmattk. 


3^7 


lioHe  Idee.  Vcrsncke  nurb  nur  die  Idee,  gottlidier  Zorn  leu  den* 
J^en,  wenn  wir  es  noch  ip^  unserer  SchlafFheie  vermögen.  Und 
will  man  sie  kennen  lernen,  so  studiere  man  sie  in' den  Heroen 
unserer  Lehre.  Da  ist  der  ewige  Ernst  gegen'  das  Böse,  da  ist 
des  Bösen  ewige  Verwerfung.  Aber  eben  das  vermissen  wir  in 
der  Theorie  unsers  Verfs.  Wenn  das  Böse  mit  dem  Gewissen 
erlischt^  wenn  es  für  Gott  gar  nicht  da  ist«  und  im  Jenseits,  wo 
das  Gewissen  aufhört,  vorübergeschwunden:  so  kann  es  auch 
hier- nur  als  eine,  vorüberziehende  Wolke  gedacht  werden,  nnd 
dieser  Gedanke  verdrehtet  mit  eioiem  Male  den  Ernst  des  Ge^- 
Wissens^  Der  üb^r  die  Noth wendigkeit,  des  Gefühls*  reflectirt, 
setzt  sich  dann  auch  leicht  über  sein  frommes  Gefühl  hinaus,  j^ 
er  kann  sogar  das, einen  Auf^hwung-  des  Geistes,  ein  Höherste- 
het) nennen ,  wenigstens  löst  sich  die  objective  Wahrheit .  des 
Glaubens  leicht  in  die  subjective  des  Fühlena  auf.  Doch  vir 
wollen  kein  Urtheil.über  des  Verfass.  sinnreiche  Theorie  wa- 
gen, d«  wir  sie  vielleicht  noch  nicht  ganz  verste}ien.  Es  scheint 
uns  nur  so,  und  wir  hsj)en  nichts  weiter  zu  sagen,  als  dals  'un-^ 
sere  Bekenntuifsscbriften  eine  hohe  Strenge  in  der  LeKre  von 
der  gÖt,tlichen  Gerechtigkeit  behaupten. 

Zulqjtzt  entwickeln  sich  die  höchsten  Attribute,  oder  viel*^ 
mehr  das  Wesen  Gottes  aU.  die  Liebe,  und  als  in  der  Welt  sicii 
mittheilende  Weisheit,  in  welchen  beiden  (§.  184.  II.  S.6<66  ff.) 
die  göttliche  Thätigkeit  in  der  WeUregierung  erscheint.  Denn 
wird  die  giöttliche  UrsflcKlichkcit  vermenschlicht,  wie  es'  bei  den 
gegriffen  der  göttlichen  Eigenschaften  nothwendig  ist,  so  bieten 
^cb  uns  die  beiden  Stücke  dar  1. Gesinnung  und  a.  Ausführung; 
jener  entspricht  die  Liebe,  dieser^  die  Weisheit.  »Die  Liebe 
bestellt,  darin^  Anderes  mit  sich  vereinigen  und  in  minderem  sejn 
zu  wollen;«  weil  nun  die  Erlösung  es  ist,  wodurch  sicb^j^as 
götthche  Wesen  mit  der  menschlichen  Natur  vereinigt,  so 'wird 
sie  hier  erklärt  als  ^»diejenige  Eigenschaft,  vermöge  deren  1  es 
sich  mittheilt  und  die  in  dem  Werke  der  Erlösung  erkannt 
wirdj«  mit  Beziehung  auf  Rom.  5,8.  1  Joh.  4}9-  Sie  wird  noclr 
nicht  erkannt  in  den  Lebeosförjjlerunp^en  des  sinnUchen  Wohler- 
gehens, denn  da  machen  immer  die  Hemmungen  wieder  Zwei« 
itlf  auch  nicht  in  den  iutellectuellen,  denn  da  ist  es  nicht  besser: 
sondern  in  dem  Gottesbewufstsejn,  welches  wir  aber  überall  in 
cinen^  unterdrückten  Zustande  finden,  und  das  nur  durch  die 
Miitheiiung  Gottes  in  Christo  erneuert  u»d  vollehdet  wird.  Sa 
stellt  denn  die  heilige  Wahrheit  da:  §•  iB3.  Gott  ist  Liebe; 
X  Joh.  4f  ^6.  Die  Erklärung  zeigt  aus  dem  Vorhergehenden 
(S  6^4^,  iidafs  an  die  Allmacht  und  AUvyissenheit,  an  die  Ewig- 
keit und  Allgegenwart  Gottes  glauben,  derjenige  Glaube  ist,  wel- 
chen auch  die  Teufel   haben,   welcher  also  nur  der  «Ueräusser*«^ 


3a8  Dogmatik; 

Ucli^te Ausdruck  sepi  kann;«  ferner:  dafs  die  Gerechtigkeit  und 
Heiligkeit  y   da   sie  erst  recKt  als  göttliche  Eigenschaften  erk^ant 
werden ,   wenn  man  sie  '  nicht  als  etwas  besonders  fär  sich  be- 
trachtet» sich  in   dasjenige  aufiosen  mfissen,  was  als  Bekenntnils 
der  Gnade  entwickelt  wird.  »Uns .liegt  die  Liebe  näher  als  die 
Weisheit,  weil^  sich   der  Bfegqadigte   sieine^   selbst  bewufst  ist" 
(durch  den  heil.  Geist)   als  eines  Gegenstandes  jener  gottlichen 
Gesinnung,    indem   seine   Seele   gleichsam  der   Ort  einer  göttii« 
chen  Mittheilung  ist,«     Die  göttHche  Weisheit   ist   nämlich  (§. 
i84)  ^die  in  der  Erlösung  bestätigte  göttliche  Selbstmittheilung 
als  das  die   Welt   ordnemde   und   bestimmende  Princip.«     Man 
kann  sie  auch  erklären,   äh  die   göttliche  Kunstthätigkeit  in  der 
Anordnung  und   Regierung   der    Welt.«     Nur   mufs    man  auch 
hier  das  Menschliche  absondern,  worin  die  Darstellung  und  der 
Zweckbegriff  vorherrscht;  und  s6  ist  es  verwirrend,  wenn'  man 
die  göttHche  Weisheit   erklärt ,   als  die  Zwecke  feststellend  und 
die  Mittel'  bestimmend,  denn  da  zieht  man  den  Begriff  der  Klug-^ 
heit  herein«     Wie  ^ Gerhard j  und  nach  ihm  viele  Andere«  nach 
der  Notcf  unsers  Yerfs.  allerdings  auch   dieses  Attribut  zu   sehr 
vermenschlicht  haben,  und  —  die  neueren  Dogmatiker  wohl  am 
.meisten  mit  ihrem  falschen  Popularisiren ,    das  von  dem  mensch- 
lichen Rechten    und  Habenwollen    die   Gerechtigkeit,    voa   der 
Selbstvergötterung    die   Heiligkeit,    von  dem   Grübeln  und  Klü- 
geln die  Weisheit,  und  von  menschlicher  Gutherzigkeit  die  Güte 
und   Liebe  «ableiten   mag,   und   damit  denn    freilich  diese  ganze 
Lehi;e  nicht  mystisch  Sondern  recht  verständlich  macht!    !» Mittel, 
fährt  uns^r  Verf.  fort,  werden  Immer  nur  angewendet,  wo  der 
Handelnde   auf   ein   von   ihm  selbst  »nicht  Hervorgebrachtes  zu- 
rückgehen mufs,  welches  bei. Gott  nicht  der  Fall  ist,    und  man 
kann  unmöglich  Gott  vorstellen  in  einer  Auswalil  gleichsam-  von 
Mitteln   b<ßgriffen,    ohne   ihn   zugleich   in  nirgend    einem  Conflict 
begriffen  zu  denken,  und  also  der  Allmacht  Abbruch  zu  thuu.« 
Die  wahrhaft  christliche  Vorstellung  von  der  göttlichen  Weisheit 
betrachtet  in  der  Weltordnung  alles  in  Verbindung  mit  der  gölt' 
liehen    Offenbardng   in  Christo  u^A  in  dem  heil.  Geist««  ^  »Das 
eigentliche  Werk  derselben  ist  die  Verbindung  der  Erlösung  etc. 
sowohl  in  der  Erwählung  und  Wiedergeburt  Einzelner  als  gan- 
zer Massen,    aber  auch  in    der    verschiedenen    Gestaltung    der 
christlichen   Gemeinschaft  etc.«     »Sie  ist  die  Methode  die  gött- 
liche Liebe  vollkommen  zu   realisiren. «     Und   so    erläutert  sich 
denn  die  grosse  Wahrheit,    dafs,    wenn  jedes  .A^^tribut   nur  eine 
Beziehung  Gottes  in  unsern  Begriffen  bezeichnet,  die  \Ä^e  sein 
Wesen  ausspricht ,. dieses  Innere  der  Gottheit,  das  der  sündhaf- 
ten Welt  verschlossen  bleibt,  aber  als  das  Geheimniis  der  Gnade 
durch   die  -Erlösung^  offenbart   worden.     Dieses   ist  im  Ganzen 


Dogmatik;  329 

biblisch,  wie  auch  attkircMicb ,  und  so  naofHdrückHcli  Ton  den 
MäDn€rii  des  wieder  hergestellten  Evatig^eliums,  gelehrt,  so  dafs 
es  keines  Wortes  weiter  darüber  bedarf.  Wir  bemerken  nur, 
dafs  iich*  §.  >i85  anschliefst:  »Die  Welt  ist  als  der  Schauplatz 
der  Erlösung  die  vollkommene  Offenbarung  der  göttlichen  Weis- 
heit, oder  die  beste  Weltjc  mit  überaus  interessanten  Geistes- 
blicken. Hierauf  folgt  denn  der  »Schlnfs,  von  der  göttlichen 
Dreiheit«-w6von  wir  oben  redeten..  Indem  nun  der  Verf.  in 
9  der  göttlichen  Weisheit  die  Entfaltung  der  göttlichen  Liebe « 
erblickt^  und  überhaupt  grade  hier  die  evan gelische  ^^Tiefe  unse«^ 
Ter  Gotteserkenntnifs  so  deutlich  aufzeigt,  erinnern  wir  nochmals, 
dafs  unsere  kirchliche  Lehre  von  der  Trinität  das  Dogma  ist, 
vermöge  dessen  j^nes  apostolisehe  Dogma,  (jrott  ist  Liebe^  dei^- 
lieh  begrififen  werden  kann,  da  die  Mittheilung  des  liebenden 
Vaters  durch  sein  Ebenbild,  den  Sohn,  und  durch  den  heiligen- 
den Geist,  der  von  ihm  ausgeht,  so  geschieht,  dafs  wir  grade  in 
diesem  Dreifachen  das .  Wesen  der  Gottheit  als  die  ewige  Liebe 
so  weit  erkennen,  als  nur  die  Vernunft  des  Menschen  }6  reicht. 
Da  sich  uns  nun  Gott  offenbart  wie  er  ist,  und  in  alle  Ewig- 
!^it*ist,  wie  er  sich  uns  offenbart,  worin  :wir  eben  seine  Wahr-< 
baftigkeit  anerkennen,  so  müssen  wir  jenes  Dreifache, , worin  er 
sich  uns  geoffenbart  hat,  als  sein  Wesen  selbst  erkennen;  ^nd 
das  ist  das  Mjsterium  seines  Wesens ,  welches  uns  durch  das 
Chrislenthum  kund  geworden.  Die  dreifache  Form,  worin  Gott 
in  Beziehung  auf  uns  erkannt  wird,  reicht  also  als  SabeUianismus ' 
nicht  hin,  sondern  mufs  in  der  kirchlichen  Lehre  ein,  obgleich 
bescheidener,  Athanaslanismus  werden. 

So  hat  also  der  Verf.  in  der  Lehre  von  Gott  der  wissen- 
schaftlichen und  somit  auch  der  praktischen  Glaubenslehre  sehr 
viel  gegeben.  Hierbei  sej  uns  ein  Blick  auf  einige  der  neueren  , 
und  neuesten  Lehrbücher  vergönnt«  Das  von  Hrn»  Dr.  Mar-- 
heinecke*)  stellt  die  Lehre  von  Gott,  seinem  Wesen  und  seinen 
Eigenschaften  nach  alter  Weise  voran,  aber  die  Trinitätslehre' 
\ertbeilt  er  in  dem  System,  imd  f^fst  sie  dann  im  Anfang  des 
3ten  Abschn.  von  Gott  dem  Geiste  zusammen,  und  zwar  so- 
-wohl  geg^  den  SabeUianismus  als  gegen  den  Arianismus  auf. 
eine  Art,  die  oies  Studiums  so  vieler  junger  Theologen,  die  sich 
so    gern  über    diese   Lehre  hinausmeinen ,    gar  sehr   werth  »ist. 


/ 


*)  Die  Grundlehren  der  Christi.  D«gmatik,  Von  Di'. 
Phil»  Marheineckb.  Berlin  bei  F.  Oümmler. 
1819.  (Ö96  S.)«  Wir  möchten  ^gcrn  diese  aus  einer  Vernunft-! 
idee  ausgehende,  und  ebenfalls  kirchlich  gehaltene  Glaubenslehre 
in  mehreren  Punkten  mit  der  Schletermacherschen  zusammenstel» 
leo  >  erlaubte  es  der  Kaum.  , 


33o 


Dogmatik. 


y 


Bei  dieser  Dlvergehz  von  der  voriiegendeft  Gkubenslelir^  coin* 
cidirt  sie  doch  in  ^melirern  Ptiokten  mit  ihr  vUfhr,'   aU   mit  den 
atdern  neu^PQ  Xolirbücherik     So  lesen    wir  bei  Marh.   §.  469- 
»die  gemeiascliaftliqbe   Form  des  Wesens  Goites  als   Valter  und 
Sohn  -^  — ^  werden  wir 'als  die  ewige  Liebe  betrachten  müssen, 
welche  mdcbt,    dafs  beide   sich  auf  eine  göttliche  Weise  so  er- 
lienneiiy   und  das  ganze  Wesen  Gottes  ist  daher  erst  ausgespro- 
ohen  in  dem  Satz:    Gott  schauet  sich   selber  an  mit  unendlicher 
Liebe,  und  wird  hier  jenes  mit  als  in  dem  Weseo  Gottes  selbst 
begründet,  oder  als  absolut  nur^  und  als  die  göttliche  Stetigkeit 
in  sich  schliessend,  zu  betrachten  sejn.«    Er  geht  von  der  ewi- 
gen Idee  Gottes    aus,  in    welclier  Gott  sich  bekundet,  die  sich 
aber    erst    io    der   geschichtlichen    Offenbarung   vollständig    ent- 
wickelt. Unsere  Vernunft  ist  der  wissende  Geist  aber  nicht  der 
allwissende,  sie  vernimmt  die  Wahrheit  in  der  UehereiQstimmuDi; 
des  Denkens  mit  dem  Sejn;   so   ist  sie   ein  götüicher  Gedanke, 
wird  Andacht,   wird  Glaube.     Hier  kann  von  keinem  Beweisen 
die  Rede  sejn,  weil  es  eine  tiefer  liegende  Ueberaeugung  vor- 
aussetzt ;  »vom  Gewissen,  wodurch  alle  Wahrheiten  und  Beweise 
erst  .ihr  Licht  und  ihre  Kraft  entnehmen,  findet  nur  eine  Erwei- 
sung satt.«     Die  Wissenschaft  weiset  nach,   wie. sich  diese  Idee 
im   Leben  erw\eiset.     In    dem   evangelischen   Gehalt    treffen  also 
diese  beiden  Glaubenslehren  zusammen.    Und  wenn  Hr.  Dr.  M. 
ausdriicklich  sagt  (§.  ia4)9   dafs  der,  welcher  in  der  innigsten 
Einheit  mit  Gott  lebt,  durch  sein  Dasejn  und  Leben  das  Dasejn 
Gottes  aufs  stärkste  beweist;  wie  auch,  dafs  (§.  i34)   der  nach 
Kantiscber  Angabe  begründete  Glaube  an  Gott,   von  der  Wür- 
digkeit  zur   Glückseligkeit  hergenommen,    nur  auf  einem  phari- 
säischen   Phantom   beruhe,   so  wird  in  soweit  der  letzte  Grund 
unsers  religiösen  Bewufstsejos ,  der  bei  Schi,  das  Abhängigkeits- 
gefühl heifst,  auch  von  ihm  in  dem  Gefühle  gefunden,  und  zwar 
so ,    dafs  sowohl  das  Wahrgenommene  als  die  Kraft  der  Wahr- 
nehmung nur    durch  Gott   in    uns   ist  .( §.  i36  ff.  )..     Indem  er 
aber  die  Vernunft«  als  diese  Kraft  erkennt  und  in  ihrem  Wesen 
die   Idee  von    Gott ,   die  sicherer  gelit   als  auf  jenem  dreifachen 
Wege  der  alten  Theologen,    wenn   sie    die  ewiges  Gf^ndideea 
aufsucht,  um  eine  vemünfiuge  Erkenntnifs  des  Wt^en  Gottes  zu 
Standie  zu  bringen;  indem  er  so  di^  Selbstständigkeit,  Wahrheit, 
Wahrhaftigkeit,  Ewigkeit,  Seligkeit  Gottes  aus  derselben  erkennt: 
so   geht    er   über   das  historisch   gegebene    Gefühl   des  Christen 
hinaus,  und  sucht  die  Dogmatik  aus  der  Vernunft  selbst  zu  ent- 
wickeln.    So  zeigt   er   die   Eigenschafteit  Gotteis  auf,  als  sein  iu 
unserer  Vorstellung  auseinander  tretendes  Wesen;  ^Gott  ist  sie; 
—  was  der  Mensch  nur  in  unendlich  geringem  Grade  hat,  »her 
ohne  allen  Qrad  denken  kann  und  mufs,   dafs    ist   Gott   seinem 


Dogmatik.  33 1 

* 

Wesen  nach  selbst«    So  hat  cicf  MenscK  Gerechtigkeit  etc.  und 
damit  sie  s«j  ~  — *  niüla  er  sie  dem  höclisten  Wesen  zusclireir 
beD.€  »Nur  die  Allwissenheit  kann  die  Allmacht,  nui^  die  Liebe 
kann  die  Gerechtigkeit  dder  Barmherzigkeit'  sejn.c  -<->     »AU^ 
weise,   der   alles   aufs   Beste   und   Vollkommenste,  d.  i.  seinem 
übrigen   Wesen   geroäüs,    also  als  der  heilige,   giitige  u.  s.  w* 
weifs.€  — -     »Die   Form   des   gföttlicheu    Willens  aber  ist    die 
Liebe,  die  Offenbarung  und  Mittheilung  seines  .innersten  Wesens« 
(alsp,  würden  wir  nach  dem  was  vorher  Hr.  M.  lehrt,  gradezu 
sagen  Gott  selbst).    »Gottes  Heiligkeit  besteht  in  gleich  grosser 
Gerechtigkeit  ui^d  Güte  et^     Nur  in   den  Thatsachen  des  Erlö- 
sungswerkes  und  in   dem  innigsten  Zusammenhange  des  A.  und 
N.  T.   läfst   sich   die   Vereinigung  beider  Eigenschaften   in    der 
heiligen  Natur  Gottes  sichtbar  erkennen.«  —    »In  diesen  seinen 
einzelnen  Eigenschaften  erkennt  die  vernünftige  Seele  verstHndig 
das  Wesen   Gottes,   um  an    ihnen,  iu  welchen  Gott  ihn  nähec 
kommt,  zu  ihm,  dem  wahren,  ewigen  und  seligen,  desto  siehe« 
rer  zurückzukehren.«     Indessen   führt  die    dialektische  Entwick- 
lung in   der  Schleiermath  ersehen  Glaubenslehre  aus  dem  Gefühl 
der  Abhängigkeit  aufsteigend  in  die  Vernunftidee,  wo  das  We* 
sen   Gottes   dem   Christen    zur    deutlichen  Erkenntnifs  vorliegt. 
Beide  Systeme  sind    weit   mehr  sowohl  mit  unserer  kirclilicbea 
Lehre  wfe  mit  der  Philosophie  zusammenstimmend,  als  diejenigen 
neueren ,   die  sich  so    viel  auf  die  Erklärung  der'  göttlichen  Ei-* 
genschaften  einlassen.     Sehen  wir   aus  diesen  etwa  die  in  Morius 
Dogmatik  nach^   so  wird  zwar  da,   wie  sich  ohnehin  von  selbst 
versteht,  die   Unbegreiflichkeit   Gottes   anerkannt,    auch    Werden 
die  Begriffe  aus  der  heil.-  Schrift  genommen,  aber  die  Definitio- 
nen der  Attribute  sind  wie  wenn  von^  einem  menschlichen  Geiste 
die  Rede  wäre ;  auch  werden  sie  nur  zusammcqgesetzt,  nicht  aber 
ineinander  aufgelöst,  und  es  erscheint  auch  nicht  entfernter  Weise 
der   Gedanke,    dafs   die    Gegensätze  wie  Verstand  und   Wille, 
Zweck   und   Mittel  etc.   in    Gott  nicht  statt  finden.     Die  Liebe 
wird   erklärt    als   Wohlwollen   und  Wohlthun,  ohne  dafs  dabei 
irgend  auf   das   tiefere  Wesen  der  Gottheit  im  Unterschied  vou 
jedem  menschlichen   Geiste  hingewiesen   sej*     Nicht  besser   hat 
das  alles  die  Remhardsche  Dogmatik.  Sehen  wir  die  freisinnigere 
und  ausführliche  von  Döderlein  nach,  so  vermissen  wir  da  noch 
mehr  die  Idee  Gottes,  weil  die  biblische  Lehre  mehr  den  Ver- 
Standeibegriffen  unterworfen  wird.     Da  wird  zwar  ausdrücklich 
bekannt  (I.  §.  78.),    dafs   unsere  Erkenntnifs    Gottes   nur   eine 
analoge  und   unvollkommene   sej,    und  ni<;ht   in   das  eigentliche 
Wesen  Gottes  einzudringen   vermöge,   allein    es  wird  doch  als- 
hald  angenommen,    dafs  wir  manches  und  so  etwias  in  C«ott  er- 
kennen,   und,    ohne  dafs  ein   Grund  angegeben  wäre,    wornach 


> 


4- 


332    \  Dögmatik. 

■wir  dieses  von  dem  MeiKcliHcYien  nnfefrsrc beiden  kSntteti,  Werden 
die  Attribute  immer  so  bestimmt,  als  wäre  von  eiiiem' endlichen 
Geiste  die. Rede;  wie  z.  B;  sogleich  mit  dem  Leben  Gottes  an- 
gefangen wijrd.  Ofade  dieser  biblische  und  hochwichtige  Begriff 
konnte  recht  philosophisch  voranstehen,    y^are   nur  dtis  göttliche 
Wesen    tiefer   begriffen.      Dafs  dieses   aber  nicht    dort   geleistet 
sey,  leigt  auch  hier  das  Beruhenlassen  der  Gegenssftze  von  Vcr- 
'  stand,  Willen,  Zwepk,  Milteli  Macht,  welche  doch  gar  tn  mensch- 
lich aufgefärfist  sinds     Die  Bemerkung,   dafs  es  ^picht   ganz   ohne 
Gefahr    sej,    die  Affectionen  des  göttlichen  Willens  mit  unserm 
Willen  zil  vergleichen,  steht  als  em  Wegezeiger  da,  der  nur  i« 
die   peinlichste  Verlegenheit    setzt,    wenn    e^   heifst :    der  Weg 
aber  kann  auch  irrig  sejn.     penn   was    sollen'  nun"*  die  Einthei- 
huigen,    wie    in    affectiones  ^el  naturales  uel  moralesj    und  was 
alles  Weiler  darüber  gelehrt  wird,  da  wir  immer  in  der  Gefahr 
stehen  hierin  zu  irren,  und  uns  das  Kennzeichen  fehlt,  dafs  wir 
im  Richtigen  sind !     Diese   Unsicherheit  wird  dann  am  schlimm- 
steuj  wenn  von  der  Heiligkeit  die  Rede  ist,    ^lae  Studium  boni 
rectique   diditur;   denn   die  Erklärung    Dens  in  bona  quaeciinqne 
fertur  ipse  6t  in  aliis  qutxe  legitime  fiunt  probat  etc.  befriedigen 
weder  über  das  Studium  (!)  in  Golt,    noch  iiber  gut  und  recht 
u.  s.  w.    Ist  dieses  Studium  />«  thätig,  um  jedem  soviel  Glück- 
seligkeit zu  geben,  als  er  fassen  kann,  so  heifst  es  henignitas  vel 
anior,  .  Da  ist  nun  kein  Gedanke  'Weiter,. woher  das  Fassenkön- 
nen konime,    und  eS  sieht  fast  aus,   als  sej*das   nicht  von  dem 
göttlichen    Willen    abhängig   gewesen,    sondern    dieser    sej   be- 
schräukr   und   mi^sse  sich  richten    nach  einer  Capacität  der  Ge- 
schöpfe   u.    dgl.  m. '    Natürlicher  'Weije   bringt    es    eine    solche 
Darstellung  der   göttlichen  Eigenschafren  nicht  weiter  als   zu  ei- 
nem complexus  eorum,   in  welchem   die  göttliche  Natur  bestehe 
(  §*  990'  ''. —     buchen    wir    weiter   in    einer  der   neuesten  Inid 
angesehensten   Dogmatiken,    in    der  Wegscheiderschen ,    darüber 
Belehrung,  so  finden  wir  sie  auch  da  nicht,  ausser  etwa,  däfs  das 
Sittengesetz  über  Gott  gestellt  ist,  und  also  alle  die  Beschränkt- 
heiten von   dieser   Seite  in    das  göttliche  Wesen  gelegt  werden, 
welche   vor  dieser  Kantischen  Lehre   von'-der  eben  angegebenen 
andern  Seite  statt  fiandeu,  wie  die  biblischen  und  philosophischen 
Theologen  s'elther  auch  immer  »deutlicher  eingesehen  haben.  Da- 
bei   bleibt  denn  ebenfalls  de^  Studierenden  der  nicht  leichtsin- 
nig ist,  jene  Seelenangst,  dals  ec  doch  gar  nichts' von  Gott  wisse, 
und  er    mag   Gott   danken ,    wenn   sein  Herz   solche  zum  Nichts 
führenden  Reflexionen    überwältigt,    denn  sonst  verliert  er  Gott 
gar   aus   der-  Seele.     Nicht  minder   verliert   ihn  aber   auch   der, 
welche»  die  Eigenschaftsbegtiffe  ganz  in  das^unbegreiflich/e  We- 
sen   Gottes    eingehen    läist.     Wie    ganz  anders' in  jener  früheren 
Lehre  unserer  Reformatoren!  Da  sprach  Gou  unmittelbar  durch 


*    ' 


\' 


,     DogmaKk  333 

» 

das  Gewissen  uqJ  dvifich  die  beil.  SchpiA,  un4  -  diese  lemere 
machte  jenes  e|:st  ganz  zu^  ernsten  Gotteswart;  und  so  wurden 
die  Eigenschaften  und  das  Wesen  Gottes  erkannt,  wie  er  sich 
uns.  geoffenbart  hat,  und  wie  er,  der  Wahrhaftige,  wirklich  ist, 
zugleich  in  der  tiefsten  Einfachheit  (actus  pi^rissimus  et  simpli'' 
cissimus  in  der  Sprache  unser er^  Theologen),  als  die  Liebe  selbst. 
Was  haben  also,  unsere  Neueren  Besseres  geleistet?  Habep  uns. 
ihre  Lehrbucher  in  der  Lehre  von  Gott  weiter  gebracht?  Etwa 
in  den  ]>eliebten  populj^ren  Dogmatiken,  wie  eine  aus  dem  letz- 
ten Viertel  des  i8ten  Jahrh»  so  recht  klare  Lehren .  vpn  Gott 
giebt — »sqin  Charaktei'  ist  die.  grofsmuthig«te  und  uneigennützigste 
Güte« — ?  Wenn  sie  nur  nicht  etwa  zurückwerfen  in  einen  Wahn 
von. Wissen,  das  .in  einem  Nichts,  besteht,  Wobei  der  tiefere  Den- 
kende endlicK  nach  der  rechten  Belehrung  seufzt,  der  Yolksleh- 
rer  aber,  wenn  er  alles  aus  seinem  Compendium  so  hinnimmt, 
gar  nichts  damit  schaffen  ^kann ,  und  der  Zuhörer  die  Kirche  so 
arm  und  trostlos  verläfst,  als. er  hineinging.  Nein,  soll  man  Gott 
Vor  Augen  und  im  Herzen  haben,  so  mufs  auch  ein  sicheres 
und  von  der  ewigen  Wahrheit  erfülltes  Wort  gehört  werden  j 
sonst  gilt  auch  hier  was  Melanchthon  in  allgemeinerer  ßezie- 
huugsagt:  haec  infirma  natura  semper  languet  duhitatione ,  se- 
curitatej  diffidentid,  et  fytriis  ßammis  cupiditatum.  Dank  sej  es 
also  einer  solchen  Glaubenslehre' wie  die  vorliegende,,  dafs  sie 
mit  ihrer  dialektischen  Kraft,  über  jene  Mängel  hinaus-  und  auf 
die  frühere  bessere  Lehre  zurückweiset» 

Wir  kommen  zu  des  Verfs,  Theorie  von  dien  Engeln  und 
Teufeln*  Seipe  philosophischen  Ansichten  über  eine  höhere  Gei- 
sterwelt, oder,  .wie  er  sich  von  den  Engeln  ausdrückt,  von  zwi- 
schenweltlichen „  d.  h.  keinem  Weltkörper  bestimmt  angebörigen^ 
geistigen  .Wesen  »(LS.  211  ff.)4i  lassen  wir  hier  dabin  gestellt  sejn 
£r  läagnet  nicht,  dafs  unsre  Reformatoren  viel  von  solchen 
Wesen  gesprochen  und  dieser  Vorstellung  eine  praktische 
Seite  gegeben,  und  verwirft  es  mi(  gutem  Grunde,  wenn  z.  B. 
Reinhard  grosse  Untersuchungen  über  die  Beschaffenheit  und 
Verrichtungen  derselben' anstellt.  Auch  ist  es  der  evangelischen 
Glaubenslehre  angemessen,  dafs  der  Glaube  an  ihr  Daseyn  9 auf 
unser  Beträgen  keinen  EinOufs  haben  darf,  und  dafs  Offenbarun- 
gen ihres  Dasejns  jetzt  nicht  mehr  zu  erwarten  sind.«  Uns 
scheint .  indessen  die  biblische  Lehre  von  dem  Zusammenstellen 
der  Engel  mit  dem  Erlösungswerke,  wie  sie  von  den  Reforma- 
toren eingesehen  worden,  und  wie  auch  unser  Vf.  sip  keineswegs 
verwirft,  diesem  A.rtikel  nicht  blofs  eine  solche  negative  Stelle  in 
unserm  Sjstem  anzuweisen  zu  sejn;  mag  er  auch  immer  ein 
Nebenartikel  bleiben,  deii  man,  wie  auch  hier,  Anhangsweise  zur 
Lehre  von  der  Schöpfung  etc..  hinzuz.ufngen  pflegt;  denn  wir 
haben  AVicbtigeres   vor  uns^  ab  über  solche  Dinge  zu  streiten. 


334  Dogmatik. 

Eher  würde  fiit  nnsetm  Verf.  zu  rechten  seyn ,  dafs  er  in  dem 
zweiten  Anhang  die  Lehre  vom  Teufel  (S.  318  ff.)   $0  leichter 
Hand   aus  nnserm   kirchlichen  Systeme'  hcrausweist.     Schon  der 
Umstand,  dafs  die  Kirche  von  Anfang  und  bis  über  die  Refor^ 
mation  herab  das  Dasejn  des  Teufels  so  einstimmig  festgehalten^ 
mufs  uns  ausserlich  überzeugen,  dafs  man  mehr  in  diesem  Arti- 
kel gefunden,  als  die  Neueren  wohl  einsehen.     Unser  Verf.  ge- 
hört ja  keineswegs  zu  diesen  Neueren,  die  da  meinen,  sie  mufs- 
ten  doch  alles  bessier  wiisen,    als    alle  «die  MSnner  TOn  alten 
Zeiten  her,  die  in  der  Kirche  Ihre  Grösse  behauptet  haben  und 
behaupten  werden,  auch  ist  er  sich  selbst  verläugnend  und  tief- 
sehend  genug,  um  die  Grösse  ihres  Geistes  anz^uerkennen.    Es 
mufs  uns,  sage  ich,  wenigstens  problematisch  sejn,  wai;um  $ie  in 
einer- Vorstellung  so  fest  standen,   die   für  uns,   wir  läugnen  es 
nicht,  so  viel  Fremdartiges  hat.  Sollten  sie  nicht  hierbei  von  dem 
frommen  Bewüfstseyn  geleitet  worden  sejn,  welches  auch  in  der 
ernsten  Betrachtung  des  Bösen  liegt?     Das  Böse  nämlich  komnit 
iedigKch   nur   auS   der   Freiheit  des   erschaffenen  Geistes;   es  ist 
aber   so  sehr  allem  Göttlichen  widersprechend ,   dafs   sein  erstes 
Eotslehen   eine    völlige  Vernichtung    des  Guten  sejn  mufs,  und 
.da(s  in  demjenigen  Geiste,  ^wo  es  zuerst  hervorkam,  auch  nichts 
Gutes  mehr  angenommen  werden  kann.   Es  war  hiermit  die  ab" 
solute  Finsternifs  des  Geistes,  und  die  ganze  Hölle  geboren.  I).i 
fing  nun  das  Verführen,  das  Belügen  und  Betriigeu  an.     In  dem 
Teufel  steht  so  das  Böse  in  seiner  Absolutheit  da,  ohne  dafs  er 
doeh  ein  Manichäisches  böses  Grund wesen  ist,  un^   alle   Bösen 
nach   ihm   sind    es  nur  theilweisie  und  theilnehmend  durch  Ver- 
führung, in  soferne  denn  auch    der  Erlösung  fähig.     So  scheint 
das  Dasejn  des  Teufels  sich  kirchlich  dogmatisch  festgehalten  xu 
haben;  woraiuf  auch  neuere  Dogma  tiker  z.B.  Mortis — habet  enim 
s.  scr,  nuÜam  foedius  peccati  ae  {fissimilieudinis  cum  Deo  exem- 
plufti   qiutm  dtaholum,  hindeuten.     Vl^ir  möchten  also  nicht  mit 
uuserm   Verf.   behaupten ,    dafs  .  unsere   Bekcnntnifsschriften  von 
dieser  Vorstellung  ȟberhaupt  keinen  solchen  Lehrgebrauch  mach- 
ten, wodurch  sie  in  unserm  Lehrgebäude  unentbehrlich  wür3c< 
( §.  56  N     Die   von   ihm  angeführten   Stellen  scheinen  uns  mehr 
als   ihm   zuzustimmen.     Sein  Einwurf,  dafs  die  Vorstellung  ▼on 
gefallenen   Engeln    nicht    zusammenhängend    durchgeführt   wer' 
den  könne,  findet  unsers  Eracht^ens  seine  Beautwortung  bei  dem 
Verf.  selbst,    wo  er  in  Beziehung   auf  Jac.  a,  19.   sagt  (11.  S. 
674)  ^  dals  .an  die  Allmacht  und  Allwissenheit,  an  die  Ewigkeit 
und  Allgegenwart  Gottes  glauben,  derjenige  Glaube  ist,  welchen 
auch  die  lleufel  haben.«  Sollte  aber  das  ein  wirklicher  Einwurf 
seyn,  was  S.  219  gesagt  wird:  »wenn  z.  B.  Lucifer  schon  yoT 
seinem  Falle   faoffärtig  'war^  so  war  er  auch  vor  seinem  Falle 


.v> ...   A   ■ — 


Dogroatik.  335 

V 

schon  gefallen;«  und  weiter:  »so  fragt  sich  immer,  wie  denn  v 
die  Bösen  können  gesündigt  haben,  wenn  sie  nicht  vorher  scI»on 
anders  warün  als  die  Guten;«  so  bewiese  er  zu  viel,  denn  da- 
mit würde  überhaupt,  das  Bdse  als  unmöglich  erklart.  Da  ist 
'an  kein  Vor  ^em  Falle  zu  denken,  denn  er  geschieht  schlechthin 
als  ein  Erstes  in  der  Zeit;  uns  nicht  weiter  in  seinem  Ungrund 
ergründbar,  aber  in  unmittelbarem  Bewufstsejn  erkennbar.  Hier 
verdient  auch.  Origenes  iCBpl  atrrs^ovffiov  nachgesehen  zu  wer- 
den; und  ein  Wink  bei  Melanchthon  /.  de  lib.  orb.  3ldeo  ve^ 
teres  tdiqui  sie  dixerunt  (auch  Erasmus):  liberum  arbitrium  in 
homine  facultatem  esse  applicandi  se  ad  graliam  etc.  Talia  non 
Hunt  in  diabolis]  dishrimen  igitiw  int  er  diabölos  et  getius  huma- 
nuni considereturmf  Zu  allem  diesem  kommt,  dafs  die  ewige 
Liebe  nicht  anders  gedacht  werden  kaon^  als  ewigen  Hafs  ze^ea 
den  Hafs  (gegen. ihr  Entgegengesetztes)  in  sich  tragend.  Darin 
eben  liegt  jeiil^  göttliche  Zorn.  Sein  Gegenstand  ist  das  absolut 
Bosc.  Kurz,  die  dogmatische  Lehre  vom  Teufel  steht  in  wah- 
rem Zusarauieuhang  mit  dem  Glauben  an  Gott  und  mit  de^i  Be- 
wufstsejn des  Bösen  in  uns,  da$  wir  auf  seine  Absolutheit^  auf 
sein  fu|>chtbiir'es  Erstes  zurückführen. 

Die  Lehre  von  der  Sünde  wird  in  ihrer  engen  Verbindung 
mit  der  von  der  Gnade  gezeigt.  Ganz  so  halten  es  auch  unsere 
Bekenntmfsschriftrn ;  nur  dafs  sie  das  Bewufs.t werden  vpn  bei- 
den durch  die  Offenbarung  entstehen  lassen,  welche  durch  das 
Gesetz  die  rechte  Erkeuntnifs  der  Sünde  bewirkt,  und  durch 
das  Evangelium'  auf  die  Gnnde  hinzeigt,'  ohne  dasselbe  auf  ein 
höheres  Princip  zurückzuführen.  Doch  unterscheidet  sich  die 
Methode  des  Verfs.  auch  hierin  von  jeder  l^isherigfrn,  dafs  er 
dieses  ebenfalls  aus  dem  Abhängigkeitsgefühl  erklärt,  "und  zu- 
gleich in  diesem  Punkte  das  Eigenthüniliche  der  ,cbr istlichen 
Frömmigkeit,  ganz  in  das  Licht  setzt.  Wenn  gleich  das  Christen- 
thum  auch  hier  als  eine  eigne  Glaubehsart  betrachtet  wird,  die 
sich  zwar  in  sich  selbst  bewahrt  deren  Nothwendigkeit  und 
objective  Wahtheit  aber  nicht  durch  Vernunft  erkannt  wird:  so 
setzt  doch  die  sorgfaI|ige  Entwicklung  des  Zusammenhanges,  und 
die  kiare  Dialektik  den  Gegenstand  in  sein  Licht*  Und  so  ist 
auch  von  dem  Subjöctivcn  aus  der  Weg  gebahnt,  um  die  ift)ht 
Wahrheit  in  unserer  evangelischen  Glaubeoslehre  zu  erkennen. 
Es  sind  Worte  zu  seiner  Zeit,  was  gegen  das  Ueberschätzen  der 
nalfirlichen  Theologie  (IL  S.  3)  gesagt  ist,  dafs  Christus  nur  mit 
dem  Vansr  zugleich  kommt.  Das  GottesbevKuTstsevn  befindet  sich 
allezeit  bei  uns  mehr  ^oder  weniger  gehemmt,  und  sowohl  dieses 
als  das  Gefördertsejn  desselben  wird  in  dem  Selbstbewufstsejn 
des  Christen  als  seine  eigne  That  gesetzt,  jedoch  das  letztere  in 
einem  andern  Sinne ,  nämlich  als  etwas  von  aussen  ihm  Zukom- 


336  .  Dogmatik. 

mendes,  lud  zwar  von  dem  Erloser  Mitgetheiltes»  So  bieten 
sich  also  die  beiden  Seiten  in  der  BetracbtuDg  des  frommen  Ge- 
müthszustifndes  dar,  die  der  Sünde  und  die  der  Gnade  (§79 
— -  85o)-  I^^s  die  Sünde  etwas  Zufälliges  sej,  ^a(s  sie  nicht 
von  aussen  herstamme,  und  dafs  weder  der  einzelne  Menscli  sicli 
selbst  erlösen,^  noch  durch  die  Gesammtheit  erlöst  werden  könne, 
wird  als  die  biblisch  begründete  Lehre  .und  eigentlich  christliche 
wiederholt  behauptet. 

Erste  Seite»    Entwicklung  des  Bewustseyns  der  Sünde  (§  84 
bis  ioB.  S.  i3  bis  i53).  Dieses  Bewufstsejn  begleitet  uns  überall, 
als  unserer  selbsthätige^  Abkehr  von  Gott.    .Wegen  der  ^schein- 
baren Widersprüche  sowohl  mit  dem  allgemeinen  Abhängigkeits- 
gefühl als  mit  der  ursprünglichen  Vollkommenheit  des  Mensclien, 
ist  das    eip  Ort  für  viele  theologische  Streitigkeiten,  wobei  man 
sich  bald  in  den  Manichäismus  bald  in  den  Pelagianism)ais  verirrt. 
Erster  Abschnitt,    Die  Sünde  als  Zustand  des  Men^hen.  (§.  86  ff.) 
»Im  Bewufstsejn   der   Sünde  liegt  das  ßewufsts.   eines  Gegen- 
satzes  zwischen   dem  Fleisch  oder  demjenigen  in  uns,  was  Lust 
und  Unlust   hervorbringt,    und  dem  Geist,  oder   demjenigen  in 
uns  ^as  Gottesbewufstsejn  hervorbringt.c  —  »Eben  so  beschreibt 
daher  die  Schrift  diesen  Gegensatz  Gal.  5,  ,17.  wo  das  Gelüsten 
des  Fleisches  wider  den  Geist  die  allgemeinste  Beschreibung  der 
Sünde  ist,  und   indem  auch   dem  Geist   nur  ein  Gelüsten  wider 
das   Fleisch  zugeschrieben   wird,  ist  das  Unvermögen  des  Men- 
schen, sofern  er  nock  nicht  in   die   Erlösung    aufgenommen  ist, 
angedeutet,   vergl.^  Rom.    7,  18.  ff.c     I^ese   Stellen   aus  diesem 
vorzüglich  belehrenden  Abschnitte,  weisen  schon  hinlänglich  auf 
den  weitem  Inhalt  hin,   wie  audh  auf  seine  Zusammenstimmung 
mit   unserer    evangelischkirchlichen  Lehre.      Die    Art  wie  unser 
V^rf.  die  Bedingung  der  Sünde  in  der  ungleichen  Fortschreitung 
des  Verstandes   und  Willens   aufzeigt,   wie    er  sie  nur  als  eine 
Störung  der  Natur  ansieht,  wie  er  die  Ansicht  (der  seichten  Po- 
pularität  und    des  «pharisäischen   Selbstbetrugs)   dafs   die  Sünde 
nu^  das  noch   nicht  gewordene  Gute,  und  also  eigentlich  keine 
Sünde  sey,  mithin  auch  keine  Erlösung  nothw endig  ^ej^  wie  sie 
einerseits  in  der 'Fortpflanzung  andern$eits  als  die  That  des  Ein- 
zelnen in  ihm  selbst  begründet  sej,   und  wie  dieses  auch  nach 
Stänunen^  Familien,  Naturellen  sich  gestalte ,  gewährt  interessante 
Blicke,  und  so  wie  alles  folgende,  erläuternde  Erinnerungen,  be* 
sonders  demjenigen,  der  eben  von  dem  Studium  der  Melanclitbo- 
nischeti,   Calviniscben  und  symbolischen  Lehren  kommt. 


{Dir  BnchUifs  folgß.y 


U.    "♦ 


V 


/ 


I 

=  22*        Heidelberger  1823* 

Jahrbücher  der  Litterätur. 


Schleiermathers    Gl auhen sichre  etc. 

^  {beschlufs.)  '  , 

Wenn  der  Vf.  die  Ausdrucke  Erbsunde  und  wixkliclie  Sünde  für 
unbequeni  hält,  so  stelin  ihm  auch  selbst  hierin  aus  jenen  Schriften 
Aeufserungen  zur  Seite^  am  meisten  wo  sie  polemisiren.  Selbst 
die  angef.  5t*  aus  der  Concordienformcl  Ep.  I,  p,  577.  liefse 
sich  npch  so  exegesircn)  dafs  sie  nicht  abstimmt,  ohne  übri- 
gens alles  in  dieser  Bekenntnifsschrift  in  Schulz  zu  nehmen.  Die 
Bezeichnung  jpeccatum  originis  ist  ohnehin  besser,  als  die  minder 
gebrauchte  p.  keredüarium  und  als  uuserje  Deutsche.  Erstes  Lehr-, 
Stück.  J^on  der  Brhsünde,  (§.'91  fg.)  ^Die  beschriebene  vor 
jeder  THat  in  jedem  Einzelnen  begründete  Sündhaftigkeit  ist  in 
jedem  einq,  wenn  Wir  von  dem  Zusammenhang  mit  der  Erlösung 
absehen,  vollkommene  Unfähigkeit  zum  Guten.«  Man  sieht,  wie  der 
lerf.  hier  selbst  in  der  Strenge  nicht  von  den  Bekenntnifsschrif- 
ten  abweicht,,  und  sowoM  exegetisch  als  diialektisch  weifs  er  das 
zu  behaupten.  Wie  es  indessen  keinem  jener  strengen  I^ehrer, 
^y eiche  Aeta  Menschen  für  sich  alle  Fähigkeit  zum  Gyten  fol- 
oerichtig  absprechen,  besser  ergangen  ist,  er^^cht  es  ihm;  Mau 
kommt  da  immer  auf  einen  tiefen  Punkt,  wo  es  mit  dem  liberum 
arhitriiun  ganz  dunkel  wird,  und  man  dasselbe  in  diesem  dun- 
keln Grunde  doch  wirken  läfst,  ohne  dafs  man  es  meint»  Hier 
lesen  wir  S*  Sa  »so  darf  in^n  doch  die  mitgeborene. Sündhaft 
(jgkeit  nicht  so  weit  ausdehnen,  dafs  man  dem  Menschen  auch 
die  Fähigkeit  abspräche,  die  Kraft  der  Erlösung  in  sich  aufzu-* 
nehmen.«  Wir  fragen,  was  dieses  letzte  Wort  heifst?  Ist  es  > 
eine  blosse  Capacität,  etwas  Unfreies?  oder  die  freie  Selbstbe-^  . 
Stimmung  die  an  der  ErDüsüng  Theil  nehmen. will?  Das  erstere 
wird  es  doch  nicht  sejn  sollen«  Selbst  die  strengsten  Lehret 
protestirten  dagegen,  den  Menschen  zu  einem  truncus  oder  lapis^ 
zu  machen,  denn  der  Ausdruck  in  einer  Bekenntnifsschrift  der 
Schottischen  Kirche  v»  J.  1 658  im  Art.  von  dier  wirksamen  Be- 
rufung; »wegnehmend  ihr  Herz  von  Stein  und  in  sie  gebend 
ein  Herz  von  Fleisch |  erneuernd  ihre  Willen,  und  durch  seinö 
allmächtige  Gewalt  sie  zu  dem;  was  gut,  ist,  bestimmend^«  sagt 

22 


33»  Dogmatik. 

doch  grade  niclit  das.  Also  die  freie  Selbstbestimmung  ist  dabei  ? 
Aber  da  bedarf  es  uur  Eines  Btiokcs,    so  sehen  vfiT  uus  mitten 
im  Pelagianismus.     Denn  jenes  Annehmen  ist  doch  etwas  Positi- 
ves, eine  Willensneigung,  und  zwar  eine  gute,  und  der  Grund 
all«s    weitern    Guten;  und   wir  haben  damit  gesagt,    dafs  in   der 
menschlichen  Kraft  die  Quelle  des  Heils  liege.     Bedenklich  sind 
allerdings  auf  der  andern  Seite  solche  Aeussecungen,  lyie  sie  der 
Verf.' aus  der  Concordienfo/cmeL' anführt^    dafs  der  Mensch  auch 
nicht  die  Kräfte  mehr  habe,  quibiis  ex  sese  ohlatam  gratiarh  op^ 
prehenden  M   out  ejas  gratiae  ex  se  et  per  se  capnx  esse  posstt, 
er   wie   konnte    selbst  der  mildernde  Mclanchthon  gegen   obi- 
gen  Vorwurf  äe%  Pelagianismus ,    oder  wenn   wir  lieber  wollen 
Synergismus,  antworten,  wenn  man  ihn  festhielt  bei  dem  wahren 
Sat£)    den  auch   er   aussprit:Iit :    was    vom  Fleisch  geboren  wird, 
ist  Meisch^  also  kann  auch  die  erste  Regung  zum  Ergreifen  der 
Gnade   nicht   der  Gnadenwirkung  vorhergehen?     Damit  aber  ist 
das  liberutn  arhilriam,  welches  er  erklärt :  yac«//«w  applicaudi  st 
ad  gratiam  etc.    auch  hierin    gänzlich  weggeschafH.     Es  möchte 
sich    aber    wohl    eine   Losung  finden,  wenn  man  die  speciüative 
Entwicklung    der    Freiheilslehre,    diesen    Gewinn    der   neueren 
Philosophie,    dem  frommen    und  rtphtigen  Gefühle  jener ^vauge- 
lischen    Leiirer   zu   statten   kommen   liesse.     Denn'  dafs  sie  nicht 
das  Einseitige,  sondern  ^\e  reine  Wahrheit  ip  sich  trugen,  sieht 
itoan  aus  dem  gleichinassigen  Kampfe  gegen  die  beiden  Abirrun- 
gen, und  kann  es  schon  äusserlich   aus,  den  einhelligen  Erklärun- 
gen aller  Bekeuntnifsschriften  der  Britten,  Franzosen,  Deutschen, 
Slaven  etc«   abnehmen.     Es    war  also   das  Eine  Gefühl  in  Alien 
lebendig,  das  von  dem  Siindenelend  ausging  und  in  der  Erlösung 
tluhe   fand«     Wir  deuten   übrigens   hier   nur.  blofs   hin  auf  die 
tiefgehenden    und   mitten    ins   Menschenleben   eingreifenden  Ent- 
wicklungen der  Lehre  von  der  Erbsünde,   wie   sie  nur  als  Ge- 
sammtthat  und  Gesammtschuld  des  menschlischen  Geschlechts  Vor- 
zustellen sey  (§.  92.)  j  wie  von  dem  Bewufstsejn  derselben  un- 
zertrennlich  sey   das   Gefühl    der  Noth wendigkeit  der  Erlösung, 
und    zwar   nicht   sowohl    aus   dem  Gefühle   der  Strafwürdigkeit 
als   vielmehr   der   Schuld   (§.  93.);    wie   die  Vorstellungen  der 
ursprünglichen    Gei^echtigkeit   nicht   übertrieben   sejn   sollen  (^. 
94«);  welche  Schwierigkeiten  die  verschiedenen  Meinungen  über 
die  erste  Sünde  des  guterschafienen  Menschen  drücken;  wie  das 
peceutiim  originis  als   origtnans  und  origikatam  gedacht  werde, 
ü.  dgl.     Alles  das  kann  nicht  nur  als  der  neueste  sondern  siucK 
als   ein  vorzüglicher   Commentar  unserer   Symbolischen  Schriften 
in    diesem    Lehrpunkte   zum- Studium   empfohlen    werden.     Nur 
was  die  Entstehung  der  (ersten)  Sünde  betrifft,  bleibt  uns  das- 
selbe einzuwenden,   was  wir  oben   gegen    die  Bedvnklichkeiten 


DogtoatOt*  330 

des  Verfass»  ,vibet  den ,  Abfall  des  Satans  einawendaii  hattfii ; 
Das  Böse  ist  nur  als  abscdute^  Jn  keinem  Vorher  begrÜBdel^ 
That  sa  begreifen.  Zwtites  Lehrstück,  von  der  wirklichen  SUnde^ 
(§.  95  und  96.)    Dem   vorigen  gemdls/'    »Aus  der  Erbsünde 
geht   in  allen   Menschen  immer    die  wirkliche  Sünde   hervor,  f 
Dean  in  der  Ursünde  ist  nur  die  Richtung  auf  die  Sünde,  r«ia 
innerlich  Und  zeitlosi  und  jede  wirkliphe  ist  ein  Theii  ihres  Er* 
ficheinens,  auch  schon  in  den  Gedanken  und  Begierden«   *£$  ist 
in  Bezug  9uf  die  Sünde  kein  wesentlicher  Unterschied  umtcr  den 
Menschen,   als  das  Verhaltnils,  in  welchem  die  Sünde  i|i  Ihnen 
snr  Erlösung  steht.«    Der  Verf.  neigt  sich  dahin  ejoe  Gleichheit 
der  Sünde  an^uoehmen«  ob  er  schon  die  entgegenstehenden  OriMid» 
Sätze  unserer  Bckenntnifsschriften  nicht  übersieht,  und.  der  Ver-^ 
werfung  je0er   sjij9ischea  Gleichlieit  mit  Melanchthon  beistimmtii 
Allein  er  will  eine/n  verderblichen  Partieularismus  begegnen ,  er 
zeigt,  daCs  nur  der  Unteischvsd  vop  Knechtschaft  und  Yierstockt- 
heit  statt  finde,  jedoch  nur  als  zw^i  Endpunkte^  dafs  die  beiden 
Hauptgestalten  der  Sünde |  concupiscentia   (Empörung  des  Flei^* 
scLes   gegen '  den   Geist  >  und  ignoranda  in  mente  ( auch  caligp 
genannt,  Verdunkelung  des  Gottesbewuistsejns,  durch   die  Herr^ 
Schaft  des  Fleisches)  die  in  Wechselwirkung  stehen,  in  gleichem 
Mafse,verdafflmlich  crrs^iliieinett,  er  sucht  den  Unterschied  zwi^hen 
vorsätslichen  und.  unKrorsätzliehen  Sünden  ebenfalls  aMf  eine  Gleich^ 
stellung  derseibeo  ziu^ück zuführen,  und  die  Meinungen  übeir  die 
^  peecäta  m&rtiUia  ei  venialia    zu   berichtigen,   indem  jene    nichts 
anders  als    die  Suaden'  des  Nichtwied%rgeborenen  sejn  müfstet% 
weiche  ihn  ganz  des  geistigen  Lebens  beraubten^    wovon   doch 
nicht  die  Möglichkeit  eingesehen  werden  könne;  er  bestimmt  die  ^ 
Sünden  der  Wiedergeborenen  als  diejenigen^  vy^clche  itpmer  schon 
vergeben  sind,,  und  die  der  Nichtwiedergeboreueo,  di^  erst  mit 
der  WiedergebdUrt   vergeben    werden  $    jene  hindern   nichl   das 
geistige   Leben,  diese  dagegen  veruis^ehen.  immer  Hemmungen, 
und   so  wie  in  deu  guten  Werken  jedes  Wiedergebofu^n  doch 
immer  ein  'Schatten  der  Sünde  übrig  bleibt^  so  ist  in.  dem  n«'^ 
türlichen.  Menscheiu^   also  auch  eines  edlen    Heiden   (wegen  cten 
verunreinigten  Gott^sbewni^tsejns)  ein  bald  stärkerer  bald  schw^'^ 
cherer  Schatten  des  Guten.  Der  Lesei"  beinerkt  iti  dieser  ganzen 
Theorie  die  Grundidee  und  Weise  des  V^fs«^  welche  alles»  dia« 
lekttsch  zwischen    zwei  Eiklpunkten  aufzeigend  ,^  auch  die  Sünde 
in  dem  Naturgebiete  der  menschliehen  Zustand)!?  betrachtet.     So 
tief  auch    diese  Psjohologie  alles  entwickelt  ^  so  scheint  sie  uns 
doch  den  Begriff  der  Sünde  noch  nicht  tu  ^rsehdpfen.  Denn  et   , 
ist  auch    in   der  beil.  Schrift  sOwoU    als  bei  den  Reformatoren 
von  teuäischen  Sünden  die  B»de,  und  wenn  gkrieb  die  menscii^ 
liehe.  .Natur  nie  gau^   das  Thierische  verläugnet ,  ,  und  nie   gaiiat 

22     . 


34ö  Dögmatik. 

xuftt  Tctffel   itefiken  läfst,    so    crgiebt  sich  doch   eine  doppelte 
RicYitnng  der  Sünflen,  tind  hiermit  ein  innrer  unterschied  ÜTrer 
Grösse.  — -  Zweiter  Abschnitt.  Von  der  Bestknffenhtit  der.  Welt 
in  Beziehung"  auf  die  Sünde  (§.  97  —  loo.).     Das  Uebel  wird, 
hier  als  der  Grund  begriffen,   worauf  w?r  die"  Hemmungen  un- 
sers  Sejns  zurückführen,  und  in  seinem  Zusammenhange  mit  der 
Sünde,    iiamlich   als   Strafe  betrachtet,    jedoch  nur  das  geseUig« 
U'ebei  als  unmittelbar^' das  natürliche  aber  als '  mittelbar.    So  wie 
die  GvündsüYide  eine  Gesammtthat  ist,  so  nimmt  auch  das  ganze 
Mfenschenges'chleCht  an  ihren  Uebeln  Theil:     Wie  der  Tod  dazu 
gcrechiret  wird ,    wie   man   nicht    sowohl  eines  Einzelnen  Sünde 
liiid' Üisbel  auf  einander  beziehen,  wie  man  nrcht  die  Natur  an- 
klagen, wie  nicht  nur  das  gesellige  Uebel  sondern  audh  das  na-« 
türliche   als  mit   der   Aufhebung  der  'Strnde  iir  gleichem   Mafse 
verschwindend,    angesehen    werden  soll—  diese  tirfd   mehrere 
andre-  atich  praktische  Entwicklungen  i>ev^ähr<^fi   sich  ak  christ- 
lich und  für  unsere  Zeit  wichtig,'  wenn  wir   gleich  die  höhere 
Grundidee,  wie  obeuf  bemerkt,  hierbei  vermissem   Das  christliche 
Gefühl'  nnd   die   Lehre  unserer  Behenutnifsschriften  wird' meist 
zustipiThen.     Dritter  Abschnitt,    Von  den  göttlichen  Eigenschaft 
tenj  welche  sich  aitf  die  Sünde  und  das  Uebel  beziehen  (§.   lai 
*— ^io6.>.     Wir  haben  oben  (S.  32Ö  f.)  das  meiste  ans- diesem. 
Abschn.   —   und   nath   der   Architektonik   dieser   Glaubfenslelrre 
(§.  37.  I.  S.  169)  wird  jedes  Dogma  in  Solchen  drei  Abschn it-* 
ten  ausgeführt  —  vorausgenommep.    Die 'Begriffe  der  göltlicberi    ^ 
Heiligkeit   und  Gerechtigkeit  erhalten    allerdings  in    diesem  Zu- 
sammenhange  ihre   Aufhellung.     Da  die  göttlichen  Eigenschaften 
überhaupt  durch ' Zurückführung  auf  die  göttliche  Ursächlichkeit, 
begriffen   Werden,  und   da   in   unserm  Selbstbewufstsejn  Sünde 
und  Gnade   einander   entgegengesetzt  siiid ,   die  letztere   jedoch 
durch    die   erstere   bedingt  ist:    so    mufs    »auch  das   Sejn    der 
Sünde  neben  der  Gnade  von  Gott  geordnet  seyn^  Gott  aber  kann 
nicht  eben  so  als  Urheber  der  Sünde   gedacht   werden,  wie   er 
Urheber  der  Erlösung  ist.«   Unsere  Bekenntnifsschriftcn  gleichen 
diesen   Widerspruch   sO   aus,    dafs  sie   Strenge  darauf  bestehen» 
nicht   Gott   sey  der  Urheber   der  Sünde,   sondern  sie  gehe  aus 
der  Freiheit    des   Menschen   hervor.     Jede  einseitige  Aufhebung 
desselben  zerstört  den' Charakter  des  Christenthüms:  erklärbar  ist 
aber  die  Hinneigung  bald  das  Begtündetsejn  der  Sünde  in  dem 
menschlichen  Willen,  bald  da«  Nichtbegründetsejn   derselben  in 
Gott  als  ein  Nichtsejn   der  Sünde,  in -dieser  Hinsicht  hervorzu- 
heben.  Ein  realer  Widerstreit  gegen  das  göttliche  Gebot  ist  die 
Sünde  nicht.     »Der  Anordnung  und  dem  Willen  Gottes  getnäfis 
ist  die  Sünde  für  uns  Wahres  und  Nöth wendiges  ^  während  sie 
für    Gott   eben  so  wenig  dasselbige  ist    als   irgend  sonst  etwas. 


Dogmatik.  34 1 

was  wir  uns  nui^  durch 'Terneinung  vorstellen,  für  ihn  ämsseh 
bige.ist  wie  für  uns,  <<k  dieses  mittelbar«  £irkeonen  überHaupt 
der  göttlichen  AÜWissenheit  nicht  angemessen  ist.«  Nur  für  den- 
jenigen kann  es  einen  G«gensals-  von  Zweck-  und  Mittel  geben^ 
der  nicht  mehr  ist  als  Mitarsache~{  also  nirgends  auf  GotC  an-* 
^endbar.  Auch  das/jLFebel  ist  nur  in  'der  Freiheit  desMemdien\ 
gegründet,  und:  Gott,  .ist  so  wenig  davoii  als  von  der  Sünde  Ui> 
heberetc.  Alles  dieses  verdient  die  Aufmerksamkeit,  am  so 
mehr,  da  uns  Weder idie  scholastische  JLehre  von  dem  concursus 
Bei  ad  ^'materiale  non  ad  fonmale  actiönU  mcdae^  noch  irgend 
eiue  neuere  Theorie  Äiber  die^  schwierige  Lehre  bishei"  befrie- 
digen konnte;  :Und  die^bereitwi]h'ge  Aushülfe  durch  einen  soge-^ 
naunteu  zulassenden  Willen  Gottes  9  womit  sich  manche  neuere 
Dogmatik  begnügt,  fertigt  unser  Verf. '  wie«  billig  leicht  ab.  Da 
nun.  das  nichtgewordene  Gute  uns  Sünde  ünt^  Uebel  wird,  so 
werden  auch  BegrilFe  von  göttlichen  Eigenschaften  hiernach,  und 
zwar  in  Bezriehung  auf  die  Erlösung  gebildet,  als  zum  grossen 
Theil  nur  verneinende  Begriffe.  Diese  sind  denn  in  Beziehung 
auf  das  Gute  ^und, Böse  die  der  Heiligkeit,  und  in  Beziehung  auf 
das  Uebel  in  seinem  Yerhäitnifs  zur  Sünde  die  Gerechtigkeit 
Gottes,  wovon  schon  oben  (S.  32  6)  gesprochen  worden. 

Zweite  Seite.  Entwicklung  des  Be\hufstseyns  der  Gnade  \ 
(§.  107  fF.) ,,  ebenfalls  in  mehreren  Abschnitten,  Hauptslivcken, 
Lehrstücken,  und  Lehrsätzen.  Die  Einleitung  (§.  107  — *^  *77) 
enthält .  im  Wesentlichen  folgendes :  So  wie  sich  die  Sünde  im 
Gesammtleben  entwickelt,  so  bewirkt  die  Gnade  in  einem  nen^sa 
Gesammtleben  die  Aufhebung  derselben  und  die  Annäherung 
des  Christen  zur  Seligkeit;  der  Separatismus  ist  etwas  Krank-» 
haftes,  {eixtra  ecclesiam  mdla  est  salus,.  gehörig,  verstanden)  denn, 
Christus  ist  der  Stifter  des  Gesammtlebeps;  die  Einwirknng  ist 
göttlich,  und  wenn  sich  gleich  auch  den  Heiden  Gott  nicht  un-^ 
bezeugt,  gelassen ,  so  ist  sie  doch  die  voljkommne,  jede  an dr^ 
ergänzende ,.  da  die  erste  göttliche  Mittheilung  an  die  mensch-*- 
llclie  Natur  eine  unvollkommene  war ;  dabei  liegt  es  im  Bewufst-* 
seyn.  des  Christen,  ^dass  nnsere  .  Unseligkeit  nicht  von  uns  kann 
hinweggenoqamen  werden;  djeses^  geschieht  durch  Christus,  ver- 
möge seiner-  reinen  Uu^ündlichkeit  und  höchsten  VoHkonimen- 
heiij  die  Glaub eitslehre  setzte  voraus  (was  die '  christliche  Apolo- 
getik zu  beweisen  hat),  dass  Jesus  von.Nazareth  dieser  Erlöser 
sej,  denn  sie  will  nicht  erst  Christen  machen,  sondern  sie  über 
ihreO' Glauben  ..verständigen;  sein  Werk  ist  zugleich  Aufhebeu 
der  Strafe,  d.  h.  Ycrsöhnung;  seine  Erscheinung  i^t  wegen  der 
Unsüqtdlichkeit  nicht  auf  den  uns  gegebenen  Naturzusammenhang^ 
sondern  als  Anfang  eines  neuen  geistigen  Naturganzen  riur  auf  ^ 
die  .,  göttliche    Ursächlichkeit ,   zurückzuführen  ;.> sie   ist   also    ein 


34a  ^    ..         Dogmatik. 

Wuoder  sowohl  im  Gamen   als  für  das  Selbtlbewmtsejn  des 
Kia^filnea,  iu  stinem  Uebergaog  mm  eine»  Gesammtleben  in  das 
andre ;  <Ue  Ersch«ioitng  Cbristi  bt  nichts  -anders  ads  die  vpllen- 
deie  Schöpfung  der  menschlichen  Natur;   in   dem  Einen  gdtt* 
Ucbea   Rathschlofs  ist   der  erste  und  zweite  .ächöplungsmoment 
f  erbuaden,  folglieh  auch  der  erste  und  alles,  was  mit  demselben 
gesetat  ist,   in   Beziehung  auf  den  zweiten ,   und  somit  jiuf  den 
Erlöser  I  worauf  sich  die  Idee  von  Vorbildern  und  Weissagun« 
gen  gründet.     Zuerst  ist  nun  der  Zustand  des  Erlösten  zu  be« 
schreiben«    Diese  Angaben,  so  unTollstandig  sie  auch  sind,  wer* 
den  doch   hinreichen,   unsere  Leser  den  originellen   und  inter* 
essanten  Lehrgang   und  ihren  evangelischen  Inhalt  bemerken   zn 
lassen.     Wenn  wir  gleich  unsere  Erinner\iDg  wiederholen  mü^« 
sen,  dab  hier  das  Gemuth  des  Christen  nur  als  etwas  Gegebenes 
betrachtet  wird,  «und  man  also  immer,  jenen  Ernst  yermiist,  wor* 
nach   unsere  Bekenntnifsschriften  die  Offenbarung  dieses  göttli* 
chen  Rathschlusses  durch  Christas   als  vom  Himmel  herab  spre- 
chend und    von   den  Menchen  den  Glauben   an  das  Evangelium 
verlangend,  anerkennen,  so  trifft  doch  das  hier  aufgezeigte  Sul>* 
jective  mit  allen  dem  zusammen ,    was  die  objectire  Lehre  will, 
und  wir  müssen  dem  Verf.   für  das  in  unsern  Zeken  so  hoch* 
wichtige  Verdienst,  -den  auch  hinter   den   Theologen   so  häufig 
verkannten  Christu^lauben  ^    diesem  eine  Thorheit,    jenem  ein 
Aergerails,  so  tief  uod  so  klar  in  seinem  ganzen  Zusammenhange 
aufgezeigt  zu  haben.     /Und  das  ist  gcwifs   ein  Fortsehritt  der 
Dogmatik ! 

Erster  Abschn»  Von  dem  Zustande  des  Christen  ,  sofern 
er  sich  der  göttlichen  Gnade  bewußt  &f^,  (§•  ii3  — ^  4^32.) 
Wir  geben  auch  nur  kurz  den  Inhalt.  Das  Sejn  des  Erlösers 
wird  als  wirkend',  das  Sejn  des  Begnadigten  als  empfangend 
und  aufnehmend  gedacht.  W^enn  der  Verf.  S.  i  17  als  das 
Dritte  zwischen  der  Mitwirkung  und  dem  Widerstände  das  Auf- 
nehmen hinstellt,  das  sich  auf  das  auch  ira  Zustande  'der  Stiud* 
haftigkeit  zurückgebliebene  Gefühl  des  Bedürfnisses  bezieht:  so 
stellt  sich  aiich  wieder  die  oben  bemerkte  Schwierigkeit  dar, 
wie  dieses.  Gefühl  vor  der  .Gnadenwirkung  entstehen  mag,  da 
es  Erkenntnifs  der  Süiide  voraussetzt,  wie  sie  nur  durch  die 
Wiedergeburt  möglich  ist,  und  da  grade  jenes  Aufnehmen  das 
erste  Gute  in  dem  Menschen  ist,  also  ebenfalls  als  ein  Werk 
des  heil.  Geistes  gedacht  werden  mufs;  wir  wissen  aber  auch, 
wie  unsere  Bekenntnifsschriften  die  Sache  nicht  ins  KJare  gesetzt 
haben,  und  manche  ausdrücklich ,  so  wie  auch  Melanchthon,  ein 
solches  Aufnehmen  behaupten.  —  Erstes  HuHptstuck ,  von 
Christo.  (§.  i  13  —  126.)  «Also  sind  doch  Alle  darüber  eip ig, 
dafs  nur  der  für  einen  Christen  in  der  That  gehalten  werden 


•    '        •  ■      ■ 

Ppgtnatik       '  3/(3 

kann,  der  dem  Erjöscr  eine  €ig€y||hümljdi0  Tbüägkeit  auf  das 
menscliiiche  Gesclilecla  zusclirei^tfl^od.  dafs  wo  dieff  Dur  auf 
eine  scheinbare  WeU^  geschieht,  e$  auch  da  mit  dem  Chriatenr 
thum  aicht  sonderlicher ^^Erust  seyn  karjn.  P^np  .  koufiie  auch 
eiu  andrer  Ctiristi  Geschäft  bmF  Erden  v«rriQht.€a:  so  darf  auch 
Christus  nicht  von  allen  Andern  unterschieden  werden»  Wer 
si eh ts  nicht,  dafs  dieses  wichtige,  uki4  voq  di^m  Verf.  weiter  he^ 
gründete  und  bestimmte  Urtheil  dahin  führt,  yv\p  lOan  pur  mit 
solchem  Christusglauben  ein  christlicher  l«ehr^r  aeyn  d|rf  ?  )>Diie 
Thäpgkeit  und  Würde  Christi  sind  ein^  das  Maafs  fiir  die  an- 
dre.» ■—  Eiiftes  Lehrstück,  von  der  Person  Christi»  (§.  tn4'*^ 
lao.)/  Der  Christ  bezieht  die  Forderung  des  höheren  Lebens 
in  seinem  Bewufstscvn  auf  das  Geschichtliche  und  UrbildlichiP 
in  der  Pierson,  des  Erlösers  unzer crennljjqli  vereint;  denn  keins 
kann  ohne  das  andere  das  christliche  Gesammtleben  erk|äriei|« - 
Wie  könnte  aber  die  christliche  Kirche  da  $eyn,  wenn  nicl|t 
grade  d,ieser  urbildliche  Christus,  als  Mensch  ^u  Seiner  Zeit  gct- 
bohreh  wai'dy  da  der  sündhafte  Mensch  nicht  Vin  reitjes  Urbild 
in  seinen  Gedanken  zu  örz^ugen  vermag?  -^  Konnte  nun  das 
die  menschliche  Natur  nicht,  so  mufste  der  Menschheit  dieses 
Urbild  auf  eine  andre  ^rt  werden ,  nicht  etwa  als  Entwicklung 
durch  einenausgezeichnetQu  Juden,  und  na^ih  dex  grofsen  Perfectibi* 
lität  seines  Instituts,  --^  «hierbei  bliebe  der  eigendiche. Gegen- 
stand unsers  Glaubens  nur  ein  Gespenst  (Gespinnst),  und  jeder, 
der  einen  neuen  urbildlicl^en  Zug  in  das  Gemälde  hineingeti^T 
gen,  hätte  zu  dem  geraeinsamen  Werke  der  Zeiten  etwas  hin- 
zugethan ,  vyas  in  Christo  selbst  ni<;ht  lag.  Er  also  ij^t  auch 
dann  als  Erlöser  nichts;  das  'Gesammtleben  aber  hat,  sofern 
doch  dessen  Einheit  ayf  Christo  b^rulieji  spU,  seine  Haltung  nur - 
in  einer  Reihe  voii  Irrthümern,  oder  wohlgemeinten  Täuschung» 
gen.i  Wollte  man  das  Christeothum  blofs  geschichtlich  erklä- 
ren, so  wä^e  es  ^eine  neue  Evolution  dei),  se/  es  auch  mit  ei- 
ner fiemden  Weisheit  gesättigten  Judenthums,  und  Christus,  wie 
er  auch  von  vielen  dargestellt  wird,  nur  ein  mehr  o4er  vi'eniger 
revolutionärer  jüdischer  Lehr-  und  Gesetz  verbesserer.»  Sein 
Urbild)ichcs  mufste  sich  nun  in  der>  Zeit  seines  Heran waclise ns 
entwickeln,  f o  auch  sein  Gottesbewulstseyn ;  man  darf  da  keine 
empirische  Allwissenheit  annehmen,  denn  damit  hebt  man  ^eiue 
Menschheit  auf;  er  war  «al^  Anfänger  eines  ziir  Verbreitung 
über  das  ganze  menschliche  Geschlecht  bestipiniten  neuen  Lcbeii^ 
dadurch  von  allen  andern  Menschen  unterschieden)  dais  das  ihm 
einwohnende  Goltesbewufstseyn  ein  wahres  Sejn  Gottes  in  ihm 
war.»  Wenn  der  erste  Mensch,  wie  hierbei  behauptet  wird, 
vor  der  ersten  Sünde  nicht  mehr  GJeichlieit  nu^  ^^^  Erlöser 
gehabt  haben  soll,   wje  wir  unter  der  Sünde,    ^o  fuhrt   das  zu 


\ 
I 


344  Dogmalik. 

HypotYiescn  über  di«  av»fiMp/^a(ot^  welcbe  sieb  foiebt  bbne  "Wi- 
'dersprfiche  halten  lassen;  mm  bedenke  nur  das  non  potuit  pec^ 
care  sed  potuit  non  peccare,  welches  §.  178  erklärt  wird,  das 
aber  di^ch.in  Subtilitäten  überschlägt,  und  bleibe  lieber  bei  der 
einfachen  biblischen  Lehre   nach  Hebr.,  4?  ^^j  ^j  8-     Doch  wir 
empfehlen    das  aufmerksame    Lesen  dieser  §§•,   ^^^  ™^^  unge« 
mein  tiefen  Blicken    in   das  innere   Leben    das   Verbältnifs  des 
Menschlichen  zum  Göttlichen  in  dem  Erlpser  aufzuhellen  suchen, 
welches  letztere  in  ihmi  nicht,  wie  in  andern  Menschen,  als  ein- 
'  zelne  Strahlen,  sondern  absolut  geoffenbaret  worden.     Er  wird 
hier  so  recht  als  der  zweite  Adam  dargestellt,  mit  Welchem  Gott 
sein  schöpferisches  Werk  vollendet  hat.  Die  Aeusserung  (S.  497), 
dafs  «jenes  Sejn,  Gottes  in  ihm  sein  innerstes  Selbst  ausmacht,^ 
wird   im   Folgenden   zum   Grunde  gelegt.    -—    Erster  Lehrsatz^ 
In    Christo  waren  die  göttliche  und  die   menschliche  Natur  zu 
Einer  Person  verknüpft ^  (5*  ii7«)     Die  Zusammenstimmung  mit 
den  Bekenntnissen  wird  gezeigt,  aber  die  Schwierigkeit  des  Aus- 
drucks bemerkt,    so  auch  das  Schv^anken  zwischen  Vereinigung 
und  VerknüpfuDg.     Das  letztere   Wort  hat  der  Verf.  gewalilt, 
ohne  damit  die  Nestorianische  avva^siet  zu  meinen,  denn  er  steht 
vielmehr   in    Gefahr   der  monophjsitischen'und  monotholetischea 
Meinung.     Und   in   der  That  sehen  wir  nicht,    wie  das  «reine 
Sejn   Gottes  unter  der   Form  des   Bewufstseyns    und   der  be- 
wufsten   Thätigkelt»   als  das  Unterscheidende  zwischen  ihm  und 
allen  andern  Menschen,  da  unser  Gottesbcwufstsejn  verunreinigt 
und  verdunkelt  ist,  aufgestellt  werden  kann,  ohne  die  zwei  Na^ 
turen  fallen  zu  lassen,  oder  ia  den  Pantheismus  zu  gerathen  — 
und  was  wäre  dieser  letztere  in  Bczlehnug  auf  den  geschichtli- 
chen Christus   anders  als   ein,    nur   von    gn ostischen   Phantasmen 
gereinigter,    Doketismus?     Desto    mehr   stimmen   wir   der   Auf- 
gabe bei,   diese  Lehre  sich  nicht  in  jenen  scholastischen,   uuer- 
baulichea  Formeln  bewegen  zu  lassen,  sondern  nach  der   einfa- 
chen biblischen  Lehre:   das  Wort  ward  Fleisch,  —   Gott  war 
in  Christo,    besser  zu  formen;. denn  allerdings  zeigen  die  Satze 
.  de  eomtnun.  ideomatum  seit  der  Concordienformel  ^welcher  freie 
Spielraum   der    spitzfindigen  Leerheit«    darin    eröfinbet  worden. 
Vor  einem  halben  Jahrhundert  hätte  man  wohl  in  einigen  Aeus- 
serungen  dieser  Theorie  Sociniani^mus  finden  mögen,  doch  wiir- 
'  den  andere  diesen  Vorwurf  bald  wieder  wegweisen.    BTei  dieser 
Gelegenheit  fühlt   indessen  der  Verf.  dafs  eigentlich  die  Dreici- 
nigkcitslehre  vorausgehen  müsse,  rechtfertigt  aber  seine  Umstel- 
lung  damit,     dafs   sie  doch    wieder  auf   die   Lehre    der  Person 
Christi  verweisen  müsse.  Aber  mufs  sich  nicht  bei  jedem  früher  er- 
stellten Dogma  auf  die  folgenden  bezogen  werden,  wie  der  Vei  f. 
selbst  das  von  der  Sünde  auf  das  folgende  von  der  Gnade  bc- 


;v  .'«M.  •■■  ■«■ 


-Dogmatik. 


345 


f 

lieht?    Mit  Beehr  rügt   et  beiläufig  die  natürliche  Scheu  man- 
cher The<^og^n  vor  dem  sjmbol.  Namen  Christus,    weil  sie  ihn 
nur  als  "dert  Menschen   Jesus    Virollen  gelten  lassen.  —     Z weiter '^ 
LehrsatZj  Christus  war  seif^r  Menschheit  nach  vor  allen  Andern 
üusgezeichnet   durch  seine    übernatürliche  Zeugung ,^  durch   seine 
eigenthündiche  Vortrefflichkeit,  und  durch    die   Unpersonlichkeit 
der  menschlichen '  Natur  in  ihm  abgesehen  von  ihf^eV  Vereinigung 
mit  der  göttlichen  (§.  i«8.).  Wir  brauchen  diesen  so  kirchlich     ' 
bestimmten   und   dabei  fein  und  reich  ausgeführten  Satz  nur  au-      / 
2uzeigen;  und  gehen  sogleich  weiter.     Dritter  Lehrsatz,  Bei  der 
Fereinigung  des  göttlichen  H^esens  mit  der  menschlichen  Natur 
in  Christa  war  das  göttliche  fVesen  allein  thätig  oder  sich  mit' 
tfteitend,    und  die  menschliche  Natur  allein  leidend  oder  aufge^ 
nojnmen  werdend;   im  Vereintseyn  beider  war  auch  jede  ThätjLg- 
kcit  eine  gemeinschaftliche  beider  (§.  ag.).  Eben  so;  nur  vAe* 
tierholen  sich    uns   hierbei  obrge'  Bedenklichkeilcn  über  die  Art, 
wie  die  Vereinigung  (die  unio  nicht  die  unitio)  der  beiden  Na- 
turen hier  gedacht  wird.  Im  §.v  120.  ist  der  Zusatz;  Die  That- 
sacken   der  Auferstehung  und  Himmelfahrt  Christi y  so  wie  die 
Vorhersagung  seiner   IViederkunft  zum    Gericht   stehen. mit  der 
eigentlichen  Lehre  von  seiner  Pers<>m  in  keinem  unmittelbaren  und 
^enaiien    Zusammenhang.     Ohne' Widerspruch    der    kirchlichen 
Lehre,  wie  es  der  Verf.  bestimmt,  da  er  allerdings  einen  mit- 
telbaren   Zusammenhang   annimmt.      i^Denn   ich    sehe    nicht    ein, 
sagt   er    (  S.    25i)    wie  man  die  Auferstpfiung  Christi  als  buch- 
släbHche^  Thatsäche  läugnen  kann,  ohne  zugleich  die  elgenthnm- 
liche  Würde    Christi   zu  läugnen,    deshalb   nämlich,    weil  seine 
nächsten  und  unmittelbarsten  Jünger  davon,  als  von  einer  ausser-, 
liehen  Tlxitsache  reden.«  —     Zweites  Lehrstück. ,  Von  dem  Ge- 
schäft Christi  f§.  121  —126.).    Vorerst  wird  gezeigt,  dafs  die 
«lösende    Thätigkcit   Christi   in   der  Mitthcilung  semer  ünsünd- 
lichkeit  und  Vollkommenheit,  die  versoluiende  in  der  Aufnahme 
i«  die  Gemeinschaft  der  Seligkeir  besteht  (§.121.122.).   JDurth 
Leljre  und  Beispiel  nach   cbionitischer  (armseliger)  Ansicht,  k£^n» 
nämlich  nichts  anders  als  Wachsthum   in  der  Vollkommenheit  be- 
wirkt Verden,  damit  abfer  hört  das  Bewufstsejn  der  Si'inde  nicht 
auf.    Dafür  mufe  uns  vielmehr  BewuFstsejn  der  Gnade  werden, 
>velches' dadurch  geschieht,  dafs  die  That  des  Erlösers  zu  unse-^ 
rer  eignen  That  wirdj  er  stiftet  in  uns  das. neue  Leben,  wovoii 
den  Christen   die   eigne    Erfahrung   überzeugt,     »hi  seiner  Ge-^ 
loeinschaft    mit  uns  bestimmt   das  ^sündige  Leben,,  nicht  als  sein-© 
That  sondern  als   die  unsricc,   das  in  ihm  wohnende  Ccntralbe- 
wufstseyn    unsere   GesammUebcns   und   weiset   semer   Thätigkeit 
ihren  Gegenstand  und  ihre  Kichiung  au.«     So  kann  auch  nichi 
in  UQs^rer  zunehmenden  Verbesserung  unsere  Vcrsöimung;  Kegeu. 


340  Dogmatik. 

■n. 

iSurcK  st«  stiftet  Christus  ein  selige  Gesammtgefiihl  für  alle 
Gläubige,  Sünden  vergebend,  und  mit  weiterer  Eptwicklung  seg- 
nend. Die  geistvolle  Erörterung  über  das  Versöhnende  iii  dem 
Leiden  und  Thun  (Gehorsam)  Christi,  die  trefflichen  praktischen 
Blicke  I  die  Deutung  des  Christus  in  uns  ^.  s.  vi%  müssen  wir 
wiedier  übergehen.  Hierauf  von  den  drei  Aemtern  Christi  nach 
der  kirchlichen  Lehre,  .welche  der  Verf.  in  3  Lehrsätzen  eben 
so  geistreich  als  kirchlich  in  ihrer  hohen  Bedeutung  für  den  Chri* 
sten,  allerdings  für  den  eben  recht  hel(denkenden,  aufzeigt.  Da- 
bei das  Verhältnifs  dieser  Aemter  zur  jüdischen  Theokratie;  das 
Zusammengehören  derselben,  sq  dafs  man  das  Christenthum  ^ar 
nicht  versteht,  wenn  man  eins  abtrennt,  und  z.  B.  Christum  blofs 
als  Herrn  durch  seine  Lehre  ansieht;  auch  gehört  Weissagen 
und  Wunderthun  zu  aoioem  prophetischen  Amt;  hierbei  über 
dief  Taufe  Jesu  htei  Johannes^  über  seine  Gesetzlichkeit,  über 
Weissagungen  und  Wunder;  ferner  über  seinen  thätigen  und 
leidenden  Gehorsam,  und  üb^r  seine  Vertretung  der  Gläubigen 
beim  Vater;  wie  Christus  regiert,  wie^ie  Kirche  ^ich  durchaus 

.  nicht  iu  das  weltliche  Regiment  einmischt,  wie  aber  der  von 
Christus  Regierte,  er  sey  Unterthan  od«r  Obrigkeit  sich  aufs 
beste    in    seinen   bürgerlichen    Verhältnissen    beweiset.  —   ( ^n 

.  Wort  zu  seiner  Zeit,  das  wir  durch  das  Wort  Melanchtlions  uo- 
tersttitzen  möchten :  dexterius  est,  rion  mtscere  üuempestive  poli- 
tiects  sententias  et  evangelium;  denn  das  Evangelium  hai  nichts 
mit  der  Politik,  wie  auch  unserere  Bekenntnifsschriften  ausdrück- 
1^'ch  erklären)  -—  wir  möchten  ganz  besonders  4iejenigeo  Theo- 
logen, welche  alle  jene  Dogmen  nur  von  der  Seite  eines,  meist 
nur  abgeschmackt,  vortragenen,  Aggregats  von  Buchstaben  ken- 
nen, zum  Studium  dieses  Abschnitts  verpflichteq,  uni  das  Chri- 
stenthum utid  unsere  kirchliche  Lehre  besser  verstehen  zu  lernen. 
Zweites  HauptstucL  Von  der  Art,  wie  die  Etldsung  iß 
der  Seele  ßiifgef^ommen  wird;  (g.  127 — iSa.)  und  hiermit  die 
beiden  Lehrstücke,  von.  der  J^f^ieder gebwt  und  von  der  Heili- 
gung, jene  ausgehend  als  der  Anfang  des  neuen  Lebens  aus  der 
Gemeinschaft  mit  Christus,  diese  als  Entwicklung  bedingt  durch 
die  von  ihr  angeordnete  Gemeinschaft  der  Gläubigen,  also  durcii 
die  Kirche.  Die  göttliche  Thätigkeit  bei  jener  ist  die  Rechtferti- 
gung, Idie  Veränderung  in  dem  Menschen  die  ^ekchrimg.  »Dals 
Gott  den  Menschen  rech'ti^riigt,  schliefst  in  sich,  dafs  ihm  seine 
Sünden  vergeben  werden,  und  er  als  ein  Kind  Gottes  anerkannt 
wird.«  Der  Verfasser  sieht  in  dem  bekannten  Streitpunkte  der 
Unscreu  ^nd  der  Rom.  Kirche,  so  wie  er  hingestellt  wird,  dafs 
uns  die  justißc.  ein  blosser  actus  Dei  immcuitns  et  forßnsis  ist, 
ihr  aber  eine  umwandelnde  Thätigkeit,  nur  einen  Wortstreit.  So 
ft6br  «eine  dialektische»  Eröiterungen  diese  wichtige  Lqhre,  (»der 


Dogmatik.  347 

erste  und  HätipUrtikel  —  Ton  diesem  kann  man  fiVchft  weicYien 
oder   nachgeben,   es   falle  Himmel  und  Erden,  oder   was   niclil 
bleiben  willc   sagt   Luther  in  den  Schnialkald.  Artih)   deutlicb 
machen,  und  also  auch  in  ihrer  hohen  Wahrheit  zeigen,  und  so 
sehr  wir  der   billigen   Beurtheilung  der  Römisehkathol.    Lehre 
beistimmen,    eben  so   wie  wir  es  unserer  kirchlichen  Lehre  ge*- 
iDäfs   finden,    da£s'die  Declaralion  und  Causaiität  in  dem  göttli» 
chea  Act  nicht  getrennt  werden  darf:    so   tragen  wir  doch  Be» 
denken,  den  dissensus  grade  so  zu  stellen,  wie  er  hier  «rscheint. 
Denn  so  gewifs  dzs  Kämpfen  gegen  das  hierarchische  Princtp  noch 
Dicht   beide   Ktrch44i    entzweit,    d^   sie  beide  dazu  zu  gut  sind, 
und  beide  etwa»  Höheres  anerkennen ;    so  gewifs  mufs  jede  dais 
Innere  und  Wesentliche  ihres  Unterschiedes,  das  in  der  Art  liegt^ 
wie  sie  das  Verdienst  Christi  auf  sich  beziehen,  genau  bestimmt 
werden,  und  das  lict^t  nicht  sowohl  in  Worten  als  in  der  S«^che. 
Doch  können  wir  hier  nicht  weiter  darauf  eingehen,  und  wollen 
uns  also    auch   lieber   kein  Ürthei)   über  diese   Theorie   unsers 
Verfs.  erlauben,  sondern  sie  vielmehr  wegen  ihrer  eben  so  ire^ 
nischen  als-  evangelischen  Tendenz  dem  Studium   der  Leser  em<- 
pfehlen.     Die   Lehre    von    dem  seligmadi^nden    Glauben    erhalt 
hier'  ebenfalls  ein  zcitgen^ässes  Licht,  »Wir  aber  verstehen  unter 
dem  Glauben  nicht  ein^  Ueberzeugung  aliein,  oder  die  Annahme 
einer  Kenntnifs,  sondern  nur  eine  solche,    welche  zugleich  eine 
Bewegung  des  Willens  ist  3«  mit  Anführung  der  schönen  Definition 
Melanchth.   de  voc.   fid.     Und  wer  von  den  Uosern  wird  niclit 
von  ganzem  Herzen  beistimmca?     Nicht  minder  auch  in  Folgeu« 
dem    (S.   332  \     »Denn  unerachtet    (der  Verschiedenheit  des 
Sprachgebrauchs)  dürfen  wir  nicht    etwa  nur  an  der  Sache  hal* 
ten,  das  Wort  aber  allenfalls  aucli*  fahren  lassen,  sondern  da  der 
Andruck*  uns    völlig   einheimisch    geworden,    als    UeJjersetzung 
dessen,  wodurch  die  Ursprache  der  hell.  Sehr,  den  Gemöthszu- 
stand  des  Menschen  bezeichnet,  der  sich  in  der«  lebendigen  Ge- 
meinschaft Christi  zufrieden  gefällt  und  kraftig  fühlt,  und  da  er 
einen  neuen  geschichtlichen  Werth  für  uns  gewonnen  hat  in  dem 
Streit  gegen    die   Werkheiligkeit  der   röm.    Kirche:   so   müssen 
wir  ihn   auch  bei  seinem  wohlerworbenen  Recht  Schützet ,    um 
so   mehr   als  die  Sprachgemäfshcit   dieses  Gebrauches  leicht  ist 
nachzuweisen.«     Das  würde  Lutlier  jetzt   auch  sagen,  in   seiner 
Art,  «oben  so    kraftig   wie    dort:    »das   Wort   sie   solleti   lasse« 
stebn!c   —     Zweitem   Lthfst.     Fixn  dem  Lehen  des  Erlösten  in 
der  Gemeinschaft  mit  Christo,  oder  von  der  Heäigung,     Sic  ist 
eine  Annäherung   zur  göttlichen  Heiligkeit,    da   die  ^nde  sich 
immer  ra^hr  verliert  und  das  Leben  de«  Christen  das  Gewissen 
in  Andern  weckt  wo  es  schlummert,  und  da  in  diesem  neuen  Le«« 
bcn^alle  seine  Tbatigkeiten  durch  das  ihm  mit  Christo  einwohnende 


348  -  Dogmatik. 

Gottesbewafstseji!  bestimmt  werden.  Die  -Nachwirkungen  der 
fleischlichen  Person UchkeitWibmen  indessen  die  Fortschritte  cler 
Heiligung,  welche  aus  der  Thätigkeit  des  Glaubens  durch  die 
Liebe  entstehen«  Hierbei  voii  den  Gnadenmitteln  und  den  guten 
Werken,  von  der  Askese,  von  Versuchungen,  von  den  Sünden 
der  Wicdergebornen,  der  gratia  corperahs,  dem  usus  legis j  der 
versci^erantia  —  und  alles  dieses  mit  ungemein  praktischen  Ein- 
sichten. -—  Doch  damit  diese  Anzeige  nicht  ein  Biichlein  über 
'  e'm  Buch  werde ,  geben  wir  die  folgenden  Abschn,  blofs  an, 
die  dem  Geist'  des   vorhergelienden  getrau  sind.        . 

'  ZweiUr  Ahschn.    Von  der  Beschaffenheit  der    Welt  in  Be^ 
zi^ung  auf  die  Erlösung,     Die  ältesten  Symbole  haben  im  rei- 
feren Texte  nicht  beides  znsankmen:  Gemeinschaft  der  Gläubigen, 
und  christl.  Kirche;  indessen  unterscheiden  doch  unsere  protest. 
Bekemitnifsschriften  beides.    Erstes  Hauptst,  Von  der  Entstehung 
■  der  HSrche»  Erstes  Lehrst.  Von  der  Erwählung ;  in  3  Lehrsätzen. 
Es   ist    folgerichtig  von  dem  Verf.  dafs  er  das  christl.  Mitgefühl 
hierbei  berücksichtigt;  dafs  er  nur  l^ine  göttl.  Vorherbestimmuiig, 
Dämlich  die  Erwählung  zur  Seligkeit  in  Christo  annimmt,  worin 
er  also  mehr  mit  Mclanchth.  als  mit  Calvin  zusammenstimmt,  da 
der  letztere  das  decr,  absol.  auch  auf  die  Verwerfung  ausdrück- 
lich   bezog;    und   dafs   sie    uns   als  Mittelpunkt   der/HÜgemeinen 
Weltordnung  erscheint"  nur  durch  das  göttliche  Wolilgelallen  be- 
stimmt.   Die  ti^f-r  und  scharfsinnige  Weise,  wie  der  V^rf.  diese 
schwierige  Materie   schon    anderwärts   behandelt  hat,    wird  auch 
•hier,  nicht  Vermifst;    wir  müssen  sie  aber  übergehen. —    Zweites 
Lehnst,    Vom  heü.   Geist,^  Die  ehr.  Heiligung  führt  in  der  Ver- 
bindung mit  den  Gleichgesinnten  das  ßewufstseyu  eines  Gemcin- 
geisies  mit  sich,  der  sich  erst  «nach  der  Entfernung  des  Erlösers 
von  der  ^rde  entwickeln  konnte;    wer  nun   seitdem  in  die  Ge- 
meinschaft Christi  aufgenommen  wird,  nimmt  auch  diesen  Gemciu- 
geistih  sich  auf,    Erster  Lehrsalz.  y>DeT  heil.  G^ist  ist  die  Ver- 
einigung des  göttlichen  Wesens  mit  der  menschl.  Natur  unter  der 
Form  dcrrdas  Gesammtleben  der  Gläubigen  beseelenden  Gemein- 
schaft.« «Hierbei  weiset  nach  der  Analogie  der  Vereinigung  der 
beiden  Naturen  in  Christo,  der  Vrf.  auf  seine  Xrinitätslelire  hini 
Der  3te  Lehrs.  sagt,  dafs  »Christum  in  sich  haben  und  den  beil. 
Geist  haben  eines  und  dassefbe  sey;«:  der  3 te  Lehrs    herfst;  ^Dit* 
•  durch  die  gemeinheitbildeude  Vereinigung  des  göttlichen  Wesens 
mit   der   menschlichen    Natur  bestehende  »christU    Kirche^,   ist  in 
ihi'er  Vollständigkeit   das   Abbild    des  durch  die  persOubildendc 
Vereiiiigung  bestehenden  Erlösers;  und  jeder,  der  in  der  Wie- 
dergehurt ist  des   beil.  peistes  theilhaftig  geyvorden,   ist  ein  er- 
ganzendLe&  £lied  jener  Gemeinschaft.^  -^  Zweites  Hauptst,  f^on 
dem  Mesuhen  der  Kitebe  in  ihrem  Zusammenseyn  mit  der  IVeh- 
Erste  Hölfu^  Die  wesentlichen  und  unveränderlichen  Grimdzüs^  der 


,   Dogmatik.  349 

Kirche;  und  biernach  wird  im  /ten  Lehnt,  f^on  der  heiL  Sehrifti 
im  stten  Lehrst,  /^o/i-  dem  Dienste  im  göttl.  WoHe;  itoi  3ten  nfon 
der  Teuife,  im  4feH  vom  heil.  Abendmahle,  im  Anhang  nfom  Begriff 
Sdciament,  im  *5ten  Lehrst,  vom  Amt  der  SchlOssei}  und  im  ölen 
vom  Gebei  im  Namen  Jesu  gchandeh.  Wie  viel  Interessantes  wäre 
hier  zu  betrachten^  womit  der  Vf.  unsere  kirchliche  Lehre  in  ihrem 
tiefen  Gehalt  vorlegt !  -—  Die  zweite  Hälfte^  das  ff^andelhare  in  der 
Kirche  vermöge  ihres  Zusammenseins  mit  der  H^elt  Ttdet  yon  di^r 
sieht-'  tuid  unsichtbaren  Kirche,  von  der  Untrüglichkeit  nur  der 
letzteren,  von  der  Mehrlieit  der  crsteren,  von  der  Gemeinschaft 
der  nebeneinander  bestehenden  Kirch engesellsc5haften,  und  dufs- 
alle  Trennungen  iti  der.chr.K.  nur  vorobergehend  sejcn,  von  der 
Unvollkommenheit  einer  jeden,  Und  von  ihrer  Vollendung;  drei 
Hauptstücke«  Die  Lehre  von  den  letzten  Dingen  wird  als  4  pro- 
phetische'  Lehrstücke  abgehaodeit. '  Die  Bekenntnifsschriften  sind  ^ 
in  dieser  Lehre  uiclit  so  viel  wie  in  den  früheren  angeführt^^mchr 
über  die  Bibelstelien;  Der  Vf.  wiederholt,  bei  dem  Punkte  von 
der  Vollendung  der  Kiirche  :  »der*  unmittelbare  Werth  eines  jeden 
Lehrstücks  sey  Wunder,  den  es  als  Beschreibung  des  ehr.  Selbst- 
bewufstscjni  hÄt«*— •  Der  dritte  Abicbn.  f^on  den  göttlichen  Et- 
t};cnsckaften^'  welche  sich  aaf  die  Gnade  und  die  Erlösung  beziehen-, 
(§.  180— #75;)  ist  kurz,  indem  er  das  Gatnze  zum  Schlüsse  bringt, 
der  auf  den  letzten  Blättern  (§.186— rgo.)  von  der  Dreieinigkeit  . 
redet.  Die  {^otiiiche  W^ltregierung  hat  die  Kirche  zum  Gegenr  ,  , 
stand,  und  stellt  sich  dar  als  Liebe  und  Weisheit.  -  Wir  haben 
oben  das  Letzte/ in  diesem  Svsteffl  voran  betrachtet. 

So  sehen.  vi(ir  denni*  durchans'  die  Beschreibung  d^^>  ohristr 
lichen  Gemüthes,  und  wie  dasselbe  im  aufgeklarten  Bewufstseju 
alle  diese  Lehren,  als  währ  und  zur  Einheit  des  Christentbums 
i^ehörig  annimmt';  und '  hiermit  ist  der  christliche  Glaube  nai^h 
den  Grundsätzen,  der  evapgelischen  Kirche  im  Zusammenhange 
dargestellt.  Wir  finden  auch  meist'genaue  Zusammenstimmüftg  . 
mit  unser n  Bekenntbifsschriften.  Es  ist 'auch  nothwendig,  da^ 
das,  was  in  dem. Gefühle  des  evang.  Christen  vorkommt^  gf^de 
dasselbe  seyn  mufs ,  was  di^  Lehrer  aufstellten ,-  welche  das  ' 
Evangelium  genau  kannten;  es  ist  natürlich,  dafsderjenige,  welr 
eher  dus  christliche  Gemüth  betrachtet  •  und  beschreibt |.  genau 
mit  dem  Dogmatiker  übereiiistinraien  mufs,  welcher  die  Glaur 
})ens|ehreu  in  ihrem  objectiven  Grunde  und  Zusammenhange  • 
iiufzeigt.  Dieser  betrachtet  sie  von  der  SeitCj  wie  sievou  oben 
t^egeben  sind,  und  so  finden  wir  es  in. der  Weise . unserer  Kf^ 
lorraatoren:  jener  fafst  sie  auf  xunäohstj  wie 'sie  ip  dem  Ge*' 
iiiüthe  des  Christen  aufgenommen  sind^  und  hierin  finden  wir 
den  Charakter  der  vorliegeit den.  Glaubenslehre* •  Sie  beschreibt 
die  wunderbare  JSrschetUung  des*  Christentbums  ^  und  deutet 
allerdings   dabei  fast   in  jedem  Puncte  auf  seineu  Ursprung  inon" 


\ 


35o  Dogmatik« 

oben  hio;  ja  sie  beschreibt  auch  das  GStdicke  iii  «leir  Witder-» 
gebuft«  tind  argnmentirt  bündig,  dafs  wie  der  Measch  die  Ent- 
stehung des  Lebens  überhaupt  als.,  das  schöpferische  Moment  an- 
sehen raüsse^  so  der  Christ  sein  neues  Leben  QUr  von  dem  hei* 
ligen  Geiste  in  Christo  ableiten  Lünne,  und  dafs  der  Gläubige 
im  festen  Bewufstsejm  der  Wahrheit  stehe  (vrgL  ILS.  a65*  3ai. 
329.  u«  a.  nebst  den  früher  bemerkten  Stellen).  Die  wahre 
und  feste  Ueberteugung ,  die  den  Christen  beruhir^t,  kann  er 
nicht  Andern  andemonstrireo ,  wenu  uicht  der  heilige  Geist 
durch  das  Wort  auch  in  ihnen  das  neue  Licht  und  Leben  ent- 
fttindetf  und  so  sagt  unser  Verf.  auch  hierin  einstimmig  mit  dem 
Geiste  , unserer  kirchl.  Lehre^  wie  auch  mit' Joh.  7,  6  fg., 
(S.  2t 65),  dafs  er  die  Vielen,  welche  dem  christlichen  Bewulst- 
sein  die  Wahrheit  abspiiechcn,  nicht  anders  als  nadi  dem  vor- 
gesetzten Motto  widerlegen  könne,  indem  er  %u  verursachen 
suche,  dafs  sie  es  sMst  erfahren.  Allerdings  ist  so  das  Christen- 
thnm  eine  Sache  der  Selbsterfahrung  und  hiermit  auch  der  Be- 
schreibung. Das  Anfangswort  des  Christenthums :  fisroa/osh 
xgLf  TiseierR  a/^  hjcovy  %^i^ov  kann  entweder  als-  von  Gott  er* 

^  gehender,  oder  als  voii  deaa  Menschen  vernommener  und  in  dem 
Herzen  wirkender  Ruf  betrachtet  werden.  Das  letztere  tkt 
diese  Glaubenslehre,  das  Erstere  'thun  die  Reformatoren.  Sie 
lassßu  das  Evangelium  mit  erneueter  Stimme  erschallen  (wie  sie 
auch  den  Ausdruck  sonore  in  ecclesia  lieben)   und  lehren  daher 

\  mit  jenem'  apostolischen  Ernst.  So  sprechen  sie  ita  Deus  sese 
patefecit,  et  ita  ipse  eist.  Dnser  Vf.  aber  geht  von  dem  Histori- 
schen der  sich  vorfindenden  Glaubensarten  aus,  findet  unter  die 

<  sen  das  Chrisienthum,  vergleicht  es  mit  den  anderen,  erkennt  es 
als  die  vorzüglichste  und  siegreieh  bleibende,  zeigt  ihren  göttli' 
chen  Ursprung,  und  spricht  aus  ihrem  Ld>en  und  ihrer  Wahr- 
heit ihre  einzelnen  Sätze  als  Einheit  >us.  Das  führt  nun  aUeidiiii;s 
auf  jenes  zurück,  aber  es  erscheinen 'doch  alle  Glaubensaften  und 
niiter  diesen  die  christliche  zunächst  unter  dem  Naturgesetze.  Wir 
sagen  zunächst.  Und  so  wird  noch  ein  höherer  Standpunkt  ver- 
mifst.  Mag  man  nun  jenen  der  Reformatoren  und  unserer  Kirche, 
das  historisch  geoffenbarte  Wort,  oder  den  philosophischen,  <li(' 
Offenbarung  Gottes  in  der  Yeruunftidee,  vorziehen,  genug  ^"«^ 
Ernst  und  zur  Erhabenheit  der  wissenschaftlichen  Glaubenslehre 

m  scheint  uns  das  eine  oder  das  andre  hinzukommen  zu.  musseti' 
Oft  hätte  Rec.  bei  dem  Lesen  dieses  Werks  ausrufen  mögen ; 
"Wäre  auch  dieses  da,  wie  gerechtfertigt,  wie  neu  aufgehellt,  >vi^ 
geistreich  ansprechend  mä^te  nnserm  Zeitalter  unser  herrlicher 
evangelischer  Glaube  im  Geiste  ja  auch  in  den  Worten  unserem 
Bekenntmfsschriften  erscheinen  l  Wenn  der  angehende  Theolog^i 
der  sein  CoUegtum  der  Dogmatik  gebort  hat,  dieses  Werk  >» 
Verbinduog  mit  einer  mehr  von  der  YemBtt^iiidetfy^  wie  aacb  <b'^ 


Dogmatik.  35 1. 

einer  die  Biielstellen  iexegetiseh  betiandelnden  liealj  so  wurde  er  dem 
jetzigen  oder  vielmehr  Jetzt  werdenden  Zustande  unserer  Wissen* 
Schaft  gemafs  sein  System  gruadiicher  und  T<dlständiger  bilden, 
als  es  gewöhnlich  im  akademischen  Studium  zu  ges|^eheu  pflegt. 
Denn  da  ist  er  noch  Anfänger  in  dieser  schweren  Wissenschaft,  und 
braucht  nicht  viel  die  leichtsinnigeStimme  der  Zeit  za  hören,  so  sieht 
er  die  ganze  Dogmatik  als  einen  ^er  weifs  welcheii  Plunder  von 
gelehrten  und  scholastischen  Sätzen  an,  den  man  besser  gar  nirht 
mehr  hätte«  Auf  solche  Art  verschliefst  das  Vorurtheil  auch  den 
besseren  .Köpfen  das  Eindringen  in  ein  Wissen,  das  am  wenigsten 
naomefar  uusere  Zeit  dem  Lehrer  in  der  Kirche  erlassen  kann.  Die 
oberflächlichen  Sätze  einer  sogeodmiten  populären  Lehre  zerrinnen 
ohnehin  bald  in  ihren  Dunst.  Aber  auch  die  Lehrer  der  Theologen 
sollen  die  Wissenschaft  bedenken.  So  lange  noch  die  evangelische 
Deukart^  wenn  sie  als  vernünftig  in  würdigerem  Sinne  als  die  Ra- 
tionalisten in  ihrer  abstraften  Vernunft  meinen  nicht  verstanden , 
werden  mag,  wie  sie  ein  Daub  darlegt,  so -lange  wird  sich  auch  von 
philosöphisefaer  (oder  ratimtalistischer)  Seite  die  Dogmatik  keiner 
Fortschritte  rühmen  können.  Denn  das  Verständlichmikchen,  dessen 
sich  die  neuere  Zeit  gerne  rühmt,  ist  doch  grossentheils  ein  Verlterea 
dfssen,  was  unsere  Reformatoren  als  dasHeiligthum  des  Evangeliums 
den  Theologen  zu  bewahren  übergaben ;  und  die  klariftn  Begrifft^ 
die  man  gewonnen  haben  will,  möchten  wohl  richtiger  seichte  und 
noch  richtiger  leere  heissen.  Wer  sich  mit  solchen  Fort^chriiien 
schmeichelt,  sh^t  uin  nichts  hoher,  als  zu  allen  Zeiten  die,  welche  es 
mit  dem  Hergebrachten  ihrer  Zeit  hielten.  .Wer  die  Gescbtchte  der 
neueren  TIu?ologte  vergleichend. studiert,  dem  fällt  der  IsitleDünk«! 
unerträglich  auf,  womit  so  Mancheihre  Einfälle  als  die  neuesten  OiFenr 
barunge»,  und  ihren  Scharfsinn  als  tiefere  Einsicht  geltend  machei|^ 
wollen;  denn  man  sieht  wie  die  älteren  mit  ihrem  ernsteren  Geiste 
und  achterer  Gelehrsamkeit  das  alles  schon  unter  sich  hatten.  Und 
wo  wären  denn  die  gerühmten  iPorischritte ?  Ein  Melofichthofi 
spricht  ja  immer  noch  töchiiger,  als  ein  5em/tfr^  und  wen  wollen  wtr 
über  einen  Calvin  stellen?  Ja,  sagt  man,  wir  sind  doch  weiter  ge- 
kommen, wir  wissen  mehr.  Also  wir  hätten  an  tieferer  Golteser^ 
keimtuifs  an  lebendiger.  Selbste Aenntuifs  gewonnen?  Denn  hier 
bandelt  es  sich  ja  nicht  um  Naturken ntnifs,  nicht  um  neuentdeckte 
Planeten,  nicht  umTheorien  und Entdcckuj>^en  in  derCheraie  uv  dgl. 
Oder  l^elehren  unfe  unsere  neueren  Katechismen  besser  über  dieEt^ 
^enschaftcn  Gottes,  weil  sie  so  viel  darin  zu  zerlegen  wissen?  und 
wij  d  der  Ausspruch  eines  Johannes  von  Mälfer:  Et  jojnais  ü  n'jr 
a  pluf  d'egoUme  que  Jepuis  fu'on  deteste,  qu'il  y  «*^  unpech^  ori^ 
ßmal  von  unserm  Zeiultcr  widerlegt?  Nein,  der  Fc^tschritt  besteftt 
hier  in  einer  Rückkehr.  Studieren  wir  nur  unbefangen  jene  Sjstc- 
matiker  eine«  etwa  mit  den  griechischen  alten  Kird^enlieh^cri^ 
nüUcr  befreundeten  Mehnchihon^  und  einen  mit  den  abendländi- 


352 


Dogmatik. 


scben,  besonders* mit  Atigüsllnuk  nahet  bcfreat^dctf^n  Cali^iff  ,s(y 
dringen  wir  in. das  tiefere  Wesen  unserer  ganzen  kirchlicbea  Luiirc 
von  der  ältesten  Zeit  an  schon  auf  dem  historiscben-,  nahegelegten 
Wege  ein;  und  lernen  wir  hiernach  weiter  unsere  BekennCqiisschrlf« 
ten  verstellt  y  so.  wird  uns  der  Geist  unserer  kirchlichen  Lehre 
bald  in  seiner;  Wftlirheit  und;  Herrlichkeit  erscheinen»  Zwar  hat  die 
Kx.egese  Fortschritte  gemacht,  nidit  ^ber  bestehen  diese  darin,  dafs 
man  dea  Apparat  .von  grammatisch-historiscliem  Wisseli^  kritisch  au£ 
einzelne  Stellenjinwendet,  um  in  diese  etwas  hineinzulegen)  oder  her- 
auszuschaffen^ sondern  darin,  dafs  man  ausgerüstet  mit  aller  philolo- 
gisch (*p  Bildung,  die  unser  Zeitalter  gewonnen  hat,  den  Zusammen- 
hang in  den  prophetischen  und 'apostolischen  Schriften  deutliclier 
verstehen,  und  die  tieferen  Ideen,  ja  den.  göttlichen O eist  indenselbeu 
reiner  aufzufinden  weifs.  Bas  fühlten  gar  wohl  d.ie  Reformatoren, 
aber,  noch  nicht  im  Besitze  aller  jener  Hülfsmittel,  häuften /sie  nur  die 
Beweisstellen^  auch  -die  ungehörigen,  doch  auch,  hierbei  fühlend,  dals 
die  hohe  Lehre  mehr  im  Ganzen  des  Geistes  ah  im  ^nzelneu  buch- 
stäblichen Ausdj^uck  liege.  Daher<  müssen  wir  ^ch  idas  iu  der  Scfalei- 
erniacherscheo  Dogmatik  als  einen  Förtsohritt  anerkeiineD^  dafs  sie 
mit  den  neueren  exegetischen  Kenntnissen  jeneAufeii^anderbeziehurtg; 
der  Stellen  verbindet,  und  diese  Weise  mehr  in  Aufnahme  bringt  Wie 
sehr  übrigens  die  Fortschritte  in^deu  Wissenschaften  der  Natur,  und 
was  sonst  als Aufkläruu|x ^er  aeu^en. Zeit  anerkannt, werden  muls, 
'zu  der  Bildung  seines  Sjstems  eingeflossen,  zeigt -sich  auf  jedem  Blatt. 
Nicht  minder  ist  die  beständige  Beziehung  auf  das  Praktische  ein 
Vorzug  dieses  Lehrbuchs ;  hauptsächlich  vveil  der  Glaube'  erst  im 
Leben  recht \Verstanden  wird;  wie  denn  auch i^ei>zAarc£ ein  besserem 
Dogmatiker  in  seilen  Predigten  iisit^  als  in  seinem  Collegienheft. 

Will  man  e«  anders  nicht  mi  t  eiiver  modernen  PerfeotibUit&tslebre  halten« 
\velche  es  als  höhere  Stufe  hezeichnet,  über  Christum  hinaufzugehen,  so  dafs 
man  seinen  Namen  nur  wie  den  eines  Moses  oder  Sokrates  nennt,  und  aus 
dem  Christenthum  herauszutreten,  iiiwieferne  es  eine  positive  Religion  ist, 
dafür  eine  abgezogene,  sogenannte  allgemeine  Religion  zu  erstreben»  nnJ 
ein  solches  Scheinen  ffir  Venrunft  und  Wesen  anzusehen^  wüj  man 
Tielq) ehr  wahrhaft  den  Christu^gkuhen,  und  erkennt  man  in^  demselben 
die  einzige  vollkommne  Anbetung  Gottes  im  Geilste  und  in  der  Wahrheit: 
so  witd  mün  nach  dem  Studium  dieser  vorliegenden  Glaubenslehre  nicht 
anders  urtheilen '  können,  als  dafs  dieses  ßoch  ein  wahrer  und  starker 
Fortschritt  der  Dogmatik  sey* 

Weit  entfernt  ist  Kec*  übrigens  die  «Verdienste  der  bisherigen  Oog' 
matik  zu  iibetsebeii,  da  Wit  ihnen  vielmehr  Dank  scbul4ig  sind»  denn 
es  gehött  alles  tum  Gange  der  £ntwicUluns<  unserer  Wisseo^chift,  und 
eben  so  weit  ist  er  von  jeder  personlichen  Rücksicht  entfernt;  er  sieht 
Sich  abet  verpflichtet  seine  jrolletJeberzeirgtmg  über  den  jetzigen  Stand- 
punkt der.Dogmatik  gegen  eine  herrschende  Meinung  Voii  gewissen  Fort- 
schritten auszusprechen.  Denn  das  la^:  in  der  Benrtheiiung  des  oeiiesteii 
und  so  geistreichen  Lehrbuches,  die  er  jedoch  nur  in  Beziehung  auf  unsere* 
kirchliche  Lehre  unternahm,  die  plüÜosophische  Würdigung  Männern  von 
diesem  Facb^  überlassend« 


\ 


N'l  23.        II    j  ,u  1823 

-  Heidelberger  '■ozo^ 

Jahrbücher  der  Literatur 


Tabulae  Ntn^orum  Vieri  äuctore  FurMiRrco  TtKDkMt4wn^j  Antyi 
iomts  et  fhrsiologiae  m  Jcademia  ffeideliergensi  Pro/es^ 
sor<.  HeüMergaa  48si9.  .swntibus  A.  OfswaU.  Londird 
apud  Ackermann,  Parisiis  ipud  Treutiei  et  Würz,  in  /ol« 
nutxim.  Ausgebe  No.  /.  üef  extrafein  Bilder  Royal^Velin*' 
Papier  nj fl^rhrisch.,  4  6  Rt.  säehs,  j^sg.  No.  it.  auf  fem  Post^ 
Royal  d:  Text,  A  Kpfr. axffein  Fdinwin  No*  L  nstß,  rknsch. 
4H  RiUr.  4Si  ggr.  säehs.    *^ 

JLlie  Nerven  der  GebSriQUlter,  deren  schoQ  Galen  erwSlint,  wä 
durch  die  Arbeiten  VesalPs,  fVälis^  Riva*s^  HaUer%  fVaket'Sp 
W.  Hvaiter's  ü.  a.  nur  zum  Tlieil  bekannt  geworden.  Eine  voll*» 
ständige  Untersuchung  und  Beschreibung  ihres  Ursprungs  und 
Verlaufs  mangelte  noch.  Das  ergiebt  sich  aus  der  von  dem  Vf« 
in  der  Einleitung  vorausgeschickten  Geschichte  dieser  NerveOf 
Efh  berühmter  Geburtshelfer,  der  vor  kurzem  verstorbene  Qsian* 
der,  äusserte  sogar  in  der  zweiten  Ausgabe  seiner  GeburtohtiUei 
Nerven  seien  zwar  höchst  wahrscheinlich  in  der  Gebännattet 
vorhanden,  ihr  Dasejn  aber  sei  durch  anatomische  Untersacfaua« 
gen  hoch  völlig  unerwiesen.  \ 

Der  Verfass.  beschlofs  diesen  Gegenstand  aufzuhellen  und 
richtete  daher  zunächst  sein  Augenmerk  auf  die  Bloslegung  der 
Nerven  der  Gebärmutter  in  Frauen ,  die  bald  nach  der  Nieder- 
kunft verstorben  warep. 

Nachdem  er  sie  hier  dargestellt  hatte ,  so  wurden  auch  die 
Nerven  nicht  schwangerer  Frauen  und  anderer  weiblichen  Kör- 
per aus  den  verschiedenen  Lebensperioden  un|ersucfat.  Aus  den 
Untersuchungen  erhellet,  dafs  die  Inneren  Geschlechtstheile,  dio 
Oebärroutter,  die  Eierstocke  und  Eileiter  ihre  Nerven  aus  dem 
Bauchstiick  des  gnngllösen  oder  sympathischen  Nervensystem  erhal- 
ten, die  Ulster  sich  vielfach  verbunden,  sechs  Geflechte  bilden» 

Das  erste  Geflecht  liegt  auf  den  inneren  Eistock- Pulsadern^ 
da  wo  dieselben  aus  der  grossen  Kurperarterie  ihren  Ursprung 
nehmen.  Zusammengesetzt  wird  es  durch  mehrere  von  den  Nie- 
ren--Nervenknoten  kommende  Zweige.  Seine  Faden  ziehen  sich^ 
die  Eistocks- Pulsadern  vielfach  umschlingend,  zwischen  den  Plat-. 
ten  der  breiten  Mutterbänder  zu  den  Ovarien  und  Eileitern  herab,. 
iu  die  sie  Sijch  verbreiten.  Einige  Faden  gelangen  zum  Grunde 
der  Gebärmutter.'  "* 

23 


354     F.  TieJemann   Tabulae  Nervonim  uteri. 

Ein  zweites  selir  grosses  Gefieclit  befindet  sich  z^^istben 
den  ^  Hi'iftpulsadern  auf  dem  Korper  des  fünften^  Lendenwirbels 
und'  dem  *  Vorsprung  ^es  Heilijg^enbcins.  Es^  wird  durch  Aeste 
der  Lenden  -  Nervenknoten  gebildet.  Aus  ihm  treten  Nerven 
zu  der  hinteren  Fläche  und  den  Seitenwandjungen  der  Gebär- 
mutter. Hierauf  theilt  es  sich  beim  Eingänge  ins  Becken  in  zwei 
ansehnliche  seitliche  Geflechte y  *die  vor  den  Stämmen  der  Becken- 
.pulsädern  ^gelagert  sind 9  und  mehrere  Zvyeige  der  Sacräl- Gan- 
glien anziehen.  Viele  Zweige  dieser  Geflechte  begeben  sich  mit 
den  Arterien  zur  Gebärmutter..  Andere  Zweige  senken  sich  in 
die  Tiefe  des  Beckens  und  bilden  mit  Zweigen  de^  zw-eiten  und 
dritten  Sacral  -  Nervenknotens  das  untere  Beckeogeflecht ,  dem 
sich  noch  Zweige  des  dritteti  und  vierten'  Saeral  -  Nervens  bei- 
gesellen* So  /entstellt  ein  grosses  mit.  Nervcnklioten' untermischtes 
Geflecht,  das  seitlich  an  der  Mutterscheide  liegt,  da  wo  sie  sich 
mit  dem  Halse  der  Gebärmutter  verbindet.  Aus  diesem  gaugli- 
Ssen  Geflecht  entspringen  zahlreiche  Zweige,  die  sich  zur  vor- 
deren Fläche  der  Gebärmutter,  zur  Mutterscheide  und  Harnblase 
b^egeben. 

Auf  diese  W^eise  ist  die  Gebärmutter  von  allen  Seiten  mit 
grossen  Nervennetzen  umstrickt.  Die  Nerven  selbst  sind,  wie  die 
des  Herzens,  zart,  weich  und  rjothlich.  Sie  senken  sich  in  das 
Pärenchjm  der  Gebärmutter  ein  und  verschwinden  im  Zell- 
öder  Schlieim  -  Stoff ,  sich  in.  derselben  gleichsam  auflosend«  Be- 
itterkenswerth  ist,  dafs  ihre  Grosse  nicht  in  allen  Zeiträumen  des 
Lebens  dieselbe  ist.  In  jungen  Mädchen  vor  der  Geschlechts- 
reife, so.  wie  in  alten  Weibern,  bei  denen  die  Conceptions- Fä- 
higkeit erloschen  ist,  zeigen  sich  die  Nerven  sehr  fein  und  zart. 
Dagegen  sind  sie  bei  Jungfrauen  und  Weibern  in  mittleren  Jah- 
ren grÖsseir  und  dicker.  Während  der  Schwangerschaft  nelimeh 
sie  sehr  bedeutend  an  Grösse  und  Dick«  zu,  wie  schon  Z/^- 
Hunt  er  vermuthet  liatte. 

Bei  dem  Vorhandensejn  von  Nerven  in  der  Gebärmutter 
kann  nicht  bezweifelt  werden,  dafs  sie  diesem  Organ  uicltl  unr 
seine  Empfindlichkeit  ertheilen  und  dt.'ssen  irrltabelen  ElrscheinHn- 
gen  bei  dem  Geburtsgeschäft  vermitteln,  sondern  dafs  sie  selbst 
einen  wichtigen  Einflufs  auf  die  Aeusserungen  des  bildenden  Le- 
bens währcrnd  der  Schwangerschaft  ausüben.  Ferner  endlich  er- 
geben sieh  aus  der  Verbindung  dieser  Nerven  mit  dem  gaugliöscn 
und  Hirn  -  Nervensystem  die  mancherlei  Sjmpathieen  und  Con- 
sensus,  die  ini  gesunden  und  kranken  Zustand  zwischen  den 
inneren  Geschlechts -Theilen  und  den  übrigen  Organen  statt  fin- 
den, und  wie  Gemüthsbewegungen  und  krankhafte  Reizungen 
Verschiedener  Organe  nachtheilig  auf  die  Gebärmutter^  besonders 
im  schwangeren  Zustand,  zurückwirken  können. 


J.  L.  Casper*  Charakteristik  d.  frdüz.  Medidn.    355 

Der  Ursprung  tind  Verlauf  der  Nerven  in  einer  I^erson^ 
die  einige  Tage  »ach  der  Niederkunft  verscfiieden ,  ist  auf  zwei  " 
Tafeln  abgebildet.  Die  erste  Tafel  zeigt  die  Nerven  von  vorne^ 
die  andere  gewährt  eine  seitliche  Ansicht.  Beide  Tafeln  sind 
von  Herrn  Professor  Koux  nach  der  Nat^r  gezeichnet.  Den 
Stich  der  ersten  Tafel  hat  Duttenho/erj  den  der  zweiten  Kareher* 
besorgt  Der  Verleger  hat  nicht  versäumt  das  Werk  in  einer 
aoständigen  äusseren  Form  erscheinen  zu  lassen;  Papier  sowohl 
als  Druck  sind  schön. 

Tiedemann^ 


1«   <■ 


Charakteristik  der  französischen  Medicin,  mit  vergleichenden  ffin* 
blicken  auf  die  englische.  Von  Sob.  LüDtr..  Cjspbk,  Doc^ 
tor  der  Medicin  und  Chirurgie,  praktischem  Arzte  zu  Berlin, 
ordentlichem  Mitgliede  der  naturforschenden  Gesellschaft  zu, 
Leipzig ,  correspondirendem  Mitgliede  des  Athenee  de  M^ 
dedne  zu  Paris.  Leipzig:  F.  A.  Brockhaüs.  /^ä«.  XXI t 
und^  608  S.  S.     3  Rthlr. 

Vf  ährend   von   der   einen   Seite   mehr  als  je  in  der  vaterländi«* 
sehen  Medtcin  ein  entschiedenes   Hinneigen   zum   Auslande,   na- 
fnentlieh  zu  Frankreich  und  England,  Statt  findet,  aeigt  sich  da-* 
gegen,    wie   der   Verf.   der.-  vorliegenden  Schrift    (welcher  sich 
schon  dnrch  seine  Abhandlung  de  Phlegmatia  alba  dolente  vor-^ 
theilhaft  bekannt  gemacht    hat)    mit  Recht  bemerkt    (Vorrede 
XIV. »,  bei  vielen  Anderen  wieder  eine  nicht  gehörige  Würdigung 
der  fremden  Kunst  und  übertriebene  Geringschätzung  des  Auslandes, 
wie  dann  namentlich  über  die  französische  Medicin  oft  rasch  ab- 
geurtheilt  werde.,  Dafs  jedoch  das  Wesen  der  französischen  Me- 
dicin nicht  gehörig  gekannt  sey,  so  wie  dafis  dieselbe  allerdings 
vieles  Treffliche,  Originale,  Nachahmnngswürdige  besitze,   davon 
halte  er   sich  durch   ein   aufmerksames    Studium  derselben  wäh- 
rend eines  läi^geren  Aufenthaltes  in  Paris  überzeugt.     Alles  nun^ 
was  ihm    im    Bereiche   unserer  Wissenschaft,   wie  sie  sith  jetzt 
I>ei  unsern  Nachbarn  gestaltet  .hat,  in  irgend  einer  Beziehung  cha- 
rakterisch und  auszeichnungswürdig  schien,  hat  er  hervorgehoben 
und,  wo  es  thunlich  und  nöthig  war,   durch  Hinweisungen  auf 
aiuih'che    Verhältnisse    in   England  Doch    deutlicher    heraustreten 
lassen.      Ucber    welche  Gegenstände  insbesondere  er  sich  aus^e^ 
Inssen,  mag    aus  folgender  Uebersicht  der   einzelnen  Capitel  er- 
hellen, wobei  wir  nur  bedauern,  daüs  es  der  Raum  unserer  Blät- 
ter nicht  ei^aubte,  Mehr  eres  davon  hier  mitzuth  eilen.     Mit  Ver- 
gnügen schicken  wir  aber  die  allgemeine  Bemerkung  voraus,  dafs 
sein  Werk,  allerdings   ein  sehr   sorgfältiges  Studjum   des  Gegen-* 
Standes   beweist , .  dafs   er   die   einzelnen  Gegenstände  mit  yieler 

23* 


«    \ 


y^Ci    J:.  L,  Casper  Charakteristik  il.  franz.  Medicin. 

Einsicht  und,  Beurtbeiliing  abg^ebandelt  und  eine  grosse  Menge 
schätzbarer  Notizen  mit^otheitt,  Kai;  Nicht  leicht  wird  es  jemand 
gereuen»  4^ie  interessante  Schilift  gelesen  au  haben. 

Erstes  CopiieL  Geist:  der  Pariser  Schule,  Nachdem  der 
Verf*  über  die  Wirkungen,  welche  die  Lehren  eines  Hoffhann, 
Boerhoßve  und  S,tahli  auch  in  Frankreich  geäussert ,  über  den 
Kampf  des  Maferia&n)us  mit  dem  Spiritualismus ,  den  Sieg  des 
Ijetzleren  besonders  in  der  Schule  von  Montpellier^  die  Verbrei- 
tung der  Hallerischeu  Lehre,  die  durch  Las^oisier  ttc.  geschaffene 
neue  Chemie  etc,  einige  Bemerkungen  vorausgeschickt  hat,  ban- 
delt er  dann  von  dem  Einflüsse  der  französis^en  Revolution 
auch  auf  den  wissenschaftlichen  Unterricht  und  betrachtet  hier« 
auf  besonders  PincVs  Nosographie  phUosophique.  Die  in  diesem 
berühmten  Werke,  -welches  als  das  Fundament  oder  der  Codex 
der  neueren  französischen  Medicin  angesehen  wird,  auf  die  Me- 
dicin angewendete  Philosophie  ist  (S.  3  ff.)  der  unter  den  Fran- 
zosen, als  welche  nicht  zu  metaphysischen  Untersuchungen  geneigt 
sind,  zu  dieser  Zeit  herrschende  CondiUac'scke  Sensualismus* 
Uebrigens  läfst  sich  der  Verf.  besonders  nur  über  PineFs  Classifica- 
tion der  Krankheiten  aus  und  erkennt  zwar  dessen  Verdienst  um  die- 
selbe an,  tadelt  aber  mit  Recht  die  in  der  fünften  Classe  anter 
dem  Namen  Lesions  organiques  vorkommende,  auch  von  anderen 
schon  geragte,  wunderbare  Zusammenstellung  von  sehr  ver- 
schiedenen Krankheiten.  Die  Fehler  werden  den  Principien  ei- 
ner solchen  analytisch  •  sensual istischen  Nosologie  zugeschrieben. 
Derselbe  Sensualismus  läfst  sich  (5.  7.)  auch  in  der  merkwür- 
digen Ausbildung  nachweisen,  zu  welcher  die  Franzosen  die  Na- 
turwissenschaften erheben.*  Und  so  sehe  man  auch  in  der  Medi- 
cin diejenigen  Fächer  so  vorzüglich  bearbeitet,  welche  die  sinw 
Uch  wahrnehmbare  Erscheinung  begreifen,  wie  namentlich  d\e 
Anatomie,  insbesondre  die  vergleichende  und  pathologische,  und 
die  Chirurgie;  dagegen  die  Physiologie  noch  so  dürftig  sej  und 
sich  neuerlich  in  ein  oft  bedeutuno;sloscs  Experimentiren  ver- 
liere, das  man  in  der  Ferne  ungemein  viel  hoher  schätze  als  in 
seinem  Vaterlande,  besonders  aber  die  allgemeine  Pathologie  ver- 
nachlässigt werde,  so  dafs  aucl^  weder  in  der  Literatur  (ob- 
gleich da^  Dictionnaire  des  sciences  medicales  vortreffliche  Bruch- 
stücke dazu  gebe)  noch  in  dem  Studienplane  da\ on  die  Kede  sej< 
(Indessen  sind  doch  in  der  neueren  Zeit  mehrere,  freilich  nicht 
bedeutende  Handbücher  derselben  erschienen ,  -so  wie  auch 
Pinel  eines  darüber  angekündigt  hätte). 

Zweites  Capitel,  Der  öffentliche  medicinisehe  Unterricht. 
Es  werden  hier  aus  der  Sammlung  netter  königl.  Gesetze,  die 
vor  kurzem  in  Frankreich  gemachte  Reform  der  Universitätsciii- 
richtangen   im   Allgemeiuen   und    des  medlcinischen  Unlerrtclites 


J.  L  Gasper  Charakteristik  d.  franz.  Medicin«     35/ 

iasbesoodere  betreffeod,  melirere  interessante  AclenstudLe  oiit(^«- 
theilt.  Die  jctzt*j;eii  Universitäten  sind ,  abgesehen  '  darbo  ,  dbffs 
man  ihnen  noch  eine,  weira  auch  eingeschränkte,  Gerichtsbarkeit 
gelassen  und  dafs  sie  die  Macht  haben,  wissensdiaftlicbe  Worden 
zu.  ertheilen,  in  Ansehung  der  ßeschrätakung  der  Freiheit  den 
Elementarschulen  gleichgestellt.,  Besonders  merkwdrdig  ist  aber 
das  Gesetz  y  dafs  Niemand  mehr  zur  Inscription  in  den  mcdici* 
nischen  JPacultäten  zugelassen  werden  soll ,  der  nicht  die  noth- 
vendigen  wissenschaftlichen  Vorkenntnisse  und  den  Grad  eines 
Baccalaureus  der  IVissenschaftea  sich  erworben  hat.  In  den 
weiteren  Bemerkungen  über  den  Stadienplan  deutet  der  Verf. 
auf  das  Uebergewicbt  des  chirurgüchen  Treibens  in  FrSnkreich 
vor  dem  roedicinischen ,  vermifst  wieder  die  Vorlesuhgen  über 
ollgemeine  Pathologie,  wie  auch  besondere  Vor t|[äge  über /?aMo- 
logische  Anatomie  und  Ophthalmologie,  Sodann  giebt  er  noch 
an»  wie  die  anatomischen  Cabinette  gegen  die  deutschen  zurück- 
stehen, tadelt  den  Mangel  an  grossen  und  passenden  anatotnisehen 
Theatern  und  fügt  es  in  Ansehung  der  klinischen  Institute,  defs 
in  keiner  Pariser  Klinik  der  Schüler  irgend  jemals  einen  Kran« 
kcn  zu  behandeln  bekommt ,  sondern  überall  nur  zu  sehen  habe, 
wie  sein  Lehrer  es  mache.  Endlieh  läfst  er  sich  noch  aus  -i^ber 
(las  Examen  zur  Erhaltung  des  Dociorgrades  (das  im  Ailgemei-«' 
n^n  viel  weniger  sciiwierig  sey  als  in  Deutschland  j ,  dtis 
Schreiben  und  Vcrtheidigen  der  Dissertationen  (deren  grosse 
Mehrzahl  jene  der  Deutschen  an  Flachheit  noch  übertreffe  und 
noch  unbedeutender  sej). 

Drittes  CapiteL  Der  praktische  Arzt.  Enthält  einige  Be- 
truclitungen  über  das  Verhältnifs  des  praktischen  Arztes  in  Eng- 
land und  Frankreich .  zu  dem  Staate,  zu  dem  Publicum,  zu  seinen 
CoUfgen  und  zur  Wissenschaft,  Es  werden  insbesondere  (S; 
44  —  45.)  die  neuen  Verordnungen  über  die  Apothekerpraxis 
iii  Eifgladd  angegeben,  und  da  in  Frankreich  die  officiets  de 
Sante  unter  ganz  ähnlichen  Bedingungen  die  Praxis  treiben  dür- 
fen, so  finde  mait  in  beiden  Ländern  jene  S^cundär  Aerzte,  die 
dem  seel.  Reil  auch  für  Deutschend  ein  Bedürfnifs  schienen. 

Viertes  CapiteL  Uospicien  und  Hospitäler.  Auch  nach  den 
mehr  oder  weniger  ausführlichen  \ou  diesen  Gegenständen  han- 
delnden Schriften,  welche  wir  seit  Josi  Franks  Reise  erhalten 
haben,  wird^  man  dies  Capitel  mit  Vergnügen  lesen.  Man  findet 
darin  sehr  interessante  Bemerkungen  nicht  blofs  über  die  Insti- 
tute selbst,  sondern  auch  über  die  denselben  vorstehenden  Aeritte, 
deren  Ansichten  und  Handlungsweise,  die  Einrichtung  ihrer  Kli- 
nik etc.  Umständlicher  hat  sich  aber  der  Verf.  besonders  über 
die  grösseren  Anstalten  ausgelassen,  welche  zugleich  für  den  Öi 
feutUchen   Unterricht  bestimmt   sind,   als  über  das  Hotpital  St,^ 


358     J.  L.  Caspcr  Charakteristik  d.  franz.  Medicin, 


Louis,  wobei  dann  AUbert,  Biett  (dies«r  bescmders  als  einer  der  . 
tucbtigsten  Acrztc  zu  Pai-is)  und  Richerand  gescbildert  und  ge- 
gründete Bemerkungen^  über  Aliberts  Eintheilung  der  Haut- 
krankbeiten,  der  die  von  Wüian  und  Bateman  roit  Recbt  vor- 
gezogen wirdy  gemacbt  werden,  über  das  Hötd^DUu  und  ins- 
besondere dessen  grossen  Wundafzt  Dupuytren,'  wie  auch  über 
die  Aerzte  in  demselben,  Recammier,  Husson,  Petit  und  J/o/z. 
taigne,  die  sämmtlicb,  mehr  oder  weniger,  am  meisten  Husson, 
Anhänger  yon  Broussais  sind,  üBer  die  Charite, y und  die  darin 
wirkenden  AenXe ,  Bo/er ,  Pkäibert  Joseph  Reux,  Lerminier 
und  Fouquier,  endlich  über  Larrey  als'  ersten  Chirurgen  des 
Höpital  mHitaire  de  la  garde  rojraie. 

Fünftes  CapiteL  Zur  praktischen  Medicin,  Ueber  Epilepsie, 
Krätze,  die  Anwendung  des  Arseniks  in'  Hautkrankheiten ,  Tinea, 
die  Paracentase  des  Schädels  beim  Wasserkopfe,  sjphilltiscfic 
Krankheiten, ,  La eniißc*s  Shethoscop,  Fouquier's  Anwendung  des 
Bleizuckers  in  der  Schwindsucht,  die  Bleikolik  und  die  Moxa 
werden  interessante  Notizen  mitgetheilt. 

Sechstes  Capitel.     Broussais  und  seine  Lehre.     Der   Verf. 
stellt   diese   Lehre    nach  den   dem   neuen  Examen  des  doctrmes 
mddicales  vorausgeschickten  Sätzen  dar  (wovon  in  unseren  Jatir-- 
büchern,     iSaa    Nro.   49  —  5o.    eine    Beurtheilung   raitgelheilt 
worden     ist),      -Obgleich     er     aber     keine     specielle     Kritik 
der  Lehre  gegeben 'hat,  so   erhellet  doch  aus  seinen  Aeusserun- 
gen,  dafs  er  das,  was  an  derselben  einseitig,  übertrieben  und  der 
Natur  widersprechend  ist,  wohl  einsielit,  ohne  die  gute  Seite  zu 
verkennen.     So  wie  er  $iber  (S.  264*)  darin  einen  aufer  wecktet); 
nur  freilich  umgekehrten  und  modificirten  Brownianismus  erkennt, 
so  hebt  er  auch  später  (S.  289.)  noch  die  einzelnen  Züge  lici' 
^^or,  die  Brottssais  mit  Brown   theilt«     Besonders  interessaHt  ist 
aber  noch,  was  zuletu   (S.  290.)  über  das  Mortalitäts -Verhalt*' 
Ulfs,    wie   es  sich  im  Plospitale  des  F'al  de  Gräct  bei  den  ver- 
schiedenen Hpspitalärzten  (ffcudy,  Desgenpttes,  Pierre,  Broussais) 
in  fünf  Jahren  zeigte,  mitgetheilt  hat,  was  sowohl  mit  den  AngalnMi 
von  Broussais  Anhängern,^  die  im  Gegentheil  den  günstip^cn  Kr- 
fol^  seiner  Curen   preisen,  als  mit  den  Aeusserungen  derer,  die 
die   glücklichen   Curen   zugebend    sie  wenigstens   dem  Umstände 
zuschreiben,  dafs  Broussais  in  jenem  Hospitale  nur  junge  Solda- 
ten zu  behandeln  habe,  in  offenbarcui  Widerspruche  siebt,  und 
.was   wir   daher    seinen    Anhängern    und   überhaupt   denen,   die 
blofs  von  der   antiphlogistischen  Methode  und   insbesondere  von 
den    (freilich    von    Broussais    verschwenderisch    angewendeten) 
Blutigeln    Heil    erwarten,    auch    hier    zur   Beherzigung   voile^f" 
wollen.     Es    W'ar   nämlich  das    Mortalitäls  -  Verhältnils   in  jeüfni 


J.  L.  Casper  Charakteristik  d.  franz.  Medicin.     SSg 

Hospitale  unter  der  Behandlung  der  Verschicdeuen  Aetzte  in  fünf 
Jahren  auf  folgende  Weise  verschieden : 


. 

Fmdx. 

Desgenettes, 

Pierfe. 

Broussau^ 

i8i5. 

1  :  17. 

1  :   19* 

i   :   16. 

1  :  ,ii. 

1816. 

i  M  24. 

1   :  ^2. 

*  i    X    25. 

i  :   19. 

1817. 

1   :   i8. 

i  :  2Q. 

i  :  24. 

i  :  i4. 

1818. 

i   :   i5. 

i  :   16« 

1  :  20. 

t  :  .12. 

1819. 

i  :  ,12.  , 

1   :  2!». 

i  :  i8. 

1:8.  ; 

Siebentes    CapiteL     Ophthalmologie.      In    der    Ausbildung 
derselben  steht  (S.  293."^  Frankreich  iji  der,  neuesten  Zeit  gegen 
England  und  noch  mehr  gegen  Deutschbnd  zunick.     In  d<;m  In- 
stitute des  Herrn  Guillie^s    (den  der  Verf.   auch   noch  nicht  als 
bedeutenden    Ophthalmologen    aqerkennt)    leiten    zwei    jüngere 
Sciuiler  Beer's  die  cousultative  Klinik.    Sehr  gerülimt  wird  abei^ 
die  Augenklinik,  welche  unter  dem  Namen  Infirmary  for  diseases 
of  the  eye   in  London   unter  dei*   Direction   von .  tV.  Lawrence, 
Farre  und'  Benj,  Trailers  steht.     Ausser  der  in  Frankreich  noch 
wenig   beachteten  .  Keratonyxis  und   Dupujtf^ni  Meinung  .über    , 
dieselbe  werden   hier  besonders   noch    die  Verhandlungen  übe« 
die  ansteckende  Kraft  der  sogenaitnten  ägyptischen  Augenentzüa* . 
düng  in   Frankreich  und  England  berührt. 

Achtes    CapilcU     Geisteskrankheiten    imd   Irrenhäuser,     Da 
nach,  des  Verfs.  Meinung  (S.  317.  und  Vorr.  S.  XX. )  die  Lehre 
ven  den  Geistesicrrüttuugen   in   der   Cultur  -  Gesichle  der  fran- 
zösischen Medicin  der  neueren  Zeit  ohne  allen  Zweifel  den  er- 
sten  und  ehrenvollsten  Platz  behauptet ,   hielt    er   es  für   nöthig, 
sieb  Ipoger  und  ausführlicher  mit  diesen  Untersuchungen  zu  be- 
schäftigen, und  diis  um  so  mehr,  als  sich  gerade  jetzt  ein  bedeu- 
tendes Streben  für  die  psychische  Heilkunde  iu  Deutschland  rege 
und  wir  davin  doch  alles  Heil  von  den  zahlreichen  Erfahrungen 
der  Franzosen  und  Engländer  zu  erwarten  hätten  ( ?),    Zunächst 
aher  fand  er(S.  3i8. )  nÖlhig  die  theoretisclicn  Forschungen  auf 
diesem  Felde  von  den  praktischen  Ergebnissen  der  Erfahrung  zu 
trennen.     In  Bezug »aiif  jene  naacht  er  hier   (S.  319  ff.  •  wieder 
pälier   darauf,  aufmerksam,    dafs  die  unter   den    Franzosen    jetzt 
herrschende /Philosophie  der  Co;{^i7/acj'c^  Sensualismus  sey,  wel- 
cher yoa. Pinel  und  seinen   Anhängern  besonders  auch  auf  die 
Lehre  von  den  Geisteskrankheiten  augewendet  worden  sey.  Nach* 
dem  er  hieraufv(S.  325  ff.)  die  P in el-Esqui mische  Einthcilung 
der  Gcisteskraiikhciten    angegeben ,   theilt    er  (S.  328  ff.)   auch 
seine  eigene  Ansicht    über  die  mögliche  Genesis  der  Geistcszer- 


V 


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-  / 


36o     X  L.  Casper  Charakteriatik  d.  franz.  Medicin. 

ruttungen  mit«  So  \m  jede  Nosologie  auf  den  physiologischen 
Gesetzen  der  Organe  gegründet  seyn  m(isse|  die  sie  behandelt, 
so  müsse  nothweadig  auch  die  Nosologie  des  Geistes  von  der 
Physiologie  desselben  ausgehen.  Der  einzig  mögliche  Weg,  um 
ians  Ziel  zu  kommen ,  sey  der|  dafs  man  von  derv  Anatomie  des 
' Geistes y  mit  anderen  Worten:  mon  den  loschen  Gesetzen  der 
Vtrstemieshräfte  ausgehe,  denn  in  ihnen  müsse  nothwendig  der 
geringere  wie  der  grössere  Grad  der  Geisteszerräliung  bedingt 
seyn.  Der  Verf.  betrachtet  dann  die  einfachen  Versfandesopera- 
Uonen,  Vorstellungen/ Begriffe,  Urtheile  und  Schlüsse  und  sagt 
(S.  33 i.),  dafs  Auf  ihnen  die  allgemeine  Action  des  Geistes  be- 
ruhe, und  diese  sey  der  fFille,  Diesen  sieht  e^  also  als  das  aus 
der  Summe  der  Yerstandesoperationen  hervorgehende  Resultat  an^ 
welche  die  freie^  Th^tigk^it  des  Geistes  bestimme  oder  vielmehr 
diese  selbst  sey. 

Uebrigens  ninimt  er  dieselben  Haupt- Arten   der   Geistes- 
krankheiten an,  wie  in  der  Pinel-E$€|uirolschen  Eintheilung,  als 
den  ßxen  Wahnsinn  oder  die  Monorhanie »  die  Narrheit  j  den 
lUödsi/in  un4  die  Raserei,  nur  dafs  er  in  der  Beurtheiiung  der- 
selben  abweicht.     So  scheint  ihm  z.  B.  die  Monomanie  nosolo- 
gisch der  sinnlichen  Wahrnehmung  anzugehören,  indem  ihr  We- 
sen in  alienirten  sinnlichen  Vorstellungen  bestehe.     Ks  wird  je- 
'  doch  der  Fehler  nicht   blofs  auf  die  Täuschungen  der  äusseren 
Sinne  und  insbesondere  dss  Geraeingefühles,  sondern   auch   (S. 
337.)  auf  die  falschen  Vorstellungen  des  inneren  Sinnes  bezo- 
gen.  Narrheit  ^nach  dem  Verf.  auch  Tollheit  genannt)  entsteht, 
wenn  der   Geist  aus  richtigen  "W^Axtufiimmigen  falsche  Begriffe 
und  Urtheüe  bildet,  diese   falschen  Begriffe   sich  aber  so  rasch 
aufeinander  folgen,   als  die  sinnlichen  Vorstellungen  sich  folgeu, 
auch  wohl  diese  verkehrten  Begriffe  im  Geiste  sich  drängen  uud 
eilen.     Da    hier  dcfr   eigentliche    Grund   der    Krankheit  in   der 
Schwäche  der  Begriff)f  -  Fähigkeit  liege  uud   die  höheren  Ver- 
ftandeskräfte  eigentlich  nur  in  sofern  litten,  als  ihre  Operationen 
auf  jener  Fähigkeit  begründet  sind,  so  sey  zu  begreifen,  wie  iu 
den  Remissionen  des  Leidens  der  Kranke  ^'^n^  vernünftig  schei- 
nen und  auch  wohl  seyn  könne.  Nach  desRec  Meinung  möchte 
aus  blosser  Schwäche  der M^griffs' Fähigkeit  der  beständige  Wecli- 
sd  von  ungereimten  Vorstellungen ,  welcher  .d^r   Narrheit  eigen 
ist,   nicht  woM   zu  erklären  seyn.     Jedoch  ist  neben  dieser  all- 
gemeinen Verkehrtheit    ^er    Vorstellungen  'auch    Schwache  des 
Verstandes  nicht   lu   verkennen.     Uebrigens  hat   die  eigentliche 
Narrheit  gelten  helle  Zwischenräume,  sondern,  ist  meistens  anhal- 
tend.    Was  die  höheren  Grade  des  Blödsinns  betrifft,  so  diinkts 
A^n   Verf.,    dafs   diese   eigentlich  gar  nicht  iu  den  Krankheite», 
zu  den  Zerrüttungen  des  Geistes  zu  rechnen  seyen,  indem  dariu 


J«  L.  Casper  Charakteristik  d.  franz.  Mcdicin.     3Gi 

offenbarer'  Defeet  der  geistigen  Fäfifgheiten  sej  uiid  ronti  dieseir 
eben  so  wenig  %ü  den  Krankheiten  zäblen  könne,   als  man  den 
Mangel  des  Herzens ,  des  Gehirns,  der  Nieren,   der  Gallenblase 
zu  den  Krankheiten  dieser  Organe  rechne.  Auch  selbst  die  nie- 
deren Grade  des  Stumpfsinnes  glaubt  er  nicht   anders  definiren 
»u  können ,   als   eine  Hemmungsbädung ^    i^f  welcher  der  Geist 
stehen  geblieben  ist.     Dem  Einwurf  aber,   dafs  in  diese  Ansicht 
nicht  diejenigen  Fälle  pafsten,   wo   nach  äus$,eren  Veranlassun- 
gen, nach    ttnmässigem  Blutverluste ,  nach  Kopfverletzungen  etc. 
erst  in   späteren   Jahren  Blödsinn    entstand,   setzt   er  die  Frage 
entgegen:  ob  nicht  ganz  ähnliche  Erscheinungen  im  Körper  Statt 
fänden,   ob   oicht  durch  äussere,    mechanische  Gewalt,  durch 
chronische  Lungenkrankheit  etc.   das  längst  verschlossene  Fora^ 
menovaie   im  Herzen  wieder  geöffnet  und  dadurch  dies  Organ 
wieder    auf    seine     Entwicklungsstufe    zurückgebracht    werden 
könne?    So  wie  wir  aber  dem  Verf.  nicht  beistimmen  können^ 
wenn  er  die  sogenannten  Hemmungsbildungen  auch  nicht  zu  dlea 
Krankheiten  der  physischen  Organe  gerechnet   wissen   will,  Mt 
können  wir  noch  weniger  die  Ansicht  billigen,  wornach  der  itt 
späteren  Jahren  durch  zufällige  Ursache  bewirkte  Blödsinn  nicht 
für  krankhaft   gehalten   wird.     Und  kaim   überhaupt  nicht  auch 
Schwäche  oder  Mangel  gewisser  Kräfte  und  Functionen  krank- 
haft sejn?    —     Als  den  höchsten  Grad  aller  Geistes  Zerrüttung, 
wo  alle  Functionen  so  durchaus  verwirrt   sevcn   und   wo  dann 
die  Fähigkeit,  Schlüsse  zu  bilden,  als  eine  in  der  Reihe,  in  dem 
Totale  der  pathologischen  Verrichtungen  höchst ,  wiclrtige,  ooth- 
wendig  sehr  verändert  erscheine,  sieht  der  Verf.  an  die  Raserei^ 
Manie  f^w eiche  er  auch  F'errucktheit  nennt )\    bei  ^velcher^  weä 
alle  geistigen  Functionen  so  zerrüttet  erscheinen,  nathrlich  tmch 
die  ReactioH  auf  die  allgemeine  Thätigkeit  des  Geistes,  ,auf  den 
Tillen,  am  mächtigsten  sejr,  upd  der  Wille,  wie  nirgends,  mk 
der  blindesten,  wüthendsten  und  rücksichtslosestcu  Despotie  herr- 
sche.   Nach  des  Recens.  Ucberzeugung  wird  indessen  die  Manie 
weder  durch   die   Annahme   eine«,  höheren  Grades  der  Gelstes- 
zerrultung,  noch  durch  die  eines  (sonst  als  charakteristisch  ange- 
scheuen) allgemeinen  Wahnsinnes  gehörig  erklärt,    dagegen  ihm 
Pinels  Ansicht  von  derselben  die  gegründetste  zu  sejn  und  auch 
das,  vras  dieser  o&er  die  von  ihm  sogenannte  Memie  sans  delire 
gesagt  hat,  alle  Beachtung  zu  verdienen  scheint,  worüber  er  sich 
an  einem  andern  Orte  näher  auslassen  wird* 

In  der  Zusammenstellaiig  der  praktischen  Resultate  über 
dies  Thema  hat  der  Verf.  das,  was  er  mündlich  vpn  Pariser  und 
Londner  Acrzten,  namentlich  von  Esquirol  in  dessen  Vorlesun- 
gen, erfuhr,  mit  dem,  was  er  ans  eigner  Anschauung  hat,  und 
mit  den    an  den  verschiedeneu  Slciiea  Verstreuten  Einzelnhektcu 


362    J.  L.  Casper  Charakteristik  d.  franz.!  Medicin. 

'  bei  jenen  englischen  und  fraifzösiscben  Sc;hriftstellero ,  die  unter ^ 
uns  weniger  bekannt  sind,  zu  einem  geordnelei^  Gemälde  verei- 
cfigt.  Die  Materialien  sind  so  geordnet,  dals  zuerst  das  allge- 
meine Verbalten  der  Geisteskrankheiten  zur  Po^ulatipD,  zu  dem 
.Geschlechte  und  Alter,  dann  ihre  Ursachen,  die  .  prognosti- 
schen Sätze,  die  Curmethoden  und  die  Resultate  der  Leichen- 
ÖlFiiungen^  berücksichtigt  werden.  Es  ist  dies  ein  sehr  schätzba- 
rer Beitrag  zur  Gescbicbte  der  Geisteskrankheiten,  wofür  der 
Verf.  allen  Dank  verdient»  Zuletzt  hat  er  von  den  bedeuieud- 
sten  Irrenanstalten  das  hinzugefügt,  was  ihm  in  irgend  einer  Be- 
ziehung,  interessant  und  neu  schien,  und  dabei  auch  wieder  ^ie 
bei  den  anderen  Hospitälern,  über  die  Vorstehjer  derselben,  als 
bei  der  Scdpetrere  über  Pineel  nnd  Esquirolj  bei  Bicetre  über 
Fariset ß  hti  Charenton  über  Royer  CoUard,  bei  dem  neuca 
Bei/dem  über  fVright  und  fVtUiam  Lawrence  iuteressante  No- 
tizen mitgetheilt« 

Neuntes  Capitel.  Gebär'-  und  FindeUiäuser.  Zuerst  Nach- 
richten über  das  Hospice  de  l'accuchement  (MaterniU)  und  über 
Chaussier.  Da  der  Unterricht  in  der  Geburtshülfe  den  Studie- 
renden hier  unzugänglich  ist,  kommen  ihnen  die  Privatlehrer  für 
dies,  Bedürfnifs  entgegen,  unter  deren  Vorlesungen  die  von  6a- 
puron  und  i^ajgn^r  ausgezeichnet  werden.  —  Sodann  über 
das  Hospice  des  Enfans  trouves  und  das  FoiavdUng  ^  Hospital» 

Zehntes  CapiteL  Zur  medicinischen  Polizei.     ^J  Apotfieken 
und  Pkarmacie  centrale*  £s  wird  zuerst  in  Ansehung  der. Apo- 
theken  die  freie  Concurrenz,    die  in  Paris  wie  in  London  Statt 
findet,  getadelt.     Desgleichen  die  unendliche  Menge  der  Arcana, 
der  JPanaceen  etc.,   die   die  Apotheker   in  beiden   Städten   mit 
grossen   Lettern    dem   Publicum  darbieten.      Eine   Apotheke  \n 
Paris  biete    von   aussen  her  gerade  denselben  Anblick  dar  wie 
der  daneben  befindliche  Gaianterieladen.  Dagegen  wird  die  hier 
umständlicher   beschriebene  Pharmacie  centrale   nach    Verdienst 
gerühmt.     ^)  Beyqlkerung  und  Consumtion  -  in  Paris,     3J  Oef- 
f entliche  Abtritte.     Nach   vorausgeschickter  Bemerkung,    dafs  in 
Paris  eine  Verbesserung  der  Abtritte  besonders  nöiliig  war,  wer- 
den die  Cabinets  d'aisance  inodores  und  die  neuerlichst  von  Ca" 
zeneuve  und  Donat  lirfundeuen  Fosses  mobiles  inodores  beschrie- 
ben  und   gerühmt.     4J  Anstalten  jftir  gewaltsam  f^erungliickte» 
Bemerkungen  über  die  Häufigkeit  des  Selbstmoi  des  in  Paris  und 
London«    Beschreibung  der  zur  Erkeuntnifs  verunglückten,  todt- 
gefundenen   bestimmten  Häuschens,   der  Morgue^     5)  Medkitii- 
sehe  Charlataneric.     Wie  diese  sich  in  Paris  dem  fremden  Beo- 
bachter mit  den  grellsten  Farben  ,  unter  den  possierlichsten  uud 
veriicbiedeustcii   Geslalteu   z^ige,    wird    hier   durch   artige  Bei- 
spiele daxgethau.  — ^ 


Ternaux  über  Aufbewahrung  des  Getreides.    3G3 

w 

t 

In  England  I  yro  ^S.  555.^  der  Begriff  Polizei  in  unserem 
Sinne,  bei- dem  Gefühle  der  ausgelassensten  Freiheit,  einer  der 
gehässigsten  ist,  ja  eigentlich  eine  solche  Polizei  gar  nicht  exi- 
stirt,  ist  auch  eine  medicinische  Polizei  nicht  zu  erwarten.  Da- 
her kommt  es  denn  auch,  dafs  Aerzte,  Wundärzte,.  Apotheker, 
Quacksalber  in   London  friedlich  neben  einander  prakticiren; 

Eilftes  Capitel,  Dictiannaire  des  sciences  medi^ 
cales.  Der  Verf.  hat  dieser  grossen  Encjklopädie  hier  eine 
besondere  Aufmerksamkeit  widmen  zu  miissen  geglaubt,  vveil  sie, 
wie  für  die  europäische  medicinische  Literatur  überhaupt,  so 
ganz  besonders  für  diejenige  Frankreichs  eines  der  wichtigsten 
Werke  uusers  Jahrhunderts  sej,  indem  sie  ein  geordnetes  Ar- 
chiv der  Arzneiwisseiischaft  der  Franzosen  bilde  und  die  Nach- 
kommen sie  noch  historisch  würden  consultiren  können,  wenn 
auch  die  Medicin  in  Folgezeiten  eine  veränderte  Gestalt  ange- 
nommen haben  wird.  Bei  aller  Anerkennung  des  vielen  Gut^n, 
vas  in.  dem  Werke  enthalten  ist,  wird  jedoch  als  ein  Haupt- 
fehler gerügt  der  Mangel  an  Kritik,  der  sich  offenbare  erstens 
in  der  Aufnahme  sehr  vieler  Ahhaudlungen,  zweitens  in  dem 
Mifs Verhältnisse,  in  dem  viele  Abhandlungen  zu  andern  stehen, 
so  dafs  bald  ein  Artikel  unverhältnirsroässig  lang,  bald  ein  wich- 
tigerer Gegenstand  ganz  ungenügend  bearbeitet  sej,  drittens  iu 
der  äusseren  Form  vieler  Artikel,  ^der  in  den  unzähligen  Wie- 
derholungen derselbe^  Gegenstände  unter  verschiedenen  Rubri- 
ken, endlich  in  der  Ausvyahl  der  Literatur  und  in  Ansehung 
vieler  Kupfer.  Hierauf  wird  (S-  ^76  ff.)  noch  die  Bearbeitung 
der  speciellei)  Fächer  in  diesem  Werke  gewürdigt  und  es  wer- 
den die  wichtigsten  Abhandiuuijeh  der  einzelnen  Mitarbeiter 
ausgezeichnet.  / 

Anhang,  f^arietäten.  —  Register. 
♦  Ucbrigcns  hat  der  Verfasser  in  den  einzelnen  Capileln 
auch  die  darauf  sich  beziehende  Literatur  gut  angegeben,  desr 
gleichen  Abbildungen  von  einigen^  Instrumenten ,  von  Laennecs 
Stet/ioscop  und  dem  zur  leichleren  und  schnelleren  Eröffnung 
4cr  Wirbekäule  schicklich  eingerichteten  Rachilom  beigefügt. 

J.  IV,  li^-Conradi,  , 


Das  beXte  Mittel  gegen  zu  niedrige  Getreidepreise,  in  einer  Dßr" 
Stellung  an  die  Societät-  der  Aufmunterung ,  jxehst  den 
Piotokollen  Hier  die  tu  St.  Ouen,  bei  Paris,  ange" 
stellten  Fer^uche  zur  Auß)ewährung  des  Getreides  in  einem 
Silo\,  oder  in  einer  unter  indischen  Grube";  vom  Baron 
Tb  a  jh  a  u  X.     Mit  -  4    Kvffcr.     Aus    dem  Französischen. 


3Ö4    Tcrnaux  über  Aulbewahrung  des  Getreides. 

Leipug,    im    Industrie  -  Comptoir ;    489St»     XU  und  64 
Seiten  S.    geh.  4SI  ggr, 

JJcr   Verf.,  beruhofit   durch   die   gelungene   Einbürgerung  der 
tlbetisclien  Ziege  in  Frankreicli,  z^igt  sich  hier  für  einen  anderen 
GegcDsland  des  Gemeinwohles  eifrig  bemuht.  Seine  Schrift  lehrt 
uns  keine  neuen  Mittel  zur  Aufbewahrung  des  Getreides  kennen, 
vielmehr   sind   bei   dem    Säo   ( der  Name   ist  zunächst   aus  dem 
Spanischen  genommen ) ,   in   dem  der  Versuch  angestellt  wurde, 
die  von   Lastejrrie  und  A.    angegebenen  Einrichtungen   nicht  zu 
Hülfe  genommen;    aber  desto  mehr  Gewicht  hat  diese  neue  Er- 
fahrung  über   das   Gelingen   der   Unternehmung  unter  gar  niclit 
besonders  günstigen  Umständen.     Die  Grubq  wurde  in  Margel- 
boden,   der  nicht  ganz  trocken  war^  gegen    t^'  tief  gegraben; 
gl/   über    dem   Grunde   derselben   fing   erst  das  Mauergewölbe 
an,  welches  sich  oben   an  die  Einschüttungsrohre  anschlofs;  die 
Wände  ringsum  wurden  i'  dick  mit  Stroh  ausgeschlagen^    199 
Hektoliter   (  gegen  363  Berliner  Scheffel }  Wattzen  blieben  vom 
Decemb.  iSig  bis  Octob.  1^20  darin,  fanden  sich  beim  Heraus- 
nehmen auf  2o5  vermehrt,  wahrend  das  Gewicht  des  Hektoliter 
um  a|  %  abgenommen  hatte,  welches  wirklich  weniger  Abgang 
ist,    als   auf  dem  Getreideboden  bei  neuem  Getreide  gerechnet 
wird.     Mit  Ausnahme  der  obersten  Schicht,  etwas  über   1  Hek- 
toliterj  die  einen  dumpfigen  Geruch  zeigte,  war  alles  übrige  voll- 
kommen  gut   erhalten.     Die  Kosten    der  Aufbewahrung^  auf  Bo- 
den berechnen  sich  in'  Allem  auf  ungefähr  f  o  Procent,  in  grös- 
seren^ Silos  aber,   wenn  diese  erst  nach  2  Jahren  geöffnet  wer- 
den,  mögen  sie  nur  i  Procent  betragen.     Ucbcr  Verschliessun^ 
und  Oeffnung  des  Silo,  sowie  über  Mahl-  uixd  ßackprobe  sind 
genaue  Protokolle  beigebracht,  wodurch  die  pchrift  etwas  weit- 
schweifig wird;  doch  enthält  sie  noch  manche  gute  Bemerkungen, 
über  denen   man  die  Unkunde  der  Naturwissenschaft  (S.  5  %:) 
gerne   vergifst.     Ref.   vcrvveist   übrigens    bei    dieser  Gelegenheit 
auf  die   reichhaltige  Abhandlung   von  Marechaux  im  polytechni- 
schen Journal,   V.  a  und  3.,  .und  in  ^Ansehung  der  Magazine  zu 
Livorno,  die  mit  Ternaux's  Silo  viel  gemein  haben,  auf  «v.  IVie- 
bekings  Beschreibung  derselben   im  neuen  Kunst-  und  Gewerb- 
blatt des  polytechnischen  Vereins  in  Baiern,  1823.  Nr.  5. 

S.  B.  V. 


s 

Handbuch  der  psyAischen  Anthropologie  oder ,  der  Lehre  von  der 
Natur  des  menschlichen  Geistes  von  Jacob  Fri bdhich 
FKißSj   Grofsh.   Sächsischem  Hofrath  tiud  ord.  Professor 


* 


Fries  Handbuch  der  psychischen  Anthropologie.  305 

der  sPhUösophie  zu  Jena-  Jena  in  der  Cröherschen  Buch-' 
hanJlung,  4ter  Band  4S9o.  IV^  imd  9^  S.  ster  Band 
4^it4.  XXXII  und  %si4  S.  Ä  ThU.  ^  Rthlr.  S  ggr. 

JLler  berühmte  Verfasser  stellt  hier  eine  neue  Theorie  unseres 
Geisteslebens  auf,  worin  er  über  die  Nameoerklärungen  hinaus 
zu  Sacherklärungen  zu  gelangen  strebt  und  zu  glauben  geneigt 
ist,  im  Begriffe  vom  Verstände,  als  der  Kraft  der  Selbstbeherr- 
schung, einen  Begriff  gefunden  zu  haben ,  der  in  der  Anthropo- 
logie ein  neues  Licht  verbreite« 

lu  der  Einleitung  %nm  ganzen  VITerk  verwirft  der  Verfasser 
die  Wolfische  Eintheilung  in  empirische .  und  rationale  Psycholo- 
gie, als  hier  nicht  brauchbar,  weil  sich  die  Naturbeschreibung 
und  die  Naturlehre  des  menschlichen  Geiktes  nicht  rein  von  ein- 
ander sondern  lassen  und  der  Verstand  in  allen  Wissenschaften 
nach  allgieiii einen  Ansichten  strebe,  und  also  nicht  nur  beschrei- 
ben, sondern  mehr  oder  weniger  auch  die  Erscheinungen,  auf 
Gesetze  und  Erklärungsgrönde  zurückfuhren  vroUe.  Die  von 
Ctiriis  aufgestellte  allgemeine  Psychologie  (welche  die  allgemiei- 
nen  Gesetze  der  menschlichen  Gattung  untersucht,  im  Gegensatz 
der  5]pecia2- Psychologie,  welche  von  dem  Unterschiede  unter 
den  Menschen  handdt,  und  der  Individual'*  Psychologie  oder 
Biographik)  ist  es,  welche,  nach  dem  Verfasser,  ein  besonders 
günstiges  Verhältnifs  zur  Natur* Lehre  des  menschlichen  Geistes 
hat.  Dieser  Theil  lasse  .  sich  vollständig  theoretisch  behandeln; 
und  dadurch  entstehe  die  Aufgabe,  welche  der  Verfasser  philo- 
sophische Anthropologie  nennt,  nicht  als  abhangend  von  Meta- 
physik, sondern  vielmehr  umgekehrt  als  die  Grundwissenschaft, 
aus  deren  Gesetzen  alle  Philosophie  entspringen  müsse. 

Wiewohl  psychische  Anthropologie,  Physiologie  des  mensch- 
lichen Körpers  und  vergleichende  Anthropologie  drei  eng  mit 
einander  verbundene  Wissenschaften  seyen,  so  dais  die  Naturbe- 
schreibung, in  keiner  von  ihnen  vollständig  werden  kdnne  ohne 
Beihülfe  der  andern,  so  dürfe  man  sich  doch  nie  einbilden,  durch 
das  Geistige  etwas  Körperliches  oder  durch  das  Körperliche  et- 
was Geistiges  erklären  zu  können.  So  viel£u?h  die  Thatsachen 
der  äussern  und  Innern  Wahrnehmung  sich  gegenseitig  zu  jEtt 
kenntnifigründen  dienen,  Erklärungsgründe  könnten  sie  gegen- 
seitig für  einander  nie  v<rerden;  daher  auch  in  der  psychischen 
Anthropologie  kein  körperlicher  Erklärungsgrund  iiir  geistige 
Krscheinungen  in  die  Theorie  aufgenommen  werden  dürfe.  Die. 
für  die  vergleichende  Anthropologie  voh  Gcdl  aufgestellte  Lehre 
über  das  Wechselverhältnifs  der  geistigen  und  körperlichen 
Functionen   sey  nur  aus  wissenschaftlicher  Unkunde  beschuldigt 


356   Fi'ies  IJandbi^ch  der  psychischen  Anthropologie. 

worden^  dafs  sie  den  Ideen  der  Freiheit  des  Willens  und  der 
Selb$tständif;keit  des  Geistes  widerspreche;  aber  auf  der  andern 
Seite  sey  auch  die  wahre  Bedeutung  dieser  Vergleicliungen  der 
geistigen  und  körperlichen  Functionen  keine  andere  als  diese: 
\  dafs  sie  nämlich  keine  Erklärungsgrunde  geben,  weder  körper- 
liche dem  Geistigen,  noch  geistige  dem  Körperlidien.  So  warnt 
auch  der  Verfasser  gegen  alles  Spiel  mit  materialistischen  Hypo- 
thesen, welches  besonders  seit  Descartes  so  oft  versucht  wordea 
sey*  Er  sucht  daher  keinen  Sitjj  der  Seele  im  Körper;  er  er- 
klart sich  Gedächtnifs,  Erinnerung,  Association  weder  durch 
Eindrücke  im  Gehirn',  noch  durch  Ncrv^nfibern,  nuth  durch 
Strömungen  des  Nervenälhers.    ^       = 

Wenn  gleich  die  innere  Erfahrung'  alle  Thätigkeiten  unse- 
res Geistes  ab  Thätigkeiten  desselben  Ick  vcrrini^je,  so  sej  deu- 
ik)ch  in  ihr  kein  schlechthin  beharrliches  Wesen  gegeben",  und 
sie  entscheide  nicht,  ob  dieses  Ich  als  ein  Wesen  für  sich,  oder 
nur  als  eine  identische  Form  wechselnder  Wesen  bestehe.  Aus 
innerer  Erfahrung  über  unser  Leben  in  der  Zeit  könne  daher 
keine  Lißhre  von  einem  unsterblichen  denkenden  Wesen  gebildet 
"Werden,  und  der  Verfassei'  widerspricht  gerade  zvi,  den  über- 
mässigen Anforderungen  der  Psychologie  an  die  Metaphysik, 
nach-  welchen  die  Idee  von  einer  unsterblichen  Seele  als  wissen- 
schaftlicher Grundgedanke  dien  Erklärungen  des  menschlichen 
Lebens  in  der  Zeit  zu  Grund  gelegt  werden  sollte.  Er~  spricht 
daher  auch  nicht  sowohl  von  einer  Seele,  sondern  nui*  von  einem 
menschlkhen  Geiste,  so  wie  uns  dessen  Natur  im  vorüberschwiu- 
dendon  Zeitleben  erscheint.  Auf  der  andern  Seite  dürfe  aber 
auch  die  Metaphysik  nicht  umgangen  werden,  indem  jede  innere 
Wahrnehmung  Thätigkeiten  unseres  Ick  zeige ,  welche  Aeusse- 
rungen  der  Vermögen  desselben  seyen;  und  es  sey  falsche  Spitz- 
findigkeit, diese  Geistesthätigkeiten  ohne  Geist esvermögeu  denken 
zu  wollen.  (— <^  Ist  es  aber  weniger  spitzfindig:  das  Ich  in 
eine  identische  Form  wechselnder  Wesen  zu  zersplittern?) 

Weil  die  Namenerklärungen  *  nie  Einsicht  in  die  Natur  eines 
Dinges  gewähren,  und  für >  eine  eAiarende  Wi^enschaft  alles 
auf  Sacherklärung*ea  ankomme;  so  ergebt  sich,  dafs  die  Be« 
qucmlichkeit^  der  dogmatischen  Methode,  welclie  ihre  Begriife 
durch  Definitionen  bestimmt,  alzuoft  die  allein  richtige  kritische 
Methode  verdränge,  die  noit  niehr  Schwierigkeit  die  Begriffe 
aus  gegcbeneui  Sprachgebrauch  durch  Zergliederungen  bestimme. 
Daher  komme  es,  dafs  jeder  gerade  bei  den  Haupfworten  der 
Wissenschaft,  z.  B.  Sinnlichkeit,  Verstand,  Einbildungskraft,  Ver- 
nunft, Empfindung,  Gefühl  etwas  anderes  denke.  Indem  der 
Verfasser  nur  durch  eine  grün Jiiche  Methode  der  Sacherkläruu-. 


Pries  Handbuclü  der  psychischen  Anthropologie.  36/ 

gen  zu  ein^ni  wahrhaft  brauchbaren  Sprachgebräuöh  zu  kommen 
trachtet,  so  kommt  es,  dafs  er  von'  vielen  in  der  Schule  gevvohn- 
liehen  Begriffsbestimmungen '  abweicht. 

Der  erste  Theil,  welcher  dien  ersten  Band  ausfüllt,  enthalt 
die  Beschreibung  und  Theorie  des  menschlichen  Geistes  über- 
haupt nach  seinen  Vermögen- 

ister  Abschnitt.     Allgemeine  Betrachtung  des  mensch- 
lichen Geistes., 

Da  dieser  Abschnitt  den  Gruid  enthält,  wodnrch  des  Ver- 
fassers Ansichten  von  denen  anderer  Psychologen  so  ^sehr  ab- 
weichen, S0  müssen  hier  diese  Grundgedanken  wenigstens  ange- 
deutet werden.  \ 

»Der  Miensch  findet  den  Menschen  unter  allem,  was  ihm 
im  Weltganzen  unter  den  Gesetzen  der  Natur  erscheint,  allein 
als  das  Wesen  höherer  Art,  als  das  vernünftige  Wesen,  dessen 
Dasejn  sich  ihm  bestimmt  *  aber  die  Schtaiiken  der  Natur  hin- 
aus deuten  läi'st.  «Der  Mensch  erkennt  unter  allen  Naturerschei- 
Duiig^en  nur  den  Menschen  als  ewiges,  freihandelndes  Wesen, 
als  Person,  welcher,  Kraft  ihrer  Persönlichkeit,  Rechte  zustehen, 
welche  durch  ihre.  Persönlichkeit  der  Tugend  empfänglich  wird. 
Alles  andere  hingegen  '  wird  uns  als  Sache  untergeordnet.  Die 
Zeichen  dieser  seiner  pe]:sönlichen  Wurde  und  seiner  Abkunft 
müssen  wir,  absehend  vom  Körper  und  dem^  Körperlichen-,  su*- 
chen  durch  die  innere  geistige  Selbsterkeniltnifs,  weldie  jedem 
Menschen  sein  /<r^,  sein  Selbst  durch  dessen  innere  Tkätigkeit 
zu  erkennen  giebt.  Durch  diese  Betrachtung  ünden  wir  das 
eigenthümliche  höhere  Vermögen  des  Menschen  im"  Verstände, 
d.  h.  in  der  Kraft  der  Selbstbekerrschtmg ,  durch  welche  der 
Mensch  fähig  wird,  sich  selbst  auszubilden.«  —  Dies  ist  der 
Grundgedanke  für  des  Verfassers  Ansicht  unserer  Wissenschaft, 
wie  er  selbst  sagt. 

Aber  fragen  wir  den  Verfasser:  Wenn  der  Mensch  von 
seinem  eigenen.  Ich  nicht  versichert  ist,  ob  es  als  ein  Wesen  fiir 
sicli,  öder  ob  es  nur  als  eine  identische  Form  wechselnder  We- 
sen bestehe,  (wie  des  Verfassers  freilich  nur  philosophisclier, 
nicht  religiöser  Skeptizismus  lehrt)  ;  mit  welchem  Folgerecht 
kann  ein  solcher  Skeptiker  die  Persönlichkeit,  die  er  im  Grunde 
sich  selbst  abspricht j  in  Andern  verehren?  Wie  kann  er  An- 
dern eiu  Recht  zugestehen,  das  er  selbst  nicht  fordern  darf? 
Indem  er  seine  eigene  persönliche  Wurde  bezweifelt,  wie  ks^nn 
er  An  dte -Wörde  der  Menschheit  glauben  und  dieselbe  seinem 
obersten  Grundsatz  der  Anthropologie  zum  GrunU  Ic^en  ? 

Schön  und'  einleuchtend  zeigt  der  Verfäsger  den  ünter- 
sohied  zwischen  Geistesf^liätigkeitei^  und  Oeistesvermögen ,  den 
Aristoteles  aufstellte.     Nur  aber  lallt  es  auf,  wie  er,  im  Gegen^ 


368   Fries  Handbi^cb  der  psychischen  Anthropologie. 

satz  von  ie.n  Geistesthatigkeiten ,  welche  in  uns  in  scYineUem 
Weclisel  a»f  sehr  Tevänderliche  Weise  erscheinen ,  den  Geistes- 
vermogen  em  Bleibendes  oder  wenigstens  ein  länger  Andäuren- 
des  ontet!ep;en  iniir$»  Das  verträgt  sich  nicht  gut  mit  seinen 
Zweifeln  au  der  Beharrlidikeit  unseres  Ich's.  Mit  der  Annalime 
von  andaurenden  Geistesvermögeu  im  Gegensatz  von  den  schnell 
wechselnde«  Geistesthätigkeiten,  giebt  der  Verfasser  selbst  die 
Waffe  her,  seine  Lehre,  dafs  das  Ich  möglicher  Weise  als  eine 
identische  Form  wechselndeit  Wesen  bestehe,  in  das  Gebiet  der 
Spitzfindigkeiten  zu  verweisen,  gegen  welche  doch  der  berühmte 
Mann  aa  andern  Orten  dieses  Buches  mit  so  vielem  Scharfsinn 
zu  Felde  zieht.      , 

Ehe  nun  der  Verfasser  zu  der  Betrachtung  der  Grundver- 
mögen, woraus  die  Organisazion  unstoes  Geistes  besteht,  fiber- 
geht,  stellt  er  zuerst  einige  allgemeine  Gesetze  iiiber  die  Form 
unseres  innern  Lebend  auf.  Diese  sind :  i )  Der  Geist  des 
Menschen  ist  ein  lebendiges  Wesen,'  indem  er  sich  se\b^  zur 
'lliätigkeit  bestimmt;  vyo  hing^en  in  der  Körperweh  alles  dem 
Gesetze  der  Trägheit  unterwoi*fen  ist.  a)  Der  Geist  des  Men- 
schen ist  ein  >  vernünftiges  Wesen.  Die  Vemunftigkeit  bestehe 
in  der  innern  Einheit  aller  Selbstthätigkeit  unseres  Geistes. 
Durch  die  Vernunft,  als  dem  Verp;;''>gen  dieser  Lebenseinheit 
oder  einer  Selbstthäti^eit  unseres  Geistes  werde  die  Grundge- 
stalt unseres  Lebens  bestimmt«  Vortrefflicli  und  durch  sinn- 
reiche Vergleichungen  macht  der  Verfasser  dies  Grundverhäit- 
ni£s  der  Vernünftigkeit,  welches  um  seiner  Einfachheit  willen 
schwerer  in  abstracto  ins  Aug  zu  fassen  ist,  klar  und  augen- 
scheinlich« £s  folgt  daraus  9  dafs  es  in  unserm  Leben  keine 
getrennte  Mannichfaltigkeit  des  Erkennens.  Fühlens  und  Wollens 
gebe,  sondern  nur  Einheit  der  vernünftigen  Selbstthätigkeit.  In- 
dem aber  hier  schon  die  Schwierigkeiten  der  Wortbestimmungen 
anfangen,  so  versteht  der  Verfasser,  der  Sacherklarung  naclit 
unter  Vernunft  jenes  Vermögen  der  einen  Selbstthätigkeit  unseres 
Geistes,  und  er  verwirft  die  bisher  aufgestellten  Unterscheidun- 
gen zwischen  Vernunft  und  Verstand.  jEs  lange  hier  durchaus 
nicht  hin,  dem  Vermögen,  sich  mit  WiÜkühr  der  VorstclluDgea 
der  Einheit  bewufst  zu  werden,  ^inen  Namen  zu  geben;  die 
Hauptsache  sej  hier  vielmehr,  das  Grundvermögen  der  Einheit 
unseres  Lebens,  die  Vernunft,  von  dem  Vermögen  der  will- 
kührlichen  Leitung  unserer  Gedanken,  dem  Verstände,  scharf 
zu  unterscheiden  und  wobei  zu  bemerken,  dafs  diese  Vermögen 
nicht  etwa  nur  der  Erkenntnifs  in  ihrer  Trennung  yon  Lustge- 
fühl und  Streben  gehören ,  sondern  dem  gfanzeA  innern  Leben. 
Wir  erkennten  mit  Vernunft,  aber  wir  fühlten  und  handeln 
auch  mit  Vernunft* 

( ter  Beschlufs  folgt. ) 


/ 


■ 

1^^=  24         Heidelberger 


1823. 


Jahrbücher  der  Literatur. 


t^fies  Handbuch  der  psychischen   Ahthropologie» 

{Bescblufs.) 

3)  Uer  Geist  des  Menschen  ist  ein  sinnliches  Wesen. 
Was  wir  von  unseri»  Geiste  kennen,  sey  Selbstthätigkeit ;- 
aber  diese,  gehöre  einer  anfegbareo  Lebenskraft,  ,  welche  zu 
ihrer  I^efoensthätigfkeit*  erst .  dadurch  gelange,  dafs  sie  yon- 
aussenhcr  dazu  aufgereizt  werde.  Bei  dieser  Bestimmnug  uin^* 
serer'  Sinnlichkeit  müsse  .  man  zunächst  nicht  eben  aii  den 
Korper  und  etwa  an  die  Abhängigkeit  unseres  Geistes  von  ihln 
Jenken,  sondern  diese  Begriffe  sejcn  ganz  für  den  Geist  selbst. 
Der  menschliche  öeist  sej  Vernunft,  wekhb  nur  mit  Hiilfe' des 
Sinnes  lur  Entwicklung  ihret  Lcbeosthatigkeit  gelangen  könne. 
Fitr  jedes  Vermögen  des  Geistes  unterscheiden  wir  die  Sinn^' 
lichkeit  desselben  als  Vermögen  durch  äussere  Anregungen  zilr. 
Thätigkeit- zu  gelangen,  und  die  MJBe  Selbsithätigkeit  desselben 
als  die  durch  die  innere  Natur  unmcs  Geistes  sähst  bestimmte 
Form  desselben.  —  Die  weitere  geistvolle  Erläuterung  die^^er 
abstracten  Sätze  mufs  tm  Buclie  selbst,  nachgelesen  W|rden. 

Da  wir  unter  Kraft  die  zureichende  Ursache  einer  Wirkung 
verstehen,  aber  eine  solche  zureichende  Ursache  unserer. Geistes* 
ilfßiigkeiten  nie  in  unserm  Geiste  allein:  gelegen  sej,  sondern  da 
wir,  ausser  .dem  Vermögen  in  uns,  noch  andere  ursächliche  B6* 
djngunpcn  bedürfen,'  welche  die  sinulicbe  Anregungen  bringen, 
so  d6rften  wir,  wegen  dieser  sinnlichen  Natur  unserer  Vernunft, 
unserm  Geiste  als  Ursache  seiner  Thätigkeiten  nur  Vermögen 
zu  denselben,  nicht  aber  Kräfte  zuschreiben.  Für  die  .psjchische 
Tbeorie  sey, .  nach  Sachcrklärnng,  b^os  die.  Unterscheidung  der 
Geistes -Vermögen  iti  nrsjurünglich  angcborne  Anlagen  (itäJtig- 
keitea)  und  in  wähcbud  der  Ausbildung  des  Lebens  erst  el--* 
livorbene  FertigheiteA  brauchbar;  wieWohl  sich  auch  von  diesc^ 
Unterschiede  «kein  scharfer  thcorethchec  Gebrauch  roashen  1a«s>*« 

Alle.  Fertigkeiten  unsere^  Geistes  stiitnlen  für  die  Form  un-* 

,sere9  Innern  Lebens  unter  folgenden  Gesetzen:     i)    Das  Gesetx 

des  Gedächtnisses,     a)    Das  Gesetz  der   Gewohnheit.    .3 J   Das 

Gesetz  d<;r  Association,    welches  als  das  wichtigste  Grundgesetz 

aller  Krkiärungen    in  der   psychlschou   Anthropologie  an^usotien 

-.  24 


■i 


370    Fries  Haüdbuch  der  psychischeo  Anthropologi'e, 

•ejr  und  im  Innern  Gedank.enlauf  alle  Ordnung  Und  Verbindung 
besttmine.  Aber  diese  Association,  ^ie  eine  Folge  der  Kinheit 
.unserer  Leb'ensthiitigkeit  oder  de|c  VernuBfti|;keit'  unseres  Geistes 
sejy. gelte  nicht  nur  zvrisclien  Vorsiellungsspielet^ ,  sondern  sie 
greife  durch  die  ganze-  Einheit  unsö'es  Zeitlebens  hindurch, 
in  die  Gemutbsbewegungen  sowohl  als  ia  die  Yorstellungsspiek: 
der  Phantasie^  — Die  Fruchtbarkeit  .dieses  Satzes  zur  Erklarun«: 
j>sychblogisCher  Erscheinungen  wird  durch  <  des  Verfassers  Vor- 
trag äu£s  einleuchtendste .  dargetlmn.  4)  Das  Gesetz  der  relnea 
Vernunft  oder  das  Gesetz  der  Einheit  und.  Nothwendigkeit  y  als 
das  Grundgesetz  atier  JDeductionen  Für  die  apodiktischen^  mathe- 
matischen und  philosophisphen  Grundbe&timnuittgcn  unseres  Gel- 

.  ste^lebpn.  Der  Verfasser  hält  d^jenige  Jlein'ung  der  Philosophen 
für  unhaltbar,  nach  welcher  die  Mamiigfaltigkeit  der  Geistesthä-- 
tigkeit  nicht  statt '  finden  könne,  sondern  nur  *nach  einander  fallea 
müsje, 

,    Nun  kommt  der  Verfasser  auf  die  Grundvernidgen  uosercs 
Geistes   und  die    Hauptstufen  seiner  Ajisbildung,    sie  in  nähere 

.Betrachtung  ziehend,   zu  ri^en. 

\  Um  nach  Sach erklär ungen  eine  'Beschreibung  des  mensch- 
'Jtchen  Geistes  bestimmt:  geben  zu  können,  unterscheidet  er  die 
Anlagen  des  menscldichen  Geistes   i)  in  Anlage  zur  Erkennlnifs 

.oder  zur  Vorstellung,  des  Dasejns  der  Dinge.;  2)*  in. Anlage  des 
Herzens  t>der  Gemüths,  wdphe  uns  das  Interesse  ia  den  Vor- 
stellunj^cn    vom    Werthe  .  dS,  Dinge   in   den    Gefühlen   der  Lust 

.tfud  IJnlust  giebt;\5)  in  Thatkraft,  wodurch  das  Gcmtith  zum 
Trieb   oder   Begehrungsvetmögen «  und  unser   ßeist  selbst   ver- 

.nünftige  Willkühr' wird.  Diesjs  Thatkraft  sey  zweierlei:  ausser- 
lieh  ein  Vermögen  unsern  Körper  willkiihrUch  zu  bewegen ;  iu' 
uerUch,.  durch  Association  des  Interesses  mit  andern  Geistesthä- 
itigkeiteoy .  nie  Kraft  jier  Sähstbeherrschung^  welche^  er  i^erstand 
nennt. 

Die  Anlage  zur  Erkenntnifs  sej  allerdings  die  erste,  welche 

.  von  den  beiden  andern  vorausgesetzt  wird  ^  upd  alles'  in  unser m 
Geistesleben  sej  Erkenntnifs  oder  nur  durch  Erkenntnifs  mog* 
lieh;,  weswegen  auch  die  Psychologen  von  Descartes.bls  auf 
Platner  die  Erkenotnifskraft  oder  Denk-  oder  Vorstellui^gskraft 
der  Seele  für  «die  einzige  Grundkraft  gahalten,  aus  der  sich  alle 
andern,   auch*  das ' Begehren,  und  Wollen  abjeite;i  lidssen;    dabei 

Iber  hätten  sie  sich  jedoch*  durch  den  unbestimmten  Sprachge- 
hrauch getäuscht ;  denn  es  verstehe  sich  nicht  aus  blofsen  Be- 
griffen, von  selbst,    dafs  jedes  erkennende  Wesen  auch  ein  sich 

,  .interessirei\des  stfjn  müss^.  —  Jndem  hier  der  Verfasser  xon 
der   Raotischen  Lehre  ausgegangen,    so  weicht  er  doch  von  ihr 

'in  zwei  weseiitlicbea  Pupktc^n  ab.    ^rstlicb,  Kant  unterscheidet 


/   I 


fricS 'Handbuch  der  psychisdien  Anthropologe.   371 

• 

clie  CTjÄttcTvei^dgen  in  Erkenntnirsvertnogen  ^  in  Vermögen  des 
Gefühls  der  Lust  und  Unlost ,  •  und  iq  BegehrungsTetmdgen« 
Damit  aber,  meiiit  der  Yerfiasserv  sey  der  Unterscliied  der  zweiten 
und  dniten  Anlage  unseres  GeUtes  nicht  richtig  bezeichnet ^  Be- 
gehren sey  no(h  nicht  Handeln*  Wenn  es  auf  Sach erklär ungcn 
aukopime  ^  so.  sej  Herz  und  Trieb  *  ( oder  Gemoth )  und  Begeh«- 
rnngsvermogep  eins  und  dasselbe^  und  erst  das  willkührliche 
Handeln  miisise  an  die  dritte  Stelle  gesetzt  werden.  —  Zyira'tenSy  •> 
zn  t^olge  der  Kantisciven  Eintheilüng  pilegen  cNi-  Psychologen 
ein  Vermögen  der  Seele  nach  dem  andern  zu  beschreiben  und 
Vit  getrennt  von  einander  zu  betrachten;  was  doch  nicht  aüs<» 
fubrbar  sev^  weil  in  jede^  wirklichen  LebenstKätigkeit  alle /[frund*^  - 
anlagen  mit  eiAnder  aiigeregt  stijen. ,  Deswegen  verbindet  det 
Verfasser  mit  dem  Unterschiede  der  Anlagen  noch  den  Unter«* 
schied  der  Bildungstufen  unseres  Geistes.     Nämlich:  - 

So   wie  aus  der  Vereinigung  der  oben  enpvahnten  Anlageti 
(£rkenntnif$^   Herz  und  Thatkraft)   das  X>ebcn   unseres  Geistes 
seiner  sinnlichen 4N^atur' nach  entwickelt  werde,  so  mnfsten  wtk'   • 
diesen  Anlagen ,  drei   Momente  orde;r  Hauptstufifto  des  Geistes  an 
die  Seite  setzen^  w^elch«  man  api  kürzesten  mit  Sinn,   Gewohn- 
heit  und    J^erstand    benenne.       Jede   Leben  sä  usserung    unseres 
Geistes  fordere  nämlich  zuerst  sinnlithe  Anregung \  .das  nun  an«» 
geregte   Leben   aber  bilde  sich  innerlich  nach  Gedachtnifs  und 
Asspcfatioii  durch  Gewohnheit  in  seinen  Fertigkeiten  Weiter  fqrt^ 
so  dafs  hi<*r  durch  Gewohnheit  nnserm  Geistesleben  die  Gesetzt 
des   untern    Gedankenlaufes   vorgeschrieben  werden*  .  In  diesen 
untern  Credankenlauf  greife   ^ann   der  Verstand  odexv  die  Kraft- 
der  Selbstbeherrschung  mit  willkühr)ipher  Leitiing  unserer   Ge^* 
danken    und    gebe  unscrm  Leben   den   obern  Gedankenkuf  der 
Selbstausbildung  nach  Zwecken.     P^r.  dadurch  glaubt  der  Ver«*. 
fasser    eine    wahrhaft   brauchbare   Gruppirung  der   Lehren    der 
Psychologie   Z|i   erhalten    und   sie.  zur  natürlichen   VorbereitunV 
zur  ElhiK  zu  erheblbn,    dafs.  er   ds^  Menschenleben  als' Aufgab« 
3er  Selbstbeherrschung  und  Selbstausbildung  an^ieljt,    (  ^<-  Ge*» 
wifs  der  Gedanke  ist  schon*  und  tief  gcfafst  und  durcbgv^führt  >y 
und-  die  einzelnen  Untersuchungen  dem  g^mäfs  ordnet,  wie  jede 
Grundanlage   unseres   Geistes    dem   Verstand   einen  -  ihr    eigenen 
Zweck  der  Ausbildung  vorhält     Nun  kommt  er  auf  jede  diesem 
drei  Hauptstufen  zu  reden.  * 

i}  Sinnliche  Anregung  des  Lebens«  —^  Alle  Grundanlagen 
unseres  Geistes,  sowohl  die.  Selbstthätigkeit  im  Erkennen  als  die 
Selbsttbätigkeit  unseres  Gemnthes  und  die  Thatkrait,  würden  auf 
gleicho^ftssige  Art  sowohl  äusserlich  als  innerlich  sinnlich  ange^ 
regt.  'Wenn  aber  der  Verfasser  die  Sinne  in  äussere  und  in<^ 
nere  abthisilt,  so'  versteht  ef  nnter  den  Shinen  hier  auch  iur  den 

24* 


372   Fries  Handbuch  dei*  psycludchen  Anthro[](.olögie; 

äussern  Sinn  die  ^'Empfänglichkeit  unsearts  Geiltet ^  und  «ipht  das 
körperliche  Organ  ^  bei  dessen  Heizung  die  Empfindung  in  un- 
term Geiste  erscheint.  So  scj  Hören  und  Sehen  eine  siufiliche' 
*  Erkenntnifsthätigkeit  unserer  Vernunft ^  und  die  Empfänglichkeit 
des  Geistes  in  der  Erapfiudang  zu  diesen  Thät^keitcn  zu  ge- 
langen^ nicht  aber  Aug  und  Ohr,  qennt  er  hier,  den  äussern 
Sinn»  Dehi  Innern  Sinne,  gehöre  die  sinnliche  Anregung  dcf ' 
$elbstcrkenntnifs,  das  Bewufstsejn,  die  Anregung  des. Lustge- 
fühls im  Geiste  zu  Freude  und  Trauer.  \ 

Mit  dieser  Definition  des  äussern  Sinnes,  den  .Wir  hier  auf 
«tif  geistiges  Grundgesetz  zurückgeführt  sehen,  scheint  uns  der 
Verfasispr  dem  durch  GaU,  Spurzheim,  Georget  wieder  aufle- 
benden Materialismus  einen  Stretch  beigebracht  did  in  ihre  ana- 
tomisch -  physiologische  Philosophie  durch  eine  feine  psycholo- 
gische Unterscheidung  einen  Strich  geiqacht  zu  haben.  Referent 
hält  sich  nicht ,  für  befugt ,  des  Verfassers  Definition  des  äussern 
Sinnes  weder  zu  bestjftigen  noch  zu  bestreiten;  aber,  welche 
Beschaffenheit  es  auch  damit  Jiabe,  diese  Defiflition  dient  darzu, 
den  Materialisten  zu  verwirren  und  seinen  scharfen  «Sophismen 
ein  ^ben  so  scharfes  —  einerlei  ob  Philosophem  oder  Sophis- 
tnsL  —  entgegen  zu  setzen,  woduroh  auf  jeden  Fall-  die  mate- 
rialistische Ansicht  an  Wahrscheinlichkeit  'verliert.  Mag  •'auch 
der  *  Materialist  den  vollkommenen  Schein  des  Rechts  für  sich 
haben,  wenn  er  behauptet:  das  Innere  sej  abhängig  vom  Aeiis- 
sern,  das  Psjcnische  vom  Phjsisdien,  iiuUm  das  Dasejn  und 
die  Gesundheit  des  Organs  die  Bedingung  sej,  wodurch  äussere 
Empfindungen,  in  uns  Vorstellungen  erregen,  so  dafs,  wie  die 
'Erfahrung  allerdings,  lehrt, '  durch  den  Verlust  des  Organs  alle 
diese  Vorstellungen  wieder  rein  verlohren  gehen;  -—  des  Ver- 
fasser» Definition  des  äussern  Sinnes,  als  einer  Empfänglichkeit 
unseres  Geistes  scheint  uns  dadurch  nicht  Noth  zu  leiden.  Wo 
nämlich  die  äussere 'Reizung  des  Organs  felllt,  da  katin  auch  die 
Ü^mpfäiiglichkeit  des  Geistes  , nicht  zur  Aeusserung  kommen;  und 
,  also  nu:ht  selbst  die  Empfänglich kt;it  des  Geistes  ist  abbängig 
vom  Organ,  sondern  blofs  die.  Aeus^r^ng  derselben. 

"  2)  Der  untere  Gedankenlauf.  —  Die,  wie. oben  angedeu- 
tet, durch  Gev\ohnhcit  und  Association  gestalteten  Gesetz«  des 
untern  Gedankenlaufes  gelten,  wie  die  Qesetze  der  Sinnlichkeit, 
alten  Grundanlagen  de^  Geistes  gemeinschaftlich.  Die  ^rkenni^ 
nifs  erhalte  hier  Gedäcbtnifs,  Erinnerung ,  Vorhersehung  durch 
die  Erwartung  ähi^licher.  Falle,  und  die  Einbildung;  Dem  Lust- 
gefiikl  und  der  Langweile  gehöre  hier  die  Ausbildung  der  Ge- 
müthsbewcfiüngen  zu  Hang  Und  Leidenschaffen,'  und  das  Mitge- 
fühl. Endlich  die  Thatkraft  erhalte  hier  die  Ausbildung  der 
Geschicklichkeiten  und  Fertigkeiten.  ^ 


vFrics  Handbuch  der  psyphiscben  Anthropologie.  3/5 

3)  Der  obere  Gedankenlaaf.  —  Imlem  der  Verfasser  un- 
ser o  Spraöhgebrauch  für  die  Sacherklärung«  der  obero  Yerm^^geli 
unseres  Geistes  nur  dadurch  sicher  auszubilden  glaubt ,  dafs  er 
die  Vernunft^  als  Vermögen^ der  Selbstthättglieit  unseres  Geistes 

überhaupt,  vom  Verstände^  als  Vermögen  der  Selbstbeherrschung,  ^ 
als  Gewalt  des  "Vyillcns  innerlich  über  'uns  selbst,  unterscheidet;  * 
so  gehört,  diesem  zu  Folge,  der  obere  oder  willkuhrliche  Gt- 
dankenUuf  ^tisv  Verstandt^    d,  h.  der  innern- Thatkraft,   durch 

.  "«velcfae  dem  Menschen  die  Selbstbeherrschung  möglich*  wird. 
Die&e  K'pft  der  Selbstbeherrschung  sey  die > höhere,  ^ßig'enthüm- 
lieh  menschliche,  für  die  Wir  ihn  das  vernünftige*  Wesen  nennen^ 
Denn    diese  Kr^ft   greife   leitend  in   die  .sinnlfcheu  ,  Anregungen 

^uud  den  untern  Gedankengang  der  Anschauungen,*  Einbildungen, 
Lr|istgefühle  und  Ges^chicklichkeiten  hinein,  und  unterw.erfe  diese 
durch  die  Aufmerksamkeit  den  selbst  geset^en  Zwecken  unseres 
Lebens.    .  -    '    J       ■ 

Referent  weifs  nicht,  ob  er  sich  selbst  eines  Nichtversth'nd- 
nisses,  oder  ob  er  den  Verfasser  eines  Widerspruchs  beschuldi- 
l^en  müsse.'  S.  53  heifstes:  »Die  Macht  des  Verstandes  mufs 
vorzüglich  darin  bestehen,  dafs  er  sich  Association  und  Gewöh- 
nung uiiter\had  macht«  Und  doch  sagte 'der  Verfasser'  kurz 
zuvor  S.  52:    t^Es   j^t   aber   die  Kraft   der    Selbstbeherrschung^ 

•als  innere  Gewalt  des  Willens  über  unser  Leben,  die  Folge 
der  Association  des  Interesses  mit  unserer  Geistesthätigkeit.c  -^ 
"Wenn  aber  die  Kraft  der  Selbstbeherrschüitjg,  also  der  Ver- 
stand, eine  Folge  der  4^ssociation  ist,  wie  kann  der  Verstand  di<{ 
Associationen  bemeistem?  darum  mochte  auch  fieferent  die  Stelle 
S.  53  nicht  unterschreiben:  »Aus  diesem  ergi'ebt  sich  aber  zu-  * 
gleich,  dafs  die  höhere  Kraft  (der  Selbstbeherrschung)  keine 
neu  ergänzende",  sondern  nur  eine  leitende,  regierende  %ej,^ 

,    Sehr  interessant*^  ist  übrigens ,  was  der  Verfasser  nach  einer 
eigenthümlichen    Ansicht  vveiters   über  den   Verstand  und   seine 

•  Oes4itze  vorträgt.  '  • 

Da  das  sinnlich  angeregte,  in  Gewohnheiten  fortspielcndc 
Menschenleben"  von  der  Kraft  der  verständigen  SelbslbeherrschiAxg 
regiert  und  ausgebildet  W.erdch  und  für  diesen  Standpunkt  dfe  - 
Psychologie  ihre  Lehren  geben  mufs,  so  ergeben  sich  nun  von 
selbst  die  Eintheilungen  für  unsern  ersten.  Theil  der  Psycholo- 
gie. Nämlich  i)  für  die  Zwecke  der  Erkenntnifs  —  das  spC" 
cidatiye  Gebiet  des  Menschenlebens,  a)  Für  die  Zwecke  des 
Oemüths  -<-  das  contemplativc  Gebiet  d^s  Menschenlebens;  und 
3  )  für  die  Zwecke  der  Thatkrafl  —  das  praktische  Gebiet  des 

"  Menschenlebens.  .     *     ^ 

Je  ausführlicher  tvir  beim  ersten   Abschnitt  oder  der  allge-  ,  - 
meinen  Bcti'i^htung  des  menschlichen  Geistes  verweilt  haben,  um 


ßy/l  Fries  Handbuch  der  psychischen  An^öpdogie. 

^o  kurzer  dfirfea  upd.  müssen   whr  ods  über  die  folgendeti^- das 
mehr  Speciale  eiithalteodeo,  Abschnitte  zusammenfassei^«  • 

Als  Anhang  des  ersten  Abschnittes  kommt  noch  von  S.  58 
bis  f  o  etwas  die  Goschichte  und  Literatur  der  Psychologie  be- 
ireffendes vor,  wobei  die. Hauptmomente  der  Fortbildung  dieser 
Wissenschaft  kurz  angedeutet  werden.  Dem  Hetzer  fallen  in  HIdt* 
sieht  auf  Geburts  -  und  Sterbjahre  mehrerer  Psjchologen  einige 
grelle  Fehler  «ur  Last;  so  läfst  er  den  im  54ten  Lebensjah/e  gestor« 
henev^  D^caries .  isis,  Biblische  Alter  von  i63  Jahren  erreichen» 
Leihnittett  ein  So  jähriges.     Allerdings  Schade  |  dafs.esT  Druck- 

•  fehler  sind !.     *  •       • 

Zweiter  Abschnitt. 

Speculatives  Gebiet  des  Menschenlebens  unter  der  Herrschaft 
der  ErkenntniCs  oder  unter  der  Idee  der  Wahrheit.    • 

stes  Capitel.    Vom  Bewurstsejn  oder  del*  SelbsterkenntnÜs. 

Per  GrAn4gedaQke ,  unserer  Selbsterkenutnifs  %ej  das  rem 
Sdistbewußtsejrn  ^  dais.^  Bewufstsejn  meines  Dasejns ^  welches 
durch  das  Ich. hin  ausgesprochen '  werde,  und  durch  welches  ich 
tnich  als  das  eine  und  gleiche  Wesen  erkenne,  dem  meine  Gei- 

'  stesthätigkeiten  zukommen.  Allein  dieses .  Bewufstseyn  erwache 
in  dem  Menschengeiste  nicht  ohne  sinolichen  Anregu'ngQi,  üi 
welchen  ich  mich  mit  bestimmten  einzelnen-  Thatigkeiten  «in  der 
Zeit  finde.  So  fai^e  alle  S  elbsterkenntnifs  mit  Empfindungen  an, 
und  wir  Inüfsten.uns  einen  innern  Sinn  zuschreiben,  durch  vvel- 
•chen  unsere  Selbsterkenntnifs  sinnlich  angeregt  werde.  Der  iu- 
tere  Sion  zeige  dem  Menschen  seinen  unentbehrlic||en  Geistes- 
^bs|and  in  Anschauung,-  Gemütbsbeweguug  und  That;  aber  des 
Andaurenden  in  uns,  der  Einsicht  in  nothweiidigif  Wahrheit,  der 
Gesinnung,  der  Leidenschaft*  etp.  würden  wir  uns  so  nicht  be- 
Tfufst,  sondern  dafür  bedürfe  der  IV{ensch  einer  Kunst  der  Selbst- 

'  beobachtung,  welche  die  Selbstbeherrschung  des  Verstandes  'übt, 

*  welche  wir  dem  RefiexionsTern^gen  zuschreiben  und  das  ./^«/i- 
ken  nennep.  Diese  Selbstbeobachtung  sej  das  Werk  der  Auf' 
rrierhamkeU  j,  in  welcher  die  innere  Thatkraft  in  unser  Vorstel- 
^ungsspiel  eiligreife..  Diese  Aufmeiksamkeit,  die  nach  und  nach 
die  herrschende  Kraft  in  unserer  Geistesbildung  werde,  sej  die 

.Folge  der  Association  unseres  Lustgefühls  und  der  Begierde, 
..  folglich  ^sociation  des  Willens  mit  un$ern  Vorstellungen.  Indem 
das  Interesse,  welches  wir  an  einer  Vorstellung  nehmen ,  sowohl 
nach  den  Gesetzen  des  untern  als  des  obern  Gedankenlaufes  wir- 
ken könne,  so  gehöre  die  unwUlkührliche  Aufmerksamkeit  aber 
so  ^ie  das  lyillkührliche  Absehen,  von  einer  Vorstellung  der  ho- 
hem Kiräft  der  Selbstbeherrschung ;  daher  die  willkührliche  Auf- 
luerksamkcit  «die  Bildifierei    d^s  ganzen  obern  Gedaokenlaufes  ein 


•/ 


Fries  Haodbuch  der  psychisch/yci  Aothropolpgie.   ij^ 

ErkcOTitQili  -  Vcrmopo   werde.  —     Diese  Lehre  der  Aufinefk-» 
ssunkeiC  ist  für  des  Verfassers  TbeoHe  entscbeiderid.  wichtig.     > 
4 res  Capitel.     Aeiis^ere  anschauliche  ErkeiiDtDifs. 
^  Dieses  Capifel,  worin  viel  irefe  philosophische  und  pbjsio- 
logische  Gelehrsamkeit  enthalten  ist,  handelt   i )  von  ^tn  äasferr| 
Sinnen  im.  Allgemeinen ;3i  Ton  der  inathematischen  Anschau^i^g 
und  der  producfiven  Einbildungskraft,    3)  von  4eu  fünf  Si/i^eq 
im  .Besondern. 
Stes  Capitel.    Vom  untern  Gedankenhuf  in  der  Erkenatntfs» 
,   Der  allgemeine  Erklär ungs  -  Grund    in   dieser  Lehre  ist  dag 
Gesetz  der  Assocjatioa,  angewandt  auf  die^  den  gedachtnifsmä«- 
«gen  G^daiikenlauf  regierende,    Association    der   Yorstellungen 
uotereinander.     Nun. handelt   der  Verfasser  ausfäbrlich   von   der 
Erinnerungskraft  und  von  der  Einbildungskraft. 
4tes  Capitel.     Von  der  Denkkraf t 
Alles   Denkeu   gehe    aus    der    Ucberlegung   oder   ReBexioa 
heHor,  und  diese  sey    die  Machl  der  Aufmerksamkeit  über  un- 
seren Godaukenlauf,  die,  kraft  ihrer  Willkühr,  und  die  Associa'* 
tion   des   untern'  Gedankenlaufes  ordnend   und  'leitend    eingreife 
und  uns«  dadurch  den  höh'ei:n,  wahrhaft  menschlichen  Gedank^^n- 
lauf  bringe.      Vergleichen   und  Unterscheiden  >ejen   die,  ersten 
Aßusserungen  der  Ucberlegung.^ 

Dies   Capitel  ist    gröfstentheils   kalte  •  Logik   und   abstractc, 
Metaphysik  und-  handelt  .  i  )  von .  denkendem  Verstände    % )  voa 
der  rein  .vernünftigen  ErkeQntnifs  3) -von  deV  UnlerordaM^og.  des 
Besol&dern    unter  das   Allgemeine    4)  von    der   Bej^ichnung.  der 
Gedanken    5)  vom  Begreifen  und  Fühlen.  . 

Dritter  Abschnitt. 
Contemplatives   Gebiet  des  Menschenlebens  unter  *  der   Herr- 
schaft des  Gcmüthes  oder  der  Idee  der  Schdnbeit» 
ites  Capitel.     Von   den  Arten   des  V(^oh}gefallens  und  den 
Trieben   des  Menschen.   —     Mit    emzelnen   Eigenthümltchkeiten 
des  Verfassers,  im  Ganzen«  im  Kantischen  öinne  und  Geist  bdchst 
abstract. "  .  *.         ,  , 

ates  Capitel.  Das  )leich  des  Geschmacks.  -^  Freilich ,  s<> 
^ie  z.B.  die  Theorie  der  Musik  nicht  musikaltscb  ist  und  keine 
Thräne  ^der  Wehmoth  entlockt  oder  den  Muth  anfeuert,  sondern 
matheinatrsch*  ist  ^  alle  Gemütbsbewegungeii  niederschlagend!  so 
kann  auch  die  Theorie  des  Gescbms^cks  nicht  selbst  geschmacV 
voll,  sondern  imr  abstract  jsjijn;  nichts  desto w</ntg^  thut^es  ei- 
nem doch  vvohl ,  iii  diesem  Capitel  etwas  mehr  warme  Leben»* 
Philosophie  und  weniger  dürre  Metaphysik  Anzutreffen. 

Vierter  Abschniit.  .    .        • 

Das  praktische  Gebiet  des  |ilenschenlebens  nnier  der  Herr^ 
*  Schaft  des  WiUeos  oder  der  Idee  de&  Gul^u     • 


«• 


f 


3j6  Fries  Handbuch  der  psychischen  Anthropologie. 

♦ 

'    *    it^s  Cäpitel.     Von  der  Thatkraft  und  dem  Wirkungskreis^ 
dies  Menschen.     Der   Entsclilufs.     Das   Wollen;     Das  Kdnnen. 

Die  TM.  • 

2tesCapiteL  Die  GemüthsbewegUDgen  und  Leidenschaften. -" 
Hier  giebt  der  Verfasser  in  einem  klaren  Vortrag!^  eine  syste- 
matische Ableitnng  aller  Gemiithsbewegungen  ^  ausgezeichneter 
Geistessttmmungen  und  der  Leidenschaften« 

*  Mit  der  Recensirung  des  ersten  Theiles  zu  Ende  eikn  wir 
tiun  &ob  zum  ^zweiten  Theil ,  welcher  den  g^en  Band  ausfüllt, 
der,  indem  er  die  sogenannte  vergleichende  Anthropologie  zum 
Gegenstand  hat,  den  psychischen  Arzt  vorzüglich  int'eressirt. 

Dieser   2te  Band  beginnt  mit  einer  a(ls  Vorrede   gestellten 
.  gediegenen  Vertheidigurig   der  Ansicht  des  Verfassers  vom  Ver- 
hältnisse zwischen  Verstand,  i^nd  Vernunft  gegen  die  Bcmerkun- 
|[en  des  Hrn.  Koppen  über  des  Verfassers  Ethik. 

Erster  Abschnitt.  Abhän/°[igkeit  unsers  Geistes  vom  Aeus- 
sern,  und  Wechselverhältnifs  desselben  mit'.dcm' Körper.  * 

In  der  diesem  Abschnitt. vorangeschickten  ting^eiii  wichti- 
gen Einleitung  'geht  dßr  Verfasser  von  dgm  tJnterschiede  zwi- 
schen der  dem  Glauben  gehörenden  und  also  religidseif  Selbst- 
erkenntnifs  des  Menschen  und  der  natfirlichen'  Sclbsterkermtnifs 
unseres  zeitlichen  Seyns  und  Wirkens  aus.  Indem  nur  der  er^ 
Stern  Ansicht  die  Ideen  eines ,  freien ,  über  die  Natur  erhabenen 
Willens  angehören,  $o  durften  wir  auch  niemSils  freie  Selbststän- 
digkeit als  Erklärnngsgrände  im  zeitlichen  Leben  anwenden.  Alle 
Bildung  des  Menschen  müsse  vielmehr  als  ein  > zeitliches  Erzeug- 
nifs  der  Natur  i^etracliti^t  werdeur  Der  Erzieher  also,  so  wie 
der  Gesetzgeber  dürften  die  Kraft  der  Selbstbeherrschung  nicht 
als  .  eine  absolut  freie  voraussetzen ;  sondern  sie  •  müfsten  sie  in 
ihrer  Einwirkung  auf  das  sinnlich  angeregte  und  i^ch  Gewöhn- 
beiten  fortspieleude  Leb^n  als  eine  beschränkte  innere  Kraft  uu- 
feres  Willens  beurthellcn.  «  # 

'Spricht  hier  der  Verfasser  Wahfheit:  aus  —  und  welcher 
Unbefangener,  deir  den 'Menschen  beurth^ilt «  wie  er  in  der  Er- 
fahrung vorkonimt  als  Sinnenmensch,  und  nicht  wie  er  am  Pulte 
des  blossen  Theotetikers  erdichtet  wird  als  reiner  Geist,  kann 
hier  die  Wahrheit  verkunn^jn?  —  so  behält  -auch  Referent  voll- 
kommen Recht,  wenn  er,  obschon  iiicht  von  einem  m*etaphysischea 
Standpunkte,  sondern  von  dem  der  natürliche'n  Logik  ausgehend, 
an  audern.  Orten  dr:escr  Blätter  es  #ls  einen  Hauptfehler  rügte, 
der  zu  den  gröfsten  inncrn  Widersprüchen  und  zum  Untergang 
der  Wissenschaft  selbst  fülir^,  dafs  das  Dogma  der  absoluteti 
Freiheit  als  -oberster  Grundsatz  der  Legalmedicin  aufgesieüt 
werde.  . 

Nun»  kommt  »dc^   Verfasser  auf   den  Parallclismus.  zwischen 


* 

Friiss  Hat^biicb  der  psychischeo  Anthropologfe..  877 

ä^u  GeistesifiStigkeiten  urid  'den  Lebcnsbewegungct)  irn  körprr* 
Iklipii  Orf;[ahisinus.  Er  behauptet:  dals  uus  in  den  Geistesthä- 
tigkeiten  und  im  körperlichen  lieben  Ein  und  dasselbe  Wesen 
erscheine,  aber  nach  ganz*  verschiedenen  £rsdieinang9i^e?sen,  so 
dafil  nie  dessen  Eines  zum  Erklärungsgrund  des  Andern,  soi«* 
dem  blofs  wechselseitig  zu  Erkenntnis ^  Gründen  ihrer  Zustande 
dienen  könne.  Das  Lebensprincip^  unseres  Körpers,  die  Einheit 
seioipr  LebensbewegQng<^  scj  dem  -  Geiste  zu  vergleichen  und 
sejr  selbst  das  ich  zu  nennen;  kurz  dieses  Lebensprincip  sef 
nicht  mehr  und  nicht  Ifveniger  als  die  äussere  Erscheinung  un<- 
sers  geistigen  Zeitlebens  selbst.  Dies  Verhähnifs.  fänden  wir'er- 
fahrangsmässig  bestimmt  dadurch,  dafs  jeder  Art  Geistesihäiigkeit 
eine  Lebensb^vregung  im  Körper  entsprechend  angenommen  wer- 
den, müsse. 

Gege;n  die  gewöhnliche  Vorstellung,  der  lebendige  Körper 
sey  •  das  hf^erkzeug  des  Geistes ,  —  was  wohl  für "  A«g ,  Ohr, 
Haiid  und  Fuls^  ^ine  passende,  filr  die  Organe  des  £)enkens  und 
WoUeas  aber  nur  eine  bildliche,  und  ohne  das  B{ld  bedeutungs- 
lose' y.orstellung  sey,  —  erhebt  der  Verfasser  den  Einwurf: 
»Wenn  wir  Geist'' und  Körper  gegeneinctndersf^W^u^  so  bleibt 
uns  immer  die  un'beanCwo)^  tu  che  Frage,- wie  und  warum  der  Qcisc 
selbst  in  seint^m  innersten  Leben  im  Denken  und  der  Gesinnung 
des  Willens,  im  Wahren, .  Schönen  und  Outen  selbst  noch  ei n^ 
Werkzeugs  bedürfe?« 

'  Aber  dem  Referenten  scheint  es,  der  Verfasser  verweclisW 
in  diesegi  Einwurf  geistige  Thätigkeit,  die  selbst  schoD  etwa$ 
organisch  Bedingtes  i«t,  mit  dem  Geistes  -  Vermögen  oder  viel«, 
niehr  (da  auch  die  Geistes  «Vermögen  vielleicht  schon  organisch 
bedingt  sind.)  mit  dem  reinen  Geiste  selbst',  d.i.  mit  der 'Quelle 
"aller  Geistesthätigkeiten.  Wenn  er  also  den  directen  Gegensatz 
des  Leiblichen  angeben  will,*  so  darf  ei*,  ohne  in  eine  peiitio 
principii  zu  Verfallen,  ,ihn  nidit  wieder  in  etwas  selbst*  leiblich 
Bedingtem  un^l  physisch  Getrübtem ,  in  'den  Geistes  -  Ausöiisseii 
suchen,  sondern  er  kann' ihn  J^lofs  in- dem  reinen  Geisternden« 
Dann  aber* verliert  des  Verlassers  Eiawupf  seine  Kraft.  Uifser 
Denken,  Wollen  und  |iandeln,  so  hodi  es  auch  gesteigert  sejn 
mag,  bleib»  imn)er  nur  ifnenschlic-he  Weisheit,  nur  menschliche 
Tugend,  uwJl  tragt  die  Spur  irdischer  Beschränktheit  durch  das 
Instrument '  selbst  an  sich.  Aber  das  sind  blosse  Aeusserung^ii 
des  in  einer  Zeit  -  und  Raumwelt  beschrän^^ten  innern  Zögling» 
der  Ewigkeit,  nicht  er  selbst  von  seiner  höhern  Seite. 

Wenn  ferner  4«r  Verfasser  $0  eben  behauptete:  däfs  uns 
in  den  Geistesthatigkeiteu  und  im  körperlichen  Leben  Ein  und 
dfuMbe  Wesen  erscheine,  aber  nach  ganz  verschiedenen  £1  seh  ei - 
nungsweiseo;  so    möchte  R^lcicut  dagegen  bemerken:    Ein  und 


378  .Fiie^  fiandbach  der  p&yöhischen  Aiitlvr<i^pologie. 

dasselbt^'Wtvmn  muf&  Einem  und  demsMen  Beobachter  auch  auf 
Eine  und  dieselbe  Weise  ^erscheioeD.  Erscjieint^es  nach  verschi^-r 
denen  Weisen»   so   ist   entweder   sein    Ein  und^ dasselbe  Wcseo 
Schein  und  nicht  3eyn,  od(?r  aber  es  werden  'verschiedene,  nicht 
£tn,  Beobachter  vorausgesetzt.     Die  Verschiedenheit  meinf^  Er-; 
kenntnifs -«'Weise   des    Geistigen    in  mir  durch  den  iniiern  S^inn, 
und    des   Körperlichen  an    mir   durch    den-   äussern   Simi,.  setzt 
nothw^ndig  entweder  ein  doppeltes  Ich  in  mir  dem  Beobachter, 
oder    ein    doppeltes    Wesen,    dafs   ich    in*  mir /und   ausser  mir 
beobathte,   voraus.     Mein    Ich. selbst   kann  uur  ^m  Beobachter 
teyn  \  also  ruht  auch  die  Behauptung  der  Einheit  meines  Geistes 
und  Leibes,  der  jedfer  doch  nach  ^verschiedener  Weise  erscheint^ 
auf  Schein.    *  Und,  so  möchte  demnach   die  alte  Sokratische,   inj^ 
gemeine  Leben  übergegangene,    voii  der  Religion  selbst  sanclio* 
.airtc  Vorstellung,  von  der  verschiedenen  Ni^ur  der  unvergängli- 
chen, zpi^' eigenen  Vollkommenheit  reifenden  Seele  und  des  hin- 
falligen ^eibes  als  ihres   blossen   Instruments,   als  nicht  so  ganz 
unlogisch  fest  stehen  bleiben« 

Wir  kehren   zum  Te|:t   zurück.'    Der   Verfasser   sieht  sieb 
i;ezwungen,   da»,  einerseits  der  innern  geistigen*  Erscheinung  und 
andererseits»  der'  ini  körperlichen   Lebensprocesse  gegebenen  aus-; 
Sern  Erscheinung  zum  Grund  liegende  Wesen  fils  das    ein e*  und 
gleiche   Ich   zu   denken..     ( —  Was  freilich   in  \sofern  nicht   zu 
bestreiten  ist,    in   sofern  der   Sehte  Sinnehmeqsch  seinen  Körper 
1^0  gut  Sich  selbst,  nennt  als  seinen  Geist.)  Er. sagt  nun  weiter: 
»Füt  die  Gemeinschaft  des  Körpers  mit  dem  Geiste  liaben  wir 
die  Lebensbewegungen  des  Nervensystems .  im   Körper  .  zu   ver- 
gleichen«     Denn  alle  Lebehsbewegungen-  stehen    nur  vermittelst 
des   Nervensystems   äÜein   in   unmittelbarem    WechselverhäUnisse 
mit  dem   Geiste.     Die  innere  Einheit  des  ganzen  JN^ervensjstems. 
steht   bei  dieser  k^drperlichen  Vergleichnng   an   derselben  Stelleg^ 
an  der  wir  vorhin  den  Geist  fanden  ^  hier  wird  also  die  Gleich- 
stellung 4es  körperlichen  und  geistigen  Zeitlebens  Jiinfallto.  Die- 
ses  dem   Geiste   entsprechende  Leoenlsprincip  ist  aber  nur   ein 
Bikiungstrieb  in  der  Materie,  das  Wincip  des  Proc^esses  der  Ge- 
staUqng,   nach   dem  Xresetze  der  Selb^erhaltuog.«    .  Ausdrücklich 
setzt  der  Verfasser  hinzu:    »Es.  wird  in  dem  Körperlichen  nicht 
das  Wesen,  sondern  Yiur   die   wandelbare  Form  dem  zeitlichen 
Geistesld}en  verglichen,  und  das  Wesen  des  Geistes  wi^d  einzig 
in  der  Idee  der  unsterblichen  Seele  gedacht.c 

Nun  gtebt  er  eine  anatomisch -physiologische.  Uebersicht  der 
L«benselemente  unseres  K&rpers,  im  «Verhältnifs  zum  Ne^vensj- 
ktem  gestellt.  Er  j;laubt  aus  physiologischen  Gründen,  die  e^ 
.'.«ngiebt,  die  Mitte  des  Gehirns,  nkmUcU  in  der  G.egeiid  des«vei-: 


JPries  Bftiidbucb  A&  psychischen  Anthi^epologie*  37^ 

•  # 

latigerten  Marks,  4^  BrficI^e  und  der  Marksohenkel  ab  die  Mtete 
«  des  ganten  Syst^mis  betrachten  zu  dürfen. 

.  Ja  Folge  dieser  physiologischen  Auseinandersetzung  kommt 
nun  der  ;yerfasser  ^of  die  alte  Platoniscl^  Grundlage  alier  Veiw* 
^ieichupgen  zurück,  "wornach  die  siouliche  Beg^rde  dem  Unterr 
leibe,  die  untere  Thatkraft  der  Brult,  der  Verstand  dem  Gehim 
gehören.  Da  jedoch  körperlich  der  Mittelpunkt  aller  eigenthüm*' 
liehen  Nerventhätigkeit . im  Gehirne  zu  liegen  scheinen,  in  wel»  • 
ehern  sich  die  Reflexe  aller  NerventhStigkeit  des  Dnterletbe«  und 
der  .'Brust  zeigten;  so  mochten  wir,  konnten  wir  tiefer,  eindriiw 
•gen^  wohl  am  unmittelbarsten  die  NParallele  alles  Geistesleben/.im 
fiehim  zu. suchen  haben.  Aber  b^  unserer  mangelhaften  Kennte 
oifs  müfsten  wir  veimittelter  im  weiterör  Kreise  das  ganze  Nei^  , 
vensystem  Tergleichen,  und  erhielten  dadurch  folgende- Resul^ 
täte:  *        .  ' 

Vom  sympathischen  Systeme  werden  alle  sinnliche  Anlegun- 
gen der  Ltist  und  Begierde  abbüngig  «eyn. 

Das  sympathische  -System   stehe  im   besoadern  V^echselver*- 

hältnisse  mit  der    Kraft  des   ganzen  untern  Gedankenlaufes,  alS6 

'Init  der.  Phantasie.     Die  mehr  passiven  Momente  des  untern  Ge* 

d^nkenlaufes  (  Sehnsucht ,  'Wehmuth ,  Gram ,  Aerger  etc. )  treffes 

das*G<^biet  ~des  Baüchg«?flecfats;  die  activern  Herz  und  Brust. 

Dem'  Gehirhsystem,  dem  die  freicrn  Functionen  des  Ner^ 
Yensysteros '  gehören,  entspreche  der  obe^e  Gedankeulau£,(Be5on^ 
nenheit;  Bewufstseyn,  Erkenntnifs,  "Vyillkijhr). 

So  wie  Bewurstse^n.  und  Sinnes- Anschauung  mehr  dem 
Gehirn  zuzuschreiben  seyen-,  so  möchte  Spannkraft  der  Nerven 
und  Thatkraft. mehr  dem.  Rückenmark  angehören. 

Diese  Einleitung  (enthält  viele  tief  geschöpfte',  dem  psy- 
chisched  Arzte  wichtige  Gedanken  -und  Winke,  über  das  V(^ecb- 
selverhältnils  von  Körper  und  Geist,  htnsichtlich  welcher  wir 
auf  das  Buch  selbst  verweisen  müssen.  *       • 

Das'  ite  Capitei  handelt  von  den  Emotionen  oder  den  kÖr^ 
perlicben   Gegenwirkungen  der  Gemüthsbewegungen.     Ein  vor«* 
treffliches  Capite],  in  welchem  eine  Summe,  von  interessanten  und* 
(einen  Beobachtt^ngen ,    den  Paralielismus  des  körperlichen  und 
geistigen  Lebens,  betreffend,  niedergelegt  ist. 

atqs  Capitei.  Schlafen  und  Wachen. 
*  Der  Schlaf  wird  hier  als.  eine  Folge  der  sinnlichen  Natur 
unseres  Geistes  betrachtet,  ii^elcher  gemäfs  die  Lebenskraft  durcb 
Aeusseruug  ihrer  Thätigkeit  ermüde.  Die .  Thatkraft,  im  Gegen- 
satze der  Anlagen  r  sey^es  also  was  iä  unsSrm  Geistesleben  dic^ 
ser  Erholung  bedürfe.  —  .Selbst  die  Schwächung  der  Wahr- 
nehmung durch  äussere  Siuue  im  Schlafe  sey  nur  eine  abgeleitete 
Erscheinung.]    nichv  ui^miiielb^r   die  .En^pfäugli^hkeit   des  Sinnt*s 


• 

/ 


/ 


4 


•         -  • 

^So  Fried  Handbuch  der  psychischen  Anthropologie. 

•scheine  ffcSndcrt,    sondern  jiiir  die  Btihül^e  der  Thatkreft  fehle 
der  Wanrnehminig, 

Im  gewöhnlichen '  gesunden  Traume  ^vele  geistig  nur  der 
•vntere  Gedankenlauf  Urt,  dessen  Associationen  jnehr  sieh  selbst 
überlassen  sejen,«  bei  ruhender  oberer  •Thatkrdfl,  also  bei  unter*- 
drückter  Aufmerksamkeit  und  geschwächtem  BeWufsIseyn.-  D^her 
-komme  es,  da  die  Einbildungskraft  hier  allein  den  Gedankengang 
-belebe,  und  Sinnes*  Anschauungefei  zur  Vergleiohung  febltffni  dafs 
ihre  Bilder  den  Schein  der  Wirklichkeit  annehmen.  Daher  eben- 
falls, dafs  wir  im  Traume  nicht  denken ,  sondern  dafs  es  uns 
4)ur  träume,  dals  wir  denken.  Im  Träume  schlafe  gerade  die 
höhere  Oeist^kraft  mi^  dem.  Korper;  tind  diejenigen  Philoso- 
phen phantasirten,  welche  der  Meinung  Scjen,  dafs  der  Geist  \tä 
-Schlafe  y  gleichsam  entfesselter  vom  Körper,  ein 'fadberes  Leben 
lebe/  .  . 

Referent  möchte  librigens  hier  lieber  mit  jenen  Philosophen 
phnntasiren ,   als   mit   dem-  Verfasser  phiiosophiren.     Nach   jenenn 
bleibt  der  Schlaf   ein  tröstendes,    nach  diesem  ein  schreckendes 
'Bild    des   Todes.  •   Wenn    dep  Verfass*er.  gerade  die  höhere  Gei- 
steskraft schlafen  läfst  zugleich  mit  dem  Körper,  so  sinkt  dadurch 
täer  ganze  Geist  zum  sinuIicJten  Wesen  lierab,  und  der  Verfasser 
nimmt  selbst,  gegen  sein  eigenes  VeVbot,'  einen  körperlichen 'Er- 
klärung»-Grund    fürs   Geistige  *an«   'Lieber  also   lassen  wir  die 
ruliende  Seele  im  tiefen  Schlafe  ihren  Sonntag  feiern!    Dadurch 
wird   aber  nichts  weiyger  ^l's  der  Traumdeuterej  das  Wort  ge- 
sprochen,  gegen,  die  er  mit  Grund  so  ^ehr  eifert.  . 
£tes  Capitel.     Gesundh^t  und  Krankheif. 
i),  Vom,  Einfiufs   der  Gesuudheits- Zustände  im   Körper,  auf 
den  Geist  —    Wi<^htig! 
,    2)  Von   den  geistigen   Symptomen   bei  Leiden  des  Nervensy- 
stems im  Allgemeinen.,  ,  * 
Die ,  geistigen    Zufälle   (Symptomen)    bei    allen  Leiden  des 
Nervensystems   erfolgten    alle    unter    dem    allgemeinen    Gesetze: 
defs  ein  Leiden  der  Besonf>enheit,(  geistiger  Seite  V  und  des  Ge- 
liirnsystems  (körperlicher  Seite)  vorwalte.    Darunter  drei  Fälle: 
,•1  )•  Dieses  L|^iden    mache    in  Lähmungen   des   Bewi^fstseyns,  und 
df^r,  ganzen   Geisteskraft  .das   ganze    Üebel   aus:    im  ^Schl^flufs, 
Olinmachjt,    Starrkrampf   und   Calätepsie,   so  wie  Conradi  diese 
Zustande   beschreibe.     2)    In   andern    Fällen  sey  dieses  Leiden 
verbündet!  mit  schwächlichen,  regelwidrigen  Reizungen  oder  auch 
Hemmungen   des  untern  Gedankenlaufes.     So  die  Gedankenver- 
wirrung,    die    unwillkührltche    Ideenjagd^   die  •  hislerischen  Lei- 
flen  etc.    3)  In  noch  andern  Fällen  sey  die  Unterdrückung  des 
obern  Gedank^nlaufes    dem  gesunden  Schlafe  Ȋhnlicher  und  mit 
einer   kräftigen   Ueberreizung   des   untern   Gedankeakufes   vei- 


Fries' Handbadi  der  psyeiiisclien  Anthropologie;  38  r 

blinden :  in  Vmorien  und  Exaltation^  bei  Wur^kränUierteD, 
Hämorrhoiden,  nianchan  Erhitzungen  des  Blutamlaufes ,  Fieber-« 
Phantasien  etcf.  -«—  Mit  vielem  Scharfsinn  zeigt  der  Verfassei^ 
i/vie  in  diesem  Geisteszustand«  das  ivahre  Geheimnifs  der  Gei-? 
stesseherei  liege  utid  derselbe  zur  Erklärung  so  vieler  Erschei- 
nungell  des  Aberglaubens  wichtig  werde.  Auch  wird  schon  biet 
das  Hellsehen  auf  einen  oatnrlichen  Zustand  zurückgeführt ,  wo^ 
der  Geist  bei  kräftig  aufgeregt  muntern  Gedankenlauf  und  ge- 
steigerter Erinnerung,  unterstützt  von  feirierm  Gehör  und  Beta- 
stuiig,  sich'  über  seine' Umgebungen  orientirt'  und  der  Mensch 
dadurch  vorn  und  binten,  rech'ts  und  links ,  oben  und  unten  mit 
gleicher  Leichtigkeit  wahrnimmt,  ohne  sich  zu  bewegen. 

Alle  diese  Zustände  von  Exaltatiob ,' welche  theils  ah  na* 
tiirliche  Symptome  in  Nervenkrankheiten  vorkommen,  .theils 
künstlich  hervorgebracht  wurden  durch  Berauschung,  thierischea 
Magnetismus  und  durch  die  Kunst  der  flnt^iickungen ,  stünden 
unter  dem*  allgemeinen  Gesetze:  «dafs  mit  besonderer  Aufregung 
und  Uebermacht  des  sjrmpatisfihen  Nervensystems  ubd  des  uii-* 
tern  Gedankenlaufes  eine  Beschränkung  der  GehirnlhätigWeit  und 
der  besonnenen  Selbstbeherrschung  verbunden  sej.  ^ 

3)  Vom  Schlafwandeln  ^der  natürlichen  Somnambulismus. 

4)  Von  den  Ficberphautasien.    ' 

5)  Vom  Rauischl^.  «-^  Berauschende  Mittel  belebten  die 
Thätigkeit  physisch  im  sympathischen  Systeme,  und  psychisch  imf 
tyitern  Gedankcnlauf,  obno-  das  Gehirn  und  den  obern  Gedan- 
kenlauf mit  zu  be<p'instigen.  •  «       .    .  .      , 

6)  Vom  thierischen  Magnetismus.  —  Hier  werden  wichtige 
Worte,  unter stü&t  durch  klares  und  scharfes  R^^onnemeut,  über 
die  allerdings  merkwürdigen  und  auffallenden^  aber  natürlich' 
2u  erklärenden  Erscheinungen  des  Magnetismus  ausgesprochen. 
Man  sieht  hi^r  die  Helle  und  Schärfe  des.  Verstandes  den  Ne- 
bei  ;Kerthcilen,  der  für  einen 'Nimbus  galt.  • 

♦  j)  Von  der  Kunst- der  Entzückungen.  —  Eben  so  nntcr-^ 
baltend  als  belehrend.  D^r  Unbefangene  .findet  hier  herrliche 
Aufschlüsse  über'  den  Mysticismus.  •  *       • 

^      Zweiter  Abschnitt.      Von  den  Geisteskrankheiten, 
iles  Kapitel.      Von   den   Geisteskrankheiten  überhaupt.. 
Wir  sehen  hier  den  Verfasser  eine  Krankheitsichre  ,lür  den 
Oeist  entwerfen,  ganz  ähnlich  der  Krankheitslelirc  für  den  Kör-| 
per,  in  beiden  die  Krankheitsformen  nach  Starke  und  Schwäche 
itnter^heidcnd, 

.Im  Geiste  nämlich  seyen  vereinigt:  die' sinnlichen  Anregun«^ 
gen,  der  untere  Gedanki'nlauf  und' die  Selbstbeherrschung  dt's 
obern  (jedankenlaufes.  •  Wir  kätten  hier  also  theils  auf  4**  Vor^ 
^Itoif«  der  sinnlichen  Anregung  zum  untern  Gedaukeulauf,  llieil^ 


\ 


39^9.  Pries'  ti^ndbach  der  psychischen  Anthropologie« 

inf  dii^  Vertisrtnils  des  lecttern  zur  Selbstbehemcfiuiig  tu  acli* 
ten.  Doch  nimmt  der  Verfasser  nur  dann  den  Geist  selbst  als 
wirklich  krank  an,  wenn  die  Kraft  des  obernr  Gedankenlaufes 
in  ihm  gebrochen  sej  und  die  Selbstbeherrschung  Terlbhren  gehe. 

Dem  Referenten  scheint  es,  dafs  der  Verfasser,  indem  er 
den  Qeist  selbst  erkranken  läfst,  mit  sich  selbst  durchaus  ni^cht 
im  Reinen  sej.  Schon  in  diesem  tsten  Kapitel  sagt  er*:  »Der 
geistige  Sit«  der  Krankheit  wird  nie  in  der  Verriunft,  nacRmei-* 
nem  Sprachgebrauche,  liegen,  denn  Vermiiift  ist  eine  unzerstor-^ 
bare  Grundform  des  Geist'es.c  -—  Fem  er  liegt  es  im  4ten.  Ka- 
pitel dieses  2 ten  Abschnittes  ganz  offenbar  vor  .Augen,  dafs  der 
Verfasser  das  unglückliche  .Vermögen  z|i- erkranken,  das  er  in 
diesem  isten  Kapitel  dem  «Geiste  giebt,  ihm  wieder  nehme,  um 
es  dem  Körper  zu  geben.  Im  Grunde  also  ist  des  Verfassers 
ganze  Lehre  von  den '  Geisteskrankheiten  nur  psychische  Sjmpto* 
inatologie;  und  wenn  wir  in  Irren  die  Kraft  der  Selbstbeherr- 
schung wircklich  aufgehoben  sehen,  so  wollen  wir  nicht  schliessen, 
der  Geist  selbst  sej  Wirklich  efkrankt,  sondern  nur  das  Organ^ 
durch  ^as  er  wirkt ; '  so  wie  der  Arzt  das  Kopfweh ,  das  von 
eitlem  Magenleiden  herrührt,  für  ein  Sjmptom  erklärt,  wdches 
auf  wirkliche  Krankheit  des  Msfgens  und  nicht  dits  Kopfes  hin« 
deutet*  Alle  Geistesthätigk*eiten  im  Zelt-  und  Raumlcben  sind 
schon  organisch  bedingte  Acte  des  seiner  innern  Natur  nach  un- 
«erstörbaren  Wesens;  und  wir  wollten -.den  seiner  Na^ur  nach 
zerstörbaren ,  zerbrechlichen  und  so  tief  eingreifendeo  Organist 
mos  vom  Vorwurfe  des  Gebrechens  frei  sprechen? 

Referent  dftrf  daher  an  *den  drei  ersten'  Kapiteln  dieses 
ftweiten  Abschniltes  flüchtig  voriieieilen,  um  beigem,  desto  wich- 
tigem ^ten  £apitel  langer  ver weiten  zu  können.^ 

fites  Kapitel.     Krankheiten  der.  Geistesschwäche* 

»Der  höcliste  Grad  der-  Geistesschwäche,  wo  der  ganze 
Geist  leidet  und  dadurch  auch  der  Verstand  niedergedruckt  wird, 
seigt  sich'  als  ein  angebohrnes  Uebel  da,  wo  der  ganzei;  Ent- 
wicklung der  höhern  Thatigkeit  dps  Nervensystems  und  Jbeson- 
ders  des  Gehirns  Hindernisse  im  Wege  stehen.«  — '  Also'beifa 
höchsten  Grade  der  Gei5tesschwBc1>e.  tragen  körperliche  Hiuder^ 
nwe 'die  Sclmld,  nicht  der  Geist;  und  bei  niedern* Graden  eben 
dieses  mangelhaften  Geisteszustandes,  sollte  der  Geist ^  und  nicht 
vielmehr  ebenfalls  kÖrp'erliche  Hindernisse,  die  nur  weniger  vor 
Augen  liegen,  die,  Schuld  tragen?  Eben  in  diesen  organischen 
Hindernissen  wird  der  Grund  aller  Geisteskrankheit  zu  \achea 
sejn.^ 
•     '    3te9  Capitel.     Krankheiten  der  Geisteszerrüttung. 

Da  Getstesz^ruttung  eintrete ,  wenit  durch  die  Uebermacbt 
des  untern  Gedankenlaufes  oder  einzelner  Thatigkeiten  deaa^ea 


\' 


Handbuch  der'  psychischen  Änihropologte.  383 

^ie  Kraft  der  S«Ibstbehen«chuDg  gebrochen' werde  y   so   schKiit  " 
•der  Verfasser  folgende  Wortbestitnmiingen  vor.  . 

t.  Liege  der  »Fehler  in  d«in  Vorstclltings-Vernidgen,  indem 
die  Pluintasic  den  lügelnden  Verstand  überwältige,,  so  aeuiit  ^ 
«Liese  Art  der  Krankheit  ff^ahnsinn. 

%)  I-j«ge  der  Fehler  in  den  Begierden ,  also  in  den  Tri«» 
ben,  «ö  heisse.  die  Krankheit   Toilkeit, 

3 )  Liege  der  Fehler  irt  den  Slimmungen  dea.  Lustgefühls 
•o  beisse  die  Kraqkheit  Melancholie. 

4)  Liege  die  Krankheit  in  d^en  Rtchtuifgen  der  Thatkraft 
selbst,  so  heisse  sie   Tobsucht,  Rasereiß  ManU. 

Von  jeder  dieser  verschiedenen  Formen  der  Geisteszerrät** 
tung  bandelt  , nun  der  Verfasser  hn  Bespndei^n. 

.  ites  Capitel^    Von  den  Ursachen ,  und  der  Heibing 
,  der   Gehteskränkheiten. 

,    Wir  haben  hier  mehrere   Stellen   zu   referiren,   die/  weifQ 
•«ie  .sich  bewähren,   als  Winke . für   die  Lehr^  .  des  Wechselver- 
hältnisses von  Kiörper'  und  Geist  vonr  höchster  Wichtigkeit  sind. 

»Zu  den  körperlichen  und  geistigen _ Veranlassungen  der 
Geisteskrankheiten  roufs,  wenn  durch  sie  die  Krankheit  des  Gei- 
stes bestimmt  werden  soll,,  em  noch  ^ine  ungünstige  Disposition 
im  Kranken  .hinzulommen.  D'iese  Disposition  wird  körperlich 
zunächst  immer  ihren  Sitz  im  Nervcnsjstem  haben,  itnd  darum 
werden  ,wir  die  Krankheit  selbst  immer  •als  in  irgend  einem 
Hauptleiden  der  Nerventhätigkeit  begründet  anzusehen  iraben. 
Für  diese  unmittelbaren  Leiden  des  Nervensystems  bieten  sich 
dem. Verfasser  nun  folgende  Analogien  an.c  " 

»Blödsinn  und  Duijimlieit  oder  (^ie  Krankheiten  in  deneb 
Verstand  und  innerer  Sinn  oft  zugleich  mit  dem  äussern  unmit« 
telbar  der  leidende  Theil  sind,  vyerden  wir  unmittelbar  Fehlern 
des  Gehirns  upd  seiner  Functionen  zuzuschreiben  haben.« 

•    ♦Das/jreine  Svmptom   der  Raserei,    welches  der  A*ofregung     ' 
der  äussern  Tha|krj|ft  angehört,  wird  unmillelbar  Fehler  im  Rii* 
cAenmarhjräteme  oder  im  System  der  Spannkraft  voraussetzert' c 

»Bei  allen  andern  Qestalten  der  Geisteskrankheit,  welche 
auf  die  zwei  Formen  der  jyielancholie,  der  niedergeschlagenen 
und  der  rüstigen  zurüciczuführen  sind,  tn^jphten  die  Fehler  un* 
mittelbarer  im  sympathischen  Nervensysteme  und-  dessen  Verhält- 
Ulis  zum  Gehirn  liegen.  Ii^dieser  Klass^  liegen  zugleich  di^  • 
unmittelbaren  Slörudgen  des  Lustgefifbls  und  des  untern  Gcdan- 
kenlanfes.«  '      ''  .,    \         •-  •  ^    ' 

»Die  mit  Niedei^^ejchia^enheit,  Angst,  Trübsinn  oder  Schwer- 
math verbundenen  Geisteskrankheiten  haben' ihren  Grund  im  Mf-  ' 
telpankU  dpm  sympathischen  Systems,  sie  mögen  nua  zuerst  köiv* 
perlich.  oder  geistig  veranlafst  sejn/  Die  in  den  hTpächondrischen  " 


384  Fric»  Handbuch  dier  psjxhiscben  Antliröpologi^ 

» 

und  bysiirischen  L eitlen  tief  einffreifenden  uoangenelimenEpipSn- 
dnngen  regen  durch  Association  Begierden  und  Phantasien  re<^)i« 
.widrig  auf;  und  bringen  so  vieUriei  Formen  von  Tollheit  und 
«wahnsiniiigea  fixen  Ideen;  zugleich  wird  damit  eine  lähmende 
oder  betrübende  Einwirkung  des  krankliaften  sympathischen  Sy- 
stems auf  dies  Gchirp  eintreten  vmA  -  dadurch  L^hmnug  ier  Seihst-- 
beherrschuBg.  bewirkt  werden.c  ... 

