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HEIDELfeERGB
JA HR BÜCHER
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der
Literatur
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unter der Redaction der Professoren
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G. Kirch^nr. Ä E. G. Paulus.
CKirchenr. F.H.C. Scfifr^Rz.
G. Hofrath C. S, Zacüjiria^,
I*rofe8sor G. F. JValch,
G. Hofrath F. Tisdemann.
G. Hofrath F. Creüzer.
Hofrath WlLH, MUNCKE,
G. R. Ritter K. C. v. Leonhard.
Hofrath C H. Raü.
SECHZEHNTER JAHRGANG
X
oder ' ^ .
Neue Folge:
' DRITTER JAHRGANG.
JE r s t e Hälfte.
Januar 'bis Juny.
HEIDE L B E R G,
in der XJniTersitäts-Buchhandlung von Avovtr 0$»ytkt».
18 2 3.
• »
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Jahrbücher der Literatur
Jahrbuch der käudiehen Antlctchl und Erhebung des fferzenj^
von Elise V. d, Recke geh, Gr. if, Medetn, Bieder^
Stadt j Demme'j ßinierj J, ti, Fritsch^ Gitter*
mann^ Hans t ein j Jufti, A, H. Niemeier, Arthuw
von Nordstern , Schuderoff , G, tf^. C* Starke,
Tiedge, J^eillodter j tf^ilmsen j ff^itsckel j und
dem ilerdusgeber J» S, Vater , fiir das Jahr 4893*,
Fünfter Jahrgang» Mit 3 Kupfern, ('S, Jakobus ifin^
nach i^n J)fk 'Von Schwerdgeburthß J, Johannes Bapt^
nach Piazetta v, Böhme, u. A. Fr. Schweigger nach Knorrm
V, BoltJ, und mit s Musikbeitagep, fi*on F, NaueJ^
Gotha, in der Beeker^scfien B,uchh, (3o4S,}, 4 R(ht 4^*
IVlit eineoA geWifs nrcKt kleinen. TKeile des die «ufgddärtet«
Andacht liebenden Publicum$ erfreuen wir Uns, der gewunschteia
Fortsetxqng dieses Jahrbuclif , • de&setl neuer «fa^hrgabg wiederum
reichlich .von dem ehrwürdigen Herau^eber und seinen Mifar*
bcitern ausgestattet worden. *^9ie obigen Namen verkflndigen
den vorztiglichen Gehalt. ^ D^e pro;$aischcn AuSsBtzc. wurden ^it
im Ganzen: den poetischen vorziehen^ -vycil man in den letztere^
meist *d^n Höheren Schwung vermißt« Zwar erhebt der Geist
der Andacht schon an sich zijim Himmel und bringt von da eiT
leuchtete BHcke in das irflisphe Leben herab, alleia ^ur eigent*
liehen Poesie wird er dpdi erst^w^enn «r durch Gefühle Wn-»
durchspricht! die in wiiin^ej^samen Anklängen das U^tauss^rech*
liebe des Himmels in's BcwuEst^ejn rufen. In mehrerei^ .di^sfsr
Lieder vermissen wir das xiicht, z. B. wedef iil dem sanfteren^
das Glück des Dasejrns, nocli in deni glühenderen^ Himmelfahrt^
ausgezeichnet ist die Elegie von unserm geistr^eichen Justi, Blu'^
men auf meiner Alwina Gruft, dem trauernden y^tei^heraen enl*
flössen, mif'd^em w^ir klagen in seine Wehmuthsharfe , die ufS
aber in* ihrem christlichen Aufschwünge mit em|>or flügelti . Die
Aufsätze haben säqamtiich den Grundzug , dafl sie die Audachl
zur verständigen Betrachtang unterhalten^ doch sprechen sie auch
das Gefühl an, manche auch lebhafter, wie die von VeiUodter;
und indem sie sich so in einem gewissen gruhigcn Tone der Ai.*^
aprachf. «a die froamiai I^^^«n halten ^ b^ai^tea sie ihrm^
WertTi für vielerlfi Leser. Besonders nützlich $i^d solche Auf-
tauet weDD sie in die Lebensverhaluusse 'eingehen, und den
Geist des Christenthums in sie so eiTifnhren , dafs er auch in
jenen atärteren erscheint, worin die Glückseligkeit iin. Stillen
blüht. Nicht das allge wohnliche Moralisiren gewährt das, denn ~
ftas zieht in kahle Geraeinplätze mehr aus dem Leben heraus,
sondern jene Fortbildung der christlichen Deakanty' welche die
feinen Fäden des liebevollen Zusammenlebens erzeugt und. auch
ttn All(äglichsten erhebend wohlthut« Dazu bedarf auch der Ge^
Eilüeic beständig des weiter führenden Lehrers^ weinn auch nur
seiner Winke Wir fechnen dahin besonders den Aufsatz vom
Hrn. Herdu«g. Selbstliebe und Selbstsucht in der Häuslichkeit ^
■Vyie iiuch die Morf^enfeier eines alten Schulmeis/erS von ßihter,
ind der Ergufs einer hohen , ffomnien Vsiterfreude bei Gele-
genheit der Taufe zweier £nkel von Delnmej welche demjeni-*
gen Leser noch um so erbaulicher wird, der diesen verdlenst-
toUen Lehrer des sittlich -religiösen Lebens seit einer Generation
tier ' dankbar kennt Nicht minder ist in diese Klasse die schvye-
'5terHche ßrinnerung zu setzen, welche die edle Freut yon der
JUetki als ErhiuMerung zunt Dank gegen Gott auch In traurigen
Lebensverhältnissen ausspricht. Die Wehmuth über das Hin*
fidieiden dct viel - und tief betrauerten Herziogin von Cui'Iand
schliefst durc^ den Uebergsng des frommen Gefühls an das Lol>-
und Danklipd von uriserm JDichter Ticdge an, welches bei einer
▼whergebcndcn Genesung der Unvergelslichen gesungen Mror*
d«n. Vornehmlich sind es auch Zä«;e aus dem 1 eben frommer
Menschen, welche zur Bildung des christlichen Lebens vvirken»
Tbtt Herr Herausgeber theilt selbst einige mit, aus dem Lebftu
^ch^veiggefs , der auf einer Reise, die er ^ als Naturforscher
machte,' in Sicilien inx X 1821 von Mörderhand umkamt Hiier«
auf folgen biographische Notizen von Ntemej.er^ Meister h'and»
zuerst von einem ehrwürdigen Ehepaar "von ^o^ . in Livland ;
dann aus dem Leben de^ ruhmyolled Jijh, Aug» Itermesj der
i^ hohem Altet «usAnfaug des Jahres lÖzst 'zu Quedlinburg Ver«
starben« Die' Lehred dieses christlichen Lehrers wirkten lang6
und segensreich, man denke nur an^ seiti vielgelesencs Handbudh
<ler Religion, das zuerst 1779 erschien. So wirkte Huch sein
. BeispieL Aber er blieb nicht ohne harte Kämpfe^ Ik sriner
jüngeren Zeit wurde er von damaligein Orthodoxen Verfolgt, weil
die Zeloten jener Zeit sich des damals geltenden Tones bedien»
len^ $0 wie die; dei' jefzigeur deji entgegengesetzten jetz^ gelten^
den. So wicf jaf auch eiinst eiil Melanchth'otf geschmäht wurde^
K Und vrürde es ihm jetti heßser ergehen? 0er Lehrer des rei*
I oren Evangeliums hat immer den Zeitgeisf wider sich, und. die«
V IW waeliselt immeC nur die GesHdt.; AVer ' wunscheü dcsta.mehr
t
Ei^wtitt^sschriften. 3
^iif^ das an^ezeigCe JaHrbvoIi mk jedem Jabre die evangdUche
Gesiuuöiig oiebr fördern mä^e;
. ^ - Schwarzi
^^-
Dai Christfest*. Eibe Schrift fitf- das Vclk von F. J. Khüms^
Mt^cusn. Dritte vMig umgearbettetje Auflage. Essen Bei
G: D. Bädeier sS^i. Audi unter dem Titel: Fesfbuchlei/u
Eme Schrat etc. Mtes Sändcheni Das Christfest etti
C»S5 S, ß.J t8gr. V
Wie stets das haasliclxe Leben \m Christentbam , und wie sicii
»dieses io dem festiiobeii ^wie alUägbcben Leben des Httu^vaters
mit den SieioigCB verhmlicbt, das lleset man in diesem Btic^t-
le'u nQti immer neuer Freude.. »Immeir, wenn ein FesI bevorr
^tatid -^— war ein jug^ndlieh .Wesen ku ihm; und eine kiödiicbe
Rubd lag auf seinem Aiigesicbt. . Dann bescHafti£(te et'^sicli viel^
faltig mit den Kindern f malitle ibned lieilige Gesehicbii^n \ und
lebjrte sie Lieder. ~7,~ Der Geburtstag des Wciiheilandes
glänzte ihm wie etü Äforgeurotli aus der Fenie pnt|;egen< . . Und
wie €i\n Mörg^iisterii stand neben diesem Frührotti^daa, Weib^
aaehtsfesi uud Cbristktndleii) der Kinder uiid ibre Freude.« ~
Wir boren' nun b^lige Gesehiehieii ans dem a. Tesi,, init |euer
Bexiebuog auf das neue eszäblen , und das fi^bmme Geniii(l) et*
keont oait freudigem Erstaunen die wunderbaren Fugujigen \
wir boren de», wahren , Bibelfor^ober ! , Die eiwgewebleo Be-*
leHruiigea nnd Lieder geboren zu dem\GäDien, um es zum an*
geaehift^d Lesebucb für Erbauung iii |eder cihrisilicben Faroille
zu nptacbeii« Und aucli das füblen..wir inii dem' V^rf^,' Wfii er
in Aii Vorrede sagt ; iEin ifutes Kircheulicd ist eioie Gabe
Goues üind viel Segen darini d^n ei bleibet ^'wäbrend ra^n
aller weltlichen satt wird« «—4 Mochten .doch die vielen, die
itt uoseni: Zeiten das evangelische Cbristenthuä nicht mehr ke^*
Den, dtti:cb' diese UnterbaUuugeng die auch\äen' gebiideten Ge-'
schnaack adziefaenyiur .rt*chten Erkenntöifs,. geführt weMen! D^r
geist- 'und gemutbVoilc Dichter der Parabeln spricht hier auqh
als Makler für den evangelischen Geistlichcb, dem die Bibel,'
nnd feiger auch da^ Alte Testament noch ab beiliges Wort der
OffBobariuig^ gHt» \ '
Schwarz^
4«
'4 Pädagogik und Methodik,
•^* Ueher einige^ Hi/idernisse^ welche ^den Erfolg
der Erziehung und die Wohlfahrt derStd^atert
aufhalten. (Fünfzehnte Fortsetzung, Womit zu der
öffentlichen P rifun g , welche in dem Kön. Joachimsthal-
sehen Gymnasium afn ^Sten j4pr. 48u4 zu Berlin eingela-»
den worden), Berlin 4824. Gedr. bei Spener, (^6 S. 8*)
fVir nehmen aus einer Reihe solcher belehrenden Schulschrif*
ten diese heraus, weil, sie 'eine Wahrheit sagt, welche der. Pä-
dagoge und Schulmann in jetziger Zeit mit höchstem Ernst be-
denken mufs. Die blosse EiHwicklüng des Verstandes macht
nicht selig, sondern wie sie sich von -der PrÖmmigkcit trennt,
verfeinert sie nur die Laster der Cultur, und zerrüttet schoa
^on der Schule aus den Einzelnen und das Volk. Man ^oU -dai-
her die Erziehung im Christenthum mit der Schulbildung" von
frühem an verbinden.* Davon spricht mit tiefer Einsicht, crfahr-
' ncn Lebensweisheit und aus der Fülle seines Herzens in obigea
Blättern einer unserer ehrwürdigsten Schulmai|n^r,' Hr. Direc-
tor, Consistotialr. Snethlage zu' Berlin/ »Falsche Propheten,
•sagt er, die den Menschen Heil verkündigen, ihren Leiden-r
Schäften schmeiqheln , den Stolz nähren , Freiheit, predigen , ihre
hohe Weisheit anpreisen, und dadurch die Welt beglücken
'wollen, stehen überall in desto grösserer Anzahl auf, je weiter
**eine durch Romane etc. bewirkte • Aufklärung sich verbreitet,
"und selbst aus den Hefen des Volks sich Apostel , gewotbca
hat etc.« — Wer die Wahrheiten des achten Christonthums
in sich aufgenommen hat, der denkt an keine Revolutionen, an
keine Reformen der Welt überhaupt, in der immer das Gute
mit dem Bösen im Kampfe bleiben wird etc. sondern er denkt
^nur an Reformen und Revolutionen in sich selbst, in seiner
* Denkweise etc. « — So lange das christliche Princip in den
G'emülhern feststand, dafs »der Mensch von Natur «böse sej^
herrschte sowohl in den Kirchen uhd Schulen als auch in Suats-
■ Verfassungen und Verwaltungen* eine grössere Strenge etc.« —
'Das Band zwischen Eltern und Kindern etc. neigt sich jetzt im-
'mer mehr zur Auflösung bin etc.«—' »Derjenige, welcher. no6h
im Ernst ein moralisches Erbübel annimmt, wird aufs Beste
mit einem mitleidigen Achselzucken abgefertigt.« »Dem Uebel
• ttiufs man also suchen an die Wurzel zu kommen. — ^ Nicht
•die so hoch geprijescne Aufklärung, welche die Wahrheit nur
halb sieht, ja oft ganz vernichtet, und den Irrthum in das Ge-
wand der Wahrheit kleidet, nicht die Bildung des Verstandes
allein, die nur zu leicht in den Dienst der Leidenschaften tritt,
können der Welt Heil bringen etc.« Diese pädagogischen Sy-
steme, die nun schon ein halbes Jahrhundert allgemein einge-
Pädagogik und Methodik* S
föfirt sind, und in def ersten Hälfte dieses Zeitraums auf eine
^cUaJOfe, weichlicW JiiunaniUit etc. .hinarbeiten ^- in der letz-
ten Hälfte aber eine, ernster« Miene annakmen, und vorzüglich
Erbebung des Geistes' S(olz -^ und n^ue Ansichten vom
Menschen und der Wdt — Reform'ensucht — bezwecken, ha-
ben fast schon die halbe f^litische -Welt aus, den Angeln geho^
ben .etc.c -^ — s£s mufs also zu der Bildung des VerstandeS|
d^r- nur Jlu lei.eht ein Knecht der Leidenscl^iften wird, eine an-
dere, viel wichtigere, .die freilich > nicht so leicht zu bewirken
ist; hinzukommen , - wodurch djpm Verstände eine. Richtung auf
das Gute und Wahre etc. auf Genügsamkeit, auf Menschen- un^
Vaterlandsliebe gegeben wird.« »Die Schule soll und mufs
dahjer ersetzen und verbessern,* was in der Familie vershumt
oder verdorben wurde.« — ? »Soll aber (überhaupt) der wohl-
thätigc i^weck erreicht werden, so lirnfs man die christliche
Religion in ihrem eigentlichen und wahren Geiste zur iOrrundr
läge aller Erziehung' m.achen.«
Manches, was der fromme und mensch enkundig^ Greis zum
Theil noch stärker gesagt, hat, mag wohl übertrieben scheinen,
Hec. ist indessen, von. der Wahrheit'^ sein er., pädagogischen Blicke
überzeugt, und wünscht, . dafs. seine Warnungen gehört werden,
datüit nicht das künftige Geschlecht U0S anklage, die wir uni
gerne seine Erzieher nennen« ' ' • . . v
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%, Einifitimg in die Erziehungs- und UntenriditS" Lehre ßir
VolksschuUehrer Don B, G. Deüzbl , Inspector des Kon.
Wiiriemb, Schuüekrer - Seminarüiws zu EfsUngen und eha^
r akter is, Herz. Nassauischeni Oberschulrat 'le. Erster Theilm
Zweite verb. und- verm. Aufl, Stuttgart in der /. B. Metz-
lerschen Buchhandluug. 484y. ( XIV und 3o3 S.J. —
Zweiter Theü, Ebendaselbst. 484g. (VIII und SjS 4$*.^.—
Dritter Theil. Ebendas. 48^9. (FIII und Qü3 S, nebst
Tabellen J. Auch itnter dem Titel : Einleitung in die Ele^
mentar - Schulkunde und Schulpraxis ßir Lehrer in -dgut-
sehen Elementar - Schulden von B, G. Denzel. Professor
' und Insp, eic, lErster '— Zweiter — Dritter^ Theü etc.
l/?r, erste Theil erschien zuerst 48 14 nud ist von Recens im
Jahrg. i8i6,der Heidelberger Jahrb. S. 265 ff. so angezeigt
worden, t wie die baldige neue Auflage das Lob gerechtfertigt
hat. Das Ganze ist nunmehr seiner Vollendung nahe, und wir
dürfen es ein ganz vorzügliches Werk nennen, das beste Buch
für deutsche Elementarschulen , das Rec. bis jet£t kcunt» Et
)
5
Pädagagik und Methodik.
fvrafs auf s^ln« dortige Beuriiieituiig T^r^^seti^ wdl er sonfst ii|
Gefahr wäre, sich selbst mtszusclnreiben. I>ev Verfass. b^t vott
einigen der dortigen kletoen Bemerkoiigeii pebraucb gemacbf.
€berh«apt aber in detr ateir Aufl. seine guten Grundsätze tnia.
Beinen siel^ereo Plan festgebaltea^ ^^'"g^ ^^^ Vortheil in andere .
Form gebracht; aueb mancbet »ebr «a«gefiibrt« Diese stei^uflL
«les^isten Tbeils bat nicbt blols doreb eiaige Bogen dat Werk
vermehrt, sondern aoeb innerlicb mebr vollendet. *' - ' ^
Von demselben verdicostvolleo Verfass* erscKifii i. J. *9iy
«in methpfklogisclier Lebrkursus- imler deni Titel :> Die f^olks^
^ehaleß welches Buch Rec im Jfabrg.^i84 7 der Heidelb. Jahrb.
ebenfalls angezeigt, und in seinet^Vorzilgen anerkannt hat Auch
auf diese Bl tter mufs er ^icb hier bezieben, «m so nlehr, d«
jenes BiLch im Umpfs und - in fleo Granden augiebt y was dais'
obii^e. Werk ausführt. Wir haben in jener Beurtheiluog auf das
Ausgezeichnete dieses Melhodenbiichs fur^ Yplksschiilen • -hinger
iwiesen;' was nun von Lehrgegenständen^ Lehrgang, Lehrfotm,
liehrton und^Li^rmittetn <iort gelehrt worden, das wird in dea
^rei Ttieikn des vorliesenden Werkes einzeln an die Hand ce-
•geben, so paf^ dieses mit jepem zusammen den Schurorganiso^us
im Ganzen und^inzelnen fafslich und ToHstandig vorl^. Zu-
«gleich^ uiöchte necens. - auf sefne Anzeige des viel gute Gedanken
enthaltenden Buches: der Geist der' Schule y oder wie^wird ein-
zig eifi kräftiges jf^olk gebdtkt? etc. von /). G,. G. Mehring
S. 620 ff. desselben Jahrg. 1817 udserer Jahrbucher verweisen.
Und so scliliessen wir die gegenwärtige Anzeige an die Bemer--
;lung bebier von uns tuletzt vorgelegten ^padagogisebcfn iSchrif-
ten S. 678 des Jahrg. 1822 uns. Jahrb. so an, 49fs wir -uns
^ntsphuldigen müssen von eineoi der vvichtigsten Bücher in die-
sem Gebiete nicht eher Nunsern Lesern Kui^de gegeben ftu ha«^
ben. ^ir warteten erst diese Ausführung ab.
' Der ehrwürdige Schulmann und Lehrer ^er Scbulmanner
s^st mit vollem Rechte in der. Vorrede zqm Aten Theile, dafs
ihm nur im Einzelnen vorgearbeitet gewesen, dafs er «iber iu
Lösung der Ge^mmtaufgabe keinen Vorgänger gefunden. Das
eben ist das ausgezeichnete Verdie^ist dieses Buches für die
Volksschulen. »Das Wesen und die Kraff der Methode,« liegt
ihm nur in 4^r £inheit« Jn dem Geiste» der die gan^e Erzie-
hung und[ den ganzen .Unterricht durchdringt, nicht aber in die-
sem* oder jenem einzelnen Stück, z. B. im Lesen etc.« Hierzu
gehdrt was S« 44 ff* sO treffeiid unter andere g^^g^O V^ Mifs-
^erständnifs der Pestalozsiscben Idee von nur Eiuer Methode
erinnert, wird; und selop recht liat der Verf. dafs der Geist
' einer guten Methode nicht in der todten Form sondern in der
Kxait und Persönlichkeit des Lehrers v\ohBt, der nach den Ent-
Pädagogik vvA Methodik,
Z
wickluQgsgesetzen der Natur den gegebenen Sto(E z« gestalten,
versteht. Obgleich dieses Buch in vielen Punkten mit jenem das
die. Volksschule darstellt, zusammentrifft, so sind' doch da keine
Wiedcrhotungen , sondern beide gehören zu einander^ um die
Idee einer Elementarschule in allen Theilen aufzuführen« Das
vorliegende giebt dem, de^ sie einzurichten so vrie dem, der
IP derselben zu lehren hat, alles an die Hand, was ?.u thun isij
und läfst es ihn uicHt nur genau sondern auch gründlich wissen.
Dieser zweite Theil hat 4 Abschnitte, welche von dem Wesen
der Yolksschttld, und ihrer Grund Verfassung, von der Organi-
sation des Unterrichts, und von dem Schulhalteo handeln.
Erster Abschn. Erstes Kapit. AUgemeine Be^immungen^
Die Volksschule ist Elementaranstalt, weil die Bildung zum Men*
schea allem besonderen Berufe zum Grunde liegt, ob sie gleich
Bucksicht auf den BeruC nimmt, und also keinen blofs foro^aleii
Zweck hat- Sie ist hiermit auch euit erzielieude Unterric[its-
anstalt. Sie versorgt elementarisch mit denjenigen Kenntnissen
und Fertigkeiten, Welche noth wendig sind zur Entwicklung des
Menschen aber auch um ein thätiges Volksglied, und um zu
einem bestimmten Berufe tüchtig . zu w^erden. Auch den kuuf*
iigen Gvmnasialsehüler würde so manches. in den £lemetitai;ge'
genstanden besser begründen. Zweites Kap. Arten 4^r f^oILf^
schulen. In 'die Art, wie tin^er Verf. die Stadt- und (^.n4^
schulen unterscheidet, kann Reo, nicht gan/; einstinDum^en; zwar
so weit vollkommen, dafs zwischen beiden kein wesentlicher Un-
terschied sej, sondern in der letzteren nur weniger Stoff vor-
kommen könne, aber Rec. setzt hinzu: vor der H^pd, und we-
gen des Dranges der Umstände. Denn die ]L»and«chule' 'soll vco
möglich dahin gebracht verdien, dafs sie eben so gut für den
künftigen bürgerlichen BeruC bildet lyi^ die Stadtschule, da wir
iadti dem liandbewohner da^ gleiche Recht mit deqa Städter
hi^iu nicht absprechen w^Hen., Ueber die Xrennnltg der be(-
dei^ Geschlechter in den Schjol^n, wo. sie räthlLch sejr, und wo
nnnoth>g, findet man hiei^ einige ne^e und feinere 9.eme];;ki|.ngeo*
Die Realschule schl^^fs^sich an. die Elemjantarschule ap, ha^ aber
eben darum einen vesenllichen Eipünfs auf .di<^ Riprichtung des
Unterrichts in derselben.. — * Drittes Rap. Geisf der Schute.
Er ist ein christlich frommer Geist. Ei.ndripgiich schön spricht
Hr. D* Ton und aus di.eseni Geiste; rmil einem, exegetisch richti-
gen Bück auf die hc!:riichjcn Worte: »Werdet wie di.e Kiniderlc
Er bleibt acht evangelisch dabei, dafs d,anQ k;eineswegs eine U^*
Verdorbenheit sder Kinder angcnoi^meii werden dürfe, sondern
nnr 4^e ETnfalt, die uns. npch im Kinde erscheint ,. das. TAeX uu*
sers bildenden Streben^ ^sejn solle. Ueber die Vcrwchlicliun
im sysrs burgerlicbeu L^cns^ die zur Verkunstelung im Erziehen
8 Pädagogik und Mediodik.
I
und Uikterriclilen verleitet liat, liest man hier Worte zu seiner
Zcit^ d, li. gegen den Zeitgeist, auch einige aus der Kraftspra-
<che des ehrwürdigen Gteises Pestalozzi j »%, B. »Wir haben der
^ Alten Wohlkönnen des Nothwendigen und ihr Nichtwissen des
»Unnützen in das Yielwissen des Unnützen und in das Nicht-
»können des^ Nothwendigen umgewandelt. Anstatt des gesua-
»den, im Mutterwitz geübten Geistes haben wir Weltfo^-men
»nicht so fast des Denkens, als der wörtlichen Ausdrücke über
tdas Gedachte, die dem Bonsens das Blut aussaugen , wie ' der
»Marder, der sich an den Hals einer armen Taube ansetzt.«
(Bferkt es für Euer Verstandes wesen!) Die Züge, welche die
pchule n^it dem Familienleben gemein hat, sind nicht minder
■wahr und schon angezeichnet; und hierzu den Frohsinn, das
muptere, yegp Leben, die Gewöhnung zur Sittlichkeit und be-
stehenden Ordnung, das innere Freiwerden der Kinder; und
Sfvie das alles von dem Lehrer ausgeht: so steht ein Bild von
einer Volksschule da, d^fs man es kaum erVvarten kann bis man
solche Schulen in der Wirklichkeit sieht — Viertes Kap. Ei"
fenschaften ^es Lehrers. Er soll ein frommer, rechtschaffener,
indlicher, heiteret; lebendiger, kräftig und besonnen ruhiger,
fester, sanftmüthigfer Mann sejn. Sehet, berufene Lehrer, ciii
"fvahres . Bild ; es, wird Euch anziehen,' begeistern und efmuthi'-
gcn J — Fünftes Kap. ' Die Bildungsmittel dkr Volksschule. Sie
sind: der Unterricht selbst, die Schulordnung mit guter Gewöh-
nung, das Beispiel und die^ Wärme des Lehrers ; denn allerdings
|S( seine Persönlichkeit wichtiger, als man gewöhnlich beachtet.
Zweiter Abschnitt» Ansichten über die Grundverfassung der
Yolksschule. Erstem Kap. Die äußere Ordnung. Ohne Weitschwei-
figkeiten genau {ingegeben. Zweites Kap. Die di^ciptinarische Ord^
fiung. Vorzüglich durchdacht und praktisch. »Dafs die Schule ihre
erhaltende Kraft in sich selbst haben müsse , « ist ein sehr gedeihr-
lich^r Gedanke , "vvobei unser Verf. aus der Lancaster- Schule
einiges zum Vortheil zu verwenden weifsy da er in dieser
' Schul «Fabrik nun eine Fabrik - Schule erkennt, und mit dem
scharfen aber begründeten Ü^theile eine's Natorps und Andrer
libei'cinstimmt. Er sagt sehy gut: »man übersetze sie frei ins
Deutsche, d. h. man hebe sie auf denjenigen Standpunkt, auf
»den. sich das Schulwesen von Tag zu Tag mehr hebt, und
»man wird sich sphr wohl dabei befinden, und dem Britten für
»seine Erfindung allen Pank wissen; Wir dürfen nicht über-
, »sehen,« fährt er fort, »dafs besonders unsere nach Pestaloz-
»zischen Grundsätzen eingerichtete Schulen in Gefahr sind auf
»den entgegengesetzten Abweg zu gerathen,« Ausser der Schule,
\n der Wohnstube, könnten die besseren Schüler den schwä-
ehern forthelfen, und in der Schule mit ihnen Repetitionen an-
^Pädagogik und Methodik.
stellen y fretHcli nur unter Umstanden» Aucli k&uien ' maoclif
Scbiiler Aufseher niclit nur über Ordnung in den- Sachen, sonr
dern auch im Beträgen sejn. Das letztere, welches Rec. noch
als eine alte Sitte aus seinen Schuljahren kennt, findet er all«
zubedenklich; Knaben müssen noch Knaben sejn, zur gerechten
und ernsten Aufsicht geliört ein Mann. •< — Drittes Kap. F'om
den Mitteln zur Erhaltung- der Schulordnung und zar Förde^
rung des geordneten Fleisses. Wenn auch Einiges seine Bedenk-
lichkeit bat, so finden wir doch fast alles über Schulstrafen und'
Belohnungen vortrefflich, z. B. von dem Gebrauche des Stocks:
»Viele stossen bei ihrem Stuckwerk stündlich auf ' Hindernisse^
»ärgern sich etc. greifen dann natürlich zum nächsten Zwang&«
»mittel •** und siehe da, die Uhr geht wieder auf eine halbe
»Stunde, aber nicht länger. Nur durch eine Umwandlung un-
»serer Schulen, durch das Pflanzen einfes bessern Geistes i|i
»denselben wird der Stab entbehrlich, und das sinnliche Zwangs«
»mittel wird dem geistigen Reizmittel Platz machen«.« Mit Um-
sicht w^erden die Lbcationen beurtheilt. — Viertes Kap. Die
Ordnung der Schule in Rücksicht auf Zeit, Nach den gewöhn-*
Jichen- Verhältnissen bestimmt, und da hiernach Kinder vielleicht
noch vor zurückgelegtem 6ten Jahre in die "Schule geschickt
werdenfj so wird für die^e eine Vorschule vorgescldagen (dio
auch an manchen Orten besteht). Der Schulmann« vvird alles -
reiflich durchdacht für die An^wendung finden. — > Fünftes Kap.
Klassification, Die Schwierigkeiten sind so wenig als die An-
sprüche übersehen ; das Klassen - und das Fach^jstem mit dea'
mehrfachen Verflechtungen und den Beziehungen auf die Lehrer
ist hier überaus sorgfältig für die Elementarschule abgewogen,
und man möge bei Schuleinrichtungen diese Berathungen ja an-
hören. Das • Resultat fallt aus »zu Gunsten der stehen4en Klassen
unter Fachlehrern.« Gegen die Idee Graffs in seiner Schrift:
die zur Einfährung eines erziehenden Unterrichts nothwtndigc
Umwojidhin^ von Schulen etc. 2te Aufl. i8i8 tritt unser Verf«
auf, nach unserer Meinung, siegend. Rec. fügt den Gedanken'
hinzu, dafs die Gcsammtheit (der heranwachsenden) Generation
nicht dem einzelnen Manne so dürfe übergeben werden, wie es
nach jener Idee der Fall seyn müfste; noch abgesehen von den
Störungen durch die vielerlei menschlichen Zufälle. Die 8 Jahre
Schulzeit theilt unser Verfass. in 4 Haupt-» Cursc und 4 Haupt-
Klassen. Das Maxin^um ' der Schülerzahl ^ setzt er auf S€>. —
Sechstes Kap. Anstalten fuf' die Aufsicht über die Schulen und
für die Förderung des Örtlichen Schulwesens^ »Der Religiops-
»lehrer, und kein andrer in dem Maafse, eignet sich zum Vor-
» Steher der Schulen. Dabei werden ihm allerdings für die Au f-
» sieht auch weltliche Oftvorstände zugegeben werden e(c.« So
•tf
PSdagogd^ .UQd MetbodUfi
wird dieser Paiikt, lind def aber die Prüfungen mt 4en prakf
tilclieD Blicken de9 erbbrnen Scbttlaufs^jiers ausgeführt.
. Dritter Abschnitt. Die Organisation des Schdunterrichis
jinek Gegtnstana. und Form. Erstes Kap. Mgemeitie Grunde
9&tw9. Diese sind in einer Reihe ausführlich au^estelk und er^
läutert Alan könnte 'da wohl einige Wiederholung aus früheren
Capitrin zu todeki versucht werden, aber genauer betrachtet,
irird man er gerade sn recht finden, um, den Schullehrer aus
den Ornnden ^ur Anwendung sicher zu fuhren. Zu diesen
i«rickligen Grundsataen gehört es, da^s in der Elementarschule
«der nateriale Dnterricbt dem formalen stets untergeordnet bleibe,
-nber sich durchdringe, und Mati^rie upd Form in dej^ Methode
fiinS' Verden nrais. -*- . Zweites Kap« Dus Elemehtarische des
-Unterrichts "Stoffes. Mit ungemeber und glücklicher Forschung
Ciidet der Verf. diese 'Gegenstände auf, und ordnet sie mit je*
ner seltene» Verlündung theoretischer Tiefbiicke und praktisclier
Gewandtheit auf eine. Axt, die, so weit wir wenigstens sehen,
teicht» au wünschen iibrig lafi^, Yqu dem Benierken, Betrach-
ten^ Anschauen des Aeussered geht alles aus, Wifseti. und Kdii*
ben seil angteich gebildet werden,' es ergeben sich die 3 Ope»
^rationen in diesem Unterricht,. das Finden, Einpirägen ^ Anwenr
^eu (Auffassen, EinbiUen» Ausbilden hat es Bec». jgenaiibt), als
Lehrgegenstinde sind aufgefunden elenftentari^che lleligii^nslehri^,
Hslementar. -Gesehiehte, eieapeiitar. Natnrkvinde, hierziii Sprach^,
'Zahlen*^ porm- und Grossenlehre, alles el^meutari^ph, ^ie auch
abreiben. Sprechen, Singen, Jlnchnep, Messen, Zeichnen. Hier-
«sit h^ben n^ir ein festbegriindetes Schema für den Elementai^
«nterritht und zugleich für die Scbuleinrichtung. Wiie das alles
'ZU behandehi, an vereinfachen, neben und nach einander zu
■ordnen ist, dasu giebt dieses lehrreiche Capitel die deutlichste
Anleitung. -^ Drittes Cip, Das Element ari^ßhe der Methode
'^des Sehadmnterriehts. Eben, so wichtig und lehrreich. Unter
•andern wird auch aehr gut die lYerbinduiig des; ana^tischen
'tmd sytirhetisoben Lehrganges, geieigt. Die obigen 3 Operattio«
•'nen werden auf die Pensen glücklich- aogjswendet; die; laulep
und stillen Pen!»en sind gedeihlich zugetheil|> und alles ist genau
auf cbis Eigenthwnlidie des Schulunterricbts, das Gemeinschaft-
liche des Thuns luitcr den Kindern, berechnet. Die ganze Ele*
'mentarschule hat ''also 4 Garaus: der erste der Anschauung ge-
widmet,, ist > die Vorschule, .für die- Kinder von 6 — S J. aui
w^cheotlick «4 *^- t6 Stunden; der ate ttnd,3te der Uebuqg
oder Verarbeitung, für die Kinder ^ön 8t-- la J. zu. wöchent-
lich 20-*- 96 Stunden; der 4te der Anwendung für die Schüler
von la—- i4 J* wöchentlich aS St. Jeder Cursus ist, weiter in
^denretnfaelian und wiederholenden^ zn^leicb ajUisfuhrendeD » ^er-
PSAdgogik und 'Melhodil^^ tt
Up.i iy^Vflei^t\\o\ttk \A% hier ntclit evwa «itt 9Mr Ail6»g«A
der ersteo Lection, soodiern eine Erweiterung des GeCsrTstcttf
und so ist aacii bei den stillen Petise» für die Selbstbescliäfti-
goii^ und orp^aoisch fortwirkende Selbaubjkigkeh gesorgt« Die
Vertheiluu^ der Gegenstände in dio Lehrstunden ist ebenfalls'
wolil erwogen. Die Vorschdle solhe. mir alle a Jahre Kinder
aufnehmen, wenigstens meiste doch nixr alle a Jahre eine KlaiaA
in den folgenden Cursus vorgeschoben werden.
F'ierter Abschnitt, Das Sthulkalien, Auch in dieaen Ab*
schnitte ks^nn der praktische Schnllehrer wie der Theoretiker
Und wie der Anfscher sehr viel lernen; nnA es ist «wichtigwx
Erstes Cap. Des Lehrer^ F'erhalten in Rütkskkt 4mf dia Schatz
^rdrinng und ihren Zweck, Wir empfehlen besonders waa det
erfaliine Verf. angiebt, v« ic der Lehrer ein f Buch nber das N»» .
icireil und die Anlagen jedes Schülers haken möge, eine Erfor^
schuugj die Recens. in seinen Schriften -als onerli^alich tut die
wahre, Erziehung erklärt hut und immer ' ernstlicher - erkkrai
mufs. Auch Hr. D. sagt, wie das ebm der' Vorzug der ge-
netischen Methode sej, dafs d^ SchSler da die.besott4cri^ Riitb*
tjiiig und' Anlage seiner Kraft offenbart. Anch haben sich des
Hec. Grundsätze über den Gebraneh der rerscbiedeueii Ldir*
formen, die hentistische,' die vorspretheode, die katechetische
!!.'$• w. ihm selbst überhaupt 'tinnker bestätigt ^ und Was. er ia
dem vorliegenden Capitd so reichhaltig und aa piaktiaeh aws«*
geführt findet, mufs ihn noch mehir darin befestigen. •*-* l>rittea
.Cap. : Kunstgr^e des Sehuthidtens. Auch das durfte aicht feh«
len; z. B. das Commando, und der militärische' Tact, den die
Ordnung in manchen Stiickc^n verlangt^ hierau das Choi^recheu
und Chorleseh u. dgi Ueberraschen wird eS, vreuu der Leh^
rcr befolgt, was ibqi '§. 177 angegeben wird ^ dab «Mr. die
Kinder z. B. im Kopfrechnen die Aufgaben von euiein znui «lo-
dern weiter' Idsend einander selbst geben lafst» Ein kuraer An*
Lang fügt noch einen guten Rath hinati) wovou wir dcu ittz^tn,
der auch der erste sejn mag, und das HberaU , bierher setzen;
»wenn dir etwas uieht gelingen wS^ so suche die Ursache im-
»mer zuerst in dir selbst.«
So habet! wir denn hier ein Buch, weldtes alle Fortschritte
der Methodik für das Volksschnlwesen zusaiumeii&fst und das
man niclit ohne Freude den Männern vom Fach in die Hand
giebt,i da es sie in den Stand setzt Schulen einzurichten und in
solchen Scinilen zu lehren, wegen deren man unserer Nation^ -
und der netten Generation • Gluck wnnschen vaag» Der di'itle
Theil gebt nun in das Schudgesehäft selbst ein. Er enthält die
spt'cidle Einhitung in die Unterriehtslekres^in F'olkssehtden ; erste
j4btheiUing4 erste Ehmentarkl^sf\ SckUkr t^wt, ^ '^'^ Jufufen;
/
«s. Pädagfogik lind Methodik.
'•■"■" / •■
Cursus dlsr \4nschauimg. Wir haben also noch, einfge Theik
zur Vollendung des Ganzen zu erwarten.
Da dieser Unterricht, welclier die Seelen der Kinder zum
Wachsthume der Kraft zubereitet , so wichtig^ ist, und da grade
in der. Vernachlässigung desselben meist der Grund der weiteren
Verwahrloflubg Hegt, da er aber auch ein sehr geübtes Lehrta-
lent erfordert, so verdient es allerdings die lauteste Rüge, dafs
man gewöhnlich Anfängern im Amte diese Klasse iibergiebt. Der
Ldirer mtiCs sich in den Gedankengang der Kinder liineinstellea
um sie zur Betrachtung der sinnlich gegebenen Dinge und hier-
mit zum Benennen derselben anzuleiten. In Verbindung mit dem
Lescii lind Schreib.en macht dieses den Stamlm ,des ersten Un-
terrichts. . Es gehört dazu di.e Religion als der Mittelpunkt voa
allem, denn di^eser soll, »alle Strahlen in sich vereinigen; er' soll
Verstand und Gefühl /des Kindes im Einklang erhalten.« Es ist
die innere Anschauung, Vertrauen, Dankbarkeit, welche die Re-
ligion schon für, die Elementarklasse eignet j als das Innerste und
Tiefste für sie auch d^s Erste, was als. die Wurzel von allem
angeregt werden mufs, womit der Verf. in einer Note den Un-
verstand hierin widerlegtT »Schon im ersten Unterricht soll man
die Kinder an diese hphere Ansicht der Dinge und dtes Xcbens
gewöhnen.« Erreguug der frommen Gefühle, Erzählungen,
Sätze ^ Verse, kurz biblischer Unterricht gehört dahin.' — Uie^
körperlich gymnastischen Uebungen dürfen zwar ebenfalls in dieser
Klasse nicht fehlen, aber nach der Beschafienheit unserer Volks-
schulen kann hiervon nur wenig vorkommen; woriir wir ebetn-
falls dem Vf. beistimmen. Tactnjiässige rUebungen im Sprechen»
auch' als Vorbereitung zum Singen und Uebupg der Hand im
Schreiben und Zeichnen, sind hierin 'das Noth wendige.
Der Lehrton fliefst aus der in die kindlichen Empfindnn-
gen eingehende Liebe,, er ist nicht kindisch, aber kindlich,
freundlich, herzlich und lebhaft. Die Lehrform läfst finden
( auffassen ) / üben , einprägen , anwenden y hauptsächlich durch
Sprechen mit dem Kinde. Der An schauungs-» Unterricht ist we-
lliger ein Erschöpfen des Stoffes als ein Formalismus, d.i. Ue-
bung im Aufmerken-, Betrachten und Urtheilen. Das Materiale
( der . Ausdruck Realismus, der im Lehrbuche diesen bezeichnet,
steht nur nicht naph dem Sprachgebrauchc jenem gegenüber),
herrscht hier noch vor, da in jenem Stammunterricht der for-
male, religiöse , und materiale Gesichtspunkt vereinigt, die ele-
mentarische Grundlage ausmacht. Der materiale Gesichtspunkt
ist der jeitende; denn jede Materie, Wenn sie nur aus dem
Kreise des Elementarischen gewählt worden, kann zur Bildung
der Kraft methodisch behandelt werden , da unigekehrt, wenn
man.blofs dem Formalen folgte, aller Zusammenhang der Materie
\
Pädagogik und ll^ethodik. iS
zerstört wurde.« Sehr ricliti^ Enden :virir den Tadel, den -der
Yf. über die sogenannten unmittelbaren Denkübungen ausspricht^
und der auch die besten Lehrbücher der Art trifiL £s ist
«in Wort zu sjeiner Zeit. Man treibt darin viel Unwesen, denft
«s ist doch am Ende eine Art Tändeln, wodurch das Lernen
selbst zu weit zurückgeschoben wird. Auf der andern Seite ist
«s aber doch auch wahr, dafs in dem wahren Elementar* und
Stamm - Unterricht die beste formale^ Uebung und - die rcphte
Materie vollkommen zusammenfallen- müssen , woraus das' wahre
Lernen entspringen, und der BAum des Wissens aus seiner Wui^
■sei erwachsen und sich verzw^igcu würde. * Bis jetzt ist es nur
ein Versuchen , wo beides tfon der einen* und der andern Seite
gegenseitig näher rückt, aber der innere Keim, 'der alles aus
einein^ Stück hervortreibt , ist noch nicht rein aufgefunden. Das
wäre eigentlich ein Gegenstand philosophischer Art, für die
Methodik nicht blofs psychologischer Art, denn das letztetre ist
ohnehin ein Hauptbestandtheil dieser Wissenschaft. Und das wäre
jetzt bei^ den bisherigen Fortschritten an der Zeit. Dfts vorlie-
gende Lehrbuch hat alles Bisherige, was dahin führt, so bear-
beitet,, dal^ es auch das, was die 'Methodik durch Pestalozzi,
L.ancaster iind Graser gewonnen hat, in dem rechten Punkt ver-
einigt und hiermit von den Einseitigkeiten dieser Methoden be«
freit. Die Grundsätze des Anschauungs - Unterrichts werden '
hierauf nach Reihenfolge seiner . Uebungen Beispielsweise von
Betrachtung des Schulzimmers anfangend gezeigt, und die ganze
Behandriiug so angedeutet, 'dafs dem nur einigermafsen denken-
den Lehrer nichts weiter zu wünschen übrig bleiot. Bei aller
dieser Yollständigkeit und Umsicht des Verfassers feh]t doch ein
Hauptgegenstand des Elementarischen, 'und zwar grade der,
welcher diesem Alter so ganz eignet, die Sinnenübungen. Bei .
• dem enschiedenen Nutzen, bei der ausführlichen Anleitung dazu,
die Gütsmutbs ertheilt,] und bei der Leichtigkeit, womit sie
«uch in der Vorschule betrieben und mit dem übrigen Lernen
verbunden werden könpen , niufs es Rec. als eine Lücke bd- .
merken, dafs in diesem trefflichen Lehrbuchc nur gra4e davon
keine Rede ist. Wie gut lassen sich z. B. die Uebungen des
Gesichtssinnes und selb^ des Augenmafses mit dem Schreib- und
• Zeichnungs ^ Unterricht, und die des^ Gehörsinnes mit dem Le-
• senlernen vet einigen, so dafs bei wenigem Zcitsfufwand Gewinn
für beide» ist! Auch stellt sich in solchen Uebungen der Zu-
sammenhang des Anschaunngs*Unterricht5 mit den folgenden drei
Lehrgegenständen vollkommen her. ,: .
Ä. Der Lese "Unterricht. Auch hier ist der Vorzug dieses
Lehrbuchs zu^< er kennen, dafs es das Gtfie aller ' sogenannten
Methoden mit Vermeidung' ihres^ Pedentischen^ su einem leben-
9«
I%l%ogifc m^A Metkoäilf^
weon der Vcrf* ^gt: ^Nwr sollen ^tejeaigeo , die «us d.«eseift,
Uoiiefrichr allzuviel Wesens machen , und i/vülinen, »ii dev Met
Aodik /deiselb«!) häog^ dais ganze Gliick dei* Scbiile, es «nt
aacli nicht übel deiUen, wenn wir ihn fiir den waiiren elemenr
farikhen Z^veck nur »Is ein Mittel bf trachten, nnd daraach
ntntben, ihn, ohi\e eine Swde g^gen den Geist des Elemdatar*
«riterriobtSy spbald als mögUch wegzubringen^ darum weil wit
fiesseres und Wichtigeres zu Ibun hd»efi.« Darum zieln unser
Vecf« 4ie Sfephatmoke Lwutmelhode , der OUt^iefschen umstand«»
üeke» Qmlioepie mit .aUem Hecht vor V oder vielmehr die Kruff^
#cAe^ welche tieles aus der letateren einfacher anzuwende*
meiüj was er nixA mehr, in den Anleitungen von ZeHer no4
SMi'er iodet., >«fid M^obcj er nicht das Ei^'^^euthiifnliche in Gram
t$en^s geisiY^lleii Angaben .anbeaichtet lafst. Dennoch sbheint
sler praktische Blick des VesTassers von de« Kün&tekien hierm
isioeh elwiis .geblendet »i seyo. Was sollen doch den Kindeia
•diie HefleSBionett über die .iMiganischen Thätjgkeiten der Sprachf-
•weirkziBiige bei federn Buchstabeti? Wir bez^ieifelny ob raai^
jAamil das l^esenleraen «um Denkgeschäfie machte und mit sol<i>
.«KecnPhystologisiren nur irgend, etwas zur Geistesbildaug wirku
•Wavtiin ^khrt man nicht lieber auch eben so die Bewegung der
JFingeiHnudkeln bei dem Spielen, und der Fufsmüskeln, damit
Idas Kind /gehcA lern«? ^ein, der Verf. sieht es selbst bess^
t<UA, wesen er aas>^LeseillerneB als"^ eine technisclie. Fertigkeit (in^.
dufteten, der Bucbstaben) betrachtet, warum es nun durch jene
dbratrfiüHigen Dinae lersebwepeu? Oder.gtebt es entschiedene
iSrfabtuog^n vjoq ihrem Nfi^en in Volksscbuien. Eben so^ findet
,iWsc. -mch immer die vornehme Benennung für Laute nur ver-p
rWirrcttid. Jeder ^Vocal kjino in verschiedenem Tone gesungem
^uiüi gesprochen werden., aber der Laut. bleibt derselbe. Utfbri*
'^ns rist/dic »ttsnehmenide Genauigkeit, vvomit der ganze Lese-
•uatenticht . dem j^chuUi^hrer vodtgeiegt wird, ganz in der Treff-
-lidhkeit dieses vllchrlmcbs. .£s. scheint uns ein ^Gewinn, dafs das
JLteieo nach d^m Rhytmuts, Z.B,. in Jamben, von dem Leser nach-
dem Tact unterschie.den und ak eine weitere . Uebuog eu%e-
.sldlt wird»
* Der SßkreituHteiricki. Damit er zugleich . bei seinem mt«
iieriaka Zwecke nicht nur die AujTmerksamkeit und das Nach-
denken übci st^udera .auch das ScljönheitsgcFcihl und die Kunst-
lluoaft bilde« vyiid er mit, 'der elementarischen Zcichnungslehro
verbanden, und übrigens methodisch behandelt. Auch hier wird
stcb der (ElemeiHarlehrer^ der de^itlichen Belehrungen erfreuen,
'ilie ihm das iBeste in die Hand geben, 'was die Methode gc>>
woaaea.kat» ifii^.Feacalftaiüsche Formenlehre verdimit dutchau^
m dii^sen Sc^iöleii b^heliailten zu werden, ^et aacb AeA füm«^
gen Unterrtcht zu einem organis<ihen Ganzen einverleibt zu werden^
Das hat denn «nch unser Verf. getroffen. Er giefot vorerst Vqr^
obong^n für das Scbreibenleiiien aus die^e^ Formentebre, axif
weicbe; Torubniigen von Haltung des Rdrpers, der Arme| der
Binde und der Finger folgen , sodann werden einige kruma^
tmientnit graden eingeübt/ Weiter die ZdStrn tind Budistabe« ^
' eittzdn 'tu sbMcklicher Stufenfolge xgi3>tldet, und endlich di« Zn^
sammensetzmig^ zur Fertigkeit gebracht. So weit sdles tfuf äeä
Schiefertafeln} nun geht e^ aUmählig an den Gebrauch der Fe*
I der, welcher aber erst ganz im 2ten Jahre dieses Cursus eintritt.
!' Der- ZtüUenuntef'ncht, Auch dieser ist methodisch behan«
deh, vedd zw« nach der Pesialozzisijken Weise, wclolie ma&
nur da in Schüleii aufgeben konnte^ wo aMn «ie pedantisch und
sdRSt mnsemg getrieben. Ihr .bleibender Wertb bat sieh da^ wo
nan ai^ irerstend^ zu entschieden gazeigt, aU dafs .tfbaprechende
WiUkulii' sie wieder verbannen sollte^ Unser Verf^ versteht sie*
I aber^ und kenot auch die anderweitigen besten Lehrmittel; tf
giebt daher mit seiher Sorgfalt dem Elementarlehrer die richtige
ste Anleitung zum organischen Zahlenüdterritht , Und fuhrt au^
dieser Stufe in das Zifferschreiben und Zifferlesen hinüber. Wut
vermissen mit die Uebung in dem Aügenmaalise ^ welche siclii ^
vortrefflich an Nr< ^ ff. anschll essen würde.
Warum aber fehlt die Formen - upd 2e!chnungslehre , so
wie sie nach der Pestälozzischen Idee bearbeitet worden, und
so weit sie in dem Kreise dieses Elementarunterrichts liegt t
Zvar sind die Gruiidlagen^ wie oben bemerkt, in diesem Lehrr
buche mit anderm üiite^rrlchte geshickt velhünden , äbiU es i&(
weniger darin gegeb'eh, als iü solcher Schule gelehrt werden
kann und soll. \Väre diese Lücke aufgefüllt, so hätten wir Ih^
diesem Werke ein Schulbuch für Elemenfarlehferi wie man e^
nnr wünschen mag« Denn die eidieludn Gegenstände sind so zu^ '
sammengijordnet^ 4iJs jn der Schule ein lebendiges Ganzes des
Unterrichts werde ^ wozu genaii die dem zarteren Alter züge-
dieiltea Schulstunden zuteichisn. Rec. wünscht daher bei einer
nenor Auflage diesem Buches die bemerkte Vervollständigung^
wenn ätiders der auch dureh vielcf Erfahrungen in diesem Faclie
aosgezeic^nettf Hi'. Yerf* seiner -Ansicht zustimmt.
Der Anhaf^i' über den 'Gebrauch der' Bell-Xjancasterscheu
Medibde 'UM- unser n Schtileb, '^agt auf wenig Biättemwas dar-
über ztf sagen' ist^- und was ans dem gründlichen Urtheil einSi^
Vntorp und anderer deutschen Paclagogcn hervorgeht. Er sajj^
knrz ioind gut, dafs nur ein sehr be chränktcr Gebrauch, und
dieser' nuf 'da, wo es ledighch das Einüben gilt, in unsern
deutschen Volkssehulen y n^elche im Ganzen genommen auf einer
\
i6 Pädagogik \md Methodik«^
lioberea Stufe steKen , davon, cemaclit werdep kann» — Als
|lec. seine pädagogische Lauf bann betrat, ahndete er die Zeit
solcher Verbesserungen der Schulen. Während seiner Wirk-*
samkeit stärkte ihn der Blick auf die Fortschritte hierin und et
durfte sich auch der Mitwirkun«: hierzu erfreuen. Jetst wird
diese seine Freude vollkommen, da er es. durch solche JtfänneJi
•wie Hr. D. so weit gebracht, 'und daher. auch seine Idee so
verstanden und in Erfüllung gebradht sieht. Auch dafür da&kt
tx dem ehrwürdigen Manne.
J. Anäeutungen üter Amt uhd, Lehen, des Lehrers in Land^
. und Bürgerschulen j in Briejen an einen ttngehenden Land^
i . Schulmann j v. :G. J. .ScüljcHtsh., erstem Lehrer am Loui^
senimdtiit .in Dessau^, \ Deseaji h, C« G** Ackeruimn* 4&s^4^
(208 S.J 42 gr^
fVenn der anseilende Schullelirer in dem Werke von Denzet
seinen Geist gebildet hat, so wird auch sein Herz für die schone
^ Wirksamkeit seines Berufs erwh>mt seyn , und dann lese er ein
Buch wie das vorliegendQ. Hr. Schi, führt Um als ein erfahr-
ner Freund in das Schulhaus, und' macht ihn mit allem bekannt,
was die neue Lage von einem wohldenkenden Manne fordert^
und wodurch er sich auch seine Lage zu einer' angenehmen, se-
gensreichen machen kann. Der Ton dieses Buches ist fafslicb
und edel, wie es solchem rathgcDenden Freunde ziemt. Wir
TFÜnschen dem Verf, , dafs er anerkannt, und überhaupt in die-
sem,Faehe recht Vielen belehr Aid werde. Er will in diesen
%^Briefen keine eigentliche Methddik des Unterrichts, sondern eiiie
des Lebens für diesen Berufskreis geben; und gefade das giebt
seinem Buche recht viel Werth.
/• Versuch eines Lehrplans für zahlreiche f^olisschiäen zur Se-^
Wirkung eines genauen^ stufenweisen, Fortganges im Unter^'
rieht j mon ff^OLFC, Konr, Schültheiss j , Lehrer an der
Pfarrschu}e u, Organist zu St. Peter b, Nürnberg. Nümb.
b. C. FeUeker. 4 8 Ho. (n4 S. u. »glithogri^Bog*). % ß. 8 kr,
Jxennthisse, praktischer Sinn, ^dler Eifer beV^eiseii in diesem
Versuche einen wackern Schulmanti, det Aufmunterung verdient.
{Die Fortsetzung fol^t,)
^
N-2*
Heidelberger iSOö*
Jahrbücher der Litterätur
PMägügik und Mtthodik%
llalieir Ifsiueri i^tr ilfm Aldi lu^ dafs er jefzt sctimi in ^iiiettl
Plaoe^ den er in zwiefaclier Uebersictit darlegt,, manche , das
der Yerbtfsseriing bedairfy selbst werde eingcselien babeii. Dä*^
Kill gehört die Methode des Unterriciits im Reehnen und der
Mangel am Untcrricbl in der Formen- und Gröfsenlehfe. Wir
sieben nämlLcli bei der Ueberzeugung fest, dals die Pestatozzi-
scbe Lehrart fSr beides in keiner solcbeir Schule mehr fehlen
dürfe. So kann auch im Lesen, Schreiben, Zeichn^it, nachi^ dem
angezeigten Verfahren zu urtheilen y eine mehr methodische Ein*-<
richtung statt finden. Dafs RTnder, zumal in unteren Klassen
sicK manchmal blos als zuhörend verhalten mgssieii, ist ein pSda-*^
gogischer Hauptfehler, der in uusern Zeiten um so leichter ver^*
mieden werden kandi^ cta wenn man auch fiber zu wenig ^Lett^
und Lehrerkräfte bei einer zahlreichen Schule tu' klagen hätte^
Wenigstens einiges^ von der Lancasterschen Methode zu Gebot
steht* Wir verweisen hierbef und in mehrerem auf das oben
angezeigte DenzePsche Lehtbuch, das gerade solchen denkendcfi
Scholmännern^ wie Jftr. Schultheits., zur vollständigeia Beratbung.
sehr dienen wird. Wer das Gute so will und findet, verdient
auch das Bessere, das man in diesein' und jenem bereits gefun«*^
den hat, schon fruhzelUg bei seinem Werke kennen zu loruen
un^ dmch die hdher stehenden Lehrer des Fjichs zur voUkpinn'^
Bern Wirksamkeit gehoben zu werden»
H Nti>*
5. Latithide'mii Jtieh Btitfäiah^n an ^ tri tin^ MttkoiUchen
Sti^knfolge j für Elementar' Klassen,' auth mm Pri\^gt-'
brauch ^on Ö. C. H^. GlJsisk, kUmfenta!tkkr& an def
VBckterichöte tu Hannover. Erstes' Buch, ffännöi^ery in
der Hakn^sehen JSößuchhandltmg. />«o. f /^. ». 4MA.)
Zvvtües Such ete, ( 4t)3 S.J. S ggr.
i/as BficUeia zetdmet mA vor vieleii n^nes Gleichen auf durck
X^e AoMTdnuDg-wal diireb: nei^ gesehAaökviiU^ AuswaU der
^
t8('.- Pätlagogik und MethoJik.
Lesestücke. Es kanu bei der verbissenen LeAemethode gebraucbt
werden; fiir DanVdbupgcn^ist njuf w^if^en, Slälterä melir ''gpge-
&ai<al« ■'»1 aoderGWa-in weltlädGgeD l^lechisalioneii fiadel.
<5. AM T^erttandeshueh , oder Verst&niigimg der Jugend in
f^olitschulen i'ther. die wiuenswürdigtfen CegenitöJide des
menschlickert Ltbens, von Jqhansbs Spisciss , Docior d.
ThtoLf Kircki:nr, m. Prof. am theol. Seminar ia Herborn.
_3te yerm. und verb. At^. Marb. u. Cassel, bei J, ChriiU
^'^'■'■Srüger. tSu. (3oS S.S.), 36 kr.
■[^..Di^ Sekide der f^erjtandesübungen nach der Stuftn/clge ,
Jur Bärger- und Landschulen entworfen *fln Df^ J-i, G-
I ii4GBLf Ractor der Schide ^u ffornbtirg cm Fiirtte/ithwn
fftäbertladt. ^weiter Theä. Magdeburg in der.Creia'schen
"'■'"iiufhhandl t8.fto^(4U Abtk. 4tS S^ 3te Abth. ig» S. 8.)-
j .i^^retf 48 Ggr. „
A tat Verctandusübuu^ für Volk»-
das eaiue Lerora in der Schule
I , und der Lehrer mufs das ohne
jit wissen, tndessen deak^ man
: einp Ssipmlung von Muierialien
yarsiaiiJeseatwicklung geordnet,
, worin di«,y'<^GU(idesbef;riff'e tum
die Schull^iader gemafh^ werde».
en.Xfelii^r eia liedürfoifs scj, ist
iiet von ,Nro. i. kann es bewei-
ihrung, an deren Rulirilea wir
inden, beweise! für die rtütalidt-
eichihum gemeionütEiger Rennt-
^ stattet, .welche aus diesem 3ucKb
durch einen geschicktes fehrer ÜnlerrLchl erhallen, nnd aiicK
dieser Tctrd von dem Ichrkundigen , viclverdienten Hrn. Verf.
überall in dem rechten Gange erhalten. Es ist ein wahrhaft auf-
UäieDdes Verslandesbuch, dem auch der Geist ehrittUcber Her-
zensbildung, nicht fehlt,
/ ' ^b ^er ein ßuch der zweiten Art , Bedüifnifs sey, ISrst
sich ifocli bezweifeln. Nro, 2. ist ein solche«. Es gebt vou Sin-
nen^iischiiuuDgen aus, und lehrt 'durch Reflexion die logischen uikI.
'metaphysischen Begriffe bilden. .Selbst wenn dieses mit aller
katechetiscticn Kunst geschieht, wie von dem Hrn. Vf. so ist «s
doch unmöglich, alle B^riffe zu effra{[en, oder aus dein' vor-
gel^en Stoffe bUdea la lauen, ipmcr wird man sie entweder
Pädagogik und Mediodik« i^
als scliön bekannt aus dem S|>racligebraucti , wie z. Bi der Be^
gritf Yorsteüung, sugjg^ei'ireuy oder ohne Umschweife? ifotfistgen
inusspb.' Weichein Nutzen soll man sich auch davon versprecheoi
ivenn etwa eiü Schuljahr hindutch, eiucj solche Reihe von He-^
flexionen durchges()rochefi worden? E^ bleibt dotih immer mehi^
oder weniger ein Buchstabiren, dhs nicht daiu kommen kann^
Geist zu werden. * Rec. hat wenigstens keine Erfalhruhg gefun*
den, die ihm seine Meinung von dem nur sehr unt^rgebrdiieted
Mutzen solchen Katechisirens widerlegt h3ttcf« Auch weifs mail
nicht recht y wie man an einer Schule solche L.ectionen vej^an«'^
Staaten soll, ohne den Lehrer sammt den Schtilem einzuschjäferil
oder einzuengen. Denn der erstere müfste buchstäblich wie ei-
lten Katechismus das alles durchfragen , — welcher Uncjrträglich^
Mechanismus ! -*- und die lettteren mäfsten bald das alles ' so
langweilig finden, dafs' Aufmerksamkeit 'und Nachdenken endlicli
gant aufgiengen. Soll die Sache gut gehen, so mufs dem Leh*-
rer ein freier Gang überlassen bleiben, worin er bald so', bald
anders fragt , bald auch vorsagt. Hierzu bedarf er aber ilur det
IMatertalien und der Winke. Doch wollen Wir einem sokheki
'Buche seinen Nutzen nicht absprechen; es belehrt den Lehrer
^ Beispiele. Und das vorliegende kann^ dem Volksschdllehrei*
bierzu sehr dienen. Die Reichhaltigkeit, sqwic die Anordnung
der Materien^ dabei die geschickten Prägen alle der Reihe nacK
sammt' den Uebungsangabeii können ihn bei einigem Talent recht
gut in den Stand setzeii, die Begriffe der Kinder, selbst dili
^jchologrschen zur Deutlilrhkeit zu entwickeln. Die Recapita^
iatk>n aller dieser entwickelten Begriffe in einer Reihe yoii Fra^
gen am Ende, von dem Körper an bis zu den Geistestkätigkei^
ten, beweist^, wieviel hierin gethan werden kann, und der Blick
auf dieses schöne Ziel , Wenn es auch erst in Jahr und Tag erreicbl
wurde ) eriüuntert und belebt den Lehrer schon zum Voraus«
MMMVMMMkMMMM«
Sm Ceistestehre der Unterricht üler den Menschen, was er äÜ
feistiges tVesen ist und sejn soll. Pur die aus derKmdt-'
eit zur Jugend heranreifenden Zöglinge verfa/st von /. JF«
Shell, PJa&er. zu Nauheim bei Limburg an der Lakn^
Giessen^ bei C. C^ Müllen 48sin. (XF. u. 476. S. iS.J54^r.
JUie Campischen Sedenl^hren fißr Kitider* haben schwerlich einfe
Setlt grofs gemathft. Man lasse die Kkiheii hinaussthaü^n in
^e Welt mit üübefaiigcnbeif, und was die Natur und die
-Sprache darbietet - in sich aufnehm^ti mit Aufmerkstimkcit , das
liahrt und läfst die Seele wachsen. Wenn ma^n abet das KiiiiblciA
oder MagdkiD) nicht etWa blofsi tvas noi^h mitunter hingehen mag^
^o Pädagogik und Methodik.
sem lechliehes Angesicht im Splegdi bescliauen sehen § s^xdiera
^s sogar von Einbildnngskraft oder von Wahrheit und brthuna
^otwoft geben hort^ so kann man sich nicht enthalten ^ einge-
bildetes. Wesen und Unwahrheit in ihm selbst zu entdecken j und
inufs über den Wurmstich trauern, der die schöne Knospe der^
kindlichen Unschuld trifi^ Gleichwohl galt das in der nunmehr
abgelebten Generation als Erziehungsweisheit, die noch in man*
j^y^n schalen Catecbisiruiigen ^d Kinderbüchern noch ein wfr-
HJg sphimmert. , Wir. erinnern nur an obiges Kraftwort vonPe»
§mIo7.zi* Dafs aber bei der Jugend eine Zeit eintritt, wo de^
l^rziehcnde Unterricht das, Auge des Schülers auf sein Innere«
wendet, versteht sich von selbst, und dals dieses mit Verstand
geschehen soll, damit der . heranwachsende Mensdh über seine
^isiige Natur klare und vvahre begriffe gewipne, ist eine wich*
^ige. Aufgabe für den Jugendlehrer. Nur alles zu seiner Zeil»
So nidgen wir denn diese Geistesichre betrachten, als eine
j^nleitung« welche ein deutlich denkender einsichtsvoller Lehrer
lindern Lehrern in die Hand giebt, obgleich Rec. das Alter von
,ia Jahren noch zu frühe für ein Refleqtiren hält, das dem Km»-
.^en eher schadet upd nur etwa dem reifenden Jüngling njutit. Er
^äfst in diesem Buche denjenigen Tbeil der Mcnschcnlehre be*
•trachten , welcher die innere Welt zum Gegenstande hat, Be*
stimmte, richtige, deutlich ausgedrückte Begriffe, und.^inmethodi«
.^cher Qang vomAeuTsern und Niedern zum Innern undHöhercij vom
Einzelnen zum Ganzca und immer tiefer führend, geben diesem
Buche einen entschiedene!^ Werth and .Vorzug vor vielen ähn^
liehen« Auch wird es jeder csrfahrne Schiümann billigen, dals
,er, die i^ciiebte catechetiscl^e Form für seinen Zweck vefivvof'fea
bat^ schwerlich aber ihm- darin beistimmen, dafs der Lehrer
.erst den Abschnitt vorlese. Für Schulen gehören überhaupt keine
Vorlesungen, ausser als Leseubungen; denn soll der .Untenriclit
belebend sejn, so mufs man nicht mit dem todten Buchstaben
überwältigen. Der geschickte fehrer wird vielmehr durch Bei-
spiel, Erzählung, Lenkung der Aufmerksamkeit auf sinnlich^ Ge-*
gensiSndc u. dgl. vom Anschaulicheb ausgehen^ um in dem vtfr-
gezeichneten Daläge zu den Sätzen dieses Lehrbuchs zu führen,
"die dann d^T Schüler als cfrijabisch in sich erzeugte Urtheile aus-
sprechen möge, wie sie. dastehen. Denn wir sa^en 'es Wieder«
liok, diese Sätze "Sind tihgemein klar, richtig uhd kusämmenhin-
f end ausgesprochen. £s reihen sich sojbKe logische^ rP^jchplVr
gische, moralisch^, rechtliche und religiöse, Lehrsätze aneinajpder^
uf^d es ist kein Zweifel, dafs ein guter Lehrer den Schüler xor
Erkenntnifs und. eigenen Aussprache derselben mit diesem Bucb(e
in der Haud recht glücklich führen kann. Auch wird der Scipu*
lei;, welcher diese Anleitung erhalten hat, den wissenschaftUcbeii
Pädago^ und Methodik. 2^
Cotemclit fiber jene Ge|[ei]Stinde nunmelir reclit gut rerstelteu. Da«
hermu£s Rec. dieses Lehrbuch als eiacs der Nützfichstm* seiner Art
empfehlen. Nur "wurde er in Verlegenheit seyn , wenn er eigne
Lehrstunden für so etwas in irgend einer Schule besümmen' soUle.
For niedere Classen is^ es nicht, wie schon gesagt, \veil es die
wenigstens anfangende JSnglingsreife verlang, wenn man nicht
Terfirnhen, und .also ungrundltcfa upd nur scheinbar bilden will;
und man würde da auch bald das Langweitige oder Trockene
solchen Unterrichts fühlen, wenn die nnreif^ii Knaben stunden*
lang damit unterhalten würden. Höhere Classen aber habep
sonst so ?iel zu lernen, dafs ein rechter Schulmann die Achsel
zucken wurde, wenn man mit hoch einem Lehrgegenstand j die
ohnehin so bunte Mustefkarte von Lectionen bereichern woUtfe^
und da ihm überhaupt die eignen Lehrstunden für Psychologie,
Moral u. dgl. nicht gefaHen mögen.' Vereinfachen müssen wihr
Tielmehr , und nicht blos unsere Gjmnasien | sondern auch die
höheren Burgerschulen wollen von ^er Ueberlast des Vielerlei
endlich einmal erlöst seyn. Dafür aber sollen die Lehrer es vef*
stehen, in den Lehrstunden der Grammatik, der Religion, der
classischen Leetüre die Begriffe über den Geist und die Bestim-
mung des Menschen zu entwickeln und auch zu beleben. In«
dessen ist es nun einmal so, dafs mau eigene Lehrstundeii sowie
in niedern Schulen für Verstandesübungeh so in hohem" für an-
thropologische Kenntnisse haben wiH, und in dieser Hinsi^hi sfnid'
auch solche Bücher , wie das angezeigte von Herrn Pfarrer S«
Schulbedürfnifs; Und wo es auch diesies nicht wäre, so wird es
jedem Lehrer,, der solche Schüler hat, überaus nützlich seyii,
um gelegentlichen Gebrauch ^davon bej manchen Lectibnen zu
machen. ' \ • ^^ Schwätz.^
./
Betraehiungen über die doppelte Anficht: oh Jesus blojll]
ein jädifchßr LandraiBinCß oder -^-^ (Sott es Sonn
gewesen sejr? yon Dr^ Lvnw* Aug. Kjeulea, Konsist.
Rath, ord. Prof, d. Ttheol* Superint, u. Pf, zu Königsberg
inPreussm» Königsh, Unii^, Bmhhandl. 482s. jtj^S. 8.
Jbiine seltsame, zum Glück auch seltene, Erscheinung in der
Dogmengeschichte des laufenden Decenniums. Der ' sonst durch
seine dunkle Philosbpheme über Offenbar ungstheorieh 1818 be<-
kaonter gewordene Vf. schaft sich eine eigene Kezerpkrthie, um
sie durch eine eben so wenig im kirchlichen anerkannte Th^brie
von Gottessohn mit vielem Eifer zu widerlegen öder nieder zu
declaniireo. Wie auf dem Titeln 50 auch sogleich wieder im
.92 Di% Kahler üb; e. doppelte Ansicht r. Jesus.
Anfangs dieser Schrift, tritt der Vf^ mit dmn grellen Gegeasate
hervor: ob Jesus ein blosser Lfuidrabbüie gewesen sej oder^^
Gottes, Sohn? Soll dies Aufsehen vacbea? wie etwa Canzel«
redner, denen doch mehr um milde Erbauung, als um ein stür-
. misches Aufsehenmachen zu thun sejn solly mit irgend eineA
irappanten Paradoxon aufzutreten lieben? >
Hätte sich der Vf. seinen selbstgemachten, fast blasphemen Ge-
gensatz nicht bei wenigem Nachdenken selbst auflosen können und
3olIen? Jesus trat allerdings als ein jüdischer Laudrabbine auf.
Dies ist Geschichte. Dies haben schon Tor langer Zeit die keincrr
llcterodoxie Verdächtigten, des jüdischen Orientalismus aber etwas
mehr als gewohnlich, kundigen Schriftforscher, Schoettgßn^ in
ä^n f^ectionäfus rabbin. T.IL c. 4%, zu Luk,4j,46,47* u. Danz
Im' Nov. Testam. c Ttdmude explicatum p. 5f8* nach ihnen Hilr
sther de Studiis Christi »r-e^ypu^g s. Fabricii Codex Apoctm
N» Test* T. IIL p, 4^9. nicht nur gewufst, sondern mit über«-
zeugenden Geschichtsgriinden gezeigt. In eben diesem Sinn hat
auch der Evangeliencommentar des Rec. nicht blos behauptet,
sondern historisch gezeigt, dafs Jesus als ein junger Rabbi aus
der Provinz Galliläa, als ein Landrabbine hervorgetreten ist. S.
$. 233., die Inhaltsanzeige zu Lul^. üj 40-^^9* In der Weise
eines Landrabbinen trat Jesus auf, und war dennoch der M«s-
.>ias, der Gottessohn, der wahre Heiland der Welt. Joh. 4, 4^*
. Warum denn einen Gegensatz , aus den beiden zugleich wahren
3ätzen erzwingen wollen? Warum einen sp crassen?
Die Wahrheit ist, was schon Paulus den Philippern 2, 7. zur
nachabmei^den Bewunderung vorhält: Jesus entäusserte sich selbst) er
iiahm eines Dienenden Gestüt an (Joh. «S, 1^. ao.). Da £r
Menschenähnlich geworden war und im Betragen wie ein Mensch
erfunden wurde, erniedrigte £r sich selbst (noch niehr) bis
!^um (gewaltsamen) Tode und zwar zum Tode (der schmäh-
lichsten und schmerzlichsten Art) am Grenze. Darum hat ihn
auch Gott erhöhet u. s. w. Er, welcher die Geistesanla-
gen gehabt hätte, die Messiasschaft wie im Raube an sich zu
reissen , verabscheute den Weg der Gewalt und wollte selbst
die Macht erst durch den langsamen Weg der Uebcrzeugung
für da3 wahre Gute desto sicherer gewinnen. Die historisch
unleugbare Wahrheit also ist: Jesus trat in der einfachsten, zu
.^einer %eit schicklichen Weise lehrend hervor und war dcnnoct
wie wir vor Augen sehen, durch Sendung und Unterstützung
von der Gottheit, der Stifter eines Reichs göttlicher Ueberzcu<f
jungen, das in den sichtbaren Kirchen als die unsichtbare und
wahrhaft {irchristliche fortdauert und, je höher die Mensehen-r
t^'ü^de sich selbst ;sicb enthüllt, desto gewisser fortdauern wird*
^0 Muscheinbar J^^u^, als («andrabbin^ aufgetreten wai:, dennQQh
Dr^K^i^er üb. .e«; doppelte . Aosicht ' v. JesK. 23
hai er . ianerlialb der drei JAre* sein/es meksiiDiscIini Wirkeni
durch seineo ganzen Charakter, iq seiner ganzen Wirkuogsarc^
histonUch gewifs gemacKCy dafs in ihm ein Geist Mensch ge*
worden ww , wie gerade der Messiasgeist nach irgend den rein«
steil und erhabensten Erwartungen, die man in diese idealische
Beoeonung zusammengedrängt katte, sejn sollte. Ja, durch alles das^
was er wirklich var und geschichtlich ieigte,' hat er eine inner«
eigQitbfimlicIie Erhabenheit bewiesen, in welcher er selbst das
Messiasideal der Propheten und seiner Zeitgenossen nach dem
moralisch religiösen Sinn und Werth wundersam weit übertraf. So
gewiüs er dieses alles in der Gestalt eines Rabbi vonNa/.areth an nnS^
aus sich gezeigt hatte, so gewifs konnte -^und muiste er dmMky
als der Hohepriester in dem Sinn, in welchem der Jude dieses
fragen konnte, ob Er der Sohn des lebendigen Gottes, der aohle
Messias oder Gesalbte in. JehQvens Namen für tlie Nation fteyn
Volke, eben dieses als den Charader seines Geistes tmd Wesetos
behaupten. Und die gesuchteste Sonderbarkeit wate es, daa
eioe Wahre dem andern entgegenzusetzen.
Hätte der Verf. nach wenig ruhigerer Ueberlegimg die be^
(len Wahren^ Satze gegen einander über gestellt, wie der • Apo«-
stel, nicht aber selbst erst sie in einen gehässigen Gegensats
verwandelt, so wäre freilich Titel und Anfang seines Schriftcli«os
i nicht so ptquant, aber er wäre wahrer, nicht Zank aufiregend
geworden. Der Verf. . dagegen eilt, seineu seibstgemachteH Ge<*
geosatz schon S. 2. zur Yerketzerung anderer, gegen welche A'ex
Cateckismus Raccoviensis p» 4^. noch hjperorthodox wäre, ru^
stig zu verwe^nden. Späterhin aber S. 5. gesteht er selbst ein^
dafs der Satz den er irgendwo (??) in Beziehung auf Lehrmo*
tliode gef|inden, der Satz: »zwischen einem jüdischen Land-r
» rabbioen wie Jesus war^ und einem öffentlichen Religiooslehrer
?>ans^rer Zeit y finde, die beiderseitige Würde abgerechnet ,. ^or
9 keine Vergleichung statt« — Jesum allerdings nicht ein ^ blos^
stn Landraibbinen nenne, abep doch einen. Landrabbinen. W»*
ram lieüs. denn also der Verfasser den Satz nicht, wi» er wan
Warum setzt Er selbst ecst. einen »ä/o^^m»»« Landrabbinen? Et^
wa: Um ein Buch darüber zu machen,, von welchem ihm selbst
S. 4- sein Gewissen sa^; es habe iMcht nur eine über seinen
Vorsatz gebende Länge ^ sondern auch** eine Oestalt und Ordi^
mng gewtonrw^ß die er g^isne ändera mSchte, wenn Zeit tuid
Kräfte ihm irgend daza gestattet wären. Für etwas Gewonnenei
vrird wahrbaHig aucb der mUdesta Benrtheilev die Ordnung
nicht halten können, die man in der alles ineinander meugendcis,
Schrift wirklich antrifft; noch weniger ist die Gestalt ein Ge«
winn, die. Schciagestalt nämlich,, sieh einen Gegner zu schaffen,
ihm .das gehässige Wort YCMtt. &/o^ii:en Landrabbinen wissentlich
34 Dr« SMdßr ftb..e. doppelte Ansicht ▼« JesiM^
stt unterlegen I und nun, ^wie Hr. K. sagt^ in eialgeu freien
Stunden Betrachtungen von hoJiem Interesse dafHiber mzusteüen,
die wcenigfiteas keinen Haltpunkt hatten , weil der (dem Reo.
völlig unbekannte) Bebanpter jenes Satzea voir Jesus- nicht als
yon einoni blossen Landrabbinen gesprodien bat. Aach der
^atiy dafs »zwischen einem jüdislsheD Xandrabbinen jener Zeit
und einem öffcndicben Religionslebrer der unsrigen, die beid^r*-
seitig^ Würde (Rabbi = Lehrer) abgerechnet , gtnr keine Ver^
i;leichung statt finde« kann, je nachdem der Zusammenhang ist^ -
einen ganz richtigen Sinn haben , in sofern «wischen einem jü-
dischen Landrabbinen xu^Jesu 21eit, welcher , s. Mendelsohns
ilerusalemi ausser der Eingottheit Jehova's an kein t)ogma g^
bunden war und nicht gerade eine örtliehe Amftsanstelking haben ,
.inaTstei und — - einem öffentliclien Religionslebrer unserer Zeit
^mstrntig in vielfacher Hinsicht, zunächst im Verhtfhnife zum
Staat als Beschützer christlicher Gemüthsbildüng, und ^ur Kirche
^da Geselisehaft ohne Synedrium, auch überhaupt in fast allen
seinen öffentlichen Rechten ^nd Pflichten gar keine passende
Yergleichung anzustellen wäre«
Eben daher hätte sich auch der' Verf. leicht historisch die
Fragen S. 7 auflosen können: wie Jesus, welcher zunächst die
daosaligen Rechte eines Rabbi und Volks* Propheten "gd^rauchte^
in einer Webe aufzutreten vermochte, die freilich von der jetzi^
ßen Kirchenpolizei nicht geduldet lyürde. Wäre denn aber da*
uurch ein jetzigjss Einengen der Ueberzeugungsfreiheit und Lehr^
Greimüthigkeit gerechtfertigt, von welchem der Verf. voraussetzt,
dafe, wenn es damals existirt hätte, auch J^sus selbst, nach
dem Maasstab desselben beurtheilt, seine ' Saehe etwas zu arg^
getrieben haben würde. Wozu überhaupt ein solches nur zu
^ endlosetf Gonsequenzmacbereien leitendes Vergleichen des Nicht-
vergleichbare^? ' ' *
Wozu auch der entsöheidende Ton' S. 6. 7 dafs geschieht*
Üpk die Behauptung wegfalle, als ob Jesus (welchen doeh so
inanche als Rabbi anredeten) wirklich Rabbi gewesen wfire. Wie
linentscheidend sind dagegen des Verfe. Gründe. Jesus hab«
fi befall gelehrt. War denu eiu jüdischer Rabbine an ^*
|ien O]^ gebiiuden? Jesus werde eben so oft Prophet (gleich
dem Täufer) ^Is Rakbi genannt. Schlieiiil denn Eines dsKS An-
dere aus? Wanw aberou^ ein GegenaatZ| wo beides ungleich.
mX finden
Noch qiebr aber müfs Rec. fragen: wozu der weithin •^Vor^.
herrscheilde bitter ironische Ton, mit w^hem-d«r Vf. Fx^geit
gehandelt, die nur durch die ruhigste, den Gesetzen der histori-
schen Auslegungskui^ist einfach sich unterordnende Erforschung des
Bibelsinns all wühlig der. ledlicheii JEntscbciduPg nähei^ gebracht
Dr. Kahler üb. e« doppdte Ansicht v. Jesus* IS
werden kdoii«n? 8.7 will die F'orausseizung^ erzwingen ^ dab
der UngenanDte, tvelcher in den oben angefülirten Zeilen von
AelmIrcMceit (nicht: GleicYiheh) der f^ürde eines jud. Rabbi
ant unsenr dfienfHclien Religionslebrern gesprochen zu haben
Kheint, ^e Aehnlichkeit Jesu mit Landpfarreru und Landschul«
oiastern uns^er Zeit ausgesprochen habe ; und nun folgert des
Vis« sarkastische -Laune : £r, Jesus, »wäre dann etwa dem ehemali»
^gen Zo/yfprediger Schutze za vergleichen,, der ßir die Aufklä^
Wrang rediick eifernd , zwar nicht ans. Kreuz geschlagen j son^
'»dem nur abgesetzt wurde u. s. w.€ Unglückselige Polemil:,
die der IFeder eines Mannes, weicher Landschulmeistern und
Landpfarrern von Amtswegen ein Muster der Bedachtsamkeit und
Vorsicht zu seyn die Pflicht hat, solche durch nichts begründete
Consequenzmachercien entreissen konnte.
Bter Verf. sdbst spdttdt S. 3 über die i^'sc%arfsinnige Er^
wßndwig weüa3id der bögmatiker^ welche dUrch die Communi-
iteatio Idiomatum sogar die körperliche Ubiquifät des Mensch eil
>Jesa za erweisen und die deutlichsten Erklärungen über seine
9 Menschheit und Abhängigkeit vom Vater mit der athanaiiani^
buchen fVesenslehre zu vereinigen vermocht hätten. « Er selbst
also dispensirt sich Ton einer Vorstellungsart, welche (das von
derUbiquität abgerechnet) immer noch kirchlich ^ sjmbollsch ist«
G^en Andere hingegen soll das Kirchliche entscheide^? S. 4*
■leint'Er, dafs wenigstens in der Kirche entschieden seyn müsse,
wie von Jesu Vl^urde zu denken sey. Er hört nipht auf, die
bloTs ihm eigene Fiötion, als ob S. ii. 12. gegenwärtig zwei
Ansiebten und Lehrparthiecn gegeneinander stünden, wovon die
Eine Jesus für einen blossen Landrabbinen , die andere aber für
den von Gott gesandten Erlöser des menschl. Geschlechts er»>
kenne, durch alle ersinnliche Consequenzmackereien und lieber-
treibungeo so lange auszuspinnen, bis er zur Folgerung gelangt,
dals S« 39. endlich die christliche Kirche selbst wegfallen und
die ReUgicfn wenigstens geschwächt werden müfste. Hiernacli
erklärt Er (bicdlcr zwar, aber mit äusserst unnöthiger Heftig-«
keit) S. 3o. dafs Er selbst, wenn ihm heute vollkommen klat
wurde*, dafs Jfsus nichts weiter gewesen seje, heute noch sein
Predigtamt niedeflegen und lieber mit seinen Kindern betteln
ivnrde, als dafs er istner doppelzüngig von dem Landrabbinen als
von Gottes 'Sohn reden wollte.« 'Wo ist denn ein^ Lehrpar-r
thei in der Kirche, welche dieses beides mit Zwei^mgigkett als
Entgegensetzungen behvitimet. Ob Jesus wirklich ein nach Sitte
der Zeit graduirter Rabbine war, oder, wie der Veif. meint,
nur ans Höflichkeit von manchen al^ Rabbi amgeredet wurde,
was liegt der Hauptsache daran? Wozi;i das. Ereifern? Wer
dieses oder jeiiesfar wahr^cheinUcher hält, läugnet denn ein
2ß Dr. Kubier ül>. e« doppelte Ansicht V'. iesva»
solcher dadurcli, dhfs Jesus, als Kaipliss ihn zu« sagen bi^scbwoi^
ob Er des lebendigen Gottes Sohn sej, auch dieses nach den
Eigenschafte» eines ächten Messiasgeistes, die er in ^ sich selost
l^annte und in seinem historisch-unverkennbaren Charakter zeigte^
mit vollem Rechte bejaht habe, so, i^ie £r schon durch seia
ganzes Leben sich als den menschgewordenen Messia^eist be«-
währt hatte. Wozu Gegensätze erfinden, wo nur Vereinbarkeit,
und diese so klar gegeben ist, wie schon in dem Phtlipperbrief
der Apostel das ev fiofnfij ^ss tnrctfX^^^ ^^^ ^^'b M^^f^^ ^^^
KxßeiU verbunden hat.
Wie aber nun, wenn wir- auch die Kehrseite der Miinze
betrachten, auf welche der Verf« als kirchlich- acht hindeutet*
Er spöttelt nicht nur über die ethisch -kritischen Theologen S.9
so sel>ir, als über andere Rationalisten. Er meint nicht nur alle
diese S. 25. zu den gemeinen Schulmeistern rechnen zu müssen,
weil jader doch eben aucf^ nur zu seiner Vernunft fuhren
iönMe; wie denn doch auch, der Verf. vfreder die absolute Ver-
nunft noch die Offenbarung — wenn^s aufs be^te geht-— scbwer*
lich je anders als nur durch ^«i/ie Vernunft erfassen wird. Abeir
auch die alte Dogmatik belächelt S. i6o. welche die Objecti"
vität des Glaubens (Verba sunt! ) so verkehrt aufgejafst habe,
dafs durch ihre Schuld ein Schatten der Ungereimtheit wid Un^
vernünftigkeit auf die Lehre der Erlösung selbst gefallen sey^
Wie lichthell mufs wohl dagegen die neue, eigene Dogmatik
unsers Verfs. seyn.
S. 260. giebt dafür eine sehr richtige viel umfassende Regel:
»Nicht was zweifelhaft ist, nicht, was mit gleicher Wahrschein*
lidikeit vierfach, zehnfach, gedeutet werden kann und worden ist,
nicht was mit sich selbst im Widerspruche steht, nicht Wfis von dem
Gelehrten mühsam erlernt und von dem Layen nie h^egriffen wird,
nicht überhaupt, was auf einer Reihe mühsamer (wir sagen:
nicht überzeugend mittheilbarer) Unterscheidungen, und Schlpsse
beruht, kann eine Mehre des Heäs sejn. Einen Glauben .an
Worte [ohne kkren Sinn] kann (darf) es nicht geben, und
eine Offenbarung in sinnlosen [unverständlich geheimnüsvoU blei^
benden] Tonen ist keine Offenbarung. Nur das Allen deutll«
che, auch dem einfachsten Sinn tfegreifliche, und sds gewifs in
der h. Schrift vorliegende, das in allen ihren Theilen festgebal-r
tene und der Kirche von Anfang an bis jetzt. (?) Wesentliche,
mtr das ist das eigentliche fVort GoUes, aus welcfiem die Be*
ifirährung und Erklärung des übrigen nach besonderer Rücksicht
jedem frei steht und für niemand anders als mit gewissenhaßer
KUtgheik gegeben werden kannte So hier der Verf. .Und eine
helle, heitere, glückliche Stunde mufs es gewesen sevn^ wo er
dies^'lichthelle, treffliche Steile niederschrieb.
Ol*. Kahler üb. e. doppelte Ansicht v. Jesus. 97
Werden .also von Hirn alte und neue Dogmatiker, und allo
nnr durch ihre eigene Vernunft vernünftige Rabbinen, Theolo*
gen und Layen klar und hell erfahren , was — der Goltessohp
vrar und sej^ für welchen das ganze Werkchen kämpft und
streitet ?
Bedenklich y gesteheu wir, wurde es uns zu Muth, als nach
viel- und^manchfachem in des Gottessohnes Jesu Geschichte
nicht begründetem Idealisiren (wobei man nur immer ausrufen
iDÖcbte: wie viel leichter ist Phaatasireu, als historisches Exe-
gcsireii!) schon S. 85. uns der Ausspruch entgegenkam: i^die
Erscheinung eines GQtiessohns^ nicht im figürlichen Sinn, worin
die Vernunft selbst sich als eine Gottes -Tochter erkenne, son-
dern im wahren Sinne, bezeichne -^ ein über das Lehen unhe*
dingt herrschendes ff^6sen,€ Gute Layen! wie werdet Ihr die*
sen wahren Sinn von Gottessohn dort, wo Petrus seinen Jesus
als solchen^ verehrt, oder wo Ka'ipbas nach jüdischem Sprach-
gebrauch darnach fragt und Jesus es bejaht, als das einfache
BegrciÜiche, Wesentliche, finden können? i
Aber vieüciclit wird der Flofs der Rede im Fortstrdmen
klarer. S. iSj. lesen wir: »die Wahrheit, dafs Jesus Gottes
Sohn ist, erkläre die heilige Schrift so, dafs nämlich in Ihm sich
eine Freiheit über die menschliche Natur gezeigt habe, welche
Aie Vernunft zwar begehre, aber zu erreichen sich unfähig
fohle, Unsündlichkeit , Unsterblichkeit und endlich Bestimmung
deP' natürlichen Regeln nach dem Zweck, nicht des 2twcGks nach
den Regeln; welches der wahre Begriff des Wunders als'That
sej»« Dies also^ erklärt, wie der Verf. versichert. Ihm die h.
Schrift über das, was für Ihn Gottessohn sej. Dafs doch die
heil. Schrift, um sich so recht zu erklären, gerade für des Vfsl
Erklärung die wahren Wdrtc und Begriffe nicht gewufst habeu
mufs, welche Er jetzt erst entdeckt und offenbart. Nur dafs dabei
sehr unklar bleibt, in welchem Sinn — dem physischen odet
moralischen? -» Freiheit über die menschliche Natur dem ersten
der Gottessöhne zukomme? und ob denn Er, Jesus, der Messias,
uod nicht vielmehr des Vaters« der Gottheit, ewig weises und heiliges
Sejn die Regeln der Naturkräfte von Ewigkeit her nach dem Zweck
alles Dasejns und Lebens bestimmt habe* Auch scheint unklar
zn bleiben , wie in Ihm Unsterblichkeit als ausgezeichnet ange-
geben wird, da die Schrift alle Geister ads durch den unsterb^
liehen Gott unsterblich glauben lehrt.
Rec. l^t sich nach Klareren, schriftgemSssen Stellen bei dem
Verf. ufngesehen. U|iscre Leser mögen sich selbst fragen ^ wie
dem Rec. in Hinsicht der Hoffnung auf Klarheit zu Muth werden
mufste, 4a cy S. 177. so las: — »Die FernunftausbUdung ist nichts
mderes 9I9 di^ iip Qefül^l enipfangene. Totalität des ohjectiyen
tt8 Dr. Kahler idi« e« doppelte Ansicht v* Jesu&
f^ens, durch die vermittelnde Thätigkeit des Verstandes und
der Urtheiiskraft zur innern Totalität des suhjectwen Lehens er-
hohen. Sie ist oline Gefühle so wenig denkJbar, dafs sie (die
Vernunftausbildung nämlich) nur die durch Erfahrung (wir
sagen: durch vernqnftgemässes V^oUen) erlangte Fertigkeit und
Gewohnheit ist, die einzelnen Gefühle zu beherrschen, welches
durch ihre Suhsumtion unter eine erkannte, also gefühlte höhere
Totalität geschieht, woraus sich als Erkenn tnifs die Regel und
au^ der Regel die suhjectit^e Möglichheit der Handlung ergiebt.
Sie (die Vemunftausblldung also?) ist dann vollhommen, wenn
sie aUe Objecte in der Totalität unis^ersal erkennt und also sich^
geistig in der Totalität hewegt,€
y/V.iT sind gewifs, dafs alle Vernunftige zur wünschenswert
Ihen Vernunftausbildung früher gelangen , als sie die Totalitat
dieser Anleitung dazu zur objectiven und* subjcctiveu Klarheit
universal sich erhebend, finden werden.
Vermöge einer solchen Methode von Vernunftausbildung^
kann man denji freilich auch zu einem Ideal von Gottessohit
kommen, welches nicht nur alle alte und neue Dogmatik über-
fliegt, sondern auch weder in der biblischen, historischen Wirk-
lichkeit des Lebens und Leidens Jesu nachzuweisen ist, noch als
Regel für die subjcctive -Möglichkeit der Hapdlungen der Chri-
sten anzuwenden wäre.
Am wenigsten weiüs Rec. wie dieses Ideal dennoch auch
dem, welchem es nach der objectiv-subjectiven Totalität seiner
Vernunftauibildung klar sejn mag, erlaube, neue Ketzereien zu
fingiren und damit Lärm zu schlagen, um desto auffallender
seine eigenthüitiliche, aber auf keinen Fall kirchliche, Ansicht
von dem Gottessohn (die wir ihm, so lange Er selbst vill, gerne
lassen wollen) der Länge nach aussprechen und wie die sdlein-
gültige Standarte der Kirche aufstellen zu können.
Recens. erinnert sich, zu seiner Freude, aus der neuesten
Kircheugeschichte keines ähnlichen Falls, als des Einzigen, wo
gegen den seeL Dr. Löflerj welchem so wenige die Schuhrie-
meti zu lö^en werth oder tüchtig >vären, einige Schäferische
S<;hriften über die Offenbarungs- und Genugthuungstheorie Ver-
ketzerungslaute, gleichsam eprofundis herauf, ertönen Hessen, un»
geachtet die Theorie, welche sie als Gegengift behaupten woU«
ten, mit dem, was kirchliche Orthodoxie genannt werden möchte,
auf jeden Fall . auch nicht zusammenträfe. Möge jenes schlimme
Nachtvogelgeschwirr um des unvergefsltchen Löflers letzte, da-
durch verbitterte, Tage für immer verhallt und vergessen blei*
ben. Wir ziehen nur Eine Lehre daraus. Selbst solchen Man-
nern ist es also unverkennbar geworden, wie sehr Aie alte Con-
cilien, «Kii'cfacnlebrer und ächolastiker unrecht hatten, iu sofern
Taschenk d; G^clt d gi<te((li. Volks m. Kpf. u, Chart ig
sie die Hodificationen ihrer Dentaag der Bibelwalurlieiteii, wdclie
$ie nach ihrem Zeitmaas für die einzig denkbaren hielten, alleit
Folgezeiten zum Maasstab gemacht haben wollten. Und dennoch
können sie sich aufs neue so weit vergessen , nicht einmal das
jetzige Zeitmaas überhaupt, sondern nur das seit gestern und
^egestern ihnen selbst erst $o zu Sin^t gekommene Ideal Toa
Jesus, dem. Gottessohn, oder von dem Sinn seiner immer weiter
reichenden ErliSsung als der freiwoUenden Freimachung vom Sün-
digen und desselben Folgen zum Maasstab der übrigen Zeitge-
nossen und der jetzt schneller Torröck^nden Vernunfiausbildung
feststecken zu wollen.
Recensent wünscht nichts mehr, als dafs der Verfaß durch
baldige Selbstbefolgung der oben aus Ihm S. 260 angeführten
trefflichen Kegeln für wahre und klare Erforschung des Wortea
Gottes in der Bibel die jetiiga Ucbereilung ganz vergessen
mache« Ä JE. 6. Paulus.
Taschenbuch der Geschichte Jes griechischen F'^lki
in allgemeinen Umrissen pen der äüesten bis zur neueren
Zeit. Nebst der jetzigen Constitution und andern Aeten^
stü^ieH» Rrster Jahrgang. Mit (gut KthographittenJ
Ansichten von Constantinopel, Korinth , de^
Akropalis {Hochburg) pon Athen, zwei ailegori^
sehen Bildern (^des tyrannischen ujid 4^ künftig frtiä^
Zustmides) und einer Charte {der Buropaiseheü
Türkei ß vpmehndith fßiäH Übersieh GriechenUmds odf
Land knd Inseln}. Neidelkrg b. €hr^. Fr. fVint^. 48%3*
klein 8. VI S. Varr, 46t S. Text, und ^07 S. Verfnv^
sung sur künden des wesdiehen Grieckei^^ands', dank, des
Pelopö'Mnes und der proi^ikorischen Regterw^ <H)k HeUeUk .
% fl^ »4 kr. ■ ''
v7eme zeigt Rec« dufch die VervoUstäqdigirog 4^ Titels dest<^
gedrängter die gute A,usstatti^g dieses zettgemässeu. Taschen«
Duchs« l)ie sjprecliende Büste des sich für .das Vaterland selbst«
verlaufenden Mätiades macht den Eingang zu dem geschichtiL<*
chen Texte. In diesem führt Nro. I. den Leser, welcher die
Qiarte zur Hand hat, auf einer guigeordneten .Bereisung der
alten Provinzen durch das gesammte Griechenland. Zuerst muls
der Geschichte ihr Boden gegebei^ werden. Diirauf folgt in ^
Abschnitten^ der Giiechen /Urgeschichte und alte OeschLclite bis
nur Unterjochung unter die Waften. der Römer, w^he doch^
2tt ifaron Glück, der griechische Geist selbst besiegte, ^ngeü'igt
5d Tdschertb.' d. GescH. d. ijnech.Vollts ni. KpfJü. Cliart.
ist «xtt (nur zu kurzer) Ueberbüek der Wissensriiaften und
Künste der alteo Griechen, II. Herrschaft der Römer und der
fömtsch-chrislianisirten Griechen, der Bjzautiner. Kurz: das
Sinken und Fallen durch despotische und pfäfBsche Ucbermacht*
III. Erstürmung Constantiiiopels durch die Türken i45Z nmet
Constantin demXI. eio^m der besten in deii byzantinischen TÜy-i'
iiastien. »Dort, statt des heiligen Creuzes auf der . Sophienkircff tf
weht nun, von Zeit zu Zeit vom Blute der Christeti getränkt,
in seinler blassen düsteren Herrlichkeit der Türkische Hcdhmnnd^
über eiifieni Zwinget von sultanisirten Sclaven.« IV. Hellas un*-
ter der Zwinffherrschaft der Osmjinen, welche iiie dmi Unter-^
fochten , dem Xwefek aller ViUerthanspflichten , der gemeinschaft-»
liehen Sicherung vor Willkührlichkeiten, auch nur näher zu kom^
jnen gestatt6t«ii. V. Der allgemeine Aufstand der Hellenen, i^ü
bis zur 'Epidaurischen Constitution. Nach Yersicherttng dits Spetf-
tateur Oriental soll (S. 98.) auch zu Stambul selbst eine allge-
meine Erhebung der Griechen, im Einverständnifs mit Suffo
und Alex. Ypsilanti verabredet gewesen sejn, die von einem
S ingeweihten der englischen Gesandtschaft, und dadurch (?) dem
ivau bekaant geworden scy und jene Wnth gegiä) die griecK
Einwohner veranlafst habf. S. ii4 entscheidender Veirath des
Kaminar Sawa gegen Ypsilanti bei Tergowitsch. S. 12S der
Jammer von Chios. »Diese GräueltkaC geschah -— nichts schreibt
der. Verf., zu den Zeiten des Attila, der Gottesgeissel, niöh« zu
den Zeiten Tamerlaos und DschiUgiscans , nicht zu> den Zeiten
Robespier^'s, sondern im J. «822* zu 4^n Zeilen der Comtitw^
^onenj d^r Bibelgesellschaften, der /rötnmdnden Myst^ und
'Jtestauration des orthodoxen ( Mittelaltclr« ) Chris tenthums f iind
jchrisüiche. Blätter sprachen kalt und frostig^, b^chdem sie das
Sterberegister iiusführlich aufgezählt, ihr Amen! und den Preis
der Milde. des Kapudan- Pascha — »nämlich des ersten, dessen
auch mit Europäern besetztes Adiniralschiff durch die hellenische
Nemesis in die Luft flog. Die Erzählung endet für jetzt bei
dem zurückgeschlagenep Eindrängen des (jetzt auch von derTv^
rannei belohnten) Churschid Pascha in Morea Und dcni Helden-
tod der Pbilhellcnen bei Arta. Wer ;»^ird nicht hierüber in der
Fortsetzung ein vollständiges Denkgcmäide wörischen ! VI»
Prociamatiönen über die Aufstands -ürbchen vbq AI. Ypsilanti.
(Uns, wenn wir durch die Geschichte lertten wollen, «^eberi
»u gleicher: Zeil noch nähere antitürkischc Belehrungen 'Surcli
Thatsachen — die von Dr, E. Mttnch lebhaft skizzirten Hec^r*
»ügc des christl. Europa gegfen die heranströmenden Osmanen.
I. IL Theil. Basel bei Schweighauser). VIII. Held Scanderbe^-s,
des Epiroten, - Vermahnung aii seine Landesgenossen aur Befrei^
img vom Tuckenjoch. Nach ßarleti's Vha Caiiriotae. IX. Hei*
t * *
Taschenb. cL G^ch. d. griecb. Volks m. Kp£ u. Chart. 3 1
Jenrtihm alt- und neaheUenischer Frauen ^ von den Spartane«
tinn^n bis zu der ihres Mannes tSrkiscbc Ermordung rächenden
Seeheldio von ^ S^ezia | BobeUina, und den Kämpferlnnen bei
Zeituni und SülL
Alle diese Aufsätze beseelt ein Erzählungstoi^ i dessen
Lebendigkeit und Mitgefühl seine Leser zugleich anziehen und
belehren wird. Eine eigebe Th'eilnahme aber erwirbt sich ge-
ivifs d<fr S. i5i. folgende Beitrag eines (zu Heidelberg mit
liilsbarrendeni Eifer Medtcin 'studierenden) Griechen, Xflntkos^
iur richtigeren und müderen Benriheüung des jetzigen griechi^
scktn F'olis. Die türk. Tyrannei erkannte immer recht sach-
kundig, dafs sie^ alle Kenntnisse und Wissenschaften von den
Griechen ferne halten, pfaflischc, nur christlich -genannte Vor-
urtheile aber hegen und pflegen müsse. Der Verf. zeichnet mit
Nameo und bestimmten Angaben den Weg, wie Studien dennoch,
nch 3 oe Jahnen gänzlicher Unterdrückung, von Venedig über
Janioa kuerst durch* MathemMik und Naturkunde an die Grie-
chen zu kommen anfingen. »Viele Arme, die nicht ihr tagHcheN
Brod hauen, strömten dahin, um .^Menschen zu werden,.% »NacU
'der allgemeinen Sitte nämlich, welche bei uns, schreibt dei-
»glelchgesiiiote Verf. mit edlem Nationalge^iihl, bis beut 'zu Tag<\
'im Gebrauch ist, sagt man: Ich gehe um zu studieren^ damit
'i ich an Itensch werde. MoafJ^^vw ypcc/nfixTCc , itot vx yevu etv-
*9(^ooToc*€ ^Welche von denen, die dieses Volk als der Be-
Keiung unwürdig verschreien, haben und erhalten unter sicli
ein solches Volkssprüchwort^ ein' solches Sjmbol, der uralten,
National -Eni'pfanglichkeit für Homerische, Sokratische,' Platoni-
sche Geistejrhebung ? ) Ausfuhrlicher beschreibt S. 169. wie
Johannes Oekonomosj ein äusserst heller Kopf, gegen. Ende des
18. Jahrhunderts Kjdonia, ein geringes Dorf, durch Künste und
Unterfichtsanstalten zu einer grossen Stadt uml^ildete. ., Er baute
eine Moschee | nur um' auch* seine Schulen errichten zu dürfen^
Mit /oo t, und bald wieder mit »00 tausend Piaster muistc
der Tyrannei nur die Gestattuhg , auf eigene- Kosten hier bes-
sere Lehr -Anstalten zu machen,, abgekauft werden. Was wurde,
ivenn solche Hindernisse der Bildung in Deutschland genuichc
^firden, bald aus all unserer gerühmten Wissenschaftlichkeit und^
Aufklärung werden? in unsei^m Deutschland, wo zw-«tr so viele
dem Geistigeren bestimmte Stittungeii der Väter nui^ unter der
Beditfgting, das, 'was den G^ist zunächst betrifft. Schul- Und
Kirchen -Unterricht, zeitgemafs , also mit den Bedürfnissen fort*
schreitend, zo fiSrdern in die * Staats'^ DoKiMnen zurückgenommen
Worden sind, für Deckung der unvermeidlich steigenden Erfor-
dernisse aber, ohne welche die Staatsgesellschaft weder für Recht,
noch Gesundheit, noch IndusU'ie und Staatswirthschaft eine zeit-
3a Aglaja^ Tasclicnbucli f, d* Jahr 1823^
5 emafs unterrichtete Nachkommensdiaft erbalten luiiuv mir- etvra
as abgelassen werden soll, was nach allem andern übrig seya
mochte? in Deutschland, wo ein vorherrschender Q^müths^^Hang
zum Studienleben, zum wissenschaftlichen Menscbwcrdeo,, für
die meiste nur eiae Anwartschaft giebt, sich dürftiger, ak ein
Copist oder Handwerker du^^chbcing^n zu mussi^ii? fiiß W(^^ß
Entdeckungen,' wie gegen tjrajDvei und das damit laicht ver-
bündete Pfaffe^hum dennoch die etwas VermqgUchern, .und ber^
sonders die handelnden Inselbewohner sich Kräfte zur muthvoUi^n
Resurrection gesammelt habefi^ müssien in der . künftigen JPorl«
Setzung dieses inhaltreichen !Seitgesfihenis ecwünscbt sejn»
jiglaja, Tasehenkuch für das Jahr 48%3% neunter Jahrgangs
fVienj gedruckt und 9^ Fisrlage bei Johk B^k IVaäis^
hauser* 7 fl^ v
In ansprechender Gestalt, und t^nter freundlicher Begleituqgi
tritt uns, wie' schon öfter, so aucK diesmal ^ diese Grazie ent*^
gegen. Welche Gaben wird sie uns bringen? Mit Recht bat.
die Anmuthige, den, wie wohl dem Titel nach etwas unpoe*
tisch, klingenden Postzug, B,riählung von Caioline Pichler, den
übrigen Geschenkten, welche sie der Lesewelt darbeut,, voran«,
^e^ellt. Ein liebenswürdiges Landmädchen, durch ^glänzende,
Erziehung, frühe Bekanntschaft und nahe Verbindung mit Per-
sonen aus der vornehmen Welt, wie durch die Freudeii und
Genüsse des Residenzlebens, für die stille häusliche , Wirthschaft
auf dem Lande verbildet, kann, als Gattin des Früb|;eliebten,
würdigen jungen Mannes, auf der alterthümlicheu Waloburg, in
welcher er als Oberfofster hauset, schwerlicb ein ^upUiches
Loos etwarten. Sie findet es um so weniger, als ihr Oatte^ wie
trefflich iind liebevoll er auch' ist» zu lest und eigensinnig^ an
Sitte und Gewohnheit der Väter, selbst an dem alterthümlicheu«
morschen, t\xm Theil wurmstichigen, wiewohl reinlichen und
blank politten Hausrath hängt. Auch alles was Glanz, Pracht,
jrauschcndes Vergnügen beiist, ist ihm 'eben so von Grund dejr
Seele zuwider, als seiner boi ihm lebenden, und ihn in seinen
Neigungen wie in seinem Abscheu bestärkenden alten Mutter.
{Ikr Betehh^s fidgt.)
N= 3. „ ., '. 1823.
- Heidelberger *"<*'•
/
Jahrbücher der Literatur.
jiglaja, Tasehenhxteh für Jas Jahr 4Sq3»
CBescbiu/s.)
Ua die jnn^e F^au öfter Gelegenlieit findet, aaf dem benacli-
barteQ Solilossey mit ibrer, dort im Sommer wohoenden gräfli-
chen Jugeadfrepndin, die Freuden dar Hauptstadt zu erneuern |^
da eben die Freundin sie gegen ibren» diesen Genüssen abbol<*
den Gatten aufreizt^ und auf solcbe Weise Oel ins Feuer scbüt'».
tety da aucb der Vater der Frau leichtsinnig in ihre Wiinscli«
stimmt, so ist^ wenn beide Eheleute ihren Gesinnungen treu blei-
ben, der Weg zur Scheidung gebahnt. Erst» als diese Schei-
dung wirklich eintreten soll, fühlen beide Theile^ neben berzli-
eher, nie erloschener Liebe und Achtung gegen einander , dafs
jeder zu weit gegangen sej, zu viel verlangt, zu wenig den bil-*
Ugen Wünschen des andern sich hingegeben habe. Durch wech««
selseitiges Nähertreten, und durch Nachlassen an den zu sehr
sich widerstreitenden Forderungen , wird endlich -der häusliche
Friede beFgcstellt. Die Abschaffung des prunkvollen Postzugs^<
den sich die junge Frau ' zum Verdrusse des Mannes zugelegt
hatte y ist das erste Opfer, welches sie dem Gatten darbringt»
Aon beiden Seiten erfolgen dann mehrere Entsagungen, Und aus
gegenseitigem Zuvorkommen erwachst, von der Sonne der Liebft
und Achtung bestrahlt, die herrliche Blume des dauernden ehe-
lichen Glücks. Mit Anmuth, Kenntnifs des menschlichen ^erzcn8y
und in kräftiger Zeichnung sind diese höchst unterhaltenden See—
nen des häuslichen und geselligen Lebens von disr Verf. durch<r
geführt. — Daniel und seine Blumen^ von L, M* Foiique. Anek-
dote aus dem Leben der Königin Elisabeth von England. Eint
Knabe, "W elcher der nachherigeu Königin, damaligen Gefangeueu
im Tower, Blumen brachte^ und dadurch sich ihre Gunst er-
warb ^ hatte sich, wie sie, als es sich zutrug, nicht wufste, son-
dern erst aus der Erzählung eines alten, am Hofe der Konigin'
lebenden Grafen erfahrt, ihr zum Ritter geweiht, der im wil-
thendsten Kampfe ^ unter dem Feldgeschrei : » Elisabeth nnd Blu-
men« überall die Feinde seiner Monarchin schlug. Die Erzäh-
lung des Grafen weckt in der Brust der Konigin den Wunsch^
(iea so getreuen upd muthigen Ritter^ den sie nur als Knaben
V
^^ 'Aglaja, Tascbenbucli f. d. Jahr 1823^ ^
-''*■. *•'.',*♦
gdtannty wieder zu sehen. Sie sieht ihn yrieder, vom Grafen
geführt^ aber wie*? fir hatte die ßluinrn nach «ker Weise ge-
pfiegd bis ihn dey vOn flisabetb verübt.e Mond 'ao der Unglück«
liehen Maria v. S., ia tiefe Schwermuth versenkte. Eben da sie
ihn im Garten unter seinen Blumen erblickt, ist er beschäftigt
fliege mit dem vormals kriegsgewohnten Sohwerdte unter dem
Ausruf zu vertilgen: »Elisabeth und Blut!^4 Ob wohl die Zart-
heit und Milde y welche der Ki>uigin' in dicker Erzählung beige-
legt wird, ihr eigeothümlich gewesen ^sejn sollte? — Die un^
schuldigen Verbrecher ^ ofon Helmina von Chezjr, Ein sehoncs
Fi;Mulein von bösen Räubern in eip Klostergrab gesperrt; ^11
junger schöner, zufällig dahin kommender Rittersm9nn,'der sle^
wfe sichs gebührt, befreiet ; ein harter Oheim des Fräuleins, der
den Befreier für den Räuber ansieht, ihn in einem unterirdischen
Burggewölbe als Gefangenen hält und dann umzubringen ' gc^
denkt; ein anderer liebenswürdiger Ritter, der, ein ganz unscbul^
diges Blut, auf gleiche Weise mit ihm eingesperrt ist, und mit
ihm gemordet werden soll; ein gemeiner Bösewicht, der eigent-
liche Thälcr, weldier sich in dieser Unterwelt mit den beiden
zusammen findet, sie ohne Grund als seine Schand- und Schmach --
genossen bezeichnet, und sich naclider selbst entleibt; ein Gefan-
genwärter, der die Schuldlosen, die er Weiter sieht kennt, mit
uefahr seines eigenen Lebens, au$ dein ^erker befreit; das sind
etwa die. in der Erzählung vorkommenden Hauptpersonen. Dafs
das gerettete Fräulein vor Schreck schwer erkränkt; dals sie als
Todtgeglaub^e, aber keineswegs wirklich Todte, zur Nachtzeit
die Burg verläfst, um den Retter aufzusuchen; dafs diese Lie-
benden, und noch ein junges Paar sich wiederfinden; dafs der
Comödienvater oder Onkel sein Unrecht einsieht, und mit einer
Doppelhochzeit die Erzählung schliefst, alle$ das ist ganz in der
Ordnung.— Ein recht erfreuliches Gegenstück zu diesem aben—
flieuerlichen Quodlibet giebt die Moosseite, fuitn Theodor HM»
Die einfache rührende DarsteUiing einer dürftigen, aber durcH
Arbeitsamkeit, Tugend und Frömmigkeit glücklichen Familie ia
Schottland. Das jüngste, von Allen geliebte Kind liegt darnieder
an einer schweren, den nahen Tod desselben v erkündend ea
Krankheit. Während der Trailer, welche sich auf die ärztliche
Aetisserung: dafs' das Ende des Lieblings nähe sey, über den
ganzen Kreis der Hausgenossen verbreitet, langt ein Schteibeix
an, dafs man für die Mahnung eines harten Gläubigers hält»
Aber das Kind geneset, und der Brief enthält die Nachricht voa
einem. massigen, aber für die geringen Bedürfnisse dieser einfa-
chen Familie, bedeutendem Legat, welches sie für jetzt uqd im-»
mer alJer Sorgen entbindet! wahr und schon ist*s, dafs der
Hausvater das Glück^ welches in diesem Briefe liegt da erst be*
\
I
' Ji^laja^/TaKlwiilRith f. «t Jahr tSiaJi 3S
fttjöieii^ «mit dfe firoUe Ktnhridil Ftab mdtRIiijtero mitibeik^
als Toon Arzte die Yersiclieratig koflimt; ein sanfter Scklaf, det
das liehe Kind umiatigeOy deute *ttf sekie nidie Oene^ang. ««
£iMa> Enuhiung von Elise: Ein Nlioa zu oft bebiodehcSr Gv^
Keastaftd' wird unt hier aiife neue ?i)r^liiirtr Ein lieblidiett
-Tdchterelien, die ("ruclK der tieindi^eili £ii« tioer Prinfeessin mit
•eioem £delip»Bn^ ist Ton d^ ffiisflieb^ Mütter dem einfttcW»»
^inbescfaohenen BdUniana tut EniAvmf hingegdken^ als «iei ?oh
abrem Bruder^ deite Ländesherrn hart bedriftii{;ty und ilit Gidtt'
^on ihm feindlMh v^rtel^ Wkd. Di« kk Metister Sohdnbeit ua<i
Unschuld aufgewachsene Rosa wird bezaubert von del^/Anmuib
eines Jünglings, den sie auf ijuren Spaziergängen zufällig ^ntriffb
Aus Bekanntschaft wird A'^ndscIiäÄ, ans dieser Liebe. Dei^
Jüngling mufs sich aus der Gegend auf eine Zeitlang entfernen»
KiM^ m eikiAn Flist^p in die Stedt gck^ttwea, tieht und eribenüdi
ihn wieder,, da elr iakt. einer schi$ae«i. Prinzessin .itor dem Altai^
^ie Ringe gewechselt hat, und selbst Prinz genannt wird». Ypf
^SdmieTz über dt^ tiem^iiite Untreue'^ ^nlfcradct dib aftbe Kosd j
iie glaubt sicl^ tlm^xA^ von lieblicheli Ttitbaam^ die tfuf dn6
«chdne Vergangenheit deuten V^b er nictit Wai^feii es Träultifie: It^
freundete« Gestsrlt^^ der '^irklicMcdit ang^örend, ^aktdcn um
ihre Ruhestatt^: D^t Wiedergenesendeti virird kund, Wes Stach«
des sie sej, da(s iht Geliebter^ obwohl tt>ti färstücheoi Stiimqni
'ihr docb • wäre sie atidh das nredr^ Landinidcheh gewesen , £^
-Hand geboten l^en würde; dafs jehes Ringe Wechseln mit det
Pjrtnzessin von ihm riur l??aiiiens und ^als Stt^v^tret^ feines ali<^
'dern Prinzen geschah. '¥t>n dem^ dl^ Hfirte S^S'^^ steine eigne
Schwester bereuenden Ländesherrn, wi^d Rosa zu sjeiner lEmil
ernannt and ihrem Geliebten, dem Ycrwatidttn eities bcnachbar-»
ten Pursten , in die Arme geführt -^ ßie Schachtel ß NoPcUä^
von Friedr. Lium, mit Laune erzählt ^ nur hätte sich letztet'd
fiber einen weniger verbrauchten Gegenstand verbreiten ftnogeni
als über diese schon zu ilfren Jähren gekommene, noch 'mit Zärt^^
iichkert auf -Männer) tnit inoch grösserer aber auf den gesainrnd^
ten Mammon blickende, ehr«- tind achtbiaren Jungfrau EmMnttd
Ktisimir. Dafs sie ihren Verwandfen, eitieh Jutigen talentvoUeH
'Kunstler von sich vvei^*t, nachdem er wid^r ihren Willen eiil
armes ehrbares Mädchen zu seiner Lebensgeuossin efkohren^ dafi
sidi alte geldsfiditigt Gecken als Liebhaber txi ihr drätigen; däfs
sie lange prüfti wäfrlt und bedenkt, ehe sie dem Einen den Vor*
zug i^ebt vor dcAm Andern; dafs sie am Ende der Liebhabet
TJn Würdigkeit und die Wifrdigkcit des Vetters einsetzende jenö
zurfickil^eiset, diesen mit seiner Gattin an sich zi^ht, ist ganst itt
der Ordnung; nur ist dergleichen schön zu oft vorgeWeteh. Be^
aoadcrs aiadr, d^ die Sühne von ^e^ Schaditel attsgeheä «üb»
3«
wotm des.Ytftttrl &ind, Jieser iteu^nvPhatao's^ Todite^ äber^
^bea vird. — I>a;sipb. »Dt^r d^Q PicKtern; weiche Beiträge
.geli(Dfert, die Nam«n yc^ir Cas/ellij^ {.. M. FompiS^ Kühiß Prä^
^, Rückertj finden, so. dürfen dieJLc^er. unter dieserf Beiträ*-
gea. Manche^ zu findeo gewifssejn,, welches das Almanacfasplu:
:iüberlebea und zuc fernen Zukunft schwebea wird. Was be-
,ftQM]d«rs zu lobeilt ist: dafs. falscher Mystizismus und der gewöhn-
I liehe matte Soi^tlenklipgklang keine Aufnahme iu dem Tascken«-
.bucbe gefunden hat. -r- Uie Kupf^, triefiElicheu . Malel^n , yoa
forziiglicKen.Kyq^d^ißil 'l^(^gebild<^t^ WjcLder ehrenvollsten £v^
• • 1
Tasekmiuch ium ge*Mig^n Vergnügen auf das Jähr s3* Lmpu
.b. J. F; Gleditsch. Wien h C. Gerold.
ij,u€h im zwei ^n^. zwanzigsten Jahre erhalt sich dies Taschen*
buch in feinem, friilieren Werthe. Von den v^er Erzählungen^
..die es diesmal, den Lesern, darbietet, ist keine, welche, nicht,
,wie>Yohl. jede jauf, eine versichiedene Weise, dem auf dem Titel
.angegebenen Zwecke entspräche. — Palmerio ^ Novelle von,
Leopold $chefer. Eine nach Griechenland yerpflanzte Geschichte
.des Grafen von Qleichen-^ oder der Göthischen Stella; jedoch
mit manchem, besonders dem Unterschiede ^^ daüs unsers, Helden
beide. Gattinnen, zugleich leibliche Schwestern sind. Der Aus-^
.gang, ist sphaueiilich, da der Verbfecher Palmerio, vor den Au—
Sen . seiner Frauen das Leben endet, der Vater desselben; und
essen Todfeind, in eben dem Momente auf einander stolsend
sich . lyechselseitig erdolchen , und die . b^i^^^n Schwestern als
trostlose Wittwen und von allen verlassene Mütter und Töchter,
im ^yiedererkennungsaugenblicke, über den Leichnamen der Ge«
npprdcten einander in. die Arme sinken. Die sehr zusammenge-
setzte., und mit Abentheuern zu Wasser und zu Lande, hinläng-
lich, ausgestattete Novelle blendet, durch die reiche, wohlklingende
Sprache, die klaren, und lebendigen Schilderungen grie<;hischer
Natur uiid Sitte; durc)i die häufig uns begegnenden, wahrhaft
dichterischen Aufschwünge; und endlich durch manche, des Vf.
Welt und INfeoschenkunde bezeugende, Stellen. Aber auf Wahr-
heit soll sich diese Erzählung gründen^ wie in der Note ver-
sichert wird? Schwerlich! Sollte nicht, der Dichter vielmehr
die^ Absicht gehabt haben, durch seine Novelle die Unart
mancher unter unsern Romantikctn zu rügen , weiche Dinge^
die Aich ip der Wirklichkeit so wenig begeben Aaien^ als sio
»ich, nur begeben, ^o/tnr^n^ zu Grundzügen ihrer Gemälde, v^äh-
ito; dftf dc^n, 'Was ^oft'^tfls^fehcrt Krallt in '^to U%^ äufbUt^*»
die uügliiubUcheil Abflbt^uer tuil Willem il«it bunter -und ^pi^ii*»'
geoder Farben , auszostsifit^n $ * und dabei ^reuli^rstg versicheri^^
die Strebe habe skb , man <mög>« es nnnr^ glaube, oder nicht , 'doch
'wirkKch IM), wit darg^sti^lll werden, 'Zu^-iftta^eni Hatte der Vf.'
nicht diese MjBtifrcation mA Sinne gehabt, -^er hiittto vLiii k. Bw*
nicht die Gdschichte mit <d#ai Ringe, so Wid sie'dasteKl, erzShlt^
Die zweite 1 Braut, naohh«tfige Gattin- Palttidriofr «öU n^mlrcK ei>^.
nen Ring , das £ilitig6 WAi It^- iioish von ihreä i£ltern bfsifs^'
deren Andeills;en ihr- noch lebhaft und hl»illg geblieben) verklraft-
haben, niclic-etwä um einer dringendari Nofh abzuh^feh ; oneihF*
um sich einen eutbehrlicHen> Histarschmueky'ifu^ 'deh Preis dei
theaern Andenkens zu 'erhandln. * Eben d^n- Ring, den frtihei^'
das zwölfjährige Mädchen 'tru'g,- konnte nacHhör der, zwiscli^''
zwaodg und dreifsi^ Jahren stehende, Pa!lmerio-»aili Finger trä«
gen, und trug ihn, als ^r von* seiner zweiten Gätttii zur erstell
zarnckkehVt«. Da nun bei den^ 'Eltern' der Letztem, ^ie sie däA*
Ring an seiner ,>Hand'' erblick cn, die Vermuthnng entsteht: >di«
lange .vermifste Tochter möge- noch am Leben ^yn / holt Palme^"
rio, ohne alle Yeranlassting afneh die Capse) herb^, tworin def
Riog stöckle; wodurch -dalin" sehr natürlich jeäe Vermuthungy^
die unsern» Helden, nur verd^^lich werden konnte, noch niehr*
Grund erhielt. Auch die untnotivii^te und grausame Ermordung
eines gewissen Bathori'dnrdi Palmerio, bestätigt' die voHiin mft-
getheilte Meinung ' über ^ie» Intention dei Vf. Denn, dafs der
mit allen iruhern Verhältnisreiai bekannte, titfällt^ Woft P.' auf*
Cbios angetroffen^' ManUi'roii uuserm Helden,' seiner zweiteit'
Gattin und deren Freutiden*,;. zugefülMrC Wei'den konnte, ist un-«
denkbar, dafs aber Pabnqrio sf^itt dt^iin frii^dfertigen Menschen^
Stillschweigen zu gebieten-, ihn nntiblos ibordet , als ti nach Ein—,
zelnheite« auB' der Vergangenhek fragt, erscheint um so unnättir^
licher, da der gute Bathori 'mit dem Mörder lange befreundet
war. So ist auch, (was wieder die obige Ansieht rechtfertig;t ^
dasZusamaieutrefifen,.der beiden Todtfei«nde am Schlufs der Nc^*'
velle, eben so unmotivirt, als^ daa' plötzlich« lErschdnen der' zvei«^*
ten Gattin Palmerios int geltenden Moment.' — Die Reisenden,,
pon L, 'tieck lafst sich >niche mit deiii gCTröhnlidhen Maasstab^
für soleber Drehtungen messen. E^ wäre ihr, ' geschähe das^^
rielleichc nichl mit Unredht vcviuwe^fen, dafi^ zii viel, für deit
geschichtlkbefl Zweck ,. vuinütte Personen ' auftraten , tüid dnrch
sie ein Gewivre entstehe, au» d<$m der Le^ev sich mrt Müh^
herausfinde; dafs der Faden' 2« oft abgerfssi^n^ und die Scenenf
zu oft gewechselt werden ^ dafa^ niaä inihStliigeirweise zu länge
hei den Leuten im In^enhams« verweilen mfisse;' dafs vieles Aei
VoikoMoieadetf faättö wegbl^btA konnett ^ und ikt Ldsun^ ohn^
Mt 1a«>Vcflj>.;?vges«B« Vetgtu f-ü-, 3. 48a3t
/
i
I
6.1». iich wur4« i«mi<il^ Msfo« 'AiMrti ^«fftfl d^ i; <.Tid<t niobK
faUcn,: habe «u<:k»: 4«ir g^n^en; Aidüg^ naoh^ nich^ wqW aiiderV:
9k gewaksam gusql^hea köiKD^m endKck vrerd^ man VidB.Wiib&T»
^p ua4 ToUlieit so arg um^kkt» dafa kam» h^rauaivigr&diir
fttitfie, yirejf von; dtm y<»kamm«iidaii Mch als verniiiiiftig blstracbf.
1^ weVdeq solle? und dec I^ci^er am Eo4e io den ZwetfeV
ffliqatbeii k&on^; ob er es selbst noch aa leidli^K aej! *^. Aber
wiia gesagt I dieser Maasstab taogi för die vorKogende Novello
weht; up4 wiird er, wie bilUg biet bei Seite gelegt^ somüfiseo
4ie herrlichen LicblCtinken , wdehe durch die Meistarhand^ dea
ijichters, ans der an. sieb widrigeoi Masse entwiokelt werdeo,
ups reichlich für d(u eotschfidige», was wir aa dees Sl06fo selbst
Ulifid an seimer historischen Bebandluog vermissem Auch io deie
2eiohnuDg der Indiyidoalitat dec eiozehieii Genossen, des Irxenr«^
^^ses, offei^bart sich diese Meisteischaft, Wie in dem^^^ in die*
$fir Schilderung verwebleii S{>Qtt4 übejr manche Vertrrüogea
miserer Zeit, namentlich in den Fachern der, ao ha^fig-^nun un<>
^üsrsiäodlichfn Gallmathias herabgewütdiglen, Philosophie, der:
gemilsbiauohtea Schdng^sterei und der unreifen Critik« Hie
ic^nd da könnte indessen dieser SpottteivMis.?iu grell ansgesproc^ea
Scheinen, und bei Einzelnen jeiier Schilderungen selbst, Ems i%i
psTchologischer Hinsicht vernufsti werden. Immer «errath näm-*
lieh, was das Letztere betrifft (von Rasenden ist hier nicht di»
Jlede) der Wahnsinnige » wdchen au anhaiteodes Nachgriibeliig
^ inniges Fe^alten eines und desselben Gegeoslaiidea^ oder
f^ne %u. gewaltsam. aufgeregte Pbantaaie^ auf den unglückseligeti
iPunkt geführt hat, wo sftcb sein ganzes Sinnen » Penk^u und
j^mpfinden auf ein eibaiges begränzt^ und sich in diesem Ein-«
2^gen verliert ; immer verrStb einv solcher Wahnsinniger dea
Uesbergang ans^ dem p^Srlichen^ tZostande in den . unoatik'lichen t
4ie Abweichung von der rechten Bahn « so wie das früheipe £r^
^ssen, und Anerkennen desRecUen offenbart .sich immer bei ihn»
in Wort und Tha|t. Biese, def Erfahrung gemäfse Erscheinung
ISEitt in den hie^ voiJkcmmenden^ an G^isteszerrüttupg LeideMden,t
Sentgstens aa Allen, nicht hervor» es fehlt hier und da an der^
^ anse^uenz, iioai, Wahnsinn« Eine, itw .tnefiichsten Zeichnangea
^?g%^n y^ gewifs die, des unglücklkhen Juegliikgis, voh seinem
Leidensgefährten Alethnsalem genannt, der sein Leben nicht nach
!fagen und Jahren., ^ndern uaeb den nnglodUachen, früher
wahren, itz^ eingebildeten Ungiüchsfiillen 9 und tnmrigen Erfah-«
ipungcn. vber sicb^ wie andre Menschen und ihre Schicksale ab««
mifst, und auf d» Weise oft, in wenig Stunden, um einige hun-«
dert lahr^ älter geworden a«. sejn wihnt, Wie wah* ist, und
VW welch mnf ^cber« Uand lengt ^n^ Qemälde}^ wim ver«
Toscliedk 2. gßS^! Vergä. ei/cL J. i{?23. 3r)
UMt 1^ A«r ieiMstkf N^Äif Abs Mensclben' mufs der DaHreHey
seyo) der diese tiefergreifende Charaeteristik 9a zu ^nCWeifeQ im4
90 dorchzufuhren vermochte, -r— jDiß Salamanderin ^ erklä-^
rendes Gegenstück zu Hoffmanns Elementar geist , im Taschenbuchö
tum gtsMgen f^ergnügen^ ^8»%^ von Elise i^n Hokenkausen^
Nick blos durch gldoläioh^ und'befHedigvadä Ldstwg' det,, v4i
einem geisivoUeB Schrifükeller gesohürzleit Knotens, zeichnet sich
diese Erzahlojig. aus, soaderii auch dadurch, daCs die Entwir-
raog des selur verwirrteit G«iUchies« wie kaum zu erwarten war,
vermöge etn&cher, aus menschlicher Leichtgläubigkeit . und Schwa-
che von den einen, und Bienutzung ' dieser Mängel von der mm
dem Seitci entlehnter Itfittel bewirkt werden konnte. * Dabei
Eät diese Losung das Verdienst, auch ohne Be^u^ aaf das frühere,
ebe unterhaltende, für i$ich bestehende Novelle zu enthalt)^»»
Abeir ein noch gröfseres' Yerdienst liegt in dem Ernste,' womit
die Verfasserin, die unniafsige Romanenleserei , die Sucht nacT^
iiberoaturlichen Dingen^ und die daraus so leicht erwäthsehdö
Abweichung der FräU von ihrer eigentlichen Bestimmung, rugt^
und die schädlichen Folgen dieser Ycrirrüng zeigt. — Die
Grofsmütt6r voh H*, Claitren. Ein junger ManU, durcK Erb«
Schaft reich geworden, wird an. deni Orte, wo er den Sohat^
Lehen soll, tou Vaicrii und Muttern belagert, welche einiTihriär
Tochter durch ihn. gern zur reichen Filau machen möchten. AUo
gelegte Schlingen vermeidend findet er unter angenommenem' Na-
men, diejenige', AeYen Tugend^ Geist und Schönheit vor allen
der Kranz gäührt. Dieser einfache Stoff ist vom Vf« so geist^
ibd geotSthvoll behandelt,' die Situationen, in welche <r deinen
Helden versetzt, sind so anziehend'; die Menschen, HOÜif denen
er zu schaffen hat, so lebhaft und gut chanicterisirt; und der
Ausgang ist so friedlich und woblthuend, dafs man übeif euiig4
KemiQiscenzen und Ifn Wahrscheinlichkeiten gern hinwegsehend^
tok Vergnügen und THeilnahmc bei deib lieblichen, anziehenden
Gemsflde verweilt. — Utifer den Gedichten finden sich viele
Ausgezeichnete, besonders wurden die nckeisten Leser ansprechen :
Die Hochzeit S'' und Abschieds gesckenke an eine Jutstlic&e Braut
von Fr. Bücher tß das Leben ein Beisewagßk von Kühnelj die
Kaiserkrone von Fr. Förster. — Für die Treflichkell der acht
BeigctKupfcrst. von S'chwetdt gehurt j AC. Malter, ¥t^. Böhnt, ^^
Muller > * Eugene Aübert ,. nach Gemälden von Raphaiel, Cdtl^
T>dce, 'den Andchteu von Dominico Quaglio und Zeichnünged
tön Ramberg leisten schon die Namen der Kunstler hinlängKöhÄ
Bürgschaft, Jedes würde die Zierde eines jeden TaschenBuchc»
seyo; aber der höchste Preis gebührt doch dein herrlichen Chri^
stus von Schwertgeburf nach Carlo Dolce. Charaden und Baihsel
^uid, wie^ gewoü^cby auch diesmal beigefügt^ und eine Blfusik«
beilage, nougriecLiscIi«. Melodiken eatlialte^d^ 's<Ui«CAdi«| mki
Henug zu tmfiehl&uini Ganze«
BüHHß bei A. Marcus^' Lehrbuch des Kirchenrechtf ß mit Bd^
räcksichtigung detr neuesten Verhidtnissek' f^on Dr. Femd^
. ff^jLTMR , öidehtLProf, d* R, axif der rhevfiischen.ünwer^
sit&t zti Bonn» VL a. 4io ^* ^ ^'^ nehst dem IrAaltsvsa*^
zeichnifs. fl, 4\ ^^*
^xJer ernstern Bearbeitung, des Kirch parecbts sind die Alles er«^
schlitternden Ereignisse der ietz.ten 3o Jähre sehr nachtheiUg ge-
wesen* Während die Verni^ihlung bedeutender kirchlicher In-
stitute das praktische Interesse minderte,, war es besonders aucli
die Gleichgültigkeit gegen kirchliche Verhältnisse überhaupt, wo-
durch eine eifrige Beschi^ftigilng mit dem Kirchenrechte verhin-
dert, wurde. Zum Theil ist dieses durch die neueste Zelt geän-
dert; eine erhölietere Theilnahme an den Angelegenheiten der
K-irche ist. sichtbar, und schon sind Schritte zur Wiederherstel-
lung und Befestigung . der kirchlichen Ordnung gethan ; es zeigt
sich ^pgar von mancher Seite eine Hinneigung zum entgegenge-
setzten Extrem. — Bei dieser Lage der Dinge würde ein Werk^
worin mit strenger UnpartheilichKeit und Sachkenntnifs die I^echte
der Kirche in ihren äufsern und innern Verhältnissen bestimmt
wären, von besonderer Wiclitigkeit sejn.