»Die  verruckte  Lustigkeit  scheint  dadurch  zu  entstehen,  dafs 
die  Gegenwirkung  des  Gehirns  gegen  das  sympathische  System 
iiu  gering  wird,  sd  dafs  der  Fehler  in  Schwäche  der  Gehirn- 
thäti^keit  oder  in  Ueberreizung  des  iijmpathischen  Systems  oder 
in  beiden  uigleich  liegen  kann.«  ... 

»Den  Gruiid  der  hypersthenischen  allgemeineii  Yerrucktheif^ 
"die  in  ciiier  krankHlaft£fu  Ueberniacht  des  unt^ii  uedankenlaufes 
besteht,  werden  wir  auch*  in  Ueherfei^ung  des  sympathischei^  Sy- 
stems suchen  müssen  und  uns  dabei  das,  in  der  dadurch  erho- 
benen Geisteskraft  gegründete,' «Gefühl  von  Wohlbehagen ,  wel«- 
clies  die  Geheilten  rühmen,  erklären  können.«* 

>la  der  Narrheit  hingegen  und  tn  schwächlicher  ällgeifieiner 
Z<?rrüttui]g  wird  wohl  immer  «eine  krankhafte  Schwäche  der  Gt- 
hirnihäügkeit  vorv^aiten.« 

Nachdem  der  Yerfasser  soldne  scharfsinnige  Winke  gegeben 
zur  £fegrjfndung  der*  körperlichen  Urs<tche  «der  Geisteskrankheiten 
'^- wie  kani^  er  noch  *den  Geist  selbst  ursprünglich  krank  glauben? 
'    Dritter  Abschnitt.     Von  Aen  Stufen  der  Ausbildung  d^ 

Geistes  und  den  Unterschieden  unter  Aeit  Menschen.- 
ites  Capltel!    Die  Menschheit  im  Verhältnisse  zu  niedern  lind 
i   .  höhern  Stufen  dcSi  geistigen  Lebens.  «     - 

stes  Capitel. *  Geburt  und  Tod,  Jugend  und  Alter. 
3tes  Capitel.    Vom  Einflüsse,    den    die  Verschiedenheit    der 
*  Sinne  auf  die  Ausbildun<r  de»  Geistes  hat« 
.  i^ie%  Capitel.    Grundbegriff  der  Charakteristik  oder  der  geisti- 
gen   Verschiedenheiten    uVit^r     cinzelneiv   Menschen    und 
^icnschlichen   Gesellschaften,    so   wie  diese   theil»  durch 
Natur- AnInge,  theiis  durch  die  Stufen  der  Ausbildung  des 
.     Geistes  bestimmt  tvird. 

Dieser  ganze  \eu\t  Abschnitt :  ist  eben  so  unterhaltend  ak 
lehrrfeich.  *       ♦    *  •       ' 

Ob  nun  der  V^rf.  durch  seinen  Begriff  vom  Verstände,  ab 
der  Xiijft  der  Selbsvbeherrichung,  wirkliche^  Lich*t  Aber  die  Psy- 
chologie verbreitet  habe,  wird  vielleicht  erst  eine  unpartheiiscbe 
Zukunft  X  ntscheiden  können.  Dafs  er  aber  die  Wiss^schaft  mit 
tiefsinnigen  Ideen  bereichert  habe,  möchte  Jetzt  -schön  über  allen 
Zweifel  crliabeu  seyn.  .  •         *     ' 

•     '  -       ^'    '•  .  •  •  .  /?.    Groos. 


-  ^^*       'Heidelberger  ^^^ 

Jahrbücher  der  Litte)rätur. 


Deserizione  d^Alcune  Medaglie  Greeke  JeU  Museo 
Pariicolare  di  sua  Altmza Reole  Monsig.  CHKtSTijno 
Fm  dm  AI  CO  Principe  Ereäitario  di  Danimaica  per  lyo-^ 
m^nico  Sestinu  Firenze  Presso  Guglidmo  Piatti  48%4i 
4to  uJi  S.  ausser  der  Dedication  und  dem  Index  |  nebst  H 
Kupfertafeln»     ^ 

beine  K5nigL  Hoheit  der  Kronprinz  von  Dlbetoark  Ctiristlait, 
als  Kenner  und  Beschützer  der  Wissenschaften  in.  ganz  Europa, 
rühmlichst  bekannt,  hatte  auf  seinen  Italienischen  AciSen  antike 
Münzen  gesammelt.  Von  einem  Theile  dieser  Privatsammlung, 
nStnlich  sg^  einer  Zahl  vorzüglich  bemerkeasVirerther  (griechischer 
Medaillen  giebt  uns  nUn^dcr  berühmte  .Numismatiker  Hr.  Sestini 
in  vorliegender  Beschreibung  auf. eine  sehr  belehrende  Weise 
Nachricht.  Da  diese  Schrift  nicht  ins  grosse  Publicum  gcfkotn-* 
mei),  so  werden  es  die  Leser 'unserer  Jahrbficher  nicht  ungern 
sehen/  wenn  ich  wenigstens  einige  Hauptpunkte  aus  derselben 
aushebe* 

'^   Der  Verf.  fangt  nach  dem  Eckheischen  Systeme  vom  We<« 
sten  an,  und  Ijeschreibt  zwei  Münzen  von  Arpi  in' Apulien^  wo* 
von  die  eine  erst  neuerlich   durch  Millingen    (Recueil  de  quel« 
ques  medaiires  grecques,  a  Rome  i8ia  tab.  I.  nr.  lo»  vergleiche, 
p.  16)  bekannt  geworden ^  die  andere  aber  zum  ersten  Mal  er- 
scheint.  Die  Stadt  war  der  Sage  nach  von  Diom'ed  erbaut»  und 
hiefs  erst   Argos  Hippipuf  sodann   Argyripa  und   endlich  Arpi 
(man  vergl.  ausser  dem  Was  der.  Verfasser  und  Eckhel  darüber 
sagen ,  die  Scholien  der  Bruder  Tzetza  zum  Lycophron  vs.  6o3 
p.  393    ed*  Müller).     Die  gewöhnlichen  Embleme:    der   Kopf 
der  Pallas I  das  laufende  Kofs^    dei^  Eber  (der  Kaljdönische  '«-^ 
dieser  erscheint  auch  auf  der  Kehrseite  eines  vor  mir  liegen^^n. 
Exemplars  einer  Münze  von   Arpi)  sind  Anspielungen   auf  ^ttk 
Biomedi  seine  Schutzgottin  und  auf  sein  erstes  Vaterland  Aeto*, 
Üen.    Von   den  beiden  Münzen  des  Prinzen  Christian^  hat  aber/ 
die  eine,  silberne ,  ausser  dem  Pferd |   auf  der  Kehrseite ,  einen. 
mit  einem  .,Hing  versehenen   Hacken   (  harpago ,  Schifishacken ) ; 
wie  meines  Bednnkens  Sestini  richtii][er  erklärt ,    als  Miliiugen| 
der  hier   eine  Sichel    (falx)    ausdeutet«.     Die  Anspielung    auf 

25         - 


386  Srttioi  Descrii.  d'alc.  Medaglie  dL  Clirist  Fed. 

Arpi  von  Sfinj  iaiin  docli  geltend  bleiben.  (Man  vergleiche  den 
Hesjch.  I.  p.  54;  uV  IL  p.  788  ed.  Alberti  mit  den  Auslegeni.) 
—  Die  zweife  Iner  xum  erstenmal  bescbriebcne  und,   nebst  der 
vorigen,  abgebildete,  ist  vpn  Erz  und  zeigt  auf  der  Ha\iptseite  den 
mit  dem  Lorbeerkranz  gescbmflckten  Kopf  des  Apollo,  woneben 
eine  Leier^   auf  der  Kehrseite  einen .  sehr eif enden  lövren,   über 
ihm  das  auf  Grofsgriechisclien  Münzen  ilichi  seltene  Pythagorei- 
sche Fünfeck  und  unten :  APIIANÄ.     Wenn  hier  Sestini  sagt; 
H  tipo  del  leone  t)u6.riferirsl  alla  Forza  di  Diomede  -r-  o  puo 
dirsi  allusivo  ad    Ercole  Etollo,  so^hiXie   ich  mich  ans  Erstere 
und  EinfacTiere,  indem  der  Löwe  das  natürliche  Bild  der  Stärke 
lind  des   Muthes  ist,    und  man   auch   auf  die   Gräber   tapferer 
Leute   dai   Bild  eines  Low^n  setzte   (s.  Winkelmanns  Werke  I. 
p.  208  neueste  Dresdn.   Ausgabe).     Was   das  Zweite   betrifft, 
so   hatte   freilich   der    AetoUsehe   Herkules   zum    Abzeichen '  die 
Löwenhaut,    aber    hier   liegt   wieder    näher  dafs   Diomcd/sclber 
Üeim  Homer  die  Löwenhaut  umwirft,    da  er  in  den  Kampf  ge- 
ben will  (Jliad.    10.   vs.    177    sq*)*     Die   Leier   dagegen   wird 
wohl  niemand   besser  erklären  können  als  dfer  Verf.  nämlich  als 
eine  Anspielung  auf  die  Pjthischen  Spiele,  welche  Diomedes  in 
Argolis  gestiftet   hatte  (Pausan.  IL  32.  2j    wo  jetzt  Siebelis  p. 
a46  richtig  bemerkt^  dafs  dies  besondere  Argolische  Spiele  wa- 
ren ,  wie  es  auch  an  anderen  Orten  Pjthischc  Spiele  gab.   Pag. 
H/  lin.  7.  unten  mufs  im  Text  des  Herrn  Sestiui  Teseo  verbes- 
sert vverden,  statt  Tereo.  Ueber  das  ETMAN  neben  dem  Kopfe 
des  Apollo  sagt  der  Verf,  nichts.    Ist  es  der  Name- einer  Magi- 
stratspersoh   so  kommt  er   auch  hier  zum   erstenmal  vor;    denn 
Eckhel   (D.  N.  V.   L   p.  i4i)    kennt    ihn  auf   diesen   Miinzeu 
nicht).    Dies  mag  als  Probe  einer   specicllercn' Betrachtung  die- 
ser  interessanten   Münzen    üiid   als   Beweis   der  Achtung;  gegen 
den  gelehrten  Numismatiker  gelten,    der  sie  beschrieben.    Bei 
den    übrigen  mufs  Ich    mich  viel  kürzer  fassen.  — -    P.  3;   Sil- 
termünie.,  vergl.  tab.  L  fig.  3,  Inschrift:  VT9.  Der  Verf.  ver- 
setzt sie  nach  Rubi  in  Apulren,   gegfen*  Pellerin.  und  Andere.  -^ 
P.  4:    Silbermünze   von  Metapont,   wobei    Sestini  von   den  mit 
ihnen  leicht  zu  verwechselodeh  von  Pepa^ethos  handelt.  —  Ur- 
alt^ Münzen  von   Siris  und  Pyxus  mit  Schrift  von  dej*  Redilen 
zur  Linken  und  mit  Bustrophedon  (die  Beschreibung  einer  ähn- 
lichen  von   Millin    nebst   Abbildung  .liegt  hierbei  vor   mir  und 
üiufs  damit  verglichen  werden );  —     Bekanntlich  sind  die  Mün- 
zen  Von   Thurium   häufig.     Eiiie   Silbermünze  dieser  Stadt  liegt 
vor  mir.     Aber  hier   ( p.  5  ^q.    vergl.    tabi  L   ^^.  5  —  8.)  ge- 
winnen wir  auf  einmal  vier  merkwürdige  Stücke  von  derselben 
Stadt  ans  verschiedenen  Perioden,  wie  die  Namen  und  Emllewe 
zeigen,   nämlich   VM    d.i.  2V  (Sybaris;    Thurium* und  Copial- 


Princ«  Ered.  d.  Dauimarca« 


3«7 


AviS  der  aten  besteht  Her  Verf.  das  IZTI  aiif  eine  Magistrats«- 
persooi:  latto^%oc\  uud  bandelt  gelcht  von  den  Münzen  dieser 
0o  merkwürdigen  Stadt,  die  einst  mit  der  Athenischen  Coloiiie 
den  Qeschiohtschreiber  Herodot  und  den  Redner  Lysias  unter 
ihre  Mitbürger  aufnahm,  -r—  Pag«  8  sq.  «wei  interessante  Miin-- 
zen  von  Rroton,imit  dem  bekannten  Charakter  Koph.  i—  P.  9* 
Bemerkens werthe.  Medaillen  ¥on  Alunttum,  Gimarina,  Gelas,  I  e* 
ontini  in  ^icilifcn«  — <-  P.  ü«  Eine  von  der  Insel  Lipara  mit 
dem  Kopf  des  Yulcan  und  mit  der  ScjUa.  Letztere  Yorstellung 
^st  z|v*  bemerket!:  die  ScjUa.  reitet  auf  zwei  Seehunden^,  unfd 
ganz  menschUcI^  gebildet  streckt  sie  die  rechte  Hand  au&,  und 
greift  mit  der  Linken  in  die  Saiten  einer  Ljra.  Eine  Art  von 
Sirene  also  ist  unt^r  den  Händen  der  alles  verschSnerndeti  Grie- 
chiscliep  Kunst  dies  U|igeheuer  der  Sage  geworden*  —  Ein 
neuer  Beweis,  wie  fruchtbar  das  Studium  der  Griechischen  Mün^ 
zen  für  die  Geschichte  der  Kunst  ist.  ^r^  P.  la*  sq*  Münzerl 
von  Amantia,  Apollonia^  Djrrachiiim,  Buthrotum.  (Auf  letzterer 
ist  der  mit  der  Thurmkronej,  Trc/iUc^i/ ,- bedeckte  Kopf  der  Juno 
zu  bemerken;  worüber  man  deo  Athenaeus  XV'.  p.  469  und 
p.  4Ssi  S^hwgh.  und  Winckelmann^s  Monumenti  zu  Nt.  6  nach- 
sehen muf$. )  -*>  Zwei  Münzen  von  Corcjra  (Corfu)«  — *  D^^• 
auf  p.  1 5  sq. :  Böotische  mit  der  Diota  \ind  mit  dem  Booti- 
schen Schilde;  von  Delium  (vo  der  Yerf.  da^'Koph  auf  eine 
Verbindung  mit  Koronea.  bezieht)  und  von  Tanagra.  ^^  P.  16* 
eine  besonders  merkwürdige  Tetradrachme  von  Athen.  Der 
Herausgeber  stellt. *davon  folgende  Be&clireibung  auf:  (vergl?  die 
Abbildung  t^b.  IL  iig.  6.):  Noctua  Diotae^vcl  Amphoraeja^* 
centi  insistens»  in  area  n.  s«  ApoUo  more  Aegjptiaco  indntus« 
ad  versus  |taoS)  ad  cujus  .pedes' hin  e  inde  genius  alatus;  deaUra 
tres'  Cbarites  staUtes  sustinet,  s.  arcum.  In  Diotam  K.  infra  So« 
omnia  iiHra  oleagineäm.  Ar.  M.  M.  etc.  Wirklich  hat  der'  eu 
face  stehende  Mann  gänzlich .  Aegjptisches  Ansehen:  ^uf  dem 
Kbpfe  das  Säulen  ende  od,er  die  Vase,  sodann  den  Aegjptisdhen 
Leibrock.  Der  V^erf.  zeigt  nun  erstens,  dafs  man  auf  mehreren 
MüDxeo  dldse  Figur  fälschlich  für  eine  Venus  genommen,  dafs 
der  Bogen  und  andere  Ümsiände  unwiderspredälch  den  j^poUo 
fharakterisiren  ;  dais  die  3  Grazien  auf  Apollos  rechter  Hand 
vortreffliofa  aus  dem  Plutarch .  ( de  musica  cap.  i4  Tot».  V.  p. 
645  Wyttenb.)  erklärt  werden,  wo  wir  lesen  dafs  ein  Bild  des 
Apollo  zu  Delos ,  gerade  wie  auf  dieser  Münze  von  Athen  in 
der  einen  Hand  einen  Bogen  und  in  der  anderen  die  drei  Gra- 
xieo  hielt.  Auch  die  zwei  geflügelten  Genien  p  die  den  Apollo 
aiiztibeten  scheinen  gleichen. völlig  den  Figujreu  in  den  Bildwerken 
ixnd  Malereien  der  Aegjptler.  Welche  genaue  Verbindung  zwi- 
schen   der   AlhcnIschcD    und  /1er  •  D.eljsclien  .Religion  statv  hnA^ 

25* 


388  Sestini  Dcscriz.  d^alc.  Medaglie  d.  Christ.  Fed. 

weifs  jeder  ans  dem  Plato.  —  Was  aber  einfge  Gelehrte-  liiclit 
bissen  wollen,  das  konoen  sie  hier  sthtn,  nämlich  einen  ^Atgyf- 

'tisehea  Apollo  icnrf'foQ  ouf  einer  Athenisthen  Münze  mit  dem 
Bilde  der  Minerva.  -^  Eine  2te  Miinze  Ton  Athen  mit  einigen 
besonderen  Varirtäten.  —  P.  18  sq.:  Münze  von  Aegium  in 
Achaia  mit  dem  Kopfe  des  Kaisers  Commodus  und  mil  dem  Bilde 
der  .Pallas.  —  P.  ig.  eine  M.  Ton- Amaistris  in  Paphlagonien 
mit  dem  Bilde  Homers,  welches  Vorkommen  auf  diesen  Mün- 
zen Hr.  Sestini  als  Erinnerung  an  die  hierher  gesendete  Jonische 

'  Colopie  erklärt*  «^  M.  Ton'  Nicomedia  in  fiithynien  mit.  dem 
Kopfe  der  Göttin  Roma  und  der  yictoria.  -—  P.  20.  «wei  M. 
/  von  Partum  in  Mjsien.  -—  P.  21.  eine  M.  von  Mj^tilene  auf 
Lesbos :  » Caput  Apollinis  laureatum  cupillis  cnrtis.  R.  MTTI. 
Caput  bovis  vel  vttuli  cum  collo.  Ae.  4*  l'ab.  IL  6g.  ua  (dort 
ist  ein  Exemplar  abgebildet)  Triplex.€  Der  Verf.  bemerkt  dals 
Apollo  auf  allen  diesen  Münzen  *  vorkomme,  schliefst  daraus,  dals 
er  in  dieser  Stadt  verehrt  worden ,  vergleicht  diese  Münzen  mit 

^ähnlichen  in  andern  Sammlungen ,  und  berichtigt  daraus  eine 
Stelle  in  seinem  andern  schätzbaren  Werke  Descrizione  degii 
Statcri  antichi  Firenzie  1817;  Dort  hatte  er  nämlich  zwei  ganz 
kleine  Goldmünzen  in  dem  K&niglich  Baferischen  Munzcabineit 
in  München  nach  Cjzicus-  gewiesen,  die  er  jetzt  der  Stadt  My« 
tilene  zutheilt.  (Man  s.  das  angeführte  Werk  jp.  54  und  dazu 
Tab.  IV.  tig.  a5.  26.  —  Ich  habe  diese  Goldmünzen  seitdem 
unter  der  belehrenden  Leitung  des  Herrn  Hofbischoffs  i^on  Strc' 
her^im  Originale  gesehen.  —  Auch  hier  lesen  wir  nun  wieder 
deutlich   MTTI  wie  auf  alten  Münzen  dieser  Stadt^    während 

,  die  Handschriften  der  Autoren  fast  durchaus  auf  ViirvXr^vni  be- 
harren. *  Da  aber  Stephanus  Bjz.  p.  5jS  sq.  BerkeL  ^hne  Vari- 
ante VlvTiXtiVT]  haty  da  auch  Aelius  Herodianus  p.  195  am  Am- 
laonius  von  Valckenaer  p.  179  ed.  Lips.  bestimmt  sagt,  die  an- 
dere Schreibung  sej  ein  Barbarismus,  so  mochte  man  in  Att  That 
versuclit  sejn  mit  Is.  Yossius  und  Villoison.  Anecdott«  grr.'IL 
p.  176.  diese  Schreibart  der  Münzen  für  die  allein  richtige  zu 
halten.  -— .  P.  21:  Eine  M  von  Antiochia,  welche  Sestini,  ge- 
gen Eckhel ,  nicht  nach  Syrien  sondern  .  nach  Karien  verlegt. 
Der  Verf.  kennt  nur  noch  Ein  Exemplar.  Sie  zeigt  auf  der  ei- 
nen Seite  den  Kopf  der  Pallas  mit  dem  Helm  und  auf  der  an- 
dern die  Nachteule,*  also  wie  die  Athcniscfien  Munzeft.-  Der 
Verf.  erinnert  auch  an  die  ^Xrf  Antiocbis-  zu  Athen  -  (  wie  man 
schon  beim  Steph.  Bjz.' p.  i38  liefet.  Ueber  die  Karische  An- 
tiochia  vergl.  man  jetzt  aueh  des  Grafen  Ciarac  Schrift:  sur  la 
Venus  de  MUo  p.  54).  -^  P.  a'2  :  M.  von  Sandalium  in  Pisi- 
dien,  vergl.  tab.  IL  fig.  i3..  Der  Verf.  kennt  nur  noch  eine 
der  Art  im  Pariser  Museum  bei  Pellcrin.     Sie  sind  von  Ers.— 


Princ.  Ered.  A  Dtinimaipca.  '38d 

P.  'a3.  Erzmühze  von  Tjrus  mit  dem  Kopfe  des  Ilerdules  und 
Tsor  in  Ptiöuicisclicr  Sprache;.  bemerkonswerUi  wegen  Angabe 
der  JabFZald  ä56  norli  der  neuen  Tyrisclien  Epoche.  (Ueber 
diesen  Tvrischen  Hercules  muls  man  Mänttrs  gelehrt«  Ausfüh- 
rung in  der  Schrift  die  Religion  der  Karlhager  nachlese»  p« 
4a  ff-  2te  Ausg.)  -—  Tetradrachme  vqb  der  Insel  Aiadus,  mil 
det  Jahrzahl  i4a  nach  dortiger  Epoche  etc.  worüber  der  Verf. 
Bemerkungen  macht»  P.  24*  Silbermünze  des  Königs  Ptolemäus 
des  XILy  genannt  Diönjrsius  mit  dem  Bilde  desselben  und  mil 
dem  auf  einem  Blitze  stehendien  Adler.  Der  Heransgeber.giebt 
Nachweisungeu  über  die  wenigen  Münzen  dieses  Königs^  Bru- 
ders^  der  berühmten  KJeopatra.  *  Hierzu  die  Abbildung  tub.  IL 
fig.  i5»  Den  Bcsciiinfs «dieses  interessanten  Werkcliens  macht 
ein  GeographiscHes  Verzeichnifs  der  hier  beschriebenen  Mün*« 
zen.  Crcuz^r^ 


> 

Juwele nschnUte'  Abul-  Maani*3  (des  J^aUrs  der  .Bedeu" 

tungenj   das  ist:   Bruchstücke  eines  unbekotmten  perst* 

-  sehen  Dieht^^  «r-    Gesammelt  wtd  übersetzt  durfiii  J^osrpu 

.  röir   HammW.     fVien  ^8üh  ,  im  Verlage  bei  Anton  Dtäi* 

8.  XIX  und  4^  S.  •  . 

Indem  wir  die  erfreuliche  Bemel-kung  machen^  dafs  der  Genius 
der  morgenländischen  Poesie  in  dem  gcgeuw artigen  Jaluhuudert 
unter  den  gebildeten  Geistern  unseres  deutschen  Vaterlandes  im-  « 
luer  mehr  gerechte  Anerkennung ,  ja  selbst. ,  hie.  lind  da  hohes 
Interesse  und  Liebe  findet,  müssen  wir  dankbar  des  ÜVfknues  ge- 
denken, dessen  Name  mit  dem  Auge,  eines  Morgenländers  be- 
frachtet symbolisch  —  vorbedeutend  auf  die  thätigc  KraftAüw-^ 
weiset,  durch  welche  der  Meisler  der  Bergleute  m  Aei\  Fund- 
gruben des.  Orients  seltene  Metalle  zu  Tage  fördert  Und  wenn 
namentlich  in  der  neuesten  Zeit  die  persische  Poesie  sich  viele 
uod  bedeutende  Freunde  erworben,  an  deren  Spitze  der  hocbge- 
feierte  Dichter  des  west  -  Östlichen  Divans  sieht,  so  können  wir 
gerade  des  deutschen  Hafis  offenes  Gcstanduifs  über  die  Ein- 
wirkung der  Geschichte  der  schönen  Redekimste  der  Perser  Auf 
die  Entstehung  seines  oben  genannten  Buches  anführen,  um  un«- 
sereie  Ueberzeugung  ein  ansehnliches  Siege}  der  Bekräftigung  auf-;* 
zudrücken,  wie  es  besonders  Joseph  von  Hammer,  sey,  dem  das 
Verdienst '  vor  allen  Orientalisten  machgorühmt  werden  müsse, 
den  Sinn  setner  Landsleute  für  Schiratens  Rosenduft  und  Nachti- 
gallensaqg.  erregt  und  zugleich  am  reinsten  bis  jetzt  befriedigt 
M  haben.    'Denn  wenn  wir  auch  gar  wohl,  wo  auf  Erwecküng 


/ 


3go  Abul-Maanrs  Juwelcnschnürc* 

d€S  Qescbioacks  an  orientalisclier  Poesie  in  Deutschland  die  Rede 
fillt«  mit   danjcharei*  Verehrung  und  wahrer  Liebe  Herder' s  am 
Sstlicben  wie  am  vestlicheii    Himmei    ewig  leuchtenden  Namen 
SU  nennen  uns  gedrungen  fühlen,  können  wir  dodi  das  Bedauern 
nicht  unterdrucken,  dafs  dem  Manne,   dessen  Seele  der  Hauch 
des  Ostens  auf  eine  seltene  Weise  belebte,  die  Gunst  der  aas- 
seren  Verhaltnisse  versagt  war,  aus  den  Quellen  des  Morgenlan* 
des  selbst  so  reich  zu  schöpfen,  wie  es  dem  vergönnt  ist^  des- 
sen orientalische  *  Bedeutung    Herder  wie*  so  vieles  andere  pro- 
phetisch vorausgesehen.   .  So    hat  nun  auch  jetKt    in   dem   oben 
dem  Titel    nach   angeführten  Buche  der   mit  den*  Sprachen  des 
Morgenlandes  wie  mit  seinem  {Poetischen  Geiste  innigst  vertraute 
Gelehre  und  Dichter  den  Vef'ehrern  der   persischen   M«kse>  ein 
neues  Geischenk  dargebracht,   eben  so  kostbar  als  seinem  trthdhe 
nach  früherbio  unbekannt.  .-—     In    dem    zu   Constantinopel  -  im 
'  Jahre  d.  H*  «  i55  (1742)  iu  zwei  Foliobänden  gedruckten  per- 
sischen.  Wörterbuche    F^rhengi    Sthituri    komoien    unter    den 
.9a,45o  «Is  Beispiele  vom  Verfasser  gewählten  persischen  Disti- 
chen bei  weitem  die  meisten  dem  Ahul^  Maoni,  einem  nach  Na- 
men  und  Staftime  bisher   gar   nicht  .bekannten  Dichter  zu.     Un- 
geachtet zehnjähriger    sowohl  zu  Constautin^B|^  als    zu   Tehmn 
'  ^tt  .Paris  wie  eu  Petersburg,  gehaltenen    Nachfragen   über    die 
persönlichen    Verhältnisse    des     erwähnt^    persischen     Poeten 
so  wie  über   die  Zahl  und  Bescha£Fenheit, seiner  Werke  konnte 
Herr  von  Hammer  nicht  das  Geringste  mit  yollkommenet  Ge- 
wifsheit  in   Erfahrung   bringen;    nur  soviel   wurde    ihm    durch 
f freundschaftliche  Vermittel ung. des  k.  k.  DoTlmetschgehülfens  H, 
9.  Raab  zu  Constautihopel  vom  Reis-Efendij  welcher  sich  die- 
'  ser  Nachforschung  aus  Liebe  zur  Wissenschaft  selbst  unterzogen, 
^  kund  gcthan:   daCi  Abid-  Maani  ein  persischer  Derwisch  gewe- 
sen sej,    welcher  tu   Sultan  Murad's  III.  Zeit  gröfstentheils  zu 
Constantinopel  gelebt,  früher  aber  den  ganzen  Orient  als  Reisen- 
der durchzögen  habe;    er   sollte  zu  Bagdad  geboren   sejn   und 
iätatt  seines  eigenen  Namens  Mohammed  den  des  Vaters  der  Be- 
deutungen erhalten  haben,   weil   er  so    viele  sinhvollq   Gedichte 
und  twar  in  ^^ei  Sprachen,  im-  Arabischen,  Persischen  und  Tür- 
kischen verMst  habe.     »Habe  er  aber  gelebt  wo  und  wann. im- 
mer, sej  er  seines  Staipmes  und  Standes  gewesen  wer  er  wolle, 
.er  war  Dichter  in   dem  yolkten  Sinne  des  Wortes,    wie.  dies 
•  fast  jedes  dtr  aus  sdtteu  Werken  abgerissenen  Distichen  bezeu- 
get:     Invenfas  etiam  dfsjecti  membra  poetae.«  • 

Diese  durch  da»  genannte  Wörterbuch  Ferhengi' Schuuri 
zerstreuten  Distichen  Abul^Maani^s,  in  Allem  gegen  ;^Ölf hun- 
dert und  llieils  aus  Gameten  Und  Kassiden  d.  i.  einfach  gereimten 
treiiichen   und   elegischen  theils  aus   Mesnw  d.  i.  doppelt  gc* 


« 
/  ■ 


Abul-Miani^s  Juwclenschnüre. 


391 


i«i^ten  diduciuchen,  romantischen  oder  satyrischen  O^ichteo 
als  Proben  g^hommeii,*  hat  der  g^egeiiw artige  Uebersei&er  »zuerst 
abgescliriebciiy  dfitm  nach  dem  Inhalte  beiläufig  geordoet>  nicht 
etwa  der  vorsdhr.eibondcn  Meiouiig,  da^s  dieselbea  fin  Originsile 
so  auf  einander  folgen  miii^sen,  sondern  des  unmafsgeblichcB  Da«- 
fürhältens,  dafs  (bei  dqa  teiiimal  vorhaudenen  und  nicht  auszu^ 
füllenden  Lücken)  es  aqa  g^)?»thenstcn  scj  die  vorhandenen  Juwelen 
aas  einander  zu  lesen  und  die  jeglicher  Art  an  eine  besondere 
Schnur  zu  reihen^  ohne  sieh  viel  darum  zu  bekümmern,  ol>  in  der 
urspranglicheu  Fassung  nicht  zwischen  zwei  hier  auf  einander 
folgenden  £dclsteinen  ändere  dngereilit ,  gewesen  seyn  mogen.c 
Und  $0  liaben  wir  mit  des  Uebersetzers  eigenen  Warten  .unsere  . 
Leser  über  den.  Titel  des  Buches  aufgeklart,  welche  auch  in 
dieseif  eben  so  geschmackvoll  als  sinnreich  gewählten  Forin'  fifr 
die  Miuheiluug  des  persisdien  Poeicn  im  deutschen  Gewandb 
den  genialen  Dichter  der  Schirin  nidit  verkennen  'tverden.  Den«- 
jenigen,  welcliC  unbekannt  mit  der  Natur  der  persischen  Lyrik, 
iie  unser  Uebersetzer  durdi  liebenswürdige  Unordnung  .bezeicK^  -« 
4iet,  demselben  vielleicht  Willkühr  in  der  Zusammenardnung  der 
einzelnen  Distichen  vorwerfen  möchten,  scy  hiermit  gesap^,  wie 
es  gerade  zum  Wesen  einer  persisch on  Gasele  gehört,  ^diifs  jcd«p 
Distichpn  einen,  abgeschlossenen  Ged9nken  enthalt,  der  ohne- un- 
mittelbaren Zusammenhang  mit  dem  vorhergehenden  od^r  naeh- 
folgenden',  dem  Sinne  des  Ganzen  unbeschadet,  vef^tetzt  werden 
kann,  "se^  dafs  selbst  in  vcrsdnedcnen  Handschriften  eines  und 
desselben  Dicliters  bei  den  meisten  Gascleii  die*Folge  d^  Di- 
stichen eine  andere  ist.  Dalier  konnte  sich  der  Sammler  gtir 
wohl  erlauben  DiMichen,  welclie  ,im  Wortcrbuche  auf  versclüe-  \ 
denen  Blättern  weit  entfernt  von  einander  stehen,  unmlttelbstr 
zusammen  zu  reihen,  welche  Vereinigung  getrennter  Thcile  recht 
in  die  Augen  fällt ,  wenn  mau  die  unter  den  einzdnen  Gedieh- 
tea  der  Uebersetzuiig  angegebenen  Zalden  betrachtet,  die  bei  je- 
dem Bruchstücke  auf  den  Band  und  das  Blatt,  wo  es  im  Ferhengi 
Schuuri  seinen  Plaiz  hat,  hinweisen,  damit  der  Kenner  das  Ori;;' 
gin$il  mit  der  Uebersetzung  vergleichen  könne,  nämlich,  setzt 
Ref.  noch  binzu,  wenu  er  im  Besitz  des  seltenen  Wörterbuches 
ist,  dessen' jsich  wohl  nur  wenige  Professoren  der  onentalf sehen 
Literatur  auf  deutschen ^  Universitäten  aus  Wohl  einzusehenden 
Gründen  rülimen  tnÖchten.  Der  Unterzeichnete  aber  gehört  ge- 
rade XU  denjenigen,  welche  das  kostbare  Werk  nicht  l^esitzen, 
weshalb  er  sich  auch  mit  einer  blossen  Anzeige  der  Ueberselziing 
Abul'Maani^s  begnügen  mufs, 

»Demnach  j«— um  den  Inh  It  des  Buches  nach  des  Ucber- 

setzers  feingcwählter.  Classification  der  auf   einzelne  Schnüre  ge- 

« reihten  Juwchftti  mit  seinen   eigenen  blühenden  Worten  dar^ule- 


39^  Abol-Maani^s  JttwcIeDschnüre. 

gen,  **  »enclieincii  hieri    naclidem   einige  reine  Saphire'  zürn 
PreisiB  der  Einheit  Gottes  voraus  gesendet*,  worden,  die  vielseitig 
geschliffenen  Diatnariten  des  Fnrstenlobes,  auf  welche  als  Gegen- 
satz Spitzige  Cbro/b/i  blutiger  Satjre  folgen;  dann  die.Smaragde 
der  Frühlingsoden   und  die  Türkisse  der  Klaggedichte  über  den 
unabänderlichen  Gang  des  Himmels  und  die  Unbeständigkeit  der 
Welt|  die  Amethyste  der  Trinkgedicbte ,  die  Perlen  d#s  &hoa- 
heitslobesy  die  Granaten  der  Liebeserklärungen,  die  Rabme  des 
Genusses  und  der  Trennung,  die  Rauchtcpase  des  Liebesschmer- 
tes,  die  Achate  der  Liebespflichten,  und  die  Comeo/- Talismane 
der  Wcisheitslehren  und  Tugendspruche.    Mehr  als  hundert  Di- 
stichen sind  unübersetzt  geblieben,  weil  sie  als  Zotten  sich  bes- 
ser.  für  eine  Schnur  von  Saubohnen,  als  für  eine  Schnur  edlec 
Steine  poetischen  Halsgeschmeides  eigneten,  c  Noch  bemerkt  der 
Uebersetzer  am  Schlüsse   der  geistreich  geschriebenen  Yorred«,. 
dafs  unter  die  genannten  zwölf  Rubriken  sich  nicht  nur  die  Di- 
stichen Abut^Meumi'sj   sondern   alle'  im  FerAengi "  Sehuuri  als 
Beispiele  angeführten  Proben  persischer  Dichter  gar  wohl  vmr 
terbringen  liessen,  und  wie  es  :der  Muhe  werth  sej  »den  Ver« 
«uchj  der  hier  mit  einem  Tausend  .jener  a3,4^o  Distichen  dieses 
persischen  Wörterbuchs  im  Kleinen  angestellt  wird,  auf  die  ubri- 
■     gen;-  ein  und  zwanzig  tausend  auszudehnen,  folglich  ( wenn  auch 
ungefähr,  die  Hälfte   als '  bekannt   oder   nicht   ubersetzenswcrth 
ausgemustert  werden  sollte)  die  übrigen  zwölf  Tausende  in  die 
Fächer   der    zwölf  edlen    Steine    des    Brnstschtldes    persischer 
^   Poesie,  hjich  flem  hier  gegebenen  Beispiele,  unterzutheilen ,  und 
den  Glanz  dieser  Lichter  und  Tugenden  in  ein  Urim  und  Tunum 
persischer  Dichtkunst  zusammen  zu  drängen,  wie  der  Brustschild 
des  Mi^hrasj  (uv  ewig  strahlend  in  Klaiheit  und  Wahrheit.  Die- 
ser Schmuck  sej   vorbehalten  einem  in   die  Geheimnisse  persi- 
scher Sprache   eingeweihten   Hohenpriester    westöstlicher  Poesie 
welcher  wie   Göthe  die  Tiara  als  Hier,ophante  zu   tragen  ver- 
steht,  iem  Hermeneaten  genügt  es  hiermit,   aen  Wink  gegeben 
zu  haben,  wie  die  Edelsteine  des  Brustschildes  zu  fassen  sejen.€ 
Dafs  doch   alle  Hermeneuten  orientalisch  »-poetischer  Geistespro- 
ducte  solche^  Hohepriester  westöstlicher   Poesie  wären   wie  der 
hochverdiente  DoUmetsch  des  Haßs  und  sprachgelehfte  Verfasser 
der  Geschichte  der  schönen  Redekünste  Persiens,  (eines  Werkes, 
um  das  uns  andere,  Nationen  beneiden)  der   mit«  dem  Dichter 
.^    >   der  glänzenden  Schirin   und  des  liehUch  ernst  belehrenden  mer^ 
r  genläfidischin  Kleeblattes  j    um   diese  '  Beiwörter   mit  Göthe  au 

wählen,  ein  und  derselbe  ist! 
>  .        Abul"  Maoni  gehört  nach   den   vorliegenden  Proben  setner 
j-  ,       .  Poesie  zweifelsohne  zu  den  originellsten  Dichtern  PersienS,   dec 

i.  den. bedeutsamen  Nameu  mit  B^cl^  führt ^  indem  sein«  DichtUQn 


w 


•  / 


Abul-Maani^s  Juwelen5chnih*e.  SgS 

gen  in  einem  ganz  besondern  Grade  das  Gepräge  des  Geistrei- 
chen uiid  SinDVolIen  trageo*  Davon  zeugen  namentlich  die  fei- 
nen S[fitzen'  seiner*  'sälyrischen*  Gedichte  so  wie  das  Rosenöl, 
mit  dem  er  den  viel  durcharbeiteten  Stoff  des  erotischen  Liedes 
zu  würzen  weifs.  Aus  allen  Schöpfungen  des  vielseitigen  Dich- 
ters leuchtet  'das  .Phantasiefeuer  persischer  Natur,  zu  dem  ein 
erfiahrungsreicher  Geist  Kern  und  gehaltvolles  Leben  gesellt. 
Ueberhaupt  spricht  eine  seltene  Weltbildung  aus  dem  weisen 
Munde  des  Dichters,  wie  aus  d6m  Buche  des  Rathes  vorzuglich 
zu  ersehen,  und  ein  tiefes  religiöses  Gemfi th  dient  als  feste 
Grundlagfe  der- praktischen  Klugheit  de^  klaren  Verstandes.  Denn 
mk  welcher  Andacht  singt  er  das  Lob  Gottes  und  setzt  seine 
Leitung  hoher,  denn  alle  menschliche  Weisheit,  wenn  er  sagt: 

Von  Dir  geleitet  fortzuwandeln , 

Ist  mehr  als  Wissen  und  als  Handeln. 
Und  eben  so'  religiSis  -  erhaben  als  philosophisch  -  tief  schlierst\ 
er  das  Gedicht,  aus    dem  wir  diese  Worte  anfuhren  und  mit 
welchen  die  gaqze  Sammlung  beginnt : 

Efn  jeder  Baum  mit  Laub  und  Zweigen 
t  Kann  «lir  die  Einheit  Gottes  zeigen , 

£r  steht  bewassert  in  dein  Garten, 

Ein  Stamm  nfit  Laub  von  vielen  Arten. 

leh  tveifs  nicht  was  die  Lehrer  lesen 

Von  seinem  ungetheilten  Wesen;.         ,    ^ 

So  vier  weifs  ich  von  seinem  Sejrn: 

Er  ist  aüein  im  All  und  rein. 
Gleich  darauf  tritt  nun   der  feine  Wellmann  auf  im  FärstenfoBe, 
indem  er  die  Herrlichkeit  des  Schah*s,  seine  Grosse,  Gerechtig-^ 
keit,Gro£smuth,  Machtvollkommenheit^  Kriegesmacht,  sein  Seh wei-f  , 
und  seine  Feder,  ja  selbst  sebe  Hofdienste  preist,  zulttzt  auch 
nicht  des  beliebten   Wesirs  vergessend.  Nie  ist  das  Lob  plump, 
überall  •  gewählt,   immer   aber   dem  -Europäer  freilich   übertrie- 
ben genug.    So  beginnt  *^leich   das  Lob  der  Herrlichkeit   des 
Schah's   S,  5:  •  * 

O!  Schah,  deXs  Ehrenkleid  der  Saum 

Des  Atlas  von  des  Himmels  Aaum!  . 

In  Windeln  warst  du  noch  gekleidet, 
'  Und  von  dem  Htmmel  schon  beneidee  u^  s.'  w. 
Sa  geistreich  -  fein   unser   Dichter   am   Hofe- sejn   kann,  ist   er 
auf  der   andern   Seile  geistreich  -  grob  in  der  Gesellschaft  fal- 
scher Sofis  und  schlechter  Dichter.   Witzig  gcisselt  >er  die  Klei- 
dung   eines    der    Erstem  .  als    symbolisch    für    seine   Heuchelet , 
S.  a8: 

Anf  seiner  Schuher  hangt  das  Schal  icr  Gleifsnerfeii 
In. seiner  Hand  hält  er  den  Stab  der  Heuchelei. 


3g4  Abii|-Maani>  lawjslenschnür6 

Vom  weiten  Aefmel  wird .  Verstellung  nur  bedecket^ 
Die  falsche  Demuth  liegt  im  Bettelsack  verstecket  \ 
]         Der  Gürtel  und  das  Schal,  der  Kutte  blauer  Dunst, 
Sind  ihm  Hölfsmittel  nur  von  Tyug  und  Liigenkunst. 
Von.  d«in   schlechten   Dichter   singt  er  unter  andern  etwas  stark 
S.  3o : 

Geschmacklos  ist  sein  Wort,  die  Rede  kalt  Gesäus, 
Wenn,  er  nicht  Ingwer  frifst  wird  ihm  der  Miind  nie  heifs; 
Versucht  cr's,  aus  dem  Mund  die  Worte  fortzudrängen, 
So  ist'sy  As  wollt  er  Koth  durch  die  Gedärme  zwängen  cic. 
Kommt  »bor   der    Frühling,    vergifst  der    Dichter    Pfaffen   und 
schledite  Poeten  und  freut  sich  nur  des  Lebens   in  Garten: und 
Hainen,   S.  33 : 

Nun  ist  die  Zeit  nicht,  zu  klagen^  in  Gärten  und  Hainen, 
Storrige  Nachtigall,  höre  nun  auf,  in  die  Wette  zu  w^cinen. 
Sehet   es   halten  zum   Feste    der -Gärten   die    Tulpen    das 

Bauciifafs, 
Morgends  und  Abends  sind  Fluren  und  Hain  von  baUaim- 

scliera  Haitcli  nafs; 
Blätter  entkeimen,  Und  Blüthen  entknospen,  und  Dufte  ver- 

qualmen, 
Reich  mit  Rubio  ist  gescbinäcket  der' Klee,  und   mit  Staur 

ragden  die  Palmen ; 
*  Lilien    ziehen    die    Schwerter,'   mit    Schilden    rsind  Rosen 

umdichtet , 
Und   auf  das    Auge  der   Knospen  sind   Dornen  als  Lanzen 

gcrichfet. 
poeh  di«  Nachtigallen    verstummen   und  die  ermattende  Souneu- 
bkie  tritt  ein;    S.  35: 

Der  Himmel  birgt  sich  ganz  in  schwarzen  Rauch, 
Es  glüht  die  Welt  wie  der  Kometen  -  Üauch. 
Bald  kömmt  gar  der  Herbst;    S.  36:  . 

Die  Bäum«  giessen  aus  ihr  Laub, 
"V^fic  Goldarbeiter  goldnen  Staube    . 
Und   nun  ergiefst   sich   der  Dichter  in  Klagen  über  die  Unbe- 
ständigkeit der  Welt  und  des  Glückes;    S,^3y: 

Glaub'  nicht,  das  Gltick  der  Welt  sey  ein  beständiger  Lohn, 
Sie  lacht  dich  durch  zwei  Tage  an.-*-"  doch  nur  mit. Hohn. 
Verlob  dich  niclit  zur  Eh'  der  Welt,  dem  alten  Weibe, 
D^on  Tausenden  giebt  sie  sich  hin  zym  Zeitvertreibe; 
Wer^ diese  Welt  durchzieht  als  ein.  vernünftiger  Gast, 
Erbauet  sieb  darin  zu  bleiben  nicht  Palla^t. 
Noch  keinem  hat  die  Welt  nach  seinem  Wunsch  gelungen, 
Noch^  hat  keiti  Reiter  hier  dies  störr'ge  Pferd  bezwuii^cn. 
Wenn  uii^öre  Leser  durch  den  tiübcu  Too  dieser  wenigen  l'io- 


AbuI^Mäan^s  Jywelenschnüre.  3{)5 

ben  aus  des  DicbrejTs  Rlawcgcfi!J5ti<jen  verstimmt  seyn  sollten, 
mögen- sie  sich  durch  die  folgenden  munteren  JV//f/'^^J/cÄ^e  wie- 
der erheitern,  welche  dem  Perser  immer  vorzuglich  ^u  gelingen 
])flegeii,  sowie  auch  gerade  diese  unter  den  auf  'deutschem  Bo* 
den  kürzlich  erwachsenen  ÖstUthen-  Rosen  Fr.  Rückens  Ü9S  Olur 
am  angenehmsten  ergötzen.  Vortrefflich  ist  gleich  das  erste  pc- 
dicht  S,48  übei'schrieben  >c/ifer  Wein^  das  wir  (Jen  Lesern  gan^ 
ttiittheilen  woll^,  um  auch  für  die  übrigen  Hiren  Durst  r«ge  zu 
fiiachen.  *  Es  möge  zugleich-  al?  "citi  recht  deuilifchcs  Beispiel  aus- 
gewählt seyn  zum  Beweise,  mit  welcher  seltenen  Gewalt  dct 
tJebersctzer  dbcr  den  Zauber  des  Wohlklanges  ,g Aictct.  . 

Bringt  gcre^liien  Weift  zum  l'^este, 

Denn  gerecht  sind  iuisr^  'GiJste; 

Ev^htes  schickt  sich  ntir  zn  Echten ,    . 

Das  Gerechte  zum  Gerechten. 

Meinet  ihr,  der  reine  Wein 

3oll  vielleicht  erlaubt  nicht  sc}ti? 

Audi  verboten;  ist  er  mit 

Lieber  als  erlaubtes  Bier  j 

Eilt  mit  Wciii  t?uch  zu  durcttj^iflicn, 

Aufgetischet  von  Perieti, 

Und  empfangt  aus  ihren  Üälden, 

Des  Confectes  süsse  Spenden; 

Trink  ich  Wein  aus  Freundes  Hand, 

Mehrt  er  sicher  den  Verstand: 

Trinke  ich  ^lUeiii  in  Lauben,. 

Wird^er  de«  Verstiand  mir  rauben. 

Kind  der  Rebe,  MHchen  iart. 

Bist  von  Aeltern  ■  guter  ^rt , 

So  die  Reinheit  Wöbl  bewahrt. 

Weg  mit  Rak,  er  ist  Rastard! 

Trinke  Wein  als  echter  Dichter,  • 

Fliehe  alle  Trugg^sichter , 

Sclieiche,  l^rediger  tind  RicWt, 

Wa$  sollst  du  mit  dem  Gelichter? 

WÜÜt  da :  dir  den  Heil'g^englänz, 

lBei  d^m  Whth  Verdienen  ganz, 

Gebe  Kütt  und  Rosenlrahz 

Hin  als  Pfand  jFfiT  Wetn  und  Tanz. 

Beispiel  gab  der  Wirih  ^\ti  gut^ 

Inder  Sehcnke,  ff  oben  IMnthes 

l'raisk  er  Bftchcr  Rebeiiblütes ,  .        ' 

Sjprach:  »hierauf,  o  Söhnl-bcruht  es.«;; 

»Wenn  dich  Gram  und  Unglück  trifift, ' 
.  »Wenn  die  Weh  dicb  tränkt  mit  Gift,  - 


>   . 


.\ 


« 


3{)6  Abul<^Maaffrs  Juirelenschaüre« 

>Niiiiiii,das  Triokbprn  von  der  Hüft ,  .  . 

.  »Trink  daraus  das  Gegengift.« 
Das  vierte  Gedicht  dieser  Abtheilung  S.  53  überschrieben;  «oj 
'  dem  Buche  des  Tonkunstlers  ist  nicht  minder  vortrefflich,  und 
kann  zugleich  interessante  Belehrungen  über  die  persische  Instru- 
mentalmusik geben  y  indem  daselbst  sieben  versdiiedeno  Instru- 
mente angeführt  werden,  die  von  Hammer  in  einer  Note  dem 
Namen  nach  näher  erklärt,  sowie  er  überhaupt  mannigfaltig  uu- 
fterrichtende  Anmerkungen  unter  dem  Texte  der  Verse  noch 
Jbinxttgefugt« 

Wer  des  echten  Weihes,  yon  Abul-Maani.  kredenzt,  rgeoug 
.  gelostet,  lasse  sicli .  von  ihm  weiter  führen  in  die  reicheli  Rosen- 
lauben,  wo  die  Nachtigallen  von  nichts  als  fiiebe  singen.  Die- 
jenigen, weiche  nicht  weissen,  dafs  in  Porsien  die.  Rosen  feuriger 
glühen  und  die  Nachtigallen  vollstimmiger,  ihre  Klagen  der  Liebe 
'  ergiessen ,  als  bei  uns ,  werden  freilich  viel  von  Uebertrcibung 
reden,  mit  welcher  der  Dichter  das  Lob  seiner  Schönen  besingt. 
5o  heilst  es  z.  B.  S.  60  von  deoi  stolzen.  Wüchse. 4er  Gelieb- 
ten: ' 

Wenn  die  C^em-  und  Cjprcsseo 

Hoch  auf  Flur  und  Bergen  steh'n,  ^ 

Ist*s,  weil  sie  die  s(j|^5ne  Haltung 

Von  dem  Wuchs  der  Freundin  seh'n. 
Sehr  stark  und  interessant  schildert  der  Dichter  das  stets  leuch- 
tende Roth  der  Wangen  seiner  Schönen..  S.  67:    ,. 
.  Wenn  die'C^^erf^  und  die  Christen 

Seh'n  das  Licht  von  deinen  Wangpn,'         •   V 

Siivd  sie  gläubig-,  es  ist  ihnen 

Wahres  Licht ,  dann  aufgegangen. 
Verirrt  sich  die  Phantasie  .des  persischen  Poeten  Tdüends  in  die 
Locken  der  Schönen,  so  ist  des  witzig -vergleichenden  Lobes 
kein  Ende.  .Bald  erscheinen  die\Locken  als  Schlingen,  in  denen 
die  Herzen  der  Männer  gefangen  .  werden ,  bald  gleichen  sie 
durch  ihre  Schwarze  dem  Lande  der  Finsternifs,  aus  dem  das 
Wahgenlicht  wie  der.  Leb'ensquell  Chisers  leuchtet.  Eben  so 
phantasiereich  als  originell  •  wird  auch  den  Augen  und  dessen 
Wimpern,  die  mit  Schwertern,  Pfeilen  und  Dolchen,  womit  sie 
das  Herz  der  Liebenden  durchbohren,  verglichen  vverden,  sowie 
dem  Munde,  den  Lippen  und  dem  Flaume  bei.  schönen  Knaben 
gehöriges  Lob  ertheilt,  wobei  auch  endlich  das  schwarze  Maal 
auf  weissen  Wangen  nicht  vergessen  ist.  Damit  aber  unsere 
Anzeige  nicht  eine  zu  grosse  Ausdehnung  erhalte,  dürfen  >^ir 
nicht  zu  sehr  ms.  Einzelne  gehen,  und  wir  begnügen  uns  (hiher 
'aus  dem  reichen , Qipitel  der  Liebe  das  Gedichlt  überschrieben: 
der  Korgenwind  S.  85  als  VorzüaUch  schön  zu  preisen  und  aus 


Abul-^Maani^s  Juf^elenschnüre.  ?97 

einem  aticbnren:  das  Mariyrthan  der  Lkhe  mir  einen  Vers  an-^-^ 
zuführeo,  als  Probe  von  dem  romantischen  Liebessinoe  des  bieh-9 . 
tcrs.   S-  i?4:  *     ■ 

Als  ein  Märtyrer  der  Liebe 

Wird  sieb  einzigen  -  Ruhm  erwerbeit ' 

Wer  da  Hebet  und  entbehret,  ^ 

Und  aus  Sehnsucht  weifs/zu  sterbe«. - 
In  Aem' Buche  des  Rathes  S.  17 1 '  wird^  vor  Habgier  gewamf;^' 
zur  Geniigsamkeit,  Massigkeit,  Freigebigkeit  und  Rechtmässigkeit 
ermuntert,  Beredsamkeit  so  wie  Bchiitsamkeit  im  Reden  eibf^foh- 
)eo,    die  wahre  Wissenschaft  characterisirt,  an-  nie  ausbleibende 
Vergeltung   erinnert,   das   Geföhl  der   eigenen  Würde,   wahres- ' 
Verdienst  des  Mannesund  Reinheit  der  Gesinnung,  sowie  Selbst- 
sucht und  Neid  gegenüber  dem  wahren  Wesen  nach  dargestellt: 
und   zutetzt/das   Betragen   gegen  Freunde   und    Feinde  gelehrt. 
Lauter  Juwelen  einer  hellglänzenden  Verstandesphilpsophie,  dbrch- 
deren  genauere  Betrachtung  sich   vielleicht  manche  Philosophen 
des  Tjcunzehnten  Jahrhunderts  mit  dem   Orient  aussöhnen   moch- 
ten.    Ans    dem  lesenswerthen   Gedichte  unter   dem. Titel;    dh^ 
ff^issenschaft  S..  i84  sey  es-yns  vergönnt  folgende  beiden  Kern- 
spriiche  vpll  tiefen  und  wohl  zu  erjagenden  Sinnes  unseier  Zeit 
vorzuhalten:  • 

Dem  Teufel  ist  ein  wahrer  Scherz 

Die  Andacht,  ohne  Wissenschaft ; 

un4;  ^  .  . 

Die  Wissenschaft  gedeiht  nicht  redbt 
Die  »ch  vom  Wörterbuch  entfernt. 

Umhreit.  ' 


Theophrasti  Charaeieres  quinque  priores  cum  pro^ 
oemio  etXf^LsequeritiumpartibuSjnitncprimum 
genuina  forma  puhlicatis,  E  codite  quo n dam 
AHgustaj\o  de'scripsit  CantSTijurus  ¥Vükmiüs. 
Cu/n  Epilogo  edidit  Fridkrj  cü s  TniEnsca. 
St6  Seiten,  8»,  in  i^j^cia  phäologorum  Monacenskun  £te» 
Tom,  3*  Fascic.  J.  Monac/iu  inLibrariä  scholaruih  regia^ 
Norimb.ap»  Campe,  48n%»€ 

Wir  eilen,  unsere  Leser  mit  einem  Funde  bekannt  zu- maebeo, 
den  so  eben  Herr  Chrisiiat^  PP^'urm^  ein  wohlbegabter  und  ud- 
ermudet  fleissiger  Schüler,  des  verdienten  ^Hrn.  Hofrath  TMerseh 
l^emacht  hal.  Dieser  hatte  ihm  nämlicK  unfern .  andern  üand^ 
Schriften  Jer  Münchener  Centralbibliolheky^ welche  des^Cjriilus 


« 

V 


39B  Theophrast  Gharact.  ed^  Waroi  et  ThierscL 

Lcxicoa  uimI  andere  Werke  und  WeKktem  eothaliea^'a^c^  ^leo 
Cod^x  bombjrcinus  DV.  aus  dem  .t^«.  Jabrbaodeirtf  der  vormaU 
in  Augsburg  aufbewtfhrt  wurde,  zur  kritischen  Durchsicht  gegcr 
]>en,rund  Hr.  W..  fand  darin  auf  dem  i3«  uod  i4*  Bialte  nichts 
Geringeres  als  das  proötnium  de^  theophrastycbcn  Charahteu 
und  die  5  ersten  Schäderungen,  nebst  Tfa^Uen  der  folgenden,  in 
ihrer,  allem  Ansehn  §ach,  urspriJingUchen  Gestalt,  d*  b.  rein  von 
den  sophistisdien  Einschiebseln  und  Verbrämungen ,  womit  spä- 
tere Barbarei  dieses  geschmackvolle  Werk,  bis  zUm  Unkenntli:- 
iJien  liberM^  liat.  Die  Bemühung  des  Herrn  W.,  eines  zweir 
4)ea  Werfer,  verdient  um  so  wännern  D^i^k,  d^  der  übrigens 
ft|irachkundig^  und  sorgfältige  Abschreiber  4es  l^sc  aich  einer 
sehr  kleineni  und  wegen  Tieler  Abkürzungen  und  Sigle^  sch\Yer 
«u  lesenden »  Schrift  bedient  liat* . 

In  der  Yoraussctznug,  dafs  die  Muncliener  Zeitschrift  wolil 
Maifchem  unserer  Le$er  entgeha.  möchte,  wollen  wir  hier  als 
Probe  4m  Proömtum  nach  dem  Msc  DV.  abdrucken  lassen, 
damit  Jeder  selbst  urth^ileu  koöjae,  wie  bedeutend  diese  Ent- 
deckung ist«  • 

wdvrkfv  'EXXffTori/  hfioüog  vmSevofiivsöyt  cvfißißninev  ov  r^v  av- 

ßioic  irtif  7{cff  TO/x/'Xo/^  riy  rs   (picrtv  ^cff  yvuimif   dvSffwtoi^ 

^ecvhöu^^  ri  ^tj^  ?(ße/  ocr»  Iv  tm  ß/^  iicini\Seiwmy  i%oL(fioi. 
"Ittm  Strovrat  ßskt/oiM;  ijfiüv  ol  TatSe^j  ntxrxksi^divTKV  «^ro'i^ 

Alan  vergleiche  .damit    den  Vulgartexti    napli    Schneiders 
neuester  Ausg^e,  Tom»  l,'^.  838  sq.  .     . 

Mit  Recht  ereifert  sich  der  Herausgeber  über  dqn  Wort- 
schwall de»  Vulgär  Textes  ,^  in  welchem  man  wdder  des  Peripate- 
tikerS  Tlicophrastus  Atticismus,  noch  selbst  die  Bildung  eines 
Hhetors  aus  der  K^aiscrzeit  erkenne*  sondern,  vielmehr  den  Uiistj! 


.  '^  i» » — 
•)  Besser  töv  ^foiiXtfiV*     Dct*  nschabmende  Vtilgartext  hat  '(i^/ 

**)  Die  Worte  3(9t/  fTWOfjuXeTn^  sehen  gaflz  wie  vorsichtlce  Ef- 
kiäning  des  cnfVsTvoa  aus«  vor  dessen  /weideutiskeit  wubl  ein 
M(^nch  fir«cht0cken  l^oonte* 


Tlieophrast' Charact  ed.  Wurm  ^  Thiersdfa^  3^ 

ein^s  Plänudes  oder  Tzetzcs;  ^Da,  iifU;li  Konrad  G^fsners  Vet*. 
Sicherung  ^  m»  *s«  Fiscbers  Vorrede  zu  den  Oiarak leren  > ,  coro- 
mentarii  über  dieses  Bach  von  Mäximiis  Planiides  in  ilaiieDischeii 
Bibliotheken  vorhanden  sind,  so  1iat  des  Hrn.  Thi^rsjßh  Yerina-« 
thung^dafs  auch  der  bisherige  Text  ein  Machwerk  dieses  £h- 
rehmaniTS  ^cjn  nioge,   nicht  uenig  Schein. 

Es  gebricht  an  Raum»  die  Vergleichung  beider  Texte  durch 
die. 5  ersten  Charaktere  fortEusetzen. 

Hr.  Thkrsch  bemerkt  hierüber  Folgendes : 
<  Quod  ad  5  priores  characteras/  quales  ex  Codice  nostro 
e&hibuimus,  nttioet,  hi  quidem  et  ipsi  Tbeophrasti  orationem 
puram  et  incorruptam  exhibent,  nee  quisquam  ejus  describendi 
artem  et  rationem,  ioprimis  e  libris  de  natura  plantsirum  doctus, 
hie  desidcrabit,  sed  cognatam  i^s&e  et  in  plantarum  et  in  hodiinuai 
natura  depingenda  philosophi  solertiam  deprehendet.  Multa  etiam, 
ut  in  omni  des,criptionum  oeconomia,  ila  in  dtctione  conveniunt^ 
quae  futuris  editoribus  indicandti  relinquimus« 

Ueber  die  fo)gendei^40  Abschnitte,  welche  i^benfalls  abge- 
druckt sind,  urthcilt  derselbe  folgendergestalt :  De  capitibus, 
quac  quintum  sequuntufj.  non  ita  simples  est  judicfum.  Aper-* 
tum  quLdem  est,  etiam  iq  his  vulgatam  Theophrasti  orationem 
siinili^  qua  in  praecedentib|{5 ,  ratione  corruptam  esse:  multa 
eniin  jejuna  et  diffusa,  multa  ad  simplicitatem  et  brevi- 
tatem  Theophrasti  dissolvendam  ,  aut  ad  ejus  argumenta 
amplificanda  äddita  esse  ,  ex  re  ipsa  et  ex  codicis  nostri 
oratioue  cum  vulgata  comparata  patet.  I^lura  autem  in  hac 
iiostra  tam  brevia,  ut\  vix  iiitegros  characteras  referant.  Ac- 
cedit,  quod  in  ea  non  paucä  vulgatorum  omissa  sunt,  quae  ob 
argumenti  ptaestantiam  nemini.  nisi  ipsi  Theophrasto  tribuas,  et 
quod  plerumque  oratio  per  ;($£/  "oa»  TOioti'roc,  7{^  ^icrxxe^ftOMt 
abrumpitur.  Nee  tarnen  recte  epitomen  te  habere  statuas:  dictto 
enim  etiam  in  minlmis  integra  et  Theophr^slea.  Statuendum  igi* 
tur,  aut  nostrum  librariitm,  aut  eum,  quem  is  scquutus  est, 
satis  habttisse,  indc  a  6,  capitc  primas  cujusque  capitis  morum 
liotationes  descripsisse,  reliquas  antem,  quar«  ex  descriptis  lector 
colligeret,  omisisse.  Mncc  autemj  quae  disputai^imus ,  si  vera 
sunt  jf  sequitur,  nos  Theophrastei  libri  partim  capita  integra^ 
partim  capitüm  fragmenta  primos  nunc  gtpuina  edidisse  ^  ^tu'hns 
faturi  ejus  editores  in  quaestionibus  nimiutn  jam  agiiatis  qbsotr 
*vendis  tanquam  ßrjtio  fundamento  posjint  itisistere. 

Wir  schliesscn,  indem  wir  dem  Lehrer  zu  einem  solchen 
Schüler  Gluck  wünschen.  Müijen  sie  beide,  und  ihnen  Aehn- 
liclie,  noch  manche  so'  merkwürdige  Bibllothekschäize  zn  Tage 
fördern  I 


4o6    Penelope/ Taschenbuch  für  d.  J.  i823» 

Pendle  ß  Taschenbuch  für  das  Jahr  48^3 ß  heroMtsgegeien  von 
Tunoi>oa  Heli^  4%ter  Jahrgang,  Lcipdg  J»  C.  Häwwhs'jchß 
Buchhandlung. 

Wer  das  Andenken  des  trefflichen ,  zu  früh  verschi^enen 
Schiller  würdig  feiert,  hat  auf  die  dankbare  Anerkdnnun^cdes 
DeutKhen  Anspruch^  dem  die  Ehre  seiner  Nation  am  Herzeii 
liegt!.  So  scjr  denn  auch  dem  Herausgeber  für  die  veranlafste 
Fortsetzung  der  Gallerte  aius  den  Gedichten  des  Unvergefslichen; 
und  den  Künstlern  Dank,  welche  nach  Rambergs  Zeichnungen, 
uns  diese,  den  gew.ahlten  Gegenständen  angemessene,  Fortsetzung 
lieferten!  Vor  allen  charakteristisch  und  gelungen  ist:  »Der  Kauf- 
mann €  mit  seinen  Umgebuugen;  in  welchem  Bilde  sich  die  rer- 
schicdenartigen  Gefühle  des,  zur  See  Abreisenden,  und  die  der 
Zurückbleibenden,  so  ganz  d6r  Natur  und  Wahrheit  gemäfs, 
entfalten*  Trefflich  ist  auch  das  Titelkupfer:  Petrarka's  Xmtra^ 
und  der  dichterische  Commentar,  den  Agnes  Franz  daza  gelier 
iert^  erscheint  durchaus  als  des  Bildes  würdig.  Hat  gleich  die 
mitgetheijte  Absicht  des  Landhaukes  von  E.  ▼.  Houwald,  an  sich, 
leinen  vorzüglichen  .Werth,  eiu  angenehmes  Geschenk  wird  sie 
jedem  sejn,  der  den  Menschen  und  Dichter  H.  kennt  und  ach- 
tet, w«nn  er  hier  die  Stätte  betrachtet,  wo  die  Mu$e  den  Ge* 
weihten  besuchte,  ihn  oft  zu  herzelliebenden  Dichtungen  begei- 
sternd« -—  Was  in  der  Erzählung:  Jlaugwitz  und  Conianniß 
von  Hdmine  v.  Chazi,  aus  historischen  Qudlen  entnommen, 
der  Wahrheit  oder  der  Dichtung  angehöre?  ist,  hier  zu  unter- 
suchen der  Ort  picht;  aber  schauerlieh  u|id  tragisch  genug  gelit 
es  in  der  erzählten  Begebenheit  zu«  Kaiserliche  Truppen  haben 
gegen  das  Ende  des  i7ten  Jahrhunderts  die  Festung  Dadistein 
gegen  Turennens  Heer  zu  vertheidigen ;  Obrist  Haugwitz,  Com- 
manddut  *der  Veste,  und  der  Hauptmann  Cofitarinij  finden  auf 
einem  Balle  in  Strafsburg,  den  Gegenstand  ihrer  beiderseitigen 
Zuneigung:  Agnes,  dhs  Hofdame  der  Herzogin  von  Lothringen. 
Keiner  von  beiden  soll,  so  wird  unter  den  beiden  Kriegskam- 
meraden  verabredet,  sich,  ohne  des  Andern  zu  gedenken,  um 
die  Hand  des  schCnen  Fräuleins,  bewerben  ;>  frei  soll  sle^  nur 
ihrer  Neigung  folgend,  .sich  für  den  einen  oder  den  andern 
Bewerber,  bestimmen.  Aber  Haugwitz  bricht,  von  dem  Reize 
der  Grazie  bezaubert,  das  gegebene  -Wort,  die  Angebetete  ver- 
m6gcnd,  dafs'sie  ihm  heimlich  angetraut  werde.  Als  das  Fran- 
zösische Heer  darauf  die  Festung  Dachstein  belagert,  vvird  Con- 
lariui,  aus  Liebe  zu  Agnes,  die  er  .noch  i\nv«rmsSdt  hält|  Ver- 
rälher  an  seinem  Kaiser. 

{Der  Beschhift  feist;) 


N=  26-        Heidelbergei*  ^^' 

Jahrbücher  der  Litefatur* 


V.     Dog/natisches    SysUtn    der    P^chologie*  —     Rationaler , 
Theüj  von  D^  Fekdihakd  Christ 6ph  fFkisE.  Heidelberg 
48si%.  gr.  A  Vllh  und  5^  S.     36  kr. 

%.     Phüosophisehe  Religionslehre  von  Demselben.    Heidelbergs 
iSito.  gr.  8.  XI K.  und  3^3  Seiten^  nebst  einer  Tabelle. 
3  fl.  36  kr. 

J.     Aügeineine  Theorie  des  Genie*s,  von  Demselben.  Heidel- 
berg ^8»^.  .  gr.  8*   54  S.     36  kr. 

JHiine  blo$se   Inlialtsanzeige   dieser   Schriften  nebst   Angabe   des 
'wisseuschaFüichen   Zwecks   und    der   neu   aufgefundenen   Mittel, 
wodurch  deren  Tcrfasser  Erstem  zu  erreichen  strebt  ^  kann  hier  > 
geliefert  werden. 

Seit  einigen  Decennien  hat  der  revolutiortai^e  Zeitgeist  auch 
die  PJiilosopIlie  ergriffen,  grosse,  ja  unmögliche  Dinge  wurdeti 
versprochen,' daher  nach  Verhältnifs  wenig  geleistet.  So  seheint 
also  die  Philosophie,  wie  kürzlich  der  genicde  Hiinroth  (Anthropo- 
logie^ Leipz.  1822.  S.  4^^)  sagte,  ^d'nachdem  sie  sich  in  allen  mog- 
»liehen  Formen,  entwickelt,  und  es  in  keinet  zu  Etwas  ge^ 
:^ bracht,  weil  doch  wohl  sonst  Wenigstens  Eine  stehen  geblie^ 
»ben  wäre,  jetzt  self>st  ihres  Spieles  müde  zu  sejn,  — ^  eine 
»tvdte  GleichgOltigkeit  ist  an  die  Stelle  des  heftigsten  Entku^ 
^sictsmus  getreten,  c  .      • 

Niederscnlagend  wäre  es,  wenn  die  Wissenschaft  der  WiV 
senschaften   in  diesem  gesunkenen    und  verirrten  Zustande  blei- 
ben müfste;  daher  ist  die  Aufforderung  an  die 'Pfleger  derselbeü 
drängend)  gcf^eu  das  Uebel  neue  Heilmittel  aafzulsuchen,  um  ein. 
gesundes j    frisches  Leben  des   Geistes,    wie   dieses   mit   Kantus 
grossen  Entdeckungen   begann,  wiederum  zu  gcwim/cn.     Hierzu 
selbstlhätig  mitzuwirken  y    nnd  durch    eine  bestiheidene  Reförnt 
der  Philosophie-  dieselbe  in  einen  steten  Gang  zu  bringen,  wird 
mit   der  Herausgabe   fieser  und   vorangegangener   Schrifted,    sxi< 
-vrie   deren  kunftigeti   Fortsetzung,    bezweckt.     Die  Bisher    vom 
Verfasser  gebrauchten  Mittel  zur  Gewinnung  eines  festen  Grun^ 
des  und   eines   haltbaren   Systems  der  Philosophie   miissetf  Mef^ 
da  sie    die  Grundlage   des    eigenthümlichen   Verfahrens;  bitdtfn^ 
AUmio^iscb-  vorangestellt   werden.     Sie   bestehen   in   folgenden 

26 


\ 
I 


I 

4o2  Weise  philosophische  Schriften; 

'  neuen  Theorien .  i )  der  rcineri  Sinnlichkeit  ak  des  AnfangJ- 
.  punktes  menschliclier.  Erkenntnifs;  —  a)  der  specuktiven  Ver- 
nunft als  des  Endpunktes  derselben;  —  3)  der  transcendentalei^ 
Urform  des  wissenschaftlichen  Geistes  in  vier  ursprünglichen 
Dimensionen;  —  4)  der  vier  Arte^  unendlicher  Anschauung  in 
Geist  und  Natur;  —  5)  der  metaphysischen  Grundform  des  öb- 
'  jpctiv^  erkennbaren  Geistes;  —  6)  der  abgeleiteten  metaphysi- 
schen Geislesform  in  Verstand ,  refteclirender  Urtheilskrafc  und 
Ycrnunft;  — '  7)  Theorie  *der  Erfahrungsideen. 

Diese  Theorien  bilden  in  ihrem  harmonischen  ^usainmenwirken 
zur  Gewinnung  realer  Wissenschaft  den  höchsten  geistigen  Ccr 
sammt " Organismus j  und  da  sie,  mit  Ausnahme  der  anerschaf- 
fenen Td^en  der  Vernunft,  psychologischen  Ursprungs  sindj  so 
«nüssen  sie  auch  ih  der  Psychologie  ihre  Rechtfertigung  finden, 
wie  diese  vollends  in  dem  zum  Drucke  fertigen  metaphysischen 
Theile  umständlich  vorliegt.  Da  .aber  bisher  an  ein  allgemein 
gültiges  £rfahrungssystcm  der  Psychologie  nicht  zu  denken  wax, 
iudem  gerade  hier  det  Hauptsi|z  des  Üebels  und  der  Ausartung 
neuerer  Philosophie  bei;  gÄqzlichor  Haltungslosigkeit  und  will« 
,  kührlicher  Festsetzung  der  psychologischen  Grundbegriffe  Uegt*/ 
50  mufste  das  Hauptgeschäft  eine  gänzliche  Reform  der  weit- 
l^u%en  und  dabei  so  schwierigen  Psychologie  scyn,  welches 
nach  Seite  7  *-*  9.  in  drei  Thcilen  nach  des  metaphysischen 
Form  des  wis^senschaftlichejn.QeistSs« seine  Vojllepdting  hat^  Darum, 
erscheint  hier  der  schwerste ,  wenn  gleich  kleinste,  rationale 
Tkeil  als  eine  neu  geschaffen»  Wissenschaft  aus  dem  Gebiete 
der  Philosophie  zur  Probe »  um  von  unpartheÜschen  Selhstden- 
kern  zu  erfahren,  ob  der  faie^  erstmals  v,ersuchte  Weg  snu* 
Wahrheit  und  udumstöf^lichen  Ueberzeugung  führe.  Die 
Pforte  ist  engl  und  der  W^g  ist  schma)^  wie  im  praktischen  Le- 
ben,  Jerj  zur  wahren ,  eri^tlichen  und  lebendigen  JErktnJt' 
n,ifs  Seiner  Selbst  führt.  , 

Diiß  Idee  der  Menschheit  tritt  hier  isß  Widerspruch  mit 
I^aut's  Kritik  det  reinen-  Vernunft,  nach  welcher  die  psycholo- 
gische Idee  als  uiierkennbares  Ding  an  sich  keinen, positives,  er- 
fahrungsmässigen  Inhalt  haben  durfte,  heraus ^  und.  stqtzt  sich 
auf  übersinnliche  Erfahrung  kra£t  absoluten^  Selbstgefühls  S.  i4 
-T«-  i5,  dessen  wichtiger  Inhalt  nach  vier  Dimensionea  wissen- 
schaftlich dargelegt  ist.  Der  Hohe  Charakter  der  Idee  selbst 
wurde  bereits  im  Organen  der  Transoendentalphilosophie  (4* 
«8 16)  als  wesentlicher  Bestandtheil  der  speculativen  Vernunft 
d,urc^gefuhrt  und  jetzt  wird  weiter  gezeigt,  dafs  sie  als  ursprüng- 
liche^ constitutive  Idee  der  Menschheit  eine  ewige  Substanz  ^  ein 
bei  Ei^schaffuog    der  Welt  in  das    vernünftige    Wesen    einge- 


N 


Weise  phiiosophiscne  Schriftefi.  4o3 

pflaiii^ter  gdttHöher  Funke  in  reiner  AnscTiauun^  sej.  Diese  Idee 
trmrde  in  vier  Abschnitten  nach  ihrem  absoluten  ff^esertj  Mafs, 
Zid  und  Geholte  wissenschaftlich  erörtert,  und  dadurch  der 
äbsalitfte  Grund  aller  psychologischen  Erfalirung  festgestellt. 

Wenti  die  Grösse  ein^r  Wissenschaft  nicht,  nach  der  Bogen«  ^ 

xahl,  sondern  nach  dem  Inhalt,  insbesondere  aber  nach  dem  Ge^  ^ 

wrdht  und  Einflufs  auf  andere  Wissenschaften  abgemessen  iver-  ' 
den  darf:  so  ist  die  rationale  Psjchdlogie  die  gröfste  von  Alleit 
•^■^umver^sel ;  denn  sie  giebt  nach  S» a «,  mittelst  ihrer  ursprünglichen 
Dimensionen  die  Norm  für  den  Organismn^  der  Begrifi«  alles  Ur- 
^l'ähg^ichen ,  im  Geist  un^  in  der  Seele  liegenden  Und  der 
darnach  gebildeten  philocophisehen  Wissensdiaßen.  Sie  schliefst 
Mch  kraft  ihrer  religiösen  Be/.iehiint^  S.  a  i  '■^—  ä6,  nach  welcher 
der  Glaube  an  Gott  als  ^ie  psychalogische  Grunde in^ 
heit ^   die  das  ganze  Seeletdebtn  trägt,   erkannt  wurde,  unmit-^  ^ 

telbat  an  die  jetzt  anzuzeigende  philosophische  Religionslehre  an. 

H.  Gott  nach  seiner  ewigdn  Offenbarung  in  Geist  und  Na- 
tur lebendig'  zu  erkennen,  und  getnäfs  dieser  J^rkenntnifs  e/n 
gottalinlidics  freies  Leben  zu  führen,  ist  des  Menschen  erhaben- 
ster Vorzug  und  Bestioimung.  Hiera»!  den  kürzesten  Weg  wis- 
senschaftlich zu  bahnen,  ist  Zweck  tind  höchstes  Ziel  der  Phi- 
losophie« Wahrend  sie  diesem  Ziel  alle  übrige  Erkenntnifs  und 
Bestreben  dies  Menschen  untergeordnet,  erscheint  die  Religions- 
lehre als  GrundtTvissenschaft.  Diese  nimmt  den  ganzen  freihan-' 
delnden  Menschen  in  Anspruch,  mithin  z'erfSlIf  das  ganze  dog- 
matische'Sj^stem  derselben  in  zwei  Haupttheile;  i)  Religion  des* 
Herzens;  a)  Religion  des  Geistes  —  eTgentliche  Theologie  als 
Erkenntnifs  Gottes  durch  Begriffe. 

Der  unmittelbare  Glaube  an  Gott  kraft  der  Urthafsache  des' 
religiösen  Gefühls,  das  vom  Schöpfer  in  das  M'en'schenherz  ge- 
pflanzt«  ist,  und  die  vernünftige  Liebe  im  Mittelpunkte  des  Her« 
zen^,  wodurch  allein  der  Glaube  als  /lebendige ,  freudig  frofic 
Gesinnting  im.  Festhalten  an  Gott  sich  bewähren  kann,  sind  die' 
Basis  der  Religion  des  Herzens.  'Da  aber  die  Liebe  im  Inner- 
sten' 4c!s  Herzens  ah  unsichtbares\Wesen  ruitt,  die  Bestimmung 
der  Keligion  aber  zugleich  ist,  durch  die  Ihat  auch  äusserlich 
offenbar  zu  werden,  wozu  der  gute  Wüle  als  Thatkraft  mit- 
wirken mufste,  wurde  die  Möralität  als  mit  der  Religion  unzer- 
trcnnlrchr  verbunden,  mithin  religiös -moralischer  Sinn  als  das 
ganze  Wesen  dcft  Religion  des  Herzais  anerkannt. 

Al'osscr  Glaube  jst  aber  blind,  und  führt  gar  zu  leicht  in 
den*  Bodenlosen  Abgrund  des  Aberglaubens,  der  seinen  geistigen 
Cuhninationspiinkt  im  Mysticismus  hat,  gegen  welchen  hauptsäch- 
lich der  erste  gröf^tcntheils  polemische  Tbeil  bei  dem  grossen 
Hatig*  unsrei^  Zeit  zum  mystischen,  .gedankenlosen  Broten,  gerich*- 

2^* 


4o4  Weise  philosophische  Schriflten; 

tct  ist.  Dalier  mufs  der  Warme  des  religiösen  G9mutlis,  wel^ 
'  che  der  Glaube  im  Bunde  mit  der  Lieb^  so  wohlthuend  be- 
wirkty  auch  Qoch  das  Licht,  der  schöpferartige  Gedanke  ia 
klarer  und  deutlicher  Erkenntnifs  Gottes ,  blofs  naeh  seinem 
Yerhältnifs  zur  geschaffenen  Welt,  verschafft  werden,  was  die 
'W  streng  wissenschafdiche  Aufgabe  der  eigentlichen   Theologie  ist, 

^  ivelche   Gott  (lenken   d.  h.   in  Begriffen  mufs'  erkennen  lernco. 

Aber  nicht  Gott  an  sichj  d«r  in  einem  Lichte  wohnt,  wohia 
lein  irdischer  Geist  blicken  kann,  sondern  nur  nach  seinem,  in 
der  ganzen,  sichtbaren  und  unsichtbaren,  Natur  geoff^nbarten 
Wesen  kann  begriffen ,  und  auch  noch  gezeigt  werden,  warum 
Gott  an  sich  für  den  Menschen  unbegreiflich  ist.  Beides  ist  die 
2u  losende  Aufgabe  der  wissenschaulichen  Theologie.  Daher 
mufste  sie  nach  den  transcendcntalen  und  metaphysischen  For- 
men des  ii^issenschaftlichen  Geistes  d.  h.  als  Sjnthesis  zergliedert, 
nach  den  ursprünglichen  Dimensionen  dargestellt  werden  I.  als 
*  Transcendental'  Theologie  durch  Vernunftbegriffe  i)  positive: 
^^solute  Allheit",  —  Immanenz,  -^  Urgemeinschaft,  —  Noth- 
wendigkeit  Gottes ;  2)  negative:  Unermelslichkeit,  Ueberschwcng- 
lichkeit,  Unerfor$chlichkeit,  Unergriindlichkeit.  II,  als  metaphp 
sisc/te  Theologie  durch  Begriffe  der  reflectirendeil  Urtheilskraft: 
unbedingte  Einheit,  — Unendlichkeit,  — Persönli9hkert,-;- Frei- 
heit. III*  als  natürliche  Theologie  durch  'Begriffe  des  Verstan- 
des :  Allmacht,  Allgegenwart,  Allwissenheit,  Allgüte.  / 
Hier  bewährt  sich  das  grosse  Gewicht  der  transcendentalea 
Geistesform  in  ihren  vier  Dimensionen,  wodurch  allein,  ein  völ- 
lig abgeschlossenes ,  weder  zu  mehrendes  noch  zu  minderndes, 
'  System  von  den  Begriffen  oder  Eigensc.baften  Gottes,  die  bisher 
nach  Willkiihr  ohne  alles  leitende  Priocip  baI4.  so,  bald  anders, 
angenoQamen  waren,  gewonnen  wurde. 

III,  Das  Genie,  diese  Alles  regierende  Kraft  der  Seele, 
das  grosse  Werkzeug  aller  Erfindung,  wie  ei  Gerard  (Essaj 
on  ^nius  —  Introduction )  bezeichnet,  wird  zur  Erweiterung 
der.  Wissenschaften ,  beisonders  der  Philosophie  und  Mathematik, 
unumgänglich  erfordert.  Was  nun  Genie  sey ,  sollte  hier  wis«- 
senschaftlich  bestimmt  werden.  Seitdem  Gerard  das  Wesen  des 
Genie^s  iu  Phantasie  ( imagi4ation )  setzte,  ist  grosses  UnKeil  in 
die  Philosophie  gebracht  worden,  indem  mehrere  genialen  Phi- 
losophen neuerer  Zeit,  statt  klar,  und  tief  zu  denken,  ilire  Phan« 
tasmen  für  Philosophie  ausgaben.  Dieses  Uebel  in  der  Wurzel 
zu  ergreifen,  muTste  gezeigt  werden,  dafs  der  Mittelpunkt  des 
wissenschaftlichen  Geistes,  die  reßectirende  Urtheilskraft^  auf  die 
ruhige,  ewig  gleiche  Grundlage  der  Vernunft  sich  stutzend,  der 
mächtige  Hebel  des  Genie's  ist,  und  zwar  die  Phantasie  zur  un- 
entbehrlichen  Gefährtin  hat,  aber  als  Regent  dieselbe  zu  ihrem 


t^rotest  cv*  Cäiristeolehre  L  d.  Bgir.  Rheinkreis.  4ö3 

eigenen  Besten  streng  bewachen,  und  wie  die  übrigen,,  zu  ge- 
diegener Erkenntnifs  mitwirkenden  Seelenkräfte  die  ivillkuli^iche 
Aufmerksamkeit,  ^nbildüngskraft ^  Gedächrnifs  und  Denkkraft 
zugleich  mit  den  pkjsischen  Kj;'äften  in  gfehöriger  Unterordnung 
halten  mufs.  Demnach  wurde  als  Hauptrcsuliat  folgende  Rcal^ 
definiUon  gegeben.  Genie  jst  die  unmittelbare  Centralkraft  einci 
Individuums  im  harmornischen  Zusammenhalten  seiner  geistigen 
und  physischen  Kräfte  zur  Erzeugung  idealer,  musterhafter  0  ei* 
steswerke. 

Weist. 


(Praktische    Theologie.) 

Kt$teöhtsmus  der  christlichen  Religionslehre j  zum 
Gebrauche  beim  Religionsunterrichte  in  flen  'protestantisch^ 
evangelisch  -  christlichen  Kirchen  '  tind  .Schulen.  Sp  eyer 
-tSstS.  bei  Kranjibiihler  j  jun,  4$S  S.  in  kl.  S.  CRreis  rhein.' 
auf  Schreibpapier  42  kr.}  mit  dem  Stempel  des  Kön,  Bair* 
Cihsistoriums  des  Rheinkreises. 

Ule  t8i8  und  i82i    für  ^ve.  vereinigte  protestantisch  ^  evange^ 
lischc  Kirchß  des  Rheinkreises  versamn^ieltcn  Generalsynoden  be- 
sorgten  bald   ein  Religions- Lehrbuch    für   Yolkssehulen.     Der 
Inhalt  Sollte  auf  die  klaren  Aussprüche  der  Bibel  (nach  ihremr. 
geschichtlich  erweislichen  Sinn)  also  nicht  auf  palristische^  scho- 
lastische, und  noch  spätere   Auslegungen  und  unbiblische  Ku»st- 
•wprter  gegründÜ  sejn.     Hätten  Jesus   und   die  Lehrer. des  ür- 
christenthums  diese   gewollt,    so  würden  sie  es.  nicht   erst  den 
(meist  SQ    wenig   dazu   wissenschaftlich  gebildeten   und    sittlicht 
befähigten)  Kirchenvätern  und  Coneilien   überlassen   haben,  was. 
der   Bibelsinn   sej,   bestimmter  zu  sagen,   als^ die   Bibel  . selbst. 
Hätte   nur   Luther   und   andere   Reformatoren    schon   so   gewifs. 
w^issen  können,  dafs  das  sogenannte  Symbohim  Apostolicum  nicht 
»postolisch ,  das  Athanasianum  nicht  von  Athanasius  isfe^,  von  dem^ 
!Nicänum  aber  (s.  JPuchs    Bibliothek   der  Kirch enversammlungeiv 
T.  Thl.  S/ 443  unten,  dessen  .wichtige  Anmerkung.  Ygh  S.  3d3) 
eingestanden  werden  Biufi^,   dafs.  es   auf   Be^veisstellen  beruhie, 
welcUe    jetzt  niemand  leicht   mehr  als  beweisend  eben>  so  anzu-» 
führen  unkundig  genug  wäre»     Gewifs  würden  Männer  von  Lu- 
ilieris  und  Zwingli's  Geisteskraft  uicht  Conclusionen  für  unabaa-. 
dcrlich  gelialten   haben,    deren  Prämissen   verschwunden   waren» 
Oevxifs  hätten  sie  nur  die  Grundidee  des  Protestantismus,  Treue- 
für geprüfte  Ueberzcugungen,  nicht  aber,  fixirte  Lelupmeinungciv  \ 
zamBand  der  iCirchen^sellscbaften  werden  lasseu.    Und  gewilsi. 


4oG  Protest,  ev.  Cbristenlelire  f.  d.  Bsdn  ]^eiidgfei^ 

würden  alsdana  4ie  JCafecInsmen^  welche  in  4^  Religion  wOex^ 
rlcliten^  das  heiFst,  cUis  zur  christlichen  Cottandächügkeit  iVo- 
thige  und  Wirksame  zur  treuen  Ueberzeugung  ia  den  jiiDgea 
Gemütliern  glaublich  und  glaubwürdig  macheu  sollen,  nicht  viel-? 
mehr  immer  Dogmatiken  in  nuce,  nicht  Ausdeutungen  einiger  der 
undeutlicheren  Bibelsätze,  sondern  Anwendungen  der  deutüchen 
Lehr^ussprüche  y  geworden  sejn.  YÜas  Vieue  ReligionslchTbach 
»will  daher  durchaus  biblisch,,  auch  von  allen  Unterschieden 
»ehemals  (durch  unentbehrlich  und  untrüglich  geachtete  Ausle« 
»gungs Worte)    getrennter  Confessionen  rein  Seju.€     Das  Kreis-* 

'  Konsistorium  sowohl,  als  das  die  Arbeit  genehmigende  Obercon- 
sistorium    zu  München  hat  dadurch   aufs  neue   beurkundet*,   wie 

.  historisch  philologische  und  mehr  philosophirende  als  phantasi- 
rende  Gelehrsamkeit  mit  Geschmack  vereinigt  auch  für  das, 
Wds  dem  allgemeinen  Wahrheitsinn  im  Religionsunterricht  noth 
tliut  und  gegen  das,  was  eher  die  Ueberzebguiikg  und  Theil- 
nähme  aufhält,  den  wahren  Maasstab  finden  könne,'  wenn  sie 
nur  ihn  zu  wollen  Licht  und  Freimutliigkeit  genug  hat. 

Das  dem  Rec,  —  um  se^ne  Ansicht  darnberi  öfientlich,  nnd 
wie  er  ^zu  thun  pflegt,  mit  christlicher,  durch  alle  ihm  mögliche 
Mittel  begründeter  üeberzeugungstreue  zu  äussern,  — -  zuge" 
schickte  Religioasiehrbuoh  ist  ihn|  nach  diesen  Gesichtpunkten 
ein  erfreuliches  Zeidien  der  Zeit  und  des  nur  auf  dem  prote- 
stantisciien  Standpunkt  möglichen  Fortschreitens  in  der  Wah' 
haftigkeit ,  welche  nicht  ohne  Ende  in  Ahbequemung  an  veral- 
tete Scheinmein^ingen  aufgehalten  werden  soll.  Dieses  /Verhält- 
nifs  erkennt  man  concentrirt  in  dem  171.  Fragepunkt:  Was 
keifst  auf  den  Namen  des  Vaters,  des  Sohnes  und  des  heiligen 
Geistes  getauft  werden?  Die  Antwort  ist:  »Auf  das  Bekennt^ 
nifs  getauft  werden,  dafs  Gott  der  liebreiche  Vater  aller  Men- 
schen ohne  Ausnahme  ß  Jesus  Christus  Gottes  Söhn^  itnd  Gptt 
ein  heiliger  Geist  ist,  der  nur  das  Gute  will  und  in  der  Welt 
fördert  und  darum  auch  von  den  Menschen  verlangt,  dafs  sie 
ihm  durch  eia  frommes,  heili|;e$  Leben  verehren.«  Um  so  aus- 
fährlicher  ist  aus  den  Ueberzeugung^n  von  der  väterlichen,  hei- 
ligen Gottheit,  d^  göttlichen^  Weltordnung  oder  Vorsehung  und 
der  Eigenschaften  des  einzig  vollkommenen  Gastes  überhaupt 
das 'allbelebende  Vertrauen,  dafs  dem- Recht  wollen  den  das  Gate 
ewig  fortschreitend  durch  alles,  was.  nach  Gottes  Willen  ist, 
möglich  sey,  abgeleitet  und  für  lebensthätige  Vorsätze  und  Ge- 
sinnungen S.  47  -«-  34*  anwendbar  gemacht.  Der  Fragepuukt 
107.  «88.  sagt  mit  den  Schrift  Worten :  was  JesilS  Christus  von 
sich  selbst,  und  was  die  Apostel  von  seiner  Person  aussprechen, 
4*7  -~  *a2.  Wie  hat  uns  Jesus  durch  seine  Lehre,  wie  durch 
sein  Leiden    und   Sterben,    wie   durch  Auferstehung  und  Erbö- 


PifOtest.  ev.  Chrislenlehre  f.  d.  Bair.  Ahemkrds*  407 

kttB^  in  di»  Himmel,  erlöset?  Wodurch  wirkt  Er -^ das  Hüapf 
seiaeiL  Gemeinde  oder  Kiicbe  -^  für  derea  Heil  immerfort? 
Pct  drille  Punkt  (»durch  sein  Leiden  und  Sterben«)  wird  so 
beantwortet:  tr  hat  nns  durch  dasselbe  die  Versicheruhg  ge- 
geben, dafs  wir  auch  als  siindhaftb  Menschen,  wenn  wir  uns 
(f unsere  Gesinnung!)  bessern,  Z^utraüen  zu  Oottes  'Gnade  foss^it 
•und  der  Vergebung  unserer  Sünden  gewifs  sryn  können,  wo- 
durch Er  unser  Her*  von  stlaviseher  Furcht  *var  Gott  befreit 
und  mit  einer  kindlichen  Zui^ersieht  zu  ihm  erfii|h.  Bei  127. 
wo  auf  die  Frage:  Welche  Verirrung^a  in  Ansehung  des  Glau- 
bens sollen  wir  vermeiden?  geantwortet  ist  :  »Den  blinden 
Glauben^  den  Scheinghniben ,  den  todten  Gkuben  und  Aber- 
glauben«  dächte  Reo.  hatte  doch  auch  hi^zngesetzt  werden  sol- 
len t  den  Unglauhen  oder  den  Widerwillen ,  vo»  Wahrem  und 
Gutem  ai$ch  dur^h  glaubwürdige  Grunde  nicht  überzeugt  zu 
werden. 

\\Vir  geben  nur  noch  als  chardtterisltsch  die  Belehrungen 
TOn  der  Kirche^  al$  einer  christlichen,  protestantischen,  evangeli- 
schen. 434.  »Weil  nur  Ein  Gott  und  nur  Em  Herr  (Lehr- 
Regent)  Jfesus  Christus  ist,  so  kann  es  auch  ^mr  Eine  »christ- 
liche« Kirche  geben,  obgleich  sich  in.  derselben  verschieden^ 
Kirchengesellschaften  belinden,  die  sich  durch  NameHy  Lehrsätze 
«nd  Gebräuche  vdn  einander  unterscheiden« 

Könhten  wir  doch  die  fremden  ukid  daher  so  oft  misgcdeu* 
leten  Worte,  wie  Religion,  Kirche  elc.  vermeiden.  Sagen  wfr 
Gottandacht  y  Gottandüchiigkeit,  so  liört  im  Augenblick  auch  di^ 
MdgUchk«it  auf ,  Religion  und  Kirchenthum  je  für  einerlei  aus^ 
zugeben  und  mitdinauder,  wie  so  oft  von  den  Alleinkirchen  ge<- 
schiefit,  zu  verwechseln.  Kirche, 'dh  Ttvptettnj,  dominica,  Jesus  aH- 
ihren' Kjrios  (Herrn  oder  Lehrr^enten  )  bekeiiueild ,'  umfaC^ 
alle,  welche  dieses  thuto«  Also^  ist  Kiirche  =r  clirisllfche  Lehr- 
genifeinde  für  Gdttandächtigkeit  nach  Jesu  Geist.,  Es  liegt  dann 
schon  in  den  allgemein  verständlichen  Benennungen,  dais  nur 
die  CthÄtigeJ  Gesinnung,  nach  Jesu  Geist:  gotlandäclüig  zn  seyn^ 
nicht  aber  JLehrmeinungen ,  Unterscheidungslehren ,  Symbole  etcV 
die  aHgemeine  Lehrgemeinde  Jesu  bilden  und  ausmachen.  .  Um- 
sonst sagt  mau,  nach  den  KanOnistischen  Juristen:  es  giebt  keine 
Gesellschaft  ohne  symbolische  Leitren.  Wo  waren  denn  die 
Symbole  des  Urchrlslenthum?  Oder  haben  etwa  Jekus  und  die 
Apostel  gerade  das  vergessen,  ohne  welches  eine  Lehr^enaeindd 
nach  Jesu  Geist,  gar  nielit  gesellschaftlich  soll  existiren  können? 
Ihr  höekste  j  reinste  ß^erein  de^  Geister  ist  die  entscl^lössenste 
Gesinnung,  was  uns  als  wahr  dargethan  werden  kafnn,  gerne  zu 
glauben  und  tr^u  zu  befolgen.  Diese  Gesinnung  uirifafet  Z)^/^- 
ken  tmd  fVbllem  zugleich  j^sH^o  'deii  ganzen  Meuschengeist.    Des- 


4q8  Protest  ev.  Christenlehre, f.  d.  Bair. Rhdakrels. 

wegen  nennt  Reo.  sie  g;erne  Ueberzengungstreue.  Die  UAtf 
ze^guag  ist  die  Steigerung  oder,  Erhöhung  des  Ahnens  und 
Glaubens  zuip  Bevtufiueyn.^  warum  es  gewifs  sey<  Wie  dieses 
die  allen  Menschen  eigene  t)enkkraft  betrifft ,.  so  alsdann  die 
Treue  den  Willen.  Nur  durch  beides  zugleich,  ist  der  ganze 
Geist  erregt,   welcher   die  Gottheit  in  Wahrhaftigkeit  Terehren 

soll.  • 

Die  Idee  evangelisch  und,  protestantisch  beschreiben  die 
Antworten  i3ß,  iSj.  mit  würdiger  Begeisterung:  Die  Kirche 
nennt  sich  ef^c/z^e&^cA  -  christlich  »weil  sie  durchaus  keinen  an- 
dern  Glaubensgrund  erkennt,  als  allein  die  heilige  Schrift  und  in 
^  dieser  gan;^  besonders,  das  £vangcliun^  nach  den  klaren  Aussprü- 
chen des,  Stifters  der  christlichen  Religion.c  Protestantisch  aber 
nennt  sie  sich:  »weil  sie  das  edelste  (die  Pflicbt und  das)  Recht 
4es  vernünftigen  Menschen  ^  frei  und  redlich  in  der  Erkenntoifs 
der  Hvohlgeprüften  Wahrheit  fortzuschreiten,  mit  christlichem 
l^uthe  in  Anspruch  ninnnt«,  gegen  alle  Geisteskneditschaft  wie 
gegen  allen^  Gewissens  -  (und  Lchr-J  Zwang  ewig«n  Wider-^ 
Spruch  einlegt  und  ungestörte  innere  Glaubensfreiheit  (leheas- 
thätige.  Ueberzeugungstreue)  behauptet. c  Amen,  mochte  ntan 
beisetzen ,  so  $ej ,  so  bleibe  jßs  I 

"Vj^egen  des  Umfqngs  (von  339  Fragen  nnd-  Antworten) 
bemerkt  die  Vorrede,  dafs^das  Lehrbuch  aus  2  Hälften  bestehe, 
so  dak  den  ju^ngern  Kindern  die  Lehren  des  Katechismus  ohne 
4ie  biJkLische  Spriu^he^  den  altem  die  Wierderholung  dieser  Leh- 
nen mit^  allen  Beweisstellen  ( wovon  manche  zum  Nachschlagen, 
:fur  Uebung  im  Bekanntwerden  mit  der  Bibel  —  dem  Grund- 
Ifvalirheiten - Bucl;i  — ^  nur  citirt  werden),  zugetheilt  werden  kon- 
:(^en.  Rec.  wünschte  überall  die  umgewendete  Methode.  Zuerst 
jFragen ,  auf  welche  mit  den  Bibelworten  selbst  geantwortet 
wurde.  Was  i^t  nötUiger,  alsdafs  diese  Cnur  wo  die  Ueber- 
^etzurg  fehU,  klar  berichtigt)  am  tiefsten  und  frühesten,  vo^  allen 
Auslegungen  und  Umschreibungen  dem  Christenmcnscli^n  bekannt 
werden  und  für  das  ganze  Leben  eingeprägt»  Alsdann  mag//tr 
^tere  cin^  das  ist,  eine  Efkläi^uäg  folgen.  Meine  Erfahrung 
fiber  ist,  dafs  die  richtig  vetteutschten  Bibel wo^e  den  ruhigep, 
gottahdächtigen  Gemiithern  auch  von  Kindheit  auf  oft  ohne  Er- 
(cl^rungjklarer  sind,  als  unsere  doc}^  immer  etwas  vom  gelehrten 
Modernisi^en  enthaltenden  An|wortsätze.  Nur,  wären  die  Bibel- 
stellen so  zu  o;rdnen ,  d^ifs  eine  die  andere  heller  macht  und 
v^rvolUtändigt ,  indem  freilich  des  Begr^es  Umfa^ig  nur  ^'^ 
mehreren  Stellen  zi^,ammengenommen  sich  dem  Kinde  vergegcn- 
"Wärtig^  und  in  ihm  selbst  ttusammenfügt-  Läfst  n^n  ^um  Beispiel 
4ie  Stellen  aufeinander  folgen:  Köm.  8,  i4«  virgl.  Joh.  «,  i2. 
So   yie^e    yoq  Qpt^s,  .Geiste  gefiilirt  yve!:den|    die   sioAdotUs 


Protest  er.  Christenlehre  f.  d«  Bain  Rheinkreis.  409 

Sihne  -»-  alsdann:    Ps.  82,  6«  vergL  J0Y1.  lo,  34*^  Ich  (Gott) 
habe  ,wobl   gesagt :    Ihr   (Regenten)  scjd  *  Getier  und  allzumal 
Söhäe  der  Höchsten j  so  wird  dies  bald  daliin  fuhren,  vrie  der 
judische  Hohepriester,  Kaiphas  Matth.   a6,   69.   frdgen  konnte: 
Ich.  beschwöre  dich  bei   dem   lebendigen   Gott,,^  dafs  Du    uns 
sagst:     Ob  Du  sejest   Chtistus  (der  Messias,   der  Gottes -Re- 
gent)  der  Sohk  Gottes j  und  warum  Jesus  sich  nach  Hebr.  2, 
11  ..nicht  schämt,   der  Erste  unter  vielen  Brüdern  genannt  zu 
werden.]  Darafi  aber  schliefst  sich  an,  dafs  er  durch  Leiden  voll" 
kommen  gemacht  Hebr.'  a,  10.  wiewohl  et  Sohn  war,  doch  an 
dem^  dafs  er  litte,  Gehorsam  gelernt  hsit  Hebr.  i,  3.  unter  alten 
aber  der  AUeinipe  Gottessohn  ist  (Joh*  «,   i8,)   dei*  versucht  in 
allem,  wie  die  Menschen,  doch  ohne  Sündigen  blieb  Hebr.  5,  i5. 
-Wer  vtsrmag'dies  auszudenken,    wie  viel   göttKch- Hinschlich  es 
hierin-  liegt  etc.  ein  Geistj  immer  in    der  Gesinnung  fest  geblie- 
ben,  dafs  er   kam,  den   WiUen    Gottes  nicht  allein   zu  lehrest 
sondern  durchaus  selbst  zu  thun  Hebr.  9,  10^^  und  eben  dadurch 
auch  Gott  rein  und  heilig  zu  verkündigen  Joh.  1,   19.  — ? 

Das  Wichtigste  und  Erfreulichste  in  der  ganzen  Anlage  die- 
ses ReligionsbüdileiQS  aber  ist  dem  Rec«  dieses,  dafs  es  durch- 
gängig, auch  wo  Lehrsätze  angegeben  werden,  diese  nicht  blofs 
mit  der  Tendenz,  sie  zu  glauben  und  zu  wissen,  sondern  mit 
einem  eigenen^  Geschick  so  gerichtet  sind ,  dafs  sie  unmittelbar 
das  Willensthätige  und  Lebensthntige  im  Menschoi  ansprechen, 
ohne  dafs  sie  förmlich,  und  ausdrucklich  in  sittlich-religiöse  Anmah- 
nungen  verwandelt  >in,d*  Alks  soll  um  der  Reh'giösität  willen 
gedächt  tind  gelehrt  seyn.  Die  Lehrsätze  de$  Glaubens  un^ 
Wissens  sind  da,  um  die  Anregungen  des  Willens  zur  Pflichtenlicbc 
und  ^ur  Gottandäcihtigkeit  ^zv^  unterstützen  und  dais  an  sich 
Wahre  derselben  von 'thearetischen  Zweifeln  und  Mifsveü^stand- 
nissen  frei  zu  bewahren,  die  sich  nup  allzuoft  auch  ins  popu-t 
lä^e  Denken  ^einschleiche^«  .  x  '    .    ^  v 


*  '-  M'W 


Käieehismics  den  christlichen  Lehr 6-,  nach  dem  Be^^- 
k€nntnifs  der  evangelischen' Kirche  von  D,  F. 
A.  KnuMMACHKR.  Esscn  bei  G.  D.  Bädeker  iSfH^» 
{'60  S.  Ladenpreis  5  gGr.  für  Schiller  i  gGr%) 

Urafs  bis  j.etzt  schon  mehrere  Auftagen  dieses  Katechismus  er-i 
folgt  «sind,  wollea  wir  nicht  so  geradehin  als  Beweis  seiner  Vor-* 
zügliclikeit  anführen.  Denn  was  der  Menge  gefällt  ist  niclit  im«* 
n^eir  das.  besjlp  >  ^  nnd  vollendi^  ein.  KaUcbismus  in  un&crn  Tagen !; 


4 10  Krummacher  Katechismus  4.  cfatistlieh.  Lehrt 

Wir  4urfco  nur  fragen ,  irie  die  Bibel  gefälk?    Meliv  jq^iicU 
der  berüVmtey  und  wli\  setzen  mit  tiefer  Hochachtung  hinzu  der 
christliche  Name  de«  Verfs.  dafür.  Sehen  wir  indessen  auch  da>- 
,Yon  ab   und   auf  das  Buch  selbst,-  so  finden  wir   das  Ansehen 
desselben  wohl  begrönaet,  denUsein  Werth  überwiegt  bei  wei- 
tem die  meisten  Katechism^u.    Kaiigermassen  sagt  das  schon  der 
Titel.   Denn  wer  eiueo  Katechismus  für  di^  evangelische  Kirdte 
abfafsty    muß   Üin   auch  nach  ihrem  Bekeuutnifs  abfassen  9  sonst 
ist  es  nicht  die  Kirche  ^   deren  Lehre  darin  vorkommt ,   sondern 
er  ist  es  y   der  seine  Lehre  aufstellt,   und  sie  in  die  Kirche  ein- 
schwärzen  oder  ihr  aufdringen  tnöclite.    Oder  wollte  er  ihr  eine 
ueue^  bessere  Lehre  mittheiien,  so   miifsie  er  o£fen   und  ehrlich 
sich   zum  Reformator   erklären.     Dann  aber  kann   er  i;iicht  ver- 
laugeo,  dafs  sein  Buch  als  LaodedLatechismus  eingeiführt  werde, 
ohne  sich    eine    Machthaberei   in   Gewissenssachen   schuldig  zu 
^u  machen.     Nur  derjenige  Lehrer  kann  also  den  vfahren  Beruf 
fühlen,  einen  Katechismus  für  die  evangelische  Kirche  zu  schrei- 
ben,  der  in,  dem  Leben  dieser  Kirche  fühlt,  denkt,  wirkt,  mit 
{^inem   ganzen  Geiste   athmet*     Einen  solchen  Beruf  dürfen  wir 
wohl   dem   Verf.    des.  vorliegenden   zuerkennen«     Dabei .  genügt 
CS  denn   nicht  etwa  mit   einer   guten    Auswahl  und  Anordnung 
der  Bibelsprüche.     Denn  was  diese  in  der  Tiefe  und  FüUe  des 
göttticheo  Geistes  enthalten,  soll  der  Lehrer  in  einzelne  bestimmte 
und    deutliche    Begriffe  vor   unser   Denken    iserraittelst    unserer 
2>eukgesetze  so    wie    nnsess  Sprachgebrauchs    heraufiuhrcn,  so 
dafs  aer  Schüler  durch   die  discursive  Kr|eettntnifs  die  Anschau- 
ung des  fronunen  Gefühls  gestalte^  und  dals  seine  Vernunft  zum 
Eindringen   in   das    Gan^e  gelange.    JSq  wie  das  Geist  ist^  soll 
es  in  ihm,  vermittelst  des  Buchstabens  zum  Geiste  werden.    Das 
will   es  sagen   in   der  Rdligion  unterrichten.     Wer  nun  mit  uns 
in   diesem   Grundsatz   übereinstimmt  ^    wird  als  Folge    zugeben, 
dafs  das  Buch,  welches   hierzu   dem  Lehrer  in  die  Hand  gege- 
ben vvird,   diese  Begriffe  grade   so   weit  abmes'sen  soll,    als  der 
Lehrer  sie  festhalten  mufs,  wenn  er  in  Einstimmung  mit  der  Ge- 
samq^theit  seiner  Kirche  bleiben  will ,   vhet  grade  nur  so   wei^ 
damit  seine   Freiheit   zum   guten   Lehren,   das  anschaulich  macht 
un<l   ins  Leben  führt,   nicht  beengt  werde.     Konimen  übrigens 
Winke  auch    dafür   vor,  wozu  auch  die  Wahl  der  Bibelsteilcn 
dienen    mag ,  so  steigt    der   praktische   Werth.     Auch,  in  dieser 
Hinsicht    leistet    der   Krummachersche   Katechismus  vieL     Aber 
was  die  nöthigen  Begriffe  betrifft,  so  finden  wir  einige  Mängel) 
die  wir  offen  bemerken  wollen,    so    wie  sie  uns  erscheinen  ** 
freilich  in    der    ersten   Auflage,  da   yvbt   die    letztere   iiiclit  zur 
Hand  haben. 

Wir   finden  das   V4>rerst  im   der  Lehre    nou^  den  göttlichen 


T^epfif^f^m*    So  «ebr  wir  «uch  dam  -dei^  Vorzug  dieses  Ka*^ 
t^ismus  an^rkenaeD,    dafs  er  nichts   mehr  von  dem  hi^herigei^ 
1JnW0sefL  hat,    welches  mit    einer  modernVsn  Wisserei  über   4i^ 
|{ö(liUchep  Eigonsohaften  geirieb^en  werden,  da  auch  selbst  bei 
de^  Tiieologeu  die  ernsten  Erinnerungen  uqserer  tieferen  Philo*    . 
Sophie^  namentlich  ^ie  bekannten  Rügeq    eines  Fichte    eben  so^ 
wei%,  als  die  erhabnere  Behandlang  dieser  Lehre  bei  den  äU 
u>r^Q    Kiriihenlehrern     nachgewirkt    haben  :      so     bleibt     dock  - 
da$   wahr,    dafs    wir    in    den   sogenannten    Eigenschaften  .Got-*- 
les  'O^eitt  selbtst  in  seiner  Beziehung  auf  ans  begreifen,  und  ohne 
snlclie  Begriffe  ihn  gar  nicht  erkennen ,   wir  sie  also   bedürfen, 
dasoit  uns  fjott  nicht  gar  aus  den  Gedanken  entschwinde.     In 
eiii  blosses  Gefühl   dürfen  sie  nicht  zurücksinken •     Also  müssen  ' 
dies^  Begi-iiTe  grade  so  bestimmt  angegeben  werden,  "^i^  ^'^ 
uns  die -Idee   Gpttes  deutlich  machen,  odear  vielmehr  wie   wif 
den  Ewigen,  der  sich  uns  in  seinem  Sohne  geoffeobar^  hat,  als 
Christen  erkennen.     Darum  fitaden  wir  es  nicht  genügend,  wenn 
CS   §♦  *7.    heifst:     >Gotl  ist  allmachtig  —  allwissend  ~  allge* 
genwärtigc    und,    nachdem  di^    Spruch.«  Ps.  33,  8  f«    Luc.  t, 
37.   4  Mos.  17,  t,  Ps.  439,  1 — 4.  7 --^12.  Jer.  «3,,, 33.  ^ge- 
führt sind,   die  Aumerkung  steht:    »Diese  Beibennuiigen  der  Ei* 
genschaften  Gottes  sind  vielmehr  Ausdrücke  des^  schwachen  Ver-«> 
standeii,  als  des  vollen  gläubigen  Herzens,  das  in  Ihm  lebet»  wer- 
bet  uhd  ist.«     Denn  da  mochte  der   eine  Lehrer  sagen:  »nun» 
vrai'um  lassen   Wir  dlß  Ausdrucke    der    Schwächte   nich^    Ucbev 
ganz,  weg?«    der   andre  möchte   dafür^  um  die  ausdrücke   des 
starken  Verstandes  bitten;  der  dritte  setzt  vollends  Unsinn  dafiit 
bin.  etc.  Besser  alsdann  kein  Kateehiimus,  sondern  blosses  Spruch« 
buch.     Zu  den    unbestimmtem  Stellen  giehört  auch    ^^  ^^*  <.  *  ^^ 
dieser>  Hinsicht  heisset  er  auch  Prophet,  Hoherpriester  und  Ko- 
nig ; «   der  Lehrer  will  aber  wissen   wie   er    diese  B^^griffe  zu 
verstehen  lehren   soU^     Grade  diese  bedürfen  auch  in   unserer 
Zeit  einer  bestimmten  Erklärung,'  vrejil   die  gewöhnlich  gevvoip* 
denen  wahren  Meinungen  zu  berichtigen  sind,  das  auch  der  Vf» 
redlich  will  und  übrigens  thut.     Denn  ächtevangelisch  und  recht 
klar  erklärt' er  §«^76.   wie   Cluristus  Hoherpriester  hebse,  und 
^.  8^.    in.  welchem  hohen  Sinne  er  der  Herr  sey._    Nur  soUiea 
xur    Deutlichkeit    vorher   diese    Begriffe    zusammengestellt    ityv^ 
Der   Begriff  der  Sacramente  §.  119.   als'  »sichtbarer  von  GojU 
eingesetzter   Stiftungen   und   Zeugnisse   des  N.   Buiidfö  zur  Er** 
'weckung   und  Stärkung  des  Glaubens  und  der  Heiligung,«  tt^ 
mangelt  der   von    den   beiderseitigen    Bekcnntnifsschriften    nath"^ 
drücklich   gebrauchten   Ausdrücke;    Zeichen  und   Zeugnisse  «f«r 
göltfichen   Gnade    (oder  des   goltUchen   Willens )k     Der    B^riff 
de>  beil.  Abendff^hls  bat  ebettfails  nicht  die  Bcstixiunlheit,  W<^riil 


Aia    Krummacher  Katediismus  d.  christlich.  Lehre, 

die  beiderseitigen  Bek^ntnifsscliriften  noch  zusammenlreffeii.  Es 
heilst  §.  1^4*  *Das  heil.  Abendmahl  ist  auch  eine  innige  selige 
Vereinigung  und  Gemeinschaft  Jesu  Christi  mit  den  Gläubigen 
tur  Starki^ig  im  Glauben  und  in. der  Heiligung.«  Schon  dieses 
euch  macht'  zur  Nebensache  .was  grade  die'  Hauptsache  im  Be- 
griff ist;  und  was  in  der  Anmerkung  steht ,  »das  heiU  Abendr 
niahl  ist  Ersatz  seiner  sichtbaren  Gegenwart  bei  den  Seineoi 
und  eiiie  geistige  Mittheilung  Seiäer  selbst«  (so  heifst  es  in  re- 
formirten  Confessionen  und  bei  Calvin:  mandacatio  spiritualis 
corporis  Christi  etc*)  sollte  billig  in  den  Hauptsatz  aufgenommen 
'seyn,  weil  es  die  genauere  Bestimmung  enthält,  .worin  sich  die 
I^eiden  bisher  getrennten  evangelischen  Parteien  vereinigen.  Oder 
sollte  das  Beiwort  geistige  als  Gegensatz  gegen  das  USbliche  an- 
gesehen werdeltiy  so  J^onnte  es  recht  gut  wegbleiben.  Schickli- 
cher Weise  müfsten  dann  «nsers.  Bedunkens  die  drei  verschie- 
denen Ansichten  über  die  Gegenwart  Christi  im  heil.  Abendm. 
in  einer  Anmerkung  angegeben  sejn,  oder  wollte  man  das  nicht, 
wenigstens  gesagt  werden,  dafs  es  dariiber  verschiedene  Meinun- 
gen gebe,  die  jedem  um  so  mehr  frei  stünden,  da  sie  in  der 
Hauptsache  in  der  Vereinigung  mit  Christus  durch  den  Glau* 
ben,  zusammenträfen.  — -  Die  Lebte  von  d^  Rechtfertigung, 
dieser  Lichtpunkt  in  der  evangelischen  Glaubenslehre,  leuchtet 
zwar,  wie  es  von  einem  solchen  evangelischen  Geiste  zu  erwar- 
ten ist,  von  Anfang  bis  Ende  in  dem  Katechismus  durch,  aber 
d^:»tt>  mehr  müssen  wir  es  als  einen  Fehler  der  Form  erkennen» 
dafs  der  Begriff  erst  tinter  §»  1 56.  als  Anmerkung  vorkommt. 
Der  Ordnung  nach  hätt^  sie  als  ausdriickHcher  Hauptsatz  schon 
zwischen  §.  iod.  und  §.  iii.  stehen  sollen,  wo  allerdings  die 
Elemente  dieses  Begriffes  deutliclv  erklärt  sind;  wo  nicht  vorher 
scfion  §.•  97.  seine  Stelle  gewesen  wäre. Wenn  §.  6"]»  ge- 
lehrt wird,  dafs  de»  Tod  und  die  Verwesung  Folge  der  Sünd- 
haftigkeit dos  Menschen  sej,  so  ist  das  eine  Lehrb^stimmuii^^^, 
welche  tiber  unsere  kirchliche  Lehre  und  sichere  Begriindnng 
hinausgeht.  —  Der  Uebergang  zum  2ten,  oder^praküsÄien 
Theiie,  von  dem  Verhalten  des  Menschen  (Christen)  ^egcn 
Gott,  ist  durch  Vov\anstelluug  der  Artikel,  Busse,  Bekehrung, 
Glaube  gemacht,  welches  aber  der  Ordnung  der  Glaubenslehre 
scl^det.  Wir  soUten  denken,  dafs  eine  blosse  Hinweisung  w& 
dieselben  solchen  übrigens  guten  Üebergang  ,zur  Sittenlehre,  und 
zwar  zur  evangelisch  christlichen,  dem  Katecheten  leicht  ange- 
ben konnt^.  Die  Anordnung  des  Heidelberger  Katec|iismus  gi^bt 
hierin  ein  Muster.  —  Unter  den  Erweisen  Ae%  Vertrauens  auf 
Gott  §.  179.  sollte  auch  der  Muth  in  der  f^ilicht  stehen.  Die 
Demuth  solke  nichf,  wie  ^'^S^*  ^"^h  ^^  '^^^  d^  Selbstverläug- 
nung  und  Wachsamkeit,  nebenbei  unter  dem  Gehorsanr  vockou^ 


Krammacher  KatechisncRis  d.  christlich.  Lehre.  4^3 

1  •  .  ■  •    ■ '       ■      ■ 

meni  da  sie  grade  in  dem  eraDgelisclien  Christenthum  sb  recht 
ab  eine  der  Grundtugenden  erscheint,  und  da  sie  auch  dariini 
einen  eigenen  ^  verdient,  damit  man  ihre  innige  Verbindung 
mit  der  ivahren  Menschenwürde  zeige.  Wenn  §.  1 98.  die  Liige, 
Falschheit,  Verstellung,  blofs  als  das  Gegentheil  der  Wahrhaf- 
tigkeit tind  Aufrichtigkeit  und  als  schändlich  vor  Gott  und  deii 
Menschen  bezeichnet  :^ird,  so  vermissen  wir  eine  der  wichtig- 
sten Erklärungen.-  Denn  jede/ Unbestimmtheit  hierin  ist  die  MuU 
ter  iron  unzähligen  Verirrungen  imUrtheal  und  im  Leben.  Lernt 
nicht  schon  der  Confirmand  den  ,  Begriff  der.  Luge  und  der 
Falschheit  genau  von  allen  dem  unterscheiden,  was  im  gemeinea 
Leben  damit  unterläuft,  wo  man  von  Nothlüge  spricht,  wo  es 
auch  erlaubte  Scherze,  wo  es  Ironie  giebt  u.  dgL  so  wetden 
viele  mehrmals  ihren  Leichtsinn  und  ihre  Unwahrheit  rechtfertigeO| 
manche  auch  wohl  iii  scrupulöse  Pddanterie  gerathen.  Grade, 
^as  sind  die  Punkte,  wo  der  Katechismus,  die  möglichst  bestimnr-« 
ten  Begriffe  dem  christlichen  Leben  zuführen  soll.  Wenn  %vir 
bei  den  Arten  des  Gebets  §.  2i3»  das  Loben  und  Preisen.Got- 
tes  vermissen*,  so  könnte  dagegen  erinnert  werden,  dafs  es  sich 
doch  immer  entweder  mit  Danken  oder  mit  Ritten  ausspreche«. 
Indessen  möchte  es  doch  weg^ii  so'  mancher  Psalmen ,  auch  we- 
gen vieler  Kirchenlieder,  auch  rein  för  sich  zu  erklären  seyn» 
Die  übrigens  umfassende  Erklärung^  was  es  heisse  in  dem  Namen 
Jesu  beten  §*  ^^^*  entbehrt  nur  eines  auf  den  tieferen  Grund 
deutenden  Wortes,  wie. etwa;  mit  ihm  in  der  Wirksamkeit  sei-' 
nes  Reiches  vereinigt  oder  dgl.  nach  Joh.  i5,  4  fg* 

Bei  der  hohen  Wichtigkeit   eines    solchen   Lehrbuchs ,  be-. 
Sonders  wenn    es    einen  so   würdigen^  Kirchenlehrer  zum  Ver- 
fasser hat,   ist  auch  ein  ins  Kleine  gehender  Tadel  entschuldigt, 
auch  ohne  an  jenes  klassische  Freundes  wort  zu  denk'en,  das  auf 
den    ehrwürdigen   Verfasser   anwendbar   wäre,    nuUi  facüius  re-^ 
prehenduntur ,  quam  qid  rnasime  laudari  merentur»     Rec.  hat  so 
JEinzelnes  ausgestellt,   was   aber  das  Ganze  s<y  wie  bei   weitem 
das   meiste  Einzelne  lietrifft,   so  darf  er  nur  mit  wenigen  Wor-> 
ten  sagen:,  hier   hat  doch  die  christliche  Gemeinde  wieder  ein«., 
mal   einen    evangelischen   Katechismus,    wobei   iFir   eine    Menge, 
der  sonst  gefalleuden  oder  nicht  gefallenden  vergessen. 

'-  Schwarz* 


PendopCß  Tasichmhuchß  d^  J,48a3»  hermsg,  'Son  TetsoDOR  Hsiu 

{Besctbtfs  von  Nrö,  %$*)- 

Haagwitz  0illt  im  rjihmlichen  Kampfe;   der  Gram  &^   den 


/ 


*  . 


\\f\,    Penclope,  Taschenbuch  iur  d«  X  %^i%. 

Verlust  des  Gatten,  tSdtet  Agnes^  orid  Conüsiriiii ,  d^i  LoYin 
seines  Verraths  in  der  Geliebten  Armen  erwartend,  findet  sie 
sjs  Wittwe  seines  Nebenbuhlers  im  Sarge^  Von  Grtfm  dtmie^ 
dergcdruckt,  gepeinigt  von  Reue;  von  seinen  Gefalirteti  zurGck^ 
i;estossen,  und  verachtet;  raobt  der  Ungläckliche  sich  durdi  ei' 
gen  Pist^lenschnfs  das  Leben.  —  Der  Pf^unsck  des  Confut,  'von 
wui  der  VUde,  ist  einem  Persischen  Mährchen  nacherzählt.  Die 
richtige  Zeichnung  und  das  glänzende  Colorit,  welche  van  dei* 
Yeld^s  Gemälde  auszeichnen,  finden  sich  auch  in  dem  hier  Auf« 
gestellten  wieder.  An  nützlichen  Lehren  fürs  Leben,  die  sich 
ans  dem  Mährchen  ziehen  lassen,  fehlt  es  dabei  nicht;  als  da 
sind:  »nähre  keine  thörigte  Wdnsche;  sie  fuhreii  zum  Verder« 
»ben;  lafs  dicb  den  Geist  der  Finsternifs  bei  einem  Haare  fas- 
»seu,  und  er  hat  dich  ganz;  meide  sittenlose  Weiber;  in  dem 
»Genüsse,  den  sie  dir  bieten,  liegt  der  Keim  zu  jeglichem  La" 
»ster.c  —  Sebastian  j  ^^'^ff  ♦'^^  Portugal j  Erzählung  von 
€•  Weifsflog^  Wieder  Wahrheit  und  Dichtung,  doch  läfst  sich 
hier  jene  von  dieser  leicht  sondern.  Bis  zur  unglücklichen  Schlacht 
am  Flusse  huto  bei  Aleanzar  in  Afrika,  wo  Sebastian  und  sein 
Heer  der  Macht  der  Ungläubigen  unterlag,  und  dann  von  dem 
Zeitpunkte  an,  wo  der  todtgeglaUbte  Konig,  nach  jahrelanger 
Entfernung,  in  Venedig  wieder  auftritt;  von  da  an  aber  bis 
zn  seinem  Tode  auf  einer  Spanischen  Yeste*  als  Gefatt«;ener 
schmachtet,  bleibt  der  Yerfass.  der  wahren:  Geschichte  ziemlich 
treu.  Ziemlich !  denn  man  darf  nicht  tadeln ,  dafs  er  Manches, 
was,  nach  historischen  Daten,  nux^  Vermothung,  höchstens  Wahr- 
seheinlicMceit  ist,  in  einer  NoveRe  als  gewisse,  unbestreitbare 
Thätsache  annimmt.  Auch  durfte  die  Lücke,  welche  die  vl^ahre 
Geschichte  in  Sebastians  Leben  läfst,  in  einer  solchen  Erzählung 
durch  romantische  Dichtung  ausgefüllt  werden.  Nur  mufste  der 
Yerfass.  der  Phantasie  nicht  einen  fui  freien  Spielraum  gestatten; 
ihr  nicht  wie  hier  geschieht,  den  Flug  in  das  Reich  der  Un- 
n^glichketten  zugestehen,  um  sie  ^m  Ende  in  der  Kegion  der 
kalten  Wirklichkeit,  die  mattgevvor denen  Schwingen  vollends 
sd>stumpfen  zu  lassen.  .In  dem  Charakter  des  Helden  ist  Einiges 
mit  der  Wahrheit  nicht  vereinbs^;  der  voi»  Mönchen  erzogene, 
und  durch  sie  möncbik:h  gebildete  Kionig,  tritt,  durch.,  des  Dich' 
ters,  sollen  wir  sagen  verschönernde  oder  die  Wahrheit  verunstal- 
tende? Hand,  als  ein  muthiger,  nach  Abentheuern  Verlangender, 
und  in  ihnen  erliegender  .jugendlicher  Held  hervor.  Audi 
Philipps  II.  von  Spanien  Einmischung  in  die  ganze  erzählte  Be- 
gebenheit,.  weicht  zu  sehr  aus  den  Gränzcn  der  Wahrheit;;  und 
wegbleiben  hätte  immer  mögen  der  wunderliche  Calabrier,  der 
ein  böser  Geist,  in  seihen  Siebenmeilenstiefeln,  die  Welt  vom 
Aulgang  bis  zum  )!^iedergang,  in  Wenig'  Stunden  dorchsclifcitet, 


I  Pendiöpe,  TaSjphenbuGb  für  cLJ.  i8a3.    41$ 

fiberall.  SeincUicheiogreift,    uxid,  aus  der  Unterwelt  a^ifsteigend, 
urenn  er  gerade  dem  Dichter  erforderlich  scheint,   so  auch  wie-» 
der  in  sie  hinabsinkt^*  in  sttfern  er  nicht  mehr  zu  gebrauchen  ist.  --^ 
Die    Thrär^ej    Erzählung    y9n   Gustap  $chiUmg,     Die  'Fassung 
des  Miniatürgemäldes   einer  verstorbenen  liebenswürdigen  Feld* 
marschaüstciGhter)  wird  einem  Juwelier  aufgetrag<;n,  dessen  Toch^ 
^r,  mit  einer  Thräne,  der  yon  i^  gtdkannte^  und  geliebten  Ab« 
gesdu/idenea  geweiht,    das»  Gemälde   amslöscht.     Zufällig  findet 
sich  ^,vo«i  Vater  bis  dahin  Tesschmähter  Bewerber  um  dtesoi 
Tochter,^  im,  St^de^  durch  eine  treue  Copie  das  Oxiginal  zu  er-» 
setzen;    der  Vater,  wohlhabend  geworden,   durch  des  Künsders 
Verdienst  um  sein  Haus,  wird  bewogen,  den  beiden  LIebendea 
seiuen  Segen  zu  erth^ilen.  *—     Das  Mädchen  aus  dem  Schlesief^ 
that^  von  Agnes  Franz,  so  wie  die  Hettery  w)ä  Friedrich  vom 
Hajrden  «sind,  jede    in  ihrer  Art,  durchaus  zu  empfehlende  Er- 
zählungen;   erstere  wegen    des  gutgescfaildertea-.  Contrastes,  zw!« 
sehen  Frauen  Werth  und  Un;wert];i;   diese    durch  die  leb^endige 
Darstellung  der'  Sitten  und  Eigenthiimlichkeiten  .des   Mor^efiilaR^ 
des.  "^     ßer'SchuJi  iH>n  Balian,  ^o/i  jfÄ.  Hell  sehKefst  würdige 
die'  Reibe  der,  ki  diesem  Taschenbuch  enthaltenen   prosaischem 
Aufsatzes  -»^    Unter  den  Gedichten  zeichnen  sich  die  Hjmentm» 
en    i^oH    Tk,   Hdf,    die  Polterahendstenen     von    Agnes    Franz, , 
uiidf,  durch  wahrhafife  Jovialität,  Gasteßis  T^warum  ick  ein  Jung^ 
geseUö  bm€  aus.     Die  Reisedistichen  von   Carl  BaMamtis  erin<* 
Bern  ^ an  grosse 'Vorgätoger.     Vieles  in  diesen  Distichen  ist  wahr* 
und  treffend;   Manches  doch  vielleidit  zu   scharf  und  , nicht  ganx 
gerecht!  ^Nun,  die  ehrenwerthen  VorgSoger*  haben  es  auch  eben 
lucht  anders  gemacht! 


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JDie    Vorzm.t,^  Tascheuhuch  ß^r  das  Jahr  4Su3*    Marburg  und 
Cassel  hei  Krißger, 

jUfev.,  WerUi  dieses,  der  Gesciiichte  laRgst  veirgangener  Zeiteikv 
an^Qhoreaden  Buefas,  in  dem'  b»  dahin'  Gelieferten,  ist  anei^' 
kaonit  Es  braucht  nur  ausgesprochen  zu  werden^  dafs  der  dies* 
jjlhri^^  Beitfag  zur  Aufklärung  Deutscher  historischer  Alterthu« 
mer,  dem  früher  Erschienenen,  au  Gedi^enheitf  nicht  nachstefit* 
Akigesehen  abcsr  vom  Geschichts/brje/Mrr>  der-,  aUeh  in  dem  vor» 
li^egenden  Theile,  manche  schätzbare  Abhandlung  nach  Verdienst 
-würdigen  virird,  mulis  von  dem' darin  Vorkommenden,  Manchesi 
insb^esoodere  in  den  Zügen  aus  dem  Leben  der  heiligen  Elisas 
heth  und  ijtxL  Miscellen ,  jeden  gebilcleten  Leser,  dem  es  nicht 
uok    augeublicklichen,  und  mit  dem  Augenblick  vorüberfliegenden 


V. 


4i6        Matthew^s  Reis«  überS«  von  Schott«      . 

Genufs  zu  thuii  ist^  unterhaiten  und  erfreuen.  Zum  Titelkupfei( 
ist  da^  Bild  der  Fürstin ,  von  der  die  Rede  war :  der  heiligen 
Elisabeth  gewählt.  Gero,  der  erste' Landgraf  der  Lausitz  dient 
dem  Titel  als  Scbildhalter.  Einige  in  Steindruck  abgebildete 
Ruinen  und  Gegenden,  wovon  im  Text  gesprochen  wird,  sind 
beigefügt.  Der  würdige  Herausgeber  yerbindet  ^gewiCs  Jeden, 
«bissen  Deutscher  Sinn  sich  gern  zu  Deutschen '  Alterthümern 
^wendet,  wenn  er  seinem ,  in>  der  Vorrede  gegebenen  Yerspre- 
•chen  nachkommt  t  über  die  merkwürdige  Elisabethskirche  za 
Marburgi  bald  die  historischen  Erläuterungen  mitzatheileo. 


Tagebuch  eines  Invaliden  auf  einer  Reue  durch  Portugal  j  Itof 
lienj  die  Schweiz  und  Frankreich  in  den  Jtihren  484^,  48^8 
und'  484^,  übersetzt  aus  dem  Englischen^  des.  Hsinricb 
Mattrws  Esq,  von  Faisdrich  Scj30tt,  Erster  TheiL 
Dresden  48U2^    Siji  S.  ^. 

JJafs  Referent  imter  der  grossen  ÜKtenge  jährlich  herauskom- 
mender Reisebeschreibungen  gerade  diese  kurz  anzuzeigen  sich 
entschliefst,  geschieht  hauptsächlich  bloCs  deswegen,  weil  sie 
sonst  leicht  übersehen  werden  könnte,  indem  gerade  über  die 
genannten  Länder  schon  viele  Reiseberichte  existiren.  Vor 
allen,  Dingen  isc  der  Erzähler  ganz  Engländer,  und  somit  gebt 
ihm  «ein  liebes  Vaterland  über  alles ;  aber  den  reichlich  ausge- 
streuten .satirischen  Bemerkungen,  sobald  es  etwas  zu  tadeln 
giebt,  chtgehen'  auch  seine  Landsl^te  nicht.  Dabei  ist  er  nir- 
gend bitter,  vielmehr  blickt  überall  grosse  Gutmüthigkeit  darch^ 
und  der  Leser  wird  hauptsächlich  dadurch  für  ihn  eingenom- 
men, dafs  er  ohne  vorgefafste  Meinung  völlig  unbefangen  alles 
sieht,  was  ihm  sehenswürdig  dünkt^  upd  den  Eindruck,  wel- 
chen die  Sachen  auf  ihn  machten,  eben  sa  lebendig  darstellt, 
als  er  ihn  erhielt.  Ausführlich  sind  blofs  die  Berichte  aus  Roai) 
Neapel  und  Florenz ,  worüber  wir  aber  nicht  ins  Jünzelne  ein- 
gehen können,  weil  das  Buch  selbst  gelesen  werden  mufs,  um 
die  beabsichtigte  Unterhaltung  zu  gewähren.  Etwas  Ausgezeich- 
n/Btes  ist  noch  die  sehr  grosse  Menge  von  Stellen  aus  älteren 
und  neueren  Klassikern,  welche  pafsbch  eingestreuet  sind|  und 
Ton  einer  grossen  Bclesenhcit  zeugen. 

Das  Original  ist  Referent  unbekannt.  Indefs  ist  die  Ueber- 
setzung  so  fliessend  dafs  man  kaum  an  das  Uebertragen  einer 
fremden  Sprache  erinnert  wird»  Manche  Anmerktmgen  des  Ue- 
bersetzers  sind  treffend^  und  belehrend  ^  indefs  im  Ganzen  nicht 
von  der  Bedeutung,  dais  der  We):th  der  Schrift  JAdoich  er* 
höhet  wurde« 


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N'±  27*         Heidelberger  1S23* 

Jahrbücher  der  Literatur. 


Pratique  des  aecouchemens ß  ou  mdmoires,  et  ohser^ations  choi-* 
sises,  sur,  les  pöints  les  plus  importans  de  l'art;  par  Mf^* 
LjtCHjtPELLEß  sa0e'femme  en  chef  de  la  maison  dUccoüche^ 
ment  d^  Paris  i  publies  par  'Ajxt.  Düges^  son  neveu,  Doc^ 
'  teur  en  medeeine;  (mit  dem  Motto:  ,  Les  esfemples  per^ 
suadent  bien  mieiix  que  les  simples  raisonnemens ,  et  l*ex» 
perience  donne  la  perfection  d  tous  les  arts,  Maüricejü^ 
T.  It.  Priface.)  ^  d  Paris  ^8ün  ckez  J.-B.  Bqäliere. 
X  et  5»4^  pages.  8* 

JLrieses  Buch  geYiSrt  nach  des  Rec.  Üeberzeugung  mit  zu  den 
'wiclitigern^  dle^  im  Gebiete  der  obstetrizischcn  Literatur  seit  ei* 
jier  Reihe  von  Jahren  erschienen*  sind,  und  er  halt  es  allerdings 
auch  der  Aufmerksamkeit  seiner  vaterländischen'  Kunstgenossen 
'werth.  Eine  mit  vorzüglichen  Anlagen  begabte  Frau,  —  Tochter, 
Schii)erjn  und  in  der  Folge  Gehülfin  der  Sage  -  f^mme  en  chef 
de  rUotel-Dieu,  der  hochgeachteten  Frau  Dugds,  und  während 
s4  Jahren  erstell  Hebamme  oder  vielmehr  Geburtshelferin  einer 
der  gröfsten  Entbindungsanstalten  der  Welt,  beehrt  mit  dem  ver- 
dienten Zutrauen  ihrer  Vorgesetzten  und  ausgezeichnet  durch  die 
liohe  Achtung  und  das  Wohlwollen  d,er  würdigen  Lehrer  an  der 
Anstalt  {hüher  Baudeloeque;  dann  Dubais J  —  legt  hier  offen, 
treu  und  rucksiditslos  das  ErgebniTs  einer  Erfahrung  vor,  deren 
sich#vvohl  'wenige  rühmen  nyögen.' 

Die  Einleftung  liefert  gedrängte  historis<;he  Nacl^richten  über 
das  Gcbärhaiis  (Hospi^'C  de  la  maternite),  dessen  Gründung,  Ein- 
richtung, Fortgang,  Zunahme,  gegenwärtigen  Zusrand,  über  den 
Unterricht  der  Schuletinhen  u.  s.  w.  nebst  Erläuterung  der  dem 
Buche  am  Ende  beigefugten  Ts^ellen« 

Das  Werk  besteht  aus  drei  MSmoirerij  wovon  das  erste 
den  Fruchtlagen  im  allgemeinen  gewidmet  ist,  das  zweite  und 
dritte  aber  den  Scheitel-  und  Ge^ichtslägen  insbesondere.  An' 
jedes  der  beiden  letetern  schliefst  sich  eine  Reihe  besonderer 
Beobachtungen,  als  Fortsetzung,  an.  Dlt*  zahlreichen  Beobachtun- 
gen, welche  die  Verf.  von  den  iibrigen  Lagen  der  Frucht  besitzt, 
von  den  Hindernissen  ihrer  Austreibung,,  von'  den  Zufällen  und 
von  den  Kranlcheiten,,  die  der  Aufmerksamkeit  ^der  Geburtshelfer 
Torzuglich  werth  sind,  gede/ikt  sie  in  einem  oder  zwei  nachfol- 

27 


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4i8     Lachapelle  Pratique  des  accouchemena.  ^ 

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gen  Jen  Bänden  zu  Hefefn«  Da  dies  Vornelimen  aber  durch-  den 
Tod  der  würdigen  Frau  vereitelt, worden,  so  wäre  gar  sthr  zu 
wünschen,  daCs  der  Heraasgeber  für  die  baldige  Bekanntmachung 
.jener  Beobachtungen  mit  demselben  Eifer,  mit  derselben  Genau- 
igkeit sorgen  möchte,  welche  er  auf  die  Herausg^e  des  vorlie- 
genden Werkes  verwandt  zu  haben  versichert.  \ 

Das  erste  Memoire  (S.  i5 — 4o3)  ist  den  Fruchtlagen  über- 
haupt gewidmet  mit  Uebergehung  alles  Detail's  über  die  einzel- 
nen Lagen  insbesondere.  Die  hier  mitgetheilten  allgemeinen  I^e- 
trachtungen  beziehen  sich  auf  die  Zahl  und  Häufigkeit,  auf  die 
Beständigkeit  oder  Unveränderlichkeit  der  Fruchllagen,  auf  ihre 
Unterscheidung,  ihre  Ursachen,  auf  die  Vorhersage,  auf  die  An- 
zeigen^ welche  sie  darbieten |  uud  auf  die  Mittel,  diesen  zu  ge- 
nügen. 

ArticlelJ  Nomhre  et  friquence  (des  positlons  du  foe- 
tus).  Unter  den  94  von  Baudelocque  angenommenen.  Positionen 
haben  sich  der  Frau  LaehapeUe  während  einer  Praxis  vdn  dreifsig; 
Jahren  nur  22,  als  wirklich  existirend,  erwiesen.  Sie  versichert, 
dafs  ihr  unter  mehr  denn  vierzig  Tausend  Entbindungen,  denea 
sie  selbst  vx>rgestanden  oder  bei  denen  unter  ihrer  Leitung  Bei- 
stand geleistet  worden^  nie  eine  eigentlich  so  zu  nennende  Hals- 
oder   Rumpflage    vorgekommen    seye.     (Dies    stimmt  mit    den 

v^Beobachtungen ,  die  Refer.  während  einer  2  2 jährigen  Kunstaus- 
übung zu  machen  Gelegenheit  hatte,  voUkonunen  überein,  und 
während  10  Jahren,  wo  er  durch  seine  Amtsverbältnisse  sich  in 
der  Lage  befindet ,  von  allen  in  einem  Bezirke ,  welcher  mehr 
denn  zweimal  Hunderttausend  Seelen .  zahlt ,  vorkommenden  Ge- 
Burtsfällen  verlässige  Kenntnifs  zu  erhalten,  ist  ihm  nie  von  einem 
erfahrnen  Geburtshelfer  oder  einei^  tüchtigen  Hebamme  ein  Fall 
von  Hals-,  Rumpf-  oder  Ohrlagen  bqrichtet  worden;  'e§sej 
denn,  dafs^  es  unzeitigie  oder  todtc  Kinder  betroffen  hätte,  unter 
welchen  Umständen  Theile  vorliegend  gefühlt  werden,  wie  man  , 
sie  bei  reifen  und  lebenden  Kindern  kapm  antrifft).  Eine  solche  j 
Masse  von  Thatsacheu  schien  der  Verfasserin  wohl  zur  Basis 
allgemeiner    Grundsätze    dienen    zu   können.      Und   nach   diesen 

^  Principien  hai  sie  eine  » methodische«  Classifikation  gefertigt,  irr 
welcher  man  alle  die  Fruchtlagen  findet,  welche  die  Erfahrung 
beizubehalten  ihr  gestattet  hat. 

Öcr  "Wichtigkeit   der   Sache   selbst    wegen    schien   es  uns 
nicht    ungeeignet,      zur    Verständlichkeit  .  des    Folgenden    aber, 
uncrläfslich^     die    Classifikation    wörtlich    hier    folgen    zu    li>^" 
sen*  ^ 


JSrOüFELlENOMENCLÄTVRE  DES POSITWNS^U  FOETÜS. 


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4ao    Lacbapell,e  l'r&tiqae  4es  accouchemens. 

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Wenn  es  S.  24  lififst:  »Dans  cette'' classibcation ,  les  posi- 
tions  SQnt  range'es  suivant  Fordre  de  leur  plus  g^randefrequence: 
Celles  des  genoux  fönt  seules  exception ;  mais  il  fallait  necessaire- 
ment  les  rapprocher  de  Celles  des  pieds  et  de  fesses : «  so  sehen 
5wir  die  Nothwendigkeit  dieser  Abweichung  von  dem  angenom- 
menen Hauptprincip  der  Reihenfolge  nicht  ein.  Es  hätte  diese 
Unregelmässigkeit  -vermieden  werden  können  und  miissen ,  und 
zwar  letzteres  um^  so  mehr,  als  ja  die  Gesichtsl^gen  in  der 
C^lassi6katio,n  noch  weiter  entfernt  von  den  Scheitellagen  sich 
befinden )  ak  die  Knielagen  von  den  Fufslagen,  wenn  jene  (die 
Knielagen)  an  die  durch  den  Grundsatz  der  Reiht^nfbjge  be- 
stimmte, rechte  Stelle  gesetzt  worden  wären;  so  wie  jener  Feh- 
ler hätte  vermiefdcn  werden  können  j  wenn  die  Verf.  die  Knie- 
lagen in'  die  Rubrik  der  Yarietiit^n  der  Fufslagen  verwiesen 
hätte,  welches  ^er  Natur  der; Sache  wie  der  Ansicht  der  Verf., 
nach  der  sie  z.  B.  das  Vorliegen  eines  Fusses  den  Varietäten 
der  Fufslagen  und  die  sogenannten  Hand-  und  Ellbogenlagen 
den  Varietäten  der  Schulterlagen  beizuzählen  für  geeignet  fand, 
nicht  entgegen  gewesen  wäre,  ja,  wenn  es  nicht  fast  geeigneter 
sejn  mochte,  wo  es  oberste  oder  Hauptabtheilungen  gilt,  selbst 
die  Fufslagen  hinwiederum  zu  den  Varietäten  der  Steifs^gen  zu 
zählen,  und  vielleicht,  nämlich  rücksichtlich  des  Princips  der 
Einfachheit»  welches  die  Verf>  hei  ihrer  neuen  Classifikation 
hauptsächlich  ini  Auge  hatte,  VI.  und  VII.  in  eine  Gattung  (ge- 
nus)   zu  vereinigen. 

Aus  der  Vergleichung  der  Frequenz  der*,  verschiedenen 
Fruchtlagen  ergaben  sich,  folgende  Hauptresultate:  von  1 5,652 
Kindern,  welche  innerhalb  beiläufig  9  Jahren  geboren  wurden, 
stellten  sich  i4}677  ^^^  ^^^  Scheitel  vorauf  zur  Geburt,,  349 
mit  dem  Steisse,  a35  mit  den  Füssen,  72  mit  dem  Qesichte,  (^i 
mit  der  einen  oder  andern  Schulter  un^  21  i^it  den  Knien.  Die 
a49  Fälle,  wo  die  Fruchtlage  wegen  zu  später  Ankunft  in  der 
Anstalt  unbestimmt  geblieben,  hatten  jedoch,  obschon  die  Verf. 
anderwäits  darauf  aufmerksam  gemacht  hat,  d^r  Deutlichkeit  we- 
gen auch  jiier  nicht  übergangen  werden  sollen^  Die  Schcitella- 
gen  machten  also  Beinahe  -j^  der  Gesammtsummfe  aus,  die  Stei{s- 
lagen  Ungefähr  den  44ten  Theil ,  die  Fufslagen  den  66ten ,  die 
Gesichtslagea  den  atzten  und  die  Schulterlagen  den  2^oten 
Theil. 

Art.  IL  Fixitd.  Die  Hauptursach en,  welche  die  Lage 
der  Frucht  veränderlich  machen,  seyen:  1)  Kleinheit  des  Fötus, 
2)  Uebermafs  an  Fruchtwasser,  3)  übele  Bildung  des  Beckens, 
4)  fehlerhafte  Richtung  des  Uterus  und  der  Frucht  selbst«  Die 
ersten  beiden,  vereinigt,  wie  dies  gemeiniglich  der  Fall  scj, 
•sejen  die,  welche  den^  gröfsten  Einflufs   in  gedachter  Hinsicht 


Lachapelle  Pratlque  des  accöuchemens.     4^i 

ausüben^  zumal)  wenn  der  seit  llngerer  Zeit  abgestorbene  rötus 
sehr  biegsam  geworden;  er  wechsele  alsdann  seine  Stelle,  fliehe 
den  Finger  oder  biete  ihm  nach  und  nach  sehr  verschiedene 
Theile  dar,  Theilci  welche  die  ausgetragene  Frticht  nie  darbie*  • 
ten  könne.  Unt6r  den  erwähnten  Umständen  ist  auch  uns  dies 
mehrmalcn  schön  vorgekommen  wie  vorzüglich  auch  bei  dem' 
zweiten  Zwillingskindc.  Die  Befolgung  des  Hathes,  da,  wo  ein-* 
zig  die  übergrosse  Menge  an  Fruchtwasser  schuld  |in  der  Ver- 
änderlichkeit der  Kindeslage  ist,  zur  Fixirüng  günstiger  Stellun- 
gen die  Eihäute  zu  sprengen,  erfordere  ,um  so  mehr  Vorsicht 
und  Aufmerksamkeit  I  als  es  gemeiniglich  seihr  schwierig  seje, 
den  Theil,  mit  dein  man  es  .zu  thnn  habe,  zu  erkennen ,  als  eiu 
Fehlgriff  hier  ungemein   nachtheilige  'Folgen   habe   u»  s.  w.  '-*- 

^  l^ih  weites  Becken  (»bassin  largec)  beg^nfstige,  nach  Duhois 
mehr  die  Einkeiluag  als  ein  mittel  massiges  (»bass.  mediocre«J. 
'-»  Der  fehlerhaften  Richtung  des  Uterus  und  der  Frucht  durch 
die  Lage  der  Kreifsenden   zu  begegnen,  habe  die  Louise  Bour^ 

^  geois  vor  Dei'enter  gelehrt. 

Art^  IlL  Diagnostic,  Die  SchvVierigkeiten  der  Üntcr- 
scheidmig  werden  betrachtet,  in  wiefern  sie  I«  von  dem  'vorlie" 
gehden  KindeUheüe  herrühren '  und  IL  von  seiner  besondern  Lage, 
"Was  in  beider  Hinsicht  hier  mitgetheilt  ^rd,  ist  gröfstentheils 
sehr  gfut  und  besonders  für  Anfönger  höchst  beaciitenswerth ; 
doch  ist  die  wichtige  Materie  bei  weitem  nicht  erschöpft.  Die 
Schwierigkeiten  der  ersten  Art  hängen  ab  aj  von  der  Ursprung-' 
liehen  fehlerhaften  BUdung  des  vorliegenden  Theiks,  h)  von 
der  FeräHderung'  der  Gestalt,  die  er  erfährt,  und  c)  von  der 
Höhe  seines  Standers.  Die  Hauptbildungsfehler  in  Beziehung  auf 
den  Kopf  sejen  der  Wasserkopf  und  der  aencephalus  oder  ace* 
phalus.  Die  ungewöhnliche  Weichheit,  Nachgiebigkeit  der  Schä- 
dclknochen,  welche  weniger  Geübten  die  Üutorscheidung  der 
Kopflage  so  sehr  .erschwert,  hätte  hier  nicht  sollen  unberührt  • 
gelassen  werden.—  Die  gewöhnlichste  Ursache  der  Fqrmver- 
änderung  des  vorliegenden  Theiles  sey  die  Anschwellung.  Sie 
könne  auch  herrühren  von  der  Verlängerung,  von  der  Abplattung, 
ivas  man  vorzüglich  beobachte,  wenn  das  Becken  fehlerhaft  und 
der  Fötus  weich  und  biegsam  ist,  faul  z.B.  4-  Lange  schon  abge-< 
storbcne  Kinder  halte  niah  gar  leicht  unter  und  selbst  noch  nach 
der  Geburt  dem  Ansehen  nach  lifr  massige  Wasserköpfe.  Die 
anatomisc)ie  Untersuchung  belehre  aber  eines  Bessern.  Mehrere 
Fälle  der  Art  sind  auch  uns  vorgekommen.  Ein  solcher  wei- 
cher, von  den  Kopfbedeckungen  gebildeter  Sack  könne  auch  mit 
dem  Scheine  der  Wasserblase  täuschen,  wenn  man  nicht  wisse, 
dafs  dieselbe  bereits  geborsten  ist.  —  Wenn  die  Verf.  da,  wo 
von  der  gewühidichcn  Anschwellung  dci  Kopfbedeckungen,  wct* 


422     Lachapelle  Pratiqne  des«  accouchemeDS. 

clie  man  Vorkopf  nennt,  äie  Rede  ist,  die  Entstehung  der  Kopf- 
blutgesch Wülste  (welche  sie  sehr  Wohl  kannte)  dcrsel^ien  Ursa- 
che, nur  in  hoherm  Grade,  welche  die  Entstehung  von  jener  lie- 

•  dingt,  zuschreibt^  so.  bt  dies* unrichtig,  wie  wir  an  einem  ao- 
dera  Orte  {C>  Zeüer  de  ccphalaematomate  recens  natorum  ~com- 
ment.  iuaug;,  Heidelb.  1822)  unwiderleglich  bewiesen  haben. 
RücksichtUch  der  Prognose  und  Behandlung  dieser  Geschwulste 
sind,  wir  eioT  er  standen.  • —  Sehr  wichtig  ist,  was  die  Verf.  S.3i. 
von  dem  hocherfahrnen  Chaussier  berichtet,  dafs  nämlich,  wenn 
ihm  ein  kurz  vor  oder  bald  nach  der  Geburt  verstorbenes  Kind 
gebracht  werde,  die  Stelle  des  Schädels ^  an  der  das  Extravasat 
im  Zellgewebe  unter  der  Haut  gefunden  wird,  ihm..ein  sicheres 

^Zeichen  sey  für  den  Statt  gehabten  ^tand  des  Kindskopfes  bei 
der  Geburt.  Die  B'e4enklichkeiten  der  Verf.  hierüber  beruhen 
offenbar  auf  einem  Mifsverständnlsse.  Ganz  richtig  bemerkt  sie: 
»Le  plus  souvent  au  cräne  cette  ecchjmose  est  latdrcde.^  Befin- 
det sich  aber  die  Ecchjrmose  züln  grÖfsten  Thcile .  auf  d^m  rech- 
ten Scheitelbeine,  so  ist, dies  unscrn  Beobachtungen  infolge  ein 
Beweis,  dafs.  der  Kopf  sith  ursprfingHch  in  der  ersten  Scheitel- 
lage zur  Geburt  gestellt,  sowie  das  zum  gröfsten  Theil  auf  das 
linke  Bregma  beschränkte  Extravasat  m  der  Regel  eben  so  ver- 
lässig für  die .  ursprünglich  Statt  gehabte  dritti^  Scheitellage*) 
spricht.  Wir  finden  also  unsere  frühere  Behauptung  von  dem 
Schlüsse,  den  die  Stelle  der  Geschwulst  am  .Kopfe  eines  bereits 
gebornen.  Kindes  auf  den  Stand,  den  er  beim  Durchgange  durch 
das  Becken  hatte,  (m  $:  uns  Abhundl.  'J^Ueber  den^Mechanis^ 
mits  der  Geburt  9.  in  Meckels  Archiv  f.  d.  Phys»  Bd.  o.  Hft.  4) 
hier  vollkommen  «bestätigt.  —  Eben  so  bestätigt  hier  die  er- 
fahrne Verf«  iinsere'  von  der  herrschenden  Meinung  abweichende 
Behauptung  von  dem  Stande  Ae%  bereits  in  der  ^ eckenhöhle  be- 
findlichen Kopfes :  » Cest  dans  le  -aeuxiemc  temps  du  travail, 
c*est  quand  la  tete  est  dans  l'excai*ations,  etc.  quo  l'ecchymose 
s'opere  principälemcnt :  la  tete  est  alors  ^erree  de  toutes  parts, 
cxöepte  du  edle  de  l^arcade  du  pdjis  etc. —  I^ie  Ursachen  des 
hohen  Standes  des  vorliegenden  Theiles,  welcher  die  Diagnose 
oft  sehr  schwierig,  zuweilen  selbst  unmöglich  jnache,  scyen  lie- 
ber mafs  an  Schafwasser  und  Kleinheit  der  Frucht,  Wehenschwä- 
che, Zähigkeit  d^r  Eihäute,  IMifsstalfung  d^s  Beckens,  übele 
Friichtlage.     Es.  gebe  jedoch' Fälle,  wo  keiner  dieser^Umstände 


*)  Rüöksichtitch  der  Bezeichnung  der  verschiedenen  Kopflasen  he- 
dtent  Reo.  sich  (!er  unter  den  ileittscben  GehurtshelFern  zur  Zeit 
üblichem*     Man    s«    z,  B»    das   Froriep*schc    Handbuch  ^* 

«29  —  236.  ■" 


/ 


Lacbapell^  Pratique  des  accouchemens.      (1^23 

yorliaiidiSn  sef,.dcr  Kopf  aber  hartnfic^ig  seinen  liolitfn  Stand 
behaupte  I  oliub  thk  mau  die  Ursache  liier  von  auszumittelii  io^ 
'  St«i;ide  sejr.  Die  Klage  üb^r  Axe  Unerklärbarheit  dieser  Ersphei-r 
uuog;  kehrt  in  der  Folge  iq  diesem  Quche  fij^ar  oft  wieder  .  la 
diagnostischer  Hinsicht  wird  auf  die  Form  der  Wasserblase  keiii| 
auf  die ,  des  Bauches  aber  grosser  Werth  gelegt*  ^  Bemerkens^ 
Werth  ist,.  >vas  $..36  von  den  Anzeigen  zum  kijnstlichen  Sprengen 
4er  Wasserblase  bei  längerem  Beharren  des  Kopfes  in  seinem 
boheiik  3taode  gesagt  wird*  K^«  stimmt  der  Mutter  der  Verf, 
beii   wenn   sie   zu  sagen    pflegte:   >je  iic  .crains  j^as  lei  eau^ 

II.  Die  Schwierigkeiten  der  Diagnose,  welche  herrühren  von- 
d€r  besonderen  Stellung  de*  vorliegenden  Tkeihs,  bjeziehen  sich 
hauptsäcblii^h  auf  die  Zwisch^npositioaen  (»Pos;  intermediaires«), 
*  dereii  £i:keoDtnifs  ich  vierig  wy  und  oft  dft  grof^tc  Geschick'» 
lichkeit  .erfordere*  Sie  werden  in  zweifachem  Sinne  genommen» 
Unter  Vertikaler'  Abweichung  voo  den  Gardinalpositionen  (xn.  s. 
d.  TabeU^)  begreift  die  Verf., das,,  was.  man  gewöhnlich  unter 
Schiefläge  Versteht,  und  unter  horizontaler  das,  was  <  vorzüglich 
in  Beziehung  auf  Kopflag«n)  situs  iniquus  geuauut  wird.  Jene 
Gattung  yon  Zwischeolagen  nennt  sie  positions  iucÜnees ,  •  di«se 
posiUons  intermediaires  proprement  dites,  Di6  Benennungen  ver«» 
ukä\  und  horizontal  sind  streng  genommen  beide  nicht  passend, 
autln  we^u  man'  mit  der  Yerf*  nach  Da^ddocque  annimmt,  dals 
z«  B.  bei  der  gewöhnlichen  Kopflage  der  Scheitel  sich  paralleü 
Kut  denkbaren  Fläclie  am  Beckeneingange  verhalte  (was  aber 
eben  so,  unrichtig  ist,  denn  die  bei  uns  herrschende  Meinung 
VQU  der  Hinterhauptslage  als  der  gewöhnlichen  Kopikge)« 

Ari^.IVn  C-ause^,  Die  Behauptung  S  4o  »Avant  Sor 
Jayres  •  on  n'avait  ppint  remarque  Tobliquite  de,  la.  plupart  'des 
positioas  de  la  tete«  wäre,  wenn  die  Verf.  sie  au^  ihr  Vaterland 
beschrankt '  hättei  richtig.  Die  Ursachen  der  gewöhidioheD  schrä«* 
gea  Stellung  des  Kopfes  werden  ganz  nach  diesem  trefilichen 
Geburtsl^elfer,  angegeben,  dem  überliaupt  Frankreich  seine  besr 
sere  Kenntnifs  von  der  Art,  wie  bei  der  Geburt  die  Frucht 
durch  die  dazu  bestimmten  Wege  hindurch  bewegt  wird,  fast 
ausschlielslich  verdankt,  was  aber  ausser  Baudeloeque  und  unse- 
rer Verf«  von  seineu  Landsleuten  nocb  gar  zu  wenig  auerkannt 
worden.  —  '  Dafs  in  einem  Falle  von  Schieflage  der  Gebär- 
mutter { welcher  überhaupt  vieles  zugeschrieben  wird)  mittelst 
Verbesserung  der  Richtung  des  Uterus  sie  <  die  Verf. )  es  be- 
wirkt habe,  dafs  die  vierte^  Scheitellage  <  5te  nach  Baudeloeque ) 
in  die  erste  Übergegangen,  ist  wohl  Täuschung«  Wer  Solajfes 
Schriften  gelesen  u.  s.  w  ,  kann  sich  dies  und  anderes  leicht 
deuten.—     Dit  Beweglichkeit  oder  Veränderlichkeit  der  Lage 


•  * 


4*^4     Lachapelle  Pratique  des  accouehemens« 

der  Fraclit  im  Uterus  v^ie  der  Einflufs  äusserer  <VeraDlissai>gen 
auf  dieselbe  möchteoi  "wiie  wir  glauben,  zu  hoch  angeschlagen 
sejn.  Ueber  die  so  schwierige  als  wichtige  Materie  von  den 
Ursachen  der  fehlerhaften  Rindeslagen  durften  äbrigetis  auch  keine 
Aufschlüsse  erwartet  werden,  da  — abgesehen  Ton  dem  Gesichts- 
kreise der  Verl* — sie,  fern  von  allem  Theoretisiren,  nur,  was  sie 
beobachtet  uqd  sich  ihr  als  Erfahrungssatz  aufgedrungen  hat,  mit- 
theilen wollte.  Doch  verschont  sie  uns. mit  den  verlegenen. Waa- 
ren,  die  in  den  Lehr-  und  Hand -Büchern  immer  von  neuem 
wieder 'feilgeboten  werden. 

ArU  V.  Pronostic »  in  Beziehung  auf  die  Fruchtlage 
selbst  und  nicht  auf  Zufalle  und  Compltcationen*  S.  43«  *L^ 
quatrieme  et  la  cioquieme  position  du  sommet  de  la  t^te  (nach 
Baudelocque)  passent,  avec  raison,  pour  defavora/bles;  les  fesses, 
les  geaoux,  les  pieds,  ont  plus  souvenC  besoin  que  la  t^le  d*etre 
aides  des  secours  de  l'art^c  So  richtig  diese  letzte  Behauptung 
ist«  so  unrichtig  ist  jene.  Doch  heifst  es,  die  Prognose  für  ge« 
wisse  Positionen  scheine  x  ihr  von  den  Schriftstellern  zu  ungün- 
stig gestellt  zu  vireirden  und  sie  habe  'Geburten  bei  jenen  ächei- 
tellagen  häufig  eben  so  leicl^t  verlaufen  gesehen^  als  bei  der  er- 
sten und  zweiten  Kopflage.  Die  .Gefahren  der  fehlerhaüten  Po- 
sitionen, wie  die  der  dadurch  gegebeneu  Indicationen,  nament- 
lich der  Wendung  und  des  Gebrauches  der 'Kopfzange,*  in  Be- 
ziehung auf  die  Mutter  und  das  Kind  im  allgemeinen  werden 
vortrefflich  angegeben. 

Diejenigen,  welche  über  die  Ursache  der  Gefährlichkeit  der 
Wendung  für  das  Kind  im  Reinen  zu  sejn  behaupten,  mögen 
folgendes,  was  mit  unserer  Erfahrung  vollkommen  übereinstimmt, 
erwägen :  »Remarquez,  heifst  es  S.  4^,  cjpi'on  voit  des  enfahs  bien 
constitues  succomber  a  des  manoeuvres  faciles,  promptes  et  mc« 
surees;  qu'ön  en  voit  d'autres,  au  cöntraire,  resister  aux  tractions 
les  plus  vigoureuses  et  les  plus  longucs,  aui  torsiiins,  auz  com- 
pressions  souvent  indispensables  alors  etc.«  Am  Schlüsse  die- 
ses Artikels  folgt  ein  Erfahrungssatz,  welcher  in  medicinisch-* 
gerichtlicher  Hinsicht  ungemein  wichtig  ist. 

ArU  VI.  Indications.  Deren  sind  3  verschiedene:  »/^ 
Laisser  ai^if-  ,/a  .nature,  sj  aider  d  la  sortie  de  la  partie  qui  se 
prisenU,  3)  changer  la  positiorl.ig.  « Wo  die  erste  Indikation 
Statt  habe,  nämlich  bei  .voller  Integrität  aller  den  gesundheitge- 
roässen  Hergang  ddr  Geburt  bedingenden  Momente,  beziehe  sich 
die  Beistandsleistung  hauptsächlich  auf  Verhütung  der  Verletzung 
des  Dammes.  —  Der  zweiten  Anzeige  werde  Genüge  geleistet 
entweder  durch  Einwirkung  auf  die  Mutter  oder  durch  Einwir- 
kung auf  das  Kind.  Jene,  jdie  Eiifwirkung  auf  die  Mutter,  vjrel- 
che  als  wohlgestaltet  vorausgej^zt  wird,  bestehe  darin:  aj  dafs 


■*■ 


'/    • 


LachapcHc  Pratique  des  accouchemensL     4^^ 

man  cti^  £rwoiterqng  der  weichen  Theile  begfinst^ge,  bj  sie 
schiäpfrig  mache,  cj  die  äuslreibenden  Kräfte  aufrege,  dj  ihnen 
•die  gehörige  Richtung  gebe,  ej  die  muthmafslichen  Hindernisse 
entferne.  •—  Die  mechanische  Erweiterung  der  weichen  Theile 
wird,  wie  dies  auch  schon  von  Guälemeau  geschehen,  widerra- 
Tathen.  Nie  bewirke  sie  eine  solche  gewaltsame  Erweiterung, 
selbst  nicht  im  Falle  einer  Hamorrhagie,  weil,  wie  sie  ander^- 
VS|ts  zeigen  werde,  der  Tampon  ihr  ein  Mittel  darbiete,  mit 
Sieherhßit  die  Naturwirkung  abzuwarten;  aber  'oft  begünstige 
man  jene  Erweiterung  unstreitig  durch  Bähung,  Erweichung 
und  Verminderung  des  Erethismus  der  Weichen  Geburtswege, 
warme  Dampf^  imd  Injectionen,  vorzüglich  aber  durch  Bäder 
und  Aderlals.  •— -*  Die  alte,  herrschende  Meinung,  dafs  in  cLen 
Jahren  vorgerückte  'Erstgebärende  wegen  grösserer  ICfnnachgie- 
bigkeit  der  weichen  TheÜe  in  der  Regel  schwer  niederkommen, 
hält  die  Verf.  für  ein  grundloses  Vorurtheil;  es  s'&j  dies  gegen 
ihre  Erfahrung.  » Si  quatre  tur  dix ,  heilst  es  S.  5o^  x)nt, .  parmi 
les  jeunes  primipures,  un  accouchement  facile,  quatre  sur  dji, 
parmi  les  plus. dgees,  accouchent  avec  promptitude  et  facilite'c 
—-!  Die  Inflikation  zur  Aufregung  der  austreibenden  Kräfte  sejr 
von  grosser  Wichtigkeit,  ihr  zu  genügen  aber  sehr  schwie;rig. 
Die  krcisförmigeh  Reibungen  des  Unterleibs,  das  Gehen  'der 
JKreiiÜsenden  seyen  wirksam  zur  Vermehrung  der  Wehen/ von  un- 
streitig vorzüglichisr  Wirksamkeit  aber  ei|i  Druck  mit  dem  Bal- 
len der  Hand  auf  den  hintern  Winkel  der  Scharaspaltc  und  die 
vordere  Gegend  des  Dammes,  vorzüglich,  wenn  der  Kopf  sich 
schon  in  der  Mutterscheide  befinde,  welches  auch  dem  Gmllc'^ 
TTi^au  bekannt  gewesen.  Selten,  wie  Solayres  bemerkt  hat,  er- 
regen diese  mechanisch  wirkenden  Mittel  Wehen,  aber  gewifs  sej 
es ,  ^li  sie  dieselben  verstärken.  Die  Unwirksamkeit  der  g;e- 
-:wöhnlichen  Kljstiere  hat  sie  von  dem  Gebrauche  anderer  zu  je- 
nem Behufs  abgehalten.  Vom  Mutterkorn  hält  sie  nichts;  seine' 
Unschädlichkeit  sej  das  Beste  an  ihm«  Wo  von  den  Hinder- 
nissen die  Rede  ist,  werden  über  den  Widerstand  der  Eihäute 
und  vorzüglich  über  die  AnfüUung  der.  Harnblase ,  bei  der  Ge- 
burt intereissante  Bemerkungen  mitgetheilt. 

Die  Einwirkung  auf  ^fixi  I^Ötus,  um  jener  zweiten  Haupl- 
anzeige  zu  genügen,  anbetreffend,  so  könne  man  nur  auf  gewisse 
ThtUe  des  Fötus  wirken;  es  seyen  die,  welche  »a  la  rigueur« 
von  selbst  vorausgehen  könnten  und  dann  den  übrigen  Kprper 
nachzögen,  nämlich  die  Füsse,  der  Steifs,  die  Knie  und  der 
Kopf.  Nach'  der  Betrachtung  der  Mittel,  welche  Zur  Einwirkung 
auf  die  ersten  drei  genannten  zu  Gebot  stehen :  der  Hände,  der 
Finger,  der  stumpfen  Haken  und  der  Schleifen,  geht  sie  S.  67. 
zu  denen  über,   die   auf  den  vorliegenden %opf  zu  wirken  be- 


426      Lachapelle  Pratique  des  accouchotxiens. 

stimiAt  smcl.  Viele  von  die$eh  sejen  In  gereclitc  ^  V*ör*jes'seuliclt 
,gerat}ien;  das  Netz,  die  Schleifen,  der  tirc-t^te,  der  l}ebel  seyeu 
caDz  ausser  Gebrauch  gekommen.  - —  Unter  dett  Werkzeugen, 
welche  (hierher  gehören,  sind  einige,  die  mau  nur  nach  dem  Ab- 
sterben des  Kt»des«.anwendet;  andei*e,  die  unschädlich  wirken, 
können  gebraucht  werden,  wenn  es  lebt.  Die  erste  Klasse  be- 
greife in  sich  die  scharfen  oder  stumpfen  Haken  und  das  Per fo- 
iratoHum,  die  andere  em  Instrument,  die  Kopf  lange.  Gute  Bemer- 
kung üb^r  die  Form  und  den  Gebrauch  der  Instrumente  der 
ersten  Klasse,  mit  denen  unjsere  Verf.  aus  eigener  Erfahrung  sehr 
'wohl  bekannt  ist.  Zur  Perforation  bedient  sie  sich  der  Stndlk*' 
sehen  Kopfsirheere. 

Unter  den  Zangen  zieht  sie  die  Les^retv^^  allen  vor.  >Le 
levier,  qui  tt  fait  taut  de  bruit  entre  les  mains  de  Roonhuisea, 
heifst  es  S.  60,  est  tombe  matntenant  danSs  une  teile  defaveur, 
>  que  je  crois  invitile  d'ajouter  anx  critiqdes  qu'on  en  a  faites. 
Xe  forceps ,  au  contraire,  ]oait  d^une  ct»nsideration'  me'ritee  a 
tous  e'g^rds.«  Wer  es  stiengf^  nehmen  Wollte,  wurde  gegen  die 
\  Geschichte  der  VerSnderun'gen,  die  Lepret  mit  seiner  Zange  vor- 
genommen, etwas  einzuwenden  finden,  was  aber  hier  am  weni^ 
•  sten  an  seiner  Stelle  wäre.  Was  die  Verf.  an  dem  Levrelschen 
Forceps  liebt,  Und  ihre  Desiderate  rijra^f ichtiich  desselben  (ange- 
nommefa :  dafs  dies  Instrument  allieiT  andern  vorgezogen  werden 
soll),  so  wie  die  über  den  Gebrauch  d^r  Zange  aufgestellten 
allgemeinen  Grundsätze  sprechen  laut  für  ihi*e  vei  traute  Bekannt- 
schaft mit  der  Sache.  -^  Die  Art,  wie  sie  (S.  62)  das  »Pro- 
cidi  operatoite€  augiebt,  ist  deutlieh,  einfach,  bestimnit,  kurz: 
vortre£9ich,  läfst  sich  natürlich  aber  hier  nicht  in  Kurze  wieder- 
geben. Wie  überall,  so  giebt  sie  auch  hier  mit  grosser  Beschei- 
denheit die  Gründe  an,  aus  denen  sie  von  den  Meinungen  oder 
Verfahrungsregeln  anderer  und  Unter  diesen  namentlich  ihres  und, 
man  darf  wohl  sagen,  des  Meisters  ihrer  Latidsleüte,  d<^  trcfiii- 
chen  Bütidelocque ,  abweichen  zu  müssen  glaubt;  Nur  einiges, 
vi'enn  auch  eben  nicht  Neues,  hier  zu  berühren:  so  x.  B*  das 
Drehen  oder  Richten  des  Kopfes  mittelst  der  Zange  anlangend, 
bemerkt  sie,  dafs  dies*  gemeiniglich  unter  der  blossen  Bedingung 
von  Zug. von  gelbst  geschehe;  dafs  sie  in  deU  toeisten  Fällen 
I^eobachtet  habe,  dafsi  der  Kopf  sammt  dem  Instrument  in  der- 
selben Zeit  sich  drehete,  als  er  dem  Ausgange  sich  näherte.  — 
Sobald  das  Hinterhaupt  (itämiich  b>ei  der  gewohnlichen  Kopf- 
lage) zu  Tage  gefördert  ist,  nimmt  sie  die  Zangenarme  weg  und 
überläfsf  das  Weitere  Vordringen  des  Kopfes  und  das  Durch- 
schneiden der  Natur.  —  Den  Gebrauch  der  Zange  bei  dem 
iiber  dem  Beckeneingange  befindlichen  Kopfe  betreffend,  müsse 
man  vor  allem  wohl  die  Fälle  unterscheiden,  wo  der  Kopf  öbor 


r  Lacbapelle  Praliqiie  des  accouchemetis.      4^7 

s 

clem  Beckeneingang  sich  Lefiitdi^ty  von  deiien ,  vro  er  darin  be- 
fangen f^ngagee)  ist.  In  den  ersten,  nSikilich  wo  kein  Tbcil 
des  Kopfes  itt  die  BedLenhdlile  bersbgedrungcn ,  sey  der  G<i« 
brauch  der  Zange  sehr  schwierig  titftd  oft  gefÜbrifch;  es  sej  als- 
darin  viel  'leichter,  die  Füilse  ä*i  holen,  und  Sie  sey  ^chbn  Öfter 
f^eriöthigt  getresen,  hiezu  nach  vergeblich  v^r^chteno' Gebrauehe 
der  Zange  fcti  greifen.  Sie  verwerfe  hier  abet  ihren  Gebranfh 
nicbC^ganK  u.  s.  w.  Mit  Sachkenntnifs  und  grosser  B^timmiheh 
werden  jelic  Seh wi (Irrigkeiten  und  G^fahr^n  dargestellt.  ■^*-  Airf 
den  Gebrauch  der  Zange  nach  gebornem  Rumpfe  ist  sie  gar 
nicht  gut'  XU  sprechen.  Wenn  wir  hier  in  vielem  und  ih  der 
Hauptsache  nicht  einv^rstaihdcA  ,sejd  l^önnCn,  so  gestehen  wir 
doch  frei,  i^afs  es  Was  besonders  in  frühem  Jahreil  oft  begegnet,, 
dafsv  als  wir  beschlossen  die  Zange  antüvvenden,  d^r  Kopf  uns 
zuvörgekoQrtnen  oder,  nachd^  Wir  einen  Loffei  ium  Th^ile 
oder' gifnzlich  «.»gelegt  hatten,  er  sammt  dem  InstruAiente  ausge* 
trieben  worden  ist  j  ferner  dafs  wir  mit  der  Verf.  in  gewissen 
Fällen  ein  gelindes  Ziehen  am  Unterkiefer  und  Erheben  des 
Kumpfes  bei  weitem  nicht  so  hart  vcrpösen  mochten,  als  dies 
von  so  vielen  zu  geschehen  pflegt  unt6r  Schilderung  -  eing^ilde- 
ter,  {Jbertriebcner  Nachtheiie. 

Sf  79»  J®  Indicatüfii»  —  it  Changen  la  positwn,€  dieser 
Anzeige  könne  nur  auf  zweierlei  Weise  gcmigt  werden :  indem 
tnsinaj  den  Scheitel  und^J  die  Fasse  einleitet.  Jenes  mjitse 
unter  zwei  verschiedenen  Umstlkiden  betrachtet  werden :  ^Etit«- 
weder  es  ist  6in  vom  Kopf  entfernter  Tlieil,  welchem  man  den 
Kopf  sübstituiren  oder  es  ist  der  Kopf  selbst,«,  dessen  fehlerhafte 
'Lage  man  verbessern  will.  Dem  'ersterwähnten  Unternefamefii 
ist  die  Verf.  durchaus  nicht  geneigt.  Mehrere  Atitoriläte&  Weif- 
den  angeführt«  Vom  Wenden  durch  äussere  Handgriffe  ist  nicht 
die  Rede.  —  Von  der  kunstlichen  Verbessenifig  der  Kopflage 
urtheilt  sie,  und  zwar  gestützt  auf  eigene  J£rfahrangen ,  weniger 
bogiinstig,  weicht  jedoch  von  der  Meinung  mancher  Andern  ab. 
Dubois  rathe,  man  solle  ja  selten  suchen  die  Kopflage  zu  ver- 
bessern, denn,  sagt  er,  »gar  häufig'  ist  man  nicht  gewifs  über 
die  Läge,  die  mah  ändern  will,  und  man  könnte  dieselbe  in  eine 
viel  schlimmere  verwandeln.«  Gar  beherzigenswerth  ist  diese*^ 
Aensserung  gerade  aus  derh  Munde  eines  der .  aUerttichtigsteu, 
Weit  entfernt,  die  grosse  Wichtigkeit  der  Dinge,  wovon  hier 
die  Rede  ist,  zu  verkennen,  gestchen  wir  doch  frei,  clafs  wir 
glauben,  dafs  röcksichtlich  dessen,.  Was  Manche  dariibter  kund- 
ihun,  zuweilen  Selbsttäuschung,  Irrihum,  Vo,  nicht  selbst  Poesie 
mir  untc^^laufe.  Wenn  die  Wendung  auf  den  Kopf  mittelst 
Zurückschi t'bung  der  voilieg^den  Schuller  für  eine-Dene  Erfin- 
dung  ausgegebca  werden  will^   so  ist   dies  für  eiaen  mit   der 


^     /- 


428     Lachapelle  Pratlqüe  des  accoubbemens. 

Geschichte  seiner .  Kuni^t  auch  liur  halbwegs  Vertrautep  auSal- 
'  lend;  kläglich  aber  ist  es,  wenn  deatsche  Professoren  der  Ge- 
burtshulfe  'sich  in  der'  Geschichte  ihres  Faches  /VOn  einer  franzo- 
sischen Hebanime  müssen  zurechtweisen  lassen. 

h)  T^  Amener  les  pißds,€  Nothw  endige  Bedingungen  zur 
Verrichtung  dieser  Operation:  1)  hinlängliche  Erweiterung  des 
Muttermundes«  dessen  kunstliche  Erweiterung ' hier  wiederliolt 
ohne  Einschränkung  verworfen  wird.  Ein  anderes  ist^'  wena 
der  Muttermund,  obgleich  nicht  hinlänglich  weit  und  selbst  dick, 
doch  weich ,  nachgiebig,  schlaff  ist,  2)  der  Kopf  darf  nicht  zu 
|ief  stehen  und  vor  allem  mufs  er  noch  im  Uterus  sich  bpfiu- 
den.  3)  Das  Becken  darf  nicht  ^u  eng  seyn,  dafs  es  nicht  die 
Grundfläche  des  Hirnschädels  durchläfst«  —  ^Precauiioni  et 
joins  preltminaires*€  1)  Die  Lage  der  Kreifsenden.  Wie  zur 
Applikation  der^  Kopfzange  so  hält  sie  auch  hier  durchaus  für 
alle  Fälle,  welche  Lage  auch  der  Fötus  haben  möge,  dje  halb- 
iTcklinirte  Rückenlage  auf  .dem  Querbette  fiir  die  jg^eeignetste. 
Hiermit  sind  wir  fül*  die  bei^vre^em  meisten  Fälle,  nicht  aber 
.für  a}le  einverstanden,  überzeugt  durch  die  Erfahrung  von  dem 
grossen  Nutzen,  den  die  Lage  auf -Knien,  und  Ellbogen  in  ge- 
wissen Fällen  unbestreitbar  gewährt,  und  welcher  auch  durch 
die  Sci^enlage  nicht  "zu  eri^etzen  ist.,  a)  Die 'Wahl  der  Hand 
hält  sie  nicht  für  so  wichtig,  wie  Baudelocquei  sie  sej  hauüg 
unmöglich,  nämlich  bei  zweifelhafter  Diagnose,  unnÖthig,  weun 
die' Wasser  nocji  stehen.  In  solchen  Fällen  zieht  sie  die  rechte 
I}and  vor.  3)  Bestreichung  der  Hand  und  zwar  nur  der  aus- 
wendigen Fläche  nach  Roderer.  4)  Fixirung  des  zuweilen  be- 
weglichen Uterus  mittelst  der  freien  Hand  oder  durch  Gehülfen. 
,Erst eres  ziehen  wir  im  allgemeinen  vor. 

Eben  so  gut,  wie  oben  bei  der  Applikation  der  Zange, 
ist  das  vorgetragen,  was  über  die  Ausfährung  der  Operation 
selbst  hier  gesagt  wird.  Die  Hand  soll  man  zwischen  den  £1- 
iiäuten  und  der  Gebärmutter  bis  zu  den  Füssen  hinaufbringen, 
ehit,  man  die  Häute  sprengt,  und  letzteres  soll  selbst  ausser  der 
Wehe  geschehen,  damit  durdh  die  Contraction  der  Gcbärmulter 
nicht  eine  grosse  Menge  von' Wassern  ausgetrieben  werde.  Ob 
man  sich  mit  einem  Fusse  begnügen  oder  beide  zugleich  eiolei- 
ten  soUe:  im  Allgemeinen  yfie  ßaudelocque.  Hücksiclrtlich  des 
Hingleitens .  der  Hand  an  den.  Seiten  des  kindlichen  Körpers;  um 
^u  den  'Füssen  zu  gelangen ,  ist  sie  weniger  mit  ihm  cinverstaa- 
den. — .  Obgleich  sie^beim  künstlichen  Drehen  des  Kindes,  wäh- 
rend des  Hcrausziehens  gar  .sehr  anempfiehlt,  auf  die  Fingerzei- 
ge der  Natur  Acht  zu  haben,  so  ist  doch  Jes  Ziehens  und  Drc- 
hens  gar  zu  viel,  und  vom  BegrifF  der  Wendung  wird  der  des 
Herausiticbens  nicht    getieuiit.   -^     Unter    den    Schwierigkeiten, 


La^hapelle  Prattque  des  accouchemens.     4^9 

die  ia  Bezt«1iug  auf,  die  Mutter  und  das  Ktfid  betraclitet  Wer-? 
den^  läCst  neben  anderm  das,  was  über  die  Yerengeruiig  des 
Uterus  nach  abgeflossenen  Wassern  gesagt  wird,  wie  dies  bei 
dem  Standpunkte  unserer  Verf.  leicht  begreiflich  ist ,  vieles  zu 
-wünschen  übrig.  ( Ueberhaupt  darf  bei  Beurtheilung  der  An- 
sichten der  Frau  L.,  ihrer  Verfahrungs  -  Grundsätze  u.  s«  w* 
der  Standpunkt,  auf  dem  sie  steh  befindet 9  naturlich  nicht  aus 
dem  Auge  gelassen  werden«  Sie  kennt  den  Gebärungsa^t  und 
seine  Abweichungen  vom  gesundheitgemässen  Zustande  wie  die^ 
Hülfeleistangen  eigentlich  nur  von  der  mechanischen  Seite.  Afan 
sieht,  was  ohne  grundliche  physiologische  und  pathologische  Eint- 
sichten,  ohne/Kenntnifs  der  Mittel,  die  dem  Geburtshelfer,  als 
Arzt,  zu  Gebote  stehen,  mechanische  Uebung  und  Geschick- 
'lichkeit.  (bei  übrigens  ausgezeichneten  Anlagen)  am  Bette  der 
KreiTsenden  vermögen.  Diese  Erinnerung,  wekhe  fast  früher 
schon  an  ihrer  Stelle  gewesen  wäre,  überhebt  uns  mancher  Be- 
merkungen, die  wir  hier  wie  für  die  Folge  rücksichtlich  der 
Prognose,  der  Anzeigen,,  der  Yerfahrungsregeln'' u.  s.  w.  za 
machen  hätten  ^  die  sich  aber  aus  dem  Gesagten  von  selbst  er- 
geben). 

IP  Memoire,  ^Positions  du  vertex.9.  Die  Verf.  begreift 
die  eigentlichen  Sc^eitellagen  (wo  sich  nämlich  die  Scheitelfläche 
parallel  verhält  zur  denkbaren  Fläche  am  Beckeneingange  und 
welche  sie  mit  Baudehcque  und  seinen  Nachsprechern  für  die 
gewohnliche  oder  regelmässige  Kopflage  nält),  die  Hinterhaupts- 
uud  Vorderhauptslagen  und  die  Kopflagen  mit  am  tiefsten  lie-^ 
gendem  Scheitelbeine .  unter  der  gemeinschaftlichen  Benennung: 
Positiojis  du  crän^i  Dies  gewährt  dann  die  hophst  einfache 
Eintheilung  der  Kopflagen  in  Hirnschädel-  und  Gesichtslagen*' 
Sie  hat  vollkommen  Recht,  wenn  sie  sagt,  ^ die  tägliche  Erfah- 
rung, spreche  laut'  dafür,  dafs  es  unrecht  sejj  dte  Hinterhaupts- 
lagen als  besondere  Lagen  abzuhandeln,  ubd  dafs  dieselben 
blbsse  Varietäten  der  Scheitellageii  seyen.  Eben  so  unrecht  aber 
bat  sie,  wenn  sie  behauptet,  die  Seitenschieflagen  des  Kopfes^ 
nämlich  die  Lagen  mit  am  tiefsten  stehendem  einen  oder  andern 
Bregma^  sejen  blosse  Varietäten  der  eigentlichen  Scheitellagen. 
Schon  der  Umstand ,  dafs  die  Pfeilnaht  den  noch  wenig  ^  geöff- 
neten ^  dem  Vorgebirge  zugewandten  Muttermund  durchschnei- 
det, wovon  jeder  nur  etvyas  geübte  Geburtshelfer  sich  täglich 
überzeugen  k^nn,  unsere  Verf.  aber  (wie  wir  zeigen  wcfrden 
und  auch  nicht  anders  zu.  erwarten  ist)  selbst  überzeugt  ist, 
bevveist  sonnenklar  und  Unwidersprechlich,  dals  es  ein  Scheitel- 
bein ist,  welches  in  der  Regel  vorliegt;  dafs  das  planum  ovatum 
capitis  superius  sich  schlechthin  nicht  parallel  zur  denkbaren 
Fläche  am  Eingange  Verhalten  kann.  ,  Eben  so  lai|t  hierfür  wie 


43o^    ||!^achapeUe  Pratlque  des  accouchemeüs. 

gegeo  die  nater  unsern  LancUleuten  lierrscliencle  AnnaKme  von 
der  Hinterhajüiptslage ,  als  der  gemhnlichsten  Kopflage,  sprick 
4a9  leicbte  Err^ichbarsojn  des  Ohres.  Zum  Ueherflusse  fragen 
wir  hier  nur  noch:  9 Wenn  man  zu  Anfange  d<3r  Geburt  (uml 
bei  mehrmals  Schwangern  schon  früher),  bei  wenig  geoffneteai 
IVIuUermunde,  den  Finger  durch  denselben  in  Berührung  mit 
dem  Kopfe  bringt.^  auf  welclve  Stelle,  des  Schadeis . trifft  alsdann 
die  Spitze  des  Fingers;  und  wenn  man  den  Finger  (ausser  der 
"Wehe  mittelst  Yorwärtsdrängung  der  vorderen  Lefze,  des  Mut- 
termundes) in  die  zentrische  ^inie'der  Beckenhöhle  führt,  auf 
welche  Stelle  des  Schädels  stufst  alsdann  die  Spi^ze  des  Fin- 
gers?« —  Lange  gehegte  uad  darum  fest  stehende  Ansicht,  tief 
eingewurzelte  Gewohnheit,  das  Ansehen  des  Lehrers,  4er  Um- 
stand, dafs  naan  die  im  Unterrichte  empfangene  Meinung  schon 
oft  und  vielleicht  öffentlich  ausgesprochen  hat<  u.  dgt.  gehören 
wohl  zu  den  Ursachen,  dafs  andere  und  auch  unsere / würdig« 
Verf.  sich  das  nicht  klar  machen  oderdefs  nicht  klar  beivuist 
ij^erden,  was  ihnen  in  der  Erfahrung  täglich  sich  aufdringt,  oder 
vielmehr,  dafs  sie  uicht  ausspreclicn ,  viclleicHt  sich  selbst  nicht 
gestehen,  wovon  sie  doch  überzeugt  sind.  Beschreibt  doch  die 
erfahrene  Frau  die  Bildung  der  verschiedenen  AoschwelluDgeii 
der  Kopfbedeck.ungen- unter  der  Geburt  (die  wir  für  ein  wich- 
tiges Hüjfsmittel  zur  Erlangung  eioer  richtigen  Ansicht  von  der 
Bewegung  des  KQpfes'  durch' das  Becken  haltenj'  fast  ganz  nach 
unsern  früher  bekannt  gemachten  Angaben  (  m.  s.  uns.  o.  a. 
AbhandL  über  iUn  Mtch.  d,  Geb,),  woraus  aber  das  Vorliegen 
des  Scheitelbeiües  unbestreitbar  hervorgeht;  sagt  sie  doch  S.ni 
da ,  wo  sie  von,  <len  Seitenschieflagen  des  Kopfes  (Positions  w- 
clinees  tateraiement J  spricht  und  angiebt,  dais  ihr  zwar  eigent- 
liche Ohrlagen  nie  vorgekommen,  das  Ohr  aber  häufig  leicht  er- 
reichbar gewesen  sey\  ausdrucklich :  '»ppur  moi,  je  l*ai  trouvee 
(,ia  täte)  aißsi  incUnäe  d-pewpres  dans  toutes  Ics  directions  des 
positiofis  franch^s,»  — ^  Und  auf  derselben  Seite,  nur  wenige 
Zellen  tiefer,  erklärt  sie  ^iclL,  festhaltend  an  der  Baudelovque^' 
sphen  Lelire,  mit  ungewöhnlicher  Umsiändlichkeit  und  mit.  Hint- 
ansetzung der  ihr  sonst  eigenen  Klarheit  wiederum  gegen  jene 
Schiefla|[e  als  die  gewöhnliche  Stellung  de^  Kopfes.  Seltsam. 
Sie  bekämpft  diese  Ansicht  wiederh oh  an  mehreren  Stellen  und 
niit  eluer  wirklich  auffallenden  Lebhaftigkeit«  wo  lii cht  Heftigkeit, 
die  sie  fast  zu  Sophismen  verleitet  und  in  Widerspidche  ver- 
wickelt. M.  s.  unter  andira  die  o.  a.  Stelle,  ferner  S.  3^,  *3t 
und  1 87 ,  an  welcher  letzten  Stetie  sie  sich  ofi'en  gegen  deo 
Verfasser  dei  "»Memoire  inserS  datis  le  Journal  eompL  du  Dict. 
des  Sciences  med,  Cah,  de  mars  48^  4 «  .-erklärt.  Es  ist  dies« 
]&|emQire  eine  .(nicht  ganz  geluagene)  Uebersetzung   und  il^eil- 


Lachäpelle  Praiique  des  aGcouchemens,      43^ 

weise  AbkCirztiog  unseter  oben  erwfihnten  Ablandlimg  In  Makels 
Archiv.  Weit  entfernt  sind  wir  «brtgens  zu  glauben ,  <la{s  es 
die  treflOitche  Verf.  nicht  sollte  gefreut  haben,  dafs  die  Erfahrun- 
gen anderer  und  besonders  eines  Ausländers  in  gar  Vielem  mit 
den  Ihrigeu  und  namentlicli  in  dem  übereinstimmen,  was  sie  (wi^ 
sich,  aus  ,dem  Folgenden  näher  noch  ergdsen  wird)  für  das 
wichtigste  und  tou  den  allgemein-  berrschenden  Ansichten  am 
meisten  abweichende  Ergebnifs,  ihrer  \iel jährigen ,  reichen  Bc« 
obachtungen  über  den  Gebärungsact  hält;  wenn  sie  au<:h  ihre  y 
Freude  darüber  eben  nicht  ausspricht.  —- *  Dies  alles  wie  die 
Beobachtungen,  welcbe'dle  Verf.  ihrem  Memoire  beifügt,  wä- 
ren als  eioö  offenbare  Bestätigung  Aet  Ansicht,  wekher  auch 
wir  sind,  anzusehen,  dafs  der  Kopl  in  der  Regel  sich  in  schie- 
*fer  Lage,  näroiich  mit  einem  Scheitelbeine  voraus  zur  i&eburt 
stelle:  '  vren^  es  der  Bestätignhg  in  einer  Sache  noch  bedürfte, 
von  deren  Richtigkeit  jeder  Vom rth eillose,  nur  in  etwas  geül^te 
Beobachter  sich  jeden  Augenblick  überzeugen  kann. 

Art.  /.  "^Suhdwmons^  sind  aus  der  vorstehenden  Tabelle 
zu  ersehen.  Art,  II,  i^Fr^quence.^s,  Nie  habe  sie  d^n  Kopf  am 
Beckeneingange  in  der  geraden  Stellung,  nämlich  das  Hinterhaupt 
-dei*  Schon  fsb  ein  fuge  oder  dem  Vorgebirge  zugewandt,  wahrge- 
nommen, sie  halte  daher  die  dritte  und  sechste  Position  von 
Baudetocque  für  rein  erdacbt;  Nächst  der  ersten  Scbeitellage, 
als  der.  häufigsten  von  ,  allen ,  komme  am  wenigsten  Gelten  die 
zweite  vor,  selten'  dagegen  die  dritte  ( 4te  nacfi  Baudelocqut} 
und  am  seltensten  die  vierte  (5te  nach  Baudel.),  Unter  i5,65s( 
Kindern  baben  14,677  eine  Gegend  des  Schädels  angeboten  und 
von  diesen  sollen  11, 634  in  der  ersten  Scheitellage,  2  853  in 
der  zweiten,  112  in  der  dritten  und  78- in  der  vierten  sich  zur 
Geburt  gestellt  haben.  Dafs  man  hieruntet'  keine  Querlage  fui* 
de,  rühre,  daher,  weil  sre  alle  annähernd  in  die  eine  oder  an\ 
dere  jencr^4  Gruppen  vereinigt  worden.  Die  Querlagen  seyeii 
jedoch  weniger  selten  als  die  vierte',  seltener  aber  als  die  dritte  . 
Scbeitellage,  nnd  man  fmde  bei  ihnen  auch  bäu€ger  das  Hinter* 
baupt  links,  als  rechts  hingericbtct  (ß,  «07}.  —  Die  Ursachen 
der  verschiedenen  Schädellagen  (Art.  III. )  anlangend,  werden  . 
gegen  einige  gangbar€  Erklär ungs weisen  wichtige  Zweifel  erho- 
ben. Aufschlüsse  erhal'^  wir  keine.  Den  AntheiP,.  der  den 
m.  psoas  an  der  Bildung  der  Geburtswpge  'Zugestanden  wird, 
balten  wir  für  zu  gering  angeschlagen.- 

Art,  y/^,    ^Diagnostici^     Der  Meinung,  dafs  die  Winkel, 

welche    die   Stlrn^  und  Kronnaht   und  die  beiden  Schenkel  der 

Lambdanaht  bilden,   nach   ihrer  verschiedenen  Grosse  durch  das 

Gefühl  zu  unterscheiden*  sejen,  sind  wir  nicht.  Von  den  Schwie- 

'rigkeiten   der  Diagnose,   deren    hier   nur   einige  wenige  berührt' 


•  * 


43a     Lachapelle  PrsAlque  des  accouchemens. 

werden  I  habe  sie  in  ihrem  ersten  Memoire  genug  gesagt.  Allein 
auch  dort  sind  die  besondem,  eigenthumlicheD  Schwierigkeiten, 
Trelche  mit  der  Unterscheidung  der  verschiedenen  Schädellagen 
verbunden  sind,  nicht  angegeben  und  eben  so  wenig  die  Mittel, 
die  Vortheile ,  um  Fehlgriffe ,  die  hi^r  so  ungemein  häufig  sind, 
zu  vermeiden.  Wenn  die  Verf.  rucksichtlich  einiger  schwieri- 
gen, aber  nicht  näher  bezeichneten  .Fälle,  um  zu  voller  Ge» 
vrifsheit  zu  gelangen,  sagt:  »Suivez'  alors  le  precepte  de  SineUiei 
cherchez  ForeÜle  ou  la  facei>:  ce  sont  des  jalons  iufaillibles,€  so 
ist^ damit  die  Sache  noch  nichts  wenige]^  als  erschöpft. (worüber 
wir  uns  unten  ausführlicher  verbreiten  werden).  .'Wäre  sie 
übrigens  iselbst  — -  Smdli^s  Vorschrift,  das  Ohr  zu  suchen,  häu- 
figer eingedenk  gewesen,  so  wurde  sie  schon  dadurch  einem  und 
dem  andern  Irithume  entgangen  sejn* 

Art.  y.  wMecanisme.<  Die r  Ursache,  warum  die  Verf. 
hier  die  Schilderung  des  Mechanismus  unterläfstj  giebt  sie  in 
der  Folge'  bei  den  Beobachtungen  an.  Sie  beschränkt  sich  liier 
blofs  auf  einige  Bemerkungen  und  zwar  i)  die  von  ihr  soge- 
nannte horizontale  Drehung  des  Kopfes  beim  Durchgang  durch 
die.  Beckenhöhle  betreffend,  ^vovon  aber  Baudelocque  u.  a.  ia 
Beziehung  auf  die  erste  Scheitellage  eine  richtigei^  Ansicht  ha- 
ben als  unsere  Verf.  Die  andere  Bemerkung  bezieht  sich  auf  die 
dritten  und  vierten  Scheitel-  und  di6  Querlagen.  Von  ihnen 
heifst  es#  »Elles  sont  quelquejois  susceptibles  de  permutalloi^s 
spontaneres  par  un  mouvement  de  rotation  extraordintäre  ,€,  wo- 
durch die  Stirn  nach  rückwärts  bewegt  und  also  die  dritte  Schei- 
tellage  und  d^  Querlage  mit  links  hingerichteter  grossen  Fonta- 
.nelle in  die  zweite  'nnd  die  vierte  Scheitellage  wie  die  andere 
Querlage  in  die  erste  verwandelt  werde.  Diese  Bewegung  ma- 
che aber  bei  den  Querlagen  selbst  einen  wesentlichen  Theä  der 
naturlichen  Hergangsweise  aus,  und  es  sev  selten,  dafs  sich  die 
Stirn  hier  nach  vorn  drehe*  —  Offenbar  bestätigt  dies,  im 
Vorbeigehen  zu  erinnern,  unsere  Ansicht  von  der  Nichtigkeit 
der  bekannten,  herrschenden  Theorie  vom  Einflüsse  des  Mast- 
darmes auf  gewisse  Bewegungen  des  Kopfe^  bei  seinem  Durch- 
gang durch  die  'BeckenhÖble* 


(  Der  Beschluß  folgt* )  / 


N^'  28*       Heidelberger  1^23* 

Jahrbüciier  der  Litteratiir. 


Lctchapeüe  Pratique  'des  accQuchemens. 

{Bttehiufu) 

Art.  FL  '»Pronostic,<s,   Wiclitige  und  zum  Tbeil  treffliclie 
Bemerkungen  über  Einkeilun^  des  Kopfes  und  die  noch  gar  za 
häufigen  irrigen  Begriffe  davon.   Nichl  jeder  Aufenthalt,  den  der 
l(opf  beim   Durchgang   durch    das  Becken  erfahre,  sey  Einkei- 
lung.    Die,  Umstände,  unter  denen ^inkcilung  im  wahren  Sinne 
des  Wortes  statt   haben   könne,   werden    angegeben.     Nie  noch 
sey  ihr  diöse,  }Aöh  bedingt  durch  die  Art  der  Kopflage, .  vorge- 
kommen,    »pans.les  trois.  quarts  des   cas,   je  suis  si\re  <[u*on  a 
pris  pour .  cnclavement  l'inertie  de  l'uterus.«     Und  wir  glauben, 
daj!s.noch  eine  .grössere   Anzahl  von  Fällen  für  Einkeilupg  aus- 
gegeben worden,  die  es  nicht  war;  doch  besteht  die  Unzuläng- 
lichkeit der  austreibenden  Kräfte  nicht  blols   in  incrtie  de  l'ute- 
Tus.  . —     Die  Prognose  bei  der  dritten  und  vierten  Scheiiellage 
anlang.endy  heilst^  es:     »Ön  ue  peut  nier  que.  dans  ces.  cas  Tac- 
couchement  spontan^'  ne  soit    tres - possible   etc.;   mais  le  simple 
raispnnement  uous  indique  assez  quclles  nombreuses   sources   de 
difllculte's  decoulcnt  d'une  semblable  position.«  Diese  Schwieriger 
keitcn  (nämlich  für   die  Fälle,  wo   jene  wünschenswerthe,  lei- 
der! iib er  seltene   »rotation   extraordinairc «  nicht  erfolgt)  wer- 
den, nun  ausführlich  erwogen  wie  die  Nactitheile,  welche  daraus 
für    Mutter   und    Kind    hervorgehen,    und    als   Schlufsfol^rung 
heifst   es:    wenn   die   einen   die  Schwierigkeiten  jener  Lagen  zu 
grofs,.so  haben  andere  dieselben  zu  gering  angegeben.    Zu  den 
ersten   gehört  unsere  Verf.,   obgleich   sie  sagt,    <iafs   es  fast  nie 
Doth wendig  geworden   sey,  hier  Zuflucht   zur  künstlichen  Ent- 
bindung zu   nehmen j  so  lange  die  Wehen  sich  gehörig  wirksam 
gezeigt.     (Wie  aber,  veun  hinwiedertim  das  Unwirksam  werden 
der   Wehen,  selbst  ' —  dem  Mangel  an   Rotation   zugeschrieben 
wird,  wie  dies  die  Verf.  unter  ätndern  z.  B.  S.  284  thut^ )  — ^ 
Die   Querlagen,    welche   Levret  und   Bourton   für  übel  angese- 
hen, Ant, 'Petit  hingegen  für  sehr  gu»^. könne  sie  nicht  für  bes- 
ser halten  als   die  erste  und  zweite  .  Scheiteliage ,    aber  sie  halte 
sie    nicht  fiiT   schlimmer   als   die  dritte  und  vierte,   selbst  nicht' 
für  so  ,schlimm*     Die   »Positions  du  parietaler  hält  sie  für  sehr 

28   ^ 


y. 


^  t 


434     Lachapelle  Prati^e  des  accouchemens. 

u))el,  für  nacTitbeilig  nicht  nnr  in  Beziehung  anf  die  Matter, 
sondern  auch  auf  das  ^nd  und  giebt  die  UrsacKeo  an,  von  de- 
nen sie  glaubt,  dafs  sie  die  Fortbewegung  des  Kopfes  vcrbin« 
dem.  Die  Positionen  mit  am  tiefsten  liegenden  Scheitelbeine  i» 
der  Art.  wie  sie  die  Verf.  sich  denkt,  existi^^en,  unseres  Dafür- 
Ikakens,  rein  oder  für  sich  nicht,  und  die  angetuhrten<  Ursaclien 
der  äassersten'  Erschwerung  der  Geburt  halten  wir  rein  für  er- 
dacht. .  -     " 

Art.  VII.  3 Indications  et  procSJds  operatoires.€  (S.  i2j 
—  4 4^0  ^^c  Anzeigen  laufen  immer*  auf  drei  hinaus'  (welche 
oben  vo.n.uns  angeführt  worden}«.  Die  Natur  wirken  zu  lassen 
sey  die  Indikation  bei  der  ersten  und  zweiten  Poisition.  Tji'eteQ 
aber  Trägheit  der  Gebärmutter,  Zuckungen,  BlutftuCs  u.  «.  w. 
dazu  I  so  sej  maja  gezwungen  sich  der  Zange  oder  dek*  Wen- 
dung zu  beditoen.  ( Ganz  nach  dem  Standpunkte  der  Chirur- 
ffiens-accoucheurs  oder  sog.  Geburtshelfer,  die  nicht  Aerzle 
sind  )•  ' 

Die  .dritte  und  vierte  Position,  wekhe  nicht  so  guostig 
sejen,  setzen  weit  häuBger  in  diese  Nolhwendigkeit.  Gehe  die 
Geburtsarbeit  rasch  vor  sich,  so  könne  man  sie  der  Natur  über- 
lassen, sej  aber  Trägheit  Aes  Uterus  da  oder  Erschöpfung  der 
Kräfte,  so  müsse  Hülfe  geleistet  werden;  die  Anzeige  wie  das 
Verfahren  seyen  alsdann  verschieden  nach  der  Periode,  in  der 
sich  die  Geburt  befinde«  i)  Die  Kräfte  nichi  ganz  erschöpf^ 
der  Kopf  im  Begriff  in  die  Beckenhöhle  sich  zu  senken,  der 
Uterus  wenig  zusammengezogen  und  noch  Wasser  enthaltend, 
der  Kopf  sich  nähernd  der  Querlage:  dieses  sej  der  Fall  oder 
nie,  zu  suchen,  die  Drehung  in  die  erste  oder  zweite  Scheitel- 
lage zu  bewirken.  2 )  Der  Kopf  tiefer ,  die  Stirn  mehr  Dach 
vorn,  der  Uterus  von  Wasser  entleert, ,  das  Kind  lebend:  hier 
sej  die  Zange  an  ihrer  Stelle.  3)  Bei  sehr  hohem  Kopfstände, 
lebendem  Kinde,  träger,  aber  mehr  oder  weniger  mit  Wasser 
angefüllter  Gebärmutter  sej  die  Wendung  das  beste  Mittel. 
4). Steht  der  Kopf  hoch  und  rückt  nicht  herab,  ist  die  Gebär- 
mutter leer  von  Wassern  und  stark  zusammengezogen,  so  werde 
man  den  Forceps  versuchen,  wenn  aber  das  Kind  todt  ist,  der 
Kopf  weich,  die  Zapge  abgleitet,  zu  den  Haken,  zum  Kopf- 
bohrer  u.  s.  w.  Zuflucht  nehmen  müssen.  Zu  bemerken  scj^ 
dafs  sie  ^nter  allen  diesen  Umständen  immer  den  Muttermund 
hinlänglich  erweitert  voraussetze.  »Que  faire  quand  il  ne  ^^ 
pas?  attendre.« 

Die  Querlagen  (S.  129)  fordern   noch  bestimmter  als  die 

dritte  und  vierte  Position,  dafs  man  die  Reduction  zu  einer  der 

beiden    ersten   Positionen    versuche*     »Cest  Ic  forceps  qui  p^"^ 

^    seul  ope'rer  cctte  rotation,  et  il  achevera  Textraction. «  .Es  wäre 


Lat^hapelle  Pratique  des  aecouchemens.     435 

QiiTmvchtig^   diese  Rectoetion  bei  def  (irkten^tihd  vierten  Post-* 
tion  tu  Tefsuchen,    wenn  die   Stirn   st9rk  nach   vorn  gerichtet 
6ty;  während  man  den  Kopf  hier  die  gadzelfäflie  <eines  Kreises 
beschreiben   machte ,    wärde    der  Rtimpf,    so   wenig   auch   dör 
Uterus  «.usammengezogen   ^ey,    unbeweglich  bleiben   und   noth- 
weddig  hierdurch'  der  Hals'verdreht  uhd  gefahrlieh  verletzt  wer- 
den. -—    Mittelst  .  der  Hand  habe'  'sie  nicht  ebmal  die  Drehung 
des  Kopfes  aus  dem  s^hrSgep  m  denr  geraden  Durchmesser^  wenn 
nicht  die  Natur  hierzu  sehr  geneigt  gewesen  ^  bcAVirken  können, 
noch  viel   waniger   den  Üebergang  ani  tler  dritten  öder  vierten 
Position   in   eine   der  beiden  ersten ,   wenn  nicht  jene  natÖrlic^ie 
Neigung  sehr  in   die  Augen  fallebd  war  (S.  io4j*'    An  dieser^ 
einen  «wichtigen  Gegenstand   betreffenden  Stelle  findet   sich  eine 
Verwechslung  der  Benennung  der  Positionen,   welche  zu  Mifs- 
Yerständnissen  AnlaCs  geben  könnte,  wenigstens  tüi  die ,   welche 
mit   der  Sache   eben   nicht  allzu  vertraut   sind.     Die  Querlagen 
het&l  esS.  i3o,  g^hen  übrigens  seht  oft  von  selbst  in  eine  der  beiden 
ersten   Positionen  über.     (Hier  scheint   unsere  Verf.   sich   ihret 
vorerwähnten,  frühern  Behauptung  niclit  zti  erinnern:  d^fs  nstm-- 
lieh 'dieser  spontane  Üebergang  nicht  blofs  oit,   sondern   in  d^ 
Regfil  Statt  habe  und  selbst  eine  »partie  essentielle  du  mecanisme 
jiaturel  des  position^  transversales«  ausmache.     Es  gilt  dies  aber 
nach  unserii   Erfabrangen  nicht  nur  von  den  Querlagen  sondern 
auch  von  der  dritten  und  vierten  Scheitellage).  — -     Die  Anzei- 
gen bei  den  SeUenschief"  öder  Parietallagen  aAlangend,  so  wird, 
obgleich-  auch  von  fehlei'hafter  Bildung  /des  Beckens  die  Rede  ist, 
mit  Unrecht   diese  jedoch,  nieht  für  die  Hafuptsache   angesehen. 
Die  Schilderung   dieser  Schieflage,    wie  sie  die  Verf«   oben  im 
Art.:   Pronostic  giebt,   und   ihres  angeblichen  Einflusses  auf  die 
F^rtbevvegung  des*  Kopfes  ist  ein  getreues  6ild,  des  Kopfs|andes, 
wie  man  ihn  bei, gewissen  Becken|pn|];en  antrifft  u.  s.  w.     Offen- 
bar wird  hier  die  Seitenschieflage,  in  welcher  der  Kopf  am  B'e- 
ckeneingange   in  der  Regel  sich  zur  Geburt  stellt,   nicht  unter- 
sehieden  von  den  Fällen,  wo  die'  Schieflage  des  Kopfes,  wegen 
Mifsverhältnisses  zwischen  ihni  und  der  Conjugata,  auch  bei  tic^ 
ferem  Eindringen  desselben  in  den  Beckeneingang  fortdauert  und 
selbst  zunimmt,  und  wo  der  Kopf  aus  der  queren  Bichtung,  die 
er  dann  meist  hs|t,  nicht  in  die  schräge  übergeht.  Hier  liegt  de^ 
Grund  der  erschwerten  Bewegungen  ( der  progressiven  wie  det 
rotatorischen)  oder  der  Stockung  des  Geburtsherganges' nicht  id 
der  Art  der  Lage^  die  der  Kopf  ursprünglich  hatte    (und.diey 
unseres  Dafürhaltens,  für  sich  den  Geburtshergang  nicht  erschv^e-, 
Ten  kann)|  sondern  «ü  eineÄi  räumlichen  Mifsvorhältnisse, '  bedingt 
durdi  Enge  des  Beckeilieingänges  ton  vorn  nach  hinten.  Hiernadi 
isC  ahet  d^  scheinbare  Rätks^i  wenn  es  nämlich  heijtst:  Die  £r- 

28*  ' 


436    Xachapellc  Pratlque  .'des  accouchemeofi. 

fabruog  lehre,  »qae  bon  nombre  de$  ces  positions  parietales  n^oot 
pas  emp^che  raccouchemeot  d'avoir  lieu  sans.  secours  etrimg^rs,« 
und  hinwiederum:  »que  des  tellcs  positions  sont  souvent  un 
obst^cle  invincible  si  Tart  a'j  remedie«  leicht  erklärbar.  — -  Die 
feste  Anhänglichkeit,  ap  der  JBaudelocque^sch^n  Lehre  und  eine 
bis  zur  Aengstlichkeit  getriebene  Scheu,,  die  Schieflagen  für  die 
gewQhnlichen  Kopflagen  geltep  zu  lassen,  hat  übrigens  unsere 
Verf.,  wie  oben  .geteigt  worden,  .i^ocb/^u  ein^p  auffalleoderti 
VV^iderspruche  verleitet. 

Bei  Angabe  d^s  operativen  .Verfahrens  und- nameiillicb  des 
/Gebrauche^i  de.r  Handhabung  der  Zange  bei  den  verscfhied^nen 
Kopflagen  (.was  sich  aber  natürlich  zu  keiuem  gedrängten  Aus- 
züge eignet)  kommt  sehr  yiel  Gutes  vor,  manches  yort]:effliche. 
.  Hier  steht  die  Verfasserin  auf  ihrem  Gebiete.  Sie  weif«,  was 
ausführbar  und  was,  auch  bei  grosser  Geschicklichkeit,  nicht  aus- 
zuführen ist.  Sie  kennt  den  Unterschied  zwischen  dem  Operi- 
eren am  Bette  dqr  Kreifsenden  und  jenen  Manoeuvre's  und  Kunst- 
stück gti  am  Faptome,  welche  industriöseu  Leuten'  eine  Art  Ruf 
.U4^d  Geld  eiubringeu,  die  leichtgläubigen  Schüler  aber,  weil 
diese  Dinge  mit  der  Puppe  im  privlatissimp  so  leicht  und>gut 
.  gelangen  j  dreist,  machen  und  v  er  leiten,. «die^thener.  erlernten  Kunst- 
stücke in  ihrer  Praxis  zu.  versuchen.  Das  Mifslingen  macht  dann) 
.dafs  angehende  Aerzte  von  einc^r  Kunst,  die  sie.  mit  Liebe  er- 
lernt und  auszuüben  begonnen,  zurückgeschreckt  werden  u»il 
ihr  .  entsagen.  IJnd  dies  ist  gewifs  mit  eine  der  Hauptursacben, 
dafs  die  Geburtshülfe  noch  so  häufig  in  gemeinen,  URWÜrdigen 
Händen  sich  befindet.  —  Was  in  diesem  Artikel. uud.  in  dea 
angehängten  Beobachtungen  über  die^Art,  die  Zange  .zu  gebrau- 
chen, gesagt  wird,  verdient  g^r.sehr  denen  empfohlen  zu  wer- 
den, welche  oline  Erfahrung  ihre  schrift&tellej^ische  Laufbahn  im 
Fache  der  GeburtsJiüU'e  gleich,  mit  einem  Lehr- , oder  Handhuclie 
begonfien  haben.  Für  manche  magere  Capitel  üb j^  .den  Gebrauch 
der  Zange,  in  denen  über  wichtige  Dinge,  nachdem  SpricliWiirte, 
gleich  dem  Hahn  über  die  heisscn  Kohlen,  hingegangen  öder  gar 
nichts  gesagt  wird,  wirjTt.  es  hier  reiche .  Ausbeute  ab. 

Unter  der  Ueberschrift :  »  Obseri^atiofis  particuh'er^s ,  Jai- 
sant  suite  au  deuxieme  Memoire  s{ir  les  ppsi{ioiis  du .  Vertex j 
disposees  par  ordre,,  d^ apres  la  termmaüon.  de  l^accouc/iement, 
ou  les  procedes  operatoires  emploj^es  pour  la  produireit.  .foJge« 
nun  hier  (von  S.  i43  bis  366)  86  Beschreibungen  von  Ge- 
burtsfällen ,^  wovon  i5  ohne  operatives  Verfahren,  ^47  .mittelst 
der  Zange  und  24  durch  die  Wendung  beendigt,  worden  sind. 
Bei  einigen  darunter  ward  auch  vom .  Perforatoriinm  und  Haken 
Gebrauch  gemsicht.  Die  Falle  sind  in  gedrängter  iTurze  ge- 
schildert  und  n^   einer.  Deutlichkeit;    die  ,9ict)ts, zu   wünschen 


Lachapelle  Pratlque  des  äccöucheitiens.      437' 

übrig   läfst.     Die    Sprache   ist  febendi^'  und  anziehend.     Häufig' 
sind'interetoiHe  Bemerkungen  beigefügf.     Mau  lerrit  den  Geist/ 
die; Erfahrung y    die'  Geschickh'chkeit  lind  auch  manche  Ansichten 
der    V«rf    aus  diesen   Beobachtungen   näher  kennen*  als  aus  den' 
Memoiren.     Doch  -  gestatten   dieselben   natfirlicli    keinen   Aussug;^ 
es  ?rird'  aber  bei   d^n   meisten   dem  Leser'  die  Aufmerksamkeit/ 
dieser  ihnen  i^dmet,  reichlich;  gelohnt.  --^     Da  die  Yerf.  (wie 
oben;  erwähiit   vv^orden)   die  Beschreibung  des:  Mechani^Tmus  d^r 
natürlichen' Geburt   absichtlich'  unterlassen  hat,   Weil  hierzu  eine 
genaue y  ausführlich  geschilderte  Beobiachtutig  sich  Weit  melir  ei-- 
'gene/  zu'  diesem-  Zwecke  nuh  aber  der  erste  Fall    (»KT«  i\  Po- 
sition  du  visrtex.     Accouchement  spontane  el  r^ulierc)   dienen 
soll:  so  glauben  wir,  wenigstens*  Einiges,  was  uns  b^  der  Be^ 
Schreibung  dieser  Beobachtung  aufgefallen  ist,  nidit  tmangeführlf 
lassen   zu   dürfen.     Was  sie  hier  mittheilt,   ist  unSern  ErfahrurH 
gen  nach,  einiges  Wenige  abgerechnet,  richtig,  der  Natur  treu 
abgesehen'  und   bestätigt   buchstäblich   unsere  in ,  der.'  0.  a.   Ab- 
handlung gegebene   Schilderung   des   natürlichen   Herganges   dei' 
Geburt,   doch   ein    volbtändiges   Bild  liefert  .diese  Beobachtung 
nliihK*    Sie  beginnt  zu  spät  imd  schliefst  zu  frühe.    Die  Wehen* 
sind  stark  und  dauern  seit  halb  zwei -Uhr  Moi-gensr —  uttd  die 
Beobachtung:  hebt   erst  an.  um  eilf  Uhr,-  nachdem    der   M^ttisr-' 
mund  bereis  2  Zoll  geö£Fnct  ist.     Zehn' Minuten  nach  der  AuSh-' 
sebliessung  des  Kindes   fühlt  man  <Lie  Plazenta  am  Muttermundef 
und  zieht  sie  heraus.     Hiermit  sind  wir  übrigens   so  irenig  ein«  * 
verstanden  •  als    mit    dem   Ziehen    am  Kopfe  und  dem   ^  Accro« 
chiren«  der  linken  Achsel.    Wenn  um -5  Uhr  Abends  angeblicli 
die  Rotation   des  Kopfes   begann ,    wenn    die  Anschwellung  det^ 
Integumente   auf  dem   rechten    Scheitelbeine  zu  fühlen  war  und 
der  Kopf,  wie  es  früher  ausdrücklich  heifst,  noch  schräg  st^nd^ 
90   liegt,  ein   Widerspruch    darin,    dafs  um   3   Uhr    (nämlich  a' 
Stunden  früher )    der   Schädel   die   KreuzbeinaüshöMung    einge^ 
nommen  haben   soll.-     Vm  diese  Zeit  war  das  Vorderhaupt  dem 
rechten   Hüftausschnitte  und.  dils  Hinterhaupt  dem    linken  eifor* 
niigen  Loche   zugewandt    (wie  dies   auch  von  ihr  selbst  in"  der 
.Beobachtung  Nr.  IL-  auf  das  bestimmteste  angeg^cn  wird  )  und 
CS  war   das   hintere,  > obere  Viertheil   des   rechten  Scheitelbeinfes 
die  Stelle  des' Schadeis,  welehe  sich  am  Beckenausgange  präsen« 
tirte,  diese  schräge  Richtung,  behält  aber  der  Kopf  in  der  Regel 
(wenn  derselbe  nicht  ungewöhnlich  klein   ist  oder  die  weichen 
Theile   ain    Beckenausgange   nicht   ungewöhnlich  nachgiebig  sind 
u.  dgl.)    im 'Ein*-  und   bis- zum' Durchschneiden,  bei,  welches, 
freilich    der   Auiinerksamkeit  unserer   Verf.   nicht  entgangen  und 
mehrere  Male  von  ihr  beobachtet  worden,    aber   irriq  für   eine 
Yiuieiät  angesehen   wirdt  ^    Von  der  Stelle  des  Schädels  ^  au 


s 


438     Lae^apelle  Pratique  des  accouoKemetts. 

welcher  pack  der  Geburt  die  KopfgescWolst  (cap*  succed.) 
sich  vojgefivideii  hat,  wovoa^  die  Verf.  aber  me^rCach  aoder« 
yfiiixs  s|)riebt,  uad  was^  wie  wir  a.  a.  O.  gezeigt  haben,  ^und 
auch  uacb  Chaussier  (wi9  uns  die  Verf.  selbfit  berichlet)  ia 
Btfz>iebung^  auf  die  Darstellung  vom  Mechanismus  der  Geburt  Yoa 
überaus  grosser  Wichtigkeit  ist,  -r-  ist  keiae  Rede;  noch  aaffal« 
lender. ist  aber,  dafs  nicht  angegeben  wird 9  was  sie  do^n,  als 
sie  bei  der  «rsteu  Untersuchung  den  Finger  in  den  geofineten 
MuUermijind  gebrapht,  in  demselben  gefonden,  nämlich  welche 
Stelle  des  Schadeis  «ie  ihm  zugewandt  wahrgenomm^i)  habe: 
da  Srr\eUie,  den  sie  doch  und  mit  Recht  so  hoch  achtet 'iM)d -so 
Qeissig  studiert  hfit,  ihr  hierin  vorangegangen  ist  und^Kwar  an 
einer  SieUe,  die  sift  selbst  citirt«  *^  ;  Von  der  Gegend  am  Uu'« 
Verleibe,  wo  die  Schwangeren  die  Bewegung  des  Kindes  am 
meisten  oder  ausscUietslich  fühlen,  ist  unseres  Erianerns  nir- 
gendwo im  Buche  die  Rede.  Dafs  die  Verf.  hierauf  zu  mer- 
ken uaterlassen  hat,  ist  ims,  bei  ihrer  Sorgfalt  und  Genauigkeii 
v(a  Beobachten ,  ^aufgeCatiien^  . 

Wiederholungen,  zu  vermeiden  haben  wir  uns  früher  man- 
cher Bemericungen,  welche  bei  verschiedenen  von  der  Verf.  in 
den  angezeigten  beiden  Memoiren  aufgestellten  Behauptungen 
sich  uns  aiiidrangen,  enthalten  und  lassen  dieselben  daher  hier 
folgen.  Namentlich  die  Frequenz  der  zweiten  und  dritten  Schei- 
lellage  anlangend  und  die  Art ,  wie  d^r  in  der  letztern  Lage 
sieli  ursprüaglieh  zur  Geburt  stellende  Kopf  durch  das  Becken 
sicli.  bewege ;  so  stimmen  die  An{>;aben  der  Verf.  mit  unsem 
Erfahrungen,  deren  Ergebnifs'  in  dem  Aufsatze  über  den  Mecb. 
d*  Geburt  in  Meckd's  Archiv  Bd.  5.  mitgetheilt  worden,  nicht 
übe^ein«  Die  seit/  der  Fertigung  dieses  Aufsatzes  bisher,  wäh- 
rend beinahe  5  Jähren,  mit^der  gr^fstea 'Sorgfalt  und  liäuKg  im 
Beisejn  geübter  Sachkundigen  fortgesetzten  'Beobachtungen  haben 
das  dort  angeg^ene  Verhältnifs  der  Frequenz  der  dritten  Scbei- 
leUage  zur  ersten  wie  %  zu  5  aufs  neue  vollkommen  bestätigt 
wie.^uch,  da&  unter  allen  ursprünglichen  KopÜagen  die  zweite 
eine  dej  seltensten  se^.  Eben  so  verhält  es  sich  rückstcbtlich 
der«  Art,  wie  der.  in  der  dritten  Position  sich  zur  Geburt  stel- 
lende Kopf  fiir  gewöhnlidi  durch,  das  Becken  sich  bewegt.  Das 
s^pontane  Uebergehen  aus  dieser  Stellung,  in  äie  zweite  ist  kei- 
neswegs eine  » termioaison*  spontanee  insoüte,«  oder  »rotation 
e)(traordinaire«  (wie  die  Verf.  behauptet)  sondern  es  ist  die 
Regel,  ,      «^ 

Obgleich  sich  uns  aus  dem.  aufmerksamen  Durchlesen  des 
vorliegenden  Buches  die  Uebcrzeugung  aufgedrungen ,  dafs  die 
Verf.  eine  eminentere  Fertigkeit  in  den  geburtshüJ fliehen  Opera- 
tionen, als  im , Untersuchen  besessen  habe,  so  hiesse  es  dock  iie 


/ 


Lachapeile  Pratiqoe  des  notouchemeos«     439 

H«Ue  Ae%  ^*f![^s  IliUgfieni  wena  mas  ihn  eioß  i^osse  Gescbick« 
lichkett  in  der  Exploration  d!>sprecTien  wollte.  Allein  die  Sobwie- 
rigkeUen,  welche  der  •  Krkennuog  «der  so  grossen  Frequenz  der 
dritten  Scboitellage  u^  ihrüs  Häufigen  Ueberganges  in  ilie.  zweit« 
eotgvs^en  stehen,  hat  sin  nicht,  besiegt.  Vbn.der  einen  Seile  liit 
sie  die  .Mittel,  wodurch  lAnn  sich  von  dem  wirklichen  Vorhahr 
denseyn  dgc  dritten  Position  qi^erzeugt  und  voa*  .Tauschung  si- 
.chevli  nichts  g^nug  gekannit  o^r  doch  ntchl  hoch  genug  ang^ 
.schlage^.  Von.  der  andern  durfte  ihr,  wenn  $ie  S.  iq6  sagt: 
.»Cettn  posilion  (die  gerade, Stellang  des  Kopfes)  i  ete'  conr 
serVee  par  Baudelncqiie ,'  qui  a  cru  la  rencontrer  quelque  -  foia. 
SU  faut  en  dive  mon  avis^  je  orois  qüe  Baudelocque  ne  Vk 
coAservee  que  par  xespect  pour  Solayre's;«  etc.  erwicdert  werde« 
dafs  sie  hlnwiedernm  aus  Respect  vor  Baudelocque  und  Duhois 
(S.  a33.)  und  allen  Neuern  die  Hä^Sg^eit  jener  Sl^ieitellage 
und  ihren  , gewöhnlichen  Uebcrgang  übiCTsehen  habe,  dab  sie, 
trauend,  hingegeben  der  herrschenden  Ansicht,  der  Täuschung 
■nicht  entgangen  sej.  ~i-  Doch  in  der  grossen  Sahwierigkeiit  der 
Saclie  liegt  unserer  Ueberzeugung  nach  hinlänglicher  Grund  zur 
Bntsc^huldigung  der  würdigen  Verf.  Der  Wichti|^eit  der  Sadie 
aber  glauben  wir  es  schuldig  zu  sejn,  je^e  Schwierigkeit  hier 
.etwas  näher  zu  betrachten,  wie  auch  lim  andcf*e  in  den  Stand 
-zu  setzen ,  y(m  der  Richtigkeit  unserer  Ansicht  «ich  überzeugen 
zu  können  oder  wenigstens  nm  sie  vorsichtig  im  Urtlicilen  zu 
machen.  /—  Dab  -eine  von  der.  herrschenden  abweichende  An- 
sicht^ Bu  deren  Würdigung,  da  sie.  eine  reine  Erfahrungssache 
J:>etrifit,  sor^faltig^e,  fortgesetzte,  unermfidete  Foischungen  a.s«w« 
unumgänglich  notbwendig  sind,  leicht  Eingang  finden  wurde, 
.war  nipht  ^u  erwarten.  Kaum  weniger  unerwartet  war  uns  das 
Lallen  des  .Unverstandes  zu  einer  Zeit,  wo  auch  Unberufene 
.und  selbst  Schulknaben  sich  ein  Urtheil  anmassen.  Am  wenig*  . 
aten  aber,  frei  gestanden,  wäre  uns  eingefallen,  dafs  unsern  Be«- 
obachtungen  ein ,  niit  einem  abgezogenen  Kindedkopf  an  xinem 
skeletirten  Bedken  angestelltes  Experiment  ( und  zwar  von  einem 
übrigens  achtbaren  Berufsgenossen )  entgegengesetu  werden 
wtird^;  da  wir  in  unserer  Abhandlung  so  nachdrucksam  davor, 
als  vor  etwas,  w*as  nur  zu  Irrthümern  führt,'  gewarnt  haben« 
Fragt  sich*s  ja  nicht,  »wie  dieser  oder  jener  den  Kopf  durch 
idas  Becken  bewegen*  würde,  wenn  er  es  zu  thun  hätte, €  son- 
<dern:'»wie  die  Natur  dabei  verfahrt. c  Dies  zu  erforschen  ist 
denn  freilich  nicht,  so  leiclit,  als  uniib erlegtes,  muthxvllligcs  Wi- 
der^rechen  '  oder  grundloses ,  Aburtheilen ,  wozu  aber  gerade 
diejenigeiji  am  geneigfesten  sind,  welche  nicht  einmal' die  Er^ 
fordcraisse  zur  Stimmfähtj^keit  in  dieser  Sache  kennen  .  ond  von 
den    damit   verbundenen  SchwicrigkciteA    keine   Ahnung   haben. 


44o     Lachapelie  #ratiqde  des  accöüdbfim^iis^ 

Um  so    mehr  dürfte*  daliier'  das   Folgende  liier   ivM.  aa  seiner 
Stelle  sejn.  •  -     • 

Der  Griitid  der  irrigea  Meiimiig  ygii'  der  Häufigkeit  der 
i&weiteu  Scheitellage  und  ^n  der  Seltenheit  der  dritten  liegt 
iiauptsäcblicli  darin,  dafs  die- letztere  häufig  oder  vielmehr  mei^ 
iibersehcil  "wird.  Und  hieran  sind  hinwiederum  Schuld:  i)  die 
grossen  Schwierigkeiten,  die  y«cschiedenen  Kopflagen  überhaupt 
tind  vorzüglicb  die  dritte  Position  gehörig  frühe  zu  erkennen, 
Schwierigkeiten ,' welche  von  Männern  wie  La  Motte  y  Puzos, 
Smellicj  Roederer,  Berger ,  Saxtörph  u.  a.  redlich  eifigestandeD, 
«her  auch  von  Sachkundigen  erster  Grösse  (wie  die  Geschichte 
unserer  Wissenschaft  leider!  nur  zu  laut  und  zu  häufig  beweist) 
nicht  besiegt  worden.  Hierher  gehörefn  7«'  B. '  der  hohe  Stand 
des  Kopfes,  seine  Beweglichkeit  f  <^ine  gewisse  Beschaffenheit 
und  Art  der  Ausbildung  der  Schädelknochen  j  viel  Wasser  zwi- 
schen Kopf  und  Bf^e;  Gespanntbleiben  der  Blase  auch  beim 
Nachlassen  der  Wehe;  leichtes  Verwechseln  (nämlich  bei  der 
dritten  Position )  der  Stirnnaht  und  des  linken  Annes  der  Kron- 
naht  mit  der  Lambdanaht.  Dieses  und  der  Umstand,  dafs  das 
linke  Stirnbein  oft  untergeschoben  oder  einvirärts  geprefst , '  wie 
das  Hinterhauptsbein,  sich  anfühlt,  hat  geschickte  Exploratoren 
schon-  verleitet,  die  dritte  für  die  erste  Kopflage  zu  haken. 
•Ferner  verzögerter  Wassersprung,  So  z.B.  kann  man  gar  leicht 
getäuscht  werden,  wenn  bei  einem  geräumigen  Becken,  bei  leb- 
haften Wehen  und  ziemlich  raschem  Gange  der  Geburt  die  Ei- 
häute zu  bersten  zögern  und  dies,  erst  bei 'etwas  tieferm  Kopf- 
Stande  erfolgt.  Unter  diesen  und,  ähnlichen  Umständen  gescliiekt 
es  oft,  dafs  man  den  Kopf,  den'man^bei  noch  stehenden  Was- 
sern, eben  erst  in  der  dritten  Position  vahi'geiiommen,  nun  gleich 
jiaeh  dem  Wassersprunge  iin  queren  oder  völlig  im  linken  De- 
venterschen  Durchmesser  antrifft  u.  dglr  -«-  a)  Der  Umstand, 
dafs  man,  bei  wirklich  vorhandener  dritten  Scheitellage,, mit  der 
Spitze  des  untersuchenden  Fingers  eine  zu  vgeringe  Strecke  der 
Pfeilnaht  verfolgt,  vyodnrch  und  besonders  in  dem  Falle,-  wo 
das  Hinterhaupt  tiefpr  als,  gewöhnlich,  steht,  die  Schräge  ihrer 
Richtung  nicht  auffallend  genug  ist  und  die  erwähnte  Kopflage 
leicht  für  eine  transversale,  ja  von  weniger  Geübten  und  mit 
vörgefafster  Meinung'  Befangenen  selbst  für  eine  zweite  Position 
gehalten  vrird^  Läfst  man  aber  den  Finger  von  der  kleinen 
Fontanelle  aus  zur  grossen  hin  eine  grössere  Strecke  der  Pfeil' 
iiaht  verfolgen,  so  bemerkt  man  ganz  deutlieh,  dafs  die  Richtung 
seiner  Bewegung,  nicht  ätUeiu.die  von  rechts  nach  links  sondern 
auch  nach  vorn  ^st.  3)  Unkunde  der  Art  und  Weise,  wfc  der 
in  der  dritten  Scheitellage  sich  zur  Geburt  stellende  Kopf  in' 
4er  Regel  durch   das  Becken   hindurch  bewegt  wird.    4*>  ^^ 


spsStes  UiitersttcireDy  tiamltch  zii'feirter  Zeit,  vta  die  ursprCnglicfie* 
dritte  Po$i|toa  bereits  in  dte*  Querlage  oder  in  die  zweite  über- 
gegangen , '  ader  5  )  zu  spätes  Erkennen  der  Koipflage.     Es  wird 
nämlich  entweder  die  ursprüngliche  Lage  ni^t- erkannt  und  man 
gelangt ^  erst  zu    eiber  vollständigen  -Kenntnifs  ^  ^  wenfr  der  Kopf 
schon  tiefer  in  die  Beckenhöhle    herabgedrnngen •  ist,  >  oder    ge* 
set^t  auch,  man  erkennt' bei  der  frnhern  Untersu()tiung  die  dritte* 
Po^i tfou ,    ein  e*  später  vorgen ommeii e  ■  Untersüchui^g    (  b  ei  ib  d ic ' 
BeckcnhShle  bereits  hineingedrungenem  Kopfe)   zeigt  aber,  dsifa* 
der  Köpf  «sich  vollkommen  in' der  zweiten  Position  befinde:    so 
ist  man,  weil  man  die  gewöhnliche  Driehung  des  Kopfes  au»  der  ~ 
dritten  hl'  die  zweite  Lage  nicht  kennt,  Weit  geneigter,  seiner 
frahern  Untersuchung  zu  nrifstranen,   als  den  unzähligen  Schrif«* 
ten,   in"  denen  von  dieser  Drehung^  gar  nicht  ode^doch  nur^ls 
von  einer  grossen  Seltenlieit,  emer  Ausnahme  voll  der  Regel  die 
Redie  ist.     Daher*  dann   auch   6)  da»  Untersuchen  itt  zu  grossen 
Zwischenzeiten..  —     Anderer  Umstände  *  die   einer  bessern-  An-* 
sieht    den  Eingang    erschweren,    "^yie  unzulangliohcr    Fertigkeit 
odc^r  nicht  hinreichender  Aufmerksamkeit   und  Beharrlichkeir  im  * 
Untersuchen,  Vomrtheile,  gewisser  Lieblingstheorien  ^  eingewur* 
zeiter  Gewolmheit,    Eitelkeit,' dvs  jurare  in  verba  magistri,  der 
Sucht  zu  widersprechen  u.  dgl;  m.  nicht  zu  gedenken. 

2,   4>  ^  w«*"i  6   sind  hinter  andern  vorzüglich  dre  Klippen, 
denen  ; unsere  Verf.   nicht  hinreichend  ausgewichen  ist,    wie  in 
ihren  Beobachtungen  mehrfach  nachweisbar  isV,  was 'aber  freilich* 
hier   der   Raum   nicht   gestattet.     Trifft  doch   namentlich  das  zu' 
späte   Beginnen  der   Beobachtung   eben  gerade   den  Fall   Nr.  L, 
dessen   Beschreibung  aber^    als  ein   vbllständjges  Bild   des  Ge- 
burtsh^rganges,  statt  mer  Darstellung  des  Mechanismus,  wie  sie 
ausdrücklich  biemerkt,  dienen  söll.-^     Abgesehen  von  der  Un- 
Vollständigkeit   einzelner  Beobachtungen ,   iso  ist  nicht'  zu -verken- 
nen,   dafs  die   Verf.   oft   auch   da,    wo  sie*  in  gewissen  Dingen^ 
richtig  sieht,  treu  beobachtet,  sich  doch  von  Ansichten  und  Be- 
griffen, diu  durch    Gewohnheit  und  Autorität  sich  bei  ihr  fest- 
gesetzt haben ,   nicht  lossagen  kann ,   und  das  Phänomen^   so  oft 
es  4^ir  auch  entgegen   tritt,'  für  Varietät  hält,   statt  es  als  RegeL 
geltet  zu  lassien      Daher  Manches  nicht  Uebereinstimmende  zwi- 
schen den  Beobachtungen    und   den  Behauptungen* in  den  MeV 
moiren.  * 

V  Wer,*  im  Besitze  der  richtigen  Ansicht  vom  natürlichen  Her* 
gange  der  Geburt,  die  Beobachtungen  der  Verf.  mit  Aufmerkv 
samkeit  durchgeht,  dem  ergiebt  sich  in  die  Aii^gen  springend,  dals 
.  der  Widerspruch  zwischen  ihren  in  dcnMemoiren  aufgestellten  Be^ 
hauptung'en '  und  unserer  Ansieht  sich  gar  si;hr  mindert  und  am 
Ende  beinahe 'nur  eiue  scheinbare  Differenz  übrig  bleibt  \:  $o  dal»- 


'   / 


44'^     Lacli^p^  *Pratiqae  ^es  ncpouoh^nieiis« 

der  reicke  SchaU  von  Erfabrungen  der  Verf.  vielmflir  zur  Be« 
slätigUBg  der  RicbtigkeU.  unserer  Ansicjit  vom  Mecb^oismas  der 
Geburt  dicuity  die  wir  lediglich  einer  treuen ,  sorgfältigen,  uq* 
befangenen  Beobachtung  der  Natur  verdanken*. —  Wi*  je  ir- 
gendwo, SQ  bestätigt  sich  hier  der  Ausspruch  des  ^v^urdigen 
fViedemopti ,  datfs  man  in  kefn^in  Fache  so  lange  Anfänger 
bleibe/  als  ia  der  Geburtshülfe.  Man  erinnere  sich  nur,  nvie 
felsenfest  vor  noch  »icht  langer  Zeit  die  grofsten  Meister  auf 
der  geraden  Stellung  des  Kopfes  ab  der  einzig  normalen  bestan« 
den  :  Und  wer  möchte  w^hl  jene  erfahrene  ^  >  verdienstroUe 
Minii(er  der  Ungeschicklichkeit  zeihen? 

Wir  erlauben  uns  hier  nusr  nocb  einige  Andeuiungev*    So 
7..  B.  wird  die  Behauptung  der   Vierf.  von  der  HsUiigkeit  der 
zweite»  ScheiieUage,    als  ursprünglicher    Kopflage,    wenigstens 
durch  die  mitgetlieilteil  Beobachtungen  durchaus  nicht  bestätigt. 
Während  unter  den   Geburten  mit  vorliegendem  Seh  eitel,  wel- 
che durch  die  eigene  WirksandiLeit  der  Natur  vollbracht  wordeoi 
5  Fälle  von   erster  und  3  von  dritter  SchetteUage  beschrieben 
werden,  finddt  sich   nur  ein  Fall  von  zvveiter  Position  geschli- 
ddert»    In  diiBsen  Falle  wurde  aber  die  Stellung  erst  erkapnt,  als 
der  .Kopf  im  Einschneiden  begriffen  war.    ;!>La  peau  du  cräne, 
uü   peu  tume'fiee«   (heilst  es  k   soll  die  frühere  Erkeamnifs  der 
Kopflage   verhindert,  haben.     Nach  ^unsern  Erfahrungen   i$t  uns 
aber  durchaus  kein  Zweifel  übrig,  da£i  dies  nicht  ursprünglich  eioe 
dritte   ScfaeittUage,  gewesen,   die  in»  weitem  Fortgänge  der  Ge- 
bai;t  iiB   die  zweite  übergegangen  ist.     Eben  , so  ^verhieU  es  ßicli 
in  den  :    »deuxienie  positionc   uberschriebenen  Fallen   Nr.  3i, 
33,  35  und  36.     In  andern  Fällen  der  Art  heilst  es>:   »la  tete 
aflectai«  la  deuxiem^  positionc  oder' die  nicht  erkannte  Kopflage 
wird  erst  beim  Einbringen  der  Hand  zur  Verrichtung  der  Wen- 
dung von   einer   Schülerin   als  angeblich  zweite  Position  crkauot 
u.  dgL  «'—     Unter  den  Fällen  von  ursprünglich  dritter  Scb^itel- 
lage,    welche  durchs  die   eigene   Naturthatigkeii  beendigt  wur- 
den ,   ist  nur  einer  ( Nr.  7. ) ,    wo  der  Kopf  init  Äem .  Qesichie 
nach    oben   ( » meclianism   ordinairec)    zum   Vorschein  kap,   i° 
den  übrigen  erfolgte   die  Drehnng  in  die  zweite.     Was  nun  je- 
nen einen  Fall  mit    dem  angeblich  gewöhnlichea  Mechanism  •'tn' 
langt,    so   sind  uns  Fälle    der  Art  schon' mehrere  vorgekooiroea 
und    der  Verf.  bei   ihrer  langem   und^  reichern   Erfahrung  liio' 
4viederum  gewifs  noch  mehrere.     Allein    gerade  bei   diesein  er- 
zählten  einen   Falle  ist  es  auflallend,    dai's.  w^der  das  Jahr,    io 
dem  die  Geburt  erfolgt  ist,   noch  eine  Bezeichnung  des  Nam€"S 
angegeben   ist ,.  so   dafs   man    ihn  fast    für    aus  dem  CedäcMüi» 
erzähii  halten  möchte.     Auch  durfte   er  kaum,  ^Is  ein  ganz  rei- 
ner Falj^  anzuseheu    seyji,,    indem  künstliche   Eiuwil'kungi  v\^c 


I^dtiapalle  Pratique  de$  accöucliefAens.      443 

Sprengen  der  Fitadbtlläse  dabei  statt  gehabt  u.  s.  w.  Dafs  €ber« 
haupt  aber  in  eben  «^:  Mrie  vorei:wäiinü?r  Beziehung  ken^püeirte 
Falle  z«.  B«  mit  fdilerhiifter  Bescbaffenbdf  des  Beck^nii,  oder  wo 
Entbindüngsversudie  ii.  dgL  ^orausgi^angen ,  die  Kopflage  ta 
spät  erkannt  worden  oder  die  Khider  unai|sgetragea  waren  u* 
s.  vir«  dorcbaus  nieliC  mit  in  S-C^i^^og  komi&eii  jL^nuen^  veit'Stekt 
sieb  wohl  voä  selbst, 

JII^  Memoire.  ^PosiitoH  de  la  face.%.  Nach  derselben 
Ordnung  und  unter  denselben  Bubriken,' wie  in  dem  vorherigen 
Memoire,  verbreitet  sich  die  Frau  L.  in  diesem  fiber^die  G^^ 
sicktslagcn.  Dafs  sie  ihre  A^iehten  tiber  die  Geburten  mit  dem 
Gesichte  voraas  früher  bekannt  maelie,  als  die  über  die  Stdfs- 
und  Fufi^eburten ,  da  diese  doch  ^häufiger  als  j^ne  sejen  und 
daruAi  die  Darstdlting  derselben  hatte  vorhergehen  müssen,  hierr 
TOR  föhrt  sie  neben  andern  Ursachen,  deren  hier  gedacht  wird^ 
in  der  Einleitung  5.  i3.  die  an:  dafs  die  Gesichtsgeburten  der 
Punkt  sejen,  in  dem  ihre  Ansichten  gerade  am  meisten  von  dea 
allgemeinen  sich  entfernen,  und  dafs,  bevor  sie  weiter  gehe,  ete 
die  Urtheile  des  Publikumis  hierüber  zu  erfahren  WiSitsche.  Wir 
bedauern  nur  sehr,'  bei  dieser  überaus  interessanten  Abhandlung, 
des  B!aum€S  wege»,  hier  nur.  gar  zu  kurze  Zeit  verweilen  zu 
dürfen. 

Die  Verf.  nimtot  ganz  nach  unserer  Angabe  (m.  vgl.  unsere  o.-a. 
Abhandl.)  nur  zwei  Gattungen  von  Gesichtslagen,  als  die  gewdhnh- 
chen,  an,  nämlich  mit  links  hin  gerichtetet  Stirn  und  'rtit  der  Stirn 
nach  rechts.  Auch  rocksichtlich  Atr  HSufigkeit  dieser  beiden  GattUD'- 
gen  gegen  einander  sind  ihre  Erfahrungen  der  lierrsehenden  Mei*- 
nung  entgegen  und  Stimmen  ipit  den  unsrigen  vollkommen  «ber- 
ein :  dafs  nämlich  die  Gcsichtslagen  mit  links  liingerichteter  Stirn 
die  häufigsten  seyen.  Auch  ihr  ist,  wie  uns,  nie  ein  Fall  vör^ 
gekommen,  wo  das  Gesicht  mit  der  Stirn  nach  vorn  am  Becken- 
ausgange  sich  dargestellt,  und  sie  mifst  allem  d^m ,  was  dariiber 
in  den  Hand-  und  Lehrbüchern  der  Geburtshülfe  u.  s.  w.  ge- 
lehrt und  ausfahrlich  und  unter  Angäbe  aller  damit  verbundenen 
besondern  Umstände  .  und^  Schwierigkeiten  vordenAonslrirt  wird 
(und  dies  von  Einigen,  die  jene  Fälle  sogar  unter  der  B:übrik 
dcF  sog.  Borinalen  Geburten  figuriren  lassen,  in  so  entschiedenem« 
Tone,  als  ob  sie  glauben  machen  woUlerf,  es  kämen  diese  hals- 
brechenden Gaukeleien,  zu  denen  sich  tfber  die  Natur  nie  her- 
giebt,  ihnen  tagtäglich  vor),  so  wenig  Glauben  bei,  als  wir.— 
Hätte  die  trei^iche  Frau  mit  ihren  herrlichen  Talcnteh  nur  lan- 
ger gelebt^  gewifs  würde  sie  sich  auch  von  dem  Vorurtheile, ' 
die  Seitenschieflagen  des  Gesichtes  ftir  Vatielätcn  zu  halfen,  loa^ 
gesagt  haben.  Doch  es  galt  bei  ihr  hier,  wie  rötksichtlicii  der 
Seltcttschteflagefi  des  ScheitelS|  vielmehr  fiur,  sich  der  5athe  klar 


* 


»'  . 


4/(4     LiddiiApelle  Pratique  des  äccioucheoieii^. 

LewilTst  zii  werdcQ,  denn  die  Häufigkeit  dieser  Scbiefiagen  des 
Gesiebtes^  ihre  Unschndlichken-rücLsichtlich  des  Ganger  der  Ge- 
burt,- die  besondern  Vorhällnisse  d^  Hautanschweliung-  u.  s.  ^r. 
(%m.  s«  s*  B.  die. Obs*  S.  8^  9.  20;  b.).  w^rtoilif  nichtv entgan* 
gen*  j£$  galt  nur  sie  aufmepkäam  ^u  'machen;  und  die  Verglei^ 
diUBg'  der  von  ihr  selbst  dargestellten  Fälle  mil'-zniinclien'Aeus« 
serungen  in  den  Memoiren  würde  Modifikationen  in  diesen  ver- 
anlafst  haben.  Uad  so  dienen  auch  in  -  dieser  Hinsicht  ihre  Be- 
obachtungen wiedier  zur  .Bestätigung  Unserer  Darstellung  ^^%  Ge- 
burtshergapges  mit  dem  Gesicht^  voraus. 

Für  die  Ursacho.der  Gesichtslagen  habe  man  seit  Devenitr 
allgemein^  die  Schieflagen  des  Uterus  gehalten.  Sie  habe  aber 
^ie-  einen  ohne  die.  ändern  ge$?eben  (.5.  ^71  )•  Ihre  »eigene  Hy- 
pothese,  voll  der  sie  übrigens  selbst  nicbl  2Ü  viel  bäh,  ist  un- 
genügend un^  kommt  uns  nicht  ganz  klar  vor.*  rr—  Keine  sog. 
Gesicbtsgeburt-  mit  dem  Kinne  rückwärts,  glaubt^&ie,  kötiue 
.beendigt  werden, >  »a  moins~  qu'on  n^ait  affaire  a  un^  veVitable 
avorton«  S,  3;tÄ.  —  Di;^  Prognose  in  Beziebuiig  auf  die  Mut- 
ter anlangend ,  so  behai^ptet^.sie,  dafs  von  zwei  Subjecteu  mit 
gleichen  'Kräften  *  und- bei  denen  die  Geburtswege  gleich  freien 
Durchgang  geyvähren,  kur«  unter  gleichen  Umständen,  dasjenig^e, 
dessen  Kind  das  Gesicht  darbietet,  wenvgstens  ^  eben  so  leicht  ge- 
lberen werde, -als  das,- wo  dieJCrucbt  mit  dem*  3clieitel  sich  zur 
G^urt  stellt.  Die  s^r  gut  dargestellten-  Gründe  hierfür  (S. 
3^9)  findet  sie  durch  ihre  Erfahrung  bestätigt»  — -^  Die  übela 
Folgen  für.  das  Kind  bei .  allzutriigem  tiergange  der  Geburten 
mit  vorliegendem  Gesiebte  sejen^  Apoplexie  oder  wenigstens 
UeberfüUung  des  Gehirns  mit  Blut  u^id  Neigupg  &u  •  Convulsio- 
Tk&k,  Sie  zweifelt  sehr,  dafs  Zerrung  des  i^erlängerten  Markes 
mit  Ursache  der  Gefahren. für  das  Kind  sej;  siuch  sejen  diesel- 
ben nicht  die  Wirkung  der  Stellung  selbst,  sondern  des  Druckes 
4les  Halses,  und  seiner  Gefä^se  besonders  nach  Berstung  der  Ei- 
'häute.  Sehr  schwierig  scy  e^,  eine  Zeit  zu  bestimmen,  jenseits 
welcher  CS -^nicht  mehr  erlaubt  scy  zu  warten.  Ihi;e  Verfahrungs- 
Yegeln  sind  den  bessern  Grundsätzen  neuerer  Zeit  gemäfs.  1^>$ 
vor  4'  Jahren  habe  auch  sie,  befangen  noch  von  Vorurthcü  ge- 
igen die  Beendigung  der  Geburten  mit  dem  Gesichte  yoraus  oimc 
Züthun  der  Kunst  (welches  vixxcli  Dubou  hege,  die  spontauen 
Gesichtsg^buiTl^en  für  Ausnahmen,  ansehend),  den  von  Baudelocque 
wieder  in  Aufnahme  gebrachten  Grundsatz :  vor  allem  zu  su- 
chen,- den  Scheitel  mittelst  Herab förderuäg  des  Hinterhauptes 
einzuleiten,  befolgt.  Seitdem  aber  habe  sie  dies  Verfahren  au f- 
gegeben«  »Depuis  ck  temps,  beifst  es  S.  409.  la  nature  a  toui 
fait  dans  Ics  ^^mes  circonstances  ou  je  mVvcrtuais  jadis  ^  '' 
CQipbattrej  |^  le   regftrde  donc  comme  cfiace  de  mes  regles  üc 


t       jLa^bapell^  JPratique  de$  accottchemens;     44S 

^     •     .        {  ■  ■ 

prsitiqüe :  eatr,  oa  bion  j'alt'endrai  avant  d'agir  q^  la  talCe  sok 
descendae,  et  alors  il  sera  trbp  C^rd  poqr  ^redreWr  la  t4te,'(€ 
forceps  seraseol  proppsable:  au  bien  si  quelqo«  coBsideratiqii 
particuliere  qoi  exi^  uiie  pronmle  t^minaison .  mc-  iotoe  a  agir 
quand  la  face  sera  encore  au  deirott  supei:ieur,  je  pref&erai  la 
.Version  au  redressemenl ,  q«|i  .»'a.ccelererait  pas  as»ez  le  travailfc 
Bauddocque  selbit  habe  skb,  .ungeachti^*'4seiaer  vorgefabt^o  JVIei* 
Dti>)g,y ^end(higt  gesebehy  eben  sä  zu  baudein.. —  Naqb  ibrcyi 
frühen)  -  GrundsätzQp  babe  sie  sich  oft  ifi  der  NotbTvendigk^k 
gewähnt,  b^i  Gesibh^ktgen ' zu  wenden  und  zwar  unter  76  Fal- 
len ,a4  Mai;  j«tz^^aber,  n»ehr  triraend  der  ~  Naturhulfe ,  nehm« 
sie  .dazu  ^luriiv  den  .sehr  seltenen  Fällen  von  unumgänglic)ief 
Nothwendigkeit  ihre  Zuflucht;  .es  wj  nic^t  so  sehr  d^ie  Lage  „an 
sich  ^  welche  sie  dazu  bestimme,  al^  vielmehr  die  Zufälle  .uqd 
.Comp]ikaCionen.9.dHr  sich  gleicher  Mafsen  zu  jeder  •andern  gesel- 
len können,. wise  ^utflufs,  Zu^ckungpn,  Vorfall  der  Nabelschnur, 
Trägheit  des  Uterus  u.  dgL  in  Folg«  der  am  Schlüsse  des 
Buchen  beigefügten  Tabelle  Nr.  III.  war. der  Erfolg  von. 4A^G6r 
burlen  mit  vorliegendem  Gesichte,  welche  der  Natur  überlassen 
worden,  in  Beziehung- auf  die  Kinder:  38  lebende  und  3  i^* 
Fäulnifs 'übergangene.  *-?-  Die  Angabe  der  »procedes  operar 
toir^.s«  anlangend,  so  ist^unser  Urtheil  nicht  weniger,  günstig  a^  ' 
das,  welches  wir. bei  deu  vorigen.  Mffmoiren.dai^über  ausgcspra- 
eben  haben. 

Wie  an  das  zweite  so  -schliefst  sich  s^uch  an  dieses  Memoine 

•  eine  Reihe  meist  interessanter  Beobachtungen. an«  Unter  den  38 
Fällen  (abgesehen  davon,  dafs  man  vielleicht  Anstand  nähme, 
den  einen  oder  andern  z.  B«  Nr.  S7.  f^r  Gesichtslage  gelten  zmi 
lassen). sind  1 9.  durch  die  eigene  Wirksamkeit  der  Natur — we^ 
nigstens  zum  gröfsten  Theile  -^,  4  ™it  Beihülfe  der  Zange,  3 
durch  die  Perforation  und  id  mittelst  der  ^Yendbing  auf.  die 
Füsse  beendigt  worden.  Das  Einschreiten  von  Seiten  der  KunjA 
-wurde  ausser  den  frühern,  ..nunmehr -von  der  Verf.  verlassen^u. 
Verfahrungsmaximen  bestimn^t  durch  Becken  enge,  zu  frühen  W^^ 
sersprüng,  allzuträgen  Geburtshergang  ai.,dgl.  — ^ 

Auf  .ein.  mit  grossem  Fleisse  ausgearbeitetes  Juhaltsyerzeichr 
nifs    über   die  di^ei  :Me'moiren  folgen  nun  zuletzt .  drei  Tabellen, 

•  rwclche  eine  Ucbersicht  ■  der  in  einem  Zeiträume  von  beinahe  9 
Jabren  im^Hospice  de  la  maternite  vorgekommenen  Entbindungsr 
fälle  gewähren.  Auf  der  ersten  Tabelle  , finden  sich. die  Gebur- 
ten Jahr  für  Jahr. j  Monat  für  .Monat  aufgezeichnet.  -Unter  deu 
1 5,65a  Kindern,  welche  in  jenem  Zeiträume  zur  Welt  kamen, 
befanden  .sich  8,029  Knaben  und  7>6a3.  Mädchen.  Das  Ver- 
bal tnifs,. der  todt-  zu  den  leben dgebornen  -  war  ungefäl^.  z::^ 
•i    :  2ii.     Mau  zählte    1 65 «Zwillings-*  und  dr^i  Trijling^gel^HC^ 


\ 


446     Lachapelle  Pratiqüe  des  accoucfaemens« 

• 

teom  -^  Br«'  zweite  Tabelle  entliält  eine  vergleichende  Anfzäh* 
Inng  der  verschiedenen  in  jenem  Zeicraume  beobachteten  Frucht- 
iagen,  deren  Ergebnils  oben  bereits  itiitgetbeilt  worden.  —  Die 
letzte  Tabelle  gibt  eine  vergleichende  Übersicht  der  Art  der  Be- 
endigung jener  Cebartsfälle  und  des  Erfolges  für  die  Kinder. 
Der  Räum  gestanet  nur ,  (Folgendes  daraus  hier  anzuführen. 
aj2  kfittstliche  Entbindmig^n  kamen  auf  die  Gesdmmtsnmme  von 
i  5,65  a  Geburtsfallen;  (»ik/.  Oslander  *—  hcifst  es  in  der  Er- 
läuterung ^^  cömptah  d<ms  sa  pratiqite  4oo  äccouchemens  arti" 
ficiels  9Hr  ufi  total  de  joo.  La  difference  est  as^ez  marquee 
pour  m'epargner  tout  cömmeniaire.%)  .  Die  Operationen  bestanr 
den  in  9^  Entbindungen  mittelst  der  Kopfzange ß  tSS  Wen' 
dangen  auf  die  Fhfse ,  y  yerhesserungen  d^r  Kopflage ,  (wegen 
Gesidits*  oder  Stirnlage),  .i4  Perforationen,  a  Symphysioto^ 
•mien,  und  *  Kaiserschnitt.  —  Von  der  Zange  wurde  ge- 
brauch gemacht  bei  4  Gesichtslagen  —  und  £.war  in.  einem  Falle 
weg^n  Convulsioncn  und  in  den  fibrigen  wegen  Trägheit  des 
Geburtsherganges  — ^  und  bei  89  Scheitellagen»  Die  Anzeigea 
dazu  waren  in  47  Fällen  Trägheit  des  Uterus,  in  7  Beckenenge, 
in  8  tibele  Kopflage  ^  in  «3  Vorfall  der  Nabelschnur^  in  it 
Gol)Vu]stonea<;  in  einem  Falle  Agonie  und -in  den  beiden  übrigen 
Unnachgiebigkeit  des  Muttermundes.  -»—  Gewendet  yvnrAe:  5i 
Mal  bei  vorliegendem  Scheitel,  ao  M#  bei  vorÜegendem  Gesichte, 
24  M.  bei  vorliegendem  Steifse  und  vorlieg.  Füfseo,  und  60 
Mal  bei  Schulterlage.  -^  Die  P^feration  ward  unternommen 
in  einem  Falle  wegen  WasserkopUis,  in  den  übrigen  wegen 
Beckenenge. —  In  dem  einen  Fallev*  wo  der  Sekoofsfugenschjntt 
wegen  einer  Beckenenge  von  a^'  3''^  gemacht  worden,  wurde 
das  Kind  erhalten,  die  Mutter  starb  kWt  nachher;  in  dem  an- 
dern (bei  a'^)  starb  die  Mutter  sammt  dem  Kinde.  — ^  In  dem 
Falle  von  Kaiserschnitt  mafs  die  Conjugata  t8^^^  Das  Kind 
lebte,  die  Mutter  starb  am  folgenden  Tage.  -—  Erfolg  der  272 
künstlichen  En&bindungen  überhaupt  —  in  Beziehung  auf  die 
'Kinder:  194  lebende,  63  todte und  c8  in  Faulnifs  übergegangene. 
Wenn  wir  auch  weit  entfernt  sind,  dem  Urtheile  der  Lands- 
Icnte  unserer  Verf. ^  vciche  dies  Werk  klassisch  nennen,  beizu- 
treten (wie  aus  dieser  Anzeige  wohl  sattsam  erhellt;,  so  geste- 
hen' v^ir  doch  gerne,  seit  einer  Reihe  von  Jahren  kein  Bach 
über  Geburtshülfe  mit  mehr  Interesse  gelesen  zu  haben,  als  das 
Vorliegende,  und  halten  es  wohl  werth,  dafs  es  ia  die  Häudc 
recht  vieler  (jedoch  eben  nicht  angehender  sondern  mit  der  Na- 
tur schon  näher  bekannten)  Geburtshelfer  komme.  —  Einem 
Uebersetzer  desselben  wünschet^  wir  ausser  anderm  ein  genaues 
Vertrautsej^n  raii  der  Sdiche  selbst,  indem  ohne  letzteres  nur  et- 
was Ungenief&bares  zu  Stande  kommen  kann.     Auch  düi^fte  der- 


Tascheiil>u€lii  für  ^as  Jahr  1823.  447 

r 

selbe  den  Otaten,  die  —  im  Gegetiiatzc  tu  Aer  iXbrl^eni  /gto^ 
sen  Correcthdt  des  Buches  •—  häufig  unrichtig  sind,  seine  Auf* 
merksamkeit  uicht  versagen.  Diese  Bemerkung  glaubten-  wir 
zum  besten  derjenigen  nicht  unterlassen  xu  dürfen,  welche  dies 
Buch  aus  eiltet  Uebersetzung  kennen  zu  lernen  wünschen  möch«- 
ten. 

F.  C.  Naegele. 


taafc 


Taschenbuch  für  das  Jahr  48n3.  —  Der  Liehe  und  FVeund*- 
Schaft  gewidmet.  Hermis gelben  von  J)n,  St.  ScHötlp 
Frankfurt   am  Main   bei  Fr,  WÜmanns, 

/\ns   dem  Nachlasse,  des  genialen  £.    71  A*   Hpfmemn,  wird 
uns  die  Erzählung  Datura  Fastuosa    ( der  schöne  Stechapfel ) 
mitgetheilt.     Die  EigenthtimlichkeU   des  Verfassers ,    wie  an   in^ 
nerm  Gehalt,   so  in  Worten ,    l^eriodenbau ,    und  Art  de!r  Dar'-* 
Stellung,    tritt   unverkenhbar  aus   dieset  Novelle  hervor«     Dock 
haben  den  Dichter  seine  Schwingen  diesmal  nicht  in  die  Region 
der  Dämonen  und   Elementärgeister   getragen*     Auf    der    Erde 
ist  er  geblieben,    von  der  schwindelnden ,    oft  andern  Sterbli- 
ch eü    unerreichbaren  Höhe  hat    er^  sich   herabgclasseu   auf   die 
Welt,    wie  sie  nun  einmal  ist ,  und  in  Ar  die  Gestaltto  Mi  set^ 
ner   parstcllung  aufgesucht  und  gefunden.      Von  einem'  jungen 
Botaniker  ist.  die  Rede,    der    nur  seineu  Pflanzen  befreundet, 
das   Leben  nicht  kennt;   der  intl  einer  Frau,   die  ihm  den  Jähe- 
ren  nach   Mutter,   vielleicht  Grofsmotter  seju  könnte,   sich  ^ur 
Scheinehe  verbindet;   und   dann,   erst  vom  Fluche   der  Lächer- 
lichkeit getroffen,    dann  verfuhrt  durch  Reize,    die  ihm  bis  da- 
hin   fremd   geblieben   warei^,   sich   «um   Morde- der  Gattin    ent- 
scbliefstj'  aber   zufällig    ihre  u^d. seine  Rettung  findet |   und  am 
Ende,  wid  die  Natur  Ihren  Zoll  von  der  Lebensgefährtin,  ohne 
sein   Zuthuu,   gefordert,    glQcklich  wird;    glucklicher  wahrlich 
als   er    verdiente,    dui*ch  <Sien  Besitz   eines  lieben   unschuldigea 
Mädchens,   welches  grofs  wurde  unter  den  Blumen  seines  Qw" 
tens,   und  dessen  bis  dahin  verkannter  Werth,  sich  ihm  erst  da 
ganz  entfaltete,  als  sie  die  Trennung  von  ihm  beschlossen  hatte. 
—   Die  Braut  aus  j^readien ,    Erzählung   von   Lina  Keinhetrd^ 
Ein    junger  Man^n  im   Hof  -  und  Weltge wühle  cten  Gegenstand 
seiirer  Neigung  vergebens   suchend,    findet   ihn  auf  einer   Reise 
in    eiqem  romantischen   Thale;   und,   wie  das  gefundene  Glück, 
ihm  alles  Nach^uchens  ungeachtrt  wieder  versuch  windet,    beut  es 
ihm   seine   höchsten    Gaben    aufs  kieue,    da    er.  in    die   Residenz 
zuzückkehrt,    die   schone   Hirtin   als   Gräfin    und   Hofdame   der 


448  ;Ta5cbe^b<ic{i :  f ür  das  Jabr  182^.  ^ 

Fürstin  findet  r-  'Aehnli^  Abcnj^lieacrUehes  ist.sdiQii,  ortJind 
-*«  besser  da  gewesen.  —  ^Die  Trauernden.  ^  Erzählung  von 
.Fr.  I^aun*  Ein  Mädcbenhasseri  der .  auf .  einer  Reise  nach  Osi- 
indien  viin  seiner  Ycrkehrtheir  geLeilt,  al^er  auf  der  Rückkebr, 
in  den  Wellen,  s^n  Grab  gefunden  haben^soU,  kommt. api  Ende 
doch  wohlbehalten  nach  Europa  zurück,  und  findet  in  dem 
Mädch^,  welches  er  tot  seiner  .Abreise  schätzte ,  das  ihn  aber 
zurückwiefs,  und,  welches  er  demungeachtet ,  zur  Erbin  er- 
nannt hatte,  eine  treffliche . liel^voUe  Gattin.  Wenn  die  frem- 
den Welttheile  nicht  wären,  und  kein  siebenjähriger  Revola- 
tions.-*  und  Befreiungskrieg,  wo  fände"  sich  Stojff  zu  Noyellei.! 
«r—  Das  Versprechen  j  vnn  C.  Boromäus  "von  Mätiz,  Der  sie- 
beniährit^e  Krieg  miJJjs  wieder  zu ,  einem  wunderlichcii  Ehever- 
sprechen Anlafs  bieten,  welches  ein  vierzehnjähriges,  in  einer 
Pfarre  orzog^es  adliches  Tödilerlein, .  einem .  einquartiften  Qbrt- 
sten  giebt,  ^er. aus  Feindschaft  geg^n.der  Jungfrau- Vater,  an- 
fangs das  .  atme  Kind  undbringe»  wollte.  Aus  dicm  Versprechea 
wird  indesscn.nach  gi^ndigtenf eldzügen,  Em^ti,  .da, die  Braut 
von  dem  unwürdigen,  in  dfer  Zwischenzeit ,,  während  ihres  Re- 
sidenzlebens gewonnenen  Liebhaber  durch  die .  schriftlich  docu- 
inentirt;en  .fi?fthern  Ansprüche  des«  braven  Obristen  befreit,  und 
seine  gluckliche  Gattin  wird.  — ;-  Es  schmerzt ,  Erzählung  von 
'G,  Schilling.  Ein  Paar,*  von  zwei  Moded^iipen  zurückgewiese- 
ne würdige  jung^  Männer  werden  von  jenen,  dsCjder  einc.iur 
sie  zu  arm.  an  igeistiger  Bildung,  der  andre  wegen' eines  kleinen 
körperlichen  Fehlers  iverwerfliqh  scheint,  .unbeachtet  und  uner- 
hört gelassen..  Die/Damcn.  müssen  «acKher  Zeuginnen  seyn,  vic 
beide  verworfene  Liebhaber,  seitdem  körperlich,  und  .geistig  um- 
gestaltet,  mit  andern  Frauen  glücklich ,  verbunden  sind.  Das 
mag  denn  wohl  .  die  Spröden  schmerzen^;  unterhalten  -  wird 
schwerlich  Jemand .  dieser  alltägliche  Schwank.  —  Unter  de« 
-Gedichten  finden  sich  geist  -  und  seelenvolle  Anklänge  von 
'Nänny ,  dem  Heraus geker ,  Fr.  Kind,  und  aus .  dem  Nachlasse 
von'  Luise  Brajchmann  Ob  eine  einfache  Erklärung  der  Mo- 
natskupferchen  von  ^  R^mberg ,  nicht  zweckmässiger  gewesen 
^äre,  und  ob  der  Herausgeber  sich  nicht,  eme.  unnöthige  Mul^e 
gemacht,  diesen  Comm elitär,  in  ein  kleines  D/ama  zu  zwängen, 
welches  ohne  die  Kupfer  keinen  Werth  hat ,  und  diese  doch 
nur  so  halbtund  hafb  erklärt?  —  Die  grössern  DarsteUangen 
aämmtlich  nach  Ramberg,  Scenen.au^S.  dem,  Inhalte. des  Tascbea- 
buchs  versinnlichend,  bestätigen,  den  Kunstwerth  des  Meisters. 


Nl-  29.        Heidelberger  *^^'^* 

Jahrbücher  der  Literatur. 


Sendschriften  an  Herrn  *.***  Deputirten  her  der  II.  Kammer 
der  Ländstände  in  Baiern ,  über  deii  Entwurf  des  Gesetzes 
für  landwirthschaftUcjie  Kultur,  Ein  Beitra*r  zur  Kultur-* 
gesejtzgebung  im  All  gerne  inen  j^  "vom  Staatsrat  h  yoif  ff^zzfj 
Ritter  des  O.  b.  Siz.  mehrerer  (iny  Zeilen  des  Titelblattes 
genannten J  Ökon,  Gesellschaften  Mitglieder  München j  48^9* 
bei  F,  A  Fleischmann,    y6  S»  S-    3o  kr,  , 

Uie  Schrift  enthält  eine  groTstehtheils  .  tadelnde  Kritik  des  aiuf 
denn  Titel  genannten  Gesetzentwurfes,  welcher  im  Jahre  182a 
den  Kammern  des  K.  Baiern  von  der  Regierung  vorgelegt  wurde. 
Der  Hauptsatz,  welchen  der  Verf.  durchführt,  ist  der:  jy^r' 
Lapdbau  kann  und, soll  ebeu  so  wenig,  als  irgend  eine  anderir 
Quelle  des  öffentlichen  Wohlstandes,  vou  d«m  Staate  positiv  ge* 
fördert  und  umnittelbar  ergiebiger  gemacht  werden.  Er  verlangt 
von  dem  Staate  nur  FreiWfcit  in  der  Benutstung  des  Grundes' und 
des  Bodeos,  in  dorn  Verkehre  mit  den  erb^auten  Erzeugnissen,. 
und,  wie  noch  innner  die  Sachen  stehen,  eine  solche  Bestiaunujig 
der  Lasten ,  welche  die  Vorzeit  auf  den  Grund  und  Boden  ge- 
legt hat,  dafs  damit. die  Freiheit  des  Grundeigenthums  bestehea 
könne.  Zu  diesem  Ejode-  Ver^wandle  man  alle  grundherrliche  Recht<^ 
iir  Frucht  -  und  ^Geldrenteu  und  erkläre'  sodann  diese  Renten 
für   ablösbar.  , 

Es  ist  eiae  erfreuliche  Erscheinung ,  dafs  sich  auch  in 
Deutschland  immer  mehrere  Männer  von  Fach  für  den  Gruad"- 
satz  der  vollkommene^  Gewerbfreiheft  erklären,  für  einen  Grund- 
satz,, der,  (nach  des  Rec.  Dafdrhahen,)  an  sich  der  allein  rich^ 
tige',  noch  die  Nebenvortheile  gewahrt  |  4^dfs  er  die  Regierung 
so  mancher  lästiger  Arbeit  überhebt j  so  manchen  Reibungen 
zwischen  der  Regierung  und  den  Regierte«  vorbeugt,  den  über- 
spannten Forderungen,  welche  die  Menschen  au  ihre  Voi'ge- 
setzten  zu  machen  pflegen,  Ziel  und  Mafs  setzt.  Die  Schrift 
des  Verfs.,  eiires  Sachkenners,  erhält  noch  dadurch  einen  beson-k 
deren'  Werth,  dafs  er  überall  auf  die  früheren  Gesetze  und 
Hechte  des  Landes  Rücksicht  nimmt.  Nur  selten  werden  die 
Rechtsgelchrten ,  aU  Bewahrer  der  \besteheuden  Einrichtungen 
f;e^tti  die  Ungeduld  der  Staats wirthe,  Ursache  haben,  mit  dem 
Verf.  zu  rechten.  Weii'  piebr  hat  er,;  als  Feind  der  Befdrsterung, 
-die   ForStmiinpfer  zu   fürchten«    -^.    In   elnem^  Anhange  hat   der 

29 


45o  Ton  Jlazzi  Sendschreiben« 

^  •     ■      • 

Vetf.  d^e  Badenseben  Gesetze  (v.  7.  tSap.)  wegen  Abldsun^ 
der  Grandgültea  und  Zinsen  und  d<pr  Hefrenfrbliben ,  als'nacK- 
jibmungswertbe  Beispiele,  abdrücken  lassen.  Es  ist  eine  der 
scbönsten  Seiten  der  Deutseben  Bundesverfassung,  dafs  eine  jede 
CiBKdne  kegietung  mit  ibrett  KftttxntcTBr  ^oder  Stindenf  zugleich 
für  di<  andere  arbeitet. 


t 
\ 


Staatsrecht  des  Alterthxms,     Von    Kjrl  Dibtricb  HuLLJUntf» 
'  Cöln,  bei  Joh.  Pet.  Bachern.   48»o.    4^&  S»  8*  4  fl» 

JLlas  Staatsrecbt  des  Altertbumes  •*-  das  offentlicbe  Recht  > der 
Qriecbiscben  Freistaaten  und  das  des  Rdmiscben  Freistaats  — 
bat  für  uns,  seitdem  diie  Reprasentatirverfassung  in  so  vielen 
Europaiseben  Staaten  eingeführt  trorden  ist,  seitdem  das 'Wesen 
Innd  der  Wertb  dieser  YerfassQng  unter  den  Streitfragen  des 
Tages  eine  d(ir  ersten  StcQen  einnitnmt,  ein  neues  Interesse  er* 
halten.  So  wenig  auch  die  Repr äscntatiy Verfassung  dem  Alter- 
tbume  bekannt  war ,  und  obwohl  die  Grundlagen , '  auf  welchen 
die  öffentliche  und  die  bürgerliche  Freiheit  nach  dem  Geiste 
dieser  Verfassung  ruht,  wesentlich  verschieden  von  denen  sind, 
welche  in  den  Staaten  des  Altertbumes  die  Freiheit  hatte,  so 
tritt  doch  «wischen  der  Einherrschaft  mit  einer  Volksverti^etang 
lud  zwischen  der  Yolksberrscbaft  im  Sinne  des  Altertbumes  eine 
|;e  wisse  Verwandschaft  ein,  ( auch  in  jener  giebt  es  Volks  wäh- 
len, einen  ambitusj  comitia ,  u.  s.  w. )  und-  so  belehren  uns  doch 
die  Staaten  de$  Altertbumes  und  die  Schriftsteller  jener  Zeit  am 
besten  über,  die  Mangel  und  Gebrechen,  welche  die  einherr- 
^chaftlicbe  Verfassung  mit  einer  Volksvertretung,  Wenn  sie  nicht 
dem  Hange  des  Volks  zum  Märegieren  kräftig  entgegenarbeitet, 
ipvesentlicb  zu  fürchten  bat. 

Das  vorliegende  Werk,  welches  das  Staatsrecht  des  Alter* 
ibumes  in  der  oben  bestimmten  Bedeutung  zu  seinem  Haupt' 
gegenstände  hatte,  ist  daher  ein  doppelt  erfreuliches  Geschenk. 
Der  Verf.  —  überall  den  Standpunkt  des  Geschichtschreibers 
behauptend,  kaum  gelegentlich  einen  Blick  auf  die  Gegenv?art 
werfend,  «—  versetzt  uns  in  einfe  Zeit,  die*  nicht  mebr  istj  nicht 
mehr  scjn  kann  und  qicbt  melir  sejn  soU^  aber  in  eine  Zeit, 
die  durch  den  Kontrast,  den  sie  mit  der  Gegenwart  bildet,  zQ* 
gleich  diese  in  ihrer  £igenthümlicbkeit  bestimmter  heraushebt 

Das  Werk  ist,  nach  Zeiträumen,  in  drei  Hauptabschnittf 
eingetheilt.  Es  schliefst  sich,  tn  dieiser  Abtbeiliing  und  in  defi 
allgemeinen  Ansichten  über    die'  stufenweise  Entwickeiung  d«' 


Hällrhänti  Staatsrecht  des  Alterthmm^    .  ^6i 


bfit^gerliclien  Gesellschaft,  ait  eine  frühere  SctiHft  de^  Vetik» 
an  dessen  «Urgeschichte  äes  Staates»  —  aä. 

JErster   Zeitraum,      Grundv6rfassung  der    Gesetljtchq/it 

Der  Urbestandtheil  der  hürgetlrchea  Gesellschaft  oder  ricKtigeti 

der  Verein )  welcher  von  der  Natur  selbst  gestiftet,  deiti  StaatSr^ 

yerciiie  vorausginge  ist  der  GeseUschafts -  oderFamiÄc« --Ve reift i 

Ihn   bilden   die   Nachkommen  eines  und    desselben  Stammvaters j 

das  Recht  dieses  Stammvaters   und  datin   des  Geschlechtsälte&teQ^ 

die  gemeiusamen  Angelcgcffheiten  zu  leiten  ^   Streitigkeiten   unten 

den  Mitgliedern  des    Geschlechts   zu-  schlichten  ^^    in  Feliden  der 

Anführer  zu  sejn,  beruhte  auf  dem  AnsAn  des  Alters  und  des 

Erfahrung,  auf  dem  Bedürfnisse  und  dpr  Gewohnheit.  —     tHt 

Geschlccliter ,    durch  die   zerstreute  Lagji   der   Niederlassungen^ 

durch   UngeseUigkeit   und    Mifstrauen   von    einander  geschieden» 

gestatteten    anfangs    nicht  Heiratlien    der    Stammesgenosseu    tm% 

Fremden.     Doch  nacti   und  nach  drängten  sich  die.Gescfalechtei^ 

naher   an   einander;    auch    die.  Liebe   oder    die   GeschleehtsUifil 

that   das   Ihrige;    so  entstanden  -^-^  Brüder sehaften  oder  Seh\im^ 

"fferschaftenj  ( (ppecrpigct  )*,  Vereine  unter  roelireten  Gescfalechterni 

welche  auf  dem  jure  connulu  beruhten.     In  Sagen  van  gcrtiub-^ 

ten  Mädchen  und  in   Festgebräuchen  erhielt  sich   das  Andenken 

an    diese  Begebenheit.  —    In    den   einzelnen  Hauswesen  hatten 

sich  die  Mitglieder  des  Geschlechtes  Abends,  nach  vollbrachtem 

Tagwerke,  am  Hecrde  versammelt,  zum  gemeinschaftlichen  Mah-< 

le,  zur  ßeratbung  über  die  Geschäfte  des;  folgendci^  Tfiges^  zut$ 

Verehiung  des  Hausgötzen^  der  hier  aufgestellt  wat«     So  wurdtf 

es  auch  in  jenen  Brüderschaften  gehalten  ^  mau  hielt  getneinschaft'9 

liehe   Mahle  und   Berathjungf n ,   brachte  gemeinschaftliche  Opfer i» 

-p—  Da,  wo  fremde  Geschlechter  einwanderten  oder  jene  tlätüi*^ 

liehen  Brüderschaften  nach  und  flach ,   bei   zunehi|tender   Bevok 

kerung,    inimcr  unkenntlicher  und   schwächer  wurden  ^    d«  ent-^, 

standen  Vereine,  welche,  jenen  natürlichen  Brüderschaften  nach« 

gebildet,    kimstliehe    oder    ^ür^er^'cÄ^  . Brüderschaften    genannt 

werden  können.     (Dahin  gehören  z.  B<  die  cutiäe  der  Rämer.) 

Auch  in  diesen  gab  es  gemeinsc)}aftliche  Malile  und  fierathuitgetl 

und  Opfer.  —     Wenn  sich  mehrere  Geschlechtef  äu  einer  Brü* 

derschaft  oder  mehrere  Brüderschaften  zu  einem  griisseren  Ver-i 

eine   verbunden   hatten,    bedurfte,  es   einer   lieber einkun 6^  übto 

den    Wechsel  iiet  FamiltenhSupter  lU' der  Leitung  der  geniein.-« 

scbaftlichen  Angelegenheiten.  Da  geb;*auchte  man  nun  übel'ali  dif 

Zeitrechnurtg  ß  die  EiniheÜung  des  Jahres  ß    als  Regel  lÜr  sditf 

Bcsttmmnng  diesem;  Wechsels,  und ^für  den  Oliederbau  der  bu^« 

gerlicheh  Gesellschaft  überhaupt.     (Der  Verf«   {^\^ti  diesen  £afi| 

mit  besonderer  SorgiaU  au«  ubd  belegt  ihn  durch  eitte  Menge 

Beispiele)«  -**•    Eine  H«upt$orge  iftu&le  ferner  dahin  geheui  di« 

29* 


I 

45a      Hullmann  Staatsrecht  de«  Alterthvim^. 

GenosseBSchaft  immer  vollzählig  zu  «frlialten.  Deshalb  wurde 
insbesondere  darauf  Beda'tht  genommen,  den  einzelnen  Geschlcch-. 
tern  und  Geschlechtsgenossen  ein  Gru/iif^t'^eft^^um  zuzusichern. 
Daher  die  Sorgfalt,  mit  welcher  schon  die  ältesten  Gesetze  für 
die  Erhaltung  der  Fämiliengüter  wachten.  Daher  die  Vertheilung 
und  Eintheilung  des  Landes,  wenn  ein  Tand  von  einwandern- 
den -Stämmen  erobert  wurde.  ( Hier  von  dem  Zustande  der  un- 
freien Bauern  bei  den  Griechen.)  —  Die  StammesSltesteu ' bil- 
deten, als  Vertreter  der  Geschlechter,  den  obersten  Rath-  der 
Bruderschaft  oder  eines  aus  mehreren  Brüderschaften  i^estehen- 
deo  Gemeinwesens.  Aer  Vorsitz,  die  Leitung  der  öffentlichen 
Angelegenheiten  wechselfe;  — •  So  entstanden  aus  Geschlechtern 
Brüderschaften ,  aus  diesen  , grössere  Vereine',  Staaten.  Alles 
durch  die  freie  Uehereinkunft  der  Stammesältesten,  (Man  wird 
mit  diesem  Versuche,  den  Ursprung  der  bürgerlichen  Gesell- 
schaften darzustellen,  «— -  gleichsam  eine  natürliche  Geschichte 
des 'Ursprungs  der  Staaten  zu  entwerfen,  —  die  ähnlichen  Ver- 
suche Anderer,  z.  B.  Mosers,  nicht  ohne  Nutzen  vergleichen. 
So  schon  auch  Alles  ilas  ist,  was  der  V^rf.  über  diesen  Gegen- 
stand sagt,  so  möchte  doch  %,  B.  Einiges  weniger  auf  allgemei- 
nen Gesetzen,  als  auf' den^eigenthumlicben  Vcrhälinisseu  der 
Griechischen  Stämme  beruh n  ). 

Zweiter  Zeitraum,-  Herrschaftliche  Verfassung,  üe- 
berall  trat  in  der  Folge  an  die  Stelle  der  Bundesperfassung 
der  Vorzeit  Priesterherrschaft  oder  Fürst engewalt,  .  Doch  von 
den  Umständen,  unter  welchen  die  Veränderung  emtrat,  von  dea 
Ursachen  der  Veränderung  berichtet  die  Geschichte  nur  wenig» 
*—  Von  der  Priesterherrschaft  wissen  wir,  aus  der  Geschiebte 
der  ursprünglichen  Hellenen  oder  der  Umwohner  vqu  Delphi, 
der  Israeliten  und  der  Aegypter  so  viel:  «Erstens,  der  gesell- 
schaftliche Verein  bestand  aus  xwölf  Lajenstämmeu,  so  dafs  die 
Natur  desselben  mehr  völkerherrschaftlich,  als  staatsbürgerschaft- 
liph  war;  und  zweitens,,  den  Mittelpunkt  "eines  solchen  Bundes« 
kreises  machte  ein  Priesterthum  aus  ^.*i.  ein  Stamm,  der  mit 
der  beständigen  Vollziehung  der  Gesammtandacht eu  und  ebeu 
deswegen,  zu:  Folge  der  uranfänglichen  Öffe^itlichen  Ordnung» 
mit  der  beständigen 'obersten  LetlunGf  der  Gesammtangelegenhei* 
ten  bevorrechtet  war.»  (Hier  möchte  der  Verf.  am  wenigsten 
befriedigen.  Wie  konnte  er  es  vxohl  von  sich  erhalten,  den 
Bund  der  Anphiktjonen  und  die  Prieslerlgisten  der  -Aegypter 
und  Israeliten  zusammenzustellen!  Ueberhaupt  Wurde  das  Werk 
gewonnen  haben,  wenn  der  Verf.  den  Bcgriff-des  Altertbumes 
genauer  bestimmt,  d^n  Kreis  seiner  Untersuchungen  enger  ge- 
zogen hätte.)  Doch  bei  den  Hellenen  mulste  jene  Priesterherr- 
%  Schaft  von  selbst  wegfallen^  als  dye  Stämme  der  Helleneo  ihren 


HüUmann  Staatsrecht  des  Alterthums.      4^3 

Ursitiy  wo  ein  Tempelgebäudfe  ilir  kirchlich  bürgerlicher  Mittei- 
punkt'  war,  veriiessen  und  sich  nah  und  fern  in  neuen  Heimaifeen 
;)nsteKieIten.  —  Die  fiirstUckt  Herrschaft,  scheint  sich  in  den 
meisten  Fällen  aus  de^  Ftidk^rrnwiirde  entwickelt  zu  haben.  Die 
fürstlichen  Geschlechter  befestigten  fast  überall  ihre  Gewalt  durch 
Burgen,  die  sie  errichteten.  Der  Fürst  •  war  Feldherr ,  Ober-* 
priesier',  oberster  Richter.  Der  Anfang  der  Besteuerung  der, 
dafs  -für  eine  Mordthat|  neben  der  Wette,  noch  eine  Busse  oder 
Sühne  dem  Fürsten ,  wegen  des  gebrochenen  Landfriedens,  ent- 
richtet werden  mufste.  (Die  Weitere  Ausführung,  wie  sich  aus 
dieser  Busse  die  Steuer  entwickelte,  wie  endlich  eine  allgemeine 
Abgabe  für  die  Erhaltung  des  Landfriedens  erhoben  wurde 
u  s.  w.  ist  besonders  scharfsinfiig.)  Die  Eintheilong  des  Hee-« 
res  entsprach  der  ursprünglichen  Eintheilung  der  bürgerlichen 
Gesellschaft  nach  Brüderschaften  und  Kurien* 

Dritter  Zeitraum:  GemeitiheitUche  f^erfassuhg.  Doch 
mehrere  Fürstengeschlechter  starben  aus,  in  anderen  Staaten  be« 
nutzte  dte^  Eifersucht  der.  übrigen  Geschlechter  des  herrschenden 
Stammes  günstige  Gelegenheiten, •  dei*  Hetrrschergewalt  eines  Ein- 
zigen ein  Ende  zu- machen;  so  entstanden  gomeinheitlidie  Ver* 
fassangen ,   anfangs  meist  Geschlechterherrschaften. 

Der  Verf.  schildert  iiuu,  (diese  Ausführung  nimmt,  der 
Natur  des  Gegenstandes  nach,  den  bei  weitem  grÖfsten  Tbeil 
des  Werkes  ein,  sie  geht  von  S.  92  bis  zu  Ende  des  Buchs )| 
die  Verfassung  der  Griechischen  Freistaaten,  die  des  Römischea 
ond  d^s  Karthaginiensisohen,  und  zwar  so,  dafs  er  unter  gewis- 
sen Aufschriften,  (Staatsverwaltung,  Staatsgewalt,  Rechtspflege) 
eine  vergleichende  Darstellung  dieser  Verfassungen  giebtk 

.  Da 'dieser  ( ob  wohr  vorzüglich  schätzbare)  Theil  des  Wer- 
kes tticht  wohl  einen  l4.uszug,  wenigstens  in  diesen  Blattern 
nicht,  zulafst,  ^o  richten  wir  niir  noch  an  den  Vf.  den  Wunsch, 
dafs  er,  bei'  einer  zweiten  Ausgabe  des  Werkes,^den  Abschnitt 
-von  der  Reohtspflege  ausführlicher  behandeln  wolle. 


Fermisckte  Abhandlungen  meistens  über  Gegenstände  des  Rechts 
und  der  RechtspoHzti  von  B.  Roth,  geh,  Rathe  und  Ober- 
vogie  in  Pforzheim,-  R.  d.  Z.  £.  O.  4*  Heft,  Karlsruhe 
iei  Gottlieb  Braun  48%3.    4i8  S.   8*     4  ß. 

Eixn  jeder  Beit)rag   zur  Erlauterunjg  des  Badenschen  Rechts  ist 
eine  um  so  erfreulichere  Erscheinung,  je  mehr  ooch  dieses  Recht 
der  wissenschaftlich en  Bearbeitung  bedarf,  je  weniger  der  Schrift-*    < 
sieller  ditssere  Aufmunterung  l\x    einer  solcheii  Arbeit  bat.     Die 


t 


I 


434  Roth  termlscbtfe  Abbanälangen« 

Törliegeqde  Schrift  hat  lediglich  uüd  sillelQ,  (was  auf  dem  Tl-> 
telblaUe  zu  bemfrl^eu  gewe&ea  wäre),  das  JBadensche  "^echt  zum 
Gegenstände,  insbesondere  das  bürgerliche  Recht  des  Landes. 
J^dQck  U^t  dem  letzteren  bekanntlich  das  franzosische  .  Recht 
^m  GrundO'  -^  Kec,  will  kürzlich  den  Inhalt  der  einzelnen 
Abhandlungen  Eingeben.  .•' 

/^     Entwftrf  ein^r  "neuen ,  Gantordnung    nahh    dem    neuen 
l,andrechte^     Es  werden  die  General-   und   SpecialUassen   der 
Glaubiger  nach  dem  dermatigen  £,  Rechte  angegeben. —  //.  Be- 
merkung  über  das  Gantverfahren,    nach    dem-  edlem  und  neuen 
itondrechte, .  Eine  summarische  Ferm/ögensuntersuchunsj  vor  der 
Vergantung,   isl  weiter   nicht  crforderlrch;  —     JJl/Beantwor^ 
lang  der  Frage,  ob  bloß  der  Brautsehatz  der  Frau  whd  was  Ar  aus 
dem  Heij'athsvertrage  gebührt j  oder  auch  das  übrige  beigebrachte 
Vermögen  derselben  bei  dem  Falliment  des  Mannes,  auch  ohne 
Minttag  ins    Unterpfandhuch ,  im  Colloeationsurtel  in  die  ^dritte 
Klasse  zu  setien  sey.     Der   S.  21 35.  des  Landrechtes,  welcher 
die<e  Frage  bejaht,  wurde  durch  das  i^ie  Einfährongsedikt  auf- 
gehoben, durch  ^inO  Yerordn«  v*  J..  ,i8ii   (Regbl.   1812.  N.  II.) 
wieder  hergestellt.     Der   Verf«  gtaubt  gleichwohl  behaupten  zu 
können,  dafs  durch  diese  Verordnung  die  Vorschrift  des  Land-» 
rei^hts   nur  zum  'TheU  wieder  hergestellt    worden   sey !      (Der 
Verfi  hat  selbst  zu  dieser  Meinung,  dio  Rec«  gänzlich  unhaltbar 
?iu  seyn  «cheint,   kein  Zutraun).  -*—-    //^.    Ueber  die  Adjudicor 
$iön  der  frwhjtlos'ziir  öffentlichen  Versteigerung  ausgesetzten  Üh- 
terpf ander   an    Zahlungsstatt  an    den   Pfandgläubiger   um  den 
fetzigen  Wakren  JVerth,  Nur  zu  diesem  Werthe  kann  der  Gläu- 
biger  die  Adjudication  verlangen;   nicht  aber  kann  «r  fordcro, 
dafs  ihm  die   verpfnndeten  Liegenschaften  schlechthin  i^ugesclila- 
*en  werd«n*     In  einem  Anhange  wird  ti och  der  Vorschlag  des 
lierrn  Oberhofrichters  von  Drais  bestritten,  daTs  in  dem  fragil- 
'  chen  Falle    ei^   Zehntel    von    dem  taxirten  Werlhe   abgezogen 
werden   sollte,    jf  Milde  ge^en   die    Schuldner /ist;  in   degr    Tbat 
Strenge^  f^^^en  die  Schuldner.     Denn  sie  vermindert  den  Kredit, 
Das  sollte  man  nie   bei  der  Gesetzgebung   vergesisen ).  ■»—     V. 
Uehev   die  mangelhafte  gesetzliche    Vorschrift   irt    CoHcurssachen 
f^i^ch  geschehener  ErgteUung  des  Gantremedii^  Auch  In  Gantsa- 
vhe^  nifufs,  w^ni^  pin^  Appellation  eingewendet  irorden  ist,  vor 
Sins^ung  d«l*  uflicrrichUichen  Akten  4^r  Appellat  vernommen 
werden,    Gegen  die  Rechtsbeiehrung  im  Regierung^bbtte  i8o4 
Nr,  34-  ""^     f^^'  U^ber  die  Frage  j,   wie  gesetzliche  und  bedun^ 
^enet  Unterpfänder*  j   welche  *^ar  Einßlhrung  des  netten  JLand" 
techu  eutstt^nden   sind^   bei  einenn  jetzt   erst  ttusg^roehenen 
Conei&s  zu  locken  seyen  ?  Antwort  ;^  Nach  dem  alten  Recht«,  — 
Vli^   Ueber  die   Thei(n(thme  rf^r  Frm  an  einer  GememscAafts-' 


Roth  yieirmisdite  AbhandOimgeQ.:  45$ 

scfudd,  ivenn  sie  ifon  ihr^n  €ü$$m  mUiferffändtt  hdtß  ohn0  sick 
jedoch  sammtverhindlich  gemacht  zu  haien.^  Die  Fraa  b^iftet  für 
die  Schuld  nur  zur  H^fte^  -—  VIIL'^ lieber  die  f^erwim^lung 
der  Fahrnifsgemeinschffi  in  die  Gütergemeinschaft  auf  Errun^ 
genschafu  Der  Verf.  giebt  den  Rath^  die  letztere  Art  der  ehe- 
lich ea  GutergemeHi8cliaftJ  zui^  gesftzlicliien  Regel  zu  erbeben, 
<  Sollte  sich  dazu  nicht  möch  mehr  die  allgemeine  Gütergemeinr 
Schaft  eignen?)  v*<*  IX*  r  Guiachten  eines  Amtsrevisorats  üb  fr 
dieselbe  Frage,  Aueh  hier  wird  der  firrungenschaftsgen^einschaft 
der  Vorzug  gegeben«  -*«  X.  üeber  den  S,  43!l6  des  neuea 
'Landrechts  riichsichtlich  der  Form  der  einseitigen  Privütiirhunden 
oder  BiUets.  Zweifel  über  den  Begriff  einer  einseitigen  Priyat- 
tirkunde.«--*>  XL  Ob  ein  Gläubiger,  der  eifien  J^urgen  hat,  i*erbun^ 
den  sejTj  vo^^inem  Schuldner  Guter  an  Zahlungstatt  sich  fld^ 
jadiciren  zu  Wssen.  Bejaheftd  beantworte*  ( Mit  Befremden  hat 
Red.  in  dieser  Abhandl.  tind  in  andern  >SteUeir  Riagen  über  die 
Verarmung  des  Landes  gelesen.  Baden  bat  auch  in.  den  leti^^en 
Jahren  an  Wohlstand  zugenommen ;  da»  beweist  unter  anderm 
die  Zunahme  der  Bevölkerung.  In  den  Jahren  tSig.  ao.  ai.t 
bis  soweit  erstrecken  sich  die  Nachrichten  des  -Rec  ^  sind  jähsr 
lieh  ohegeföhr  ao^ooo  Menschen  «nehv  geboren  worden, .  als  ge- 
storben sind!  Nur  der  Geldwerth  unserer  Besitzungen  ist  g;e* 
sunken;  woher  freilich  mannigfaltige  Vienl^genheilen  entstände* 
sind.  Aber  GelH  ist  nicht  Reichthum ,  wie  schon  Arisfratolef 
bemerkt).  —  XJL  Ueber  die  Frage,  oh  eiaCredtior  bei  einer 
Liegenschqftsadjudication  an  Zahlungsstatt  pen  dem  abge^chatxr 
ten  JVerthe  der  Guter  ^/^^  abzuziehen  berechtiget  sey?  HLe^  fin« 
det  man  einen  Beschlufs  des  Justiz -^Mipi^.  v.  3ten  Jcm.  ^842« 
für  die  bejahende  Meinung  —  XI IL  Ueber'  die  Frage:  Ob 
auch  Kauf  Schillinge  ifon  Liegenschaften  m  das  Pfandbuch  emger 
tragen  werden  müssen?  Die  Unterlassung  der  Eintragung  ent<r 
zicSt  dem  Verkäufer  nicht  sein  Vorzugjrecbt.  —  XI f^,  Ueber 
die  Nothwendigkeit  der  litis  denunckuio  in  aflen  Sachen,  W0 
Jeine^d  nach  {Verlornen  Procefs  seinen  Regrefs  an  einen  Dritten 
nehmen  zu  können  glaubt.  Der  Yerf.  behauptet  diese  Nothwen- 
digkeit.  —  XF,  üeber  die  Benutzung  des  väterlichen  VetmÖ^ 
gens  d^r  Kinder  durch  die  Mutter  un  Pf^ittwenstande  und  iiker 
■  die  Bestreitung  der  Studienkosten,,  Von  dem  Ma(sstabe»  nacii 
welchem  zu  ^ie^u  Küstea  hie^iebangsweiae  die  Mutter  bjwutra« 
.gen  bat  und  das  Vermögen  des  -Kindes  zu  verwenden  ist.  — » 
X.F'L  UAer  den  Gerichfsitand  eines  Pflegers ,  dessen  Pflegsohn 
anderswo  seinen  Wohhsitz  hat,  und  über  die  Erstreclmng  der 
Gerichtsbarkeit.  Nicht  von  Bedeutung.  —  XF'IL  Ueber  den 
Unterschied  zwischen  Justiz  ^  und  Polizei ^  Sachen.  Streiti^eilen 
ikhcT  Mein   und   Dein  können    weder  nach  allgemeinen  Grund- 


450  Roth  vermischte  Abhandlungen. 


säueti  noch  nach  dem  Badenseh^n  Rechte  (L.  R.  S.  5AS.  Verf. 
Urk.  §.  i3.  i4')  ^u  den  Polizeisaichen  gerechnet  i^erden.  — 
Xyill*  Ueher  den  fViicher  überhaupt  und  insbesondere  über,  die 
gegen  die  Prdlertien  der  Jaden  zu  ergreifenden'  Mafsj^tgelnm 
^Gh'icMich  das  Christenland ,  wo  es  keine  Hebräer  gicbt. « 
( Dieses  Glücks  sind  bereits  einige  Länder  theilhaft,  da  •  die 
Kenntnifs  der  •  Hebraischeu  Sprache  immer  seltner  i/^rd!). — 
'XIX,  Ueher  die  Frage,  ob  Amtsrei^soren  oder  Theäungsr  Com- 
missturSj  als  deren  Gehülfen,  bei  FaUimekt€ln  die  Liegenschaf ts^ 
^Versteigerungen  und  Ganturtels ."  Publikationen  aus  amtlichen 
Auftrag  vornehmen  dürfenl  Die  Frage  wird  bejahend  beant- 
•worlet  —  XX.  Ueber  die  geger^  die  Revision  des  Bad.Ge^ 
setzbuchs  (des,  Land recbis)  vorgebrachten  Zweifel  und  Bedenk^ 
lichkeitmn.  Der  Verf.  scheint  sich  für  die^  Meini^|to  zu  erklären, 
dafs  das  Landrecht  einer  durchgreifenden  Revisio^Lu  unterwer- 
fen, nicht  aber  tnirch  ein  ganz  neues  Werk  zu  ersetzen  se^.  — 

'  XXL  Gutachten  über  die  Aufhebung  d^  S.  34o>  des  neuen 
Landrechts,  wodurch  alle  Nächfrage,  wer  Vater  eines . naturli" 
chdn  Kindes  sey,  verboten  wird.  .  Dei^  Verf*  «ist  aus  -guten  Grün« 
den  yur  die  Aufhebung.  Ei^  erörtert  izugieich  die  Fi age»;  In 
Trelchen  Fällen  ist  die  Vaterscl^aftsklag«  unzulässig?  Welcher 
Beweis  ist  zur  Begründung  dieser  Klage  erforderlich?  Sind 
Unzuchtsfälle  zu  bestrafen?  —  XXIL  Ueher  die  Frage:  'Öh 
ein  kutholiseher  Pfarrer,  verlofigen  könne,  da/s  sein  GlauJbensge- 
^%osfe  vor  der  Trauung  beichten  und  ccnimutu'ciren  müsse?  Ver- 
neinend beantwortet,  auf  Veranlassung  -eines  besondem  wobi 
interessant  zu  nennoitden  Falles.  —  '  XXIIL  Ueber  die  Fruge  : 
Ob  dn^  Pfarrer  in .  rechtlicher  Hinsicht  vertragswidrig  handle, 
W^in  er  '  auf  der  Kafue(  seine  Privatmeinungen  und  Ansichten 
vorträgt,  welche  von  der  von  der  kirchlichen  Gemeinde  allgemein 

'  fipprobirten  Lehre  abweichen?  Verneinend,  audi  was  protestan- 
tische  Pfarrer  betrifft ,  ^  entschieden,  -^  .  Rec  sieht  der  Fön- 
tet zung  mit  Vergnügen  entgegen. 


Die  mathematische   Naturphäosophie    nach  phüosophiseher.  Me^ 
*    /  thode^  bearbeitet.     Ein    ß^rsach  i>on   J:  F.  Fribs,     Heidel" 
berg  48^^.  X  und  6^9^  S,  8*  4  fl-  3o  kr. 

yi  or  der  Anzeige  und  Beurtheilung  des  Inhalts  .dieser  wichti- 
gen ßchrift  wird  es  nicht  überflüssig  sejn,.zur  nähern  Bezeich- 
nung des  Standpunktes,  woraus  Rec.  das  Ganze  betrachtet,  et- 
nige  allgemeine  Bemerkungen  vorauszuschicken,  hauptsächlich  um 
die  schwankenden  und  unbestimmten  BesriiTe,  welche   mau  in  deu 


.  Fries  mathematische  Naturphilo3(^hie.  ^4^7 

neoesCea  Zeiten    mit  dem  Worte  Naturphilosophie  za  verbinden 
pQegte,  genauer  fesisustellen.   yVenn  man  unter  Naturphilosophie 
<las  Bestreben,  des  meäschlichei^  Geistes  vorstdit,   die  ail^^emetn- 
sten  Gesetzte',   welche    der   Entstehung  und   den   Veränderung«*» 
der.  Körper  weit   zum  Grunde   liefen,    durch  Speculatien  aufzu- 
finden, so  ist  sie  so  alt,  als  Philosophie  und  Wi^settschaft  über« 
baupt.     Dann    gehören    dahin    unter    andern    die    mannigfalti<^cn 
Mjthen  vom^Chaos,  nebst  den  Schöpfungsgeschichten,    die  Vfer^ 
suche  der  Jonier,  alles  aus  dem  Wasser  entstehen*  zu  lassen,  dio  * 
Atomenlehre   des  Demokrit  und   Leucip,   die  vier  Elemente  der 
Peripatetiker,    die  Zahlcnverhältnisse    de^  Pythagoräer ,   selbst  in 
einiger    Hipsicht    die    Lehre  ^  vom   Makrokosmos    u«   s.   w.     Iiu 
christlichen  Europa   erhielt  .sich   lange  der  Glaube  an -die  mosa^ 
ische  Urkunde   und   die  unmfttelbare   Einwirkung  der  Gottheit 
zur   Erklärung   aller  Naturerscheinungen ,    verbunden    mit  •  einen 
nicht  durchaus  klaren  Anhänglichkeit  an. die   vier   Elemelrte  der 
Peripatetiker  ^  bis    drtesius    ein   ganz  neues  naturphiiosopbisches 
Sjstem  in  seiner- Wkbeltheori^  aufstellte,   welches  in  der  durch 
Hujrgens    erhaltenen  Ausbildung,   und  gestützt  auf  des.  Jetsteren 
bekannten    Versuch    eines    durch    Sd)W"ngbewegung    erzeugten 
Strebeus  nach'  dem  .Mittelpunkte   vpn   ausnehmcndi^in.  Gewichto- 
war,  und  "'sich   durch    seinen,   für  die  |f}anäaligen  Zeiten  grossen* 
inneren  Wer th  so  lauge  zu  erhalten  vermochte.   Newtons  dwtz\^' 
dringender  Scharfsinn,  sein  praktischer  Blick,  das  freudige  Oe»- 
fxihl  auf  dem  Wege    unmittelbarer  Schlüsse    aus  ünzweiftäli^rten 
Erfahrungen  zu   bedeutenden  Resultaten  gelangt  zu   seyn,    ver- 
l)unden   mit   seltener  Bescheidenheit   und  einem  grossen  Wfdcr» 
willen   gegen    wisse^ischafl liehe   Disputationen  ,  entfernten  diesen 
unübertroffenen  Meister  unter  den  Naturforschern,,  nack  einigen, 
vprgängigen    H^'pothesen   von   einem* Überdll  verbreiteten  und  ta 
vielfacher  Hinsi eilt  wirksamen  Aether,  endijch  durchaus  yen  allen 
uaturphilosophischen  Speculationen.    Und  dennoch  hälrsein  Budii 
üuter  den  Neueren  unläugb^r  den  Namen  zu  diesem  wissensohaft"« 
liehen  Zweige  hergegeben.     Vor  ihm  hatte  man  physica,  rntta-* 
phjsica  u.  s.  w.,  allein  als  Engländer  hatte  er  plne  -  natural  phi-* 
Lpsophy ,  und  somit  ^uxe  phüosophia  naturalis,   welche  übersetzt 
zur   Naturphilosophie  wurde«     Die  Newtonsche  antinaturphtloso«- 
phische   (in    dem  '  angegebepen  Sinne >   Bearbeitung   dep  Physik 
siegte  nach  langem  Kampfe,,  upd  wuir4e   zuJietit.Allgemeia  herr- 
schend,  bis  Le  Sage  mit  einer  neuen  Theorie  herYortrat,- wel<«' 
che  durch  den  Beifall   des  erfahrnen  de  Luc  mehr  Aiiüieheli  er-* 
regte  ^  als  sie  ihrem  W er the  nach  verdiente«     Während  Engla«-»' 
der   und  -Franzoisen   spater   auf  dem   von  Newton  bezeichnetea 
Wege  fortschritten,  zwar  langsam  aber  anhaltend  das  Gebiet  der 
Naturforschung  er vv: eiterten ,  wobei  yoriüglich  PrUstley ,  ^Caven^ 


46o      Fries  mathematische  Naturphilosophie. 

allgemeinen  Priacipien  abstrahirt,  da  sie  dieselben  döeti  .blo(s 
historiscli  erlernt  haben,  und  jenen  nur  anpassen,  nicht  beden- 
kend, dafs  das  ganze  Gebäilide  ihrer  Spcculation  zusammenrailen' 
mufs,  wenn  die  als  nothwendr<>^e  Folgerungen  dargestellten  (be- 
setze dennoch  bei  genauerer  Untersuchung  falsch  befunden  v^er- 
den.  So  »bewies  ein  berühmter  Naturphiiosoph  um  Ostern 
-iSoo  in  seinem  Antrittsprogranime  aus  speculativen  ^runden, 
dafs  das  Sonnensystem  nur  sieben  Planeten  haben  könne,  nicht 
#fancnd,  dafs  am  ersten  Tag«  des  nämlichen  Jahrs  schon  der 
achte  entdeckt.sej,  dem  bald  nodi  drei  andere  folgten.  Wurde 
er  nun  'schon""  wegen  dieser  dreist  ausgesprochenen  f&lsthtn  Be- 
hauptung bewundert,  was  würde  nicht,  erst  -der  Fall  gewesen 
sejn ,  wenn  iix  durch  literartsclie  Verbindungen  unterstutzt'  die 
wahre  auf  gleiche  Weise  apriorisch  deducirl  hätte,  was  doch 
auf  allen  Fall  noch  leichter'  seyn  mufs,  wenn 'nicht  die  ganze 
Methode  geeignet  ist,  als  blofs  trügerisches  E^kenntnifsmittel  bei 
.Seite  gelegt  zu  werden«  Eben  f>o  erinnert  sich  Rec.  seiner  Zeit 
die  WQhlgegrüudete  bedenkliche  Aeusserung  eines  Astronomen 
gelesen  zu  haben,  dafs  von  .aAen  lieöbachteten  Kometen  doch 
Uofs  der  Hallej'^che  zur  bestimmten  Zeit  wiedergekommen  sey, 
und  daher  die  Regel massigkeit  die&  Laufes  aller  dieser  Fr emd* 
Unge  unter  den  Gestirnen  überluiupt  noch  wohl  bezweifelt  wer- 
den müsse.  Sogleich  wufsten  die  ^Naturphilosophen,»  dafs  diese 
Gattung )  von  Naturkörpera  ^uach  speculaliven  Sdilufsfolgeruligeii 
keinen  regelmässigen  Lauf  boben  könnten,  und  sie  hätten'  bei 
der  grossen  Ezcentricität  iast  aller  KometenbaKnen  diese  Behaup- 
tung l^ei  ihrem  eigenthümlichen ,  (^er  Sache  unkundigen,  Publi- 
cum noch  lauge  vertheidigen  können,  wäre  nicht  zufallig  Rämker 
zeitig  genug  auf  Neuholland  angekommen,,  um  den  fast  piatieta- 
rischen  Lauf  des  Enkeschen  Kometen  ausser  Zweifel  zu 'setzen. 
Dergleichen  Hesse  sich  noch  mehr  beibringen,  wenn  es  bei  Un- 
befangenes dessen  bedürfle,  und  bei  den  in  ihren  Yorurtheilen 
Verstrickten  nur  die  mindeste  Hoffnung  einer  besseren  Ufeber- 
leugung  vorhanden  wäre 

Uüd  lüer  möge  denn  der  ^chtungswerthe  Verf.  der  vorlie- 
genden ScKrift.  es  jnit  des  Rec.  reinVvissenschaftlicbem  Eifer  ent- 
schuldigen^ wenn  er  auch  ihn  auf  etwas  diesem  entfernt  Aebn- 
lieh  es  aufmerksam  macht.  Cou/om^'/  feine  Versuche  über  die 
electxische  'AJ:>s.to9stlng,  gaben  das .  durcK  Analogie  untersstutzte 
Geiietz  einer  den  Quadrate  der  Entfernung  umgekehrt  prbppi^ 
üooalen  SltärLe,  und  wenn  gleich  sein  Apparat  etwas  künstlich 
ponsCruirl  ist;  so  wurde  dasselbe  doch  all^enieitt  angenommen* 
IHeses  Gesetz  n.un  liegt  auch  der  electrischen  Theorie. des  Verf. 
lum  Grunde  >  obgleich  die  Simonschen  Versudie  S.*  634  nicht 
unerwähnt  und  nicht  uttbcrücksichtigt  bleiben.     GegettW^ttig  ist 


Fries  mathematische  Naturphilosophie.      J^ti 

ab^r.die  Abstossung  im  etoraclien  Verliältnifs  der  Abstände  durch 
die  neuesten  Yersuche  von  /'  K  Mayer  bewiesen,  durch  wel- 
che einzige  Wahrheit  die  Wissenschaft  offenbar  mehr  erweitert 
ist,  all  durch  alle  naturphilpsophisdie  Speculationen  während  ei-« 
jacs  ganzen  MenscheHalters;  denn  jenes  wird  ewig  bestehen,  an- 
statt dals  diese  sämmtlich  sich  bisher  nur  als  ephen^ere  Erschei- 
nungen gezeigt  haben. 

Nach  dieser  ganz  offenen^  hier  nothwcndigen  Erklärung, 
der  Ansichten  des  Rec.  wird  man  es  natürlich  6nden,  dafs  ef 
das  vorliegend^  Buch  an  sich,  und  abgesehen  von  seinem  rühm- 
lichst bekannten  Verf.  nicht  eben  mit  günstigem  Vbrurtheile  zu)s  ~ 
Hand  na^.m.  Allein  man  wird  sich  sehr  irren ,  wenn  man  hier 
eine  Naturphilosophie  im  gewöhnlichen  Sinife  der  neueren  Schule 
zu  finden  wähnt.  Das  Publicum  erhält  vielmehr  einen  sehr  be- 
deutenden  wissenschaftlichen  Beitrag»  Hesse  sich  nur  das  schmerz- 
liche Vorgef'ühl  des  Mifsbrauchs  entfernen,  welcher  ohne  Zvei- 
fei  von  der  mehr  phantasirenden  als  Scharfsinnig  denkenden 
Klasse  von  Lesern  damit  getrieben  werden  wird.  .  Hier  findet 
man  keineswegs  den  gewöhnlichen  Schwall  hocbtraoender  und 
unverständlicher  Worte,  nicht  leere  und  alldetitsame  Formeln, 
sondern  einen  reichen  Schatz  positiver  Erfahrungen,  sehr- gründ-* 
liebe  Kenntnifs  der.Mathematik  und  Gewandtli^it  im  GilciH,'  end": 
lieh  scharfsinnige  Combinationen  und  gut  begründete,  durch  in- 
nrere Consequepz  sich  empfehlende  Hypothesen.^  Indem  es  nun 
dem  ifienschlichen  Geiste  un'läugbares  Bedürfnifs  ist,  den  nicht 
unbedeutenden  Nutzen  der  Uebung  im  Nachdenken  ungerechnet, 
den  allgemeinen  Gesetzen  der  Naturerscheinungen  -  unermudet 
nachzuspüren,  so  Hesse  sich  vom  Studium  des  vorliegende)  Wer« 
k-es  allerdings  ungemein  viel  Gute^  erwarten,  dürfte  man  nur 
boff'eo,  dals  die  Leser  das  Ganze' aus  demjenigen  Gesichtspunkte 
auffassen  wollten,  welchen  der^Verf*  selbst  mit  einer  fyr  dio' 
neueren  Natur plulosophen  allerdings  seltenen,  Bescheidenheit  un4 
partheilasen  Würdigung  am  Ende  des  )jVcrkes  aufgestellt  hat^ 
"wenn  et  unter  vielen  andern  Stellen  z.  B.  S.  669  sagt:  «Doch 
«dem  sej,  wie  ihm  wolle,  wir  sehen  einerseits,  dafs  wir  so- 
«bald  noch  nicht  im  Stande  sejn  werden,  eine  eigentliche  Na- 
«tqrlehre  für  die  morphotischen  Processe  an  der  Erde  zu  eut- 
«werfen.*  J^erner  S.  676.  «Nur  bitten  wir,  die  nur  scheinba- 
«ren  natqrphilosophischen  Einleitungen  und  Begründungen  weg« 
«zn)assen,  und  neben  diesen  halbdichterischen  Auffassungen  d^is 
«Erdenlebens  das  Bedürfnifs  und  die  strengeren  Anforderupgeii 
«der  beschreibenden .  und  erklärenden  Wissenschaft  nicht  zu  ver- 
^Jiennen.»  Endlich  ebend«  «Was  ferner  die  X^orberettung  zur 
«Naf urlehre  in  der  Organologie  betrifft,  in  physiologischen-  und 
« den  damit  y^buiidenen  nosologischen  und  therapeutischen  Yer- 


4ß9      Fries  mathematische  N'a^turphilosophie, 

«sttdien:  so  wird  woKl  klar  sejrn^  dafs  die  empirisctiM  Scliu« 
den  für  grosse  Perioden  in  der  Geschichte  der  WissenscHaft 
€  immer' ,dea  besseren  Ruhm  davon  tragen,  die  ration  eilen  Sj* 
«'Sterne  hingegen  nur  ein  der  Mode  unterworfenes  Spielzelig  auf 
«den  Universitäten  bleiben  werden,  so  lange  es  nicht  gelingt, 
«die  rationelle  Behandlung  der  Wissenschaft  andauernd  von  dem 
«Einflufs  alUu  unsichrer  Hvpothesen  und  von  dem  nur  täuschen-« 
«den  Gebrauch  .allzu  allgeineiner  Vergletchungsformetn  zu  be« 
«freien*» 

Dennoch  aber  kann  sich  Reo.  der  Frucht  niclit  erwehren, 
dafs  die  Versuche  des  Verfs.  tu  gleichen  Spielen  einer  überreiz* 
ten  Phantasie  Veranlassung  geben  werden,  als  dieses  unläugbar 
mit  den  Kantisdhen  Grundkräften  der  Fall  gewesen  ist.  Bei 
dem  nur  allzunatürljchen  Streben,  das  ganze  Gebiet  der  Wis* 
senschaften  mit  einem  Male  zu  überblicken  ( zu  erfassen  ist  ei^ 
gentlrch  der  Modeausdruck)  werden  insbesondere  angbheiide  Na« 
turforscher  weniger  die  gelehrten  geometrischen  Demon|trationen 
des  Verfs.  Schritt  für  Schritt  verfolgen,  und  weniger  sich  fra- 
gen, ob  sie  auch  alle  die  positiven  Kenntnisse  der  Naturkorper 
und  Naturerscheinungen  sich  zu  eigen  gemacht  haben,. welche  er 
sichtbar  aus  einer  grossen  Fülle  oft  nur  andeutet,  um  den  Gang 
seiner  Combinationen  zu  bezeichnen.  Am  begierigsten  werden 
sie  über  sein  (sehr  willkührliches )  Schema  S.  68&  herfallen, 
wonach  Stickstoff  als  -^  M.  in  der  Atmosphäre  dem  Kohlen- 
Stoff  als  —  M.  in  der  £rdelothrecht  gegenübersteht,  und  hori- 
zontal durch  den  electrischen  Gegensatz  vom  Wasserstoff  als 
-|-  £.  im  Wasser  und  dem  Sauerstoff  als  t^-  £.  im  Licht  nor- 
mal gci^chnitten  wird.  Hieraus  allein  lafst  sich,  wenA  nur  eine 
palsliche  Vorbereitung  nicht  fehlt^  die  ganze  Welt  construiren. 
Viele  werden  die  neu  eingeführten  Sedzbildung ,  den  vegetabili- 
schen und  9iinm'A\sc\\en  'Bildung strieb ,  die  Strahlungskraft ^  die 
Lichtstoffe  u.  dgl.  m.  auffassen,  hieraus  ein  allgemeines  Skelet 
der  Naturwissenschaften  bauen,  mit  einigen  der' neuesten  Erfah- 
Tungen  die  Lücken  ausstaffiren,  und  sich  dann  ^n  dem  Meister« 
werke  ihres  Verstandes  ergötzen.  —  Doch  genug  hiervon;  denn 
des»  achtungswerthe  Verf.  kann  mit  vollem  Rechte  dien  diesen 
Argumenten  mit  der  einzigen  Phrase  begegnen:  abusus  non  toi" 
Ik  usum» 

Nach  diesen  allgemeiiien  Erörterungen  dürfen  wir  aus  Ruck* 
sichten  auf.  den  beschränkten  Raum  unserer  Blätter  den  Inhalt 
des  vielumfasseudeil  Werkes  nur  kurz  bcrtHiren,  indem  ohuehin 
eine  vollständige  Prüfbog  desselben  leicht  eine  Schrift  von  glei- 
chem Umfange  erfordern  könnte.  ^  Im  Ganzen  sucht  der  Verf. 
die  Kantische  Dynamik  in  einer  sehr  abgeänderten  und  viel  cr- 
'^eiterten  Gestalt  als  die    eigentliche,   in   si<^h   consequente  und 


Fries  mathematische  Naturphilosophie.      4^3 

fnit  der  Erfahrnng^  überrinstianneDdc  Naturphilosophie  darzusteU 
len,   indem   ^  diese  der  empirischeii  Naturforschung^der  engli- 
schen  und   französischen  ^Schule    nndi  der  Astomistik  gegenüber 
stellt.     Wir   wollen   nicht   geradezu    behaupteji,    dafs  der   Verf. 
die   Erfahrung  verwirft;    allein    dafs  er   iie   neb^n  der  von  ihm  ' 
sogenannte^    mathematisch^    Physik    zu  sehr  in   Schatten   stelle, 
läfst  sich   wohl   nicht   leugnen.     S.  aa     unter  andern    hellst  ea : 
.    «Nicht  die  Erfahrung,   sondern  die  Geometrie  hat  für  die  Hyr 
«pothesen  des  Kopernicus  und  R^ler  entschieden.  >     Eigentlich 
doch    wohl    nur   die    geometrisch   behandelte   Erfahrung;    dena 
übrigens  construirt  die  Geometrie  so  gut  den   Kreis  als  die  Pa-' 
rabely  den-  Umlsiuf  der  Sonne  als  der  Erde,  aber  die  Erfahrung 
(Beobachtung)   ergiebt  die 'Keplerschefi  Gesetze.     Die  Geome*- 
.  trie  hat  Epicjklen  construirt,    \\onach    die   Sonne  um  die  Erd« 
läuft,   aber,  die  Erfahrung  d^r  Aberration  macht  diese  Annahme 
QDn^öglich.     Ob  übrigens  die  bedeutendsten  deutschen  Physiker, 
'wcfnn  sie  gleich  wie  einst  Newton  xur  Verineidung  eines,  mögli«- 
cben    Geschreies   der   Modephilosophen   von    dem   Werthe   und 
dem  Vorzuge   der  Dynamik    reden ,   in  Ansichl  und  Darstellung 
von  den  Engländern  und  Franzosen  abweicben,   darüber  wollen 
"Wir  nicht  streiten,  obwohl  es  nicht  schwer  sejn  dürfte^  die  ge- 
naueste  yebereinstiramung   nach  zu  weisen«     Dafs   weder   di«  aCo<- 
XDistiscbe   noch    die   dynamische  .speeulative  Naturphilosophie  1« 
einem  genügenden  Resultate  führen,  kann ,  wird  der  Verf.  selbsl 
«ugesleben  riiüssen,    wenn  er  nur  berüicksichtigt,    dafs  nach  set^ 
ner    eigeneYi   Darstellung    i^uvor   sowohl    Bie   materielle  Substanz 
als  auch    die  gesammten  ^  wirksamen   Kräfte   vollständig    erkannt 
sejn   müssen,,   ehe   es   eine  genügende  systematische  Constructio« 
derselben  gehen  kann.    Die  Anhänger  beider  Arten  fehlten;   dif 
ersteren,  indem  sie  blofs'dic   Materie,    die  letzteren  indei^  sie 
ausschliefslich   die    Kräfte    berücksichtigen   zu    müssen    glaubten« 
lo  ^Deutschland  dürfte  es  vvohl  überflüssig  sey^,  vor  der  Einseitigkeit 
dler  ersteren  Methode  zu  warnen,  denn  es  giebt  sicher  niemand 
xnebr,  welcher  slreiüg  genommen  die  Naturerscheinungen  aus  den 
Qualitäten  der  Atome  zu  erklärlfei  versucht«  Dafs  aber  die  wahre 
znathematisch  -  pl^ilosophische  Naturforschung  erst  durch  die  Kan«-' 
tische  Dvnamik  gegründet  seyn  soll,  wie  in  der  Einleitung^  wie^ 
derbolt   behauptet  ;wiid,    dürfte   doch    yvohl   eine  aus  Vorliebe 
entstandene   Behauptung   seyn.  .  Rec.  meint  wenigstens  die  opti- 
scbea  Unterinehungen  von  Malus j  Brewster,  Herschd,  Biot  n^i. 
J^resnelß   Äie  Theorie   der    CapiUarität'^    der    Ebbe   pud   Flmb 
-o»  s.  w.  von  La  Plact,  die  Akustik  von  Chladni,  die  Abhand- 
ln ngen  über  Fortpflanzung  des  Schalles  von  Lagrange,  die  For« 
i9«:buDgen   über  das    Verhalten   der    Wärme    von   LajrAert   lind 
J^ayer^  die  geometrische  Entwickelung^  des  Attractionsgesetzet 


4(i4      Fries  tnathemalisclie  Naturphilosophie. 

Ton  SehmiJt*  vmi  so  yieles  andere  entlialte  niattiemati$ch-])TiU 
Idsophische  Naturforschung  genug,  oline  dafs  die  mindeste  Spur 
von  Kantischer  Djnamtk  darin  zu  finden  ist.  'Ueberhanpt  dur- 
feit wir  den  Verf.  bei  seiner  grossen  Belesenheit  nicht  erst  er- 
innern, dafs  ^egen  die  yon  Kant  «ufgestellten  Beweise  fär  die 
"Eiusiem  der  widerstrebenden  Kraft «^<  unter  andern  von  Maytr, 
Mollweide,  (/.  Busse  u.  a.  trifTtige  Argumente  aufgestellt  sind^ 
welche  man  zwar  durch  Geschrei  und  vornehmes  Gelehrtthun 
zu  beseitigten  gesucht,  aber  noch  nicht  widerlegt  hat,  indem  ja 
auch  in  cfer  vorliegenden  Schrift  der  Kantische  Beweis  nicht  er- 
wähnt, statt  dessen  aber  ein  neuer  aufgestellt  ist,  auf  weichet) 
wir  bald  zurückkommen  werden. 

«  ■  \ 

Ucbrigens  hat  der  Verf.  den  Zweck  und  die  Tendenz  sei- 
nes Versuches  scharf  tind  bestimmt  aufgefnist ,  wenn  er  S:  a^ 
sagt-;  « Unsrcr  ganzen  .Erkenutnifs  der  Körperwelt  liegt  eine 
«solche  mathematisch  -  philosophische  Erkenntnifs  a  priori  zu 
«Grunde,  und  deren  wissenschaftliche  Entwickeldng  soll  in  der 
^  «Mathematischen  Naturphilosophie  versucht  werden. »  Indem 
aber  Newton  sagt:  ein  vero  ßiiida  elastica  ex  pärticidis  se  miUuo 
fugantibus  coff Stent ,  quaestio  physica  est,  Nos  proprietatent 
ßiudorum  ex  eiusmodi  pärticidis  constantium  mathematice  demon" 
strai^imus ,  ut  phiiosophis  ansam  präebßamus ,  quaestionetn  illam. 
iractandij  so  nimmt  der  Verf.  dieses  für  die  gesammte  mathe- 
matische Naturphilosopliie  in  Anspruch,  und  sagt:  «Sie  soll 
«un^  die  Gesetze  möglicher  Hypothesen  über  diie  Natur' der 
«Körper  angeben f  bestimmen,  welche  Voraussetzungen  'zulässig 
«sejen,  welche  aU  die  einfachsten  von  allen  anzusehen  sejea 
«und  welche  mathematisch  bestimmbaren  Folgen  jede  einzelne 
«solche  Hypothese  mit  sich  führe* »  Hiernach  soll  sich  also  die 
mathematische  Naturphilosophie  des  Verfs.  zvlt  empirischen  Na- 
turphilosophie, wie  die  reine  Mathematik  zur  angewandten  ver- 
halten. Allein  der  Verf.  geht  i^nleugbar 'in  das  Gebiet  des  An- 
gewandten über,  wie  sich  nicht  anders  erwarten  liefs,  und  das 
Werk  unterliegt  daher  einer  doppolten  Prüfongj  theils  ob  und 
^vie  weit  die  abstracten'  Schlüssilihrichtig  sind,  theils  ob  die  An- 
vendung  derselben  auf  die  Erscheinungen  mit  den  bekannten 
und  unleuf^baren  Gesetzen  der  Naturphänomene  übereinstimme. 
Rec.  wird  sich  darauf  beschcauken,  blofs  bei  einigen  Stellen  zu 
«eigen,  wie  schwer  ein  solches  Unternehmen  sey,  wie  viel  der 
Scharfsinnige  Verf.  geleistet  habe,  zugleich  aber  auch  wi<?  mifs- 
lieh  insbesondere  die  Anwendung  nothweq^ig  «ausfallen  müsse« 

(Dir  BetcbM  folgt.) 


^=  ^*       Heidelberger  ^^^\ 

i 

Jahrbücher  der  Litteratur. 


F^ies  maikematiscke  Naturphäosopkie. 

{Biscbluff») 

JLler   erste  Theii   S*  33  bis  397    begreift   die  Pbilosaphie  der  . 
Mathematik,  worüber  wir  der  Kurze  wegen  lieber  ganz  schwei- 
gen  wollen,  > machen  jedoch  alle  wissenschaftliche   Mathematiker 
des  reichen  Inhalts  wegen  daranf  aufmerksam ,  um  die  einzelnen 
schon  vielfach  yerbandclten  und  bestrittenen  Untersuchungen,  na- 
mentlich auch  die  Parallelen  -  Theorie,  am  gehörigen  Orte  einer 
genauen    Pi^ufung   zu  unterwerfe^.     Der   Beweis  ^.  «91 1    dafs 
M  X  m  =:  m  X  M  sej,  worüber  Legendre  iA  Etsay  sur  la 
theorie  des  nombres  einen  directen  Beweis  aufgestellt  hat,  dürfte^ 
strenge  genommen  unzulässig  scheinen^   weil  er  dasjenige  postu«* 
tirt,   was  eben  bewiesen  werden  soll.     Ob  di«  Araber  ihr  Zah- 
lensystem von  den  Jildiern   erlernt  haben ,    is^  noch   wohl   frag- 
lich,   auch    wird    die    ge^^ebene.  Ansicht   der   entgegengesetzten 
Zahlen   schwerlich   ohne  Widerred«  angenommen  ifirerd<m.     Bei . 
der  Feststellung  des  BegriiFs  .vom  Unendlichen  wird  S.  258  über- 
einstimmend   mit  Euler   sehr  gut    gezeigt,    «das  das -Unendliche 
«das  Un^oUendbare  sey,  und  eirne  unendliche Oxdssq  oder  Klein- 
«heit.  nie  als   ein   gegebenes  Ganzes   angesehen  wei'den  dürfe.» 
Bei   dem  neuerdings  so   gangbaren   Spiele   mit   d^n   Ausdrücken 
des  Unendlichen  wird   dem  Rec.  oft  das  bekannte  Sophisma  ins 
Gcdächtnifs   zurückgerufen,    dafs  eine  Schnecke  so  schnell  laufe 
als  Achilles,  weil  beide  .in  einem  unendlich  kleinen  Zeittheilchen 
extkfix^  unendlich  kleinen  Raum .  zurücklegen ,  ein  allerdings  unwi* 
derleglicher  Satz,  wenn  das  Unendliche  überhaupt  mefsbar  wäre« 
Ist  es  aber  hiermit  verträglich  und  an  sich  wahr,   dafs  die  Null 
ein    Zahlzeichen   sejn,  «soU,    wodui^ch   ein    Verhält nifs    einer  zu 
messenden  Grosse  bestimmt  wird?     Das   willkührliche  I^nll  des 
Thermometers  kann    nicht  beweisen,  dafs  etwas  in  einer  Rück-* 
sieht  Null,    in  anderer  etwas,    noch   dafs  die  Fläche  gegen  den 
Körper,  die  Linie  gegen  die  Fläche,  der  Punkt  gegen  die  Linie 
Null   ^ej.     Ueberhaupt   findet  Rec.   darin,    dafs   der   Verf.   die 
Grenze",  bis  wohin  das- Gesetz  der  Stetigkeit  nothwendig  führen 
mufs,  von  dem  Begriffe  des  Unendlichen  nicht  scharf  genug  ge- 
schieden hat,    den  Hauptgrund    der   inneren  Widersprüche  und 

30         ■ 


466      Fries  molheiriatisclie  Naturphilosophie. 

unhaltbaren  Belwuptnngen ,  welche  weniger  im  ersten  als  Im 
zweiten  Theile,  der  reinen  Bewegungslclire,  vorkommen,  deren 
ejnige  kurz  antudeuten  wir  uns  erlauben.  S.  4<6  helfst  es: 
cDer  Richtung  nach  besteht  also  jede  Bewegting  aas  gradlinigen 
«Bewegungen,  die  winklichte  >ist  auf  directe,  die  krumme  auf 
«stetig  veränderte  Art,  aus  gradlinigen  Bewegttogen  zusammen- 
«gesetzt.»  Nun  sagt  zwar  auch  Kästner,  eine  gerade  Linie  Ist 
ein  Theil  eibes  Kreisbogens  mit'  einem  unbodlichen  Radius  ge- 
zogen;, allein  Wenn. man  die  Aen^efung  der  Richtung  npogllchst 
langsam,  wir  wollen  sageA  uivendlidi  langsam  annimmt,  eine  ge- 
rade Linie  aber  gleichfalls  unendllcti ,  so  waren  eine  'unendlicli 
,)linge  gerade  Linie  und  eine  unendlich  grosse  KteisHnicT  einander 
gleich.  Der  Widei^sprüdi  fällt  WÄg,  wenn  wit  die  -Begriffe 
sicharf  sondern,  und  dann  kann  eine  krumme  Linie  nie  eine  gerade, 
auch>iicht  In  eitlem  mefsbaren  Element«  sejo,  indem  die  eine  ihre 
Ri<ihtung  stets,  die  aiidere  hie  andtert,  mithin  eine  Sache  zu- 
gleich sie  selbst  und  tauch  das  Gegentheil  sejii  ködnt^.^  Ist  die 
Aend^ung  der  Richtung  auch  so  gei*inge|  däfs  ein  Mensch  wäh- 
rend seiner'  ganzen  Lebenszeit  den  Nenner  des  Bruches  nicht 
tohreiben  kSante,  dessen  Zähler  die  Einheit  zur  Bezeichouni;; 
dfer  Abweichung  von  der  geradeti  Richtung  wäre,  so  'würde 
dter  Uvitersclfied  damit  dennot^h  nicht  aufgehoben.  Aus  elaem 
gleichen  Grunde  zieht  Rec.  die  ältere  Bezeichnung  von  Ruhe 
und  Bewegung,  wonach  jene  Beibehaltung/  Avest  P^eränderms; 
dei  Ortes  ist,  der  Kantischen,' welche  der  Verf.  hier  wieder- 
holt,, iiin  üatizeto  'vöV*,  indeni  mim  durcW  diese  gänzliche  Allgc 
toeinheit  atn  ^  leichtesten  und  am  besten  der  Schwierigkeit  ent- 
geht, worauf  man  nach  S.  44  stolst,  dafs  nämlicH  in  Ruhe  sejn 
iind  in  Ruiic  hehetrren  zur  Bezeichnung  des  Begriffs  der  Ruhe, 
Welcher  doch  in  beiden  Ausdrucken  vorhanden  ist,  als  versclile- 
den  dtirgestelll  werden  nässen.  Was  'Kant  zu  dieser  Bestim- 
mung vernVochte,  ist  augenfällig;  Soll  nämlicti  daS  Null  der 
Bewegung  Ruhe  seyn,  so  mufs  ein  lothrecht  aufsteigifrnder  Kör- 
jyer  zuletzt  zur  Ruhe  kommen,  weil  er  aus  dem  Positiven  durch 
Null  'zum  Negativen  übergeht  \  Ruhe  soll  daher  Mne  andauernde 
feegenwart  an  einem  Orte  styn,  andauerhd  aber  lieisseo:  was 
bine  Zeh  hindurch  exisitirt,  ein  unleugbat*  unbestimmter  Zusatz, 
wenn  man  dfe  Zeit  ton  der  aUfrklein^ten  bis  zur  allcrgröfsten 
berücksichtigt.  Wir  sagten  drfgeg^n :  die  Schwere  ist  eine  stetig 
Wirketide  Kraft,  Wißlche  fe&ine  Ztii  ftiAdureh  aufhören  kann,  mit- 
hin ist  der  Kdr]^er  in  steter  Bewegung.  0er  Uehergaäg  von 
dier  positive^  zut  trcgatlven  Beweguh-g  aber  ist  ein  jgauz  "eigent- 
liches Nichts  des  Positiven,  aber  audh  des  Ne&aliven  der  Bcwe- 
g'nng.  E»  ist  nämlich  der  Kdrp^r  iYi  stctel*  Vei^ffnderuog  sm^ 
Oi^es,  «oitbin  in  steter  Bewcgultg,.  er^  der  positiven,   dann  der 


Eries  matbematische  Natiirphilpsoplite,      4^7 

negdtireity  und  zwischen  beid^  Iftcgc,  wie  notWeii Jig,  das  Kttti, 
tias  NichtSi  welches  als  solches  nicht  gerade  ein  Etwas^  nämlioh 
'Htthe  sejn  mufs.  ^        ^ 

,  Der  Vetf.  stützt,  wie  alle  Anhänger  der.Djnamik  iror  ihn 
'gethan  haben  und  aueb  wahrscheinlich  noch  fernes:  thuamrerdeto, 
den  Beweis  gegen  die  neuere  sogenannte  Atomistik  (denn  von 
der  alteren  kann  ja  ohnehin  yernünftigerweise  jetzt  die  Rede 
nicht  mehr  scjn)  imd  für  die  Noth wendigkeit  der'djrnamisehcn 
Ansicht  darauf,  dafs  die  erstere  widerrechtlich  untrennbare  Kdr- 
perelemente  und  leere  Räume  annehme^  da  doch  die  anendliche 
Theiibarkett  der  Materie  geomtfbrisch  erwiesen  werden  Juhftiey 
und  leere  Räume  undenkbar  wären.  S.  4^«  «Leere  Räume 
•«können  weder  als  Zwischenräume,  n^»ch  a^  jenseit  aller  Ma- 
rterte der  Welt  im  Räume  ^^ben,  Gegenstünde  unserer  Na« 
««lurkeDatnifs  werden».  Bena  das  bestiinniie  Gegebene  kernten 
«wir  nur  als  GegovSlände* der* Erfahrung  und  In  der  ^T&hfiniig 
«lernen  wir  Räume  fiör  yermittelst  der  Materie  in  ihnen  kennen.» 
Indem  der  Verf.  hiermit  zvgiebi'i  dafs  iwir  den  erfüllten  Raum 
^o  gut  dureh  -die  Er&hnmg  kennen  lernen,  als  die  irereiu igte, 
nt^ht  unendlich  getheilte  Materie  ^  zugleich  aber  behanptet,  der 
Jeere  Raum  l&Snue  nicht  existiren,  weil  er  kein  G^oistand  der 
.£rfahruiig  sej,  so  tragen  wir  zuvorderst,  ob  die  unendüoli  ge- 
theilte Materie  ^nn  ein  Gegenstand  der  Erfahrung  sey?  Soll 
diese  nnu  gleichfalls  nicht  existiren ,  so  mufs  die  Materie ,  wie 
dier  Raum ,  zuletzt  in  das  Nichts  übergdien ,  und  die  ganze  Na« 
tur  entstdit  somit  aus  dem  Nichts,  wie  auch  eimgeN^chfolger 
Kant's  consequenft  genug  behauptet' habai.  Recens.  ist*  onAeref 
Meinung.  Vorerst  sagt  er  mit  Bio^  hinsichtlich  der  uilendllchen 
Theilbarkeit  der  Materie:  C'est  um  pure  question  tUi  motSj  aus 
deren  gründlicher  Erörterung  aber  viel  zu  abstnhiren'^ist.  ^  Dafs 
€ier  Raum  geometrisch ,  oder  welches  dasselbe  ist  legiM^h^  das 
Keifst  der  Construction  der  Begriffe  nach',  unendlich  theilbar 
a^ ,  .unterliegt  keinem  Zweifel,  und  eben  so  wenig,  dafs  diese 
Theilung  logisch  auf  einen  Körper  im  Räume  übertragen  werden 
könne;  folglieh  ist  die  Materie  logisch  oder  geometrisch  ins  Un» 
endliche  theUbar«  AUdn  das  UnendTiche  ist  kein  Gegenstand 
unserer  Erkenatnifs ,  ist  für  uns. so  gut  als  das  Nichts,  und  wir 
können -inidit  imehr  daiiiit  anfangen  ^  als  mit  dem  mathematischen 
Punkte I  der  Linie,  der  Fläche,  dem  nulthcnnrtischen  ü-ebd  Ut 
dgl.  m*  das  heilst  wir  können  uns  aller  dieser  Dinge' Uefs  zur 
Construotiou  «nserar  Begriffe  b^ienen.  .Niemand  (es  sej  denn 
ein  neumodncher  Naturphiloaoph )  'wird  aber  deswicgen  behaup- 
ten, dafs  ein  Waagebalken  niefat  «xistire,  weil  es  keinen  matm^ 
maiücheft  Hebel  fp^t,  mtd.  so  kaait  man  doch  auch  ^i^^ht  sä" 
geB|  die  Moierie  existine  niofat,  weil  üß  unendlich  getheike  nicbl 

30* 


/^ 


468      Fries  mathematische  Naturphilosophie; 

existirt.  Wir  mussea  also  nach  dieser  ganz  interessanten  geo« 
metrischen  Begrifis  -  Bestimmung  ^  wodurch  aber  für  die  Erfah- 
rung nichts  gewonnen  wird,  zur  empirischen  Naturphilosophie 
übergehen »  und  fragen,  wie  sich  die  Materie  rucksichtlich  fort- 
gesetzter Theilung  wirklich  verhält.  Hier  werden  wir  oHdc 
Schwierigkeit  erfahren,  dafs  sich  diese  viel  weiter  fortsetzen 
läfsty  als  unsere  deutlichen  Vorstellungen  von  einer  Grosse  rei- 
chen. inTeil  aber  die  Chemiker  ein  cunstantes,*  abet  ungleiches 
Mischungsgewicht  der  verschiedenen  Substanzen  unabliissig  wie- 
derfinden, und  Wollaston's  scliarfsinnige  UntersochungcJ^  gezeigt 
haben,  dafs  selbst  die  Luft  nicht  nnendliich  theilbar  sejn  koone; 
somiissen  wir  hiernach  die  Materie  für  nicht  unendlich  theilbar 
hallen,  ohne  jedoch  üb^r  die  Beschaffenheit  d^r  Elemente,  deren 
Kleinheit  an  sich  schon  weit  über  unsere  klären  Yorsteliungen 
[hinausgeht,  auf  irgend  eine  Weile  anders  als  nach  schwachen 
Analogien  und  durch  Aufsuchung  der  gegenseitigen  Verhältnisse 
etwas  ausmachen  zu  kSnnen.  Auf  gleiche  Weise  kSnnen  wir 
uns  allerdings  den  leeren  Raum  iiv  der  Abstraction  vorsieilea 
,und  messen,  er  existirt  also  allerdings  logisch;  ob  siber ph/sisck, 
das  ist  eine  andere  Frage,  welche  so  lange  schwerlich  ausge- 
macht werden  dürfte,  als  wir  noch  ungewifs  sind,  ob  wir  alles, 
was  Materielles  in  der  Natur  ist,  genau  und  vollständig  kenuen. 
Es  ist  also  klar,  dafs  diese  atomistische  Ansicht  nicht  blofs  lo- 
gisch vollkouimen  gerechtfertigt  werden  ^kaun ,  sondern  auch  mit 
der  Erfahrung  übereinstimmt,  statt  dafs  die  dynamische,  sofern 
sie  ^  die  unendliche  Theilbarkeit  der  Materie  als '  wesentlich  fol- 
gend, behauptet,  mit  ihr  im  Widerspruche  steht. 

.  ',  Nach  einer  ganz  gleichen  Argumentation  mufs  über  die 
Existenz  der  beiden  Hauplkräfte,.  der  Dehnkraft  unds  Ziehkraft, 
.denen  die  Djoamik  ihren  Name»  verdankt,  enischieden  werden, 
mit  steter  Rücksicht  darauf,  dafs  aus  der  logischen  Möglichkeit 
die. physische  Wirklichkeit  noch  keineswegs  folg[t,  eine  wichtige 
Wahrheit,  worauf  Kant  vorzüglich  aufmerkssun  gemacht»  damit 
aber  die  grosse  Menge  der  ans  ihrer  Nichtbeachtung  folgenden 
Fehlschlüsse  keineswegs  verbannet  hat.  Der  Beweis  des  Verfs. 
für  die  Existenz  der  beiden  Grundkräfte  ist  folgender  S.  i5i» 
« In  mathematischer  Erkenntnil's  müssen  sich  alle  zusammengesetz- 
«ten  Verhältnisse  aus  den  einfachsten  Verhältnissen  einer  gewis- 
«sen  Art  Grosien  ableiten  lassen.  Nun  ist  im  Raum  das  ein«* 
cfiichste  Verhältnifs  das  zweier  Punkte  durch,  die  gerade  Linie 
«zwischen  ihnen.  Jedp  raumliche  Verhältnifs  ist  eine  stetige 
« Zusammenseti^ung  aus  diesen  einfachsten  und  mufs  ai&o  mit 
«Hülfe  der  höheren  Anaijsis  daraus  erklärt!  werden  können.» 

.«Folglich   ist  jede  Grundkraft  iiÄlcr  Materie  eine  Ursache 
«der. Veränderung  dieser  geraden  Linie  zwischen  zwei  Funkten. 


Fries  inaitiieinatisclic '  Naturphilosophie;      4^9  ' 

'  I  "       .  .  .•  , 

«AlAo.giabt  es  zwei  Grundformen  fiu  die  Grundkräfte.  Diese 
«sind  nämUchei)t\veder.  Ursachen  der,  Verkleiuerung  dieser  Eiit-. 
«fernui^  zweier  Pupk^te,  Anziehuuf(skrüflt{,  oder  Ürsacheo  der 
« Vergrösser ung  dieser  Entferpuug,  j^bstossungsikräfte,'» 

Dieser  Beweis   erinnerl  unwillkiihrlicl^  an    den  bekannten 
der  Alten.     Der  Cubos  ist  .die  voUkonnoensteForm;    die  Erde, 
als  ]yiiitei|iuDkt   der   ganzen  Natur  mufs  die  vollkopimenste  Ge- 
stalt haben;   also  .ist   die  Erde  ein  Cubus«     Indefs  di^se  Aelin« 
lichkqit   würde   denselben  nicht  entkräften ,    Hessen   sich   anders' 
nicht   auf  gleiche  Weise  gegen  maiorenij^   minor€/t\  und  conclw 
sionemdie,  gegründetsten  Einwendungen^  machen.     Es   ist  näm- 
lich  schon    obey  gezeigt,   dafs  ein^  Linie  nicht  zugleich  gerade 
und  krumm  sejn  kann ,  und  ehe  Hec. ,  deu  beiden  Grundkräfteu 
zo^^Liebc    dieses   zugiebt,    WQ»a^i    also  .  gerade    und  ungerade,^ 
Richtung   ändern   und   nicht    ändera^   etwas   sejn  und  a.ucb  das 
Gcgentheil   seyn   einerlei   wäre,    entschliefst  er  sich   liebet   die. 
Welt  aus  dem  Nichts  oder  dem  Absoluten  heraus  z^  construireUf 
Der  Verf.    wird    nicht  einwenden,    dafs  mau.  den  Kreis  als  ein 
Polygon    von   sehr   YJelcn    Seiten    mifsty^dcnn  sonst  würden  wir 
entgegnen,    dafs   wir    schon    oft  krumme  Grenzen    mit    geraden 
Mafsstaben  genie&sen  haben ,   aber  dabei  blieb  die  Grenze  kr  um 
und  .der  Mafsstab  gerade,   beide  im   Bogriffe   unvereinbar,   ob* 
gleich   die  Messung  richtig    war.     Indefs  zugegeben  alte  Linien 
teyeu  ,in  ihren    Elementen    gerade,   was  haben  die  Gründkräfte 
der  Materie  mk  diesen  Linien  gemein?     Eine  Kraft,    sollte  man 
denken,    müsse   in    dem  ßestrebcn   bestehen,    von   dem  Punkte 
ihres.  Sitzes  avis  nach   allen  Seiten  ^u  wirken.     Aber  noch    wei«*. 
ter.  zugiegebeuy    4'^   Kraft   müsse    ursprünglich   in    der    geraden 
Linie  wirken,  warum  gerade  zwei  entgegengesetzte,  warum  nicht 
un.^dlich  viele  nach  allen  Seiten  und  Richtungen?   Wollte  ma.n 
aber  $tr?ng  hei  dem   Begriffe  fmfr  geraden  Linie  steh^u^  blei-* 
bcp,  wie  und  aus  welchem  Grunde  geht  hieraus  dei^  Begriff  des 
Positiven  und  Negativen,  des  Vorwärts  und  Rückwärta  hervor? 
Ist  eininal  die  gers^de  Linie  der  IJrtjpus  alles.  Seienden  ^  so  ist 
ihre  Richtung  blofs   positiv,   und  die  ihr  ähnliche  Urk^aft  kanu 
l^ofs    in    einer  Riclitung   positive  Bewegung    l^ervQrbringeii  : — 
sdso  wenti  man  will,  Abstossung  oder  Anziehung  seyn|  Ersteres 
i^enn  man  die   Linie  wie  die  Kraft,   aus  den^  bewegten  Punkte 
entstehen  läfst ,  Letzteres  nur  d^mn,  wenn  man  sie  schon  aU  ge^ 
geben   ansieht.     Inders  auch  hier  läfst    sich  mit  Grunde  sagen; 
Ubiquifi  haer,et»  und  gewonnen .  wi^d  damit  für  die  El.rforschung, 
der   Naturgesetze  gai:   nichts.     Dafs  es   ein,e  gegenseitige  Aiuie- 
liung  der  Materie  giebt,  ist  durch  die  Anschauung  ßusser  i^wei- 
fcl  gesetzt«     Nach  dem  G^undsa^e  unsers  Denkens :   nü  ßt  sine 
tatiofiß  mfficUntc  müssen  wir  der  fVifkung  eine   Ursache  zum 


"N 


470      Fries  mathematische  H^aturphiiosophia 

r 
Gnimle  Mgen,  und  heoneti  di«se  mit  NeviHon  vorlaufig,  und  bis 

ihr  Wesc^tf  nahet  ergründet  sejnwird,  Attrattiönskraft ,  ohne 
uns  wahrend  derErforsofafung  ihrer  vieliachen  Wirksamkeit  lange 
bei  der  Uutersncbung  aufzuhalten,  ob  sie  eine  Urkraft,.  oder 
€ine  Grandkraft  sej,  vor  der  Materie  existirt  habe  und  ohne 
dieselbe  gedacht  werden  könne  oder  nicht.  Aus  der  Atiraction 
folgen  alle  Erscheinnngen  Aet  Schwere  und  Gravitation,  mit 
deren  sjrsfieniaiischer  £ntwi(3celuog  JV€«vfOA  sich  beschäftigte., Bei 
der  Wichtigkeit  dieser  Forschungen  tibersah. man  anfangs,  dals 
die  verschiedenen  Zustande  der  'Körper  sich  ans  der  Wirkung 
dieser  einzigen  Kmfk  nicht  erklären  lassen.  Manche  Naturphilo' 
sophen  halfen  sieb  mit  der  unrichtig  verstandenea  "vis  ccntr^uga, 
bis  Kant  die  Sache  wieder  ernstlich  in  Anregung  brachte,  wor- 
auf man  bei  stets  wachsender  und  zugleich  genauerer  Kenatnils 
der  Phänomene  nach  den  Ursachen  der  verschiedenen  Aggregat^ 
form ,  der  chemischen  Yerwandschaften  u.  s.  w.  ffagte.  La 
Place  und  Biet  sehen  mit  mehreren  andern  die  Wärme  als 
repulsives  Princip  an ,  «welches  allerdings  viel  für  sich  bat, 
ohne  dafs  jedoch  irgend '  jemand  nachweisen  konnte,  warum 
dieses  Princip  unler  verschiedenen  Bedingungen  und  auf  die 
verschiedenen  Körper  verschieden  wii;Mt,  indefai  man  sich  ge- 
.  genwärtig  weder  die  Annahme  einer  qualitas  oceuiia  nocli  einer 
harmonta  praestaöäita  erlauben  darf.  £iae  Dehokraft  würde  im 
Conflicte  mit  der  ihr  entgegengesetzten  Ziehkraft  j^Uezeit  nur  die 
Summe  addirter,  also  $ich  wechselseitig  aufhebender  entgegen- 
gesetzter Grössen  geben,  ihre  Annahme  löset  als^  das  Problem 
nicht,  und  Wenn  der  Verf.  mit  Grunde  behauptet,  dafs  Gren*s 
negative  Schwere  logisch  möglich  sej,  so  hat  Mayer  dieses  auch 
tut  bestritten.  Dafs  aoer  eine  Quantität  n^ativ  schwerer  Ma- 
terie mit  einer  proportionalen  Menge  positiv  schwerer  verbun- 
den und  dadurch  auf  Null  gebracht  zwar  nicht  auf  die  Waage 
drücken,  wohl  aber  beim  Fallen  eiuen^  T^heil  der  die  mit  ihr 
verbundene  Masse  bewegenden  Kraft  absorbiren,  und  somit 
das  Üanze  langsamer  fällen  machen  wurde,  hierin  hat  und  be- 
halt der  letztere  allezeit  Recht* 

Was  für  verschiedenartige  und  in  ungleichen  Verfialtnissen 
der  Entfernungen  anziehende  und  abstossende  Kräfte  übrigeas 
denkbar  sind ,  t3md  construirt  werden  können ,  darüber  finden 
sich  rn  dem  vorliegendem  Werke  sehr  viele  scharfsinnige  Com- 
binationen,  welche  einzeln  hier  zu  erörtern  zu  weitläuftig  scjn 
würde.  So  viel  will  ind«(s  Rec.  bemerken,  dafs  in  der  wich- 
tigen Abhandlung  voVi  G.  G.  Schmidt,  worin  die  Cohäsion  auf 
das  Gesetz  der  Attraction  im  umgekehrten  iqu^ratischen  Ver- 
hältnisse der  Entfernung  zurückgeführt  wi^d ,  sidi  keine  ^tc\\' 
Bupgsfehler   beenden,  wie   der  Vct£   vermuthet;   dkds  er  aber 


Fries  mathematische  ^aturphllosopliie.      471 

gegen  ^ie,  s^xmßnomi^enen  LiaienLräf(e|  deagleichen  gegen  den 
Uttterscliied  der  du^'c^^'^iog^iiden  und  nicht;  diucbdringendea 
Kräfte,  insbesondere  aber  gegen  d^s  Durchdringen  und  iDurch- 
driingen werden  der  Stoffe  5.5  49  zur  Erklärung  der  olicmischen 
il;etionen  gar  manches  einwenden  mochte.  Alles  dieses  aber  ein* 
zein  hier  zu  discutiren  dürft«  die  Geduld  der  Leser  ermüden, 
hei  denen  der  ohnehin,  schon  bedeutende  Unfang  dieaev  Beup- 
th eilung  in  der  Celebrität  des  Verfassers  und  4<bb^  tüchtigen  In- 
baite  seiner  Schrift  einen  Entschuidigungsgruad  finden  möge. 
Nur  mit  wenigen  Worten  sty  es  daker  erlaubt  va  zeigen,  fne 
leicht  naiurphtlosophische  Specnlationeu  auch  4^^  besonnensten 
Denker  verführen^  seiner  Einbildungsluraft  freieren  Spielraum  zu 
la^n,  als  sqlche  ernsthafte  und  tiefe  Forschungen  billig  gestat- 
ten« Schwerlich,  mochte  ^  nam^ch  dei*  YerU  doch  im  Ernst 
zu  yertheidigen  sich  getrauen,  dafs  S,  Sg4  ^Queilen^  Flitsu, 
«Pfianzen  und  Thiere.  Dinge  der  letzten  ^Art  sind,  wekhe  durch 
«eine  ihnen  ii^wofanende  Sede;  das  beifsf,  durch  einen  örgani- 
m sehen  Naturtrieb,  bestehen,»  desgleichen  dafs  S.  687  «die 
«freie  Axendrehung  einem  organischen  Triebe  gehorchen^»  und 
da£s  Si  678  «die  wiederkehrenden  Pendelschwingungen  aus  ei- 
«nem  Natiutriebe  der  innern  Gegenwirkung  sich  reproduciren 
«sollen.»  ,  Noch'  manches  andere  Unerwiesene  und  Uner weis- 
bare, nur  durch  Phantiasie  Erzeugte,  findet  sich  vorzüglicli  im 
sechsten  ^bschnrtte,  welcher  die  Grundlehren  der  Phänomeno- 
logie enthält;  und  .genau  genommen  mufs  tnan  doch  bald  zu  der 
Ueberzeugung  komn^en  I  dafs  es  noch  viel  zu  früh  sej,  eine 
vollkommene  Naturphilosophie  aufzustellen ,  wenn  man  berück- 
sichtigt, dafs  wir.  z.  B.  jetzt  mit  einer  Hauptpotenz,  dem  Mag- 
netisinus,  auf  einem  ganz  andern  Standpunkte  stehen,  als  vot 
Oersled*s  nud  Barlow's  glücklichen  Entdeck mrgen.  Alles  dieses 
kann  aber  dem  Versuche  des  Vei:fi  seinen  Werlh  niciit  nehmen, 
denn  auch  auf  diesem  Wege  müssen  wir  versuchen  zur  Wahr- 
bett zu  dringen,  und  Rec.  ist  nur  deswegen,  wie  billig,  strenge 
in  seiner. Critik,  und  fest  beharrlich  in  der  Yertheidiguni];  ent- 
gegengesetzter Ansichten  gewesen ,  weil  .das  Werk  allerdings 
}Jeaclitung  und  sorgfältige  Prüfung  verdient«  viel  nützen,  -nur 
durch  Mifsbrauch  aber  auch  viel  schaden  kann.  Af. 


-  > 


j4,  MjTtnET ,  Dr.  M  prakt.  Arzt  zu  Q^f,  mehrerer  gelehr- 
ten Gesellschaften  Mitglied ,  über  die  Gehiruwassersucht. 
Eine  gekrönte  Preisschrift.  Aus  dem  Fr:anzifSichen  w6er- 
setzt  .von  Dr»  Gottlob  J^^ndt  ,  prakt.  Arzte  zu  Leip- 
zigs    Mit   einer  Vonede  von  Prof.  Dr*  Cmhuti,     Leipzig 


^ 


472    Matthey  über  die  Gehirn -^  Wassersucbt 

im ,  Magazin  pur  Iniiutrie  und  Literatur.   48^4.   XLVlll 
und  si/i6  S,  8.  • 

rierr  C^ruti  hilt  diese  Scbrift  uneraclitet  der  bedeutenden  Be- 
reicherungen,  welch«  die  Diagnostik ,  Aetioloffie  uaä  die  patho- 
logische Anaiorme  in  Bezug  auf  diese  Krankheit  erhalten  haben, 
för  ein  bereicherndes  Actenstuck  zu  dem  noch  nicht  geschiosse- 
iMu  ProtbcoU  dieser  hochstwichtigen  Krankheit« 

In '  der  Vorrede  hat  Hr.  C. .  manche  Sätze  aufgestellt,  nrit 
denen  Ref.  nicht  immer  einverstanden  ist.  Er  will  nur  einiger 
gedenken.  So  glaubt  er  nicht  an  die  tiefe  Blicke  in  das.  Innere, 
die  Wesenbeit  der  Krankheiten^  noch  an  die  wichtige  und  hei^ 
same  Veränderung  in  der  Behandlung  derselben ,  welche  ^ii* 
der  pathologischen  Anatomiie^u  verdanken  hätten;  noch  weniger 
dafs  dieselbe,  m  sehr  er  diesen  Kunstzweig  schätzt,  vielleicht 
gar  eine  totale  Umwandelung  der  jetzigen  Heilkunst  hervorbrio- 
gen  dürfte.  Die  Gesbhichte  dcrMedicin  und  die  des  Tages  so 
-wie  namentlich  die  Geschiebte  der  Krankheiten  selbst  bat  deo 
Ref.  ganz  anders  belehrt.  Man  vei^esse  doch  bei  solchen  Sec^ 
tionen  nicht,  dafs  wir  das  Geschehene,  und  nicht  die  Ursache 
des  Vorgegangenen,  sehen.  Von  dem  wie.  nämlich  auf  welche 
Art  sich  der  Fund  gebildet  hat,  wollen  wir  gar  nicht  red^a. 
Ref.  kann  hier  nicht  weitiäu^tiger  seyn,*  er  hat  sich  ^er  dieseo 
Funkt  in  seinen  Kunstansichten  in  den  aUgemeineu  Med,  Annal. 
kurz,  aber  wie  er*  dafär  liält,  deutlich  ausgesprochen. 

Der  Verfasser  sagt  in  der  Einleitung:  «Ich  glaube  meinen 
vielen  besonnen  gemachten  Erfahrungen  zu  Folge  dem  Publi- 
cum meine  neuen  Untersuchungen  (seine  früheren  tbeilte  er 
i8o6  im  Corw'sartschen  Journale  mit)  mit  Zuversicht  nicht  aber 
als  ein  vollständiges  Werk,  sondern  als  eine  Monographie  üLer- 
geben  zu  können,  welche  jungen  Practikern  zum  Leitfaden^  die- 
nen kann.»  Daran,  dafs  der  Verf.  dafür  hält,  er  habe  zuerst 
auf  die  Unterscheidung  des  Ifydrocephalus  simplex  idiopathiciu 
von  dem  symptomaticus  u«  s.  vr.  aufmerksam  gemacht ,  erken- 
nen wir  den  Gallier;  welcher  S.  XXIX  sagt  :  «Um  unsere 
Kenntnifs  des  Hjrdrocephalus  zu  vervollständigen,  und  genauer 
und  bestimmter  die  verschiedenen  Grade  des  kranken  Ein- 
flusses, welchen  die  Unterleibsverletzungen  auf  die  Arachnoidea, 
und  das  Gehirn  ausüben 'können,  anzugeben;  mit  einem  Worte 
die  verschiedenen  Arten  der  Bildung  des  Hydrocepkalus  voK- 
kommen  zu  verstehen,  hätte  man  in  a}len  Fällen  die  pathologi- 
schen Erscheinungen  der  schleimigen  Membran  des  Magens  und 
der  Eingeweide  genau  anmerken,  dajvlmiere  der  Verdauungs- 
werkzeuge  öffnen  und  untersuchen  müssen;  ich  unterliefs  es  und 
bedaure  es,  dies  Forschungsmittel  nicht  früher  gekannt  zu  haben.» 


{ 

• 


Mriitlhey   über  <Jie  Gehirn  -  Wassersucht     473 

I 

Sphr  'befremdend,  da  iich  der  Verf.  doch  für  den  Eält^  weIcKer 
zuerst  aiuf  den  Unterschied  zwisöHcn  Ifydrocepkalus  idiopathicus 
lind  sjrmptömatüit^^Lnfimeiks'Am  machte.  .Doch  merken  wir  dem 
^roseiiten  durch  Hr.  Broussais  hier  recht  auf,  da  er,  wie  >vir 
unten  noch  weiter  erörtern  werden,  die  wirkHche  Entzündung 
der  ^pinn webenhaut  als  die  nächste  Ursache  des  Hydrocephatus 
ficittus  ansieht.  Der  Verf.  hatte  seine  Denkschrift  schon  abge- 
sendet, als  ihm  die  kritischen  Untersuchungen  des  Dr.  Broussats 
über  die  chronischen  Entzündungen  zu  Gesicht  kamen«  — ^  In 
der  Einleitung  kommt  noch  Allerlei,  sonderbar  genug  zusam-* 
luengestellt ,  vor,   was  wir  übergehen  .wollen. 

Die  aufgestdlten  -Sätze  der  Academie  zu  Dijon  waren  folr 
gende:  \ 

i)  Durch   genaue   Beobachtungen    zu   bestimmen,    vTclelics    das 

Wesen  und  die  Ursache   des  innern  Wasserkopfs,    oder  der 

hitzigen  Gehirnhölenwassersucht  scy? 

2)  Worinnen  diese  Krankheit  von  i  andern  AiTcctionen  dieses 
Organs  diderire,  und  welches  die  charakteristi^dieu  Keiinzeir 
chn  derselben  seycn? 

3 )  Worauf  die  Behandlung  beruhe ,  die  man  sowohl  in  dieser 
Art  von  Wassersucht|  als  auch  ihrer  Varietäten  anzuwenden 
habe?         , 

Wir  gehen  nun  zu  dem  Buche  selbst  über.  Da  aber  (iie 
Gegenstände  in  demselben  olme.  logische  Darstellung  und  Ord- 
nung ganz  kunstsprachwidrig;  obue  correctc  Gedankenreilie  voV^ 
getragen  sind,  so  müssen  wir  uns  mehr  referircnd  als  recensi- 
rend,  ohne  dafs  es  möglich  wäre  eine  Quintessenz  aus  dieser 
Schiiit  auszuheben,  verhalten.  Sbite  i.  beginnt  der  Verf.  also: 
4. Der  Reiz  der  serösen  Membran,  welche  die  .äussern  und  in- 
nern Oberflächen  des  Gehirns  überzieht,  gestattet  eine  mehr  oder 
weniger  geschwinde  Entvvickelung  verschiedener  Symptome, 
welche  zusammengenomi^en  die  unter  dem  aUgenielnen  Name» 
/fydrocephalus  bekannte  Krankheit  bilden:  iiir  meist  tödtlicher 
Aufgang  hat  diese *Benenn»iig  begründe^.»  S.a.  «Der  Hydrocc^ 
phaliis  zeif^  drei  yerschiedenheiteu  oder  Hauptgattungen,  je  nach 
tler  Stelle,  welche  der  Sita  des  Reijek  Irritatimi  oder  des  Er- 
gusses einnimmt,  und  nach  der  Ausbreitung  oder  der  Intensität 
der  prinwreu  Verletzung.  Mehrere  andte  weniger  hervorste-' 
chende  Verschiedenheiten  enUtehen  aus  den  verscliiedencn  Gra^ 
den  allgemeiner  oder  örtlicher  Erregung,  der  Sensibditä^,  der 
besondern  £i>regbarkeit  des  a^irten  Organs^  oder  der  Sensibi* 
lität  altgemeiner  nervösen  Empfänglichkeit  oder  der  organischen 
Sympathie.»  Ich  frage,  kalin  ein  Saclikundiger  zu  solchem  Gcr 
rede  etwas  sagen?!  «GeheiK  wir  nun  zur  Beschreibung  der 
« drei  Varietäten  oder  Hauptgattungen  de&  iijdroccphaliscbcu  ßei^ 


474    Matthey   ü)[)er  die  Gehiro -^  Wassersucht. 

«zes  über.  9     AJlgeatüae  Beschreibung  des    Wasserkopfs.    Die 
erste  >Hauptgattang  uennt  der  Verfasser  Hjrdrocephcdus  ea^temm 
oder  H/dt'omeninguis ,    9us  der   äusserst  schlechtea   Zeichaung 
scheiDt  hervorzugeben  ,   dafs  er  die  acute   Gehirnhohlenwasser- 
sucht,  und  zwar  jenea   Grad  derselben ,  welchen   man  peracut 
nennen  dürfte  -r-  denn  sSie  verlauf^  oft  in  dem  kürzesten  Zeit- 
räume ;  meipt«     Er  behauptet  sehr  irrig ,   dafs  Erwaclisene  mehr 
a(s  Kinder  dazu  geneigt  sind,'    Giebt  er  ihr  gleichwohl  die  Be- 
jaennung  Hjrdromeningitü  so  sagt  er  doch  S.  5.  cBei  sehr  bef- 
4ligeq  Fällen  entdeckt   man   nirgends   einen  Ergufsi    nur   ange- 
4,hende  Entzündung   der  Arachuoidea. »     Es   fragt  sich  hier  so- 
gleich, sterben  wohl  Menschen  stn  einer  ang^heräßn  EDtzündung 
der   Arachnoidea?     Es   ist   nicht^  bequemer    als  seine  Sectioueii 
am   Schreibpult   zu  machen.     S.  3i^   heifst  es:   «Die  Hjdrome- 
isniugitis  und   die  Entzündung  der  Arachnoidea  oder  die  Pkn* 
'€nins  sind  meines  Erachtens  eines  und  dasselbe.     Nur  nach  der 
«Alterverschiedenheit  und  den  erregenden  Ursachen  könnte  man 
«sie  für  zwei  verschiedene  Krankheiten  nehmen.»    Scharfsinniger 
und    feiner    kann    wohl    kein   Nosolog  zu  Werk   gehen !    I)ie 
sweite  Hauptgattung  kommt  unter   der  Benennung  Hj-drocepha- 
las   internus  p^racutus.      Das   Gemälde  derselben  ist  eben   so 
schlecht   entworfen   ab   das  der  ersten.     Die  dritte  ist  der  Hj'- 
drocepkalus  internus  subuciUus.    Dann   kommt  der  Verfass.  auf 
den  H/drocephaliis  chromciu,  nicht   hierher   gehörend ,  spricht 
sehr  unzureichend  darüber,  hat  aber  dabei  doch  die  schone  Ge- 
legenheit,   wenigstens   die   Namen  Hippokrates,  Aretaeus  (niclit 
Areteus),  Galen,  Celstis  «u  nennen.'  S.  ao,  Yerrathet  der  Verf. 
eine  ungemeine  Geistestiefe;   er  sagt   nämlich:     «Es  ist  wiclitii;, 
nicht  allein    die  organische   Kra£tgesamnitheit,   das  Temperament 
kennen  zu  lernen,  sondern  auch  die  Constitution,  die  besohdcre 
Kraft,  den  Einschlufs 'jedes  Theiles;  ein  Studium,  welches  zwar 
grosse,  aber  darum  nicht  durchaus  unbesiegbare  Schwierigkeiten 
hat.»     Ferner  vernehmen  wir:    «Die  Disposition  zum   Hjrdroce- 
phahis ,  welche  ich  veranlafst  nenne, »entspricht  aus  einer  zufälli- 
gen in   der   Hirnmasse    bewirkten    Veränderung.,   ^mittelst  einer 
Erschütterung  des  Gehirns,  ^uc)i  Fall  oder 'Schlag  auf  den  Kopf| 
die  Kinnlade,  dem  Hintern,  die  Füsse.'    In  diesen  Fällen  wartet, 
so   zu   sagen,    die   Krankheit^  um   sich  zu  entscheiden,  nur  auf 
eine  sehr  leichte  Ursache;  (allerliebste  Naivität!)  oder  offenbart 
sich   auch  wohl   ohiie  scheinbare  Ursache,   nach  Verlauf  manch- 
mal bedeutend  langer  Zeit.»     Nach  dem  Yerfasser  werden  Kiu- 
der  von    (^m£<zM<Jc/^e/i   Tempei:an}ent ,    aber  lebliafteu,   lustigen 
geistreichen    Charakters    «von  dein  Hj-dvocephalus  suhacutus  und 
von  den   Cephclitis ,  besser  zu  sagen  von  der  Cer^ritis  befalleu. 
Der   Hjrdrocejpkdus   ckroniQus    beläilt    meistentheils  -^avp/udojc 


r 

Matthey   üher  die  Gehirn- Wassersucht.    47^ 

wcibliclie  Kincter  oKne  Hirnkraftc  sage  olme  Hirnkraff.  <-^ 
S.  26..  hören  wir  das  alte  Lied,  das  noch  überdies  schlecht 
compooirt  hxi  c Bekanntlich  wird  ein  gewisser  Grad  des  2Lahn* 
oervenreizes  de^  schleimigen  serösen  Membranen  merklich ,  und 
kann  sich  sympathisch  dem  Gehirne  oder^  seinen  Bedeckungen 
nuttheileo.  So  veranlaftt  s  )  das  Zahnen  bisweilen  den  Hydr^ 
cepludusi  CS  ist  eine  der  häufigsten  direct^n*  Ursachen  dieser 
Krankheit  a)  Der  Reix  der  Schleimhaut ,  wekhe  den  Darm« 
kanal  und  die  Luftwege  überzieht.»  Es  wird  noch  von  Tielea 
Reizen  gesprochen  als  Ursachen  dieser  Affection.  « Endlich  ist 
denn  aoch  der  Muskelreiz,  die  rheumatische  Affecttooy  eine  indi- 
recte  bekannte  Ursache  dLe%  Wasserkopfs. V  Im  2ten  und  3t«a 
Abschnitt  werden  die  Unterscheidungszeichen  der  verschiedenen 
Galtungen  abgehandelt.  Hier  gehts  nun  so  wunderlich  gesclindr- 
kelt  und  welsch  heri  dafs*  Ref.  eher  glauben  mochte  er  hatte 
einen  Traum,  vye  man  ihu  manchAial  nach  NachtaAeiten  hat,  ^ 
l^ehabt|  ab  dafs  er  in  einer  gekrönten  Preisschrift  gelesen  habe.  , 
Diesen  Abschnitt  schliefst  der  Verf  also:  cZum  Üeherflusse 
wollen  wir  nun  noch  das  Wesen  oder  die  nächste  Ursache  des 
Jiydrocephalus  und  «seiner  Varietäten  kennen  lernen.»  Davon 
sAso  einige  Proben.  5.66.  «Die  gesamaiten  Symptome  und  Ur« 
Sachen  führen  darauf  zuvörderst,  daf^  eine  solche  krankhafte 
Aflection  atopischer  oder  asthenischer,  fauligter  iufynamischer 
^atur  ist;  unser  Urthell  scheint  wohl  begründet  ^urch  einige 
glückliche  Erfolge ,  die  der  Heilart  beigemessen  werden.  In- 
dessen entdecken  wir  bald  bei  wiederholten  und  genauem  Be- 
obachtungen,  neuern  tiefern  Untersuchungen,  dals  eben  die  Zei- 
chen auf  welche  wir  unsere  Ansicht  zu  begründen  glaubeui  un-  . 
vollständig,  unzureichend,  folglidi  falsch  und  trüglich  sind.  . 
Da  ist  denn  die  Krankheit,  welche  wir  für  atonisch  nahmen  und 
behandelten,  nicht  mehr  als  Pr9dukt  der  Entzündung  oder  des 
Reizes  im  schwachen  Grade.  Aderlals  lind  blosses  Wasser  tre- 
ten sogleich  an  die  Stelle  der  antiseptischeu ,  tonischen  und  rei«- 
zeodcn  Mittel«  Es  werdeqi  nun  die  Ansichten  verschiedener. 
Schriftsteller  über  die  nächste 'Ur^che  unzureichend  angejgeben* 
S.  79.  lesen  wir:  «Kurz  keiner  de«  angeführten  Aerzte,  auch' 
Coiridet  nicht,  hat  den  Reiz  der  äussern  Arachnöidea  als  Ursyhe  . 
d«s  äussern  Wasserkopfs  und  des  gelatinösen  Ergusses  angeg^ 
ben :  ich  glaube  der  erste  zu  seyn ,  deir  ihm  unter  den  Namen 
Ifydromemngitü  bekannt  gi^macht  hat.  9  Niemand  wird  v  wohl 
dem  bescbetdeneh  Manne  diesen  Rang  streitig  machen.  Er  (ahrt 
S.  80.  fort:  «Ich  denke'  wir  können  i)  überhapt  den  Rei^t 
der  Spinnenwebenhaut  als  die  wahre  nächste  Ursache  des  /ff- 
drocephalus  betrachten,  a  )'Mittebt  der  verschiedenen  beobach* 
teten  Sjmplome  unterscheiden,  welches  der  Theü  dieser  Mem* 


r 


476    Matthey  über  die  Gehirn  -  Wassersucht, 

—  "^  -  • 

bran  sey,  'der  besonders  von-  dem  Reize  getroffen  wifd,  das 
ist,  was  der  wahre  Sitz  der  Krankheit  %e^.  «Giebts  doch  noch 
immer  Leute,  die  an  ihrem  Schreibpult  das  Gras  wachsen  hören« 
3)  «Koiitien  wir  ebenfalls  durch  die  äussern  Zeichen  dievFsille 
erkennen,  wo  die  Affection  der  Arachaoidea  mit  Reiz  'oder 
wii'klicher  Entzündung  des  Hirngewebes  verbunden  s£y.  4) 
.Verschiedene  Stufen  der  Intensitäten  des  Haupt-  und  Hirurcizes 
und  das'Vorherrschen  des  Reizes  in  dieser  pder  jener  Reihe  des 
GefäFs-\oder  Nervengewebes,  welche  eleu  afficirten  Theil  aus- 
machen; endlich  erkennen,  dafs  die  Varietäten  der  Sjniptome 
von  diesen  verschiedenen  Graden  der  Lebenstliätigkeit,  oder  der 
nervüseu,  allgemeiiien,  sympathischen  Empfangliclikeit  herrühren, 
und  von  den  verschiedenen  Complicationeny  welche  -  sich  beim 
Eintritt  oder  im  Verlauf  des  Hydi occpholas  zeigen  können. « 
Es  scheint  dem  Verf.  nÖthig.  «Euthiillung  des  Princips  oder 
der  KtaoÄieitsresultate^  die  im  Verlaufe  der  verschiedenen  Ar- 
•  ten  des  Hj-drocepkcdus  und  bei  dek'  LeicheuöflTnung  Beobachtet 
worden  sind»  durch  Beispiele  zu  erläutern,  aus  welchen  her- 
vorgeht, dafs  seine  Hji'dromefiingitis  nach  Verschiedenheit  des 
Temperaments  schon  mehr  oder  weniger  aoiit  verlaufen  kann.—- 
So  zeigen'  z.  Bl  «bei  A*im  vierten  Kranken  von  vorzüglich  lym- 
palhischen  Temperament  die  schwächeren  Symptome  hinlänglich, 
dafs  der  Reiz  vorzüglich  an  den  aushauchenden  Gefässen  haftet, 
ist'  das  Subject  von  schwacher  Nerven-,  Hirn-  und  allgemeiner 
Heizbarkeit,  so  werden  die  Forlschritte  und  sympathischen  Wir- 
kungen des  Hifnreizes  kaum  merklich  seyn.  Aber  bei  der  Lei- 
chenolTnung  Wird  man  d."e  Ergiessinig  beträchtlich  gelatinös  fiji- 
den,  dagegen  die  Blutgefafsentzünduug  weit  weniger  au^espro* 
chen  seyn  wird ,  als  in  den  vorhergehenden  Fällen  j  .(  die  Rede 
war  von  sanguinischen  Temperamenten  )  in  länger  andauernden 
Fällen  wird  sie  gar  nicht  statt  finden.»  Das  reime  nun  Kiner, 
dem  der  h'ebe  Gott  gesunde  nüchterne  Sinne  verliehen  hat! 
S.  86k  werden  die  Reize  der 'Unterleibseingeweide.  Erschütte- 
rungen genannt,  welche  den  innern  Nervenenden  des  Gehirns 
niitgetheilt  werden.  Der  Verf.  kann  mit  seine<i  Reizen  machen 
was^  er  will,  so  kann  «der  Hirnreiz,  der  im  Anfange  bloiJs 
iiei^ös  ist,  wandern  und  sich  auf  da&  Blut-  und  Lympfgefafsge- 
webe  der  Anachnoidea  und  der  GelÜrnma^se  werfen ^  uud  somit 
die  verschiedenen  Zufälle  und  Symptoipe,  welche  Entrundung, 
seröse  gallertartige  Ansammlung^  Verhärtung  und  Erweichung 
des  Hirnmarkes  offenbaren,  entvV^Ickeln.»  Glücklich  der 'Sterb- 
liche, den  sein  Geist  nie  verläfst.v  Dadurch  nämlich  meint  der 
Verf.  €  begreife  man,  >vie  sich  die  sympathischen  Hirnwässer- 
suchten  bildeten,»  Gehen  wir  zu  «der  Behandlung  der  ver- 
schiedenen Arten  des  Hydrocephahis  über.:»  In  diesem  Abschnitt 


•  Matthey^  liiber  die  Gehirn  -  Wassersucht    477 

VfirA  gar  vund^rlicli  geredet.  So  heifst  es  S.  g8.  «In  den  am 
•schwersten  zu,  heilenden  Fällen  hängt  der  gute  Krfolg  eines  ThciU 
yroa  dec  angewendeten  Methode ,  und  andern  Th'eib  von  der 
Disposition  des  Kranken  selbst,  von  der  grossem  oder  geringen} 
Zähbeity  TrÜgheit^kraft  (man.  erlaube  mir  diesjen  Ausdruck)  ab, 
welche  die  krankhafte  oder  nervöse  Mod^ation  kund  gie^t: 
eine  Kraft ,  die  vUnglucklieher  Weise  bei  der  mindtsr  hitzigen 
Gehirnwlissersacht  über  die  besten  angezeigten  und  angewendet- 
ten  Heilmittel  siegt. »  Reizung  Meningitis  —  Trägheitskraft  ! 
Ref.  fragt  nun  den  Leser  in  alier  EinfaU,  ob  das  niclit  baarer 
Unsinn    ist. 

X>|e  Hjrdromeningitis  mufs    iTach   dem   Verfasser  antiphlogt- 
stiscli  behandelt  werden.     «Allgemeine   oder   örtliche  Aderlässe 
müssen   gleich   anfangs  reichlicher,   dreister  als  bei  den  übrigen 
Arten  hydrocephalischer  Blutzu nduiig  gebraucht  w erden. »     Docli 
können  damit  nicht  alle  Kranken  der  Art  gerettet  .werden,  «lei- 
der giebt.es  Fälle ^  wo  der  Reiz  io  reissend  schnell  fortschrei- 
tet» dafs  die  kräftigsten  Mittel  unwirksam  blieben.     Das  ist  der 
Fall,  wenn   der.  Reiz  von    einer  Metastase  auf  das  Gehirn  her- 
rührt,- «er  widerstehe  dann  jedesmal   dem  Aderlasse   und  allen 
andern  angewendeten  Mitteln;»  «auch  kann  der  Reiz  besonders 
auf  die  exhalirenden  Gefässe  sich  werfen;   dann .  weicht  er  nicht 
so    leicht    den   Blut^usleerungen.»     Blasenpfiaster    und   Seufum- 
schlage  empfiehlt  der  Verf.j   nur   «grosse  Nervenempfindlichkeit 
ist  Gegenanzeige  I  statt  dafs  das  BJasenpflaster   hier  gegenrei/.end 
oder  'krampfwidrig  wirken  sollte,   sah    es   der  Verf.  beinah  im- 
mer   den  Krampf  und   den  Reiz   vermehren»  u.  s.  w.     «Selbst 
in   den  Fällen,   v^o   die  Metastase  die  ver/neinuiche  Ujcsache  der 
Hrdromeningilis  ist,  und  wi>  fol^^lich  das  Blasenpflaster  angezeigt 
scheinty  und  auch  wirklich  mit  Nutzen  angewendet  werden  kann^ 
muls  man  dennoch,  um  den  mit  Recht  gebofften  glücklichen  Er- 
folg  zu  gewintien,    der  sympathischen   Entzündung  des  Ge^ 
liirns,    welche  seine  Anwendung  bei  gewissen  Personen  hervor- 
bringen kann,  vorbeugen»   Das  geschieht  durch  Beimischung  von 
Canaj^er  und  Opium*     Opium  und  Cainpher  sind  also  die  Mit- 
tel,   welche    verhindern   dafs   in   diesem  Falle  zu   der  Hydrome" 
ningitis   keine,  sjmpathische  Entzänduu*>[   des  Gehirns  hinzutrete. 
X)agegen   «darf  die  topis^he  Kälte  auf  den  Kopf,   die  bei   dem 
vom  Sonnenstich  entstandenen  Kopfweh  und  bei  der  Wuth  apge- 
rathen  ist,  nicht. zu  allgemein  angewendet  werden.     Sie  kann  in 
manchen  Fällen  nach  Anwendung  von  filuttgeln,  wenn  die  Ent'- 
ziindung   äusserlicfa,    die  Haupthitze    übermässig  uift  die  Sjmp- 
ton&e  innerlicher  Entzündung  wenig  hervortreten,  nützlich  sejn. 
Aber   bei    sehr .  empfindlichen   Personen,    wenn    der    Gehirnreiz 
scl^v"^  einige  Fortschritte  gemacht  hat,  kann  sie  wie  das  Blasen- 


4^    Matthey  über  die  Gehirn  -  Wassersucht 

pflaster,  ixt  Symptome  elier  rersdiirmmern  als  Termmdern.  Sic 
kann  fexti^r  in  .Fällen,  wo  die  Krankheirsursacbe  einer  Metastue 
zuzuschreiben  ist,  schSdlicfa  werden,  indem  sie  der  zsHIckjv- 
triebenen  Feutlitigkeit  den  Rückgang,  oder  tim  besser  zu  sagen, 
des  umgestellten  Retzprincips  nacH  ausseh,  Tcriiiadert.»  Na«, 
das  heisse  ich,  nach  Schätzen  gegraben  tind  Regenwünner  gefen. 
den!  In  diesen  FäUen  werden  lauQ  Bähungen,  mk  £&sig  aad 
Essigäther  getränkt^  Compressen  ,  ^  und  lane  Bäder  angeratheii, 
«sie  vermindern  den  allgemeinen  Krampf  und  den  ortliehen  R«ic 
mächtig.  %  Innerfa'di  giebt  der  Verf.  llefne  Gaben  Bredhweio' 
stein.».  Nach  Gefallen  kann  man  das  James -VoIy er y  das  Mvis 
temperans  Stafdii,  und  Dov^n -\tk  verscitiedenen  Gaben, <  nach 
tlmstäoden  und  dem  Aher  des  Rrauken,  verordnen.»  cDas 
Brechmittel  scbien  tiirr  selten  von  guter  Wirkung,  wo  die  Kraak- 
heil  mit  Symptomen  gastrischer  Unordnung  anfing,  tinA  'wean 
es  gegebte  wurde,  bevor  die  Sjmptome  der  GehinMnizsSn^uDg 
bervortreten.i»  Welch  eine  Verworrenheit  lier  BegriflFe,  yerba 
sunt  praeter eetque  nihil.  Die  Brechmittel  wirk«?  in  d«  ffj^ 
dromeningitis  bei  gastrischer  Turgescwns  wohlthätig,  vreiHi 
sie  gegeben  werden,  bevor  die^  Symptome  der  GdMmenizundung 
bervorlrcteii ! !  Ja  dieses  Mittet  hat  sich  in  dem-  fiipre  x^erehrdt 
epidemique,  der  Verfasser  hat  so  ein  Fieber  t8o5^  beol>aclifte(, 
er  beliebt  es  auch  Hydromenihgiiis  zn  ticnmfn,  ei*pSPobt  —  acht 
bippokratisches  Bcobachtungstalenl  -^  febris  etr^rmis  epidemica, 
nämlich  ein  mit  dem  Namen  Ifydrömeningitis  belegtes  -—  und 
Brechmitte)* 

Nach  dem  Verfasser  kann  zwar  S.  iio.  «in  Brechmittel 
durch  die  dem  'Hirn  mitgeth eilte  Erschütterung^  die  Himentzüo- 
dung  hemmen!  Mitunter  aber  heifst  es  wieder^  «Für  gefähr- 
lich halte  icb  es,  wenn  der  Hirnreiz  sich  stark  ausspricbc,  oder 
schon  einige  Forischrttte  gemacht  hat.  «In  diesem  Geiste  vf'ai 
aucb  iiber  abführende  Mittel  gesprochen.  Der  Vf.  ckann  aus  Erfah- 
rung sagen,  dafs  wede;>  Blutigel,  noch  Blasenpflaster,  noch  Queck- 
silber, noch  Ditnretica,  noch  cliis  kräftigsten' Reizmittri  in  in 
ausgebildeten  tfydromeningitis  ihm  guten  Erfblg  gegeben  haben.» 
«Denn  ich  wiedeiliffle  es,  fährt  er  weiter  fort,  die  H/drome- 
nin^rtis  in  ihrem  letzten  Stadium  liegt  jfiber  den  Gräuzen  der 
Kunst;  der  gelatinöse  Ergufs  kann  nicht  absorbirt  werden.» 

Ref,  will  nun  nocfh  kurz  die  Mittel  aafiifnren ,  welche  der 
Tcrf.  in  dem  tfydrops  acutus  ^entriculorum,  und  ifyiirotepludi' 
cza*  gebrauc^.  Er  Kann,  sich  um  so  kürzer  fassen ,  da  unsere 
Leser  ads  den  angeführten  Stellen  den  Vetf.  als  Denker,  Pdjsi- 
olog,  Patholog  und  Kliniker  kennen  gelernt  haben.  Es  gelit 
aus  dem  ganzen  Buche  hervor:  dafs  Hr.  Mattheys  Gcliiraenl- 
zündöog,    EdtiJCindung    dc?r  Gehfrnihä«te,  fkn'is  hydrüc^htüc« 


\   ' 


Mahhey  über  die  Gehifi^  -  Wassersucht    479 

*-  »      •         ' 

peracum  et  subacuta^-'  welcli6  letztere  oft  cldn  ChaVakter  einer 
lenta  anuimmt,.  so   wie  auch  UnterleibsCebery   Welche  die  allen 
Aerztc  fehrei  mesentericae  nenneiii  )rei];elIos  lUitereinanJer  wirft, 
und  ihm  ruhiges  nüchternes  Beobachtungs -»  und  Auffassungsver- 
DnÖgen,  so  wie  schlichtes  Judicium  durchaus  gebricht.     Es  müs- 
sen  nach   ihm   in   den)    H/äropjf  acutus  ventricutorüm    der  ent* 
züridlichcti   Gehirn  Wasser  siecht   rCvuIsivische   oder    geg^nfeizende 
Mittel  zuerst  angejvendet  werden»  aU  Blasenj^Üaster  im  Iftickch, 
zwischen  die  Schultern,   Senfteige  auf  die  Waden.     Gleichzeitig 
innerlich  Urin-  und  Seh weifstVeibeu de  Mittel«     «Man  wird  die 
Digitalis  p,  allen   andern   diuretischen    Mitteln  vorziehen.»     Sie 
wird   mit   Recht  für  däi  speci*fisch   wirksamste  Mittel  ii^    dieser 
Gehimwaäsersucfit  gehalt&n.     «In,  einigen   seltenen    Fällen,    bei 
besonders  *f  eizbaren  Subjeclen  Wird  Campher,  J4sa  foetida,  Opi* 
um,  Moschus  von  einigem  Nutzten  seyn.»     Von  der  Behandlung 
des    Hydrocephalicus  subäduti/b  heben   V^it  nur    die  CaroUariien 
aus/    S.  i47-    «Die  Heilart  beUeht  im  Allgemeinen   darin :     i) 
dafs  dem  gelatinösen,  setosen  öder  |)urulenten  Ergüsse  zu  wdi- 
ren  sey,  indem  man  die  Forlschrtlte  zu  liemmen  und  den  Wir- 
kungen des  Reizes  der  Araclmoidea  und  des  Gehirns  vorzubeu- 
gen sucht,  durch  gewöhnliche  antiphiogistische  Mittel,  Aderlässe, 
indem    man    das   Princip   des  krankhaften  Reizes  Weg  -  und  an- 
derswo hinleitet,    durch  revulsTvische  oder  gegenreizende  Mittel, 
die    alle    natürliche    Excretionen,    die    Häutausdünstung,    Harn, 
Stühle   bewirken,    oder   neu  -erzeugen.     Von   der  Art  sind  die 
Diuretica,  warme  Bäder,   Purgirmittel,  Niefspulver,   ißläsenpÜa- 
ster,  Hjiarseil,  Glüheisen.       ^ 

2)  Dafs  die  Wasseransammlung  geheilt  w(^rde^  wenn  man 
ihrer  Entstehung,  oder  ihren  Fortschritten  durch  die  oben  an- 
geführten Mittel  nicht  zuvorkommen  oder  sie  hindern  kpnnte. 
Nun  mul's  auch  in  diesem  Stadium  die  Anwendung  der  revulsi- 
vischen  gegenreizenden  Mittel  fortgesetzt  werden,  $o  lange  als 
man  das  Da^ejn  des  hjdrocephahVchen  Reizes,  wenn  auch  in 
einem  schwachen  Grade  vermuthet;  aber  in  diesen  Fällen  ver- 
bindet man  mit  di^xi  oben  angezeigten  Mitteln  diejenigen,  die 
besonders  das  ganze  ^Ljmphsjstcm  odeF  besser  noch  nach  neue- 
rer Ansicht  die  Lymphgefässe  des  Unterleibs  erregen.  Queck-*- 
Silber,  Quecksilbersalbe,  CalomeL       *^         . 

3)  Schlagen  diese  Mittel  nicht  an  ^  und  die 'Zeichen  der 
Kr^i essung  und  Zusammendrückung  sprechen  sich  mehr  aus,  so 
ist  -wenig  Hoffnung  zui*  Rettung  übrig;  und  man  mufs  sich  bc- 
giiiigcn,  die  Symptome  des  Nervenreizes,  die,  Angst,  die  Schmer- 
zrn  ,  durch  Opium  zu  mindern;  (  So!)  die  Schwäche  und  Ato- 
nic  durch  Tohik,!  wie  Wein  und  Qiina  zu  heben,  deren  lang- 
same  und  andauernde  Wirkotig  d^ft  Reizmitteln  vorzuziehen  ist; 


/ 


48o    Matthey  über  die  Gehirn  *- Wassersucht. 

denn  die  st^linelUre  und  kräftigere  Wirkunig  dieser,  let^rn  ist 
TOit  kurzer  Dauer,  und  Öfters  folgt  nur  grössere  Nervenschwä' 
che.  Sie  können  nur  in  gar  wenig  Fällen  nützlich  sejrn,  wenn 
es  gilt|  das  Leb^nsprincip  oder  das  schwindende  LeLen  sclineli 
wieder  am  heben. .  I)ie  Reizmittel  sind  alsdann  blofs  palliative, 
die  tonischen  aber  bisweilen  wirkliche  Heilmittel. »  Was  läfst 
sic^i  nun  zu  solchen  Proben  aus  der  Arzneimittetlelire  des  Verf: 
sagen.^r—  Mit  einem  Worte,  wer  d%n  Wein  schlechtweg  ein- 
zig und  allein  als  Tordcum  anführt,  der  beiirkundety  dafs^  er  die 
Rudimtnta  der  Arzneimittellehre  nicht  kennt:  4)  «Da»  wo  die 
GchirnafFectionen  sympathisch  durch  den  Reiz  irgend  eines  an- 
dern, Eingeweides  bestimmt  ist,  muls  dieser  ursprüngliche  Reiz 
sogleich  die  Aufmerksamkeit  des  Arztes  erregen,  und  zuerst  ge- 
hoben werden;  5)  Die  Behandlung,  des  Hydrocephalus  oder  des 
sympathischen  Ergusses  verlangt |  wenn  sie  rationell  sejn  soll, 
dafs  die  verschiedenen  Verletzungen  des  Gehirns,  welche  den- 
selben veranlassen  können ,   besser  erkannt  werden. 

Nitu  sind  freilich  die  Zeichen  dieser  gewöhnlich  unheilbaren 
AiFection  noch  sehr  dunkel ;  ihre  Diagnose  mufs  also  Gegenstand 
unserer  neueren  Untersuchungen  seyu.»    Oh  qiianta  species!  se^ 
-7- sagt   der  Fuchs   in  der  Aesöpische;n  Fabel:     Ref.  ist  nicht  so 
glucklich  einzusehen,  was  der  Verf.  mit  seiner  gelehrten  Redens- 
art  hier    will.     Aus   dem  Abschnitt  Vorbauungskur  niüsseu  wir 
unsern   Lesern  doch  auch  ein  Sätzchen    als  Ergötzlichkeit  geljen. 
S.  i55.    «Man  naufs  nicht  buchstäblich  dem  unüberlegten  Hathe 
Rousseaiis  in   seinem  Emil  folgen.»,    Einem  unüberlegten  T^iitl"^ 
mufs  man  überhaupt  nichl  folgen.     Öcn^,  Verf.   rathen    wir  aber, 
wenn  er    die    Schriften  Rieses  originellen  und    wirklich    grolsar- 
tigeu  Geistes  liest,   nichfe  zu  vergessen,   dafs  der  Buchstabe  loa- 
tet  und  der  Geist  lebendig   mache;,  übrigens  ,)st   der    Verf.   am 
wenigsten  der  Mann,  dem  es  anstünde,  den  t^rossen  Bürger  voa 
GfMif  zu  bekritteln.«    Auf  derselben  Seite  aber  hcifsl  es  ^vicdc^: 
«Kalte  Bäder,   die  manl    braucht,    Verden    der  Gesundheit  unJ 
dem    Leben'   zartier   Kinder    nicht   gefährlicli    werdlsn. !!»     Zum 
Schlüsse  dieses  Theils  hören  wir  noch :  «wenn  durch  Schrecken 
oder    eiycn    Zornanfall    sich  irgend   ein    Zeichen  von  Hirnbewe- 
gung zeigt  u.  s.w.,  so  kann  man  in  diesen  Fällen  mit  Nutzen  de" 
Aufguls    von    Calaguale     ein    stark    wirkendes   Purgirmiliel  und 
das  Vesicatörimn  ini   Nacken  anwenden.»     Nach  heft4ger  Eriur- 
xung  ein  stark  wirkendes  Purgirmittel  — das  mag  sehr  wöhlihäti|; 
auf  die  alienirte  Function  im  Galleosystem    wirken,   und  zu  den 
•du rcti  Schrecken  unterdrückten  oder  doch  wenigstens  verminder- 
ten   Haut-  und  Harnwcrkzeugefunction    pafst  ein  starkes  Abiu"'' 
rungsmittel  vortrefidich.     Finis  cor onat  opus* 

{Der  E$$ehlufs  folgt. ) 


,     I 


^=  ^1*         Heidelberger  ^^23. 

Jahrbücher  der  Literatur, 


Matihey   Über  die  Gehirn  -  JVassersucht. 

iBeschlufs.) 

Im  zweiten   Theile   kommen   nun   viele  oberflacliltcli  bearbeitete 
Krank heits^eschichten  und  LcicbenofFoungen ,  die  wir  hier  nicKt 
anführen  können    und    auch    nicht   möchten,   vor.      Aber   einige' 
Proben  müssen  wir  docb  mtttheilon.     S.   i84»    «Ist  das  delirium 
nicht   eher    Resultat    eines    gewissen    Grades    der    Reizung   der 
Nerven -Gehirn-  oder  intellectuellen  Fasern,  man  erlaube  dieses 
Beiwort,  als  des  Gewebes  der  Blutgefässe  nur?!»   Dieser  Verf. 
bat   auch  Untersuchungen   über    die   Geisteskrankheiten   drucken 
lasseii.     S.  186.   cWolil   zu   unterscheiden   ist  der  schnelle  Tod 
des  Gehirns    [die  Re(|e  war  von  Apoplektischen  Vom  Blitze  er- 
schlagenen] von  dem  der  Lunge  und  des  Herzens  j  diese  letztern 
endigen    gemeiniglich    durch    die    Angina  pectoris j    wie  jeder 
weifs.  »     Eine  ungemeine  gelehrte  Episode!    Der  geneigte  Leser 
-wird  daraus  ersehen,  dafs  der  Hr.  Verf.  auch  diese  so  viel  be- 
sprochene Krankheit   genau   kennt.  -—     Diese  Uebersetzung  hat 
den  Ref.  zu  seinem  gröfsteh  Leidwesen  abermals  in  seiner  Mei- 
nung bestätigt:    dafs  beut  zu  Tage  von  schreibseligen  Teutschen 
alles,    wenn's  nur  wi<^    ein  Buch   aussieht,    übersetzt  wird,    wie 
denn  überhaupt   in  unsern   übercivilisirten    Journalen  die   flach- 
sten Arbeiten  aufgenommen,  und  eben  so  aifch  ungemein  höflich 
und  uttna  tolerant  recensirt  werden. 

Es  isl  lYahr,  es  gab  eine  Zeit  wo  man  Ursache  hatte  über 
Recenseuten  -  Unfug  zu  klagen.  Es  gab  deren.,  die  ohne  Beruf 
ihr  Amt  trieben,  und  dafür  hielten,  es  müfste  Alles  beklekset 
%txya.  >Jetzt  fängt  das  an  anders  za  werden.  Unsere  Recenseu- 
ten Yirerden  zum  Theil  so  ultrahuman,  und  dieser  Geist  herrscht 
auch  iu  nicht  wenigen  Journalen;  dafs  zu  befürchten  ist,  dafs 
bei  dieser  Schwäche  verrathende  itfo^eran^<ifi7ii^  und  dieser  lieb- 
gewonneaen  Ultrahumanitaet ,  die  Humaniora  und  die  höheren 
\Vissen2^chaften  gefährdet  werden  dürften.  Die  mittelmassigsten 
ja  nicht  selten  schlechte  Arbeiten  und  die  phantastischen  Pro- 
ducte  werden  aufgenommen,  und  kommen  ungerügt  durch,  ja 
sie  ve erden  nicht  selten  gepriesen.  Es  thut  Noth,  dafs  man  den 
Ilerru    mit   Lichtenberg   zuruft:,    «Es  ist  unmöglich    die  Fackel 

31 


482  Jalirbucher  des  polytechnischen  Institutes. 

der  Wahrheit  durch  eio  Gedränge  zu  tragen,  ohne  hier  einen 
Bart  und  dort  ein  Kopfteug  zu  versengen,  und  v^rdriefsliche 
Auslegung  von  Sdtjreu  mufs  man  immer  ervrarten.  >  Bei  einer 
andern  Gelegenheit  sagt  er:  «Mit  seinem  Beifall  muljs  ein  ge- 
setzter Mann  nidit  umgehen,  wie  Kinder  mit  dem  Geld*»  0 
schwach  gemüthliches  frömmelndes  Zeitalter ,  die  Wissenschaft 
ist  eine  heilige  Sache.  Sie  stehe  hoch  (iber  alle  Petisonalitat. — 
Bedenkt  doch  ihr  Meister,  was  ihr  den  Jüngern  schuldig  sejd. 
-^  Die  Zahl  der  Irren  Und  )rrgefuhi:ten  ist  ohnehin  grofs  ge- 
nug! Viellefcht  ist  die  Sprache,  Welche  Ref.  hier  fuhrt,  nicht 
Jedernunus  Sache.  ^-^  «£irern  ist  gut,  wchn's  immerdar  ge- 
schieht um  das  Gute*  sagt  der  Apostel  Paulus.    Dixi  et  stdvavi 


antmam  meam! 


Fitschaf u 


iit- 


Jährhuch^  des  ^äisey-L  köidgL  poljrtectinischeh  Institutes  in  fF'ieh 
In  F'erbindung  mit  den  Professoren  des  Institutes  heraus^ 
gegeben  t^on  dem  Direktor  Joseph  Prechtl  eic^  Zweiter 
Band,  XXX IT  und  5o3  S.  8.  mit. 4  Kupfertafdn.  Wien, 
48 HO.  —  pniter  Band.  XXlI  und  5si8  S*  mit  6  Kupfen 
tafeln.   48st^^  .  *^  .'  , 

LIer  1.  Band  dieser  in  mehrfacher  Hi)isicht  merkwGrdijgcn  Zeit- 
schrift ist  von  eitlem  anderen  Rec.  im  Jahrgang  1821  dieser  Blat« 
ter^  S.  12  —  a4i  "^i'  gebührendem  Lobe  angezeigt  worden, 
und  mit  Audigutung  der  Wichtigkeit  des  polytechnischen  Institutes 
für  den  technischen  GcwerbfleiÜs  des  österreichischen  Kaiserstaa- 
le^.  Die  beiden  vorliegenden  Bande  liefern*  in  der,  einem  jeden 
voranstehenden  Geschichte  der  Anstalt  den  Beweis,  dafs  -  dieselbe 
fortwährend  mit  seltener,  Fr<eigebigkeit  und  Liebe  gCpBegt,  selbst 
durch  die  Thcilnahme  der  Staats'biSt'ger  .  gefordeit,  wird  ^  und 
dafs  die  Lehrer  rüstig  in  ihrem  Berufe  ax'beften«  Wldche  Fol' 
gen  für  dien  Zustand  der  Gevvetb'e  aui  ihr  hcryÖTgebeu  wer- 
den, daüs  müfs  sich  bald  zeigen,  Üi  einem  Püncte  ist  schon  ein 
liicht  Unbedeutendes  Eingreifen  sichtbar,  das  Institut  bat  nämlich 
tMx  Laudesverm'essun^  melircre  gtrschicktc  Geometer  gebildet, — 
überhaupt  Lohnte  tÜtie  so  jübehiÖs  rdche  Vereiniguäg  Von  Kunst- 
kräftto  und  )9fiUkiliittdti  nur  dü^rbfi  die  ungtlnstigsten  Umstände 
verhindert  Werden  ^  eine  gro^e  \Md  unvergängliche  Wirkung 
bervori>ringen. 

Di«  Zahl  det  Schiller  steigt  rascfa.    Sie  betrug^ 


Jahrbucher  des  pdytechnischen  Institutes.  483 

im  Jahr   *  ^  m    iSto»  1821. 

in  dcÄ  Vorbereitungs^ 

classen  .  .  .  .  v  aäg  ^4^ 
ip  der  t^ommercieileD 

Abdieilung      »^     »9*  *o5 

in  da:  technischen >     ^     >  .  $43  '  346 


2usamttieii  •  ^  .  S^i        69a 

Im  Anfang  des  jettigen  Jahres  hatte  sie  jjf54  ern^ioht«  &er«its 

konnten  Lehrstellen  mit  eigenen   2ögl(Bgea   der  Anstalt  besctil 

iver<}^ii.     Die  Sammlangen  wuchsen   noch  schneller,   nicht  blofB 

dui'oh.  Aukäuif)    wozu  ausser  den  geviröhulichen  Einktinilten  ngck 

besondere  Zuschüsse  der  Regierung  und  beträchtliche  Geschenke^ 

verwetldöl  Werden  konnten)  sondern  ai^ch  durch  freiwillige  Ein«* 

lieferüng  von  Musterstöcken  der  Handw^erke  und  FabriMn-     Im 

Jahr  iSig  ttgoig  nämlich  die  Aufibrd^ung  an  alle  inländischen 

Gewerbsleutie^  »u  dcar  Sammli;^  von  pewerkswanren  beixusieu« 

crn,   mit  Angabe  d«r  C^cü$se  ^der  Menge  der  Stücke,  die  ein 

in  der  Sammlung  anfausleilender  Gegeiy^ttd  haben  müsse,  x»  B« 

von  Tuchern  ä  —  4  Ellen  ^  von  schmalen  Zeuchen  3«i^6,  von 

Leder  ^mize^  t^elie  etc.  Der  Erfolg  war,  dafs  noi^h  bis  tarn    U 

Nov»  iS«0  «ine  Anzahl  von  94^  Stücken,  von  da  bis   i*  Mai 

iS2o  so^ar.  9800^  und  in  den  folgendeu  1^  Jahren  46oi. Stücke 

unentgeUilich  oingeWacht  wurden.  '  Die  ganze  Sammln^  belauft 

sich  tiun  auf  ii,73o  Stucke.  Die  Master v^eriueuge,  die  Modelle^ 

die  pBysikalischön  Imd  nkathematischen  Apparate^  j^\e  chemischen 

Präparate,   die  Materialwaareu   und  die  Bücher  vermehrten  sich 

gleichfalls  sehr,  iund  man   mufs  gestehen,    dafs  die  in  ihrer  Axt 

dn.zige  Ausstattung  dieses  Institutes    mit  allehi  Bedarfe  von  aus« 

seren   Hülfsmitteln  die  Anforderungen  ^  dieLehl^^r,  die  Erwar** 

tungen  Von  ihnen  Leistungen  ungemein  hoch  steigern.  Die  Aus* 

wähl  der  Männer,  welche  die  Lehrstellen  jetz^  bekleiden,  scheint 

sehr  sorgfältig  gewesen  zu  sejn,   üud  auch  die  Assistenten  ^  von 

denen    die  Jahrbücber  viele  Beiträge  ^enthalten  ^   zeigen  sich  ab 

Yollkommen  tüehtig.     Inzwischen    he^e  sich    vielleicht  für.  die 

Folge  befürchten,   dafs  die  angefangene  Art,  die  besten  Schnie« 

xti  Assistenten  >  diese  aber  au  Prozessoren  fortrücken  tu  lassen^ 

oder   die  Besetauug  von  dem  Ausgange  einer  Prüfung  aller  Mit« 

bewerber  abhängig  zu   machen^  unter  einem  minder  ausgezeich'« 

rtetca   Director  als  dem  |ot»gen  zu  eiber  gewissen  Einseitigkeit 

fuhren  möchte^   der  jede^Kdifperschaft  auf  die  Länge  unterliegt]^ 

^enn  sie  sich  bb&  aus  ibfen  eigenen  Zöglingen  fergän«t.    Ohne 

das  Kveutien  'Versebiedener  Ansichten  und  ■  Bestrebungen  veren« 

gert   sich  .lu  leichtjäermin&isseüdeßesiohtsIu?ös  und  der  5ohwunj| 


484  Jahrbücher  des  polytechnischen  Institutes» 

wird  iqehr  und  mehr  gtflSbmi.  Rec.  wiinscht  nichts  melir,  als 
dafs  diese  Besorgnisse  sich  nie  bestätigen  möchten.  Bis  jetzt 
sind  keine  Anzeichen  ihrer  Verwirklichung  vorliauden,  auch 
könnte,  wfenn  man  nicht  gleich  so  weit  geijeu  wollte,  oliiie  Un- 
terscliied  des  Vaterlandes  den  Talentvollsten  und  Geschicklesien 
herbeizuholen,  schon  dadurch  zunfi  Theilc  geholfen  werden,  dafs 
man  junge  hofFnuugsvolle.  Männer  für  die  einzelnen  Fächer  im 
A;Lis]ande  reisen  und  studieren  liesse. 

Wir  wenden  uns  nun  zu  den  in  beiden  vorliegenden  Bän- 
den enthaltenen  wisichSchirftlichen  Aufsätzen,  um  durch  Aufräli- 
lung  der  grösser^if  den  Leaern  eine  Vorstellung  von  dem  Werthc 
der  Zeitschrift  zu  geben; 'dabei  Wird  es  dienlich  sejn,  die  ein- 
zelnen Abhandlungen  unttör  einige  Abtheilungenf  zu  ordnen. 

/.    Zur  Pkjsüt  und  Geologie.     Üeber  das  Gesetz  der  Zu- 
nahme der  Wärme  mit' der  Tiefe,  und   über   die    damit  zusam- 
menhängenden  Erscheithin'gen   dci*  Vulcanitait,  vom  Herausgeber 
III,  1  —  4o.     Eine  tf^ue  Theorie  der  Vulcane,  gebaut  auf  die 
mit  der  Verdichtung   der  atmosphfirisch^n  Luft  verbundene  Er- 
höhung der  Wärme,    -Aus  Versuchen  tnit  einer  gant   einiiichea 
Vorrichtung  leitet  dei*  Verf.  ab,  dafs  t^  R.  Erhöhung  odtr  Er- 
niedrigung der  Temperatur  dufch  Verminderung  oder- Ausdchinrng 
des   Volumens   def  Luft   um    o,^^^^  bewirkt  werde,   und  zeigt, 
dafs   Gay-" Liissac's   Beobachtungen    des    Barometer-  und  Ther- 
mometerstandes  auf  seiner   lAiftreiscf  jene' Zahl  mit  einer  aufial- 
lendeii    Uebereinstunmung    l)est^tigen.     Hierausr   wird  gefolgert, 
dafs 'V^wnii' die  Wärme  an  der  Erdoberfläche -lo**  K.    ist,  sie  m 
feiner  Tiefe  von  4973'  Klaftern,   bei  einem  Barometerstande  von 
88",  schon  8o°  betragen,  und  bei   11290  Klaftern  oder  3  gcogr. 
M«i]ert   Tiefe  und   377"   Barometerstand    sogar    zur    Glühhitze 
(43o^)  werden  würde.     Wenn  nun,  gtaubt  der  Verf.,  die  Lult 
mit'"  Wasserdampf  gemischt  sey ,    so  nehme  dieser  in  jeder  Tieie 
eine  Elasticität  an>   welche  dem  Wärmegrade  der  Luft  *  entspre- 
che, und  schon  bei   120°  oder  6000  Kl.  Tiefe  dem  Druck  der- 
selben gleich   komme.     Die   Dämpfe   kannten  aus   den   feuchten 
Wanden   eines   so    tiefen   Schachtes  entstehen«     Denkt  man  sich 
in  einer   grossen  Tiefe  Wasser,   ans   dem  Meere    eingedrungen, 
«o  kndn  dieses,   unter   dem   ungeheuren  Drucke  fast   zur  Olü'i* 
hitze  gebracht,   die   Wände  «der  Höhlung  im  ürgebirgc  angrei- 
fen^ mancli^e  Stoffe  schmelzen,  und  mit  ihnen  eine  Art  von  Hj^' 
draten  bilden,  di^  dann  ausgevTorfcn  werden.  Es  möchte  schwer 
6eyn,  diese  Sätze  gegen  die  Zweifel,  die  sich  dagegen  aufdrän- 
gen,   ganz  zu   vertheidigeii ,   zumal    da   die   Temperatur  in  ^^^ 
verschiedenen  Luftschichten   sich   durch   Strömungen  notbwendi^' 
ins  Gleichgewicht   setzen    mufs  und  unter    dem  stärksten  Luit- 
drucke  die  Entstehung  der  Dämpfe  nicht  wöbl  zu-  erklären  isf- 


Jahrbücher  des  >  polytechnischen  Instifutes«  4^^ 

Dafs  ab'er  Dampfe  bei  den  vulcaniüchc«  Erseheinangen  nattwir- 
keiiy  ist  sehr  glaublich,  und  die  Beschaffenheit  der  vulcanischen 
Producta  wird  von  dem  Verf.  aos  jener  Ursache  glackltch  er- 
klärt, so  dafs  in  dieser  Hinsicht  Bteislacks  und  Davys  Hypo- 
thesen weniger  befriedigen^  Breislack  und  Gimbernat  haben  aas 
dem  Rauche  des  Vesuvs  di]#ch  Verdichtung  Wasseif  gewonnen. 
Auch  der  neueste  Beobacliter  und  Forscher^  A.  de  Siiy9e,  nimmt 
an,  dafs  Wasserdämpfe  sowohl  die  5rtiicH^  Erdbeben  (nicht  die 
weit  sich  erstreckenden)  als  die  vulcanischen  Ausbrüche  veran- 
lassen. 

//.    Ziir  Mechanik  und  Mctschienerdehre,    ZusanMnenstellung 
mehrerer  Vorrichtungen  für    geradlinige   Bewegung   ncbst   ihren 
Theorien,  von  M,  Remschenll,  236  —  a56.     Da  bei  Dampf- 
maschienen.  Pumpen,  Druckwerken  etc«  die  Kolbenalange  immer 
genau   in    einer    senkrechten   Linie  «uf -<  und   niedergehen  ^mufs, 
Kurbelstangen  aber  und  Waagbäume  (btdanciers)  sowie  Kunst- 
kreutze   keine    solche  unveranderiiche   Zuglinie   haben,    so   sind 
besondere  Vorrichtungen    erforderlich,    welche  diesen    Wechsel 
der  Richtung  beseitigen«     Man  findet  sie  hier  säipmtlich  mitgege- 
ben und  aus  mathematLseheD  Gründen  erklärt.    Die  meisten  sind 
schon  bekannt ,  z^  B.  die  Kreissegmente  am  Ende  des  Waagbau« 
mes,    wobei    auch   die  Einrichtung   Erwähnung   verdient   hätte, 
dafs  man  a  Kreise  an  der  Steile  deis  Waagbaumes  anbringt,  das 
verschiebbare    Parallelogramm  u.   dgl.      fVhiti's  Erfindung  ge- 
währt vollkommene  Genauigkeit,  da  sie  auf  dem  Satze  von  der 
Umwälzung  eines  Kreises  in  einem  anderen  von  doppeltem  Halb-* 
messer   beruht;   auch    die   Reickenbachiscke  empfiehlt   sich   sehr« 
—  Theorie  der  Kurbelbewegung,  mit  Anwendung  auf  die  Grö^s« 
und   Anlage  der  Schwungräder    bei    dem   Maschienenbau,    von 
demselb.   IH,  4^  —   ^07.  -^     In  diesem  ausführlichen  Aufsatze 
werden   Formeln   entwickelt   tind   Tabellen   mitgetheilt,   um  bei 
jeder  Masfshiene  die  erforderliche  Grösse  des  Schwungrades  aus 
der    bd^annten    Grösse   der  bewegenden    Kraft,    der   Last,    der 
verschiedenen  Geschwindigkeiten  der  Kurbel  und  der  zugehöri- 
gen   Höhen    derselben  bestimmen    zu   kö'nnen*   -*-^     Ueber   die 
Form  der  Zähne  bei  verzahntem  Räderwerke«   und  die   zweck- 
massigste  Ausführungsweise  derselben,  von  aems.  III^  3  t 7-^345» 
Der  Verf.  liefert  einen  Beweis  des  aus  Ejrtelweins  und  Anderer 
Schriften  schon  bekannten  Satzes,  dafs  die -Sternradskämme  epi-^ 
cykloidisch  geformt  sejn  müssen  ^    mit  der  Anweisung  zur  Ver- 
fertigung  von    S,chablonen  und   der  Anwendung  auf  abgekürzte 
kegelförmige  Räder.  -—    Ueber  die  Theorie  des  Krummzapfens,  ' 
von    Joh*.  Arzberger,   HI,   355  —  82.     Die  Untersuchung    er- 
streckt sich  auch  auf  den  Fall,  wo  die  Kurbel  mit  einer  Dampf- 
inaschiene  in  Verbindung  gebradit  ist  und  diese  die  Einrichtung 


'     4St)  labrbiieber  des  polytecbmschexi  Instituteis. 

hat^  i»l%  QUtn  icbop  Y«r  det:  VoUeDdoiig  des  KotbeDlitubes  des 
Zuflafs  des  Dampfes  unterbrioht.  --*  Verbesserter  Storshebeir 
oder  kjdraalischer  »Widder..  UI,  ^8a  -*«  85*  Die  Verbesaerun* 
gen .  der  hekanniea  WasserKebemascbif ne  rubren  ton  M'üki^^ton 
in  LoodoD  her.  Mochto  dodi  der  Widder  bei  uns  zur  Bewäs-r 
seiung  des  Landes  aiigevireiidet  werden^  wie  in  Frankreich  schoa 
geschehen  ist! 

///.  Zur  Bauhmst.  üf.  Reinscher  besehreibt  (III,  iat  — 
^8)  einf  neue^  von  dem  Herausgeber  angegebene  Art  hdtzemer 
BogenbrückcDy  deren  Vonug  ausser  der  Tcstigkeit  darin  besteht, 
dafs  kein«  bngea  Balken  dazu  eiffordcrlich  sind  und  die  Erbau- 
ung, sehr  leicht  ist«  Verdieai  Beacbtuug.  —  Von  den  Mittelü 
2ur  längeren  Erhaltung  des  Bauholzes,  vom  Herausgeber.  Uly 
129  —  «6o.  Das  VeriporscheQ  des  Holzes  erfolgt  .  zunächst 
durch  die,  aussef  der  Faser  und  dem  H^rie  in  demselben  ent- 
haltenen in  Wasser  aufldslichen  Stoffe,  Sehleim ,  etc.  Daraus  w«r- 
den  (olgeude,  durch  Erfahrungen  erpn^e  Gattungen  \op  Er- 
lialtungsmitteln  abgdeitet:  §}  Aus^recknien,  selbst  durch  Back* 
ofeowaruke^  2)  Ueberzuge,  am  besteac  von  Sl«nkohlentheer,^3) 
Umwandlung  der  gahrungsfabigen  Stoflfe,  z.  B.  nach  Chapinm 
mit  Sand,  in  Auflösung  von  Eisenvitriol  getrankt,  wogegen  aber 
triftige  Gründe  aufgestellt  werden ;  4 )  das '  beste  Mittel  ];»estebt 
in  der  Entfernung  der  tu  Wasser  aufläsltehen  Stoffe,  welches 
wiederum  am  leichtesten  durch  Wasserdampfe'  geschieht.  Der 
Verfasser  giebt  die  nothigen  Vorrichtungen  zi%  diesem  Verfahr 
ren  an»  vrelehes  ubrigens^  schon  länger  bdkannt  ist,  da  der  Major 
2rew  schon  um  t'jBo  in  Braunschweig  solche  Dampfkasten  nach 
englischer  Art  anlegte« 

.  ly^  Zur  Länder*»  und  Staatenhmde,  Die  h Icher  zu  rccb- 
nenden  Aufsätze  beziehen  steh  s$mmtlich  auf  den  österreiclitscbea 
Kaiserstaltt  und  enthalten  sehr  schätzbare  Beitrage  :^ur  Kenntnifs 
seiner  Naturbescbaffenhctt  und  seines  Gewerbewesens»  Franz 
Rkpl  beschreibt  (II,  s-^  so6)  die  Steinkoideabildung  in  der 
ganzen  Monarchie  und  ihre  Benutzung.  Am  ausführlichsten  ist 
das  böhmisch -mährische  Steinkohlengebirge  geschildert,  mit  Ein* 
schluis  der  Braunkohlenlager  im  nördlichen  Böhmen.  Die  Dar- 
stellung des  geognostisehen  Vorkommeos  ist  weniger  eines  Aus- 
zuges fähig,  als  die  Zahlenangaben  der  jährltehe«  Aosbeate, 
welche  nach  der  Tabelle  S.  4^  -•- 49  sich  für  «817  aaf 
ft'390,290  Ceotner,  1818  auf  4*t98,i4o  Centn,  berechnet,  aber 
wahrscheinlich  sogar  iiber  a  Mill.  Ctnr.  beträgt. 

Es  ist  nicht  angegeben,  ob  man  die  V^rwaudhing  der  Stein- 
kohten  in  Coaks  regelmässig  in  Oefen  betreibe ,  wie  es  ii>  Eng- 
land und  in  Siehlesien  geschiolit  (s.  Psu4esj  ehem.  Abbandi.  1» 
45.  66.   uiäd  Kardien,  Ardiiv   I,   2.  8t),  auch  war  man  noch 


Jahrbücher  des  polytechnischen  Institutes.  4^7 

nicht  soweit  gekommi^nf^.  Hobäfea  und  Fri$clifeuer  mit  Coaks 
iieitzen  zu  können,  doch  beschäftiget  ■  man  sich  mit  Versuchen 
hierüber«,  und  aus  HI ,  3od  sehet)  wir,  d^fs  im  Jahr  i8ai  auf 
der  gräflichen  S^ernbergischeq  Hütte  %u  jQl^roha  wirklich  mit 
dem  besten  Erfojge  8  Wqchen  lang  Eisen  mit  Coaks  geschmelzt 
-worden  ist.  Die  galizhchjen  und  uugari^ohen  St^ei^phlenlager 
werden  ganz  übcfgangen  |^  und  nach  d^rf  mälu'ischeu  die  im  ei* 
gentlichen  Oesterreich  upd  in  .den  Alpcnländern  voi^komnenden 
abgehandelt.  Das  Hänng^r  Fld«  in  Tirol  is^  bi*  zu  8  Rutiien 
Mächtigkeit  aufgescha.sscn  und  versorgt  das  SaUwctrJk  «u  HaU 
mit  ungefähr  82,00g  Ceotuern  jährlich.  Die  Braunkohlen  in 
Steiermark  werden  bereits  auf  ßlcch(»auimerii  -und  andern  Wer«!« 
ken  gebraucht  In  Jlljrieu  und  der.  Lombardei  ist  noch  wetiig 
Benutzung  und  daher  aucb  \yenig  Bau  de^*  Steinkohlen  zu  Bu- 
den. Die  gauze  Ausbeute  in  deii  von  düsni  Verl«  berührten  Pro.-' 
vinzen  wird  in  der  Tabelle  S..  i^ao  <t-*  «o^»  id>;&r  zu  niedrig, 
für  1817  auf  824,409  Ceatn^r,.fur  i8»8  auf  65o,^7  Ciilr.  än^ 
gegeben.  Die  Ta)>ellen  im  III..  Bd.  S.  t6i  fg.  grben  die  Aus«« 
beute  der  Stein«  und  Braunkoihlcn  fön  6ß%  J  1819  in  Böhmen, 
Mähren  und  österreichi^h  $obiesico  «uf  &*677,4o9  Centiier,  dt<; 
Grubjcnarbeiteif  auf  1672  an.  —  .  M*cL  ifurtdj,  über  den  Zu" 
stand  der  Industrie  und  des  Handds  im  Königreich  DalniatienA 
IJ>,  106  —  i3or  Die  Schilderiung  bietet  wenig  Erfreuliches  dar, 
denn  das  Gewerbewesen  liegt  darnieder,  ond  es.  fehlt  sogar  an 
Regsamkeit  bei  den  Einwohne^,  «im  attes  zu  benutzen,  was  die 
Oertlichkeit  gestattet.  Beisond^rs  zi^igt;  sich  adch  in  diesem  Bei- 
spiele die  Unsicherheit  des  aua  blossem  Zwisdienhandel  herrijb- 
rendeu  Erwerbe^,  — <^  Harstellung  der  Eisenerzgebäde  in  den 
Gebirgen  der  österreichischen  Mwigrehien  welche  im  Norden  d^r 
Donau  liegen,  von  fr.  Riepl.  HI,.  a37  «^-3095  •-*  j/enem  Airf- 
sat%e  über  die  SieiukohlenbuldwgeA  ähnlich..  In  Böhmen  ist  der 
Rotheiseqstein  y  ip  A(il|}P^  und  G^Uizien  der  TÜoit-  und  Rasen- 
eisenstein, in  Ui^arn  pnd  Siebenbürgen  der  Späth-  iind  Br^m- 
eisepstein  am  wichtigsten.  £s  werden  j^bjrli^h  gegen  4$.(y)00  CtJC* 
Roheisen  ausgeschmelzt,,  auf  ^4  Hoböfen« 

iF*  Zur  poiiiis(ik^i  ..Qßhdnomif'  Q^h^tein  Aufsalz  desi  Her- 
ausgebcirs  über  die  W^chseiwirkung  4ec  Aekerl^ur  upd  Mapu* 
factvr  -  Ind^suif»,  IQ,  ^498  -r- .237*  -*,.  Olm»  Benutzung  frü- 
herer Forschungen  wird  9u£  eluß  lichtvolle  Wci^«  die  Lage  ei- 
nes, blofs  lapdbauendicn  und  eines  zngleich  gewei^bn  (i^werk-) 
treibenden  Volkes  yecgUclien.  Die  {Jntersuohung  ,ii9^iebt^  ^Is 
jenes  nur  ^^  eioc^m  niedrigen  Grade  des  WohUtandes  gelangen 
könne.  Die  Hauptgedanken  sind  neblig  und  verdiieneo  die  Bet 
licrzigung  mancher  Regierungen ,  welche  noch  immer  nicbl  von 
dem  einfachen  Satze  sich  überieUgen  kpiinen,  dafs  der.  Landbau 


488   Jahrbücher  des  polytechnischen  Institutes. 

nicht  emporkommen  kanh^  w<enii  Niemand"  d'a  ist,  der  dem  Land- 
ivirthe  seinen  Ueberflafs  voki  rohen  Stoffen  abkauft.  Dte  Behaup- 
tungen über  die  viel  geringere  Gefahr  des  Mifswachses  ( 2i5) 
lassen  eine  Berichtigung'  zu,  auch  sind  die  Sätze  über  grosse  und 
kleine  Landgoter  wegen  Mangels  näherer  Bestimmungen  ungenti- 
gend,  dagegen  ist  die  Schilder^ng  der  kleinen  Wirtbschaftea  in 
dem  blofs  landbauenden  Volke  Terdienstlich  unä  der  ganze  Auf- 
satz gerade  durch  den  Umstand,  dafs  der  \(erf.  sich  als  eiaen 
YevstQndigen,  wohlgesinnten  Laien  in  diesem  Gebiete  ^eigt,  noch 
interessanter.  ,  ^ 

Vi,  Zur  Technologie,  —     Ausfährlicfa  und  grändlich  lian- 
dek  D.  Schoh  die  Glasberettung  im  Allgemeinen  ab,    und  trägt 
sodaitfi  die  Geschichte  der  neueren  Versuche,  Natron -% Glas  durcb 
Zersetzung  des  Glaubersalzes  zu  bereiten,  vor.  11,  'f3o  —  235. 
Bl^kanntlich  ist' diese    Verwendung   des  letzteren    Stoffes  darum 
so   nützlich^    weil  derselbe  ber  n>ehreren  chemischen  Geverken, 
z.  B.  bei  der  Chiorbleiche,  bei  der  Bereitung  des  Queeksilbcr- 
sublimates  etc.  als  Rückstand   bleibt  und  auch  aus  den  Mutter- 
laugen   von   Salzwerkeo    mit    geringen   Kosten   gewonnen  wird. 
Der  Verf.  erzählt,  dafs  Kretsehmar  schon   i66o  das  Glasmach ea 
mit  Glaubersalz  beschrieb,  dafs  Laxmari^  es  seit  1764  in  Hufs- 
land  im   Grossen  betrieb»     Die  neuesten  Bemühungen  Oesteneir 
ckers ,  Gehlens,  vori'  Baaders  u.  A*.    hatten    noch  nicht  ganz  er- 
wünschten Erfolg    VI' eil,   obgleich   durch    Zusatz  von    Kohle  die 
Zersetzung  des  Glaubersalzes  wohl  gelartg  und  e;tt   festes  gutes 
Glas  erhalten  wurde,  doch  eine  schwache  Färbung  dessdben  noch 
nicht  entfernt    werden   konnte.     Indefs    wurde    die    Möglidrkeit 
der  Entfärbung  durch  einen   österreichischen  Glasmeister  darge- 
than,  dessen  Verfahren  noch  nicht  gekannt  ist.     Ref.  fügt  hinzu, 
dafs  auch  auf  einer  baierischen-  Hütte  bei  Redwitz  im  Fibhtefge- 
birge,  Glaubersalzglas  gemacht  wird,  welches  nur  selir  schwacii 
ins  bläuliche  spielt  und  zu  Fensterscheiben  etc.  verarbeitet  vrird. 
Dsbelbst  'Werden  4o  Glaubersalz   und   6  Kohle  auf   100  Qxjau 
zugesetzt*  -^     Der  gegenwärtige   Zustand    der   Bierbrauerei  i'i 
England  ist  sehr  zweckmässig  in  einer  freien  Uebersetzang  ats 
der  brittiscihen  Encjjdopädie  beschrieben  von  ProL  Stahlberger, 
üj,  a56  -—  3 19.     I>«r  Aufsatz  hat  Vieles  mit  einem  gleichzeitig 
in  Deutschland  bekanift  gewordeneir  anderen  gemein,  in  welchem 
die  vom'  Parlamente  angeordnet«»  Untersuchungen  über  die  Güte 
des  Maises  ron  big  (hord,  hexast,)  imd  4zeiliger  Gerste  (kord, 
^«/^•J  berichtet  werd^i.   '(Kastners  Gewerbfreund,  V»  B.  Heft 
6 — «lo,  iSao).     Mit  grosser  Genauigkeit   findet  man  die  Ver- 
änderungen  beobachtet,   die   bei  dem  Malzen,.  Darren  etc.  vor- 
gehen.,     Das    Darren    mit    Wasserdampf  ist    nicht    beschriebe», 
auch  vermifst  man  S.  299  die  Methode  iVhedet^s,  einen  kleine 


Ja[^'bliche^  des  polytechnischen  Institutes.   489 

Tbeil  des  Malzes  in  einer  Walze^  braun  zu  rösten,  und  so  dem 
Porter  die  braune  Farbe  auf  wohlfeile  Weise  zu  geben.  Die 
sinnreichen  mechanischen  Einrichtungen  in  den  grossen  englischen 
Bi*auereien  sind  auf  2  Kupfertafeln  erläutert^  üherhaspt  -erhält 
m^n  eine  lebendige  Vorstellung  von  dem  Eiriftufs,  welchen  die 
Wissenschaften  auf  dies  Gewerbe  geäussert  haben.  Ref.  theih 
nur  noch  das  specifische  Gewicht  der  beiden  engliscbea  Bierar- 
ten mit;  ^  \  . 

Ale  im  Durchschnitt  i,o35 
Porter  —  —  —  i,oi3  —  ^^oiy 
•Von  Versuchen  iiber  die  Maschienenbchandlung  des  tingerotteten 
Flachses,  die  in  Frankreich  und  zu  Prag  lipit  der  Christianschanj 
zu'  Mailand  mit  dieser  und  der  Cath'netti^ichen  Masdiienf  ange- 
stellt wurden,  hat  Karmarsch  Nachrichten  gesammelt,  II,  32o 
—  34.  Die  Ünentb^hrlichkeit  der  chemischen  Behandlung  wird 
hiedurch  bestätigt.  Ref  stellt  die  erhaltenen  Zahlenangaben,  auf 
Procente  reducirt,  mit  den  von  Meyer  mitgetheilten  (s.  Nr.  16 
uns.  Jahrb.  18  33)  zusammen.  100  Gewichtstheile  Flachsstengel 
geben 

vor  dem  • 

Hecheln«  gehechelt« 

1.  gerotteter  Flachs. 

a.  mit  der  Breche        25  —  33  9  —  n     a. 

-^         —         —           .16  5  —   io^. 

—  —  —  4o,6  4,68  c, 
h,  mit  der  Maschiene  \  i8,5  3,5  b. 
— ■        —        — •    ,          4a>8  3,43          c, 

2.  tingerotteter  Flachs. 

a,  mit  der  Breche  4o,6  4)68  c. 

\  b,  mit  der  Maschiene       25  <  6,6  6  (?)«?. 

—  —  —  27,4  7,4  /  e. 
'—         —         —             24,5  6,5  b, 

—  —        —  43     ,  3,4  c. 

a,  bedeutet  Meyers  Angabe,  ^.  die  Versuche  in  Mailand,  c. 
die  französischen  Versuche,  d,  Häfs  und  e»  Sprengel  und 
Gräher^s  Angaben.  Freilich  wäre  zu  wünschen,  dafs  man  auch 
eine  Bezeichnung  des   Feinheitsgrades  für    den  erhakenen  Flachs 

liätte   hinzufugen   können. Die    von   dem   Rittmeister   Fuclis 

«rfandene  Kattundruckmaschiene  würde,  wenn  sie  sich  im  Gros- 
sen vollkommen ^ brauchbar  erwiese,  den  Nutzen  haben,  die  sehr 
kostbaren  gestochenen  Walzen  entbehrlieh  zu  machen.  Der  Me- 
chanismus scheint,  so  weit  di<^  Beschreibung  denselben  erklärt, 
noch  in  mche  Verbesserungen  in  Ansehung  des  Niederdilickens  etc. 
zuzulassen.  Der  Herausgeber  fügt  eine,  Anweisung  zur  Verfer- 
tigung gegossener  Model   mit  Hülfe  einer  G^psforiD  hiu^q,  III , 


49^  Jahrbücher  des  polytechniächen  Institutes. 

1^7  —  n8«  ^-^  Die  Bereitung  des  Seesalzes  am  a<iriatisc1ieQ 
ÄJeere  wird  aus  amtliclicn  Berichten  beschrieben,  III,  iü6 — 479f 
%vabei  besonder.«  die  Anlage  der  Salzgärten  mit  vielen  Beeten, 
fl.  h.  sehr  seichten  Wasserbehältern^  um  das  Verdunsten  zu  be- 
schleunigen, merkwürdig  ist.  Bisher  gewann  man.  auf  den  4 
Millionen  O  Klaftern  im  Durchschnitt  354,ooo  Centner;  die 
österreichische  Regierung  hat  aber  das  Gewerbi;  schon  sehr  ge- 
hoben. —  lieber  die  Verfeitigung  des  verzinnten  Eisenbleches 
in  England,  von  Altmütter,  Ji\^  i85  —  *97;  wahrsclieinlicli 
nach  Fischers  Tagebuch  etc.,  Aarau^  i8i6.  Zu  den  Bemerkua- 
gen  über  den  Gebvauch  des  Fettes  kann  noch  beigefügt  werden, 
dafs  man  das  zum  Folieschlagen  bestiinipte  Zinn  in  manchen  Fa- 
briken mit  brennendem  Fett  zusammenriH^rt ,  und  dafs  auch  in 
manchen  Näliqadelfabriken  das  letzte  Erhitzen  vor  dem  PoKren 
in  brennendem  Fett  geschieht.  ♦—  Beschreibung  einer  Maschiene, 
um  Holzfourniere  nach  einer  neuen  Merhode  zu  schneiden,  IHt 
3o9  -^  17*  — ^  Qarotafehiy  für  BaumwoHengaru ,  yon  Kat' 
marsch^  III,  345  —  54» 

Der  2.  Band  erhält  unter  der  Ueberschrift  MUcßüefi  mcli- 
tere  kleinere  Aufsätze,  z.  B.  über  das  Bergöl  in  Gallizien  und 
die  Verfertigung  der  Stecknadeln  mit  geflossenen  Köpfen  zu  Aa- 
chen ^  wovon  das  Nähere  noch  nicii^  allgemein  bekannt  ist.  Ref. 
ist  im»  Stande,  über  das  Verfahreii  aus  eigener  Anschauung,  Ei- 
niges beizufügen*  Die  messingene  Form  besteht  wirklich  aus  2 
Hälften«  Das  (lüssigo  Metall  wird  aus  einer  Art  votr  Trichter 
iiTit  einer  beliebig  verschliefsbaren  OelFnung  iif  die  Form  ge- 
bracht, wo  es  sich  zuerst  in  eine  Längsrinnei  und  von  dieser 
«lus  durch  viele  kurze  Querrinnen  in  die  gleiche  Anzahl  kugeli- 
ger Höhlungen  ergiefst,  in  welche  schon  die  Enden  der  Dräthe 
ragen.  Nach  wenigen  Augenblicken  können  schon  die  Nadcia 
van  dem.  zusammenhängenden  Metallstück  aus  den  Rinnen  ab- 
gebrochen werden ,  und  dieses  wird  sogleich  wieder  einge- 
schmelzt. 

Endlich  «ind  beiden  Bandeii  ausser  den  Verzeichnissen  er»> 
tUeilter  Patente  aus  Oesterreich ,  Frankreich  und  England  noch 
zahlreiche  Notizen  einverleibt,  voo  den  Assiisjtenten  des  Instituts 
ans  auslä.ndischen  Zeitschriften  gezogen«  Ueber  die  Nützlichkeit 
solcher  Sammlungen  kann  kein  Zweifel  obwalten^  weil  sonst 
dem  ioländischen  Gewerbsraaune  Yie)es  unbekannt  bleiben  wür« 
de,  was  entweder  sein&  Kenntnisse  erweitert  oder  »einen  Fox- 
schangeu  eine  ne^e  Bichtung  giebt»  Die  Ausziige  betreffen  mei- 
stens physicaltsche ,  cfaeoiiscbc  und  tec)>nolpgische  Gegenstände. 
Bei  dem  grossea  Fieisse ,  mit  dem  sie  gesammelt  sind ,  und  bei 
der  Sorfjfalt,  die  sich  in  den  Ucbersetzungen  erkennen  läfst, 
kann  es  kaum  in  Betracht  komroeir,  dafs  Einiges  in  Deutschland 


Pfeil I  Anleitung  2;  Bebandtung  etc«  d.  Foisten.  49^ 

nicKc  neu  ist,  bie  upd  da  auch  die  initgethetlte^  Nachrichten 
-^ieH\]icli  i^nbe&iedigend  lauten*  Eine  systematische  Anordnung 
oder  hesser  ein  alphabetisches  Register  würde  das  Auffinden  der 
Notizen  erleichtern,  ij^nd  e$  konnte  diese^i  J^augel  noch  in  einem 
künftigen  Jahrgänge  abgeholfen  werden.  Unbedeutend  ist,  dafe 
einige  kleiqe  Excerpte  doppelt  vorkomme»! ,  z.  B.  II,  44?  und 
III,  4o5  diiS  neue  Flufsmittel ,  welches  in  der  ersten  Steile  als 
Cöle&tin,  in  der  aten  ^Is  schwefelsaurer  ^itrontian  genannt  ist, 
beides  aber  ist  einerJiei.'  -^ 

Scldiefslich  ist  zu  erwähnen,,  dafs  im  Aifhange  zur  Vorrede 
des  2.  Bandes  Prof.  Araber get  eipeu  von  yoigtläiider  in  Wien 
verfertigten  CiOpaparator  beschreibt,  der,  als  Norudalmaals  der 
Wiener  KUifter,;  die  Vorrichtung  enthält,  um  nxit  grosser  Ger 
liauigkeit  andere  Längenmaafse  nach  ihm  zu  prüfen.  Zwei  Mi<f 
kroskppe  uiit  Fadenkreutz.en  sind^^n  ihm  beweglich,  und  der 
Fehler  kann  höchstens  0,024  '  betragen.  —  Wie  nützlicK  indefs 
diese  £inric4i.tung  seyn  mag,  so  kann  sje,  da  schon  eine  Feu- 
ersbruiist '  die  ganze  Arbeit  zerstören  könnte,  doch,  den  Wunsch 
»ach  einer  festeren  Grundlage  des  Maafswesens  nicht  beseitigen. 
Auch  ist  das  &chon  ^on  EUijrgens  vorgeschlagene  Secundcnpendel 
von  allen  den  Mängeln  frei,  welche  bei  den^  Gebrauche  voi^ 
Theileu  des  l^rdineridians  uicU^  zu  verkennen  sind,  ' 

#  '  S.  fi,  V. 


^  .'j' 


l^^siandige^  Anleitung  zur  Behajidlung,  Benutzung  undS^hatz-^ 
Ußg  der  Forst^ni.  Ein  Handbuch  Jiir  Forstbed-iente ,  Guts^ 
hesitzevx  O^konomie''  Beamte  und  Magistrate j  mit  Rilcksich^ 
mif  die  wechselseitigen  Beziehiing^n  des  .  ff^aldbaues  zum 
Feldbau,  eatsivorfeR  von  fV.  P-feil^  FiirstUck  Carqlatlien 
ForstmeisJt-er,  *) 

Erster  Band;  entbaHei;id  die  Holzkepntnifs  upd  Hoizer-^ 
Ziehung,  ^üllict^u  und  Freistadt,  Parumann'sche  ßuchhand-* 
lung.  iSüou  8.   VI  und  38o  S. 

Zweiter  Bundj   eoitbaltend  die  Lehre  von  der /Forst -Be- 
schützuug,    der    Forst  -  Einrichtung    und    Schätzung,    der 
Forst  -  Benutzung    und  die    Pflichten  und    Gerechtsame  desu, 
Forstbesitzers  gegen   Beiechtigte,    Daselbst    «821«  8*  XVI 
uud  jb4  S. 

Von   dem  Verbsseif  dies.er  Schrift  wv,   da  er  derselben  einen 


*)  Dermalen  und  sctioa  bei  4er  Herausgabe  des  zweiten  Bandes« 
Konigh  Preuss«  Oberforstrath  9  Doctor  und  Professor  bei  der 
Universität  tu.  Berlin* 


49'-^   Pfeil;  Aoleitung  z.  Behandlung  etc.  d.  Forsten. 

< 

scTiarfen  Tadel   aller   bisher   bestandenen,   Forstwisscnschaftlichen 
Lehrmf>t!ioden    unmittelbar   vorangehen    lieFs    (vergL   Pfeil   über 
forst'wissenschaflliche  Bildang  und    Unterricht  etc.  etc.  Züllichau 
iSad  in  den  Heidelb.  Jahrbüchern)    eine  mehr  als  gewöhnliche, 
ja   eine    originelle  Arbeit   zu    erwarten.     Nach  des  Ref.    Ansicht 
hat  das.  vorliegende  Werk  nun  vvirklich  auch  sehr  vieles  Eigcn- 
ihümliche,    Tvas  sich  jedoch  deshalb  keineswegs  gerade  als  zweck- 
massig und  die  Wissenschaft  befördernd  annehmet  läfst;   am  al- 
lerwenigsten   aber   die    g^wifs    allgemein    bestandene    Erwartung 
befriediget,    dafs    Äer    Verfasser   darin   das   Muster  einer  zweck- 
m^sigen   Unterrichtsmethode  liefert  werde.  Zuvörderst  fiel  dem 
Ref,  in  dieser  Hinsicht   die  offenbare  ünschlüssigkeit   des  Verfs. 
auf,     wie   er    sein    Werk  betiteln  sollte  f    denn  nachdem  er  das- 
selbe  vor  dem    Diucko    durch    die  Buchhandlung  als  Handbuch 
für  Privat  -  Forste  und  Prii^at  -  Forstbediente  ete,    (  habe^n  diese 
•eine  Privat- Forst- Wissenschaft?  )    halte  ankündigen  lassen,   gab 
er  ilmi  später  den  Titel  eines  Handbacks  für  Forslbediente  (im 
Allgemeinen),  Gutsbesitzer  etc.;  in  der  ^Vorrede  und  Einleitung 
bezeichnet  er  dasselbe  ausdrücklich  als  Lehrbuch;  wobei  er  an- 
räth,    dafs  diejenigen,  welche  es  als  Handbuch  benützen  {€uber 
die  eigentliche  praktische   Forsti^erwaltung    unterrichten  ^t)  woll- 
ten,   nur  die  vier  ersten  Abtheiliingen  des   iten  Bandes,  welche 
von    den,    dem  Forstmanne    nölliigcn    allgcAein-n  Natur -Kennt- 
nissen   handeln,   zu  überschlugen   brauchten.     11«/.    gesteht,    dafs 
eine  solche  Ansicht  von  einem  scharfen  Kritiker  dei*  Unterrichts- 
' Methoden  ihn  etwas  befremdet  habe;  indem  er  glaubt,  dafs  ein 
Lehrbuch,  von   einem  Handtuch,  in  Farm  und  Inhalt  wesentlich 
abweichen  müsse.    Der  Lehrvortrag,  und  so  auch  das  Lehrbuchj 
fordern    durchaus    eine    logische    Anordnung    der   Materien^,    ein 
wohl   geordnetes   Üebergehcn  vom  Einfachen  zum  Zusammcnge- 
setMen,  so  wie  auch  eine  gewisse  Abkürzung  und  Beschränkung 
auf  gewisse    Hauptgrundsätze;    das    Handbuch  dagegen  kann  die 
sorgfältige    systematische    Anordnung    des   Lehrbuches  entbehren, 
und  die  Gegenstände  ganz  in  der  Art,  ^wie    sie    im   praktischen 
rieben  vorkommen,  mit  allen  Nebenbeziehungen  zugleich,  abhan- 
Jeln,     Bjit  Jief.era  BegrifTi?  stimmt,  wie  der  weitere  Verfolg  zei- 
gen wird,    die  Pfeilsche  Schrift    nirgends  überein,    sondern    er- 
scheint als  ein  Mittelding  dieser  Art,  bei  dessen  Abfassung  dem 
Verfasser^    wie    gewöhnlich,    —    eine   zweckmässige   Abtheilung 
der  Materien  schwierig  geworden  zu  %^^xi  scheint. 

In  der  Einleitung  erst  bezeichnet  Hr.  Pf,  den  Zweck  uad 
die  Bestimmung  seines  Werkes  ausführlicher  und  zwar  dahin, 
dafs  dasselbe  bestimmt  sej  einem  allgemeinen  Mangel  oder  Ge- 
brechen unserer  bestellenden  Forst-  Lehrbücher  abzuhelfen.  Weil 
in:in    nämlich    noch    nicht    mit    der  Grundidee,    wonach   die  Bc- 


I 


Pfeil,  Anleitung  2.  Behandlung  etc.  d.  Forsten,  4o'J 

\  ; 
V  I        \ 

LandluDg    und   Benutzung    d^r  Forste   geregelt    werden    müsse, 
ganz  auf  dem  Reinen  sej  ( !  ? )  t  so  beaühteten  alle  jene  iLeHrbü- 
eher  die  Bewirtbscbaftung  der   F4;>rste  .nur   allein    mit  Rjäpksicht 
auf  diese  und  vergassen ,   dafs  letztere  nie   aus   der   Verbindung 
mit    der    Nationalökonomie   liberbappt  gerissen  .werden    dürfte; 
auch    hätte   maik   sich  namentlich  in  den  sogenannten  Forstdirec-. 
tiooslehren    (  Si;aats- Forst wirthschaftslehre  ?  )   .  um    letzlere    nie- 
Hials  (?)  im  ^erpgsten  .bekümmert   (dem  Verf.  müssen  mehrere 
der  neuesten  dieser  $chriften  unbekaiuU  sejn  i ).  Der  erste  Schritt 
zur  VervolJkommnufig  der  Forsthenut^^ng  liege  in*  der  Beachtung 
der  Beziehungen  9  in    welchen    letztere  zum  Feldbau  $tehe,    und 
hierüber  müsse  m^ii  näher  untei;rich'tety  |ind>  der  Landwiith  dem 
Forstwirth   genähert  werden.     Dies   werde   besonders    für   die 
Besitzer  kleiner  Privatforste  aö^hig^  indem  diese  die  Forsiwirtii- 
Schaft,    neben   der    tyichtigern  Landwirthschaft,    nur ^Is^ Neben- 
sache betrachten  und   die  Forste  vorzügliph  mit  für  die  Bedürf- 
uisse  de$  Feldbaues  und'  der  Viehzivpht  benutzen  (d.h.  der  ver- 
derblkhen  Waldstreu-  und  Wc^de^ii^tzung  einräumen)'  .müfsten^ 
tim  den  höchsten  Geldertrag   von  ihrem ..  Grundeigenth.um    über- 
haupt zu   erzielen«     £&  seye   wahr,    man  habe   zwei  vortreiHichq 
(nur  zwei?)    Lehrbücher   der   Forstwissenschaft,   nämlich    //ar-   ' 
tigs  Lehrbuch  für  Förster  und  Co(fyi^s  Waldbau    ( letzteres ,  — . 
ein  vortreffliches  Handbuch  —  j^t  noch«  nicht  einmal   eip  .  Lehrr 
huck  des  Waidbaues,  vielweniger .  ein  X^^/'^i^c^  der  Forstwiss^i'.  , 
Schaft!);  allein  das  erstere  sej.  nicht  für  die  Bedürfnisse  kleiner 
Privatforste  in    If^r^dtsutschland    (^hat   dasselbe    seine  ;  besondere 
Wissenschaft  nÖthig?) .  berechnet}   und.  das    letztere   beschäftige» 
sich  nicht  mit  allen    Gegenständen ,    über  welche  ^t  Lap^wirth 
belehrt   seyn   wpllte;   jdarum  wage  c^,  ,  der  Verf,,  den  Yersuch, 
klar  wid.mit.  Entfernujig  aller.  Gelehrsamkeit  (!)    dasjenige  vor- 
zutragen ,<  was  dem   Verwalter  kleiner  Fairste   zu .  wissen  i^öthig 
sej,  u.  s*  w.. — 7^  Dieses  ist,  was;  ^.ef.  aus  la  gedrängten  Seiten 
der  Einleitung,   worin,  der  Verf.  nach  gewohnter  W^i^e  gar  zi^ 
oft  in  Nebendinge  überschweift,  über  .den  ZweJc  der  Pfeilschen 
Schrift  auszumitteln  im  Stande  war ;  und  woraus  hervorgeht^  dafs 
Hr.  Pfeil  der  Ansicht  ist,  die  JForstwirthschäftsIehre  müsse,  be- 
sonders./ür  den  Privatmann,  durchaus  zugleich,  mit, allen  Neben-: 
beziohung:en ,   vvorin   die  Forste  mit  den  Ocrtlichkeiten  undtGe- 
werhen  stehen,  vorgetragen  /Werden ;  und  obschon  er  sich  in  letz- 
terer Hinsicht  nur  auf  die  Landwi^^hschaft  einlälst,.  so   wird   er. 
doch ,  ohne  in  Inconsequenzen  zi^  ver/allen ,    niclits,  dagegen  ein-: 
wenden  kommen ,  ,vVcna    man  seinem  Grundsätze    auffalle  Forst- 
producte  beziehende  Gewerbe ,  ausdehnen  wollte.     Ref,  überläfst 
zwar   allen    Sachkenjncrn '  selbst  zu   beurtheilcn,    ob    eine   solche 
Unterrichtsmethode  und  Finvi^htujig  von  Lehrbüchern  die  zweck- 


494  Pfeil,  Anleitung  z»  Behandlung  etc.  d.  Forsten. 

massigste  s^y;  kartu  abör  bcf  dieser  GelegfMiKeil  seinte  Eigiinnti- 
sicbi'vou  der  Sache  uumöglich  zuröcklialtehv  Er  p^Iaubt  DiiinKcliy 
Hrn.  Pfeil  müsse  es  wie  vielen  blol's  praktisch  gebildeten  Män- 
nern «rgan^en  seyn  (irt  Hr.  PFeiU  oben  -angefuhrtetk  Schrift  «ber 
Bildung  und  Unterricht  d(^  Forstmannes  ete.  zeigt  und  spricht 
er  ausdrücklich  au^,  dcils  ler  zu  einer  geordneten  vrissenschaftii' 
chen  Bildung  für  sein  Fach  keine  Gelegenheit  gefuhden  habe), 
d.  h.  er  liabe  besoncTers  bei  der  ihm  obgeJegenen  Verwaltung 
von  PrivatfbrSteii)  sehr  oft  in  der  Waldbchandlung  oach  Rück- 
sichten verfahren  müssen,  wovon  in  den  Lehrbüchern  entweder 
gar  keine  Erwähnung  geschieht,  oder  die  mit  den  Lehrsätzen 
zuweilen  sogar  in  Widerspruch  stehenv  Wie  kann  er  dieses 
eben  dis  ein  Gebrechen  der  Lehrbücher  be^eielinen  wollen  ^  und 
fordern,  dafs  deif  Anfangs  * ünterficht  Zugleich*  auf  alle  im  prak- 
tischen Leben  möglichen  iPälle  ausgedehnt  Werden  soHe?  Möch- 
tert  ihu  und  vielleicht  viele  serner  Anhänger,  etwa  \\vl)[  folgende 
Beispiele  von  der  richtigen  Ansicht  der  Sache  belehren.  In 
der  LandwirthsfcHaft ,  die  Hr.  Pfeil  namenlHcb  mü  der  Forst- 
wirthschäft   enger    zu    verbinden  beabsiehtigl  ^    waren  die    vor- 

^  täglichsten  Lehrer  ja  auch  nicht  im  Stande^'  Kiunchttich  des 
Feldbaues  z.  B*  mehr  zu  lehren,  als  welche  Auswa^lil  des  Bo- 
dens Und  Behandlung  jede^  einzelne  Feldgewachs  erfordere,  and 

'  -^  in  welclu^t-  Reihenfolge  hach  einander  atigebauet  (Frucht- 
Wechsel)  •-—  sitf  am  besten  zU  gedeihen  und  ^^^t  höchsten  Ma- 
Uritd^  Ettroße  t\x  liefern  pflegten. 

{dieselben  Lehrer  aber,  und  tOcfatige  Landwirthe  überhaupt, 
sind  dennoch  genöthigt  vOn  jenen  allgemeiilea  Regeln  gar  häufig 
im  praktischeU  Betriebe  abstuweichen ,  und  z.  Bw  Hafer  in  einen 
Boden  und  iki  einer  Wechsdfolge  zu  bauen,  woliin  er  d«r  Theo- 
rie Uach  zwar  nicht  hinpafst,  wo  aber  dessen  Anbau  deihnoch 
—  ive^in  zufalligef*  Örtlicher  f^trhältnisse  ufid  BtdBrfhisse  y  — 
liöchsc  nothwendig  nind  einträglich  ist.  Wer  ist  im  Stat>de  die 
unzä'hlbate  Menge  von  Fällen  -Zu  übersehen  und  darüber  zu  be- 
lehren, die  sich  duteh  CombinatiDn  der  verschiedenartigsten 
Orts-  und  Personal -Verhältnisse  ergeben?  »^— Kennt  ein  Land- 
wirth  sowohl^  wie  ein  Fo^stWirth,  erst  die  Regeln  einer  mög- 
lichst vollkomi^enen  Erzeugung  der  Producte  ^  uhd  ist  er  dabei 
ein  hinreichend  spbculatiVer  Kopf,  so  wird  es  ihm  nicht  schwer 
werden,  jene  Regeln  bach  den  augenblicklichen ,  persdnlrchen 
und  örtlichen  Verhältnissen  zu  modificiren,  also  vom  Lehrb^iche 
ab /inen  Plan  vci^folgen,  wie  ihn  der  helle  IPraktiker  gewöhn- 
lich ohne  Weiteres  aus  den  Umständen  aufgreift.  Dieser  letztere 
und  jeder  über  den  Anfangsunterricht  Votgeschrittene,  wenn  sie 
über  Speculationen  besonders  unterrichtet  seyn  müssen,  beiden 
steh  dafür  nicht  besser  titts ,    als  durch  Rcbeu  und  durch  Lesen 


Pfeil,  Anleilung  t:  Behandlung  elc.  d.  iForsteii.   49^ 

von  Beschreibungen  der  bestellenden  voUkoramBneh  TVirthschaß- 
ten  in  verschiedenen  Ländern,  derön  wir  besonders  in -der  La nd- 
\virlliscliaft  bereits  so  viele,  vortrefflichen  Inhalts,  besitzen,  und 
die  Hr.  Pletl  durch  Besbhreiblin^  seiner  Forstwirth^schaft  in  den 
Carolather  PriyatTorslen  leicht  hatte  vermehren  können^  In  sol* 
ichen  SchriFteJ^  wird  daan  jeder  gelehrte  Aufangsut^terricht  über* 
flüssig  und  als  bekannt  schon  voransgesetzf,  weshalb  dergleichen 
Schriften  den  Praktiker  durchaus  vorzuglich  ansprechen  und  be^ 
friedigieQ.  Dafs  Hr.  Pf.  eben  Wirklich  in  dem  von  dem  Ref» 
Yörausgesetzten  Falle  sich  befinde,  ergiebt  sich  )ius  seinem  aus« 
l^edruckteii  Yorwissen  ein  c^  I|^  ehrbuch  es  fCSr  kleine  i(  warum  nicht 
6uch  fiir  mittlere ,  grosse*, .  ?  J  Privatforste  in  Norddeutsch! and 
(warum  nicht  auch  für  Süddeutsch  lau  d,  Frankreich,  Holland  etcJ)«. 
Soll  deshalb  für  jede  Gegend  und  Verhaltnifs  ein  eigenes  Lehr-^ 
buch  Uothig  seyn,  weil  an  einem  Orte  die  Anzucht  des  fiusch* 
liolzes,  am  ändern  der  Hochwald -Betrieb  auf  Schiffbauholz,  am 
dritten  der  Stangenholz^  BetricJ>  für  di«  Lol^iewikinung  ^oder  am 
vierten  gar  die  Waldsire«-  und  Weide -Nutzung,  vor  allen  an-^ 
dern  Benutzungsarten  des  Waldles  den  höchsten  baaren  Gewinn 
bringt?  —  tJebrigcns  Wird  der  StaatsVvirth  in  seinem  Fache 
auch  anfangs  nur  in  deä  Vorkenntnissen  aus  der  Land  -  und 
Forstwirthschaft|  aus  dem  Bergbau  utadder  Tcchnologiie  ohne 
id\\e  Nebenbteziehungen  unterrichtet,  und  lernt  erst  in  der  Na-^ 
tionalökonömfe  .wie  diese  Gewerbe  in  Yerbindung  stehen  und 
auf  den  Nationalreich th um  wirken  etc.^  also  kann  auch  dem  Forst- 
manne  die  -Fprstwirfchschaft  anfangs  ganz  rein  nach  den  bestem 
lienden  Lehrbfich'em  vorgetragen ,  ihm  spater"  aber  in  der  Forst* 
polizei,  oder  Staatsforstwirthschaftslehre  gezeigt  werden^  wie 
das  SlaatsWohi  nicht  gerade  durch  Erziehung  der  gröslmüglich- 
sten  HoUmasse  auf  der  kleinsten  Fläche  gefördert  Werde  u.s^w.; 
wenigstens  mochte  letzteres  V*i*faHren  wert  vorzöglieher  sejn, 
als  wenn  man^  nach  Ht,  Pfs  Eingangs .  erwähnter  Absicht,  die 
xiationalokonomischen  Grundsatz^  S6g;leich  mit  in  den  Anfaugsun«- 
terricht über  die  Forst wirthscTiaft  ernflechteu  wollte. 

Man  mag  es  dem  Rtf,  tu  Gute  halten,  wenn  er  über  die 
der  Pfeflscliren  Schrift  zum  Grund  liegende  Haqptidee  etwas 
ausfühi'fich  geworden  ist;  allein  er  glaubte  dies  ge)rade  gegen 
Hr»  Pf,  ^jh  zu  müssen.  Weil  derselbe  in  seiner  Schrift  über 
Bildung  und  Unterricht  Walnrhaft  gewaltsam  auf  sich  aufmerksam 
zu  diadhen^  uiid  ein  Publikum  für  sfchr  zu  gewinnen,  gesucht 
bat ,  Was  —  ein  möglichst  bequemes  Studium  liebend  ( z.  B.  so 
klar  und  frei  von  alier  Gelehrsamkeit,  als  es^für  kleine  Privat wiald^ 
Besitzer  ausersehen  ist!)-^^  ^t  leieht  ^in  seiner  Bildung  und 
Bestimmung  noch  mehr  irre  geleitet  werden  könnte,  als  dies 
nach   der   Beobachtung   Mehreren  hin   und    wieder   bereits  de|^ 


/Jqö  Pfeil,  Anleitung  z.  Behandlung  etc.  d.  Forsten. 

Fall  war.  B.efn  geht  nun  noch  etwas  specicller  in  den  Gehalt  der 
voi  liegenden  Schrift  und  zwar  zuerst  zu  dem  Sysleiu  der  Forst- 
wissenschaft über,  wie  es  der  Verfasser  S.   i4  mitiheilt.    Ausser 
den  Hülfswissenschaften  wird  hier    die  Forstwissenschaft  im  en- 
gem Sinne    in*  folgende  Haupttheile  zerfällt:     a)  Holzkennt nifs ; 
ij    Hotzerziehang'i    c)  HolzhescJüitzung  \     d)   Holzer tragsbestim^ 
niung  und  ,For Steinrichtung;  e)  Holzerndte;  f)  Holzwerthlestiin- 
mung\    gj   Holzbenutzung   mit   Inbegriff  des   Holzverhaufs ;    h) 
Kenntnifs  der  Fprsinebennutzungen;   ij  Fonstnatiiralrec/uuuigswem 
sen;   kj  ForSthassenwesen ;  IJ  Forstwert hbestimmung ;  m)  Forst- 
verwallungs  ^  Aufsicht ;  nj  FofstivJi^ision  ;  oj  Forst direction.    Dafs 
Hr,  Pß,    bei   seinem    hervorleuchtenden  Bestreben  nach  Origina- 
lität,   wobei  er    weder  auf  die  vorhandenen  Schriften  RiicksicLt 
ttimnrt,  noch   si^  etwa  anführt,  —  gerade  sein  System  von  einem 
Dritten  .wörtlich  entlehnen  konnte,  bestärkt  in  der  Ansiclit,  dafs 
eine  gute  Anordnung  der  Materien  wie  allen  vorwiegenden  Prak- 
tikern, so  auch  ihm  in  allen^seinen  Schriften  sehr  viel  Mühe  ge- 
macht,   und  also  ihn  bewogen,  habe,    bierin  lieber  CoUa  (m    s. 
die   Einleitung:  zu    dessen  Waldbau)    wörtjich  zu  folgen.     Nun 
ist  Cot  tu  zwar  .ein  höchst  verdienter  und  mit  Heclit  angesehener 
Mann;    allein    die    oben    angeführte,    vpn   ihm  abstammende  Kin- 
theiluug  der  Forstwissenschaft,  ist  nie,, gerade  als  ein  Muster  lo- 
gischer Anordn^pg  betrachtet  worden,  indem  ein  F^ch,  nach,  seinen 
verschiedenen  Geschäftszweigen   abgetbeilt,    kein, System    der  be- 
treficiiden  Wissenschaft  genannt  werden  kann;  sio  wenig  als  man 
die  Theologie  in    die  Lehre,  von  Predigen,   Täufern,,    Gopulireu, 
Revision   .und    Aufsicht   der  Schu]en  u.  s.  w«   eintheilcH'   wollte. 
Noch  auffallender  ist   es   aber,    dafs  Hr*  Pf   im  z.weitcn  Bande 
seiner  Schrift  dieses  voran  gestellte  Sjstem  unerwartet  ganz  ver- 
ändert  und    verläfst,    und  überhaupt  in   dieseu    Band  noch  Be- 
standtheile  aufnimmt,  welche  man   dem  sehr  speci eilen  Titel  der 
Schrift  nacl^  überhaupt  gar  nicht  darin  vermuthen  sollte. 

Der  •  i}^  4^bschnitt,  von  der  Hohkenntnifs  (oder  Naturge- 
schichte der  wilden  Holzarten),  wo  nach  richtigem  Begrifl'eu 
blols  die  Unterscheidungsmerkmale  und  physischen  Eigenscbaften 
der  Forsrgewächse,-  besonders  soweit  sie  auf  die  Cultur  Einfiufs 
haben,  zur  Sprache  konunen  können,  ist  Hr»  Pß.  überflüssig 
weitläufig  uild  verliert  sich  bei  jeder  schicklichen  Gelegenheit 
ziemlich  weit,  in  J^ebcngege.nstände^  die  durchaus  erst  in  den 
nach^lgeodea  Theilen  der  Forstwissenschaft  in  Betracht  kom- 
men. 

(  Der  Bescbltifs  foifit. ) 


^=  ^^*       Heidelberger  ^^^^ 

.  .  ■     ■'      •  .    •   •■     •  .  ■ ' 

Ja.hrl)ücher  der  Litterätur. 


Pfeil ß  Anleitung  zur  Behandlung  etc.  der  Forsten. 

{Btscblu/i.) 

JUlesem  nach  ist  z.  B*  in  der  Besctirelbung  der  Fichte  und  Kie« 
fer  sehr  ausführlich  die  Rede  von  der  tecbnischent  Verarbeitung 
und  Hitzkraft  der  Hoker  etc.,"  ferner  von  der  physischen  un<Jl 
ökonomischen  I^aubarkeit  der  Hölzer  und  Vorzügen' eines  hShcrii 
oder  nieder«  ümtriebes,  'SO  wie  auch  von  dem  höhern  Gelder- 
trag, den  die  bessern  Bodenarten  l)eim  Getreidebau,  in  Ver- 
gleich geofen  den  Anbau  mit  der  Eiche  abwerfen  und  dergl. 
mehr,  z.  B.  am  Schlüsse  der  Forstbotanik  auch  ein  Verzeichnifs 
der  gewöhnlichen  (?)  Preise  der  verschiedenen  Holzsaamen. 

^Weiterhin  folgt  der  Forstbotanik  die  Holzer ziehungj  wel<;he 
zugleich  -die  Kenntnifs  des  Bodens  mit  einschliefst  (warum  dieso 
hier?)  nachdem  doch  bereits  in  der  Forstbotianik  schon  sehr  oft 
i|nd  ausführlich  von  den  Bodenverhältnissen  gehandelt  wurde  und 
gehandelt    werden   mulste.     Diese   Anleitung   zur    Holzerzlehung^ 
nun    (Holzzucht  i  fängt  Hr.^ß,  mit  höchst  gedehnten  Raisonne^ 
ments   (die   einem  Lehrbuche    nicht   wohl   anstellen  ),  besonders . 
über  den  zweckmnssigsten  Umtrieb  an,  wobei  er  alle  möglichen' 
Fälle  erschöpfen  zu  wollen  scheint,    die   den  Vi^altlbesitzer    be- 
wegen können,  seinen  Wald  bald  auf  diese  oder  jene  Weise  zu- 
behandeln;   statt   daPs    es  sich  hier  doch  eigentlich  blofs  um  die 
Regeln   der    vollkommensten    und    sichersten   Fortpflanzung    dec 
Wälder  handein  sollte.  * 

Mit  diesem  Abschnitte  schliefi^t  sich  der  erste  Band,  der* 
noch  weniges  Neue,  besonders  sehr  vvenige  Beziehungen  des 
Waldbaues  auf  den  Feldbau  (diese  verspricht  der  Hr.  Verf. 
nach  der  Vorrede  erst  im  zweiten  Bande  zu  liefern),  —  dage- 
gen viele  Un Vollständigkeiten  und  Unrichtigkeiten  enthält,  die 
hier  unmöglich  übergangen  werden  dürfen.  Besonders  rfNch 
hieran  ist  die  auf  S.  2*6  anfangende  Darstellung  der  allgemeinen 
Naturkenntnisse,  woraus  Heß  zur  Probe  nur  einige  Stellen  aus- 
hebt,   um  nicht  das  Ganze  ausführen  zu  müsseil^. 

.  .  .  .  ^Botanik ,   welche  die  Kennzeichen   der  Gewächse- 
^nach   ifirer   äusseiii    Gestalt  (ehrt ,    Pfl anzenphy  siologie 
€oder  öewächskunde ,  welche  ....  (also  ist  Gewächskuude 

•         32  ■  '. 


49i)   Ff<^il  1  Anleitung  z.  Behundlung  etc.  4-  FpirSlen, 

cvon  der  Botanik  verscliieJen  ? )  .  .  •  •  cD/«  Erklänmg  mi 
4L  Bestimmung  dieser  ff^orte  wird  nöthig  seyn,- damit  sie  hei  ih- 
%rer  Anweimung  richtig  (?)  verstanden  werden ^  (müsse  dnrcli 
€  Wunder  geschehen  J  )  ....  €  Laub  holz  (ntnnttnan)  wel- 
^  ches  wässerige  Säfte  ^hat ,  und  abgeschnitten  bis  zu  einem  ge- 
0k wissen  Alter  am  StanfrAe  wieder  ausschlägt;  Nadelholz, 
^welches  schmale,  nadeiförmige  Blatter,  harzige  Säfte  und  keim 
^Fähigkeit  des  Stockaussehlages  hat  (die, Lerche,  WeiTstafine  etc. 
csprofst  arn  Stamme,  der  Taxus  und  Wachhoicter  vom  Stocke 
«wieder  aus!)  ...  kDer  Stamm  ist  der  gerQdaufstehende 
g.Theä  der  Holzpßanze  (die  Pfahlwurzel  steht  auch  vertikal!', 
tLund  -—  wenn  er  sich  in  mehrere  Theile  vertheiltj  so  nennt  man 
f  dies  Zweige  oder  Aeste  (eine  solche  Verzweigung  ist  stets  vor- 
lihanden)  .  •  •  .  ^Sis  (die  Knospen)  unterscheiden  sich  vom 
^Saanitn  dadurch j  dq/i  sie  durch  einen  blossen  Act  der  Fege- 
Station   erzeugt   werden j   während  bei  diesen  das  Zusammenwir- 

4fken  der  ^Gesehlechtsthede   (ohne  »Act?)    bedmgt  wird 

f^Bei  einigen  Holzarten,  wie  z.  B,  beim  schwarzen  Holliaider, 
^trifft*  man.  auch  alles  dies  (Biüthe-,  Laub-  und  Holzknbspea 
«vereint)  vereint  (nicht  auck  bei  Eichen,  Bachen  und  sehr  v!e- 
«fen  andern?).  .  .  .  %  In  Hinsicht  ihres  Sitzes  t  heilt  nian  sie 
0iin  Spitzknospen  ( Erdkifos'pen  I  )  und  Seitenknospen. 
4.  Aas  jenen  entwickelt  sich  die  P^erlängerung  des  Baumes  und 
^d^n  Zweige,  und  sie  stehen  deshalb  mit  der  Marksäule,,  welche 
a  durch  den  gqnzen  Baum  geht  (')>  ^^  unmittelbarer  und  enge- 
i^rer  F'erbindung  (^)ß  als  die,  aus  denen  die  Blätter  und  Sei- 
^tenzweige  des  Laubholzes  entstehen,  welches  sie  deshalb  auch 
K, allein  hat,  da  dem  Nadelholze  von  Natur  blofs  Spitzknospen 
4i  eigen  sind^  welche  einige  Nadelholzarten  ßrst ,  wenn  sie  verlo- 
4.ren  sih^,  durch  Seitenknospen  zu  ersetzen  vermögen  (nunwahr- 
«hafti^j  das  heilst  die  Ausnahme  zur  Kegel,  und  die  Regel  zur 

«Ausnahme    machen!) 9. Die   Oberhaut  C Epidermis)  ist 

4^ wesentlich  von  der  Binde  .verschieden,  indem  sie  aus  blofs  saji' 
^ülofcn  (1)  Häuten  besteht  (wieder  nur  ausnahmsweise  bei  einl- 
«gen  Holzarten  am  Stamme i! ).  Sie  entsteht  durch  Einwirkung 
4t, des  Sauerstoffs  in  der  Luft,  indem  diese  eir^e  Verdichtung  der 
^Lobern  Rindenlage  erzeugt  und  sie  gewissermassen  desorganisitU 
«. — ^.  Jungen  Gewächsen  fehlt  sie  ganz,  indem  sie  erst  mit  zw 
4L  nehmenden  Jahren  entsteht,  *»o  sie  dann  immer  stärker  m^d 
€Jtpaltig   oder  schuppig  wird,  auch  bei  manchen  Holzarten,  wie 

4LZ,Bi  der  Platane  abblättert  (wer  traut  hier  seinen  Augen?) 

«Die  festen  (JBestandtheile  die  P£i.  )  sind  a)  die  Holzfasern,  If) 
« das  Mark,  cj  das  Zellengewebe,  welches  man  Rinde  nennt,  «"« 
4k  das  in  der  Kunstsprache  Fleisch  (Parenchj'nejl  heißt.,. \*^  Wenn 
4Lmian  diese  festen    Theile  des  Holzes  (Holzfasern)  in  einfache 


/ 


Pfeil,  Anbituog  z,  Be^iuodlung  etc.  4,  Forsteq.  499 

^Sibffe  scheidet s  so  findet  man,  dafs  sie  mts  Kohlenstoff,  Schwe^ 
Afdstoffß  Phospkorstoff,  MetäUstoff,-  Alkalien  und  Erden  be^ 
umstehen  ( ob  diese  chemischen  Ansichten  in  Berlin,  Beifall  ündeii 
ßk  werden  ?  }. .  •  «  Die  flussigen  Bestandtheüe  ,  der  Pß^  sind ,  — 
<wie  mm  gewöhnlich  sagt^  —  Luft  und  TVßsser ,  folglich  die 
iL  Stoffe,  aus  denen  diese  bestehen :  Wasserstoff,  Sauerstoff  und 
iL  Stickstoff  (^9nch  S.  5  t  ^ird  nochipak  der  Kohlenstoff  mit  dm 
«  Stickstoffe  -vei^wechsielt ! ). »  ^ 

Hoffentlich  reicht  dieser  Auszug' hin,  um  sich  von  der  kla- 
ren, von  Gelehrsamkeit  freien  Darstellungsart  (wie  sie  der  Vr/l 
versprochen   hat  >,   so  wie  9uch  von  den  naturwissenschaftlichen 
Kenntnissen  und  Unterffchtungyweise  des   Verfs    einen   richtigen 
Bicgriff  zu   machen«     Nichi  weniger  liesse   sich  vielleicht   hierin 
jder  Grand  finden,,  warum  der  Verf*  früher  %o  sehr  gegen  die- 
jenigen sieh  e];eiferte,   welche  die  Naturkunde   etwas  tiefer  und 
gründlicher  behandelten^   und   warum  er   seine   Schrift   für  ein 
Publikum   (kleine  Privatwaldbesitzer  etc.)   ba^timmte,   bei  dem, 
mit  diesem    Wenigen  auszureichen,   ihm   vvobl   möglich    sclueiu 
AJJfin  nicht   gerade   das   Beschränken-^uf  Weniges  aus  der  Na.- 
turkttode  wollen  wir  dem  Verf.   zur '  Schuld   rechnen ,    sondern 
dafs  dieses  Wenige   höchst   oberflächlich   und  meist  grundfalsch 
gegeben   ist,   also  Irrthümer   gelehrt  worden  sind.     In  dem  na- 
^urhistorischen  Theile  papchte  eben  auch  selbst  dieses  einen  g<»- 
ringern  Nachtheil  bringen ,    als  daf^  leider  sogar  die  wichtigsten 
Theile  der  g^^nzen  Forstwirthschaftslehre ,   voll   von   solchen  Irr- 
lehren sind,   weshalb   wir  aifch   von   diesen  etliche  noch  au&lie- 
ben,  um  die  Wissens<ibaft  gegen  Rückschritte  und  diCv  Wälder 
^egen  gorobc  iMifsgriffc  zu  schützen.     SeitQ  108  heifst  es:    n^Die 
« Besaamungsschläge    der    Eichen ,   Rüstern ,  ,  Ahorne,    Eschen, 
^Linden  und  ff^ei^buche/i  verlangen  gleiche  Behandlung,   und 
« die  der  Buchen  ist .  bloß  darin  '  abweichend ,   dqfs  sie    längen^ 
^  Schalten'  verlangt;   deshalb  wollen  wir  die  Eiche  als  Brprusen^ 
4Ltanien  aller  dieser  Bäume  betrachten,  und  was  bei  ihr  gesagt 
4. wird,  gilt  auch  filr^  die  andern,  wo  jedoch  die  etwanigen  Ab-r 
4L  weichungfn  am  Schlüsse  angeführt  werden  sollen*  • .  •  *    Die  Kie^ 
^Jer  wird  die  Norm  zur  Befhandlimg  der  Saamenschl^ge  im  jIVc- 
4Ldeliolz  geben,    wobei  die  Abweichungen  ebenfalls  bemerkt  wer- 
4Lde7^  soüen,'»'    Liegt  in  diesen  wenigen  Worten  nicht  ein  wahr- 
Juifter  Frevel   gegen  alle  £|riahruttg»  und  alle  über  den  betref- 
feodeo  Gegenstand  bestehende,  und   von   den  ersten   Forstmän- 
ner Deutschlands  aufgestellte  Orundsätz^e  ?  —,  Ferner  5. 190  liefst 
maii :     c . .; . . Dkse  Betrachtung . üt^vojrzugUch  den  F^rstbesitzern 
eLxu  £aiafeiUn,    welche  ein  ürtueil  onne  weitere   Untersuchung 
maui  den  äussern  M^akmehmungen  entnehmen  Collen,     Dies  zur 
^Phrermnenrng,  die  pieUeicht  nicht  hierher  gefrören  mag,  aUeitt 

32* 


\ 


5oo   Pfeil,  Anleitung  z.  Behanblung  etc.  d.  Forsten. 

€  nach  dem  dieser  Schrift  i»orschwehendem  Zwecke  ahsiehdich  zur 
€  Anwendung  allgemeiner  Grundsätze  auf  ein  specielles  Beispiel 
€  gewählt  wurde ,  um  zu  zeigen ,  wo  und  wie  diese  angewendet 
€  werden  müssen,'»  —  Letzteres  einstweilen  wir  Probe,«  wiie  Hr. 
Pß,  seine  öfteren,  höchst  unpassenden  Abschweifungen  vom  Haupt- 
gegenstande zu  entschuldigen  weifs.  Eben  solche  grundfalsche 
Anleitungen,  wie  sie  der  Verfasser  obeti  für  die  Behandlung  der 
Bcsaamungsschläge  ertheilte  und  ausführte,  giebt  er  Seite  299 
anch  für  die  Durchforstungen  im  Hochwaldc  an,  indoni  er  sagt: 
«5*0  wie  der  starke  (gute)  Boden  mehr  Getreide -Pflanzen  näh- 
eren kann,  als  der  leichte  und  schwache^  so  kann  auch  auf  dem. 
0.  guten  Boden  mehr  Holz  wackyen  und  seine  Nahrung  finden, 
^als  auf  schlechtem,  und  wo  das  Holz  gleich  dick  stehet,  da 
^mufs  die  Durchhauung  im  letztern  deshalb  stärker  seyn,  aÜsim 
4.  erstem.  Man  hat  deshalb  y  weil  die  Pß.  in  schlechtem  Boden, 
41. kleiner  bleiben,  geglaubt,  auch  mehrere  Stämme  stehen  lassen 
AZU  dürfen,  allein  diese  Lehre  ist  eben  sofaisch,  als  die,  daß 
€man  das  Korn  im  Sande  dicker  säen  müsse ,  als  im  ^ff^aitzen" 
« boden ,  weil  es  sich  in  jenem  nicht  bestärke ,  wohi  aber  in  die- 
Asem  u  s,  w,"^  -^  Möchte  Hr.  Pfl.'  in  dieser  Hinsicht  doch  nur 
$eine  eigne  und  andere  Holzbestands  -  Tabellen ,  ausserdem  aber 
die  von  Thär  mitgetheilten  Fruchtsaatmengen   auf  verschiedenen 

Bodenarten , vergleichen ,  um  seinen  Frevel  an  der  Wahrheit 

zu  erkennen  nnd  la^t  zu  widerrufen! 

Ref.  glaubt  nicht,  seine  Kritik  auch  auf  den  zweiten  Band, 
der  im  Werthe  dem  erstem  durcbbus  nichts  voraus  hat,  ausdeh- 
nen zu  brauchen.,  Nur  eines  sehr  auffallenden  Widerspruchs  mit 
sich  selbst,  dessen  der  Verfasser  sich  schuldig  macht,  mufs  Ref. 
hier  noch  erwähnen.  ' 

In  der  Vorrede  zum  ersten  Bande  sagt  er  nämlich :  « Die 
€(in  dem  Werke  ]i  öfters  statt  findenden  Wiederholungen,  (lei- 
«der  Folgen  einer,  in  jedem  Buche  sehr  widrigen  Unordnung 
«im  Verfolge  der  Sache  selbst!)  sind  absichtlich,  um  die  idtge^ 
4.  meinen  Lehren  auf  jeden  besondern  Fall  arizuwenden,  da  ¥ieU 
e. Leser  di6  Anwendung  nicht  suchen,  sondern  vorfinden  wollen.^ 
—  In  der  Vorrede  zum  zweiten  Bande  drückt  sich  Hr.  PÜ. 
eben  über  die  Weglassung  niehrcrer  erläuternder  Beispiele  wört- 
lich folgender  Gestalt  aus:  €  Nicht  die  Form,"  sonderr^- der 
Ml  Geist,  in  welchem  die  Fotsteinrichtung  etc*  etjc.  geschehen  sM, 
€war  Absicht  zu  geben.  Wer  den  zweiten  aus  dem  Gegebenen 
kfHcht  zufassen,  vermag ^  dem  kann  die  erste  nichts  nutzen,  die 
€,  über  dem  nicht  so  wesentlich  ist.  Das  beste  Beispiel  zur  Anwen'* 
e^dung  ist,  wenn  jemand  seinen  Forst  unter  allen  ^Verhältnissen 
iL  sich  selbst  genau  darstellt  und  die  Anwendung  des  Gelehrten 
^.darauf  versucht,   ehe  er  zur  wirklichen  Anwendung  sehreiiet.^ 


I 


Rö'der  practi$cbe:BrviGkeabaukunde  vergL  Ht/    iioi 

Widicrsprüclie  dies^er  Art  fallen  allerdings  weniger  auf,  als  wenn 
man  gegen^värtig  den  Verf.,  in.  einem  Berufe  und  jn  einer  Stel- 
lung findet  9  die  er  iq  seinem  früheren  Werke  über  Bildung  und 
Unterriebt  von  S,.  i5i  bis  177  sehr  weitläufig  namentlicli  für 
den  Preussischen  Staat  als  unzweckmässig  darstellt.  — r  R^fer. 
schUeCst  n^it  dem  Wunsche,  dafs  Hr.  PH.  durch  diese  und  an- 
dere ihm  nachzuweisende  starke  Inconsequenzeu  etc*  etc.  künf- 
tig sehonender  gfgen  Andere,  gegen  die  er  naniei^tlich  am  Schlüsse 
der  Vorrede  zum  zweiten  Bande  abermals  wahrhaft  beleidigend 
^usfülk  und  aufmerksamer,  ai^f  sich  werden,  .  üuch  weniger  auf 
eine,  gewisse'  BierühmtheU,  als  auf  ^ahre  Nützlichlichkeit  hinwir- 
ken,  möge«  H* 


Prac tische  Darstellung  der  Briickenbaidiunde  etc.j  fon  Rödeh, 
Zweiter  Theilj  den  Bau  der  hölzernen,  eisernen  ^  und  bewege 
liehen,  so  wie  d^r  NothBräcken  enthaltend,  nebst  XV  Zeich-- 
nungen,  356  S,   in  gr.  S,  Darmst.    48^4  b,  J.   IV,  Hey  er. 

JÜirster  Abschn.  Die  Erjfauung  hölzerner  Brücken  enthaltene^» 
Emleit*  Hiet  blosse  ClassiUcirung  der  verschiedenen  Arten  höl- 
zerner Brücken.  /.  Cap,  Von  den  Holzi^erbindungen.  II  Cap. 
Gemeine  Balkenbrücke;  Erklärung  ihrer  Theile  und  deren  Anord^  . 
nang.  Allgemeine  Betrachtungen  darüber.  Zu  den  Mitteln,  die 
Dauer  des  Holzes  zu  verlängern  (S*  17)  gehört  auch  das  Trän-  •- 
kea  desselben  in. Salzwasser.  Sehr  richtig  sagt  der  Verf.  dafs  es 
uns  noch  an  hinlänglichen  Nachrichten  über  die  Dauer  hölzerner 
Brücken  fehlt;  wenn  er  aber  hinzusetzt,  dafs  wir  darum  blofs 
im  Allgemeinen  die  beiläufige  Dauer  einer  gut  unterhaltenen  ' 
hölzernen  Brücke  auf  4^  —  ^o  Jahre  annehmen  können ,  so  hal- 
ten wir  dieses  Urt heil  des  sonst' so  sachkundigen  Verfs.  doch  für 
allzu  oberflächlich,  da  sich  ini  Allgemeinen  gar  kein'  Urtheil 
übej^  diese  Disiuer  fällen  läfs^^.  Die  Umstände,  welche  auf  die 
Dauer  Ein^ufs  haben,  sind  zh  mannigfaltig,  als  dafs  sich  eine 
bestimn)te^  Dauerperidde  festsetzen  iiesse,  da  ohnehin  nicht  ab- 
//u^ehen  ist,  -was  man  dem  Betsatze:  im  Allgemeinen  für  einen 
Sinn  beilegen  solle.  Einer  gut  unccrhaltenen  Brücke  kann  man 
ewige  Dauer  gewähren,  wfe  den  Scliinderdächcrn  auf  dem 
Schwarzwalde,  wo  die  wachsame  Polizei  die  neue  Anlage  gan^ 
zer  Schiiuleldächer  niclit  mehr  gestattet,  aber  ruhig  zusieht,  wenn 
im  einen  Jahre  das  erste  Viertel,  und  so  im  4^'*'' Ji»l>re  das  letzte 
Viertel  mit  neuen  Schindeln  belegt  wird,  so  dafs  durch  diese  gute 
Unterhaltifng  die  Schindeldächer  ein  ewiges  Leben  erhalten.  Üc- 
i}erhaupt    wird   dieser  wichtige  Gcgenslaud  von  den   practischen 


Soll    Röder  practische  Brückenbaukuode  vergt.  Ut. 