Das vorliegende, voii einem Katholiken verfafste Lehrbuchi
zeichiiet sich in mancher Hinsicht vortheilhaft aus, insonderheit
durcli die beständige, der Regel nach sehr sorgfaltige, Berücksich-
tigung des Geschichtlichen. Auch die Art der Darstellung undt
die Ordnung in demselben sind zu loben. Nach einer kurzen
JE^inleitui^ wird im allgemetnen Theil von der Kirche überhaupt
(namentlich von der Religion, dem Begriffe der Kifche, dec
Kirchengewalt und dem Verhältnisse des Rechts zuf Kirche)^
sodann Von der Geschichte des canonischen Rechts und von dem
staatsrechtlichen Verhältnisse der verschiedenen Rcligionsthelle ia
Deutschland gehandelt; im besondern Thdle von der Kischenverfas^
sung, von den kirchlicKea Sachen und von den Theilen der
Gottesverehrung, welche kirchenrechtlich in Betracht kommen.
J)as catholische und protestantische Kirchenrecht ist mit Rech^
peben einander und nicht in zwei besondren Theilen abgehandelt«
Vorzügliche Aufmerksamkeit und eine nähere Betracliluug ver-
dient indessen eine charakteristische Eigenschaft dieses^ Lehrbuchs,
pämlich die an vielen Stellen mehr oder weniger sichtbare Hin-
neigung zu curialistischen Grundsätzen» Der Vf. sclieiut zwai*
imt.r«diid»^r Ab»ifihii Yfle sidx aus 4^ gaiM&en Dsprsldlinf^ e^-
giebt| liauptsädilich dtDJenigen sich entg^geiizastelleiii. weklitf.
gegen das PabsyttHum so sehr idfern, »als ob i^ur von €kr SmUt
adles Unrecht gekommen und alier MiJEs|}sattch zu färcbtf&s sey«
(S. 4a.)* ^' ^^ ^^^^ dabei 2U iweit gegangen und hat Grund«
tätze au%;estellt| welche nach der Uebefzeugung des Rec« in der.
Anwendung zu verderblichen Folgen führen, die der Vf. selbst
gewib nicht bilb'gen wird. Allgemein bekannt ist es» dais die
römische Curie (denn von einzelnen Päpsten ist hier ntdit die
Rede) dadurch, dafs sie auf unrechtmäfsige Ausdehi^ung der
päpstlichen Macht über den Glauben und das aufsere L^eq uiH^
aofhörlich bedacht vvar, und mit kluger Berucksiefitigung. alles,
mr irgend hierzu ^Die(iliche benutzte, seit Jahrhi^udertea dett*,
nachtheiligsten Einflufs auf Deutachlands Wohlfahart.in religl5set
Und politischer Beziehung gehabt hat. Uif so gefährjid^er ist
daher die Aufstellung von Grundsätzen , welche in der A^wen-««
dang so leicht gemifsbraucht wcrdei) können. ,.
Wir übergehen die Ansichten des Yfs. , über CathoHcisnuis.
und Protestantismus im Allgemeinen, weil jn dieser Anfzeige faaupt-^
lacblich das berührt werden soll , was rein .kirchenrechtlich ist. Be-%
trachten wir nun in dieser Hinsicht einige Qrundsätze des Vf. etwas
näher; so finden wir» dafs derselbe zwar anfangs gesteht, es
lasse sich gegen die Richtigkeit des Episcopalsjstemes an und
für sich nichts einwenden (S, 4^); aber dann doch behauptet:
Es sej eine 9 schon in ihrer Fassung nichtige Frage: Ob der
Papst einem allgemeinen Concilium unterworfen sej? — Diess
Behauptung können vyir nicht zugeben; denn auf dem Concilium
zu Kostoitz ( ivo mehrere Päpste wirklich abgesetzt werden ) undl;
auf dem zu Basel vrurde diese Frage ausdi^icklich bejaht, und die
Decrete beider Concllien, worin dieses enthalten ist, sind in die
deutschen. Concordatp übergegangen (vrgl. die 2e und 3e BuUer
Eugens v. i447 uiit dem Acceptationsinstrumeqte. Alberts von,
i439 und den. Verhandlungen des Kurfürsten -Vereins v. i446)«
Bas Episcopalsjstem ist daher auch insofern keine blofse Schul-»
ineioung, wie der Vf. S. ,i65 behauptet. Die Aeufserung des^
selben, S. ±63i dafs der Papst zu allen Zeiten oder in edlen Län'^
dern gleichförmig die a. a. O. von ihm als wesentlich angenom«»
meaen Rechte ausgeübt habe, z. B. die Berufung der Concilieo.
und ihre Bestätigung, das Gesetzgebungsrecht innerhalb herkomm-«
licher Grenzen, das Recht in Glaubensstreitigkeiten provisorisch
zu entscheiden u. s« vr. bedarf keiner Widerlegung , und der
Verf. selbst nimmt S. 63 wenigstens für die ältere Zeit au^
dafs ein Subordinatioiisnexus zur Erhaltung der Einheit nocb
nicht zur Sprache gekommen %ej.
4i W^lirp^ iiehrbtieli Äes KirolietiMefats;
\
' * Wiehfiger iaft dt«^ auf dir ha WitelMtr si^ithitr ^'€fgtB^
Aoratig der päpstlicheo Madit sich beztehendt^ Behikiptitug dem
Verfs., dafo Merzu die betrügerischen Psettd&i^miscken Deere^
f^tn- hlthb' beigetragen hätten , indem sie mir den /Zustand der"
Kirche , vtiie er damtds in der That schon vbrhanden watj &e-'
ilvicbset und' daher nichts Nettes eingeführt hätten,^ ^ch überhsiap«
tfietstentheils tinbedeuteiid^n' uhd unschuldigen Inhalts wären.
Der Yerf.e fiihrt , um diese Behauptung ztji unterstützen ^ einige
Hebte Diecretalen früherer Püpste an, worin diese $tcii schotr
jfrosse Vorrechte beilegen. Allein niit Hülfe dei betrugerisqheti
Bfachweiis der falschen Decretalen ist die Jahrhunderte lang be-*
fltandene, ehrwürdige und selbstständige Verfassung der Provinz
mabjrfiodßn zu Grunde gerichtet ^ und dadurch ist (wie sick
CpUstant;^jt^«.A in pra^, ausdrückt)' die ganze Kirch enverfas-^
9ung' entnervt , eine Verwirrung der Rechte d^r Bischöfib und
ErdbiscKoffe bewirkt, und unabsehbares Elend über die Kirche
Terbreitet worden. Der Beweis hiervon läfst sich leicht führen:
i«^ Auf der Provinzialsjnode abgesetzte Bischoffe, und zwar
blofs Btschdffe^ konnten nach dem Concü* Sardicense durch Be«^
tfufung an den Papst die Anstdilung einer neuen Sjnode und
Revision ihres Urtheils verlangen. Durch die falschen Decretafeti
wurden Hierin zwei der wichtigsten Acnderuhgin vorgenommen';
aHe auf die Bischöffe sich be^i^ enden Angelcfgenhditen; n^men^*
Kch die Absetzung derselben, wurden wiederholt dem Papste
äOeiu reservirt (z. B. c. 6. 7. 9. C. 3. ij'. 6. PieuAy ' Damasüs^
Sleuthertus und Julius J^ sbdann wurde es einem Jeden in der
^nzen' Christenheit erhubt, tu jeder Zeit im den päpstHcheTt
Stuhl zu appelliren (z. B: tJ. '4- 8« C. 2. 9. 6. Pseudo'Sixfns
lind ZephirinusJ. Dais diese beiden wichtigen Aenderungen* mit
Hülfe der falschen Decretalen durchgesetzt wurden, und der bis-^
Herigen Verössung entgegen waren , wird durch die' merkvrüjr-*
digen Worte des gleichzeitigen Erzbischoffs Hincmar v. Rheims
bestätigt; Er sagt (vgl. Marca C. 'S. Vif. a'd. n.)> s«it-Jahr-
Kunderten sejr das Conc. Sard. in dem oben ailgegcbeneii Sinne
beobachtet und die Streitigkeiten blofs durch di'e Synoden und
2war bei einer Berufung a;i d^n Papst durch eind neue Sjnode
mit Zuziehung bepacHbarter Bischöffe beendigt worden; er er-*
i^ähm namentlich (Marca Vü. 20. 9. u. ;io.) der Isidorischeti
Pecretsiien, die, dkmals in Umlauf gebracht, diese Neuerung eiit^
Kielten. Noch' im J. 992 wurde Enb.iAtnulpli xa Rheim^f von
der Provin%iaIsjnode abgeiietzt, dsi^ Recht' zu dieser Absetzung
^er durch Anführung von falscheu Decretulen bestritten. Wenn
der Verf; den häufigen Gebrauch dieser Decretalen lä^gnet, so
braucht man. nur an die damit «ngeföllten spätem Sdnfmiunged
«nd uamentUch «A das noch jeut gehende Decretwn Graiia/ii
Waütef V JLetufcvob ^SvKürc&eiftedkt«; 4$
» «KOiDeiii i. w«?in.| vränn 'mtn'Ae b«t Monddlas ipi» 96 ft^
bezeitkneteii eiotdiMii Angaben .jammmenzildt« .ß^i^o - ^90 SfsW
kft.aiu diesem Machwerk« exeetpiit siad. Wi« inrichtig ist nidiS
schon die einzige Stelle der falschen Decretalen, woriii geSiissai|l
^irdy däfs der Pbpst^ als dn einzige Uidber allec Kircbenge«
vah, die übsigen Kurchenbeamten nor «n jMtrlcns soUickudinis be»
stellt hdbe; yv eiche Steile picht' allein in das Diecret äierging
(«« is. £.2* q. 6.) Sondern auch späterhin haUfig benntiA ynxüm
(z. B. in den I>ectfctalen Gregors {X. c. 4« X« <& öteel. et um
fßU.j, da : sie Stoff zur ungeheuersten AnsdehotiiDg der päpstl»«
dten Macht enthäll. , /
In Beziehung auf da» protestantische Kirchenreebt sagt der
Vet£, dafs die Landesherren nach der •ausdrnckliohen Aeusseron^
der Reichsgesetze ( durch Ertheilung des Jus rrf^ormandi} unik
nach dem jetzigen Besitzstande di« alleinigen Inhaber der KixHi
obeDgewali seyen (nach denr Grundsätze f cujiis 0s$ regio äUus
€it r^iä ('S. 4^.). Das Jas reformandi im Sinne der Reichs«*
gcsetae ist aber das' Koebt, eine bestiennte Religionsiibixng in et«*
»em Staate abzuschaffen und eine andre eintufähven , wekhei
lucbt nur. den psotesiantisohen^ sonder» aueh' den kadbolischels
Beichsmittelbaren ( J. K CX Yt, 39.) ertheik, ist, und sich voa
der Sircheiigewalt* selbst o£Gnibar unterscüieidet*^ Freiiic|i könnt«
SUD mit Einfiihrung :de7 pfotest»itischen .Religion der Lande»*
herr die Aasiibung gewisser Rechte der ^KirdieBgewalt als Be«^
diDgung der.Reoeption für sich behalten ^ da tiii<ii den Orand«»
aätien des jProtestaniisnBUs die de» Kirche tai Allg[ei»einen tuste«
hendo Gewalt in ihrer Aosäbung nicht an ehien beaiininiten Slmd
f;cbuDden i^t. Da, wo der Lamdesbert hatholisch bKebp ist dagegei^
das Kirchenregiment entweder bei den Gemeinden gebKebeh (win
io der GraCidiaft Mark) oder auf andre Personen- iSbergegaingeii
s. B^ auf laiidsässige Magistrate, Adliche n« dgh und diese Reditn
darf der Landesherr ^ sollte es auch spfiter ein protesiantischey
wyn, nicht «nd^n. Gebt ein ^nr Ansnbnng der KkchengewaK
berechtigter Landesherr zur kalholiseken Region Hher, so mufi
San .der pers5jiliche Einfittfs destelben wegfeBen, wen« aueh dan
mmol durch den Landeihtrrti erworbene iCircJienregüneni fort««
wühlend dui^oh: landesbenrliche- Behörden >erwaltiet wn^d, unft
>o ist es auch in älterer und neuerer Zeit- gehalten worden«
Hüuftg bit'.der Yerf« als aUgemeines prot^siantiscbeS Kir-i
eh«o«RechE angegeben / was noi^ in einzelnei» Landern ^ näment^
beb in Preisten hergebracht ist, «»B. dafo dttr I^trb» gemeiiH
tcbaftlich mis der Getdueinde' die" Btinkosten' trage (S< 3no.}, daft
di^ Presbyterten nur fär aus^fcte Angdegenbeiten namcntüDli Ver*«
wtltnng des Ki'i^hen^ermdgenS bestellt sejen (S. s^o9* vgl. hm^
«Qhaich der Aufsiebt übejr die üHtea dK« lütebenver&isiing i^
44 Waket^ LefaAttcIi äe^ ku-chaireoht^
Hessdf: u» a. Laildenu BShm^rJ/^E/P. I. 94- ^S' ff* ^- Pfeifler
Kurbess. Kr. R. §.36 ffs)y endlloh. dab die refofmine Kirche
Mir aus ^ein^lnen durcb Sjnodea verbundenen Pfarreien be-
stehe (S. 49* )• ' ' •
Da sich das Lehrbuch hauptsächlich durch Berücksichtigung
de^ Quellen. auszeicfaneL so soUen in dieser Hinsicht hier einige
^eiträg^' gf geben»' w erden. Der s«>.g. codex cänonum ecclesiae.
äniffersae ist * dicht *nur höchst wahrsohcinlich von Justelius xvt^*
sammengeaetzt) wie der Verf. (S. 68^) glaubt, sondern ganz ge-
vrifsy denn Ju^elius sagt/ selbst. ausdrücldiGh (T. L p. 3. 4- ^o),
dafs er- die Zusammensetzung auf den Vorschlag Le^chassierV
To^gdnommien habe. — Man ninnut gewöhulich an (vgl.'S^gG),
4afs die paleae bestimmt nicht, von G^ratüm selbst herriihrenf'
und, Sai^igM/' hat ganz neuerlich (R.G. B. 3. S .476.) wieder eine
sehr interessante Stelle mitgetheilt,' Worin Paucapalea als Verfasser
angegeben wird. Merkwürdig sind jedoch in dieser Hinsicht
die Aeusserungen . des kaum 3o-r>4o J* nach der Erscheinung >
des Decreiii lebendoa Glossators Huguccio. In der ungedrucktea
Glosse zuiB Decret (welche sieb auf der Marburg« Univ. BiblioF«
ihek beftndöt). sagt er..vQn|Gratian (ad c. 3. C. 6- qw 3. ) : if^ ^uia
mugister crimen Mepravdatianis inpanit expressum in seqtienti
i$äpke et in.sequkhti palea^ ideo hunc aäsurfi expomü hie
sptoitdilerd -^i- 1 Üiid an Mehreren änderte Stellen kömmt das
Wort pälea so • Vor,, daia man es nicht füglich auf den Na-
men eiaea Maunes itez^ehen »kann z. B* ad />• 5« c, 4*: -quida/n
üfri ncok hoient hisiiith Ulti loQQy si mid* quamu ted ko€ usqu^
iiud est'paleaf"{eKU«T D* Jß^ic* 4. hoc capitid. hie ht^iur pra
palea u. S4 vf^. -r* . Böhmef mac^t ' darauf aufmerksam', dals *Cle-
eieos V. seine Sainmluug^war- vollendet, aber nur an die Uni-
«tersität Orleans abgeschickt habe und zwar mit einer eigenea
kurzen Vorrede:^ v^etchc sich in einem Cafsler Mscr. ohne die Vor*«
yedo Joh. JUCH. befindet; er erklärt dieses aus einer bescmdereii
Vorliebe für diese von ihm. gestiftetie^ Univ.; später habe ihn die
Sammlung g^Aeut uitd.er habe sie. im . Gegentheii zu unterdrücket
gesucht, weshalb sie auch bei seiniHi Lebzeiten nicht nach Paris
und Bologna abgeschickt worden . sey« Auf der Marburger
Bibliothek ist. indessen eiq M^cn , in . welchem sich auch. bloJb
dieselbe kurz« Vorrede, .Und zwar s(n die Pariser Universtfät« ge-^
jHChtet, vorfindet^ Die. Sache erklär^ sieh aus der Acusserung de$
Glossators J» Andrea, inrelcher ad^pr* Chm. sagt, , die Sammlung
sejr wirklich 4^ igan& vollendet (^^Uo mit Vorrede und Angabe)
der Universitfiten) in audientia publioiri worden ; nach dem Tode
Clemens V. h^be m^n aber keifie Abschriften ■ mehr aus der
Canzlei erhallen;. endUch habe s^ich Joh. XXII. eftiscbloisscn , die
Samnilttui^ fdiadicibi heräi^sjebeii.
.i »
Waitcr^s Lcihrbfielt des KirehenndtfC 49
Der Verl, $^ (S. ioo)^ mn» iieone iwi Cl /; eaiuk» hitt
im den ClemjeDtmen C. y . c. clausum, ohee dafs man die.plbern
Umstände dieses Abschliessens kenne; md nackher »inumi er die
fitravagaates^, Johi. XKII. und die sommunes ^Is PritatsamraUn'*
,^eB apy die um d.. J. »34o und i483 verfertigt worden. <«je%
'Welcbes apch ajlgemeio von den Canonisten behauptet wird* Mr
leb die Entstehung des Nansens C /. c. claustan und der bei"*
den Sammlunn^n läfst sich auf folgende Art erklären. Seit de^
Clementinen wurde keine^ eigentliche Sammliing von den Päpsten
f)abllcirt,. jind man nannte die sammtlichen Sammlungen bis zi|
den Clementinei[iy welche als gültig recipirt waren, da^ iSQrpu$\
juris canon. Da indessen späterhin eineelne Decretalea erschioiF
nen, welche you wichtigem Inhalte- waren, so setzte man sie bin^
ter die. Clementinen. Auf der Marburger • Bibl. ist ein Mscr. d^v
CiementiDen,. wo- sich am £nde noch 3 Decretalea Joh. XXIL
befinden. (nameititL das «.. execrab,). Zwanzig Discretalen Job«.
XXir, wurdei) wegen der gemeinschaftlichen Glosse des Zenze-
linus schon im i4ten. Jahrh. als eiA Ganzes betrachtet. Merk-
würdig ist es indesseti, dafs diese Sammlung in altern Ausgaheip
der Clementincn (91. B. Basel i486 und i494)» bintcr welcheni
doch neuere Decretalen und namentlich- auch einige von diesea-
20 vorkommen , sich nicht findet. Da seit den Decretalen Gre-
gors IX. alle Sammlungen dieselbe Ordnung und fast dieselben
Titel haben, so war es leicht^ die neuem Decretalen unter eine
Reihe von Titeln zu bringen. In der Ausgabe v. i486 (Basel
bei Wei^ler ) befinden, sich hinter den Clementinen neuere De-
cretalen unter i5 Titeln; in der Ausgabe v. i494 (Bas^l bei
Frohen) sind, schon weit mehrere gesammelt und zv^^ar-unter
andern Titeln^ die letzten sind ohne .Titel mit vder Uebeitchrift
cqpia huilae u. s. w. Endlich in der Ausgabe von i5a8 (Ljoa
hi Sim, Vincent) ist die ganze Einrichtung so, wie^ sie jetzt in
dem C. j\ c. gefunden wird. Die ao Decr. Job. XXU« sind
hier voi^handieo und am Endender 4xtrai^. co.mmu.ne^ sagt
der Corrector in einer antäogia ausdrücklichj, dafs dif selbep voa
ihm zuerst in diese Ordnung gebracht worden sejen; er bemcr]^
ferner, dafs er einige Decr ete Joh. XXII.9 welche sich schon un-
ter den aco befänden, deshalb hier abermals eingeruckt habe^ um
die Glosse Wähelmi de Monte Lauduno anbringen zu können.
Aus di^em AUem ergiebt es sich, warum die spätern Decreta-^
ten im J, 14*6 bei Abfassung der ^raf^omina na^<oiii> jer^rma-
^icae nicht zum corpus juris gerechnet, und weshalb blofs -di#
wTtcojy. jur^ enthaltenen Reservationen (reservationes in corpore
jwis clausaej für rechtmässig gehalten wurden. Aus den Wor-
ten : in corpore juris clausa^ ist; bemach der Ausdruck, corpus-,
hxloumjifi enIslandcB. . > . /
4(S Vttbow Traäe Auilies Caiatnp^tibitt.
. . )8eliü«rslic1l bemeri(t Reib codi falj^^odel fib^ die riMii Vf.
fi* iB5. ak bcstrhtea aogegebene Bedeutung des Umersekiedek
ftwisehen l^x tUoeeeswim wai lex j'urisdictionis* Ifugueeioj wei*
ther ffir den Erfinder dieses Uht^schiedee geftahem wird (vgl.
ßökmer ad c, j S» Xi de o» j\ 0.)j^ bestimmt «denselben in seir
tier ungedruekten Glosse folgendermassen fade^ /. C. 4o. g* 4.J:
die KlöstenT' soUeii in favarmm religionis der lex diotcesana des
Biscboffs ntckt untetn^orfen «ejn , von der hx ptrüd. sollen sie
nur vermöge eines besasders xu beweisenden Privilegiums exi^
mirt seyn« Zur iex diottctiäma gebort: das Recht, zur Synode
fen berinen,. die itmuutw eccUnaß und invesfimra chrieorum, .so
ifvie die besonderen -^ea Biscfaoff zustellenden Abgaben z.J3. cu'*
fhedruuum. Zur kx junsdittiwiis werden dag^egen alle ilbrigen
Recbfie des Biscboffs^ die er vermöge der Kirohengewalt und des
ordö bat, gerecbnec 5o wird der Unterschied auch von spä<«
eem Glossatotfen angvgdbea ( vgL. Gloss: ad c. 48. K. eü.J.
Mdge der Verf. drese Bemerkungen als Zeichen der Auf*
mek'ksamlteit ansehen, mit Welcher Rcc. sein interessantes Werk
gelesen bat und Überzeugt sejn , dafs derselbe in den ihm ent-
gegeogesettten Ansiditen vor Adlern bemüht war , sich ohne Ne-
SenrücksiCbten offen tmd unparteiisch auszusprechen. ^
Traiiil sxt hs Cbampigfwns t^mettAhSß eonimant Vlnäieation
des !kspdifies musMes; präeddä d'ane Intf^da^tiän d VUb'
sMite des ChatmpigHt^ns. Apbc quätr» planches colon'ees,
Par €• H. Pemoonj dfrreifondamt de iß SoeieU royale
de Gottmgu0; Membre de VAosMmie des Sciences de Tf/v
^ tin ; de ia SaaM des Namralistes de Bejün et de. la
y'etim'wm} de la SocidtS^ Linneänfte de Phäadelpkie etc.
' 'Pmü ehez Belin'^ L^rieur , Libraire^ jani des Augustins^
Nro. 3S. 484$.
Liaiige echo« endiebrt man nicbt dine Bedauern neue Iiierari«-
eche Arbeiten von dem bertt|raiten Herrn Verfasser. Um so er*
frenlioher wird die £rscheinuiig dieser Schrift seyn, die Liebt
übef einen Gegenstand vevbreitel, der obgleidi wi^tig genug,
dewieeh noch immer niahi gebdrig bearbeitet worden ist. Man
^tfgleioke die neuesten Handbädier der NakrungSmittelkund«
«lod der Toxikologije, und man wird sich äheriieugvtt, A^U das,
was ^0« den efsbaren und giftigen Schwammen iu ihnen vor*
koQieity <gar aehr der Aenchtigung bedarf. Iu der vorliegenden
Schrift besitzen wir mm ein Werk, das äix diesen Theil <ler
PeKocin Trait^ ffirki Gfaiiiiipigiioiil 47
KähruBgwüitfd«* un^ GifUiiuld« iimiialiiii Ua^isdien ' WeM& be*
haken tirird, tmi da^er fiir jeden Araly für jeden Pbamaceutea
nnend>e)irlich bleibt; ja! selbst aUen Gdbildeten als «100 4Ar
niDtzlidie'Scbrtft enipMilen werden kann.
in* der «raK^n Ahtbeilung er6r(6Pt der Henr Verfasser die
verscbiedeDen Meinungen der Natuiibrscfaer über die Natnr der
Sckwimame $ Er • se&st 'finda grosse Aefanliclikeit Versehen
nie den Frncliten bäberer Vegtetabilidn^ nnd gknbi desMb den
Satz aufstellen zu dfiflen^ dafe^^nuRi däe Schw&nniei <denen wahre
Wurzeln y Blätter nnd Bknsen fehhen^ n}s blosse Saasftenbehäl*
ter ansehen köane; indessen bemerkt er dodi^ dafii «ie stob nur
durch •Gemmen und Spt>rnlen fsrtsefzen» ja dtfi selbst aanehb
vielleicht durch generatio aefitüfoca 'entstehen» «- Interessant
ist eil, dafs der Berr Verfasser dann alle eincefaie Tbeiie der
Schwämme auf dis genaineste beschreibend durchgeht , indiii
somit diescTs Buch anqb xugleich ab eine Anleitnng aur Um^v»
Buchung der Sckwamsie angehenden Botanikern 'nm rnksget/wl^
netto Nutten «tejn wird. Das viehtigsle dyer in dieser erstem
Hä^&e des Buehe| ist der Umitfs einer neuen Methode^ die
Schwämme systematisch zn iordnen^ wovtm wir nur die Gstfnd^
2fige hier mittheilen« »Statt der nwei Klassen, die der Herr Vei^
fasser in seiner bekannten Synopsis Fung^rum anfgesSeHt 'haiss^
nimmt er jet^t-deren^ secbs an, die folgendcrmasswi benannt
werden t
1) B/ssoiden, Byssi, Ttichomyci, faden- und seidenaritg(^^
ebene oder gegliederte, einfachere oder verflochtetie, ge-
wohnlich saamenlose Schwämme ; sie sind in ein rundlicbes
oder gctheiltes Kdpfchen ohnö HulIe vereint.
sj^Die eigen'tlich sogenannten Schwämme, Fungiß
Hymenonjcu Sie sind fleischig ^ ledexartig , markig und
grqfs, einfach oder ästige oder in Platten au8g€J>reitety se;»
wohnlich aber' mi( e;inem ausgebreiteten Körper oder Hut
begabt, der offen und mit einer sporentiagenaeii Haut odeb
Hjmenium von sehr verschiedener Form, das die wenig,
deo^ichen ßaan;ien trägt, versehen ist^
3) Schwämme mit na<ckten Saamen, /'ftaeräomfei. Diosä^
bbgfeicb unter ' sich dem Ansehen nacb verschieden, haben
nb Charakter, daüs ihnen dss Hjnneniil(n £ehlt, sie bringnn
aber staubartige, dichte o^er.flibsige Saamen in bestknmtnr
Quantität, nackt oder auf einem offenen Fruchtlager hervor.
4) Staubschwämme^ Ljcoperdacees. ' Sie sind zugerindet
oder länglich, manchmal unregelmässig, vor der Reife von
allen ßeiten geschlossen , sie enthalten reichlichen oft von
Faden durcfawebten Saamenstaub in einer Art Sack (^er^
/ s
43 PiersoöTi Traitc $«r lei CbampignonSt
' "■' 'aUrn) '^e!t ledenirtt^ oder faoatigy fcvyretlei): £Merig Ist^
i^ isad bei einigen durch ein Pset^ioperidittin ersetzt wird» .
i) HLnarpeUchiiyrainiiie, Scleromjffi, Sie liabenr eine flei-
schig-lederartige Substanz, im Innern sind sie fest^ gleich-
.Itttig oder niarmorirty sie enthalten . Kapseln oder v^enig
.deutUeh« Sporen. ' —
( 0) Holzartigci Sc hwänimei Xjlomyeu Per Haaplcha^
, .rakter derselben, besteht in sehr sichtbaren Kapseln oder
. ^Fäpbebn, , die eine harte, oder Starre Cansisteaz haben,
trocken. hiAly sons^ ^ber mit einer flüssigen. CaUerte gefüllt
• iSind^ die unter dem Mikroskop betn^cbtet, leinen Haufei^
«lurchsichtiger, länglichet Schwache daxstellen , die Sa^meii
oft. in bestimmter Zahl einschliessen^
Jede dieser Abtheilungen wird dann, einzeln d^rchgegan**
Ell», in ihre Unterabtheilungen zerlegt und gezeigt 9 d?fs diese«
eine Familieo oder oft sehr natitrliehe Gruppen bild^P» die
folglich mit mehr Genauigkeit definirt werden konnten« Von
•Uen ^diesen Gcuppei^ werden die- Hauptgattungen genannt^ und
dabei beschreibende Notizen derjenigen Artep au$ ihnen g^e*
I)[en> die sich, diwch irgend eine merkwürdige Eigenheit , in
Hinsicht der Form, der Farbe oder sonst eines andern Ujpistan-'
.de& wegen, auszeichnen.
In 4ec zweite» Hälfte deij Schrift giebt der Hr. Verf,. dio
allgemeinen Unterscheidungszeichen der efsbaren Schwämme voj^
(^ea schädlichen Arten sorgfältig an^ erörtert, die Behandlung der
durch Schwämme Vergifteten, und giebt dann eine beschrei-
bende Aufzählung der in Frankreich, Deutschland und Italien
Torkommenden efsbaren und schädlichen Arten, mit der ihm
eigenen Klarheit und Bestimmtheit; so dafs in dieser Hinsicht
wohl nichts tu wünschen übjrig bleibt. — -
Abgebildet sind folgende Arten Tab. L* Amanita aurantia"
ca. Tab. IL jigaricus bulbosus: Tab. III. Pofyporus Pes Ca-
präe, Tab. IV. Helpella escidentu. —7
Recens. hält es für völlig überflüssig etwas noch zur Em-
pfehhmg dieses Buches hinzuzusetzen, da der Name des berühm-
ten Hrn. Verfs. allein hh)i*eioht, jedens Freund der Gewächs*
konde darauf aufmerksam zu machen. <^*
. Von diesem Buche ist in dem Verlagie der neuen akade-
mischen Buchhandlung von Karl Groos in Heidelberg eine deut-
sche UebersetzttDg erschienen. •**•
- Ueidelh et get ^^^^*
i'> ..\. «_. • . . f. '■/
Jahrbücher d^erVEiteratur
* .1' I
if. Tp'rh t CrtlsAvN rs dt Ä» Publica fitn.e sup^rsuni
Edente An^^iiB^'Mait^ VtaiicunaJß rMi^Üaikfcat
Praefett'o, Stutt^attia'e ^i Tubin^w^^ in libt'a'»
Ha Cotta^ M^CCGXXiL Ihdicatim tOtdeti Fmptt
Pitts ' VH* und iPmefatio^ hVI S. -Text dtPCkerpniscksn
Bücker fnit'yien Fragmenten^ von- p.'^'^Aä^ p\ 334 indus
f'i^p^pon^^Aet p, 3r5'^'3a8 dem SdmrsiiM Scipi^nis angt-
kpren^. Von da an bis p, 36ö Indices^ Privüegien ^taid
t^erzeichnifs der S^fördm^r des üntarndtnwns , rnü einerfi
^kpbldtte: Sp^oim^n .p'ulimpses^i P^atieänik^'^dTer
WirVge Wext^gf, Suok ■' •. . •;. -r -
Der Sjfcfdl^ [flqm ajso* V^r*. 4i^ %hte Vorlieliabc^ c(ie$Äs Werk
ein« ihr ff gf^o^f^^^i^^^SSfU^y'^^^S^iem
tergawge.^^ rett;«!,* uii^ xj^^ iyveitcnjpaalc sie;^t.;^^ dies*
Btich^r ^pm ' Stßote^ . au,% ,4.qrflelben Welt - Capiiple het vorgjebcn—
das zwefl^ilial zyvar in s^^p vti^fin/ieTter Qtstal^ j-p aber Äock
so, dals Wßn nun eLoe.iAn^hpuung von.:t^if\ii. Ainqi A^lajg[« 4'es
Ganzen- g;eWinnty und dafs 4a^ Weik .xuj^^ i)i;$Giv das von ,aea
Gesetzen runbedenklicb |;estellt werden darf. — "^ Aber 4»^^ be^
durfte CS auch eines aq .fpbarfiiiph^igen ,§j)^hpp, UMd,.!Pine|t ao.
gluckUcJben Finder)|^ ?y^i^?i^'^('^ 3fa t'^l... T.?^*?*> Geleiirsäm-
keit nnct Glück i|iu£ste9i(SijC$j zu. einem 3o(ciiftt Ergebf^ift yerei^
Digen; vind wenn im i^t<i^ ^uii^. i6ten ja]a^l^^e^t g^>vö^]y:K
ein gliif^db^r Zu^U jene grQSS^ AduIu^ wipl .dei^. Lao^oon
und nndre aus den Gewölbe^ hervorrief , woipn^.^ie' das ianjg;e
Milletälter hindurch ge|:uhet^ so gehorte ein plaomfissiges For**
sehen Uinl eine ungemein^ ^^wandtheit d«zU|. um die Schfifteil
des cbsftUchep Alterthumf ui)t«r der Decke von rjsi^bestoffen und
Tinten zu erkennen und si6 davon tu bc^rcien^ yi'ie Angelo Jäai
BUB sc|ioir sp oft, iipc|^^;|aeip4ls,aber mit so glänzendem Erfolg
als dieanial bcurkui^de^ -^^. Und dann bevi^ahi^ sich derseQ}^
glockiiciie . Jindcar f^s>. ein(;4 ; wahren Gelehrten in dem ahderti
Geschäft!' w.o es Aw^gadiVist.die Stellen ausza&ii^'en. wohin die
fnilier. gleiteten Br,ücj^töc^e jenes Werkes ahjetzt gehören , una
sie, wfc ,^ie einz^neiji, Steine ,i^nd Würfel, eines zertrümmerted
MusaTcp «H ihrem jr^cMfli l'l^itzic. wieder einzufügen, tn Wahr-
heit, schoR.dije. Wiei4e«ri;^i^iijng Und Wit^'ei'herstelljing^ctieii«
So in T. Cicero de Republica ed, Stultgsirt. *"
Einen Werks wjrd^den Namen Angelp Mßi mit grossem Rulim
'Wf dl« NichWelt bringen.. '. • '^ '
Da ich mir vorstelle ,. dals A\^ ILeser' unserer Jahfllficlier
nach niclits so sefir begierig sejn werden, als nach dem Inhalt
, dieser Bücher selbst, so will ich einige nothwendige Vorworte
über dieses Werk möglichst zusammendrangen; und es za mei-
nem Hauptgeschäft machen, von dem Gange der Vorträge kurze
Notizen. XU |^en« ■ In B'^trefl^. m^ineir eigenen, kleinen /l>iinOr-
kimgen, <£e ich mir zwiscbend^ni'ch'erkube, mufs. ich die Leser
aweierlei XU «rw'^geü bilten. - Erstens » dafs.mir dieses Werk
lerstvov eifligett Tagen' '^u HW(ten^^kditMnea$, sodann was Se^
tmeä in aeineo^« 4o9ten. Bfiefe\diiv6n s^^ti Qumn. Giearonis
libros da^ R^Hhlica prendit hinc Philolo^usi aüffWj hinc
GvomimaUcuSi^ hin^ PhüosophM\4sditu$ i alias uli'o .cur0m suam
nutiii. ...••■
. Die vielen Kbgen über dct^ V^^Jusjt dieser Bücher, die
Nachrichten» id^ifs, sie noch im i.ileo JahrhutMfert, ja bjs kurz
Tor dem dreifsigjährigen Kriege hie und da^ sichtbar .j^eweseu,
die Jn neueren Zeiten oft erregten und immer getauschten £r-
* Wartungen ,'/3re arisehkiliclien SuÄmlert'^ 8ie Von Cacrdinälen und
andern Grössen 'Q^^^egen verg^lföh ' äül^evf ertdifc Worden, so
"vvie^die Bemühungen'* feines •5Y«**o.rt^^^^^^ Ahilet^öi?, tt^e vöil Kir-
" cJvfenväterh' ünj •ferärafnatikeril ät]F&e\v^hiien Trdghi^iitil \\x sani-
* mein. — 'T^ifes Äll'es' kann ich Bd jedem", d^r die Erhestisclie
Ausgabe üi^i Faliriiius fÄ'W. ^Ld^.J k'enHl,'als' Bekiinht toratis-
' seti'ey. 'W.eriiger bekannt ftlüch'tif Folgendes Sern, dbfs in der
"^neuesten Zeit, Ifs die 'Fragen lilJ er die Politik der' Alten durch
die Französlsi^^e ReVolütion nciici' fntc^es^e g^Wonrierf*, ' eiV Fran-
zösischer' (i'äehrter niic diesen 'Fragrtteriien dasselbe versucht hat,
was froher ^e'Srösjres mit d^iV B^ii'ch'stiJckert der SJlllisti^Kxjn
'^ G^schiciiisb&cKÜr tinteiriommen hiitfc ^— h^amlich'aus deii einziel-
* Ripubliqud ou du tneilleur^Gouvitne^meht ^ cfu^^rage
de Cic^ron, rilabti d*ajh^e} ^Üs'ffägtHifts et sts mitres Serif s,
Paris chti Puchs. B&i S. g^. . t . f^ •- ♦ . . . • .
Ein berufeii'i^ ^ Rrftiker dcff 'Bafrörf* vt)n ' Sa^ticrhik be-
lobte dieseis Untern ^hitien', und' datT ei audh im P|ibfikuni 'Bei-
fall gefunden^ beweist der Ümstind , ' dkfs diese ^ammhrng im
, Jahr 1807 in zwei Duodezbanden neu aufgelegt Verden mufste.
Da diese Bearbeitung in weniger Deutsüfien^Handen ^ejn dürfte,
so theile ich die Stelle mir, worin sich ^e/«/i^(ft' fiber' das Ci-
cerönische WerkyXjnd seine eigene Methode' bei dieser Samm-
lung erklart: ^Le iraiti de la RepuMique, sagt er, cofitient un
(
I
M. T. Cicero de Repablica ed* Stilttgart 5^
taiUau hisforiqiie des institutioru Römaines^ des diseusiiöns mr
les questions lesplits importantes de lä itiorale et de tapolitique : tel^
ks que Vorigüie de la ^ocietij l'essence de laloi it du devoir, ta diffp-
rence eternelie diL hien Jat du mctt^ tes fondemeus du boH?ieur
public et particulier: On jr troupe les fameux argurheiu de Cot'-
neade. cöntre la justice et le droit naturell Lactancej, qüi U/S
rapportej les avoit puisSs dans Iß RepuhUque de Ciceron. Jl Ipf
ju^e insöluhles ä lä f^aison hiwiaine destitued du secours de la
retierion, Jl a neglige de nous ff^i^e^ connoitre les reponses^ ijui
Cieeroti j as^oit jcdtes» J'ai supplei d cette onusston^ comni/e
pour toiu le reste, en cherchant aans ses autres ouvrages» J*o^
me flotter , ^qde ces recherches n^ont point et4 infructueuses^^
So viel von den ScYiicksalen des Gcerooischen . Werls. Die
Zeit seiner AJ)fassung und andere Umstände erfahren wir %i^
ziemlich aus Gcero^s übrigen Schriften. Im Frühling des Jahrs
;oo u. c. finden wir ihn damit beschäftigt und ivyar in seinem
Landhause bei Ciimae (Cic, epist. ad Qu. Fratr^ Ih iß^ IIJ, 5.
uod üher die yUla Midelleton IF. p, igS.}*
Es ist also diesf die allererste von stUen philosophiscfiei) Schrift
teo dieses, Staatsmannes — - und Staatsmann war er damals noch
in vollem Sinne 3es Worts ^. (^g^* ^fttenhach in der Biblioth,
erit. L 3* p^g' 7') deiin^ 3 Jahre später zog er erst als Prü-
consul nach CUicieri ^ und die Zeit ging mit grossen Ereignis-
sen schwim^eri denn nacb dem in demselben Jahr (700) erfolg-
ten To'de von Casars Tochter und Pompejus Gemahlin JuUa vyM
die durch andere Umstände schon vorbereitete Trennung dieser
beiden Staatshäupter d^m Bruche noch um Vieles näher gebracht.
Nicht weniger verhängnifsvoll war die Zeit, in welche der' Vf.
seiaeo 0ialog verlegte. ' Es war da^ Jahr 625 u« c, es warep
die Tige, Aä eben der jüngere Gracchus (^ Cujus J .mit den ge-
fährlichsteo Angriffen Roms Aristokratie bci%ohte; kurz vor dem
gewaltsamen oder doch' räthselhaften Tode des A Corni Scipio
AemiUanus ( Africanus\ minor , s, Cic. ad Q. Fr. IIL 5. vergL
</c RepuU, /• S> ed! Ang, Mai ) •— und vvie in illen Cicero ni-
»hen Dialogen die Wahl der Personen (ra roiJ iioLkoymf w^off-
<ivft) VOR: grosser Bedeutung ist, so auch hier unverkepnbar.
(Von ^H^Vtit%qtAeni%t\f\M<ii*sPräefatip i$ii) Alliehreres zu lesen).
Im WiQier des» gedachtsen^ Jahres ('62^5 uttler dem Consulat des
C Sempron. Tuditeuuis und Af. jiquäius) am ersteig Tage der
Latinischen Festfeiei* findet sich bei* Rom in den Gärten, (in
hortisj d<;s genannten Scipio bei diesem grossen Mannis nach
uad nach eine Geiellsehaft von folgenden Personen beitirraipen:
C. Laäius; M, MatuUus^ L. ^ar. Paus (Phäus); Q> Tubero;
PubL HutiUus Räfui\ Spun Mitmmius und die beiden Schwie-
gersohne des Laelius: C. Farmms und Q. MucüisScaevda fCiC
t
4*
Sa M. T. Oc^ro d<^ Repid^lioa ,edy Stuttgart
ad Q. Fr. JIL 5* vergl. de RjtpuhL /. g, p, ^6- und dazu aus*
serdem nocK das, ^affinent aus dem 6tea Buche bei Macrobius
in Somn. Scip. 4.). -*— So weit Alles wie in den grösseren
mimischen Dialogen des Plato. — Und auch, darin vahmet Cicero
die Anlage einiger dieser Werte 4^? Griechjsclien Philosophen
iiach, dals er nun weiter einen «historischen Umstund benutzt, um
die Wahrscheinlichkeit (T/9"ÄJ/oTJ/f) dieser I)iscurs& noch zu er-
lioKen, und eine der anwesenden Fersonen, den Puhl, Kutüius
dem* damals noch jungen M. TulUus Cicero und seinem Freunde
J^y Pomponius Atticus oder Quintus 0icer6 dem. Brüder Unsers
Marcus *) in Smjrrna mehrere Tage hindurch den ganzen. Inhalt
jener Gespräche erzählen läfst fde Rep^ibV L 8 j />♦ ä^.J? —
Die' Anlage Aee Werks, wa^r ursprünglich gröfser.. Es sollten
neun Bücher* werden, nach den angenommeiieh neup Unterhaltun-*
gen an eben so viel Tagen der Latinischen Ferien, -r- Es wurden
aber nachher nur' sechs Bücher, auf drei Unterhaltungen und
drei T^ge vertheilt. > Ueberhaupt waren während der Arbeit
kioch' wesentliche Veränderungen damit vorgenommen worden
(ad Q, Fratr. IIJ[,-5: v^rgl. tl,44') und Zweifelmüth, oder
doch verschiedenartige Stimmungen des Verf. leuchten aus des-
sen Briefen hervor (s. a. a. O.). Er nennt' diese itokirtv.a» ein
Spissnrn^ opus et operosum und. der^leiclien. _ Die ^^ufnahme
scheint desto ^glänzender gewesen zu sejn, und zvvar nicht blos
bei Freunden wie Atticus ( Epist, äd'Attic. VI.^ 4.) sondern
auch £(eim ganzen Publicum (C*oc/iW Ar/ Ci'cVgiiiVy. fam* VlII.
4 ;' ik'tuipoliticiJibriomnibus'vigBnt'.^ und aus der Vaticanischeii
Handschrift dieses We^ks geht ein unvvidersprechlicher Beweis her-
Vor, dafs diese Bücher' gleich nach' ihrer Erscheinung in Rom
'durch sehr zahlreiche AbschriA'cii viefvielfältigt worden^ (s. An-
gelo 3fäi zu IL 4' P*^ *34 ^^T^. mit Epist^, ad Attic. PU ^,).
-^ So iehr nuii auch bei dieser Arbeit Plato's.Werk vom
Staate dem Cicero vorleuchtete, und soviel auch in Absicht auf
Anlage I uie wir '£fesehen, oder einzelner Gedanken daraus ent^
lehnt wurden, so sind doch Zweck und Geist, beider Werke
^> Er ist nämlich In den Wetten des «ritieiii Bttclis ifi' fif fifitfrft
^h ^9 h ^* \^*^ ^*^ tihiqut quoudam ad'ulescentul»
zyreifelhut , . ob det Lei ztere , Jlttkus. oder unser Cic.tr os
Bruder J^uintus ist. An^eL Mai verbreitet si^h . darüber in
der Frae/atio'p. XII-^Xll^. In dem ersten Falle wai-eii diese
B(fClier vom Staat dem Freunde Attitus^ im'^üd^kn detn ferudet
jQmrfirt. zu ge eignet» Denn die Vermutfaoiig^ da£i »ie dem
Parro gewidmet gewesen» hat vv^iger lux ^fcbu Ich werde im
Verfolg Praefattp und den jQhalt dtr dx^^t u^gcstcl}ten Ua-
t<rsuchtti2gen kurz angeben.
• T; CiccM de Republicä ed; Sfutfgart 53
sehr vcpscliteden : "^ Piatonis quÜlem exemplo (.sagt Wfttenlach
a. a. 0.> Cicero scripsit sex lihros de RcpiMicaJ neque tarnen
ita eam informavit], ut in re ac jiatura existere non possetj sed
ut explicita humänae societätis origine atqiie indole, '^optiniam
civitatis formam ^ffingeret ^ eamque in exemphtm proponeret , ad
quod Romana res publica revoearetur atqiie emendaretar,€ Jaf
man wird den Ubt^rschied noch gröfser finden j wenn man ia
diesen Büchern ^selbst den Satz wiederholt sieht,: Die rd mi-
sche Staatsverfassung, wie sie in der angegebenen'
Periode des jungem Scipio wirklich war, sej eben
die beste Verfassung.
Dies wird hinrerchen, um den Standpunkt zu bestnnmeo^
ans welchem dieses Werk betrachtet s.ejn will. Ich wende mich
zu diesen Büchern urid ^ Fragmenten selbst, und da ich vor-
aussetzen darf, dafs sie bald in den Händen aller Gelehrten sejn
werden, so begnüge ich mich, wie gesagt, in etwa$ den Gang
des Discurses anzudeuten, und hi^ und da einige Bemerkungen
einzustreuen. Die gelehrten kritischen und exegetischen Anmer-
kungen des Herausgebers werde ich nur selten berühren , weil
sie Jedermann mit dem Buche selbst wird lesen wollen.
M, Tulli Ciceronis De Re Publica (so getrennt hat
die l^aticaniscke Handschrift immer) Liberi* /...• Impetu
Hheravissent, Also der Anfang fehlt. Was zunächst vorherge-
standen, darübei^ theilt der Herausgeber eine scharfsinnige Ver-
muthung mit. — Von Oip. 1 — 7: eiiie einleitende Un-
tersuchung der von den alten Philosophen verschie-
den beantworteten Frage: ob es Pflicht, ob es klug
und rathlich sej, Staatsgeschäfte zu führen, mit Be-
jahung derselben. — ^ ' -
Cap. 4» p« *5 : ^tempestatibiis ac paene fluminibuSet
yntdi ffdmiuibus heissen müssen und wohl ein blofs^r Druckfeh-
ler seyn. — Cap. 8: Angabe der näheren Anlasse zur
Abfassung dieses Werks: Hier stdfst Ang^ M. p. 23 mit
Recht au, und bringt einige Vcrmuthungen bei. Sollten, fra[^e
ich, die Worte: quandani facidtatein , als ein vom Rande in
den Text gehonunenes Gtossem zu dem vorhergehenden ^ memo'-
ria dignum gehörig, nicht aus dem Texte zu werfen seyn? —
P. 24 wird die Schreibung Zmjrnae statt Smjrrnae aus Gram-
matikern und Inschriften jgerechtfertigt. Es konnte beigefügt wer-
den, dafs die l^inwohner dieser Stadt, wie eine vor mir liegende
Silbermunze zeigt (vgl. auch Eckhelj />. N. V- II. p. 338. sq Jf
den Namen selber so schrieben, besonders mit der älteru Form
dey Z. wie wir es bei Eckhelj Mionnet und jetzt ia der In-»
Schrift bei Osann QSrttoge, Inscr. /. p. ^. Not. 4^) s^hen,-**
Zu Cap, 9, p* ^3) ^ot« 4 erinnext A* M>: i^Scipionis hdrti
I
54 M. T. Qcero de Republica ed. Stuttgarts
^xtrd urbis pamperium mtmorßniur ü Jpicerpne. N: D. IL ^.c
Dort ist aber 4'^^ Lesart sehr UDgeiivits. P. 3ß\8a^t A> Mi id
auod docet ratio dialogi in tres dies tribuii,^.. Ich vergleiche
mit dieser SteUe .des ersten Buchs die Worte des Fragments
aiis dem sechstep bei Macrobius Somn,, /; i^Tum Scipio, Pati^^
mini Jpe [ itiquit ] quanitun tertium^diem feriati sumus, c —
Jbid. xum Text : » laiinis ipsis C/eriis nämlich ^ mane ad^um
( ^um Scipio) primus sororis films venit ,Q. Tubero j quem cum
üomiter Scipio appdlavisset Ubenierque ^idisset; quid tu, inquii^
tan ( über diese Schreibart s. ^, itfj, ) m^n^ Tubero ? ^ Ler^terq
Worte erinnern an den Anfang von Plato's Krit'oji und ai^
den Phaedon (p. Sg, p« 7^ Bekk^^) und die Situation beider
äauptpersoneo' war diesejbe; Scipio war damals wie Sokrates
meinem To^e sehr nahe, -r- Cap. *o,,p 3^ wird eine treff-
Uchie Conjectuir des /• CujaciuSj der Obsery. XL g, vorgeschlagen
hatte, ^tatt tum vero zu lesen Tubero^ durch die yatikaiiische
Handschrift bestätigt. «- Cap. i3. Die Personen des Gesprächs
haben sich nach und nach bei Scipio eingefunden, und da mau
sich bereits über die vor kurz^em in nom gesehene^ Neben-
'suiine in allerler Vermuthungen ersphöpft hatte, ^o fuhrt jeta die
Bemerkung des Ladiusj dafs sie \ielmehr^über da^ Haus- und
Sta,atswesen sprechen 'sollten, da$ Gespräch allmählich auf
diesen letzter n .Gegenstand. Jene Erinnerung (im acht So'^
kratisehen Sinne gedacht, setze ich hinzu} wird Cap. ig,
p. 56 sqq« noch iebhaftcr wiederholt und motivirt. — Weua
d]e Nebensonne im Verfolg eine grofse politische Wahrheit
Tersinnlichen hilft (in Einem Staate keine zwei Regenten, wi^
keine zwei Sonnen am Himmel!) — so wird in dem später ge-
schriebenen Werke de Not. Deor»j welche Discurse ebenfalls
an den latinischen Feiertagen gehalten werden, von dieser £r-
«cbeinung eine andere trefflidie Wendung hergenommen Cde iV.
D, IL 5: Sole geminato — quo quidem anno P.- Africanus
jol alter esstinctus est, €j,'^r' Cap. aosqcj, 6osqq.: Es folgt
die bestimmte Bitte des Loßlius an den 5'c<jp(o : er möge seine
Gedanken über die beste Staatsverfassung. vortra-
gen« — Cap. 32, p. 64 sqq. (vergL Cap. a4, p« 68 sqq. u.
A. Mai'i Note p. 69) Anfang des Vortrags, und Erklärung
d«s Scipio, was von Letzterm zu erwarten und nicht zu erwar-
ten stj* — Zu den Worten p, 65 \ '»Quam ob reiß unum
e togatis etc, vergleiche man die ganz ähnliche Stelle de Orat*
/• s4' »petam -*— sed quasi, unus e togatorum numero.€ —
Cap. 23, p. 66 uqten, kann man fragen, ob nicht Cicero ge^
schrieben habe: quae a Graecis nobilissimis scripta sunt om^
nia^ Statt: a Graecis nobis* Denn letzteres ist sehr matt« —
Cap. 25, p. 6g. Grundideen über die Elemente de»
M. T. Cicero äß Hepublle^ ed. Sbittgart^ 55
Staats. Man yerglejche damit die Fragmeute aus dem Slcn
Buclie beim Augustinus de Cmt* Dti It. %, — Zu den Wor-
teu des Cicero: popuUis auterti non omnis fiominufn coetus vcrgl:
Produs in PleUoriis Alctb, L 48, p. 56^ •'— Bei dieser Ent-'
wicUufig des l^e^S%: populus (Volk) hat Cicero den Ari^
itoides fPolit. P^. 3* '4o, p. 4^4 sqq. Schneiden^ und viel-
leicht auch den Poljrbüis (f^L ^.) vor Augen cehabt, — Ibid:
Entstehung des populus: (EinsicYitigc werden \die BeibsYialtung
des römiscben Ausdrucks gut beissen) aus dem Triebe der
Geselligkeit ("»non est enirn singulare nee solivagum genug
hoc etc). Wenn bicr Scipio sagt (p, 70): i^Ejus ^populij
miem prima causa eoeundl est ^on tarn imitc illit a s quam
naturcäis quaedam hominum quas{ co7kgregatio.€ so hat Hugo
Crotius nun einen neuen ' Ge«;ner. Man lese de jure SeOi et
PacU t, 4» 7« P' ^83: — "s^Sed sponte adducios (^homines) «r-
perimento in/irmiiatis J'amiliarum segregum adversuk
violentiam in societatem civilem coiisse,^ Xn Cap. 36. p*74-
Cyms justissimus rex und xu Cap. 37, p. 76: amabili Cyro \f^^
Heroäot* IV, Sg* Diodor IV, 3o. Proclus in Alcib. cap\ 53,
p» l5o sqq. und Oljrmpiodor ebendaselbst p. 4^ u. p. 5i| sqq.
~ Cap. 26: die drei Hegierungsarten '( Verf aasaog):
Die Rpgierung des Volks übernunml entweder Einer ^ oder ei-
nige Auserwablte, od« A|le ( muliitudo ipsa). Letzteres ist
ci^itas populär is (Demokratie vgl, Tacit» AnnalL IV. 33) . Diese
vill dem Scipio am wenigsten gefallen (p. 7S : — vet ipse populus^ ,
quanquam id est minime probandum). Hiemit vergleiche
mau, lib.L cap.35j p*g%,, die Schilderung^ ^\e populus die Frei-
heit reclamirt: TtEcce autem miusima vote clamat populus neque.
se mi neque paucis velle parcere; libertäre ne feris quidem quiC'^
quam esse dulcius , hac dmnes carere, sive regi sive optimatdüu
serviant € ' — Aber dagegen auch wieder ( L cap* 3%ß />. W
WJ^ »e^ vero negant oportere indomiti popuU vitio genus Hoc
totum Uberi populi repudit^i: concordi populo, et omnia refe^
renti ad incolumitatem et ad Ubertatem suOm, nihd esse imtnuta^
häüisj nihd Jirmius,4L Worte, die für unsere Zeit geschrieben
lu scjn scheinen, vgl. auch /. 34 j p* 80. — Cap. 29 9 p. 70
gehören die IVorte: in gubernanda — retinentem (retinentes^
hatte die Handschrift erst) vielleicht an eine andere Stelle. —
Ebendaselbst am Ende des Capitels folgt nun die unumwun-
dene Erklärung des Scipio: Er halte eine aus Mon-
archie, 4i'^**o"^i'^tie und Oemokrati« gemischte
Verfassung für die beste. Man vergleicl^e damit die Stelleä
/. ctqt. 35 f p. p4j (wo Scipio so ziemlich wie ein guter RoTaltst re-
^ttj vgl. //. 2Mj p* 4j8 sqq. u. Tacitus 1. 1.) und /. 4^, p. 44%. —
^P« 33 (so mufs p. 84 das XXX. corrigirt werden)» Daa
jSG M. T. CicÄro äeB^uWica cd, Stuttgart
• • .... f
Königtliupa'. llierbeiv geboren die ParallelstelleQ IL »6j init
und //. «7 upd, ausser dem wa? Grotius de J, JS, et jT, /. J.
4^, p. U4g sqq, aus deu 4l^en beigebracht hat, müs^ep hier be-^
sonders folgende Stellen verglichen werden: «uvörd^r^t Cicero,
$elbst de Legg. ///. 4ö, sodann die Griecheni j4rütQt^, Polit.-
JII. 40j p. 4^6 sqq. j^d. Schneider. Dionys HfiUc. V. J^^ p. itastsi
Reisk. und Jo Laurent. . Lj'dus d^ magistratt. Rön\m. /. 6. p.
^^. .^ Ebendaselbst, p. 85; ik Qua autem nwdo assequi
poUrat Lacedaemon iUa — quicumque genere regio natus e^setjL
Pier ist vorzuglicV AristQtcles in i^et flawtstelle -von den vier
Arten des iCönio;thiims nachzulesen , wo er {Polit. III. 4o,p. iaö^
^cjmfid-) vop Lac^dämpn sagt: das dprtige lionigthum (ßotaiKsIx)
sey.eine (Jirgt»Ti^xi» ,it»Tq, yivog afSiog x,r X, — Cap. 34 sind diq
l^orte: — .^^m ^ito evertetuv^ quqmjaa^is, si e vectoribus'sorte
ductus ad guhernacula, accesserit dem X^nophon ^-
geborgt, S. Men\orabh, J, ^j g: — wq iim^tby etil T^^< F^ T^C
)ivocaev^^^ .'Vefgl. ebendaselbst I^ 7, 3, II. 6, 38.. • — {^benr-
das.. p. 85 wird di^ Geldaristokratie scheuslich ijenannt.-^ Cap,
38, p, 99: ^\Et videre est.<L Hici^it ist also die theils be-
zweifelte, theils. gänzlich geleugnete gute Prosa dieses Ausdrucks
^ gerechtfertigt. Man s. auch Gell. N. A- HL> P*M97a^ Gron^ov^
und berichti&e nun die Note Ruhnkens ad Mureti opera Tom I^
p. 62. — ' Cap« 4o> p* ioa: »cfe quo progrediente^ orafione
'a;*enturo l^.^.dicturupi puto.f^ Ang. Mai glaubt, A/as /i>en,turn
iLönne ganz weggelassen werdeii. . Aber da die vatikanische tland-r
Schrift ursprünglich: uita hat, welches von der zweiten Hand
in Ventura verandejrt worden, und da der Codex p. 4/}g^ ad-r
yitum für adi^ltum hatte, so könnte Cicero geschrieb^ haben ;
liltra^ 4* h^ weiter, ferner mit Beauehui^ auf das zweite
Buch II /WQ Scipig ausführlich von dem hiec berührten Gegen-
$tan^ handelt. — Cap. 4^, p« iQ7i^ Ua« 3. mufs es. vielleicht
e^^ modera^ior heissen,, statt et m.
Lib^r IL p. 4^0,. sqq. ^Voreicsi erthcilt der Herausgeber
ttr^ffliche p2(laoigrap]iisch« Nachricht von der Beschaffenheit des
fqd. f^atic. an dies.er Stelle; dann füllt er Cap. 1 den fehlen-
j^en Anfang scharfsinnig sßvisi ^Ut on^nis. igitur uidit in^
jQensos (^npid^tate ßudiendi ,^ ingressus, est s\e loqui Scipio.
-r- . Na9h ei^iige^ Yorbemierkungen , worunlQr.das I^oib dei^
Römischen Verfassung au^s Cato des AUcn AJunde , giebt
jpuu Scipio ^ine historisch* politische Ueb ersticht der
rö.mis.chen. Y^rf^s^sung yon der Gründung der Stadt
ftn. — r Cap- 3. 4».P', 427 sqq. Bei der Stelle, wo. Ropdulus
gelobt wird, dafs. er, seine Stadt nicht uni;nittelbar ans^ M^er gcrr
|)^ut, "^ird vom timusgeber ri^chtig i)^eme]fktj, dafs l^er Cicero
I l • • •
M.'T."Ctc6rö Ü6' Rep\jf)lica fe3; Stuttgart. 5;
Plato's Ideen im vierteil Bucli von den, Gesetzen vor Augen g«-
liabu Die St;^lle steht p^. 7p4 sqq. pi 84^ sqq. Behkeri; womit
«ich Theopornp beim Athenaeus f^I. p,' a54^ i* f'474 Schwgh
lind Aristides iu der orat. Platon» if. p.soÖ ed» Jehh, vergli-
chen werden müssen. Ueber diese Ausicliten des Ptato, Ari-
stoleUs und 'nun 9ucb des Cicero lese man die Erörterung von
De Geer in der Diairiha in Poliiices Pidtoms Principia Sect^
IL p. 4^ ^ 4^' — Cjip. 4>, P« *3o ist Phliuntios (so liat
Mai richtig verbessert statt Phtluntios ) in dem Codex Vaticanus
stehen geblieben^ da doch C*/cero * selbst sagt i^ad Attic. VI. s!.^ '
er habe in seiner Handschrift verbessert: PA/iajioj. Ein re-
deader Beweis , wie schnell Cicero*s politische Werke durch
Abschriften Vervielfältigt worden sejn müssen. — Cap. 4 ^Ut
Cicero, wenn Mai's Erklärung richtig ist, ein hartes und kaum
gerechtes Urtheil über 4^e Etrusker. Ihre Seeherrschaft war
doch wohl nicht die von blossen Piraten oder Flibustiern. Man
lese nur Ußrodot /. 466. EuseBiL Chron, p, 36 und, besonders
Livius L a. /^. 34.^ Aber die Stelle bedarf noch weiterer Auf-
klärung, auch wegen der Poenij worunter Mai (p. i3'2 nt)t. t.)
die PhÖnicier mit begriffen glaubt. — Cap. 8. p. iSg hat Mai
die Lesart der ersten Hand: potentatusj welclier die' zweite
iß dominatus umgeändert hatte, wiederhergestellt, und jenen
Ausdruck aus dem Nachahmer Cicero* s , Lactantius (VI. 4'J.)
vertheidigt. — r- 'C.ap. io, p. i47 sqq, . Eine Lücke von etwa
sieben feilen , wprin d^r griechischen Dichter gedacht vi^ar, die
W ihrer eignen Zeit keine Wunder gemeldet. Einen Theit
dieser Lücke. (tat unser deutscher Landsmann Niebuhr lus den
übrig gebliebenen Spüren scharfsinnig ergänzt,^ dessen eigene
Wor^e vpn A, Mai hier mitgetheilt werden. — Cap. 2 i , p.
469 w(rd 4cr König nach Tarquinius dem Alten Seruius SuU
picius gepani/t. A^ Mai h^t es so stehen lassen ^ obscbon die
9te Haiid scheint Tiillus corrigirt zu haben. Ein Umstand
piacl^te ihn bedenklich* Nämlich Coquaeus sagt in seinem Com*
meptar zun^ Augiistin. de Cif^. Jp. XVI IL 3j' Cp^ ^^^ ^^•
fran^oß ^d Hamburg ^ — ich will die Stelle beifugen., weil
das Buch nicht jedem i.iax Haind ist ) : T^et ultiini proph^tarent
4^gaeiis^ Zacchaeus et Mala^hieis Servio Sulpitio regnante
opud Rorjpanos.iL Woher nun dieser Name? Ich ' wiH einige
Stellen und Fragen beifügen. Die Sidpicier wsfreu jcin, uraltes
Patricisches Geschlecht, s. Ta,cit. Anall. III. 4S* Suetoiiius in
Colha. cap, 3, (wo dieser Kaiser nohilissirnus ^ magnoqm et VS''.
tere pvosapia genannt wird. Er wollte sogar vpm Juppiter und
yon der Pasiphße . abstammen^ Vergl. Havercamp. im jThesaur.
Morell. p. 408' ö.J Cicero pro J^turena cap. 7: T^Tua'vero no'
hilitas, Scr» Sulpicij tnme^si s{tn\ina est tameß homihibufi lite^
5 s IML T* (Ucero de Republica ed. Stutt|[art
ratis et histoncis est notior; wo Erne&ti in^ der PJ'ole den Ser^
mius S.iJpicuis als Ahnberfn der gens Sufpicia anhiebt , von dein
OS in Cicero* s Brutus cap, 46 heifst: ut j si ego me a M' Tul"
iio esse dicerem, qui patricius ciim Servid S^ulpitio conside
anno X post exactos reges fuit.^ Da Ernesti'zu seiner Be-
hauptung keinen weitern Grund hat, so darf man wohl fragen :
Führte vielleicht dieser alte Republikaner Serviüs StUpicius sein
'Qeschlecht auf den romischen König zurück, und hiefs letzterer
Servius Sutpicius Tiilliüs? Oder ist die Stelle des Cicero
im Brutus, woM.Tullius und Servius Sulpicius gerade bei-
sammenstehen, von jener alsdann anzunehmenden Corruption in
der Stelle de re publica die unschuldige Ursache gewesen? Oder
iam dem Schreiber des codex f^aticanus der Name Sulpicius
ui die Feder , weil man unzähligemal b^ide Naniea vereinigt
findet? — Cap. 22; Eine wichtige Stelle über die Centuriea
und Classen nach des Serv. Tullius Einrichtung,
— Cap. 26, p. i84 zur Not. 1, mufs zur Verhütung eines
Mifsverstandes btemerkt werden, dafs in der Stelle des Tacitus
IfinalL II*. 4^ nicht tyranno sondern regXbus steht. «-Cap«
29, p. JR6^^.sc{q. »no/i in iÜa (re publica) quam, ut perscripsit
Plato,.sHi ipse Socrates peripatetico illo in sermone de^
pinxerit, Vergj. Ang» Mai not, /. Hieraus wird für die Ge-'
^hichte der Philosophie die Fr;^e bejahet: ob Platonisphe Ge-
spräche schon peripa te tische genannt wurden, wie Ammo-
nuis Hermifl^ behauptet. — Cap. 3t, p* 191. Hier lesen wir
nun über eine wichtige Sache Cicero'* s Wortfe selber, viro sich"
Ä Grotius mit einem dürftigen Citat des Seneca ("epist^ 4o8,J
Legnügeii mufste. Jener schreibt de J, B, et P, I, 3 , siOm
p, Si4']* T^^uod si Romanis magis credimus, in causts qu^äs-^
dam proi^ocatiohem ad p opulum a regibus fuissej^ ex
Ciceronis de Republica lätris, ex pontificalibus quoque li^
bris et FenesteUa annotawit Seneca,«. — Cap. 3i. p. 192« vgf.
A.'Mai^A nota 5j T^Neque i^ero leges porciae , quae tres sunt
triam Porciorum —: ne qui magistratus sine pro¥ocatione
€reqretur,€ Hieraus erfahren wir also zuerst dafs 3 Porcicfr
<lieses Gesetz bestätigt hatten. — Cap. 32. p. 194: Natur des
eingeführten Consulats: — eine wahre königliche Gevifalt Und
ifesthaltung des aristokratischen Priucips. Mai hat hier schon an
die Parallelstellen: Cic de Legg, IIL3. und Dionys- V. 4. er-
innert. Deutschen Lesern brauche ich wohl nicht zu sagen, wie
sehr dies Alles mit -Niebuhr's Ansichten zusammenstimmt. Ich
hebe folgende Worte aus: -»Quodque erat ad optinendam (so
schreibt dieser Ubrarius immer) potentiam nobUium .vel maximum,
ftehementer id retinebatur , populi comitia ne essent rw
ta, nisi ea patrum adprobavisset auctoritas^a Man
M. T. Cicero de;RepubIica ed. Stuttgart ^tj
TergL cap. 35.. p. 498 sq^y wo Cicero von den raoradi sehen Ur««
sacheo redet, welciie, auch nach Entstehung des Trihunatj, der
Aristokratie fortdauernd zur Stütze und Empfehlung dienten. — ;
Cap. 33. p. 4-96 sq.: Entstehung des Tribunal* s und Ver-
gleicbung desselben mit der der Eiaführung der Ephoren in
Sparta und der Kretischen Kosmen (^^oCfjioi). Ueber die letz«
tereo vergleiche man noch Ephvri Fra,gg p. 167. ed, Marx;
r/r/oiAiw'jDarstcIli|ng der Gniech. Staiitsvcrfassungen p.4i3. und
Ismmam rerum Creticaruih Sjtecitnen p« 74 seq. p. io5.— Cap. 34«
p.i99.DOt.3. Nach dem Orgapismus der Periode, da /»a/«r im Zwi-
schensätze steht und die Worte so geordnet sind: eumqucj ut audi"
stisj cum pater^ hat Cicero vielmehr gesagt: der Quaestor habe de»
Spurius Cassiuj verklagt, und auch, da der Vater ihn schuldig
erkannt und die Nation ^nicht auf der Freisprechung bestand, das
Todesurtbeil ao ihm vollziehen lassen. Ohne weitere Hand«-
Schriften würde ich niciu zu ändern wagen: eumque pater^ ut
audistis, cum dixisset etc. — Cap. 35, mit der Note a« p« aoo«
Hier erfahren wir, dafs L, Papirius a. u. 321, zum a/tenmaf
Ceusor war und zwar diesmal mit dem P, Pinarius, -» C>P».
3ü sq. p. aoi sqq., mit Note 3: Das Decemvirat und die Ztifäif^
tafelgesetze. Auch hier, wie anderwärts ist das tiefe SliJIscIiV«!-
gen von einem Griechischen Ursprung der XII. Tabl. bemeilt^
lieh. Wen^ A. Mai hierbei des ricp gedenkt, so kaim ich 'jetzt
auf eine eben so gekehrte aU geistreiche Deutsche Bearbeitung
(ies Hauptwerks dieses merkwürdigen Schriftstellers verweisen«
}hu s. Giamb. f^ico Grundziige einerneuen Wissenschaft über
die gemeinschaftliehe Natur der yctker. Aus dem Italienischeo
Ton Dr, IV. £. Weher^Leipii^ «822, und was die XILTabL
l>euiffi, besonders p. 93. 98. ii5 ff. und p. 1^4 ff- — - Cap»
4o. p. 208. sq.: 3Scip^: Ergo die Indus aut Poenus unum ^co»
irctt behtam etc. Aehnliche Farbe hat die Stelle in den Aca--
denm. IL 34 Vfiit. UnWe Stelle aber, worin von der Pflicht
des Staatsmanns, sich von allen Leidenschaften frei zu halten, dif
Rede ist, verräth noch deutlicher ihre Quelle, nämlich die Pia*
tODJsche. J. de Republica IX. p. 588. C» p. 4^^- ßekkeri; vgL
il>id. lY. p. 439- B. und den Staatsmann p* Sog. D. ferner den-
Athenaeus VI* p. 474 Schwgk, An Plato's Aeusserungen in der
Republik a. a« O. erinnert Proclus in Alcib. cap. 56.' p- t6o.
bestimmter: ro^ro yof ianv itsref Si}/ioc iv t^'X«/, ^— — 'KSH
oXä^ ri iroXt/K^^ftAov S'tjpiovy coe h iv TlohTsi^ ^ff/ £p-
^^Qf wo in den Noten mehrere Nachahmiinge» jenes Plato-
nischen BHdes nachgewiesen sind. ^ ,
Liber HL Schon am Ende des zweiten Buchs war eine
herrschende Meinung berührt worden, diese: ein Staat könne
ohne Ungerechtigkeit (Unrecht) nicht t^rwaltet werden. Scipio
€ö M'. T. Gcero de Republica ed. Stuttgart.
liatte stell rlort^h schon geradezu uod mit dem scbroffen- Gegen-
satz: et hönne nicht oktie höchste Gerechtigkeit verwaltet wer»
den, «lap^egea erklärt , diese Untersuchung selber aber auf den
andern Tag verlegt.
Nun erfahren irfir aus dem Auszug Cepitome) dieses dritten
Buches, den- wir* dem Augustinus de Civitate Dei II. 21. ver-
danken, dafs in diesem dritten Discurs : 4) L. Furios Paus (ge-
wöhnlich Phäus genannt) obgleich in seinem Wandel ein sehr mof
tfllischer und streng rechtlicher Mann (wie auch ausdrücklich
jfiber ihn bemerkt wird, s. Hb. III. cap. 5. p. 225) jenen ersten
Satz von der Nothwendigkeit. des Unrechts in der Politik im
Geiste des Carneades auseinandergesetzt und vertheidigt hatte;
(gelegentlich bemerkt: hierauf bezieht sich die Aeusserung des
Stoikers* Seneca ixü, loSten Briefe, wo er von diesem Werke
Cicero* s redet ;^ Phäosophus admiraiur , contra Justitium
diei tarn multa potuisse). Dagegen ») Laelius den Gegen-
satz: *oon der Nothwendigkeit der Gerechtigkeit hei der Staats^
Verwaltung ; worauf dann 3) Scipio den abgebrocheneu Faden
seines Vortrags^ wieder au%enommen, das f fiesen des Staats
mehr ins Licht gesetzt j und gezeigt hatte, dafs eine Verfassung
gar kein Staat (res publica) sej, in der nicht das Interesse der
Nation (populi) gleichmässig gehandhabt werde; wo entweder
ein König, oder eine Aristokratie, oder das Volk selbst, die übri-
gen Elemente des Staats (rei puhlicae , rei popnlij un^erdiückt
habe.
Von diesem 3t. Buche sind pun in der Vaticanischen Hand-
schrift biofs Fragmente übrig, die theils eine Charakteristik des
menschlichen Geistes enthalten, theils die Frage über die Zulas-
sigkeit von Recht und Unrecht in der Politik berühren. Die
Vorrede, die dieses Buch ohne Zweifel hatte, so wie das Meiste
aus dem Buche selbst, ist verloren. Dagegen haben die Römi-
schen Grammatik e^r der Philosoph Seneca und die Lateinischen
Kirchenvater eine ziemliche Anzahl von Stellen daraus aufbehal-
ten (s. jingelo Mai^s Scholion vor dem 3teii Buch p. 2i5 sq.;
^ö auch 1) mehrere Nachahmungen dieses Ciceronischen Buchs
Tiachii^ewicsen ifnd 2) der Inhalt des Prooemium (des Ein-
gai^gs) aus mehreren Stellen der genannten Römischen Autoren
mit Wahrscheinlichkeit dargelegt wird.
Ich kehre zu meinen kurzen Andeutungen und Bemerkun-
gen zurück:
Cap. 2. p. 219: tAccessit — ut suspiceremus in caelum^
mpfs mit Cicero de N. Z>. IL 64 • im Anfang verglichen werden ;
wie denn überhaupt aus diesem Vortrage des Baibus im 2tcu
Buch, von der Natur der Götter mehrere Salze in Betreff der
Gedanken wie der Worte mit diesen Fragmenten des .3t. Buchs
Tdm Staat 2i|89mmci»uäteliiSQ« sifl4•^*** - Csip^ 4*. p9g« 9a3.> die
luckenbafte Stelle, »...«»/tfijjtf, Sj^^i^iam-^et UgibusiL gqwimit
laicht ' aus Cicero de Legtous HL ^6 : ^Nwn yetereui verboienus
-*- disserehantA Es werden ia beiden Stdlea die politischen Leh^
ren und Schraten det Phäosofien tptd die .dd^ praktischen St etat j^
männer mit einander verglici^n» -7* Cap* 6. p« 227 s^q. Hier
hat Ang, Mäi zinket lapge Stellen aus Lactontius ( di^inn, Institu
W, 44 ^i^d Epitom§ cap, X/>^ ^eiftgerückt, woiii^. von, des Car«
neades erstem Auftreten vor deml^aniischen Publicum und sei*,
nen Erörterungen über die Geicecbtigkeit die 'Rede i^t. Beide
Stellen habe icb , in d^n bisbei: gesammelten Fragmenjt,en (sie
mufsten in der Eriieslischei^ Aasgabe der Ciceröuiscbei|i' Werke
Vol. rV, 2.. p., 107.4?— « 07 Q. stehen.) vergeblich gesucht — eia
Beweis, dafs die. ßruchstücke diesier Bücher vofn «^/aa<. bisher
nicht ganz vollständig g^samm^lt , waren, -— Cap; 8 ; JSs gebe
kein Naturrecht: »/14s enifn^ de quo, qiiuferimtis^ ciyile est all"
quod, naturtkle ni^ll^Lm ,te/|c* }/ltu. mufs ^b^jf, ,|ii(^t verges-
sen, dafs hier ein Skep^ker f,ed(t(t — Cap.' 9«'p«. 233« Üu. i«
ist sici^ Caput ,np^^ Wohl nur, ein Pruc]^ehler st8|t6 s.aput (so
wird diese PrSpQSffioii. im Cpd^ JT^^^ geschrielfen wie in der
f^eronesischen. des sGajusJ \noj^. ~r- Cap, 10. p«. 2^5 sq. gcwin-»
nen wir eine neue ,Ctceironi;if;Ve, %eUe über die .^eit Wieder-
herstellung der ^Wissenschaften und, ganz neuerlich wieder (mäii
vcrgl. HaubfiUfiS . Epicrisis zu Jfeineccii Antiqq.Jlompi, p* pJ^)
so viel beli^ndelt^.jile^p, yoconia. ■. Ich ivill die,'WQi;t9 Cice«o's
daher hier ■ beijE^eQ : »i^ . hie ^ juris noster inf^rpres, . plift . nunc
ManäiuLs jura mcßt esse dci Fmliertfm legatis , et kf'Veditatibus^
alia soUtus mt'odulescens dieerey nondu^ iioconia lege lataj
quae quidem ipsaUx utHitatis virornm gratia rogatß, in,.fftii(ieres
plena st (so de^: Codex fast immer ?n diesen f!äMen. statt. es(J
miuriae^ Cur e:i\im pepuniam . non haheßt mulier? ^ ear ^'rgfrti
uestali sit heres^ non ^it;. mafri ^uae? ,Cur,autem j^. .si\ p^
cuniae modus staUundus fuit feminis^j P. Cra^C ßlia posset
höhere, siuniaa patri esset, aerif milliens,,salua'iege ; mea tripiens
non posset ..•.>..., ^ folgt eu^e L^eke, von etv^a. 3 Seiten. In
der Note, 3. hat A* Mai di<^ ü|ix:igeu .CJiceromschient St^dllc^y, wp
von diesem (j^eietz die Rede istj^^Dgefühit, und \j^, iftp l^^rittscheA
Anmerkungen, unte]^«lit.4r ,da>l^. «Qftfmerksam gemac|it|,^da& nun-
mehr in der ^tdXe.iies.Augustirms de. \C fi» JIL,,fi4^ obgleich
die ftltesten j^uspben hartnackig bei depi, n^ee.fUmcfm ßw^ß
heharreiTy nisi .unictan Jifiam. verbessert werden- mufs ^ iodein es
nun vdiens .entschieden ist, idafs €ine,emuge Tach^er, .telbst ijk,
dei^ Besitz der grossesten^) iplrbs^haft . von ^ihrem Vater gelaogep
kounte« — . j^ap. ü. initA^nt.».,^, junjKtsset Jura nohis; et p/n-
ttes -^ uterentar.^ Jftif ^qfaög, , ,kan» , wenn ükht Slehrerw
idli^ meines B«dfiiüi.ens so «rgjäQZt werden: Qfiod si natura
\
\
t
' , ... . .
. 64 U. T. Cfcerö^ Reptiblicar ed. Stuttgart. '»
igitur sänxisset etc. — ^^Gap.:ii. p 2*39: iSipientia jutet
* augere öpes, aMpUßcctre äMtiäi etc.€ Dieser Satz war' auch voa
den StoYkern besonders adoptitt worden. SiV sagten un'ker jhideriK
der Weise werde a^ch reich {v^^itrioe) s. PliUäirc'h de aninii
tranqüill p. 47» A. -p.^i-ßi ed. 0^xttenbach), Namentlich ge-
hört hierher die.Lelir«?, clafs dei* Weise "o (ToCpoi) auf dreierlei
Art sicir Vörinögen crwcTben werde, du^ths Königthüin, vom
Staate y durch A^iS heliT^tÄi ('Slubati Edogjae vhfs, et etft, If,
^. p\ i'fi4 — ««<^- i^eer:-''^(Jlrifi]kTikTi$9iitt olv 'Kc/ijdiito rfig jeoXi-
Tg/Ä^i W ^'^^ ''^^^^ (p(}jDüVj rroi/ii/ x/ic^{6xUti oin'wv h.V. X. ).
— . Cap. 12. p 239. Die im^ "Ciod, /^ä^cia/i.Jsfebr verwischte
StellV, ^t\t\\^ Ajig. Mdi\ durch CurisivschriFt zuäi 'Thfell anszd-
f.illen gesucht hat, Jtann arii Schlüsse 'vielleicht[ nö^h ein Venjg
crgätizt werden: -hJastitia ttutem praecipit parce9^ omnibui, con-'
siuerd genein kömimim, siiwn' cuiqiie reddere , s'cicrä , publica
(äli^na; ivv*ei!e\ha?te Wovte hdi A. Mat in Kiainmerh .einge-
schlossen) hon (iangerej 'niaL(Xk\r<^^ so: saera pubiita p r i ^ a t a
'(^(Sderprii^iiJprofänänonf^ngerbJ,'
(Lib. ffl.) Cap. 12$. p.>4ii seq.; Vortrag Aei 'FAiha ^s.
verlier). Betrachtung der ^rtonarchisckerij arrsto^ratischin und
demokratischen l^erfassungen nach' dem Sjrstem deiCarneades,
"d. h. nach ' ieinem System, diis' folgten de zwei' 'OrüniJsä^ze Hat:
)» Etenitn jUstitiue non nniurd'nec ^rohmtas , sed imbecittitas ma-
ter esl<k Uhd: ioptimum est /acere-finiuriarnj ifnpnne ji poss't\\^
(Die platonischen Stelleri hat Angelo Mut nkch^eWies^n,: Aus-
serdem Vn'trfs' . das G es pHlch^ der Athenischen Gt^sähndtj?» mit den
Meilern M^Wn ^Thäcy^dides V." »5.^ bösoftd^rs caji. «9: vei^glicheft
"werden^ ^o jöne dheselben GründsStze unverholen' bekennen in»d
befolgen; blnigcfahr wie Mmv heim Xenophönj Atifd>as II, 6.
/^. -i- Zd der Formel Jxjyb optinti cet, htit 'Md!i^iriiiki den Atei
d(^ fratm JiH^hlip: ±66 und p.^^3b Viele Biyltgeg^gebep). —
Cap.''i5: i^proinde ^aut nullam essit jiistittani ; ':fiät sp m uliqua,
suniikaih esse stidtitiufnfL ^erinnert wieder an IChticydides Itl: 82 ;
ayoL^ol^ dofch min hiufs das ^anzd t^apitäl^ nsrchh^mi ; und die
OegtBOSätzB beim Pktto itafiof^as p. 622 p. i63,sdj(j. Bekkerl.
■— Zum Sd^lufe defs Capitcls- vjg;K den ApvHodor Itl: 8. /. und
daselbst Heyne p* 261 — ^61f\ und' zu der\v6fi Ang. Med p. a43
not. 1. angeführten- Steife äts Snidas dks ' Verbcssctung* des *Sy/-
burg znm El/rfiüfi m. p* 202. ^. i^i ^tioyi ed» Llps. Veigl.
Sturz ad'Phefecyd. p. 6g, — Cap. i^s<fq. Die AMit^e zur Ge-
rechtigkeit nach dem Epikurelscheh System, — 'C^p: lö; Der
ungerechti^ Brucf» des Ndmamtni^hen' Verfi*ag* ^.'u^ 6^18, zu
welcher üttgei-echligkcit PÄ//ifcf g^athen hatfc; wofeei' vom Her-
ausgeber richtig bemerkt- wird,' däfi ihhi deswegen Cicero in
V
M. T- Cicero de HepnbBca ^ed. Stuttgart S^
iit^en Disbursek sehr passend diese Rolle zugetheiK Ifwe, woHh
wir ihn hier die GrundsStie des' Rechts bekämpfen sehen. -^
Zum Anfang des Capitels lese man wieder den Thucydidts üb.
V. ^ap, io5 h^t^ nach. — Cap. 19. ao.^ p. a47 s^q. Ailvren-
dong dieser Garneadischen und Epikureischen Rechtsgrundsatze
auf einzelne Fälle, wie auf Kauf und Verkauf, eigene Lebensge-
fahr u. ^^-^ Cap. ^1 p. ^49 ff. die Yertheidigung^ des Rechts
und der Gerechtigkeit, die darauf Ladius durchgefiihi^ hatte, ist
leider in der. Vati can Ischen Ha^dschrtfr rerloren. Es werden alsb
die hei den Lateinischen Vätern aufbehaltenen ansdmlichen Bruch-
stackie vom Herausgeber hier eingefügt ; zuerst eine Stelle aus
G(Üm N. A, I. 2 9j worin ^cipio den LaHius zu dieser Ver-
theidigungsrede auffordert; wobei >^//^e/b ilfm in eiii€^ trefflichen
kritischen Note Ibeberkt, dafs diese Stelle in' den Ausgaben d«9
GtUius zwar in*s . 2^ Buch vom Staate versetzt wird, jedoch hier-
her in's 3te gehißt ; wober di6 angenehkne Hoffnung erregt wird,
aus dem coä. f^atic. palimpsestus, der älter als alle übrigen Hand-
schriften d^s' Geäius sej, noch eine schone Anzahl von* Pragfmeii- '
tca der ei>Aei)' vier ttiche^ der N, A. mit -A^ortreißt^hen Varian-
teo zu gcfwipi^en. Doch Ist jenes Frirgmeut bei 'Öeliiu^ a'. a. O»
in der Erpestischen Aus'gsKe det Ciceronischen Fragmente p.
1076, nach des Patricius" Ahyveisiin^^ in das 3te Bnch einge-
ruckt. — P. a5o. not. 1. wird von Ang. Mäi treffend be-
merkt, dafs Cibero die Vertheidigung dei^^Oerechligkeit sehr
schicklich dem *Jijeisen Laeläis zugetheilt Jmbe. '— • Cap« 21 :
Nach Beseitigung der Auclfotität, .die die Person des Ceurntades
behauptete, hatte . i:a^//t</ seine R6d'^ fitr d^e Gerechtigkeit fae-
gooiunt, und zwar, wie e^ scheint, so zietadich iii der Art und
Weise die vVjr\in den Büchern des Lactäntitä Ihiden (s. pu
3^1 und däSelbst die kHtische Nöte von Ang. Mm'J i^nn in
der Vatikan i^ch^n Handschrift fehlt dieses Exordfum. 0«r Her-
ausgeber ( p. 25a ) weiset noch rtehrer^ Stellen im Augustinus
ii»ch, ^d diesem Theil der Cicerdtiischeii Bficher vom Staate aft-
ziigehdren sdieinen^ setzt aber acht kritisch hinzu , er wolle sie
nicht beifügen, um seine Ausgabe' nicht durch zweifelhafte ^ Vor-
räihe zu vergrössern. Uebri^ens betreffen die hier eingelegten
Bruchstacke bis pag. 256 mehrere Wichtige Punkte des Kriegs-,
Fölier^ tuid Familien^ Rechts, wobei (p. 253 not« ii) bemerk
^ird: LaeUus habe vermulfiHch die Gerechtigkeit mit denselben
Gründen vertheidigt, womit sie Canieades in seiner eigenen erMen
Hede verfochten hatt^. — Zu dq: Stelle aus Augustinus (p.257)
dafs der Korper des Hercules nicht in den Himmel gekommen
scj, mufs besonders die Hauptstelle des > Cicero de N, D, IlL
*(>• verglichen werden. Man vergl. dorten in den Noten des
liavies und Anderer was die Griechischen Dichter und Philo-
64 ^r T* ,.Gicero .d^ Rep«tli!Ca^ ed. • Stuttgart.
• ■
.$öphcn 4af<« ;fiir. Tcrschwdea? Voi;stcIlung<?q l^tfitt,Y(p. 55 1
.meiaer Ausgabe). — NacU eimgep Beisp^'jlcn. ;yp«, stjcei^gi^ Siu-
Jtchkeit Römischer Feldherrn und. Staatsmänner, g^Kt 'Laäiu^^ zur
^ügc der Ungerechtigkeit des Tii^ Gracchus, geg;pn die Latinen
und BundesgeBOßseu iibjer (cap. jigp, 258 sqq.) .. und en4igt
.danu seinen Vprtrug mit foigcndem herrlichen Schluls: t^.Qiui^
41 cpnsuetudo ex licetitfa . manare, pofpefff latiiis^ imperjiumque
Mosirum a^^ uipi.a. iure traduxerit ^ ut quiadhuo,,jnQluntate nphis
^oboediunt, (diese Schreibart wird von A. M. vcrt^eidigt)i ternore
teneanturf ßtsi nph^Sj, qtä id aetatis sitmus, euigii(^turr\fege.st^;
.tarnen de fwstris. post.eris,€t'de ilia immortatitaU rci pub),icae ,soUici-'
j^gr: qvae^pqf/^rat esse pßrpetua, si patris (per erasiri (iir palriisj
fUiueretur ifi^sfUutis.et moribusß \yobei der Hera.asgeber den Haupt-
^iivveck des Cicero bei diesem Werke vonx. Staate bemerkÜch
.macht: difi alte .Reinheit und Einf(dt^ der Sitten wieder kerzu-
steUen.TT' Cap»,3o: Per Eindxwv^ der.Rede; dp4, J^a^<W auf
-die Zuhörer, .besonders auf S.cfio, — . Cap. 5i : Der Anfang
£ehlt Per Ijerajisgebcr mittel.t .^bec (jp.a6i) n»i[t ^gr^Msein Scharf-
.ßinn auj,;.;4ff* y^Qi ehernen /Sti 91: des ^Tyraimeu Phfäiffis und
?w>rher vpu^ Sicq^i^^s Einriicjitu;ig . des jStaats y on, yigr iff f nt ,di^
<Red« g^yjresen, Scipio (deni^ idi^or redet hier) kommt, spclt-inn
-auf die tJebi^J':^^ Sprech eq^ . die dj,^ Regierung d?r |ryrannen in
. Syracus hqrvo|;gcbracht, .wobei, d^r Grösse und Herrlichkeit die-
'. ser Stadt .g^^^V^^ und der Geschicbtschrciber.^7>>ii<2^^ angeführt
wird. (Man vergL^hiefa^u: QoeUer dp ^itu et origine Syracw
sariim p. XIF'»sqq^]p. ä/ä sqq-j und fuge, diese Stelle, dfen dort
gesammelten Frf gpaenten jties Timaems bei ). — r ,^ap.. ?;^ : Wi«
' «(ine Tjradnenherrschaft \iit\ti Staat (res piii)licaj\^\^i,^ so kann
.man auch -^ne herrschende Faction keinen ^'^aait^ i|ennc;p;. wobei
; die .Dreifsigmännerherrscbaft in Atlien und da^. Dc^cemvirat in
»Rom aiigefühi;t >yerden (die Stelle p. 2Ö^ oben )iat etwas Pla-
4onLsche F^r.];»e. ^Mfiu vcjrgb den Phaedrus p. 33o d. p. 9 Bekkeri,
■JUfid «hidici^'Ge^äqkeni wenn, gleich in anderer Al^^sicbt geäus*
♦ Äcrt, wie..yacA^«f,^/^/^a//.XIH. 3 1 ,zu Anfang), — Cai^,33: Auch
. findet kein Staat statt, w;o die- ^^ng^ regiert. Pi^s Regifo^nt ist
.die ärgste Tyrannei. Am End^ dcjr, Seite 264« Anspielung auf
eine V erfiigung in , den . XIL TabI* : » Nee uejro conueinit qunt
furiosorun^ (fona , legih}is in ndgnatpr^im pptestät^ sint^ qi^od eo-
rumja/ß,*.: Pava^of . eine Lücke, vom ft S.eiten* rr ... \ •
»^ ' • ■ ' i . II ' .' • » ir .
f
Jahrbücher der Littefätüt
M, 7i Cicsno Je AepuhUta tdi Stuttgart v
(B € s c b l u/u)
Ijap. 34« 3^ (p-^ ^^^ ^?*)- '^P* Mammius hatttf sieb aÜzustartc
gegen die Demokratie ausgesprochen ) Scipio^ mildert diese An«»
sieht ^ ohne ihr im Wesentlichen zu widersprechen ^ vertheidigik
auch die Monarchie (regaUs res publica) in Vergieichung mit
der Aristokratie, und urtheilt nicht ungünstig über die damals
mehr demokratische Verfassung der Rhodier. Auf diese Beschreib
bung der Rhodischen Verfassung macht A, Mai (p. 267) mü
Recht, als auf eine Bereicherung der Geschichte, aufmerksam»
Hiebei zwei Bemerkungen dös Herausgebers (p/a66 sqq.) eine
grammatische: dsSs fortan (vielleicht ybrreofi oder fortasjfean^
Siehe 'Niebuhrs Index. J als > Ciceronisch den Wörterbnchera
einzufügen sej, und eine kritisch -paläographische! dafs wir nach
Berechnung der Quaternionen Und Blatter des Codex F'äticanuSi
mit den von andern Scht-iftstellern aufbehaltenen Fragmenten^ bis
jetzt die Hälfte des Materials dieser Bächer vom Staat besitzen^
Die Worte des Scipio (p. 266): i^Apud quos nuper fuimus
unac beweisen nun unwiderspi'echlich, dafs Sp. Mummius Be-^
gleiter des Scipio auf der Ge^ridtsthaftsreise zu den verbünde^
ten Königen war, woraus die Erklärer diBs Polfbius (Tom. V^
p, i5. Man s. auch p. 7a) berichtigt werden« Als das Jahr die-
ser Reise nimmt A. M. das «Jahr 6^4 u. c. an. (Aus dem nuper
allein würde man dies nicht schliessen können. Abet es sind
andere Gründe da. Hieraus ist nun auch i^an Linden Disputat*
de Panaetio p. 4^ sq. zu verbessern^ der übrigens richtig schoA
den Mummius als Begleiter nennt. Ueber diese Begebehheiten
vergleiche man auch nOuch ff^yttenbachii Animadvy. in Pluttzrchi
Tohu IL p, 4 4Si7 — /^Ä<? ed. Oxon*) — Von p; j|68 — 270
folgen die Bruchstücke des 3ten Buchs, deren Stelle sich zur
Zeit mit Sicherheit nicht ausmitteln lafst (zum Fragment p« 26i
den Sardanetpal betreffend liefern Ktesias beim Athenaeus XIL
p.528. p.464. Sc/iwgh. wo auch die Schreibung ILoti^ixvATruKkoQ
dem Texte wiedergegeben ist, und die Auszüge aus Nicolaus
Damascenus p. 4^5 sq. Väles. p. 16 sq. Qrelli einen trefBichtu
Coraroentar). >
Liber IV. In dem von A. Mai rorausgeschiekten Seho-»
5
ß6 . M- T. Cicero de Republic^ ed. Stuttgart.
Hon de quar ti ^libri fragmentis wird gelehrt von dem
Inhalt dieses 4^en ßuchs und von den Mitteln gesprochen, den
liier besonders sehr grossen f^erlust 'möglichst zu ersetzen. Dafs
Cicero in diesem Buche sich mit einer Kritik und Reinigung der
■Moral als der alieinigen Grundlage eines jeden* wahren Staats
beschäftigt hatte,' ist ausgemacht. In jeder Hinsicht leisten hier
die Schrifteti des Lactautius die beste Hülfe, aber der Heraus-
geber weiset auch noch andere Schriftsteller nach, welche die-
ses 4^6 Buch gelesen und theilweise benutzt halten; und wenn
Kt hierbei selbst auf ein Feld für künftig^ kritische Untersuchuu-
•geu hindeutet^ so sollten doch diejenigen Gelehrten, die sie etwa
tinterDehmeniadchten, nicht nacUher vornehm von oben auf den
H«rrn Angelo Mai herabsehen, und bedenken,* dafs er in dic-
ker ersten' Ausgabe nur das ganz <Uobe£ weif ehe aufnehmen i^oUte^
und dafs er auch der Mtinn d(izu gew^sien \Aäre, hätte er das
Publicum Jioch einige «Bahre • warten lassen wollen, dieses Ge-
schäft der höheren Kritik selbst zu ^verrichten. — In Betreff,
de» Geistes diesjer Sittenlehre wird voin Herausgeber noch ver-
«lutbet, d^f^ Cieero hierbei die Grundsätze des J^orro nn^ An-
^iocAf/j befolgt habe. (Ueher ditsen Akademiker, der sich wie-
der, dem Lehrsysteuie der Stoiker näherte, \ex^^ man Cic* Acad»
J, 4» H« 43. und Se^t, Empir. Pyrrhon. Hypoth. L 33. §. 235)^
.— Cap. I. enthält, da der Anfang gleich fehlt, die kritisch, und
«xegettsch bearbeiteten Fragmente aus den Anführungen des Lac-
tantius und Anderer.—- Cap. _ll. ... liefert ein kleines Stück
«US dem Codex Katicanm selbst, worin auf eine Maafsreg.el der
-Craechen angespielt wird) und woraus man sieht, dafs Cicero
liier von der Sittlichkeit der Staatsbürger ( von der öffentlichen
^ Moral) gehandelt hatte (p. 276.). — Cap. 3 sqq. p* 276 sqq*
folgen einige Stücke des Vatic. Cod. die Erziehung betreffend,
.weiche Fragmente der Herausgeber mit grosser kritischer Sorg-
falt und mit genauer Nach Weisung der Quellen behandelt hat. —
Cftp. 4« Strenge Bemerkungen über die Erziehungsgrund^ätze
and Gewühuheiten der Griechischen Völker. ( Bei den Worlea
p. 279: TtMitto apui Eleos et Thehanos -^ licentiam hat Ci^
cero dm Flaio im Symposium p. 182. A^ B. p. 388. ^A. Bßkker
Tor Angen gehabt; und mehreres aus der Rede des Paufianias
.gehört hierher. ' Zu iier Anmerkung über die Vorhänge zwi—
«cken den Zimmern mul's besonders Pollux. X; 32. mit den Aus-
legern p^ iijZ sq. Hemsterh. und was Boettiger in der Sahinct,
IL p. 54* dj&über nachgewitsen, zu Rath gezQgen werdeOf W^ir
gewinnen aus Cicero's Stelle ein treffendes Sprüchwort: pallas
inter pecus. Scipio, der hier redet, scheint hierbei die stren->
•gen Grundsätze des alteren Cato befolgt, und selbst n^aucbe
Ansichten des Platö einer eensorischcn Rüge unterworfen zl&
ML T. Ciceno. de R^uUica, ed. Stuttgart 6j
kaben.)— r Cap.4-*r la. Es folgen Wdc'FxagQiente dieses Bvolii
aus den Kircheovateni nnd Grammatikerii mit kfitischea £rör^
teiiiogen aod erklärcndea No^f;a$ worunter (p. 286 sqq.) di^
Untersuchung Aufioo^rksamkeit verdient^ in ^leiern die Anfuh-l
ruQgen des Johann S!on SatUhurjr im i2tei) Jalirhuodert Aucto-
liiät haben (vergL auch. die, Pra^/a/Zo p. XVUJ.), *D«r Henns««
gcber hat diese Stellen von seiner Sammlu9g avsgescblosseii. J}^
gegen hat er diese Sammlung durch J^ioftthrupg eiset boged
Stelle aus Äristidei Quintüianus de Musica (s* P« ^9^ aq«> tcT""
mehrt. Die Bruchstucke betreffen lauter Gegeti8taa4<^ der öf-
fentlichen Moral : ßrzUKungs * Theaterwesai, ' die Zucht der.
Frauen j die Zutässigkeit und den Charakter Aex. Musik ü.8«tlr«
Liher V^: Voran eine lange Stelle ^m Augustinus^ deCi^i
Dei, die in der bisherigen Fragmentei^ammlung nicht sti voU«
ständig aufgeführt war, als sie hier ist (Man vergl. p^ ioSii
ei* Ernesti. und die Ausgabe des Ang, Mai p« agS)« Si^ ItAX'^
Üalt eine schwere ASaklage des Sittenverfalls dei* Rdmer siä Ci«^
cero's Zeit. ; — Cap. 2. (p. 297 sqq, ^^ Hieir liefert der Fet^
ticonische Co</ej7 wieder einige Stucke. Zuerst . eSiye :bemerkent-
werthe Schilderung der Rom. Könige in ilwem Richt^eiintä.^ jin^
gdo Mai vermuthety dafs hier Manilius redet. £r hatte X 43«
angedeutet, daFs er eine Schutzrede für das Aticht Kalt^ti wolle.
(Zu der Stelle über die königlichem LätKleireieri utid Einküäft^
müssen nun Niebuhrs Untersuchungen iu den Rr Gi beioiuW^
I. p. 258 ff. 11- pag. 35o ff. zu Hülfe genoihnl^ti vtretdeäi Zii
den Worten: *£/ mihi.quident ^ möriinh veiefuiH Gr4eem&
regum c vergleiche man die . Stelle des Pjthagör^ers Hü^iögene/
vom Köfiigtlmm beim Stobaeus Semiom XLVL p; 829 iqi, und.
besonders den Aristoteles in Aet Politik l!L i4- [cap«^< p; i25i
Schneider'], ol ß^aiXsTg — Tct^ i/t(äfi ijc^ivov H. n X )^'— ;Cap;
3. Yergleichnog des Staatsmanns itiit dem Ländwirth .üncl Haus-'
vater, Arzt u. s. w. Er soll voi* AU^not auf das Praktische se^
heu (p. 299. der active Gebrauch voof vdiiüri inuft nühmabr
auch dem goldenen Zeitalter beigelegt werden ; '^oraüsi Fatcia^
lati und Forcellint in: 'villicare txi B.eiichtigen sind). -^ Cäp.»
4« Von den edleren sittlichen Maiiv^ij die det Stääiünänn zu
schonen und auszubilden hat. -^ ,Capi 5.: ^prtitsche Ehe (justaS
nuptiae); legitime Kinder, Farfiilieni-efigioh ti6d Fafnili^hgiit diel
Grundlagen des Staats ^ ziini Theil g^^n Platofs GO^ergeol^eiD-'
Schaft (p. .3oo. Hiet haben ; wir sUsdimJCödi t^atic, den ge^
wohnlichen Genitiv Lalum vei:gL Cit. d4 Ni D; III. 25. und
daselbst die Anmerkung p* 633. .(jrhd ebehdaselbst It. 27; p;
3 « 5 sq. zur Erläuterung uiiScrpr StcUe dient besonders' das Frag**
ment aus Ciceto's Tiniaeus §. ii. p. Hi^ iq. ediErnesti; vor-
ziiglich am Schlufs). — C?p^ 6 — 8. p. 3(^.i — 3ö4.' Wcittr^
6^
0 M. T. €icert> de Rcpublica Ml' Stuttgart;
GliaiKikleristik«h d^ wallten ' Staafsmaiines -mit Beispielei) aü^ äer
kei'oUchen und historischen Zeh: Es sind Fragmente aus andern
Schriftstellern, die Angela Mäi \\\€i eingelegt und mit kritischen
Rechtfertigungen und Erläuterungen ausgestattet 'hat. —
Liher FI. Cap. i. 2. p. 3ö6 — 3ö8V Es folgen nun
mehrere aus diesem Buch ausgezeichnete Steilen beim Gramma»
tiker Nonms. ( Zu' d6n cäpedines hat der Herausgeber die Stelle
Ciceri/s de N. D* IIL ij: nicht rcrgcssen; wo in den Anmer-
kungen über di«se Wortfamilie p. 56o. mehrere Zeugnisse d^r
Alten beigebracht worden). — Cap. 3 — 8. p. Sog — 3 »5. hat
A* Mai mehrere bedeutende Stellen, die tu diesem Buche ge-
hören/ aus dem Eidogüts und seinem Zeitgenossen Augustinus,
ungleichen aus Macrohius eingeschaltet, die in der bisherigen Frag**
menlensammlung (s. p. 10 §4 sq. ed, ErnestiJ fehlen. Sie be-
aiehen sich theils auf die bekannte Enähiung vom Zustimd der
Seeka nach dem Tode beim Plato CReipublic. X. 12 sqq. p.
6i4 *^^0 theils auf Scipio*s Traum; wobei der Herausgeber
(p.-3ii) eine Stelle des Plutarchus benutzt, um zu erweisen,
dafs Cicero sehr schicklich gerade dem Sctpio diesen Traum bei-
legt, und uns zu schätzbaren itngedruckten Stacken des f^roelus
iiber >did Republik des Plato Hoffnung roa'cht. — Cap, 9 — 26;
p. 3i5 — 328. folgt das Soninium Scipionls'seXbst mit kritischen"
und erklärenden Anmerkungen. Nach ilem Traume, glaubt der
Harauagdber^ habe sich das ganze Ciceronische Werk mit eini-
gen Schlufsbemerkungen geendigt. Endlich machen einige Bruch^ *
stucke aus diesem Ciceronischen Werke, die sich noch an keine
bestimmte Stelle bringen lassen, den Schlufs' von p. 329 — 33 1;*
da in. der Yaticamschen Handschrift aus dem 6ten Buche feider
nichts mehr ' übrig ist. — Von p, 332 — 338. folgen Addita-
menta ef Emendätiones des Herausgebers sowohl zum Text als
2u den -Noten. — Darauf p. 35o sqq. ein Index historicus und
einer Latinitatisf beide von Herrn Staatsrath Niebuhr , wofür
sich der Herausgeber in ^iner Note sehr dankbar bezeigt; fer-
ner p. 352 : ein Index atictorum et tibrorwn, qui in Ubris de^re
publica laudantur und ein Index librorufn adkup inedilortim, qut
in commentariis citantur , nicht weniger als i3 Nummern ent^
haltende Zuletzt ein Conspectas orthographiae codicis Faticani
von p. 353 — 356.
In der Vorrede (Praefatio) handelt der Herausfgeber alle
die Gegenstände ab, die man in Protegomenen zu erwarten
pflegt. Da ich meiner Anzeige des Inhalts dieser Ciceronischen
Bücher einige nothw endige Yorwotte vorausschickte, wobei ich
die ErgebnissQ^ der Untersuchungen in dieser Praefatio des Ang.
Mai vorläufig unberücksichtigt liefs; andrerseits aber diese ganze
Anzeige, nicht zu weit ausdehnen mÖehte^ so will ich hiei^ die
M.. T. Jdcßto '.de' aq>ttUioa\ ed Stuttgart 6tf
Rubriken der Pratfatio, ;mit rAusi^eichiniD^ .einiger Ergel»ni$si(y*
heraashebea. Pra^atio ^ L;MZ(nK ^der Abfassung diese«. Bo^che»»
vom Staat : das Jahr 700 .u- .c, nach ytnn^ronisfiher Cbronologie«
Es sey zu vermuthen, dafs Ci^'ßrö während' des Aufenthalls, beii
Cumae ("una iüa m rusticaii^ne) das ganze- 'V^erk. habe beendi-t
gen kennen. **- §<.II. : Zweck dieses Werks und Zeitah^, in
weiches daSk. Ge^räeh vom Y^rfasser versetzt wird. — . ^ III. f
Mehrknalige .Veränderung; diäs Pbns« — » ' §., IV.: Wer in der
5teUe de :i^,puhUq,a 1 8. .«Ingeredet wird^ tind wem folglich^
das Werk gewidmet -vi^rv (Das, Resultat habe ich bereits in
ersten Theile meiner Aa^eig^ aagodeutet ). : — \ ^ V. i Welche
Schriftsteller bis zum 7jtep Jahrhundert oacb Che« diesea Wi^il^
Erwähnang than. — §• VI ; Welchf? vom 7tbtt^Jbi»« av^m xixtm
jtahrh. (hier sdion vorläufig p. XYXL sq^» einige' Erörterungen
über die f^aiicanische Hsmdschrift)./ — , §, ¥U. i HoSnungien
das W«fk aufzuBnden bi& z»in t7ten Jahi4»ut)ideTjL 7— §. VIILit
Wann die%cr Codex in die y^^'ctmücktt Bibliothek gekommen
sejf zugleich, Notizen von der . Hs^odschriü : ^ Siö ist von Perga««
ment in Folio, Nro. VJ^DCCt-Yfl. Ueb«r-die eMe Scfcrjft;
welche jene Stücke d«s. Cicem de re pMiüa enthält, warea
Comiuentarltu und einzelne . Abhandlungen t des b- Augustinui
über die Psalmen geschrieben« I)afs.der Y7o(^ftr froher zu J^oj^
hio im' Genuesischen sich befunden , « bezeu'gl die- alte. InSchsÜ^^
Über j. Qflumhani 4^ BpbfO^y Der Herallsgeb«^ ist' ge&e]|;t <sa
glaubei^f dafs die vHandscJirift erst zu Anfang' dte «7ten Jahriif«.
in die, Vfttiipauische Bibliothek giekommea s«^. *<^'" §. IX.: Vois
dem Werkt des. Augustißmf. . in dem CiniäApaUmpsestus ^atict, -—
§. X^: Vori. der Unter.. de^ AngUslinisi^B .Sph^ift itcrborgcnen
Schrift de^/C<iQero.; Dei9r£[<^ausgeber' angt; ■er;hfaabe nie eineen
Cocfex i^.'Axl (restdpi^)- 'tttä% weitläuftigerek' Schiift gesehen«
Es sind -30 A. Seiten in §feepdltenen oGidbmneil>^ jede.. Wegeii
dieser Grösse • der Buchslaben ist ddbcir deiLlohalt':iib Verhältnifs
zum Umfang (Volumeai) .sehr kldui.. .-«- §; XLt Vcanwimingeli
und Lücken io derüHandschrift mit den WiederherstcUungen ^vwl
später^V Hand« — §• ^^' • Wie solche Codices palimpsesti
zu lesen und zu ordnen »ejen. §. Xlll. : Palaeographie dieses
Codex palimpseAtus^ Ein belc^hrendes Capitel, worin der Hejsj-
ausgeber über das Sdhretbe- und 'BiScherwesen' dfer Afteu sicn
verbreitet. — ' §. XIV.':' YermiiithjingiBn iiber das Aker dieser
Vaticanischen 'Handschrift. Die Grösse und der Clanz der Qia*
raktefe und andere 'Umstände machen den Herausgeber geneigt ^
za der Annahme: diese Handschrift sey vor'dem Einbruch der
Barbaren tthd* wenigstens noch unter der Regierung der letzten
Caesarea geschrieben worden. Hierbei interessante Bemerkung
g^n^übfr :das mdglicher Wei^€ 9el»¥ hohe Atteo^ fttanclher IBmd^
7(1* / RichdinyvAbbandl. übär Apoplexie.
s^rift«!!.-^ g.XVy: ^Von YOrläHgst herausgegefoeiie0 t*rli^etitei|
<lie$er'Bficheri r- §^ XVL: Von dea Anmerktidgen des Htr-
9Xk$geheTi. Hier Sossert sich' der^ würdige Gelehrte imt eben so
grosser Einsichl «Is Bescheidenheit. Mit Kedit vertheidigt' ^' die
historischen Anmerkungen) und jeder* Studierende wird • denn nur
allzubesctieidenen Herausgeber dafdr daiiken. £s folgt vo^ pag«
!KL1V% an die p ros öp o-gn aphia I>ial ogo rum de Ä«pr wovon
^ch imr den Anfaig- mittheile^ in d&r Ueberzeugung, d^fs jeder,
fler diese Böcher lesen Will) sich ntil der Charakteri«ik ^er ein-
zelnen P.ersdnen ato$ der Vorrede ^selbst ' bekannt npiacKeB mufs;
i^J)ialogoPum de repi personae noveM-sant, quingue scilket )scnes^
rdifiti adukscenies. Intit senes est 'Stipvoi LaJeliüs Scipiötte
natu ^ major f ■ Laelu aequdtts Gkäui'^t Mt^nmius (Cic^ de Afnic*
XXVII.); Jlanäius item senex'A qtäa de' rep^ lllv i^. dtcihif
fmsse cLdiiescens ante legem ^voeoniafftj quae lata est oMö Urbis
JJLXXXF",; -quadragesima ante h/Oni' diälfgunit '- Mitkätu^ a
Cicerone pätad, VL dicit^r wixiss& pat^am sudritm Menigria;
secäs verQ' ftütHiain'' '4t Sca^Hilam viditf^ adtdescens Xac^i^oJ ue
infra ^icwn^ 'QuätUQr fuissej iadulescenteS mt ipse Cieer0 ad
jdniej IV. i6.j idque apputet ^tiam a eödi'ce vaticUff^ -^ « —
P-ag*'XLIX- sqq.- folgen : T^estimonia yetepa OperiJ
^uUiitni ^e R€pi mit uatergcscft^ten Anmerkungen^ -— Die
Vorrede ' seh tiefst mit AetsL Monüatn, de prima operis lacuna;
-fVQoriii dec Herausgeber au^ eine sehr gelehrte und schar fisiinnige
Airt wahrscheinlich- mächt, dafs - Cicero im £in^ange>sicli über
ilieVbekannte Platonische Sentenz: Tum- demum fiyre- häatöi res
jptibiieasj, si €iut dQpt(eäs regere coepisseni etc.; diafs er si^ fer-^
»er über d«i| «populfi^da uäd praktlsoh«n Zweck diesi&s Werks
eTlci»rt;r unrd dfal^^-er endlich (le^ Vatrr^ tind-ded Publtus Nigi-
dins in> ^ie^eiil Einopng ebren^oHe/fetwähnnng-^tha«! (pag.
liV; sq.). -^ Zumi Bnde fder^ t^a^tio gehört -düS; beiltcigi^Dde
Fttc siimle der Yaticairiisdieb Hünd^cbf Ifl. •— Diese" deutsche
Ausgabe ist '/mit. ganz neuea Lettern ^edruc^ und die Einrieb«-
{•nrg d^ Dtiteks tsl ebeir so zw eakmas^ «Is atfstÄiiligl
1-. .. •/. ^ , , . - Creuz'cr;
'. ■ gtt'r*>'^<l '*
f^<ersuch einer Abhandlung iiber^ dik Apoplexie j^ ihr ß Natur, Pa-
thologiß i^d Hjf gierte. \4^is den} Französischen , des Dr»
RrcuELMr fiti übersetzt j, mit Anmerkungen ,ufid Literatur
^vermehrt von t^DUjnD jioQifi^ G^J'fJgjfDoc/Qr der^ Mcdicin
uhdChiri^rgiejpraliticirßndemjAfZtß ^f^d Mttgliede* der me^
dicinisch 'iiihirur^chen -Gesellschaft iu Berlin, ßerliß 48m*
Gedruckt Und verlegt bei G, Reimer, , -
D
er Titd cUvr $chrift^ -wcV^b^ wie kier in der Uebtrsetzung
Eichelniy Abhapdl. über. Apoplexie. ,71
Tor uns- licg«n. höhen, ist; I^ssai-sur TApoplexie, ou PatWogie.
SeiD»otl(jiie, Hygiene et TFierapeutlque de celte muIacUe etc. und
entspricht dem Inhalle; in sofern der* Verfasser ui^ter Hygiene
die Prophylaxis versteht, den Theil für ^as Ganze nimmt, sich
aber dieses- Wortes jedesmal' Bei? ient, >vo von Verhütung des
Schlagflusses im Allgemeinen und ßesondecn die Rede isi. Aus
diesem Titel hat der Herausgeber obigen fehferhaften gebildet.
Wozu das überflüssige WqiJt Natur, das dei Patholpgio '.vörher-
^rank-
ferncr
tischen Tlieil der Schrfft?- vt^arum den. Titel nicht verdeutscti
so gegeben,, wie m^u ihn in der Vorrede des" Uebersetzers,* vob
dem Verfasser gegeben* antrifft, '. i.\
Dje Schrift zerfallt iii drei Ahschnitte.; Der erste «enthalt
nach gegj^bener Definition , Eintheilung uncl Besehreibung des
Schlagflusses in fünf Capitelh die verschiedene Gattungen d^
Schiagflusses, wobei, der Verfasser, was dcn.Vertheidigungsgrunä
betrifft,* den Ansienten ' des berühmten B;)gli vi gefolgt ist. E^
wird aber der SchlasfAufsr von demselben deßnirt als eine, Um-
Stimmung des Gehirns, wo 4ie Sensibilität der Innern und äus-
sern Sinne fortdauernd ^jehferhaft beschaffen', uad. dfe .wiflkühr-
liehe Bewegung mehr oder, weniger, geschwächt oder ünterdrucl(t
ist, während die organische Functionen, obgleich manchmal ver-
ändert, ihren Gang gehen, und in- der Anmerkung wird, er in-
u^rt, dafs bei jed^r Apoplexie mehr öder wenij«^cr'eIne,ÜmstiinK
mung des Sensoriiims gegeben sejj welche dao thlerische Func-
tion lähmt; doch wär.e es nicht nplhwcndig^i* dafs. heim Schijag-
flusse or^inische Krankheit des Gehirns sev^ IJnerachfet dieser
Note ist das Wort Umstimmung ein sehr unbestimmter Aus|-
druck; aich wurde der Veifasser besser und bestimmter sich
ausgedrückt haben, wenn er anstatt fehlerhaftei^ Sensibilität der
Innern tnd äussern Sinne plötzliche Aufliebung. der Thätigkeit
derselbe! gesetzt hätte/ subita ii>teg^a sens.uum externoräm et
internornm, wie Boerhaave sich ausdrückt. Di6 der Definition
folgende Beschreibung des^ Schiagflusses ist kurz ausgefallen;
übrigens wird die Apoplexie von dem. Verf. in die satiguiniscbe,
pituitjsc, nervöse, traumatische .und orgsinische vertheijt.
Das erste Capitel dieses Absphnittea handelt von der san-
guinis den Apoplexie^ die aus, übermässigem Zuflüsse des'
Blutes nadi dem Mehirne,,. oder aus gestörteiBi Rückflusse des
Blutes SLUi demselben , oder aus beiden Ursacl^en zugleich ent-
standen is; Die Ursachen, welche hierzu Veranlassung gebep,
werden vco dem Verf. gehörig gewürdigt, doch glaubt Rec? in |
Ansehung les hier erwähnten Sonnenstiches, als Gelegeiiheitsur- \
•
s:
■
^9. Richelmy AbhandL über Apoplexie.
aache bemerken zu müssen, dafs Steinbulil bei den ünter&u«
cliungen der Lelclmamen, die im Sommer «819 auf dem. Felde
durch den Sonnenstich umkamen, blofs Affectiönen der Lungen
>vahrgenömmen hat. Als Abarten des sanguinischen Schlagflusses
Werden die active i;nd passive angegeben. Zu . dem letztera
jrechnete der Verf. den Schlagflufs der Erdrosselten , vieler au
Gehirnkrankheiten leidender Greisen, und aller dcrer^ bei denen
der Rückflufs dei Blutes gehindert ist.
Pas zweite Capitel handelt von der pituitosen Apo*
lexie. Dieses Prädikat pafst aber nicht für einen Schla^ufs, '
tief die Wirkung einer allgemeinen lymphatischen Djskfasie seyn
soll, welche in der Folge Ansammlung von Wasser bewirkt. ^
Wie' viele und verschiedene Djskrasien giebt es hier, bei denen
sich in der Folge Wasser, erzeugen kann« Das letzte Stadium
des Hydro^ephalus, betrachtet der A^erfasser als eine Apoplexia
pit'uitosa. Dieses Capitel befriedigt keineswegs, es enthält mau«
che irrige Ansicht,
Das dritte Capitel spricht von der nervSsen Apoplexie^
%ei welclier die Zufalle auf tJmstimmupg des Nerv cd System es
durclji materielle oder immaterielle Ursachen hindeuten. Jeder
Schlagflufs, der sich nicht unter die andern Abth^ilungen briu-
fen .laf^tji wird hierher gerechnet. Nach des Verfs. Ansichten
rächten die Ursachen hier entweder einen Gehirnkrampf zu-
Vvege, oder die Sensibilität werde durch andere Yeranhsisungenf
als die, Compression angegriffen. Da jeder Schlagflufs eine Ner-
venkrankheit ist, so 'palst der Name nervös allderdings nicht für
die , von dem Vert beschriebene Gattung, eben so wenig als
fiir die j^ welche afuf wahrer Schwäche beruht. Diesn Gattung^
verfallt nun in zwei Häuptclassen und zwar in die nervös-
idiopathische und sympathische Apoplexie und, zwar
'mit und ohpe Materie. Als nervösidiopathische Ipoplexieu
'mit Materie werden angegeben : die rheumatische, du arthriij-
'schcj^ die ab Folge der Gascinwirkuug, die durch UelerfüUupg
der Veqen, ferner die als Wirkung einer fehlerhaften Beschaf-
fenheit der Milchabsonderung; dann die wo die Uj^ache im
Harn liegt,* und endlich die, welche die Folge de| Hautaus-
schlage ist. Als Artcii der nervösidiopathischen Apo^exie ohne
Materie werden hier aufgeführt diejenigen, welche ii% Sthenie
oder 'mit Asthenie verbunden ist. Von der nervössyl^pathischeu
Apoplexie mit Materie werden als Arten aufgestellt Weh ^, die
mit Mätbrie in den Organen des Unterleibes, der B^ist, in der
Peripherie oder in den Gefässen sich offenbarep. ' Inder Ab-
theilung übet' die nervös -sympathischen Schlagflüsse fineMaterio
wenden diejenigen angeführt , welche auf Stcigcru<i^ der Senc»*-
Bichtelmy Abbandl. über Apoplexie. 7}
bilitlt des tTterus hindeuten, aus einem Nervenschmerz oder aus
irgend einem mechanischen Reiz in einem vom Gehirn enl- ,
fernten Thfeile entstehen. Der Verf. beruft sich bei jeder der
hier angegebenen Arten auf die Beobachtungen und Erfahrun*
gea der besten Aefrzte, und legt dadurch sdne Bekanntschaft
mit denselben auf das deutlichste' an den Tag; auch trifft man
hin und i/vieder viele gute und mit Scharfsinn gemachte^ Bemer-
kungen. ' > ' '
Das vierte Capitel handelt toiü der traumatischen Apo»
pjeüe, Folge von Schlägen auf den Kopf, oder einen' andern
Theil des Körpers. Das fünfte Capitel endlich spricht von dem
organischen Schlagflusse , der durch 'Geschwtilsta, AusAV*6chs%
u. s. w. erzeugt wird. Mit Recht 'bemerkt der Verfasser, daft
mehrere derangezergtcn Ursachen 'sich nicht sel<!(sn vereinigteii,
um den Schl^gflufs zu bilden, s6 dafs dieselbe' häufig zusammen^-
gesetzt in der Praxis vorköninit.' - -' '• •
Der zweite Abi^chnitt h^r^jie 'Zeichen des Schla^ftis^i^s zuib
Gegenstande , 'ttnd . ih sehr sKisftiKrlfch' bearbeitet. ^Dre Zeichen
desselben werden 'hier in allgembine^ besondere nbd' solche a)>-
getbeilt, ii^ctche diii Krankherten Tun ihrilkben nnterichdden.
Die all^ömeine theilt er in anamuestische , diagnostische' änä prd«
gnostische. Zu den anamnesti^chen werden die vorbereitenden,
und Gelegenheitsursachen und endlich die Vorboten gerechnet.
Indem nun hier von dem Verfass. die Ursachen angegeben wer- ,
den, so bat derselbe fut die Aetiologi^ keinen Abschnitt in die-
sem Werke besHmmt, da er glaubt, dafs man das, was er dar«
ober mitgetheitt, Ätiologisch oder diagnostisch annehmen könne;
aber als Aetiologie betrachtet , vrird das Gesagte nicht sehr be-
Medigen. Jede • Art des Schfagflusses- wird nun* ferner Ki^ nach
ihren Zeichen, die' er in anamnestische und pathognoniischc ver-»
theflt, geK6rig bezeichnet. Den ScMufe' der speeiellen. Semiotik
machen-, die Zeicheii, dnrch welche der Schkgflufs von dem
Schlafe, der Epilepsie, der Katalepsie, der Sjnoope nnd end-
lich dem Tode unterschieden werden.
Der dritte Abschnitt handelt von deip Prophylaxis iiqd 'The-
rapie der verschiedenen Arten. de^ S'chlagfiiisses und' zwar, sehr
weitläufig. Als l^rbbe für die Behandlungsart des' Verftissers ge-
ben wir die Behandlung der sthenisichen Apoplexie, ^o' der,
bei demselben eine vorzügliche Rolle spielehde G^hiVnkrampf
aus einem Hartwerden der Fiebfer, oder wohl'gat aus einer
übermässigen Lebensthatigkelt des gesaromten Nervensystems b«-
fttiht, wodurch die Circulation de$ Blutes im Gehirne bei Ple-
Gefässe entstehen,
witd folgendes
thcra gehemmt vifird und Verstopfungen der G
Um diesen ürMcbcn und Folgen zik begegnen,
74 l^ht iU)er dili;HuQds\vuthkraQkh:Qft
Verfahren, vorfrescbrieben',. näiplkb. um. den «oosecattven^Blulanr
Käufuogtfn vorzubeugen,, vvird .mit; Äderlassen und .Blutigeln iea
Anfstag getuilclit, der sthenische Zustand wird dann besänftiget
durch d^n seichb'chcn Gebrauch* der Molken, Kalbs- und. Hiih^
:iiotbr.üheif, und durch gelinde temperirende antispasmödica, nam-
.lieh Lind^hblütheauf gösse u. s w. * Ferner Fufs-, Halb- und
.Ganzbäder ,uud^ erweichende krampfstillende Loven^ente. Um
den Gehirnkrampf endlich zu lösen ^ werden destiUirte Wässer
jait ' A^ther, .Moschus , den er, . ^em Opium vorzieht^, oder * Cam-
phery Gastier eum u. s- w. gemischt verordnet. ^ , i
Pen £|e$chlufs machen' die ;&um ersten Abschuitte gehörigen,
theils, eigieneii, theils fremden . Krankheitsbeobachcungen von ver-
^hiedenem Werthe j mehrere unerhebliche , h^t .der. Uebersetzer
weggelassen; ja es bitten wohl noch mehrere abgeschnitten wer-
ben: können» - I^e..Anmerk;inge^^ des Herrn Doctor Gräfe, der
überdies das Werk in Paragra^phen vertheilte,- ei^e möglichst
vollständige. ch|ippp|^gUqh:..geor4ne^e Literi^ajr |[ab, die sich am
^ßnde des; Werkes auf, v^er, Seitei^. befindet;, gind o^ei^tens Ai|^-
»3gc aus. dep, bekannten Werli^en Spreng,e||s,; Haare's u. s. w.
,Dise6es^seJi g^nug;- um die. Verdienste des Verfassers ,uud- Üeber-
*et»ef^ zu...w.öildigea. / : .j ., ., ;.,. ,._ S.;.
^atiik <? und madioinifch'e Gssciichte der Hündesvmthkrar^kJkeit
bei Meascken und .Thiehen und dere/if tJeäiing . (f44trh^ßt
, ifoft ^•^Cki.BjBMB Profi 7Yf> und L$hreK ^& yetcrifi^n^^U-
Jünsekaft bei. der ünit^sitßt Le{p:iig^ .Jpt^jäkonqmwhefi
: '. ^Qeseüscketfti im Kötngn^Kt Sä.chsefi,'jt "So sMiie-^mehrer^r dep-
i^lerehen G'eseüsckaaften Mitglied, Nebst einer f^orr^d^ von
. ■ ^■. JKr.-. Joa^ Cur. RchSEWMüJLLBR , K^uLigh Sachs. Hpfrath,
Miitei^ und Professor der Anatomie, Leipzig 1/^8 iio. 4 4^8
^ Sieiten S»-
U«ber die fiirphterljche' Krankheit, welche ii^ch dem Bisse ei-
nes t^len Ijundef zu entstehen pflegt, sind zwar scheu eine Menge
Schriften vorhanden, aber noch immer ist uns ^Jdas Wesen dieses
Ueb eis, nicht tlar,* noch kennen wir keine Iieil^ethode, die a^ls
• siqhe» uijd^pyerlässig. unter allen Umständen sicTi bewährt hätte;
aucji durch die viqrliegende. Schrift scheinen wir in beider Hin-
sicht nicht um. Vieles weif er gekommen zu sejn, docli ist sie
V wegen,; uiäncUer. aufgenommener Beobachtungen und Thatsacljen
nicht .ohne Interesse,.— . ,
. ]!^ach| eiuer kurieii. Einleitung geht der Hr. Xerf. zur Dar
ttibbe -gb^ die HuädeswuHikraDklielt 7$
itislhmg did^ We^iitlidien der xi^hreD Hiiiides^uib b«!' deif
MeDschen iiber^ Mst skK y}«r 'dabei äti$s«rst kur»^. nud bestimiAl
dAs WesentUckc der Krankkeit . blob daktn, dsifs ein Jeder djfr
von erffnffen nothwendig darin 'stei^cti mäsfle^ W^tH» dem Rec;
£ese Angabe Biclit genügt^ und «r ^^ für hochsl Unwes/indicli
und Nichts togendkiltyso' £nroktet;^er ebmi: keinen grossen Wf^
derspiacb, obgiesoh ,ev- wdld- weifi^ da£i es sekvver c^^r unmog^t
lieb ist,' dvese: Frage > genugthuend zu beantworten» Hecbt gu^
«Verden die Symptome der Wasserscheu bescViiebeb .und di^
Männidifaltigkeit gezeigt, in der dieses unerU^rKche und m\
der v^bren Hnnds-wütb immer verbunden« PhMnom^ yorkommtj
aasfühi^di wird von der Beschaffenheit der: Leichen solcher
Meuschen* gesprochen ^ die' an dir Hundswutb starben , wor^Ml^
hervorgeht, 'dars- die. Anatmnte keinen AufseUurs iibelp den Si\t
des Udiyels xu geben jvera»g, inoeh auch beständig^ ^^cbeu äk§
auf dies^ Krünkheit folgten' und ihr eigen wären ^ sif>k Uk d^ft
C;|davi^ni iindmv lasston; *— '• . *
bi eiirem evgeneil • Ab$ehnitt^ bringt der Tis* Yerf. Beqicrr
kuttgen (iber das 'Wuthgilt an und für sich bei dem Huade, t^
sammen, hvertkefmmt unter, andern di« BehaufM ung. vor, dafs daff
in dem Spei^ei it^ toiVen Hundes enthaltene Gift nur ,durd^
den Zutritt, i^-atäiosphäriteben. Luft seine Ansteckungsf^higk^it
erhalte; es- soll ^ts daraus erv^iesen werden wej'l Fälle genug
bekaniil sind ^d^fs i^on mehreren Individuen, dio' von einem u2»d
eben d^Quelb^n Hnnde gekssse» wurden, nuo difsj^igenin.dl^
Krankb^l verfielen, welche düs tolle Tbieir :2i)»orst v^Het^ä
Ohne gegen die Bichdgk^it dieser Thatsache' etwas einwende^
zu weifieii, mSchte doch de^ daraus gesogene 5chlu£s nicht vollr
kommen b«grittlde^ sejn ,<' wofor schon dieifjnfaQhe^ Bemerkung
spric&ty-dafV' von vieleb znigleÜDÜer Zeit gebissAnen,; 0fi^ nur ein
einziger 'in die Krankheit verfiel, .und dieser jelne W4r nicht ipiif
mer der mtM verwundete, i Wichtiger ist> die. ( p* 3 O 8^^%!^
zeicbttete B^obachtuiiTg , dn{s aus dem Bande der Wunde eii^f
kleine Wulsf sich erhebe,« in welcher das l^in||eiinpfte Wut(i-»
gift S'oiiieii ersfen Aufenthalt habe ^^ es< ist nun ^War diese Beor
bacbtut»g nicht neu; wenn es aber seihe Riohiti^eit hat, wie un^
ser Hr« Verf« behauptet, dafe so lange diesig. Wul$t sich voi finr
det, das Gift noch nicht ireiter gedrungen ia^, folglich durch
örtliche Mittel entfernt Werden kann, so bleitediesev Spelte yo^
dem grossesten Intereäsek -«- lieber drie Entstehung, des Wtftlir
giftes bei äim Hunde wird Iner eine ganz eigene Ansicht vor^
getragen, es soll nätnlich diese Krankheit ni^^^on selbst entste-»*
hen, sondern- zu denjenigen ansteckenden Uebel iu zählen sejo,
die aus- Asien- ihta so zu uns gebracht worden wären, wie diu;
76 Ribbe über die Hunidsmithkrankheif;
Blattern^ die Pest v.s. w. 'Der Hr. Verf. legt einiges Gewfblit
auf diese seioe VermuthuDg und sucht sie mit quehreren Grün-
den SU Unterstlitzen. Man finde , sagt er, in keiner Geschichte
irgend ein^n bestimmten Beweis, dafs die Hundswuth von jeher
in Europa bekannt gewesen sej, selbst in den von Kaiser Karl
dem Grossen gegebenen Verordnungen sey nichts enthalten^ wor-
aus man nur einigermassen schliesaen könne, dä£s diese Krank-
heit schon zu jener Zeit bekannt gewesen sey; auch in den
Schriften des V«^tius, Columella und Plinius finde -mch nichts
das auf die Hundswuth gedeutet werden könne. «— Recens.
kann kaum sieh überzeugen dafs der Hr. Verf. im Ernste diese
Bemerkungen für wichtig und uberzeugeold halten konnte. In
den hippokratischen Schriften koramt* allerdings nichts von der
Hundswutli vor, und gesetzt es wäre davon auch -nichts in de-
inen des PÜniuS' enthalten, so wird .doch in andern nur zu deut«
lieh davon gesprochen , wie bei CelsuSy DioscoHdeSj Aretaeus,
Coelüis Aurelianus, Galen u. s. w. die fast alle in Europa und
tum Theil mehipere Jahrhunderte vor Karl 'dem' Grossen lebten.