Schriftstellern  nur.  zu  Iei<;e  ^,erahrt.  Die  Tragbarkelt  (Tragfrraft, 
Tragvermdgen)  des  Holzes,  deren  Datier  übrigens  auch  diircli 
Schuti(  gegen  die  freieren  Angriffe  von  Luft,  Regen  etc.  vcr- 
grdssert  werden  kann,  nimrmt  begreiflich  nur  allmahlig  ab.  Eine 
Brücke,  welche  nur  800  Centner  zu  tragen- vermag,  kand  nacb 
einer  gewissen  Reihe  von  Jahren  dbCh^  noch  4oo,  weiterhin  noch 
200  tragen.  Und  da  wir  einer  neuen  Brücke  eine^  Tragkraft 
^ebeu  können,  bei  der  sie  zwischen  zwei  Jochwänden  anfänglich 
1600  Ctr.  zu  tragen  vermögend  wäre,  indefs  auf  dieser  Strecke 
nie  ei^e  zufällige  Last  von  mehr  ak  i6o  Cirn.  eintreten  könot^ 
so  vvürde  sie  hierzu  atich  nach  einer  langen  Reihe  von  Jaliren  immer 
noch  Tragvermdgen  genüg  übrig  behalten;  man  würde  ihr  eine 
ungleich  längere  Pauer  zuschreiben  müssen,  als  eine/  Brücke, 
dciren  anfängliche  Tragkraft  nur  =:  600  -Ctnr.  wäre.  In  Hin- 
sicht auf  so  mancherlei  Umstände  ist  daher  ^es  Verfs.  Bestim- 
mung der  Dauer  von  4^' —  5o,  Jahren  gdnz  unzulässig.  £s 
bleib)  immer  wichli<>[  in  Bestimmung  des  Tragvermögens  bestimm- 
ter Strassenträger  wirkliche  Anlagen  vor  Augen  zu  haben,  hei 
welchen  Sti-assenträger  von  bestiihmter  Länge  und  Dicke,  sich 
selbst  als  vollkommen  hinreichend  aussprechen.  Der  Verf.  be- 
nutzt hierzu  einige  vort  jihm  angegebene  Brücken,  um  ,für  be- 
stimmte auf  diese  Brücken  beschränkte  Fälle  genugthucnde  Ab- 
messungen vor  Augen  zu  haben.  Dafs  man  stärkere  Hölzer  ge- 
brauchen müsse,  als  dos  absolute  Erfondernifs  zur  Sicherheit  er- 
beischte  ( S.  21  ),  hat  seine  Richtigkeit,  wenn  man  unter  dem 
absoluten  Erfordernifs  zur  Sicherheit  das  Erforderliifs  versteht, 
wobei  die  Festigkeit  des  Holzes  mit  der  gröstmöglichen  brechen- 
den Kraft,  die  ihdi  beim  Gebrauch  der  Brücke  jemals  ^u  Theil 
werden  könnte,  wenigstens  im  eistet]  Jahre  mit  aller  Zuverläs- 
sigkeit im  Gleichgew iclite  ist.  £s  ist  aber  damit,  dafs  die  Fe- 
stigkeit das  absolute' Erfordernifs  uberlreÄ^^n  müsse,  zu  wenig 
gesagt.  Man  darf  fordern,  dafs  die  Festigkeit  i3  Mal  so  grols 
sejn  solle  als  nach  jenem  Erfordernifs  nÖthig  wäre,  was  wir 
auch  ^ als  des  Verfs.  Meinung  anffehmen  müssen.  «Pccuuiärer 
Vortheil  sagt  der  Verf.  (S.ai)  kömmt  dabei  nicht  heraus,  denn 
die  Rosten  wachsen  nach  dem  Quadrat  der  Holzstärke,  die  län^ 
gcre  Dauer  aber  blofs  wiif  dies£  seihst,  t>  Rec.  kann  in  diesen 
Satz  auf  keine  Weise  eiustinimei^  Wir  schreiben  vielmehr  ei- 
nem z.  B.  16/ölIigen  Baikeil  weit  mehr  als  die  vierfache  Dauer 
eines  8  Tolligen  zu*  Ist  der  iGzÖllige  Balken  ringsum  z,  B»  3' 
Uef  angegriffen,  so  gilt  er  noch  für  einen  la zölligen;  ist  der 
S zöllige  ebenso  angegriffen,  so  gilt  er  noch  für  einen  l^^^\\\gtu; 
der  ta  zÖUige  ist  aber  beiläufig  27  Mal  so  stark  als  der  ^wMyge; 
Letzterer  könnte  schon  «brechen ,  indefs  ersterer  noch  eine  lange 
Heihc  von    Jahren    ausdauern   könnte.     Festigkeit  oder  Tra^ver- 


I  ' 

Rt^döf  practi&Qbe  ^ückenbaubunde  Tergl.  Ht;    äo3 

radgea  und  Dauer  smd  fretlicb  EigeiiseWten  van  ganz  verschie- 
cleticj?  Art)  aber  offenbar  hat  der  Verfasser  bei  dieser  Verscliie-< 
deabeit  ihre  Abhängi<;;keit  von  einander  4us  dem  Auge  verloren. 
Es  ist  doch  kiar,  dais.bei  gleichem  jährlichem,  Aufwände,  y/venn 
solcher  das  Capital  selbst  angreift,  ein  Capital  von  18000  Gul* 
den  tu  einem,  erforderlichen  jährlichen  Aufwände  von  z.  B. 
i5oo  Gulden  in  vveit  gr(>sserm  Verhältnisse  als  dem  18:6  oder 
^  ;  ^i-  ausdai;^erty  als  ein  Capital  von  6000.  Und  es  hat  mit  un- 
serem Gegenstande  ziemlich  di^elbe  Bevrandnifs«  Der  Verf« 
betrachtet  die  Belastung  einer  Brücke  im  Falle ,  wo  Kriegsvolk 
eogC'  zusammengeschlossen  über  dielelbp  schreitet,  alt  die  gröst-* 
möglich«  zufällige  Belastung,  und  setzt  hiernach  das  Maximum 
der  zufalügen  Last  für  jeden  Q  Fufs  der  BrCickeuSäche  :=:  4^ 
^*  Colin.  Wir* wollen,  weil  wir  nicht  wissjea,  ob  es  der  Vrf. 
in  der  Folge  nocK  berühren  wird,  nur  vorläufig  dem  Leser  noch' 
bemerken,  dafs  hölzerne  Brücken  häufig  gopflasiert  werden;  dann 
wird  selbst  bei  einem  niedrii^eu  Pflaster  der  hierqiit  verbundene 
Diuck  viel  grösser  als  das  Maximum  irgend** einer  zufälligen  Be- 
lastung« ///.  C^p,  Besondere  Besi  immun  gen  für  diß  einzelnen 
Theüe  einer  genuinen  Bcdkenhrüche.  Hier  wird  die  Tragkraft 
fiir  45'  lange,  i4  breite  und  a6  "  liohe  Slra$s«>träger  bestimmt, 
und  es  erhellet,  düfs  mit  einigen  leichten  Verstärkungmittcln^ 
sogar  L^ei  angelegtem  Pflaster,  die  Brücke  noch  eine  zufällige 
Last  voB  45  %.  auf  jeden  Qoadratfufs  mit  kinlängircher  Sicher- 
heit (nämlich  i3.  4^  ^,  bis  zum'  Brechen)  auszuhalten  vermö- 
ge« -^  Aber  wie  lai^e?  der  Verf*  sagt  auf  Me  längste  Dauer. 
Oben  hatte  tt  schon' von  4^  •'— *  5o  Jahren  hei  guter  Unter fiol^ 
twig  ^esprfwshenj  wir  müssen  also  hier  vrohl  eine  Dauer  von  5q 
Jahtea  iei  ^guter  Unterhaltung  versleben.  Dieser  Zusatz  von  gu« 
ler  Unterhaltung  vernichtet,  wie  wir  «iben  schon  bemerkten^  al- 
les B^siirnmie  iia  Bezug  aujT  Dauer.  In  Bezug  auf  die  nöthige 
Festigkeit  der  Jpohpfähle  kann  Äa$  Einrammen  iis  zfim  Stehen 
ibicbts  entscheiden,  und  es  mufs  dif^Be  v4>o  practischen  Schrirt- 
tftellern  überall  so  sehr  empfohkiip  Regel,  näher  beschrankt  und 
oiit  Vorsioht  gebraucht  werden*  Man  kaim  durch  vveichereot 
Bode»  unvermuthet  auf  festen  .Felsen  kommen,  in  welche^  die 
Pfahle  nicht  niehr  eindringen  iind  wo  es  den  bis  zum  Stehen 
eltigetrid^eaen  Pfählen  noch  sehr  au  Stabilität  feMt«  SqU  das 
Einremmen  bis  zum  Stetten  den  festen  Stand  g.ewähreQ|  so  müs'- 
fen  die  Tiefen ,  um  welche  der  Pfahl  mit  jedem  neuen  Schlage 
liefer  eiiidringl,  aUmähUg  abnehmno.  £s  .otbls  nicr  allmählig  da- 
hia  kommen,  da£s  .man  mit  einisn  8  Centner  schweren  Ramm-* 
bare  bei  3o  SchlSgeo  nitht  mehr  «ber  einen  Zoll  tiefer  kon^mt. 
Erst  »ach  einer  solchen  allmäbligen  Abnahme  kann  ferneres  Nie- 
dertreiben bis  zum  Stehen  sehr  grosse  Sicherheit  gewähren.  Der 


5o4    Röder  präctiscbe  Brückenbaukunde  vergl  Ht. 

Verf.  giebt  Mittel  an  die  Hand,  wie  niiao  sich  in  Fällen,  wo 
die  Jochpfäiile  nicht  tief,  genUg  eingerieben  irerden  können,  zu 
helfen  habe/  welche  bei  mehreren  französischen  «Fochbrnckeo 
wirklich  angewendet  worden  sind.  Aber ,  diese -Mitiei  sind  ge- 
lten starke  Eisgänge  nicht  hinlänglich.  Hier  .kommt  der  Vei^f. 
auch  auf  die  Bepflasterung  einer  hölzernen  Brücke;  er  fiudet 
den  Druck  eines  zweckmässigen  Pflasters  zu  i35  also  jgemii 
3  Mal  so  grofs  als  das  zu  4^  %♦  angegebene  Maximum  der  zu- 
fälligen Last.  Da  die  Festigkeit  des  Holzes  bei  einer  ^  Brücke 
in  einer  Zeit  von'  lo  Jahren  schon  bedeutend  abnimmt^  so  fallt 
ins  Auge,  daf&  eine  solche  Brücke  schon  in  blossem  Bezüge  auf 
das  Pflaster  keiner  langen  Dau/sr  fähig  ist. .  Der  Verf.  verwirft 
daher  auch  nach  Rec.  Ansicht  mit  allem  Recht  die  bepflasterteo 
hölzernen  Brücken,  und  nennt  die  ^am^^r^^r  liölzerne  Bogeu- 
brucke  als  ein  warnendes  Beispiel.        . 

IF".  Cap,     Die  Einrichtung  der  Balkenbrüeien  mit  Spreng- 
und  Hängwerh     Dieses  Capitel   ist  mit  ungemeiner  Sorgfalt  und 
einer '  Umsicht  und  ti^larheit  bearbeitet,   die   man  nur  von   einem 
wohl  überlegenden  und  genau  prüfenden  Sachkundigen  ^erwarten 
kann.  Die  Mannigfaltigkeit  der  dabei  betrachteten  Combinationeo 
ist    zu   grofs,   als  dafs  Rec.   sich  in  ein  näheres  Detail '  einlassen 
könnte.     F".  Cap^  Beispiele  von  Hänge  -  und  Sprengwerken  ms 
geradlinigen  Hölzern.     Trajans^ Brücke  über  die  Donau,  welche 
auf  der  römischen  Triumpfsäule  mit  steinernen  Pfeilern  und  facil- 
;  zernen  Bögen  abgebildet  sej,   beureise,  dafs  die  Kunst  hölzerne 
Brücken  zu   bauen,   schon  damals  auf  einen  hohen  Grad  gestie« 
gen   gewesen   %ey^     Mit   dem  Palladio  begann  nach    dcni  Verf, 
eine  neue  Epoche  für  den  Brückenbau  mit  -  Sprongstr eben,  und 
in  seinen  -Anordnungen   lagen   s(;hon    die<  ersten  •  Ideen  von  hol- 
zernei^.  Bogenbrück en.*     Wenigstens  .bemerkt    man   dabei    eine^ 
sehr  leichten  Uebergang  zu  diesen  Ideen»  Man  findet'  hier  Zeieb* 
nungen  der  Brii^en  von  Cahors ,   \on  Lanneauj  von  Sl  CUir 
und  von  MulatierCj  sÄmmtlich  in  Frankreich,    vv eiche  der  Verf. 
Wt  Einsicht   benrtheilt,   und  die  zu  dem  Schlüsse,  führen,   dafs 
die  Franzosen  im   letzten  Viertheile  des  vorigen  Jahrhunderts  im 
Bau  der  hölzernen  Brücken  noch  •  nicht  so  >  weit  gekommen  wa- 
ren,    als  in   dem   der   steiaerneii.  'Sie  wurden   von  schweizeri« 
sehen   Bauiueistern   weit  übertrofFen.    >  Zum  Beispiele  dient  die 
Schaf häus^r  Rheiubrücke,  die   der  Zimmermann  Ulrich  Gruben' 
tnann  schon  1767  erbaute.    Sie  wurde  1799  von,  den  Franzosen 
verbrennt,  und  es  vSrdieift  bemerkt  zu  werden,  dafs  sie  in  den 
42  Jahren  nur   einer  einzigen  Reparatur  bedurfte.     Eine  andere 
hier   in   Zeichnung   dargestellte   Brück (?,•  im  CautoB   Bern  vom 
Ziraincrmeisl<»r  Ritter  ist  nicht  minder  meikwürdig;  sie  hat  eine 
SpaiittWeilG   von    161,6-      Die   meikwüi^ig^ten   Bauten  der  Art 


Röder  practische  Brück^bauk^tnde  yergh  KU    So5 

•   '  .  ■       -  .     . 

sind  aber  die  Brücken  von  Wettiikgen  über  die  Limmsft  Cvon 
schon  gedachtem  Grubenmann  und  seinem  Bruder)  -  mit^  878 j9il; 
Spannweite  (im  Jahr  17;^ 8)  und  die  vom  Sirassenbaudirecior 
Groofs  in  GalÜzien  mit  332  rhl.  F.  Spannweite  (im  J.  iBoB), 
von  -welchen  hier  gleichfalls'  Zeichnungen  mitgetheilt  sind.  Ein 
Beispiel  unvollkommener  Bauart  einer  gesprengten  Brücke .  in 
Frankreich  liefert  die  Zeichnung  der  Brücke  St.  Clement  sur 
Durahce  bei  111,^'  OeiFnung  (im.J.  1793)',  die  schon  181^ 
nicht  mehr  bestand»  Gauthejr  und>  der  Verf.  geben  muthmafs- 
liehe  Gründe  dieser  kutzen  Dauer  au;  Reo,  ist  aber,  da  'die 
BeschaflGenhelt  der  Widerlager  nicht  angegeben  ist,  der  Meinung, 
dafs  der  Grund  davon  vielleicht  im  Nachgeben  der  Widerlager 
mit  gelegen  kaben  könne ,  nach  deren  nur  geringem  Weichen 
die  Stirnrippen  dem  mächtigen  Druck  nicht  mehr-  htnläiigUclt 
■wide^tehen  konnten.  Auch  die  in  Zeichnung  mitgetkeiUe 
407,6  weit  jgespanute  Brücke  von  Stadt  du  Rhone,  die  dem 
Ansehen  nach  stärker  gebaut  erscheint,  stürzte  schon  zusaiämen, 
da  sie  noch  nicht  vollends  das  Alter  von  i5  Jahren  .erreicht 
hatte.  Eine  musterhafte  Einrichtung  zeigt  dagegen  die  in  Zeich- 
nung dargestellte  Landsberger  Brücke,  welche  ein  .teutschev 
Brüekenbaumeister  im  J.  1807  übert  den  Leck  erbaut  Hat.'  /Für 
die  ersten  Arbeiten  angehender  Ingenieurs  theilt  der  Verf.  einigo 
Entwürfe  von  kleineren  sehr  einfach  gesprengten  Brücken  räic. 
f^I,  Cap.  Das  Krümmen  der  Balken  und  deren  Tragkraft  i/i 
diesem  Zustande,  Methoden  zur  Krümmung  der  Balken ,  und 
Bestimmung  der  Gränzen  "ihrer  Krümmung  werden  nach  ff^iebe" 
hing  mitgetheilt.,'  Auch  findet  man  hier  den  nöthigen  Uhterricht 
Ton  den  Bohlenbogcn ,  ihrer  Verfertigung ,  Gebrauch  und  Trag- 
kraft nach  Funk*s  Untersuchungen  und  Erfahrungen;  .Der  Verf. 
zieht  die  JViebekingschen  Bogenbalken  den  Funkscken  Bogen-* 
bohlen  vor,  was  so  ziemlich  die  allgemeine  Meinung  seyn  wird« 
Rec.  ist  aber  der  Meinung,  dais  es  noch,  zu  frühe  seyn  möchte, 
hierüber  mit  wolliger  Bestimmtheit  zu  entscheiden,  zumal  da  man 
sich  bei  den  Bogenbohlen  mit(  gröfstem  Vortheile  des  Eiclu^u- 
holzes  bedient.  «Die  Festigkeit  12 fach  über  einander  liegender 
Curven  mufs,  sagt. der  Verf.,  noth wendig  bei  gleichen  Längen 
und  Breiten  nach  dem  Verhältnifs  (nh)'^  und  nickt  n.h^  taxirt 
iiv erden,»  (  welch  letzteres  Verhältnifs  Funk  und  Späth  anneh-» 
men").  Funk  und  Späth  sind  allerdings  durch  die  Wiebeking- 
scben  Erfahrungen  hinlänglich  widerlegt,  aber  weder  durch  di^se 
noch 'durch  theoretische  Schlüsse  ist  bis  jetzt  die  . Noth  wendig- 
keit  der    Verhältnifsuahl   (n  h  ).^   bewiesen  worden;  sie  könnte 

ja  auch  z.B.  n^  h^  seyn;  'höchst  'wU^^rscfieinlicli  lallt Vii»  zvi'i-f 
sehen  11  h  2  und  n^h\  und  es  vv^c^iu  der  That  vor  a&gc^ach- 


''  % 


4',..' 


6o6    R&der  practisdba^  Brückcnbaaltmide  vergl«  Ht. 

ter  Sadie  tebr  niiftUcliy  in  der  Ausübung'  di«  Z«U  n^b^  zur 
Richtschnur  nehmen  zu  wallen.  Möchten  alle  Schriftsteller  sich 
so,,  selten  des  Yorvrurfs  einer  Uebereilung  schuldig  machen ! 
Am  Schlttss  diesem  Capitels  sagt  er,  Lan,gsdorf*s  Bestimmungsart 
gebe  fiir  die  schwächste  Stelle  eines  Bogenbalkens  bei  Halbkrei- 
sen die  Mitte  Kwbchen  dem  Anfange  und  dem  Scheitel  des  Bo- 
geas;,8ie  fällt  aber  nach  der  rom  Verf.  selbst  angeführten  Stelle 
der  LangsdorfscKen  Strassen  -  und  Bruckei^aukunst  zwischen 
57^  und  58^  von  unten  nach  oben  9  also  merklich  über  Ji« 
Mitte  hinauf.  Die  A.ngabe  Ton  Fi|nk  ist  augenscheinlich  im  All- 
gemeinen unrichtig,  da  sie  auf  sehr  flache  Bögen  und  gerade 
Balken  oder  Bohlen  offenbar  unanwendbar  ist.  Frühere  yntei- 
suchungen  über  die  Erscheinungen^  von  welcheu  Brüche  bei  Bo- 
genbalken  abhängen,  hat  der  Verf.  nichtgehörig  benutzt,  weil 
er  sie  für  die  Ausübung  entbelu-lich .  hielt«  Dadurch  ist  in  die- 
sem Bezüge  sein  Vortrag  hier  doch  etwas  zu  oberflächlich  ge- 
worden. yJL  Cap, '  Hänge  7  ufid  Sprengwerke  €uu  krummen 
Hölzern.  Balken  -  und  BohUnhögen.  In  Bezug  auf  die  Kenot- 
aifs  der  Vortheile  von  den  Sprengwerken  mit  gebogenen  Tra* 
men  lafsC  der  Verf.  dem  teutschen  Hjdrotekt  Fuchs  die  Gerech- 
tigkeit widerfahren,  dafs  von  Ihm  diese  Epoche  an^i^efaugen  wer- 
den müsse.  Die  grosse  Brauchbarkeit  dieser  Fuohsischcu  ßögeu 
ber  Jochbrücken  wird  durch  beigefügte  Zeichnungen  dargelegt, 
auch  werden  noch  Mittel  zur  VergrÖsserung  oder  Erweiterung 
ihreir  BraucUiarkeit  angegeben,  und,  wie  sich  wohl  .von  selbst 
irersteht,  .frühere  Vorschläge  hier  benutzt,  da  der  Verf.  von  aller 
Partheiligkeit  und  Selbstsucht  weit  entfernt  ist.  Bei  der  hier 
angeführtf^n  Langsdorfschen  Formel  zur  Bestimmung  der  Seökuog 
für  ßälkenbögen  hätte  nicht  unbemerkt  bleiben  sollen^  dafs  sie 
die  Senkung  in  Fufsen  oder  in  Zollen  angiebt,  nachdem  nun 
die  Grössen  -W  und  H  in  Füssen  oder  in  Zollen  ausdruckt. 
Man  findet  übrigens  hier  auch  ausführliche  Berechnungen  zur 
▼ollständigen  Anwendung.  Hiemächst  fol|;^en  noch  BeschreiLuu- 
gen  und  Zeichnungen  einiger  hedackten  Bogenbrückeu ,  der  voa 
Etzdß  der  von  Feldkirch  und  der  von  Metluigen,  die  von  dem 
Verf.  gehörig  gewürdigt  werden.  Der  Verf.  kommt  annmehr 
tu  den  Wiebekingschen  Btigenbrücken  ^  und'  hat  b«i  der  Be^ 
Schreibung  die  erst  «810  erbaute  von  Neiiburg  in  Baiern  vor 
Augen.  Bei  dieser  Gelegenheit  auch  etwas  von  Bogei\brückea 
franzosischer  Ingenieurs ,  die  aber 'in  diesen  Bauten  den  Teut' 
sehen  weit  tiachsrtelien.  yilL  Cap.  Beispiejie.  »von  hölzernen  ßo» 
genhrücken.  ■  Wir  finden  hier  die  Zeichnung  der  Brücke  von 
ScwTc  über  die  Saöne  mit  9a'  Spannweite;  jede  der  5  Ripp^^Q 
besteht  aus  3  Curven  zu  to'  breit  uiid  i4»5"' hoch;  sie  hat 
eoncentrische  Hängesäulen ;  die  Zeichnung  der  Brücke  von  Chazrr 


Bfider  practisclig  Bdidkenliimkundö  va*gl.  'HL    S07 


^ 

^ 


nt  6^'  Spann  weile  und  4  Rippen,  jede  mit  a  Corven.  öautheyf 
ruboit  die^e  als  Hauptmuster  für  Bogenbrdcken,  wofür  sie  abei^ 
nach    des   YjBrfs,    ( aud»  nach  Ree. )   Unheil  nicht  gelten  kann ; 
die   Zeichnung   der    Ton    Gauthey    erbauten    Bpgenbrücke    Ton 
^ou^nas  Aber  die  Sadne,    mit  87'  Spannweite  und   6  Rippen^ 
die  Zeichnung  der    Brücke   von    Chrisy  über   die   Seitie   mit  5 
Oefffiungen    von    63,73'    Spannweite.      Statt   h^lierner   Streben 
T^ähien   die  französischen   In^genieure  meistens  eis«frne,    die   der 
Verf.   ausseht   guten   Gründen   verwirft.     Ferner  Beschreibung 
der  Brücke   de  la  fraterniie   zu  Paris  mit   97'  Spannweite,   die 
ganz  ini£slungen  war^   da   sie  nicht  einmal  sich  selbst  zu    tragen 
vermochte.   Üeberhäupt  stehen  die  Franzosen  im  Baue  hölzerner 
Bogenhrücken  gegen   die  Teutschen  weit  zurück,  weil  sie   voa 
einem-  teofscheii  Brüekenbaumeistery  %on  Wi^beking.    nichts  ler^ 
neu  wolle«.     Die&er  teutsche   Ingenieur  hat    uns  Constructionen 
Von   BrÜdcen  in   biniä^igllcher  Anzahl   vorgelegt,    um  wühlen  zu 
können,  zdmal  jetit,  da  die  Erfahrung  die  sicherste  Kritik  über 
iiie  geliefert  haf.    £s  folgen  nun  mehrere  dieser^  Wiebekingschen 
Brücken  {  au^  mit  Belnerkungen,  welche  auf  die  dabei  gemach-« 
ften  £r(ahrüogen  Bezug  haben.   Hierher  gehören  die  Brüeke  von 
Neu-'Oettinjgen  ^ber  den  Inn;  die  FrefSMger'^ti\c\ie  über  den 
/^ÄT»,  mit  159'  (bairiseh)  Spannweite;  die  Rotthrücke,  die  Ett^ 
tuiffei*^  dift  BieietuhbfBr,^  die  Irrsinget ,  die  Augshurger  über  den 
jLeckj   die  Bum6ergei*  über  die  Regniiz.     Bekanntlich   hat  W. 
noch  mehrere  in  Baiern  erbaut.  Mit  Recht  tadelt  der  Verf.  da£i 
die   wenigsten   der   Wiebekingschen  Brücken   steinerne   Wider- 
lager haben  4   und  daCs   solche  überall   zu  frühe  mit  Tiieer  oder 
aiedendem   Leinöhl   bestrichen  worden  sind^    womk  sie  nur  um 
io  bälder  der  Fäulnifs   ausgesetzt   wurden.     Die  Kritik,   der  er 
•die   Wiebekingschen   Constructionen    ohne  Taddisucht    und  %ait 
gebührendem   Lobe    und   Anerkennun;^   der    grossen    Verdienste 
dieses    Baumeisters   unterwirft)    i^t  immer  beiehtend  und'  zeugt 
von  gediegener  Sachkenntiiifs  und  Ueberlegtheit  mit  dem  ichön-- 
sten    Schmucke   der   ßescheidenhei€k       £r    kommt   nun    zu    den 
Funkschen  ßohi<$Fib6gen  y  denen   er  gleichfalls  'Gerechtigkeit  wi« 
derfahreh  läfst.     Wenn    einerlei   Gegenstand  in    mehreren   Capi«^ 
teln   vorkommt,  so  mufs  man  bei  diesem 'mehrmaligen   Vbrkom« 
men  dieveracliiedenen  Ueberschriften  der  nach  einander  folgenden 
/  €^p.   vor  «Augen    haben.     IX,  Cap.    Die  Ausführung   hölzerneP 
Brücken,  Der  Verf.  ist  hier  so  umständlich  und  ausführlich,  wio 
es   dem  Zwecke   einer  vollständigen  Belehrung  für  noch  uner-* 
fahme  angehende  Ingenieurs  entspricht,  von  den  allerersten  Ar«^ 
bciten   anfangend  und  so    zvlt  Zusammensetzung  und   allmahlig 
hervortretenden    Gestaltung   immer  weiter    fortschrdtend«    Das 
Abbinden  einer  Bogenbrücke  im  Flasste  an  Ort  und  Stelle,  wo-r 


V 


5o8    Roder  practische  Brückenbaukiinde  rergi  Ht, 


^ 


hin  *siö  bestimmt  ist,  ziehe  der  Verf.  dem  Abbinden  auf  dem 
Lande  aus  guten  Gründen  vor.  Die  Construction  der  Wiebc- 
kingschen  Brücken  müsse  jeder  Kenner  als  musterhaft  anerken- 
Ben;  alle  Gebrechen,  die  man  diesen  Brücken  bisher  habe  bei- 
messen wollen  I  sejen  nur  in  dem  jeder  hölzernen  Brücke  nach- 
iheiligen  Nachlasse  der  Spannung  zu  suchen.  Wir  stimmen  zwar 
im  Allgemeinen  in  das  Lob  ein,  das  er  dieser  Construction  wi- 
detfahren  läfst,  da  aber  doch  klar  ist,  dafs  mit  dieser  Construc- 
tion Erscheinungen  verbunden  bleiben,  die  nicht*  bei  y Wer. Aö7« 
zemen.  Brücke  eintreten  können,  so  wäre  näher  zu  untersuchen, 
welche  besondere  Erscheinungen  diese  Brücken  von  andern  hol- 
zerned  zu  ihrem  Yortheile  und  zu  ihrem  Nachtheile  auszeichnen; 
auch  würde  eine  nähere  Vergleichung  dieser  hölzernen  Bogen- 
brücken  mit  steinernen  sehr,  nützlich  sejn.  Bei  erster ea  befinden 
sich  die  gekrümmten  Hölzer  in  einem  äusserst  gezwängten  Zu- 
stande, was  bei  Balkenbrücken  d^r  Fall  nicht  ist;  bei  jenen  übt 
die  Brückcostrasse  einen  beddutenden  Seitendruck  gegea  die  Wi- 
derlager aus,  da  letztere  nur  lothrecht  drücken«  Bei  grossen 
steinernen  Brücken  kann  die  tufäUige  Last  als  unbedeutend  ganz 
ausser  Acht  gelassen  werden,  bei  hölzernen  Bogenbrücken  ist 
sie  von  grosser  Bedeutung,  und  die  Widerlager  und.  Joch  wände 
leiden  bei  jeder  Ueb^fahrt  eines  oder  mehrerer  hinter  einander 
folgenden  Fuhrwerke  plötzliche  wechselnde  Eindrücke ,  welche 
die  der  freien  Brücke  sehr  bedeutend  übersteigen,  und.  eben 
dadurch  für  die  Stützpunkte  ^bemerkbarer,  und  nachtheiliger  wer* 
den.;  Hierzu  kommt,  dafs  kein  Balken  an  seinen  Endstücken 
gekrümmt  werden  kann)  sondern  da  immer  geradlinig  auslauft. 
X..  Cap,  B^timmungs gründe  fhr  die  Wahl  einer  BrUckenart; 
Aafstellung   sH>n   V eher  schlagen  t     Bei   gleicher  ^  Zweckmässigkeit 

.  .«Bt^chiedcner  Brückenarteu  müsse  man  immer  die  wohlfeilere* 
wählen\  Wäre,  sagt  er,  K.  das  zum  Baue  einer  steinernen 
Brücke  erforderliche  Capital,  k  das  zu  einer  hölzernen;  J  die 
Zinsen  von  K,  i  die  von  k,  für  die  Periode,  nach  welcher  die 
hölzerne  jedesmal  wieder  von  Neuem  erbaut  werden  müfste,  so 
wäre    das  Kostenverhältnifs    nach    n   solchen  Perioden  =r  (^ 

'X  n.  J):  n  fk  X  i);  mah  sieht  hieraus,  setzt 'er  hinzu,*  Vfl/J 
endlich  ein  Zeitpunkt  kommen  milsse,.  wo  die  Summe  edler.  Bau' 
kosten  saptfnt  den  Interessen,  ohne  noch  Zins  auf  Zins  zu  rech' 
nen  hei  einer  hölzernen  Brücke  denen  einer  stejinernen  gleich  kom- 

-men  und  sie  endlich  übertreffen  werden,  —  Quandoque  boniiS 
dormitat  Uomerus.  Hätte  der  Verf.  nur  bedacht ,  ^afs  J  '=^ 
k  X.i  seyn  könne  (und  sogar  >  k  X  i),  so  würde  er  sogleich 
beiAerkt  haben,  dafs  sich  .obiges  Verhältnifs  in  das  (K  4"  "* 
(kX.i):  n(kxi)  verw/andle,  also  in  diesem,  Falle  die  Ko- 
sten der  steinernen  Brücke  in  alle  Ewigkeit  grösser  bleiben  als 


\  \ 


», 


Röder  practische  Brückenbaukunde   vergl.  11 1     509 

die  der  lialzernen. .  Die  angenommene'  Voraussetzung*  gehört 
iaber  nicht  unter  die  unmöglichen  ^ '  denn  es  ist  der  Fall  nbck 
denkbar y  dafs  J  =9  iodoo  Ü.  und  k  4-  i  auch  nur  =:  loopo 
ü.  ^äre.  Und,  wenn  Rec.  sich  nicht  irrt,-  behauptet  Wiebe- 
king selbst,  dafs  dieser  Fall  oft  eintrete«  'Dann  glaubt  Rec.  ia 
Sezug^  auf  Zinisen  noch  darauf  aufmerksam  machen  zu  miissenp 
dafs  der  Anschlag  der  Zinsen  i  ( d.  h.  der  Zinsen  von  einem 
geringen  Aufwände)  für  die  Staatskasse  fast  nie  angenommcR 
'W^erden  kann;  es  ist  höchst  selten,  dafs  die  Staatskasse  bei  ein^- 
zejnen  der crleichdti  Bauten  Ad7,z^r/2tfr  Brüdken  wirklich  etwa^s  an 
Zinsen  verliert,  was  hingegen  bei  einem  so  bedeutenden  Capi* 
tal,  wie  der  Aufwand  bei  einer  steinernen  Brücke  erheischt,  der 
gewöhnliche  FaU  ist.  Wenn  indessen  zugegeben  vvird,  dafs 
doch  ein  so  verwendetes  Capital  gegen  Verzinsung  hätte  verlie- 
hen werden  können  und  dafs  in  dieser  Hinsicht  reeller  Zinsen- 
Verlust  eintrete,  ^o  bleibt  doch  nicht  nur  des  Yeffs.  Schlufsaus 
obigemf  Grunde  falsch,  ^ondcrn  es  ist  auch  der  ganze  von  ihm 
angegebene  Verhältnifsausdruck  unrichtig,  weil  er  einen  Haupt- 
punkt dabei  ganz  übersehen  hat,  nämlich  den  Ertrag  der  Brücke. 
Dieser  müfs  in  finanz^ieller  Hinsicht,  welche  der  Verf.  hier  vor 
Augen  hat,  entscheiden,  und  kann  aus  der  allgemeinen  Formel 
nicht  wegbleiben.  Als  mittlere  Dauer  einer  gut  gebauten  und 
unterhaltenen  Brücke  nimmt  er  4^  —  ^o  Jahre  an.  Darin  liegt, 
wie  wir  oben  schon  bemerkt  haben,  viel  Unbestimmtes,*  das  man 
indessen  dadurch  beseitigen  wird,  dafs' man  die  anfängliche  Bau- 
kosten von  5o  zu  5o  Jahren  doppelt  rechnet,  also  fün  100 
Jahre  vierfach  u.  s.  f.  In  einer  beigefügten  Tabelle  theilt  er  die 
Baukosten  mehrerer  hölzernen  und  steinernen  Brücken  mit.  Die 
jiugsburger  hölzerne  Bogenbrücke  zu  ,33^'  lang  kostet  36ooo  fl» 
■die  steinerne  von  ISemlly  i,635,oft2  £1«  bei  einer  Länge  von 
^5a'  iJil'  Um  selbst  Kostenüberschläge  verfertigen  zu  können, 
hat  er  auch  die  Kosten  einzelner  Tbcile  von  allen  Arten  von 
«Arbeiten  beigefugt,  - — 

Zweiter   Abschnitt.     Der  Bau  der    eisernen  Brücken^ 
/.   Cap;  Allgemeine  Betrachtungen  über  dieselben.     Bei  dem  für 
diese  Brücken  höchst  wichtigen  technischen  Unterricht,  den  hier 
der  Verf.   zur   näheren   Keniitnifs   des   Eisens   vorangehen   läfst, 
macht    er   auf  das   allerdings   auffallende  Resultat   der  yory^Rei" 
'chenbach   angestellten    Versuche   aufmerksam,   nach   welchen  die 
•aUsohite  Festigkeit  des  Gufseisens  nur  %  von  der  des  geschmie- 
deten betrüge.    Alle  übrige  Gelehrten  finden  die  Festigkeit  bei- 
der Arten  bei*  weitem   näher  zusammenfallend,   und   der  Verf. 
'findet  sich  deshalb  veranlafst,   bei   den  näher  zusammetifallenden 
.Verhältnissen    stehen    zu   bleiben.  '  Rpc.    ist   aber    darin  anderer 
Meinung ,   weil   er  Hrn.  v.  ReicHenbach  persönlich  kennt.    Mit 


7 


5io    Aöder  praetiäcUe  Brückeobaukuiule  VQrgi  Ht. 

seinen  grosien  tecfanisckeu  Kcutnissen  verbinäei  er  zugleicli  sehr 
gute  madiematiscliey  äusserste  Genauigkeit ,  eioea  . grossen  Sehaiz 
"von  ErfahruDgen,  ausgezeichneltes  Talent  uad  sclteDen  SpterfsioD. 
Das  so  stark  vou  den  Angaben  Anderer,  die  /er  doch  g^wifs 
aclion  kannte,,  abweichende  Resultat  seiner  Versuche  mufste  ihm 
ieben  $0  sehr  auffallen,  als  uns;  und  da  er  solches  dennoch  Aem 
«rossen  Publicum  so  mittheilte  und  selbst  durauf  baute,  so  fin^ 
4iet  es  Rec.  weit  räthlicher,  dieses  Resultat  in  def  Ausübani; 
ftum  Grunde  zu  legen,  als  irgend  ein  anderes,  das  eine  bedeu- 
tend grössere  Festigkeit  verspricht.  Die  Sicherheit  gebietet  schou 
diese  Klugheitsregel.  Der  Yerf«  verlangt  zur  Sicherheit  nur 
3  Mal  so  grosse  Festigkeit  als  zum  Gleichgewidil'  mit  der  bre- 
^ichenden  Kraft  nach  den  von  ihm  mitgetheilten  Angaben  nöthig 
•wäre.  Rec.  weifs  aus  mündlichen  Unterhakungen  mit  deih  Rit- 
ter V.  Reichenbach,  dafs  dieser  die  20  fache  Festigkeit  bei  sei- 
nen gigauUschen  Anlagen  fordert.  //.  Cap^  Beispiele  von  eiset" 
nen  Brücken  und  davon  abstrahirte  Mojcunen.  Hier  die  eiserne 
Brücke  von  Coalbroohdcde  von  98  Weite  und  4o  Höhe;  die 
•von  ff^orcesiershire  von  90'  W^ite  brach,  nach  dem  Verf.,  nach 
der  Ausrüstung,  gerade  im  Scheitel;  "vvahrscheinlich ,  setzt  er 
hinzu,  wegen  der  schlechteren  Beschaffenheit  des  £i$ens..  Aber 
4ie  englischen  Baumeister  sind  mit  den  äusseren  Kennzeichen  des 
^isffßs  wenigstens  eben  so  bekannt  als  die  teutschenj  und  da  man 
für  die  innere*  Beschaffenheit  nicht  imoaer  bürgen  kann,. also  die 
Klugheit  erfordert,  bei  so.  wichtigen  Anlagen  nie  auf  sehr  gutes 
Eisen  und  sehr  guten  GuIs  zu  rechnen,  sq  ^erhält  man  mit  die- 
ser Erfaltrung^* einen  neuen  Grund,  in  der  Ausübung  sieb  ia 
Bezug  auf  die  1f estigkeit  des  Oufseisens  an  die  y.  Reicheobachi- 
sche  Angabe  zu  halten,,  auch  mit  iU)m  die  &o  fache  Festigkeit 
«ur  Bedingung  zu  madiep.  Die  ei&erne  Brücke  zu  Buüdras, 
«ohne  beigefügte  Zeichnung.  Die  erste  eiserne  Bciicke  in  Teuuch- 
land  liefs  Gr9f  BurßhaM4..  iygA  zu  ica^^san  in  Schlesien  erbaiiea. 
Sie  hat  nur  Ao  S|)ann weite,  und  8,5  Bogenfaöhe.  Die  Kost«fl 
.dieser  Brücke  werden  im  Detail  jiugcgebien.  Späterhin  wurde 
in  Epglaud  der  Gedanke  eiserne  Brücken  aus  Rs^hmstückea  zu« 
sammeqzu  wölben,  glücklich  in  Ausübu^ig  gebracht.  Die  grofste  und 
kühnste  aller  bis  jetzt  yorliandeneo  dseruen  Brücken  ist  die  bei 
Waarmoulh  über  den  Waarflufs  von  2219'  Spannweite  uitd  33 
Bogenhohe;  John  Nsifs  B,Mixg  vor,  Gewolbkästen  durch  zu- 
sammengeschrobene  eiserne  Platten  nach  der  Form  vonGewolb- 
«teinen  zu  bitdeji,  ui^d  solche  m^  Mörtel  oder  Erde  auszufüUent 
Wonach  aucK  'mi^eterUmrg  mit  gr^ssGU  Kosten  zwei  Heine  Br»- 

£\eii,  hergesteUt  Worden   sind.     £ine  yollkommnere  Ifoücke  mit 
abm»tüakeA  wurde  iSq«  zu  Stains  mit  i74|6   Spannweite  und 


r 


ilöder  practisch«  BrUckenbaukuÄde  vergl.  He»     5ii, 

x5,5'  Bogenliö^e  erbaut;  literron  die  2eieYiiiung.  Die  eiserne 
Bracke  über  die  Seine ^  Pont  d^AusteHitZj  hat  5  Bögen,  jeden 
Von  io3  Spaiihweitf?  und  Jo,3'  Bogeiihöhe;  mit  bcigefü^ftef 
Zeichnung.  Sie  kostet  etwa  a  MiUioneti  Franken.  Dre  kurz 
licrnach  erbaute  BHlcke  t^on  Jena  bat  3  Mill.  Fr.  gekoste^.  Die 
Brticke  von  St*  Denis  bestebt  ans  geschfuiedetem  Eisen.  Der 
Verf.  kommt  nun  auf  die  auch  hi  Bezug  auf  die  Zueignung  der 
£r6ndung  merkwürdig  gewordene  Construction  eiserner  Brücken 
aus  gegossenen  Röhren  von  Reiehenhaeh  und  WCebehing,  wel-* 
che  übrigens  die- Franzosen  auf  keine  Weise  dea  Teutschen  streitig 
machen  können.  Man  findet  hier  die  Construcllonen  sowohl  vonR. 
ä!s  von  W.  ziemlich  umslandlich  beschrieben,  UQd  m  Verglei'- 
chung  gestellt.  Mit  Recht  berührt  der  Verf.  mehrmalen  A\e 
Nothwendigkeit  einiger  Versuche  über  die  Festigkeit  solcher  Bö* 
gen  von  eisernen  Röhren  zu  besserer  Begründung  dieses  Theils 
'der  Brückenbankunde.  Möchte,  sagt  er  am  Schlüsse  dieses ICa^. 
irgend  ^\ne  deutsche  Regierung  grofsrauthig  genug  seyn,  einige 
taaseud  Salden  an  so  nützliche  Versuche  zu- wenden! 

Dritter  Abschnitt!  ,  Den  Beat,  der  beweglichen  Brii» 
€kejt  entfaltend.  L  Cap,  f^oh  den  Sthiffhriicken»  Hier  wpr* 
den  bydiustatische  und  technische  Lehren  überali  in  iimnittelba.'^ 
rem  Bezüge  auf  die  Ausübung  mit  einander  vereint.  //.  Caf. 
Von  den  Fähren  und  fliegenden  Brücktn.  Zur  Erläuteruiig 
dient  die  Biegende  Brücke  zu  CoUenx.  Ifl,  .Cap,  Von  den 
ßug  -  und  fV^phrVcken,  -iV,  Cap.  Von  den  Drehe  -  and 
RoUbrüeken.  V*  Cap,  Von  den  Noth^  und  Inlerimsbrüeken. 
Am  Ende  ist  «och  ein  Verzeichiiifs  der  einzelnen  in  säiumtir«^ 
cKea  Kupfertafeln  enthaltenen  Gegenstände  beigefügt.  Nach 
dieser  eti^as  auisführlichei^  Darstellung  des  ^an^n  Werks  wird 
kein  Leser  dieser  Blütter  ^ber  den  Wertb  desselben  etuen  Au* 
gemblitck  ia  Ungewifsheit  bleiben.  Es  isit  ohne  Widerrede  fu« 
Den  j  der  sieh  mit  Verzicht  auf  tiefere  theerettsdie  meist  ent'^i 
liehrliehe  Untersuchungen  zum  practischen  Ii^nieur  im  Brücken** 
JbsHi  bilden  will,  uuter  allen  bisher  erschienenen  Werken  das 
mitzliehste  ^und  empfehtetiswürdigste.  Seine  Vorzüge  bestehen 
in  der  Vollständigkeit  desf  Ganzen  in  Bezug  4ittf  Mannigfaltigkeit 
'ten  Gegenständen,  In  der  Ausführlichkeit  des  Unterrichts  ito 
Bezug  auf  die  unmittd&are  Anleitung  ^tt^  practischen  ArtkeiteU; 
in-  der  Zusammenstellung  von  Grundsätzen  und  Maximen  der^  ber- 
sten Brückenbaumeister:  in  der  Zusammenstellung  so  vieler  yer« 
liandenen  Baute«  mit  ihren.  Beschreibungen  und  Abbildungen 
und  .sorgfaltiger  Hinweisung  auf  ihre  eigCHthümlichen  Vorzüge 
irie  auf  ihre  Mängel ;  in  der  DeutITchkeit  des  Vortrags  der  einr 
zelnen  Lehren;  in  der  immer  gleichen  Entfernung;  von  nachthei- 


5 12     Jahrbücher  der  Forst-  uad  Jagdwissenschaft. 

■  » 

V 

liger'  Kurze  und  lästiger  Weitschweifigkeit;  ia' der  trc£9.iclien  sy- 
stematischen Anordnung  des  Ganten;  in  der  Vermeidung  der 
Oberfläcliiichkeit  auf  der  ein^n.und  der  unnützen  tbeoretiscben 
Speculation  auf  der  andern  Seite  ^  also  in  der  glücklich  betrete- 
nen Mittelstrasse  zwischen  dem  blossen  Praqtiker  und  dem  spe- 
culativen  Theoretiker ,  und  endlich  in  der  Unpartheilichk«it,  mit 
der  er  das  Gute  lobt  und  das  Mangelhafte  tadelt,  wo  er.  es  fin- 
det, ohne  einen  Schriftsteller  zu  beleidigen.^  Nie  pflügt  er  mit 
fremdem  Kalbe,  Jedem  lälst  er  das  Seino^  und  Bescheideiilieit 
im  höchsten  Grade  mufs  gewifs  in  jedem  Leser  den  V^unscli 
rege  machen,  Blumen  auf  sein  Grab  streaen>zü  können,  wie  es 
bier  Rec,  vergönnt  war,  der  dtn^ei^L  nie  gekannt  hat. 


Jahrbücher   der   gesammten    Forst-    und  Jagdwissenschaft  und 

s  ihrer  !Literatur,     HercAisgegeben   von,    C.   P.   Ljiurop,.    4^ 

Jal4rgang,  4ß^3»  4^  I^f^*    Heidelberg  und. Leipzig,  Groos, 

48»3>  IF,und^48  S.8»  der  Jahrgang  aus  4  H«  7  fl.  12  kr. 

Uiese  neu  begonnene  Zeitschrift  des  verdienstvollen  Herausge- 
bers schliefst  sich  an  dessen  Annalcn  der   Forst-  und  Jagdwis- 
senschaft '  an.     Ref.  wünscht   ihr   gutes  Gedeihen ,   und  empfiehlt 
dem  Herausgeber  als  das  sicherste  Mittel  hiezu  strenge  Auswahl 
der   aufzunehmenden .  Abhandlungen.     Bei    der   grossen  Schreib- 
seeligkeit  unserer  Zeit,  und  der  viel  geringeren  Lesesucht,  ver- 
dient .die  Geduld!  sowohl  als  die  Gasse  der  Leser,  dafs  man  auf 
sie^billigc  Rücksicht  nehme   und  nur   Gediegenes  ihnen  darbiete. 
Diese  Bemerkang  möge   übrigens  nicht   s^uf  den.  Inhalt  des  voii- 
liegendcn   Hefts   bezogen  .werden,   welches   Ref.   ohnehin  blols 
anzuzeigen  hat.     Die  grösseren   Aufsätze  darin  sind  von  Klaup- 
recht  (Anfang  einer  Beschreibung  des  Spessarts,  mit Erfahruogs- 
tafeln  über  Eichen-,  Buchen-  und  Kiefern- Waldungen  auf  iü 
Bodenclassen ,   vermuthlich   den   Cottaischen ) ,    dem  Grafen  'von 
Sponeck  (über  das  Einhacken  des  Buchen -Saamens),  dem  Freib. 
*von  Jf^edekind  (über  Jagdyerfassung ) ;  von  ungenannten  Yerfas- 
sern  fibden  sich,  ein  Aufsatz  über  die  neueste  Fprstverfassung  iu 
Würtjpmberg    und    Reisebemerkungeti    aus     dem    südwestli(:heu 
Deutschland.     Dazu  kommen  Recensioneu  und    ein   Intelligenz- 
blatt« 


mß 


/ 


WL  33»        Heidelberger  lo23» 

Jahrbücher  der  Literatur- 


4*  Kleines  Hulfsbuch  hettfi  Erlernen  -ttnä' Einüben  Ar  Formen 
im  Griechischen,  besonders  des  Zeitwortes,  V^on  Dr,  WitH^ 
HEitfR*  DöL£Ktej  Subconrector  am  Andreanum  tu  HÜdes" 
heimj  und  Ehrenmitglied  der  lateinischen  Geädlsckaft  m 
Jena,     Hddesheini  hei   J.  D.  Gerstenberg,    48»T»    IV  und 

Si,  Halfsbücher  zar  Erlernung  des  Griechischen  nach  den  beiden, 
Grammatiken  der  griechischen  Sprache  v(fn  Friedrich 
Thjersch.  Erster  Theil,  welcher  griechische  und  deutsche 
Beispiele  Mber  Formenlehre  und  Syntax,  nebst  den  nöthigen 
fVortregistern  und  grössern  Ueburigsstücken  Zum  Vebersctzei\ 
'  in  beide  Sprachen  enthält.  Leipzig,  bei  Gerh^  Fleischer, 
^^Ä«.     VJII  und  %yg  S,  gr,  Ä     so  gGr, 

3.     Orationes  Latinüe  XLVII  e   doctissimorum  tprumque  elo* 

quentissimorum  ifiroram  saectdo  XFL  XV IL  XVIII,  XIX, 

ßoreniium  operibus' seleclae  et  Jui^entuti  literarum  studiosae 

propositae   u    G,'  H.  Sjaltrank  ,    Gymnasii  Ratisbonensis 

Conrectore   et  Frofessore,     Ratisbonae   MDCCCXXIL  — * 

'    Xund  35S  S.  gr:  8.    ^  ß^  48  kr. 

J5ei  der  nicht  geriiiged  Anzahl  iron.  guten  griechischen  Schul- 
grammatiken  yermifst  man  doch  bis  jetzt  jioch  ein  zweckmässig 
gearbeitetes  HüMsbuch  bei  der  £iatibung  der  griechischen  For-  . 
inenlehre  nach  ''ihren  wesentlichsten  Theilen«  Niemand  fühlt  mehr 
das  Bednrfnifs  eines  ausschliefslich  diesem  Zwecke  gewidmeten 
Lehrboches,  als  wer  selbst  4ie  Elemente  der  griechischen  Spra-^ 
che  nach  den  bisher  «ingeführten  Grammattken  zu  lehren  hat  und 
bei  diesem  Geschäfte  täglich  die  Unbequemlichkeit  erfährt,  wel- 
che das..  Uebcrschlagen  ^des^Minderwesehtlichen  und  Jrregulären 
und  das  Aussondern  des  Regelmässigen  und  unumgänglich  Noth^ 
wendigen  hat  Schon  die  Aushebung  der  angedeuteten  Stücke 
aus  einer  süten  Grammatik  und  ihre  zweckmässige  Zusammen-* 
Stellung  wäre  daher  eine  Ter  dienstliche  Arbjeit  zu  nennen^  hätte 
ein. solches  Wörkchpn  auch  keine  weiteren  Vorzüge.' — .  Der 
Verf.»  der  unter  Nro*  4*  ang^ührten  kleineu  Schrift  hat  dem  er« 
wäfaoiien  Bedürfoifs  abzuhelfen  versucht.  In  gedrängter  KürxO 
wird  der  Anfänger  im. Griechischen  .auf  iiicht  metir  als  3^  Seiten 
in  J5a,§§<  nut  den  gtiechiscben  .Lesezeichen^  ihr^^r  >Yerschieder 

33 


$i4  Doleke  u.  Thiersch  Hülfsbücher  zurEHertiung 

nen  AasspractiCy  dem  Wicfitigsten  vom  Accent,  mit  d^Decli- 
nation  der  verschiedenen  Nomina  und  der  Conju^^ation ,  so  weit 
sie  regelmässig  ist  ( das  Verbum  Bifil  als  *  Hüifsz^iweiU:  mitg(s 
rechnet)  bekannt  gemacht.  Schon  die  Yergleichung  des  Inhalts 
mit  der  Seitenzahl  mufs  das  Büchlein  empfehlen ;  denn  Knrze  ist 
hier  erstes  Gesetz.  Bei  genauerer  Ansicht  trifft  man  j6do«h  auch 
sonst  manches  Lobcnswerthe,  hauptsächlich  in  der  Methode,  an* 
Als  Beispiel  «nag  gleich  im  4*  5''  ^^'  ^^^  Lehre  vom  Accent 
enthält  I  die  gründliche.  Nach  Weisung  des  Acceates  in  unsrer 
Muttersprache  dienen,  wodurch  dem  Lernenden  die  griech. 
Acceote  als^anz  in  der  Natur  der  'Sache  gegrühdete  Dinge  und 
nicht  —  y^  man  sie  manchmal  von  solchen,  die  es  am  liebsteo 
mit  dem  Bequemen  halten,  nennen  hört  ; —  als 'langweilige  Flc- 
tionen  müssiger  Grammatiker  erscheinen ;  hierher  gehört  die  beim 
Vortrage  des  Verbums  befolgte  Methode,  wodurch  eine  Be- 
stimmtheit und- Fafsllchkeit  erzielt  wird,  wie  man  sie  bei  diesem 
mit  so  manchen  Schwierigkeiten  yeülcoüpften  Gegenstande  sich 
nur  wünschen  mag;  auch  die  5§'|  die  sich  übfer  das  Formiren 
und  Analjsiren  verbreiten ,  dürfen  in  dieser  Hinsicht  nicht  un- 
erwähnt bleiben.  -—  Un^Ukommenheiten  und  kleine  Fehler 
finden  sich  injdc^fs.auch  in  diesem  Schulbuche.  Unser  Amt  er- 
fordert es,  auch  von  diesen  einige  uaclizu weisen  und  den  Hrn. 
Verf.  bei  einer  etwaigen  neuen  Auflage,  an  deren  baldigeoi  Er- 
scheinen wir  nicht  zweifeln,,  um  ihre  Verbesserung  zu  ersuchen. 
S«  4  heilet  es:  es  könne  zwischen  dem.  Circumflex  und  dem 
Acutus  «nicht  wohl  ein  Unters<;hied  in  Hinsicht  auf  die  Beto- 
nung angegeben  werden.»  Wir  fragen  hiebei  nur:  wird  denn 
r.  D-  die  Sylbc ,  irpoty  in  ^pay^oe  nicht  anders  betont,  als  in 
'Ttpay/netret,  oder  r06f  in  rovrov  nicht  anders,  als  in  rairw^  weon 
man  anders  gelten  lafst,  dafs  dieji^nigen  Sjlben,  welche  den 
Circumflex  zum  Accent  haben,  gedehnt,  die  mit  dem  Acutus  ge- 
schriebenen dagegen  mehr  gestossen  werden  müssen?  -— -  S.  n 
wird  immer  noch,  gegen  die  ausdrückliche  Erinnerung  von  Butl- 
mann  ein  futurum  II.  Acljv»  und  Med.  von  rvirror  aufgeföhrf. 
-^  S.  5  heifst  es:  «in  ^^co  wird  dai  i  mehr  nur  (sie)  gestos- 
sen (woran  man  stöfst,  darüber  gleitet  man  nicht  hin,  soodern 
man  wird  davon  aufgehalten  und  verweilt  also  dabei)«»  —  ^^' 
ifteint,  gerade  das  Stossen  der  Töne  involvire  nicht  den  Begriii 
^s  längeren  Verweilens  darauf.  WMre  hier  nicht  zweckmässiger 
auf  das.  Stossen  der  Töne  in  der  Musik  ( staccatö )  hingewiesen 
Worden?  Ebenso  wäre  S»  28  der  Begriff  von  der  litera  t&ittü 
richtiger  durch  zart  oder  weich,  und  der 'von  deriLipira/iKdarcn 
rnuh  oder  hart,  als  der  dne  durch  dann,  der  andere  durch 
dick  (!)  erläutert  wordep»  —  Warum  silsd  yfM.  S.  9  die  Ad- 
jective  auf  00^,    vor  deren  erstem  a  tin  p  hergeht,    ubeigaogea 


des  Griechföcben  uod  Saälfrank.  Oratt.      ^i5 

worden?  Eben  sd  wenig  durften  die  auf  a^t  atvccf  «y  und  tju^ 
siVXy  SV  fcblen,  und  auf  den  wesentlichen  Unterschied  zwischen 
den  Wörtern,  die  im  Conjunctlv  orepogf  und, denen,  die  drepog 
Lekommea ,  müfste  doch  auch  aufmerksam  gemacht  ieyiij  u.  s.  w. 
—  Wenli  S.  4  1  gesagt  Wird,  das  Relat.  oc  werde  wie  der 
artic«  ^aepositivus  decjilnirt!  so  kommt  der  Anfänger  leicht  ici 
Gefahr,  oQf  tqü,  tSj  zu.  flectiren.  Die  Weglassung  des  r  hätte 
also  angedeutet  werden  müssen.  —  Recht  ungerne  yermifst  mau 
hintejr  dem  Alphabet  einige  zweckmässig  gewählte  Lescstüoke 
und  noch  mehr  hinter  dem  regelmässigen  Zeitworte  die  Verba 
auf  fJLij  wenn  auch  die  Defectiva  wegbleiben  sollten.  —  Unbe* 
stimmt  \\ni  unlogisch  wird  gleich  S.  3  des  4>cutus  als  des  so" 
genarinten  Accentes  gedacht,  Worauf  wir  viel  weiter  unten  erst 
erfahren,  dafs  der  Gravis  auch  ein  Accent  sej  und  erst  auf 
Seite  4  vvird  dann,  nur  so  im  Vorbeigehen  vom  CircumQex  ge- 
handelt. —  Undeutlich  ist  daselbst  der  Satz:  cWenn  die  Wör- 
ter allein  stehen,  so  pflegt  man  statt  des. Acutus  ^uf  der  letzten 
>Sjl'be  den  Gravis  zu  setzen.»  Durch  zu  viele  Parenthesen  Und 
manchmal  durch  zu  grosse  Weitschweifigkeit  sind  in  der  !^as- 
sung'  vieler  Regeln  Undeutlichkeiten  entstanden ,  die  sich  am  al- 
lerw;enigsten  in  Büchern  für  Anfapger  finden  sollten.  Als  Be-. 
lege  dieser,  Behauptung  mögen  u.  a.  die  §§.  17,  18,  21  und 
a6  dienen«  —  —  Durch  diese  bis  ins  Kleinliche  gehende  Auf- 
zahlung einiger  an  dem  Büchlein  sichtbarer  Gebrechen  hofft  Reo. 
bewiesen  zu  haben,  wie  genau  er  es  prüfend  durchgangen  hat. 
XJm  so  mehr  wird  aber  auch  der  geneigte  Leser  seinem  oben 
ausgesprochenen  billigenden  Urtheile  trauen. 

Bei  Nro»  ü.  kann  er  sich  kürzer  fassen.  Schon  der  be- 
xübmttf  Name,  welchen  das  Buch  an  der  Stirne  trägt, ^bürgt  für 
s^oe  Brauclkbarkeit  und  Güte,  nnd  sehr  erwünscht  ist  seine  Er- 
scheinung ohne  Zweifel  für  ;iUe  diejenigen  Schulen,  in  welchen 
die  (Grammatiken  des  Herausgebers  eingeführt  sind.  -—  Sein 
Iiiltält  ist  folgender,  yj  Beispiele  übet  die  Fortßenlehre  auf  28 
Seiten.  Purch  diese  griechischen  Salze  soll  ( und  wird  gewifg 
auch)  ein  hinlänglicher  Grad  von  Uebung.der  Erkenntnifs  und 
Anwendung,  in  den  frisch  erlernten  Formen  Ipegründet  werden., 
Unter  dem  Texte  sind. nicht  die  vorkommenden  Wörter  ihrer 
Bedeutung  nach,  sondern  nur  Nactiwei^uugen  für  das  Wortre- 
gister gegieben.  —  sij.  Beispiele  übet  die  Santax  t'oii  Franz 
Hager,  «einem  von  des^  Herausgebers  fleissig^ten  und  sorgfäl- 
tig»(^n  Zuhj^ceJEn»»  von  S*  39  bis  70.  «Unter  dem  Texte  ^iud 
die  Quellen  angegeben  zum  Nachschlagen  und  zur  weitern  Be- 
lehrung, wenn  es,  nöthig,  und  ab.  Gewähr,  dafs  alles^  aus  alten 
Scliriftstellern  entnommen  ist.»  Wie  die  .vorigen  *  mit  der  Fori«- 
fl».iei4^rey  so  .lialtffn  dieses  iQi(  dec  S^nt,ax  ganz  gleichen  Schritt.«^» 

33* 


5i6  Dölekö  u.  Thiersch  Hiilfsbiicher  zai*  Erlernung 

Hieran  scYiIiefsl   sich   3J  leiii  Griechisch^  Deutsches  fVortregister 
über  die  Beispiele  zur  Formenlehre  an,  von  S.  71  bis  ii8.  Für 
die  Einübung  der  Beispiele  zur  Sjuta]!^  wird  ein  besonderes  Wör- 
terbuch' gefordert.  —    Nun  folgen  4)  Beispiele  über  die  Syntax 
zum  Uehersetzen  aus  dem  Deutschen  in  das  Griechische,  eben- 
falls  von   Franz   Höger ,   S.    itg   bis    i^6.    und  daran  ^n\\  an- 
schliessend 5)  ein  Dehtsch" Griechisches  fVortPegister  dazu,  S. 
467  bis  i34*     Recht  sehr  zu  loben  ist  es,   dafs   in  diesem  Ab- 
schnitte alle  Beispiele   aus  alten  Schriftstellern  gewählt    sind^  — , 
Deii    Beschlufs   machen    6)  Vermischte  Beispiele  zur  Hebung  ifh 
Uebersetzen   aiis  dern   Griechischen  in  das   Deutsche   S.  9-35  bis 
256.    und   7^  Vermischte  Beispiele  zur   Uebung  im  Uebersetzen 
aus  dem   Deutscheh.   in   das  Griechische ,    nieder  von  oben  ge- 
nanntem   Sammler*    S.  367  bis'  279.     Die  beiden  letztem  Ab- 
schnitte sind  als  eine  Zugabe  zu  dem  ganzen  Werkchen  zu  be- 
frachten.    Die  griechischen   Beispiele  sollen   den  Uebergang  zur 
zusammenhängenden  Lesung  eines  Schriftstellers  machen,  und  die 
Deutschen    sollen   zu   derselben   Zeit   als   Material   züo^    ueber- 
setzen unter   den  Augen  des  Lehrers  dienen.  — -     In  der  Vor- 
rede von  Thiersch  sind    recht  schätzbare  Winke  iii    Absicht  anf 
Methode  gegeben,  die  gewifs  manchem  Lehrer  der  griechischem 
Sprache   -willkommen    sejn    Verden.     Aus  dieseir  kurzen  Inhalts* 
anzeige  er'giebt  sich  nach  des  Referenten  Ansicht  hinlänglich  di^ 
zweckmässige  Einrichtung  des  Vorliegenden  Schulbuches  und  eio 
näheres   Eingehet   ins    Einzelne  dunkt   ihm   tiberflüssig.     Kr  eilt 
also   zum   Schlüsse  seiner  Anzeige.  —  ;  Doch  vorher   nur  noch 
eine  Bemerkung.     Sollte  cip  und  der  andere  mit  des  Herausge- 
,bers  Grammatiken  befreundete  Schulmann  einiges  Mifstraueo  ge* 
gen  die  Hnlfsbücher  daraus  sch6pfeii,    dafs    sie,  nicht   von  dem 
Herausgeber   selbst,    sondern   woit  jungen,   Vielleicht'  noch  nicht 
sehr  erfalirenen  Männern'Verfafst  werden  i:  dem  möge  sein  Mifs- 
trauen  die  ausdrückliche  Erklärung  ThierscVs  nehmen,*  da (5  «di^ 
jungien  und  rüstigen  Arbeiter,  die  er  sich  beigesellt,  nach  seiner 
Ai^leitnng   verfahren  sind   und  das  Beigetragene   seinem  Urtheile 
unterworfen  haben,  so  dafs  Einheit  in  Ansicht  und  Bjehandlungf 
als  die  wahre  Nofhdurft  solcher  Bücher,'  überall  ist  aufrecht  er- 
halten und  bewahrt   worden.  :!►  -—     Referent   wünscht  ans  wah- 
rem Interesse   für   die  gute  Sache  dem   würdigen   Heraasgeber 
die  zur   baldigen  Fortsetzung    des  angefangenen  Werkes  nöthige 
Kraft   und   Zeit  und    dem   Werke  selbst  dieselbe  Verbreitung, 
welche  seit  'einiger   Zeit  das  grammatische 'Sjstenr  ihres  Heraus« 
gebers  ierfÄh^t.  ^) 


*)  Nach   Bcschlafs  der   obersten   Studicfabehörde  zu  Paris  ist  rfer   • 
ctymolosisohe  Thetl  Att  Thierfchlsdie»  Grammatik  dea  sri^kf- 


des  Griechlschea  und  Saalfibank  Orat£.      Sxj 

Nra^  3.  «Equi^em  saepe  animadvertij  homfnes,  qui  primiuil 
ad  Ciceroms  lectioQ«m  Bccedunt,.  magis  capi  ac  delectari  scrfplis 
Mureli  et  simttium :  noa  quod  horain  oratio  minus  Latina  ideo- 
qiie  facilior  sit:  sed  quod  ratio  materiaqne  nostrae  aetati  nostrisr 
que  ingeniis  magis-  aptae  sunt.  Horum  bos  lectio  quasi  blanda 
manu  ad,  Veteres  ducit,  e^tqoe  veluti  snelßad^cc^  s«u'gradu^  et 
adituK  ad  Veteres,  sed  pürus  ille  castusque,  unde  nil  sordium 
ad  ipsa  eoruili  sacraria  .  adferamus.  Gerte,  si  quid  ego  ad  sfxU 
bendi  facultatem  profecl;  quod,  pro  rei  magnitudine  exigutim 
^sse  non  ignoroi  sed  ti  quid  profeci,  hoc  maghain  partem  de- 
bui  lectioni  operum  Mureti:  quae  me  adoleccentem  mira  suavi« 
täte  deliniebat ,  exempiis  augebat  et  ad  Cicerohem  alliciebat  » 
So  äussert  sich  ein  dem  philologischen  Leser  wohlbekannter,  um 
die  Alterthumskunde  hochverdienter  Hupianist  bei  Qelegeaheif 
der  Bekanntmaehong  eines  Unternehmens,  dem  dasje^ge  ähnlich 
ist,  -wovon  jetzt  durch  uns  Nachricht  gegeben,  werben  soll:  und 
keine  andere,  als  die  von  ihm  ausgespro<^ene  Betrachtung  des 
grossen  Vortheils ,  den  studirenden  Junglingea  die  Lectüre  der 
neueren  anerkannt  guten  Latinisten-  gewährt,  dann  aber  auch  der 
Gedanke  au  den  für  Unbegiiterte  zu  hohen  Preis  früherer  Sammr 
limgea  ähnlicher  Art,  wfc  z.  B.  .ven  Mathia's  E^mpla  eloquen- 
tiae  latinae»  veranlafste  die  Sammlung  und  Herausgabe  unserer 
Reden.  Schon  die  Absicht  ihres  Herausgebers  verdient  also  den 
Dank  derjenigeü  Jünglinge ,  denen  daran  gelegen  ist,  durch 
fleissiges  Lesen  guter  Lateiaschreiber  sielv^  einen  bessern  Styl 
anzueignen,  als  mau  ihn  in  unsern  Tagen  so  häufig  selbst  bei 
Ltut^tt  antriffV,  dia  doch  in  ihrer  Berufsart  hinlängliche  Auffor- 
derung^ ziur  «tfrigen  Bemühung  um  diese  Fertigkeit  finden.  Aber 
auch  in  ihrer  Ausführung  ist  die  Arbeit  lobcnswerth^  wie  sich 
dann  von  einem  —  wie  Referent  aus  gutdr  Qudile  weifs  --'  auf 
die  Wohlfahrt,  der  Schuljugend,  nicht  nur  von  Herten  bedachten, 
sondern  auch  die  «u  einem  solchen  Unternehmen  erforderlichen 
Kenntnisse  und>  die  nöthige  Umsicht  in  hohem  Grade  besitzen- 
den Schulmanaq  nicht  anders  erwarte^ '>läist.  So  werde  ihm 
dann  hiermit  im  Namen  der  latoinischleroenden  Jugend  von  ei- 
nem ihrer  Lehrer,  der  mit  ihren  Bedürfnissen  wohl  bekannt, 
ieine .  solchp  Gabe  zu  schätzen  im  Stand  ist ,  von  (lerzen  ^Dank 
gesagt  für  sein  eben  so  nützliches  als  sd^önes  Geschenk.  Für 
das  Publicum  aber  stehe  hier  eine  ^  kurze  Beschreibung  des  Bur 
ches»  --—  Nach  einer  Dedicatlon  au  alle  cdiscipulos  et  superior 
xb,  et  prae$entis  fiUupique,  si  dep  t.  o.  m.  placu^rit,  temporiS| 
diligentia  et  morum  probitata  excellentes»  folgt  zunächst  an  dev 


sehen  Unterrichte  in  den  Schulen  von  Frankreich  sn  Grande  ge? 
\tg\  worden.    -  . 


/ 


^ 


5i8  Döleke  u»  Thiersch  Uülfstbücher  zur  Erlernung 

Stelle  der  in  deF  vorläufige  Nachricht  angekündigten  lateinfscbeii 
Arbeit  des  Herausgebers  statt  einer  Vorrede,  welche  «de  ration« 
;iuctores ,  quos  dicimus  classicos ,  utiliter  legendi »  handeln  soll- 
te, aus  Mangel  an  Raum  Juod  Zeit  nur  eine  kurze,  aber  recht 
gut  geschriebene  lateinische  Vorrede 9  .worin  der  Herausgeber 
hauptsächlich  über  den  von  dem  Buche  zu  machenden  G brauch 
auf  eine  sehr  herzliche  Weise  zunächst  mit  seinen  Schülero  sich 
ui\terhält.  An  diese  schliessen  sich  die  47  Heden  selbst  an« 
Sieben  Heden  v^n  Muret  beginnen  die  Sammlung;  dar^iuf  folgea 
eben  so  viele  von  Sigonüis,*  hierauf  eine  von  Lifsiüs,  eine  voa 
Hemsiusj  funfe  von  Facciolati,  drei  von  Herruterkusius)  voa 
PauUnus  fünfzehn,  fiinfe  von-  Ernesti,  zwei  von  Buhnkemm  und 
eine  von  Heyne.  Alle  diese  vortrefflichen  Reden  sind  zugleich 
so  zweckmässig  gewählt,  da£g  in  dieser  Hinsicht  niehts  zu  wüii* 
sehen  übrig  bleibt.  Diese  Versicherung  nag  fiir  eine  weilläu- 
£ge  Ang(abe  der  Themen  gelten.  Sehr  schöner  Druck  imd  gu« 
tes-  Papier  ladet  auch  äusserlich  dringend  zum  Lesen  ein.  Möch* 
ten  die  Reden  ebenso  auch  frei  von  Druckfehlern  geblieben 
sejn!  Referent  giebt  der  Eilfertigkeit,  womit  d^r  Druck  be- 
sorgt werden  mufste,  die  Schuld  hievcyn,  hofft  ^ev  bei  einer 
zweiten  Auflage,. die  wohl  recht  bald  erfolget  wird,  nicht  mehr 
z.  fi.  in  den  2wei  Ruhnkenischen  Reden  zehn  im  Druckfehlci« 
verzei/cknisse  nicht  angegebene  corrigiren  zu  mussep.  -^  Eia 
von  Seite  5a5  aa  beigegebener  in  deutscfi<tr.  Sprache  verfafster 
Anhang  schliefst  das,  Gaiice.  ,  Er  enthält  zuvörderst  kurze  bio' 
graphische  -Nachrichten  über  die  zehn  Männer,  von  w^elcfaen  die 
Sammlung  Reden  enthält.  Recht'  interessant  für  Jünglinge ^  die 
durch  ihice  Schriften  sich  angetrieben  fühlen,  ihnen  nachzustre« 
ben.  Warum  sind  site-  aber  niqht  lateinisch  geschrieben,  da  doch 
Titd^,  Dedacalion  und.  Vorrede  lateinisch  reden.?  •^^>  Mehr  zu 
eimchuldigen ,  vielleicht  zu  rechtfertigen- möchte^  der  Gebraach 
der  deutschen  Sprache  in  den  auf  jede  biographische  Notiz  fol* 
genden  Anmerkungeh  zu  den  Reden^  sejn.  £s  enthalten  diese 
kurze-.  Fragen  über  Wortgebrauch,  Wortstellung  u»  s».w.,  deren 
Beantwortung  dein  Leser  überlassen  bleibt;  nur  wenige  Soch« 
und  Wort  -  Erklärungen.  Ueber  ihren  Zweck  äussert  die  Vor«' 
rede  sich  folgend  ermessen  :  — ^  hoc  —  •—  ideo  feci,  ut  auimi 
vestri  inter  legeudura  adteutioncm  et  indagandi  studivm  excitarefll 
et  inflammarem ;  quoniam  nihil  magis  opus  est  ad  bene<  auctores 
inteiitgendos  atque  ingenium  et  Graepiae  et  JLatii  scrtptoribui 
i'ecte.  sciteque  legendis  foxsnandum  sabigiuidiimque,  ^p^mt  dÜi'^ 
g^teiv,  acGuratc,  subtiliter  cognosse  eft.dlgi^osse  .iMoborum  signi« 
hcationes  et  •  formulas  mudoscjue  loqueudi.  Dieser.  Zweck  wird 
gewifs  damit  erreicht,.  :  r 

Und  so  hätten   wir  dann  an  unserm  Duche  eioe  recht  dan- 


des  Griechischen  uad  Saalfrank  Oratt«      5iq 

kensvrehhe  SammiaDg  won  vortrefflidien  Reden  der  ausgezeich^ 
nelstea  Latinisteii  der  neaeren  Zeit,  und  zwar  um  den  geringen 
Preis  von  i  fl.  la  kr.,  wie  ihn  wenigstens  die  der  Erscheinung 
des  Werkes  rorangegangene  Anzeige  ankündigt«  (Nur  wenig 
höher  mochte  sich  der  jetzige  Ladenpreis  belaufen).  Letzter^ 
"wähnter  Umstand  giebt  dieser  Sammlung  vor  mancher  .ähnlichen 
(wenigstens  dem  oratorischen  Theile  nach)  mnen  bedeutenden 
Vorzug.  —  Möchte  nun  der  Herr  Herausgeber  in  einem  zwei- 
ten' Bande  mit  üiinlicber  Ausstattung  auch  Muster  von  andern 
Arten  des  Stjls,  etwa  ausgewählio  Briefe  von  Muret,  Manutius, 
Liptius  u.  a  ,  zweckmässige  Auszüge  aus  Commentarienj  gut  ge- 
schriebene Qolloquia  u.  dgl.  mittheilen  I  Verdienstlich  wäre  gcr 
wifs  aucb  diese  Arbeit;  Zur  ausschKefslicben  ]^ectüre  solcher 
Reden  in  den  Frcfistonden  rätb  schwerlich  ein  vernünftiger  Leb.- 
rer  seine»  .Schülern.  Denn  soll  der  Styl  nicht  einseitig  werden, 
soll  der  junge  Mensch  nicht  in  Gefahr  kommen  9  über  jeden 
Gegenstand  sich  in  oratorischen  Perioden  und  Wendungen  aus- 
Kucfrücken,  so  mufs  er  auch  zur  LecturQ  von  weniger  rednerisch 
gehalteA<nn  Schriften  angehalten  w^erden.  —  Als  ein  schönes  Mu- 
ster könnte  ddm  Herausgeber  «die  treffliche  Auswahl  aus  den 
Mi|retinischen  .Schriften  von  upserm  I^rofessor  Kajrser  dienen 
(  M.  Ant.  Mureti  Scripta  selecta«  Heidelb:  1809).  Was  dieser 
firrMuret  gethan,  wurde  dann  nebst  diesem  für -mehrere  and^e, 
des  Lesens  nicht  minder  Würdige  neuere.  JLateinscbreiber  ge- 
schefaen#  Ä  —  rt 


D19  Priesterinnen  der  Griechen,  f^on  D\  Aonuif.  Frankfurt 
am  jftM^  gedfuckt  und  verlegt  bei  /.  2>.  Sauerländer  48%»» 
436  S.  ih  8.     4  ß.  4»  kr* 

Darzustellen  y  dafs  auch  Frauen  vielfach  die  Blüthe  griechischer 
Gottes  Verehrung  gepfleget,  spricht  der  Verf.  als  ^weck  dieser 
Blatter  ans.  Noch  bestimmter  erklärt  sich  derselbe  S.  5)  bei 
Gelegjenheit  der  Thesmophorien  und  Eleusinien  über  seine  Ue- 
berzeugung  in  folgenden  Worten:  «dafs  der  Dienst  der  grie- 
chischen. Prieslerinnen  aller  Arten  ein  reilier  und  unbefleckter 
Dienst  gewesen  und  :dafs  Keuschheit,  Entsagung,  makellose  Sit- 
ten das  Volk  oder  die  Frauen,  je  nachdem  die  Wahl  durch  die 
Gts^e  vorgeschrieben  war,  bei  der  Ememuing  der  Priesteriir- 
nen  leiteten  und  bestimmten  »  —  Da  die  griechischen  Religio 
onsstifter  vorzugsweise  Frauen^ die  Leitung  und  Pflege  der  gtit« 
tesdtenstVichen  Anstalten' awertrittet,  die  eine  Begründung  gefäl- 
liger Verbindung,  Veredlung  der  Sitten  luid  Heiligung . de^  Le- 


/■ 


\ 


5:20     Adrian  dier  Priesterinuen  der  Hettenen. 

bens  bezweckten,  so  k5nne  schon  daran»  herrorg^ehen ,  dafs  nur 
Ftauen  im  edelstea  Sion  de$  Wortes  diesen  Absichten  e^tspre-» 
eben  konnten ;  aber  auch  die  Angaben  griechisciier  ^chriftstellep 
über  diesen  Gegenstand  bewiesen  hinlänglich ,  wie  man  i|lier 
Orts  in  Griechenland  für  Reinheit  und  Unbefleckt^ieit  der  Göt- 
terdienerinnen gehalten  und  so  die  Würde  reiner  Weiblichkeit, 
ihren  EinAufs  auf  Geist  und  Gemüth  anerkannt  habe^  (Yergl,  S, 
i35.  i36.  )•  Eine  Zusammenstellung  dieser  Angaben  der  altea 
Schriftsteller  teacht  4en  Inhalt  dieser  Schrift  ans,  die*  von  der 
Belesenheit  des  Yerfs.  ^in  rühmliches  Zeugnifs  giebt  und  «uch 
.durch  gute  Anordnung  und  einen  gebildeten  Vortrag  sich  gust 
zeichnet« 

Im  4*®^Capitel  giebt  daher  der^Verf.  eine  Uehersicht  t«^ 
äUesttn  Sparen  weMicken  Ptiesierdienstes,%     Hier  durchgeht  er 
lauerst  den  sinnlichen,  üppigen  Dienst  der  weiblichen,  unter-  ver«« 
schiedenen  Namen  im  Orient  verehrten  Naturgottheit,  iind  kommt 
von  da  auf  Aegjpten.     Was  den  bekannten  Streit  betrifft ,  ob 
Aegypten  auch  weibliche  Diener  seiner  grossen  Xandesgottheiteii 
gehabt,   so  erklärt  sich  der  Verf.  nach  Aufstellung  der  nolhigen 
Beweise'  dahin,    dafs  onän  wohl  annehmen  dürfe,  '  dafs  nicht  nur 
Uierodulen  weiblichen  Geschlechts,    sondern   auch   Priesterinnm 
<  hoe^oci  opfernde  Frauen )   an   dem   Dienste  der  Isis  und  Osirls 
Theil    genomnien;   womit  jedocl^  die  Meinung  un widersprochen 
bl^ibe^   dafs   diese  Prtesterinnen  '  keineswegs  Mitglieder  der  Ae-» 
gjptisbhen  Prlesterkollegien   gewesen    und   zu  den  hohern  Wis" 
senschaften  dieser  Priestfr  hinzugezogen  worden  (S.  8.  9').  Es 
unterscheidet   nämlich    der  Verfass.  opfernde  Tempeldien  er  in  neu 
(Priesterinnen)  von  blossen  Hierodulen,  Tanzenden,  den  Tem- 
pel "  Reinigenden  u.  s.  W*     Wir  haben  uns  freilich   noch  nicht 
überzeugen  könnten,  dafs  die  angeblichen  aigjptiscben  Priesterin- 
lien  wirklich  opfernde  Tempeldi^perinn^n,'' wirkliche  Priesterin- 
iien,    lepßiect  im  eigentlichen  Sinn    des  Worts  gewesen,   wir  ha^ 
benf   sie  stets  für  Tempeldienerinnen  der  letzteren  Classe,   für 
Hierodulen    im  eigentlichen  Sinne   des  Wortes  gehalten,   um  so 
inehr    ^Is  dann   vielleicht    auch   Hcrodot^   bekannter   Aussprach 
(II,  35*)   von   der  ägyptischen   Priesterschaft:  ^Ipoircci  ywrj  fuf 
oiSs"irjf  p^T€  igtrevoi  ^eov^  oire  ^TjXirig  in  seinem  wahren  SIdb 
^ufgefafst  werden   kann.     Man   verstehe   nur  dann  dai  hpaor^ott 
vom  eigentlichen  Priestert|ium,  von  der  Darbiingung  des  Opfers 
und  andern  blofs  den  eigentlichen  Priestern"^  zukommenden  Ver^ 
|ichti;pgen,  keineswegs  aber  von  einer  blo?s6n  Hierpdalie«^; 

•)  Vebrigens  redet  Dlodor^  I.  47,  von  Jungfrauen  yu  Tlicbie  in 
Acgypteo,^  die  ^tWv^^'dH^^  Andere  XlasUc^ag  nennen  (vgl* 


Adrian  die  Priesteiinnea  dar  Hellenen.     Sai 

T^n  der.  Htero^alie,  wie  sfe  durch  Obfr/<>  uod  Mittetasteii 
'Verbreitet  w»r,   und   vo»  da  nach. Hellas  iibergegaog^  ist,  be-« 
bauptet  der  Ve(f.  S.-^iq*  cdie  asiatische  Hierod'ulie  war,  wie  dio 
Sitte  der  erschlafften  Völker,  sinnlich  und  üppige  die  griechische 
aber,  auch"  in  ihf'er  gfinzen  Fom  den  ursprünglichen  Charakter 
verfäugnend,    durchaus  reiner   und   heiliger   Nätun»     Wir' sind 
inde&  doch  geneigt  zu  glauben,  daHs  der  ursprüngliche  Charal;^«^ 
ler-  der  Hierpdulie,  aus  Asien  nach  Hellas  verpflanzt,  auch  hielr 
seine  ursprünglichen  Rechte  geltend  gemacht,  und  so  lange  Hel- 
las sein  orientalisches  Ansehen  behalten,  auch  behauptet  hat,  dadi 
aber,  als  das  mündig  gewordene  Hellas  von  den  Banden,«  in  die 
es  der  Orient  gefangen,  sich  zu  befreien  und  in.selDstständiger 
Nationalitat   sich   zu  entwidklen  begonnen,    nach  und  nach  aucfk 
diese   asiatische   Hierodulie  eineil   andern  Charakter  angenommen 
hat.     Eben  in  Hellas  war  es,    wo   dieser  asiatische-,    aus  Indien 
über  Kleinasien  eingedrungene  wilde  Naturdienst,  mit  dem  auck 
solche  Hierodulie  verbunden  war,   durch   einen    reineren  Licht« 
cultus   entweder  verdrängt    oder   doch  gereinigt  und   geläutert 
ward,   so   dals  denn  auch  die  Hieroduiin  in  Griechenland  einen 
vreit   reineren   und   heiligeren  Charakter   bewiefs   und  beweisen 
mUlste:^    Den   Charakter  einer  vollkommenen  Reinheit  und  Het<- 
ligkeit  der   griechischen  Hierodulie  beizulegen,    mochte^  mjt- der 
rein  sinnliche]^   Richtung  des   ganzen  H^ellenenthums  wobi  eben 
so  wenig  zu   vereinbaren  seyn,    als  wenn  man  andererseits  aus 
^luelnen  Ausartungen  ("wie  z.  B*  in  Korinth)    blosse   SiUnlich- 
keit  al^  den  Charakter  der   hellenischen  Hierpdulie  bezeichnen 
wollte.  '^ 

•  Im  2^*°  Gapitel :  Priesterinnen  des  ^pollon  wird  zuerst  von 
tdeiu  Orakel  zu  Dodona  gehandelt,  das  Priesterinnen  gestiftet, 
dann  von  dem  Orakel  zu  Delphi^,  sammt  seinen  Priesterinnen, 
dereu  Auswahl',  Verrichtung,  Enthaltsamkeit  u»  s.'  w.  Es  folgen 
dann  i^och  Angaben  derj^cnigen  Orte,  wo  gleichfalls  Apollo  von 
Priesterinnen  gepflegt  Ward  (S.  16  -^  3o). 

Im  dritten  Capitcl  S. 3i  flF.  handelt  der. Verf.  von  denPrie^^ 
sterinnen  des  Dionj'sus.  Per  Satz,  wpmit  dieses  CapiteT  beginnt : 
fftdafs  4^'  Dienst  des  Dionjsus  wahrscheinlich   durch  die  Phö* 


Vf^esseUng  daselbst)*  Von  Diesen,  so  TersichcFt  Strabo  ausdrückp> 
lieb  Xyil*  p.  601  Tzsch.,  mufste  eine  bis  zu  4er  eintretenden 
Menstruation  4en  A^ünnern  zu  WilleU  seyn*  Der  neueste  italte« 
ifische  Uebersetzer  des  Diodor  a.  a*  0«  pf  90.  supbt  gleich  wo  h) 
auch  hier  die  Reinheit  dieser  Hierodtüen  .zu  retten,  indem  er 
%n  einem  Mifsverstand  symbolischer  Oebräucbe  seine  Zufliacht 
iiimiiii*    Oder  ^sollen  wir  ^utf^nckt  sajicni 


Cr» 


-i 


&M     Adrian  l^e  Prieitermneik  4er  Hdlenep. 

niciet  nach  Beüat  gd^ommtei»  sebeint  ans  weät^et  bekundet, 
.wie  die  andere  Behauptung,  die  sich  unmiuelbar  daran  schirefsc, 
dafi^  man  aimehmea  dürfe,  zu  Delphi  sej  dieser  Gott  vor  allem 
verehrt  I  und-  besonder«  doreh  Fraueri  dort  gefeiert  wordeo. 
Dah  letzteres  allerdings  nicht  ohne  Grund  sej,  wird  Niemand 
in  Abrede  stellen  wollen.  .  Ob  aber  phönicisch  der  hellen isclie 
Dionjsosdienst  sej«  .ob  ihn  Plionieier  nach  Delphi  gebracht,  möch- 
|e  schwer  zu  behaupten  sejn.  Wir  lyoUen  nicht  hier  alh  das 
wiederholen  I  wa6  n^au  mit  Recht  für  den  indisthen  Ursprung 
di^es  Dienstes '  zusammengebracht  h^t,  wir  wollen  nur  frageo, 
ob  Phonicien  etwa  die  Drucke  war,  der  Yermittlungspunkt, 
durch  den  dieser  indische  Dienst  ia  Griechenland  eingeführt 
ward.  Wir  betrachteten  .  stet^  Kieinasien  nebst  den  Gegenden 
uqn  den  Pontus  Eniious  einerseits  und  andrerseits  Aegjpten,  als 
die  vermittelnden  Punkte,  Von  wo  ans  dieser  Dienst  des  Diony- 
dios  aus  Indien  in  letzter  Quelle  stammend,  über  Hellas  verbrei- 
tet worden  ist.  Wir  glaubten  hiezu  in  dem  Dienste  des  Bassa- 
Ireus^  den  Sabazien  u.  s«  w.»  dann  in  dem  ägyptisohen  Cultus 
des  Osiris  unleugbare  Beweise  gefunden  zu  haben.  — 

Der  Yerfass.  verbreitet  sich  im  Verfolg  über  die  Tkyatlönß 
ühct  die  Gerärpn  zu  Athen  und  ihre  mysteriöse  Feier  des 
Dionjsus  iv  ^ifivMCj  desselben,  setzäi  wjr  hinzu,  dessen  Let- 
ten; sid  in  Aegjpten  am  See  zu  Sais  verherrlichen.  Der 'Verf. 
ist  insbesondere  bemüht,  die  Reinheit  dieser  PriesCerinnea  dar- 
zuthun ,  beruft  sich  auch  S.  4^  auf  Plato,  wo  die  Idee  bestimmt 
ausgesprochen  sej,  dals  in  diesen  Mysterien  des  Dionjsos  die 
Seele  Von  den  irdischen  Makeln  gereinigt  und  befreit  werde* 
Allein  bei  Pktf»  wird  keineswegs  hestimtut  von  diesen  Mysterien 
des  Dionjsos  geredet,  sondern  hier  ist  an  Orpfaiäch«  Weihen 
zu  denken«  wie  sowohl  Heindorf  (ad  Phaed.  I.  pag.6o)  als  auch 
Wyttenbach  (ad  Phaed.  L  p.  «73  fg  )  nachgewiesen  haben.  £s 
läfst  sich  blofs  ein  Schlufs  ziehen,  da£s  da  in  jenen  Mjsteriea 
solche  Ideen  obgewaltet,  sie  auchr  in  dxesfNt  vorherrschend  ge« 
Wesen  seyen. 

Im  4^^^  Gapitel  S;  44  ff*  von  i^n,  Priestermnth  der  De^ 
m^ttr  uüid  Köre  ist  es  zunächst  das  Fest  ^der  T&esmophörün, 
das  den  Verf.  beschäftigt :  ein  vielfach  besprochener  und  noch 
zuletzt  in  einer  eigenen,  Monographie  von  fVeUauer  (de  TRes- 
mephorns  s.  Heid.  Jahrbücher  4821  N'®*  aS.)  behandelter  Ge- 
genstand, über  den  man  jedooh  die  Bemerkungen  unsers  Verfs. 
nicht  ohne  Interesse  und  BeBriedigung  lesen  vird^  da  derselbe 
bier  auch  den  Zweck  sich  vorgesetzt,  die  Reinheit  dieses  J6iea- 
ites  ?.tt  ze^en.  Da  also  Sittenreinheit  eine  vorzügliche  Bedingung 
bei  diesem  Feste  sey,  s4  wy  cs,^eiiit  der  Veif.  ^.  it  «m  so 


Ajdriaü  die  Priostd^mneii  d^r  HclleAe*,      Sa) 

I  I  '  '  . 

^ewi$^ery  «dafs  die  leichtsin&tgen  R^dtti  und  Scenea  d«s  Bauhp 
und  Jcunhe,  wenn  sie  in  den  .«Thesmopborien  statt  gefundon, 
mit  der  Sittenreinheit  des  Festes  in  keinem  Ycrhältnifs  gestan- 
den. Es  zeuge,  fährt  der  Verf.  fort,  von  der  grossen  EinfacK^ 
heit  und  Einfalt  der  alten  Zeit,  dafs  man  die  Göttin  durch  et^ 
nen  .unsittlichen  Scherz  zum  Lachen  bringen  wollte  und  dazu 
brachte,  weil  es  klar  sej,  dafs  der  Erfinder  dieses  Scherzes 
nichts  als  das  komische  Bild  im  Auge  gehabt  habe.»  Wir  mei^ 
nen  dafs  diese  Scenen  -—  und  dafs  sie*  wirklich  statt  gefunden, 
verbürgen  die  Zeugnisse  der  alten  Schriftsteller  — -  mit  dem  Fe-^. 
ste  selber  in  de^  innigsten  Verbindung  stehen ,  -  wie  Ükilicli« 
Scenen  bei  ähnlichen  Festen,  wie  das  Dranfia  Satyricum  mil  deii. 
vorhergegangenen  Tragödien.  Eben  grade  hierin  besteht  da» 
Charakteristische  solcher  Feste,  dafs^  .wie  in  d<r  Natiir  auf 
herbstliches  Dunkel  und  Trauer  die  erheiternde,  Alles  beleben- 
•  de  Frühlingssonne  folgt,  auch  hier  auf  strenge  Enthaltsamkeit, 
stille  Trauer  und  Andacht  unjnitlelbar.jcine  eben  so  grosse  Hei-  >. 
terkeit  folgt, 'eine  eben  so  ausgelassene  Freude,  die  in  ihreia 
Festtaumel  selbst  die  gesetzmassigen  Grenzen  übertritt  und  in 
den  sinnlichen  Aeusserungcn  ihrer  Freude  kein  Mafs  kennt  %h 
müssen  denn  auch  bei  den  Thesinophoiien  ausgelassene  Spotte« 
reien  und  Scherze,  ja  selbst  die  unanständigen*  Oebehrden  einer 
Baubo  und  die  Lachen  erregende  Jambe  auf' die  ernstesten  See« 
nen  der  Keuschheit  und  Enthaltsamkeit,  der  tiefsten  Trauer  und 
Andacht  folgen.  — ^  Von  S.  53  an  folgen  Angaben  über  di# 
Thjrsinden,  Melissen  und  Hierophantiden ^  die  gegen  die  voit 
Seiten  der  Reinheit  ilmen  in  alter  Zeit  von  den  Kirchenväter* 
gemachten  Beschuldigungen  mit  Recht  in  Schutz  genommen  wer^ 
den  Auch  die  Frage,  ob  solche  Frauen  sich  verheirathen  dürf«^ 
Ceti,  wird  S.  79  ff.  berücksichtigt.  ' 

Im  5****  Capitel  werden  die  verschiedenen  Priesterinnen  Jer 
Here  und  Athene  an  verschiedenen  Orten  von  Hellas  aufgezählt^ 
( S.  86  ff.  )y  wo  sie  auch  überall  das  Gelübde  der  Reinheit  und 
Keuschheit  tragen^  Die  Priesterinnen  der  Artemis,  ebenfalfs 
rein  und  keusch,  wie  ihre  Gebieterin,  folgen  im  6^^|^ Capitel 
S.  97  tf.,  im  7*®**  dann  die  der  Aphrodite,  der  Gea,aet  Et^ 
meniden,  des  Poseidon  u.  s.  W.  S.  109  ff«,  im  8*'^"'  die  JTawe- 
phoren^  Libnophoren  u.  s.  w. .  S.  lai  ff.  und  endlich  im  9**"^ 
S.  129  ff.  der  Beschlhfs.  > 

Wir  bediaiuern',  durch  die  engen  örnnzen  dieser  Blattei^ 
oicht  in  den  Stand  gesetzt  zu  seyn,  nocb  Mehreres  aus  diesem 
durch  den  Gegenstand  an  und  fitr  sich,  wie  durch  die  Behand-' 
tttvrgsart  des  Verfs.  lesenswertfieti  Schrift  aushebeii  oud  nit  i^it- 
»erti  Bemerkungen  <  beglehi^    zo  könDitir.    IKgen   die  cin^eehiei^ 


5a4  Schultz  üb.  d.  Bedeulg.  d.  Gewerbe  im  Staate. 

Bemerkungeii,  die  wir  über  mebrere  Punkt»  dieser  Schrift  uns 
ejrlaubtt^dein  Verf.  die  gerechte  Aufmerksamkeit  beweisen,  mit. 
der  wir  seine  Schrift  durchrangen  haben  ^  und  ihn  tu  ähnlichen 
Versuchen,  als  der  gegenwärtige,  aufmuntern.  In  dem  Griechi* 
sehen  hätten  wir  grössere  Korrcctheit  gewünscht.  Eben  so 
S.  84  statt  Alsibiades,  AIcibiades,  S.  i33  statt  Ktcds^  Kteü 
(Kree^)  u«  si  w«  Was  die  S.  78  versuchte  Conjeetur  in  Ci- 
cero de  Lcgg;  ü,  i4  betrtfll,  wo  in  den  Worten:  Quid  mi-^ 
ieth  mihi  displioeat  in  nocturnisj  poetae  indicant  comici  für  das 
bereits  von  Victorius,  Lombinus,  Davisius  und  zuletzt  von  Gö- 
renx  mit  Recht  verworfene  innocentes,  der  Veifasser  vorschlägt  : 
ÜUeenteSj  (soll  vielleicht  heissen  iUicientes) ,  so  möchte  dieselbe 
sehwerlich  den  Beifall  4er  Kritiker  erlangen ,  die  sich  mit  der 
^  von  Görenz  hergestellten  JLess^r^  mit  Recb(  beruhigen  werden. 


<w»^— ^    w      I         miij 


Üelef  di$  Bedeutung  der  Qewerhe  im  Staate,  und  li^er  das  Na* 
f^rprinc^p  der  yerfassungshUdung.  Jßine  staatswissenscha^ft" 
liehe  Fehde,  geführt  in  einer  Reihe  von  Streitschriften, 
Herausgegeben  t»on  D^^  Heiixr,  Schult z»  ^rste  Abthi'^ 
lang.     Hamm.  48»4f     VlW     ^44  Seitm^ 

Vorliegendes  Wcrkchen  ist  eine  Rpihe  von/ Streitschriften,  vcr- 
9nlafst  durpb  die  Frage,  ob  ein  Apotheker,  unter  iler  T^xe  ver- 
kaufeq  dürfe?  Die^e  F|rage  leitet  dexjin  zv  höheren,  umfassea* 
derep  Gesichtspunkteif,  zu  den  aufs  DCue  erhobenei)  Unte^su^ 
chuttgeu  über  die  Vor  -  und  Nachtheile ,  dcfr  Gevyerbefreibcit; 
und  über  die  Beziehungen  der  G'^werbsverhaltnisse  ^ufqi  Staat 
vnd  verleiht  den  YerhaqdlungeQ  eine  allgeipeinerov  Bedeutung. 
Die  einzelnen  Aufsätze  sind  aus  den^  Rheinisch  ~Westphälischea 
Anzeige^  unverändert  entnomn^ep,  mit  Ausnahme  der  eigeueo 
des  Herausgebers  selbst,  die  eine  erweiternde  )^earbeitung  ti^ 
hielten*  Derselbe  be^pweckt  durch  diesen  besonderen  Abdruck 
allgemeinere  Th^ilnahme  an  diesen  Yerhandlupgen ,  fils  das  Pu" 
blicun}  des  R.  -  W*  An;ieigers  erwarten  lä|kt.  Zur  Aufn^hms 
fernerer  ^auf  obige  Gegenstände  sich  beziehenden  Aufsätze,  An: 
sicblkn,  Meinungen  ist  die  ZYVeite  Abtheilung  dieser  Schrift  be- 
stimmt r  yi^ eiche  möglichst  baldl  nachfolgen  soll.  Beiträge  hiezu 
können  dem  Herausgeber  jupter  dessen  eigner  Addressie  oder 
unter,  der  der  3chultz  -  Wundermannschen  Buchhandlung  zu- 
kommen^   UJid  SLw^   durcb   ßuphhäpdli^rgelegiea^i^i    odcf  yöa 


r 


Schultz  fib.  d.  Bedeutg.  d.  Geirerbe  im  Staate.  5iiS 

solchen)    dij&  irt    delp    Nahe   von  ' Leipzig  Wotibjcn  |    namenlHch 
durch  Hrn.  Tippman  daselbst/ 

£s  sind  der  einzelnen ,  in  -  diese  Schtift  Sinfgefioinmeneitf 
Verhandlungen  und  Belege  24,  tvebst  5  Anhangstäckep  ton  ver-* 
ti'andtem  Interesse,  Stellen  enthaltend  die  aus  dem  •  Rheinisch-^ 
Westphälischen  Anzeiger  selbn  (18)9.  Nr«  93  tiiid  95. ),  acitf 
Ltteratürzeitungen  (Allgem.  LIt.  Zeit.  1821.  Nr.  üGo  ff*  Receti^ 
sioii  Von  Ziegler  über  Gew«rbefreiheit)  11.  s«  t?.  abg^i'ueki 
sind« 

•  In  der  ersten  Nummler  ^ird  die  Behauptut^g  atisgesptochen^ 
-wenn  «iin  Apotheker  unter  der  Taxe  verkaufe,  so  geschehe  sol- 
ches aus  unreinen  Absichten,  u'na  nämlich  den  Kollegen  die  Nah-f 
TuAg  za.  entziehen )  und  ts  wird  im  Allgemeinen  die-  Frage  fluf' 
geworfen,  ob  ein  Apotheker  unter  der  Tax^  verksiufön  dürf^j 
Geg6n  dieses  Verkaufen  erklären  sich  Hr«  Schultz,  W.  uhd  Ü., 
letztre  beide  die  Verfügui>g  -der  königl  Regierung  zu  Arnsberg 
V.  J.  1819  ( Amtsblatt«  ders.  Nr.  64o  Stück  4^ )  Und  ^as  Mini- 
sterialrescript  v.  8.  Juli  1820  an  die  königl.  Regierung  zu  Po»- 
sert  (Annai.  d.  Preuss,  Staats -Vetwaflt.  Band  4,  Heft  2 )  lan- 
fivlirend.  Für  deti  Verkauf  und  die  Gewerbefreiheit  überliaupf 
spricht  ilartmanu  vom  Rhein.  Jene  z^ei  Verfügungen  erklären^ 
da£s  man  durch  eine  feste  Taxe  zu  verhindern  Btrebe,  ddafs  Hit 
«Apotheker  nicht  gegenseitig  durch  Erniedrigung  der  Preist 
« züiQ  Nachtheil  der  Waare  ihrem  Absatz  %ü  erweitern  suchen) 
«indem -es  namlith  bekannt  seje,  wie  $clTwer  in  schon  bereite«^ 
«ten  Arzneien  die  Güte  der  dazu  verwendeten  Mittel  zu  beul- 
«theilen  «.•...  daraus  folge 'voa  selbst,  dafs,  wo  di6  Verhält- 
enisse des  Empfängers  der  Arznei  der  Behauptung  eines  Allmo- 
«sens  widersprädicn,  der  Apotheket  in  tlie  gesetajichen  Strafe 
«genommen  werden  müsse,  wenn  «t  unter  der  Taxe  verkaül^ 
«habe  •  .  v  .  .»  und  dai's  bei  Arzneilieferungeii  an  öffentliche^ 
tinter  Kontrolle  der  Aerzte  stehende  Anstalten  beim  Kt>mract- 
ab^chlufs  ein  höherer  Abzug  als  26  Procent  zu  stipuliren  seye^ 
weil  hier  der  Arzt  sich  sehr  leicht  .[?}  von  der  vorschriftmässi- 
gen  Güte  der  Arznei  überzeugen ,  auch  uöthigen  Falls  die  'en^ 
forderlichen  Vorkehriingen  gegen^  den  Apotheker  treffen  könnet 
— -  Hartmann  vom  Rhein  dagegeb  stützt  sich  auf  das  koniglidHft 
]Vfedicinal-Edict  d.  d.  27**-'"  Sept.  1725-,  auf  "welche -  sich  daü 
Miuisterial  - -Rescript  v.  i^^^  Ott.  i8i5|  die  neue  Arzrieit^tf 
begleitend,  beziehe.  Indem  jenes  Edict  nämlich  bestimme,  dd£l 
idie  Apotheker  «insonderheit  die  <Luf  den  Rechten  ^verordnete 
« Medicafnente  jedesmal  bei  25  Thal,  fiskalischer  Strate  wedd^ 
«ifber  noch  unter  der  Aopothekertaxe  verkaufen  soUteb,^ '^so 
isejc  doch  dadurch  der  V^kanf  unter  4er  Tax6  aU!fJM$r  Umä 


5)6   Schultz  üb«  d«  Bedeutg.  d.  Gewerbe  iip  Staate. 

gestattet.  Atleio  Hr.  ^Schuhz  erklärt,  eine.  Taxe  sey  keia 
Maximum,  sondern  ein  fixes  Medium.  Durch  seine  Behauptung 
^afs  das  Ministeriam  die  Arzneitaxe  oUein  auf  die,  auf  Recepten 
^verzeichnete  Arzneien  ausgedehnt  wissen  wolle,  zeihet  H.  t.  R. 
dasselbe  einer  doppelten  Inconsequenz,  die  wir  jenem  zuaiutrauen 
nicht  befugt  sind.  Denn  einmal  finden  dieselben  oben  angefulir- 
ten  Gründe  zu  Festsetzung  einer  Taxe  für  Arzneien  Statt,  die 
auf  Vorzeigen  eines  ärztlichen  Receptes  gefertigt,  wie  .für  sol- 
cbe,  die  ohne  dies  verkauft  werden.  Zum  andern  aber  macht 
Cff  dadurch  die  Wirksamkeit  des  Gesetzes  von  der  blossen  Be- 
obachtung einer  Form  zwischen  Käufer  «und  Verkäufer  abliän- 
gig«  Aliein  in  deo^  F^U  ändern  sich  alle  diese  Verhältnis»«, 
-wenn  vott  rohen  Materialien,  nicht  von  jschon  gefertigten  Af-z- 
neien  die  Rede  ist.  '— 

Diesen  specielLen  Fall  verlassend  führen  H.  Schultz,  Hart* 
jnann  vom  Rhein,  und  v.  Hövel  den  allgemeinen  Streit  über  die 
GewerbeveshäJtnisse  fort.  ^  H  Schultz  vertheidigt  die  Zünfte 
vmd  Taxen,  indem  er  Fälle  anführt,  wo  seit  Aufliebuog  dersel- 
ben alle  Waare  sclUechter  und  theurer  geworden,  und  die  en- 
gen Beziehungen  nachweifst  zwischen  Gewerbe,  Urgewerbe, 
J>^atianalität ,  nationaler  '  Vervollkommnung ,  sämmtlich  gefährdet 
durch  das  zur  Mode  gewordene  Gründen  des  indi'niduellen  Staa* 
tes  auf  den  allgemeinen  Staatsbegrifif  ohne  Rücksicht  der  Naiio* 
palität.  ,  Zugleich  bekämpft  er  den  Kosmopolijtismus  als  alle 
Nationalität  überhaupt,  di^  Einführung  der.  Spinn -Maschinen 
als  das  nationale  Urgewerbc  der  Deutschen  zerstörejod.  Diese 
letztere  «ectheidigt*  "von  HÖV0I  mit  durchgreifenden  Gründen. 
"Wenn  abe»  in  Ansehung  der  übrigen  Punkte  H.  v.  R.  in  stetem 
Schwankea  Degriffen,  ist,^  seine  Behauptungen  nicht  durchzufüht 
tptk  wcifs,  sondern  von  cioer  zur  apclern  kömmt,  und  sie  stets 
modificirt^  so  ahnen  wir,  dafs  es,  wenigstens  theil weise,  hier 
nur  eine  Roll«  spiele,  was  er  auch  mit  den  an  H.  Scbults 
gerichteten  Worten  (S.  i46)  anzudeuten  sucht:  cSie  scheu 
4L  hieraus,  dafs  man  Ihnen  volle  Genechtigkeit.  widerfahren  lassen 
«kann,  und  zugleich  doch  au.ch  die  Unmöglichkeit  andeuten,  ibr 
«begonnenes  Kampf^iW  gegen  die  Gewerbefreiheit,  als  deren 
^Fiirf echter  ick  nach  Ihrem  Wunsche  herzlich  gern  außrttm 
«mo'cA^«^  aufzunehmen»  u.  s^  w«  —  Der  bisherige  Streit  ist 
daher  nur  ein  verstellter,  bestimmt,  ernste  Streiter  für  und  wi- 
der qine  so  hochwichtige  Sache  herbeizurufen. 

Im  Ganzen  müssen  wir  die,  in-  diesem  Streite  herrschende 
I^ebeodigj^ei^  und  Gründlichkeit,  und  den  Ideenreichthum,  be^ 
aondertvon  $^ten  des  H.  Schultz  rühmen;  glauben  jedoch,  daff 
ffMi  säaioHUoho  VerhaodluQgeii.  des  .  Grundüehk^it  ttnbsioIit<l«t) 


Schultz  üb.  •&.  B^eu^,  A.  Geweihe  im  Staate*  &df 

^ ei f  kürzer  hätten  abgethan  werden  können,  indem  solche  durch 
cfie  Vervielfältigung  det^  Bilder  und  Formen  im  Ausdruck,  we- 
nig gewinnen  durfte.  Wir, glauben  ferner  auch  das  Ankäm- 
pfen des  lierausgebers  gegen  den  Kosmopolitismus  beruht  nur  auf 
der  etymologischen  Peductiön  des  Wortes,  dessen  wir  nn^  aus 
Mangel' eines  besseren  bedienen.  Denn  es  ist  nicht  nöthig,  mit 
dem  wirklichen  Wcltbijrgerthum  ahch  stets  das.  förmliche  Ter-' 
knüpft  XU  denken*  "Wer  durch  sein  "Wirken  das  Wohl  aller 
Staaten  zu  fc>rdern  strebt  und  fordert ,  der  erscheint  uns  aU 
Weltbürger  der  Realität  nach,  und  wenn  wir  nicht  irren,  dflrf^ 
ten  wohl  nicht  lang[e  die  Fälle  gesucht  werden,  wo  solche  Män- 
ner auch  Ton  andern ^Stnaten  der  Form  nach  als  Bürger  aner- 
kannt worden;  noch  dürften  die  Handlungen  aufzuzählen  se^n^ 
durcK  die  ^as  '  Weltbnrgerthum .  begründet  wird.  Denn  Natio- 
nalität ist  keineswegcs  mit  dem'  engherzigen,  und  stets  sieh 
selbst  strafenden  Streben  zu  verwechseln,  welches  das  Interesse 
einer  Nation  von  dem  aller  andern  sondern  will. 

Indem  "Wir  endlich  den  Staatszweck  in  Sicherung  der  Frei-  , 
heit  der  Staatsglieder  festsetzen,  so  erklären  wir  dadurch  zugleich 
ünsre  Ansicht  von  der  Gewerb  fr  eihcit.  Denn  'dafs  der  Staat  rtur 
in  soweit  die  Freiheit  seiner  Glieder  sichern  müsse,  als  er  e» 
besser  denn  die  vereinzeinten  Menschen  vermag,  liegt  schon  in 
teuer  Definition. selbst;  alles  Weitre  aber  wäre  vom  UebeU  In 
Beziehung  auf  die,'  durch  das  ganze  .Land  iich  verkettenden 
Zünfte  wird  er  daher  doch  wohl  in  soweit  eingreifen  müssen, 
^afs  er  für  Absteilung  mancher,  vielfältig  schädlichen,'  su  nichts 
ijiützlichen  iKifsbräuche  Sotgc  trage.  Wenden  dann  die  einzel-* 
'  nen  Gemeinden  sich  mfit  den  Handwerkern  u.  s«  w.  über  die 
Preise  und  Taxen  vertragsmässig  verständigen,  wenn  sie  sokhe 
stüfndimen',  so  hat  in  der  Rücksicht  der  Staat  durchaus  KiibhtB 
weiter  zu  thun  Diic  andYr,n  bijnungsverhältnisse  aber*  möchten  ' 
wohl  kaum  schädlich  genannt  werden  können  Da  es  übrigeds 
unsre  Absicht  nicht  sejn  darf,  hier  selbst  uns  in  den  Streit  zu 
befangen^  so  mögen  diese  Andeutungen  genügen,  und  wir  wün- 
schen dafs  sich  bald  mehr  ernste  Sti*eitcr  finden  mögen  zu  För- 
ifarüDg  der  Wihrheit.  Hcinr.  ^ronn. 


Der  Streit  zwischen  Ulrich  von  Htttten  und  Era^ 
mus  von  RottertTam,  ein  Beitrag  zur  Charakteriitik 
Vir,  von  Hatten  und  seiner  literätiseh,  Zeitgenossen.  Aus 
Originalurkunden   und  Briefen  ins  \Deutsche  über- 


5iS  Ulrich  y.  Huttjca  vu  Efasmas. 

seUt  und  mit  literär  histor.  Bemerkungen  herausgegeben 
von  Caul  KtssMit,  Pfarrer  in  Heci/elJ*  Main*  äSstd, 
bei  S.  MitlUr.    XFJII  und  33o  S.  S.  %  fl. 

xler  Verf.  übersetzt  aus  der  all^^emein  bekannten  Baseler  Aus-* 
gäbe  des  Job.  Frobenius  vom  J.  i5a3  und  a4  und  giebt,  wie 
er  selbst  bemerkt,  einige  -^  wenig  bedeutende  —  Erläuterun* 
gen,  aus  Iselins  bist.  Lexicon,  ,  aus  Ladvocat's  Dictionaire^  aus 
Arnolds  ^Kirchen  "  und  Ketzergeschichte.  A^ie  kann  also  der 
Titel  von  Originaturkundeh  sprechen  ?  —  Und.  wozu  diese 
ganze  Arbeit?  Nicht  zu  wissen  scheint  Hr.  K«,  dafs  diese  beide 
Schriften  Huttens  und  Erasmus  erst^  4843  von  einem,  unpaith ei' 
ischen  Kenner,  Dr,  Stolz  (Aarau  bei  Sauerländer)  gut. über- 
setzt und  zu  einer  billigeren  Charakteristik  beider  Männer  und 
ihrer  Zeitgeuosseu  angewendet  worden  sind.  Stolz  übersetzt 
wl  richtiger  und  gewandter,  auch  $eine  Kritik  ( S.  9  "bis  60 ) 
und '  seine  Erläuterungen  sind  viel  genügender.  Der  Verf.  be- 
stimmt, mit  polemischen  Ermahnungen  freigebig,  seine  Sclirift 
S,.  XVI.  zum  Gegengift  gegen  die' jetzige  Erneuerung  der  eigc- 
aen  Geistesdenkmale  Huttens.  Wir  freuen  uns  dagegen  des 
glücklichen  Fortgangs  dieser  erwünschten  Ausgabe  der  cSämpnt- 
lichen  Werke  des  teutschen.  Kitters  U.  v.  H.»  welcher  Hrn. 
Prof.  Miinch  Und  dem  Verleger .,  Hrn.  Reimer^  Ebre  macht 
"Wir  bemerken  zugleich  mit  Vergnügen,  dafs  diesb  Ausgabe  be- 
reits den  III.  Bd.  geliefert  hat.  Was  Hr»  K*  gegen  Hütten  Bit- 
teres vorbringt,  überläfst  Ree.  um  so  lieber  dem  Herausgeber 
der  dennoch  unsterblichen  Werke  des. genialischen  Reformators. 
Möge  auch  djc  Ankündigung,  dafs  Hr.  Reg.  Rath  M^agenseil 
XU  Augsburg,  welcher,  sein  ganzes  Leben  über,  eine. Restaura- 
tion.von  Huttens  Schrif'ten  vor  Augen  hatte^  jetzt  wenigstens 
^eine  Ansichten  über  Huttens  Leben,  Charakter  und  Schriften 
bekannt  machen  wolle,  bald  erfüllt  worden«  Eine  solche  Schrift 
Tpn  etwa  ao  B9gen,  zu  1  fl.  24  kr.  oder  ao  gGr.  Subscription/ 
sollte  doch  wahrhaftig  des  Subscribirens  ^icht  bedürfen.  Dazu 
ist  für  jeden  Verleger  in  der  That  kein:  jacta  est  atea!  dS- 
thig,  während  Hr.  Reimer  für<  eine  vollständige •  Au^be  den 
Wurf  gewagt  und  wahrscheinlich  igsiit  Glück  geWagt  hat. 

H.\E.  G.  Paulus. 


^"'^-        Heidelberger  ^^^: 

Jahrbücher  der  Lilerätür, 


Das  Sendschreiben  der  fiortntker  an  den  j^pstd  Paulus,  und 
das  dritte  Sendschreiben  Pauli  an  die  Korinther 
in  armenischer  Üebersetzung  erhatten  j  nun  verdeutscht  und, 
mit  einer  Eirdeitunff  über  die  Aechtheit  begleitet  von  ft^itu^. 
Fr.  Rinck,  Ev.  Pfcarrer  zu  Üschoffinsen  X7  —  w»  badi^ 
schtn  Oberlande J*  Heidelberg,  bei  C.  F..fHnter.  iSsS* 
%43  S,  in  Octat^,    . 

JCiio  neVief  paulinischer  Brief I?.'*-^  So  vtij^A  (^ewtfs  mancliM' 
juHr.  freudiger  Ueberrascliung  frzgeup  •dem  die  erste  Kunde  dieser ' 
Sdtrift  zukommt»  .  la  der  That,  Herr>  Riiick^  dessen  ernste. 
Liebe  zu  theolog^chen  und  :  philologischen  Studien  uns  be**. 
kannt  und  höchst  achtung«werth  ist ,  hätte  nach  mehrjährt-* 
gern  Aufenthalte  in  Venedig  d^  Kirche  des  deutschen  Va^-. 
terlandes  kein  schöneres  Geschenk  aus  Italien  mitbringen  kdn-*, 
nen^  als  geistige  ReUq.uien  des  Grossesten  der  Apostel,  und  die- 
ganze  Christenhei,t  müfste  ihm  den  herzlichsten  Dank  wissen^ 
wenn  sich  das  Dargebotene  als  «cht  und  probehaltig  erwiese* 
Freilich  müssen  wir  uns,  um  das  letztere  zu  erfahren^  *  zuerst 
dem  kalten  Geschäfte  des  Prüfens  unterziehen ,  ehe  wir  uns  der 
Freude  ganz  hingeberf,  und  da  könnte  es  sich  wohl  auch  zei« 
gen,  da£s  wir  uns  nicht  in  dem  Grade  freuen  dürfen,  als  =  wir 
hofften.  >*-  Darf  Ref.  hier  im  voraus  schon  ein  Bekenntnifs  ab^ 
legen,  so-^ gesteht  er,  dafs  ihn  die  erste  so.  wie  die  häufig  wie« 
derholte  Durchlesung  des  Briefes  in  dem»  Zustande  gelassen  hat,- 
'worin  die  ruhigste  und  nüchternste  Prüfung  mögHch  ist» 

Ref  wiifste.n^icht,  ob  dieser  pauliu.  Brief  auf  irgend  einen 
ganz  Unbeüsingenen  so  wirken  könnte,  dafs  er  sich*  in  der  Art  geistig 
gehoben  ,>  innerlich  erregt  und  erwärmt  fühlte,  wie  es  dem  ein*« 
fach  gesunden  Sinn  bei  der  Lesung  paulin^  Briefe  zu  geschehen 
|>flegt  —  doch  zweifelt  er  daran  in  ^  hohem  Grade ;  auf  ihn  we« 
nigstens  hat  der  Brief  bei  der  ersten  Bekanntschaft,  wenn  auch 
gerade  keinen  ungünstigen,  doch  durchaus  keinen  grossen  Ein« 
druck  gemacht.  '*—  Dies  ab  vorläufiges  Gcständnifs)  jetzt  zur 
Sache!  . 

Schon  um  die  Mitte  des  -ty}^^  Jahrh.  brachte  ein  engÜschef 
Edelmann  Gäbert  North  eine  unvollständige  zu  Smjma  vcrfer* 
tigte'  armenische  Handschrift  eines  Sendschreibens  der  Koriuther 
an  Paulus  und  der  apostolischen  AMwort   auf  dnsselbe   in  sein 

34 


53o  Riack  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corintber. 


Vaterland,  wo  der  gelehrte  Erxbischof  Joe.  Üsher  and  Joh. 
Gregor  damit  bekandt  wurden.  Dieses  Msmuscript  erhiek  so- 
dtim  Pkä^  MassoUß  ier  die  beiden  Briefe  zuerst  \tä  lo^^^Baod 
der  hisioire  criiique  de  la  Republique  des  Lettres  (Amsterd,  u, 
Jfirfeki  ijiiy  «bdruckfo  Mebs  Ein  Jahr  spater  gab  sie  der 
Orientalist^  David  Wilkins  in  latein.  Ueberselz.  besonders  heraus 
und  eignete  sie  mit  der  Bitte  um  kritisches  Urthetl  dem  desAi^ 
nienischen  kundigen  La  Cröze  \tk  Berlin  zu«  Der  Ausspruch 
fiel  entschieden  verwerfend  aus;  wie  ans-  den  literar.  Notizeo, 
die  /.  A.  Fabricius^  dem  Abdruck  der  beiden  Briefe  ^Cod. 
Apocrjph.  n.  Test»  Jpärs.  HI.)  beifügte,  zu  ersehen  ist.  Die 
Sache  «chien  abgethao,  als  sie  durch  den  Vater  und  die  Söhne 
HHiision  wieder  in  'Anregung  gebricht  wurde.  Der  Vater 
Wilh.  Whiston  erhielt  eine  volbtändige  Abschrift  Onserer  Send- 
seh^eiben  mu  Ale|>po'in  Armenischer  Spraehe  mit 'arabischer  Ue- 
bersetzuog.  Sein«  Sfibae  Georg  und  FfUlu  HHiaton  lernten 
•elbst  das  Armeniacbe  und  gaben  die  beiden  Briefe  alt  Anhang 
Btt  ihrer  gelehrten  Ausgabe  des  armenischen  Gesfchichtschreibers 
Moses  *üon  Chorene  mit  Hinzufügong  ein^  guten  Ruckuber' 
fetzung  ins  Grieohische  heraus.  Lond.  1736*  Diese  Bearbeitung 
li«£i  sodann  Carpaep  ohne  den  armenischen  Text,  aber  mit  la- 
teinischer Uebersctzüng  (  die  Hr.  Rinck  frei  und  den  Sinn  ver*. 
unslaitend  nennt )  abdrucken.  — 

Hr.  Rinei  hatte  bei  seinem  Aufenthalt  tu  Venedig  Gelegen- 
heil  mit  den  würdigen   und  gelehrten  armenischen  Mönchen  be- 
kannt zu  werden,    die  seit  einem   Jahrhundert    cm   Kloster  auf 
der  Insel  S.  Laiaro  bewohnen.     Wie  \\t\  von  diesen  jVIänDero 
für  Literatur  geihan  werde  ^   be weifst  schon  die  aus   iKr«r  Mitte 
herForgegangene  Ausgabe  der  2  Bücher  der  eusebischen  Chronik. 
Einer   derselben,   der   Pater   Dr.  Pasqual  Aucher ,  der  Bruder 
des  Herausgebers  des  Eusebius,    war  so  zuvorkonamend,  Herrn 
Rinck    mit    den    Handschriften   der   Heiden    bezeichoeten  Send- 
schreiben, die  sich  in  der  Bibliothek  von  Lazaro  befinden,  be- 
kannt tu   machen.     Es  sind  deren  acht     -  drei  von  unbestiunn" 
tem  Alter,  fünf  aus  dem  i^r^^**  Jahrhundert.  —     Da  Hr»  Rinck 
das  Armenische  nicht  selbst  versteht,   so  liatte  Pater  Aacher  die 
Gefälligkeit,  ihm  die  Briefe  Wort  fcr  Wort  lateinisch  oder  ita- 
lienisch zu  übersetzen  und  ihn  so  in    den    Stand  zu   setzen  die 
deutsche    Bearbeitung  derselben    zu    geben.     Auch   die  Verglei- 
ehnng    der   Lesarten   der  verschiedenen   Handschriften,    so  ^e 
Itterär.  Notizen  über  den  Gebrauch,  welchen  frfihere  armenische 
Sohriftstcller.  von    den  Briefen  machen^  verdankt  ~Hr.  Rinck  dem 
P.  Aacher*    Dieser   gelehrte  Armenier  Kefs  in  seiner  aiii  S.  La- 
za0.  gedruckten,  armenischen    Grammatik    (Grammar  Armeuiün 
and  English  by  Father  Pa^hal  Aacher.  Venice.  1819)  die  bei-   . 


dritter  Brief  P«iili  an  dm  Corimh^,  S^i. 

«eUimg  'unior  ilw  Ztbl  ii«JE!  Uebangsstü^kje  ^cebmnen.  *)  ,  Höh 
kann  sie  also,-  wer  armenisch^  versteht ,  gaP9c  .«nthentbch  nafibliO^ 
$ett.  *-!     J)9$  YetdÄenk  di^er  neuiw.  MittWlung  der  beiden 
Briefe  .besiebt  darkiy   dab.  «n  S^bliib  imS  bisher  «vbe^ßPinCct  ^ 
Verse  ^  die  freilicb  nMbt  viel  GewichtKoU«^  eiitbaliea^    hii^ftiig^ 
lugt,  und  an  vielen  Stdle»  die  frvhereai  Lesitien  uwdi.UdKjr^ 
seuusgeu  beficbtif;t  siiid.    Ueber  die  beriobtig^en  Ud)eK<ei9K9r 
gen  kftnA  Ref.  nicht  ujrtbeilen^  abet  mohrere  Aet  neuen  l4es«rtfsn 
scbeiAtn  ibm  kein^wegs  besecav  ak  die  von  den  Wbisl^n  aiop^ 
lirten*    A»  videii  (hdn  jrmAem  dagegen  awcb  wiridieb  iIppW 
blere  Lesarten  mifgetbetk.     Das  :fvidbtig^(e  bei  dÄesev«  A^u^l^be 
iet  ohne  Zweifel  diia  den  Ariefi»  seib^-i^  vorangeaebicjkte  gegebne  . 
Einleitung,  worin  von  der  Aeel^beit  devsellm  gehandelt  wiird; 
Was  nun  eben  diese  ^eeA^Aeiir  der  vojrliegenden  $(^d$ßhrei« 
ben  betüiffl,  se»  bat  sie  bisher  niesiaud  bestimml  zubeMupteo 
gewagt.    Usber,  Wilkins.,  I^a  Gro:ae,  Fabvicius,   Moaheim,  Mir 
cbaeüs  (von  wdcbgen  beiden  Hr.  Rinck  ungerecht  vcrwuthet^.iHe 
mdcbtcn  wohl  die  .Briefe  gar  nicht  gelesen    h;d>en),   CarpzoT 
u.  s.  w.  apreohee  gana^ ;  eetscbieden  gegen  die  Aechtheit.    Selbst 
die  Brüder  Whialon,   di^  sich  so  viel  Mühe  uDft  die  Brief e.gi^ 
geben  ballen ,  wagen  et  wegen  des«  Mangels  an  äussern  bislori*^ 
sehen   Gründen  nidit,   sie  für   acht  au  erklären,    scbeuea  sieb 
aber  auch,  sie  geradexu  va  verwerfen,  aus  Furcht,  etwas,  was 
doch  apostolisch  seyn  könnte  j  aniLutasten    (ne  forte  per  impru^ 
dcfittani.  in  ipsum  apostolum  cOntumeliose  injuHosi  simua).     Hr* 
Riüfik  tritt  nun  in  der  Einleitung  als  der  erste  entschiedene  Yer« 
tbeidiger   der  Aecblbeit    der    beiden   Sendschreiben    auf,    und 
gtebt  am  Scbluis  derselben  nicht  undeutlich  seine  Absiebt  au  er* 
kennen,  den  angeblich  paulinisehen  Brief  in  den  Kanon  au  brin- 
gen.    Dieses    Ereignif«    werden  wir    wenigstens   ni^ht   erleben; 
denn  selbst  wenn  sich  manche  Stimmen  für  die  Aechtheit.  der 
Briefe  erheben  sollten ;  so  ist  doch  die  nUgemeine  Au&iabme  ei- 
nes Buchs  in  den  Canon  (und  eine  specieUe,  so  dafs  wir  ctiya 
einen  deutsichen,  oder  protestantischen   oder  dergl»  Canon  bekä- 
men; kann  auch  fir.  K.  nicht  wollen  )  —  eine  solche  allgemeine 
Aufnahme  ist  mit    eo   unabsf^barcn   Schwierigkeiten   v^kntipft, 
welche    durch    Consistor ien ,     Sjnodeo-^  und    BibelgeseUschaften 
(denn  durch  diese  will^  Hrs  B.   die  Heception  bewirkt  haben) 


*)  Auch  Lord   Byron  beschäftigte  sieb  einmal  mit  diesen  Briefen 
und   verfertigte  mit  P.   Auchers   BeibüIFe    eine    freie   englische' 
Uebersctsung  davon«    Ob  dieselbe  irgendwo  gedrtiekl  ist?   w^sifs 
Ref»  nicht»  -p 

34 


y 


5Sa  Binde  dritter  Brief  Pauli  an  die  Coriilther: 

.     \ 

-flicht  ^%Wä  betcfittgCy  spildet'ii  erst  recht  famorgerufe)ii  werden^ 
dafs  einige  Mensch eaalter  gewiTs  nicht  hinreichen ,  um  über  die 
Sache  ins  Reine  tu  komnien.  ^  -  •« 

•  Vor  der  H^nd  ist  nichts  zu'  thun  als  das  Mitgetheilte  nach 
l^iisten  Kräften  gewissenhaft  su  prüfen.  Dies  soll  zuerst. in  ße^ 
Ziehung  auf  die  äusseren  Zeugnisse  geschehen.  Hier  is^  nua 
freilich  nicht  viel  zu- prüfen ,  denn  es  ist  fast  gas*  nichts  da.  Die 
griechische,  lateinische/sjrische*  Kirche  wetfs  von  den  fraglichen 
Briefen— ^TiiipAfJ^rt  Nur  in  der  armenischen  findet  sich  eine  ganz 
leise  alterthiimliche  Spur.  Hr.  Riuck-  hat  sich  nämlich  von  Pa- 
ter Aacher  berichten  lassen,  dafs  alte  armenische  Kircfaenschrift- 
steiler,  Gregor  Att  Erleuchter,  TA^o^or  mit  dem  härenen  Ge- 
,  Wand  ( Chrtbenavor )  und  iVfer^e^  Lampronensis  das  Sendschrei- 
ben Pauli  anfuhren.  Wir  haben,  obgleich  wir  diesea  Zeugnis- 
sen nicht  nachgehen  können,  keinen  Grund  an  der  Glaubwür-« 
digkeit  des  gelehrten  und  humanen- Pater  Ancher  zu  zweifeln; 
wollen  also  einmal  auf  Selbstsehen,  weil  es  nicht  anders  ist,  ver- 
zichten und  die  Autorität  gelten  lassen.  Was  für  Kraft  haben 
dehn  nun .  die  angeführtem  Zeugnisse  ? .  Der  letztgenannte  Kirchen- 
lehrer Nierses  lebte  im  t;!*®*^,  der  zweite,  Theodor  im  7*^^ 
Jahrhundert;  sie  sipd  also,  da  keine  alten  Quellen  genannt  wer- 
den, aus  denen  sie  schöpften,  so  gut  vrie  von  gar  keinem  Ge- 
wicht* Gregor  der  Erleuchter  lebte  um  das  Jahr  3po,  seine 
rfachricht  wäre  also  um  ihres  höheren  Alters  willen  schon  mehr 
zu  berücksichtigen.  Allein  in  ungefähr  3oo  Jahren  kann  schon 
H\e\  untergeschoben  werden,  und  es  ist  weltbekannt;,  wie  viel  in  den 
,  3  ersten  christlichen  Jahrhunderten  wirklich  untergeschoben  wor- 
den ist.  Und  \ver  steht  uns  denn  so  ganz  dafür,  dafs  gerade 
.jene  eine  Stelle  des  Gregorius  Jllum.,  xler  zu  einer  Zeit  lebte, 
wo  man  noch  nicht  einmal  armenische  Buöhstabenschrift  hatte, 
dessen  Nachlais  also  manchen  SDnderbiarcn  Schicksalen  ausgesetzt 
gewesen  seyn  mufs,  vollkommen'  zuverlässig  ist?  Höchst  be- 
denklich bleibt  es  immer,  dafs  sich  die  beiden  Briefe  in  so  vie- 
len  Manuscripten  der  arxfacnischen  Bibelübersetzung  nicht  finden 
und  dafs  sie  selbst  in  die  ersti^  gedrückte  armen.  Bibelausgabe 
'nicht  aufgenommeY)  worden  sind»  - 

Jenem  einen,  immer  etwas  unzuverlässigen  Citat  aus  dem 
Anfange  des  4^^*^  Jahrhunderts  steht  nun  ein  höchst  niederschk^ 
gendes  Stillschweigen  o//^/*  griechisch,  syrisch  und  lateinisch  re- 
denden alten  Kirchenlehrer  gegenüber.  -  Und  doch'  soll  der  eine 
Brief  ixus  Cqriffth ,  der  andere  nach  Corinth  geschrieben  seyn. 
^Nehmen  "wir  nun  an,  dafs  die  Zeugnisse  de;r  Alten  ein  sohr  ge- 
wichtvoller positiver  Beweisgrund  /«>  die  Aechthcit.  einer  Schrift 
sind,  so  mufs  uns  der  gänzliche  Mangel  solcher  Zeugnisse  Bos- 
ses Bedenken   erregen   und  als'  ein  indirecter  Beweis  gegen  die 


Ririck  dritter  Brief  l^auli  an  dio  CoHfither.  533 

JkeohtKeit  erscheinen.    Um  diesei»  StUkchweigeti ,  welches  wirk- 
Jich   starker  und  lauter  spricht,   als  jene  schwache  Stimme  des 
Gregorius  JUuminatbr ,   zu  beschwichtigen ,   mufs  sich  Hr.  Kinck 
natürlich  etwas  künstlich  durchwinden,  und  ^y^ir '  bewundern  den 
Seharfsinn,    mit  dem   er   seine   Sache   hioausführt.     Er  sucht  zu 
beweisen,    dafs   das  Schweigen  aller  and^ön  Kirch e'nlehr er  kei* 
nen   entscheidende^,  tirund   zur   Abweisung    der  Sendschreiben 
abgeben   könne,    und   dafs  die   Anführungen  der  Griechen    und 
Latieiner  kein  noth wendiges  Erfordernifs  zur  Aechtheit  der  vor^ 
liegenden  Sendschreiben  seyen.  Er  beruft  s:ich  zunächst  darauf,  dafs 
wenigstens*  zwei  ächte  apostolische  Sendschreiben  untergegangen 
sejen,  ohne  von  einem  Kirchenvater  angezogen  ^u  werden.  (NB. 
diese  sind  denn  auch  ganz  frühe  und  vollkommen  spurlos  abhanden 
gekommen,  unser  Brief  soll  sich  aber  in  der  syrischen  und  arme^ 
nischen  Kirche  durch  die   Reihe  der  Jahrhunderte   erhalten   har 
ben  —  und  doch  keine  Citatel?)  Hr.  Rinck  meint  mit  dei^  ge*- 
wifs   verloren   gegangenen  pauliii,  Briefen  den   i  Cor.  Y.  9.  er- 
wähtiten,    unseredi    i^'^  Corinther- Briefe    chronologisch    voran- 
geh'enjlcn  Brief  an  die  Corinthcr  (erklärt  also  das  von  ihm  hef'«- 
'ausgegebene  paulin.  Sendschreiben    für  ;einen  vierten  Corinther^ 
brief )  und  den  vielbesprochenen  Brief  an  die  Laodioeerj^  dessen 
der  Aposfel  Col.  IV,  i6*  Meldung  thue.  -^     Der  Raum  verbie- 
tet,   hier   auf  alle  Gründe   für  und  gegen  einzugehen )    indessen 
hält*  Mch  Ref.  itniher  noch  überzeugt,  dafs  eine  Erklärung  beider 
Stellen  ^besonders  des  > sehr  unbestimmten  Ausdru^cks  Col.  I V,  1 6. 
rriv  ix,Aeco6tH€tci4)  möglich  ist,  wobei  die  ^Annahme,  dafs  pau- 
linische  Briefe  verloren  gt^gangen  seyen,  nicht  unamgänglich  notb* 
wendig  ist.     Angenommen  jedoch,   dafs    wir    zu  dieser  Behaup^ 
tung   unvermeidlich    hingedrängt    würden,    so    folgt   daraus  nur 
dafs  ein  sehr  frühe,  in  apostolischer  Urzeit  verlogen  gegangener 
paulin.  Brief  .sofort  von  dem  ganzen  christlichen  Alterthum ,  auch 
nicht  erwähnt  werde  -—  es  wird  aber  dadurch  nicht  im  minde-* 
sten  plausibel,   dafs   ein   Brief,    der   sich  wirklich   erhalten  hat^ 
auch  gar  nicht  gfenannt  seyn  sollte. 

Und  zwei  Briefe,- der  eine  von  der  coriiith.  Gemeinde,  der 
andere  von  einem  Apostel  an  sie,  sollten  sich  gerade  nu^  in 
Armenien  erhalten  haben  ?  Hr^  Rinck  äussert  die  yermuthüng, 
dafs  der  vörliegetide  Brief  Patili  deswegen  von  den  Corinthem 
eher  unterdrückt,  als  verbreitet  worden  sej,  weil  er  nur  <eiü 
]>enkmal  ihrer  Schande»  enthielt.  Diese  Beschuldigung  ist  ud-> 
gegründet.  Aus  derselben  Ursache  hätten  die  Corinther  auch 
die  beiden  anderen  Briefe  Pauli,  zwischen  welchen  der  unSrige  ge^ 
schrieben  seyn  soll,  zurückhalten  müssen,  denn  sie  enthielten 
ebenfalls  manchen  scharfen,  ja  noch  schärferen  Tadel  als  dieser« 
Zudem  ist  es  unrichtig ,    dafs  der  Brief  bW«  mft  .Denkmal  ihrer  . 


534  Rinck  (Eritter  Brief  Pauli  an  die  Coriiidier. 

Schand«  gewestn  wäre,  denn  et  war  ja  hScikit  ehrenvott  fßr  die 
Gemeinde,  dafs  sich  ^e  Besseren  anter  ifaneu,  namencBdi  %re 
Vorstelier  sogleich  gegen  den  Verfuhrer  Simon  und  seine  An- 
hänger efUärlen  und  den  Apostel  zu  Tollständlger  Bekimpfong 
derselben  aafforderten.  Auch  konnte  selbst  för  dif  Folgezeit 
«efine  apostolische  Widerlegung  dieser  Irrlehren  nicht  nnwillkom- 
ineu  sejh  ttod  Aogleich  in  Vergessenheit  gerathen,  denn  Stmoni- 
aper  soll  es  ja  nach.  Eosebius  im  4'^  Jalirh.  noch  gegeben  ha- 
ben,  wenigstens  dauerten  die  im  Briefe  bestrittenen  Irrlebren 
nntw  veränderten  Namen  und  Formen  immer  fort« 

fVie  sollen  dehn  die  Briefe  gerade  nach  Armenien  jgekom- 
men  sejn?  Hr.  Rinck  meint  ^  durch  Vermittelung  Am  sp'Ü€keu 
Kirche,  und  stutzt  sich  dabei  auf  die  bekannte  Thatsache,  dafs 
die  Urheber  der:  armenischen  Btbelnberseuting^  nicht  blofs  grie* 
chische ,  sondern  Yorneholich  auch  sjrrische  Handschriften 
gebrauchten.  Betrachten  wir  diese  Vermuthnng  näher.  Die  sj^ 
rischen  Bibelübersetzungen,  die  hier  allein  in  Betracht  kommen 
können,  sind  die  Peschtto,  die  philoxenianische ,  und, die  sage- 
nannte  palästinensische  (nach  Aisseman  )  öder  <nacli  Adler  und 
Michaelis)  hicrosoijmitaiiisch- syrische j  die  von  P<^ocke  heraus* 
gegebene  Uebersetzung  der  4  kleineren  katholischen  Briefe  und 
die  dui>ch  De  Dien  bekannt  gemachte  Uebersetzung;  der  Apo*- 
kalvpse  geht  uns  nicht  näher  an.  —  Di^  Peschito  und  Philoxe- 
n'nmsL  nun  haben  die  fraglichen  Sendschreiben  nichi.  Und  fioch 
if^aren  beide  Kir^henübersetztmgen  zu  verschiedenen  Zeiten  und 
in  verscfiiedenen  Gegenden.  Also  die  syrische  Kirthe  wenigstens 
erkannte  den  Brief  nicht  ap.  •—  Wie  verhält  es  sich  aber  mit 
der  hierosolymitanisch  syrischen  Uebersetzufig^  Von  ihr  haben 
wir  bekaniitlich  nur  Fragmente  der  Evangelien,  in  einem  Evan» 
gelistarium  auf  der  vatikanischen  Bibliothek«  In  diesem  Evange- 
listarium  möchte  Hr.  Rinck  gerne  aus  Gründen ,  die  Ref.  weder 
billigen  noch  bestreiten  will,  ~  Bruchstücke  der  aUesten  syrischen 
Uebersetzung  finden,  die  er  über  die  Peschito  und  Philoxeniana 
hinaufruckt.  W^ir  wollen  dies,  wie  unwahrscheinlich  *  es  seyn 
ntf^j  einen  Augenblick  zugeb(fn  — *  was^  folgt  nun  daraus? 
Hr,  Rinck  sagt:  wenn  nun  dies  EvangeliMarium  Fragmente  der 
ältesten  syrischen  Uebersetzung  enthält,  so  kann  doch  niemand 
beweisen,  daß  unsere  beiden  Briefe  in  dem  pertpren  gegangenen 
Theäe  dersdben  nicht  gestanden  haben  können*  Das  kann  frei« 
lieh  kein  Mensch  auf  Gottes  Erdboden  beweisen,  denn  daiin 
kann  viel  gestanden  haben.  Aber  wer  wird  «s  glauben?  — 
Warum  kamen  di^nn  die  Briefe,  wenn  sie  einmal  in  der  alte« 
sten,  (nach  Hr.  Rinck)  au$  der- apostolische»  Urzeit  herrühren- 
den, wohiautorisirteii  syrischen  Uebersetzung  standen,  warum 
kamdn  sie  deiio*  ni^t  au«ih  in  die  Peschito  und  PfailoxenitDa  ? 


Eioek  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corinther.  53S 

Ja,  sagt  Hc«  R..  «in  Aw  Ptfschito  mursien  sie  aqboii  der  N/perkniät 
weichen.»  Welcher  löhnie^  ui)d  zugleich  welcher  ttngere9hte  Aus-  ' 
•pruch!  T-*  Einer  höchst  'uQ^xegrüttdeten  Vei'muthung  zu  lieb, 
dem  Urheber  oder  (wahrscheinliche)  die  Urheber  der  Peschlio, 
von  welchea  wir  nichts.  Sicheres ,  also  auf  keiaeu  Fall  etwas 
Schiinioies  wissen «  denen  wir  aber  nur  Dank .  «^huldig  sind ,  der 
Hyperkrilik  tvi.  zeihen.  Wie  Yiel  naiürlichet  ifat  dßr  Gedanke: 
die  Verfasser .  der  Peschilie  nahmen  die  fraglicbeu  Briefe  deswe- 
gen uicju  auf,  weil  sie  daipals  noch  picht  «j^istirten^  pder  Weil 
aie  ihnen  wenigstens  uoch  nicht  bekannt  waren.  Aber  such  den 
unwahrscheinlichen  Fall  gesetzt ,  da£s  sie  e^istirt  hätten  iind  ih- 
aeu  helianni  f<eweseu  »wären,  eigtXste  es  denii  gerade  die  böse  - 
Hjrperkritik  sej^n,  die  sie  zum  Ab w^ eisen  bewog?  konnte  es  nicht 
auch  richtiges  Gefühl  sejn^  dafs  ({er  angieblidbe  3rief  Psuli  des 
Apostf^U  unifvärdig  9ejl       '  ■ 

Eine  noch  mehr  ins  Einzelne  gehende  Ausführu^  konnte  a|ch 
des  Ref.  Meinung  fast  unwidersprechlich  zeigen,  wie  unzulWg 
die.  Yeifmuthung  ist,  dafs  durch*  die  sjrlsche  Kirche  der  Brief 
nach  Armenien  hinnbcrgekommen  sey.  Denn  wenn  wir  von  den  4 
Uebersetzungen  absehen,  so  findet  sich  auch  bei  keinem  Einzigen 
der  Kircheujehrer ,  welche  in  Syrien  lebten,  gebildet  wfirden 
oder  auf  eine  Zeitlang  dahin  kamen,  nur  eine  leise 'Spur  von 
den  gedachten .  Briefen.  Verläuft  ^ich  denn  so  ein  apostolischer 
Brief,  wie  ein  Xröpücin  Wasser  im  syrischen  Sand?  r—  Und 
doch  müfsten  die  Briefe  bis  segen  die  Mitte  des  ^6^^^  Jahrhun- 
derts in  Syrien  vorlianden  gewesen  seyn,  denn  erst  um  d^csc 
Zeit  kam  die  armenische  Bibelübersetzung  durch  Mesrob  und 
seine  Gehülfen  zu  Stande,.  Also' durch  wenigstens  4  Jdhrh.  wäre 
er  da  gewesen,  in  Zeiten  ^a  geyresen,  wo  man  schon  viel  über 
den  Canon  hin  una  Jier.  sprach,  und  doch  kein  Citat?  keine 
Anspielung?    nicht  fl/inmal  ein  kritischer  Zweifel? 

Zuletzt  hat  Hr.  B.  auch  gst  nicht  ^zur  Evidenz  erwiesen, 
—  und  darauf  kam  es  doch  hauptsäclilich  an  —  dafs  der  Brief 
nun  wirklich  in  der  alten  kirchlichen  Bibelübersetzung  der  Arme* 
nier  stände  Dafür  ist  durchaus  kein  bewährtes  Zeugnifs  verhan- 
deln. Die  Manuscripte,  die  sich  auf  der  Bibliothek  von  S.  La- 
zaro  befinden,  sind  theils  aus  dem  iy^^^  Jahrhundert^  tbeils  von 
ungewissem  Alter,  sie  können,  also  nicht  viel  beweisen.  Gegen 
sie  tritt  aber  immer  noch  /eAr  gewichtvoU  die  .Autorität  der 
^rcA/a;A  veranstalteten  Druckausgabe  der  armenischen  Bibelübei^' 
Setzung  auf,  welche  der  Bischof  von  Erivan,  gewöhnlich  Üskam 
nu/  genannt,  ausdrücklich  auf  Beschluf^  einer  oynode  zu  diesem 
Zweck  nach  Europa  gesendet,  im  J,  i66d  ?u  Ansterdum  be-*  * 
sorgte.  Diese  Ausgabe  hat  die  Briefe  nicht,  und  doch  war  sie 
kirchlich,   doch  war   sie  von  einem  angesehenen  Bischöfe  ve^an- 


536  RiBck  dritter  Brief  Paiali  au  die  Coriiither. 

ftaltet,  dctr  sich  Zweifeb  ohne  nach  d^n  jpaolin.  Briefen  in  setnea 
Lande  wird  umgesehen  haben,  der  aach  gewifs  nichts  kirchHolk 
Anerkanntes  wilikuhrlich  wegliefs.*)*  Gegen  das  Ansehen  dieser 
Ausgabe  will  die  von  Hr.  R.  gemachte  Bemerkung  wenig  ver- 
fangen,  dafs  doch  auch  die  interpolirte  Stelle  «  Joh.  V,  7. 
darin  aufgenommen  sej,  welche  sich  in  vielen  armenischen  Ma- 
nuscppten  nicht  finde.  Es  ist  offenbar  ein  grosser  Untei^sthieid, 
eine  kleine  Stelle,  die  sich  auch  in  manchen  Manuicripien  fin-- 
den  mochte  und  wenigstens  im  Abendland,  ifvo  die  Uebersetzung 
gedruckt  wurde,  daiAals  allgemein  angenommen  war,  einscbaltea 
u|^  einen  ganzen  apostolischen  Brief,  der  ja  in  seiner  Lan- 
deskirche sollte  aufgenommen  gewesen  seyn,  vofikommen  weg- 
bissen. 

"Wenn  man  nun  auch  im  Allgemeinen  zugaben  kann,  ,es  sejr 
nicht  absolut  unmöglich ,  dafs  ein  durch  ein  Jahrtausend  und 
ddttber  in  Vergessenheit  begrabener  apostolischer  Brief,  zu  un- 
smv  Zeit  ans  Licht  gezogen  wiii'de,  so  bleibt  doch  ein  solches 
Factum  immer  sehr  unwahrscheinlich,  und  es  bleibt  nach  den 
bisherigen  Betrachtungen '  insbesondere  noch  unwahrscheinlicher, 
dafs  wir  einen  Brief  Pauli  an  ^iß  Corinther  gerade  aus  Arme- 
nien erhalten  sollten.  Für  di^en  Ausspruch  zeugt  die  Geschichte 
zu  laut;  und  wenn  Hr.  Rinck  noch  tausend  MögUckkeitin  auf- 
einander häufte,  so  wird  er.  diese  UnwahrseheinlieMcek  der  Sa- 
che  nicht  damit  verdecken.  Wenn  nicht  innere  Gründe  sehr 
stark  und  entscheidend  für  die  Aechthett  sprechen ,  so  hilft  uns 
jene  (unwahrscheinliche)  Möglidikcit  wenig»  und  es  ist  äugen- 
scheinKch  dafs ,  wo  äussere  Gründe  fiir  die  Aechtheit  so  g^Ut 
wie  ganz  fehlen,  ja  ^r  Mangel  derselben  sogar  einen  indirecten 
Gegenbeweis  ^  liefert ,  die  inneren  desto  lauter  zeugen  müssen^ 
wenn  sie  durchdringen  sollen. 

Mit  dieser  Bemerkung  machen  wir  den  'Uebergang  "&» 
BetraehtHng  des  inneren  Gekalies  unserer  Sendsehteiben^ 


*)  Von  dieser  Ausgabe  wvrden  im  J*'tt9^  zu  Amtteffdam».  im  J«. 
i7o5  zu  Constantinopet  und  im  J*  i736  za  Venedig  Nachdrücke 
gemacht*  Sie  hatten  die  beiden  Briefe  ftnch  nicht*  ^äre  man 
denn  auch  wfthrend  dteses  Zeitraams  nicht  zu  dem  Entsehlnft 
gekommen»  die  Briefe  ebenfalls  :^dnieken  %m  fosten»  foUs  ste" 
von  der  armen»  Kicche  anerkaojii  wordpii  wären«.  llte  neuest« 
armtn.  Bibelansgahe  ist^  so  viel  Ref«  weÜs  ebenfalls  von  Vene-, 
dig  aus  der  Druckerei  der  Mönche  von  S«  Lazaro  dnreh  den  ar- 
menischen Gelehrten  Jk)hanne8  Zohrah  besorgt  1789  (wie- 
derh<rft  1816)  m  Octav*  In  diesig  Ausgabe  srnd- die  beiden  Briefe 
wohl  auch  nleht  anigenommen?  Sonst  wöfdt  Hr«  jltock  mtkt 
unterlassen  haben  »^  es.  zu  heoperken«» 


'    Ridck  dritter  Brief  Paoli  an  die  Cöriather«  537 

•  ••  I 

lieber  die  Sprache* der  Briefe  kann  nicht  mit  Bestimmtheit 
geuTtheilt  werden  ^^  da  sie  uns  nicht  in  griechischem  Originadi 
yorli^en  (vrenn  nämlich  ein  solches  je  existirtc);  und  da  Herr 
Ainck  es.  nicht  versucht  hat,  uns  die  ursprüngliche  Gestalt  d^sr 
selben-  durch  Bückubeflrsetauftg  ins  Griechische  zu  repiäseatiren^ 
Und  doch  hätte  er  ,  daran  eine  gute  Probe  für  ihüe  Aechtheit. 
machen  können.  Wie  die  Briefe  jetzt  vor  uns  liegen ,  sind  sie 
(nach  Hr.  R.  Meinung)  aus  dem  Griechischen  ins  Sjrische,  aus 
dem  Sjrischen  ins  Armenisclte,  aus  dem  Armenischen  ins  Italie- 
nische und  Lateinische  y  und  aus  diesemvins  Deutsche  übersetzt. 
Da  könnte  also  genug  eigenihumlich  Pauliqisches  verloren  ge- 
gangen ^-^  es  könnte  aber  auch  genug  paulinisch  Scheinendes 
hinxttgekommen  seyti.  Gründe  aus' der  Sprache  sind  also  auf 
jeden  Fall  im  höchsten  Grade  unsicher».  Wir  sind  daher  geno** 
thigty  uns  ganz  an  den  Inhalt  der  Briefe  und  die  in  ihnen  si^ 
aussprechende  Denkweise  zu  halten, 

Det  paulinische  Brief  an  die  Corinther  soll  durch  ein  vor- 
angehendes  Sendschreiben    der   coriothischen   Gemeindevorsteher 
Yi^ranlaTst  worden   seyn ,   worin  diese  ^  ihm   die  Z^errüttung  ihrer , 
Gemeinschaft  durch  zwei  Irrlehrer,  Simon  und  Klepbus,  melden 
und  den  Apostel  bitten,  durch  ein  schriftliches  Wort,  oder  seine, 
persönliche   Erscheinung  diesem  Unwesen   zu   steuern.     Gesetzt, 
dafa  eine  solche  Wirksamkeit«  des  Simon  ]\Iagus  und  Kleobus  in 
Corinth,  historisch  gerechtfertigt  av erden  könnte^  wollen  .wir  se- 
hen,   wie    sich   die  Häupter   der  coriuth.   Gemeinde   dabei  be-  - 
nehmen.     Sie  erkennen   die   Lehren   jener  Männer  als  Irrthümer 
an  ^{v.  8.   «Irr^  sind  die  Worte   der  Unreinen»)  und  melden 
sie  dem  Apostd  in  folgenden. Worten,  devco  Stellung  wir, wohl 
zu  bemerken  bitten.     Vs.  9  -—   i4«    «Man  soU.e,  sagen  sie,  die. 
Propheten  nicht  annehmen;  sie  sagen,  .Got^  sey  nicht  allmächtig; 
sie  läugnen  die  Auferstehung  der  veristorbenen  Leiber;  noch  ^ey 
je,   sagen  sie,  der  Mensch   von  Gott    erschalFen   worden;. noch 
sey  Jesus  Christus  mit   dem  Leibe   von   der  Jungfrau  Maria  ge- . 
boren  worden;    und  die  Welt   halten  sie   nicht  für.  das   Werk 
Gottes,  sondern  eines  Eog-els.^ 

Wer  kaon  nun  diese  Sätze  i^it  Bedacht  lesen,  und  nicht 
zugleich  bemerken,  dafs  sie  in. einer  fast  unbegreiflichen  Unord- 
nung und  Verwirrung  dastehen?  Wollte  man  die  einzelnen; 
Verse  wie  Loose  hinwerfen,  so  könnten  sie  nicht  bunter  durch 
^^nder  zu  liegen  kommeq.  Warum  stehen  dock  die  Satze; 
«Gott  ist  allmächtig  —  die  Welt  ist  nicht /von  ihm  erschaf-» 
f^Q  ..Mk  unJ  der  Mensch  auch  nicht»  -^  die  so  natürlich  ucd 
nothwendig  zusammen  gehören  und  nur  ein/ Ganzes  ausmachen^ 
warum  stehen  sie  devä  nicht  auch  ^enamme»?  Wir  wollen  zur 
Ehre  der  corinth.  Gemeiadevorsteher  ^  deren,  viere  vereinigt  gc«. 


/ 


5^  Rinde  dritter  Brief  Pauli  au  die  GoriathesL 

wcsen  nepL  sollen ,  «on  diesen  Brief  ^m^ehen  za  lasten  i  glan- 
bea,*  dafs  me  ibre  Ge«|aDkea  in  einer  so  wichtigen  Sacke  an 
•inen  Apostel  besser  ^ gestellt  haben  würden^ '  um  so  «n^r  da 
ihnen  der  Gegenstand  durch  Nachdenken  i|nd  Wideelegen  hätte 
geläufig  sejn  müssen.  Sollte  gar  der  darunter  genannte  Pres*^ 
bjter  Theophilus  der  nämliche  Mann  sejn,  ^em  Lucas  Evange- 
liuro  und  Apostelgeschichte  zueignete ,  wie  Hr*  R.  vermuthet^ 
so  mufste  er  nach  Lucas  Anrede  ( se^r^rs)  ein  etwas  vorneh« 
mer  tind  gebildeter  Mann  gewesen  sejrn,  der  dann  wohl  auch 
ordentlicher  geschrieben  hätte.  Indefs,  gelegentlich  bemeHit,  eben 
diese  VeriAuthung  von  der  Id^tität  der  beiden  Theophilen  ist 
Aeferenten  auch  abgesehen  von  der  Aechtheit  ^^%  vorliegenden 
Briefes,  schon  darum  durchaus  unwahrscheinlich,  weil  Lucas  ei« 
nen  corlnth.  Presbyter  nicht  so  vornehm  « vörehrtester  oder  er- 
lauchtester» Thcophtlns,  sondern  viel  einfacher  «lieber  Bruder» 
oder  dergl.  angeredet  haben  wurde* 

Ferner  Scheint  in  dem  Briefe  der  Coriniher  noch  folgendes 
,  anstössig  zu  seyn  und  gegen  die  Aechtheit  desselben  zu  spre- 
chen. 1  )  DaTs  die  Aejtesten  den  Paulus  in  dem  Grusse  nicht 
Apostel  nennen,  sondern  Vatef,  Evangelist  und  Lehrer.  Das 
alles  war  er  allerdings  euch,  aber  auf  den  Chai^akter '  eines  Apo« 
stels  legte  doch  PauluB»  ein  ganz  besonderes  Gericht,  nud  via- 
dicirte  sich  denselben  bei  jeder  Gelegenheit  mit  hohepi  Ernst^ 
nicht  se.^ten  auch  in  ausfiihrhchf^n  Erörterungen.  Gal.  I._und  iC 
Eph*  III,  1  ff.  u.  a.  Namentlich  thut  er  dieses  auch  im  i^^^ 
Brief  an  die  Corinther,  welcher  doch  auch  nach  Hr«  R.'Mei- 
nung  vor  diesem  Sendschreiben  der  Corinther  abgefafst  w-ar. 
1  Cor.  IX,  i  und  2.  Oi;x  %i}jLl  oirofoXoc;  e/  aX.X^i^  ovx  ei]ui 
dxo?oko^9  dKkAye  vpuv  si/uti  h«  r.  *X. 

3  )  Ueberhaupt  klingt  die  Begriissung  der  Corinther  «un- 
sem  Grufs  zuvor»  (welche  das  griechische  y^xl^etv  etwas  son- 
derbar ansdrückt )  so  wie  auch  das  Abschiedswort  « gehab  dich 
wohl»'  (  wozu  doch  die  Whiston  wenigstens  noch  setzen  «in 
dem  Herrn»)  gegen  einen  Apostel  gar  zu  kahl,  kalt  and 
(rockep.  Der  Verfasser  des  Qriefes  war  wohl  an  die  gewÖho- 
Jichen  Begrüssangsformehi  — -  denn  auch  Paulus  grüfst  vdie  Co- 
«rinther  mit  y^ctipatv  — '  zu  sehr  gewohnt,  un4  konnte  sich  in 
das  Yerhältnifs  der  Schreibenden  zu'  dem  grossen  Apostel  nicht 
lebhaft  genug  hineindenken  ,*  denn  entweder  hätte  die  Liebe  oder 
die  Ehrfwrcht,  etwas  mehr  verlangt,  als  jene  «lltägiichea  For- 
meln. — 

3)  Es  ist  höchjft  auffallend  9  weldie  unendlich 8  yerschie- 
dcttheit  von  Lesearten  bei  allen  Eigennan^en,  die  in  beiden  Brie- 
fen vorkommen,  herrscht,  und  scheint  ein  Beweifs  zu  seyn,  dsds 
num    viai   hertumiichte,   um    passeilde  I^anMn  zu  findon.     Insbe- 


Rinck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corinther«  S39 

sondere  darf  man  sich  waedern,  dab  der  an  die  Spitxe  der 
Presbyt^  gesteUle  (und  von  ihneii,  wabrsckeiolich  um  sein 
Episkopat  liad  seinen  VomiDg  zu  bezeicbnen , .  durch  ein  und 
l^eaonderle)  Stephaous  iiichi  mi^  der  im  t^^  Corintherbricfe 
ganz  feststehenden  Naaaensform  XrB^väc  (t  C9r.  I,  i6.  XVI| 
f5.  17.)  bezeichnet  wird,  sondern  Xr^ftVOCy  um  so  mehr,  da 
wir  nach  Hr.-  R.  Ansteht  den  Brief  durch  syrische  Vermittelung 
erhalten  ha^en  sollen.  Paulus  nennt-ihn  ja  doch  selbst  innOrie* 
cfaischen  immer  Stepha;i/iA 

4).I)ie  corinthtschen  Aeltesten  erklären  sich  auf  dereinen 
Seite  ptnz  bestimmt  gegen  die  Ansspritche  des  Simon  und  Kleo«- 
bus,  als  «gegen  trtigltche,  ferderbiiche  Wortt;  und  Irrlehren 
der  Unreinen,»  auf  der  anderen  Seite  aber  geberden  sie  sicli 
wieder  so,  als  ob  sie  doch  selbst  noch  des  apostolischen  Aus- 
spruches bedarftCD,  um  ganz  gewifs  zu  sejn,  dafs  jene  von  Si- 
mon und  Kleobus  Torgdtrageqen  Sätze  Irrtbümcr  seyen,  denn 
sie  sagen  ( Ys.  3  *^—  5.)  .« wir  haben  solche  Worte  niemals  von 
dir  gehört  --^  aber  der  Herr  erzeigte  darin  grosse  Barmherzig- 
keit, d(ifs  wir  es  abermals  vernehmen  können,  dieweil  du* noch 
selbst  mit  uns  im  Leibe  bist. »  '  Wäre  es  nicht  natürlicher  ge* 
wesen ,  entschieden  zu  sagen ,  nur  um  der  Schwachen'  und  Ver- 
irrten willen  wünschten  sie,  dafs^der  Apostel  seine  Autorität 
gegen  ^\e  Betrüger  gebrauche? 

5)  Im  7**"Vs.'  wird  eine,  einem  gewissen  Theonas  zuTheil 
gewordene  Offenbarung  erwähnt,  dafs  nämlich  der  Herr  den 
Apostel  Paulus  erlöst  habe  aus  der  Hand  des  Argen,  womit 
seine  Befreiung  aus<  dem  Gelangnifs  angedeutet  ist.  Aber  die 
Abgeordneten  der  Corinther  treffen  Paulus  noch  in  Banden. 
Mithin  müfste  die  Prophezeihung  falsch  gewesen  sejn.  .  Hr. 
Rinck  glaubt  zwar,  dieser  scheinbare  Widerspruch  löse  sich 
durch  die  Bemerkung  '«dafs  sich  den  Propheten  das,  was  bald 
werden  soll,  als  wirklich  geschehen  darzustellen  pficgt.ii  -Allein 
so  hatten  wenigstens  die  Corinther  die  'Prophezeiung  nicht  ver«- 
standen,  denn  sie  gründen  darauf  ihren  Wunsch  und  ihre  Hoff- 
nung, dafs, der  Apostel  i?i/e/ii/,r  zu  ihnen  kommen  möge,  voraus- 
setzend er  wäre  schdn  frei. 

6)  Was  nun  aber  die  Hauptsache  ist,  so  scheint  Ref.  die 
Veranlassung  zu  den  beiden  Sendschreiben  verdächtig,  nän^tich 
dafs  Simon  Magus  und  Kleobus  (von  welchem  letzteren  wir 
ifiierhaupt  fast  gar  nichts  wissen)  in  det  corinth.  Gemeinde  sol- 
che Zerrfittongen  angerichtet  und  gerade  die  Irrlehren  vcurge* 
tragen  hätten,  die  in  dem  «*®^  Briefe  von  ihnen  aufgezählt  wer« 
den  ( s.  oben ).  ^  Simon  Magus  erscheint  dem ,  4^^*  die  alten 
Quellen  über  ihn  nnbcfaogen.  liefst  und  Vergleicht ^  offenbar  als. 
eine  h-iib:  historische  y  halb  mythische j   oder  soll  man  lieber  sa- 


54o  Ridck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corinther. 

^en  allgemeine?  Person.  So  ist  er  aucÜi  von  allen  kritisctien  Hi- 
storikern genommen  worden,  ctie  darin  übereinstimmen,  dab 
uicbt  alles,  was.  von.  den  Alten  über  ihn  ausgesagt  .werde,  mit 
vollkommener  Gewifsbeit  auf  ihn  bezogen  werden  könne.  Um 
sich  diivon  zu  iiberzei^en,  braucht  man  nur  die  clementini sehen 
Homilien  und  Recognitionen  zu  durchgehen..  In  diesem  Sinne^ 
nämlich  als  charakteristischen  Repräsentanten  einer  ganzen  Men- 
schenclasse  hat  auch  der  neueste  verehr ur^gs würdige  Bearbeiter 
der  gnostischen  Systeme,  N^ander,  den  Simon  aufgefafst,  indem 

'  er  (  genet.  £ntwickelung  der  gnost.  Systeme  p.  342.)  ausdrück- 
lich bemerkt  «man  müsse  nicht  glauben,  daTs  sich  die  vom  Stif- 
ter  dieser  Secte  sdbst  vorgetragenen  Lehren  genau  angdjen  las- 
sen* »  Diese  Worte  mögen  darum  hier  stehen  ,*  weil  sie  von 
.  einem  Manne  ausgesproolien  sind ,  welchen.  Hr.  Rt,  der  so  leicht 
iihenaill  NfperhitiA  vermuthet,  dieser  wissenschaftlichen  Untugend 
nicht  bezüchligen  kann»,  -  . 

Was  wir  von  Simon  Magus  am  gewissesten  wissen,  ist  das 

-  in  der  Apostelgeschichte  (VIII,  9  ff.)  erzählte,  wo  wir  aber 
yon  der  Lehre  dieses,  das  Volk  durch  Magie  bethörenden  Go^ 
eten  ,  weiter  nichts  erJFalircn ,  als  dafs  er  behauptet  « er  sej  ein 
Grosser  (elveu  .nv»  ixvrov  ^^yav)  und  dafs  das  ihm  anhän- 
gende Volk  geglaubt  hs^be  «er  sey  die  sogenannte  grosse  Kraft 
Gottesisv  (ot/Tö;  i^iv  ij  hivxfiti;  t}<  dsit  if  KocXs/nivr}-  fisyaXTj)  d.  h. 
durch  ihn  offenbare  sich  die  höchste  Macht  Gottes  auf  eine  ganz 
ausserordentliche  Weise,  er  sey  der  Inhaber  göttlicher  Kräfte, 
odeA  wenn    man    es   noch    strenger   nehmen    will,  «er  sey  diese 

'    höchste  Gotteskraft  selber.» 

Da  Simon  Magus  wahrscheinlich  ein  geborener  Samariianer 
war,  auf  jeden  Fall  aber  in  Samarien  sich  vorzüglich  umhertrieb 
und  Anhang  verschaffte,  so  mufs  uns  eine  Erläuterung  seiner 
i)enkart   aus.samarilanischen   Religionsideen    höchst    willkommen 

.  seyn.  Eine  solche  biet,ct  uns  die  gelehrte,  aus  neuen  Quellen 
(vornehmlich  der  sogen.  •Liturgia  Damascena)  geschöpfte  Abhand- 
lung von  Gesenius  dar,  (  De  Saniaritanorum  Theologia  ex  fon- 
tibu^  ineditis  Comn^entatio.  pag.  17.21.  u-s.  w.)  Di^e  Samarita« 
uer  unterschieden,  wie  Philo  u.  a. ,  zwischen  dem  über  die 
Welt  erhabenen,  für  den  menschlichen  Geist  unerreichbaren 
(verborgenen)  und  dem  in  der  Welt  sich  offenbarenden  Gott, 
ein  Unterschied,  der  sich  in  Üem  Begriff  von  Xoyog  ivSiMeroc 
und  'JCpoifopdKoc  wiederfindet.  Dieselbe  Vorstellung  finden  wir 
bei  Simon  und  den  Seinigen,  die  nach  Ireiiaeiis  adv.  haeres.  I| 
23.  A.  einen  über  alles  erhabenen  Vater  annahmen,  der  unter 
verschiedenei\  Formen  verehrt  und  unter  verschiedenen.  Völkern 
mit  verschiedenen  Namen  bezeichnet  werde.    Derselbe  offenbarte 


Rinck  dritter  Brief  Pauli  im  die  Corinther«  54 1 

sicK  den  Samaritern  als  Vater,  den  Juden  als  Sohn,  den  Heideit 
als  beil.  Geist.  ^  '  v     ,    > 

Daneben  war  es  dem  Simon  Hauptzweck,  sich  selbst  als 
das  Wesen  darzustellen,  durch  dessen.  Vermittel^ng  die  Kruft 
des  verborgenen  Göttlichen  in  die  Erscheinungswelt  einträte;  . 
sich  geltend  zu  machen  als«jf  Si^pufU^rii  SsS  ij  fiByah/\%  Die 
Samaritaner  nannten  überhaupt  Engel  und  selige  Geister  ^fW^^/C 
(  Geseniivs  §•  3.  .p.  2  i  )  virtutes  mundi  absconditi  (  sie  tinter- 
schledcn  auch  zwischen  der  intelligiblen  und  sichtbaren  Welt 
den  KoCTfiog  vorjrog  ngif  etiSn\roG)  und  behaupteten  von  diesen 
höheren  Geistern,  sie  seyen  ungeschafien,  von  der  Golthcit  arus-* 
geflossen  ( qui  ex  ipso  numine  quasi  profluxerint)  und  be- 
w^ohnten  die  Geistwelt.  —  Dadurch  erhält  die  Stelle  der  Apo- 
stelgeschichte Licht.  Simon  erklärte  sich  für  em  solches  von 
der  Gottheit  ausgeflossenes  Geistweseh  mit  göttlichen  Kräften  in 
eminentem  Grade  ausgerüstet  (6'vvec^t4  VS  «StS  ij  xocXa^.  ^«ya^^), 
ja  wie  es  stheint  für  den  eigeniliehen  Repräsentanten  dieser 
verborgenen  göttl«  Ur kraft  in  der  Ersc^einungswelt,  der  unter 
abwechselnder  Form  die  Grottheit  erscheinen  la$se  ^  wie  er  auch 
seine  Gefährtin  Helena -für  eine  solche  eman'irte,  unter  verschie- 
denen Gestalten  sich  offenbarende  geistige  Götteskraft,  die  syvoicc 
(die  Idee  als  Mutter  der  Gcisterwelt)  darstellte.  Damit  harmo* 
niren  alle  Berichte  der  Alten ,  namentlich  auch  die  Angaben, 
dafs  Simon  sich  göttlich-  habe  verch^^cn  lassen,  denn  er  war  sich 
ja  die  erscheinende  Gottesmacht,  wie  er  auch  in  einer  von 
Hieronjmus  comment.  in  Malth.  cap.  24.  vol.  IV.  p.  14^4«  auf- 
bewahrten Schrift  sagt:  >  l^o  sum  scrmo  Dei,  egö  sum  specio- 
sus,  ^o  paracletus,  eßo  emnipotenSj  ego  omheu  Dei,  *) 

So  viel  geht  aus  der  Stelle  der  Apostelgeschichte  und  aus 
dem  cin^unmigen  Berichte  aller  alten  Schriftsteller  hervor,  dals 
es  dem  Simon  ganz  vorzüglich  darum  zu  thuu  war  skh  seldst 
als  ein  höheres  Wesen,  darzustellen,  und  dafs  s^ine  Persönlich^ 
keit  (so  wie  auch  die  seiner  Helena)  .in  seinem  Sjsiem,  wenn 
man  so  sägen  darf,  die  Hauptrolle  spielte.  Als  das  Mittel  aber, 
dessen  er  sich  bediente,  um  sich  auf  diese  Weiäe  gelten^  zu 
machen,  wird  cbeii  so  einstimmig  die  Magie  angegeben.  Auch 
später  war  es  das  Charakteristische  der  Simonianer  ihren  Meister 
Simon    fast   oder  ganz   göttlich    zu   verehren,   und   unter   einem 


*)  Justin  Att  MÜftyrer,  ebenfalls  ein  Samaritaner  be- 
richtet  uns  von  den  Simonianem^  dafs  sie  das  erhabene  Wesen 
ihres  Meisters  durch  4ie  Ausdrücke  VTTEpdvto  ird^Tjq  dp^rji;,  7{gLJ 
i^acrieiC,  TCdV  iwa^sic^  bezeichne^  hätten.  .  Dialog,  cum 
Tr^phon.  Jud.  edit,  Stephan,  pag,  ir5»  ^ 


< 
I 


54a  Binck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corindier. 

G^prSttge  Kon  Ezoicismen  und  locaoliiiontay  Hi^  va  imbte, 
(Irenacus  I,  a3  u.  a.) 

*  Gerade  diese  beiden  unbesweifelbareii  Havpi^Dkte  nun 
^ind  in  dem  Berichte  der  Coriother  über  SioHMi  mil  keiner  Sjlfae 
berührt,  und  ctatt  dessen  ist  .eine  sehr  hölzerne  An&äUttng  iroa 
iheils  unrichtigen,  theils  nni^uverläsfigien  Conseqiiensen  ans  dem 
ohne  Zweifel  sublimeren  System  des  mysliseh-phileBopJiisdien 
Schwürmers  gegdben,  von  denen  man  kaum  begreÜ't,  yfip  m  amf 
irgend  jemand  Eindruck  machen  konnte;]. 

Unrichtig  ist  es  £•  B.  wenn  dem  Simon  die  Behaupftong  in 
den  Mund  gelegt  wird ,  die.  Welt  sey  das  Werk  eine.f  Ength; 
denn  er  lehrte  nach  Ircna'us  u.  a»  auadräcklich ,  die  Welt  sej 
von  den ,  durch  die  Ennota  hervorgebrachten ,  Engdm  geachaß* 
fen.  Unzuverlässig  ist  die,  Behauptung  von  dem  Dokeiismus 
Simons,  und  auf  keinen  Fall  ist  es  wahrseheinlieh ,  dala.  er  ihn 
so  vorgetragen ,  wie  in  dem.  Briefe  angegeben  wird  \  er  bezog 
diesen  Sata  mehr  auf  seine  eigene  Person  und  ,die  verschied encn 
•  Erscheinungsformen,  v#%durch  sich  das  Göttliche  in  ihm  offen« 
)>arte,  ab  auf  die  Erscheinung  ChristL  benaeus  i,  ^3.  — 
Schief  gestellt  scheinX  auch  der  Satz  eGott  ist  nicht  allmächtig» 
der  iu  dieser  Gestalt  nicht  wohl  ans  Simons  Munde  kooamen 
konnte.  Ist  es  wahr,  dafs  er  sich  selber  ioT&^ ,  ja  sogar  omäi^ 
fotens  nannte,  wie  viel  mehr  'den  unsichtbareu  verborgenen  Gott, 
dessen  Repräsentant  er  war»  Und  zuletzt  wird  ^\e  Nachricht, 
dafs  Simon  die  Auferstehung  geläugnet,  nur  von  späteren  Schrift* 
stellern  gegeben,  obwohl  sie.  in  sich  selbst  nieht  gerade  anfvahr- 
schcinHch  ist.  ^ 

Am.  meisten  ist  Ref.  die  Trockenheit  und  Leblosigkeit,  die 
sich  in  den  Nachrichten  über  Simon  zeigt,  aufgefallen.  Wäre 
der  Brief  in  der  apost.  Zeit  geschrieben,  so  wurde  er^statt  der 
strohtrockeoen  Aufzahlung  von  Irrlehren,  ein  weit  bestimmteres 
tltid  lebendigeres  Gern )lde  der  Verhältnisse  geben,  unter  wel- 
chen Simon  in  Corinth  aufgetreten  seyn  müfstc,  und  seine  Be- 
hauptungen würden  weit  mehr  das  Gepräge  der  Wahrheit  in 
einzelnen  Nuancen  und  Locajfarben  tragen.  Wie  viel  charakte« 
ristischer,  lebendij;er,  in  sich  wahrer  ist  dagegen  der  Auftritt 
in  der'  Apostelgeschichte' crzähUf 

.  Zuletzt  ist  nicht  zu  übersehen,  dafs  Paulus  in  seinem  spä- 
teren Sendsch'reibcn  an  die  Corinther  ( unserem  a***^  Corintlier- 
briefe)  der  ganzen  Sache  mit  keinem  Wörtchen  Erwähnung 
thut,  und  dvfs  wir  auch  sonst  nicht  die  leiseste  historische  Spur 
v6u  einem  Aufenthalte  des  Simon  Magus  in  Corinth  haben. 


Auf  de»  Brief  der  Corinther   fo)gt   nun  eine  kurze  Zwi* 


Rinck  dritter  Brief'Paali  tn  dte'GorinlfaeF.  S43 

«riieii-llAcbricbt;   di^  nit  dem  Sendschreiben  an  Paulus  abge* 
si^hickt^n  Diakonen  Thereptus   und  Tjshus   hätten   den  Apostel 
lO  Philippi  angetroffen,   wo   er  wegen  einer  gewissen  Statonice 
(Ajtonicey  otouice,  Öno^ice -— man  weifs  wieder  gar  nicht  wie 
man  lesen  soll?)  der  Frau  des  Apopholanus  (Apollophanes)  in 
Banden  gesessen.    Der  Apostel   habe  tiefbetrübt  und    weinend 
{ausgerufen :   «Es  wäre  mir  besser,  wenn  ich  gestorben  und  beir 
deuL  Herrn  wäre ,  als  hier  im  Leibe ,  zu  sejn  und  zu  hören  sol- 
che heillose  Irrlehre.»  — «    Gegen    diese  Zwischenrede  i3t,    ab- 
fesehen  davoiy   dals  sich  nichts  Aehnlicbos   bei   anderen  apostoL 
iriefen,   wo  eine  kurze  Notiz  oft  sehr  erwünscht  wäre,   fi/idet, 
folgendes  einzuwenden,     i)  Man  sieht   gar   nicht   ein,    wer  sie 
abgefafst  haben  sqll?     Offenbar  rührt  sie  von  dem  her,  welcher 
beide  Briefe  zusammenstellte  und  sie  so  in  die  Sammlung  paulin. 
Schriften  aufgenommen  haben  ^vollte.     Dies  kann  aber,  wie  aus 
der  von   Hn  R.    selbst  angenommenen'  Geschichte    des  Briefes 
hervorgeht,   kein  corinthischer    Christ    sejnr.     Und  woher  sollte 
ein  anderer  diese  Umstände  wissen  ?  —     2  /  Es  wird  darin  eine 
merkwürdige    Begebenheit,    Gefaugeuschaft    des  Paulos    wegen 
einer  Statonice  erwähnt,  wovon  die  Geschichte  kein  Wort  weifst 
Aber    3)   hauptsächlich :,  der   angebliche  Ausruf  des   Apostels: 
«es  wäre  mir  besser  gewesen,  wennuqh  ge  torben  und  bei  dem 
Herrn  wäre»  u.  s.  w^  ist  wohl  in  sofern  paulinisch,  als  er  eine 
(matte;    Nachahmung  von  Phil.  1,   23   ist  —  er   ist   aber  auch 
ganz  und  gar  unpaulinisch,  insofern  er,  wie  er  in.  unserer  Stelle 
erscheint,  geradezu  mm  Charakter  des  Apostels  widerspricht.  In 
jener  andern  Stelle  ist  der  Wunsch  ^dcs  Apostels  «abzuscheiden» 
hervorgebracht  durch  eine  Sehnsucht  nach   dem  vorangegangenen 
Eriöser  -«^  aber  es  istliuch  das  schöne,  mäniiliclie  Wort  hinzu- 
gefügt: «doch  ist  es  nöthiger  im  Fleisch  zu  bleiben,  um  eurct-^ 
willen  —  euch  zur  Förderung  und   zur  Freudigkeit  des    Glau* 
bens.»     In    unserer  Stelle   wäre  aber,    die  Todessehnsucbt    des 
Apostels  blofs  bewirkt  durch  ääs  Gefühl  gegenwärtiger  Leiden, 
und  der  hohe,  muthige,  thatkräftige  Sinn  des  Apostels,   der  zu- 
gleich in  jener  Stelle  Phil.   1,  23  ausgesprochen  ist,   wäre  hier, 
wo  es  gerade  zu  helfen,    zu  wehren,   Glauben  zu.  fördern  gab, 
ganz  und    gar   verschwunden.     In  diesem  Fall   hätte  gewifs  der 
grosse  Apostel  uich't   schwachmüthig    gewünscht  vom   Schauplatz 
abgetreten   zu  sejit/ sondern  er  hätte  aich,    als    Manrij  geireui, 
dafs  er  noch  lebe  und  wirken*  könne,  .so  lange  es  Tag  ist;  — 

Wir  kommen  zu  dem  imgehUchen  Paidinischen  Sendschrei- 
ben seihst ,^  und  fragen:  wie  ver£ihrt  der  Apostel  in  dem  Fall, 
in  welchen  er  durch  jenen  Brief  der  Corinther  versetzt  worden 
sejn  soll  ? 


\ 


544  Kinck  dritter  Brief  Padli  an  die  Corinther. 

lauerst  im  lEiftgange  des  Briefes  (Vä.  a,)  kmmdert  er  sich 
nicht  sehr^  wenn  die  Vctfuhriingtfn  dei  Airgen  so  sclinellea 
Forlgang  gewinnetl»  Referent  äbter  iVand^rt  sich  Wirktich  t^cht 
sehr,  dafs  dies  den  Apostel  nicht  wundeirn  %olI.  Denn  wenn 
Simon  Magus  nichts  anderes  that^'als  jene  Sätle  vortragen,  wie 
sie  dem  Apostel  im  Briefe  milgetheilt  wurden,  So  konnte  es  ihn 
allerdings  'Wunder  nehmen,  dafs  die ' Corinther  sich  durch  sol- 
che Dinge  sb  schnell  verführen  Hessen.  In  '  einem  '  ähtilicfaen 
Fall  'sptich't  der  wahre  Apostel  Paulus  anders.  '  Gal.  i ,  6. 
tMi'ch  wundert,  dafs  ihr  euch  sobald  abwenden  lasset  von  dem, 
der  euch  berufen  hat  in  die  Gnade  ChrlstiJ»  — ^ '  Vornehmlich 
aber  scheint  es  wunderlich,  däfs  deif  Apostel  gar  kein  mildes, 
freundliches  oder  lobendes  Wort  an  die  Glaübenstreucn  und  be- 
söndets  an  die  Vorsteher,  die  sith  zutrauensvoll  an  ihn  gewandt 
hatten,  Vorangehen  läfst  -^  wie  er  denn  sonst  immer  seinen  Ta- 
del durch  gutiges  Lob  *u  mildern  pflegt  —  Sondern .  sogleich 
mit  einbm  Ausspruch  beginnt,  der  die  Gemiither  mehr  entfernen 
und  kränken,  als  gewinnen  und  befestigen  mufste:  «wie  es 
ihn  nämlich  von  der  corintlüschen  Gemeinde  gar  nicht  wundere, 
dafs  Verführungen  unter  ihr  so  schnellen  Fortgang  hätten.^  Wie 
ganz  anders,  wie  viel  vertraulicher,  vaterllclier  lauten  die  An- 
finge der  beiden  wirklichen  Corintherbriefe,  in  welchen  doch 
in  der  Folge  auch  sehr  scharf  getadelt  'wird,  und  fast  aBer  pau- 
.  liiiiscben  Sendschreiben.  '  ;   ''\' 

'  Indem  dci*'  Verfasser  des  Briefes  zur  JV^iderlegung  der  Irr- 
lehren übergeht  ^  bemerke  er  vorher:  (  Vs.  Sv)  «ich  habe  euch 
aber  von  Anfang  an  gelehrt,  was  ich  selbst  empfangen  habe  von 
den.  ersten  j4posteh ,  welche  die  giinze  Zeit  mit  dem  Herrn 
Christo 'gewandelt  siud.:^  l)er  Widersprruch ,  in  welchem  diese 
Stelle  ridit  Gal.  i,  12.  zu  stehen  scheint,  wb  Paulus  sagt :  «icli 
habe  es  (das  Evangelium)  *üon  keineth  Menschen  empfangen  noch 
gelernt,  solidem  durch  OfFertbarung  Jesu  Chi-isti»  —  fallt  je- 
dem leicht  in  die  Augen.  Allein  dagegen  wendet  Hr*  R.  frei- 
lich nicht  ganz  grundlos  ein ,  es  müsse  ein  Unterschied  gemacht 
werden  zwischen  den  historischen  Thatsachen  des  Christenthams, 
die  Paulus  '\-on  den  Augenzeugen  der  Erscheinung  Christi  er- 
fahren mufste — -und  der  Eingeht  in  den  inneren  Geist  des 
Evanjoeliums,  welche  ihm  durch  höhere  Erleuchtung:  zu  Theil 
geworden.  Gant  gut.  Dessen  ungeachtet  zweifelt  Refer.  doch 
noch,  ob  der  Apostel  Paulus  so  gabz  unbedingt,  und  ohne  irgend 
eine  Beschränkung  gesagt  haben  würde;  «was  ich  selbst,  empfan- 
gen habe' von  den  ersten  ApostelnV^-^  denn  daraus  konnte  man 
eben  doch  folgern:    er  sej  ein  jipostelschüler, 

(  Der  BescbbiTs  folgt. ) 


N^  35»        Heidelberger  1823, 

Jahrbücher  der  Literatur. 


tünch  dritter  Brief  Pauli  an  die  CorirUker. 

t 

{Bescblufs.) 

Was  soll  nui^  aber  der  Ausdruck  sagen :  von  den  isrsUn 
jl postein?  Ist  dies  von  einem  yermeiotliclken Rang  (oi  Srnt^VTSi^ 
Gah  II,  6.  ^  oder  von  der  Zeit  (die  am  frühesten  das  £.vange- 
liuin  verkündigten)  zu  versitehefi?  —  Die' erste  Erklärung  deu- 
tete auf  eine  untulässfge  Subordination  Pauli  und  anderer  Apo*» 
stel  hin,  die  zv?eite  noch  bestimmte^  auf  Abfassung  des  Briefes 
in  Spaterer  Zeit,  wo  man  letch^  dazu  veranlafst.  sejn  k9nnte  von 
i^txk  frühesten  Aposteln  zu  sprechen» 

Gehen  wir   nun   zur   angeblicti    paulinischen    ff^derlegung 
4er^  Irrlehren  st\h$i  über,   so  müssen  wir   die  einzelnen  Punkte 
sondern  und  erlauben  uns  dabei  die  Siitze   etwas  anders,   e^wa 
auch  besser,  zu  'stellen,  als  si«  in  dem  sogenannten  Sendscbretbett 
der  Coripther  gestellt  sind»  a,  ^Gott  ist,  nicht  idlmächtig,^  Was 
sagt  darauf  unser  Paulus?  —  ,  Er    nennt    cap.  L    v.  /♦   Gott 
«einen   Herrn   über   alles :^    und   legt   ihm    t.  tö*  d»  Prädikat 
«allmächtig»  bei.    , Sonst  nichts.     Wüfste   er  sonsf  nichts?    Re- 
ferent ist  weit  entfernt,  von  einem  Apostel  cw««»  schulgercchtcn 
dogmatischen   Beweis    für    die    Allmacht  (^"es    zu    verlangen/ 
Darüber  ist  der  Offenliarcr  göttlicher  Geheimnisse,  der  'whovo/mq 
fit^tlf/tvv  &Sht  (i  Cor.  IV,  7.)  erhalxßfl.    Allein  wenn  ihm  doch 
die  bestimmjte  Behauptung  entgegen«««  «Gott  ist  nicht  allmäcfa* 
fig»  und  er.  ausdrücklich  zu  BeMmpfung  derselbe!»  aufgefordert 
wird,  weifs  er  dann  aus  der  liefe  seiner  religiösen  Anschauung, 
und  aus  der  Fülle   sci«^«"  Empfindung  nichts  weiter  zu  geben, 
als  die  kahle  Beh^^ptung:    «Golt   ist  Herr  ober  alles  —  er  ist 
allmachlig?»    l^a  mufste    Paulus    die   Psarlmen    und   Propheten 
nicht  gefe^^nf  «'  mübte  «fe/*  Paulus   nicht  gewesen    seyn,    det 
den  HWden  so  gev^altig  und  überzeugend  den  ihnen  unbdLann- 
ten/ allschaffenden  und  allerhaltenden  Gott  predigte,  der  seinem 
.Freund  Timotheüs  ein  so  herrliches  Zeugnifs  ablegte  von  eiaem 
Gott^   der  da  ist  «der  Selige  und  alle! a  Gewaltige t  der  König 
^Oler  Könige,  der  Jüerr  aller  Herren,   der  allein  Uniderblichkcit 

,50 


t 

\ 


546  Vdnck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corlother« 

hat.»     t  TiiDoth.  Vly    i5«    i6«      Anderer  Stelleif  mclit  zu  ge- 
denken. 

b.  €Die  Welt  ist  nicht  von  Gott  geschaffen,  sondern  von 
einem  Engel.  Gegen  diese  Irrlehre  lesen  wir  in  dem  paulio. 
dcndschreiben  nur  die  Behauptung:  cGott  hat  Himmel  und 
Erde  gemacht»  (cap«  i,  7.). — '  den  positiven  Theil  des  Saucs 
aber  cdafs  die  Welt  das  Werk  eines  Engels  sej»,  berührt  der 
angebliche  Paulus  gar  nicht ,  obwohl  er  «in  dem  System  jener 
magischen  Tbeosophea  von  grosser  Wichtigkeit  war,  und  die 
Waffen  zur  Besiegung  desselben  vollkommen  in  des  Apostels 
Hand  waren.  —  Ist  nun,  frage  ich  abermals,  eine  so  unbe- 
friedigende Abfertigung  von  einem  Paulus,  das  heifst  von  einem 
Apostel  zu  erwarten,  der  gerade  so  geübt  war,  den  Heiden 
den  Wdtschöpjer  zu  verkundigen,  der  in  Athen  zugleich  so 
passend  -  klug  und  so  «begeistert  erhaben  von  diesem  v/filtschaf- 
fenden  Gott  gesprochen -( Actor.  XVII,  ^^.y^  der  in  Ljstra 
bei  einer  Veranlassung,  die  einen  gewöhnlichen  Menschen  in 
die  höchste '  Verwirrung  gesetzt  hatte,  so  kkr  und  fest  .von  dem 
lebendigen  Gott  gezeugt  (Act.  XIV,  t5.)  und  der  an  die  Brü- 
der zii  Rom  geschrieben  hat:  cdafs  Gottes  unsichtbares  Weseu, 
das  ist  seine  ewig^  Kraft  und  Gottheit  ersehen  wird,  so  man 
defs  wahrnimmt,  an  den  Werken,  nämlich  an  der  Schöpfung 
der  Welt  (Hörn«  I,  .20.).  Wie  viel  bestimmter  liegt,  weiwi 
nicht  ein  Beweis,  doch  eine  iVacAfveiJu/}^- der  weltschöpf erischcn 
Alln^acht  Gottes  in  dieser  kurzen  Stelle  des  Römerbriefs,  als  in 
unserem  ganzen  Sendschreiben.  —  Andere  Stellen,  namentüc'^ 
des  Hebrätrbriefs,  den '  wenigstens  Hr;  Rinck  für.  paaliuiscl» 
bat,  mbgen  a^ch  hier  unerwähnt  bleiben. 

c.  Der   Met^tch^  insbesondere  ist  auch  nicht  t^on  Gott  er- 
schaffen»     Wider   ^se  Behauptung   findet    sich   nun  allcrdin|;s 
ein  Desserer  und  voUst^Ktidigerer  Beweis   in   dem  angeblich  pau- 
linischen  Briefe,   von   dem  Ref., gerne  gesteht,   dafs   er  ihn  be- 
sonders  angesprochen   habe;    dieser  Beweis   bt   nämlich  gefuiirt 
aus  der  Erlösung j   welche  Govt  für  den  Menschen,  oicht  würde 
veranstaltet  haben,    wenn   er  nicht  a-^n  Geschöpf  ^äre.   Cap.  h 
4  —  7.     Christus  ist   zur   Erlösung  dt«  Fleisches    ia  die  Welt 
gekommen   €  auf  dafs  offenbar  wurde,  der  ^•nsch  ser  vom  Vor 
ter  erschaffen.    Darum  blieb  der  Mensch  nicht  unbesucht  in  sei- 
nem , Verderben;    sondern    er    ward  heimgesucht,   vif  dafs  er 
durch   die  Kindschaft   lebendig  gemacht   vi^urde.»  —    Dia  i^^ 
einb  Hinweisung,   welche  für  den,   der  an  !^i<e  Erlösung  ^rch 
Christum  glaubt,    etwas  Beruhigendes  und    Befriedigendes  b«(; 
aber   ivie   ist   es   mit   dem,    der  nicht  daran,  glaubt?    Und  ^^ 
solchen  hatte   es  doch  der  Apostel  eigentlich  zu  thuöy  nanlicb 


'  Rinck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Coriatheip.  547 

Alt  denen,  die  nicht  Christum  im  währen  Sinn  und  ansscMiefsr 
lieh  als  versöhnenden  Mittler  zwischen  Gott  und  seinen  Men«- 
flehen,  sondern  vielmehr  den  Simon  Magus  als  den  Tjermittlfer 
der  Kräfte  einer  höheren  Welt  ansahen  und  in  ihm  die  Epir 
phanie  des  unsichtbaren  Vaters  erblickten.  Den  ächten  ^  glau«* 
bensvollcn  Christen  in  der  corinth.  Gemeinde  brauchte  Paului 
nicht  einzuscbirfen ,  dafs  der  Mensel^  ein  Geschöpf  Gottes  sej^ 
sondern  den  Irrlehrern  und  den  durch  sie  Verführten,  Bei  die^ 
sen  aber  möchte  der  bemerkte  Beweisgrund  nicht  viel  verfangeik 
haben,  und  ihnen  war  von* andern  Seiten  gewils  besser  beizur 
kommen.'  Warum  hätte  er  diese  Menschen  nichts  weit  .treffender 
an  das  göttliche  Gesetz  erinnert,  ^as  unaustilgbar  in  des  Mea<« 
4Chel^  Herz  geschrieben,  durch  des  Gewissens  mahnende  Stimme 
so  laut  zu  ihm  redet,  und  vpn  einem  Gott,  der  eben  diese  un* 
auslösc-hlicheu  Züge  io  das  Innere  des  Menschen  eingegraben, 
der  «also  auch  sein  Urheber  sejn  müsse,,  zeuget?  (Rom.  II,  44«« 
i5.)  —  Warum  hätte  er  sie  nicht  darauf  aufmerksam  geinacli^ 
dafs  etwas^  im  Menschen  sej-,  vermöge  dessen  auch  vor  der  Er- 
scheinung Christi  der  heidnische  Dichter  .sagen  konnte  «vrir  sind 
göttlichen  Geschlechts»  —  vermöge  dessen  von  jphet  die  Men^ 
•eben  den  unbekannten  Gott,  in  welchem .  I9fhy  selbst  ohne  es 
txi  wissen,  unserem  tiefsten  innersten  Wesen  wie  unserem  äus'* 
seren  Bestehen  nach,  leben,  weben  und  sind  —  vermöge  des<r 
sen  alle  Völker  des  Erdbodens  diesen  Gott  gcsuclit  haben,  ob 
sie  ihn  auch  fühlen  und  Bnden  möchten,  sintemal  er  nicht  ferno 
ist  von  einem  jeglichen  unt«r  uns?  (Actor.  XVIL.  26.  29.) 
Warum  mahnte  der  gewandte,,  scharfsichtige  Apostel»  der  gerne 
Allen  Alles  war,  um  Alte  zu  gewinnen,  nicht  an  dieses  und 
Aehnliches ,  tf^elches  offenbar  weit  treffender  zur  Bekämpfung 
jenes  Irrthums  gewesen  wäre?  / 

d.  Jesus  Christus  ist  nicht  mit  dem  Leibe  ifon  4^.  Jufig^ 
fraik-  Maria  gehören.  ^  Dagegen  findet  sich  in  dem  angeblichen 
Briefe  Pauli  der  Satz  (cap.  I,  3.  4*)  «ich  sage  jetzt,  dal]s  der 
Herr  Jesus  Christus  .^'^ore/t  ist  aus  Maria  der  Jungfrau,  weW 
che  war  aus  dem  Geschlechte  Davids:  7ufolge  der  Verheissung 
des  heiligen  Ceiftes,  vom  Vater  zu  ihr  gesandt  aus  dein  Him- 
mel. Auf  daüs  Jesus  in  die  Welt  einträte,  und  alles  Fleisch  er* 
lösete  durch  sein  Fleisch.  ">  u*  s.  w.  Ferner  wird  Vs.  m.  der 
Leib  Jesu  ein  vergänglicher  genannt. 

jiem  boketismus  nun,  der  hier  bcsritten  werden  soll,  stand 
If^'eder  die  Behauptung  entgegen,  dafs  Jesu  Leib  ein  pefgänglicher 
gewesen,  denn  auch  ein  Scheinlcib  kann  vergänglich  sejä  und  ist 
es  schon  seiner  Natur  oder  vielmehr  Unnatur  nach  --^noch  auch 
der  Satz:    cer  se^  aus  der  Maria  geboren»  wenu'diese  WoFt« 

35«  •  ' 


S4d  Rinck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corintliier. 

nicht  in  einem  späteren  Sinn  gienommen  wurden;  sondern  der 
einfache  Ausspruch  c  Jesus  habe  einen  wirklich  wahrhaftigen 
Menschiinkörper  gehabt ,  wie  wir  auch,  und  so  sej  er  auch  von 
der  Maria  geboren.»  Aber  es  scheint  fast  die  eigentliche  Ge* 
genbehauptung  sollte  in  dem  Worte  liegen:  geboren  aus  Maria; 
indem  nämlich  der  Ver&sser  bei  diesem  Ausdruck  den  freilich 
späteren  UrtterscHied  zwischen  dem  Gebprensejn  Jesu  k%  Mecgki; 
und  Sm  Mxpietg  schon  kannte  und  also  mit  diesem  prägnatatenr 
41US  sagen  wollte : .  Jesus  ist  nicht  blofs  mit  einem  himmiisclien 
Scheinleibe  durch  die  Maria  ( man  sagte  gewöhnlich :  wie  Was- 
"ser  durch  einen  Caual)  in  das  irdische  Dasejn  gekommen ,  son- 
dern er  ist  seinem  Körper  nach  im  strengsten  Sinne  aus  der  Maria 
berYorgegangen  d.  h.  das  ^rincip  seines  körperUchpo  Entstelieos 
lag  in  der  Maria,  er  ist  also  in  dieser  Beziehung  wie  andere  vom 
Weibe  geborene,  wenn  gleicli  das  körperliche  Entstehen  Jesu  in 
•der  .Maria  nicht. durch  Zuthun  eines  Mannes,  sondern  auf  über- 
natürlich«  Weise  bewirkt  wurde«    ' 

e.  Man  soll  die  Propheten  nickt  annehmend  Dagegen  heifs( 
«s  im  Briefe  cap.  t ,  7/  8.  « Gott  ^•^^  saqdte  zuerst  die  Propbe- 
ten  ztt  den  Juden,  um  sie  von  ibrer  Sünde  abzuziehen,  und  zu 
,  seiner  Gerechtigkeit  va  erheben.  Denn  da  er  das  Haus  Jsrael 
sdig  machen  wollte,  sp  theilte  and  gofs  er  von  seinem  Geiste 
aus  über  die  Propheten,  dafs  sie  predigen  sollten  den  wahren 
Gottesdienst  und  die  GeLurt  Christi  lange  Zeit  hindurch.»  Aus- 
serdem vorübergehende  Anspielungen.  Vs.  10^  und  cap«  II.  i5. 

Wir  können   es.  hier   dem  Verfasser  des  Briefes  nicht  zur 
Last  legen ,  -  dafs  er  nicht  eigentlich   streng  auf  die    Behauptung 
des   Simon   antwortete,    denn  diese   war   nach   Irenäus    1,  23. 
€Dafs  die  Propheten  von  den  weltschopferiscKen  Engeln  begeh 
Stert  ihre  prophetischen  Ausspräche  gegeben  hätten,    (.Propbetas 
.  autem  a  muiidi  fabricatoribus  Angelis  inspiratos  dixisse  propbe- 
tias:>)     In, dem  angeblichen   Brief  der  Cprinther   war  aber  nur 
eine  Consequenz  aus  diesem  Satz,  «daXs  man  die  Propheten  nicbt 
anDehmen  sollte»  ausgesprochen,  welche  jedoch  nicht  ganz  rich- 
tig'gewesen  zu  sejn  scheint,   denn,  so  wie  uns  Irenäus  die  Be- 
bauptung  Simons  mittheilt »  üegt  darin,   ganz  einfach  genommen, 
keine   eigentliche  Verwerfung   der  Propheten,   vielmehr  werden 
ihr«  Prophetiae  anerkannt,  nur  nicht  .unmittelbar  von  dem  höch- 
sten Gott  Wesen,  sondern  von  untergeordneten,  durch  die  Ennoia 
bervorgebrachten ,  aber  nicht  bösen,   Aeonen  abgeleitet.  -^    Ii^* 
defs  so  vi/fe  dem  Verfasser  des  Briefs  die  Lehre  der  Simmiianer 
einmal  vorgetragen  W9r,  antwortete  er  passend  darauf, 
i        /»Es  ist  keine  Auferstehung  der  verstorbenen  Leäer.   Die- 
ser Punkt  scheint  dem  angeblichen  Paulus  bei  weitem  der  wich- 


\ 

• 


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Binck  dritter  Brief  Pauli  an  dia  Coriother.  54a: 

ti^ste  gewcse»  zu  sejn;   bei' ihm' verweilt  er  sich  fast  das  ganze 
zweite  Capitel .  hindurch,  und  auf  den  Glauben  an  Körper -Auf- 
erstehung hält  er  so  strenge,  dals  er  die,  welche  sich  nicht  .da« 
zu   bekennen,    aufs   entschiedenste  verdammt,     während    er   das 
Läuguen   der  Allmacht  'Gottes,    der  Welt-  und  Menschenschö- 
pfung durch  Gott,    der  wahrep  Menschheit  Jesu  und  des  Ansfc« 
liens   der  alttestam.  Propheten    bei  weitem  nicht  so  hoch  aufzu- 
nehmen  und«  milder  zu   behandeln  scheint.     So  hartverdammend  . 
spricht   sich  der   wirkliche  Paulus  gegen    die  Läugneif  der  Auf- 
erstehung nicht  aus.    i- Cor.  XV.     Die   ganze   Stelle,   die  auch 
noch  in  anderer^ Beziehung  merkwürdig  ist,   heifst   so  (cap.  «II, 
2.  3.):     «Wdche  aber  sagen    es    sey  keine  Auferstehung   des 
IFleisches,   dieselbigen.  werden   nicht  auferstehen  zum  ewigen- Le^ 
ben,  sondern  zur  Verdacimnifs.    Denn  zum  Gerichte  werden  sie 
auferwecket  werden  mit  dem  ungläubigen  Leibe.'  Denn  für  den 
JLeib,  welchem  sie  die  Auferstehung  absprachen  j  wird  nicht  Auf- 
erstehung seyrn,  w^il  solche  als  Läugner  der  Auferstehung  erfun- 
den werden, >  —     Abgesehen  von   dem   harten    Tone  des  Gan-' 
zen,  wem  fällt  hier  nicht  der  sonderbare,    man  möchte  fffst  sa- 
gen   krasse   Ausdruck   ^.ungläubiger  Leib»  auf?     Ist   etwa    def 
5itz   des   Unglaubens    im  Leibe. ^  —     Wer  sieht  nicht   »ugleicK 
den  offenbaren  Widerspruch,   der   in   den  Worten  liegt    «Ziim  ' 
Gerichte   werden    sie   aufervfeckt  werden   mit  deoi  ungläubigen 
Leibe, >   und   sodann:   «für  deti  LeiB  wird  nicht  die  Auferste- 
hung sejn.i»    Nur  mit  KünstlichLeit  möchte  dieser  Widerspruch 
zu  entfernen  seyn,  .     > 

Die  Lehre  von  der  Körperauferstehung  wird  wie  t  Cor« 
XV,  37.  38.  zuerst  erwiesen  an  den  Weizenkörnern  (cihr  Män- 
ner von  Corinth  wisset  ja  von  den  Weizenkörnern»)  dann  an 
den  «qhrbaren  menschlichen  Leibern, »nnmlich  am  Beispiel  des 
Propheten  Jonas,  der  aus  dem  Leibe  des  Wallfisches  unversehrt 
hervorging  —  des  Propheten  Elias,  der  den  Sohn  der  Wittwe 
^wiedererweckte  (1  König.  47*,  21)  und.  dc^  Propheten  Elisa, 
dessen  Gebeine  sogar  einen  Todten  wieder  'ins  Leben  brachten 
^2  Kön.  i3,  21.)  —  und  dabei  wird ,  immer '  der  Schlufs  a 
ininori  ad  majus  gebraucht :  wie  viel  niehr  x  vird  Christus  euch 
auferwecken,  gleich  wie  er,  selbst  auferstanden  ist. 

Im  allgemeinen  ist  bei  unbefangener  Betrachtung  wohl  nicht  zu 
verkennen,  Hals  t  Cor.  XV.  viel  kräftiger  und  zugleich  viel 
einleuchtender  und  geistiger  von  der  Auferstehung  gesprochen 
wird  als  hier.  Wir  begnügen  uns,  dies  an  einem  Beispiele  zu 
zeigen,  nämlich  an  der  Art  und  Weise,  wie  sich  beide  Brief* 
steller'  über  die  Beschaffenheit  des  Auferstehungskörpers  erko- 
ren. Bekanndictk  thut  dies  Paulus. so,  dafs  er  einen  verklärten,  ' 
oder  wie  er  1  selbst   sagt,    hunmlischen   und    geistigen    Körper 


55a  Riack  dritter  Brief  Patili  an  Ave  Corinther. 

(crwjU^  jrpevf/MTiHov')  anbimmti  der  stcli  von  unserem  wirkHcIiea 
irdischen  Körper  (auiuec  \f/t/X/xo'r  7(9^  X^^'^'*^)  dadurch  xintcr- 
^heidet,  dafs  er  über  Vergäu^lichkeit  und  Mangel  erhaben  [Iv 
wiA»peri^  9(^  io^Tj)  der  Seele  ein  iv^eii  freieres  Organ  der 
Wirksamkeit  darbietet  '{iysipsreti  ev  iwafiei),  Aufs  bestimm-' 
teste  deutet  also  der  Apostel  dars^üf  hin,  dafs  der  Geist  auf  der 
höheren  Stufe  seines  Dasejns  von  dem  druckend  und  mangelhaft 
Materiellen  des  jetzigen  Körpers  frei ,  mit  einer  seinem  gottver- 
wandten  Wesen  angemesseneren  d.h.  freier- geistigen  Hülle  beklei< 
det  sejrn  würde. —  Unser  Verfasser  dagegen  scheint  cap.II^j*^* 
etwas  ganz  anderes  andeuten  zu  wollen,  wenn  er  sagt:  clhr 
Männer  von  Corinth  wisset  ja  von  den  Weizeiikörnern  und  von 
andern  Saamen,  dafs  .ein  einziges  Korn  nackt  in  die  Erde, fallt, 
und  drunten  zuvor  erstirb^.  Und4|darnach  erstehet  es  durch  den 
Wille'n  des  Herrn,  mit  dem  nämlichen  Körper  bekleidet.  Und 
es  erstehet  nickt  btofs  der  einfache  Körper,  sondern  mit  fpannig' 
faltigem  Gewächse  richtet  er  sich  auf  und  wird  gesegnet, t  — 
£s  ist  eigentlich  auch  dieser  Satz  etwas  sonderbar  ausgedrückt; 
aber  wenn  die  Vergleichung  des  Auferstehungskörpers  mit  der 
afus  dem  verwesten  S&amenkorne  neu  aufwachsenden  Pflanze,  so 
wie  die  Sache  hier  ausgeführt  ist,  einen  bestimmten  Sinn  haben 
^11,  so  liegt  das  tertium  comparationis  in  der  Vermehrung  und 
Vervielfältigung  dessen,  was  aus  dem  zu  Grunde  gegai^geneo 
sich  neu  erhebt;  nämlich:  wie  aUs  dem  erstorbenen  Saamenkoni 
dicht  wieder,  nur  ein  einziges  Korn  hervorwächst,  sondern  ein 
Halm,  eine  Aehre  mit  vielen  Körnern  —  so  ersteht  auch  nach 
dfr  Verwesung  des  Körpers  nicht  blofs  der  einfache  Körper, 
sondern  mit  mannigfaltigem  Gewächse  rielitet  er  sich  auf  d.  b* 
das ,  was  zu  seiner  Natur  und^  seinem  Wesen  gehört ,  das  Kor* 
perliche  wird  vetmannigf altigt  und  ^vermehrt.  Es  hat  also  ganz 
den  Anschein,  als  wolle  uns  der  Verfasser  des  Briefs  eine.  Aus- 
sicht eröfl^ien  auf  eine  Vermehrung  und  grössere  Mannigfaltig;- 
keit  des.  Leiblichen  nach  dem  Tode,  während  uns  der  wahre 
Paulus  eine  Vergeistigung  und  Verklärung  des  Körpers  zu  rei- 
ferer Th^tkraft  ho£Peu  lälst.  Welche  von  beiden  Aussichten  er- 
freulicher, tröstlicher  un4  erhabener  se/yiwer  könnte  darnacli 
nur  fragen?  - 

Nach  diesen  Betrachtungen  scheut  sich  Refer.  mdit,  seine 
Ueberzeugung  auszusprechen.,  dafs  der  Verfasser  des  Briefes 
seine  Sache  gegen  die  zu  bekämpfenden  Irrlehren,  keineswegs  so 
geführt  habe ,  wie  es  des  grossen  Apostels  der  Heiden  würdig 
gewesen  wäre.  Es  wäre  unstatthaft,  vom  Apostel  zu  verlangen, 
dals  er  alle  einzelnen  Puncte  Stück  vor  Stück  der  Reihe*  nach 
vorgenommen  und  wie  in  einer  Schula]i>handlung  logisch  geord- 
,net  und  widerlegt  haben  sollte;    aber  da$  darf.jsum  nicht  blofs 


,/ 


fiinck  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corinther,  55  t 

fordern y  das  mufs  man  9us  geriftchte^ter  •  Ehrfurcht  von  einem 
Paulus  erwarten,  dafs  er,  aufgefordert  ^gen  verderbliche  Irr- 
lehren zu  sprechen,  viel  Treffendes  und  Schlagendes  sagen  wird!. 
Und  daSk.cben  vermissen  wir  in  dem  Briefe.  O  wie  ganz  an- 
ders, wie  viel  kräftiger  urd  grösser,  wie»  viel  dialectisch  -  schär- 
fer und  gewandter ,  wie  viel  siegreicher  *  erscheint  Paulus  auch 
in  seiner  Polemik,  vornehmlich  wenn  es  die  Bekämpfung  eines 
fleischlichen  Judaisirens  gilt!  Sollte  er  sich  hier  so  ganz  un- 
äihnUch  gewesen  sejn?  " 


.^s  bleibt  uns  noch  übrig,*  yon  einjLcInen  Sätzen  und  Aus- 
drucken, die  merkwürdig  oder  auffallend -sind ,  und  sodann  von 
<|em  Sinn  'tuid  Geiste  des  ganzen  Briefes  zu  Sprechen*  pie 
einzeliten  Piincte  mÖ«:en,  wie  si'e  sich  der  Reihe  nach  zur  Be- 
trachtung  darbieten  angeführt  werden. 

'  Cap.  I,  3.  «/cÄ  sage  jetzt ,  dafs  der  Herr  Jesus  Christus 
geboren  ist  aus  Maria  der  Jungfrau,  welche  war  aus  dem  *Ge- 
schlechte  Davids:  zufolge  der  Verheissung  des  heil.  Geistes, 
*vom  Vater  zu  ihr  gesandt  aus  dem  HimmeL^  Ist  nun  in  die- 
sen Worten  ein  ^biblischer  oder  ein  kirchlicher  Ten?  Ref.  kann 
darüber  nicht  schvVanken,  besonders,  wenn  er  die  Worte  «ge- 
boren Hus  Maria  der  Jungfrawp  erwägt.  .  Zwar  wird  Matth.  I, 
a3*  3uf  Maria  der  prophetische  Ausspruch  angewendet:  ISSf  ^ 
w»fäf ivQQ  iv  yotargi  i^et  —  auch  ist  es  l)ekannt,  dafs  man 
wenigstens  vom  zweiten  Jahrhundert  an  die  Maria  vorzugsweise 
Jungfrau  zu  nennen  pflegte,  wie  dies  z.B.  aus  den  Regulis  fidet 
des  irenäus  (8\4vers.  haercs.  I,  lo.  p.  4B*)  und  Tertullian  (ad- 
Y«rs.  Prax.  cap«  IL  de  veland.  virginibus.  cäp.  I.  etc.)  hervor- 
geht, und  dafs  man  im  Verlauf  besonders  des 'vierten  Jahrhun- 
derts noch  andere'  voller  klingende  Beinamen,  als  detrecpd'ivoc f 
^ecf^svo/njrtio^  (s.  Suiceri.  thesaur.  eccles*  sub  voce.)  erfand  — ▼ 
allein  im  neuen  Testament  wird  weder  in  den  Evangelien  noch 
einem  anderen  Buche  die  Maria^  schlechthin  Jungfrau  genannt ^ 
Vielmehr  wird  sie  immer  entweder  als  Gattin  Josephs  oder 
als  Mutter  Jesu  bezeichnet.  Diese  Bezeichnung  mufste  auch 
den  Menschen  9  die  sie  gerade  unter  diesen  Verhältnissen  kann- 
tpDf  die  aller  natürlichste  sejn,  und  sie  konnten  noch  nicht  daran 
denken,  in  ihr  das  Ideal  der  Jungfräulichkeit  zu  erblicken«  Auf 
jeden  Fall  scheint,,  der  Ausdruck  cdie  Jungfrigi  Maria »  als  eine 
Art  von  Titulatur,  als  ein  stehendes  Beiwort,  gar  nicht  der  apo- 
stolischen ,  sondern  einer  späteren  Zeit  anzugehören.  Maa 
v€r£(|eiche  ni^ir,  wie  sich  in  einem,  wenn  auch;  nicht  ganz  glei- 
chen,, dpch  ähnlichen  Fall  der  wahre  Apostel  Paulus  ausdrückt 


35a  Rinck'  dritter  Brief  Pauli  an  die  Corinther. 

' '     •  ■  .1 

•  ■  • 

Gal.  IV,  4-    i^enri^Biksv  h  ^shc  rbv  vlhv  »vrif    ysvp^svov 
ix  yvvetiHoc     Warum  aicbt  auch  hier  i%  irctp^ival 

Sonderbar  ist  auch  jlet  Satz :  «zufolge  der  VerheissuD[i;  des 
heil.  Geistes,  vom  Vater  zu  ihr  gesandt  aus  dem  HimawLi  — 
Herr  R.  deutet  ihn  soi,  dafs  er,  das  Wort  Verheissung  passive 
nimmt  und  übersetzt :  .  «Jesus  ist  geboren  aus  Maria  der  Jung- 
frau, zufolgcf  des  toerheissenen  heä,  Geistas,^  Aber  wenn  dud 
auch  durch  diese  Uebersetzung  «in  erträglicher  Sinn  heraasge- 
bracht  ist,  so  behalten  dooh  immer  die  Worte  «vom  Vater  la 
ihr  gesandt  aus  dem  Himmel  >  mit  dem  Vorhergehenden  zusam- 
mengenommen einen  so  kirchlichen  Ton,,  dafs  man  sich  kaum 
erwehren  kann,  an  spätere  dogmatische  Bestimmungen  über 
diese  Dinge  zu  denken. 

Cap.   1 ,   4*     ^^f  ^^fi  Jesus  in  die  Welt  einträte  und  alles 
Fteisfih  erlösete  durch   sein   Fleisch,     Wenn  man  auch  in .  dieser 
Stelle  die  Worte   €  durch  sein  Fleisch"»   auf  die   währe 'Mensch- 
werdung und  darauf  beziehen  kann,  dafs  Jesus  auch  durch  seio 
körperliches  Leiden    und  Sterben  einen  Theii  des  Erlosungswer- 
kes  vollbrachte*,  so  ist  doch,  selbst  die  Polemik  gegen  den  Do- 
ketismus  vollkommen  in  Anschlag  gebracht,  jn  dem  ganzen  Briefe 
offenbar  zuviel  Gewicht  auf  ^^s  Fleischliche  und  Leibliche  über- 
haupt,  namentlich  aber  in  der  Person  Jesu  gelegt.     Es  herrscht 
%u   sehr    eine   im   eigentlichen   Verstände   Seischliche    Gesinnung 
vor^  um  einen  so- geistigen  JVIann  wie  Paulus    als   Verfasser  an- 
sehen   zu   können.     Nur  *  vorübergehend   sey   an  die    schon  be- 
rührten  Vorstellungen   von    einem   un'glauhigen   Leibe,   von  der 
grobsinnlichen   Beschaffenheit  des  Auf  ersteh  ungskörpers  erinnert;' 
hier  mögen  noch  eil^ige  Stellen  hervorgehoben  werden,  die  ins- 
besondere einen  viel  zu  hoheh  Werth  auf  das  Leibliche  in  Chri- 
sto,  und   zwar   zur:  Beeinträchtigung  des  Geistigen  in    ihm,  zu 
fegen,  scheinep.     Vs«  12.  4L  Auf  dafs  durch  diesen  vergänglichen 
Leib  (Jesu),  worüber  sich  der  Arge  aufblähte,  er  durch  eben' 
denselben  überwiesen  würde,    dafs  er   nicht  Gott  sey.»    (Herr 
Hinck  bezieht  diese  Stelle  auf  die  Auferstehung  Jesu,    wodurch 
dem  Sata^,  der  schon  über  den  gckreutzigtcn  Todten  triumphirt 
hätte,    seine   Ohnmacht    über    denselben    vollkommen    dargethan 
worden   sej^   — —     Referent   glaubt ,    dafs  der    Satan    v.on    seiacr 
Ohnmacht   über   Jesum   und    von   seiner   Ungdttli^hkcit   viel  ent- 
schiedener aujf  geistige  Weise  überwiesen  forden  sej,  wie*  dies 
namentlich  in  der   Versuchungsgeschichte  vornehmlich   dargestellt 
ist, 'man  mag  diese  nun  buchstäblich  oder  allegorisch  auffassen.) 
—  Sodann,    Vs«   i3  und  t4>    cDenn  Jesus  hat  das  vergängliche 
Fleisch   in  seinem   Fleische   berufen    -^    atif •  dafs   er   in   seinem 
Leibe   «(nicht   vielmehr  in   seinem  .Geiste? )»   zubereitete  eine» 
heiligen  Tempel  der  Gerechtigkeit  für  die  zukünftigen  Zeiten.»— 


Riack  dritter  Brief  Pitäli  an  die  Coriother«.  ä5i 


,  I 


/Uebei^all  ist  d%r  LeA  uni  das  Fteüch  voriu^Kch  berücle-' 
sicHtig;t,  nirgends-  der  Geist,  der  wahrhaft  lebendig  machende ^ 
und  /doch  sollte  der  Brief  von  dem  Paulus  herrühren,  der  selbst 
sagte:  cUnd  ob  w4r  auch  Christum  gekannt  tiaben  nach  dem 
Fleisch,  so  kennen  wir  ihn  doch  Jetzt  nicht  mehr  ? »  2  Cor.  V,  /  i5, 

Cap.  I,  9*  ""«Der,  welcher  der  ruchlose  Fürst  war,  da 
er  trachtete,  sich  2um  Gott  zu  machen,  legte  seine  Hand  über 
jene,  und  fesselte  alle  Menschen  in  der  Sande,  weä  das  Pf^elt'^ 
gerieht  nane  war,^  Sonderbar!  Also  weil  das  Weiterlebt  nah^ 
ist,    fesselt  der  Satan  die  Menschen  iü  der  Sünde? 

Die  Sache  ganz  -nüchtern  und  verständig  genommen ,  sollte 
man  denken:  weil  die  Menschen  sündig  sind,  sej  das-  Welige^ 
Ticht  nahe,  -r-    'Oder  kann  man  das  stellen,    wie  man  will?« 

Cap.  I,  18.  €,Denn  ihr  sejrd- nicht  Söhne  des  Unglaidfens, 
Ständern  Kinder  der  geliebten  Kirche>  Ein  Gegensatz,  der  auch 
wieder  deutlich  genüg,  auf  spätere  Abfassung  hinweist.  Dem 
Unglauben  wird  nicht  Glaube  oder  Frömmigkeit ,  sondern  die 
^geliebte  Kitchei^  entgegengesetzt.  Wie  augenscheinlich,  dafa 
der  Biief  zu  einer  Zeit  geschrieben  iprurde,  wo  Kirchenuberzeu-- 
gang  und  ^Glaube  bereits  gleichbedeutend  var  und  wo  mah 
einen  Christen  eben  so  sehr  zu  loben »  ihm  eben  so  sehr  zum 
Herzen  tVL  sprechen  meinte,  wenn  man  ihn  ein  .Kind  der  Kir- 
che, als  wenn  man  ihn  ein  Kind  des  Glaubens  Bannte  und  wo 
es.  für  die  Andersdenkenden  die  gröfste  Schmach  war^  nicht 
Kinder  der  geliebten  Kirche  zu  sejn. 

Gap.  II,  io.  ^fVenn  die  Gebeine  des  Propheten  Elisäus, 
tds  sie  ojLtf  den  Todten  fielen ,  den  Todten  aitferweckten* »  Hier 
mufs  entweder  ein  Uebersetzungsfehler  eingeschlichen  seyn,  oder 
der  Verfasser  des.  Briefes  hat  sich  die  berührte  Thatsache  höchst 
sonderbar  Yorgestellti  i£s  wird  .nämlich  2  König.  XIII,  2i.  er- 
zählt, dafs  die  Israeliten  beji  einem  Einfall  der  Moabiten  einen 
Todten ,  den  sie  bestatten  wollten ,'  in  der  Eile  in  das  Grab  des 
Elisa*  geworfen  hätten ,  und  dafs  dieser ,  als  er  die  Gebeine  des 
Propheten  berührte,  lebendig  wieder  aufgestanden  wäre.  — 
Nun  müfste  es  dabei  äusserst  sonderbar  zugegangen  sejn,  wenn' 
die  G«beine  des  Elisa  auf  den  todten  Mann  gefallen  wären,' 
und  man  kann  sich,  wenn  man  nicht  sehr  künstliche ,' ja  wun- 
dervolle Wendungen  abnimmt,  die  Sache  nicht  wohl  andere 
denken ,  als  dafs  der  Todte  axf  die  Gebeine  Elisa* s  fiel, 

Cap,  II,  i4*  fl5.  —  «Ich  leide  diese  Qualeo;  meines  Lei-., 
bes.,  um  würdig  zu  werden  der  Auferstehung  der  lodten»  Und 
ein  jeglicher  unter  Euch,  wie  ihr  die  Gebote  empfangen  habt, 
aus  den  Händen  der  seligen  Propheten  und  des  heiligen  Evan- 
geliums, 80  haltet  fest  daran  ^  und  es  wird  euch  vergolten  wer-* 
den  in  der  Auferstehung  der  Todte/u^  ü»  s.  w.    Dafs  der  Apo^ 


554  Rinck  dritter  Brief  Pauli  an  die  GorintÜer. 

std  Paulus  so  Tiel  geduldety  um  würdig  zu  verdeu  der  Aufür- 
ttehung  der  Todten  sclieint  dem  Sinne  eines  Mannes  nicht  an- 
|[emessen  zu  sejn,  der  überhaupt  alle  Güter,  die  ihm  zu  Tlieil 
wurden y  als  reine  Gnadengaben  Gottes  ansah.  Die  Triebfe- 
dern, die  ihn  bei  der  mit  so  vielen  Gefahren  und  Leiden  ver- 
knüpften Ym'küudigung  des  Evangeliums  .  leiteten ,  waren  über* 
haupt  viel  edler  i(lnd  erhabener,,  es  war  der  in  ilim  Icbeode 
Christus,  die  Liebe  Christi,  die  ibn  trieb,  eis  war  eine  innere, 
'r,ück9ichtslo&e  Nothiguiig  seines  Geistes,  vermöge  deren  er  nicht 
anders  konnte,  als  das,  was  ihn  erhob  und  beseligte,  auch  an- 
.  dem  mitzutheilen^  vermöge  deren  er  das  grosse  Wort  sprach: 
«Denn  dafs  ich  das  Evangelium  predige^  darf  ich  mich  nick 
rühmen,  denn  ich  mufs  es  thun.  Und  wehe  mir ,  wenn  ich  das 
Ei*angeliiim  nicht  predigte! if  i  Cor.  IX,  .i6.  —  Ueberhaupt 
kommt  es  Ref.  vor,  als  wenn  in  der  ganzen  obigen  Stelle,  na- 
mentlich auch  in  der  Ermahnung  an  die  Leser  die  Vergeltung 
für  Verdienst  in  bewiesener  Treue  auf  eine  Weise  hervorgeho- 
ben würde,  wie,  es  Paulus  nicht  gethan  haben  würde,  ohne 
auch  die  freie  göttliche  Gnade  geltend  zu  machem  Deren  aber 
geschieht  im  ganzen  Briefe  kaum  dem  Worte  nacb^  durchaas 
aber  nicht  dem  pauliu.  Sinne  nach  Erwähnung. 

Cap.  II,  18.  ^Und  der  Friede  und  die  Gnade  des  gdiehten 
lErst geborenen  sej  mit ^  Euch,  Anienki^  Der  Abschied  ist  eben  so 
ungewöhnlich  und  der  paüliuischcn  Begrüssungswetse  fremd  als 
der  Willkomm. 


Soll  nun  Referent  sein  Urtheil  über  den  angeblichen  paulin. 
Brief  im  Allgemeinen  aussprechen,  so  kann  er  unmöglich  in  den 
zum  Theil  panegyrischen  Ton  einstimmen,  in.  welchen  der  Her- 
ausgeber bisweilen  zur  Verherrlichung  des  Briefe^  verfällt.  Weno 
Hr.  Rinck  die  « gedankenr/riehe  Wohlordoung  des  Ganzen,  die 
Bündigkeit  und  Zweckmässigkeit  des  Ausdrucks,  den  angelegeiU- 

'  liehen  und  belebten  Tou  preiset,  wenn  er  die  Worte  dieses 
hohen 'Geistes  viel-?- yVx  allumfassend  ntnut,  wenn  er  von  cFcacr 
und  Flammen*  in  dem  Briefe  spricht,  wenn  er  sogar  voa  dem 
Briefsteller  behauptet:  «es  redet  kein  natürlicher  Mensch,  soo- 
derh  durch  Eingeben  des  heiligen  Geistes  ist  er  aus  der  Bliod- 
keit  und  Irre  zur  Erleuchtung  und  fester  *  Glaub ensgewil^ieit 
gekommen  j  es  sind  Worte  «ines  eingeweihten  SeherS'  göttlicher 
Dinge,  er  schauet  ,so  tief  wie  Pa^ulus  und  empfindet  wie  cp 
von  Herzensgrund   die  selige   Kraft  des  Evangeliums»  •—  vcdb 

Jüeferent  dieses  und  Aehnliches  li^est,  so  befindet  er  sich,  red- 
lich gesagt,  in  grosser  Verlegenheit,  deqn  er  hat  von  allem  deoi 
iu^dem  ganzeu  Briefe  fast  «ach  nicht  die,  leiseste  Spur  gif ttadea# 


/ 


Binck  dritter  Brief  Pauli  an  4ie  Corinther.  555 

Hier  tritt  nun  freilich  ein  sobjectivet  Urtheil  dem  anderen  Buh^ 
jectiven  Urtheil  gegenüber;  ob  Geist  und  GemiitK,  gesunder 
Sinn  und  Kraft  in  einer -Schrift  sey?  läfst  sich  so  eigentlich  nicht 
iiQiner  ad  oculos  demonstriren ;  die  allgenr.eliie  Stimraei  vornehm^» 
lieh  aber  die  Stimme  berufener  Richter  mufs  darüber  eutschei- 
den ,  und  sie  pöge  4enn  sprechen ,  welche  Subjectivität  hier 
richtiger  gefühlt  hat?  .  -  ♦ 

Ref«  gesteht  offene  daCs  ihn  aus  dem  Briefe ,  je  öfter  er 
ihn  las,  desto  weniger  paulinischer  Geist  und  paulinisches  Herx  an« 
gesprochen  hat.  Jenen  tiefdringenden  Geistesblick /jene  Hoheit 
i^nd  Gewalt  der  Gedanken,  jene  gewandte  Dialectik,  Jen«:  Tref- 
fendkurze ,  jenes  rasche  Lebensfeuer  mit  Besonneolieit  un'd  sanf« 
fester  Milde  gepaart,  jene  ganze  so  eigenthümlich  geprägte  Gei- 
stesform, welche  alle  paulinischen  Schriften  auszeicfatiet ,  möohta 
schwerlich  in  gegenwärtigem  Briefe  gefunden  werden.  Maa 
vermifst  das  innere,  reiche,  tiefbewegte  Leben,  das  den  an 
Gemüth&kraft,  tin  Gedanken  und  .Anschauungen  überslrömendeii 
Apostel  charakterisirt«  Dieser  Lebensgeist  kann  nicht  nachge- 
ahmt werden ,  und  es  scheint  sich  auch  an  diesem  Briefe  das 
treffende  Wort  des  grossen  £rasmus  zu  bewähren :  Non  est 
cujusvis  hominis  Paulinufn  pectus  ^f fingere.  Gerade  dieses  pectus. 
die  ergreifende  Macht  des  ganzen  inneren  Menschen,-  des  gaozea 
iJeistes,  Charakters  und  Gemüthes,  die  fehlt  unserem  Briefe. 
Die  Liebe,  von  deren  Feuer  der  grosse  Apostel  durchglfihti 
die  der  belebende  Grnndtrfeb  seiner  ganzen  Wirksamkeit  war, 
spricht  sich  auch  nicht  in  einem  sanfterleuchtenden  und  erwär- 
menden ,Worte  aus.  '  Und  doch,  welche  Gelegenheit  bot  sieb 
dar,  dafs  das  Herz  des  Apostels  in  Unwillen  gegen  die  Ver" 
fiihrer  sowohl,  als  besonders  auch  in  Liebe  g^en  die  Verfuhr« . 
ten,  noch  mehr  gegen  die  Glaubenstreuen  cntbr^nen> konnte? 

Die  einzigen  Worte  väterlicher  Sanftmuth  und  Theilnahme,  ' 
die  selbst  Herr  Rinck  in  dem  Briefe  aufzufinden  weifs',  sind 
iPplgende  !  «ihr  scjd  Kinder  der  geliebten  Kirche >  — •  cap«^ 
Ii  18.  «Machet,  mir  doch  nicht  weiteren!  Kummer,  ich  habo 
der  Leiden  ^^enug»  cap.  II ,  i4*  *—  «Mit  euch  sej  der  Friede 
und  die  Gnade  des  firstgeborenen.»  cap«  II,  17«  Aber  wia 
arm,  wie  kalt,  wenigstens  wie  unbedeutend  sind  diese  Worto  , 
geg^n  so  viele  Stellen  paulin.  Briefe,  vo  dem  Apostel  so  ei« 
gentlich  das  Herz  'aufgeht ,  und  wo  sich  dann  auch  eine  unwi- 
derstehliche, ai|s  der  Wahresten  Empfindung  kommendei  und 
darum  wahre  Bmpfindung  nothwendig  erzeugende  Herzlichkeit 
ausspricht.  Ref.. erlaubt  sich  nur  eine  Stelle,  wie  sie  ihm  ge- 
rade einfallt,  aus  dem  zweiten  Gorintherbriefe  hierher  zu  setzen 
(C9p.  VI,  lo.X.  Nsichdem  dort  der  Apostel  sich  und  seine  Mit- 
^eiter  geschildert  ab   «die  Traurigea  aber  allezeit  fröhlich; 


/ 


556  Rinck  dritter  Bri^f  Pauli  an  die  Corinlher. 


«1s  die  ArmeD,  aber  die  docb  viete  reieh  miiclien;  als* die* nichts 
inne  haben  und  doch  alles  haben »  —  fährt  er  fort  « o  ihr  Co- 
TiQther!  unser  Mond  hat  sich  ge^^en  euch  aufgethan,  unser  Herz 
hat  sich  aufgeschlossen.  AengsMget  euch  nicht  um  unsertwil- 
len, wenn  ihr  euch  auch  ängstiget  in,  eurer  Liebe.  Als  ein- 
ligen  Lohn,  ich  rede  ja  mit  euch  vrie  mit  Kiiidern,  verlange 
ich:  sctiliesset  auch  ihr  euch  auf  gegen  mich!»  —  Ist  aucK 
nur  eine  entfernt  ähnliche  Stelle  in  unserem  Briefe?  Man  lese 
doch  nur  den  so  kurzen  Brief  an  Phi(emon,  wo  sich  in  wem- 
geh  Zeilen  der  väterlich  liebevolle,  der  treuherzig  biedere  Ton 
des  « al^n  Paulus, »  wie  er  sich  selbst  nennt,  so  offen  auss[fricht, 
dafs  ein  ächtmenschliches  Herz  dem  Mauacv'der  so  schrieb,  seine 
Liebe  nicht  versagen  kann  —^  Und  lese  dann  unseren  Brief,  ob 
man  Aehnlidies  emp6ndet?  — «  Wurden  wir  Ursache  haben 
den  Apostel  Paulus  zu  lieben,  zu  bewundern,  z^  verehren/ 
wenn'  wir  blofs  den  durch  Hr.  R.  roitgetheilten  Brief  von  ihm 
hätten?  WüHen  wir  es  begreifen  können,  dafs  dieser  selbe 
Hann  solche  Wirkungen  hervorgebracht  hat,  wie  uns  die  be- 
glaubigte Geschichte  von  ibi|i  erzählt?  Referent  fände  es  un- 
begreiflich. 

Hr«"  Rinck  glaubt  es  liesse  sich  kein  Grund,  kein  Zweck 
und   Nutzen   absehen,    diesen   Brief   unter   paüliuischem   Namen 
zu  fingiren  und  unterzuschieben.  Allein-  liegt  denn  dieser  Grund 
sieht  auf  der   flachen   Hand,   ist  er  nicht  zu  lesen  in.  dem  gan- 
zen  Inhalt  beider   Sendschreiben?     Es  war  ohne  Zweifel  kein 
anderer,   als   dafs  man  eine  apostolische  Autorität  f^egen  die  Si" 
monianer   wollte  auftreten ,    dafs  man   einen   Apostel   gegen  die 
Irrlehren,  als  deren  .Urheber   man  den  Simon  M.  (mit  vfrelchem 
Recht?    wurde  freiKch   nicht  genau   untersucht)   ansah,    wollte 
sprechen   lassen  ;i   wenn   wir   nicht   vielleicht  gar  annehmeir  dür- 
fen ^  dafs  beide  Briefe  aus   einem  immerhin   sehr   verwerflichen, 
auch  wie   es  Ref.    scheint   nicht  sehr    ingeniösen,    lusus  ingenii 
hcrvorgegaiigen    sind.   —     Wann   die  Briefe  geschrieben  sind? 
Möchte  sich   lia^h  inneren  Gründen  schwerlich  ^enau  bestimmen 
lassen;  auch  kann  daran  nicht  viel  gelegen  sejn.     Ist  aber  jenes 
oben   berührte  Citat   des  Gregorius  Illuminator  ganiiE  zuverlässig, 
so  können  sie  wohl  vor  dem  Jahre  3oo  schon  da  gewesen  sejn; 
gab  es  doch   bis  in   diese  Zeit  in  den  morgenländischen  Gegen- 
den Simonianer,  (oder  tvenigstens  Leute,  die  sich  an  die  in  den 
Briefen  erwähnten  und  verworfenen  Dpgmen  hielten)  und  gegen 
sie  konnte  irgend  ein  Christ,    dem   freilich   höhere   Einsicht  ab- 
ging solche  Wafien  für  dienlich  und  erlaubt  halten.    Wie  vieles 
überhaupt  schon  um  das  Jahr  3oo  unter  apostol.  Namen  erdich- 
tet ttudi  untergeschoben  war.   ist  weltbcduoiit:    also  wäre  osser 


Robioson,  memoirs  of  the  mexiean.  revolutioii»    &S7 

firief  mir  «in  gewöhDliches  B^ehpiel  einer  sehr  häufig  sich  Yfie- 
derholendeo  Thatsache.  • 

Hat  nun  Ref.  bisher  blofs  gegen  die  Aechtheit  der  mii^t" 
theilten  Briefe  und  gegen  Hrn.  Rincks  Ansicht  von  denselben  ge- 
sprochen, ^so  Yfäre  es  ungerecht ,  nicht  auch  noch  das  Bekennt- 
nifs  hinzuzufügen,  dafs  in  der  den  Briefen  vorangeschicktea  Ein- 
leitung viel  Lesens*  und  Bemerkensweithes  entliaiten  ,ist,  und 
dafs  der  Verfasser  darin  einen  Reichthum  von  Gelehrsamkeit  und 
Scharfsinn  entfaltet  hat,  wobei  man  |iur  bedauern  möchtei  dafs 
diese  Eigenschaften  nicht  eine,m  anderen  Gegenstande  zugewenor 
det  worden  sin'd.  Freilich  hätte  Ref.  auch  noch  gegei;!  manche» 
in  der.  Einleitung  Behauptete,  ernstliche'  Einwendungen  zi^  ma- 
chen, die  er  jedoc^,  danut  diese  Recension  nich(  ein  Büchlein 
-werde,  für  sich  behalten  mufs*  'Möge  übrigens  I]r»«Rinck  auch 
in  der  Ausführlichkeit,  die  si^h  Ref«  ei-iaubt  hat,  einen  Beweis 
der  Achtung  seines  gelehrten  Bestrebens  sehen  und  es  nicht  für 
Undankbarkeit  halten ,  wenn  Ref er.  den  mitgetheilten  paulia. 
Brief  nicht  höher  anschlägt  Aind  schätzt  —  denn  das  könnte  er, 
nicht,  ohne  seine  innigste  Ueberzeugaog  zu  verleugnen, 

Cf   üllmann* 


'Memoirs  of  tfte  mexiean  repolation;  incluJing  anarrati^  of 
the ,  expedition    of    General  Kavier    Mina^     To   whick   are 
annexed  some  ohservations  on  jlie  praeticabilify  of  opening 
a  corfimerce  between  ike  pojcific  an^  atlantie  oceans,  througk 
the  mexiean  isthmu9,  in  the  prpvince  of  Oaxaca,    and  at 
'    the  lake  of  Nicaraguas    and    on    the  veut '  importante  of 
such    commerce    to    the    civüized    world,      Bjr    f^illiam 
Davis  Robinson,     In  two  volumes.    London   48^4*   8^* 
Fol.  L   LL  3%8  S.    FvL  IL  38g  S. 

Jp  ür  unsere  Leser  soll  aus  dieser  Schrift  die  Beschreibung  we- 
der von  den  Metzeleien  ohne'  2weck  und  Ende,  noch  von  den 
Abentheuern*  und  dem  Unglück  des  heldenartigen  Mina,  son-» 
derh  nur  von  den  Zuständen  entnommen  werden^  worin  sich 
dort  Land  und  Leute  noch  jetzt  befinden. 

Mexico  läfst  sich  leicht  den  Fremden  sperren,  weil  das 
Ufer  seicht,  und  das  dürre  Küstenland  yvenig  bevölkert,  und  an** 
gebauet  ist.  Sein  Zugang  wird  von  dem  Kriegshafen  Havanna 
auf  der  Insel  Cuba  beherrscht  i  wo  auch  der  Sitz  seines  Han*> 
dels  ist.  In  dem  Hochlande  wuchert  die  Fruchtbarkeit  in  wil« 
der  Fülle,  und  hat  dem  Landvolk,  den  Indianern  das  Leben 
in  Wäldern  und  Bergschlüchten  gefristet,   während  ihre. Felder 


558    Robinson,  xnemoirs  of  the  mcxican  revohtioaa 

-QQcl  Wohnungen    immer    von  Neue'oa    verwüstet    wurden.    Sfe 
baben  nun.  wolrl  die  Herren,   aber   nicht    die  Bedrücker  veräii> 
dert,    und  doch  mögen   sie   sich   sielbst  unter^den  Unruhen  ver- 
nehrt  haben,    weil   man  ihnen  zwar  nahm,  was  sie  hatten,  aber 
cum    Erwerben   und   yerkcbreo    freiere   Hand   liefs,    und  zum 
Landbau  durch  hohe  Preise  für  die . Lebensmittel  reizte,   welche 
sie*  noch   retteten,   und   gleichviel   ob   Freund  oder  Feind  vvill- 
komfllen    nach   den  Städten    und   Schlössern   brachten.     Vor  den 
Unruhen  bekamen  sie  ein  Goldstück  nichi  einmal  zu  sehen,  und 
als  sie  dieselben  dann  erbeuteten,    meinten  sie  es  wären  vergol^ 
deie  Scliaustücke,   welche  man   am   Halse  trägt,   Und  gaben  die 
Goldstücke    für    einen    Gulden    weg.     Diese   Unwissenheit  war 
den  Spaniern  eben  recht,    die  wohl  sich   hüteten  ihre  Lehrmei- 
•ster   zu   sejin,    aber   als  strenge  Zuchtmeister   sie   zum   Arbeiten 
und  Beten  anhielten.     Sie  sind   auch    in  der  That  an  Arbeit  ge- 
wöhnt,   aber    das  freie  Werk  der  Hand  gedeiht  nicht  unter  IH- 
nen.     Sie  sprechen    fertig   spanisch,   aber  bleibet  zugleich  ilircr 
alten  Landessprache  treu.     Sie  beobachten  mit   Sorgfalt  den  ka- 
tholischen Gottesdienst,  aber  sie  bewahren  auch  ihre  heidnischen 
Ccbräuchc   heilig.     Sie   hassen    die    Spanier,    die    sie   Gatzopio, 
Doppelkopfe,  oder  nach  anderer  Erklärung  Spitzbuben,  neoneo, 
und  sie  hassen  die  spanischen  Abkömmlinge,    die  Creolen*    Ein 
Maehkommc  der  Caciquen  hält  sich  durch -europäische  Verwandt' 
sch^t    entadelt.      Bei    dem    ersten    £mpÖrungsruf   rifs    Hidalgo 
100,000  Indianer  mit  sich  fort  bis  in  die  Nähe  von  der  Haapt- 
st^dt,  aber  sie  hatten  gröfst^ntheils  /keine  andere  Waffen  als  die 
Wurfschlinge,  einen    Strick,    welchen  sie  so   zu  Wfft-fen  verste- 
hen, dafs   er  sich   fest   umschlingt,   und   dann   von   dem  Reiter 
hin  und   her  gezogen  den  stärksten  Ochsen  zu  Boden  reifst;  so 
sehr  sie  an  Unterwürfigkeit  gewöhnt  sind,    so    war  es  doch  un- 
möglicn  dem  zug'daufenen  Haufen  audi  nOr  den  mindesten  Scheia 
von  Ordnung  zu  geben,  und  er  verlief  sich  aus  Furcht  vor  dem 
BannÜuch,  welchen   der  Erzbischpf  von  Mexico  mit  feierlichem 
Gepränge  über  die  Empörer   aussprach,    und   vor   den  Hollen- 
strafen,    womit    alle   spanischgesinnte    Geistliche    4i'ohlen.    Man 
hatte  sich  sehr  gehütet  Schulen    für   die  Indianer  anzulegen,  um 
•iie  durch   Unwissenheit   und  Aberglauben    im  Zaum   zu  halten. 
Der  gröiste  Theil    der  Creolen  theilte  die  Unwissenheit  der  In- 
dianer, und  atlgeiüeine  Bildung  und  Wissenschaftlich k ei t  traf  sich 
nur  unter  den  wenigen, /iie  bei  ihren  Anvervvandten  in  Spani^^^ 
erzogen,   oder   mit  Fremden   umgegangen   Waren.     Indefs  liatt« 
sich    während   der   langen   tiiefeu  Ruhe  des  Landes  grosses  Ver- 
mögen und  Wohlleben   unter  ihnen  verbreitet :    der  Adel  lebte 
mit  f ürstenmässigem  Einkommen   und  Aufwand,   der  alte  Guts- 
mann  war  der  Herr  von   indianischen  Dörfern   geworden,  vod 


Robiüsony  ]|tieiiicm*s  of  ibp  mexican  revolutioD,    5S{) 

hielt  auf  seinem    Gute,    wie  unsere  Burgherrn    im   Mlttelaller 
Jlaodwerker    und  Waarenlager,    die   Städter    trieben   ihre   Ge- 
werbe  mit   ungeheurem  Gewinn    und   hatten   reichen  Antheil  aü 
dem  Berg werk$- Ertrage.    Spanische  Prunksucht  herrschte  üb*er-* 
ull  mit  geschmackloser,  abenthcu^rllchen  Ueberladung.     Man  be- 
kam die  Waaren  entweder  aus  Spanien,  oder^  wenigstens  durch 
spanische    Kaufleute,    der  Schleichhandel  war  schwierig  und  ge- 
,fahr)icb.     Die  Herren  zu  Cadix    sorgten ,*   dafs   der   Markt  nicht 
überladen  ward,  und  die  Waa'ren  sich  zu  den  lidchsten  Preisen 
verkauften.  'Die  Beamten  hatten  mit  ihnen  gleichen  Vor theil  ujid 
begünstigten    keineswcges     das    Aufkommen    ron    einheimischen 
.Künstlern   und  Handwerkern,   sondern   Hessen  nicht  einmal  dem 
Landbau   das    erzeugen,    was   bisher    von   Cadix    bezogen    war,  . 
weil  sie  den  einheimischen  Talrack  auf  Rechnung  des  Staats  ge- 
.-%^n  Waaren  *  verkauften,    bei   deren    Absatz    sie   ihren    Gewinn 
hatten.     Aber  wenn    sich  dieses   auch  geai/dert  hat,   und    wenn 
•sich  die  EnglSiider  nun  auch   die  mexicanischen  Markte  geÖfincit 
haben,,  so  werden  sie  doch  schwerlich  dort  reich  werden,  weil 
der  .spanische    Geschmack    den    Absatz    von    Cadix    immerfort 
begünstigt*     Die  Rosenkränze,   die   heiligen   Bilder,   die  Gebet- 
bücher,   die  geistlichen  Gewänder,   den   ganzen  Kirchenschmuck 
"vrird  nur  Spanien  liefern   können  und  sich  wolil  kein  englischer 
Geschmeidehändler   mit   der^  heiligen   Jungfrau    von     Guadelupa 
abgeben  wollen,   opne  welche    die  Mexicaner   nicht  leben    kön^ 
kien,   und  die  sie  selbst   am  Hute  unter   Glas  und  Ralimen  gut«- 
"verwahrt  tragen.     Es  wird  ferner  der  eurdpäische  Verkehr  dort 
«uf  die  nicht  grosse  Zahl    der  wohlhabenden. Städter  und  Guts* 
Besitzer  beschränkt,   da  das  gemeine  Volk    in  der  bittersten  Ar^ 
jButh    lebt.     In   den    Städten    und   auf  den  Gütern  ist   währen^ 
der  Unruhen  die  Habp(ausgabc  auf  die  Befestigung  und. die  Un- 
terhaltung  der .  Besatzung    gewesen.     Die  Spanier    haben   es  in 
Mexico    wie    bei   sich    2^  Hause  gemacht,   und  es  für  diev beste 
Vertheidigung  gehalten,  wenn  ein  Jeder  sich  selbst  vertheidigte« 
Sie  liess^i  sjch  jeden  bewaffnen,  de^  es  mit  ihnen  hielt,  und  so 
haben   die   wohlhabenden    Bürger   und-  die  Gutsherren    sich  her 
Tvaffnef, .  für  Geschütz  tind  Männschsjft  .gesorgt,    und   in  Städten 
und  auf  Burgen.  Selbstständigkeit  erlangt.    Die  beliebtesten  Waaren 
möchten  daher  vyohl  Kriegsbedürfnisse  sejn,  und  den  grossen  MaOr 
^el   daran   beweist    wohl   am   kürzesten,    dafs    die  Spanier   mit 
Piastern  schössen,   weil  sie  ke^ie  Kartätschen  hatten^     Die  Moth 
hat  auch  gelehrt,  manches  selbst  zu  machen,  welches  früher  von 
Europa  bezogen  ward,   indem   lange  Zeit  die  Waarcnzüge  nach 
dea  Städten^  und   Borgen   über   das  empörte  platte   Land  nicht 
durchzubringen  waren,  und  man  sich  nun  durch  sich  selbst  heK 
{en   mufste,  so  gut  es  gehen  wollte^    Wenn  übrigens  die  Un- 


5(>o    Roblosoii,  memoirs  of  thc  tnexican  revolutioa. 

inrisscDheit  ^er  Indianer  und  ihre  Bedruckung  4ioch  fiiclit  g«nu/r 
erklärte,  defs  sie  bei  alier  ArbeiUamkeit  und  Massigkeit  es  doch 
tu  nichts  bringen,  so  wurde  es  ihre  Spielsucht  thun,  die  zu  an 
dern  Lastern  und  einer  grundverdorbenen  Wirthschdft  führt.  De 
Creolen  halten  sich  meist  für  Handarbeit  zu  vornehm ,  und  vf\e 
tie  frei  tod  der  spanischen  Zucht,  sich  selbst  überlassen^  es  uii" 
tcr  Torres  trieben,  scheint  von  dem  Yerf.  getreu  berichtet  xa 
sejn ,  da   es   an  dem  sogenannten  Kaiserhofe  von  hurbide  i^iclit 

^  besser  hergehen  soil.     Torres  war  das  Haupt  des  mextcanischen 
Freistaats  bei   Mina's  Ankunft^     Er  besteuerte  die  Einwohner  ia 

.  seinem  Bereich  wilikührlich  und  behandelte  jeden  ihm .  mifsfallr 
gen  Creolen  so  unwürdig,  dafs  viele  zu  den  Spaniern  flohen. 
l)en  grossen  Landstrich,  worin  er  hauste,  hatte  er  gleidisam  ift 
Lehen  vertheilt,  und  sie  Leuten  eingegeben,  deren  Röhheit  und 
Unwissenheit  ihren  Dienst  als  blinde  Werkzeug^  seiner  Will- 
kühr  verbürgten,  Thaten  sie,  was  er  wollte,  so  konnten  sie 
ihrerseits.,  thun ,  was  ihnen  gelüstete^  Ein  jeder  ton  ihnen  war 
•der  Zwingherr  in  seinem  Bereich,  betrachtete  das  Landvolk  als 
«eine  Leibci'^ene,  die  Abgaben  als  sein^  Eigenthum  ^  die  ausge* 
liobene  Mannschaft  als  seine  Krieg$knechte.  Er  selbst  lebte  in 
«lleo  Schwelgereien,  die  -  das  Land  zu  verschaffeu  vermochte; 
aer  grosse  Haufen  ehrte  in  ihm  den  Priester,  hatte  keine  Augeti 
für  seine  Verbrechen,  und,  wenn  auch,  doch  zur  Rache  keine 
Waffen.  Vöil  diesen  Creöleii  darf  zWar  nicht  auf  alle  geschlos- 
sen werden,  vielmehr  zeugt  für  den  reditUchen,  ruhigen  Sinn 
der  Mehrzahl,  dafs  Hidalgo  die  Unruhen  nicht  mit  den  Creolen 
fondern  mit  den  Indianern  anfing,  dafs  immerfort  Geistliche,  wie 
^idalgo,  Morelos,  Matamoros,  Torres  die  Unruhen  leiteten,  und 
durch  ihren  indianischen  Anhang  die.  Anführer  wurden  und 
blieben.  •  Aber  im  Schrecken  vor  depi ,  Ketzergericht ,  in  den 
Sorgen  vor  den  Willkührlichkeiten  der  YerwaltungsbehÖrden  und 
Gerichte,  in  der  Entrüstung  über  die  hochmüthigen  Bteamten 
konnten  doöh  wohl  unmöglich  geistiger  Aufschwung,  Rechts» 
gefühl  und  selbstständige  Tüchtigkeit^nter  den,  C^^^olen  herr- 
schend werden.  Sic  hatten  nur  die  traurige  Wahl  entweder 
das  Unwesen  in  Sinnenlust  und  Vergnügenssucht  zu  vergessen, 
oder  daran  'als  ^spaniscbe  Helfershelfer  Theil  zu  nehmen ,  und 
die  letzteren,  die  Untei'beamten  und  die  eigentlichen  Arbeiter 
"waren  die  Rädelsführer  der  Uniuhen,  und  wollten  die  Stelle 
dtr  Spanier  einnehmen.  Sie  hatten  nichts  als  -den  Kopf  zu  ver- 
lieren, und  diesen  d^ran  zu  setzen,  war  der  Pireis  grols  geaug» 


/ 


• 


(i)fr  BmhU^fs  /ctgt.) 


( 


N'4-36.       Heidelberger  l^^^» 

Jahrbücher  der  Litterätur. 


Robinson ,  mtmoirs  of  the  mexican  revolution. 

♦!  ,     (Beschlufs.) 

Wurden  die  Creolen  z.  B.  Bischöfe  von  Uuadalaxara,  Vallado- 
lid,  Puebla,.so  hatten  sie  ioo^ooo  Piaster  Einkünfte  und  wur- 
den sie  auch  nur  Stiftsherrn,  so  hatten  sie  7  bis  8000  Piaster 
aus  Zinsen  und  Zehnten;  während  sie  unter  den  Spaniern  nicht 
einmal  m  den  einträglichsten  Dorfpfarrern  gelangten.  Wre  bei 
dem  Kirchendienst y.  giqg  es  im  Kriegsdienst,  m  .den  Verwal- 
tungsamtcm  und  den  Cerichtsstellen.  Die  jungen,  ehrgeizigen 
Beamten  fingen  nun  wohl  an,  im  Stillen  gemeinschaftliche  Sache 
TU  machen,  als  um  den  spanischen  Thron  Streit  entstand,  aber 
die  .wohlhabenden  Creglen  in  Stadt  und  Land  blieben  im  Gan-> 
zen  ruhig,  und  nur  die  Indianer  licssen  sich  mifsbrauchem  £$ 
hätte^^^ar  nicht  zu  Unruhen  kommen  könne^,  wenn  die  dortigen 
Spanier  nicht  grölstentheils  verächtliche -Geschöpfe  des  Friedens- 
fürsten gewesen  wären ,  und  wenn  die  spanische  Junta  ^ichi 
mit  der  nachfolgenden  Regierung  in  Zwangsbefeblen  gewettei- 
ferl  hätte.  Die  Spanier  verfuhren  mit  aller  Grausamkeit,  und 
liessen  die  Unschuldigen  mit  den  Schuldigten  leiden.  I^a  sie  von 
dem  Mutterlandc  nicht  ergänzt  werden  konnten ,  so  mufsten  sie . 
immer  schwächer  wetden,  und  den  Creolen  die  Selbstbewaff- 
nung  gestatten,  die  nun  dort  die  Bürger  und  Gutsherren  zu 
einer  Selbstständigkeit  wie  im  Mittelalter  geführt  hat.  Auf  dem 
p^latten  Lande  treiben  sieb  Schwärmer  umher ,  die  den  Kosakeit 
nicht  unähnlich  sind,  geschickte  Keiter,  welche  mit  der  Lanze 
wohl  umzugehen  wissen,  aber  sich  weder  an  geschlossenes  X^ufs- 
Yolk  noch  ah  Schanzen  wagen.  Die  Städte  und  Bürger  haben 
also  von  ihnen  nichts  zu  fürahten,  aber  auch  Gewalt  voa  den 
Scheinlif^rrn  zu  Mexico  nicht  zu  besorgen*  Die  Spanier  ver- 
mochten kaum  in  dem  Besitz  von  Cuba  die  Belagerung  von  klei^ 
nen  Burgen  zu  unternehmen,  wie  sollte  er  dazu  die  Kräfte  ha- 
ben, da  die  Zeughäuser  von  Cuba  ihm  verschlosseii  sind?  '-lEs^ 
scheinen  dprt  die  Mittel  nicht  vorhä^nden  zu  sejn,  wodurch  ein^ 
Kriegsfürst  sich  halten  kann  und  wenn  sich  dort  ein  Staatsver- 
band nicht  mit  Gewalt  befestigen  läfst^  so  wird  er  sich  doch 
wohl   noch   weniger  durch   den   Gemeinsinn    von  selbst ,  bilden. 

36 


5ßi   Robinson,  memoirs  of  the  mesican  retolutioii. 

Ein  Gemeinwesen  in  Stadt  und  Land  ist  im  Werden,   und  hat 
sicVi  zwar  nicht    von  den    Soldaten   liberwaltigen  lassen,  worauf 
Torres  dachte,   der  nur  Soldaten  und  Bauern  haben  wollte  and 
die  Städte   nicderrcissen 'iiefsy   aber  die    Gemeinen  sind  viel  zu 
sehr  mit  sich, selbst  beschäftigt  und  mit  ihrer  fiauptstadt  Mexico 
in  zu  schwacher  Berührung   und   Wechsel wirkuli|f,  um  das  Be- 
durfnifs    der   Staatsgemeinschaft   mit    durchdringender  Nothweo- 
digkeit   zu    fühlen;   so   ist   es   denn  weder  zur  Zwingherrschaft 
noch   zum    Freistaat  sondern  zu    einem  Staatisschatten  gekommen, 
der  ungewifs  zwischen  beiden  schwankt«   Das  Einzige,  was^ich 
in   d?r   Unmöglichkeit,  die    europäischen  Waaren   zu    entbehren, 
nicht    entbehren  liefs ,    die  Handcisverbindung   erhielt   man  sich 
mitten  in  tlen  Unruhen,  und  gewährt  man  sich  jetzt  noch  mehr, 
und  ihre  Erleichterung  wäre  wohl   das  Erste  worüber  man  sich 
verständigen  und  zum  gemeinschaftlichen  Betrieb  vereinigen  kdnntc. 
Nun  ist  aber  der  Hauptsitz  des  Handels,  von  dem  ganzen  Lande 
nicht  in   der  Hauptstadt  Mexico   sondern   auf   €uba,  woran  er 
dilrch   Naturnothwendigkcit   gefesselt   wird.     Hier    sammlen  sich 
die   Waaren ,    welche  aus   dem   innern   Mexico   mit  grosser  Be- 
schwerde an  die  dürre,   weni^  bevölkerte  Küste  geschafft  wer« 
den,'  wo    si<ih   kein  Hafen  zu  ihrer   Vereinigung   anbietet;  hier 
macht  man  die  Verladungen  für  das  Küsitenland)   wenn  dort  die 
rechte  Zeit  zur  Weitefverseiidung,  ist,  und   diese  Zeil  will  ge- 
schickt gewählt  sejn,  da  fünfmonatlicher  Regen  mit  siebenmonat- 
licher Hitze    abwechselt,    in  welcher  sich  nur  des  Nachts  reisen 
läfst.     Hier  wird  überdem  die  ganze  Fahrt'  nach'  der  Küste  be- 
herrscht. '  So  lange  daher  die  Spanier  Cüba  nicht  verlieren,  ha- 
ben sie  auch  Mexico  nicht  verloren,  dessen  BevÖlkerungsschidu 
ten    anders,  gestaltet   sind,    als   in   ihreti    übrigfen  amerikanischen 
Landen ,    und   dessen    bürgerlichö   Lage ,    inrterör   Verkehr  und 
äusserer  Hs^ndcl    im    umgekehrten   Verhältbifs   zu'  den    dortigen 
steht.     Dort  ist,  di«  Küste  angebauter  als.  das  Innere,   die  gros* 
sen~  Städte  sind  an  der  Küste  und  nicht  im  Innern,   sie   versor- 
gen das  Land  und  stehen  den  Fremden  off^n,   ohne  dafs  es  die 
spanische    Seemacht   zu    hindern    vetmag.     Mexico   hat  dagegen 
seine  grossen  Städte  im  Innern    als  Sammelplätze   der  Landeser- 
zeugnisse,  und   seine  Handelitadt   auf  Cuba,    von    dieser  hängt 
seine  Versorgung  mit  europaischen  Waaren  ab,    und  die  spani- 
sche Seemacht   zu  Havanna   kann  es   den  Fremden  verscMiesscn. 
Den    besten   und    zugleich    den   schlechtesten    Begriff    von    den 

,  wirthschaftlichen  Zuständen  nancht  ohnstreitig,  dafs  im  Angesicht 
des  fruchtbaren  Mexico's  Cuba  von  den  Nordamorikanera  mit 
Getreide  versorgt  wird,  dafs  die  Mexicaner  nicht  einmal  den 
nächsten  und  natürlichsten  Absatz  benutzen,   den  sie  für  das  io- 

ländische  Getreide   mittelst  ihrer  schiffbaren  Flüsse  haben  iw«" 


Rob}n;sony  metnoiis  of  tlie  mexican  cevolution.   S63 

Äcn,  "Irenfn'  auch  die  Keisse  Satidkiiüte  das  Korn  dazu  nicht  ITe** 
fcrt,  und  dafs  die  spanische  Vesrw'aUung  die  Abhängigkeit  Cu- 
i>a's  von  iet  nordamerikantschen  Getreidezufuhr  geduldet  hat, 
da  isie  die  Versorgung  desselben  von  Mexico  gebieten ,  ö^der 
besser  leicht  befördern  konnte  Jetet  vermag  sich  Cuba  nicht' 
drei  Mdhate  zu  hallen ,  'wenn  eine  feindliche  Flotte  die  Getrei-*, 
dezufuhr  ^^nt,  und  wenn  dte*  Nordämerikaner  mit  dem  Verf , 
iht^iA  Landsmann  gleich  denken,  so"  sind  sie  nach  diesem  Schlüs- 
sel von-  Wesiindien  Und-  Meifico  sehr  lüstern,  tind  furchten,  eb^a 
desweg;eÄ,  dafs  ihn  iie  Engländer '  unter  "ihre  Obliut  nehnmi 
inöehten.  Von  di'esem  Hafen  aus  "ivird  der'  znexicänische  Meer-^^ 
busen  b^crt'scht ,  und-  das  '^eg'eiiubiCfrKcgenBe/  Land  selbst,  in 
Hand'd'sarbhftngigkeit  gehalten.  *  Cuba  selbst  bietet  den  reichsten 
Markt'  an ,  es  ist  unter  der  allgemeinen  Ve'rwirrung  in  Ordnung 
geblieb ew,  es-  erndtet  mehr  Zuck'er  und  Kaffee  als  Jamaika^  und 
es  hat  blofs  in  den  beiden  Monaten  December  und  Januar  i8if 
eine  Neger eita fuhr  von  beinahe  12000  K(5pfen  giihabt.  Hier  be-- 
%weis*  -der  Getreidemangel  Ale  Fruchtbarkeit,  den  Ueberflufs  und 
die  Betriebsamkeit  des'  Landes,  und  er  kann  steh  sruch  nur  ver- 
wirklichen, wenn  eine  herrschende  Seemacht  die  Zufuhr  sperrt. 
Dawider  vermag  sich  Cuba  durch  eigene  Kraft  nicht,  zu  ^schützen, 
und  dieses  scheint  hier  den  Wunsch  nach  Unabhängigkeit  nie- 
dergehalten zu  haben,  die.  nuc  dad>uFc!i  gesteuert'  werden  könnte^, 
daj^  man  die  Käffeepfianzüngen  in  Kornfelder  verwauddte,  den 
grösseren  £rtrag  für  den  ^geringeren  aufgäbe,  und^  die  skheru 
Handel^erfolge  mit  ,ungewissto  Verfassungsversucheh^  vertauschte, 
wobei  die  grossen  N^erschaaren  sehr  unberufene  Vermittler 
werden  könnten.  Ueberdem  hat  man  bereits  Selb$tve£waltun|; 
und  ein  ÖSe'ntlicbes  Einkommen  von  3,3oo,ooq  Pesos.  Del^ 
Verfasser  glaubt  de^ohu erachtet  nicht  allein  an'  den  Unabhaii- 
gigkeitswunsch  auf  Cuba,  sondern  auch  an  brüderliche  Zunet* 
\gung  gegen  die  Nordamerikancfr,  obgleich  sie  noch  nicht  ein- 
mal wider  eine  spanische  oder  französische,  geschweige  denii 
englische  Seesperre  schützen  können ,.  sich  auch  mit  den  £iu« 
wohnern  in  Gkubei^,  Sprache,  Sitten  nocti  nicht  verbrüdert  ha- 
ben, und  sicli  schwerlich  durch  ihre  höheii  Kornpreise  und 
tibrigen  Gewinnkünste  ihnen  so  reicht  empfehlen  werden.  Da-, 
gegen  scheint  seine  Meinung  sehr  gegründet  zu  ^evii,  dafs  durch 
den  Schutz  der  englischen  Seemacht  über  Cuba  dieses  blühende 
Land  auf  lapge  Zeit  in  ^ut^r  Sicherheit  sejn  würde.  So  dun-, 
kei  die  südamerikanische  Sache  ist,  so  scheint  doch  gewifs  zu 
seyn,  dafs  der  spanische  Verkehr  dort  anderer  Natur  als  der 
übrige  europäis'cbe  Handel  i^t,  daf$  dieser  nicht  gewinnt,  wenn 
jenci;:.  verliert,  dafs  die  Störung  jenes  aber  nachtheilig  auf  Spa- 
nien'und  über  dieses  auf  das  übrige  £uropa  zurückwirkt,  dafs 

36* 


\ 


564  G.  F.  Waogea  üb.  Hubert  u.  Johann  van-Eyc)c; 

die  Fortdaner  der  Verbindung  zwischen  Spanien  und  Amerika 
wunscUenswerth  ist,  und  vor  jetzt  noch  ihre  GeviFähr  in  Cuba 
hat«  dafs  Cuba  nicht  aLfallea  kann,,  wenn  eine  Seemacht  nicht 
dazu  die  Hand  bietet,  .welche  der  spanischen  überlegen  ist,  dafs 
dieses  nicht  geschehen  Jiann,  wenn  Spanien  ein  Schutzbündnifs 
Diit  England  bat,  und  dafs  also  Spaniens  Macht  in  seinen  ameri- 
kanischen Landen,,  und  die  Hoffnung  damit  in  Ordnung  zu  kom- 
men von  seinem  Einverständnifs  und.  Schutzbündnifs  liiit  Eng- 
land^ abhangt.  Die  Spanier .  haben  sich  freilich  in  dem  verrech' 
i4t,  was  ^sie  dort  Ypn  Jesuiten  und  Banditen  erwarteten,  aber 
die  allezeit  fertigen  Schriftsteller  im  Freistaatsmachen  haben  sich 
eben  so    verrechnet,.,  als  sie  von  den  südamerikanischen  hertsch- 

tüchtigen  und  prunkliebenden  Grossen,  von  gruhd verderbten 
Jnterbeamten  ^  und  einem  Bettelyolk  das  erwarteten  was  die 
nordamerikanischen  vormaligen  Franklin  ,'  ^  Washington »  die 
schlichten ,  gewerbfleis&igen  Bürger  und  ein  rüstiges  Landvolk 
leisteten.  Es  .fragt  sich  indefs  noch,  ob  es  mit  der  Ehrlichkeit 
in  Nordamerika  nicht  besser  stände,  wenn  xfian  sich  nicht  von 
dem  altväterlichen  England ,  losgesagt  hätle. 


Veher  Huhert  und  Johann  i^an  Eyck.  Von  Dr,  GüSTJr 
,    Friedricb  Waageh  ,  correspondirendem  MitgUede  der  Kö- 
niglich Bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften.   Breslau* 
Jm  Verlag  von  Joseph  Max  Und  Comp.   48si^.   F HL  und 
2^0  S.  in  S.     i  ftthlr.  6  gGr. 

JL/afs  die  Geschichte  der  alt -niederländischen,  wie  der  alt- 
deutschen Malerei  noch  immer  einen  Bparbfti.ter  sucht,  der  mit 
den  nöthigen  Kunst-  wi^  historischen  Kenntnissen  ausgerüstet, 
äas  leiste,  was  unsere  Zeit  auf  den  wissenschaftlichen  Stand- 
punkt, den  wir  errungen,  von  einem  Werke,  der  Art  erwartet, 
ist  eine  bekannte  Sache.  Dafs  aber  ein  solches  Unternehmen 
.bei  dem  Anfange  jener  Geschichte  und  d(^i  gänzlichen  Mangel 
an  tüchtigen^  gründlichen  Vorarbeiten,  (jiöchst  schwierigi  ^^ 
nicht  unter  den  jetzigen  Umständen  gar  unmöglich  sej,  ist  emc 
nicht  minder  eipleucht^nde  Sache.  Nur  nach  und  nach  könnte 
aus  einzelnen  genauen  Beiträgen  über  die  einzelnen  Meister  nnd 
Zeiträume,  in  deiien  sie' gelebt,  etwas  Tüchtiges  erwachsen.  U"" 
hiezu  ist  in  vorliegendem  Werke  der  A.nfang  gemacht,  worauf 
vyir  um  so  mehr  die  Aufmerksamkeit  aller  Freunde  der  Kunst 
wie  der  Geschichte  lenken  zu  müssen  glauben,  als  derVerr. 
uns  Iloffnuhg  macht,  in.  der  f  Folge  etwas  Aehnllches  über  die 
Schule  des  Johann  van  Eyck  folgen  zu  lassen.     Wird  der  Vcri. 


1 


<J.  F.  Wadgen  üb.  Hubert  u.  Johann  van  Eyck.  565 ' 

'  '  ■  / 

darin  die  ScWicrigkeiteo,  die  mit  einer  solclien  Aufgrabe  ver- 
knüpft sind,  auf  eine  eben  so  glückliche  Weise  zu  Idsen  n'issen, 
als  es  in  vorliegendem  Werke  über  Leben,  diö  Werke,  küfistle- 
riscbe  Stellung  und  Würdigung  des  Meisters  jeuer  Schule  ge-> 
than,  so  können  wir  nur  mit  d^  grossesten  Sehnsucht  dem  bal- 
digen Erscheineu .  dieses  Werkes  1  entgegensehen  und  sodann  hbf- 
fen,  einige  wesentliche  Lücken  in  dem.  Gebiete  der  neueren 
Kunst  -  Geschichte  aasgefüllt  zu  sehen,  um  so  mebr^  wenn  es 
dem  'Hru«  von  Humohr  gefallen  sollte,  uns  bald  mit  einer  Ge- 
schichte der  alt-italianischen  Malerei  zu  iiescheuken,^  wozu 'Er 
gewifs  mehr  iwie  jeder  Andre  berufen  ist.  Es  zeigen  dies  hin« 
reichend  die  einzelnen  ^Beitrage,  mit  denen  er  uns  aus  dem  rei- 
chen Schatz  seiher  während  eines  langtn  Aufenthalts  in  Italien 
an  Ort  und  Stelle  selber  gemachten  Forschungei^  im  Runstblatte 
von  Zeit  zu  Zeit  beschenkt  hat*  Auch  Hr.  Waagen  hat  in  sei- 
ner Schrift  gelegentlich  zum  öftern  von  ihnen,  wie  von  einzel- 
nen Untersuchungen  npd  Bemerkungen  des  Hrn.  Dr.  Sehorn' 
Gebrauch  gemacht.  Letztere  (im  Kunstblatt  Nro.  5/ — 59  vom 
Jahr  1820)  schienen  ihm  das  Genügendste  zu  enthalten,  was 
iu  ästthetisch-kün^tleriscKer  Hinsicht  über  Joh.  van  Ejck  bisher 
gesorgt  worden  war«  .  ^   ^  • 

Da  der  Standpunkt,  und  die  Ansichten  des  Hrn.  Dr.  Waa- 
gen üb^r  Behandlung  einer  Kunstgeschichte  so  sehr  abweichen 
von  denen,  nach  welchen  die  meisten  neüesteh  Werke  über 
diesen  Gegenstand  abgofafst,  so  wird  dadurch  hinreichend  der 
Umfang  der  in  drer  Abschnitten  der  eigentlichen  Untersuchung 
über  Joh'.  van  Ejck  vorausgeschickten  Einleitung ,  die  auch  nu  ^ 
a^ii derer  Rücksicht  höchst  wichtig  ist,  gerechtfertigt.  Üie  .meisten 
Werke  über  neuere  Kunstgeschichte  betrachten  die  Kunst  als^ 
etwas  ganz  für  sich  Getrenntes,  Uolirtes,  völlig  geschieden  von 
dem  Ganzen  ihrer  Zeit  und  Oertlichkeit.  Herr  Waagen,  geht 
gerade  von  dem  entgegengesetzten  Standpunkt  aus,  und  darin 
setzen  wir  einen  Hauptvorzug  seines^  Werkes  ^el  allen  sonstigen 
Verdiensten,  denn  dies  kann  nur  —  und  wir  haben  diese  An-^ 
sieht  stets  in  der  alten  Kunst,  (wo  schon  Winkelmann  darauf 
li inarbeitete)  bev^ährt  gefunden  -r-  der  einzige,  richtige  Weg 
£eyn,  au^dem  man  zu  einer  wahren  Ar^schauung  iil  der  Kunst- 
geschichte' gelangen  wird«  Jede  Kunsterscheiuung  kann,  wie 
jede  .literarische  Erscheinung  nur  aus  ihrer  Zeit  und  im  Zusam7 
meuhange  mit  |^r  erkannt  werden,  und  es  ist  dann  das  Geschäft 
des  Historikers,  die  politische  Geschichte,  den  Charakter  des 
Volks,  den  Zustand  4er  Kuliur,  Religion  u.  s.  \v.,  selbst  die 
natürliche  Beschaffenheit  des  Landes  zu  betrachten ,  ^  um  daraus 
r-^ —  als  aus  Beförderungs  -  oder  Hinderungsmittelu  der  Kunst  — 
'den  Gang  und  die  zeitgemässc  Erscheinung  derselben  aufzufassen. 


I         — . 


I 

566  G.  F.  Waagea  üb.. Hubert  u.  Johann  van  Eyck, 

Wir  empfehlen  dali^r  unsern  Lesern  dringend  die  beherilgungs« 
-werthen  und  so  wahren  Winke,  die  der  Verf.  über  diesen  Ge- 
genstand von  S.  a5 — 29  giebt.     Der   ite  Abschnitt  der  Einlei- 
tung handelt  nämlich :  Von  der  Behandlung  der  Kunstgeschichte, 
so  wie  voTt  den  Schriftstellern  über  Hubert  und  Johann  van  Ejfck 
und  des  letzten  Schule»  Hr.  Waagen  theilt  die  Masse  der  Schrift- 
steller«   über  die  Geschichte  der  neueren  Malerei,    die   hier  in 
Betracht  kommen ,   in  zwei  Classen,   in  Quellenschriftsteller  und 
in  solche,  die  aus  Jenen'  geschöpft  und  Zusaia»menstellungen  ver- 
,  sucht  Jiab^n.    Unter  die  erstem  gehören  F^asariß  Carl  van  Man" 
derj   Facius  und   ein    Ungenannter  aus  dem  iGten-  Jahrhundert, 
unter  die    zweiten   hauptsächlich '  ybacÄi/n  vonSandrart,   Des^ 
camps,  Fiorilloj  und  M^ame  Schopenhauer,     Sie  leiden  sämmt- 
lieh  mehr   oder  minder  an  dem   oben   bemerkten  Fehler.    Um 
ihn   zu '  vermeiden ,   handelt  unser   Ym^L  im  zweiten  Abschnitt: 
^Veber  den  SchaupldtZj  auf  welchem  und  die  Verhältnisse,  unter 
denen  sich  J.  v*  Ejrck  und  seine  Schule  entwickelt  haben,*  Eine 
Uebersicht   der  Geschichte  von  Brabant  und  Flandern,   in  der 
'besonders  die  Punkte  hervorgehoben  sind,  aus  denen  die  Blüthe 
und  der  ausserordentliche  Keichthum,   der   in   den  Hauptstädten 
jenes  Landes,  in  Genf,  Brügge  u.  s.  w*  zu  jener  Zeit  geherrscht, 
und  sie  den  blühendsten  Freistädtea  Italiens  an   die   Seite  setzt, 
so  wie  andere  Umstände,  die  dem  Gedeihen  der  Kunst  auf  man- 
nigfache   Weise   förderlich   seyn    mufsten,    sich   ableiten  lassen. 
Die  angenehme  Darstellungsweise  des   Verfs.   giebt    diesem  Ab- 
schnitt einen  eigenen  Bdiz.     Wie  treffend,   wie  wahr  die  Schil- 
derung des  jLandes,   seiner  fiewohner,' des  Charakters  derselben 
u*  s.  w.  "sej ,    so    wie  si«  uns    ( S^  54  ff^. )   Herr   Dr.  Waagen 
giebt,   wird  jeder  bezeugen   müssen,    der  diese  Länder  durch- 
reist,  und  einige  Zeit  in  ihnen  verweilt  hal.,    Ueber  die  Beför- 
derungen, deren  sich   die  Kunst  in  jener  Zeit  zu  erfreuen  ge- 
habt, werden  ausser  deni  Allgemeinen,  noch  S.  58  f,  einige  in- 
teressante,  specielle   Data  angeführt.     Der  dritte  Abschnitt  han- 
'delt:    Ueber  die  Ausübung  der  Malerei  in  den  Niederlanden  vor 
deri   Zeiten   der  Bruder   van  Ejck,     S.  60  ff.    Nur  mangelhafte 
und  unvollständige  Nachrichten   boten  sich   dem  Verf.  aas  jener 
Zeit  dar.     Denn  auch  hier  hat  die  unselige  Bilderstürmerci,  die 
unserem  Yaterlande   gleichfalls   so    manches    Kostbare    entrissen^ 
ihre  zerstörenden  Wirkungen  geäussert.     Hri  Waagen  ist  indefs 
eifrigst  bemüht ,  -die  wenigen  Spuren  von  Nachr|(chten  über  Ge- 
mälde aus  den  Zeiten  vor  Joh.  v.  Ejck  zasarnunenzulesen«    Viel- 
leicht lassen  sich  bei  dem  selbst  in  den  Niederlanden  erwachten 
Eifer  für  Kunst  noch  mehrere  Entdeckungen  erwarten,  nament- 
lich von  Seiten  der  Miniaturmalerei,    auf   die    uns  Hr.  Waagen 
mit  Becht   aufmerksam   macht,    als  dieselbe,  wie 'wir  bestioiint 


I 


G.  F.Waagen  ülp.Hubertu.  Johann  van  Eyclu  GGj 

Wissen,  schon  vor  J<)H.  v.  Ejck  in  einem  hohen  Grade  ausge- 
bildet war.  Fragt  man  aber  weiter,  wie  die  Malerei  aas  der 
Barbarei)  in  die  sie  in  jenen  Ländern  bis  zum  i  2 ten  Jahrhundert 
bin  versunken  wax^  sich  zu  der  Trefflichkeit  eines  Joh.  v.  E^rck 
habe  erheben  können ,  so  wird  man  sich  nicht  mit  der  blossen  * 
Angabe  begnügen-  dürfen,  dafs  Handel,  '  Reiohthum  und  der- 
Freiheitsgeist,  der  sich  im  iSten  und  i4tei;i  Jahrhundert  in  ste- 
tem Wachsen  zeigte,  die  einzige  Ursache  gewesen,  obschon 
dadurch  allerdings  die  aufkeimende  Kunst  wesentlich  gefördert 
w^orden.  Hr.  Waagen  findet  nach  einer  Vermulhung  des  Herrn 
van  Rumohr  bei  allen  diesen  Förderungen  einen, Hauptanstofs  von 
aussen  —  und  dergleichen  wird  die  Kunst  immer  bedürfen  ' — 
in  der  Verbreitung  älterer,  neu  -  griechischer  Kunstwerke  ^  Wel- 
che nach  der  Eroberung  und  Plünderung  von  Constautinopel 
durch  die  Kreuzfahrer  im  JahV  i2o4,  eben  so  gut  iii  den  Nie^ 
derlanden,  wie  in  Italien  möglich  geworden  war..  Er '«bringt 
auch  dafür  'einige  bestimmte  Data  bei,  von  Musterbildcsbv^  die 
iia  jener  Zeit  aus  dem  Orient  nach  Flandern  und  den  Nieder- 
rhein gebracht  worden;  z.  B.  Christusköpfe,  nach  deren  Tjpus 
die  des  Joh.  van  Ejck  und  Hemling  gearbeitet;  setzt  jedoch  S« 
j3  hinzu^  «Es  dürften  sich  diese  Bilder  zu  deneti  des  J.  vaa 
Ejck  und  seiner  Schule  ungefähr  so  verhalten,  wie  die  ägjpti* 
schen  Statuen,  von  welchen  die  Griechen  ausgingen,  zi^  den 
Werken  ihrer  vollendeten  Kunst.»  Es  sejen  in  hohem  Grade 
eigenthümlich  niederländisbhe  Erzeugnisse,  von  allem  Einflufs 
der  Antike  entfernt;  was  sie  eb<^n  so  merkwürdig  mache  und 
Vor  der  italiänischen  Kunst  auszeichne,  die  auf  antikem  Boden 
gewachsen,   nie  diesen  Ursprung  yerläugnen  könne. 

Nach  dieser  Einleitung  folgt  nun  S.  y4'  Heber  Hvhert 
und  Johann  pan  Eyck,  und  zwar:  4)  Ueher  Namen  und  Z.c- 
benszeit  der  Bruder  vtm  Ey-ck,^  Wir  ersehen  hieraus,  dafs  Hu-^ 
bert  van  Eyck  der  Aeltcre  i366  geboren  und  i/(a6  zu  Gent, 
60  Jahre  alt,  gestorben,  dafs  aber  über  den  Jüngern  Bruder 
Johann  van  Eyck  die  Angaben  höchst  un^ewifs  sind.  >  Offenbar  ^ 
-war  er  jedoch  um  ein  Bedeutendes  jünger  und  Md.  Schopen^ 
ba\iers  Anbahme,  die  ihn  um  a5  Jahre  jünger  setzt,  wäre  nach 
Hr.  Waagen's  Urtheil  nicht  zu  viel.  Für  das  Todesjahr  des  van 
Eyck  (sein  muthmafsliches  Geburtsjahr  wäre  etwa  iSgi)  ist 
wenigstens  die  Jahreszahl  4467  auf  dem  Danzigcr  Gemälde  ent- 
scheidend. Man  könnte  es  demnach  in  das  Jahr  1470  setzen. 
Ä J  Ueber.  die  Lek^u6umstände  der  Brüder*  Leider  haben  wir 
nicht  sehr  voUstaudige  Nachrichten.  3)  Ueber  die  Erfindung  der 
O^lmalerei  durch  Johann  van  Eyck,  S.  88  ffl  Ein  in  jeder 
Hücksicht  höchst  wichtiger  Abschnitt.  Der  Verf.  giebt  zuerst 
vollständig  die  Stelle   des   Vasari,   woraus  Alles   geflossen  j   was 


s 


( 


568  G.  F.  VVaageo  üb.  Hubert  u.  Jobann  van  Eyck 

saiChcr  ia  unzählig  vielen  Buchern  über  diesen  G/^genständ  gesagt 
worden.     Dann  folgen  von    S.  93   an  'die  Anerben  der  Gegoer, 
die  das  Dasejn   zu    einer    Oeimalerei   von   Johann^van  Eyck  zu 
ertiärten  und  so  dem  ieuteru  die  ErEndung  der  Oeimalerei,  die 
ibija  nach  jener  Stella  de$  Vasari  gemeinhin  beigelegt  wird,  strei- 
tig zu  macheu  ^suchen.     Aus.  ihren  Einwürfen    geht  auch  unuoi* 
stöfslich  hervor^    dafs  rnan  schon  lange  vor  der  Zeit  des  Joh.  v. 
£yck  gewufst  habe,    mit  Leinöl   gemischte  Farben   zur   Malerei 
anzuwenden,    (s.    S.  96 )f    ohne   dafs   jedoch    darum   die  ganze 
Erzählung  des  Vasari  für  ein  Mäbrchen  zu  halten  sej,  es  konote 
sogar  diese   so  wenig  anwendbare  Art-  der  Malerei   später  leicht 
in  gänzliche  Vergessenheit  gerathen  sejn  und.J.  v.  Ejck  immer 
wieder  von  oieuem  die  Entdeckung  über  die  am  leichtesten  trock- 
nenden Oeie  gemach^  haben,   oder   doch  wenigstens  dieser  Art 
der   Malerei    ihre    rechte    Anwen^dtiug    in    der   Kunst .  gegeben, 
daduf^h-^     dafs    er    das   Trocknen    der   Farben   mittelst    Kochen 
des  Q fit»  beschleunigt  und  erleichtert  (S*  98).   'Wie  dem  auch 
sey,  wichtige  Entdeckungen  mufs  auf  jeden  Fall  J.  van  Ejck  iii 
d^r  Malerei   gemacht   haben.     Um   dies  auszumitteln ,   untersucht 
Hr.  Waagen  zuerst   (S,   io3  .ff.)    die  Nachricht,  dafs  Antipnello 
\on  Messina  eine  neiue  Art  von  Oel- Malerei,   die   er   von  Joh. 
van   Ejck   erlernt,    nach    Italien   gebracht    habe«     Es   fällt  auch 
wirklich  die  Zeit  dieses  Malers  mit  der  allgeoieineu  Verbreitung 
d?r  Oeimalerei  in  Italien  i^usam^ien,   wo  zwar  schon  längst  eine 
gewisse  Oeimalerei  bekannt,  aber  «  doch   nv^r  selten  angewendet 
v/orden,    ohne  Zweifel,    weil    sie  zu  unvollkommen  war,  und 
die   Malerei  in  Tempera   trotz   ihrer  Mängel  noch    nicht  durch 
besondere  Vorzüge  überwiegen  konnte  (5,4  23).     Wenn  dem- 
nach J.  v.  Eyck  nicht  der  Er6nder  der  Oeimalerei  im  strengsten 
Sinne  des  Wortes  zu  nennen  ist,   so  kann  man  ihn  doch  in  so-^ 
fern  als  Erfinder  bezeichnen,  als   er   es  erfand,   die   Farben  in 
Oeimalerei  auf  eine  Weise  zu  behandeln,  wodurch  sie  ungleich 
vorzüglicher  und  vollkommner,   als  die  bisher  fast  ausschlielsiich 
übliche  Temperamalerei,    wurden  und  es  ihr  so  gelingen  konnte, 
in   einem   Zeiträume    von  5o  Jahren  letztere  in  ganz  Europa  ^u 
,  ve'rdi'ängen,  tiqd  sich  an  ihre  Stelle. zu  setzen  (S.  124)« 

Diese  neue  Art  der  Malerei  hätte  dann  Antonello  bei  J. 
V.  Eyck  gelernt  uncT  nach  Italieit  gebrach^,  und  so  sagt  dann 
unser'  Verf.  S.  i24:  «Nur  die  ErEndung  in ,  diesem  Sinne  ist 
« von  einer  grosscu  Bedeutung  in  der  Kunstgeschichte  und  bat 
«daher  ihrem  Urheber  einen  grossen  Theil  des  Ruhms  erwor- 
«ben,  dessen^ er  schon  bei  seinen  Lebzeiten  genofs.  Wer  zu- 
«erst  Farben  mit  Oel  gemischt,  und  damit  auf  eine  unzuläogli- 
«che  Weise  gemalt  hat,  daran  ist  im  Ganzen  wenig  gelegen.» 
'  ScbliefsUch   von   S.  128  «^   i3Q    wird  dakip   auch  im  Einzelnca 


U 


-     9 


G.  F.  Waagen  üb.  Hubert  u.  Jobann  van  Eyck;  569 

^r^Tte^ty  worin  aie  Vorziigodcf  Oelmaleret  fc  J.  v.  Ejck  vor 
der /bisherigen  Tempera  -  Malerei  bestanden.—  i)  Ueher  Jo^ 
hünnes  van  Eyck  Verdienste  itm  die  Linien  -  und  Luft  -  Per^ 
spective  S.^i3i  fiP.  J.  van  Eyck  verliefs  zuerst  den  GoldgruAd 
bei  der  Läft  und  dem  Hintergrund^,  er  ward  so  ^um  Erfinder 
der  Linienperspective ,  die  er  an  die  Stelle  des*  Goldgrundes 
setzte  und  deren  Regeln  er  zuerst  yollkommcn  ausübte:  Erfin- 
dungen,   durch   die   er    seinen   Ruhm   nicht  minder,    wie  durch 

%di«  d^r  Oelmalerei  begründet  hat,  —  5)  lieber  Johannas  wan 
Eych  Verdienste  um  die  Glasmalerei  S.  i3d«  Der  Verf.  läfst 
e%  übrigens  dahin  gestellt,  ob  die  Nachricht  begründet  sey  oder 
nicht,  dafs  Joh.  v.  Ejck  es  erfunden,  die  Glasscheiben  nur  auf 

*  einer •  Seite  mit  Schnaelzfarben  zu  überziehen.  —  6)  Ueker  den 
kiinstlerischett  Charakter  des  Johann  van  Eyck,  S.  489  ff.  Eiits 
der  wichtigsten  und  belehrendsten  Capitel  dieses  Werks,  worauf 
Tvir  alle  Freunde  der  Kunst  nicht  'genug  aufmerksam  machen 
iLÖnnen,  um  so  mehr  als  der  Inhalt  desselben  gewifs  sie  belrie- 
digen  wird,  da  Hr.  Waagen  meist  aus  eigner  Anschauung  ur- 
theilend,  nicht  blofs  an  die  oft  mangelhalten  oder  irrigen  Be-" 
Schreibungen/ und  Urtheile  Anderer  sich  hält.  *  Es  mag  uns  ver- 
gönnt sejn,  nur  einige  Puncte  herauszuhe)>9n.,  Denn  jene  Er- 
findungen Johann  van  Ejck's,  obschon  sie  ihm  grossen  Ruhm 
erworben,  würden  dennoch  nicht  hingereicht  haben,  ihn  zu  dem 
"vorzüglichsten  Maler  seiner  Zeit  zu  erheben,  es  kommt  hier,  wie 
«i^ch  Hr.  Waagen  richtig  bemerkt,  zugleich  darauf  an,  auf  wel« 
fhe  Weise  undNmit  welchem  Geist  Joh.  van  Ejck  von  jenen 
Mitteln,  die  er  sichögesch^ffen ,  Gebrauch  gemacht  habe.  Hr.^ 
Waagen  führt  deshalbN^unachst  weiter  aus,  wie  Joh.  van  Evck 
sich  meistens  GegenständeNaus  ^e£,  heiligen  Geschichte  zu  seinen 


Darstellungen  gewählt,  am  ii 
durch  die  geheimnifsvollsten , 


sten  symbolische,  oder  solche,  wo- 
wunderbarsten  Lehren  der  christ- 
licheir  Religion ,  vom  Sündehfall ,  l  Menschwerdung  der  Gottheit 
u.  dgl.  bezeichnet  .werden,  wo^erd^nn  mehrere  derselben,  die 
in  /enger  Verbindung  mit  einander  stehen ,  aneinander  zu  reiben 
sachte.  Von  der  Heiligkeit  und  tiefen  Bedeutung  solcher  Ger 
genstände  durchdrungen,  v^ar  aber  a^ich  ailseiu  Sinnen  daraut 
gerichtet,  dieselben  aufs  ^vürdigste  darzustellen,  sich  gänzlich 
( was  nur  wenigen  Künstlern  geglückt)  seiner  Subjectivität  zu 
entäussern  .und  rein  objectiv  zu  scyn.  Der  tiefe  Ernst/  den  er 
dadurch  seinen  Darstellungen  einhaucht,  wird  durch  Heiterkeit 
in  den  Umgebungen  gemildert,  und  mit  dem  Sinne  für  würdige 
Auffassung  religiöser  Gegenstände  ist  eine  aussercrrd^ntlicfa  le- 
bendige getreue  Darstellung  von  Scenen  aus  der  Natur  oder  dem 
gemeinen  Leben  verbunden  (s.  besonders  S.,  i4^  und  ff,).  Die 
Rildnisse  sind  alle  «ehr  mühsam  und  fleissig  ausgemalt  mit  scho- 


Sjo  G.  F.  Waageo  üb.  Hubert  u.  Johann;  van  EycL 

nen ,    landsehafdicKen  ,  Hintergründen    (S.   t47)«      Soöst  haben 
Johann  van  Ejrcks  Köpfe  meistens   ein  porträtartiges ,   individu- 
elles  Ansehen ,   nur   in   den  Darstellungen  des  Christus  und  des 
darnach  gebUdeteo  GotL  Vaters  hält  er  sich,   was  den  Kopf  Le- 
tiifft,  streng   an  den  überlieferten   Typus.     Herr  Waagen  führt 
als  Beleg   diza  ausser   Andern    den  trefflichen  Christuskopf  von 
Hemling  in  der  BoissereVschen  Sammlung  an»     Selbst  die  Män- 
gel, die  «ich   etwa  in  einzelnen  Theilen  der  Gemälde  Joh.  van 
Eycks  entdecken  lassen  ^  verschweigt  Hr.  Waagen  niclit.  £r  setzt 
sie  in  die  mangelhafte  Bearbeitung  der  Extremitäten  des  mensch- 
lichen Körpers  von  der  hohen  Vollendung  des  Leibes,  dann  be- 
sonders in  die  Behandlung  nackter  Körper.    Doch  läfst  sich  ^^r 
Intzte  Umstand  erklären   und  entschuldigen.     Das   Studium  nack 
dem  Nackten  oder  nach  der  Anatomie,  ^ war  so  wenig,   wie  das 
Studium  nach  Antiken  in  den  Niederlanaen  üblich  und  es  führte 
auch  ein  eigener    Sinn,    die    niederländischen  Künstler   vorzugs- 
weise  und   einseitig   nur  auf  Ausbildung  der  Köpfe  —  eiu  für 
alle  christliche  Kunst  höchst  charakteristiscker  Umstand,  wodurch 
sie  sich  wesentlich  von   der  alten   Kunst   unterscheidet,  bei  der 
wir  gerade  den  entgegengesetzten  Qang   wahrnehmen  :     Vollen- 
dung des  ganzen  übrigen  Körpers  und  zuletzt   des  Gesichts  (S. 
4^3.    154.J.     Noch    vielem    Andere    Wichtige    führt    in    dieser 
Rücksicht  Herr  Waagen    an,   was  wir  pur  höchst  ungern  über- 
gehen,   um    nicht    die  Gränzen    einer    Anzeige    zu    übl^rschrei- 
ten.    Der  Kenner  und  Kunstfreund  wird  in  dem  bereits  .Gesag- 
ten  hinlängliche   Anregung    finden,    dais   Ganze    eines  genaueren 
Studiums  zu  würdigen.    So  bedauern  wir  Namentlich  die  schöne 
Schilderung,  mit  der  Hr.  Waagen  diesen  Abschnitt  (S.  i63  f.) 
beschlioTst ,   hier  übergehen  zu  müssen.  —     7J .  Ueber  das  Ver- 
häitnifs  des  Johann  voji  Ejrck  zu  den  andern  vorzüglichsten  Ma- 
lerschiden   seiner   Zeit.    S.    4  65   ff»     Es   wird   hier  das  Verhält- 
nifs   der  Gemälde  \ Joh.   v.  Ejcks^zu   denen  der   fiorentinischen 
Schule,    zunächst    in   Vergleich   mit   denen    seines    Zeitgenossen 
Masaccio,    und   zu  denen  der  alt  -  köllnischen  Schule  dargestellt. 
— -   Ueber  die  Einwirkung  Johannas  van  Eycks  axif  die  Richtung 
der  Malerei  in   den   Ländern  ^   wo  dieselbe  mit  Erfolg  getrieben 
wurde,    S.    17  a   ff,     Joh.    van   Eyck    ward   der   Schöpfer   einer 
Schule,  die,  wie  von  keiner  andern  Schule  bekannt  ist,  so  sehr 
in  dem  Geiste  ihres^  Meisters  fort  arbeitet&^  dafs  oft  nur  höchst 
Vertraute  und  genaue  Keontnifs  die  Bilder  der  Schüler    von  de- 
nen   ihres   Meisters ,  zu    uitterscheideu    vcVmag.  ~   Doch    darüber, 
hoffen  v^ir,  werden  die  einst  nachfolgenden  Untersuchungen  des 
Hrn.   Dr.   Waagen ,   Licht   verbreiten.     Es  zeigt  sich  aber  auch 
d\e   mächtige  Einwirkung    Joh.  van  Eycks   auf    die   benachbarte 
köUnische,  dann  auf  die  oberdeutsche  Schule,  deren  Verhältpifs 


RadloPs  MustersaaL 


571 


zur  niederländischen  hier  vergleichend  bestimmt  wird;  selbst  auf 
die  italiaoiüchen  Schulen,  liesonders  auf  die  Yenetianisclie  und 
auch  auf  die  Florentinische ;  endlich  gar  auf  die  Spanische,  um 
so  mehr,  da  viele  niederländische  Maler  in  Spanien  gearbeitet, 
auch  viele  niederländische  Gemälde  uater  der  spanischen  Herr« 
schaft  Und.  den  niederländischen  Befreiungskriegen  dahin  gewann 
dcrt  sind«  Alle  diese  Puncte  sind  hier  mit  Ausführlichkeit  zur 
Genüge  abgehandelt»  g)  Von  den  Gemälden  des  Hubert  und 
Johann  van  Eyck,  so  me  von  den  Nachb^dimgen  derselben  in 
Kupferstich  und  Steindruck.  S.  igS  ff.  Hier  werden  sdle  noch 
vorhandenen  Gemälde  Joh.  van  Ejcks  der  Reihe  nach  aufge^ 
zählt,  sorgfaltig  beschrieben  und  kritisch  beurtheilt,  — denn' der 
Verf.  kennt  sie  meistens  aus  eigener  Anschauung  — *  auch  ihre 
Geschichte^  und  Schicksale  erzählt.  Eine  genaue  Angabe  dei^ 
Bilder,  die  äineni  der  beiden  Künstler  zugeschrieben  werden, 
ohne  dafs.  sie  den  Namen  derselben  oder  Zeit  der  Entstehfing 
enthielten,  beschliefst  dieses  für  den  Künstler,  zumal  für  den, 
welcher  noch  nicht  zu  eigener  Anschauung  dfer  Eyckschen  Ge* 
mälde  gelangen  konnte,  wichtige,  durch  getreue,  lebendig^  Dar- 
stellung ausgezeichnete  .Capiiel  und  somit  das  ganze  Werk,  zu 
dessen  Empfehlung  wir,  nach  den  vorgelegten  Proben,  ^ohl 
weiter  nichts  zu  sagen' für  nÖthig  erachten.     '  B. 


Mustersaal  aller  teüt^chen  Mundarten,  enthaltend  Gedichte,  pro-- 
saische  Aufsätze  und  kleine  Lustspiele  in  den  verschiedenen 
'    Mundarten  aufgesetzt  und  mit   herzen  JSrlaüterungen  verse- 
hen von  Dr,  Joh^  Gottl,  RadloFj  öff.  Prof.  zu  Bonn  etc. 
Bd.  L  XX  u.  348  S.  Bd.  IL  XII  m.  dyiS.id  S.  5  fl.  3o  kr. 

JL/er  Verf.  betrachtet  diese  Sammlung  als  eine»  Charakteristik  der 
einzelijien  teütschen  Völker  in  Sprache^  und  Dic;lnung«  Das  ist 
sie  auch,  selbst  wenn  'man  den  dichterischen  Werth  geringet 
lindet,  als  der  Verf.,  der  ihn  etwas  zu  überschätzen  s(^hjßii|^  wie 
das  bei  achtungswerthen  Gegenständen,  womit  man  sich  lange 
befreundet  hat,  wohl  zu  geschehen  pflegt.  Gröfstentheils  sind 
'  sie  aulB  dem  gemeinen  Volksleben  aufgegriffen  ]ind  dessen  wahr- 
haftige Darstellung,  die  ihr  Interesse  nie  verlieren  kann,  so  lang 
es  einön  teütschen  Volksstamm  und  eine  teütsche  Sprache  gibt. 
Zur  *  Beurlh eilung  der  Detikweise  und  Sinnesart  der  ^  teütschen 
Völker  ist  diese  Sammlung  freilich  nicht  hinreichend,  die  ihrer 
Natur  na^h  von  allen  etwas  nehmen  mufste^  um  von  allen  etwas 
;lu  geben  und  doch  nicht  die  Vollständigkeit  erreicht  hat,  die 
sie  auf  dem  Titel  verspricht.    £s  verdient  sclic>n  Lob,   dafs  der 


5y2  Radlofs   Mustersaal. 

Vecf.  von  den  meisten  Mundarten  Beispiele  gegeben,  von  allen 
ist  es  jetzt  noch  niclit  möglich,  da  in  vielen  noch  gar  nichts  ge- 
schrieben -  ist ,  wo  es  also  nicht  auf  den  ^Sammlerfleifs ,  den'  Nie- 
mand dem  Verf.  absprechen  ;wird ,  sondern  auf  ^  eigene  Erkun« 
digung  aukommt,  deren  Schwierigkeit  nur  der  begreift,  der  sie 
versucht  und  erfahren  hat,  wie  sehr  das  gemeine  Volk  sein« 
Mahrchen  und  Lieder  vor  den  Schriftgelehrten  verschweigt,  aus 
Furcht,  von  den  sogenannt  Gebildeten  verspottet  za  werden. 
£s  ist  die  Kluft,  dte  nun  einmal  zwischen  iinserm  Schriftteütsch 
und  den  Mündarten  sich  gebildet,  zu  überwinden,  wenn  maa 
zum  richtigen  Verständnifs  der  letztern  gelangen  will,  und  wer 
freilich  das  Unglück  hat,  im  Schriftteütsch  von  Kindheit  an  er^ 
zogen  zu  seyn,  dem  wird  die  Erforschung  der  Volksdichtung 
ungleich  sthwerer,  als  dem,  der  die  z>Teifelnde  Zurückhaltaog 
des  Landvolks  schon  mit  der  ^  mundartlichen  Anrede  '  zu  ber 
schwichtigen  weifs.  Das  Treuherzige,  was  in  jeder  Mundart 
liegt,  erwirbt  dem  Gebildeten,  der  sie  spricht,  schon  viel  Vertrauen 
des  gemeinen  Volkes,  was  durchaus  nothig  ist,  wenn  man  die- 
volksmässige  Dicht-  und  Denkweise  ergründen  wiH.  .  Sa  leicht, 
wie  sich  die.  meisten  Leute,  dfe  durch  die  Schule^  gelaufen, 
vorsf eilen,  ist  es  nicht,  eine  Mundart  zu  lernen  oder  richtig  zu 
sprechen,  mau  mufs,  fast  nothwendig,  darin  geboren  und  erzo- 
gen sejn,  wenn  sich  die  SprachorgauQ  an  die  vielen  Feinheaen 
der  Wortstellung  und  Aussprat^he  gewöhnen  sollen. 

Muster  der  teütsdien  Mundarten  müssen  der  Sache  nacli 
die '  charakteristische  Darstellung  des  Volkes  und  der  Sprache 
nach  die  eigenthümlichen  Formen  seiner  Mundart  enthalten.  Das 
letzte  erfordert  Dialectologien ,  Idiotiken  und  Samnilungen  der 
Volksdichtungen  als  Vorarbeiten,  woraus  sich  erst  bestimmea 
lälst,  welche  Stücke  in  beider  Beziehung  musterhaft  sind.  Für 
Volkswdrterbücher  hat  man  schön  langer  gearbeitet,  für  Dialec- 
tologien  und  Sammlungen  der  Volksdichtungen  aber  erst  seit 
einigen  Jahren.  Das  Hadlofische  Werk  erscheint  also  za  früh, 
wenn  es  sich  als  Mustersanimlung  ankürtdigt,  womit  indefs  die 
Heragigabe  des  Buches  nicht  getadelt  wird,  indem  gcwifs  man« 
chcs  Stück  dadurch  der  Vergessenheit  und  dem  Untergang  ent- 
zogen ^"wurdc  und  die  Lesewelt  überhaupt  auf  den,  Reichthum 
unserer  Sprache  auch  in  dieser  .Hinsicht  aufmerksifm  gemacht 
wird.  Wenn  ich  daher  viele-  Stücke  dieser  Sammlung  iit  mate- 
rieller Hinsicht  nicht  als  musterhaft  anerkenne,  so  mufs  ich  da- 
gegen auch  die  Griinde  ihrer  Aufnahme  würdigen,  wieWohl  der 
Herausgeber  nicht  gesagt  hat,  nach  welchen  Grundsätzen  er* 
seine  Auswahl  bestimmt.  Von>  Mundarten ,  worin  weuig  oder 
nichts  geschrieben,  ist  freilich,  der  Probe  wegen,  aufzunehmen, 
was  ma»  eben  bckommt|  und   das   hat   K.  gethan;    d«i£s  er  von 


KadloPft   Mustersaal,  ^7^ 

grS^erea' mun^artliGllen  Schriften,  i/vie  vom  fraekfütter' Bürgern 
kapttan^  Yon  Walraff$  Posistaüon  und  ArnoHs  Pfingstmontag, 
dreien  in  ihrem  Kreise  ^o  sehr  tharakteristischen  und  wirklich 
inu5ter|)aftea  Arbeiten,  ketne  Bruchstücke  als  Proben  gegeben, 
werden  (liejenigen  nicht  tadel^^  die  dem  Exc^pt^n  •  und  Chre^ 
stomathien'- Wesen  nicht  hold  sind;  dafs  er  ferner  ajus  allbekann-« 
ten  Büchern,  wie  aus. Hebels  Liedern,  keine  Beispiele  entlehnte, 
ist  ebenfalls  zu  billigen,  wiewohl  er  diefsM.bel  Schottkj  und 
Griibel  nicl|t  befolgte.  Aber  eines  fallt  ihm  zur  La^t,  dafs  er 
von  Mundarteil,  wo  ihm  eine  Auswahl  zu  Gebote  stand,  so. un- 
beileiitendei  Stuck^^  gewählt  hat^  wie  von  den  E^ubliinder  Volks- 
liedern;, und  mancher  wird  ts  ihm  auch  verdenken,  dafs  er  so 
viele  einförmige  und  abgebrochene  Stücke,  wie  die  Miesbacheip  ^ 
AlpfnliedeiC  (Thl.  LS.  99  —  106)  milgetheilt,  und  sp  in  Ver-  - 
stand  und  Spraehe  gehaltlose ,  Beispiele ,.  wie  die  Yerwünschun« 
gen  der  Zipser  (L'  S.  i84)  aufgenommen.  Man.  könnte  darüber 
weggehen,  wenn  der  IL  blofs  den  Sprachzweck'  im  Auge  ge- 
habty  die  Rücksicht  auf  den  Gehalt  aber  erforderte  ^ffepbar  eine 
scharfe  Unterscheidung  der  Stücke,  die  ,in  eine  Mundart  hinein 
übersetzt  wurden  Ond  derjenigen;  so  9ns  einer  >Mund<irt  durch  ,^ 
innerlidics  Behagen,^  wie  Göthe  sagt,,  hervorgvCgangcnj  denn  nur 
diese  haben  <lie  Weihe  der  Kraft  und  sind  jenen  Weit  vorzu- 
ziehen. .  So .  kam  Johann  Costa  auf  den  einfaltigen.  Gedanken, 
Friderichs  IL  Ode  s^uf  dieWiederherstellong  der  Akademie  in 
die  Mundart,  der  sette  communi  zu-^  übersetzen,  woraus  doch  kein 
Mensch  von  gesundem  Verstand eiN^uf  den  Charakter  dieser  Ge^ 
meindcn  schliessen  wird,  denen  eine  Akademie  so  wildfremd  ' 
ist  als  wie  jedem  teüts&hen  Bauer.  Unter  den  'Origirialstücken 
fiadet'  ja  noch  überdies  4er  nicht  unbedeutende  Unterschied 
statt,  ob  sie  gebunden  oder  frei  geschrieben«  Wir  haben  weit 
mehr  poetische  als  prosaische  Erzeugnisse  der  Mundarten,  allein, 
jene  können  in  vielen  Fällen  nicht  als  -Beispiele  oder  gat  als  . 
Muster  der  Wortstellung  und  Satzfügung  ^Iten,  wenn  sich  der 
Dichter  auch  mit  grosserer  Strenge,  als  gewöhnlich  geschieht^ 
an  den  Gang  der  gismeinen  Redeweise  gehalten.  Denn  Abwei- 
chungen sind  bei  solchen  Liedern  nicht  zu  yern^idcn  und  es 
kommt  noch  zuweilep  der  üble  Umstand  da^u.,  daß  die  Schrift- 
gelehrten,,,  die  in  Mundarten-  dichten,  unvermerkt  Züge  ihrer 
Bildung  nfit  einfli essen  lassen,  welche  unlaügbar  die  Treue  der 
mundartlichen  Charakteristik  schwachen.  So  viel  gehört  dazu, 
bis  man  voi^  einem  mundartlichen  Gedichte,  das  einen  Gebilde-  - 
ten  zum  Verfasser  hat,  versichern  kann,  ^s  ist  im  Charakter  und 
Geiste  des  Volkes  verfertigt.  Ja  selbst  Lieder,  die  aus  dem 
Volke  kommen ,  stellen  nicht  überall  mehr  dessen  Denk-  und 
-Dichtweise  getreulich  dar,  da   an   vielen   Orten,,  besonders    am 


/ 


574  ftadlofs  MuAersaaL 

ÖberrLein  die  gemeinen  Leute  schön  sich  bestreleti,  itir^  Lle 
dler-'  schriftteutsch  zu  singen ,  Wds  einestficils  durch  die  vielen 
Soldatenliedcfr  ne^uerer  Zeit  und  dnderntheils  durch  den  teütsclien 
Kirch eiigesang  verursacht  worden.  Stalder  hat  daher  in  seiner 
Diafectologie  weit  besser  einen  prosaischen  'Text,  die  Pnrabe! 
Vom  verlogenen  Sohne,  zur  Sprachprobe  der  Schweizer  Mund-  ' 
arten  gegeben  .und  vorsichtig  die  Klippe  der  Wörtlichen  lieber- 
Setzung,  an  vvelcher  der  Sprachgeist  hätte  scheitern  müssen,  da- 
durch vermieden*,  dab  er  die  griechische  Form  der  Parabel,  wo 
sie  der  Schweizer  Erzähl ungsweise  im  Wege  stand,  ^  unbedenk« 
lieh  dieser  aufopfern  liefs.  So  hat  er  freilich  weit  volikommnere 
Sprachpröben  aufgestellt,  als  Adelung  mit  dem  Vaterunser,  das, 
wie  bekannt,  durchaus  nicht  dazu  taugt.  SchmeÜer  machte  die 
mundartliche  Beispielsammlung,  dadurch  noch  vollkommener,  dafs 
er  vielerlei  prosaische  Stucke  aus  dem  Munde  des  Volks  selbst 
aufnahm  f  an  welchen^  wie  z.  B.  am  Teufel  und  Presser,  sich 
die  Originalität  unmöglich  verkennen  Ififst.  Hätte  fi*eilich  R. 
diese  Werke  für  seine  Sammlung  benutzen  können,  so  wäre 
gewifs  weit  mehr  Musterhaftes  in  dieselbe  gekommen. 

Ueber  den  sprachlich  eu  Zweck  diese»  Werkes  nnifs  ich  bc* 
merken,  dafs  in  der  Regel  der  jetzige  Znstand  der  Mundarten 
berücksichtigt  ist^  und  nur  bei  solchen,  die  wenig  Auswahl 
übrig  Hessen,  die  Beispiele  bis  zürn  Anfang  des  löten  Jahrhun- 
derts zurückgehen,  ünnöthrg  war  daher  (I.  255.)  die  allge- 
meine Hinweisung  auf  die  Quellen  der  älteren  thüringer  Mund- 
art, denn  zur  geschichtlichen  Erforschung  der  Mundarten  nützen 
solchen  Angaben  nichts.  Aber*  diese  Forschung  hätte  der  H. 
führen  oder  wenigstens  zeigen  sollen-,  dafs  er  sie  geführt  habe. 
Die.  Anordnung  so  vieler  und  so  verirchiedener  Mundarten  ist  ja  , 
das  erste,  was  man  von  einem  solchen  Werke  verlangen  mufs, 
aber  hier  ist'  keine  Ordnung  und  Einthcünng  möglich,  ohne  dafs 
man  weifs,  zii  Welchen  völkerschaftlichen  Sprachstämmen  die 
Mundarten  gehören,  was  freilich  nur -aus  der  Geschiebte  der 
teütschen  Völker  und  ihrer  Sprache  erkannt  wird.  Die  Haupt- 
f rennung  unserer  Sprache  in  Ober-  (Hoch-)  und  Niedertcütscb, 
die,  so  weit  wir  zurückgehen,  statt  gefunden,  ist  schön  ein 
deutliches  Zeichen,  dafs  man  die  von  beiden  Hauptformen  her- 
rührenden Mundarten  nach  ihter  näheren  u*id  ferneren  Vcr- 
wa^dtschaft  an-  und  unterordnen  müsse,  um  die  mannigfaltigen 
Abstufungen  und  Ucbergange  der  Hauptformdn  kennen  zu  ler- 
nen.- So  hat  es  jedoch  der  Verf.  nicht  gemacht,  er  stellt  blofs 
nebeneinander,  wie  folgt:  I.  Teütsche  Mundarten  in  Italien, 
II.  in  Tjrol  und  Slejer,  III.  Salzburg,  IV.  Baiern,  V.  Ocster- 
reich,  Mähren,  Ungarn,  Siebenbürgen.  VI.  Oestliche  mitlcl- 
teütsche  Mundarten,  nämlich  in  Schlesien,  Obersachsen,  Thunn- 


•\ 


Radlofs  MustersaaL  SjS 

gen  am  Harz.  ViT.  Siidlit^h-  und  westliche  mttteheCitsche  Mufid'*' 
jarten,  oder  pfälzisch -fränkische,  als :  Nürnberg ,  Baji^eüth,  Ful^ 
da,  Wcrtheiin,  Frankfurt,  Wettcrau,  Mainz,  Nässaw^ .  VIIF. 
Schwaben.  IX.  Schweitz,  hamltch  Lucern,  Schaffhausen,  BaseK 
X.  Ober-  und  mittdrheintsche  Mundarten,  tiamlich  ßreisgan  und 
Elsafs.  XL  NtederteCitsch  am  westlichen  Niederrhein  zu  Trier, 
Aachen,  Köln  und  Bonii.  XII«.  Zv?iscben  Rhein  und  Elbe,  zu 
Düsseldorf,  filberfbld,  in  Mark,  Eilsen,  Attendorn,,  Osnabrück, 
Paderborn,  Braunschweig,  Hildesheim,  Herford,  Hannover,  Bre- 
men. Xnr.  West-  und  Nordfrisisch.  XIV.  I^iedcrsachsen,  Mag- 
deburg, Nordharz,  Gpslar,  Halberstadt.  XV.  Rechtes  Etbufer, 
Märkisch.  XVI.  Pommern  und  Rügen.  XVII.  Holstein  und 
Schleswig.  XVIII.  Verdorben  Teütsch,  in  Nolrdamerika>  bei  den 
Juden,  Gaunern  und  Savojarden. 

Ich  habe  genau  angegeben,  damtl  man  sehe,  wie  viel  bei 
aller  Reichhaltigkeit  dennoch  fehlt  und  vyie  unbestimmt  die  Mund-^ 
«rten  an  einander  g^reihet^  sind«  Statt  langer  Erdrterungen  will 
ich  mit  einem  Beispiele  zeigen,  a«if  welelie  Art  nach  meinei^  An-^ 
Sicht  hätte  untersucht  und  eingctheilt  werden  können.  Die  ehe- 
maligen Herrschaften  BadenweiieB  und  Rötteln  und  die  Land- 
gfafschaft  Sausenberg  sind  bekanntlich  die  Heimat  der  Hebeli- 
sehen  Lieder,  Die  lü undart  ist  schwäbisch  und  verändert  sich 
schon  im  Breisgau  um  Freiburg,  aber  unbedeutend.  Eine  wei- 
tere Abart  ist  die  »Volkssprache  von  der  Kinzig  bis  an  die  Murg 
längs  dem  Gebirge  herab,  ^dic  alt^*  Ortenau ,  sie  bleibt  aber  im- 
mer noch  schvräbilsch-,  so  wie  die  Mundart  der  Grafschaft  Ha- 
nau-Li  chtenber^g,  die  sich  schon  wieder  von  der  ortenaüischen 
unterscheidet«  Im  Elsafs  treten  im  Allgemeinen  zwo  Mundar^tcn 
im  Sud-  und  ^ordgau  hervor  und  ziehen  herab  bis  an  die  Sur 
und' Lauter.  An  der 'Murg  und  Sur  hört  die  schwäbische  Spra- 
che am  Oberrhein  öuf,  und  wir  haben  von  Basel  bis  zu  jener 
Gränzä  wenigstens  6  Spielarten  der  Hauptniundai-t  zu  unterschei-^ 
den.  Nördlieh  d^r  Sür  begann  der  Speiergau  und  diesseits  ging 
die  Diöcesangränze  von  Speier  richtig  bis  an  die  Ooi  und  Murg, 
die;  Sprachgränze- schied  zugleich  Bisthümer  und  Völker.  Unter- 
halb der  Mur|P fängt  nun  die  frärtkische  Sprache  an,  gemischt 
mit  der  Schwäbischen,  so  dafs  diese  in  der  ehemaligen  Mark- 
grafschaft Badendurlach,  im  sogenannten  Bruhrain  (<^inem  Theil 
des*  Fürstenthums'  Bruchsal)  und  in  der  Pfalz  niöch  vorherrscht 
und  wieder  3  Spielarten  bildet.*  In  der  Städte!rsprachc  der 
Pfalz  aber  hinab  bis  Frankfurt  ist  die  fränkische  Mundart  über» 
w^iegend  und  eben  so  sticht  sie  hervor  in  der  Bäuernsprache  im 
Speier  T  und  Worinsgau,  bis  dann  unterhalb  dem  Hunsrücken 
und  im  Westerwalde  die  fränkische  Mundart  völlig  herrschend 
wird.     Der   Mittclrhelu   bietet   also    die  sonderbare  Erscheinung 


'   i 


576  Radlofs  Mustersaal. 

dar,«.dars  in  demselben  Landstrich  a  Haiiplmdndarten ,  keine 
rein,  bald  eine,  bald  die  andere  überwiegend,  nebeneinander 
gesprochen  werden.  Diese  Tbatsaehe  gründet  sich  auf  geschicbt- 
liche  Ereignisse,  nämlich  auf  die  Niederlage  der  Alemannen  bei 
Zulpich496.  und  die  fränkische .  Besitznahme  des  Oberrheins  bis 
au  die  Murg  und  Sur»  Man  darf  daher  auch  schliessen,  dafs 
die  Frai^cn  in  jenen  Gegenden,  wo  ihre  Sprache  das  Ueberge-' 
wicht  hat,  zahlreicher  sich  angesiedelt ,  als  in  jenen ^  worin  die 
schwäbische  Mundart  vorherrscht. 

Ich  mufs  nun  aus  der  Sprache  beweisen ,  dafs  sich,  die  Sa- 
|:he  wirklich  so  verhält  und  stelle  als  Hauptsatz  oben  an:  zu 
der  gemischsen  Sprache^  am  Oberrhein  >  hat  die  fränkische  Mund- 
art im  allgemeinen  die  Selblaute,  die  schwäbische  die  Mitlaute 
hergegeben ,  sie  ist  daher  im  Durchschnitt  in  ihren.  Seiblauten 
;weicher  als  die  schwäbische  ^  ia  den  Mitlautes  härter  als  die 
fränkische. 

i )  Der  Zweilaut  al  wird  in  der  Städtersprache  immer  ein 
helles  e  oder  ae,  was  dem  holländischen  oder  niederteütschen  ee 
ganz  entspricht,  fränkisch  ist,  und  nirgends  in  den  schwäbischen 
Mundarten  vorkommt.  Kled,Bep,  wech,heleu,Stenetc.,  holländiscb: 
Kleed,  Been ,  weck,  l)oelen,  Steen.  Die  Bauernsprache  in  der 
Pfalz,  im  Bruhrain  und  im  Durla^hischen  i>ehält  das  ai  bei,  den 
Zweilaut  ei  ziehen  aber  >  weder  Städter  noch  Landleiile  in  i  zu- 
sammen und  hierin  hat  also  die  fränkische  Sprache  überwiegeod 
auf  die  Mundart  unserer  Gegend  eingewirkt.  Frankisch  (hol* 
ländisch)  Tjdt,  wjf,  wjn,  wjien,'  strydt;  schwäbisch,  Zit, 
Wip,  Win,  wihen,  Slritj  oberrheinisch^  Zeit,  Weip,  Wein, 
weihen,  Streit. 

2 )  Der  Zweilaut  äü  wird  in  der  Regel  in  der  JBauern- 
spräche  ein  gedehntes  a.  Bäm»  käfen,  läfen,  TäF,  Säm,  Stab  etc. 
In  den  schwäbischen  Mundarten  wird  das  u  nicht  weggeworfen 
aber  zuweilen  in  i  verwandelt,  wie  in  der  Gegend  um  Lahr, 
%•  B.  Frai,  g'uai,  laife^  Aige,  welches  :i  eigentlich  ein  ü  ist 
Nur  in  wenig^en  Landstrichen  Schwabens  wird  es  00  {Stalder 
Dial.^S.  34*  J  welches  eben  so  gut  nicderteütsch,  als  unser  ä 
durch  den  Einflufs  des  fränkischen  00.  cntstandclflkist ,  denn  die 
Holländer  sagen  Boom,  koopen ,  Joopen  etc.  Hingegen  läfst  die 
Städtei:-  und  Baüernsprache  da|  aii  stehen,  was«  ebenfalls  in  dem 
holläudisc)ien  uy  seinen  Grund  bat,  indem  alle  sahwäbischeo 
und  sächsischen  Mundarten,  jenes  aü  in  u  zusammenziehen« 


(Der   Beschluß  folgt,) 


WS  37.        keidelbergei-  »823. 

Jahrbücher  der  Literatur, 


^adlof's    Musters  aal,  ^ 

-    -  (Bescblufs*)  ' 

V/berrkciDisdi:  baus,  mausi  bauch»  h«(uty  tausend  etc.;'  «cbwtf« 
bisch:  hus,  mu^,  ))uchy  hut,  ^usig;  sächsisch  sind  db  Vocalö 
eti^Q  so;  holl^'ndisch:  hu^s^  muys,  bujk,  dujzend,  huyu  Nuv 
in  wenigen  Wörtern  bildet  die  Bruhrainer  Mundait  oo  aus  äii, 
und  u  au^  äü,  nämlich  Schoom  (zum  Unterschiede  voa  Soham) 
Pfloom',  blooy  gi'oo,  loo  (lau)  und  uff. 

3.)  Das  i  u»id  it,  wenp  sie  in  eineqi  Worte  vor  r  mit  eig- 
nem nachfolgenden  Cönsonanten  zu  stehen  kommen,  werden  im« 
.^er  in.  ein  helles  a  .oder  a  verwandelt,  was  ebenfalls  durch 
niederteütschen  Einflufs  gekommen.  Das  u  in  gldchen  Fällen 
'wechselt  häufig,  besonders  in  der  Städtersprache  m  ein  helles  o» 
Beispiele;  Borjer,  dorcb,  Frankfortyv.  werd,  erwerke,  dörrt, 
hert*,  g'scherr,  gwerz;  holländisch:  borger,  door,  Frankfort, 
woidl,  verwerven,  dorrt,  h;erder;  schrifltenisch ;  Bürger,  durch, 
wird,  erwürkeoi  durrt,  Hirte,  Geschirr,  Gewürz.  Ist  aber 
nach  dein  r  eiii  Selblaut  ausgefallen^,  so  bleübea  i,  ü  iind  tt 
stehen:  fir't,  studir't,  bur't,  startt  l(iihret  eto.,  .und  die  Vocab 
iind  jedesmal  gedehnt  Aukferdem  wird  u  in  der  Nachsjlbd 
ung  ia  Städter -o  lud  B^uexo^rache  immer  ein  i,  was  ebenfall» 
oicderteötsch  ist. 

4 )  In  Hinsicht  der  Midaute  ist  zu  bemerken,  dafs  von  allen 

.  oiederteütschcn  Conspnanten  das  einzige  P,   ( eiigetitlich  das  pp.) 

statt  pf  in  die  Städtersprache 'gekommen  ^  denn  die^e  sagt  Pperd, 

Ppalz,  Ppad,  staitt  dais  dio  Bauernspracbe ,  ihrem  schwäbischen 

Charakter  getreu,  das  harte  p   auth  in  fremden  Wörtern  in  p{ 

•chürft  und  Pfosti  Pfosten  stait  Post,  Posten  spricht.     Im  übra- 

.gen  richtet  sidi  der  Gebraucb  der  Mitlauter  nach  der  schwäbi« 

«sehen    Mundart^,  da»  niederteutsche.  acharfe  ,t   hat  weder  daa 

«ebwäbische  z  und  ss  verdrängt,  noch  das  k  das  cb,    welches 

aar  so  vid  £iaftu(s  gehabt,. dafs  das  Gurgel-  cb  am  Anfang  in 

\h  Veranden  wurde.    Während  der  Niedarrheiner  beiiuü»  galt 

spricht,   ugt  der  Bnihrainer    kl^alt    und    der  Schweizer  cbak« 

ium  hm(^n  ficw^if^t  ^^^  ^  C^oMAonantengebrai^b  scbwäbia^h 

97 


^    . 


^7*    .    ^ 


< 


HadloPs  Mustersaal. 


geblieben  I  dienen  Worter  wie  kercli,  wech ,  hftlz^  chortz  n. 
dgL,  in  welchen  die^  Vocale  der  niederteutschen  Mundart,  die 
Endconsonanten  der  schwäbischen  angehören.  ^Ich  müfste  meine 
Gränzen  überschreiten,  wenn  ich  die  .-Sache  weiter  erortera 
wollte,  und  gebe  zum  Schlüsse  dieser  Abschweifung  eine  Zu- 
sammenstellung der  Conjugationf  die  meinen  Satz  nicht  weniger 
bestätigen  wird.   .        .       j 

Schwäbisch. 

Hol^ndisch. 

hebben 
ik  heb 


8U 


hebt 


Bruhrainisch. 

hon 

i  hebb 

du  hösch 

er  höt 

mr  he' w wen 

ir  het 

si  he'wwen 

i  hebb  g'hadd 

i  bin  g'wesst 


um  X»ahr. 

ha 

i  bab 
de  liesch 
er  het 
mcr  hen 
ir  hen 
si  heu 
i  hab  gHia 
i  bin  gU 


Freiburg. 

ha 

i  ban 
de  hesch 
er  het 
mer  hen 
'ir  hep 
si '  hen 
i  han  g'ha 
i  bin  g'si 


bei  Hebd. 

ha 
i  ha 
de  hesch 
er  het 
mer  Ken 
ir  hen 
si  hen 
i  ha  g'ha 
i  bi  g'si 


bij  heeft 
wij  hebben 
gij  hebt 
zi]  B ebben 
ik  heb  gehad 
ik  ben  geweest 

Nach   dergleichen   Forschungen   hatte  der  H*  die  teutschen 
Mundarten  vorerst   eintheilen  und   ordnen  sollen.     Kein  billiger 
und  verständiger  Mann  hätte'  von   ihm   verlangt,  dafs   er  solche 
Untersuchungen  sogleich  mit  den  Proben  bekannt  gemacht  hätte, 
indem,  der   Sammelzweck   des  Werkes   dadurch  vielfach  gestört 
Worden  wäre,  und  man  schon  zufrieden  sejn  konnte,   wenti  R* 
die  Mundarten   nacb   ihrer  Abstammung   unter '  einander  gestellt 
hätte.    Statt  dessen  gab  er  Woiterklärungen  zu  den  schvvierigen 
Ausdrücken,   iyas^  gewifs'  löblicher  ist,  als  die  dürftigen  Einlei« 
tungen,  die  vor  mancher  Mundart  stehen  und  gewöhnlich  nichts 
weiter  als  kurze,  ungenügende- und  auch  manchmal  falsche  Ao- 
ddütungen   über   den   Lautwechsd   der  Mundart  enthalten.    Auf 
die  genaue  Bezeichnung '  der  Aussprache  hat  R.  Sorgfalt  verweo* 
det,  und  man  mufs  ihm  zugeben,  dafs  uAsre  Buchstabe^  zu  je- 
ner Bezeichnung   nicht   hinreichen,   obschon  Schmeller  ein  Bei- 
spiel aufgestellt,  wie  mau  auch  mit' unsern  Schriftzeichen  (zwar 
nicht  erfreulich  für  das  Aug';    viele  der  mundarUichen  Sprach- 
feinheiten  ausdrücken  kann.     Indefs  erfordert  die  richtige  fie* 
Zeichnung  der.  Aussprache  auch   eine  Voruritersuchung-,   nämlich 
über  das  Wesen   und  die   Zahl  der  Laute  solcher  Mundarten, 
deren   Sprachweise   man    darstellen  will.     Ich  ünde  nicht,  dds 
Radlof  hier  in  die  Tiefe  gegangen,  und  will  durch  ein  Beispiel 
zeigen,   wie  ich   die   Sache  verstehe.    Die  bruhraioer  Mandart 
hat  12  Vocale  (4  mehr  als  die  Schriftspr^ohe)^  dafSr- haben  wir 
offenbar,  nicht  genug  ZeicbeO|  und  deiUMH^b .lassen  sich  jene  i« 


.  Bladlofs  MustersaaU  &71J 

•        »  - 

Selbstlaute  emfacb  darstellen.  Es  gtebt  natnitck  3  gedämpTtie  und 
3  hell^  VoUaute,  deren  U.ebcrgänge  ode^  Zwischenlaute '3  ge^ 
dämpfte  und  3  helle  Sckwaclilaute  sind.  Man  kann  sie  am  leichr. 

testen  also  bezeichnen:    a  ae  (e)   oe-  (e)  i\   o  oe  (e)  oe   (e) 

.',''/.•  '     '     '■ 

ö;uü   (i)   ü(i)ü;  und  mit  diesen  Baspieten  belegen :  Lamm, 

LaemmV,  Fall',  Fall;  Son,.Soen^,  Röhr\  Holz;  Liing\  dünge; 
Brück',  tJhr;  wobei  zu  bemerken,  dafs  m  und  n,  die  auf  eine» 
Vocal  .folgen ,  die  VolJLr  und  Schwachmütig  jedesmal  dämpfen^ 
ein  nachfolgendes  r  aber  sie  allemal  hell- dia«ht.  Auf  diese  Ari 
liesie  sich  denn  auch  idie  Nachsjlbe  en ,  die  in  manch^en  Mund- 
arten so  schwer  zti  schreiben  ist,  einfach  ausdrücken.  Üer  brüh« 
rainer  und  pfalzer  Bauer  sat^  nicht  fa|iren,  'aber  auch  nicht  fahr« 

oder  fahra,  sondern  fahf  e  und  fahra,  wobei  die  gedämpften  Yo« 

/  i 

cale  eben  anzeigen,  dafs  das  n  zwar  die  Dämpfung  bewirkt  aber 
nicht  gehört  wird;,  bis  ein  Selblaut  unmittelbar  darauf  folgt,. 
mit  dem  es  in  dar  Aussprache  verschmolzen  ^ird,   z.  B.  geje-* 

n  -  unn  fahra  -  n  *  inn  de  Wald.  Wie  sehr  aber  obige  Eintheilung 

der  Vocale  in  der  .Mundart  wirkt,/  beweist  der  Umstand,  dafs 
»das  dumpfe  o  die  nächste  Verwandtschaft  zürn  gedämpften  u  hat 
und  am  leichtesten  in  dass(\lbe  übergeht,  wie  oun,  Sunn',  .Sum«. 
mer^  sunst  etc.^  das  helle  u  aber,  besonders  wenn  es  in  einer 
scharfen  Sjlbe  steht,  .  am  häufigsten  in  das  helle  o  übergeht: 
Forcht,  Borg,   dorcb,   sgrre,^  storre  u«   s.  w«     Mit  den  sechs. 

Zweilauten,  welche  die  Mundart  hat,  läfst  es  sich  eben  so  ver« 
fahren^  dann  bei  äi  zeigt  der  Accent  den   hellen,^  und  zugleich 

langen  Ton  des  a  ao,  bei;  ei  und  eii,  öu  und  äu  den  Vocal, 
der  das  Uebergewicht  hat,  und  da  bei  äu  das .  u  völlig  wegfallt, 
so  sehreibt  man  dafür  ganz  richtig  avv,  wobei  das  w  den  aus*. 
Il^alleoea  Selbstlaut /anzeigt.  Nur  für  das  a  mit  dem  aufgesetzt 
ten  o  scheint  ^in  eigenes  Zeichen  nöthig.  Wer  mundartlich 
schreibt,  braucht  sich  nicht  an  die  m|serabie  Orthographie  un- 
sere! Schriftsprache  zu  halten,  da  die  Mundarten  immer  richtig 
ai  und  ei  unterscheiden,  und  so  wenig  ein  eu  al^  Zweilaut  ken- 
nen, .als  ein. solcher  überhaupt  in  der  teütschen  Sprache  vorhan« 
den  ist,  obschou  wir  ihn  noch  alle  schreiben.  So  Hessen  sich 
also  mit  j^ülfe  des  Accpnts  von  den  32  Selb*-,  Um-  und  Zwei- 
lauten^  .'lircl^hff  4i6  bruhrainer  Mundart  besitzt,  wenigstCMS  24 

37» 


3Sd  Kadlofs  MustersaaL 

aiisdr ndcen  I   obioliOB  die  Schriftsprache  keine  eigenen  Zieicliei 
jßir  so  vieie  Vocale  hat.' 

Ith  t  kann  nan   einige  BemerktüDgen  zu   den  einzeloeii  Ab- 
schnitten noch  beifägf^n.     Der  Verf.  möchte  die  sieben  Gemeia- 
den  bei  Vicenza   gern  für  Nachkomaen  der  allen.  Cimbern  ge* 
haUcn  haben  ^  was  ich  nicht  glauben  kann»    da  wir  nicht  einmal 
wissen,  ob   die   Cimbern  nur  Teütsche  gewesen ,   und  die  Ab- 
stammung von  Ostgothen,   Gepiden  oder  Langobarden  doch  nä- 
her liegt.     Wahrscheinlich  sind  es  Teütsche,   die  von  den  Ost- 
gbtherr  unterjocht  waren,'  und  darum  beim  Sturze  derselben  un- 
ter  römischen  Schuti^:  kamen   und  sich  dadurch    erhielten.    Bd. 
r.  S.  7.  heilst  es:   «das  ei,  sofern  es  ans  dem  alten  ei  stamm l, 
wandelt  sich  (in  jener  Mandart)  in  ai;»  das  ist  wenigstens  ud- 
richtig  ausfigedrnckt,   denn   das  alte  ei  ist  unser  jetziges 'ai  uod 
mfifste  in  den  7  Gemeindet  ba  lauten*    Solche  mangelhafte  An- 
gaben filmen  sich  auch   in  den  Bemerkungen  zur  tyroler  Mand- 
art (S.  39.).     Denn   warum   das   o  vor  n   in   u,   das  k  nach  r 
am  Ende  ri^  c  h  verwandet  wird,  hatte  R»  angeben  und  zugleich 
xUntiBrsuehen   sollen,   ob   schz  statt   rz    nicht   durch   slawischen 
Einflüfs  gebildet  sej.  H<>chst  unbestimmt  sind  <  S.  4o.)  die  Re^ 
geln,  dafs  der  Doppellaut  ei  «in  e{/2^>e/i  Wörtern  unverändert,» 
-^  «id  auidern^   in  oa,  und  au  € gewöhfdickT^  in  a  verwandelt 
werde.     Der  Leser  wird  aus' dem  Obigen  entnehmen,  dafs  diese 
Veräpdertingen   anf   der  Quantität  und  auf  dem  genauen  Unter- 
schied zwischen  ai  und  ei  beruhen.     Die  Bemerkungen  tni  den 
übrigen  Mundarten   im   ersteil   Bande  sind   ebenfalls   nicht  sehr 
bedeutend,    die  Schwäbische  ist  etwas  genauer  behandelt,    aber 
auch  mit  Unrichtigkeiten',  denn  nicht  jedes  o  wird  au,  nicht  je-* 
des  lau  ist  au,  nicht  jedes  st  wird  seht  gesprochen.    Eine  ge- 
nauere  Eintheilung    der   Spielarjteu    der    schwäbisch eti .  Sprache, 
Beslinlmuhg   ihrer  Ausdehnung   u.  dgl.  fitidet  man    nicht.    Ba- 
^s{)iele   der  oberrheinischen   Mundarten   liefern'  folgende  Werke, 
die  dem  Verf.  unbekannt  .scheinen :     Fellners'  Gedichte,*  Scfarei- 
beris  allemannische   Sagen   und  Lieder,  Fr^burger  Wochenblatt 
i^d  Lähr^  Rsdender  seit  mehreren  Jdtbren,  die  Gharis  vom  Jahr 
1822.     Wollte   der   Verf«   auf  den  Zustand  der  Mundarten  im 
Mittelalter   eingehen,  so  hätte   er   nicht  blofs  einen  Strasborger 
JBrief   von    i458     abzudrucken    brauchen,,    sondern    auch    auf 
Königshovcn,    Veit   Weber    und    so    yieles  Andere  Rücksicht 
nehmen    müssen.      Die  Mundarten  zWi&chen  Rhein    und   Elbe, 
vorzüglich   die   märkischen    sitod   mit  Aufmerksattkmt  behandelt, 
von    frisisch'er    Sprache    ist    nichts,    als    einiges    aus  .der  Ber- 
liner Mbnatschrift  und  Heimreichs  Chronik  mitgetheih;  £in  Schrift- 
steller, dei^  in  NiederteüUchlind  lebt,   biue  doch  mehr  geben 
sollen.  '  ^  F.  J.  JUoHf. 


•"•« 
«f' 


^   Pommer  über  sporadiscfaea  Typhui^        58 1 

V  * 

Beiträge  zur  näheren  Kenntnijs  d<es  spbrAdisehen 
Typhus  und  einiger'  ihm  verwandten  Kr ankhei* 
ten  gegründet  auf  Leichenöffnungen,  *ümn  C 
F,  17.  PoMMEn,  Stabsarzt,  und  'Ritter  des  kön» 
¥f^äriemb,'  Civi  Verd,  Ordens,  Mit  dem  Motto  «^ 
dem  Titelblätte  von  Bacon:  Non  est  fingenduxn  net  exc&i' 
gitcüidum ,  sed  inveniendum ,  quid  natura  faeiat  vel  ferat, 
Tübingen  bei  Hr.  Laupp*  48si3.  gr,  8,  Kill  u.  ^48  S*  • 

Uer  Herr'  Yerfasser  wollte   diesen   Gegenstand  tn^rst  in  einer 
Inaü^ui^ls^Fift' abhandeln,   da  -aber  die  Ausarbeitung  die  Greir- 
zen  einer  solchen  überschritt ,    erhielt  er.  von  der  Tübinger  me- 
dicinUcben  Facti  hat  die   £r4aubnifs  diesen  Oegensfand  in   deut- 
scher Sprache  und   als  eine  •  eigene.  Monographie  bearbeiten  bu 
dürfen     Hr.  Pommer,  sowohl  als  Militär-  als.  auch  als  CivilaraC 
seit  eilf  Jahren  gleich  beschäftigt,  indem  ihm  seit  dieser  Zeit  bei 
^rschiedenen  "Feldaügen  in  Kriegsspitälern  dfe  Oberaufsicht  von 
einer  gressefb  und    ▼erschied>>nartigcn  Menge  Kranken  anvertraut 
wiir,    suchte  mit   dem   4obenswürdigsten    Eifer  Leichenöffnungen 
sowo'hl  in  Friedend  -^  ak  Kr^^gszeiten  anKustellen  j  -  in  welchen  er 
Bereic^ernng^  für  die  Wissei^chaft  -  zu  Erhalten  hoffte.     VorEÜgk^ 
lieh  dunkel  schien  ihm  das  Wesen  des  Typhus  sporadicus.  «Eir 
"ner' weniger   ausführlichen  Bearbeitung,   sagi  c^r  p;   iy  als  der 
ansteckende  Tjphns,   bat 'sich"  dagegen  der  sporadische  Typhus,' 
das   achte,    in   der  'R<egel  nich%  ansteckende  Nerv«n£eber  xu  er- 
freuen,  obwohl   dasselbehäuBg   im  Einzebien,   besonders  unter 
Perscinen,    die^ii  der  9Bki^"des  Lebens  siehe» y-hervscht,' und 
^olthe  nicht  ^selten   daliintafi^,    we^en   der  Einftelnheit  aber^   in 
'welcher  es  gewohnlich  aufilritf,  in  der  Regel  vi^>t^eniger  Au^ 
sehen    erregt,    aTs   der  gewöhnlich    cpidemiscb  berescbende  uor 
steckende  Tjphus«     Zwar  findet  man  das  Oeoidlde'  di^a  sporadi^ 
sehen  \N^erVenfiebers  in  den  bekann^n  Schriften  von'  S.GiVogtd, 
J,  P,  Frank,  und  J,  C,  iüeef  ebenfalls  unübertredlicb  sohdo  go» 
iteichnet  uflrd  di^  aus  der  Natttr  genommene  Scüiildcrung  dessel^ 
ben  färsf' gar  nichts  su  wünschen  übrig;  was  aber  die  Obducti^ 
ons>-^Resukate  der  an  dieser  Krankheit  Verstorbenen  betriffTi   so 
gebet!  uns  *doch  die  berühmten  Aertte  nichf  diejenigen,  aus  Lei- 
chenöffnungen  entnommenen   Aufschlüsse  über  die  nächste  Ursa* 
che,   den   Sitz  und   der  sinntveh  wahrnehmbaren  Veränderungen 
in  den  Ein^weiden  der  an  -  dieser  -Krankheit  Verstorbenen ,   wie 
CS   docü  die  '  Wichtigkeit  der  Krankheit   und  der  Einfluls',   den 
solche  Obductionsbefnnde  vortüglich  auf  die  Praxis  haben  müs- 
sen, erforderte;  ja  selbst  grosse  Aerzte,  wie  s.B.  m,  S[idebran4ß 
ftind  sog^r  der  Meinung,  .da ft ,'  da  bei  reinen  nicht  ansteckenden 
Nervenfiebern  der   Schwächetod   weit  häufiger  vorkomme  ah  im 


\ 


58ä 


Pommer  ttber  sporadischen  TypUus. 


cQDUgiÖsen  Typhaf,  man  an  den  Leichen  der  er^eren  An  nichts 
dem  anatomischen  Messer  Aufstosseodes  und  den.  Sinnen  über- 
Laupt^Auffalleudes  entdecken  könne,  ein  Umstand,  welchen  ich, 
so  weife  meine  Untersuchungen  bis  jetzt , hierüber  reichen,  noch 
nicht  bei  einer  einzigen  Leiche  im  spofaditohen  Typhus,  bestätigt 
fand,  indem  ich  noch  jedesmal  in  denselben  die  unzweideutigsten 
JA^kmaie  betraclul icher  krankhafter  Veränderungen,  wenigstens 
in  den  Qrnsi-  und  Baucheingeweiden  entdeckt  habe  n*  s.  w.» 

Aus  dieser  Darstellung  werden  unsre  Leser  schon  den  Geist 
ides   Hirn;  Verfateer»  erkennen»  der  jp   der  &forschiing  dieses 
-wichtigen  nosologischen  Gegenstandes,  sich  wirklicH,als  unermii- 
det  aussprach.  •       ^ 

Der  Herr  Verfaner  entwickelt  ni^a  die  Grdndey'  "vl^arum 
'man  auch  in  neueren  Zeiten  im  sporadischen' Typbus  •  weniger 
noch  als  im  coutagiösen',  durch  genaue  Obd.uctionen  Aufscjilufs 
über  die  constaetesten  sinnlich  und.  anatomisch  nachzuweisenden 
krankhaften  Veränderungen  erhalt-en.  habe,  die  sehr.  Wissenschaft 
•lieh  erörtert  siud,  —  Nun.  beschreib!  Hr.  Pomm^  viele  Lei- 
chenö£F9U0gen ,  .die  mit  einer  bewunderungswürdigen  Genauig- 
keit, VoUkonunenheit  und  Wissenschaftlichkeit  verrichtet  nnd  je- 
desmal genau  aufgezeiclmet  wurden,  woraus  sich  denn  am  {^nde 
-folgendes.  Resultat  ergiebt: 

.i)  .Dem  sporadischen  Tjphus  liege,  weder  Gebirn-  noch 
J^^errenentzündung  zu  Qrunde,  uiid  dJasfenige  Kfiankhaf^e ,  vas 
niaa  in  solchen  Leiehen  im  Gehirne  zuweilen  alltreffe,  sey  nichts 
dem  sporadischen ,  Tjphus  Eigenthumliches,  soüdern  Ifon^me  auch 
andern  Krankheiten  zu»  und  sej  wahrscheinlich  nur  Folge  oder 
Wirkung  der  'Krankheit.  In  selteiien  Fi$Uen  aber  fipde  man  das 
Gehirn  im  spopradischen  Typhus  doch  auch  beträchtlich  sioDlich 
erkennbar  iq  seinem  Innern  verändert«. 

'  a)  Im  sporadischen  Typhus  zeige  sich  na^h  dent  Tode  das 
.Gehirn,«  dem  äusseren  Ansehea  nach, .  gevröhnlich  udv^ä^idert, 
dagegen  werden  die  Brust-  und  Unterleibs -EUngeweide  immer 
mehr  oder  weni^r  krankhaft  angetrbfien.  Wenn  sich  aber  auch 
in  seltnen  Fällen  das  Gehirn  krankhalt  sichten,  liefs^  &(i  ir^reo 
»doch  auch  stet3'die  Brust«  und  Unterleibs  ^  Eingeweide  dabei 
krank  beschaffen  gewesen,  und  nie  bestünde  jeifes  ohne  diese, 
<lieäe  gewöhnlieh  aber  ohne  jenes.  -— *  Rucksichtlich  der  Brnst- 
uiid  Unterleibsorgane  ^  befänden  sieh  aber  jedesmal  diese  Einge- 
weide beider  Hdhlen  zu  gleicher  .Zejt  krank,  und  nie  die  Ein- 
^0weide  «iner  dieser  Höhlen  allein.  Daher  sfch  der  Krankheits- 
prozefs  im,  sporadischen  Typbus  über  mehrere  Syj^teme  und  Or- 
gane zugleich  verbreitet.  <-*-  Di|e  beständigsten  Erscheluungeu 
in  den  Leichen  der  am  sppradisphen  Typhus  Versroi^benen  se]^^ 


Fdmmer  übe^  sporadischem  Typhus.       583 

'       ^  '         #  V 

pQtbologUclic  Veränderungen   ^m  Kljimmdarme ,   Magen ,  in  den 
Longen  und  Luftröhrenästen. 

3)  Diese  Organe  zeigten  wabrend  der  Krankheit  meist  keine 
auffallende  Störung  in  ihrer  Function,  selbst  wenn  sie  nach  dem 
Tode  in  einem  hohen  Gra^e  serstd^t  angetroffen  wurden,  daher 
scheine  der  Charakter  des  tjrphosen  Leidens  in  der  schmerzlosen 
Affection  derselben  zu  liegen. 

>  4)  Die  Verschiedenheit  der  in  dem  Leben  vorzüglich  pa- 
thologisch afficirt^n  Organe  gebe  nach  den  häufigen  9eobacK- 
tnugei^  des  ,Hrn.  Verfassers  dem  sporadischen  Tjphus  während 
des  Lebens  keine  besondre  Form. oder  Aussenseite,  so,  dafs 
z.  B.  dct  Tjphus  unter  denselben  Erscheinungen  verlief,  es 
jnochle  das  Gehirn  oder  das  Herz  nach  dem  Tode  in  seltenen 
Fallen  krankhaft  angetroffen  >«vorden  sejn  oder  nicht,  wenn  nur 
die  iibri^en  Eingeweide  der  Brust-  und.  Bauchhöhle  die  dem 
Tjphns  sonst  eigenen  Veränderungen  eingegangen  hätten||  Bumlich 
entzündet,  erweicht,  ukerict,  partiell  angewachsen  oder  gaiigrä^ 
nos  -waren» 

5)  Der  sporadische.  Typhus  zeigte  in  den  Leich/en  ^die 
meiste  Aehnlichkejt  rncksichtlich  der  Veränderungen  der  Einge- 
w^eide,  mit  jenen  die  ,an  Pest  und  dem  gelben  Fieber  umge- 
•komquen  wären.  Auch  einige  andre  acute  Nervenkrankheiten 
z.  Bw  Hjdropholie  und  Tetanus  müssen  in  die.  Typhus -Familie 
eingereiht  werden,  weil  diese  aus  denselben  Zustand  der^.Ein- 
geweide  nach  dem  Tode  zeiggpn ,  abgesehen  davon ,  4aTs .  sie 
^pirährend  der  Krankheit  ohnedies  Blanche  Symptome  oft  mitein- 
ander gemein  hätten,  oder  voneinander  entlehnten,  und  Tetanui 
traumaticus  vorzu£;sweise  auch  unter  solG)ien>  Umständen  einträte, 
unter  welchen  sonst  bei  Ni|;htvei;wundeten  häufig  Typhus  ent- 
stehe. 

•  6  )  Rüicksicbtlich  der  Aehnlichkeit  deis  sporadischen  Typhus 
mit  noch  anderweitigen  Krank  hei  tszuständen,  vorzüglich  was  deii 
Xeichenbefund  betrifft,  so  habe  der  sporadischeTyphus  am  mei- 
•ten  Aehnlichkeit  theils  mit  der  \on  Jäger  beschriebenen'  Er- 
nveichung'  des  rMagenmundes'  bei  Kindern  und  dinr  Durchlöche- 
rung d^r  Gedärme,  welche  Krankheitszustände,  der  natürlichen 
Ordnung  nach,  gleichfalls  in  die  Familie  der  Typhus -Krankhei- 
ten 'gehörten,  theils  aber,  mit  den  Zufällen  upd  deix  Leichen« 
befunde  ,*  .welche  durch',  die  Vergiftudg,  mittelst  fressender  und 
betäubender  Substanzen  hervorgebracht  werden.,  wobei  jedoch 
au  .bemerken  ist,  dafs  nicht  blofs  die  ärztliche  Wirkung  des  von 
ftutfsen  in  d«n  Korpec»  eingebrachte  Giftes,  sondern  die.  durph 
dasselbo  im  Nervensysteme  hervorgebrachte'  eigenthümliche  kittnk- 
hafie  Veränderung,  und  deren  störende  Rückwirkung,  auf  das 
Blotsystem  und  die  Seeretionsorgane  ^  die  Vergiftungszufälie  her- 


1 

•j 


,r4.T,i>,„-. 


^■fea..  .fcS.'« 


5S4        Poitii^i^r  über  sporadiscfiea;  Typlius; 


• 

vonubriogeQ  scheineii,  welq|ieii  io  beiden  FäUeo,  derselbe  eigene- 
•  f liumliche  nervöse  oder  tjphos  -^  entzündiicbe  (Goedenfs  sUtuft 
nervosa -paraljticas,  utid  '»•  Autenrieüi's  loflammatio  nervo.-^  pa-»- 
t'alytica)  Knnkh^itsprozefs  tu  Grunde  xu  liegen  scheine ,  und 
Welcher  nicht  nur  atu;h  der,  durch  ein  tpecifisohes  thierisches 
Gift  I  henroTgebrachten  Witoserscheu  und  dem  Milzbrände  oder 
der  schwärzen  Blatter  bei  Menschen  und  Thieren,  sondern  auch 
dem  durch  keine  specifii^cke  Materie  hervorgebrachten  Tetanus 
in  Grunde  liege ^  deseeu  enrqR^ende  «Ursachen  das  Nerirensjstem 
iebenfalls  so  zu.  simmen  vermögen,  dafs  eine  dem  TjphUs  ver" 
wandte  Krankheit  daraus  hervorgehe,  welche  Ver'VHandfschaft 
aber  sich  vorz^tiglich  nach  dem  Tode  durch  einen  häufig  mit 
dem  sporadischen  Tjphiis  übereinstimmenden  £r/und  in  den 
Eingeweiden  der  Brust*  und  Bauchhdhle  ausspräche. 

7)' Die  Inflammationes  occultae  der  älteren  Schriftsteller,  die 
^«nan  in  iveuerer  Zeil  läuguete,  scheinen  ihre  Existenz  .«o  wie 
ihre  Bedeutung  in  den  von  Hrn  Pommer  sehr  oft  beobachtetes 
schmerzlosen  Eingeweiden  im  Typhus  zu  finden,  namentlich 
sejen^e  verborgenen  Herz- ^  Blutgeftfs'*,  Luftrohren-,  Lu^t^ 
Töbrenäste«*,  Luogen<^,  Magen-,  Darm^-^  Leber-  und  Hamblar» 
4ien-Eaizünduogen,  die  nächste  Ursache,  welche  dem  sporadi- 
schen Typhus  sein  Dasejn  geben,  und  keine.  Entzündungen  des 
Gehirns.  Man  dürfe  daher  fiber  der  Idee  der  üehirnent^üodung 
itn  Tn>hus  nie  vergessen,  dafs  ein  die'  Gehirnentzündung  nach- 
^tuneilder '  Zustand  I  oder  ein  E^thtsmus  des  Gehirns,  auch  ganz 
iilofs  consensuäl  von  Leiden  ^anz  entfernter  Organe  herrühren 
könnet  und  dafs  ntan  durch  die  Heftigkeit  der  Zufälle  sich 
utcht  dürfe  verleiten  lassen,  dort  die  Quelle  der  Krankheit- su^ 
cheii  2u  wollep,  wo  sich  während  des  Yeriaufs  derselben  die 
stärksten  Zufalle  äusserten,  und*  dafs  diejenigen  Organe  nach  «dem 
Tode,  bei  hitzigen  Ner^eilkrankh eilen  gerade  oft  die  krankhaft 
Verändertst^n  seven|  welche  während  der  Krankheit  ani  weuig- 
sten  leidend  schienen  |  und  diejenigen  dagegen  nach  dem  Tode 
am  wenigsten  oder  gar  nicht  sinnlich  wahrnehmbar  iVerändert 
gei^unden  werden ^  welche,  den  äussern  Erscheinungen  nach,  im 
Lebtn  am  heftigsten  t^rgriffeu  gewesen  Wären«  ^^ 

8)  Für  die  Praxis  scy  es  daher  von  der  höchstes  Wich- 
tigkeit tVL  wissen,  dafs  im  sporadischen  Typhus^  trotz  der  scheiu- 
btfr*  idiopathisch  heifbigen  Gehirn  -  und  If  ervenaffection,  doch  die 
üntfernf^r  liegenden  Brust  •  und  Baiidieingeweide  viel  ^nehr 
idiopttthisch  ergrifiPeit  seyen^  als  das  Gehirn  und  die  Nerven, 
WieÜtiü^s  Hrn.  i^mmer^s  Leiohendffnuiigeii  jerhartea^  duind  dais 
dfe  '4hei%)^eüttschis  Ber^icksichttg^ag  dtesitr  Organe  Von  ebto  so 
gtbuirr  und  meist  von  grösserer  Wibliltgkeit  sey^  als  die  Be« 
ittcksidittgung   der  ersteren :  dai's  natnentitch   aber  die  häuii^s 


JPomnifr  über  spteiüdii^Q»  Tyfrfiii3. :     5BS 

jBtnd  alark«fi  illlg<fmaneA  Blttieiitlieem<igen ;    y^ie  cfLe  V^u  Y6ia 
ien  eoglischen  lund  amerlkaotstchto  AetTzten  anettipfohlf^n  ^verdea, 
üur  mit  der  gröfsten  Vorsicfat  viarzun^hmenseyco«  dngegnn  abei* 
•obleiiDig^ß  uod  ölige  Mittel,   urie   sie  scbon  StoU  und  Morgagni 
u.  s.  W»  10  Brahd  dröKeodeq«  Uj3terlQtb&--£nt^ÜQdungen,  ^o  vyio 
im  Jleus'  giebifäücht  ^aben,  nebieit  drtlicTien  SiutQQtlj^ieruogiii  i^nd 
Quecksilber  r  Eiii veibnogea  in  den  Unterleib  init ;  st^  ti^r  Rücksichc 
auf  die  ^Beschaffenheit  des  Krfiftetusiandes  des  Kr^mkcn  ii.  s«.  .wv 
d«s  beste  Verfabi^en  in   einer  Krankbeit  zu   sejn  schoinen',   voa 
^;elcher  die  Leiehenöffnungen  daril«i«i,  dafs  bei  ihr  auf.  eine  so 
beständige  Weise,  «verborgene  fintzündangen  in.  den  Unterleibs«- 
und  Brust'- EÜageweiden  zugegen  '^sejen,  ja  dals' selbst  der  NuUe^a 
des  iuaerliehen  G^raachs  v^oii.Oel  in.ider  Pest..updhroo  Queiikr 
stiber  undt4>]ig-SGli]ein]tgtei»  Mittebi  im   ftelbeo  Fi  eher,   iso   wie 
der  l^utzen   von    stielen   schleibi^ea  Mitfcebi  bai  Vergi£tunf>'en  u.'' 
s«.  w«  eben  auf  der  j  Wirkung  geg:e'n:  solche  t^pbÖsef  Entiünduur 
^en   der   Bnust«   und  Baueh -^Eingeweide   brauchten,    und    dafs 
vielleicht  dieselbe  Therapie  auch  im;  Tetanus  'und  ijo  der  Wair 
serscheu,  ihie   nützliche   Anwendung  finden    dürfte  u.  s    w.  — 
Was   eben    die  speciale   Behandlung  'der  krankhaften  Verände- 
rungen   des    Darmkanals   in   dem   späteren   nervös  •"  paralytischen 
Zöitr^utf^  des  ,s{>pVadischea  Tjphus  beträfe,  $ß.  scheine  das  voqi 
t4ui€nrUtlii  gegeii  tjpböse  fiauGMabmung  und  eEschöpfende  Diar- 
rbden  so   nüizlicb  befundene   sälzsa^ve  Eisen  bter  seiue  zweck- 
«Hässige  Anweuduog  %\i   finden,  und  der  gros««  Njit^eu  dieses 
Mittels  in   seiner  Örtlichen    und  &i;en  Wirkung   auf  ^p  Darm-^ 
Ic^nal   zu  Bestehen,   vermöge   weichet   es   den  tfphöseq  IJutzüur 
dungszustand  und  dessen    Folgen  füge,  den   gesQlivyäphten   und 
yerii^derten  Ton    der   Nerv<;n   und  Muskelfaser   des«  Darmkanals^ 
deren  Verlust    in^  Tjphusprozesse   die  prs<;tippffludeQ  J^i^rrhöen 
veranlasse,  wiederherstelle  und  auf  die  Geschwüre  und  Excre;»* 
oenzen  in  den-  Gedärmen   eine  reinigende,    anstrocknende,   und 
stärkende  Wirkuiig  äussere,   (diese  heilsame  Wirkung  des  salz- 
arau^rn' Eisens  iSBchi  nun  Hr%  Pomme;' attch  bei  andern  Zustäuden 
des    Darmkanals,    durch   Vergiftung,   l>ei  der    Rulif ,  '  ScorbuC 
Mi  Sk  w..nai^su weisen  )J 

9)  Schliefsliob  ist.  Hr.  Pömmer  äer  Iileinun|g;,'dafs  "Typhus- 
^*ecouvai6Kenten  so  leieht  recfdiVwerden^  wen»  sie  sich  bnchteii 
Krkältungen  oder  Dtatfehlevn  aulsetzeh,  weil  der  wähi^end  des 
Tjpiius' Statt  gefundene  Entzikidungszu^tand  dei^  Magens  und 
(kr  Gedärme  :u;  s»  f.  immer  einige  Zeitlang' eine  i  sehr  grosse 
Reizbarkeit  jeaer  Organe  hinterlasse-,  welche  io  letcht  4>e  Wie« 
djetkebr  des  typhösen  Entzundung^prosesses  im  S^eisenkanalt 
ttiid  seiblt  •  den  r schleunigsten  Tod  be^fiiistige  u.  s.  f»  ' 

fteccnseni   erkennt  mit  Dank'  die   Bemühungen    des   Herrn 


580     Sdohse  fibev  Luftröhren-- Schtrindsiidit 

Verfassers  I  der  darch  seine  s6  vielfalHg  ^onil  mit  der  grofs^A 
Umsicht  angestellten  Leic)ienöffDuagcn  die -Natur  und  das  We- 
sen des  sporadischen  Tjphus  za  beimachten  stichle  Die  Aciea 
iiber  den  wichtigen  KrankheitsproteCs  im  sporadischen,  so  ^ie 
im  contagiSsen  Typhus  sind  'freilich  zur  Zeit  nocK  nicht  geschio«- 
sea,  daher  kann  auch  von  eiper  umfossenden  Kritik  hierüber  — 
•als  Materialien  für  den  ^zttkunftigen  fiau  —  noch  nicht  die  Red« 
sejn«  Loben s würdig  sind  und  bleiben  aber  stets  solche  irztH- 
che  Bemühungen  y  namentlich  wenn  sie  frei  von  alter  System- 
sucht  y  mit  ruhigem  und  unbefangenen  Geiste  nnternommen  und 
so  consequent  ausgeführt  ward  en^.  wie  sich  die  des  Hrn.  Ver- 
fassers hier  beurkunden.  Mochte  es  daher  Hrn.  *v»  Pömmer  ge- 
fallen, nicht  nur  seine  interessanten  Üntersuchungei»  über  den 
sporadischen  Tjphus  fortzusetzen,  sondern  sie  dereinst  auch  in 
einer  vollkomnien  systematischen  Darstellung,  als  ein  in  sich  ge- 
schlossenes Ganzes  j  in  nosologischer,  ^aetiologischer ,  symptoma- 
tischer, prognostischer  und  therapeutischer  Hinsicht  dem  ärzt^ 
liehen  Pubiicom  mitzutheilen. 


Beiträge  zur  genaueren  Kenntnifs  und  Unterscheidung  dek  Kehl- 
kopfs -  und  Luftröhren  -  Schwindsuchten  von 
0^tLHMLM  'SjchsSj  Qrofsherzogl:  ^Meklenb,  -  Schwerinschem 
Läimzte  und  Medicihal'*-  Rathe.  Mit  Kupfern.  Hannover 
48si4,^ —     Auch  mit  dem'  Nebentitel: 

Ideen  zur  Diagnostik,  angefangen^  i^on  Job.  E.  Wich* 
»ijUfNj  KönigL  Ltihrhed.  tu  Jtfannoi^er,  and  fortgesetzt  von 
W.  Sachse.  Vierter  Band.  Mit  Kupfern.  HaPmover  48%i' 
>    XXVI  md  st6o  S.   8.    Rthir.  /.  6  ggr. 

/xus  'dem  mit  gründlicher  Gelehrsamkeit  von  dem-  würdigen 
Verfass.  aufgestellten  Verzeichnisse . der  ältesten,  mittleren,  und 
neuesten  Aerzte,  die  verschiedene^  Ansichten  über  die  Luftröh- 
yenschwiadsucht  geliefert  (iahen,  vgeht  auf  eine  wirklich  auf- 
fallende Weise,  die  «ehr  wahre  aber  widerliche  fienierkung  her« 
vor,  dafs  wir  bei  der  zahllosen  Bf  enge  von  Monographien  uod 
grÖsseisen  und  kleineren  Werken  über  die  Lungensuchten,  deo- 
»och  eine  sehr  sparsame  ja  fast  kümmerliche  Ausbeute  über  die 
Diagnose  der  Luftröhren*  und  Rehlkopfschwindsuchten  besitzen, 
dafs  es  mithin  eines  der  gröfsten  Bedürfnisse  unserer  Zeit  sey, 
Licht  über  diese  beiden-  nahe  verwandten  Kraukheitsformen 
rücksichtKch  ihrer  gegenseitigen  Di£Ferenz  zu  verhreitea.— -  Treff- 
lich bat  der  Hr.  Verfasser  die  wirklich  tnteressniitesten  falle 
TonjRuschj  Dyliu^ß  .Pigra ,  StaJpart  van  der   fViel,  Sedvadori, 


..Saol^se  f|ber  Luftröhren -^SchwiiulsTicb^*    :^By 

.  SioBrk'j  Hagen,  Gerlach .  u.  a.  m.  aufgeführt, .  wo .  nvmUcli  bei 
den  furchtbarsten  .mechailischen  \  ZerstÖrungoi    der  Lunge »  die 

.  dadurch   hervorgegangene  Lung^nsucht   dennoch;  wieder   geheilt 
..  Ward,   als  Gegenbeweis,    dafs  bei  der  £^«t  allgemein  als. absolut  . 

.  vek'meinten    Unheilbarkeit  der   Lungensuchtcp ,    diese   weder    in 

.  der  steten   Einwirkung  der   atmophärischen  Luft,    noch  in   den 

.  (ortdauernden  Bevegungen  des  leidenden  Organs  gcgi'iind^t  sej; 
•  .Wo   keine  Scharfe  im   Körper   Weile,    sagt  der  lir.  VerEasser, 

.  oder  wo  diese  schon  geheilt  stjj  da  heile  die  Natur  oft  scU^ery 
Wenn  nur  ihre  Kräfte  gut  geleitet  werden,    allein  dies  vermöge 

.sie   oft 'nicht 9   und  da  erfordere   die  Heilart  .ei ue  neue  Umsicht^ 
des  Arztes^-     Referent   mufs  hier  genau  unterscheiden    zwischen 
Lungensuchten ,  die  auf  erfolgte  äussere  mechanische  Eünwirkun^    ^ 
gen  hervorgerufen    wurden,   und  solchen,   die  das  Resultat  der 

.  pbthisischen   Architectur   sind^  bei  welchen  noch  eine  Erbanlage 
dieser  verheerenden  Krankheit  zu  Grunde  liegt..   Dafs  die  erstem 
ren  ohne  erbliche  Anlage  geheilt  werden  können,   und. wirklick 
oft  geheilt  wurden,  dafür  sprechen  die  von  dem  Hrjn.  \^rfasseit' 
angeführten  auffallenden  Beispiele,  dals  letztere  in  der  Regel  un« 

.  heilbar ,  sejeu ,.  dies  beweifst  ohne  weitere  Gründe  die  täg- 
liche^  Erfahrung.  Eine  Krankheit  fristen,  heifst  noch  nicht  sie 
heilen!  —  '    ' 

Vorzü^ich  wir4  hier  aber  Lentin*s   Idee  näher  untersueht,      y 

,und  für  die  Diagnose  der  Lungienschwindsucht  u.  s.  w.  bestä* 
tigt  gefunden,  dafs  nämlich  ein  jedes  Gebild  des  menschlichen 
Organismus-  ^ine  eigenthümlichen  Krankheiten  habe,  i;pd  ^ie. 
-verschiedenen  Beobachtungen  der  Aerzte  hierüber  geben  Finger- 
zeige, wie  wichtig' es  sey,  bei  den  Schwindsüchten  der  Respi-  \ 
rationsorgane  darauf  zu  sehen,  ob  z.  B.  der  Luftröhrenkopf 
oder  die  Luftröhre,  ob  die  Schleim.*  oder  Ljmpfdriisen,  ob 
das  innere  Zellgewebe  oder  die  äussere  Haut  der  Lungen 
leide? 

Und  so  wie  der  Hr.  Verfasser  merkwürdige  Beispiele  aus 
.d«n' vorzüglichsten  Schriften  der  Aerzte  von>  gehellten  Lungen- 
suchten  mittheilt,  eben  so  führt  er  mehrere  frappante  Thatsachen 
von  glücklich,  geheilten  Luftröhren-  und  Kehlkopf- Schwind- 
süchten an,  wobei  er  bemerkt,  dafs  diese  meist  durch  die  Ope- 
ration geheilt  werden  könnten,  wenn  wir  eilimal  durch  Zeichen 
den  Sifz  des.  Geschwürs  in  der  Luftröhre  genau  ausmittdn  hön^ 
nen,  —  Ob  dieser  grosse  Ausspruch  immer  als  gültig  anerkannt 
.Wfsr^en  dürfe  und  müsse,  bezweifelt  Recensent  gar  sehr.  .Denn 
was  nützt  wohl  die  Operatfon  in  einem  solchen  Falle  von  Luft^ 
röiirenschwindsucht,  wo  das  Geschwür  schon  die  ganze  Luft« 
jöhre  durchgefressen  hat?—  Wo  haben  wir  i^u fälle  und  Kenn- 
zeichen, die  uns  cfiesen'farcb^)aren Zustand. immer  uuFeMbar  cnL« 


588     Sachse  Über  Luftröhren  -  Sehwindsudit.  ^ 

deckten  ?  —  wie  musste  die  Operation  ge»c!jclicn  ^  —  and  Ton 
welchen  entsetzliclien  Folgen  Wtirde  sie  nicht  begleitet  sejn^ 
trafen  wir  bei  derselben  eine  stellenweis  durchf;re9sene  Luft- 
röhre an?  — 

Von  der  Phthisu  Ictryngta'  gttihl   nun  Hr.  Sachse  folgende 
'  umfassende  und  treffende   Diagnostik,   die  Ref.  nur  kurz  aushe- 
ben will,  da  der  Hr.  Verfasser  auf  die  vollständigste  Weise  die- 
•selbe  mit  eilf  Seiten  abhandelt ,  ^nd  zu  den  erläuternden  KiHn- 
■kdnberichtcn   und    Beobachtungen    zwei   und  neunzig  Seiten  gc- 
l>rauchte.     Heiserkeit  sej  aas  erste  Sj^niptpm,   hiezu  geselle  sich 
bald  Kitzeln  im  Halse ,   anfangs'  leichte '  katarrhaliscfier   ganz  un- 
bedeutend  scheioenrler  Husten,    dier  aber   nach  und  nach  inrmer 
heftiger  werde,  und  fast  dem  beim  ^roup  gleich  kÜme,  der  auf 
die  geringste  Veranlassung,  auf  jeden  leichten  Dunst  im  Zimmer, 
•nf  den   gelindesten  .Luftzug   u    s.  W.  arger  werde.     Der  Aus- 
wurf seje    anfänglich    ganz   unbedjeütend ,    höchstens  schaumetid, 
»uweilen  auch   mit  Blutstriemen   termischt,  späterhin  aber  eiter- 
artiger  und   immer  nur   in   gering^  Menge  besonders'  des  Mor- 
gens, und  da  käme  er  gleichsam  nur  räuspernd  zum  Vorscheine. 
Bei  Tage  sey  er   mit  vielem  Speichel,    zuweilen  auch  mit  Pseu- 
domembranen von  wirkliche^'  Haut,  ,  manchesmal  sogar  auch  mit 
einzelnen   Knochenstücken    verbunden.     In  der  späteren    Periode 
.erfolge  ein  widriger  Geruch  aus' dem  Munde,  der  späterhin  für 
die  Umstehenden  so  unausstehlich  Werde,    dafs.  sie   ihr    Gericht 
vom    Kranken   abv^enden    müssen.,  'Das   Athmen  sej  im'  Ganzen 
gekommen   nicht  beschwerlich,   n,ur  scheine  es    gleiciisam  wie  in 
der  Mitte  abgebrochen,   wodurch    das  in  den  späteren  Perioden 
wahrnehmbare   croupartigc    Pfeifen  hervorgebracht'  wiirde.     Die 
Sprache  werde  nun  immer  heiserer,  leiser,  und  zuletzt  so  schwach, 
dafs'  man    nur  mit    der  gröfsten  Anstrengung  den  Kranken  ver- 
stehen  gönnte.      Die  katarrhalischen    Zufalle   verschwänden    nun 
bald,    daftir    stelle   sieb  aber  ein  bisher  ganz  unbeachtet  geblie« 
beneS  Zeichen,    nämlich  ein    krampfhaftes  Niesen    ein,    das    ent- 
\veder  durch  den  Husten  geweckt  werde,  oder  auch  sein  Vor- 
läufer  %tj.      Dieses  Niesen    erfolge    plötzlich,    oft   zehnmal   hin- 
tereinander,   und    vermehre    ausserordentlich    den    Schmerz    im 
Kehlkopfe ,   der  selten  denselben  ganz  einnimmt,    manchmal  aber 
auch  tiefer  herab  in  die  LuftlrÖhre   und   höher   hinauf  fcur  Zun- 
genwurzel sich    erstreckt,   und   im   Rachen  eiii    um  so  stärkeres 
und^empGndlicheres   Brennen  verursache,  je  mehr   der  Schlund 
mit  leide.     Des   Nachts  werde  es   starker ,   eben  so  auch  durch 
den  Druck  y  die  Bewegung  und  den  Genufs  der  Nahrungsmittel. 
Nun  werde  das  Schlingen   immier  beschwerlicher,   so,   dafs   zu- 
letzt gar  nichts  mehr  Flussiges ^  geppssen  werden  könne,  ausser 
ein  fester  Brct.     Das  Etseii   %^y  für   diese   Kranke    eine   wahre 


'X' 


Sachse  über  Luftiöhren-*  Schwindsucht     589 

i  \  ■  ^  ■  ■ 

Phge,    weil  es  für  sie  immer  so  schmerzhaft  uiid  Iffstig  wäre^ 
und  sie'  sich  wirklich  freueten,   weon   wieder  ein  Bissen  an  der 
innero  scbmerzbafteii  Stelle  vorbetgegangeu  wäre.     Dieser  äogst* 
liehe    Zustand    werde    aber    durch    das    vermehrte   Gefühl    der 
Trocknifs  im   Halse   nur  noch-  vermelirt,   besonders  bei    Nacht, 
wodurch  die  Kranken  zum  öfteren  Trinken  gereizt  wurden.  Am 
Halse  bemerke  man  bald    eine   grossere  bald   eine  kleinere   Ge- 
schwulst, die  den  ganzen  Kehlkopf  vergrössert  darstelle,  zuwei*. 
len  scyeu  auch    die   nahe   gelegenen  Drüsen  mit  angelofi*en.     Im  * 
Mundfe  bemerke  man  bis  seither  ganz  übersehene  Erscheinuof^co,. 
an  der  innern  Seite  nämlich,   wo  der   Kran)(e    über   Schmerzen 
klage,    werde  die  Zunge  bis  zur  Mitte  der  ganzen  Länge  tfach' 
mit  gelbweissem  Schleime  belegt,  während  die  andre  Seite  wie 
^geschnitten   ihre    rothe   Farbe    behält.     Dabei   verändere  sich 
auch  bedeutend  die  Zungenwurzel   in  der  späteren  Periode  der 
Krankheit;  sie  werde  dick,    roth,  und  ihre  Warzen  ragen  hoch 
hervor,    zuweilen  erfolge  auch  leichte   Entzündung,    aber  keine 
Vereiterung   des   Gaumens,    welche    aus    der    Luftröhre   herauf 
fortg^etzt   zu  sejn    scheine.     Die  Brust  sejr  eigentlich  nicht  be* 
klemmt  und   das  Fieber  mangle   sogar   zuweilen,,   pder  sej   im 
Anfange  nur  leicht,   mache  aber  im  Yerliältnisse  zu  dem  unbe- 
deutenden  Auswurfe    sehr  rasche   Fortschritte.     Meist  träte   es 
mit  Schaudern   und    Hitze   Abends  abwechselnd   ein,  der   Pyls 
werde  schwach  und  oft   sehr   schnell,   es  halte  aber  nicht  lange 
an,  und   raube   auch  nicht  zu  lange   den   Schlaf,   sey   aber/mil 
heftigen    Mor^ensch weissen    verbunden  und  magere  die  Krankeo 
ausserordentlich   schnell  ab*      So    entstehe   allniahlig,    weil    dat 
Pabulum  vitae  nicht  mehr  zu  den  Gefäfsnetzen  der  Bronchialen^ 
den    gelängen    könne,    allgemeine  Krschc^fung  und  colliiniatives 
Leiden   des  Körpers,    die  Nervenkraft   ^^erde  dadurch    so   ge- 
lähmt,  dafs   die   Kranken    ihr  Stadium  colliquatiouis'  selten  gan« 
erleben,   sondern  am  Nervenschlage,   oder   unter  anginösen  Zu- 
fallen  ersticken,   oder  auch  wie  ein  Licht  erlöschen,   wenn  die. 
Wirkung  der  Nerven  iu  der  Luftröhre  gelähmt  vsoll  wohl  heis« 
ten  wenn    die  Xerventhätigkeit  d^r  Luftröhre   gelähmt;   und   se 
ihr  Consensua  mit   den  »Respiretions  -  Muskeln  gänzlich  aufgeho-p. 
ben    werde«  — -     Erfolge   aber   im    Gcgentl^eile    Genesung,    so 
ichwinde  nach  und  nach  der  Husten  uiid  Auswurf,  die  Stimme 
werde  wieder  vernehmlicher,  es  daure*aber  doch  lange,  bis  sie 
«rieder  ihre  vorige  Kraft  bekomme,  und  selten  kehre  'sie  wiedey 
%a   ihrer  vorigen  Klarheit  zurück.  *— .    Referent  hatte  schon  oft 
Gelegenheit  Luftröhren-  und  Kehlkopfschwindsuchtea  zu  beob- 
achten und  zu    behandeln,  und  mufs  dem  Hrn.  Verfasser  wirk«* 
liclk  alle  Oerechtigkeit  wiederfahren  lassen ,  die  Diagnose  dieser 
KiMkheitaftnroi  so  treffend  ans  der  Natur  geaeichaet  w  haben« 


500     Sachse  fiber  Luftröhren-  Schwindsucht. 

Nur  ein  Symptom  findet  Referent  dabei  nicht  erwüKoi^  näm- 
lich das  Nasenbluten ,  .  weiches  Referent  bei  drei  Fällen  von 
Pbtbifis  laryngea  in  den  letzten  Wochen  des  Lebens  beobach* 
Ute.  £s  ist  nicht  sehr  heftig,  kehrt  aber  oft  auf  die  geringste 
Anstrengung  zurück.  'Wo  Referent  dies  nicht  beobachtete,  da 
sah'  e^*  Colliquatiouen  eintreten.  Referent  ist  daher  geneigt  an- 
ftunehmen,  dafs  dieses  ein  fast  eben  so  constantes  Sjmptom  zu 
Ende  des  zweiten  Stadiums  derselben  ist,  als  das  Blutspeien, 
^welches  oft  sogar  eine  gelindere  Art  von  Blutbrechen  wird,  bei 
der  Lungenschwindsucht.  -^ 

Nun  führt  Hr.  Sachse  zur  Bestätigung  der  Diagnose  der 
Phthisis  iar^rngea  eine  Menge  Krankengeschichten  bald  mit  grös«- 
fterer  bald  mit  geringerer  kritischen  Beleuchtung  aus  allen  Ecken 
der  in-  und  ausländischen, Literatur  und  aus  den  vorzüglichsten 
Quellen  auf,  beschreibt,  eine  zweite  Art  der.  Phthisis  larjngea, 
welche  aus  verschlossenen  Eitersäcken  jind  Luftrohrenkdpfen  ent- 
steht, die  natürlich  wieder  ihre  eigenthürolichen  diagnostischen 
Merkmale  hat,  und  welche  der  Hr.  Verfasser  ebenfalls  wie- 
der durch  eine  Menge  auteutiscfatfr  Beobachtungen  zu  erhärten 
iucht. 

Nun  schreitet  Hr.  Sachse  zur  Diagnose  der  Phthisis  tracbe« 
altsp  von  welcher  er  drei  Abarten  annimmt:  i)  Die  LuftrÖh- 
renschwindfucht  ,  welche  von  einer  Vereiterung  der  inneren 
Fläche  der  Luftröhre  entsteht;  2)  die,  welche  von  Balgge- 
Schwülsten  ,  Drüsenverhärtungen  ,  Wasserblasen  -auf  der  Ober- 
flache  der  Luftröhre  ihren  Ursprung  nimmt;  3)  die,,  welche 
IDit  einer  Vereiterung  im  Schlünde  veil>uqden  ist.  Erstere  wird 
^ie  primitive,  die  zweite  die  sesundaire,  und  die  dritte  die 
complicirte  genannt.  Hr.  Sachse  geht  auch  hier  seinen  strengen 
wissenschaftlichen  Weg,  und  bereichert  auch  hier  durch  eine 
Menge  vollgültiger  Beobachtungen  die  Diagnose.  £r>  entwickelt 
sodann  die  Hauptzufälle  der  Kehlkopf-  und  Luftröhren« Schwind- 
sucht '  mit  Eiterung  im  Schlunds  verbunden ,  zeichnet  nachher 
eine  vierte  Art  der  Luftrdhrensc'h windsucht,  nämlich  die  Kno- 
tenschwindsucht der  'ganzen  Luftröhre,  und  gil:^  endlich  auf 
eine  sehr  fafsliche  Weise  eine  nebeneinandergestellte  Uebersicht 
der  verscliiedenen  einzelnen  Haupt  -  und  Unterscheidungs  -  Kenn- 
zeichen die  Phthisis  larjngea  und  trachealis,  die  wirklich  mit 
musterhafter  Pünktlichkcft  und  grosser  Gelehrsamkeit  bearbeitet 
ist  Vorzuglich  interessant  sind  die  Bemerkungen  des  Herrn 
Verfassers  über  das  'Wesentliche  jener  Erscheinungen  und  ihre 
urs^chiichfsn  Momente,*  welches  dem  ganzen  Krankheits- Gemälde 
einen  hohen  Werth  verleiht 

Nicht  vveniger  ausführlich  urrd  instroctiv  findet  man  die 
Hauptonversofafetdun^t  -  Keunzeicken  d^  Luftiöhrcaschwindiuchi, 


V 

Sachse  über  Luftröhren  -«>  Schwindsucht.     5^1 

und  der  Luqgensucht,  der  PhthtBis  trtclieaiis  und  des  ÄAeTrisma  «.  ' 
AorCae,  die  Kriterien  der  Vereiterung  «des  Zungenbeins,  so  wie 
sog«ir  auch  der  Vereiterung  in  der  Artikul^tiou  des  Atjas  mit 
dem  Hinterhauptbeine,  oder  dem  Epistrophanus  angegeben ,  was^ 
keines  Auszugs  fähig  ist.  ^  Die  drei  angehängten  Kupferta-« 
fein  bezeichnen  sehr  richtig  Abnormitäten  des  Kehliopfes  und 
dec  Luftröhre. 

Referent  bemerkt  hier  mit  grosser  Hpchachtung  für  deir 
sehr  gelehrten  und  würdigen  Hrni.  Verfassen  dafs  wirklich  sejne 
Schrift  ein  wesentlicher'  und  sehr  erfreulicher  Beitrag  für- Kunst 
ttpd  Wissenschaft  ^€y  ^  ja  dfifs  die  Diagnostik  durch  solche  ge- 
diegene Firodacte  nur  gewinnenj  und  mit  dem  lebhaftesten  Danki" 
aufgenommen  werden  müsse*  Nur  hätte  Referent  gewünscht,* 
dafs  die  vielen  Beobachtungen  und  Krankenberichte  nicht  inrai'er  A 

in  extenso  sondern  mehr  abgekürzt  vorgetragen  worden  wären, 
da,  würde  eine  jede  bis  jetzt  bekannte  Krankheitsform  in  diar  4 
gnostischer  Beziehung  mit  einer  solchen  ausserordentlichen  Aus- 
dehnung bearbeitet  werden,  ein  ungeheurer  Kostenaufwand  zur 
Anschaffung  solcher  diagnostischen  Werke,  die  jetzt  schon  einige 
tausend  Bände  beiragen  würden,  erforderlich  wäre,  was  eben 
lür  Kunst  und  Wissenschaft  nicht  gar  förderlich  sejn  möqhte.-^ 

Dr.S. 


Wien  im  F'erlage  der  Geistinger'schen  Buchhandlung:  lieber 
das  Heim  wehe.  Von  Jt^stVH  'ZMWGsnLj  der  Arznei 
künde  Doetor.    4d»o      FIII  u^  64  fi>   8.    8  ggrj 

Jjis  gehört  unter  die  merkwjiirdigsten  Erscheinungen  der  mensch- 
lichep  Nälur,  dafs  die  Sehnsucht  nach  dem  Vaterlande,  nach 
Vater,  Mutter,  Geschwistern  u.  s;  w.  zur  Krankheit ^wird,  oft 
zu  einer  Krankheit,  die,  wenn  jene  Sehnsucht  nicht  befriedigt 
werden  kann,' unheilbar  ist.  Sie  i^t  daher  ein  Etzeugniis.  des 
guten  Priircips  in  dem  Menschen ,  nicht  wie  in  den  meisteu 
Fällen'  von  Krankheiten  ein  Prodoct  der  Schuld,  der  Leiden* 
Schäften,  def  verkehrten  Lebensweise  u.  s. 'W.  und  deshalb 
fast . nur,  noch  ein  Eigemhum  von  Menschen,  die  im  Stande  d«r 
Natur,  unverdorben  upd  treu  den  Sitten  ihrer  Vfiter  lebeo. 
Man  könnte  sie  dem  gebildeteren  Theil  des  Menschengeschlecht 
tes  zurückwünschen  y  tif  würde  wenigstens  dabei  nichts  ver- 
lieren. 

Es  verdient  diese  Krankheit  insbesondere  von  psychologi- 
scher Seiten  eine  grössere  Aufmerksamkeit,  als  man  ihr  bis  jetzt 
geschenkt  lu  haben  s€h«nt  und  besonders  dönkt  es  R^,  von 


N 


ägs  Zangerl  über    das  HeiiDwehe^ 

Wichtigkeit,  durcb  Erfah'rc^ag^  auszumittelil',   ob  den  psjckkchen 
StdruDgen   immer    bestimmte    somatische  Erscheiouogen    parallel 
gehet»  und  welche  .Systeme  und  Organe  vorzöglich  als  der  Sitx 
der  Krankheit  anzusehen  sind.     Sollte  nicht  das  Iferz,    als  in  so 
naher  Beziehung  mit  den   tieferen  Gefühlen  des  Menschen^  eine 
besondere   Beachtung   verdienen?     Nur  LeiohenöSuiüngen  könn- 
ten  darüber  nähereu  Aufschlufs  geben ,    aber   die   wenigen,  die 
Wir  in   den  Schriften   der   Beobachter  antreffen ,   sind   zu  ober- 
flächlich,   um  uns  darüber  zu  belehren      Auch  die  biet  anzuzei- 
gende Schrift   von  Zangerl  läfst  uns  eben  keine  tiefei:en  Blicke 
in  das  Wesen  dieser  Krankheit  thon,  inzwischen  kommt  ihr  das 
Verdienst  zu,   die    wenigen  hie  und  da  zerstreuten  BepbacbtttO" 
gen    und   Bemerkungen    darüber    fleissig    zusammengetragen  zu 
haben.     Eigene  Beobachtungen  hat  der  Verf.^  obgleich  in  Tjrol, 
WQ  die  Krankheit  häufig  vorkommt ,    geboren,    nur   wenige  bei- 
genigt,   und   auch  in  diesen  wenigen  vermissen   wir  Gensfüigkeit 
vild   Vollständigkeit.     Da   uns  genauere  Beobachtungen  bis  jetzt 
ikOfük   nbgehen,   so   scheint   uns    eine  Eintheilung   der   Krankheit 
in 'ursprüngliche  und  ^abgeleitete,  fieberhafte  und  fieberlose,  ma- 
terielle und  dynamische,  einfache  und  complicirte  noch  zu  frübs 
und  mehr  das  Gepräge  der  Schulform  aU  der  Natur  zu  trageo« 
Van  der.  einfachen  Nostalgie  giebt   der  Vf.  folgendes  Bild: 
9Der  Kranke  wird  nachdenkend »  traurig,  spricht  wenig,  athm^t 
schwer  und  unterbrochen,  seufzet  oft  und  unwillkührlich.    Die 
Efslusi   verliert   sich,   die  Verdauung  ist   mühsam   und   schlecht» 
Er.  vvsigt  kauni  sicft  selbst  die  Ursache  dieser  Uebel  zu.  gestehen, 
und  befürchtet  sie  audern  zu  entdecken;,  daher  sucht  er  einsame 
Orte,    verbirgt  sich  in  Wäldern  und  bemüht  sich  umsonst' scipo 
Schmerzen  zu  besänftigen.     Die  Einsamkeit  verschlimmert  seiaeo 
Zustand    nocji    mehr;  deiin  ^cine   Phantasie   gewinnt   da  neuen 
Schwung,   währeuc^  die  Kräfte  seines  Körpers   schwinden.    Ei 
bemächtigt  sich   seiner  eine  'Abgescblagenheit  aller  Glieder;  das 
Gesicht   wird  blafs,    die  Augen   schwermüthig,  thränend,  kaum 
dem   Tageslicht   sich  Öffnend;   das   Herz  schlägt  nicht  mehr  re- 
gelmässig,  es  klopft  bei  der  geringsten  Bewegung,  bei  der  lei- 
jesten   Gemüthscrschütterung.   ^Seiu   ganzes   Nervensystem  nimmt 
eine  krankhafte  Empfindlichkeit  an;    er  ist  verdrüfslich ,  verab- 
scheut die  fremden  Sitten,  verträgt  Scherze,  kleine  Neckereien 
«od  die  geringsten  UDgemächlichkeiten  mit  Unwilten. 


(Ar  BmMiftfölRi.y 


\  ^ 


-  ^^*        Heidelbferger  ^^^^^ 

Jahrbücher  der  Litterätur. 


\Zangerl   über    das    Heimwehe. 

(Beschlufs.) 

JLIer  Schlaf  flieht  ihn  oder  spiegelt  ihm  im  Trauni  die  glnck- 
lichen  Tage  der  Vergangenheit  vor,  versetzt  ihn  auf  einige  Au- 
genblicke in  einen  Cirkel  geliebter  Personen,  um  fhn  dann  beim 
Ervracheri  i-n  ein  desto  tieferes  Meer  von  Traurigkeit  zu  ver- 
senken, die  natürliche  Wärme  des  Köi-pers  vermindert  sich,  die 
Verrichtungen  des  Geistes  sind  gestört,  die  Sinne  abgestumpft. 
Oft  -wird 'der  Kranke  von  Krämpfen,  besonders  voh  Magen- 
krampf befallen;  oft  werden  die  edelsten  Organe  der  Sitz  Ge- 
fahr "drohender  Cp^gestionen.  Se  -  und  Excretionen  sind  mehr 
oder  weniger  gestört.  Nicht  alle  am  *H^imwche  Leidende  ver- 
heimlichen indefs  ihr  Uebel;  manche' '^ifechen  häufig  von- den 
Vorzögen  ihres  Vaterlandes,  nennen  die  Naiven  geliebter  Per- 
sonen, und  bezeugen  deutlfch  ihre  unbezwingliche  Sehnsucht 
nach  demselben.  Leuchtet  ihnen  ein  Strahl  der  Hoffnung,  das, 
wfs  'ihnen-  so  theuer  ist,  wieder  zu  sehen,  so  erheitert  sieb 
ihre  Miene,  ihr  ganzes  Wesen  bekommt  ein  gefälligeres  Anse- 
hen ,  bis  sie'  wieder  in  ihre  vorige  Traurigkeit  verfbDen.  Da« 
Leid'eti  dieser  Kranken  sdireitet  oft  unglaublich  schnell  vorwärts^ 
es  tritt  eiti  hektisches  Fieber,  das  sich  gegen  Abend  verschlithw 
mert  hinzu,  die  Abmagerung  mraknt  täglich  zu,  das  Gesicht 
wird' hippokr:ijtisch,  bis  endlich  der  Unglückliche,  beim  letzten 
Athemzuge.  noch  seiner  HeittlktH  g^enkend,  diese  traurige 
Scene  mit  dem  Tode  beschliefstl» 

ICJeber  die  Anlage,  die  erregenden  Ursachen,  die  Progqpie 
und  die  prophylaktische  Bt^hafhdlung  dieser  Krankheit  wird  roan«- 
cbes  Bäachtungswerthe  gesagt.-  Da(s  die-  Regeln  zur  radicalen 
Heilung  dbrselben  wenigei'  gcnujgew;  liegt  in  der  Natur  der  Sache« 
£s  giebt  nur  ein  souveränes^  Mittel  gegen  das«  Heimweh :  die 
Heimath.  Selbst  dann,  wenn-  die  Kranken  mit  Fieber  behaftet» 
uild'  ^0  schwach  waren ,  dafs  si()  sich  kaum  aus  dem  Bette  ^uf** 
f  ichtea  konnten  j  wurden  sie  gesund ,  Wenn  matt  sie  beim  reiseli 
lieft. 

Hohnbßum* 


38 


594      Hildenbrand  Instit.  practico  -  medicae. 

VALEffTJVi  NoBiLis  "ab  HiLtfEUBnjiND   Cots,  Aeg,  üä  regmcn 
Austrioje  inferioris  ConsUidrii ,  Praxeos  Clinicae  in  Unwer- 
süate  Vindoton^nsi  Professoris,  Direetoris  Nosocomii  ^ni- 
*versalis,  Brephotrophei  et^.*Institutiones  Practico -Medicae, 
^      Rifdimenta  Nosologlae  et  Therapiae  specialis  complectentes, 
Tom.  primus.  Contihens  Morborum  divisiones  et  sjrstemata, 
Doctrinam  de  Febribiis  in  genere.     Vien^ae  Austriae»  Ty- 
vis  Haeredum  van  Ghelen»  48^6'  —  .Tom,  secund,  Edidit, 
adj'ecitj  ac  Propriis  Lectionibus  adcommodavit  Filius  Fran- 
CISCOS   NoBFLis  JB   HjLDENBRjifD  j    Med.   Doctor  j   Artis 
Oculariae  Magister  ^  Praxeos  Clinicae  in  Uni^fersitate  Tki- 
mensi  Professor,  Director   Nosocomii  Universalis ,  Brepho-^ 
trophei  etc.  Contin,  Doctrinam   de  febribus  iatermittentibiis, 
Doctrinam  de  febribus  continuis  inßammatoriis  et  inflamma- 
tionibus  in  Genere.     Viennae  Austriae  apud  J,  G:  Heub- 
ner,  ^3»^, 

Der  Tod  bat  den  wür4igen  Verfasser  dieser  Schrift,  der  sich 
um  die  Menschheit  durch  mehrere  gehaltvolle  Schriften  ein  ud* 
sterbliches  Verdienst  erworben  hat,  in  dem  Anfange  dieses  wich- 
tigen Unternehmens  d^j'^Welt  ehtrissen,  uad  diesem  Verlust  ist 
grofs.  In  seinem  würdi^n.  Sohne  bleibt  uns  die  Hoffnung,  die- 
ses vortreffliche  Werk  fortgesetzt  und  vollendet  zu  sehen ^  und 
bereits  .ist  mit  der  Fortsetzung  ein  guter  An  laug  gemachte  Wenn 
man  auch  die  Fülle  eigner  Erfahrung,  die  M'ir  in.  dem  angefan- 
l^euen  Werke  imtreflFen,  in  der  Fortsetzung  nicht  findet,  so  ge- 
bührt doch  dem  Sohpe  das  Lob,  dafs  er  die  Erfahrungen  aller 
Zeiten  gut  benutzt  und  gehörig  geordnet  hat.  Dafs  der  Sohn 
^deii  Nachlafs  seines  Vdters  über  diesen  Gegenstand  nicht  unver- 
ändert und  phne  Zusätze  und  Berichtigungen  geben  wurde,  liefs 
sich  wohl  vorhersehen,  wir  wünschen  übrigens,  dafs  derselbe 
fest  auf  dem  Pfade  der  göttlichen .  Erfahrung ,  wie  er  sie  in  der 
Vorrede  nennt,  fortwandern  möge. 

Nach  einer  kräftigen  Vorrede  und  zweckmäfsigen  Einlei- 
tung handelt  der  erste  Band  dieses  Werkes  Yon  der  Vertheilung 
und  den  Systemen  der  Krankheiten  und  zwar  von  den  frühesten 
Zeiten  bis  auf  die  gegenwärtige  Jiurz  und  fi^ut.  Nachdem  er  je- 
de Eintheilung  gehörig  gewürdiget  hat,  theilt  er  die  in  der  Pra^ 
xis  vorkommenden  Krankheiten  in  fünf  Haupttheile,  nämlich: 
Fieber,  Cachexien,  Neurosen,  Ekkrisen,  und  endlich  örtliche 
Fehler,  welche  Eintheilung  auch  Swediauer  beobachtet,  die  aber 
schon  lange  dem  Verfasser  eigen  war,   .wie  hier  berichtet  wird. 

Der  Anfang  wird  demnach  mit  dem  Fieber-  gemacht,  upd 
die  mehr  gema'cbte  Bemerkung  gemacht,  dafs  man  eine  logische 
Definition  nicht  geben  könne;  dafs  aber  ein  Bltftumlauf|  der  ge- 


^r* 


HildenbraDd  Iiistit.  practico  -  medicae.       SgS 

^chwiiider  als  im  gesunden  Zustand  ist,  ferner  veränderte  tJiJe- 
rische  Wärme,  uiid  freiwillige  Müdigkeit  oder  Mattigkeit  als  Zu- 
fälje  zu  betrachten  scjcn,  welche  beinahe  allezeit  beim  Fieber 
angetroffen  würden.  Darauf  wijrdigt  der  Verfasser  das  Fieber 
als  Symptom  u^id  Krauklieit.  .  Sieben  wesentliche  Charactere  des 
Fiebers  werden  angcgebep,  nämlich:  %)  Verletzung  aller  Kräfte, 
Vermögen  und  Eigenscliaflen  der  organischen  Substanz;  2)  Zu- 
sainmensetzung  aus  mehreren  Anfällen;  3)  Anfang  mit  Schauder 
und  Maliigkeitj  4)  hitziger  Verlauf  mit  Gefahr,  wo  aber  das 
Wort  Gefahr  überflüssig  ist,  .indem  es  schon  im  Begriflf'  des* 
Hitzigen  Hegt;  5)  Veränderung  des  Pulses  und  der  Warme; 
6)  Veränderlichkeit  .iria  Verlauf;  7)  Trieb  zu  nicht  Vorherge- 
sehenem (?-)  Veränderungen  oder  Crisen  durch  die  Anstrengun- 
gen der  Na,tur,  Velche  .Merkmale  näher  geprüCet  werden.  Da- 
rauf-folgt  die  Diagnojse  des  Fiebers^  wornach  von  den  Stadien 
des  I'^iebcrs  gehandelt  wird;  dann  trachtet  der  Verf  kurz  und 
bündig  alles  darzustellen,  was  auf  den  Verlauf  und  den  Typus 
des  Fiebers  Beziehung  hat. 

Indem  ferner  ier  Verfasser,  die  Aetiologie  ^^%  Fiebers  im. 
Allgemeinen  abhandelt,  so  glaubt  derselbe,  dafs  die  Anlage  zum 
Fieber,  als  blofse  Krankheit  des  Blutgef^iifssjstems,  wofür  von 
ihm  jedes  symptomatische  Fieber  gehalten  wird,  allerdings  in  der 
Kei^zbarkeit  des  Herzens  und  der  Arterien  zu  suchen  sey,  zu 
nvelcUem  symptomatischen  Fieber  jeder  Mensch  vorbereitet  wäre; 
dafs  aber  das  Fieber,  als  Krankheit  der  Kräfte  di^s  ganzen  Or- 
ganismus, nicht  in  dieser  erhöhten  Reitzbarkeit  des  Herzens  und 
der  Arterien  allein  bestehe;  denn  die  Reitzbarkeit  dieser  Organe 
werde  durch  das  Fieber  nicht  gehoben  |x  sondern  vielmehr  für 
einige  Zeit  erhöht?  £s  wäre  demnach  kaum  zu  läugnen,  dafs 
in  dem  ganzen  Leb;ensprincip,  und^aufser  den  reitzbaren  Fasern 
ebenfalls  in  den  elastischen  Membranen  und  Säften ^  auch  selbst 
in  den  Nerven  die  Anlage  zu  dem  fiebcr  gesucht  «erden  müs- 
se, VV^as  die  Gelegenheitsursachei:^  betrifft,  so  werden  diese  naph. 
ihrer  Wirkungsart- in  materielle  und  imn^terielle  eingell i^ilt;  und, 
was  endlich  die  nächste  «Ursache  des  Fiebers  anbelangt,  so  wird 
nach  gelungener  Darstellung  der  verschiedenen  Meinungen  über 
diesen  dunkelp  Gegenstand  dafür  gehalten ^  dafs  die  nächste  Ur- 
.sache  in  einer  krankhaft  vermehrten  Reaction  der  Lebenskräfte, 
-welche  durch  ^einen  positiv  krankhaften.  Reitz  ergriffen  wären,' 
bestände.  Ein  allgemeiner  Aufstand  aller  Kräfte  des  Organismus 
g^en  einen  wichtigen  Feind  bildete  das  critische  Fieber,  oder 
das  Fieber  als  Krankheit  betrachtet,  worüber  der  Verfasser  in 
dem  darauf  folgenden  Abschnitt,  der  über  die  Nosogeuie  des 
Fiebers  handelt,  sich  näher  erkläret,,  wo  folgende  Canoues  t,u 
lesen  jsind|  nämlich:  4 )   Omnis  Febris  ex  irritamento.    Absque 

38* 


596      Hildeobrand  Instit.  pracHco  *- medicae. 

irritamentjo ,  sattem  et  relatwo ,  non  otitur  fehris»  Irt  prima  ori' 
ffine  omnis  febris  irritiva  est.  %)  Ex  mera  dehilitate  reac^ 
tionum  vitaUum  febris  non  datur;  cum  dehilitate  datur,  — 
^änquam  ßt  causa  febrisj  prouü  febris  ßeri  polest  causa  dtU- 
litatis. 

Darauf  untersucht  •  der  Verf.  die  .verschiedenen  Theorieea 
des  Fiebers y  welche  d^n  Verband  der  Symptomen  mit  den  Ur- 
sachen zu  erklären  suchen,  und  die  rationelle  und  lyissenschaft- 
liche  Heilmethode  des  Fiebers  allein  bestimmen.  Hier  werdea 
nur  die  Humoral theorie,  die  chemische  Theorie,  die  Solidartheo« 
rie  und  die  der  Neuropathoiogen ,  ferner  die  Erregungstheoric 
gehörig  gewürdigt,  und  endlich  die  dem  Verfasser  eigenthümli« 
che  aufgeführt.  Das  Fieber  ist  ihm  eine  Krankheit  dter  gesamm- 
ten  gereilzten  Vitalität;  der  Krankheitsprocefs^  welcher  in  dem 
Organismus  daraus  entstehe,  sej  ein  chemisch*djnamischer|  wo- 
durch freilich  die  Sache  so  dunkel  bleibt,  wie  sie  war. 

Auf  diese  so  eben  gegebene  Ansichten,  wird  von  dem  Verf. 
der  Ausgang  des  Fiebers  im  Allgemeinen  angezeigt,  dessen  Ue- 
bergang  zur  Gesundheit,  in  den  Tod  und  andere  Krankheiten 
angedeutet;  die. Umstände  tmd  Verhältnisse,  unter  welchen  eia 
jeder  Ausgang  statt  haP,  kurz  und  gut  angegeben,  worauf  die 
Prognose,  welche  in  die  rationelle  und  in  die  empirische  ver- 
fheilt  wird,  und  die  Schriftsteller  angezeigt  werden,  welche  die- 
sen'Gegenstand  ausfuhrlich  behandelt  hab^n,  so ,  wie  es  überhaupt 
zu  den  Verdiensten  dieser  Schrift  gehört,^  dafs  bei  jedem  Ixhan' 
delteo  Gegenstände  die  Literatur  vorausgeschickt  wird^ '  oder 
folgt* 

Die   Therapie   des  Fiebers  theilt   der  Verf.   in   die  dirccte 
und  indirecte;   die  erste  ist  auf  die   nächste   Ursache   gerichtet, 
sie  sey   aber  vielmehr  bei  dem  symptomatischen , .  als  critischea 
Fieber,  dessen  Ursache  selten  bekannt  ist,  anwendbar;  übrigens 
dürfe  man  eine  hypothetische  Cur  keine  directe  nennen.  TÜe  in- 
directe Cur  wäre  die  gebrauchlichste    und   nützlichste,   und  h\t 
wird  von  ihm  in  die  empirische  oder   specifische   und  rationelle 
unterschieden,  welche  letztere   in  die  vitale  und  symptomatische 
vertheilt  wird.  Die  vitale  Cur  hat  zun)  ^Gegenstand ,  die  Lebens- 
kräfte zur  heben   oder   zu  mäfsigen.      Wie  der   unregelmäfsigen 
Vertheilung  abzuhelfen  sey ,  davon  wird  bei  der  symptomatischen 
Cur  gesprochen.     Darauf*  vvird  nun  zuerst  dargethan ,  wie   man 
die  übermäfsige  Lebhaftigkeit  und  Energie  auf  directe  und'  indi- 
recte Weise  mäfsigen  soll;    besonders  wird  aufmerksam  gemacht 
auf  die  (ibermälisige  Anwendung    der    antiphlogistischen  Heilme- 
thode ,  ein  Wort  zu  seiner  Zeit ,  wo  man  den  gereitzten  Zustand 
mit   dem   entzöndlichen    und  sthenischen  nur  zu  oft  verwechselt. 
Mit  Recht  wird  bemerkt:  nocet  omnis  medicina  morba  m(gor,^^ 


j 


Hildcnbrand  Instit  practico-medicäe/      597 

Dann  wird  gelehrt,  ,wie  man  den  organischen  Actionen,  die 
durch  Unterdrückung^  Trägheit  oder  Unbetriebsamkeit  (languor) 
oder  Erschöpfung  der  Kräfte  geschwächt  sind ,  begegp^ii  solle. 
Indem  der  Verfasser  die  verschiedenen  Arten  der  Schwäche  nach 
ihren  Ursachen ,  Zufällen  und  diese  als  Zeichen  derselben  be- 
trachtet, und  für  jede  Art  die  besondere  Cur  bestimmt,  flechtet 
er  eine  Menge  vortrefflicher  Bemerkungen  mit  ein,  und  bezeich- 
net dadurch  sein  acht  praktisches  Talent,  seineu  grofsen  Scharf- 
blick in  das  Innere  des  fieberhaften  Organismus. 

Nachdem  der  Verf.  die  Lebenscur  mit  der  wichtigen  Re- 
gel beschlossen  hat ,  dafs  man ,  indem  es  im  Allgemeinen  schwer 
fällt,  tiefgesunkene  Kräfte  zu  heben,  frühzeitig  alle  wahre  Schwä- 
che verhüten  solle;  geht  er  zu  der  symptomatischen  Cur  übtrj 
unterscheidet  krankhafte,  heilsame  Und  critische  Symptomen,  die 
erste  theilt  er  in  dynamische,  zu  welcher  die  Kalte,  die  Hitze^ 
der  Diirst  und  die  Mattigkeit  gerechnet  werden,  und  ein  Symp- 
tomen des  hervorstecheiiideh  Xeidens  des  Kopfes,  der  Brust,  des 
Unterleibs  und  der  Haut.  Jeder  Zufall  des  Fiebers  vvird  nur 
hier,  von  welcher  Art  er  auch  sey,  und  aus  welcher  Quelle  er 
fliefsen  möchte ,  mit  besonderer  Aufmerksamkeit  untersucht ,  und 
die  dem'  Zwecke  Entsprechende  Behandlung  angegeben;  indem 
beinahe  jeder  Paragraph  den  Meister  ih  der/ Kunst  auf  das  deut- 
lichste zu  erkennen  gibt.  Der  Schlufs  dieser  gehaltvollen  und* 
wahrhaft  praktischen  Schrift  n^achen  die  Cur  bei  der  Abnahme 
der  Krankheit  und.  im  Zeitraum  der  Wiedergenesung,  und  end* 
lieh  die  Vertheilung  der  Fieber.  Det  T'erfasser  qrdnet  sie  nach 
dem  Typus  in  ictermittirende  und  anhaltende.  Nach  dieser  sehr 
alten  und  ächtpraktischen  Einth eilung  sollte  die  specielle  Fieber-  . 
lehre  von  dem  würdigen ,  ^unds  für  die  Wissenschaft  zu  früh  en^ 
rissenen  Verf.  vorgetragen  werden.     ^ 

Der  'zweite  Band  bandelt  der  angezeigten.  Ordnung  gemäb 
zuerst  von  den  Wechselfiebern.  Nach  Bezeichnung  der  hterhffr 
gehörigen  Monographien y  und  einer  Einleitung,  wo  die  Wech^ 
selfieber  für  so  alt,  als  das  menschliche  Geschlecht  gehalten  wer* 
den  und  angedeutet  wird,  dafs  auch  die  Löwen  von  dieser 
Krankheit  befallen  werden  sollen,  wird  die  Krankheit  definirt, 
die  Aehnlichkeit  und  Versthiodenheit  von  andern  Krankheiten 
angedeutet,  worauf  eine  weitläufige  Beschreibung  der  Krankheit 
folgt  y  und  zwar  nach  ihrem  normalen  und  abnormalen  Verlauf 
mit  gehöriger  Rücksicht  auf  die  Paroxysmen,  Apyroxien  und  den 
Typus;  um  eine  deutliche  Idee  von  diesem  zu  geben,  ist  ein^ 
.Tabelle  beigefügt.  Die  Anlage  setzt^  der  Verfasser  in  eine  all- 
zugrolse  Empfindlichkeit  oder  Ererhismus  des  Systems  der  splanch- 
nifichen  Nerven;  was  das  periodische  betrifft,,  so  ^heint  der 
Verf.    Walchs  I^cc  %u  huldigetii    dafs  der  Reproduction  nach 


SqS      Hildeobrand  iostit  practico  -  medicae. 

r 

dem   Tjp   des  Moodumlaufs  ein   Streben   eingepflanzt   sejr ,  mit 
dem  siebenten  Tage  normal  wirkend    in  den  Organismus  einzu- 
wirken.    Als    nächster  Grund  des  Wechsejfiebers,    weiches   da 
Verf.  als  fiebei  hafte  Nevrose  d6s  reproductiven  «Systems  betrach- 
tet^   wird   folgendes  angegeben,    welches    wir  mit  den  Worten 
desselben  wiedergebe  a :    sublatiun  utpote  int  er  stufudos  factores 
vitales  proccssus    organico^dyneunici  ( quos  sjrstema   gcingliave 
et  janguineum  pniesentant )   ae^lulilfrium  ^  eiun   unius    alteriuss^ 
abnormi  nisu  in formationem  organicam ^  proinde'vel  in  crystab- 
lisationem ,   vel  in  Hydro genesiii,   suk  forma  luctcLe ,   ad  natum 
oscälationis  macrocosmicaej  periodice  renouatae.    Wodurch  aller- 
dings nicht  alle  Zweifel  gelöst  sind.     Jeder  iitin  folgenden  Dar- 
stellung der  Aasgänge ,  der*  Prognose  ,  und  einem,  grofsen  Theil 
der  Therapie  der  Wechsel6eber^- zeigt  sich  mehr  der  Geist  des 
Vaters  und  der  altern  Wiener  Schule;  indem  in  der  Pathosenie 
die  neuere  Ansichten  hervorleuchteu.  Diese  letztere  Gegenstände, 
die  Prognose   nämlich   und   die  Therapie  sind  sehr   ausführlich 
abgehandelt. 

Nun  trifft  die  Reihe,  die  anhaltenden  Fieber.  Zuerst  wird 
im  Allgemeinen  von  denselben  gesprochen!  ^Fiir^  überflössig  hält 
der  Verf*  die  Vertheilung  in  anhaltende  und  nachlassende.  Sj* 
nochus  und  Sjnocha  bezeichne  dasselbe.  Der  Ausdruck  Sjnocha 
streite  wider  die  Regeln  der  Grammatik,  da  Sjnochus  bereits 
weiblichen  Geschlechts  sej.  Diese  anhaltende  Fieber  werden  in 
solche  mit  hervorstechendem  licideu  des  irri|abeln  Systems,  wo- 
hin das  entzündliche  und  faulige,  dann  das  sensibele  System^  vio- 
bin  die  Nervenfieber,  und  endlich  das^reproductive,  wohin  die 
gastrische  und  hektische  gerechnet  werden,  verth^lt.  Diese  Ver- 
theilung ist  nur  durch  die  Ansicht,^ <Ue  der  Vater  Vom  Fieber 
als  Krankheit  hat,  zu  entschuldigen. 

Nach  einigen  allgemeinen  Sätzen  über  das  anhaltende  Fieber 
mit  entzündlichem  Character.  wird  zuerst  von  dem  einfachen  ent- 
zündlichen Fieber  gehandelt,  dessen  Wesen   so  bestimmt:  incir 
tatus  ultra  normam  conflictus  inter  \rires  arteriosas  et  sanguinem, 
cum  adaucto  haematopoeseos   et  thermopoeseos  muhere,  positivo 
4timulo    inductus;-  aut   bre^^ius:    vita   arteriosa'  ad  cdtiorem, 
quam  par  est,   poientfam  evecta.     Mäfsige   Ausleerungen  durch 
den  Stuhlgang   hält   der  Verf.  bei    diesem  Fieber   für   nützlich; 
iusoferne  sie  die  Summe  der  Reitze  vermindern,  die  Säfte  nach 
dem  Darmkanal  leiten,  und  ausführen,  reitzenden  Unr^th  entfcr- 
-  nen,  und  die  critische  Ausleerungen    begünstigen,   keine   Rüct^- 
sicht  verdiene  der  Einwurf,  nach  welchem  die  Laxanzen  schäd- 
.   lieh  sejen,  weil  sie  dadurch,   dafs  sie  den  düiinen  oder  serösen 
Theil  des  IBlutes.  ^ach    dei^i  Darmkanal   lockten   und  ausführten, 
die  entzündliche  Diathese  vermehren  jnüXsten. 


Vier  rtaton.  Gespräche  übers,  v.  Fr.  W.  Ullrich.  .699 

Nach   deal   einfaclien  entzüodlichen  Fieber,  das  vollständig 
abgehandelt  vvorden  ist,  kobamt  der  Verfasser   zu  dem  begleite- 
ten  Entzuodungsfieber,  und  hier  wird  nun  die  Entzündung  über'- 
baupt  gewürdigt.      Die   nächste  Ursache  wird  kürzlich '  also  be- 
stimmt:  vitä  arteriosa  cujusdam  nartis  citra  modum  iiicUataj  ^co" 
mite  in  abnormem  prodüctionem  wlsu:    Die  krankhafte  und  tÖdt- 
liehe  Folgen  der  Entzündung  werden  in  dynamische  und   orga- 
nische vertheilet,  und  die  Umstände  und  Verhältnisse  genau  an- 
gegeben, unter  denen  sie  sich  entwickeln.    Die  asthenische  Ent- 
sündungen  zieht  er  in  Zweifel.  In  Folge  einer  Entzündung  kön- 
ne Schwäche  sich  bilden  j  Entzündung  aller  Art  ergreife  schwäch- 
liche Personen,  bei  Schwache  mit  ei'höhter  Reitzbarkeit  entstehe 
leicht   Entzündung,   aber    Schwäche  liege   nie    der  Entzündung 
zum  Grunde,  und  Reitzmittel  wären  schädlich;  wo  man  sie  da- 
durch geheilt    habe,    vvä're   blofs    passive    Congestion    vorhanden 
gewesen.     Der   oben   gegebene    Begriff  der   Entzündung,    ver- 
mehrte, hastige  Thätigkeit  kann  sehr  wohl  mit  unter  die  Norm 
gesunkener  ^Energie  verbunden  seyn ,  es  giebt  demnach  eine  mit 
Schwäche  gepaarte  oder  eine  asthenische  Entzündung.  Soviel  zur 
Kenntnifs'  des  Inhaltes    und  GeTialtes   dieser   zwei    Abtheilungen 
des  vörurisliegenden  Werkes.     Der  dritte  Band  wird  die  Lehre 
von  den  entzündlichen  ^Fiebern    und  den  Entzündungen    ins  Bisr 
sondere  abhandeln,   und  zwar  nach  dem  am  Ende   des   zweiten 
Bandes  gelieferten  Schema.  « 

S. 


yier  Platonische  Gespräche^  Merion,  Kritonjder  erste 
und  zweite  Atcibia^es,  Deiitsth  mit  Anmerkungea  und  ei* 
neni  Anhang  über  die  EUfmänner  zu  Athen.  Zweite  Aus^ 
gäbe.  Berlin  48^^  in  der  Vossischen  Buchhandlung*^  Vh 
StjS  S.  in  ^.     /  , 

Wenn  gleich  weder  der  Zweck,  noch  der  Raum  dieser  Blät- 
ter, uns  verstatten  kann ,  Uebersetzungen  einzelner  Schriften  des 
Altcrthupis  nahmhaft  zu  ^machen,  so  glaubten  wir  doch  vorlie- 
gende. Uebersetzung,  als  deren  Verf.  sich  Herr  Franz  ff^olfgang 
Ullrich  in  der  Vorrede  nennt,  Um  so  weniger  übergehen  zu 
dürfen,  als  sie  mit  kritischen  Bemerkungen  über  die  übersetzten 
Stücke,  so*  wi)s.mit  einem  Anhang,  über  das  Institut  der  Eilf- 
«uihmer  zu  Athen  begleitet  ist..  Die  Uebersetzung  ist  eigentlicK 
eine  Umarbeitung  der  bereits  vor  4o  Jahren,  t\x  Berlin  (1780) 
erschienenen  Uebersetzunn^  dieser  Dialoge  von  .Gedike,  welche 
mit  der  von  Biester  und  Buttmaun  zu  derselben  Zeit  unternom- 


üoo  Vier  Platon^  Gespräche  ttbers.v.  Fr.  W.  ütiricb. 

menen  Ausgabe  dieser  vier  Dialoge  jn  geoauem  Zusamvieiihange 
stand.     Die-  häufigen   Nachfragen  nach  jeuer  seitdem  läagst  ver- 
griffenen Ausgabe   veranlafsten   eine   Auffbrderung   der  Verlags- 
buchhandiang  an  Hrn.  Ullrich,  eine  neue  Herausgabe  dieser  Ue- 
bersetzung   zu  besorgen..    So  entstand   diese  Uebersetzung,  die 
■zunächst  nicht  für  solche  eingerichtet  'und  bearbeitet  worden  ist, 
welche  Platon's  Schriften' in  deutscher  Sprache  lesen  wollen,«on- 
dern  für  solche ,    die  sich  derselben  als  Unterstützung  beim  Le- 
sen der  Griechischen  Urschrift  bedienen    Wollen.      Daher  diese 
Mebtr Setzung  in  gewissem  Sinne  Griechisch  gelesen  werden  wolle 
(S.  V.).     Daraus    erklärt  es  sich  auch,    nach  des   Ref.  Ansicht, 
warum  überall  mit  eui er, ge wissen  Aengstlichkeit  Griechische  Re 
densarten  und  Constructionen   eben  so   ins  Deutsche  übertragen 
worden,  wovon  wir  nachher  eine  Probe   geben  werden.    Audi 
dürfen  wir  nicht  verschweigen  ^  was  der  Herausgeber  S.  v.  von 
dieser  Uebersetzung  versichert:  cda  sie  schon  vor- 2   Jahren  und 
zwar  etwas  schnell  gearbeitet  und,  gedruckt   worden ,   kann  ich 
jetzt  von* den  vier  Gesprächen  nuf  den   Menon   und  Kriton  als 
diejenigen   angelben ,  welche  nur   selbst   dem,    was   auf  diesem 
Wf^ge  und  bei  diesem  Zwecke  erreicht  werden  sollte  und  konn- 
ie\  etwas  nahe  gekommen  zu  sejn  scheinen».     Und  zum  Selbst- 
studium des  Plato,   zunächst  für  solche,    die  weniger   mit  plato 
vertraut,  durch  die  Lectürc  dieser  Dialoge  sich  einen  Weg  bah- 
nen   wollen   zu   d^n   grofseren   Schöpfungen  Plato's,    wird  sieb 
diese  Uebersetzung  gewifs  als  brauchbar  bev^^ähren,   selbst  von 
Seiten   ihrer   fast   allzugrofsen  Wörtlichkeit,  .worunter  bisweilen 
selbst  der  Geniiis  unserer  Sprache  zu  l'eideu   scheint.     Wir  he- 
ben eine  Stelle  aus  dem  VI.  Cap.des  Menon,  gegen  Endepag. 
^4*  ^«  ^^^  Behuf  diesejD  unsei:  Behauptung  raus.  Hier  heilst  es 
S.  10.  in  der  Ud^ersetzung:    «Wenn   folglich   wie  ich,   er  dem 
«Satze  nachging  und  sagte:  Immer  kommen  wir  auf  viele;  aber 
%mir  nichf  so,  soüdern   der   du  diese   viele   mit  Einem  Namen 
«benennst  und  sagst^  es  sej  keines  unter  ihnen,    was  nicht  Ge- 
«stalt  sej,  und  das  au&/i  einander  entgegengesetzte;  was  ist  die- 
«ses,  welphe^  nichts  weniger  das  Runde  umfafsT,  als  das  Gera- 
lde,  was  also  Gestalt  du   nennest  und   sagst,    dafs   das  Runde 
«fLuicht    mehr  Gestalt  sej,    als   das  Gerade,   oder   sagst  du  nicht 
so?»     Wir   sind  geneigt  zu   glauben,  dafs   hier,    wo  selbst  im 
Griechischen  eine  Art  von  Anakoluthie  obwaltet,   der    mit  dem 
Griechischen ,  zunächst  mit  der  Platonischen  Sprache  minder  Ver- 
traute — r  und  für  solche  ist  uud  soll  diese  Uebersetzung  sejn  — 
schwerlich  durch  Hülfe  der  Uebersetzung  mit  dem  .wahren  Slatu 
Und  der  wahren  Construction  aufs  reine  kommen  w^rde.     Nach 
unserer  Ansicht  besteht  nämlich  die  Anakoluthie  dieser  Stelle 
darin  I  dafs  zu  d<!;ii  Anfanj^sworten  KI*  oVvf   w^irsp  iyuft  ft$TiiBi 


r 


.w:  LJ 


yUtt  ^hum,  Oevpradbe  äbeinu  t.Ft.  W^.  tllridh.  6oi 

»  f 

roif  Xay<^  a^  iXsysv,  der  eigentlrche  NatKskz  fehlt,  der  er« 
im  Verfolg  in  den  Worten  des  Sokrates:  irecv.  o^too  A^yi?^  (afe 
Kepetition  des  Vordersatzes),  Tore  ov^kv  jXaTFkov  (p^Q  ri 
srpoyyiXov  $7vect  (Jx^yyikov  x.  r.  A.  aufgesucht  werden  könnt«!. 
Die  Woyte  ori  dei  ei<;  iroW-a  dffHxvified«  bis  y[  ro  svdvl  be- 
trachten wir  als  den  Inhalt  das  iXeye,  und  wir  waren  stets  der 
Meinung ,  dafs  bei  dem  aÄ^Aa  /^.ij  fiQi  oi/rcoc,  —  was  die  lieber- 
Setzung  ganz  wöfitlicK  wiederge\^i?ben ,  mit  Stephanus  ein  aico^ 
xptV8  oder  etwas  der  Art  supplirt  werden  müsse^);  eine  im 
Griechischen  nicht,  wohl  aber  im  Deutschen  ungewöhnliche  und  ' 
unatiwendbare  Ellipse;  Den  Nachsatz  zu  ak\*  hrsii^  rd  ?roXXd 
rxvTX  etc.  beginnen  wjr  mit  den  Worten  %,  ti  &srl  roxro  etc., 
wovor  sich  ebenfalls  mit  Stephanul  ein  dTtOHpivov  verstehefi  oder 
suppliren.  lafs't,  welches  aber,  wie  das  vorhergehende  diroKptv^ 
die  deutsche  Uebersetzung  auszudrücken  hätte.  —  So  heilst 'es 
gleich  darauf  in  der  Antwort  des  Sokrates :.  «Aber  Gestalt  doch 
«jsagsl  du  sey  nichts  mehr  (^ov6§v  7]rTQv)  das  Runde  als  das  Gc-» 
«rade,  noch  dieses  als  jenes?»  Warum  nicht:  «u/n  nichts 
mehr?^,  —  .  - 

Die  Anmerkungen  l^cfginnen  5>.  171.  Sie  behandeln  einzelne 
Stellen  des  Menon ,  des  Kr i ton  und  des  zweiten  AIcibiades,  am 
ausführlichsten  den  Menon,  und  sind  meistens  kritischer  Art, 
stehen  auch  in  genauer  Beziehung  auf  die  Buttmaim'sche  Aus«^ 
gäbe  dieser,  Dialoge ,  sie  theils  ergänzend,  theils  berichtigend« 
Man  wird  nicht  umbin  können,  in  den  meisten  Fällen  sich  für 
die  vom  Verf.  vorgeschlajgenen .  oder  vertheidigten  Lesarten  er«? 
klären  .zu  müssen,  und  in  dieser  Hinsicht  bilden  diese  Bemer-* 
kungen  gewifs  eine  nahmhafte  Zugabe  jener  Ausgabe,  die  bei. 
einem  neuen  Abdruck  darauf  sorgfältige  Rücksicht  wird  zu  neh- 
lüen  haben.  So  z.  B..  gleiclv  im  Anfang  des  Menon  cap.  I.  pag. 
78-  A.  haben  wir  mit  Wohlgefallen  bemerkt,  dafs  der  Verf» 
das  ältere  roor^'rov  J^V,  von  Beck  auf  Buttmann's  Vorschlag  itt 
roao'orov  Sico  verwandelt,  in  i»Schutz  nimmt  und  mit  überwie-* 
genden  Gründen  vertheiaigt.  Sollte  nicht  eben  so  gut,  wie  es 
X.  B*  üKiyov  iUr\(fs  Plut.  Pjrrh.  17,  iuxphif  iSeTjcre  ^ 
Plut*  Agesil.  34-9  oder  y^iKpov  a^ikivoi  Plut.  Gaes.  a4*9  sich 
hier  tocovtov  Siev  vertheidigen  lassen? 

Es  folgt  von  S.  221.  ein  Anhang:  lieber  die  Eäfmänner zu 
Athen  j  wenn  gleich  veranlafst  durch  eine  Stelle  des  Kriton,  doch 
insbesondere  darum  beigefügt;  weil  «es  Unrecht  schien,-  das 
cBuch  auszugeben ,  ohne  dafs  es  etwas  enthielte ,  was  auch  Män- 
ner von  Fach  ansprechen  könnte«  (S.  VI.  der  Vorrede).     Wir 


<- 


*)  Vergl.  Schäfer  zu  Lambeit*  Bos»  EUips»  L«  Gr,  pag*  636* 


€oä  Vier  Piaton.  Gespräche  übers.  V«Fr<  W.  tlUricb. 

vollen  die  HauptergebDisse  dieser  Untersuchung  hier  kura  nie- 
derlegen, weil  wir  dadurch  nm  besten  glauben,  die  gereclite. 
Aufmerksamklit  aller  derer,  denen  £rgründung  der  Attischen 
Staatsverfassung  am  Hcrzea  Hegt,  zo  näherer  Einsichts^iahme  ia 
diese  Untersuchung  erregen  zu  können.  Der  Verf..  bezeichnet 
die  Wirksamkeit  dieser  Behörde  und  ihre  Tbntigkeit,  als  eioe 
dreifackt.  Zunächst  haben  sie  die  Aufsicht  und  Besorgung  aller 
derer ,  die  in  Fesseln  gehalten  werden ,  und  «hierin  zeigt  sich 
ihre  Thatigkeit  als  eine  aufsehende  und  bewachende.  Hier  ver« 
*  breitet  sich  der  Verf.  mit  vieler  Genauigkeit  über  die  ver- 
schiedenen durch  das  Gesetz  genau  bestimmten  Fälle,  wo  in  Athen 
Gefängnils  und  Fessel  «Inträty  womit  in  der  Regel  auch  Atlmie 
'yerbuhden  war.  Theils  als  otrafc^  namentlich  bei  Scbuldiiera, 
thetis  als  Versicherung  angeklagter  oder  verurtheilter  Personen 
trat  Gefangnifs  ein.  Im  letztern  Fall,  besonders  bei  den  zum 
Tode  verurtheilten,  zeigt  .sich '  dann  der  Wirkungskreis  derEilf- 
Biänaer ,  als  der  einer  tfolistreckepden  Behörde.  Ihnen  ward  der 
Verurtheilte  übergeben ,  sie  hatten  Alles,  was  lauf  die  Vollstre- 
ckung des  Urtheils  zur- gehörigen  Zeit  und  in  der  gehörigen  Art 
Bezug  hatte,  iXL  vollziehen,  obschob  sie  selber  keine  Hand  an- 
legten ,  sondern  solches  ihren  zahlreichen  Dienern  ^7-  öffentlichen 
ßclaven  —  äberliefsen.  -  Völlige  Befugnifs  über  die  Eingeker- 
lerten  Und  Aufsicht  über  das  einzige  und  ^an  Umfang  wohl  be- 
deutende Staatsgefäiignifs  (xf.  S.~/s3a^  war  ihnen  gegeben.  Zu 
dieser  gedoppelteh  Thätigkieit  kam  'noch  drittens  der  Wirkungs- 
Icreis  einer  rickteriichen  Behörde.  S.  3 39  ff.  243  fiv  Auch  dio 
£ilfmänner  hatten,  wie  andere  Staatsbehörden  selbst  von  gerin- 
gerer Wichtigkeit  und  Ansehen,  19  gewissen  Fällen  ejne  eigene 
OeriGhtsbarkeit,  die  aber  jedoch  mehr  auf  Instruction  oder  Ver- 
mittlung  gewisser  Prpcesse,  als  auf  Entscheidung,  Urtheilsspru- 
che  u.  dergl.  sich  erstreckt  zu  haben  scheint,  um  so  mehr,  da 
auch  bisweilen  gerichtliche  Haft  gegen  solche  angewandt  wurde, 
gegen  die  noch  kein  richterliche^  Verfahren  statt  gefunden.  — 
Der  Verf.  zählt  nun  hier  die  Fälle  auf,  wo,  und  welche  Kla- 
gen, so  wie  die  Bestimmungen,  unter  ivelchen  dieselben  anhän- 
gig gemacht  werden  konnten,*  wie  z.  B.  die  Apagoge  (S.  244 
ff.;,  die  Ephegesis  ('S.  248),  die  wohl  in  der  Form,  nicht 
aber  ihrem  Wesen  nach  von  der  Apagoge  verschieden  ist,  zu- 
weilen auch  die  Endeiäcis  (S.  249  ff.)*  ^^^  OvX^  wo  sie  zu 
Gericlit  safsen,  "War  das  Parabyston  (S.  252).  Endlich  lafst  sich 
noch  in  gewisser  Hinsicht  eine  vierte,  Thatigkeit  dieser  Eilfmän- 
ner  hinzufügen.  Sie  hatten  vom  Staate  weggenommene  und  für 
Staatsgut  erklärte  Güter  cLen  Poleten  oder  Öffentlichen  Versteigern 
zu  übergeben»  Wahrscheinlich  gilt  diefs  jedoch  blofs  voii  den 
Gütern  der  zum  Tode  Verurtheilten.  Ia  dieser  Wirksamkeit  er- 


j '  ^ 


Schtibarth  Keceptirkünst  u«  Kec6pttaschcnbuch/  6o3 


\  ^ 


hielten  sieb  die  Eilfma'nher  bIo&  hundert  ftinfzig  Jahre  hindurch'^ 
von  485  bis  3i5  a.  Chr.  ungeföhr.  Eingesetzt  unter  Aristides 
und  Themistocles,  erhielten  sie  unter  Demetrius  Phalereus  einen 
andern  Namen  und  einen  veränderen  Wirkungskreis.  Bisher 
waren  sie  ^jine  Regierungsbehörde  von  eilf  Gliedern,  durchs. 
Loos,  aus  jedem  d^r  Attischen  Stämme  Einer,  ernannt,  und  ein 
Eilfter  als  Schreiber  ihnen  beigegeben.  Eine  Prüfung  ging  dem 
Antritt  ihres  Amtes,  dessen  Dauer  sich  vermuthlich  nicht  über 
ein  Jahr  erstreckte,  voran,  und  obgleich  sie  wahrscheinlich  ei- 
nen nicht  unbedeutenden  Sold  ehielten ,  so  waren  sie  doch  zwei- 
felsohne eine  obrigkeitiiclie  Stelle  vom  ersten  Rang^  wirkliche 
ArcheJ"  und  Archonten  im  Gegensatz  zu  *blosen  Verwaltern  oder  . 
Dienern  (S.  267},  sie  hätten  Alles  das,  was  das  Unterscheideri- 
de einer  Regierungsbehörde  der  ersten  Ordnung  a,usmacht.  Mit 
der  Einführung  einer  mehr  aristokratischen  A^erfassung  unter  De- 
metrius Phalereus  wurden,  sie' zu  Gesetzeswächtern,  Nomophy" 
lakten  umgestempelt,  dergleichen  auch  in  andern  aristokratischen 
Staaten,  schwerlich  aber  in  Athen  vorher  bestancten'  haben,  wo 
der  Areopag  nach  Solou's  Bestimmung  diese  allgemeine  Aufsicht 
über  die' Staatsverwaltung,  wie  sie  nachher  den  Nomophjlakten 
zugetheilt  wurde,  erhalten  hatte,  aber  später  um  Würde  und 
Ansehen  gekommen  war.  So  wirdr  das  Emporkommen  dieser 
neüeft»  Behörde  in  Athen,  deren  Wirkungskreis  S»  264  an- ^ 
giebt:,  uns  erklärbar.  Sie  bestand  in  Athen  während  der 
zehn  Jahre,  wo  Demetrius  Phalerens  in  Athen  die  höchste  Macht 
in  Händen  hatte,  und  verliefs  mit  ihrem  Urheber  diese  Stadt. 
Ob  später,  als  Demetrius  Poliorcetes  die  alte  Verfassung^ Athens 
wieder  herzustellen  bemüht  war,  auch  die  Eilfmänner  ihre  ge- 
bührende abteile  eingenommen  y  darüber  fehlen  die  Angaben. 

B. 


Receptirhunst  und  Recepttascnenhuch  für  jtractische  jicrzte.  He^ 
raus  gegeben  von  Er^st  Ludwig  Schübartu  ,  Doctor  der 
Medicin  und  Chirurgie,  Prit^attehrer  an  der  Königl,  Unir 
*versität  zu  Berlin  und  pr^actischem  jirzte  daselbst.  Berlin 
bei  August  Rücker,  48^4» 

Wie  schon   der  Titel   besagt,  •  enthält  Vorliegendes   Buch  zwei/ 
ganz  verschiedene   Dinge,  nämlich    eine  Anleitung    zum  Recept- 
scbretbcn  und  eine  Samn^lung  von  Recepten  aus  allerlei  Werken 


zusammengetragen. 


^In   Hinsicht   des   ersten   Theiles   gibt   der   Hr.  V^f.    selbst 
keine  gröfse  Hoffnung  ^dafs  man  von  ihm.  .viel  Neues  und  Eige- 


) 


£o4  Schiii>arth  R^ceptirkunsl  ii.  .Receptttischenbuck 

nes  erlernen  werde,  indem  er  in  der  Vorrede  sagt:  Ycli  mufste 
befurchten ,  .«eine  Ilias  nach  dem  Homer  geschrieben  zu  haben, 
da  wir  ein  Handbuch  der  Receptirkunst  von  Ebermaier  besitzen, 
welches  seit  1807  drei  Auiageu  erlebt  hat,  wenn  ich  nicht  ei- 
nige wesentliche  Verbesserungen  in  diesem  Handbuche  vorge- 
nommen zu  haben  überzeugt  wäre,  theils  rücksichtlich  der  An- 
ordnung der  Materien,  theils  in  der  Abhandlung  einzelner  Leh- 
ren, wo  ich  neue  Beobachtunz^en  benutzt  und  eingeschaltet  ha- 
be. — *  —  Wenn  man  also  Herrn  S.  Buch  beortheilen  will,  so 
bat  man  im  Grunde  nichts  zu  than ,  als-  es  mit  der  letzten  Aus- 
gabe (  i8i8  )  des  Ebermaiersohen  zu  vergleichen,  um  die  Vor- 
zuge des.  ersten  kennen  zu  lernen.  Die  Einleitung  enthält  in  bei- 
den Büchern  so  ziemlich  dasselbe,  nur  mit.  dem  Unterschiede, 
dafs  Herr  S«  die  Literatur  weggelassen  hat,  phne  delshalb  einen 
Grund  anzugeben.  Das  Buch  zerfallt  nun  von  Ebermaier  abwei- 
chend und  in  der  That  besser  in  zwei  Abschnitte,  in  die  allse- 
meine  und  specielle  Receptirkunst;  dem  ersten  sind  allgemeine 
Regeln  vorang^scbickt,  die  bei  Abfassung  eines  |lecepts  beobach- 
tet werden'  sollen,  die  bei  E.  grofseutheils  in  ^.  g5  bis  ii5 
enthalten  sind;  übrigens  hat  der  Hr.  Verf.  auch  sehr  häufig  noch 
ein  anderes  Handbuch  der  Receptirkuif^t  benutzt,  welches  er 
nicht  nennt.  Bei  Indicatio  vitalis  soll  *  der  Ausspruch  des  Hip- 
pocrates  in  ErfülliMng  gesetzt  werden:  In  ancipiti  casu  mnceps 
remedium  melius  quam  nuUum;  es  läfst  sich  dagegen  nichts  ein- 
wenden; nur  gehören  diese  Worte  dem  Celsus  und  nicht  dem 
Hippocrates  an.  Die  hier  Mro.  t3  aufgestellte  Regel,  die  da 
9a^t,  man  copire  nicht  Receptformeln  aus  Handbüchern  der  spe- 
ciellen  TRerapie,  scheint  der  Hr.  Verf.  selbst  bald  wieder  veir- 
gessen  zu  haben,  indem  sein  Recepttaschenbuch  eine  gahze  Menge 
dergleichen  enthält»  In  4  Capiteln,  wird  nun  von  der  Einthei- 
lung  dtfr  Arzneiformeln-  und  ihrer  Verschiedenheit,  vöu  der 
Form,  in  der. die  Mittel  gegeben  werden,  von  der  Bestimmung 
der  Gäben ,  und  von  der  Abfa^sungsart  der  Recepte  gesprochen. 
Recens.  konnte  hier  schlechthin  -  nichts  finden,  das  nicht  schon 
fast  in  allen  früheren  Lehrbüchern  zu  finden  wäre.  — 

In  dem  zweiten  Abschnitte  werden  die  Formen,  in  wel- 
clien  Arzneien  verschrieben  werden,  einzeln  erörtert,  der  Hr. 
Verf.  theilt  sie  in  trockne,  flüssige  und  weiche;  zu  den  ersten 
werden  ganz  unrichtig  Pillen  und  Bifsen  ■  gerechnet,  .die  offen-^ 
bar  eine  teigartige  Consistenz  haben,*  und.  folglich  nicht  trocken 
genannt  werden  können.  Auch  liier  findet  sich  im  Ganzen  we- 
nig, was  nicht  schon  bei  Ebermaier:  und  Andern  vorkäme,  da- 
her nur  wenige  Anmerkungen  nöthig  sind.  Neu  aufgenommen 
hat  der  Hr.  Verf.  mehr  et  es,  die  Bereitung  und  Anwendung  der 
künstlichen  Mineralwasser  betreffend|  und  auch  einige  Vorischrif- 


SchubartK-Reeeptirkunst  u.  Recepttasjdhenbuch.  6a5, 

■  ■      •    '     l 

tcn \zur  Verfertigung  derselben  aus  der  jüngsten  französischen 
Pharmakopoe  .entlehnt',  angeführt»  Mehrere  FeJiler,  die  in  Eberm. 
Buch  vorkommen ,' nahm  der  Hr.  Verf.  unverändert  auf,  wie  z*  . 
B.  bei  der  Bereitung  der  Schleime  (S#  i84).  Ein  Loth  Cxumm^ 
ärabic,  liefert  keineswegs  6  Unzen  dicken  Schleim,  dagegen  gibt 
das  gleiche  Gewicht  Troganth  gegen  3o  Unzen  bedeutend  die-* 
ken  Schleimes,  und  nicht  lö  — ^  12  Unzeu,  wie  E,  fälschlich 
sagt,  uiid  der  Hr.  Verfe  unbedingt  nachschreibt.  Noch  weit  feh- 
lerhafter ist  die  Angabe  in  Hinsicht  des  Salabschleimes,  da  soll 
man  gar  nur  4  Unzen  aus  einer  Drachme  Saleppulvcr  machen,, 
dasselbe  Gewicht  des  Pulvers  liefert  aber  vollkommai  gut  dop- 
pelt so  viel  Schleim.  Eigen  ist  d(m  Hrn.  Verf.  aber  nichts  we- 
niger als  zweckmäfsig  die  Abtheilung  der  Mixturen  in  1)  Tränk« 
chen,  2)  Eli xire, '3)  »Tropfen.  — ^ - —  Höchst  sonderbar  ist 
die  Synonymik ,  die  Herr  R.  von  dem  Tränkchen  Haustus)*  an- 
gibt, das  mit  dem  Julep  einerlei  sejn  soll.  Diese  Form,  sagt 
der  Hr.  Verf.,  besteht  entweder  aus  mehrei^en  Flüssigkeiten  oder 
aus  einem*  Auflösungsraittel  und  einem  aufzunehmenden  Stoffe,  er 
sey  auflöslich  oder  nicht  löslich;  dabei  warnt  er  vor  dem  Zu-  ^ 
satitf  der  Eisenfeilspäne,  des  Spiefsglanzes ,  unlöslicher  'Queck- 
silberpräparate u.  s.  w.  Welchem  Arzte  wird  es  aber  je  ein- 
fallen, Eisenfeile  als  Julep  geben  zu  Wollen  ?!  Den  wahren  Be-  ^ 
griff  eines  Julcps  scheint  der  Hr.  Verf.  nicht  genau  beachtet  zu 
haben,  obgleich  ihn  Ebermaier  vollkommen  richtig  gibt.  Ein 
Haustus'  kann  Medicamente  aller  Art  enthalten,  gleichviel  ob  lös- 
lich oder  unlöslich,  wohl-  oder  übelschmeckend,  nicht  $q  der 
Julep.  Julepus  '(sagt  fin  sehr  bekannter  Schriftsteller)  est  me- 
4icämentum  liquidum  internum,  sapore  gratum  et  perspicuum^ 
e±  liquore  idönco  cum  syrupo  vel  saccharo  ex  tempore  sine  coc- 
tione  mixtum,  ad  alterandum  vel  ^refrigerandum  compositum.» 
Das  als  Bcispid  vom  Hrn.  Verf.  aufgezeichnete  {nfusum  Sam- 
budi  mit  Spiritus  Minderen  ist  weder  ein  Haustus  noch  ein  Ju- 
lapium ,  ,  und  gehört  daher  in  keinem  Falle  dahin.  —  Es  ist 
schon  auffallend,  dafs  der  Hr.  Verf.  das  Elixir  zu  den  Mixtu- 
refo  rechnet,  man  mufs  sich  aber  noch  weit  mehr  wundern,  wenn 
derselbe  sagt,  ein  Elixir  unterscheidet  sich  nur  dadurch  von  der 
ersten  Art  der  Mixtur  (also  von  einem  Julep),  dafs  dasselbe 
eine  mehr  wirkliche  Consistenz  hat  und  'iu  kleineren  Gaben  ge- 
geben wird;  im  Allgemeinen  (.setzt  er  noch -hinzu),  kommt  es  '> 
in  vielen  Stücken  mit  der  ersten  Art  'übereim  Wenn  man  also 
z.  B.  eine  Mischung  von  gleichen  Theilen  Gerstenschlcim  und 
gemeinem  Syrup  machte,  •  so  wäre  dies  nach  unsm  Hrn.  Verf, 
Erkiärungsdrt'  ein  Elixir.  Warum  aber  ein  Elixir  auch  Mixtum 
stricte  sie  dicta  genannt  werden  kann,  wie  hier  steht,  ist  dera 
Recens.  unbekannt.  Dafs  übrigem  diejenige  f^liissiglLeiten,  welche^' 


6o6  Scliubarth  Receptirkunst  m  Recepttasohenbucli. 

in  den  Pliarmacopoen  mit  dem  Namen  Elixir  belegt  werden, 
mehr  Aelmliclikeit  mit  Essenzen  oder  Tincturen,  als  mit  einem 
Juiep,  haben,  ist  bekannt  genug.  —  Nach  E^rnÄaiers  und  An- 
derer Vorgang  ist  als  eine  eigene  Form,  die  Auflösung  i Solution, 
aufgeführct,  welche  nach  des  Rccens.  Meinung  völlig  überflüssig 
ist,  indem  Alles  da  Gesagte  zu  den  allgemeinen  Regeln  beim 
Receptschreibcn  gehört,  und  zwar  um  so  mehr,  weil  bei  jeder  ' 
der  übrigen  flüssigen  Formen  von  Lösungen  gesprochen  wird, 
und  folglich  dieselbe  Dinge  gar  oft  unnötbiger  Weise  wieder- 
holt v^  erden,  mufstcn.  —  Dasselbe  gilt  auch  von  dem  die  Bader 
betreffenden  Abschnitte;  KrJiutev,  Eisenkugelu  u.  s.  w.  verord- 
net inan  allerdings  dazu  aus  den  Officihen,  was  in  dem  Artikel 
von  den  Species  hätte  beigebracht  werden  sollen.  Unsec  Herr 
Verf.  spricht  aber,  so  wie  Ebermaicr,  von  Tjopfbädern,  Darapf- 
bäd^rn,  Giesbädern,  Sturzbädern,  Eintauchungen  (Submersioncs) 
u.  s.  w. ,  ja  Herr  S*  gibt  gar  noch  etwas  von  den  russischen 
Scbwitzbädern  zum  Besten.  Gehören  kber  alle  diese  Dinge  in 
die  Receptirkunst?  Welchem  Arzte  wird  es  einfallen,  ein  Tropf- 
bad, oder  gar  ein  russisches  Schwitzbad  aus  der  Apotheke  za 
yerschreiben '^  Der  Abschnitt  von  dea  Gasentbindungen  väre 
eher  zu  entschuldigen,  er  wird  aber  d^n  Anfängern,  so  wie  er 
bier  steht,  wenig  nützen,  indem  es  aiv  den  nöthigen  Formeln 
fehlt,  die  da. zeigen,  wie  die  Gasarten  bereitet  werden  sollen; 
diese  wären  um  so  nöthiger  gewesen ,  da  es  manchen  jungen 
Arzt  in  Verlegenheit  setzen  könnte,  wenn  es  sich  darum  handelt, 
ein  Kecept  aufzusetzen,  das  dem  Apotheker  zeigen  «oll,  wie  z» 
B.  das  Schwefelwasserstoffgas  bereitet  werden  mufs.  * — 

Aus  dem-  bisher  Gesagten  ergibt    si<Äi  '^o    ziemlich    deutlich 

der  Schlufs,  dafs  die  Receptirkunst /nicht' sonderlich    viel   durch 

das  vorliegende  Buch  gewonnen  hat,  und  nach  des  Rc^ccns.  Mei- 

'nung  hat  dasselbe  keineswegs  bedeutende  Vorzug^  vor  dem  Eber- 

maier§chen  aufzuweisen.  « 

Den^  gröfseren  Theil  der  Schrift  nimmt  das  Recepttaschen- 
buch  ein,  in  wdchem  nach  alphabetischer  Ordnung  von  den 
meisten  Medicamenten  Receptformeln  grolsentheils  aus  den  Wer- 
ken berühmter  Aerzte  gezogen ,  aufgeführt  sind ,  wobei  auch  die 
chemischen  Cauteleni  hie  uniL  da  bemerkt  werden.  —  Recens, 
war  immer  der  Meinung,  dafs  durch  Recepttaschenbüclier  mehr 
Schaden  angerichtet,  als  Nutzen  gestiftet  wird,  indem  sie  bei 
weitem  weniger  von  guten  Aerzten,  -die  nicht  nöthig  habeu,  ihre 
Recepte  in  pinem  Formelnbüch .  zu  suchen ,  sondern  vielmehr  von 
Pfuschern  und  Afterärzten  mit.  und  ohne  Doctorhut,  benutzt  sind. 
Dafs  solche  Tröster  der  Unwissenheit  nicht  neu  sind,  bewciist 
ihre  Nothweqdigkeit  und  Nützlichkeit  noch  gar  nicht;  im  Qe- 
gentheil^   €6  scheint   eben  kein  günstiges  Zeichen  zu  $ejü,  dafs 


\ 


Scliubarih  Receptjrkunst  n.  Reccpttaschenbucli.  607 


V         ^ 


kcttt  2U  Taf;e  fast  in  jeder  Messe  ein  ..öder  «efirere  Rcceptbueh- 
leiD  laüsgÜKitenr  werd<?D.  Was  sind  sie  auch  anaers,  als  Nach» 
vaKmungen  vo»  Woyds  Schatz4canamer,iWTedens  Feldkasten,  dem 
medrqinlschen  Haaptsohlüssel  und  anderer  Aaritäte^,,  nur  in  mo-' 
derbem  Gewandt  und  verändertem  Aushängschilde?  Es  ist  kh- 
dessen  der  BiHigkeit  gemäfs,  die  Gründe,  zu  hören,  die  der  Hr. 
Verf.  für  sein  Ünternehiiien  anzufahren  weifs.  Er  «agf  darüber 
VI  der-  Vorrede:  «Der  junge  Arzt,  wie  er  gewöhnlich  die  üni- 
Yersität  verläfst,  hat  noch  nicht  genugsam^  Üebuug  un4  Erfah- 
rung in  dem  Verordnen  der  Arzneien,  er  ist  noch  unschlüssig 
in  der  Wahl' der  Mittel,  in  dei^  Auswahf  der  passenden  Ver- 
bindungen, in  der  Bestimmung  def  Form.  Es  ist  ihm  daher  kein 
besserer  (?)  Rath  zu  geben,  als  bei  dem  Verprdnen  am.Kran-* 
kcnbet^e  die  Formeln  berühmter  Meister  in  der  Kunst  alsMus» 
ter  zu  beachten,  und*  mit  reiflicher  Ueberlegung  durch  Erfahrung 
bewährte  Zusammensetzungen  anzuwenden.»  Dieses  ganze  Rai*^ 
sonnemerft  ruht  aber  auf  sehr  lockerem  Grunde.  Wenn  der 
junge  Arzt  bei  Behandlung  einer  Krankheit  in  der  Wahl  der 
Mittel  unschlüssig  ist;  soll  er  nun  ein  Recepttaschenbuch  zu  Hülfe 
nehmen  ?.  Voa  Hetzea  bedauert  Recens.  einen  solchen  Arzt,  und 
noch  mehr  den  Kranken.  .  Soll  er  es,  um  passende  Verbindu«* 
gen  y  um  eine  passend/^  Form  %n  finden,  thun?  Gewifs  eben  so 
wenig!  die  Handbücher  der  speciellen  Pathologie  und  Therapie^ 
so  wici  der  Arznein^ittellehre ,  die  sind  es,  die  der  junge  Arzt 
zu  befragen  hat;  hier  wird. ihm  gezeigt,  wa&  er  bei  jedeir  ein- 
zeliten  Krankheit  zu  thun  hat,  welche'  Mittel  da  nützen,  welche 
schicklich  miteinander  zu  verbinden  sind.  Und  wenn  diese  Punkte 
im  Reinen  sind,  so  kann  die  Verlegenheit  um  ein  Recept  wahr^ 
lieh  nicht  grofs  s^jn;  ja  wenn  auch  hier  noch  Rath  nÖthig  wä- 
re ,'  so,  geben  ihm  in  Hinsicht  der  Form  die  Lehrbücher  der  Re-' 
ceptirkunst,  nicht  aber  Recepttaschcnbücher  Auskunft.. —  Unser 
Hr.  Verf.  mag  dies  wohl  auch  einigcrmafsen  gefühlt  habep,  denn 
er  setzt  hinzu :  «damit  ist  aber  keineswegs  gesagt,  dafs  der  jung^ 
Arzt  die  Recepte  anderer  Aerzte,  sejeu  es  auch  berühmte  Prak- 
tiker, copiren  und  eigne  Formeln  nicht  entwerfen  solle,  sondern 
diese  werden  ihm  nur  den  rechten  Weg  bezeichnen,*  den  er 
einzuschlagen  hat,  uni  Arzneimittel  ki  schicklichen  Verbindungen 
und  Formen  zu  verordnen.  Zu  diesem  Behufe  sind  Sammlungen 
ärztlicher  Formelji  oder  R'ecepttaschenbücher  bestimmt.»  imf  diese^ 
Weise  gibt  der  Hr.  Verf.  schoii  einen  Theil  des  von  ihm  oben 
gerifhmtcn  Nutzens'  der  Receptsammlungen  auf;  sie  leisten  den^ 
nach  nichts  in  Hinsicht  der  Wahl,  der- Mittel,  wohl  aber  der  Ver- 
bindungen. Wir  wollen  sehen,  wie  weit  dies  währ  ist;  ein 
junger  Arzt  will  z.  B.  Chinarinde  vorschreiben,  weifs  aber  nicht 
recht  j  was  er  dazu  setzen  soll ;  und  schlägt  defshalb  im  Recept- 


6o8  Schubarth  Receptirkunst  u.  Recepttascfaetibucb, 

Uscbeobiiclie«  nach ;  was  findet  er  nun  da?  -Antwort  i5  Formeln 
unci  allerlei  Verbindungen ;  welche  soll  er  nun  wählei^  darüber 
gib^  das  ReceptlAschenbuch  keine .  Auskunft,  und  es  ist  daher 
lucht  abzusehen,  welchen  wesentlichen  Dienst  er  von  ihm  er« 
WJirten  kann.  Vortrefflich  ist,  was  Tod«  (das  Receptschreiben 
I.  3o.  3^1 )  über  diesen  Gegenstand  sagt  t  er  n^eint  solche  Bücher 
würden  nur  von  denen  Aerzten  gebrautht,  die  selbst  keine  Hel- 
den im  Receptschreiben  sind,  dllcsen  sej'  es  nicht  sowohl  um 
Nosologie  und  Therapie  zu  thuu,  als  vielmehr  um  die  llebea 
Recepte,  die  man  gar  gemächlich  auswendig  lernen  und  &o  hin- 
schreiben könne,  als  wenn  sie  eigne  Geisteisfrucht  Vvaren ;  solche 
Fornveln,  meint  Tode,  könnten  gar  schöne  Receptie  s0jn,  sejen 
aber  doch  nur  schöne  Kommifs-^ Recepte,  v^eil  sii^  nicht  den  In- 
dividuen angemessen  sejen,  denen  man  sie  nat^hahmend  vorschrei- 
l>e.  Vortrefflich  bemerkt  derselbe ,' dafs  derjenige  Arzt',  welcher 
im  Stande  ist,  ein  solches  Recept  nach  Umständen  abzuändern, 
gewifs  auch  selbst  ein  gutes  Recept  aufsetzen  könne,  tmd  nicht 
nöthig  habe,  ein  medicinischer  Flickschneider  zu  werd«n.  £s  klingt 
hart,  wenn  Tode  sagt,  das  Nach9chrcibcn  eines  Reccptes  könne 
man  einen  gelehrten  Diebstahl,  und  den  Autor,  der  sie  bekannt 
macht,  einen  Hehler  der  Pfusch erey  nennen;  ob  aber  2b<fe Recht 
*  odfer  Unrecht  hat,  überlädst  Recens.  Andern* zur  Bcartheilung.— 
Abstrahireu  wir  aber  nun  von  dei^  Nützlicnkeit  oder  Schäd- 
lichkeit der  Receptirbücher,  und  sehen,  was  der  Hr.  Verf.  {ge- 
liefert hat.  Im  Allgemeinen  sind  wirkli6h  hier  eiiie  Menge  vor- 
trefflicher und  : musterhafter  Formeln  gesammelt,  dazwischen  aber 
auch  allerlei  Entbehrliches,  folglich  bona  mixta  malis.  Der  Hr« 
Verf*  hätte  seine  Sammlung  in  der  That  wenigstens  einigcrmaf- 
sen  brauchbar  machen  können,  wenn  es  ihm  gefallen  hätte,  bei 
jedem  Recepte  die  Stelle  des  Buches  anzuzeigen,  aus  dem  er  es 
gezogen  hat,  indem  man  dadurch  würBe  in  6mi  Stand  gesetzt 
worden  •  sejn ,  sich  leichter  nähere  Auskunft  über  die  Wirksam- 
keit der  Compositionen  zu  verschatfen.  Gewisse  Zusammenset- 
zungen besitzen,  wie  jedeni  Arzte  bekannt  ist,  oft  ganz  eigene 
Kräfte,  die  nicht  im  voraus  von  der  bekanuteji  VV^irkung  der 
einzelnen  Ingrodientien  abgeleitet  werden- können;  wenn  man 
nun  ohne  diese  Kenntnifse  blindlings  ei^e  solche  Form  verord- 
net, so  kann^  wie  leicht  einzusehen  ist,  grofser  Nach th eil  daraus 
cntstehdb,  ---  —  • 


Der  BeschUits  folgt* 


/ 

V 


^=39»        Heidelberger  1823» 

Jahrbücher  der  Literatur. 


-  Schubarth  Receptirkunsi  u.  Recepttaschenbuch. 

ißerchlufs.) 

In  Hinsiclit  der  Dosis  der  'MiM  fca*  der  Hr.  Verf.  grofse  Sorg- 
falt angewendet,  und  sie  im  Ganzen  voUkomnaen  richtig  angege- 
ben, abeir  die  cliemischeo  Cautefen  sind  bei  weitem  nicht  voll- 
ständig angezeigt,  und  was  das  scKlimmste  ist,  so  kommen  nicht 
'wenige  Recepte  vor,  die  geradezu  den  Regeln  widersprechen, 
welche  er  selbst  zur  Befolgung  aufstellt  und  empfiehlt.  Recens. 
mufs  davon  einige  Beispiele  anführen.  S.Soj. faeifst  es,  man  ver- 
binde den  Quitten^hleim  nicht  rM-'^^sWs^Xzen^  namentlich  Plei* 
Zucker y  Sehe  456  wird  dasselbe  abermals  eingesdiärft ,  und  S. 
23i  bei  Acetum  Saturninum  auf  deu'  Artikel  von  Plumbum  ace- 
ticum  (4^6.)  verwiesen,  also  zum  di^tteomale  diese  Mischung 
üls  unrichtig  verdammt;  deraungeachtet  ist  S.  S33  nachstehende. 
Formel  als  Muster  zur  Nachahmung  aufgeführt. 

Reo*  Eixtraci,  Opä  drachmain  unam  r 

Aquae  Rosarum  Unciis  octa 
addß 
»    -  Aceti  Saturnini  Scrupidum  iimtm 

Mucüag^  sem,  Cjrdonioram  unciam  unam, 
m.  d»  ^s.  zum  Einspritzen. 
Aiif  derselben  Seite  steht  eine  Mischung,  die  Quittenschleim  und 
ätzenden    Quecksilbersublimat   enthält,    und  nach   der   vom  Hrn.' 
Verf.'  selbst  angetührteu  Regel  cheroisiiph  unrichtig  ist,  —  S.  879. 
wird  bei  dem  Mercurius  dulcis  erinnert.  Man  vermeide  Verbin- 
dungen mit  reinen  und  kohlensauren  Alkalien  und  Erden,  scKwe- 
feisauren  Salzen,  Seifen  u.  s.  w.,   und  S.  3do,  steht  das  Recept 
zu  einer  Pillenmafse,  in  die  zu  Mercurius  dulcis  Seife  und  Rba- 
barbertinctur  kommen  soll,   welche  letztere,    M'ie  bekannt,   Kali 
enthält,  und  weiter  unten  auf  derselben  Seite  wird  der  Mercu- 
rius dulcis  mit  Kalkwasser  ziiisammengebracht^  •«--  Recens^  weifs 
recht   gut;    dafs   manche  .chemisch   unrichtige  Mischung  grofsen 
Werth   in    praktischer   Hinsicht   haben   kann;   aber  vc^rliegendes 
Buch  ist  für  deu  Anfänger  bestimmt ;  wenn  dieser  nun  sieht;  da/s 

^39. 


6 10  Schubarth  Receplirkunst'u.  RecepHaschcnbacli. 

ipan   auf  der    einen -Seite  des  Buchs   eine  Regel   gibt^  und  auf 
I  der  andern  sie  offenbar  verletzt,   was  soll,   was   kann  und  mu[s 

I  CT   davon   glauben?     Nach  des  Recens.  Miinung^  halte  diese  In- 

consequenz  nicht  nur  vermieden  wenden  kpnnen,   sondern  aucli 
I  \        vorzüglich  cbirum  vermieden  werden  sollen ,.  well  in  dem  Recept- 

taschenbuche  durchaus  keine   Gründe   zu   finden  sind,   die  elue 

chemisch   unrichtige  Mischung  rechtfertigen   konnten.     Von  dea 

zahlreichen  chemischen  Fehlern ,  die  hier  vorkommen,  will  Re- 

I  '  cens.  ^nur-npch  einige  wenige  anzeigen.     S.  SgS:  steht  folgendes 

Recept» 

Rec.  Aquac  Certuorum  Uncias'sex 
Tarturi  natronati 

Kali  nitrici  ana.  drachntam  unam  semU 
Succi  Citri  recentis  .        , 

Sjrrupi  RubC  idmei  qua«  unci(un  , 
M,  d.  S,  eia.  ^. 

Nun  steht  aber  S.  535  folgende ,  zu  beobachtende  Regel.  Bei 
Tartarus  natronatus  vermeide  man  VerDindungep  mit  Säiuren  uod 
satücen  Salzen,  sauren  Säften ^  mit  Metallsalzen.  •-—  —  Die  An- 
wendung dieser  Regel«  auf  d»s  vorsti^Keqde  Recept  zu  machen, 
ist  nicht  schwer.  — 

Dafs  man  Alkalien  und  Säuren  nicht  in  eine  Mischung  brin- 
gen dürfe,  wenn  eine  neutrale  Verbindung  nicht  absichtlich  er- 
zeugt werden  soll,  ist  eine  allbekannte  Regeh  '  Nun  lesen  vvlr 
^er  S.  4o5.  folgende  Formel. 

Rec.  Oxjrmeäis  scülHici 

Liquoris  Ammonii  imisati 
t  o/ia.  drachmas  duäs 

Sjrrupi  JÜthacae  drachmas  sex" 
M.^d.  S. 
und  S.  4^^  zum  zweiten  Ma|>le 

Rec^  OxjrmeUis  scülitici 
Unciani  unam 
Liquoris  Ammonii 
anisati  drachmam  unam 
m,  d,  S» 
Endlich,  S.  5^7.  zum  dritten  Mahle 
Rec,  Fini  stibiati 

Liquoris  Ammonii  anUati  ana,  drachmas  duas 
Oxy-meUis  scillitici  unciam  sejnis 
.  Syrupi  Althaeae  ,        * 

j    Aquac  fomifiuli  ana.  l/nciam  unam 
M*d,  S*  etc^ 
Wenn  man  ai)er  flüchtiges  Lapgensalz  und  Essigsäure  zu- 


r 


Schübarth  Receptirkunst  ti.  Recepttascfaenbuch.  Cii 

samnienbriiigt,  sof  bat  man  die  Bestandthetle  des  Spirims  Min- 
<[ereri.  ^-^         ,    .      ^ 

Auch '  in  mancher  andern  Rücksicht  befolgt  der  Hr.  Verf. 
seine  selbst  angefdhrten  Hegeln  nicht  S.  33.  wird 'die  Verbin- 
dung des  Sulphur*  anttmcm.  arurat.  mit  einem  Syrup  oder  Schleimi 
besonders  im  Somni^ry  Widerratben ,  und  doch  sind  p.  628  ei- 
nige Formeln  der  Art'  angeführt,  x  Durch  Säuren  wird»  wie  be- 
kannt,  der  Goldschwefel  zerlegt,  und  doch  ist.S,  233.  eine  For- 
mel aufgenommen  y   wo  derselbe  mit^Acidum  benzoicum   zusam- 
mengf^bracbt  wird.  — «    Dafs  der  Campher  im  Wasser  unlöslich 
ist,  ist  j^dem  Lehrlinge  der  Pharmaceuten  bekannt,  so  wie  dafs 
er  aus  der  geistigen  Losung  durch  hin^gesetztes  Wasser  wieder 
au^eschieden   wird;   unser  Hr«  Verf.   tlveiJt  aber   doch   S. '5i3 
eine  Formel  mit,   wo  Camphergeist  mit  einem  Infus.  Valerianae 
und  Salvitie'  ohne  alles  Biiidungsmittel  vermischt  wird.  *— ^  Seite '. 
534«  soJi  eine  UnzD  W^instanrahni  in  -sechs «Unzen  Infus.  Petro- 
selin.  gelöst  werden ,  S.  563.  aber  gibt  der  Hr«  Verf.  -selbst  an, 
dafs  in   einer  Unze  Wasser   nur  vier  Gran -gelöst  werden  |kön- 
nen«  — -     S.  327.  soll  Extr.  Hyoscjami  in  Tinctura  valerianae 
aetherea  und  S.  334*  Eitr.  Pulsatillae  in  Hnctüra  Guajaci  am- 
moniata  gelöst  werden.    Beides  gehört  nach  des  Recens.  Ueber« 
Zeugung  zu  den  Unmögliclikeiten ,  wenn  der  Pharmaceute  nicht 
klüger  isl,  und  etwas  Wasser  zusetzt,  fber  selbst  dann  bleibt  es  , 
hnmer  eine  sehr  «inschickliche  Mischung.     Nach   einer^S.    377 
stehenden  Formel  soll  der  ätzende  Quecksilbersublimat  in  Man- 
deinmikh > gelöst  werden;  nun  enthält  aber  diese  Ejwetsstbff,  u. 
dafi$  dieser  das  beste  Mittel  ist,  den  Sublimat  unwirksam  zuma- 
chen, sollte  dem  Hrn.  Verf.  nicht  unbekannt  seyn,  woraus  von  1 
selbst  folgt,  dafs  diese  Formel  eine  sehr  unpassende  ist.  — -  -^ 
Die  Schwcfelleber.in  Pulver  und  Pillen  zu, geben,  wie  der  Hr, 
Verf.  thut,  wird  wenigstens  vort  sehr  Vielen   iriderrathen ,   und 
zwar  nicht  ohne  Grund.  -^    Nicht  wenige  Pillenmassen  führt 
der  Hrs  Verf.  auf,  welche  naturliche  Balsame  enthalten,   welche 
aber  obne   eine  .hinreichende  Menge  eines  passenden  Bindungs- 
mittels sich  mit  .Extracten  oder  Pulvern  gar  nicht  in'  eine, bear- 
beitbare Masse  bringen  lassen;  — 

Auffallend  war  dim,  Recens.  besonders  folgender  Umstand: 
S.  35.  gibt  der  Hr.' 'Verf.  folgende  Regel:  «Sehr  voluminöse,' 
aufi^uellende  Pulver  gebe  man  nicht  in  Pulverform,  so  alle  Pul- 
ver von  Hölzern,'  Wui*i%ld,  z.  B.  Altheenwurzel,  Enzianwurzel, 
Quassiaholzpulvei*i  Sie  wierden  bei  dem  Anrühren  mit  Wasser 
eine  dicke  Masse  bilden,  die  dem  Kranken  zuwider  ist.»  Seite 6 1. 
heilst  es  abermah  f  «So  gibt  ^man  lieber  Quassiaholz ,  Altheen- 
wurzel in  einer  andern  Form ,  als  der  des  Pulvers» ;  aber  Seite 
255.  steht  doch  cijie  Formel  |  die  Qaassienholz  in  Pulver  vor- 

39* 


\ 


612    Dr.  Gratz.  Commentar  über  d.  Matthäus. 

\ 

sclireibty  und  S.  4o2.  ab«rroa1s  eine.  So  geU  es  auch  mit  dem 
Arsenik,  de«  man  durchaus  nicht  in  Ifulver  geben  soll%  und  das 
ist  gani  richtig',  aber  Seite  »64-  wird  Arscnicum  $ulphuratum 
und  Auripigment  in  Pulver  voi^fischviebon.  Reeens.  übergeht 
eine  Menge  ähnlicher  Bemerkungen,  und  wollte  nur  noch  vor 
der  S.  455  .stehenden  Formel ,  welche  den  Phosphor  ia  Pillea 
vorschreibt,  bestens  gewarnt  habem  —  '  .        ^ 

Angehängt  ist  dem  Recepitaschenbuche  noch  eine  verglei- 
chende Nomenclatur  der  vorzüglichsten  Pbarmacopöeu  der  deut- 
schen und  angränienden  Länder.  Diese  ist  auch  schon  früher  ffir 
sich  allein  in  den  Buchhandel  gekommen ,  und  wurde  bereits  in 
den  Jahrbüchern  angezeigt,  Receiis.  kann  diesen  doppelten  Ver- 
kauf nicht  billigen;  wer  sich  jene  Bogen  bereite  gekauft  liat, 
und  niui  auch  das  ReiicpUaschenbuch  sieb  anschaflfen  Wollte,  würde 
somit  genöthigt  seyn,  dasselbe  Ding. zweimal;  zu  zablvo,  was  mit 
den  Cesetzen  der  Billigkeit  nicht  übereinittiniittt,  •— 


4.  Kritisch "  historischer.  Comtnenfär  üb^r  das  EmngeUum  Ais 
Matthäus j  von  Dr.  A.  J.  Gratz.  —  4.  Bd.  die  drei- 
zehn ersten  Capitel  enthaltend*.    Tubmgen.  bei  Laitpp.  8. 

^.  Katholische  Bemerkungen  zu  dem  krit ischrhis- 
tor.  Cvmmentar  über  das  £vangeL  des  Mat- 
thäus, ifon  Dr.  Gratz,  Prof.  an  d.  kathoL  thedog. 
Factdtät  der  Kön  Preiiss/Rheinunu^ersität  zu  Bonn^-rr^  "von 
Aston  Joseph  Binterij^,  d.  Thed.  Dr.,.Pf,  zu 
Bäk  und  der  Forst adt  Düsseldorf,  Erste  Lieferung, 
Mainz.  4Sü3.  b.  S,  Müller.  43»  S.  in  S» 

Der  geehrte  kritische  Forscher,  Hr.  Dr.  Gratz,  gab  ip  dem 
1.  Heft  seines  Apolegeten  des  KathoUcismus  unter,  dem  Titel: 
lieber  die  Gränzen  der  Freiheit,  die  einem.-  Katholiken  in  Er^ 
klärung  der  heü,  Schrift  zusteht,  eine  Rechtfertigung,  in  wie- 
fern neben  dem  ibejcannten  Beschluss  des  Tridenter  Concils  Sess. 
4.  noch  ein  eigenes  Forschen  über  den  Sinn  der  Bibel  eioem 
Kathol.  Lehrer  offen  bleibe.  Jenes  D^cret  sej  nur  (?)  gegen 
die  petulantia  ingenia  jeljer  polemischen  ,Zeit  temporär,  gerichtet, 
die  Dogmen  blieben  ohnebin  durch  di^  KLircheutradition  gesichert, 
auch  die  Andersdeutung  einzelner  Stellen.,  selbst  wenn  sie  Sä- 
tze von  Glauben ,  Sitten  und  Erbauung,  betrjfep ,  sey  nicht  An- 
griff der  Lehrsatze,;. wenn  man  nur  etwa  eine  dafür  gebrauchte 
Stelle  anderswohin  beziehe;  ein  Consensus,  unanimis  exegeticus 
der  ConciWen  und  Kirchenväter  könne  ohnehin  schyrerlich  je  gezeigt 
werden.    .Rec.  beobachtete,  neben  den  immer  anerkannten  (he- 


»  1 


Dr.  Gratis.  Commentar  über'd.  Matthäus.    6i3 

.    •  ■ 

sonders  innerlialb  seiner  Kirche  aus  bekannten,  nicht  wiinschens- 
-werthen  Ursachen  sich  nur  allzu  selten  öiFentlich  Zeigenden)  kri- 
tischen und  exegetischen  Kenntnissen  des  Hrtu  Dr,  Gratz,  mit 
besouder^em  Vergnügen  auch  die  Vorsicht  und  Lehrkhigheit  in 
^er  '  ni^priichlosen  MUtheilung  verschiedener  priifungs würdiger 
neuer  Ansichten.  Diese  sollte  doch  auch  ein  Kathol.  Gelehrter, 
wen»  er  nicht  blos  Nachsprecher  bleiben  will,  mit  ihren  B^« 
weisgrunden  wissen  und  überdenken  lernen. 

Was  soll  aber  das  Fort^chreitenwollen  da,  wo  alles  langst 
ausgemaoht?  uo  die  Unverbesserlichkeit  das- grölste  Kleinod  ist? 
So  denkt  Hr.  Dr,  Binierim  dagegen.  Gewährt  es  nicht  so  viele 
Bequemlichkeit,  ii6mer  mit  c.  3.  aus^VinCjentü  Lerin.  Commoni- 
torium  auszurufen ,-  dafs  nur  das,  quod  semper ,  quod  ubifue^ 
quod  ab  omiiibiis  credilutn  est,  gelte?  wenn  gleich,  voiv/keinem 
besonderen  kirchlichen -Lehrsatz,  noch  weniger*  von  irgendeiner. 
Siiinerklärung  dogmatischer  Bibelstellen  nachgewiesen  werden  kann^ 
dafs  etwas  bestimmtes  /m/ner  und  von  allen  darüber  so  geölaubt 
worden  sej.  Desto  selbstpreisender  nennt  Hr^  Bihterun^elne 
Bemerkungen  katholisch.  Und  so  müfste,  wie  auch  der  Verf. 
CS  auszusprechen  ,sic^  annnafst,  der  Gratzische  Cbhimentar  dagc-* 
gen  unkatholisch  sc  ja. 

Unter  Protestanten  wäre  dies  unbedenklich.  Denn  hier  kann 
höchstens  '  einmal  eiu  katholischer  Verfasser  eines  transitorischeii 
Regulativs  die  Wahrheit,  dafs  eine  religiöse  Staatsregierung,  als 
solche',  weder  dem  katholischen,  noch  irgend  einem  andern  Kir- 
ehentiim  ausschltefsend  ergeben  seyn,  sondern  aller  Landeskir- 
chen Pflichten  und  Rechte  gleich  sehr  kennen  und  schätzen  soll, 
so  sehr  vergessen,  dafs  er  eine  Vorschrift,  wie, wenn  sich  die 
Schrifterkläru«g  naqh  den  Dogmen  und  symbolischen  Büchern 
richten  müfste,  auch  9uf  protestantische  Lehrer  auszudehnen  meint. 
Unter  den  Protestanten  kann  auch  die  Erneuerung  der  Paläolo- 
gie  Wenig  schaden,  oder  wenn  etwa  einmal  ein  angehender  Theo- 
log ,  vor  gereifter  Untersuchung ,  gleichsam  zur  Abwechslung, 
noch  so  4aut  behaiiptet,  dafs  seit  Semlcr,  Erncsti,  Michaelis,  Tel- 
ler u.  s.  w.  die  meisten*  Theologen  träumten.  Mau  weils  we- 
nigstens allgemein,  dafs  die  Methode  jener  Männer,  das  religiöse 
AUertuin  heller  verstehen  zu  lernen,  gerade  dort  begann,  wo 
eine  gröfsere  Untersuchungsfreiheit,  also  die  vollere  Anwendung 
»Her  xler  besten  Kräfte^  mit  den  ausgezeichneten  .Kenntnissen  u. 
Talenten,  in  denen  dieselbe  schwer  za  übertreffen  sind,  sich  ver<- 
euiigt  hatte.  Man  weifs,  dafs  indefs  die,  welche  sich  offenbar 
durch  Studiren ,  Scharfsinn ,  Urtheilskraft  auszeichneten,  jene  Me- 
thode des  allgemeingültigen  Interpretireus  auch  weiter  prüftcji 
und  durch  Theorie  und  Anwendung  immer  deutlicher  zeigten,, 
warii/n  ^ie  der  wahrfc,  zugleich  hifttbiische  und  wissenschaftliche 


6i4    Dr.  Grat7..  Commentär  über  d.  Matthäus« 

Weg  sej  y  sich  ip  die  Ansichten  des.  religiösen  Altcrthums  jeo« 
seits  der  Patristik  und  Scholastik  hineinzufindeti ,  und  doch  die 
fortschreitende  Einsicliten  aller  Zeiten   damit  tn  Verbindung  zu 

.setzen,  folglich  ein  überzeugendes  Ganzes  von  Wahrheilen,  de- 
ren keine  der  andern  ^widersprechen ,  und  vqfür  es  also  nicht 
zwäerldi  conträre  Wege  geben  kann,  darzustellen.  .  Man  weils 
endlich,  was  das'  erfreulichste  ist,  dafs  jeder,  welchem  eine  Zeit* 
lang  die  meisten  Andern  träumend  scheinen  mögen ,  als  Protes« 
tant  die  vollige  Freiheit  hat,  alle,  seine  hebten'  Grunde  für  seine 
Meinung  unbesorgt  ins  hellste  Licht  zu  stellen,  undv.dafs  also) 
wenn  er  keine  ruchtigeren  Gn'inde,  als  etwa  die  verdireten,  wie 
Gerhard  und  Quenstädtj  höchstens  Geier  >  sie  gefunden  hatten, 
für  sich  erreicht  hat,  nicht  irgend  eine  Auetori tSt  oder  Verein-» 
genommenheit  ihm  drückend  entgegenwirkt,  sondern  einzig  die 
Stärke  oder  Schwäche  der  Beweisgründe  entscheidet,  bei  wel- 
cher Methode  der  theologischen  Wahrbeitforschung  das  Wachen 
(die  IJrtheilsfähigkeit  mit  hi4jreich enden  historischen  und  philo- 
sophi'hen  Vorübungen)  oder  das  Träumen  dämmernder  Ahnun- 
gen überwiege ,  woraus  sich,  wer  Kraft  und  ernsten  Willen  bat, 
noch  mit  der  Zeit  ungehindert  znm  Wachea  emporarbeiten  kann. 
Schwieriger 'aber   ist   die  Stellung  dort,    v^o  aUes   noth wendige 

vinfallibel  entschieden  vor  sich  zu  haben,,  als  das  gröfste  Glück 
betrachtet  und  afs  Bedürfnils  für  die  Gläubigen  gefordert  wird, 
wo  aber  doch,  was  alles  zum  uoth wendigen  gehöre,  oder  es  we- 
nigstens berühre  und  leicht  afHciren  könnte,  nirgends  entschieden 
ist,  und  defswegen  von  Verschiedenen  nach  so  verschiedenem 
Gutdünken  enger  oder  ausgedehnter  gedeutet  wir^.  (Nach  S. 
56,  soll  die  Behauptung,  dafs  das  Anbeten  der  Mager  aus  dem 
Morgenland  das  erste  Zeugdifs  für  die  Gottheit  ^esu  se^,  als 
eine  strenge  Glauber^ssache  gelten  ). 

Geholfen  vrite  freilich  leicht,  wenn  dorther,  wo  die  Quelle 
der  Infällibilität  fortdauernd  sich  crgiefsen,  oder  wo  wenigstens 
so  lange ,  bis  die  Kirche  einmal  wieder  in  einetn  infallibleo  Con- 
ciliura  sich  ausspricht-,  provisorisch  eine  unwidersprechliche  Zwi- 
scliensentenz  zu  fällen  seyn  soll,  dem  Selbstförscher  in  d^r  Schrift 
eine  richtige  Bewegung  angewiesen  vvürde.  Rec.  aber  mufste 
vor  einiger  Zeit  schon  in  der  Anzeige  von  lautqn  -römischen 
Aeusserungen  gegen  den  seel.  Jahn  zu  Wien  und  die  Seltenen 
seines  gleichen  (Jahrbücher  Nro.  yZ.  1832.)  die  Besorgnifs  äus- 
sern, dafs  ein  neuer  Isenbiel  leicht  auch  jetzt,'  wie  1778  die  Er- 
fahrung würde  machen  müssen,  wie  unter  Umständen,  wo  LV 
veränderlichkelt  für  ünverbesscrllchkcit  gelten  soll,  selbst  durch 
Vcrfluss  von  einem  noch  so  merkwürdigen  Halbjahrhundert  nichts 
verlernt  und  nichts  zugelernt  wende ,  und  dieses  sogar  der  si- 
cherste Ruhm  zu  bleiben  scheiue.  So  bleibt  es  alsdann  bei  deia, 


I  .    .  .  .       •      • 

Dr;  Gratz.  Commentar  über  d.  Matthäus.   61 5 

was  sclion  Gelasius  Papa  in  epist.  ad  «Honorium ,  cpum  Dalma^ 
tiae  ausrief:  übi  est,  quod  (Prov;  22  j  28)  scriptum  est:  Ter-, 
miiios  palnim  tuorum  nc  tranagredlarls.  Quid  ergo  teudimus  ul« 
tra  definita  majoruirf? 

•     Erfreut,  von  der  Vorseliung  auf  den   Standpunct  der  fort'' 
^schreitenden  Verbesserlichkeit  gestellt  V  z\i  sevn,   tritt  Reo.   um  so 
weniger  gerne  zwischen  die  Streitenden  jener  Seite,   da',   soviel 
er  siebt ,  vornehmlich  die  Aufmerksamkeit,  welche  Hr.  Dr.  Gratz 
dea>  philologisch -kritischen  Commentar  des  Kec.  selbst  schenkte. 
ihn   für  den  ultrakatholisclien  Hm,  ßinterim  so  unkatholisch  un4 
anst5ssig  macht.     Fast  immer  hat  defswegen  der  Rec.  die  Ehre, 
dafs,    um  Hrn.  Dr.  «Gratz- wehe  zu  thun,   diesem  das  AnführOn 
aus  dem  »ethnizierendenn   Dr.   Paulas    (S.  76.)    zur   Sande  ge- 
macht wird.  ^ 
Halten,  wir  nur  immer  recht  fest,  an  dieses  Ethnizieren/nb et 
--  mit  den  Classi'Aern  des  Heidentliums,  nicht  mit  andern  geschmack- 
losen Mifsgestalten  diess  "  oder  jenseits  des  Nils  und  Indus.  Denn 
zu  bedauern  ist  es  nun  einmal,  aber  allerdings  nicht  zu  laugnen, 
dafs  der  Geschmack  zu. keiner  Zeit  aus  den  Kirchenvätern,    im- 
mer aber,  und  vornehmlich  auch  um    dje   Zeit   der  protestanti- 
schen Kirchenverbess^rung,   aus   den  hellenischen  und  romischen 
Heiden  zu  schöpfen  war,  ja  dafs  selbst  die  wahre  Interpretation 
und  Exegese   nur  an  den  heidnischen  Clnssikern   zu   lernen  und 
hierdurch  erst  wieder  das  Urchristenthum  von  dem  Patristicismus 
und  Scholasticismus  zu  unterscheiden  und  zu  reinigep  wai*.  Statt 
der  IVfühe,  ein  solcher  ethnizierender  Auslegungskuudiger  zu  wer- 
den,  wäre   es  ^freilich  bequemer,  nach    deip  unläugbarsten  Bei- 
spiel/des  wirksamsten  Dogtnaticisten,  Augustinus,  für  das  Erler- 
nen   der  Griechischen  Sprache, zu   leichtsinnig   zu  bleiben ,  sich 
sich    blos  an  eine  lateinische  Versipu   zu  halten,    dennoch   aber 
über  die  ^efsten  Lehren  vom  menschlichen  Willen  und  von  dem 
gerechten  und  gnadevollen  Verhältnifs  der  Gottheit  zu  den  äus- 
sern und  Innern  Natürkräften   eine   kirchlich    infallible  Metaphy- 
sik auszusinnen,   und    bei   dieser    das  erste  Beispiel  gangbar    zu 
machen,   dafs   die  Cai^thagische  Synode    vom  J.  4<3.   ('s.  Röslcr 
BiUioth.  d.  Kii'chenväter.  5.  Th.  S.  4o4.)  als  Symbole  oder  Un- 
terscheidungszeichen der  kirchlicMRechtgläubigen  auch  voii  Nicht- 
anwesenden  unterschrieben  Yf  ex  den  mufste.        ,"    ' 

An  Augustinus  ist  e^  wenigstens  zu  loben,  dafs  er  fenc 
seine  tiefe  Ignoranz,  und  die  ilin.  dahin  führende  Erbsünde  der 
Trägheil  und  des  Leichtsinns  aufrichtig  bekannte ,  ja  sogar,  dafs 
er  auch  Latein,  wenn  er  nicht  di^  Worte  sclion  von  der  Amme 
her  gewufst  .hätte ,  nicht  gelernt  haben  würde,  eingestSind.  Nach 
seinau  Confessioncn  I.  23*  war  ihm  selbst  Ilopier,  ungeachtet 
,     der  phaotasicreiche  Knabe  und  Jüngling  gar  gerne  die  Erzählua* 


/ 


6i6    Dr.  6rat£.  Commentar  über  d.  Matthäus; 

gen  und  Mythen  desselben  anliSrte,  doch' amarus.  Videlicet  dif- 
ßcultas  cdiscendae  peregrlnae  llnjg;uae  quasi  feile  adspergebat 
omnes  suavitates  graecas  fabaJosarum  narratlooum.  Nulla  enini> 
verba  illa  noi^ram^  .  Und  so  muscermäfsig  floh  Augustinus  über- 
haupt alles  9 /Wa^  im  Lernen  ihm  Miihe  gemacht  hätte,  c.  20.  illas 
primas  litteras,  u6i  legere  et  scriberc-et  numerare  discitur ,  non 
minus  onerosas  habebam ,  quam  graecas. 

Da  nun  der  endlich  heilig  gewordene,  ungeachtet  ihqi  alles 
ethniziei:fnde  und  hebraizierende  zur  Schrifterklär.ung  sein  Le-; 
benlang  fehlte,  dennoch  der  infallibelste  Dogmcnsch6pf er  gewor- 
den ist,  so  dürfen  wir  uns  v^^ohl  auch  nicht  wundern,  dafs  Hr. 
Binterim  sein<^  ganz^  erste  (hofiPentlich  auch  letzte)  Lieferung 
von  Kritik  über  den  Gratzfschen  Commentar  mit  durchgängiger 
Berücksichtigung  des  «graeca  et  hcbraica  non  Icguntur»  seinem 
Publicuni  vor^ulec^cn,  nicht  für  gewagt  hält. 

Dennoch  siifi  ihm  zu  dieser,  höchstens  auf  lateinische  Aoc- 
ioritäten  gestützten  Arbeit,  wie  am  Schlüsse  ve^rsichert  wird, 
«Winke  eines  treuen  Oberhirten  der  Kirche  —  Befehle  gewesen.» 
Hr.  Binterim  aber  folgt  dem  Musiterbild  von  Augustinus  so  un- 
befangen, dafs  er  sogar,  wo  er  S.  93.  behauptet,  Dr.  Gratz 
scheine  einen  Text  des  Epiphaiuus  nicht  recht  gefafst  zu  haben, 
von  diesem  Griechischen  Kirchejivater  nichts  als  die  lateinische 
Ausgabe  (ist  Ausgabe  und  Uebersetzung  ein-erlei?)  des  Jaco' 
bus  Blllius  anzuführen  hat,  nnd  auch  diese  nicht  einmal  richtig 
versteht.  Ebenso  will  er  uns  S.  22.,  etwas  aus  Epiphanius  über 
das  Eyang.  nach  den  Hebräern  lehren,  ohne  zu  wissen,  dafs  im 
Texte  nichts  von  absolutissimum  steht.  (Epiphai).  kannte  es  als 
«X  bhiV  non  integrum ,  weil  manches  darin  feljhc,  aXXa  7rX?/f£- ' 
5'«rof  sed  plenissimurri  tarnen ^   weil   es    gar  viele  Zusätze  halte). 