Mit Reteht sagt der berühmte van Swieten: Cer{e canes omni
wte90 fuerunt ,.et hoc morbo frequenter corripiun€ur;'WAle ^idHur
admodum probabäe esse, rahieni caninam antiquorünk jfUedieoruni
tempore etiäni 'exstitisse> ( Commeniar in Boerh^. Aphörism.
Ulm 536)' V^äre die Hunds wuth eine ansteckende Krankheit^
wie die Blattern und die Pest, so würde sie auch gleich ihnen
sich durch die^ Atmosphäre mittheilen und bisweilen epidemisch
lierrschen, »aber beides geschieht nicht;, wohl aber aoheint sie an
teiabchen Orten gleichsam endemisch zu sejn, was schon Coe/iW
AureUanus von Greta bemerkt; und wenn dies üeb.eUn eipi-i-
gen Ländern gar nicht bekannt ut, so kann dies vo4 Verhält*
taissen abhangen, die jenen Ländern eigenthüroHch sind. In
Deutschland glaubt unser Hr. Verf. sey dieselbe aller Wahr-
scheinlicbkeit nnchauch nur erst zu Anfang des sechzehnten Jahr-^
Hunderts bekannt geworden ,^ indem «'mir seit dieser Zeit sowohl
in m^dicinisohen als auch in andern 'Schriften de? Hundswuth
erwähnt werde, wie bei Ms^hiolif! allein Recenst kenn dieser
Meinung gar nicht beipflichten. Hicroiijmus Tragus, d^r zu Ende
des i5ten Jahrhunderts geboren 'v^mrdc^ und äitex^ .aU Mathioli
ist, spricht insei-^m'Kräuterbpche.von mancherlei Mitteln gegen
den Bi& toller Hteide, uiid zwar spricla er davon so, wie man
Üeh über eine alhägjith und langst bekannte Sache auszudrücken
Efiegt. Wenn ältere Nachrichten schwer zu finden aind, so
onimt dies mit daher, dafs Bücher die vor den . Zeiten der Er*
finduiig der Buchdruckerkunst geschrieben wujpden^ und über
dergleichen G^enstände handeln, ub^baupt seilen sind« Dazu
Kibbe über die Randswutbkrankheit . 77
kommt aber nocK dafs Matbioli's Zeagnib für Deutschland
niger wichtig ist^ indem er 'in Italien geboren, dort auch gros*
s«ntbeils lebte , in] italienischer Sprahhe schrieb , und bei seinen
Nachrichten' kaum vorzugsweise Deutsi^hland im Auge hatte, seine
Werke worden übrigens spater in mehrere andere ^Sprachen
übertragen. — ^ * '
Nach Angabe der Kennzeichen der Wuth an Hunden geht
der Hr. Yerfass. zu dem wichtigsten Theile, zur Heilung des
Hebels über. Mit Recht wird bemerkt, dafs die wahre Hun-^
I deswutli noch immer zu den völlig unheilbaren Krankheiten ge-
rechuet werden müsse, und dafs wenn hier von Heilmitteln die
Rede ist nur solche gemeint sind die angepriesen oder, empfoh-
len worden sind. So zahlreich auch die Mittel sind; die * man
seit Jahrtausenden gegen diese fürchterliche Krankheit prie^, so
hat sich doch auch nicht eines als zuverlässig bewiesen ; auch
hat Recens. gar wenig Zutrauen zu dem Mittel, das Hr. Sieber
kürzlich auf marktschreierische Weise ange&ündigt hat; so weit
unsere Kenntnisse . jetzt reichen hat der Hr. Verf. vollkommen
Recht, wenn er behaupt^^t, dafs man sich darauf beschränken
mnsse das Wuthgift, so lange es noch Zeit ist in der Biüswunde
zu zerstören, und so es zu hindern weiter in den Körper ein*
i zudriogen, was nur durch Einschnitte und die Anwendung des
' Feuers bewirkt werden kann. Die Scarifikation der Wunde
wird von dem Hr. VI vorzugsweise empfohlen und dem^ Bren-
nen vorgezogen. Hier verdient indessen angemerkt zu werden,
dafs letztere Methode $chon sehr alt ist und auch schon im An-
fange des i6ten Jahrhunderts in Deutschland in Anwendung ge-
bracht wurde. Einzeln geht nun der Hr. Verf. die Mittel durch,
die man als wirksam gegen die gefährlichen Folgen des tollen
Handebisses anrieth, er spricht zuerst vom Quecksilber, und
nennt dasselbe eben nicht sehr richtig das älteste unter allen
gegen die Hundswoth empfohlene Medikamenten, von diesem
geilt derselbe zum Gebrauche der Belladonna über, scheint aber
nicht genau von der Geschichte dieses Mittels unterrichtet zu
^cjn, indem er sagt die erste über diese Materie erschienene
Schrift sej ohne Namen, aber so viel er wisse von. Friedrich
Manch 1781 in Göttingen erschienen. Dem ist aber kaum sos
olayerne rieth zuerst den Gebrauch der Belladonna -Beeren an,
Was aber nicht sehr beachtet wurde; die erste NachHcht davon,
die Aufsehen machte, steht im. Hannoverschen Magazin 1768
•"^fo. 38; ein gewisser Bergmann brauchte die ff^urzel an 3o
Jahre lang mit glücklichem Erfolge, hielt aber sein Mittel ge-
■leioi) das spater der Pastor Schmidt zu Lättiensckneer eniätckie
''nd bekannt machte. (Man sehe Murray j4pparatus Medicami»
78 Kibbe i^er 4i^ |IupdsJi?n4tl^kr9pkbeit.,
num i. p. 4^8 ). Au^ier i^hreren zusa^o^eogesetztes Mitteln
wird noch besonders von den Maikäfern und dem Gauchheil
gesprochen ; in llin$icht der Geschichte d^s letzt er eir Mittds be-
findet sich der Hr. [Verf. abermals wieder in, |;;rossfm Jrrthume;
als die älteste Na!cbricht, d^y.OD fuhrt ^ er da§ ,K^äutcrhuch Ma-
thioli's an, allein Tragus spricht auch schon davQp, uod selbst
die bei ihm v^rlc^mmende J^achricht ist nicht die erste^ denn es
wurde diese Pflan/e goger^ die Hydroph^bia schon von Rif/us.
Ton Ephesus empfohlen , der zu den Zeiten des Kaisers Trajan,
also ungefähr iop Jahre natch Christi Geburt lebten Nicht bes-,
ser geht es dem Hin. Verf. mjt der . Curart durch Eintauchen
der Kranken in das Meer» die er blofs von .einem französisch eii
Arzte Magerrte erzählt; abef diese Methode ist sehr .alt.. Mufi-'
pides soM durch ägj^ptische Priester dadurch von dieser Krank-
heit befreit worden sejn (Piog, Laert, in vita Platon^ Lib»
HL Num. Vllh pagK H&Sh In den Schriften des Tulpius,
Helmoni u. s. w. kann man darüber Vieles finden.' Uebrigens
vermifst ! Recens manche sehr bekannte Mittel, wie z.B. den vor
einigen Jahren von Riifsland her , mit grosser Zuversicht ange-
priesenen Wasserwegerich ( Alisnia Plantago L.) und viele äl-
tere. Neuerlich ist auch m Hufelands Journal Scutellaria late^
pißora, eine in Nordamerika einheimische PPanze empfohlen
worden. Den Beschlufs der Schrift mapht die Erzählung eini-
ger merkwürdiger die Hundswuth betreffenden Ereignisse. — -
Kecens. verkennt die gute Absicht des Hrn. Verfs. so wie sein
Bemühen njcht nützlich zvi werden, jund otiigleich seine Schrift
keine neue Aufschlüsse .über dieses Uebel in irgend einer Rück-
sicht giebt, so kann sie doch vop Uner&hrenen mit Nutzen und
Zuversicht gebraucht werden. -^
Beschreibung der Idolsberger Landwirthschaft , oder: Praku^Ke
Anwendung der neuesten Grundsätze der Landwirthschcift.
Von Jos BPH r, HopFEV, Besitzer der Herrschaft Idolsberg,
Wien iSm. Im f^erlag hei Franz Wimmer.
JLlie Ackerkultur iftacht ui den 5sterreichischen Staaten sicht-
bare, Fortschritte. Alle Zweige der Landwirthschaft werden dort
in Eiitonso betriel^en, und der Ackerbau wird dort der gröstraög-
Uehsten Aufmerksamkeit gewürdigt.
Das hier aufgestellte Wir thschafts-Sjstem stützt sich auf die
wahre Grqndlage eines nactihaltig einträglichen Ackerbaues« auf
einen ^usj^rebreiteten Fulterbau. Der Verfass. sucht, in einer
V. Hopfen Beschreib, d. Idolsb. Landtrirthsch' 79
ohgekunstehen und ungesdfmlhkten Darstellung faktiscb nacliia«
weben : d^fs nicht dl« Menge des Ackerlandes, sondern das rieh««.
tige Verhältnirs, in 'welchem solches^zum Futterbau steht, dea
Werth eines Gutes bestimmt, d. h. den nachhaltigen Ertrag des-
selben sichert; indem der Umfang der gesammten Produktion^
TomYiehstand*, dieser aber rom Futterbau abhängt, folglich Alles in
Allem sich bei^m Ackerbau auf den Futterbau stützt. Dem Putterbau
gehört daher* mit Recht, der erste Platz in jedem Acker$ysteme*
Der Land wir th mufs nothwendig so viel Futter bauen, als zur £r«<
nahruDg. eines Viehstandes erfordert wird, der zureichend tst, den,
zar Erreichilnp; der beabsichtigten Production , benöthigten Dünger zu
liefern« 0er Umfang der Viehhaltung kann "und darf nicht anf einen
unverhültnifsmafsigen Futterbau beschrankt, fomdern er mufs nach
dem Dünger- Bedarf abgemessen und in gleichem Verhältnifs mnfs der
Futterbau erweitert ^werden. -— Die angezeigte gehaltreiche Schrift
enthält eine Menge von Bemerkungen, die äusserst beherzignngswerth
sind» wiewohl sich der Hr* Vf. mitunter auch in zu kurzen AndeU'«
tangen'iind zu oberOüchlich über manchen Gegenstand ausspricht, wie
i B* über die wesentlichen Vortbeile der Maschinen-Arbeit bei'm
Ackerbau. Besonders hat Ref. das Urthcii angesprochen, welches er
über Master -Wirthschnften fällt. Er unterscheidet sehr richtii^, zwi«
scbea Versuch * und Muster-Wirthschaften* Ersteren gestattet er die
ünterstfitZung von Seiten des Staats. Von letzteren erheischt er Selbst«
ständigkeit, uikI will, dafs sie sich in sich selbst erhalten isollen* J7v
jreht dabei von der Behauptung ausi dafs in cftier 'Landwlrthsi*haft,
die sich und den Lehrer selbst erhält 9 manches wirthsehaftlicher,
also auch nachahmuiigswürdiger betrieben wird, und dafs die lehr-
reichsten Musterwirtjischaften von Privatleuten getrieben werden, die
«leb bei jedem Unternehmen fragen 4 was es kostet und eintrügt, wo
daher nicht etwa eine Liebhaberey tefrfedigt , sondern nur das Nittz-
bebe beachtet wird, und wo der Verroösensstand des Unternehmert
*er Probierstein de? Nützlichen ist. Re£ unterschreibt dies ürtheil
aus der Fülle seiner Ueberzeugung. Der ausübende Landwirth ttöfsfe
gerechter Weise Verdacht gegen seine Lehre ein , wenn er nicht durch
eii;enes Beispiel beweisen kann, dafs gute Wirthsehaft auch das Ver-
mögen vermehre. Der Musterwirth soll praktisch lehren , soll zu
seinem eigenen Vortheil praktisch darthun , wie mit wenig Aufwand
viel geleistet und viel erworben werden kann* Sagt doch schon_
Plinius dem Cato nach »wenn die Landgüter viel eifibringen und viel
Aufwand erfordern, bleibt nicht viel übrig»« — Beispiele wirken
überzeugender auf die Menge ein , als alle künstlichen Berechnungen,
was ein jcnltivirt^r *Aoker eitragen Jtünn , in welchen anf die unge*
Wisseste Grundlage hin noch ungewi^sere Folgesatze gebaut sind«
Solche Beispiele besitzen Aie Zauberkraft, das geistige Vermögen des
gemeinen Mannes zu erhöJben , nur sie können den allgenjetncn, in's
Leben eingreifen dfn Erfolg haben, den man von Musterschulen er-
wartet. Eine Wirthsehaft, die nur durch groisen Aufwand aufrecht
erhalten wird, ist mehr abschreckend, als ermunternd für den ge«
meinen Mann, wenn die Einrichtungen auch noch so hervorstechend
sind. Weder gesteigerte Production im Einzelnen., noch gestei\^erter
Roh-Ertrag im , Allgemeinen , sondern nur das Ergebnifs des ailjähr-
b'chen Rechnungs- Abschlusses und Gassen -Bestandes liefert den sichern
/.
y
8o T, Hopfen Beschreib, d. Idolsb. Landwirtfasch.
vad uotrügUehiii Probierstein einer, mosterhaäen Wirtbsohaftsweise.^
JeanerH^ni^ter diese Wahrheit ht, desto mehr ist man berechtigt,
4te Anforderung an ^edeä Musterwirtb zn machen: das Stich- und
Probehältende seines Systems, den Landwirthsehaftsverständigc^ nach
diesem nntrüs;Hchen Probierstein darzuthnn. Auch an den £igeBthii-
ilter der Idolsberger Musteiiwirthschaft, d^r.die Hälfte .seiner Gründe
dem Fntterbaa widmetv mn^^ demnach die Aufforderung ergehen : Auf
diesem Wege, d« h. durch Rechnungsbelege nachauweis^n , infwelchem
Verhältnjfs sich, ' nach der dortigen OertlicliKeit, di»se Verv^rendang
der Hälfte der Grundstücken zum Futterban durch den Viehstand etc.
bezahlt nacht? In der Landwirthschaft mufs noth Wendig alles durch
Rechnungsbelege nnd Thatsachen begründet seyn — - wenn es anders
den gewünschten Eindruck machen und allgemeinen Eingang finden
soll* Man verzeiht es dem Landwirthe zwar wohl, wenn er irgend
etwas, wovon er sich grofsen Vortheil verspricht, mit besonderer
Vorliebe für die Sache empfiehlt) so wie z. B. der Eigenthümer be-
sagter Musterwirtbschaft, den Obstbau empfiehlt, Von dem er sich in
kurzer Zeit einen £rtr4g verspricht, aas Welchem er die Zinsen von
dem gHnzen Ankaufs -Kapital des Gutes zu nehmen gedenkt* Der
feste,, zuversichtliche Glaube an irgend eine empfohlile Sache, er-
wächst aber eigentlich erst^ aus den beigefügten Rechnuiigs- Belegen*
Inzwischen hegen wir, iVi diesem bt ondern Falle, keinen Zweifel gegen
die iache, sondern sind vielmehr ganz der Ueberzeugung dafs die
zunehmende Doppelnutznng des Feldes durch den Obstbao» einen
neuen Fortschritt in der Landwirthschaft bezeichnet.
J)ie Gründe, welche der Herr Ver&sscr, zur Entschüldic:ung
seiner flüchtig hingeworfenen Arbeit, am Schluss« seiner Schrift an-
giebt , um einer allenfalls unbescheidenen Kritik vorzubauen , werden
gewifs nirgend nhheachtet bleiben; um so weniger, als ein Mann,
der so liberalen Sinn für die Förderung des allgemeinen Besten aus.
tert , auf volle Achtung und mildd ^enrtheilnng seiner Schriftefi ge-
gründete Ansprüche hat.
Eine zweite Schrift, von demselben Verfasser, unter derb Titel:
Anbau und Ffiege der Idolsb erger Rübe. Von Joseph ircN Hopfen*
Wien i82i. enthält eine Beschreibung der Vorzüge, Pflege ür|d Saa-
men- Erziehung, der, nach dem Gute des Verfossers benannten, Idols*
-'berger Rübe, die eine Spielart der bekannten Krantrübe ist. Ihre
Vorzüge/ sollen so grofs seyn, dafs sie alles Gute in einem weit hö-
heren Grade, alles Ueble hingegen in einem weit geringerem Grade dar<*
biethet, als ihres Gleichen, und dafs man wenige Vetbesserunj^en in
der Oeconomie, seit einem halben Jahrhundert, aufzuWeiCsen habe,
welche eines gleichen Nutzens sich rühmen könnten* Sie wird übri-
gens behandelt und benutzt , wie unsreRunkdrübe, Beta cicla aUissitnu^
Forstner»,
■bHh^MdtewM
•»«•
Jahrbücher der Literattii*
The l)esaiih or Saered tPrüihgs of the jtncient Persum Pro^ '
phets; iti tke Original 't'ongue; Together ' with the ancieni
Persian Version and Commentäry 6f the fifth Sasah; cct^
refuHjr publiskeä Bjr Mulla Firuz Bin Kaus , wko hku sui^
joined a cöpiöus giössary of the obsolete and techtucai
Persian terms. 7<> whick is addefl ah Englisk translation
of the Desdtit' and Cönimintary^ In tv^o Völunies, FoLti,
SöMajri PHnted at thi Courier Press ^ By J. F, Sk Jesui
4848. *' ' ,' ^ ^
* • •
ßie htüge Sa^e und das gesami^te Relijgiöns^stem der ülteA
Bäkt'rer^ Meder und Perser oder des Zendvolks. Von Ji
G» RiiöDS, Frankfurt am Main, Hermmnscher Verlage
4320. g. 545 Seiten.
eit mehr als eiHem halben Jahriiün^ehe besUxt Europa diurcn
Anqifetil du Perroa's unsterbliche Bemühungen die' älteste.
hellige Sagiß der Seddschriftea ohne dieselben noch hinlängliqH^
lach ihtem ganzen Gehalte ge würdiget %ol haben. Nachdem die ,
selbst von Sit William Jones anoeföohlene Echtheit dersel-
ben öusser allem Zweifel gesetzt yfoÄ^ ^ \e\ixeX6 Kleüket der
deutschen, Littecatur den grofsen Die'ast die Seiidsdiriften §amm^
Aoqu«iirs dazu gehörigen Abbandlungen zu übetset^cn und
mit den »einigen zu vermehreii; dennoch lag die in denselben
2u Tage geförderte reiche Ausbente altestei' Religiönsgcschichte
vierzig Jahre lang der gelehrten Welt vor Augen ^ dhAe in ih-
rem vollen Wetthe beachtet , oder durch gehörige Anwehdivngi
fracliihar benutzt worden zu seyn. In Frankrfach , Wo die Echt-^
beit derselben am /wentgsrien bezT^eii(^elt -wqftAen "iearj sprach de^
lobalt dieser alten Urkunde . morgenländischet' Reügiopshegriffe
und Andaehtsübühgeri die Aufmerksaiiikdt selbst d^r Gelehrten
und Dobh wfeit weniger, der grdfseren Aniahl voti Lesern in deii
^tfctea atfirmisbhen dreifsig Jähret zu wenig an ; um grofsels In-;
tcresse dafür aiu ertegen; in England war det Send-Aw.est
wf da< vdrlaute urid ungerechte Urtheil völi Sir Will iani
'^ones lange als Apocrjpfh verschrieen^ und. selbst in Dentsch-
W schadete dfem tiefeten Studium desselben der von Mcinc/Tj^*
io ubb eieheu Abhandlangeii > erhobene Atigsiff;
82 The Dessatir etc. u. d. heil. Sage d. Baktreir efc.
Nur Geister wie Herder und ^Johannes von Müller
Uef$en steh dadufph 'keineswe^fs^ beirren uftd ericannten iii der
neu eoulegeitcu Quelle den alfien Born lieiliger ' Ursagie ^ au»
welefaein sie die Flutb geschichtlicher Erkenutnifs rein aufschöpf-
ten und in ihre Ansicht der WeltgeschiV;hte angetrabt herüber
Itit^ten.
Mit dem ßlick'e eines in alle Mysteriea der Vorwelt tief
eingeweihten H j eropbanten drangen. G ö r r-e s ^ und ^C r e uz e r ia
^as Studiu^ri dieser heiligen Schriften ein und der letzte be-
sonders zeigte überall die vielfache Yerflechtunu der Aeste die-
ses Baumes lebendiger Erkenniuifs niit dem Lebensbaume des
gxiechischea Mjrthos. .Aber keiner von allen diesen Gelehrten
hat sich die reine Darstellui^ der in den Sendsc^rifteii enthal-
tenen Religionslehre , ohne Bezug aiif spatere^ damit verwandte
ü^j^then und die kritische Beurtheilung des Alters und Werthes
dieser, alten Urkunde eines langst untergegangenen ' Volkes - zum
einzigen Zwecke seiner Untersuchungen gesetzt, wie 'der Ver-
fasser des vorKegeitdea ' V^dienstvoUen deutschen Werkes. '
Schon als Anregung zu tieferem und* gründlichem Studium
der KenDtBiCs und Geschjehte der Religion der alten Welt 4ind
der Entwicklung des mensclilichen Geistes' überhaupt , in Bezug
auf seine moralische Wurde , welcher der Verfasser laut der
Vorrede' seines Werkes durch' dasselbe gehörige Achtung, zu
verschaflPea sich bemüht ,, ist die Lesung desselben änsserst em-
p^ehlenswerth ; denu wenn auch tillein, und ohne Zuhandnahme
der Sendsehriftenr selbst gelesen , gewährt dasselbe eine fast durch*
aus ganz treue Darstdiung der- Lehre und des Geiste» dieser
al(en Sehrjft. Die streitigen Punkte in welchen Rec. der Mei-
nung des Verf. keineswegs beipflichten kann, KetrefiPen nur Ne--*
ben Sachen und lehaden der treuen Darstellung des Geistes in
welchem sich das lebendige Wort (Sent Avi^esta) ausspricht
nicht im Geringsten. Wenn also das Studium dieses Geistes
der ßeudscbriften schon für sich und allein empfohlen . zu wer-
den verdient, so verdient das deutsche Buch -noch' weit gröfsere
Berücksichtigung in Verbindung mit dem^ englisehen , welches
sich ebenfalls als eine andre heilige Schritt d^s Morgenlandes,
ja sogar zum Theii älter, als Zoroaster und die Sendschrif«-
ten ankündet. Wiewohl dasselbe unmittelbar in Indien seKist
unter enghschcm Schütze erschienen ist, und ungeachtet der von
Sir William Jones diesem Werke. (zu dessen Einsicht er je«
doch nie gelangen konnte ) gezollter hohen Meinung 'sind in den
indischen Tagsblättern die englischen Gelehrten . darüber als
über ein ganz apocryphes Werk und einen sehr späten Itte-»
x^risclien Betrüg hart her gefallen und haben dem krltiscKen
Urtheile des grofsen Sir William (der in seinen An^
*
The Dessatir eta u. d. heil. Sage d. Baktrer etc. 83
sichten der äitesten asiatischen' ßildungsgeschicliten vieles auf di6
Dynastie uud ReHgion der Mehabaten und auf das Zeugnifs
des Dabistan und Dessatir gebauet hat;) unbarmherzig
wledervei^olten , was dessen freventliches Urtheil über die Un->
echtbeit der Sendscbrifien an Anquetii du Perron versun<*
diget hatte. Nach ^inseren^ Urtl^ile mit fast gleichem Unrecht^
vvell wenn auch Dessatir keineswegs das ist und sejni
kaao| was ts zu seyn vorgiebt, nämlich: die^6ammlttng äet
Schriften von vierzehn' altpersischen Propheten» derselbe doch
ganz gewifs ein uraltes^ Werk morgenlandischer spekulativer
Philosophie und keineswegs ein seit zwei Jahrhunderten her
nta gebackener literarischer Betrug ist, wofür dasselbe bishef
die englbcben Kritiker gehalten hab^^n.
Ueber die Wichtigkdt dieses neuen zu Tage geförderten
Fandes und über' das muthmafsliehe Alter desselben , welches
jedoch mit dem der Sendschrüten keineswegs gleichzuhalten ist»
wird hernach zu sprechen schicklicher sejn, Weil der Dessatir
in jedem Falle (selbst wenn das vom Verf. angegebene Datum
seber ogenen Lebenszeit' als; vollkommen ^abr angenommen
werden sollte) die jüngere Schrift ist, deren Studium dem der
Sendschriften folgen und nicht vorausgehen söU. Wir spred^ea
also zuerst ohne Be^ug auf Dessatir von Herrn R h o d e ' s
Bach. — ^ Dasselbe zerfallt in drei Abtheilungen , deren erst^
vorbereitende Unter$uchungeik geographisch -historischen Inhalts,
die zweite die Darstelluiig der heiligen Sage und des r«ligidse9
Systemes des SendyolkeSy>die dritte Erörterungen einzelner Ge^
genstände der heiligen Sage, der wissenschaftlichen Bildung, der
Sitten und Gebräuche des Sendtolkes enthält.
Die erste ^theilung verbi^im sich in zwei Abschnitten
über die geogi'aphische Bestimmung der Ursitze des Sendvol-
kes und seiner nachmaligen WdhäpIttAe» und wirft Blicke auf
die Geschichte der heiligen Safge des Sendvolkes überhaupt dach
Anleitung der Seudschriften sammt ' einer allgemeinen Yerglei^
chungfder Haupdehren des Sendsjjrstems mit dem System der
Hindu. Ohne sich in die für den Hauptzweck des Verfassers
gleichgültige Frage einzulassen: ob Sofoaster wirklich' der
Verfasser dieser . Schriften sej^ untersucht er .blos, ob es
dieselben Schriften oder Theile der Schriften sind , welche
die allen Perser schon besafsen , und Soroaatern zuschrieben.
Er zeigt zuerst, dafs der Behauptung: daß die Sendscfarif«
tcn wbkiich Theile derselben ochriften sind, welche vor
Alei^nders Eroberung von den Persero als heilig verehrt und
Soroasiern zugeschrieben Wurden, durchaus kein äus-^
»erer Grund entgegen stebt, und gehet dann zur Pnw
6*
84 The Dessatir etc. u. d. hell. Sage d. Buktrer etc.
fang der inneren ans Form und I^nhait dieser Sclirlf-
teH selbst herfiiessenden Gründe über, weic)ie flir \xn*
geacbtet der hierüber von Anquetii du Perrpn und Kleu«
ker angestellten von Neuem vornimint, da er von ihrer Mei-
pung oft. in wesentlichen Punkten abgeht. Diese Abweichungen
dürften aber von der Kritik über die Kritik des Verfassers nicht
immer richtig befunden werden, weingstens kann der Rec. nicht
umhin, in einigen Fällen der MeinUn^ der ^rsten und nicht der
des Verf. bcizufallen, in anderen aber von beiden abzugeben.
So zeigt 7.. ß.Hr. Rh. wider die früheren Ausleger (Anque-
tii du Perron, Kleuker, Herder und Heeren) auf eine
sehr genügende Weise, dafs das in den Sendschriften so dent-
iich begränzte Uriand in welchem das Sendgesetz waltete, nämlicK
Eriene wedsch, Ariema, Erman oder Irman (das Land
der alten Arier oder Medier^ welche im Schähnameh Krmanen
gehcifsen werden) nicht ,in Georgien zwischen den Flüssen C}'*
rus und Ära x es eingeschlossen gewesen sejn könne; aber
Statt der im Wendidad gegebenen Lfindertafel treu zu folgerr,
verwirrt der Verf. ganz bestimmt die> Begriffe 'wenn er die vier*
zehnte Landschaft welche Wer heifst für die Lafidschaft Pars
^ oder Fars erklären will, welche neben Wer oder T^r so*-
Wohl im Bundehesch als Wendidad Pares genennet wirci.
Ich redenoch einmal von^ den Mobeds 'son Pares
(Bundehesch XXXIII. S. auch XX.).
Der Berg Asperudsch (der Isberus^ des Schah-
nameh) ist eine Festung, 'die sich vom Var Tetscfh-
eschte bis nach. Pares hinzieht, (Bundehesch XIII. )
der Berg Kobodichegoft ist in Pares. (Bund. XII. )
d. i. der Berg Schuku'ft im Districte Kobad (Kurter Kt>-
bad) w;elcher noch heute einer der fünf Kreise i^on Pars oder
Fars ist. Die Behauptung desVcrf, dafs die Worte .V er od^r
Var, (Wer oder War) eins und dasselbe • setn konnten mit
Pars oder Fars, zeigt von der gänzlichen Unbekanntschaft mit
den Elmcnten irgend einer . orientalischen Sprache, indem für
jeden nur mit den Anfangsgründen derselben Bek^nnte^ die Ua^
moglichkeit klar ist, dafs der dritte und bedeutendste der Wur-«
«elbuchstaben nämlich das s so zufällig hinzugekommen sejd .und
|tas ursprüngliche Wer' oder^War in Pars. oder. Fars -ver-
ändert haben könne. Die Stejlen aus den persischen Qepgrapheii
welche die Sage der Stadt War Dschem^erd oder Irau—
sqhehr klar in Taberistan an der Stelle .des heiitigcn Da—
maghan ausmitteln und keinen Zweifel überlassen, dafs diese
9lte von Dschemschid (wie d^r .Bundehesch ausdrücklich
sagt) s^m Gebirge Dämagban's er))aüte Stadt keine andere, als
die bekannte alte persische Hauptstadt Hecatompjlos gewesen
The Dessatir etc. u. d. heil. Sage der Baktrer etc. 85
»
seje, sind in dem neunten Bande der Wiener Jahrbücher der
Literatur *) so iu TJebersetiung als in Text geliefert worden.
Indem sich Reo.' auf dieselben und auf die eben dort gelieferte
Landehäfel (S. 2Ö) Ari emas bezieht, gesteht er durch Hrn.
Hb od es Untersuchung die vollkommenste Ueberzeugung erhalten
za haben, dafs die erste der dort angegebenen sechzehn Land**
Schäften, nämlich: Eriene Vedscho od^r Iranwedsch
keineswcjg^s. wie A n q u e t i 1 und Kleuker dafürhielten, für
Eriwau oder Arran am Ararat verstanden werden könne,
weil der Sprung vom Ararat nach der zweiten Landschaft ^
uämlich nach Sogd eben so unnatürlich wäre, als der Sprung,
welchen die Bibelauslcger bisher in d^r Bestimmung der vier
Paradiesesflussc begieng^n, indem sie den ersten (Pischon) als
,den Phasis annahmen und. von diesem westlichen ' Flusse am
schwaf^zen Meer auf einmal nach dem Dschihon oder Oiua
absprangen., So wie die Flufstafel der Genesis in geographt-»
scher Ordnung vbp Osten nach Westen fortschreitet, ebenso
die alte Ländertafei des Wendidad, und so wie bei Moses
der erste Flufs (der Pischoq d. i. der Sihün oder Jaxar-«
tes welcher ^ui'ch das Land Chawila d.i. das heutige Chad-> ^
sehend (tiefst) der. östlichste d^r vier Flüsse ist, so ist auch in
der Ländertafel des Wendidad Eriene Vedscho oder
Iranwedsch ostlicher als das zweite «(Sogd) uamlich indem
asiatischen Hochlande zu suchen , von vvo die Länderbeschrein
bung westlich nach S'ogd, Merw, Balch oder Bami«n„
Nissa, Herat u. s. w. fort bis herunter nach WardscUcm-
gert, d. i. dem alten Hecatompjlos an der Stelle des heu-«
tigep Damagan au dem Gcwässe^ des Sdiboeles oder nich^
Veit davon gelegen, fortgeht. ,
Weit gründlicher ^Is dies^ geographische Bestimmung der
von Dschemschid jerbautep Stadt ist die in folgendem Ab- s
schnitte durchgeführte Untersuchung des Verfassers über die
Person Zoroasters und über das Volk und über die Zeil
welcheni und welcher, er angchgrte. Ey witleri^gt HejfdcrBk
*) %Xt% Band Seite 89. fiineB andvrea Bewtia wider des VeriW
üirpotl»f se , dafs iinter . Vardscheiii|;^rt die Provinz Par$;
04er Vks gemeint sey, ^n^hUlt die folgende Stelle aus dem Leben S o.
roasters» welche 4ie Stadt Kaswin inVardschemger 4
gelegen nennt: Jl (Zoroastre) en cricea aufen Farpa
;röuire par D|emichid sur le rnönt' Kharekom ^ v^a
de Kaibifl dairs le Vard jemguerd« Zend Avesta
d'AD<iaetil a« P^cran. T. 11. p. 46. Vardscb^mKerd
war also die nördliche Landschaft woijno Damagkain und
Kai Win liegen, nicht aber das süddiche Pars.
96 The De$serti^ cftc. u. d» heil. Sage der fiaktrer etc.
ifek^er Soroasiern für keioo wirUiche Pemn, sondern für^eia
l^osses .Sjmbol hidt undKlcukern wdclier nach ^nquetil
und Foucher mehrere Soxoaster annahm , endlich die ein«
sti^imige Meinung dieser Gelehrten welclxe Urmia am gleich-
nahmigen See in Aserbeidschan als den Geburtsort des Pro-
pheten annehmen, er weiset dem früheren Hom (dem Oma-
i).e$ der Griechen) seine gehörige Stelle als Rebgionslehrer
an und stellt als Resultat auf, da£s So.roaster »ein Arier
war, der während der JR.egierung des K>dnigs Vesch-
tasp unter seinem Volk in Ari, als ein Prophet Or-
nauzd auftrat, und die früher von Ilom gekehrte Re-
ligion erweiterte und reformirte.« Dieses Resultat un->
Vei^schreibt der Rec. ganz und gar, nur nicht, die Auslegung
desselben, vermög deren Veschtasp keineswegs Dar ins Hy-
^tapis, sondern ein uralter arischer oder medisch er König >veit
über Kjaxares den I. hinaus gelegen gewesen ,sejn soll. Der
Reo. n;iuls hierin der von Hydc, Anquetil, Kleuker, Her-
der und Johannes Müller beitreten, nicht nur ans denen
schon von. ihnen angeführten Gründen , sondern auch aus denen
der von ihm im IX. Bande der Wiener Jahrbücher der Literatur
' iiach den Quellen der morgenländischen Geschichte (in Uebereinstim-
imung mit den grij^chischen) aufgeführten Regenten medischen
oder .altpersischen Regentefivolke , vermög weicher Dschem-
scliid als Dcj^ches , Feridun als Pbraortcs I. und folg-
lich viel später. G US« htasp als Darius Hjstaspis ^scheint,
unter welchem Soroaster wirklich gelebt haben .mu£^, wenn
nicht alle Quellen motgenländischer Geschichte durchaus zu Lu-
chen gestraft vyerden sollen. Dieser unhaltbaren Hjpc^these des
Verf. fü^te er eine andere an, vermÖg welcher die ganze Sage
v^n Sohak (dem^ossjrischen Eroberer) offenbar nichts als das
Sjmbol der Brachmanenlehre und die Abbildung der indischen
Trimartas gewesen seyn soll. Der Verf. verfallt hier gerade
selbst in den von ihm den neuesten Historikern vorgeworfenen^
Fehler,, bistorische Personen nur immer als Allegorie betrach-
ten zu wollen. Diesei' Vorwurf soMte vielmehr wider die neue-
sten Mjthologen, als wider die neuesten Historiker gerichtet
sejn. Jenen mag es die Kritik um so leichter nachsehen, als
alier Sljthos wenn 'auch'urspitinglich einem historischen Nameii
>angeknüpft nur als Alleg6rie und Sjmbol in das Leben »nd in
die Religion eingewirkt hat, aber' diesen, welchen der Mjthos
als solcher nichts angehet, kann die wiDkührliche AUegorisirung
wirklich historischer Personen um so weniger verziehen werden.
Daher trifft Hr. Rhode in Hinsicht dieser vrillkührlicben AUego-
risirung des historischen Sphak (Minus oder Nimrod^ der
von ihm wider die neuesten Historiker gerichtete Tadel mit
The JDesatir de. u.ß:beil. Skg0ä der Baktrerelc; 87
sdoäi eigeaea WoTfea: »Nach V(HrIi«r entWorfeneii Planen ton-
»struirt joaandte Vorwdt, ttDd alles, was sich nicht fugen wifl,
»was im höchsten Akiarthum uns schwer ^^d za verstehen, wns
»nur mit Mähe und tiefer Kenntnirs det - Vorwalt sich in Ge- ^
»danken uiul Sprache mehrerer Zeiten -übertragen iäfst, ist Hie-
trogljphe, Allegorie, SjinboL Leicht und mühelos ist diese
» Erkläningsart freilidi%< »Sohak und Itasian siud die assjri-*
sehen Eroberer^ von 4^on Herrschlift Feridun {Phraoi;t^es)
lias Reich wieder befreite, niid der vom Verfasser 'aufgestellte
Satz: 9dafs die Verfassei^ der Sendschriften in dem alten bA*
»trisckeo Reiche lebten , und Aib^ Geschichte * ihres Volkes er-
»sahlen, ehe es von ißa A»sjrern unterjocht wurde« fällt also.
TOtt selbst zu Boden.
Die vom Verf. a«$ Elphinaiene «irgefSlirte Sdgcj, dafs
die Afghan en ihre Abkunft von Sohak ableiten, beweiset hlcrui
wohl gar nichts, auch 'die Kurden leiten die ihrige zu ihm
hinauf I als Abkömmlinge der Unglücklichen , die um seiner Ty*
rannei in «nt^ehen sich Ins Gibirge flüchteten. Die Tadschik
endlich nnd, wie -Elphiastone sagt, whk)icb eine Misch!ing;s-
Rasse der alten Eingebcvnen «nd «der Araber, welche auf per-
sisch nie anders als Tssi genennet wurden.
Zweckmässiger als diese lingegfrondete Hypothese dner Afle-
gorisirung der indischea Trimurfas in.d«r Person des ass}>
risclien Eroberers und Tyrannen Soh-ak ist die Zusammenstel-
hing der Hauptlehreii der -ScndreligMm.' Ihrer Wichtigkeit wil-
len setzen wir diese v Havpdehren -mit den Worten des Verfas-
sers hieherr . . >
I. Es ist ein ewiges, höchstes, aofhwendiges, heiliges, all-
mächtige» Wesen, Bit ahme ^er Zervane Akere-ne,' d. L
der Ewige, Anbeginnlose genannt, von dem alles, was da ist,
seinen Ursprung, in dem alles seinen letzten Grund liat
n. Dds unendliehe Wesen brachte im Urbeginn mcTirdre
grosse göttliche Wesen hervor, denen es so viel ron seiner GrössjS»
seinen Eig^ns^hafcen, seiner Mac^t und - Herrlichkeit mitthelltei
als möglich war. ^
III. Eins odep-mehvere der e)rs^eSchaflfenen We^cn fielen
durch Mifsbrauch' ihrer Freiheit ton ihrem Schöpfer ab, Wurden
böse und Urquell alles »Oösen in der Welt '
IV. Iks unendliche Wesen beschlofs mm die sichtbare ma-
t^ielie Welt durch jene ersten Machthaber schaffen zu lassen,
und jene wurde gesdiaffen. '
V. Der Zweck der Schöpfung der Kötperwdt ist kein an- /
derer, als durch sie, die von ihrem Sehöpfer abgefallenen We- J
sen wieder auriick zu führen, sie wied^ gut, und dadurch alles |
Böse auf ewig verschwinden zu ihachen« r {
\
iMi
88 Hl« Dmdr etc« u, d. heiU Sagen der Bftktrweto^
■
VI^ Der Ewige bat %\xt Dauer der .Rarperweit einen Zei^
faum Tpa zwölftausend Jsihren liestimi^t, welcher in. vier Zeital«*
ter al)getheilt ist. In dem ersten Zeitalter herracbt das gute (er-
haltende) JPrincip allein 5 i<n s^weiten wird das böse (zerstörende}
princip scbon wirk^^tfOy dqcb untei:geqrdaetj im dritten bcrrscbea
])eid.e gemeinscbaf|lich ; iip vierten hat das hQ%e (.zerstörende }
die Oberhand, up4 füh^t das Ende der Welt herbei..
yil. Die Regierung der Welt bSogt zwar im. AUgemeinen
von dem jinendl^che^ W^sen a}), da$ allos nach seiner .Weisheit
durch sdqeii RathscUufs bestimmt;, die besondere Verwakung ist
^ber ^un^phst den ersten gfpssen Wesei^, und von diesen wie-
der ^ner Menge vermiUe|n4er,WeseP| . Erzengeln , Engeln und
Schutzgeist^m Überträgen , die einander zu.- unfl. untergeordnet
^ndy und in def ^n siel) pft Nafiurw^s^ ui^d. Natu^kraltiß nicht
^yerkennen lassen,
yill. P^e £iee}en ^et .Men^hen ..sind, .vom Anfange 'der
ßchöpfuog zf^y als . geistige y selbstständige, freihandelnde Wesea
yorhandeq- SiQ i^üssen $ich blpfs auf der Erde mit einem Kör-t
per yereinigeti, ui^n eiqe JPrvfupgsisiraiideruDg im Kampf des Bösen
^u macheq. Ni|ch jX&p^ Tode 9 wa sie .^wig fortleben , werden,
die Guten in den Wohnsitzeiv der ewig setigen Geist^er belohnt,
4ie Bö$e](i in den Wohnsitzen der' Teufel,, der Holle bestraft.
IX. Was den Mepschen ihren Kampf auf der Erde er-?
8chwer(, sind die Devs, 'ifeulel qdcr böseu Geister, welche sie
Tag und Nacht un^lauerni um sie zuqi Böjs^ zu verführen* Aber.
.der Sphöpfei;' hat ficji ;d^9^ ^scl^wachenMep^chen. erbarmt, v und
ihm jenen Willen in einer, von erleuchteten Propheten ' schrift-;
lieh yerfafs^ea Offenb^ui\g }i\\vA getl^an. Befolgt, der Mensch
diesen WiUfQ seinem .Schppfers, $0 gewinnt, ej: daduroh Xraft^
nicht allei^ d^^ Ye^ff^h^'ungen der Teufel, zu widet^tehett , son-?
oern sich aup.|i du^ch Heiligkeit scI^ojcl jin diesem Ld>en z.a
^iner e^vig^i[i Verein^ung i^xt de^. Qottheit zu erheben, . .
X. Im let^^en Zeitrauqi, geg^n das. Ende der Wek, wo dasv
böse Princip die Ob^rH^d h^(, und di^ .Gute ganz von.dert
Welt zu verschwinden scheint, wird Gott den Menschen einen
Erlöj^e^ senden 1 deip dem B^^en iveh^^t, Tugend und Gerechtig-
keit .Wied^^ l^e^r^chend |Q^ch|, imd ds(s Beich: der bösen -Geistern
zerstört, indem er dasf Bfiiicl]^ Gatten y^i^herrlich^.
XI*' Siind di/e ^^ui^ W^ltd^uer bestimmten zwölftausend Jahre
yerflo^s^i^, s^ wir<^ d^^ Efdo .duric|i Feuer vcj^nichtet werden,
9ber eine neue, schönere, geistigere Erde. tritt an ihre Stfl^ei t:..
Als ^^e i^IL .spvrol^l ;der. aiti|i4is9h^n>a}s.al|tpersischcn Be^.
ligipn gemeinsamen^ ,H3^ji(Btle\M'e, fijel^ßl? wir. die.de^iJFeue^diaiT,
ijte| hinzu j yvfildaf Fenj^r ;s^ ijfcis yyürd]ig§l^ §jmb<;>l d^riiioöH' ^
The Dösatfr ete. u; d. faeÜ Sagen der Baktrer €te. 8g
heit ufspriingilch nur die Seite befteidknete woliinsiob der. Be«
teode weudea sollte. *) -
In der zWeiten AbtbeUuDg warnet der EiDgang wider An»
quetil du Perron, JPaucher und Kleuker, wekhe aiM
dem lohalt der SendbuGher des Religiods- Systems. So voa«^
ters aufzustellen versuchtet: 'in den Sendschriften liege ein et->
gendicfaes System gar nicht, indem sie nur als Grundquell aller
Religtonslehren eine alte heilige Sage enthielten, welche als solcho
dargestellt werden möge, wenn die Darstellung wahr und ver«
staodlioh sejn sdie. Dieses ganz zugegeben, Aiiire nur- zu wün-r
sehen, der Verfasser hätte diese gegebene Lehre selbst befolgt
und nicht' hie und da seine eigenen^ ganz falschen Vorstelluogen
hineiagetragen. So maohlf er gleich auf der dritten < Seite jjene»
Darstellung di^ vier Fixsterne, welche als Wächter des Him*?
meJs ges<?tzt sind , -ganz eigenmächtig ^u Planeten , den T a s c ht
t e r zam Jupiter^ den S a t e w i s zum Saturn , den V e n 'a n ,t zma
Merkur^ den Heftor eng «um Mars, und den Mithras ziur
Veaus. Ohne hier näher bestimmen zu wollen, welche Fixsterne
unter deo drei, ersten gemeint sejen , so sind die W orte des
Bundehesch doch isonnetklar: noch hat Ormusd an den,
vier Himmelsgegenden vier Wachen gestellt, Acht
zu haben iib.c|r die Standsterne (also nicht über die. Pla-r
Heteo, sondern über die Fixsterne)^ •— > Taschter. schützt
Ost; Satevis bewacht West; Venant Mittag, und
über Norden ist Heftoreng. Heftorengh^iCst: die. »en
heu Thronen, und Jst^bekanntermassen. der noch heute gebräuch-r
liehe älteste Namen des grossen Bären, aus welchem der Verf.
eben so willkiihrlich den Mars macht, als wenn er das griechii
sehe Sternbild Argtp\dafür erklären wollte. Ifeft ist die Zahl
sieben, nicht nur im Altpersischei^ sondern auch im Sanskrit,
und wohl ist e% noch keinem Sterndeuter, a^ Hr. i^bode, ein-?
gefallen, ein durch sieben Tbrop würden bezeichnetes .Ge^tira
als den Mars zu erklären. In dem ^Dessatir, wo aq viele der
ältesten persischen Namen der sieben Planeten und ihrer Sipliä*
reo aufgeführt sind, ist auch nicht eine Spur von einem der
obigen Fixstern Namen»
So weit die Kenntnifs orientaliscber Sprachien und Stcrn^.
namen reicht, hat Heftoreng nie eine ancü're Bedeutung, a(s
di^ der sieben Sterne d^s grqssep . £[^^6^ geljiabt, ui^d i^ftjVair
*) , Da^ Feuer diente damals nuiF ^It Altar
Während das Aug* des Anbeters voll' Wasser waf.\
S(^hnameh. S* den Text W^ Jahrbücher der Litt. Vill. Band
«♦ 327* ' "* • * •
iß The Desätir etc. u. d. heiLS9geD der Baktra* etc.
V
Hm. 'Rh öde vofb/eHakeny ohne 4ie genogsie Kenntnir« der Spra«
chea des. Orients denselbeb über die wähl« Bedeatuog^ seiner
Worte, brfchren sttt wollen. .*) . ^
Mk ^rsdben liartnäckigen Verblendang« womit Hr. Rbode
(S. 1791 .und 355) die Fixsterne zu Planetei) macht, macht er
diese (S. 179 u. 2%5) vi Kometen« Demnach sind ihm Tir,
Behram, Acbuma, Anahid imd.Kevaiiy weiche aUbekana-
termassen die Planeten Merkur, Mars, Jupiter, Venus
und SatuTnus sind, nichts als Konniten. Am aliertadelswer-
thesten ist die Vf-drehung, w^che sich Hr. Rhode mit den
klaren Worten des Bunde he seh erlaubt, um aus, dieser Ver*
drefaung seine Lieblings* Hypothese zu ^ behaupten »Wie, fragt
»er, kirnen S'onhe und~Mond, die uqter die sieben Slandstcrne
»gezählt werden, unter die Fixsterne.« Hier werden zwei Stei-
Ich des Bund eh esc h» nämlich 11. und Y. geflissentlich ver-
mengt, denn ^rten ist ausdrücklich nur von vier Himmels-
wacb^i die Rede, wdche über die Standsterne wachen, hier
werden diese vier wiederholt, und der jedem beigegebenc Pla-
net ausdrücklich, genannt. Dem Taschter im Osten ist Tir
der Merknr, dem Satewis im: Westen ist Anahid die Venus,
dem Venant im Sijulen ist Acivuma.der Jupiter, dem Heft-
oreng im Norden ist Bebram der Mars beigegeben; Saturn
ht dem Staiidstern Mesch iu Himmels - Mitte untergeordnet,
iinjl ' die beiden Sohweifsterne Gu r z s c bt r und Müschewer
stehen unter der Wache • der Sonne und des Mondes« Herr
Rhode fragt t »Wie denn Sonne und Mond hier uoter die
*) Zu allem Ueberftusse setzen wir noch den Artikel Heft or eng
aus den beiden zu Konstai>tinopel gedruckten persischen Wör-
terbüchern 'Purhan\ Katfi untf-Ferhengf'Schuuri hie-
lier: Heftoreng heifst «»eben 'Thronen , d. i** die auf. arabisch
Binatun.naasch (die iTif^hter der Bahre) and auf t^rliisch
Jediger eei^annten sieben. .Sterne des grossen Bären* Pur-
han i Kitii S. 842*
■ » • i , .
Heftoreng auf arabisch Binatun - naasciif so sagt der
Dichter König Hekim AU Farkadf :-
Et kreisen um Sein Z^^ ^i^ sieben Himmelsstricbe ^
Wie um äen Fol des Naris die Sterne Heftorer^»
Und der Dwhtcr Schems «Fachj-f : ..
Es glänzt der Himnßel mit des Mondes Wtmge^
Die stehen Thronen ihm zum Fferdescbmuck.
Manchmal gebrauchen es Dichter auch für die siebeii Him-
mel z« B«: -
Htfiüteuft htd dehen Fitrhen^
\ Doch du Mchste ist He s^lmarze^
Ferhengi Sohnuri II. Band* 4lQ* Blatt
/
TbeDejatir etc. u. d heil Sagen der Baktrer etc. <)i
»StandsterUe od^r Fixsterne iLomtnenc als ob er Tiiclit (was aber
freilich möglich ) aus D i o d e^r "und C i o e r o> wirfste , dafs ' die
chaldäischen Priester (desselb«i Stammes and derselben Lebre,
-wie die Sendpriester) nicbt ioebr als faof Wandelsterne, näm-^
licli: die fiinf abigcn anerkannten, und dafs aucb sie Sonne und
Mond den Fixsternen- beizählten, wie das Bundcbescb diesel-
ben unter die Mondsteijie setzt. -*)
Hätte sieb Hr. Rhode, wie er in der Vorrede anbändet,
damit begnüget,, die beilige Sage der Sendbüeher blofs zu ord-
nen und in lichtvolle Punkte zusammen zu djifingcn, so bitte er
der Kritik nich4 das weite Feld erdfin et, worin sie sich mit ihm
lienim tummeln mufs, so oft er, vom Buchstaben tiud Geiste der
Senclhu(;her abweichend, demselben seinen eigenen unterschiebt. '
Unter diese Einschiebsel gebort nebst der gerügten Sterndeulerei,
wodurch er die Fij^teme zu Planeten .und diese zu Kometen macht,
auch zum Theil seine Auslegung der persepolitanischen Thier-
gestalten und seine Erklärung des Mithra> als Morgenstern.
Der Verfasset hat hier unverändert' aufgenommen, was er in
früheren kleinen Schriften ab : ' U e b e r Al t e r u n d W e r t h
einiger morgenländischer Urkunden, uhd in den bei-
den Heften seiner antiquarischen Abhandlungen aufzustellen ge-
wagt. In ' der Erklärung der Thiergestalten bemerkt _ er zwar
voilkommen recht gegen Heeren, dafs die an den Thoren des
Pallastes stehende geflügelte Thiergestalt mit dem- Menschenge-
sichte unmöglich der Martichoras seyn könnej aber er irrt,
^ben so sehr als Heeren, wenn <ir di^e Thiergestalt für -das
l^efiügelte Einhorn oder dais Oberhaupt der ' reinen und guten
Thiere hält. ^ Er vermischt hier das ungezügelte Einhorn ( deii
Esel des Ktesias oder den dreifüfsigen Esel der Sendscl^ten)
mit dem Urstier (Abu da d oder Kejoniorsj, den persischen
Cheruby der vor den Thoren des Pallastes die Wache hält, wie-
wohl die Verschiedenheit dieser' beiden Gestalten beim ersten
Anblicke einleuchte^ -*• '
Um sich davon zu überzeugen, haben wir auf dem beilie-
genden Steinstiche nicht nur - das geflügelte and ungeflügelte Ein-
horn persiseher Monumente^ als das Oberhaupt der vierfüfsigen
*) Da in -der neuen morgenländisühen Sterakande Arktnrusder
Wächter des Himmels beifst, wie Ai*deberan der
Wächter tier Fleiaden, da dem grossen Bären am entge-
gengesetzten Pale K an opus als das leuchtendste Gestirn entge-i
gensteht $ da endlich Taschter nach Plntareb^s bekannte
Stelle der Sirius ist, so ist es am wahrscboiniichsten,..dals un-
ter Venant der KaaQ.pnS nnd nnfeir Satewis Al-Debe-
raa unter M esch aber vielleicht Orion gemelat tey»
92 Xhe Desatir.etc. Uo d. heil Sagten der fiaktrer etc.
Tbierc 0 r-m us d und Abriman's zusammengestellt , sondern
auch mit Vergünstigung des Herrn Direotors des k. k. Anti-
)ken - Kabiuets Herrn Steinbücbel's von einem Goldgefa$se,
welches ganz mit, Gebilden persiscber Kunst bedeckt ist, deu
K,dnig oder vielmehr Ormusden auf dorn Cherub reitend,' bei-
gegebeu. *)
Wie sich der Verfasser in der Erklärung der v2erf(ifsigen
Thiere de'^' S^ndawesta stark gehrret hat, so im er sich nicht
minder in der Erklärung der Vögel, die er ganz unnötliiger und
Mrilikiihrlich et Weise theils zu Div^en theils zu Planeten macht,
während über ihre wirkliche Vögelnatur' die Beschreibung der
Sendschriftoii nicht deii geringsten Zweifel iibrig läfst. So s^nd
ihm die Greife nichts als eine symbolische Vorstellung von Di-
-wen, was ihm so weit zuig;eständen' werden m^g, als s^Ue ahri-
maniscfaen Thiere diwartiger' ' Natur sind , wo deiin dasselbe
eben sowohl vom geflügelte^ ]ßinhorh und deq Sti'auiSen gesagt
werden könnte, niit welchen 'O'rmusd und Mi thras 'kämpfend,
und dieselbe^ bändi|^end, auf persischen Gemmen und Cy lin-
dern häufig' vorgestellt viträ. Der Greif ist kein anderer als
der in den Schriften der Morgenländer $o oft 'vorkömmende Vo-
gel Roch, dessen Namen sich bei uns in ' doppelter Gestalt ein-
gebürgert bat^ eiiunal ^lit' seinem ünveir^nderten Namen im Schach-«
*) Das ungedügelte Einhorn (4et Es^l 4es Ctesias), das Oberhaupt
der dem Ormusd heiligen vievfüfsigen Tbiete, wie et vom ah-
vimani$cheh Lämmergeier (Hoc oder Greif; ve^iolgt nnt} gepackt
wird« ist hier Nro. i, anz|isehen) Nro. 2. das geflügelte ^inhorn
oder das Oberhaupt der ahrimanischen Thiere, welches auf den
j^uioen.von Persepolis , der KiViiig als Diener Ormusd's mit
dem Dolche psche mschid's durchbohrt. Dasselbe wird oft
mit Menschen gcsicht angetrpffen, und ist der eigentlicke Marti*
c^horas. Diesessclbe Thier findet sich zu Persepolis ülieraU
als Karyatide oder an den Ecken der grossen Altarpostamente an-
gftbraeK, auf dersen der Feuerathir und der vor demselben opiFernde
K9ni^ steht. (Kro. ä.)* Eine iuleressante Vergleiehung bietet
. diese .^ersepolitan^che Unterlage der , Feuetaltäre mit. dem von
WeTcker in Zoegas Abhaddlungen aus dem Ptoclem en-
tin i s o h e n Museum bekannt gemachten Träger eines iachischen
Pyreon dar, indem auch das geflügelte Einhorn (als Altarhorn)
^^iheMten. keine andere Modifikatian erUlteo hat^'ak die durch
die Verschiedenheit pei:sisc)ier iind. griechischer Kunst nothwendig
gew^rd^ne. . Nro* 4* . De? Cherub ahnlich Nro« S ist aui$en*
schcinlicjti dasselbe den Eingang d^s Fallastes von' Persepolis be-
wachende WundeUhier, welches hier auf der Stirnir das auf an«
. dern pei^isQhen.StekiCfi (S.Fig.^0 häufig vorkonimende Mahrii
oder i^ondgesiebt» 4* i* üa heiliges- Opfer werkzieog der Tar-
sen trägt» . . . , . . 'is^
The Besatlr etc* m d. heii Sagan der Baktf er etc« 93
^leie (Roquer von Roc d<$m Nameti d^s Thurntes btt den
Persern) das andere mal aU Recke, ganz den» altperai^hen
S^tracbgebrauche gemüfs, inuem« auch im» Schafanameh der ht-*
nlhmte Kampf der zwölf Recken (S« Gdrres Schah na»
meh) das älteste Urbild der ^eld«nthat^ der zwölf- Ritten*
der Tafelrunde nicht apders, als das Abentheuer der zwölf Roch«
oder Greifen betitelt wird. Die Abbildung eines persischen Grei-^
feo zeigt N^o. j. des beiliegenden Steinj^tiohes > nach einer per*«
siscbeu' Gemme des k. k. Antiken -^ Kabinets. Des Greifes ge-»^
sohiehet in den S'endbüchcrn gar keinii firwabnuilg» •and def
Verf. hätte sich .daher seinen abschweifenden |rr]acif\uber die*-
selben sehr, wohl ersparen können. *) <
Umgekehrt hätte er , von den Vögeln , . deren sowohl im
Weodiddd. als im^Bundehescfa so häufig erwähnt wird, ge<^
Dauere Kandis ncUmen sollen, so - hätte es ihm' nicht J!)egegneii
können , dieselben für Planeten anzunehmen. Ihre Namen sind ]
Eorosch^ Hofrascbmodad ,: Eoroschasp • und Asch*
trenghad« Der ' erste derselben wird als der Dollmetsch der
Götter, als die himmlische Zunge, als der Vogel des Gesetzes
bezeichnet, .und ist kein anderer als der Habicht ( /«p«^ Eorosch)^
welcher jauch den A^gjpteru - das G;esetz vom Himmel brachte«
£r ist der eigentliche Himmelsvogel und wie Isesschnee** )
sagt, schneller als das Pfe^rd, als der ^egeu, als die Wolke, als
das vortre£3iche Oberhaupt der. Vögel. Dieser ist der zweite v
Hefruschmodad, der in der Sprache der reinen Menschen
Pcröderesch,' in der gewöhnlichen Spräche K er kes, d.i.
der Geyer und. auch der dreifache Vogel (Simurgh) heifst.***)
» Wo ist .bei so genauer Bfzeicbnung des thierisclien Ober*
Hauptes der Vögel, das aoob beute ivor ganzefi : Orient als Si*
' *) Auf dem bdlieg^ndefi Steiiidrttbke hefindet steh ilef' äreif oder
' Roöh auf dtei Tersehlddenen GettflütA. Nro« a^ stöfst er avf dai
nnirefliigelte Einhorn herunter«
**) Eoroscb, Fun des quatrt oiseaux eikstes^ 4clatant de hmtihti
mit voi^ de hin^ exceüent^ intelUgent^ pur^ farUmt h Im^ue
da cttl, savmti dont la Utf H ies fieds tm ki criis i^oir^ fbis
prompt que le cbevalj phts pro^t que k veut, plus prompt que
la pluie^ ptus prompt que h fwe^ plus ptompt que VexcelktU cbef
4tqbU sur Ies oisenux {le shnourgh) Jsescbni Hu L&IV* Man
vergleiebe .bi^hnit» was Plutarob De. JsuU et Osiride JjI* vor der
bieroRlypbiscben Bedevtunin dep Habichts, seiner S«h«ellfg]\eil
und seina^ scharfen Gesichtes- wiUen sagt« .
, ***) Thr4etei\o mBregäfhe^ r. ä» <i* oiieau d iräis eorpst- Let
iHots Tbri- etono meregkehe peuvent $e rendre oiteäu k
irois Corps et fönt peutitre aUmioee ä ees trois nomt» Anqug'-
m itL p. I7i« Note. . .
N
g4 The Deaatir etp: u. d. heil ^ägen der Bäktrwetc.
margfa, rri^ i^ Bojroscb ab Hvmai' (der Ronr^s- öiTcr
Glücks^ogel ) y wohl daran zvk de-lceD, dafs unter diesen vier
Vögeln Planeten gemeint aßja könnten, wahrend die Planeten
mit ihren Name» mehr als ffiBmal ordentlich; aufgeführt sind ?
bald nach dem neuem Sjsteme> da& deren sieben zählen,.
bald nach dem ältesten, dafs deren iiicht mehr als fönf sejn kön-
nen; aber von vier Planeten ist in den Sendschriften eben so
wenig die Rede, als von fünf Wächtern des Himmels^ deren
nach den vier Hjimmelsgegenden nur vier /genannnt weren. *)
Herr Rhode hat ein besonderes Unglück in seiner Sterridente-
sei, denn wie er die Vögel zu Planeten und diese zu Kometen
umschafft, so verwandelt er mit gleichem Grande und gleicher
Willkuhr den Mittler der, Schöpfung , den Genius der Wahr-
heit und Liebe, den Träger der Sonne, de n unermüdlichen Hei-
deoläufer, den Herrn der Zeuffung und des Lebens, . den allse-
benden, allstarken, allschiitzenden , allbetr achtenden Mithras in
den Morgen - oder Abeudstern , der in den. Sendschriften unter
»einem eigenen Mfahren Namen, als der weibliche Genius Ana-
hid er^heint. Um uns in der«' Widerlegung dieser ungereimte-
sten aller Ungerdbatheiten hier nicht zu wiederholen, verweisen
wir auf das in dem X. 3ande der W. Jahrbücher der Lit. (S. 22Ö
bis 2^g,) Gesagte. Dahin (S# 219 — 225.) beziehen wir uns
«ach in Betreff der Fejer, deren Ei^itheilung Herr Rhode bes-
ser verstehen will f als- der P a r s e n - Prieser des Destur Da-
rab.
Das über diese Punkte nun zn BemOTkende wird bei d^r
Ißr das Verständnifs der Sendschriften nahe aufgeschlosseneil Quelle
des Üessatir zu bem^rl^en der Schicklichere Ort sejn, und^
indem wie dem Verf. in allen jenen Stüekeu widersprechen mü^
sen, vfo er ohne Kenntnifs der Sprache den Worten der Send-
schriften sei^e eigene Deutung unterschoben , welche er doch
besonders nach dem in der Vorrede G^agtpn hätte fügfioh bei
Seite lassen sollen , so können wir demselben audh nicht anders
(
/
*) Diese doppelte Eihtbeilnng des Planetensystems in fünf oder
sieben geht durch den icanzen Orient, und soga/ heute heissen
noch die fünf alten dialdäiscben Planeten Wi den Morgenländern
vorzugsweise die fünf irrenden Hüiflosen* S. Ferhengi Sohu-
nri I. Thh Bl. &5A V« Penstchei bitsohare d« i. die
hülflose Fünf sind die fünf Sterne, 'welche bei
den Arabern Chamssei mutehaire d. i* die verwirrte
irrende Fühf heissen nämlich; Saturn, Jnpiter, Mars»
Venns und Mercur^so sagt der Dichter Bedii Seifi.
Einige Male schon stand fest der Vpriatz tu fliehen ,
Hälfe fehlt mir, wie hälfebedürftiger Fünf«
» • • ♦ •
The Desattr etc. u. d. heil. Sagen der BaktreiP etc. 9S
als darcliaus Beifallen, wo er sich Llofs ah die SacKe gefialtcn,
Qod anbeküqnmert um eigene oder fremde ^asleguiig^ den Sinir
und Geist der alten Suge treu aüfgefafst und dargestellt hat.
Dieses ist besonders der Fall mit dem ietz^ea Abschnitte der zwei-
ten Abtheilung, welche von der Offenbarung des Ormusd'sr
fon der Sittenlehre, von den bürgerlichen und gottesdienst-
lichen Gesetzen handelt^ woraus Wir einige Andeutungen hier-
her setzen.
»Der Zweck Äer Offen bäri^ng ist zweifach, erstens:.
»ist sie dem Menschen Mittel, das Bdse zu uberirinden, alles
»moralische und. physische Uebel von sich zu entfernen, imGu-
»ten sich zu stärken, und sich in Ormusd's Welt zu verherr-
»liehen; zweit\eus Mittel -den irdischen Wohjstand des Volkers
»zu befördern,, den Ormusd wie Jehota an die Ausübung
»seines Gesetztes knüpfte
»Der Zweck des äussern Gottesdic^nstes ist, den
»Menschen rein und gut zu erhalten, oder wenn er böse uwA
»unrein gewordisn, "yviedcr. rein- und gut zu machen. Die Mit-
»tel zum ersteig 3in4:' das. Gebet, das Lesen des Wort^ Or*
»musd^s und der Feuejcdienst, zum zweiten: Reinigungsmittel
»durch Wasser und £rde, nämlich Abwaschungen und Bestreiienr
»mit Staub. c Der Ormusd dienet, bet^t zu Seinem Vater
»im Himmel: dafs sein Name gcheiliget werde, sein Reich ihm
»zukomme, sein Wille geschehe wie im' Himmel also auch auf.
»Erden; erfleht um tägliche Nahrung, um Vergebung seiner
»Sünden, um Abwendung der Verführung der Diwe und, um
»Erlösung von allqm ücbeh - — Die Opfer bestehen in Fleisch
»von reinen Thieren, in Blumen und Fruchten, in Milch und
»Wohlgerüchen'in kleinen ungesäuerten Daruns Broden. Die
» Sittenlehre beruht ganz allein auf ' dem Grundsatze der Heilig- '
»keit und Reinheit in Gedanken, Worten und Werken. In dem
»Gesetzbttche werden die kleinen oder lafslichen Sünden (Ta-
»nafur) von den grossen oder Mithras - Senden unter«
»schieden. € ' - (Die Fortsetzung fo^,)
Jahrhächlein der deutsehen theologischen Literatur* Verfafs^
und herausg, \^pn J, M,D. Z. Djssgeh, Pastor der Evangel.
Gemeinde zu Kettwig^ friert es Bändchen. Essen bei
Bädecker 48ü».
bchoa seit 1819 erfalst dieses unter dem anspruchlosen Titjsl her-
vorgetretene BuchTein den Umlang der theolog. Fächer, wie sie iii
Teutschland gegenwärtig' bearbeitet werden, von dem Jahre 18« i
her. Rec. freut sich des g4ten Fortgangs pxxti niiididiesy wohlge-
gG yergj&meinnieht, Taschenbuch f. d« J, dS33.'
4>r(Ineten Arbeit, die zunäcYist den Yf. als einen der selteneren Pasture
äeigt, die sich mit dem Gang der Theologie fort6<ihreitend in Bekannt-
schaft erhalten. Seine Schrift^erletehtert dieses für Andere nicht we-
nig. Alle Abtheilungen der Theolo|^ie sind passend klassificirt. Von
jedem Buch ist in [seiner Klasse eine Notiz mitgeth eilt, die häufig
charakteristi.sch ist Und den Hauptzweck andeutet. Der Verf. zeigt
dadurch^ dafs er ^Ibst wisse, worauf es ankommt. Meist sind einige
Recensiorien, die das Buch kehnbarer mäcden, (oft aus unsern Jahr-^
bücbeiii) nachgewiesen^ nebst dem Preise. Durch gute Wahl ver-
schiedener Schrift, auch durch Ueberschriften au^ jeder Druckseite^
^ird das Maochfaltige leichter zu überblicken, und was man sucht,
ituszufinden. Solche Ersparungsmittel (tir die kostbare Zeit werden
jetzt meist gar zu sehr vernachlässigt.. Hier folgen auch zweckmäs-
sige Register. l)as vierte fiändchen gicbt die Uebersicht der theoL
Litet'ütur vom J. 1819 mit der Kritik derselben bis iSai. Möge die
Fortsezung bald mit den nächsten yerfliessendeu Jahreü gleictieil
Schritt halten können. H, £• G. Paulus.
Fef'gißmtinnidht^j ein Tai6häntuch ßih das ^ähh ^8i3ß von tt»
CLAuiiEir. Leipzig bei Fr, Aug. Leo. 4 tltJib^. üo ggr.
JN ur zwei Erzählungen enthält das Taschenbuch: Der Generalhe-*
• voUmäqhtigteß und: Vater der du bist im Himmel, oder das Christ"^
puppchen; sie gestatten ^ ihres Reichthuins au Personen und Bege«
benheiten halb^erj kaum einen .^uszug. Zu empfehlen sind beide, vor-^
zuglich die letztere, welche bei weitem den grölsten Rauni'des Ta-
schenbuchs einnimmt, wegen des hohen Interesse, welches vom An-
beginn bis zum Schlüsse unterhalten wird^ der kräftig -lebendigen,
dem Vf. eignen Darstellung; der, mit sicherer Hand aust dem Leben
aufgegriffeneu,, uns vor das Auge gestellten Züge ; der in beiden vor-
herrschenden reinen Sittlichkeit, und des wahren innigen Gefühls,
welches^ besonders in d^r zweiten Erzählung, wie eine Gloriei über
dem Ganzen schwebt. Gcwifs sind Wenige, die nipht von dieser
Weihnachtsfeier innig ynd freudig angesprdcheh werden; denen
nicht maiiche geschilderte Charakter^ vorkommen mochten, als wä-
ren sie ihnen im Leben schön begegnet \ die nicht von der Unschuld
Doralicens und der ächten Kindlichkeit des kleinen Mädchens, ergrif<«
f^nsejn^ollten. Wohl Hätten hie und da UnwahHcheinlicfikeiten, und
manches abentheuci'liehe Ereignifs vermieden werden, wohl hätten
einige Charaktere, besonders det* Josephiiiens iii der ersten Erzäh-
lung, fester gehalten sejn mögen, aber warum rügeti und den feinen
Gemifs störeBf den die Gabe im Oanzeurgewährtl-^ Zum Titelkupfer
dient das. Bild di^r regierenden Herzogin von Sachsen -Coburg, ge-
stochen von Dav^ Weifs. Mehrere Scenen aus den ErzäldangeD sind
von i. ^trober in |;MungeneB Bildern dargestellt.
^ '^' Heidelberger *^^'
r (
Jahrbücher der Literatur.
^ prdciical tnquiry into the causes of the 'frequent faüwre of
the Operations of Depression and of the Extraction of the
Cataractj as xisiudfy performed with the Descriptionof a
feries qf new and improved Operations by ff^. Adams*
London '484y. 8. 443 S.
Uer Ve^L bemüht s^cli in vorHegetidem WerJ^e die Ursacbea
des MifsliogeDs der Staaroperation , und die Regeln , deren Ber
foIgoBg den UDgiinstigea Ai^sgang verbätet» aazugcb^. Er tadele
an den über diesea Gegenstand erschienenen Werken , dafs sie
ronüglich nur die günstige Seite der eineu Operationsweise
teigen, wahrend sie die Nachtheile der andern zu sehr vergrös«
Sern (Vorrede S. XY.). Er beschreibt mehrere ihm eigenthüm-
liche Operationen zn^ Entfernung ., des Staares, die jedoch alle
mit Ausnahme ein^r neigen Extractionsmethode, in seinem WefLe
über Augenkrankhmten bekannt gemacht wurden. Der Verfass.
giebt zuerst Notizen über das Wesen » den Sitz, die Ursachen
und die Vcirschiedepheit d^s Staares, beschreibt dann die De^
pression und die Extraction, welche er kritisch besonders in Be*
Ziehung' auf die Yerschiedenheit des Staares und dessen CompU«
cationen würdiget^, und von der Unzulänglichkeit dieser Operar
tioDsweiaen überzeugt , giebt er mehrere seiner Ansicht nach {u*>
cheren und* schneller zürn gewünschten Ausgajbge führenden Opc^
rationsweisen an, deren glücklichen Erfolg er durch Yergleichun-"
gen und Beobachtungen be weifst.
Die Meinungen eines so berühmten Mannes verdienen alle
Aufmerksamkeit; Rec. hält es deshalb für Pflicht, bei Anzeige
der im Werke behandelten Gegeni|l^nde vorzüglich die den^ Ver-
fasser dgenthümKchen Ansichteii mit möglicher Uebei^gehung d^
allgemein bekannten zu berühren.
Der V^rf.^ nachdem er den Sitz des Staares auf die Linsc^
deren Kapsel .^nd dei^ MorgagaVschen Liquor beschränkt/ glaubt,
dafs eist in der Mitte des -iTten Jahrhunderts der Sitz desStaa«-
res «illllont wurde (S. 3.), dafs in den frühesten Zeiten hierr
über die dunkflkten Ideen hen^schend waren,, welcher/ Ansicht
Kec* durchaus nicht beitreten kann, da durch Sprengel gezeigt
ist, dab die Alten den wahren Sitz des Staares schon kanntei^
und kennen mu£sten| i» mehrere derselben die Ausziehui^g ver-
98 Adams on depression and extraction ofCataract.
richteten. ' Der Verf. giebt die verschiedenen Arten nach dem
Sitze des Staares an, ohne etwas Neues hierüber vorzubringen)
und geht dann auf die Ursachen über.
Als eine der vorzüglichsten Ursachen des Staares wird die
Entzündung der Kapsel bestimmt (S. 28.). Der Linse (S. 39.)
.wird aber die Fähigkeit, sich zu entzünden, al^esprochen, ob-
gleich der Verf. Gefafsverbindungcn als im normalen Zustande
Bestehend zwischen Kapsel und Linse annimmt und der Linse
Blutgefässe zuschreibt (S. 3o). Die Entzündung aber scj nicht
die Ursache jener Staare, welche Folge traumatischer Einflüsse
sind, sondern hier sej die Kapsel zerrissen , die Linse komme
mit der wässerichten Flüssigkeit in Berührung, die Gefäfsverbin-
dung zwischen Linse und Kapsel sej aufgehoben , und die ge«
hinderte Ernährung der Linse bedinge das Entstehea der Ver-
dunkelung.
Di^se Behauptung des Verfs. enthält eine Reihe unrichtiger
Sätze, welche der Erfahrung gerade entgegenstehen. Walther
hat die .Entzündung der Linse in Folge der CapsuUtis unbezwei-
feit nachgewiesen; eine primäre Entzündung der Linsa besteht
■wohl nie, allein secundär wird' dieselbe beobachtet.- "Wallhct
hat gezeigt, dafs eine Gefafsverbindung zwischen Kapsel und Linse
nur bestehe als Folge einer vorhergegangenen Entzündung und
der Prolongation der Gefässe von der Kapsel aus. Ganz unrich-
tig ist es, der Linse rbthcs Blut führende Gefass^ im normalen
Zustande zuzuschreiben, und gegen alle Consequenz, nach dieser
Angabe die Entzündung der Linse leugnen zu wrollen. Beim
traumatischen Staare ist die Kapsel gewöhnlich nicht zetrisseni
sondern nur aus ihren Verbindungen abgelöst, der Stoffwechsel
in der Kapsel ist nun gestört, sie trübt und verdickt sich; d^e
Linse, deren Speise der Morgagni'sche Liquor, ein Product der
ungetrübten Thätigkfeit der Kapsel ist, wird nun ebenfalls alie-
nir£.5 es entsteht auf diese Weise die Cataracta cysticCLj die Cor
taracta säiquata etc.
Der Verf. bemerkt weiter, (S. Sa) dafs zuweilen die Kap-
sel mit der Linse in abnormer Verbindung Istehe, Mras bei der
Extraction das Hervortreten des Staares hindere, dfTfs dieser Zu-,
stand entweder angeboren oder Folge eines krankhaften Prozes-'
ses sei. Diese Angabe, deren Richtigkeit man nicht in Zweifel
ziehen kann, ist auffallend, da der Verf., wie bereits bemerkt
wurde, eine Gefafsverbindung zwischen Kapsel und Linse im
normalen Zustande annimmt' und in diesen Fällen doch keine
Schwierigkeit beim Austreten des Staares beobachtet.
Der Verf. erwähnt vorzüglich des elastischen, des Zitter-,,
des Balg- und des Nachstaares, geht auf die allgemeinen un(l
ortlichen Complicationen über, giebt die Erscheinungen an, nntei:
Adams on depressibn and extraction of. Cataracta 99
welchen sich der Staar ambildet, ohne hieiiibex' etwas Neues
vorzuIegeD.
Der Verf. glaubt, dafs ausser der Operation kein Mittel,
das Uebel zu beben, ntStzlicb sich bewähre, dafs oft die Ge-
sandheit durch innerliche Mittel, in der Absicht den Staar zu
heben dargereicht, untergraben werde (S, 4(>) Kecens. glaubt
hier bemerken zu müssen, daTs, je mehr wir über die Genesis
der Cataracte aufgeklärt werden, um so erfolgreicher gegen die
verschiedenen Arten des grauen Staares, so lange er im Begin«
nen ist, eingewiikt werden kann« Wnlther, dessen Arbeiten der
Verf. lycht zu kennen scheint, hat den Weg zur rationellen Be-
handlung vörgezeichnet und mit Erfolg eingeschlagen. Auch giebt
der Verf. selbst an (S- S^\ den beginnenden Kapselstaar ,' der
sich in Folge einer syphilitischen Entzündung zeigte, öfters durch
ein passendes Heilverfahren ohne Operation beseitigt zu haben.
Kec. thetlt die Ansicht ^^ Verf. über das Unzureichende der
Arzneimittel bei völlig ausgebildetem Staare.
Der Verf. bemerkt, dafs sehr dunkelgefärbte Staare, oder
Vcrdunklangen der hintern Kapselw^nd bei durchsichtigem 2ki*
Stande der vordem und ^der Krjstall- Linse, oder Verwachsun-
gen der Kapsel mit der Traubenhaut, wenn tioch . einige Erschein
naageo, welche sonst den schwarzen Staar bezeichnen, sich bei-
gesellen, leicht Anlafs zu einer Verwechslung dieser Fälle mit
~Ama(irose um so eher verursachen, als in« solchen Fällen durch
die anhaltende Unthätigkeit der Retina ein Schwächezustand in
diesem Gebilde gesetzt ist. Der Zustand der Pupille klärt hier
nicht ^of und die Diagnose wird um so schwieriger, als der Pa-r
tient Fanken, weisse Flecken etc. (S. 63) wahrzunehmen wähnt.
Der Verf. will,.d^£s in allen Fällen operirt werde, in welchen
der 'Kranke .eine deutliche Lichtperception hat ( S. 64)'
Im zweiten Cap. handelt der Verfass. von der Depression.
Nachdem er das Geschichtliche dieser Methode, ebenso die ge-'
wohnliche Vollziehungsart derselben unvollständig, da er nicht
einmal den Unterschied zwischen der Depression der Alten und
der Reklination der Neuern feststellt, angegeben hat, sU geht er
zur nähern Prüfung derselben über. Die Einwürfe, welche deri
Verf. der Depression m^cht, sind^: i) wenn der Staar zerstückt
werden kann , so erfolgt die 'Resorption dieser Stücke schneller
ia der vordem Augenkammer, alis wenn dieselben in den Glas«
iorper eingedrückt sind. Für die Fälle, welche keine Zer-
stucklaog erlaul>en, empüehlt der^Verf. eine eigene Art der Ex-
traction, in den andern Fällen vvill er die zerschnittene Linse in
die vordere Augenkammer schaffen , um sicherer die Resorption
zu bewirken. Rec. glaubt, dafs diesen Ansichten nur zum Theil
gehuldigt werde^ indem man, entweder durch die Hornhaut oder
7*
/
\
ioo Adams on depiression and exiraction of Cataracta
iie Sclerotien die Nadel einfülireiid » die harte Linse nieder-
drückt, die weiche aber zerschneidet, die verdunkelte Kapsel ^er-
reifst und deren Flocken in die vordrere Augenkammer schiebt.
Ree. hat die Ansicht, dafi^ für solche Fälle, in welchen die Zer-
stücklung nicht Statt finden kann, des Verfs. Extractionsmethode
der Depression nicht vorzuzieKen sej. Der zweite Einwurf ist,
dafs beim gesunden elastischen Zustande des Glaskörjpers jede nie-
dergedrückte Linse, so lan^e sie 'noch unaufgel5st ist, in ihre
vorige Lage zurücktreten, oder In' die vordere Augerikammer fal-
len kann; ersteres würde abermalige Erblindung, letzteres Ent«
Zündung des Auges setzen. lR.e(B. mufs bemerken, dafs diese Be-
hauptung Scarpa^s und anderer berühmter Männer Erfahrung wi-
derspricht, da eine gehörig niedergelegte Linse höchst selten auf-^
steigt; die sich zuweilen nach der Depression zeigende Ver-
dunklung wird gewöhnlich in Verdunklung der Kapsel bestehend
mit Unrecht für die aufgestiegene Linse angesehen. Der dtitte
Einwurf besteht darin, dafs die niedergedrückte I^iinse durch
Druck die Retina und die Iris in den Zustand der Entzündung
versetze, Pupillensperre und Amaurose bewirke, besoAders wenn
/der Staar durch die Bewegungen des Kopfes' in dem Glaskörper
sich wälze. Die Erfahrung zeigt diesen Satz nicht ganz gegrün-
det, da wohl ahnliche Zufalle eher den leicht zu vermeidenden
Verletzungen der Retina als dem angegebenen Drucke zuzuschrei-
ben sind ; auch gesteht Rec. , nicht zu begreifen, wie ein in den
Glaskörper, wenn auch dieser in dem Zustande der Verflüssi-
gung sich befände, versenkter Staar hin und her zu rollen ver-
mag, da die Glasfeuchtigkeit in verschiedene Zellen eingeschlos-
sen ist. Die übrigen der Depression gemachten Vorwürfe schlägt
der Verf. (S. '8a) iiicht hoch an^ da er durch eigene Erfahrung
sich überzeugt hält, dafs Verwundungen der Chorioideuj der Re-
tina, der diliarfortsätze ohne wichtige Folgen sind. Die Ver-
letzungen der Retina und der Ciliarfortsatze sind nach Anderer
Erfahrung nicht selten die Quelfe mifslicher Zufalle, obgleich der
Verf. diese nur als eingebildet erklärt.
In dem Eingange des 3ten Cap., welches von der Extrac.-
tion handelt, giebt der Verf. (S. 120) das Verfahren von Wa-
then als Musterverfahren an, scheint demnach die Vervoilkomm-'
nungcn, welche diese Operation durch Beer, F. Jäger, Gräfe
u. a. in Deutschland erhalten hat, nicht zu kennen. Nach Auf-
führung der altern Extractionsmethode geht der Verf. auf die
Beschreibung seines Verfahrens, das fiir Fälle, in welchen der
Kern der Linse so hart ist, dafs er nicht zertheih werden kann^
bestimmt ist, über. Die Pupille wird durch Eintröpfeln des
BelladonnaGTitT'dctes erweitert; die' Auflösung des Eztractes soll
schwach sejn, und das Eintröpfeln soll in der Nacht ror der
Adams pn depression and extraction of Cataract; toi
Operation geschehen, damit die Papille^ sobald die Linse in die
▼ordere Ang^enkammcr geschoben ist, in den Mittelzustand zwir
sehen Expansion und Contraction trete (S. i38). Hec furchtet,
die Iris konnte auf diese Weise sich expandiren, ehe noch die
linse in 6,ie • vordere Augenkammer gebracht ist Die Nadel
wird nun . wie bei der Depression durch die Sclerotica in das
Auge gebracht, und zwar so, dafs eine Flache nach vorne, die
andere nach rückwärts sieht, und in der hintern Augenkammer
fortgeführt. Man versucht nun den Staar zu zerschueidcn, indem
man einen scharfen Rand der Nadel durch die Substanz der Linse
von vorne nach rückwärts zu führen sucht, alsdann die einzelnen
Stücke in die vordere Augenkammer bringt^ und der Resorption
überläfst« Der Verf. giebt an, dafs flüssige Staare in wenigen
Stunden resorbirt werden, dafs die Resorption in eineni Falle
{S.52) so schnell vor sich ging, dafs, bevor die Nadel aus dem
Auge gezogen wurde, das Geschäft der Aufsaugung schon vol-
lendet und das Staarichte dadurch entfernt war(?). Findet, sich
aber der Kern hart, so führt man die Nadel upter und hinter
den Staar, bringt den untern Rand desselben in die Pupille, und
druckt ihn dann vollends in die vordere Augenkammer,' wornach
noch die Kapsel dufch mehrere Bewegungen der Nadelspitze
zerschnitten wird. Nun wird die Nadel zurückgezogen, um die
Ausziehung zu bewirken Der Patient soll zu diesem Zwecke
in eine horizontale Lage mit massig erhöhtem Haupte gebracht
werden (S.^ i4<>); der Operateur eröffnet die Hornhaut mit ei-
nem zweischneidigen lanzettartig gebildeten Staarmesser vom
Schl^ferand her; er erweitert dann diesen Schnitt nach auf- und
abwärts, bringt ein Häkchen in die Augenkammer und zieht den
Staar aus. Einzelne Reste des Staares läfst man mit vplier Zu-
versicht auf die folgende Absorption in der vordem Augenkam-
mer Hegen. Alle jene ungünstigen Ereignisse, die bei der alten
Extractionsmethode beobachtet werden, sollen bei dieser Opera-
tionsweise nicht vorkommen.
Der ate Abschnitt des 3ten Capitels zeigt die Fälle an, in
welchen die gewöhnliche Extractionsmethode ganz unanwendbar
ist, oder nur mit den höchsten Gefahren angewendet werden
kann. Der Ve^f. findet die gewöhnliche Extractionsmethode bei
hllndgebornen Individuen und bei Kindern unanwendbar, da er-
stere des Willenseinflusses auf die Bewegungen des Augapfels
beraubt, letztere ohnehin zu unruhig sind. Für diese Fälle aber
eignet sich die Zerstücklung, wobei der Verf, um den Aug-
apfel zu fix iren, . eines Augenspiegels sich bedient (S. l49)*
Der Kapselstaar kann nur mit Gefahr auf die gewöhnliche
Weise extrahirt virerden, indem leicht Vorfall des Glaskörper^
und der Iris entsteht (S. i5o)) die Extractibn wird noch ge-
1 02 Adams on depression and extraction of Cataract
fährlichery wenn die hintere Kapsel , die fest mit der Glashaiit
zusammenhängt, der Silx der Verdunklung ist (S. l55). Die-
selben Zufälle sind auch bei dem üüssigen Staare, wenn man
diesen auf die alte Weise extrahiren will, zu befürchten;
' Der Verf. empfiehlt in diesen Fällen, besonders wenn die
Kapsel mit der Traubenhaut in abnormer Verbindung steht, hin-
längliche Zerschneidung der verdunkelten Ktipsel, oder Ablösung
uud Niederdrückung flerselben (S. i56).
Der Verf. spricht voa einem Kapselstaare mit durchsichtiger
Linse, die ebenfalls die gemeine Extraction contraindicirc. Reo.
glaubt, dafs diese Durchsichtigkeit der Linse nicht lange bei ver«
dunkeltem Zustand der Kapsel zu bestehen vermöge. Noch führt
der Vf. die Abdachung der Hornhaut, das Vorwärtsdrängen der
Iris, das Tiefliegen des Augapfels, den krampfhaften Zustand der
Augenmuskeln , eine erweiterte Pupille bei einer kleinen Linse,
wodurch leicht Vorfall des Glaskörpers entsteht, die Myasis j
Synchisis etc, als Umstände, welche einen ungünstigen Erfolg für
> die gewöhnliche Extraction herbeiführen können, auf.
In dem 3ten Abschn. des 3ten Cap. führt der Verf. die
verschiedenen Züfnlle ,an, v\- eiche auch in günstigen Fällen bei
der gewöhnlichen Extraction sich ereignen können, und sucht
dagegen das Gefahrlose seine's Verfahrens darzuthun. Rec, ohne
•^Anhänger der Extraction zu seyn, mufsx bemerken, dafs der Vrf.
nicht unpartheiisch prüft, und jene Zufälle, welche nur die Folge
regelloser Einwirkung sind,'tnit jenen Unglücksfällen, welche
nicht auf Rechnung des Operateurs kommen können, verwechselt.
So führt der Vf. die Verwundung der Iris, das Ausfliessen der
w'ässeriehten Feuchtigkeit vor Vollendung des Schnittes, das Fort-
führen des Messerjs zwischen den Lamellen der Hornhaut, das
Verstellen des Augapfels in den innern Augenwinkel etc. als
Gebrechen, welche, der gewöhnliclien Extractionsmethode anhän-
gen sollen, auf, was doch gewöhnlich nur auf Rechnung des
Operateurs «kömmt, und was bei Befolgung der von Beer gelehr-
ten Grundsätzie sich nicht ereignen wird. Ist die Kapsel gehö-
rig zerschnitten , so fordert es auch nicht jenen ' Druck des Au«
ges, welcher nach des Verfs. Meinung 'einen Vorfall ^des Glas-
körpers, so leicht verursacht, sondern durch die Thätigkeit der
Augenmuskeln tritt gewöhnlich die Liiise ohne Zuthtm des Ope«
rateurs hervor, so dafs der zweite und dritte Moment der Ope-
ration in eineii zusammenfällt. .
Der Verf. sucht seine Methode zu extrahiren ganz^ von die-
sen Flecken zu reinigen; da diese aber nicht auf Rechnung der
Methode, sondern des operirenden Künstlers kommen, so konn-
ten ja alle diese Zufälle bei seinem Verfahren ebenfalls sich er«
eignen. Nur bei einpm rein^en Linseustaare, welcher ohne örtli-
V
\
Adams pn depression and extracjtioa of Cataract to3
che und allgemeine Complication ist, halt Recens. die Extraction
angezeigt, und in diesem Falle kennt er nur einen Umstand, der
aaf. Rechnung der Methode kömmt, nämlich den Vorfall der
Iris. Ist die Methode des Yerfs. diesen verhütend? Nein, denn
wir finden (S. 223) einen Fall erwähnt,- in welchem nach dem
Geständnisse des Verfs. Vorfall der Iris Statt fand, ohngeachtet
nach der neuen Operationswelse gehandelt wurde. Rec. hat zu
oft Bieer und Jäger glücklich extrahireu gesehen, und selbst öf-
ters mit Erfolg extrahirt, als dafs er über diesen Gegenstand dem
Verf. beistimmen könnte und obgleich er für des Verfs. Tajente
die höchste Achtung hegt, und dessen Erfahrungen vollen Glau-
ben beimifst, wagt er kaum dei' neuen Operationsmethode, da
eine doppelte Verwundung gesetzt wird, den Vorzug vor der
alten einzuräumen.
Im 4ten Cap. geht der Verf. auf die Prüfung seiner neuen
Operation über, und sucht die Vorzüge derselben ziv beleuch-
ten. Bei Kindern und blindgebornen Individuen , selbst Wenn
diese das- männliche Alter erreicht haben, empfiehlt der Verf. das
schon erwähnte Verfahren, vermöge dessen die Linse sammt
Kapsel zerschnitten und dan» zerstückt in die vordere Augen-
kammer geschoben wird (S. 255). Ist die Kapsel adhärirend,
so mufs dieselbe in ihrem ganzen Umfange zerrissen, und die
losgetrennten Stücke in die vordere Aügenkammer gebracht wer-
den. Ist die Kapsel zu dick, so mufs, sobald sie hinlänglich aus
ihren Verbindungen gelöst ist, dieselbe aus der Sehaxe durch
Versenkung in den Glaskörper entfernt werden (S. 265). Wenn
ein Kapsellinsenstaar von der Beschaffenheit ist, dafs Kapsel und
Linse theils unter sich, theils mit der Ui^ea abnorme Verbindun-
gen eingegangen haben, so wird bei hinlänglicher Weite der
PupiOe die Zerstücklung dieser Xbeile bewirkt und die Resorp-
tion er zweckt; nicht selten aber ist die Vcrgrösserung der Pu-
pille durch Einschneiden der Iris noth wendig. In diesem Falle
ist dann die zweischneidige Nadel nicht anwendbar, ' sondern es
wird das Irisscalpel des Verfs. nothwendig seyn , um die Iris
leicht zerschneiden und um dem Schnitte die gehörige Ausdeh-
nung geben zu können. Das Messer wird eine Linie vom Rande
der durchsichtigen Hornhaut entfernt in die Sclerotica so einge-
stossen, dafs die Schneide .nach rückwärts gerichtet ist. ^ Würde
die Schneide anfangs nach oben oder nach unten gerichtet sejn
und dann im Verlaufe .der Operation die Richtung nach rück-
wärts erhalten, so könnte durch das Auseinandertreten <^er Wund-
ränder einTheil des Glaskörpers ausfliessen, und dadurch die Span-
nung der' Augenhäute j welche zur glücklichen Vollführung der
Operation nothwendig ist, vermindert werden. Die Spitze des
Messers wird nun durch die Iris durchgeführt, so dafs dieselbe
in4 Adams on depressiou and extraction of Cataracf.
etwa eine Linie vom Ciliarligamente entfernt vom Scbläfenindc
der Iris iü die vordere Aogenkammer tritt; das Messer wird
akdaiin durch die vordere Augenkammer die Iris quer durch«
schneidend, bis gegen den innern Rand derselben fortgeführt*
Damit die Papille die gehörige Aasdehnung erhalte , muTs die
Durchschneidnng behutsam geschehen, und zwei Drittheile des
Querdurchmessers der Iris müssen getheilt werden. Die Kapsel
und die Linse werden nnn zerstückt und die Fragmente des
Staares zwischen die Wundlippen eingedrängt (S. 370). Der
Verf. glaubt, dafs das Verwachsen der Oeffnung durch die Thä-
tigkeit der strahlichten Fasern (S. 278) verhütet werde, so dafs
in jenen Fällen , in welchen kein Staar vorhanden war, mithin
auch kein Keil zwischen die Ränder der Wunde eingebracht
werden konnte, doch die Pupille die /gehörige Weife erhielt,
selbst an Umfang zunahm, und das Sehorgan vollkommen herge-
stellt wurde (S. 280)* Die neue Extractionsvyeise des Verfs.
ist oben beschrieben worden.
In dem 2ten Abschn. des 4ten Cap. stellt der Verfass. die
verschiedenen Einwürfe, die der alten Operationsmethode ge-
macht werden können, zusammen, führt noch einige füp seine
Ansiciit sprechende Fälle in, und schliefst endlich damit, dafs er
den Erfolg, welcher in verschiedenen Hospitälern Englands und
Frankreichs nach Staaroperationen beobachtet wurde, zusammen-
stellt. Würde der Verfass. die Resultate der deutschen Aerzte,
eines Beer, Langenbeck, Gräfe, Walther etc. kennen, so mochte
die Vcrgleichungv zwischen den üblichen altern Operationsme-
ihoden und der jseinigen nicht so glänzend für ihn ausfallen.
Das vorliegende Werk zeugt von dem grossen Talente, von
der gereiften Erfahrung und cLem glücklichen, die Kunst mächtig
bereicheruclen Erfindungsgeiste des Verfs., der durch seine frü-
hern Arbeiten in >d?r gelehrten Welt glänzt.
Die zu häufigen Wiederholungen, welche in der Befolgung
der nicht ganz zweckmässigen Anlage des Buches gegründet sind,
und unnöthigerweise dessen Umfang vergrössern, dürfen den Le-
ser niclit abhalten, die darin zerstreut liegenden Schätze aufzu-
suchen. C. J, Beck*
Zeitschr^t für geschichtliche Rechtswissenschaft, herausgegeben
"von F, C. von Saviguy , C F, Eichhorn und J> F. £.
Göschen. Band, 3, Nr. y/. und Band 4- Nr. ^. ,
Band III. Nro, XL Etwas über den Ueberfall der
, Ftücht^' und das Verhauen überragender AestCj
von dem Herrn Bibliothekar Grimm in Cas^eL
JUieser kleine Aufsatz liefcit e/nen Beweis sowohl von
Zeitsdlr. f. geftcbichiL Recfafswiss. v. Savigny etc. to5
BiB&isseDdeB Gdehrsamlrait ^ als auch von der vorherrschenden
poetischen Richtang des Verfassers. Ersterer verdanken wir eine
Reihe höchst interessanter Stellen ans Spanischen, Französischen,
Friesischen und Deutschen Rechten von dem Ueber£all und Ue«
berhang, welche fast sämmtlich, wenigstens uns, bisher unbe-
kannt gewesen sind, obgleich wir ihre Zahl aus andern, z. B»
den bei Leu (im eidgenössischen Stadt- und Landrechte Th. a.
S, 645, 6) ausgezogenen Schweizer- Rechten ,> der Frankfurter
Reformation Th. 8. Tit. i3. 5* ^*> ^^^ Breidenbacher Grund«
brauch Ord. 14^ dem alten Schlesischen Landrechte Buch t»
Cap. 45. Dist. i4- U.S w., so wie aus den unbeschi^iebenen Ge-
wohnheitsrechten mancher Hessen - Darmstädtiscfaen und Cassel-
schen Districte noch bedeutend zu vermehren wufsten. Für die-
sen Theil der Arbeit wird man daher dem Verfasser Dank , wis-*
sen. Sehr bedenklich sieht es uns aber aus, wenn für die Aus-
l^ng dieser Bestimtmungen die Poesie zu Hülfe gerufei^ wird,
und es will uns fast scheinen, als ob der poetische Theil des
Aufsatzes aus detaa Gebiete der Wahrheit in das Bleich der Dich«
long zurückgewiesen werden mufste.
So müssen wir prosaischen Juristen, die nun einmal so vcr«
stockt sind,' erst dann den Zufall walten zu lassen, wenn die Lo-
gik nicht inehr forthelfen will, uns gleich den Beistand der Poe-
sie verbittep, wenn es auf die Erklärung des Sachsenspiegels B«
2. Art« 5s. und des Sächsischen Weichbildes Art. 125 u. 126«
ankommt. Die Befugnifs des Eigcnthümers, den zum Nachbarn
Mnubergerankten Hopfen wieder zurück zu ziehen, glauben wir
als Folge seines fortdauernden Eigenthums betrachten zu dürfen,
halten aber deshalb diese Bestimmung für nichts Besonderes bei
dem Hopfen, sondern meinen, bei jedem biegsamen Gewächse,
namentlich bei solchen Aesten, die sich zurückziehen lassen, müsse
dasselbe gelten. Dafür spricht auch namentlich die bei Gärtner
abgedruckte Glosse zum 'Sachsenspiegel, und eben so die oben
angezogene Stelle des Schlesischen Landrechts, worin es aus-
drücklich heilst: i Welch man bot bie sinen nackebcrn einen
bowmgarten legen was demm obir des andern gewen (leg. ge-
wer) koffipt mit sinen esten und mit sinen ersten Zwigen wer
denen deme stamme adir die wurzii in siner gewere hot der
zihe sich der irste zwige an und grife denne, so her veste möge
was im denne volgit das ist sin das do un adir nicht gevolgen
mag das sal ienes sin.« Fragt man nun aber weiter, warum
der Nachbar das überfallende und überhängende Obst ganz oder
zum Theil zu sieh i^ehmen und behalten düidPe, so gehen wir
davon aus, dafs(^ses fast überall durch Gewohnheit entstandene
und in den Ländern des Germanisch ea, Rechtes so weit verbrei-«
tctc Institut mit sehr allgemeinen Germanischen Rechtsideen zu-
io6 , Zeitschrift fiir geschiehtlicbe
samme&bängen müsse. . Und diese idee scheint uns keine andere
als die Heiligkeit der Were oder der wichtige Grundsatz zu
' sejn, dafs man in seinem Hause^ so wie in seinen befriedigten
Besitzungen, alleiniger Herr und Meister und nicht gezwungen
sejn soll, wider seinen Willen dem Nachbarn darin den Eintritt
XU Yerstatten. Im Glarner Landbuche pag. 54* (bei Leu a. a«
O.) ist diese Beziehung bestimmt anerkannt, indem es bei Obst-
bäumen, die über den Zaun ragen , dem Anstösser gestattet, dais
er Vauf sein G]|;und und Bod^- gehen, und was er dann zumal
mit denen Händen und Hacken erlangen mag, abgewinnen niö-
gen, doch dem anderen j auf dessen Grund der Baum stehet j
nicht auf sein Boden gehen noch auf den Baum steigen solle j
' und hinwider der^ andere demselben auch nicht. <l Dafür spricht
ferner das vom Verf. angeführte uralte Herkommen des Anites
Landeck, wornach nicht der Eigenthümer sondern der Nachbar
die auf seinen Grund und Boden überragenden Zweige beern-
tet, und nachher nur dem Eigenthümer des Baumes den dritten
Theil davon zurück giebt; welche Yerfahrungsart des Zurück-
gebens wohl regelmässig da eintritt, wo eine Theilung der Früchte
statt findet. Endlich ergiebt sich auch aus der bisher noch un-
gedruckten Görlitzer Glosse zum Sachsenspiegel, B. 2. Art. 52.,
dafs die dem Anscheine nach allgemeiner gefafsten Bestimmun-
gen dieses Rechtsbuches auf !»hopfengertin, odir weingertin odir
baumgcrtin di gereint und grenicz weren und gescheiden mit
ein grabin odir mit 'ein zune«, also auf befriedigte Besitzungen
beschränkt werden müssen; so' wie sich denn auch anderswo,
z« B. im Hessischep Districte Blankenstein und in Unterwaiden
und dem Kernwald der Grundsatz findei: »..fällt aber das Obst
auf die AUment oder die Gassen, so mag einer desse die
Bäume sind, dieselbige Frucht wol zu seinen Händen sammeln,«
(Leu a. a. O.). — Interessant ist es zu sehen, wie der Glos-
sator zur angeführten Stelle des Sachsiuispiegels nach der Gör-
litzer ^Handschrift das deutsche Recht gegen Einwürfe aus den
Römischen Gesetzen rechtfertigt, und es mit den letztern in Ein-
klang ^\x bringen sucht. Auf die den Schöffen vprgelegte Frage :
»Ab ein man einen obiz boum hette sten an seinem zune odir
reine von dem boume viel alz. er in schütte in sines nagebures
Hof mochte dirre diz wider nemen mtt rechte?«, antworten die-
selbe : »Ilir uf spreche wir ein recht. Hot ein man einen
obiz boum neben sienz nagebures rein odir grenicz alz er sein
obiz abslehit, wez so in seins nagebures hof velt daz ist sein
nagebures von rechtiswegen«:, und entfernen den ihnep gemach-
ten Einwand: »Diz ist unrecht und zih mich an daz recht,
weune daz recht sprichit. Ich will mit nichte daz ymant gewalit
gesche an seinem fruchtin zu lesen, ut l. 4 pr, D, de glande
Rechtsifis^enschaft von Savigny.ctc. io7
legendaj und vile denne eins maos frucht in eins hoff, •— - und
weret tsan qIo denne in den liof zu geen so tet man ihm ge-
walt, so were auch jo da^ urteil unrecht« — mit/^der Solucio:
»Diz lose wir alsus und sprechin. Daz daz urteil nicht unrecht
sj wenn daz recht spricht das man im keine ^gewalt suUe tun,
wenn er sein obiz scbut noch auch an seime lesin. 'Daz tut man
nicht wenne waz in einz andern gewere kumt. Daz \MtsiX \x^
eins andern gewalt mit rechte und dor-umb tut man im keine
gewalt. « — Besitzt nun gleich der Nachbar das in sdne Were
herüber, gefallene Obst nicht auf eine fehlerhafte Weise, so folgt
daraus doch nicht, dafs er dasselbe ganz oder th'eilweise behal-
ten darf; allein er leidet durch die Nähe des ßauines, er hat
die Muhe des Auflesens und der Gegenstand ist nicht bedeu-
.teud, deshalb hat es gewifs alle Billigkeit für sich, dafs ihm der
Ucberfall so wie der Ueberhang, den der Eigenthümer nicht
von seinejoi Grund und Boden aus einärndten kann, ganz oder
zum Theil verbleibe. Hier entscheidet also nicht der Begriff
des Instituts, sondern die Billigkeit, und so darf es uns nicht
befremden, wenn die Rechte in dem, was sie dem Nachbarn
einräumen, so sehr von einander abweichen, ihm bisweilen AUes^
bisweilen einen gewissen Theil von jedem Ueberfall, bisweilen
hingegen «nur vom Sommerobste zusprechen, und ihn auch wohl
verpflichten das Obst, was ein 3turm herab geworfen hat, dem
Eigenthümer zum grösseren Theile zurück zu geben. — ^
Die Hauptideen, womit die Lelire vom Ueberfall der Früchte
zusammenhängt, sind nun dem Römischen Rechte fremd, yielmehr
gestattet uns dieses, stets ^egen eine cautio damni infecti den
Grund und Boden des Nachbarn zu betreten, um unsere dar-
auf |;eratheae Sache wieder wegzunehmen. _ Da nun dieses na-
DlentlicK auch bei übergefallenem Obste gilt (b^sS* i* D, ad
exfiibendum), ohne dafs irgendwo auch nur angedeutet Ist, der
Nachbar dürfe etwas düvon behalten, so wird es schwerlich bei
Juristen Beifall finden, wpnn Herr Grimm aus dem bekannten
tertio quoque die beim interdicto de glande legenda folgert, das
am <^ten Tage übergefallene Obst s^j dem Nachbarn verblieben.
Das Verhauen der überragenden Ae^te wird nach den Ger-
manischen Rechten gewiüs aus denselben Gründen wie bei. den
Römern gestattet, und der^ Ueberhang in einer gewissen Höhe
mufs wohl ebenfalls deshalb geduldet werden,, weil ein jus prO"
kibendi rücksichtlich der über ^unsefm Grund und Bocten be-
findlichen Luftsäule uns doch nur gegen solche Anlagen zuste-
hen kann, die der gewählten Benutzungsart von Grund nnd Bo-
den auf eine bedeutende Weise hinderlich sind. Zwei Abwei-
chungen vom Römischen Rechte sind dabei bemerkenswertb. Die
eine besteht in den eigenthümüchen Arten der Höhebestimmung
io8
Zeitschrift för geschichtlicfae
tut die zu duldenden Aeste, erklärbar aas dar danudigen Vor-
liebe des flachen Landes for handgreifliche Bestimmungen beim
Meissen und Wiegen, und dem Mangel stets gleicher Normal-
Maafse ubd Gewichte daselbst. Als eine zweite ist nach der
Fassung fast aller Rechtsurkunden der Satz anzunehmen-, dafs
der Nachbar mit den^ Verhauen der Aeste nicht zu warten
braucht, bis der Eigenthümer sich geweigert hat, es selbst zu
thun; wobei nur die bei Leibnitz abgedruckten alten Goslar-
Gesetze B. i. vom Ervegude §* 56. ein Bedenken machen.
C.
Band IF. Nr. IL Skizze des Güterrechts der Ehegatten
nach einigen der ältesten Teutschen Rechtsquellen, von Herrn
Professor Hjsse* — - Bei der Anzeige dieses geistreichen Auf-
satzes, der dem Vorworte des Verfs. zufolge, theilweise nur ein.
Auszug aus einer bereits ausgeführten grösseren Abhandlung ist,
und der nur die zusammengedrängten Resultate reichhaltiger
SammluKgen und Vorarbeiten über den Gegenstand liefern soll,
kann Rec. gleich anfangs den Wui|sch nkht unterdrücken, dafs
es damit nicht gehen möge, wie in der Einleitung zu dieser
Zeitschrifr sehr wahr gesagt ist, dafs kleinere Abhandlungen leicht
die Abieiter grösserer und bedeutend^ Werke würden, und
dafs der Verf. mit dessen feinem Takte gerade eine Materie, wie
die vorliegende, behandelt sejn will, hier nicht zögernd die Rolle
eines blossen Acclamator übernehmen, sondern, da er, seinem
eigenen Bekenntnisse zufolge, den Eid, das Recht hier nicht wei-
sen zu können, nimmermehr leisten kann, es auch gestatten möge,
auf ihn recht eigentlich die Frage zu stellen. ,
Herr Hasse geht in der Einleitung davon aus, die Teutschen
hätten gleich' den Römern bei der Ehe an eine idealische Ein-
heit des Lebens und der Schicksale gedacht, und hätten ferner
angenommen, dafs diese Einheit sich aqph ^m Vermögen, wovon
ja die Schicksale mit abhingen, darstellen solle. Mann und Weib
hätten folglich bei ihrem Leben kein g'ezweietes Gut haben kön-
nen, was um so natürlicher gewesen sey, da man nicht von dem
Grundsatz der Römer, dafs der Mann die Lasten der Ehe zu
tragen habe^ sondern davon ausgegangen sej, dafs diese beiden
Eheleuten gemeinschaftlich oblägen und unmittelbar aa( beider
Vermögen ruheten. Diese Einheit des Vermögens . sey vermittelst
der ehelichen Vogtschaft in dem Maafso bewirkt worden, dafs
die Frau, so wie sie dem Mann ihre Person so auch all ihr Gut
vertrauete, es seiner Gewehr, seinem Schutze, und seiner Ver-
fügung unterworfen habe, und dieses nach ursprünglichem Rechte,
wie es sich noch im Sachsen - Spiegel darstelle, »hne Einschrän-
kung und ohne alle obligatio des Mannes. Blieb' daher auch der
Frauen Gut während der Ehe ihr Eigenthum, so konnte doch
der Mann darüber, selbst mittelst einer Veräusscrung , frei ver-
Rechtswissetisehaft TOjfi Savigny etc. iog
fugeiii wena gldcli die Sitte dieses nicht billigeyi mochte; und
leste sich nach mit aufgehobener Ehe die Vogtschaft so wie die
darauf gegründete Einheit des Vermögei^ wieder auf und erhielt
nuQ jeder Theä seine R^echte wieder zurück, so bekam er sie
doch nur' zurück, so weit und so wie sie vorhanden waren ^
was verloren war, blieb verloren und brauchte nicht ersetzt zu
werden. Die Frau, die während der Ehe nichts von ihrem Gute
veräussern konnte, erhielt jetzt darüber die freie Verfügung zu-
rück. Das Vermögen habe sich aber bei der Trennung «nicht
hlofs in seine ursprunglichen Bestandtheiie aufgelöst, das habe
der eheliche Erwerb gehindert, woran der Frau, die nach der
ganzen dejutsphen Lebensyveise als mitarbeitend gedacht. Wwde»
müsse und die ihr eingebrachtes Gut zu den Kosten der Ehe
mit hergegeben hatte, die folglich auch hinsichtlich des Verm5- >
gens als eine socia des Mannes im weiteren Sinne angesehea
wurde, ein Antheil eingeräumt w^den muJste. Die alten Volks-
gesetze enthielten über die Vertheilung des ehelichen Erwerbf
abweichende Besttiinmungen, auf die zum Theil schon das Romi*»
sehe Recht eingewirkt hatte, die Ufer&anken (wohl allgemein die
Frauken s. Cap» Üb* 4' ^* $f^^* ^» c* üg5>.colL Marcidfi fornim
II j 4J.) gaben der Frau nur ein Drittel, die Westphalen die
Hälfte; andere Hessen sie nicht an der ganzen Errungenschaft
Theil nehmen, sorgten aber dann bestimmt für sie durch eine
Gerade oder ein bestimmtes Witthum*
Rec. findet diese Darstellung^ im Ganzen eben so richtig als
lichtvoll, und erlaubt sich blofs einige BemeAungen. In der
Vorstellung, dafs rechtmässige Eheleute als ein Leib angesehen
werden, scheint uns zugleich die würdevolle Stellung der deutr
scheu Hausfrau angedeutet | und wir möchten in der Beziehung das
alte uplandische Recht zur Vergleiehung anführen, welches dem
Manne gebot, das Weib als ein Glied seines eigenen Korpers zu
ehren,' und wornach der Vater des Weibes sie ihm mit den Wor«*
ten übergab: »ich gebe dir meine Tochter zur Ehren Und zur
Frauen, zum halben Bette, zimi Schlofs und Schlüssel,. « -^ — -^
Offenbar war hier die Meinung, es solle der Frau nicht blofs
die Pflicht obliegen, sich des Hauswesens anzunehmen, sondera
sie solle auch das Recht dazu haben, «wie letzteres auch noch
namentlich daraus hervorgeht, dafs gedachtes Gesetz der Frau
eiae Klage gegen den Mann einräumte, wenn er ihr ohne :ge«
hörigen Grund dip Schlüssel abnahm. Obwohl nun in den deut*«
sehen Gesetzen unsers Wissens diese Ansicht in so bestimmten
Formeln und Rechtsgrundsätzen nicht ausgesprochen worden ist,
so möchte sich doch unbedenklich annehmen lassen, dala sie im
Leben bestanden und durch die Sitte ihre Sanction erhalten habe.
Wie. hätte sich sonst die sehr gewöhnliche Form» .womit die Frau
110 ' Zeitschrift für geschichtliohe
sich des elielichen Nachlasses begab, dem veirstorbenen 'Manoe
die Schlüssel auf das Grab zu legen, bilden können ; und wiiirde
es nicht auch bei uns von jeher sehr unsittlich und für die Würde
der Frau verletzend geachtet worden sejn, W€nn der^Mann ihr
ohne gehörigen Grund die Schlüssel und damit die Verwaltung
des Haus'vr.esens entziehen wollte?
Diese auf Einfachheit des Lebens und auf die Innigkeit des
ehelichen covsortii gegründete Einheit des Haushaltes, und die
dabei der Frau durch Sitte und Recht eingeräumten Befugnisse,-
scheinen uns n^n die Eigenthümlichkeiten der ehelichen Güter-
Terhaltnisse der Deutschon vor denen der Römer veranlafst zu
haben. Zwar stand auch die Römerin dem Hauswesen vor, wie
schon . aus den bei der aeductio in domum mariti beobachteten
Förmlichkeiten hervorgeht, aber sie that es mehr als Schaffncrin,
wie als Genossin des Manneis, und schwerlich fand man etwas
dabei zu erinnern, wenn der Mann dieses einem seiner Leute
übertragen voUter Die Einheit des Haushaltes wurde auch nicht
als wesentlich angeseh^n^ denn ei konnte ja namentlich der Frau
ihr Brautschatz vom Manne zurückgegeben werden, um von des«
sen Einkünften sich und die Ihrigeft zu alimentiren (L ^3. §./•
2). de iure dotium); eine vertragsmassige Trennung vom Tische,
die das deutsche Recht als dem Wesen der ehelichen Genossen-
schaft widerstreitend gewifs nicht zugelassen haben wurde* - Ge-
nossenschaft aber ist in der Germanischen Rechtssprache der Kunst-
ausdruck 2ur Bezeichnung des von dieser Seite der Gleichheit
Hud der Gemeinschaft von Vermögensrechten betrachteten eheli-
chen Verhältnisses. So, um nur einige Beispiele anzuführen,
heilst es in dem Frciburger Freiheitsbriefe vom Jahre 1120 art.
21 : i>Omni4 muiter est genoz wi sui in hac civitate; it vir
rmdieris simüiter. Omnis quoque mulier erit heres viri sui et
vir similiter erit heres älius;€, was in der vei wandten Aurea
bulta Bernensis a. laiS art. 4o* mit folgenden Worten^ ausge^
drückt ist: » quicunque Jiurgerises in urhe vd- extra cow
traxerintj chiuscitnque fuerint conditionis , pares sint in omni
Jure, et uno defuncto alter omnia bona ipsius, que reliquitj jure
kereditario libere et quiete possidebit;€ und im Sachs.Sp. B. 1.
Art. 4^' findet sich der Ausspruch, den wir mit den Worten
der Wolftenbuttler und Dresdner Handschriften anführen wr ol-
len: »Ab ein man sinem wibe nicht ebinburtig ist, he is doch
ir Vormunde iinde si is sin genos^unde trit in sin recht, wenne
si in sin bette gct «...•• Am wirksamsten zeigt sich diese Ge-*
Dossenschaft in bestehender ^ Ehe , -^ und dies möchte gemeinen
deutschen Rechtens seyn — ; aber nicht selten bleiben die Fol-
gen davon auch nach aufgelöster Ebc^ sichtbar, z. B. durch einen
lebenslänglicheu Nicisbrauch des Ueberlebeaden am Gesammtgute,
Rechtswissenschaft von Savignj etc« üi
oder c'urcii Fortsetzung des Gesammtbe&itzes mit den Kindern,
— - worüber etwas Allgemeines sich nicbt mehr sagen la'fst, ge«
rade weil die Geipeinschaft mit Trennung des ehelichen Bandes
aufgehoben ist, und ihre späteren Wirkungen nicht mehr durch
eiae strenge Ausbildung des Princips, sondern nur. nach dem
der sckiYankenderen Billigkeit bestimmt werden können.
Während der Ehe besteht nUn aber neben der Genossen-
schaft und im gewissen Sinne ihr gegenüber, die Vormundschaft
oder die Vogtschaft des Mannes über die Frau. Diese Vor-
mundschaft des Ehemannes, obwohl sie aus der Ueber tragung des
'Mundii, dem das Weib schon vor ihrer Verheirathung unter-
worfen war, entstanden ist, unterscheidet sich doch, so weit sie
auf das Vermögen des Weibes von Einflufs ist, von demselben
v^esentlich dadurch, dafs das Vermögen der Unverheiratheten in
ihrer Gewehr und Verwaltung bleibt, und sie nur nichts ohne
Einwilligung des Mannes davon veräussern darf; während das
Vermögen der Ehefrau der Gewehr und Verwaltung ihres Mau«
nes anvertrauet wird. Der Grund dieser Verschiedenheit scheint
uns nun lediglich.. in der zwischen den Eheleuten wenigstens für
die Dauer der Ehe bestehenden Genossenschaft, oder mit andern
Worten, darin zu li^en, dafs dem Ehemanne schon als solchen
die Einkünfte des Frauengutes mit gebühren, und dafs Beider
Gut zu einem und demselben Zwecke, um die Lasten der Ehe
daraas zu bestreiten, dienen soll. Wenn nun aber hiernach nur
eilt« Administration des Gesammtgutes geeignet erscheint, so kann
diese nur deni Manne, als dem Haupte der Ehe gebühren. Sehr
merkwürdig scheint Rec. in der Hinsicht eine SteUe aus der nn«
gedruckten Glosse der Görlitzer Handschrift des Sachs.Sp« vom
Jahre 1387,.. wo 2u den Schlulsworten von B. 1. Art.44. (vulgo
Art 4^.) dieses Reehtsbuches , die Frage aufgeworfen wird:
»worum mugin mejde und ungemante weip ir gut vorgebin 'att
irs vormundei's wiÜe, und nicht eliche weip?« und darauf die
Antwort erfolgt: >Czu dirre frage antwort wir also, meide und weip
di nicht bemant sin mugen ir gut gebin jtvem si wollen dorom
daz ir Vormunde mit in czu schadin nicht stet, ellcher weibe
Vormunde stet abir mit irm manne in ebinture uf schade und
uf gewin«. — Aus dieser Gruiidansicht des ehelichen mnndü,
und aus der deshalb dem .Ehemanne am Vermögen seiner Frau
eingeräumten Gewehr folgt nun in Beziehung auf Veräusserun-
gen nichts weiter, als 1) dals der Mann vom Mobiliar*- Vermö-
gen der Frau rechtsbeständig veräussern kann, was er will, denn
dieses hat die Frau durch Eingehung der Ehe freiwillig aus ih-,
rer Were in die, des Mannes übertragen, kann also zur Vindi-
cation aus der Hand eines ' Dritten in keinem Falle zugelassen
werden ; 2) dafs er ebenfalls ohne die Frau zu fragen , auch ,
Liegenschaften der Frau auf rechtsgültige Weise alieniren kann
112 Zeitechr. f. geschtl. Rechts wissensch. v. Savigny cta
wenn diese Alienation. zu solchen Zwecken vorgenommen wnr*
de^ für welche das Gesammtgut * der Eheleute bestimmt war, also
s. B. um davon- zu leben, oder um den verschuldeten Mann mit
dem Erlös von der Uebergabe zu Hand und Halfter zu befreien.
Es folgt aber daraus keinesweges, 3) dafs der Mann auch aus
anderen beliebigen Gründen die Liegenschaften der Frau — selbst
wenn darauf ein Faniiliennezus nicht haftete» wp sich die Be-
schränkung anderswoher von selbst ergab — ohne deren Za-
skimniung an Dritte unwiderruflich übertragen konnte; denn bei
Liegenschaften nimmt der Umstand, dafs ich die Gewehr daran
einem Dritten eingeräumt habe, mir nicht die Befugnifs, mich
•— - so wie das Recht des Dritten erloschen ist «— zu 4em Gute
zu ziehen, auch wenn es sich jetzt in fremder Hand befindet
So lange freilich das Recht des Dritten fortbesteht, und insofern
er dasselbe nicht durch die weitere Yeräusserung verwirkt (vgL
L f. i8. §« 1.; II. f. g. pr.; 5a pr. §« i.; 5$ pr.), kann der
Eigenthumer gegen den . weiteren Erwerber nichts ausrichten,
weil dieser durch das Recht seines Auetors geschützt ist; und
so wird insonderheit der, welcher das Frauengut, vom Manne
erworben hat, während bestehender Ehe gegen die ' Ansprüche
der Frau um so mehr gesichert sejn, da letztere ohne Vollbort
ihres Mannes gar nicht gerichtlich auftreten kann ; es möchte denn,
was aber ohne eine positiv'e gesetzliche Vorschrift nicht angenom-
men werden kann, die eigenmächtige Yeräusserung des Frauen-
gutes den Verlust der ehelichen Vormundschaft, wenigstens hin-
sichtlich dieses Gutes nach sich ziehen. Dafs aber nach getrenn-
ter Ehe die Frau oder deren Erben sich nicht des Gutes nn«
terwinden können, folgt nicht, und wir können daher dem Verf.
nicht beipflichten, wenn er allgemein behauptet, nach ursprungli-
chem Teutschen Rechte^ sey das Gut der Frau dem Mande un-^
bedingt unterworfen gewesen, und er habe es frei veräussern
dürfen« Dafs man zu letzterem , bteonders wenn ,, wie in man-
chen späteren Geset7.en, eine freiere Veräusserung der Liegen-
schaften gestattet wurde, leicht gelangen konnte und wirklich öfters
gelangt sey (wohin 4ie Jura Friburgi a*ii2o art«22u*37* u* die Au*
reß huUa Bern* a.i2i(iarti 42» 43, die wohl schwerlich blofs von des
Mannes Gut za verstehen sind, gehören möchten) bestreiten wir nicht i
allein aus dem allgemeinen Zweck der Vormundschaft- über Weiber, sie
zu schützen, zn vertreten, und für die Erhaltung ihres Vermögens zu
sorgen, ohne dals dadurch der eigene Wille des Weibes ennullirfc wurde,
scheint uns hervorzugehen, dafs da, wo der Zweck der ehelichen Genos-
senschaft eif anderes nicht mit sich braGhte,da£B mithin in den eben unter 3)
aufgeführten Fällen derMann nach den echten GermanisohenRechtsgrund-
sätzen die Liegenschaften der Frau ohne deren Einwilligung nicht rechts-
beständig veranssern konnte, oder dafs, wie eine MainzeV Urkunde vom J.
li3i sich ausdrückt, es eigentlich die Frau seyn mufste, die die Veräusse-
rung vornahm „per manum maritisui in cuius mundihurdio ipsa et bona eins ibc«
bebantur (ße Gtdenus Cod. dipL 1 1« p« 98). (Der ffeseblüß folg^O
^^ S» Heidelberger 1823»
t
Jahrbücher der Literatu^.
Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft von >Sat^ißn^ etc.
f. ,( Btseblufs»')
Jtfür diese Behauptung fehlt es denn auch nicht an directenBe-r
weisen, von denen wir nur drei herausheben wollen. Bei den
Longobarden war das Weib bei Schenkungen und yeräusserun-
gcii an die Einwilligung ihres Vormundes gebunden. L. Rat^w'
ris 2o5»^ Dieses Gesetz unterscheidet nicht zwischen unverheira-
Iheten und verheiratheten Weibern, und dals hinsichtlich der
letzteren den Ehemännern keine grössere Gewalt und* keineswe-
ges die Befugniüs zustehen sollte, ohne freie Einwilligung der
Frau deren Güter zu veräussern, ergiebt die Verordnung in TLegg.
Liutprandi Lib. IV. cap. 4*> wornach es bei jeder solcher Ver-
äusserudg zuvor constatirt werden mufste, dafs der Mann die
Fraa dazu nicht gezwuqgen habe; wie denn auch Urkunden
aus damaliger Zeit ergeben,^ dafs die in gedachtem Gesetze ror«
geschriebenen Formen in der Praxis genau betolgt wurden (Urk.
V. J. 1017 bei Muratori antiquitates Italiae medii aevi Tom» s^
pag* 4»^ — 43o). Das zweite Beispiel möge, das Lübisclve Recht
ao die Hand geben, in dessen ältesten lateinischen Handscliriftea
(bei de fP^es^hälen monumenta iriedita tom% 3. coli, 6 st 3.) af't*
%8. sich schon folgende Bestimmung findet : » F'ir non potest
i^pignorare, vendere vel dare iixoris sue immobdia cum q^iibus
ipsa adhesit (da he mit "sineme^Wiwe heft gendmen — Cod, a, .
4fi4o art, 7. ibid. col. 64o») preter eins voluntatem et Liberorum
si liberos hahuerint^ nisi legitima cogente necessitate , scilicet
captivitatiSß Jarrimisj ivel si in proprietatem dort deberetj, tunc id '
sine eontrad{ctionejaoerepoterit,€ Zur Vergleichung möge Itie-
neben das nahe verwandte Hamburger Recht stehen, wo m der
ältesten Redaction vom Jahre 1270 der aoste Art. des isten
Stucks (^bei Anderson im Hamburgischen Privatrechte- Thl. i.
S. 39.) so lautet: »Werd en^r Vrouwen Erve medde geven,
also men se to Mann gifft, offte werd van creme Gude Erve
koff^, dat Erve ne mag cre Man nicht vorsetten offte seilen ,ed-
<ler uplaten ane ere VuU-Bort und ere' Jawortc Zwar ist die
Richtigkeit der Lesart hier nicht ausser Zweifel, indem nament-
lich eine auf der Göttinger Bibliothek von Preier dortliin ge-
8
X
y
ii4 ^ Zeitschrift für geschichtliche
schenkte Handschrift die ansgezeichnet gedruckten ^Wörter niclit,
mithin gerade den entgegengesetzten Sinn der Vorschrift enthält;
«nd in den späteren Redactionen von 129a und i497 >^* ^^^
Artikel atweichend" dahin gefafst : »Wert einer vrouwen erve
' mede gheven also men se to manne ghift. ofte wert mit eremc
goede erve coft. dat enre mach ere man wol setten^ofte seilen
ofte oplaten ane ere valbort und ere jawort. ofte he ein bederve
mau is und he is behuf hebbe« (Statut v. lags C. XIIII. bei
Anderson a, a. O. S. 266 ^^ Stat. von i497 ^* ^I^*» ebendas.
S. 433)« AHein 'die Göttinger «Leieart 'scheint durchaus man-
gelhaft, und in den späteren Redactionen schliessen die End-
worte die Wniktihr des Mannes aus, und gestatten ihm die Ver-
äusserung nur im Falle des Bedürfnisses, bringen es also auf den-
selben Punkt, Vfle das Lubische Recht, welches jenen Fall des
Bedürfnisses nur specieller ausführt.
Wenn nun aber diese beiden dem alten Sächsischen Rechte
angehörigen Statuten dem Manne die unbedingte Veräusserung
der Liegenschaften seiner Frau ohne deren Einwilligung nicht
gestatten , ein Grund aber« warum die Städte eine solche Be-
, schränkung bei den ^ Immobilien der Weiber neuerdings einge-
führt haben sollten, so mrenig erfindlich ist, dafs vielmehr ein
entgegengesetztes Verfahren bei weitem leichter zu eHiLlären sejn
mochte; so darf man wohl mit Sicherheit annehmen, daüs jene
Vorschriften aus dem älteren Rechte herüber genommen worden
sejen; und mufs es bedenklich 'finden, Mrejin ftt^ Hasse aus 'dem
Stillschweigen des Sachsenspiegels (S. 69, 70 und }S.) tfolgeri,
dafs es darnach. der freien Willkühr des Mannes überlassen wor-
den sey, Liegenschaften seines Weibes ohne deren Jawort zu
veraussen. — Zur Bestärkung unserer Ansicht möge hier end-
lich ein'e auch sonst merkwürdige Stelle aus dem bekamiteo Eng'
wüschen Rechtsbuche des Ranulphus de GlanviUa (womit zum
richtigern^Verstandnifs ^ie Regiam Majestatem Likr* 9. eap, 46»
§. 4ü — - 46* zu vergleichen sejn möchte) stehen, die wir aus
der Ausgrabe von 1673 entlehnt haben. ISs lautet hier nümlich
Lib. YL cap. 3. so: i^Sciendum autetn estß quod muUen nihil
jiotest disponete circa dotem suam (d. h. ihre Morgengabe, s.
fleta llbr. 5. cap, 33. §. a.) tempore vitae mariti sm\ Quia
cum midier ipsa plene in potestate viri sui de jure sitj non est
mirum si tam dos quam ^sa muiier et cetera^ pmnes res qfsius
midier is plene intelliguntur %ssä in dispositione wi ipsias, Potest
autem quüibet iixörem heJfens , dotem uxoris suae donare njel
*venderi, vel tdio quo voluerit modo alienare in t/ita suay ita
quod tenetur uxor sua in hoc sicut et in aliis rebus )omnihus,
quae contra deum no7i sunt ei assenttre, Adeo euitem ienetur
mulier obedire viro suo quod si vir ejm dotem suam. V€nderc
' Recbts Wissenschaft von Savigny elc. iiS
pöluerä €t ipsa^eantradixerUß fal. consenstrii) npostea fuerk
ita pmüta dos ei emptUj mortuo i^y-Q^stio (oL adduut: non)
poterii midier dotent ipsam versus empiorem petertj si confessa
fuerh üi curia vdf/fuper hoc convicta quod ea contmdictntc (td
consentientej viro suo fuerit dos a viro suo i^cnditOM '*
Rec. ist bisher dem Verf. mit grösserer Ausföhrliclikeit ge«
folgt, weil es den Grundbegriffen des Ganzen galt; tum £inzel<»
nen mofs er sich daher desto kürzer fassen, und sich — ausser
beim Lübischen Rechte, wo es noch einmal einer Grundansichf
gelten wird — mit einzelnen Bemerkungen begnügen«
Zunächst wird nun das eheliche Güterrecht nach dem Sach«»*
seaspiegel dargestellt; ei'nleitungsw eise bemerkt, das Eingebracht«
der Frau habe gewöhnlieh nur^tn Gerade bestellen können; dann
voa den einzelnen Bestandtheilen des iingezweit^n Guts wiihrend
d/*r Ehe, gehandelt^' und als solche angeg<:ben: Eigen > Gerade^
Morgengabe, eingebrachte Fahrnif» des Mannes ui^d der Frau^
die nicht zar Gerade gehören, und Erwerb in der Ehe ausseid
der Gerade. — Wenn der .Verf. bei der Gerade behauptet, in
fruherea Zeiten sdietne sie mehr auf w^blichen Schmdck be^
schrankt gewesen zu seyn: so erhält das durch Lex Bargund*
Tit« 5i. §. 3.^ wo auch nur otnainenta et uestintenta matrimo*-
rutia genannt werden, seine Bestätigung. Ovis die Schaafe z^r
Gerade gezählt werden, erklärt sich um' so leichter aus dem Geiste
des IdstttutSy da nicht blols das Kratzen der Wolle sondern auch
das Scheereu der Schaafe vor Alters za den Geschäften der Wei»
her gezShlt wurde. ,Capit. i. a. j89ycap. 79 in fin. Deshalb
ist es denn ^uch ganz in der Ordaung^ dafs nicht blols einzeln«
Schaafe, sonderoi 'Wenn deren auch Viele, zur Gerade ^[erechnet
wurden. So sagt auch die Görlitzer Glosse zum Sachs.Sp. L
^4 »Hot Qin fieischhonwer schoff ocler rinder odir ku odir
aadtr vich do er alle tage czu den benken abslet daz gehört czu
dem erbe und nicht czu < der gerade« hot er abir schoff oder kue
vz gethan umb nucz daz ist umb caUAs odir hot erz in sime hns6
czu sime tegelichen nucze waz sotans weibez gesiechte ist dai&
gehört CBU der gerade ?on. rechtiswegedc. Aber warum ist vom
Verf. nicht der Heerwedde neben der Gerade gedacht? — Ge*
wi£i deshalb, weil wenn der Mann die Frau überlebt nur die
Gerade ausgeschieden wird, das Heergewedde aber gar nicht als
etwas Besonderes hervortritt,/ sondern ab cfin gewöhnlicher B&-
standdietl des Erbe bei dem Manne bleibt« Wir meinen nnn
alxT, a«ch die Gerade trete als etwas Besonderes erst bei einem
£rbfalle und der demnächstigen Erbtheilung hervor, und las'se
sich nicht füglich als ein Bestandtheil des ungezweieten Gutes
«DgcSien ;• denn theils ist es früher von matiehen Gegenständen
^twifs^ <4> sie zum Qrbe, zmp Heergerätbe oder zur Gerade
->
ii6 Zeitschrift /für geschichtliche
kommen, theik reden die Rechte davon nur bei TheSangen des
Vermögend, theils endlich möchte es von keinem praktischen In-
teresse sejn. das Mobiliarc früher nach jenen Rücksichlen zu
sondern, da, wie Hv, Hasse n^ch dem Sachs,Sp. ausfährt, und
wie das noch' bestimmter in manchen Westphalischen Statoften
herausgehoben ist, der Mann, über alles, was zur Fahrnifs geliorte,
auch über solche Gegenstände,, welche dereinst als Gerade der
Frau oder . deren Erbinnen anfallen möchtejn , ohne auf Nothfälle
beschrankt oder zur Rechenschaft gehalten zu sejn,.frei verfiigeo
konnte (^ergl. die alten Dortmunder Rechte bei Dreier in den
'Nebenstunden S. 4^99 Rüthenisches Stadtrecht yom Jahr üjS
<:ap* 44 — 58).
Bei der Morgengabe eildärt der Verf* das im Sach%«Sp. I,
20. vorkommende und oft miüsverstandene »getüne und getim-
barec durch ein Gebäude, was aber hier als Fahrnifs gedacht
werden mu^e. Die Richtigkeit di<^ser Erklärung, ergiebt sich
auch noch aus Aen.Codicibus picturatis, die zu -jenen Worten
des Artikels ein mit einem' Zaune .befriedetes Hausi darstellen,
und aus der Gorlitzer Glosse, die hier bemerkt: 3 Nota AI2
er spricht czune und czimmer ••»••. daz ist alle g^bude dax uf
eines gute stet • . • . daz .gibt er. siner frauweu nach mejdcbur-
giscbim rechte, und mag iz auch losin ab\er wil. — jilf einme
weihe, so gebude un4 czune und czimmer gebin wurde und si bot
iz czu, losie und genir weigert iz czu, losin mochte siiz alhrechin
und weg füren mit rechte? Hir. uf spreche, wir ein recht, si
muge noch lantrcchte. und nicht nocU weicbilde rechte, wen czu
weicbilde bawct man mit steinen, dorum so sol man czu, weic-
bilde rechte keine morgengabe geben aa gebude, sundern ein
genant gelt., odir sotan ^gebude czu irem leibe/ und wejine si
stirbt so gevelt iz wider an irs manues erb«n vo,n xechtiswe-
gen« (yergl. d. Sacfa%. Weichbjld Art. aa ).
Wir übergehen- was Hr. Hasse, über die Theüung des Gu-
rtes bei aufgelöster' oder, getrennter Ehe bemerkt, un4 wenden
uns sofort s^u der .Frage, ob die Schuld nach dem Sachsenspie-
gel auf dem ungezweieten Gute behaftet ?~ Die. Frau <kann die-
ses nsftürlich nicht bewirken, auch der Mann nicht in dem. M»afse,
dafs sein oder der Frauen Eigen oder die der Frau am Eigen
eingeräumte Leib zucht dafür haften müfsten, das folgt schon aus
dem Sachse Sp. I* 6., wonach die Schuld nur von der yoThande«
nen fahrenden habe, gegolten werden solL^ Die Frage steht da-
»her blofs so : ob die Frau Mu&theil, Gerade, Morgehgabe und eine
etwa .zugesicherte Widerlage vQrwcg nehmen konnte, oder ob
,sie dieselben im Notlifalle zur Bezahlung der Schulden beim Erbe
laWn mufste?. ^— : Der Verf. verneint dieses .letztere,- und mit
, Aufnahme, des , rückständigen Liedlohns haben wir, so viel das
r
Recht5#isfien$cliaft "^pti Savigny etc. 117
Reclit des' Sachsenspiegels betrifft, kein Bedenken ihm beizu-
pflichten, und meinen zu seinen Gründen noch, folgendes hiniu-
fiSgen zu können :. i) Die Schuld soll nach dem Sachs.Sp« L 6.
vom Erbe entrichtet werden, non sagen aber die alten fast ganz
auf jenes Rechtsbuch gegründeten Goslar. Statute. »Van Ervec
§. 70. (bei Leihnitz Script, rer. Brunst^ic, Tom. 3, pag, 4Sj):
Wat in enes weren bestervet dat syn was^ do he levede wente
aji sjnen dot, dat is all erve sunder herwede, gerade und lehn-
gudc, also haftet sie auf diesen letzteren Gegenständen nicht;
uod das ordnen die gedachten Gesetze zum Ueberflufs mit ddr^
reu Worten, indem von der Verbindlichkeit. der Erben^ die Schul-
den des Erblassers zu bezahlen gebandelt und dabei die 'Aus<^
nähme gemacht virird: »Van .morgengave, vaugherade van her-
vrede en gilt men nicht. Van lifftucht en gilt men nicht, de cn
man siueme wive jnackct.. . . • (ebendas. §. 35. 36, coli. §. 77
a. E.). a) Ferner kommt in Betracht, dafs nach dem Sachs.Sp.
ly 22 und 24* liur der Oienstlohn vom ungezweieten . Gute be-
2a1ilt,' dann* aber sogleich gemufstheilt, und Herwedd^ und Qe-
rade ausgeschieden werden sollen. Hätte noch mehr vorweg und
mit Hintcmausetzung des Heergeräthe und der weiblichen Rechte
berichtigt werden sollen, so wäre sicher des. Diensilohns nicht
besonders gedacht, sondern es würde, wid z. B. im Freiburgcr .
Stadtrechc v. J. i'52o Tract. 3. Tit. 3. §• 'Und damit . . und.
§. fin. allgemein geordnet seyn, »dals vor allen Dingen ufs ge-*/
memem Gut die Schulden bezahlt werden sollen.« '
Im folgenden führt Hr. H. aus, dafs die Grundlage des .
ehelichen Güterrechts im Schwabenspiegel dieselbe, die sie im
Sachsenspiegel war, geblieben, die Gerade aber in der fahrenden
Habe untergegangen , die Veränsserung des, Frauengutes, selbst
des beweglichen, auf NothfijUe beschränkt; auf [Verschleuderung
des Prauengutes Suspension der ehelichen Vogtsphaft gesetzt, und
hinsichtlich der Güterrechte das schon von grossein Einfilufs ge-
Virorden sej^,-ob die Ehe beerbt oder unbeerbt war.
Endlich läfst der Verf. die Darstellung des {bübischen Recl^ts
folgen. Hier gehe im Fall einer unbeerbten . Ehe \\h Wesent-
lichen dasselbe 'Recht nvic es. oben aus dem Sach/seiispiegel nach-
gewiesclh worden sey, im Fall einer beerbten Ehe aber hätten
die Verhältnisse sich zu einer eigentlichen Gütergemeinschaft,
oder zu einer Gemeinschaft der Rechte selbst, hfosichtlich, deren
die Eheleute zusammen eine juristische Person bildeten, un\ge-
sultety dem. Manne jedoch habe, vermögender beibehaltenen ehe-
lichen Vormundschaft die Administration des Gesammt Vermögens
zugestanden. Diese Modifieatton erkläre sich leicht darauf, dafs
nach Lubischem Rechte die Weiber auch bei Liegenschaften, die
gar nicht höher al$ Kopfcatt geachtet wurden, gleiche Erbrechte
iiS Zeitschrift für geschichtliche
\vie die MSnneir geftabt hättda^ und aiis dem gescbwaclitfn'ftöclite
der nächsten Erben am Eigeii, was jetzt nur noch ein Näher-
recht und selbst dieses schon im Rechte von i24o auf ererbtes
Eigen beschränkt sey, welches letztere dfr Sachsenspiegel nir-
gends erfordere^ auch habe eine indir^cte Veräusserun^ dieses
Erbgutes durch das Contrahiren von Schulden , wofür jenes zu-
let^a als Pfand gehaftet habe^ statt gefundeq.
Hier kann Ree. gleich in mehreren Punkten mit dem Verf,
nicht einverstanden sejn; zuvörderst nicht darin, wenn derselbe
andeutet, nach dem ä'ltes^ten Lübischen Rechte habe den näch-
sten Verwandte» auch auf die wohlgewonnenen Liegenschaften
eines Mannes dasselbe Recht ^ wie auf angeerbte zugestaiklen ;
denn auf letztere bescliränkt ^, nach' Hr. H — s eigenem Anfuh-
ren, der Cpdet von t34o, und obwohl die lateinische Recension
viel früher abgefafst gewesen seyn mag, so würde man letztere
doch nicht in den Jahren «232, i235 und «243 mehreren Städ-
ten ohne Aenderung in Abschrift mitgetheilt haben, wenn seit-
dem* das Recht sich in einem so bedeutenden Punkte geändert
hätte. Auch , ist ja in der Lateinischen Recension, im Artikel
3'de conqttisitis. proprietatibus viri^^ dem Manne die Befugnifs
eingeräumt, mit seinen wohlgewonnenen Gütern, also auch mit
seinen wohlerworbenen Liegenschaften nach Gefallen, ohne Jfr*
mandes Widerrede zu schalten — {de H^estphalen monum. med,
T* ni. col. 622); wie denn auch der Deutsche Codet voft 1240
.Art. igt', coli. 192 und 242. solche Liegenschaften in der Hin-
sicht ddr Kopscatt' gleich geachtet wissen will (vergl. das Jüti-
sche Low B. 4. Gap«, 6. §. 5, 6). Pieses scheint uns nun auch
der echten germanischen Ansicht über die Familienverbindungen
und deren Pfand die Erbgüter völlig angemessen ; und wir indch-
ten daher fast glaubeo , ' dafs auch im Sachsenspiegel Kaufeigen
nur als Surrogat des wohlgewonnenen Kaufpreise^, und dessen
Veräusserlichkeit als von der Einwilligung der Erben nicht ab-
hängig angesehen worden sej; wenigstens sagt schon die Gdr-
lizer Glosse zu B« %, Art. 5a; thot ein man erbe und eigen
um sein wolgewuifmeu habe gekauft und mag er das Volumen
daz ers in geweren in jgewelden b«b c^ tun und ezu laten als
recht ist (das bezieht sich nach der vorangehenden Frage. bIo£s
auf den Beweis, dafs es kein Erbeigen oder dessen Surrogat
sej), er mag dat gut geben und uflasen wem er wil uf alle
daz recht daz recht is von rechtiswögen «. — Femer scheint es
uns bedeokKch, wenn der Verf. annimmt, man habe angeerbtes
Eigen unbeschrankt veräusseru können, wenn man es zuvor den
nächsten Erben zuoi Näherkauf augeboten gehabt habe; denn da*
mit würde die Vorschrift, dafs, gewisse Notbfalk abgeredmet,
ohne der Erben VoJlbc^ nichts dergleicKen veräus^erl werden
Recbtswisseo^chaft Ton Savigoy etc. 119
»lle, int WideMpruchc jftelieBy Wir teeiato dalier^ es beiiehe
shb jenes Näherreclii der Erben blols auf die Fälle, wo der
Verlauf des Erbeigen ausoalkinaweise gestattet warj wie les sich
in der alten Lex Saxoiluni l^'\i, 17. §. i, findet und im revi-
drten Lüb* Recbte Lib. I. Tit. X. Art. 6. ausdrucklich vorgc*
9:hriebeu ist. «^ Ferner sagt der Verf., Gerade und Heerge«
vette sejcn im Lübtschen Recbte ganz aufgehnbeti; und das ist
11 soferne richtig, als^man darunter dne Aufhebung jener Insti-
tite dteai Namen und der Ausdehnung nach, worin sie im Sacl»-
s^nspiegel und in Westpbilischen und Sächsischen Statuten vor-
iommen, versteht; sonst aber sind mehrere Ueberbleibiel davon
unveriiennbar (vergL «• B* den Cod^x r. ia4o« Art. 5. 6«
10. 27). V
Am wichtigsten isl aber wa» Hr, H» über das in beerbter
Ehe euitrotende Verhältnifs ^sagt* DaTs hier eine wahre Güter-
gemeinschaft, und twar eine Gütergemeinschaft in dem Sinne
vorhanden sey, in Welchem der Verf. das Wort bereits in seiner
früheren Schrift, über diesen .Gegenstand gebraucht bat, und aus-
schlleUsch gebraucht wissen nkichte; leitet derselbe aus zweien
seiner Meinung nach untrüglichen Kennzeichen ab; daraus, dafs
alsdann das ursprSngliche Gut der Frau mit für die Schuld her-
kommen' muCste, und daraus, dafs nach dem Tode dbs eineii Eher
gatten zwischen dem Udoicrlebenden und den Kindeiti das gor
sammtle Gut^ ohne bei< dan einzelnen Stucken darauf zu aeheui
von welchem Ehegatten.; sie ahstanunten, getbeik wurde. R^c.
»efs gestoben^ .dab diese Bdweise ihm keinesweges ausmdiend
erscheineUy^nd |däfs er sich freuet, der bisher von dem Ver£
ohae Bdege aufgestellteii Ghadansicht von der ehelichen Güter-
gemeinschaft in X>,eutachlünd , jetzt einmal auf festem htstonsthen
Boden begegnen zu können»'-^ So Viel nun zunächst dasXü-
hisohe Recht anbetrifft, so sefaeinlen üns.der .Ansicht 'des VerCs.
folgende 'entscheidende (laründe .eiktg^en ^;pA stehen: 'i) Traie
wahrend einer beerlActa Ehe vollige Gütergemeinschaft in dem
Tom Verf. angehommeii^D« Stnoe* ein; so könnte das bei keinem
Stöcke des Sammtgutes eine Verschiedeirfieit maoheii, ob es von
dem Manite oder von der Frau herstammt, und' wenn es daher
hei der Veränsserung von Xiegenscliaftenfatif die. Einwilligung
der Frau überall ankommen sollte, so hätte das oluie locoQSie-
qoenz aidit auf dMvoii derselben eingebrachten besdiränkt wer^
den dürfen. Letzteres^ ist nun aber geschehen, und was ja nicht
tubeachtet zu lassen, die Einwilligung der beerbten, wie der
unbeerbten Frau auf. gleiche Weise erfordert, auch sind die da-
bei eiotretffnden Au^nahmeu ie beiden Fällen gleich bestimmt
(Cod. Las. arl. %%^. ENulacber Codex v* J, ia4o Art,. 7 und
16t; vergl» mit Arl« 199; revid. Lüb, Reicht«. B. s. Tit* 5. Art«.
12A
Zeitschrift für geschichtliche
8 and 9^. Schon hierin scheint es uns sehr klar ausgesprbch^i dab
so lange die selbst beerbte £he besteht, die Jlechtc der Frat
ihr abgesondert verbleiben , und dal« der Mann, wie in unbe-
erbter Efie darüber nur kraft seiner ehelicbeu Vogtschaft verCitr
gen kann. Daau kommt nun aber a) daJCs die nach den Ansiclr
teu des Verfs durch die Geburt eines Kindes begründete innere
Gütergemeinschaft sich wieder in eine blosse äussere Gemein-
schaft der Rechte auflöse, wenn das Kind wieder ' verstirbt, dam
wieder ierstere eintritt, wenu ein a&weites Kind geboren wirc^
mit 'dessen Tode dasselbe abermals wegfällt u« & w* Würden
sonach den Eheleuten der Reihe nach 7 Kinder geboren und
diese verstürben wieder, so hätten eictteve 7 mal angefangen und
7 mal wieder aufgehört, eine juristische Person zu bilden, so wate
zwischen ihnen 7 mal die aussere/Genieinischaft der Recfafte auch
zu einer innere» und eben so oft letztere wieder zu ersteicr
geworden! Wie kann nun aber eine Grundansicht der Ver-
hältnisse, die zu solchen Resultaten führt, dem schlichten Sinne
unserer 'Vorfahren angemessen geachtet werden! Nun evwäge
man femer 3) dafs während bestehender Ehe «^ deii einzigen
Fall der Flüchtigkeit des Mannes wegen Schulden, der vom Vf.
selbst S. io4'-<^ 106 -genügend erklärt ist, abgerechnet'-'^ «die
Verhältnisse sich "gleich sind, e^ mögen Kinder vorhandea'seyn
oder nicht. In <dem einen wie in i dem andern Falle kann* der
Bfani^ über die gesammte Fahrnifsy aubhi in soweit sie von der
Frau herstammi, frei, über deren Liegenschaften' aber in der Re-
gel nur- mit ihr^r Einwilligung verfügen, ohne für Veraussertes
nicht blöfe Umgetausthtes^ zum Ersatz pfiichtig zu s«jii;'in dem
einen^Vie in dßm andern Falle darf jund mufs das Gut der Frau
zur Befreiung des Mannes, aus dem Gefängnisse verwaiidt wer-
ded; ki dem einen wie! «n dem andern Falle sind Verpflichtung
gen, .welche: die Frau, die ' keine Handolsfrau ist, ohiie ihren
VorniuiKl (den Manu) übernimmt, ungültige während dagegen
» wat en' man lovet sunder siu wif vor Ralmaunen, (diese Form
ist deshalb nöthig, weil sonst > die Schuld gegen die Frau nicht
»witlic« uicht 1>eweisbar ist vcrgl. Cod. v. i24o Art«. 162; colL
Art. '5i' und 53. Cod. Lat. art. 63 und 64) dat schal dat wif
gelden sunder Wedersprake (Cod«.Lat. art. 34; Cod. v.J. 1240
Art* a*). ' ) ••••..
Nur erst, wenn die Ehe durch Tod oder ^chuldenflücbtig^
keit des Mannes aufgelöst worden ist, zeigt sich die Verschieden-
heit der beerbten von der unbeerbten Ehej und da können wir
gleich den Schlufs nicht zugeben, dafs auch schon früher) ^ wäh-f-
rend bestehender Ehe solche Verschiedenheüen statt gründen'
haben müssen: denn wie oft ist es nicht der Fall in deä Deut-
sehen Statuten, dafs oach dem Tode des einen Ehegatten -der
Recht$wissehsehaft von SaVigby eta i A t
DclerldSendis xmii gesanmiten imdtgelalseiien Gute iir eilt ande-
res Verliältuifs kommt als btslier. Das Besondere, was alsdaan
das Lübisclie Recht für den Fall, dafs die Bhe beerbt war, vor-
sclireii]^ lälst sich uusers Erachtens auch ohne Anfaahme eines
froheren GeSammteigenthums genügend erklären. Die Erbschaffts-
Verhältnisse sind schon in .unbeerbter Ehe so regüKrt, dafs der
überlebende Ehegatte am ptivatif en Gute des Vorverstorbenen
paftidpirt, und nur einen Theil davon an dessen Erben heraiu-
giebt,. daher alsdann stets das Sondergut der Frau ausgeschieden
werden mufs. Dieser Ausscheidung aber bedarf es nicht^ wenn
Kiader» also' dieselben Erben für beide Aeltek'n vorhanden sind,
und wo der Ueberlebende zunskihst mit diesen in Gedej iind
Verderb sitzen bleibt, ^und wenn es ^ns irgend einem Grunde
zur Abtheilung kommt, diese rucksicfatlich des Vermögens beider
Aekern erfolgt ('Cod. Lat. Art. di «^ 23, ^j hei de We$tpha?^
kfi mon ined. Tom 3' cM, 6m3J» WTozu also jetzt noch 5on-
dcrung dessen, was von dem einen und was von dem andern Ehe^
galten herstammt, da dieses ja gar keinmi praktischen Nutzen ge-
währen kann?
Schwieriger ist die Lösung der Frage, warum, wenn der
Mann in :Schulden vertieft stirbt, öder deshalb fluchtig wird, die
beerbte Ehefrau ihr sämmtliches Gilt' seinen Gläubigem opfern
mufs, während die uäbeerbte das ihrige — verstellt sich so weit
es noch rorhanden ist -— ^riick nimmt? . Die Verpflichtung
der Frau, den lebenden anwesenden Ehegatten! mit allem ihrem
Gute von ETgensciiaft und Gefiingnifs zu befreien, kann hier,, wo
dergleichen nicht zu besorgen steht, nkhts erklären, und das um
so weniger, da jene Verpflichtung die unbeerbte gleich der be-
erbten trifft/ ' Im Udbrigen aber darf nicht iiberseheiu werden,
dafs in dem ältesten Lübischen Rechte, wie es in den Lateini-
schen Handschriften enthalten iit, von .der Befugnifs der u^beerb^
tcD Ehefrau, ihre Tor}ianden/en lUaten* zurück zti nehmen, sich
Boch keine Spur findet, dafs in dem Codex von *t^4o, und selbst
noch in viel jüngeren Handschriften, die Rückn^hnue^ der Mit-
gift ihr unbedingt nur für den ]Fall gestattet ist, dafs der Mann
Schidden halber fluchtig wurde (CodU ▼• ta40| Art« i62; Cod.-
Brock. IL Arti 4o ; Cod. BrocL IIL Art. Ro)^ im Fall er fainge-
geo iu Schulden vertieft starb, diesd^ben ihr dieses mir dann eiii-*
räumen, wenn der Mann so kurz ilacli Eingehung der Ehe gestor-
lien war, dafs er noch kein Kind von ihr hlitte, und wenn xu->
gleich die Schulden schon vor' der Ehe cöntrahirt. waren (Cod«.
T. ia4«, Art. 19B; Cod. Brock. I. Art. 167; Cod« Br. U. Art«
3;; Cod. Br. IIL 77)« £rst im revidirlen Läbischien Rechte, Th«
L Tit 5. Axt* 5.n. 11; Thl. Hl. Tit* i Art. 9, findet sich all-
gemdnand lOibeschränkt dieRegd ausgesprochen, dafs nach dem
/
ifti Zeitschrift für geschiditlidie
Tod« des verchttldet verstöibcSnen Ekemonnesi die unbeerbte Ehe^
frau das Ihrige vorweg Dehmen , dürfe.
Nach dieser Darstellofig des geschichtlichen Gaoges, den es
»it den Yorsdirij&en über jenen Gegenstand g^noramen hat^scheiot
«s uns vielmehr so, als s^ej ursprünglich die Frau mit ihrem Gute
für die Sohnlden audi des flüchtigen oder Yerstorbenen Mannes
KU haften ischlechthin verpflichtet gewesen; wonach denn die Auf-
gabe ludit darauf y warum die beerbte Khefrau hafte; , sondern
vielmehr darauf, weshalb die unb^rbte späterhin nicht haftete,
EU stallen 'Seja mochte. Die L&uhg dieser Aufgabe, wobej der
allgt^meine Unterschied «wischen der beerbten und unbeerbten
Ehefrau sich freilich leicht aua der Rücksicht, welche auf die Er-
ben, dteder JFrauen Güter warten, genommen wurde, erklart (vergl.
Schwab^Sp. Kap. 363. §. 4* u. 5.), die Erklärung der näheren
Medificationen aber bedeutenderen Schwierigkeiten unterliegt,
würde hier an weit, führen. Für den gegenwärtigen Zweck ge^
BHgt c»'2u bemerken y daft die Verpflichtufig der beerbten £hc-
fr&u,- in den angegebenen Fällen für die Sdiolden A^% Mannes
mit ilircm Gute zu haften, nach dem Bisherigen duf keine X\\
»um Beweise einer vorhandetien GntergemeiHsehalt angeführt oder
daraus erklärt werden kann,, da die unbeerbte .Ehefrau, die
nacli der eigenen Theorie des Yevfs. mit ihrem Manne gewifs
nicht in Gütergemeinschaft stand, ursprünglich ebisn io strenge
als die beerbte haftete; wie das ' auch ^ den' Yorsohriften des Lü-
bischcn- Rechts, dals die Fran bezalilen mnfs, was i der Mann auf
beweisliche Weise versprochen hat^ und dafs die- Gläubiger des
Fluditigen oder Verstorbenen durch eine Resstiuiig. >der von
demselben hinterlasscnen , also in gewisser Hjncbt als noth we^
drge»Ffend für die Schuld angeselienen Güter ihre Befrtedigung
stiohefei Idnnen ( Cod. v.. J. t a4ow Art. 7a , 88 ^, a^'o\ Cod.
Brock. L Art* 73, iao,^i.52, is56. tu s. w.\ ganz angemessen ist.
Ja, halte jener Unterschied auch vqn Anfange an und ini vollen
Maafse be|&^inden,' so würde die Verpflichtung der beerbten Ehe-
irätt, sich «ucb ohne die Annahme einer Gütergemeinschaft, in
dem Sinne^ wie der Verf. hier das Wort nimmt, erklaren lassen,
und Wege» der oben gegen die Gütergemeinsclia& geltead ^[emach-
ten Griinde erUärt werden läüssen« Denn imqier ist bier die
£hefra« ninbt persönlich, sondern nur vemutteist ihres Gutes upd
so weil diese» reicht, den Gläub%ern des Mannes gehalten; und
sonacK kann alles sdion daraus genügend erklär! werden, dafs
dem Ehemeoae, für dessen burgerirdie Ehre und guten Nacforuhm
•zu sorgen, Frau ^und Kindern besonders angelegen ttjn mufste,
und der diesen selbst durch letzt will ige Verfügunge Vieles ent-
ziehen k^1[ftltey auch eine iudirecte Beschwerung und .Veräufserung
der wcihliehen . IHaten durch das Contrahiren von. Schulden ge-
T
. Rechtstrissienscbaft voii SavigQjr etc. ta3
stBttk wurd^ wefelft «mn Ifaditiieil Von Frau oad Rindero auch
nach seinem naitfirKclieD oder InirgerKcben Tode galtig blieben^
nicht aber ^uoi Nachthcil anderer £rben dep Ebefraou ^
U^berhaupt mu& Reo. es sehr bezwcifeio, ob das Verhaltoifsj;
velches Hr. Haue ausschlieCslich Grütergcmeipschaft genannt wis-
sen wil]| in den alteren Stataten Deutschlands, die eine zeitgemäfse
Fortbildung der^eg^d^enen Urbegriffe enthalten und in denen sich
noch die Bedürfnisse der modificirten Lebensverhaltnisse und nieht
die oft so crassen Schalbegriffe der älteren Germanisten autopre«
dien, gefunden werden könne; wenigstens mufs Rec. gestehen,
dafs er es dorl bis jetzt vergeblich gesucht Hat« So wie es nach
der eigenen Ansicht des Verfs. in alterer Zeit blofs eine durch
die eheliche Vogtschafit bewirkte aufsere Vereinigung der beider*
seitigen Güter der Eheleute war", so neinen wir, es sej dieses
auch später der Grundbegriff und das leitende Princip in der
Lehre geblieben; Was die Zeit geändert bat,' betrifft unsers £r-
achtens im Wesentlichen das Verhaknils der Rechte der £he*
Icute und namentlich des Ehepiannes zu den Rechten der Fami-
lie. Früher, vVo die Bedeutsamkeit dev FamiKenl verbin dangen so
yitii greifend war, traten letztere den ersteren viel kraftiger en^*
gegen, verhinderten froiwHltge VerSufserungen der Erbgüter und
gestatteten der Ehefrau nach aufgelöster Ehe nur eine Theilnahme
'an der Errungenschaft; am Erbetgen des Mannes aber höchstens
eine Leibzuch^ dl«, anfangs noch besonders ausbedungen und wohl
iiiit Bewilligung d«r Erben constituirt werden nufste. Später,
als die Familienverbindungen und somit auch die Erbgüter ihre
wahre Bedeaiung verloren, liefs das Statut selbst daran den le-»
benslänglichen Nie£d>rauch, noch später sogar ein Erbrecht des'
Ueberld^enden zu; oder setzte die Erbgüter den wohlgewonne ^
uen völlig gleich ; und gestattete consequenter Weise dem Manne
während der Ehe auch über zugebrachte Liegenschaften der Frau-
irciere oder ganz freie Verfügungen* Bei aUen diesen Vo-ände-
rangen Mrar aber eine Umg^taltun^ der äufseren .in eine in«
nere Gemeinschaft der Güter keinesweges ndthig; und erst seit«*
dem man angefangen hat, dabei in der Theorie die alte natürliche
Ansicht zu verlaissen und von einem condominium in soiidum der
Ehieute zu redeto, 6ndet man in den statutarischen Rechten An-
sichten, wie sie z. B. das neueste Bambei^er Lan&weibt Tk« iv
Kap. 2, Tit 3.§. 1. enthält, ausjg;esproohea, dafs »was dem ei.
Den Ehegatte^ gehört, dem anderen mit eben denselben i^echten
und Venbiadlichkeiten zuständig sey.c C.
Vthtr den Dünger^ zugUch aber muiok über diu Unwesen dabei in
ßeutsekland, besonders in der Haftpt" und Residenzstadt
124 TtMti Haxzi über den Dünger/
MüncMfi , täid ganz Baierh, vom Stuatsrath Vi Hjzzt* ^Vor^
gttrugen in der öffentlichen* F'ersammlung des landwirth'
schaftliehen 'Vereins in Manchen; und , / • ; , [
. Eine Beilage über die HorAviehsiaUungen der k, 0Urtemh, Versuchs^
lehranstalt zu Hohenheitnj nebst einigen Notizen ilber die DStn-^
gerbereitungmrt daselbst vom Director ScHtrsnz ( sammt
einer Steinzeichnung) München i8i4,gr*4* ^o halb gebr. S,
Die zwei, iu dieser Schrift entbalteaea Aufsätze siad eso jeder für
sich abgeschlossen»
v. Hazzi'ihergieht ans im ersten ders^ben 4tne Ueberstcbt.
fast alier rei^chiedenen Diingerarten, mit Anführung der neuesten.
Vorschläge und Entdi^ckungen. . Ersteigt in 3 Abschnitten: wie.
der Diiuger bisher bei andern .Völkern (den ftdinerny Chinesen,
Belgiem, Engländern, Italienern, Franzosen [als J^oudrettc und
Uratej'undiden Schweizern) gewürdigt worden; dann wie und
wai^um er jn Deutschland und) nafii entlich in Batesn /sioh so sehr
Ternachiässigt findet - und endlich auf welche Weise «er auch in
Deutschland, b^onders in Baiern besser bearbeitet /und verwen-
det werden miilste.
Jeder ersieht hieraus leicht, dafs er nichts Neues in diesem
Aufsätze zu erwarten babe ; blöfs die Tendenz, alle Mlfsgriffe der
IDeotschcn in der Diingerbehaodlung vor Ahgen zu legen, sie zur
Nachahnmng- des fsusterhafteltn Verfahrens manciier Ausländer in
der, Dnnger-'tiiereitung-und Verwendung aufzumuntjern, und auf-
diese Verhältnisse nicht nur die Landwirthe, sondern ..auch die
Staatsbehörden aufmerksam zu machen, diese ist es, welchp sol-
chen veranlalst hat; und wit^ wünschen recht ernstlich dafs sein
Inhalt möglichst allgemein beherziget werden, und die flarin ausge-
sprodhenen Rügen von Erfolg sejn mögen; denn c^uen seiner gröfs-
ten und am nächsten liegenden Schätze kennt d^. Deutsche lei—
def noch sehr wenig. Besonders bei ReiniguDg\ der -^^dte ver-
weilt der Vf. und zeigt wief diese in dem Falle' ganz ohne Ko-
sten- geschehen müfste, wenn- man 'alle Dängermaterialien gehörig
zu Windigen verstaiide, während, sie jetzt oft mehre: T^uaende
kostet. •' • . . ' . ^ < ■ i
Wmin dagegen die Frage erhoben wird, wie der. Vf^im Gän-
sen ieine Z'osammenstellung ausgeführt habe, so . finden wir sie für
eine Uebersveht ^to. gut. >In^ Einzelnen indessen mföcjite doch zu
w(itasehen.sqäi,dali dersdbe*sich zuerst selbstnberdasijeaige gründ-
licher-unterrichtet hätte, wasisr andern als Lehvefivdriva^en.will.
Doch wir wollen uns nicht bei der Definition des Düngers, (S. <)
den der Vf. »di^ Ernahrbarkeit der Pflanzenc nennt, aufhalten; noch
bei dein, was er fS.au.3) über d\es Bau der Pflanzen beibringt,,
wodurch er zeigt, oals er, Wa» andre davon gesagt, nur miftiyerstan'-
.VfrarHaz^ über den Düoger. %aS
itn. WeitetKin (»S» 18 ) scbeint er. der Aeusierui^g ^tr Bauern
um Muachea Gli|uben. beimessen- zo wollen y ' die da bel^iupteii^
der Abtrittdüager tauge nichts , seitdem k«in Gassenkotli mehr
darooter gemengt würde. Allein ihrer Absurdität Wegen wirk-
lich jnerkwürdig ist die «Behauptung, « bei Gelegenheit (^erGuUe-
bereitung nach Schweitzer Ar^^ wo der Verf. sagt » der Dunger
»wird auf der D.(ingers|ätte noch so gut, wie. vorher, ohne Gülle*
»Diese Jiat pur das Geistige erhalt^ni^ was sich sonst ohnebin v.er-
»flüchtigt hatte«. Dem Dünger bleiben noch die nämlichen Kräfte,
»gleich dem Rindfleisch, um doch ein B^eispiel.zu gehen, wcma
»schon, die Suppe bereits, ausgesotten istc (üi)- Auch befrem-
dete uns (S. 4^r) die Bemfirkupg, ,dals man in DentichUnd xuv
grünen Düngung nur den Klee, stürze. Hätte derYf. die Thaer*-
scheu Zeitschriften, die Schriften v,on Schwerz« u. a. mit Auf-
merksamkeit gelesen, so "tfürde er anders gesprochen habep. Wei-
ter (S. 49 Anm^) finden wir eines neuen Holzsprrogates er-
wähnt« Der Verf. sagt nämlich, von der. Ackejr Verbesserung iet
Eogläoder durch Brennen des Thones sprechend:. »Wenn der Ofen
> recht, im Zuge .ist,, braucht man weder. Steinkohlen, noch Torf
.»noch Holz hinzuzusetzen,, der Klaj brennt' von selbst.« -Wer
so etwas doch glauben, und. niederschreiben, kann!. Sollte auch
hie und da> viel Bitumen , im Bo^en, vorkommen, so ist solches
jedenfalls nur örtlich. Doch wir eilen von dannen, da wir uns
schon zu lange bier .yerweilt >habei% un4 erwähnen nur noch
der Worte ,. womit der Aufsatz schliefst: »das Ganze, wurde
»von der Versammlung e|instimmig mit allem Beifall aufgenom-*
»men, und von. mehreren Mitgliedern nebenbei mit verschiede-»
»neu Bemerkungen uiid Anekdoten bestätigt, wornach die Yer-*
»Sammlung auseinanderging.« Wir hatten nicht geglaubt, dafs
der Verf, so viel Gewicht auf Komplimente lege.
Zu grossen Erwartungen berechtigt uns der ate Aufsatz,
von Hr. «S'cAiy^rz. * Die Beschreibung der Einrichtung der. Ställe
in Hohenheim ist keines Auszuges fähig. Im Wesentlichen kom-
men sie, der eine für die Bereitung des Mistes im Stalle. selbst,
mit den Belgischen, der and^e, für die GüUebereitung bestixbmt,
mit den Schweitzeris^hen übereiu;. doch finden sich mehre Ver«*'
l)esserungen. Comparative Untersuchungen sollen über die wech-
selseitigen Vorzüge dieser /2 Arten der Düngerbereitung ent-
scheiden.
Wir können uns nicht enthalten hier anzuschliessen , 'was
der Verfass. in kurze Worte zusammengedrängt, über diese a
Bungerbereitungsarten bemerkt.^ Er sagt '(S. 76): »Vorläufig
»geht unsere Meinung über das Güllewesen dahin :_ 1) dafs die
»DüBgermasse. dtabei an Quantität, unbeschädigt der Qualität (?]
> gewinne a) dafs sicb^^Vortheile bei 4^r Anweodang vereini-
<v
laß '^'0^ Hazii fiber den Dünget.
•gen ddrch die Wäbi , i«»ch den UinstSnden ub«r flüssigen nnd
»festea Dünger gebieten zu können; 3) dafi wir es in nnserer
»Macht haben, kränkelnden Vegetabilien sogleich zu Hülfe kom-
»men «i können j 4) dafs der Umsate dei Dfingercaptt^ls bei ,
ider Gülle in schnellerer Zeil vor sich gebt, als bei jeder an*
üdem Diingerart; ein Umstand der nicht genüg beherzigt Wer-
»den kann; 5) dafs auf Wiesen tind Kl^ die GüBe die
»einzig wahre Döngerart ist, wobei nichts vergeudet irird, und
»der Wasserzusatz an sich schon nicht ohne Nutzen ist; ausser-
»dem düTs durch diesen Leiter die Nahrungstheile sdgleich dem
»Boden zugeführt werden; 6) dafs die GöUe vor der Jauche den
1^ Vorzug habe, da diese bi^annttich nur auf i Jahr, jene iiber
»unserer Meiniln;;^ nach durch ihre mehr festen Btetandtheile
»auf mehr als i Jahr Wirkt. 7) Dafs diejenigen, die ihr6
» Aecker und Wiesen in der Näh^ * der WirthSchaftsgebaude ha-
»bcn sich nickt einen Augenblick bedenken sollten zur GüUe-^
1» fabrikation überzugehen, dafs dieselbe aber bei entfernten Be^
^Sitzungen, des schweren und langwierigen Transportes wegen,
»unserer Erfahrung nach, weniger rathlich ist.« Ueber die Bel-
'gische Bfereitudg Aei Dungers in den StaHen sagt (S. 78) der
Verf.: »Kein Regen verwischt ihn,-kein^ Sonne dörrt ihn aus,
^kein Wind entzieht ihm etwas von seinen fruchtbaren Tbeilcn,^
# selbst das, was aus ihm ^verdunstet, schlä<^t gröfstentheils wie-
♦ der darauf zurück, woziÄich dann noch der Niederschlag der
»thieiischctt Ausdünstungen, worauiF wir viel halten P], gesellt.
»Hierzu gehört die unglaubliche Leichti^eit seiner Behandlung«
tr. s. w. Hieriruf begegnet der Verf. allen Einwürfen, als dem
der Unsaiiberkeif, die er aus der Erfahrung widerlegt, dem des
uttangenehmefn Qeruches, des häfslichen Anblickes, ündderNoth-
wendio'keit geräumigere und höhere Ställe dazu ^u erbauen. Die
letztern, Sagt er, rentirten siqh durch den verbesserten Dünger
vollkommen. Allein sollten jaicht durch verdeckte Behälter aus-
ser dem Stalle dieselben Vortheile gröfstentheils eit eicht werden
körnten, ohne dafs man diese grössere Auslagen nöthig hätte?
Wir schiiessen mit dem Wunsche, dafs es dem Verf. ge-
fallen möge , sich das Publikuiii ferner zu Verbinden , durch nä-
here Bekanntmachung mit dem Ganzen des Hohcnbeimer Insti-
tutes. Zwar haben wir seit einigen Monaten mehre !Nachrich-
ten in andern Schriften darüber erhalten. Allein der Verf. selbst
hat uns gewöhnt, von landwirthschaftlichen Ortsbeschreibungen
noch mehr zu erwarten. Wir glauben hier ^en Wunsch des
ganzcu landwirthschaftlichen Publikums auszusprechen»
Ifewrich Bronn.
Vi
Geistesrel. u. Sinnengi. Verem. d. christl. B^k^nntn« i a^
GeistesreUgion und Sinnengläuhe im XIX*' Jähr*
'hunderte Mit tintm Anhnng über die Vereinigung
der ckriitliehen Bekenntnisse, fVinterthur bei Stti'*
ner, 4^»». 48fi S. in 8.
Der sdbadenkend^ Verf. geht als Zeitbeobachter S. FV. YÖn
ErfakruDg aas : »Eine geheime Tendenz uUrampntanischer Ppose^
IjteDDiacherei ist durch alle Verhältnisse das bürgerlichen un4
politisclien Lebens, der Wissenschaft iTnd Kunst verbreitet* Sip
drängt sich jauf die Lehrstühle der Theologie, Philosophie, Ge-
schichte, Aesthetik, des Staatsrechts u« s. f«; sie beschleicht dea
Yerstai^d aus historischi^n, philosophischen, politischen Werken,
ausErbauungsschriften» Keisebeschreibungen, bemächtigt sich der
Phantasie aus Romanen, Gedichten, Thea^rsttick«i. Zum nämli-
dien Zwecke macht sie die Künste sich unterthänig. Unter dem
tanscheudeu Namen der Toleranz, sucht man. ein System, welches
vod einer wahren Toleranz unendlich entfernt ist, allgenijein zu
machen. Dem Jesuitismus soll während der Dauer dieses &ied-
hell scheinenden Zustandes der Gebrauch aller seiner Angriffs*
Waffen gesichert, dem Protestantismus hingegen VertheicUgung
verboten sejn« ^ .
»Vor allem aber sollten die denkenden Katholiken erwägeoi
da£s, sobald die Protestanten nicht mehr sprechea dürfen, ihnen
selbst jede freie Aeusserung unmögU^k werden, .und ihre eigene
muhsann erkämpfte freiere Stellung bald wieder einer um sich
greifenden inquisitorischen Mischt unterliegen würde» Täuschead
ist der Wahn, dafs schop dadurch . die Gewissensfreiheit gerettet
sej, wenn der Denker unter jedem Systeme^ und selbst itntev
dem Drucke einer allgemein verbreiteten loquisitioa in seineoi
Innern frei sey^ denken und glauben k&ine was er wolle. Frei-
lich ist dies der letzte Trost des Unterdrückten ; aber es ist doch
eine gefährliche Beruhigung, selb«t für die nur sich allein beachtende
Selbstsucht (noch gefährlicher für verbessernde Apologeten)'.
»In. allen 'katholischen Läadem giebt es eine Menge heUae-
hender Männer, aber solcher, welche durch ihre eigene Anfkla«
rang befriedigt, oder durch häusliche, auch, durch prieslerlich«
Verhältnisse abgehalten tind geschreckt, sich keine Mühe geben
ibre Erkenntnifs fortzupflanzen, oder durch Gegenwirkungen gcH>
stört werden. Das Licht erlischt sodann mit denen, in deren
Innerem es leuchtete, während entartete und verbildete Protei
stauten uud die ui' dunklern Begriffen zurückgedrängte Katho«
liken nicht nur die Ihrigen, sondern das ganze aufsprossende
Geschlecht im Sinnentaumel und Aberglauben bestricken* So
müfsten, wenn die offene Sprache der Wahrheit verboten, allen
Künsten der Arglist hingegen freier Spielraum gegeben fvürdci
^1
1^ Geistesrd;u»3innengI..yereio« d. christI.Bekeniitn.
nicht nur Denkfreiheit und Protestantismus, sondern auch freie»
Ter Katholicismusy Wirksamkeit d^r Bischöffe, Unabhängigkeit
der Regierangen tind mit diesen jede besserjß Einsicht nach
' und nach wieder der Hierarchie und einer alles verdunkelnden
Pricsterreligion unterliegen.« —
Die Schrift selbst schild^t die Einwendungen , welche gtr»
gen den Protestantismus gemacht werden, zugleich mit treffen-
I den Au&dsunt|;en , voll Ruhe und Kraft. Alsdann betrachtet «ic
' von S. 33 die Quellen des Unpratestantischen , welches sich in
den Zeitgeist -eingeschlichen > hat, nach manchen.für Selbstdenkeii
und aus Ueberzeugung Handeln ungunstigen Zeitverbältnissen.
Sehr gut spricht S.>46 gegen > die neuerdings versuchte Ver-
wechslung, vvle w^n -die Religion in einer* traditiondien ^ unbe-
greiflichen Glaubenslehre und dem Kirchenthum mehr| als in der
religiösen .Pflichtenlehre bestünde. »Zum Wesen des Protestan-
tismus ^ sagt der Vf., gehört es, dafs seine Bekenner mpralischen
Sinn; und Ausübung der Vorschi'iften der im Christenthum lie-
genden' Moral als Pflicht und als unerl^fsticthen Bestandtheil ihres
■ Bekenntnisses ansehen. Wenn - wir bisweilen lesen oder hören,
dafs auch Protestanten und selbst Theologen ,- sobald von mora-
lischen Ansichten und dem selbstständigen Werthe der Sittliqh-
keit die Rede ist, Bitterkeit, ja den heftigsten Ingrimm äussern,
so beweist dies nur, dafs die Bessern upter ihnen entweder durch
einzelne Erscheinungen Araltsirender ■ Heuchelei Irre gemacht,
' oder in abergläubischen Systemen befangen sind, und dafs die
Schlechfern entwc*der überhaupt keine Moralität anerkennen, oder
, ihre vorgebliche Religion nur, als dzs SUhnungs/t^ittel ihrer in-
' neren Verdorbenheit . betrachten, und daher In der Sittlichkeit ein
Schreckbild erkennen, welches sie in Ihrer Selbsttäuschung stört.
Auch davon, wie die Sueht, neu zu seyn und originell zu
scheinen, nebst dem dazu keck gewählten Mittel, schlechthin das
0egentheil von ,allem ■ Geltenden zu behaupten, und jede Wissen-
schaft auf den Kopf umzustellen, den Zeitgeist genietrunken ge-
macht, unter anderem aber auch Katholicismus d.i. Universal -Kir-
; chenthum,, "miV Ünii^ersalreligion ifcrwec/^elt habe^ giebt der Vf.
treffende Stellen S. 78. Zur nämlichen Zeit, wo manche^ katho-
lische Theologen, Kirchenrechtslehrer und Geschichtschreiber eben
so gründlich als billig über Hierarchie, kanonisches Recht und Pro-
, testantismus sprachen ,. glaubten mehrere protestantische Schrift-
steller durch einen wegwerfenden, geringschätzenden, selbst ver-
dächtigenden Ton gegen den letztern, und durch Rechtfertigung
, hierarchischer Grondsätze schriftstellerischen Credit erwerjben zu
müssen.
. {JDer Beicklu/t /elg$;)
^= ^- Heidelberger *^^*
Jahrbücher der Literatur,
\ •
Geisttsreii'gion und Sirmenglatthe. V^rtinigung der christlichen
Bekenntnisse.
(Beschiufs.)
Oo muls man 6S sicTi erklären, dafs man jeder Erfahrung der
Gescliiclitc zuwider, behauptete, ^ie Kirche wurde sich auch
ohne die Keformatlon durch sich selbst verbessert, d. h. die lu-
Iiaber der Hierarchie, welche bis auf diese Stunde die Unver-
jährbarkeit aller ihrer Rechte nie aufgaben, würden von selbst
die Mifsbrauchc; abgeschafft haben, welche dem blinden Glauben
der Völker, und durch diese die Macht und den Reicbthum des
Clenis begründen. Auf die nämliche Weise suchte man die
bischofliebe Selbstständigkeit wieder ganz der Komischen Curie
UDterzuordnen, obgleich die einsichtsvollsten katholischen Kirchen-
lehrer, auf die Autorität der heiligen Schriften und die Verhält-
nisse der ersten Kirche gestutzt, esrschon längst zur gröfsten
Klarheit dargethan haben^ dafs die bisclidfliche Gewalt kein sicht-
bares wirkliches Oberhaupt erkenne, dagegen zur höchsten Evi-
denz entwickeln, wie durch ein künstliches, Jahrhunderte lang
fortgesetztes System der Schlauheit, Rom seine geistliche und da-
durch nicht selten auch die weltliche Oberherrschaft sich erwarb«
Um nichts unvollendet zu lassen, ging man so weit, dafs maa
selbst die Jesuiten herbei zu rufen empfahl, und, uneiugedenk
ihrer arglistigen und verderblichen Thätigkeit, wieder sie einzu-
setzen anrieth.c
Auch die schönen Künste sollte der Protestantismus gegen
sich haben. Allerdings die mehr sinnlichen als geistigen, die
mehr aberglaubig staunenden, als die wahrhaft ideälischen. Wer
aber vermöchte ein Id^l von Jesus Christus sich bilden, als ein
Helldejikender ? Andacht besteht nicht in verdrehten Augen,
oder in einer nicht zur Heiterkeit und Kräftigkeit der Tugend
durchgedrungenen, zwischen kjSrperlicher Jungfräulichkeit und
geistig- reiner Mutterschaft unentschlossenen Verschämtheit. S. 89
macht über dies eine richtige Instanz: Wenn es wahr wäre,
dals beim Protestantismus die Malerei und Bildhauerei sich we-
niger entwickeln können, als beim Katholicismus, so würde fol-
gerecht daraus fliessen, dafi bei den religiösen Systemen der
9
, /
* t
i3o Geistesreligion und Sinneoglaube.
Griechen und Römer dieser Zweck noch weit eher erreicht
-wird. Der Künstler 'müfste zar Mythologie zurückkehren.
Sollte aber um deswillen, dafs manche Heiligen- und Le-
genden ^Geschichte den gebildeten Protestanten weniger anziehen
kann, nicht vielmehr in den edeln Stoffen, welche das neue Te-
stament enthält, und in 4cn manchfaltigen, jede Gattung der bil-
denden ^Künste beschäftigenden Scenen grosser Leidenschaften,
welche d)k$ Alle Testament darbietet, ein weit vielseitigerer Er-
satz gefunden werden? Ist mit dieser Manchfaltigkeit das, was
die Legenden liefern, zu vergleichen? -*-
Der gtfährUchste Vorwurf pflegt im Nameri d§r Staats-
kuMSt gemacht zu werden. Die Glaubens - und Kirch enverb es«
serung des sechzehnten Jahrhunderts sollte (S. io3 — 17) die
Torzüglicliste Quelle der Gährungen sejn, vVeil ein Bauernkrieg
sie in Deutschland begleitet hatte, weil in den Niederlanden, in
Frankreich u. s* f. die Unterdrückungen und blutigen Verfol-
gungen ganzer Menschenalter, endlich Empörungen und Bürger-
kriege hervorbrachten. Aber man vergafs, dafs Bauernaufstände
lange vor Thomas Münzer mehr als Einen europäischen Staat,
und namentlich Deutscbland, erschüttert hatten. Man kennt ' den
sogenannten Bundschuh unter Kaiser Maximilian L die Jaquerie
unter K. Johann in Frankreich und ähnliche Volksstände. Die
Schweizer rissen sich von Oesterreich los; die Lombardischen
Städte suchten sich der Obei^crrschaft der Kaiser- zii entziehen;
die Yenetianer, Genueseri Pisaner entwickelten üire Macht; die
Hanse widerstand Königen als das ganze Abendland in dem Papste
noch dem Stellvertreter Christi erkannte.
Man behauptet, nur durch die Reformatipn habe sich Deutsch*
land entzweiet; sie sej es gewesen, welche allein Deutsche Für-
sten einer fremden Macht, hingegeben, und so die Franzosen,
die Feinde des deutschen Namens, zu Verwüstern und zugleich
zu Schiedrichtern Deutschlands gemacht Labe. Aber man sagt
nicht, dafs häufig katholische Reichsglieder sich dem Auslände
hingaben, däijs zur Zeit des dreissigjährigen Kriegs ein geistU-
chcr Giurfürst Philipp Christoph von Trier, wiederholt an Franko
reich sich anschlofs; dafs Franz Egon von Furstenberij;, Bischof
zu Strafsburg, Ludwig dem XIV., als dieser sich mitten im Frie-
den der Reichsstadt Strafsburg bemächtigte, und freilich, dem
Bischof das Münster wieder übergab, mit den Worten empfing :
»Herr^ nun lafs deinen Diener Im Frieden fahren; denn meine
i Augen haben dein Heil gesehen;« — däfs im spanische^ Suc*-
cessioBs - Kriege nicht nur der katholische Churfürst von Baicrn,
sondern selbst der geistliche Churfürst von Cöln, der dem Hause
Oesterreich seine Erwählung grölstentheils zu danken hatte, die
Franzosen ins Herz des deutschen Reiches einführten «— dafs im
VereioigUDg der christlichen BekeDntmsse. t3i
I
ost(QreiG)»tsipben Sa^ce^ionskriege Baiern wiederam das Näi|üicke
that« Man eriiineire siel» des im Solde Ludwigs XIV. sielieo* •
dea, 1^4 fiir ibn Dicht nur mit Holland » sondern selbst. mi(
Kaiser ^ndlleicli Krieg« fubrebdeDy uni^uKigen Bischofs von ]VItm«*
ster, CHfistopb Qepohard von Galen, gerade ans der namiicliei^
Zeit, als 4®f entschlossene protestantische Chorfurst, Friedrich
Wilhelm yon QraivieDburgy es wagte , dem ii])ermüthigeii. frao^
zds> Erobere I welcher Deutschland Gesetze vorzuschreiben ge-
dachte, kühn en^giigen zu tretend Gegen Frankreich und die
Türken vertheidigten Brandenburg Sachsen, und andere j^pte«.
slantische Fürsten ^en Kai^r «nd das Reich oh mit der groCsteii
Anstreqgungiund 4ehnteu diese Hülfe weil über Deutschlands Glän-
zen aus. "^ Noch darf man fragen : wie eqge würde vielleicfal
schon lange d\e Kraft Deutschlai^ds ver^ioigK «ejn , weqQ Carl
Y. und Ferdinand I. die Protestanten nicht gedrängt^ durch Y^Jt-
folgung ihr^n Yercia und den schmalkaldischen Bund den sp lang«
Zaudernden aufgenöthiigtbätteq? odet wenn Maximilian II. sich noch
näher an dieselben würde angeschlossen haben? Wie viel Unglück
wäre für Deutschland unterblieben, wenn wenigstens FerfUoand
II. sich nicht den Jesuiten und ihrem Project, dem Restitutions«
Edicte, hingegeben hätte?
» Schriftsteller vou Bedeutung, welche dpch datnlen Protestanttsr
mus verdächtigende Sjstem befolgen, behandeln die immer wie- -
derkehrenden Kri^e, welche die Päpete in manchen Staaten, un4
namentlich in Deutschlai|d angefacht, entweder als untergeordnete
Ereignifse, oder stellen dieselben ah unerläfsliche Mittel zur
Rettung Deutschlands gegen den Despotismi^s der Kaiser dai;.
Diese QeschichtKhreiber sprecheii auf dieselbe Weise- von den
Päpsten, welche die Plane der Kaiser aul dem Hoheastaufischen
Hause durchkreuzten, Ludwig 'den Baier verfolgten, und alle
die bekanoten Scenen des Bürgerkrieges in Deutschland anfachr
ten* Die Hervorrufuhg und päpstliche Bestätigung so vieler Ge*
^enkajser durch fremde hierarchische Gewalt beleidigt ihr Le^
^timitatsgefühl nicht* £s ist^ merkwürdig, dafs die Begründer
dieser historischen Ansicht und die uoter^ordnetcn Schriftsteller,
-welche ih^en na^tiscbreiben, ein so grosses Gewicht auf di^Be^:
schränlLuiig der kfMsieptiche^ Maehi und die RcUung Deutsdier
Freiheit ip einem Zeitpunkte legen, wo die deutschen Reichsfür-
steil nud Städte bei weitem noch nicht diejenigen Anbrüche auf
UinAhlngigkeit und Selbstständigkeit errungen hatten, welche ein«
"VeijähfOiig von mehreren Jahrhunderten (und die Wahld^itube
•ton ) ihnen zu den Zeiten Carls Y. und Ferdinauds IL zusicfaerCeu
Auch bedenken sie nicht, dab die knechtische Unter würfigkeit
flBsncKtr durch hierar^chische Gewalt «u%.eatel^en SchaUeu-Raiscr\
vmttt Kerns AUeiiKherxschaft die Länder und Yixtker dieser Füe-
9* '
y
/
r
f3^ Geistesreligion und Sinnenglauben.
sten einer ausländischen Gewalt zinsbar machten* Finden yfyt nun
dafs die nämlichen Schriftsteller die deutschen Färsten, welche,
um diQ grofsen Vorschritte Carls V. und Ferdinands IL zu ver-
ieiteln, sich an Frankreich anschlofseo, uqbtfdingt verdamineni so
därfen wh: fragen: wären nicht diese Fürsten weit mehr im
Besitz bereits anerkannter' Gerechtsame , als jene iltem Reichs-
itände? kämpften sie nicht fiir die Rettung weit niehrerer Ver-
haltnifse und Anstalten, als jene früheren Widersacher der Kai-
ser? Wie sollten Carl und Ferdinand ein Recht zur Einzelherr-
ichaft' gehabt haben, die Heinriche und Friedriche hingegen nicht?
Und warum sollten die Blutscenen, welche Italicner xa Deutsch-
land veranlafsten, und zur VergrÖlserung ihrer Macht benutzten,
beilig seyn, während man die spätem Kämpfe nur aus einseitigen
Gesichtspunkten beurtheflt? Man vergebe nicht, dafs die frühern
Kriege wenigstens nur für politische Rechte, die letztern hinge-
gen auch fiir die Freiheit des Gewilsens . und für raanchfaltige
heilsame Anstalten kämpften. Man stellt den Protestantismus so-
gar als ein Bekeuntnifs hin, bej welthem die Throne nicht ge-
sichert sejen, indefs katholische Fürsten an der Spitze ganz pro-
testantischer Yölkerschaften doch noch der Zuneigung ihres Vol-
kes'genolsen , obgleich dafselbe bei Weitem nicht immer wohl
oder schotiend von ihnen regiert wurde, und dafs sie die treucste
Anhänglichkeit erfuhren, sobald- ihre Regierung ziyeckmäfsig und
beilsam war. Diels letztere bei^eifst ein volles Jahrhundert der
sächsischen Geschichte« Kaum ist es indefs zu begreiffen, wie
inan eine solche Sprache führen konnte,' wenn man bedenkt, wie
viele Fürsten und gekrönte Häupter durch die Ränke und An-
mafsungen des römischen Hofes und seiner Satelliten ihre Reiche,
oder ihr Leben einbiifsten. Den orientalischen Phokas entband
Papst Bonifaz IIl. der Blutschuld gtfgen seinen Vorgänger Mau-
* riz und defsen ganzes Haus, und erkannte ihn als Kaiser ^ weil
jener zuerst die Suprematie Roms anerkannte. . Der letzte Me^
rowingische König Childerich III. mufste vom - Throne ins Klo-
ster wandern, undPipiu, sein Haushund Staatskanzler, nahm den-
selben in Besitz mit päpstlicher Genehmigung. Conradin, der
letzte hohenstaufische Spröfsling, und sein fürstKcher Begleiter
Friedrich von Oestereich fanden den Tod auf dem Schaffot, mit
Zustimmung des Papst Clemens IV., weil jener sein Reich Nea-
pel, welches der Vorgänger dieses Papstes, Urban IV., aus apo-
stolischer Machtvollkommenheit Carln von Anjou zugetheilt ^tte,
wieder zu erkämpfen versuchte. Heinrich IIL und IV. von Frank-
reich starben unter den Messern eines Mönchs und eines durch
die Lehren der Jesuiten entflammten Fanatikers. Was von den
Jesuiten und ihrea Schalem, den Zeitgenossen dieser beiden Kö-
nige, im i>inn der Ligue, Tjrannenmord und Aufkündigung des
Vereioigung der christlichen Bekenntnisse. i33
Geliorsams gegtn Fürsten ^ wtlclfee dem .Oberhäuplje der Ktrdie-
mtüsfalleii halten > geschrieben wurde, ist ron den zügellosesten
Produkten der heftigsten Revolutionen nicht übertroffen worden.
Das romische Sjstem hat, um seine Alleinherrschaft, seine Idee
eioer Alles umfassendendeu Kirche zu begründi^ny viele MiUioitei|k
Menschen durch das Feuer, das Schwert, durch unzählbare Mar)«.
ttT und Bedrängnisse gemordet^ ganze Isländer entvölkert und ver-
wüstet.
»^£s kann zwar in unsern Zeitea diese Praxis nicht fortsetzen,-
aber — der Grundsatz ist nie zurückgenommen worden. .Wartet er
auf gunstigere Zeiten?, Nie datgegea hat ^er Protestantismus eine
priesterliche Autorität auericannt, welcher die Befognifs zustehe,
die Untergebenen von Eid und I^flicbt loszubinden und ihnen
diese Loss^igung zur Pflicht zu mai^heu. Bäufig iJ^er haben die
Päpste Kaiser, Könige und Fürsten mit dem .Banne belegt, und ,
sie .die Folgen desselben schwer und sogar durch Entehrungen
fühlen lassen oder die treu gebliebenen Völker mit geistlichen und
weldichen Ahndungen für diesen Ungehorsam gezüchtigt. . Au<^
dem Volke Refs das System der römischen Cuiie, iir diesem Falle
keine Aussicht auf Ruhe^ Tüennt es sich von der> Staatsgpewalt,
so zerfallt es in bürgerliche Spaltungen; bleibt es ihr getreu, so
liegt auf ihm die. Verdammnifs. (s* .wie lebhaft Shakespi^are dieses^
im König Johann vergegenwärtigt hat -*- im >Sophronizou, Jahr^
gang 1822.. 2. Heft). /. ■.
Nie entsagte Rom diesen Bannstrahlen; es schleuderte ^to
noch im Laufe des verflossenen.; Jahrhunderts auf mächtige Thsone«
Zwar ohne Erfolg. Aber da die Rechte der Kirche nicht v«^:-
jähren, so kann jeder Fürst sicher sejo, dafs wenn en früher, oder
später das Mifsgeschik haben sollte, dem römischen Hofe zu mifs-*
fallen , es nur von dem Stompifsinn. oder der Einsiebt des Zeitr.
alters abhängen wird, ob das Anathema ihn oder seine Nachfol-
ger zermalmen,, oder, wie den Napoleon, bald wieder als dilec«»
tus filius anerkennen werde.
.Ungeachtet aller dies^oinleugbaren Tbatsachen und Sachgründe,:
mufste in den neuesten Jiliren der Protestantismus als Feind, Rom
als die Vormauer der Regierungen gehen» Wie ei. in der Po«,
litik beinahe immer zu gesdiehen |[)flegt, sah man nur auf Eine. Seite
der Gegenwart. Weil. die Curie, indem sie für ihre Befixgnibe
focht, sich Neuerungen widersetzte, dachte man nicht mehr an die
früheren Anmassungen d<n'sdJben tind welche Grundsätze in ihr
die bestehenden sind.
Als schwerer Despotismus über einem groüse^ Theii von Eu-
ropa lag, Rom selbst zu den Bedrüdtten giä>örte^ kräftig wider-
stand, achtete man nidit wi^ darauf, dafs eben dieses Rom kul^z
Torher mit den neuen ^ewidtbeber Goncdrdate gescUolscni und
i34 Gaistesreligloa und Sinnenglaube»
^s Oberhaupt der Kinshe ded aenen »Usurpator« zu krönen
gekommen war, weil es boffeii konnte auch durch ibn, ieine
Zwecke zu erreichen.
Geni^, um den Geist dieser überzeugenden Darstellungen
au charakterisirei^y welche, weil sie durch Ueen und Geschichte
z:agleick reden, unwiderleglich überiveisea, >att sich aber um so
denkwürdiger sind, in. sofern iq ihnen ein gründlich geldirter
Schweizer spricht, der von seiner wunderbar sich erhaltetfidea
Laiidio$el aus, dÜo zvt ihrer Sethststfusdigkeit uiehts al» das feste
Abhalten all^ fremdartigen Ein Wirkens nothig ha^ 'ibtr da», was
sonst Europa gährend madite und noefa in. Spannung ei*hält^ mit
unge^örter, unpartheüseher Besonnenheit hinfolicken kann.
Auch die Bemerkukig^ über Feretfugung der christUehenBe^
k&mtnuse sind ( Sw i% bis. Ende ) gedankenreich. £3« Haupt-
punkt ist; wasi nicht ta Grundsätzen einig ist, kann nicht Eines
werden, ohne .daffr ein Theii den 4^dem versohlinge. -Ntair Ei-
nen Absorption» r Verein will notbwen% der, welcher allein
recht haben will. und soll, nod zwar deswegen, weit er, auch
während alle. Weit eine Keformatios ui Haupt und Gliedern
herbeirief, doch iocHner allein recht hatte. Ein anfderer Haupt«*
punkt steht fest: Ueber Wahr oder Unwahr darf man nicht
accordiren, ja, man kann es nicht.- Wer kann zusagen: ich wül
glauben, was- ihm nicht wirklich glaublich »t ? Wo die in den
Principien über die ' Erforschung der Wahrheit, im Methodus in^
$^niendi vera, ohnehin ^iigt| protestantische Kirchen sich verei-
Higen, da geben sie nichts auf, Vielmehr haben sie de« Grund-
satE des Prottbstantismus , dafs je^er gewissenhaft Ueberzeiigung
^che, ihff redlich lebfe, und so durc^ Glauhenstreu», m^ht als
durch den Gltsuhensinhült selig siej ^ nur um so vollgültiger ge-
macht. Bis dahin ward z»ar. der geistig edle GrundsatZr behaup-
tet; aber in der Wirklichkeit hatte es doch Unanoehmlichkeiten, ,
T^enn' der Einzelne -aus der Einen dieser Kirchen in die Andere
förmlich übergehen wollte, oder wenn er vielleicht in der Abend-
mahlslehre mehr nach dem re&^mirten , in der Ih^fidestinations-
lohre mehr nach Melaiu^thon dachte. Jetzt ist weder das Ein^
noch das Andere aiägegeben und schlechthin verworfen. -£s ist
aber auch keine von cfen denkbaren tinrd mit Schrift und Ver-
mfiift recUich vereinbaren Juehr^nsiohten $ur indiffet'enti keio er*
keimlMrea Theilcben des Wahren ist füt geringfögig ausgegeben.
Nein« Je richtiger gedacht, mich im ILleinsten j« richtiger ge-
dacht, desto besser! sagt der Rechtwollende« Aber indem sich
dkmt iiei<ie gegen Aaciorkätsglauben standSiaft profestbenden
Kir^heir irertimgen«, sind jene l7fiann«ihaiKcMii»i^n nicht «i#hr,
weiche ^ias ineie Ancrkekraen Aos^n, Srras ^liitftt Äffend -«(«»lal uh
das Riehligtiie ledüeh finden mocMei^ ^rwBür iHOh« heMni^^ liüch
Vereinigung der chrisjjichen Bekenntnisse. i35
erscliwer^n kouiit^ Di& Vereintea sind nicht zwar im Grund"
satz^ den beide The.ile anerkannten^ aber in der Pf^irklichkeit pro-
teslantischer ^ gewQrdevu, N^ch'riila^er, w(^ zuvor, k^on ein je-
der TtVi, jeder Zci^ g^wissenhs^t bedenken, welclie Lc^ransicbt in
jcd^ni ein^«lnen Artik^ seine Urth^ilskrafty deren Uebung fort-
gebreitet, .mehr befriedige. 4^ch ifir^hchtfir hat nun rein ven
deo Gründen d^ möglicher Weise verschiedenen Lehransichten
-US sprechen« der Unterschied^ daXs jene Gründe mehr die Sym-
Vole der Reformirten, diese mehr die Kirchenschriften oder Aus*
legungen der Lptherisch* Evangelisch eix für sich hatten, hat j^zt
jiur noch gescliichtlidie Q^ziehung, und liegt nicht mehr mit auf
der Wagschale der Prob^ilitat. vV*er im. Grundsatz acht prote«
stantisch ist, freut sich, auch in der Ausübung immer mehr die-
sen Weg der Selbstdberzeugung in allen Fächern und Bcaehun*
geu offen vor sich, und von incensaqueat gewesenen' üenunun-
gen gereinigt zu sehen«
Gegen alles blofs coTir^itVi'one^e Vereimgeii abci» überLelir-
Wahrbelt^n *— *t|ra4, wie ges^, an sich einen Geistes -Wider-
spruch einschließe «^ stimmt nee. ilem Sohlufs des V^f«. voft-
ständig bei: »Nicht nur in einer allgemeinen Uebereinstiintnuiigf
sondei^ auch ' in der ibstnchfahigsfen Verehrung de« Hdchsten .
liegt etvvas Grosses und Erhabenes. (Hat denn der ewige, hei-
lige Wiüt: dtr Allmacht die Natur^ hat er die Geister unifermik>t
gewollt?) Sorgsam aber sollen wir uns büten, ilegen;ten- oder
Priestergewalt zu' Staätscongressen oder 'Vertrügen nbor den In-
halt der Religionslehre aufzufordern. Der SchaafistaU , den sie
bauen kdunteri^ Wäre nicht der fdr die frommen Sehaafe*— diesfe
finden. Was ühr Geist fafst und iht Herz bedarf, «nter freiem
Himm^, dhne Cohvetitionen nur desto aiigemes^ener^ während nur
die Einfältigen, durch Gewalt, von den Fluren und Quellen, welche
die 'Vorsehung ihnen- v<^ieh, verscheucht, bald der Oeissel h#ri^'
loser Treiber bder dem Messer', welches toodi mehr alt» die Wolle ^
will, überlassen würden.«.
' H. E. C Paulus.
: ' ^ .
/. yorlp*u,ngejß ühßr die Taktik der tleutere,i von
dem, Grafei\ v-on. Bi^au^ -rr- Hiermit yerbunde^x: Mlc
me.nt4 der .. ßewegunßskunsi eines Reuterre.gi-
jh€nts^ aU '^^pfyqi^g zu den ForlesuHge^' Das gofize mit
S^ litifigr^lt/^i^^ef^ Plan/t^. ^tpeite vermehrte Außage.
Carlsruhe in C. K. ^Hflefs HQfbuchhand\ufig iSi^ Qrösr
IL Feiddienst dehR€Ut4^ei, vom Ve^. i» V^^ksuugea
i36 Militär - Literatur.
uier die Taktik der Reuterei. Carlsruhe in C. F. MäUers
Ho/buchhandlung 48^0. KL Taschenformat, 43st S.
IIL Der Feldherr, nach Vorbildern der Alten , vom
Verf. der Vorl. Ober d. t. d. R. Carlsruhe in C. F. MiO-
lers Hofhuchhandlung 48sio> KL Taschenformat, sjfo S.
IVn Felddienst ^ Instruction für Schützen und Reu"
terei. Entworfen von dem General Grafen von Bismasik.
3te Ausgabe. Carlsruhe in C. F. MSUers Hofbuehhandlung
4S%4' KL Teischenformat. g^ S.
V* System der Reut er ei, ifom Verf. der Vorlesungen über'
die Taktik der Reuterei. Berlin und Posen bei Ernst Sieg^
fried Mittler 48%"%^ Grösseres Taschenformat. %8% S.
W ehn die, nach laoigeii t.hatf»ivoUen Jahren wiedergekehrte. AYaf-
fenrtthe, Mrenn eine ve^gangepe^ yiclb^wegte Zdt, dem depken«
den Kopfe ein unermefsliches Feld darbietet seine. Kräfte zu
üben, ao ist es besonders fruchtbar für den jKrieger, ^'eify nach
einem kühnen Willen gelenkt, seine Waffen von den Gestaden
des atlantischen Oceans bis %\k den Ufern der «isbedeckten IVol^
ga trug. —
D^e Kunst d.e* Krieges mufste eine andere Gestalt gewin*
nen; veraltete Formen und . Regeln sanken in. Trunimer dahin,
der Gewohnheit und des Herkommens Qebrauolie reichten nicht
mehr aus, kaum fand noch Anwendung was eines Gustav Adolph'sj,
•eines Montekukulij eines Türennej Eugen j und des grossen Fried-
richs schöpferische^ Genie, erfunden. Ein anderer Geist bemacb«
' tigte sich d^r Wissenschaft des Kriegführens, -^ und diesen zu
eHiehnen, zu erfa^en, ysx die Aufgabe der neueren Zeit.
Dieses ist im hohen Grade dem Verfasser der oben ange«
zeigten fünf Werke gelungen; obgleich «r sich ausschliessend nur
mit einer Ws^ffengattung , der Kavallerie, beschäftigt, so hat e^
eben dadurch, einem Bedürfnisse der Zeit genügt, und durch die
geniale Art wie er ihn in Darstdlung und Sekteibart behandelt,
für die Milit^rliteratur. eine neue, glänzende Epoche eröffnet. -^-«
jyie Forderung, welche man von ewigen Zeiten her an jeden
thut, der in der Welt etwas mit Glück, Nutzen und Erfolg
leisten will, nämlich dafs er des Gegenstandes Meister ^v,
den er behandelt, .ist von dem Verfasser treflüch gelffsf,
und ihm ist gelungen , was den höhern Geist bezeichnet ,
was nur dem Genie gelingt, welches Erfahrung mit Forscbüngs^
geist zu vereinen weifs, das; um mich eines populären Gleich-
nisses zu bedienen, sogleich die rechte Thüre am Hausei und zu
dicset Thüre den rechten Schlüssel findet.
Eine nähere Anzeige des Inhalts der Werke wird ^ dem
Leser zeigen dafs an Form.und Stoff nichtt vergessen M^ i ..
.
Militär -*^ Literatur. 13;
Nf o. ]. enibik in 20)1^^ Vorksungeni i) Tliktik^ — Strat«.
|riey eine Definiüoii; a) Charakteristik der Reuterei; 3) Taktik
der Reuterei j 4) Charakteristik des Gefechts ; 5) Form dfer Reii-
terei; 6) Fortsetzung, 7) Stellungskunsi der Reuterei; 8)ßewegungs^
kunst der Reiiterei; 9) Gefecht dfr Reuterei; «o) Operationen der
Rctttereiy die Stellungen und Bewegungen des Heeres zu sichern ;
1 1) Operationen der* Reuterei, die Stellungen und Bewegungen des
Feiades zu erkunden; la) Hauptmomente der Geschichte der Reu-
terei.— Der hiezu gehörige Anhang: Elemente der Bewegungskunst
eines Reuterregiments, enthalt ausser einer kleinen Einleitung, drei
Abschnitte. 4r AbschnUt. Bildung der Linien aus Kolonnen.
urAhschnUU Bewegung der Linien. 3r Abschnüi* Abmärsche^
Bildung geschlossener Koloonen. -— — • Was in diesen Element^
der Bewegung eines Reuterregiments abgehandelt ist« geschieht
mit beständiger Hinweisung auf die Vorlesungen über die Tak-
tik. Hierzu gehören ao sehr deutlich gezeichnete und gut typo-
graphirte Plane; drei sind ib den Vorlesungen ^nthajten.
Nro. IL iit das in der dritten Vorlesung über die Taktik
der Reuterei angezeigte Feld -Dienst-^ Buch^ in eine logische Form
gebracht. .Der Vorf. erklärt sich selbst in der Einleitung', dafs-
es nicht sein Zweck war, hiermit ein neues Lehrbuch zu gAtm^
sondern nur, längst bekannte taktische Urprincipien des Feld*^
Dienstes für das Gedächtnifs bequem zusammenzustellen.
Es besteht dieses Werkchen aus zwei Hauptstücken j^ und
jedjBs llauptstfick zerfallt in drei ^Abschnitte. Das erste Haupt-
stück handelt in Bi^ziehung der Taktik der Reuterei, die Stellun-
gen und Bewegungen des Heeres zu sichern, von den Feldwa-
chen. PiquetSi Vedetten, Vortrab, Nachtrab, Bedeckung, vom
Biänkeln, Gefeqht ü. s> w. Das zweite Hauptstupk bebandelt die
Taktik der Reuterei, in Beziehung auf die Stellungen und Be«
Wfgungen des Feindes, von den Auskundschaftungeo, Ueberiüllen
und dem kleinen Kriege. >
Nro* HL enthält aus dem Heldenleben der gröfsten ■ Feld*
herrn der Alten und den besten Kriegs «Schriftstellern der alten
Geschichte der Kriegskunst, den Geiste in Form i^on M(iß:imen,
wie dies der Verfasser in dem Vorworte selbst kund thut. Es
wird dies stets eine, für den Officier sehr ^interessante Rectum
bleiben.
Nro. rV. Feld -Dienst -Instruction für Schützen imd Reuter;
ist auch in zcvei HaüptstUckeß und jedes derselben in drei Ah^
schnitte eiagetheilt. Das erste Hauptstuck handelt vom Dienste
der Reuterei, : in. Beziehung auf die Sicherung des Heeres, Stel-
lung» Bewegung und Gefecht; das ate Hauptstuck vom Dienst
der Reuterei in Bexidiung auf den Feind. Die Eintheilung und
der Stoff ist ders^elhe, trie in Nro.! IL, /jedoch ist es in Form
I
i4o Eckietle Lehrbegriff der Gewerbskunde*
nur solche Besebäfliguogen kdailen zu denselben gezahlt werden,
die den Gewinn zum Zweck und zur Richtschnur nehmen* Da-
gegen ist eine weit engere Bedeutung des Wortes aus der po-
litischea Oekün<>mie . gekommen, man bezieht es nämlich oft blpfs
«ttf die hervoibtingcndcn Beischäftigungen, die Erdarbeit, die Fa-
brikation ufid den Handel, .obschon diese für die Theorie höchst
wichtige Unterscheidung im bürgerlichen Lcb^n weniger bekannt
ist, und die, Barfocheerer oder SpieUeute schwerlich daran den-
ken, dafs< ihr Unterhalt nicht unter die Productionskosten gehört,
sondern blofs aus dem reinen Volkseinkommen bestritten werden
kann» Endlich fiijiden sich auch zuweilen, etwa in rednerischem
Gebrauch,' Lindbau, Gewerbe und Handel neben einander ge-'
nannt; es ist aber nicht zu sagen, warum die stoffVeredelnden
Beschäftigungen eher xoer* ^i^X^^ Gewerbe zu nennen sejn sol-
len, als der* Handel oder dje Landwirthschaft ; es sej denn, . dafs
man für jene kein anderes ausschliessendes Wort hätte,' welcher
Grund neuerlich durch Wiedereiiiführnng des alten Wortes Gc-
werke ohnehin weggefeUen ist
In der, vorliegenden Schrift, über welche Schreiber, dieses
den Grundsätzen unserer Jahrbücher gemäfs sich keine Beurthei-
lung erlaubt,, weil der Verf. dem Grofsherzogthum Baden ange-
hört, ist die Lehre von den productiven Gewerben abgehandelt,
in der Absicht, die Jugend ^jt diesem Gegenstande ^ dessen
Kenntnifs ihr in mehrfacher Beziehung höchst nützlich seyn müsse,
bekannt zu machen; allerdings, eignen sich auch diese Gewerbe,
als angeifVaodte Naturwissenschaft,. ;am meisten z^r Aufnahme in
die Unterrichtsgegenstande. '\Vähre«d aber die gewöhnlichen
Lehrbücher für Schulen nur die eine oder andere Classe voa
Gewerben umfassen, soll das gegenwärtige das ganze Gebiet der-
selben in sich begreifen.
Die Eintheilung der Gewerbe. is^ so, dafs für jedes der 3
Naturreiche die Gewinnung, dann die weitere Veräi^^iitung der
Sto^e abgehandelt wird. Am Schlüsse des Ganzen ist dem 3.
Theilo, der die P^oducte des Thierreiches betrifft, ein kurzes
3tes Hauptstück von dem Handelsstandc angehängt. .
Die Einleitung erklärt das Wesen der verschiedenen Ge-
werbe, die Verhäl^uisse der l}audwer)cer und den Unterschied
der chemischem und mechanischen Verarbeitung des Stoffes. Dann
folgt im A» Theile S. i4 der Bergba.uj. S. ^8 das Hüttenwesen
saoiiiit dem Nöthigsten über Cigensohaften, Vorkommen, Mischun-
5en der Metalle. -^ Bei der ^mechanischen Verarbeitung, S.
6 — - 879 sfnd,49 verschiedene Gewerbe erklärt, manche nur
«kit einigen Zeilen, das Steinschleifeo, Dratziehea, die Bereitung
des Bled)s, das Schlosser» und Büchsemnacher *- Gewerbe^ die
Verfertigung der- Nadeln, Uhren, Goldr und ;$ilbei^waar^li^ das
Eekerle Lehrbegriff der Gewerbskunde. i4i
üiessen in Messing etc., das Buchdrücken und kupfefsfechen et**
was ausführlicher, und mit kurzen geschichtlichen Notizen. — ^
UnUr den chemischen Verarbeitungen (S. 88 — 108) ist die
Bereitui^g des Kochsalzes, Salpeters, Alauns, Vitriols, VitriolGlsy
Scheid ewassers, Salmiaks, Borax, Grünspans, Bleiweisses, Blei-*
Zuckers, der Mennige und Bleiglätte, des Zinnobers, M5rtel$,
Gjpses, das Vergolden und Versilbern beschrieben ;' begreiflich
kann hier keine genügende Erklärung der chemischen Processe^
nur die Angabe der Verrichtungen und Erscheinungen erwartet
werden. — ^ Einige Gewerbe, in denen chemische und mecha-
nisclie Verrichtungen verbunden . sind', z. B. Ziegelbrcnneref,
Topferei', Steingut- und Porzellanbereitung, GUsbereitung ha-**
heu im 3ten Abschnitt (S. 109 — ^ ^27) eine besondere Stelle
gefunden. — Im 2ten Thcil enthält das iste Hauptstuck eine
kurze Ucbcrsicht des Ackerbaues (S. i3o — 44)} ^^^ Garten-
baues (S. i44 "^^ *^^)> der Baumzucht (S. lÄa — 162) und 1
der Forst wir thschaft (S. i63 — 68); hierauf kommen im aten
Hauptstack 3i mechanische Verarbeitungen yon Pflanzenstoffen,
z* B. das VV^eben und^ Spinnen, Papiermachbn , Getreidemahlexr,
Oelschlagen (S, 169 — 190), und 17 chemische, die etwas aus-
führlicher als die mechanfschen abgehandelt sind, z.B. Potaschen-
sieden, Zuckersieden, Weinbereitung, Bierbrauen etc. (S. 190— r-
218). — Zu den mechanisch -chemischen Verarbeitungen wer-
den gezählt das Stärkemachen, Brodbacken, Zuckerbacken, die
Tabacksbereitung etc. (S. 219 — 226). — Im 3tenThcile finde!
sich die Viehzucht ( S. 227 — 249), die Jagd (S. 249 — 2^*)»
die mechanischen Verarbeitungen thierischer Körper (S. aSa —
261), die chemischen, worunter zuerst die Verfertigung von
Butter und Käse, dann Leim- und Seifensiederei, Gerberei tt.a.
aufgeführt sind (S. 262— 374)» endlich die mechanisch -che-
mischen, wie Hutmachen, Berlinerblaubereitnng, Verarbeituifg
des Wachses etc. (S. 274 — 2 83), — Statt eines Inhaltsver-
zeicbnifses ist ein ausführliches Register angefügt. S, B, V.
Christliches Glauhensb ckenntiiifs des Pfarrers HxNXr
HÖFSRS^ von Mählkauseffi, Seiner Gemeinde und seinen
ehemaligen Zuhörern und Freunden gewidmet. Tiihmgen,
gedruckt hei Fues, Heidelberg in Cojnmissian bei Winter.
4 8 »2, 4 4? ^' ^^ ^- ^ ggf* Sachs, od. 36 kr. rhein.
•Uer bei seiner Gemeinde und in der ganzen tJmgegeod sejir
geschätzte iind gerne gehörte Verf. giebt in der Vorrede die
Notiz : Nachdem ich bereits 3 — 4 Jahre in der /Gemeinde
t49 P£ HenDhöfcrs christl Glaubensbekeniitiiifs.
MuhUuuiS€A bei Pforzheim I freiheirL von Gemmmgenischen Ge*
biets, gearbeitet und nicht ohne Segen gearbeitet habe^ uforde
ich schnell von der Gemeinde ab und zuriJntersachung vor das
bischöfliche yicariat n£ich Bruchsal gerufen. So lange ich als
Seelsorger zu Mühlhausen stand , habe ich nie etwas wider ka-
tholiscbe Grundsatze Vorgetragen^ sondern nur innerliches Chrir
stenthum zu pflanzen mich bemüht« Und hab^ ich auch bisweilen
wider Ceremonien gesprochen , so geschah es nur deswegen ^ um
Leut^^ die sich dahinter fincbtetea, und wegen ilirer Befolgung
, sich selb$t fQr gut hielten, Ton der Nichtigkeit dieser ihrer selbst-,
genachteJi Gerechtigkeit zu überzeugen und auf etwas Bessere?
%fi führen. Ich selbst aber habe aüe beobachtet. Erst zu Bruch-
sal fand, ich Zeit und Gelegenheit , über -manches nachzudenkeoi
und so recht den geistlichen Tod, so wie auch den Grund des-
selben ii^ der katholischen Kirche, zu beobachte». € Nach dieser
Stelle y welche zugleich eine Probe seiner schlichten Darstellung
ist| welche Tom Herzen zu Herzen gehen kann bemerkt der VL
einzeln SvEK—XIIL, was er iu jenen spätem, erst durch >den Wi-
derstand mehr erregten, Nachforschungen zwar i« dem katholi-
schen Kirqhenthum sehr hervorgehoben, Hn» der biblischen lieber*
lief^ung des IJrohristenthums aber nicht, oder anders bestimmt,
gefunden habe. Er mifskennt nicht, dafs es manche treue Lehr
Tcr und Hirten gebe, aber auch Miethlinge , welche mehr die
Wolle ab das Heil der Schaafe, sjachen, daher oft' vpp der ur-
christlichen -einfache», lebensthätigen Wahrheit auf Mensehensa^
tzungen und Menscheagebote hinuihren, welche $ic mit dem Na-
men irUehre empfehlen. Uebrieens ist dennoch ider grölste
Theil dieser von dteinegg bei Pforzheim datirten Schrift nicht
polemisch^ sondern im, Gehalt und Ton erbaulich, herzlich und
Yolksverstandlich. Ihre Wirksamkeit dabin, und auf das Jßrgrei-
fen der Erlösung ,% welche durch Jesus Christus sich verbreitet
und durch Glaubenstreue , thätigen ' Gehorsam und Entfernung
vom Aberglauben für jeden zu ^verwirklichen is(, wird nicht zji
heiümen sejrn, wie das Urchristenthum selbst, die Gemüther er-
greifend und begeisternd, von unten herauf die heidnische^ jüdi-
sche und jede selbstsüchtige Priestergewalt überwog und immer
aufs neue überwiegen und überleben wird, weil die GoUaqdäcb-
tigkeit (Religiosität) in den Gemüthsanlagen aller, der Kirchen-
zwang aber nur in wechselnden Zeit -Meinungen gegründet ist.
Wir wünschen jeder Kirche, um ihres eigenen Wohls willen,
dafs sie Volkslehrer von solcher Herzlichkeit für praktisches Chri-
stepthum von sich auszuweisen nicht für räthlich erachte, oder
.gK nach festgeaetzlen Lehrschrankeo für nothig halten müsse.
l}en Geist ersticket' nicht, sagt der Apostel Noch weniger weifs
Hec. wie einer Gemeinde, wcna sie zu einem solohenr sittlich ta-
Pf. Hennho&rs cliristl. GladbensbelteaDtniis. «43
9
s
l
dellosen Yolkdelirer Oir volles Vertrauen btteugt, die Hielarckib:
denseibea abspv ecken diirfe, da die Gemeinden otch Ldff» «nd
Leben nicfat uni der Hierärckie wilieo sind, vielmekr die |^na»
Hierarchie um der Gemeinden weg^,« und da historisek nnalrei«^
ti^ ist» dafs meltfere Jahrhunderte bindurck vomeknilich die.
Stimmen der Gemeinden ihre «krieliichen Bischöfe und Plnesb|^K
ters wählten y diese Gewählten aber nie ein Recht haben koma-?
teo, den Gemeindet in der Fo%e diesig ihr Recht allmikU|^ «u,
entziehen iind sich selbst beizulegen, nachdem sie zuvor D«r^e
Leitung der Wahlen gehabt hatten. Hat die Hiemcbie diHiK
Lehrer einer Gemeinde gegeben, der naohker den Dogmen det
Hierarchie nicht entspricht, so kann sie dies der Gemeinde be^
kannt machen und die ?ön ihr gekommene Anstellung ■oruck-^
nehmeri. Wie aber, wenn* dann doch die Gemeinde selbst ihr
Vertrauen £u ihm nicht aufgiebt? Der Verf. steht nach & i4o
noch auf jenem Punct, wo einst Melanchthon gerne sagte: Man
konnte Papst und Bischd£Fe wohl fcugd>en, wenn sie das Evao-r
geliuoi nicht hindern ^ vielmehr durch Au&icht gegen Unsiftliebr
keit fördern wollten. Was Luther weiter sprach, ist bekannt
und 3oo]Qhrige Erfahrung hat indefs gezeigt, dals sein fester
Blick in die Natur alles ^ Kirchenzwangs richtiger Sah , ab dw
Wunsche und Hoffnungen des gutmiithigen Philoiogeki. Der Ver&'
scMte&t ^it Rührung durch eine vielumlasseiide, unläugbare
Lebenswahrheit: ^Das einzige Mittel der wahren Freiheit und
auf rahigem, friedlichem Wege dahin zu gelangen, das einzige
Mittel, Fürst und Voik nieht^ im Gegensatz, sondern mit himm*«>
lischeB Banden,' .wie Vater tmd^ Kinder (in der Rechtsthaffenheit)
verbunden zu seheVß iH Religi<m, ist wahres Curjpränglichesj Chrif
Stent hum, (nicht politisch -heiliger, doch niemand mehr täuschen*
der Scheioglaube j nicht Unglaube, und nicht AberglaQbe.€
H^ E. G, Paulw.
4. Notiee sur les signes numiriques des aneiens Egyptiensf pr^
cedit du plan d'un oupra^e ayaht pour titre: Obsers^tions
et recherches nouveües sur les hieroglyphes accompagne'^
d*un tableau methodique des signes; par M, JoMjiitD, Membre
de VAcademie royale des Inscriptions et Beiles •- Lettree,
Paris 484g. 34 S, 8. mit 4 Kupfrtl.
4. Etalon mitrique troiwe d Memphis, Par. 489St* 4^ S. gr» 4*
mit 4 Kivpfertajd.
iiie erste Sclirift enthält eine blosse Uebersidit der Versuche
des eben so gelehrten als fleissigen . Verfs. di« Z^blenzeichen der
s
i44 ' JoQiard Etalon. metrique de Memphis.
alten Aegjptier aus einigeo, Vorzoglich in Theben aufgefundenen
'Documenteh wieder herauntellen, nebst einer- Probe verschiedeoer
solcher Chiffern und. ihrer muthmafslichen oder gewissen fiedeu-'
tttng. Rec» tirürde, um einen anschaiulichen Begriff hiervon zu
Sehen, fast das Ganze abschreiben mfissen, und dennoch ohne
le erforderlichen Figuren unverständlich bleiben. Es, mag da-
her genügen durch eine blosse Anzeige die Aufmerksamkeit des
deutschen Publikums auf die schätzbaren Bemühungen des Hm*
Yerfass;, zu beurkunden, j^e in die, Sache selbst eingehende,
nicht' eben leichte , Kritik lälst -sich, ohnehin erst ^ dann geheoy
wenn diis Ganze vollständig zusammengestellt seyn wird. So viel
sich vorläufig übersehen läfst.sind die hier mitgetheilt^n Combi-
nationen und Vermuthungcn allerdings gut begründet , und ver*
sprechen weitere schätzbare Resultate«
Dieses Urtheil wird .noch mehr begründet durch den Inhalt
der zweiten- Abhandlung., welcher in der Uebersdirift genauer
als in dem unvollständigen Titel angegeben ist. /Diese heifst
nämlich: Descrption' d'un Etßlon mitrique, orne d^Meroglj-phes,
ddeou9ert dans les ruines de Memphis par Us soms dß M, le
Chevalier Drovetti, Consid gefferal de France en Egjfpte. Schon
früher hatte Hr. Girard einen getheilten Mafsstab aufgefunden»
und dieser .zweite dient sehr zur Vergleichung mit jenem und
zur Controle der Erklärung desselben. Dals es ein Mafsstab
oder eine Elle (coudee) %ejj wird auf den ersten Blick klar,
aber schwieriger ist es , die . in das Holz , woraus er verfertigt
ist, (boisde Meroe) bis eine halbe Linie tief eingeschnittenen und
mit einer Art Stuck sehr schön eingelegten Hierogljphen , Zel«»
chen^ und Striche zu deuten, und hiernach zugleich seine Bestun-
mung im Allgemeinen anzugeben. Vorläufig sind die Hieroglj^
phen hier in der Zeichnung und in der Erklärung weggelassen,
weil sie Kochst schwierig zu zeichnen, zugleich aber bis jetzt
noch unverständlich sind, und hier nicht zum Wesen der Sache
zu gehören scheinen. Ob Lietzt^res richtig sej, ist wohl fraglich ;
auf allen Fall wird' es interessant stju^ künftig eine Zeichnung
^es Ganzen zu erhalten.
Der Hr.. Vf. erläutert mit Hülfe der beigegebenen versinn-
liebenden Tafel die Zahlenzeichen, welche vieles sehr Merkwürdi-
ges enthalten. Rec. ist zu wenig in den ägjptischen Alterthümern
bewandert, als dafs er sich herausnehmen sollte, eine genügendere
Erklärung dieses wichtigen Documentes, als die vom Vf. hier gege-
bene ist, nur einmal zu versuchen. Allein da er ^ich oft und viel mit
getheilten Mafsstäben aller Art beschäftigt hat, so kann er sich ^3
Yergiuigen nicht versagen, das wichtige Monument der grauer Vor-
aeit blofs als Mefswerkzeug zu betrachten, und auf diese Anseht ei-
Tiige Hjpothesen zu grunHen. ^^^
/ {Der Biscbimi /okt. )
- 1^* Heidelberger ^^^*
Jahrbücher der Litterätur.
Jomjrd: ' JEtalon metrique de Memphis^
» {Bescbiu/t.) ' c . ,
JCtiiie.' wichtige ) nicht eigekids berührt?,. Frage dürfte sejn, zu
velchem Zweck diese £0e bestimmt war ?, Nach der Mühe u^d
dem Aufwände zu schUesseo^ womit. ^.hjöchs) kunstreich ver-*
£erugt ist, war sie keine ^gemeine Kaufa|anijsr£ile, sondexo ein
Mafsstab, .entweder. Kvm Normal -Mab bestimmt, wenn wir etwas
der .Art schon in jdnen. Zeiten annehmen dürfen, oder etv^a.pi*
Dem .vornehmen Baumeister zugehörig,. Letzteres möchte Recf^os«
am liebsten anoefimen, weil die Eintheilung des Ganze» sel^ da-
für entscheidet. - Die ^absolute Länge betrügt nach einem genau
f^twheiieun fac simäe o^y530, und ist. in a8 Theile getheilt«
Vier derselben, wV(kn der, Linken zur Rechten, sind grösser .jeilei*
K^o'P^to 4^25, die übrigen jeder = o^.",oi 85. Drei der grösse-
ren Theite betragen zusammen o^")058 oder drei Zoll d^r sclion
hekannten. alten. £Ue,. der Best o™ , 462., welches gerade die
Länge der, alten Elle, oder ;24 Zoll derselbe» beträgt Hiernach
enthält also das Gänze in. .28 Theilpu a/ Zp)l oder ij- j^lle»
Diese -27 Zoll soUea nach der Ansicht des Hrn. Yerfs. in 2^
Tbeile. getheilt sejn, weil die letztere Zahl durch 2 theilbar ist.
£ben dieser Hauptansiel^t aber kann Rec. nicht beistimmen, weil
darnach die/ sehr zusammengesetzte Eintheilung des Malsstabes in
seine einzelnen Theile ganz^ unnütz wird, und es kaum begreif-*
lieh sejn dürfte, warum d^ Atbeiter sie mit so grossem Auf«
wände gemaeht haben sollte, da er nur die Grosse der Theile^
wie die^vier ersten, sind, beibehalten konnte. So bequem nämr*
lieh die. Z.ahl ^Q für. die Theilung durch 2 ist, so giebt der
Mafsuob, ,iils solcher, doch weder Hälften noch Viertel noch son-
stige Theile« Nimmt man diese nämlich von der Linken zur
Rechten, so ^nd sie zu grofs, umgekehrt aber zu klein, und aw^r
uamer ia Verhältnissen, welche die muthmafslicheii Zahleuaus-
drücke der alten Aegjptier, wie sie namentlich auch aus den
gehaltreichen Untersuchungen des Hrn. Verfs. folgen, weijt über-
steigen. Die eigentliche Länge des Zolles ist nämlich =: o'^i
^^92$t die der kleineren Zolle aber =;: o,oi85,; und indem
die letzteren ini|2, 3..».i6 Theile. getheilt sind, so ist ,
10
i4Q Jomard Etalon metrique de Memphis/^ >
ein }eder dieser Theile nur eio iffitel des Th^iles eines wirk-
lichen Zolles, nicht zu gedenken, dafs der Mafsstab, auf welchem
2^ kitiüe Zolle und i grosser zur £U^ gehören sollen, f uf diese
Weise weder eiYie ganze noch eine halbe £Ue im rkhtigefi Mafse
enthält«
Weit leichter findet es Rec. d«& MaÜMtftb genz för sieb und
aus sich selbst zu erklären, welches auch tait vieler inneren Con-
sequenz geschehen kann, und so, dafs nur sehr weniges keines-
wegs widersprechend'^ aber vorerst noch dunkel bleibt. . Hier-
nach wäre, mit Benutzung der sehr richtigen Ansichten des Hrn.
yfii«über die' einzelnen Zeichen folgendes anzunehmen. Da für die
ü^bthfeilüfig' des Mdfses der ahen Aegjpiier in zwölf Theile
Ütk^ Menge (Gründe entscheiden, so ist diese ^ nebst den ersten
S|)Ureti des Decimalsystems und die, aHen Menschen naturltcke
leichteste Halbirung mit der alsdann von selbst folgenden £in-
theilung lä 1, a, 3 u. s. w. Theile taucb anf dem , vorliegenden
Monumente abzunehmen. Es wäre also das Ganze als ein Mafs«
Stab anzusehen^ worauf ein Theil der schon bekaufaten £lle, nad
eine roltstindige andere neuere oder ältere» auf alicn Fall kleinere
|rexetchYiet sich findet. Letztere müfs bei denen, welche den
MafsSt^ gebrauchen wollten, die gangbarste gewesen seyn, denn
sie ist nicht blofs ganz, sondern auch vielfach, in Theile getheilt
auf demselben vorhanden. Von der Linken zur Rechten ausge-
bend, geben die 4 ersten gleichen Theile Zolle der alten Elle,
und im Ganzen |tel, vielleicht aueh |tel Fufs oder halbe Elley
oder Palme, oder womacli sonst die ahen Aegjptier gemessen
beben mögen. Verticale Striche, i, s und 3 , zählen die drei
ersten Zolle; im vierten steht eine Hand ohne Daumen, welche
der Hr. Verf. für ein Zeichen der Zahl 4 hält. Weil aber diese
als vier lothrechte Striche ohnehin zweimal Torkoaunt, und kein
Grund vorhanden ist, die Bezeichnungen der nämlichen Sache zu
vervielfältigen ; so möchte Reo. dieses lieber für ein Zeichen der
an ihrem Ende anfiingenden eigentliöhen Elle halten, so dafs diese
gant und in &4 Zollen geth^eÜt rechts, ^tel der alten aber oder
|tel Fufs links läge, und die Hand gleichsam den Wendepunkt
bezeichnete. Hie^ür spricht ausserdem die gleiche Bezeidinung
aller dieser vier Zolle mit dem Ellenzeichen, wie es der Hr.
Verf. wahrscheinlich sehr richtig deutet, mit einem lothrechten
Striche unter demselben und vier ähnlichen Strichen unter einem
Bogen, minder nicht entscheiden hierfür die beiden lothrechten
Striche, womit die eigentliche EHe anfangt. Das absolute Mafs
dieser neuen Elle wäre dann nicht o™,462, sondern o'",444«
Ungleich schVverar oder gar nicht bestimmbar sind die Be-
zeichnungen der einzelnen Zolle dieser kärzeren Elle, und alles,
was Rec. hierüber zur Erklärung sagen konnte, würde Uofs
Jdmard Etulon tnetrique- de Mcmplus. 14^
lijqnHlifltiidt Qiid ohne ^ genaue Uebereiostinimang des
mit iem Geoiea icjrn. • '
Lmehl und chnn^ Sfreil leaber ht dagegen die Bezeichnung
der Zalla tob der Ruhten zur Linken auf < der kurieren. Elle«
Die ßnl^ f 5 ZoUe sind hifs von a bis zu iß Tbeilen gatheüt^
welcitfs peweiset, dk£s der $tab bestimmt war, kleine Tbcile des
ZoHos zu messen, und hierauf gründet sich unsere Vermuthung,
d^ifs'yi^Heidil cinBaumelstor sio^ de^seihen zut Verfertigung von
ßi^SfiO lind Zeichnung^ biedtenS habe« ^als die Tbeibing nicht
weiter als bis 16 geht, dürfte keine Schwierigkeit macfa^, da
diese Theile schon sehr klein, und ausserdem durph wiederhc^
Halbiruhgen entstanden 'sind. Die ZaM der Theilstrich^ isi Inf
der FlSch^ des Stitbes ängegcfben, und * hieraus- fsrgi'ebt sfcb iß
Uebereinsitnimung mit Ata^j was der Hr. VAf;' iik def ^ten
Schrift schon gezct]^ hiit.'$ehr au^e;iiäffig^,'/dars die Ao0pti<sr
nach einem upvoU^Lommienetf decadisch^' 'Sjstetn.e die %mfeA
Ton 1 bis 9 durtdh ^CTfifzehie Striche aus^röettän, ftlr 10 aber eiQ^
eigene' €%iff!hr^ %in diit der 0<^fi;nung iidcb ; qnten' gekehrtes 'Ühi-
eisen' hatVen, worauf VrM unser Null- Ziehen ' entstandei^' sevit
kdnnte. C'Jnännert y de hiunerorumj qup4 arabitos Toicant j hrdfa
origiite pytha^orictu Iforhnb. 4840 p: 47^ Ifitet' dasselbe -votü
Pjthagoräs, u. z. aus deib GriechischeAy eiiieta Ä tn einem Kreist
ab, wovon -blofs der'foels b«3>chalten sey)/zu der Zehn w^^
den dann einzelne Stiche gezählt , hier v6i| i bijf 6, und ünsejr
jetziges Ntuheriretf nach einer decadischen Prp'gression war ih'neft
also fremd« Der erste, in zwei Theile g;eth'eia<i^ Zoll l^at anstatt
zweier lothrechter' Striche, dem Zeichen der Ü, ^wei horizontale,
dnrch einen schrägen verbanden. T^aeh' der Meinung d^s Hra.
Verb, soü dieses ein abgeändertes Zeichen der a sejn, alleih
anch fcrer möchte llec. die Zeichen ungern vervielfältigen, und
lieber lesen: zwei Halbe, zu Eins Verbunden, indem dieser Zoll,
das Mafii eines ganzen' und eines halben zugleich angeben sollte,
wofür dlenn der ungetheilt« Zoll fehlt.
Ausser der Beschreibung und mutbmalslichen Entzifferung
dieses höchst interessanten tJeberrestes aus der uralten Zeit, auir
ser seiner absoluten Grösse un4 AbtheMung giebt der Hr. Verf.
noch eine kurze Vergjeithong ' desselben mit andern ägyptis<p(ien
Matsen. Eine ausfühi'Iiche JBeärbeitung des gesammten Mafs-Sv-
Sterns der alten Ae^ptier und ihrer niiatliematLichen Kenntnisse,
welches Vom Verf. schon 4817 ein Bd. fül. herausgegeben is1|,
und jetzt äüfs Neue von ihm bearbeitet wird, soll zugleich den
siebenden Band der neuen Ausgabe von der Description de
l'Egjrpie ausmachen. Wir werden von diesem nicht blofs, für den
AUerthumsfoTscher, sondern Zuverlässig auch für jeden Freund der
Wfssensclial^n im' Allgemeinen interessanten Werke seiner Zeit eine-
Anzöge liefern. M.
10*
i46 . Jomaird Mein, . sur PEp^yptfe Tom. L-
:Be€Utä d*Ohteryüiiohsi eixdeiMimoires sut^VE gypte */in^enne
et moderne; ou jPeseription historique et pttthr^sme de
• ' • plusi'eurs des pr*ncipau-3P^ mv^Umehs de cettekon»
. tree; actompagnde ide techerckes 9ur\ les eonmiisances des
•»•: anciems- E^jjrptiens -et* de Remarques jur^. lä Geographie l^^P'
chaeologie et Us Beaux-Arl^jpar Mi J^OMjihD^, Membre
f . de VIhstitut. rojal . de Franc^e^ de'Iä Ugian d^honneitr etc.
. r Tome premiet^^ P^tris ; 45^ S. -m gr, 'S, y motu- einige 'llz>-
: ßrungeii PÖH KupfmtiekeH m versehiedenen Folwß)rmaten
f-{. .-gehciran, ' ini.
^ip ist ^^iD^ "^ffieü der grossen pes5rißti9,H'dß TEgyptc nach der
j(^eu€^^ Öctav^usg^be-j wovon inqhr.ere..jyar juns liegeq^ ^ie 4a$
Memoire sut • le^ ^sten^e mdtrique desi.äncieus £gjpti(|qs ypA.demr-
se)l>ea Verfasser^, qnd. wovon jin-ajo^^erer; Älilarheit^r a^ ^^xi^pxn
l\.\\'p.^^p}} Siri^^ nni,noQh neuerlich .X9.i^,d|9n ^qr^Imög^^n i^nd
B^^dec^Bgen aei. . Qck,hrten , 4W9 W 4h? Ö^crjy5iig5n> di? «rE-
jgyi^le, verdanken, vielfachen pebrau9h. g,e^a/:;ht, und.,4abx?^^
^ei^a inliaU des awüquansfJien Theilsjepe^ Werks. qifeptliQhi.iio-
lii6
tiqn
i* iqh . ßs i mein einziges Geschäft $e^n ,fessc?n^;, unsern Les^ei;^ , ^ic In-
laltsanzeige dieses Bandes mitzutiieijen. . Was die ...Theiio^lkine
4es Herrn /of^iara . an diesen' Nacbtorsphungei^ und andern grps-
sen . beschVcibendep WJevke selbst betriftji sd sind .jrleicl) nach
$rscheinung d,er, ersten Bände die ausgezeichneten, ja in vieliacher
iJinsicht einzigen Verdienste dieses Gelehrten im ganzen gebilde-
ten Europa anerkannt jvojfdeu. Was ihn besonder« .vor:,4o .yijr»-
\ei\ verdienstvollen JMjinoern des g^ieKr^;3n 'Frankreichs jai^f d^
vorthcilhaftestp bexiaertlich macht, ist |enjerf,^iicklLch^.,Vei;eiD der
mannigfaltigsten Keutitnisse so. w^hf ;Eiuf den;i , Gebiete der P^j||ur-
Wissenschaften als. auf dem der Alterthumskunde und insbeson-
dere die wahrhaft geniale und gröfsartige Weise, womit €?r den
in ^Aegyptens Institutionen und De «tmahlen, so markirt ausgepräg-
ten Gbarakter mj>rgenländischer Vorpit . aufzufassen und d^zu-
jl^^llen versteht.' Ehe ich mich zur Vl^rhg^ug de% Inh^jits der
vorliegenden Memoiren wende, mufs ich auf ein Haup^^gebnils
aufmerksam machen, das Herr Jomard aus seinen i^mfassenden
Studien und Forschuiigcu an Ort'u.nd Melje gewonnen tzu haben
versichert. Es ist der Satz, daf^ wir /Theben ii^ Ob^-Aegjp-
ten als den Mittelpunkt der ganajen Pharagnischen Macht, Civili-
sation und Herrlichkeit zu'betrachfen haben, dafs von hieraus nicht
nur die Nied erlasungen ini miuleren und unleren Aegjpten ausge«
Jomard Mem. ,ßur i'Egypte Tom. L i4()
gao^en, sondern dafs 9uob da^ Aetliiopistiiie uad AUe5, was wir
ixn beutigea Nubien von Bau- und S^^uipiurwerken fiDden, durch/
gkiclien Charakter bei geringerem Maafsstabe $ich als Fiiial^Cor
k)Qisation jen£r grofseo Metropole io der Tliebais auküudigt. .^ .
Dia die^BeSichreiljuiig d^ oberen Aegjptens in der Descripr,
tioB de TEgypte von der S\idgränze des Landes ausgeht, so ist
die Darstellung von Sjßne (Assuan) und seinen Umgegenden der
Malt des erjUii Kapitels, welcher in die a AbUieilungeu zerfällt :
Beschreibung von Sj^ne und von den Katarrakteu des Nil. Also
dort: von der geographischen Lage Sjene's; von der alten und
neuen Stadt, vom Aegyptischen Tempel und andern Ältcr(hümef n
daselbst, von den Umgebungen — sodann; AUgemcine Bemerkun-
g^ja .über die NUfälle; Beschreibung des letzten. Wasserfalls und
des dälnn führenden Wegs; Berjchtc der SchriftsI eller über den
Katarrakt; von den oberen Katarrakten — ates Capitel: Beschrei-
bung von Elephantine, und zwar zuvörderst allgemeiner Ueber-
blick; sodann von den zwei Tempeln, dem südlichen und dem
nör Jüchen j von 'der. Ufer mauf^r (mur de. quai) dase^^ft; voji^
dem Cultus' der eh maligen Bewohner dieses Orts;, zuletzt histo-
rische und geographische Untersuchungen^ 3tes Cap. ; die Strasse
von ^yene. nach Ömbos; die St^dtOmbos mit ihren Alterthüinern ;
die beiden Tempel daselbst, der grofse und der kleine; die Strasse
von O. nach Edfu. — 4tes Cap. : Allgemeine und historische ße-
merkun^eti; der grolsc .Tempel zu £dfu, seine Bauart und jetzi-
ger Zustand, s^iue innere Einrichtung und Verzier&ng; wann er
gebaut und Wem er gewidmet; Untersuchungen der bildlichen
Darstellungen, der Sculptar^n und Malereien , unter andern der
Abbildung des PhöiAx und anderer Symbole^ die Maafsverhält-
nisse des grofsen Tempels und Beschreibung des klein ern T^m^^
pcls daselbst. — 5les Cap.: Beschreibung von^Ermenth (dem
alten Hei'monthfs) ; die Sudt selbst; der, Tempel; die Seulptulren
daran; das Wasserbecken (bassin) von Hermonthis; das aus den
Trümmern dieser alten Stadt zusammengesetzte Gebäude — 6ics
Cap. : Beschreibung der Hfypogcen ( Necropolen , Grabesstätten )
voa Theben; (wobei man jetzt vergleichen mufs * desselben Ver-
fassers Note sur an monument manuscrit Egyptien sur Papyrus,
reofermant des Plans i^ Monutnens avec les mesures ecrites en
chiffres hieroglyphiques ). Allgemeiner Üeberblick; Topogra-
phie dieser unterirdischen Oertlichkekenf Beschaffenheit des Bo-
zens, worin sie ausgegraben ; gegenwärtiger Zustand und Beschwer-
lichketten dieser unterirdischen Wanderungen ; System dieser Ar-
chitektur unter der Erde; Charakter der Ornamente, und Clas-
si^calion der hier abgebildeten Scenen und ^Gegenstände; von
dem Sachlichen was man hier findet: Mumien von Menschen und
von Thieien, Sarkophage und Mumiendecken mit Malereien und
i5o Letronne sur le tdmbieau d^Osymäüdy^s etc.
Vielrfalti-eh der Mälcr hA dlfeseä Arbeiten, liebst einigen Nbtizen
ilt>M torilElalfge Nöthsüchuttgen Und Entdeekuogen in dieseif Hjr-
fo^eetk gemaeht; Paipjrasrolien ; Ziegelsteine mit eingedfilckteti
Charaktereii — Folgerungen Und Betrachtungen : über die Schrift
auf diesen Papjrusrbli^n $ bemerkliche SyttiDole in den Malereien
dieser OrSber; AehnHchkeit^h it^ancher &ebrfiuche det veuto
Elfi Wohner Aegjptehs mit denen der alte»; Hauptstellen der alten
Schriftslelltelr , die TÖn ÖifefcfeA Hypogeeh gehandelt haben — yits
Cap. : Bescht-eibton^dfer AltertJ^fimer von Abfdus: Topographie und
▼ergleichende Geo^rap^bie$ Hii?tori4che$j Üeberbleibstel v^ Aller-'
thfimfern ±vl Abydus; d«r Päkst daselbn, Uhterstttliün^n und
Schlafs. — 8les Gap.: Nachricht über die Schlange voti ^hjkh
el - ifar^dy und übtet* ^ie Aiterthfimer ^ die' mau in deu Utt«
gebungeu findet« ^ ' « Ci^ugeh
M'emoir^ ^Ur le Tömbe'äu d* Osymandfas ddtrit par
l)iodö>e de Steile, — I^märqtces sur plasteurs In-
scriptions grecfues du flösse de Memnortj 'et sur
ceHe du Mtometre d'Elephantinei Par M. LxTkONifK, Paris
Impriniei^ie Royale 48^si- '
Ijis war voraus m sehen, dafs da^ grosse Französische Werk
{9>er Aegjpten iA/For)si und Inhalt ein Gegenstand vieler Erör-
terungen werden würdd. Bedeutendeti Entdeckungen im, Gebiete
der Wissenschaften, folgt immer die Kritik auf dism Fu$s6 nach.
Es. hit dies in der Natur des. menschlich eä Geistes gegründet,
und ttiuTs zur Förderung der Wissenschaft gereichen , besonders
Wienn die Kritik) von aller Partheisucht und Persönlichkeit Unbe^
rührt, einzig die Entdeckunig der Wahrheit sich tum Zielpunkte
settt. Es ist erfreulich ^u sehen, wie die Französischen Gelehr-
ten nuki ihre/ kritischen Forschutigen .auf das genannte Werk an-
wenden, und pnbestochen von der' Vorliebe zu einem National-,
denkmal, dasselbe um so eifriger der strengsten Prüfung unterVver-
fen, ohne die schuldige Achtung aus den Augen zu s^zeli, wor-
auf die berühmten Verfasser des ui£9^erblichen Werks, so ge-
rechte Anspräche, hab^n. Ui)ter diesen Kritikern , zeichnet sich,
auf das vprtheilhafteste Herr Latronne aus. 'Seine SchriftSu er-
innern auf alleu Blättern an die alte Schule der grossen Franzö-
sischen Philologien , wie die Werke eines Villoison und. Bois^o-
uadi;; und wir dürfen uns von seinem nächstens erscheinenden
Werke über Aeg]^pten unter den Ptcflemäem "^ etwas Yorziigltcbes
versprechen. .
Gegenwärtige Schrift^ vtrelche auch im Journal des Savans
Letronne sui^le tombeau d^Osymandyas etc. i5i
abgedrückt worden, be$cYiSftigt sich mit einem , Gegenstand einer
ytclt frühem Periode des Aegyptischen Aherthuitas.
Da nämlich die Herrn JoUois und Devillicrs in der Oe-
scriptioD de l'Egjpte (Descript de Thebes p.^at s<I<{*) i>^ dem
sogenannten PaUastb des Memnon das durch Diodors Beschrei-
hoDg so berühmte Grabmahl des Osymandjras glaubten wieder
gefunden zu haben; andrerseits aber Hamilton (Aegjpfiaca p.
ii4) erklart hatte, dafs kein ih Theben übrig gebliebenes Ge-
bäude der Beschreibung des piodor in allen seinen Theilen ent-
spreche, so war es sehr zweckmässig den Text dieses Schrift-
stellers einer neuen' kritischen Auslegung zu unterwerfen. Ehe
ich die Untersuchung des Hrn. Letronne berühre, will ich vor-
laufig bemerken, dals auch Hr. Professor Noehden neuerlich in
Bottigers Amalthea ü. p. i63 jene Meinung anführt, der gemäfs
auch Hr. Jomard den in's Britische Museum gekommenen herr-
lichen Golossalkopf ganz folgerecht fiar den Kopf des Osjman-
djas hielt.
Unser Verfasser wirft als Gegenstand der Forschung drei
Fragen auf: Erstens, findet man in den Ruinen von Theben
uoch einige Ueberbleibsel vom Grabmahl des Osjmand^^as ? Zwei-
tens war zur Zeit des Diodor noch etwas davon vorhanden ? unfl
drittens in wiefern kann man annehmeh, dafs jemals ein solches
Gebäude zu Ihebä vorhanden gewesen?
Die erste Frage betreffend, so zeigt der Text des Diodor
(nämlich lib. I. cap. 47» wa* för diejenigen hätl^ bemerkt wer-
den sollen, die ihn ini Zusammenhang nachzulesen, wiinschen) zu-
vörderst die grosse Schwierigkeit, dafs der Eingang zum Mem-
nomium, den jene zwei Mitjgllcder der Aegyptischen Expedition fiir
den ersten Pylon vom Grabpallast des Osjmandjas halten , von
Sandstein ist, während der Griechische Geschichtschreiber das
Mateiial des let|Lteren für Granit ausgiebt (kl^ov frotTilkov hatten
zwar Jollois und Devilliers von gemalten' Reliefs erkh'iren voUeji.
Der Verfasser sucht .^ber zu zeigen, dafs jener Ausdruck Granit»
Pot^hyr und ähnliche Steinarteh bezeichne, und handelt dabei
von diesen und ähnliehen Benennungen, wie ^Soc At^iOitiuo^
[welchen andeiv^arts die Herrn Jollois und Devilliers, wie ich
doch bemerken will, richtig durch Granit erklären. Z B* He-
rodot. n 427. vergl. Description d^ Thebes p, 1^2.] und an-
dern. Ich will, statt abzuschreiben, einige andere Nachweisun-
gen geben, da Hr. Letronne das, was von andern Forschem, zu-
mal Deutschen, hierüber verhandelt worden, gar nicht anfuhrt;
<vie ihm denn deutsche Philologie und Naturforschtmg zur
Zeit noch wenig bekannt zu je/n schemi» /^uvördciist hat
schon Biel im Thesaurus III. pagena 62^. recht gelehrte
l^achweisuflgen über den harten Stein (n^ch Letröiuie Basalt)
i5^ Letronne suf le tombeaa- d^Osymandyas eta
geg^beO) dessen man sich zur Bescbneidung bediente.. Auch hat
bereits Fprbcr in sejnen Briefen aus Welschland p. 270 sq.
drei Arten schwarzen orientalischen Basalts, unterschieden. Auch
Fea zu Winkelmanns Gesch. d. K. I. p» 365 neueste Dresdn.
Ausg. erörtert die Frage was die Alten unter TCvg^ontot%LhK ver-
jstai^dep ; und nach , Werners Andeutungen zu Bekkcr's Augus«-
teum I. p. 4^ nennt man jetzt einige dieser zu Kunstwerken ver-
arbeiteten Steinarten, wie z. B. den in der von Letronne ange^
führten Stelle des Strabo. (p* 808) genannte : Syenit, wozu aach
die röthliche Sieinart gebort, die zuweilen mit Hornblende einge-
sprengt vorkommt, und alsdann recht eigentlich der.pjtrhopoecilus
des Pllnius zu seji? scheint; wie auch Böttiger in der Amalthea II.
ßi^g annimmt. Am allerwenigsten ist aber in Diodor's Stelle an
armor.zu denken, wie der neueste Italienische Uebersetzer thut.
Da diese Ucbersetzung -manchen Stoff zur Kritik Ueten kann,
auch in Deutschland noch unbekannt ist, so will ich hier und
im Verfolg einige Proben daraus geben: Intorno (?) ai primi
sepolcri, ne' quali diconsi deposte le favorite di Gioye , raccon-
tasi, che il monumento del re, che chiamano Osimandua, fu di
dieci {!) stadj, alcui ingresso era «im atrio di marmo a varj
^olQri etc. * Bibliotcca S^orica d^ Diodoro Siculo. Milano 1820
|. p. 89. 90). Der Verfasser sucht darauf zu zeigen, dafs in
den folgenden Worten das : X/3'/vov TrepifJTvkov einen Gegen-
satz gegen den yorliergeh enden pjlöne de granit bilde , so dafs
man eine Galeicje von blossen gewöhnlichen Steinen zu verstehen
habe: un peristjle carre, construit axi pierres, wie er übersetzt.
(In der Mailänder Ucbersetzung hcifst ^s auch hier wieder: Di
la presentarsi un peristillo di marmo di forma quadrata). Den
Beweis für diesen Gegensatz sucht Letronne durch Vergleichung
einer Stelle des Herodot, IL p. 176 zu führen. Auf diese Stelle
würde ich aber keinen Beweis bauen, und es ist zu verwundern,
dafs ein so genauer Kritiker, der doch -über einen andern Punkt
dieser Stelle so verstündig spricht, die ganz zweifelhafte Lesart
da wo es darauf ankommt, mit keinem Wo^te berührt. Die
Worte sind: kiel $k tu) ccvt^ ßdd'pff laraa^, AiS^fOTriicov iovTo4
^3*0:/, Svo Ho}iO<T(7$i i(TTi ie KidivoQ Stb^qq TQ<jlvfog ^{gif Iv. Um'
X. T. X. Zuvörderst ist es der Herodotcischen Deutlichkeit nicht
gemäfs,> dafs auf einmal zu dem Worte ein anderer das Wort
Ki9iVQQ in einer von der obigen verschiedenen Bedeutung gesetzt
$eyn soll; und ich frage ob vielleicht der gelehrte Grieche Mu-
Stoxidi diese Schwierigkeit gefühlt hat, weil er, nachdem auch
er im Vorhergehenden geschrieben hatte: stanno due colossi di
pietra etiopica (siehe; Le nove Muse dl Erodoto etc. Milano
48^0 Tom. I. p. 3q4) •— nachher mit Weglassung jenes Bei-
wortes so -fortfährt ; Ve' n'ba anche un altro in Sais etc. ? — ^
Aber was die Hauptsache ist^ so lesen >wir erst seit Wesseling
Letronnc sur le tombeau d^Osyniandyas etc. t53
/ -
in dieser Stelle .A/^/or/xor. Vorher hiefs es rov etirtv^ und
so hat J. G'rono? in der trefflicLeh Mediceisclien Handschrift ge*
lesen, denn sonst hatte er es bemerkt; so hat auch die gleich
treffliche Schcllerheimlsbhe (Cod. F.^bei Schweigh.) und ausser-
dem zWei ändere. Es ist ferner der Herodoteischen Schreibart
gemäfs ds^ rZ ocvraj mit rov ocvrov und dergl. zusammen zustel* .
len. Da auch drei Colossen auf einer und derselben Basis stan«
den, so ist nicht zu vermuthen^ dafs sie von verschiedener Stein-
art gewesen, und das X/S^og Al^iotrniog konnte, gegen Wesselings
Anuahme, sehr leicht den Abschreibern beifallen, da es in dem-
selben Buch des Herodot schon etlichemal vorgekommen war.-—
Ohne Zweifel wird _ der scharfsichtige Valckeila er, der bei d^m
toi' olvtqv gar nicht anstiefs, zu den Wesselingischen Inconseq-
uenzen» worüber er hinterher klagte, auch diese gerechnet ha-
ben, da maa in demselben Gipitel das sinnlose fjtsydpov stehen
lassen, während man das rov »\>tov ausgemerzt. Dn jedoch das
Kläiofcimv auch einige handschriftliche Auctorität hat, so wäre
es möglich^ dafs hier, wie öfter, ein Ausfall statt gefunden^ und
man lesen mufs: Liei Si rp n'uTff ßa^püf iarccat Aldioirino^
tot) xvrov iouTse (letzteres mit Schweighaeuser, welches mir
besser gefallt) X/5'Qt/. Im-erstcren mir wahrscheinlicher dünken»
den Fall haben wir aber drei .Colossen von gewöhnlichem Stein,
im zweiten drei dergleichen von Granit oder Sjenit — und in
keinem Fall wird in dieser Stelle ein Beweis für den in den
DIodoreischen Worten vermutheten Gegensatz gefunden. — Zu
den folgenden Worten ^wi/a ^. t X. -bemerkt der Verfasser,
dafs dieses, wie ^a, hier und öfter Figuren überhaupt bedeute.
Dies ist von Zoega in den Bassirilievi di Roma I. früher auf
gelehrte . Weise dargethan worden. Man vergleiche auch Eich-
sladii Praefat. ad Diodor. I. p. LXXI. seq. j welcher Kritiker ,
dem Hrn. Letronne auch in der richtigen Behandlung der Stelle
Diodor I. 98 zuvorgekommen ist. Gleichwohl hat die Mailänder
neueste Uebersetzung auch hier noch: sostenevan^o animali di
&ediei cubiti). Es werden nun weiter die Schwierigkeiten nach'-
gcwiesen, die jener Hypothese, dafs das Grabmahl des Osyman-
d)as im Memnonium zu finden sej, in Betreff der Mafse meh-
rerer Localitätep im Wege stehen, indem z. B. die Länge voh 4
Plethren, die nach Diodor jede Seite des einen Hofes von jenem
Grabmahl hatte, ein Gebäude von einem viel grösseren Mafsstabe
voraussetzt als jedes Bauwerk mifst, das noch jetzt in Theben
vorhanden' ist. Auch zeigt der Verf. dafs die Monolithen des
Diodor zu den an den Pfeilern der Gebäude angelehnten Golos-^
&en, wie man sie dorten allenthalben findet, nicht passen, indem
letztere immer wie die Säulen aus verschiedenen horizontalen
Lagen zusammengesetzt sind. — Da ferner Diodo;- an. dem Ein-
I
i54 Letronne sur le tombeau d'0«ymandyas etc.
«rang des zweiten Prions von jenem Grabmahl drei Colossen aus
einem einzigen Steine geKauen angiebt, und man bier wirklieb
die Bask einfcs sehr grossen Colossen und nicht weit davon die
Trümmer eines derselben von rosenfarbenem Grault gefunden, so
iivar hierauf ein besonderes Gewicht für den Satz, dafs hier des
Ostpiaiidyas Grabmahl befindlich, gelegt worden (Dcscript. de
Tbebe( p. 124)* Dagegen Sucht unser Kritiker nun zu zeigen,
dab das gefundene Postament keine drei Colossen habe aufneh-
men, und dafs überhaupt drei Colossen aus einem einzigen Gra-
nitblock ihres Gleichen nicht haben unter Allen was sich ;iu
Thebe's Ruinen vorfindet.^ (Ich. übergehe der Kürze wegen
inaucbe einzelne scharfsinnige Erörterungen, wodurch deb Ver-
fasser das Unwahrscheinliche jener Hypothese zu erweise« sucht.
Wenn derselbe aber jepc kleine Figuren, die man en relief ne-
ben den Füssen der Aegyptischen Colossen sieht, für blosse Or-
namente hält, so wird ihm, denk' ich, niemand, der den Geist
der durchaus bedeutsamen Bildnerei Aegyptens kennt, beipflich-
tcU. In det Debersetzung dieser Stelle folgt auch L. der Emen-
dation des Salmasius: ^ ivh^ Toig irdvTocg Titdov reju.vofi£i/ot/g
rov Et/ifv/roü. Dies thut auch der Mailänder Uebcrsetzer:
Neil' atrio vedevansi ,tre statue« tutte fatte di un solo marmo di
Siene. Statt marmo würde es aber richtiger beissen sasso. Zu
der kritischen Note, die Hr. Letronne hier beifugt, muTs ich be-
merken, dafc erstens Zoega de obeliscis p. 4*9 ^"^n genug alle
drei Worte lAifWOVOQ tfyv Xvjivhov auszustreichen rieth, und
zweitens dafs unserm Verfasser Jacobs über die Graebcr des
MemnoB p. 36 in seiner Behandlung der Stelle ,v wornach man
1 blofs Mi/xj/ovoc ausläfst, zuvorgekommen ist. Ich habe immer
Jablpnski's Kritik hiei:bei vorgezogen, und freue mich den Hrn.
lietronne auf demselben Wege zu finde»; Denn die Hauptper-
son, mufs doch einen Namen haben, da die beiden Nebenperso-
nen genannt werden. Das Ergebnils dieser ersten Untersuchung
lautet nun so: »Ces savans (Joliois und Devilliers) ont par-
faitement prouvi quc le tombeau d'Osymandyas n'a^pu exister
ailleufs qtie sur la rive gauche du Nil, et ques les ruines de
Medinet- Aböu (Man schreibt mit ChampolUpn richtiger Medinch-
Tabou) ne säuroient lui ^tre assimilees : or, comme je crois avoir
prouv« a mon tour que les ruines du pulais du Memnon u'y
conviemient pas d*avantage , il en, resulte qu« les restes de cc
monumeni ne se retrpuvent pas dans les ruines actueües de
Bei, der Erörterung der zweiten Frage, ob das Gralbmahl
des Osymandyas zu Diodor's Zeit noch vorhanden gewesen, denn
es könnte ja, wie z. B. das Labyrintb, erst 'später zerstört wor-
den seyn, kebrt nun der Verfasser zur vorhergehenden Erzählung
\
I
i
' haitohnt Sür le tönkb^au d^OsymaDdyas etc. i55
(IModör. I. 46 fi^O fük'iicky Wo ^)n dfn A? K5uigsgrabern zu
Theben die Rfed^ ik, die tut Zeit des Ptolemaeus Lagi bis auf
17 verseil wundcfn Hind folgert sodann streng philologisch aus den
bei der Besebr^ibuiig des Grabmabls gebrauchten Ausdrücken:
(pxniu hm'a^^ettj ^iviffdatj iitvrpiBtv^ so wie aus dem Stillschwei-
gen des Diodbr, der doch sdbst in Thieben war und auch nicht
das Geringste merken läfst, dafs e)r Trümmer dieses Grabpalla-
stes selbst gesehen »— eine in der That unbegreifliche Gleich- •
gtlltigkeit in einem Solchen Falle — dafs dieses Denkmal zu Dio-
dors Zeit gar nicht mehr vorhanden gewesen, dafs nut die Prie-
ster ihm davon als von einer vorlängst gewesenen Sache erzählt
hatten, und da(s mithin die ganze Beschreibung dieses Historikers
auf einem blossen Hörensagen beruhet. (Hiebe! hätte ich zu- /
vorderst gewünscht, der Yerf'. hatte auf Zoega Rücksicht genom-
men, der (de Obeliicis p. fiiB2) ]i^e Stelle des Diodor berührt
hat. Zweitens hätte Hr. Letronne bei Gelegenheit des ebendaselbst
erwilinten Hecataeus (von Abdei^) noch einen Irrthum bemer-
ken können, in den die 2wei Schriftsteller verfallen sind^ Aeteä
Schwächen er zu zeigen so bemiht ist , indem sie diesen viel
Jüngern Hecatireus taiit dem g^gen die 69Ste Olympiade blähen-
den Milesier gleiches Namens vern^^chseln. M. s. die Description
de Thebes p. i3Ö sqq. — Drittens, wenn ich in dem Haupt-
^rgebnifs ' auch dieses Theils der Untersuchung mit den Verfass.
vollkommen einverstanden bin, so kann ich ihm doch in Eineni
Punkt des weiteren Räsonnements unmöglich beipfliditcn. Indem
der Vf. nämlich mit Recht auf den Umstand aufmerksam macht,
dafs kein anderer Griechischer und Römischer Autor von diesem
Grabe des Osjmandps Erwähnung thut, sagt er auch: »Hero-
dote n'en a point parle', c Dies letztere beweiset zu viel, folg«
lieh verliert es von setner Beweiskraft eben so Viel. Herodot
weifs 'auch Vom tönenden Colofs des Memnon nichts, wovon
dodi alle atidefe Schriftsteller wissen« Nöhden sagt hierüber in
BöttigcTs Amalthea IL p. i33 sehr treffend: »Herodot erwälint
nichts davon, woraus man vielleicht vermuthen dürfte, dafs die
Sage (vom tonenden Memnon) nach seiner Zeit aufgekommen
sej, wenn es nicht xu gefährlich wäre aus dem SttUsshweigtn
eines Schriftstellers auf die Verneinung einer Thatsächc Xu scnaes'^
sen. Ich gehe noch weiter: Obgleich Herodot (V. 8»3 sq. Vit«
i5i. II. io6) von Memnon und Memnonicn redet , 50 lasse ich
es doch dahiu gestellt seyn, 6b brauch sdbst in dtfr li^tatten Stelle
den Memnon Von den Aegyptischen Tiiehehl^ttaeiXiX lialt. I(fh wfll
hier nicht Voto tierddoVs Zurdckhalttxng bei Dingen feden, die
hur teini^ertnäs^^n das Innere der Religion angehen '(wozu t)sy-
niandyas und sein Grab offenbar gehören) — -wie viel ev^hlt
dieser Geschichtschrerber dann überhaupt von Theben, und wie
i56 LetroDoe sur le tombeau d^Osyiqandyas «to.
viel TbebaUclie Denkmahle beschreibt er inis'^dcim .•— .er,.der
sich sonst so gcmütlilich in Schilder ungcri so]c]ier ^erkviirdig-'
keiteo verbreitet? — und dennoch hatte er 4ies' Alles gesellen^
und war selbst, bis S^ene hinaufgekommen. Was ist d)lui der
. Grund eines $o sonderbaren Stillschweigens? (Einmal der an-
£;eführte, der ihn auch abhält über Klcusis uud andere heilige
Oertlichkeit^n g^nau zu redeu. — sodann und ha;Upt&ächliöh, weil
gerade Thebens Geschichte und Merkwürdigkeiten vom Milesier
Hecataeus bereits ausführlich abgehandelt worden, waren; wie
auch die von Hr. Letronne kritisirteu Verfasser, 4^^^ Desccipt^ de
Thebes.p. a8o richtig bemerkt h^bpn. D^mit will ich aber kei-
nesweges sagen, dafs dieser Hecataeus auch vom. Grabmahl .des
Osjmandj^as überhaupt eine oder vollends, eine, solche Beschreib
bung geliefert habe. Dies läfst sich sogar aus. itn Aeusserun-
gen des Diodor I. 46 ün. und I« 47 init.' fast bestimmt vernei-
»en). , ' .. .