Bei  solchen  Tüchtigkeitsproben  ist  denn  Hr.  B.  unstreitig 
der  Mann,  welcher^  gegen  die  «hochweisen  Kritiker»  'S«  92  zu 
verhüten  hat,  dafs  nicht  die  heilige  Geschichte  «das  Spielwerk 
einiger  kühnen  Bösewichter^  bleibe.  Ja,  auf  derselben  Seile  fafst 
dieser  Hr.  Binterim  Lessmg  und  Bahrdt  zusammen,  ab  Män- 
ner, deren  Namen  im  Bitche  der  Vermaledeiungen ,  in  libro  ma- 
ledictionum  mit  grofsen  Buchstaben  geschiieben,  aufbewahrt  war' 
dön,  $  \ 

Sollte  es  denn  abpr  noch  nictit'  hohe  Zeit  sejn,  dafs  die 
würdigsten  Sachkenner  in  der  teutschkatholischen  Kirche,  zur 
Ehre  iiirer  KiTohe  selbst ,  solche  Sedretaire  dies  Buchs  der  Male- 
dictionen  durch  eine  allgemeine  Perhorrescenz  g^gen  worlfuhrenJe 
Is^noranten  zur  Ruhe  verwiesen?  Dehn  wohin  müfste  es  mit  der 
wahren  Achtung  gcgein  .die  teutschkathol.  Kirche  kommen,  wenn 
Männer,  wie  Dr.  Jahn,  Dr.  Gratz  und  dgl.  unter  dem  Schutz 
*d«r  Romanisten  von   unwissenden  Schreiern,    als   den  rechtgläu- 


\ 


Dr.  Gralz.  Commentar  über  d.  Matthäus.    617 


bigen  Rettern  des  KircKeiitlinins,  mifshandclt  und  ieikczert  wer- 
den dürften?  Hr.  Biiiterim  ist  so  weit,  dafs  er  aller  biblischen 
Kritik  S.  a4*  das  Concilium  /Von  Trident  Sess.  4*  entgegenstellt, 
und  dieses  so  .  erklärt,  wie  wenn  jeder,  di^r  nicht  die  Bücher 
der  Bibel  mit  aUea  ihrin  TAeäe/t,  wie  sie  in  der  ecclesia  catho- 
lica  sevifohnLich  gelesen  worden,  und  in  der  alten  Vidgata  ent" 
halten  seyen,  für  heilig  und  kanonisch  annimmt,  anathematizirt 
wäre.  (,  «Si  quis  libros  ipsos  integros  cum  omnibus  suis  partim 
hos,  prout  in  ecclesia  catholica  legi  consueverunt  et  in  veteri 
i^ulgata  latina  editione  kahentur,  pro  sacl'is  et  clinonicis  non  sus- 
ceperit  et  traditiqnes  praedictas  sciens  et  prudens  contemserit,  ana- 
thema  sit ).»  Müssen  niclit  in  den  ersten  Princjpien  einer  grof- 
sen  Anstalt  wichtige  Grundfehler  zu  bericlitlgen  scyn,  wenn  da- 
rin das  Fortschreiten  kritisch -histc^rischer  Untersuchungen  zum 
voraus  für  kirchliche  Contrebande  erklärt  werden  kann,  wenn 
gegen  die  Seltenen,  welche  zu  forschen  wagen,  di^  Bjnterims 
etc.  das  grofse  Wort  nehmen  und  einen  Dr.  Gratz  nÖthigcn  kön- 
nen ,  den  Katholicismus  zunächst  gegen  Kirchengenossen,  die  den 
Verfassern  des  Majrnzer  Kqtholißien  gleichkommen ,  zu  apolcgc- 
tisiren«  Sollten  nicht  die  Besten  diesen  «Schaden  Josephs»  end- 
lich einmal  von  Grund  aus  aufdecken  und  zu  seiner  Heilung  sich 
"vereinigt? 

In  der  Kritik  sind  dem  Hrn.  B.  nicht  einmal  die  ersten 
Grundbegriffe  bekannt.  Gegep  die  Bemerkung,  dafs  Matth.  3, 
8.  die  Le^rt  Kotpveg  d^ing  wahrsch.  durch  Chrjsostomu^  ver- 
breitet worden  sey,  kann  der  Mann  S.  97.  die  Einwendung 
drucken  lassend  lange  i^or  Chrysostom.  habe  der  griech.  sowohl 
al^  der. lateinische  Text  jene  Worte  im  Plural  |g;elesen.  Denn  (?} 
in  Blanchiuii  Evangelian  quadrupl.  finden  vvir  sie,  und  Bengel 
in  Appar.  crit.  führt  eine  grofse  Zahl  grii!chischer  Codices  an, 
wortti  sie  ebenfalls  sind.  Es  ist  nicht  genug,  dafs  Hr*  B.  solche 
Bücher,  wie  Blanchin.  und  Bengel,  in  «seinem  Tusculanum»  hat. 
Man  mufs  sie  auch  zu  benutzen  verstehen.  Jeder  aufmerksame 
Schüler  von  Dr.  Gratz  würde  ihn  belehren  können,  u.  alle,  welche 
über  solche  Dinge  mitreden  wollen,  müfsten  wenigstens  wissen, 
dafs  weder  die  von  Blanchini  exccrpirte  CoJd..  der  latein.  alten 
Version,  noch  die  von  Bengel  angeführten  griech.  Codices  von 
irgend  ein^m  Kenner  -  für  älter  als  Chrjsostomus  gehalten  wer- 
den. Ebenso  kundig  vvird  S.  117.  wieder  aus' Blanchini  kriti- 
siert. Dagegen  ist  es  Hrn.  B»  S»  52.  merkwürdig,  dafs  (wie- 
der bei  Blanchini )  der  Codex  Veronensis  den  Stern  der  Magiej 
sogar  super  puerum  stehen  lasse,  und  an  der  allegorischen  Deu- 
tung des  Irenäus  3,  lo.,  was  ^^lles  der  Magier  Gold  9  Weih- 
rauch und.  Mjrrhe  bedeuten  könne,  findet  S.  ßS.  einen  Ge*' 
Hhmack,  den  er  durchaus  auch  Hrn.  Dr«  QxifXi  aneignen  möchte«- 


/ 


/" 


6i8  Graiz.  nov.  Test,  graeco-laiioum. 

Da  dies  scYiwerlich  gelingen  ka^n,  so  mufs  der  Graiz.lsc1ie  Com- 
mcnlar  nicht,  nur  ciu^  plagium  prptesianticam  S,  83.  heifsen,  «Auf* 
zälilung  der  vAbsurditätcn ,  und  Blaspliouiief^y  ivelclie  die  erneu- 
eiCeo  Zeiten  des  lieidnisclicn  Unglaubens  erzeugt  haben«,  seycu, 
sagte  S.  loo.  das  Licbliqgsgcschäft  desselben. 

Rec.  führt  solche  charakteristische  Data^    "wie    weit  die  lei- 
denschaftliche Tgnoraiiz  unter  der  ]\Iaske  der  RechtgTäubigkeit  sich 
vorwärts  dränge,  blos  dcfs wegen  an,   um   die  obige   Aufforde- 
rung an  alle,    die    in  der  teutschkathbl.  Kirche,  eine  Stimme  zu 
haben  verdienen,   zu  einmüthigem  Zurückweisen    solch'cr  Rezer- 
xnachereien  zu  motiviren.     Wird  der  vcrkezernden  ünwisscnliell 
'auch  nur  nocli  eifte  kurze  Zrit  Raum  gelassen,  so  ist  der  Ruhm,  dufs 
die  tcutschkatholische    Kirche   am    meisten    Forschungsgeist  und 
Grundeinsichten  zulasse,  der  Ruhm,  welchen  Franz  Ludwig  für 
Würzburc^  Joseph  der  II.  für  Freiburg^ —  begründet  hat,  um 
so  gewisser   gefährdet,   als   dergleichen  Vcrkezerer    gegenwärilj; 
den  Ost-  und  Südwind  für  sich  zu  haben,  und  de«  Wagender 
Politik  ziehen  zu   helfen   wähnen.     In  .kurzem   wird    der  Uiifa<^ 
kczermacheriicher  Ignoranz  keine  Grunzen    und    keine  Schoiuiii<; 
mehr  kennen,  wenn  sie  es  erst  bei  vornehmem  Pöbel  zur  Mode 
machei^  kann,   dafs   gelehrte  Forschungen  als    unkatholi(u:h ,   und 
Stunden   der  Andacht  als  Satanswerk   verschrieen    werden  dür- 
fen.    Nirgends  ist  Nachgiebigkeit  weniger  an  dcj  rechten  Stelle, 
als  da,  wo  sie  einer  herrschsüchtigen  Uawissenhcit,die  sich  vor  sich 
selbst   und   dem  UrthetI   der  Welt  nicht  schämen   kann,   gegen- 
übersteht. Das  Werk  des  Hrn.  Dr.  Gratz  hätte  nicht  nur  durch 
seinen  reichen  Yorrath  \or\  Materialicn.4ujm  Nachdenken,  sondern 
auch  vornehmlich  durch  die  Mäfsigung,  womit  er  das  Denkwür- 
dige, ohne  abzusprechen,  bcurtheiien  lehrt ,  ober  solche  nur  des 
Mittelalters  würdige  Anfeindungen  erhaben  seyn  sollen. 

Eben  dieser  gelehrte  Kritiker  hat  sich  zi/  gleicher  Zeit,  za- 
nächst  um  das  Bijjelstudiura  in  seiner  Kirche  ein  Verdienst  ge- 
macht, aber  auch  allen',  welche  den  seltenen  Com plo tischen  Text 
gerne  im  Zusammenhang  haben,  seine  Abweichungen  von  def 
neueren  Kritik  überblicken  und  beides  mit  der  immer  schätzba- 
ren latein.  ICirchcnversion  leicht  vergleichen  uiochted,  etwas  sehr 
angenehmes  erwiesen  /-^^  durch  sein 

Novum  Testamentum  Graeco  ^  Latinum,  Vulgata  interpretatione 
latina  editionis  Clementis  Vlll,  graeco  textiu  ad  editionein 
Coniplutenscin  diiigcntissime  cxpresso  e  regione  oppoiita  f  fl«- 
posita? Jp  Studio  et  cura  D,  Petri  Ahorsu  GrJTz,  '« 
unii^crsitate  Borussica'  lUi^nana  CatholicO'^Theologicae  fo^ 
cidtatis  Professoris  prinikriL  Pars  prima»  QuatuorEvf^' 
gelia  complectens^  Tubirigac,  b,  Fues>  /tf^/.  J^^aiidXXX, 


Grau.  nov.  Test  graeco-latlaum.  619 

S.  in  8*  Pars  setujtda.  Actus  Apost.  JEpistolas  ei  Apc^ 
C€djrpsm  continens,     466  S,  ( 4  ß*'^o  kr. ) 

\jcv  gHccliisctie  T^xt  ist  mit  Genauigkeit  aus  der  Complutisclien 
Aufgabe  abgedruckt.  Da  diese  weder  Accente  uod  Spiritus,  nodi 
InterpunptioD  bat,  so  sin4  diese  Nacbbulfen  binzugekommcn,  auch 
die  vielen  Druckfehler  verbessert .  worden.  Eben  so  genau  ist 
der  lateinische  Text,  selbst  mit  Beobachtung  der  Interpunctioi^ 
aus  der  Original -Ausgabe:  Rom  kSqs  geliefert.  Unter  dem  Text 
sind  die  voa  der~  Complutischen  Ausgabe  abweichenden  Lesar- 
ten der  dritten  Ausgabe  des  Robert  Stephanus  vom  J.  1 5So.  auch 
die  Abweichungen  des  Textes,  welchen  Matthäi  und  Griesbach 
(  2te  AuQ.  1806.}  gegeben  haben,  bemerkt.  Nach  dieser  Ein- 
richtung hat  man  die  verschiedenen  Lesarten  der  vier  Hauptre- 
censionen  in  Einem  Ueberblick,  und  so  dafs  man  auch  zugleich 
eine  alte  Kirchenübersetzuug  damit  vergleichen  kann. 

Dem  Complutischen  Text  v^ird  in  der  biblischen  Kritik  stets 
ein  besonderer  WerUi  bleiben.  Er  ist  aus  Manuscripten  ver- 
fafst,  die  nicht  mdir  alle.  voHianden  sind.  Die  Herausgeber  ver- 
sicherten: non  quaevis  exemplaria  (d.  i.  iiort  qualiacunque )  im- 
pressioni  huic  archctypa  f pisse,  scd  anliquissima  et  emei^datissiii> 
ma  ac  tantae  praeterea  vetustatis,  ut  fidem  abrogare  nefas  videa- 
tur.  Kriterien  des  Altertbums,  upd  wie  man  aus- den  mehreren 
Schriften  den  Text  zusammengeordqet  habe,  geben  die  guten 
Leute  freilich  noch  nicht  an«  Doch  bleibt  immer  wahr:  Dafs 
die  Complutische  Originalalisgabe  in  den  gröfsten  Bibliotheken 
sich  selten  vorfindet,  und  die  Nachdrdcke  derselben  sich  man« 
che  vermeintliche  Verbesseruntjen 'erlaubten.  Da  ferner  in  deo 
sogenannten' Varianten -Sammlungen  die  ihr  cigenthümlichen  Les- 
iM'ten  nicht  ganz  genau  ausgehoben  sind, 'so  ist  eine  neue  ge- 
naue Ausgabe  dieses  Texten  den  Wünschen  ^der  Kritiker  ent- 
sprechend* 

,  Die  Wandclbarkeit  der  Kritik,  wenn  sie  gleich  vom  rühm- 
lichen Streben  nach  Vollkommeulieit  zeugt,  hat  doch  das  Uiir 
angenehme  aller  Wancftibarkeit.  In  dieser  Hinsicht  haben  sclion 
früher  sachkundige  Gelehrte  mit  Mill  dafür  gehalten,  dafs  man 
einen  gewissen  Text  rrcipiren  sollte,  dem  daiin  die  von  Zeit 
zu  Zeit  sich  ergebenden  kritiscKen  Forschungen  beizufügen  wä- 
ren, Mill  und  Biirh  haben  die  dritte  Stephanische  Ausgabe  hie- 
zu  gewählt,  und  man  mag  ihre  Wahl  allerdings  billigen.  Den 
Verfasser  hat  die  Berücksichtigung,  dals  der  Complutisthe  Text 
zuD^  Besten  der  Kritik  bekannter  werden  dürfte,  geleitet.  Zu- 
dem glaubte  er,  dafs  es  jedem  Freunde  der  biblischen  Kritik 
angenehmer  seyn  werde,  wenn  er  das 'bis  jct/.t  fortgeführte  Ge- 
/  bäude  der  bibli^cheo  Kritik  iu  sdaer  üruudlcguog,  FortsctiuDg 


/■ 


(}2o  L.  v;^  EsSf  Biblia  5.  vulg*  edit.  sec.  exempL  Vatic. 

und  in  dem  dcrmaligeii  Zustand  vor  sich  sehen  lann.  So  möge 
dann  auch  der  ofrentliche  Lehrer,  gemäfs  dieser  Anordnung,  sei- 
ne Schüler  am  leichtesten  mit  der  Kritik  des  N.  Test,  bekannt 
madieu,  und  hie  und  da  solche  sos^ar  weiter  fuhren,  besonders, 
Mreno  er  auf  die  Vulgata  zugleich  Rucksicht  nehmen  will.  Die 
Aengstlichcren  erhalten  hier  einep  Text,  der  das  Ansehen  eines 
Kirchen ->  Cardinais  und  die  Approbation  des  Kirchen  Oberhaup- 
tes für  sich  hat;  und  da  zugleich  die  mindeste  Abweichung  der 
Aasupbe  des  Stepbanus  und  Griesbachs'  von  der  Complutischen 
augezeigt  wird,  so  findet  der  Freund  der  einen  oder  andern 
KecensioB  iu  ebenderselben  Ausgabe  die,  Texte,  auf  welche  es 
am  meisten  ankommt. 

Dieser  wohl  überdachte  Plan  des  Herausg.  trägt  seine  Em- 
pfehlung in  S|ich  selbst  und  in- der  lobenswürdigen  Berücksichti- 
gung der  Bedürfnisse  serner  Kirchengenossen  und  der  beschrän- 
kenden Voraussetzungen  kirchlicher  (freilich  von  der  ächten  Kri- 
tik und  Hermeneutik  allzu  weni£;  ipspirirter)  Auctoritäten.  Es 
ist  immer  löblicher,  das  .ndth(ge*mit  einer  gewissen  Nachgiebig- 
keit, als  gar  nichts  besserndes  hervorzubringen,  weil  niaii  des 
alten  oder  neuen  zuvil^l  durchzusetzen  verlangt.  Diese  guten  Yor- 
sälze  sind  von  dem  Herausg.  sorgfältig  ausgeführt.  Vorgedruckt 
]«t  Hieronjmi  Praefalio  in  IV  Evängella  —  ad  Damasum  und 
Clementis  Papae  (VHI.)  Pracfatio  in  suae  Bibliae  (?)  sacrae 
editionem,  auch  von  dem  Herausg.  selbst ^ne  brauchbare  Sjuop- 
sis  IV.  Evangelior.  una  cum  parallelis,  für  jeden  Evangelisten 
besonder.  Bei  der  Apokalypse  ist  der  sehr  abweichende  Text 
der  Rob.  Stephanischen  Ausgabe- von  MDL.  ganz  unter  den  Com- 
plutischen gesetzt«  Nicht  zu  übersehen  sind  auf  dem  lets^ten  Blatte 
I»  Enumeratjo  locorum»  quibus  variae  editiones  (vulgatae)  Plan- 
tin, abeditt.  Vatic.  recedunt  u«  Catalpgus  eorum  editionis  Vatic.  loco- 
rum,  qui  Henrico  Bukentop  Ord.  Fratrnm  Minor.  Recoll.  in 
opere.sno:  Lux  de  Luce,  Col.  Agripp.  1710.  mendosi  videban- 
tor,  addita  per  enndem  virum  lectione  veri^imiliori/  Diese  Stel- 
len sind  nicht  unbedeutende  / 

Rc,c.  bemerkt  zugleich  mit  Vergnügen,  dafs  für  eine  Ver- 
gleichung  der  mehreren  Rom.  Ausgaben  der  V^lgata  von  Hrn. 
Dr.  /,.  f fl/«  Ess  aufs  neue  ein  Fleifs  angewendet  worden  ist,  den 
"vielleicht  Hr.  Dr.  Gratz  bei  einem  ferneren^bdruck  seiner  Edi- 
tion benutzen  kann..  Hr«  L.  v.  Ess  nämlich  hat  sich  die  wich- 
tigen  und  seltenen  Ausgaben  der^  lateinischen  Bibel  vulgatae  edi- 
tionis, Romae,  ex  typo^ra.phia  apostolica  Vaticana  iSgo.  <592. 
1593.  ,1598.  und  die  daselbst  beigedrucklen  Anzeigen  üirer 
Druckfehler  verschafft  und  sich  überzeugt,  dafs  jene  Valicani- 
schen  Bibelausgabcn  mehr  als  in  Druckfßhlet'fi  —  wiewohl  »« 
nichts,   was  deu   Glaubca  betrifft   —   von   eiuauder  abweichen. 


L.  V,  Ess,  Biblia  5.  vulg.  edit.  sec.  exempL  Vatic.  ßai 


/ 


Mehrere  ältere  und  lienere  lateinlseFie  Bibeln  vulgatae  editiopisy 
in  und  aufser  Dctttschiand  unter  der  Aegide:  juxta .  exemplar 
VaUcanuin  erscliicnen,  sind  doph  nicht  ganz' treu«  Abdrücke.  Sie 
mufsten  auch  schon  den  Charakter  der  Abweichung  von  einem 
oder  dem  andern  Vaticanischen  Exemplar  defshalb  in  sich  tragen, 
wenn  sie  nur  nach  einem  der  genannten  Originale,  und  zwar 
ohne  Nachbesserung  der  Druck  -  und  anderer  Fehler  ex  in^ici- 
bus  correctoriis  Romae  editis  gedruckt  wären;  worunter  nicht 
die  Romanae 'Correctiones  in  latinis  bibliis  edit.  vulg.  .,  .  .  .  ib- 
ca  insigniora ,  a  Francisco  Luca  Brujgensi  zu  verstehen  sind. 

Der  Buchdrucker  zu  Antwerpen,  Johann  Morel  und  «eine 
Nachfolger  hatten  durch  die  Pabste  Clemens  XIII.  Paul  V.  Ür- 
ban  YIII.  tiufser  Italien  das  Druckmonbpol,  um  die -lateinische 
Bibel  vulgatae  edit.  juxta  exemplar  Vaticanum  worttreii  abzu^ 
drucken,  bekomjnen.  Der  erste  Druck  dieser  ßib^  ist  von  1599, 
andere  von  folgenden  Jahren.  Nach  diesen  sogenannten  Plcaiti' 
nischen  Ausgaben  sind  andere  gewöhnliche  Nachdrücke  gefertigt. ^ 
Aber  auch  diese  Plantimscken  Ausgaben  mit  ihren  Nachdrucken 
sind  von  dem  Vaticiuiischen  Originale  abweichend,  ob$chon  je- 
der Abweichung  In  dem  erwähnten  päbstHchen  t)ruGkprivilegium 
und  anderswo  die.  Alinduug:  $ub  poena  excbmmunicationis  ma|o* 
ris'latae  seuteutiae,  dioht.  ^        . 

Hr;  L.  V.  Ess  hat'wegen  derer,  welche  um  die  für  authen- 
tisch erklärte  lateinische  Bibel  besorgt  sind,  und  für  Andere,  die 
aus  andern  Gründen  eine  f^aticanisch  genuine  Ausgabe^  in  treuem 
Abdrucke  .|;u  besitzen  wünschen,  dazu  aus  oben  genannten  Vati-, 
canischen  Ausgaben  die  vom  Jahre  1592.  gewsihlt.  Er  hat  nach 
den  Vaticanischen  Verzeichnissen  die  Druck-  und  andere  Fehler 
daraus  entfernt,  die  vaiiirenden  Lesarten  der  andern  Vaticani- 
schen Ausgaben  von  den  Jahren.  169 o.  i593.  1598.  unter  den 
Text  gesetzt  (worunter  die  von  iSgo  auch  Werth  für  die  Kri- 
tik haben)  und  das  Ganze  mit  Parallelsiellen  versehen,  unter 
dem  Titel  . 

# 

Biblia  sacra  vidgatae  editionis,  i.  e.  vetus  et  novum  teslameu- 
tum,  juxta  exlemplar  ex  tj'pographia  apostolica  VatiCana  Ro- 
mae 1592,  cor^ectis  corrigendis  ex  indicibus  '  correctoriis 
Komae  editis  pro  bibliis  Vaticani^  annOrum  1592«  i593. 
i59B>y  n^e  non  substratis  loctionibus  ex  Vaticanis  iilis  Bibliis 
.  annoruni  1590.  159a-  .i593.  1598.  inter  sese  variis,  additis- 
que  iocis  parailelis,  et  versibus  abrupte  positis. 

Allen  diesen  Verbrcitungeil  von  Kenntnifs  der^  Quellen,  wel^ 


G22  Tiburtius,  vom  Gebrauch  des  lat.  Conjunclivs. 

clie  znm  Urcltristcnlluim  rein  und  practisch  zur(ickieit'en,k5nneiY, 
IVer  sollte  tluieb  nicht  den  wirksamsten  Fortgang  wünschen? 

B.  E.  G.  Paulus. 


yersuch,  4^e  Lehre  vom  Gebrauch  des  Conjunctiv  im  Laleini* 
sehen  mit  Berücksichtigung  des  Griechischen,  und  der  Ger^ 
manischen  und  Lateinischen  Sprachen,  auf  sprachphiloso' 
phische  Grundsätze  zurückzuführen,  nebst  einem  Anhange 
über  das  Gerundium  im  Lateinischen  von  FniEDnica  Tibür- 
Ttüs,  KolUiborator  aa  der  Schule  zu  St,  Katharinen  in  La- 
heck,    Leipzig  ,  bei  G.^  Meischer  48 ft^.  —     435  S.  $• 

VVenn  Referent  bei  Schriften  der  Art,  wie  die  vorliegende  ist, 
die  Form   und  Einkleidung   des  Vorgetragenen   für   etwas  sehr 
Wesentliches  hielte,  so  wurde  er  bei  dieser  Anzeige  Manches  zu 
erinnern  haben   gegen   einige   darin   herrschende  Fehler,  als  da 
^tnd  ein  allzu  oratorischer  ^Ijl;  unnothige  Umständlichkeit  und 
Redseligkeit;  eine  gewisse  durch  zu  lange  Perioden,  Zwischen- 
sätze u.  dg),  entstandene  Schwerfälligkeil  und  UndeutlichkeitjuQ' 
nötbige   Entschuldigungen    und  captationes'  benevolentiae ;  selbst 
Incorrectheit  im  Gebrauche  der  Muttersprache.  Da  es  iudefs  bier 
hauptsächlich,  um   den  Inhalt   zu   thun  ist,   so    wenden  wir  uos 
sogleich  zu  dte^m,  und  versuchen  es,   den  Lesern  dieser  Blät- 
ter in  gedrängter  Kürze  einen  gleichwohl  möglichst  vollständigen 
Auszug  aus  einer  Abhandlung  zu  geben,  deren  Inhalte  wir  nach 
genauer  Prüfung  utisere^  innige  Zustimmung   nicht  versagen  köu* 
nen,  unJ  die  wegen  der  dairin  gegebenem"  crschöpfeoden  Erör- 
terung des  in  Frage  stehenden  Gegenstandes,  wegen  dessen  geist- 
reicher Behandlung   und    wegen    des   schätzbaren  Beitrages,  den 
^e  somit  zu  der  allmählich  "erfolgenden  Ausbildung  ^  der  bisher 
npch    (wenigstens    einzelnen   Thcilen  nach)    ziemlich   im  Ar<;en 
gelegenen  lateinischen  Grammatik  auf  sprachphilosopbischem  We- 
ge liefert,  in  die  Hände  eines  jeden  für  Sprachwissenschaft  uber- 
^aupi  und  Inteinische  Grammatik  'insbesondere  sich  Interessiren- 
den  zu  kommen  \gerdjient. 

Der  bisherige,  aber  nicht  sidier  zum  Ziele  führ enae  Weg 
Pracht  bekanntlich  u.  a.  die  Moden  entweder  -von  den  gebrauch- 
ten ConjuncMonen  abhängig  (üt,  wie,  regiert  den  Inilicativ ;  </fl/^^ 
4en  Conjunctiv  ) ,  oder  stejit  die  Moden  als  alle  an  sich  dio  M^' 
d^lität  der  UrMicUe  bezeichnend  dar« 


\ 


/ 


Tiburtius,  vom  Gebrauch  des  lat  Conjunctivs.  623 

P^r  V^rsucli  «les  Vfs.  geht  nun  dahiii^  auseinanderzusetzen) 
wie  man  in  der  Lateinisclipn' und  andenvSpraehen  mit  den  in  ilincri 
vorhandenen -i^'ormen  des  Zeitwortes,  Moden  genannt,  nach  dem 
Genius  dieser  Sprachen^  durch  die  Art,  wie  die  Sätze  zusafh' 
mengestelU,  auf^  ebmnder  bezogen  vf>erden  ,  die  verschiedenen  hi^^ 
clinalioneri  des  Gemiiths  hei  der  Darstellung  bezeichne  i  wobei 
also,  die  theils  falschen ,  theils  nicht  genug>  umfassenden  Behaup- 
tungen :  der  Conjünctiv  gebe  u«  a.  etwas  Bedingtes  ^  Mögliches^ 
jedes  Abliäogigey  an,  u.  s».  w«  gan^  wegfallen. 

,  Diesem   Zwecke   dient  zuvorderst   eine   ausfuhrliche,   recht 
gedachte,  Deduction  von  der  Entstehung  der  Sprache  und  ihrer 
Fortbildung  bi*  zur  Periode,  Darauf  werden,  zwei  zum  Zwecke 
ahzü nehmende   Hauptarten    von'  Sätzen   aufg^estellt : .  A.   absolute 
( Hauptsätze ),   die  nicht   von  andern   als   si^bordinirt  abhängen; 
B.  relative,  die,  als   subordinirt,   von    andern    Sätzen   abhängig 
sind  und  auf^sie  bezogen  werden  müssen.     X.6/jz/ere  theilen  sicli 
wieder  in  zwei  Unterarten:   L  indirecte  Relativsätze,   d.  i.  sol- 
che,  die  Sikb  auf  das  Prädikat  ihres  Hauptsatzes  beziehen    (in 
dem  Satze*:  Sol  efficit,  ut   omnia  floreant  z.   jB«   ist   der  mit  ut 
anfangende   Satz   indirect  relativ),   wovon    diejeuj^en   von    dem' 
Prädikate   abhängigen^  Sätze,    di6  blos    eine  Erklärung '  des    im 
Prädicat   liegenden  BegrifTes    enthalten    (rein   parenthetische  Sä- 
tze), zu  unterscheiden  sind,  z«  B.  ancora  «st  instrumentum,  quo 
retinentur  naves:   II.  directe  Relativsätze ^,A.  u  solche,    die  sich 
nicht  an  das  Prädikat  des  Hauptsatzes,  als  wesentlich  zur  Sache 
gehörend,  anschliessen  (Ergänzung  und  Erklärung  des  Subjects; 
parenthetische  Erläuterung   des   im  Prädicate  liegenden  BegrifiTs; 
nähere  Bestimmung  der  reirien  Copula  u.  s."^  W»),  z*  B    &t  ju- 
cundissima  ea  amicitia,  quam  similitudo  morum  conjugavit. 

rfach  einigen  Prämissen  folgt  nun  die. Regel:  A*  Der  In' 
dieativ  herrscht  als  indicirend  in  jedem,  absoluten  und  directen 
relativen  Satze  (Modus  directus);  B.  Der  Conjunctiv  m^/i  in 
jedem  indirecten  Relativsatze ,  und  nur  in  diesem,  obwalten  (4*0 
Conjunctionen  ut ,  ne,  quo,  quin,  quo  minus  bezeichnen  nur  dio 
relativ  indirecte  Beziehung).  '  * 

NuuNfolgeu  noch  einige  nähere  Erorteruqgeh,  ppd  dqrftuF 
als  grammatische  ZeugnisSiO^  Stellei^  aus  Priscidn,  Diomedes^  Set*** 
vius,  Cledonius,  Akuinus,  Macrobius,  Bornhardi  und  einigei) 
andern  Neueren,,  aus  welchen*  der  Vf*  mit  vielen^  Scharfsinn  Be- 
stätigungen seiner  Th^rie  ableitet,  woran  sich  eine  ganze  Menge 
schj^  gut  gewählter  Belege  au^  den  ClaSsikern  anschliefst. 

Im  zweiten  AbscKnitte  werdeq  nach  etqem  eipleitenden  Ue- 


) 
\     ( 


6^4  Tiburtius,  vom  Gebrauch  des  lat  ConjunctiTs. 

ber{;ang  za  andern  Spradien^  in  denen  sich  das  im  Lateiniscben 
hemerkte  nur  mit  einigen  Modificationen  auf  ähnliche  Welse 
wahrnehmen  .lafst,  als  einzelne  Sprachen  betrachtet  die  Griechi- 
sche ^  die  Deutsche  und  die  Französisehe.  Diese  Betrachtung  lie- 
fert auch  für  die  Grammatik  dieser  Sprachen  recht  schone  Er- 
gebnisse. 

Das  Resultat  der  in  dem  Anhange  auf  ähnliche*  Weise  wie 
in  dem  Bisherigen  angestellten  Unters)ichun|^  über  .das  lateinische 
Gerundium  ist  folgendes :  i )  Das  Participium  ist  ein  Adjectiv 
zugleich  niit  dem^  -vollen  BegridTe  des  Zeitwortes.  Als  Participium 
Fut.  Passiv,  hat  es  sehr  oft  der  Natur  dieses  «Tempus  gemäfs, 
die  NebenbegrifTe  det*  Nöthigui^g^  des  Zwecks,  der  Absicht  u. 
s»  w*  Es  ist  a1s9  eine  Sprachform,  in  der  die  beiden  Theile: 
Yerbum  und  Adjectiv  ganz  und  vollkommen  enthalten  sind«  Da- 
her Ref^el:  Das  Participium  ist  zu  nehmen,  wenn  der  durch  ei- 
ne der  genannten  Verbalfurroen  (Participium  Futuri  Passivi  oder 
Gerundiam )  zu  bezeichnende  Begriff  als  Nebenbegriff  ~bei  dem 
durch  ein  Substantiv  ausgedruckten  Hauptbegriff  adjectivisch  liio- 
zugefügt  werben  soll.  Z*  B*  Cic*  de  fin«  V«  43 :  £st  enim  na- 
tura sie  generata  vis  hominis,  ut  ad  omnem  virtutem  percipien' 
cifom  I facta  videatur«  Yirtutem  ist  hier  herrschender  Begriff:  da- 
her ist  das  Participium  beigesetzt, als  subordinirter  Nebenbegriff. 
* —  2)  Das  Geru7^di^m  ist  als  Neutrum  des  Participiums  das 
zum  Substantiv  erhobene  Verbaladjectiv,  also  vollkommen  Yer- 
bum und  Substantiv  zugleich,  und  zwar  vielfach  mit  dem  Ne- 
benbegriffe des  Zwecks,  der  N6thigung  11»  5.  w«  Daher  Regel: 
Das  Gerundium  ist  zu  nehmen ,  wenn  der  durch  eine  der  frag- 
lichen Formen  zu  bezeichnende  Begriff  als  Hauptbegriff  hervor- 
tritt, als  eine  Sphäre  beherrschend,  und  die  andern,  neben  ihoi 
befindlichen  Begriffe  als  il^m  untergeordnet  betrachtet  werde» 
müssen«.  Z»  B»  Cic*  de  or»  IL  i57f  Dialectica  est  9lts  vera  et 
falsa  dijudicandi*     Dijudicändi  hat  den  Tquj  daher  Gerundiuni« 

So  viel  'scheint  hinlänglich  zu  sejn ,  um  theils  auf  dieses 
gehaltreiche  Schrif^chen  aufmerksam  zu  machen,  theils  das  oben 
darüber  ausgesprochene  Urtht^il  g^u  rechtfertigen» 

R-r. 


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Erg  an  z  u  n  g  s^  ß  i^t  t  e  r 


«tt  40^ 


Hciddbergqr  Jahrbüchern 


der    L  i le  r  a i uu 


/••  '  .-- 


a  »11  ^'«1^  %^»^  »  >  i^imtil^i 


Crüninal'-  Pr0$edim  gegen  den  Kmfmmn  Peter  Anton  Ppnli 
laut  C^n^^wegea  4er  m  W^y^mber  40^6  geschehenen  if;- 
mütdung  4es  fFähelm,  C^nm.  aus.CrefeltL  .Eröffnet  bei 
dem  AsßiUenhofe  m  Trier  4^,$3*  Aprü  dS^ß»  Trier ^  bei 
F.jt^ifaUß  48nsi*  (Dtesetbe^  Verh^diimgiii.  sind  auch  zu 
Cdn,  bei  :C.  Chr^  IV.  Scknudt  in  g.  und  i^iDumont^  ^ 
Schauberg  vi  4.  ersehienm^  Die  letuere>  Aiugahe  ist  mit 
lateifUschen  Lettern  gßdruefiti  d^r  auf  dem  ^ifel  gemntUe 
.    Berauegeker  ist  C  H.  %*  JSjfUßT^\ 

Der  funfjräkrigi  CrimML^Pr4mtJjs  gegen  PeterL  Antm  Fimk 
Fan  Am  sMst  kerausgeg.  uBefte,  'Coblem^jigj^n^g^  ^fl^ 

Briefe  über  die  Assise  sa  Triet^'  i^on  Benxenberg.  ^'IJ^'  AbtUgk. 
Cöln,  bei  J.  P^  Bachern.  sSiki.  8.  4  &•  <a  kr.  ' 

Ueber'P,  A.  Fani  und  das  Girächi  van  Cönene  Ermordung. 
Ein  fF&rt  an  meine  ßM^rger,  von  J.  KMEmKtu  Cöln^ 
bei  J.P.  Bachern.  4899»  8^  M^i^^ 

cK  soRte^TieUeiöbt  diesen  AiSi^ti  mit  einer  Verwahmiig  gegett 
den  Vorwarf  be^nfied|  däfs  eil'  unbescheideD  sej^  einen  ^Gegen- 
stand^, der  scbdn  Von  sd  yi^en  cfinsicbtsvoUMi  und.wfii^dig^ 
Männern  efoHertf  worden  ist^  ein^  abermal^n  Er^rternng  .3^1 
unterweifen.  '-^  Doch  reh  setxe  diesem  VoiHrurte  entgegen,  dais  es 
auch  ein  yornehmes  StiUschwetgen  gtebt,  welches,  sowohl  man 
sich  auch  däoet  befinden 'mag,  dennoch  nicht  wenfgear  UideW- 
werth  ist.  '  Viel. ist  über  den  Yoriiegenden  ReehtsfaJl  goSprotohen 
und  geschrieben  worden;  Aber  so  wichtig  ist  die  &iche,  dafs 
ein  jeder  Mann  vom  Handwerke  bemüht  sejn  sollte,  sich  dai^  - 
"Ober  ein  IJriheil  zu  bilden,  dadfs  ein  Jeder,  der  etvfas  Eigen* 
thömliches  über  sie  sagen  zu  lidnuen  glaubty  auch  wohl  ö&ol* 
lieh  sein  XJrtheil  äuüsern  darf.      - 

Erg.'Blt  Z|  d«  H.  Jahrb.  d.  L*    I.  U  ^  i 


•2  Foük'scbcr  Criminalprocefs. .    i 

r 

Doch  cntgicngeo  mif  oicKl'xWci  Bedcnkliclikeitcüi ,  als  icfi 
bei  der  jetzigen  Lage  der  Sache  den  EnlscMofs  fafstc, 
diesen  Aufs«»UVW  ^b^*^»  -^  «^»tcns  ciifeJPeJeiillichlrrt, 
dafs  das  *  (Hrtcht  Wela  itn  Ff^iA^iet  ^Mck-^ing  GBnen's 
schuldig  erklärt  hat,  »weitens  die,  dafs  Fonk  um  Begnadi- 
gung nachgesucht  hat,  dhoc  dMÜ  bisl  jet»t  ( fceines  Wissens^  auf 
dieses  Suchen  eine  Entschlielsung  erfolgt  wäre. 

Es  ist  was  die  crstdf  e  Bedanklichkcit  anlangt,  allerdings 
mit  einem 'Privalurtheile,  'das  libÄ -ein  gcrichtUches  öfFentlicIi 
ausgesprochen  wird,  eine  eigene  Sache.  Im  Staate  «nufs  ein 
ieder  Rj^cbtS^lik.  doch  suin  ?ieL  un4  .  Ep^p  hab.en,  mhui 
^Ute  es  kommen,  wenn  das  Ausehn  der  bestehenden  Oenchie 
muth willig  angetastet  oder  verdächtig  gemacht  wurde?  Der  recht- 
liche Mann  achtet  die  Urtheilc  der  Gerichte  eben  so  hoch ,  als 
die  Ausipi'öche  d:er  Gesetzt  ^  Aber  aOf  d»\*nderri  Sehe 
Vind  die  Richter  ;*  die  OeSCÜWömfetf  Mcn^cben^  wite  A«dcre. 
Es  ist  ein 'Unterschied  iNHrisAcD  eiiMr  Verfassrfftg^  welche  sich 
in  den  Becktoaiitel  des  GeiefeiAi^ses  hüllt,  ttrtd  zwischen  einer 
Verfassung ;  v^H<Jhe  der  Öeffehtlichkeit  des  geriMitKchen^  Vei- 
fahrens  httldi'^^M,' die  Geriehfe  uiiter-  drfi  Örth^il^er  «ffeiit- 
lichcn  MetmAig  stellt- '  Ei  ist  t^  Üöteihicfcied  zwischen '  einer 
IVTeinunff  -^Wilch*^  ernem*  ih'crit€Tli<*h«tt  ÜWheilc  Leichtsinn  oder 
och  härtere  Dinge  vör%Til^ft^^%ril  VwischeA  '  einer  Meinung, 
-Welche  nnnem  sokoÄte«  UrthpiU\fiiw;  &Veifel  entgegenSltelh,  Eudr 
libh  keii>''hÄKgweV'totcEC»8*\Iiat.,Aer  StMy  «Is.,  dw,  dafs  des 
.ÜÄS^Wdiit^n  "ni^t    dasselbe,  S,cUM^    wie    d^    Schuldige« 


vrartc.  .■,,!  :<»  ..f.  .v   .>.'>,v. 


EHieBU«lwr  ^W>>»«>  mi*.  **' »weU«  BcJeoWi«jW?rit.^tu.,seyi>. 
Ra  Sacra  miserl  .K»d  ^Ib  y^Mpfcs  ürtlusil  .über^dco  yorhe- 
«enden  Rechufall  nicht  »if  .,}e4l!n.  M  dem  .y^rÄtl»Älten,  eh« 
Msbaden  ab  nützen?  Wie  weit  erstreckt *swh  überhaupt  das 
■Recht  für  öder.  Wide»  «in^  y«infreheikei>  Sfiff^tlich  zusprechco, 
wenn  er  «ebet«  hat,  dds  ßmifi,  %;Rccbt  ergeVft  *»"«•.— 
Dobh  da»  MK  eben  das  EigfpthMSche  de?  jvorfiifg^nde^   Falles, 

dafa  Fonks  Begftadisungsgwwh  .«»f .  ^- *  ^'fT  •"*^''*  f" 
Sache  nach. efflBeglV^d^«^«»»»fS^ch;fv:. Fonk.  b^^^^^^^        Ich 

•bio  «nacbrid^Ri  W».  bin; 'WMwre^tM  verurtl,«!»!  Er,  sucl.t 
seia  Hecht,  •■nieht:  Owd«,.  VCon  -i^,  auch  die  yerfassang  nur 
ttoch  die  Auäinh»  öbrig  ,  läft^,,  *«*  *einm  Rechte,  di^cliden- 
iemeen  w  eclangeh,  von  weJchei».  der  Schu^^ige  Gnade,  hoffen 
darf  Selten  {  den»  Hin«»?}  m  »?«+?)  s*^  #«?»  werden  ciaer 


I  .         . 


\ 


X 


Foidc^sefaer ,  Griminalproctfs.  3 

eine,  Regierung  nUsbe  aiich  da#  Ansahen  ihrer  Gmcht^.za, be- 
«chteii?  ,  ■  .   ,  .'''.'. 

Da  doch  einigen  he^n  dieser  Blatter  die  Thatsa^he^.  von 
welcher  hier  die.  Rede  ist,  .ntdit  put  Qeaüge  g<fgenwärfig  ^ejfi 
küuiite  (der  Blicic    wird  leicht  9t<^4lr^t,  ,^epn.  num.iv.jfA.uni 
maucherlei  ton  einem  Oe^enstnide  Ue&t  and  hört^i,    ^OfSchi^iie 
ich  eine  mQglichsl;%aiiaQmengedrä9gte  0eachichtserzählung;y^;-^ysl 
Schröder  in  Crefeld  und  Fonk  iu  i^ölp  Standen  niit  )^t;)andev  in 
einer.  Hai^dellg^MUschaft,    welche,  eii»  Brajintw^ngß$p])äft.  x^i^ 
G  egenstande  JiaWft.  i  jEüs  ^racheii.  ÄMfsh^Üigkeitep  ^up^r  ij^nfaj^p^^ 
Ein  jungei:  K^fuN^^Pi  Namens  (Dönefi.,.  (,4fr.. ia  4eQ,'  Al^n  eia 
gutes  X-ob   h^v)   lyird  von  Schrpdejr  n^ch  Köln  jgqschickt^.  u^ 
die   Rechnung   iibeir  ;den  Gpwitm )  und  den  Verlust,  der  Gesell- 
scliaftf  weicht:  Ftonk  Schrddern.iiiber^ndet  hatte,   mit  den  yon 
Fonk  vor^ulege^i[iden  Biiphem.  und  Belegen  ui  vergleichen,., I^oneqt 
trifft  den  3  isten ,  Oktober  i8i,&in  Kpln  ein.    Den  is^di  Npvbr. 
beginnt  diq  ArWt  ,  Das  Verhältnifi^  v,Wischen  Fonk  und  Cön^a 
war  gespannt;  Fonk,,  sej  es,  dafc  er  ^pi^hf  richtige  Sache  halte, 
oder   dafs  er   sieh  iiich^  von   einem  jungen  Menschen  meisterii 
lassen  wollte,  (was  hier  einstwe^ira  a.M  seinen  Or^  gestellt  blei«- 
ben  kann  upd  mag,)   war  in  eipem^^ohen  Orade  unwillig  übcip 
Conen;    dieser  .l^l^lt..Fofik^n  %,. einen   B^ruger,   entscJ[dossen^ 
ihn  zu  entlar.fen..   Endlich  tri^t,,Schrjüider  selbst,  von  Fouk  einr 
geladen,    ip  Cöln  eip-    Den  .9,  November  wird,    in  ^iner  ZU7 
sammenkunft,    die;  vop  den  li^ai[th<?ieii,^n  Coneps  Gegenwart  li^ 
Fonks  Hause  .Abends  von  5r-fi  Xfh^ligpMtcn  wur^e,  eip-Yerx 
gleich. vembredet,  i^doch^    dfa  4^^  Bptheiligten  npph^  pic|i^. voll- 
kommen ei  iiig  waren,  poch  dachl  lufderg^schrieben.    ,Fonk  yerf 
stand,  sich  in  dieseif  ,<Ui$aipmenkunft.  zil  .dem  .  Geseljschaftgfw^iinp 
8000  Rthlr.  zuiulegcn.     An  de;ni^elben,A;bende  speist  Cöpeii  im 
Dohmschen  Qasthote  bei,  Schradera  in  .  Gesellschaft  mit   eii|i<'ej^ 
Andern«    «Gleich  nach  10  ^ip  gieht  Hahnenbein,  .funks  Buch- 
halter ,  ^  einer  dpr. .  Gä^te »    der  ;^etzt,  ■  geblieben  .vy^,    (  Qonea 
wohnte   in   jenem., G9isth6fe,),vop  Schrödern  fbr>,   .Conen ^be- 
gleitet, ihn.    Sv\  hatte>  mit  Habnenbein  zugleich  nach  d^m  I|uthc 
.gegriffen  und  Sohriidern  i|uf  die^rqge:  ,  Wie,  Sie  ^ollen^iipch 
ausgebn?    geantwortet:    {ch  g^he  .poch  r etwas   mit  Bahnebbein. 
.Conen  geht  mlt.Hahnenbein  biis.  auf  4^e  Mitte  des  Markjtes,   wo 
.er  von  ihm  mi('  d^n  Worten  Abschied  nimmt:  .Gute  Nacht  bis 
•  morgen!  —  .Von  diesem  Augenblicke  an  hat  ihn  (abgesehn  von 
Christian  Hamachers  gleich  nachher,  anzuführenden  Geständnisse,) 
Niemand,   keiner  vop  den   vielen  in    dieser    Sache   abgehörten 
•.Zeugen,  gesehen (  niemand  wfiCs,  oäer  niemand  ^vill  wisseq, 
.iwohii^  der  Unglückliche  gegangen   oder   gekommen   ist.      Den 
•^9.  December  .i8i6   ward  Cönens  Leichnam  bei  Friejper^heim 


i 


4 


Fonk^  Crimiualprocefs* 


im  Rtieiite  g^efundto. '  Er  hatte  aa  dem  Ko|»fe  mehrere  Wundci 
^  am  Halse  Spuren  der  Erdrosseluiig«     f  Die  Hirnschale  war  un 
'  Verletzt.)    Der  Leichodm  war  bekleidet ;    in  der  Tasche  im 
man  noch  die  Vht:  aber  kein  Geld,  (Conen  war  damals  wahr 
scheinlich   öline  Geld,  obwohl  hierfiber  noch  gestritten  wird, 
eben  so  wenig  die  Brieftas«he|  die  Conen  gewöhnlich  auf  de 
Brust  trüg.    Die  gerichtlichen  Aerzte  tertheilten,    dafs  C.  er 
mordet  worden  sej.    Die  Ursache  des'  gewaltsaüien  Todes  fun 
den  sie  thcüsifi  der  durth'  die  Conen  beigebrachten   Wundei 
erlittenen  Hlrherichuttetmg,  theils  in  der  Erdrosseläng. 
'    *    Man  #ar  nun  tod  Seit^n^  der   Affentlichedf  Behörden  eifri< 
bemüht,  dem  Urheber  dieser  schauerlich -gdieimnifsroUen  Thai 
nachzuspüren.     Man  konnte  schon  wegen  des  Gutachtens  der  ge- 
IrichtlicheQ  Aerzte,  auch  nach  detn  Charakter  Cönens  nicht  den 
Fall  lintersteUen ,  dafs  Q.  sich  selbst  in  den  Rhein  gestürzt  habe. 
Aiich  die  Ycrrouthung,  zu  welcher  einigie  Besuche ,  die  C.  iu  einem 
Hurenhause  gemaclit  hatte,  Veranlassung  gaben  ,'Wnrdea  uugcgiüii- 
det  befunden.  Eben  so  wenig  konnte- mau. derAnnahme  beipflichten, 
dafs  C.  noch  in  der  Todesnacht  in  Händd  gerittheu 'oder  von  Räu- 
l)em  ermordet  worden  sej.    'Nirgends  hatfe  man  in  dieser  ^.ul)t 
Streit  und  Lärmen  geholt;  nur  die  Brieftasche  wiirde  in  C,  Kleickm 
vermifst.    Der* Verdacht' fiel  ouik  auf  Fonk  und  dessen   Küfer, 
Cfaristiatn  Hamaehem.     Zuerst  wtii'de  Hamaclieri  der  sich  durcii 
sVerschiedene  Reden' verdächtig  gemacht  hkrtte,-  d^n  Fonk  ein- 
jgezpgeii.    Hamacher   gf^t^ht   auch  endlich ,'   v^'  Fonk  verküd 
Yind  itiltFonk  zugleich  d^n  Mord'begangenzn  haben.'    ZuFuJ^el 
dieses  G^Sridttisses  kam  GöAen  den  «9.  Nov.  gegen    V4  «^^  ** 
Uhr  nochmals   zu   toakJ     Font  beredete  Conen,    franzosisclies 
Branntwein,  der  im  Fackhauif^  lag,   ztt   kosten.  ^  Fonk,  Cöneiij 
i^nd  Hamacher,  (den  Fonk  auf  diese  Zeit  bestellt  hatte,)  geh 
ins  Packhaus,  Fonk  nimmt  das  *  im  Comtoir  •  liegende  Bandiu 
ser  mit«  «Fonk  stellte  sich ,  i^sO  führt  tiamacher  in  seinem  (j 
ständnifs  fort«  mit  deni  b^^icb  habenden  Bandinefsier  aa^s  Fi 
\ind  Cdiien  neben'  ihn,  .Fbiik  inachte  eine  Belegung,  aJswtn 
er    dias   Eüfs  '  iiufschlagen   wollte,   wendete  skh  abef  in  ein 
Schwung  und  schlug  demsdbtn  ibit  dem  'Bandmesser  unter  J 
Aeusseruug:  iDa  Kerl  hast  du' die  Probe ,  <—  dergestalt  auf  <i 
ICopf,  dafs  derselbe  gleich  blutige,,  uhd   auf  einen  Stofs,  ^( 
Fonk  ihm  gleich  darauf  aftif  die  Brust  gab, 'zu  Boden  riickwa/' 
hinfiel,  wobei  er  noch  Ihit'  dem  Kopf  auf  einen  nahe  dabei  st 
henden  Gewichtstein  hinstürzte;  dann  Siigte  er  zu  mir:  Haltd 
Kerl   die  Gurgel  zu ,   daß '  eir  nicht  schreien   kann  —  ich  tK 
dieses,  und  als  icb  nach  einer  Weile  spürte,  dafs  er  nicht  mti 
schreien  konnte,   Kels  ich  ihtt  los«k      Nach  Hamache^s^  weilt f 
Qestaiiduissß  wurde  der  licitfhuam  io  ein  Fa£s  gesteckt  oud  dic! 


»-^.«« 


FonVs  (^rimioalprocefs.  5 

ses  Fdjs  den  ii.  Not.  fräli^ zwiscki^i  4  u.  5  Ulir,v<m  Chr. Ha- 
machers ]3rtider|  Adam  H.y.an  cten  Bhein  gefithrrcn,  i/vo  Chr. 
Hamacher  dien  Leichnam  aus  dem  ^aSse  nahm  vnd  ihn  in  den 
Rhein  schob«  .  — r  .  Hamacher  i^hm  4^esf!^  Ge&tändnifs  in  der 
i^L^e  unter  dem. Torwande  zi|iruck|  dafs  es  ihm  theils  durch 
libi?  Behandlung  im  Gefiü^gnisse  abge^refst,  theils  von  dem  Gen. 
Adv.  V.  Sand  eingegeben  worden^  se;|^.  Er.  wurde  jedoch  auf 
cjeses  GestandqUsi  sowiq  auf  einige  andere  Anzeigen,  welche 
clem  Angeklagten  entgegen  tu  stehen  schienen,  zum  Tode  ver« 
irtheilt.  (Die  Bestätigung  dieses  Ürthdles  ist  VQn  dcfm  Könige 
1  is  zur  Beendigung  dex'  l^onk'schen  Rechtssache  ausgesetzt  wor«- 
den.)  Auf  derselben  Grundlage  beruht  das  später  eegen  JB'onlc 
gesprochene TodesurtbeiL  -—.Die  JFJauptumstandc,  durchweiche 
das  nurgedachiG  Gcstandnifi^.  unterstützt  zu^  werden  ^hien,  wili 
ich  f  zur  Abkürzung  des  Vortrages  y.ersi  weiter  unten. anfuhren. 

Seit  lang^  Zeit  hat  kein  j^echtsfall  als  ein  Rechtsfall, 
ein  sa  lebhaftes  Interesse  bei  allen  Ständet  und  Völkerscliaitei^ 
des  deutschen  Landes  erregt,  als  der  vorliegenile.  t)ef^  allge- 
meinen (}]^nd  Rieses  lo^esse^  brauche  ich  nicht  erst  heraus- 
zuheben oder,  zu  verstärken.  Homo  stun^  humani  nihil  a  me 
ali^num  esse  puti^  -—  ^hev  noch  aus  be sondern  Gründen 
war  dieser  Roohtsfall  für  Deutschland  besonders  ansprediend ;. 
s|us  Gründen^  "(v eiche  mit  der -Zeitgeschichte,  mit.  den  Streitfra- 
gen des  Tages  über  die  b^e  Art'  der  Gerechtigkeitspfiege,  auf 
das  genaueste  vorwebt  sind..  Hier  sollte  sich,  so  sagten  Viele, 
der  Anklagepracefs,  das  mfindliche  und  schriftliche 
Verfahren,  das  Schwurgericht  (/c/nr^)  in  ihrer  ganzen 
Vor trcfflichfceit  Bewähren ,  und  •^—  wie  haben  sie  sich  bewahrt? 
—  In  Beziehung  auf  diese  Vor  würfe  nun'  ist  es,  däfs  ich  den 
vorliegende!^  Aechtsfall  in^  Erwägung  ziehen  will. 

L  Die  Behauptung,  als  wenn  der  vorliegende  Rechtsstreit 
zu  einem  andern  und  sachgemäTseren  IVesultate  gefuhrt  haben 
würde,  wenn  er  im  Wege  des  U.ntcrsuchxtn.gs-  und  nicht 
im  Wegp  des  AnkUgeganges  verhandelt  vvorden  wäre,  ist 
wohl  am  wenigsten  haltbar.  Vielmehr  ist  die  vorliegende  Rechts-* 
Sache  ein  ßew(;is  mehr  gegen  ,den  tJntersuchungsprocefs^  Nach 
dem  franzosischen  Rechtes,  (nach  welchemt  diese  Rechtssache  ver- 
handelt worden  ist,)  geht  dem  Anklageprocefse  ein  Verfahren 
voraus,  weiches  unserem  Untersuchungsprocesseyollkomimett  ähn- 
lich ist.  Allein  gerade  gegep  dieses  vorläufige  VerfaiirSn,  it.  B. 
gegen  di^  Art^  wie  man  Chr.  H.  zum  Gesiändnifs  gebracht 
nabe,  sind  di|^  Beschwerden  Fonks  und  seiner.  Vertheidig^r  ge- 
richtet., t-  \c\  hin  weit  entfernt.,,  4i^e  Be^cbw(ir,den,  in  ^o 
ern  sie  gegen  Individuen  gerjcl/l^et  sitid,  zu  unterschreit 
en.    Die  Männer^  vvelche  das   y0tersi|chungsverfa,^ren  leiteten, 


i 


« 


6  Fonk^scber*  Cifmkialproceis. 

sclieiuen  nur  weiter  iiicLts.gethaii^u  haben, 'als  was  ein  jeder 
eifrige  Untdrsachün[>;snchter  Unter '  denselben  UmstSnden  zu  thun 
ffir  erlaubt  halten  dürfte,'  wall  In  Frankreich ,  in  ähnlichen  Fällen, 
^täglich  geschieht.  Selbst/den  von  Fonk  und  seinen  Vertheidfgem 
so  hart  apgegriffenen  Gen.  Adv.  t.  Sand  würde '  ich ,  (das  'etwa 
ausgenommen ,  dafs  er  Hainaohern,  als  dieser  mit  det  Ablegung 
eines  Geständnisses  umgieng,'' Weih  zu  trinken  g|ib,)  nicht  von 
diesein  Urtheile  ausschliefsen.  Jene  B^ch werden  ^gelten  dem 
Gesetze ,  deofi  Untersuchuug^processe>  dem  alten  Schaden  unserer 
Gerechtigkeitspflege. 

Ich  bemerke  hier  übrigens  beilSufig,  dafs  ich,  so  wenig 
ich  zn  '  dieser  Anzeige  von  irgend  einer  Seite  aufgefordert  wor- 
den bin^  eben  so  wenig  die  *Manner  persönlich  kenne,  welclie 
in  diesem'  Pfocefse  im'  Güten  odbr  im  Bösen  genannt  worden 
sind;  einen  einzigen  ausgenommen ,' den  Herrn  Gen.  Adv.  von 
Sand,  den  ich, 'wenn  ich  mit  üim  einst  in  P.  freundschaftlich 
ifmgegangen  bin,  meine  Bedenklichkeit '  nachsichtig  aufzuneh- 
men bit^e. 

Doch,*  —  man  wird  sagen  —  was  frommt  der  Anklage- 
procefs,  wenn  er  denn  doch  deri  Unte^uchungsprocels  zu  sei- 
nem Vorläufer  hat?  -p—  ich  antworte:  Die  französische  Ver- 
fassung isi  der  britischen-'  der  französiscfie  peinliche  Procefs  ist 
.  dem  britischen  nachgebildet.  ■■  Aber  wie  immer  das^  Nachbild 
liiiiter  dem  Urbilde  zurdck  bleibt »  so  ist  es  auch  hier  gegangen. 
Es  ist  ein  wahres  Unglück  für  die  ewig  gute  Sache  einer  ge- 
setzmäfsigen  Freiheit,  dafs  wir  die  Gewährleistungen,  welche 
die  britische  Verfassung  für  die  öfientHche  Freiheit  *  und  ftir  die 
der  Einzelnen  enthalt,  erst  dureh  das  Mittel  der  französischen 
Verfassung,  und  so  mehr  oder  weniger  entsteh,  näher  und  le- 
bendiger kennen  gelernt  hiibeh.  Dem  britischen  Rechte  ist  ein 
solcher  U^tersuchungsprocefs,  (sammt  der  Wülkuhr,  welcher 
er  den  Angeschuldigten  preis  gteb^)  so  wie  ihn  das  französi- 
sche Recht  dem  AnklageproceSse  vorausgehen  HSlst,  unbekannt. 
Es^ist  also  keineswegs  der  unzertrennliche  Begleiter  des  An- 
klageprozesses. Frey  zu*  9€fn],  ^i^  zugleich  eine  Kunst.  Die 
Franzosen  sind,  so  wie'  wir,  noch 'SchCäer  in  dicker  ^Knhst.  In 
Grofsbritannien  ist  diese  Kunst  schon  lange  in  Uebung.  Dort 
sollten  wir  uns  bescheiden tlich  Raths  erholen.  ^£in  ähnliches 
Beispiel  werde  ich  unten  anftShreh ; '  es  giebt  deren  nur  zu  Tiele. 

Ih  D^e  vorliegende  Rechtssache  ist  müudlich  und  öf- 
fentlich verhandelt  M^orden.  -  Würde  sie  nicltt  einen  andern, 
den  Förderungen  der  Gerechtigkeit  entspt^endereh  Ausgang  ge- 
wennen  haben,  wenn  das  Veriahrea  schriftlich  und  geheim 
gewesen  WÜre?  So  schwer  diese  Frage  zu  beantworten  ist, 
da  b'ic  sich 'im  Gebiete^' der  Möglichkeiten' hält,    so   glaube 


I 


idir  sie  äeiioocli-^    «im)  com  'Vottlifit« ' > «tes   m  il i»3  H.c  h  e  n   und 

<>  Der  Vor  Warf  Vvtaf  ziätfördefSl  den  Smat  haben  ^  .dafs,  ivenn 
dfie  Sache  sehriftlkh  -  fermndelt  »wutdlsn;  wäre, 'Hveiin:  das  Ge^ 
ri.clii  i^or  der.  FfiUui^  des  Urthrfl^  die  Aktea  habe  noclraials 
dttrohgebeo,  eiiieivjeden  eiiÄelneß  Uipstattd  för^sith  und  io  Ver- 
hindfoiig  mitdeii  iUlri^a  KStteiaErwajpiig«eli6Q  k&nneii,dte£nt- 
scheidmäg  andeffs^usgcfdUen  seyiv  «viild«.  «^  AUein  ich  glaube  mi^'tfa 
zu  könheo^  (üädiclt.werdfi  ttutea  den  YMpucbi^acben,  zu  ^&^^\^ 
dafs  dttS  gdäHie'lük'th^fl,  «atb  den  Gesetzisii,  welche  den  Mafs- 
stftb.  dieses  Uvc^eiles  <  enthielten,  >iiod>  unter  geinrifisea  '  Vor  aus- 
sei z  un  g«  n  ^  gai^f;  woM  «ierliheid^^  Werden  kann.  £s  konn- 
tett  also  Riditcr^  welohe  djro 'vorlielfeiiden  Reditafall  zu  beur- 
theiien<gefeabi  hätten ,  sobald  «ie  von  deinelben  V^oraussetaungen 
aasgc^ngen..  swän»',  ganz  Sa  irie  :  die:* Geschwornen  i entschei- 
den y-  auck  wenn'  'sie  die  Akl^n^sclniftltoh  vor  sich,  gehabt 
hätten«  -—  Uebrigena,  dieses  iroransg^etety  messen  nicht  gerade 
die,  Welche  I  von  Fooks  Uoschyd^aoi 'festesten  iiberaeagt  sind, 
tugestehen^'  dala  'eben^  durch Üieses  ö0entliche  .Verfahren '  die 
Saobe  eine  OidfSettdieiikexC -erhaitenhat,  welche  der  Furcht ,  da£s> 
deonoeh  Fonk  tansohuldig  den  Tod  oder  eine  andere  >  Strafe 
leiden  könnte^  'Schlechterdings  *niclil  RaiHn  giebt'^-  Wäre» das, 
wem  das^  Verfahren  ^  sehrifUteh  bnd»  geheim  «gehalten  worden« 
wäre  >  eben  eo  wenig  zu  fürchleii  ? 

. .Der  Vorwurf  kann  zweitens  den  Sinn  haben,-  dafs  da» 
Ver iahten 9  wei^n^es  schriftlich  ;  und*  geheim  gehalten  worden 
wSre,  die''Wabrbeis>Voilsta6di»ger  an  /das  Licht  gebrächt 
heben  wurde*  ^t*rf«  (Die  Antwort  ili^  sehr  iiahel  £s  ist  ja  Amtik 
Öffentlichen,  ^d^mundiichen  Verfiihrei^  eie  gdieimes  uü(|i  schrift«, 
liehes  Verfahrebtivorkusgegangeiu  '  Dennoch  hat  dieses  nicht  wei-r; 
ter  geführt,  ^a)»  darf  erstere^  9a  durch  das  erstere  sind  einige 
Thatsadien,'(iifisbeseBdere  lein  Hauptpunkt  *-^  das  Corptu  dtücii^ 
dte  Thatbestaad',):  ib  ein^w^t  hetttros  Licht  gosetst  worden*' 
Zudem  tmüb^e.  mai^ 'die  fiesthaffiiaheit  der' vorliegenden  Rechts^ 
sschß  sehr  wenig' kennen, 'wenn,  aum,  der  Meinung  wärie,  dafs» 
das  über  diese  Sacjbe  waltende  i2reheimni&  durch  die  Qeffent'n 
Itchkeit*  des  V4rrfahri^  uneusdeokt  geblieben  w&re^  ;  Die  Haupt- 
sch Wierigkcif  in  der  > Sache .  iak  d  i-e ,  dals  •  es  an  2eug[en  ^  welche 
Conen  f  nachdem'  er  .Haknenheiu  am  9.Noir#  Abends  um  •ix)>Dhr  . 
auf  dcdi  Markte  Ycriassen  'hatte,  gespiioohea  oder  gesdied  hätten^ 
gBni|iqh' feMt»  Diiesem..Mas>gel  kiinn  kein  Verfahreo/' in  der 
Welt -albkelleii4---.>^%  i^  •>  -k  *i-.v  ,.v   '...       •    .*.  i..:  ■'.... 

"'■''  Weit. ^bsrt wurde  icti  geneigt isejn,.. 'die  vorikgende  Ver- 
baudluiig  der  Fonk^schen .  Reehta^che  lüs  eine  SchutzschctA  f jir 
das  öffeutüche' und  müadliche .  Verfahren  au  betrachteu*    Fonk 


tt  Fonk^sfiher  Criminalprotefis; 

# 

.  hat ,  n«B  mit  den  KagUunlrtii  m  tpnAea ,  « fair  Trud  gehabu 
Mit  Unpartheüichkeii  und  Gtmmi^ßuat  iit  das  Geriebt  uod  dessen 
Präsident  verfabren,  mit  Mibigniig  hat  der  öffentiiche  Ankläger 
■einer  Pflicht  Genüge  grifliüet^  .Fonk«  Veltbeidiger  haben  mit 
Wärme,  mit  Kenntnifs  Imd  Biteidil  getfnticlien*  Zwar  liegt 
nur  der  lodte  Bocbstabe  vor  mir«  Aber  Wenn  aobon  dieser  die 
Spuren  des  Vergehens  belebt. und  beleuchtet^  wie  viel  mehr 
mulsie  das  gesprochene  Worli  der  JBÜndliche  Vortrag  der  ent- 
gegengesetztesten Ansiditeil  aar  Einsachl  in-  die  Waivhett  füh- 
ren? Oft  habe  ich  den  YertwuidlungeB  der  fimnsdsischen  Ge- 
richte beigewohnt*  Attemal.  a;bubce  iob|  besser  im  Stande  zu 
5^n,  in  der  Sache  ein  Urtheil  sn  fallen,,  ab  wenn  ich  die 
Sache  ^us  schriftlichen  Akten ,  oder  ans  einer  Rebtion  hätte 
kennen  lernen«  -^.  Isl  Fonk  unfchnldig  vernTtheik  worden, 
SQ  hat  et  es  nicht  dem*  voraosgegiteeenea  Verfahren»  sondcra 
nur  dem  gemeinen  Loose  der  Sterbltcben ,  ca  irren  ond  durch 
die  Irrdifimer  Anderer  txk  leiden ^  .brianmeiaeo* 

Diese  gesetzliche  Ordnong  hat  sich  namentUdi  darinne 
wohl  bewahrt,  dafs  sie  dem  Angddagten  all^  Odegenbeiten 
gieb€|  (>•  B.  dnrch  Krenzfragen,  durch  die  Qrobexaminatioo, ) 
sich  zu  vertheidigen.  Frejlich  sieht  das  firanidsisdie  S.echt  dem 
britischen  unter  andern  in  so- lern  Daeh|  als  es  dem  Angeklagten 
und  seinem  Vcrüieidiger  nor  dorcb  das  Organ  des  Präsidenten 
(^Code  d'instruciion  crimindU  Art.  3 19»}.  den  Zeagcn  Fragen 
vorzulegen  gestattet ;  aueb  mSgen  vrir  in^der  Knnst/  den  Zeu- 
gen durch  unerwartete,  und  auscheioend  unschuldige  Fragoi  die 

\  Wahrheit  abzulocken,  Jiock  nidit  so  erfahco9  se/n |  als  die  Sach- 
walter der  Briten,  Indessen  isl  mir  doch  in  den .  Verhandlun- 
gen ober  die  vorliegende.  Rechtssache  nnr  ein  einziger  Fall  vor- 
gekommen, wo  ich  (wenn  anders  £e  Geschwindschr^er  Alles 
richtig  wiedergegeben  haben,)*  ein  weiteres  Befragen  der  Zeugen 
£vr  nothwendig  halten  mulste  •*•  das  Verhör  des  zweiliao- 
dert  und  acht  nnd  zwanzigsten  Zeugen  ^  der  Ghrisiina  SchuH, 
verehlichten  Egel  in  Sinnersdor£  Diese  Zeugiani  (die  mir  fast 
die  wichtigste  BescholdigUngsaeu^on  zu  sejn  scheint,)  behauptet, 
im  Jahre  tSiiS,  zur  Kirmeszeit,  und  zwar  am  Montage  Morgens, 
(d.  h.'den  ii.  Nov.  iSi6,  also  am  Tage,,  an  w^elchemi  nacli 
Chi^  Hamachers  Gestäadnisse,  Cönens*  Leichnam  von  Adam  Ha- 
machem^4n  den  Bbein  gefahren  worden  kejn  aoll)  zwischen  B 
^  und  '9  Uhi*  gesehen  zu  hab<;n,  dals  Adam  Hamacher  mit  eiucm 
leeren  «Karren  nadi  Sinnersdoirf  ^  seinem  Wohnorte  antückgekom- 
men  sej*  Nach  fünf  Jahren  tritt  sie  zuerst  alsZeuginn  anf;  vor- 
her wiU  sie  den 'Uaäicand  nur' ihrem  Hanne  eizähll  haben*  Sie 
sagt  ferner  aus:' »Als  Adam/ Haancher   von  seiner  Verhaftung 


im/nai 


zurückkam,  sprach  ich  mit  ihift,  wobei  er  sagtey  jetzt. könne 


.^. 


•3t 


111911  .i}im.;iiic]its  n^br  naobtti,  wA  $cKt|gt  lynd  Bu&dorf  wären 
Schuld  I  'i»b  er  arretirt  werden,  weuu  er  f$e  aber  allein  hliUe, 
MToUte  er.  sie  schoi» /Mi^es  lehren^  und  i^leidi^ohL  beantworte! 
&ie  ^4ie  9päter  Torg^legi«^  £rago;  Babi  ihr.  nicht  gehört ,  d»k 
AdanniHawicher  im  Vercbcbte  würe^  den  Leichnam  Cdnens^  (von 
dessen. Yerschwiiiden  sie  g(ebdrt  hatte ^)  gefahren  zu  haben?  mit 
Nein!  -*-^  Da  hätte  ich  b|ui  yfijhl  gewjMisfhf,  daCs  die  Zeuginn 
noch  4urcfa  m^farerP  Fxngcp  ausgeforscht  worden  väre^  z*  B» 
duffch  folgende:  Steht  ihr  in  «ine^i  g^lea  oder  in  einem  üblen 
Yemehmea  mit  Adam  Hamacher?  Habt  ifii*  Streit  mit^  ihm  ger 
habt?  Wo  Stande!  ihr,  als  flamacbot  in's  Dprf  zurück  kam? 
Wie  weit  var  dei?  W^g^  von  c^ch  eutfemt?  Woran  erkanntet 
ihr  Hamacberu?  Habt;  ihr  ihn  angeredet?  Wa^n  habt  ihr  eurem 
Manne  diesen  Vorfall,  zuerst  erzüUt?.  W'S  veran|a£^te  ihr  zu 
dieses  Erzählung?  Wie 'könnt  ihr  behaupten,,  daüs  ihr  von:  dem 

egen  H.  pbyratenden   Yerdaiihte  nfjchts.wiifstety  da  euch  doch 

e  Verhaftung  Hms*  l^ekai^ut . war?  4i«.,s<  W«    . 

Fonk  hat  gegefii,  das  in  diesem  Sache  gespi^hene  Endur-* 
theil   daS:   Rechtsmin^.  der    Kassattou  eingewend«^)   bekanntlich 
eine  Erfolg«     Das,  französische  peinliche   Gcsetzbu^^h  ist  eben 
so  streng,  in  seineiQ  ,. praktischen t    als  in    $einen»  •  theoretischen 
Thaile.  ^Napoleon  kannte  seine  Leute  oder  seinen  Vortfaeil,   Sdn*- 
derbar  g^nug  hat  sich  'das  Urtheil  durch  Gesch><i^orne  im  C.  cn  jqtt 
balt(en«)  'Kur  wenn» < die  Gteetze  mit  .d^  Nichtbeobachtung  einer 
procesflualisdben  Vpfschrifl  ausdrficklich; die  Strafe  der  Nich« 
tigk<>it    verknüpfen I  (und  nur  wenige   Vorschrifieur  sind  so 
gefafst,)  .k9nn  jene»  Rechtsmittel^  in  so.  ferne  eis  gegen  das  Ver«. 
fahren  gerichtet  isl^  von  Erfolg  seyn«    Und., wie. hatte  siqh   ein 
so  wohl  bestelltes  Qerichty  wie  das,  vor,  welchem    die  vorlie-^ 
gende  Rechtssache  verhanddt  worden  ist^,  eines  solchen  Ver^ 
Sehens  schuldig  machen  können?-«*  Eina  ist  mir  jedoch  aufgefal-i 
l«n.  ^aeh  dem-lraiizdiischen  Rechte  entscheide!  d«is  Schwurgericht 
über  die  Schuld  oder  Unschuld  des  AngeUag^e^  jiach  der  %ehr-* 
heit  der  Stimmen«    ^Si  nianmoiru,^.  setzt  ^üdoch  der  An;  35 1« 
des  C«  d^i*€r.  hinzu,.  i^l^icciusii~n*est  diclard  ^pupaUe  dufcUtfriA'*. 
€»pal  qu^i  ime  sin/^€  nut/oritä^iesjuges  dtK^rSröni  entre  eujoi 
sur.lc  memepQinif.ct  siVwis  dfi  la  minorUe.cst  adoptipqrla  mar 
jorUe  dßs  pigeSß  de  t^^jorU  qu^ßn  rmfäsoftt  U  nombredes  (^oi'Xß 
ee^x^ombrcexcede  cdnid^  la  maforitd de^ j'ur^  ^  de  la  m^norüe  des, 
jugei^  d'amfävombl^  4  I^oqbiu^  2^p^wudr^i^:ln  de^  irorliqg«nr« 
den  'F«UernuA  -wurden  dißi  ALUgekuigtA  vi««  d^w^  Sc)ii^ui^gericbtQ 
mifc  »i^li^A '  Sitimnnte  geg^n  funf^.  iför  j^^buldig  «tklärt.    Es^ 
hätte  also  zuir  Folge  des  nur  angefilhrieii Artikels ^* das  :Seudge-r 
riebt  .¥oa  neueü  wer  dlb  Schuld  des  Angeklagtes  abstimmen 
^oHeur    Auch  trug  die  St4AUi>ebufd^9  (der  Ankläger)  ^hierau 


«usiIhScIlHcIi  an.  AlleiD  der  ö^ckß^f  <^Cs«lited;  na^h  ^pflo- 
gcncr  fieratbttii^,  dafs' dem ''Antrag«  d^  Staätsbeh6rd<e  nicht 
statt  gegcbeu  werden  könne,  »weil- dem' AWgWkl»gtf?n  der 
Ausspruch  des  Gcschi^driicn'gef icht*  'bereits  *pub- 
licirl  sey.«  -*-  Soviel  ist  woW'geiVif»,  dafsdieStelkff  erbie- 
te rid  und  zwar  so  gefalst  ist/  dafs  das  Geridit,-  im'Fftlie  des 
Artikels,  von  A  ni t  S  w e'g en  '  iSb6r '  die  Sacke  ab/ustinmren  hat. 
»D«  "cette  disposition  nou^dtB,€  sagte  der  'Redn<<r  der  Regie- 
rung,  welcher  das*  Gesetz  der  gesetzgebenden  Versammking  vor- 
legte, «I?  residte  que  ia  inajbritd ' ntnjpU^  dei^jnrSs  juffit^  tm/wrs 
jpoHr  aqquiter,  et  qa^eUe  ne  suffira  *jnnkais  Vorsqü'ä  'Jitgira  de 
>  eandamner,€  So  viel  ist  ferner'  geWifs  ^  ds/ft  nach  dem  ^C.  d*i  er, 
diese  abcrmaKge  Abstfmmung  gescheheti  söir,  clie  das  Urthcil  der 
Gcschwornen  dc^m  Angeklagten  (^rcPSbct  wird.  Aber  Wben  so 
gcwifs  ist  es,  dafs  das  Gesetz  nirgends "verbretet ,  diese •  Ab^tira- 
Inung,  -wenn  sie' vor-deir  Eröffnung-  *d^es'  Urtbeiies  iiodi  nicht 
erfolgt  ist,  nacha^aholen.-— »  Doöh^'>  ich'  enthalte  mich  um  so 
mehr^  auf  diesen  Zweifel  Leiter*  eidfcugelien,  da  dieVcrhanÜlua- 
gen  über  die  erhobene  Nichtigkeitsklage 'nidil  vor  nrir  llegeb. 

III.  Ich  habe  sehcHi  mehr  als  ettimai,  TOfi  Mannern,  welche 
Fonken  für  unüschuldig'liich^n,  die  Behauptung  gehöi*t,  dafs  der 
Ausgang  dieses  Re^tsstreites  entscheidend  g^en  das  Unheil 
durch 'Ge  seh  woTtie  spreche.  -^  Ich  will -nicht  bergen,  da£s 
ich  ein^  Frteund  des  Schwurgeriditt  biil.  Ohne  Schwurgericht 
kann  sieh  keine  der  Freitiek  huldigende  Verfassung  a«f  die 
Bao^r- Erhalten!  Daif  ist i die  Mciiiubg^  tfnd  Lehre  der  Britea. 
Doch  kein  Ansehen  kdnnter die  SehWtfrjgi^ichte  retten ,  weim  sie 
die  Unschuld  gefShrd^teii  £tn  Fall  ab^rlafstauf  andere  schli es- 
sen! Es  ist  daher  '  Von' ifrofser  Wichtigkeit  ^  den  vorliegenden 
Fall,  in  so  fesn  darauf  ein  Einwurf  gegen  dais  Schwurgericht 
entlehnt  wird,  g^nsru^r  £U"pHifen^ 

Die  beste  Arttwbrt  auf  diesen  Einwurf  w^ürde  die  Recht* 
fert'igung  des  in  Frage  itehendtia  UrtUeiles  sejn.  Und  schon 
oben  ha&c  ich.angedeiitet,  dafs  sich  dieses  Urtheilj  (nach  meiner 
Ueberzeugung,)  wenn  auch  nur  bedingongSvreise,  allerdings  ver- 
theidigen  lasse.  Jedoeh,  indem  ich  alles  das,'  yras  den  geführten 
Beweis  betriflRt;  einem  besoiidern  Abschnitte^  vorbehalte,  will  ich 
einstweilen  vofn  der  'Yorausscttanii^  ausgehen ,  dafs  sich  das  von 
den  Gesch wornen  ausgesprochene  Schuldig  >uf  keine  Weise-  ent- 
sehdidigeil  lasse.  Und  dennoch  glaube  iefaj;  behaupten  su  kdn-^ 
n^^  dafs  ein  Yerdamraiingsuriheil^  WekHes  man  wagendes  vop- 
lüsgenden  Falles  gegen  die  SohWuTgari^e  IKberhafajpt  ans^pieclien 
wolkeyungegrufidelMseyn  Würden    '•>'  '^       * ,    *  .     -^    -.^  '   " 

•     '  Dfcnn    I )   Wer  'hat   denn'  eSg^ntlic^   den    Ahgaklagten   für 
schuldig  erklärt?  Da» ^ Seh wufgericht?—  K^in,  das  S«*dgeri<*r, 


Foifk^schel^  Crimiiiaf^robefs.  -.4  f 

■         '  ,  .    .  .        .  >         ■ 

'i!er'Assi$en!iof;  — '  Der  Sinn'  oder  der  Erfolg  4c$  oben  ange- 
führten 35 1.  Art.  des  C  d*i\  er.  ist  offenbar  der,'. dafs  die  Gc^ 
scliwornen  die  Macht  haben  j  die  'Entscheidung  eines  besonder's 
.zweifelhaften  Falles  dem  Gerichtshöfe  zu  überlassen.  Die  Gc- 
schwornen  maqh^en  in  dem .  vorlicgetiden  Falle  von  dieser  Er- 
laubuiDi  Gebrauch.  ^  Indem  dei'  Gerichtshof  nicht  für  gut  fand, 
über  dite  Frage:  ob  Fonk  schuldig  oder. unschuldig  ,sey,  noch- 
mals abzustimmen,  bestätigte  oder  wieder h'olte  er  in  der 
That  das  Urtheil  [des    Schwurgerichts.      Den  Gericjushof  also^  1 

nicht  die'  Oeschwornen  würde  der  Ta4^  treffen.  .  *  ' 

2)  Doch  es  s^ji'pBn  lege  das  gefällte  Urtheil  lediglich 
und  allein  den  Geschwornen  zur  Last.'  Von'  welchen'  Ge** 
schwomen  ist  denn  hier  und  kann  denn  hier  allein  die  Rede 
seyn?  Nur  von  den  Gesqhwdrncn'y  so  wie  «ie  in  Frankreich 
bestehen.  Da  kann  man  denn  den  Vorwurf '  vollkohnmen '  ein-' 
räumen,  ohne  deswegen  genöthigt  zu  seyn',  die  Schwurgerichte 
überhaupt  aufzugeben. 

Und  in  der  That,  wenn  Fonk  von  den  Geschwornen 
Wahrheit 8 widrig  für  Ischuldig  erklärt  word en  ist ,  so  würde 
ich  den  Grund  der  irrigen  Entscheidung  ganz  aliein  in  der 
Organisation  finden,  welche  da»  französische  Recht  dext 
Schwurgerichten  gegeben  hat.  Alle  britische  Schriftsteller  über 
das  Schwurgericht'  stimmen  darinne'  überein,  dafs  das  Schwur« 
gericht  ohne  Zweck  und  Werth  ist,  wenn  es  durch  Stimmen- 
mehrheit das  Urtheil  finden  kann.  Ein  jeder  Geschworne 
mufc  für  das  Urtheil  —  vor  Gott,  vor  seinem  Gewissen,  vor 
dem  Richtierstuhle  der  öffentlichen  Meinung  —^  persönlich  ^ 
verantwortlich  sejhy  wenn  ein  Volk  nicht  ger^htes  Bedenken 
tragen  soll ,  Leben  /  Ehre,  Hab*  und  Gut  einem  Gerichte  zu 
überlassen,  welches  von  Männern  aus  dem  Vplke-  und  nur  für 
einen  einzelnen  Fall  gebildet  wird.  Die  Nachahmer  haben  diese 
wesentliche  Forderung  übersehen.  Man  hat"  Wohl  gär  über  den 
Grundsatz  de^  britischen  Rechts,  welcher  -  Stimmeueinhelligkeit 
fordert,  gespöttelt;  (wie  siöh  über  das  Heiligste  spötteln,  am 
leichtesten  spötteln  läfst!)'  man  hat  von  cihem  Siege  des  Magens 
lib^r  deü  Kopf  gesprochen.  Abei'' der  Gedanke,'  dafs  man  am 
ei^tenzum  Besten  der  Unschuld  darben 'tmd  entbehren  wird,' 
ist  eben  so  wahr  als  menschlich.  Der  Himmel  bewahre  uns  vor 
den  Gcschwonten  des  französischen  Rechts,  aber  deswegen  nicht 
vor  d^n*  Schwurgerichten,  so  wie  sie  sejn  können  und  sollen. 

'  ^t^hfbin  übrig«ns  weit  entfernt,  Atn  Männern,  welche  in 
dieser  Sache  das  in  derselben  doppelt  s€ihwierige  Amt  eines 
Gts^woirnen  '  vet^yalteten ,  hiermit  irgend'  einen'  Vorvoirf  zu 
machen,^ oder  so  an  de6  Vonvürfen,  die  ihnen  vtelleiM  ge- 
macht, worden  sind,  irgend  einen  Atifheü  zu  nehmen.'     Ich  bin 


1    \ 


«VielmeKr  .der  Vtheneufwagf  dafs  an  jeder,  demselben  nach  sei« 
nein  besten  Wissen  und  Gewissen  seine  Stimme  gegeben  hat. 
Aber  dennoch  ist  die  Frage  erlaubt:  Wenn  StimmeDeiahcllig- 
kcit  erforderlich  gewesen  wäre,  welche  Meinung  würde  das 
IJebergewicht  erhalten  haben? 

Endlich'  IV,  die  Hauptfrage,  sie  ist  zugleich  die  schwie- 
rigste ,  so  wie  die  in  wissenschaftlicher  Hinsicht  interessanteste, 
-«-ist  am  Ende  die:  Ist  Foiiks  Schuld  er  wiesen ,  oder  nicht? 

Ehe  ich  zur  Erörterung  dieser  Fratze  nach  Malsgabe 
Aer  vorliegenden  Verhandlungen  übergehe,  mufs  ich 
Einiges  über  dqn  Mafsstab  vorausschicken,  an  welchen  in  pein- 
lichen Fällen  der  geführte  Beschuldigungs*  und  Entschuldigunrrs- 
beweis  theils  (A)  zufolge  des  französisthen  Rechts,  theils  (B) 
unter  der  Voraussetzung  dieses  Rechts ,  nach  üllgemeinen  Gruod- 
satztfn.t  (nach  den  Regeln,  der  Ycrstandeslehrc;)  zu  halten  ist. 

A)  Das  französische . Recht  (dcrC.  d^msir.  criau  Art,  3^2*) 
ciebt  den.  Geschwornen  folgende  Weisung,  welche  ifinen  je- 
desmal vor  der  Eröffnnng  4er  Strßitverhandlungen  vorzulesen 
ist;  '»La  loine  demande peu  conyftc  aux  jures  des  moyens  par 
Jesquels  ils  se  sont  cont^amcus}  eile  ne  leur  prescrü.  point  de 
reglet  desqudUs  äs  doivent  faire  partictdiereme^t  dqtendre  la 
plenitude  et  la  Süffisance  d*une  preure:  eile  leur  prefcrit  de 
s'interroger  euss-memes  dans  U  säence  et  le  recueilUinent ,  et 
dd'Chercher  dans  la  sißceriti  de  leur  conscience^  quelle  impres- 
sio^,  qnt  faite  sur  leur  raison  les  preut^es  rapportees  contre  Vac- 
euse  et  Us  moyens  de  defense.  JLa  loi  riß  kur  dit  point,  votu 
tiend/ez  pour  vrai  tout  jait  attestd  pas .  tel  pu,  tel  nombre  de 
t^moinsf  eile  ne  leur  dit  pas  non  plus^  F'ous  ne  regarderez  pas 
^om/ne  siffisamment  itahlie^  tonte  preuve  qai  ne  Sera  pas  farmee 
de  tel  proces'^cerbalß  de  telles  pieces,  de  tant  de  temoins  ou  de 
tont  d'indiets;  eile  ne  lear.fait  que  eette  setde  questionf  qui  rat' 
ferme  toute  la  mesufe  de  leurs  devoirsi  Avez^sfous  une  intime  convi* 
^tionle.  u,s,w.  (der  übrige.  Theil'der  Weisung  wird,  als  nicht 
in  die  vorliegende  Aufgs^e    einschlagend,  hier  i^ber^angen ). 

Die.  Weisung  geht  also  dahi^,  oder  man  kann  sie  Kurz  ^Q 
ausdrücken,  dafs  die  Geschwornen  den  .geführten  Beweis  und 
Gegenbeweis  lediglich  ,  und  allein  nach  ihrer  moralischen 
XJeberzeugung  benrtheilen  sollen.  Auch  das  englische  Recht 
hält  siph  a^n  diesen  SaUj  ob  es  wohl  duifch  die  Regeln,  die  es 
über  die  Zulassigkeit  der  Beweismiuel  aufstellt,  dem  Er- 
m^sen  der '  Gesphyvorpeo^  w«it  engeife  Schranl^en  setzt,   als  das 

f rai^zöstspbe*  .....> 

,K  Aber,  Miras  ist i.denn  nun  .dif^<^  mpraljisi^lie,  TJebewi»gV»fff 
an  wMche  die  .Geschwornen  g^\yicstm  sifld  -  P^wit  i^'  ."?ch  we- 
nig oder  nicht»  gesagt,:  d«(ii .»»%»  antwortet  —  ,eiuc    Ucher^ca- 


güng,  die  eilt  MeiKcb  tiich  bestcffil  Wisseü  und  Gewissen  fiTr 
liinreichetid  hälty  um  über  einen  Menschen,  als  Urthethschopfe, 
das  Scltixldig  auszusprechen.  Denn  der  gewissenhafte'  Blann  mufs 
und  wird  sein  Urtheil  nach  den  Regeln  prüfen ,  welche  der 
Verstand  (und  die  Verstandeslehre ,  die;  Logik,)  über  die  ge« 
schichtHche  Gewifsheit  aufstellt;  ^  mu£l  uud^  wird  sidi  lernet 
die  Frage  vorlegen,  welcher  Öräd'von  geschiehtlicher  Gewif^ 
lieit  erforderlich  sey^  um  über  einen  MiHisichen' das  Schuldig  zur 
Strafe  aussttsprechen ,  «ihd'wie  man  2a  dieser  Stnfe  redbtiich 
gelangen  köniiCv?  Die  Aufgabe:'  Weichehr  Beweis  ist  zur  Fäl*- 
lang  eines  Straffeikentnis^es^  erfordt^rKch?  ist  und  bleibt  also 
immer  dieselbe,  der  G^etzgdher  oder  eid  Geschworner  mag 
sich  diese  Aufgidie  vorlegen.'  'Der  lÄiterschied  betriflfl  nicht  die 
Art,' wie  sie  aufgelöst  werden  d^rf,  oder' aiifzul5sen  ist,  sbr^ 
dem  Dür  die  Behdrde,  welche'  die  Macht  hat>  sie  aufzul6s<^ii. 
Was  hat  nun  gleichwohl -^^  gesetzgebende  Gewalt  bewogbAy 
die  Aüflos\iDg  dieser  Ati%ill>e  And^A  zu  überlassen,  also  deii 
gefibrlictrferctt  Weg  teinzusehiageh  ? 

'  Die  Sache  ist  *die:  S6  wie  man  den  Versuch"  macht ,   den  • 

in  peinlichen '  Saclien' zu  fShrenden  Be^'^s  einer   gesetzt  ich  eh 

Kegel'  zu  unterwerfoij'  sidfsl  ^^man  auf  die   Schwierigkeit  |  dafs 

man^.  um   etwas  Zweckdienliches    zu  lieferny    iehtw  edcft '  die 

Öffentliche  Sfehetheit  geßihrden,    oder  die  Rechte   der  Angc- 

schdidigten  verkennen  muls«    Denn  nur  iosb  fem,  als  man  zur 

VefurtTietlnng    eines    Angeschuldigten    einen    unmittelbar e|t 

/'ein^h  dihrkten)  Beweis  fordert,  —  einen  ,B'eweis  welcher  de^ 

•Richter- von   einer  jeden   zti   ^weisenden.' 1['hÄtsache  durch'    die 

eigene  Erfahrung  oder  durch  die  Erfahrung  Anderer. ^4uid  hii^t 

Uos  durch  Anzetgeh  oder  Vermuthmig^m ,  d.  ^\i  durch  Schliiss^) . 

überzeugt,  -^   lasseh  i^icli ' für  die  BeWeisftShrung  r.usreichende 

lind'  genügend  bestimmte  IVegeln  g e sc tz  1  i c li  festsetzen.    Allei]^^ 

so  .wie  mdlEi  'der  Bevv^sfühf-ung  diese 'Grenzen 'sem,''mäs$e)Di 

*uiiW  iöo'  Schuldigte  Wiei^igiftens  go'd^er  geschlichen '  Strafe  en^- 

Je^en,  wenn  niian' anders  Ikichs  das '  GestSUdh'ifs  des  Ange^chtd- 
\<rieh  unter  die' Beweismittel  aufnehmen* 'und  deni  Richter  die 
Macht  ertheilen  will »  dieses  Gestandnifs  zu  erpressen,  d./Ä, 
wenn  maCn  nicht,' utti*'dkr  einen  Ungörechdgkeit  vorzui^cüg^i), 
eine  andere -begehen  will. -^  IchkänH  tind  will  mich  liier  Qtclit 
auf  d6n  Beweis  dieser  Behauptung  eiidassen.  Er  Mdet  sich 
leicht,  wenn  man  den  'tlbt^rschied  zwisclien  dem.  Beweise  in 
peinlichen-  und  zwischen  dem  in  bürgerlichen  Rechtssachen 
ins  Auge  falst.  Das  gemeine  deutsche  Recht,  welches  zur 
Verurlhieilung  eines  Angeschuldigten  einen  unmittelbai-en  Beweis 
fordert, "und  diesen  Beweis  gewi^ti  genaru  bestimmten  Regeln 
unterwirft^  nimml   dai  Geständoiil^üuter  die  Bewe^diittel  iüf. 


i4  FonVa^er  CriBa]M)(ircice& 

gestatteC  dem  Richter  dl^  pcinlielir  Ff a^e.  >  Da$  fratiza&ische 
Recht,  welches  eine  yerurtoeiliin^,a«ck.aijif  einen  .mittelbaren 
Beweis,  so  wie  auf  e^ue^  dem  d^iitsßben  nicht  genügenden  uii^ 
mittelbaren  Be,w eis ^  zu,  .gründen  erlaubt.,,  übeiiäiüftt  da»  Urtheil 
iiber.die  Zulässigkett  einer  Beweisführung  dem  {Ermessen  der 
Geschwornen,  weil  sich^  wenn  von  delh»  Mehr  oder  Weniger 
die  Rede  ist,  nicht  allgsmeii^e  Regeb  aufstellen  lassen.  (Eine 
Inkonsequenz,  deren  sich  liierbei  das  , franzosische j  auch  das 
britisch^  Recht,  in  Aosehong  des.  Geständnisses  schuldig 
map ht.^. will  ich  nur  ^ndeu^)«; 

Doch  dem  sej  wie  ihm  wdlle,  so: viel  ist  und  bleibt  irooier 
gewifs,    dafs   sich    die   Gesph^vornen  ,;wÄin.  sie  unter  der  Herr- 
.'^c^iaft    der   französischen   Giesetce    ü)>er  .  Si^hnld  uüd    Unscliuld 
j^^,  urtheilen  haben,,  djie  Fragen  vorlegen  müssen i.  Welcher  Be- 
weis ist  ^ach  den  Q^e(zc!|a  d^f  Den^^ns  und, , dos  Rechts  zu  einer 
"Vprurtiieilung  qq^^hlK^^dig?  j^t  nach •)dii^e^  Gesetze^  der  in  dem 
jprliftgenden  Fajle,  gjeführte  Berfeis  ,h><<i;eichßnd  pder  nicht?  Nur 
die  Pflicht  liegt  ihnen  noch  überdies  gjesetzlich   o)) ,    ^ioen  mit- 
telbaren (oder  künstlichen),  ßewei^  ^icht  f^hom,  als  solchen,  zu 
verwerfen,  ,,Es  kanM  ,Jind..mufs  .also  auc^  der.  in  der  vorliegen- 
den Rechtssache  gefnhfte   jBe.weis  nack  allg^i^einen  Grundsätzen 
gewürdigt  vverden.,  .  ,^    ,^  ... 

«B)  Ein  B^sohuldigungsb^w^is  kapn  auf.ei^^  dreifache  Weise 
i;efi\hrt  werdei^:   (dassel))^  fflt  mutat^,  jtmtaaäis  vor  d^m  EaH 
schuldiguogsbewf^se.)»    1^)  Es  ist  ein  Verbrochen  begangen  woi- 
[den.     A*  kann  es  ]^eg*|ogeu  hab.eu«  t  ^iem^^nd  sons^  ^h  y^-^ 
.)^un   es  Began^i^n  haben..    Mith^i^Kf^^^.  A«  begangen.   .Z.  B« 
y^undi?.  halten  sich  in  einem  Ziifnmer  auf ,  in  welchem  erweis- 
.lji,ch,k|ein  Dritter /war.    !Ä.  ist  erwei^iclf^,vo]|[^  .einem  Andern  ums 
.Leben  gebracht  n^ppden.  \  A^  mub  d^r.TK9(eT  «ejji.     a)  Es  ist 
ein  Verb,rech>n  bwqgen  ,woifdfn.    jf..ist  der  Thater,  scy  es, 
'dafs  dieser  3aU  ,d^.<di  .Schlüsse,  'yyiclQhe  aitf  den  ;^.,  als  den 
^\\pXtf^.   mit  < ^iVahrschei||}i<;h|Leit  führen  (wel<;lie  auf   den  be- 
fPfidereU'  Gesjetzenj,|^e,r  J^rfaWu^g  Jlj^erttlfen^y.  <»d^  unmittelbar' 
.d^rc^h,  Zfiigpi^se  j?r:yvie9^en :  wirdL      .3,)  ..ßs  ist.  ein  Verlirechcn 
]|^egjBn<rQp  wQrden.^  ,^,JiLann  4^  T^^l^i"  «seji^«     Man  kann  sich, 
\a.llen,l^n^&tänden  oa9)i^  die,  Thatni cht;  wqhl ^anders  erkiäreri, 
^als  w.ean  ,man  ^^ij'^ii^tQ^»  tdafs  A.  der.  'j^h^efl,  ist.    Gc^ea  den  A* 
^spricht  pjach  ausserdem  niimittelbar  eip  Beweis  der  Schuld,  vrel^ 
ctier  zwar  füc  sich  nicht  hinreictien  wurde i,    .den  A*  für  schul' 
^dig  zi^  erklären,  welcher  jedoch  in  V ei;|iindung^  mit  der  Unmög-^ 
Jiichkeit  od^r  Schwierigkeit,  e^nenj^idernlJi'heber.  der  That,  als 
d^en  ^.j^  anzuuehmen,  .  die.  Schuld  des  Ap  sattsam  begründet  A» 
i^t  also  \der  Thäter^   Maiy  siqht  leicht,  ^f^fs  di^  dr.itte  Beweis* 
sirf  fiia  der  ye;reiniguiig  d4  beiden  .ers^  enjte^ht. 


'    D«s,ljjptheil,,diirt?li   nekhi»   Föpk  der .jejjmQrdin^  ConenÄ 

far  «;h|iJ4^  erklärt  wordepi  181,  pchejot  wn  a^if  der  Ansichf  »u 

bciruiii^U,}  4afe,  in  ^ies^.ßaUe  die  Schuld  ^iffch  der  dritte«  ^fh 

weiser*,  für  saUsamr, erwies^  »u  h^^llei^  »cy,  -Nach  dein  ür.t hei J« 

4etf  g^fri(ihtUchcn,4er,zlei$t.X;öqpn. ermordet    worden.      Fonk 

lanfi  der  M^rdpr  sejo.    .Äf^n.ik;^?^  siph  ^ie  .th«t  kaum  anders 

^rkJa?^,  ajs  vrpnn  m^^^.,awI^  (äer/Mörder  sqv} 

.Geg6ii...f  iaflk  ispr^cfeen    npch  «aussäerdfai,*  hest^tj^ert    Veirf^t^ 

gl iiildi^,;  spricht  da^  ^Gpstsndnife  dcs^  MittchuWigen.;  Jene  geivia- 

«enjin  qe^i^^  4 W^  ;Wir4, glaubwürdige^  dadurch,  da£s  ^  art 

.einer,  %Airi  Tvelch^;  ..»u   eiflepi -ai^dern   T)>äter  fiihrte,    iänÄliök 

fehl^,     ;t:oiA  Ut,also  dep.  Thäter.  .     ^  .         ^f"*"''* 

.  In  4er  TMi  wenn  .man !,deii:  vorliegender!  Beweis  ia  die^ 
sem  laichte  betrachtet^,  scheint  er  ayf  den  eisten  Blick  von 
grosser' Erheblichkeit  zu.  sejnV  üeber  den  Eindrück,  den  das 
Ganze *auf  das  GemütK  macljt,  kann  inaii '  nur  zu  leicht  die 
Schwächen  der  Einzelheiten  übersehen,  durch  welche  dieser  Ein- 
di-ttck  het^ofgcbnidit  <\f ii»'dl'  'So  ergeht  es^-ja  den  Menschen  auclt 
in  an^fei^H' Fällen. -i^.ari'dHe's et  Beziehung»  habfc  ich  6berf  {be- 
sagt ^=  fttffs.  sich.  diA    gefundene  Urtheil  gäi*.  wohl  verth^di^eA 


.'"\i  • .' 


«  '  Jediich,  ehe^icR'^ui^' BieI^uch«oi)g?dieser  linijelheiten  mät^ 
-gebe,  erltoube  ich '  mir y4<te  rfi'ragö  aikfinvlreif ert :  Ist  dertri  \}h 
«chwie^igk(?it,  (*^n*ifrer.üttte3gli<;hkell'i st  Und  »kdnn  hitr'iiicKt 
die  Rede  sfeyri,0  mit  ^welcher' iA  einenv  gegebenen  Falle  der  Ver- 
such >  'ein  Virgfehert ; «inemi'^idetn ,  als  d eW^ ttid  dem  beizuf 
messW;  ▼erbi^den-ist',  eiti'GirtHid;  d^h  tirid  dt-tt  för'söhuidi^ 
zu  erMärfen?  (ist  »l^t^'einfe  Vereinigung  d«ri  ersinn  und  det  -^ 
fcWciteri'  BeWeisarrzulSÄlg?)-  leb  ztveiae  idWJi^  !lcb  will  nicht 
'anfiihrefii,<s  d«fo  ]en(>*iS4iwierigtfJh  döt^A^'f^ie^aW^re  öiif«rewoireÄ 
Vlrd^^  ddiPch  die  Scb'WieWgkeit,  iitfeiif  llfensel^fa  ftir^iehiiidii^ 
•Jü  »hält^ni^  Aber  «cKliefa«  Alm'  wicht  'sd«'vbfliinet?süb'fe*tts^'feS 
•Üfimtigfoifcteit  auf  die  o*>ji^tive<?  ^  Is«  «ni  Be^ebtoheit  de»i 
^egeh  ekf^WAtf dieTVJ««Wtli:fe-ni«>ht *WM^\ei4lär«ii  i«t,-«ne kh 
sie  <mir-il«dlil  erklärt  >kdiH]|ii^^'<  •'.  -  » »i»  m»»v  <  j !  iliy,  ,ijj 
•'  *Städdi^ icb  willld*ii^tf^rlk5gendealÄjw«s ^gefade  in  <Bnk^ 
humj^  «Mil  dievd»iu«.»^6teifrt  züeprfiflMi  ♦'erwicbeft,  thfily  dW- 
mit  ich  von  der  für  Fonk  nachtheiligsten  V<>l»aus^etE4i»r^ 
ausgebe,  theils  weil  diese  Beweisart  zugleich  die  zweite  in 
sich   ^/6"jJ- -   .^ur   bitt^^^^  mU:}^  „icjit  der  Partheilichkeit 

oder  der  Nachla-Ssigkeit  Sii^Ätfagen ,  Wehii  Üh  nicht  eine  jede 
Kleinigkeit  (£ast  möchte  ich  sag^n ,  nicht  eine  jede  ArmseJi^keil) 
anführe  und  beleuchte.  Nur  die  Hauptsachen  kann  ich  Keraus- 
heben;  die  Nebendinge  sind  schon  sattsant  besprochen  worden- 
mit  den  Grundpfeilern  fällt  das  Gebäude.  Bei  der  gerichtlitbeu 


i6  Foiick^seher  Grimitelprociefii. ) 

Verhanditiiig^  milbte  aacb'  iaa  Unbeäcfiteii&te  unterntdit  werden, 
denn  es  koonte  bcdeutenit  werden.  Jetzt,  nacK  Beendigung 
der  Sache,  labt  sich  letdtt  daa  Wiclitrgere  ton  dem  Unwichtig 
leeren  aus$cheiden»  Sar*isl  £.  B.  auf  dai  Hörensagen,  auf  ein  Ge» 
rede  und  Gesage,  Inn  allerwenigsten  in  der  TorHegenden  Rechts« 
•ache,  (einer  so  gealterten,  Hner  so  durchgesprochenen,)  ^twas 
«a  gcd>en.  Auch  das,  was  von  eivigeto  Zeugen  ßber  di6  Art  an- 
gftföhrt  wird,  wie  steh  Foidt  oder  Ham^dter  bei  der  Nachricht 
Yon  Cönens  Verschwinden  etc.  blmottunen  haben,  kann  ich  niciH 
hoch  anschlagen.  Geneigter  Lfeser!  was  wfirdest  Du  sagen,  wenn 
Dick  das  Gerücht,  wenU  ein  B^mter  Dich' eines  Verbrechens, 
eines  Mordes  bezuchtigte?  — -—  Wer  eimnal  in  Verdacht  ist, 
den  dlruckt  auch  das  Gleichgültige,  selbst  das  Lobensweithe. 

Ich  will  jetzt  di^ 'Satze,  die  nach  der  oben  bezeichneten 
dritten  Methode  der  Beweisführung  darzuthuu  waren,  einzeln 
durchgehen : 

i)  Conen  ist  etmor.det-  und  io4t  ins  Wasser  ge- 
worfen worden^-  ^s.  j,s.t  also  ein  V^rbrechea  verübt 
worden  — (Corpus  Mp^h)-^  lo  i|rthei|^  4ic  gorlobtlicheo 
Aerzte.  Zwar  ist  gegen  dieses  Urthetl  tou  dem  als  Sachver- 
ständigen abg^kßi^eq  P^<>f.  |roM  WalQer,  iM><fe  in  eineiU  QiU^chten 
der  medicinischcn  Fakultät  zu  JVIfrbui^g  hart  gekämpft  worden. 
Auch  erlaube  ick  ipir  die  Bemerk^ng,:  da(s  difr  Streit  umso 
weniger  als  epuchieden  betrachte!,  w^dieu  kann,  da  das  Sekfious- 
protokoil,  was!  die.  Bcfschrieibupg  4»t.  Aii:«ser«n  Besqht^enheit 
des  Kqrpf^rs  (namentlich  ider  SugiUiilionen)^  betriffi,  gu^  Manches 
9;u  T^uo^cben  übrig.  Jiifst  und  da  ich  (abgesehen  von  der  Persön- 
lichkeit, def  abg^tirien  Aerzt«),  zweiieb  «niTs^  ob  das^  was  der 
Pbducent  über  den- >Leick^<?fUad  na <;h trag lick  aussagt,  also 
das,  was  in  dein  voHiejgepidei^  FalU  di^i gerichtlichen  Aerzte  ßa«* 
in^Qtiich  über  die  g^uudenefiesebaffenheit  der  Wunden  zur  Un- 
teritutzuiig  ihres  PirUieUes  Hachtrili^kli  angefahrt  haben,  —  als 

ItinlestM^nüm  ^Y''^/'^^^'^^'^^-^^'^^'^' ^^'^^>^^  '  Jedoch 
ich*  will  hier  von  üer  — -  allerdingst.irahrscheinliohtreu  -«  Vor- 
««iaseizung  :au9gehiein^  (ibf»  Cdnea*>efni0idel  und  ennordet  ins 
Wasser  g^wurCe».  wordeu  ist*-  Noä  <mUinan.tstjUuUa9  com- 


I  ,    •  .  ..    i 

'.1    1  ^  r. 


I 


•    1    •      I      * 


ErgSnzangs*Blttter  d^Heidelb.  Jahrb.  d.  Literatur.  1. 2. 


Fonk^sther    Criminalfröc^fs» 

;i)  Fonk  kann    Urbeber   der  "Tliat  s«jm     DavSlN» 
scheint,   allen  Umstanden  nach,  kaum  ein  Zweifel  anfgewoifen 
werden  tu  können.   Uu^  doch  haben  die  Verthetdiger  versucht,^ 
eineii  Gegenbeweis  su  führen;  sie  haben   es  nicht  bkifs  Ter-^ 
sucht,   es   {st  ihnen   sogar  in  Einern  hoheo  Orade  ge- 
ladge'n«     t)ie  drei  Mfigde>,   welche  zur  Zeit  der  begangenen  . 
Mordthat  bei  Fonk  dienten,  seitdem  aber  desseii  Di-enste 
Terlassan   haben,    sagen  einstimmig    aus,    daTs    Fonk' 
den  'gt;  NoTbr.  i8i6  Abends  gegen  9  Uhr  au  Ti^eho 
«nd  dann  mit  seiner  Frau  tvL  Bette  ging,   dafs  Nte^ 
mand  Fremdes  im  Hause  gewesen  sey,  Niemand  ge« 
klingelt  habe,  dafs  sie  schlechterdings  keinen  Lär- 
men  gehört  hätten,    ob   sie  wohl  in   einem  Zimmer 
unmittelbar  über  dem  Packhause  schliefen.   Die  eine 
Dienstmagd  setzt  noch  h'inzu:     Ich  war  noch  auf  dem  Kinder^' 
nmmer,  als  Fonk  und  seine  Frau  zu  Bette  giengen,  weifs  aber' 
nicht  4un  welche  Stunde  dies   war.     (Die  Herrschaft  und  die 
Mägde  gingen  gewöhnlich  um    lo  Uhr  zu  Bette;  wie  aus  den 
Aussagen  hervorgeht,   war   d;is  auch   an  jenem  Tage  der  Fall). 
Die  Zeugin  fuhrt  noch   an , ,  dnfs  zwar  ausser  dem  Eingange  in 
das  Fonckische  ScUa&immer  durch   das  Kinderzimmer  noch 
andere  Eingänge   gewesen   wären;    diese   aber  sejen  immer  fest 
au. gewesen.     (Absichtlich  schweige  ich  you,  dem  Zeugnisse  der 
Fonkischen   EUefrau,    dafs  Fonk    am  ^ten   Novbr.   den- Abend 
nnd'  die  Nacht  nidit  .ron  .ihrer  Seite  gekommen  ist  — -  ob  ick 
mir.  wohl  eben  so- wenig  vorstellen  kann,  dafs  eine  wackere  Ehe^ 
Craa.iJbHeniMann  unter  irgend  einer  Voraussetzung  durch  ihr  Zeug«- 
nifs  b  e  schuldigen  —  als  dafs  sie  ihren  Mann ,   und  zwar   einen 
Morder,  durch  ein  falsches  Zeuguifs  entschuldigen  werde!)  — - 
Ich  bemerke:    Diese  Zeugen  sind  nicht  blofs  testes  neganieti 
^e  scheinen  mir  eine  Art  von  Alibi  sattsam  erwiesen   zu  haben« 
2)  Man  kann  sich   die  Ermordung  Cönens  kaum 
anders  erklären,  als  wenn  man   annimmt,    Fonk  sey 
der  T  hat  er  gewesen. —  Zu  dem,  was  ich  bereits  oben  über 
diesen«  Satz  gesagt  liabe,  fuge  ich  jetzt  noch  folgendes  hinzu: 
Esi  haben    allerdings  bis  jetzt  keine  Thatsachen  oder  'üat» 
'   stände  ausgemitteb  werden  können,  welche  (abgesehn  von  dem 
I   gegen   Fonk   erhobenen   Verdachte)    auf  die  Ursache   von  dem 
L  Verschwinden^  oder  auf  den  Urheber  von  dem  gewaltsamen  Tode 
Cöiiens. hindeuteten.    Die  schöne  Florentinorinn  ist  spurlos  ter-' 

Erg.  Bl.s.d.H  Jahrb.  d.L.    I.  s.  2 


t8  .  .  Fanck'sali«?  Cr|i)[^a}piroo#. 

übergegangen.    Ueber  den  Umgang,  den   Conen  sonst  in  Colin 
gehabt  hat,  kommt  in  den  Verhandlangen  überhaupt  wenig,  am 
wenigsten  etwas  Viefdächtiges  vor.  (Man  konnte  wohl  wünsdien, 
dafs  diesem  Umgange  noch  genauer  na<;l^eforscht  worden  wäre. 
Jedoch  ^nde  ich  bei  Benlenberg  die  Nachricht,  dafs  Conen  noch 
weibige:Be]^9pnte  in  COUn  gehsübt  -r-  «luchreb^.eing^^ogea  ge- 
labt h^be).  :  .         ^ 
Ind^ssimi  kommefi  doch  einige  Thsttsachen  in  4^a,g€iri<^hili'r 
chea  Ve](handlungen  xor,  welch f  mit  d^m  unglüqkseligen  Ver^ 
schwinden .  Cönen^    in  *.  einem  «unheimlich ea.  Zusammenhange  zu 
siebn.^ schein eq,  so  wen^'^  ste  auch  hinreichou , ,  irgend  we  be- 
stim.m.te  Vejrmuf huug •  da^rauf  zu  gründen:  ..Colien,;  sonst  eia 
fri>bmtithiger.  lebenslustiger  Mensch/ führt^  kurz  vor  seinem  Ver-i 
soh^ioden  di«  «KJ^g^y   4af&  er  keinea  Appetit,  aber  Duist  nod* 
eine  ihm  -  seilest  auffallende  Unruhe  habe. .  £r  erzählletadk  $tea 
Novethber,   also  an  sejpem  muthmafslichfen  Todestage,  ^dafs  er 
3>-r-4  Näcbjte. hindurch  geträumt  habe,  .er  würde  ermot- 
d«t  ($•■  i5i.  der  bpi  Oall  gedrucktf^n  Yerhandh— «-  Nicht  blofs 
die  Freundjs  des  Magnetism  werden,  es  bedauern,  dafs. des  Inhalt 
dieser  Träume  nicht  genauer  ausgemittelt  worden  ist  oder  nicht 
gtBäuer  ausg.emiuelt  wer^n  konnte.  •     Die.  Sede    übersetzt  oft 
ite !  Traume  .Vermuthungen,  Besorgnisse,  in  Bilder).     Erscheint 
die  Gelegenheit  nodh  diesen  Abend  auszugehen,  recht  geflisseut- 
lieh  gcsueht  zu,  haben.  (Ebend.  S^  399.).    Jßei  dem  Abendessen, 
deii-gten  Novbr«:  (einen  Sonnabend),  hatte  Conen  wenig  ££slost. 
Als  Schröder  äusserte^  er  sey  nun  entschlossen  am  Sonntage  nach 
Crefeld'  zu    reisen,    soll   Conen    erwiedert  haben,    er   möge 
das  nicht  t'hun.    (V^eluti  mortis  Jam  eerlusj).  Das  späte  Aus<* 
gehn   Cönens   selbst   ist  aufiBülend.     Es  hatte  stark  geregnet ;  es 
war  nafskalt.     Jedoch   war   heller   Mondenschein.     (Ni)ch  emes> 
UmStiuides-^-dcr  sehr  wichtig  hatte  werden  skönine-U'— 
des  im  Rheine  mit  dem  Leichname  zugleich  gefundenen  Tannen« 
bordes,  werde  ich. weiter  unten  Erwähnung  thun). 

-  -Bei  dem  Schlüsse ,- von  weichem  hier  die.Qiede  ist,  •  kommt 
am  Ende  Alles*  darauf  ah,  eine  andere  nicht  unwahrscheinliche 
Erzählung  zu  erfinden,  nach  welcher  man  von  der  Art,  wie  Co* 
lutn  seinen  Tod  gefundei^  hat,  Rechenschaft  geben  kann.  /Und 
dfi  braucht  man  nicht,  gerade  ein  Dichter  zu  sejn,  um  dieser 
Forderung  Genüge  zu  leisten.  In  einer  grossen  Stadt^  vne  Colo, 
können  einem  Fremden,  der  sich  noch  nicht  zu  finden  gelerat 
bat,  gar  manche  Unglücksfälle  begegnen»  Ein  Feind  von  Mäd- 
chen War  Conen  nicht.  Oder  der  Mondschein  kann  ihn  aus  der 
Stadt  gelockt  haben ;  auf  einer  einsamen  Wiese  (auf  ein«r  Wiese 
in  der  Nähe  des  Rheines  will  man  seine  Pfeife  gefunden  haben), 
wurdo  er   überfallen,    seiner  Brieftasche    beraubt;    die 'Räuber 


Funkischer  Cfiminalpröcefs.  Hj 

wolint6n  in  der  Nähe,  um  der  Entdeckung  zu 'entgehen, ^cli&äT- 
ten  sie  den  Leiclinam  in  den  Rhein.  Aus  demselben  Gründii 
liessen,  sie  aucK  Conen  die  Uhr.  Odet  er  war  an  ein^n  Oi't 
hinbestellt,  um  ein  Geschält  abzumachen;  mati  gerieth  in  Streit'; 
von  Worten  kam  es  zu  ThStlichkeiten ;  er  würde  tödtlich  ver- 
wundet; man  nahm  ihm  die  Brieftasche,  vveil  diese,  auf  da^'  tj6- 
schäft  sich  beziehende  Papiere  eriihielt  u.  s.  W.  Am  leichtesteb 
Würde  Alles  (auch  der  Traum,  als  ein  Vörjgeben,)  zu'erklärep 
seyn,  w'enn  man  annehmen  könnte,  Conen  — =  ehrgeizig,  ohne 
sonderliche  Aussichten,  in  der  Ervvattung ' getäuscht ,  einen  Be-^ 
triiger  zu  entlarven,  —  habe  sich  selbst  ums  Leben  gebracl^t. 
(Es  ist,  wie  der  Vcrlheidiger  richtig  bemerkt^  noch  gar  ticixt 
crwies'en,  dafs  Conen  bei  seinem  Verschwinden  die  Brijeftasc'his 
an  sich  trug). —  In  der  Sache  kommt  so  manches  Ausserordent- 
liche vor,  der  Traum,  das  im  Rhein  gefundiehe  Bret,  (wovon 
unten)  Hamachers  Geständnifs,  —  warum  sollte  man  nicht  auch 
eine  ausserordentlix;he  Begebenheit  als  Ursache  \oh 
Cönens  Verschwinden  annehmen? 

Endlich:  4)  Auch  wenn  man  Cötiens  Verschwin- 
den auf  eine  andere  Weise  erklären  könnte,  soll 
Foük  de^  Mordes  unmittelbar  überwiesen  seyn'.' ' 

Den  Beweis  hat  man  theils  in  gewissen   (Von   Chr.  Hamä-* 
cbers  Geständnisse  unabhängigen)  Anzeigen,  theils  in  Hamachers 
Geständnisse  zu  finden  geglaubt. 

Zü^st  von  jenen  Anzeigen.  Sie  sind  insgrsammt  khef^ 
so  entfernt,  als  allgemein^  Sie  würden,  auch*  wenn  sie  gegi'vfu- 
det  wären ,  höchstens  nur  so  viel  beweisen ,  dafs  man  Foriken 
theihK überhaupt,  theils  in  Beziehung  auf  Conen  nicht  das  BfestÄ 
zutrauen  könne^  nicht  aber  so  viel,  dafs  Fonk  einen  Mord^  iatk 
er  einen  Mord  an  Cöiien  begfangen  habe.  Denn' wahre  vestigiä 
delicti,  Spuren  vergossenen  Blutes,  blutbefleckte  Kleider,,  blutr 
Befleckte  Wäsche,  Sachen,  die  Conen  bei  seinem  Verschwinden 
an  sich  trug,  hat  man  bei  Fonk  nicht  gefunden.  Des  alten  Hütlies 
ohne  Fvitter,  den  man  in  einem  lange  Jahre  nicht  geräumteii 
Brunnen  fand,  will  ich  nur  erwähnen,  damit  ich  ihn  nicht  über- 
sehn zu  haben  scheine.  Cönens  Pfeife,  welche  doch  Fonl/näcK 
Han^achers  Geständnisse  an  sich  genommen  haben  sollte,  ist  auf 
einer  Wiese  gefunden  worden.  (Jedoch  ist  die  Identität  noch 
zweifelhaft).  —   Ich  gehe  jetzt  die  Anzeigen  eitizelii  durchi 

Die  erste  Frage  ist  billig  die  :  Ist  Fonk  überhaupt  eiil 
Mann ,  welchem  man  da$  Verbrechen ,  dessen  er  bezüchtigeti 
wird^,  zutrauen  kann?—  Nun  wird  zwai*,  ungeachtet  des  guten 
Lobes,  das  Fonken  hin  und  wieder  vor  Gericht  ertheilt  worden 
ist.  Niemanden  gefallen  können,  dafs  er  Blätter  aus  seinen  Han- 
delsbüchern herausreissen  und  durch  aiidere  ersetzen  liefs,  djdi 

2* 


£ 


uo  Fonk^scher  Proceis. 

er»  um  seinen  Schvviegeryater  za  taoscben,  eine  erdichtete  Rech* 
puu^  hielt y  dafs  er  Cöuen,  welcher  beauftragt  war,  Fonks  Bü- 
cher zu  prüfen,  vor  Beendiguag  dieses  Geschäfts  den  Autrag 
machte,,  mit  ihm  in  eine  .Handelsverbindung  zu  treten.  Aber  die- 
ses reicht  doch  wahrlich  noch  nicht  hin,  einen  Menschen,  einen 
Familienyater,  eines  Mordes  für  Terdachtie  zu  halten! 
Sonst  wehe  uns  armen  Menschen! 

Ein  alter  Kömis<;her  Richter  fragte  immer,  wenn  von  der 
Verdächtigkeit  eines  Menschen  die  Rede  war:  Ctu  bono?  Was 
konnte  den  Menschen  bewegen,  die  Unthat  zu  begehn?  In  dem 
vorliegenden  Falle  hat  man  Räch-  und  Gewinnsucht  der 
That  als  Triebfedfru  unterlegen  wollen»  Rachsucht;  weil 
Fook  von  Cdnen,  einem  jungen  hitzigen  und  gegen  ihn  einge- 
pQinmenen  Manne  heftig  gereizt  und  wenigstens  zur  Abschliessung 
eines  für  ihn  uicVt  vortheilhaften  Vergleiches  geuothiget  worden 
war;  Gewinn s^u cht,  weil  sich  Fonk  besser  aus  dem  Handel 
zu  ziehn  hoffte,  wenn  er  Conen  auf  die  Seite '  geschafft  hätte. 

.Nun  ist  es. zwar  allerdings  wahr,  dafs  Fonk  und  Conen  in 
einem,  sehr,  gespannten  Verhältnisse  mit  einander  standen.  Dies 
|eht  aus  einer  Menge  von  Ums.tänden  und  Thatsacheu  hervor ;  dies 
»rächte  die  ganze  Lage  d^r,  Sache  mit  sich.  Aber  zwischen  Zorn 
und.  Vnfrieden  .und  zwischen  dem  Entschlüsse  zu  einem  Morde 
}%i  doch  noch  eine  so  grosse  Kluft,  dafs  man  an  der  Menschheit 
verzweifeln  müiste,'wenn  man  anzunehmen  hätte,  dafs  sie  Fonk 
SO  leicht,  so  auf  einmal  übersprungen  hätte.  Auch  war  ja  ein 
Vergleich  schon  so  gut  wie  abgeschlossen. 

N^^ch  weniger  könnte  man  sich  die  That  durch  Gewinn- 
sucht  erklären.^  Zwar  geht  aus  den  Verhandlungen  nicht  ganz 
I>estimmt  hervor,  ob  Fonk  oder  ob  Schröder  in  Vorschufs  war 
oder  dem  andern  schuldete?  Aber  ein  Vergleich  war  verabre- 
det, ein  Vergleich,  den  offenbar  Fonk  sehr  gewünscht  haue. 
Nun  , konnte  und  mufsto  Fonk  voraussehn.,  dafs  er  die  Ab- 
schliessung des  Vergleiches  unausbleiblich  verei- 
teln, bd^r  doch  verzögern  würde,  wenn  er  Conen, 
ohne  welchen  Schröder  bis  dahin  nichts  in  der  Sa- 
che gcthan  hatte,  ermordete.  So  sehr  verrechnet  sich  die 
Gewinnsucht  nicht. 

Und  andere  selbststandige  Anzeigen  der  Schuld  habe  icli  in 
den  vorli^enden  Verhandlungen  nicht  gefunden !  —  Dagegen 
wohl .  manche  Gegenan zeigen.  Ich  führe  von  diesen  nur  eine 
einzige,  diejenige  an ,  welche  mir  von  ganz  besonderer 
Wichtigkeit  zu  sejn  scheint. 

Nichts  ^richt  so  sehr  für  oder  wider  die  Schuld  eines 
Menschen,  als  die  Art,  wie  er  sich  unmittelbar  vor  und  unmit*- 
telbar  nach  der  Zeit,  wo  er  ein  Verg^hn  verübt  haben  solly  be« 


FonkVher  Prottü.  2  t 

tragen  —  als  clas,  was  er  unmittelbar  vor  päer  nach  dieser  Zeit 
gesagt /gethan  oder  unterlassen  hat. 

Ich  will  das  durch  ein  Beispiel  aus  meiner  Erfahrung  er-^ 
iSutern.  — *-  Hier  in  Heidelberg 'wurde  ein  ältlicher  Manii,  der 
allein  wohnte  und  schlief^  des  Nachts  ermordet.  Allen  UmstSn«  ^ 
den  nach  mufste  die  Thar  von  einem  der  im  Hause  wohnendeii 
Leute  verübt  worden  sejn.  Im  Hause  wohnten  die  Wirthsleute^ 
Mann  und  Frau,  und  zwei  junge  Männer,  von  "welchen  der  eine 
nicht  im  'besten  Rufe  stand.     Der   die  Untersuchung  fuhrende  >    ^ 

Rictiter  erzahlte  mir  bald  anfangs  die  vorliegenden  Umstände 
und  Anzeigeur  Er  hatte  unter  andern  angdfuhrt,  dafs  jener 
junge  Mann  täglich  zu  einer  gewissen  Stunde  auf  das  heimliche 
Gemach  gegangen  sej«  Ich  fragte,  ob  das  auch  an  dem  Morgen 
nach  der  That  der  Fall  gewesen  wate.  Als  mir  dieses  bejaht 
wurde,  behauptete  ich'  sogleich,  dafs  dieser  Mensch  an  der  That 
unschuldig  sey.  Und  der  Erfolg  der  Untersu<chung  bestätigte 
meine  Behauptung.         ^ 

Nun  ist  aber,  in  dem  vorliegenden  Falle  durch  Zeugen 
erwiesen,  dafs  Fonk  am  gten  Novbr.  1816  Abends  zur  gewöhn* 
liehen  Zeit  (d  h.  unmittelbar  vor  der  angeblich  beabsichtigten 
und  verübten  Unthat),  mit  Frau'  und  Kindern  zu  Tische  gegan- 
gen ist;  es  ist  fern^ 'erwiesen,  dafs  er  den  andern  Tag  früh 
den  Mägden  befohlen  hat,  das  Zimmer  zu  heizen,  iu  wachen^ 
die  Zusammenkunft  wegen  der  endlichen  Abschliessuog  des  Ver- 
gleiches gehallen  werden  sollte.  Da  frage  ich  nun:  Betragt  sich, 
kann  sich  ein  Verbrecher  so  betragen,  so  verstellen,  so  ver- 
wahren, wenn  er  ein  so  schwarzes  Verbrechen  beschlossen,  nach- 
dem er  es  verübt  hat?  Ein  Jeder  fühle  an  sein  Herz  uiid  ant- 
worte ! 

Doch  man  hat  es  auffallend  finden  wollen,  dafs  Fonk  Ue« 
loten  Novbr.  früh  in  di^e  Kirche  gl  eng,  da  er  gewöhnlich  nibht 
diu  Kirche  zu  besuchen  pflegte..  —  Es  mag  sejn,  dafs  Fonk  ketn- 
sonderlicher  Kirchengänger  war,  ob  ich  wohl  die^e  Behauptung 
nur  in  einem  Vortrage  des  .öffentlichen  Anklägers  gefunden  habe« 
Die  Aussicht,  einen  sehr  lästigen  Rechtsstreit  durch  einen  Ver- 
gleich endlich  zu  schlichten,  war  auch  eine  ungewöhnliche 
Veranlassung,  die  Kirche  zu  besuchen. 

Ich  komme  jetzt  zu  dem  Geständnisse  Chr«  Hama'» 
fchers. 

Hier  böte  sich  nun  die  Vertheidigung  von  selbst  dar,  dafs 
dieses  G^stäudnifs,  weil  es  aus '  nicht  unerheblichen  Gründen 
widerrufen  worden  ist,  weil  es  das  Geständnifs  eines  Mit- 
schuldigen ist,  weder  überhaupt  noch  gegen  Fonk  von 
Beweiskraft  $eyn  kann. 

leb  will  jedoch  von  dieser  Vertheidigung  keinen  Gebrauck 


\ 


/ 


22  FoaiL'scber  .CriminalpröceC;. 

Ipachea«  Sie  spUfe  yielleicht  einem  Sdfiwurgericbte,  aber  sie 
wurde  NiemandeD,  der  nicht  ein  rechtskräfUges  Urtbeil  auszu- 
sprechen bä^e,  genügen,  ... 

Auch  von  der  V^rtheidigung  will  ich  nicht  Gebrauch  ma- 
chen i  dals  Han^acher^  Gestäudnif^  zum  Theil  ws^hr — zum 
7 heil  unwahr  %^jn  k^nne»  —  ob  wohl  diese  Ansicht  von  ei- 
nem $ehr  achtungswerthen  Manne  geäussert  worden  ist,-ywahr, 
in  wiefern  Hamacher  an  der  Ermordung  Cönens  oder  an  der 
Fortschaffung  de&  lieidinams  Theil  genommen  zu  haben  beken- 
nCj  unwahr,  in  wiefern.  Hamacher  die  That  mit  Fonk  verübt 
zu  haben  behaupte.  Penn  ich  finde  in  den  Verhandlungea 
schlechterdings  keinen.  Grund,  das  Geständaifs  zu  ttueilen,  Fonkeo 
(iir  unschuldig  zu  halten,,  wenn  Hapiacher  auf  irgend  eine  Weise 
aa  der  Ermordung  Cohens  Theil  genommen,  hat. 

Ich  gehe  vielmehr  von  d e r  Voraussetzung  aus,  dafs  beide, 
f'onk  und  Hamacher,  entweder  schuldig  oder  unschuldig 
sind,  dafs  Hamahher  entweder  schlechthin .  die  Wahrheit  ge- 
sagt, (xder  schlechthin  gelogen  hat. 

iWiit  ich  uuijL  sofort  den  Hauptzweifel  in$  Auge  fasse, 
werfe  ich  die  Fragen  aiif:  Wie  isl  es  auch  nur  möglich,  dafs 
ein  Unschuldiger,  der  nicht  peinlich  befragt  vvird,  sich  schuldig 
bekenne?  eine,  so  zusammenhängende  Xgge  erfinde?  Was 
iji^onnjte  -«^  damit  ich  die  Frage  sogleich  mit  Beziehung  auf  den 
vorliegenden  Fall  fasse,  —  Hamachern  bestimmen  und  bewegen, 
sich  und  einen.  Andern  der  That  fiir  schuldig  zu  erklären?  Ja, 
wenn  er  auch  aus  irgend  einem  Grunde  eine  so  strafbare,  eine 
so  unwahrscheinliche  Lüge  machen  wollte,  wie  war  es  möglich, 
dafs.  er  eiqe  so  zusammenhängende,  eine  so  annehmbare  Erzäb- 
lung  erdenken  und  ersinnen  konnte? 

Die  Beantwortung^  der  einen  und  der  andern  Frage  ist  in 
dem  vorliegenden  Falle  leichter,,  als  man  der  Beschaffenheit  die- 
ser Fragen  nach  denken  sollte. 

Zur  ersten  Frage:  Man  denke  sich  einen  Menschen,  der, 
eines  besseren  Lebens  gewohnt,  (und  Kiefer  kennen  und  lieben 
wenigstens  eine  Art  des  Genusses),  und  plötzlich  in  ein  nasses 
kaltes  und  dunkles  Grefängnifs  bei.  rauher  Jahreszeit  versetzt ,  iu 
'ein  Gefangnifs,  in  welches  selbst  Rege;»  ujad  Schnee  driugea 
konnte,^  nur  dadurch  dafs  er  .gesteht,  was  man.  will,  dals  er 
gestehen  soll,  seinen  Leiden  ein  Ende  machen  kann;  • —  cioca 
^enschen,  der,  auf  seine  Handwerksehre  haltend,  denn  doch, 
prahlerisch,  dumm  und  um  sich  wichtig  zu  machen,  Manches  ge- 
plaudert hat,. was  ihn.  des  Verbrechens,  dessen  er  von  dem  all- 
gei^eif^eu  Gerüchte  bezüchtigc^t  wird,  verdächtig  macht,  so  dafs 
er  an  der  Wiederherstellung  seiner  .Ehre,  zweifeln  mufs;  — einen 
Wensehgn  endlidi ,  welcher  geg^u  einen  Andern,   den  dasselbe 


f'öilk'SQlier  GriAiinalprocefsI  33 


V 


Geräi^lii '  ab  -seiAet^  Mitschuldigen  h^elchntt,  besonders  i^hr^ht 
ist  oder  gereizt  wird 5  — ■-  und  man  wird  sich,  wie'  mii*  ^chblnt, 
recht  wohl  erklären  kotinen,  dafs  und  wie  ein  solcher  Mensch' 
das  umlaufende  Gerücht  durch  sein  Bek^nntnifs  ton  sich  fiWdr 
einem  Andern  bestätigen  kann.  Aber  dieses.  Bild  ist  das  Nach- 
bild Hamachers  und  seiner  Lage  und  Gem^thsart;  So  war  s^enf 
Gefangnifs  beschaffen}  so  sein  Charakter;  ^n  bezeichnete*  da« 
Gepucht'  als  den  Schuldigen ;  er  hatte  sich  so '  weit  verredet^  daft 
er  verhaftet  wurde ;  ihm  wurde  ein  Brief  vorgelesen,  in  welchem 
ihn  Fo nk  für  dumm  und  ehrlos  (im  Briefe  stand  jedoch  »ehr- 
lich«) erklärte  u.  s.  w.  »Fonk,«  so  äusserte  sich  damals  Ha- 
macher !(a«  a.  0.  S.  38 1.)' »will  mich  zum  Spitzbuben  machen, 
da  kann  ich  ihn  auch  wohl  zum  Morder  machen.« 

Zur  zweiten  Frage:  Als  Hamacher  die  That  gestand,  war 
ihn  das  Gerücht,  welches  ihn  und  Foiiken  als  Cönens  Mörder 
bezeichnete,  war  ihm  eben  so  der  Leichenbefund  sattsam 
bekannt.  Es  bedurfte  nicht  "eben  einer  besondere;  schöpferischen 
Einbildungskraft,  um  die  Erzählung,  die  Hamacher  machte,  zu- 
sammenzusetzen. Am  wenigsten  bedurfte  dieser  Gabe  ein  Mann, 
der,  wie  Hamacher,  die  Oertlichkeit  des  Fonkischen  Hauses, 'die 
ganze  Einrichtung  d^s  Fonk  genau  kannte.  Erwartet  man  den- 
noch, (und  obwohl  Hamacher  ein  guter  Sprecher  zu^ejn 
scheint),  ein  Stocken  und  Zögern,  nun  Ha'macher  gestand  nicht 
sofort,  auch  der  Wein,  der  ihm  gereicht  wurde,'  konnte  'das 
Seinige  thun.  Da  braucht  man  nicht  einmal  eingebende  Fragen, 
(Suggestivfragen),  nicht  einmal  Hamachers  «Aeusserungeri :  »Jetzt 
haben  .wir  überlegt,  wer  den  Mann  gefahren;«  -^  »jetzt  haben 
tvir  einen  Mann;«-—  »ich  habe  etwas  mit  S.  überlegt,«  (a.  a. 
O.  S.  367.  368.)  —  tu  Hülfe  zu  nehmen,  um  sich  die  Entste- 
hung der  ganzen  Erzählung  zu  erklären. 

Ich  bemerke  nur  noch:  Ich  schlage  es  zwar,  in  dem  vor- 
liegenden Falle ,  nicht  hoch  an ,  dafs  Hamacher  in  dem  entschei- 
denden Augenblicke  ein  Glas  Wein  getrunken  hat.  Wenn  man 
m  der  Gegenwart'  eines  Gefangenen  Wein  trinkt,  so  ist  es  in 
mehr  als  einem  Sirine  menschlich,  auch  dem  Gefangenen  ein 
Glas  zu  reichen.  —  Aber  das  ist  kein  Grund,  hier  den  Einflufs  , 
dei  Weins  auf  das  Gestehen  zu  leugnen,  dafs  der  Gefangene 
Weit  mehr  Wein  vertragen  konnte ,  ohne  trunken  zu  werden. 
Einen  geschwächten  Menschen  kann  ein  Glas  bethoren  oder 
überreizen.     In  vmo  "veritasj  sed  ei  mendacium. 

Jedoch  alles  dieses  geht  nur  dahin,  dafs  Hamachers  Ge- 
ständnifs  falsch  sejn  kann,  dafs,  wenn, es  für  falsch  zu  halten 
sejn  sollte,  man'^icht  deswegen  ihm  Glauben  beimessen  kann  und 
darf,  weil  sich  doch  Niemand  ohne  Noth  und  Grnnd  schuldig 
Wkennen   wird,  ^ctl  der   Mensch   erfinderbcher   ist,    wenn  er 


iMfty.i-L-i..-fc-    1  ■  - 


J' 


24  FonVscher  CriminalpFOceis. 

sich  entschuldigen  will,  sls  wenn  er  steh  be-sdinldtgen 
soll*  Die  Frage  ist  also  die:  Jst  Hamacliers  Geständnifs  glaub-  j 
würdig?     ist  es  i)  innerlich   glaubwürdig?   ist  es  a)  durch 
andere  Zeagi^isse  und  Thatsa^hen  bestätiget  worden? 

Zo  i)  U;li  will  nun  nicht  rngen,  dafs  es  einem  rorsichtigen 
Hanne  kaum  luzutrauen  sey,  dafs  er  einen  seiner  Arbeiter— ia 
Zukunft  seinen  Peiniger  — -  so  plötzlich  und  unvorbereitet  ins 
Ifitverständnifs  gezogen  habe»  Man  konnte  autworteui  die  Lä- 
denschaft verblendet  auch  den  besonnenen  Mann. 

Aber  folgende  zwei  Unwahrscheinlichkeilen  weifs  ich  mir 
nicht  zu  beseitigen. 

Erstens:    Was  konnte  Conen  veranlassen ,   den  gten  Novbr. 
noch  cfinmal  und  noch  Abends  so  spät  zu  Fonk  zu  kommen?  — 
Hamachers  Gestandnifs ,  welches  allein  auf  diese  Frage  eine  un- 
mittelbare Antwort  enthält^  lautet  so:  »Als  ich  nach  9  Uhr,  wie 
er  (Fonk)  befohlen,  hinkam,  sagte   er  zu  mir,   ich  möchte  ins 
Comptoir  kommen ;   dort  sagte   er   mir  weiter :   wenn  es  schellt, 
so  macht  einmal   die  Thüre  auf;   er  holte   dann   eine  Bouteille 
Wein,  setzte  mir  diese   vor  und  sagte ,  ich  möchte  einmal  trin* 
ken,  es  wäre  Bordeau-Wein,  er  ging  dann  einstweilen  von  mir 
und  liefs  mich  allein;  ein  Viertel  dber  zehn,  vielleicht  auch  um 
halb  eilf  Ubr  schellte  es,  ich  machte  die  Thöre  auf  und  es  war 
Conen;  derselbe  fragte,   ob  Herr  Fonk   zu  Hause  wäre? 
'  worüber  der  letztere  gleich  hinzu  kam,  und  guten  Abend  Herr 
'  Conen!  sagte;  worauf  dieso*,   guten  Abend  Herr  Fonk!   erwie- 
derte;  er   hatte   mir,  was  ich  zu  bemerken  vergessen  hatte, 
,   gesagt,    Conen   käme   auch   noch  mal   dahin,    er   hätte 
was    vergessen.     Nachdem    sie    sich  gegnifst   hatten,   sagte 
Conen,  er  hätte  was  vergessen,  und  Fonk  antwortete,  ja 
icb    dachte  das*wohl   Herr   Cönenlc  —    Offenbar  mufs 
man  annehmen,  entweder,  dafs  Conen  nur  zufallig  (ohne  eine 
vorausgegangene  Verabredung)   noch  zu  Fonk  kam,  oder  dafs 
er   sich   zu   Folge  einer  Uebcreinkunft   oder  Bestellung  bei  ibm 
einfand. —  Die  erste re  Annahme  scheint  mir  geradezu  uoza«* 
lässig.     Denn   wie   konnte  Fonk  Hamachern  auf  eine  bestimmte 
Stunde  zu  sich  bestellen,  wie  konnte  er  ihm  sagen,  dafs  Conea 
uoeh   kommen  würde,   wenn  nicht  eine  Verabredung  oder  An- 
kündigung  vorausgegangen   war''     Mochte  -«Conen    auch    etwas 
noch  so  Unend)ehrliches  bei   ihm  vergessen  hjiben,  dafs  Conen 
sich   in   Person,   dafs   er   sich    noch   so  spät  und  gerade* in 
der  neunten  oder  zehnten  Stunde  bei  ihm  ein&nden  würde, 
konnte  er  auf  keine  Weise  voraussetzen«—  Wir  müssen  also  ao- 
nehmen,    es  giuij;   ein.e   Verabredung  oder  Bestellung 
voraus.     Aber    mit   dieser   Annahme   verwickelt  man   sieb   iu 
neue  fast  uoch. grössere  Schwierigketten.  Man  beachte  zuvörderst 


m 


Fonk^'sclier  Criminalprocefs»  a5 

die  angeblich •  gefallenen  Reden:  »ht  Herr  Fonk  zu  Hanse?« 
»Ich  hatte -was  vergesseu.c  »Ich  dachte  wohl,  das  sie  etwas  ver-> 
gessen  häUeD.€  Deuten  nicht  diese  Reden  auf  ein . z u f ä  1  li g e s- 
Kommen  hin  ?  Sodann  (einstweilen  Alles  nach  den  Worten  ge- 
nommen),  wie  lächerlich!  Conen  hatte  mit  Fonk  zuletzt  in 
Fonks  X  eigenem  Hause  gesprochen  und  hier ,  in  diesem  Hause 
also,  zu  Fonk  gesagt,  er  wolle  noch  einmal  kommen  um  etwas 
zu  liolen,  das  er  in  dem  Hause  Tergessen  habe!  Aber  die  Haupt» 
Sache  ist,  da fs  man  Conen  geradezu  für  einen  Schur* 
ken  halten  mufs,  wenn  man  behaupten  will,  dafs  diese  Zu-. 
sammenkunft  verabredet  war.  Er  hatte  gegen  Schrddern,  sei-, 
neu  Herrn  oder  Machtgeber,  nichts  von  dieser  Zusammenkunft 
geäussert ,  ungeachtet  er  mit  ihm  zu  Nacht  gegessen  hatte«  £r 
hatte  sie  ihm  sogar  verheimlichet;  denn  er  hatte  Schrodern^ 
wegeh  seines- späten  Ausgehns  befragt,  nur  erwiedert,  ich  will 
noch  was  mit  •  Hahnenbein  gehn.  Aber  ein  solcher  Verdacht  ge- 
gen Conen  läfst  sich  schlechterdings  nicht  rechtfertigen«  Conen. 
zeigt  sich  ip  dem  ganzen  Verlaufe  des  Geschäfts  als  ein  treuer 
vielleicht  nur  zu  sehr  für  die  Sache  seines  Herrn  eingenommener 
Bevollmächtigter;  er  erscheint  besonders  in  den  Briefen  an  die  Sei- 
nigen als  ein  recht  liebenswürdiger  junger  Mann ^  er  war,  noch 
in  der  letzten  Zusaro  mmenkunft ,  die  in  seiner  Ge« 
genwart,  zwisch  en  Fonk  und  Schrddern  gehalten 
wurde,  (den  gten  Abends)  in  einer  Zusammenkunft, 
nach  welcher  er  nicht  4cr  Letzte  Fonken  verlassen 
hatte,  in  einen  lebhaften  Wortwechsel  mit  Fonk  ge-. 
rathen.  Auch  den  Umstand  würde  ich  Conen  zur  Ehre  an- 
rechnen, (ohne  einen  genügenden  Orund,  wi^  mir  scheint,  ist 
er  gegen  Conen  gewendet  worden),  dafs  Conen  kurz  vor  sei- 
nem Verschwinden  gegen  Hahnenbein  äusserte:  Er,  Hahnen-- 
bein,  habe  wohl  zu  viel  (zu  viel  Nachtheiliges)  von  Fonk  ge-> 
sagt*  -—  Mit  einem  Worte,  je  mehr  man  über  diesen  Besuch 
nachdenkt;  desto  mehr  verwickelt  man  sich.  Auch  liegt  die- 
Schwierigkeit  nicht  blofs  in  der  Sache  selbst,  sondern  zu- 
gleich in  Hamachers  Erzählung.  Der  Lügner  verräth  sich, 
indem  er  den  Besuch  erklären  will«  (Daher  ist  auch 
das  nicht  unbedeutsam,  dafs  H«  in  seinem  Geständnisse  die  an- 
geblioho  Rede  Fonks;  CSneu  kommt  noch  einmal,  er  hat  etw^. 
vergessen !  —  n  a  o  li  h  o  1 1 ). 

Eine  zweite  Hauptunwahrscheinlichkeit  liegt  in  der  Er-* 
mordungsscene.  Im  Packhause  steht  Fonk  neben  Cönen^  er 
höhlt  mit  dem  Bandmesser  aus,  er.  warnt,  mochte  man  ^en, 
Conen  durch  die  Worte:  Da  Kerl  hast  du  die  Probe!  —  CA^ 
neu  steht,  schweigt,  wendet  und  wehrt  sich  nicht.—  Fonk  gicbt 
Conen  sodann  einen  Stols  vor  die  Brust,  dafs  dieser  ii^u  Boden 


2ß  Fonk^scber  Criminalprocefs. 

fallt«  «-»  Ancli  da  halt  CSnen  stiU  und  geduldig.  —  Hamaclier 
erwürgt  ihn  hierauf.  —  Auch  da  lesen  wir  nichts  von  einer 
Gegenwehr,  von  einem  Sträuben  oder  Röchein.  —  So  beträft 
sich  kein  Mensch ,  wenn  er  ermordet  wird,  sondern  alleDfalls 
ein  Falls,  wenn  es  Zugeschlagen  wird.  Der  Trieb  der  Selbster- 
haltung wvcht  über  den  Menschen,  auch  wenn  der  Verstand 
nicht  mehr  überlegen  kann.  Diese  Hingebung  und  Duldung  ist 
gerade  in  dem  vorliegenden  Fall  am  unerklärbarsten.  Conen  war 
ein  jonger,  starker  Mensch.  Von  der  Beschaffenheit  waren  die 
an  Cdnens  Leichnam  gefundenen  Wunden  nicht,  dafs  sie  ihm 
augenblicklich  alle  Besinnung  hätten  rauben  müssen.  Auch  sank 
er  ja  von  den»  Schlage  nicht  zusammen.  Ich  habe  schon  viele 
Mordgeschichten  gelesen,  eine  ähnle  he  ist  mir  noch  nidit 
vorgekommen«  ^ 

Nicht  besser  steht  es  mit  der  äufserfl  Glaubwürdigkeit 
des.  Hamacherschen  G eständnisses.  Dieses  Gestand uifs  ist 
durch  keine  einzige  nur  einigermafsen  erhebliche 
und  sattsam  erwiesene  oder  wenigstens  wahr- 
s^cheinlich  geinac,hte  Thatsache  unterstützt,  es  ist 
sogar,  wenigstens  durch  eine  unbestreitbare  That- 
sache, widerlegt  worden.  . 

Es  ist  auf  keine  Weise  unterstützt  worden. 

Hat  man  CQnens  Eigenthum  oder  irgend  ein  Werkzeug  des 
Vergehens  bei  Fonken  oder  Hamachern  aufgefunden  oder  be- 
ziehungsweise vermifst?  Nein!  -*  Fonk  soll  Cönens  Brief- 
tasche und  Hut  und  Pfeife  an  sich  genommen  haben.  Sind 
diese  Sachen  bei  Fonk  gefunden  worden?  Nein !  —  Cöqens  Leich- 
nam soll  in  einem  Fasse  in  den  Rhein  geschaft  worden  sejn. 
Hat  man  dieses  Fafs  aufgefunden  oder  nachweisen  können?  l^eini 
und  doch  mufste  es  durch  BJutspuren  kenntlich  sejn.  —  Ha- 
macher will  mit'  einem  Riemen  einen  Stein  an  den  Leichnam 
befestigt  haben.  Hat  man  irgendwo  ( an  '  Fonks  Pferdege- 
schirre, an  Hamachers  Schurzfelle,)  einen  Riemen  vermifst? 
Abermals  nein! 

Und  die  Hauptsache  —  eine  Thatsache,  die  mit  Hamachers 
Geständnisse'  in  dem  wesentlichsten  Zusammenhange  stand,  eine 
Thatsache,  die  'ihrer  Beschaffenheit  pacb,  nicht  eben  schwer 
zu  erweiseü  war,  ist,  abgesehen  von  der  Aussage  eines  emzigen 
Zeugen,  durch  vvelche  sie  übrigens  nur  auf  eine  sehr  entfernte 
Weise  bekräftiget  wird,  gänzlich  unerwiesen  geblieben,  ja  so- 
gar durch  einen  sehr  kräftigen  Gegenbeweis  beseitigt  worden, 
—  ich  meine  die  Thatsache ,^  dafs  Adam  Hamacher,  auf  «"C 
von  seinem  Bruder  Christian  erhaltene  Bestellung,  den  lo. Nov. 
von  Sinnersdorf  nach  Kblh  mit  einem  einspännigen  Wagen  ge- 
kommen und  den  üten  früh  das  Fafs  mit  Conens  Leichnam  nn 


Ftf^k^scheüT^  CrittiiEuilprocels;'  lij 

den  Rbein  gefahren  babe,  hierauf  aber  nach  Sionersdorf  zu** 
ruckgekehrt  sej.  —  Der  Wirth  des  Gasthofes,  m  welchedi 
Adam  Harn.,  zu  Folge  des  von  Christian  Ham.  abgel^ten  Ge- 
ständnisses vom  loten  zum  üten  NoV.  übernachtet  haben  soU^ 
(des  Gasthofs  zuni  goldenen  Löwen,)  die  sämmtlichen  Leute 
dieses  Wirthes,  leugnen  schlechterdings,  dafs  diese  (in  Bezic« 
hung  auf  sie  ganr.  unverdächlige)  .Thatsache  w^ahr  sej.  Und  wenn 
man  erwägt,  daE»  Wirthe  und  die  welche  in  einem  Gasthofe, 
dienen,  eindn  ganz  eigenen  Blick  und  eine  ganz  eigene  £rin- 
uerun^skraft  für  Fremde  haben,  dafs  Ad,  Hamacher  einen  Kar- 
ren und  ein  Pferd  bei  sich  hatte  oder  gehabt  haben  soll,  dafis 
er  dea  ii.  ungewöhnlich  früh  aufbrach,  —  so  wird  man  ge-> 
wifii  !gesneigt  seyn,  sie  für  mehr,  als  für  blols  verneinende  Zeu^^ 
gfen  zu  halten.  -. —  Ferner,  Adam  Hamacher  hat  sogar  ein  Ali-, 
bi,  seine  Abwesenheit  in  Sinnersdorf  am  loten  urid  liten  Nov. 
durch  mehrere  Zeugen  (a.  a.  Ow  S.  45o  —  4^9*)  beigebracht. 
Nun  sieht  zwar  diesem  Beweise  des  Alibi  'entgegen ,  i )  dafs 
aadere .  Zeugen  f  auf  die  sich  die  Alibizeugen  bestimmt  berufen, 
Ad*  äamachera  an  den  gedachten  Tagen  in  Sinnersdorf  nicht 
gesellen  haben  wollen,  2)  dafs  eine  Zeuginn,  die  schon  obeii 
erwähnte  Ghidstine  SchüU,  Ehefrau  Egel,  behauptet,  Adam  Ha— 
machern  den  11,  Nov.  früh  ins  Dorf  her  einfahren,  gesehen  zu 
haben«  '  Allein  jene  Zeugen  konnten  sich  um  so  leichter  irren, 
d|i  sie  erst. nach  längerer  Zeit  abgehört / wurden,  da  jene  Tage ■ 
KiroftestageAViaren ,  an  welchen,  man  auf  dem  Lande  so  viele 
]Vf eoseben  steht  und  spricht^  und  .diese  Zeuginn  ist ,  (wie  ich 
schon  oben  angedeutet  habe,)  weder  so  unverdächtig,  noch  ia' 
ihren  Aussagen  so  ausführlich,  dafs  sie  den  Beweis  des  Alibi; 
gänzlich  entkräften  könnte.  Ich  bemerke  !i^ur  noch,  (um  nibht. 
bei  den  Gründen ,  die  sich  für  diesen  Beweis  *  noeh  ausserdem 
darbieten,  zur  Ungebühr  zu.  verweilen)  .dafs  Chi*.  Hamacher 
erst  seinen  Bruder,  dann  einen  Unbekannten  als  den  Fuhrmann 
be^j^etchn^te. 

Das  Geständnifs  ist  sogar  durch  eine  unbestreitbare    That-' 
Sache  widerlegt  worden  ~-  durch  die  Beschaffenheit  der 
an  Cönens  Leichname  gefundenen  Kopfwunden. 

Ist  Hamachers  Geständnifs  eine  Lüge,  welche 
Hamacher  aus*:  den  t^llgemein-en  Nachrichten,  die 
er  von  dem  Leichenbefunde  erhalten  hatte,  zusam- 
memsetzte^  so  mufs  es  im  allgemeinen  mit  dem  Lei- 
chenbefuud  , übereinstimmen,  im  Einzelnen  aber  da» 
von  abweichen.  Und  so  verhält  sich  die  Sache  in  der  That! 

Mao  .hatte  an  dem.  Leichname  Kopfwunden  und  Spuren  der : 
Erdrosselung  gefunden.     Die   er^tern  rührten  nai;h  dem  Urtheile 
der  gerichtlichen  Aerzte,  von  eiaem  stumpfen,  e^as  uugleichea» 


!tS  Fcmk^scher  Griminalprocefs.' 

mehr  ijoetsdicod  als-  sclineidlcnd  wirkenden  lastnimente  lier.  Dm 
Gerücht  hatte  dieses  Instranent  wahrscheinlich  in  ein  Bandmes« 
ser  verwandelt  So  weit  nun,  also  im  allgemeinen^  stimmt  Ha- 
machers Gresllndnils  mit  dem  Letchenbefande  vortrefflich  uber- 
cin*  Conen  erhält  zuerst  mit  einem  Bandmesser  einen  Schlag  auf 
den  Kopf|  dann  wird  er  erdrosselt] 

Aber  hiermit  endet  au^h  die  Uebereinstim- 
nnngi  — '  Nach  Hamachers  Geständnifs  erhielt  Conen  nur 
«ineu  Schlag.  Aber  nach  dem  Leichenbefunde  hatte  Conen 
mehrere  Wunden  am  Kopfe,  die,  (wenn  sie' auch,  was  doch 
immer  zweifelhaft  bleibt,  insgesammt  mit  einem  Bandmesser  Co- 
nen, geschlagen  worden  sejn  konnten,)  dennoch  inehrere 
Schläge  oder  Hiebe  voraussetzen.  -—  Nach-  dem  Geständnisse 
gab  Fonk  den  SchLig  auf  den  KapL  Nach  dem  Leichenbefund 
war  auf  dem  Kopfe  nur  eine  u  n  b  e  d e  u  t  e  n  d e  Wunde  zu  sehen, 
von  der  es  sogar  zweifelhaft  war,  ob  sie  im  Leben  '  oder  im 
Tode  entstanden  s^;  die  Hauptwunden  fandeii  sich  an  der  iin- 
^ken  Seite  der  Stirne.  —  Man  kann  die  Entstehung  des 
Geständnisses  ans  dem  Leichenbefunde  oder  aus  der  Kenntnifs, 
die  Hafliiacher  von  diesem  hatte,  erklären,  nicht  aber^  ohne  zu 
netten  Hypothesen  seine  Zuflucht  zu  nehmen,  den  Leichenbe- 
fund aus  dem  Geständnisse. 

Ich  weils  wohl,  dafs  man  sagen  wird:  Hamacher  hat  nur 
nicht  alles  in  der  Geschwindigkeit  gesehen;  oder,  hätte  er  nur 
nicht  sein  Geständnils  widerrufen,  so  würde  er  schon  die  Worte: 
Fonk  schlug  CÖnen  auf  den  Kopf  —  erläutert  und  gedeutet 
Laben.  Aber,  indem  ich  diesen  Streit  über  Möglichkeiten  An- 
dern überlasse,  erlaube  ich  mir  den  Wunsch,  dafs  die  Herren 
Sachverständigen  sich  über  die  Fri^e  geäufsert  hätten :  Ob  Fonk, 
wenn  er  neben  Conen  stand  9  ( Hamacher  läfst  es  ungewiüs:  Ob 
zur  Rechten  oder  zur  ,  Linken  ? )  diesem  die  gefundenen  Ver- 
wundungen zufügen  konnte? 

Noch  imifs  ich  eines,  in  dem' ärztlichen  Gutachten  i>emerk- 
ten  Umstapdes  erwähnen,  welcher,  wenn  er  genugsam  ausge- 
mittelt  worden  oder  auszumitteln  gewesen  wäre,  Hamachers  Ge- 
ständnifs abermals  entkräftet,  ja  vielleicht  ein  neues  und 
unerwartetes  Licht  über  das  Geheimnifs  des  vor* 
liegenden  Falles  verbreitet  haben  würde«  Nachdem 
ObductionsprosocoUe  war  auf  beyden  Knieen  auf  dem  obern 
Rande  der  Kniescheibe  ein  Druck,  welcher  in  die  Queere  gicng, 
zwej  Zoll  Länge,  und  einen  in  der  Breite  betrug.  Im  Grunde 
dieser  Eindrücke  war  blols  die  Oberhaut  oben  abgeschabt.  Wenn 
man  beide  Kniee  aneinander  legte,  nahmen  beide  Eindrücke  den 
erhabensten  Theil  der  Kniec  ein,  und  sie  schienen  nach  dieser 
Lage ,    6escbair(|ttheit  und  Richtung  durch  einen  dicken  Strick, 


Fonk^scher  Crimüialprocefs.  519 

der  um  die  Kni«e  gelegen,  bewirkt  worden  za  sejm.  »Dies^ 
Eindrucke,«  bemerken  nun  die  SachTersta'ndigen  in  ihrem  Gutm- 
achten (a.  a,  O.  S.  5a5.)  »können  nach  ihrer  Irfige,  Richtung 
und  Beschaffenheit  kaum  anders  ab  durch  einen  liier  eingewirk'» 
tcn  Strick  verursacht  worden  sejn,  der  vielleicht  dazu  ge«' 
dient,  den  Leichnam  auf  ein,  neben  4^0>s«lben  im 
Rheine  getriebenes,  und  bei  der  Obduktion  vprg<>- 
legtes  rohes,  mit  einem  gebogenen  Nagel  durch«^ 
schlagenes  Tannenbord  und  daran  ein  Gewicht  zur 
Versenkung  desselben  unter  Wasser  zu  befestigen, 
welches  dadurch,  dafs  die  beiden  Eindrücke  eine 
liud  dieselbe  Stelle  auf  den  erhabensten  vorderen 
Theile  der  Kniee  einnahmen,  und  die  äussere  Seite 
derselben  nicht  die  kleinste  Spur  dalvon  zeigten, 
sehr  an  Wahrscheinlichkeit  gewinnt.«  (Von  welcher 
Beschaffenheit  war  dieses  Bret  ?  Lagen  am  Rheine  bei  CoUa 
Breter  dieser. Art?  oder  konnte  man  etwa  den  Eigenthiimer  des 
Bretes  oder  auch  nur  einen,  der.;ahniic:he  Breter  bes^fs,  >usmit-* 
teln?  Hatte  gerade  damals  ein  Einwohner  Cöliu's  Breter,  oder 
Nägel  oder  einen  Strick  —  vielleicht  unter  ungewöhnlichen 
Umständen  —  gekauft  ?  Auf  diese  Spur  hätteu  die  homines 
male  seduli  ihre  Aufmerksamkeit  richten  sollen),-«  Hamacher 
weifs  von  einem  solchen  Tannenborde  nichts.  Er.  ist  ein&cher; 
er  braucht  nur  einen  Riemen  und  einen  Stein,  um  den  Leichnam- 
in  das  wässerige  Grab  zu  versenken. 

SchüeMich  will  ich  nur  noch  mit  zwei  Worten  bemerken, 
dafs  man  in  dem  Charakter  und  in  d?sm  früheren  Lesben  Hama- 
chers schlechterdings  keinen  Grund  findet,  dem  .Menschen  die 
l'heilnahmc  an  einer  so  fürciiter liehen  Unthat  zuzutrauen ,  dafs 
die  gute  Frage:  Cui  bona}  bei  Hamachcrn  noch  weniger,  als 
bei  Fouk,  eine  genügende  Antwort  zulassen  würde« 


Und  so  trage  ich  denn  kein  Bedenken,  meine  Meinung  da- 
hin zu  äussern,  dafs  ich,  so  wie  die  Sache  liegt,  als  Geschwor* 
ner,  für  Fonk's  und  für  Hamachers  Unschuld  gestimmt  haben 
würde. 

Ich  füge  jetzt  noch  die  Erzählung  eines  Rechtsfalles  bei, 
der  mit  dem  vorliegenden  manche  Aehnlichkeit  hat,  die  Verglei- 
^ung,  (ich  hoffe,  sie  soll  nicht  uninteressant  sejn,)  den  Lesern 
überlassend« 

Die  Erzählung  ist  aus  folgendem  Werke  wörtlich  übersetzt: 
A  compUte  Collection  of  Stau-Trials.  By  T,  B,  HoweU.  (FoL 
XH^.  S,434a.  ff.)  —  einem  Werke,  welches  ich  einem  Jeden 
empfehlen  kann,  ir elcher  den  R^cBtsgaog  der  peinlichen  Gericht« 


3b  Fonk'schcr  Criminalprocefs. 

des  Britisctiea  lleictis  recht   nach    dem  Leben  .kennte    lernen 

will. 

Aö  einem  Donnerstan;e,  den  i6t.  Augnst  1660,^  gi^ng  WH- 
liam  Harrison,  Verwalter  der  Gräfin  Canipden,  zu  Campden  in 
-Gloucestershire  ^  ein  Mann  von  ohngeföbr  siebenzig  Jal^reo,  von 
besagtem  Campden  nach  Charringworth  ^  ohngefahr  twei  Meilen 
davon,  um  die*  Zinsen  seiner  Herrihn  in  Empfang  zu  nehnnen; 
da  er  nun  nicht  so  frühe  wie  sonst  zurückkehne,  schickte  seine 
Frau  (zwischen 'acht  und  neun  Uhr  des  Abends)  ihren  Knecht, 
Jdhn  Perry ,  seinem  Herrn  auf  den  Weg  nach  Charringworth 
entgegen :  da  aber  w^der  Herr  Harrison  noch  seih  Knecht  diese 
Nacht  zurückkehrten,  ging  Edward  Harrison  (der  Sohn  Willi" 
am^s)  des  folgenden  Morgens  frilhe,  nach  Charringworth  zu,  um 
wegen  seines  Vaters  nachzuforschen.  Auf  dem  Wege  begegnete 
er  dem  Perryj  welcher  von  dorther  kam,*  und  da  er  von  die- 
sem erführ,  dafs  sein  Vater  nicht  dort  wäre,  giengen  sie  mitein- 
ander nach  Ebrington,  einiem  Dorfe  zwischen  Charringworth 
nnd  Campden;  wo  Sie  von  einem'  gewissen  Daniel  hörten,  dafs 
Herr  Harrison,  bei  seiner.  Rückkehr  von  Charringworth j  bei 
ihm  eingesprochen  —  sich  aber  nicht  aufgehalten  habe.  Sie  gien- 
gen sodann  nach  Paxford ,  ohngefahr  eirfe  halbe  Meile  davon j 
da  sie  aber  auch  dort  nichts  von  Herrn  Harrison  erfuhren,  kelir- 
ten  sie  nach  Campden  zurück.  Auf  dem  Wege  hörten  sie,  dafs 
auf  der 'Landstrasse  (zvvlschen  Ebrington  und  Campde(i)  ein 
Hut,  ein  Halstuch  und  ein  Kamm,  von  eiYier  armen  Frau,  "^elclic 
Aehren  gelesen,  aufgehoben  worden  sey;  sie  suchten  sie  auf, 
und  fanden  bei  ihr  den  Hut,  das  Halstuch  und  den  Kanmi, 
welche  Stücke  sie  als  KeTTn  Harrison  gehörig  erkannten. 

Nachdem  sie  die  Frau  an  den  Ort  gebracht  hatten,  wo  sie 
die  Sachen  gefunden,  (auf  der  Landstrasse  zwischen  Ebringtcn 
und  Campden  nahe  an  einem  grossen  Ginsterdiökich)  suchten  sie 
dort  nach  Herrn  Harrison,  muthmassend,  dafs  er  ermordet  wor- 
den sej,  weil  der  Hut  und  Kamm  verschnitten  und  zerhackt  wa- 
ren; aber  sie  konnten  nichts  weiter  dort  finden.  Als  die  Nach- 
richt hiervon  nach  Campden  kam,- machte  sie  ein  solches  Auf- 
sehn indei*  Stadt,  dafs  Männer,  Weiber  und  Kinder'  in  Menge 
hinausströmten,  um  den  muthmafslichen  Leichnam  des  Herrn 
Harrison  aufzusuchen;  aber  alles  vergebens. 

Die  grosse  Angst  di^t  Frau  Harrison,  würdö'nun  um  vif- 
les  grosser  f  und  da  sie  ihren  Knecht  Perry  ( den  Abend  iavorj 
seinem. Heirn  entgegen  geschickt  hätte,  und  er  diese  Nacht  nicht 
zurückgekehrt  war,  erregte  dieses,  den  Verdacht,  dafs  er  ihn 
beraubt  und  ermordet  habe;  besagter  Perry  wurde  am  folgen- 
den Tage  zu  einem  Friedensrichter  gebracht;  und,  über  dipAb- 
"wesenbett  seines  Herrn  uad,.tiber  sein  eignes  Ausbleiben  in  der 


\\ 


Fonk^sqher  Crlminalprocds.  5i 

Haqht^  WO  ^  ihm  entg^en  gegangen,  befragt,  g«*  «  Ton  ticli 
gelbst  Xalgeode  Rechenschaft :  Seine  Gebieterinii  habe  ihn  zwl^ 
sehen  acht  und  neun  Uhr  des  Abends  seinem  Herrn .  entgegen 
geschickt ;.  er  sej  hieraLVii  Campdem-ßeld  hinunter,  gen  Ckar* 
r<>i^4VPKÄ  gegangen,  und  als  er  ^en  Acker  Weges  iiirückge- 
)egt,  sey  ihm  eip  gewisser  Wüäam  Reed  von  Campden  begeg- 
net ^  weichen^. mit  seiner  Botschaft  bekannt  gemacht,  und  \nn^ 
augcsetu  bah«,  dafs  er  .sich  fürchtete,  weiter  tu  gehen,  weil  es 
finster  werd«;  er  wollte  deswegen  umkehren  und  das  Pferd  sei-^ 
»es  jungen  Herrn'  holen;  er  sej  hierauf  mit  ihmzurückgegangea 
bis  aot  H«  Harrison's  Hofthor,  Wo  -sie  sich  getrennt  hätten  und 
pr.  stehen  geblieben  sey;  hierauf  sej  ein  gewisser  P/^re  wi  ihm 
gekommen,  okit  welchem  er  abermak,  ohngefähr  einen  Bogen* 
«choEs  weit  in.  die  Felder  gegangen  und  gleichfalls  mit  ihm  zii 
^dmea  Herrn  Thorweg  zurückgekehrt- sej,  wo  sie  sich  auch  ee« 
trennt  hätten f*  alsdann  sej  -er,  besagter  John  Perry,  -in  seines 
Herrn  Hühnesstall  gegangen  «md  habe  sich  ohpgefähr  eine  Stunde 
]iiedei:gelegt,  ohne  jedoch  zu  Schlafen.  Als  die  Glocke  zwölfe 
schlug,  sey  er  aufgestanden. und  nach  ^'Aorrm^orM  zugegan<ren. 
yts.  er  seinen  Weg  verloren  iind^  so  den  übrigen  Theil  der  Nacht 
unter  einer,  Hetke  gelten.  Sobald  der  Tag  anbrach,  am  Frei-» 
tag  Morgen,  gieng  er,  «einer  weitern  Aussag«  nach,  nach  Char^ 
piugworth,  wo  er  bei  einem  gewissea  .Eduard  Plaisterer^Erkun«« 
digung"  über  seinlen  iHerrn  einzog ;  dieser  sagte*  ib|n,  dafs  er  deg 
Kachmittags  zuvor  bei  ihm  gewesen,  «mid.direi  tind  zwanzig  Pfund 
von  ihm  empfangen,  sich  aber  nicht -lange  bei  ihm  aufgehalten 
habe.  Sodanu  ging  er  zu  H^üUaw.  Courtis  in  derselben  Stadt 
weh:ber*.ibm  ebenfalls  sagte,  er  habe  gehört  sein  Herr  wäre  ia 
sein  Haus  gekommen,  da  er  aber  nicht;  zu  Hause  gewesen,  habe 
er  ihn  t nacht- gesehen* 

:Nach  diesem,  sag^  er,  sey  er  nach,  Hwise  zurückgegangen! 
(es  wap'fthBgefähr  fünf  Uhr  des  Moi^gens).  Auf  dem  Wege  be- 
gegnete ibm  der  Sohn  seines  Herrn^  mit  welchem  -er  nach  Ehrüig^^ 
Un  mid  Pax/ord  gegan|;en  etc.,  wie  schon  erzählt  worden  ist. 

.rjteed,  Pearee  taid  Courtis  wurden  verhört  und  bestätigten 
jPerr/V '  Aussage. , 

-  P^rrjr^  '^urde  von  dem  Friedensrichter  gefragt,  wie  er,  der 
steh  gefürchtet  h|tbe,  um  neun  Uhr  nach  Charringworih  zu  ge* 
hen,  so  kühn  geworden  sej^  um  12 <  Uhr  dahin  bu  gehen?  Er 
antwortete,  dafs  es  un|  neun  Uhr  "finster^  um  la  Uhr  aber  Mond-» 
schein  gewesea  %ej. 

'Er  wurde  werter  gefragt,  warum  er,  nachdem  er  zweimal 
von  seiner  Senduug  zurückgekehrt,  und  sich  bis  zw4ilf  Uhr  auf«- 
gehalten,  nicht  in  das  Haus  gegangen,  um  zu  hören  ob  sein 
Herr   zuiückgekonuaen  sc^y,  ehe  er  .ein  drittes  Mal   zu  dieser 


39  Fonk'schar  Criminalprobeis. 

Zeil  der  Nacht  ansgienge,  um  ibn  zu  snchetii*  -er  antwortete,  er 
habe  gewalst  dtft  sein  Herr  nicht  nach  Hause  gekommen  sej^ 
weil  er  in  seinem  Kammerfenster  Licht  gesehen ,  veldhes  nie  so 
Spät  der  Fall  gewesen,  wenn  sein  Herr  ^u  Hause  war. 

Doch  ohngeacbtet  dessen^  was  Perrjr  über  %em  AosUeiben 
in  dieser  Nacht  ausgesagt,  wurde  es  nicht  lur  thunlich  gehalten, 
ihn  loszulassen,  bevor  man  weitere  Nachforschungen  nach  Herrn 
Harrison  gemacht;  er  blieb  demniich  zu  Campden  in  Verwah- 
iting,  anfänglich  in  einem  dortigen  .Wirthshause,  und  d^Qn  in 
dem  öffentlichen  Gefängnisse,  vom  Sonnabend  dem  1 8ten  Augast 
bis  zum  folgenden  Freitage,  während  welcher  Zeit  er  zu  Camp* 
Jeik  von  oben  erwähntem  Friedensrichter  wieder  verhört  wura^ 
sj>er  nichts  mehr,  wie  zuvor,  aussagte;  auch  konnte  daauls 
keine  weitere  Entdeckung  gemacht  werden y  was  aus  Herra 
Morrison  geworden;  es  verlautete  aber,  dafs  Peny  wahrend 
•eiiier  Verhaftung  jemanden  erzählt  habe,  (welcher  in  ihm  ge- 
druii|[en,  zu  bekepnen,  was  er  von  seinem  Herrn  wisse)  dafs 
ihn  ein  Kesselflicker  erschlagen  habe ;  zu  andern  sa^e  er,  dafs 
die  Magd  eines  Edelmannes  aus.  d*i^  Nachbarschaft  ihn  beraubt 
und  ermordet  habe ;  und  wieder  andern ,  dafs  er  in  Cantpäen 
ermordet,  und  unter  einen  Haufen  Bohnen  verborgen  vvorden 
wey\  es  wurden  jedoch  abermals  vergebliche- Nachsuchungen  ge* 
macht.  Endlich  äusserte  er,  dafs,  wenn  er  wieder  vor  den  Frie- 
dens -  Richter  gebracht  werde,  wölke  er  ihm  entdecken^  was  er 
ionst  niemand  entdecken  würd«.  Hierauf  wurde  er  (Freitags 
den  a4ten  August)  wieder  \ot  den  Friedens -Richter  gdiracbt, 
welcher  ihn  zuerst  verhörte,  und  als  er  ihn  fragte  ob  .er. nun 
bekennen  .wollte,  was  aus  seinem  *  Herrn  geworden ;  antwortete 
er,  dafs  er  .esmordet' worden  sej,  aber  nicht  von  ihm:  der  Frie- 
dens-Richter  sagte  ihm  sodann,  dafs  wenu  er  wisse,  daüs  sein 
Herr  ermordet  worden,  .er  auch  .wissen  müsse  von  wem;  er 
wiederholte  aber  nur  sein  Geständnifs;  als  aber  emsdieh  in  ikn 
gedrungen  wurde,  -zu  gestehen,  was  er  wisse,  gestand  er  dafs 
seine  Mutter  und  sein  Bruder  seinen  Herrn  ermordet  hättea- 
Der  FriedwsrRichter  rieth  ihm  wohl  zu  bedenken,  was  er  sage, 
und  setzte  hinzu,  dafs  er  fürchtete,  er  sej  Scimld  an  seines  Herrn 
Tode,  und  er  sollte  nicht  noch  mehr  unschuldig  .Blut  auf  sein 
Haupt  laden;  denn  die  Beschuldigung  seiner  Mutter  Und  seines 
Bruders,  konnte  ihnen  das  Leben  kosten;  aber.. er  versicherte, 
/  dafs  er  nichts  als  die  Wahrheit,  gesprochen,  und  wenn  er  auf 
der  Stelle  sterben  sollte,  würde  er  bei  seiner  Aussage  bleiben: 
Der  Richter  wluisohtei  dafs  er  erklären  mochte,  wie  und  weoo 
sie  es  gethaii«  . 

j  •  »         ■ 


Xrgäniungs-BIätter  d.  lleidelb.  Jahrb.  4.  Literatur.  I«  2; 

/ 

Fonks^chtr    Criminalprocefu 
QBescblttfs^)  .   ^ 

llr  erzäMte   ihm    hierauf^    dafs    seine   Mutter   und    $ein   JBru* 
der,  ihm.  immer  angelegen  'wären,  seit  et  in  seines  Heirn  Dienste 
gekommen,  ihnen  mit  Geld  auszuhelfen,   sie  hätten  ihm  geklagt^ 
wie  arm  $ie  wären |^  und  dafs^  es  in  seiner  Macht  stände,  ihnen 
zu  helfen,  wenn  et  sie  benachrichtigte,  Wann  sein  Herr  dieZin-« 
sen  seiner  Gebieterinn  abhQ|te;  sie  wollten  sodann  auf  ihn  lauern 
und  ihn  berauben;  und  weiter  sagte  er,  am  Donnerstage  morgens 
sej   ihm  in  der  Stadt  zufällig  sein  Bruder  auf  d^er  Strasse  be^' 
gegnet)  welchem  er  denn  gesagt  habe,   wohin  sein  Herr  gegan-^^ 
gen  scj,  und  wenn  er  ihm  autlauern  wollte,  würde  er  das  Geld 
bekommen;  weiter  sagte  er f- dafs  an  dem  Abende^  Wo  seine  Ge» 
bicterinn  ihn  seinem  Herrn  entgegengeschickt,  er  abermals  seinen 
Bruder   auf  der   Strasse  getroffen    habe,   und  zwar   vor  seines 
Herrn  Thorfarth;  da  er  nun  im  Begriff  gewesen   (wie  gesagt )) 
seinem  Herrn  entgegen  zu  gehen^  waren  ^ie  mit  einander  bis  aii 
den  Kiprchhof  gegangen^   ohngefäbr  einen  Stein wurf  weit  von  H* 
Harrison^s  Tborwege,  wo   sie  sich  getrennt  hatten,  und  er  ^tn 
FuCssteig,  queer  über  di<^n  Kirchhof^  Und  sein  Bruder  den  Haupt« 
weg   um  die   Kirche    gegangen  %e;j ;    aber  auf  der  Landstrasse 
jenseits  der  Kirche  se^  er  ihm  wieder  begegnet^  und  so  wären 
sie   mit  einander  au£  dem  Wege  fortgegangen,    welcher  nacK 
Ckarringworth  fuhrt,  bis  sie  an  ein  Thor  gekommen,  ohngefahr 
eine»   Bpgenschuls  von    der  Kirche,    'Reiches   in   einen   Grundl 
führe,  der  von  der  Gräfin  Campden  Kannich enlust  genannt  werde^ 
(für  dieijenigen ,    welche   einen  Sqhlussel  haben,   um  durch  den 
Garten  zu  gehen,  ist  dejC  nächste  Weg  von  diesem  Orte  zu  H* 
Harrison^4  Hause)«    Al^  sie  näher  an  das  Thor  kamen ,  sagte  er^ 
Jofyi  Perry,  zu  seinem  Bruder,   er  glaubte,  da£i  sein  Herr  so 
eben  in  d#n  Grund  gegangen  seji   denn   ob   es  vvohl  schon  so 
dunkel  Wair,-  dafs  sie  keinen  Menschen  mehr  unterscheiden  konn«^ 
ten,  ihn  also  nicht  erkannten;  so  schlofs  er  doch  daraus,  dafs  er 
Jemanden  gesehen  hatte,,  der  seinen  Weg  durch  den  Grund  nahm, 
und  dafs  nur  die    durch  den  Grund  gehen  konnten  |    di^  den 
Schlüssel  hätten,  -^  dafs  es  sein  Herr  sejn  müsse  ^   und  sagte 
zu  seinem  Brudy,   wenn   er   ihm  nachgehen  wollte,  würde  eü 
sein  Geld  bekommen;  dr  se^j^  wollte  indessen  einen  Gang  um 
das    Feld   tbun,  vr^lches  er   ^uch  that;    als   er    dann    seinem 
Bruder  naÄieng,    land,  Oir.  ,ungf/J^hr..^in   der  Mitte  des  Grün« 
des  seineu  ^brrn  auf  i(j|^|}[>  .9^4ll9tti  s<^^>i  Bruder  auf  ihm  ^   und 
seine  Alkitteff  bei  ihm  s^^^lii^M^  ^ag^^»-  ob  sein  Herr  todt 
sey,  erUioU  er  J^eine  Ai^^W>1ikr4%K.  ^^t  vx  ihnen  getreten^ 

£rg,  Bl.  Z4  d«  H.  Jibrb«  4.  I4*    L  1i«  9 


j 


34  Fonk^sclier  Crlmlnalprocefs.    . 

scliTie  sein  Herr:  AcK  Buben,  wollt  ihr  mißk  todscMagen :  wor- 
auf er  zu  seinem  Bruder  gesagt,  er  hoffe  nicht,  dafs  er  seinen 
Herrn  todschlacen  wolle;  er  erwiederte,  ruhig,  ruhig,  du  bist 
ein  Narr,  und  somit  erdrosselte  er  ihn;  als  er  ftieses  getlian, 
nahm  er  einen  Sack  mit  Geld  aus  seiner  Tasche  und  warf  ihn 
seiner  Mutter  in  die  Schurze ;  alsdann  brachte  er  und  sein  Bru- 
der den  todten  Körper  in  den  Garten,  welcher  an  den  Grund 
stolst,  und  berathschlagten  dort,  was  mit  ihm  zu  fhitn  sey:  Zu- 
letzt kamen  sie  überein,  das  sie  ihn  in  die  grofse  Senkgrube, 
bei  PVaüingtons  Mühle  hinter  üem  Garten,  werfen  wollten, 
aber  seine  Mutter  und  sein  Bruder  baten  ihn,  in  den  HoF  zu 
gehen  (nahe  am  Hause)  und  zu  sorgen,  ob  sich  niemand  na* 
berte,  sie  wollten  sodann  den  Korper  in  die  Senkgrube  werfen; 
als  er  gefragt  wurde,  ob  er  dort  wäre,  gab  er  zur  Antwort; 
er  wisse  nur,  dafs  er  ihn  in  dem  Garten  verlassen  habe,  abci 
seine  Mutter  und  sein  Bruder  hätten  gesagt:  sie  wollten  ihn 
dorthin  werfen  und  wenn  er  nicht  dort  wäre,  wisse  «r  niclit, 
wo  er  sej ,  dli  er  nicht  zu  ihnen  ^  zurückgekehrt ,  sondern  zum 
Hofthore  hinaus  in  die  Stadt  gegangen ,  wo  er  dem  John  Peant 
begegnete,  mit  welchem  er  in's  Feld  gegangen,  und  wiedermi: 
ihm  bis  an  seines  Herrn  Thorweg  zuriickgdcehrt  sej;  nach  die- 
sem sey  er  in  den  Hühnerstall  gegangen  und  habe  bis  zwüii 
Uhr  dort  gelegen ,  ohne  jedoch  zu  schlafen^ '  Als  er  von  seint^r 
Mutter  und  sehiem  Bruder  gekommen^  habe  er  seines  Herr: 
Hut ,  Halstuch' und  Kamm  (nachdem  er  inehrere  Schnitte  mit  sei- 
nem Messer  hineingemacht)  auf  die  Landstrafse  geworfen,  wo  sie 
nachher  !gefunden  worden.  Als  er  gefragt  wurde,  ans  welcli er 
Absicht  er  dieses  gethan,  sagte  er,  er  habe  es  gethdn,  dami: 
man  glauben  sollte,  sein  Herr  sey  beraubt  und  ermordet  wor- 
den; und  als  er  den  Hut,  Halstuch  und  Kamm  dort  hingelegt. 
sey  er  nach  Charringworth  zugegangen  etc.  —  wie  schon  er- 
zählt worden  ist. 

Auf  dieses  Geständnifs  und  diese  Anklage,  gab  der  Friedens 
>,  richter  Befehl  zur  Gefangennehmung  der  Johanne'  und  des  Ri- 
chard Perry  ( Mutter  und  Bruder  des  John  Perry )  so  wie  zu: 
Untersiichung  der  Senk^ube,  in  welche  Uarrison!s  Körper  ge- 
worfen worden;  dieses  geschah  demnach,  aber  es  konnte  d 
nichts  gefunden   Werden.     So   wurden  auch   die  Fischteiche 


in 


Citmpden  abgelassen  und  untersucht;  aber  auch  in  diesen  wurde 
nichts  gefunden.     Einige  waren  dfer^  Metuung,  der  Körper  könof 


in  den  Ruinen  des  Camhdench  Herrsch aftshauses«  weJdies  in 
dem  letzten  Kriege  abgebtai^i^^^'^yerborgien  word^fj^  sieyn;  um 
da  eine  solche' Verbergung  ndiHli^^Unth^lich  gewesen,  *>vurtlt' 
auch  dort  Nachsuchuugen  ^^niäicht^ 'iibt^'' alles  vergdilicb. 

Sonnabende  den  aSt^Jüti^ffS^deB  Johamie  und  Richard 


Ulli! 


n 


\ 


Fonk'scher  Criminalprocefs.  3fi 

Perr/  vor  den  Friedeosricliter  gebracht,  welcher  ihnen  bekannt 
machte,  was  John  Pcrryi  ihnci^  zur  Last  legte,  sie  leugneten 
alles,  mit  vielen  Verfluchungen  gegen  sich  selbst, 'wenn  sie  im 
Geringsten  der  ^ache  schuldig  wären  >  deren  man  ^\q  anklagte. 
Aber  auf  der  andern' Seite  bestätigte  John  Perrjr  {ihnen  in's 
Gesicht),  dafs  er  nichts,  als  die  Wahrheit  gesprochen,  und  da/s 
sie  seipen  berrn  ermordet  hätten.  Ferner  sagte  er  ihnen,  dafs 
er  nie  ruhig  vor  ihnen  gewesen  wäre,  seit  er  in  seines  Herrn 
Dienste  gekommen,  indem  sie  ihn  unaufhörlich  gequält  hätten,* 
ihnen  mit  Geld  zu  helfen,  welches  er,  wie  sie  ihm  gesagt,  thun 
könne,  wenn  er  sie  benachrichtigen  wollte,  wann  sein  Herr  die 
Zinsen  seiner  Gebieterin n  abholte,  und  dafs,  als  er  seinen  Bru- 
der in  dtr  Stadt  Campden  getroffen ,  am  Donnerstage  morgens, 
da  sein  Herr  nach  Charringworth  gegangen ,  er  ihm  gesagt 
habe,  Wohin  und  in  welcher  Verrichtung  sein  Herr  dahin  ge- 
gangen sej.  Richard  gestand,  dafs  er  seinem  Bruder  an  jenem 
Morgen  begegnet  sej,  und  mit  ihm  gesprochen  habe,  behauptete 
aber,  dafs  nichts  über  ein  solches  Vorhaben  zwischen  ihnen  ver- 
handelt worden  &e j ,  und  beide,  er  und  seine  Mutter,  nannten 
den  John  einen  schlechten  Kerl,  dafs  er  sie  so  ungerechten 
Weise  anklage,  wie  er  gethan,  aber  auf  der  andern  Seite  be- 
stätigte John^  dafs  er  nichts,  .als  Wahrheit  gesprochen,  und  er 
werde  es  bis  in  den  Tod  verantworten. 

£ip  bemerkenswerther  Umstand  trug  sich  zu,  als  die  Ge- 
fangenen   von   dem    Hause    des  Friedensrichters  zurückkehrte^^ 
nämlich :    Richard  Perrjr   ( seinem   Bruder   John  in   ziemlicher 
Entfernung    folgend)   liefs,  indem    er  einen   Lumpen    aus    der 
Tasche    zog,    einen  Knaul  leinenes  Band   fallen,   welches   einer 
von  den  Wachen  aufhob;  er  bat,  es  ihm  zurück  zu  geben,  in- 
dem er  sagte,  dafs  es  nur  seiner  Frau  Haarband  sej.     Da  aber 
die  W'ache,  es  abwickelnd,  am  Ende  eine  3chlinge  fand,  zeigte 
sie  es  dem  /oA/t ,  welcher  eine  gute  Strecke  vor  ihm   war  i^nd 
nichts  vom  Herausfallen  und  Auflieben'  des  Bandes  wufste ;  und 
als  er  ihn  fragte,    ob  er  es  kenne,   schüttelte  er  den  Kopf  uqd 
sagte:  ja,  zu  seinem  Kummer;    denn  dies«  sei  die  Schlinge,  mit 
welcher    sein     Bruder   seinen    HJerrn    erdrosselt    habe.      Dieses 
wurde  bei  ihrem  Verhöre  von   den  Zeugen  beschworen.     Am 
Sounts(|;e  morgens  blieben  sie  in  Campden  j  wo  der'  Pfarrer  des 
Orts  mit  ihnen  sprechen  wollte,  um  sie  wo  möglich  zur  Reue  und 
zum  weitern  Geständnifse  zu  bringen]  sie  wurden  in  die  Kirche 
geführt  und  auf   dem  Wege   dahin,    als  sie  an  Richards  Haus 
vorbeigiengen,   begegneten  ihnen  zwej  voii  seinen  Kindern.     Er 
nahm  das  kleinste    auf  den  Arm,  und  führte  das  andere  an  der 
Hand;  als  plötzlich  beide  aus  der.  Nase  bluteten.     Weichfes  ah 
eine  Vorbedeutung  betrachtet  wurde. 

3* 


36  Fonk^scher  Crimlnalprocefs. 

Es  wird  liier  keine  unpassende  Abweiclmng  sejn,  zu  er- 
zählen, wie  im  Jahre  zuvor  Herrn  Harrisons  Haus  erbrochen 
vrordeui  t%  geschah  an  einem  Co/T^^/e/ier  Markttage  Mittags  zwi- 
schen 11  —  12  Uhr,  während  er  mit  seiner  ganzen  Familie  in 
der  Betstunde  war.  Eine  Leiter  wurde  an  ein  Fenster  des 
zweiten  Stockwerks  gelegt,  uifid  ein  eiserner  Sub  an  demselben 
mit  einer  Pflugschaar,  zuruckgebogen;  es  wurden  i4o  Pfund, 
i^elcbe  man  in  dem  Zimmer  gelassen,  weggetragen;  die  Urlie- 
ber  dieses  Diebstahls  sind  nie  entdeckt  worden. 

Nach  diesem,  und  zwar  nur  wenige  Wochen  vor  H.  Har- 
risons Abwesenheit,  war  sein  Knecht  Perry  eines  Abends  im 
Garten,  wo  er  eili  schreckliches  Geschrei  erhob;  einige  Perso- 
nen, welche  es  gehört,  kamen  herbei,  und  fanden  ihn  davou- 
bufend,  und  scheinbar  in  Furcht,  mit  einem  Schäferstabe  in  der 
Hand.  Diesen  Leuten  erzählte  er  eine  formliche  Geschiclite; 
vrie  er  von  zwey  Männe^  in  weifsen  Kleidern  und  blofscn 
Schwerdtern  angefallen  worden  und  wie  er  sich  init  diesem  Scliü- 
jFcrstabe  vertheidigt  habe;-  der- Griff  von  demselben  war  an  zwej 
oder  drey  Stellen  zerhauen,  so  wie  ein  Schlüssel,  den  er  iu 
seiner  Tasche  trug,  welches,  wie  er  sagte,  einer  mit  seinem 
Schwerdt  gethan*habe. 

Da   der  Friedens  -  Richteif  diese   Ereignisse    zuvor  gehört 
hatte,  und  sich  ihrer  bei  Perrj^s  Geständnisse  wieder  erinneiic, 
fragte   er   ihn  erstlich  über    den   Diebstahl,    wo   seinem   Herrn 
i4o  Pfund   des   Mittags  aus  seinem  Hause  genommen   worden; 
ob  er  den  Thäter  kenne?   er  antwortete  jaj-  «s  wäre  sein  Bru- 
der;  und  als   er   Weiter  gefragt  wurde,  ob  er  dabei  gewesen, 
antwortete   er,   nein ^   er  wäre  damals  in   der  Kirche   gewesen, 
habe  aber  seinem  Bruder  gesagt,  in   welchem  Zimmer  das  Geld 
sej,  und  wo  er  eine  Leiter  finden  werde,  die  bis  an  das  Fenster 
reiche;   sein  Bruder  habe  ihm  nachher  gesagt,  dafs  er  das  GeU 
bekommen   und    in    seinem   Garten   vergraben    habe.     Auf  die 
nächste  Michaelis -Messe  hatten  sie  es  th  eilen  wollen:    Es  wur- 
den hierauf  Nachsuchungen   in  dem    Garten  gemacht,    aber  es 
konnte  kein  Geld  dort  gefunden  werden. 

Als  er  ferner  über  seinen  Ueberfall  in  dem  Garten  befragt 
wurde,  gestand  er,  dafs  dieses  alles  eine  Erdichtung  gewesen; 
er  habe  es  gethan,  weil  er  die  Absicht  gehabt,  seinen  Herrn  zu 
bestehlen,  um  den  Leuten  glauben  zu  machen  dieser  Ort  werde 
von  Dieben  besucht,  damit  man,  wenn  sein  Herr  bestohleo 
worden  sey,  glauben  sollte,  diese  hätten  es  gethan. 

Bei  der  näclisten  Zusammenkunft  des.  peinlichen  Gerichtsho- 
fes, im  folgenden  September,  wurden,  von  den  Anklagegeschwor- 
jncQ,  zwei  Anklagen  gegen  Ihn,,  John  und  Richctrd  Perrj-,  für 
atatthaft  erklärt ;  die  erste  wegen  des  Einbruchs  ia  Herru  Har- 


Fonk!sclier  Crlminalprocefs.  37 

rlsoTU  Hau$|  und  des  Diebstahls  von  i^ö  Pfund,  im  Jahr  iGSg 
die  zweite,  wegen  der  Beraubung*  und  Ermordung  des  besagten 
JVilliam  Harrison,  am  löten  August  i66o.  Wegen  der  letzte- 
ren Anklage  wollte  sie  jedocb  der  damalige  Richter  (H>,Chrv^ 
stoph  Turner)  nicht  richten  ^  weil  man  den  Körper  nicht  gefun- 
den hafte;  aber  wegen  der  andei'n  Anklage,  wegen  des  R^ube$, 
wurden  sie  damals  gerichtet.  ,  Auf  diese  Ank&ge  antworteten 
sie  anfangs:  Nicht  schuldig!  (Gleich  zu  Anfang  des  Verfahrens 
wird  in  England  dem  Angeklagten  die  Frage  vorgelegt :  Ob  er 
auf  die  Anklaget.  Schuldig  oder  nicht  schuldig  -—  antworte?) 
aber,  da  einige  hinter  ihnen  zisiehelten;  bald  darauf:  Schul- 
dig ,  indem  sicf  demüthig  um  die  Wohlthat  der  königli- 
chen Gnade  ,und  der  Verge^enhc^its  -  Akte  bat^n ,  mb  ^^1* 
chein  Suchen   sie  gehört  wurden. 

Aber  ungeachtet  sie  sich  auf  diese  Anklage  schuldig  be- 
kannten, wahrscheinlich  auf  das  Antreiben  einiger,  welche  un- 
willig waren  dl!c  Zeit  zu  verlieren,  und  den  Geriehtshof  mit  der 
Sache  beschwerlich  zu  fallen  und  in  der  Erwägung,  dals  die 
Vergessenheitsakte  «ie  begnadigte,  so  leugneten  doch  alle  nach- 
her, bis  zu  ihrem  Tode,  dafs  sie  dieses  Raubes  schuldig  wären^ 
oder  wiifsten,  wer  ihn  verübt  habd.  ■  , 

•  Es  beharrte  jedoch,  während  dieses  Gerichtstages,  wie 
mehrere  glaubwürdige  Pfersonen  bezeugt  haben,  Joh^  Perrjr  bei 
seiner  ^.ussag^,  dafs  seine  Mutter  und  sein  Bruder  seinen  Herrn 
ermordet  hätten;  und  ferner  setzte  er  hinzu,  dafs  sie  versucht 
hätten,  ihn  im  Gefangnisse  zu  v^giften,  so  dafs  er  mit  imicii 
weder  habe  essen  noch  trinken  diiifen. 

Bei  der  nächsten  Zusammenkunft  -des  Gerichts  im  folgenden 
Frühjahre,  wurden  Johrij  Johanne  und  Riehard  Perrjr j  von 
dem  damaligen  Richter  (Herrn  Robert  Hjrde),  wegen  der  An- 
klage des  Mordes  gerichtet;  sie  antworteten  auf  die  Anklage 
sammt  und  sonders:  Nicht  schuldig!  und  als  John's  Ge^tähdnifs 
von  einigen  Zeugen,  welche  es  mit  angehört^ , mündlich  bezeugt 
wurde,  sagte  er,  er  %ey  damals  von  Sinnen  gewesen  und  vvisse 
nicht  was  ei*  gesagt  habe. 

Die  andern  beiden,  Johanne  nni  Richard  Perry ,  sagten, 
dafs  sie  an  dei*  That,.  deren  man  äe  beschuldige,  keinen  TheU 
hätten,  und  dafs  sie  nichts  von  Herrn  Harrisons  Tode  wufsteny 
noch  was  atis  ihm  geworden  sej;  und  Richard  sagte,  dafs  sein 
Bruder  andere  eben  sowohl  beschuhÜget,  seinen  Herrn  ermordet 
zu  haben,  alsilfu. 

Als'  ihn  der  Richter  dieses  zu  beweisen  bat ,  sagte  er,  dafc 
die  meisten  von  denjenigen,  welche  wider  ihn  gcz.<:iigt  hätten, 
CS  wiifsteb;  da  er  aber  keinen  nannte,  noch  jemand  dafür  sprach, 
landen  sie  die  Geschworncn  alle  drei  schuldig« 


3R 


Foiik'scher  CrimiDalprocefs« 


Einige  Tafi^e.  darnach  wurden  sie  auF  den  RicKtplatz  {>;efn1irt, 

welcher  za   Broadway  *-hiü,  im  Angesichte  der  Stadt  Campden 

war;    die  Mutter   (welche  den  Ruf  einer  Hexe  hatte,  und  Ihre 

Söhne  behext  haben  sollte ,  so  dafs  sie,  so  lange  sie  lebte,  nichts 

l)elcef;inen  konnten),  wurde  zuerst  hingerichtet«  'WoTsmf  Richard, 

kchon  auf  der  Leiter,  erklärte ,  wie  er  immer  gethan  hatte,  dals 

er   gSnzlich'  unschuldig  sej  an  der  That,    für  welche  er  jetzt 

sterben  solle,    und  dafs   er  nichts   von   Herrn   Harrisons  Tode 

wisse,   oder   was  aus^ihm   geworden  sey.     Mit  grossem  Ernste 

bat  und  beschwor  er  seinen  Bruder,   damit   er  der  Welt  und 

"seinem  Gewissen  genüg  thue,  »u  erklären,  was  er  von  Harrison 

'  wissCi 

'  Der  Bruder  aber  sagte  in  mürrischer  und  verstoditer  Fas- 
sung zu  dem  Volke,  er  scj  nicht  schuldig  ihnen  zu  beichteo; 
unmittelbar  vdr  seinem  Tode  setzte  er  jedoch  hinzu,  er  wisse 
nichts  von  seines  Herrn  Tdde,  oder  Was  aus  ihm  geworden  sej, 
vhör  sie  würden  vielleiclit  in  Zukunft  von  ihm  hören. 

Und nach    einigen    Jähren   kehrte  dieser    ff^^   Harrison 

gestind  und  wohlbehalten  in  seine  Heimath  zurück.  Die  Er- 
zählung, iie  er  von  seinem  Verschwinden '^— von  ;icinen  Schick- 
salen bis«  zu  seiner  Rückkehr  giebt,  grenzt  ans  Wunderbare. 
Die  Pen-ys  kommen  in  dieser  Erzählung  mit  keinem  Worte  vor. 
Doch  ich  mufs  abbrechen  I 


( 


Ueber  die  zu  Anfange  dieser  Anzeige,  aufgeführten  Schrifteo 
füge  ich  noch  kurzlich  folgendes  ;hlnzu :  Den  vergleichüngswei- 
«eil  Werth  der  Werke,  welche^  die  Verhaüdlungea  vor  dem 
«Seiidgerichte  zu  Trier  gedruckt  enthalten,  vermag  ich,  da  ich 
nicht  Zeuge  der  Verhandlungen  war ,  nicht  zu  i)eurtheilen.  — 
Die  von  For/k  selbst  herausgegebene  Schrift  ist  hin  und  wieder 
etwas  scharf  geschrieben.  Jedoch  ein  unverschuldetes  Leiden 
%nacbt^  nach  der  Verschiedenheit  der  Charaktere,  auf  den  einen 
diesen ,  auf  den  andern^  ein^n  andern  Eindruck,  r —  Die  Briefe 
des  Herrn  Benzenberg  (die  Schriften  dieses  Mannes  liest  man 
nie  ohne  Vergnügen  und  Belehrung ) ,  wird  man  auch  deswcgea 
mit  Interesse  lesen,  weil  sie,  wahrend  der  verhängnifsvollen 
Sitznngeu  Aes  SendgerichCs,  geschrieben,  den  Leser  gleichsam 
<auf  dien  Schauplatz  versetzen,  -^-r  Herr  Kreuser  ist,  so  wie 
Herr  Benzenberg,  ein  Vertheidiger  der  Unschuld  Fonks,  Kreu-. 
sers  Schrift  erhält  noch  dadurch  einen  besondern  Werth,  daisj 
sie  in  einem  Anhange  mehrere  merkwürdige  peinliche  Rechts- 
fälle  erzählt. 

ZacharicL 


Scoi^esby  account  of  the  Arctic  Regions«      3g 

An  account  of  the  Arctic  Regipns  with  a  kistory  and  description 
of  the  Northern  Whale^Fischery.  hy  W.  Scohbsbt  jun. 
F.  Ä-  S,  E,  lüustratet  bf  twenty-four  Engravings,  In 
two  Vol&mes.  Fol.  L  xx,  u^  öS 4  S.  Text  8»  S.-  An-' 
hang.  f^oL  IL  nii.  u.  5y4  ^*  Edinbufgh,  4S%o. 

Der  durch  einige  Aufsätze  in  englischen  Zeitschriften  rühm- 
lichst bekannte  Verf.  beschenkt  das  Publicum  mit  einem  eben 
so  interessanten  als  widitigeu  Werke,  über  dessen  reichen  In- 
halt selbst  das  französische  Institut  sich  e^inen  Bericht  erstatten 
liefs;  welcher  theilweise  vvieder  in  andere  Journale  aufgenom- 
men ist.  Um  so. mehr  beeilen  wir  uns,  von  einer  in  Teutsch- 
land noch  wenig  bekannten  Schrift  auch  unsern  Lesern  eine  An- 
zeige, und  eine  jLurze  Uebersicht .  ihres  Inhalts  mitzutheilen.  — 
Von  den  beiden  Bänden  enthält  der  erste  Nachrichten  über  die« 
Be&chaffenkeit  der .  nördlichen  Polargegenden,  sowohl  ^in  geo- 
graphischer als  phjsicalischer  Hidsicht,  der  zwejte  dagegen  be- 
schreibt die  Art  des  Wallfischfanges,  die  dazu  erforderlichen 
Geräthschai^ten ,  und  die  nicht  selten  damit  verbundenen  Gefah- 
ren. Wie  sehr  H,  Scoresby  geeignet  sey,  über  .diese  Gegen- 
stände etwas  durchaus  Oediegenes  %\x  liefern,  geht  schon  daraus 
hervor;  daCs  er  bereits  siebenzehn  Keisen  in  dre  Gewässer  des 
Wallfischfanges  gemacht  hat,  und  mit  den  hierdurch  'erlangten 
autoptisch^n  Kenntnissen  eine  umfangende  Kenptnifs  der  ge^ 
sammten  hierher  gehörigen  Literatur  verbindet.  Seine  gehalt- 
reiche Schrift  wird  nicht  blofs  in 'England,  sondern  auch  allge- 
mein um  so  'mehr  willkommen  seyn,  als  noch  kein  englisches 
Original  werk  über  diesen  Gegenstand  bekannt  ist,  ausgenommen 
die:  Fiew  of  the  Greenland  Trade  and  Whale^ Fishery  cet. 
hy  Henry  EUsmg  vom  Jalire  i7ij4' 

Das  erste  Cap.  erörtert  die  Frage  über  eine  Verbindung 
zur  See. zwischen  dem  atlantischen  und  indischen  Oceane.  In*- 
dem  dieser  Gegenstand  in  der  neuesten  Zeit  so  vielfacli  unter- 
sucht ist,  mag  es  hier  genügen,  blofs  die  Ansichten  des  Verf. 
kurz  anzugeben.  Nach  seiner  Meinung  folgt  die  Existenz  einer 
solchen  Verbindung  unzweifelhaft,  aus  der  südlichen  Strömung 
der  See  bei  Spitzbergen  und  der  nördlichen  in  der  Beringst 
Straüse,  aus  de|^ Ungeheuern  Menge  Eis,  welche  jährlich  gegen 
2o,ooo  englische  Quadratmeilen  betragend,  bis  zur  Küste  Grön« 
lands  gelangt,  und  die .  mögliiche  Production  desselben  in  den 
Meer<$n  bey  Spitzbergen  mindestens  um  das  vierfache  übersteigt, 
aus  der  Menge  und  der  Art  des  Treibholzes,  welches  von 
Würmern  der  Südsee  durchlöchert  an  den  Küsten  voti  Grön- 
land, Spitzbergen  und  Jan-Majcn  südlich  strömend  gefunden 
wird,  endlich  aus  der  unleugbaren   Thatsacbe,   dals   Wallfische 


4o      Scoresby  account  of  the  Arctic  Regions. 

durch  europäische  Harpuneo  verwandet,  im  stillen  Ocean  und 
steinerne  Lanzen  der  Eskimaux.  im   Speck   tragend,  Ley  Grön- 
land gefangen    sind,     Kiicksichtlich   der  Nordost* Passage  vird 
wohl  jeder  mit  dem   Verf.   einverstanden  sejn,    dafs  zwar  die 
hördiicben  Küsten  Sibiriens   überall  vom  Eismeere  bespült  wer- 
den,   dafs  aber  dennoch  eine  Fahrt  an  denselben   hin  entweder 
absolut  unmöglich  seyn,   oder  mindestens,' nach   den   einzelueo, 
mit  russfechen  SchifiPen  gemachten  Versuchen  zu  urtheilen,  zehn 
Jahre  Zeit  erfordern  würde,  und  di^es  ist  mehr  als  hinreichend, 
um  alle  weitern  Versuche  dieser  Art  aufzugeben.     Das  Auffin* 
den    der    NordweA-^ Passage    würde   nach    seiner   Heinung  für 
den  Handel  von  gar  keinem  Nutzen  seyn,  desto  wichtiger  aber 
für  die  Erweiterung   unserer  geographischen    Kenntnisse.     Mit 
vollem  Rechte  hält  der  Verfasser  kleinere   Schiffe   von  80  bis 
100  Tonnen  zu  solchen  Zwecken  för  die  geeignetsten,  weil  sie, 
bey  geif  ngeror  Masse  verhält nif^mäüsig  stärker  sind,  und  weniger 
'  vom  Eise  und  von  den  Untiefen  zu  fürchten  haben«     Am  leich-* 
testen  würden  jedoch ,  ^meint  er,   die  Nordküsten   America^s  zu 
Lande  bereiset  werden  können,  vorzüglich  indem  jetzt  die  dort 
wohnenden  Völker  minder  feindselig  gegen   einander  seyen  und 
nian  DoUmetscher  aus  den  einzelnen  Stämmen  mitnehmen  kö'onr, 
Hiermit  kann  Reo.  inzwischen  nicht    einstimmen,   denn   obgleich 
H*   Seoresbjr    die    Beschwerden    einer  solchen    Landroise  nicht 
eben   gering^    anschlägt ,    übergeht   er    doch   einige   ganz,   und 
würdigt  andere   keliy?swegs   hinlänglich.      Schon    der   Umstand, 
dafs  auf  einem   fortwährend   an    der   Küste    hinlaufenden  Wes^e 

J*cde  tiefe  Einbucht  der  See  umgangen,  oder'  wie  joder  gröfserc 
^\ah  in  Kähnen  passirt  werden  müfste,  welche  letztere  sich 
theils  gar  nicht  finden,  theiU  zu  klein  sind,  um  Menschen  uad 
Gcpäcke,  vorzüglich  die  Lebensmittel  zu  transportiren ;  die  Un- 
möglichkeit:, eine  hinlängliche  Menge  Lebensmittel  fortzuschaffen, 
bey  der  Wahrscheinlichkeit,  Wochen  oder  Monate  lang  keine 
zu  fiaden ;  Mangel  an  Brennmaterial  und  endlich  die  Unbekannt- 
schaft mit  den  etwa  aiuutreffenden  Völkern  und  die  mögiicho 
Wildheit  ihres .  Charakters ;  endlich  die  schutzlose  Anwesenheit 
eines  oder  weniger  Europäer,  unter  einer  Menge  ungezügelter, 
durch  keine  Furcht  oder  HttfFuung  genügend  zu  fesselnder  Bar- 
baren, sind  gcwifs  unüberstcigliche  Hindernisse.'  Zwar  hat  dor 
Lieutenant  Franklin  einen  Theil  dieser  Reise  zurückgelegt,  aber 
beendigt  bat  er  sie,  so  viel  wir  wissen,  nach  keineswegs,  und 
es  ist  daher  ungewifsi  ob  er  sie  überhaupt  glücklich  vollenden 
wird«  Hinsichdich  eiiier  Fahrt  gerade  unter  dem  PqIci  hia  be- 
weiset der  Verf*  aus  überwiegenden  Gründen^  dals  die  ver- 
schieidenen,  namentlich  von  Barrington  zusammengesteUten  Nacli- 
fcfeten  von  Schiffen,  welche  $elt)s|  über  dei^    89,  Grad  hinaus- 


Scoresby  accpunt  of  the  Arctic  Regions«      4^ 

gekondmen  ^ejn  sollon,  dUzdiaos  unsicher  smd,  und  dafs  ohne 
Zweifel  Phipps  ia  80^  ;48^  den  äasjseFStea  Punkt  erreicht  hat. 
Ifizwischeo  kam  doch  der  Verf.  selbst  auf -eiaem  SchifFe  unter 
dem  Copunando  seines  Vaters  i6o6  nach  genauer  Beobachtung 
bis  81  °. 9  5.y  und  fand  zwischeji  O.N*0^  und  S.Ot  -die  See  noch 
6a  bis.  1 00  Meilen  (offeui  ohne  dafs  es  mit  dem  Zwecke  der 
Heise  yereinbar  gefunden  wuirde,  weiter  vorzudringen.  Rec.  wun- 
dert sich  s^hr^  dafs  der  erfahrene  4$cor&r^  %reder  hier  noeh  später 
im  Verzeichnisse  der  Polarreisen  die  bejden  des  russischen  Admi« 
rals  Tsehitschagoff  esvrühntf  welcher  in  den  Jaliren  4  7$5  u.  1766 
es  unmöglich  fand 9  weiter ,  als  bis  80^  ai^iuid38^  vorzudrin*- 
gen*  Die  oft  wiederholte  Behauptung,  dafs  Eis  blofs  am  Lande 
gebildet  werde ,  findet  der  Verfasser  nach  Beobachtungen  .  aUf 
dem  Meere  in  der  Gegen^.von  Spitzbergen  falsch,  und  hält 
daher  den  Pol  bei  einer  mittljeroi  Temperatur  von  —  12^  C. 
für  stets  und  völlig  mit  Eise  bedeckt*  Wäre  dieses  nicht,  so 
bätte  gewifs  schon  irgend  ein  Schiff  auf  eiue  der  versproche« 
neu  Belohnungen  von  iooo  LstL  für  die  Erreichung  iles  83$tea 
Grades,  von  aooo  für  die  des  85.,  von  3o^oo  für  die  des  87., 
von  '4-000  für  die  des  83>  iknd  endlich  vo»  ilooo  für  die  Er^ 
reichung  des  89*  Grades  N.  B. .  Ai^pruch- gemacht.  Eben  aber 
wegen  der  ohne  Zweifel  vorhandenen  zusammenhangenden  Eis>* 
fläche  scheint^  es  ihm  nicht  einmal  sehr  schwierig,  geschweige 
Jenn  unthunlich,  den.Pol  selbst |  und  a^war  in  Scliliuen  von 
Hunden  gezogen,  zu  .erreichen.  Wie  interessant  indefs  immer 
die  Ausführung  eines  solchen  Unternehmens- sc^n  tnogte^  schwie- 
r'i^  genug  wegen  einer  erfo^erlichen  Reise  von  mindestens  24o 
geogr.  Meilen  hin  und  zurück,  so  würde  es  doch  kaum  mög- 
lich sejrn,  Zeit,  Instrumente  und  Sachverständige  für  alle  dort 
nn^iastellende  höchst  wichtige  Beobachtungen  zu  finden.  Fast 
unglaublich  ist  übrigens  die  Kurze  der  Zeit,  worin  die  weite-^ 
sten  Strecken,  namentlich  von  Kamtschadalischeu  Hunden  zuriickr 
^e}egt  werden,  indem,  nach  der  Versicherung  des  Majdr  Behm 
in  Peter-JPauls  Hafen  sie  einen  Weg  von  270  engl.  Meilen  in 
weniger  als  drey  Tagen  zurückzulegen  vermögen« 

Den  Beschlufs  des  ersten  Capitels  macht  eine  chronologir 
sehe  Zusammenstellung  der  ^  yerschiedeneu  Entdeckungsreisen 
in  den. nördlichen  Gegeuden  von  4^r  ersten  Auffindung  Islands 
]>is  zur  letzton  Reise  Baffirüs  im  Jahre  i6i6|  welche  vollstan«« 
digfl  ,t  aber  sehr  gedrängte  Uebersicfat  keitteu  Auszug  gestattet». 

Der  zweyte  Absdlmiit  liefert  eine.  Besehreibung  von.  Spitz- 
bergen, TQii.  dessen  maleiischen  Ausstellten  und  pyr«midenfö]> 
niigen,,  hohen  FelsenspUzen"  der  Verf.  mit  Begeisterung  redet» 
Allerdings  mufs  der  Contrast  zwischen  4^oo  F.  hohen  nackten 
und  schwarzen  Zackeh,  welche  mit  den  aegyptischcii  Pyramiden 


*- 


4^      Scpvesby  account  of  the  Arctic  Regions. 

I 

r 

xxüA  dem  babylomscIieD  Thtthne  rtr^litheh  Werdai,  und  den 
uiächtigen ,  überall  uAfermischten»  Glatschem  ufid  Eisbergen  eia 
tnalerisches  Ansehen 'geben.  NacK'il/drire/u  Beschreibung  sollen 
einige  dieser  Berge  tius  eineäi  einzigen  Steine  bestehen  ,  js6  dals 
ihre  £rklinimung  nie  ohne  die  grofste  Gefahr  und  einigemale 
sogar  mit  Verlust  des  Lebens  Tersucht  wurde.  Da  wo  die 
Berge  nicht  abschüssig  in  das  Meer  laufen  ,  sondern  die  Küste 
kich  erst  verflächt  und  ein  Thal'lwej  Berge  trennt ; 'bilden  sich 
die  Eisberge.  Am  bekanntesten  'Sivid  die  zusammenliegenden  sie- 
ben Eisberge,  aber  der  grofste ,  weldren  der  Verf.  sah^  liegt 
nördlich  von  Hornisund,  eilf  englische  Meilen  «n  der  Küste  ein- 
nelmiend,  bei  einer  schroffen  H^he  von  4o2  F.  au  der  Seeseite, 
aber  viel  höhc^  nach*  dem 'Lande  hin.  'Die  stets  bewegte  See 
unterminirt  grofifte' Massen  derselben/  welche  dann  mit  furchtba- 
rem Krachen  herabstürzen ,  aber  >  böj^eich  vom  brandenden  Meere 
zerschellet  werden,  wefswegen  inan  in  dortigen'  G^enden  so 
wenig  Eisberge  in  der  See^findet»  Der' frische  Bruch  zeigt  in 
diesen  Fällen  eine  schöne,  grünH<ih^blaite  F'arbe,  in  smaragd- 
grün übergehend ,  der  EinfluTs  der  Luft'  macht  sie  grünlicb-grau 
aussehen,  und  aus  dier  Ferne  gleichen'  sie  zuweilen  weissen'  Mar- 
morbrüclien.  Jährlich  verHeren  'die  Eisberge  an  ihrer  Ober- 
tiäche  und  setzen  aufs  neue  an',  aber  ihre  Hauptmasse  ist  uralt 
und  im  Ganzen  werden  sie  stets  vergröfsert.  Merkwürdig  ist 
das  optische  Phänomen,  wonach  selbst  mit  jenen  Gegenden  be- 
kannte Seefahrer  die  Entfernung  der  gesehenen  Eismassen  füuf- 
bis  zwanzigmal  '  kleiner  schätzen ,  als  sie  wirklich  ist ,  so  dafs 
einst  der  englische •  Seemann. ilfo^^nx  Heinson  unter  Friedrich  II. 
von  Dänemark  wieder  umkehrte  und  ditroh  unbekannte  magne- 
tische Kräfte  festgehalten  zu  sejn  glaubte,  weil  die  lange  ge- 
sehene Küste  von  Grönland  immer  nicht 'näher  kommen  -wollte. 
Mit  Recht  bemerkt  der  Verf.  als  etwa^  Ausgezeichnetes ,  dafs 
auf  Spitzbergen  die  Sonne  im  untern  Meridiane- nach  die  Kraft 
hat,  auf  Bergen  von  3ooo  Fufs  Höhe  das  Eis  zu  schmelzeu, 
obgleich  auf  "dem  ßen-^Newis  in*  Schottland,  438o  Fufs  hocli, 
Schneelagen  das  ganze  Jahr  aushaken,  und  wenn  es  gleich 
auf  den  höchsten  Bergspitzeu  Eiuopens  zu  schneien  pflegt,  w^äh- 
rend  es  im  Thale  i^egnet,  so  Üllt  dagegen  Regen  im  Sommer 
auf  den  höchsten  Bergspitze»  j^ er  Insel..  Ein  Grund  der  stär« 
keren  Kraf^  der  Sonnenstrahlen  soll  in  der  schroffen  Bescliaffen- 
heit  jener  Felsen  liegen,  g^en  welche  die  Sonnenstrablea  me^ 
stens  lothrecht  fallen.  H«  Scöresbjr  fand  die  -höchste-  Tempera« 
tur  überhaupt  nur  9^  C.  allein  Pkipps  beobachtete  im*  Jahr 
1773  doch  14)7  C.  und  wenn  man  90  Yards  Erhebung  auf 
i^  F.^  rechnet,  so  läge  hiernaeh  die  äulserste  Schneegrenze 
7791  F.  über  dem  Meere.    Die  mitdere  Temperaiar  von  Gron* 


Scoresby  dccoünt  of  the  Arctic  Regions.     43 

land  unter  78*»  !N.  B,  fluid  er  a%3  C  im  Julj  und  i®;6  im 
August. 

Wie  das  Werk  überhaupt  schon  geschrieben  ist,  so  sind 
insbesondere  die  Beschreibungen  dc^  beobachteten  Nätursc^enien 
höchst  anziehend  und  lebendig,  nainentlich  %,  Bk  der  Aussicht 
von  der  Spitze  eines  mit  Mühe  erstiegenen  Felsens  über  einep 
grossen  Theil  der  Insel,  ihre  nnermefslichen  £ismassen,  den  kla- 
ren azurnen  HimmeY  und  das  zu  den  Füssen  ausgebreitete  Meer. 
Die  Fe}sart  der  unt?evsuohten  Berge  war  Kalkstein ,  stark  rissig 
und  leicht  verwitternd,  an  einigen  tfei'en  Stellen  rhomboidalen 
Kalkspath  enthaltend ,  stark  überkleidet  mit  schwarzen  Mo6^en 
und  Flechten.  Das  Clima  ist  vorzüglich  am  nördlichen  Ende 
ungeiiiein  rauh,  die  Temperatur  steigt  nicht  leicht  über  1°  bis 
1,5  C.  und  selbst  im  Julj  geht  das  -  TJiermometer  oft  mehrere 
Grade  unter  den  Gefrierpunkt  her^b*  In  der  vier  Monate  lan- 
gen Wintemacht  geben  Dämmerung,  Nordlicht  und  Mondschein 
nebst  dem  Glanz  der  Sterne  und  der  Reflexion  des  Lichtes  vom 
weissen  Schnee  nicht  unbedeutende  Helligkeit,  so  dafs  die  bei- 
den letzten  Mittel  allein  zum  Lesen  fast  hinreichen.  Meistens 
aus  Beaufojr^s  Queries  entlehnt  ertheilt  derVerf  einen  umständ- 
lichen Bericht  über  die  Lebensweise  der  russischen  Jäger,  welche 
mit  den  nöthigen  Lebensmitteln  versehen  in  hölzernen  Hütten 
jene  grausenvollen  Gegenden  mitunter  .drei  Jahre  anhaltend  be- 
wohnen, sich  durch  tägliche  Bewegung  ^nd  einige  dor|  einhei- 
mische Kräuter  gegen  den  Skorbut  sichern,  nicht  selten  dber  als 
unglückliche  Opfer  desselben  fallen.  Unter  andern  fand  der  Capi- 
tän  Steward  von  Whitby  1774  in  einer  npch  unversehrten 
Hütte  den  Leichnam  des  letzten  Bewohners,  welcher  ohne  Zwei- 
fel seine  Gefährten  vorher  begraben  hatte;  H.  Scoresby  selbst 
aber  sah  mehrere  solche  verlassene  Wohnungen ,  in  welchen  die 
noch  vorräthigen  frischen  Lebensmittel  g^enügend  andeuteten,  dafs 
die  Jäger  wahrscheinlich  in  der  Absicht,  bald  vvieder  zu  komr 
raen,  abgereiset  waren.  Sie  erhalten  für  solche  E^^pediUonen 
meistens  auf  18  Monate  hinlängliche  Lebensmittel^  jedoch  keine 
geistigen  Getränke,,  um  deren  unmässigen  Genufs  zu  yerhüten. 

Von  der  Beschreibung  der  Inseln  bei  Spitzbergen  und  von 
Jan-'Majen  können  wir  des  Raumes  wegen  keinen  Auszug 
mittheilen,  so  interessant  auch  die  Erzählung  von  dem  Eindrucke 
ist,  welchen  der  Anblick  des  über  die  Wolken  hervorragenden, 
6870  F.  hohen  Beerenberges  auf  letzterer  Insel,  der  Laven  und 
eines  Craters  auf  einem  erstiegenen  i5oo-F.  hohen  Yidkane 
derselben,  desgldchen  des  bis  4000  F^i  sich  erhebenden  Rauches 
auf  der  Vogel -Insel  in  jenen  todten  Regionen  hervorbrachte. 
Gelegentlich  wird  auch  das  Schicksal  der  sieben  Holländer  er- 
wähnt, welche  i633  —  4  auf  Jan-Majcn  überwinterten,  und 


44     Scoresby  accoimt  of  the  Arctic  Regions. 

aammtlicfi  y  aber  erst  Tom  Monat  April  an^   dtircb  den  Skorbut 
hingerafft  wurden.  . 

Im  dritten  Cap.   giebt   der  Verf.   eine  Uebersicbt  der  Be- 
schaffenheit des  sogenannten  grönländischen  Meeres.  Das  gröfste 
spec.   Gewicht  des    Seewassers ,    welches   überhaupt  beobachtet 
ist,   fand    Lamarche  in   20**,  3  S.  B.   und  87*'  W.  L,   von   Paris 
r=r  1,0397,  '^^^  ^^^  geringste  Scoresby  .%e\!asX  in  78^  N.B.  und 
7^  O.  L.  =:   1,0259.     Ueber   die   Farbe  des  Meeres    sagt    er 
S.  173  c    The  water  of  the  ^main   ocean   is  well  known  to  be  as 
transparent  and  as  colourless  as  tkat  of  the  most  pure  Springs; 
and  it  is  onfy  when  seen.  in  verjr  deep  sea4,  that  anjr  certain  and 
unchangeahle  xolour  appears,     This  eolour   is  commonljr  idtra- 
marine  blue,  differing  but  a  thade  from  Jhe  eolour  of  the  atmo- 
sphere,  when  free  from  the  obscurity  cf  eloud  or  haze,  .Diese 
allgemeine,   der   Bläue  des   Hiiiimels  gleiche  Farbe  wird  durch 
den  Boden  bei  nicht  50  grosser  Tiefe  modificirt,  und  ist   z.  B. 
über  weissem   Sande  bei  geringer  Tiefe  apfelgriin^    itberbaupt 
aber  nach  der  Tiefe^-und  Farbe  des  Bodens,   so   wie  nach    der 
Klarheit  und  Erleuchtung  des  Himmels  Tcrschieden.    Die  Farbe 
des  Grönländischen  Meeres  dagegen  wechselt  vom  ultramarinbJau 
bis  zum   oltvengriin,   und   von   reinster  Durchsichtigkeit  bis  zur 
vollendeten  Dunkelheit,   liicht  ab  Folge  der  Beschaffenheit  des 
Himraejs,   sondern   des  Wassers.     Diese  grüneren  und  dunkleru 
Stellen  bilden  Streifen  von    unermefslicher  Länge,   und  meistens 
scharf  begrenzt,    wie  bei  trüben  Strömen,  wenn,  sie  sich  in  das 
Meer  ergi essen.   Als  der  Verf.  sich  von  dem  so  gefärbten  Was- 
ser, worin  Sich  die  Wallfische  der  Nahrung  wegen  gern,  aufhal* 
ten,  verschafft  hatte,  ergab  d\ei  Untersuchung,  dafs  die  Trübung 
von  unzähligen   kleinen    kugeN  und   fadenförmigen  Thieren  aus 
der  Classe  der  Medusen  herrührte,  deren  Zahl  dadurch  anschau- 
licher  gemacht    wird,    dafs    nach    einer  Berechnung   diejenigen, 
welche  blofs  in  2  Quadrafmeilen  bis  s5o  Fäden  Tiefe  angetrofr 
fen  werden,   80,000  Menschen   von   Erschaffung   der   Welt  bis 
jetzt  aum  ZäMen    erfordern    würden ,    wenn   gleich  jeder   eine 
Million   in  sieben   Tagen   zählte.     Und   dennoch  füllen  sie  viel- 
leicht 20-— 3 o  Tausend  Quadratmdilen  bis   zu  der  angegebenen 
oder  noch   grösseren  Tiefe.     Sie  dienen  unzählbaren  Seethieren 
zur  Nahrung,  welche  ihrerseitsi  wieder  den  Wallfiachen  und  ahn« 
liehen  Geschöpfen  Unterhalt  gewähren.     Das  reine  blaue  Wasser 
ist  dagegen  so  durchsichtig ,   dafs  Capitän.Wood  unter  andern 
bei  NowayaSemlia  in  80  F«  Tiefe  den  Boden  und  darauf 
liegende  Muscheln  sehen  konnte.  ,  Die  Temperatur  des  mit  be« 
ständigem   Eise    bedeckten  Meeres  zwischen    76®  —  80**  N«  B« 
nimmt   noch    unten    zu ,   und  wurde  in  sehr  grossen  Tiefen  von 
a4oo,  4380  und  45(J6  F.  =  2,2  j  2,7  und  3.3  C.  gefunden, 


/ 

Scoresby  account  of  the  Arctlc  Regions.      45 

wenn  die  Oberfläche  unter  dcim  Gefrierpunkte  war.  Leider 
zerbrach  die  Schnur  des  zu  diesen  Versuchen  gebrauchten  Instru- 
ments^ marine  diver  genannt,  in  -7200  F.  Tiefe,  der  gröfsten 
welche  jemals  gemessen  ist,  aber  an  andern  Stellen,  wuipde  auch 
bei  dieser  Länge  des  Seils  der  Boden  nicht  erreicht.  Wie  un- 
geheuer der  Druck  des  Wassers  bc^  Solcher  Tiefe  sey,  und  in 
welcher  Quantität  dasselbe  daher  iii  versenkte  Stücke  Holz 
eindringe,  ist  durch  eine  Reihe  interessanter  Versuche  sezemt. 
Hinsichtlich  der  Meeresströmung  iVird  durch  hinlänglich  bewei- 
sende Thatsachen  nächgewiesen,  dafs  dieselbe  in  otT  Behrings- 
strasse  nördlich  ist,  demnächst  an  der  Kiiste  Sibiriens  Westlich 
dafs  sie  von  Nowajä  Semlia  an  diese  Richtung  erst  beibehält' 
bald  nachher  aber  südwestlich  wird,  das  Eis  an  die  Ostküste 
Grönlands  treibt,  und  sich  so  in  dem  grossen  Golphstrome  ver- 
liert. Was  der  Verf.  über  die  Theorie  der  Wellen  äussert 
dürfte  zum  Theil  nicht  allgemeinen  Beifall  finden,  namentlich  die 
Behauptung,  dafft  die  stärkere  Attraction  der  trockenen  Luft  zum 
Wasser  die  Wellen  höher  mache,  übergegossenes  Oel  dagecren 
dies^  Attraction  aufhebe,  und  hierdurch  wirksam  werde.  Es^'ist 
bekannt,  wie  namentlich  Müller  im  Gott.  Mag.  Jahrg.  ii.  St,  6. 
S.  323.  diese's  auffallende  Phänomen  besser  erklärt. 

Die  Schiffer  unterscheiden  Seewasser-£is  vom  Süfswasser- 
Eise.  Ersteres  ist  undurchsichtiger  und  enthält  Salzwasser  in 
seinen  Poren  eingesehlessen,  welches  sich  aber  durch  Ausgesetzt- 
seyn  an  der  Luft  und  durch  Waschen^  verliert  j  letzteres  dage- 
gen ist  durchsichtig,  w^nn  es  nicht  mit  zu  vielen  kleinen  Luft- 
blasen erfüllt  ist.  Bei  -^  a»  C.  gefriert  das  Seewasser  von 
5,0263  spec.  G,  mit  Ausscheidung  von  Salz,  bis  i,io45  sp.  G. 
concentrirt  gefrieit  ^s  bei  —  10,2,  mit  Seesalz  gesättigt  bleibt 
es  flüssig  bei  —  t^^.  Das  spec.  Gew.  des  Eises  gegen  reines 
Wasser  bei  o^  Temp.  fand  der  Verf.  nur  zwischen  0,915  und 
0,925  differircnd,  so  dafs  man  dasselbe  diso  im  Mittel  zu  o  oa 
annehmen  kann;  gegen  Seewasser  des Polafmeeres  von  nahe  2^C. 
Temperatur  aber  ist  sein  Verhältnifs  fast  8  :  9,  wonach  bekannt- 
lich die  Grösse  des  eingetauchten  Eises  auk  dem  überstehenden 
Thcile  desselben  berechnet  werden  kann.  Eis  von  gekochtem 
Wasser  im  Vatuo  gebildet  fand  er  blasig,  und  leitet  dieses  wohl 
unrichtig  von  entweichend cfr  Luft  her,  da  es  nach  Ref.  vielfachen 
Versuchen  vielmehr  den  bei  geringem  Drucke  sich  bildenden 
Dämpfen  zuzuschreiben  ist.  Merkwürdig  ist  die  Beobachtung, 
dafs  langsam  aufthauendes  Eis  fast  ganz  in  lothrecbte  Säulen,  oft 
von  unglaublicher  Grösse  getrennt  wird,  welche  zuweilen  durch 
einen  Schlag  mit  der  Hacke  sämmtliich  ai^seinander  fallen.  Zur 
Bildung  des  Eises  ist  die  Anwesenheit  des  Landes  durchaus  nicht 
iioth wendig,   vielmehr  entsteht   es  selbst  in  bewegter  See  bei 


•      I 


46      Scoresby  account  of  the  Arctic  Regions« 

scliarfem  Winde  zuerst  als  kleine  Sclineefloclcen ,  welche  zusammen- 
frieren ,  aber  sogleich  in  kleine  Stücke  zerbrochen  werden,  uiul 
sich  als  solcl)e  wieder  vereinigen,  bei  ruhiger  3ee dagegen  entsteht 
eine  Decke ,.  welche  von  unten  au  Dicke  zunimmt,  und  wenn 
gleich  eine  Menge  Eisfelder  zwischen  den  Inseln  und  Spitzber- 
gen gebildet  werden,  so  kommt  der  gröfste  Theil  derselben  doch 
aus  der  Gegend  zwischen  Spitzbergen  und  dem  Nordpole.  Auf- 
fallend ist  vorzüglich  ihre  ungeheure  Grösse,  indem  sie  mit  einer 
Ausdehnung  von  i5  bis  ioo  engl.  Meüen  eine  Dicke  von  ±o 
bis  i5  F.  verbinden,  oft  ganz  eben  erscheinen,  meistens  aber 
durch  aufgehäufte  Eisstücke  (hummocks)  bis  4o  oder  5o  F. 
wachsen,  mit  i  bis  6  F.  hohem  Schnee  bedeckt  sitid,  und  ne- 
ben dem  reflcctirten  blendend  weissen  Lichte  an  allen  beschatte- 
ten Orten  ein  sanftes  Blau  zeigen.  Ohne  Zweifel  erhaltbn  sie 
die  bedeutende  Dicke  theils  durch  den  jährlich  auf  ihnen  schmel- 
zenden Schnee,,  theils  durch  VergrÖsserÜBg  von  unten ^  treiben 
unglaubliche  Strecken  weitj  und  werden,  sobald  sie  von  den 
Umgebenden  kleineren  Eismassen  verlassen  sind,  durch  die  Be- 
wegung der  See  in  viele  Stucke  zerschellt.  Einen  wahrhaft  grau- 
senvollen Anblick  gewährt  es,  wenn  solche  Massen,  oft  ioi83 
Mill.  Tonnen  schwer,  mit  einer  rotaitorischen  Bewegung  von 
mehreren  Meilen  in  i  Stunde  gegeneinander  stossen,.  und  sich 
wechselseitig  in  zahllosq  Trümmer  zerschmettern.  Schiffe  geben 
cii^  kaum  knc^rkliches  Hiudernifs  gegen  solche  zerstörende  Kräfte, 
und  in  d^r  Regel  findet ^ jährlich  eine  nicht  geringe  Zahl  dersel- 
ben auf  diese  Weise  ihren  Untergang.  Eisberge  sah  dejr  Verf. 
nicht  von  derjenigen  wundervollen  Grösse  und.  in  so  erstauneus- 
würdiger  Zahl,  als  namentlich  Gap.  Rofs,  denn  bekanntlich  ist 
die  Bafiinsbay  vorzugsweise  mit  ihnen  angefüllt,  von  wo  sie,  bis 
ioop  MiL  Tonnen  schwer^  bis  unter  den.4ost.  Grad  N.B.  her- 
abtreiben, und  somit  erst  mehr  als  aooo  Meilen  vom  Orte  ihres 
Entstehens  entfernt  gänzlich  zerschmelzen.  Sie  sehen  im  Ganzen 
marmorartig  aus,  spielen  verschiedene  Farben,  insbesondere  schei- 
nen frisch  gespaltene  Flächen  smaragdgrün  zu  seyn,  haben  bei 
Nacht  einen  eigenthümlichen  Glai^z,  im  Nebel  ein  dunkles  An- 
sehen, und  sind  eben  SjQ  oft  gefährlich  für  die  Schiffe,  als  sie  zu 
andern  Zeiten  ihnen  eine  sichere  Zufiucht  gewähren,  indem  sie 
selbst  b^i  heftig;en  Winden  wegen  ihrer  Tiefe  fast  unbeweglich 
still  liegen,  und  die  SchijBTe  sich  daher  in  ihre  Buchten  wie  in 
Häfen  flüchten.  Ihren  Ursprung  erhalten  sie  meisteps  von  Glet- 
schern und  Eisbergen,,  vvelche  an  den  Küsten  der  Baffinsbaj  ent- 
stehen,, und  entweder  durch  Aufthauen,  oder  durch  die  Kraft 
des  in  d^n  Spalten  gefrierenden  Wassers  abgelöset  in  dxo  See 
stürzen ,  obgleich  die  Möglichkeit  ihrer  Bildung  in  freier  See 
.nich(  ubzpieugaen  ist.  ^  Am !  bedeatends>teu  ist  indefs   das  grosse 


Scjwresby  accö^nt  ^  tlve  Arpüc  Jß.egion$.      47 

Eisfeld, '  wckhcs  dcii  Pol  nls  Kmsfläche  von  2000  Meli.  Durcli- 
mes&er   uingiebt ,    im  Winter    yon    der  Hudspasbaj    ap    an  der 
Küste    Yoa   Nordamerika    vorbeiläuft ,    in    die    Davisstrasse   eine 
kleine  Einbucbt  macht,,    daqn  vom  Cap  Fare well    in  norttost-^ 
lieber  Kicbtung  sich   ununlcArochen  binzieht, :  bis    etwa    8*^  östi. 
L.  von  London,  wo  es  in  73*^  N.  B.   eini  merkwürdiges  Vorger 
birgc  lind   eine  fast  Üs  80°  N.  B.  binaufiauf^nde  Strasse  bildete 
Oestlicb  derselben  zieht  es  sieb  etw^  ^udJlidl^.  herab,    und  lauft 
dann  an  der  ganzen  No^dküste  von  Rufsl^^d,  iib^r  die  Bfhringsr 
Strasse  binauSt  durch  das  noph  wjanig  bekaniite  npiTdamerikanische 
Polarme^r   bis   zur  Baffinsbay^  hin.      In    der,  genannten   offenen 
Strasse  segeln  die  WallfiÄchfanger,  nicht  ohne  Gefahr,  so  fi:üh  als 
möglich  biepuf,  ,um    die  , gewöhnliche  Station  zu  erreichen,  ..bis 
anfangs   Juuy   das  Eis  mprsch  wird,  luncji  gegen  Ende  Augustes 
das  ganze  Meer  um  Spitzbergen  zur  freien  JRüdkkehr  offen  läfst. 
So  ist  seine  Beschaffenheit  beständig ,   wenigstens  seit  etwa  4oo 
Jahren ,  zu   welcher  Zeit .  der  Verkehr  zwischen  Island  und  der 
Ostküste  Grönlands   durch   eine, unzerstörbare  Eisdecke  aufgeho^ 
beH  wurde}  denn  dals   Ä8i5.sicb  von  derselben  etwa  6qooQu9- 
dratmeilen  losrissen  und  südlic^^  ti:ieben  ist  blofs  als  eine  örtliche 
und  bald  wieder  herzustellende  Veränderung  anzusehen.  Seltsam 
ist  die  Bew^ung  der  grossen;  Eisma^sen,  indem  oft  Schiffe,  an 
verschiedenen  Stellen    eingeschlossen,    ohne   eine    wahrnehmbarje 
Unterbrechung  der   grossen   Massen  mit  bedeutender  Geschwin- 
digkeit nach  entgegengesetzten  Richtungen  getrieben  werden,  oder 
sich  auch  unerwartet  befreiet  finden.    Meistens  sichern  dieselben 
gegen  den-Einflufs  des  Windes,  dessen  Heftigkeit  durch  sie  aqs- ' 
nehmend   gemildert   wird,   indem    die   ihnen   entgegenwehenden 
Winde  durch   die  Strömung   der  kälteren,  von    denselben   her- 
kommenden,  Luftschichten  zurückgedrängt   werden,    und  so    i$t 
es  denn  kein  seltenes  Phänomen  ^   dals  am  Rande   der   Eisfelder 
dicker  Nebel  das  Meer  deckt,    wenn  über  ihnen  klarer  Himmel 
ist,    und  die  feuchte  Luf^  sich   ihres  Wa$se:i^dampfes   an  dieser 
Grenze  in  der  Gestalt  des  Schnees  entledigt. 

Voll  interessanter  Thatsachen  ist  das  fünfte  Cap.,  welches 
die  Meteorologie  der  Polarländer  enthält.  An  Atctic  winterj  heifst 
es  S.,  3j»4»  oonsists  of  the  accumulaiion  of  almost  euerr  thiug 
among  atmospheric  ^he^amena ,  that  is  disßgreeable  to  the  fee.^ 
Ungs ,  togetner  witk  the  privat ion  of  those  hounties  of  Heaven, 
with  which  other  parts  of  the  earth ,  in  happier  climates,  are  so 
pUntifuUjr  endowed.  Htjr^,  duriiig  the  wholß  of  the  wiiiter 
months  the  cheering ,  rajrs  of  the  sim  are  neither  seen  nor  feit, 
hat  considerable  darknefs  peipetualljr  prevaüs ,  this,  with  occa^ 
sional  storms  of  wind  and  snowj  and.a,degrec  of  cold caiculated 
to  benumh  the  facidties  of  man,   give  a  character  to  those  re- 


r 


48      Scoresby  accoant  of  the  Arctic  Regiöns« 

giom  mosi  repagnant  to  human  feding.    fiiii  absckreckeodes  Bild, 
ailerdipgSy  und  gewils  ein  wahrhaftes;  aber  dcnnbch  ergiebt  sich 
aus  allen  angeführten  Thatsachen ,  welche  inzwischen  nur  wenige 
thermometrischen  Bestimmungen   enthalten,    dafs    die   Kälte    bei 
weitem  geringer  in  Spitzbergen,  und  auch  in  Grönland  ist,  'A& 
auf  der  Insel  Melvill'e*)  und  im  n&rdHchcn  Sibirien,- auch  ist 
in  der  Hinsicht  ein  Unterschied  vorhanden,  dafs  auf  Melvill« 
die  Tempenttiir  b^  allen  Winden  mrldei'  wird,  auf  Spitzbergen 
sd>er  bei  nördlichen  strenger.    Ref.   findet  in   den  neuesten  An^ 
gaben   über   die    klhnatische  Beschaffenheit    des  Nordens  immer 
«nehr  Grund  zur  Bestätigung  ffmer  vor  kurzem  von  ihm  geäus- 
serten Hjpotliese,    wonach  die  grössere  Wärme  von  Norwegen 
und  Island   in^  Vergleichung    mit  Sibirien   und   Nordamerika   als 
eine   Folge   des   warmen   Wassers   anzusehen   ist,    welches   der 
grosse  Golphstrom  dorthin  treibt,  tmd  so  folgt  dann  die  grössere 
Kälte  der  Ostktiste  Grönlands  nach  diesem  Gesetze  aus  den- kal- 
ten westlichen  Strömungen,    welchle-  ans  dem  sibirischen.  Polar- 
meere  dorthin  gerichtet  sind.     Aücb   nach   den  Erfahrungen  des 
- Verfs.  ist  der  Gebrauch  des  The^s  bei  grosser  Kälte  dem  Kör- 
per weit  zuträglicher,  als  geistige  Getränke,  und  sichert  ausser- 
dem vorzüglich  gegen  den  Skorbut ,  -welches  schreckliche  Uebel 
nicht  sowohl   durch  die  Kälte,   als  vielmehr  durch  den  Mangel 
freier  Luft  und   ftischer  Nahrung  zu  entstehen  pflegL     Letztere 
wissen  indefs  die   englischen  GrÖulandsfahrer  dadurch   zu  erhal- 
ten, ;dafs^  sie   das  Fleisch   frisch  mitnehmen,  an   luftigen   Orten 
aufhängen,  zuteilen  in  Seewasser  tauchen,  und  gefrieren  lassen, 
worauf  es  dann  in  ein«m  Zustande/  unglaublicher  Harte  so  lange 
bleibt,  bis   es  zum  Verbrauche  vorher  in  kaltem  Wasser  aufge- 
thauet  \  wird.     Thermometrische  Beobachtungen ,    sowohl   eigene 
als   fremde  ,v  theilt  der   Verf.  in  unglaublich  grosser  Zahl  mit, 
und  entvyickelt  daraus   sehr  sinnreich  Folgerungen,  welche  man 
»och  mehr  als  allgemein  gültiges'  Gesetz  anerkennen  wurde,   \sf 
gen  nicht  die  jüngsten  Erfahrungen  des  Cap.  Parrj  auf  Melville 
als  ein  bedeutendes  Hiqdernifs  der  aufgestellten  Theorie  im  Wege. 
In  der  Hauptsache  wird  zuerst  gezeigt,  dafs  die  Majerscbe  For-* 
mel,   so    genau    sie.  übrigens   für  niedrige   und   Mittlere  Breiten 
mit  der  Erfahrung  zusammentrifil^,   die  Temperatur   der  Gegen- 
den  des  ewigen  Eises  um  7^,6  R*  zu  hocb  ängiebt« 


*)  Vergl.  d*  Anzeige  der  Reise  des  Cap*  Parry  im  OktobcrheAa 
der  Jahcb,  der  Literatur« 

.    iDet  Biscbinft  fifkß.) 