Ueber die dritte Frage: ob em spith^s Crabmafd des.^Qs^man"
draSß wie Jas voß Diodor beschriebene, jemals in. Theben existirt
hohe, welche unser Verf. geradezu .'vero^^/i^ ^ ist gai^z- unläugbar
auch viel Gedachtes, und Tüchtiges gesagt worden. Aber wird
X flann ein. jeder AUerthumsforscher ihm auch hier beipflichten
J^önnen? Wir wollen sehen. Mau wird erwart«^ dafs hier der
goldene Kreis des Osymandjas und was der Verfolg der Erzäh-
lung (Diodor. .1. 49 s^^*) Auffallendes hat^ Gegenstand der Un-^
iei^suchuug seyn werde.' Vergoldet soll dieser Kreis picht gewe-
sen se}n, wie Einige gewollt, denn warum hätte ihn alsdann doch
Kambyses wegbringen lassen? (War denn aber nichts daran zu
lernen? Derselbe Kambyses liefs doch, wie wir von eben dem
Diodor erfahren, auch Aegyptischc Künstler nach Obqrasien füh-
ren, die für i^n bauen und Bildwerke verfertigen sollten. Jedoch
er sey golden gewesen — und v^oher das viele Gold gekt^inmcn,
lesen wir ja bei demselben Geschiclitschreiber, wo er. aus den
eW der Revenuei^ des Pharao Osymaodyas angiebt. Das ist nun
aber eben der Punkt, wogegen sich des Verfassers -^Schwergläu-
bigkeil empört. Und in der That die Summen sind epc^rm. Da
ist von 533,333 Silbertalenten die Rede, die ihm alljährlich aus
deif Gold- und Silberminen Aegyptens zuflössen;— d. h. m^hr
al$ die sämmtlichen Revenuen der Ptolpraäer ; — .und zwar aus
. einem Lande das zur Zeit der Griechen gar k^iue Gold- uud
Silberbergwerke mehr hatte. ( Sollte, frage ich, nicht, vieles er-
klärbar werden, weno wir erjStens erwäge«, dafs in der Periode
der älteren Pharaoneu alles Land bis weit in's pbere Nubien
hinauf Aeg/pten hiefs, und dafs ausser dem Gold- und Silber-
ertrag aus den königlichen Domanialbergwerken der Handel mit
edlen Metallen dorn Könige an Procenten, wie wir- sprechen, ua*
\
Letroü^e sttr Je tombeau d^Osymandyas etc. i5y
geKeu£re. Samiqen<:tfbw^fen^ mtifistC} wovon Jii dien Gnecliischen
Zeiten ilidvt in«l)y''<fte Rede War.' Sodann ' wissen wir ja aus
der G«nesi6 JLLVil. i^4^:26 dafs^ ganz Aegjpten — und nun denke
man , , wie 'gesflj^t , ' an das darnalrge Aegjpten dea , FilnftlBn * vom
Getreideertrag . entrichtenr ntufstcf Weiter melden uns die An na^
Icn des- Jtidisclien JKöttig<9 1 B. • der Könige X. *4 ff# '2 GhrqnC
}X. i3^i.daiji> Sälbmo^ ausser den-dbrigen tingelieuren Einküofteir^
jähflich 666 Goldtalent e'^us sdnem Reiche bezog: Ich fiSrchte^
unser Verfasser bat hier den orientalischen Maa^stab ,' wogegen
Alles Griechische und. Europäische' zu kurz kömmt, zu sehr aus
den^Augi^ gelassen. M^e er doch unseres Niebuhr ^- G. ITi
p, 397 .ff/ lesen, um zu seÜen^ wicl man solche Angaben aus deii
alten yölkeryerhä|tnissen zu wtiirdigecx hat*' — - . Aber e$ sej mit
der numtraereu: Resdität dieser Pbataotiischen Dinge -wie es wolle
— es. giebi daliir noch • ein eif andern Standpunkt. Ich' bleibe bei
der Sache: wie wäre esnUUj'Wenn der ffolden&Krek des Osj-
mandjas-.inf •eineD'xA?c/i9Mr«i> gehörte? 'd. h. in denselben Kreis^
Yf'ie. das igofdene Tuch '(^ipofjtee/Kr^^u) des andern Pharao, des
Rliampsiuit, wofin sißhon der tiiichtere Z^^ga d« obeliscit p.3o3
kein Handtuch^ k^ne handgreifliche 'Sache, sondern ein e^ Allegorie
erkanDte.i# iSo fa&'aucheni. wir ja den Olous Borric4iius mit- seinem
hermetischen Stein der :Wei$eiY nicht zu Kentiiihen, und' die itol-^
zeo Ptolefnäer «dürfen ihre Vorfahren um allegorische Reichthum
nicht mahr. beneiden, so wenig als< irgend ein verständiger' Grieche
jemalsi .den .Ho(qärisohen Zeus um seine goldene kette beneidet
hat. In Zelten, wo die alte Yerfitssung und Rißligioil der Pha^
raonen zu einem corpus mortuum geworden, ward das Alles frei-
lich albern genug erzählt und gedeutet. Damals war auch der
tönende Memnon nur noch ein elendes Spiel der leichtgläubigen
Neugiei;. ..v^h^ffQi^i^ .h>t;t<e ler .seinen . grosastig^ Gebair. und Sinn
gehabt (,we , auch Böttiger, ^^eblx Aotalthea .II. p. 176 ). — • Es
fehlt noch viel dai^ die Geschichte der Pharaonen, $0 wie sie
beiHerodot'Uiid ^Diodor vorliege, gehörig verstanden wäre. Wer
da Facta, geschichtliche Thatsachen allenthalben sucht, mufs eben
so fehl greifen, als wer Homers goldene Kette mit beiden Häa**
den fassen , und wenn er iti did Luft gegriflPen '- — sieh durch
eine Platsanterie rächen wollte. 'Was jene Pharaonischen Annalen
melden sind gVotoentheiU epische Sägten aus einer heroischen Men*
schenwelt« Kritischer Scharfsirtn^' reicht- hier nicht aus, mufs so-
gar oft irre führen; >_ — es wir 3 ein Sinn erfordert, der die
Denk^j Dicht- und Schreibart der morgenländischen J^orwelt
zu fassen vermag— und diesen möchten wir unseren sonst^ so
tüchtig forsdycnden Kritiker wuris^hen.
Es folgen Bemerkungen über einige Inschriften auf] dem
grossen ^.Memuojoacolofs' und über eine auf dem Nilmesser zu
Eieph9fi)ti])e. Hier befinj^l floh Hieiw l^tfdiioe gwaz auf seioeiB
feldie^ WQrsiuf er schon sp vi^9.B«weUe:;ä«r gillftklkhsten Coror
binatioiiiigab^ gelieferf. B^i der ersten «Qnd withtigsieQ ImebTift,
dU ihi) haii^ptsÄ^hlicb beschäftigt y biiUe er die awei Sätse,. «lafs
Ser^pis fiuc$ ^^U9 genapqt «nq d^fs er voniiglicli %n Memphis
verebr^ wardi au^ dem Aristidi^s . (Oratt. Tom. .L p. 53 . u. p. 5$
cd» Jebbf)^ bf)^r§l£tigeo könnep. Ab«r vieliekhl y^t h\eit vom
l^emphitiK^eQ Sei^pi$ ni^b^ die ß^e. Zufolge; eiotf andern
{Stelle 4^4^fn 4ristftde$ (p*ß^) ko«i»te man: das.CEIXOT der
drittef^ Zßüe yi^Ueicbl duivgib' its/ttsftJW (d, i, IVWiro^).. ergänzen,
und hatte iis^^n qocb den Yprlbeil, den erstfco fittebstab des ab«-
gebrppbeflfn Won$ nrnntAnil^ ^u blasen^ Msptnf^^ irard auch
l^itbraiii g^nßnnik (PlutartPi^. de Isid« el Osicid.. p. 3^ p 5i4 ed.
Wji^e^bj) der >)ai|t del9i SfirapU 1^, diesen Zeiten der Rellgions«-
mengetei ein ^nd. amleri) BAinameii gemein hatte; Man s. s. B.
Gruteri Tbcts^^vr, In$cnpU«!]UI^IL «o, »i vevgL ebendaselbst XXXIII.
9). 1(1 4^i:»^lbea Zeile w$Fe 0s den Zügen der: finchstaben ebem-
hU gmihpTf ä/M ttttt des vorgeselilageaeü dMiw , zu leseir.
£(aii "vv^ff. JA, wie 4ei^Lei$ken Memnonische' InschrifVeB auch In
Prpsa gern ßin. wenig poedscben Schwrung/Jal manchmal sogar
Schw^Ut Jiebc». -rr Durcb. Ver^lffichung-dcr. zweiten und drit-
tcua la^fi^ripnii^n wird das Aber des gedachten Nüniessers zwischen
d«^ JsihrAn tgi r*^ 900 unserer Aera genau bestimmt^ und wir
€^^fl9i: «lii^eißdem, d«fi das. Mirak^ mit disr McmnonssSule
IVKh «# AnfiWJg des 3ten Jahrhunderts nach dhr« Geb. und ver*-
iimt|ilipb . mvtfit iipiter im Gange man , Creuzer.
iims mt ia p^jrnfue pan^ C.F. Parrotj Professtur, de Phy^
Mfue d Dorpatj m^mirä du eomiti des ^ic&tes^ ChevalUr et
CoHdeiUer des colU^es de Russie cet. D^rpat 484g* Tom,
4. 334 S. und Tom. //, JSS. Bkend. 48%o, T. IIL $40 S.
8ä msgmmen g Ktfin:
lib^fl f9 «ehr, als das Studium der Phyiil j!p d(en letzten De-
cennieo unstreitig an Genaiugkeit und Tiefe der Forschung ger
woonen liat , ist auch die Verbreitung . desselben yermehrt uad
die AufQierksamkeit des grofs^n ,Publicums auf die darunter gce-
borigea Cegenstände allgenu^inier gewprden. Von Tage zu Tage
-wird die Udberzeugung fester begf iindeti d^b die Erforschung der
Natur^esef^e nicht blofs objeiftiy m. eiqem reichen ßewinne viel-
iTacher Hülfsmittel des Nutzens und dfr Sequembchkei t fuhrt, soa-
der^ »l^lwh auch den Verstand un4 das Zlfwlidienken schärft, und
dem m^WfiMichen Geiste eipe wafarMÜi; edle SiditttiKg giei>t, i»-
Parrot Pntretieiis sur la Ph^sique, %Sq
)
dem €S den Blick von dem Kkmlich^n der Uoigebung auf das
Werk de^ allmäcktigen Schupf ei-s wendet, welcher von jeher auf
der Unead^ichkcit der Welt vorzüglich erkannt^ und ab ^rb^ber
derselben verehrt wurde. Alles dieses, nebst dem inp^ejci Zu- ~
sammeohange, wodurch der Mensch sich, mit der Natur verbun-
den fühli^ ist Ursache, dafs die Aufa|er|KsamkA auf aUe£rsqhei<^
nunge^, welche sie uns darbietet , unter allen Ständen grofs^ iin4
das Yerlaiiigeii, ihre Ursachen ,i^|i ^rgr^nden, allgj^mcia ist.-^ '^pi^*',
scbrifu-n, zunächst ntik* zur Uaterh4lrung bi^stimiati ja sogar poli*
tische Tagsblätter nehmen daher. Ab^>4Adlungen und>-]^(«cfaricpteii|
welche in das Gebiet der Naturkunde gehören^ häufig und geri^
aaf. Aber leider rühren diese m^stens von Nichtkenncmlieri
und dieneq mehr dazu, die Begriffe zu verwirren« als zu berich-
tigen; die vielen vorhandenen gründlichen Werke sind durch ihre ^
streng wissenschaftliche Form für gänzlich Unvorbereitete entw^-*
der überhaupt unverständlicll pder ermüdend zu IßipUj und di^
logeoanuten . populären Schnften mei&teni^ wässerig, weitschweifig
und zum Theil du4*ch Unrichtigl^iten <|mts^elU. Kein Wunder^
dafs der Wunsch so vieler Dilettanten nach Belehrung iher die/if
wichtigen Gegenstände unbefriedigt bleiben mufs.
Eine ganz andere Sache ist ^s mit dem Verfs. de^ vorlie-
genden umfangenden Werkes. (Jtilängst hat derselbe durch feiinf
theoretische Physik und durch mehrere gehaltreiche Abbandlunr
gen die Meitserhaft errungen, und wenn , er gleich getrieben duro^
das Verschmäheiij im ofienea Fa^rgieise seinejti Yorgäng^ern nach-
antreten , auf den versuchten, neueip Jahnen miinnter weitet ab«'
wich, als andere für erlaubt hielten, ^ eprgab sich docb allezeit
dafs er nicht träumend sich verixi*!^ andern ^us Ueb^iiZengung
die gangbare Strasse verlassen habe« Es isf hier also nicht vo^
dem Versiicke eine« Anfän^f^rs die ^<)d^, daf "eb^ £r|ernte mi^t
Weglassung der schwierigsten Untersucbung^p plan wieder vo^
zutragen, sondern ein becühnitei', yvM den Ycrteranen beizuzahr
leuder Phj^ik«^ schreibt für d^s picht eigentlich gelehrte j aber
fein und wissAuichaftlicb gebildete, und m Nadlidecik^^ geübtf
Publicum*
Das yorllagende Werk soll also sein er« Bestimmung nach die
Naturlehre in ihrem ganzen jUmfangö in populärer Darstellung
enthalten« G«wöhulich wähl^ m^ hierzu di« Einkleidung in Briefe
oder nur einen leichten und lu^ne Anstrengung verständitchen ep-
sählenden Vortrag» denn die Form des Dialogs fäUt gar leicht ins
Trivial^ und Matte, abgerechi^et dafs sie wegep erforderlicher Hal-
tung der gewählten Charaktere bei weitem die schwierigste ist»
Allein der Verfs. hat sich hierdurch nicht abschrecken lassen, zu-
gleich aber den Standpunkt ganz eigenthümlich festgestellt. Im,
gesellschaftlichen Kreise einer vornehmen Familie, aus lauter in-
ifio Parrot Entretiens sur la Phj^sique.
teressanten, moralisch guten, aber rucksichtlicK auf Wissensdiaft
im Allgemeinen und einen feinen Ton der' grofsen Welt hocli"
gebildeten Personen bestehend, erläutert ein gewisser Herr von
P. die Gesetze der Natur ohne Experimente anzustellen, beschreibt
und zeichnet die Jiöthigsten Apparate, und leitet die aufgestelhcn
Wahrheiten aus mahlten Beobachtungeq und Versucfien ab. Die
ganze Gesellschaft in ihrer angegebenen Individualität der einzeln
nen Sub]ecte'soU in der Wirklichkeit etistirt haben, wie in der
Einleitung versichert wird. Wir lassen diese, nicht sehr wesent-
liche, Behauptung dahin gestellt sey^j wären aber auch ohne diese
mitget^eilte Nachricht eher geneigt, es zu glauben, als zu bezwei-
fein. Auf allen Fall ist ed einfc nichts weniger als leichte Auf'
gäbe, die einzelnen Charaktere, tait ihren individuellen Ansichten,
Vorkenntnissen und Neigungen durch das gani^e Werk gleich
bleibend und mit Conseqaenz durchzuführen^ wozu bei den un*
tmterbrbcben eingestreuten Antworten, Zweifeln, Fragen, feinen
Neckereien,' aber auch artigen Schmeicheleien u. s. w. wahrhaft
dramatisches Talent erfordert wird. Der Verf. hat indefs diese
grofsel Schwierigkeit meisterhaft überwunden. Keine der Personen
f^Ut aus ihrer Rolle, alle reflectiren vielmehr von Anfang bis zu Ende
gerade in derjenigen Weise, wie sie ihrem anfangs gezeichneten
Chiarakter angemessen ist, der Leser wird unmerklich in diesen
Kreis einer grofsen Familie versetzt, hört die Demonstrationen
des Vortragenden , und ahnet im Geiste zum Voraus die Bemer-
kungen, welche der eine und der andere hierüber machen wird.
Gleich' anfangs bevorw ortet der H. v* P. und entschuldigt sich
in Voraus, dafs er oft in den pedantischen Ton des Katheders
verfallen würde-, an welchen er gevi^öhnt sey, man kantml überein,
dieses möglichst zu-dulden, im Uebertreibungsfa^ll aber ihn freund-
chaftlich zu eiinnern, und im Vertrauen hierauf beginnt er seinen
Vortrag. Rec. will nicht bergen, dafs vielleciht ein und der an-
dere, blofs'an ernste und streng wissenschaftliche Forschung gewohnte
Physiker zu einier solchen Art der Darstellung einer ernsten und
-tiefen Wissenschaft den Kopf fchütteln niÖgte; allein für den Phy-
siker von ProfessioU hat sicher der Verf. nicht geschrieben, denn
bej vielen wenigstens dürfte 4^e Zeit mangeln, aus der Fülle des
Mitgetheilten das für diese Wichtige und Interessante herauszufinden.
Dagegen aber ist nicht zu leugnen, dafs es eine grofse und ausge-
breitete Klasse von Lesern giebt, welchen gerade diese Form des
Vortrags nicht blofs überhaupt zusagend, sondern gpnz eigentlich
nützlich und die Belehrung erleichternd ist«
*
(Der Bf seh luf$ folgt.)
N^ li; Heidelberger 1823*
• ■» • /
Jahrbücher der Literatur^.
V •
l.
Parrot Entrttiehs sur }a PhjfsiquCm
S. ..
0 leidit^es ttäailkli dta Gddirten von f«eK werden ranbi seHüt
das ged]^gt«ste,il^rigeiisal»er vollständige Cc^mpoodittm in weoi-
geo Tagen darebzulesen, und demooqfa alles Yfik% etwa neu, oder tot-
2Bgltcb treffend dargestellt ist, genau zu i bemerken, •• wenig ist
TOD dengcbildet^enuiid selbst imNacbdenkea^efibtesteRLesern «nd
Leserinnen' aus den bdbereb Standen im erw«ten, «kiaff siejaidit
schon nach d«in Lesen weaiiger Seiten- «naiifideu^ und aeüsiMsil^
der gamsen Snobe dberdrössig werden sollten; Hieir' findeii • sie
statt dessen ilberall-Brholnngen, sie 'fiibien sieb gltidiaaiii in eiive
Sphäre. v<^cilit, worin i sie sieb frej zu bewegen gewbbnt liiii,
die £inwärfe^ -Bemerkungen und Zwiscbenredeir , sind gana 4Bic
ihren e^feni^ Ansichten Ibereinstimuetid., di» bierdnrefa Vera»-
lafsten- Erläuterungen maeben ihnen' unbemerkt klar, was iwoit
leicht ^umfteutliob geblieben wäre, obne dafs di^Verf. überall ge-
zwungen ist, weitseh wei% zu seyn, und so«' werden si^ aitcli
durch die £iliiBl>didttng angezogen, idlmälig in die vei4)lni[eueMi
Untersuchungen etfler Wisseiisobaft bineingeführ« , welthe iu ib-
rem Wesen und in ihrer vielfachen Anwending durckeus ftHiekt
jeden naobdenkenden MenUchen^ interossirenund fesseln Jmpife/ Re«,
darf weoigstefis seinerseits gewissenhaft! vcvsicberft, dafsvibm{«iete
dnroli^ die Zttborer gemaebteBemerkui^eii, so -weit siet audv^oft' -voii
der Hauptsadie entfernt zu liegen scheinen, doch aebrint^pesJtttAt
gewesen sind, und er - glaubt daher diejenige KlasM von Lesern,
för welcAie- das Werk gesobrieben ist:^ dreist^ darauf «ufuterksaui
machen« und esihueii als gteioh «ingem;hui und bi^ebrend ganz vor«
xnglich ompfeblea'i&u 'dür#Ml.
Die :]^gentb(iitAicfak^it der Foim «urebte-esneibweDdtg, ä^it
ausfibriicbe Dttstelking dersdbdn vo^ailsAu!lcbidL«n* Rilcksicfaf.
tich auf den weientii^eo ^itih%lt solbst kann das Werk twur sei«-
Ber Bestimmung nach die ^gesummt«» fi^aEtoi-gesetze nicht auf 6su
VoUsiändigste aus den ErscbeinuAgen'OUtwiekelp^ allein es bereift
viel mehr, unfd gebt w^t ttefer iit di^Sacben >eio, als mancher vef-
mutheu ilidohCe. Der Verf. weils sehr gesehiekt doreh die ein-
gestreuten Fiugen uud Einwurfe eine liüher« EHsuterung selbst
. 11
tfo' , Parrot Entreiierts sur la PhysJquei \
der scfiwierigern Aufgaben zu veranlassen, und übergeht bey allen
Entschuldigungen über die uovermeidiiche Trockenheit »olciier
Fof^ch^^g^n ^ie Auseinandersetzung' d^r verWjjdcdfern Phobie oie
nicht. Den Inhalt einzeln anzugeben würde überflüssig sejn^
vielmehr genügt es nur im Allgemeinen zu bemerken , dafs die
"beiden^'«!*«!«!! TWie.nach den vodättfigen- rilgemcioep l^estim-
mungen die Statik und Mechanik fester^ fliJssiger und cxpansi-
belcr Körper y- der ^Tilte in zwei Abth^iluugen die Wärmelehre
und Optik enthält. - ' ^ - / .
Rec. hat der Billigkeit* gemä'^-jdvs'» grosse Verdienst des Veif.y
welches er sich durch dieses bedeutende Werk um die Verbrei-
luüg p^ysikaÜBcher K^iHitBfissc erwirbt^ gebühreadanetkabnt, vmd
-theik voUkoinmen seine Ansicht«» sowohl ükr/die BebasitUuB^s- '
weise -der Naturlehre im Allgemciticü^. als auch über die Bevreis-
^art und (Ue daraus /.gefolgerte Giütigkell d^r aufgesteihep Sätze
iim Einzelnen« Damit . ab«r die Leser^des W«rks, deren Zahl hof-
.featlicK grofls.sejn whd^ nicht «u glauben «veranlarst werden^ als
;s^jFeM alle dteiaufgesleHten- Bebaupli^Bi^ dut^hius und ohne Streit
'.ervTieleni ab gäbe* es fernef unter den Besirbeiceni dieser Wis-
t,fenschaft .uitobt gl^i^ falls, < wie bei alieti freieti Forschungen des
,iiie'DGUfeJKeii Vei^tandeSf Verschied<*nheit der Ansithten, insbc-
^fioodfic«» abei*^ wd den Schein zu beaeitiged, ; als wäre da& ausge-^
-aptoohene Urtheil auf eine 'blofs oberflächliche Uebersucht dt$ Werks
.«gegri>nder,. erlaubt tsiclh Reo. einige aii%e&teUte. Sätze h eijausxulke -
.S^n, .gegen : welche er ^bedeutendere jEinUrendungen- .machen zu
iköon^ gltii]:^ ^alsi. diejenigen sHid ,•. welehe .deoi Verf. in* seinem
laehr interessanten .iKreise oft scharfsinnig «wd treffend- entgegen-
•|*estellt /rerde;«. Wenn Th. t. S. l o5. -angegeben wird, die
iCyiasfaden sejen^k^aofein, ab ein Haar, so bedauert Rec* dalsihm
.das. y^rgttÜgen, versagt ist, dem Verf« ein« Pjrobe derjenigen feinen
*Ci^pio$Xe zustdleu zu können, deren Purchmesser nach mikros-
ikopiloH^ftUntersuchuogen laerklieh kleie^r ist, als der Di^rcblbes-
aeV'det. Röhre in einem gewöbolicb^a Menschenhaare. Im aten
,Tk. ^469^ wird, übereinstimmend mit Jlib^^ Jhchauptet, Galiläi
babe sicher die Unache gewnist, ^weswegen» das Wasser in den
Säugpumpen nichl 'höher, ab 3i F,. aufsteigen: wellte, allein er
habe sie verschwiegen, veimuthlich ,aii(5k Furcht, ti^v dev Inquisi-
Mtip9 (nach jßie^ au^ Mofuerie). Rec; möebte wissen, ai|frWelche
hial^ri^e Thaisadbe «ich dieses , gründet. GalUäi war. incJbt der
-lltf.ani},,.wdeher' mit ernsthaften Dingen . Spafs. trieb, auch hatte er
;ktine Ufsafthe, sipb wegen eines nipht gegen die Bibel streitenden
^Saueavpr der Inquisition jmi für«btf^n« Aviserdem war der Glaube
.4n, QfiB hoi^ror vacui «in so aligemein^einge^oraeiter Irrtbum, dafs
Galiiäi. die <]oHasion> daraus erklaren: wollte» uuä ungeachtet des
: wichtigen Versuches ..vpn 7<9rrj««//i ^erthcidigte der scharfsinnige
I
Parrot Entretiens sur la Physique. 163
Pasetd -ooch xwej Jahre nach der eutta Keo'ntoifs desselben und
drei Jahre nach Galiläas Tode diese sogenannte qualitas occulta^
YOQ welcher er sich erst nach abermals drei Jahren i648 durch wie*
derholte Versuche, insbesondere durch das bekannte ciperimen-
tam cmcis seines Schwagers Ptrritr auf dem Puy de Dome los-
zumachen vermogtei und erst i663, also ai Jahre nach Galilai^s
Tode erschien das Werk, worin Ptuccl die Torricellische' An-
sicht vertheidigte. Diese Gründe können durch keine Aicguraente^
aas dein Scharfsinne GaliläiV entlehnt, sondern nur durch histo-,
rische Documente widerlegt werden. Nach S. i38 ff. sollen
die bjdrostatischen und hydraulischen Erscheinungen tropfbarer
Flüssigkeiten auf der Elasticität derselben, wie bei den expansi-
belu ber^ben• Als Beweis hierfür > wird hauptsäcliUch augeführt,
dafs feiger Sand nicht wie das Wasser in einer Röhre aufsteigt,
oder im AUgt^meinen nich^ fliefst, Und dafs der Sprungkegel kleine
Quantitäten Wasser höher schleudert, als dieses nach den Gese«
tzcu des Falles möglich wäre. Indem so eben auch ein anderer
berühmter Phjsiker behauptet, der Druck der Flüssigkeiten von
unten lasse sich nur aus ihrer Elasticität erklären (Gilb. Ann. Bd.
72. S. i6i), so ist es um so aothwendiger^ hier in der Kürie
den Gegenstand zu erörtern. Die Erscheinungen, am Sprungke-
gel (hydraulischen Kegel) wor^iuf seit Bernoulli zuerst der Verfv
vieder ^aufmerksam gemaeht hat, zeugen sehr evident für die £Ia^
stlcitat des Wassers, denn wenn man das t^bauiorafen nach den Ge-
setzen des Stosses betrachtet, .so ist es unmöglich, dals harte Kör-
per durch den StoCs gegeneinander eine gröfsere Geschwindigkeit
erzeugen^als die ablanglichö war, wife aus der Formel O S9 . . » ?
* M -fro 4
sogleich folgt. Indem nuni das' Wasser durch den hydraulischen
Kegel höher springt, als sein Fdl ist, so geht die ohnehin erwie-
sene £lasticität dit^ Wassers hieraus unbestreitbar hervor. Allein.
da aas den Versuchen von Can$on, Zimmermann, Perkin'j u« x.'
eben so gewifs folgt, dafs die Compressibilität des Wassers eine
höchst kleine Gröfse ist, so steht dieses mit dem so eben ange*
führten Satae zwar keineswegs im < Widerspruche , indem z. B;
eine Stahlkugel bei geringer Compressibilität die. Erscheinungen
der Elasticität eben so gut zeigt, als eine von Federharz; wohl
aberdamity die hydrostatischen und hydraulischen Erscheinung«! auf
die ähnlichen bei expansüeln Flüssigkeiten zurückzuführen. Der
Beweis des Verf.» aus dem Verhalten des losen Sandes entnom-
D^ea, ist so viel weniger gültig, als die Sandkörner unzweifelhaft
sehr elastisch sind, wie unier andern Jessops Methode des Stein-
spreagens beweiset. Indem man nun diesen sa wenig als dem
Nasser Ezpaosibilitüt zuschreiben kann, so mufsteu die Phiiuo-
luene l^ei beiden gleich seyn. Dafs sie es nicht ^sind^ liegt a.11
r
11*
i64 • Parrot Enlrctiens sur la Physiquc.
Mangd der Flüssigkeit beim Sande, dessen Theife daher Reibung
an einander leiden, der hydrost4tische Druck von'ttnten und von
der Seii^ folgt aber einfach aus mechanischen PHncijpien, die Be-
dingung des Flussigsejns vorausgesetzt. Man denke sich, uui bei-
des zugleich tu deotonstriren, nur eine zweimal reehtwinklich ge-
bogene Röhre, stelle sie mit ihr^in Schenkeln lothrecht, fülle den
einen mit Wasser, und denke sich das untere Ende dieses W;rs-
sereylinders in lauter Riciie von einer gegen ihre Länge vcrschwin-
dendeti Dicke ausgehend; so wird der horizontal Hegende Theil
der Röhre sich mit einei , dem Drucke des Wassers im vollen
Schenkel |>roportionalen Kraft füllen müssen. Denkt man den
hieraus entstandenen Wassercjlinder an seinem Ende wieder in
solche Keile aasgehend; so wird auch der zwejtelöthrechte Schen-
kel bis zum Niveau des erstereu erfulh werden müssetr. Man
könnte die Demonstration auch aus den Gesetzen des Hebels her-
nehmen ; denn wenn man den Wassercjlinder iti der ^beb' ange-
gebenen Röhre' als fest, aber in der Mitte des horinzoatalen Thei*
les drehbar anbimmt, so wird dasGleichgewicht nicht eher her-
gestellt sepi , , als bis auf beide Ende ein gleich hoher Cjlinder
drückt. -— Der Erfinder des Fälfschirms hi nicht Garnerin^ wie
S. 222 apgegeben wird, sondern le Formern, yv eichet schon 1783
Versuche damit anstellte, nach (SM, ^/in. Bd. rÖ. S. 1 56. Wegen
der S. 237 angeführten Versuche des H. fVMinson >öm Wi-
derstände der Luft in einer 5ooo F. langen weiten 'Röhre fst
Rec. $<^hr in Verlegenheit, indem er- sich eben so deutlich erin«
nert, sowohl diese, als ihre Widerlegung gelesen in hab^b, ohne
dafs es*ihm nach stundealaageak; Suchen möglich ist, die Belege
für das eine wie für das andere aufzufinden. Zur Erklärung
der indiTiduellen Besehaffenh^it der Töne verschiedener Instru-
ratote ohne Rücksicht auf ihre Höhe oder Tiefe konnten dem Verf.
die Versuche des B. Sai^ard noch' nicht bekannt sejü^ sonst würde
€9 die bedingenden Schwingungeü der verschiedenen Thclie je-
des liistrumentes nieht in Zweifel gezogen haben. Bei dem Coef-
ficienteiif für die Ausdehnung trockner Gasarten nach Gay^Lussac
vJbd Th. HL S, 66 nochmals die Correction wegen- Ausdehnung
.des Glases hinzugefügt, welche aber bekanntlich Sf^bon berück-
sichtigt ist; S. La Place Mec. cel. T. IV. p. 270. ^ — '• Den S.
172 empfohlenen Löschbes^n kann Rec. keinen Beifall gebeii, we-
gen ihter Unbehfilflichk^tt bei gröfserer LSnge und ihrem be-
sehrankten Gebrauche, wenn sie kürzer sind. Ein künstlioh vor*
gerichteter VersUeh ist immer eine andere Sache als ein wirkli-
dier Brand. Im Auf|tnge wird jeder Besonnene von s^elbst das
ihm zu G^ote stehende Wasser zum Löschen benutzen, späterhin
aber hindert der erstickende Dampf In den Zinu^ern, die bren-
nenden Treppen u. dgL das Aniiäharp zum^ Feuer, welches dann
Parrot Entrctieps sur la Physique; i65
sie)) des Dachweiks zu bfmiclitigeii pflegt , uqd in den meisten
Fallen dttrch die genannten Hindernisse, insbesondere xaberivcnn
erst die Strasseti gesperrt sind, das Annähern mit lo bis i5 F.
langen Lösphbesen bald unmdglieh macht. Gegen die Erklärung
der Ausdehnung des gefrierenden Wassers aus der entweichen-
den Luft hat Rec. schon anderwärts- bedeutende Zweifel erhoben:
Vorztiglich ist zu berücksichtigen, dafs Wasser, aus welchem durch
langes Sieden die Luft entfernt ist, im Vacuo sich mit gleicher
Kraft beim Gefrieren ausdehnt als ungekochtes, und dafs die Kraft
der Ausdehnung nach den darüber bekannten Versuchen über«
haupt grofser isf^ als der Druck von 800 Atmosphären, mithin
die mögliche Compression der Luft im Wasser übersteigt. Ob
die Ausdt^hnuug des erkälteten Wassers vor dem Gefrieren von
«ner schon begonnenen Bildung der feinsten Krjstalle abzuleiten
sej, ist wohl minder ausgemacht, als es hier dargestellt wird,
MreDJgstens ist nicht wohl begreiflich, warum auch die feinsten
Krjstalle keinen Einflufs auf den* polarisirten Lichtstrahl haben
sollten. Läf^t» man dehselben aber durch Wasser, unter dem Ge-
frierpunkt erkaltet, fallen, so zeigt sich so lange' kein Einflufs,
als noch keine sichtbaren Krjstalle gebildet sind. Die Gründe
für die Materialität der Inpooderabilien, namentlich der Wärme, und
für die ihnen eigenthümlich zukommende, ihr Wesen gleichsam
bedingende^ Repulsivkraft sind' sehr scharfsinnig entwickelt, ob-
wohl sich über diesen Gegenstand noch ausführlicher streiten
Heise, als der Raum hier gestattet.
Der s<^hwerste Abschnitt in der Phjsik ist ohne Zweifel
die Lehre vom Lichte. Auch dieser ist aber mit gleictier Grijnd-*
lichkeit vorgetragen, als alle übrigen, und einige neuen Ansich-
ten können allerding$ die Aufmerksamkeit dqs Physikers erregen.
Nach S. 222 soll dafs grüne durc|i Blatgold fallende Licht be-
weisen, dafs die innere Farbe dieses Metalles grün sej. Prevost
findc^ nach seinen S. 32? dieses Werks angeführten schätzbaren
Versuchen durch wiederholte Reflection die gelblich rothe, und
oieses scheint richtiger, wenn man annimipt, dafs dann das durch-
weinende Grü|] die complementäre Farbe sej. Auf allen FaU
ist diese Erklärung die leichtere, jindem nach der Aq&cht des
Verf. räthselhaft bleibt, warum die inneren Theile des Geldes,
welche durch Feilen oder Schaben sofort im äufseren werden
Unneo, eine andere Farbe als diese hbben sollteo. Spaterhin
wird die grüne Farbe aus der Verbindung des durchfallenden
gelben und bkuen Lichtes erklärt, wobei aber die Schwierigkeit
entsteht, dafs das gletchfalfs entstehende violette Licht nicht wahr-
genommen wird, ein Einwurf, welcher m> nahe liegt, dafs ihn
die Zah6rer leicht hätten machen können. Ueberhaupt scheint
<Jer Verf. geneigt, die gesammten Farben auf Roth, Gelb und Blati
i66 Schwab Legende ron d. heil, drei Königen.
lurückzufüliren, stellt diese Hypothese aber nur sJs paoglich auf, und
Bec» wagt gleichfalls über diesen schwierigen Gegenstand vor-
läufig noch gar kein ürlheil. Schätzbar ist der Beitrag des
Verfassers zu dem, was bisher bekannt war, dafs die Dauer des
Lichteindruckes im Auge nach eigenen Versuchen desselben im
Dunkeln J See. im Hellen § See. beträgt. Selbst die «ehr ab-
stracten Untersuchungen über doppelte Brechung^ DeUgung und
Polarisirung des Lichtes, die Hypothesen Newionfs über die An-
wandlungen des leichteren Durchganges und der leichteren Zu-
rück Strahlung, und endlich die verscniedenen Systeme über das
Wesen des Lichtes sind so klar vorgetragen, dals auch minder
Geübte der Darstellung Geschmack abgewinnen müssen. Ueber
die eigenen Ansichten des Verfs. hinsicbtlich der Erklärung die-
ser Phänomene ausführlich zu seyn, erlaubt der Baum dieser. Blät-
ter nicht.
Bec. darf mit Becht hoffen, dafs die zahlreichen Leser und
Leserinnen dieses reichhaltigen und angenehmen Werkes dem
Erscheinen der Fortsetzung desselben begierig entgegensehen
werden, und er wird nicht säumen, dem Publikum eine An-
zeige niitzutheilen » sobald er selbst zur Kenntnifs desselben ge-
langt ist, M.
Die Legende von den heüigen drei Königen t^on Johann t^on
Hildesheim aus einer tfon Goethe n^itgetheilten lateinischen
Handschrift und einer deutschen der Heidelberger Bibliothek
bearbeitet und mit zwölf Romanzen begleitet ^ort Gustav
Schwab. Stuttgart und Tübingen m der Cotta'schen Buch-
handlung, 48»2> »9» S. kl, Octav*
jjls ist beim ersten Blick überraschend, wenn man übersieht, was
aus den einfachen Magiern aus den Morgenländern, deren, da«
Evangelium des Matthäus ohne nähere Nachrichten gedenkt, seit
18 Jahrhunderten in der christlichen Kirche durch verschiedene
Auslegungen, Vermuthungen und traditionelle Zuthaten gewor-
den ist. Immer mehr wufste man aus der schlickten Erzählung
des Evangeliums herauszulesen , oder aus mündlicher Ueberltefe-
rung in sie hineinzutragen , bis sich im Fortgange der Jahrhun-
derte eine unendlich^ reiche, immer üppiger wuchernde Sage von
diesen rätliselhaften Personen bildete; eine Sage, die sicK durch
manche herrliche Productionen in allen Gattungen der Kunst so
lieblich einschmeichelte«
Die Geschichte , in sofern sie sicher Bewährtes liefern soll,
läfst uns freilich in Beziehung auf diese Magier in grosser Dürf-
Schwah Legende toa d. heil drei Königeof.. 167
tigkeit, «od die sweifelode Kritik droht oder drohte uns vrenig-
stens'zu wiederhohen Muten; auch das Wenige, was die einfache,
evangelische Erzähluiig giebt, zu rauben« Man wird sich also
hier leicht geneigt fühlen , der Historie , die uns mehr Vernei-
ouog, Zweifel und Wahrscheinlichkeit, als Gewisses darbietet,
einmal den Kucken zu kehren \ind sich zu dem reich und üppige
ausgeschmückten Fabel- und Sagenkreise voll bestimmter, schö-
ner, würdiger Gestalten hinzuwenden, und iidber mit der christ-
Itcfaen Mythologie in Fülle leben, als mit der Geschichte dar-
ben. — " Die Legende vou' den heiligen drei Königen ist durch
redende und bildende, besonders zeichnende Künste verherrlicht..
Eine Reihe der sinnvollsten Gemälde besonders aus der nieder-
tetttschen Schuko hat den Blick ueuerdings auf diese Gegenstände
hingelenkt und so wird gewifs auch eine poetische Darstellung
dieser Legende jetzt freundliche Aufnahme finden; Diese bietet
Ulis Hr« Schwab, der uns schon mit so manchem Schönen be-
schenkt hat, dar, indem er, wie ein guter Hausvater Altes und
Neues aus seinem Schatze ■ hervorträgt.
Die Veranlassong gab Gothe» Dieser nach allen Seiten hin
anregende Altvater unserer Litteratur, -äusserte sieh in einem
Briefe an Dr. Sulpiz Eoiseree und 'in seiner Zeitschrift über
^Kunst und Alterthum. aten Bandes ates Heft. S. i56. höchst er-
freut über den Fund jeiner lateinischen Handschrift , welche die
Geschichte .der heiligen drei Könige enthielt, und wünschte eine
Bearbeitung und Herausgabe derselben. Es erwiefs sich, dafs, die
anmathige Legende von einem fär seine Zeit gelehrten und selbst
historisch nicht gauz unbedeutenden KlostergeistUchen des liften
Jahrhunderts, VoAa/m, vo/i Hddeskeim herrühre« Bald fand sich
auch unter den aus Rom zurvickgekehrten pfälzischen Handschrif-.
teo, ein Manuscript ( Nro. CXVIII. ) welches in niederteutscher
Prosa dieselbe Legende enthielt. Hr. Schwab gebrauchte beide
Handschriften, um dem Publijtum 6.ie alte, in keiner der gege-
benen Formen allgemein geniefsbare, Darstellung durch seine Be-
arbeitung näher zu bringen. Er verfuhr dabei nach seiner eige-
nen Allgabe so: »Ich benutzte zu meiner Arbeit die alte lieber-
Setzung aus der Heidelberger Bibliothek, von welcher ich mir
eine voUständige Abschrift genommen, folgte jedoch dabei, bis
auf einige im deutschen Manuscript gelungene Stellen, vorzugs-
weise der lateinischen Handschrift, als dem Original. Von der
IJehersetzung aber borgte ich den alterthümlichen Ton, ebnete
nur die latinisireoden ^ Constructionen und verbannte alles Nie«
derteutsche. Denn auf diese Weise glaubte ich am besten alles
Manicrirt - altcrthumliche zu vermeiden, c Gegen dieses Verfah-
ren möchte schwerlich etwas eingewendet werden können; auch
ist die Bearbeitttng der Legende nach dem angegebenen Gründe
^ »
i6ft Schwab Legende Yon d. heiL .drei. Kaoigeii;
sstxe HrB.Scbwab so wolid gdangen^'dib^sie einerseits wahrhaft
altertliiimlkh klingt, anderersoits von Seiten der- Sprache niefat
die mindeste Schwierigkeit för dasVerständnifs übrig lafst.
Unter der Arbeit boten »ich , die poetischen Lichtpunkte der
Yolkssage der Phantasie unseres Herausgebers so einladcfld dar^
dafs er nicht wideratehco konnte, sie in einer Reihe vem Roman-
zen in seiner Weise ZAisammenzufasseii. Das gunstig ermunternde
Urüvtil Göthe's (nachher auch in Ktinst und Alterihum III. B.
3^. Hefe öffentlich ausgesprochen) liels den Ejitschlufs des Ver-
fassers lur Reife kommen, diese Römanzeii^ der Sage selbst V4)r-
a^iuatellen, »als crneuien Eingang zu den alten Hatten der Le-
gende.«
Aus dem Inhalte der Rohianücn und einselneii gewählten'
3lleilen mag sich dem Lesel* der Geist derselben zunächst dar*
Steilen. •— • Wir sehen uns zuerst auf einen hohen Berg des
^orgcnlandes (die Legende nennt ihn Vaus) versetzliy wo zwölf
«jdle Greise bei nächtlicher Weile harren, um den .von Bileam
verheissenen, die Ankunft des Messias bezeichnenden, königlichen.
Siern sogleich bei seinem Aufgange zu entdecken. Sie schauen
die Nacht über ohne Bast und Ruhe zum Himmd^ tind erst wenn.
«<; mit dem MorgenstrahL im. Thale lebendig wird, überlassen sie
sich dem- Schlemmer. So waren Jahrhnmlerte vorübergegangen
und an die Stelle der hingeschiedenen Greise waren fmmer an^
dere getretoi. Unermüdlich blickte ihr Auge nach den Sternen.
KudUch erscheint eines Abends der ersehnte Stern» (Trefflieb
'schildert der' Dichter seinen Aufgang ) :
, Die Bücke glükn, die Herzen schwellen^ .
Denn, eirwr Morgenröthe gleich ^
Sehn sie den Osten sich erhellen >
Und tUle Sterne werden bleich;
£s steigt, €s steigt, es ist die Sonne,
Zu nennen ist ein Stern es nic/it ,'. ,
Getrunken hat er aus, dem Bronne
Des e*v'gen Lichtes selbst sein Licht»
Er sendet lange, goldne Strahlen,
Nicht wie die andern Sterne thun.
Die heute matt in ihrem fahlen, ""^^
Verschwommnen , armen Glänze ruhn»
In ganzen Strömen giejst er nieder
Das Licht, das seinem Kern entstammt.
Als schlug ein Adler sein Gefieder,
So waUt sein Strahl und fleugt und flammt*
Kaum War der Siero sichtbar gewordeAf so macheD drei
mächtige Fürsten des Noirge«Ja«des (you Arabien , &ba und
Schwab Legende von d beil. drei Königen. 1G9
TharsU) d«r Verlieissuiigeu kundig, mit ailet PracKt und Herr-
lichkeit in grossem Gefolge sich auf, dea iK^eugcborenen Messias-,
könig zu yerehreu. Leicht und unaufhaltsam geht ihr Lauf, bei
Tag die Sonne bei Nacht den 3tern ub.<<r ihrem Haupte. Hun-
ger, Durst und Müdigkeit befällt weder sie, uoch ihr Gefolge,
noch ihre Thiere.
In der dreizehnten Nacht wird ^s zubi erstenmal neblig
und dunkel. . Die Könige befinden sich auf verschiedenen Pfa-
den herangekommen, in der Nahe von Jerusalem auf einem Hü"
gel. Es war der Ort, der einst durch dils grdfste That geweiht
werdet^ der Orf|, wo der, don !si)& jetzl finzob^en kamen, den
Todeskampf für W^b«t nnd Liebe bestehen sollte* Die Kö^
nige begegn^iR sich auf einem dreifachen Esre^zwege, verstehen
sieb, obgleich jeder seine eigene Sprache redet und vereinigen
sieh miit . gljeicbeü Liebe %^ gleichem Zwecke. So ziehen sle^
verbunden in die königliche St^dt der Juden, wo si^ ;(uersl
Schrecken, dann Freude verbreiten. Nun folgt, was aus dem
Evangelium bekannt ist, wie Herodes, von seinen Priestern be-
lehrt, die Magier nach Bethlehem weist, und sich von ihnen
hfl ihrer Ruckkehr mit heuchlerischer Theilnahme Nachricht er-
bittet.
Auf dem Wege nach Bethlehem begegne» di^ Könige den
Hirten, welchen in jener Nacht, da der Stbrn zuerst erschienen
nvarj Himmelsboten die Geburt des grossen Retters ebenfalls
verkündigt hatten. Von ihnen werden aie Könige berichtet, dafs
sie den Neugeborenen nicht im golddurchschimmerten Pallast,
sondern in armen Windeln in der Krippe zu suchen hatten. Die
freundliche Begegnung und Vereinigung der heidnischen Könige
und der judischen Hirten bezeichnet im Voraus die gemeinsame
Berufung der Juden und Heiden zu einem Reiche und Volke
Gottes. Jetzt ziehen die Könige in die kleine Davids- Stadt ein.
Hier i^gt sich die Phantasie und Dars.tellungsgabe unseres Dich-r
ters am kräftigsten, um so mehr da sie (wie er auch selbst p.
39 andeutet) durch die besten bildh'chen Kunstwerke unterstutzt
var. Das grosse van Ejksche Bild* in der Boissereschen Samm-
lang (nämlich das Mittelbild, die Anbetung der drei Könige) ist
von ihm frei aufgefafst und mit lebendiger Anrauth in Worten
wiedergegeben. Die Könige treten in den Stall und 'sehen auf
armem Heu ein stillos, sanftes aber hohes Weib mit ihrem Kinde«
Mntterseeligkeit und jungfräuliche Unschuld leuchtet aus ihren
Blicken. Schmucklos in blauen Mantel gehüllt, das Haupt von
einem Geissen Schleier umgeben sitzt die Gottesbraut da, in ihr
Kind verloren. Die. Könige stehen verwirrt von ^er einfachen.
Hoheit^ von der in Armut4i gebiillten £rbabenkeilk Der Anblick
reiftf sie 7ur Anbetung luUt Sie briogeo in der Ver^^irfung ihre
170 Schwab Legende Tod d. heil, drei * Königen.
geringsten Gaben dar, Balthasar der Greis ein wenig Weibraucli,
Melchior 'der Manu Gold, Jaspar der Jüngling Mjrrhc. Auch
hier finden wir die alte Deutung dieser Gaben auf die göttliche,
königliche Würde Jesa und auf seinen vorherbestimmten Erlö-
sungstod :
.'Dem Gott wird Weihrauch dargebracht ,
Gold wird dem Könige geboten:
Doch Myrrhe? Myrrhe schmückt die Nacht
Des Grabes und die Gruft der Todteru
Der weise Mblehior besinnt sich indefs noeb auf eine i^essere
Gabe. Er reicht dem Kinde einen goldenen Apfel, das Zeicbeu
der Weltherrschaft, von * Alexander herstammend. K,isium berührt
ihn des Rindes Blick und Hauch, so zersiebt- er in Rauch und
Asche. Und in diesem Augenblick strahlt alle Hoheit ^es Him-
mels aus dem Auge des Kindes«
Verwandelt ist das Angesicht
Des Kindes da vor ihren Blicken j
Auf seinen Wangen wohnt das Licht, ,
In dem die Himmel sich erquicken.
Und welch' ein Aug* — ein Aug' ist sein
Geformt euis Gottes Feuer/lammen;
Ein Aug'f es spricht: die Welt ist mein.
Ich kann erlösen und^ verdammen! /-^
Jetzt taget es in ihrem Geist,
Die alten Finsternisse fliehen , s
Und die entsetzte Zunge preist
Des Schöpfers Macht, vor der sie knieen,
( Offenbar hat sich hier dei^ Phantasie des Dichters t^n Raphael'-
sches Bild untergeschoben, wir meinen das Christuskind auf der
Sixtinischen Madonna, in dessen Blick die ganze in der Strophe
so kräftig ausgesprochene Herrscherhoheit und Himmelsbegeiste-
rung liegt). Die Könige kehren, im Traute abgemahnt nicht zu
Herodes nach Jerusalem, sondern auf anderen Wegen in ihre
Reiche zurück, aber nicht mehr so raschen Laufes, sondern ge-
hemmt durch manche Schwierigkeiten. Joseph, ebenfalls durch
einen Traum gewarnt, flieht mit Marien und dem Kinde nach Ae-
gjpten. (Hier ist die Sage apokrjphischer Evangelien voip Zu-
sammenstürzen der Götzenbilder vor'^der Erscheinung des Jesus-
Kindes wohl benutzt). Die ergreifende Schilderung des Beible-
hemitischen Kindermordes hat der Dichter (und wir werden ihm
deshalb gom« verzeihen, dafs die Einheit des Budes in dieser
Romanze gestört ist) dadurch gemilden» dafs er uns eine Ans-
Schvrab Legende von d. heiL dtei Königen. 171
sieht eroffuet anf das sicher geborgehe, am Mutterlierzep sanft
gewiegte Kind und dessen künftige hohe Bestimmung*
In seinen 7 räum am Mutterherzen
Verirrt sich nicht der Mörder Toben; *
JEs ist ein Kind zu andern Schmerzen j
Und anderm Sterben auf gehohen.
Ein Mann wied er das Land durchwandeln.
Und Zeichen thun und göttlich lehren j
Mit seinem Wort, mit seinem Handeln
Zum Himmelreiche viel bekehren.
Zu einem Reich' vor dem kein .König
J^n Thron mit Morde braucht zu wahren.
Zu einem Reich, dem unter thänig
Nur Seelen sind und Engdschaaren*
Er aber dieses Reiches Gründer,
Er wandelt nicht den Weg zum Throne,
Er geht den Weg verdammter Sunder,
Kon Dornen trägt er eine Krone.
Er wird am Kreuz den Fluch der Erde,
Die Welt erlösend, göttlich büßen.^
Den Geist durchbohrt n)on einem Sehwerdte
Sieht seine Mutier ihm zu Füssen,
pie Könige, in ihre Länder zurückgekehrt, verkünden ihren
Völkern das Erlebte, ^nd herrschei\ über sie mild, liebevall und
glucklicli. Sie bauen auf jenem heiligen Berge eine CapeUe, wo
sie sich jährlich mit dem Viplke und den Edlen zum Gebete
versammeln. Es bildet sich unter den Völkern ein frommer, ein«
facher Kinderglaube an das göttliche Kind, an den SterA und
seine Verheissungen. Einst, nach vielen Jahren sind die jetzt
schon sämmflich greisen Könige mit den Ihrigen in der Capelle
versammelt, da tritt ein schlichter Pilgersmann herein und ver-
kündet ihnen das fernere Schicksal des angebeteten Kindes, sein
göttliches Leben, seinen marter vollen Tod, seine wunderbare
Auferstehung und Himmelfahrt. Der Prediger war der Apostel
Thomas (den die Tradition als Glaubensboten zu den Parthttrn
reisen läfst). Die Greise werden getauft und feiern als prie-
sterliche Könige in seliger Verbindung das Brudermahl der Liebe.
Dann neigen sie, noch einmal voh dem wiederferscheinenden Sterne
bestrahlt, ihre müden Häupter zum sanften ewigen Schlummer.
So ist das Wesentliche derXegende in zwölf tbeils kurzen,
thcils massig langen Romanzen wiedergegeben und wir erhalte»
eine klare, befriedigende üebcrsicht über den Fortgang der Er-
iy% Schwab liegende voa d, beiL drei I^önjgen.
tXkilang. Hr. Schwab hat mit^ sicherem Tact da$ Höhere^ Gei-
stige aus "der Legende hervorgehoben, das verzierende Nebcn-
werk aber, das nicht wesentlich in den Zusainmfnhang der
Dreikönigs- Geschichte gehört weggelassen« Die populär breiten
bis ins Einzelste lebendigen, halb historischen^ meist aber mähr-
chenhaften Schilderungen nehn^en sich auch in einer leichten Prosa
weit besser aus als in Versen. Dessen ungeachtet ist in den
Komanzen des Yolksmässigen und Sagenhaften noch genug. Sie
bilden ein schön geschlossenes, abgerundetes Ganze, durch sich
selbst verständlich, an dem man weder etwas vermissien noch
iiberEü'ssig finden wird; sie fuhren einen grossen vollendetet
Kreis vor unser Auge, beginnend mit dem sehnsuchtsvollen Har-
ren der morgenländischen Völker ,auf ^ den Stern des grossen
Königs, schliessend mit dem seligen Tode der drei Köpige, die
jetzt schon vollkommene Christen 'geworden sind. Die einzelnen
Romanzen athmen ein fVisches Leben, und zeugen (besonders die
8tc, Ute und täte) von einer kräftig anschauenden, bildsamen
Pliantasie* Auf eine feine und sinnreiche Art ist das Mährchen-
hafte gepaart- mit dem Wahrscheinlichen und Historisch wahren.
Ja es ist auf eine ergreifende Weise auch manche ewige Wahr-
heit in diesen Liedern ausgesprochen. Es herrscht darin nicht
ein manierift, sondern ein wahrhaft gesunder frommer Sinn, der
ungekünstelt und schlicht in manchen Stellen wärmer hindurch-
bricht, durch das Ganze aber wie ein zarter wohlthätiger Hauch
binweht ^
. Die anmuthige im echten Volkstone geschriebene Legende
ist durch den Bericht und das Urtheil des Meisters, der ihre
Herausgabe yeraulafst hat, ihrem Charakter und Inhalte nach zu
bekannt (Kunst und Alterth. a B. ates Stück) als dafs sich Re-
ferent erlauben sollte, hier darüber weitläuftig zu sejn. Damit
aber der Leser die Ißchandlungsart in gegenwärtiger Ausgabe
kennen lerne, mag eine schöne Stelle der Legende, die Ankunft
der Könige bei dem Christkinde, beschreibend hier stehen. »An
dem Tage, da die drei Könige zu Bethlehem • Christum suchten,
ihn anbeteten und ihm Gaben opferten, da war Jesus in seiner
Menschheit ein Klndlein, seines Alters dreizehn Tage und war
ein völliges Kind für sein Alter; und lag in der Krippe und in
dem Heu, bis an die Arme in schnöde Tücher gewunden. Und
Maria setue Mutter, wie wir in vielen andern Büchern lesen,
war auch, voll von Gestalt und bräunlicht, und bri Erscheinuno"
der drei Könige war sie mit einem blauen armseligen Mantel
bekleidet, den hielt sie vor sich zu mit der linken Hand. Und
ihr Haupt, ohae das Antlitz, war mit einem leinenen TucK^ ganz
umwunden, und sie safis auf der Krippe und hielt mit der rech-
ten Hand das HaUpt des Kindes Jesu empor. Da aber die Kö-
Prokescli DenkwGrdigkeitciil ty'i
])!ge das KiDd Jesüm fanden in! der Krippen, gelegt auf das Heti
ärmlich, wie ihnen die Hirten auf dein Wege vorhergesagt, und
als der Stern zwischen den Wänden, 6nd in der Hdhle^ cb Cttri-
itns geboren war, seine Strahlen theilte, und leuchtete mit sol-
cher Klarheit, dafs sie in seinem Glänze stunden, als in einem
glühenden Ofen, da stiegen die Könige Ton ihrem wohlge*
vierten Dromedaren und Pferden und luden ihre Schätze ab,
Qod küfsten die Erde vor der Krippen, utid die Hände des
Kindleins in Dcmuth.» -*- x
Für Sitten und örtliche Verhältnisse des Morgenlandes ist
för den, der zu sondern wciAi, ans dem Büchlein ohne Zweifel
mancbef zu lernen, ebenso für kirchliche GebrluiJhe der mittle«
fcn Zeit und selbst des höheren christlichen Aherthums. So ist,
am nur Eines zu berühren, manches von demjenigen uralt und
Mstorisch wohlbegründet, was p. 170—173 über die Feier des
Epiphanienfestes erzählt wird. Freilich ist das Historische durch-^
gäogig mit heiter fabelnder Poesie gemischt.
Einen schöi^n Schlufs des Büchleins bildet die, leider nur
skizzirte Abhanddlung d^s Hrn. S* Boisseree über die Entstehung
und Ausbildung der I>reikö»igS' Legende.
<♦■
Denkwürdigkeiten aus dem Lehen des Feldmarsehaüs Fürsten
Carl zu Schwarzenberg vcn A, Phokrscb , Oberlieu-
tenant im ' kais^ österreichischen Generalstabe. Wien 48h3*
346 S. 9.
Weder eine Vorrede noch Einleitung giebt über das Verhält-
nifs des Verfassers dieser Denkwürdigkeiten zu dem Heldeui
dessen Biographie hier mitgetheiit wi^d, Auskunft^ allein maa
erfahrt ge'gen das Ende des Buches» dafs erst^er unter ilen Be*
gleitern ^e% Fürsten auf seiner letzten Reise nach Leipzig war^
und aus dem Inhalte der ganzen Schrift leuchtet hervor,, dafs ein
hoher Grad des Vertrauens, von der einen Seite und der Hoch-
achtung von der andern zwische» beiden statt fand« Ohne das
Erstere würden dem Verf. .eine Menge einzelner Aeusserungeu,
Briefe und Nachrichten, nicht zu Gebote gestaoidcin haben. Be-
rücksichtigt 'man aber das Verhältnifs eines wahrscheinlich noch
jungen Offiziers gegen einen vielversuchten Krieger, des Subal*
tem gegen dto Feldmarschall, Infst man ausserdem die Empfin-
dungen nicht ausser Acbt^ mit welchen der Krieger, einen in vie-
len Scklaehteo si^eichen General anblickt, so wird inan es nickt
hlofs entschuldigeni sondern sogar wohlnekmen, dafs das Bild au
einigen Stellen mit bfiUercn Farben .gemalt ist, als die strengt
174 Prokesch Denkwürdigkeiten.
historisch treue Darstellung wohl erlauben möchte. Dier'Feld-
Vaarschall gehörte einmal einer grossen und. ewig denkwürdigen
Zeit an, er hat darin oine der schwierigsten und bedeutoidsten
Rollen gespielt, vid, sehr viel bat- er daftu beigetragen, dafs die
Lage der Sachen in Oeutschland sich anders gestaltete, und viel-
leicht wäre dieses ohne seine Mitwirkung iiiclit geschehen i lu-
dern ist er yom Sdtauplatze abgerufen, und hierdurch dem
Neide und der £i£ersucUt entrückt, warum sollte n^an ihm die
schönste Biographie misgöuuen? Und eine solche, eine wahrhaft
köstliche ist ihm hier geworden. ^ Der ernste Historiker wird . ge-
gen manche Angaben gründete £mwendungen ma/i?heh, allein
Rec* vermeidet dieses, um sich den angenehmen Genufs iiicht zu
verkümmern y welchen ihm dfl(s Lesen dieser Denkwürdigkeiten
gemacht hat« Dem Gescfaiehtforscher stehen noch andere Quä-
len offen, aus denen er' einige Einxelnheiten verbessern, k^no, aber
jeder,^ welcher sich der vergangeneu, schwerlastenden Zeiten noch
lebhaft erinnert, wird einen Üeberblick derselben, «wie er hier
gegeben ist, mit dem. innigsten Vergnügen lesen« :.* .. ;,
{Jebrigens ist der acbtungswßrthe lYerfasseT^ nichts weniger
als absichtlich untreu im Geschiehtlicb^n». .vielpaelir sieht m^ bald,
dafs es ihn um die im Ganzen gegebene lautere. Wahrheit zu
thun war, jedoch verheJilt er zugleich nicht, wie sehr sein Ge-
müth hierbei iu Betrachtung kam« S. 3i4 heifst es: ^Und so
1^ hätte diese schwache Haud mm ihr iheures und wehmäthiges Ge-
:^ Schaft j das Leben des hohen F^erewigten zu schädenij so weit
psie es zu thun vermögend war, geendet.^. Zum Beweise übri-
gens, wie sehr der Yerf^ss. seinen Helden hervorhebt| dient die
Beurtheijung der Schlacht von Waterloo. i^Die Nachricht von
jener yerzweißangssMachtj^. heifst es S.29b., "»erfiiÜte den Fur^ ,
lösten mit inniger Freude, fffärde er, unter dem f^orwaade des
^Dienstes nur- sich haben- dienen s^oUen, so m>äre gemfs seine
9 Empfindung dam^als eme ganz andere gewesen. fVdchfi glän^
» zende Bahn er^nete sich vor ihm , wenn in den ^Niederlanden
9 die verbündete Streitmacht erlegen wäre!< Wer es weifs, mit
iplrel^hen Opfern ^der onerschütterliolie Wefiington seinen festen
Stand g^en di« Uebermacbt erkaufen ^raufste, und mit'wrelcfaem
Ungestüm der im Kampfe immer noch jugenditidie. Blö^her ge-
rade im AugeKrblicke der Unmöglichkeit eines längeren- Wider-
standes das üebergewicht in die steigende Waagschale legte, wer
endlich die Schnelligkeit' berücksichtigt, womit Napoleon eine ge-
schlagene Armee zu vernichten pfl^te und die Hül&mittel, wel-
che er sieh mit dem siegrefchen Schw«erdte zu v^schafien Wulste,
wird sich' nicht ohne Wehmuth und ohne bange Gombioationen
einer damab möglichen Zukunft der verbangnif »vollen Tage er-
innern, an denen das -Sdiicksal Buropens zum zweiten Male ent-
Jacobi Tertnischte Schriften* 175
schieden wurde, — - Doch alles dieses thut in unsern Augen
dem Werthe der- treffliqhen Biograpliie keinen wesentlichen Ab-
bruch, deuo sie würde nicht seyn^ wie sie ist| hätte der Verf.
mit mioder inniger Liebe geschrieben.
Druck und Papier wetteifern mit englischen Werken , und
nudben der Industrie im grossen Kaiserstaate Ehre. .
Fermischte Sehtet en i>on FmtüRtCH Jjcqbs. Erster Tkeü. —
Fki^defch Jjicoßs Reden, Nebst einem Anhange vermischter
Aufsätze, Erster Theil, Gotha in der Ettingei^lschen Buch"
handlang. 48%3. XXFI und 546 S. 8.
lohalt: I. Rede zum .Andenken Her7>og Ernst des Zweiten im
Gjmnasium zu Gotha gehalten. i8o4* II. Abschiedsrede im Gynw
aasium zu Gotha^ ißoy. ' IIL Rede, gehalten im Lyceum zu Mün-
chen. IV. Teut$chland*s Eh^e. i8i4* V. Bruchstücke über die
Forderungen der Zeit iSao. VK Zufällige Gedanken über den
Religionszustand der Zeit 1816. .YIL Analccten. VIII. Mis-
ccllen. — * Nro. I., IV., V. und VI. sind mit Anmerkungen be-
gleitet.-<— Ueber Veranlassung und Einrichtung dieser . Sammlung
gicbt die Vorrede Auskunft, wo der Ver£ auch den Gesichts?
puokt bestimmt, aus welchem der materielle Inhalt dieses Bandes
betrachtet werden soll |^ zu Welchem^ die Anmerkungen eine er-
freuliche Zugabe bilden. Auch in diesem Buche hat der Verf.
seine Meisterschaft in teutspher Zunge beurkundet; wie er über-
haupt in seinen Ter^chiedenen ti^utscheu Schriften bewährt bat,
was einer unserer Philologen einmal sagt: »Die Darstellqng des
»mit den Alten vertrauten Gelehrten gewinnt ein eigenthüqiliclie^,
> frisches Leben. Man merkt es seiner Sprache an, dafs er mit
»Männern umgegangen, die in einem grossen Stjle dachten und
»lebten, lind der Natur getreuer blieben, als wir Spatgeborne.
»Sic haben ihn herausgeführt aus i^ex engen dumpfen /Bücher-
»kammer in die freie, rege Himmelsluft, wo ein lebendiger Odem
»ihn anwehet, umfängt und stärket.c -7-*^ Wir sqhliessen diese
Anzeige mit dem Wunsche dafs der zweite Theil bald folgen
möge. A^ B,
,mmmtm^
A C FAir DEH Book Mesch disputatip geologtea ( geo^
nt6stica?J de Granite, Lugduni Batayorum, apud Hasten^
^rg, 48$o. Flu et 435 pag, 8,
•Ciine flelssige Zusammenstellung bekannter Thatsachcn«
476 Becker* Taschenbuch z. geselligen Vergnügen.
Beckers TastihMueh zum gtsdUgen Vergnügen, hetausgegehen
,vön FniKDn. Kino auf das Jahr 4^ st 3. Leipzig bei Georg
Joachim Göschen, fVien in der Carl Gerold*schen Bußk^
handlang.
Jlxi% acht gdAagfnm hUtorischen Kupfern, iDei$tebs nach Rain^
bergs Zeichnungen von Fleischmann, Böhm und Schwer dt geburt»
Vier Ansichten des Kömersehen Wembergs bei Dresden und
v/</jsichten von demselben in die reiche Gegend; Melodien zu
Liedern de» Taschenliuchs von Maria v. Wehen A» MetJ^es^,
ji. B, Fürstenau und Dotzauer) und Tanzßguren vom königl.
Balletmeister Laucherjr i^i Berlin. — In Rücksicht der Mannig-
faltigkeit und Gediegenheit des Inhalts, ringt dieser Nestor der
deutschen Taschenbücher , noch immer glücklich und ehrenvoll
mit Minem Nebenbuhler gleiches Namens, d^tai er wohl diesmal
*den Preis ' abgewonnen haben ^nö^hte. — Das kleine Liistsptei in
Alexandrinern von Eduard Gehe: Die Schiffahrt, reihet sidh wür-
dig an die frühem draiihatischen Arbeiten des Yfs. Die einfache,
einer Enählüng entlehnte Fabel (ein Paar junge geschiedene Ehe-
leute treffen >sicli zufällig auf einem Seeschiffe, wo erneute Be-
-kanntscbdft >ttnd wechselseitige Anerkennung des Werths, das, nur
durch Mifsverstäiulnisse gelösete Band, wieder anknüpft, wird
durch Dicfion, ^Chsrakterzeichnung und Sc^neif'ibildung, zu einem
recht erfreulichen und unterhaltendcti kleinen Geniälde, in dem
es auch ftn poetischen, und, glücklich für die' Bühnr berechneten
•Stelled, nicht fehlt. -*- Vier Erzählungen, welche das Taschen-
buch enthalt: die weisse Röse, uon C.W.Contessüf die Jungfrau
'am See,'9on Kind; das Mtarbäd, uon Lindau; und die drei
Söhne, von X« Brathinann haben ohne Ausnahme Interesse und
Werth. Die letzfete ^U Nachlafs einer geschätzten' Dichterin noch
ibmen um 'so höhern. Jedoch dürften die beiden ersCern Erzäh-
lungen voVi* Gontes^a und dem Herausgeber als die voi^/nglichsten
dem gebildeten 'L^er sieh darstellen, da sie, und ror -allen die
weisse RWse äh Mtrst^r'in dieser Dichtungsart gelten können. —
Nicht g^nag zu lob to ist ebenfalls die gl.ückliche Auswahl, vrel-
chic d^ 'Herausgeber bei deu kleinetn Poesien -getroffen, deren
viele 'von L. Brachmarmj FKKinid, Tiedge, Arthurtr, Nordstern etc.
die Weihc^rer Verfasser beurkunden« — Die Auflösung der
vorigjährigen Räthsel und- Charadea,. ist, wie gewöhnlich, diesem,
durchaus zu empfehlenden Taschenbuche beigefügt.
N'l- 12. Heidelberger *^^^*
« «
Janrbucner der »Literatur*
J,; . . • «•• *
.». »
jRfe Desatir etc* und dieh^Uige Sage der JBakirer etCm
M ^nrtsetzungdfrJ»iI^m6*aigebrodfenenMecinsiont ^
as Buch Herrn Rhode 's ^urde unstreitig an. Verdienst g^^
Wonnen haben, wenn er sich njxr auf Solche denii Texte deth
Sendschriften getreue Darstellung' beschränkt^- und seine, eigeneil
ZusätKie hiebt beigefügt hätte. • Eine ganz andere Art eines noch
zu panschenden Comfientars wäre ein Werk ins die nooh
unbenutzten Quellen morgenläqdischer Religionsgeschichte . benu-^.
tzend, die darin enthaltenen Stellen welche die, alten Religioneil,
Fersiens betreffen, sammelte -und zweckm^sig- zusamnoienstellteAi
wo^u aber freilich zuerst 4i^ KenntniTs. der. morgenländtschem
Sprachen unumgänglich erfordert wii>d. • Um nur einen. Fingerr
zeig nach dem weiten Felde zu geben das hier noch uiazubr^^«
chen isty wollen wir nur auf die in einena einzigen zweimal (zu
Konstantinopel und zu Calcutta), gedruckten und folglieh leidig
zu erhaltende Werke nämlich: auf das persische Wörterbuch
Burhani Katii hinweisen, und, durch diese Hinweisungen au£
die darin enthaltenen Na^cnrichten yon der Religion SoroasterS
sowohly^als anderer ältesten Religionen des Orients uns den Weg
bahnen zur Anzeige des ungemein wichtigere^ Werkes näm i
lieh des Dessatir. ^
Herr Rhode erwähnt nach Herbelot^ Ajardeh. un4
Khurdefa als zwei Bücher der G hebern und wütischt dar«,
über von könftigen Reisenden, Aufschlufs zu erhalten. Ohne sit
weit zu gehen kann man sieh darüber vor der Hand aus Bur-^
hani Katii Raths erholen«
Jjarde nicht Ajardeh ist der in t^asend geschrieben^
Commentar des Sendawesta (S. ii6) und;Ghurde tiichi
Khurdeh ist nichts als der Name eines der ai Noske des
Sendawesta (S. 3a3). Andere dergleichen Namen von Nos«*
ken sind: Eschatad (S. S6) Dal minofer (S. 35i) Xfe*
ringan ($. 52) Erdem, der Name eines besonders latigen Ca«
pitels (S. 70) und Ikbawen der Nütnen eines besondern Re*
ligionsbuches der Magier (8/^17 )« '
• Ueber ihre Feuertempel welche; man geWc^ttnlich nüt ixhtnt
dem Namen Ate^chkede Jcennt^ geben die Namen Naus (das
^ 12
ijS The Desatir etc. u» d. Beil. Sage der BaktreF eta
griecliisclie vetoc S« 789) R«nest (S. 671) Sjnonyme an.
Ein allerer Nan^e doi bisher Uaff unter dem tob Newbehav
bekannten Feuerleiqpdf vqB Qalch' bt N^sreiD (5. ,i9o)'ia
der Nähe der kolossalen Götzenbilder von Chunk but und
Surch but*) d. i. der weisse und rothe JBuda TS. 799)«
Eorned i«t ein anderer Name fnr Farmed, das Dorf bei Tus
yffo die eine der beiden Frelheits-Cjpressen Soroasters stände
wie die andere beim DorfeKs^sobmir m pistr^kt^de« Terisch
ebenfalb in Chorassan (S. £92 und 626 )•
Manches Neues enthalten die 4itui^sche« Artikel über das
Semseme d. i. das heilige Gesumse mit geschlossenen {^ippea
(S. 855) wahrend des Waschens, Fssens und Abschueidens der
Barsom- Zweige (S. 439 und i44)> ^^^ ^^ heilige Schwel-
gen Badsch (S. 119)1 über das E^sengebet Jescht (S.' 856),
und die über die Speben laut ausgesprochenen hcihgen Worte
(S. 36a); über die verschiedenen Arten von Almosen das an
grossen Festen welches Da sehen heifst (S. 35p) sowohl als
die gewöhnlichen Gaben für die Feuertempd Sudasohna ge-
nannt (S. 438) mehrerer anderer bisher in Europa unbekannter
Gebräuche nicht zu erwähnen ^ wie z, B. Oharfedsch das
Strohfeuer, )ivdches die Feueranbeter beim feierlichen Aufzuge
^er Braut hinter derselben anzünden (S. 57 3|)*
Die Kunden über die Hierarchie der Engel wie ^eselbeu
zum Tbeil noch heute im Islam bestehen, geben merkwürdige
^Spuren über einige der akpersischen fsede. an dcr^n Steile die-
selben getreten sind. So wird z«V* Taschter oder Baschter
(S. 157 und a44) der grosse Genius dier Sendbücher ^1^ der
l^rzeng^^ Michael erklärt^ von diesem aber (S..595) gesagt, A)kb
er der Engel der Wolken sej, so dafs er in seinen yerrr<;htifn'
en ganz an die Stelle Taschtcrs getreten, welt;her iiti. Sen-
aw<$sta der Genius des R'cgens ist.' Der islan^i titsche 'J^o-
desengel Israel welcher gewöhn Kch der Seelen jäger cDsöhan-
S'chiker S. 265) heifst, kömmt auch unter dem Namen des
altpersischen Genius Assman d. i. der Genius des Himmels
vor (S. 49); endlich Mst Gabriel sowohl an die Stelle des alt-
persbrhen Himmelsboten S u r u s c h ( S; 475 ) als au die- B e h-
m^ens (der obersten Intelligenz der Himmel) getreten, und
in dieser EigenscUaft heifst er auch Ispehbedi Chore d..i. der
Herr der Erleuchtung wie die menschliche Seele selbst. Die
Engel heisscn heut zu -Tage überhaupt die Pfauen dies Paradie«
s
«) But heifst heute ein 6(itze wie 4at Wort Fogb (S. ^| )»
So,'v^eit sfnil dicrse beiden heiljgen Worte herabgesunken» denn
Fogh ht nichts anders als das slavische Bog der Name der
öottheit.' •. r-. - .
Tlj^t>essitir etc. tou d beiL Sage der Baktrer etc. f ^j
^ TS,. 5455 oJer ite Vögel des limmlUctien LotoÄ (S. 5^o\
Hie Zeitenbewobuer des Himmels (S. 5äo}^ die Beisitzer dei
X>ot6s-Baiunes und die grün Gekleideten des Himmds (S«453)j
Jaüteir Beziehungen welche durch die Vorstellungen ägjptischet
iind altjpersischer Kunst trefflich beleuchtet werden, auf den äg^p*«
tlscbeü Gemälden sind die Genien iinmer grün beschwinort, und
in den persischen aUeu Künden uberschwebeu sie den Tbroä
des Königs in der Gestalt von Vögeln. ^
ÜerHiitei: des moslimischen t'aradieses in welcliem die gruA
gekleideten Bräute der Ewigkeit (S. 45a u. 563) sammt den
Leb.eusgeistern des böchsten Himmels (S« 562 ) d. i. die Prö--
phetcR wohnen ist der *£ngel Riswan (S. 781) dessen Sitellc
aber in der altpersiscben Lelire schon der Ised Samiad der
Genius des aSten Monatstages (8,^21) und der Ised Ferwer*
din der Genius des igten Monatstages als Hüter des Patadiesek
<S S93 einnehmen, denen noch der Ised Din, der Genius dei
.24teii Monatstages als Hüter der Schicksalsfeder gesellet ist (S*
389). Die Ferwere ( die^ Ideale Platon^s) Wssen
Fcrdfer und werden als Herreh einzelner Gattungen der Ge*
schöpfe (Reb6uo-]N ewi) dargestellt. Ispendarmed odef
Isfendarmed ist der bekannte Genius der Erde, welcher aber
auch noch die Genien Achter TS. 66) und Siped ( S. 455)
als Wächter gesetzt sind. So nat auch das Feuer nebst ieofi
grossen bekannten Sohutzgeist Ar di bebe sc dt noch den beson-'
deren Getitus der llamme Äser und das 'Wasser nebst dem
gössen Amschaspande Chordad noch den Genius der FlutÜen
arespend (S. 647 ) oder Mehrasfend (S. J78) genannti
So wird auch die Sonne vom grossen Mithras geleitet; abei^
der besondere Genius des Sonnenlichts l^eifst Chor ( S« 34o )^
Schehriar ist der grosse Schut2geist der Metalle, aber die
Fundgruben haben ihren eigenen Ab an (S. 3i ), der mit dem
Genius des Regens Abangah (S. 3i) welchei" dem grossen
TascTiter zugesellet ist, nicht vermischt Werden darf. Der
Genius der Bäume ist Murdad ( S. 483) doch auch zugleich
der des Winters ( S» 759) so wie Chordad der Genius der
Bäume zugleich der der Flüsse ( S« 3^3 )) und wie Bad der
Genius der Winde zugleich der Genius der Heirathen ist ( S*
it^). Als Treiber der Winde heifs^ er auch Badratt (jS^iia)
und der Genius der Reisenden ist Behram ( S« 175)«
Noch wichtigere Aufschlüsse liefert dieses Werk übet die
Reiigionsgeschicbte der verschiedenen Sccten der Magier, vvovon
bisher nur sehr wenig bekannt ist^ und iu Hr. Rh* Werk gaf
.keine Er wäh nung ges^hielit. Im B u r h a u i .K a t i i w erden zu-
erst in dem eine Fpl^ioseite latigen Artikel /Seratuscht tS.419)
die folgenden acht Secten erwähnt^ in wejche der Magismus in
12*
1 So The .Desatlr elc. ,u. d, heil.; Sage d, Baktrer Mc.
der .Foke der Zeit zerfallen war. . 4. Die ilteste ,d^r . ersten
Feueranbeter welche den Kei'omers für Adam anerkannte, 2.
l)ie Sewanije welche der Lehre des grossen Sewan (Ser-
Wan) die unbegränzte Zelt folgten und sonst auch Serdanye
genannt vvurden ( S. 426). Die Periode S^erw ans aus' debca
Gedanken Ahriman entsprang, wird auf 9099 Jahre angegeben.
3. Die Anhänger Soroasters. 4> Die Dualisten welche
die absolute ewige Doppelherrschaft d^s Lichtes und der Fin-
ftternifs aufstellten, während nach Soroasters Lehre das Böse
nur ein Abfall vom Guten und In der Zeit endlich ist«' Auf
diese vier ältesten Secten folgen die vier neueren, welche sich
aber alle aus der Soroasterischen ehtvvickelten, nämlich: 5*
'Die Secte M a n i s der seih Sjstem aus den Lehren des Magis-
mus und des Christenthums zusammensetzte. 6. Die hchtc Mas-
dek's des revolutionären Apostels allgemeiner Freiheit und Gleich-
Leit. 7. Die Lehre Dikans der. wie die Dualisten die zwei
sich' einander entgegengesetzten Grund - Principien des Lichtes
und Her Finstcrnifs ahnahm, und endlich 8tens die Lehre Mar-
cion's welche darin "bestand, dafs Gott aus freier Wahl gut,
Ahriman aber gezwungen bÖse sej, und däfs' zwischen Beiden
eine vermittelnde oder ausgleichende Krafl^ (Muaddil) bestehe
wodurch. das gehörige Verhällnifs aller Dinge in der Welt her-
ge$tellt werde (S. 757). Das Gleiöhheits- Evangelium welches
Masdek predigte, hiefs Dissna (S. 388) und die Bilderbibel
Manis Teng, oder Erteng oder Erscheng Mani d.i. das
Bilderbuch Mani's als Gegensatz des Teng Lnscha (5.256)
d. i. das Bilderbuch* Lukas dessen Evangelium die Morgenländer
wie das Gesetzbuch Mani's fiir eine Bilderbibel halten S.y4o).
Den Marc iou den auch unsere Ketzergeschichte so wie den
Man es als einen Lehrer der Gnostiker kennt nennen sie
übrigens auch Ramasan < S. 4o6 ). Ausser den obigen acht
Hauptsecten gab es deren noch, viele andere, deren 2^aht wie die
der Secten; des Islams auf 72 angegeben wird. Eine der aus-
gezeichnetsten scheint die des Kessun gewesen zu iejn, wels-
cher wiewohl ein Magier, dennoch den materiellen Ursprung
aller Dinge aus drei Elementen, nämlich alus Feuer, W^asser,
Erde, und die Seelenwanderung lehrte ( S. 65 i). Diese Ein*
mischnng indischer Religious-Begri£Pe in persische Lehre ist
sehr merkwürdig und bewegt uns wegen der nächsten Verbin*-
dung dcrseljjen mit dem Dessatir, hier aus dem Burhani
Katii noch einige indische Propheten zu erwähnen deren Re-
ligibnslehren auf persische unmittelbaren Einflufs gehabt zu ha-
ben scheinen. Der am ältesten erwähnte ist Schakemuni (der
indische Gautamah oder Buda 5. 5io) dessen Matter Mah-
mah genannt {S. 74i ) und dem die Lehre der Seclenwande-
rung zugeschrieben wird (S* 740 26te Z.)*
The Desatir etc. u. d heil. Sage der Baktrer etc. fSi
An JLere indische Propheten waren ? M a h t s c h'u r ,' d^Mtn
Leib -aus Sonnen ^ Mond - und Feitersehein ftnsammen geset^
ohne Mutter auf die' Welt' kam; Milan welcher der Luft di«:
oberste Herrschaft der- ElementSe einräumte, tri« Soroaster dem.
Feuer (S. 781), Na««-!!:, welcher lehrte, dah es keinem- Aitftr^l
stehuog'gebe, uud dafs der Mensch wie die Pflanzen waol^e und
▼erWelke ( S. 786.)» Erheft dei*' die- Seel«nwanderuilg' eine*
Reihe von 4ooo E r h e f t e n und ' di« allg^mfeine • VerOHbtung
lehrte (S. y5) u. s.. w« Von Reli^onswerkeu wir4 nebtt
dem Werke' Seh i| kern u»i's noch Batengpai»' (S; »i^l) er*«
wähnt«- Alle diese indis^en Propheten haben doch nibht» ige»
mein mit dem ältesten dei^Persev, deravM»habad/d. L ämm gra^nt
sen Ab ad, dem Verfasser des Dessatir cid er ältesten Geseta***
bucbes, von dem zuerst durehides Sch'eioh Mohammed Fani
aus dem Persischen ins Englische (vbft Gladwin) und ddlrta^
ins Deutsche (von D a 1 b « r g) ansaugsweise • übersetite Werk' D a *-
wistan die erste* Kunde nach Europa . ged rängen ist. • >•
Ab ad (sagt der Burh.Kat. S-. Si- und 778) ist iler
sonst Mehaibad (di i. Aet grosse Abrieb ^- genannte Prophet;
dessen Gesetzbuch Dessatir beif^t« = Dieser Abad odev-Mtf^
liabad hat aber aheb einen ' andern Namen, der über die wahrv
Etymologie desseUbeii ein r neues Licht anaündet,^ er heifst' nänw
lieh auch der gro&se Abadona und das von ihm gegebene Oe-«
setz H^rnidsaw oder Vernnnftgesetr i(:S»^ 833.) •*^),
Die Bekennen dieser ältesten Reügion hiefseh Sipassiaii
d. u die Begehrendeo ,: SUichenden,' oder Betiler (5/ 4^5),>d:» i«
ganz gleichbedeutend mit Sassanian, dem ^NacAen * de? Bekentocv
der Religionsl ehre des Dessatir. Sa^san ist jedück, laicht zq
vermeogea mit Tassan, welches der Name' eines der» letzten
Propheten des D essatir ist (S. 853.) und sonst ^überhaupt schick«^
licli oder gesetzmässig bedeutet, vou Jassa eib Gesetebucb,' Wel-«
chen Namen auch die Gesetzbücher TimUr^s und Dscliengisch»»'«
trägen. Die Propheten, heissen überhaupt Farruchsch ur> <.(S.
588.) .und die Bekenner der Lehre Ferssensdadsch (S; S^d.-^t
iwei altpersische Wörter, welche iu diesen» Siotie auch ioan'devn
Wöi^erbtichern vorkommen. Wiewohl, wie 'wir sehen werdieu^
•J.F e r h en^ ist ^ das ' persische Wort welches ah gl^chbede»*
tend mic Hernidsaw angegeben wird. Ferhen g heifstaber
sowohl ein Buch als auch 'Verstand. Hernid i^ also nur eine
andere Form von F e rn u d, welches Vernunftbeweis heifst (S 592).
Fernud das alttltutecbc Vernunft isfe zusamroenges^tztaus ctem
aUper^tschen VC^urzelworte Fer (Licht» Glanz, Feuer) und Nud
d. u Grand. F, ar«ud >od#r Vernunft heifst aUo LicbtgTunit oder
FenergruQd.
Y
ft82 The DesüUr etq, u. d heil Sage dev B<tktrer etc.
die Grundlage der Keligioa dcf Deis^tir retner Sideirisjnut
ist» so werden die Bekenn^r desselben (die. Mebab4diiin> Si-
p^ssian oder Sassenian) yoa den eigentUcben Sabaernim-
tcrtchiedeo,, welche Nag.btticba beistenund über welche Burh«
Ka^ unter diesem YV^ortc ziemlich geaugeade Auskunfi giebt
(S. 7990* ^^^ werden dort als, Magier 9tt%efuhrt. Vielleicht
0ehdrt denselben der Propbet Dscbumest. oder Games t mit
dem gl^hnamigen Gesetzbucbe (S. 2.79 U..718) dessen Umfaug
^o Kumehl-Ladungen betrug und welches ^ nachdem der Prophet
getodtet worden, verbrennt war» Von der Sprache des Des«
iMttir sagt das persische Wörterbudi an wiederhoUen Stellen
(-& 67 u. 65.) dafs diesdbe Send und Pasend se;» w^s sie
nun freilich nicht ist ^).
Da es bei der Beurtheiinng des Alters und der Echtheit
des Dessatir hauptsächlich auf die Sprache ankömmt» im wel-*
eher derselbe eesehrieben ist, ^o muls die kritische Untersnchung
derselben der Forschung, welche den Inhalt erörtert, vorausge«
tieo« .Der gelehrte indische Heransgeber des Werkes Mo Ha
iPirus Kaus erkl^it iu seiner Vorrede, dafs dieselbe weder Send
noch P e h l e w i , noch. D e r i sey , worin er ganz gewifs Recht hat,
kl 8)0 weit er unter Deri das rein Neupersische versteht, in wel-*
ehenvdas Soh^fanameh- und auch der Commentar des Des-
;9atir geschrieben ist. Die englischen Blätter in Indien, welche
.sogleich nach der Erseheinung des Werkes zu Kalkutta über
dasselbe, als über ein apocrjphes Produkt mit derselben Heftig-
keit herfielen, wie weiland Jon es und Meiners über die Echt*
beit des von Anquetil nach Europa gebrachten Sendawesta,
erklärten .die Sprache des Dessatir ohne vieles Bedenken für
eine vom Commenlator desselben zum Spafs erfundene und
würdigten das ganze Werk zu einer kaum ube^ 200 Jahre al-
len literarischen Betrügerei herunter, Sie hätten es vermuthlich
"gerne nocli für jünger. erklärte wenn nicht der Verfasser desper-
sichen Wörterbuches Burhani Ratii der des Werkes Scbeh-
l>ista.ni tschehar l«chemen, welcher zu. Anfi^ng des 17, Jahr-
b«nderta schrieb und i« J« 1624 starb, und endlich der Verfasser des
Dabist au, welcher deicbzeitig (unter der Regierung Dschihan-
gir*s oder Schah Dshihan^s) lebte, des Dess^atir's nicht
schon häufig erwähnet hätten. Diese Kritiker bedachten nicht,
dafs wenn dm De«sa(tir^rä so pabe'mi( dea Verfassern jener
^') Gerade die beiden Worte wo et dfeset t^fti «ämlteh Aehna-
«ti unwillkiihTltob, und Adtohunban' unbeweglich» sütd rein
Mr;(isch von Chuasti wiUkübrIicb niid Oschuaban beweg;«
lieh mU dem A privative«
/
The Desatir etc. u. d. hell. Sage derBaktrer etc. %S$
Werke tmd betoniert .mit deor ded pertisefaäi Wörterbuoliet
Burhani Katii j(as^ gleiehzeitigdr 'Betnt|^ »irSre, der letzte
(denen Werl mi| fteelft -fuff den aiit dem grdfsteo kritischen Ur^
tbeiie gesichteten petsi^chen Spraclnchatt gilt) genirirs iiiofal eine
so grosse Zahl heuten lii^ht uAuebr ^bKdii^ Ausdrücke und pbiioi-
soph|scber Terminologien A% altpkirsiscbe afnfgenomnieili vnii
als solclieaof 4stt An^eheii wibi Zeognifs des: De isattr erkiärel
hätte. Aber abgesehen vOo- dem Zeixgiiifs« des per^veheo Ka«*
mas (i^ic der B n rb a ai«.Katii in* YergktcH mit dejls orabir
scbepK. a m.us^dem giodteg^nslen Meistemerk« iDrienltaKstberL eni^^
grapbie, genenut zu werden pflegt)^ fi^'gfc die Striche des I) es«*
sattr iniiere Beweise ursprünglicher £ebtheit in aicb. Dte^e
besteben Erstens in der N^tur ihres Banbs nnd ihrer Btldbng^
sjlben selbst, welche, TveiUk gegen das beut ä(>liohe reinF Pensili^tt
oder Deri gehalten, sich zu demselben getane so, wie dos Goh
thische zu dem Englischen verliüt^ nnd eine ^sa wunderbare U^
bereLusiimmung und' Analogie des Kttlturgangca jener altp^nn-
schen uiid dieser altgermanisi^hen SpracHi - diiräidt ,' weldie 'keD-
nesweges ' ^^% Resultat eines {ein • aus^dsonnenen oder mflklf|;
gelungenen^ Betruges seyn- kam».'. Zw'Aiten'«.' Während -der
Commentator (wekLem di4 Khi^e diidser i fipraob-Er6wdf mg zngd-
dacht wird) in der Regel dem aUen T^Äte Wert ftir Wort fnigl,
und der ungewöhnlichen alten Fornr he% Wottek: die neue 8äb-
stituirt, so sind doch häufige Beispiel^ (toii denen mehrere un-
ten als Belege folgen werden )* vorhatideW,* aafs der Commentator
den alten Text wirklich nicht nfehr v^fot^ifden ,' und demidben
willkuhrliche Bedeutung untergelegt bat. Drittens, endlich fin^
det sich gerade unter Jen etf Wörtern- Aief hente'iil keinbnr per-
sischen Wörterbuch e mehr stehen, eine blträch^lSishe Zähl Wm^grie-
chischen^ lateinischen und besonders geni}an(seh(m Wurme^wtikSera^
w^elche doch wahrhaftig für kein^ glückliches Wahrzeichen gelten
können^ welches der Zufall deifi ErilndA diese^Spi^i^heava fJn-
gefabr zugeführt hnben möchte. %% \^$te doch efi^ s^ir s|lak-
haftcr Zulall, welcher dem spafshaffeglf Erfind ei* dieser" Sp^ach^
sogar die alten (heute iiß P^sischen nfacht nlebr iiblLdbeb) fier
clinations-Sjlben des Pronomens eingegeben hatte. Wo-
durch dasselbe in der D es sa M r-Sfäfiicbe '^jäk\ d^ g^tKis^hen
und niederdeutschen Pronomen zuaaldKnenfliefiitt. wahrend diese
Verwandschaft in der heutigen FornI' .des perHiseheil P r on o *
menis nicht mehr zu erkennen ist. Dasselbe gilt auch Ton einigen
Fonnen der Zahlwörter und anderen wovon die Beispiele un-
ten folgen werdesb*
Aus diesen Gtüudeh tifet sieh die Echtheit der Dessatir-
Sprache als einer ^ wirklichen altpersischen Mundart dem Philo-
logen ztir Geflüge erweisen und e^ fragt sieh nur, in wieweit.
)84 l^e I^aatnr etc. u. d. heÜ. S4ge der Biktrer'eto.
«tuB diese dem Neopersisclien weit tiäbet'ak Send und' Feh-
le lyi verwaadte Sprache bbber wenigstens dem Namen nach
•bekannt gewesen sejn dürfte. Wir wissen dafs im alten Per«
»ten vonuglich zwei Spiacben gang und gäbe' waren, die Peb-
Lew i in den' westlicben Ländern des Reichs und^ die Pars! in
den östlichen; diese tlmilte sich in die Mundarten von Pars
He^at, Sogd u. s* w., wovon die besonders zu Merw Bo-
ehara und Bamian gesprochene reifste Mundart- den Namen
-D'eri d. i. die Hofsprache erbielt. "*) Unserer MeintiDg nach ist
die Sprache. des Dessatir keine aiiidere als eine der oben ge-
•nannten Mundarten, des Parsi t|nd am aller wahrschein liebsten
:die ursprünglich zu Bamian gesprochene Deri. Ja der Uu'*
•terschied zwischen der' Sprache des Dessatir (welche nicht
•später' als der letzte Sassan nämlich in das Zeitalter des Chos-
-^•0 e s P ar vy i s ' herabgesetzt werden kann ) und dem Deri wie
•dasselbe sich in dem ältesten uns bekannten Werke (dem Schah-
•aameh) vorfindet ist nicht so grofs^dafs derselbe während der
.3qö Jahre arabischer Herrschaft über Persien nicht hätte bewir-
lliet werden kjtnnen«. Ehe wir aber znr weiteren Untersuchung
^des wahrscheinlichen Alters des Buch äs und seines Yerfassei^
-fortschreiten, legen wir die oben berührten Beweise von der
.Echtheit der Sprache und einige andere dieselbe betreiSende ph^
lologische Et diterungiufi tor«
Griechische Wörter:
. . Enivdtam^(S.443]) die Nächsten , Inner- Eurifiot'
-' ^ sten.
• jirschiam. fS. sto5} die Herren, Weisen, AfX'^vrtg
JSader. CS.qooJ Feuer«
Meramid. (S. 4^00) Sonne.
FiuiMs. (S. 63)
Sudkehh CS. 948)
PaL (S. 47) ,
Parduh. CS. 46)
Saied. CS. -i8o)
Tifftd. C& 4S0)
Pan. CS. 498)
Scheinend«
Weiser,
Wieder«
das Vergangeneb
Er empfangt.
'di»!£lemeiite.
Oben.
Jlvfocfitc i Sonnen-
^ymbol )
griechisch iCipn
ocitKvic nöugriech.
neu-
"^T""""*
*") Siehe die hierher geh(jrigen in den VGfietier JahrhÜehernder
Literatur aus F erb eng Scbuuri .aLdm. Theil im Texte ange-
führten Stellen. .
**) Vielleicht ist Tf g noch näher mit dem plattdeutschen ^eion
' von Zeuch T^rwanät«'
« I
The Desatir etc. tu d. heil. Sage der Baktr^r etc. 1 65
Mähras. fSl ooo) der Gl^ozende. 'flli'9ectci ..
Sewsckin tider SU" Jupiter. \ ZJet/C« *)
/cÄm: f 4$*. lyg) . ''
Dib griechische Mjtholo|(ie mag die nistorisclien Personen det
Vorzeit in der Folge immer sjmbplisiret haben , aber . die gros-
sere Zahl dersftberi ist in der mdrgenländischen Geschichte elu-^
heimisch. Wir haben bereits (in den Wiener Jahrbüchern der
Literatur ibr Band) das Dasejn des persischen Herakels (als
Sam oder ^ccvirjg) des Ares (als Aresch) des Perseus
(abBersin) d^s'Kepheus (als Kiw) der H.cre..(als Js-
fendarmad)' der Anaifis' (als 'Anahid) der. Vesta (im
Awesta} nachgeyviesen , und liefern zu dieser mythologischei^
Nameulese- einen neuen und wichtigen. Beitrag, in deii 4 ersteu
der folgendeii lateinischen Wörter welche sich in denen des
Dessatir's "vorfiq'den. Merchar'I ist der Name Mercur^j Be-
nid der Name der V^nus; Penähim der Naine det Penaten;
uodMinari wahrscheinlich der Miqerva'si welche in jeder Hin*
sieht dem flimmel (Mino) Werwandt ist. I^Ierchäri kömmt
«war nicht* in der .'besondern '"Bedeutung des Planeten -Nametis,
sondern in der allgemeinen Go(tes vor« Der" Planet Mer cur
heilst auf persisch /Tir, und ' merk^vurdig genug ist in demMer*
cur auf der Vorstellung einer etruskiscben Psitera (Winkel«
mann Monumenti indditi) der Name Tar bieigeschriebea.
Im Dess^tir heifst der Planet Mercur auch GüLüug d. i.
der Hammer oder die Haue, eine neue Andeutung dbt w^sprüng-
liehen Verwandtscliaft des morgenländischen Tir mit dem nor-
dischen Tyr öder Thor der den Hammer fuhrt«
Lateinische Wörter.
Metchuri (S, 4^6^ Gott, ' Me^curiu».
Btnii (S\5i3) ' V^nus%' Venus.
*J t)er Fund der beiden letzten ^orte ist nicht nur etymologiscfr,
sondern aneh- mythologisch ausserordentlich merKwürdig« weil bei
dem ersten die indisch - griechische Form des Mithras der in ^^n
Scndschriften Mchra heifst, rein erhalten ist, so wie bei den
zweiten Flausten -Namen Sew odef Su (das sc hin ist nur
Ableitungssilbe )^ S e w oder S a ist aber in der aUpcrsiscben Ge-
Sjchichte auch ein^ historische Person» nämlich der indische Kö-
nig So der Sohn Fahmasb*s der dritte Nachfolger Feridun*s
(Phraortes !•>, welcher Jran von dem ersten scytischen
£in£Blle Efrasiab's des Königs von Turaii befreite. Das
Sankfest dieser fiefreiuug wurde (Bnrhani Katii S. Si) am
i3tcn des Monats Ab an d. i. Oktober gefeiert, das ist gerade
an demselben Tage wo Im römischen Kalender das Oankfest dem
Zevs liberator gefeiert ward, welches also ursprünglich kein
anderes als das altpersische Volksbefreiungs • Fest war«
idd Tlie p93atir etc. u. d. heU. Soge d, Paktrer ete.
MinarL (S. Si56j
JBenahim (S, •»••).
IVäurad. (S.fiöl)
Paturad. ('S,»94j'
SünschaJ. ^S* ^49^
Jdetaji ('S. 4^oj
Med. (S. 402^
MeddscAi (^S.^g^J
Sohet. .
Soras*
Tüver CS. 465)
Pule CS. M44}
Pur
Patafer. CS* $?)
Sop€ir, CS» 4^6)
Misur. CSm 000 J
Tschench
Enter CS' 470^
Entefide. CS» •—)
Partus. CS' ^^*J
Wachar*
Murtigiden*
Mortadschäm. S.43g'
Sofisaran^ CS* 4»oJ
Wmid. CS U)
m.
IVadei. CS. 42i^
auch wie neupersisch
Dad. CS' »o6j
Schibest. CS. y '
Pard. CS» sio6)
Pard dad. CS. 2oö'J
Assaien. -J^)
Jbstaik CS. 44J,X
Adtndm
"LA^n,
Minetva,
Wir flucliten uns. *> ' PenaUs,
Ewigkeit«
in Ewigkeit»
EinfacKheit«
Einlieit
Mittel.
Mittler.
Heilig.
vVortrciiic.
Hufs, W«sser.
Junges»
Sohn*
Vater.
Schlau:
Üebel.
Krebs.
das Innere»
Verboigcn.
Papier.
Wort, ReJc»
Sterben..
die Sterbliebcn,
AettrnituSm
in Aeiemunu
simplidtas^
JdentUa$4
MedtuMm
Mediato.
SanetuSm
Series*
TdriSm
PuUus.
Puer. ***J
Pater*
Sopor^
MiserieL
Cancerp
Jnterius*
Jnternufm
Charta. ^ ■ ,
MorL^
Mortidei. ■
die Beai^teh«
k efiret um p.der zurucl^ Kertite*
Sieh. yide^
Er bat |(egeb«n» t)pdit*
Schreiben.
Autwort.
Er antwortete»
Sejn.
das S^n.
Sie sinüd»
scribere^ . .
Pw's. ' . .
Jl aßdt pettJL
^ksse. -
Suni^
*) Die tttltesirisehe Form«)» wdmit jedes det vierz^hfi Sftülier an-
fiHigtj ttadf dnhtt' Penah' iet Zirflnchtkorl.^
**) 1ÜA^ sfeijut da&'dfe Ableitungssilbe a4 so wie. die folgende
^Ljy^nz.d^: lateinischen Ableitungssiliie as entspimbt»
i) lndfscir ▼ancKa'. M^n- erfreimt ht der A^MtM^s^lbe at von
S'ap-ar nnd V»€ht|t Ah latiinischt Abirttvmssallbt ot;
if) Indisch a^s»tan»
Tbe I>^6€|tljr otc; U4 d; beU. 3pge d^r Buktrer etc. 187;
Sefdinh.
Farsim,
Smdschinu
Temim»
Firim.
Harun,
Ertar. *> fÄ /^^
Nir CS. 435 J
Jeta QS. 3oX ,,
Lach fS» „,'J
Tal CS. siooy
Ferim odeix Forgn^^
Kurd CS. jgiif) ■;,
rilar,
Mitar.
Na.^tar (S. 4S,'X'
Swil CS*'M(^^
Sbis CS- y^)
Varnusgf^ (^S* / /^
Wadram ('S- </]^
Baslar.
Chad CS. üosi) '"
Sad CS. Äop)
Schild (»y. '50/)
Ramram (5. igyy
fVerd iS: ///)
Top (S. 4o )
Sawger ( *y. / J« )(
Äw//er (5. 7^ )
ÄVi^ IS. f6)
Attornan {^S^ ^y)
3ie werben Mja^
der Vierte.
der Dritte« ,
der firste;
yo^ ilassen.
der Mann.
«
Englische WdfPter.
Nase. " . ,
Theil, Lod*.
Stark, Grofs.
» •■«
Anbcs;inH$.. ,
Reioigun|;s>vas$^f^
Vater.
Mutter.
Lcichnaiik
Süfs.
Bienen.
der Bildner»
Wasser.
MrnnU
S^Hfmh
Quarlus.
Sextus.
Terfim.
For^l^^
FÜ' V,. >. iy.
from. firsi.
(Jur^le4^
fd(her^
moihct^
hees^
varniseh.
water.
Kunde des Vergan^D. passd.
Er sagt«
Er sagt.
Verständige Aug*
die'Thiere.
W^elt. ,
Voll. .
Wdtint^Iig^^eD.
Sclidpfer.
Der Höhere. ;
Der Bessere^
^
he quoth.
hß icUd»
roaming^
World.
wQrtfties , w^rid.
lawgi^er^
higher,
beter.
Die Gesetzgelehrten, aitornejrs.
*).Ar. od«r Tat ids AUfftnugaflbe verbreitet sitli dorcli viele
fipni«V|«ii. und vertritt m JKeiipersischem wo dm alte Tat wei«
«her dar huM^ die Stelle dec dcnitschcn Ab^leitungsttlbe er wel-
che ater «tgilfAcb den Mfl9ien des Mannes in Sprachen vom ver-
schiedenstem Stamme bezeichnet: im Altscytisoben «a;^, imTKicba-
gtlaiBolieii ' noeh heute Aar, im Türkischen Er» in da Des»a«
tinprache Brtar, im Laidnischea Vir. ^
/
i3ft The Desatir ete. u. d^ heil. Sage der Baktrer etc.
Das letzte Wort ist zwar Pchiewi, gebort aber eben so
gut oder vielleicht tioch früher der Dessatir-Sprathe Iid, in wel-
cher es Huri Star lautet; die Stainmwui^el ist Hur,- welche in
Pehlewi saerst Athurnan und dann Attornan lautete.
Üradi CS. 44)*)
Urach CS. 444)*")
ürengan (S. 64):
Binai t S. 5/5 )
Haur (S. yp7)
Fermram («J. g4^
Mertessa CS. 54)
Akam ( S\ ...)
Entam*^) (i'.M.)
Entamaniden (S. •• )
Herschamu.
Herscham (S. Soo)
Pimard (S. 4po)
Entas CS. »77)
Nirasam (S. 478)
Nirund ( S. 4Sg )
Hahigi ( *y. ^<? )
Kat CS. ~.)
Aütn.
Ruham. ^
Mundram ( S, g5 )
Festamram {S. q5)
Deutsche Worter.
die Elemente«
Seele.
der Ersten Erster*
Luft.
. Feuer«
Feuer.
Erde.
Anfang.
Ende.
Enden.
Herrschaft.
Herrscher.
Finger.
Hände.
Kräfte. "'
Vernunft. .
Wirk^h.
TAegt*
Kuh.
Ruhm.
Grosse.
Herrlichkeiten.
Ursioffe.
Ursache. .,
Uranfs^ng.
Wind.
Feuer» .
Feuer.
Erde.
Anfang.
Ende«
Enden.
Herrschaft.
Herrscher«
Finger.
Hände«
Nieren.
Vernunft. ****)
Anhabicht (was sin-
zuhaben ) ?
Khze.
Kuh. . ,
Ruhm.
Wunder«
Feste.
''^) ad! ist die indische Endung«
**) Ach heifu im Gothiseben VTesen, also Urach soviel, als (las
Urweseo. ^ ■ v . ,
***) auch indischp
*•**) Wirft man Nir weg^ so bleibt. Nu d, das mit vo^C ver-
wandt ist« aber Ver selbst ist äusserst bedettl;tiogtvon« Im Neu-
persischcn ist das dafür gebninchie Wort Perm od» welches mit
dem Altpersischea eines und dasselbe ist,, denn Fer beifst Licht
und Glanz, wie Nir und Fir im Altpersischen Licht und Feuer
beifsc. Das deutsche ver in Vernunft, Verstandes, w.,
ist daher • arsprünglioh ein besonderes bedefitnngsvoUes Stamm-
wort, das sieh nicht nur im Neupersischen, sondern auch schon
im Altpersischen des Dessatir*» häufig findet. In dieser heißt
Fers:|d und Ferdad der Weise und der Verständige» Pers-
sad und Ferschad der Grosse und Weituinfassende» und F e r«
seh engin der Vorsichtige, und Fers am Pf eis»
TheDesatir etc. u.d. hei|. -Sage.d..Baktrer etc. iSg
Sindkaram (S, gS)
Sindassam (S. 9 2?)
Nuren. das Weib. .
Feraredsch (S, 43 J
Lasch ( S. HOQ^
Flis {S. ) ■
Fuff{S. •)
Sai {'S. ^6)
Nemtdai iS, 49^
Chotad <5.- 449)
Herteng { S. 45k )
Semini (S. 43ü) •
Hemoram {S* )
Heroisch (*$". i^o3)
Ersehe^ •
KeriaSm
Sünder*
Sünden.
und Nurmann
Pferd.
Tpdtes Fleisch.
Fleisch.
Pelz.
Seite. '
Entzückung.
Gott.
Wahn.
das Sehen.
Scdrung«
Geschrei.
Aehre- - .
GrÖftter.
Lab (S. iJ7)
Sar (S. 4oy)
Frendab. '
Frendschi,
Mitar.
Hiiram (S. 43o)
Hurir,
Ferfffiun.
Rad,
Hai. .
Fronadi ( S. 43o )
FroJQX (5. vJo> •
IVertas (5. 43n)
Kamam { S. »44}
Naschiden, (S. H43)
Tsckarühn (S. J7 )
Schumurden {S.»4S)
Dedendem
Scharidcn (S» 44.9)
Ardar ( S. 4m5)
Gandsehas ( S, 445)
Rächt (S* ÄÄo)
fVerded ( S. st9Q )
£fnir {S, 8g)
Narun (S. 474)
Manusch^) (S. »3)
*) auch indisch«
\.
Milde.
Jahr. '
Freund. '
• Freunde
freund.
Liebe. ••
Geliebte.
Wohlieyn. -
Sprecher»
Heil.
Pu bist froh«
Frohscyn.
Die Welt. •
Die Häuser.
Lecken.
Wählen.
Tödten.
Refssende Thiere;
Etwas suchien.
Tapfer.
y ollkommen.
Recht.
Wird.
Immer»
Das I»ner<;.
Der Mann.
Sünder. ^
Sünden.
die Weiber, Schnurr.
Pferd.
Aas4 ■
Fleisch.
Pelz.
Seite.
Entnehmung.
Gott.
Erdenklich.
Sehen.
Hemmung.
Geräusche. '
Aehre.
Gröfster.
^acMS..oO • -l'GtSi) f'ch.
Labsal.
Jahr.
Freund. »
Freund.
Mittler.
Hure.
Hurer.
VergnugCD.
Rath.
Heil.
Du bist froli.
Frohsejn.
Die Welt. '
Kammern.
Naschen.
Küren.
Morden,',
Tödtende.
Sich schere.
Hart.
Ganz.
Recht«
Wird.
Immer.
Das Nähern.
Mann.
igo The Dcsatir ctc^ u. d. heil. Sage clet Baktrer etc.
Meiihusch {^S. i2o) Mensch« Menscli.
Nesem {S, ^7) Heraach. "Wächst.
Stmasentk Gleich, equcdes. Muhammer ^
Sehida {S. 9i6^ Yerschiedea« Vefschicden.
Schlimm (^S. »06^ Schlau; SchKinm«
Schulden (^Si 488) Suchen. Suchen.
Was die Grammatik der Sprache selbst betritt , se Ist die*
selbe mU sehr wenigen Abanderutigen ganz d^ persische, nur
herrschet ein Ueberfluls von l^örmen, deren sich die n^persi-«
sehe eben so wie die deutsche Sprach^ des ^oss^nj Reichthums
gothisohcrBildungs« und Conjugations ^^rmen entlediget hatj aus«
ser der Sjlbe r a , Tvelche die Endsjlbe des persischen Dativsund Ac«
cusativs ist, bedient sie sich auch des tartarischen ga.und nnhert sich
dadurch in manchen Formen, namentlich in denen des Proi\omen$|
den altdeutschen Formen nach mehr als dro gegenwartige p^sisehe.
So sagt der heutige Perser mich oder ihn ora welches in der
alten Sprache bald sura^ und baldl stt'ga lau^t , ebiin So für
dich temura oder t^uiuga, für mteh^himra odcrehim«
ga; überhaupt haben die Fürwörter eine doppelte' Form', deren
eine dem deutschenr weit näher liegt als die andere,, nifmlich:
ich ehim oder enim; mir oder mich ehimra oder enim«
ra, enimga oder ehimga; ,
wir ehema oder ersema, uns ersemra oder^rsemga;
du temu oder erdschem: dir oder dich temura oder
temuga^. erdschem ra oder.erdschemga;
ihr erdschema oder tima^ euch erdscbemaga oder
simaga;
er hi^ od«r su, ihm öder ihn jOider sich afa, oder. 8 mg a.
sie imam oder hi schäm, oham öder suwam;
ihnen. i'mamra, hischamra» ohamra, ^uwamra» oder
imamga>. hischaraga, oh^pigai suwamgg..
Nebst .dieser doppelten Endungssjlbe d^ Accusativs und
Dativs hat die Decliiiation nebst deiki persischen Pluralia in an
auch den in 'am, als Negation theils das d( PiivatjvUnr der Grie«
chen gerade so wie dieselb^en es brauchoi im Anfange des Wor*
tes nämlich: chuaste -erw^ioseht,. und O'chufa^te unerwünscht,
parchide getheih (pars) und a^parchide urigeihecit. Send
das Sendvolk oder Land^ Aseud Was nidht Send ist, näm-
lich Indien; theiis die Partikel li welche das arabische la zu
sejn scheint, also er ist nicht 114 und lesp' «usammengezogen
aus li ed und li esp, weil sowohl ed< als esp e*r ist heifst.
Diese ajpabische VereiuigungsrPartikei würde alinder Wunder
*) Englisch same.
The Desatir etc. u. d. heil; Sage der Baktrer etc. iji
ndimen, wenn sich in der ganzen Sprache sonst irgend eine Ein-
niischung ^des Arabisclien vorfände, von welcher aEer zwei oder
drei Wörter ausgenommen nicht die geringste Spur tu entdecken
ist. Diese Paar Wörter sind: das ein Paar Mal für, Wasser
gebrauchte Wort a p m u j e wo dem gewöhnlich persischen
Worte ab das semitische mujo angehängt ist, welches noch
beute in AegjpUn fnr Wasser gebraucht wird, und wovon schon
Itfoses seinen Namen erhieltj das andere Wort ist schumuss für
Schönheit, 'Glanz und das davon geformte Zeitwort schumu»-
s i d en für erleuchten ^ was . augenscheinlich mit dem arabischen
Worte schemms die Sonne verwandt, ist. Von dem dritten
dal der Wassermann lalst sich .bezweifeln, ob dasselbe ursprüng-
lich arabisch oder nicht vielmehr wirklich altpersich ist^ und in
die arabische Sprache erst als d el w übergiog* Dasselbe gilt von ^
snrad ein Buch welches im Arabischen sara lautet« Ausser
diesen Paar Worten semitischen Stammes ist alles übrige reia
Sersisc.h. Um einen Begriff zu geben , wie wenig, sieh die alte
fundart von der heute in Persien übliche» unterscheide, setzet»
wir einige dieser Wörter der alten und heutigen Form mit ih-
rer Bedeutung hidter:
von.
solcher I so.
in.
als, wie.
Welt.
jene PerSQiu
darin*
dieser«
jener.
jeuesy was«
eben so«
er sagt«
er hat gesagt«
Namen.
Sache«
Gott.
Schöpfer«
Ort.
Seite.
senden.
beseelt.
die Thiere.
das Thier.
y
gemischt.
altfersisehm
neupersisch*
hes.
es*
isfihemofn»
tsahünam^
dem.
, der.
tschem.
tsehun.
Dschihachm
Dschihaiu
hankisthm
ankess,,
demwif^ "
derun.
htm.
in.
harn»
an..
hantfchim.
antsehi.
hitschim^
hemtschOnißM
ojet od^r nojet.
gojed.
wefie,
Nad.
gufte.
Nam.
Tschemis^
Tsckis.
ohormüchers*
Orimisd.
Kinde.
Kirnende.
Schai^
Dscharu
SaL
SuL
erschtaden. .
Firistaden.
dschamtar.
dschantar.
dschtmidjttram.
Dschamwirsm* -
Dschanüsar .
DfSchanwer.
demfl.
mele.
102 The Dcsatir etc. u. d. heü. Sage d^r Baktrer etc.
Aucli die ConjugatioD ist ganz tlieselbe wie im Neupersischen,
und wir haben nur eine einzige Ausnahme bemerkt, in welcher
nebst der gewonlichen neupersischen Form der dritten Pcrsor^
des Pluralis der gegenwärtigen Zeit auch unsere heutige nut dem
inünittv gleichlautende gebräuchlich ist, nämlich en statt dem
neupersischen e n d. So'heifst es s i r e n d sagen, penewendsie bö«
ren, aber S. 968 statt gurend, sie^ sehen, guren, Vorin ausser
der deutschen Conjugalions -Form auch noch das Wort selbst
rein deutsch ist, indem noch iii deutschen Mundarten Guren oder
Gluren sic^h erhalten hat. Andere auch heute, noch als rein per-
sische Worter in den Wörterbüchern befindliche hat der eng-
lische Uebersetzer gär nicht dafür erkannt, und dieselben in ih-
rer ursprünglichen Gestalt als ganz ausserordentliche Spracherschei-
iiungen übertragen; dergleichen sind die Wörter; Fersen-
dadschune Taradsch, die gerade so übersetz* dem englischen
Texte einverleibt isind.' F e r s e n d a d s c h heifst aber (Bör. Kat.
S. 590) der rechtgläubige Bekehner. was immer für einer Re-
ligion, uiid Taradsch oder Taladsch (Ferhe^-gl Schuuri
I. B. 273 V.) ist gleichbedeutend mit Bang. (Das englische
pang). ' So 'Keifst aber noch heute durchaus das allgemeine Ge-
schrei, welches bei öffentlicher Verrichtung des Gebetes, nach
Vollendung desselben einstimmig erhöben wird und als das Ende
des Gebetes freilich die Stelle Von unserem Amen vertritt.
Das persisdie Wort Lareng färben 16 sex ist nichts als eine
Uebersetzung des indischen nirgunä, der Na^e der Gottheit
als negativ und ohne alle wirkliche Eigenschaf t^ gedacht.
Wir Wenden uns nun zu dem Reste der Wörter dieser Spra-
che, welche <fntweder dem Persischen heilte ganz und gar fremd,,
oder welche wenn gleich persische Wu^zelwÖrter mit fremden
Ableitungssjlben ausstafliret sind, einsjlblge Wörter der ersten Art
sind: nur Rose, chur Dorn (p. char> pass Sohn, puss
Tochter (ueup, pusser) ab s^in eigän, sab alle,' tab Wort,
ptp Herz, bis Haut ^neup. post) tim ICi^rper, (neup. Ten)^>
tun Haar , Wolle ( neup. t ui ) h u s Tag , heute (neup. r u s )
sadsch Kojpf,^ Kadsch Handlung,' badsch schlecht, patsch
Schiiee^ tschar (^elieimnrfs , mesd Steinbock, t sc hak Zorn.
Die ßildungssylben der Wörter ^ind weit zahlreicher als in dem
Neupersischen, indem fast alle Consonant'en des Alphabetes dazu
verwendet und diese nach den vier Vocalen a, e, i, u^ 'wieder
in zahlreicher Verschiedenheit ausgebildet Werden, als : ad, ed, id,
ud, ar, er, ir, ur, as,'es, is, us, am, em, iiii, Um, an, en^ in, uiii u.s. w.
*) Timriany auf gotbttch Zfmmera d*|Si* bitdem
' . (Die Fortsetzung: folgt.) . ^J!
- ^^* Heidelberger 1^23*
I
Jahrbücher der Litteratur.
The Desatir etc. und die heätge Sh^ der Baktrer etc*
(^Fortsetzung*)
Alle diese Formen haben wenn gleich auch heute im Persischen
nicht mehr gebräuchlich, dennoch persische Familien-Phjsiognomie
und man sieht es ihnen auf den ersten Blick 8|n, dafs dieselben
wirklich zum alten Reichthumq der Sprache gehöret haben, ■ des-
sen sie sich in späterer Zeit, so Vfie die Gothische im Fortschritte
zum heutigen Deutschen zahlreicher Bildungs - und Ableituogs-
sjlben entledigt hat.. Um Sprachkennern hieron eine deutliche
Idee zu geb^n, mögen einige Beispiele folgen:
Di/r Focale a, e, i als AhUitungssylhen^
Duma de^* IVIrachtige, ramsa der gissende, dschamadet
Gerechtef larta der Unabhängige, ferensa der Erste, (first)
gerdscha noth wendig, nudeira die Materie; — hertameBucb^
hettidsche Augenblick, fersane Seele, derkiatsche Wachs*
thum, herkatsche Verfall, «perkadsche Verlang«»!, wcr-
kadsche Abneigung; «^ hurengi Werkzeug, iditaji Ein-
heit, ptitferaji Vielheit, ferdassi Muster, dschuscbcaiExit
stenz, sempuri Hülfe, irlami ungehorsam. —
•OÄr Conxojianten mit vorstehendem a, e, i> u als Jlbleitunffsjrlhem
Ab: ferdab Glanz, 'senasab Glorreicher, ferenda b
Hnter, fernab rechtschaffen, setascha/b AllpreiswÖrdiger (neup.
Sitaiscfa Preis) si schab schändliche Handlung, dschamab-*
dschab Höchster.
Adsch: agadscll Feuer (auf indisch agi^i), uuradsch
Cut, nudadscfa Ungerechtigkeit, tomargatsch Ehebrecher.
Ach: Urach Seele, lisach Pfau, senarach Znrechtwei-
suDgy ri stach Pflanzenreich, semsach Vielheit, dieses ach ^o^
wohl als lach findet sich auch im heutigen Persischen aber sei-'
tcn, es ist die deutsche Ableitungssjlbe lieh, deren Abstam-
mong man bisher nich^ treiter als bis zum Englischen like* hin-*
auf verfolgen konnte^ also diwlacb, .diwlich, (dii^engleich)
wie freundlich. , '
Ad: m i ik a d Herz ^ s e m a d VoUkommen'heit, f e r d a d Glanz^
irad Freadc, ramsad Rahe, herdad Gabe, Farchad und
chotad Gott.
13
* I
r
194 The Desalir etc. u. d. heil. Singe der Birklrer etc.
Ed: tasmed Weisier, n n r med Mächtiger , diefs ist augen-
scheinlich das heutige mend, welches sich \a dieser Form in der
Dessatir-Sprache nicht findet, wiewohl der Ausgang e n d dersell)en
nicht fremd ist, als: ruwend Verbindung, herwend viel, te-
rawend und gumend gleich, raicnrd Wohlthat, solr^ren-
dschend rein, surend diese Welt, .hurend jene Welt. -^
Id: famschid Mondi heriid Minister^ 'scharid Wis-*^
Sender« ferahid Gerechtigkeit.
Ud: schehrud Himmel, ferpud Sohn,^simud zufrieden,
tigud Elemente, perdschud Zelt, ^liashud Allgütiger, el-
masrud Allgnädiger« Man sieht dafs hier ausser dem einfachen
ud auch rud, hud und pud Ableitungssjiben sind.
Ar; 4ie wohllautende altdeutsche Ableitungssjlbe, welche
sich nur in einigen Wörtern, wie z. B. JCancelar (das persische
ehuansalar) erhalten hat* Fessar Thatiger, ferschar Gat-
tung, Art, fiernar Strahl, pilhar fühlend, geidar (das heu-
tige girdar) That, geschtar (das heutig« guftar) Wort,
m e s c h a r Herz* : Die Ableitungssilbe t a r , welche in t a b t a r
Gerede, berengtar offenbar, s u r u s c h t a,r Glanz u. s. w. vor-
kömmt, lautet heute dar. Auch sar und b.ur kommen in Des-
satir wie im'Neupersischen >als Ablfituugssjlben Yor> z. B. rani-
sar T hier reich, hitbar Gott.
Er: wer, ber und t e r das letzte ist der Vergleichungs-
»taffei als: hur alt er der Vollkommenste, radramter der
Glorreichste , ^ a r d a s t e r der Höchste; wer und ber Werden
>rie im Neupersischen gebraucht; miladwcr 'Schöpfer, ger-
wer das absolut Nothwendige, tuscHadwer der Erleachter,
diwer Element, siver Schützer, tawer Zufälligkeit. '
1 1 : p e t ir der Erste, s_e r i r K ö r p e r. 1
Ur : herschiur Verifü hr er, ferruchschur Prophet, fe- -^
rahidur Gerechter , hef diur Dränger ^ s a t ur Freund madur
Feuer, schepnur KamehL
Asi wertas Welt, hilas Böses, kidas Kreatur, sidas
( neup. sipas*) PreiS) nifasR^gen, semas schlecht, Kanu-
rtis vermeidUcb, minas der Himmel, run^as die Höjle.
Is: Keschmts Veigehung, forendis Rabe.
- , Us:>hartus feucht, tartus leicht, dar ti^s trocken, kar-
tus schwer, jirrtus kalt, bartus warm, humus hoch, (ganz
die lateinische Ableitungssilbe üs):
Asch: tschemasch Herrschaft, hurdarsch Erhabener,
pcrkasch Auge, timsascti Gemeine, hema s.a seh, Leopard.
Isch: schalisch Wissenschaft, hirtaisch Anbetung,,
heraisch verständlich^ aj arisch Strafe, schar isch Begehren,
kenurisch unverständlich.
Usch: ferhusch Engel, hernusch Temperament^ dscha-
The Desatir etc. u. d. heil. Sage der Baktrer ctc igS
nusch Seele, (im neup. dschan)> pedanusch Leili, (im
neup. beden) ramenuscli Herr, saranjasch AUherrscher^ .
lierpusch $ul>stanz.
Af uod If: Arschnuwaf Zierde, Mefchnuwaf Freude,
Schewarif und Sewurif grosse Liebe.
.Eng, Hcng, Rengy Teng, Tscheng oder Seng:
F]eTseag Gedanke, Ferheng und Serhuscbeog WisseQsdiaft,^
Sciiemreng Lich|, Herdeng RechVs, Fer tscheng Seele,
Hei:,seng Nnhe.
AI: Hemal Idee, Hemissai Werth, Demal Zeiten,
Schims&al Form, Sermal Kleid, Schemissal Handwerkzeug,
Efssal und Temssal Licht und Glanz.
A m oder R a m bildet clie zahlreichsten WSrter uqd das letzte ist
nicht nur allein Bildungssylbe von Hauptwörtern sondern auch die
der vielfachen Zahl': Am: Ferham Sphäre {<x<pcci^)Rid schäm
Leben, Forundam rund, Sipam Schatte, Ersam Rubin,
Narscham Saphir,' S c h i 1 1 a m Ahorn , ( nach allem Anscheine
das Sittim- Holz des Moses) Nemam Panther, Hemam Wolf,
Temam Tigfer, Ferse h am der Geber, We rs'chan^ der Of-
fenbare, D.erscham der Glückliche.
Ram: ials Bildungssylbe des Hauptwortes: Puschram der
Schopfer, Fersusclbram Verstand, Ferdschuschram,
Nedscbaram, Aramram und Dsc^hlmram Seele, JOschi-
für am Essenz, M e h r a m Yollendiing, Besxhram Freude,
Ab ram frei, Nirusr am Fröhlichkeit, Nan^ram auserwäblt,
Her am und/Nerani das Annehmen und Abwerfen der Form^
Tersadschram' Wissenschaft, Serendram Beständigkeit,
u. s. w. Mi^sd'aram Gott, welcher Name in d^m Griechin-
Sehen des Gebirges Musdoramus (Gottesberg) sich . erhaltea
hat.. * ^
I^am als Zeichen des Pluralis : Schidra.n^ die Lichter,
Schadram die Welten, .T s c h ein j s r a m die Dinge, Nusch«
tadschram die Seielen u. s. ir.
Statt Rs^m findet sicli aber öfters die^jlbe Ain^ welche nichts
als der persische Plural mit der Veränderung des n in m ist,
als: Schidper ' der Beweis, Schidperam oder Schidwa-
ram dis Beweise, von Tand bar ein reissendes Thier, Tund*
barabi von Hemtar '^Raubvogel, Hemtaram, von Ram«
wer das ThierRamwera^m; von Numwer die Pflanze, N um«
-weram^ von Siimwer d^r Stein, Sumweram; ebensoPur«
tariam oder Astariam die Wesen; Bischam , Lissam und
Hissam Insekten^ Endafa.m Kleider« Ferhendam weiden4e
Thiere, Dusengam ireilsende Thiere, Huliam kriechende
T6iere u. s. w.
Em: Fextscb^m Spähx:e {fftpauffi) Serdschem Wirbel
' 13*
196 ThcDesatir etc. u. d. heil. Sage der Baktrei* etc.
auch Grosser ,A r s e m Gdbdmnifs, Nnrdschcm Reiter, Ers«-
• 'chem Gelehrter, Terschem Gater, Mersem Wackerer.
Im: vertritt als Bildungssjlbe der Adjeiötive die Stelle des
persischen In, ials: Sendschim röfs, Semim, dünne, Gerw-
im dicht, Tchendim mächtig, He mim gering, aber auch als
^ildungssjlbe von Hauptwortern, wie Sendim neligionsgebraoch,
Hawadim der 1.9ut, Sern es im und auch He in im die Wis*
senschift ; A b kömmt erstens als der gev? ohntjchc persische
Plural und dann auch als.Bildungssjlbe von Hauptwörtern vor,
als Plural: W er na d an und 'j^er dschaman die Diener,
•Dschutvaradan die Wunder, Uderamah, die Stif^hluQgcn,
Fenaran die Gedanken, Ramisarao die Herren, Sch«iiiiran
die Gottesdiener, Nuschraman die Jahrei^zetten«, Timnian
reissetide Tbiere, Tu nd er man die Formen,* F er cngr?iua«
die Schatten, Nimoraq die Menschen u. s. w.
Als Bildnngssjlbe von Hauptwörtern: Reswjin das Bund-
Ulfs, SerWan die Zeit, die Welt ünd'dds Glück ^ Chan an
das Sejti, Huschadan der Himmel, Arendscha^n die Erde
und alle sieben Planeten ->Nam#n, Saturn Hu daiwan (^otiotjv)f
Jupiter Per his ^ Schi wan, Mars K eifern iwa-n u. s» w.
En : Narwen Form, Scl^atte, Scheten Substanz , Fer"
schidten Wunscherfüll er. ,
Fn : Laidschin Geburt, Beschin Substanz, Reschmin
Eid, Set in Schiria die grosse Periode^ -oder auch als Eil-
dungssjibe von Beiwörtern wie im heutigen Persischen; Betin
getrennt, Nu was in der Erste^ Turii)- der Zweite, Fersin
wenig, Wcrdin'alle ü. sV w#
Auf den oder ten wie im Neupersischeti, enden auch alle
Zeitwörter, als: Scha listen wissen, Sittarsiten hören,' Nu-
Tiden reinigen, Suiziden segnen, Nuiden sagen, tschali-
den bedecken, hirassiden Gestalt annehmen, mirassiden
Gestallt ablegen, Fersamideu erschaflPen, herschiden und
mehiden geben, tscherkessiden und tschemraniden se-
lie?i, vcrsaniden befehlen, tuschaniden erleuchten, Firu-
siden und Kimusiden bilden, tirudidien und niraschi-
den stellen. Auch die Form des Pafticips ist ganz dieselbe wie
im Neupersischen: her ende und dschemerende kuftisend,
bekende geltend, pekende fliegend, at seh ende krt^chend,
dscharende brennend; und passiv: in erdschenii de gemischt,
temiride untergebracht, enteride vert)orgen u» s. w«
Eine' besonders merkwürdige im heutigen Persischen nicht
mehr gebräuehliche Form des Verbums ist die des Gerundi-
ums in eni, welche in dem zweiten Buche des Dessatir 4^
Mal unter den Eigenschafts -Wörtern Gottc$ vorkömmt, io deren
Uebersetzung doppelt gefehlt worden^ indem wie sehr leicht zu
The Desatir etc. u. d. heil. Sage der Baktrer etc.\ 197
erweisen weder der Text vom persischen Commentatpr noch
dieser vom englischen Uebersetzer gehörig verstanden wor-
deD ist, . Nachdetn ( bis auf den 65tcn Vers } 4o Numen
Gottes ak Eigenschaftswörter wie; der Schöpfer, der Erste,
der Allmächtige , der Höchste u, s. w. vorausgegangen sind/
cntlinlt der 65ste Vers im Original die vier Wctrte : Ha-
mesteniy Ramesteni, Schamesteni und Samesteni
und der 66te Vers wiederholt viermal das Wort Scha-
uste ni. Der persische Commentator der den wahren Sinn .
der vier Zeitwörter, ha m est en, ramesten^ schaniesten und
samesten aus denen die vier obigen Gerundia gebildet sind
Dicht mehr verstand, sagt blofs: in suchan heme chob hest
d. i. diese Worte sind alle gut, oder bedeuten alle Gute, der
eoglische Uebersetzer aber ninimt sich die Freiheit dieselben auf
$eine Faust gls: Excellence, Worthiness, Benefice^ce,
Goodness, zu übersetzen, und verfehlt hingegen den wahren
Sinn des viermal wiederholten Gerundiums SchaÜsteni 4*
i. der' zu Erkennende (von Seh allsten wissen oder erkennen)
indem er übersetzt Must be compreh ended! nämlich cpm«
preh endend um, während der wahre Sinn kein anderer ist als,
der der vorhergehenden Eigenschaftswörter nämlich: c omp re-
henden dus joder com preh engende der zu Erkehnende
oder: o du zu Erkennender.
Da die Namen Gottes als die älteste Litanej in allen morr
genländischen Liturgien oben au stehen, da dieselben noch heute
hei den Arabern wie bei den Anhängern der Kabbala ^heiligst
geachtet werden, und die Vcrgleichung' dieser ältesten persischeiji
Litaoej mit jener arabischen oder hebräischen, welcher feine ägjpT-
tische zu Grunde zu liegen scheint, mehrere interessante Ver-
gleichuqgspunkte gewährt, so übersetzen wir dieselben hier um
so mehr als sowohl die englische als persische Uebersetzung gev
rade hier au mehr als einer Stelle zu berichtigen ist.
Die Litanej beginnt mit dem syten Verse mit der Formel :
Im Namen Gottes des Ernährers der Leblsnden, des
Belohners der Wohlthu enden. Das für Gott gebrauchte
Wort ist H r-m ehr oder H r m i h r welches der Commontar mit
IsediGott) der englische Uebersetzer mit. B eneftcent über-
scut^ -1^^-. .1. .:±
das
j^^ scheint aber eigentlich All-Liebe zu heissen, so wie
Inende Mehrjari Welches der Kommentar mit Nahrungs-«
geber übersetzt, eigentlich Li-ebeshelfer zu heissen scheint.
a8. Nothwendig Eiistirender. 29. Der Lichter Licht, **)
*) Dschemsascban, Oschemsasch der Plural steht voraus»
^nz wie in den alten sassanidischen (von Freiherrn S i 1 v e s t r e
198 The Desatir etc. u. d. lieiL Sage der Baktrer etc.
. . ' .