ErgänzmigSrBlatter  d.  Heidelb.  Jakrb.  d.  Literatur,  h^ 


I  r 

ScoAMSST  account  of  ihe  ArcticRegionJl» 

*        '{B.etchhifs  )  "  '-       ,.*    ' 

«r  ^Verf,   entwlrfl^.  eine  aDJere  Formel  für. die  mittlere  Tem^^ 

peratür  der   Polarg«genden   sowohl   im  gaaaen  Jahre  überhaupt| 

als  auch  in  einzelnen  Mpnaten;  allein  .sie: ist  nicht  auf  ein  dUge«» 

meines 'Naturgesetz  gegründet,   ivie  die  MajersciBe,  soddern  nut 

aus  den  Beobachtunj^en   entnommep,   und  pafst   ^ysserdei^y  wie 

wir  gleich   sehen  werden,'  blols  fur^as  Meer  bei  Spitzbergetii 

Grüi^dUich  wird  dann .  gezeigt ,  dafs  die  tnittlere  Temperatur  dei 

Jkli^nats  4p'd,  oder  genauer  des  a7st«n  dieses  Monats  der  mitt-* 

leren  des  ganzen  Jajircs  sehr  nah^  kommt«    Als  übereinstimmeiirf. 

des  Re^tat   d^r   B^o];^achtungen   und  der    ßechi|Ung  nach  .dej^ 

gegebenen  Formel  i^t-idie  mittlere'  Temperi»tur  yon  /^^  N,.B.  *^ 

7p,5,\ui^d. iqdem  der  Grund   der  bedeutenden  Abweichung  yoM 

der  Majerscheu  Formel  den  Jkalten,  über  ewiges  £!ts, herkommen-: 

iicQ  Winden  beig^pi^sseu  wird,   ergiqbl   siEh  die,  mittlere  Temr^ 

peratiir,  unter  dem  Pole,:r^  9  ,8  R.;  statt  dfiTs  die- Rechnung,  nach 

der  Maj ersehen  Formel  sie.,:r:-.o®  giebl^  .Wßnn  nun  dieser  Uvc* 

terschied  schon  grofs  ßcheinjt,  so  folgt  ddch  aus  den  Beobachtün'^ 

gen  auf  Melville^  dafs  auch  die  letzt^ere  Grösse  keineswegs  fuf 

sicher   ^^eiten   kanu«     Obgleich   nämlich  .<4ie   Beobachtungen   dlir 

i^xpedition  untejr  Parrj  ^i^  mittlere  X^^inperatur  ni'Cht  besttarälh  . 

enthaU^Oy  so  lälst  sie  sich  doch  nach  den  y<xn  Scoresby.geger 

beneo  Regeln  ^us  den^tDdi^gefiheill^eii    höchsten,  und    niedrigstcii 

'  Th^ri^Qnxeterstanden üahe  genau,  finden, < und  ist  als  Resultat  dea 

ganzen    Jahres  auf  M^lvVlle,   also  untffr   74  ^5  N^B«^  aus  dei^ 

halben. Summe  der  höc^hsten  und  niedrig^tea  Th^rmdmetersländci 

im   ganzen-  Jahre  =ä:  —  ia,7>    im  MoDtat  Apcil   aber  -—  ^A,%9. 

Weao  man  nun  berücksichtigt,  dafs  die  iletjLtere  Zahl  etwas  «ml 

niedrig  sejn  mufs)  i^veildie  eigentliche  äiittielre  Tempfcratui:  au^ 

den.  27 sten  April  fallt,  alle  dort  beoiischteten  Temperaturen  abet 

wegen  des  Einflusses  des  erwarrotep  ScbüTfSS.  au   hoch,  sind,   so^  ' 

giebt -^  i4^  bis —  i5^    die   mittlere  Temperatur  für  Melvillci 

sehr    genau,  aber^  vifsl  niedriger^   als  sije  «nach  Scoresbj  scjil 

könnte,  t  £s  scheint  mit  diesen  Betrachtungen  übereirizustiratneuf    « 

dals    auch  die  barometrischen  Veränderungen'  im  Grönländisch eit 

Meere  grosser  sind,  ab  sie,  wenigstens . in . dem  einen  Jahre  def. 

Beobachtung,  von  Parrj  gf)funden  wurden;  indem  näoilich :dkoTt 

der  gr<|fste  Unterschi<;d  nur    i,35  Z.  betrug,   beobachtete  Sc«H- 

resbr  überhaupt  eine  Differenz  von  s,§4  Z.,  wobei  «terkwür* 

dig    i^t,    dafs   dort  der'  höchste   S.tand  3o,75  Z.,  hiqr  aber  nur 

30,57^  ^V   betrug.     Da^  J[)^u9e  der  3«aba«htuogcn  ergiebt  ü^rifk 

£rg.  Bl«  d.  H«  Jahrb.  d.  L.    I.  4*  4 


V. 


{>i)      Scoresby  .aocoiint  of  ihe  Arctlc  Regiotis» 

Jens,   Aüh  ZerseUan|(en'  in  den  uogleicli  warmen  und  feucliten 
.uftschicliten  'die  grösseren  Veränderungen   im  Polarmeere  licr- 
vorbringen,  denn  es  wird  zugleich  bemerkt,  dafs  das  Fallen  der 
Quecksilbersäule  sehr  schnell  erfolgt,    und  allezeit,    mit  äusserst 
»rllencn  Ausnahmen,  Slörmen  vorangeht,  weswegen  der  Gebraueh 
des»  Barometers'  fflrdie   Srrefahrer  voim  gröfsten  Nützen  ist.     1r- 
geni[  eine  periodische  Kbbe  und  Muth  in  der  Atmosphäre,  wie 
sie  in  nicdfercn  und  miriJereii  -Breiten  s(aU  ftndetj   hat   H.  Sco- 
jiesbyiijcht  wahrgenommen.     Bci^heilerm  Wetter  ist  der  Him- 
mel sehr  klar  und  dunkelblau,    die  Atmosphäre  im  Allgemeinen 
liöchst  trocken  -und  ohne  wahrnehnfibare  Spnren  von  Electricität. 
Die  Erscheinungen  des  Ldoming  ftniragej  zeigen  sich  in  den 
Polarmeereu   bekanntlit:h    sehr    häufig,    Nebensonnen   aber^    mit 
sehr   schönen    pri^miitisdien   Farben  •  sah   der  Verf.  nur  dreimal, 
welches  verhältnifsniäs^fg  wenig  i^t,"dif  die  sdir  feinen  md  klo^ 
ren  Eitprismen  z'er^chiiittenen  weissen  Haaren  ähnlich,   in    jenen 
Regionen  sehr  geuiein  sind.  Wenn  gleich  im  Winter  die* Polar- 
gegenden zuweilen  länger  uls  einen  ganzen  Monat  völlig  ruhiges 
und  heiteres  Wetter  hab^n,  so  sind  dagegen  vorzuglich  im  Fruh^ 
jähr  und  Herbst  die  Winde  hAußg,   stark,  unerwartet  plötzlich 
als  Stürme*  hervorbrechend ,  und  haben  das  Eigenthümliche,  dafs 
mcUi   selten   im*  Bereich  •  des   Gesichtskreises    zu    gleicher   Zeit 
Windstille    mit   gelinderen  Winden  bis  zu  heftigen  Störmen  Aui 
Mtn  Weltgegcnden  herrschen.    Der  Verf.*  fuhrt  über  diese  stU- 
tarae  Eigeuthtimlichkeit  mehrere  Bei^iele  an,  welche  von  einem 
minder    glaubhaften    Zeugen   erzählt   fabelhaft   scheinen  könnten. 
'Mehr  erklärlich  macht  die  Sa^he  der  Uittsfand,  dafs  solche  plötz-* 
liehe  Windstösse   meistens   von   einzelnen  Wolken  begleitet  und 
mit'  Schneegestöber  verbuddln  sind.    Um  inzwischen  den  ithnel« 
Jen  Ausbruch   und  Vofnbergang  solcher  heftiger  Windst&sie  an-* 
schatilicher  zu  machen  dient   unter   andern    die   Erzählung,   dafs 
der   Vater' des  Verf.    einst  bei   gafnz'  heiterm  Wetter  ans  Land 
gitigj    und   der   schonen  Aussicht   wegen  einen  steileb  Berg  von 
9000  F.  Höhe  erkletterh?,  als  er  plötzlich  .eine  kleihe,  aber  s<ehr 
gezerrte,  Wolke  herankam menslih,  und  für  eine  sturmbringende 
erkannte.     Kau^n    hatte   er   Zeit,   sich   luederzuwerfeu ,   and  die 
Arme  nebst  den  Füssen  tief  in  den  Schnee*  zu  dröcken,  um  nicht 
duroll   die  Gewalt   des  LuftAtosses  -^om  uteilcn  Felsen  herabge* 
Schleudert   zu   werden.      Nach    wenigen    Minuten   stieg    tr   zum 
Schiffe   wieder   hinab,     wo    man   von    einem   Sturme   gar   nichts 
wufite.     So  sehr  man  geneigt  scjn  wird,  hierin  eleetrtsche  Phä- 
nomene zu  erkennen,   eben  so  auflallend  ist  es,  dafs  alle  hierun- 
ter gehörige  Erscheinungen,  namentlich  Blitze,  ^über  den  Polar- 
kreis hinaus  äusserst  selten  sind,   oder  vielrhehr  gar  nicht  eiisti- 
rea,   and  selbst  wenn  einmal   etvy^  hüclisteus  in  6S^  N.B,  ein 


,Score$by  accöunt.  of  th^  Arctic  RegioD3.       5^ 

Blitz  beobaclitet.wird,  so  ist  er  nie«,vpn  Dopn^  begleltpt>  dena 
nur  einmal  auf  allen  seineo  Reisen  körte  dei:  Vferf« .  in ^  jenen 
Gegenden  einen  schwäclicn  und  kaum  Iccnnt^i'ch^n  Donner«  Nor^- 
licliter  sind  dagegen  sehr  häufig,  inzwischen  h^It  der  Verf,  eiüc 
Se$chr,eibung  derselben  für  überflüssig ,  weil  sie  ohnehin  bökaiiht 
^indj  bemerkt  aber  ausdrücklich,  dals  nie  'ein  ..Greraiiscli  b^ei 
densielben  gehört,  noch  irgend. ein  Einfiufs  auf  die  Magnetuacfel 
oder  das  Electrometer  wahrgenohimen  wurde,  dagegen  atper  wffd 
sowohl,  aus  eigenen  Beobachtungen,  als  aus  denen'  eines  andern 
äeissigen  Grönlandslahrers  gefolgert,  dals  vorzuglich  die  'hcllglah- 
zenden  Nordlichter  sichere  Vorboten  heftiger  Sturnoe  sind.   .Öie 

"Wolken  in  jenen  Gegenden  haben  nichts  Ab weidiendes  von  dem 
Gewöhnlichen ,  dagegen  liefert  die  weitläuftige  Beschreibung  dW 
Schneeflocken,  deren  g6  verschiedene  Arten,  mit  genauer  Be- 
schreibung ihrer  ferösse  von  ^  bis  j^  ZI  Durchmesser  und  der 
begleitenden  Umstände  ihres  Fallcns,  abgebildet  sind,   ein6  senr 

'  gepjaue  Uebersicht  eines  der  merkwürdigsten  KrystaUisatiöns'-Prb- 
cesses   in    der    Natur ,^    wobei   indefs   die  hexagonale  Grundform 

•  Qie  zu  verkennen  ist..  Frostnebel,  oder  sogenannter  Bauhfcost 
ist  häufig  in  jenen  Gegendtcn,  scheint, als«  Nebel  aus  deni,  Meere 
aufzusteigen,    und   setzt  sich  ni^cht  blofs  in  die  Haare  und  Klei'* 

•  der,  sopderu  auch  auf  den  Verdecke^i  in  beträchtlicher.  Mieuge 
an,  und  erreat  unter  den  Füssen  des  Grch enden  ein  knirschendes 
Getöse,  indem,  er  als  feines  Weisses  Mehl  weggeschabt  wird. 
j)jer  Keif  hat  nichts  Eligenthü^mliches ,    und   die   Nebel,   obgleich 

.  gefänrlicher  für  die  Schiffahrt  zwischen  unigebenden  Eise,  siiid 
nicht  30  dick,  aber  wollt  gleich  anhaltend,  als  a^  den  Meeres-* 
lausten  in  weniger  hohen  Breiten ,  haben  aber  die  bekannte  Un** 
annehmlichkeit,  dafs  sie  sich  oft  als  beträchtliche  Eislagen  ^q 
.Thauwerk  und  Armatur  der  Schiffe  anlegen. 

Auch  das  Naturgeschichlliche  hat  der  Verf.  nicht  ver|;cs$eo, 

sondern    namentlich    die   Zoologie   der  Polargegendeu   im  Jletzten 

Ciapitel  ausführlich  abgehandelt.     Ref.,  welcher  über  i^n  Gehalt 

dieser.  Beiträge  nicht  als  Sachkenner  urtheilen  kann,  begnügt  sich 

den  Inhalt    nur   im  Arigenioineu  anzugeben,     lieber  die  googlio* 

stische  BeschaiFenheit  nameutlich  ton  Spitzbergen  giebt  ein  eige*» 

ner  Anhang  Auskunft,  worin  die  vom  VerL  mitgebrachten  Fels*« 

arten  von  dem  bekannten  Mineralogen  Jameson  bestii^imt  si^id« 

Sie  bestandeq  aus   grauem  Kalkstein,  Gti^us,  Giimmcfschiefer.ia 

Thooschiefer    übergehend,    Quarzfelsen,    und    einzelnen  Stücken 

l^alksprtth.  Vulkanische  Erzeuguisäe  werden  auf  Spitzbergen  nicht 

angetrofl*en,  wodurch  die  Insel  sich  wesentlich  von  Jan-^Majen 

untersi^heidet,    deren  Gebirge  aus  jüngerem  Trapp  und  Vulkani- 

scbeu  Gebilden,  namentlich  Basalt  und  La v^  bestehen.     Die  ein- 

zigcn   nützlichen   Mineralien  ^    welche   Spitzbergen   liefert  ^    sind 

4* 


*52      Scoresby  account  of  tne  Ärctic  p.egiorfÄ* 


£ 


.  etwas ,  Marmor  und  Steinkohlen^  Eben  ^o  dürftig  ist  dieses  Land 
[iiii^ctillich  ()er  Vegetabllten,  inaem  die  -meisteh  dort  wachsenden 
t'älaiizeii  in  ^tnein  Zeiträume  von   vier  bis  sechs  Wochen  aufge- 
!  beii-|  blühen  und  San.men  tra£;en.     Alle  sind  klein,' haben   mitun- 
'   teir  niedliche  Blumen,  dereii  Farben  aber  blofs  ai^  Weifs,   Gelb 
.  ^nu.  Purpur  bestehen,  und  das  einzige  daselbst  Ijefiudlicbe  bäum- 
'»  ärllgc,  Oevväöhs  ist  eine    3  —  4  Z.  *  hohe  Weide.     Genaue  und 
ausführliche,    meistens   auf  Autopsie  gegründete^  Beschireibüngea 
liefert  der  Verf.  von  den  verschiedene^!  Seethieren  jener  Gegco- 
iixü    Balaena  mj'sticetus ,    der    g-e wohnliche    Wallfiscb,    selten 
^gl'össer.  als   60  F.  laug,   bewegt   sich   seiner  Grosse   ungeachtet, 
ip'dem  er  U|m  o,o5  leichter  ist,  als  das  Seewasscr,  mit  einer  Ge- 
sell wind  iirk  ei  t    von    etwa    4   Meilen    in    einer    Stunde,    auf   der 
/Flucht  eine  kurze  Zeit,  mit  mehr  als  dcf*  doppelten  Geschwind!«^- 
..  keit|  stürzt  sich  aber  nach  einer  Verwundung  fast  gleich  schnell 

*  mit  solcher  Heftigkeit  in  die  Tiefe,  zuweilen  bis  beinahe  5oooF., 
/dafs  hierbei  nicht  selten  seine  Kinnbacken  durch  den  Stofs  jgegen 

/den  Boden  zerbrochen  werden.  Wwe^uii^exxj  in  der  Regel  ndr 
\eins,  selten  zwei,  werden  ini  Februar  oder  März  geboren,  sind 

zwis<;hen  10  ^^  i4  F.  lang,  und  bleiben' etwa  *  ein  Jahr  unter 
dem  Schutze  der  säugenden  Mutter,    welche    mit  üusserordeiitli- 

*  eher  Zärtlichkeit  sie,  selbst  wenn  sie  vervvundet  sind,  nicht  vcr- 
läfst,  und  hierdurcli  den  Fischern  zur  sichern  Beute  wird.  'She 
loses  all  regard  for  her  own  sajety  ^  in  anxiety  for  tke  preser^ 
Nation  of  her  j-ou/ig;  -^^  äashe's  thröitgh  the  miast  oj  htr  ene^ 
iniesi  -^  despbes  the  dahgcr  that  threätehs  her;  ' —  änd  even 
yoluniarüy  reirudns   with  her  ofsprinq ,   öfter  vafious  dttacks  ort 

herseif  from  the  harpöon^  of  the  ßshers, There  is  some* 

thing  extremeljr  pamful  in  the  destruction  of  a  whale,  when  thiis 
evincing  a  degree  of  affectionäte  regard  for  its  of  spring,  that 
woiild  do  honour  to    the  superior  iritelligence  of  human  beings; 

iyet  the  ohject  of  the  adl^enture ,   the   vatue    of  the  yrize  j    the 
jojr  of  the  capture,  cannöt  he  sdcrißced  Co  feeUngs  of  cömpassion. 
Merkwürdig  ist  die  grosse  Wärme  dieser  Thiere.     Das  Blut  el- 
ftes vor  anderthalb  Stunden  getödteten  NärhYraFs  wurde  29^  und 
▼OD    einem   eben   erlegten  Wallfisch   3i%i   R.  gefunden.     Ausser 
balaena  mysticetus  ist  noch  die  grofste,  stärkste  und  gewandteste, 
über    10»  F.    Länge    erreichende    Wallfischart,   balaena  physalis 
X.    B,  mtiseulus  L,    R,  boops  L,   ß,  rostrata  L,   Monodon  mo» 
noceros    L,   Delphinus   deductof^   tind    Delphinus  leucas   L,    be- 
schrieben.    Nur  geringe    ist    die  Zahl    der   übrigen    Säugethiere, 
über  welche  der  Verf.  eigehe  und  fremde  genaue  Beobachtungen 
niittheilt,  namentlich    das  Walross,  der  Seehund,    deren  Zahl  in 
jenen   Gegenden  unermefslich  seyn  mufs,    indem  die   Wallfisch- 
iahrer  im  Mouat  April  beiläufig  eine  Ladung  Von  2000-— 3ooo 


Scoresby  4ecoant^of  thc  Arctic  Regions.      53 

Stuck^  Schliffe  aber,  welche  fcxprefs.  auf  ibrlpn  j^apg  haupt^acKlicTi 
von  d^r  Weser  und  Elb^  auslaufen,  4qoo — ^5ooo  Stück  als 
Ladung  zu  erhalten  pflegen^  der  weisse  Fuchs  (aanis  lagopus)/ 
der  Eisbär  und  d^s  Reonthler.  Viele  eingestreuete  Erzählungen 
▼on  der  List,  der  Kühnheit  und  der  ausnehmenden  Stärke  der 
weissen  Bären ,  Heset  man  mit  grossem  Interesse.  Unter  anderi\ 
befand  sich  ein  gewisser  Capitän  Cook  aus  Lynn  einst  mit 
zwei  Begleitern  am  Ufer,  als  ihn  unversehens  ein  solches  Raub« 
thier  mit  seinen  gewaltigen  Klauen  packte,  ahne  dafs  er  jedoch 
die  Besinnung  verlor,  indepa  er  seinem  Begleiter  xurief  zu  schies- 
8en,  und  dieser  dann  glücklicher  Wei^e  den  Kopf  ti>af.  Ein 
anderer,  Cap.  Hawkins  von  HuU  hatte^von  «einem  Bote  aus 
einem  Bären  schon  zwei  Stiche  mit  der  Lanze  in  die  Brust  ver- 
setzt, und,  wollte  ihn  zum  drittenmale'  tred^en,  als  jener  ihn  im 
Sprunge  beim  obern  Beine  ergri^,  uqd  über  seinen  Kopf  weg 
ins  Meer  schleuderte,  dann  aber  diesen  Augenblick  der  Ver- 
wirrung benutzte,  um  den  Begleitern  durch  eine  schnelle  Flucht' 
zu  entkommen.  Die  Zähl  der  beschriebenen  und.  blofs  erwähn- 
ten Vogel,  Fische,  Schaalthiere  und  Mollusken  ist  zu  grofs,  als 
dafs  Rec.  es  für  zweckmässig:  halten  konnte*  sie  hier  alle  zu' 
nennen« 

Eine  schätzbare  Zu^aBe  zu .  dem  ersteh  Thcile  machen  die 
i^nhänge  aus.  Zuerst  sehr  vollständige  meteorologische  Tabellea 
vom  Jahre  1807 —.1818- für  alle  Tag«,  der  Monate  Maj,  Juhjt 
und  July,  meistens  auch  April,  und  zuweilen  einen  Theil  deis 
März,  nebst  tabellarischer  Zusammenstellung  der  Resultate,  welche 
sich  aus  diesen  zahlreichen  Beobachtungen  ergeben.  Dann  ein' 
chronologisches  Verzeichnifs  der  nördlichen  Entdeckungsreisen 
von  861  an  bis  1819.  Der  Inhalt  der  übi^i^en  Anhänge  ist  ge- 
les'entlich  erwähnt  worden. 

Der  zweite  Theil  handelt  vom  liyallfisclifange,  und  enthält 
im,  ersten  Cap.  eine  ausführliche.  Geschichic  des  Ursprunijs  und 
der  weiteren  Ausbildunc;  dieses  so  höchst  Bedeutenden  Gcschäf- 
tes.  Die  Meinung  vieler  Sc,briftseller,  dafs  die  Basken  und 
Biscaier,  bis  zu  deren  Küsten  in  frühesten  Zeiten  eine  Wall-^ 
fischart,  halaena  rostrdta,  zu  kommen  pflegte,  zuert^t  den  Wall^ 
fischfang  geübt  haben  sollen,  berichtigt  der  Verf.  dahin,  dafs 
diese  Küstenbewohner  zwar  um  1675  zum  Pischep  in  das  Po-^ 
larmecr  schifften,  dafs  aber  schon  vom  Ende  des  neunten  Jahr- 
hunderts an  die  Normänner  und  Islä'nder  die.  Wallfische  bis  an 
die  Grenzen  des  Polareises  aufsuchten.  Erst  i594  versuchten 
die  Engländer^  sich  diesen  einträglichen  Erwerbszweig  zuzueig- 
nen; allein  es  ist  merkwürdig,  dafs  sie  bis  zum? französischen 
Revolutionskriege  den  Holländern  durchaus  nicht  j^leichkommen 
konnten^   grosse  Suromen  dabei  einbülsteny  undt  das  ganze 'tie^ 


54      Scorcsby  accoünt  of  the  Aipclic  Regions. 

%cVih  uur   darcli   ausserordentliche  Belblmungen   und  QegHnsti« 
gungeo  aufreclit  zu  erbalten .  vermochten.    Man  sieht  hieraus,  ipit 
T?ie   grossen    ScKwierigkeiten    der   Wallfischfang    verbunden   ist, 
Torzüglich  wenn  maq  die  Unwirthbarkcit  der  Gegenden  berück- 
sichtigt, worin  «r  betrieben  wird.  Die  Russische  Handels -Com- 
pagnie   wirkte  einst  Begnadigung   für    eihtge   Capital  Verbrecher 
•US,    und  versprach   ihnen   noch    obendrein    grosse   Belohnungea 
unter  (\ct  Bedingung,'  dafs  sie  einen'  Winter  in  Spitzbergen  zu- 
bringen sollten ,  um  hiermit  den  Versuch  einer  beständigen  Nie- 
derlassung an  jenen  Küsten  zu  macben;  allein  die  Unglücklichen 
Wurden  beim  Anblick  der  gräfslichen  Einöde  mit  solchem  Schau- 
der erfüllt,    dafs   sie   ba}en„  man  hioge  sie  zur  Hinriditung  zu- 
rückführen.   Ohogefähr  um  die  nämliche  Zeit  liefs  ein  Londoner 
SchiflT  zufällig    neun  Mann   am  Ufer   zurück,   fand  sie   aber   alle 
im  nächsten    Jahre   todt,    und   ihre  Leichname  von   Raubthieren 
zerfressen.     Man    kann    denken    init    welcher   Empfindung   acht 
Mann    von    demselben   SchifPe,   welche    einige   Jahre    später   um 
Rennthiere  zu  jagen  am  Uffr  geblieben  waren ,  ihr  Schiff  durch 
das  Eis  fortgetrieben  und  sich  verlassen  sahep.    Indefs  benutzten 
sie  klüglich    alle    ihnen   zu  Gebote   stehenden  Mittel   der  Erhal- 
tung,   und  kehrten   im  nächsten  Jahre,  sünuntl ick  gesund  iLuruck. 
Hierdurch  aufgemuntert  vermochten  die  Holländer  durch  grosse 
Belohnungen    sieben    Individuen    auf    Spitzbergen   und    eben  so 
viel  auf  Jan -Mayen  zu  überwintern.  Die  letzteren  starben  alle, 
wie  oben  erwähnt  ist^  die  ersteren,' neun  Grade  nördlicher,  ka- 
men glücklich  durch;  allein  die  im. folgenden  Jahre,  i634     dort 
abermals  zurückgelassenen,  starben  sümmtlich,  und  seit  dieser  Zeit 
scheinen y  bis  aut  die  neuesten  russischen  Fischer,  keine  weitere 
Versuche   gemacht  zil  se^n.     Von   der    Grosse   dieses  Handels- 
zweiges •  überzeugt  man,  si<J)   unter  andern    durch    die   Angabe, 
dafs  ♦697,  als  die.  Engländer  des  vielen  erlittenen  Schadens  we- 
gen nicht  concurrirte^ ,  z,usai;nmen   iQa   Schitfc   init'  1888  Wali- 
sischen an  Bqrd  zurückkehrten,  im  Jahre'ijS'S  aber  gingen  allein 
^ii  brittische  Schiffe  auf  den  Wallfischfang  aus.    Um  diese  Ge- 
genstände genaüei"  zi;  erörtern  giebt  derVerf.  im  aten  Cap.  eine 
tescltichtliche.  Üebersicht   des    Wallfischfanges   bei  den  verschie- 
denen  Nationen  ;*  zuerst  bei   den  Briltcn,    wobei  er  nicht  umhin 
kann   zu    gestehen,   dafs  die  Holländer  ihnen  an  Muth  und  Ge- 
schick 11  ohkeit  friilier  sehr  überlegen   waren  j'   denn,  während   die 
erstehen    ein    Capital    von    82"^'  Lstl.    cinbüfsten,    gewannen  die 
letzteren  von)  169^  bis  4708  4727^*  fl.  als  reinen  Gewinn.  Erst 
seit  1785  fing"  dieses  Geschäft  in  England    an  zu  gedeihen,   und 
die  Brltten  überfiügeln  seitdem  bei  weitem  alle  andere  Nationen, 
dcnii    i8i4   Wachte   unter  andern  ein   einziges  Schiff  44  Wall- 
fische mit,  und   gab' einen' Brutto -Ertrag   von    11°*- Lsll.,   das 


"Scoresbj  äccöimt'of  tlie  AiTtic  Regions«:      55 

Schiff  Resolution  von  Whitby  aber,  nur  agi  Tonneo  fi^ofs, 
gab  von  i8o3.bfs  i^\}\  einen  reinen  Gewiun  von  19473  LstL 
Aucb  die  eoglUclicn  Colonieen  in  Nordamcrica  triebea  den  Wali« 
ilscliFaug  immer  mit  grofsem  Vortheile.  Die  Holländer,  obgleich 
oft  durch  Kriege  unterbrochen,  haben  das  Geschäft  allezeit  mit 
eben  so  viel  Eifer  als  Glück,  bis  auf  die  letzte  Catastrophe  ber 
trieben,  denn,  die  Jshre  der  Unterbrechung  niclit  mitgezalilt; 
sendeten  sie  in  125  Jahren >  £wischen  1660  bis  1795  zusammen 
tö993  Schiffe  au)s,  welche  71900  Fische,  also  3  y4  Stück  auf 
jedes  Schiff  jährlich  fijigen*  Eine  tabellarische  Uebersicht  zei^ 
den  grofsen  Gewinn.,  welchen  der  Staat  durch  diesen  Erwerbs* 
iweig  erhielt;  denn  von  1^)69  bis  177^  wurden  /.usammch 
473 2 d  Schiffe  abgesandt,  von  denen  622  untergiugen  ^  die  übri- 
gen aber  brachten  einen  Ertrag  von  fast  274  MiH«  H*  Q"<1  n^^^t 
Abzug  der  sämmtlichen  Kosten  55*257672  ti.  an  reinem  Gewinn 
den  Actionairs.  Unter  allen  übrigen  Staatt^n  betrieb  Hamburg 
seit  1607  bis  auf  die  neui:sten  Zeiten  den  WaU6schfang  mit  dem 
^ofsten  Eifer  und  besten  Erfolg,  und  darf  sich  somit  an  Hol- 
land anreihen,  wie  auf  gleiche  Weise  Altona,  Glückstadt  und 
Bremen.  Im  dritten  Capitel  ist  eine  Uebcrsicht  der  frühesten 
Art  des  Wallfischfanges  und  der  allmahligcn  Vera ndcrtin gen  des-^ 
selben  enthalten.  -Als  dieses  Geschäft  zuerst,  bald  nach  der 
Entdeckung  Spitzbergens  im  Jahr  1607  durch  Hu<fson,  in  jenen 
Gegenden  betrieben  wurde,,  waren  diese  Thiere  in  Metige  an 
den  Küsten  vorhanden,  wurden  daselbst  harpunirt  und  mit  Lan- 
zen, geiddet,  dann  aus  Ufc^r  gezogen,  zerlegt  und  der  Speck  so- 
gleich ausgebraten,  für'  welchen  Zweck  aie  nöthigen  Gebäude 
«mdl Vorrichtungen  an  der  Küst«  bereit  standen,  und  im  Winter 
zurückgelassen  wurden.  Mit  der  Zeit  wulrdcn  die  Wallfische 
verscheucht,  mufsten  weiter  in  *dfe  See  verfolgt  werden,  man 
konnte  daher :  den  Speck  nur  in  zerschnittenen  Stücken  ver- 
packen, und  die  Anstallen  an  den  Küsten  verfielen  zulct;£t  gänz- 
lich. Es  waren  von  der  Zeit  an,  als  die  Fische  zwischen  dem 
Eise  verfolgt  wurden,  weit  bessere  Schiffe  erforderlich,  als  vor- 
her, der  ganze  Apparat  wurde  mehr  zusammengesetzt, ,  vorzüg- 
lich aber  erforderte  der  Fang  selbst  ungleich  mehr  Kunst  und 
.  Fertigkeit. 

Mit  groEsem  Interesse  liese\  man  im  vierten  Capite)  eine 
genaue  Besclireibuug  der  zum.  Fischfang  erforderlichen  Werk- 
zeuge, des  Verfahrens  dabei  >  der  nÖthigen  Vorsichtsmafsregcin 
und  der  Methode  beim  Zerlegen  eines  endlich  nach  oft  unglaub- 
licher Anstrengung  überwundenen  Thieres.  Im  Allgemeinen  ist 
alles  dieses  seit  langer  Zeit  wenig  verändert.  Man  sucht  dc4n 
Fische  nahe  zu  kommen,  der  Harpunirer  wirft  ihn  roitd(*r  llar- 
.  pMnc,  die  Boote  verColgen  ihn  bei  seiner  sofortigen  Flucht,  be- 


56      Scoresbj  accoant  of  the  Arctic  Regions* 

aeKten    den    Augenblick    seines    Emporkommens    zam    Athmen^ 
suchen  ihn  widcrliolt  mit  der  Harpune  zutreffen,  und  erstechen 
ihn    endlich,  nach   grofser   Erschöpfung  ^^sselben    mit   Lanzen; 
ein    schweres    und    meistens,  gefährliches   Geschäft,   welches   im 
Mittel  in  einer  Stunde,   zuweilen  in  fünfzehn  Minuten,    in    sel- 
tenen Fällen  erst  in  fünfzig  Stunden  beendigt  ist.     Die   grolste 
Gefahr  droht  den  Fischern,  wenn  der  getroffene  Wall&sch  yirier 
der  an  die  Oberfläche  zurückkommt,  indem  er  dann  mit  seinem 
Schwänze  häufig  die  Böte  umstürzt,  zerschlägt,  oder  mindestens 
die  Fischer  durch  dio   Erschütterung  herausschleudert,   ja    einst 
s«virurde  ein  Boot  so   in  die   Luft  geworfen.,   dafs   es  umgekehrt 
wieder  herabfiel.     Das  schnelle  Fortreisen  der -Seile,    wenn  der 
Fisch  in  die  Tiefe  stürzt,  bringt  das  Holz,   woran   sie  hinscha- 
ben, zur  Verkohluttg,  so  dafs  es  die  Fischer  in  Rauch    einbülit, 
und  ohne  stetes  Begossen  werden  verbrennen  wurde»     Einige  de- 
taillirte  Erzählungen  geben  eine  klare   Vorstellung   von   der    un- 
glaublichen Anstrengung  der  Verfolger  eines  wahriiaft  Ungeheuern 
Geschöpfes,  und   von   der  un  er  meislichen  Gewalt,  welcho    das 
letztere  auszuüben  pflegt.     Nicht  genug ,  dafs  ein   W^aHfisch    zu- 
weilen zwej   bis   vier  Böte  mit  gröfsercr  Geschwindigkeit  fort- 
reifst, als  die  Ruderer  dieselben   zu   bewegen   vermögen,    zieht 
er   sogar   die   gewöhnlichen   Grönlandsschiffe    von    35o    Tonnen 
gegen  den  Wind  fort,  ja  in  einem  Falle  schleppte  sogar  ein  von 
mehreren  Haijiun^n  getroffener  ein  in  die  Tiefe  gezogenes  Boot 
nebst    20 160    F.    Linien,    welche    letztere    allein    35oo    Pfund 
wogen,  mit  beispidloscr  Geschwindigkeit  fort  und  konnte  nicht 
eher  gebändigt  werden,  als  bis  er  noch  von  tiiöoF.  I  inieü  aus 
zwey  andern  Böten  festgehalten  wurde.     Die  Gröise  der   Beute 
und  auch  die  Anstrengung,   welche   zu  .ilirer   Erlangung    erfor- 
derlich ist,   machen  es  erklärlich,    dafs   unter   andern   einst   die 
durch  frühere  Arbeit   ermüdete    Mannschaft   unter   dem    Befehle 
des  Verf.  die  Verfolgung  i5  Stunden  ohne  irgend  e^np    Erho- 
lung oder  Erfrischung  mit  der   grölsten  Anstrengung   fortsetzte, 
und  endlich  mit  dera  Verluste  einer  Harpune  und  einer  groCsen 
Menge  von  Seilen  aufgeben  mufste.     Von   den   beim  Walifisch- 
fange   üblichen    Gesetzen,    kann  Ret   ihrer   Wichtigkeit  für  das 
Handelsrecht  ungeachtet,  keine  Uebersicht  geben,  und   begnügt 
sich  j  eine  Anekdote  herauszuheben.      Zwej  nebeneinander  se- 
gelnde Schiffe  sahen  zugleich  einen  todten  Wallfisch,  und  mach- 
ten sofort  Jagd  darauf,  aber  segelten  so  gleiohmäfsig  und  stieüsen 
im    Augenblicke  ihrer   Annäherung   so    heftig   aneinander,    da£s 
beide  Harpunen  den  Fisch    verfehlten.     Sofort  sprang   der   Ge- 
hiilfe  des  Capitäns  des  einen  Schiffes,   ein  kühner  junger  Mann, 
ins   Wasser,    schwamm   zur    Beute,    9b er   weil  das  Thier  ge- 
steh wollep  yvai*)  konnte  er  nicht .  hinaufklettafn,  -sondern   ergriff 


Scoresby  äccount  of  thie  Arctic  Regions.      5/ 

ixe  Flosse  des  FiscKes.  Der  ScbUftcapitan  ^  hierdurch  in  des 
Besitz  einer, reicheo  Beute  gesetzt,  vergäls  den  beherzten  Schwim«^ 
.mer,  und  währjsnd  er  sein  Schiff  am  .£ise  festlegte,  segelte  eia 
Boot  vom  andern  Schiffe  hin.  Der  'Harpunirer  in  demselben 
sagte  zu  dem,  wekber  die  Flosse  hielt:  Du  hast  da  einen  schö«" 
^en  Fisch;  aber  findest  Du  es  niclit  Jbilt?  Allerdings  sagte  jener^ 
ich  bin  schon  halb  erfroren«  Soll  ich  nich»in-euer  Boot  kom« 
mcn,  bis  das  unsrige  hier  ist?  Sehr  gern,  war  die  Antwort; 
Kaum  aber  war  er  herausgezogen,  mithin  der  Fisch .  wieder 
frei,  als  der  Harpunirer  ihn  mit  dar  Harpune  warf,  und  mit 
-vt>llem  Rechte  sich  als  den  Besitzer  verkündigte.  Noch  viel  In- 
"teressantes  liefse  sich  mitth eile»  aus  der  Beschreibung  des  Thranr 
siedens,  der  Reinigung  des  Fischbeins,  wovon  früher  jährlich 
für  ioo"^  Lstl.  aus  Holland  in  England  eingeführt  wurde,  über 
die  Benutzung  des  sohlechteren.  Thran^'s  zur  Gasbeleuchtung  und 
manche  andiere  technische .  Gegenstände,  wenn  der  beschränkte 
Raum  eine  gröfsere  Ausführlichkeit  gestattete.  Eben  dieser  ler-/ 
laubt  es  auch  nicht,  den  Inhalt  einer  unterhaltenden  Erzählung 
Yon  der  Fahrt  des  Verfassers  auf  dem  Schiffe  E4k  von  H^hitby 
im  Jahr  i8i6  naher  anzugeben,  wobei  eine  Verletzung  des 
Kieles  auf  einer  Eiszunge  den  wackeru  Capitän  nach  unglatibr 
]i<hen  Anstrengungen. zwang,  den_ Wrack  gegen  die  Hälfte  sei- 
ner Ladung  durch  ein  anderes  Schiff  nach  Schottland  .sch}eppea 
zu  lassen. 

Nolhwendig  aber  mufs  Ref.  noch  die  Anhänge  des  zwejten 
Theiles  etwas  näher  bezeichnen.  Zuerst  ist  eine  Uebersicht  det 
sämmtlichen  Parlamentsakten  gegeben,  welche  gegen  ..artig  rück- 
sichtlich des  Wallfischfanges  in  Kraft  sind*  Dann  folgen  die 
nähern  Angaben  von  der  Grölse  und  Armatur  eines  Grönlandsr 
Schiffes,  der  Signale,  beipi  Fischen »  und  des  Verhältnisses  zwi«. 
sehen  MaCs  und  Gewicht  des  Thrans.  In  gedrängter  Kürze  er* 
theilt.der  Verf.  die  v.on  ,  glaubhaften  .  Augen:(eiugen  erhaltenen 
^Nachrichten,  vom  Walifischfange  im  südlichen  Polarineere  zwi» 
sehen  36"^  und  4B^  S.  B.  an  den  Küsten  von  Brasilien,  Peru, 
Africa>  Timor,  j^euseelatid  u.  s.  w«r|  wo  die  gemeinen  Wallfische* 
( B.  mjrsticetusj  jedoch  von  einer  etwas  kleineren  Art,  und 
vorzüglich  Pottfische  gefangen  werden.  Letztere  finden  sich  ift 
Heerden  zu  loo  bis  200  Stück,  grofstentheils  aus  weiblichen 
bestehend,  scheinen  w«it  weniger  Qefahren  beim  Fangen  her* 
beizuführen,  erfotdern  aber  für.  europäische  Schiffe,  deren  mit 
Einscblufs  der  amerikanischen  jährlich  zu  diesem  Zwecke  minde- 
stens .300  .auslaufen,  für  eine  Expedition  einen  Zeitraum  von  a 
bis  3  Jahren  Die  im  gieu  Anhange  mitge|heiUeii  magnetischen 
Untersuchungen  zeigen  vorijuglich  den  Eiuiiuf;^  des  Eisens  -mf 
die  Magnetnadeln.    Vorläufig  stellt  d^  Verf.  eine  Behauptung 


\ 


|»o        Com.  4c  Sternbfrg  Catal.  plantarum« 

tic^  beuseo;  doch  dergleichen  i^  leicht  zu  yeibesserni  uiiange- 
nehmer  aber  ist  der  Umstand,  dals  beide  Register  sich  nicht  aa 
allen  betreffenden  Stellen  auf  einander  beziehen;  es  ist  nämlicb 
mu  dem  bereits  oben  Gesagten  klar,  dafs  alle  Pflanzen  die  im 
ersten  Index  stehen  auch  im  z^reken  vorkommen  müssen  und 
timgekehrt;  hiervon  aber  finden  sich  manche  Abweichungen,  die 
nothwendig  zu  MifsVerständnissen  AnlalÜs  geben  werden,  wovon 
bier  einige  Beispiele;  im  ersten  Register  fehlt  Chamaeßcus  ist 
aber  im  zweiten  bei  Ficus  Carica  ß  (var.  Aumi/£r  augezeigt ;  der- 
selbe Fall  hat  Statt  bei  F'ünaga,  welches  Wort  doch  im  zwei- 
ten Index  l)ei  Vaucus  f^isnaga  steht;  dasselbe  kommt  abermals 
Tor  bei  Ornithogalum  ;■  im  ersten  Index  nämlich  wird  bei  die- 
sem Worte  (mf  Ornithogalum  luteum  I^,  verwiesen ,  im  zweiten 
aber  findet  ijaan,  dafür  Ornithogalum  narbonehse  L,  bei  Ormr 
thogalum  luteum  aber  steht  Bulbus-  majnlts  Mathioli;  diese  letzte 
Abweichung  rührt  .offenbar  von  den  verschiedenen  Editionen  der 
Commentarien  her.  —  Echium  scorpioides palustre  steht  im  zwei- 
ten Index  bei  Myosotis^,  nicht  aber  im  ersten;  genau  dasselbe 
findet  sich  bei  Melilotus  itqlica,  Cuminum  satmim  ist  im  zwei- 
ten Index  bei  Cuminum  C/minum  angeführt;  im  ersten  fehlt  es; 
Gnaphalium  'vulgare  mangelt  im  er$tei;|  Index,  im  zweiten  ist  es 
i)ei  Gnapkalium  germanicum.  —  Bei  Orobus  creticus  wird  auf 
yicia  cretica  verwiesen,  w.e^che  Pflanze  im  zweiten  Index  nicbt 
steht,  wohl  aber  Ficia  £r(/i/</%. -—  yie)leiclit' müssen  alle  diese 
'  Jrrungen  auf  Rechnung  eines  wenig  sorgfaltigen  Correctors  ge- 
setzt werden«  — 

Die  Erklärung  mancher  in  dep  Commentarien  vorkommen- 
den Gewächse  ist  oft  nichts  .wcnigi^r  als  leicht;  oft  sind  dieBe- 
j^chreibungen  so,  dafs  man. sie  aui  zwei  oder  mehr  Pflanzen  mit 
fast  gleichem  Reolite  beziehen  kqnntq;  dies  mag  hinreicheo  um 
^Qgleich  einzusehen,  dafs  verschiedene  Ausleg^qr  in  ihren  Erläu- 
terungen nicht  selten  von  einander  abweichen  werden,  so  ist 
auch  Recens«  über  manche  Dinge  nicht  mit  dem  Hru.  Verf.  ein- 
verstanden, ist  aber,  weit  entfernt  seine  Ansicht  fiijr  die  allein 
jicbtige  zu  halten,  wird  sie  jedoch  Immer  mit  den  notliigen 
Gründen  belegen.  Die  angeführtei;  Seitenzahlen  beziehen  sich 
alle-  auf  die  Bau^insche  Ausgabe  der  Werke  des  Mathiplus 
iBascl    iSyi. 

p.  24«  ist  ein  Meum  adulten'num  abgebildet,  dessen  der 
Hr.  Verf.  nicht  gedenkt.  Mathiolus  führte  es  in  der  zweiten 
.Edition  seiner  Commentarien  und  in  der  vom  Jahre  i583  (nach 
\C,  BauLJ  auf;  in  allen  übrigen  blieb  die  Abbildung  weg,  ßau- 
hin  aber  nahm  sie  in  der  letzten  Edition  wieder  auf;  ^s  ist 
Meum  alterum  spuriu/n  itaticum  LoheUi  oder  Seseli  montanum  L, 
Man  vergleiche  herüber  S/stemä   Fegetabüium  EdU.  Boemer 


Com.  Ad  Sternberg  Catal.  plaiitaftttti!         Gi 

Jichult.  VI.  3g7.  Jhidem.  Meoti  t.  MathioU  zieht  der  Hefe 
Verf;  iajl  Athamanta  MathioU  JVulf.  Sprengel  sber  bringt  die-  ^ 
selbe  Pflanze  zu  Meum  athamanticutn  Jaequin,  jedoch  nur  der 
Bauhihschcn  Edition ,  dagegen  di^  Pflanze  gleiches  Naniens  der 
Kdit.  Valgris,  zu  Athamanta  MathioU.  p.  44«  fehlt  Folium  of^ 
ßcinarum;  es  sind  Abbildungen  von  Blättern  und  Früditen,  und 
ihre  BestinuDubg  daher  schwer  und  ungewifs,  auch  findet  maa 
sie  heut  zu  Tage  kaum  mehr  iii  den  Officinen;  nach  desRecenW 
Meinung  durften  sie  von  Lauras' Malabratitm  jüh&iikmmtTk,  :p.  iS^J» 
fehlt  die  Erklärung  der  Xylocassia  und  Xjrlocassia  sUhnigrä; 
die  Abbildungen  zeigen  blofs  Rinden,  wovon  die  crst^  'die  CaS'» 
sia  Ugnea  der  Officinen,  die  letztere  die  Cassia  cciry  öphyilatd 
sein  kannte.' -^-^  p.  ^2.  fehlt  die  Erklärung ;d er' Apirö  Wericwv^ 
ted  viridis  et  arida;.  es  ist  Anästatica  hierochuntihd  L,  p,  60.  ' 
fehlt  die  Erklärung  von  Xylobalsamum  et  Carpohalsamum  offieir 
narum^  es  sind  Holz  und  Fruchte  von  Atnyris  Opohalsamum 
odelP  AmyHs  gÜ^eadensis.  /..  p,  62.  fehlt  die  Erklärung  voa 
Aspalathus  rfiodius  et  roseirs.  Es  duffte  das  Abgcb^ildete  das 
Holz  von  Aqüilaria  oi^atä  Wäldetiow  seyn.  p.  igi.  spricht  'Ma-^ 
thiolus  ausführlich  von  den  Tamatinden.  Herr  Graf  von  St. 
erwähnt  ihrer  aber  in  beid eh /Registern  nicht ;  vielleicht  weil  iu 
den  früheren , Editionen  keine  Abbildung  stand,  die  sich  jedoch 
in  der  vorliegenaen  ßauhinschen  befindet  j  eine  Bemerkung  die 
noch  für  mehrere' Pflanzen  der  Valgrisischen  Edition  vom' Jahrs 
4554  gilt;  Welche  Recens.  verglich.  -'-  ÄiVil' fehlt  die  Erklä- 
rung von*  ^«^czopÄera;  die  Abmldung  stellt  die  Fruchte  vba 
Jiyphaene  euciphera  Persbon  vor.  'Man  verjfleiche^  die  Beschrei- 
bung des'Mathiolt^^  'mit  der  in  Lämarks  Encycloped,  botan^ 
Supplem,'  Tom.  IL  p.  54g.  p.  220.  fehlt  die  Erklärung  des 
Arbutii^  M."  mit  einer  Abbildung ;  es  ist  sehr  ^vahrscheinlich  Ar^ 
butus  Uiiedo  L.  p.  1227.  Anacardium  erklärt  der  Hr;  Verfasser 
für  Anacardium  occidefitalej  ^yas  in  so  fern  richtig  ist^  als  \}\o£% 
von'  der  Bauhtnsrchen  Frucht  gesprochen  vvird;   allein'  Mathiolus, 

'  dfer  eine  Btschröibung  der  Frucht  gtebt  und  sie  Herzförmig; 

'  nennt,  konnte  v^ohl  nur  Anacardium  Orientale,  w'brauf  dies  Bei- 
wort vollkommen  päfst,  gemeint  haben,  die  westindischen  Ana«- 
cardien  aber  sind  wie  bekannt  uierenfdrmig.  —  p.  343.  ßro^ 
Bus  MathioU  Yrird  für  Eri^um  tetraspermum  erklärt,  allefn  schon 
die  Sjnbnymie  Caspar  Bauhins  deutet  auf  eine  andere  Pflanze, 
nämlich  En^um  ErsriUa  L.;  auch  sagt  Mathiolus^  sehr  schön  voa 
der  Fracht.  Säiquam  gerit  Pisi  fere  similem,  sed  breviortm  et 
gracitiorem,  in  qua  semen  rotundum  concluditurj  pressd  stric^ 

•  tave  inter  granum  et  granum  siliqu'a  —  weldies letztere 
durchaus  nicht  auf  Ervum  tetitispermum  bezogen  werden  kann^ 
bei  kn^um  Er^iUa  aber  sehr  charakteristisch  ist«  p.  353i  Kumen^ 


\  m 

Qi        Com.  de«  Sternbf rg  Catal«  plantarvin. 

ßiu  Lapathum   MathioL  sponUin  hortis  xcrescens ,  -  Aessen  der 

Hr.  Verf.    nicht   gedenkt  möcbto   Ramex  ohtus^olius  sejn,    und 

dessen  Oxylapathujn  könnte  auf  Rumex  palustris  Smith  bezogen 

"werden.  -7-   p.  ZSy,  ßlitutn  edbum  Mathioti  xieht  der  Hr.  Verf. 

zu  Chenopodiiiin  polfspermwn  L,  nacb  des  Reo.  Meinnng  gehurt 

je%  aber  zu  Amaranthus  oleraceus,   indem  Matbiolus  ausdrucklicli 

von  dessen  Gebraucb   als    Gemüs.e  spricht   und   hinzu   setzt  ^    zu 

Trident  nenne  nvin   es   ßiedone;   hierbei   darf  nicht   übergangen 

vrerden,    dafs  in  Italien  auc(i  Beta  vulgaris   oder  B,  Cicla  Bie- 

,tola  heilst,  und  dais  die  zuletzt  genannte  Pflaqze  oder  der  weisse 

Mangold  jucksichtHch  der  Ql$tter  grosse  Aebnli^bkeit  mit  Ama" 

Ttuuhus  oleraceus  bat,   dic^  Abbildung  aber  eher  ciinem  Amarant 

\tjius  als  einer  Beta  gleicht;  auch  Beta  in  den  Commentarien  an 

einem  andern  Orte  vorkommt«     p.  36o.   MfiXva  qi^arta  MathioL 

die  er  von  Franciscus  Caleeolarius  einem  Apotheker  ii^    Verona 

zum  Geschenke  erhalten  hatte,  durfte  Malva  mauritiar^a  JL,  seju» 

—  p.  363.  beschreibt  C.  Bauhin  und  giebt  die  Abbildung  einer 

Pfla.nze   unter   dem   Namen   Atriplex  (uigusta.  Centinodiae  folio; 

der  Hr.  Verf   führt  dies  zwar  an,   dpch  ohne  Erklärung.     Kcc. 

halt  sie  für  Chenopodium ßcifoUßm  Smith;  wenigstens  passen  die 

Blätter  sehr,  gut;  die  unt^n  sii^  spiesfdrraig  ausgeschnitten,  die 

oberen  aber  ganz    -^     p.  368.   Brtusica  maritima  major  Cl  B* 

.€um  Jeone  ist  Coni^olyulu^  Imperati  VahU    Der  Hr.  Vei:f.  führt 

.die   Pflanze  bei  Bi*assica  montana  major  an,   welches  vielleicht 

.€tn    Druckfehler   ist.     p.  .371.'  Beca  cretica   C»  Baiih,    zieht    der 

,Hcrr  Ve^f.  frag  weise   zur   Gattung  Burdas;   es  ist  aber  Rumex 

^qfinosus.  p«  377.  Sium  verum  MathioUj  welches  abgebildet  uud 

beschrieben    ist,    von    dem   Hrn.   Verf.   aber  nbergaugen    wird, 

dürfte   kaum  etwas  anderes  seyn  als  Sium.  latifoliu>m  hinn»    Maa 

.vergleiche  Sjrstem,  F^egistabil^  Edit.  ultün,  FL  p.  ß54.    p.  379. 

.  Sisymbriuai  aquaticum  alterum  Mathioli  zieht   der  Hx.  Verf.  zu 

Cardamine  pratensis   L.     De  Candolle  ^^)c^  (Regni  vegetabilis 

Sfstema  natttraie  IL  ü$.p'J,.,zvL   Cardamine   hirsuta»      Aus   der 

Beschreibung  ist  nichts  zu  entnahmen.,    und   die   Abbildung   be« 

.  sonders  der  Blüthenstand   gleicht  .weder   dem'  der    einen  ,    nocii 

dem  der  andern  Pflanze;  da.  aber  die  oberen  ßlatter  schmal  und 

linicnförmig.  sind,   so    gehört   die  Pflanze  o^Fcnbar, eher  zu  Car^ 

damvut  pratensis  L.     Dazu  kommt  noch,  dafs  C^BoAihin  p.  38o. 

noch  eine. Pflanze  aufi*ührt  und. abbildet    (deren  H<;rr  Graf  von 

^Sternbecg  nicht   gedenkt)    unter  dem  Namen  Nasturdum  aqua" 

iicum   minintum ,    welche  mit   wiiit  mehrerem  Rechte  zu  Carda^ 

mine  hirsuta  gezogen  werden  dürfte.  —    p.  43o.    Thlaspi  villo-' 

swn    C,   Batih,   zieht  der   Herr  Verf.   zu   Thlaspi  montanum  Z, 

dach  irrig:    schon  Sprengel  gedenkt  dieser- 3a u hinsehen  Pflanze, 

^  /{von  welcher  eine  Abbildung  auch  im  Frpdrpmus  vorkommt) 


Com.  «1^  Sferbbei^ ,  Cütd. '  plafibnüM.' '      69 

4 

tan|er  dem  Ifarneb  TUihpi  h*rhim  X  y  woMn  sfe '  auch  neuerlich 
De  CandpUe  brdctite,  der  sXt  jetzt  ^Lipidium  Ai'rir<<>n  liennt.  — ; 
^.  43 1.  Irio  MathiQli  erklärt  der  Herr 'Verf.  für  Sis/mbnum 
In'o  L,  allem  durch  die  Abbilduii|;^  und  besionders  aus  dem,) 
was  C,  Bauhin  hinzusetzt  .ist  Uar^  dafs  Er/simum  ojficinale  L^ 
darunter  verstanden  werden  mfisse^  — -  p.  45B'.  RanunculiU  If^m 
Jkfathioli  wird  Von  dem  Herrn'  V^rf«  zu  Anemone  narcissißort^ 
gebrbcht;'  D«  (^andoll^  aber  ^Jiegh.  ^ve^etabil^  Syst'emß  natat. 
1.^4^0  bringt  i^tf' zu  Ranundt^u^  plätanifolius,dcn  er  als  elne* 
Varietät  .Von  11  i  —  acönitifoUus  ansieht.  R^c.  glaubt  De  CmdoUes- 
Ansicht  bei^rHeten  zu  iaausseii/i^dem  die  Abbildung  der  Blume 
für  die  .  gchanhtö  jinemone  zu  klein  ist ,  auch :  >ivas  wohl  die 
Hauptsa.chc  sejrn  Yindcli^e,  \sie  'nicht  in  einer  Dolde  stehen,  wie 
«s  der  Charakter  der  Art  verlangt:  ■—  p.  537.  fehlt  die  Hrkla-* 
i'ung  des  Aciniis  MatKioli  und  Acinus  Columnae  Bauhini}  bei 
beiden  Steheri  zW^r  Abbildungen;'  deinungeachtet  ist  die  richtige 
t)eutung  dieser  Gewächse  schwierig  und  ungewifs.  Wollte  maa 
die  erste  zu  Thymus  Acinos  ziehen,  was  einiges  für  sich  hat, 
so  würde  diese  Pflanze  doppelt  in  den  Commentarien  stehen,  in- 
dem sie  weiter  unten  als  Pseudoclinopodiüm  vorkommt,  p.  S^S^ 
Panaces  Asclepium  altkrum,  C,  Bauh,  eine  sehr  schwer  zu  be- 
stimmende Dolde^  die  Wahrscheinlich  zur  Gattung  Ferula  gehört | 
bei  Dodonädus  p.  3ö8.  befindet  sich  genau  dieselbe  Abbildung^ 
Welche  Bauhin  hier  aufgenomnien  hat.  p.  556.  Im  ersten  Regi* 
s^er  führt,  der  IIW  VT.  an  S^eii  aethiöpicum  "vulgär^  n)ide  Atha» 
manta  Lihänotis;  aliein  im  zweiten.  Register  nndet  sich  diese 
Athamanthß  JLiojanotis'  nichu  In  der  vorliegenden 'Rauhinschea 
Edition  ^teht  zwar  ein,  *$eWi  iUthiopicum  und  ein  Stielt  aethio» 
picum  alterum,  dobh  ohne  das  Beiwort  vulgare j  dagegen  eis 
Sesdi  mtissüiefise,  welches  der  Hr. 'Vf.  nicht  an^lhrt:  es  könnte 
Daucus  Visnaga  L.  seju^  obgleich  diese  Pflanze  p.  4o<.  schon 
vorkam,  ferner  hat  der  Hr.  Vett  'e\n  Seseli  mbnJfpetiaclimj  wel- 
ches in  der  Bäuhiijschcn  Ausgabe  fehlt.  —  p.  569.  Daucus  /• 
Mathioli  wird'  von  dem  Herrn  Verf.  fragweise  zu  Meum  atha* 
hiantieUm  Jacquin  gezogen.  (Mau  sehe  oben  die  Anmi;rkung  zu 
pag.  24).  Sprengel  hingegen  bringt  sie  zu  Athamantä  creten-^ 
sisj'Vfo\\\n  noch  eine  zweite  Pflanze  gehört,  die  C  'Sauhin  un- 
ter dem  Namen  Daucus  secundus  Dioscotidis  aus  der  Epitome 
des  Came'rarius  hinzusetzte.  -^  p.  5y5*  Pjrrethrum  verum  Ma^ 
thioli  und  Pjrrethrum  alterum  Math*  Die  erste  Pflanze  berührt 
der  Hr.  Verf.  nicht,  auch  fand  Rec.  nirgends,  etwas  über  die- 
selbe von  Neucfren  an<^efuhrt,  hält  sie  aber  für  Selinitnf  palustre 
X.  für  welche  Annahme  die  Gründe  zu  erörtern  hier  zu  weit 
führen  würde;  die  zweite  Pflanze  erklärt  der  Hr.  Verfass.  für 
Pjrreihrum  coronariam.     Sollte  darunter,  wie  Recens.  veitnuthel 


« 


64      Cpn^  de  Stenbevg, Catal.de  plautarutt. 

^hrjsantheim^  ooron^riivn  Wijfdenovf  Tcrslvidjni  sejn,  so  Uesse 
sich  dagegen'  einwcndeD,  dafs  dieselbe   eine  gani^  g^^U^^  Slume 
lall   Mathiolus  aber   von  eiuem  gelbea  Discos  und  weissen  Ra^ 
dius  spricht.     C,   coronarium   wichst  nach  Willdenow  in  Creta^ 
Sicilieii  und  der  Schweiz;  MathioU  fand  seine  Pflanze  sehr  häu- 
fig  in   Böhmcn^  und   be^chreibl^  die  Wurzel   ab  äderst .  scharf 
Und  brennend,  welches  von  ^«  coronarium  ksLum  gesagt  vrerdea 
kann,   wohl    a^er  stimmt  alle.s  l)ei  Aßthemis  Pjrr^uirum  übereiny 
Vvofür  Rccens.  die  Pflanzendes  JM(athiolus  hält^-7-    p.  609.    Tri^' 
Joliutn  pral^nse  alterum  MathioC  .erklärt   der  Herr  Verfass.  für 
Trifolium '  ochroleuctim ,  wob^^i   indessen  zu  bemerKefi   ist,    dafs 
Mathiolus   seiner  Pflanze  keine- g^lbe  sondern  rothe  Blumen  zu- 
schreibt, spricht  aber  auch  noch,  von  einof  dritteni  welche  nicht 
abgebildet   ist,   die   gelbe  Blumen  habe,   übrigens  sind  b^i  der 
Abbildung   des   zweiten  TrifoL   die   unteren  Blätter  herzförmig, 
die  oberen  ^ber  mehr  länglich,  welches  sehr  für  Tri/oL  ochro^ 
teucum  spricht«  —    p.  622..  Gerttnium  HL  MathioU  ist  offenbar 
Ceranium  robertianum  L.   Der  Vf»  erwähnt  dessen  nicht;   es  ist 
Indessen  wahrscheinlich  dafs  in  den  verschiedenen  Editionen   nicht 
nur  andere  Abbildungen  vorkommen,  sondern  auch  die  Ordnung 
abgeändert  wurde,   in  der  die  Geranien  folgep,   auch   was  sehr 
schlimm -ist;  es  passen  nicht  immer  die  Beschreibungen  zu  den  Leige« 
Setzten    Abbildungen:    so    z.  B.   gehört  das,    was  Mathiolus  voa 
der   Anwendung   seines   Gerxin.  V.   sagt  unstreitig  zu    Geranium 
roberiiof^umj  wovon  man  sich  durch  Vergleichung  anderer  Werke 
ilamaliger  Zeit  über  Aizneipflanzeu  leicht  überzeugen   kann,   al- 
lein die  betgesetzte  Figur  ist  c^^e  ganz  andere  Pnanz^.    p.   625* 
Gnaphatium  , MathioU  yvxvü  ^yovk  dem  Hrn.^  Yeif.  nicht  erwähnt; 
es   dürfte   darunter   Athanasia  maritima  L,  verstanden  se^n«  — 
p.  644»  Npnphaea  parva  MathioU  wird  von  dem  Herrn  Verf. 
für  Menyaiithes  nymphoides  Z.  geWlten^  welcher  Meinung  Rec. 
nicht  ist,,  denn  Mathiolus  scfafeibt  seiner  Pflanz^  weisse  Blumen 

hat  beständig  gelbe^   sie       * 

Figur  zpigtvsie  aber  eii|2 

^ -  __       ,  njrmphoides  sind  gefrfnzt,      .,  

Bildung  nicht  zu  sehen  ist:  es  dürfte  dal^er  Nymphaea  alba  B» 
minor  seyiu  Mau  sehe  De  CandoUe,  Rcgni  veffetabil.  Sjrstem. 
jiaturaL  IT.  36»  -^  p.  655.  Pa^onit^  mos  et  /b^mina  MathioU 
bringt  der  Hr.  Verf.  als  eine  Art  zu  P.  offici/iaUs  L.  sie  siud 
aber  speciell  verschieden  und  in  den  Abbildungen  der  Alten,  wo 
die  Wurzel  seilen  fehlt  sogleich  kennbar;  Paeoiiia  mos  ist  P. 
€oralUnaj  P. /betnina  MathipL  aber  P.  officiiudis. 

«  •      *■ 

ÜDer  Bescbbifs  foi$.) 


Ergänzupgs^Bliitt^rd;  Hdicielk  Jahrib.d^Litmtu^^  I.  5. 


1. 


/  \  Cörri,  de  Sternherg  CataL  plantar  um, 
■r'  -    '\i.Bescbiufu)\    .  •■■-  '  V     ^ 

il).!^  sßhe.De  Ca72«?o//Ä  a*a. O.I.  ä88,S8^;  auch  die.von  Bauhin 
iiocR  zugesetzt^  dritte  Figur;  Paeonia  fotmina  ,flor€  pleno  geböct 
zu  der.  letÄJeren». — -     p»  ^yj.%Poly:gmi^npolonkumcoecifetnm. 
C,  ^.,;\fifd  von   dem   Hrn..  Verf.  in  dem  «ri»ten  Kesfister  aber: 
ojitie  ErklMrung  erwlähpt;    es  ist  wolil  ;i^chls  .anderes  aU  Solen  \ 
ranthu^ , permnis  JS,  cmdferm*^ —  p,  ^%^, Symphytüm  peiroßum  ^ 
Mathiolis  \\üi  CorU  caendea  maritima  C.  B^' yveiAbn  beide  «auf 
Carismonspeliensis  bezogen;  in  Hinsicht.  dfr.BauIiinschen  Pflanze 
leidet   die  Sache   keinen   Z«weifel,   nicht  :SO  j>ei  Sympkytum  pe^ . 
traeum  M*  die,  wie.  schon  .Ba!uh in  selbst  enjin er t  davon  vcrschie«  * 
den   ist^   indessen   priebt-  pr  tveiter.  auch  keinen  Aufschlufs  äad 
aus  der  kurzen  Beschreib\ing  .des  Mathiolus ,   so   wie   der   etwas, 
rohen.  Abbildung   läfsf  sich  nichts  sicheres . QUtnehmen.     Mathio- 
lus   fand    sein    Sj^mphjrtum  petraeum   sku{  Bergwiesen  beiOörz, 
Tvo  die  Pflanze  wie  er  versichert  mit  gelben,  weissen  undrothen 
Blumen  vorkommt,    und  im  September  ;blübet.     Coris  monspeli-' 
ensis  aber  ist  wie  bekannt   in  der  Kegel  blau.  —     p.  693.  bilr  ' 
det  Mathiolus   ejne  Pflanze. ab  unt^  dem  Namen  Saxifraga  ah 
terius  specie,  die  er  bei  Rom  fand,  von»  welcher  weder  C.  Bau- 
biu  noch  unser  Hr.  Vf.  etwas  Näheres  angieht ;    sie  gehört  dem, 
Anscheine  nach  zu  Saturejq,  oder  Thymus,  —   p.  693.  Saxifra^r. 
gia  IJL  Mathioli,  .  IJs  Scheint  dafs  in  d^n  verschiedenen  Eclitio-»- 
nen  auch  an   dieser  Stelle  Vei^seUftuagen  vprkommen.     Saxifraga: 
tertia  M,  erklärt  Herr  Qraf  v.  S.  für  Sa^rg^gß  granuLata,  die 
in  der  vorliegenden  Bauhinschen  Ausgabe  Saxifr.  IV*  ist^— 7— ^. 
Saxifragia   IIL  Mathioli  dagegen  ist  eine  Dptde.,   welche  Rqc, 
mit  Sprengel  Cur  PimpineUß  dioica  L,  fiält*    (Man  sehe  Systema 
JfegetahiL  Edit,  R,  et^  S,  VI.  J^iy.J.Zw^eifelh^ft  ist.  es,  ob  der 
Hr.  Verf.  Seseli  Saxifragum ,  L,  welche   als  Saxifraga  Sekunda 
Mathioli  vorkommt   hierher   ziehen   wplUe ;    wenigstens  fehlt,  die 
Pimpinella   dioica  auch    in   deni   zvyeiten  Register.  —     P»  707* . 
irinus   Mathioli  cum    Icone,    .Weder  CJ^  JBauKin.  noch  der  Hr.  ^ 
Verf.  geben  Aufschlufs  über  diese  Pflanz^,  ,di^  Beschreibung  so- 
-wohl.  lals  Abbildung  sin4  mangelhaft.;   ob.  ea  C^mpanula.  Eriniis 
J^,    sejn  /nöchte.,   wagt   Recens.    nidu . -i^u   bcstinmien.  — r     Ibid, 
Gramen  M,  erklärt  der  ,Hr»  Verf.  für   Triticum  repens  L.     Aus 
der    Beschreibung   läfst   sich  wenig   oder   nich's  schliessen;    die 
Abbildung  aber  ist  dieser  Annaluue  nicht.,güustig,  deim  sie  stellt 
eine   ausgebreitete  Rispe  vor   mit  lang.^g^grannten  Aehrchen.  — 
p.  708»  CaryophyUo  arven^i  ,gla6ro  simiUs,  sed  minor.   C.  ßaiih^ 

EVg«B1.z.iKH.Jahrb«d.L.    1*5.  5 


^      .  Com.  de  Steraberg  CataL  plaotarant 

crklftft  der  Hr.  VeA  för  j4ira  eapSlaris  Host.    Rec  kann  und 
mag  nichts  dagegen  einwenden,  fugt  aber  folgende  Bemerkungen 
hinzu*  jiira  capiUariS  Host,  ist  Aira  degans  tViUden.  nach  Lin." 
naei  System.  f^egetaUL  Edit*  R,  et  S.  IL  68».    Dort  heilst  es 
die  Pflanze  wachse  unter  andern  Basäeoe  ad  Uttora  Birsae^    £s 
führt  aber  Hagenbaeh  Hora  Basileensis  /.  ^66.    Aira  caryophjl-' 
Ua   L*  genau  auf  derselben  Stelle  an  und  citirt.eine  Abbildang 
in  Bauhins  ProJromus  p,  4o5*    Nun  ist  diese  Abbildung  durch- 
aus dieselbe,  wie  die  in  der  Edition  des  Mathiolus«     Da  femer 
Hagenbach   Bauhina  Herbarium  untersuchen  konnte,  so    ist  sein 
Zeugnils  nicht  zu  Terwerfen,   und  vielleicht  die  Stelle  bei  Ma« 
thiohs  darnach  zu  berichtigen«  «^    P-  7^^«  Sideritis  III»    gieht 
der  Hr.  Verf.  als  Pyrethnun  eorpntosum  an;  aus  der  Figur  in 
der  Bauhinschen  Edition  kann  Rec.  nur  so  yiel  erkennen,   dafs 
es  kein  Sjngenesiste  ist;   übrigens  dürfte   die  Bauhinsche  Sjno^ 
njmie  zu  dieser  Pflanze  kaum  richtig  sejn«    Was  Sideritis  IV, 
JUathioli  %ejvk  mochte  ist  noch  schwerer  zu  entziffern. —  P-7'3* 
Virga  amea  latifolia  serrata  C  B.  cum  Jeone,  wird  zwar  im 
ersten  Index  angeführt,  allein  die  Erklarungsstclle  mit  einem  Fra- 
gezeichen offen  gelassen«  Nach  des  Rec«  Meinung  ist  es  Senecio 
sarracenicus.   Man  vergleiche  Cmeim  Flora  Badens  HL  443' '^ 
p«  71 3.  AckiÜea  MathioL  cum  Jcone  scheint  in  andern  Editionen 
Stratioi^s  MälefoUum  genannt  zu  sejn,.  und  ist   höchst    wahr- 
scheinlich AchiUea  nobäis  £•  —  p.  720.  Quinquefolium  erectum  in* 
conum  C  Bm  oder  Potentilla  argethtea  L*  fehlt  im  Cataiög.  Baubia 
erinnert  die  Abbildung  habe  sich  unter  den  grösseren  Figuren 
des  Mathioius  mit  dem  Namen    PentaphiBum  allum,   aber  ohue 
Beschreibung  befunden.  -»-    p.  743«   Astragalus  Maihioli  Jcon, 
eine   so  viel  dem  Recens«  bewuTst  noch  von  Niemanden  näher 
bezeicimete  Pflanze.  -—  p.  764«  Aconitum  HL  Mathioli  erklärt 
der  Herr  Verf.  für  Ranunculus  acris  Z.    Obgleich  Recens.  im 
Grunde  nichts   dagegen    einzuwenden  vermag,    ^    dürfte    hier 
doch  folgende  Bemeikung  nicht  am  unrechten  Orte  stehen.   Ma- 
thiolus  giebt  mehrere  Abbildungen  von  Pflanzen,  die  er  Aconita 
nennt  ohne  alle  Beschreibung,   Iveil  wie  er  glaubte  die  Abbil- 
dangen  zur  Erkenntnifs  hinreichen  vvürden.  Bauhiu  erinnert  nno, 
dafs  Aconitum  IIL  Mathioli  nichts  minderes  sej,  als  dessen  Ra^ 
nunculus  FLj  und  in  der  That  sind  beide  Abbildungen  einan- 
der sehr  ähnlich.    Dieser  Ranunculus  VL  ist  von  dem  Herrn 
Verf.  für  TroUius  europaeus  L.  angenommen ;  hat  nun  C.  Baubin 
Recht,'  so   mufs  Aconitum  IIL  ebenfalls  diese  Pflanze  sejn.  — 
p«  791.   Galiopsis  MathioL  cum  Jcon,  ist^wohl  -  ZnmiiEciit  macu* 
latumL.    Diese  Pflanze  fehlt  im  Cataloge,  denn  das  dort  ange- 
zeigte Lamium  album  kann  nicht  VKohl  hierher  gezogen  werden, 
indi*m  Mathiolus  ausdrücklich  S9^  floribuf  purpureis. '^   p.  8i6. 


Com.  de  Stemb^g  Giital.  phntarum.        tij 

Onagh,  MathiöU  ist  tiidit  erwähnt;  der  Be^chreibiing  nüch  zti 
iirtheilen  versteht  Mw  ein  -Epäobiwn  damnter,  was  aueh  Bauhins 
Zusata  bestStigtl -—  p»  821.  Viola  miartia  mult^lice  ßore ,  die 
Mathiolas  zuetst  za  Insbmck  sah ,  uiid  wozu  £buhin  eine  Ab« 
bildung  setzt,   ist  wohi  nichts  anderes  iJs   ficfla  odorata  ßort 

pleno,  — »  Ihid.  Fhla  atböreseens  MtUhioL  vcun  Baidus  durch 
Franctscns  Calteolarius  geschiekt|  wird. auch  von  dem  Hrn.  V£. 
nicht  erwähnt;  es  konnte  Viola  montana  oder  auch  V,  arboresy 
eens  ^ejn.'^  Mathiolqs  «agt,  sie  habe  einen  zwei  Ellen  hohen 
Stengel.-«-  p»  84t*  Laurus  atextutdrina  aiiera  MaihioU  fehlt  im 
Catalog;  e^  dürfte  Ruscus  Hypophdlum  L*  weyru -»  p.  844«  El^ 
leborus  aker.  Af.  wird  im  ersten  Register  für  Veratrum  nigtum 
erklärt,  welches  Recens.  um  so  mehr  fiir  einen  Druckfehler  halt^ 
als  -letztere  Pflanze  im  zweiten  Register  nicht  genannt  ist  — - 
p.  855.  Gtans  ungueniaria  <•-«-  die  Fracht  von  Guäandina  Morin^ 
ga  X.—  p.  858.  ßehen  rubrum- offieinanan  -—  die  Wurzel  von 
Ceniaurea  Sehen  £#-«  p*  859«  Nareiuus  IV.  MaihioU  kdnnte 
Ornithogedam  arabicum  sejn*  — 

Nachstehende  Pflaniien  sind  sammtlich  Bauhinsche/  die  in 
der  letzten  von  ihm  besorgten  £dilion  der  Werke  des  Mathiolua 
stehen,  in  dem  vorliegenden  Gataloge  aber  fehlen;  es  kann  da* 
her  dies  Vejzeichnifs  als  ein  kleiner  Beitrag  zur  Ergänzung  dei^ 
selben  angesehn  werden.  ««^ 

p.  4o*  Valeriana  peregrina  purpurea  C»  JS»  ist  Valeriana 
Comucapiae  L.  p.  107;  MoUis  arbor  C  j^  ist  Schinus  molie 
L4  p.  118.  Juniperus  major,  C.  B*  ist  wahrscheinlich  Juniperus 
Oxucedrus  L*     p«  tl^j , .  AquifoUi  *varitta$  CB^  ist   Jlex  aqui'* 

Jolium  L.  Variet.  senescehs  JoUis  integrit  muiicit,  p«  iy3*  Vites 
latifolia  serrata  ist  Vitex  Agnus  castus  L.  B*  Uujfol*  MüL  p«  196* 
Mjrtus  maxima  latifolia  C*  B.  ist  Mjrrtus  communis  X.  Variet. 
boetica,  p.  297.  Nucuia  indica  et  Mehenbethane)  Abbildungen 
iron  Fruchten,  wahrscheinlich  von  irgend  einer  Palme*  p.  443« 
Sapönaria  C.  B.  Saponaria  offiemalis  L.  p.  465«  AnagMii 
aquatica  foUo  rotunda  C.  B,  ist  Samolus  Valerandi  L,  p.  5o8* 
Absinihium  ponticum  montamim  C.  B.  durfte  blofs  e=ine  Varietät 
des  gemeinen  Wermuths  sejn.     p«  5io«  jibsinthium  maritimum 

Jbliis  laciniatis  C  B.  möchte  eine  Varietät  von  Artewisia  coeru* 
iescens  seyn,  denn  Bauhin  bemerkt  ausdrücklich,  wenn  man  die 
Pflanze  von  ihrem  natürlichen  Standorte  an  den  Meeresufern  in 
den  Garten  bringe,  so  änderten  die  Blatter  ab  und  würden  ge* 
läppt,  p.  529«  Ctdamintha  magno  flore  C»B,  ist  Melissa  grün* 
dtflora  Widfen.  p.  56a.  Apium  crispum  C:  B»  Eine  Varietät 
von  Apium  Petroselinum  L.  p.  565«  Apium  horteßse  maximum 
C.  B,  Eine  inerkwürdige  Varietät  der  eben  genannten  gemeinen 
Petersilie,  die  von  Einigen  ak  eigene  Art  angesehen  wird ;  Apium 


\ 


oft  -  .AcfaiBfs  ;Tatiu$- ex  inci  Jacobs.    ' 

lai^aUum  HtBl.'  ^jlp&m  mmanUm  Zuxstagni.  ■  täan  sAt  Liimaei 
Sxttema  VegetM.Mditi  X.^.ct  S^  FI.  43o.—  p.  6o3.  Mdüsa 
JUolutana  foetida  C.  B.  iM  MolUceella  tpinosa  L.  p.  6iol  Tri- 
foUuM  pratensc  ( /afcnn  'iX.  ■  B.  mCdMe  ,  Trifolium  proeamhens  L. 
SCTD-  p-  ^"^  Trifotttan  p^tattOB  etttitunti-C.  B,  iii  Meläalui 
ereliea.  p.  63X1  Cet<aiiiuM  eitattaa- foin  tüpinum.  C.-.B.  ist  Er»- 
dUin*  pimpiit^aefaliäm,.  ^.  6^^.:.Ctuanaemtitan  luAUe  fldtre  md- 
lälici  C~  B.  .iit  '.Aiititemi^  nohütsJ-  uod  Chamaemelum  fgettdun 
teu  Cottda  Ci-B*~-r-i^ttthvitü  Gotula  L.  p.  706.  Lychnii  si- 
veftrit  alba  vaädtißatä^-  C.  B.  ttt  Lyehnii  arvt»sis  ßare  pUita. 
p.  733.  Sanieiila<itwrUana.rottiitdifoha.maurr  C.ä.  ht  Saxifraga 
»teilans  L.  p.  ^Sj.-jimtufiiUhus pouieula  ineurva  C  £.  Ul  d- 
lotia  coeeinea,  p.  j^.  Scrophulatia  ßore  iuteo  C.  B.  ist  Sero- 
phiäaria  veraalis  I^.'  p.  806,  EÜeiorine  C.B.  ist  Serapiai  lo- 
iifolia.  p.  SgS.'Jß'itii'ofTvpiii/n  tricoccoa  C-  B.  ist  Crotpn  tmcio- 
r^pm  L,  Zum  1  Sdilitfse.  ilcann  Keceu.  nur  TTÜnschep  ^ü  du 
riilinilicho  Beupiel  deS'  ünrn.  Vw&.  bfld-  ähnllclie  B^ubeiliu- 
■jen  zur  Folge  haben  möchten. 


AehiUit  Tatii- Ai*xtt»drini:  de-  Leueippet  ät  Clitf 
phontis  amoribus  libri  otrto.  Textum  ad  Ubrom 
manaseripioruni  ßdmt  r^catuttit  j  ifUiaam  ffanati.  CnircJ 
•versioneriii  aötat  VeUetat  Ctaud.  Salmaiiij  .iaedilat  Sraitc. 
Guyeti,  Gar.-Giä:  GSiiHngäj  C-  B.  Hatii  et  sutu  adicat 
FkjdemcusJ^CO»s;  Phil,  D-i  Sereaisi,  Duci  GotL  H 
Allenb.-  a  eoiuiliü  aidta't}  Bi6liathei>me  et  Numopbjdacü  Da- 
eflis  ßiMetor^  Grdinü'  merüorum  cipiL'-  Coronae  Bavarkiit 
equti.  Liptüte-  m  biHiapolio'  Oykiano  MDCCCXXI-  !■ 
iHtg'.  CXXVI  et  io34  pagg.-.(  u  fl.) 

JCiUe  wir  an  die,  fieivtheiluug  dieses  wichligen  Weikej  geb, 
fülilen,  'wir,  QDS  gedrungen,  dem  ,HfU'autgeber  unsera  Dank  aii' 
zustatten  fiir  die  mannigfache  Belehrung,  die  wir  daraus  sdiupf- 
ten.  Wie  man  es  von  dem  Scharfsinn  und  der  Gelehtsaoitcii  1 
eines  unserer  er^en  Kritiker  vnraiu;«PHpn  AnTtii-.  <n  erlulico  I 
wirklich  3ic  Leier  in  diese 
ßofiian  verbessei;^,  sondern  ai 
SchriftMellern,.  besonders  gri 
und  überhaupt  durcUwanderl 
Führers,  ai:f  zum  Ttieil  von 
gnügcn  die  ganze  klassische  . 
sichtskreis,  ,a^  sich  dem  Pb 
Grieclien,  und  wnebplicb  di 


AcknlMs  Tatio»  ex  reb.  ^btlbd. 


«9 


^futft,!  »iä  «es!  auch  Mfilfeit^*>^er^  ihnen  >iFur  Vefttfcielte)/  u»A  L«Mr 

lo8opiieti>"vrir]^di^  «st/  GvieoKensinti  ^4ind  Griedhetirede  1^  z»  dte^ 

si^erb  saber»  der- Sptkfhforsdhär  gl^icfi^Mn'-  a]i%efodert '  wird^ 
iddft  ttaafastab  ider  'üU«^  Miisier  <aiyi  die^  Na«l»s^MM^#a  «a^Je^en^ 
ttfid<lderiliaehi^  Dä^r^inhid«r  {;luckUöhW£i^  lO-ittseH 

^  bestimiben;  ^da  hWigeg«n*>'b)pi  .Betrathtar^'  dies  ^Uen  Sfmfdii- 
'Staäikei  -seKst 'Wenifi^  ^V-eraf^IaiMnj^j  Ht ,  •  iar^^^  diesb'^scliwädiHch^a 
J^hsi>i[riifk(inge  RIcbsftht; 'd^tCnehmfiiL  Uttd  si  ilt:'es^ekfomawO| 
^f»'fll0f8al<nasi«iii^'ile]aFste«h^tiy<,  i>tftyHle,' Abresch^ 

unEdvEbkUbrung  d«r 'Ckaiitodl,''  Arisrant^luü'. '  AlcipÜr«!«^ 
S>t»tiigiai,nXeiiopb>o»  ▼(m^^h^stl&j  •^C^i'U'»  v;  Al«ii;srn^ 
drvk n>,  ibeniCiht  watoenV'dtaddS  iiiie^  P  la iföKi'!iiold'  Ati  s-tot  e4«^ 
manoljei'dfer .  vovzuglia&stbi>  6e»ehic)itsi<chr^bl9^  /i'ufad  ^  vorntthtnücli 
BowrKeibaiigeii  dei^  ernster biWisiseiilschafieD^  ihtis  <rigemlichea  Wie^ 
4devhbr8teUi9r>noch  evwartetenf^   >•  *  ii  '  :     < 

I  w'  rDas' anzuzeigende  Werk'^imtut  nnter^den  ATbeHeii  der  geJ> 
Domiten*  Kritiker  einen  ^ehrenArt^llefi  Platz' eiii.  .<Dttl^h  die' jß^rie« 
cbische  Anthologie^  m^  <dte  sjtli  Hr.  Jitttfek^ah  E'th  Malier«* 
«[«ettstu^^rtrorben  hart^  ai^f  die  Neui^ivirbei-batiptv  und  Vornelim- 
Ikli  auf  die.'aogeaannten  'Erotiker,>^^ührtl- vei^fste  er  fast  bei 
üeinenft' d«a  Fleifs  der:iHeiFaus^idrer 'sd*  flebr  aftsibei  Achilles  Ta<* 
tius.i  Seine  Sammlniigeik  i^ber  diesen  *6clirifts|eU  er  wuchsen  'Vkg* 
iich'  an)  täglich^  füKli&  er  lebbsfter  das. BedÜiffliifS' einer  blassere* 
Bearbeitung  als  die  ^tumbltuarische:)  dem-  'Vi^lbeschäftigtto  (Srbget 
driingeaev  des  Salmasiua  ist^  oder  die  'geistlose  Sammelei  det 
dreisteft' Plagiarius^  Yenirebers  ^imd  Yenftummlers  Boden^  oder 
die  ebenfalls' von '  dem  gelehrten  Bcsotger  übereilt  und  ohne  e»- 
g^entlich  wissenschaftliehe  Abskhtia  <lie  Welt  geschleuderte  Zw  et« 
briidkcr  Ausgabe.  Endlich  "stand  der  Gedmke  fest,  selber  ans 
Werk  ktx  gehn,  und  Hr.  J.  sahe'sich'i  vob  Hause  aus  torberei« 
tec,  >  wie  «r  war,  *  nach  aussen/  Hulfsmtttela  um/  die  -entweder 
sc^echt^-  oder  noch 'golr  nicht,'  benutzt  wärea.  )£r  verglich  im 
Museum  seines  Jugendfreundies  F  r  i  e  d  r.  t  o  n  ^ 8  c  ii  1  i  t  h  t  e  g^r^o  l  i 
die,  kauih  aus  Paris  heint^ekeiirte,  ehemals  'Von  Boden,  nach 
seiner»  «Ai^y' benutzte,-  Mnnchener  Membrane  lius  dem  46.  Jahr^r. 
kiiadeirt'^  die  zugleich  des  .Ltbanius  Dethmatiinis ,  Eustatbius 
de 'My^meniae  €unoribus  ,  Uitfk9T  die  5- ersien  Bücher  Ton  Helio-^ 
AoKi».Aetki0pica,  enthdlr^  '  und '  ineistentheils*  n&it  der  pfälzischen 
Handschitit ' '  überelnstimart y  '  'äach  der  G  o  tt  m  ei i  n  s  erster  Ab** 
^Ac\:{ediUo  prvMiepfJ  dU  Heidelberg  *46oi  in  ft,  gemaclik  wurde. 
DaMn  verschaffte  ilim  Noh'ddn  von  dem'  tlilen t vollen  Lud wigf 
Hwpcdenli   der  akh  «mit  ihm  damals  in  London- bdfand^  :di« 


70  iUitiU«  Totivs  tz.rec.  JUbobf. 

abweSdieDden  h^itfxUm  4e»  CoJ$s\Jlnf^kanUfj  den  Shlaiatiof 
«iif  allen  Seiten  feiner  Ausgabe  «nfiihrt,  und  der  jtol  im  briui- 
•eben  Museum  «nfbelfirahrt  wird*  Hiipe4en  coUattoDirte  mit 
demselben^  nickts  venckmihenden ,  Fleisse^  den  wir  neolicli  to 
JJrm  Paulsseui.  dem  VergleickiSr  des  pftlziscben  Codex  der  An- 
thologie ^  bewunderten.  Noch  mehr:  er  fugte  hite  und  da  deo 
excerpirten  Lesarten  sein  Urtheil  Jiei,  eonjecturirte,  schrieb  mit 
£tnem  Wort  eine  Abfeindlang-^comioente/ilriffeuiiam^  über  das 
Ifanttscripti  und  äberUefs  Alles  Mneigennutzig  dein  Hrn.  J.  Diese 
Handschrift,  ein  Foliant,  im  i6»riJMtrh*  auf  Papier  geschrieben) 
enthalt|  ausser  unsereol  AehiUeS'^ ,  den  to^fain  erwähnten  Romau 
des  EustatbittSi  un4  einen  Theil.von  des  £ustathius  von  Actio- 
phia  Hezaemerpn.,  Der  Schreiber.bat  altem  Ansehe  nach  dasselbe 
Original  vor  sich  gehabt»  welches  des  ron  Commelin  benutiteo 
Heidelberger  und  der  Monchener  Handscjirift  zum  Grunde  liegt; 
ausgezeichnet  aber.  isCr! diese  Kopie  duaeb  Randnoten,  welche  die 
varütoi  Uctionii  eine^  römischen  und  eines  Florentiner  Maoa- 
Scripts,  und  auf  den  äussersten  Rändern  hier  und  da  in  kauoi 
leserlicher  Schrift  iemmtUa  oder^JccutmarM,  auch  Parallelstelleo 
aus  Demosthenes,  Martial  n.  a.  m.,  enthalten;  die  Lesarten ^  wie 
Salmastus  in  der  Vcwrede  schreibt,^  von  Heinrich  Ettenne^s,  und 
das  Andere  von*  des  Casaubomss,  Hand.  Eine  genaue  Collation 
des  vormals  Thuaniscben  (code^,  den  Salmasius  auch  kantite,  bei 
«eiiier  Ausgabe  jedoch  nicht  gdiraucht  hat,  erhielt  der  Heraiu- 
geber  von  der  Leiptiger  Universitätsbibliothek  in  einem,  früher 
Hrn.  Schaf  er  «niedrigen,  Exemplar  der  Commelinischen  Aus- 
gabe, dem  sie  beigeschrieben  ist,  und  erkennt  darin  eins  der 
Khätzbarsten  HiiUsmittel  zur  Verbesserung  seines  Autors.  Bo- 
den hatte  auch  dieses  Buch,  und. sähe  sowohl  die  Lesarten,  als 
die,  gleichfalls  auf  die  Ränder  geschriebenen,  meist  freüicb  vre- 
nigcr  erheblichen,  Bemerkungen  dnes  Auonjmus,  als  eine 
praeda  Mjsorum  an.  Ausserdem  erhielt  Hr.  J.  von  Karl 
\Villi.  Göttling,  Direktor  der  Schule  zti  Neuwied,  und  durch 
Animadversiones  in  Callimachi  epigrammata  et 
Achillem  Tatium,  Jen.  aSü,  ruhmlich  bekannt,  den  Ap- 
parat desselben  zu  einer  .Ausgabe  dieses  Erotikers,  deren  Besor- 
gung jetzt  Hr.  G5ttling  unserem  Kritiker  gern  uberliefs.  Mit 
gleicher  Gefälligkeit  verschafile  Franz  de  Furia,  Anfseher  der 
Laurentino -Mediceischen  Bibliothek,  eine  getreue  Abschrift  des 
Florentiner  codex,  der  auf  Baumwoilenpapier,  wahrscheinlich 
im  i3ten  Jahrhundert,  mit  sehr  kleiner  Schrift,  in  quartabDlicbem 
Oktav  (ein  Zeichen  alter  Zeit)  geschrieben  ist,  und  nutten  uoter 
frommen,  oder  doch  ganz  unanstossigen,  Scripturen  Aesops  Fa- 
beln» und  ausserdem  Longus,  Tatius,  den  Ephesier  J^enopbon, 
und  C!hariton,  gleichsam  versteckt. vor  den  Augen  derPriorc  und 


\ 


Achilles  Tuius  ex  rec.  Jacobs.  71 

Gttardianey  enthilt.    Bekamitlicb  ging  aiis  dieser  Schatzkammer 
iet  Erotiker  zuerst  Xenophon  von  Ephesos  hervor,   dann  Cha* 
riton,  und  zu  unserer  Zeit,    ausser  den  Ssopischen  Fabeln,  das 
Bekannte,   von  Courier  aufgefundene,   Fragment  des  Longus, 
das  in  Deutschland  diese  Jahrbücher  fSto,  Heft  X«  6.  loo  ff, 
bekannt  machten,  ans  welchem  es  durch  Ausgaben  und  Dolmet- 
schuftgen  weiter  veri)reitet  ward.  Dieses  vortre£9iche  Mauuscript 
hat  durch  Zeit  und  Menschen  sehr   gelitten*    Namentlich  sind, 
wie  man  weifs,  Charitons  erste  Blätter  lückenhaft,  und  von  Ta* 
titts  fehlen  die   4  letzten  Bucher   ganz,  nebst  einem  Theil  des 
irierteti,  die  vordem  aber  sind  stellenweis  verstümmelt  und  ver- 
derbt.    Im  alten  Zustande  läfst  es  nichts  xu    wünschen   übrig, 
und  Hr.  J.  schlichtete  durch  dasselbe  öfters  den  Streit  der  übri- 
gen Manuscripte.    Ferner    sandte  Franz  Bentivoglio    eine 
sorgfiilttge  Vergleichung  der  Mailänder  Handschrift  (Bibl.  Am« 
fcros.  G,  4B^f  die  meist  mit  der  Thuanischen  übereinstimmt, 
mber  vom  9.  Gap.  des  7.  Buchs  an  nur  zerrissene  Blätter  bietet. 
Im  Vatikan  zu  Rom  fand  der  preussische  Legationssekretär  Bun- 
aen   5  Handschriften,   die  älteste   (Bibl.  Tatic.   Nr.  CXIV.) 
auf  Baumwollenpapier,  klein  und  mit  zahlreichen  Abkürzungen, 
im    12.  oder  i3.  Jahrhundert,   geschrieben,    und  höchst  wahr- 
scheinlich das  Original* des  papiemen  codex  (  Nr.  CX. ) ,  der  ehe« 
mals  der  schwedischen  Königin  Christina  zugehörte.    Mit  beiden 
stimmten  2  andere  auf  Papier  (Nr.  MCCCL.  und  MCCCLVIII.) 
fast  gänzlich  überein ,   und  der  fünfte  (Nr.  MCCCXLIX.) ,  eine 
kchöngeschriebene  Membrane,  wich  wenig  von  der  ehemals  Pfal- 
zischen, der  Coftimelin   folgt,  und  der  Münchener  ab.     Daher 
begnügte    sich  unser'  Herausgeber   mit  einer  Vergleichung  von 
Nr:  CXiy.,  und  mit  Excerpten  aus  der  Membrane  an  veräerbten 
Stellen,  z.  B.  am  Ende  des  4*  Buchs,  wo  der  Krokodil  beschrie- 
ben wird,  und  am  Ende  des  achten  in  der  Beschreibung  der 
Panpfcife;   welches  beides  der  gelehrte  HieronjmusAdoatt 
für  ihii  besorgte.     Die  Untersuchung  und  Durchsicht  der  3  Pa- 
riser Handschriften  ward  von   den  Hrn.  Hase,  Osann  und 
Möller  übernommen.     Zwei  dieser  Handschriften   (Nr.  2895« 
und  29q3.)9  ?us  dem  i5.  und  i6.  Jahrhundert,  enthalten  jedoch 
kaum  7  Blätter  aus   des  Tatius  erstem  Buche.    Der  dritte '(Nr* 
agiS.)^  worin,"  wie  in  Nr.  2895.  und  in  zwei  vatikanischeu,  auch 
Longus  befindlich  ist  (des  Eustathiüs  nicht  zu  gedenken),  enthält 
Tatius  ganz,  und  kommt  im  Texte  meist  mit  der  Münchener 
Hdndschiift  und  dem  codex  Anglic'anus,  in  einigen  Lesarten 
auch  mit  der  «rstcn  Ausgabe t  überein;   die  am  Rande  bemerk- 
ten Varianten  aber  finden  sich  meist  in  der  vornehmsten  Hand- 
schrift des  Vatikans  und  in  der  teailändischen.    Von  Heinrich, 
Professor  der  alten  Litterätttr  in  Bonn,  bekiam  Hr.J.  eine  Ab- 


/ 


1 

i 


'}%  Achilles  Tatios  ex;[r^c.  i^cöbs. 

%c\ii\lt  von  Lesarten^  «i»£s  gateo  co4ek,  die-  ip  d<r  .Htoi^rgl)' 
scholl  Rütlisbibliotbek.  aufbewahrt  .werde« ^  und  lyorin  \aet  uud 
da  auch  Varianten  ^ines,«  ebenfalls  nicht,  naher  bezeichneten,  Ma- 
uuscripts  angemerkt  «ind,  das  mit  den  italienischen .übereiniustiai- 
mcn  pflegt.  WaJiischeinliph  excerpirte.  dle^e,  Le^irleu  iFr'i  ed- 
rich  Liudcnbrogi  \iud  bis  zum  ^^.ß^^hc  genav^y.  paqhhcr 
viel  nachlässiger.  £ln^  von  'BoisjSOQ<ia4Q  ü})er$andte .  Verglei- 
ch ung  der  «rsten  ^ehn  Capitel  unseres  ftoq\ans  in  eiBrer  Hand- 
schrib  der  St.  Markasbibiiothek  zu  yeMc4ig  C^*"-  CCCCTX.) 
überzeugte  Hrn.  J»  von  der  Ueberein^immpog  diesem  Ms.  mit 
dem  Münclicner.  und  (tpfzt  des  britiii^cheu  ]\Iu^ums..  Audi  ¥oa 
den  Lesarten  einer,  andern  Ilaudsphriff  .  jeQ,e.iv  3aa>U3luq^9  .«in  S. 
(Nr.  DCVIL),  ül^rsandic  Osaimi  einige  Projjen,  Endlich  er-» 
hielt  unser  Bearbeiter.  y.OA,  F.  A.  Wolf  gewisse, .  lateini$o!i  ge- 
^hricbenei  Bemerkungen,  ^i^,  dieser  Iflzterei.von  Chardpii  de 
la  Roc/helte  unter  Fnauz  Guyets,  JJ^^aippn  bekomnjen  haue, 
und  worin  sich  in  ,def  Tha^  einige  Conj^e^ureu « beEiidLep ,  dlt 
des  genialen  Hype^rkriiil^ers  würdig ,  stndl. 

Soviel  von  dem  hundschriftlichen  Apparat  des.  Hrq.  J.  Wir 
waren . hierüber  weitläuftiger  zi^  ,liclehrun^..so  manches  Jüpgern, 
der,  wenn  er  kaum.  Eine,  Öfters  gar^.mittelmässige,  Membrane 
ausgespürt  h^t,  sporen Streichs  zum  yerl^ger.  eilt,  damit  die  ge- 
lehrte Weit  ja  nicht  lauge,  auf-  den   herrlichen  .Fund  zu  warteu 

habe.  .  •  1  '  :  *'      •.  ^  * 

Ausser  den  bekannten  Ausgabea  .verglich  Hr»  iJ«   auch  die 

alten   Debersetzuugen,    b^soud^is  die   latemiscbe    des ,  gelehrten 

mailä^()ischen  Senatssekreifärs.  Della  Cro<^e  .^Crucejus.),  dei^ 

^^^  Jahre  alt,/  iSjj    an^   ^r  Pest  starb j  ]  djq,  daraus .  vor  X*  u d. 

XXolce    (Dulcis)   für.  die?  i italienische   Lcfewelt    gemachte  Pol^ 

metsclmng,  die  zuerst  in  Venedig  i546,..^sph^eQ^  und  eii^e  .zweiM: 

lateinische  des  Angelo  C^occji  (zuersJt  ^tjeijfj^   i55o  gedr;uc)a), 

wobei,  wie  bei  der  Apbeij;  d.es.P  ?M^  .C'>^9ce)  ein ^  Handschrift 

zum    Gründe   liegt. ..  AucjK  spätere  Afb^iteqj dieser   Arli  i^n  neu- 

eirii  Sprache^  zog  eif  zu  ^atii.,'^ui;id^vfi:^ä\ptf.  überhaupt  nipli^s, 

was  zur .  VervolTkommn)tfig^   der^eah^ichtetea   Ausgabe    dienen 


Icönnte. 


der  Hiilfsmittel,  die  beinal^Q  das  ganze.  gebiUiete  Europa  bei-* 
steuerte,  schliessen  kann.  D^^,  T^yt  gründet;  sich  auf  die  be- 
\vährtesten  alten  Bücher  ,|  die  Hr.  J.so^är  bei  oiFenbarcq^Feh- 
lern  gelten  verläfst.  üagegpn  sind  in  den  ausführlichen  Noten 
theils  die  Belege  der  m&wählten  Lesarten,  pftep  jn  zu  reicher 
Fidle,  niedergelegt,  theirSjVorbj^s^^flgfvoifsql^^^^    gemacht,  wo- 


i 


AdtfUes  Tatiu»  0^teä.  laeoH  ^% 

'ion  «luiger'adigens&IfleiDlipH  än^  Zrel'^tv^ffeif',  iäti*l^iW  Dicht  -gatot 
«nwafarso^etnlich  stad/aUe  aber  Z^ügnifs;  voii  deitt  Geist -uiid' <klr 
•Sprariabkuiide  üires  -  Urhebers  .^«beia.  .Da  also^^em  a^oxtin^rint-" 
sehen  Rhctor,   einem  nicht   unglückliclien  Nacheiferer-  H^Hbdors 

(m.  s.  Wjttenbach  .Bibl.  crit.i^»lL*  p;44:)>  dieser^neue  glän- 
Äepde  Sttern^tufgVgangen  ist,,  sö  ^wöU-en  auch  •'^ir,  jiicK« ''feiern; 
' viejm^hr  ,•  «jiacb  des.  würdigem' ilerausg^ebers  Beispiele,  btemubet 
-seyHf  Hutikles.zu  erhellen,  Veid^pbtes  bcrzustelWn;  .  Des  Meu** 
•sdbeü  Kraft« isf  endlich,,  die  Knäst  aber  unendiich:  ''Die  Wahx^ 
J^eil)  dtese&:.:S«tzesi'beiA'äfart^siob-  auch;  dem*  anspmcnlosbn  Alter»^ 
thum^forscher^ .  dcD  oftörs^  trotz •:deF^eifri^sten  Bestrebtingen,'  nicht 
>ans  Ziel. . dringen -kann.  Daher  ftirehten  wir  am  wenigetea .  von 
•Hrn.  J.  Selber  mifsV'eFStande^  ta  werde»',"  wenn' wir;' 'bald  ihili 
j(olgej>d,  batld -.eigenen-  Weg  spchend,  :.'das  Yöd  '  iiim  'Si>;  schönt 
^Qrtg«fiUirte  Werk  2a  vollenden  suöhem  *  '  --  .;  '  .-',•' 
'  i  1  Au«  deri  Pr.ol-ego/meuis  erwähnen  wir  allein-  nofch  die,- 
«i^entlich  yon  Ga&aubonus  kerstamnf^nde^ 'Idee»  von)  den  ver*<* 
schied enonjBjearbeitungeb  und  Ausgaben  älter  Schriften  durch 
jäie  Verfasser^  sel»bsty.  wie  dies/  der  ^Dramatiker  zu  geschwei^n^^ 
■von  "iK eichen:  man  i](a(rx€c)a^>^' und >£«i^^a'4C£C/a^/V'  eigentlich  sagt, 
jvoo  Apolloaius  iRbbdiüs,  TertuUfan,"und  aus  Pbotius  v»n>  £a-^ 
jippius  und  Zosiknus , bekannt»  isti^M.  s.  Caleni  C.oimmen-f 
tar»  in  Hipp^ocr.^  d^isalub^  «itia^ta^  Oppi-T.; V*  p.  38. 
A'i-  QasiL'^  •afid'*vorgl/-Hci'nrtcfb8  D'iatribe  dd^diasceua-^ 
«tis  Hömerioisf  KilOn.  iBo^r*)*-  Sälmasius  erklärte'  hieraus- 
4Ü9  oEt  sebir  abweichenden  Lesarten  im^TaUus;  Boden  fafste  äfiisqh 
^bse  .^«inutag  stuf, -vorbildete  Und 'übertrieb  sie,  •  nicht  ofine  Zu- 
«i^immung  .gewisser)  Kubstricbter  (^tou  i,  Zi\  B.  HarLesEabric?. 
fiiblt>  gr.i  TJ  VIU.  ip-.  i3i.  not;<<u»'U/)',  und  Marjeiand,  di- 
va,e  Gritickeideltciae, ^wandte  sie  auf  Maximul  Ty^ri4is^ 
der  bfedäditige' Fischer  (neuHoh  von^-F.  A.  Bornemaun  wi- 
derlegt) auf .  Xenoptions  ICjropadie'an,,  u.  s.  w.  Hr«  J«  teigC 
die  MifsUehkoit  'dieser  Annahme  ohne^historische  ^eiignisse^  und 
Stimmt  Hrn.  Born e m a n n  darin  bei \ .  dafs ^  je . mehr  Äbfichriftea 
eine»  .Buchs  gemadit  worden, ,  desto  grosser  die  Zahl  der  Ab- 
weichungen «ey;> häufiger  als  andere  aber* wurden  theils. Bücher 
für  <len  Unterricht  abgeschrieben,  theils  Unterhaltungsschriften, 
bei  welchen  die  Fafslichkeit  der  Gegenstände  und  die  Leichtig-' 
keit  des.  Stils  den  Abschreiber  verleiten  konntiC,  nachlässig  zu 
se.jn,  und,  als  komme  hier  wenig  darauf  an,  ein  Wort  für  das 
sgddere  zui  setzen.  Wir  verweisen  die  Leser  wegen  des  Nähe- 
i en/dieser  lehrreichen  Untersuchung  auf  den  Verfasser  selbst, 
und  eilen  weite/. 

Im  ersten  der  Testimohia  Veterum,  einem  Epigra^un* 
des  Photius'   (Aut.hoL  Palat.   VSL.   ur.  2o3.  T.  II,    p,  68. )| 


I 
I 


74  Achilles  T«t!i4  «  rec  Jacob«. 

Vcn  I.  Kbreibm  wir  tnr  BtrstellaDg  det  M«tniBU  öAJUl  «ü- 
ffev*  ft^  jS/ay  (lieber  die»n  «cv  in  G^eDsSlun  lelie  nun 
ScbSfera   JUeUt.    erU.  j,.    4a3.  J    Veri   3:    biJA  diese  Wort- 

VCTMUUDg  : 

Seite   i,   *o   B.  ürächea   wir   in   den    Worten  X)%enryo$ 

W  avwy»»'  T^**  Möv  TW  V'^/'*''«  ^"*  iwcite  %mi~,  und  interpun- 
^ren  (ein  v.  Hrn.  J.  PrM^aT.  ZCf/,  f.  in  der  Note  in  glricb- 
riltifcbehindellerGegeDitond)  hinter  iyiy^.  und  Kcxvtfiuc:  dena 
die  Haupthtndlnog  wird  betcichnot  dünn  die  Worte  Ö;^.  rtQ 
tyivf'  ÖM-  TTjV  0,  rSi  p  Atumnlung  i>t  ilii.  —  Ke«v^.  Asyn- 
deliach  irrbundeneParticipia  üad  gew&hnlicli  nnd  autdrucksvoll: 
n.  •,  nur  Uatthiä't  gr^J^re  griecli.  Gramm.  S.  6iS.  xt,  Boß. 
S.  5,  8-  vermiuen  wir  niobt  IL»!  *or  'Al^fo(.  Das  Asjadetoa 
wiHit  beton  den  in  Besebretbungen ,  wo  sonit,  bei  to  vielem 
Coeltitentea ,  d«  Verbindeu  kein  Ende  se^  w6rde,  und  Ta- 
tiui,  wie  alle  Lebhafucbreibendeti ,  liebt  diese  Htdefi^r.  So  ist 
■neb  S.  3o,  i3.  r<if  nnnOthif.  M.  vergl,  Jacobs  selbst  zu  S. 
J3,  ID.,  wo  er  mit  gutem  Gmode  der  EoreDtiDiscben  Hand- 
■ebrift  folgt,  welche  Si  auslä^,  und  volJenda  in  Hticksicbt  aof 
leidcnichafilichB  Stellen  deoiclben  zu  S.  t49,  33.  u.s.w.  S.5,8. 
I^jlrt  nur  ein  Kolon  ror  Ai  urir^M  etc.:  denn  dieses  ist  ein« 
Epesegetii  der  Worte  ' AA^it '~~  mvfutric,  wie  Taiius  sie  gleicb- 
fällt  liebt,  Hr  J.,  der  sich  fifters  dem  Conjectnriren  zu  sehr  bin- 
giebt'),  will  tä  wirf»!  rtjt  äytjt  (für  rijt  y^e)  Irefßäßhi- 
/LivM,  ru/tet  untUt  immnuHttt,  Wsrum  das?  So  hatte  ja  der 
Autor  hier  und  in  den  Warten,  luii  n^i  rat  xirpat  Xüofttw 
(Ki>a)  sie  To^c  o^s^f.  bebahe  dasselbe  Bild.  Kichlig  Cru- 
cejus:  Seapiili  e  terra  projtcti.  S.  5,  aS.  tud  iyh/ert  reC 
ti'/ueTve  xärDST^i'  h  x""""^  ^'-  ^-  erklärt  Dies  durch  jene 
Worte  in  der  Schilderung  der  Venus  bei  Apulejas  Metatn  io. 
9.  -^38.  C  Q^o"*  ^tii^tm  laeütüun  eurivulus  venlur  tatit  oman- 
ttr  Kttne  lasewiens  rtflaiatt  lU  dimatd  paterat  ßot  aetatulae, 
nunc  hueurtans  ad^iraiiU  ut)  prettide  adhatren*  manirorum 
miuptaltm  grtfkie»  iKiniartt,    tiud  Mihreiit  Imiaret,   wo  wir, 


*)  Vethaitol&mHfils  weal^  m  ;nni. 

Jen  slnil  so  glücklich  alt  S,  ;  für 

lövrtc,     S.  44i  "3.     «r/Vp  ',  7. 

«/va^cvfav.  für  eiVaj  /tfvfäv  137, 

39,  nnd  J'^foxe  Für  iei{^%  174, 

S4(  186,   IB.    Das  krititche  mit 
>     Caiit  uml  OeleknamlKlt  nieii 


Achilki  Taftittf  ex  ni^  Atf>db5^  ;5 

den  Scbrifttügoa  und  dem  Gebnufclit  moh,  ddiniarH  torztelieii 
Hod  auaserdeiti y  ntch   Erwägung  dies  von    Oadendorp  über 
den  hteinischen  Erotiker ,  nnd  von  J,  B*W^  4*  erimiertcn^  vo-* 
tabdiiatem,  by^orjjretj  für  passender  halten  als  'voluptaiem.  Bald 
darauf  schreibt  richtig  GöitHiig^  im/ ^v^  o^rs^  o  ai^s/Xog  (för 
Oi/r.  oy.)  Tvij  ^'yfou()ot/9  welcites  auch,  dem  Herausgeber  gcftillt« 
Wozu  also  die  Conjectur  m.  ^v  ovfW  o  Ä/.  r.  ^.?     S.  6,  96. 
billi|^en  ff^ir  mit  Hrn,  J.  i^x^titu     S.  7,  34«  n^p/Jei7tf  oli/  oj'ä- 
3'op(<>y  &  TOt)   iBtfueroCf  ist  freilich  schlecht  gesagt.     Vielleicht 
a»  roi;  If/y^uttToc,  welche  Wörter  oft  veirwechselt    werden:  m* 
0«  AnthoL  Falat.  Tom.  IIL  p»  36gi  ^typ»  hat  allgemeinere  Be* 
deutungen,  ,als    die   Wörteiliucher    «ngeben.     Auch  <&sa/iaroc 
wäre  besser,  wie  Heliodor  5,219  P*  *o4«  sagtt  (ivifXot/cifv  >  t/ri 
T^^  o^vf/SA/C  TftXXo^t^l/o^.  Häufig  sind  hier  i^^«»  Sdct/xotf  i^iarpov 
(S,  aa,  a3.),  S*   la,    i6.   Tvä  y///ia7 'irft7Xo^;K€ysc*     Gewifs  ver- 
derbt,   Hr.  J.  wagt  Dies :  oTee.  dfyi^  ir.     Weniger   gewaltsam 
wäre  f.  ynfp^  K.j  damit  ich  in  Skhtverei  ergraue.    Bafs  p,  und 
p  öfters  in  den    Handschriften  mit  einander  vertauscht   werden, 
zeigt  unter  andern   Schäfer   Meiet^  erii»  S.    ii».     M*   vergL 
Jacobs  selbst  jinthoL  Palat.  T.  IIL  p.  34%.  Solon: 
r^pourxa;  JWc/  leoKkjk  SiSaaxopevog. 
D9gegeB  seheint  S.   la^  aB*  j^cii'  Anstofs  tu  sejn:-  Atryi 
scffic&y;  ^et^  ist  so  viel  als  A.  Ijf  ri&y  ytnwmbv  ijSovii  M  uantbu 
rK  i\ioVfim    S»  i4,   i7*  verstehen  ynt  da^ftAvH^v  von  der  Un- 
schicklichkeit,   welche   Klitophon   beging,    da    er   so    viel   vom 
Frauenliebe  in    Gegenwart  eines  Menschen  redete, '  der    diese 
Jiiebe  verschmäh»,  und  sich  eben  so  hefkig  gegen  M  erklärt  hat« 
^  i5,  a^.  (ov%  o?S»  ya^iya  rag  oMg»)\  hat  j^cj  keineswegs 
das  Ansehen  eines  Glossems.    Der  Sehreiber  zu  Florens  konnte 
CS  wohl  für   überflüssig  halten,  und   daher  wegkissen;   aber  es, 
steht  nachdrücklich  für  iytoy$  (im  Gegensatz  des  kundigen  K^- 
snas),  wie  &  54f  5.  und  öfter.    S.  16,  ag.  that  Herr  J.  recht, 
csMtlf  einzuklammern,  als  Erklärung.    Ebenda  Zeile  a5«  bedeu- 
te ifii»g  TTpocspx^^^^^  '^^^  ^^'^  Mädchen    auf  eine  ihm  «nge- 
ncihme,  iein  Geffihl  nicht  beleidigende,  Art  nähern.     Fünf  tei- 
len weiter  ist  schwerlich   etwas  ausgefallen,' sondern   mit  den 
Worten  roXkantg  ii  fängt  der  Nachsatz  an.     S.  17,  5.  ist  frei- 
lich iav  ik  pAXActXfüre^cy  ^Stf  deki)g  ausser  dem  Zusammenhange, 
und  Hrn  J's.  i   ik   p,  tj.  da^ixil  triffit  den  Sinn.     Aber  wirk- 
lith  so  schreiben  soll  man?    Das '  ist  zu   viel   verlangt.    Da  3 
Handschriften  Aikg  haben »  eine  Aiksif  so  lesen   v^ir  i*  ii*  p^ 
ijtii   dAeX^f   wenn   sie  schon  sanfter  nicht  will,  wenn  sie  sich 
sch<m  williger  sträubt.     S.  19  ^  «a.   hilft   die   veränderte  Inter* 
pitnktion  deih   Sinne  nieht  auf|    und   wir  vermuthen  ToTg  pkv 
YOf  iMAii  t^v  dx^avovrtfw  mV  (iur  xdv)  tx^^  ribv  yvwfi^* 


75  ApUlttf.  TittJuSdezumci  Ja4bhs> 

fiaftPU  imffti^^foi  ii.,i*>  w.d  »litä  4tndehi  ^IWdtea-' bleibt  jede 
Spiir  der.  G^sictitsxuge^  undM  verliert  eioen  auch  das^Bl&heode  (liie 
Fache,)  'de&  Gesichfs*,  so  bewahrt!  or  4och  tdie  Fodm^««   &  30, 

1^.  iüfif   Tp«/<()?.'y4  Die  Bdoher  kabciic  ^-tjad^^i^t  XP^'f"^X^^i'"^ 
Hm«  J.  gelallt., r/vAn/^  Hxi*' i^rjr^i' ftfim  r»  S,  r.;;  allebt  isa  ^pr.- 
<r^oci  Tft^r- vf « ,Tji  i(opw,yf9r  feei.4e»  Pierde  auch  dorTaä,  ja 
wohl  Dpcl^  mi^r)  »weil  der.JK-Q^be  es  sicj^  gewünscht. Intie,  (M. 
s.  S.    11^,    ao  — r.2$. )  :  tAls9l  lesen  wir,  Xf"!^  fi''^  ^  ^*  ^«J 
£mi    %pY)90V   ^cj^oy  ivar  ,/dir«4>'aA)/»  das if  wilde. -f^d;  aber  ein 
a;^^?;«^«^)  iein  unnM^zes-,  sobäjliobe^- A&ei  ^5.'<2.i)  .*u   batte  für 
die  Bedeutung/  voix-  Kefhe.|.  die ';^pi(  zA^reilisn  bbt,  .besonders 
Ari$topbane$,    .Frjspbe.  V*  .<55,5.,    ( fli*]^  «-«Tafflog   /mor '^eito^s 
Toic  X^P^^  ^^  7rfeffdla44  Üe  ^Vorderreiben   der  -  Zähne ,')  an- 
geführt werden,  fcdonien.     S^-gl^  9«  ff...  sin^.;  »wahrscbeiiiUah  die 
Worte   yjv  q^ch  JfpSovt  -ui^   r^  4>^X^y. .  ^nsfu/ioAut/    iiacK'r»]/ 
irsvdkün/  iricnr^^nmi   Glos^em^^'.und  jTatiiw   schrieb;     -Tro  ii 
ToTc  nhviv^  ivlov  r^  tuv  h^i^ijtäV'.  v^v^yop^c  ^tidoü^^*  o/xXäJo/ 
cwitiiTTO^  cti\^o/f.  clXhcAät!a^v  .0/  y*fro*«€$V'  rwv  VBraktnv 
frepifrXoxl^^'Tiß'V  MoniTTWiA  «/^\oj{^'.  .mJE^^XA-oi»  »ftif   iS^aJAcv,  wie. 
8,    «4»      Snrovro    6i   ecvra?   UMiroTtiif  voki-'7t^ii3^g';piHhwVy   und, 
üb^aupA  ist  diesse.  el^gan^e  R^dj^rt,  im   Grieqhil^cvi,.  und-  La- 
teinischen, häufig  genugi  •  welfil^  .gl^chwohlf /eijQl  Abselireiber 
verkennend  i/^flsMov  auf  H\iS$^  h^^uigd  ^^4  i°  <^a  vorhergeben- 
den SatA  ^K^ eifif cbob.     JJsfiir^i^rjt^j,  c^ßi'^XoHtji^r/ii^ch.  Jkher  Art 
gescbrieb^,  ^g  leiqht  über '  in  «'•^/^o W  9  ^tOt^Ti|lpx«c/.i. 

S.^2!i%y  «U  ««/  <sT/<rra^«..(&«/;ij€)  3^^  täJ^  .i|fl5r'«rür^i  Man 
liest  auch.jtarV'Croy»  bei4es  unv.^^täAdlich,  wie  Hr«J«bemerk^ 
der  seine  frühere.  xConiectur«^.  (  pi* :  s.  .^/7^i^2.«  ßd  Pqrfon.  Adv. 
ju3o6^ );  Hot^a^vriov  an   filrimnierung  bringt.      Wir   mtlthmaüsea 
HOLT.  aurifp,i\,  Auf  > das.  Ges^br^i'  des  Pfaues-  war  Lenkippe  za 
ihm  heringeti^eteffi  um  sein*  G^sfie^er^  das  ert^pach  deir  Gewobn« 
bei(  diesea  Thiefes  .xugleith  ausbreitete,   zu  .betrachl^en«  -  S*  »h 
2^..   So  richtig  aüderwärtS:' oA^d  0^'  steht,    so  ist  es  u0»  doch 
bier  .verdächtig!    tbeils^    weil  sogleich-  wieder  ydp.  fplgl,  theils 
und  vorDehmlicb  deshalb ,  woj  dffr .  Sßt^  pikk*  iu  y^  i^tKk 
va  wenig. Zusamqi^nh^ng  «üt: seiner  i(Jmgfsbudg  h^v\»D«$tbut 
ipdels  deü.iV^ogel  ^cbt   oKa^- Kunst  (Absicht  J-^  «^7  .sond^o  er 
ist  .verlifbc.«     jAa.  Gon^m'^lin,  der  J\tilnchener  cocfis  and  der 
Anglicanus  itfiiu  eTne^ytty^^et^.  halben  y'.^  schreib^  ^iv  :  .  rcta' 
a}X   (iati  :ydp  i^tiKoc).  QTocy.  «rw» ,  A^AjJ.  ttJv  :.e^;eiwfi/  etc. 
Solche  Parenthesen  sind  et^as .  Ge^wähnliehes;  ia»/vexgU  dojU; 
•63,  «4?  ^7»'  4  5   76,.  33; '  ichi^   27»;    io5,  4^  .wo  die  Wiorte 
irvxpv  -*9  ^!ii|i)Y'a^^>  einzuscbli^seti. .  ^nd , '  wie  bei  ^Ctncejnsj 
io6|  i5.  -Ebenso  schreiben  w,ir  S,,  ^'6^^  25.:^*0^>  ir^  ipfj^ 


^i  mijMi  TTVHi&it.  itäXfihv  yi^ftivtoBf-yi/Mvreir^tti  &JiNSh9^(yAbirö 

.  :Crtj»cej!uii.'idi^e.  Stelle  faTst^  da  btog^gen  in  :d^  Au^aben  mit 
r^no/ro',  eyii^oeuerSatÄ  Ani  j>g;**  «/M»;-.VÄrgU  S.  c63,:'3  die  Worte 
ifiäS^ov .  -y  dfi '  ~ .  itecteiTtBiy  i  S.-  i  €4  j*  uatira ,  •.  wo  so  -  au  sBchrcib  ea 
ist :  Koä  {SfVi  i  yÄp  -f^ » Is^ov  )  hcrpixsi  •  etc* -j  S.  1 84»  2:2 ,  -wo  Hr. 
J«  settst  die' .PaiC^tibese  bemerkt y' uusi  w..iS«'!^2,'"flgi.  helfen  war 
Jblofs.^wit -eirieai.  Komma  .hiitter.ir/&/itvtT(x2.  vdie  Worte  heiftfvtt 
'9rr€f|f>v  •schliefeeä  sich'  a&Jadeii^h^an.•Ta  xctAXo^vr  als  Epcocegesisi 

'firj  Hou.Sfh'^f  irfJotf  -oi/r^j'  «fXxt/ffcv*  Fereor  ut  haee  sineera 
<ri>>itj^  sagt  Hr«  J.  .mit  Yo|lem..Reclilt>'  'W^^i^^^^^inlicli  -ist  .S^/t^ 
ein  Gloss(em,  welches  -das  -k^ck«  fä^.  erkläsen  und  mildem  Wlte. 
XJebvigens  dolmetscht  •  C  r  u  0  ^  J4i  s •  sichtig'  si  modo- : pideht.  S;  a 3y 
'fl6.  ist  allerdings  «die  Lesart  .d«ft/ itfa/r^.  ^ngLj,  Fut»  u.  s.  w, 
zusammenkängender.  AucK  datia  stimmen-  vxirdetü  Herausgeber 
bei  9  dafs  die  voreiligen  ScHufsw^te  diese»  Buchls  <9iul  fitra 
jiiK^ov  ete»  von  fremdet  Hand  sind ,  ^it  Rüekaicbt  -auf  die  An* 
üangsw  orte  des  9.  Kap«  ima-.  Buche»  So  .  entdeckt  Hm«  J's. 
Scharfsinn  öfter  Glos^emei«.  z.  B.  '3^,.i8>und  a.  a.  O.  S*  26, 
(26,  H0ci  r^e  •iof^T^  Sirjyoivttnd  ^ura^Jf»  'ffJt^w^  'folvüu  ovx  shcc[ 
arors  ir«p'  cq^/>A)TO/(.»  ^Trto  /ir»fMvToTg4vlit^'J*'wiüir^  oxttu 
nt»^  oL^iroXiX.  mhU  vinißUsse  ^upud  reliquos  homintsviUo  tempore^ 
qua  nondum  apt^d  Tyrios  essßt  vinum.  Allein 'wena  der  A¥eia 
auch  bei  den  Tjriern  selber -nicht  bekannt  y^w^y  wie  kann  es 
dann  in  demselben  Satze  heifsen  oiMa  roirouc\  (toie  i»^Pq)  /uiv 
'A^TCOLVfTOiQ  äicolTiWQ  BiVM  Tt/p(pop  ,dvä^(^4itivl  Einige  Msüs.« haben 
piicoo  TTccf^.  cfaiToTc »  andere  ircts  fuj  iroo  T«p '  .etvT0^4  «Beides ' ist 
.Glossem y  das  wahrscheinlich  daher,  .entstand,  >:dafs  Jemand  0^ 
durch  qivctf  oder  ^ijTr^  erklärtie,. . i  S»  3.7  y"  5..  stimmt:  Hm  J's. 
^jitTriKoisv  .£m  dviä'^dTCCop  nicht  zum  Folgenden  r^V  ik  ic^uyn\v 
*  ;r«p'  »vToTg  ifnivou  tüv  ofvwv  /tijfr^f«»  S,:  27,  <8.  .Kai*  r^'rov 
ivrecvä^ct  top  fJiiidw  yeydff^oa,  ^xrifja.  * .  ocüp  ATrixoj/  eJttKi  SoKsür» 
Wir  l^sen:  K.  r.  ivTo^v3'(ii  TQU  {A*  h.  T^vo^y jLi,'y.  jr^,  ic  Äv. 
^Aß  fi.  i'  Concis  gesagt  für  ,r«£/j  fxidou^  %Q  roioi^oQ  iw/a/:,  icg  &u 
jßic.  ;  >yon.ibmsa)l  dort  0 in  Mythus,  ausgegangej)  8eiB>(so  be* 
schaffen,  so  schön),  dafs  man  ihufüi:  einjen.  attisiihen  halten 
jnöcj^te. «  Ae.hnliches  las  pd^p.  dachte  doch  GvüAcejus:  gui 
fabutaß  auctor /uerit  ß  ab  AtticasßnOi  hon  di^simiUs*  Das  v-or 
sein  Nomen  geßetzJte  r^t/  darf  Niemanden  irren:  »«vW^l.  hier 
S.i^i,  14)  Jacobs  zu^S.. i53,  6,  Schneider  unter  To^i 
S.  27.  i4*  hätten  wir  v,od  nicht  .eingegittert.  :  Dergleichen,  dac 
überHüftsig  scheint ,  lassen  Abschreiber  gern  aus»  sUeber  den 
Luxus ,  dcA  die  Griechen  mit  der  Partikel  noil .  treiben ,  s.  m» 
Schäfer^  MtUt.  crit,  S»  ia,  'an4  den  vto  ihm  citirteo  Dor- 


7» 


Jukaikk  Tftlius  ^  ree.  fautohßt 


/ 


irille  mi  ChutU.  S«  So8.  cicr  Amtterd*  Ausgabe.  Dagegen  ist 
Hrn.  V%^  uod  des  Kunstrichters  io  der  BihLphäol.  T.  J.  p,  496* 
EmendatioD  *0  ftht  wv  clvog  otrrwe  etc;  wabrselieinltch.  Ofvoc 
0ag  voo  dem  iholichen  oi^»(  verdunkelt  sein.  S.  a8,  9.  A/o- 
uv^oc  T8  hfTBTixMrat  rcjv  ßorfitcv  ist  nicht4iriechisch.  Man 
schreibe  htrst.^  er  erhob  sich  in  erhobener  Arbeit  aus  dea 
Trauben.  Eine  Priposition  scheint  nicht  ausgefallen«  In  der 
Note  ZU' Zeile  99,  S«  5oo*  rügt  Hr.  J.  mit  Recht  itccfCL  üov, 
hri^  cWj  hxo  ffov,  vf>oc  Ois«  Ir/tfa«  fehlerhafte  Schreibarten ,  die 
jezt  häufig  in  den  Ausgaben  heromspuken.  S.  28,  33.  fii^  P^Xf* 
rcjy  o^i^tfX^cöv  fiovw  xei^ljof*  Allerdings  bleibt  fLovov  besser 
weg,  wie  in  den  Handschriften.  Mehr  als  3  auf  denselbea 
Buchstab,  besonders  auf  v  oder  v,  ausgehende  Wörter  hinterein- 
ander sind  selten  bei  sorgsamen  Schriftstellern.  S.  99,  29.  vft#, 
ToXfMip^f  wtr^ifxo^  tfrfart^v;  vermuthlich  %hI^  r.f  etc.  »jsogar 
gegen  mich?c  %o^l  und  sasu  sind  auch  anderswo  verwechselt: 
m«  s.  den  Index  vwt  Antholog,  Palat,  Cocei's  a/n  tefnerarie 
bcWeist  wenig  für  eine  ähnliche  Interjectiooj  und  fj^^  rokfu^ 
entfernt  sich  vrcker  von  den  Schriftzügen«  S.  So,  4-  Kfti 
£)%f>i«ffa  r£  /Sb^y  ^vtjmisr  cfr'  i!^vtx^^v.  Ti  steht  ungewöhn- 
lich ^  und  ist,  wenn  Tatios  so  schrieb,  durch  ein  Anakoluthoa 
zu  erklaren,  so  da^  man  annimmt,  der  Verfasser  habe  eigentlich 
ueü  ifow*  im  Sinne  gehabt.  Doch  sind  wir  geneigt,  A^piaffi 
ri  vorzuziehen.    S»  3b ,   a5.   xoi  ttfUL  va^^yeif  Kay^wret  fiofjih 

IfifiOLTOL  *  iiioLX'^'^'^^^  y^  «^v  vTo  Tivoc  ctc.  Man  sbhreibe 
beidemal  »iril  und  itr^ec^a  mit  dem  codes  jingLj  uiid  vergl. 
über  diese  Eigenheit  der  griechischen  Rede  Matthiä*s  Gramm. 
S.  769.  Uuicesv  «yop  a'Mip  etc,  wurde  heilsen:  »denn  Klio 
könne  selbst  ihren  Schmerz  heilen  c  u,  s.  w..  S.  3a,  l3.  '^vdt 
rh  ;t;^rXoc  ij  %o^'  irhoua»  xpwddiyeu*  Vielleicht  ist  die  Stelle 
unverderbt.  Man  braucht  nur  Kecra  bei  ro  %e/lo(  zu  verstehen. 
&  3a,  ao.  ^XAfiL^fBiv  mag  selten  oder  nirgend  anderswo  für 
iUfctwivou  stehen ,  dennoch  mufs  es  hier  s6  gebraucht  sejn| 
und  9Vfjü^u^»Q  {rhy  e?voi))  ist  nichts  weiter  als  eine  Variation 
des  obigen  x^f^^a^tfvo^»  M.  s.  von  dieser  studirten  Beredsam- 
keit J.  selbst  38,  aj,  S.  538,  Die  Conjectur  avpt^vi^va^ 
giebt  einen  guten  Sinn,  ist  jedoch  unnöthig.  S.  33,  a 6.  Schwer- 
lich fehlt  hier  etwas.  Des  Crucejus  ei  hos,  quae  res  nfehe* 
mentius  etiam  ütwn  nngehat ,  ebduci,  welchem  Aehnliches  Cocci 
hat,  ist  offenbares  Mifsverstäddnifs  der  Worte  y  %ütl  pMikov 
hrelyer^  ^wcc^otysTv  ijfiaiCf  da  sich  von  diesem  keine  Dolmetschung 
weder  bei  dem  einen  noch  bei  dem  andern  findet,  S.  34,  3a. 
KeJ  Tora  T^y  eixopct  rijc  TTOfifvpÄ^  iliStmtero.  »Da  lernte  er 
das  Bild  (das  Farbenbild,  die  Farbe  selbst,)  des  Purpurs  kca- 


Achilles  Tatim  ex  rect  lafiobi,  79 

nen.«  Aebnlicli  S*  57,  to.  (fiX^jtiaroc  e/x&v.  Auch  Her  ändera 
wir  nicht.  S.  37,  i3.  'Ayo^aXA^/i;  (n  actirer  Bedeutung  ist 
nicht  klassisch:  daher  schreiben  auch  wir,  nach  den  3  Mss. 
ikeJf  ftiv  dyctS^aXkei. .  Das  asjndedsche  %ftrp/oy  kphv  iv '  tcps^ 
ßokff  ist  gut,  aber  wohl  unnöthig*  S.  38,  aa.  ist  allerdings 
Berglers  itotirc drrercti  recht.  Der  Schlufs  des  16.  Kapitels 
und  der  Anfang  des  folgenden  setzt,  v/ie^  Herr  J.  bemerkt ,  die 
Sache  ausser  Zweifel.  S.  43),  1.  schreibe  man  nur  ein  Kolon  hinter 
fovÄTürfipov,  da  das  Folgende  0  Sk  —  ^pß^'^fieti  den  Nachsatt 
bildet.  S.46,  a5»  J'O^fAoi/  ifKivag  h  hvA.vrt^*  o^ekov  ivudsQ 
icokifAW  vofiff  rr^v  vß(Jiy  •  ctpsKov  üb  mv  öf^j  vm^aag  ißpiffsv* 
Die  letzten  sechs  Worte  klingen  ganz  wie  ein  Glossem.  Uebr 
rigens  wtifden  wir  in  einem  Prosaiker  u^fXov  Vorziehen.  S.  48, 
8.  "EXfiyg  Si  K»l  avTof  in  jtoivtevhg  yevi^irerdci  rijc  avoSrjfiLiac» 
Man  bemerke  das  wirksam  nachgestellte  2t/.  S.  49,  9.  Kotl  ' 
ieiHsv  hrl  ^kott»  ro|oi/  ßakkeiv^  xeti  iriruyxdveiv,  huV  hrl  rfiu 
'4^X*l^  irifMfsiv  rd  ßu^fiarot^  tioJ  Ttoixiket  To^evfiocroc.  Welch 
Geschwätz!  Wir  lesen  hndHoirooc  (gewöhnlich  in  diesem  Sinne 
i7r(CK0ir»)j  und  streichen  tTeirvyX'y  ^^eides  nach  ißuvet  und 
Saumaise,  welchen  Hr.   J.    ohne  sonderlichem  Grund    wider* 

spricht.    Nachher  aber  schreiben  wir  mit  und  nach   ihm  so ;  

^X^J;t«r«.  K«i  to/k.  ra  Te|.  •  rh  fUv  etc.  j  streichen  auch  bald 
nachher  mit  ihm  ^fiarwVf  als  ein  aus  dem  Obigen  dahin  verw- 
irrtes Glossem.  Zeile  3o.  ist  irvxoy^  das  in  mehr  als  Einem 
Buche  steht,  deutlicher  als  frv^s,  wie  auch  Herr  J.  fühlte, 
S.  5a,  44.  ^eht  die  florentinische  Lesart  'Aketkd^etQ  (für  'AX- 
Xaifflttf)  ik  0  nvQ  woVäJ  ir^ex^^  »^  »«V'  «iVi  allen  Aen- 
derungen  vor.  Hr.  J.  sagt  zwar:  Hoc  vtrhum  {a'köLki^Biv)  da 
fremiiu  apri  non  usurpatur.  Aber  mag  Tatius  allein  so  reden 
(wiewohl  man  das  Wort  doch  auch  von  musikalischen  Inkru» 
menten  gebraucht  findet),  metaphorisch  verstanden  kann  nichts 
Schoner  seju  als  di^es  Kriegsgeschrei  des  Ebers*  Das 
Recht  der  Metaphern  haben  ja  die  Dichter  und  Roms^nschreiber. 
Wer  kennt  nicht  das  horazische  JPictorihtis  atqu»  poetis  Quid» 
Hb  et  audendj  semper  fuit  aequa  potestas?  S.  5a,  3o.  stim- 
men wir  für  iwBkäiiV^  woran  Gdttling  dachte«  Auch  vffi- 
tikätüV  pafst.  Ebenda  geiallt  weder  wpoffSTifi^iJeiyTO  noch  it^obt., 
was  beides  Handschriften  haben/  Wir  vermuthen  ^ElBi^aotVTBg 
iSnf  qI  it%of,^Kl  %WQ  BTifir^cxvTo  fioi  Tf/sriJ  fuy^v.  S.  53 ,  1 3. 
däucht  uns  die  Aenderung,  so  scheinbar  sie  ist,  dennoch  unnö- 
thi^r  Die  Worte  ißiKero  ydß  Mystv  xecrd  ywMHu>v,  miCBp 
Bicu^Bij  sind  Zwischensatz«  AL  vergL  unsere  Anmerkung  zu 
S.  aa,  a5.  Klitophon,  welcher  sieht,  dafs  Klimas  Miene  macht, 
wie  gewöhnlich,  auf  eine,  ihm  (dem  Klitophon)  unangenehme 
Ait^  wider  die  Frauen  loszuüebeoi  vcfliiiiderl  Dies  dureh  eine 


feine  Wendung  t  indem  tr  sieb  ini  Voraus  crgtebt,  unter  dem 
Yorwande,  weil  er  je?Jt  Einer  gegen  Zwey  stehe,  »Rlinias^c 
sagt  er,  9 ist  niir  yveit  übeü-legen,  und  kann  jezt  leichter  (sie- 
gender)  reden   als   sonst^  :da   er.  Jemanden  ^  von   gleichem   Ge- 


jrctt/,  l)Q  KOiV*  iu  .«.  Allein :  Das  "wäre  eine  versteckte  Auffode- 
rung  an.  Klinias,'Vu  reden,  da  vielmehr  Klitophon  ( unstreitig  im 
Sinne  des  natÜT^ic,^  fühlenden  Dichters  selbst)  Dies  hindern  will, 
und  auch  seineu  2^ weck  durch  jene,  von  uns  angedeutete ,  Wen- 
dung wuklich  erreicht  y  indem  Klinias  während  dieser  ganzen 
Unterredung  den  Zuhörer  macht;  was  sonst  bei  seiner  Heftig- 
keit und  dem  für*  ihn  so  Anziehenden  des  Gegenstandes  kaum 
erklärbar  wäre.  S.  54,  8.  halten  wir  die  Worte  'AAAa  to  fih 
^iüavtov  —  i(OfjLOcatv  für  einen  allgemeinen  Sati^,  und  streichen 
daiier  Ttikf^f  als  Glossem*  »Das  Himmlische  trägt  unwillig  die 
Fesseln  des  Sterblichen ,  und  strebt  eilig  zum  Himmel  zurückzu- 
iliehen.«.  So  haben  auch  Zeile  27.  die  bessern  Bücher'  4as  ge- 
wöhnliche KoAAotf  .nicht.  S.  55  f  4*  bezeichnet  Klitophon  die 
Hcre  einzig  von  allen  Göttinnen  als  Theilnehmerin  am  Gotter- 
inale,  weil  er  sie  den^  Ganjmcdes.  entgegensetzt.  Des  Zeus 
Gattin  sitzt  au  der  l!'a(el,,  der  Liebling  wartet  auf.  Die  Con- 
jectur  '*tißri  verrückt  den  Gesichtspunkt  der  Rede  ,  und 
giebt  etwas  weit  weniger  Bedeutendes.  *S.  55,  i5«  rotro  ./lovov 
pUoov  öipHau  Wohlklingender  ist  r.r.  ^.  apx.  S,f  und  so  schrieb, 
glauben  wir,  Tatius.  S.  55 y  ig»  verbessere  man  ad^^o^/rTfv» 
und  so  auch  im  Folgenden,  wo  die  Sache  gemeint  ist,  mit  Hrn. 
X  selber  S.  128,  4«  und  in  den  Noten.  Der  grofse  Anfangs- 
buchstab in  diesem  Falle  ist  ein  Fehler,  der  sich  in  neuern  Aus- 
gaben häufig  Endet,  Uebrigens  lesen  wir  mit  den  meisten  Hand- 
schriften iyco  fiiv  TTi^uroTretpog  cvy  bIq  ywouHUQr  oaov  o/zdkrcat 
TotiQ  eig  atbpoSknv  ncw'kov^ivoLig  etc.  Ein  Anakoluthon.  S.  55^ 
26.  geben  wir  der  Vermuthung  tfolcol  iyKei/J^vnj  (für  Tcog  iy- 
KB^uevov)  unsern  Beifall.  Aber  aucL  iyyl^ei.  pafst  nicht.  Wir 
schreiben  ivl(^et  Ih  Totg  ^eikefftv  ^  UfffTTsp  i^tbpetyThg ,  ra  (piXijfixTa. 
Xöpxyt^eg^  austatt  des  gewöhnlichen  (r<bpecyideig  haben  Monac, 
AngU  CommeL  Paris%^  das   vaticanische  Msc.  ct^etylSeg* 

(Die  F§rtstfzuni  folst) 


,  i  I       1 » •« 


firgauzoBgsl^Blitter  d.Ueide&.  Jahrb.  d.  Literatur.  1, 6, 

"  '        '  ' 

AtliilUs  Tniius  ex  recm  Jaeois. 
{Fdrisiiznug.) 

Da$eibsl  Z.34  g^fiUt  nnt  die  Lesut  vidier  Böcb«  lifßaß  i(tQy^¥ 
besser  ^  das  teiitologiscke  ifkmp  iiSompf.    S   56,  .36.  K^'  fr/y 

ncti  ^thifMrmßf  A.  h.  tmi  ^ihfpmmf  ßctj^i}^  Gefärbte  Kusse 
passen  ^io^  diesen  ZusammeoWg^  und  wir  m54)liteB  niebi  i^mfi^. 


e^  afSUttpu  fnif^  ia^folif  üi  tAip^Sg  tuu  tAkatfU^^f 
ctHM^*  ^^  vemutheB,  dafs  die  Wdrier  is^fsäg  und  of«: 
Ullii  ibre  Stelle  verwechselten«  Allein  ,  finr  o9^fak^  da» 
oSenbar  verderbt  ist,  mag  Tatias  e/V^o(»«JV  geschrieben  ha- 
ben« .  E/a^o(>a^  Fremde^,  von  aussen  daau  Gebrachtes  1  ist  ein 
Begrifft  der  hierher  pafst;  die  Worte  aber  sind  so  ihnlich,  dafs 
man  sidi  eine  Verwechi^ung  vorstellen  kann.    S.  &j^    f4«  K«i. 

ra  ^tkfifMroLf  nach   Cr uc ejus  donec-frae  voluptaie  busia  ipst 
Ttfugias»   scheiiit  uns  verfälscht:    denn-  was   sagt   ciiro^fv  ri 
9X0IIM  [anders  als  h^f^OiBiV  ra  ^lAjo^car»?    Wir  vermnthen  ;&• 
äv  c/<(»^ifv  fiXf^Yf  (oder  «]cAi]ry)..ra.  ^NMr^oersti  bis  der  Athem 
ausbleibt.     S«  69 ,  3a.  (^  ^^  yoit)^  -^  «Yciipere«  )  dunkt   auch 
uns  ^A^ffTrs   rtchtiger.     S.  60,    9.  ist  Gdttlings  3/t|i0y  >  für 
elov  sehr  wahrscheinlich  |  und  keine  Lücke  au  vermudien«    Dafs 
die  bo^hherstunende    Woge  grade  mit  dem  Schiff  selbst  ver- 
glichen wird,  liegt  in  der  Natur  der   Sache*     Der  im  Schiff, 
stehende  Zuschauer ,    aus  dessen  Geiste  die  Angst  Alles  ausser 
dem  G^enwürtigen  verldfcht  hat,  findet ,  zwischen   Himmel  und 
Wasser  umhergeworfen ,  keine  mefsbare  Gröfse,  womit  er  sein 
Gedankenbild    vergleichen    könnte ,    als    eben    das    unter    ihm 
schwafikende  Schiff,  das  überdies  für  die  Dauer  der  Seefahrt 
seine  Hauptidee^war«    Für  den   wirklichen  Seemann  ist  es  be« 
staodig, Hauptidee:  daher  dieser  bei  Korpergröfsen  gern  Schiffs- 
hdhe    oder   Schiffslange  zum  Maalsstabe   gebraucht )  sowie   der 
Landbewohner    mit    Häjusern    oder    Thurmen   zu    vergleichen 
pflegt      S.  60,  3o.  *lLvd%  lii  %sd  ra  dsiva  «v,  d«  h.  "E.  i    %• 


Und  &  94«  3o.:  £ii  irafacr;^«  r^v.  ;^afn/«  für  ratrify«  Gewöhn- 
lich ist  )rd  ftbfß  ro  M>  in  diesem  Sinne.  S.  7s ,  »a.:  1a  ik 
lipß  ÜBfi^ig  u.  s*  w:^    S.  öa,  3o.  Indern  wir  nichts,  interpua- 

£rg.B1.atd»H.MA.i:t«    L  6.  6 


8s  :  .         Achittei  Tatius  «i  ret.  Jaöobs. 

giren  aber  tö:  i^t».  ^uovei'  crl^ov^MVei/  fi^er4»fw  rl  j^Xov   xara 

/icr.  ro  {.  ^ind  nominaim  alueUttk.  S.  64  9  3i^  iroj^pif«  ^^/rcüV» 
X«f/X^(  0  Xf^'^^'      ^^   ThuanischO'  Msc.    bat    nicht   die   Wort^ 
kevH»  ^  X'    ^^'  strcicheo  #enigsteiia  h'xtrtöv.    Bbeoda  mdehtc 
H  «tKw^  *^>lf  Betseret  tu  fidden  ate^  des  Heratisgdbers-  i^fuv, 
f^v  Ttjptm^Pt  tv  dwo  iMfWf  tu.    S.  74>  i4*  EiA  Wort  yfie 
tifttJUy^ fehlt  freiiidk  hier;  aber  dafi  dies«»-  selbst  ausgefallea   sei, 
»st  «nwakrsolieiiilicli«    \i(^eiclil  imI  ir«f«l  th  SiViiWf  ieivt^^v 
hew&n»eko  rdfjuk  etc.      Ebenda   Z.  -ao«  tst  des  äeransgebm^ 
'V^rfretseCftwng  sehr  wohl  begrSndelk     &   7a,    1 3,  liest   man 
dürc»h  ein  audaUeiides  Verseha  dvai  K»ßäp  ^(^  för  sTrä  X-.  i^/ 
Ueberhaiipt  hat  das  Biieh|  besonders  die  Noten  ^  der   I>ruck- 
fehler' tiemlich  viel|   die  nidtt  alle  auf  der   hiiiten  .angefugteA* 
Waroungstafet   stehn.    'Sogar  im  Cartoir  S;  86,   7-  findet   skfb' 
dvetrikkwfreci  ffir  ayftr^XXsvror«     S.  76,  9.  Ktti  l  Jldrtfi  o^  Xiygi' 
*Kfi»  ii  ßidt^fiivog'  cto«     Insolentius  narraitönfs  ^initium  factum 
tfi  lfm  iky    sagt  Br.  J.  mit  Recht;     Lautete  es  vieUeickt  ur- 
sprOncKeh -so :  K   0  ^.Jjyk»tiot  iii'  Bi»^^  efc.     S.   76,   a3. 
schreiben  wir    des 'Zasam^nhangs    vegeö,   der  offenbar  zer« 
TYssen  ist:  — -    «^mrp'SiC*  ^C    (dies  verlor  sich,  scheint   es,    in 
das  vorhergehttide  —  s/c)  rf^v  'O/wfp/je^i/  ette;     Nachher  £Te;^f/- 
^/  mit  3  Handlichriftcfn«  •  S.  77.  36«  Eine^' Stelle ,   bei   der   alle 
ihr  Latein  verlieren*     Um  nicht  difvfißokoi  zvl  weyn^  setzen  wir 
unsere  Vermuthang  her,  dafs  Achilles  so  schrieb:  -—  x^^i^ifi^i* 
T^   (T  ij  17  p  tu   (0  «vfiSifpoc  i^' anerkannt  felsch)   yd^  »'vriiif  i^re^" 
fUvTj^  iV  »vrfjil  (so  Herr  J.)  dvarfinij^fjyeet  ft^^v  Tf}f  itrS'rjroQ 
iJy^ii  die  Worte-  o'X^^f*'^^  gestrichen,  als  'Glossem.     S.  78^  19. 
scheint  tcJ  %fifffr);^  hinter  Tfotriri^Q  yon  fremder  HandC     Auch 
Salmäsitts  stiefs  dabei  an,  und  Cruce jus- fibergeht   e^     Die 
Worlle  ntul  noiPt}*;  aofafu/nvi^cxiov  \T(eei9F€^c »   K^/  xotvfjg  häVoiyioc^f 
entsprecbeti   sich.     Keii  ;^f^9t'^C    SseiTf^ißije  (Hrn.  iTs.    Vermu- 
thuiig )    wäre    ein    heterogenes    Einsctiiebsel«     Der  Nafur   der 
S^che  nach  sind  Glosseme  weit  häufiger    al»  Auslässongen«     S. 
78,  3o.  ifTts  dttotfklaaraf  coi  ret^^etvTff  if  X^piCf  xat  defiu  eketj- 
(Tai   xofjfy  d^)Jäv  iu  roffoirov  ttecxoi).     Wir  sehreiben  ikai^^sic^ 
Das  ursaehliche  £X  irrt  uns  nicht.     S.  79,  i4«  ff*  Unstreitig   ist 
init  dem  Herdiisgebelr  zu   lesen  iffifp  ifixoiaVf   uebrigens  wäre 
Die§^  weniger  gewaltsam:  Bie^ekdavtE^  SKcirroc,  %xl  hc  fiokeTv 

atflijj  Tiv^  tjfjifj^tc^  ivioff  fiiupv.  *t>as  dojppette  fUvBOß  mufste 
Verdacht  erregen,  und  In  der  That  übersetzt  Cruc-ejus  cpor- 
terejcÜicet  se  tumulum  in g redt j  welches' nif^t- buchstäblich  zu 
nehmen  i^^^  sondern  blofs  das  Hiiieinschaffen  in  den  Sarg  be- 
deütetr  '  Das  falsche  if/xi^i^  fiir  i^^ifMii  beruht  «uf  einer  -ziem- 


« 


*i* 


.  Akihilles  vTittins  ex  rea  Üaöofts.  ;  83 

Ke&  Uttfigen  Verw^dmelitog^  der  Sjfibaiaiitaiifre;  &  •  8p.  27. 
■avayjMsi  ^0»]/  ti^y  i^pv^M^x^  etc«  Da  in  den  Mss.  oi/dym; 
steht,. so  mocfaten  wir  IHet  ;ffir  die  ursprGngliclie  Leiait  Inhen: 
dviywi  S^^eof  (fdr^fe^«!»)  r.  #«  i.  Dieser  Gebrauch  vmt  iiyati 
mit  einem  aodem  yeKbiiiii\  den  die  FMusosen  Dachshnieni  ist 
bekaoptf  eben  so  das  .^oristische  Plnsquamperfeetpui.  S. :  So, 
3a«  ry  Xf^^  taiti;  iv  w}^$  ttvTBpQc.  Zusammensiimineiider 
«vfirc  r^  ^pe/d'^  ei^  ii;<  <&^83,  26.  ist  finro^  allerdings  tinrioh« 
tig,  indem  die  Zl^ne  .des«  Nilpferdes  Schweinssihnen  gleidben« 
'Aber  fp^  wvoc  ist»  jenem 'za  «nSbnItch.  Vielleicht  i^c  üvtirfsc. 
Ebenda  i  Z.  10  befremdet  uns  iret^vrripafiß  so  wenig  als  t^f^ci 
S*  97,  3/tro  Hr.  X  sehreibt:  prtfe  (ttdmirüUoneß  ut  in  r^  £• 
viaüus  cblttta.  &  B9,  34*  ISwipTMC  oV»,  in  futvtui^ri^  *6itl 
rh  xftKoi/  elc.  Auch  hier  ist  kein  Anstofs,  "v^enn  miin  rb  UüsiAy 
von  der  gefährlichen  Liebe  des  Gharmides » zur  Lcfukippe  -  ver- 
steht. S  90,  iS.  htrfi^dtiKaaoi^g  Te^iyvycvK/isVf  '»wir  kamen 
AUS  dem  Meer  mit  dem  «Leben  davon.«  So  S.*'iio;  ar.  Sirfl»^ 
iu  r^^  vcivkyfoic  WBfityivtxn  >  wo  Hr.  J«  selbst  Aehnlicbes  citirt 
(S.  iit,  16,  Thucyd.  2|  49)«  Dennoch  findet  er  hier  eine 
Lücke,  die  etwa  mit  Folgeodem  auszufifiUen  wäre  tif»  y&ftüßiid^ 
^^jy.  Allerdings  wfire  dann  dieses  Redeglied  dem  Torher^ 
gebenden  ihnlicheu^ber  der  Gedanke  ist  'So  ld>ha{ker.  S.  91, 
3o.  Tors  fdu  oh  Wh^f  ^^  ^^  vivS'^fi»'^  u»t  veksivu^  ttircU 
ßt(aT9ft$iev$9^»i>  Das  a weite  aK/roU  ist  eotbehrlieh,  und  kaum 
von  der  Hand  des  eleganten  Erotikers.  S  9a ,  3.  billigt  Hn  im 
mit  Recht  Wessel in gs  Aenderung  «cf  ^A^od!.  //.  //• /»•  /##; 
Sie  gehörte  in  den  offenbar  mangelhaften  Text.*  Ebenda  Z*  7« 
e  ii  sT^  Hol  r^v  ^^v  ciV  ra  0';^/ff^AET«'  ikikrm  iroMv  etc.  lii  so 
guten  Handschriften  wich  cx^^ft^ta  steht,  so  ist  es  doch  dieser 
Stelle  fremd.  Wir  schlagen  vor  xu  lesen  0  M  iTg  mtrd'yijit^ 
"<' («o  Hr.  J.)  ri  ifX'^ff^  ^^  /WAt«  iro/iljy  ^J^^y)^  etc. 
o  c^ßiM  TO^  i\.  liabcn'  die  alten  Ausgaben.  *  Das  pesiphrasti* 
sehe  ^otovv  ist  bei  fortdauernden  Handlungen  nicht  ungewdhiH 
lieh.  S.  92,  19«  ist  T^&irctiw  ünerkläibar.  Vielleicht  schrieb' 
Tatius  crpc^tcurf  welches  Wort  ein  'Werkseog  der  Seiler  u. 
dgl.  m.  bedeutet.  S.  93,  la«  halten  wir  mit  Hrn.  J.  woki  (^a^X 
für  d^s  Wahre.  An  inrafthc  oder  Ns2W  xuruckaudenk^V'  iaii 
bart.  S  93,  8.  erregt  das  doppelte  ciXXa,  sb  schnell  aufeinao^- 
der  folgend,  Verdacht:  daher  wir  schreiben  mdcbten  akko  it&p 
To  fiifw  etc.  S.  97,  ais.  ^AXXd  coi  fiiVf  A^t  dyoiAa  yivur^ 
rSjf  iiätnoytaC'  Hr.  J.  verlangt  itoXXa,  oder  wXiTra  ayetda^  wie 
es  gewöhnlich  hcifst;  Allein  da  dyaStd  auch  for  sich  dem  Sinne 
genügt^  und  d^e  ^o  gefafste  Formel  eigentlich  die  Regel,  statt 
der  Ausnahme,  sejn  könnte,  so  halten  wir  es  für  rathsam,  'den 
Tost  stt  lassen,  wie  er- ist.    S.  too^  st.  xfti  vokXij  uc  h^0sg 

6* 


\ 


.  Zi  Achates  1\Rtios  ä  rec/  Jacobs. 

i  T9r»ßog    iofV^  *  i^nut  M  •  vXoi^  nwfia^cifTi  vvrofjSjf.     Wir 

bcmfett  mis^  a«f  ^  Gefiifal  jedes  Lesen,    oh  die  Worte  i^i 

.  •«.,  mr«;cSb  Anderes,  and  Stärkeres,  sagen  ab  %ou  ijv  — •  io('r^» 

iio4  ob  sie  daher  niolil  Ms  ein  Glossen  aa  tilgen  sind*     S.   soo, 

rii<  TOi^rfi^  (tw  4^;^f&)*     Zwfiin^iv^v  -eiit^Q  w  TorajuSt.     Die 
4    letzten  Worte  hinken  nnaosstehlich  nach*   Cocct   übersetzt, 
mik  Vermeidung  des  Asyndeton:   p^riveah^'  mi  ricordava,  che 
rmpfrtßso  i   Greci  saho  ilcuni  /uinu  iamto  fr€tM'  ehe  het^endone 
JßtMomo  iilinuf  w  gii  assomigUaim  a  •  fuesii.     Aber,  auch    diese 
Wendnng  milsfäk;    ein  Zeichen,  dafs  hier  ein  Fehler,  steckt 
Wir  ▼ermuthcn*—  rovf(r,  avyitfiim  mvroiic  w  «m»«  »wenn  ick 
sie  «u  deolb  Tranke,  (dem  Wein)  inischte.>^    So  sieht  S«   «68, 
9^  in  verschiedenen  Büchern  Üßiknew  für  ßkimv^  und  gleich 
darauf  haben  iror«^)  ,fur  irorod  falschlieh  3  Msc»  und   Com- 
melin*     S*    tot,  a4-     »«^  veXAd  icettt  Tfax^fuera  irXipy^  fiiju 
Ein  uoTerkemdwirer  jambischer  Senar,   ohne  Zweifel  aus  einem 
damab  bekannten  Dichter*    M^verffK  S.  i56,  i3«     S.  los,  38. 
t9Tt  U  rov  Aonroiv   ßkoavfVT^foc  ra  9(üft»T«*     Ta  cokfiLcerci,   ist 
angentcheiplich  falsch.    Hr»  J.  schligt  vor  ßhatv^mrif»  cutfiar^ 
ytxT  £ndenDieses  weniger  gewählt  (m.s^^^  Matthia  §.i<8, 
3,  §k  436*  Anm.)*  vn*^  furTatfu;u«roesci|Hien  wirrao^^o&ro: 
denn  bei  Beschreibung  eines  Kopfes  die  Aogen  zu   vergesseo| 
ivire  gegen  alle  Genauigkeit,-  und  Tatius.ist  in  seinen  Best^hrei- 
bungen    vielmehr  aUitugenau.     Des   Salmasius    ^auspMra    ist 
Taufologie*     Am  Schlüsse  des  Buchs  billigen   wir  dieses   Ge- 
^  lidirten  und  des  |i#niu^;ebers  leichte  Verbesserung  rh  rtdv   ys* 
yvAfy  Tsi/oi/.     S»    loa,    7.     ^Ay   ii    canr^»   (0   t^VHoiukoQ) 
^ffiig^riiU  yr/v,  ia^v  fxm  Hv»fuv  dvKi^BiQj    sicity  r^v  rei»   au- 
ßmt9C  aXiti^v.  -  FfH^rg  t»p,  Hr.   J«,    me   hon  iatdiigere,    cur 
trmetus .  corporis,  er^eodUi  evtra  aquam  visi  persuasioneni  de  t^i 
an  tokore-efus  smtulerU*     Plane  contrarkua  videiut  requiri,  orx 
dmietfiesig.     Wahrscheinlich  versteht  der  Verfasser  unter    okx^ 
rev  ffi^fiOTog  des  KrokodHs  auf  niedrigen  Fiifsen  durch  den  Sand 
geschleppte»  Leib,  dessen  -  Windungen  keinen   Angriff  (^Mfoiy) 
ms  drohi^n  scheinen»  wie^  ihn  die  Katzenarten   und  andere   grad' 
ansingende  Raublbiere  machen.     Uebrigens  schrieb  unser  Khe- 
tor  gewifs,  um    den   hexametrisclien  Ausgang   der  Periode    zu 
vermeiden,  rov  atijMttOi  r^  ohtiv*    S.  io4t    '>•    nutrunt^fiotri'' 
^icv^  d.  h.  noTKnep/iiaTi^ftBVoc »  nach   griechischer  Sprachweise; 
und  so   nehmen   es  auch  die  alten  Dolmibtscher«    >£ine  andere^ 
in  viele  Lichter  gleichsam  zevfiammende  Sonne,  ging  auf.  c     Er 
meiiit  die  Menge  von  Wachskerzen,  FacJ^eln  u«  s.  w.,  wie  beim 
hisCestc,  das  der,  von  Ika.  J.'  apgefiihrie,  Apnleju«  JUeiam*  04, 


Achilles  To^Q$  $x  ref.  JnQirfi«.  K$ 

7^1^  sagjt^.  wenn  wir  «tcliC  irfeB^  etir«s  gaos  Anderes.  S.  ,to4,v 

iiiaii   adhreiben^   das  Kpmoia  Kifiler  «Tii^.fg^öscht:  deno  allef^r., 
dings  richtif  verbindet  Parville  ad  (^hßrti,. p,  S5»  dieses  Wort 
nit  Xfffr«9v,:  und  wir  sind  piclit  der  Jfteiirang  des  Herausgebers,. 
ier  dyihii/  bihter   <7Kf|^xp,:,einscliwärzen  fnöpÜte.  ^  S.  ip5^;|5.  3e-^ 
kanDtlich;.  werden   in   dieser  Erzählung  die  Naupen  der .  Scbwei».. 
Stern  yon  den.  Scliriftstcllcrn- verwechselt.     |)alier  haUeit._w:ir  es 
für  glaublicher p^da^/npoitt^t^  vom  Rande,  in  den  Text  ura^derte 
u^d  .$/A,ojui2Xft(  verdrängte y  i|ls,  difs  mit' Hrn.  J.  entweder  d)9^oly 
ui  schreiben,  oder  die  Stelle ^o  zu  ergänzen  fcj:  Tlfoxyiff  yoU 
€^s  (fofßv^  4^ßkopt.j^k»g  f^ofoly ,.  besonders  da  Ufoxp^^g  ^opp^, 
(d.,k,  nach  Hrn«X,  irafk  maritißagtiio  concepta  J  ein  Hjst^raiir, 
proteron  ^ein  wnrde,     S.  1079  17«  Movov  yn^  hpuHTpti  yuvxTxsQ^ 
^ifdia^u  top .  riiv  tvy^y  KekumixoTot*  ..Gcwohnticher  vväre  ffei^k 
hpibaoti  s/c  oderTfo^  r^  av/oÜO'oc/,  oder  die  y,erbindung  mit>  eipee 
relativen  Conjuttction;. da  Dies  jedocK  Ausnahmen   leidet   (.iq.^,, 
Jensiuß  ad  Lucioii,  diqlL  mar t,.  XL  5*4*J."°^  Infinitive,  nicht  ^^eltfjq] 
für  Substantive  stelin  I^F'cQhnfri  lUll^nplex,  />i?>/Oj'u.s.  :9r,),   so- 
nehmen  wir  *opcbaai  in  ^Schutz  9  obwohl  if 2(v  uoid  Of^u  häufig  Mtr.'; 
ovg  mit  einander  verwechselt  werden..    Sogar  dafs,  awaffa/  ohne 
Artikel  steht,  darf^  besonders  bei  einem,  poetisirendep.  Schon- 
Schreiber,  keinen  TcJi^ad^l  erregen.  ^^So^h,  PjuL  x^«..vsrd^« 

Eurw.  Phoen,  54  4.  i^  ,  .     j 

Nvv  c    o\^   0U019V  oviivt  evr  i0OP  BpoTOiQ 

^o ..neuerlich  Einige  keck  vpo/juca^v  gesetzt  hab^ ,  u.  s«  w.  S^l 
i07,  23^  Kocl  rct  Ksl'4^»vecf^ov  ireuSfov*    Da  3  Hlndschriften  und* 
Coinmelin  rüv  xo^xrov . Fiaben ,    so   vermuthen   wir  X)    jLtipeic, 
hf^  To  n^xov,  Kotl  v$v9bT  ^c.    S.   &08,,  |iq.   Hrn.  J's.  Vermif- 
ihung  dvireXkB  SccKoC  für  oivireXXev  qXKoQ  hat  viel ,  Wahrsct»cih-' 
Hchkeit.     S.  .m.  4*  IxeTifpiKV  iieofinjy  ToTp  viifMtfftv*    Wir  ver*' 
werfen    diesen  Accusativ  .so   wenig  als.  ro/fi^tir«     S*.  iigij   üf 
wo  oirWQ  Erklärung  scheint,  wie  i8oj.3,  an  welcher  Stelle  a 
IMss*.  richtig  dafür  ^tovto  haben.     M.  vergl.  die  Anmerk.  zu   S^. 
s33,    29«   und   Matthiä's   Gramm.  J§.  433.   und  ^.  426,    1.. 
Sehr  ähnlich  S.  i44*.  >6'/  t^v  etvriiv  ayvoietv  Sv^TVxovfi^v.     S.^ 
iia,  7.     Der  Herausg*  verlangt  mit  tlecht  JeH     Aber  bald  dar» 
auf  nehmen  wir  blofs  sein  oirQt/  für  oTre/ an^  und  streichen  mit  dem 
Zweibrücker  Herausgeber  eo^tv»  (Die  Viin  D  or  v  i  11  e'  ae/  Charü.p* 
2g5.  und  Boissöanade  ad  Philpstn  Her*  p*  ^6 p.^ gegebenen, Bei- 
.iptele  des  PleonasQus  or^jv   Svrsc    (teh^rcu    picht  hierher,    wo 


8d  A<^^Hes  Tfttias  ex  rec  Heohsi. 

]!Mrm  die  BfKiehwig  tod  äv  aulf  pLoAenn  stört)  U^rigeni   sind 
die  Worte  'Affjxhwf  —  d^tfwrea  «iDanslöCiigy  und  wir  tcbrei- 
beo  weder  trav  pLoAw^i^  nocli  tilgen  wir  xa/  vor  a(^.  *    da  die 
Rede  gknz  natürlich  so  lautet;  'A^^e.    M  atixi  «(^.9*    (sie  ^t-rden 
■ttch  gern  xnruck  kommen ,   nnaufgcsticht,)'  %nrw  ir&r*ip*  %vT€f 
faJ^te€i  rijit  {yyiipf*     Zeile  §6.  k6nnen  die-fiitalen  iSteme  (^*^) 
irieQeicbl  erspart  ^werden ,  wenn  man  die  Worte  xdycj  -^  wohv 
als  Pareo&esey  die  des  Klinias  Eile  gut  aiisdrSekt,   und  wpoi; 
fttvrcc  '<-*  're9  ^o^  Ar  den  Nachsatz  nimmt    S.   ii3,  '29.    %eu 
Ilfuvecri^  ^sS,''»steOe  didi  dem  Gotle,  der  dein  Glück  will; 
steh'  ahm,   entfllelie    nicht;«   was  Kütophon   beschlossen    batte. 
Aehnfich  ä>ersetzl  Berg  er:  siste  te  fanquam  dto  j4mori  eon^ 
seeratum,  —    Aber  so  spricht  Niemand}  — -  Vielleicht  in    den 
TerbÜinilsmSfsig    wenigen  Ueberbleibsein    dar    Hellenensprache 
nicht     Aber  sprach  ehemals  auch  so  Keiner?  Wie  kSonen  wir 
Das  beweisen?  Und  wenn  wir  es  nicht  k^anen,  o  so  la£it   uns 
doch  keinem  Worte    oder  Ausdrucke,   welcher    der    Analogie 
nicht  widerstrebt,  den  Pküs  versagen^  sondern  blofs  das 'Seltene 
mit  grdfserer  Schrift  In  unsem  Denkbuchem  aufzeichnen.  S«  ii3, 
3i.  scheint  uns  Hr.  J.  in  der  fehleiliaftett  Schreibart  to^tqvto 
richtig 'rot;r'««trJi<u  erkettneui  wie  bei  libanins  T.  4-  p.  800, 
i3.  &  ii6y   sc.  imtStv  ij  wpol^M^fUfu     Ebenso  ArbtbphaDes 
Wesp.  «036.:  pthTf  'yraf9tvif   d.  h.   ctint  ^  '^tjfpeg    ivrev^svl 
(tSr  inu^^a)'iaTt*  '  Biest  unTerSnderücfiie 'DichtersteHe   setzt 
den  Sprachgebrauch  ausser   Zweifel«  .  Dafs  anderswo  avrendtt 
und  tvT^^dmf  verwechselt  wurden,  leugnen  wir  dämm  nicht. 
S«  ii6|  16.  'O^ieXoy  ^^X^9  ri^v  »Miy.  ^op  iw  koow  ro^^-ipos' 
TS9  snfi«    &sr  cos   wefiXf^firti  %ecti^iüe^»l   sf^  U  t^q  T0T4 
£k^iC  T9^yro  funfw  ri  «4)f  iiltcif  %hiv/ix^tf    %oti  iv  roc%  ircp/ 
if^yfi^eUrrac  ^pnclatutiC  dvmnaiofiivov  Kaßpov  tmv  wftTkexojxivocv 
Aißetas.    »Hatt^  ich  diesd^e  Natur  mit  dem,  der  Liebe  verw;andten 
(ihrgemeinschafUi^hen,  in  der  Liebe  vorhandenen),  Feuer,  damit 
ich  an  dir  hangend  dli^K  ent&mmte!  So  aber  findet  dies  Elemeot, 
das  Feuert  bloft  in  andern  Gegenständen  den  ihm  entsprechenden 
Stoff  {iilpof  Vhpff  Brennstoff,  den  es  verzehrt),  uad ' (hingegen) 
'  ib   deA  Umarmungen   dei'  Liebenden   hell  auflodernd   schont  es 
doch  die  Uinarmendeli.€''  Dies  wollte,  nach  unserer.  Meinung, 
Tatins,  und  die  Saole  ist  s6  deutlich  ausgedruckt,  als  etwas  so 
Schielendes,'  haO>  eigeAlli'ch ,  halb' bildlich  Gedachtes  ausgedruckt 
werden  konnte.    Die  .beim  ersten  Anblick  sehr  scheinbare'  Aen- 
derung  10^.  «i^a  .r^v  ec  S.  rf  x«  to  tqv  iptotOQ  vvf  "ßndet  sich, 
bei  genauer  BetrachtnuTg,' sinnverwirrend:  denn  werden  hier  die 
xwa  Feuer 9  das   elgendiche  und  das  bildliche,  unterschieden, 
welches  von  beiden  ist  gl^ch^  darauf  in  den  Worten   roiVo   rh 
vvf  ^emeittt?  BIoG»  das  der  Liebe?  Nein  l  denn  dieses  h»t  mit 


JkOi^Sßs.Ttim  etM^^  9f 


ma^tfDiogal(fir«i£Udr^iiickls  m  aciyifliiur;  Oikr  Uo/vdfa  eigini& 
liehe .  Teuer  ?  Ebenso  •  weoig :  *  deim.  cfiet  br^nsl  nkht  «Btcleiiütii«. 
'Aiao -muCi  cÜe  a«gedeiiteter  Vemitsclaaii^'  der.  begrSe  'hnr  .Slali 
findei^,  iinS  der  jPexiüii  seihem  aicsnfibiftttide  Ueibeiu  Taün 
ro  irfp  ist  nacbdvuoidkh^  dine' UnterÄdioktuoirf  ^csa^t,  wie  z. 
fi.^bei' Eustatlrii»;  jdKutor.   Ismem  /»•  34^:.  tyuß^iir^  «r/ «Ü'rtf«i4 

aiik*  etic,  Duroh  >  diese'  Ulerpuacttoa  reUet  Hr.  J«  dte  .Woetö 
^  (bisher  6Iiatik)  rü*fx*i  i^elohenoh  jedoch  ia  3  MafodsclftiA- 
tea  »cht  findeDy.  luld.'vbii'Crueejifs  iind  Gl>cel  'nichl  eiwgc^ 
blickt  sind;     S.  'i&4,    !»5.  ist  htth&ijrU/ßiixf*  t^cDlf  i>/Mtamy 


h/it^j  iwccfpmiv.  ^akei'ii^dnstvp'ritv  f(niy  <nroc/^y  ii«ieSSb> 
dw  rsiü  &:7rBKd'€&/^  iiedm^v  sl^  roig' ay^c  9  '^l  Tipi  r^v  Cta^» 
itifKCif  icv^iC  nfKiiv'  il^Xks  Bk  r^  Accmlinnf  irecpd^aiu  cx^ßta  Kmi 
jfjBfiJ?  if^  M  rov  TTorov  '^pru  €tß.  t*  Wir  haben  ia  dieser  StcUt 
funr  Folgendes  geändert:: «erstlich  strichen  .wift  7101  ."tot  taMv^i 
dtoo  SO)  nicht  wdauiviji  steht  in ^4eii  fifi'diei*n4'  (Dia  Amffhaa 
km  J.'  h^ben  'E^.' jUD/ >^  wJu^  wie  Glos^en^  «ufwdiidera  pfle^ 
g^n«)  Oaim  schoiicfn^  wir  ji  hinter  JJkcXXs  ein,  w^che  der  .Rede 
dbir^iHis  DOtbweiidtge  Parfikd' durch  die  iihnUohe  Ebdsjlhe^o« 
ifm}Jtm  {hif/^f)  Terdonkeh  seyn  miig. /Emilich  sc|irtebeii..w^ 
f^ilfütit  ifjf  da  e»  in  >iden. Ausgaben  <ser  heibt:  '^B^JAm  rij  hmn 
ir*(»»'o^.  Hoii  ij/JL€Tg  ik  iir^  ete&  Hiv.  J*h^t  sowohl  .hinter  'RSmi, 
ti  vttM'^ls  hint^  i^,  mu  Sterne  gesetzt  ^  jals*  »ei  an  beideii^Oiteft 
etwa»  aasgefaUcn,*«nd  ^eginfttiittit«<*H/ulir  M>  ei<i^  neoeik*  SalAi 
Uns  soheSfit,  jene  Aenderüngen  gestatte!;,  die  sich  glafichaaaftamlT 
drangen.  Alles  klar.  Hlitophon  tvtlLMelitten;  abecmais  kii«^heii| 
|iti^  späht  nach  Gelegenheit,  ^Leokippenv «|ui  sehib  ^Abet  eilieb 
Melltte  lyeschlofs  ( '£^dW  M  woiei^  j ,  ^biok  eifrige  äot  -.  ]>tiR- 
kippe  und  ihres  Zaubers^  wegen  ('Ji-'«vr^v)*y  hinaasmtilen  auf 
ihr  Landgut,  und  Abends  mit  ihr  im  Wegen  .zorädciiJ^chrehL 
Wirklich  safsen  sie  )>ei  Tische,   u/s;^  vr.    8-  126,  3«  ^Eyti  iit 


X<if^v  irvirreVj  vrotreiifctc  ji  (so  ^steht  in  mehreren  .Büchern 
vlohtig'fur  t^)  T4  koL^bv  i7vctif  iMohum  afm)vuffddu  Auch  biei^ 
ist  badh  unserer  Meinung  niohts  lusgefidhn ,  'oder  verderbt.  Bei 
pffikv  ist  s/Vav  fcu  Versteh»,  weribcr  man  die  Bücher  vt>n- Ami 
Ellipsen',  die  Ausleger  (Hids  bei  Heroid.  so,  37»  Amor*  % 
4 ,  i5.  Periton;  ad'  Sanbtü  Mmer^.\,p»  $6i»  U«  «.  m.  vergl^icha 
KffHot^  iM  recht,  und  bedeutet  8fteffB,'wte  mi^m  bei  den  Latei^r 
upru,  besonders    Senec«  dem  Tragiker,  Ungeheueres,  das  «Ue 


^  AcbiU««  Tatiot  ex  nc.  SßioihL 

flimie  ttcmUiiiit»  vai  dcvto  ttiMre  GaiMknft  nidit  Herr 
T9Hgd9u  koBy  fei  €t  kbea^et  Wesm,  oder  Idee.  VonEpame- 
theus  «gt  Hetiodat  Theef.  5is.:  'Oc  icftsiir  £|  o^xH^  Y^er' 
m^ßifiatv^  too  dem  Po£len  Putbetiros  AnJtojpfiamsi  Ydg.  .93  a«: 

«ad   Aßom  iwk  Jfetoii  99s«:    "VaMpvf^  «£  nurl  naxov»  •  Die 
feno«6cnncn  ^if^Nf  ttttd .  A#«j9oXi7  nennt  Tattog  sdbiC  S.    i4o» 
9#  #»77>^  SMKcL     Tkentader  encbeini  dem  Toir  Sdkrecken 
IKil  tinnloeen  Klito|ilion  .wie  ein  thierkckes  oder .  ge^MtistiscIies 
linyillim»  wie  ein  i^rUkKi  den  Ute  Hr.lJ»  «nsiatt  des  «vcnBoy 
winLÜoii  geben  wiO,  wir  «her  Uoli  elwa  Tersfteheo.      S.    «28, 
in.  nati  noAAoc^c'nnAJd  ßmoitceim*     Wenn  koAAmv  imbXo^    nicht 
eine  Naiveti^  teia  soll,  was  dock  m5glick  waiei  so  haken   wir 
fuikktuc  (nickt  uoMi )  tOst  Glossem«    C  r  ac  e j  n  s  >  wekher  uber- 
mML  pvlehriiudinii  amttmiPTß  land  wakrsciieiolicb  nur  eins  von 
^esen  beiden  Wdrlm  in  seiner  Handschrift    S.  oB,  t3.    Ov- 
.  nK  (m(  ^  i/^  Vs .  dftivttito  h  lEfMvc  siV  rd  od.  Audi  Dies  soll 
Terscbridien  seyn«    9Smt0ntiam  muiüam  esse  sparet  ex  prae-- 
eedenie-  ArmQf  eamque  imfUt,  quad  stuptcaii  sumus.  in  Noi.  ad 
jfntk^  Pfdat.  p.  j6n*ß  sSra^  9s  dfitn/mira  s  "Efitcct  ifQ  etpycm. 
Mdmgm  in  Anihi  Püiat.  XII ,  /Ja.    ifsm  TraT^ii^  liy^  i6^a^€ 
etc.:  Ab  ob ''Dergleichen  nicht  5ftefs  «a  reruelm  wäre,,  und 
sBtwcinlemaby  emphatisch  oder  ^itcr/nfjc».  allem  stehen  k5nut^ 
wie  es  s*  B.  mich  S.  t88 ,  34*  hei&t  s  ^^/us^  eirts.^  X^*^   ^ 
ijeeilt  wnr,  Lenkippe's  Ordalie  au  sehen»)  fiBr^^wwu^erj^   Mal 
wfhe  rminiy  d}t/  3'^tf  9  wo  Herr  J.  gleich  unndthige  Schwierig« 
bcit  macht;  SiCßSic  javät  kt  sab  umbtai  bei  Yirgil^  .u*  s.  w. 
Vollends  «iV  ra  m».  lürm^  rsTc  ^ICt    ut.  ogni  iuo  affare»^  wie 
es  Coeci  gidl^  (ln;^  teq[L  J*  xuS.  t^j  y  3o.^t  w  /«lir^  crt  re- 
Aoalwr»: ist  gana  unanstdftig.  S.  71 ,  3« t  inf^tfire  Ik  oAJLe^  aUls 
n*,  nuT^  ^a/ta  s2nv^    Und  bald  nachher:  uoii  rftpa  ri    &i^ 
«noa  ianHf^dvefe  rd^ou    H.  ve^gU  S.  i5i  ,  17$  168^  3f  i^Si 
»7;  iSa,  i3.    Der  Ake.des  Terens  Ileaut.  4,5,  3S,: 

lia  im  isiaee  tua  ¥niscetQ,ne  me  admisceas.    .     . 
Hovaa  &Hst.  4,  pi  ^.•'  '     . 

oed  timsd,  m  ea  ne  finxisse  mukora  pui4irer. 
»Wem  sagt  der  Aeaensent  Dies?«  wird  Hr.  J.  ausroCeo.  »Doch 
nicht  mir?«  Wahrlich,  hier  pafsl  das  Ovidif^he  ^ufep  mdiora 
prciofue,  Deteriora  sequor.  Hr  J.  wei&  Das  alle^  Waittia 
viAlgi&t  «a's  denn?  .  Warum  will  tf  uns.  den  unstrSAichen  Text 
niAt  lassen  2  »So  ( wie.  auch)  sttafe  dich  Eros  au  deinem 
TheUe?«  sagt  Melitte,  und  was  kaiin  sie  Bssieres  sagen?  S. 
sa9^  a.  'A^ft  p^v^difni  rlf^  ''I^iJoc.  Wir  sohreibeu  mit  Hro. 
i»  ^Ay»fU^S^rt;  S«  1 30|  4i«  iwrsiya^^^  iitei^  rü^oiruiy  iffuff^^^f 
i^mfiiof  iikf^B  Gdttl.  scbreibi  &i«y  tty^^  imd  Das  ist  allerdiog« 


iuM^  T«tia$  ex  ree.  jacobi;  80 

femaclt  yon  üuvy  der  ohiiedics  mehi  uäbekaBttt  nnd  h§rmt$  Von 
-iHm  ia- jidtHiam.  ad  Aihkn^rp^  68*.  v<rlli«idigl  m%v^  dnuMli  neiie 
'£eispide  90%  LjsiaSy  Demostncncg»  Xenophott.  &  t3o,. fo«  j3^ 
ravibv  tuBKtv  x^^^  Diesen y  ¥oit  fidckk  de  ,Plai0nü  Minoi 
T*  97*  P^o^i^nrteoy.  Pleouasmnt  nioiiilt  mil  St^phasas  Tk4* 
säur*  gr.  l^  T,  4-  P*-  ^49*  Bast-  od  Gregor.  'Cqt:tnth..f.,3sK 
'S9qa.ß  Schafer«  M  Poäi.  gnmn.  p^.  46g.,  ancih  Hr*  J,  m 
Seliulz,  vaoA  lirir  aeben  uns.  g«iiitbtg«y .  den  Mas.  iiachaii([;ebeo. 
&.  «33,  19.  kl  dieVervaderuiig  des  ijj^az/u  in  iwi^ju  annchoH* 
lieh;  ^bg^di-  eine  lebhafte.  Eiiabiildwiigatrtf t .  diese  JBegiriffe 'woM 
▼«rwechseht  kann«  •  S«^  %^%^  %'j\  .)Ca/.  0  ^Ükxf^  roi;  o/w^icftf«^ 
nvex^Vtfn. '  Ynaa  W^gebn  des  Tbnihiltert  bandeH  e^  aidh  erst 
in  der  Fö%«(«53i  ^  dlSi).  H£er  ist  iw^xiifi^gB  passender^  &  «33,  39^ 
VEßfml ik  ^  ctafi^dnf^ rvvx ficakw hrnlS&eeuT^  wvfidtffenißAif  J/m9 
ifäfut  %euvop.  SvptQ^m  90  dieht  neben  hnr/S^tu  ist  eines  ele^ 
ganten  SohrifitsteUerskanm  wnrdig.  Wir  glanben,  dab  fKe  Worte 
fttei  cwr.^air'fifu/bM  fft.  "vea/emandeni:  daau  .getchrieben  sind, 
d«r  die .  Accosatiye '  {fo^ft;  xaiyof/  nicht  verstand,  derentwegen 
n^r  auf  nnsere  Aninerkiipig  ;&«  S*  tit«  49^«rw<isen.  S. .  s3^| 
39«  schreiben  wir  k  mit  Hrn.  X,  dem  Zasammenbange  gemaf^ 
iKfßi/AJ^cvrstü  S.  .i34^  i6.  Kcif^fi/  imv^ora^y»^*^  juä^i  oAXci 
X^rfui  TS  HaXk9V4  ar/qroi^.  .*AAXä  iat  hier  erUmernd  nnd  be« 
kräftigend  y  wie  öfters  Sed^  gebraiicht  wird.  Pbut^is  .iRui<L  J^5> 
il0««*  Adferio '.Auf  .elätfosj  sed  prpbas*  Ovid.  TriH.  S^S^.m4*^    * 

Conmnme^que  wmoSß  eed  dmiw^nm^  4uos^  .  ,  < 
M.  M.  DesiilUh^.zn  Phaedr,- fyb.  4^  ^7>  /'^  Jt^lA'e  »t 
Ptmiu  Amph.  f3S*ufU  Senee,  med.  .g&4*  ^»  ^<^>  te^  pmgroiQ 
yBvißnew^  in  reo»  ei^f/uvufv  io^el  .uahkufi  ^^mh^-w^mtk  ^vai 
scffAat).  Hr^J.  hatfMXavy  dal  in.'den  Antraben  fehk,  «na  Hand<« 
sdbriften  au%eiiQtonien|  und  daduf^  den  Sinn  der  Stelle  ?er>- 
ToHstindigl.  Docht  intiDft  «r; seifen  Dipa  nicht,  sonden  hak 
peAM  für  verialscht,  und  mochte  ^%oX»vt9C  geschrieben  wisseil» 
Eft  ihut  uns  wahrlich  leid,  dem.:?«rehrten  Manne  auch  hier  zu 
widersprechen;  aber  nns  ist  der:  Ansd^uck  stojAsv«  ^imra^fM 
diÜTMi  KoXat?»  »dat  Bild  einer  von  Matur  *)  schönen  SchSn* 
Mity«  sehr  k^aü.  .Was  Meuelaos^/der  Wortführer,  einer  gros^ 
aen  Zahl  seiner  JUindalcuile,  im.  S^hfalfskapttol  des  a.  Bncts  aber 
ds^  Schönheit  beider.  Geschlecbteii :  sagt ,  h^bt  allen  Zweifel. 
Tt0itmi  pip  yojp  wdi^ct  iwiie^meT»^  iMti  ra  ^fißMrm  ml  ra 
9;^^/i«tm9iiffy  etim  .jo|{  mbX^.»  rüm  aUi^n^rmß.  if  %^kt»rqwtfm¥. 


•)  JSmiaratt  ♦v^«#f  tiXif^'ö^  iir2  yj^Ar^  i\i  t.  J.  het  t.  165, 


06  AiAäks  Tttios  ex  eec  JacobA. 

iafffl^  ü.  ••  w.'  '^DieMT  klititllielres  SAMAA  wird  ro 
jKxAAflC  ^^^  9etki¥ '  eatgegcngctflzt^   «nd    wiijdidi  •  beathreiU 
•ndi  Jumrswo  der  Verfaiaer.  seiner  HeUin  Reix  ab  »usferor- 
deotlioii.    So  heiüit  es  von  ihr   S.   t3j  f  .8.:  wu  uxfO0  VAit^ 
fiiov  naUiüf  $uä   ta  ioM^vc^  und  S.  i66,  unten,    seut  ein 
JBpbesier  sie  ^  SchÖnbch  nur  seiner  Artenus  nach*  Gleich  dai^ 
«nfy.S.   «35,  'aa.     (n*/  oi/nuy  fura^  rsffad^  araiüpv  itl 
t«^  ayfSC'tf),  will  Hr.  J.^  nmk  Crucejus  und  Gooei».  eiir« 
.Tor  raatfdfory.  etnseliicbet.     Allein  med  sieht  fir  imr^.^>9   tri« 
Alfters  bei  jPerticipien.    (M.¥ergL  unsere  Atamerkinig-  ma.  S.  «6^^ 
.7«).  FretHcb:isl  dies  keibe  .fcolie  Entfernung^  aUeiik  90  wird  sie 
gleteÜwobl  auch  S.  ft5t ,  34-  bestimmt,  so  dab  ailch  sekwerlick 
an  cuen   ZabUehler  xu  denken  ist«     Die  beiden  Uebcrsetier, 
besonders'  Crueejus,  sind  nicbt  sdten   so  pii^hiasliscb  und 
ycXktr  Znsitxe,  dafs  nach  ihnen  den  Text  xu  ändern  gewShnüch 
nifslingt.  &  §37,  «5.  ri  fthf  tudiwnu^  rh  ik  pikoa^  «nop^vfierai. 
l¥ir  Anden  unndthigi  Xmftv  (das  Weisse  des  Augies)  vor  «-iak 
binftuxttselxen,  da  es  sich  aus  dem  Gegensatxe  von  selbst  ver- 
steht    Dagegen  ist  un^  wmlmntu   verdäditig^  md  Wir    fassen 
weder  des  Crueejus  pmrs  {octJiJ  eanMa pmguetcit ^  nock 
könoea  wir  enathen,  wie  Cocii  xu  seinem  -ä  bumco  aequisiA 
pm  eandidezza  komnit.   VieUei«^  ist-iSK/ytrai!xu  lesen.,  und  hier 
eine  VerWechleInng  der  Art  votifefknen,  die'  Schäfer  3felct* 
€nt^.p,  ^««evwihnt.    S«'i^9|  U8*  ^ip%  'itwff»  nfui^ju»  o^ot) 
rd  i^KM^/««'    So  steht  in  den  meisten  fiächem,  in  dreien,  avra 
roLf  und  in  der  Thuamsebei»  Hfnidscfarift  «vf£r.    NAH  Aorum, 
9tft  unser*.  Editor,   sensui  saiisfaeiu  ScrAendum  mieeur   »xri}^ 
ra  imwfm.  •  EtmC0€ems  Piaetat  legisseß  i^trt^ts:  facciamo 
honoret  usiamo  ccriesia  Tferscöaegtic-he  dal  mare 
hannarioeifuto  ohrdg^gio.     Wir  billigen  *lrCrft,^  ihm  (dem 
Tbersander) •  xo  Ehreu^    M.  sV  uu»  Sf^tthifl  %.  307,  a.  Aefan- 
Ueh  boid  nachher:  ^BjCttfir^u^  ^of  rifMo^it  r^iirciü.    S.  f4o,  i8. 

fifv«  Hr.  J,  meint,  iror  "irüpctyiyfitmi  sej  fifi  ausgefallen.  Alletn 
dem  ZusammeDhangc  Aach  will  Melitte  vielmehr,  dafs,  wreon 
anch  Leukippe  sich  a|n^  Morgan  wieder  einfihde,  die  Biagde 
doch  sagen  sollen,  sie  sej  foH:  damit  sie  so,  uilbemerkt,  des 
Sosthenes  Nachst^ungen  kSline  entzogen  iprerden.  .  Abo  scibreft« 
ben  wir;  -^  ih^««  k^^  mcfo^  "Dafs  blosse  -tv  ist  u«genög«nd: 
denn  wenn  die  Mägde,  entweder  aus  Unwissenheit,  oder  auf 
Befehl  ihrer  Gebieterin,  aussagten,  die  xurnckgekebrte Lenkippe 
$ef  nicht  da^  «o  ipufste»  .sie  do^h  natorlicherweise  Dies  ober 
noch   behaupten,   Aveon    die   Jungfrau  sich  in   der  Tbat  Riebt 


£fiid;  Ddidr  kinn  '  Sie '  Gegenwart  der  leWeff^n  iiiobi » zur  Ber 
iingnag^.  jriies  .M)lrägii«Ds  i  der  «Migde  gemafsht  vf  ej^dcm*  Wirlcr 
lieh  katte^olilMeUtte  in  dtt$a^>Aügeiä)lick  die  Jlloffnunff  nock 
nicht  aafgcgebeiiy  Lenkippe^  wiederzusehni  sei  wftoigals  KUr 
tophan  selbst  S.  #43^  ao^^wo  wir  «o.interpungirea^  iytt§  ü  is^ 

latj  ''airÖojSJb  irpo^'  /BCff  ^/i^jf  •  da  gewohnlicK  so,  HQterschiedea  ; 
wird :  -^  .irftfay;»  ir#  r.  So»  trir»  «tc  S.  «44»  i4y  «tot  o^&np»  ir^ 
7^6y0f^  Basier  itou  &'  i46^  6;  rff^finrtreig  ic^iu  w  fo  äicir 
^ftsyor^eaf.  Des  HeransgeberA  ««'«y^yore^os^  is|  uobezaiieifelt-rijcliY 
tig^  und  verdiebt  die  * Aufnabme  ia  dea  Text*.  Diese  Woirtet 
sind  nicht  allein  hicrv  vcrwechsdu  ISh^as»  ist  &  «4^»  i4-.  W^jlr 
fenbachs:  fi9«U.  «r/l;  P.  JL  p.'äi.  sequ^  co^^  ifi  dvfM  rioi 
ifi^fe^  '(^&k9  JikiiÄ^)  mehr- ab.  wahrscheinlich«  '  &  j4d|  a3.  Koat 
iv(>»vv€ty  'id'0;jj^f  'it;tx)Y&  tu^vy^tr&Mf  vlrjv  ^ßiiiaTf,  /»WiUsI 
du  gar  Tyrannei 'üben,  «o:  will  ich  Tjünakinei  dutdcQ^  aber  zwinr 
gen  'soUst  da.  iaicii  nichLc  Als. wir  bei  dieser  Stc^^  jn  die  ^fr- 
madversionis  bBekten,  fiel  uds: Folgeades  auf:  J/e(/ia^i((](d]|y4 
t&^ftvi^r#d'iKi)  ^nfcteor  ut  sii-  sauä»  iegmidam  su^itotr,  ^civH  oiX^ir 
tu^etvvthS^t'^^  UcBt.  non  damiruun  solimj  quod  tds,  sed  tyranmim 
agere  voUtms^  n^n  €^kudem-  cUro.^exari  tjrrannülei^ M  vim,  miki 
neutiquani  injtres,  .Unstrehig  >iii  Hm.  J^  biet  etwak  Measdblidic» 
begegnet.  Bei  den»  Worten. sidyii  rv^awBi^dm  ift  aus  dieiii  Yo** 
t\^en^i^£h§  binzusiidetikeit;  .dne  Aqskssong^  ditf.  au.  dto  g<^ 

Lükus'ui'hic.dureHit^  et  iäee  tU  cera  UqveicU ^       .      ^ 
üriQ   eodemqae  igni ß  sie  nostro  fiapini$  Mmare» 

^  {iiqmttU ).  ■:  ; 

ßapbnismemabu  unt:.e:ga  harte  in.  Dmphnidc  law^ 

.     .        rum  Curajk 

jien:  4ß  7^9*'  .  ' 

JmpUi^itque  meto  pt^tetam,  quam  Befys  -ei  i»nii4V 
A  ßdo  soliti  CimpiereJ*  v  v       -• 

jfen.  n,  a$«.;'  » '  ^-  .   '     .  •'    '  ■    '^ 

Clamofies  simul  horrmtdos  ad  sidfira  toüity        ,  ^  * 

Qualis  mügiius  (toUit),  fugit  eim  saaeiiu  armm 

.'  Taurüi  eie»         !  .j.   .  • 

JÜbrai.  Od.  3,  nr,  43.: 

5tf  Ucttf^ix,  ubieunqua  mavis  (esse). 

Oi^id.  Trist,  3j  ij  44.x        ^ 

Jn  qua  deiüeramCesseJßforsitan  Utie  faremj  vu  t.'Ww 

M.  yfji.  Bttrmann,  ad  Propert.  IL,  169  4^.y  BeniL  ad  HormS*' 

Saii  4,  8ß  3»ß  Heimdarf,  ^  dase&st  i,  i,  d3«  wo    .uch  Griechen. 

citirt  werden  I   Baden  <ii  Senee.    O^dip.   f^46.    S.  449i  tS.  E/ 

Tfocf^ii/ogf  }[SH  f^'^^  ^w^^tviiv*   Ein  Fehler  steckt  hier*    Br«  J. 


4 


wMigt  Tt»  E/V  «tf^.iu^r.  WakeFieU  W  Zuewr.  f, 
-4SS.  Tcrttttlket  (W  mf^i,  Scbäfcr  tttfidbc  Ej',  «b  tns  den 
vorherceliaDdan  <<Ar)  m  Ton  ahngeRlhr  enumdcn.  Wir  ndch- 
tetf  lieber  «in«  joucülUche  Vcrwecb»riii>^  *oa.i|  CeerteJ  mit  »' 
mndiiiMn,  fo  wi«  S.  173,  si.  ■/  nad  |  mh  cinatHler  Tcrwecb' 
•elt  wnrdeiii  AcnopA.  Cyrvf.  S,  4'  '■^■-  ^  ra^arei,  if  veXv 
fui^tiV  dK^fta  ifii  vi'v  ^m/iä^in  etc.  Auch  '£r/  «-ap^.  wir« 
■icht  nawalMvchdolich.  S.  i5ot  5-  'Ef  thrXev  f;^  t^  iKtv9m^a*, 
A,  h.  iXsv^spwnfr«,  *ris  «odi  lAertai  suweilcn  (l«kt.  Thacj- 
did«  s,  4«'  *n>  End«:  K«/  /mmi  »v  r»t»  |vjii^<p«7ac  ftäUiM 
XiyiWf^  tf  njt  ü^t/9tfi«ee  t^  «nw  cUafic  tau  üfiXeJI/ui/.  Cra- 
ve)(i>,  ongvmTrt  in  wddiem  Sunte:  jeuti  toeo  noa  niti  Hber- 
fo/em  heAet,  S.  f5i,  17^  'AAJL'  kfu  ftiv  i^ümÄv  t/v  xorä 
yofv  i?;^.  i  f  ^ftK^Bklyw.  Hr.  j.  bemerkt  die  Abgetchmickt- 
beit  der  Worte  1  i'  jü^i.  öXiVa*'»  '""^  Sodert  .niclit  nngiacküch 
"in  f-  W  ^/k,  oXiiW.~  Dodi  iclireiben  wir  nit  noch  Icücbterer 
YtriaAeraBj;,  iS  Kfi^vX*  (i^ifxnv/cWj,  d.h.  dj' Ü'^/wjtv,  wes- 
kilb  er  aber  Msfiae.  S.  §5S,  i».  ff^^^eXonfc  r^  ^;c^£  Tur 
mtKÜv,^  Hr.  J.  erämert  nil  Keck:  Foiel  hoe  anima  a  malit 
vacantej  ted  twtu  rviuirit  auima  dolori  vaeante.  Er 
•chreibt  daher  «x-  "'C  *«"•»■  >  Wir  finden  r(«  x«x^  («ä/  wt* 
*&}  der  haDdiehrUtliobea  LeuM  &htdiclier.  S.  1S6,  i3.'Tovt«( 
.  jif  ävipoXioTsiiov  -rät  Stv  fiöAti^;  Wieder  «d  jambischer  Scn*r. 
SI..  vgl.  die  Anmerkung  zn  S.  101,  s4>  S.  i56,  3d.  /urd  fiotfor 
awAKti  Twv  taa/t&v.  Wir  tappH>en  W^'^mit  Grneejus  und 
dem  Glontrer  im  SchafBritc^Cn  fiiu^c^  Bf.  a.  Schäfer  aJ  L. 
Bot  p.  475.  S.  .157,  9.  luy  T^c  MaU'rnrc  «vavj^  «poe  r^  ära- 
iMfiini  TOfemvMOTa.  Rit^g  Hr.  J.;  rä  i^(  M<\.  Die  Aot- 
hatang  war  leiät.  S.  «57,  t0.  Ipu/uv  iimti'9M.  Vielleiclit 
hnauSal,  S.  159,  10.  ij  %tm  /iStot  tärtv  oi^«  <fikov/tamfi  So 
Enripide*  Med.  <3io.: 

^  ^iVa;,  &  fUfHW  ixßhr%  y«vM 
^fort  rt  ndfut. 
Oreit  474-:  sriy^fi*  ifiöv.  So  JceluM,  odäun,  u.a.m.  im  La- 
teinischen, nt  pro  pertoM.  Bald  nachher  ist  innitreitig  die  Va- 
ttkamachc  wd  HäncbeDer  Lesart  ^a'n|ywtT  der  gewShnlichen 
'  TorxsEieh^ ,  und  ebenao  finden  wir  Zeile  35.  dea  Heranage- 
bera  dinf^iiivuii  für  tfVfUviftt  dorn  l 

wahrscheinlich.  ^S.  16t,  11.  ist  fre 
vtktSiv  besser  als  vpMTarEiv.  TU^a 
mnt,  fui  adttaiUi  eomüet,  loeü, 
Sg4.i  prmee^iM  ia,  btäo  :  Dtomyt. 
p.  »S3.  Hüte  opüiUaruü  aeeeätü  noii 
1^.  JArßei.  88t  X^ruyik.  Cj-tvp.  3, 
'j  J*.  ^fyud  Jfo*inim  tnltlligunl» 
f(tf    Therimjriim  -ftetiorü  catu*  ail 


i 

'  j^   Commel^  ilfynae,  AhgL  Paris*  (wir  wihleii  diese  Bezeich- 

"  nuhgen  der  verstandlick^n  Kurse  w^gen)  bieten  Te^b  rriic-  Alleia 

'J'  -weder  Tfeanf^  nocb  itpo  ttj(  ist  recbt,  Ivie  Hr«  J»  sähe»  £rfteUI 
hiazo:   AequirUur  wicfajKTW  r^c  Tfotüu^aewg ,               cXftw  ytpo^ 

^'  fMiiiVCf  quum  sie  Melittes  w^ikhia^c  'vana  esset  retlditOß 

f  nee  Sosihene  ahsenfe  loeum,  hßhere  possei.     Mjusmodi 

^.  quid  sensus.omnmo.posiutßi*€    VoUkoiniaen  riqhtig«    Aber  Wa% 

'  schrid)  wobl  Tatius?    denn,  dx^amr^  entfernt  sich  zili  yreit  yam 

^''  den  Schrifuogen.  Wir  rerinatli^n  rpwrijc,  worauf  irpo  rijc  vvl 

^  deuten  scheint«  Bei  der  öfters  in  den  Büchern  bemerkten  A^m-, 

f  Itcbkeit  des  r  r«    so  wie  auch   de$^  einfachen  r%  mit  r   (m,  s* 

'  Schafers  MdeL  erii.  S.  läS.),  war  es  leicht,  rpayrtjc  mit  9-f>Q«> 

'^  Tir^  zii  verwechsein«     Tir^HdtfXf/v  .«ber  und  /vn/n e rare  werden 

i^'  nicht  selten  metaphorisch  gebraucht.     Das  erstere   (um  bei  die- 

•^  sem  stchn  zu  bleiben)  bezeichnet   S«  loo,  23,   die  Wirkung  zu 

(?'  kalten  Wassers  auf  die  G.eschmacksnerven ,  und  jinfAol.  Patau 

4  f^I*  Nr.  ao3j,  Vers  3,  4«9 .  wo  T  o  u  p  und  B  r  u  n  c  k  rSTpvfiUvTf» 

!<<  für  rerfotfjxh'ipf  schreiben,  wendet  Hr.  J.   mit  Recht  dieses  ein: 

<i<t  ^i  rsrposfdii^  essepotesi  if  ßeßkotfifiiv^  roi^  Toipi^     Homere 

\\  Odjrss.  if,  Skg5. OiP^g es  r^tiei  /c^^^sfc,  o<rre  7{SH<i)Xwg   ßAa« 

i)  xreu  unde  Eswip.  CxcL  4^4*xfih}CBi  vof  ^hog*    &  i65,  a5.;(j^ 

{T.'  ^furipetg  ^uytiCi     Nicht   allein    die   Wiederholung  des  Wortes 
(j^   TCoXknv   mifsfallt,   besopders   in  einem   SchÖnschr eiber;    sondern 
[(f'  vielmehr  Dieses,  dafs  ToAAot?  das  erste  Mal  so  leicht  zu  eutbeh« 
\i   ren  war«  Wir  argwöhnen  eine  Interpolation,  da  Tatius.  geschne- 
it  ben  liatte  XP^^^  (o4er  ;^fov9<')    iM^^-^xc»     Xf^oyov^  diu,  ist 
^i  gewöhnlich:   m.  s«  Jacobs  ad  AnthoL  Palat*  JX,^  j6n,  4. 
^   Crue.ejus:  Tjri etiam  ipse  quondam  etäi  etc,^  ohn'  eine  Spur 
von  iroAAoi;«     S.  id5,   aS«  )(/9e/  hd  to  ivxitvi^v  ifveti  9^o(Soxay 
eufiieeiv  ifftaic^  »und  da  er  natürlich  (wirklich)  des  Traums  we- 
gen uns  zu  finden  hofi^e.c    M.  s.  die  ^Anmerkungen  zu  5.  435, 
i'   ao«  Hr.  J.  halt  if^vwi  für  verderbt  und  möchte  dafür  'E^aof 
,1   (nach  der  Form  von  ^ledfm^  M&yoi^ot  von  Miyap« ,  bei  ApoUonius 
';^  Djskolos»  Bast  a</  Gregor.  Cqrinth,  pag.  36g,  Tlvdot^  i^ahj^oT 
;r*   von  ^dhl(toyf  'Ahnpc^veieeoT  u.  s«  w.)  im  Text  haben.  Wir  neh-' 
^  men  um  so  weniger  Anstofs,  da  nicht  allein  Tatius  ^n  der  an- 
,{'   geführten   Stelle,  soi^dern  auch  ilndere   (m.  s.  J*  selber  zu  S. 
;   ^93,.  37«)   ^eei  so  gebrauchen.     S.  167;  3i«  Kou  .0  ^cjaTüccTog 
:    nard  xeSmCf  &iK   oft»  ei  rd   S/io/a  iju.ol  ;^ft/^a;v.     Ov%  oita  el 
\   scheint   hier  affirinirend,  wte  das  lateinische  ÄauJ  jcio  an  oder 
,,    nescio  an,    va  stehen:    denn  Kütophon   hat  keinen    Grund    zu 
,    der  .Vermuthung,  dafs  der   Vater  sich  i^ er   das   Wied^rduden 
;   der  Tochter  weniger  fceue,  ajs  ^  selbst  nber  die  Retlung  der 
.   Geliebten.    Was  ^en  (S.  i6jf  7.)  Rlioias  dem  Vater  zuruft: 


94  «         Afiluttei  Tttfiat  et  reo;  laco&f.. 

isC  leidaisdiaillielie  Uebertreibmigy-  Sx%  mil  der  waMMiüiebeii- 
dea  Getcfaichtsertifclong  nichu  f^emeiii  hat*     S.  i6ill,  7.  flp.  'Eyu 

Hr.  J.  bemerkt  Aber  die  Worte  9(pe/  ■  ■  ■  ■  ■  fr^iemmß  folgendes: 
Cef efttui  A&r  ver&tr  prof  ia  iimfo  Jü^Miitt»  Quart  mide,  an,  nudia 
muniüUione  hcOß  juem  nunc  habet,  moiay  legendwm  Mt  iya 
ti  t^  "KSH  »rtofta^  tßXrrw  (••  Vai:  'Tkuan.  Mar g,  Paris.)  tl; 
fi  itt.Tp.j'etlS9>fri9^.T*  £•  x«r.  cjte.  er' «i^y  aä'm  Wirnek* 
nieii  eueli  hier  X9^  filr  »mixe ff  'weshalb  vir  mal  unsere  Anmer- 
kung SU  S.  «35|  9a.'TerweiseD«  Obwebl  Klitophon  die  Aagen  ?od 
der  Jungfran  nicht  Verwandte,  to  ataud  er  doch  still,  «ad  wagte, 
ihis  Sehen  Tor  Sostratos,  nicht ,  in  ihre  Arme  vä  filmen»  S;  170, 
s6.  Ta  roi;  {/jm^  irerohptof  if  ^/p.  ^Apipofiyot  9&n^  licßf  puat- 

iovo^  Sifta  TOiecürm  iii^xkeift  ölet  bt  ^ovov  yhfsrat,    Die  Worte 
e  ^inßw  sind  anch  •  uns  verdachtig«     Aber  in  ^eupyayau   wäre 
Tautologie.     YiellSicht  M  ^ovp ,    in  »der   Absicht   sa   naordeo. 
S.  47 1|  34.  rh  Sk  Xon-ivv  Srep  irrl  ftv^^  kiyB  etc.     Schwer« 
bch  ist  Dies  recht,     Hr.  J.  vermuthete  eiomal  8  wsp£tart  rot) 
fii^w»    J«at  hilt-  er  folgende  Aenderuog  fär  milder:  to  ii  Kt 
imp  hrif  /w^okiyih    Anf  beiden  Versachen  fussend  scbreibea 
wir  rh  ti  iotrhVf  %Ttfp  iarl,  rs^  fti^w  Aiya.  S.  172,  33.  sr^ftf; 
avtrj  ;^ap/ov;iayoc*  Rr«  '•:   Paris.:  iralfttg.  Ntim^/uit  i^rnntilu^ 
dttt  ejusmodi  aJtiquid?    Ohne  Zweifel  ireu^üff^  Mer  ireufiui^^ 
S.  173,  €0,  ^E^iXM9<p^Kfiteu  friy  dxoStffildLV^     Die  alten  Ueber- 
seteer  mifsrerstehn«    Des  Hm.  J.   in  illo  iiinere  nos  üt  pküoso- 
fhor  gessimus  trifft  naher  ans  ZieL    Eigentlich  aber  bezeichnet 
der  schöne  Ausdruck  Dies:    wir  machten  die  Reise   xu   eioer 
Weisheitsübdng';    wie  der  brittische  Dichter   sagt   moralize  mj 
Jong.    S.    173,  aa.    txei(um^iV9V ^  tf  irere  - ri  %ara  Asvxfrmiy 
iyeyovst  ifO/JM^    Herr  3,   vermuthet  }f   (qua  parte)  Tora   etc. 
Vielleicht  et  Tcri  ti  %•  A.  i.  i»     S.  «73,  aS..  7(gLf  ynp  slSora^ 
•  ifua^  n  TB(l  r{'V  aifiyyx  r9t!g  xaf6v9tv  *oftaf  apfioaeta^eu  yfjo«« 
ifirs/.    Unser  Editor  schBgt  ror  roTg  dxo^&vinv  ^oktec  dpfi*  rrs 
d.  h.  iheg  wpOi^UHf  omnino  par  est.  Wir  finden^  0X40^  passend  ; 
aber  rot;  irätpoi'Criu   hat  nichts  gegen  sich  ;^  auch  nnd  wir  un<^ 
wifs  darüber,  ob  toTc  axop^^iv  ohne  nähere  Bestimmung  bedeu- 
ten könne  Ulis yqui^  idem  ignorant.    S.  174«  t-t  .ff,  wo  die  Sj'^ 
rinx  beschrieben  wiM  (eine  Art  von  locus  condamatusj,  könnte 
man   so   lesen:  -  xsi^  *caei  ela}  rov  lUtkifWif  ßf»x^  .(oder  auch 
/t;fx('£l;  allein,  mit  Salmas.)  Xc/To^£VOi  rcirff  (r^  fi^-^PP*  u'clit 
rot-Tft?y),  fut^ouv  h  jAera  fovrovt    x.  hrlr^   isuripw  *  roeoiynv, 
Sffov  0  ro^  iEvripou  (so  Saltoas.- anstatt  des  gewöhnlichen   o^oy 
rot)  i€VT.)f  lAei^tnv  i  psra  rohrov  tfiro^f  ««  Hecrd  Xvy^y  o'utäfg  0 


AehiUes  Tstius  et  teC  hitobsi  '  0S 

I    JW,  mit  fralmas«  und  Lennep,)  #;^ftw  (jeden  Haloi  ungleich 
.     ilem  v4>rberg^enden  )y  ^o  ii  fiw  fiitfov  irrt  r^  «'ifirtvi'»  »der 
r    inner«  Theil  aber  die  Mitte  des  Ungieicken^    die,  «itUeire  Un* 
,    gleichlieit^    Ifreittek  ein  Bcisati,  der  steh-  sieqiUc)i  von  «elbsC 
.   venteht;- aker  Ton  dergieicbea    Aiuwncbien  sind  Scfarifistiellef 
:    dieser  Art  nicht  frei.     S«  1749  «tS«  To  .fiky  yal^  iiiTutpv'iv$g^: 
Tiffi  iffov  Big  To  ndrm  irf«ftr«y'  ßafA,    »»ra   ui^  iwtr^fcv  i- 
&7tf9C  ikctxfv  ctvkog*^    Hr.'  J.  sagt  {^«S'^nnim  kaoc  'veria  haUbunt 
sie  sctipta:  Tovey  /uis/  yap  o|.  ri  &v»»  Ü^os/  ti  iniirtiß  xfXttw 
ßupirxTOif*  Copula  auietn  ante  ^isw'abundans  proximae  cnuftr- 
tiaiiom  addenda:  xffi  x^i^^  %if9LQ  etc.,  aut  7(^  ndp^  hi, :  (n  utroque 
enijn  jjrringU  eomu  pasitae  Jtuni  a»tmdiHeSj  ri  Imfw  h^behies, 
sonum  grat^issimum  €t  acuiiisimumi    Allein  wir  »weif ein ,    dafs 
die  Worte  9tpe/  inetra  uifctg^   oder  7(Sf)  x^««*  .^^^  »v\ig  di^-» 
sen  Sinn  haben  lKdntten$  ja,  so  getrennt,  sind. sie. beinah*  unver^> 
ständlich.    Vielleicht   kommt    Folgendes  .'der    Wahrheit   naher: 
To  fith^  ycif  o^iretToy  &w,  «<t^*   mv  tU  rh  udr»  ri   Tffyroiß 
ß^tfh  ( eine  gesuchte  Variazion  des  Ausdruckes  für  ßctpi-rccrbv ) 
uetrd  xipetQ  etc.:   »denn  oben  den  höchsten  Ton,     sowie  unten, 
den  tiefsten ,  hat  an  beiden  Enden  das  Aeusserste  der  Sjrinx^c 
Bald  darauf  schreiben   wir    »ii    Salinasius  -^ — r—  narpt^i^tuv 
(^r/f),    ttrr'  &u  r^  Tskeura^  euudwTät  ßa^u    Der  Verbsser 
meint  übrigens  grossere  Sjringen  mit.  a  gleichen  Reihen  senk- 
recht hinter  einander  befestigter  Röhre,  oder  Pfeifen,:  wovon  der 
Zuschauer,  wann  ffespiek  wird,  nur  die  vordere  sieht,  vclche> 
hier  td  «mr^ranov  heifst,     sowie  die  hintere  ri   vr^rsv«     Hr   I* 
unterscheidet  die   2  Reihen  in  der  Anmerkung  tu;  den  Worten 
^vyxeiVTXi      ■■     vHmnff  S.  gS^,  und  ohne  diese  Annahme -sind 
Sjringen  von  i5,  at,  ja  100  Röhren,  wie  Poljphems  bei  Ovid 
ÜVtetam..  1 3,  7 84^. undenkbar.  M.  s.  J*  H.  Y.ofs   über   Virgils 
ländliche  Gedichte    1.  Bd«   S.  7«.  £P.    S.  174»  34*  oirs/  ror' av 
</Sf  rot)  npovfiar^c  if  »fjMvtee^  näkii     Mehrere  Böcber  lassen  deii 
Artikel  bei  kpjak  weg«  Hr.  J«  bemerkt,  dafs  er  in  dem  verclerb« 
ten  8J^  steclte,    und  emendirt  vortn^ich   Wo;  itor*  »v  if  ro€f 
x^oifutT9c  iffievt»  X0bX3,    in  quam  pariem  harmomaß  lex  lahia 
nfoeaveriti   S.  47$,  4«  ^^^  vofdh^  Bisiü^ff  OiW  aJxfy  Kflvsiv* 
Hr.  J<  vermuthet   otav  (o&?)<fij;^v  %iv6iVj  qnae  faciU  voia 
amaiitißtn  exciiaret.   Da  in  einigen  MSS.  six^  steht,  so  behalten 
wir   lieber  Dies,    und  verstehn  rU  dabei:   »wie.  man   urtheilen 
konnte  ;€  namüth  aus  d^  I,«i^be  des .  Pan :    denn    gesehn   hatte- 
kein  Mensch  die  Njmphe.  S.  175,  17.  'Evfii^^iidet^  ol^v  ra  rerfi^f^ 
/jtiva  T(öy  KOiKdfiosv  i  ioQ  ju^  rov  QUific^ro^ ,  ngLJ  avvdelg  eig  iv  ctbfiOf 
^^X^  i^d  X^^P^-^  '''dg  rofidc^  tku  iuBkotfimn  ^rui^Arov,  Man  strei- 
clie   die   Glosseme  rot)   ctofiaroc  und  rde  rofiag  rüv  xtxX.,  und 
nehme,    um  die   Gleichendung  zu   vermeiden,  x^V^^  '^  ^^"^ 


g6  AdiiMes  Tatiiis  a  rec.  Jäcdts: 

pnu9aAif  §k  i^v  tfvpiyys  r«/tuilby«  Die  Bcmerkaiig  des  Heraus- 
gebers 1  DwiuMtuU  rh  W9^pLüt  tUeitw  rcefusüiß  w  rijy  tfvf«t  non 
ipium  'antrumy  quod  fuis  tkesmurum  eipeims  TVivfueric  alias 
dici  eicpietäiferä,  ist  nur  za  gegr&ideC.  Üas  kkog  imner  wu^fut 
wie  eiA  planpies  Giossem  Yoe  fmu^tn^v  ra$imwm  S*  jljB^  ai. 
B/  M  /tJ7*  fttW  yof  Jm  elc  Einige  Mss.  bieten  Ei  di  00» 
welches  sich  vertheidigen  labt*  Alla^i  wahrscbernUcheir  ist  uns, 
dtfs  beide  Negszionen,  Toa  Verfibcheni  herstssHuen,  und  iir- 
qiHIngUch  das  elegant  Temeinende  Ei  V  Jifiß  hier  stand»  Sofk, 
Jbuig.  7S9.  Brunck.:  9i^fiftrwy9  ^r^^iu»  «oAs^t 

wo'  nan  die  Ausleger  nachsehe, '  sowie  über  den  Qdbraudi 
dieser  £liipse  auch  bei  Neuem  Jacobs  Addend.  ad  AnthcL 
Paku.  9.  XC.  S.  1769  a4«  Kpti  tv^ic  ^  Ammfmif  vp/V  roy 
/rp^a  smfv  rhv  i^Pjc  Xoyey  »*Ilc  ye  fi^i  ioxtT^  fi^^Si  sfx;^ 

>  '£y<&  yop  ^d^uif  etc.  Wir  haben,  ohne  ein  Wort  zu  andern, 
diesen  Satz  nur  so  geschrieben,  vie  er  gewifs  aus  des  Verfas* 
sers  Feder  flofs.  Die  weitere  Rede  <  e  i(^*c  Xoyoc )  des  Prie- 
sters, welche  Leokippe,  im  GefiU  ihier  Unschuld,  unterbricht, 
besteht  d^en  in  den  Worten  \flU  — —  c/aryc«  welche  das  vor- 
bersegangene  £/  6i  /c^,'t>der,  wenn  man  will,  £/  y  cltnf  ^  ver- 
Tolutilndigeo:     »Wenn   du  keine  Jungfrau  bist,  so  ( nitb*  ich) 

y  sag*  es  auch  nicht c  Denn  axh'ol  yaf  ■>  iuouaeof  ist  Paren- 
these. Die  Lesart  des  Thuanisdien  Ms.  fOjik  ehrev  ist  wohl 
Schteibfehter  für  /a«  thntv^  den  Infihitir  statt  des  Imperativs  ge- 
nommen, wogegen  «Arve  als  Giossem  erschcint.^  Die  vorgeschla- 
genen Aenderuugen,  (Hr.J.  vermüthet  —  koyovjue  yuui^'dojish 
fibij  iehij4f)f  fMen  hiernach  von  selbst  hinviTeg.  S.  177,  34* 
nii^u  ik  dkk^kuy  yvfivoLi  7{gLf  fuS*  wv  ovS  »v  S^^jmu  ueL-niyopiöVf 
Hrn.J's.  A.enderutig,  hat  Schein.  Aber  doch  klingt  i-^Wfiuu  so  un- 
verdächtig, und  pa£it,  wenn  man  fiera  wegdenkt,  so  gut,  dals 
wir  geneigt  sind,  den  Fehler  anderswo  zu  suchen.  Wie  also, 
wenn  Tatius  schrieb  ngif  ftwra  anf  ü'  «v  *i.  x*«  >voH  von  Din- 
gen, die  ich  in  der  Anklage  nidit  einnül  berühren  mag  ?c  Leicht 
war  der  Uebergapg  von  ^scrra  in  jxstaf  vmd  von  diesefn,  der 
folgenden  aspirata  wegen,  in  fi^»  Was  folgt,  Ta  re  ya^ 
Tfj^  "^^vx^f  Mfeerci^g  ist  ebenfalls  unrichtig,  da  dem  ri  nichts  ent- 
spricht, #enn  man  nicht,  hart  genng,.  ein  Anakohithon  annehmen 
will.  '  . 

iDer  BnMiftfbl^.) 


Ergänzung^-BIättercLHeidelb;  Jinfcrb,  d. Literatur.  1. 7, 

Aehilles  Tatius  e-x  rBc»  Jacobs^ 

Lieber  schreiben  wir  TaJg  y<i(»  etc.  S.  178,  11.  raciffiiipcic 
6i  Koyi^ofum^  r\  tcuQ  ioiXocig  i^)  rote  hoTorctic,  rt  Spoffeii  'ric 
in  eec.  ^Hr.  J.  vermuthet  ro^  ijfisripocc  Si  hoxt^ofisvoi 
dovhag  »XirtütiTi  roTg  ieair.  elc*  Ta  ^'/nirspx  wollte  Salma- 
sius.  Ob  koxi^sffd'otv^  für  Xoxf^eiv  gebräachlich  ist,  weifs  ich 
nicht,  und  möchte,  mit  geringerer. Veränderung,  eher  so  schrei- 
ben :  rag  i\fii^otg  6^  koyi^dfisvog  <  die  Tage,  d.  h.  das  ganze  Le- 
ben hindurch,  darüber  nachdenkend,  darauf  sinnend,)  ^  toTq 
SovUtg  ^  rots  Sect^  ri  etc.  Ein  Accusativ,  wie  roj;  rjfiipotg, 
ist  bei  Zeitbestimmungen  gewohnlich.  *H  oder  rj  wird  öfters 
mit  X5i/  verwechselt:  m.  s.  Jacobs  Anthol  Palat.  3.Th.  S.  i4 
und  vgl.  hier  S.  128,  28.  S.  178,  24.  lesen  wir  mit  dem  Her^ 
ausgeber  rov^-rpoi^pot;.  So  S.  179,  3.:  'AvacrnfS"/,  Tcm^ps,  9.: 
na^iGov  €U  ruf  ro^}  irpoiSpou  dpovi^  (m.  vgl.  S.  182,  10,  12,  i3, 
ao.):  denn  es  waren  zwar  mehrere  TrposSpot,  (daheir  S.  182,  25 
r/g  TTpoibpuv  nocriyvca ; )  allein  nur  Einer  davon  hatte  bei  jedem 
Procefs  den  Vorsitz.  M.  s.  Schneiders  griech.  Wörterb.  bei 
^piroLVig.  S.  180,  'i3.  »amrog  Sk  icrnv  otinw.-  Besser  ipit  Hrn. 
X  oLvni  (/j  n^pU).  S.  i8o,  2  5.  fig  Ttopvatotv  oc^ro^  xo^-aTt- 
rofis.vog.  Fvlgaris  usus  fert  %x3^w7crBi^'ocl  rtvog,  sagt  unser  Vcr- 
«^  flössen  Aber;  es  ist  auch  hier  nicht  anders:  ipan  construire 
J  nur  so:  jiocd,  ocvrov  eig  ntopv,^  »er  gtiff  ihn  an  wegen  Hurerei.c 
s*  S.  180,  32.  Sf^tvoiT/ra  dtSpocTte.  Richtig  Hr.  J.:  ^.  i'  iSpecxe. 
fß^  Eine  Aenderung  des  Textes  würdig.  S.  180,  33,  'x'otiSsiccg  rpog- 
f  -rroiov^Bvog  epxv,  7{SH  rotg  eig  rair^v  otvr^  ipufisvoig  Ttavrx 
i^.  vTTOHvTtrcvv.  Eig  rocirriv  TociSsiocyl  Wo  ist  hier  Witz,  oder 
auch  nur  Sinn?  Wahrscheinlich  schrieb  Tatius«  T«^(J/«^,  und 
dachte  dabei  an  TtociSia,  luduSj  Judibriumj  in  obscöner  Bedeu- 
tung; ein  Wortspiel,  das  in  dieser  aristophanischen  Invective 
des  Priesters  nicht  das  einzige  seiner  Art  ist,  und  an  manche 
Zeit  erinnert,  wo  auch  unter  uns  die  'jcociiaioc  eine  irc^/^/a  war, 
Ucber  die  Verwechselung  dieser  Wörter  vgl.  m.  J's.  Note  zu 
S.  i63,  10.  S.  181,  10.  schreiben  wir.rä  irKfjKtpop  mit  dem 
Herausgeber,  und  bald  nachher  wg  (für  oTg)  ^pogsicakocte  mit 
demselben,  nach  Salmasius.  S.  181,  32.  ist  allerdings  etwas 
ausgefallen  j  aber  warum  gerade  aToXÄrcvv,  wie  Salmasius  will? 
warum  nicht  lieber  dSi}t(^Vf  das  zu  übersehen  wegen  des  vor- 
hergehenden dSiKOvvreci  leicht  war?  S.  182,  28.  scheint  p  mit 
7{£ff  verwechselt,  wie  anderswo  ij  und  Aehnliches:  m.  s.  die 
Anmerkung  zu  S.  178,  11.  Wir  schreiben  mit  Hrn.  J.  eM  fioi, 
rlg  eTTiv,  Jjfj/  dnriHts^Pev;  ffv  iXsysg  etc.    Gleich  darai;^  foderl 

£rs.BM.H.Jahrb«d.L»    L  7.  7 


/• 


9$  Achilles  TatiM  ex  rec  Jacgbs. 

der  Sinn  rhv  u^irhv  ourüiadot^  ^IvoVf  statt  ^ovw*    S»  1&49  29. 
xaipvv  TovTOV  vevojumev  tlncatpov  ßiofx^fecff  X9^  tcv^fiet^    Hr.  J. 
hat  die   Worte  xgi^  ctvx^fix*     nach    dem    Beispiele   des    Zvrci- 
briicker  Herausgebers,  eingeklammert,  als  eine  wandernde  Rand- 
glosse.   Andere  schreiben  auch  hier  drix^fiot^  noch  Andere  xizr' 
drvx^ftecf  oder    xur^  firix^juec,     Kai   au^Tj/ioc   steht  wenigstens 
gewifs  in  dem  Schäierischen  Buche,   und   QoccV s  pigUato  ar^ 
di'mento   bexeichnet   diese  Lesart.      Sollte  sie    ganz  verwerflich, 
sollte  sie   nicht  etwa    blofs  verderbt  se^yn?     Wir  sind  der  letz- 
tem Meinung,  und  schlagen  vor  zu  lesen  xar'  »i^ju^cc.   Melittp, 
sagt    der   Redner,    hatte   bisher    ihre  Liebcshändel    versteckt  ge- 
trieben;   jetzt  aber,   während  einer  weiten  Reise  ihres  Gemahls, 
glaubte  sie,   es   sej  Gelegenheit,   ihre  Buhlcrci  einmal  recht  zur 
Schau  zu   führen :    vf}/o,uixs  ncciijov  rovrov  itxocipop  xar^   eivx^iix 
fio^x^iocc*    Koci  und  Kxrd  sind  nicht  allein  hier  vertauscht :  m,  s. 
nur  Hrn.  J.  bei  S.  77,  5.  üepifuxev  mochten  wir  nicht  gradezu 
verdammen I  und   ivcfiiasv    dafür  setzen,   weil  jenes  sich  gleich- 
zeitig  auf  das  vorhergehende  irsTk^pCfn'ect  bezieben  Itann,    und 
überhaupt  die   BedetUung   des  griechischen  Perfecti  noch    nicit 
so  scharf  bekränzt  ist:  m.  .s  Matthiä*s  Gramm«  S.joG*  S.  i8J. 
«3.  hätten  wir  IjA^e   nicht  eingegittert.     Auch  reuete  es  Hrn.  J. 
selbst,   aus  seinem  Schwanken   in   der  Anmerkung  zu  schliesseu. 
Wir  setzen  blofs  ein  Kolon  hinter  dyuytfJLOv.  Das  lebhsifte  Asyn- 
deton ist  an  seiner  Stelle.    S*   i85,  19.  *£^€f  yoLp  fitt    fiivovn; 
0  fLOt^oc  '^VH  ^v,  fiivovtoc  ii  P'Oix^g  iartv,  Hr.  J.  will  geschrie- 
ben   wissen    "^«    y.  fiii  fdv*  fioix-  öi'x  ^v»  cvrcif  (Uvovtoq  jxotx» 
forty  f   oder   wenigstens ,    da   ovroo   nach    *ioQJCef  zuweilen    weg- 
bleibt:  — — —  fiivQVTOQ^    /MixoC  iffT/y.     Allein   der  Artikel   io  3 
IJLOiXH  bezieht   sich  auf  die    Öftere  Erwähnung  des  fioi^og  im 
Yorhergfeh enden y    bei*  o^x  ^v  ist  dvo  xoivov  dasselbe  Wort  hin- 
zuzudenken (0  fMiX'09  ovK  Tjv  /tOi;^o(),  endlich  ist  6i  imNatli- 
satze  eiwas  Gewöhnliches.  M.  s,  J.  selbst  überS.'.  tgi^  33.  uod 
den,  von  ihm  citirten,  Hermann  ad  feiger,  p*  8o3.  S.   §85,  23. 
'AXX'  QvuLf  i(P7lf  JJytvv  *  *  Aio  etc.    Wir  glauben  nichu  aus- 
gefallen,  sondern  schreiben  blofs  kiyoff:    'AXX'   oa>  }Jyaj^   rovie 
§Jveu  fMtxov%     Thersander   will  jetzt  von   Klitophon  und  seioer 
Buhlerei  gar   nicht   reden,    sondern   greift   nur   seine   Frau  und 
Leukippen    an.     Zeile   s6*    ff,    scheinen    auch    uns    die     Worte 
ovxdri  •"— — r  iXsyov   ein   fremdartiges  .Einschiebsel.     8.   iSd,  12. 
JCpy  UV  TJyetff  Tisp)  m  *  ^  ai  ieT  votdeTv  etc.  Treffend  schreibt 
Hr.  J.  XÄ^"'  ov  JUytvtf  Kcctpov»    2«  ik  rt  Set  tc.     S.  tSj,  35. 
Tocvra  siicovrsQf  >hiervon   uns    unterredend.«     Wir    halten    für 
unnöthig,  dieser  Worte  wegen  mit  Hrn.  Hase  im  Anfange  des 
Kapitels  eine  Auslassung  anzunehmen^  worin  ein  besonderer  Er- 
zähler genannt  wäre.     Man  vergl.  S.  189,  34  fF.   (Kai  ftcra^v 
ifiwovirrec  ifwdoh^ycvfuv    «    ra  riiv   TTporifap  irvx<>P*^    *'• 


Achilles  Tatius  ex  ree.  Jacobs. 


99 


8.189,  32*  ^^^  bezweifeln  mit  Salmasius  und  J«. die  Gräci- 
.tat  der  Worte  Ttard  jn^qroc  tiSnf  yBvofjL^voi*  Wahrscheinlich  x^ra 
Xf«  yotvifisifOh  »uns<  herzlich  /reuend.«  Hr.  JF.  will  x«  x«  T£p/* 
y^voiJLEyja^y  dessen  -Erklärung  viKinffocvTsc,  die  Lesart  einiger  fiii- 
cher^  sej.  S.  190,  i3.  log  irj  voci/TcXtjp^  rivi  ywociKct  cwsuofiivriv^ 
&cl  roi)  CTLOj^vQ  TuitT/iv  ,sl^v  kxl  rijg  vscog,  Hr.  J,  streicht 
ywocTiLcu  Uns  ist  hrl  rrjg  vscjg  ein  handgreifliches  Glossem,  ob* 
«Wohl  der  Pleonasmus  VHa/pog  vsioQ  anderswo  sich  findet.  Z.  ag* 
(  OTfi  fierfHiri  rdg  iicoxovrotg  fi?%oi/ )  ist  die  Vermuthung  ß?Sov 
höchst  wahrscheinlich,  so  wie  auch  S.  tg^y  4*  ^po  Tov  'jrXoiif 
oder  diroTtkoVf  für  -jt.  r,  ^okifiov^  S.  194,  7«  Toi?ro  «yop  kariv 
7iju,Tv  rb  (Tt/yKelfievov ,  >denn  Dies  ist  unter  uns  i  Sostratus  und 
Kallisthenes  }  in  der  Sache  verabredet  ,c  dafs  nämlich  der  Sohn 
die  Jungfrau  nach  Tjrus  zurückbringe ,  und  Sostratus  für  ihn 
bei  den  £ltern  schriftlich  um  sie  anhalte.  So  mögen  diese  Worte 
zu  verstehen  sejn.  Uebrigens  endigte  wohl  allerdings  Achilles 
Tatius  nicht  sor  vergafs  z.  B*  gewifs  nicht  ganz  Melitten,  für 
die  er,  trotz  ihrer  Schwächen,  unsere  Theiluahme  so  lebhaft 
erregte,  und  überhaupt  hat  der  Stil  am  Schlüsse  des  Aomans 
hier  und  da  etwas  Abgerissenes^  das  auf  Verderbungen '  und . 
Lücken  schliessen  läfst,  wie  sie,  nach  des  Herausgebers  Bemer- 
kung, auf  den  letzten  Blättern  der  Handschriften  gewöhnlicb 
sind« 

—  Ä  — r. 


N 


München  48%9*  ^deitimg  -zum  .Bau  und  zur  Erhaitu^g  der 
Haupt"  und  Ficinalstrassen  i;o/^  Heihricb  FRsiaxRUN  r» 
PmcbmjnNj  kön,  bair. .  Oberbaurathe  u.  Ritter  des  Mäitär» 
Verdienst  -  Max  ->  Josephs  -  Ordens^  München  bei  Lindauer* 
stoo  S.  in  gr.  8»  mit  6  lithogr,  TafeUu     %  ß%  %i  hr. 

iNach  einer  kurzen  Einleitung,  worin  von  der  Wichtigkeit  der 
Strassenbaukunde,  und  von  Mitteln,  «ie  mehr  zu  verbreiten  und 
zu  vervollkommnen  geredet  wird,  folgt  I.  Abtheilnng.  Bau 
der  Strassen,  i.  Abschn«  Wahl  u.  Bestimmung  des 
Strassenzugs.  Hier  neben  den  schon  so  vielfach  wiederhol« 
ten  Bemerkungen  die  aufifallende  Forderung:  »Der  Fuhrmann 
soll  auf  einer  zweckmäfsig   gebaueten   Strasse  allenthalben    die 


■■» 


♦)  Die  Worte  ^  rf  ri  — —  heoAofuv  bilden  einen  konilsohen 
oder  satyrifcben  Senar«  Also  auch  dies  wahrscheinlich  ein  Bruch- 
stück aus  einem  Tcxloinca  Dichter*  Quantum  est,  quod 
ncteimas'l 


«  ■ 

ioo     y.  Pechmann/  Anleliutig  z.  Strassepbaii. 

ganze  Ladung  fuhren   können ,   die  ^  er  auf  voHkoramen   ebener 
Strasse    zu  füliren   Termag.«     Rec.  hält  es  für  überflüssig,  sich 
bei  dieser  zu   offenbar  unstatthaften  Forderung    und  ihrer   B^ 
schränkung  aufzuhalten;  sie  beruht  ohne  Zweifel  nur   auf  einer 
Uebereilung  im   Ausdrucke,  und  sagt  nicht,    was  der  Verf.  h»t 
sagen     wollen.      II.    Abschn.     Absteckung   der    Strasse. 
Bei  der  hier  angegebenen  Setz  wage  ist  die  lothrechte  und 
bei    der    Setzlatte    die    wagerechte    Abmessung    zu     gering. 
Ueberhaupt  ist   aber   der   hier  ertheilte  Unterricht  im  Nivelliren 
allzu  mangelhaft.     III«   Abschn.     Querprofil  der  Strasse. 
Der   Verf.    fordert   für  die    Chausseegräben  die  kleinstmogliche 
Sohienbreite,    so   dafs    er   sogar    einen   Graben,    dessen   Quer- 
durchschnitt 'in  auf  seiner  Spitze   stehendes   Dreieck  sej,   nicht 
fiir  fehlerhaft  halten  würde,   weil  dann   durchfliefsendes  "Wasser 
auch  bei   geringer   Quantität   die   Erde  luid    den   Schlamm^  mit 
sich    fortführe.      Wir  müssen   dagegen    bemerken,    dafs   gerade 
hierdurch  der  Angriff  der    Seitenwände   eines   solchen   Grabens 
ausserordentlich  befordert  wird,  und  zwar  am  unteren    Theile 
derselben,    was  in    kurzer    Zeit   d^s  Nachstürzen  nicht  nur  yon 
der   Feldseite,     sondern    auch  vom    Strassenkdrper    selbst  nach 
sich  ziehen  mufs.      Dieses    ist   der   Grund,    warum   (nach   dem 
Ausdrucke  des  Verf.)  fast  alle  (wirklich  alle  ohne  Ausnahme) 
Schriftsteller  übe'r   dien   Strassenbau  sich    sehr  hü- 
ten,  die  Grabensohle  zu  schmal  anzugeben.     £s  wäre 
sehr  fehlerhaft,    in   diesem   Punkte   von  früheren   Schriftstellern 
abzuweichen.     Wenn  der  Verf.  ganz  allgemein  die   Strassenbau« 
meister  tadelt,  welche  den  Oebirgsstrassen  an   steilen    Abhängen 
oft  eine  geringere  Breite  geben  ,    als   in  den  Ebenen ,    um    die 
grofsen  Kosten  zn  vermeiden,   und  noch  hinzu   setzt,  die  An- 
wendung   des    erbärmlichen    und    bei   Nacht    sogar 
gefährlichen    Hülfsmittels     Von     Ausweicheplätzen 
sej    kaum    bei   Nebenstrafseu   zu  entschuldigen,    so  hat  er  jene 
Strassenbaukund^ge   ganz   mifsverstanden   und  die  unüberwindli« 
eben  Schwierigkeiten  nicht  bedacht,  welche  bei   einem  Strassen* 
bau  in  Gebirgen  eintreten  können,  die  oft  nur  die  Wahl  übri^ 
lassen,    eine    Strasse  von  geringerer  Breite   anzulegen  oder  »uf 
die  Anlage  ganz  Verzicht  zu  thun.     Ausweidieplätze   sind    dann 
eine  unnachläüsliche  Bedingung  für  die  Möglichkeit  einer  stilchen 
Strasse*    Die  Erinnerung  w^en  der  Gefahr  ist  ein  bios  über- 
eilter  Gedanke,    denn   das   Ausweichen   zweier  Fuhrwerke  auf 
der  breiteren  Strasse  an   einer   steilen    Anhöhe   ist  augenschein- 
lich  gefahrlicher,   als  das  Ablenken  des   einen  Fuhrwerks  nach 
dem  Ausweicheplatz^  da  man  der  sc|imäleren  Strasse  doch  immer 
eine  Breite  giebt,    die   wenigstens   um   ^   gröfser  ist,  als    die 
Hälfte    von    der    gesammten    Breite    der   voliständigen    Strasse. 
Kein  Lehrer  der  Strassenbaukunde  verlangt  ^  wie  der  Ver£  ror* 


I 

y.  Pechmahn >  Atileitung  z«  Strassenbau«     loi 

giebt,  für   eine .  äo^  breite  ^Strasse  eine    ta    bis  l8  Zoll  höht 
Wölbung y   wabl  aber  einige  Zolle  mehr,   als  der  VerL  fordert, 
und  das  wohl  mit  Recht;  nicht  zum  Abflüsse  des  Wassers >  son- 
dern zur  Beförderung   der  Festigkeit   des    Strasscnkörpers.     Es 
ist  auch  dabei  nicht  von  der  bleibenden  Wölbung ,   bei  der  er- 
sten Herstellung  der  neuen  Strasse  die  Rede,    die  sich  in   der 
Folge  ohnehin  noch  senkt*.  IV.  Abschn.  Construction  der 
Strassen.     HinUuglich  bekannte  Sachen;   so  auch  im  Y^  Ab- 
sehn.  Von  Sommer-wegen.   VL  Abschn.  Bauanschläge. 
Hierbei    A)    Grundentschädigungen;  B)    Erdarbeiten;   C)  Die 
Stein*   oder  Kieslagen;    D)  Maurer-   und  Zimmerarbeiten;  E) 
Werkzeuge;   F)   Aufsicht.     Der  Verf.'    sucht    diesen  Abschnitt 
dadurch  lehrreicher  zu  machen,  dals  er  eine  Kostenberechnung  für 
eine  Strafsenstrecke  von   laoo  zchnfulsigen  Ruthen  (^ ohne  Zwei- 
fel rhl.  Fufsmaasses)  mit  20^  breiter  Steiolage  und  5  Fufs  brei- 
ten Fufswegen  als  Beispiel   ganz  im  Detail  beifugt«     VIL  Ab- 
schii.    EintJieilung    der   Strassen   in   Meilen»     Die    Stunden- 
rechnung   solle  mau   als  ein    höchst    unbestimmtes    Mals   gar 
nicht  mehr  gebrauchen,  und  die  Strassen  nach  ganzen    und   hal- 
ben teutschen  Meilen   abtheilen,  letzteren  aber  allemal   8    Zwi- 
schenabtheilupgen  geben,    die  m^t   ^/^,  %,    ^/^    etc.  bezeichnet 
werden  müfstcn  so,  dafs  jedes  Achtel  eine  Länge  von    lij^^/^ 
rhl.  F.   bezeichne.      So   werde  es   in  Baiern   gehalten,   obwohl 
leider  qsit  der  Benennung  von  Stun4eln«     Der   Verf.   könnte 
sich   hierüber  leicht  beruhigen,    wenn   er  sich   die  Erläuterung 
gefallen   lassen   wollte,    dafs  nach  dem   gewöhnlichen  Spracligc- 
brauche    bei   dergleichen    Angaben   Stunden   und   halbe  Meilen 
sjnonimisch  gebraucht   werden.     Einiges  von  Meilenzeigern  und 
Sitzbänken«     VIII.   Abschn.    Verschönerung   der  Stras- 
sen.     Hier  insbesondere  von   Alleen,    was   sich* dafür  und  da- 
wider  sagen  lälst  •->  was    aber  alles  schon  hinlänglich  bekannt 
ist.     Ia.  Abschn.   Vicinalstrassen.     Man  versteht  hierunter 
!Nebcnstrassen ,    welche    seitwärts    abgelegene    Ortschaften   unter 
sich,  und  mit  der  Hauptstrasse  in  Verbindung  setzen«   Der  Verf. 
nimmt  sich  ihrer  bestens  an,    und  erinnert  sehr  wahr,    dafs  sie 
eine  grössere  Aufmerksamkeit  verdienen  als  man  ihnen  bisher  ge- 
schenkt hat. 

IL  Abtheilung.  Unterhaltung  der  Strassen« 
L  Abschn.  Aufsichts-,  Bau-  und'  Arbeitspersonal. 
Der  Strassenbauinspector  könne  die  Unterhaltung  von  100  teut- 
schen Meilen  leiten,  wenn  ihm  daneben  kein  anderes  Geschallt 
übertragen  werde.  Man  habe  in  Bezug  auf  die* dem  Inspector 
untergeordneten  Wegemeister  und  die  letzterem  beigegebenen 
Wegemacber  ( Strassen arbeiter)  ganz  unrichtige  Ansichten,  welche 
von  der  Unbekanntschaft  mit  den  hier  eioscUagenden  Kenntnissen 
herrühren I    welche    eine  zweckmässige  zu  sehr    vernachlässigte 


lod    T.  Pechmann,  Anleitung  z.  Strassenbau. 

Bildtiiig^  voraussetzen.    Wie  wenig  übrigens  die  obersten  Staats- 
behörden von  hierher  gehöriger  Bildung   wissen    woUen,  davon 
ist  Rec.  selbst  ein  auffallendes  Beispiel  bekannt:     Ein  Staatsrat^ 
übrigens  wegen  seiner  sonstigen  Kenntnisse  der  grofsten  Achtun«; 
würdig,  erklärte  einst  einem  trefflich  ausgebildeten  Strassen-  und 
Wasserbaudirector ,   dafs   der   gcsammte  Strassenbau   eine  blosse 
Sache,  des  Handwerkers  sej  und  in  technischer   Hinsicht  keines 
Strassenbaudirectors    auch    keines  Strassenbauinspectörs  bedürfe, 
sonderji  nebenbei  jedem  Landbeamten  überlassen  werden  könne! 
Vieles  y  was  der  Verf.  hier  sagt,  läfst  sich  beinahe  auf  alle  tecli- 
nische  Arbeiten  anwenaen.     IL  Abschn.    Förderung,  Bei- 
fuhrung   und   Zubereitung   des   Materiales.     IIL  Ab- 
schnitt.   Arbeiten  zur  Erhaltung  der  Strassen.    Der 
Verf.  belehrt  hier  den  Wegemeister,   auf  welche  Punkte  er  bei 
Erhaltung   der 'Strasse  eigentlich   xu  achten  und  ^ie  er  zur  Er- 
reichung dieses  Zwecks  die  nöthigen  Arbeiten  anzuordnen  habe. 
IV.  Ab  sehn.  Aufsicht.  Hier  viele  Wiederholungen  des  scIiüo 
oft    gesagten.     V.  Abschn.    Berechnung    des    Materials 
und  der\Arbeitskosten  und  Cpntrolle  darüber.   VI. 
Abschn.    Ueber  das    Fuhrwerk.     Hier   neue   KlaglieJer 
über   die   schmalen  Felchen   der  Räder;    der  Gegenstand  hängt 
nämlich  mit  der  Erhaltung  der  Strassen  zusammen,  weil  sdimaie 
Felchen  Strassen  früher   zu  Grunde  richten.     Aber  der  zugleich 
bemerkte  Umstand,   daffs^  die  Fuhrleut«  mit  gleicher  Kr^t  grös- 
sere Lasten  führen  können,  gehört  eigentlich  nicht  hierher.  >veil 
er  den  Strassen  schädlich  ist.  '-—    Und  nun  noch  ein  Abschnitt: 
der  Vllte.  Ueber   den  Strassen baufond.     Eine   finanzielle 
Abhandlung.     Der  Zweck  dieser  Schrift  ist  schwer  zu  eri-atlien. 
Wollte  der  Verf.  durch  diese  neue  Bearbeitung   eines  schon  so 
häufig  beleuchteten  Gegenstandes  zur  Vervollkommnung  die- 
ses allerdings  wichtigen   Theiles    der   Technologie  beitragen,  so 
hat  er  seinen  Zweck  verfehlt.  »Eine  vollständige  und  praktische 
Anleitung   zum   Strassenbau e ,   sagt  er   in   der   Vorrede,  welciie 
alle  dabei  vorkommenden  Arbeiten  umständlich  und  fafsiich  dar- 
stellt,  und  den  Anfänger  in  den  Stand  setzt,   sich  mit  Hülle 
der  nöthigen  Vorkenntnisse  eine  hinlängliche  Kenntnifs  deS' 
selben  zu  erwerben,  scheint  mir  ein  noch  nicht  ganz  befriedige 
tes  Bedürfuils.«  Die  Meinung  ist  .wohl,  den  Anfänger  duKh  Um- 
ständiichkeit  und  Falslichkeit  im  Vortrage  so  weit  zu  unterrich- 
ten, daf»  er,  bei  übrigens  nöthigen  Vorkenntnissen,  in  den  Stand 
gesetzt  werde,   aus  reichhaltigeren  Werken^ sich  eine  hiijläng- 
Hche  Kenntnifs  der  Strassenbaukunde  zu  erwerben.    Am  mei- 
sten halten  wir  es  für  gewöhnliche  Strasseninspectoren  und  Stras- 
senmeister  auch  für  lehrbegierige  Cameralbeamte  geeignet.    Ue- 
berhaupt  scheint  aber  ^der  Verf.  kein  bestimmtes  Pubh'cum  ▼or 
Augen  gehabt    zu  haben;    denn   wozu  dem  Anfänger,  dem 


y»  Pechmann  ^  Beleuchtung  u.  s.  w^        io3 

Siras^eniaspector  und  dem  Strassen'meister  die  finan^ 
ziellen  Ansichten  im  Vllten  Absclin.  der  Uten  Abtheilang?  Ue- 
brigcns ,  empfiehlt  sich  die  Schrift  durch  das  Detail  in  vielen 
praktischen  Vorschriften  und  durch  Wohlfeilheit ,  wodurch  sie 
mehr  und  schneller  als  andere  Werke  zur  aligemeincn  Verbrei- 
tung oützlicher  Kenntnisse  beitragen  kann. 


D 


München.  Bdeuchtung  der  vom  Geheimenrcuhe  o;.  Wiebekinq 
unter  dem  Titel:  Abgedrungene  Erklärung  heraus^ 
gegebenen  Druckschrift,  und  einige  Blicke  auf  seine  Verwal' 
tung  des  H^asser^'  und  Strassenbaues  im  Königreiche  Bcd'* 
ern,  Fon  Ukihk.  Freih,  a>.  PBCUMjinifj  iönigf.  Oberbau^ 
rathe.  Manchen  485li^  b.  Lindauer.  yyS.ingr.S.  ifi^i^kr^ 

ie  vom  Verf.  vorher  erschienene  Schrift  ^ber  den  früheren 
und  gegenwärtigen  Zustand  des  Wasser-  und  Strassenbaues  ia 
Baiern  hatte  dem  Geh.  R.  v.  Wiebeking  zu  obgedachter  Erklä- 
TUDg  Anlafs  gegeben ,  auf  die  hier  der  Vf.  antwortet,  der  wohl 
schwerlich  das  Feld  räumen  wird,  obgleich  jener  in  seiner  A« 
W.  B.  viel  grobes  Gesclintz  aufgestellt  hat,  auch  von  Hulfstrup- 
pen,  die  ihm  freilich  allmählig  abtrünnig  werden,  doch  noch 
nicht  gans  entblöfst  ist.  Wir  werden  hier  die  Waffen  kennen 
lernen,  mit  welchem  der  Verf.  kämpft.  Weder  jenes  grobe 
Geschütz,  das  einst  mit  rollendem  Donner  durch,  ganz  Europa 
ertönte,  noch  Hülfstruppcn%tehen  ihm  zur  Seite;  aber  er  weifs 
das  wohl  geschärfte  Schwerdt  in  diesem  Ritterkampfe  mit  Skan* 
derbecks  Arm  zu  führen.  . 

»Als  die  Strasse  zwischen  Kempten  und  Lindau  vollendet 
war,  sagt  der  Verf.,  wurde,  was  der  Hr.  Geheimerath,  wie  be- 
kannt, bei  keinem  Bau  unterliefs,  ihr  Lob  in  den  öffentlichen 
Blättern  bekannt  gemacht,  und  zugleich  angeführt,  dafs  sie  nirgends 
mehr  als  Z**  auf  die  Klafter  steige.«  Das.  Fehlerhafte  dieser 
Strasse  wird  angegeben  und  dabei  bemerkt,  dafs  sie,  ohneNoth- 
^Yendigkeit  am  sogenannten  Schüttendobel  sogar  eine  grössere 
Steigung  habe,  als  Wiebekiog  selbst  für  das  Maximum  bei  Stras- 
sen gestatte.  Manche  gut  gebaute  Strasse  verdanke  ihre  Voll- 
kommenheit der  Geschicklichkeit  einzelner  Baubeamten.  Es  fol- 
gen nun,  interessante  und  für  die  Brückenbaukunde  wichuge 
Nachricluen  von  den,  wie  der  Verf»  sagt,  in  ganz  Baiern  liSSl 
berüchtigten  Wlebckiugschen  Bogenbrücken.  Er  rügt  die 
Mangel  und  Gebrechen  und  gändiche  Baufälligkeit  der  Bogen- 
brüdce  zu  Bamberg,  mit  ihren  unverhältnifsmässigen Ausbesse- 
rungskosten. Dasselbe  von  der  Brücke  in .  Vilshofen.  Noch 
schUmmer  kommt  Wifbeking  mit  der  Brücke  über  die  Rott  bei 


io4        ▼•  Pecbmaniit  Beleachtosg  u.  s.  wi 

Scliirding  ivegi  und  so  aacli  mit  der  Neuburger  Doirau- 
brucke.     Die  Brücke  bei  Biesenliofe»  bildet  jetzt  einen  bei- 
nahe umgekelirteD  Bogen ;  man  mulste  zwei  Joche  darunter  bauen, 
um  sie  vor  dem  Einstürze  zu  bewahren.  Die  Br/icke  bei  Fried- 
berg konnte,  nachdem  ihre  Ausbesserungen  i3ooo  fi.  gekostet 
hatten,  dennoch  nicht  gerettet  werden,  und  wird  jetzt  neu  erbaut. 
Bei   der  Brücke   von  Bo genhausen  weils  der  gemeine  Maa- 
rer- oder  Zimmergeselle  die  Fehler  anzugeben  —  und  •  so  sejen 
die  meisten  der  noch  übrigen  Brücken  mehr  oder  weniger  bau- 
fällig.    Wiebeking   n^isse   von   der  Unhaltbarkeit  seiner  Bogcn- 
brücken  selbst  längst  überzeugt  gewesen  sejn,  wie  die  ihm,  dem 
Verf.,  noch  in  Würzburg  zugekommene  Instruction  für  Erhaltung 
der    so   flickbedürftigen   Bogenbrücken  beweise.     Beiläufig    von 
Posaunen,  die  Wiebekings  Ruhm  verkünden ^mufsten ,   in  Be- 
zug  auf  Brücken,    die    der  Erfinder   sobald  überlebte,     ob  er 
gleich  mehr  als  loojährige  Dauer  zugesichert  hatte.     Die  Frliu- 
dung  der  jetzt  in  Baiern  ausschlielslich  angeordneten  Bogenhäng- 
'werke ^  welche  Wiebeking  sich  zueignen  wolle,  werde  ihm  vod 
keinem    einzigen   Baubeamten  in   Baiern  zugeschrieben.       Gegen 
deu  Vorwurf,    dafs  eine   vom   Verf.   erbaute  Brücke  eingestürzt 
sej,  was  seine  Richtigkeit  hat,  rechtfertigt  er  sich  aufs  vollkom- 
menste«    Die  jetzt   im    Bau   begriffene  Brücke  bei  Passau  giebt 
Stoff*  zu  mehreren  Erinnerungen  gegen   Wiebeking.     Noch  stär- 
kere Veranlassung  zu   dergleichen  Bemerkungen  findet  der  Verf. 
im  Tadel,    welchen  Wiebekiog   gegen    den    Verf.  in  Bezug  auf 
des  letzteren  Vorschlag,    die   Isar   zwischen  dem    neuen  Wehre 
tind  der  Bogenhauser- Brücke  auf  dre  Norraalbreite  zu  beschrän- 
ken,   in    seiner  abgedruiigenen  Erklärung  vorgebracht  hat.     Man 
findet  hier  manches  zur  näheren  Kenntnifs  der  Individualität  d« 
sich   selbst   vielleicht  nicht  hinlänglich  bekannten    v.  Wiebekini^. 
Wir  wollen  nur  eine  Aeusserupg  des  v.  Wiebeking  hersetzen: 
»Es  mufsten  viele  Tausende  angewendet   werden,   nur    um  dco 
Schein    zu  haben,  als  wenn  man    in  der  Wasserbaukunde  gros- 
sere Kenntnisse  besässe,  als  der  Verfasser  der  theoretisch- prak- 
tischen Wasserbaukunst,  und  der  Mann,    welcher  so  viele  Bau- 
werke ausgefdhrt  hat.«     Ipse  dixit!     Einen   neuen    Beitrag  zu 
den  Beispielen  von  ganz  fruchtlosem  und  sehr  bedeutendem  Ko- 
stenaufwand liefert  der   Verf.  bei  Erwähnung  des  Grundablasses 
an  dem  Wehre  bei   Fürth.     Noch   folgen  Beispiele   von  Wie- 
l^kings  unbegränzter  Eitelkeit.    Merkwürdig  sind  auch  die  Prü- 
fungen,   weichen    derselbe    die    Kandidaten   der   Wasser-   und 
Brückenbaukuude  unterwarf.     Wenn   ein    solcher   Kandidat  auf 
die  Frage:    Weiches  sind  die  vorzüglichsten  Brücken?  antwor- 
tete: >es  giebt  keine  vortre£9icbere  Brocken,  als  die  vom  Herrn 
Generaldirector  dem  geheimen  Käthe  von  Wtebeking  erfaudenen 
Bogenbrücken  €  so  sej  ew  gut  weggekommen.    Es  sejen  ihm  in- 


*EAA«^  sÄe^/voÄoygtr«  V.  Wülfep-aus  d.  17«  Jafarh.  10& 

ieh  doch  aucli  einige  selir  gute' 'Prüfengen  vofgekomm^.  Der! 
Yerfass.  kommt  nnn  auf*  jene  Vergleichung  dei:  neuesten  Bauteif* 
mit  einer  unter  Wiebcking,  in  Besag  auf  Menge ,  Wichtigkeit 
und  Kosten.  UebetaU  findet  er  unerschöpfliche  Quellen  von  That- 
sachen,  die  er  durch  jene  abgedrungenc  Erklärung  genolhigt  dem 
Publicum  vorlegt,  um  zu  entscheiden,  vvem  Achtung,  wem  der 
Sieg  gcbnhre.  Er  spricht  durchaus  mit  Wurde ,  ohne  Ver- 
letzung des  Wohlstandes y  ohne  Selbstsucht,  mit  Bescheidenheit« 


Hellas  an  die  Teutschen*  Ein  Jammergeschrei  um  Hülfe, 
.  in  griechischen  Hexametern  durch  einen  tentschen  Jüngling 
aiis  dem  4^ten  Jahrhunderte,  Johjnit  H^ijtFin,  einem 
Nürnberger  auf  der  Hochschule  zu  Altorf  Jungen  Teut^ 
sehen.  Freunden  der  hellenischen  Literatur,  mit get heilt  von- 
JoHAHV  Adam  Goez^  Nürnberg  und  Altdorf  bei  Monath 
und  Kufsler^  4 8 sin*  4^3*  in  S*  3o  kr, 

Xtec*  freut  sich  dieser  kleinen  Schrift  wegen  des  Inhalts  sowohl 
als  wegen  des  Herausgebers«  Mit  diesem,  den  er  immer  als 
^inen  warmen  Freund  und  Kenner  der  Classiker  hoch  schätzte, 
iKelche  derselbe  nicht  um  der  Phrasen  und  Varianten  willen, 
vielmehr  wegen  der  geistigen  An^vendung  auf  vorurtheilfreies 
Denken  und  edle  Gesinnung  zu  seinen  täglichen  Begleitern  ge- 
macht hatte,  sjoipathisiert  Rec*  in  dieser  Schrift  über  mehrere 
Haupttheile«  So  sympathisieren  mit  Ihm  gewifs  viele,  welche* 
Einrichtungen  nicht  blofs  nach' allgemeinen  Central  -  Normativen, 
sondern  nach  dem,  was  das  wirkliche  Leben  durch  örtliche  und 
andere  Umstände  moglicli  macht,  reguliert  wünschten^  in  der 
hier  ausgedrückten  Trauer  über  die  Auflösung  jeuer  alten  zuiu 
stilUhäligen  Musensitz  so  sehr  geeignet  gewesenen  Universität  Alt-^ 
d or f,  welche. nebs't  Helmstädt  für  ächte  Geistesbildung,  beson- 
ders für  Bildung  der  Lehrer  so  viel  oder  mehr  geleistet  hat  und  auch 
ihren  Eigenthümlichkeiten,  wenn  sie  kaum  massig  unterstützt  wor- 
den wäre,  mehr  leisten  konnte,  als  der  beguustigteren  Eine.  Ein 
freundschaftlicher  Verein  von  dort  einst  gebildeten  Gelehrten* 
feierte  den  2i  Juli  1822  das  Andenken  an  die  Hochschule  Al- 
torfs.  G«  erinnerte  diese  u.  uns  alle  an  Cicero's  gefühlvoliu 
W^orte:  Me  quidem  ipsae  istae  hostrae  Athenae  non  tata. 
operibus  magnißcis  exquisitisque  antiquorum  Artibus  delectani, 
quam  .recordatione  summorum  *virorum ,  ubi  quisqut' 
habitare ,  ubi  sedere,  ubi  disputüre  sit  solitus  studiosequc. 
eoram  sepulcra  contemplor.  X.  IL  de  Legg,  c.  i.  Eine 
solche  Pietät  geht  nämlich  auch  auf  die  äufsearen  Reliquien ,  -  um 
des  Geistes  willeoi  der  darin  gewirkt  hatte  tind  in  solchen  fruchc- 


/ 


ioö  ^2Kkaߣ  shBSsveKPYs^a  T.  Wülfer  aus  cL  17«  Jafarh. 

baren  Natnmm^baQgen    npemfithlicber  wirken  koniite,    als   auf 
Saqdsteppeii'  ntü  in  Residenz -Trelbhäosem«     £s  ist   »classisdicr 
Boden,«    ruft  der  Verf.  aus,    aber    er   sezt  auch  hinzu :    »Es 
»ist    der   Todtenacker    einer    Hohensckiute  ....    Es  läcMe 
»niemand  Hobn>  dals  der  Nürnberger  Nürnberg  liebt,   dafs  er 
»sich  zwar  der  Gegenwart  [ho£fend]  freut,  aber  auch  der  Ver« 
»gangenheit,   als   einer  theuern  Abgeschiedenen    oft   mit    stiller 
»Wehmuth  gedenkt»«     Rec.   hat    es    dritthalb  Jabre    hindurch 
hochschäzcn  gelernt,  wie  und  warum  die  aus  der,  Anarchie  des 
Faustrechts  hierauf  durch  sich  selbst  etwas  gewordenen  Nürnber- 
ger für  ihr  inneres  staedtisches  Wesen  alles  zu  thup   bereit  wa* 
ren,   wenn   sie  nur,   dafs  es  ihnen  angemessen  geordnet  werde, 
das   Vertrauen   hatten.     Wie  bereitwillig  garantirten  sie  alle  Ko* 
sten  zur  Erhaltung  ihres  Gjmnasiunis,   als    ein    einseitiger   Cen- 
tral'Ratbgeber   tSio   den    Augenblick   benutzt  upd    durchs  den 
Schein ,   als  ob  für   die   drtlich   nöthige ,   treffliche  Anstalt    kein 
eigener  Fond  übrig  wäre ,    die  schleunige  Aufhebung'  derselben 
zu   motiviren   gewufst  hatte.      Lauter    Privatleute,    unter   ihnen 
vornehmlich  der  unvergef suche   Handelsvorstcher  Merkel,    ga- 
rantirten die  Kosten  auf  so   lange,   bis   der   wahre  Fond,     aus 
den  Secularisationsverwirrungen  heraus,    aufgesucht,   concentrirt 
und  neu  gesichert  sejn  würde.     Und  allein  diesem  Patriotismus^ 
bat    es  die   Zukunft  zu  danken,   dafs  es  dem  Nachwuchs  von 
guten    Köpfen    in   dieser   bedeutenden,    durch    Industrie  vimmer 
wieder  emporstrebenden  Stadt,  nicht  allzu  schwer  gemacht  wec^ 
den  durfte  I  zum  wisseoschai'tlichen  Eminiren  und  also  auch   zur 
Theilnahme  ad  der  constitutionellen  Staats-  und  Stadtverwaltung 
sich    heranzubilden.      Es  wurde   durch    die  Untersuchung  nach- 
gewiesen, dafs  an  die  Stelle  der  ini  dr^ifsigjaiirigeu  Kriege  sonst- 
liin^  verbrauchten   Kirchen-    und   Schulfonds    damals  schon    von 
der  Bürgerschaft  eine  Mahl -Steuer  übernommen  wurde,  welche 
nicht  der  Staatscasse^   vielmehr  der  Erhaltung  der  Kirchen    und 
gelehrten  Unter richtsaustalten  zugehörte  tiud  zu  vii>diciren  vi'^ar« 

Eben  so  thednehmend  lernte  jetzt  Rcc.  durch  den  Vf.  auf  welch 
rühmliche  Weise  Wülfer  der' Jüngling,  welcher  17  jährig  für 
das  Heil  von  Hellas  hellenisch  declamirt  hatte,  sich  durch  Ver* 
ciuigung  der  Mathematik,  alter  wie  neuerer  Sprachkenntnifs  und 
Geschichte  mit  der  Theologie,  auch  durch  Menschenkcnutuifs 
und  Bereisen  gebildeter  Länder  sich,  ungeachtet  man  ihn  der 
Lehrart  des  Helmstädter  Calixtus  auf  alle  Weise  entwöhnen 
wollte,  unter  die  Classe  derer  einst  emporarbeitete,  welche  den- 
kend und  gelehrt  genug-  sind,  um  die  »Orthodoxie  /des  Her- 
zeos c  wie  es  der  Verfasser  nennt,  nicht  von  vorgeschriebener 
Dogmen-Orthodoxie  dieser  oder  jener  Zeitvergangenheit  abbän- 
gjg  zu  inacheo«  Ungeachtet  er,  der  besseren  Geister  Eioer, 
geb.  den  7.  Jun/  i65i,  gest.  den  3.  Sept.  A794,  nsttten  in  etue 


'EAA«ff  ßÄsäiyeXbyB<rec  v.  Wölfcr  ans  d^  iy.  JaÜrli,  »o/ 

durch  den  36jtfirigen '  Krieg  tu  einer  steif  doglnattscWen  Streit-' 
tlieologie  aufgereizten  Zeit  versetzt  war,  bewies  er  überall,  dafs 
der  wahrhaft  Einsichtige  der  tderanteste  gegen  trrmeinende, 
und  nur  gegen  List  und  Gewalt  der  Intoleranz  intolerant  ist. 
Seine  Recfitsinnigkeit  und  Milde  schützten  ihn  dennoch  gegen 
schädliche  Verkezerung,  Er  war  Prediger,  Seelsorger,  Director 
eines  Predtgerseminariums,  Professor  der  Moral  und  Kirchenge- 
schichte^  am  Aegidianischen  Ljceum  und  starb  als  Antistes  in 
der  höchsten  Würde  der  nürnbergischen  Geistlichkeit»  Und 
von  diesem  Manne  nun  «erneuert  Hr.  G.  die  Empfindungen,  mit 
welchen  ihn,  da  er  mit  Junglingsfeuer  durch  die  uralten  Leh* 
rer  der  Menschheit  aus.  der  unvergänglichen  Hellas  sich  von  der 
Barburej  der  Vorurtheile  und  der  Geschmacklosigkeit  losarbei- 
ten lernte,  ein  redlich  teutscher  Sinn  erfüllen  konnte.  Vor  ihm 
stund  (so  ist  der  Titel  der  griecbi'schea  epischen  Rapsodie) 

*H  wv   EXkttg 
eXettvoXoystT» 

ii»  Ttj}/   Sptj/HOÜ(T^V  Heti 

Tcocp»  TWiT  eihXoSetiruy  ^ 
.  fioch^ec  6b  TeirovcüVy 

Und  dieses  — -  im  Jahr  1669  ^*  7*  I^^c.  Schon  damals^ 
wo  an  Revolutioniren  nicht  zu  denken  war,  rief  Wulf el: 

T^aro  fiekoi    bfuVf  Tepfiecvotf  ahctfioi  etvSpegl 
'0<ppec  ^äksvSepni  vfinf  fievif  aisv  mbitoq* 
alev  BkBvScpnig  avdpwicoiQ  ßsktspov  b^ivI 
Of /^  Bk^Bpnjg  ot^oKccvBi  f  oKßiog  «f /k, 

Rec«  setzt  diesen  Biedermatinsworten  keine  Uebersetzung 
bei.  Wer  sie  sich  zu  übersetzen  versteht ,  hat  gcwifs  auch  so 
iriel  denken  gelernt,  dafs  er,  gerade  weil  er  Freiheit  liebt,  ge- 
waltsames Umstürzen  als  ein  Hineilen  zur  Unfreiheit,^  erkennt 
and  vermeidet.  Nicht  die  Constitütionellen ,  nicht  die  Girondi- 
sten, nur  die  Ultraisten  aller  Partheien  sind  Afilliii;te  der  Igno» 
rantiner.     An  einer  andern  Stelle  spricht  W.  weissagend: 

J:t(üc  icpjMvaiv  leoiiiiffeu  Bvocis  hvfua  | 

hfJLtav  xeti  <ncBvhiv  rp  T«pK(y  op%i»  neiget  %  \ 

fl6   ffixppBlTB ,   <p/X0/ ,   PCfiC/   flTj   rUTBVBTB  . .  [ 

9an(!KmroQ  ßißwppto  sx^i  »»KKrj^Bx  rspHog^  \ 
:i^d)6iSBTocf  'Vy,  rovrovg  ioXss^g  biq  fiö';^«r«  ffOi^BU  \ 
:^Eu  yccp  uvbfmcasy  Bx^^^fog  rtfKoc  eerayrov*  \ 

Rec.  bemerkt  nur  ifoch ,  dirfs  Wulfer  den  Zeiten  nocfc  oo^ 
ler  war,  wo  man  den-Solimansnnd  Bajazets  und  Mehmets  die 
{  umanität  des  KjJlopcn  P'olypbcmus  gegen  Uljrsses  zutrauen  koniitei 


ioR   .Liter»  u,  biogn  Notizien  r«  a.  in  Balern  Bediönstet. 

Dach  denn   du.   Niemand J  zehr   ich   zuletzt  auf,   nach 

dem  Genossen, 
Jene,  die  nächste,  zavof.  Dies  sej  die  dankbare  Schonung. 

Nach  Odjss.  IX« 
Dennoch;  was  einmal  witklicfi  war,  ist  immer  wieder  mög- 
lich. Und  kann  der  türkische  Fatalismus  nicht  ir|;cnd  auch  dar- 
auf verfallen,  soviel  Kriegskunst,  als  mit  seinem  stiirraischea 
M^th  vereinbar  ist,  den  vielen  Lehrmeistern  abzulernen,  die 
man  ihm.  aufuöthigt? 

H.  En  G,  Paulus. 


H^ichtigste  Lehensmomente  aller  Kön.  Wairischcn 
Civil  ^  und  Militärbedienst  igten  (Bediensteten) 
dieses  Jahrhunderts.  /. —  V.  ^^rf^'  Auf.  Kosten  der 
Unternehmer.  Augsb,  b. '  Wolf.  ( Das  Heft  So  kr. ,  un- 
gefähr 4  Bogen.)     4848.   4g. 

Hs  wäre  zu  bedauern,  wenn  diese  '^Ueberblicke  des  für  den 
Staat  von  Baiern  thätigen  Personals  nicht'  vollständig  geliefert 
würden,  da  sie  als  meist  fertig  augekündigt  sind.  Von  manchen 
weniger  bekannten  Männern  tj[icbt  es  hier  Spuren  und  Dafa^ 
varum  sie  in  ihrem  Wirkungskreise  nützlich  und  schätzbar  seju 
mögen.  Ks  mufs  der  Staatsgcsellschaft,  e»  muls  dem  Rinzelaen 
erwünscht  seyn,  dafs  hier  jeder  seine  Mitarbeiter  am  Ganzen 
kennen  zu  lernen,  Gelegenheit  hat.  Viele  Aufgezeichnete  sind 
auch  dem  Ausland  merkwürdig,  wie  z.  B.  Joh«  Christoph  Are- 
tin,  wo  auch  Nach  Weisungen  gegen  die  uach  Baiern  berufenen 
vorkommen,  vVelehe  1809.  als  »Gegner  der  grofsen  Plane  Na- 
poleons« bezeichnet  wurden.  Sie  waren  meist  Protestauteu. 
Von  der  Zeitschrift  Alemannia  wird  S.  29.  gesagt  dafs  sie 
den  2.  Febr.  ij.  plötzlich  erloschen  sej.  Warum  wrar  dies 
ein  dies  fatalis?  Da  vom  L  Heft  eine  zweite  Auflage  erschie- 
nen ist,  SQ  zweifeln  wir  um  so  weniger  au  baldiger  Fortsetzung 
U(nd  Beendigung.  Bemerkungen,  dais  nicht  alle' Angaben  richtig 
seyen,  mögen  nur  Veranlassung  werden,  dafs  jeder  seinen  oder 
seiner  Bekannten  Artikel  berichtigen  helfe.  Die  ganze  Anlage 
der  Sammlung  ist  zweckmäfsig. 

Mit  Vergnügen  wurde  auch  Rec,  an  manche  seiner  Freunde 
und  Bekannten ,  und  zugleich  an  Umstände ,  die  ihm  sonsThcr 
nicht  bekannt  waren,  erinnert.  Von  dem  sehr  gelehrten  und 
denkenden  Prof^  der  Kirchengeschichte  zu  Würzburg,  dem  in- 
defs  verstorbenen  ,Dr«  Franz. £| er g  wird  im  IL  Heft  S.  5i* 
bemerkt:  er  habe,  weil  sein. System  der  Pbilosojj^ie^  su  'wenig 
beachtet'  worden  sej;    nach   A8f4  eine,  gewisse' Bitterkeit 


/ 


]^iter,  u.  biogr.  Notizen  v.  a»  in  Baieni  Bedienstet,     lag 

gegen  Protestanten  [angenommen,  an  die  er  sich  bis  2i»r 
'  Herausgabe  seines  Sextus  mit  eiper  ;Ait  von  Warme  angeschlos-* 
sen  habe.  Reo.  kann  aus  eigener  Erfahrung  dem  Mifskannten 
das  Zcugnifs  geben,  dafs  Er  die  protestantische  Denkart  sehr  zu 
schätzen  wufste,  aber  Schwärmereien  und  Phantasterei  als  das 
Gegenthfil  von  Protestantismus  und  Wissenschaftlichkeit  ansah. 
Er  kannte  und  achtete  das  Gute  sefner  Kirche  und  vertheidigte 
es  gerne  gegen  Anmassungen  der  Staatskunst;  aber  er  k^nte 
und  misbilligtc  eben  so  sehr  die  Anmafslichkeiten  des  Kirchen- 
thums  und  hierarchischer  Despotie,  aus  dem  gründlichen  Studium 
der  Geschichte  allzuwohl  der  verkehrten  und  verderblichen  Fol«^ 
gen  kundige  Nach  diesem  Geist  war  er  auch  der  Verf.  »dier 
»Kritik  des  natürlichen  Kirchenrechts  und  dier  neuesten  Verdrey 
»hungen  desselben  für  das  Interesse  der  ^Hierarchie.«  Germanien 
(Mannheim)  1812.  Schade  nur,  dafs  der  Zwang  der  Verhält- 
nisse  in  Bergs  Einkleidungsart  ihm  gewisse  Wendungen  und 
Deutungen  zur  Gewohnheit  machten,  welche  gesucht  scheinen 
konnten  und  die  zur  ruhigen  Uebe^rzeugung  nöthige  Klarheit 
nicht  befördern.  Möchten  doch  seine  Manuscripte,  welche  viele 
gründliche  Studien  enthielten,  in  gute  Hände  gekommen  seju. 
Rcc.  bedauert  sehr ,  wenn  manche  ganz  unbenutzt  bleiben  sollten. 

In  der  >  Kritik  des  natürlichen  Kirchen  rechts«  bekämpüe 
Berg  vornehmlich  das  (wahrscheinlich  zu  Bamberg  verfalste) 
-sogen,  allgemeine  Religions-  und  Kirchenrecht  aus  Grundbcgrii^ 
fen  entwickelt  1819.«  GrundbegriflFe,  wie  sie  etwa  der  Verstorbene 
Frei  sehr  unfrei  gedacht  haben  möchte.  Diese  Grundbegriffe  sind 
nichts  anders  als  eine  scheinbare  Vertheidigung  eines  absoluten  (von 
der  Staatsverfassung  unabhängigen  Kirchenregiments.  So  viel 
Kec.  aus  der  Vorrede  der  Kritik  und  aus  den  Zeitumständen 
combinieren  konnte,  war  Berg  zur  Prüfung  j^ner  Schein- 
gründe  und  zur  Andeutung  einer  richtigeren  natürlichen,  (d.  h. 
aus  der  Natur  und  dem  Begriff  an  sich  fli cssenden )  Ansicht  des 
Verhältnisses  jeder  Kirche  zum  Staate^  durch  den  auffallendsten 
Wechsel  der  Denkungsart  entscheidender  Personen  veranlagst . 
Noch  ums  J.  18t 2  war  alles  in  Europa  in  ß.eT  Richtung,  dafs 
der  Staat  leicht  den  Kirchen  allzu  wenig  Rechte  zugeben 
mochte.  Der  Umschwung^  ^ler  Dinge  führte  jetzt  dahin,  dafs, 
-wenn  gleich  nicht  die  katholische  Kirche  selbst ,  doch  die  päbst- 
liehe  Hierarchie  leicht  wieder  allzuviel  gegen  die  Staaten  sich 
herauszunehmen  versuchte  und  versuchen  möchte«  Wenigstens 
deutete  auf  sehr  bedeutende  Versuche  dieser  Art  auch  ein  za 
gleicher  Zeit  in  guten  Zeitungen  (s.  Schwab.  Merkur  v.  igten 
Jan.  1812)  sehr  vorsichtig,  aber  bedeutungsvoll,  bekannt  ge- 
machter Artikel,  welcher  »nach  Paiiser  Nachrichten  aus  Rom 
vom  alten  Dec.  181a«  Folgendes  angiebt:  »Auf  das  sorgfäl- 
tigste sind  alle  Abdrücke  der  zu  Anfang  dieses    Monats  uater 


HO  Liter,  ü.  biogr*  Notizen  ▼.  a.  in  Baiern  Bedienstet. 

die  Presie  gegebenen  Urkanden   In  das  gelieime  Arehir 

febracht  worden,-     Man  versichect,  dafs  sie.  nicht  weiden   be- 
anni  gemacht  werden,   und  dafs  man  den  aufgeklärten    Gesin- 
nungen des  Souverains   eines  grofsen   Staats   die  Erhaltang    der 
öffentlicheB    Ruhe    verdankt,     welche  durch    die     Be- 
kanntmachung dieser   Urkunden    unfehlbar  in     meh- 
reren katholischen  Staaten  gestört  worden  wäre.  Der 
heil.  Vater  scheint  die  Absiebt  gehabt  zu  haben,  den  Verkauf 
der'Kirchenguter   in   allen  Ländern   für    nicbti^^  zu 
erklären.     Der  Geist   der  Mäfsigung   Sr.    Heiligkeit   bedurfte 
nur,  von  der  wahren  Lage  der   Dinge   in   Kenntnifs   gesetzt   zu 
werden,  um  diese  Absicht  aufzugeben.«     So  diese  Notiz«    Da 
jedoch   das.    schon    gedruckte   nicht,    wie    so   leicht    geschehen 
konnte,  vernichtet,  sondern  noch  aufbewahrt  ist,    so  erhellt  aus 
diesem,   wie   aus   so   vielen   sondern   Momenten,    wie    uothig  es 
werde ,     über    Kirchenreclu  überhaupt   und  besonders   über  das 
'  rechtmäfsige  Verhäitnlfs  von  Staat  und  Kirche  gegeneinander  bis 
auf  reine,  feste  Ideen  sich  durchzuarbeiten;  wozu  Reo.  Tornclim- 
lich   auch   die   protestantischen  Theologen   und   Studirende   auf- 
muntern  möchte,    da  sie  gerade  in  den  jetzigen  und   bevorste- 
henden Zeitverhältnissen,  ohne  helle  leitende  Grundbegriffe  auch 
in  diesem'  (jetzt  gewöhnlich  allzu  sehr  von  ihnen  übergangenen) 
Fach  akademisch  sich-  zu  erwerben,  Und  zu  durchdenken;   nur  aiizu 
oft  in  ihrer  Laufbahn  mit  Bedauern  zu  erfahren  haben  wurden, 
dafs  sie  den  Folgerungen  aus  so  manchen  halb  wahren  Behauptuu- 
gen  einseitiger  Politik  oder  Hierarchie  die  wahre  Unterschei- 
dungen und  äestimmungeu  nach  dem  drängenden   Zeitbedurfuifs 
eDtgegenzustellen  nicht  bereit  scjn  kduneo. 

H.  E.  G.  Paulus, 


Ein 


Grai  mit  der  'Geliebten*  Romantisches  Trauerspiel  in  5 
Abtheäungen  foji  /•  F,  ScaiifK,  Berlin;,  an  Bureau  Jür 
Literatur  und  .Kunst.  4 8 st  4.  4  Rthlr. 

B 


Jbiine  Verpfiaozuog  der  bekannten,  mehrmab  dramatisch  behan- 
delten Geschichte  der  Konigin  Elisabeth  und  des  Grafen  Essex 
auf  fremden  Boden.  Das  Trauerspiel  ist  einer  Spanischen  Dich- 
tung: dar  vida  por  sa  Dama  ei  Conte  de  Sex  nachgebildet, 
von  welcher  wir  einen  Auszug  im  zweiten  Bande  der  Lessiog- 
schen  Dramaturgie  finden.  Die  Handlung  ist  in  eine  ferne  Zeit: 
die  des  Wiederaufblnhens  der  christlichen  Reiche  in  der  west- 
lichen Halbinsel  von  Europa,  und  des  noch  bestehenden  Kampfs 
.mit  den  Mauren  in   Granada  verlegt.     Wie  der  Ver£user  von 


Sehihk.   Ein  Grab  mit  der  GeHebteu.      tii 

seinem  Original  in  Zeit  Ort  und  Namen  der  handeliideii  Perso- 
nen abwich  y.  und^  so  seines  Phantasie  einen  freien  Raum  ger 
stattete,  hat  er  mit  Recht  -*.  geglaubt  in  Charakteren  und  Motiv eO| 
von  seinem  Vorgänger  abweicheni,  und  eine  neue  Schöpfung 
und/ Gestaltung  derselben,  seinem  Zwecke  gemälsy  vornehmeit 
EU  dürfen.  — >  Ob  er  aber  das^  was  «r  damit  erreichen  wollte, 
wirklich  erreicht;  ob  er  das  Muster  'einer  dramatischen  Dich- 
tung, wie  sie  ihm  vorschwebte^  erreicht y^oder  sich  ihr  nur. ge- 
nähert habe,  steht  sehr  dahin* 

Aus  der  strengen ,  herrschsüchtigen  Elisabeth  ist  eine  mildey 
aber  noch  liebeglühendere  Frau ;  -  die^  fabelhafte  Königin  von 
Castilien,  Almaide  entstanden  .und  alle,  der  Elisabeth  und  der 
Nottingham  eigne  scharfe  Züge  hat  d^r  Dichter  seine»  Stut«^ 
land:  der  Gräfin  Blandia  zugetheilt.  Nicht  ist  sie  jenes  im 
Dulden  und  Leiden  so  anziehende  Weib,  sie  ist  eine  Tochter 
des  südlichen  Hinimels,  an  den  heimlich  mit  ihr  vermählten 
Feldherrn  Gorma  zwar  mit  unwandelbarer  Treue  wie  die  Statland 
au  Essex  hangend,  aber  auch  fähig,  eine  jahrelange  genährte 
R^^che  unter  dem  Mantel  der  Freundschalt  gegen  die  Königin  zu 
verbergen;  iltd,  wi6  der  langersehnte  Augenblick  da  ist,  sieh 
nicht  scheuend  durch  zweimal  versuchten  Meuchelmord  die  Hand 
an  ihre  Gebieterin  zulegen,  dabei  aber  hat  sie,  unvereinbar  mit 
der  Grandezza  des  spanischen  Charakters  ketu  Bedenken  gefunden, 
sich  dem  Dienst  und  den  .Launen  der  Königin  zu  unterw^erferf ,  um 
* —  einst  ihre  wilde  Rachlust  zu  befriedigen»  -•—  Das  ist  keine  Seele, 
die  der  edle  Garma  (Essex)  wahrhaft  lieben ,  und  um  die  er  die 
iNeigung  der  für  seine  Siege  dankbaren,  in  aliei'  Hinsicht  liebens* 
würdigen  Königin  verschmähen  kann!  Bindot  Pflicht  ihn  a»  jene 
Verachtungswürdige;  er  kann  für.die  Gattin  Avohi  die  Gnade  der 
Herscherin  erflehen ,  — -  aber  mit  treuer  Liebe  der  Racbsüchtigeu 
anhangen,  und  ihr,  wie  sehr  er  ihre  Schuld  anerkennt,  sein  Lebeo 
opfern  wollen,  um  sie  zu  retten?—^  Nein  das  ist  gegen  die  Natur. 

Das  Bekenntnifs  und  der  Selbstmord  der  Bhndia  befreien  am 
!Ende  den  des  Hochverraths  angeklagten  Gatten;  dem  aber  das  Le- 
ben so  wenig  Werth  hat,  dafs  er  es  in  der  nächsten  Schlacht  dem 
Feinde  Preis  zu  geben  beschlie£st.  Da  er  dies,  alier  Wiederrede 
ungeachtet,  will,  und  sich  vornimmt,  die  Gebeine  Blandia's  mit 
ins  Feld  zu  nehmen,  so  wird  wohl  freilich  am  Ende  heraus  kom- 
men ,  was  der  Titel  ausspricht  t  ein  prab  mit  der  Geliebten» 

Was  der  Bewerber  um  die  Hand  der  Königin ,  der  Infant  von 
Portugall  eigentlich  bei  der  ganzen  Sache  zu  thun  habe?  wird  man 
nieiit  recht  gewabr.  Er  verdirbt  durch  Aufhorchung,  was  er  her» 
Dach  durch  erwiedertes  Vertrauen  wieder  gut  macht,  fallt  dann 
äufs  neue  feindlich  ein  in  das  Schicksal  des  Helden,  durch  Hervor* 
ziehen  des  Verdachts  gegen  ihn,  und  hebt  am£nde  den  Verdacht 
wieder  auf  durch  die  ausgesprochene  Ueberieuguiig  von  dessen 


112      Sckink.    Ein  Grab  mit  der  Geliebten. 

• 

Schuldlosigkeit  Diese  Nebenperson  hfitte  somit  vfohl  ganz  eniheliri 
werden  y  und  diese  £nd>ehrun^  das  Trauerspiel  dadurch  bedeu- 
.teod  verkurzen  helfen  kdnnen.  Ih  welchem  Falle  dann  der  Piiu: 
durch  sein  Nichterscheinen  wohlthätiger  als  durch  sein  Erscheioea 
gewirkt  haben  wärde* 

Fragt  man:  was  treibt  dann,  abgesehen  von  dieser  mir  m 
Wege  stehenden  Person y  die  Räder,  des  ganzen; Werks?  so  rindet 
sich  die  Intrigue  eingeleitet  durdi  ein  Verkannisejn wollen  der 
Königin ,  als  Gorma  sie  zum  erstenmal  rettet;  fortgeführt  durcli 
das  mehrmals  wiederholte  Spiel  mit  der  Schärpe  der  Königin,  die  sie 
dem  Retter  gab,  und  die  nun  zu  mancherlei  nutzlosei^und  docIi  dazu 
unwahrscheinlichen  Sceneri  Anlafs  giebt ,  so  wie  durch  das  31il'i' 
verstehen  y  nicht  hdren,  nicht  (mehrmals  aus  übertriebener  Delica- 
tesse)  zu  rechter  Zeit  sprechen  wollen  der  dahhi  interessirten  Per- 
sonen — -  und  endlich  gelösct  durch  der  Gattin  freiwilligen  Tod 
und  des  Gatfen  Freisprechung,  die  dieser  nur  dazu,  sich  dem  Tod 
in  die  Arme  zu  werfen ,  nützen  will. 

Niedrig  und  zum  Höchsten  langweilend  wird  jedem  Leser  und 
Zuschauer ,  der  gegen  !den  Feldhcrrn  Gorma ,  auf  der  Buhne  ^' 
gestellte  Crimioalprocels  seyn:  das  Verhör,  wo  nil  der  Actuar 
fehlt ,  um  alles  Ansgesprochene  geliörig  niederzuschreiben.  Hatte 
nur  der  Canzler  als  Richter  seine  Crimioalpraxi^  ein  wenig  besser 
verstanden ;  durch  eine  einzige  Gonfroniation  der  Angeschuldi^en 
wäre  die  Wahrheit  zu  Tage  gefördert,  und  statt  des  tragischen 
Endes  eine.Versöhuungs-  und  Verzeih ungsscene  erfolgt:  sutt  des 
schauerlichen  gemeinsamen  Grabes,  wäre  ein  erneuertes  Veilo' 
bungsfest  zum  Vorschein  gekommen. 

Unnöthig  war  die  Entschuldigung  des  Dichters,  dafs  er  in 
diesem  Trauerspiel  Prose  und  Jambe  abweclisehi  lassen.  Da  er 
einen  Meister  nachweisen  kann,  der  hierin  mit  ihm  gleieli  ver- 
ehrt. Kein  Kundiger  wird  ihn  deshalb  tadeln,  so  wie  eben  der 
nicht  verkennen  wird,  dafs  aus  dem  gewählten  Stoffe  verschiedene 
»ehr  anziehende  Situationen  hervorgetreten  sind,  und  dafs  ein- 
zelne Scenen  sich  durch  trefffiche  Stelleu  über  die  gewohulicln'» 
Erzeugnisse  unserer  Zeit  |  im .  dramatischen  Fache,  iii  mancher 
Rücksicht  erheben. 


Erganzungs-^BlStter  d.  Heidelb.  Jährk  d.  Literatur.  1. 8. 


Vorschlag  zu  einer  nmen  hydrostatischen  hungenprobe,  kundge^ 
macht  von  Joseph  Berht,  Doctor  der  Heilkunde j  k.k,  or^  - 
dentlt/chem  und  öffentl,  Professor  der  Staatsarzneikunde  an 
der  hohen  Schiäe  zu  Wien.  Mit  einer  Kuffertafel^  fVien, 
4  8%  4»  Gedruckt  und  im  Verlage  bei  Carl  Gerold,  (Mit 
beigefugtem  lateinischem'  Titel  und  Text:  Programma,  quo 
notfa  pulmonum  docimasiä  hydrostatica  proporutur  a  Josx^ 
PHO  ßsRST  eic).   6g  S.  8» 

Ule  Widerspriiclie,  welcbe  der  unter  dem  Namen  der  Schwimm^ « 
und  Athemprobe  oder  der  Galen  locken  Lungenprobe  be- 
kannte Versuch  gleich  bei  seiner  Einführung  in  die  medicinisch- 
gerichtliche  Praxis  in  Hinsicht  seiner  Zuverlässigkeit  gefunden^ 
baben^  wie  der'Verf,  in  der  Vorerinnerung  (S.  8.)  äus- 
sert, nicht  nur  immer  zugenommen,  sondern  nun  an  Menge  und 
Gründlichkeit  selbst  jenen  Grad  erreicht,  der  jeden  gewissen- 
liaften.  Gerichtsarzt  bedenklich  machen  mufs»  in  einer  so  wich- 
tigen Angelegenheit  auf  einen  so  trüglichen  Versuch  einen  so 
einflufsr eichen  Ausspruch  zu  gründen.  Dafs  ^le  Verminderung  "^ 
des  specifischeu  Gewichtes  oicht^  die  einzige  wesentliche  Verän- 
derung sej,  welche  die  Lungen  dufrch  das  Athmen  erleiflen,  dafs 
das  zugleich  vergrösserte  absolute  Gewicht  und  der  vermehrte 
Umfang  der  Lungen  eben  so  bedeutungsvolle  W^irkungen  des 
Athcraholens  sejen ,  w.äre  ' bereits  von  Ploucquet  und  D a- 
niel  dargethan  worden;  doch  hätten  «diese  um  die  gerichtliche 
Medicin  wohlverdienten  Männer  eben  nicht  das  einfachste  Ver« 
fahren  eingeschlagen,  um  jene  Veränderungen  der  Lungen  zu 
erforschen  und  vielleicht  deshalb  so  viele  Widersacher  gefun- 
4ien  (?).  In  nachstehenden  Blättern  werde  nun  ein  einfaches, 
die  sämmtlichen  drei,  durch  das  Athmen  bewirkten,  Hauptter- 
ändernngen  der  Lungen  genau  andeutendes  Verfahren,  eine  auch 
dem  Verstände  der  Nichtkunstverändigen  einleuchtende  neue  hy- 
drostatische Lungenprobe,,  in  Vorschlag  gebracht;  die  jedoch  die 
alte  Schwimmprobe  blofs  aus  dem  Grunde  nicht  ganz'  ausser 
Gebrauch  setzen  solle,  um  sich  ihrer  (wie  dies  bei  chemischen 
Giftprüfungen  der  Fall  %tj)  statt  eines  Gegenversuches  zu  be- 
dienen ,  und  um  derjenigen  willen ,  die  Verbesserungen ,  blofs 
weil  sie  neu  sind,  wenig  Glauben  beimessen,  oder  lieber  mit 
den  Alten  zu  fehlen,  als  mit  den  Neueren  dicf  Wahrheit  zu 
gestehen,  sich  entschliessen  können  (!)• 

Recen9.  hat  schon  bei  einer  anderen  Gelegenheit  in  diesen 
Jahrbüchern  (i8ao.  H.  7.  Reccns.  von  Henke's  Lehrbuch  der 
gerichtlichen  Medic.)  seine  Meinung  ¥on  der  Lungenprobe  geäus- 

£rS*Bl.z.d*H*Jahrb«^.L.    I«  8.  8 


ii4  J»  Bernt    üb.  die  hydrostatische  Lungenprobe. 

seit.  Indem  er  sich  darauf  im  Garnen*  bezieht,  sieKt  er  sich 
jedoch  veranlafsty  hier  gleich  die  Erklärung- za  wiederholen, 
welche  er  seinen  weiteren  Btmerkuogen  über  die  gegen  die  Lud- 
genprobe  gemachten  Einwurfe  vorausgeschiekt  hatte;  dafs  er 
nämlich  nicht  zu  denen  gebore,  welche  den  Werth  der  Lungen- 
probe  überschätzen  I  sondern  gern  zugebe,  dafs  sie  in  so  man- 
chen Fällen  keine  Aufklärung  geben  und  dafs  man  sich  nicht 
immer  auf  sie  allein  verlassea  könne ;  daCs  er  dagegen  aber  doch 
überzeugt  sej,  dafs  sie  oft  wirklich  Aufschlufs  gebe,  und  dafs 
sie  selbst  dann,  wann  sie  nur  neben  anderen  >  Zeichea  Aufschlufs 
geben  oder  zur  Bestätigung  derselben  dienen  kann,  immer  alle 
Beachtung  verdiene.  Bei  dieser  Ansicht  von  der  Sache  hatte  er 
zwar  die  Einwen dungeh,  welche  er  wirklich  für  gegründet  hielt, 
gern  als  solche  anerkannt,  und  die  schwachen  deiten  der  Lun- 
genprobe offen  eingestanden,  aber  nicht  minder  das,  vras  ihm 
zur  Entkräftung  anderer  Einwürfe  zu,  dienen  oder  für  die  Lun- 
genprobe zu  sprechen  schien,  so  weit  es  der  Raum  dieser  Blät* 
ter  erlaubte,  anzugeben  sich  gedrungen  gefühlt.  Könnte  'er  nach 
den  neueren  Erörterungen  von  Henke  über  die  Bew^eiskrni't 
der  Lungen-  und  Athemprobe  in  strafrechtlichen  Fällen  (in  sei- 
ner Zeitschrift  für  die  Staatsarzneikunde,  1821.  H.  3  u.  4*)-  Die 
Sache  als  für  dessen  Ansicht  gemäfs  entschieden  halten,  so  würde 
er  das  eben  so  offen  erklären,'  als  er  seiner  jetzigen  Uebeneu- 
gung  nach  noch  an  der  früher  vertheidigten  Ansicht  balten  mu^s. 
In  wiefern  di/esc  Ueberzeugung^ gegründet  ist  oder  nicht,  mag 
sich  aus  dem  ergeben,  was  Rec.  in  d^ieser  Anzeige,  wo  er  sich 
ohnehin  vvieder  über  die  streitigen  Punkte  zu  erklären  bat,  über 
die  in  jenen  Erörterungen  auf  seine  früheren  Bemerkungen  sich 
beliebenden  Erinnerungen  äussern  wird.  Dafs  übrigens  den  ge- 
gen die  Lungenprobe  gemachten  Einwürfen  nur  dann  gehörig 
begegnet  werden  kann,  wenn  man  nicht  blofs  auf  die  specifische 
Schwere  der  Lungen  gegen  das  Wasser,  sondern  auch  auf  an- 
dere Ersebeinungen  an  denselben  und  den  benachbarten  Theilen, 
welche  auf  das  Atbmen  Bezug  haben,  achtet,  ist  von  Metzger 
und  Anderen  längst  bemerkt  worden«  Welchen  Wertb-Rec. 
insbesondere  auf  die  Verbindung  der  Ploucquetischen  Lungen- 
probe  mit  der  hydrostatischen  legt,  hat  er  schon  in  der  Anzeige 
von  Henke's  Lehrbuch  erklärt  und  wird  sich  auch  aus  dieser 
Anzeige  weiter  ergeben; 

Im  ersten  Abschnitte  wircl  die  Trüglicfakett  der 
bisher  gebräuchlichen  Lungenprobe  betrachtet.  Die 
lieuen  Verhandlungen  über  die  hydrostatische  Lungenprobe  sind 
(S.  i5.)  bei  dem  Satze  stehen  geblieb^i:  Es  könne  w^eder 
das  Untersinken  noch  das  Schwimmen  der  Laugen 
im  Wasser,  gegen  oder  für  das  Leben  nach  der  Ge- 


^ 


X  Berat  üb,  dii^  bydrostatiscihe  Ludgenprobe.    tiS 

burt  eines  gefancletie.||>  todt^p  Kinde«,  einen  stielte«. 
ren  Beweis  abgeben,  t^reil  L  die  Langen  bei  nach  der. 
Geburt  8.tatt  f^efundenem  Leben  des  Kindes  im  Was- 
ser  untersinkeui  wenn  a)  es  nach  der  Gehurt,  zwar  will- 
kübrliche  Bewegungen  geäussert  hat,  aber  nicht  AtLcm  holen, 
konnte,  h)  nur  ein  unvollkommenes  Athembolen  statt  gefunden 
htit.,  c)  das  specifische  Gewicht  der  Lungen. durch  Ansammlung 
von  Schleim,  Eiter,  scinliose  Knoten,  Kotzündung  veunehrt  wor^«,  . 
denistj  weil  IL  die  Lungen  bei  nicht  statt  gefundenem 
L.cben  des  Kindes  nach  der  Geburt  auf  dem  Was- 
ser schwimmen,  wenn  d)  das  Kind  im  Mutteileibe ,  oder 
vor  völlig  beendigter  Geburt,  einige  Athemzüge  gemacht  hat 
und,  bevor  es  noch  geboren  worden^  ^gestorben ,  öder  ej  dem 
todt'zur  Welt  gekommenen  Kinde  Luft  eingeblasen  worden  ist^ 
f)  sich  auf  der  Oberfläche  oder  in  der  Wesenheit  der  Lungen,, 
durch  Fäulnifs  oder  Krankheit  Luft  eptwickelt  und  sie  schwimm- 
fahig  gemacht  hat.  Man  müsse  gestehen,  ä^sser^  der  Vf.  (S.  16.]^ 
darüber  weiter,  dafs,  wenn  diese  Beweise,  ubezeugend  sind  und[ 
den  Mängeln  durchaus  nicht  abzuhelfen  ist,  es,  wie  Rem  er 
im  beissenden  Scherze  sagt,  in  der  That  ratbsam  sejn  "würde^ 
»die  ohnehin  sclion  sattsam  geplagten  Phjsiker  mit  dieser  über-* 
flüssigen .  Arbeit  zu  verschonen.€ 

Während    seiner    mehrjährigen     medicinisch  -  gerichtlichen 
Praxis  leuchtete   es   ihm  jedoch  von  Zeit  zu  Zeit  immer  deutli- 
cher ein,    dafs  die  der  Lungenprobe  zur  Last  gelegten  Mängel 
und  die  Unsicherheit  vor  Täuschungen   bei   derselben   grolsten- 
theih  daher  rühren :  weil  man  dabei  ^eine  ganze  Aufmerksamkeit 
blofs  auf  das  specifische  Gewicht  (das  Schwimmen  oder  Unter- 
sinken) der  Lungen  zum  Wasser  gerichtet,  hingegen  die  durch 
das  Athmen   erlittenen    Veränderungen  der  Lungen   in  Hinsicht 
ihres  Umfanges  und  absoluten  Gewichtes  gar  nicht,  oder  zu  we- 
nig in  Ansoblag  gebracht  hat,   obgleich  Plouc(|uet  und  Da« 
n  i  cl  die  Gerichtsärzte  längst  hierauf  aufmerksam  gemacht  haben« 
Wie  nothwendig  es  jedoch   sej,   den  Umfang  und  das  absolute 
Gewicht  der  Lungen  zu   erforschen,   um  Aufschliifs   über   das 
Leben  nach  der  Geburt  eines  gefundenen  neugeborenen  todtea 
Kindes  zu  erhalten,  sucht  er  durch  Anführung  mehrerer  gericht- 
lich erhobener  Fälle  darzuthun,  in  welchen  man,  wenn  man  blofa 
auf  diQ  Derbheit,    die  mehr  oder   weniger  dunkelrothe  Farbe 
und  das  Untersinken  der  Lungen  y  so  wie  auf  das  Nichtknistera 
beim   Zerschneiden   und   auf  den  Mangel  der  Luftblasen  beim 
Ausdrüoken  unter  dem  Wasser  gesehen   bättei  zu   dem  falschen 
Schiufs  verleitet  worden  8e7n'wür4e,   dafs  diese  Kinder  nach 
der  Geburt  nicht  geathmet  hätten,  dagegen   der  Umstand,  dafs 
die  Lungen  )>ereits  aus  dem  bintereo  tUttine  des  firustkorbes 

8^ 


•  I  •  - 

^i6  J.  Baut  üb.  die  hydrostati^ehe  Lungeiyprobe. 

nerllich  li^rTorgeCreteii  waren  und  dbii  Zwer^ell  hiDabgedrSngt 
halten,  und  dafs  ihr  absolutes  Gewit1ft,r  weicii es  bei  diesen  noch 
nicht   reifen    Kindern   vo^  der    Respiration:  noch   nidht  'aLoth- 
(welche  nach  der  Ailnier&.   S.  so.  die' Ltingen  r  eifer-Knider, 
die   nicht  geathmet  häbeii,   im  Durchschnitt'  gerechnet,' wiegen 
sollen)  betragen  konnte  (?},  beiläufig  nm  die  Häifte  zugenom- 
men hatte   (abgesehen  dtf^on;   dals  hier  auclv  noch  der  Zustand 
der  Harnblase  und  des  Mastdarmes  *  das  Urtheil  erleichtert  haben« 
soll),    zu    dem   Gutachten  bestimmte,    dafs    diese  Kiuder    eine 
Zeitlang  nach  der  Geburt  gelebt,  jedoch  unvollkommen  geathmet 
hatten.  Diese  Beobachtungen  sollen  beweisen:  dafs  nicht  nur 
beim  vollko'm'menen,  aondern  auch'beim  unvollkom- 
menen  Athemholen   durch  das  Vonstattengehen  des 
kleinen    Kreislaufes    nrcht    blofs    das  absolute   Ge- 
wicht,   ja  selbst   auch   der  Umfang  der  Lungen  ver- 
mehrt werde;    'es  Sey  nun,   dafs  der  kleine  Kreislauf  in  den 
Lungen   auch  dann  vor   sich  gehe,  weiln  die  eingeathmete  Luft 
blofs  bis   in  die  Aeste   und  Zweige  der  Luftröhre ,   nicht   aber 
in  die  Luftzellen  der  Lungen  gedrungen  ist,  oder  dafs  die  Luft 
durch  den  Druck  des  in  Uebermaas  eingeströmten  Blutes  aus  den 
Luftzellen  vneder  vollkommen  verdrängt  werde  (?).     Wiewohl 
diese  Beobachtungen  allerdings  Beachtung  verdienen,   so  mochte 
doch  die  Erklärung   derselben  und    die  aus  denselben  gezogene 
Folgerung  zweifelhaft    seyn.    Wir  wollen   nur   darauf  aufmerk- 
•am   machen,    dafs    nach    Schmitt 's    Beobachtungen   auch   bei 
todtgeboreneh  zuweilen  die  Lungen  groTs,  den  Raum  der  Brust- 
höhle ausfüllend  und   schiwerer  als  in  den  obigen  Fällen   g<'fun- 
den    worden    sind.     Man  vergleiche  Schmitt's   neue  Versuche 
und  Erfahrungen  über  dicPloucquetsche  und  hydrostatische  Lun- 
genprobe, S.  198  ff.  u.  besond.  Versuch  XIIL,  XX.u.  LXXVII. 
Im    zweiten   Abschnitte  folgt   nun   die  vorgeschlagene 
Verbesserung    der    hydrostatischen    Lungenprobe. 
Soll  die  Lungenprobe  als  hydrostatisches  Experiment   alles,   was 
sie  vermag,   leisten  und  volle  Sicherheit  gev\ähren,   so  mufs  sie 
(S.  4o  ff.))  ^'^^'  ^^  einem  willkührlicheu ,  in  einem  bestimm- 
ten und  hierzu   vorbereiteten   Gefässe,    und  statt  mit 
einer  beliebigen,  mit  einer  bestimmten  Menge  von  tang- 
lichem  Wasser    vorgenommen    werden.     Zu  diesem   Behuf 
wird  ein  starkes   cyKiid^i^ches,   drei'  Zoll    breites,   eilf  und   ein 
viertel  Zoll  tiefen,  gläserne^  Gcfäfs   mit  zwei  Pfund  destiilirtem 
Wasser  gefüllt,  und^die  Stelle,'  Wo  der  Wasserspidgel  die  Wand 
des  Gefässes  berührt,'  rings  herum  mit  einer  dauerhaften*  (cinge- 
schiiffencn)    wagir^cßten    LJbie  l>ezeichnet.     Bei  Vornahme   der 
Lungenprobe  wird  nun  dieser  Wassörspiegdi  in  Hinsicht  seines 
niedrigeren   öder  hMk^reii   Standes   verschiedene  Veranderui^cM 


Jl^B^fDlv  üb.  dk>liydrostcüti8cfa4)  Dlngeoprobe.    ii^ 

«rieidtoy  je  nacbdlem  die.Lün|^n  eatweätk  ^JitYoär  einem  hieben-' 
acht-  oder  neunmoDtitlichen  .Kiiide,  ^;):iifioii;.eioeai .M^dohea  oder 
Knaben,  oder  cjiron  Kindern  Iiersta&idcir^  idi«  noch  <gar  nicht, 
nur  niTvoUkommen  oder  vollkommen  gfeilifaniet  ihaben;  Ueher^  d^r 
kreislordftigen  Lint!(i.dos^'WQisscrspiegldls  nn^rdun-  veirmittelsti  segir 
recliter  Linren  drei«  «Fächer "(Cöhimneb):imtt  Kubriken  für  Nlh^ 
VÜW  und' ■  für  IX^pnatlicliei  Kinder  ei^Mot,//and  diese  nkitid^p 
Bo  <  ^Imt-  ärigedeuteten'  Zaiblep'  ron  der  ■  Unkun i ti.vr  Techiei%>  'Hand 
b^Eofohlietf  zugleiohiii^biinelbäp  •darunter' »injedefr  der  ^dr^t  für 
b^idei  Geschlechter '*ein^ribht«€eii>  (DoU^nneii  di«:  Bujohstahen  fv 
^weibli^)  und  m;  (nii[nniicb)«g«s9tei,  um  d^tDiün- dieser  JJiiisiit^^t 
mdglichen^  •  iDiB^erenzeni^  d«n>  tfdthigen>  S^idraiim  i^o.  lassen. -^  Um 
-üb^df es  den  verändenÜln'  SianA  ■  des '  Wa^sen^iegels  durch.  Zah- 
len auSKMriickiien ,  ^nvitdii^dbeiii  )de!ri'^ile:^in 'Z%^ei  ZoU  Jbhgery 
idXiriW'säbgethellter^  Maa&ub  eiiigesdtü%ii;>,i   i  iNi;,,    ; 

'  '  i>,  Um  abtr  dieM-  di^ei  Mt^ppeken  ^Cdiuntiea  auszufülLeti  iund 
riem  ^GeTä^sre  für'  d^i  Xünftigeb  förennis^heiJGebraücli'  die  «rfor- 
d&rlichei£{n'richli!ittg(<lld<^^bei»^  'vrerdcii  i  Wchsdweise  die  Luikgen 
Votti  'dOcrhs^ 'Kiiidertf  ^'^drdi  ^weiblioheA'  ticid''  ^blsrttso  ^yieie^.;mänui>- 
cUtti  G«sclyleehb ,  v^ > Vollk^QAMnetl  sieben^ -acht  und  neuii  Mif 
iiat^n")!d$e- notorisch  'nich^gcaihlnet' hkben',  saiumt  dem  hjjersen 
und  woh^'^terbundeti  in>  da^  Geföfs'^init  Wasser  ^thaat^  und 
de^'ikib^i  ^ich  zeigende  verschiedene  Stand»  dös 'Wasseärsfüflgels 
in'dieil  ^iftrei  senkrechten  >C<$lut]6neh  ■dttrd)''Qilier5triche  bezre^cb- 
nct,-  ulid^^ai"  der  linken  S^itö»diörSealö^ziütt8cb«i' über  dentWa»- 
s6r${>i)Sg€4'dejr 'Buchstabe '-^'akigeBäerkt^^  ^ziöiii^  Zeixihen ,  dafs  dies 
dei«  Standpunkt-  iii  jedf^r<€blümi^ieliirKittd«kV'^i6-^ nicht  geathmist 
habeof',  ^ey.  Danii  «^ifrdenäüfgltJitth*^  Weise»  die  Lungen  von 
sedis^ '  Kintlern ,  drei  '  Weiblithcln  *  ütid*'  fitkn  sfO'  yi«le>  männUcheh 
Geschle<ihts,  von  '  v^lkt)mA^^h  ki^ew/'acht  iind  neun  Monaten« 
die  iiotoi'isch'  unvoUkoibmeä  ^eathmet  haben,  sammt  dem  Herzen 
und '  w^'hl  unterbunden  in  dlis"G%fiifs  mit-  Wasser  gelegt ,  und 
der'dtibei  sich  zei^enilel  1idK'a>e>  Sland  de&WasselPspiegels  in  den 
drei  "ftnlci'etJhtiwi  'Coltirii^ett  «ebenfalls  ^dwch  "ijtterstriche  bczeich- 
lidtV  und  an  der  Sl&ire  diir'  äcAe  'dei<  Buiftlwtab^  U  hinzugesetzt^ 
tum  ZeicÄeh,  dafs 'min  ' Äteken  Qtferstlfieli  ffip  die  Gränze  der 
ieinvdilkön&m«nen  R^f^li^^ibii'' halten*  itt<»ik  Z^etzt  werden  die 
tungen  vori'  sechs  Kiihl*irb',  von  drei  MMdeheu'  und  eben  so  viel 
Knaben,  Vdn  vollk^mmeii  siebeii,  achi' und -üeün  Monaten,  di« 
entschieden  vollkommen  geathitoet  liabeh,*  sätkymt  dem  Herzen  und 
woWutt6k'l^rideri,'^iin^r^  denselben 'Vdi'si<5liffeo  in  das  Gefäfs 
ihit  Wasifer  gfegebeb-' uiid  der  dabei*  sieh  zeigende  driltö  und 
höchste  Stand  des  Wasserspiegels  in 'den  drei  senkrechten  Co - 
lumncn  gleichfalls '  durch  Qtiferstricfae  angedeutet  und  seitwärts 
zunächst  über  dem  Wasserspiegel  der  Bachstabe  F"  binzugezeiciw 


i  i6   i*  Bemt  Sk;  du  bydrostatikcbe  Lnngapi^obe. 

nee,  zum  Mcifaaalei'  dab^  ^Acse  Linien  auf  Kinder  tiiadeuteDy 
^welche  vollkominen^geachmet  hid>ea. 

In  einem  to  besoliaffenen  und  eingeriditeten  Gefasse  uud 
in  einer  solchen  bestünmten  Menge  Wasser  werden  nun  (S.48  fi-) 
'die  Lungen  sammt  dem  r  Herzen  von  Kindern  jedes  Alters  und 
,GescblecliteS|  die  nicht,  geathm et  baben  (deren  Umfang 
«und  absolates  Gewiehe  t<>mit  noch  nicht  vergrossert  worden  ist) 
i-^  sie  mögen  «un'.venÜoge  ihres  speciGscben  Gewichteai  schnell 
«u  Boden  sinken i  öder,  .entweder  weil  in.  dieselben  ducoli  das 
Einblasen,  durch  KranUieit  oder  durch  die  ersten  Gi^de  der 
'Fäulnils  Luft  gelangt  ist,  langsam  Untersinken  oder  schwimmen 
A«»-<  die  geringste  Menge  Wasser  aus  dem  Baume  verdrangen  und 
«len  Wasserspiegel  nach. Verschiedenheit  dfls  Alters  und  Geschlech« 
tes  in  den  senkrechten  :Cdumnen  in..eirten  der  drei,  durch  die 
Parallel -Linien  gebildeten >  ersten  •  Zmschenräume  hinauftreiben 
)iind »hierdurch  andeuten:. dafn  die  Kinder  noch  nicht  ge- 
-nthmet  ha  beil.  Lungen  von  Kindem  jedes  Alters  und  Ge- 
«chlechtesi  die  unvorll kommen  .geatl^met  haben  (deren 
Umfang  und  absolutes:  Gewicht  somit  bcKei^  meijklich  vermehrt 
^w^orden  ist),  werden  «^  sie  mtotfien  wegen  Mangel  an  Luft, 
rw^en  Ansammlung  von  Schleimi  £iti9r.y  s^rrhQsen  Kaoten  und 
<dgl.  nik  untersinken^  nder.  weil  sie  eingeatlimete,  eingeblasene, 
•durcli  Krankheit,  dujrch  die  ersten  .Grade  der  Fäulnifs  eutwi" 
•«kelte  Luft  enthatekii.Aufidem  Wasser  schwjmmen --TifMie  gros- 
-sere  Menge  Waaset  aus.  dem  Räume  yerdräagen,  und  nAch  Ver- 
schiedenheit .des  \AJiter3  und  Geschlephtes  den  Wasserspiegel  in 
den  senkrechten  Columnen  in  einen  der,  durch  die  drei  zweiten 
iParaUel -Linien)  anged^utetetii  Zwischenräume  hiqaufdräogen,  uud 
liievdurch  anzeigen:  /dafs^  die.J^in^der  unvollkommen  ge* 
jithmet  haben.  Lungen  endUoh  yon  Kindern  jedes  Alters  und 
Gesehlechtes^  die  voUkommext  ^geathmet  habea  ^deren 
Umfang  und  absolutes  Gewicht  in^  höchsten.  Grade  vermehrt  wor« 
den  ist),  werden  -rr  «iß  mögen  auf  dem.  Wasser  schwimmen^ 
«der  wegen  einer. krankhilf ten.  Be^affe^h^it  i^ntersinken  —  die 
^rofste  Meoge\  Wasser  ^us  dem  Raiime  .verdrängen,  und  nach 
Verschiedenheit  de9  Al\^i^$  und  Geschlechtes  den  Wa$serspie|;cl 
in  den  senkrechl^l^  Cp^umnen  bis  ii>  einen  der  drei,  durch  die 
Parallel -Linien  beH^hrjfabenen,,  boqhsteu .  Zwischenräume  hinauf- 
heben, und  hieidfirch  zu  erkenneii'geb^n;  4<>^' ^^^  Kinder 
vollkomnjien  gesit)},paet  hajben. 

Nachdem  der  Veri«  ,auf  diese  Art  seine  neue  Lungenprobe 
beschrieben,  hat, er  gelbst  (S.  5a.)  gleich  einen  Einwurf  zur 
Sprache  gebracht, ^  der, /da  sie  in  Ansehung  des  Verhältnisses 
des  Umianges  nnd  der  Schwere  der  L^ingen  gleiche  Voraus- 
setzungen hat,  wie  die  Proben  von  Pluuccjuet  uiid  Da  nie], 


J«'Bernt  üb.  die  liy^drosla tische /Lungenprobe,    tig 

auf  jencaUerdings  eben  sf^wdil  ^triei  auf':dicse  zu^  beziehen  bt^ 
Es  ist  der:  dafs  es  n'elrst  dem  Alter  und  Geso hl  echte 
4  er  Früchte  (wekhe  :hier  allein  berücksichtigt  werden) 
euch  noch  andere  individuelle  Diffe'reuxen  in  Be^ 
treff  des  Umfanges  and  absoluten  Gewichtes  der 
Lungen  geben  könne,  so  zwar.^  dafs  zwischen  dem 
gröfsten  Umfange  und  gsröfstenabsolutenGewichle 
der  Lungen  bei' txi'dt-  und  dem  kleinsten  bei  leben- 
dig tur  Welt  gekommenen  Kindern  nicht  blols  eine 
Annähe^rungy  ein  allmiahliger  Uebergang»  sondern 
sogar  auch  ein'weites  Hinausragen  des  einen  über* 
das  andere  statt  finden  dürfte«  K^ch- des  Yerf^  Mei- 
nung trifft  aber  dieser  Einwurf)  nicht  sowohl  das  absolute  Ge- 
Avicht  der  Lungen  «n  sich,  als  vielmehr  das  relative  Gewicht 
derselben  zum  Korper;  indem  Differenzen  dieser  Art  zwischen 
Kinder -Lungen  unter  sich  höchst  seltene^  hingegen  bedeutende 
Gewichtszunahme  des  Korpers  durch  Fett,  VoUblutigkeit,  und 
gegenth^ilig  bedeutende  Gewichtsabnahme  durch  Abzehrung,  Blut- 
verlust u..  s.  w.  häufige  Erscheinungen  aeyen.  Er  beruft  sich  in 
dieser  JEIinsicht  vcM^lüufig  auf  Albr.  Meckel*s  (Lehrb.  d.  ge- 
richtl*  Aledic.  S.  372«.Anm»  **)  beistimmende  Meinung,  bis  er 
auf  eigne'  Hinreichende.  Beobachtungen  hinzuweisen  im  Stande 
sejn  werde. 

Sehr  zu  bedauern  ist  es,  dafs  deif  Vf.  .sich  nicht  umständ- 
licher über  diesen  vKchtigen  Gegenstand  ausgelassen  hat  und  dafs 
er  sich  noch  nicht  auf  hinreichende  Erfahrung  beziehen  konnte. 
Kec.  hat  schon  bei  einer  anderen  Gelegenheit  (in  der  Recensioa 
von  Henke's  Lehrb.  d.  gericbtL  Medic.  2te  Ausg.  Heidelb. 
Jahrb.  i8ao.  H.  7.  S.  632— 63a«)  angegeben,  welchen  Werth 
er  ai^ch  hei  der  gewöhnlichen  Lungenprobe  auf  die  Berücksich- 
tigung der  Schwer.e  der  Lungen  lege«  Da  aber  die  von  ihm 
verth^idigte  Ansicht  neuerdings  wieder  bestritten  wordeh  ist  und 
der  streitige  Gegenstand  bei  der  Beurtheilung  der  von  unserem 
Verf»  vorgeschlagenen  .neuen  Lungenprobe  ebenfalls  in  Betracht 
kommt ,  will  Rec.  sich .  hier  noch  etwas  näher  darüber  auslassen. 

In  seinen  Bemerkungen  über  Henke's  vieiten  Einwurf 
gegen  die  Lungenprobe  hatte  er  als  den  schwierigsten  Fall  den 
anerkannt,  wo  es  sich  fragt,  ob  das  Schwimmen  durch  Einbia* 
sen  von  Luft  bewirkt  worden  sej«  Mit  Recht,  äusserte  er  wei- 
ter, sey  von  Schmitt  und  Henke  bemerkt  worden,  dafs 
hier  manche  von  Metzger  und  Anderen  angenommenen  Unter- 
scheidungszeichen, als  die  angebliche  Unmöglichkeit  der  vollkom- 
menen Ausdehnung  der  Lungen  und  der  Mangel  des  ^knisternden 
Geräusches  keinesweges  sicher  sejen.  Aber  (ausserdem  dafs  das 
künstliche  Aufblasen  der  Lungen,  selbst  von  geschickten  Acuten^ 


lao    X  Bernt  üb.  die  hydrostatische  Lttügenprobe. 

▼btgenbmmen,  schwer  gelingt)  verdiene  ein  Hauptpunkt*  Met 
eine  nähere  BerudLsicbtigüng ,  der  wmigstens  oft  Aufklärung 
geben  kann,  'nämlich  die  mit  dem  Athmen  eintretende.  Anfiiliung 
der  Blutgefässe  der  Lungen  und  deshalb  grosserd  Schwere'  der** 
selben,  daher  auch  die  Plouc^etsche  Lnugenprobe,  wenn  auch 
sonst  Manches  dagegen,  erinnert  werden  könne,  als  ein  Hüifs* 
nittel  zur  Aufklärung  dieses  Punktes. immer  wichtig  sej. 

Hiergegen  hat  nun  Henke  (Zeitschr.«  H.  4*  S»  224»)    be« 
hauptet,  dafs  derjenige,  wer  Schmitt 's  und  Lecieux.  Tabellen 
über    das  Gewichtsverhältnifs   der  Lungen    zu   dem  des  ganzen 
Körpers ,   so   wie   über   die  absolute  :Scfawere  •  d^selben  ansehe, 
sich   wohl  überzeugen   werde ^  >dafs  Ploiutcjuets  Methode  zu 
keinem   sicheren   Resultat  fähren  ^  könne.     Wie  s  hr  Rec^  schou 
früher  Schmitt's  Versuche  und   Erfahrungen   für  der  Beachtung 
werth  gehalten  habe,  geht  aus  ieineo  früheren  Aeusserungen  her-* 
vor.     Hätte  er  nicht  auf  sie  Rücksicht  genommen,  ^o  würde  er 
den  von  dem  künstlichen  Aufblasen  der  Lun^n  hergenommenen 
Einwurf   für  weit   wenig^er  bedeutend  und  Pioucquets-  Lungen* 
probe' für  weit  allgemeiner  entseheidond  cjrklärt  haben.-  'Da-  ihm 
indessen  bei  unpartheiischer  Prüfung'nicht  genügen  konnte,  wenn 
aus  Schmitts  Erfahrungen  blofs  das  angeführt  wird,  was  die   von 
ihm  nie  geläugnete  schwache  Seite  der  Ldugenprobe  darthut,  da 
er  es  bei  einem  so  schwierigen  als  wichtigen  Gegenstande  für  nö- 
thig  hielt,  alles  das,  was,  wenn  auch  nicht  immer,  doch  manch- 
mal Aufklärung  geben  kann,  zu  berücksichtigen,  führte  er  nicht 
blofs  das  von  Schmitt  selbst   aus  seinen   Versuchen   gezogene 
Resultat  an,  dafs  ein  reifes  Kind,  bei  welchem  das  Gewicht  der 
Lungen  mehr   als   4  Loth  3^  Drachme  beträgt,  geathmet  habe, 
sondern  fügte  auch  noch   das  von   Wildbergs  Beobachtungen 
hinzu,   welcher  nämlich    das  absolute  Gewicht  der  Lungen,   die 
(nach    anderen    Anzeigen)    geathmet   hattenf,    nur    einmal    aa^ 
Drachme,    sonst    immer    höher   fand.      Dagegen   wird   nun   von 
Henke  bemerkt,    dafs,  w^ie  auth  Schmitt  schon  selbst  erinnert 
habe,  unter  25  reifen  Kindern,  mit  «deiien  er  Versuche  anstellte, 
nur  vier   waren,    deren  Lungen    diteem  Gericht  entsprechen, 
dafs  bei  21  Kindern  die  Frage  nach  diesem*  Maasstabe  uneutschie* 
den  blieb,   weil  das  Gewicht  ihrer  Lungen  mit  dem  von  noto- 
risch   todtgebornen    zusammenfiel,    und-  dafs    in    Ansehung  der 
vorzeitig  geborncn  Kinder  die  Beachtung  der  absoluten  Schwere 
der   Lungen  noch  seltener  Aufschluis  gewähren  'würde.     Dieses, 
zusammengenommen    mit   den   bekannten   aligemeinen  Einwürfen, 
welche  der  Blutlungenprobe  entgegenstehen,  werde  wohl  genü- 
gen,  um   die  von   ihm   als   Lehrsatz  aufgestellte  Behauptung  zu 
rechtfertigen;  dafs  der  Gcrichtsarzt,  auch  h^\  der  gröfsten  Vor- 
sicht und  unter  Berücksichtigung  aller  Verhältnisse,   das  gesche- 


J.  3emt  üb. .  die'  hydrostatische  Lungaopröhet    tat 

'  t  ,  Y  ' 

kene  Lnfteinlilasen  aus  piiysiscKen  Merkinälen  nie  (?)  miiSiclier» 
beit  erweisen  I  sondern  höchstens  esilur  als  wahrscheinlich  ver«- 
muthen  könne*  Allein  einen  so  durchaus  für  die  Lumgcnpfobe 
iingäastigen'  Schiulis  ^^  dafs  dieselbe  nämlich  hier  nie  Aiifklarung; 
gebe,  können  wir-  aus  den  angeführten  -Erfahrungen  taicbt  zie* 
hen  und  hat  auch  Schmitt  selbst 'nicht  .gezogen,  indem  er 
{S,  i4a*)  deil  Gewinn,  der  aus  diesen  Resultaten  für'  die  Prai^is 
der  gerichtlichen  Mcdicin  zu  ziehen  sej,  ^war  nur  für  äusserst 
gering  äusglebt,  aber  doch  nicht  ganz  laugnet,  auch  (  S.^  252. 
nr.  IS.)  die  'Möglichkeit  zugiebt,  dafs  das  künstliche  Aufblasen 
im  Gegensatze  nrif  der  vollkommensten  Kespiiation  durch  die 
Athemprob«  und  Blutlungenprobc'  yom  Zustande  des  Athmens 
SU' unterscheiden  se^,  und  (S.  f47*)  lutt  Jäger  glaubt,  dafs 
die  Ploucquetsche  Lungen  probe  bei  keiner  gerichtlichen  Unter- 
suchung dieser  Art  unterlassen  werden-  soljte,  weil  sie  eine  £f^ 
scheioung  bezielet,  die,  in  sofern  sie  über  vor^ega'n]^öne- Respi- 
ration dann  doch  einigten  Aufschlufs  geben  kann,  immer  beach- 
tet zu- werden  verdiene.  \      '    * 

Ueberdem  müssen  wir  ab^er'  zur  richtio^ereti  Beurtheiluns: 
des  8P&S  ]6nen  •  Erfahrungen  gezogenen*  Result^tels  ^noch  auf  Fol- 
gendes aufmerksam  ^  machen.  ,Was  erstens  die  2 1  Kinder  be- 
trifft, bei  denen  das  Cewicht  der  Lungen  weit  unter  4  Lolk 
3f  Quent  war  oder  nach  Schmitts  Angabe  mil  deni  vonTodt- 
gebornen  ^usammenfi«! ,  so  waren  es  entweder  solche,  die 
schwach  athimeten,  oder  lange  nach  der  Geburt  üieht  zum  Ath- 
men  kommen 'konnten,  wenig  schVieen  und  deren  Lungen  auch 
nidit  gehörig  schwammen.  Ja  eines,  dessen  Lungen  nach  dem 
XXXII.  Versuche  nur  2  Lölh  1 5  Gran  wogen,  war  lebeni^ 
schwach  geboren,  mit  vieler  Mühe  wieder  zum  Leben  erweckt 
und  verschied  gemachsam  a^'Stutlden'nllch  der  Gebullt,  ohne 
einen  starken  Laut'  von'  sieh  ^ gegeben  zu  haben,  die'  Lungen 
schwammen  nicht  vollkommen  und  besonders  äu^s<irte  det  untere 
Lappen  der  liifken  Lunge  eine  starke  Tendenz  zum  Linken  und 
erhielt  sich  nur  nothdtiritig  mit  der  Oberfläthe  des  Wassers  gleich. 
Ein  anderes  (XXIX.  Versuch),  dessen  Gewicht  überhaupt  auch 
nur  4|;a,%'>  ^^^  ^^^  Lungen  aber  3  Loth  weniger  4  Gran  be- 
trug, war  ebenfalls  lebensschwach  geboren  und  -Während  dem 
Gebrauch  der  Belebnngsmittel ,  nach,  einigen  Athem'zügen,  vol- 
lends gestorben  Oder  es  waren  schwächliche,"  sehr'  mittelmäs- 
sig  genährte,  magere,  zart  organisirte^  nur*  4  %>  wiegende  Kin- 
der (Versuch  XLII.  XCI.  L.^  und  in  einem  PdUe  (Versuch 
XXXIX.)  h^te  das  Kind  wahrscheinlich  'einenf  beträchtlichen 
Blutverlust  durch  den  Nabel  erlitten.  Eben  so  ist  zweitens  in 
Ansehung  der  ai^f  der  4ten  Tabelle  angeführten  todtgebornen 
reifen  JCinder,  deren  Gewicht  dem  der  lebendgebornen  reifen' 


isa   J«  Benit  üb.  die  hjrdrostaiische  Lungenprobc* 

Kinder ,  die  geathmet  haben,  niher' kam^  Masdies'  zu  erinnern. 
So  zeigten  z.  B.  in  dem  VI.  Versuche  die  Lunten,  ei^e  Yor  sich 
gegangene  unvollkommene  Respiration  an,  erhielten  sich  im  Was- 
ser mit  und  ohne  Herz  in  der  Höhe  etc.^  oder  es  hatten  sieb 
schwache  Bewegungen  des  ^  Herzens  geäussert  und  die  Lungen 
waren  (freilich  nachdem  unter  den  Erweckungsmitteln  auch  Luft- 
einblasen versucht  worden)  vollkommen  ausgedehnt,  dunkel  ro- 
seuroth,  schwammen  mit  und  ohne  Herz  vollkommen  und  aus 
den  Verschnittenen  Stellen  drang  ein  schaumiges  Blut  hervor 
(Vers.  X.),  oder  es  war  in  den  Lungen  wenig  oder  kein  Blut 
zu  bemerken  (Vers.  XXI V^  XXXIIL),  oimi  sie  waren  leberarti^ 
(Vers.  XXXVIII.),  oder  es  war  auch  yerhaltnilsmässig  das  Gewicht 
des  Körpers  grösser  7  %•  ^o  hoili  (Vers.  XLVIL)  oder  das 
Kind  selbst  bis  zur  Monstrosität  dick,  fett  und  ansehnltck,  einem 
ein  Jahr'  alten  ähnlich  und  wog  8  $•  ^4  Loth ,  die  Lungea 
4.  Loth  1  Quent,  oder  die  Lungen  waren  .ungewöhnlich  mit 
Feuchtigkeit  angefüllt  (Vers.  XXXI.  LXXV.  XCVIL).  Wenn  also 
auch  in  den  angeführten  Fällen  das  Gewicht  der  Luugen  von 
Lebendgebornen  dem  von  Todtgebornen  sich  nähert  oder  damit 
j^usammenfällt,  so  möchte  doch  aus  den  eben  gemachten  Bemer- 
kungen steh  ergeben,  dafs  dies  nicht  etwa  einer  gänzlichen  He« 
gellosigkeit  in  .der  Bildung  der  Lungen  zuzuschreiben ,  oder  als 
,  ein  Bew^s  ^egen  die  Möglichkeit,  das  absolute  Gew^icht  der 
Lungen  reifer  und  gesunder  Kinder  genauer  zu  bestimmeD, 
anzusehen,  sondern  meistens  aus  den  individuellen  Verhältnisseo 
jener  Fälle  woU  zu  erklären  ist.  Da  Lecieux  nicht  ^n^e  seiu 
.Vorgänger  Schmitt  (den  er  nicht  gfsnannt,  auch  wenigstens  in 
seiner  in  mancher  Hinsicht  w.^niger  grundlichen  Arbeit  sich  nicht 
zum  Muster  gjßnommen)  seine  Tabellen  mit  einer  so  genaucu 
Darstellung  der  bei  den  einzelnen  Versuchen  beqbaclitclen  spe* 
ciellen  Verhältnisse  begleitet  hat,  können  wir  den  Grand  der 
aut  denselben  vorkomivend^n  Abweichungen  nicht  näher  nach- 
weisen. Andere  Beobachtnngen,  z«  B.  die  oben  angeführten  von 
Wildberg  (die  Henke  freilich  nicht  berücksichtigt)  haben 
aber  schon  ein  günstigeres  Resultat  gegeben,  was  auch  Reo.  bisher 
bei  seinen  Versuchen  «bestätigt  gefunden  hat.  Uebrigens  hat  auch 
Schmitt  selbst  (S.  139 — 4o*)  schon  gestanden ,  dafs  die  Ge* 
Wichtsverhältnisse  desto  stabiler  und  normaler  würden,  je  mehr 
der  Reifegrad  der  Kinder  zunimmt,  und  auch  Marc,  der  in 
der  Abhandlung  Docünasie  pulmonaire  im  Dictionn,  des  scicnc. 
med,  T.  X.  die  Beobachtungen  von  Lecimx  oder  dessen  Pracses 
Chaussier  sowohl  als  die  von  Schmitt  wohl  beobachtet  hat,  fu^ 
doch  die  Bemerkung  hinzu:  i^Nonohstant  Vincomhmce  des  rap^ 
Sports  que  fournii  Vdpreuife  de  Plaucquetj  äs  sont  ^  lorsqu'on 
^opere  sur  des  foetus  d  Urme,  detfls  le  fUu  grand  »omire  da 


J/Bernt  fib/diö  Üydrosfatiscl^  Lüägenprobe.    i23 

^asid  p€u  pris  tes  que  Pmt^enieur  de  ce  proc^i  Us  dtalUt.^ 
Hiernach  möchten  wir  die  Sache  auch  noch  nicht  für  abgethaa 
4)alten,  s^ondem   zur  Fortsetzung    solcher    Versuche    ^muntern* 
jSolIte  auch  nur  £iir  die  genauere  Bestimmung  des  absoluten  G^ 
richte»  der  Lungen  reifer  und  gesunder  Kinder  ein  günstigeres 
AtisUltat  erhalten  werden ,    so  wurde  das  immer   wichtig  sejn 
(wie  auch  neuerlichst ^A.  Meckel    [Lehrb.   d.  gerichtL  Medic« 
«S*  ^^7*  ***]   anerkannt  hat),  wenn  gleich  auch  die  Ploucqueti- 
«cbe  Longienprobe  in  Fällen  ^  wo  das  Athmen  wegen  Schwächci 
-Schleim  etc.   verhindert .  worden  ist,   keine  hinreichende  Aufklä- 
rung geben   kann.     Wo  aber  Abweichungen,  gefupden  werden, 
ist  wohl  ftu  untersuchen,   ob   sie  durch  individuelle  Verhältnisse 
des  Grades,   des  Wachsthums  und  deir  Ausbildung  des  Kindes, 
der  kranken  Beschaffenheit,  der  Hindernisse  der  Respiration  und 
der  Todesart  veranlafst  worden,  in  welchen  Verhältnissen  wenig- 
stens Wildberg   (Handb.  §.  a64«  ^)  allemal  den  Grund  der 
^weichung  gefunden  zu  haben  versichert. 
,         So  wie  wir  deamach.noch  immer  der  Meinung  sind »   dafs 
•fs<  wichtig  sey,  neben  der  älteren  hydrostatischen  Lungenprobe 
wdie  Ploucquetische  vorzunehmen,    so   geben  wir   auch    gern  zu, 
■dafs  die  vorgeschlagene  neue   Lungenprobe,  welche  neben  dem 
Schwimmen  oder  Untersinken  der  Lungen  zugleich  den  Umfang 
■und  das    absolute   Gewicht:  derselben  berücksichtigt,  Beachtung 
verdiene«   Qb  sie  aber  mehr  leisten,  werdey  als  die  frühere  Lun«- 
^enprobe^  wenn  dabei  nicht  blols.  auf  Jas  Schwimmen  oder  Un- 
tersinken der  Lungen,    sondern  auch  auf  andere  Erscheinüngeii 
ün    denselben   jUnd .  den  benachbarten  Theilen ,    welche   auf  das 
Athmen  Bezug  habfin,  gesehen  und  die  Ploucquetische  Lungen- 
probe  damit   verbunden  wird,    lassen  wir  noch   dahin   gestellt 
sßjjXm     Dafs  anch  das  .  Ausfüllen  •  dec    drei  doppolten   Columnea 
und  die  erforderliche  Einri-.'htung  des.Gefasses  für  den  künftigen 
forensischen  Gebrauch  eine  höchst  mühsame  Arbeit  sej,  die  mit 
der   Untersuchung  von  neun  Mädchen-  und  eben  so  viel  Koa- 
benleidhon  bei  wettern  nicht  abgethan  ist,  sondern  4ie  den  Ver- 
such mit  mehreren  Hunderten  erfordert,  um  in  jeder  Columnen- 
^btheilung  den  höchsten   Standpunkt  zu  finden,  unter   den   dio 
untergeordneten,  welche  die  vorkommenden  Di^erenzen  darbie«- 
teil,    fallen  müssen,  bat  der  Verfass.  in  seiner  .bald  nach  dieser 
Schrift   herausgegebenen   Anleitung   zur  Abfassung    miedicinisch* 
gerichtlicher  Fandscheine  und  Gutachten,  Wien  i8aa.  8.  S«  a49* 
Anmerk.   selbst  bemerkt.    Jedoch  will  er  sich  diesem  Geschäft 
mit  Freuden  unterziehen,   da  seine  Amtsvtrbältni^e  ihm  hierzu 
dlie  günstigste  Gelegenheit  darbieten,   und  wir  sehen  daher  um 
so  mehr  mit  Verlangen  der  Mittheilung  seiner  ferneren  Beobach- 
tungen entgegen.    Diese  v^  erden  auch  am  besten  nicht  nur  über 


X 


ta4   ^  Berat  üb,  die  bj^drosiatische  Longenpi^^he. 

die  Richtigkeit  oder  Unsicherliett  d^r  TorHlüfig  genncbten  Be- 
BeichnuiJgeo  edtsciieidea,  '  sonder»  d^n  Verf.  i vielleicht'  anch  zu 
manchen  angemessenen  Modificationen  seines  Vorschlag^es  bestim- 
men. >o  sind  auch  sdiön  in  < dem.. sonst  ühmlichea  Vorschh^e, 
welchen  neuerdings  Wildberg  im  Anhange  zu^^setDca  Rhap- 
sodien aus  der  gerichtlichen  Arznei  Wissenschaft  gemacht  hat,  meh- 
rere Modificationen  angegeben/  iv(H*auf  bei  der  Anzeige  jener 
Schrift  nähere  Rücksicht  genommea  wd*den  solL«. 

Hiernach  läfst  sich   der  Verf^  (S^  54.  K)   noch   «ber  die 
Fälle  aus,  in  denen  die  Lungenprobe  über  das  Leben   des  Kin- 
des  nach   der    Geburt  Aufschlüfs   geben   konneb     Beröcksichtigt 
man  nämlich   bei  der  Vornahnse  dieser  'hjdrostatbcheti  L'ungen- 
pröbe  da»  durch  eine  'Wa^e  'zu'  erforschende«' GeWi cht  des   Kör- 
pers^ der  I^ungen  tind  Lcbcrj  den  Umfang  des  Brnstkorbes,  den 
Stand  des  Zwerchfelles,   den  Umfang,   die  Farbe ^  die  Derbheit 
oder  'Auflockepung,    den-' Blutgehalt,  die   gesande  oder   kranke 
Beschaffenheit,  das  Knistern*  oder^Nich tknistern«,  d^s  ScKivimmea 
oder  Untersinken  -  der  Lungen  mit  I  und  ohne  Her«,  für  'Sich  allein 
und  in*  Stücke  Aerschnitten>j  «nd   alles  'dasjenige,   was   bei  der 
bisher  gebräuchlichen  Schivimmprohe'  zu  beobachten  •vorgeschrie- 
ben ist,   ohne  im- Falle  der.NicIitiibcreinsttmiiiiung  der  sämmtli- 
chen  Erscheinungen   auf  d4s'>Sehwimmenf  und  Untersin- 
ken   der   Langen   mehr  We'rth  zu  legen,  als  auf  die 
Veränderuftgen  des  Umfanges    und    absolüt^en  Ge- 
wichtes, so  werden  wir  (S.«'56.;' im  Stande  seynf  ^ie  gros- 
sere Zahl  der  Fingangs  er  ^ -ahnten,  der  SchwimmproÖe  «dt  Recht 
cur  Last' gelegten   Mängel   zii   beseitigen  und  die    Ffage:    Ob 
ein    Kind   nach   d^r  (jcb^rt  gelebt  hab^^oder  nicht? 
in  folgeriden  Fallen  mit  Sicherheit  vor  jeder  •  l^iCtrschung  zu  be- 
antwortet/:  I.  wenn  bei  elnieml' lebe ild« zur  W^lt  gekom- 
menen 'Rind'e-  hj  nur  ein   unvdllkömtaien^s  Athmen  Statt  ge- 
fuddieh  hat;* dann  :uenn  c)  dai'Specißsche  Gewicht  der  Lungen 
durch  Ahsamitflung  voA  Si^hleim,  Eher,  dureh^sktrHudse'  Knoten, 
Entzündung   vermehrt'  worden*  ist}  'wenn    O^^^'dem^  todt   zur 
Welt  Werke WtnetaeW  Ki'nde    ej  in  die  Lttn^en' Luft   ein^e- 
blasen  Word eä   ist ^    Wentt-y^jlslich   auf  der  Oberfläche    oder   in 
der  Westetiheit'der   Lungfcö  durch  Krankheit  odef  Fäulnifs  Luft 
^entwickelt',' und 'dieSe  ditfselberi  ^chw'ttomfähig  getnatht  bat.  Nur 
über  folgernde  tP^ei  Falle  kann  {S»  SS.)  diese  Lung^hprbbe  kei- 
nen Aufschliifs  gfeben':  dj)  ^  werih*  dlis  Kind  nach  der  G  eburt  zwar 
willkühAich*     Betwegungcii '  g^bsi^ert    hat,     aber»    riWit    Athem 
schöpfen  konnte;    weön   Jj  däisselbe'  im  Mutterleib^',   oder   vor 
völlig  beendigter  Geburt'  ^ini|[e  Athc^zu>e  geiiacht  und,   bevor 
es  noch  geboren  worden,-  gestorben  ist. 


J.  Berat  ftK^die  hydrosteitiäch^  LuogMprobe.    125 

Vther  diese  Falle  l>al  der  Vcrf»  hierauf  (S.  5S  ff.)  ndcli 
nelirere  Beiherkungen  mitgetheüt^  die  Beachtung  verdienenv  und 
'worüber  wir  •  uns  hier  'noch  mk  weiterer  Rücksicht  "auf  Hen^ 
ke's  Einwürfe'  und  dessen  auf  unsere  frühere  Bemerkungen  über 
dieselben  I  «ich  beziehenden  Erinnerungen  äussern  wollen. 

In  Biszug  auf  den  Fall,  wo  das  neugeborne  Kiud,  obgleich 
es  den  Zeitpunkt  der  Lebensfähigkeit  erreicht  hat,  wegen  nicht 
normaler  Beschaffenheit  der  Lungen  und  der  benachbarten  Theile^ 
als  wegen'  Bildangsfehler  derselben,  oder  AtiffiUung  des  Mun- 
deSj  der  Nase  und  der  Luftröhre  mit  Schleim,  nicht  athnien 
kann  (welcher  unter  Henke's  erstem  Einwurfe  §.  621^: 
dafs  die  Lung^nr  und  Athemprobe  nur  aösmitteln 
könne,  ob  das  todtgefunden^e  neugeborene  Kind  ge- 
dthmet,  nicht  aber,  ob  es  nicht,  ohne  itt  athmen, 
dennoch  uadh  der  Geburt  gelebt  habe,  angefahrt  wird), 
bemerkt  der  Verf.  (S.  66.)  mit  Recht,  dafs  Fehler  dieser  Art 
bei  der  ohnehin  niemals  zu  vernachlässigend eb  Untersuchung  die- 
ser Theile  leicht  au&zumitleln  und^'somit  als  von  dem  bösen 
Willen  der  Mutter  ganz  unabhatf^ig^e  -Hindernisse  des  Athemho- 
lens  zu  ](>etFachten  seyen.  '     ;  ' 

Auch  über  die  unter  demselben  Einwurfe  angeführten  Fälle, 
-wo  das  lebend  geborene,  der  Reife  nahe  oder  reife,  Kind  durch 
die  Niederkunft  in'  einem  Bade,  unter  einer  Bettdecke,  durch 
das  Eintauchen  des  Kindes  ins  Wasser,  durch  das  Zuhalten  des 
Mundet  und  der  Nase  nach  geborenem  Kopfe,  durch  die  Ge- 
burt in  seinen  Hauten,  somit  durch*  sträfliche  Handlungen  und 
Unterlassungen  der  Mutter  gehindert  worden  ist,  Athem  ;^ 
holen,  hat  der  Verf.  mehrerei  Beachtungswerthe  geäussert.  Das 
N^iederkommen  in  einend  Bade  setzt  nämlich  (S.  52.)  grosse  Ver-. 
;chlagenheit  von  Seiten  der  Mutter,  den  Rathschlag  und  Bei- 
^and  anderer  Menschen  vorafni,  welchen  sich  nur  Weibsperso- 
len  aus  den  bemittelten  Stauden  ^i^o  der  Kindesmord  selten  ist) 
verschaffen  könnten.-^  Das  warme  Bad  wurde  das  lebende  Kind 
sben  so  wenig,  alis  eine  nicht  fest  zusammengedrückte  Bettdecke 
lindern,  dem  Bedürfnifs, 'Athem  zu  holen.  Genüge  zu  leisten 
ind  dann  im  ersten  Falle  Wasser  statt  der  Luft  einzuziehen,  so 
Lafs  b<^  aufmerksamer  Untersuchung  im  ersten  Falle  die  Merk- 
aale des  •  etngeathmeten  Wass/ers ,  im  zweiten  aber  die  Kenn- 
eichen der  statt  gefundenen  Respiration  wahrzunehmen  sejn 
vurd^n."* —  Das  Untertauchen  des  Kindes  ins  Wasser  gleich  nach 
ler  Geburt  wird  ineistens  zu  spät  kommen,  da  die  Kinder  ge<« 
leiniglich  schon  zu  athmen  beginnen,  v^enn  sie  bis  an  die 
j  iiften  g'eboreu  sind ,  oder  es  '  wird  im  Wasser  Athem  zu 
ölen  versuchen  und  die  gertthtlibhe  Untersuchung  daher 
en    Tod   des    Kindes'  im    Wasset  «luzttmitteln  haben.  -—  -^ 


i36   J.'Bernt  üb«  ditf  hydrostatiächet  Langenprobe. 

An    anlialtendem    ZuhalUn    deii  Mundes    nnd   der  Nase    itv  er- 
den  Gebärende    durch  den  Drang  der  Weben,    dureb    Kräm- 
pfe,  Obnmacbl  und   Besinnungslosigkeit  gebindert    werden;    es 
werden    aucb    Kindec,    die    auf    diese  Weise    einige    Zeit   am 
Atbmen  gebindert  worden,  wieder  aufleben;  nnd  wenn  das  Zu- 
halten des  Miindes  und  der  Nase  mit  rpber  Hand  lange  und  bis 
xnm  Tode  des  Kindes  fortgesetzt  worden,  so  werden  bleibende 
Eindrucke  davon  an  der  Leiche  zu  bemerken  seyn.— *   Die  Ge- 
burt eines  reifen,  oder  der  Reife  nahen,  Kindes  in  seinen  Hauten 
ist  (S,  64-)  an  und  für  sich  eine  so  seltene  Erscheinung,  dafs  durch 
sie  zuweilen  in  anderer  Hinsicht  wohlerfahrene  Hebammen  über- 
ijp^ischt,   und  in  den   ersten  Augenblicken  verleitet  worden  sind, 
solche  Fruchte  fiir  Mifsgeburten  zu  halten.'    Käme  einst  eia  sol- 
cher Fall  in  der  medicinisch-*  gerichtlichen  Praxis  vor,  so  wurde 
ein  solches  Kind,  da  eine  heimlich  gebarende  und  das  Aussetzen 
des  Kindes  im  Sinne  führende  Mutter  wohl  schwerlich  mit  dem 
Tcrlarvtcn,    ihr    räthselhaften.    Abgange  nähere  UntersucbuDgeu 
austeilen  wird,  noch  in  seinen  Häuten  eingeschlossen  zur  gericiit- 
lichen  Untersuchung  gelangen,  und  den  Gerichtsarzt  in  den  Stand 
setzen,    Gründe  dafür  auszumitteln  und  aufzustellen:    Ob  HofE- 
nung  zur  Belebung  des  in  seinen  Häuten  eingeschlossen  zur  Welt 
gekommenen  Kindes,   wenn  diese  bei  Zeiten  geöffnet  und  Bele- 
bungsversuche vorgenommen  worden  wären,  vorhanden  ^?ar  oder 
nicht? 

Was  die  zuletzt  betrachtete  Geburt  des  Kindes  in  den  un- 
cerrissenen  Häuten  betrifft,  so  ist  es  längst  anerkannt  ^worden, 
dafs  die  Lungenprobe,  die  nur  anzeigt,  ob  ein  Kind  geathmee 
habe  oder  nicht,  in  solchei^  Fällen  über  das  Leben  keine  Auf- 
klärung geben. kann,  Rec.  hatte  indessen  schon  bei  derBetracK' 
tung  von  Henke's  erstem  Einwurfe  in  Erinnerung  gebracht,  dals 
nicht  nur  solche  Fälle  höchst  selten  sojen,  sondern  daüs  dabei 
auch  im  Falle  eines  Kindermordes,  wie  schon  H aller  bemerkt 
habe,  die  Spureu  von:  Gewalt  und  Beschädigung  zu  beachten 
sejen.  Hierauf  hat  nun  Henke  (Zeitschrift  1621  H.  3.  S.  8.) 
erwiedert,  dafs  auch  der,  wenn  auch  höchst  seltene,  Fall  vor- 
kommen  könne,  wo  die  heimlich  gebärende  Mutter  das  lebende 
Kind  in  den  unzerrissenen  Häuten  zur  Welt  bringt  und  es  ster- 
.ben  läfst,  indem  sie  es  nicht  von  den  Häuten  befreit,  und  yro 
dann  auch  keinesweges  Spuren  von  Gewalt  und  Beschädigung 
sich  finden  würden,  die  Lungenprobe  aber  ausweisen  werdcp 
dals  das  Kind  todtgeboren  sey,  weil  es  nicht  geathmet  habe. 
Wenn  aber  doch  einmal  alle  möglichen  Fälle  beachtet  werden 
sollen,  so  wird  man  biliigerweise  auch  zugestehen  müssen,  dafs 
der  angeführte,  ohnehin  höchst  seltene,  Fadl  sich  uberdem  noch 
so  verhalten  könnci  wie  es  Bernt|  wenn  ^ucb  nvohl  ^u  all« 


J.  Bemt   all/  äie  hydi*ostatische  Lxingeapvobe.    127 

gemein,  voraussetzt y  dafs  nämlich  das  noch  in  den  Hau« 
t-en  eingeschlossene  Kind  der  Untersuchung  des  ffe- 
ri  ehelichen  Arztes  d^r^eboten  werde,  wo  dann  wenig- 
stens an  die  nach  HeuLe  dnrch.  die  Luogenprobe  zu  veranlas- 
sende Täuschung  nicht /zu.  denken  ist«  Wenn  aber  auch,  wie 
•wir  schon  bemerkt  haben,  die  Voraussetzung  von  Bernt  zu  all- 
gemein seyn  mag,  wenn  dagegen  auch  der  Fall  vorkommen 
kann,  wo,  das  in  den  Häuten  geborene  und  gestorbene  Kind 
ohne  diese  untersucht  werden  müste,  so  würde  die  '  Lungen- 
probe freilich  nicht  das  Lebea  des  Kindes  anzeigen  könhen ;  aber 
mach  unserer  Ansicht  würde  sie  nicht  gerade,  wie  Henke  behaup- 
tet, nachweisen,  dafs  das  Kind  todtgeboren  sey.  Rec/hat  viel- 
mehr in  Bezug  aUf  solche  Fälle,  w,o  nach  Metzger  der  Arzt 
den  sichersten  Weg  gehen  s(^ll,  wenn  er  das  Kind  iüt  todto'e^ 
lioren  oder  unter  der  Geburt  gestorben  erklärt,  indem  er^'so- 
nur  die  Inquisitin  begünstigen  köfme,  gesagt,  dafs  es  der  Wahr- 
lieit  angemessener  sej,  hier  als  Resultat  der  Lungeuprobe  anzu- 
geben, dafs  das  Kind,  wo  nicht  todtgeboren/  doch  in  einem 
Zustande,  wo  es  nicht  geathmet,  gewesen  sej.  So  vvie  man 
aber  das  Unmögliche,  dafs  die  Lungenprobe  auch  das  Lehen 
ohne  Athmen  anzeige,  nicht  von  ihr-  verlangen  kann,  so  soll^ 
man   deshalb  auch  ihren  sonstigen   Werth  nicht  zu  sehr  herab- 


setzen. 


In  Bezug  auf  den  in  Henke's  zweitem  Einwurfe,  dafs 
die  Lungenprobe  keinesweges  das  Athmen  d^s  Kin- 
des nach  der  Geburt  unbedingt  beweise,  da  das 
Kind  auch  schon  vor  und  während  der  Geburt  ge- 
athmet habdn  könne,  vertheidigten f^a^iVuj  uterinus  hat  sich 
der  Verf.  (S.  66.)  für  die  Meinung  erklärt,  wie  sie  in  dem 
Gütachten  der  wissenschaftlichen  Deputation  für  das  Medicinal- 
Wesen  im  Minist  d.J.  über  zwei  auf  Kindermord  sich  bezi^ 
hende  Fragen  (in  Kleinschrod's  n.  Arch.  I.  3*  S.  442.  ff.  u.  d. 
Jahrb.  f.  d.  preuss.  Gesetzgeb.  von  v.  Kamp|z  H.  XIV.  S. 
*99-  ff')  geäussert  wird,  wornach  diese  Erscheinung  selbst  nur 
in  solchen  Fällen  einer  zögernden  Geburt,  wobei  Manualhülfe 
geleistet  wird,  vorkommen,  nicht  aber  bei  den  verheimlichten 
Geburten,  welche  rasch  und  ohne  fremde  Hülfe  vor  sich  gehen 
anzunehmen  sejn  soll.  Auch  von  dem  Rec.  war  schon  hei  der 
Würdigung  von  Henke's  zweitem  Einwurfe,  nachdem  er  die 
allgemeine  Bemerkung  über  den  Vagitus  uterinus  vorausgeschickt 
hatte,  dafs  derselbe  doch  wenigstens  nur  selten,  unter  dazu  be- 
sonders günstigen  Umständen  uiid  wohl  nur  bei.  zögernder  Ge- 
burt vorkommen  möchte,  jenes  Gutachten  angeführt  worden» 
Hierdurch  wurde  nun^  Henke  veranlafst,  dies  Gutachten  einer 
umstündlicheo  Prüfung  su  unterwerfen  (Zeitschr.  iSai*  H.  3. 


ifkS   X  Bemt  üb.  die  hydrostatische  Lungenprobe. 

S*  ii  ff.).  Ohne  dasselbe!  liier  in  aHen  Punkten  vertheidigen  zu 
wollen,  bemerkt  Reo.  nur,  dafs  er  eben  so  wenig  seinen  obea 
angeführten  Satz  über  den  eigentlichen  f^afrttus  uterinus^  als  das, 
was  er  aus  dem  Gutachten  in  Bezug  auf  diesen  angezogen  hatte, 
durch  das  von  Henke  Gesagte  widerlegt  6nde.  Wie  unter 
•ehr  wenig  begünstigenden  Umständen  die  Luft  den  Zugang  zum 
Munde  des  Kindes  finden  könne,  «oll  nach  ihm  (S.  18.}  we- 
nigstens eine  Beobaditung  von  Elias  von  SIebold  (Journ. 
für  Geburtshülfe  eto.  B.  i.  S.  58i.)  beweisen,  welche  die  Mög- 
lichkeit des  Schreiens  des'neugebornen  Kindes  bestätige,  ^wäh- 
rend es'  noch  von  dem  Fruchtwasser  und  den  Häu- 
ten umgjeben  ist  allein  so  wie  wir  in  der  Hinsicht  unseren 
Unglauben  gestehen  müssen,  so  begreifen  wir  auch  nicht,  -wie 
der  Ver£  jetzt  an  das  Athmen  und.  Schreien  unter  solchen  Um- 
atänd^en  glauben  könne,  nachdem  er  doch  selbst  in  seinen  Ab- 
handlungen ans  dem  Gebiete  der  gerichtl.  Medicin,  B.  2«S.  i24' 
geäussert  hat.  »Jeder  Schüler  in  der  Physiologie  weifs  in  110- 
»swen  Zeiten,'  dafs  solche  (die  Respiration  des  Koetus)  bei  der 
»in  den  Fruchthäuten  eingeschlossenen,  von  Fruchtwasser  um- 
»gebenen,. Fracht  .unmöglich  sey.c  —  Uebrigens  ist  Rec.  jetzt 
wie  früher  weit  entfernt  iäugnen  zu  wollen,  dafs  die  Geburt^ 
nachdem  der  Kopf  hervorgetreten  (wo  auch  nach  dem  Gutach- 
ten Athmen  und  Schreien  leichter  Statt  finden  kann  )  auch  hd 
einsam  Gebärenden  verzögert  vv  erden  könne.  £r  wiederholt  indes- 
sen, waS'  er  früher  schon  bemerkt  hat,  dafs,  wenn  auch  ein 
Kind  vor  vollendeter  Geburt  geathmet  hat  und  dann  gestorben 
ist,  die  Lungenprobe  aber  das  Statt  gefundene  Athmeii  darge- 
than  hat,'  doch  deshalb  die  Inquisitin  nicht  schuldlos  gravirt 
werdey  wenn  mau  nur  darauf  Rucksicht  nimmt,  dafs  ja  nun  doch 
iloch  die  eigentl  che  Todesursache  ausgemittelt  werden  mufs, 
vnd  dafs  ein  solches  Kind  auch  ohne  Schuld  der  Mutter  sterben 
kann.  *) 


*)  Was  noch  das  v^n  Henke  hier  (S-  ^5  ff.)  gerühmte  GnN 
achten  iles  vormaligen  Obercollegii  medid  zu  Berlin  vom  jähre 
1803  betrifft,  so  finden  wir  uns  nicht  veranlafst  und  erlaubt  es 
der  Raum  unserer  filüttcr  nicht«  auf  eine  nähere  Beurtheilung 
desselben  uns  einzulassen*  Doch  können  wir  nicUt  verhehlen, 
dafs  lins  in  der  Geschichte  der  Luise  Reichert,  schon  nach  dem 
von  denk  Verf.  mitgetheilten  Anszuge,  Manches  sehr  verdäciiüg 
vorgekommen  ist* 

(Dff  Beschluft  folguy 


f 

ErgamasgSt^Blattisr  d«fieiclfEJb.  JolirlHid.  Literaluri  X., {>« 


y     '       1    »  <  . 


J.  Bernt  über  die  hydrostati^hhe'Lungenprohe. 

{Bescblufs.)    , 

I.  '  '.  '  *  ' 

n  Rücksicht    auf  Henke's    dritten    Einw;urf :    ^afs    da$ 

Niedersinken  der  Lungen  nicht  i^nbcdingt  den  Tod 
des  Kindes  vor  der  Geburt  beweisjen  könne^  weik 
die  Lungen  unter  gewissen  Bedi^ngungen  auch  nie- 
dersänken, wenn  gleicb  das  Kind  eine  geraume  i^^it 
nach, der  Geburt  gelebt  und  geathmet  habe,  war  von 
^em  Rec.  bemerkt  worden;,  dafs  derselbe  ^ich, .  theils  auf  di<», 
ohnehin  höchst  seltenen  und  leicht  zu  entdeckenden,  also,  wi<^. 
auch  Henke  selbst  bemerkt  hat,  die  Lungenprobe  nicht  trug* 
licli  machenden  Fälle  beziehe,  wo  das  Gewicht  der  Lungen 
lurch  krankhafte  Zustände  vermehrt  ist,  theils  auf  die  ßeobach- 
:ungen  solche^  Fälle,  wo  die  Lungen  von.  Ki^ndern,  die- offen* 
kundig  längere  Zeit  nach  der  Geburt  geathmet  und -geschrieea. 
jattcn^  dennoch  im  Wasser  untergesunken  seja  sollen*  '  Die  zu- 
etzt  aiigegebf nen  Beol^achtungea  beträfen  zum  ^ri^i  unreife  Ge* 
;>urten  und  machen  dann  weni^ger  Schwierigkeit.  In  anderen 
Fallen  der  Art  könne  aber  das  nur  schwache,  unvpUkomniene 
^thmen  nicht  die  durch  ein  vollständiges  upd  Wiederholtes 
ithinen  bewirkte  Veränderung  der  Lungen  ;.etc.  , hervorbringei^ 
ind  dann  das  Urtheil  oft  nur  zweifelhaft  sejn. 

Indem  er  auch  diese  Aeu^serung  hier  i^riederholt,-  ist  ,er 
etzt,  wie  früher,  weit  entfernt  der  Lungeyiprobe  in  solchen  Fäl- 
en  mehr  zuzuschreiben ,' als  von  ihr  nach  den , bisherigen  Verr, 
uchcn  erwartet  werden  kann.  Sie  kann  auch  seiner  Ueberzeu- 
;uug  nach  nicht  überall  Aufklärung  geben,  nicht  das  Unmöglich^ 
eisten,  und  es  kann  in  so  mancl'en  Fällen  das  Urfheil  nur  zwei* 
elhaft  seyn.  Aber  auch  von  seiner  Aeusserung  über  den  von, 
» c  h  e  n  k  erzahlten  Fall  kann  er  nicht  das,  Mindeste  zurückneh- 
len.  Henke  hat  in  der  Apmerk«  S.  212.  nur  einen  Theil 
ieser  Aeusserung  angeführt,  nämli<;h  nur  die.  Worte:  dafs  die^ 
«ungenprobe  hier  nicht  vollständig  gemacht  worden  sey,  und^ 
als  sie,  wenn  dies  geschehen  wäre,  wohl  wenigstens  das  un* 
oilkommenc  Athmen  angezeigt  h^en  wurde.  Diesen  Worten 
igt  er  nun  die  Benpej^kung  bei  :  »Gesetzt  .aber  auch^ 
oaan  hätte  mit  den  Stücken  der  zerschnittenen  Lunten  experi* 
menti^t  ijmd  einige  Stückle  «dqs  oberen  Thciles  vom  linken  Lun*. 
^enfUi^el  schwimmend  g^fuildeu ,  so  hätte  dieses  —  in  einem 
Kalle ,  wo  das  Gelebth^b^n>  jdes  jKindes  zweifelhaft  war  —  nur 
partiieUqi  Luftgehalt  angedeutet,  der  eben  so  gut  vom  Luftein- 
blasexiy   ali^'^v^n  uiivollkommene^*  Respiration  herrühren  konnte. 

£rs^.  EL  z.  d.  H.  Jahrb.  d.  L.  L  9.  9 


i3o  J.  Berat,  fib.  die  hjdratfatische  Lmigaxprohe^ 

»Nie  liatte  inf^ro  «lU  dem  ScKwimmen  eines  so  kleinen  Theib 
»der  linken  Lunge  «-  bei  den  widersprechenden  übrigen  Merk- 
»malen  —  der  Ant  das  Leben  des  Kindes  nach  der  Geburt  als 
»gewifs  folgern  konnen.c  Allein  letzteres  ist  auch  von  dem 
Rec,  keinesw^es  behauptet  worden.    Er  hat  vielmehr  den  an- 

Sefuhrten  Worten  die  Bemerkung  beigefugt,  dafs  deshalb 
ef  gerichtliche  Arzt  das  Kind  gerade^  auch  nicht 
für  todtgeboren  habe  erklaren  können,  so  wie  dafs 
nach  diesen  und  ähnlichen  Erfahrungen  er  selbst 
darauf  aufmerksam  machen  müsse,  dafs  unter  sol- 
chen Umstünden  das  Kind  gelebt  haben  könne^  und 
dafs,  wenn  eine  absichtliche  Tddtung  erfolgt  wäre, 
diese  ja  doch  noch  durch  andere  Zeichen  ausge« 
macht  werden  müsse«, 

lieber  Henke's  vierten  Einwurf,   dafs  nämlicb  das 
Schwimmen  der  Lungen  eines  todtgefundenen  Kin- 
des nicht  unbedingt  das  Leben   desselben  nach  der 
Geburt    beweisen   könne,    weil   auch    Lungen,    die 
nicht  geathmet  haben,  schwimmen  können,  hattelVec* 
die  Bemerkung  gemilcht,  dafs  die  Falle,  wo  Fäulnifs  oder  Wind- 
geschwfilste  das   Schwimmen  veranlassen,   leicht  zu   entscheiden 
sejen«    Als  den  schwierigsten  Fall   erkannte  er  den  an,    wo  es 
sich  fragt,  ob  die  Ausdehnung  der  Lungen  durch  das 
Athmen    oder    durch    Einblasen    von    Luft    bewirkt 
worden  sej.    Dieser  ist  nun  schon  obra  (S^iaoffl  ,  wo  von 
der  Wichtigkeit  der  Berücksichtigung  der  Schwere  der  Lungen 
die  Rede  war,  betrachtet  worden*     Ob  jene  Frage  aber  durch 
die  vorgeschlagene  ^eue  Lungenprbbe  immer  so  sicher  beant- 
wortet werden  könne,    wie  unser  Verf«   annimmt,    möchte  vor 
der   Hand  noch  sehr  zweifelhaft  seyu;     Zwar  sagt  er  in  einer 
Anmerk.  S*  'Ais   der  Anleitung  zur  Abfassung  mcdicinisch- ge- 
richtlicher Fundscheine  und  Gutachten,  dafs  nach  den  bisher  von 
ihm  angestellten  Versuchen  die  künstlich   aufgeblasenen  Lungen, 
die  nicht  gieathmet  haben,  den  Wasserspiegel  im  hydrostatischen 
Gefasse  blofs  um  eine  Linie  höher  als  vor  dem  Aufblasen  treiben* 
Dies  vcüirde  allerdings  höchst  wichtig  sejn,  wenn  nur  sonst  schon  die 
Bezeichnung  dieses   Wasserspiegels   über  allen  Zweifel  erhoben 
ti'äre;     Es   hat   indessen  der  Verf*  selbst  die  Bemerkung  beige« 
fiijgt,  dafs,  wenn  ihm  entgegengesetzte  Fälle  dieser  Art  vorkom* 
men   sollten,    auf  sie  Rücksicht  genommen   werden  könne   und 
werde*     Sollte  übrigens  auch   die  X^ungenprobe   nicht  in  allen 
Fällen  der  Art  sicheren  Aufschlufs   geben  können,  SQ  mufs  es 
dann,   wie  Rec*  schDn  früher  mit  Wildberg    §•  272.)  gesagt 
hat,  dem  Richter  fiberlassen  bleiben,  die  £sictische  Gewibheit  des 
geschehenen  Einblaseos,  und- 6b  <fs  fon  anderen  Personen  xuna 


X  Bemti  üb.  die  hydrostatische  LttQge^^  i3i 

Zweck  der  Wiedarbelebang,  odet.,  .was  kauqi  za  giaqben  ist,, 
aus  Bosheit,  oder  ob  es  von  der  Mutter  verrichtet  ist,  durch 
die  spccielle  Inquisitiöo  auszumitteln«  »Aber  es  ist  billig ,  sag| 
mi^  Recht  Metzger  (§•  343* )|  dafs-  dem  gerichtlichen  Arzto 
flie  Nachricht  von  dem  geschebeneb  Einblasen  von  den  Gerichte^ 
nicht  vorenthalten  werde^c  > 

lodern  Rec.  übrigens  der  Behauptung  von  Henke,   dafi 
die  Lungenprobe  in  einigen  Fällen  die  des  Rinderr 
inordes.   verdächtige    Inq^uisitin    unrechtmässig  bet 
gunstigen,  in  anderensie  schuldlos  graviren  kdnnCi 
die  Bemerkung  entgegengesetzt  hatte:    dafs   durch  die  Lungen-^ 
probe  vorerst  nur  ausgemittelt  werden  solle,  ob  das  Kind  gelebt 
liabc  oder   nicht,   find  dafs  ja   demnächst  noch   die  eigentliche 
Todesart  desselben  ausgemacht  werden   müsse,   hat    dieser  jetzt 
(SLaSg.)  vorerst   erwiedert,   dafs   es  allerdings  sq  sejn  sollte, 
dafs  es  aber  bisher  nicht  so  gehalten  worden  sej,  am  wenigsten 
von  denen,   welche,  Metzgers  Lehre  gemäls,  an  diie  uutriig* 
liehe  Beweiskraft  der  Lungenprobe  glauben*     Allein,  abgesehen 
davon,  dafs,  wenn  der  von  uns  vertheidigte  Satz  als  richtig  an- 
erkannt wird,   eine  davon   abweichende  fehlerhafte  Praxis  nicht 
gegen  ihn  sprechen  kann, ', sondern  ihm  gemäfs  berichtigt  werden 
inufs,   so  mdchte  auch  das  getadelte  Verfahren  wenigstens  nicht 
durchaus    für    ein. Metzgers    Lehre   gemässes    erklärt    wer* 
den  können,  indem  vielmehr  Metzger  selbst  (Syst.  d.  gerichtL 
A.  W«  §•  3o6.  a« )   die   Annahme,   dafs  ein  jedes  neugebornes 
Kind,    das   gelebt   habe,  getödtet  worden  $ey^    für  grundfalsch 
erklärt  hat.*    £ben  so   hat  sich  bekanntlich  Pleucquet  (com^ 
ment.   med.   in  process»  enm,   §•  44^-^    stark   dagegen   erklärt. 
Wenn  aber  Henke  i  S.  a4o.)  weiter  sagt^  dafs  ein  unehelich 
geschwängertes   Mädchen,  welches*  durch  Verheimlichung,  viel- 
leicht hartnäckige  Abläugnung,  der  Schwangerschaft  und  Gebur^ 
sich   den    dringenden   Verdacht  feindseliger   Absicht  gegen   das 
Leben    des   Kindes  zugezogen   hat,    noch   mehr  gravirt  werde^ 
Mrenn  nach  dem  Befund  bei  der  für -untrüglich  erachteten  Lun« 
gen  probe  das  Leben  des  Kindes  nach   der  Geburt  als  erwiesen 
angenommen  wird,  so  bemerken  wir,  dafs  nach  unserer  Ansicht 
in  Fällen    der  Art  das  Urtheil   über  das  Leben  des  Kindes  oft 
nur    zweifelhaft  sejn  kann   (vgl.  unsere  Bemerkungen  über 
Henke'^s  dritten  Einwurf)  und  dafs  übrigens,  wenn  auch  manch« 
mal  durch  die  Lungenprobe  ein  Mädchen,   das  durch  Verheim- 
lichung' der  Schwangerschaft  un  :  Geburt  sich  verdäcl^tig  gemacht 
hat,  noch  mehr  gravirt  werden  sollte,  man  bei  allem  Mitlei- 
den,   was  sie  sonst  etwa  verdienen  mag,  auch,  nt^ht  übersehen 
dürfe,  dafs  eben  auch  die  Verheimlichung  der  Geburt,  wodurch 
das   Ldben  des  Kindes  so  oft  wegen  des  Mangels  der  aöthigen 


I       I 


iSft  J«  Benity  ftb.  die  hydrostatiisclie  Lmige&probe. 

Hülfe  etc.  der  grfifsten  GefaWr  ausgesetzt  wird,  eine  culpa  sevo 
möchte,  für  die  das  stärkere  gravirt  mrerdeo  allein,  -wcdu  dvif 
sonst  auf  die  wahre  Todesursache  gehörig  Rucksicht  genommeQ 
und  dieser  gemäfs  dann  ein  gerechtes  Urtheil  gefallt  wird,  wobl 
picht  als  eine  zu  starke  Strafe  angesehen  werden  kann. 

Noch  müssen  wir  wiederholt  bemerken,  dafs  auch  die  To- 
desart oft  nicht  ohoe  die  Lungenprobe  ausgemacht  werden  kann, 
und  däls  es  sich  auch  hier  bestätige,  wie  immer  ein  Zeicbeo 
dem  anderen  zu  Hülfe  kommen  onuis. 

Nach  allem  diesem  ist  Rec.  auch  jetzt  noch  der  (ruher  schon 
geäusserten  Mehiung,  dals  man  den  Werth  der  Lungenprobc  io 
vielen  Fallen  wohl  anerkennen  könne,  ohne  sie  überzuschatzen 
oder  sie  zu  sehr  herabzusetzen,  ohne  zu  den  übertriebenen  Ver- 
ehrern oder  den  Gegnern  derselben  zu  gehören. 

Schliefslich  hat  der  Verf.  noch  (S.  68.)  bemerkt,  dafs  das 
bereits  herbeigeschaffte  hydrostatische  Gelafs,  die  Menge  uod 
Mannigfaltigkeit  der  ihm  zu  Gebote  stehenden  Kinderleiichen  ihn 
in  den  Stand  setzten,  sogleich  zu  dea  ferneren  entscheidendea 
Versuchen  zu  schreiten  und  über-  die  Anwendbarkeit  dieser  Lud- 
genprobe  in  seinen  Beiträgen  zur  gerichtlichen  Arznei- 
kunde bald  nähere  Aufschlüsse  zu  verschaffen.  Indem  wir  deo- 
Bclben,  wie  wir  schon  oben  bemerkt  haben,  mit  Verlangen  ent- 
gegensehen, hoffen  wir  insbesondere,  dafs  sie,  welches  auch  sonst 
das  Resultat  sejn'mag,  zur  Entscheidung  eines  der  wichti^stea 
Punkte,  das  bei  der  Ploucquetischen  Lungenprobe  zu  berück- 
sichtigende absolute  Gewicht  betreffend  ( worüber  w  ir  schon 
oben  S.  123.  zu  ferneren  Versuchen  ermuntert  haben),  beitra- 
gen werde.  Auf  jeden  Fall  ist,  so  sehr  wir  Ton  der  einen  Seite 
es  auch  achten ,  wenn  man  in  noch  unentschiedenen  Sachen  sich 
nicht  4)hne  Weiteres  beruhigt,  sondern  gegründete  Zweifel  und 
£inwürfe  erhebt,  von  der  anderen  das  Bestreben  löblich  die 
erhobenen  Zweifel  so  viel  als  möglich  zu  beseitigen  und  wich- 
tige Experimente  und  Beweisgründe,  so  viel  es  sejn  kann  zu 
▼ervolikommnen  und  sicherer  zu  pacheo. 

J»  IV*  Ä  ConradL 


y.     Fersufih    einer    Oryctographie     der  geforsteten    Gretfschaft 
TjrroL     Von  JVilhelm   Edlen  von  Sencerj  Kais^  Kön. 
TjTot.  yoraMerg,  Berg-  und  Salinen ^Praktikemten.  Inns- 
bruck,, in  Commission  bei  Schumacher^  4 8a  4,  g4  S.  St^o. 
4.     Urographie  CjJ  ^der  mineralogisch" geographische  Beschrei- 
bung des  Joachimsthaler  Bergamts  ^  Distriktes .   nebst  Suite 


Ojyctojg^ostisehei  SQfartftai.  f  33 

f?} '  und  umfassende  ^äm/ussenderj  Barstdbmg  des  orili^ 
che^.  Vorkommens '  iülir  zu>  Jaachinuthitl  und  in  der  umlie^ 
gendcn  Gegend  einbr^keMen-Mm^raUen^dU  ein  Betrag 
zur  Geognosie^  i'ron.  JRirJrj^z^  Cl'Em£nt  Pjülüs  K^  ä.  Sergn 
'  meister  und  ßerggenichts '^ Substituten  zit^  Klastergrxdf  m^ 
(?)  KatAarinaberg'^  Jena,  bei  Bran;   fSso.  X  u'i  3o  *S^ 

J,  Pfysio  -  iechnogruphiithes  Magazin" aber  die'  anörgatii^Fche 
'  hatur  des  Oesterreichischin  Kaiser  Staates.  Herausgegeben 
"von  Joseph  Jonas,  Custos  dtr  Naturalien ",  tethitoiogi^ 
sehen  und  Modellen  -  Kabinette  im  Ungerschen  (^  Ungeri^ 
sehen)  National^  Museum,  /.  Jahrgang.  Pesth,  bei  Hart* 
Üben;   48fio»  .   ..    > 

Auch  uDter  dem  Tild;  *'  '    '     " 

Ungems  Mineralreich   {,)  orjcto" geognostisch   ^id/t(^qf 
graphisch  dargestellt  von  Joseph  Johas  u,  s^  w^,,  ,  .. 

Wir  verbinden  die  Anzeige  dreier  Schriften,  die  als  nicfit 
unschätzbare  Beiträge  zur  Erweiterung  unserer  mineraloglsctiea 
Kenntnlfs  der  interessanten  Länder,  welche  sie  betrefi^,  gelten 
können. 

\  ,         ■  •  .  ,  •  •  •  > ,    .     * 

»         •  •  *  *  *    k   i  f  * 

.  Tyrol  mit  seine^  auffallenden  Reichthum  mannigfacher  Fos* 
silien  hätte  längst   eine  besondere  Orj^ktographie  verdient«;    Hr,» 
o;.  Senger  liefert  diese,  meist  nach  eigener  Erfahrung  zi^saBOJft^B^ 
gestellt  und  ausserdem  mit   Benutzung  der .  bekannten   trejmi<;^e^ 
Schrift  von  Brocchi:  memoria  mineralogicß  suUa  välle  di  Fa^S(^ 
£lr  er^^irbt  sich  dadurch  ein  wahres  Verdienst,,  daf»  er  von/alie/il 
Substanzen   iiic^t^,  nur    (und    ohne   lästige  Ausführlichkfit )    die 
»\  ichtig^ten  Merkmale  üngiebt,  sondern  auch  die  VerbäUc^isse  .d^ 
Vorkommens   nebst    den    beibrechenden    Mineralien    gelnau    ei\tr 
M^ickelt  und   endlich,    was  bis; jetzt  vjorzügli^h  vermllJst  wurd^^ 
eine   getreue  Angabe  der  Fundstätten   liefert.     Hier   fiudej»  .wir 
Lei   vielen  Fossilien  ganz  andere  Namen  von  Orten,  Bergen  u- 
s.  w.   als  die  Unwissenheit »   oder  die  betrügerische  Absicht  d^r 
gewöhnlichen  Stufenhändler  bis  jetzt  ins  Publicum  brachte«    Mit 
Uebcrgehung.  Alles  dessen,    was  wir  als,  allgemein  bekannt  vor- 
aussetzen:   dürfen,  ^wollen   wir   uns   nur    gestatten,    einigo  der 
interessantem  Erzeugnisse  jenes   Gebirgsjaudes   hier   namhaft   zu 
machen:     Idokras,  Staurolith,  schwarzer  Spinell  (soll  am  MoQr 
zooiberg  mit  Glimmer ,  Kalkspath  u.  s*  w.  sich  finden ) ,  Aximt 
(am  eben  genannten  Berge  erst  neuerlich  entdeckt  in  eiuem  Ge- 
menge von  Turn^alin,  Granat,  Hornblende  und  Kalkspath),  Apor 
phyüit  (besonders  ausgezeichnet  am  fliege  Xipit    in    den   Blä* 
senräumen  eines  wackenartigen  Gesteines),  ^/lo/zim  (ebendaselbst 
u.  a.  a.  O.,   die  Krjstalle   mitunter  von  3  —  4  Zoll   im    Durch- 


i34  Oryetognosiisclie  Sdiriften» 

m^fser),  Laumantä  (ned  entdeckt»  am  Monxöniberg  auf 
Granit  und  bti  Klaasen^in  einer  Art  Küngstein^),  Spodumen 
(oder  Trip h an,  so  neu,  als  der  Verf.  za  glauben  scheint,  ist 
die  Entdeckung  diteer  Substanz  nicht,  -  wie  die  Denkschriften 
der  Akademie  der  Wissenschaften  au  München  für  die  Jahre 
iSi6  und  1817  beweisen),  Skapoluh  (die  angeführten  Rrjsulie 
Stimmen  nicht  mit  dem  regelmässigen  Formen -Systeme  dieser 
Gattung )|  finit  (nur  als  muthmaulich.  Vorkommen  in  Granit 
bei  Sellrain),  jipaiit  (zu  Valtigels  bei  Sterzing),  Da- 
tolith  (u.  a»  in  Chalcedon - Kugfln  zu  Theifs  bei  Klausen), 
Schwefel  (als  Erzeugnils  von  Erdbränden),  Kupferschaum  (wohl 
nur  eine  Hodification  des  Kupferglimmers;  am  Falkenstein, 
Ringenwechsel  u.a.m«a.O«),  Gelb  -  Bleierz  (in  der'Maunck- 
nerötz),  fVasseihUi  (an>;eblich  von  Pfitsch)  u/s.  w.  — 
Der  Verf.  hat  bei  Aufzählung- der  Fossilien  das  ff^ernersche 
System  vom  Jahr  1817  gewählt*  Von  grosserer  Bequemlichkeit 
wurde  am  Schlufs  ein  alphabetisches  Register  gewesen  sejn,  als 
der  nochmalige  Abdruck  des  Systems  in  kurzer  Uebersicht.  Die 
Beifügung  der  Synonymen  von  Mohs  hätte  unterbleiben  kou- 
nen;  schwerlich  wird  ein  Sammler  je  davon  Gebrauch  machen 
können,  um  sich  mit  den  Tyrolern  zu  verstehen. 

Die  Schrift  Nro.  3*  hat,  wie  auch  schon  der  Titel  zel^t, 
nur  die  Schilderung  eines  einzelnen,  aber  zugleich  eines  hocfist 
"wichtigen  B^rgamts- Distriktes  im  Böhmischen  Königthum  zum 
'Vorwurf.  Der  Verf.  zeigt  sich  als  einen  yerständigeu,  umsieht- 
▼ollen  Beobachter  und  al$  sehr  wohlvertraut  mit  den  Verhält- 
nissen der  von  ihm  beschriebenen  Gegend  ( darum  wollen  wir 
auch  über  manche  nicht  ^zu  lobende  Eigen thu ml ichkeiten  in 
Schreibart  und  Darstellung  ohne  Riige  hinweggeh.  n).  Nachdem 
er  eine  Uebersicht  des  ganzen  Erzgebirges  geboten  (  es  ist  ei- 
^[entlich  nur,  ein  Arm  des  Voigtländischen  Fichtelberges,  welcher 
sich  nach  jN[.  O.  zieht,  Sachsen,  Schlesien  und  die  Oberlausiu 
▼om  nördlichen  Böhmen  scheidet  und  merklich  dem  Riesei?- 
Gebirge  sich  anschliefst )  und  eine  geographische  Begrenzung 
und  Ausdehnung  des  zu  Joachimsthal  gehörigen'  Erzgebirgischeo 
Anthcils  geliefert ,  handelt  er  von  der  äussern  BeschaQTenheit, 
Lage  und  Eintheilung  desselben  in  einzelnen  Bergen  und  von  der 
innern  Beschaffenheit  und  Struktur  der  ursprünglichen  Gebirgs- 
masscn.  Daran  schliessen  sich  Bemerkungen  über  die  besondere 
Beschaffenheit  in  Hinsicht  der  in  jenen  Massen  vorkommeuden 
Fossilien  und  Eintheilung  derselben  in  Granit -'und  Schiefer- 
Formation  u.  s.  w.  -^  Ueber  den  Ursprung  des  Joachimstbaler 
Bei^baues  läf&t  sich  ^  iwiig  etwas  Bestimmtes  sagen,  als  über 
den  der  Umgegend;  dieser  Gegenstand  liegt  xu  tief  verborgeo 
m  Dunkel   früherer  Zeit.     Die  vorzügliche  Epoche  des  dasigen 


Qryctogaostisdie  Schriften.  i35 

Bei|^kmes  nimmt  1 5i6  ilireii  An&tig  utii  es  stieg  derselbe,  in* 
dem  die  meisten  .Gange  beinahe  am  Tage  sclion  edel  geschürft 
ivurden,  in  wenig  Jahren  in  dem  Grade,  dafs  man^  glaubhaften 
Urkunden  "^u,  Folge,  914  Zechen,  4oo  Schichtmeister,  B60  Stei- 
ger und  8000  Bergknappen  zählte*  König  Ludwig  erhob  iSao 
das  Dörfchen  IConradsgrun  zur  freien  Bergstadt  mit  dem  Na- 
men Joachimsthal.  ?^  Die  Felsarten  des  Joächimsthaler 
Distriktes,  welche  vom  Verf.  aufgeführt  werden  und  über  dieser 
manche  nicht  unwichtige  Einzelnheiten  ( in  deren  Entwickelung  ^ 
■wir  hier  nicht  eingeben  können)  liefert,  sind:  Granit,  Gn^eifs 
i(eigentlicfa  mehr  ein  Mittel- Gestein  zwischen  Gneifs  und  Glim- 
merschiefer, ein-  gneifsartiger  Glimmerschiefer),  Glimmer- 
schiefer (das  herrschende  Gestein  der  ganzen  Gegend),  Thon- 
schiefer  (dafs  der  Verf.  S.  54«'  von  einem  Thonschiefer  der 
Flözzeit  spricht;  mag  wohl  nur  ein  Mifsvetständoifs  sejn), 
Gneis  Sit  (eine  Gebirgsart  aus  Quarz,  Feldspath  und  Glimmer, 
oder  auch  aus  Feldspath  und  Glimmer  allein,  in  körnig  abge- 
sonderten Lagen,  ohne  Zweifeliiur  eine  Abänderung  desGneisses^ 
Quarz,  Graustein  (nur  untergeordnete  Lagen  ausmachend, 
scheint  eine  Modifikation  des  Quarzes,  die  Benennung  blofs 
örtlich  und ,  der  erregen  könnenden  Mifsverständnisse  wegen, 
nicht  zu  billigen),  Kalk,  endlich  sogenannter  Urtrapp  (nach 
dem  Hrn.  P.  zerfallend  in  blätteriges,  körniges  und  dichtver- 
worren-faseriges Hornblende -Gestein  und  in  Hornblendeschte- 
fer,  ferner  in  Porphjr,  bei  welchem  mehrere  Unter -Abthciliin- 
geu  unterschieden  werden,  die  jedoch  mehr  von  lokaler  Wich- 
tigkeit scheinen,  als  allgemein  interessant).^^-  Hierauf  £olgt  die 
Betrachtung  der  besondern  Lagerstatten  der  Fossilien,  und  na- 
mentlich jene  der  Gänge,  deren  das  Joachimsthal  er  Gebirge  eine 
sehr  grosse  Zahl  aufzuweisen  hat«  Sie  zerfallen  im  Allgemeinen 
in  erzführende  Gänge  und  in  taube,  d«  h.  in  solche,  die  bJoIs 
mit  einer  Gebirgsart  erfüllt  sind.  Beschreibung  der  erzführenden 
Gänge«  Besondere  Eigenschaften  der  Mitternachts  -  und  der 
Morgengänge.  Inneres  Ansehn  des  Gebjrgs- Gesteines.  Andeu- 
tungen, in  welcher  Gebirgshöhe  oder  Tiefe  die  £tzein1agerung 
ihren  gewissen  Stand  hielt  Besondere  Bemerkungen,  über  die 
Joachimsthaler  Gänge  in*  Bezug,  auf  die  allgemeine  Gangtheörie, 
zumal  über  das  Verhalten  einiger  Gänge  beim  Durchsetzen  fremd- 
artiger Einlagerungen,  über  die  Verschiebung  der  Gänge  beim 
Entstehen  jüngerer  Gangspalten,  über  die  in  GansmasSen  einge- 
schlossenen Bruchstücke  vom  Neben -Gesteine^  über  das  Relative 
im  Zeitalter  der  Gänge  und  die  periodische  Gasgerz- Niederla- 
gerung, über  die  Imprägnation  des  Neben -Gesteines  u.  s.  w. 
£r:zführeode  Gangarten  sind :  Schieferthon  (jedoch  nicht  der  des 
Steinkohlen -Gd>ude8y  sondern  ein  ihm  ihnKches  Gestein,  wahr- 


i36  Oryißto'giiostiiche  Schrifteiu 

-sdiehilicb  äufgellfetcr  Tlrair-  oddr  Glimniersoliiefer),  Tlioiiscliie- 
fcr-  (wohl  nur  ab^erissiane.  Theilfr  des  Neben -Geatetires,  dies 
btiwebc  aach  der  •Umstand^  ^ab  devseibei  der  auasereo  ond  in- 
nelrfen  Struktur  nach|  plattenförmig  zwischen  dem  Hangenden  und 
liegenden  sich  fadbt  >,  Quarz,'  Amethyst,  Hornstcin,  Eisenkiese), 
Jaspis y' Kalk-  und  Brauuspath,  Steiomark,  seltner  Flufs*  und 
Barjtspath*  -  Als  erzfühceade  Gangarten ,  die  jedoch  nur  in  ge- 
ringer Menge  vorkommen,  nennt  der  YerL:  verschiedene  Eisen- 
,uad  Zinkerze,  Kupfernickel,  Uranpecbevz  und  Mangan..  Zu  den, 
den  eigentlichen  Gegenstand  des  Bergbaues  ausmachenden  Erzen 
\gehoren :  S  i  1  b  or ,  *  gediegen ,  vererzt-  und  verlar?t ,  Kupfer, 
im  Ganzen  sparsam,  meist  Kupferkies,  Blei,  zumal  Bleiglanz, 
Zino,  Wismutb,  Kobalt  und  Arsenik.:  Im  alten  Mann  und  ia 
Erlassenen  Gruben -Gebäuden  erzeugen  sich:  Pharmacolitb, 
Gypsspath,  Kalksinter ^  auf«  mannigfache  Weise  gefärbt  u.  s.  w. 
Unter  den  tauben  Gängen  verdienen  die  mit  Kaolin  erfällte  und 
dann  die  Basalt-  und  Waeken-r Gänge  die  Biciste  Beachtung.  — 
Unter  den  in  übergreifender  Lagerung,  oder  in  sogenannten  auf- 
. gesetzten  Kuppen  vorkommenden- Fclsarten. macht  der  .Verfasser 
vorzuglich  Grauwacke.  namhaft,  welche  das  Glimmerschiefer- 
Gebirge  maotelartig  umzieht,  und  sodann  mehrere  Basalt -Kup« 
]>en  y  deren  ausführliche  Beschreibung,  nichts  Neues  und  Interes- 
•santds  bietet.  In  der  Note  S.  ü65  erklärt  sich  Hr.  P.  als  einen 
>«älschiedcnen  Anhänger  des  neptunischeu  Sjstemes,  was  wir  ihm 
Stt* gut  halten  wollen;  wäre  er  mit  den  denkwürdigen  Thatsa- 
cben  nur  «einigermassen  'veärtraut,  die  seit  dem  le  zten  Jahizehend 
'bekannt  gexi^orden,  so  würde  er  sich  gewiüs  ein  solch  vorschnel- 
les Ui*theil  'gegen  den  Vulkanismus  nicht  haben  zu  Schulden 
kommen  lassen.  -^  Den  Schlufs  machen  allgemeine  Bemerkungen 
über  die  sogenannte  Flöztrapp  -  Formation ,  welche  sich,  unter 
.der  geographischen  Bcneoiijung  Mittel-Gebirge  an  das  Erzgebirge 
anschlielst  und  dieses  begleitet. 

Der  Verf.  der  Schrift  Nro.  3.   beginnt  sein  Vorwort  also: 
»Alles   auf  die  Erfahrung,  sich  gründende,    daraus. entspi*ingende 
>und 'fliessende    Weissen  über   Naturdinge   ist   nicht  nur,     eben 
»weil  es  ein  durch  Erfahrung  erworbenes  ist,  an  und   für  sich 
»schpa  zu  viel  umfassend,  zu  Weitschichtig  und  sowohl  im  Räume 
»als  auch  in  der  Zeit,   worin   die  ewig  thätige,   still,  aber  tief 
»etogreifende  Natur  bildend  zerstört  und  zerstörend  bildete,    zu 
»weit  von  einander  entfernt,   als  dafs  es  durch  den  Geist  eines 
»einzelnen Menschen,  er  mag  als  solcher  selbst  der  denkbar  vol- 
»lend'ste  sevn,  beobachtet,  aufgcfafst  und  zum  Eigenthum  seines 
»Wissens  gemacht  werden  könnte :   sondern    es    wird  auch   die^ 
»selbst   aiif  dfr  höehsteri .  Stufe  der  Bildung  stehekide,    Vernunft 
»durch  die  gr0nzenloieJ\]^iH)i^faI%keit  der  wechiselseltigeU|  schein^ 


I 


*^  ' 


Oi;fctf^gna&tischg  Schriften.  :  1 3/ 


»hiT  Terwirrt  und  .^ocli  bei  genauer  J3,iet;rac1ituDg  so  Tegel  -  und 
»gesetzmässig  in    einander    verschlungene    Bezeichnungen    völlig 
:»obnmäQhtig,   durch   die  Vielheit  4cr  Gegenstäri de  bis  zur  gänz- 
ü&Iichön  Abspännung  ersclK>pfty  sobald  sie  das  Mann igfuhige  auf- 
«zufassen  vvagt,   sie  findet  unüber  •  indliche    Grenzen,     wenn    sie 
»sich  erkühnt  selbst  in  dem  Einzelnen  tief  eingreifen,  im  Grossen 
»das  möglichst.  Gröfste,  im  Kleinen  das.  möglichst  Kleinsfe  errei- 
»chen,  kurz  (?)  die  gehei^nen  Gesetze  der  Natur  .erforschen  zu 
»wollen,«—     Gern  gestehen  wir,  dafs  wir   nach  dem*  Durchle- 
sen  dieses   unendlichen    Satzes   uns    etwas   lungenschvyach,    aber 
nicht  gedankenreicher  fühlten  und  fast  geneigt  waren ,  das  Buch 
zur   Seite   zu  legen ,    zun^al  da   wir  sahen ,  ,  dafs   Hr.  J.  bemüht 
gewesen  noch  26  Seiten  (das  Werk  hat  grosse^  Format  und  en- 
gen Druck.)  auf  ähnliche  Weise  fortzufahren;  indessen >  entschlos- 
sen wir  uns  Vorwort  und  Vorredß  zu  überschlagen  (den  Xeseri^ 
rathen  wir  ein  Gleiches  izu   thau  )    und   fanden   in  den.  übrige^ 
Abschnitten  manche  irtferessante  Mittheilungen  die  leidisr  nur  all^ 
nait  einem  höchst  überlästigen  Wortschwall  gegeben  werden.  —7 
Zuerst  liefert  .djer  Verf^    Beiträge    zur  Oryctognosie,   indem   cp 
nachstehende  Mineralien  beschreibt :    s  t r  a  h  1  i  g  e  Blende  ( eine 
sehr  charakteristische  Art,  ausg^zeid^net  durch  büschelweise  aus- 
einanderlaufend^ strahlige  Textur,   d^e  uns.  nachihr^ni  Vprkom- 
men  zu  P  r  z  i  b  ra  m  in  Böhmen,,  schoi^  seit  längern  Jahren  be* 
kannt  war),    Rauschgelb,  Wolnjn  (wohl. nur  eine  Abän- 
derung des  Barytspathes  ,  Phosp.horkupfer  u.s.w.  —    Daran 
reihen  sich  Nachrichten  über  einige,,  io^   Gallizischen   Flöz -Ge- 
birge ^  vorkommende  Substanzen,  und, Schilderung  einer  Suite  aas 
dem  Ungarischen  Hörn-  ( Feldsteia-?.    und  Perls^ein-Porphjr- 
Gebirge,   vorzüglich  in  der  Absicht  der  (nicht  haltbaren)  Ver-» 
theidigung;  deä  ne)itunischen  Ursprvttigs  d^r   letzteren.     Beschrei- 
bung  einer  vom  Verf.  im  Jahre   1811    durch   Oberungarn  *  ns^cli 
P^  a  g j b  a  n jeu  und    K  a^p  n  i k  unternommenen  Bieise.     Endlich 
Aufzs^lung  der  wichtigen  in  Ungarn  sich  findenden  Fossilien,  zu 
keinem  Auszug  geeignet ,  aber  als  ergänzende^  und  berichtigen« 
des  Material  brauchbar. 


Vlrici  ab  Hutteuj    Equitit' Germania    Opera ,  juae  ex» 

tanij  omnia      Couegit,  ediditj  varusque  armotaiiofubus 

iUiisiravit  Ern*  Joseph.  Hehm*  MüfiCH,  in  Schola  Arqov. 

pubL  Professor.    Tom,  Primus,    f Motto 2  Parvae  tabtäae 

ex  magno  ndufragio).     BeroUni.     Samt»  J,  G,  Reimer» 

"  48Si4\   in  8»  ,  '  ■'     ■     ^ 

Auch  unter  detn  teütschetw  Täel:  Des  teutsehtn  Rii^ 


t" 


i38         Dir;  ab  Hotten  opera  cd,  Mfindh« 


sen ,  Ulrich  von  Butten^  Sämmtliehe  Werh 
u  /.  w.  CXXJIL  Vorr,  li/erar.  und  biograph.  Notizen, 
Text  von  S,  4  ^-^  34o>  Beäagen  und  Erläutcrungat  von 
S.  344  —  336.     Inhalt  bis  S.  344. 


H 


erder  in  seioem  Denkmale  Huttens  — -  s.  tentscficr 
Merkur,  schon  von  4776.  3.  Band  —  rief:  Tritt  auf.  Mann  und 
Jüngling,  der  vverth  ist^  Huttens  Gebeine  zu  \reckenl  Als 
Jüngling  noch  auf  der  Hochschule  su  Freiburg  that  (S.  XVIII.) 
der  V£,  ein  schweizerischer  Teiitscheri  das  Gelübde,  die  Schmach 
des  Undanks  gtf^tn  Hatten  vom  teutschen  Volke  abzuwenden. 
Er  erhiek  erst  dort,  dann  von  Wagen  seil,  dann  durch  Prof. 
iron  Orell  aus  der  Bibliothek  auf  der  W^asserkirche  zu  Zürich, 
wo  einzelne  Vl^erkchen  von  Hnttens  1*1  and  verbessert  sich  fiodeo^ 
auch  von  Bibliotheken  zu  Schafhausen  und  Landshiit  die  so  sel- 
tenen kl.^  Schriften  selbst,  mit  allerlei  Beihulfen.  Die  Gottingi- 
•che  Bibliothek  gab'  die  Zusicherung,  das  allenfalls  doch  Docb 
mangelnde  mitzutheilen.  Das  meiste  copirte  M.  selbst.  Und  was 
die  Gelehrten,  die  schon  Öfters  als  Selbstverleger  eine  solche 
Sammlung  umsonst  projectiert  hatten,-  nicht  vermochten,  wird 
Ihm  nunmehr  nicht  fehlen,  'da  Ihm  ein  der  Sache  selbst  holder, 
thätiger,  der  Mittel  mächtiger  Verleger  die  Hand  geboten  hat. 
^Vohlan  denn.  Es  sej  auch  Irier  ausgerufen  Huttens:  Iticta  est 
ülea.  Was  einst  für  Hütten  zunächst  nur  gegen  die  Gewaltthat 
des  Heriog  Ulrichs  von  Wurtemberg  angewendet  worden  ist; 
Exoriare  aliquis  de  nosiris  ossibus  ulior ^  das  möge  jetzt,  indem 
Huttens  Reliquien  wieder  an  Mehrere  reden  werden,  auch  noch 
gegen  Vieles  andere  gelten,  das  ihn  und  manchen  zum  Märtjrrer 
«gemacht  hat  ^ 

Recht  gut  ists,  dafs  M.  die  latein.  Werke  nach  der 
Zeitfolge  giebt,  mit  Notizen  über  ihre  Entstehung  und  andere 
Schicksale.  In  vielem  erläutern  sie  sich  dann  selbst.  Die  teut- 
schen  Schriften  v^ erden  eben  so,  doch  in  einem  eigenen  Bande, 
sich  anschlies^en.  In  den  alten  Abdrücken  haben  sie  Marginalien 
von  alter  Art.  M.  will  diese  weglassen.  Rec.  mochte ,  hesoo- 
ders  bei  den  teutschen  Schriften,  um  ihre  Beibehaltung  biltea. 
Sie  haben  et  as  sacherläuterndes,  immer  etwas  so  naives,  und 
fuhren  schnell  auf  den  Hauptpunkt.  Sie  lauten  wie  die  Stimme 
der  Zeit  oder  eines  Chorus,,  der  auf  den  Kerngedanken  auf- 
merksamer macht.  '    ' 

Auch  die  Epistolae  Obscurorum  P^irorwn  sollen  hinzukom- 
men, und  einige  andere  -—  geist verwandte  —  an  denen  Hütten 
Antheil  haben  mochte.  .  Da  neue.  Epistolae  Obscurorum  ei  Obs* 
eurantium  nöthig  wären,  zum  Theil  solche  von  ästhetischer  Ein« 
Ueidung^  so  scj.  iude&  weiii^teos  der  Alten  Eameatruag  will- 


Mr.  ab  Jbtten  opcn^.  Mfintlf.         i3(| 

JLdmmeii«  Und  to  mSge  sie  nun  KinscIireileB^  des  luiTergefsli» 
chen  Ritters  warneude  Gestalt,  wie  Hamlets  Geist,  mit  dem  ge- 
zuckten Schwerdte  der  Wahrheit  und  des  Witzes ,  über  eine 
Bühne,  wo  weit  gebildetere,  doch,  Hochsfratens  Gesellen  und 
Nachfolger  spielend,  nicht  voraus  bedenken  mögen,  dafs  durch 
gleiche  Bestrebungen  nur  gleiche  Celebritat  (  H  utten  neuntes  ge- 
wöhnlich uifarmaj  bei  der  Nachwelt  zu  erhalten/  sej,  nnd  dafs 
selbst. wer  die  Talente  eines  Erasmus  hätte,  dennoch  die  Flecken 
der  Zweideutigkeit  und  des  Schwankens  zwischen  Baal  und 
dem  Gott  der  Geister  vor  dem  bleibenden  Tribunal  aller  Zeiten 
auch  durch  die  feinste  Spongia  von  seinem  Namen  nnd  Anden- 
ken nicht  wegzuwischen  vermöge. 

Ein  Bild  Huttens  verspricht  S).LL  nach  dem  von  181 8. 
.kn  Beformationsallmanach  zu  geben.^  Sollte  es  nicht  besser  seyn, 
an  das  sehr  charakteristische  Bild,  welches  auf  der  letzten  Seite 
des  Liher  Unus  de  Guajaci  Medkina  et  Morbo .  GaUieo  in  der 
Ausgabe  Moguntiae  in  aedibus  Jo*  Scheffer,  meme  j^priii, 
interregni  vero  Quaeo,  anni  MD XIX»  steht,  Mch  weit  lieber, 
als  an  ein  idealisiertes,  zu  halten;  selbst  mit  der  alten,  ehrenfe  ' 
stcn  Umgebung.  Zu  Maynz,  bei  einer  dem  Chf.  Albrecht  zum 
Neu  Jahrgeschenk  für  i5ig  bestimmten  Schrift  war  doch  wohl 
etwas  Getroffenes  gegeben.  Martialischer  ist  freilich  {i5ao)  der 
Blick  auf  der  Rückseite  der  >Clag  und  Vormauung  gegen  den 
»übermäasigen  unchristl.  Gewalt  des  B^bsts  zu  Rom  und  der  un- 
»geistlichen  Geistlichen,  durch  Herren  Ulrichen  von  Hutteo, 
»Poeten  und  Orator  der  ganzen  Christenheit  und  zu  voran  dem 
»Vaterland  Teutscher  Nation  zu  Nutz  und  Gut,  von  wegen  ge- 
»mciner  Beschv\  ernifs  und  auch  seiner  eigenen  Nothdurft  etcc 
in  dem  dort  angebrachten  geharnischten  Bildnifs.  Doch  bestätigt^ 
selbst  dieser  rohere  Holzschnitt  das  Charakteristische  des  Obigen 
und  «ein  Seelenmaler  würde  leicht,  was  davon  in  die  Mine  des 
Mannes  gehört,  welcher  sein:  j4lea  jacia  est,  ausruft,  damit  zu 
vereinigen  verstehen,  ohne  etwas  zu  modernisieren. 

Das  bleibendste,  sprechendste  Bild  von  Hütten,  die  Schil- 
derung seines  Geistes  und  Lebens,  wird  den  geistigen  Hellse- 
hern aus  seinen  Schriften  hervorgehen,  wenn  bald  endlich  Teutsch- 
land sie  alle  beisammen  haben  und  auch  überallhin,  wo  die  ge-' 
sneinschaftlicfae  Sprache  der  alten  (  ultur  gilt,  den  Freunden  einer 
eleganten  lateinischen  Dictjon,  voll  richtigen  Sinns  und  leichter, 
cft  aber  auch  sehr  kräftiger,  Darstellung  als  ein  heirlichcs  Mittel 
zur  Ruckerinnerung  an  eine  der  unsrigen  nicht  ganz  unähnliche 
Zeitentwicklung  mit  nacheiferndem  Stolze  darbieten  kann.  Durch 
den  chronologischen  Abdruck  geleitet  schaflfl  sich  der  "Leser 
zumTheil  dieses  Bild  sdbsty  noch  mehr  hoSl  er  vo»  demFloifs 
und  der  Liebe  xur  Sachci  vrcichc  deu  Herausgeber  la  einem 


i4a         Oln  ih  BiitteD'  Opera  ^ 

•Des  betcvckteDd«!!  Stadium  der "widitigen  «ZdtumsCände,  in  de^ 
nen  sein  Held  einer  der  thatigsten  wai*,  immerfort,  i^ie  wir 
hoffen,  begleiten  and  befeucru  lAögen.  Viele  Erleichterung,  um 
a«ch  so  manchem  einzelne  wörtlich  wieder  aufxulinJen  und  sich 
an  einander  zu  reihen,  wörde  aas  einem  guten  Hegist  er  ent- 
stehen. Den  einzelnen  Bänden ,  möchte  Rec.  *  rathen ,  nur  ein 
Register  aller  Eigennamen  anzuhängen.  '  Ist  dies  vollstao- 
'  dig,  SO  findet  dadurch,  wer  suchen  kann,  bald  den  Bedarf.  Kann 
zur  Leb^eiisgeschichte  <ein  genaues  Sachregister  gegeben  wer- 
den, gedrängt '«nd  doch  ei^chopfend,  desto  besser! 

Wie- wichtig' wird  Huttens  Schilderung  auch  dadui*cb  wer- 
den können,  dafs  Er,  der  Maan^  welcher  (S.  44»)  »lieber  nir- 
gends wohnen  Wollte,  um  .'.überall  zu  wohnen«  in  Teulscbland 
und  Italien  das  Beste  und  Schlechteste  als  Au genzeuge  kannte. 
Aufldarend  wurde  dem  Reo.  eine  Hauptstelle.  S.  Sg.  nach  wel- 
cher auch  ein  Ludv>ig  y.  Hütten ,  an  den  sich  der  Unsrige  in 
seiner  Quetela  VIL  wendet,  durch  Kriegsziige,  Wallfdhrteo 
nach  Jerusalem-,  und  Reisen  in  ganz  Griechenland  ein  Vorbild 
von  so  vielnmfassender  Bestrebsamkeit  gewesen  war.  Sogar  den 
(teutscheu?)  Dichterkranz  hatte  demselben  Ritter  die  Kaiserliche 
Hand  aufgesetit: 

Hidc  tandem  reduei  frondehtem  ad  tempora  laurum^ 

noturn  est,  Cuesarias  imposuisse  manus. 
Dies  mag  auf  Ulrichs- uns  %o  unbekannte  früheste' Bildon» 
Licht  werfen«  Offenbar  rechnet  er' in  der  Querda  nicht  ohne 
Grund  auf  des  Vetters,*  als  )aiich  ritterlichen  Dichters,  Hülfe 
(gegen  dre.Lotze.)  desto  zuversiehtlioher  und  madit  daher  die 
Muse  zur  Abgesandtin.  Das  Beispiel  desselben  mag  aber  ihn 
auch  früher  vor  dem  Uebergan^  nach  Fulda  in  den  Klerus  ge 
warnt,  und  mehr  seine  Neigung,  ferne  Welterfahrungen  za  ma- 
chen,   genährt  haben«.       .<.    .  < 

In  gleicher    Beziehung  ^wurde  «dem  Rec.  aus  dcra  IL  Buch 
der    Querela.  die   X    Elegie-  ad  Poetas   Germanos   merkwürdig. 
Wie  viele  Museofreuhde,  als  Lehrer  in  Schulen  und  auf  Akade- 
mieen.,  hatte  der  junge  wandernde « Hütten  schon  kennen  zu  ler- 
nen   die  Freadci  geliabt.     Die   meisten  dieser  Namen  sind  nicht 
glänzend  geworden.     Aber  nicht  die  Sterne   erster    Grösse    sind 
es,  die  das  Licht  vielfach,  verbretten      Biedere  Schulmänner  und 
Lehrer,  an  recht  vielen  Orten  in  stiller  Thätfgkeie >  wirkend,  ma- 
chen allein,  dafs  alsdartn  das  Lichte  eines  einrlelnen  Genius  überall 
eine  offene  Aufnalune  finden  kann.  Wie  hätte  Luther  so  schnell 
an  allen  I£dken  von  Teutschland  >  verstanden  werden  können,  wä- 
ren nicht,  nach  dem  von  Melanchthcy»  beliebten  Gleichnilis^  überall 
so  vidje  reine,  frische,   emfifäirgliche  Töpfe. aufgestellt  gewesen; 
hatten  .]ü<oht  sahon .  solche.  VorarWter  für  den  v  guten  Geschmack, 


Chv  f^  Biittai  (ppeca  eA.  IMUUich;        14^ 

det  durdi  Sclieu  vor  Aegax  LäclierKclicn  und  AhgatohmacWii  die 
"Wahrbeit  erkennen,  lernt,  überall  im  Stillen  Bahn  gebrochen  ge- 
habt zum  Eingang  in  rege.  Gemtither.  Hütten  ruft-  sie,  die  Mu- 
senfreunde  alle,  um,  an- der  gegen  ihn,  den  Dichtergenossen,  ge- 
"w^igten  Beleidigung  Antheil  zu  nehmen.  £s  war  ein  kecker  Ge-» 
meinschaftsgeist  unter  diesen  Geistesverwandten.  Ein  anderer 
Poeta  laureatus,  TrebeliuSj  deutet  darauf  S.  73.  recht  treffend: 

Q^d  patunur  f^ates^  divino  nomine  plenij 
aique  supernorum  maxüna  cura  Deum.  •  • 
Er  ruft  dem  Beleidiger  zu: 

Jtn  ignorabas,  non  vinci  posse  po^tas, 
et  mmiian.  iong/u  vatibus  esse  manus» 

Germanos  omnes  in  te\jurasse  poetas 
ßebisj  eritque  omnis  tunc  tibi^ademia  Salus, 
.  Ilu  qitaque,  tu  Pallas!  quia  tc  "veneranda  vetustas 
ewmatam  pinxit ,  cUspüle  tuta  venu 

Pallas  adest,  miseri  et  gra^fiter  fert  deunna  poetae  ete. 

Dies  war  das  Zusammenwirken  der  guten  Kppfe  im  Klei- 
nen, Wie  viel  mehr  w^den  diese  und  ähnliche  viele  St immcu 
classisch-  — -  das  heilst:  allgemeingültig  und  vorn rtheils frei  — 
denkender  Jugendlehrer  in  ihren  Kreisen  die  Ueberlegeuheit  der 
Bildung  über  die  Ungebildeten  und  die  Kraft  der  Rede,  be  le- 
sen und  erprobt  haben,  als  ihre  Musen,  durch  Luther,  von  den 
Fesseln  der  Scholastik  los  werden  zu  können  aimeten. 

Eine  Menge  ähnlicher  Geschichtaufschlüsse  wird  eine  voll- 
ständige, sorgfaltig  ausgestattete  A.usgabe  aller  Werke  des  ritter- 
lichen Dichters  veranlassen.  Möge  sie  ,  nur  baldigst,  so  n schnell 
aJs  es  ohne  ll^bepeilung  der  , begleitenden  Bemerkungen  thunlich 
ist,  vollendet  vor  uns  liegen.  Rec.  erinnert  nur  noch,  dafs  auch 
für  die  Correctheit  des  Druckes  Wünsche  ubfig  bleiben.  Wir 
dürfen  nicht  so  leicht  auf  eine  neue  Ausgabe  hoffen.  Eine  grosse 
Aufmunterung,  um  die,  welche  jetzt  end^lich  möglich  gev^orden 
ist ,  auch  als  Denkmal  teutschen  Fleisscs  auszustatten !  Rec  will 
nur  auf  einige  im  Durchlesen  bemerkte  Steilen  aufmerksam  ma- 
chen. S.  4^.  Lin.  3.  von  unten  produit,  orit,  —  ohne  Zweifel: 
-proruit,  odit.  S.  47«  Lin.  10.  von  unten:  at  tu  %umme  meas' 
dextrae,  vielmehr:  ät  tu  sume  meas  dextre  —  S.'63*  Lin.  9. 
und  nuficque,  ore,  kann  nicht  richtig  sejn.  Verm*  nuncque  ore^ 
et  scriptis  nunc  •  .  S. 66. Lin.  ai.  .^a/^uj  actior  aetas,\  cdtior* 
S.  io5.  Lin.  4  0.  aulici,  a  Juribas  ßor,  XI III.  Das  Komma 
liindfit  den  Sinn.  Aulicus  a  Juribus  gehört  zusammen.  Crotus 
erhielt  auch  Kleidung  eines  Hofraths,  eines  Aulicus  a  Juribus. 
S.  169.  Lin.  3.  aeria  t-.L  aetheria.  5.  .2ia.  Lin.  ii.  te  in 
sidere  cancro  —1-  1,  te  insidere,  sich  aufsetzen  auf  einen 
Krebs.    (So  reir^vd^cb  «a£^€mein  jener  ^riicJLwal!|s.  avancierend 


143         Ulr.  ab  Hutteit  opera  ed«  Mönclu 

den  AinpKibieii  Vatte  itian  damab  deo  R.  Max.  L  gemalt,  mit 
der  Insclir  fc :  Tendimus  in  Laiium ! )  Lid.  9.  fcrax  que  Gaüus, 
\.  feroxqu^»  S.  aa5.  Lio.  3.  von  oben:  üwexuii  armis  L  iniexuU, 
Ltii.  3.  unten:  statt  enif  L  emo*  ^S.  a43.  quisq  •••  1.  quisquis,* 
S.  244«  calamoque  voeahani  L  vacabani  und  Lin.  a.  tnentUae» 
que  fugae  -—  ft.  mepuitaque  •  •  S.  a47-  Lio.  5.  htie  utäiiati 
majores  1.  mino-res  u.  dgl.  m« 

Noch  ein  Wort  für  den  Vf.  selbst.  Er  batte  das  Uncrluck, 
von  der  Neapolitanisch^-  (Französischen)  Krankheit  angesteckt 
und,  weil  damals  dieses  Pestübel  noch  gar  schlimm  behandelt 
wurde  y  eigentlich  dadurch  in  der  besten  Kraft  des  Lebens  Ter- 
zehrt lu  werden.  Man  schlols  daraus,  dafs  er,  ein  loser  Bahle, 
den  Ausschweifungen  sich  preisgegeben  habe.  Gerade  dieser 
erste  Theil  der  Sammlung  enthalt  seine  Jugendgedicbte«  Nicht 
nur  beruft  er  sich  mehrmals,  auch  Feinden  gegenüber,  auf  seine 
Sitten.  Die  Gedichte  selbst  geben  das  beste  Zeuguifs  für  iho. 
Wie  oft  hatte  er  Anlafs  gehabt,  in  üppige  Bilder  auszusch^^  eifeo. 
Welche  davon  eingenommene  Dicht  er  pbantasie  würde  steh  der- 
selben so  ganz  enthalten?  In  allen  traf*Acc.  nicht  auf  Eine  Stelle 
dieser  Art,  nicht  einmal  im  lustigen  Bruder  Nemo  S.  i5i.  Wie 
ernst  und  natürlich  ist  vielmehr  im  F'it  bonus  vom  J.  .i5i3*  die 
Abmahnurg:  FascimU  insanas  veneris  lascwia  menies  etc.  tob 
H.  durchgeführt,  ganz  anders,  als  etwa  ein  angebrannter  Lust« 
ling  die  Schilderung  entwerfen  würde.  Sclb<it  wo  Ff.  einen 
Universitatsgeuossen  an  frühere  Zeiten  erinnert  (S.  3o.}  mabot 
er  zwar  diesen  an  die  Odernjmphen: 

Te  quondam  Odricolae  multum  eoluere  puellae 
aber  nur  um  ihnen  seine  Liebe  für  den  Jugendfifeunü  entgeges 
XU  stellen: 

Nee  minor  in  nohis  concitus  amör  erat. 
Dieler  amor  (oder  wahrscheinlicher:  ardor)  Huttens  ist  die 
Freundschaft,  welche  in  H.  war  für  seinen  Akadem.  Freund. 
Wie  ernst  und  fern  von  Lüsternheit  trägt  er  in  der  Scbrift  de 
Guajaci  Medicinti  alles  vor,  was  gesagt  werden  mufstel  — ^^Auch 
ist  sonst  überall  Huttens  Hafs  gegen  ein  ausschweifendes  Leben 
sichtbar,*  v<f(*nehmlich  In  seinen  Satjren  gegen  die  damalige  Sit« 
tenverderbnii's  zu  Aom.  Da  er  Teutschlands  Ehrenrettung  rer- 
suchte.  S.  346.  de  non  de  gener  i  statu  Germanorum,  so  ist 
ihm  Scliamhaftigkeit  das  Erste: 

Qiäd  dicam  mores  ita  nuUa  in  gente  pudieos? 

quaptquam  aliquas  dederint,  quod  nostras  poUtät  urheSs 

mollicüii  labes  Italic  quamquam  improba  Koma 

venerit  in  riiiis  jpurcisque  infecerit  istud 

acre  libidinibus^  caHum  corruperit  omne 

RömäßSttCßrditumiusfusWamfuestqHMinfL 


Poniificum  non  tam  ipsa  fereai ,  quam  semftu  ^etrsa 
Gentihus  immittens  •  •  • 
Ungcrnc  hält  sich  Recens.  zurück,  nicht  aucli,  Virie  H.  ohne  die 
leutsche   Schwerkraft   zu   läugnen,    die   Erfmdnng   des   Pulvers, 
noch  sinnvoller  aber   die  Erfindung  des  Bücherdrucks ,  als  teut- 
sche  S.  247*  geltend  macht,  anzufügen. 

Hoc  in  segrutie  interea  quaedam  egimus  omni 
ingenio  veterum  majora  •  •  * 

Nam  quae  sidereeu  vocalis  mitchina.  furres  V 

Defizit  •  .  et  spissos  aggesto  pondere  rfuiros 
aequat  CprO")  sterniique  domos  ei  desiruit  urheSß- 
Prodiit  a   noh is,    No s  prim i  exeudimus  aere 
ei  sciäptis  mansura  notis  tot  secla  toi  annos, 
omne  genus  scripii  vatum  äeiernosque  Labores^ 
Quaeque  diu  nemo  perituris  scrihete  churtis 
passet  et  in  miätas  ita  passim  spargere  gentes, 
per  nos  una  dies  in  mille  s^olumina  proferi. 
Und  wie  sehr  fühlt  er  schon  die  Wirkung: 

Nunc  quisquam  innumeros  etiam  de paupef  e  turba 
exiguo  parat  aere  libros  et  munere  nostro 
eonsequitur  decus  ingehii  .  •  nunc  omnia  plenis 
sunt  congesta  libris,  utj  quod  nunc  oppida  docios 
euncia  %firos  r^ferulni ,  quod  nul^  iia  barbara  telUis 
quin  animum  eolat  et /oecundis  artibas  ornet^ 
solis  deberi  nobis,  nemo  neget  usquam. 
Deswegen  sang   nach   S.  CXIV.   längst   ^einNew•L1ed,  im 
Tone,   wie  man  singt:   Franz/Sic kinger  das  £dle  Blute 
auch  über  Hütten,  wie  folgt: 

Ulrich  von  Hütten  das  edle  Blut   . 

macht  so  köstliche  Bücher  gut.  ^ 

Die  lassen  sieh  wohl  sehen, 
die  gefallen  den  geistlichen  Gleisnern  nicht  WoU 

Die  Wahrheit  roufs  iph  jehen  ja  jehen 
Gottes  Wort  thun  nach  ihrem  Muth will  zwingen, 
Wolln  uns  mit  Gewalt  zum  Schweig  n  driogent 

O  i!veh  der  Narrn  und  Blinden ; 
Christus  spr.ach:  unter  Porten  der  Stadt 

Mögt  ihr  mein  Lehr  verkünden,  ja  künden» 
Das  Wort  Gotts  halt  ich  höhet  Acht, 
Dem  widerstreben  soll  keine  Macht, 
Daus  wir  uns  stark  dran  heben« 
Dals  wir  von  evangelischer  Lehren 

in  ewig'  Zeit  nit  streben ,^  nit  streben«^ 
Proben   genug,    wie    willkommen   Huttens  Ansicht   der  Dinge 
durck  den  Iimalt  sowohl  ala  durch  Nasonisdie  Iieichtigkcit  der 


i44  Conrbit  t;  ConydHilcdd  im  Cantön  Waadt. 

Rede  allen. werden  muls,   denen  sie  btsber  nur  so  selten ,   wie 
alle  jene  Autographe  davon^  bekannter  'werden  konnte. 

H.  E.  G.  Paulus. 


Über  die  Conuentickelj  welche  im  Canton  WauAt  errich 
tet  worden.  Eine  lieber  Jet  zun  g  im  Auszüge^  von  der  new 
lieh  erschienenen  Schrift  des  Hrn,  L,  A,  Coxjktat^  PJo^' 
rers.  zu  Lausanne  (dedi6  au  grand  Consed  et  au  Consei 
d^Eteu).    Bern  b,  Jenni.  484  4 i  gy  S.  in  8. 

lYlan  lernt  hieri  dafs  es  eigentlich  Engl  Ische  Methodisten 
sind,  welche  diese  Gemeinden  in  den  Geraeinden  zu 
stiften  suchen.  Wenn  die,  welche  näheres  Vertrauen  und  glei- 
chere Gemiithsstimmung  zu  einander  haben,  sich  näher  aneioao- 
der  anschliessend  so  ist  dies  an  sich  gut  und  der  urchristlichen 
Sitte,  wo  |o  Personen  nach  jüdischem  Gebrauch  eine  Sjnagoge 
(Privat Versammlung)  bilden  mochten,  gemäfs.  Aber  dieses  Par- 
ticulare  soll  sich  .vom  Allgemeineren,  da  wo  gemeiDschaftliche 
Zwecke  grössere  Mittel  fordern,  nicht  sondern;  es  soll  das 
Heimlichere  nicht  füiv besser  gelten  wollen,  als  das  OeffentlicAe, 
es  soll  nicht  durch  änderbar keiten  mehr  (opera  superer ogaüo' 
nis)  zu  leisten  vorgeben,  als  durch  wesentliche  Pflichterfüllun- 
gen, Es  soll  nicht  gegen  andere  intiiguieren,  Prosei jtenmaeherei 
treiben  i».  dgL  Nach  innen  unter  sich  enger  zusammenhalten,  ist 
der  Verwandtschaft  der  Gemüther  gemafs.  Aber  uach  aussen 
Anderem  entgegen  arUeiten,  v\as  nicht  das  Schiboleth  hat,  sich  al- 
lein geltend  machen  wollen,  dies  ist  die  Ausartung,  in  welche 
die  Menschen ,  welche  sich  für  Gew  eihtere  halten ,  leicht  verfal- 
len. Für.  rechtsinnige  Regierungen  ist  es  immer  eine  uicht  leichte 
Aufgabe,  wie  dergleichen  7\bsonderungen  zu  behandeln  sejen. 
An  sich  sie  zu  verbieten,  hiesse  dem  Kaiphasund  den  Phari- 
säern recht  geben,  in  sofern  diese  das  Urchristenthuni  verbieten 
wollten.  Aber,  vyo  die  Sonderungen  entweder  in  ihren  Geheim- 
gescUschaften  schädliches  mit  einander  treiben,  oder  wo  sie  ge- 
gen andere  machinieren  und  Parthei  wider  andere  machen,  da 
tritt  die  Pflicht  ein,  allgemeine  Ruhe  und  jedeii  bei  seinem 
Rechte  zu  erhalten,  i 


{Dir  Beschlufs  folgt.) 


£rgän£ttngs^BIätter  d.  Heiflelb.  Jahrb.  dXiteratur.  hio. 


CoütLTAT  1^4  Conpentikein  im  Canton  ff^aadu 

{Beschlufs.) 

xJet  Verfass.  scliildert  mit  Mässigung,  aber  Localkenntnifs  di«' 
dort  ilim  nahe,  aber  aucb  sonst,  wo  die  sogenaimten  Tractätcbea 
wirken,  lai  Stillen  schleichende  Partheioiachcrei.  '  Wir  conce^-* 
tricren  seine  Schilderungen  auszugsweise,  doch  mit  seinen  eit^e« 
nen  Worten,  um  dieses  Phänomen  der  neuesten  Kir- 
chengeschichte nach  dem  Leben  zu  zeichnen, 

»Einige  der  aufgeklärtesten  Männer  unserer  Stadt  hatten  eme 
Gesellschaft  gebildet,  um  die  h.  Schrift  allgemeiner  zu  verbreiten* 
Im  ganzen  Canton  zeigte  sich  ein  reger  Eifer  im  Besuch  des 
Gottesdienstes  (der  äffeutlichen  Erbauungen),  Zu  gleiciier ^Zcit 
liefs  sich  eine  Classe  von  Fremden  wahrnehmen,  welche  sich 
unter  mancherlei  Gestalt  unter  uns  niederliefs,  um  unsern 
religiösen  Zustand  nocH  besser  machen  zu  wollen  durch  Yer«  , 
Lreitung  von  Buch  eichen  für  den  Volks  Unterricht. 
In  verschiedenen  Cantonen  der  Schweiz  üben  englische  Frau-« 
e  n  z  i  m  m  e  r ,  welche  weniger  Mifstrauen  in  Religions -  Angele- 
genheiten erwecken,  eine  Art  von  Mission.  Da  sie  hauptsäch- 
lich auf  solche  ^u  wirken  suchen,  welche  noch  nicht  die  Ein- 
sichten und  Erfahrungen  des  reiiern  Alters  ^aben,  so  ist  auch 
der  Inhalt  ihrer  Trakt ätchen  bald  eine  Dame,  die  mit  ihrer 
Schwester  einen  Curs  macht  in  der  Theologie,  bald  dne  in 
Verführung  gerathene  Tochter,  die  dann  im  väterlichen  Hause 
Kiuderlehre  hält  u.  dgL  Von  da  an  wurden  die  Conventikel 
iu  den  Häusern  von  Frauen  eröffnet.  Es  konnte  sonderbar  vor- 
kommen, dafs  Fremde,  welche  in  ihrem  Vaterland  an  Millionen 
ein  weites  Feld  für  ihren  Vervollkommnungseifer  6nden  müfsten^ 
so  weit  herkommen,  um  uns  besser  zu  machen.  Sie  versuchten 
aber  diese  natürliche  Bemerkung  dadurch  zu  heben,  daf«  sie  von 
Missionen  bei  den  Heiden  redeten,  um  als  Missionärinnen  zu 
gellen,  bei  uns,  die  wir  doch  Christen  sind. 

»S>e  wagten,  lins,  die  wir  Chiisten  sind,  zu  überreden: 
wir  selbst  hätten  Missionäre  nothig,  wir  sejen  nicht  Chri- 
sten, wir  sejen  es  nicht  ^gewesen,  wir  seyen  eher  Heiden^ 
Türken  und  Joden,  welche  zu  bekehren,  sie  zu  uns  kommen. 
Das  sagen  sie  uns  deutsch  heraus;  das  drucken  sie  und  verbrei- 
ten es  bei  uuserm  guten  Volke,  mittelst  der  letzten  Trak- 
tätiein,  die  ihnen,  endlich  die  Larve  herunterziehen« 

»Dieser  Gang,  den  ihre  Arbeit  nimmt,  führt  uns  also  zu  dev 
Entdeckung,  dais  diese  umherziehenden  oder  angesi«-* 
delten  englischen  Missionarien  .Glieder  einer  ge*' 

Erg.BU4«iI.Jalub.d«L»    L  40*  ftO 


t4G    Goortat  t.  ConvealÜcela  im  CaDtoD  Waadt. 

wiisen  religifliOD  Geiellicliaft  in  England  liud,  di< 
b«  um  Proieljten  machen  will.  Dnr  charatteriillstbe 
Grondsati  dieser  Gesellschaft  ist:  sich  ab  diu  eiaiigcn  mUFD 
Christen  anzusehen,  die  es  in  der  Welt  giebl.  Um  sich  Anhinj 
au  *er*etiaßcn,  wissen  sie  auch  Andere  £U  überreden,  dals  iie 
Von  dem  Augenblicke  an,  \ra  sie  ihre  Coiivenlikcl  besuck'n, 
«beDfalls  in  die  Classe  der  clniij;  wahren  Christen  gehören  "lin- 
den. Sie  laugnen  keinen  Punkt  weder  der  Ghubens  -  nucli 
Sittenlehre;  aber  sie  theilen  lie  in  iwei  Classen.  Alles,  ivas  u» 
Evangelium  Erfreuliches  hat,  alle  seine  Tröstungen  und  Verlwi- 
•ungen  eignen  sie  sich,  ihrer  G es clhcliaft  und  denen  zu,  die  sicli 
au  derselben  hallen  wollen.  Alles  hingegen,  was  Mühe  mid", 
aller  Tadel,  alle  furchtbaren  Drohungen  stehen  nach  ihrer  Mei- 
Dung  für  diejenigen  da,  die  nicht  von  ilirem  Anhange  snJ,  und 
(*  nicht  werden   wollen, 

■  Eine  der  seh reckendsten  Glaubenslehren  ist  die,  welche  >on 
"dem  Satan  handelt,  und  eine  der  IrSstendstea  die  von  di:r  £i- 
Ifltung  durch  die  Selbstaufopferuog  Jesu  Christi.  Hebr.  g,  li 
\f,  «a.  Dia  englischen  Missionarien  wissen  das  lelilere  für  sitli 
KU  behalten,  und  das  entere  auf  uns  anzuwenden.  Man  )<wi 
ihr  Tractätchen:  Gleichnifs  »von  den  zwei  Lämmlein«  —  i»ti 
Lämmlein,  die  ein  guter  Hirt  den  Klauen  eines  grimmigen  Lü" 
wen  entrissen,  und  von  Wunden  und  Koth  gereinigt  hat,  ^' 
ftpden  sieh  in  einem  Schafstallc,  wo  es  ihneu  an  nichts  M 
Draussen  sind  eine  Menge  Thiere,  die  sich  zu  belustigeo  scb' 
nen,  aber  Fast  beständig  von  dem  Läwen  verfolgt  werden,  il^' 
a^hou  mehrere  von  ihnen  zerrissen  hat.  Der  gute  Hirt  kam  lO' 
Zeit  zu  Zeit,  die  Lämmlein  im  Stalle  zu  besuchen.  Das  Eine  dic- 
1^  Lämmleia  aber  fühlte  Langeweile,  springt  über  die  Einiiu- 
Dung  des  Stalles,  läuft  zu  den  Thiercn  draussen,  bei  deneu  a 
nur  bittere  Weide,  Thorhcitea  des  Lasters,  findet.  Der  Hin 
sieht  das  entsprungene  Lämmlein,  als  es  wieder  kam,  »gani  et-  < 
KhSpft  an  Kräften,  aufs  Gras  hingestreckt  und  fast  hoffnuiigsW 
und  nachdem  er  es  so  gesehen,  nimmt  der  >gule<  Hirte  tiss  af 
dere  Lämmlein,  das  ihm  treu  geblieben  war,  atif  seine  Arme, 
ersteigt  "■''  ihm  ruhig  den  Berg  und  tragt  es  an  einen  Ort,  "" 
alles  von  Gold  glänzt,  und  wo  seine  Ankunft  durch  die  liel>' 
Heilsten  Melodien  gefeiert  wird;  dann  gelii  er  zurück,  das  if 
lome  Lämmlein  zu  suchen,  «dieses  sieht  den  Löwen  mir  tK« 
»ein  Paar  Schritte  hinter  sich,  lliu  "ttt, 

tstürzt  zu  den  Füssen  des  Hirten  üihis 

»und  reuevoll   zu  ihm  hinauf     Ic  i"" 

»nommen ,    setzt   der   fromme  Fobl  >  ais 

«dem  Lämmlein  feworden  iitc  (  ''°" 

Scb«af?> 


Courtat  T*  Copvenjtikeln  im  Canton  Waadt:  147 

Solche  EutstcÜMiigcn   der  Lehre  auf  Seiten  der  Engländer  . 
bewirkt   der  Wunsch  sich    und   ihren  Conventikeln   Anhang   zif 
verschaffen,  indem  sie  dieselben  als  den  wahren  Schaafstall,  und^ 
die  sie  besuchen ,  als  die  Lieblingslammlein  Jesu  vorsteJleu.  Nicht^ . 
als  redeten  sie   nicht    auch    von    ihreü   Sünden;    es   ist  aber 
wolil  zu  bemerken,  dafs  sie  darunter  immer  nur  die  Süädeu  ver-^., 
stehen,    die   sie   begangen  ;|)aben    vor    der    übcrnatürlioheu    undl 
gänzlichen  Wiedergeburt,  als  welche  sie  zu  einem,   lieiligen    Lc-^    ^ 
ben    führte!      Daher   si.ch's  denn  auch    die  Stiller  von  Cpnventi-*^ 
kein  zu  ihrem  ersten  Geschäft   machen,    neue,   und   von   denen^.^ 
die  fiuvalle  Gläubigen  vorhanden  sind,    ganj^.  verscJiiedene   Ge* 
bete  zu  haltjen,  weil  unsere  Sündenbekenntnisse  nicht  mehr  in  ihr 
Sjrstem  passen.     Denn  das  erste  ist,  da. s  sie  sich  selbst  ausschHes*#    . 
lieh    »die    Christen«   heissen,   und   d^fs  sie,   wenn  sie  cinea_. 
neuen  Anhänger  gewannen  haben,    von  itun  sagen:    »er  ist  eia   ^ 
Christ«  seit  der  Und  der  Woche,  seit  dem  und  dem  Tage,,  in-, 
dem  sie  recht  laut  bekannt  iQachen^  bei   ihnen    allein   finde  sich/ 
der  wahre  Glaube  und   das  .walirc   evangeb'sche    Sjstem,      Der.  » 
feine  Ii;ithuui  tun  cfgene  Gemeinden  und  Conventikel  zu.  errich- 
ten, oder  sich  hin  und  her  im  Cantoiji   zerstreute  Anhänger  zu    . 
gewljj-^en,  besteht  In  dem  Sinn,  den  sie  dem  Ausdruck  »Notli« 
wendigkeit   guter   Werke«   LeJlegen;   sie  behaupten  nem-*.. 
lieh,  die  Heiligung  und  die  guten  Werke   sejen  Wirkung    der. 
Gnader  und  des  Glaubens  an   Jesus,    durch   wirkliche   abso*«    . 
lute  Not h wendigkeit;  wir  aber  halten  es   fiir   eine   Noth- . 
wendigkeit  durch  Verpflichtung,  die  von  uns  unserseits  Ar-* 
beit    und    tägliche    Anstrengung,   fordert.      Die    fi;emden    Mis- 
siouarien    lehren   (einen    Glauben,    aus   welchem   Heiligkeit   und 
die  guten  Werke  noth  wendig  hervorgehen,  so  dafs  die,   mit. 
denen  einmal  jene  grofse  gänzliche  und  übernatürliche  Veiande- 
rung   vorgegangen   ist,    nicht  nur  »nicht  mehr  Sünden  begehen, 
können,«  sondern  sogar   »vollkommen  h,eilig  und  ganz   zu   dem 
»Ebenbilde    Jesu  Christi    umgeschaffen  sind,    und  dieses    durchi 
»eine  nothwendige  Wirkung.«  —     Sofort   nehmen   diese   eugli,'«. 
sehen   Missionarien    die  Gnade   und  das   Wohlgefallen    Gottes^ 
welches    die   guten  Werke  wirkt    für   «ich  und  ihre  Wl^derge* 
bornen,    den    Christen  der   gewöhnlichen  .Kirche  aber  lassen  sio 
das  »Arbeiten  mit  Furcht  und  Zittern.«  Daher  sieht  man  auch  die« 
welche   so  eben  zu  der  i^anzlicheu  übqruatürlichen  Veränderung 
gekommen   sind,   sogleich   eilen,   um,  an    dem   Heil  Anderer  zu, 
arbeiten,    da  sie  für  ihre  eigene  Seligkeit  nicht  mehr  weder  ,M, 
arbeiten,  noch  etwas  zu  fürchten  habep«»    Wählend. wir   ui|S€^^, 
Glauben  an  das  Vj^idif^nst  dc^  Erlösers,    |deu|]jph  und  bestiifin^ 
zu   erkennen  geben,  bauei^  wiTi  beiJGit  es,   doch  nur  auf  un-« 
.«e  .iic»c  GcrecLtigk«»?  ^^ 


«48    Coortat  r.  Conventikcln  io^  Canton  WaaJt 

tlhre  Meionngen  Ton  der  Gnade  tind  dem  Grondsatie 
ix%  Evangeliums  noch  mehr  zut^ider,  und  noch  gefähriicher  für 
die  Sitten.  Die  englischen  Wiedergebornen  leben  hier  io  iwcj 
•ehr  wesentlichen  Irrthumero.  Erstlich:  es  gehe  mit  einem  plötz- 
lich, zu  der  und  der  Zeit,  eine  »üb  et  natürlichem  Voran- 
deraug  vor.  So  hört  man  sie  sagen:  ^ich  habe  vor  fünf  Jahren, 
oder  drej  Wochen,  oder  drejr  Tagen  die  Gnade  empfangen,- 
'irobet  sie  auf  die  natürlichen  Gaben  die  Stellen  anwenden,  dir 
Ton  übernatürlichen  handeln.  Ihr  twejter  frrthum  ist,  dafi 
.•ie  behaupten,  diese  Gnade  wirke  eine  gänzliche  aufdei 
ganzen  Menschen  sich  erstreckende  (universelle)  Verände- 
rnn«: ,  ohne  dafs  für  dieselbe  von  ihrer  Seite  iro:end  ein  ander» 
Wirken  vorgehe  als  das  Gebet«  Da  ihre  Veränderung  gÜDziicIi 
sej,  so  werde  auch  von  dem  Angeublick  an,  der  Grund  d« 
Sündigens  ganz  zerstört,  so  dafs  iiir  Glaube  und  ihre  Tugeci 
noch  ganz  sejn  müssen.  Die  innere  Freudigkeit,  womit  dieser 
Ccdanke  sie  «rfüllt ,  nehmen  sie  denn  für  das  innere  Gefiibl  der 
Gnade:  »ich  bin  glucklich,  ich  besitze  mein  HeiLc  Za  des 
l^tgesinntev  Seelen  unter  ihnen  aber  gesellen  sich  bald  tras[ere, 
welche  diese  Lehre  mit  det  Freude  eines  Trägen  ergreifen,  den 
man  verspricht,  er  brauche  nichts  mehr  für  seine  Seligkeit  i<^ 
ihun.  Endlich  werden  auch  lasterhafte  Seelen  denken,  siei:o> 
lien  sich  ohne  Gefahr  für  ihre  Seligkeit  Altes  erlauben.  Bisj^^ 
«ahlten  die  Gonventikel  besser  unterrichtete  Personen,  -die  ^ 
wohl  fühlen ,  darfs  noch  ein  feiner  Unterschied  zu  machen  sef 
zwischen  einer  gänzlichen,  übernatürlichen  Gnade  und  einer 
Vollkommenen  Inspiration  oder  Geistes-Eingebuhg.  Würde  aber 
diese  Meinung  sich  weiter,  bei  minder  unterrichteten  Leuten, 
«usbreiten,  so  werden  sich  bald  sie  alle  für  inspirirt  halten ;  cio? 
Idee  (Phantasie)  ivelche,  weil  die  Eigenliebe  darin  so  ga"^ 
ihre  Nahrung  findet,  immer  Unordnungen  aller  Art  erzeugt  hit- 
Schon  S.36.  erkliirt  sich  der  Vf.'  für  eine  gewisse  mosietui- 
tche  Parabel.  »Ein  ächter  Muselmann  hiefs  seine  beiden  Söiio^ 
den  Koran  lesen:  Der  ältere  las,  der  jüngere  spielte  mit  klei- 
nen'  Kügelchen  in  den  Händen,  —  Vater!  sagte  dann  je»^^ 
weise  doch  meinen  Bruder  zur  Ordnung,  der  sich,  währeai 
ich  im  Koran  lese,  mit  Spielen  die  Zeit  verkürzt»  Mein  SoU, 
tntwortete  der  Vater,  würdest  du  recht  ernstlich  im  Koran  1^ 
sen,  du  könntest  nicht  sehen,  dafs  dein  Bruder  spielt.«  —  Al- 
lerdings; wenn  der  Eine 'Bruder  blos  Spielerej  treibt,  so  soll 
iet  Andere  fortlesen  ^  wo  Er  zu  lesen  hat.  Wie  aber,  yf^°^ 
dte'Bruder'ihn  neckt  ^  höhnt,  nich|  ruhen  will,  bis  er  sein  Buc^ 
rfidk^ärts  lese,  öder  gar  gegen  da»  Spietwerk  yertausdie? 


Statut  der  UniTersitSt  Dorpat  i4o 

/.     Vstam  imperaiorshago  Derptshngo  uniwersiteta» 
/•     Statut  der  kaiserlichen  Univertität  Dorpat»  DtfP' 
pat  48%o»  4*  Russisch  und  Teutsch,  437  S^^^^n^ 

//«     Üstaw  utschehnüeh  sawedenij  padwjedomäck  imparatorskwUß 

Derptskomu  uniwersitetu, 
//♦     Schul'Statut  für   den    Lehrhezirk  der  haisert 

Universität  Dorpat.     Dorpat  4ß9o*   4*    Russisch  und 

Tcutsch,  si5y  Seiten* 

JLriese  zw^j  von  seiner  Majestät  dem  Kaiser  Aiexander  H6clisl* 
cigenliändig  bestätigten  Statute   sind  ein  neuer  Beweis  der  vor» 
gerückten  und  stets  fortschreitenden  Geisteskuitur  in  RuTsland,  eia 
neuer  Beweis  der  grofsartigen  Libffralität,  mit  welchier  der  Kai* 
•scr  der  Rassen  in  seinem  Reiche  Humanität  zu  befördern  sucht. 
Da  diese  Statute  vielleicht  weniger   bekannt   sind,    wegen   ihrer 
liistorischeo . und  stati^ischen  Wichtigkeit,  aber,  zum  Theil  auch 
"Wohl    als  Muster  für   mainche   ändere  Universität'  und  gelehrte 
•  Schule,  von  recht  Vielen  gelesen  zu  werden  verdienen^  so  haUea 
wir    es   für  Pflicht  durch  gedrängte  Darlegung  dos   Inhalts  und 
Aushebung    einzelner    Punkte    darauf   aufmerksam    zu'  fnacheo. 
.Kro^  I.  enthält  in   i4  Capiteln  und  in  %ji  §§•  die  Organisatioo 
der  Universität  Dorpat.     Im  §.  a.  hcifst  es:   In  den   Gouverne- 
ments Lievland ,    Estbland  und    Kurland,    die  den  Bezirk   der 
Universität  Dorpat  ausmachen,    dürfen  zu   Aemtern,    die  juristi«» 
sehe  und  andere   (welche?)   Kenntnisse   erfordern,   nur   solche 
angestellt   vverden,    welche   Zeugnisse   beibringen,    dafs   sie  auf 
'  der  Dorpat*sdien   oder  einer    andern  Universität  im   Russischen 
Reiche  ihre  Studien  begonnen  und  wenigstens  drej  Jahre  binterehi* 
ander  mit  Erfolge  fortgesetzt  haben.  —  Dies  ist  freilich  ein  Univer* 
sitatszwang,   docb  sind  in  demselben  §.  schon  Ausnahmen  statuirt| 
und  es  ist  zu  erwarten,  dafs  dieses  Gesetz  wohl  später  wieder 
'aür«;ehoben  werden  wird.     Die  Universität  stehet  unter  4^m  Mi* 
nister  der  geistlichen  Angelegenheiten   und    der.  Volksaufklä'rung 
und    unter   der    spcciellen    Aufsicht  des   Mitgliedes    der   Ober* 
Schuldirektion,  dem  das  Curatorium  für  dieselbe  aufgetragen  isC 
»Die    von    der  Universität   geprüften  und  graduirten  Candidatea 
baben  das  Recht,   zu  allen  Aemtern  in  ihrem    Fache  zu   gelaa-' 
l^en,    ohne   \icb   einer  anderweitigen  Prüfung    zu   unterwerfen* 
.Die  Universität  hat  ausschiiefslich   die  völlige  ortliche   Jurisdio-' 
lion    und  obrigkeitliche  Auctorität  über  alle  ihre  Mitglieder  und 
Untergebene  und  deren    bei  der    Universität  .anwesenden   Fa"* 
miliep.     In  '  Crtmiualsachen^  aber  stellt  die  Universität    die  vor* 
läufige  Untersuchung  an  und  versendet  sie  mit  Beilegung  ibrer. 
Meinung- an  die  Behörde,  unter  deren  Gerichtsbarkeit  das  Ver* 
brechen   gehÖrV     Uebrigent  wird  von   den  Sprüel^en   der  Ap<^ 


üSo  ^Statut  der  UniversitSt  Dörpan 

Jelbtiom-  und  Revisions-TfisUnz   der  Universität   nur  in  dn 
irigirendcn    Senat   appellire«      Die   Ütiiversiläl   hat   ihre  eigene 
Ceiuur  fiir  alle  von  ihr,  oder  einem  ihrer    Mitglieder  herausge- 
gebenen Schriften,  wie  auch  für  die  von    der  Universität,  zu  ep 
genem    Gebrauche    aus    dem    Auslande    verschriebenen   Biiclier. 
Alles,   was   die   Universität   von    dem  Auslande    für   ihren  Ge- 
lrauch,   Wissenschaften    und    Künste   betweckend,    verschreibt, 
soll  xn  Wasser    und   zu  Lande   ungehindert  und    zollfrei  c^llg^ 
fuhrt  werden  dürfen.*    Die  Professoren  der  Universität,  die  Leh- 
rer, Beamten  und  deren  Kinder  sind  von  allen  pcrsöuHcheu  Ab- 
gaben befreit.     Alle  ausländischen  Professoren  und  Beamlen  der 
Universität  haben  das   Recht,   zu  jeder  Zeit  das  Reich  zu  ver- 
lassen, ohne  irgend  eine  Vermögenssteuer  an  die  Krone  zu  ent- 
richten.    Bei  ihrem  Eintritt  in's  Reich  darf  jeder  von  ihnen  daJ 
erste  Mal  Effecten  oder  Sachen,  zweitausend  Rubel  Silbermünze 
'an  Werth,  zollfrei  mit  sich  hereinführen  oder   nach  seiner  An- 
kunft verschreiben.     Die  Universität  hat  das   Recht  in   Rufslaui 
vnd  im  Auslande  ihre  gelehrten  Corrcspondenten  zu  haben,  die 
in  dieser  Eii;enschaft  ein  Diplom  erhalten.     Sammtlichc  ordent- 
liche Professoren  bilden  die  oberste  akademische  Behörde  unter 
dem  Namen  des   Unlversitäts-Coiiseils,    wozu  die   Appf^üatious- 
«nd  Revisionsinstanz,  das  Universitätsdirectorium ,    das    Universi- 
tätsgericht, das  Rectoratsgericht,   das  Censurcomite,    die  Scliüi- 
«ommission,  die  Uuiversitätsrentkammcr  und   die   Faculuten  ^"^ 
boren.     Lehrer,   Beamten   und  Dienstleute   wählt   das  Uitiversi- 
tätsconseil  durch  Stimmenmehrheit,    und  stellt  sie  an,    ohne  sie 
•rst    höhern    Orts   zur    Bestätigung   vorzustellen,   mit   Ausuahme 
des  Sjndicus.     Der  Rector  und  die  fünf  Decaue  der  Facuitätea 
bilden  zur  Besorgung  <ier  laufenden  Geschäfte  das   Uulvcrsittis- 
«directorium.     bn  Universitätsgerichte  präsidiit  der  Rector;  ^^^' 
iitzer  sind  der  Decan  der  Jtirislenfacultät    nebst   dem   SjndicuSi 
'Der    gelehrte   Verein    der    dorpatischen    Univertität   bestellt  au$ 
'Vier   Facultäten,    der   theologischen,    juristischen,    medicinisclieo 
und  philosophischen;  jedoch  wird  die  philosophische  in  vier  Lc 
«>ndere  Classen  abgetheilt,    nämlich  die  philosophisch -malliema* 
tische,   die    naturwissenschaftliche,    die   philologisch  -  histonV'^ 
"ttod  die  technologisch -Ökonomische,    deren   je   zwej   einen  D^ 
•«an   wählen,    welche  halbjährig  im    VorsiliLe   alternireo.  .^^^^ 
keiner  von  den  'Professoren  der  Naturwissenschaft  eigene  N^t"' 
talienkabinete  haben    darf,    scheint   in  einzelnen  Fällen  ein  drü' 
«kender  Zwang.     Jeder  ordentliche  und  ausser  «irden  tliclic  Pfo^ 
fes^or  ist   verbunden ,   in   jedem   halben  Jahre  wenigstens  zwo 
Cursttt    zu   halten.     Der  Rector  ist  nur  zu   einem   verbuodeo. 
Wenn  die  Zahl   der  Zuhörer  f«ir   eine   Vorlesung  weniger  ^ 
tecbse  bclrigt|  to  ist  der  Plrofcstor  nicht  vcrbttoden,  dies«  Vor 


•  • 


Statut  der  UniTersitil  Dorpoi  tlH 

lesiiD^  cu  hatten.  Dm  Verdoppeln  der  Vorlesungea  sotl  fiuf 
dann  erlaubt  sejn,  wenn  es  die  Studif enden  nicht  hindert ,  an* 
^ere,  nach  dem  Lecttonscataloo^  schon  angefangene  VorlesuLgea 
-en  hören.  Die  Universität  hat  zweimal  im  Jahre  Ferien*  Di«. 
'Wiiitrr-*  Ferien  wahren' vom  i.  bis  45«  Janaar;  die  Sommer* 
Ferien  vom  lo  Junius  bis  zum  22.  Julius.  « 

Die .  Institute  der  Universität' sind  sehr  vollständig,  nSmlicIi 
ein  afiialomisches  1  heater,  .eine  mcdicinisch-kh'nische,  eine  cht« 
•  rurgisch- klinische  nnct  eine  Entbindungsanstalt,  ein  pädagogisch* 
philologisches  und  ein  theologisches  Seminarium.  Ausser  der 
Bibliothek,  sollen  sich  ferner  bei  der  Universität  befinden:  ein 
Museum-  der  Kunst,  ein  Kabinet  iür  Zoologie  i:|nd  für  Minera-* 
logie,  eine  Sammlung  physikalischer  Instrumente,  ein  chemisches 
Laboratorium,  eine  Sammlung  anatomischer  Präparate,  ein  pa* 
thologisches  Cabinet,  eine  Sammlung  geburtshiilflicher  und  chi* 
riu'gischer  Instrumente,  technologischer,  architectonischer  und 
kriegs wissenschaftlicher  Modelle,  ein  Observatorium,  eine  Samm«* 
hing  für  angewandte  Mathematik,  eine  Zcichenschulc  und  «in. 
botanischer  Garten.  Jeder  Professor,  der  25  Jahre  lang  seinem 
Amte  niit  Eifer  und  Fleils  vorgestanden,  erhalt,  wenn  er  nicht 
länger  bei  der  Universität  zu  bleiben  wünscht,  aus  den  Einkünf» 
ten  derselben  seine  ganze  Besoldung  als  lebenslängliche  Pension« 
Alle  Professoren,  die  wegen  einer  unheilbaren  Krankheit  dienst- 
«nfakig  werden,  erhalten  die  Hälfte  ihrer  Besoldung,  auf  beson- 
dere Empfehlung  der  Universität  aber  ihre  ganze  Besoldung  als 
Pension.  Die  Wittwen  und  Kinder  der  als  pensionirt  verstor- 
benen Professoren  erhalten  dieselbe  Pension  wie  die  im  Dienste 
verstorbenen  Professoren.  Die  Pensfonen  der  Wittwen  oder 
Kinder  der  verstorbenen  Professoren  bestehen  in  dem  fünften 
oder  vierten  Theil  der  jahrlichen  Besoldung,  je  nachdem  der 
verstorbene  Professor  weniger  oder  mehr  als  fünfzehn  Jahre  bej 
der  Universität  gedient  hat.  In  jedem  Falle  aber  erhall  dia 
Wittwe  eine  ganze  Besoldung  ihres  Mannes  ein  für  allemal  un- 
verzüglich ausgezahlt,  und  alle  Pensionen  können  sowohl  im 
Reiche,  als  auch  ikn  Auslande  genossen  werden.  Die  auf  deut- 
schen Universitäten  zu  grofser  Ermunterung  des  Fleifses  etnge- 
fülirten  jahrlichen  Preisvertheilungen  hat  man  dort  gleichfalls« 

Nro.  II.  ist  in  eilf  Kapitel  getheilt,  und  enthält  in  a8a  5§» 
die  Vorschriften  zur  iüinrichtung  der  Schulen.  Nach  den  Be* 
dürfuissen  des  Unterrichts  kann  man  diese  eintheilen  in:  Ele« 
ne^ntarschy]  en^  Kreisschulen  und  Gymnasien.  Da  die 
Universitäten  immer  mehrere  Männer  von  Keantnifs  und  Erfab« 
Tung  im  Lehrfache  besitzen,  und  diese  höheren  Lehranstaltett  • 
den  aächsten  Vortheil  von  dem  guten  Zustande  der  Schulen 
liehen  $ ,  so  wird  die  Leitung  der  Schalen  einca  Untrersitatsbe^ 


^i$%  Statut  der  Universität  Dorpaf. 

Siikf  TOD  der  Universit3t  selbst  am  zweckmafsigsten  gefabrt  ^«^ 
den  i  jedoch  so  ^  dafs  diese  Leitung  deo  UoiversUälen  «ussckliefs- 
lieh  und  unter  der  einzigen  Ob^rdircction  des  Ministeriums  der 
gcistliclien  Angelegenheiten  und  des  öffentlichen   Unterrichts   an* 
TeHraiit  vird.  —     Die   Leitung   der   Schulen   wird    im  .  Namen 
des  Universitätsconseils  durch  -eine  von  ihm,   und  aus  der  Mitte 
desselben  gewählte  i>chul-Conimission   geführt,    '%v eiche  aas 
asehreren,  nach  Verhältnifs  der  jedem  Universitätsbezirk    gehöri- 
gen  Gouvernements  bestimmten   Mitgliedern    besteht ,    ^ie    nach 
geschehener  Wahl  höheren  Orts  zur  Bestätigung  vorgestellt  wer- 
den«    Der  jedesmalige  Rector  der  Universität  steht  an  der  Spize 
derselben.     Die  Mitglieder  der  Schulcommission  bekommen  kei^' 
neu    Gehalt,    sondern    übernehmen    diese    wichtigen     Geschäfte 
l>los   aus   Neigung  für    das   Schu\wesen  upd  aus  Liebe  zum  all- 
gemeinen Besten.      Der  Gouvernements- Schuld irector    (so   heis- 
ren die  Dircctoren  der  Gouvernements-jGjmnasien)  hat  die  spe- 
zielle Axifsicht  über  alle  übrigen  öffentlichen  Schulen  und  Privat- 
.Ijehj'anstalten   des    Gpovernements.     Jede   Kreisschulc    hat  einea 
lospector ,  und    dieser   hat  ausserdem   die   Inspection    über   die 
Elementarschulen  des  Orts.     Er  berichtet  über   die  Kreisschulcn 
und   Elementarschulen    dem   Director«      Jedes    Gjmiiasium     des 
Dorpatschen  Lehrbezirlcs  erhält  sechs  Oberlehrer  uud  zwei  Leh- 
ycr  für  den  wissenschaftlichen  Unterricht,  ausserdem  einen  heh" 
irer  der  russischen,    einrn  Lehrer  der  französischen  Sprache,  eW 
:^en  Lehrer  für  Musik  uud  Gesang  und  einen  Zeichenlehrer  (der 
zugleich  Schreiblchrer  ist).     Eine  Kreisschule  erhält    zwei    oder 
einen  Lehrer  für   den  wissenschaftlichen   Unterricht,  uud-  einen 
Lehrer  der  russischen  .  Sprache.     Eine  Elementai  schule  erhalt  nur 
:4rinen  Lelirer.     Die  G^ymnasien  bestehen  aus  5  Classen,  jede  aas 
A   Ordnungen  und   der    Lehrcursus  für  eine   Classe  dauert    eio 
Jahr.     Die    Lateinische,    Griechische,    Kussischc    und    Teutsclie 
l^prache  werden  in  alleu  5  Classen  gelehrt,  die  Hebräisclie  Spra- 
che  allein    in   der    ersten,    und   die  französische  in    besondereo 
Stunden  für  diejenigen  Schüler  aus  den  drei  oberen  Classen,  die 
^Aich  dazu  meldf.*n*     Ausserdem  wird  gelehrt:   Religion    iu    allen 
Classen,    Geschichte   in    den  4  unteren  Classen,    Geographie  in 
den  3  unteren  und  iu  der  ersten  Classe,  Naturgeschichte  iu  den 
d   unteren,    Physik  in   der   ersten   Classe,    ^Mathematik    in   allen 
Classen^   Schreiben   in  den  2   untersten  Classen,   der   Uuterrickt 
in  der  Zeichnenkunst  und  Musik  liegt  ausser  dem  Cursus ;    dock 
aaüssen    die   Schüler  daran   Theil   nehmen.     Jahrlich   findet  auf 
dem  Gjmuasinm  ein  grofses,  niit  Redeübungen  verbundenes  Exa* 
äsen  Statt,  am  Schlüsse  des  Semesters  im  December  oder  Junios 
»ach  den  Localomständen,  wobei  die  Trans! ocationen  ond.  Eot- 
lassuDgen  bekannt  gemacht  werdto.    Wer  oh|»e  ein  S^uguifi  der 


Statut  der  Universität  Dorpat^  «93 

Keife  zar  Umveraltät   äsa    Gymnasium -verlafst,    wird   ron  itm 
Universität   geprüft.      Jedes   Gymnasium   erhält   eiue   Bibliothek^ 
eine    Sammlung    physikalischer    und   mathematischer   Instrumente 
und  eiiie  Naturaliensaramlung*   Die  Lehrgegenstände  einer  .Kreis* 
Bchüle.sind:    Religion,  Arithmetik,    Geometrie,   r^aturgeschichtiK 
mit  Technologie,  Naturlchre,  GesoJiichte  und  Geographie,   Kuis« 
sische  und  Teutsche  Sprache,  Zeichnen,  vorziiglich  geometrisches^ 
und    Sclireibeu.     Auch    die   Krcisschulen    haben  jährlich  ein  öf- 
featliches  Examen,    eiue   Bibliothek,   eine   Landchartensa mmlung, 
eine   Sammlung  von   Naturalien  und   Instrumenten,     Ueber    das 
'Was  anzuschauen  ist,  entscheidet  der  Director.     In    die  Element 
tarschulen  wird  jeder  Knabe  aufgenommen,  der  das  sechste  Jahr 
vollendet    hat.      Die    Gegenstande  des  Unterrichts  das^elbst  sind: 
die  Elemente  der  teutschen    Sprache,   Lesen   und   richtiges  Ac* 
centuircn.    Schreiben,    Rechnen    und    Religion.      Halbjahrig   ist 
eine  Prüfung,    nnch    welcher   die   reif    befundenen    Schüler   die 
Elementarschule  verlassen  müssen,    damit   andere   an    ihre    Steile 
aufgenonunen    werden    können.      Ausser    den   ausscrordentlichf^n 
Rcriditcnnibergiebt'der  Schulinspector  zweimal    des    Jahrs  dem 
Schuldirector  bei  dessen    Schul -Revisionsreise  einen  allgemeinen 
Bericht   über  die   Krcisschule   und   die   Elementarschulen.      Der 
Gotiveruements-  Schuldirector  steht  unmittelbar  unter  der  Schul- 
commission, welcher  er  zu  berichten  hat.     Zwei^  ]\4ahl  des  Jahrs 
bereiset    der    Gouvernements -Schuldirector     die    Siädte^   seines 
Directorats,  um  die  daselbst  bcfindli(;hen  Kreis*  nnd' Elementar- 
schulen zu  visitirem     Nebstdem  hat    er  die  PÜicht,   alle   Privat- 
Lehranstaltep  für  das  männliche  und  für  das  weibliche  Geschlecht 
in  den  Städtetr  zu  besuclien   und   sich    von    dem    Zustande   der- 
selben zu  untei'riehten.     Die  Privat -Lehranstalten  auf  dem  Land^ 
ibesucht  er,  wenn  die  Zeit  es  ihm  erlaubt;'  oder   ifenn    er  Ur- 
sache hat,   zu  glauben,    dafs  ein  solcher  Besuch  iiÖthig  sey.  — > 
Jährlich  am   i5.  Dec.  schickt  jeder  Goavernemeiits-Schuldirector 
«incn   allgemeinen   Berieht   über  alle    Öffentliche   Schulen    seines 
Directorats  an  die  Schulcomn^ssion ,  welche  aus  dem  Rector  und 
fünf    permanenten   Mitgliedern    besteht  9    zur   Revision   der   vier 
Directoiate.     Sie  berichtet  unmittelbar  an  den  Curator  des  Lehr- 
bezirks,  und  empfangt  von  demselben  Befehle,  von  den   Schul- 
directoren  aber  Berichte.     Das  t^eftiinarium  aber  zu  Dorpat  steht 
unter   der   Directiou   des   Dorpatschen  Schuldirectoriums.     Zeha 
junge  Männer y    welche  in .  anderweitigen  Schulen    den    vorUufi** 
gen  nÖthigeo  Unterricht  erhalten  haben,  werden   in    dieser   An- 
stalt zu  Elemeotarlehrern   gebildet.    Das   Semiuarium  sha(   einen 
Hauptlehrcr  (der  lospector  des  Seminariums  heilst),  und   einen 
Lehrer  der  Musik«     Die  Hauptlehrer  und  die  Seminaristen  woh^ 
»(HD  eaf  Koatea  der  Krone  in  einem  dazu  -scbicklichen'  fiause; 


K^eoleiu  AllerieL 

und  bekommen  freien  Unterhalt.     Will  Jemand  einePrirat-Lelir- 

anstalt  errichten  >  so  ubergiebt  er  dem  Schnldirector  eine  an  die 
Schulcommission  gerichtete  Bittschrift,  welcher  er  einen  ausiftihr- 
'  liehen  Plan  über  die  zu  errichtende  Lehranstalt  beilegt.  Die 
Personen,  welche  an  einer  Privat-Lehrnnstajt  Unterricht  gcbea 
sollen,  werden  von  dem  Schuldireclor  gemeinschaftlich  'mit  drei 
Oberlehrern  geprüft.  Die  Lehrerinnen  für  weibliclie  Lclirao' 
Stalten  werden  durch  den  Director  und  einen  Inspektor  geprüft. 
Uebeir  diese  Privat- Lehranstalten  entscheidet  die  Sbhulcomniission. 
Die  vier  Gymnasien  des  dorpatischen  Lehrbezirks,  so  wie  aucli 
alle  Kreisschulen  mit  zwei  und  mit  einer  Classe  M^erden  von 
der  Krone  unterhalten.  In  «4  Städten  dieses  Bezirks  zahlt  die 
Krone  auch  den  Gehalt  des  Lehrers  an  der  Elementarschule.  — 
'Dieses  ist  der  wesentliche  Inhalt  zweier,  für  die  russischen  Unter* 
richtsanstalten  höchst  wichtigen  Urkunden. 

u4.  B. 


AUtrUi  zur  Unterhaltung  und  Zerstreuung»     Herausgegeben  von 
Fmjhz  Küenlb^n*  St,  Gallen  b.  Huber  u.C^  48siu*  %ß,  /». 

Was  der  Verfasser  oder  Herausgeber  mit  dem  Aufsatz«,  die 
.  Gesellschaft  ohne  Gesellschaft,  den  er,  statt  der  Vor- 
rede seinem  Buche  an  die  Spitze' setzt,  an  und  fiir  sich;  was 
er  besonders  mit  demselben  in  Bf^zug  auf  sein  Allcilejr  'wolle? 
mag  er,  der  Autodidactos,  wie  er  sich  gleich  Anfangs  bezeich- 
net, wissen,  jedem  andern  wird  diese  Vorrede  in  beiden  Rück- 
sichten eine,  nicht  zu  entzifierndc,  Hierogljpho  bleiben.  " 

Vier  Erzählungen  enthält  die  Sammlung   Kunst  und    Na- 
lur,    Alis    und   Berengar,    die   Selbstlinge,    Theodor 
oder  die  Peruvianer«     Die  erste,  bei  weitem  die  anziehen- 
ste,  dem  Inhalt  und  der  Darstellung  nach,  trägt  nicht,    wie  die 
übrigen    Drej,   die    deutlichen    S|^uren  fremder   Abkunft.      Der 
Herausgeber  ist  nicht  aufrichtig    genug    gewesen,   wenn    er   die 
letzte    als   vfrei   nach   Pigault  *  le  Brun«  bezeichnet,  da  Breite, 
Sentimentalität,  unnütze  l'racht,  ermüdende  Reden ,  Wendungen 
und  Ausdrücke   nur   zu  klar   beurkunden,    dafs   die    Erzählung 
(eine  zweite  Cora)  recht  wörtlich  dus  dem  Französischen  über- 
setzt sey«     Eben  so  ist's  mit  der   zweiten    und    dritten   Novelle. 
Auf  jeden  Fall  hätte  der  Verfasser  sie  sammtlich  abkürzen,   imd 
dürftige  Bemerkungen ,  womit  die  französischen  Romane  so  hau* 
'  fif^  durch  wassert  sind,  weglassen  sollen,  z.  B.  'ein  junges  Mäd- 
chen   ist    gewöhnlich   gefüblvoU.  «     S;     2o3*     »Die   Jugend   ist 
ichwach,  die  Feinde  sind  schlau.«  etc; 


Sthduspiele  von  H.  Bothe.  i55 

Die  CliäTakttr  reich  hu  tagen  S.  49-  halyen  kein  »nderes 
Verdienst,  als  das  der  Kürze.  Flachheit,  OberÜächfichkeh  und 
'Gallicismcn  bezeichnen  ihre  Heimath. 

Die  Anekdoten  S    8i.  ohne  Salz  nnd  Interesse. 

Das  beste  im  ganzen  Allerlei  sind  neben  der  schön  erwähn« 
tci^,  Novelle:  Kunst  und  Natur,  die  Mönchsanekdoten 
S.  34o.  die,  wenn  auch  nicht  siimmtlich  neu,  doch  grÖfsteD- 
theiis  durch  Witz,  Laune  und  Behandlung  sich  empfehlen. 


Schauspiele  von  F.  H,  Bothe*     Mannheim  im  Verlage  hey  Tb* 
hias  Lößer j  48st2,  3 ß. 

/jvvejr  Uebersetzungen ,  die  eine  des  Lustspiels  von  Mo  Her«: 
die  M  änperschule,  die  andere  des  englischen  Trauerspiels 
Moniraia  von  Otway,  und  eine  eigne  Dichtung:  der  Fall 
der  Oedipiden,  Trauerspiel  in  5  Aufzügen  enthält  diese 
Sammlung. 

Die  Männerschule,  ein  Lustspiel  voll  Intrigue,  welches, 
dem  Sinne  der  Franzosen  durchaus  entsprechend,  von  ihnen 
noch  imnier  geschätzt,  gern  gelesen  und  gesehen  wird  ,  ist  bei 
'  nöglichstcr  TI^eue  von  Hrn.  B.  im  Ganzen  mit  so  grofser Leich- 
tigkeit in  unsrc  Sprache  übertragen,  dals  man  meistens  ein  detlt* 
sches  Original  vor  sich  zu  haben  glaubt*'  £r  hat.  noch  überd^m 
gesuclit,  dadurch,  dafs  er  die  Soene  nach  Wien  verlegte,  sie 
dein  Zuge  des  Deutschen  naher  zu  bringen,  und  >die  Verpflan- 
zung ist  gediehen,  so  weit  sie,  bei  der  Verschiedenartigkeit  der 
Sitten,  Lebens-  und  Denkweise  beider  Nationen,  so  wie  der 
Zeit,  wo  das  Stück  geschrieben  und  derjenigen,  wo  es  ins 
'Deutsche  übertragen  wurde,  gedeihen  konnte. 

Nicht  weniger  als  die  Uebersetzung  des  Französischen  Lust- 
spiels,  ist   die   der  Engliseben   Tragödie:    Monimia    gelungen«  ' 
Einige  Mifsklänge  und  Harten  wären  wohl  wegzuräumen  gewesen. 
Wie  ^enn  es  z.  B.  geheissen  hätte  S.  348  statt: 

»Da  zeigte 
»Sich  die  Gestalt  von  dir,  schon  wie  du  bistf 
»Loses  Gewand  umflog  dich  — 

Da  zeigte 
'  Sich  deine  lieblich  herrliche  Gestalt 
Ein  ieicht  Gewaod  umflofs  dich. 
Seite  354  fttatt: 

»Des  Himmeis  WohlgerucV  nmathmen  mich 
Des  Himmels  reine  Düfte  wehn  um  mich* 

Ihs  Trauerspiel  selbst  ist  etwas  gedehnt,  die   CIiaralcfAr« 

1 


i50  Schauspiele  voa  EL  Bothe»  ^ 

liaben  weofg  KigeodiäinUchkeic  und  iqnere  Bedeutung;  die  Ent- 
ehrung der  Monimia  durch  den  Bruder  ihres  Gatten,  erscheint 
JQ  unwahrscheinlich  als  widrig;  und  widersprechend  ist  es,  wenn 
der  Verbrecher  (S*  4a5.)  erst  mit  Monimia-ins  Exil  wandern 
will  und  statt  dessen  nachher  (S.  45ß,)  ohne  dafs  genügende 
Motive  eintreten  y  sich  in  das  Schwerdt  seines  beleidigten  Bro« 
ders  stürzt, 'den  er  mit  Mtihe  zum  Zweikampf  aufgereiz*.  hat. 

Bei  diesen  Mängeln  des  Stucks  hätte  die  lieber  tragung  ins 
Deutsche  wohl  um  so  eher  unterbleiben  mögen,  da  wir  in  Schil- 
lers Braut  von  Messina,  Leisewitzens  Julius  von  Tarent  ond 
Klingers  Zwillingen,  deutsche  Originale  ähnlichen  Inhalts  besitzen, 
wovon  jedes  durch  Inhalt,  Diction,  Eigenthümlichkeit  der  Cha- 
raktere, und  Schilderung  der  Leideuschuftcn ,  diese'  Otwajsclie 
Tragödie«  wie  sehr  auch  die  Engländer  sie  schätzen  mögen, 
überwiegt. 

Desto  mehr  rerdient  Hr.  B.  für  das  Trauerspiel:  der  Fall 
itt  Oedipiden,  den  Dau|^  der  gebildeten  vaterländischen L^ 
lewelt«  Et  sind  dabei  die  Fömkeriuuen  des  Euripides  zum  Grand« 
gelegt,  aber  wenn  gleich  der  Gegenstand,  die  Personen,  eltiif^e 
Erzählungen  und  Ausdrücke  beibehalten  ^rden,  ist  doch  die 
Torliegende  Tragödie  in  Behandlung  des  Stoffs,  Eintheilong  der 
Scenen,  Bezeichnung  der  Charaktere  etc.  durchaus  vom  gedacb« 
ten  Trauerspiele  abweichend,  den  Bedürfnissen  unsrer  heüii«[ea 
Sühne  angeeignet,  und  daher  mit  vollem  Recht  als  eigne  Dicb- 
tung  zu  betrachten.  Der  Chor  ist  zwar  beibehalten,  aber  in  aiK 
^erm  Geist  und  Sinne  wie  bei  der  Griechischen  Tragödie.  Iio 
Fall  der  Oedipiden  ist  er  den  Jünglingen,  Jungfrauen,  Prte* 
•tern  etc.  von  Theben  zugetheilt,  die  sich,  bei  sehr  ^chrcklicK 
gewählten  Veranlassungen ,  in  Gebeten ,  Hjmnen ,  Lobliedern 
der  Helden,  oder  Klaggesängen  bei*  ihrem  Falle  ergiesseo.  Der 
Griechische  Chor  erscheint  hingegen  als  Vertrauter  der  handeln- 
den Personen,  als  Repräsentant  des  Volks,  >n  dessen  Mitte  sich 
die  Begebenheit  zuträgt,  und  als  Mitreducr,  wo  es  auf  Ausdruck 
allgemeiner  Gesinnungen  und  Gefühle,  und  Aufklärung  von  Ver* 
■bältnisscn  ankommt,  welche  dem  Zibchauer  ohne  das  fremd  ge- 
blieben wärön. 

Besonders  ist  der  Yerf.  mit  glücklichem  Erfolge  darin  vom 
Griechischen  Vorbilde  abgewichen,  dais  er  nicht,  wie  dieses 
durch  eine  Vor^ednerin  (Jokaste)  die  frühern,  auf  die  HandJimg 
sich  beziehenden,  Begebenheiten,  und  nachher  durch  einen  Za- 
schaaer  die  Vorgänge  im  feindlichen  Lager  erzählen  und  erkla- 
ren Kfst.  Er  versetzt  gleich  anfangs  den  Leser  in  die  Mitte 
der,  gegen  Theben'  kämpfenden  Fütsten,  und  läfst  wie  in  Hand- 
inngen  so  in  Gesprächen  die  Vorgeschichte  sich  entfalten,  auck 
4ie  "Helden .  üpi  ihre  >A.bst€hten  durch  sie  selbst  u^d  ihre  Va^^ 


Schauspiele  von  If.  Bothe.  iS; 

bung  sich  bezeichnen  und  cnmickeln.  —  Dem  Charakter  de« 
Menoikeui  (Sohn  des  Kreon)  ist  vom  Verfasser  mehr  Bedeu- 
tung und  Selbstständigkeit  zugetheilt,  als  er  bei  seinem  Vor- 
gänger hatte,  und  die,  bei  diesem  Jehlende,  Tochter  des  Ocdip, 
Ismene  auf  eine  anziehende  Weise  mit  in  die  Reihe  der  han- 
delnden Personen  gestellt. 

Das  Trauerspiel  hat  Lebeh,  Fülle  und  Kraft,  tief  ergrei- 
fende Situationen,  fast  durchgehend  eine  reine,  des  Gegenstan- 
des  würdige    Sprache,    und   viele  treflttiche,  wahrhaft  dichteri- 

iche  Stellen.  « 

Den  Charakter  des  Eteokles  hat  der  Verf.  nadi  Ref.  An- 
sicht, doch  uunöthigerweise  zu  hart  und  menschenfeindlich  ge- 
stellt. Ohne  Achtung  gegen  Eltern ,  ohne  Neigung  zu  Geschwi- 
stern der  Fl auenli<^e  fremd,  steht  er  da,  ein  hartes  unschmelz- 
bares' Eisen.  Als  unnatürlicher  Sohn  erscheint  er  besonders,  wo 
Jokastc  ihre  Flüche  über  ihn  ergiefst  und  Eteokles  die  Worte 
(S.f^Q.)  spricht:    »Die  Donner  tödten  nicht.« 

Von    der   andrem    Seite   ziemt   es   doch    wohl  taum  diesem 
ungebildeten  Krieger,   wenn,  er  (S.  67.)  auf  Jokastens  Zuruf: 
»Hat  nicht  ein  Vater  dich  und  ihn  (Pi^lyneikes)    erzeugt.« 

Zur  Antwort  giebt:  >     ,     \,   .  „    w    1,       .-1 

»Was  sprichst  du  vpn  des  Zufalls  Werken  viel 
»Die  Form,  worin  er  sich  ein  Bild  gestaltet 
»Zerbricht  der  Künstler.« 

and   ist  denn   hier  Eteokles   der  Kunstler,  ist  es  seine  Form 

von  der  geredet  wird?  ,    o    -^    u        i.        a        a 

So  durfte  auch  Polyneikes  als  Grieche,  besonders  der 
Zeit  auf  die  Aeusserung  seines  Bruders:  auch  Zeus  habe,  um 
tu   herrschen ,   seinen   Vater  vom  Thron  gestossen ,    wolil  Jtaum 

erwiedern:  .    ^.    1         1?  u    1        •  k* 

»Beschönige  mit  Dichterfabeln  nicht 

»Dein.  Thun  etc.  —  Das  Gewand  betreffend ,  wenn  der 
Verf.  seine  Dichtung  kleidet,  hätte  Ref.  nur  an  einigen  wenigdi 
Stellen  eine  Aenderung  gewünscht  z.  B.  (S.  43.)  statt: 

»Erhabner  Ruhm,  dich  sucht  auf  Alpen  höhn 

»Auf  blutigen  Schlachtfeldern  dich  der  Jungling« 
_     -^     Dich  sucht  auf  wilden  Hoh'a 

Auf  blul'gen  Schlachlgeülden  Dict  etc.  , 

^  S    38)    statt : 

*    »Und  wenn  sich  luft'ge  Berge  zwischen  «ns 

Erhöben sic^  Riesenberge  ( Atlasgipfel }  etc. 

Von  den   vielen  trefflichen   SteUcn  stehe  hier   nur  ein  Monelo(( 

ies  Polyneikes,     S.  340*        .     ^.  .     .       .     ^^ 

»Was  war  das?  Traf  nifcht  Klaggeschrei  mein  Ohr 
»Wi«  «•  ^ttTch  Nachtgraun  tont  von  Schlachtg^filden?' 


tSS  Schauspiele  von  EL  Both?., 

•--•  Wie  Scliwcrdlcr  sckwirreo  klang*!»  -*  taucht  hier  ein 

Feind? 
•— — *  Ist  es  der  Wind,  der  durch  die  Ebne  saust 
^ —  Nicht«  mehr  vernehm'  ich  jelU  —  Ha,  banger  Geiil; 
»Wars  deine  Ahnung?    Liehst  du  deine  Stimme 
»Dem  öden  Nachthauch,  und  gestaltetest 
»Die  wesenlose  Luft  in  deine  Schrecken? 
'       » —  Ein  Gott  vielleicht  ging  zürnend  durch  das  Lager 
»Das  Schvverdt  nocli  zu  verbergen,   warii*t  er  mich. 
»Nichts  grälslichers  beschliest  des  Menschen  Geist 
»Des  Alles  wagenden  als,  weichend  aus 
»Den  heiFgen  Schranken  der  Gerechtigkeit, 
»Ins  öde  Schlachtfeld  in  die  Flur  der  Thränen, 
»Ins  weite  Reich  des  Mordes  und  des  Weh*s 
»Mensch  wider  Meusciicn  reuelos  zu  treten.« 
Der  Raum  gestattet  nicht  mehr  als  diese  Steile  auszuziehen, 
welches  viele  andere  eben  so  sehr,  manche  in  noch  höherem  Grade 
verdient    hätten,  deren   Länge  sie  aber   davon  ausschlielst;  z.  6. 
der   Monolog   des    Eteoklcs  (S.  SB»)'     Dessen  Unterredung  mit 
seinem  teindseli^eii  Geiste    (S.  90.^.     Das  Gespräch  Kreons  mit 
seinem   dem  Tode   für   das  Vaterland  sich  weihenden   Sohne  (S. 
loS.)     Das  letztere  Selbstgespräch  (S.   116.).     Der  Jokaste  vur- 
bedeutendcs  Gesicht  (S.   i5o.)>.Das  Gebet  der  Priester  Jupitm 
(S.   i6i.)  an  ihren  und  das  derselben  (S.   i  4«)  au  den  unbe- 
kannten  Gott.  —     Antigones   WoVte  bei    dem  Leichnam  ihrer 
Brüder  und  ^Mutter  (S.  169.)  etc. 


Julii  Phaedri  Fabulae  nuper  puhlicatae  in  Italia,  quat 
emehdatius  edidit  animaduersionibusque  itistriixit  Fridkricüs 
IIenricüs  Bothk.  Heidelbergae  et  Spitae,  sumtibüs  Mg» 
Oswoldi,  MDCCCXXIL  64  S.  in  4%.  36  Ar.  od.  g  ggr, 
sächsisch. 

Jtlerr  B.,  dessen  Thätigkeit  In  neuerer  Zeit  vorzüglich  den  La« 
teinischen  Dichtern  zugewendet  ist,  und  der  sich  besonders  um 
den  Horatius  sehr  verdient  gemacht  hat,  beschenkt  hier  die  Freunde 
des  Fabeldichters  mit  einer  Ausgabe  der  in  Italien  im  Jahr  1808 
zuerst  von  J.  A.  Cassiti,  dann  1809  ^^^^  Janelli  18 ti  wie- 
der von  Cassiti  mit  Anmerkungen  (alle  3  Ausgaben  erschieuea 
cu  Neapel)  und  1812  von  Eichstädt  in  einem  Programm  her- 
ausgegebenen 3a  Fabeln,  die  hier  nur  unter  29  Nummern  er- 
scheinen, weil  ein  Paar  Stücke  davon  keine  Fabeln  genannt  wer- 
den können.  Die  Worte  emendatius  edidit  konnte  Hr.  B.  mit 
tollen^  Rechte  auf  das  Titelblatt  setz^u,   dena  sie   haben  darck 


Phacdri.  Fabulae  ed.  fiothe.,  t59 

seine  Bearbcituiig  sehr  gewannen.  Und  wenn  auch  einige  Emen-«^. 
dationca   etwas  kühn   crscheiiien  möchten,   so   mufs    eui    sotchef 
Verfahren    bei    einem   aus   eii^er   einzigen    sehr   t|n vollkommenen 
Handschrift  geflossenen  ISruclistücke  eher,  als  hei  andern  Schrift* 
steilem,  bei  denen  dies  der  Fall  nicht  ist,  erlaubt  sejrn.   In  der 
Vorrede  verbreitet  sich  der  Heiaiisg.  über,  die  Veranlassung  die- 
ser Ausgabe,   über    den    Streit    zwischen    J.  F.  CJirist   und  J, 
R.    Fun  cci US    über   die   Aechtheit    der  Fabeln    de$    Phadrus 
welche  jener  läugncte,  und  dieser  siegreich  veriheidigte,  u.s. w. 
Ueber  d^e  Fabeln  selbst,  die  uns  hipr  wiederholt  angeboten  wer- 
den   (auch    in  Tübingen  erschien  18 la   eine  Ausgabe,    in  Wien 
sogar    8  5  eine  deutsche  üebcrselzuiig),  brauchen  wir  hier  nicht 
besonders  zu    sprechen,    und   können   sie   als  bekannt  annehmen. 
Wir   begnügen    uns   also,    hier   blofs  ein  Paar  Bemerkungen  zu 
dieser    empfehhingswerlhen,    und   auch    durch   das   Aeusserliche 
sich  enipfehlendeij,  Ausgabe  als  einen  Beweis  niederzulegen,  dafs 
wir    dem    Büchlein    die   verdieiite  Aufmerksamkeit  geschenkt  ha- 
ben.    S.   12   v.   10.    will  uns  das   magno  consäio  negavit  nichf 
gefallen,,  und  fast  hätten  wir  Lust  magnusj  auf  Jupiter  bezo<^en 
-zu  lesen.     Fab.  II.   ii*  wollten  wir   uns    das    nirgends   vorkom- 
•jöiende  votat  gerne  gefallen  lassen,  wenn  /wir  nnr  darin  die  Be- 
ileuhmg  gewahren  besser  finden    könnten,   als  in    popet,    von 
<Iem  jenes  als  Freqiientativum  zu  betrachten  wäre.  Fab.XIlI.  i5. 
scheint    uns    die    Conjectur:    mundi  fragor  noctem  ^  densis   horm 
rtdam    nlmbis  arat  (ur  parai  nicht  haltbar.   Ist  intonat  mundi 
\fragor  soviel  als  es  kommt  ein  Donnerwetter,  so  kann  es 
nicht    hetssen    noctem   densis  horridani    nimbis   arat,   da  ja  die 
Sache  bei  Tage  geschah  und  der  Himmel  erst  durch  das  Gewit«^ 
ter  verdunkelt    wurde,    folglich    zu    noctem,   die   noch    ist,    da 
Verbum  erfordeilich,  das  anzeigt,  dafs  es  Nacht  oder  finster  ge- 
worden sej'.     Fab.  XV.  7.   scheint  uns  durch  fecit  partes  faci^. 
nore   noch    nicht    vollständig  geheilt,    weil  fecit  partes  nun  so 
einzeln   da   steht.     Fab.  XVII.    11.  sagt  Hr.  B,  bei   dem  Vers« 
ulUus  essein  conscius  culpae  mihi  müsse  man  si  zu  essem  suppli- 
ren.  Wir  würden  lieber  si  vor  essem  einschieben,  obgleich  solche 
Elisionen  selten  sind.   Denn  die  Beispiele,  wo  in  solchen  Fällen 
si  ausgelassen  wird,    sind   noch  seltener,    und  manche,    die  man 
anzuführen    pflegt,    beweisen    nicht,     was   sie    beweisen    sollen. 
Ebd.    V.  i3.  zweifeln  wir  an  der  Richtigkeit  der  Lesart  saevum 
perpetior  domi;  denn  erstlich  ist  in  der  Handschr.  patior  domi . . , , 
und  zweitens  ist  wohl  saevttm  für  saevitiam  zu. nehmen  kaum  er* 
laubt.     Wir   dachten   an   saei^iim  ypatior  dominium,    welches   itt 
diesem  Falle  nicht  zu  verwerfen  scjn  möchte.  —    Nach  unserer 
Ansicht  vom  Lateinschreiben  würden  wir  in  der  Vorrede  und  in 
den  Noten  Ausdrücke  wie  versificjEtrc ,  ^ersificator,  viti^s  spätere,  . 


i6o  Pliaedfi  Fabulae  ed«  Bothe. 

dialogismusj  prolnbhun,  uniformis  rcrmiedcn  haben;  docti  k«- 
Den  wir  wohl  die  freiere  Ansicht,  und  wollen  ihre  Gründe  niclt 
geradezu  verwerfen.  Der  Druck  ist  corrcct.  Nur  steht  S.  u. 
enge  für  longe,  und  S.  52.  mi  statt  me.  —  Die  vielen  treßl- 
cheu  Emendationen  zeichnen  wir  nicht  aus:  sie  werden  sich  dea 
Leser  selbst  empfehlen.  Mr^ 

Inhalt    des    Ergänzungsheftes. 

Seite 
1»    Fonkschcr  Criminalprocefs  von  K.  S*  Zachariä»  »^        l—  i4 
a)  Criminal-Proccdur  gegen   P»  A.  Fonk  von  C.  Ä 

*)  Fonk's^  /*.  i^M  fünfjähriger  Criminal-Procefs,  von 
ihoi  selbst  herausgegeben.    2  Hefte, 

c)  Bemenberg  Briefe  üb.  d.  Assise  au  Trier,  a  Abthlgn* 

d)  KreuspTy  /.»über  P.  A.  Fonk  u    d.  Gerücht  von 
Cöoeus  Ermordung*         « 

ft»    Sfiotesby^  IV.  juu.^  an  account  oF  the  Arctic  Re$;ions 

von  Aluncke*     •■>»»>*«.»^>*—*»**^  >*>•»*■*■■■■  *»♦»••*'      39^  " 
t»    Sternberg,  C    C»,   a  Catalogos  planturum   ad  Com - 

mentar.    MathioU     ■■> >■ *^* ■*■•■      58—  M, 

4«     Achilles  Tatius  de  Lcncippes  et  Clitophontis  auiori- 

bus  librt  octo  ex  reo.  Fr,  Jacobs*     » • 68  —  ^ 

g«    revbinann^  Heinr    Frhr.  v.,  Anleitung  zum  Bau  und 

aur  Erhaltung  der  Haupt-  und  Vicinalstrassen.  -^*      99-^ 
^     Fechmantiy  Heinr*  Frhr*  v,  ßeleuchtdiit;  der  V.  Geh» 

R*  V*   iViehckht^   hcrau-ge^eb.  ahgedrungenen  Erklä' 

t«     Wülferyjoh^    Hellas  an  die  Tcutscben  a.  d-  I7ten 

Jahrhundert  von  HEG,  FauUs.   ♦^»♦^^    io5— io8 

S«    Lebensmomente,  wichtigste  aller  Könii^l.  Bair   Civil- 

u.  Militarbedicnsteten.  I^SsH.  v.  H,  E»  0- Paulus.    loS-H^^ 
f«    Schink^  jT«  /*'«    Ein  Grab  mit.d    Geliebten.   Romaut« 

Trauersp.  in    5  Abihlgn     ■■■»* ^ -^     lio  '  ^'- 

tO*    liernt^  Jos,^  Vorschlag  zu  einer  neuen  hydrostatischen 

Luu  gen  probe  etc.  v.  J»   IV,  H*  Conradu   •••**•*•*•    ii3  — *J* 
II.    Senger^    fVilb.  Eii*  v*i    Vers.  c.  Oryclügraphie  der 
j»efürstet»  Grafschaft  TyroL 


it^    Paulus^  Franz  CL^  Urographie  od  minCral.  geogrnph    _ 

Beschreibung    des   joachimsthaler   Ben^umts  -  Di-  \    l32  —  *-' 

striktes.    ** ♦.«».*<■»■.■ %^.^ 

13»    JonaSi  /oi»«  physio-tccbnographisches  Vla^azin  üb« 
die  anorgan.  Natur  des  österr.  Kaiserstaates.    •«• 
l4»    BuHcfff  tfir»  ab^    Opera,  q    extant,  omnia  cur.  Em* 

Jos*  Heinr*   Müncb,    T.  I     von  H.  E*   G.  Paulus*    |37-i44 
iS.     Cüurtat,  £.  i?»  üb»  d.  Conventikel  im  Cant.  Waa^t  .. 

von  H  E    G*  Paulus     v" i44-^r 

\$*    Statut  d.  Universität  Dorpat. 149-  ^l: 

17.  UünUin^  Fr  %  Allerlei  z  Unterhalt,  u.  Zerstreuung.  i54-i^J 
IS«  hotht.  F.  ^.,  Schauspiele*  —— ♦•^»— -^hm..**^*^*—  155—^" 
lo;    Pbaedri^  JuU%   Fabulae  nuper   puhlicatae  in    Itah'a, 

««U  Fr,  Htm.  Ihthe.  <»■, ..^    li^--''' 


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