3q. Dier AnbetUD(;swnrdigsten Anbetungswürdigster. 3 1. Der Her-
ren Herr. 32« Erhabenster. 33. Preisvürdigster. 34* Glänzendster.
35. *) Strahlendster. 36. Grofstnächtigster. 3y, YoUkommenster.
38. Spendentster. 39. Gütigster. 4o. Ruhmstrahlendster. 4**
Stärkster. 4^« Gffenbarster. 43. Vermögendster. 44*YerleiheQdster.
45. Weitberrsch^adster. 46* Vortrefflichster. 47* Gliickgebendster.
48. Reinster. 49* Hellster. ,5o. Schopfer. 5i. Uranfang. 53. We-
senheitsschöpfer. 53. Idcntftäts - HerYorbringer. 54. Der Vor-
sichten Vorsicht. 55. Der V^under Wunder. 56^ Reinigkeits
iHcrvarbringcr. 57. Der Vernunfte Vernunft. 58. Der Seelen
Seel^« 59. Der Freien Freier. 60.' Der oberen Spl>aren Goti.
6i. Der unteren Elemente Herr. 6a. Der ungebundenen Ele-
mente Herr. 63. Der ^ungebundenen Stoffe Herr.
Nun folgen die 56 Gerundia in eni deren vier erste
der Engländer auf s^ne Faust 6*5. Excellence» Worthi-
ness, Benef^cence, G<^odnes$ übersetzt. 66. Der zu Er-
kennende, der zu Erkennende, der zu Erkennende, der zu
Erkennende. Von den vier folgenden Mosdesteni,
Sesesteni| Wesd^steni, Esdesteni, gilt das-
selbe was schon von den vier obigen bemerl^ worden ist, dafs
dieselben schop der ' persische Commentar ganz unrecht mit Gott-
l^it, Einheit, Vollkommenheit und Namen fibersetzt* In dem er-
sten (Mesdesteni) Kegt zwar das Wort Gott in Mesd klar
vor Augen, aber in der Form des Gerundiums: der da
Gatt se^n mnfs, und nicht die Gottheit. Von den drei
Übrigen läfst sich nichts mit Gewifsheit behaupten. 68. Dqt zu
Erkennende, der zu Erkennende, der zu Erkennende, der zu
Erkennende. 69. Sidestcni^ Midi^sCcni, Dschidesteni,
de Saey entzifferten) Jssefarrfteii des Maliiftn Malka R e-
> gnm Rex^ die deutsche Sprache kann «ich «Ise hier kichter
dem Qr-tgtoal anschmtegen als die englische in welcher das
Light o£ LightsI eigentlich of tne lights the li'ght
hehsen soüts» ^
*) Die Nrnnmem St» 339 S4, 35 sind eiafoche in den Siwa in
as Wassalas, Passapass» /Rassarast, Tassatass von
denen es .ungeaehtet der iau'gcii^ Erläutemng des persischen Com*
mentars sehr zu bezweiFcln steht, ob er den Sinn rtcltf^ ver-
standen habe. Oasselbe j;ilt ascb von allen folgenden bis^Bf 54«
Bei einigen läfst sich zum TheH die Unrichtigkeit der penfschen
Uebersetaoug nachweisen , so z* B« SfrKerjas namnd, was
der ' Eagläiider atch dem persischen Commentar of mig^hty
Mightiraessl übersetzt*. Kerjaa oder Kirjas sey es nun
mit dem deutsehen g r o f s oder dein griechischen Mf MC snnichst
verwandt ist aber hiejr nur die Hälfte des zusammengesetzten
Wortes, wovon namud die andere Hälfte bildet, wie Aie drei
folgenden 37. Kertassnnd» SS« Eljashod, 39^ El'masrnd.
The Desfiiir ctc; u, d, heil^ Sage der Baktrer etc. 199
Scha.listehi. Die englische Ucbersctzung lautet nach dem
persiscbeu Comiuentai' : Lif e, Kiio wledge, pesire, Power,
mustb^e co'mpr ehended. Hier ist in dem ersten zwar wie-
der das Wort Leben (Si) klar, der zu Lebende, wie das
letzte der zu Erkennende, aber die drei übrigen scheinen
yrilJkührlich übersetzt. Noch weit offenbarer liegt diese Will-
kuhrlicbkeit in dem folgenden yoten Verse »u Tage, wo die
Gerundia Kajesteni, Karesteni, Haresteni, Ware-
steni, Schausten i auf englisch nach dem Commentar folgen-
dermassen übersetzt sind: The Word ofGod, the Book
of God, the Angel of God, the Prophdt of God,
mustbeeomp>rehcnded! Dieselbe Willkiihr ist in allen folgen-
den Formen in eni offenbar. ji.Herkesteni, Nerkesteni,
.Serkesteni, Ferkesteni^ Schalisteni. Oldness and
Newness, Stabilitjr, Instabilitj,must be comprehen-
d e d. Wäye es auch wahr, dafs in den vier ersten Wörtern der Be-
griff vW alt, neu» beständig und .unbeständig zu Grunde Hegt, so
mufste die Uebersetzung doch lauten: der da alt, neu, bestän-
dig, unbeständig, sejn mufs. Nicht besser steht es mit den
. neun folgenden Versen , indem sich die von dem persischen
Commentator und nach demselben vom englischen Uebersetzer
angegebene Grundbedeutung der Worte des Onginals aus kei-
ner andern Parallelstelle des De^ssatir nachweisen läfst. Die
vier Elemente z. B. sowohl als die drei Naturreiche kommen
mehr als einmal vor, abjer die vorkommenden Namen haben nicht
die geringste Beziehung mit den Wörtern des y4fen und '76ten
Verses. 74« Firc, Air, Watcr, Earth, must be com-
prehended! 76. Mineral, Vegetable, Amimal, Hu-
roankind, must be comprehendedl Die Wörter des er-
sten lieissen: Dschanisteni, Manisteni,~Ranisteni, Wa-,
nisteni. Da an anderen Stellen Dschanistar der Geist und
Mani Star die Seele heifst, so wird wohl aueh hier der wahre
Sinn der beiden ersten Worte seyn: Der da Geist seyn
mufs, der da Seele sejn mufs, und niefit Feuer und
Wind wie es dem persischen Commentator eingefallen ist die-
selben zu erklären. *) , ,
:»■ ■ • ■ > •
') Die 56 Gernndi^n mit den 36 yorhergehenden V^nen ^ma**
eben .92 Namen« Das ofb wiederholte Schalisteni (der zu
Erkennende) ist der 93te* Die Eingangsformel enthält deren drei
andere (Hrmehr Mehrai und der Lohner guter Thaten), vier
andere enthält der zweite Vers des Buchest Im Namen Gottes
des Schcn'kenden, Verleihenden, Ljebeaden, Ge-
rechten, so dafs die Ceotarie der Namen Gottes vollständig
ist*
200 The Desatir etc. u. d. htA. Sage der Baktrer etc-
f
Ausser dieser Centurie der Attribute Gottes kommea
in deu yerschiedeueii Biichern des Dessatir noch versdiledene
Namen Gottes Tor, als: Mesdan, Schcmta, Lareng, Far-
chad, Laguindsch, Belirad, Ferjar, Merchad,i Hilad,
Dschinaly Hilabram, Schemassas, HerdscKem, Ater-
tuscber, Obernusch ram und häufig das oben langeführte
HermeUr. Die englische Uebersetzung hat diese Namen (mit
Beisetzung des persischen Wortes ) durchaus blofs als G o 1 1
übersetzt, wiewohl bei einigen der wahre Grundbegriff noch im
heutigen Persischen klar vor Augen liegt, wie z. B. Farchad
d. i.. der Mittler von Fercha Mittel (Ferhengi Schuuri
II, Blatt 492. V.)"Hilad, der Hervorbrinjgfer der Mat«rie, (He^
]uli ) Behrad der vortreffliche Weise aus Beb vortref&ich und
rad (Rath) der Weise. (Ferh. Schuuri II.-Bl. 2.V.) S<:he-
massas der Frleuchtende oder der Strahlende von Schems
die Sonne, Dschinal der Schöpfer oder Dasejngeber von
DscKun oder Gun die Existenz, Hermehr aus Her und
mehr zusammengesetzt, wovon jenes in Herbe d und dieses als
der Namen des M i t h r a s aus dem Sendawesta hinl^glic^h
«bekannt ist. Laguindsch d. i. der Anfafsbare ( von G u i n d-
schiden fassen enthalten) ist ganz nach der Analogie von La-
reng (das indische Nirguna) gebildet. Statt dieser beiden
negativen Attribute der Gottheit kommen in deu Gedichten der
heutigen Sofis häufig als Namen Gottes die Wörter Läse man
tind Lamekian vor, wovon jenes ^ so viel heilst, als: der den
kei-ne Zeit umfafst und dieses: der den kein Raum
enthält. / •
Die vorstehenden philplogischen ' Erörterungen , welchen
grössere Ausdehnung zu geben, der Raum dieser Blätter verbie-
tet, genügen als Belege des oben geführten Beweises von der
unbezweifelbaren Echtheit dieser alten dem Neupersischen weit
näher als Send und Pehlew; verwandten Sprache, diesem
neuen Mittelgliede in der hermetischen Kette, welche, die ger-
manischen Sprachen mit den altasiatischen verbindet. Na<ih aller
Wahrscheinlichkeit ist dieselbe, wie sehon oben' gesagt worden
keine andere als eine der ältesten Mundarten des Deri, welche
zur Zeit dier Regierung von Chosroes Parwis unter welcher
der Verfasser des Dessatir lebte und schrieb, d. i. im Meben-
ten Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung, wenn nicht in
Pars doch in den nordöstlichen ") Landschaften des Reiches
*) Eine vorsüc^liahe Afldeutun|f auf den nordwestlichen Sitz der D e s-
sat ir- Sprache siebt die dem heutigen Persischen . ganz fremde
tatarische Endung ga für das gewöhnliche ra gebraucht.
TheDesatir etc. n, d. heil. Sage der Baktrer etc. 201
nimUcli yu Sogd und Bamian so geredet und geschrieben
worden scjn mag, das Leute mehr als das Erste weil der lohs^t
des Dessalir grossen Theüs metaphysisch und specuktiv nur
der Schrift-? und ßiicbersprache und nieht der gewöhnlichen dea
Volkes angehören konnte, so wie z. B. unter uns die Termino-
logie der neuesten. Pbilosapbien kein Gemeingut der Yolk^pra«»
cbe sind.
Nieaunden kann einfallen die i5 ßiickcr des Dessatir
mrklich für das, wofür sie sich . ausgeben , nämlicb für die hei-
ligeo Schriften von eben so vielen Propheten zu halten , indem
das ganze Werk aus einem einzigen Gusse vom ersten Buche bis
aaf das letzte den Stempel der voilsländigsten Einheit und Coat
Sequenz an sich tragt i dieses hindert nicht dafs die darin, be-
soöders io den ersten vier Büchern vorgetragene Lehre nicht eine
uralte ja unstreitig ältere als die des Sendawesta sej, indem
jene ein System des vollendetsten Siderismus aufstellt, wel-
cher wie bekannt von det zweiten Feuerlehre nämlich der Sor
Toasters ( die erste war die Huscheng's) verdrängt wor->
den ist. Wenn also der Verfasj^er des Dessatir (in der vor
uns liegenden Gestah) ganz gewifs nicht so alt' ist als die von
ihm überlieferte Lehre, so ist aber auch kein hinlä>n^licber Grund
vorbanden, denselben jünger machen zu wollen als et sich selbst
im letzten Buclie angiebt, nämlich demselben später als die Re-
gierung von Chosroes Parviris iA. unter die Hälfte des si^
benten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung herunter zu setzen.
Cbosroes Parwia (d«i. der Fisch) lebie gleichzeitig mit
Mobamed der an ihn ein Einladungsschreiben zur Annahme
des. Islams erliefs, darauf aber keine, andere Antv^ort erhielt,
als dafs der Chosroes den Brief in Stücke zerriis. Diese
Gleichzeitigkeit, diese Botschaft und das grosse Aufsehen mit
welchem der begeisterte arabische Dichter als Lehrer der £in-
lieit Gottes unter teii^m Volke auftrat, erklären zur Genüge die
aaf den Islam sich beziehenden Stellen des letzten und vor-
letzten Buches. Man könnte sogar (der Fxistenz des Verfassers
unter Chosroes Parwis janbeschadet) zugeben, dafs die Ein-
gangs - Fornrel der Büclier des Dessatir nämüch die Flüch-
tuDg voih Bösen und Anrufung des Guten der bekannten islami-
tischen Formel: wir flüchten uu&^vam Bö.sen des Sa-
tans des zu steinigenden und beginnen im Namea
Gottes des durch Barmherzigkeit AUbinigenden,
nachgeahmet sej, und dafs der Verfasser von den Suren des
Korans deren J^ingangsformel aus der Hälfte der obigen näm-
lich aas den Worten: im Namen Gottes des Allmilden
des Allbarmherizigen besteht, Kenntnifs gehabt habe« In
i>essen ist es weit wahrscheinlicher dafs diese dojppelte Forine
;
202 The- Desatir etc. u. d. heil Sage der Bal^trer etc.
•der Abwendung des Bosea vtnd Zuwendung Act Guten eine ur-
alte persische sej, welch^ durch die Leine Ormnsd's uud
Ahriman's Bestand und Ansehen gewann ,■ und welche in den
Islam erst aas jener alten Lehre übergegangen ist^ Als Ein-
gangsformel der Bücher des Dessatir lautet dieselbe folgen-
dermassen: i. wir flüciiten ans zu Gott (Mesdan) vor
Unrechtem und Schlechtem von.Y er führendem und
•Beirrendem. 2 Im Namen Gottes (S^hemtai) des
Spenders, des Gnadenseuders^-des Liebendco, des
Gcrechtigkeits^benden. *}
So wie diese Eingangsformvt dem Dessatir und Islam
«gemein^ ist, finden sich auch ein Paar Stellen die dem.^rsten An-
blicke nach 'BUS dem neuen Testamente entlehnt ta scjn schei-
nen, alaf: im ersten Buche V. 38- The rapt^re thence ari-
sing Bo transport of the Ipwer world can equal: the
tongi^e cannot express, nor the ear hear, nor the
/eje see such ecstacj. Wie Paulus an die Korinther II. g.:
^Was kein Aug' gesehen und keiu' Ohr gehöret hat, und* was
»rn keines Menschen Herz -gekommein >. ist.^ Und im Buche
Dschemschid's der sacraraentalische zehnte Ycrs: Me thou
8ees4, Me thou hearest, Me tlrou tastest, Me thou
•touchest. Diese Stellen mögeu wohl zufällig der Lt^hre des
neuen Testamentes uud der des Dessatir gemein sejn,' oder
ohne von dem ersten in das letzte oder umgekehrt übergegangen
zu seju; doch gesetzt dafs der "Verfasser des Dess«tir diese
Anklänge aus den heiligen Schriften der Christen welche ihm
im siebenten Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung doch
wohl bekannt se/n konnten, aufgenommen hätte, ^o beweisen
dieselben doch nichts wider das hohe Alter der Grundlehre des
Dessatij welche, vorzüglich in den ersten Büchern desselben
enthalten ist. Diese Lehre, wie seßr sie auch dadurch, dafs sie
weder den Abfall vom Guten noch die Verkörperungen der
Gottheit kennt, von der Urlehre indischer Heügion abweicht,
bat mit derselben doch mehrere unlaugbare Bcrührungs - Punkte
gemein, nämlich : das ausgebildeiste %s|em der Seelenwanderuug
und die so oft eingeprägte Pflicht, die Thiere gut zu behandeln
und ihr Leben zu schpnen. Wenn der» unmittelbare Austausch
religiöser Ideen und speculativer Svstem'e zwischen Persien und
*) Ilusamim fe Mesdam bes hesmass ,n sem ass hers-
ch'itar herdtur* a. Fe. schid Schemtat herschende
hersohischger semrlpa-n ferahidur« In 4ex englischen
Uebersctzung lautet der erste Vers nickt so treu wie~ In der
deutschen: Let us take refuge with Mezd&m from
evil thonghts' wiilch miste ad and afflict us.
TheiDe^tir ett. ü. A. hell. Sage der Baktrel* etp. 2o3
Indien txi kleiner Zeit%Wund^ nt^hmen jlaff, so. darf er dies am
wenigsten zur Zeit des C^osroes Panels uitter welchem die
seit Chosroes Nuschirwau durcTi die Botbsdiaft des Ar«tes
Barsaje angekniipfte engere Verbiodung fortdauerte. Mit dem
Schachspiele und dem herrlichen Apologen Werke ( den Fabeln
Bi dp als 3 mochte wohl auch ein Theil der indischen Lehre in
den Dessatir gekommen sejn, wenn n>aB nicht lieber mit Sir
William Jones annehmen will, dafs die heiligb Lcbr^ und'
Kultur von Persien (Medien, Aria Baktra) ausging, und
sich nach Indien verbreitete. Den überzeugeTidsten Beweis, dafs
die Grundlehre dfes Dessatir viel älter als der Verfasser des-
selben se^y liefert das Dasejn einiger der berühmtesten Philo-
$opbem^e der ältesten , griechisclren Philosophen, welche sicl|
hier in ihrer Urgesialt r erhöhen haben, wie z. B.'^Sie Dämono-
logie des Hcraklito's, die Seelen Wanderung des Pjtha-
gor äs, die Lichtlebre der Eleaten, die Ideale und der De-
niiurg des Plato, und die Kosmologie des Aristoteles.
Es ist sogar sehr wahrscheinlich dafs unter den Schriften persi-
scher Geheimlehre, welche Alexander seinem Lehrer Aristo-,
teles sandte sich Schriften desselben Inhaltes wie die ersteh
vier Bucher des Dessatir befanden, aus detten Aristoteles
dus Lehrgebäude seiner Physik' und Kosmologie aufgestellt
hat*). Wie''aber die Grundlehre dfs Dessatir zuerst aus dem
Morgcnlande nach Griechenland überging, so kehrte wieder das
ganze Lehrgebäude der Aristotelischen Philosophie durch die Ue-
bersetzuvg&n der Araber in den Orient Zurück, und augenschein-
lich war der persische Commentator ( der wie schon bemerkt
ifv'orden, mit dem Verfasser des Urtextes keioesweges eine und
<iieftelbe Person, sondern wenigstens um ein Paar Jahrhunderte
junger ist ) ein in alle Speculationen der Aristotelischen Philo-
sophie lief eingeweihter scharfsinniger Philosoph.
Da die Sprache des Commentators das reinste Der i, ja
ton arabbcher Einmischnng i>och reiner, ist als selbst die Spra^^
che des Schahnamch, so kann auch das Aher des Commen-
tators nicht jünger als das Fir dussi's^sejn, sonderii mufs viel-
mehr höher angesetzt werden. . Nach unserer Meinung fällt das»
«ett)e am wahrscheinlichsten in das dritte Jahrhundert . der H e-
dschira <das neunte der christlichen Zeitrechnung) um welche
") Diese Eemerkfüig dankt Reeeii^* dem grdfsten Kenner in^isclieff
Wehweisheit dem* Herrn LegatMnsrathFr i ed r i c h ▼• Schle-
gel, welcher* mit dem Recenst die Achtung vor dem hohen
Alter des Dessatir lind auch dis 'Meinung theitt, dafs der-
selbe sn Innerem Gebalte und Wichtigkeit hundertmal den gan*
zen Sendawesta überwiege« /
2o4 The Desatit*^etc» u. Ü. heil. Sage der Baktrer etc.
Zeit das Stmlium der Philosophie und be$oi}der$ dns der Aii-'
stotelisclien bei den AraberQ und Persern' im höchsten Flore
stand. ' . '
Der Commeutatop der vielleicht wirklich aus dem ^escblechie
Sassan entsprossen seyn mochte, erklärt sich selbst ( S. 192)
für den Sohn des vierten Sassan d. i. für den fünften religiö-
sen Gesetzgeber dieses N«'\fnens, dem das f5te und letzte fiuch
des Dessatlr zugeschrieben ist. Da dieses sehr kvr% (nur i2
y. stark) und eigentlich von gar keinem Belange und Zusam«
roenhange mit den vorhergehenden ist, so wäre es wohl mög-
lich dafs derselbe wirklich apdcrjph ein Machwerk des Com-
mentators wäre,. Welcher sich dadurch zum fünften Sassan d.i.
zu dem letzten der Propheten erhob, deren ^ gesam.melte heilige
Schriften den Inhalt des Dessatir ausmachen.
Mehr in speculativen Ideen als in der Chronologi^e bewan-
dert h^t der Verfasser des Commentators in der angeblichen Ge-
schlechtsfolge seiner Fami]ie djsn überzeugendsten ßeweis der
Unechtheit seines. Machwerks niedergelegt. Er leitet sein Ge-
schlecht nicht wie die Dynastie der Sassaniden, von Sassan
dem Sohne Behmen's (d. i. Artaxerxe's ]o.ngimanas)
sondern von eihem^andern Sassan, einem Sohlte de$ letzten D«!-
rius aby welcher bei der .Eroberung Alexanders nach Indien
flüchtete und dort in einer Grptte vfiit dem Pr.pphetenthum be-
gabt war (S. 487). Dies ist der erste der Propheten Dyna-
stie der Sassan, welche von der Königs Dynastie gleichen
Namens also wohl zu. unterscheiden ist. Durch ein ungeheures
chronologisches Versehen giebt der Verfasser von dem ersten
Sassan der gleichzeitig mit Alexander (323 Jahre v. Chr. G.)
lebte bis auf sich selbst dem fünften S a s s a n gleichzeitig mit
Chosroes Parwis^ (der im J. Chr, 623 starb) d. i. in dem
Zeitraum eines fast vomähligen Jahrtausend nicht mehr als fünf
Ceschlechtsfolgen an, so dafs sein Vater nur der Urenkel des
ersten Sassan s ist. Nach dieser excentrischen Angabe schliefst
die I^ebenszeit der fünf in ununterbrochener Heihe auf einander
folgenden Sassan nicht nur die Regicrungszeit der 2 2 sas'sanl-
dischen Konige (bis auf Chosroes Parwis^ sondern auch
die der 3i arsacidischen Könige ihrer Vorfahren in sich, und
man ersieht daraus wie venig der speculative CommenUtQr sich
um die historische Wahrheit bekümmert habe.
Wenn gleich diese angegebene Geschlechtsfolge Erdichtung
des Commentators ist, so mag doch wohl der letzte Sassan,
nämlich d&r Verfasser des Dessatir der unter Chosroes
Parwis lebte sehr wohl aus einer Seitenlinie d^r regierenden
Dynastie der Sassaniden entsprossen gewesen seyn, und
von ihm scheint eine Horde herumstreifender Bettler oder Der-
The Üesatir etc. u, cl. heil. Sage der fiaktrer elc. üo5
wisclie die in arabisclien Werken unter ihrem Geschlecbtsnd*-
men Sassän öfters erwähnt werden, ihren Ursprung hergeleitet
ztt haben. Dieselben waren vorziiglich durch allerhand Belrii«-
gerkuiffe und Gaunerstreiche berühmt, so dafs'die Kunde ihrer
Streiche und Knitife in der orientalischen En cyclo padie uns-
tet den Zweigen der Magie als eine . blondere ^issenschai^
unter dem Titel JlmoNHijelis ->Sassanij, das ist die Wis^-
senschaft der sassanischcn Liste'ti aufgeführt wird. *)
Nach allem Anscheine war dieses Bettelgesindel die entar*
teten Jünger Sa^sans und verschlechterten Bekenner der allen
reinen Lehre des Dfessatirs^ und der persiche Commentator|
Tielleicht einer ihrer Obern, vielleicht gar (durch F'und des
Dessatir) der Stifter derselben im Islaifi gab durch das
Machwerk d^s Commentars^. ein bedeutendes Probestück von li-
ttTarischen Betrug, der gar wohl in der Wissehschaft Sas'-,
sanischer Listen > den ersten Platz einzunehmen^ verdient.
Nach dieser Yorkenntnifs von der Beschaffenheit des Commen-
tars dürfte wohl auch dem was derseljbe von anderen bisher unbe*-
kannten Werken m^ldet^ nicht unbedingter Glauben beizumessen
sejd. Ernennt von seinen Werken. noch (S.99) das Pertuestan
(der Lichtaufenthalt) und das Werk Du giti d.i. die zwei Wel-
ten^ worin er sich über die zwei Welten den Makrokosmos d.i.
das Universum und den Mikrokosmus d* i« den Menschen ver-
breitete. Weiters nennt er (S. i84) seinen speculativen Commentär
Bessatir im Gegriisatze mit dem Texte Dessatir^^ auch spricht
er (5^96) von einem Theilö der Dess'atir- Schriften HaUei-
tur genannt und in einer besonderen Sprache nämlich i in der
Samrani - Sprache *^) endlich legt derselbe in der Erläuterung
des Textes des Buches des ersten Sassan die Worte des Tex-
tes vier alten Propheten Königen unter, welche dieselben un-
mittelbar durch /die, Offenbarung von Sonne ^ Mond, Mars und
MerEur erhalten, und diese Offenbarungen in besonderen Wer-
ken niedergelegt haben sollen^' wiewohl der Text selbst von alle
dem nicht die geringste Spur enthält. Diese. Werke von denen
nur das erste aus der gewohnliahen persischen Sage bekannt ist,
und ihre angeblichen Verfasser sind die folgenden :
Huscheng schrieb das Dschawidani Chi red d- >•
die Ewigkeit der Vernunft^ über die von der Sonne
*) Siehe Enc^clo^ädische Uebetsidht der Wisseftschafiten det
Orients. S. 506*
**j In der englisches Veberseteung steht: Limrftni tongue
uni im persischen Texte Semrani oder Simrantt so dafs
entweder dieses oder jenes gefehlt ist.
HoG The Desutir etc. u. d. 'heil, 3age der Baktrer etc.
crliaiteae Offenbart»]^; Takmurafs das Bucli Berin Fer-
heilg d*'U die bö^liste Wissenschaft über die Ofieiibarung des
Himmeisschlüssels y das* ist, des Mondes; Dschems chid das
•Werk ' Ferasin Urweud das erb9ben$te Urwesen über die
Offenbarung des Mars; Feridun das Werk Hüneristan ci.
i.' TugendsammelplaU über die Offenbarung Merkurs, und
Minolscbeher das Buch Danischar d.i» die Wesenheit der
Erkenutnifs über die Offenbarung Jupiters. Diese Beziehung,
der fünf alten persisjcheu Könige und rropiieten auf fünf Plane-
ten ist ganz im Widerspruche mit der iroii dem Dessatir gelbst
10 den Büchern welche den Namen dieser Propheten tragen, ge-
gebenen. Dort folgen die sieben Propheten Könige und die sie-
ben Planeten von Keiomers und Saturn u's abwärts in fol-
gender Otflnung : i. Keiomeri oder Gilscbah das ist
^er Herr des Lehmens ( Adam ) der besondere Verehrer
des Salurnus* 2. Siamek det. besondere Verehrer des Jupl-
4ers. 3. Hu seh eng der besondere Verehrer des Mars. 4* Tali-
4nuras der J>esondere Verehrer der Sonne. 5. Dschemschid
der besondere Verehrer der Venus. 6. Feridun der beson-
dere Verehrer des Merkurs! 7. Minptscheher der besondere
-Verehrer des Mondes. ' • '
(Die Fortsetzung folgt,)
V .
\
Mineri^ßß Taschenbuch ßlr das Jahr ^S 23* Leipzig bei Ger'
hard Fleischer,
JLfurch treffliche Kupfer von Schwerdtgeburt , Böhm und Lan-
ger nach Zeichnungen von Rambe^g wird die Gallerie zu Gö-
thens tV^erken fortgeführt; nur haben die im vorliegendeo Jahr-
§ang)s gelieferten Darstellungen nicht das Interesse der frühem,
a hier die Gegenstände aus den kleinern' , zum Theil nicht so
bedeutenden Poesien; dort aus dön Meisterwerken des unsterb-
lichen Dichters entlehnt sind. — Nur ein kleiner Raum ward
diesmal der gebundenen Rede eingeräumt; aber das* Wenige,
w^s wir auf dem kleinen Räume, von dem jedes Unkraut sorg-
sam verwiesen worden, antreffen, bietet in den Blumen , welche
X. Neufer, Krug pcn Ndddch Gr. Ofto von Haugmtz, Fr. Ja-
cobs und Theodor HeU, der hehren Göttin dargebracht haben,
einen, um desto^ngestörtern Genufs. — Unter den prosaischen
Aufsätzcü gebührte den beeiden Briefen von Fr. H. Jaeobi an
W'ieland und Kob^l in Matuiheirn, aet er.<}te philosophische Ge-
genstände behandelnd j der zweite Ansichten über JK.unst entwi-
<;kelnd, mit Recht die erste Stelle. Nach der l]^ekannten Welse
des Verfassers ist besonders davon die Rede wie, beide: Plü-
Minerva^ Taschenbuch f. d. Jahr i823. 207
losophie und Kunst,' ins praktiscliö Leben einwirken sollen, und was
Schriftsteller und Künstler, damit es würdig geschehe, dafür zu
thun haben. — JErzähiungsn füllen den gröfsten RaunA des Ta-
scbenbuchs ; aber sehwerlich werden de/ Minerva alle diese Ga-
ben gefallen* ^ — Hätte Hr. Dr. E* Raupach j eingedenk der
Aufschrift seines Mährchens: Laßt die Todlen ruhetiß doch sei-
nen greuelvoUcn , aus dem Grabe hervorgerufenen weiblichen
Vampjr im Grabe seines Schreibpults ruhen lassen! — Ein
freundliches Gegenstück zu diesem mitternächtlichen Schauerbilde
stellt Caroline Pichler in ihren freundschaftlichen Briefen auf;
'welche treffliche, nicht genug zu beherzigende, aus richtiger An*
sieht A^ Lebens aufgefalste Ansichten, über Bildung und Be-
stimmang des Weibes, im Gewände einer unterhaltenden Erzäh-
liiDg, enthalten, — Weit weniger befriedigt: Mensch, Schicksed
und Glaube von Wilhelm Bhmenhagen, eine Scene aus den Zei-
ten der Reformation. Durch ermüdende Breite, und offenbare
Nachahmung eines geachteten Schriftstellers , zeichnet sich diese,
vielleicht den vierten Th eil des Taschenbuchs einnehmende. Er-
zählung, nicht eben zu ihrem Vortheil ans. -— Bei den Liebes-'
fassen, Erzähkmg nach zwölf aitfgegebenen Worten von v, d,
Felde, sieht man recht klar, wie den tonst so geist- und gemüth«
vollen Erzähler die Aufgabe beschränkte: wir habenr weit bes-
sere Dichtungen von diesem Verfasser^ — In der Nowelle: der
Mensch denkt, Gott Unkt, von La M, Fouqiue findet der Freund
von seltsamen Aljcutheuern gewifs, was er sucht und erwartet.
Da nicht voii Nordlandshelden, und , ihren Thaten zu «Wasser und
zu Lande die Rede ist, so zählen die Leser mit Recht auf gar
tapfere und fromme jugendliche Streiter aus dem Befreiungs-
kriege; wovon de^ eine, weichend seinem befreundeten Neben-
buhler um Pfarre und Mädchen, in den Kampf gegen die Grie*
ehen • Bedränger zieht; der andere aber, als schon ordinirter
Prediger muthig wieder zum Schwerdte greift, um eine vei*
derbliche Räuberbande in der Heimath zu bezwingen. Schwer
Verwundet, aber siegreich, stimmt er, «chon im Sterben, auf dem
Schlachtfelde mit seinen Kriegerii ein geistliches Lied an, dessen
letzte Strophen ihn nns bessere Dasejn geleiten. Dals der todt-
geglaubte 'Griechenbezwinger, nicht todt ist; dafs er, der eigent-
lich von Anfang an, wold am meisten Geliebte,^ die Hand der
junjjen Wittwe, und die Pred'igerstelle, zur Freude Aller erhält,
ist ganz in der Ordnung,-^ Sehr gut schliefst sich die Reihe der
Krzählungen mit: den Aasgewanderten von Fr, Jacobs, Ist gleich
der Stoff nicht neu : Liebe einer französischen Gräfin, zu einem
verdienstvollen, durch die Revolution gehobenen Offizier •*— Flacht
der Liebenden nach Deutschland, da der Vater des Mädcbenf\
feindlich der Verbindung . in den Weg tritt — ^ Wiederfinden des
y
I <
2a8 Eldora^ Taschenbuch a. d. Jahr 1823.
iDachber emigrirteti und darcK seine Enkei mit dem edle» Paare,
y^rsdhulen Vaters —* ist gleich dieser Stoff nicht neu$ die Behand*
lang giebt ihm grossen Reiz^ besonders in Rücksiclit der Cha-
rakterschilderungen, unter denen sjch -wieder die^ des ritterlichen
stolzen achtaltfranzösischen Grafen Nogorttj durch Wahrheit und
Bestimmtheit aoszeichliet. . :
•iBBih
Eidorä, Tctichenhuch auf ^ das Jahr 1 8 ^3 r^ herausgegeben von
H. GjRDHjiusEN. Schleswig, gedruckt und i^rlegt itn könig-
lichen Taukstu/nmeninstittit.
Jbiin norddlbutscher Musenalmanach^ der zwar einige prosaische
Aufsätze, und ein Paar kleine dramatis(^he Stücke enthält, dessen
Blät(er jedoch meist mit kleinern 'Gedichten : Romanzen, Liedern,
Sonetten angeftSllt sind) wovon die Verf.j einige Wenige ausge-
nommen, bis dahin unberühmt, ut»d selbst den Namen nach, un-
bekannt waren^ Das ^igenthümltche dieses, in recht zierlicher
Gestalt erschienenen Büchleins wäre w^hl: da£s es manche ge-
lungene Ueb^rsetzt^igen vorzügliöher nordischeir Dichtungen lie-
fert, die in. einer, der deutschen Lesewelt fremden Sprache ge-
schrieben» i|ir, ohiie die Eidora^- fremd geblieben wären. Die
meisten, utsprünglid^ deutschen Lieder ^ Balladen etc. beweisen,
dafs ihre Verf. unsre besten Dichtet gelesen, auch deren Gedan-
ken, Bilder und Versbau sich wohl angeeignet 'hs^ben : eigenthum-
lieh Poetis^^es findet sich selten. Die beiden kleinen dramatischen
Arbeitern das Gluck^ Schauspiel in 4 Aitfzptg t^. K„v. Reinhard und
die Hellenen im Norden, ein Festspid t^on y, Sc/iirach, u^ögcn,
letzteres als Gelegenheitsgedicht, ersteres als Versuch, Hoffnung
geben von den spatern Arbeitern der benannten Schriftsteller:
als hervuTti^rad aus der Menge gleichartiger Erzeugnisse, kann
man sie nicht betrachten. Die prosaisdieu Aufsätze: ein Paar
Ertählungen und eine Mjthe : Napoleon Bonaparte, vom Heraus-
geber zeichneu sich auf keine Weise aus« In der letztern herrscht,
neben auffallender Anmassung, eine Dunkelheit und Verwirrung
der Begriffe, die von der weitern Schriftstellerei des Vexfass.
eben nicht die günstigste Erwartung erregt. Ob er wohl selbst
verstanden, was er geschrieben? , ■
pas Bild der Königin von Dänneipark nach Homemann von
Bolt gestochen, ziert das. Taschenbuch. Weniger gelungen sind
die' Ansichten von Schleswig und Kiel^ die^ wenn gleich ziemlich
treu, doch von einer noch nicht hinlänglich kunstgeübtea Hand
ausgeführt scheinen.
N'= 14 Heidelberger 1823»
»bücher der Literatur.
-.-IILS:^-
Der christliche Glaube nach den Grundsätzen tier
evangelisrhen Kirche, im Zusammenhange be^
trachtet von Dr. FkißDRicu Sculej ^rmacher»
(Neque enim quaero inteUigerCj ut credoft, sed credoy ut
intelUgam, — JSfam qui non crediderit^ non experietur, et
qui expertifs non fuerit, non inteÜiget jinselm, Prosol, /.
de ßde trin^ i.) Erster Band 48^4 (35o S.J. Zwei"
ter Band 482»X?^^ S,' mit dem Motto: Nihil solitarium
ex divinis sacrdmentis aS. suspicionem audientium et ad oc'^
casionem^, blajphemdntium proferamus. Hilar. de Synodis yo)^
Berlin bei G.'Reimer^
Fortsetzung^ dtr Rec. die -Vr. 54* 60 6i. des vor» Jiätrg» vorerst
... %iie Einleitung dieses Werken betraf*
Jedes LehrgebSude der Dogmatik mufs, wie allei was de«
L Menschen. Hand, oder Verstand baut, irgend einmal brechen, und
' zwar früher als manche andere wissenschaftliche Systeme.- Denn
das Wort Gottes iafst sich nicht bindeii. Dafür ist es selbst, und
zwar iiA Evansrelium, unvergänglich, und giebt jeder. Dogmatik
nur insoferne Bestand, als ihren Grundstoff das Evangelium aus-*
macht. Recht gut also, dafs der eitle Wahn, als sej e» dem
gelehrten und »tief - oder scharfsinnigen Kopfe gegeben , uns et-
was anfzubaui^n, das wir als feuerfest und unerschütterlich müfs-'
ten gelten lassen, immer aufs neue durch die Erfahrung selbst
widerlegt wird, dainit man sich an den bleibenden Grund halte^ '
und seine Freiheit im cfvangelischen Glauben nicht einengen lasse.
Das ist auch wohl die innere Ursache*, warum die Neueren so
gerne einen geheimen Widerwillen gegen die Orthodoxie hegen,
ohne freilieb immer zu bedenken, dafs d^s heterodoxe Gebäude,
das gegen jene« errictitet. worden, vielleicht noch fester einmau- ,
crt. Y}ttiti il»m fehlt gar der evangelische Geist; nur da, wo der
ist, da ist Freiheit. Mah mag da immer Vernunft vorwenden:
sie ista'nur, wo diese Freiheit ist; denn ausserdem ist von der
Leidenschaft eine verborgene aber 'starke Fessel dem Geiste an-
j^elegt, .so dal^ er, von solcher Ücberzeugimg gelauscht, Acn, Irr-
thum gert)^ VV'ahrrheit nennt. Denii die Leidenschaft blendet den
Abergläubischen und giebt jhn einem unruhigen Wechsel der
Meinung«« preifs, in dem Uvglaubigen aber thront sie mit
14
'' •
210 • Dogmatik.
— * *
kalter, liebeleerer, furchtbarer Festigkeit. Eben so eitel ist da-
gegen die Anmassungy dafs in den hinfalligen,, oft schnell veral-
teten dogmatischen Lehrbuchern , scyen sie nun mehy' Torthodax
; oder hetcrodox, nicht die Wahrheit der christlichen Glaubens-,
lehre enthalten sej.«Denn so wie an ihrer Erzeugung der Zeit-
geist Antheil hatte, so -auch an ihi'er ^Veraltung, und weder sein
Werk noch sein Ürtheil'ist göttlich. Also bleibt es das^Schick-
sal jeder Dogmatik , dafs sie nur ihre Zeitfrist durchlebe , und
wir wollen mit Demuth erkennen, dafs wir aq^h in unsern dog-
matischen Lehrbüchern nur DicfUer des Evangeliums sind, ausser
diesem aber mit unserm Verstand nichts Bestehendes aufstellen
können, vielmehr ^ur dann unser Rechtes thun, wenn wir nach
. jedesmaligem Zeiterfordernifs — dem Zeitj^iste nicht .huldigend
sondern oft widerstehend— r zur deutlichen- Einsicht der evangeli-
schen I- ehre fuhren , dAmit sie durch jeden Lehrer' d(!;r^elben
sich in ihrer freien Gestältunff fortbewege. — Dieses $ey ge-
sagt, wegen der Gedanken und der Vorwurfe ^ie bei den so
verschiedenartigen und schnell vorübergehenden Systen^en der
Dogmatik in unsern Zeilen leicht dem Theologen undNichttbco-
logen vorkommen. Seyn wir denn Alle ahjd'tvovTB^, iv cLjafcij*
Und weil kein Dogma aufgestellt werden kann, -ohne Be-
ziehung auf Irrthümer, kein Lehrer aber sich diese Beziehungen
genau so wie der andre denkt, so liegt ein gewisses Streiten ra
dem Wesen jeder Dogmatik, und so kann auch keine auf allge-
meine Zustimmung in den Thesen wie in der Zuordnung rech-
nen. Je melir sie Glaubenslehre und je weniger sie Dogmenge-
schichte ist, um desto gewisser» ist das der Fall. Wenn also Rec.
. dem vorliegenden Lehrbuche emen vorzüglichen Wertli vor den
vorhergehenden der neuesten Zeit beilegt,, so meint« er nur einen
relativen , und denkt zugleich ^ dafs es eben., darum desto mehr
Widerspruch erregen mufs, weil es strenge dogmatisirL So. wie
er sieh nun. bei der Anzeige der Einleitung seine Gegenmeinung
. gen erlaubt hat, so wird er bei dem Systeme selbst, hauptsäch-
ich in Ueziehung auf unsere Bekenntnifsschriften, sie sieh erlauben.
Nicht das, ob eine Lehre orthodox , oder hekerodox sey, giebt
den Entscheidungsgrund, denn das ist doch am Ende eine
• petiüo principiij da wu" nui? .die pls wahr fiefuiv^ne für ortbo-
dbx halten können. Auch ist es eine klägliche Art der Beur-
theiiung, * wenn man z. B. bei demjenigen, der einen orthodoxen
Satz festhält, heterodoxe Behauptungen dagegen aufsj^ür^y. die
man ihm dann auf irgend eine Art drohend aufrückt.' In Ein-
stimmung mit dem, was unser Verf. I. Bd. S^ i5^ mit seinem
Scharfsinne über das Orthodoxef und Heterodoxe sagt, halten iwir
uns an die Sache, tin'die evangelisch -kirchliche Lehre.. Aber
wie vtird sie gefunden? Aus *der » heiligen Schrift und difin- pro-
7 ^
^ Dogmatik. • 211
♦- < ■
testantiscben Bekeiintnilsschriften. Wohl; doch über diesen Punkt
mufs man ded Verf. selbst hüren, und zwar ' noch aus der £inU
§. 3o uin uns darüber zu verständigen. £r nimmt dort «drei
Formen der protestantischen Dogmatik an,* eine mehr biblische,
eine mehr philosophische, *eine mehr symbolische. Die letztere
holt die $anctionirten# Lehren der Bckenntnifsschriften hervor, sie
ist aber dennoch protestantisch, weil, sie nicht eine Auctorität
über .die heil. Schrift setzt, und auch nicht die eigne Constru-
ction aufhebt. So darf überhaupt keine dieser 3 Formen sich
von den andern losreissen. Das Yerhältnifs zwischen dem Ge«
brauche des symbolischen Bücher und • der, heil. Schrift bestimmt
er so, dafs beides sich gegenseitig ergänzt und bewährt, welches
auch in j^ianche& .Lehren durch Nachweisung ihres Zusammen^
haoges mit den dort bestimmter gegebenen geschehen mag. Rec*
möchte hinz^ufügen , dafs nicht siswobl die genauere Gestaltung
der in der heil. Schrift begründeten Lehren die Hauptsache der
Bekeniitnifsschriften scy, als vielmehr die Zurückführung au^ die
reiobiblische Lehre. Hiermiit erledigt sich die bekannte Unter-
scheidung ^uia und quatenus cum sacrd scr,' concordantj welche
Hr. SchL mit Recht einen etwas leichten Behelf nennt (S. i47)f
da sie aiitb nicht »inmar über die Auslegung der heil. Schrift
Richter ^seyn. dürfen od^r ,seyh wollen; damit sehen wir jedoch
das quatenus keineswegs als nichtssagend an« Denn zur Zeit ih-
rer Abfassung w^ mau von der vollkommenen Üebereinstimmung
derselben mit der h^il. Schr^ überzeugt, sonst wären sie nicht
Bekenntnisse gewesen, ind.em man mit dem Gemüth und Mund nur ,
die heil. Sehr, als, die Aichterin in Glaubenssachen erkannte. AU-
mählig aber mufste die Reflexion auf diese Confessiönen eine
Kritik hervorbringen, und so -ging ganz natürlich das aufrichtige,
^^{'a der crsV£ren Zeit in ein eben so aufrichtin^es qiuitenus der
folgenden über. Darin lag ind<95sen immer das Bewufstseyn, dafs
sie u irklich Gottes Wort a;is der heil. Sehr, lehren, und daJs'
sie den, meist polemisch geleiteten Zweck haben, nur *auf die
£r]^enutnifs des Evangeliums selbst hinziiführen. Nicht also möch«
ten wir so ganz mit der Behauptung unsers. Verls, einstimmen
(S.^45) — « alle protestantischen Gemeinden sind durch An-
scbliessung an «sie entstandqp, und zur. Kirche zusamniengewacb-
^ea — - — da nua jede dogmatfScheCDarsteilung , welche sich als
protestantisch bekunden will, an diese Geschichte anzuschliesscn
strebt, so «giebt es keine Natürlichere, ja' kaum eine andere Art,
wie dies bewerkstelligt werden könnte* Denn die Berufung auf
die Schrift an und für sich thut, nur das Christliche dar^ und
nicht das Protestantische«. Wir müssen ja auch umgekehrt diese'
Schriften als die Folge i^nd Wirkung des» n^erwacliten evange-
lischen Geistes ^ansehen; und so haben wir uns allerdings an sie'
14*
212 * Dogmatik,
anxuschliessfin ^ weniger aus jenem Gruöde als weil wir tiber^
haupt im kirchlichen Leben .diesen Geist gevirinnen und för-
dern. Haften wir lycht' sorgfältig diesen* Gesichtspunkt fest^ so
geralhen wir leicht' jn den Fehler der neueren Zisil, jene Leb-
Yen blols unter, die Reihe de( äusseren Dinge zu stellen, und
alles- nur historisch ' zu })ehandeln. Statt dessen sehen wir viel-
mehr auf die ganze kirchliche Lehre, wie sie sich von den alte^
sten Zeiten her gestaltete, um zu erkennen, ik wieferne sie die
Dogmetf' nach der heil. Sehr, gebildet hat. Das Wollen ausdrück-
lich diese Bckenntnifsschriften und die Reformatoren. Daher jene
uns fremd gewordene Pietät, womit sie die 'Kirchenlehre behan-
deln. Man höre z. B. einen Melanchthon loc. theoL (d^ fiJUo):
»Es ist eine der Frommen würdige Sorgfalt, d;ffs sie Wegen der
»Eintracht ihrer Sprache die Ausdrücke der Kirche gebrauchen,
»und das auch nicht ohne tiefere 'Gründe. Die alte Kirche hat
»manche Lehrbestimimingen gebilligt, manche verworfen^ £nt<»
»fefnt scy aber von uns die Suchf dergleichen herabzusetzen,'
»und beibehalten la£st uns aus gewichtiger und wahrhafter Au-
»ctorität die einmal angenommenen 'Formeln.« Und weiter ^arU
de spir, s.)i »Basilius hat die Zeugnisse von Vielen gesammelt,
» die vor seiner Zeit bei der Kirche in grossem Ansehen standen,
»weil es von Nutzen ist,, daran zu denken. Denn die Frommen
»werden befestigt, wenri sie hören, dals die Lehre durch der
»wahren und reineren Kirche sichere Zeugnisse «überliefert wor-
»den etc.« Bald darauf führt er die Hauptsjnoden an in *Be-
tre£P der Person Christi , und setzt hin%u : kae sunt fraecipucut
Synodij quarum. judiciä meminerirnns et atnplectemur. Was wurde
. man erst jetzt diesem Lehrer bei solchen Grundsätzen vorwer-
fen? Krjptokatholicismus , Mjsticismus, ServilismUs! Also mag
sich in jetziger Zeit mancher mit ihm und jedem -jener geist-
vollen Männer der Reformation frosten; denn sie alle lebten in
diesem frommen Gefühle, und es war durchaus das Ansinnen an
die Theologen mit solcher Fr ömmigkeitf^ die keineswegs die Frei-
heit der Untersuchung stört, sondern vielmehr recht frei macht,
die kirchlrche Lehre zu studieren. Etwas ganz anders war das
freilich als die sogenannte Kritik der neuen Z^it, wo man sich
dünkt schon zum voraus die Sache besser zu wissen , weil man
ein Kind der neuesten Zeit #sy, bevor man *doch die Lehre deE*
Kirche auch nur dehi* Buchstaben,^ geschweige dem Geiste nach
kennt. Nur allzugerne halten wir uns ja für gescheidter als alle
diese Männer, ja als die Apostel selbst, und warum nicht aucli
als Christus, und kÖmien es nicht begreifen, dafs man noch so
einfältig sevn kann, so gläubig zu sejn. Dennoch ist es wahr,
dafs wir Protestai|teu *" nur dann, wenn wir im Glauben jener
grossen Männer stehen, vermögen eine Glaubenslehre zu behaup-
Pogmatik.
2l3
t^n. Sie kann nämlich nur in dem Bewufstsejn, das nn« durch
Jen Geist des CljTistenthums geworden ist, ihre. völlige Begrün-
dung finden. Also auch nicht hlofs in äusserer Vergkichung der
christlichen Fröi)imigkeit mit anderen Religionen. So waren auch
die Reformatoren in dem Gebrauche der heil. Sehr« viel consc-
quenter, al» die neueren Dogmatiker. 'Den* sie lehrten folge-
richtig aus den entschiedenen apostolischen Lebren und aus der
io ihnen lebendig gewordenen Erfahrung, dafs die hei!. Schrift
Dar durch denselben Geist richtig erklart werden könne, der in
derselben spreche, v\'ie das so classisch Calvin auseinandersetzt
(Inst. I. 7, 4« 9> 3.) und schon von Erasmus Hessen sich ähn-
liche Andeutungen anführen. 'So heifst auch in der Confessi<y
Helifetiea die \u Schrift omnium perfeeUssi(na . et antiquissima phi-^
losophia; und die Conf* Gcdlica &ag^ unter andern: Ex hoc au--
tem efßcitiir, neque antiquitatem , neque eansuetudims s neque
midtäudmemj (wie Jetzt?) neque hümanam sqpientiam (wie
jetzt ?^ etc. scriptiträe Uli dwinae opponere licefe. Stehen gleich
die neueren Theologen in der grammatisch -historischen Interpre-
tation jenen auf den Schultern, so*' müssen wir doch allesammt
vor dem Geiste dieser Männer des Evangeflums bescheiden zu-"^
nicktreten,^ und dieser mufs doch wohl zu jenem Buchstabiren
hinzukommen-, wenn es Exegese heissen soll. Hören' vvir z.'Bi
den vortrefflichen Grundsatz in der Conf. Hely'. ^Proinde hart
prohamus interpretationes quasUhet —7 sed iUam duntaxat strip^
turarum interpretationem pro orthodexä'et genuind agnascimuSj,
quae ex. ipsis e^t petita schip iuris (ex ingenio utique efus linguae,
in qua sunt 'Scriptae , secundum ycircumstantiäs item expcnsacj et
pro ratione loeorumj vel similium vel dissimüium , plurium quo-
que ei clarioram expositaej' cum regulä fidei et caritatis congruitj^ '
et ad gloriam Dei hominumque eximie Jacit!<si Wir finden bei
unserm Vcrfass. Bemerkungen über den Schriftgebrauch und Be-
handlungen, welche auf diesen Punkt hinweisen. Wenn er z. B.
S. 149 sagt:. — %es m^^ sich immer mehr ein ins Grosse ge-
hender Schriftgebrai|oh entwickeln, welcher nicfit auf einzelne
aus dem Zusammenhang gerissene . Stellen , sonderb auf ganze.
Abschnitte Bezuf nimmt, und ,in dem ^Gedankengang der heil;
Schriftsteller tlieselben Combinationen nachweiset^ auf welchen ,
die ' do^atiscben Resultate beruhen etc. Daher die Dogftiatik
von dieser Seite sich erst mit der Theorie der Schriftauslcgung
zugleich vollenden kann.« Und kann jener Gedankengang ein
andrer sejn, als den der lebendige Geis^, welcher durch das
Christenthum mitgetheilt wird, nachbildend hei^vörbringt? Also
kann folgerichtig auch von dieser Seite nichts^ durch blofs äus-
sere Lehrprincipien in der Dogmatik festgestellt werden,« und sie
mufs, bei allem auch äusserem streng wissenschaftlichen Zusam-
iii4 . Dogmatik.
inen hang docfi auf das testimonium spiritai /• ittruck^ähren , das
dcmjeni^'CDy der dabei grammatiscli - historisch die heil. Schr.> aus*
legt, den "^ahi^en Sinn der Schriftstellen fiir das Dogma auf-
scliliefs't. Das ist das wahre Verhältnifs der h,eil. Schrift nicht
.Llois zu uusern Bckeantnifsschrifteu , sondern überhaupt zu:uii**
screr iLirchlichen Lehre, «und nur aus diesem Vei^hältnisse heraus
kann sich eine überzeugende Glaubenslehre bilden, welche etwas
unendlich Besseres leistet, als dafs sie den Theologen an die
Coufessionsformeln bindet. So wollen es aii«h unsere Bekennt*
nisse, und darum sprechen sie immer gbrne . das Prtucip aus, . wie
es mit den Worten der Cqiicordienformel lautet: sola sacra scr,'
judex j norma et regida cognoscitur, ad quam eeu ad Ijrdüim la-
pidem omnia dogmata exig*enda sunt et judicanda , an pia,. on
impia, an vera^ an vero ffdsa sint. Cetera autem sjrmbold et
alia Script^, non obtinent auctoritatem judicis.
Es wird nimmermehr einer Dogmatik gelingen in der Con-
sequenz den ersten Lehrsjstemen der profestantiscfien Hirche
gleich zu kommen, wenn sie nicht diesen Grundsatz festhält. Am
inconsequcntesten aber ist jede, welche von der naiven Mei&ung
beseelt ist, als könive sie ^twas Yeirnünftigeres dem Inhalte nach
aufstellen, wie alle bisherigen, und wie die Apostel selbst. Das
mö^en diejenigen so'^lialten, die das Chrlstenthum As eine Schul*
anstalt ansehen, welche Christus angefangen, und worin man im-
mer weiter , rückt , und mit jeder Generation neue Aufklitrangen
in Religionssachen, erhalt, oo wie es die Schiiten unter den Mu-
barae4aiiern mit ihrem Koran, hatten. Die Refoj^atoren sind an-
dcirer Meinung, und mit ihnen jeder, welcher das Wesei^ dies
Christenthums kennt wie sie es durchschauen ,* nämlich dafs sich
Gott aufs Vollkommenste in Christus geo£Feubaret 4iat, und dafs
hiermit unser Verhältnifs t\x ihm in ewiger unveränderlicher
Wahrheit ausgesprochen worden« Er ist dabei überzeugt, dafs
wir uns vervollkommnen ^ müssen, d. b. reineres Herzens werden,
um in das geoffenbarte Geheimnifs/ ii^ner tiefer eincuschauen,
und das, was die' Glaubenslehre je entlialten kann, iif ieicKter
' Klarheit zu «rkennen. Mag man das immerhin Mjsticismus nen-
nen. Es ist biblisch und der evangelischen Dogmatik wesentb'ch,
und wird in allem Wechsel bleiben* Sonst Hesse sich in der
Th«it«nicht absehen, warum nicht auch . eia Proklos odcr««in Mai*
monides zum dogmatischen Lehrbuche dienen, und ob nicht wer
weifs von welchem Rabbi, Ulema oder Braminon . noch ein ganz
neu aufklärendes zu erwarten sej» Je»e. Geiste^männer der Re-
formation sahen wohl tiefer, als diejenigen neuern Dogmatiker,
die über dem Evangelium zn 'stehen vermeinen.
Uns^rn Verf. findeti wir nun in solcher tieferen Einsicht
wenn auch nicht ganz in jener älteren Weise. , Er sieht, unser
Dogmatik* 21 5
BedüakenSy was* den Gebrauch der beil. -Schjrift betrifft, daria
Bicht ganziDMiem Standpunkt der Bek^ntnirsschriften , daf^ er
das A. Test zu viel zurücksetzt. Die Lebre unserer sämmtli-
eben Confessionen Bezieht sieb auf das Ganze der. göttlichen Of-
fenbarung, wornacb das A. und N. Test, in einem tiefgehenden
Zusammenhänge steht , und so wie das Gesetz im Neuen so das
Eyangelium schon im Alt^i, nur in federn auf seine Art vor-
kommt. £1; glaubt ferner, dafs die Lehrbestimmungen, die sieb
aUerdings auf die bereingeiiihrten judischeh un^ bei4nischenj[rr«
thumer bezogen (jedoch darauf nicht blofs ) y- jetzt nkht .mehr
dergleichen zu besorgen hätten, es sfij* denn dafs j> Genossen
unvollkqmmoer z. B. indischer' Glaubens weisen in' grossen Mas-
seo zum Christenthum übergingen« (S. i53). Auch hierin scheint
uns -der- Geist unserer Reformatoren etvy^as verschieden. Deun
des Mensqfavn Herz und 5inn kannten sie zu*gut in seiner Ver*-
derbtheit, und darum verwarfen sie wohlbedachticr' 'den Mani-
chäismm,Pharisäismus, Ariaäisraus, Stoicismus, Epikureismus — ^ weil
sie dem in jedem Menschen versteckten Juden oder Heiden begegnen
wollten. Endlich finden wir auch das nicht ganz mit*ihnep ein-
stimmend, dafs das neue Leben des Christen, das ihm in der
Wiederge*burt aufgegangen, als ein Gegenstand der Reflexion un-
ter dem Namen der christlichen Frömpiigkeit, psychologisch zer-
legt--wircj, um hieraus die Dogmen^ zu entnehmen. Die ersteh
Lehrer unserer Kirche sprachen aus diesem neuen Leben, warral
und fribch legten sie die Ueberzeugungen dar,, welche ihnen durch
dasselbe in der Erkenutnifs göttlicher Dinge geworden war^ und
lichteten auch genau hternach ihren^ Lehrgang. Das a^er i^t
schon etwas ihnen nahe l^ommendes *in «der vorliegenden Dog*
matik, dafs sie das Grosse, welches in der Geschichte 'der Mensch-
heit durch das Christenthum gegeben ist, als eine wir möchten
sagen heilige Thatsache .auffalst ; die wiederholte Durchle-
song dieses Lehrbuchs verstärkt den Eindruck von der Heilige
baltung unserer göttlichen Religion. Nur ist die Behandlung .eine
ganz andere, als sie unsern B^kenntnifsschriften zum Grunde Hegt
und zusagt. Denn eine Reflexion über das fromme Gefühl des
Christen , um hieraus die Gjaubenslehren zu entwickeln , od>er
aach "nur zu ordnen, macht das christliche Gemüth zu einem Ge^.
genstand, welcher vorgelegt^ und gleich einem organischen Kör-
per der Aq^äljse unterworfen wird, wie auch die Abhängigkeits-
gefühle des frommen Christen, des ironiimen Heiden etc. in der
Einleitung gleich* Naturalien in die Reihe gestellt werden. Esr
ist also immer nur eine Besckreihuns (nach dem Ausdruck des
Hrn. Verfs. selbst) des Christ enth ums, wo der Theologe von
aussen steht, wo er wie der Phjsiolog oder wie dbr Kunstken-
ner seinen Gegenstand demonstrirt, und s« die«e grosse Erschci-»
2i6 ^ ; Dogmatik.
nung in depi .mensclilichen Gemüthe in, ihrem Zusammenliaiige
aufzeigt. ( Vgl. die Abc. der EiiiL in uns. Jahrb. v. J. S. 863.
953. 959 fg.. 978:). Aus einer so analysireen Tcki.Q geht dann
keine andre yviidCig hervor, als dafs die Elemente dieses Gefühls
auf das Historisehe bezogen, und systematisch in Begriffe gestellt-
werden Dafs dieses theoretisch und praktisch , verdienstlich sej,
ist unbezweifelt. Aber der kirchlich^ Lehrbegriff hält es anders
(vgl. Jahrb S. 968 fg.). £r fafst unmittelbar ^uf, was ihm die
bell. Schrift darbietet, nämlich Gott, durch Christum geoffenbart,
una ist hiermit ^gleich -^^läub ig und objectiv lehrend. Das tiefe
Bewufstseyn der Sündhaftigkeit begleitet den Lehrenden wie den
Lernenden, und 'hält ihn beständig hin zur höchsten Vernunft,
d. h. zum Vernehmen dessen, v^as Gott/ in seinem Worte offen-
bart. Hiernach Endet sich jeoe Anordnung als die natürlichste,
dafs zuerst von Gott, wie er uns geoffenbaVt ist, und zwar also —
gleich in Beziehung auf unser Verderben geredet wird. So fan-
g^en nicht nur unsere ersten Lehi^bücher an, wie Melantfitbon's
loci tkwlo^ici und Calvin's Instüutiones , sondern auch die älte-
sten Sjmbple uiid unsere Bekenntnifyschriften. Der erste Artikel
der Augsb. Conf. enthält den ganzen ersten Abschuitt einer Dog-
matik, und ihm zunächst ist der zweite von der Menschen Fall and
Verderben,, darauf der dritte von der Erlösung durch Christus
u. s. w. Der Heidelberg'er Katechismus, alle . deutschen, schwei-
zerischen, niederländischen, französischen, brittischen und slavi-
6chen Confessionen haben alle denselben Gang. — Sonaqt kann
Rec, diese Glaubenslehre, so sehr sie auch die Grundsätze der
evangelische» Kirche in sich trägt, nicht dem Geiste und Lehr-
gange unseru Bekenntgifsschriften gemäfs angeordnet erkennen^
und mufs vielmehr bemerken, dafs sie gleich von Anfang den Ge-^
fichtspunkt sehr verschieden genommen hat.
Hieraus folgt, dafs die von dem Ve.rf. br wählte Elntheilung
picht unmittelbar dem.evang. protestantischen Xehrbegriffe zusa-
gen kann. Nach S j66 ist als die natürliche Ordnung vorge-
zeichnet, dafs der erste Theil mehr contemplativ sej, intern er
das Abhängigkeitsgefühl überhaupt beschreibt, der zweite mehr
historisch, indem er dasselbe beschreibt sils durch das Geschicht-
liche des Cbristenthums und die Erlpsung bestimmt. Sodann »wer-
den f $. 169) die Sätze in dreifacher Gestalt bezeichnet, 1) als
Beschreibungen dieser Zustände, 2) als Begriffe von gö^jtlichen
Eigenschaften f. 3) als Aussagen voq Beschaffenheiten * der Welt,
welche 3 Formeln der Reflexion in jedem der l^eiden Theile out
einander verbunden werden sollen. Wir überlassen dem Leser
das Weitere, was so geistreich darüber gesagt ist, dort nachzu-
gehen, nnd stin^men dem Verf. hei^ dafs er es am Schlüsse als
Unbe({uemlicl)keit^ xü2;t^ wenn ein Lehrgebäude die »wei Haupt-
Dogmatik.
217
theiie. Theologie und Anthropologie, aufstellt, ohne dafs wir darunt
für die 'Darstellung unsers kirchlichen Lehrbegriffs die Abtheilung
dieses Buches bequemer fanden.
* Das>eigt sich' auch gleldi anfangs in der Xehre> von Gott.
Der erste Theil ist überschrieben : Entwicklang des frommen
SeUfStbewu/itsejrns als eines der menschlichen Natur einwohnenden^
dessen entgegengesetzte Verhältnisse zum sinnlichen Selbstbewußt'
seyn sich ^rst entwickeln sollen. Eine kurze Einleitung steht voran*
Sie ^h^ndek von dem Glauben an Gott, und sagt ausdrücklich und
ganz im Einklänge mit de» Kirche, dafs nicht erst Beweise fürs
Dasejn Gottes vorausgehen .sollen -, kurz und gut deutet der Vf»
. die speculative Wahrheit an, ( S. 179 )• »dafs,* weim-uns Gott
nicht udmittelbar gewils ist,., dann dasjenige unmittelbar Gewisse,
woraus Gott bewies(;n werden konnte, uns Gott seyn müfste'.f
Er nimmt 4^s ui'sprünglichc Abhängigkeitsgefühl als ein wesent-
liches Lebcnselement, das denn in uns Christen nicht anders -zum
wirklichen Bewufstseyn wird , als mit der Beziehung auf Chri-
stum ( §. 181). Wir halten uns also hier ganz 'folgerichtig im
Gebiete der Beschreibung christlicher Natur (Gemüthes); wel-
ches auch hier keineswegs zu tadeln. wäre, wenn nkht, wie es
wenigstens Recensent nicht anders finden kann, das Wesent-
liche des Christengefühls übersehen' worden. Das ist nämlich
das eigenthümliche Bewufstsejn, in. dem Lichte der höchsten Of-
fenbarung zu stehen, und von diesem höchsten Standpunkte aus
überall das Wesen der Religion richtig zu erkennen', also auch
die objective Wahrheit zu wissen. Zwar fehlt das im Bewufst-
seyn dieses Glaubenslehrers nicht, denn e^ beweist scharfsichtig
( S. 182 ff.) dafs in jedem' frommen Augenblicke Beziehung auf
Christum sejn müsse, und da^ »ja nicht jeiftand glauben möge,
es solle ßiiT uns christlose fcomme Momente geben können.« So
gut nun, wie er da& fromme Gefühl überhaupt voraussetzt ( S.
174)9 das kein Einssejn mit der Welt, welches der Idee Got-
tes und unserer Abhängigkeit von Gott widerspräche, in dem
Selbstbewufstsejn zuläfst, und wie er sagt (S. 180): »die Dog-
matik will nicht die Frömmigkeit aus dem Unglauben hervor-
bringen, sondern setzt sie imr^er voraus;^ eben so gu^ mufste
er auch von jenem christlich bestimmten Selbstbewufstsejn aus-
gehen, welches aber kein anderes ist, ak die gewisse Ueberzeu-
gung, dafs "wir Gott nur durch seine Offenbarung in Christus
erkennen. So halten es uhsere Bekennti^ifsschriften, und so stellt
sich denn diese ganze Lehre etwas . anders heraus. Wenn der
Vf. folgende neuere Meinungen rügt (S, iSi}] i)dafs die Theo-
logie, sich unterscheidend von «der Religion, auch aus den Vätern,
iius der Vernunft und aus der Philosophie schöpfte, wo denn
mit Recht der Dogmatik die Beweisi^ für das t)9i$ejii Gottes nicht
!2iä Dogmatik.
♦ -
erlassen werdet!; 2)dafs selbst lo ein<U' Dogmatik wie v<»ii-Rein-
liard* diese Ansiebt geltend gemachr werde, wo denn die Wahl
zwischen den moralischen,* den geometrischen , und den wafar-
scheiulichen Beweis^ auch schwer genug. erscheint; uad wenn
er das Herausweisen dierselben aus der christlichen Glaubenslehre
fiSr einen grossen Gewinn erklärt: so ist das ganz im Geiste der
Reformatoren, und kann zum Theil mit ihren Worten belegt
-werden. Aber wenn die Gotteserkenntnifs, oder auch nur die
Frömmigkeit der Heiden als gleichartig mit der christliehen an-
gesehen wird, so ist das dem- Geiste* und Buchstabe« derselben
geradezu» entgegen* Sie stellen die Erkenntnifs unserer Sündbaf-
» tigkeit neben - die' Gotteserkeuntnils voran, so dafs der Mono|he^ '
ismus der Weisern unter den Heiden noch sehr verschieclen ybn
dem chrisCiichen' bleibt; und darum nennt auch MelanchtV. (loe.
de Dogm.J selbst Piatons Idee von Gott mutilamj vergl. Coli'»
Jnst» t,.3» u 4> ^^ CS s. 3. heilst: »Es ist auch, v^entgsjtens
iron 4^cscr Seite, kein grosser Unterschied, ob ^ man Einen Gott
oder .raehrete denkt, vyeil man doch immer vom wahren Gott
abweicht öder abfällt; und -hast da ihn verlassen, so bleibt dir
nichts als ehi fluchwürdiges Idol.« Wir bleiben also J]iei dem
Satze des Lactantius : nidlam esse legitimam feligiopemj nisi cum
meritate cönjanctam , und verweisen i^bri^ens auf das, was wir
oben in der Anzeige der Einl. (Jahrb. S. 970 -^976 vor. Jahrg.)
darüber erinnert haben, und fugen nur noch bineu, daf^ die Stelle
S. 177 wo die zweite Art der Gottlosigkeit, die vielgötterische,
nur darein gesetzt wird, däfs Gott leiblich vorgestellt werde, und
da£s solche Vielgötterei theils gewöhnlich zusammenhänge mit
Vielherrei im bürgerlichen Leb pn, wobei man sifch gewohne
,J)inter einer ausgesprochenen Vielheit eine wes^entlicbe Einheit
vorauszusetzen ( vfergl. Jahrb. S. 358 ff. v. 7 ), theils etc.c nur in
der Ansicht' des Verfs- vom Heidenthum geschrieben ist, aber
-von unserer kirchlichen abweicht. Denn tiach der klassischen
Stelle Siöm. i , lö ff. wird die Vielgötterei )iem tiefliegenden
Herzensverderben der Menschen zugeschrieben, und unsere er-
sten evangelischeu Glaubensschriften erklären hiernach die Viel-
götterei an sich und als solche für eine Gottlosigkeit, ühd zwar
weil da selbstgemachte. Götter sind, der Mensch aber aus seiner
verdorbenen Natift* sich immer nur ein Idol, .einen falschen Gott
scliafft, der wahre, lebendige Gott dagegen hur durch seine Oi- .
fenbarung erkannt werde, und diese nur der sein StTuden«|end
erkennende, Erlösung suchende, gläubige Mensch in seineu Geist
arufnehme. Ausser obigen Belegstellen Ijessen sich aus allen Re-
formatoren eine Menge anführen. * Sie geben zu, dafs Ueber-
bleibsel und Fünkcheli der eingebomen wahren Gotteserkennt-
nifs auch unter den Heided geblieben^ welche, durch Betpaebtung
j-
Dogmatik. 2i(>
der'Wek erwdckt| ihnen gär w(Al ri yvo^ovVo^ 0«oi5 enthüllt
haben würden, hätten sie. nicht ^i^' W^^''^!^^^ durch ihre Unge- '
rechtigkeit niedergehalten. -Deshalb verwerfen sie auch keines.
weg$ die Beweise för das Dasejn Gottes ganz au§ der Glau-
benslehre, sondern sie* stellen sie auf zum Zeugnisse gegen die
Heiden d. h. für das ^ naturliche Verderben, wie. man diese Be^
handlang am besten aus Gerhards loc, th. seh.en kann. Und so
gehören sie allerdings in unsere Dogmatik , indem der äussere
Beweis der OfifiAibarung und das innere Zeugnifs des beil. Crfii'^
stes Voransteht, und dann die Ein^mmung der Naturoffenbarung
erkannt werden soll. Trefflich zeigt unser 'Verf. ( S. i85^, dafs
keineswegs durch tiefere Einsicht in den Naturzusammenhang sich
Gott verliere, sofidcrn vielmehr -bei dem Mangel solcher Einsicht
das Bewufstsejn von Gott durch fatalistische Ergebung und durch .
magisch^ Bestrebungen am meistern getrübt werde , Wie aber
dergleieh^^ Wahn auf ein unter uns fortdauerndes Heidenthuni
deute, mag man unter antlera aus den Stellen in Mel. loc, ent*
nahmen, wo er gegen die Stoiker 'und Epikureer spricht. Jenei;
kirehlichcn Anseht des Heidenthums nähert sich am meisten die
Befflerkung uns. Verfs. (S. i83),'dafs in unsem heiligen Schrif-
ten Gott so beständig den Beinamen führe der Vater uusers Herrn
Jesu Christi, das komihe von der Beziehu^ng des Gottesbewufst-
sejns auf Christum bei den heiligen Schriftsteilem, und das Wort
Christi, niemand^kennt den Vater als nur der Sohn,' und wem
CS der Sohn will offenbaren, zeige, wie jede Beziehung auf Chri-
stnnj, der jedes wirkliche Gottesbewufstseyn mitgetheijt hat, auch
dieses enthalte. Allein es ist noch clas Apostolische Wort: nie-
mand kann Jjesum -einen Herrn nennen ohne durch den hei-
ligen Geist, hinzuzufügen und so tritt auf Qinmal in dei' Got- '
teserkenntnifs der reinchristliche Cliarakter hervor, und zwar als
keineswegs gleichartig mit der heidnischen ^ ' sondern wesentlich
von derselben verschieden. Und erst hiermit stehen wir ganz
in unserer evangelisch -kirchlichen Lehre.
- Dieses führt uns auf eis Hauptdogma , Waches der Verf. •
auf eine originelle und kunstreiche Art behandelt, auch darin
von der gewöhnlichen Weise abgehend, dafs er, dasselbe gs^z
an das Ende und als den wahren Schhifsstein der christlichen
Glaubenslehre« setzt. Es ist die Trinitäts - Lehre.' Sie steht Thl./
11. S. 686*ff. §. 186 — 190 unter, dem Titel: Schlufs. Von
der göttlichen Dreiheit. Wif 'setzen sie in unserer Betrach-
tung voran^ Der Verf. giebt ihr ^»nicht gleichen Werth 'mit den
übrigen eigenthütilichen Glaubenslehren,« sondern erklärt sie für
einen nur verknöpfenden Satz (§. 187); Welcher ihm||i«lchel' ist,
der nur um des Zusammenhanges willen in' dem Lehrgebäude
steht (Eial. §. 4)- »Unter düe eigenUiümlichen Glaubensleh-
320
Dogm^tik.
ren, .sagt er, rechnen wir nur diejenigen, welehe «nmittelbare
Aussagen einer bestinimten Moc[ification unsers frommen Selbst-
bewufstsejos sind.« Wir -wollen nicht abschweSlea durch die
Frage , witf solche Abtheilung sich zu der älteren in artictdos
fundamentales et non-^ßindamentales verhalte^ das liegt vor Äu-
gten, dafs die Trinitätslehrc hier als eine selche betrachtet Tvird^
die nicht wesentlich zum christlichen Glauben gehört, aber doch
wesentlich zum Lehrl^egriffe , um^ in demselben den ZosammeD«
hang erst völlig 'zu bewirken. Sie steht also'biW gegen- alle
andere Dogjneo, z* B. anch ^gen das von der Vereinigung der
beiden Naturen in Christus zurück, uqd hat «überhaupt einen nur
. .LUitergeordneteo Werth. Ganz anders hat es die Kirche von de»
früheste^ Zeiten her, und mi>t ihr die «nsdru^klicbe Erklärung
der Reformatoren gehalten. Indessen dieser Divergens^. uneraah«
tet nähert sich doch auch in ^diesem- Lehrstück die 'Scbleierma-
chersche Dogmatik weit mehr unserer kirchlichen Lehre als vi«4fr
aus neuerer Zeit, die gerade wegen jhre» VerXirprfuBg solcher
kirchlichen Dogmen grossen Beifall erhalten. Un^ desto sorgfäl-
tiger müssen wir der Idee des Verfs. nachgehen.*
Vorerst ist das, g^n^^ in dem Sinne jener Lehrer^ da(s die-
ses Pogma. nicht ein Philosophemseyn kann, wie (S. 690) er-
iniKrt wird. ' Denn schon die scholastische Behandlung desselben
war den Reformatoren zuwider, so Jafs ein Melanchthon/ sie An-
fangs sogar verkannte, und wegen der Subtilitäten lieber gani
' wegliefs, bis ter^ die Speculationen abscheidend, die Umnittelbap-
keit derselben einsah. Damit bestand indessen gar. wohl die An-
nahme, dafs auch in d^r Ve|^nuuft noch fine dunkle Idee der
Trinität zurückgebUeben isey — da bekanntlich ^^ch der Lehre
\ox\ dem göttlichen £benbilde eine ursprüngliche Ofieubarung des
drcieinigeu Gottes vorkam — ', und dafs sich* sog'ar "Spüren der-
selben unter den Heiden finden , wie man sie denn z. B. nicht
nur in dem Piatonismus,' sondern ancH in dem ladisch'en Tri-
murti, ja in jenem Homerischen Gebiete (Jl, 2, 871. Od. 4»
34t*) hat finden- wollen. Und ^so möchten auch selbst jene
strengen OfTei^barungslehrer diesen apticulus purus nicht so weil
aus dem Gebiete der Vernunft verweisen, als unser Verf., wel-
(jier etwas kühn für die Geschichte der Menschheit behau^ptet,
»dafs ohne Veranlassung jenes kirchlichen Satzes es niemals Je-
mand eingefallen sejn wür4&y eiue Dreiheit in Gott zu behaup*
ten.c Das aber ist gewifs nioiu. in dem Sinne dieser Lehrer,
dafs »die Lehren von der Vereinigung des göttlich en Wesens
. mit der menschlicheil Natur in Christo und in der chri&tlichcn
Kirche,c cpen höheren Rang habeu, oder fon der Trinitätslehrc
getrennt werden Könnten. Auch findet Receus. nicht, dafs jene
gerade mehr biblisch aejen als diese, und dafs jene vons Anfang
Dogmatik. . 221
des €linstlicli'en Glaubeiis an- als in dem unmittelbaren* Selbstbe*^
wufst$,eyn der Gläubigen mit enthalten deutlicher ausgesprochen
werden. We^r das eine noch das andere Dogma ist von dem
Aposteln als solches ausgesprochen worden, wie es von den YS*'
lern und auf den Concilien, von dem Niceni^ien an bis zun %
Chalcedonensischen' geschehen, denn nur in den Zeiten der Re*
flexioD und der häretischen Misdcutungen 'wurden die ApQstoIl-» "
sehen Aussprüche in die Bestimmtheit kirchlicher Dogmen ge**
bracht Die Elemente der Trinitätslehre aber sind in den Aeus-*
serongen der Apostel über Vater, Sohn und heil. Geist^ einzeln
und zusammengestellt, eben so 'deutlich enthalten, als die £le-
. mente über die ivcütrtc hro^ocnH^ in Ho (pvfTscoi/; und Christus
selbst spricht in der Tauffonnel jene doch gewifs nicht dunkler
aus, als seini^ Vereinigung mit Gott Man niufs sich nur über
das VerhähniTs der biblischien Lehre zur dogmatfschen verstän-
digen, und' man wird es wohl nie anders finden, als dafs in der
heil. Schrift die Wahrheit weniger im Begriffe aber desto fester
und lebendiger im Geiste spricht, der kirchliche Lehrsatz aber
sie buchstäblich und polemisch nach allen Seiten hin benimmt
und bcgränzt hat. W^ir vervveisen dabei auf ^en Verf. selbst^
(s. unsere Anzeige der Einl. in den H. J, v. J. S. g5^ unt^n).
Auch mufs man mit aller Sorgfalt ^ie späteren Subtilitaten der
TrinitätslehTe unterscheiden yon der froheren einfachen, wie sie
unsere Sjmbole nicht anders wollten. Der Verf. hat urts hierin
nickt eines andern überzeugt, und so bleiben wir bei d^em Grund*
safze aller bislierigen kirchlichen Dogmatik, dafs die Trinitätslehre
mit der Lehre» von der Person Christi »wenigstens in gleiche^m
Ran^ stehe. A})cr auch in der engsteh Verbindung. Denn nie-
raanil* kann den Vater Erkennen ohnfr durch den Sohn, und nie-
mand den Sohn ohne durch den Jieiligen Geist. Dieses gehört
noihvveuüig und üntheilbur zusammen, und so ist die Offcnb)arung
des ^öulich'en Wesens in Christus nichts anders als die göttliche
Offenbarung jener Drcihcit in polt. ( Doch weiter unten wird
sibh auch . wieder die Zustimihung des Verfs. Zeigen). Der
ewige Sohn Gottes, der Kayog, ist in Christtis Mensch geworden,
und der ewige Geist des Vaters und des Sohnes, der Offenba-
rende .(riXö6jS.>J<r«y 6id Ttbv vpo(p7{T(vv nach, dem alten Symbolum)
verkündigt den Sohn und bewirkt in dem Gläubigen das neue Le-
ben. So Erkennt der Christ und betet an Vater, Sohn, Geist,
diese drei gleich hoch lind gleich uahef in jedem dieselbe c\ ige
Gottheit. Auf solche Art ist der Xoyog als der 'ewige Sohn Got-
tes ganz identisch mit dera i/;oc 5'£ot5, *den *di« Jünger in der
Person Cl^risti erkannten,- und das 'Trver/xoc'd^EOVf das von Anfang
in Gott war, ist dasselbe^ dessen sich die Apostel in den Offen-
barungen und die «Glaubigen in ihrem neuen Leben bewüfst wer-
I .
I \
Ü22 Dßguiätik. . • '
den, und-das'ist der ia der Kirche fortwirkende GpUesgeist.
So lehren die Reformatoren und ibre Bejeenntnifsschriften, mehr
oder weniger bt'stimmt auf die . Lehrbestimmuug über die ditj
Personen eingehend. • .
. Indessen verlangt es die Wichtigkeit der Sache, dafs wir des
Verf*Einwend^jBgen heleuchtep- S. 689 sagt er: der ausammenfas-
;ende Begriff der Qreyeinigkeit mit der darin liegenden Zweiheit
Von Wesen und Person sey nicht unmittelbar in. dem christlichta
Bewufstseyn- begründet, denn; die heil- Schrift, die einzeln#u Ele-
inent^ anerkeimend, wissen nichts von den zusammenfassenden For-
men, ^und wir könnten doch nicht' glauben, dafs irgend etwas dem
christlichen Bewufstseyn Wessentliches in derselben gar nicht be-
rührt sey. Diese letzteren Worte scheinen uns im Wiederspruclie
mit jenem zugestandenen Anerkennen zu stehen; aber auch abge-
sehen davon, ^o beweifst das Argument zm viel, den es wurde
picht nur, wie' scho^ bemerkt, auch von dem Dogma über die
Person Chri§ti, sondern auch voii dem Dogma über Gottes We-
sen • und Eigenschaften, xihd von .welchem nicht ? ge)ten. In
der l^eiligen Schrift sind alle Lehren unsere Lehrbegriffe i^rührt,
oder ^vielmehr durch den Geist des Christcnthums begründet,
der mehr anschauend als reflectirend in. den* Aposteln sprach,
aber keine einzige wissenschaftlich aufgestellt und zusammenge-
fafst, welches ganz natürlich dem in der Kirche sich entwickeln-»
den Denken mufste überlassen bleiben. Weiyi unser Verf» ge-
gen, die, welche aus der Logologie Joh, L 1 - — i4^ für die,
kirchl. 'Prihitätslehre argumentiren, bemerkt,- dafs. der Apostel iß
dieser Stelle die Absicht gehabt h«d)e den-Eindiyck äes Göttli-
chen, in der Person Christi darzustellen, so bricht er damit selbst
die Spitze feiner Einwendung ab, dafs Johannes grade hier auch
voi* der dritten Person hätte reden müsseli, wenii ihm ein sol-
ches Verhältnifs der einen Person 'zu der andern, oder zu der
Einheit des göttlichen Wfesens vorgeschwebt. hätte (S. 691). Die
Absicht des heil. Sqhriftstellers war ja also keine . DogmatiL Da-
rum. soU^ aber diese doch in solchen Stellen . suchen. ^ Die Tfi*
nitätslehre hat aber auch sogar das voraus, dal s -sie in den soge-
nannten CollectivsteJlen des N; Test, in einer zusammenfassenden
Form erscheint. Gern wird, unser Lehrbegriff da^ eingestehen,
(dafs die Zweiheit von Wesen und Person nicht so bestimmt in
dem N. Test, ausgesprochen ist,. dafs kein Streit darüber entste-
hen konnte. Denn daher .eben der Sabelliauismus und ^^rianis-
inus samt den vielen andern Meinungen , .und daher die Niceno-
Constantinopolitanische Lehirbeslimmung. Eben diese will jeder
Wendung dieser Lehre sowohl zu einer .Vielgötterey *als au ei-
nem Trennen des göttlichen Seyhs von dem Erlöser ubd von
dem in den'' Kirche wirkenden Geiste begegnen^ Darum trifft
Dogmatik.
223
CS attch gar nicht unsere ^kirchliche Lehre, w^ unser Verf. sagt,
es sey nicht zu läugnen daüs die Vereinigung de^ göttlichen We-
sens als Gemeingeist, der Kirche geiringer sfey, als die Ver^ini-
^üg desselben Wesens mit' Christo. Denh die Unseriv lehreii
mit der alten Kirche, der ewige Sohn und der ewige Gejist Got-
tes,-mit dem Vater ' gleiches Wcsens.^urid gleicher Macht, sej,
der Sohn zunächst in Christus, der h/ Geist den Glaubigen* wirk-
sam, damit die Menschheit zur Vereinigung mit dem Vater ge-^
lange; die Art und das Mals dieser Wirksamkeit kommt^ für die
Gottheit der drei sogenannten Personen so w^nig in Anschlags
^Is die göttliche Wirksamkeit In der Schöpfung und Erhaltung
für die Allmacht uud Güte u^ s« w. Auch könnte man allenfalls
die unendliche Gottesfülle in der Vereinigung . des heil.^ G«istes
mit den Glaubigen in der Unendliehkeit der Einzelnen und der.
ganzen Kirche finden. .
Eben so wird unser Lehrbegriff unserm Vef. zugestcfae«!
dafs niemals eine allgemeine Formel dieser Lehre als. allgemein .
Bes Richtmafs ^ir alle. Zeiten aufgestellt werden könne (S. ^ga)*
Ja nichts kann diesem Lehrbegriff mehr zuwider sejn, als jede Aa*
mafsung solcher Formeln , da er nur die * heil* Schrift ab sein
Richtmals erkannt. Daraus aber folgt weder dafs die aufgestellto
Fonnel verwerflich sej, noch dafs die Kirche in diesem Dognui
noch einer Verbesserung entgegen sehe, ^icht das erste: denn
die Kirche hatx sich schon frühzeitig genugsam darüber au^e-
sprechen, und zwar g^^en Häresien. Ihre Formel ist also inso*
fern negativ und weiset alles das ab^ was der heil. Schrift und
dem Geiste des Christenthums widerspricht; sie ist demuneraeh«
tet zugleich positiv, indem sie die Lehre Christi* und der Apostel
verständlich machen «will. Unsere Bekenutnifsschriften $ind ohne
Deiters dabei gebliebei), nicht atsob sie die Athanasius, Grego*
rius, Basilius den Aposteln gleich oder über sie setzten, jondera
weil sie jene Bedeutung recht ^it verstanden^ und wohl einsah A,
daüs an der Formel nichts verbessert werden 4eönne, ohne «sich
in neue Irrungen u. Grübeldeu zu v%iswickeln : sondern dais jede
andere Bestimniung entweder die Verwahrung gegen die Irrthü-
mer »vernachlässige , ,oder das.. ^eheimnifs nur frevelhaftein Spitz-*
findigkciten • preifs gebe. Wir stimmen daher ganz den Worten
bei (S. 692 f.). '»Fast oder viehmehr gaa% unvermeidlich aber
ist — r daf« )ed^r Versuch, — Misverständifissen ausgesetzt ist, ^-^
Daraus^ eatsteheu den^ Bestimmungen, welche eigentlich Cau'telen
sind, und Grenzen nach irgend einer l^eite hin aufetellen Collen.
Dieses, nun* gelingt zuerst selten, dafs ihnen incht der Schein an-
hangctt sollte etc. Und eben ^daraus, erklär eji wir es uns und
billigen es,* dafs die Reformatoren diese Lehrbestimmung liefsen,
y>'\t &t diesellie in den allen Symbolen ' fanden; sie sahen, es
V
■^ V. ._
aa4 Dogma tik. •
• • •. • » . '• •
war alles «clion init dem i^tüfsten Bedacht darin bestimmt wor«
den, so weit man nur ungestraft hierin bestimmen darf. — Da-
raus folgt denn atich uqser obiger Satz, welcher keine Verbes*-
s^ung wdieses Dogma mehr erwartet, und es möge nur noch das'
Wort Melanchthons dafür sprechen: (lac.^de causa veccj »nee
quaerantur mbtiUores disputationes et inextricabäes labyrinthuL,
.Boch es bedarf nicht mehrerer Stellen. Die Reformatoren
liebten nicht die Speculationen in dieser Lehre, aber sie liefsen
die .altep Formeln nach sorgfältiger Prüfung stehen. Denn sie
erkannten, dafs' diese gerade so weit das Geh eimnifs bestimmten
als es gegen alle, die in der Kirche vorgekommenen und zu be-
sorgenden Irrthümer, wie auch zur rein christlichen Gotteser-
kcnntnils nothwcndig schien. ' So sagt die Augsb. Conf. (Art. i.)
»dazu werden verworfen et» , auch die Juden und Samosateni,
a\te und n^ue^ so nur eine Person setzen, uud voii diesen zweien,
Wort und heil. Geist, Sophiiäterej niiachen, sagen, dafs es nicht
müssen 'unterschiedene. Personen 's^yn, sondern Wort bedeute leib-
lich 'Wort oder Stimme^ und der heil. Geist s^y ge^chaflfene Re-
gung in- den^Cfcs'tiM'eQ.v; Und wenn sie etwa die Sabellianische
VorstÄllung • von der drejfachen Offenbarung des göttlichen We-
sens noch mit solcher Erklärung 'vereinbar gefunden hä^en, so
hielt sie doch davon zurück der Grundsatz: wie Gott seih We
sen uns (Christen) geoffenbart hat, so ist e^ auch gewifs und
wahrhaftig an sich und in sich. la, konnten sie .^ sich auch
hierbei mit den blofsen Bibelstell^n und ihren Ausdrücken* be-
gnügen, so fanden sie nun emmal die Sache so vielfach bestritten
und bestimmt vor, dafs sie in der UeberzeugunJ; von der ?foO»-
wendigkeit einer* kirchlichen Fprniel gerade die Athanasianische
als die beste anerkannten: Nicht als wollten sie noch weiter ge-
hen, vielmehr wiesen sie alle theosophische Grübeleien und scho-
lastisehb. Spitz^ndigkeiten zurück,, sie wollten nur die .reine
Lihre, wie Gott im Christenthuine angebetet werden solle, da-
mit •sichern. Da^fler setzen sie auch schicklich die Trinitälslehre
gleich iqs Lehrstück von Gdttj wie Vvir es immer für die Dog-
matik f olg[erichtig finden. Die Kirche sah schon früher ein. dals
in'unserm Gottesbewufstsejn vön-V^ter Sohn und Geist das« Er-
habene und Eigenthumliche dei: christlichen Gottes^kenntuifs ge«
gen das Judenthum und Heidenthum fest gehalten werde. (VergL
die Einl. zu der vorliiegendcn Glaubenslehre und unsere Anzeige
S. 947- Jahrb. v. J. den dortigen Druckfehler (<;2'cä/i^ statt , rich-
tig können wir daher füglich stehen lassen ; ) wie denn auch der
Mahometismus beweist, der doch offenbar bei s^ineih antitrini-
tarischen Monothe|jimus in ein Heidenthum zuilSckgesuBken. '
{DU Fortittzun^ f<f^^X
«=15/ Heidelberger ^^*
Jahrbücher der Litterätur-
• Jb ö ff tti ä t i k.
i/as sätieQ atteti*di^ Verf. unserer BekettiitDUsscIirift«ii gär wolJ
ein, uod wamsten Vienötliig es sej» dif Christen tu jeder Zeil
g^te da$ Verstedkte Heidenthum, wonach der Mensch sich gernitf
seinen Gott selbst niatht (rergl. LutheA gr* Katecbisnu auni er«
sten G^ot) aufs sicherste von dieser Seite zu verwahren. Wenil
nun unser Verf. (II. S. 6^ u. 706) behauptet, daCi unsere Tri-r
nitätsformelii tti jener Zei^ wo noch Anklänge des Heidnischen undl
dessen Yermischiang mit dem Christlichen beröcksichligt werdend
mufsteu, zweckmäfsiger gewesen sejen, als jetzt, wo durch Be-^
festiguflg des Christenthüms und durch das Zurücktreten derpo«*
Ijtbeistischen Elemente eine Menge von ängstlichen Besorgnissea
weggefallen seyen : so sind dabei jene fortdauernden Besorgnisse
wegen des innern Heidcnthums, (unter der su&tilen Abgdtter'ej
Itegriffen,) welche die Reformatoren bedachten, übersehen^ nind es
bangt mit der mehr äusserlichen Zusammenstellung des ' Heiden-^
thums und Christenthüms znsamnien , die wir in der Einleitung
des vorliegenden Buches bemerkte«. Die feinen Argumentationen
unsers Verf. nber die realistischen und nominalistischeil Einsei«
tigkeiten und über dergL Speculationeo, dienen zu ctiner treffli-
eben Belehrung, Welche uns dabin zurückführt, dafs wir mit Au-
gastians in der augef. ^t* protesttren gegen die Ansicht von ge^
rm, species indwidtlum bei der Trinität> und uns mit ihm fuj^
die blofs negative Darstellungs weise erklären. Denn alles dieses
aimm^ seinen Tjpus aus weltlichen Dingen, und das darf fät
das Geheimoifs des jgottlichen Wesens nicht sejU» Die Meinung
uosenVerL'dafs diese Lehre erst noch ihre Yoileüdung erwarte^
wahrend sie andre Lehren bereits in unsem ^ekcnntiiifsschnfteil
erbalten haben, können vvir aus den angegebenen Gründen ni^t
thetlen. 'Da£s,et.es jEiicht mit jenen Rationalisten halt, die durch
eine.pAeime Capitujation den Unitarismus in Scheinforraeki hei^
eiubnn^ea mdcfaten^ versteht sieb von selbst. ^ will die Bei-
behaltung* der TrinitStslehre als einer ächtbhristlicheti , ^msttich^
glai^ jsbeTi dals noch eine bessere Formel au finden sey» 'wozu
226 Geseniqs de Samarit Theologia:
/
^r selbst den Weg in den Ausdrucken Wort für das sicli mit
ChrUtus vereinigdndp. Wesen, wn^Sohn Gottes iixt Aep. mit^deiQ-
selben veremtgteii Christas aadeatet, u^d ^weshalb er einie bessere
Würdigung dies Sabellianismüs d, i. des FesUialtensan'dic diei-
facbe Offenbarung der Gottheit an|;äth. Rec zweifelt an dem
Crdingen» vrünscht aber als einen wahren, iFortschrit( 4«r Theo*
logie ein tieferes Eingehen in diese Idee *).
( Die, FortsitzuHg folgjt. } *
Jesu Christi Natalilia pie celchranda Academiae Fridericianae Ha'
' lensis et F itebergensis Consoeiatae civibus 'mdicunt Prorec'
tör et Senatus, '■^^' Inest Gvu. OssErfitj l%eoL 2>. et P*
P. O. de Samarit ahorum Tkeolaf^ia ex' fontihus
ineditis Comm^ntatio. Htdae, in Libraria Rengeriana\
, (MDCGCXXIIIJ 46, S. 4' '
JN achdem der auch eine Zeit hindurch Heidelberg schmückende hoch-
berühmte und 'vielbegehrte Orientalist und Kirchenhistori^er Jok»
JSeinr^ Hattinger durch seine aus dem ehedem Scaligerischen
unter dem Titel des Buches Josuas bekannten Chroniken der
Samaritaner geschöpften Beiträge zu der so merkwürdigen Dog-
'*) So eben erhalten wir das dritte Heft der theol* Zeit-
schrift, herausg* von Dr* Sclileiermacher, Dr.. de
Wette und p;* Lücke (9ernn 1 8 22,)« worin unser Verf; eine
eiijne Ahhaodluog seiner widitigen Idee gewidmet hat: übet
den Gegensatz der Sabc Uianischen und Athana«
sianlschen Vorstellui^g von der Trinität. Die unge-
meine Sagacität in den dogmengeschichtlichen Turschun^en giebt
^qch für dieses Fach viel neues; die Dpgmatik Erhält bfcr eine
noch nachdrucklichere Aufforderung, wie wir sie oben angegeben.
Wir k(5nnen hier nur im Allgemeinen folgendes entgegnen« dals
wir nicht die Stellung des Chrisienthums zwischen das Ju-
denthum und. Heidenthum, sondern über beiden annehmen müs.
sen (S.a59. ), dafs die Kirche von der ewigen Zeugung den Zeit-
b&griflP« gänzlich wegdenkt, cn^ dafs auch Worte wie irlMrivBäotif
ve^tyfxipri falsche Begriffe hereinführen. Denn entweder Kegtdie
Zeh od der Raum in unsern symbolischen Uezeichnung^en^ ^le letztem
sind aber immer dlf niedrigeren» Wir können übrigens diesen Sabel-
^ lianismu^ den der Verf* vorzeigt, gerne zugeben, und der sich so-
gar das Wrrt ic^ofxtxJTeoy gefaneh l^ßt, ja wir erkennen auch an,
dafs hiermit der Glaube an Alt GotthVit Christi und
an seiu Reich, „welche beiden Punkte von Jeher di« Angel
aller' christlichen Verkündigungen waren" fS. 538) wie überhaupt
die praktische Seite der Trini^ätsilehre sehr wohl bestehe .• aber
wiefern es sich um ^le kirchliche Formel handelt, finden
wir keine neue Grunde^ fim von obiger MeimiRg absttgeheiii
Gesenius de Samarit Theologia. 22^
(«efigclckielite jeaes kochst lateriesfantea Volkes zuerst bewies^ri
•JuuttCy yne aus den eigenen Schriften desselben eine weit bestimm--
tere tml zuverlässigere Kenntnils seiner Glaubenssätze als aus deot
ffaohrichten der KiccKenvä'ter und Rabbinen zu schöpfen sey,.
.folgten seinem Beispiele andere Männer grossen Namens, eid
Ceäariu4j, Relandß ßfunageß Dw. Mälius, indem solche namentr
lieh aus neueren Briefen der Samaritaner erläuternde Nachträge!
•zur Dfffstellung ihrer eigenthüiplichen Theologie ItefeHea , und
was. diese Gelehrte aus Mangel an Hülfsmitteln in lückenhafter
UnbestinuBtheit mobten stehen lasseUi haben in der neuesten Zeit
ein Schrmrrer, Bn^ns und Sihn de Sacy im Besitz neuer Docu«
mente^ die durch sie erst aus dem Dunkel eiilzelnei* Bibliotheken
hervorgezogen wurden , erläutert, und ergänzt« Ungeachtet aber'
der verdienstvollen Bemühungen der genannten Männer aus deii
Originalschriften der Samaritaner ihi% Dograengeschichte reiii
SU. schöpfen, ist doch gerade, die Hauptquelle derselben, nämlich
^e unter dem Namen der IMurgia Damascena ' in dem Lez^
HeptagL von Edmund Castell bisweilen angeführten und in deü
Samaritanischen Anmerkungen zum Pentateuch frägmentai'isch äus-v
gezogenen in der Samaritanischen Sprache abgefafsten alten Lier
<der, unbenutzt geblieben, bis eben Jetzl der mit deni Samarita^
*i]ischen vertraute vielseitig gelehrte Oricöfalist üiid Theolog Ge-^
senüts in 4^m oben, dem Titel nach angeführten Weibnachtspro-*
gramme praktisch därthut, wie vielLitht noch diel Geschichte der
Dogmen der Samaritaner durch eiile genaue Berücksichtjguiig der
erwähnten Lieder erhalte. »Neque enJm faorUm catniinunl ^äucto*
res, quod faciunt recentidre$ ilK epistöfarüm scriptoi'cs^ in riti-
bus, ceremoQÜs alüsque rebus, eiternis strictidi indicandis sub-
sistunt, sed, more poetarum sacrörum, Interioral qüaäi fidei.ad^ptii
xecludunt.€ S. 6. Diese denuidch für die Theologie der Sama-
ritaner sp hochwichtigen Lieder fand abei' tit* Dr. GdsetiiuSj aU
er die beideä jene enthaltenden einst (ietä tuastetblicheii CaJtell
selbst gehörigen jetzt jrii firittischefl Maseum s^u Ldndoh aüfbe^*
#nrahrten Codices bei seinem . Anfentlialte Ui der Hauptstadt Eng-
land« nachsah, dergestalt zerstückt uAd in einzelnen voti eifiandet
gerissenen Thcilen durch einander hergevVOrfenj dafs es nicht ttt
verwundern ist, vf\6 CcUtell und andere nach ihnj^ die sie ein*
sahen, ihre wahre Beschaffenheit, v^ka'nnten, »Etenimt fölia ma«
nuscriptoruni.ita disjecta iunt et (Urbafa^ ui vix. iiuum et nk^räm
recte sese ezcipiatit^ quer fdctutn >est^ ütCatstelius conteitum Yhjth-
'mumque eorum noii, asseeuiüs, non nisi singülä ftfigmenta eaqq^
saepe prave lecta ti intcUccta exhibere posset.« S. 3. tJfisercnl
Gelehrten gelang i^ indessen die : alte Qif'duung de^ Biätter uiia
den Zusammenhang der meisten längeren Lieder wieder hevztr«
sceUen, tmch der glücklioli gem^tcbten Bemerknpgj dafs jene met-
i5*
i
228 Gesenius de Samarit Theplogia.
stens naeli der Folge der Budisfaben geordnet wären«. Ufad lo
ist er denn in den Stand gesetzt worden, über diö aüieh «für die
Jüdische und Ohristlicne Dogmengeiebicbte einer tieferen -Kennt-
I Ulfs so werthe ^Theologie der Sämaritaner aus einer bisher noch
nicht benutzten QueHe den wesentlichsten Puncten nacl» ein hei*
^ leres Licht zu yerbreiteu, als das ist, welches frah'ere Forschet
über diesen Gegenstand angezündet haben.
'Zweckmässig schickt der Verf. seiner Dariitelking der Dog«
men der Sainaritaner ein Verzeichnifs der einzelnen Biicher ihrer
lieute noch Yorhahdenen^BibUothek voraus, welches er jetzt toIN
ständiger als vor ihm Bruns (vgl. dessen Au&atz über die Sa-
mariter, in StäudUn*s Beitragen zur Philosophie und Geschichte
der Religion und Sittenlehre « Thl. t. S. 7B — * 97) zu geben
' im Stande ist. Unter den einzelnen zur Samaritanischen ' Litera-
tur gehörigen aufgeführten und näher besehriebenen Werken nia-
then wir besonder« auf zwei derselben aufmerksam, welche kürz-
lich erst aus dem Bunkel der Bodlejanischen Bibliothek hervor«
Vgezogcn, wo sie selbst von Uti übersehen wurden, von dem
JProf. j^lex. NicoU zu Oxford gepau characterisirt worden sind.
"Vergleiche dessen BibL^Bodlej. codd. Manusor. Otiental. catalog.
Oxon. i8di Fol. p. 3 u. 4- Die beiden merkwürdigen Werke
sind nämlich : Abulhassani Tjrrii opus, de ritil/üs et dogmatibus'
Samaritanorum , dessen Hauptinhalt unser Verfast. kürzlich nach
NicoU S. 10 angiebt, und ^on eben jenem Veii.i'liber de futura
njitaj in «velchem vorzüglich die Gewifsheit eines künftigen Le-
bens aus dem Mosaischen Gesetzbuch z. B. aus Gen. 9, 5 dar-
Jethan werden soll. Mit der Aufführung der schon gerühmten
amarilanischeii Lieder als der Hauptquelle SamäHtanischer Theo-
>logie • schlieDst der Verf. das Vcrzeichnifs der einzelnen dahin ge-
^hdrigei) Werke. Bei der Bestimmung des Alters und der Verf.
dieser Lif^der etwas verweilend bekennt er aufrichtig, dafs er
. darü!>er nichts Gewisses auszusprechen wagCj indessen scheineu
sie ihm docl> nicht lange nach der Chaldäisch-^Samaritanischeb Version
aujfgezetditiet »cujus rei testes salfem habemus tum ipj^m patrian»
dialectüm, postmodoinvalescente Saraccnarum imperio emortuam,
tum eam,' quam supra significavimus , piuiosophicam et poeticam
. theologiae indolem^ Alezandrinorum philosophumenis fiiiitinaam.c
Freilich st^eti dieser Meinung die hier und da angegebenen Na-
inen der Verf. eutgegen, v eiche meistens Arabischen Ursprungs
sindf wie z B. Abulphataehi beur Jusitf, Safi al Merdsctusni u..a«
tind daher auf einen späteren, Ursprung der Lieder scUicssen
lassen. »Caeterum parum refertc, fügt unser ;Verf. hinzu, »quam
sententiam söqüaris, quandoquidera haec Samaritanorum* faoiilia,
91' qua alia, antiquioris doctrinae tenäx. hi:<
Nach dieser vorausgeschickten l][ebersicht der Literatur der
- Geseaius de Samarit. Tbeologia« 229
Samaritaner geht der Verf. zur Darleguifg ihrer einzelnen Dog*
nen über, indem er dem hin und kb^ ausgesprochenen Inhalt«
derselbe» immer die Bewahrheitung durch einzelne im Original«
text eingerückte mit /einer Arabischen und seiner eigenen la-
teinischen Uebcrsetzung verbundene . Stellen der oben geuanntea
Lieder hinzufügt. Rücksichtlich des Arabischen Ucberset'zers be-
merkt der yerf..*nur, wie jener, unbezweifolt einem späteren
Zeitalter angehörig, noch eine grössere Scheu vor allen anthropo -
moirphisttschen Ausdrücken als »elbst der in diesem Punkte sei-
ner National -Kioenthümlichkeit folgende Orit^^fnal- Dichter zeige«
Die unter dem Texte befindlichen reichhaltigen I^^oten bezieh ca
sich hauptsächlich th«ils auf die.Yerbess^ruhg Cor^ei^ In der Er«
klärung einzelner Samaritatiischer Wörter und Redensarten oder
auch ganzer in dem Lex. H.eptagL angezogener Stellen derselben
Lieder, theils geben, sie bestimmte Nach Weisungen , wo in den
Schrifte». des »PAi/o und' der Alexandiinischen Juden die schon
häufig bemerkte Uebereinstimmung ihrer theologischen Lehrsatz«
mit denen der Samaritaner recht sichtbar hervortritt«
Da der gröfste Theil der Leser unserer Blätter nicht im
Beaitz des angezeigten über 'die so merkwürdige ThecJogie der
Samiaritaner höchst belehrenden Programmes sejn wird| halten
wir es der Bestin^mung unserer Jahrbücher für angemessen, wenn
wir 'aus den eincelnen Grund -Dogmen jener Theologie^ wie sie
der zuverlässige Verf. aus feiner neuen. Quelle darlegt, gewisse
Hauptpunkte herausheben upcl hier .mittheilen.
§• 1. De deQ| ejusque virtutibus. Wie, die SaAiaritaner die
Einheit Gottes, im Gegensatze der heidnischen Vielgötterei nicht
nur, sondern auch der christlichen Lehre von der Erschaffung
des Gott - Sohnes und seiner Tbeilnahme an der Schöpfung der
Welt, eifrig behaupten und lehren, geht aus den vom Verf. an-?
geführten Stellen der alten Lieder besonders deutlich hervor.
Interessant sind aber vorzüglich einige Verse, in welchem di« be-
kannte Samaritanische Scheu vor Ahthropomorphisroen in der Dar-
stellung der reingeistigen Natur Gottes auf eine fast an^s Pafadoxq
streifende Weise so ausgesprochen wird, indem der Dichter die
Schöpfungsgeschichte Gen. i. vor Augen hat: »(Qui) (ecisti sine
deßitigaiione öpera tua excelsa et quiovisti sine defatigaiione die
sepümo. "^ Exclamasti sine ort verba et appäjruit mundu^ c
Dieser eine und geistiffreioe Gott aber offenbart sich dem Meiir
sehen auf eine doppelte Weise,, durck seine Werke und durch
seine unmittelbare Mittheilung in der .heiligen Schrift, wie folgeor
der Vers besonders beweist; Rationis ope cognoscimus tc. ex
operibus tuis,^ op^ Vibri tui novirni^s opera- tua a te ipso, d^ i.
wie der Verf. die tetztcren Worte ganz riphtig erkfärt : ia libco
tuo ipsc nobis opera tua patefecisti tequc^ aüctorem coriim pro-
33o Gesenius de Samarit, TheologliL
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', . < .
fettus es. Die BeliauptuQg der Samaritaner Ton der Unvergletcli«»
lichkeit der Gottheit mit irgend einem sinnlichen Gegenstande
-wird sodann ebenfalls durch einige sehr bezeithnende Verse be*
atatigt| so wie zuletzt, wo.vqn den Eigenschaften Gottes die Rede
. ist, unter andern ein Vers angeführt irird, aus dem die so häufig
bemerkbare Uebereinstimmung der Samaritanischcn Theol^ogie mit
tler Pbilo's und der griechischen Väter auch in der Lehre yon
den verb.orgenen Eigenschaften Gottes, Wc^lche gerade als .die
irorzuglichsten erst bei der Schöpfung der Welt und bei der
Gesetzgebung zum Vorschein g^kummen wäretf, deutlich genug
Jiervofgcht Die an. den Alexandrinischen Satz yon dem Koyf
iviiotdir^ und 'Vpod^of/Hft' 'erinnernden Worte de$ Samaritanischen
JDichters lauten so; »rotentia tua abscondita (erat) et glorla
fA mbericordia tua: revelata sunt manifesta et abscondita divino
fuo imperio.c — . §. a,* De creatione. In diesem Dogma stim*
inen die Samaritaner mehr mit den Palästinensiscihen Jifden und
den christlichen Lehrern als mit Philo und den Apocfjphischen
Büchern {iberein, indem sie streng die Schöpfung aus Nichu be^
]baupien , yri^ dieses yiele^ Stellen ^ ihrer Lieder beweisen z. B.
produxiti dextra tua creaturas, ex eo, ubi nihil erat. V8Hi^
Phüonisch ist nun aber wieder die Eintheilung der gapzen Weh
in die JicA/^are und unsichtbare, wovon die'crjlere, der Siu
der Engel, nur einmal, nämlich bei der Gesetzgebung aufgeschlos-
. #en worden s<fjr. Sie ist die Welt der Ideen, nach deren Mu-'
fter Alles, was in die Sinne fallt, geschaffen ist §. 3. .De an-
gelis. Hier "wird besonders gegen ReUtnd (de Samaritanis §. 7.
9.) deutli(:h «erwiesen, dafs die Samaritaner allerdings an Engel
.glauben« Sie kpfninen in den Liedern unter dem Namen von
Jiräften vor {Suvafiei') oder heilen auch wohl mundi abscon-
4iti yirtutef und popiae dpmiae^^ifii welcher Benennung man
. sogleich ^n die Heb^äischp D^ptC^^ JK3üf denkt, welche so woM
yon den Sternen als Engeln gebraucht tvird« So sa^ ein Dicli-
|er: Copiae tuae divii^ae ipstructae erant in Mionte Sinai , copiac
reffal tui, quis possit eas aestimare? — Dafs die Engel un^e-
ßchaffipn wären, ist noch eine besondere Behauptung der Samail-
-faner, irelche^sie mif den Cnostikern und einigen orthodoxen
Kirchenväter theilen* 5* ^' ^^ ^6^ revelßtione et praestäntia.
Wie die Samaritaner nur a^ein das Gesetz Mosis als die Riciit-
^chnur des Glaubens unter den Büchern des A. T, annehmen
_^^uiid glänzend erheben, ist bekannt genug, ^o erkennen sie auch
nurvMosen als den einzigen Propheten an und können nicht ge-
nug erschöpfende Namen finden, welche seine unvergleichliche
Wtirde bezeichnet, worin sie wieder mit PhilQ in Yollkopimener
|Jje][)ereinstimmuug (»ich befindeiif Man wird vie}e solcher Namen
Gesebiaä dq Samarit, Theolegia. a3i
iB dm ?om V& iiiitgetl|e3teb'SuiUen aus dieo alten Sam^riuntficlieir
Liedein finden» So sagen sie aach, dafs Sjcbon in dem Zeitraum von
secbs Tagen^* binden welchen Gott die Welt erschuf, Mosen4iie
prophettsdhe Würde bestimmt worden ^sej, irie die Wort^'^ine»
Diesters bezeugend »Prophetia ei (dcstiuata ^at) instar. xor.o*
nae, a diebus creationis: lUuminatio Mosis induit eum, qui ca
digoas erat. In der Ausschmückung der l^blischeb lÜrzS^Iung toii
der MittY^inng dds Gesetzes duroh mancherfeit nilytliisicjTi-^bildKdi«
Zusätze stimmen die Samaritaner xum Theil mit «kn Rabbineij
fibernn, z. B* wenn sie sagen : Gott habe ,mit leayigem ¥m^t
das Gesetz auf die Tafeln geschrieben^ *'^ie/si<sh daräbe^ ctii
Dichter folgendermassen Ternehmen läfst: yMooiitravi» in- d%iaki>»
nus dnas tabulas firmas, quibus inscriptvni erat digite ignis C07
medeQtis.c Interessant ist es endlich auch, die Ausdrucke, wel-
che von den Samaritanern ^ur erschßpfe^en B«%et^hnVtig deff
erhabenen Würde des Gesetzes gebraucht werden, mit denen, zu
vergleichen, welche bei Philo vom X,Qy^ ixüä in^ Buche , der
Weisheit von der voCpifrov «^soti oder in den Proverbien von de^
rlDDn gebraueht werden 9 v(ro man auf manebe fibet#asehe»di
Uebereinstininaung stossen wird*,S. p. 3o-— 34- ^» 5> De Sab^
latko et ctrcumeisione. Her Saähath und die •Beschfieiaunff.yrfBTr
den als von einander unzertrennlich angesebeif und ihre Heilige
achtung erheischt • die hohe . Bedeutung, des zwischen Gott und
dem Volke . ges<;hlosseocn Bundes. Die .strenge Feier des Sab**
baths namentlich können die Samaritaner nicht dringend genug
empfehlen, so dafs sie die Yerabsäumung derselben in eine Classe
mit dem Götzendienste, dem gröfsten aller Yerbrecl^enj setzen.
Daher auch unsere Dichter immerfort ermahnen, die Sabbatlisfeier
strcDge zu bewahren : denn dieses bringe hohes Glück. ^Felices,
qui sabbathum cel^brant quique digni sunt benedictione ejus;
umbra ejus sancta eos recreat ab omni labore et defatigatione.«
5* 6. De *vüa pos't mortem Jatura^ Auch bei diesem Haupt- .'
dogma, welches die Kirchenvater den Samaritanern fälscMich ab*'
leugneten, beweisen diese den reinen von allem Anthröpomor-
phisoms fernen. Geist ihrer Religion, wie wir -besonders aus roeh-
rereii' Stellen ihrer Liedersammlung sehen, in wclctien auf ein
zukünftiges Leben angespielt wird. Z. B. »Habitatio mihi futura
sedes est imperii tui, neque mapre. ibi, neque pontus', neque ip-
sum quidem coelum.c §. y. De JkfÄwia. . Welch e^ Begriff die
Samaritaner sich von dem Messias maehen, darii&er drückt sich
unser Verf. naeh den besondei» in den neueren Briefen cntfial-
teoen Nachrichten so aus: »Prophetam quendam illustrem esse
spcrant, cui obsertatuti sint populi ac crcditari in illum et in
,
e»3fl \ Geaenius 4e Samarit Theologia:
fegem 61 in montem Gariziöli qui, fidem mofaieam eftaiartfs sfti
täbernaculum rcstitjarut in monte G«mim) pöpttlom suam bea«
forali, postea moritanis jt sepeiieodus apud Josephiitti i. e. in
tribu Ephraim. € Die Zeit der Erscheinung dieses Propheten
id>er sef nur Gott bekannt. Der Name, Velcher in der älteren
Cb^istologie der Samarilaner für Messias gebraucht wird ist äftlff rt
• • •
•d^r Snnfls den heutigen Samaritanerny ^ie es scheint, itnbe*
lunnt und Yon den Philologen auf verschiedene Weise erklart,
die jedoch, nach unserem Verf., schon darin alle irrten^ da|s sie
. das dunkele Woft Häsi^hkaiodet ßat-hab aussprachen; das*
selbe müsse nelmehr Hebräisch s» punctirt und ausgesprochen
irretden: 9«|1V^rt und artpnft> ^ovon dann die Bedeutung sej:
r$duct4nr Tel amversor i. e. propheta homines ad meKorem frn«
gern revocatnrus, so dafs aWT oder a^fl in activer Bt^deutnng
gcdommen w^rde« mussCi wie es ja auch im Hebräischen sowohl
'reäire als reducere bedeute z. B. Num. lo, 36; Nah.^a, 3* Ps.
95, 5. Diese Erklärung des Namens empfieUt, sich allerdings
sehr, indem so dje etymologische Bedeutung desselben mit dem
Inhaltie der Messiaserwartung der altef en Samaritan^r v&lUg fiber-
^nstimmt, nach der ein Sittenverbesserer und Schöpfe^ eines
l^läckücheren Tolksläliens erscheinen sollte, wie di^es aueh z.D.
«US folgenden Worten eines Dichters hervorgeht, in welchen der
Messias also angeredet wird; »Poenitentibus da, obsecro ch
illis mundum,c wodurch, wir an die immer vviedepkehrfnde Lehre
der Hebräischen Propheten erinnert werden, dafs die Reuigsa
des Volkes« von Gott mit neuen Wohhhaten, besonders i^it de?
ruhigen Bewohnung ihres Vaterlandes besel^t Werden S|0lhen,
woi'auf sich gerade auch ik^ an|;efuhrte Bitte unsers Samaritani-
iPhe^ Dichters bezieht. : F: fV./C. Umir^ie,
fhilotogiicher, historischer, und iritiseher Com-
mehtar üb^r die Geschichte d^r Lelde^ uud des
Tqd^s Jesuj,'n(Vfh den Ev^angetitn des Matthäus ^ Marcus
und LmcoSj, yon Dr. Johann Fai^bntin Hknnkbrug,
Pfarrer ^ Eb'erst^dt i^nd ^onneiorn im Hisrzogthf^m Gotha.
Leipiig, iSüs^j b. ffiOu Engelmann, Xtlu. S167S. 8.
er durch die Herausgabe mehrerer zur psactischen Theologie
«ehorenden Schriften schon von einer vortheilhaften Seifcc be-
kannte Verf. dieses Werks beweist durch dasselbe, da(^ er die
Qe^^hicbte 4es Icidens uRd Todes Je5^ nicht Wp^ su eigener
Heimebergs Cdmm. üb. Jesu Leidensg. ii33
und Anderes Efbaurngstadirt 9 sondern dieselbe auch als ee^
lehrter Pkilolojg; zu. erklären weifs, indem er. auf ..die von inm
früher bdunntgemachten . Hoqdilien and Vorlesungen über den
benannten Tbeil der Erangelien zum Gebrauch bei dem offent«
Itcben Gottesdienst und zur Beförderung christlicher Erbauung
im hauslich^a Kjrei^e nun auch eine philologische und historisch-
kritische Bearbeitung desselben neu*testamentiichen HauptrAb*
Schnitts folgen läfsik Freilich wäird der Verf. durch die Nähe
der berdhmtei^ Bibliothek zu Gotha, welche mancher Universität
zu wünschen wäre, in seinen exegetischen Arbeiten vor den ^
meisten . seiner AmtsBriider* ganz besonders begünstigt , welche
aller literSrischen I^ulfsmittel entbehrend es bei der blossen. Er-
bauung bcwemien zu lassen- gezwungen, sind. Daher v.erdi^t es
nur Lob,* da& der Verf. dem nun verstorbenen ebenso geistrei«
eben, als gdehrten LandesAirsten Herzog August, zu dessen ho-
ben Vercüensten um das geistige Wohl seines Landes vorzüglich
auch die .ausgezeichnete iind grofsartige Pflege der von seine«
edlen Vorfahren angelegten Bibliothek gerechnet werden mufs|
sein Buch dankbar gewidmet hat ^Tie fleissig nun der Verf.
die ihm von ihren gefälligen Vorstehern geöffnete Bibliothek za
seinem Zwe^e benutzte, beweist der vor uns liegende Com«
mentar durchgängig. Mit wahrem Vergnügen folgt man den^
Geiste der Gründlichkeit, mit welchem der Verf. seinen Gegen-
stand behandelt , indem* er das Ton älteren* und ncue^n Exege-
ten bereits Geleistete mit Umsicht und Einsicht benutzt, aber
auch nicht selten selbststnodig forschend Neues entdeckt und mit
Scharfsinn, und Bescheidenheit .zur Prüfung vorlegt. In der
grammatisch -philologischen Auslegung hat der Verf. besonders
mit Gluck äurch einzelne Beispiele dar^ethan, wie durch eine
genaue Beachtung des Aramäischen Dialects mit Rücksicht auf
den neu- testanientlidieii Sprachgebrauch für die Aufhellung desfi
selben jiocb gat Manch^ geleistet werden köune, und hier hat
man Gelegenhett von des Verfs. Kenntnissen vorzüglich in der
Sjrischen Sprache sicli zu überzeugen. Wo es auf Sacherklä-
rung und archäologisch - orientalische Erläuterungen ankommt,
sind' dem Verf. hauptsächlich Jahn in seiner biblischen Archäo-
logie und RostitatäÜer in seinem alten und neuen Mqrgenlande
die Führer gewesen, deren gelehrte Sammlungen er. mit kritischer
Auswahl benutzt hat« ' Ohne mit dem Verf. über die Erklärung
einzeln^ Stellen , wo wir von ihm abwichen , hier streite^ zu
wollen, schliessen wir diese Anzeige mit dem Wunsche, dai^s qs
ihm gefallen mdge, auch nach Johannes die Leidensgeschichte
Jesu auf gleiche Webe gelehrt zu coromentiren upd auch diese
Ergebnisse seiner uentest.amentltcb'- exegetischen Studien öfFenti
Ucb mltwibeileik >FV fV> C. Umhreit*
9
I
I
234 Cellische Nachrichten för Lsmdwhrthe»
* • V
Cdfiseht .Nachrichten ßir Lahdwirth^ besonders int Königrnch
Hannover j herausgegthen ün Namen* Her. känigl, Landwirih*
Schafts geseUschaft zu Ceüe, ' /. Bd, </• Stätk, Hannover, in
der Höhnischen Hojiuchhandlung 484g (ecufdem Umschlage
steht 48üo). X u. g8 S. 4' nebst 8 Kupfu und 4 ^g*
Tabellen. — jl. Stack cod. a, X und 446 S. mit 8 Kup^
fertafeln.
Was S. i des t. Stuckt Ton der Landwirtlischaftsgesellicliaft
zu Celle sagt, dafs ihr Wirken in die Geschichte des Landliaues
im Hannoverischen genau verfldchteil sej, das sollte man Yon-
jilien Vereinen dieser Art behaupten können, das bezeichnet ge-
nau ihre eigentliche Bestimmung. Auf gleiche Weise haben auch
. die Ton solchen Gesellschaften herausgegebenen 'Zeitschriften xu*
Ȋchst eine Beziehung auf ein besonderes Land; sie sollen ror
Allem das in der Wissenschaft Anerkannte unter Viele verbrei-
ten, und in der Anwendung, welche der Oertlichkeit entspricht,
ins Lieben einfuhren. Die Förderung der Wissenschaft ist nur
der 2te Zweck, aber es ist doj^pdt erfreulich, wenn er neben
|enem erreicht wird , obschon ailch ohnedies die deutliche An-
' schauung der örtlichen Eigenthumlichkeit eines Landes die ^er-
liandlungen ani^iehend und lehrreich machen kann.
Mit besonderer TbeflnaHme sehen wir eine der ältesten
|!>andwirthschaftsgesel!s&harten Deutschlands tvieder die ersteh Le-
benszeichen geben, nachdem sie seit dem Jahre 1 8 o3, w^o der
Druck der fremden Herrschaft auf dem hannoverischen Lande
zu lasten begann» ohne Verabriedung, ohne Befehl (nur dafs die
Geidunterstützung vom Sta^ate aufhörte), blofs durch d^en Gift-
bauch willkührlichcr Ge^'alt in tiefem Schlummer gehalten wor*-
den war. Die beiden vorliegenden Hefte schlicssen sich in ver-
änderter Form an die früheren Miltheilungen der Gesellschaft,
welcfhe seif 1767 unter dem ' Titel : * Der KönagL Grofsbritt.
, Churfürstl. Braunschw. Liineb. Landwirthschafts*- Gesellschaft zu
Celle Nachrichten von Verbesserung der Landwirthschaff und
Gewerbe« in 3 Bänd^, derm seit 1787 als «neue Abhand-
lungen der Kön. Grofsbr. Churf. Br. L. L* Ges» zu Celle,«
hierauf nach erweitertem Plane imter Thaer's und Betteck^s Lei«
tung von 1 7^9 •" i 806 als : »Annalen der niedek'sächsischen Land-
wirthschaft« in 5 Jahrgängen erschietieii waren. Im ersten
der beiden jetzigen Stücke nennen sich unter der /^ueigpung an
' den Herzog von Cambridge, der Oekonomierath Meyer in Kol-
dingen (seitdem gestorben; und der Oberbergcommissar Schaake
in Celle als «Herausgeber. Das 2» Stuck ist ganz von Me^^»
Diis 1« Stück beginnt, wie sich gebohrt, mit' einer ausführ-
lichen Geschichte der Gesellschaft, saaimt beig^sfÜgten Adenstü-
Cellische Nadbrichten für Landwirdtd a3S
t
cken. Geofg III. Bitte ^r Stiflang des Vmins, die.i764*ar^
folgte, Veranlassung^ gegeben. \ - ,
Die hauptsachliche Wirksamkeil ' bestand In dem Anssetzen
ton Pribiien, wobei mit Umsicht dasjenige ^ was gerade tod
hndwirthschaftlioheaYeTbessertiDgen dasWiinscheiiswertheste war
ausgewählt wurde. Beträchtliche Mengen Kleesaamen wurdet
anfangs ünentgeidl^shi dann tixt mSssigen Freh vertheilr.' Seft
der Wiederbelebung im Jahr «816 ist der Wirkungskreis det
Gesellschaft auf den ganzen Hannoverischen Staat ausgedehnt unl
ein jährlicher Zuschujb von iooo Rthlr. aus der Staatskasse bc^
willigt. Die Zwecke, deren Verfolgung zunächst Noth thut, stiid
auf folgende Weise angegeben worden: i) guter Anbau der '
veithdhen Stücke von Gemeinheiten , a) Einftihrung der KoppeK'
wirthscbaft, wo sie möglich ( sollte sie auch überall passend sejv,
wo sie möglich ist?) 3) Vermehrung des Bodenertrages zufolge
guter Fruchtfolge, Mergebing undr Düngung, 4^ Anlegung von
SchwemmwieseiJ , 5) Anbau des Rlee's, der Luzerne, Esparsette
und des Spergels« 6) Verbesserung der Weiden , 7) der Vieh^
zncbt, 8) Pflanzung junger Obstbaume, 9) Beförderung der
Holzcnltur. — - Zufolge der seit «816 angelobten Prämien iit
schon an liiehreren Qrten Meigel aufgefunden worden, wo bhui
ihn bisher nicht gewuCst hatte, und es ist scbon^der Gebrauch
desselben in Gang gekommen; ein Sachverstandiger wurde ver-
anlaüst, herum zu* reisen, um zur Auffindung und Anw^dung
dieses wichtigen VerbesseruugSmitteh der Felder Anleitung zu
geben. Mehrere Bauern erhielten für den Gebrauch der Kühe
tvLt Feldbestellung Belohnungen, die Bildung von Provipzialau*-
Schüssen der Gesellschaft wurde bewerkste)lig|. Sonst Hesse sich
aber bezweifeln, ob es angemessen ist, für eine schon voUendete
Unternehmang eine Prämie auszuschreiben, die also nicht erst noch
zu verdienen ist, sondern' nur einen Beweis «eineis schon längst
vollzogenen Geschäftes erfordert, wie dies bei der Prämie für
diejenige Dorfschaft, welche seit 10 Jahren die erste Zusam-«'
menlegung (Arrondirnng) der Besitzungen vorgenommen hat^
der Fall war; doch die Gesellschaft mag 'ihre giftigen Gründe
gehabt haben« / '
S. 44 folgt ein' Inhaltsverzeichniis aus den beiden ersten Bän-
den der Communications 0/ $he board 6f agricuiturcp mit ein-
zelnen ausgezogenen Bemerkungen und den Abbildungen von 5
Karren auf a Kupfertafeln, zu denen aber, wenn sie Nachahmung
finden sollten ^ eine kurze Beschreibung hätte gegeben werden
müssen.
S, Sa fg. ein gediegener Aufsalz über die Vortheile der
Hagelversichernugsanstalten , die bereits in Frankreich, Schlesien,.
Anhalt - Köthen und Mecklenburg (und in Halberstadt und ffassau)
230 epische Nachrichten (or Landwirthe^
be«teb«D. jDer Verf. sucht zu beweisen , dafs diese Anstalten
I für Besitzer gewdhnlitheri besonders^ kleiner- Bauetogüter nicht
recht passend sej^n, Und durch- die wenigstens im HannoTeri-
ichen schon zu findenden stilkchwcigenden >yereine mehrerer
Dorfschaften zu gegenseitiger Unterstützung^ .denen «itian leicht
besttnunte Form geben könnte, zum ^.Tbeil entbehrlich werben*
« Ton einem 'Zwaftge, zum Eintritt. könnte nach des Rec. Dafür«
, ballen schon ftus reditlichen Gründen dordiaus- keine Rede sejn.
Bis nun eine ^ eigene Anstalt fiir das Königreich Hannover zu
Stande koinmt, wird einstweUen zum Eintritt in die Köthen'sche
oder. Neu -Brandenburgische gerathen , der^ Grmidgesetze ^ la-
slructionen und jj^ormolare ; deshalb hier abgedruckt sind. , Das
Gesetz der ersteren, im Jahr. 1816 verbessert, ist sdion aus ei-
jiem besonderen Abdrucke • bekannt. Es zeigt im Yergleicb mit
.-den* Einrichtungen der Mecklenburgischen Gesellschaft -. eine zu
, «umständliche Verwaltung ; achon der . Vorstand ist für einen so
einfachen G^enstand unverhäitnifsmässi|^ zusammengesetzt. Der
ll^vers, den man noch dai|^ beglaubigen lassen mufs, ist ganz
, entbehrlich, da man sich mit der "^ ersten Anmeldung begnügen
kanu;'4uch möchte es; wohl*, schon der leichteren Ausschlagung
^ V ides Sohadens willen^ rathsamer sejn , die Schätzung ^o anzuord*
tuen, dafe man gewisse. Glassc^; vQn Landereien, Jn nicht zn ge-
ringer Zahl, aufstellte, bestimmte . Ertragssütze für 'sie ansmittelte
•/ und den Theilnehmem der Anstalt überiiesse, ihre Grundstucke
^einzureihen« Bei der jährlichen Anzeige brauchten dann nur
: die Zahl von Morgen^ die Classen und die Arten der ausgesäe-
't€ik Frödite angegeben zu werden.
I Die Bemerk^gen von Meyer über die Vertilguiig der Feld-
miuse in Koldingen, ( S. 82 — 8ß > .stimmen mit den Erfahrun-
<gen ^tt& letzten Sommers ganz überein. Da die lockere Beschaf-
fenheit, des Bod^s den Gebrauch des Schwefeldampfes unan-
-.Avendbar machte 4 so nahm man zuin Bohren von Löcliern seine
>Zu6ucht^ mit dem. besten Erfolge. Die Kosten des- Grabens und
\ ^ Ausnehmens betrugen für den Morgen nicht über a.Ggr.> .wäh-
rend ;man, nach, den Beschädigungf;n «b^enaohbarter Flureo zu
schltessen, den . verhüteten Verlast wenigstens auf zwei* Stiegen
Frucht oder a Rthlr. a Ggr. auf den Morgen rechnen kann. Das
'Vcr^reta wird genau beschrieben.
Deiu 1. <Stüeke sind Maafs-, Gewichts* und Münztafeln an-
gehängt« Die Nützlichkeit saleher . Angaben, auch für den Land-
>wirdi^ ist nicht zu bezveifebt, und die htei^ roitgoth eilten , bei
d^en der Hausvater, Kruse, Nel/ienbrecher und die Lef^cArische
Geld-, Münz-, Maafe"* und Gewichtskundc benutzt sind , hat
. )lec« inv Ganzen richtig gefunden^ Die Tafeln .gestatten jedoch
manche Verbesserung^ . ...
• • ' * ■ * .
Cdiische Nachrichten lur Landwirthe. it^j
' ' ■ ' ' ' : ■ ■■...'
Das Ste 3tück hat den NAcntitdi: lieber' die Verarbeitung
des Hanfs und «Fbcbfcs- im uDgerotteten Zustande, durch Ma^
Sühioeii..^ Yon' /• :(ri M^«r. «r- Von deif ift Abschmtten sind
awar nur' die beiden letzten eig^tüA neu, indefs wird es je^
dem. Leser ^angenehn seyn, die aus ^verschiedenen Zeitschriften
schon bekanirten Materiati^ über die blols mechanische Verar-
beitung desflachses und Hanfes hier vollständig nadi. der Zeit-
folge gesammelt zu .finden; man erhalt. auf diese' Weise eine
genaue Eehntnils von *den FoFtscbri|ten der Erfindung. Den.
Anfang machen Auszuge aus einer,, wie' diese Proben beweisen,
vortrdßlichen Schrift^ Hausfabrik 'fiir »Frauenzimmer,' betreffend
die Linnenweberei, von /• A. A, MfSUjLer, 4785 ; der Verfasser
sprichltscho'n von den Nachthciilen des- Rodens ( Röistens ) , ^m^
pfiehlt statt desselben^ das Trocknen des an Stan^^en aufrecht
angelehnten Flachses und giebt ausführliche Anleitung, den. Flachs
dadurch zu verfeinern, daCs man ihn erst in einer sehwachen
Kochsalzlauge, dann, in einer mit Kalk atzend gemachten Potta-
schenlaage, hierauf* in Seifen Wasser, endlich in* saurem Molken-
wasser einweidit. (Ein ähnliches Verfahren Wurde durch BraB^
in Amieiu erst ao Jahre später bekannt gemacht. Landw*
i^eit. *i8o5 S. 43 1)* Lee erhielt fiir die Erfindung, vermittelst
4 Maschinen den Flachs ohne alles Rottc^n in Wasser oder an
der Luft 'ZU verarbeiten, iSi2 ein Patent mit besonderer Vei^-
günsttgung, das Nähere nicht .bekannt machen zti dürfen; doch
erhält man hier S. 5i einige Vorstellungen davon^ ffäl mid
Bundy gaben .1817 andere Maschinen an (abgebildet auf der
«. Tafel) und bemühten sich, Atttn Anwendung zur Beschäfti-
gung der Armen zu • empfehlen (S.-3o— ^57). Wie Christian, in <
Paris j ohne die Hill'schen Maschinen genau zu kennen, eine an-
dere Brechmaschine erfunden habe, wie Chcptaljlfermbstädt tund
DüigUr im £obe des neuen Verfahrens wetteiferten und die
Sache^ aller Orten grosses Aufsehen erregte ( S* 57 — 86), ist-
sattsam bekannt. Die Tafeln 2 — ^6 mit dem abgedruckten Auf-
satze des Erfinders geben eine ganz vollständige. KenntniFs der
Vorrichtung, zu der der erste Cedanke vielleicht von, der Krem-^
pdmaschine enllehnt sejn mag. Eine im' Herbst 18« 8 zu SchO*
Urslage bei Hannover errichtete Fabrik, in welcher ungerotteter
Flache auf Maschinen verarbeitet wird, gab Gelegenheit zu meh*
rerea Versuchen," die tum Tfaeile der Herausgeber selbst anstellte,
und^die, wenn sie npch nicht zahlreich genug scheinen kdnneiij
um ein sieheres Urtheil zu begründen, vvenigstens mit grosser
Genauigkeit angestellt und'beschrid>en sind. Ehen so sorgfältig
und verdienstlich ist die ^Vergleichung sämmtlicher früherer An-
gaben mit d^ Erfiinde jener Versuche« Reo mufs^^sich begüü-
gen , nur die Hauptresottate herauszuheben. * 4 ) Maii hat irrig
a38 Cellische Nachrtchten für Landwirthe.
behauptet, die getiröIinCicIie Behaoüitsg gtslie weniger flaclis, als
die Vembeitmig der ungeroctetea Stengel* auf Muchiiieii; der
Ertrag .ist m beiden ^Fällen bis «ur Hechel ungefähr 25 Proe.
n) Der ungerottete Fiaclis%t weder haltbarer noch sonst besser;
Bur den Vorzag hat er, l);ichter gebleicht werden zu können^
dagegen zeigt er sich spröder und hälter, und es stellt noch zu
erwarten, ob das zur Entfernung dieser Eigenschaft nÖlhige Ein*
weichen in Lauge dem bisherigen Rotten yoizüzieben sej. 3)
Die Kosten dieses Laugens sind ohne Zweifel grösser, als die
des.Rottens. 4) Lieber die Nahrhaftigkeit der Schaben des un-
gerotteteii Flachses für das Vieh fehlt es no(h an erprobten Zah-
lenangaben. Nach Brande sollen 6 % derselben so gut nähren
als i % Hafer; 5) Der Vortheil der neuen Methode, tltfs man
die Verarbeitung zu bequemer Zeit vornehmen kann, ist auch
bei dem Rotten anwendbar, welches keinesT^gs ndlhwendig so-
gleich nach der Ernte geschehen niufs; solchergestalt lälsC sich
auch ohne Schwierigkeit die Verbesserung bewirken, A\6 der
Leinsaamen durch längeres Liegen vor dem Riffeln erhält. 6)
Ungerotteter Flachs läfst sich auch mit den gewöhnlichen Werk-^
, zeugen verarbeiten, und die statt derselben empfohlenen Maschi-
nen können eben so gut zu gerottetem Flachse gebraucht* wei^
den* 7) Für die deutschen Bauern, w^che auf eine sehr vor-
theilha(te Weise Linnen •* Arbeiten mit dem Landbau verbinden,
wäre es höchst wohlthätig, V^erkzeuge auszudenken, welche nti-
gefahr' so einfach und wohlfeil, aber dabei wirksamer wären und
eine!n geringeren Abgang am Material verursachten, als die bis-
herigen. 8) Die vielfachen Verhandlnngeri über den Gegenstand
• haben zur näheren Einsicht in die Mangel des gewöhnlichen Rpt-
tens geführt; leicht bleibt der Flachs etwas zu lange im Wasser,
wobei dann die Festigkeit der Faseiii leidet, daher ist es rätk-
samer, die Wasserrottung früher abzubrechen, und durch Aus-
. breiten an dchr freien Luft , ( Thaurottc ) nachzuhelfen, r— Was
der Verf. dieses musterhaft gediegenen, an bedeutenden Bemer-
kftngen reichei) Aufsatzes aus den ihm bekannt gewordenen That*
Sachen ableitetet,, das ist unterdessen von mehreren Seiten genau
bestätigt worden. Rec erwähnt nur der, im 2. Bande der Jahr-
bücher des. polytechnischen Instituts in Wien erzählten Versuche,
die man in Frankreich, in Mailand iiüd Prag angestellt hat), und
aus denen sich die Unentbehrlidikeit einer 'chemischen 'Behand-
lung der Fiachsstengel ^ergiebt. Steht aber dies fest, so läi'st
sich kaum eine .wohlfeilere, Art des Verfahrens denken, als die
Rotte im Wasser und dann an der Luft. Der Gebrauch von
Pouascheolaiige und Seifenwasser ist jedoch in jedem Falle ein
t reifliches Mittel, den Flachs zur höchsten Feinheit zu bringen,
weil nur auf diesem Weise der leimarttge ( noch nicht näher uii-
Y.Pechnfimn fib» Wasser- u. StrassenbaüIaBaiefn, 289
lersttcbte) SioWf der die. Fasern aneinander Ucbc, ySäig besei-
tigt werden kapm Die Christian'sche Maschine hat in Frankreich
idbst noch keine rechte Anwendung gefunden. Für den BeCrid>
im Gross^en möchten die Maschinen, für welche Lee erst im
Jahr 1819 ein Patent genommen hat, noch die besten sejn,, be-
sonders die ate^ bei welcher nach Art einer Wasch* Mangea
gekerh.te Walzen auf einem gekerbten Boden hin und her gezo-
gen und (durch einen Kasten vol] Steine angedruckt werden, vobei
nach XreV Vorschlag erst kaltes, dann heisses Seif^nwysser zu-
(egosien werden kann (Polytechnisches Journal V, 2, 367).. .
S.£. F.
'"i
1
Münehen 48 ^9» üeber den frühem und den gegenwärtigen Zu^
stand des Wasser -* und Strassenbai^es m Königreiche Bai^
tm. .Von Hmikm, FüSiasKAU' y. Pechmann , königl. bair.
Oberhaurathe u. Ritter des MiUtär^Max." Joseph ^Ordens.
München b. Lindauer. 436 S^ in gr, 8. 54 kr. « •
»Uine Erfindung oder Verbesserung, die anderswo (in so man«
ehern teutschen Staate ) oft kaum Aufmerksamkeit err<?gen wiirde,
verschafft in England Ehre und Reichthum; und .in Frankreich
wurden die ausgezeichnetsten Techniker, wie Frangois de. ffeuf-
chateau, Fowtrojr, Parmentier, Chaptal u. a. zu den ersten
Würden im Staate erhoben, die in andern Landern es etwa bis
zum ersten Commis in irgend einer Fabrikanstalt oder höchstens '
his zum Professor der Chemie an einer Universität gebrächt hat-
ten* Daher hat auch die Industrie dieser beiden Staaten
(England und Frankreich) sich beinahe alle kultivirten Länder
der Erde mehr oder weniger zinsbar gemacht, wahrend wir un-
sere müssigen Hände kaum mit der Erzeugung unserer eigenen
Dothwendigsten Bedurfnisse ^u beschäftigen vermögen. Welchen
Antheil an dieser erzwungenen Uuthätigkeit auch immer die po-
litischen und andern' Verhältnisse. Deutschlands haben mögen;
aoen sehr grossen hat .unstreitig die bisherige Nichtachtung der
technischen Kenntnisse,, und der Vorzug, den jnan andern Kennt-*
nissen von viel minderen oder gar keinem Einflüsse auf die wicli«
tigsten BcdMrfnisse des menschlichen Geschlechts, oder auch nur
der Fertigkeit giebt, die in den drei Vorderiiogern der rechten
Hand liegt.« Gerne theilen wir diese aus der Vorrede der vor-
liegenden Schrift genoimmenen VTorte mit^ vveil es möglich ist,
i^ sie als Saamenkörner von hier aus auf einen liicht aller
Fruchtbarkeit beraubten Boden fallend noch einige Fruchte brin-.
gen können. . Es sind höchst wichtige Worte, die, wie meistens,
9^o T. Pecliniaiin üb. Wa^ser^ u. Strasseiibau in Baiern
.....*.. • . . ...
an eiaer Stelie tfehen , wdcYic gerade Ton defM« , velcheo sie
gesdiiieheD sind, am wenigsten besacht wird. Dochgkubeir wir
noch' bemerken x^i müssen^ dafs die Nichtachtung fechnischei^
Kenntnisse in Tealschland keineswegs d^r 'Nation vorgeworfen
Mrerdec darf. Eine nähere Erörterung könnte eine Predigt vef
anlasseh, in der unser ^ Verf. d*en Text vörgeschridieii bat^
Die Anlegung der Strassen in Baretn unter Max Jotopb
nennt der .Verf. als* die ersten in Teutschland, die dinn ffeükh
nf^ch sehr unvollkommen ausfaHen mufsten. Die ünvdllkftftitfiefr-*
Gleiten werden angegeben, und es wird bemerkt, dafs soh^e auch
noch jefKt durch fehlerhafte Yerfugunj^en von der Regierung wie-
der herbei geri^fen werden können.^ Ungeachtet, sagt der Yerf«,
der alleuthalbeu sichtbaren nachthetligen Folgen der Erbauung
und Eiji.ahung der Strassen durch Menschen, welche ganz und
far keilte Kenntnifs davon besitzen , giebt es doch immer noch
.eute, welche das Heil des Strassenbaues in Aufhebung der Strat»
scnbauinspectoren^ urfd in Verpachtung .der Strassen oder ite IJe^ «
bertraguDg derselben an die Landgerichte suchen, c . Der Zeit-
punkt i-ev Auflösung der Generaldirectiön und der Anfang ei-
ner neuen Epoche, in dem Wasser- und Strassenbaue Baierfis
fallt nach dem Verf. iiis J« i8i8, und es ist meikwurdig, dafs
er von diese^a Zeitpunkte an für die Bairis^hen Strassen zugleich
die Epoche d^r Besserung rechnet. »Eine Strasse A^ti selbst in ge^
burgigen Gegenden keine Steigungen enthalten, welche den Fuhr-
mann zur Anwendung einer Vorspann zwingen; lin blos hügelir
gen Gegenden aber sollen jene nur so grofs sejn, dafs man die
vollen Ladungen , welche man auf ebener Strasse fuhren kann,
mit deir nehmliciien Pferde -ZahF, wie wohl, etv^as langsamer,
darüber wegzubringen vermag.« Der Verf. unterscheidet hi^r
zwar gebirgige Gegenden von Mos hügeligen, aber jeder Leser
wird mit uns die Bemerkung machen, dafs seine Forderung für
beiderlei Gegenden nur eine, und dieselbe ist^ denn der Fuhr-
mann soll in. beiden Fällen seine Ladung ohne Vorspann fort-
bringen. Der Erinnerung, dafk. Umscbaffung vorhandner fehler'«
hafter fassen und ihre, vollkommene Einrichtung zu grosse Ro-
sten machen würde, ist unseres Erachtens in cmer Sclirift, wo
es auf BMeiftehtung und Kritik des Bisherigen abgesehen ist, was
dann auch mit dem guten Rvfe und der Ehre früherer Directorea
in genauer Berührung steht, zuV^berflächlich begegnet worden,
wenn der Verf. sagt: 3auek der ärmste mStaOi ist jUr nützlichen
Aufwand nicht zu arm^M, Deim altes Nützliche kann kein Staat
erringen, weil alle Staatskräfte beschränkt sind; es bleibt also
immer die Frage übrigj was unter degi vielen Nützl|^hien das
Wichtigste, das Nothwendigste sej. Seht" viel Gutes in einen
.StaiUe hängt \oti guten Stras^n ab, aber nicht üdUs.
^= *^' , Heidelberger ^^^S,
1'^'
Jahrbücher der Literatur.
• *
. <M. -^ * i
Ä f'* Pechm^jkk^ über fFasjter^ und Strtisseßlaä in Bcaern^,
{its ch lufs.) ' ;
I' ' • ■ ' ■ ' '"
n dieser ß^leuditang gl^t übrigens der Yfcr&bedeaCcfnifeVorthritei
an, die durch vollkommene Strassen tfaeilweise im Kofiigrelohe'
verscKafft werden könnten* Mit .Recbt eifert er gegen das En«*)
treprisesjstem. Ausser mehreren von ihm genannten noch feli-^
leuden Hauptstrassen, bringt er noch vorzüglich den Mangel an*
Vicinalstrassent xur Sprache. Reine Verordnung, sagt er m (Be«^>
zug auf' Strassenbau sehr richtig, vermögenden Landgerichten die*
dazu erforderliche Fähigkeit 'zu geben, d. h. mit dem Titel er«'
nes Directors auch Diredorskenntnisse zn verleihen* . Gleich vroht
^vird häufig g^nug dageg(^ gesündigt, hicht bldsbeim Strassen«*«
bau, sondern selbst bei dien wichtigsten Fabrik -^u.: Land esanstal^^^i
Der Brückenbau ist für Baiern ein höchst wichtiger Gegenstand, dan
mehr als 60 über theils schiff-^ tlieils fioibare Flüsse führeilde:
Haaptbrücken vorhanden sind* »Der Geh. iL v* .Wiebeking,
sagt der YerR hat vor ^einigen Jahren angefangene^ ^tt f der ge«
wöhDÜchen JochbrücluinL andere (die Bogcnbrücken ) mit aoö.
bis 200 und mehr JFiU!sti9lieiten Oefhungen, um sie vor Beschält :
digungeo. gegen das £^ bu sichern, zu. erbauen, allein man fandi
sie, wie aJle Constructionim (dieser Art,, zu sehr von derfaiex'>
vorzüglich zweckmässigen Einfachheit entfernt, zu sdiwer zu er«i
lialten und auszubessern,.. und daher. zn kostbar*— und mauka^n.)
mit ziemlicher Gewifsheit .voraussehen,' dafs in wenigen Jahveu:
von allen diesen Brücken nichts mehr übrig sejn könne, als das^
AndeDken an dieses kostbare Experiment der Baukunst.« Wir
müssen dem Ycrf* Wahrheitsliebe und Einsichten genug ^utrauen^
^m hierüber richtig zu\ urtheilen. Wenn indessen, -wie der Ver£».
ausdrücklich erinnert, die. meisten dieser Brücken^ auf die von
^iebeking seinen Ruhm, bauen wollte, jetrt schon in einem so
i'ettungslosen Zustande sind, dafs sie ganz n^ erbaut werden
müssen y was .allerdings, sehr gegen diese ' Bi^ücken spricht, so*
^ann diese Erfahrung doch keiüesviregs so geradehin' als Bewei»
^n fthkrl^qften Canstruction gelten, und noch weniger gegc«
^iebeking als Beweis begangener Schnitzer gebraucht werden «
Wer die Construction. tadelt, muft die darin liegenden. Feblef
16
ai2 V. Pechmann üb. Wasser- u, Strassenbau in Baiern.
bestimmt anzugeben wissen und sie wirklicb angeben; vermag er
dieses nicht, so liätte er dieselben Scbnitzer begehen können; nur
Mangel an gleicher Erfindungsgabe und an gleichem Muthe, nicht
ater grossere Einsicht schützte ihn dagegen; es träfe ihn das
bekannte Ex eveutu iudicare etc. Uebrigens ist die Schwierigkeit
4er Ausbesserung allerdings eine Folge der Coruiruction, und
wenn der Verf^ in iieser Hinsicht die Conslruction selbst tadelr,
so läTst sich nichts dagegen sagen^ Aber die häufigen Klagen ge-
gen die Wiebekiugschen Bogenbriicken betreffen unseres Bedün-
kens eigentlich nicht diesen Umstand , sondern den, dafs sie so
frühzeitig Deformirungen leiden und in so kurzer Zeit Ausbesse-
rimg^n bedürfen. ' Uet Veti^ empfiehlt dagegen dre Bbgenhang-
werksbrücken«. Zu den wessentllchen Verbesserungen ^es Brü-
ckenbaues in Baiern rechnet er den seit einigen Jahren einge-
führten Gebrauch des aus Holzwürfeln bestehenden Pflasters, und
die Abkürzung unnothiger Brückenlängen. Jetzt kommt der Vf.
zu des verheerenden Angriffen der Flüsse, Bäche und G^rgs-
Wasser im südlichen Bai^rn, denen. sich noch die Eisgänge und
ir«rderblichen Eisstopfuugeu beigesellen. Durchstechuugen und*
Beschränkung .der Flüsse auf ihre' Nortoalbreite sejen hier die
vorzsglichsteh Hülfsmittel. Er mifsbilligt die gäfazliche Aufge-
bung der von ihm beschriebenen Uferarehen in Baiern, wofür
man. ohne Ausnahme den Faschinenbau eingeführt habe. Von An-
griffen der Donau und des Rheins in baierisch«n Landen , auch
nothigen und, zujfa Theil schon ausgeführten Bauten an diesen
Stromeft; itisb^oiidere von dem grossen Gewinn, welchen der
Dämmenbau aoi Rhein verschafft hat uadnaoch verschaffen wird.
So auch vom Maine, dessen verderbltokcu> Angriffen und desfalls
\ nöthigen Bauten. Dabei erklärt sich der Vetf. für die notbwen-
dige: Abänderung des Gesetzes, nacK welchem jeder Staatsbürger,
dessen, Eigenthum in Anspruch genommen wird, die Nothwen-
digkeit des' Anspruchs widersprechen und durch drei Instanzen
^seine Beschwerden fortsetzen darf. Aber die Befugnifs, solche
Gesetze fvieder abändern zu dürfen, gränzen nahe an die Be-
. fttgnTrs, über das Eigenthum des Staatsbürgers nach Willkühr
disponiren zu dürfen^ und ein^ Urtheil über diese Befugnifs liegt
ausser der Sphäre einer solcheu Schrift. Es folgen nun die Ar-
beiten am Inn, an der Iscw, der Salzach und derlUer. Dabei
gedenkt er der Schiffahrt, durqh deiien gleichzeitige Beförderung
zugleich die Kosten anderer Flufsbauteu wieder- vergütet, wer-
den. Er betrachtet in dieser Hinsicht den Rhein j die Donau,
den Main, den Inn, die Salzach j eineU Theil der frankischen
Saale und der Redniiz, die yHs im Ober -Mainkreise und die
Na€Lb* Die Ufeir des Main's sejen leicht zu erhalten, weil er
langsam fliciscfi nämlich aar' 3|^ in der Secuhde. Dieses ist
/
vvPedimann ük Wasser-* u. Strassenbau inBaiern. 24J
al)er eine schon tiemlich bedeutende Geschwindigkeit, die Flässed
im flachen Lande nur selten zukommt. Als Hindernisse der
Schiffahrt werden mehrere Brticken genannt, wie die von Re-^
gensbur^ und Straubingen. Bemerkens werth ist die hier be-^
söbriebene Schiffahrt auf der fTüfj^ fflr deren höchst vortheilhaftfi
Verbesserung def Vf. 3oo,öoö fl. fordert. Jetxt vermag eiit
Pferd kaum 50 Centnef ' stromaufwärts zu ziehen , obgleich äi^
Geschwindigkeit des Flusses nirgends trbei^ a^ .beträgt. Der Schif*^
fahrt auf^ der Rednitz stehen die in d^ (regend von Erlangen aü
derselben angelegten viele Schäpffädex' sehr iin Wcfge; dieser
Nachlheil werde durch das vom Mdbermeister Muhzer in Er-s
langen erfundene neue Schöpf rad fs; Kurist- und GfevV^erbblatf
des polytechn. Vereins in Baiem. VII. Jahrg. Nr. 63 S. 275 )
zwar vermindert aber nicht ganz beseitigt.^ Es folgen iiuii Be<^ .
Schreibungen von Trifsanstalten ( zum Flözen des Brennholzes ) '
mit Bemerkungen über dabei nöthige Verbesserungen. Die Schiff-^
barmachung des Regen wird sehr empfohlen. Der Verf. kommt
nun auch auf die Gestaltung der Schiffe und vergleicht di^ Do*
niauschiffe mit den weit voUkommn er en Rhein- und Mainschiffen ^'
Ohne Paradekenntnisse iirtheilt er hierüber sehr richtig udd Vf^eifs '
die vorhandenen Erfahrungen gut zu benutzen^ Aus allem er-«
hellet die bisherige grosse Vernaichlässigüng det Schiffahrt iii '
Baiern in jeder Hinsicht, und mit Recht fordert der Verf.j däft
Verbesserungen der Art immer von der Regieruiig ausgehen miis-^
sen. Jetzt folgt ein Ueberblick des Vielen^ was in Bezug auf
Strassen und Flüsse in Baiern noch zu thun ist^ v^obei daän auch -
die Hülfs^ellen erwogen werden. Als Gegenstände der Aüs^
fuhr nennt. er Getreide, Viehß Wein,, JtolZj Salzj Gtasj Lem*^
wand. Eisen und einige andere von minderer Wichtigkeit.—^
Dabei Klagen über Abnahme und zum Th eil enistehetidd Unbe*
deutenheit; die aus dein Beichthume von Kochsäh hcrtotttötendc?
Quelle des Nationalreicbthums yrtrde durch dici irf äef G^geüJ
Ton tt^impfen am Nedcar n^entd'dckted ttgiehigifi Satz^ueUen
(eigentlich SteinsalzlagerJ auf jsine bedeutende Weis^ l^ei^min-
dert. Jetst hätte der Verf/ auch den dtirch die Fortuna so sehif
begÜQstigteti Fond von Steinsalzlag^fu iti den Ümgebungetf voitf
VilUogeii am Schwarz walde nennen k(tnnen^ VtTerin die geschil^
denen nachtheilige Umstände tiocii lange dauefn sollic^Ä, so xüüss^^
meint der Verf.^ Celdmärtgel und Ai*müth allrnählig' bis zu ühäm
furchterlichert, Gradä zunehmen^ Wif können ixtiSf ohtie jedäcU
den Einstchten des Vetfs; und üö vieJ^f Abdcfret zu iiahef ttetetf
zu wollen, von det lli<^ht%keit diesef fast gan:^ aUgc^tiieiä g^wbt-
denen Klage ^ nicht übers^eugen, insofern vofit def Abhähme' A&it
Geldmasse im Ganzetk die Rede ist. Wit' dürfdtf nicht sehf v^eif
CRec. nur bis in seincf Jtfgeodjähre) zutdckgchen^ um den Zet(^
^44 v.Pechmaun üb, Wasser- u. Strassenbau in Baiern.
«
punkt XU finden, wo * 0,000 Familien von mittlerem Stande zu ihrer
Subsis.tenz wenigstens' i Millionen Gulden baares Geld weDigertio-
tliig hatten als jetzt. Daneben flössen damals noch Quellen, die jetzt
kgum mehr träufeln. Man denke an die Bisthümer, Abteien, Prälatu«
rpn, Klöster, Ritlersitze etc. aus welchen Aufwand aller Art die
öeldms^sse in Umlauf brachte, von der -'dann ein bedeutender
l!heil dem Handwerker, dem Stadter, dem Landmanne und überr
haupt derjenigen Klasse zuAofs, der es jetzt zu ihrer Subsistenz
SP sehr felilt. Au die Stelle ^iev Gastfreiheit, der Liberalität,
der Baulust etc. ist Engherzigkeit, Knickerei, Bauscheu ,etc. ge-
treten. Hier ist der Ort nicht, mehr noch zu. sagen und tidfer
ins Detail einzugehen. Aber gewifs ist, dafs durch die vom Vf.
bis hierhin vorgeschlagenen Mittel, die allerdings die Aufmerk-
samkeit der Regierung verdienen, jenem Uebel der Verarmung
upter den unteren Stanä^n nicht abgeholfen werden kann.- Er
kjommt daher jetzt auf die Nothw^ndigkeit einiger Unternehmung
gpn yon grosser Bedeutung, deren Wichtigkeit für Baiern sebr
einleuchtet : die schon oft gewünschte f^erhindim,^ der Donau mit
dem Rheine, und die er&t von ihm vorgeschlagene dej Maines
mit dpr Mieser, Erlpgt die mit solchen Veranstaltungen ver-
bundenen, unermefslichen Vortheile vor A.ugen, geht in Bezug
auf hjdrotechnisdie Möglichkeit zicmlicji ins Detail, und sucht
die 'anscheinenden Schwierigkeiten in Bezugs auf den erforderli-
chen Geldaufwand zu . beseitigen t— alles mit grosser .Umsicht,
auch mit grosser Belehrung in Bezug auf ähnliche Unternehmun-
gen , in andern Staaten. Man findet Gedanken und Erinnerungen
eingestreut, die zv\ar aus vorhandenen Verhältnissen ohne tiefes
Studium, auf eine sehr natürliche. Weise absreleilet werden, aber
umsomehr Finan^m^nnern empfohlen werden müs^n, die vor lau-
tei: J^äumen den Wald nicht sehen, und in Spinnengewebeu das
Staatswohl begründen Wir vvoUeu nur eine dieser einleuchten-
den Wsfhrheitcn hersetzen, die in ihrem ganzen Gewichte aufge-
f^st einem Staate wichtiger werden kann, als eine halbjährige
Predigt über vorgeschric3)ene Texte aus der Finanz- oder Staats-
yerwaitungskunde <:Wissenschaft!): »Eine der nachtheiligsten
"Wirkungen des Stockens des Handels und deröewerbe in Deutsch-
land, sagt der Verfi, ist der Uebergang des Geldes aus den Hän-
den der zahbreicHeren arbeitsamen Volksklassen in die Hände ei-
niger Reichen. — - Daher (weil die Reichen nicht wissen, wie
ihr Geld anlegen) finden die Anlehen in Deutschland so glück-
Jichen Fortgang, dafs mau dieses Land, ungeachtet seiner immer
zunehmenden Verarmung für das Peru der alten Welt halten
sollte« Hat doch ein einziger Speculant mit Staatspapieren bin-
. nen kurzer Zeit grössere Summen aus Baiern gesendet, als die
Verbindung der Donau mit dem Rheine gekostet haben üvürde.
Heinroth Lehrbuch der Anthropologie. a/j5
Dadurcli yerscWinden allmähli^ für die Belebung des Gewerb*^
fleisses und selbst der Landwirthschaft nötbigen Kapitalien, und
vorzüglich mufs die Verarmung der untern und nutzlichsten Volks*
klassen schnell vollendet werden. Die Verwendunnr des noch iia
Lande befindlichen disponiblen Geldes im Lande selbst für alN
gemein nützliche Unternehmungen, und auf eine Weise, dafs es
Tonuglich in den untern Und ärmern Volksklasscn verbreitet wird^
würde eine höchst wohlthatige Mafsregcl seyn, und welche Üii-
ternehmungea sirid mehi: und vollkommener dafür geeignet, als
gerade die, ivelche der Gegenstand dies^^r Schrift sind. Immer
haben die weisesten Regenten gerade in Zeiten,' wie dif gegen-
vrärtigen, grosse Unternehmungen dieser Art als Hülfsmittel an-
gewendet, den gesunkenen Wohlstand wieder herzustellen etc.4
Gegen jien Vorwurf, welchen Manche, die nach der Tagesord-
nung über Sachen urtheilcn wollen, von denen sie keine Kennjt-
nifs haben, dem Wasser- und Strassenbau in Baiern haben ma-
chen wollen, dafs er zu kostspieh'g betrieben werde, macht er
nebenbei die Erinnerung.,^ dafs das dabei angestellte Personal iii
andern Staaten, wie in Oesterreich, Baden u. ,a. drei und viermal
(verhäUntfsmässig) zahlreicher sey. Zum Beschlüsse folgen noch
einige neuere Anordnungen in Bezug auf Administration und au^
Bildung tauglicher Sübjecle. . Das kleine Werkchcu schien .un$
durch seine Reichhaltigkeit zu diesier umstsuidlLchea ADzei|;e aaf-r •
zufordern. v
Leiwbuch der Anthropolof^ie zum Behuf akademischer Vortrage
luid zum Privatstudium nebst einem Anhange - erläuternder
und beweisfiihrender Aufsätze von Dr, Johann Cant^TiäV
August Hejürotu , Professor der psychischen Heilkurtd^ '
an der Universität zu Leipzig etc. Leipzig ^8fi9, bei Friedr.
Christ. fVilh. Vogel, gr. S* 474^' * Rthlr. ai ggr,
^Ju einer Zeit, wie die jüngste, wo der besonnenere Theil der
Piiiiosophen die unhaltbaren , in die Luft gebauten Höl%en deir
Specalation freiwillig wieder verlaust, und sich in die Anthropo-
logie, als einen zv^ar weniger sublimen, aber von Natur 'aus fer
Stern Punkt , zuriickzicht und diesea bis jetzt unansehnlichen
Punkt selbst, die Anthropologie nämlich, mit plastischer Kraft zu
eioem immer grossem Kreis, der den Kern ächter Philosophie
enthalte, auszudehnen sucht ^ —* zu einer solchen Zeit mufs alles^ .
>▼»» auf Anthropologie Bezug hat, lebhaftes Interesse erwecken,
das niü so hdher seyn wird, wenn die neue gelehrte Erscheiiiu»»"^
>on einem auerkaimt originellen Denker herrühit. Dafs sich die
V.
\
/*
^i^Q Heiuroth Lehrbuch der Anthropologie.
yor uns liegende Schrift 4areli Neuheit der Ansiebten npd etnen^
fanz eigenthümlicheo Gehalt aosi^eichne, i^ikiüt bürgt schon der
[ame des Verfassers. Eine umständlichere Kecension findet da«
her in eben der eigenthündichen Art des »u recepsireaden Werks
^hre Entschuldigung,
Nach der Eipleitung, irelche i) den Begrifi^ Inhalt, Einthei^
lang der Anthropologie, a) die Methode derselben, 3) den wis-
senschaftlichen Standpunkt und Wurde, 4) die Geschichte und
I^iteratuf dcrsejl^en enthalfr*^ zerfallt d^s Buch in %vvei Th^ii(^
Der Anthropologie, Erster Tkeä,
Von den Bedingungen des menschlichen Dasejrns«
' istet Abschnitt, Vom leiblichen Leben«
Hier wird unter andern eine neue Ansicht der Entstehung
ynd Ausgestaltung des MenschengebUdes im Mutterleibe aufge-
Ifellt, die wir einer nähern Prüfung zu unterwerfen haben.
Der Verfasser verwirft die bisherige Ansicht von materieller
]3asis der Bildung, d* i« von eiuem Rudimente des Embryo, von
' cinen^ praformirten Homunpulus, und meint, da vor. allen ent*
Ißtandeneq Gebilden Etwas vorauszusetzen sej, aus dem diese
^nt^tehen, dals dieses Etwas nicht blofs ein nichtssagender Stoff)
|ondern zugleich eine gesetzlich thatige Kx^h sejn müsse , die
auf das genaueste mi( dem Quell aller Gesetzlichkeit, der Idee^
>!tusammenhänge. Er nimmt daher eine ursprünglich bildeDde
Kraft an, die den Typus der Gestaltung in sich und die Gestalt
^n das ursprunglich Ungestaltete nach und nach durch Metamor-
phosen übertrage; — ' einen unsichtbaren Gtundtypus, welcher
aber nicl^t in einer materiell praformirten Gestalt bestehe, son-
dern in de^ gesetzlich bildenden Kraft als Totalität von BiU
4ungsgesetzen liege, Die gan7;e GestaUupg, Gliederung, Organi-
sation de^ (^nnfi^igen Gebildes n^ns^e in der bildenden Kraft ver-
bpi^en liegen, Es müsse ihr folglich die Verfahrupgsweise bei
ihrem Bilden vorgeschrieben seyp; in der Bilduqg^kraft müssen
demnach Bi]dungsr Gesetz^ liegent Nun sey die zu erzeugende
Ißildung ein Convolut organischer Systen^e; es müss^e also in der
bildenden Kraft ein System von Bildungsgesetzen liegen, welches
f,ich auf die Einheit d?s kijnftigen Daseyns beziehe; ohogefalir
vvie dem Gebäude der Rils des Baumeisters.^ den» Gemäldq die
Idee des Künstlers ^um Qrunde liege« Vor der Entstehung des
MenschengebUdes niüsse also in der bildenden Kraft gleichsam
ein Abrifs, Entwurf, Schema, eine ideelle. Construction enthalten
seyn. Alle Entwicklung im Räume geschehe in seitlicher, Auf-
einanderfolge oder stufenweise. Die verschiedenen Thäugkeits-
fnomente der bildenden KrUft könne man Schopfungsact.e nennen,
. Udnroth Lehrbuch der Anthrcfpologie. ^4/
kdem alles im Bäamo unä in der Zeh Werdinäe al^ Solches'
in der That geschaffen werde. Dergleichen Schöpfuiigsacte, wox^
ans endlich das Mensch engebilde im MutierleiDd hervortrete, zShlt'
der Verfasser sechs. Ob im röjstischen Sinüe, als zusammentref-
fend mit den sechs Sbhopfungstagen der Welt? hat er dicht'
ausgesprochen.
' Erster Schdpfnngsacf: Entstehung des Eies. Die wei(>]ichtt
Eossigkeit als Bildubgsstoff, als flüssiger Kelin der zu bildenden
Gestalt, werde von der' mSnnlicheii , als dem Erregan^sporincip
der Bildung, räumlich umfafst und eingeschlossen; indem die!
mannliche' Flüssigkeit zur Form der Ei -Hülle gerinne. Da^
evidutn entstehe, dessen Reizpol die Täterlicbe lldlfe, dessen "R.er
actionspol das von der Hülle eingeschlossene mütterliche plasii-
sche Tröpfchen sej. Beide erregen sich gegenseitig. Das erstd
bildende Organ sej also die Eihaut ^^ wir Wufsten durch ßichat;
urelche Dignität die Hüute^haben. Dieses erste Organ er^eng«^
aber — nicht den Menschen, sondern n^r andere Bildende ^Ot*^
gane, das Kopf-, das Rumpf- und das Darm-*lBläschen.
Nämlich : ,* . .\
Zweiter Schöpfnngsact : Entstehung der ersten Rudimentif
der Frucht. "Wie die Hülle, erregt vom plastischen Stoff, den
sie umschliefst, an' Kra^t, Umfang und Reizyermögeii Wachse, so*
wachse auch ^ erregt durcb den ))lastischen Reiz der Hülle ,' diö
Fähigkeit zur Gestaltung in der Flüssig&eit des £ies. Sie trete
>us ihrer ursprünglichen Einheit und Ungesbndernheit in' dne
Sonderung von Urbildungen auseinander, die zusammen ein Gan«
zes aasmachen und die Brennpunkte der künfti^et^ Hauptheerde
des Lebens scyen, nämlich des künftigen Kopfes, Brust vfnd Ua «
terleibes; vor der Hand nur drei zusammenhängende häutige
Säckcheu, jedes mit besonderer Flüssigkeit, dem plasftischen Stoffe
für die kütiftigen Organe, erfüllt, deren Entwicklung von der
Erreguujg der sie umschliessenden Bildungshäötchen abhangen.
3ter Schöpfnngsact; EiAstebuhg der Nabelscbuur und des
Mutterkucbens.
4ter Schöpf ungsact : Ausbildung det ersten L6bensheerde
der Frucht.
äter Schöpfnngsact ; Ausbildung det Soj[>fes;, Kampfes und
der Extremitäten.
6ter Scböpfungsact : Empfikidungs-^ und BeViregungsteben de/
Frucht.
Wir können die einzelnen Momente dieser letztem Schö-
pfungsactc nicht mehr in Kürze ifeferiren, indem die Combina-
tioiren in steigender Progression vielfacber werden, und bemer-
ken hier WclTs, dafs der Verfasser gezwungen ist, im 4ten Schö-
pfuiigsactc di^ Entstehung und Bildung des' Gefäfssjstcihs nithit
^48 Hemroth Lehrbuch der Anthropoiogiq/
mehr YOQ Einem ' Iffitulpunlcte. aa$y äei^ B,pnefi^ sondern vo^
yerscliledenen Paaktea ausj dem Kopf-, .Rumpf- nnd Batrinbläs--
cHen geschehen xu lassen, so d^fs die vom Herzen au$' eimpros*
»enc Gefässe mit den vom Kopf- und Darmbläschen, aU aus
eben' sp. viel Lebenskeimen hervorbrechenden Strahlengeflechten
von zarten Gefafschen einmüiideu sollen.
Unstreitig hat der Verfasser vielen Scharfsinn auf die Aus-
i^ildüng dieser Theorie verwendet, der zumal im 3leu Soljöpfungs-
9Cte aufs glänzendste hervorgeht. Nichts dcstoweniger mochte
B^ecepsent diese neue Theorie mehr für eine siunreiclie Erfindung
eines glücklich combinireuden Kopfes als für eine tiefsinuige Eni-
^eckupg einer Natura ahrbeit. erKlärcn. Vorerst fragen wir den
Verfasser in Hinsicht auf seine bildende - Kraft als Grund unse^
rer leiblichen Gebilde: ob sich Kraft denken lasse ohne Stoff?
Schwerlich! Also ist doch der Stoff bei und nach der Zeugung
inehr nur als nichts sagend. Ferner; ob sich ein Ur-tjpus,
fine Totalität von vielfachen Bildung^kräften und Gesetzen den-
ken lasse ohne F'ielfachheit des Stoffes selbst? Eben so sbhwer!
jUso muls doch ein vielfacher und als solcher präformirter Stoff
angenommen werden, dals diese innere Gestaltsverschiedenheit des
Stoffes bald nach der Erzeugung .den seh wa dien Sinnen desSeo-
|)achters nicht wahrnehmbar ist, möchte keinen Grund abgeben,
4ie matiiriell praformirte Basis des Embryo abzuläugnen^ da un-
sere entwickelten Sinnwerkzeuge selbst etwas erst durch Zu-
wachs, des äussern Nahrungsstoffes Hervorgegangenes sind, und
4arum ebenfalls nur das durch Nahrungsiuwachs Hervorgegangene,
liicht mehr die einfachem Urgestaltungeu im Reiche des Micro*
hosmi wahrnehmen können (wie Reoccsent in, der Reccnsiou der
üS^assischen Zeitschrift für psychische Aerzte im vor; Jahrg. die*
«er Blätter näher auseinander- gesetzt hat ). - Freilich mufs der
materiellen Basis des Embryo, dem präformirten Homunculo eine
thätige Lebenskraft inwohuen , sonst wäre die Basis mechauiscb
pnd der ffomuncufus ein Leichnam, Das aber wollte man ''nie
Jäugnen, auch nicht im veraltetsten Compendium der Physiologie«
^ur aber die RoU^ des vorhel-rschenden und weisen Baumei-
sters, die Deim Verfasser die bildende Naturkraft, spielt, i'iberlieis
man Gott. Woher weifs wirklich der Verfasser^ (im aten Schö-
pfungsacte) dafs das im Offulo eingeschlossene mütterliche plasti-
sche Tröpfchen eine ursprüngliche Einheit und UngesondernAeit
besitze, aus der es nachher in einp Sonderung von Urgebilden,
die vorher nicht präformirt da waren, .auseinandertrete? Kann
er sich selbst sagen, dafs er diese Einheit und Uugesondernheit
gesehen habe? Aber wie mau diese nicht wirklich erwiesene, ja
vielmehr unwahrscheinliche Einheit und Ungesondernheit des pla^^
itischen mütterlichen Tröpfchens aufgiebf, so wankt die auf p«-
_y
L
Hdoroth Lehrbuch der Anthropologie. 24 j>
iarisclite Wechselwirkimg der Bildungshaut und des enthaltenen
plastischen Stoffes gegründete Theorie des Verfassers.
Sie yirankt aber auch noch von einer andern Seite her. Der
Verfasser läfst zu Anfang dieses zweiten Schöpfungsactes die vä«
terliche Htille^ erregt vom plastischen StOFfiFe, den sie nmschliefst,
an Kraft, Umfang) und Reizvcrmogen wachsen; und inufs sie
wachsen lassen, son^t bliebe alles Stftlstand; auch ist dies Wach^
sen derselben Thats&che. Um nun hier beim blofs Materiellen
stehen zu Bleiben, so entsteht die natürliche Frage: Woher das
Wachsen der väterlichen Hülle an U/nfange? Dieses kann dock
nicht statt haben ohne E/näkrung d^r Hülle. Woher nun diese
Ernährung ohne noch ernährende Organe j ohne noch prSformirie
Ljmph- Gefässe? Dies Wachsen an Umfang und Kraft mit ei-
nem blofs krjstallinischen Anschiessen erklären wollen (was der
Verfasser nicht thut) wurde nictits erklären ; es ist hier von Le«
bei), von Entstehung de% Menschen die Rede, nicht von Bildung
eines Salzes oder eines Schneeflockens. Wir sehen also das Gei-'
heifflnifs der Emptigung und Bildung des Menschen in der ver-
borgenen Werks!ätte.,der Natur, hier im aten Schopfungsacte, im
Wachsthum der väterlichen Hülle, wieder erscheinen. Das Rath«
sei des Lebens Üieht neckend vor dem Scharfsinne des Forschers^
verbirgt sich scherzend, und tritt spottend in anderer Gestalt un-
vermüthet wieder auf, niemals zu ergreifen. Wir meinen, so
gcheimnifsvoll die Entstehung des Menschengeschlechts überhaupit
1)ieibe und so ihaniche natürliche Frage über den homunculus
Adam nur durch Zirkelschlüsse beantwortet zu werden vermag; so
auch bei der Entstehung des einzelnen Menschengebildes in Mut*^
terlcibe. Wie kommt es denn, dafs der Verfasser, der einem
jeden Aederchen seine Entstehungsart anweist, die Entstehungsweise
von Knabe öder Mädchen so ganz mit Stillschweigen tibergeht?
Das ist doch ein Hauptumstand, worauf Temperament und die
ganze Richtung des künftigen psychischen und physischen Zustan-
des ruht,' und mufs doch wohl schon im iten Schopfungsacte be-
' gründet werden : vielleicht je nachdem die männliche oder weib«
liclie Flüssigkeitr die Oberband gewinnt und zum Reizpol oder
zum Reactionspol im oi^ido wird; Sifabula vcra.
Der Rest dieses iten Abschnittes beschäftigt sich, in eigen-
th ämlich er Daf Stellungsart, mit der Theorie der* Gliederung , des
Zu^aoämenlianges' und der Beziehungen des organischen Lebens,
nod Schliefst mit der Betrachtung des leiblichen Lebens als Ba-
sis, als Hülle iind Entwicklungsstätte, nicht aber als Princip oder
als Grund und Ursprung des psjchiischen Lebens.-
«" . ' •
ater Abschnitt : Vom Seelenleben.
Die psychisch so wichtige Geschichte der Entwicklung der
atio
Heiaroth Lehrbuch 3er Anthropologie.
(Gefutilfey Sinne tod Triebe des Nc!nglBbon>eii bis zlir Vorstellung
und endlich bis zur Steigerung der Vorstellungen uiiii fiewiifst-
«ejn in seinen drei Stufeq, dem Welt-, dem Selbst- und dem
Vernunft -Bewnfstsejn, ist, wie sie hier in §. 47 und den fol-
^endeU aufgestdlt ist, ein unubertreffliehes Meisterwerk tief auf-
gefaßter Und treu gegdbener Naturschilderang, in welcher sich
•gleichsam die Rudimente T9b Gemüth, Geist und Wille, wie in
einem psychischen £mbryo entdecken lassen. Diese — hinsidit-
lieh der Wahrheit, welche «rfafst worden, und hinsichtlich des
Geistes, wdch er ek'fafis^ hat— so glucklich geratfaene D,ar8telluBg
ist allein- schon hinreichend« dieser Anthro^pologie, auch wenn
sie nicht sonst so viel trefiBiicbes Neute enViielte, den Charakter
•der Eminent aufzudrucken. Aber Recensent darf sich, des engen
' Ranme» und des Zwecks dieser Blätter wegen, nicht sowohl bei
^«mj«ingen ■ aufhalten , dem er bewundernd seinen Beifall zollt,
als vielmehr bei demjenigen, was ihm Aalaüs zu Zweifel^ was
ihm Blosse zum Angri£F darbietet. *
Nitnlich ob nicht hier, schon, in den im «Neugebornen so
glücklich aufgefuiiaeneii psychischen Rudimenten des vollendeten
morialischen Misnsdien, aucli die ersten Elementen g^en des Ver-
fyssirs fernere Theorie von unbedingter Willensfreiheit (Indif'
fertntismus) und in Folge davon gegen seine streng orthodoxe
Glaubenslehre g'eschöpft werden könnten, mdchte des Versuches
Wohl werth seyn.
Der Verfasser sagt'§. 47 »der erste Impuls zum Erwachen
des Seelenlebens, gleichsam der erste Pendelschwang des psychi-
schen Organismus wird von aussen gegeben durch den Silin- des
Gefühls.^ — Immorhin bedenklieb für die Lehre von unbedingter
moralisolvet Freiheit, diafs das Seelenleben von aussen f»er zuerst
erweckt werden uiid also beginnen mufs! Und noch /bedenkli-
cher, dais es von jetzt an den äussern Eindrücken erst recht
Preis . gegeben vi'irdi
• §. 48* »Das Kind mag Einiges und mag Anderes nicht; Einiges
zieht es ^n sich , Anderes weifst es ab ; es wird wählisch ; das
Vcrm(>gen dei? Wahl, die IVälkähr erwacht.« — Zieht aber das
Kind den Gegenstand willkührlich an sich,' oder wird es nicht
▼om gl^n^^dern Gegenstände unwillkührlich angezog>^ii? Immer-
hin wenigstens rfbdv Ungewifsheit !
§• 53 V »Der Silin mufs selbst gleicbes Wesens mit dem
Geiste seyn^ gleiphsani |idr noch vethqllter Geisf; dieser könnte
ft^h^sonsl nicht aus jedeqi entwickeln? Wir m^seq diemu^ch schon
' im Sinne die Natur des Geistes erkennen können* Der> ^inn, als
Auffassüngsverinögeq, hat ein doppeltes Gesclräft : er sanmielt den
ausgebreiteten und zerstreuten W^hstoff^ und giebtihni bestimmte
Form. Man könnte diese» - Geschäft ein BcschHinken nennen ;
/ Heioroth Li^hrbiidh d^* Atitbrppologie. 25 t
(iflmi Act ^rlM xiwgdbiuiden«» Stoff wird durch «die Fotdi be-
«obräülQK. D«r Siimo> isiboy als besicbränkendes y^rmdgeD^ nuft
k^ jirpiy Ureil fir .t^it q^cht ,d^ii . Stoff IntscIurADkeo jLÖunte: Et
mols ä)er auch gesetzlich sejn^ weil er soosi nicht zur Form
ilMSGhrai»lc9a k^ote Der Simn isl.d^ftmQachfrei-gesetzlichei We-
KB. Uod somit ftind auch die Elemente des .Geistes, naroUch
Frcibeit und Gesetzlidikeit.g^fanden.c— Ist aber dieser Schluls
iHcht KU rasch I und die daraus, abgeleitete Freiheit des Geiste$
iiicbt XU duakel? der Sinn besehränkt den Weitstoff «<- lüfst wh
aach. s0 auslfitttn ; . der Sinn Talat von dem vor ihm liegenden
sierttreoten W^itsloff dur denjenigen Theil auf, wofür er die
meiste Empfänglichkeit hat; und diese Empfänglichkeit hal wie«*
der nichts mit Freiheit .2u tbun.
§. 56. »Durch die. Vernunft wird^ie Wil&ühr cum Wil*
len cntwiekelti «ur Selbstmacbt* Als solche kann nun der Wille
sich ^ur oder gegen die Vernunft bestimmen, als guter oder als
höier Wale. Die Möglichkeit, dals. sich da* freie Wille %t%isvi^
.die Vernunft entscheid^ liegt darin, dafs der Wille, ursprünglich
vom Weibe abstamml, .welcher, an das Band der Sinne gew^nt^ .
euch nach ab Wille geneigt ist^ sich Von ihnen bestimmen xu
lassen.« -*^ Aber dann ist ja offenbar der hose Wille in seinem
Ursprung nicht tQoraUsch Böse^, sondern blofs phjsi&che Abhän-
gigkeit; und das läuft gegen den Sinn. des Verfassers! Freilich
sstit. er, höchst scharfsinnig, noch als weitern Grund, dafs sich
der freie Wille gegen die Vernunft entscheide, hinzu : » weil
der Trieb, schon früher zum Spieltrid^ gesteigert, wo er Mch
vom Boftde. der Sinne losgemache hat^ sich nun auch als Wille
dem Gesetze, wie es die Vernunft vorschreibt, nicht fugen inug,^
"-^ Das wäre nun freilich das wahrhaft moralisch Böse, wie es
der Verfasser haben wiU. Aber heifst dies nicht selbst mit dem
Spieltriebe gespielt?^ fiatrsich der Trieb des Kindes im Spiel-
triebe vom Bande d^ Sinne losgemacht, ^so wohnt ja wahre
metaphjsiscfae Freiheit schon ^ im Spieltriebe und braucht nicht
noch erst aufgesucht an werden* ^Aber dann ist der spielende
Säugling, dann ist das spielende Junge durch alle Thierkiassen
hindurch metaph]rsisch f'oi. Und wie kam der Spieltrieb zur
Freiwerdung? dbs hatte der Verfasser zeigen sollen. Und se
lange er diei nicht lebtet, bleibt seine genetische Erklärung det
nabedingieo moralischen Freiheit «ubeGriedigend, und was er
darauf baut unsicher*
In sofern oun des Verfisssers weitere orthodoxe Glaubens*»
lehre sich auf die unbedingte moralische Freiheit und auf die
damit, zusammenhängende Lehre von einem Absolut -Bösen grtil|-
dct, so möchte auch diese Glaubenslehre jetzt schon, wenigstens
in Einem .ihrer' Crundpfeilefi wanken. Und hier mag es Jer
f
252 Ueinroth Lehrbuch der Antliropologie.
schicklichste (^t ißjn^ diese Glaubenslehre,. als solche selbst; auch
noch voD. einer andern Seite anzufechten, iit sofern sie der Ver-
fasser auf .das Vorhaudensejrn fines bescmderen Geistes Gottes
ita Menschen gründet.
Es bezieht sich nämlich der 3te Aufsatz des Anhangs , mit
der Aufschrift: vUeber doppelte Be4eutung des Begriffs Geiste
auf diesen 2ten Abschnitt der Anthropologie vom Seelenleben.
Nachdem in demselben der Verfasser die Triplicitat unsers In-
nern Wesens: Gemüth, Geist und Wille gegen diejenigen ge-
rechtfertigt hat, welche nur eine innere psychische Polarität von
Geist und Genuith anerkennen, die WiUensthätigkeit aber zum
^ Gemüth als Begehrungsvermögen schlagen; da, doch der Wille
nichts weniger als das sogenannte obere Begehrungsvermögen sey,
und er weder begehre nocli furchte, noch verabscbeae,sondern offen-
bar eine Kraft für sich sey: die Thatkraft, die Kraft freier Selbstbe-
stimmung zum-Handeln nach gedachten Zwecken oder nach Trieben
und Gefühlen ; — so geht nun der Verfasser einem Widerspruch
entgegen, der sich aus seiher eigenen Ansicht zu ergeben scheint,
and den er zu lösen sich bemüht. Nach dem bisher gesagt ge-
"wordenen gehöre der Geist -^ das Denkvermögen als Erkennen-
des, nnd Bildendes — ^ dem Ich, der Seele selbst wetsentlich an,
sey ihr Theil, einer der Fäden, aus vvelchen i\^ inneres unsicht-
bares Wesen gewebt ist. Nun sey unser Ich bekanntlich ein
schwaches^ gebrechliches Wesen, mancherlei Mängeln , Fehlern
und Fehltritten unterworfen,, unter andern auch dem Irrthum und
der Täuschung. Kurf, unser Ich, wiefern es eine Seele ist, be-
stehend aus Gemüth, Geist und Wille, sey nichts weniger als ein
reines, makelloses Wesen; und was von, diesem .Ich « von dieser
Seele im. Ganzen gilt, müsse nothvvendig auch -von den > einzelnen
Theilen oder Gliedern gelten. Aber wie stehe es sonach mit
der Vernunft? Wenn auch diese irren, und sich täuschen könne,
'60 sey es ja ftfr uniaTmit alier Wahrheit aus! und dennoch müsse
dem so seyn, wenn die Vernunft ein Xheil unseres Geistes, wenn
gleich der höchste nnd gleichsam des Geistes Schlufsstein sey.
Nun werde aber der Vernunft eine Reinheit, eineHoh^it, . ja eine
Untrüglichkeit, Heiligkeit und Göttlichkeit zugeschrieben, /Reiche
mit allem bisher Dargestellten im ■ lebhaftesten* Widerspruche
stehe. Denn ein in sich selbst untheilbares Ich könne nicht zu*
gleich voller Mängel und Gebreehen, ja schuldvoll und wohl
gar lasterhaft seyn, und auch zugleich rein, heilig, göttlich. Bei-
des hebe sich, in derselben; Eanheit des Ich's gedacht, auf, und
Eines oder das Andere, die Heiligkeit oder Schuldhaftigkcnt müsse
ajis deii Wesen des Mensqheh. herausgedacht werden. Man habe
auch in der That einen leichten Ausweg gefund<en: .Man. habe
den Menschen, wenigstens ursprünglicb und wie er die Welt
Heinroth Lehtbuch der Anthropologie. 5^53
b^trlii, für gut" anei^kanfit. Ja Andere $eyen noch weiter gegan-
gen und h9Uen uberliaupt die Existenz des Bösen geläugnet.
Scy dies aber der Fall, so gebe es auch nichts Reines und Hei-
liges. Und doch gebe es -etwas Heiliges, oder unser Gewissen
beiriigc uns. "Wie sey ntin dieser Wid^rspi-uch zu lösen? Nicht
anders als dadurch« dafsman das Wort Geist im doppelten Sinne
nebme,' in engerer und weiterer Bedeutung, als mensMichen. Geist,
und als Geist 'Car/ei im Menschen.
Recensent kann nicht liiugnen, dafs er dem Verfasser in
seiner tie£stnnigen> Untersuchung über dlis Bewufstsejnj in wel-
cher er d^n doppelten Geist im Menschen, durch die Zurück-
fühniog auf Selbstbeobachtung nachzuweisen gesucht hat, r— hin-
siclitlich der .Klarheit der Darstellung;, welche kein mystisches
Dunkel aufkommen läfst, — 'mit jenem reinen Vergnügen , wel-
ches eine geistvolle Belehrung gewährt, gefolgt ist. Aber schade!
dafs das Endresultat dieser Untersuchung so ganz unbefriedigt
läfst. Es ist folgendes: >der menschliche Geist kann mit dem
Geiste Gottes im Menschen in Verbindung treten, wenn ihn der*
Wille des Menschen diesen Weg' gehen heifst.« — Was hat
aaniifder Vcrfäss.er gewonnen? J^ichts. Ist nicht der Wille des
Menschen — und der ist ein organischer ,TheiI der Seele —
schon vorher ein guter j wenn er den mensclilichen ti eist zur
Vereinigung mit 'dem, Geiste Gottes im Menschen gehen keifst?
Wozu also noch der Geist Gottes im Menschen, wenn es doch
nur blofs auf den Willen des Menschen ankommt , ^ut Hi seytL
oder nicht, und 4er Geist Grottes sich' hiebei blofs passiv verhalt
uod das blosse . Zusehen hat? Also extstirt hier das Gute, das
Heilige wirklich m. -der menschliehen Seele selbst *— im Willen,
der schon vor .<l^r. yereinjgutig. ;mit dem Geiste Gottes als gut
vorausgesetzt werden ,mufs , . wenii • er nachher diese Vereinigung
eingehen soll; un/i'der Verf^ssfr' hat isomii den Widerspruch
mcht gelöst, den er %u lösen sich yornahm. Nicht will Kecen-
sent die Lehre. von einer Vereinigung des menschlichen Willens,
mit Gott antasten, eine Lehre, die ihm selbst tiber alles theuer
und heilig ist; nqr will er andeuten, dafs des Verfassers cigen-
thüinliche Ansicht, welche» ohne jselbst mystisch zu sejn, leicht
zum Mjsticismi^ überführen dqrfte, >keine wirkliche Ausbeute-
gebe, und die Macht Gottes weder 4uf d.en guten Menschen noch
auf den bösen zu bestätigen geeignet sej. Der Mensch an sich
ist also ein höHenes Wesen, als wozu ihn der Verfasser stem-
pelt; denn, vyie wir eben gesehen haben, der gute Mensch will
das Gute aas sich selbst. Aber auch der weiseste und heiligste
Mensch, der, nach dem Verfasser etwas Göttliches wäre, bleibt
doch immer nur Mensch und trägt nicht — eine Hostie— Gott
254 Heinroth Lchi'buch der Antbppopologie,
selbst unsiclitbar in Sich; und alle Swedenborg sind metit nicbt
dXs ddle^ bumme SeliwäTmer^ keine Gottesbegdisterte.
3ter AbsfcBiiitt. Von dei Gcscblechtern.
4ter Abschnitt« Von den Lebens -Altern»
Besonders schön und erhebend ist die Peoiade des Greisen-
Alt«*s^ beim Weisen geschildert. In diesem .^^»sohnitte kommt
auch die Th'eorie des Schlafes un^* Todes und die Lehre vom
der Fortdauer ^de» Lebens nach dem^Tode vor. i^Jeder Moment,
Wo wir in der Vernunft lebest ist ein Moment des ewigen Le*^
hens selbst, mitten in der Zeit und in die Zeit eingehend, ihr
den Gharakter des Ewigen, Heiligen einprägend* 'Wir konnea
solche Momente nicht fortsetien, ohne die 'Spur^ die klare £r^
kenntnifs, die Gewifshett des ewigen Ldie^is »u erfahi^ea. c
5. Abschnitt. Von den Temperamenten,'
' Die so wichtige Lehre von den Temperamenten ist auf
soTche klare Grundsätze zurückgeführt, in denen der ganze, psj-
cliische wie phjsische Mensch berücksichtigt wird, dafs Recen^
sent noch nichts über Temperamente gelesen hat, das dem hier
vorgetragenen au Klarheit, an Umfassung, an Tiefe und realen
Q ehalt auch nur nahe käme Hochinteressant ist, wie sich, nach
dem Verfasser, der Tcmperamentscharater in der Richtung auf
\yissensahaften und Küpste upd in der individaellen Philosophie
und l^^gipn aussticht» -
6. Abschnitt: Voq den» Anlagea^t
»NurdenjenfgeuBinriclMungen im Menschen 'zu besttiiimter
Wirksamkeit*, d>ie sich ai&f 'Entwicklung der Freiheit beziehen,
also a]E|f Einwirkung seines' Giemüths,- Geistes und Willens , kann
die Bezeichnung mit dem Werte Anlage- ztikommen. Die Anlago
als Einrichtung bleibt zv!^r immer das Werit der bildenden Scho*'
pferskTaft, aber ihre Entwicklung ist der Freiheit des Menschen
Freifs gegeben. Jede Anlage* im- M^enschen^bedai'f der Erregung
Tön aussen.' Jede Anlage' a|5o,' wie sie ein inneres Wirkongs-
vermogen zu bestimmfrer Entwicklung ist, setzt auch auf der an«
dern S^te. eine Empfänglichkeit für äussere Einwirkung voraus.
Wir k6nnei) die Anlage al^ Wirkungsvermdgen Trrei, als Em-
pfänglichkeit Sinn nennen. Ohne bestimmten Trieb und Sinn ist
also keine Anlage im Menschen gedenkb r.«
»Das Gemüth ha^t' nur Euie Hauptanlage -^ zur Religion;
der Wille nur Eine üanpanlage — zur Tugend. Der Geist
verfolgt, theils als erkennendes theils als schäfiPendes Vermögen,
entgegengesetzte Zwedte, dort den Zweck der Wissenschaften,
hier den der Kunst; daher eine mannig<ige individuellq Ver-
schiedenheit der geistigen Anlagen, c
Heinröth Lehrbuch der Anthropologie« ff)5
1.) Aolaiife des Gemtitlis t^äer religiöse Anlage im Menschen.
»Da die -Anlage des Gemiiths in der Anlage zur Religioii
bestethty somals im Gemütlie Trieb und Sinn für Rdtgion nach-
gewiesen werben« Der erst^re offenbart sich in dem Streben,
in der Sehfl^V^cht. des Gemöths nach einer Liebe, welche nicfar
an di^ Scbranl^ei^ der Endlichkeit gebunden ist .nach einer unend** ■
lich^:^;^b^, .nach der Gottheit. Der Sinn, welchen das Gemiith :
fyr di^eja eingeborenen Trieb empfangen hat, ist der Glaube«
Er fafst,.up)d ergreift unipit.telbiar die höchste Einheit nnd dan^t;
das Wesen der Gottheit selbst. Und so ist mit der Sehnsucht^
nach der höchsten Liebe uiid oftit der Bürgschftft des Glaubens
dje* Ajib\ge xor .Religion gegeben.« \
2.) Anlage des Willens oder sittliche Anlage im Menschen.
»Diese Anlage ist ebenfalls thcils durch einen Trieb, theils
durch' eiüen Sinn begründet. Der Trieb ist das dem Willen
einwohnende Streben nach. Freiheit. Der Sinn, den der Wille
in seinem Streben nfiph Freiheit bedarf, um auf den rechten ge-
leitet zu wei*d^, ist das Gewissen, als die Empfänglichkeit für
das rechte Thunfi* 'Wie der Glaube dem Gemüthe, so ist das
Gewissen dem* Freiheitstriebe des Willens. beigegeben. Das Ge-
wissen ist der Ctimpafs des Willens auf dem i^ege in da& Ge-.
biet der rennen Freiheit.«
3.) lÖesondere geistige Anlagen im Measchen;.
»Di^ geistigen Anlagen sind ebenfalls theils durch besondere-
WirknngsyftTjeaögen, geistige Tmtht; theils. durch besondere £m-
pfänglichkeity geistigen Sinn, bestimmt. Aber , ohne Rücksicht auf
die Tef&ehiedenen ^r/e/i von, Anlageni giebt es noch Grade der
geistigen ,$aegi(}, welche das Mi^s oder dtc Stufe einer jede»
Afilagft, bes^immoi* Wenn sick Trid> und Sinn auf die Gegen-
st«iade bfixiehen, auf ,weldie. die Anlagen gerichtet sind, und foIgL
die ohjegUY^ea. Redingun^ipen d«r Anlagen ausmachen ; ^o kann man
die Grade der geistigen Energie, welche die Tiefe oder Ilöh»^
der geistigen Thätigkeit bez^choen, di^. si^bjectiven l^edingungen
der Anlage nennen. Diese sind in ihrer Stufenfolge : die Geleh-
rigkeit,- das Talent,, das Genie. Die jobjective Verschiedenheit,
der geistigen Anlage nach Trieb und Sinn begreift den Erhal-
tungstrieb mit deo^ X«eb<?psi;infi,. den .F^^rs^hi^ngstrieb mit dem
Wahrheitssinn, und den Bildungstrieb mit dem Schönheitssinn.
£s giebt demzufolge werkthätige, wissenschaftliche und künstle-
rische Naturen« «
Charakter und Richtungen der ^ Anlage zur Werkthätigkeit:
»Dieser Trieb findet sich vorzugsweise in Naturen von cho-»
lerischea Temperaturen. Der praktische Trieb -wirkt aüfirerschie-
a5G Heinrolh Lehrbuch der Anthropologie. '
denen Stufen^ die durch GeleKrigleit, Taleiit und Genie bezeiclr-
net sind.« .
Charakter nnd Richtangen der Anlage zur Wissenschaft:
9 Zwar Terträgt sich jedes Temperament mit der Apiagezur
Wissenscahart, doch ist ihr vorzngsweise das melancholische Tema
■perament gänstig« Die möglichen Richtungen des ForschungS"
triebs und folgl. der Anlagen zur Wissenschaft ' sind dreievlei,
nach den drei Provinzen, in welche das Gebiet der Wissenschaf-
ten ein<yetheiit werden kann, n^LmlieW Natarwissensehaftj G^ckichte^
Metaphysik. € Also
Anlage zur Naturwissenschaft!
'»Die Naturwissenschaft schliefst in sich die Kenntnifs' der
Erscheinungen (Naturgeschichte); der Kräfte (Phjsik), und der
Gesetze der Natur ( gesammte Mathematik ) ; Wissenschaftea die
eben so viele bestimmte Richtungen des t^'orschertriebs oi^er An-
lagen voraussetzen.« . ^. j,-
Anlage zur Geschichtswissenschaft: . . ,
»Wie die Naturwissenschaft die Erscheinungqpy Kra/ie tmd
Gesetze ^^^ Natur im Räume und fi^r den Raum verfolgt, SjO die
Geschichtswiissenschaft die Erscheinungen, Kräfte und Gesetze der .
Menschen weit in der Zeit und für «lic Zeit, per erste. Zweig
der 'Geschichtswissenschaft, der beschreibende /odßr..txzählcnde
(Völker -Geschichte) entspricht der Naturgeschichte im Gebiete
der Naturwissenschaft» Der zweite Zwei^ der Geschichtswissen-
schaft, welcher auf die Quellen der Erschetnungep in 4^r- Men-
schen weit' oder auf die. sich im:Menschengesch(echtc, entwickelnden
Kräfte zurückgeht (Anthropologie im .weitesten Sinne) entspricht
der Physik in der Naturwissenschaft, der dritte Zweig äer Ge*
sah ich ts Wissenschaft entspricht der Mathematik, indem er die Ver-
hältnisse, unter denrä. die menschliche Gesellschaft in bestintmten
Vereinen bestehen oder nicht beste&en kann, 'aus den Erfahrun-
gen von Jahrtausenden entwickelt, und <ibr^U5 einen CitftOii Ton
Gesetzen aufstellt.« * . > -
(Der Beschhfs folgt*)
VC tb^sserungen.
In d€r in Nro. 3 S. 4o u» ff. abgedruckten, An zeige vou WaU
tet^s Lehrbuch des Kirchen - Rechts üt zu lesen:
Seite 4a Zeile 28: c. 4» 8« C. %. q* 6«
— 4^ — . 5! c. i8»
-» •— 6: c» 1« C« 10 q, 1« *
— — 12, x3: cathedraticuQi.
• * ^!5L_
N^' 17» Heidelberger 1023»
Jahrbücher der Literatur.
HsiNkÖTk Lehrbuch de** Anthropologie^
{Bescblu/s.)
Anlage tuHt Metaphysik t
!» iVlettiaphjsik ist die Wissenschaft 4€^ tdeem I>iese gehören
in das Gebiet der Vetnunfi Die Methaphjsik uimmt daher die
liochste Seite des firkenntnifs ^ Vermögens alisscbliefslidt in An«
Spruch- Die Vernunft hat aber nur Einen Gegenstand: sieHenki
nur Gott. Die Metaphysik ist also ganA eigentlich Theologie f
und eine MethapKjsik ohne Theologie ist ein Unding, Dagegen
ist aber auch das Wesen der Theologie nur Metaphysik, und
kann nur ajls der Vernunft erkannt )¥erden. Die Vernunft ist
daher auch, zWar nicht die Quelle, abpr doch delr Sinn und der
Probirstein aller Offenbarung. Der Glaube, an den sich die
Offenbarung ursprünglich wendet,> ist nichts anders als die noch
Ufa ebt wickelte Vernun^, wie die Vernunft hinwiederum nichts
anders ist, als der iMta Bewufstseyu gekommene Glaube. Nut
aus dem Glauben Itifst sich die Vernunft entwickeln, wie det
Baum uur aus dem Kerne. Nicht aus dem Sinne, nicht aus denx
Verstände stammt die' Vernunft, sönderli aus dem Glauben. Sinn
und Verstand sind blofs l^mpfanglichkeiten für das Endliche^ aber
der Glaube ist die Empfu'ngiichkelt für das Unendliche, und dies
ist auch die Vernunft. In der Vernunft ist der Glaube erschlos-
sen; im Glauben liegt die Vernunft noch verschlossen. Daher
setxt die Anlage vir Metaphysik nothwendig den Glaubcti voraus»
Daher sind nur, gleichsam von Natur, gläubige Seelen für diu
Wissenschaft der Ideen empfänglich. 4^
Charakter und Richtungen zut Ahlägö der ICuil^t:
> Wie die Wissenschaft mit der Idee endigt^ so begtdht diö
Kunst mit der Idee. Wie die Wissenschaft dutdii deh Föi*»
Schungstrieb und Wahrheitssinö, so ist die Kunst durch den Bil-
dungÄtrieb und Schönheitssinn vermittelt. Wie der Forschungs-»
trieb bald auf die Erscheinungep des Nätdrlebehs im Raünie,
bald auf die des Menseheillebens in der Zeit, bald auf die Er-
kenntnifs des Höchsten, Ueberräuniliehen und Uebeneitlichen oder
des ewigen Sejns gerichtet ist; so i^t auch der Bildungstrieb,
vom Schönheitssinne geleitet, gescMftigi die Idee des SchÖneu
. IT
5x58 Ifeinroth Lehrbuch der Anthropologie-
bald im Räume (plastische Kunst: Baukunst, Bildhauerkunst, Ma-
lerei \ bald in der Zdt ( redende Kunst : -^ durch Töne i Mie
sik^ — durch Worte: Dichtkunst; — durch Gebehrde? Schau-
spielkunst), und endlich auch in dem, was über die Zeit ist,
im freien Menschen selbst zu gestalten »(heilige Weihe; reine
Lebensvirtuosität \ «
Recensent glaubt, dafs dieser dürftige Auszug aus dem reich-
haltigen 6ten Abschnitt hinreiche, um den ganz ei^enthiümlichen
Gang des glücklich combinir enden Verfassers anzudeuten.
Am Schlüsse dieses Abschnittes folgt noch die Erwähnung
der in besondern Verhältnissen der Aussenwelt (Erdstrich, Bo-
d«n, Klima, Erziehung etc.J gegründeten Hindernisse luid För-
dcfru6gS;Y)ittel der Entwicklung der Anlagen.
Die Frage : ob ,es vielleicht änssere Zeichen gebe, an denen
man ^ie Anlagen ohngefähr eben so erkennen könne,, wie die
^Temperamente , vcranlafst den Verfasser noch ein Wort über
Physiognomik, so vvie über Gall's Kranioscopic zu sagen; beide
aber als unbrauchbar zur Erforschung und Erken;Dtnil^ der An-
lagen zu erklären..
Dier Anthropdoßie. Zweier Theü.
Von den Beziehungen des menschlichen Dasejns.
»Wiefern sich 4er erstie*^ TKeil der Anthropoloigie mit dem
Menschen als Individuum, also mit den B^ingungen des mensch-
lichen Dasejns, der andere Theil aber mit dem Menseben als
Gattung oder mit der Menschheit überhaupt, also mit den Bezie-
hungen des menschlichen Dasejns beschäftigt; kann auch der
erste der besondere, der atidere der allgemeine Theil der An-
thropologie genannt tverden.« ^ '
»Die Vernunft, als einwohnend dem ganzen Meoschengc«
schlechte und dasselbe zu einem Ganzen und zur Einheit ver-
bindend, stellt sich mit ihrer Anforderung an das Menschenge«
schlecht : aus der natürlichen , selbstischen Gesundheit in das
Aeich der Freiheit* und 3:es Lichts überzugehen, — als Idee der
Menschheit dar; und die Realisirung dieser Idee ist als 4ie Auf-
gabe des Menschengeschlechts in seiner geschichtlichen EDtwick-
lung zu betrachten.«
»Die Entwicklung des Menschengeschlechts zur Freiheit oder
zur Realisirung der Idee der Menschheit stimmt sich in so vie-
len Fäden* fort, als das Menschengeschlecht Anknüpfungspunkte
seines Dasejns hat. Nun unterscheiden wir nöthwendig ein Aus-
ser - uns — die Natur; ein In - uns — den Meruohen selbst ;
und ein Ucber-uns -r die Gottheit; und so steht also auch
das Menschengeschlecht durch diese Richtungen seines Strebens
nach Freiheit in drei grossen allgemeipen BeziehuDgen.«
Heinroth Lehrbuch der Anthropologie^ ajf^
isttt AI^sdiÄitt. fiefcifeliün^g det Metischheit auf iie Natur.
Allgemeiner Begriff der Natiih
»Im Begriffe iet Natur umfassen wir das gesetzliche Wer-
den uud Wirken der Etscheinuhgswelt im Raume^ die Vernunft
i«gt uös di* f^rftge vof t ^ötti dtesirs gCsetrtlicJie Werd^ und
Wirken der Allheit räumlicher Erscheinungen? und nöthigt uns
tei ifcr seüiit die Ant\i'Qi^ 2u hdrvn: — auf Einheit. In der
Thai tritt uns aucb die Natur ;in verschtedencn Sphären ent/^og^.
in welchen' ihre Verhältnisse scufeavireise sich <ler Einheit nähern :
TOto Äeiche der Muffen an bis aur Sphäre der Menschhi^it
hinauf.«
VerhStnifs der Natur tum fSchd^pfer) Geist.
Verhältnifs der Natur zum Men^chi^q, '[
ViCrhältntfs des Manschen aur Ndlur.
» Die ganze Geschichte entbehrt des ferfdtissd* m ihrer Eju
kiSrung und bleibt ein labyrinthisehes Gefwebe voft Widersptd-
chen, wenn wir nicht den ursprtingHch geschichtlich cti Zustand
des Menschen an einen ursprünglichen Zustand seines Dasejns
vor aller Geschiehte anknüpfen, welcher den- Impuls zu dem soir-
dtrbaren Verlauf der Ek'eignisse im Menschengeschlechtej zum
Drama der Menschengeschichte gegeben hat, dessen erste Fäden
eben so fvenig in * del^ Zeit liegen, als «rüe ktzteii in d^ Zeit
ablaufen. Die * Aus^frandefsetzung dieis^ 'Gegenstandes erfordelt
eine Untersuchung, über den Ursprurt'g-^'dös Mensehen ^ die aioh
in 4 Fragen auflöst:«
Erste Frage: Wann, entstand das Menschengeschlecht?
Zweite Fxage: Wo entstand das Menschengeschlecht? . ' .
Dritte Frage : Wodurch (durch welche £Lräfle) entstand es ?
»Noch sehen Wit in ^der sogenannten gen^atio ae^iHssia
einen schwachen Schatten von der ui^sprünglibhen 2cugungskrrft
der Erde «
Vierte Frage: Wie fin welchem Zustande) entstand das
Menschengeschlecht?
Schlafs* und Anknüpfungspunkt:
9 Schwer lastet vom ersten Menschen an, der Dtück idejs
Se&stseyns auf d^m Mensch engeschlochte^ und er ist gei^ade das
für ^ie moralisöhc Welt, was die Schwere für die physische iist.
lu der Menschengeschiohte, die wir ah einen fortlaufenden mq'^
ralistihen Entwioklungsproc^fs zu betrathten habeiS) ist das Liqbt^
der Getst • imiUepfort geschäftig, das Menschengeschlecht von deih
i^t^iii«^ 'det> Sefi)fith^ ZU ei^tösen! JMe Religion tind ihr Durclt-*
17*
v%
260 Heinroth Lehrbuch der Anthropologie.
^
zug durch die Geschicbte ist es, welclre diesen Läuterungspro-
cefs im Mensdiengescbleclite immerfort anfacht« €
Geschichtlich - arsprübglicbes Verhältnifs des Menschen zur
Natjur.
Rückblick auf den Urzustand des Menschen und seine
Grenze:
»Der Urzustand, der Zustand der ersten Kindheit des Men-
schengeschlechtes war ein Zustand seliger Unschuld. l>ic ganze
Natur war sein., weil es selbst der Natur ganz gehorte, an ihr
iiing und sog , wic^ das Kind an der Brust der Mutter. Der
Schöpfer redete zum Menschen durch die Natur, sie War sein
Organ. Aber* er verlor den Schöpfer, indem er zur Selbslheit
erwachte. Es war nicht das Erwachen zum Bewufstscjn über-
haupt sondern nur zum Bewufstseyn der Schuld. Er hat selbst
seinen Entwicklungsgang z^m vollständigen BeWüfstsejn, zum un-
.mittelbaren Anschauen der Gottheit gehemmt, indem er der Ver-
-lührung zutß Abfall nachgab* Aber nur die Möglichkeit zum
Abfall lag in ihm, weil Freiheit in ihm lag; die Verführung
mufste von aussen eintreten. Mit beiden Elementen in sich selbst
-wäre der Mensch böse aus des Schöpfers Hand gekommen. Die
-Verführung kam durch das bös&Princip« Das bÖSePrincip aber?
Hier knüpft sich die Menschengeschichte in der Zpit an' ein über^
zeitliches Verhältnifs an, und gewinnt den Charakter eines Dra-
ma's, dessen Entwicklung Wenfalls hur in einem überzeitlichea
Verhältnisse zu ervvarten ist. Für uns aber ist der Mensch nur
in seiner zeitlichen Entwicklung ein Gegenstand der Forschung.«
Und hier, meint Recensent, knüpft sich des Verfassers Phi-
losophie au ein' fabelhaftes Verhältnifs an, und sie gewinnt den
Charakter eines Romanos. Wenigstens heifst das, die Sprache der
Philosophie auf einmal ablegen und als Dichter auftreten , wenn
man das Böse, um es in der zeitlichen Welt zu erklären, ia
eine, aller Forschung unzugängliche, überzeitliche Welt hinüber
retten wijl. Da nun, nach dem Verfasser, der Mensch nur in
seiner* zeitlichen Entwicklung für uns ein Gegenstand der Forr
schung ist (und nicht nur der Mensch, sondern auch alles, was
Weseh heilst), so spricht er sich selbst das Urtheii über seinen
Sprung über die Grenzen des Zeitlichen hinaus in ein überzeit-
liches Ultra, bis in welches hinein er das Böse verfolgt. Wenn
die Lehre der unbedingten Freiheit , wenn sie nicht Gott zum
Urheber des Bösen im Menschen machen soll, zur Annahme ei-
nes äussern bösen Urprincips gezwungen ist; und aber diese
Adnalime eines ^von Gott unabhängigen bösen Urprincips die
Maciit und Ehre Gottes einschränkt, so möchte diejenige Lehre
von blofs bedingtel* Freilieit, in welcher das Böse nicht als ab-
Heinroth Lehrbuch der Anthropologie. 261
solut, sondern nur als rdativ böse ersclieint, die am wenigsten
anstossige seyn« Mufs ja doch selbst, nach des Verfassers An«*
sieht, das Böse endlich dem Guten unterliegen und am Ende als
Fordemingsmittel des Guten dienen! Warum also nimmt .man
niobt lieber gleich in den Principlen der Philosophie selbst das
Böse als etwas nur Relatives, nicht Absolutes an? Mufs zuletzt
das Böse demioch als Förderungsmittel des Guten dienen, so mufs
es fürwahr, nach menschlicher Logik, im Auge Gottes selbst als
etwas nur Relativ - Böses , Dicht al^ ein Absolutes erscheinen!
Warum nieht auch im Auge der Philosophie ? Diese seine Frage
wünscht Recensent von den Gegnern beantwortet.
Geschichte des menschlichen Strebens die Natur zu be-
greifen : / ,
. Der Verfasser geht die verschiedenen Meinungen über Na-
tur von der Mythologie der Indier, Perser und Aegjptier an
bis auf die heutige Philosophie durch. Schon und überzeugend
ist CS, wie er die aus der Schule der Ideal -Philosophie ausge-
henden Stimmen : die Kraft als den Träger der Dinge, die Dinge
selbst nur als Erscheinungen der gesetzlich gebundenen Kraft -r-
aussprechen lafst. /
Kritik dieser Bestrebungen die Natur zu begreifen. i
Der Gewinn aus der Fichte\schen Ideal -Philosophie, wel-
chen die Verzichtleistung auf eine materielle^ Natur -^ darum ,
aber nicht, auf ein reelles objectives 'Reich von Kräften und Ge-
setzen, die unsere ErscheinuVigswelt von aussen begründen -*
für die richtige Würdigung des V^cltwesens bringt, ist, nach
dem Verfasser, nicht zu ei^messen und von ihm auf das vortreff-
lichste, dargestellt. Nur -vermirst Recensent — zu seiner Freude,
aber zumr Vorwurf dienend für des V^fassers früher angedeu-
tete Lehre von einem bösen Urprincip — ^ in diesem so schonen
Gemälde von der, durch Kraft und Gesetz wie ^ durch zwei Fä-
den innig mit der Gottheit v.erbundenen, Natur, die verderbliche
Hand des bösen Urprincips. Indem der Verfasser seine Theorie
vergessen hat, ist er nur desto wahrer geworden. %
Freiheit des Menschengeschlechts durch den Wechselverkehr
mit der Natur.
Erster Blick auf ^en sogenannten Lebensmagnetismus— Po-
lemische Excursion.
Der Verfasser; wiewohl er die Möglichkeit ausserordentli-
cher Erscheinungen des menschlichen Wirkens,' tiicht blofs auf
andere menschliche Individuen, sondern überhaupt auf die N^tur
annimmt, findet, dennoch den Lebensmagnetismus nicht von der>
grossen Bedeutung, die ihm seine Gegner nicht weniger als ««seine
Vertheidiger gegeben' haben. Ja, es gewinnt hier den Anschein,
s^(ri Heiaroth Lehrbuch der Anthropologie.
wie er seihst sagi, als wolle er die ganae grosse, vierfach ausge-
stattete Tbeoiie und die ungeheure Mepge angeblicher Tbatsa-«
eben cles sogenannten Lebensmagoetisnius unserer Tage dnrcb
einen einzigen Paragraphen seines anthropologischen Compendi«
«ms in Schatten stellen, ja* um den Credit des Wunderbaren uud
Unerhörten bringen.
Zweiter Blick auf den Lebensmagnetismus. <-— Historisches.
Dritter Blick auf den . Lebensmaguetismus. — Seiu tieferes
Wesen.
Der Verfasser sagt: »Der unzertrennliche Zusammenhang,
in welchem die Wunder, die in unsern heiligen Schriften des
alten und neuen Buncles aufgez^eichnet sind, mit den einfachsten
und hochsteit Lehren wahrhafter Offenbarung des göttlichen Gei«
stes stehen, lafst ups an der Realität der Wunder nicht zweiflen,
und wir nehmen demnach im umgekehrten Verhältnisse mit de^
^en, die sie vor Augen sahen» nicht die Wahrheit nm, der Wun-
der, sondern die Wunder um der Wahrheit willen^ an. Aber
der Kreis der Wunder ist in den Kreis des Heiligen eingescblos*-
ien| und es ist der höchste Frevel, wenn Unheilige sich die
Kraft der Wunder anmassen, die sie nur in ihrer dünkelbafteo,
ja wahnsinnigen Klnbildung besitzen l^önnen; wie davon unsere
neueste Zeit ein aufFallendes Beispiel gegeben hat. Nicht eher,
als bis wahrhaft Heilige wieder erscheinen, werden wir auch
wieder Wunder sehen. Es folgt hieraus, dafs man sich nicht
täuschen lasse, und etwa auf dem Wege des sogenannten Lebens-
magnetismus zu der Quelle, wie wissenschaftlich so praktisch auf-
zusteigen wähne.« — Also fehlt ja dem Lebensmagnetismus das
tiefere Wesen, zu desseiv Auffindung die üeberschrift dieses Pa-
ragraphen doch Hoffnung machte j^ und wir sehen hiermit einen
der originellsten Denker und der scharfsinnigsten Aerzte Teutsch-
lands, ohugeachtet des kolossaliscb in ihm vorwaltenden Glau-
bens Vermögens, dennoch gegen den Magnetismus als 'etwis Wun-
derbares, das nicht phjsisch -zu erklären wäre, auftreten.
(^meinschaftliche Basis des Natur- und Menschenlebens und
Gründe des Sinkens und der Steigerung des letzteren
in Beziehung auf die Natur.
Das Resultat der hier aufgestellten tiefsinnigen Betrachtung
ist; dafs ein lebenskrälttges Individuum, in welchem die Freiheit
unter Leitung der Intelligenz das Leben zur vollen Gesundheit
gesteigert hat, sowohl hinsichtlich der EVkennlnifs als der Wirk-
samkeit, mit der äussern Natur in eine solche Beziehung trete,
welche vom gewöhnlichen Standpunkte des Lebens (dem der
Schwäche und Beschränktheit) qicht begri6^ tferdbn kdnne.
Was tiun vom Individuum gilt, gelt6 auch vom Menschcinge-
schlechte überhaupt, ^^ elches, künftig ^nmal tn die Babti der Ver*
I
Heiiufoth LdbFl>ucIi der Aüthropfologie. 263
■
flUjMft aU^HckgjäfiisiM^t, ^g^ sui^äclm ia Bttzicbimg auf die Natur,
,erke(iQ«Qd uni wirkend , einen Grad von Einflufs vevs^haSe^
kdane, der schon jetzt , bei 4er Zersplitterung de« Kräfte d,e$
GcschlecbtS) wenn \yur die Fortschritte unserer Phjsik vor Au*"
Hefi kab^n, s^cl^t m vefkennen sejr.
• »tef Abschnitt : ' Biexkliuiig des Meosebeitgeschlechi»
auf sich selbst.
Bestimmter Begriff dleseir Beziehung und nächite Bedingung
ihrer E^rörterunp^.
HkStorisckeEn^wicklangskeiniedes mensoblichon Geschlechts»
Entwickluugs.- Perioden des Messchciigeschlechts.
Kindes «Alter der Menschheit.
Jugend • Alter der Menschheit im Orient.
Jagend* Alter der Menschheit im Al)endlttQde. Griecheutand.
(Beides mit det glänaendstea Beredsamkeit geschildert.)
Fortsetzung. Bömer. Europäische Barbaren. .
»Wie die Seele des Orients' dals anbetende Gemüt hj die
Seele Griecheiilandes der sinnende und bildende Geist j so war
«Üe Seele Rem's der energische PP^iUe,^
Eintritt der Menschheit in ihr männliches Alter.
«Die Herrschaft des Verstandes begann mit der Hierarchie.«
VoEbereitung und Fortpflanzung des Verstandes * Pr incip
ausserhalb der Jlibrarchie.
»Nur die aus dem Verstände heryorgehende Selbstständig-
keit macht die Freiheit möglich | sie ist die negatwe Bedingung
derselben y wiefern sie gegen alle äussere AngriJ*e sichert. Post"
tiver Weise freilich wird die Freiheit durch die Selbstständigkeit«
die blofs auf dem Verstände ruht, nicht gefördert, ja vielmehr
Qomöglich gemacht, indem sie den durchgreifendsten Egoismus
hegt und pflegt^ und zu einem System von Conseq-uenz ausbin
det. Und gerade dieser ist es, tvelcher; im Ganzen wie bei den
£iDzelnei^, ausgerottet werden mufs, wenn die Herrschiaft der
Freiheit, uud^ als die Bedingung derselben, die Herrschaft der
Vernunft und das Menschengeschlecht beglückeif s6ll. Nun ist
aber der Egoismus oder die Selbstigkeit der einzige , m^x auch
ein ewiger, Feind dek* Vernunft. Das Zeitalter demnach, in. wel-
chem die durch den Verstand errungene Selbständigkeit herrschend
ist, folgUcli das männliche Alter der Menschheit, in welcheoA wir
uns schon zum Theil befinden, mufs sich^ seinem Charakter, dem
Verstände, nach, mehr als ein anderes der Vernunft widersetze^.
Nun ist die Religion die höcliste Vollendung der Vernunft; es
mofs demnach das Zeitalter einer reifen Verstandes- Selbststän-
digkeit Dicht bbfs einen antireligiösen Chaiakler haben, sondern
sich sogar durch «ine föriiüiche Feindschaft gegeo die Religion
»usieiicbneQ. « ete*.
ii64 HeiarOjlh Lehrbuch der Anthropologie«
Gestehen wir io dieser Stelle dem Verfassetr den sclineideii«
den und feindlichen Gegensatz zwischen Verstand und Vernonft,
im Ganzen der Menschheit wie in den einzelnen Individuen der«
selben , zu ; so' behält er auch fernerhin durchs ganze Buch und
in allen seinen, wenn gleich sdbst nicht mystisehen, Cdenn der
Verfasser selbst denkt und schreibt klar) doch dem Mjsticismus
günstigen Sätzen und Behauptungen^ Recht; und es ist dann voll«
kommene Wahrheit, wenn er ^yeiterhin (im Anhange V.) be-
hauptet: »dafs die Philosophie der Tod der wahren Religion^
Und wahre Religion der Tod der Philosophie sey, und dafs
beide als -Gegner nicht, ohne einander vernichtet zu haben, aus«
einander kommen.« — Zuletzt kommt es also darauf iHuausi
dafs der Verstand, d. h. das denkende Wesen im' Menschen der
'Todfeind der" Vernunft (der Mutter und Pflegerin der Religion)
sey. Findet der gesunde Menschenverstand den Gegensatz' zwi-
schen Seele und Körper, zwischen Moralität und Sinnlichkeit in
de|r Natur wirklich vorhanden und in der, durch Besiegung der
Sinnlichkeit zu geschehenden, Ausgleichung dieses Gegensatzes,
die grosse, erhabene Aufgabe des Menschenlebens^ so muls er
dagegen die Uebertragung eines eben so grossen und radikalen
Gegensatzes auf seine edelsten Innern Güter ^ auf das denkende
Princip, den Verstand, und auf die Vernunft als Princip der Re-
ligion , die beide im feindlichsten Widerspruche mit einander
stehen sollen, mit Unwillen verwerfen. Und worauf beruht der
Grund dieses vermeintlichen Gegensatzes zwischen Verstand und
Vernunft? Auf der mifskaunten Selb^heit, deren Wurzel höchst
hypothetisch und- abentheuerlich im bösen Urprincip einer über^
zeitlichen Welt gesucht werden will, li'reilich ist die Selbstheit
die Feindin der Religion, wenn sie sich auf den sinnlichen und
vergänglichen JLeib als den letzten- und höchsten Zweck bezieht;
sie wird aber die Freundin der Religion und, ist der Wahrhafte
Sinn und Trieb für Religion, wenn sie sich auf die unvergäng-
lichen Güter der Seele als letzten und^hochsten Zweck bezieht.
Die Tugend, welche den Geldgewinn, ausschlägt , um den Geist
an Gerechtigkeit reicher zu machen, ist eben jbo gut Egoismus
üls Tugend. Ist denn t die unendliche Sehnsucht des Gemüths
nach einem (unbekannten) Gegenstand, der es völlig befriedige
und seinen Durst nach Befriedigung sättigen -^ welche, nach
dem Verfasser (§• 87 und t5i) den angeborncn Trieb und
Anlage des Menschen zur Religion ausmacht; — '- ist diese Sehn-
sucht nach Sättigung nicht auch Selbstheit? nur aber Si^lbsthcit
auf das Bedürfnifs -^ nicht des Leibes sondern der Seele ge-
richtet? Selbstigkeit ist die Seele der Welt, der^morallschen wie
der physischen; ohne -sie überall Tod. 'Würde sie sich selbst
recht verstehen und überall auf das Höchste und £w%e im Mea->
Heinroth Lehrbuch der Anthropologie. 96(>
scLen, nicht auf den scUeclitenE5rper berechnet sejn, sie wurde
nicht blofs die Seelen sondern auch die Seligkeit der Welt sejn«
So braucht der Mensch die Elemente seines innern Heiligthums
nicht im bürgerlichen fiLriege gegen einander aufzuwieglen. Wenn
der Verstand,' an Aufklärung -wachsend, die Ton Gott und nicht
Tom Satan dem Menschen eingepflauzte Selbstliebe nach und
nach immer mehr von Kusserlichen körperlichen Zwecken ab-^
und nach edlern innern Zwecken zu -leitet; so bieten Verstand,
Vernunft und Religion einander freundlich die Hände; und d^r
Weise verschliefst* in sich einen Friedenstempel, in welchem die
inneren Mächte in heiliger Harmonie den Gottesdienst verrichten.
Jetzt vnrd selbst der Verstand, der als solcher den einzelnen
Menschen wie die ganze Schöpfung als ein unbegreifliches Wun*
der anei^ennen mufsjf weil er, wenn er scharf bis ans Ende
forscht, überall auf Grenzen stöfst, die er nicht zu überschrciteii
vermag, ^— - jetzt wird er die Realität 4er religiösen Wunder,
um der moralischen Wahrheiten willen, nicht mehr bezweifeln,
sobald er sich erst überzeugt haben wird, dafs die moralische
Wahrheit selbst', ohne die Wunder, nur kalte Worte und todte
Buchstaben sejen. Wem sie dies sind — für dten sind die Wun-
der, damit, um der Wunder willen, die höhere Wahrheit Ein-
gang in sein Herz finde.
Noch zwei Fragen*an 3en Verfasser: Woher stammen seine
Bannstrahlen gegen den Verstand? Doch wohl aus seinem eige-
nen, allerdings eminenten, Verstände, und nicht aus seiner Ver-
nunft! denn er sagt ausdrücklich: »nicht das Denkende in uns
ist die Vernunft, dieses ist un^ bleibt der Verstand.« -r- Ferner:
Woher fliefst sein Eifern gegen die Selbstheit? doch wohl au9
seiner eigenen Selbstheit, die eine origin^e Ansicht zur Ehre
des eigenen Verstandes vertheidigt! Rccensent ist übrigens weit
entfernt dem Verfasser diese Selbstlieit zum Vorwurf machen zu
wollen. Die Selbstheit, die der öffentlichen Mittheilung neuer
eigener Ueberzeugung zum ^ Grund liegt, ist eben jene höhere
edlere Selbstheit, ist heilige Pflicht. Sie ist eben die Seele alles
Lebens, des geistigen" wie des sinnlichen. Lassen wir also dem
Menschen die Selbstheit, die das Eigenthum seiner Seele ist, das
ihr nicht mit dem Tode entrissen' werden kann, und trachte man
blofs dahin, diese ^Selbstheit slxx verständigen und auf das rechte
Out iiinzuleiten. Und das thut und wirkt der edle Verfasse?
puf jeder Seite seines Buches, nur unter anderm Namen.
Zeit - Alter der Vernunft,
Im erhabenen Stjle geschildert.
Anhang* zur Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Höchste
ßestimmung des Menschengeschlechts. '
266 Heioroib Lehtbach der Antbrdpologie.
J^uriiclEgang au der Bexidiiiftg d^ Men^eiijf^schleclits
auf sich selbst.
AUgcmeiBste organisclie Ansicht der VeriHinft - Eotwick*
lui>g im Mepschepgeschlechte.
Genaueve Parallele der pbjsicK - organisclieii ^it der
Vernunft - Entwicklung.
HoHe Begeisterung spricht skb überall la dem hier Ge«
jiagtea aus, «-* Der. Verfasser siebt ii\ den Ebväern da» allge-
meine BiiidungsviUlel zwischen dea Völkera der verschiedensten
, WeUgegendeq und das Organ , dessen sich ^die Vorsehung lu
ihrer i^x^vpn Verherrlichung unter den VöJ-kem bedienen durfte.
Höchst geistvoU und scbarfsinpig ist das hier zum Gvuod Ite-r
gende Rasoiineoient. Aber eben darum,, wenn es auch nicht
$elbsi Scbwirmeret ist, so wird es ui\fehllKir Scbwäroaer er-
Beulen.
Stev Abschnitt. Besiehipig dea Mepscheogescblecbts auf
eisk Höchstes.
Uebergang zum Stea Abschnitt, und kurze Darstellung
> seines Inhalts*
Die Vernunft, das einzige Orgaa der Erkenntnils eines
Höchsten,, und unsere Beziehung auf dasselbe.
Beschaffenheit des religiösen Keimes im Individuum und
im Menschengeschlechter überhaupt.
^\m Gemüthe, nicht im Vorstellungsvermögen ist der. Reim
der Religion zu suchen,, als ein Erbtheil des ganzen Menschen-
geschlechts^ imd die Vernunft selbst, das Gemeingut der Mensch-
beity ist anzusebeo als sich» nicht aus dem VorstetlungsvermÖgen,
sondern aus dem Gcmüthe entwickelud. Es erhellt ab^ auch
Bugleioh, daf& mit dem Keime zur Religion im Glauben, als der
noch unentwickelten Vernunft, oder in der Vernunft, als dem
eiitwiiQke)teni Glaubeiv die Religion selbst noch keineswegs %^%'^
ben ist. Der Glaube» wie die Veruunft, ist nur der Sinn für
die höchste iE^inheit,. Der Gegenstand des Glaubens oder der
Vernunft ist mit. ihr noch nicht gegeben; demnach auch noch
Veine Religiion^ wodurch diejenigen widerlegt werden, welche
dem Menseben und dem. menschlichen Geschlechte ur&prönglicb
ReKgiim uiid die Vorstellung de« göttlichen Wesens^ so unvoll«
liomaien sÄe, immer «ej, zu&chpeiben, als sich ncktbvrendig aus ihm
«nlwicketnd. Das Rdigien - Aebnliches ist nur After - Religion.
Wie wollte der Mensch, von der Weit aus, zu einem andern
als dem Welt-Diei>st aufgeregt werden '.f Der religiöse Keim
bedarf der Befruchtung, aber einer solchen, die nicht von der
Welt, sondern vom Geiste herstammt.«
OffenUitang, als Bedingjang zur EnewieUun|^ d^ religiösen
Keimes im Menschen und seineiii gan»e» Geschlechtc.
."'
Hemtoth Lehirbuch der Aiitbropok>gie. 2167
ZuTÜckführung ^der Ofkehürung tu liii^cr ' ersten Quelle. .
Hoher Sinn und tiefe Bedeutung Hegt in folgender Stelle
(die ein schönes Zeugnifs für Naturreligion ablegt): »Der
erste Mensch erhielt die erste Gottes - Offenbarung. Als das ur*
sprÜQglicbe Band durch die Schuld des Menschen zeitrissen wurde,
blieb doch das eine Ende desselben, das in der Brust des Men*
schcq befestigt i^, zurück: da& Gesetz. Dieses Gesetz erhält die
Erinnerung an den nun unsichtbaren Gesetzgeber; und der Name
!»Gott« einmal in die Menschenbrust gedriHigen, ist nicht in ihr,
XU Ycrtilgen, Er tont wieder in den Stimmen der Völker^ wenn
auch noch so verworren,' noch so .verstünnneh; aber es ist kein
Laut, der aus Buchstaben zusammengestöppelt wird, die aKif der
Erde liegen oder am Himmel geschrieben stehen, sondern es ist
der Nachhall der Schöpferstimme selbst «
Es giebt nur Eine Offenbarung im Meiäschengeschlechte.
Wiederhall uöd Aus£\rtu^gen der Off<mbarung. •
Begriff der Religion im Gegensatz von Offenbarung.
» Alle . vorgebliche . Religion ohne Offenbarung kann nur
Götzendienst sejn.« — Dies das Endresultat, das der Verfasser
nicht nur so hinwirft, sondern das er mit logischer Strenge aus
seioeu frühern Sätzen erweist, — die er aber freilich, wie be-
reits zum Theil gezeigt worden, selbst erschaffen und mit gros-
ser und tiefer Kunst, die an jedem der einzelnen Satze meister-
haft verdeckt bleibt, dahin zugespitzt hat, dafs das ganze Ge-
bäude der Orthodoxie, — was vielleicht die schulgerechteste
Bogmatik bis jetzt noch nicfit geleistet hat — mit einer Consc-
(£uenz prangt, die dem systematischen Geiste des Verfassers zur
grossen Ehre gereicht.; aber auch — Was vielleicht die allerchrist-
lichste' Dogmatik in dem Mafs bis jetzt ebenfalls^ noch nicht ge-
leistet hat — von einem moralischen Geisite (wie von dem Be-
wohner des Gebäudes) erfüllt und ausgefüllt wird, der den Le-
ser des Buches himmelan zieht und ihn, un dieses hohen Be-
wohners willen, den düster- orthodoxen St jl des Gebäudes selbst
vergessen lalst. Wer sich selbst nicht kennt, wer den Mensch ei|
überhaupt nicht begreift, der wandle« zu diesem Tempel der
Authropologie; und er wird begeistert werden. \otk der Wahr-
heit: »Der Mensch ist bloJDs als moralisches Wesen zu begrei-
fen.« Und diese Wahrheit ist der Tod alles Unglaubens vvie
alles Aberglaubens« ^ , ^
Die Beziehung des Menschei^^esehleehts auf ein Höchstes
in ibrey Vollendung.
Scblubw Beschränktheit der Aussicht in die Zukunft des
Menseheugesehlechts.
2G8 Heioroth Leh^bach der Anthropologie. '
Anliaiifi; (von S. 3^7 — 4740
Erläuternde und beweisfuhrende Aufsitze.
Die nur schon zu sehr überscYintteiten Grenzen einer Re-
censiony wie sie sich für unsere Blatter eignet, erlauben deni
Rccensenten nicht von den hier folgenden ungemein interessanten
und geistreichen Aufsätzen, welche die höchste Klarheit des Vor-
trags init tiefem philosophischen Rasonnement verbinden, mehr
nur als die Aufschriften herzusetzen«
/. Heber die Statidpufikte anthropologischer Forschung.
(Erläuternd 2ur Methode der Anthropologie §.4*^*)
//. lieber den VoTtheü des gegenständlichen Denkens in
der Anthropologie^
(Erläuternd in Beziehung auf die §• 28 — 35 die neue
Ansicht der Entstehung und Ausgestaltung des Menschengebildes
im Mutterleib betreffend.)
///. Ueher'die doppelte Bedeutung des Begriffs: Geist-
(Betreffend einen scheinbaren Widerspruch zwischen §2.
53 — 55. und §§. 74. i44.) '
ly. Ueber die Einmischung religiöser Principien in
die Anthropologie»
(Zum 3tcn Abschnitt des 2ten Thcils.)
y, Üejfer die ff^ärde ffer Anthropologie»
(Erläuternd zu §. 7.) ,
yi, Ueber den Begriff der Anthropologie ß und einige
Folgerungen aus demselben,
(EiKuternd^zum §• i.) '
Friedi^ich Groos^
P ä d a g o g i h
Freimüthige Jahrbücher der allgemeinen deutschen Folks^chden^
herausgegeben *vqn F. H. C Scujrjikz ordentL Prof. der
Theolog. und Großherz, Bad. Geh. JCirchenrath zu Meidet"
bergj F. C. TVagner Grofsherz. Hess. Kirchen- und Schul-'
rath zu Darmstadt, A. F. d'AuTBL KönigL fViirtembergm
OberconsistoricUr. Oberho/pred. und PrtUat zu Stuttgart,
und B* A. ScHSLLSNB^MG Herzogl. Nassauischem Kirchen^
' und Oberschulrath zu Wiesbaden. Dürmstadt bei Hejrer
und Leshe. 484g. Erster Bandn Erstes Heft^ Zweites
Heft (VIll. und 5%8 S. nebst einer Tai- <♦• Musikbeil. J
Pädagogik. 261)
Zweiter Bqnä; erstes imd zweites Heft. Durmstadt bei C,
, H^^ Leske 48si» und *— ü3. {4^9 ^O*
Jr län und Zweck ist vorgedruckt. Beides gelit aus eiaem all-
gemein gefühlten Bedürfnlfs, einer $o)chei^ das deutsche Volks-
Schulwesen umfassenden Zeitschrift, und zugleich aus dem inne-
ren Berufe und der vielfachen äusseren dahin gehörigen Wirk-
samkeit der vier Unternehmer hervor. Die Abtheilungen, welche
für die möglichste Vollständigkeit, Gründlichkeit und Gemein- ,
nutzigkeit angelegt sind, enthalten bis jetzt folgendes : Erste Ab-
theilang, für die Geschichte und Statistik der allgemeinen Volks-
schulen bestimmt : 4 J Geschichte der Schuherbesserungen in
Deutschland seit dem /. 4^65. in einer Vebersicht "von F. H, C
Schwarz, Sie ist im isten H. des isten B. angefangen,^ im 2ten
fortgesetzt, und im isten H. des aten B. mit der jetzigen Zeit
beschlossen, woran denn die kritische Uebersicht* der jetzigen
£i*zichungsschrtften überhaupt ^ angefangenem 2ten Bande 2tes
Heft, anschliefst, st) Beitrag zur Geschichte des Sehid'^ und
Erziehungswesens aus deni 46ten Jahrh, von B, A. Schellenberg,
im 2ten H. und: Geschichte des V'olksschtdwesens im Herzogth.
Nassau, von demltlbenj im'ateuH. des isten B. fortges. im iston
und 2tert H. des 2ten Bandes. 4) Gesetzliche Verfassung der
Volksschulen im Herzogt hum Nassau j nach dem neuesten Ediet
V. a4- März 4817 (im 4sten B. isten und 2ten H. ); Allgem.
Schulordnung für die Herzogthümer Schleswig und Holstein vom
21. Aug. \^i^ (\m^\, B. 2» H.); Consistorialf^erordnung für
die Landschulen im Gebiete der freien Stadt Frankfurt Vom J*
4820 ( im *2. B. 1. H.)}, Erneuerte Schulverordnung Jur die
deutschen Stadt ^ und Dorfschulen in den kursächsischen Landen,
V. J. 1773, Nachtrag zu derselben v. J. i8o5 (im 2. B. i.H.);
Königlich PViirtemberg, Generalverördnung für die evangelisch.
Elementarschulen (im 2. B. 2. H«); Sachsen- Weimar, Regula-
tiv für die Landschulen \ und : * Sachsen - fVeim, Dienstinstruction
für die Landschidlehrer (ebendas.). — 5J Nachricht von den
Anstalten zur BÜdung künftiger VolksschidlefiFer evang, Conf
im Königr. PVurtembergj von A, J, d'Autel (im i. B. i.JH.)
— 6) Geschichte und Verfassung der Schullehrer Gonfcrenten
im Königr tViirtemherg (im 2.x B. 2. H. ). — 7J Nachrichten
*von bedeutenden Verfugungen , Anstalten, Stiftungen und Er«^
eiguissen im deutschen Volksschulwesen ^ aus mehreren I^ändern
(in beiden Bänden). — ^) Vebersicht des Schiäwesens in Schwe^
den, Auszug aus vgn Schuberts Werk Schwedens Kirchenvcrfas"
sung etc. ( im 2. B. 2. H.); — g) Blicke auf die öffentliche
Volksbildung in Ittdien^ Frankreich, England, den Niederlanden,.
und vereinten Staaten Nordamerika*s (im 1. B* 2« H.); kurz
hyo Pädagogik*
aber meAwGrdig för den WerÄ der VoBcsschuIeij; — VoJ
Chronik der FolksHhuleu in • den deutschen Staaten j aus dem
Wiirtemberg. und Oesterreichischen (im 2. B- 2. H.). — 44)
Neigebetatr Ferwaltung des Öffentlichen Unterrichts am Rheine
nach Vertreibung der Franzosen (im 2. B. 2. H. ).
Zvoeite j&theätmg. Theoretische j praktische und kritisch^
Beiträge, 4) Geschichtsunterricht in KolksschvUn^ 2 Abli. «iae
von JV'eingart in Hethsl?t]9en , und: «ine v^n A* L Grimm ia
WeinWün (im i. B. 4. H.)» -r— ;? J Unterricht im Sckönsehrei-
hen, TQo Saricrius in Schotten (i» B. 2^ H*)» ^-^ J^ ZT^^er
«?(0/i naturgemüssen Zusammenhang der Unterrichtsgegenstände
in V'olkssclwlen^ be^nders Uh^r den ersten Sprachunterricht ^ von
F. ff. G. Graßmanh in Stettin ('s. B^ «. H.). — 4J Ueher
die Nathwendigheit der SchuU^er-'S^nrnfffien^ von Balbier in
Kaiserslaulern {a- B. 1. H.)- — 5) Ueher das Volkssehulwestn
in: Rheifihessen ( ebcndas,). — 6) Gßdanken zur Bestimmung
des p^erhMtnisses ß worin die F'olksschule zitm Staate und zur
Kirche steht., .voo dem unlerzeichncten .Mitberausgeber ( i. B.
2. H*). - — 7. Jst der JLankastersche Schuimethodus d» i, der
wechselseitige Unterricht ein Fortschritt in derfl Schulwesen ? von
demselben (ebeBdas.)^ — 8J Kritische Uebersicht der pädag.
Literatur seit 4821 von demselben (2. B. a. H.)- — pj Klei-
nere Beiträge und Anekdoten; hiei^u einige Lieder; auch eini-
ges Musikalische von Hink zu Darmstadl.
Diese Sdiul - Jahrbücher enthalten also bis jetzt 6 beste-
hende neue Verordnungen für Volksschulen deutscher Länder;
und wir hoffen allmähhg alle bestehenden vollständig mit-
zutheilen', so dlafs die deutschen Schulbehörden sie alle hier zu-
sammen finden können. Eben so hoffen wir, durch Correspon-
denz und Beiträge aus allen Gegenden Deutschlands unterstützt,
die specielle SchulgeschicKtje und alles, was zur Kunde' und Be-
lehrung der Männer der Volksschulen dienen mag, wie auch
eine kritische Uebersicht der pädagog. Literatur in ihren Zwei-
gen, den Oberen so wie den Lehrern «^er Volksschulen in die
Hände zu geben. Was einst die acta scholastica und einige
kleinere Uniernehmungen für die Gelehrtenschulen zu sejn such-
ten, haben wir uns in dem vorliegenden Werke in einer umfassen-
deren Idee für das Volksschulwesen zu leisten vorgesetzt. Die
regelmassige Erscheinung, für das Jahr 1 Band, uiid für das
Halbjahr 1 Heft wird hoffentlich das W^efk glücklich fördern.
/ Schwarz.
I
♦
T^ehenbHck Od. Jahr iSoX ikyi
NiSUes Tasche^idh für N&rfibgfg, Mit Beiträgen von Mau-*
irXRT ^ S^BBtjfKEES cU, Nürnherg bei Riegel^ und fVie»*
mar. ^St^. * -
WiewoM zunächst für Nürnberg bestimmt^ und at]ssc'hlier4icH
von dieser y einst so bedeutenden Reichsstadt handelnd, bietet
der Inhalt des Buchs dem Freunde vaterländischer Gefühle, wie
dem Verehrer altdeutscher Kunst, die reichste Ausbeute dar.
Was ein fester Verein zwischen Regierung und BurgCTB, selbst
in c^iaem, auf vyenige Quadratmeilen beschrankten Räume., lei-
sten konnte j und wirklich leistete, für allgemeine Runstbil-
dungy Entwicltelung, Handhabung und Aufrechthaltung putzli-
cher, bürgerlichen Betriebe, wird hier, aus ächter Quelle ge-
schöpft und vorgelegt, — In dem Ueherhlicke von Nürnbergs
Aufkeimen, Bliihen und Sinken {fon C, Mannert zeigt sich: wie
diese Stadt, aus dürrem Boden, mühsam, unter Kaiserlichem
Schutze emjpor gewachsen, von Jahr zu Jahr kraftfger und lierr-
licher aufkam, wenii gleich fremde ^Gewalthaber im Innern, ih-
rem Gedeihen oft feindlich entgegenwirkten; von Aussen die
Rohheit der Jahrhunderte, die Emporgekommene drückte und
befehdete; und sie, wenn in den drangvollsten Zeiten der Schutz
des Keichsoberhaupts fehlte, oder unwirksam war, blofs aut
eigene Kraft sich stützend, mit äussern und innern Feinden ihre
Sache durchkämpfen mufste. Zu' welcher Höhe Nürnberg, trotz
aller Anfechtungen und Opfer sich emporgeschwungen, beweiset,
dafs es im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts sechstausend
Mann zum Dienste des Kaisers ins Feld rücken lassen konnte 5
und dafs, liach Aeneas Sylvius Zeugnisse i viele Nümbergische
Bürger bessere Wohnungen besasscn, als die Könige von Schott-
land. — Trefflich ist auseinander gesetzt, wie durch das Inein-
andergreifen der Gewerbej jedes Einzelne sich leichter und
freudiger entwickelte; wie der Gewerbfleifs allmählich die Runst
beförderte; wie beide, durch Bediirfnifs von Ausseh und Be-
günstigung von Innen, auf alle Weise gehoben wurden; wie
das gleiche Interesse der Staatsbeamten und Bürger, auf einend
dasselbe Ziel hinstreben mußte; wie die. Verbindung mit der
mächtigen und blühenden Norddeutschen Hansa , auch auf den
Wohlstand Nürnbergs den btedeufendsten» Eiuflufs offenbarte;
wie bei aller Pracht und Herrlichkeit, welche in Öffentlichen
und Pr-ivat - Festen vorherrÄhte, die höchste '.Einfachheit im in-
nern Leben an der Tagesordnung war; und die sorgsamen, acht
reichsbÜTgerlichen Frauen, nur wenn es sejn mulste, mit ihren
Perlen und Diamanten, Fürstinnen überglänzten; aber, nach ab-
gelegtem Geschmeide^ wieder treu die ererbte stille Häuslich-
Keit bewahrten, sich ihrer Kinder und Gatten, und etwa der
Truhe voll selbstgesponoenen feinen Leinewands freuend. — *^ Sehr
ajs^ Taschenb&ch.,f«>d« Jahr 1823*
klar eotwickelt ist ferner: darsti' wiewohl der veränderte Gang
des Weltbandels seit der Entdeckung des neuen W«ges gen
Ostindien, nachtheilig auf Nürnberg influirtei dennoch diese
Stadt, wie jeder dem Welthandel sich einmal hingebender bür«
gerliche' Verein früher oder später, eine neue Bahn eröffnet
haben würde: wäre nicht Zwiespalt und Verkehrtheit im Innera
eingetreten. Seit die herrschenden Familieu an^ng^n, die Trei-
bung bürgerlichen Gewerbes unter ihrer Würde zu halten; seit'*
dem auf solche Weise das Interesse der regierenden Classe sich
von dem der erwerbenden trennte; seit die erstere zum Nach-'
theil des Ganzen, von Staatsbedienungen zu leben, und in ihnen
zu glänzen suchte, seit, mit grossem Aufwände, Landerwerbun^
gen für den Staat gemacht wurden, die eigentlich nur den Pa**'
trizischen Söhnen, denen sich dadurch neue Stellen öffneten,
VortHeil brachten; seit bei der schärfern Trennung der patrizi-
schen und andern Familien, in 4en erstem, adlicher Luxus äuf-^
kam, und die andern, sich jenen, wenn sie es sonst nicht konn-
ten, durch Aufwand gleich zu stellen, bemüht waren -^ seitdem
sank Nürnberg immer tiefer und tiefer. Verschleuderung der
Staatseinkünfte, Verminderung der$elben und drückende Schul*
denlast kamen hinzu; die Ereignisse der Zeit thaten das Ihrige
mit, und so, wie der kleine Freistaat am Ende seines politischen
Dasejns stand, ward ihm, wer 'will es verkennen, die Vereini-
gung mit dem mildbeherrschten Königreiche Baiern ,^ offenbar
zur Wohlthat. — Der ■ Aufsatz : zur Geschichte der Künste in
Nürnberg fon yHder verdient wegen Ausführlichkeit und ge-
nauer Angaben, auch wegen mancher neuen Daten, Beachtung;
tind Anerkennung. — Weniger für den Auswärtigen anziehenc^,
sind : die Nachrichten von dem Leben Paul Wolf gang Merkels,
ifon Friedr. Roth und: fiber den Hcuidel der Nürnberger Pa-
trizier von Siebenkees, — In dem Aufsatze : Nüjmberg in der
neuesten Zeit, werden, und wie es scheint, ohne Partheilich-
keit, die bedeutenden Vortheile vor Augen ' gelegt , ^welche die-
ser Stadt iu'^den mannigfaltigsten Rücksichten, nach der Vercini-
gui^ mit der Krone Baiern zu Theil wurden. — Treffliche
Kupfer zieren das Buch. Vor allen sind zii nennen das Bild
Mlbrecht Durers nnd die vier Apostel nach Dürer, beide von
Fleischmann meisterhaft gestochen. T^ie Ansichten der Stadt
Nürnberg und" einzelner merkwürdigen Gebäude von F. Geislcr
und Duttenhofer, bringen treu, und in schönen Stichen, das Dar-
zustellende vors Auge. Eine kleine Charte des ehemaligen. Ge-
liets der freien Reichsstadt Nürnberg kann als eine unentbehr-
liche Zugabo betrachtet werden , da ohne sie , manches iü der
Geschichte die$e^ Stadt vorkommende unverständlich, oder doch
weniger verständlich bleiben würde«
^
^'= ^^* Heidelberger ^^^-
Jahrbücher der Literatur.
Syllose Inscriptionum Antiquarum , Graecarum
et Latinarufn Editore Fa i dkrtc o Os^iNWj Pro^
fessore Jenensi, Fasciculus I. Jenae in libraria Croekeriana,
48^2. 4S S. fol. 1 Rililr. 12 ggr. '
lieber den Plan dieses Uoternehmeos zu sprechen h^lte ich für
tinnötliig, da derselbe durch die allgemeiD * verbreitete Ankündi-
gung bereits vor einiger Zeit zur öffentlichen Xunde gelangt.
Dafs es damit zur Ausführung kommt, wird jeden- freuen, dem
grundliche Behandlung der Alteftbums Wissenschaft eine Angele^
genheit ist. Dieses erste Heft stellt für das Ganze ein sehr gun^
stiges Vorzeichfn; und vergleicht man die Gediegenheit der Ar-
beit mit der Jugend 4^^ Herausgebers, so sieht man sich ange-
nehm überrascht, indem es etwas beissen 'vvill, in solchen Jahren
so grundlich vorbereitet auf gelehrte Reisen gehen Und diese mit
solcher Umsicht und Sorgfalt auch zu benutzen wissen. Die alte
Literatur darf sich von diesem Philologen nhcht gemeine^ Dienste
versprechen. — Möge nun auch dla& gelehrte Europäische Pub-
licum diesem, grosse Mühe und Aufopferung fordernden Unter-
nehmen freundlich und fördernd entgegen kommen.
Diese erste Abtheilung liefert das Ergebnifs der Reise nach
England, wie uns aucli der zweite hier folgende Titel sagt:
Sectio prima. Marmora Elginiana e Museo Britannico, cum
Appendice aliorum titulorum in Doriis Britanniae Museis conser-
vatorum. — Bei jeder Inschrift werden voraus die Werke ge-
nannt, woraus sie genommen sind: namentlich die Synopsis of
the Contents of the British Museum. Es mufs aber bemerkt wer*
den, daCs der Herausgeber sich nirgends., auf diese Abdrucke
verlassen , sondern sie an Ort und Stelle nach den Originalen
selbst copirt, und unzählige mal die früheren Abschriften betich«
tigt hat. I leb gebe von den einzelnen Artikeln , wie sie folgeii,
kurle Notiz , und da ich ' die ganze Schrift aufmerksam gelesen,
setze ich gleich meine kleinen Bemerkungen bei, so wie sie mir
sich dargeboten«
Bei Nro. i. entschuldigt sich Hr. Osann in der ersten An-
merkung mit guten Gründe», dafs er die berühmte SigeVsche
Inschrift nicht vorangestellt. Sie soll im Verfolg -ihren Platz
ünden. Die hier gelieferte ^rste Inscription ist ein leider sdir
18
\
s
274 Osann Sylloge Inscriptt, I.
verstümoieltes Bruchstück eines Schutzbündnisses zwischen Alben
und Erythrae, vcrniuthlich , wie der Herausgeber zu beweisen
5ucht, aus der Boten Olympiade. In der Abhandlung selbst zei[!;t
sich Hr. Prof. Osann sogleicb als einen auf diesem Felde Einheimi-
schen. Paläographische Erörterungen mit Benutzung aller Hiilfs-
mittel, trilische Anwendung und Behandlung der Texte der
Schriftsteller, lichtvolle Zus-^mmenstellung aller historischen Mo-
mente mit gehöriger Beseitigung alles dessen, was' als blofs stoff-
artiges Anhäufen mehr hindert als fördert — solche JEigenschaf-
ten der guten Methode sind hier, wie in den folgenden Abschnit-
ten zu bemerken / und werden dazu beitragen der so wichtigen
Ltehre vun den Inschriften auch unter uns Deutschen wieder mehr
Interesse txx gewinnen. — Schade dafs es dem lateinischen Aus-
druck im Ganzen an Gewandtheit und hie und da an Reinheit
und Richtigkeit fehlt. Sicher wird der gelehrte Herausgeber auch
in dieser Hinsicht künftig gebildeter erscheinen, und Ausdrücke
vermeiden wie der oft vorkommende lapis erectus est, alludere,
tarn parum, deprehcndere» wo es nur finden bezeichnet, quoniam
longum esset, Pag. 9 sind privigni und a ministris wohl nur
Druckfehler. Bei der paläographischen Erörterung über die ver-
schiedenen Formen des S erinnerte ich mich der mir von mei-
nem würdigen Freunde dem Hrn. Bischoff Munter sogleich nili-
getheilten Inschrift von Elis, welche W. Gell gefunden und wo-
von seitdem in thtf Classical Journal XL p. 349 *q<I« XIII. p.
iiSsqq. und. anderwärts viel die Rede gewesen; auch gedachte
ich der Erörterungen von VUloison (Anecdott. grr. IL p. i^^
sqq.). Hierbei sind besonders die altgriechischen Vascnbilder zu
Rtith zu ziehen. Namentlich liefert das neue Werk von Millin-
gen (Ancients Inedits London i82i) mehrere Schriftzuge auf
Vasen mit den älteren Formen, jenes Charakters. — In der
Stelle des Pbilostratus V. A. VIIL 35 bleibt der Cod. Schel-
lerschem. Bei der vulgata ^f%f, und läfst im f^olgenden i; vor
»'ijriv weg.-- — . Zu den guten Erläuterungen über die Atheni-
schen kTrlanoTtot konnte Suicer im Thes. eccles. p. 1178 vergli-
chen werden, und zu den poiß$o(p,6pQi und §ecßSovxoi 'van Daie
ad Marmora antiqq. Dras. VII. p. 522. Wenn ferner der Scho-
liast des ApoUonius IV. vs. 262, auch der Pariser, ^agt: die
Planeten seycu von den Aegjptiern .^ocßSoibo^oi genannt worden,
so verdiente dies, es mag nun Uebersetzung oder Alexandrinisch-
Griechisch sejn, wenigstens in den Lexicis bemci;kt zu werden,
wo dieser ganze Artikel sehr dürftig ausgefallen ist. Auch Sturz
hat es nicht bemei^kt. Der Grund dieses astronomischen Wort-
gebrauchs ist übrigens ziemlich klar,. und gehört nicht hierher. —
Bei der Erörterung über die (p^oufocp^t» ist zur Note 33 bei-
zusetzen: Memorab. Soor. IV. 4» ^7« — Wro. a: gleichfalls
Osann Sylloge Inscriptt. I. 5275
Fri«gm«iit und frqher von Visconti beliandelt. Aber auch da wo*
Hr. O* solche Vorgänger hat, weiüs er noch immer viel Eigenes
und Neues beizubringen. Die Inschrift betrifft ein Biindnifs 4er
Athener mit den Rheo^inern und aus dem Namen des Archontea
Apseudcs, wird wahrscheinlich gemacht, dai's es ins 4'^ J&hr der
86tcnr Olymp, gehört. Scharfsinnig wird aus dein richtiger co-
plrten Namenfragment ILENOS ein Rheginer Silenos herausge-
bracht. — . Ich bemerke hierbei : Dieser Ndme kommt ^uch in
Sicilien . vor, wie diö Ausleget des Athenaeus wahrscheinlich ge«
macht haben (XI. p. 220 Schwgh. und p. 2 83, vergl. XII. p^
5i3 nnd Goeller de situ etorig. Syracus.. p. 293). Da aber
die bessern Handschriften S/Aj/vo^ haben, so ist nicht abzusehen,
warum der, Herausgeber, p. ü bei der Umsetzung der Inscrip-
tion in ordinäre Schrift, gleichwohl ^Eihi\vo(; geschrieben bat.
Ich spreche hier nicht davon, dafs viele und sehr alte Hand-
schriften, wie z. B. die Clarkische des Plato, den Namen des
bekannten mythischen Wesens immer 2/X)/i/o^* schreiben; ich
meine hier den historischen Eigennamen» Achten wir dabei auf
die besten Handschriften (vergl. Mueller zum Ljcophron. vs.
786, p. 782) so scheint sich die Vermuthung wagen zu lassen,
dafs die Griechen den historishhen Eigennamen gerade zur Un**
terscheidung^ vom mythologischen mit der zweiten Form ^ihivh^
bezeichnet haben. — Nro. 3: wieder verstümmelt iind früher
von Pococke und Visconti edirt. Hier ist nicht einmal die Zeit
auszumittelii. DocK vveiset der Verfasser auf geschickte Weise
eioe Spur nach, indem er aus der Formel ro v.oiyovj welche vor
dem .Archonten Euklidcs Olymp« 94*' 3 nicht gebräuchlich ge-
wesen, Schlüsse herleitet.' Die Inschrift betriff die Athenische
Gerichtsbarkeit über die mit ihnen Verbündeten. Hierbei schfine
Erläuterungen der Socialverhaltnisse Athens , auch eine gramma-
tische Erörterung über e:. und g/f. — Nro. 4^ J^ie metrische
Grabschrift auf die bei Potidaea Olymp. ^6, 4 gefallenen Athe-
nef.' Sie ist bekanntlich im Classical Journal und sodann von
Hrn. Thiersch zweimal herausgegebenen und sehr . scharfsinnig
ergänzt und ^läutert worden. Der Herausgeber, der, sie noch-
mals xopirte, bestätigt mehrere Muthmassungeh.des Hrn. Thiersch, .
dessen Abhandlung er mehrcntheils excerpirt, jedoch auch hier>
niclit ohne ^gne und neue Böiöerkungen. — Zu den Bedeu-
tungen von (ST}qh\ wäre Mehreres beizubringen. Z. B. Oallimach.
Epigramm. VII. und XVl., Pi'oclus in Timac. p. 3i. Doch fallt
mir ein, dafs Hr. O, darüber schon sehr gelehrte Erörterungen
bei Zoega de obeliscis, *z. B. p. 329 sqq., hatte finden kün-
ncn. — Zu vs. 6 der Inschrift p* 19 sagt der Herausgeber:
»Vera sunt quae ThierSchius de nbminis Ylor^i^nioi. scriptura mo-
auit, gra'vissimis testimoniis etiam firmanda (?). Tituli infra editi
18*
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I ,
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276 Ofsann Syllogc Inscriptt. I.
I
. V. 35, Aristoplranis (Equitt. 4^9)^ nee iion Marciatii Heradeo-
ta^.«. Das hätte ich nicht gesagt.' Zugegeben dafs manche In-
schrift diese Schreibart bestätigen, dafs ' das Metrum sie zpweilen
fordern mag; aber wenn Thiersch sagt (Actt. philoll. Monacc.
IL p. 4^6): ^ Falsa igitur est scriptura liorlSaiet^ licet eam om-
nium scriptorum, qai hujus urbis mentionem fecerunt, Msti omnes
sequantur« — so lobe ich mir dagegen ScHweighäusers und
, Bekk^rs Verfahren; wovon jener im Hetodot VIII. ia6 sqq.
TiortSet/riTou ( wie auch der treffliche Cod. F. dorten hat) und
dieser im Plato (z. B^ Charmid. p. 3oo Bekkeri,, Sjmpos. p.
464)' £v YloTiSocIoi hat stehen lassen. Man s, auch Baehr zu Plu-
tarchi Alcib. p. 99. Oder soll das einstimmige Zeugnifs der
Handschriften gar nicht gelten? Und wissen wir daim, däfs die
(kriechen immer und überall JJoreiSeti» geschrieben ? Vch dächte
das Gegentheil. Finden wir doch TloTiSav eben sowohl als
XloTstiw als Dbrisctie Formen aufgeführt (Yalckenaer zu Euripid.
Phoeniss. vs.. ^96) und wird doch die Schreibung dieses Got-
ternamens mit / ausdr,ücklich als .Dorisdi und AeoHsch bemerkt
(Etjmolog. Gud. p. 47,6» 53o)| warum sollte nun die von die-
sem Gotte benannte Stadt nicht Hotßetix gesehrieben worden
sejn? Die von Dorern gegründete Stadt Paestum heifst gewöhn-
lieh TloffetBoi'vioc und Ilo^e/^v/oe, und dennoch finden wir auf
den Münzen dersi^lben eben sowohl Ylo(Th und HoffiS* als no(Xf/<
( Froelich Not. Cp^p. Gr. p. 1 53 und Eckhel D. N. V. I. p.
«57). -^ Nro. 5 t Ebenfalls eine Graibschrift auf Athener, die
im Treffen geblieben. Sie ist von Clarke bekannt gemacht, und
zum Theil aus den Fourmontschen Papieren von Hrn« Profess.
Boeckh geliefert und erläutert, imgleichen von Visconti. Diese
Vorarbeiten werden nun , wie billig, benutzt und ausführliche
.geographische und chronologische Erörterpngen angestellt mit
einigen Abweichungen von den genannten Auslegern und mit
gelegentlich eingestreuten Verbesserungen von Stellen Griechi-
scher Autoren. — -* Pag. 2$ lin. i. mufs es heissen : immutata
esse videtur. Auf derselben Seite ^ird eine Foürmontsche Les-
art, bestätigt , ^und auch anderwärts öfter der von Foürmoht ge-
sammelten Inschriften gedacht, welche neuerlich von Raoui Ro-
cket te in seinen deux lettres d Mylord Comte d'Aherdeen siir
l'0Uhentu:ite des Imcriptions de Fourmont, a Paris 1819. 4^0
und von Hrn. Prof. Boeckh vertheidigt worden^ während Pajne
' Knight (man s. die 'Nachschrift zu seine Prolegg. in Homerum
Lond. i8ao p. 107) und einige Deutsche Gelehrte noch immer
in ihrem Widerspruche beharren. — Hierbei des Herausgebers
Bemerkung p. 35, dafs die Charaktere tj und » den AAenern
' Schob vor dem Archonten Euklid nicht ganz unbekannt gew«**
seu. — Nro. 6: Ein mutilirtes Athenisches Decret das Theater-
-ÖsaBD Sylioge Inscriptt I. 277
we^en betreff<änd, vor ^ttti g^ritannten Atcfiontat verfafst. — -
Nro. 7: Eine ton Chairdler, Boeckh und Visconti bebandche
ebenfalls luckenbafte Inscbrilt. Der Hr. Verf. glebt p. 35 den
]mIk»U an: »Caeteriiin continetar boc titulo pecuni^rmn compu-
latlo a dispensBtoribuf aerarii Minervae Poliadis hellenotamiis ad
usitm n^oxtme bcilicum pänsarum.« l^s wird von den gedachten
Behörden gelehrt gebandelt. Bei der Erklärung der Inschrift
trennt sich der Verf, in wesentliche Punkten von deö änge--
führten ]lrklärcrn. P. 36 wird bei dem Namen ^iXofiJxeXoi noch'
ein Beispie) v6n ähnlicher Verdoppelting der Buchstaben nach-
gewiesen. — Nro. 8, wovon., die Erläuterung in diesem Hefte
noch nidbt beendigt ist, entbdit Fragmetite einer Rechnung über
Xjelder, 4ie zum Kriegsbedarf an die Hcllenotamien ausgezahlt
vrorden. Hr. O/ vermutbet mit dargelegten Gründen, dafs diese
Bruchstücke in das 3te Jahr der gaten Olytnpiade gehören, und
dafs sie Theile emer einzigen grossen Inschrift gewesen. In der
3 1.. Zeile verbessert der Herausgebet tHeraitOUro;, indem Meta-
poDt zu den Städten gehört habe, die den Athenern tributaer wa-
ren. Hieran knüpft er einige Bemerkungen über den Namen der
Stadt, die bei den Römern Metapontum hiefs. Er vermuthet zwei
Griechische Namensfprmen : MsTaTroi/rog und McraToj/ r^ov , wo-
von die letzteie am bekanntesten ist. Allein aus der Stelle des
Atl»enäus (XHI. p« 6o5 C;) läfst sich keiti JBeweis hernehm^n^
denn dort hat Schweighäuser aus allen Handschriften die Form :
tv MsTüiXoin'iM wieder hergestellt, nichts davon zu sagen, dafs
er in ^^n An^ierkungen (Vol. VII. p. 2 84X RdfiraTrovroj/ odfc^
MBTaircvTQi als Name der Stadt geradezu verwirft. Sodann sehe
ich nicht ein, warum vom Vrf. if MsTficTovrioi als Stadtnamen so
sehr angefochten wird, da ausserdem Suidas auch das Etjm. magn.
diese Form anerkennen, .Und auch keineswegs, wie der Verf.
doch meint, die Analogie dagegen ist. Denn beim Stephanus vom
Byzanz kommen . mehrere Städte iuit ähnlicher Endung vor»
z. B. MaXotwo«;, }^vpr6viog h. r* ä , und da ja die adjeciivische
Bezeichnung der Städte so sehr häufig ist, warum soll es dann
unschicklich se^n eine den Ostgriechen hinter ihrem iPontus ge-
legene Italische .Stadt ij MerccTrovTiog ^ sc. TroX/f, zu benennen?
— Wie Hr. O. im vorhergehenden, p.$, eine Münze von Rhe-
gium hatte im Context eindrucken lassen, so theilt er hier eine
von Metapont mit, beide aus der Sammlung seines Stiefvaters,
des verstorbenen Hrn. Ministers von Vogt. Letztere nennt er
nncn riitnium partim ineditum^ Numismäliker würden wünschen,
dafs der Verf. diesen Satz' etwas mehr belegt hätte, indem bei
der ungeheuren Menge Medaillen, die wir von dieser Stadt ha-
bfn, \cttt sChoM eiWas dazu gehört. Eine dcisclbeu unter jfner
Classe auftuführen« Auch ist mir kein Bild noch Schrifticichea
» /
ajS Oitain Sylloge In$cript|t. IL
jiuf -dieser r Müiize vorgekommen , n das ich z. B. niclit in meinem
Eascbe anträfe ( s. h. U. R. N. HL i.' p. 601 -^620 \ Doch
-will ich mich gern ein^s Besseren belehren lassen.-» Zum Schiasse
noch eine Benierkung: Der Verleger, hat durch gutes weisses
Papier, wohlgewählte sc})arfe Lettern und überhaupt durch ein
;inständiges Aeussere bei diesem Werke, das der Alterthumskunde
£hre Aiachen wird,. Alles gethan, um es dem In -.und Auslände
auch vpi]i dieser Seite zu empfehlen. Warum sind aber die Mün-
zen auf solche Weise dargestellt? £s fehlt nicht nur der antike
Charakter. Es f(^hlt mehr. Ich habe, da ich dieses schreibe,
eine Metappntische Silbermunze vor mir liegen. Hier sehe ich
auf der Kehrseite die Aehre' der G^ o£sgricchischen Sonmaergerste
(ecourgon), klar und, deutlich. In dem Bildet wird kein Mensch
.nur eine Achre überhaupt erkennen. In solchen Nebendingen
sollten wir Deutsche hinter den Ausländern nicht zurückbleiben^
da wir in. Hauptsachen ( und davon hat Hr. Prof. Osann eiuQA
neuen Beweis geliefert ) ihnen nicht nachstehen dürfen«
Sylloge InscriptioTium jintiquarum Graecarißni et Laima-
; rum eiL Frid, ,OsANNk Facisculus IL Jena Croeker* fol
-— von pag> 4$ "^ $^' * Rthlr. 12 ggr.
•* ^Forttetzung^) ^
JUa dieses zweite Heft uns gerade noch zu Händen gekommen,
indem die Anzeige des ersten der Presse übergeben werden
sollte, so will ich in der Kürze, weiche der Raum dieser Jahr-
bücher ohnehin gebietet, auch davon noch Nachricht geben : An
den Besclilufs der Erläuterung der vorhergehenden ^ Inschrift
schliefst sich unmittelbar p. 5o sqcj. Nr. IX. der ui kundliche
Abdruck einer andern Inscriptipn An mit den durch die Schrift-
art angedeuteten Ergänzungen und mit der Üebertragung in kleine
Griech. Schrift. Dieses grosse Denkmahl ist leider nur zur Hälfte
gerettet. Es enthält das unter öffentlicher Auctorität aufgestellte
Inventar heiliger Geräthc, die in einem Terapelschatze niederji;e-
legt waren. Wir gewinnen aus dieser Inschrift die Namen der
Athenischen rnfijoti in- einer Folge von zehn Jahren ; wovon der
Herausgeber das Nampnre^ister und chronologische Verzeichnifs
von pljmp. 89. 3. — 95. 3. aufgestellt hat. Einige der Namen
selbst geben zu schätzbaren grammatischen und kritischen Erör-
terungeü Anlafs. Auch wird mit Benutzung der Vorgänger, wor-
unter besonders Prof. Böckh, über den genaueren Begriff von
cncKsdo^ofjiOi und bei dieser ^Gelegenheit auch von den Thesauren
Osann Sylloge Inscriptt. IL a^i)
oder Schatzhäusern der Griechen,- nach den neuesten Aulschlüs-
sen, gehandelt. Hr. Osann bewahrt auch hier allenthalben sein.
seJbststäudiges Unheil in manchen Berichtigungen der Sätie sei-
ner Vorgänger. In der Note p. 63 hatte, statt Wesseling. ad
Uerodot. VI 34, Valckcenaer zu demselben II 7. und VIII. 46.
iuigleichcn die Ausleger des Gregor. Corinth. p. 38o sq. und
•l^orson zur Odyssee HL 278 wegen der Form 'AS^Tjutcvv ange^
{ührt werden sollen. — Zu der guten Ausführung über die
Schreibart mancher Local- und Völkernamen mit dem einfachen
c bemerke. ich, dafs auch in den besten Handschriften Römischer
Schriftsteller sich diese Schreibart .findet, wo die neueren Her-
ausgeber oft das g ohne gehörige Auctorität verdoppelt haben j
z. B. Cnossiorum statt Cnosiofum in Cicero.de Legg, I. 5, zu
welcher Stelle ich noch Einiges beibringen werde. — Bcmcr-
lenswerth ist noch die Erörterung über die Dialekt Verschieden-
heit bei der Aspiration in der Mitte der Wörter, wie auch über
den Ursprung und die Gewohnheit der Interpunktionen. . —
Nr.X; Fragment einer Inschrift die blofs' einen Namen liefert. —
Nr. XL (so mufs das IX, corrigirt werden ) enthält ein Vcr-
zcichnifs von W^cihgeschenken gröfstentheils an Gewändern, und
ist für die Kunde des Kleidervyescns und der Stoffe, woraus bei
den Griechen die Kleider der Frauen bestanden, sehr wichtig.
Da wir den Fundort der Inschrift, die jedoch zu Athen befind-
licli gewesen, nicht genau wissen^ so^ prüft unser Verfasser Visr-
conti^s Meinung, sie habe in den Parthenon gehört, und suciit
dagegen seine eigene zu begründen, wornach diese Inschrift ein
Verzeichnifs der jährlich an die Diana von Brauron gemachten
Weihgeschenken enthalte, und zviar nicht sowohl zum Zweck
öfTentücher Rechenschaft, als um diese Donarien mit den Namen
der Stifter und Stifterinnen anzumerken. Der Anfang ist erbftim-
lich verstümmelt. Die übrigen Zeilen nennen die Weihgescheukc,
die von Oljmp. 107. 4 bis Ol. 109. i. gegeben worden. — lu
der p.8i ect. ii angeführten Stelle des Pollux hat bereits He nr.
Stephanus im Thes. IL i643 e. (pxivofirjpßac verbessert.' Man
vergl. auch den Ibvkus beim Plutarch Comp, Lycurg. et Nuiu.
p. 139 ed.^Coraj.' Ich fürchte aber, in der Stelle des Pollux
stecken ^och andere Fehler. ^— - Der Verf. -handelt sodann von
den vorieommenden Namen der Donatare besonders den Frauen-
nameu und von den Benennungen der Kleider nach Farbe^ Stoff
und Schnitt, auf eine lehrreiche Weise : p. 82 von den getüpfel-
ten (^HccToccr/xToiG^ mit Sternen, zuweilen auch mit Charakteren
bezeichneten Kleidern. — P. 83, zu y^miivoc 'Afid^yivov * wer-
den, von dieser beliebten Gattung^ der Stoffe weiblicher Kleidung
Nach Weisungen gegeben. Ich will dabei jetzt nicht fragen, ob sie
immer von feinem Linnen waren. Nach manchen Aeusserungen
i8p Osann Sylloge Inscriptt. IL
der Alten sollte man vermuthen, es sejen duck baumvroUene Ge-*
wänder unter diesem Namen gegangen, und man habe dabei mehr
auf die Farbe gesehen, wie beim Bjssus, der Ton mefirerlei
Stoff war (s. Commentt. Herodot. Lp« 47 sqq.). Herr Osahn
hätte i) für seine Bemerkung die gelehrte Ausfuhrung Yon Bar-
ker und Andern zum E^ymologicum Magnum p. y33 sqq, be-*
nutzen können, wo jener Englische Philolog als Resultat angiebt,
dafs dfiopytvo^ eigentlich eine Art von Flachs (ron der Griechi-
schen Insel Amfiirgos) und dann anch uneigentltch ein Gewand
gewisser Farbe (nämlich Purpurfarbe ) bezeichnete ; 2) ist die
Aenderung, wornaeh man im Eustathius zum Dionysius p* 762
dfiQ^iSiot in dfio^ytv» ändern soll, zurückzunehmen; denn da
man im Accusativ ein solches Gewand dfjuo^yti» nannte, so konnte
sich diese Adjectivform ganx analog bilden; und dann hat der
Scho^iast zu Piatons iSten^ Brief p. a48 ganz klar die beidea
Forn^en neben einander: ivSvfiotToc 'Afigpytv» if *Afi6gy(8io&
KByofieu». 3) Da der Verf« ebendaselbst ein ungedrucktes Lexi-«-
con aus einer Pariser Handschrift anfährt, so "will ich hier die
Worte eines andern Pariser Ineditum niederlegen : Scholiast* mscr.
«d A.eschin. ad?. Timocrat fol. 25: 'Afio^^ya/et] rtiv X/voxaAd-
^1/1/ dfJLOpyiSot Keyovcri. ivioi ii rd dfio^yii/x icdvr» ra ks'X'rd
v^üLfffiecT» äkovrec de Ta evecv^fj Sid riiy ßectpi^v» — ''AK^Mg^
*AfiopyivoP* elSoc ^vXot/ ^7rotovv iptocp wiTirep acrl ro ipKo^vKqvm
SKKoi iskiywai to kv rote Hockdjjuuc ixneep iptov evpiCKo p^j/ov
iffdfirx ik yroii}(T»u dich roirtov iarl SvQXepic Hotäh Xstctotoctov
ti i(Snv ioQ hfitv. Kotrd roi'^o Sk 7{gif iroXvTt/xoc. — Wo Aivexa-
hicfiTf der mit Fasern gefüllte BQschel des Flachses, der ver'-
schlossenis Büschel des Flachses ist; ipHn^vkov fehlt in den
Lexicis. Vielleicht gewinnt dies Wort durch Hesjchius in
ipHoire^oc (Vol. I. p. i436 Alb.) einiges Licht, um jetzt nicht
Mehreres davon zu sagen. — Das öfter vorkommende und schwie-
rige : iv irKeiiff(^ ist mit Sorgfalt behandelt ; wobei die Anmer-
kung gemacht wird, dafs die ^Iten selbst verbrauchte Kleider den
Gottheiten stifteten. — Die Coiijectur des Verfs. p. 87' not. 67,
wornaeh nian in der 2iten Charakterschilderung des Theophrast
Statt KhiSoc MshTocToc lesen soll : KocXog M , wird Widerspruch
finden. Das KXxiSog ist hier keineswegs ineptum, sondern wie
schon Casaubon und Andere von Fischer angeführte Kritiker
gezeigt haben, als ein sonst Menschen bezeicfinender Ausdruck
gerade hier recht passend'. Eben so wenig möchte ich mir dic«-
sen ganzen Zug des Gemäldes von dem Librarius der Augsbur-
ger Handschrift rauben lassen^ wo wir blofs lesen: 7(pe/ xvvot^by
fA§KtreU6v reXeuri^ffecuTö; jLtvfjfi» froitjaoci 9c^ rtiavt» 3^fi%voc
itev^arew (s. Acta philoli. Monacc. (U. 3. ' p. 3^5 )» Ohnehin
ist hier gerade der Codex zu Eode^ wo gcwöboUch Yerstüname-
Osann Syllogc Inscriptt. H. 281
• • • •
luiigen vorfirflen. Oder sollen Vrir auch solche Züge auf Recti-
nuDg eines interpolator setzen? — Liii. 35 der Inschrift (vergL
p. 88) ist das ^^/a gewifs sehr kühn, da nur das ^ übrig ge*
blieben. Aber^ gesetzt auch, so müsse ergänzt werden, so hätte '
der Verf. nicht an Thierfiguren denken sollen. Die Steile des
Plantus liefert keine Parallele; denn dort ist von Teppichen die
Rede oder von Tapeten, biet aber in der Inschrift von einem
tTplßhlfict von einem Anzug, Kleid. Es sind Figuren überhaupt
gemeint, wie auch die vom yerf. angeführte Stelle des Pollux
andeutet, wo von Geviräudern die Kode ist, in denen entweder
ßlumen oder ^os, d. i. Figuren eingewirkt sind. Ueber diese
leztere Bedeutung sehe man Eiehstädt Praefat. ad Diodor. SicuL
I, p. 74 ff. — Nr. XII. ist das Fragment eines Decrets, dessen
Inhalt unbekannt ist. — Nr. XIIl: gleichfalls ein verstümmeltes
Decret; woraus man doch so viel sieht, dafs es Vcrordnungea
die Eleusinische Proeession betretend enthielt. Aus paläogra-
phischen Sporen geht hervor, dafs es nach dem Afchontat des.
Euklides verfafst worden. — Nrl XIV: Eine, wie es scheint,
ganze und vielleicht etwas ältere Inschrift, worauf alle Namen im
Genitiv vorkommen. Scharfsinnig erklärt der Heraiisgeber den
Inhalt von den Söhnen einer Hetäre, die von ihren Vätern nicht
anerkannt worden. Waren die Namen Ljcische statt vGriechiche,
so könnten wir die Ehre der Frau reiten (Herodot/I. 173).
Niln aber müssen wir mit Demosthenes ( adv. Bpcotum p. 997
ed. Reisk.) fragen: »Wer hat je gehört, undr nach welcher Sitte
hat «nan jemals den Namen der Mutter beigeschrieben. « -—
Lehrreich sind des Herausgebers Bemerkungen, über die Form
i/otf. statt vto.,*
Nr. XV: Nur drei Zeilen, enthaltend die Notiz von einem Athe-
ner.— Nr. XVI ^ Bruchstück einer Inschrift^ die der einem Bürger
erwiesenen öffentlichen Belobung erwähnt, wie der Erklärer glaubt,
nicht lang nach Oljmp. 94 abgefafst. — Nr. XVII: Ein ande-
res Fragment mit den Namen Athenischer Bürger. Der Verfas-
ser dieses Commentars rechtfertigt daraus die Form: l^ohovii^eu
und eipe ang'iöfochtene Stelle des Hesjchius. — Nr. XVllI.
onthah zweimal den Namen ^AtrauhprioSeofOf so mit ^em doppel-
ten. Ztsdhbuchstab. Dex^ Erklärer verweiset auf Böckh , bringt
noch ein Beispiel dieser Schreibart von einem Vasengemalde bei,
und liefs. sich auch dadurch mit Recht bestimmen^ seiner eige-
nen Abschrift, worin A(T»K» geschrieben war, die des Hrn. Rose
vorzuziehen. (Von dieser Verdoppelung des a finden sich Bei-
spiele in vielen Denkmählera der verschiedensten Zeitalter. So'
lesen wir in einer liischrift aus Corfu bei Paciaudi Slonumm.
Pelopoon. I. p. 198 CeßaaaTiOV und ^^cro'xai, und Marini, Atli
4«' fratelU Atvali* p» 490> sagt Mehreres darüber. Wenn der-
282 , Osann Sylloge Inscriptt. IL
. $elbe p. 493 eine Inschrift mit: Aff(mk7iV40LSflc liefert , welchen
ich in einer andern von Cyzicus mehrmals ordinär : AffxX^pr/ftJ^jc»
geschrieben finde, so kann ich jetzt üazu einen Beitrag aus ei-
ner kleinen unedijOen Anticagli^ liefern, und da sie Griechische
Waffen betrifft uncl denselben Namen giebt, der in der Inschrift
bei Hr. Osann vorkommt, so wilK ich einen 4^>n^i^^'i^^ dabei
y ofw eilen : Von der Güte meines verehrten Freundes, . des Hrn.
J^egociatiten Joh. David Weber in Venedig besitze ich einige
bleierne Schleuderkugeln, die man. vorlängst ip Corfu gefunden.
Mehrere ähnliche aus Sicilien.hat der Prinz von Torrerauzza in
seinen Insqriptt, Sicul. Panormist. Clas». XVI. mit allerlei In-
schriften (z B. um eine von gutem Vorzeichen für die Griechen
zu wählen: N/K9f A/oa) bekannt gemacht. Er nennt sie p. 25 1:
glandes missiles plumbeas. Die Griedien nannten sie /j,oKvß6ivag
^spfjia>öi^ovc i auch /noKüßSociuocg^ auch tcbccovq in fjboKißSov (Cuci-
an. Lexiph. 5. p. 32 8 Hemsterh. Gymnas. 27 p. 909 Appian.
Mithridat. 3i p. 685 Schwgh.). Jene mir mitgetheilten Schleu-
derkugeln sind • mandelförmig , aber dick(ir und grösser als ge-
wöhnliche Mandeln mit ihrer Schaale, haben eine angenehm gelbe
patina und auf ihrer breiten Fläche in etwas erhobener und
sehr schöner alter Grofsschrift Namen, vermuthlich der Fabrikan-
,ten. Auf einer lieset man nun ganz deutlich : A(j<TKh/iitiohu)^oiß —
§latt ^Qs doppelten (j scheint bei dieser Namencla^s^ zuweilen
eine Diphthong gebräuchlich gewesen zu seyn, wenigstens in der
Aeolischen und Etrurischen Schreibart. So fand Lanzi (s. Saggio
di lingua Etrusca II. p. 47* ) in einer Etrurischcn Inschrift :
Ai<m\cxntioi^i •—- Nr. XIX. enthält bloFs die Erwarlmung eines
gewissen Theodotos aus Antiochien, ohne dafs man weifs, wel-
ches. Aniiochien gemeint, ist. — Die Leser werden aus dieser
Uebersicht die üeberzeugung gewinnen, dafs dieses zweite Heft
mit gleicher Sor^f^lt und Gelehrsamkeit wie das, erste bearbei-
tet ist. Creu^ien
The Desatir etc. und die heil. Sage der Baktrer etc.
Fortsetzung der in Nr, l3» abgebrochenen Recension,
Jxnt di^se sieben, als Könige in der persischen Geschichte be-
kannten Propheten, deren jeder durch den Kultui eines^ beson-
deren Planeten ausgezeichnet ist, f olgeii Keichosrew (Cjrus)
Soroaster und Alexander ebenfalls als Propheten, und end-
lich das Buch des ersten und letzten Sassans, welchen die
gewöhnliche persische Geschichte als Propheten nicht keniit; eben
\ ,
Tbe Desatir etc. u: d. hell. Sage der Baktrer etc. 2,83
%6 trenig kennt dieselbe die «ier ersten Propheten, welche vor
Keiomers «rsoheiuen. Die Parsis welche nach der (in der
englischen Vorrede des Bttehes enthaltenen) Aeusserung des Sir
William Jones den Keiomers ebenfalls zu den ersten Men-
schen annehmen, glauben -jedoch an eine Sundfluth vor demsel-
ben; in soweit wäre Keiomers freilich Noe, da aber alle
Quellen persischer »Geschichte denselben ei^nstimmig auch Adam
bder Gils'chah d. i. den Herrn des.Lehmens nennen,
und unter seiner Regierung' die Geschichte von Abel und Kain
erzählen, so sehen wir keine gegründete Ursache, denselben aus
Adam in Noe umzubilden, sondern müssen die in dlm Dessä«
tir vor Keiomers angegebenen vier Propheten als eine will«*
kührliche Erfindung uralter Religionslehrer betrachten, wodurch
Keiomers oder Adam vier Propheten' zu Vorfahrern erhält,
deren 'erster M eh ab ad nach der Lehre des Dessatirs zu«
gleich für den ersten Menschen und- für -den Stifter der M e h a-
bade» Religion gilt, welche von seinen vierzehn Nachfolgern
bis zu dem letzten Sassan hj^unter immer empor gehalten un4
aufgefrischt ^wird. Das erste Buch. nämlich das des Mehabad
oder grossen Ab ad ist auch das wichtigste von allen,- weil es
das System der ganzen Lehre in sich schliefst, welchem in den
folgenden nur einzelne Entwickelungen der schon im ersten Buche
gegebenen Momente erhält. Da die Geschichte den Meha-
bad und seine drei Nachfolger nicht kenpt, so ist die Erorte-
ruiig ihrer Namen nach dem persischen Wortsinne um so wich-
tiger. Abad ist in seiner gewöhi|lich&ten Bedeutung, nämlich
In der eines angebauten Ortes (das , englische Abo de) aus gco«
graphischen und reisebeschreibenden Werken als Städte -Namea
hinlänglich bekannt, als: Heiderab.ad, Dschemalabad u.
s. w. in Indien und zu Konstantinopel die Namen sultanischer
Kd»chke wie Seaadetabad d. i. Gluckseligkeits - Bau an
den süssen Wassern, Humajunabad ,d. i, ,der Kaiserbau zu
Bebek, Chosrewab^d d. i«- der: ChoSroes -Bau, und Be-
harabad d. i. der Frühlingsbau, beide in 'der Gegend von
Alibeg Köi, Neschatabad d« i. Fröhliehkeitsbau zu Be-
schiktasch; Emnabad, d. i. Sicherheitsbau zu Topchana«
Aber ausser dieser gewöhnlichsten Bedeutung ^ hat das Wort
Abad noch mehrere andere wovon vorzüglich die von Lob,
Preis und Gebet, hieher pafst. *)
*; Hier folgt der Artikel Abad aus dem Bnrhani Katii SV 30
ganz übersetzt: Ah ad ausgesprochen . wie As ad hat sechs Be-
dentungen, itens urbar gemacht und angebaut {schein u ma-
mur}* 2tfns Loh und Gebet (tahyetu dua) Wunsc^ und
2S l The Desatir etc, u* d. heu. Sage der Baktrer ttc.
'Mehabad Keifst sjsa der groste Anlieter, d. i. der
Stifter iiiid EiD^Uer des. ersten Gottesdienstes dessen Nachfolger
und Junger die Mehabaden d. i. die grossen Anbeter
uiid Lobpreiser heissen. Die Bedeutung des Wortes Lob
und Preis findet sich auch in dem Namen des zweiten Prophe-
%eUf welcher i)icht wie die englische Schreibweise (JjafTam)
glii^uben machen möchte^ ein einziges Wort, sondern aus zweien
zusammengesetzl ist, näuilich Dschi Afram. *> Hiervon ist das
zweite (Afram) nur die ältere. Form der Dessatir* Sprache
für Afrin oder Aferiu, und . ist also gans gleichbedeutend
mit Ab ad. Dschi ist aber wie wir aus den persischen Wör-
terbüchern lernender uralte Name von Isdfahan und auch der
Name eines Ortes nicht ferne von ReX* '*) NacK aller Wahr*
scheinlichkelt das griechische yri' so dafs Dschi Afram Lob-
preis des Oits oder der Erde bedeutet. Dieselbe Bedeutung
scheint audi in dem. Namen des dritten Propheten Schal Ki^'
l'tw zu liege» , welcher ebenfalls au^ zvrei besonderen Worten
besteht, ***) während der englische Uebersetzcr denselben unge-
trennt Shatkiliw schreibt. Schai ist die alte Form der
D^ssatirr Sprache für das persische Wort D schai der Ort,
ttud es ist also zu rermuthoi dafs auch Kiliw gleichbedeutend,
mit Afram und ^bad L^b, Preis und Gebet heisse. Der
Name des vierten Propheten ist Jas^an d. i. der Gesetzgeber****)
von Jassa das. Gesetz. Man siejit aus, der Bedeutung dieser vier
Propheten Namen, dafs denselben nur der aUgemeine Begriff von
Gottesdienst und Gesetz, von Lobpreis und örtlicher Anbetung
zu Grunde Fiegt, und dafs dieselben der GeschicUe nicht ange-
hörend über derselben als blosse Begriffe erhaben dastehen; Die
vier Bücher dieser vier Propheten enthalten den reinsten Deis-
mus und den: erhabensten Preis der Gottlieit, ohne dafs der St-
derismus und Dämon isnvust dessen Grundlage steh jedoch
schon in der Ko'smiolagie* des ersten Buclies findet, zum ei-
gentlichen Kultus ausgebildet ist; dieses geschieht erst in den
sieben planetarischeu Büchern der sieben obgenaiinten alten per-
6ru& den grossen Propheten gebracht« 3tens Lobesaissruf wie
Vravo («.fe];in)*. 4^9»^ Der Kamen der Kaa.ba« 5tent$ 0er
des ersten persischen Propheten* 6teos gut und schön*
,**y ferheng Schuuri L Blatt S2(^ uad Burli. Katii S. 28ft»
***) (^A^Ä^SiD (^U nicht ^^IJb^A^.
****) Jassa n was'schickUch und gebührend ist Burh. Klti?
S. ^53» . '
The Desatir elc. u. cl. heil Sage der BÄktrer etc, ö85
iisdien Könige, deren Inlialt besonders fuf den Mjtfiolocren
von höclistcr Wichtigkeit ist. Die Bücher Keichosrew's und
Atexanders tragen keinen ausgezeichneten Charakter religiöser Ge-r
setigebung und selbst das Soro asters, wiewohl nach dem er-;
stea das längste von allen enthält keineswegs das System des
Sendawesta sondern nur Apologen und einige geschichtli*
che Beziehungen auf die Person Soroasters welcher übrigei^^
hier so umgebogen wird, dafs er nur in die Stufen des grossen
Abad tretend, als ein Aufreehthalter der Religion der Meha-
baden oAet grossen G6tte$ Anbeter erscheint. Das Buch Sas-^
Sans endlich ist theils rein metaphysisch theils geschichtlich in
soweit dasselbe ' der späteren Religionsstifter und Sectenhäupter
erwähnt (Christus^ Mani Masdek Mohammed).
Wir liefern liun einen kurzen Umrifs 'des Systems des
Dessatir's selbst 'mit Heraüshebung einiger yorzuglichsten Std*
len in wörtlicher Uebersetzung aus deih Persischen. Das erslij
Bach des M eh ab ad die, Grundlage des Ganzen beginnt folffen-
dermassen:
' t. Wir flGchten *) uns zu Gofl von dein Beirrenden und
Verführenden. . '
a. Im Namen Gottes (Schemtai) des Gewährenden ^ des
Bescherenden, des Liebenden, des Gerechtigkeit übenden.'
3*. lin Namen d^s Farbenlosen (Lareng).
4. Den Beginn von Gott kann keiner wissen wie er ist
wer kann ihn wissen ausser Ihn?
5. Sejn und Einheit und Persönlichkeit sind ünzertrennli.,
' che Eigenschaften Seines Wesens und sind nicht ausser Ihm.
6. Er ist ohne Anfang und Ende, ohne Freund und Feind,
oliite Seines Gleichen Und Helfer, ohne Vater und Mutter, ohne
Weib und Sohn, ohne Ort und Lage, ohne Körper' und Kör-
perliches, ohne Farbe und Geruch.
7. Er ist lebendig und wissend, und mächtig, und ohtie
*) Husam'Üh in dem November Heffce des asUtic Journal,
4as uns nachdem das Obii;e gescbrleben war zu Gesicht ^t»kom-
tnen «v fährt Herr N o r r d s um die Unecbtheit der D e s s a t i r -
Spr«iebe zu beweisen mehrere Worte als arabisch auf, welche
ganz gewifs nicht arabisch .sind, so z> ß. soll das Wort husa-
m i d e n von der arabiscÜen' Wurzel h e s e m e herkomitfeny deren
Bedeutirng (pressit, depressit, sonjuit striditye^r-
cus) mit flüchten auch nicht den geringsten Bezug bat bat
m gehört gar nicht zur Wuirzel, indem araiden statt aniden.
bUiis die Eudsylbe i8t9 die Wurzel aber hns (das englische
house und das deutsch^ Haus) wir hausen, d. i. wir buch-
ten uns zu Dir.
5286 The Desatir etc. n, A. heiL Sage der Bakärer etc.
BediirfDtfs, und gerecht ;. Er hat Kunde yom Honen und Sehen
und Sejo.
8. Und feiles) Sejn ist vor Seiner Erkenntnifs auf Einmal
klar und ohne Zeit offenbari und Nichts ist vo^ Ihm verborgen,
was da ist und war.
9/ Er thut nichts Böses und ist mit Bösen nicht) das was
Er thut ist gut.
Wir übergehen hier die in dem zweiten Buche enthaltenen
und schpn oben vorgekonunenen 100 Eigenschaftswörter Gottes
und fahren in dem Preise desselben mit den Worten des dritten
Buches fort: ^
6. Im Namei\ Gottes (Hermehr) des Ernährenden^ des
Vezeihiing Gewährenden. *) •
7. Erhaben bist Du unser Herr. **)
8. Von Dir kömmt Preis und zu Dir kömmt Preis.
9. Du bist nothwendigen Sejns und Nichts ist nolhwendi"
gen Sejns ausser Dir. /
10. Du bist der Anbetungswürdigste der Anbetungswür«
digen , ***) und Keiner ist der Anbetung der Welten würdig
^ Du.
11. Du bist der Erste, an Glorie der Höchste« ****)f
i2. An Preis der GrÖfste.
i3. An Licht der GrÖfste und Leuchtendste.
' i4' An Grösse Üer Höchste.
45. Der Vollendeten Vollendetster.
16. Der Besseren Besserer. *****)
*) Ämersende heifst der Verzeiher und nicht dtt Protectör
wie es' in der englischen Uebersetznng heifst«
**) Das Wort des Textes für Herr ist Choremlam welches an
den C h e d r 0 1 a'm e r der Schrift erinnert*
***) Im Englischen ganz falsch übersetzt; Thott aft worthy
oftheadora^ionofadorers*
*^**) Die Werte des Textes sind Chuaterataji fe lat hadter
alle drei etymologisch merkwürdig, Ohorem oder-Chorim
Verwandt mit dem lateinische^ primüs had mlfdem englischen
high und deutschen hoch , 1 a t wofür im Persischen s c h u k n h
d» u Pracht und A n s e h »n steht « ist der Käme des im "K o*
ran vorkommenden arabischen Idols lat das bei Hefodot
AhXeer heifst.
.*****) Die Worte des Textes bidar bid arter sind, mit sehr
wenig Veränderung die gleichbedeutenden englischen oder deut-
schen better, besser, besserer ; wenn der Engländer statt Thy
bounty complete wörtlich: of the betters the best
übersetzt hätte, hätte er nothwendig schon in diesem Worte
'allein erkeiknen- müssen, um wie viel näher diese alte Form de-
nen seiner Sprache liege als die heutige persische»
The Desatir etc. ii. d. heil. Sage der Baktrpr etc. 2S7
17. An Güte dor Umfassendste.
18. An Glanz der Leuchtendste.
19. An Licht der Strahlendste. '■ -
20. An Herrlichkeit der Festeste.
. ai.. An Freigebigkeit der Erfreulichste.
aa. An Körper der Körperumfassendste« *) . .
• 23. An Güte der Scheiucndste.
24. An Wesen der VortJcefiBTichste.
2 5. An Vernunft der Vernunftigste.
26. An Seele der Beseelteste.
27. I>ein ist die Grösse.
28. Du bist der Schöpfer der Welt.
29. Der Erste der Ersten, der Beginner der Beginner.
30. Der Dasejngeber aller Dinge.
3i. Der Offenbarer von diesem und jenem.
32. Daseyngeber der Sej^enden.
33. Ernährer der Ernährenden.
34. Schöpfer der Wunder und dessen was wunderbarer
als Wunder.
35. Hervorbringer der Reinen und dessen was reiner als
die Reinen. ^ .
36. Würdigster der Anbetung der Intelligenzen welche
die Hervorbringer der-Substanzen sind, frei von Raum uncffieit.
37.. Denn sie sind Lichter, frei von allen Rücksichten.
38. Sie sind die Angekommenen und Nächsten. **)
39. Würdig der Anbetung der Seelen, die befreit sind von
allein Oertlichkeit. ***)
40. Strahlend in Leibern.
4i« Leitend die Leiben
42. Ohne Vermischung unfd Vereinigung mit denselben.
43. Theilnehmer an der Welt der Intelligenzen. "
44. Von Dir ist ihr Beginn und ' zu Dir strebt ihr Encje.
^45. Würdig der Anbetung der Körper verleihenden Sphä-
*) Die englischd^ebersetzang umscHreiht: And Thy world-
of- body (tcnisän; ver y capaüions, während der Text
bloß die zwei Worte entlialt: horfasch fo rtasebter cor-
pus corpulentissimum.
**) Der Text enthält wieder blofs die obigen Worte, welche die
englische Uebcrsetzung umschreibt: And thcy havc.attai-
ned feligity ahdproximity f to God ). ,
***) Die drei folgenden Verse beziehen sich auf die Seelen wel-
t^che hier den Intelligenzen vorgehen, wiewohf wie wir weiter
unten sehen werden, die Intelligenzen als Lichter dem Licht der
Lichter am nächsten stehen.
2B8 The Desatir etc. u. d. heil. Sage 4er Baktrer etc.
rcD, die weit entfernt sind von Theilang, von Annahme und
Ablegung der Form.
46. Würdig der Anbetung der StraUIungen die d^ leuch-
tend und erhaben sind.
47- Würdig der Anbetung aller Elemente, der reinen und
ungemischten, wie de^ Unreinen und gemischten.
4^. Da bist rein o! Anbetungswürdiger, o! Lebendiger, o!
Beständiger, o! Lichtester,*) al Unbeflecktester, o! Nähr er der
Engel, der Sphären, o I.Licht der Lichter, o! Heirr der Ewig-
keit nnd Zeitumwälzungen.
49- Von Dir ist Ewigkeit ohne Beginn und Jiei Dir ist
Ewigkeit ohne Ende.
So. Du bist d^r Dasejngeber aller Dinge, sej es Substanz
oder nicht Substanz ,. sej . es Wenigkeit oder Vielheit, sey es
Hervorbrinrgung oder Hervorgebrachtes.
5'i. Du bist das Ziel der Wünsche.
52. Du hast untergetaucht oie reinen Stibstanzen in dem
Meere Deines. Lichts.
53. E^ sahen Dich die Augen der Reinheit durch d^ Glanz
Deines Wesens.-
54- Trübe und finster ist derjenige der Dich geseh^ durch
die Bemühiingen' des Verstandes. **)
¥^5. Durch Deine Vollkommenheit bist Du' erhaben tihex
alles was sichtbar durch Deinen Glanz.
56. Solchergestalt, dafs nichts kann mit Dir vereint werden
und nichts kann getrennt werden von Dir.
5y. Du bist verhüllt durch die Stärke Deiner Offenbafkeit
und durch die Helle Deines Lichtes. ,
58. Und unter Deinen Dienern den erleuchtesten, den mäcb-
tigsten, den glorreichsten, den freien und befreiten von Körper
und Stoff ist keiner Dein Feind, und keiner empört und keiner
widerspenstig, und keiner gefallen, und keiner vernichtet. ***)
59. Menschen vermögen niicht dea letzten derselben zu prei-
seu auf würdige. Art.
*)
mentar
Die englische üebcrsetzunR lautet nach dem persischen Com-
lentar: O Thou who rocallest from evil to good!
während im Urtexte nur das Wort: iJartar steht,
**J Das Wort des Textes welches V erstand hcifstj m Fer-
.star.
♦**) Dieser Vers ist sehr merkwürdig, wcii denelbe dnrchans allen
Abfall hüherer Geister luugnet»
( Die Fortsetzung folgt, )
N'lft Heidelbergef i823*
• . . . * .. . «•■■.»••*■
Jahrbücher der Literatur;
i '
2%i$ IJfesatir eii. tmi £e heäige Sägt ä& Bkktt-et ttc^
■ ' ■ . "• . ' ■ '. ■ ' -...''•
60. Wie Termächten de denn erst würdig zu preisen Itiä'
der sie .( £e höchsten Gdister) verschlangen Kaft, in d^ Licht-
glorie seiner äerrlicliLeity die überaus grolsy.der «sie gescnmei«
zet in dem *Glanzje seiner Grösse die überaus herrlich. \
jS«: Ohnmächtig ^ind S<;be Diener rot der ^Ufbermacht
Seiner Mäjfestät. * . ' * \ •
62. l>ie Wahrheit versteckt wer da sich eii^itaet.daTs in
Dir Gleichnils und Qualität und Quantität ijnd OiartUchkejt und
Lagie und eine ^Zufälligkeit der 2Uifalligkeiten , uina eine Eigen*
Schaft der Eigenschaften v^hne, .' , ^ . » .r . [ ^
63. Es sej dei^ ob nothwendiger Form, der Sprächet uüd
▼egcii Vierständlichkeit. ^ V . * • . -
64« Du bist erhabeii Und vortreäicii/ . * '■ '
65. Da bist Gott solchergestalt^ dals keiiier.,änbetaiigtwiir-i'
würdig ist als t)u7 LicU der Lichter! l'reis^urdigster! ^wea-^^
der der ÜebfL.' *(.;»..• • , .
66. Mil Liebe werdeü angezogen die reinen Substanteü
lu Dir.. ' '■ • " ^ ■-.'.■ 'i
67« IK^, unterwarfen sind die erhabenen^ Wieseü*
68L V\t üntistgehen sind die reinen Siäieieii.
691 Da bist erhaben und gränzenlos und durch nichts bef
sctränkt. '
70. Ich flehe von Dir^ giesse aus auf mich pejne strahlen-
den Lichter. * , " '* . . .
71. Und sptich mir *V(^orte > tut Erkenntnifs Deiner 6e^ *
heiQ^niss^ di^ da bewunaeriiswerth.
72. Büf mir mit Licht und belebe mich, qjiit Licht und be-
wibre mich 'mit Licht, und efhebe mich mit Licht.
IZ. icii flehe ton Dir, ö Anbetungswürdigster, und verlange^
I^irh zu schauen 'tüid hinab tu stdgen in das Meer Deiner
Gt6$fe. > ■ , . • . ' '■'■./ /«•'-: -'
74i. Stehe bdy 0 AnbetuügswStdigster^ d^ S^haar des Lii;ht$i
reinige ihr Inneres lihd das meinige ^ läütetd sie und. mich ytlH
Ewigkeit ^lU'Ewig'keil. ' ,
2^0 THe Desatir etc. u. d. heil Sage der Bakti%r elc.
^5. Im Namen Gottes (Herrn- ehr) des Ernährers, des
Verzeihttög Gcwähters. . ., / . . . .
n 'i fa •deniaelbeft Geiste ' faulet iiuclij der , LdbpreSs Goltes uft
\icrtea ^Buche, das ist la dem des Propheten Jassan'oder des
GeselEgebers. **'.•/
.6.1m Namen des barmherzigen Qoitcs (Dai)'.
^ 7. O Anbetungswürdigster mein und Anbetungswürdigster
aller, .Wcf CO der untispen' und d«r lAerenf •
8. O Verleiher dei^ Seelen und Geister (Intelligenzen)«
9« O IJervorbringer der wahren fieschafienheit der Stutzen
und Gründe. *
^ io. Q Wdth wendig Bestehender.'
41.0 Wohhhaten AusgieSSeilder.
1». O Aldnerdei' Hetzen iiiid Sei^let». * «
^ ' 4 3, p Gestalter der Formeö nitd Schatten. ' . ^
44. O Licht der Lichter uHdCmWäber der Uniitsfeangcn.
i$. Du bist der Erste dcnn.es ist keine Vergangenheit vor
/ ■ Dir.. • ;• • ,. • - ••
46. Du bist der Letzte, denn es ist Iceioe Zukunft näcli
Dir.V • • ' • - .'' ■
47. Die Engel sind ohnmächitg Deine Grdsse zd fassen.
«8. DieMensdien sind tiliYermögend Dein Wesen zu erjtetinen.
49- Anbetungswi^digster mach uns firei *) von den Banden
niedriger Körperlichkeit! ' •
ao. Befreie uns von den Fesseln häfslii^ier, fihsterei', nie-
deircr KörpejpÄchkeit. , ' >,
21. Sende- unseren Seeleu den Glanz Dein^sXichtes«
32* Qi^fs herüntier ' auf unsere Seelen' dii^ )FVdhNc1ikeit
Deiner Zeichen. •
23. Dffe Vernunft ist ein Tropfe von den Ti^o^f^ Deiner
Seelen - Versammlung. ' * " ^
24. ^i^ S«fele ist eine Flamme von den Fkmnnen' der Ilc
sidenz Deiner Majestät* • . * ' ^ ^ . ' *
2$. Deiike Substanz ist ^ne Substanz l&ocKendi und spru«
^delnd, aus welcher hervorkocht und. sprudelt die Substanz der
* Seelen, ohne Ort und Utitergebenheit, ohne Verisinduug und
Trennung.
26. F|*ei und reiii von Mängeln und Banden ubd Gebrechen.
27. Grols ist**) der nolhvv endig Bestehende, solchergestalt
*) ISt tibera nos a nialo* DcrMehabade kennt kein *ande-
. res Uebel» als idt Banife der Materie über die er sich- durch
. Lichtes £2nfiuf$ ^um Licht der Lichter au{^chwingt*.
**> Hier seheint einer der vielen Fehler zu seyn« wo. derCommentator
den alten Text nicht mehr ventandeui und den VC'^e dettelbea
The De^atir etc. u« d. beil Sage 4er Daktrer etc. 291
i'dh die Angen Ihn oicht sehen «nd die Gedanken nicht er-
reichen. »
a8. Dein sind die Wunder und Feste. •)
29. Von Dir 4st Zurückhaltung und Verleihung ,. und bei
Dir ist Freigebigkeit und Beständigkeit
30. Grofs ist Crott, solchergestalt dafs in seinen Händen die
Seelen aller Dinge -sindi und daüEl Sie tu Ihm kehren zurück.
3i. Im Naraien des barmherzigen Gottes.
'3a. Gott ist keine Subsitanz und keine Zußilligkeit und ist
erhabener über Alfes was Du wähnest.
33. £r gleichet keinem Dinge und keiil Ding gleicht Ihni.
34« £t ist einzig und nicht zu zahlen.
35. £tr hat keinen Seines Gleichen 'ün(d. nichts besteht gleich
Ihm. \
36. Er lebt nicht durch Geist und Seele tyid Leib^ Er le«
het durch sich selbst;
37. Er ist weise ohne Gedanken Und tTntfissenheit hat auf
seine Wissenschaft keinen Einflufs.
38. Er ist seiner Wünsche Herr, waü Er gevvt>tU hat Er
gethan, und * wird thun Was Ihm belieDt.
39. Er ist allmächtigi ^as Er thun «will kann Et thuu und
ist in nichts .gehindert als in der Erschafiung Eines gleibh Ihm«
%o*. Seine Vortrefflichkeiten sind mannigfaltig und unzählbar.
Nach dem letzten Verse geht der Text des vierten Buchesl^
des Dessatir wie der Text des ersten Buches nach dem sie-^
benten Verse von dem Preise Gottes auf den des ersten und
(nach der Lehre des, Dessatir) einzig von Gott selbst ge-*
schaffienqn GeschdpfeS| nämlich der obersten IntelUgenz über.
• » ■ *
* • //• Die eheste Inietligentä
«lt. Das einfache Wesen (Gott) ohne Hotfnung. der Ver^
geltung seiner Güte un<f Liebe, scihuf zuerst ein WeseP) frei
und einfach, nnvermisclit| unkdrperlich / ohne Beschränkung von
Zeit, Körper, StofiTj Verlangen, Wunsch, Materie oder Efgen-*
Kh'afc, genannt Behnamy.der Erste der Engel*
wiltkühftlcb« Bedeutung Unterschoben hat$ denn das Wort
Schcndschram übersetzter mit filsttl/^ d« i» grafs« wäh*
rend oben Vers 19 und 2ö das Wort Scfiendschrami zwei«
mal dttrch furuteni d*i. niedere tCörperliohkeit übtrseut
ist, so dafs entweder ^ier oder dorten oder bei Beiden der wabre
Sinn verfchk ist Ihsselbe gilt aneb van dem Im 34te9 Veive
mit Jekta d« i. tlnjii: öbcmctzten« Worle Semlra^m das
sonst d?» Wor.t (veroum^ übersetzt v^ird.
^. *). Die Worte des. Textes sind: J^i^nd.ram und Fertaram die
der Cümmeiitator dnrch Grösse unb Preis übersetzt.
i9*
292 -The^ Desatir etCi u^ d, hdlrSage der ßaktrer etc.
.12. Ißr- ist ganz Yortrefficbkeit und GiitCi aus ihm ist das
Wesen von Amsehsfm und Manisiar der Vorsteher der
Seelen und Ta^nistar der Vorsteher der Körper. *)
i3. Und aus Amscham kain Faoischtim undFerard-*
S-cham und Sama$.am. **) .
44- Und auf die^e. Weise kam aus jeder Vernunft eine
Vernunft) und eipe Seele und ein Leib, bis das Sphären- Sy-
stem geendet ward. ***)
Die oberste Int^iligenz bt aUo der eigentlicbe Denii-
urg der Kosmagonie ^des D es s.atlr .welcher aber seiner
Seit» nicht alle übrigen GeseKöpfe son4eru nur Ver,nunft, See-
le und Lei & er,schu£, wovon, die 'erste wieder Vernunft,
Seele und' Leib eirscbuf und so weiter in heruatersteigeuder
Ordnung too der obersten Sphäre bis zur untersten j. so. heilst
es im Buche Soroasters:
ßj. Sag ihm: Gott ist der Schöpfer älleir Dinge,. und ge-
brauchte keiii Werkzeug' in der . ErsehaflFung des- ersten Engels,
wohl, aber * bediente er sich bei , der Schöpfung aller anderen
Wesen* ein^ Werkzeuges.* • / •
. $S* Und die Vermittlung, eines JVescns von Gradzu Grad
Ipmfnt nicht daher,, dafs. Gott ^unfähig selbst zu schaffen.
^ 69. Es kommt daher, daf» ein^Theil der Wesen nicbt ins
Oil$ejti^etf n. kann ohne Vermittelung.
.:.. 70,, Und ein Theil der Weseh .k^nn 'nicht ins Daseja tre-
ten ohne viele Mittelwesen. ■ . , '
^,., , . , Und ina, Buche. dps, ersten Sassan:
,', . «3>. Uranfangs ward^^e ersje/ Vernunft erspbaffeo.
i4 Und diese erste Vernunft schuf eine Vernunft, eibe
*; Im £ii^is«hen «teht I Uy hii» (6%d) cj-efted tbcL^^sub-
• sti^nce oJF^m.S:Chft^. nicht g^nz richtig übersetzt«, weil wie
^ ti^ir ^sogleich >ehen werden ^der Dessäi^r .aiiderswo ausdrück«
.lidh Vägt» däfs Gott nichts schuf als die ober^;te Vernuni^t odef
den ersten En^el (B'etiiiäm tfder Be fernen) welcher Miner
Seits die Vernunft Amscham die erste Seele .M a n i s t a r und
den ersten Leih Tanistar schnf* Die Vernunft Amscham
'Ichnf dann ihrer Seits die Vernunft« die »Seele und den Leib des
< achten Himtnels ( der , Fixsterne ) , die Vernunft des achten Him-
. ' jnels ,sehuf die vernunft«> die Seele und ^eii Leil^ des^ siebenten
: .Himmels (Satlimus) und so heriintet; bis zum er^tett plauftari^
. «cbeii Hinupei (des Monden );* ' " ^ y"
"^ Farn sbb am die 'Vernunft^ F er ardsobam die Seele "und
' Samftsa« der Leib des tcbten Hippels, ^ '.
•**)DieWdrte de« Textes sind: Feradfstan efttam^tld,
. im ersten Worte welche^* ein KoilelseiV erX'enarihtti iias grie-«
chisciie ^^ui^ im z weitdi 'itii ikUts^Jinc e 'ndh H« •
The/Desütti* etc. u. d. heil. Sage der Baktrer efc. 593
Seele, -etöen X e i b , und' 4io^ tibrigcn I r t c U ig« n i'e ri dei-
glciclien« ] ' » . • i
Und. im Buelie Jassnns: .
4i'« £f scibf unzählbare Engel^ cler ' eHte derselben ist
B e h n a m dem alle lutelligcnzea und Geschöpfe unterge-
ben sind- * • . . ^ ' * ' .
42. Dann Mani^tar der selir mächtig uod .der Letter der
Seelen ist* ' . . ,
43 Dann Tenbed den obersten , der Leiber- . *
Man sieht d^fs In der letzten Stelle das Mittelglied, zwi-
schen der obersten Vernunft und der ersten Seel^, naii^lich^die
zweite Vernunft (AmsobamV übersprungen trordei), . B e h n a m
oder Bcfbmeu #ie oberste Intelligenz, das. erste, und vo$i
'Gott. allein unmittelbar gescbaflPene Geschöpf bes^?lit einzig un4
allein und ziinäc)ist an Gott als Demi xirg: Reicher erst die er^ '
sto Trias nämlich die- zweite Vernunft^ die erste Seele
nnd den ek>^teä' Leib sehuf.. Vernunft # Seele, mid Lei;|> sind
*die Trias der ganzen Xosioolagi» d^ U^ssatir welclve
von der obersten Intelligenz, wie diese von Go|t ausgeht';
die lutellijgebzeB (Vemüiifte>8iBdiglei<^bbedQa^end.n^it Engeln
und theilen sich in die höheren und, niederen: die. höheren JEn-
gel sind die {n teil i ganzen der Sphären bi$ herunter ^zi^r '
Intelligenz (Vernunft ) des Menschen welche ebenfalls e\a
höherer Engel ist; 4^^ niederen Engel (Q.enjea); sind 4i^
Sclüitzgeister der Elementey Temperamente, If^ati^neiche * ja« 4^.
So herkt es im Bucl^e Alexanders; . ., k* .-•.:;
9. Gott erwies Gutes d%m. Menschei^ indem er ; iha yo^
zvcitfn Range der Engel schuf. ...
ÄQ. Und gab »hm eine« Eogel Ixii vom . erneu Rgnge, ge-
nannt Vernonft. ... . .. /
11. Und gab ihm WcrkibeHge von det unteren Web oyt
unteren Engeln. ... . .,;.v. ^ , .
i2. Einer dieser untereu Engel ist' iö der Leber und t^i&t
*) Die Genien der Elemente ttnd: Atiirab des Feuers, Hifäb
4er Luft, Semirab der Erde, und Seh.tr ab des Wassers*^
Die* Bwei Getfiem des Thtenreichet si nd t 'F e r s e n'r ii m der Ge-
nius des Mensebep and Ferarfsch'' der Geniiis des Pferdes«.
Die Genien des Pflanxenreiches : Aserwan der GeiiHis'der;C7«<
frttse find Nuicrwan'der Geoins d^s.Aborn» Die Gcttiea
det^ MUtemtreiohe» sind : B e h e rs a tii der' Genius des Rubins
und Nehetsam der Genius des Saphirs; "endlich die Genien
der Meteore, nämlich des NebelSf Sehnees, Regent, D6niiers,
der Wolken und d«s Blitzen, Milratt»', *Silra:inV Nil/ani,
Mrh<taS| Behtam, Niscbatn'. *
ä(>4 fhe Dcsalir «tc. u. d. heil. Sage der Baktrer etc.
'Temperament, ciQ anderer, Leben g^aaiHit, wohnt im Her <
zen. und ein anderer» Seeltbim Hirne«
. ' . .... • ,
///* y^n den oberen und untern Engeln d, i. von "den
» Jntelbgewn und Seelen,
Man hat aui dem vorh^rgeliienden Verse gesehen , dafs, die
. Beele nar ein Engel^der );vireitea Klasse, die Vernunft aber
ein £igel der ersjten Klasse ist; von der ersten heifst es im ^-
«he Hassan iveiters^ * *
4 8. Die untere (menscbUche) Seele ist frei, einfach, ewig
'und unendltcli.
io. Die Seele wandelt Ton Körper^zo Körper; «die- dorch-
^us fr««rn sehen den Herren^, die denselben * nächsten unteren
^ohueQ in den. Himmeln und die noch niedereren ^woudero .von'
ciuem elementarischen Körper zum andern.
* Und im Buche |Ceichosrews ;
6. Deine Seele ist ein Engel. und der Sohn riiies Engels,
und so habe ich Dir «ioeo grossen erhabc^u Engel gegeberf;
Vernunft genaunt«
Wir hu>€n oben (in den Auszilgen au^ dem Buche Jas*
aaV|S) gesehen,, dali die Seele eine flamme von den Fliimmea
des Feuers, der Residenz göttlicher lüfajestat ist^ und xu Gojtt
xurfickkebrt. Der höchste ^Zwecfk des Mehabatl ist Er-
hebung der Seele zu Gott. Die Geb^ste der sieben pla-
vfiftartachen Bucher flehen alle einstionnig um Erhebung der Seele
. und' Annäherung derselben zu Gott, durch die Vermiltelnug der
'obersten i'nfelligenz, »Dafs Er inöge erhöhen, meine Seele
und bringen zu Ibmic *)
"Wir werden auf diese Xäüterung der Sed^ durch Licht
weiter unten bei der VervoUkoflimnungs- Lehre des Dessetir
' noch- einmal' zurückkommen; betchrünken iins aber* hier Uofs aaf
die Dämonologie oder Geisterlehrc, den wiehtigsten Bestoiid«
'ihetl dies^ ganzen Religiöns <- Systeons , aus welciieui , dieselbe
zuerst in die philosophischen Sjsteme der Criechen durch £m-
^(.pedokles und Heiraklitos übergegangen i$U**'y Diese Gel-
, <■
V ■
') Im Bnohe Feridan*s Vers SS* Siehe sttcli im Buche 6il-
sc hat's Vers eT, 3o-r} im Buche SUmek 32 nnd 36 Vers;
im Boche Husehe9j;*s Veri ftg, dij'ini Buche Tahmufa's
Vers 4^, 52». im Bnehe Dsch emschid's Vers 36 uoil 42:
Dafs Er möge eileächten meint Seele nn4 meine Rqhwteriskeitca
ebnen. V« 43: Dafs Er mich, möj^i^ zu Ihm ziehen* V* 4):
Dafs Er möge erleu((hten die Sohaar von Licht und Qiai^.
^) Dies ist das dämonische» jlcjlmetseh-ende, dicncn-
. 'de Geschlecht zwischen den Göttern und Menschen, >vclche die
Vümche uai) Höthen der Mcoschcfl den Göttern Tortragen» aad
The Desatir etc. u. d. heil Sa^e der fiaktrer etc. ajjS
•■ ■ •
stfsr sind ahor. ditrolikus giilic, sowohl die öbejnnii als die iaiiiereD|
g^Don an mehr als «IlterSteNe Wird attsdrÜcIdU^ ^«sagty. dab
keiner derselbeii je voa G^tt aiif^ei,' ausaer dem soklw oben aör
geführten ^Sgten Verse des Buches Seh aikiii w*s l»eifs| es im
^aten Y« des: pqcbea DscJi'iafram's. - - > . . .
la. Und diese sind meine auserwähltfn Diener die nie ao^ *
gehonsam 'waren und nimmer lusgehorsam seja werden« -
Sie sind also, durchaus Mofe gute £ng^. und- keine« Teufe^
sie werden' in die höheren Engel 6der Intelligenzen und '
in <lie unteren, das ist, die Schutsgenien und Seelen etngeCkeilt.
Zu den ersten* gehören >alle- In teiligenacn der Sphart^ iroa
üe^ obenten des nennten Himmels bis herunter va der mensdif
liehen Vemiv^^ alle diese Intelligenzen sind freie < Lichteri
;«ine8 tön dem andern ' erschaffen oder ausgehend , bis.biqauf zu
ihrem Herrn, Vat^ui^* Schöpfer, oämlick d«r. olMTsien in"-
•telligenz. * '
So fleht H^scbeng «lir Intelligenz des Härs: .
aS. Ich flebe zu Dir, dafs D14 zerbrechest ,di,e.Feifkde des ,
Herrn der Wahrheit* ^
26. Und dafs Du begehrest von deinem Vater ui^d P^erfh
^eiD maclitigei^ Licht/5. .
27. Und Yoft «allen mächtigen ua4 nahen lichterii, den freien
Intelligenzed* ', , •
aS. Dafs sie begehren mdgen von ihrem Vater und Herrn
und Schöpfer dem Er^tei^schaffenen der obersten Vernunft'.
29« Dafs sie begehren mögen die Erfüllung/ eines Wunsc^hes
der würdig ist reiner und -unwandelbarer Vernunft* ^
So heifst es im Buche Tahm.uras: •*
39. Von allen mächtigen Lichtern den freien InteHigenz.enJ
• 4o. pa(% «ie begehren mögen die ErfüUang ctnes Wunsches,
würdig* der ewigen, reinen unwandeJibaren W-elt.
4«« Von ihrem Vater und Herrn.
43.^DeB»r nächsten. Lichte, dem glorreichsten Geschöjpfe der
* .obersten Vernunft, dem mächtigsten und ersten Gesdiopfe. '
43. Dafs Er ( der .Weitgeist oder die oberste cV^ernunft)
so flehe von dem Anbetungswürdigsten der Anbetnogswnrdigen.
44. ^^ da ist die Qränze der Ursachen ^ der <Her^ der
Vereinigung der Welten*
. 45. Der Beg^räazerund Befastigtr von AU^ra.
von ihnen die Orakelsprüche und GOter den Menschen bringen*
CPlutatchus-de Jside et Osiridc XXVl.^. Diefs sind
die Zeu«;en der Gerechtigkeit welche die Sonne in ihren Schran-
ken halten (eben da XXXXVlllO<
^qO The Desatir etc. ü. d. hdL Sage der Baktrer cSie,
• •■'.'•••■• . '-
4$- IHis lidit der Lichter , w^jedig, «ingebetet zu nerde«
wwk a^leir InieHi^^tfieii, Seelen tind Leitern, 4iiminlQicbea
wdi^dmeiitariscbeii, z^samvieDgesteUien und einfachen,-
. 47-' D«^/ VoBkomu»eoste. * *
48. Der einzige 'Got( 9 der Selbstbestehende, de? mjestätir
tehe .Herrscher. *^' \ - •
Man ^eht aus dieser und aus allen übrigen dieser fast gan^
gleichen« Antufungen der ^sieben* flandrischen Bucher die 'g|»nze
At)siufung der dämoEnischdi Hierarchie« yermiige welcher die
. Intdliigenzen der Sphären als MiiÜer «rscl^eincn zwischen
der .menschlichen* .Vernunft und- der oheratciB erstgiesChaffen^
In^telligenZy dem Heuru, Vater, und Schdpferder Geister^
dem näch&ten Lii^hie wckhe ihrer Srits wi<^der die Ver-
, nunft '.ginmässsen Wünschender Inte lügen« en der SphalJI'en' als
MiÜlera d^ii^ JW e^on dqr Wesen , dem* ' Licht . der \Licliter , dem
einzigen, und* höchsten Gott vorträgt Zu diesem kann die menschr
Jiche V^rPVuft also Qur du^ch das.Mittel der Vernunft 4e>'Sphä'r
ren, so wie qiese nur dui'^^b 4^^ ^i^^^^ 'der oberi^ten erst^eschaf-
tenen l^ertiünft gelangen. Üeber die % zweite Klasse der Geist^
naml\ch über 4^^ unseren Engel erklärt jsic]ti das Bucfi K«i-
ciio^revf's folgenderigassen :
iS. Du fragtest mich, welche die unteren Engel sind?
Saff fes mir. x ^ ^ . ' ' * . .
49» Die Kräfte ^er rechtwandehider Korper sin^ untere
feiigel. ' ■ ;■ . r
Und im Buche des ersten Sassans:
».-:•■• ^ ■ . . •• • .
• i5. Jede Klasse l^t ihcen. schützenden Engel..
• i 6; 'l n t e 1 1 i g,e Aze n sind ohi^e AfHia^g*
^7. pie Sphären hatten wi?k^nde Seejep. ^ •
/ i^.'tl]^ meDSchliche Seele ist unabhängig, untheübar, ohne
Anfang und Ende > ^ « -' • * /
Sie ist wie aus dem Buche Alexanders oben ausdrücklich
angeführt worden , ein uAteaer " Engel wie- das Temperament
viind das Leben , während die- Vernunft ein höherer Eogel^ ein
Licht ist auso der ^chaarder^. Lichter oder Intelligenzen, den
eigentlichen Urim.und Tu mim d. i. Lichtetn und Voilkom-
inenl|<ulen des 'Weltalls*-* f.. *. . w
Die Seelenvstfiderung deren System schon in dem oben
angeführten igten Verse* dea Buches des Ersten S a,s's a u s
^nthalten^ ist^ wird noch deutlicher in den folgenden des Buches
Mehabad's auseinandergesetzt:
63.. Wer im elementariscben Körper Gutes thul und nütz-
liche Erkenittnifs besitzt, und ein" Hirtasp *c Heiliger) ist.
04r Wenn er den ^nt£rei^ Uß^ ausziel^t, will Ich i^n* in
\
Tjbe De^ath\ctc. u. ,d. hdl. Sage der Buktrer ötc; agj
* ■ • • - ' » ,
den WoTinplato der Engd eiijfSbreiij dai^ e^ MhJi init den er-
sten Eqgela anschaue.
65. Und ^epn er keip Heiliger ( H i r t a « p ) nl>er*eip Wei-
ser und vom Uebel 'entfernt ut, mV^ Ich ihn doch.zudefnRaugp
deir £|)gel erhe^ben. , .
66. Und feder soll naeh Ma(ss|ab seines Wissens und Thuns
seine SliM^ ' einnehmen in dem Range der Intelligente q.^
Hünmel uiid Sterne, und eiPirig dortwohneq.
• 67. Und jeder der zur untern Weh zurückkehren yv}ß ui^
gute Thaten übt, soll nach Mafs seines Wissens und Thuns
empfangen Herrschaft oder Yesirsdijafti R^ichthuiii oder hohes
Amt. • .
68. Bis dafs er so seinen. Lauf vollendet.
- 69. Derjenige der zur Zeit der .Fröhlichkeit. Griim nnd
Schmerz empfindet^ iiiUt denselben für die Reden und tland^
langen' in TÖrijgem Körper , MToför er nup.^eifien Lq^ emr
8i«-lm Namen Gottes (Lajreng's). Un^jichtsagie und.^el«
wirkende Kenscheh* werden, in :den Leib von Pflanzen einge^
schlössen den Lohn ihrer dummen und schlechte^, Handlungen
finden. •
82. Menschen* von unlöblichein Willen mnd Thi|iQ,.werdejii '
in Körpern von Steinen eingeschlossen« .1
• 83i Bis dals ihre^ Sünden gereiniget sind,, vvor nach ^sje .vc^,
dieser Pein befreiet/ mit inenschlichen Leibern vereiniget wer-
den^ lind wieder nach Mafs ihres Handelns ihren Lohn finden^ ^
Diese . Seelenwan^ernng beschreibt wie n^in sieht einen
grösseren Kreis* als den der griechischen und ägyp^schen, wel-
ciier blofs das Gebiet der Thiere (nach Crenzer blob de,a
Thierkreis)^) durchlief.' Diese zerfiel. nafeh dem voq Stob aus
erhaltenen Fragmente, «des Hermes nicht in vier sopdern^ia*
fünf verschiedene .Wege, nämUch die W^anderung der S^ele ui ^
schwimmende y >fliegend^, kriechende | vierfüssige. Thiere und in
die Wanderung voii einem menschlichen Körper zum andern. ^*) .
Dife {»ersiscfie od^r indische SiclenWanderung weicht hieran vqn ^
dem Systeme der griechischen oder, ägyptischen ah, dafs sie nur
vier verschiedene Wege kennt| hämiich : «in Thierkörper, in Pfl^-
zen, in Steine und von einem, menschlichen Körper 'iA den aii*
dern. Diese vier Stufen benennt der Commentar zum.f9n
Verse des Buches des; erstep Sassans mit d^i auch übrigens
\ «
^r Siehe Ceni.men*tatie'nes Herodotftas L P>S29< • .
**') ifiFeroDSet^f swi^Ay x'^ipfr»tKf 7FeT»iv^f'»ydpcoirivx, ib., 237.
1198 ' TliQ DesatiivetQ. u. d« keil. Sage der Baktrer etc.
w
'aa« -persisclien WorterbHcYtern *) bekaonten Namen, nämlich : die
Waodening^ iu meusclilicbe Körper Ferhengsar, m Tbier-
'körper Nengsar, in PÜanzenkorper Teos-sar, in* Steiitkorper
'Sen'gsar (atif arabtscb oesob, me^cli, resch, fescli).
Nach der ErkläfiiDg des Cammeutars find dies die verscbiedeöea
* Grä\^e der Hdlle ; er weicht alber bierin ganz und gar von dem
'Grundteatte des ersten Buchesf d«8 Mehabad ab, weloher eine
besondere Höile, so wie ein Jbesonderes Paradies anerk^ttni/*)
wohii\.wir uns nun begeben.
' [ IF. Die HöUe.
• • W ■
Der. oben bis, 2U Ei^de des 83ten Verses ubersietzte Text
;des Buches des grossen Abad fährt folgeodecniasseh fori:
84* Im Namen Gottes "(Larjeng). Wean ein Mensoh Ton
. volikornmeirer Wissenschaft damit' schiechte ^Hinidlungeu. verbin-
/det, -so «rbih er. bei der AuflSsunff des Leibet in seiu6 Stoffe
. keinen anderen elementarischen Leib, noch erhält seine Seele
Zutritt zu dem höherem Aufenthalte, sondera seine ischlecbten
^Eigenschaften peinigen iha uifter der Gestalt von brennendem
''Feuer und frierendem Scbuee, von Scblaogca und Dxacbeny die
ihn foltern. • . " •
'85. Und ferne von'4em Orte der SeKgen, von Gott .und
den Engeln und elementarischen Körpern breant er in peiDiged-
'. der 'Flamme, und dies ist die sclnrecblidiste .Siui^ dar Hfille.
86. Sage: Möge der Herr diclf und jdeine 'Freunde vor
dieser grossen Petn bewahren.
'Und im Buche des) Propheten J^Asam's:
46. Die Erlösenden - bleiben imP^irtdiese <Minas) füc im*
mer und die Sunder (Sindlcaran).in der HöUe (Runas^
Durch diese Stellen ist das Dasejn einer Hölle als Peini-
* gungsort der Verdammten klar dargethan; der unterste Grad
'^er Seelenwanderung «durch Kösper ist der des Steinreiches;
' aber Steine lind noch elementarische .Körper^ wäjirend die Ver-
dammten, wie oben zweimal gesag.t wird^ tsun allen eieiüentari«
sdien Körpern ferne ewigen Flammen Prds gesehen sind. Die
Hölle als der tiefste Gf ad der Bestrafung schlechter Handlungen
liegt also aosser den «.vier Wegen der Seelen Wanderung ^ so
wie der Himmel.
f
Z') Burhani Kafii. Seite 594 wo die umstand Hebe, fifklärunt;
aller vier' Stufen.
**/ Dieser Widerspruch d^s Commentars mk dem* Urtexte ist ein
.neuer Beweit für. die VerKhiedenheit der beiden Verfiisser des
Destatirs und seines Comm^ntars«
, y
r * ^
Tbe^satnrctc. ü. d;h«il Sage der BaktrÄr etc. igg
\ ' ' :V/ l^ar ftitrtmdode); äks Paradies.
^l^it^Btt^h 4tfs ^posMR AJkd^d. üt&lärt «i<;li noieli
lieber über ^en Hioim«!, -4^' Balblidiii^^Ft der Guten, ais über
.die Holk, dten jBQ9lrfiftiq§«ost d^ 92(s«fi: •
316. Dss ^ar«^^N<^ Im äfir 'Wdbtfort der Engel, die EiDfriet-
dtgnng der^e1eh,'det li^fei^lt ider SphlTren.
37. Wer mxndx m db^Nähe der Engel (AmscVa^pa-fii)
kömmt, sieht da*^ Wesen 'des Herta def Wek.
^S. IKese iPVeude ^kann k-eine Freude der unteren Welt
erreichen,' die Züuge /kann diese Seli^eit n'u^lit aasdrucken,,das
Qbr nicht bqrcfn, und das Aiige nieht sehen.
39. *Im Himmel ist solche'Freu^f? (Ir a dr a m } dafs dieselb/e '
tii^r die Dahingekommeneo begreifen können. /
40. Die^ niederste ^uf(^ dW l^radieses ist so als ob man
dem Aermsten ein Ocschenk gebe^ ^gleich der ganzen untereti
Welt. ■. • ■ "
4i. Ausserdem kann was darin ist* von schönen Weibern
lind Mädchen und Sdaven, von Speisen und Geti'Snken, voa
Kleidern und Teppichen WdSiopha's, in dieser untern Welt
nicht gezählet (begriflfen) werden.
• 42* l^ie PäratUtise^bewohner (9Iinassian) haben einen
Leib durch die Gnade Gottes, der nicht- vergeht und niekt
altert, weder «ffir Schmerz noch Befleckung «etBfxfäBgKch.
Die 9^<^^r^uag dieses Paradieses erinaert sowohl an die
Seligkeit 4es>»eoeDTestameols, die keita Ai^e. gesehen und kein
Ohr gehört hat und die in keines Menschen Seele gd^ommaii,
als an das moditnisehSel^^ieS' durch die Aiasditttfbg mit Mäd-«.
chen und Knaben, mit Speisen und Trank, mit Betten und Pol*-
Stern, ;.. .
•'s' ' ' ' ^
Die Welt ist nach der Lehre des BeHsktir eine* Ans-
strahlung Gottes, die von seinem'Wesen nicht getrennt werden
kann, denn das Buch <des grossen Ab ad sagt ausdrücklich:
101. Die Welt kaim* gleich 'einer Ausstrahlung von der
Sonne des Wesens dei höchsten Gottes nicht getrennt werden.^
10«. Die untere W^lt liegi in dem W&rtc *)• der obern.
' Die folgenden Vesse (bis 118) enthalten die Lehre der
Wei'iperiodeA, deren jede ^00 »ouesd Jahren iinter einem an-
*) Das Wort des T^tes Tabtar sowahl^ts tias persische des
Commeiitatoii Guft beisscn: Wort und Rcdcj die engjisuhe
Ufhersetznng ist also ganz wörtlich: T>e lower yrotld i9,
sabjectto Ihe sway of thrtippet world»
3oo The, Des«|tir;6tc u^.d hM?)S»gederBA]hi}:ridrvetei
dereii Stinrne ^tfM» btin^eli d^rydiirdsiitifepäi gr^ Periode
aller Fixstern je upd iPlan^en Alles wieder in der^vprigeii Ord-
nung tfmruckk«iirt. D^ Ende -einer jeden ylehen grössän^Weh-.
]perio.de uberfeebt nur ein einziges Taar| von wdchetn das Men«
schcngesoMe'cht der neuen Weltperiode abstimmt; das zu Beginn
dei^. |;rp,sseji;i WeJtjyej^ode in der wir leben besuriiende'Menffoben-
paar /war der gross«' Abad fun4 seine ^6ttttiii# Von -der Wdt
h^t es^^we^^er im Buche D s c h em so h i d' s :
58« loh scfau£.die Welt ein Individ/uttti. -
. 59: Die Weh ist ein Gedanke des Sdbs^bestebenddm
6a*:. Nicbts^n,*i9ll} der Spiegel t von. Seji^.*)
6 i,*^ Ohne das Licht des Selbstbestehendec| ist Nichts»
,'69v Sein laicht verbreitet sich über Alleji uiid giebt Sej.n
den .Wesen. --'. -
, r .63.- Das schönste -Licht ist . das der Wäsenicbaft wdches
^14 .IMI^niier. von '«Herz fäUt» ,... ., ,'
6i. Durch Einen 3trahl des Schöpfers wurden ^eide W4-
tei|rt4rfta»bar.-. '' . .,•,', . .., . ,' •
65# J^e Vi«lhi?it sidiibaifer.^uud •iintichtbarer Walten in
EHpM^ in Bezug. auf die Einheit« Gi)tteS| denn« micbts Jiat.Sejb
-^b'Er. •.**•:
» $6. *D*r^ Vollendete /si*>ht, Eiqheitnn Ider; yielbeit nnd^V^iel-'
betli^ki dertEinhßJit«.. 5
Die Welt ^1:hctk sich* inrdie • obere -und • untere ;• «dTese ist die
sublifttsirische', jene *dio der; höhten Sphän6m Von den bei-
den Wielten uud.^dep Sphären spricht das Bück -^es grosso
'Ab ad:.' • ; - . . ' ~ \ • ';
37; IDfit r|pn«h SpMrcn siod . ruod und . feiu-u^^^
■Bimmer. '. •■ '.' • #
2S* Sie sind nicht leicht qicht schwer, nicht kalt niclit warm,
nicht feucht nicht tro9kerf. \ . '
39. Sie kennen Weder Aufnahmt noch Abnahme , w^der
Zütreiguiifg taooh Abneigung." ' ,. ; : ^^
■ 3o.' Weder Nehmen sie' Formen an,« noch legen *slc' Hicsel-:;
ben ab; weder zerstii ekelt noch zusammengeftigt.
' ' 3i. Sie wählen» sid) iitihreii Kreisen -und ihre Umwälzung
ist willkührlich; denn sie *sind lebend und vernünftig.
32V Und in dieser Kesidenz ist weder gerben noch Gebo-
'renwerden; weder Annc^^^pi^ noc6)Aible^en dei: Forjnen,
33.» Die untere Welt'' uxaet^^E Er der oberen. *
•) E# ist* eine gto^e Frage, eh äle'Wortc Vles Textes DseVial
•^ tscliiiiad dacHnalkesp wirk^h* das ohige hdssen,'. wie es
dt:r CommcntÄtör will. . • \ ♦ ' •
The 0dsätir: etqutd.' heil. *Sage'd/Baktrer etc. 3öi
/
Der Begriff der Steten Unabäaderlichk^it'. und imdiec'gldi«
chen Kreisbewegung in deti votgezeichn'^ten* fiabnin' wird besor)-«
ders in den sieben planetarisflien Büübelrn bei der'Anrafung 'der
die sieben Ptanetenspliären leitenden IntelligeiitVn heraus'gd«
hoben. S6 heilst ^s in der Anfufüng Saturnsiin Buchtf Git-
scbab's:
iid. O Mächtiger, Grosser, Starke»^ Gewaltf^efl
- , ii. Gehorsam deinem Schöpfer.
±i\ Kreisenä in freudiger WiUkuhr. *
«3. In der Umwälzung Deiner SphSre welche f/ei ist tdn
Thcilung, vän Annahme oder Ablegung dtr Förin und voft g^
radem Laufe. ' * . ' '
Die beiden letzten* Vertfe kehi'äta auch in den iibrigen
sechs planetarischen^HjrmnenL'Wieder,' und in dem Buche Dscfaeüi-'
schid's wird die krcisfölrniige Linie iils 4^s Bild; aller morali-
schen Yollkammehhbit -durch .die 'Yeieiniguiig nkit Gott 'Tor'«'
gestellt: • '
74. Wer tn GdU ; gelangt, geengt zu ^ Hirn Mrie di^ Kr^il-
linie zu dem Punkte zurückkehrt, von dem sie ausging.
In den Ahrib'uten der sieben. Sphären liegten viele aus der
späteren griechischen Mythologie bekaiinte Beziehungen zu 'Tage.
Saturnus (im Buche Gilschah's" 17. Verse) heffst'^der
grosse Anbeginn, dex Herr der Ernh'ei^t Uhd ste'ien .>
Handelns;' ihm sind (V, 34 und. 56) die drei Söh'ne
und die vier Miitter, dasist, die drei Naturreiche
und die vier Elemente untergeben. Jupiter (im
Buche Siamek^s V. 3o) is*t der Vater *und Herr des
Glückes, der Spender der* Gelrechtigk'^eit u'nd Mil-
de. Mars (im 'Buche Huscheng'4 V. l5 bis ap) heifs't
der Muthigc dessen Waffen sehrecklich, j^'r Herr
vo?« M^iiht uiid ZdrA, d'^r teste ErSc1ireVke'i^,^er
Feuerentfla,mn\er , de# Blutverbrenner, der das
Schwert schwingt Und die Sonne ( im. Buchei des
Xa^m'urJk* V. 34 bis 38) ist der Herr der Hitze, 'der
den jS-itin©,n Macht v^rleiJii,* det HerltörbYing^r neu-
er Dinee .und der Jahreszeiten, der Schätzen der
obersten In4eUig«nz. > ... . ,.* •
VorzQgliiab - merkwürdig tsl der Preis . der weiblichen
i^n/tlig'eiia^ idcr 43*ilt«a. Siihäie, «ämlkh -dev des Veiaus (im
T-»!
^> In PltttO S04r6hY tils' in H^tmei Ttismigitrat Ist die
%wBkXiti 4fts Sinnbild des höchsteib Nf^tsens, lali 4er Ab^laiir des-
selben, tind die charaktetlstfiche* 'Bezeiühnting der Sonni^ als
jiortrs A^tfli0,'cras htT^ ah €lränr$ott des Liäht^ t^tid ^bafe.
tcnrriohes ist in den folgeDideu Verittt iiiT]{cdenttt , VlIMt^ so«
3o2 Tbc Desatir etp. u.. 4i heU. Sage ^er Qaktrer etc^
Buch« ,,Bit lAfi9i oh I d^ s ). Diei«r Plapet 4«a Renr R Ii0de
durchaus wid<!r alleaSinii der Sendscbriftea zum Mithrat ma-
chen wilU erscheini «chon in diesv uralteo Jlriunde als weib-
lich. (Vers 48) Alf di^vmächtige und wunderjbare
FraUi.als die «Meisterin der Erkenotnif^, als die
G.-ebi Sterin, des ITändelns» (V. 25) Als deri Schmuck
der Fr^Uide« der Freunds chaft^ der. Gti,tc. ( V. 3 1
und 33.)l Nur durch die grosse Liebe-und Gnade
des Schöpfers in ihc^ni Kreise^ erhalten da sie selbst
iphnmacK-tig« Ajfi ]pierk würdigsten bt in diesem Buche der
y.ent|s die Hind^tai]^ auf eine pcsoada^e geheime Wissenschaft
upd Erkenntnifsy auf Lichtmjsterien in welche der Glaubige
durch thr«n> Dienst ei.ng^w^hi i^ird« *.) (V« Si) ^s giebt
e.tne Krkenntnifs in Deiner Sevle, die wenn Du sie
den Me^nschen offenbarest« dieselben zitternd m.a-
^hen wird^ wie einen Asi vom Sturme g($sehutteh.
(V. 52) Wer immer Deine Worte recht erkennt und
die's^lt>^®i^ ^^r unbe.zweifelt halt* dessen . Gebet
wird erhöret werden.
• Alle folgend eo Yerse^ dieses BucKes bezicheil sich auf die
Erkenntfiifs Gentes io 'Kiphieif und JVfannigfa^igkeit durch das
Mittel, der SelbstevkenDlnifs. (V. 79) Wahr« Selb^tkennt-
oifs ist ^Erkenn tnifs Gottes. Diesen Vers erläutert am
besten der bekannte arabische Spruch : Wer fpine -Seele
kennt, kendt seinen Herrn, so dafs das griechische yv'wdi
ffic$urav nicht als Zweck aller Erkenntnifs, sondern «nur als Mit-
lel um ior BrkemitRifs Gottes z« gelangen, zu betrachten ist.
In der'Selbsteri^ennCniüs'und folglich in der Brkenntnils Gottes
üegt aber ^on selbst die Erkenntnifs der ganzen Welt einge-
(cHoasen, denni (V. 8^}:. Die Welt ist ein Men«ch,.und
de^r Meifsch ist ^ine Welt. Im Buche Feridai|'a.^er
:arobl auf Gott als' anF die S^ne a^lbtt betogee werdea köoieo:
44* Tbe Final Limit of canres, thc L^ordthat gWct
nniofi to V^orlds$ 4?» T-he Irinit M^d Stablishcr
off All.!
*>'Ihirak diese Andfatnogen erhält die belarnnto SteBe Pln-
l«rcb*s (in Antaxerlte IlfO wo von der Blnwetlning des
Kttaigt In dem Tempel. dei? pemiscltfmi Atkejie. dir Red^^tt*
neues Licht, und was Herr Ho£rath Ctenzer hierüber seoAith*
mafst wird auf das vollste ii^tätiget,^ so wie anderer. Seilk die
dftf Anahid hier ( Ven ZO kh a4>) lieig)ebg|en.Ata(|hnia des
. ^vorzugHcHen GUnses und Schimmers du m den Vifttef Jahr-
büchern (X. S. aas) Gesagte bestätigen, daß Gnschaab nad
das Feiler Gnsc^iasb'^s nichts sy^derea ah die Venns und das
Feuec der Venns hcdedte« «
Tlte De&atic elc; u. d hat Sage ä& Baktrer etc. ypj
zilr VerdiroDg Merluti «n^cünrics^n TWrd| «^sbhdnt dreier hi.
sejiren Altrifauten s\b der wufciihaftige H^rm<es> der SOÜtf re*;
ligi öser G ebrinfebe und ' G ebetformeln ^»ak: derWeise'.der
Himmeln und Weitem«* (V.«i4ttnd46) Der ScKato-.
i^eister i^oHeimer WissfenscHaft. (V. ig) ^Der P«ilir.
rcr zur Erkenntnifs. (Y* .20} Der Mitthetler .vooi.
Gehetmaissen u>d Wundern. (V. 18) 1km dankt Fe-
ridton die i Kunde d€r Zauberfoxmetn irad TaMgannr^ .dercir
auch im Sisod-awesta beim Nfimen Feridun*$ oiehr als <nn«'
mal Erwänaung gescliieliU Eben so ^timnieu-di^ dtm. Monde..
(im Buche M ino^sc heb er 's) beigelegten AttriBufie mit denen*
die ihhk der/Seudawesta beilegt, irollkoiiimeQ iiberefn. Er,
ist (V^i2) dier Hüter des' Elementes des Wass'ers.,
(V^ 11.) D^r Schlu&scl der Hinfmeln die ihm. willig
gehorchen. (V. tS) Der llerr der Feuchtigkeiten^,
wirksam in. Annabme und Ablegung der Gestalt.*)
Wtewohl die an dit Plai^efen gelichteten Hymnen dion vor-
geschriebenen ICultus derselben schon für sich faktisch beweisen,
so wird' derselbe doch in dem Buche des grQs$en Ab ad schon
deutlich VorgeschHeben und' die'Verehrung demselben unmittelbar
iiach der Veröhruiig Gottes anempfohlen, und 'wir gehen nun zu*
Atset im Dessa:tir 'vorgescfariebeifeiirGot(e$verehfUi<g d:t. zum
Gebete üb^r« , •
. ' ■_ FIL Das G$bet. _ V
Die vip'r etste^p ^Bücher des Dessatir enthalten herrlfcbe
Hjmoen zum Lobe* der Gottheit,. wovon pben Auszuge g^ebeii
Worden sitid. Nach def Anbetung Gottes empfiehlt aber wi^
gesagt das Buch des grossen Aba^ ausdrücklich die Anbetung
der PUneten.
i6^. .Betet die Plan^tea all nach Gott, und zündet tbnen
Luhter an. ^k
^ . i63. Macht Gestalt^ n^R allen {'lanetea und betrachtet die-
selben als anbetungswürdig. '
Hier ist der vollständigste Sabaeismus welcher nicht nui(
die Anbetung der Gestirne sondern auch die sinnliche Darstel-
long derselben durch Gestalten (Idole, Talismane) gebeut.
1q so weit ist da» DessÄtii^ voUkommeu einstimmig mit dem
Dabistan,**) welches über den äheslen Sternendienst umstand?
*} Lnna rvxif quia eorpornm pratsut est, qiiae fortuitörum Tarie^. ^
täte jactantur. Macrobii Sa^nrnaliarnm Life». I* Ca|»*
XIX. ^
**) ,Siehe Scheicli Mofianrnied FanTs Dahistan ans dem
Pertisciien G i a d w i n s übertctzt von b a } b e r g , Astluffenbuig
3o4 Tbe Desaiir «tc. u; d. fteü. Sage dar Bkktrei' etc. .
'■••.. • * *: : .:• ..• ■. \ : . - ^.
Kche' AusktibfNgidjty aber wlfarebd iu ßafii stau die Plapeteii
als die Kibla^ d. i. als den Ort wohia man' sich beioL Gebete
"W endet, aufstellt, *) wird, im Bnehe M eh' ab ad 's die KibU
der Willkuhr des Betenden anfaeim ^estellt^ und die Wendung
gegen die Sterne und das Licht nij^ht ausdriicklich ' gebdtea soiir
dern '.nur vorzugsweise empfohlen: • . .■ . ^
Scj. Im Namen Gottes ( L ar e n g )i Das Gebet.gilt nach ^aDeii
Stiten^. das beste fst/ sieh gegen Sterne. uAd Licht la wendeil.
Licht ist der Mittelpunkt dieses ganzen Sjrstem^ Welches*
stich im Daliistan durchaus als. einfe Licbil ehre geschildert
^iti^ ütid Uroröber sich Herr Professor Othmair Frank sp-
wohUin seinem Lichte des Orients, als in seid^ Werket- De
Persidts Lingua et 'Qienio ^ausfubrU,th terbreitct hat« . Qas
2iel aller Gebete* dds Dessatir ist Licht ubd Anitäheruifgf dnröh
66» Du o Gott^bisi ein solcher dafs keid^jb^anbetatigswiir^^
ijig ist als Dui Licht iet Lich^r! Gepriesener! Entferner der
^Ä*el! •• ^ ~ . , . , ; , /
71; Ich flehe zu Dif| giesse aus auf mich Deine strahlenden
Lachte^* • , .
7a. Und sprich mir .Worte Ae^mi^b lehren mögeii fieincf
Geheimnisse die wundcrBar* ' ^^ .
ig09« . Ssife. 50 bis 71. Dort (S. 7i) vr^d das Äailf Kttbt
Ahad genannt 'Was c^n Dmc)ifehler für. Ab ad, d« !• Anfaetym«:!-
ort, nämlioh die tCaaba. tm Fcrheng^oh
67tes. Blatte werden als Belege dkler Bedeutung .des Wertet
' Ab ad die folgenden Ve^tse dergrostip* ftjrisolien tiiehteta £>ssedl
' angeführt:
Es sandte Gott vomrartub
Durch eines hekfn Engels Hand
Ein Stuck vom lautersten Rubine ' *
, Als Saus ^ das. ward A b a d gefumni
Es ward alfJlittelfunkt der WeU * , ' *
i . ' Und ajis Anbetungßort gesetzt*
Von diesem Orte def ersten religiösen l^ültnf ging Jiuiii- der ^ame
iilif jeden bebauten Wohnort über, in welchem Sittue dieses wort
in der gemeinen Sprache g;äng nnd gttbe Ist».
') Dabistan S^t$ (9.
. ( lüer Besebb^s folgt t)
N| 20. Heidelberger ^*^;
Jahrbücher der Literatur^
• Tke\Dcsatir etc. und die h^ge Sage der Bäkirer ef^.
{Mt$chiufs^)\
73. 9teh mir bei durch Liebt,' beleb« mich durch Licht,
b«wal«e niicb durch Licht und vereine mttchdemk.Licbl* *)
Im Budie Siamekls:
38. Licht: d«r Lichter! diOT Bu die nühre Lehre «eifj;«| .dep
kreisenden WeliÄi. . . '
.39. Herr 4®s hellstien Glanzes und 'des iqächiigsten Lichtes.
4o. Pyieisvviirdigster Schöpfer der Welt« . . ,
4i. Verleiher des Lebens I Selbstbestehender ^ grofs ,i^t
Deine Herrlichkeit. r . ' • «.
43» Dals Er (Gom) mich aufnehme unter Seine Nächstep
und unter die Schaar Seines Lichtes und unter die Erkenofr
Seiner Geheimnisse.
4^. Und dafs Er von |nir abvrende die, Uebel der. Seele
und des Leibes. ' ,
44« Und dals Er luir verltthe die strahlende Glorie de^
Sdiaar des Lichte. . >
Im Buche S er duscht's werden' die Ferw'ers der Send-
sch(iften (die Ideen Plato^^ zwar, als Lichter, diese Lichtef
selbst aber blofs als Schatten eines höheren Lichtes dargestellt,
und so fort bis zum-. Lichf-'deir Lichter«
35. Was immer auf Erden ist , ist die Gestak und der
Schatten ton einem Ditfge in den SpbSren.
36. So lang jen<^ glänzende* Wesen woM ist, i'st auch det
Schatten desselben wohl. v '
*) Siehe des EvengeHum Johannis : 7. Dertelbige kein tum Zeug*
nifs, dfit es ven,dein Lich£ zetigete, guf dafs sie alle durck ihn
glaubten« 8« Er wv oicht da^ Licht, sondern, dafs er zeugefee
' von dem Lieht»« 9, Das war das vi^ahrhaftige Licht, vrelches
alle Menschen erleuchtet, die In diese Welt kommen. Cap. L
und Cap. XII- 36r und 46r Vers : Glaubet an das Lieht^ diewell
ihr ^ habe, auf 4a& ihr des Lichtet Kinder seyd« -^ Ich bin
Sekomneo in die Welt ein Licht, auf dafs, wer an nikh gku-
et, nicht in Finstemift bleibe.
. . 20'
3oß The Desatir etc. u. d. heil. Sage der Baktrer etc.
37. Wenn dieses glänzende Ding von seinem Schatten steh
entfernety eutferni sich auch das Lehen. •
38. Dieses Licht ist der Schatten eines glänzendere» lichtes.
39. Und so an? l>is zu Mir dem Licht der Lichter.,
40. Schau da herauf zu Gott *) der den Schatten wiift.
Ausser diesem gewöhnlichen Wege der VervoUkommoupg
durch die Sphären des Lichtes , um mittelst derselben und mit-
tebt des höchsten (dichtes (der ob^^en- Vernunft ) dem Licht
der Ijii<;hter, nämlich Gott vereinigt zu werden, gicfit es noch
eihei| ausserordendichen Weg, nändich /den der Entzückung oder
•Ekstase welcher in der Ursprache -N^mi da i d. i. die £nt-
mSimung heifst| weil der Mensch den Sinnen und dieser Weit
entnommen, in eine andere versetzt wird. Dieses 'Zustandes der.
IJkstase und der Mittel zu selben-aAi gebngen, "wird in den.foi-
fixenden Versen des Buches Mehai) ad 's erVi^hnt*
87. Im Namen Gottes (^ar^eog) 'wepii ihr hungrig uu(t
schlaflos das- Herz an Gott heftet, vom elementaYlschen Leibe ge-
trennt, so schaut ihr äha Himmel und die Sterne, und die En-
gel und Gott.
88« Dann «kehrt ihr zurück zum elem entarischen Leibe und
wenn dieser untere Leib aufgelöst ist^ so gelangt ihr wieder za
dieser Stufe die tha geiiehea habt^ und verbleibt darauf für
immer. , .
Hier wird also der Zustand der Seligkeit nach dem Tode
üem Zustande d^r Ej[itzik;ki|Dg be^ lebendigetai Leibe dem aber
die Seele entnommen ist, gleichgesetzt, ^ die Entzückung' ist ein
Vorgeschmack .der Seligkeit welche, nach der Auflösung des Lei-
les für immer dauert, aber wähk'e;nd des. Lebens auf £rden nur
80 lange dauern kann , als die Seele dem K5rpier entnomlben
bleibt« Dies ist der Zustand, in welchem sich die Propheten
befinden, wenn sich ihnen Gott offenbart.
• ' • ' 4 * • * •' 1.1
s6y, O Ab ad das -ist das Wprt Gottes das ein Evgel dei-
nem H|rzen bringu, ^ . .
*) ßXt^g 6§ov Oas grdsie V^ort der Goostiker, so wie das
^P fthtL%6r ti tischt »9pov ßktirej welches laut 4er Erklärung
«Äes M a rc u s A n tö n 1 n u t die UnveriUiderliohkeit des Kreltlan-
in >hx Gestirne aufteilt« entstammeo beide dieser ahen Lifht-
lehre; Die Kehrseite des ßkeve $sov md' ß^^^s a^fov ist das
Stoische cJar ^Xcira (Marc, i^nu Comment*.L» VL 3- )
und 'sviwf ßktn (LIb/VIL $9') gleichbedeutend mit 7^^*
The Desathr etc. tt.,d. heil. Sage der Baktrer etc. 307
mit
TRelig
ien^dten^ norgenlitadischfn Religion^ mit der Reinigypg' dea^
Körpers durch Wasser /veribundcDy die ^eiie^ und die ZaMeii
des tägHchen ^Gebetes, sind nicht festgesetzt y^ und der Vorstand
eines frommen Mannen als Imam oder Priester ist Vohl^ls wfin«
schensuverthy aber nicht als nothwendig empfohlen^ sa heilst eil
im Buche Jassan*,s: . * ..
; 4^. Reinlichkeit ist. doppelt, die wnrkli9|ie und fdrmlichf . ; ''
49« Di« wirkliche bestehet daxin,' das Hein nicilit an XJeW^^
zu ))inden» und Laster ansziirotten. « .
5o. Und die förmliche in der Sntfie^pung, dessen, was Sus-^
serlich böse ist. ' ;; * .
5i. Piese Reinigung geschieht d^^ch das Ws^er jTefter»
^a. Und das Wasser Kur d bekomm^ d.eni l^ü^e wdÜ.
5V Wasch if^ W^^ser den Leib, das Oesicht, Htfnd und
.54« Und kannst du nicht so thue es in 0ei](ankeh* ' . ,
515; Pani^ komm, zu^ Scheschka^ch f^iü K.|b|aj der.
Sterne oder cles Feuers) und bete« . .
56u Nachdem du zu Gott gebetet hast, richte dein Gebet an
die Sterne und an das Feuer, dafs sie dasselbe zu Gott bfin«
^. Wen^-em frop^mer weiser Mann (Hirtasp) bfeim
Gebete Tome ateh^ und die andern hinter ihm so ists wöhL
58. Wepn ihr« es nicht, könnt, thutfcs in. Gedanken.
5q* Wa ihr immer Sterne oder Feuer seht, betet.'
60. Jeden Tag betdt yjlennal, dreimal^ zweimal oder we-
nigstens einmaU
FJtt. Cdott. • . !•
' ' T ■ ■
Das vDrzfiglichstie und zu, wiedethohetf Malen eingeiushlrfte
Gebot des Dess,atir ist 'das: Harmlöse Thicre nicht umzubrii»-
geu, schädliche' abeir aiu r^folgen. Dieses ^nd die anderen we
^) Dieter« Vers welchen der |)(ersl*ohe Cöthinehtater neeh 'weiter
ausführt, erklärt,' warum bei den metlimlkben Philosophen Gl-
brtel durch welchen sich Gott dem Propheten oflPenbart, der Na«
. men der hijchtten Vernunft Ist»
«M IM» Vt^bi3t.Afl«fknnn hel£it leig^ntlteh' Unlust oder Traurig«
keit, indem ilem Worte fi er knon, dsa ist, Lnst oder Vergnü«
^tn dtfs A priir«tivtfia irorgesetzt ist* *
*t») Die Wörter des Textes sind Fi mach ürid Kt^sach das ist
Finger und Zelte'n.
IM)*
3iO The Desatir etc. u. d. heil. S9^e der Bdktrer etc.
•*
W^na der Detsatir einerseits von Priestern und ihrer
Hierarchie ^eiife Kignde nimmt und giebt , so bezeiclindt ^r an-
derersjeits sehr deutlich di^ verschiedenen feigen und Religionen
über welche sich das Gesetz des grossen Ab ad erhebt. Die
3ich hierauf beziehenden Stellen sind, in dem folgenden Äbscl^nitte
zttsammengefafst. . *
IX. Von dtk 'üm'schiedenen BÜigionen und Sekten.
«a8. Eine Schaar wird erscheinen die das Gute und Busse
iiun.*) \ I -
lag» Diese Schaar ist auf gesegnetem -Wege*
i3o. Eine andere Schaar erkennt und tbut das Gute ohne
Busst und Heiligkeit (Hertaspi) sie erforschen die Wahr^
heit der Dinge durch die Vernunft un4 leben als Serdasp. **)
i3i. Pann kommt eine Schaar -welche das Q.ute erkennt
und di^ Bos'e thut durch Verfolgung harmloser Thiere,
i3a. Eine andere Schaar vermische Erleuchtung, VernunTt
iind Unvernunft«
i33. Eine Schaar sagt: ausser dem Bösen Gottes ist nichts
wikdrperiich»
i34* Ein(e andere Schaar sigttf Gott sey ein Kdr^er»
i35: Einige halten Gott für naiürliche Anlage.
i36. Eine Schaar hält sich für Propheten indem }ie harm-
lose Thiere plagen.
*fl3^. Ohne Schonung harmloser Thiere^ und ohne Hertasp
(Busses) 2u sejnai kann keiner %u den Engeln gefangen. .
i38« Diese Schaar wohnl unier dem Monde und JCraft ih-
l«er wenigen Andacht und Busse halten sie in ihrem Wahn das
was sie sehen anderen Dingen ähnlich und handeln unrecht.
139.- Eine Schaar wenn fie sehen dafs Menschen elend sind|
begnüget sieht damit , sie nicht xu tddten. #
i4o. Deiyi eine andel'e Schaar hält es fit recht und gut,
Menschen zu tödten. .
i'4i* Einige Sektenstifter sagen: unsere Sattungen werden
nie aufgehoben werden.
i42. Und zwischen ihnen werden Kriege entstehen.
i 43. Eine Schaar ist die ein wenig Gutes erkennet aber
nicht gute Tbaten übt, und andere die ein wenig Gutes üben
ohne das Gute erkennen.*
*) Das VTort Tipass ist das deutsehe: die Busse.
**) Serda8*p ist der ' religiöse Mensch yvelcher dem Liebte der
Vernunft folgt, ohne durch. Bnf«ül»nngen.. auf die Heiligkeit ei-
nes iiertasp Anspruch zu machen^ «
The Dpsatlr ete. u. d. heil. Sage der Baktrer etc. 3i t
- * •
' . . .. ., . .
i44« Und so Viele Lelir^r und Herrscher *), werden Ipm-
ni«Dy daTs^sich-BGcHer füllen werden.
Der Verfasser hat sich damit begnagt , zw6lf verschiedene
Sekten zu bezeichnen , von denen nur die beiden ersten der
•H is r t a s p und S e r d a s p nän^Iich unte^ di^. Rischtgläubigea
(Ferseiidadsch) der Mehabaden -Lehre gehören^ dfe an7
deren zehen aber mehr oder inrepiger auf Irrwegen ^wandeli»^
indem sie Thierfleisch essen, (V. iii) die Wahrheiten der Of-
• fenbarung und der Vernunft mit einaiider vermischen ,' (V.i^)
die Eogd und Güster fnr körperlich halten^ (V. i33) die Mate«'
rialisten ^ (V. i34> 4ic Naturalisten, fV.'! 35) die falschen Pro-
pheten, (V«'i36 — -* i3S) die Egoisten, (V. 139) die Menschenmör-
der, (V.i4o) die Kechterkennenden ohne Handlung (V. «43) u^d
die Rechthaudelnden ohne Erkcnntnifs (V. i43}.
In dem Buche Ser duscht's wird der beiden philosophi-'
sehen Sekten der Idealisten und Rationalisten gedacht, deren
Lehre 'von Irah^ durch Alexander^ nach Griechedlahd (als die'
Lehre der Akademiker und Peri^atetiker) durch den Phi-
losophen Ti$nur oder Tutianusch oberging. Man konnte'
vielleicht vermuthen,^ dafs hier Aristoteles gemeint sey, wel-
chem Alexander die esoterischen Bücher persischer Weisheit
sandte, wenn es nicht aus anderen Quellen persischer Geschichte
mit Gevyifsheit dargctthan werden könnte, dals. dieser Tianur
oder Tutianusch "kein anderer sej, als Kallisthenes der'
Alexandetn begleitete uriS, gewaltsamen Todes stafrb. -**) Durch
diesei^ kam also laut des Zeugnisses des Dessatir ein Theif'
der alten Weisheitslehre des- Ostens nach Griechenland wo die-
selbe von P lato und Aristoteles aus. verschiedenen Princr-
p i ^ n entwickelt und nach griechischem Gr e Q i u $ gestaltet
als DoppelbAum der idealen und rationalen Philötophie auf-
wuchs. -') \ '
Nd>st dem griechischen Philosophen Tutianusch oder
Kalli<sthenes kommen im ' Buche Serduscht's auch die.
*) Herseham ist ^as Wort für Herrscher und Kerseham
für Lehrer, und wiewohl dieses zweite dem deutschen Worte
nicht so ähnlich lautet als das erste, so scheint es mit demselbta
ilocb eben so nahe verwandt zu seyn» am ist das deutj^e cn,
das Zeichen des Pluralis
*^) Nach dem Ferheogi Schunri (!!• Blatt V. 168) war Tu«
tianusch der Sekretär Alexanders den die Senj^is um*
brachten.
***> Der Commeotar ^zum 6Ucn • Verse des "BocheS/ Serduscht*s
enthält dfe merkwlkrdige ^Erläuterung, dafs die Guscbaspian
d« i*g|ie Lichtweihen (Phaolophen oder heutigen Sofis)
zwischen 'd^n Idealisten und Ratiohalisteq stehen. Die
2^12 The Desatir €tc. u. d. Ji^il* Sage der Baktrer i^tc.
B'raliaianea Senicerakas oder} T&chengereQgad^chfr
uod Biras oder Bias vor^ w^che n^ck aller 'VV;ahrscbeiDlic)i-
Veit keine andereii sind als die berühmtea iodischen Religious-
Philosopheolehrer Shankar Acharjrai Aucfaereaka j^ und
Vyasa. Um dep leUten za widerlegen oiffeub^iit Gott dem ^
Serdwscht die Geschichte der Thiere mit Gilda seh eng d.i.
den schönea und uralten Apolog des Streites der Tbiere mit
4em Menschen über den Vorrang desselben welcher arabisch
uqirr dem Titel eiiner Abhandlung. der Bruder der Bei-,
iiigkeit (Acbwanus safa)*) und im Türkischen des AdcLs
des Menschen (^Soberfol - insan) **) bekannt ist. Im
Buche des ersten Sass an geschieht endlich sowohl der späteren
Lrrlehren, ^reiche das persische Reich zerrissen, dämlich der
L(hre Mani's, (V. 4^) und der revoiqtionären Freiheits* und
Gleichheitslehre Masdek.'s (V. Ay) als. auch der Juden, (V.
44) der Christen und des Islams £rwähnung,. was mit der
Zeitangabe des vierten Sassan, (des YerfasKrs des Baches)
welcher ein Zeitgenosse von Chosroes Parwis war nicht im
geringsten widerstreitet. Anders ve[rhält es sich wie schon oben
gesagt worden mit der Angabe des Cbmmentatoi's der sich selbst
zum fünften Sassau macht, und die klaren llesuitate seines tie-
fen Studiums der Aristotelischen Philosophie mit der alten Lehre
des Textes, den > er hie und da augenscheinlidi nicht mehr ver-
standen hat, in. Eines verschmelzt wissen wilL
Im Dessa'tir und im Commentare dessölben finden wir
' die morgenländische und griechische Philosophie in der ältesten
und neueston Gestalt, im Des$atir«nämlie|| die Grundideen in
iluer ursprünglichen Gestalt vor ihrer Einwl^nderung« ans %A^ea
nach Griechenland, und im Gommentare das vollende^te vSystem
aristptelischer S'chölastik wie dieselbe nachdem A^Mstoteies
denv Arabesn durch die Uebersetzun^ bekannt vvar , von ihnen
ausgebildet worden . ist. Ohne hier in eine umständliche Zer-
gliederung.dieser metaphysischen Scholastik welche sich h^itpt- .
sachlich in dem Commentare der beiden, letzten Bücher des
J>essatir beendet, eingehen zu können, werfen i^ir vielmehr
zum Schlüsse • dieser Anzeige ohne Berücksichtigung des Com-
tdeale* Lehre heilst Fertnd , die rational^ Nirnud, die Idea-
. listen Fertnd iaot die* Rationalisten Nirnudian» Kiroad
als Vernunft ist gleidibedeutend mit den njenischen Wärtern
Kirbud, Fernurf, Niwend, Ferhen'g, Chired, Husch,
14us (N«r) Nesbut, Schuur, NUk> weiche alle Ver-
nunft oder Verstand bedeuten.
*) Wiener Jahrbücher der Literatur IL Bd. S« 87* ^
*♦) Fundgrubcji des Oriente V. m. S. 85. -^
• *
The Desätir etc« u. d. he^. Sage d^r Baktrer 6fe. 3i3
)
nienUxs noch einenr Blick ^uf die Kosmologie des Teiles
selbst f von der sich Bruchstücke in der Metaphysik des Aristo^
steles erhalten l^abeu./ Wir sagten Bruchstücke,, weil, w<is er
dunkel, -unzusammenhängend und schwankend über^jic Sterne als
l)eseelte Wesen und nber 'dei^ Grund ihrer Bewegung lehrt , in .
dem D^ssatir als ein vollkommen klares auf festem Grunde
ruhendes und zusammenhängendes »W^eltsystem erscheint. Diese
Kosmologie ist unstreitig die dejr äl|estei) orientalischen Phir
lo^ophie, die unter dem Namen der alten morgenländ Ischen Lehr(|i
'. bisher in der tjeschichte der Philosophie auch nicht viel mehr
als dem Namen nach bekannt ist. . Einen wichtigen Beitfag daiu
liefert der Inhalt des Bessatir, in welchem, wie wir gesehen,
das dobpelte iSaamenkorn von Vernunft und Licht, aus weU
chem der Doppelbaum der rationellen und idealistts.chen
Philosophie aulsprofs, bereits im Keime ausschlägt. Das l^ttel
zw^ischeii diesen beiden uralten Stämmep ihorgenländischer Phi*
losophie, welche wie der 6ite Vers des Buches S er duscht 's
sagt , zu Alexanders Zeit nach Griechenland überging/ hielten
( wie der Commentaf zu demselben Verse lehrt) die Guschas»
bian *j das ;is.t die Lichtw^.isen Griechenlands, und ^ersiehs
^ uamlich die Neu - Platoniker und die Sofis. '
Nachdem man,die Grundlage der Kosmologie der ältesten
orientalischen Philosophie aus dem Desastir kennt, ist es'nothwen-*
dig, auch ein Paar Vt^orte über die Entwickelung dieser K osin ol o-
gie so wie dieselbe 4n den geschätztesten philosophischen Werken
der Araber und Perser gelehret wird, hinzuzusetzen, weil durch
diese Zusammensteliung, mit Einein Blicke der innigste Zusani-
menhang dieser neuesten roorgenländischen Philosophie mit jener
ältesten klar und anschaulich wird.
Wir haben aus dem Dessatir gesehen, dafs die erste von
Ewigkeit, her und von Gott unmittelbar einzig (geschaffene Krea-
" tur die oberste Intelligenz ist, welche die zweite* Intel li-
efen z nut der ersten Seele und dem ersten Leibe schuft
Diese zweite Intelligenz schuf die dritte näimlich die der
Sphäre des Saturnus mit. Seele und Leib, und so herunter .bis
zur zehnten Intelligenz nämlich der menschlichen Ver-
nunft. '. ••
•♦; .GnschasH heifst Glanz, Strahlung. nnd Erleuchtung, Gn-
• s c h a s b i* heifst so (riel als E s c h r a k i d. u Glänzender, Strah-
lender, Leuchtender, deshalben werden auch die Akademiker
(£schrakiuii)iGu!{chasbian gekannt ,' weil sie die Weis-
heit von Flato ahne mündliche Lehre durch den Weg.^er.
Inspiration und der JErleucbtnng empfingen '( B u r h. Katii
Seite 7o7. ). . ,
•i
3i4 The Desatir etc. o. d. hell Sa^e der Baktrer etc.
. Diese Hierarchie der Sphären und 'tntelli^önzen findet sich
genau so in der Kosmologie der neueren Morgenländer^ welche
Hfli so mehr die alte Grundlage der erstgeschaffenen obersten
Iif felUgenz beibehalten konnten , als dieselbe durch den Sprach^
des Korans: Das erste' was Gott erschuf **war die
Veri^unft, auch in religiöser 'Beziehung neuerdings geheilfget
worden. Demnach bestehet 'dieses morgenländische ko^mologi-
sche System, aus einer doppelten Reihe einer absteigenden der
lotffBigenzen' und einer aufsteigenden der Sphären, wie dieselben
hier gegeseinander stehen. •
Jnielligenzen. Sphären»
Erste ^berste Vernunft.*) ' Neunter oberster der Himmel.
^Zweite Vernunft.**) Achter Himmel (des Thierkreises).
Dritte Vernunft. Siebenter Himmel Tdes ^atnrnus).
Vierte Vernunft. Sechster Himmel (des Jupiters;«
Fünfte Vernunft. Fünfter Himmel (d«s Mars).
.Sechste Vernunft. / Vierter Himmel (der Sonne).
Siebente Vernunft. Dritter Himmel ( der Venus ).
Achte Vernunft. Zweiter Himmel (des. Merkur).
Neunte Vernunft. Erster * Hii^meL ( des Mondes).
Zehnte Vernunft. Die menschliche t*auf der Erde). .
Man einsieht aus dieser Zusammenstellung, dals dieses gantee
ßjstem auf ein arithmetisches Verhältnifs der Zehn begründet
worden ist, intern die zwei sich gegenüber stehenden* Zahlen
der Vernunft uqd des Himmels jedesmal die Zahl Zehn geben,
uiid dafs sich die Intelligenzen und Sphären nqr in der Mitte,
nämlich in der heiligen F u n f , gleich begegnen. Die Abspiege-
lung dieses Kosmogouischen Decimal Verh«ältnisses findet sidi
auch in der Eintheilung der Kräfte des Mikrokosmus oder
des Menschen, welche zusammen in der Kunstsprache neuerer per-
sischer Philosophie Destgahi wudschud***) d.i. die Fabrik
des Körpers heissen. Diese zehn Kräfte thi^len sich in die f^nf
äusseren und in die fünf inneren. Die fünf äusseren sind
die 'fünf Sinnen , die fünf inneren: die Denkkraft, die'Einbil*
dungskraft, die Urtheilskraft, das Gedächtnifs und'der sensus
*) Sie heifst auch Akli Rülti d* h die allgemeine Vernunft,
D s c h e w h e r i e w w e 1 d» i« die erste Substanz ( B u r h»
Katii S» 4o8>
*^) Im Dcssatir heifst die^lbe A ms c Kamt ihre Seele Ma-
nistar, und ihr L^ih Tanistar. DerKame der Seele Ma-
nistar Ist noch heute unter den Sofis als- der Kamen der
ersten Seele gang und gäbe (Burh. Kätii S« 748).
***) Burh. Katii S. 367. *
Ti»i Desatir* etc. m d. heil. Sage der fiöktrer ete. 3i5
«ömmunis. Der Vmerscliied zwiscbeo ^tr oben stellenden
Hierarcliie der nduerah iporgenlä'ndischeo Philosophie und der
älteren Ae$ Dessatir besteht darin, daXs die oberste Vernunft,
über aDe Himmel erhaben, selbst aber dem neunten thront i/v el-
cher der zweiten Xernanft mit ihrem Leibe Und Seele angewie-
sen i^t, dälüs im achieti Himmel die dritte Intelligenz thront,
V. L Yf.j so dafs- die sich gegenüber stehenden ZaBlen der
(ptelligenzen und Sphären nicht wi^ es dem ganzen Sjsten^e grund-
femäfs ist, die vollkommene Dekas, sondem die ^wfschea der
>ekas utid Bodekas bedeutungslos gebliebene Eilf bildend
Noch weit mehr aU für diese arithmetische (^ipnsequcoz hat das
philosoplnsche Studium folgender Zeiten für die Entwicklungs-
geschichte des Universums aus der Seele der zweiten. Intelli-
genz gethan, seitdem Ait Philosophen des Islams es am gera-
thensten fandto, diese "Seele dieWahrheit der Wahrhei-
ten zu benennen und sie ak* eines und dasselbe init dem,
Lichte Moliamdled's, wovon der Pro|^et gesagt habeq soU:
Das erste was Gott*schuf, war meiia LicbtO zu
erklären. . ^
Die erste und oberste Intelligenz oder Vernunft wird*
von der alleren morgenlandischen Philosophie als d^eieinige Er-
keontniijs dargestellt, • nämlich als Erkenntnils der Wahrheit,
(Maarife^i hakk ) die Erkenntnils des eigenen Wesens,
(Maarifeti nefl) Und die Erkenntnils d^ Nothdurft (M'aa*
rifeti ifatiadsch). Aus dieser ersten Dreieinigkeit der ober-
sten und ^slen Yernillift entwickelte sich die zweite Dreieinig-
keit, nämlich y. aus der Erkenntnils der Wahrheit die zifeitcf
. Yernuttft, aus der Erkenntnib des- Wesens od^ der Seele
die «rsie oder- allgeiAetne Seele^ und aus der-Erkennt^
uifs der Notbdurft der er%te oder oberste Kdrper, liämr
lieb der oberste Himmel. **) Im dem Dessatir wird der
ersten reingeistigen Dreieinigkeit der obersten Vernunft zwar
mit keinem Worte erwähnt, aber die folgenden Dreieinigkeiten
von Ver^mnfti Seele und Körper werden sogar mit dea einzel-
■m
*) E& ist sonderbar ilals die Doktoren des Islams diesen Inünd-
liehen Ansspmoh des- Propheten mit jenem des Koraris; da« erste
was Gott schuf war die Vernunft, nicht lieber ganz in Einklang
. braehten , ' indem sie das Licht Mohammed's und die oberste
Vernunft för Eines erklärten« Da sie sich dieses zu thun, wie
es scheint doch nicht getrauten, erklärten sie/das Licht Mo-
bamedVf lieber für die etste Seele als für die ihr beiwoh-
nende z w e i t e V e rn u li f t*
««} Siehe* hierüber die ziemlich ausführlichen Artikel des Burh.
Katii: akel Seite 566| — dschem Seite 274» uiid re^wan-
bc'd Seite 408.
3i6 Tbe Desatir etc. u. d.vheil. Snee der^Baktrer ?tc*
' - * ' ' .
nen Namen der Vernoiirt, der Seele und^es Leibes jeder eln-
sdnen Sphäre durchgeföhrt, *) Ein Theil der neueren Plillöso-
phen« beliehen dieses Emanations* System bei, ohne Rück-
sicht auf den Widerspruch in welcliem es init der Xehre d($
j'slams steht y aija^ere fanden es deoi^elbcn aii^messener in der
obersten Intelligenz blofs die drei allgemeinen Begriffe des
JSejnis . (Wudschud) der Noth wendigkeit, (Wudschub)
und der Möglichkeit ,( I m k i a n ) zu entwickeln, und aus dieser
preieinigkeit mit Ueberspringung aller Sphären unmittelbar dit
fublunarischo Welt, nämlich aus dem Seyn der obersten. Yer*
i)Unft die letzte oder menscTh liehe Vernunft, aus der
Noth w endigkeit dfe mensch liehe Seele, und äuS der
Möglichkeit' den letzten oder^ subl Unarisch cm Himmrel ent-
lipringen zu lassen. ' • . , "
Die letzte oder menschliche Vernunft heifst .in d^r Ter-
minologie'der Phaosbph«o Ispehb.edi chore,**) die
iheifschliche Vernunft hcifst die wirken^de (fijil). ***) Die
ineisten Niimen aber trägt die erste oberste oder allgemeide
3eole,* welche Manns tar,-J-) Dscbem, Tahmu-ras, Dar,a-H*)^
^die Wahrhe/t der Wahrheiten und das Licht-Moham-
med* s. genenut wird. Aus diesem entwickelten sich ifach der
Lehre der neueren Phausophen im Is^lam die vier Welten, -
deren Lehre zwar weit' älter als der Islam, der ältesten* nior-
hcnländischen Philosophie angehört, aber von Moslimen auf
ihre Weise in den Lslam hereingezogen worden ist, wie von
i^en Juden in Bie 'Kabbala, deren Lehre nicht vrit Hörn
(in seinem Buche über die biblische Gnosis meint ^ aus der
L%hrf des $endäwesta wohl aber ans der des Dessatir
abzuleiten ist, indem die zehn S ephi rot h schon in den zehn '
Sphären (Sip ehr ) liegen, die vjer Weitem der Kal>bala*aber
aus den vier Welten der ältesten mbrgenläAdischen Kosmolo-
gie, ip welcher dieselben so klar und helle da stehen, dafs sie
die vier Welten der Kabbala mit einem gatiz neuen Lichte b,e-
leuchten. Der Burh. KutU enthält hierüber verschiedene län-
gere und ^Qsfährliche Artikel' von- deneii. wir hier mit.Anfuhrang
derselben die Resultate nur kurz zusammenfass.(?n- können,
diejenigen aljer die- weitere Belehrung wünschen, <iuf die*QueUen
gelbst ve|-vVei^en ipus^eo«
mf'0m^mi^^imf^'*-^9mm
*) Buch die^ grossen Aha 4 vom i8n bjs Ztü Vers**
**) Burh. Katii Seite 82.
***} Burh. Katii. unter Feridun (dem NamcÄ'der Vernnnft
des achten Himmels } Seite 594«
f) BurJi Katii Seite 748.
ff) Burh. Katii Seite 349-
the tkiaiit -ek. «. d. hei). Sag« def fiaktr«!' «t«. 3i^
Nacli Skm €)dntitfemdt« David'svob Cäsaren Kür-KaSr
&1d<!' Tilije- Entwickelten 'ftich aus Aet üllgedieii^ isfd^r ersten
Seele (wd^lre e\h6 AilssIraliluDg der obersten oder ersten Vet*»
iionft ist) sii^ärsf^ die reineti Seelen nnd ^einfachep Intelligenz
2t en, dann die Abdrucke oder Formen* derselben, weiters die
hiannlis«lfteti*'tit^d endlich, die Ifrdisctien Stoffe. Die beiden ^sten
Entwiekeluilgeii (>iiden tüsattmeix die {ibersinjaliche, die beideii
letzten ' die sinaHohe. Welt^ deten jede wieder in 2wei ^ndet^
terfiditi* Dies^ vier ^ Welten sitid äl^soi Erstens die Welt, der
l*einen Q^isler und einfachen Intelüffehzen vrekbe die Welt des
Geheimnisses, ( A « 1 e*tn i. g h ä i b) die Welt der HerrliMikeic
(AaUil&i WetkutX keifst.
« Die zweite Welt istdte tjrpiscW welche den* Abdruck
der' hofi^i'iin * reinen Substanzen - und die Urbilder der niederen
St.iffe in isidf scHlkftt^^dft dieselbe den Uebergjfng von der Gei-
ster wek zur Kcirgetwelt bildet, so- heilst dieselbe im G^ensalz
•der erstfcti XA*«Jc»i ^«wah dio< Welt' der Geister) die Fotr
m^nv^elir (Aafemi esohbah ) im G^eiisiitt der zweiten
<Aülemi' edsebsaiü' die Weit der KSrper) die BHderwelt
(Aalemi' miVal)i Sie htfif^t- auch Bersach, Peikeristant
aalem däs'^st det* Formenplatz der 'Welt, das achte Klima, das
aufgehatigte Büdj'' di6 Kaiserresiden.z '(Keibad und Bsche-
brni 'das ist -di«' 6ewält im Gegensatze mit Melkiic dem Na-
men def ei^t«fi'Wel(^ Welche auch R'crwatigerd faeifst/) Dftse
zweite Welt htfifit'smch dt« miUlere (Aalemi ewsai).und
die Welt der Grösse (Aalemi asn[iet) bei den.Sofis welche
der Ettgd/. wddie lAWar im hdckslen « Himmel ^ Arsch) und
dem Thföne: Goh^^ (Kürs4) ybhinip^ äber.d^^lb nichts de-
stoWeniger^ljeiliei;;*hs(ben. Nafch dem Verfasser des Isahol -
H a k i k a t .^a^ i&IJ Erläuterung ;,der^ Wahrheit wurden die Körper
deshäch^teiyrJEIiAniels (Arscbj'des^Tlu-önes (Kursi), der Him-
meistragendem Engel (H^iplei Arach) liiid der Thronhut^n-
den Enger'(^K'^sii''ei Kursi) unmittelbar au) dem Lichte M ö-
hammed's' däer^der' eristeii Seelfe gebildet. Diese dHtte Welt
Jieifst .|^eyrökplich.. die Welt der Engel (Aalemi Melek) mit
• * .
*) $id»e Im BoirhAiti K^tlidie Artikel Ser tuscht ^eite 495,
Ptik.€xUtßini.%^l^tä Seite 219, Keiabad Seite 686, We-
'r ft i p CLS t u ;P Q 1 e nd Seite sai, M a n e n d A b a d das ist der
Wohncrrt. der >Glei«;hfliase. Seite 74&, und Sade deicht
Seite;.4#6.
Si8 The Dfisadr etc. u. d. beil. S^fe der Baktrer etc*
I
der ersten fM.elkutJi lyiciit tu yenwcben; 'aUcU heilst äie*die
Welt der Zei^eQ9oluift «der Ans^haulichk^t (Aaltfmi sehe-
* hadet^ im Oegeosatz ^er Mnekeit, welche die Welt der Gross«
f Aalemi a$m.etj uqd der ersteia, welche die Welt der Vor-
borgenheit* f! Aalemi ghaib et j) Jieifst. •
^ie vierte W^lt ist endlich die irdiscl|p sinnltchef gewohnUch
A ä 1 ein i n a s ü t, da» i$t^, die Welt der Menschheit genannt, im Ge-
gensätze mit der «weiten, welche Aal ^m^ Dschebrutdasistdie
Welt der Gewalt, undinlG^g^nsatzeder ersten welche Aalemf
Melkut, das ist, die Welt der HerrschaTt heifst. Ober 4iAsen
vier Wdten f^elkuty-.dschebrttt, mele.ky n a s u dj s.ch'Vf ebt
. äieGottheit fLahntJ in der Unendlichkeit' wo weder ^ulle
Äoch Leere fla ch«aJa*we U melaj ist,5
Man . erkennt gsfr leicht in diesen vier W^ten die. Vier
' Welten der/ I^abbala, so wie in ihrem. A^am^ Kadmoa die
oberste v¥ern|inft< Die dritte und vierte Welty das ii^ f\e der
Etigel uiid Menschea sind ga^^ diesdben i^it Jez»irali. uiid«
Asiah; ab^ die »weite Welt ist von den K^kbbalisten ent-
weder gakiz irrig ^efafst oder ton den Aiwlegern derselben pich^
:verständen' worden, indem diesdhis wie wir ^<seh6a die eigent*
lidie typische und ideale istf das. Mittelglied zwischen der
geistigen tind körperlichen^ welchcpr die Fer^v^ecs des Senda^
westa tiad die, Ideale Plato's t^igehoren* 'Üinen vreiten 31id^
in*(lie$elbe scldiefst das Stodiam der mcffg^nlA^diftcben Phtloso*
pbte überhaupt und insbesondere das D^etsatir laiiilt^J
r.
t) Nachflem dljcse Anzeige hn Jfmnar vi J. ian. '4ie fieclactian der
' Jahrbücher abeef;eben war, erhielt der Ver^i^^'jm März das
Jennerheft .und im April das Februarfaeft d^ \j9urM des Satmns^
worin sein gelehrter Prsttod Bäirm' Xlvetift de . Sfu^ &^n
den Inhalt; sowohl als über das . Altet nnd ;die ^sqhe des
. Fesatir i^ki; Vrtheii anis^riciil;^ Dieses triOt nun in soweit
mit dem unsrigen überein als <er Cün ersten Auszüge) den Wertlk
des Ijih^lts des Desätifi als der Reste alter Kelig^otaslehren und
. philo'saphisöher Sjst^e aoerkennt, und die M^glfohkeit zngc!^
.steht dafs der grtissere Thdi dei .Desatir iwlrklich in defi ,stch
hesiieii Jahrhunderte ekfistüeher SSeitredinung an^mmengetragea
,. worden seyn könne, weicht afier.in dem^z^^eiten Ansauge, wel-
cher sowebl den inneren Gehalt der hier . auseinandergeketzt^ti
Lehre als auch die Zeit I» welcher dieselbe VeirMst worden seyit
möchte, um ein Beträchtlicb^ heruntersets^ und diellrspraebe de«
Detatir (Einstimmig mit den englischen Kritiken namentlkli mit der
£rskine*s im IL J^t^xk^eAettrtmfßeHons der orientalischen Geselkchaft
von Bonibai ) als eine iranz neu erAindene, seihst gemaohte ond
blöfs zum Behufe <tnes Betrugs ausgebreitete erklärt^ von uns be-
deutend ab. Dafs das der Fall nicht' sey gtaabirn wir durch die
^ oben angeführte auflFallende Üebeiellistimniung der Wörter der
Desatirsprache mit alt - gemunischen Formen, von denen frelUeh
< «
Die Polizei för liitland von J)r^ SoniitKg^ 3i0
• ' *, ' ■ ' . ■ '
• . ♦
Die Polizei für Lii^lmnd pok der kältesten Zeit bis .^Sfö,
. ' in einem wich den Gegehsiänden ( systenuttiseh) geßrinetem-
Auszüge, aus d^ RegieruHgs^Putenten imd andern, obrigfmt*
' liehen Verordnungen, rißbu kistor, Zusätzen; litprür* Naah» ,
Weisungen und einem ^ edphabetisch^ Register, von, De, X; G.
SoNJffJGj Livländ, Generai^Superintendenten und
Ober-Consistoriums^Präses, Mitglied der Pro^^
i^inzial^ Gesetze ommissioii. ErsieH älfte* Riga. 481^4 •
hei Muller. ' s^6 S. in 8. ,. • - ^ ' •.
in einer .mustennässigeo .Ojrdmitig und Ge<lra9gfKcit .erhalt liier
auch das Anslapd einen . Ueberj^lick des PoHa&ejwesens jener Ge«
genden, wie es sieb bis jetzt allmählich diiroh einzelne^ sonst nar
zerstreut kenobare, Vercrrdnuagen gestaltet* b|it« Die grosse Mühe
des Sainmlers ist .unverkennbar, • aber itich die .Nützlichkeit ge-
nauer, wörtlicher Auszöge aus den dort allgemein geltenden Ycr^
baltensregeln.« Auch der Auswärligen Aufmerksamkeit ist vieles, *
was die Gesetzgebung .bereits bestimmter: angeordnet bat,, sehr
würdig, wie Sl 9-^1 5 die . Mafsregeln in Hinsicht , auf Scheintod
und Todtenbegrahung.^ S,a9rr- aS* xon- den Schutz^lqt'tern, S. 36
— 5o Vorschriften bei am^MCtlei /Viehseuchen, S,5^ gegen franz.
Refolutionsaus'jirtungen, S. 70-^75 gecen HundfW^th^ S. 8o*-rB4
üher äffimtlichen Gedaniensi^erkefu'. Spu^ ftSöa.kapn jeder Buch-;
druckenden anlegen, »or mit An^ige bei dem Ppl^eiamt. Alles
abermufs censirt werden durch dit^ Censarcommissionei^ entwe*
weder Hf« £rsktn< noch Hr« B. ie ittejf alt Nfchtdentsche Etwaüi \
> geabnet iiiiben dargelfhair zu Kdb^n* wkren die gewählten Wör-
ter noch heute im Penischen- üblich, to würde man- die Ver-
wandtschaiFifc auf die Rechntog 4f r Verwandttebafik der denhcbeii
*ünd persischen Sprache schrellm IsMnnen , es sind 9f>tt mit Vor^
liedacbt laufer Wörter die heute im Persischen nicht mehr üb-
lieh und blofii der Desatirspfache eigen sind geWählet worden;
die zufällige Uebereinstimnrattg einer erfundenen Betrügerspracbe
mit^lt«*geiiiianisehcn, griophiscfaen^uod lateii^ischeo Formen miil
Wurzeln, wüse doch ein weit ßrtfsteret nnd anerklärb^reres VTun«
der als .die ^osse Regcfmäasiglteic dieser hochgebildeten alten
Mundart des öitlichens Persiens, und die Uebereinstimmung der-
selben mit der neueren noch heute üblichen Sprache. Ulbrigens
hat Freiherr >«• ^«7, wie^ unsere Anzefge, nicht bemerkt, daft an
vielen Stelleoj der Cepmefftar den Text augenseheiiriich nfebt
▼eistattdep , . üo4 beiop^s in der metaphysischen Terminologie
ganz willitührliche Bed^tungen unterschooen ^ hat« So viel ge*
nügt om zu «rhärten daft Rec* selbst nach derlLesung jener bei-
den AmitiSSß des Journal des Savens sich durch die darin ansge^
geßihrteii Gründe, (welchen tarn Tfteil durdi den Inhalt dieser
Anleine selbst schon Widersprochen ist,) keineswegs' bewogen
gefühlt, an seinem Urtheile das Geringste abzuändern.
I .
820 Di« PoUm tüir Livland'vo» Dr. Sonntag.
di^ der tlniversitHten oder die anderswo angeordnete.' Ans der
Censnrordnnng für diet^e Coino^Monen werden Ans£«ge nitge-
theilt. ^Z. B, C 33. »EtneHbescheideney vernünftige Untersu-
chung jeder WaKrheit, die auf Rdijgton, Menschheit, Bürgerliche
Verfassung y Gesetzgebung^ Staatsrerwaltung oder Auf irgend ei-
nen Zweig derselben Bexug hat, ist nicht nur nicht der geringstea
Rüge von Seilen der Censur unterworfen; sondern gemefst einer
Tollk^nsmenen Prefsfreiheit, die die Fortschritte cter Auftlärnng
vermehlt.« Aber— nichts was dox Religion , deün- Staate, der
Sittlichkeit oder der persönlichen Ehre irgend eines Staatsbürgers
tiwfider ist, darf passiren (wie? auch wenn es wahr, oder unter
Verantwortlickeit des > Behaupters mit wahrscheinlichen Gründen
belegt ist?). §. 2i* Die Cenfur enthält sich jeder parthciischen
Auslegung der Schriften oder einzelner Stellen^ folgt dem Grund-
satz einer i^isen Nac)i^ht, legt • 2 welMhaftö Steilen anf die den
Verfassern vortheiUiaftere Art aus. Verf. und • Herausgeber ha-
ben nicht nothig sich zu nennen/ aber der Druckerherr, Drucke
ort und Jahr Inüssen auf d^m Titel stehen. Det^ Bücher -- Nach-
druck ist nach S. 89 wenigstens schon mit 1^84 allgemein ver-
boten, y Statt der Kirchenhusse worden 1^65 gegen Ehebruch
Geldstrafen von 80 — 4o — 10 Rthlr, rorgeschlagen. Der Senat
unterlegte und die Kaiserin geliehmigte: »Verheurathete Stan-
des-Personen und Bemittelte zahlen bei begangenem Ehebruch,
an die Kirche, jede 4 BW., unverhetirathete 2 Rbl ,' geringere
tferhie^trathcle » BW., iiny^i4i^urathete 5o Ropeeken. Ixik Fall
der "Nichtzahlbarkeit biissen sie privatim mit einer .angemessenen
Anzahl ;Ruthen,:Di^ses Patent ist jährlich z^weimal zu- publicireo.
-^ Das Armenwesen ist ziemlich genau behandelt luid wird das
Betlek sehr verhütet* /Von S* i64 *n folgt ein Mrgänztndtr
Nachtrag, then sb gut, wie der Teit geordnet, wozu 60 Jahr-
gänge der Rigaischen wöchentlich: Anzeigen ausgezogen werden
inufsten. ' Nach 5i 264 befahl tSoo das^Polizeiamt (Dorpat?):
»Da bei den theatralisclien \Corstellungeji sich auch die Geseli-
S^ft des Ad^ ab Zuschauer einfinden, so müssen« die Zuschauer
von aller Benennung ( vor und nach dem A|;Lfziehen des Vor-
hangs) ohne Mützen oder Hüthe auf' den Köpfen zu* haben, ein-
treten «.die iigirenden Personen nicht belächeii oder auspfeifen.,
dergleichen , sich am gestrigen Dato »ge^^igt ha^, welches iediglick
und allein zur Schmach und Beschaauag der ganzein gegenwärtig
gewesenen wohlgebomen Gesellschaft um so' mehr gereichen
mufste« u. s. w«
Ä £. Cr» Paulus,
N= 2L Heidelberger 1823*
Jahrbücher der Literatur.
Schleiermaekers Glaubenslehre etc^
Fortsetzuftg der in }^u 15» abgebrocbene» Rece^do^» -
JLlas GetieimniCs, das. von der Welt tier und von den Zeiten
her verborgen gewesen ist, nach den Ausdrücken des Ap. Paulus,
das ist , den Christen kund geworden; Gott ist aus. seiner Ver-
Lorgenheit hervorgetreten und hat sich in der Menschheit geof-
feabart. So beten wir nun in dem Sohne zu dem Vater durch
den heiligen Geist. Da ist keine Kluft, die den Ewigen in sei»
ner uner^rschlichen Tiefe von uns getrennt hält, sondern wir
haben in und durch Christus den Zutritt zu dem Vater; und so
glauben wir aii den ewigen^ wahren ^ lebendigen Gott. Das ist
das tJntersch(ridende, wodurch sich der christliche Glaube ün«
endlich weiMiber alle Religionen erhebt, von der alten indischen
an, bis zu der platonischen, stoischen, epikureischen Philosophie,
und jjis zu den rationalistischen Theorieen oder EinTällen der
neueren Zeit Das vorliegen'de Lehrbuch fuhrt uns weiter zu
dieser Ijünsicht.
Wir gehen denn weiter zur Betrachtung der SehUiermacherschca
Lehre über die gottlichen Eigenschaften» Auch diese hat ihr Eigen-
thumlicheS) und das schon in der Anordnung, wie die TrinitätS'^
lehre. Nicht nach der bisher gewohnten Weise , die zuerst das
Dogma von Gott vollständig abhandelt, sondern nach dem ganzen
Gange dieser Glaubenslehre kommen einzelne göttliche Eigen-
schatten nach einander vor^ bis zuletzt die höchste erscheint:
Gott ist Liebe; worauf denn jene Lehre von der Dreieinigkeit
den Schlufs macht.' . i
Folgerichtig wird nach diesem Lehrgange im ersten Ab«,
schnitte betrachtet: Dasf^erhältnifk der Welt zu Gott, wie es
sich in unserm idie GeSammtheit des endlichen Seyns repräsenti-^
renden Selbstbewiifstseyn ätisdräckt. Denn die Abhängigkeit von
Gott wird unmittelbar gefühlt, und so wird sie zunächst beschrie-
ben als glaubend Schöpfung und Erhaltung der Welt. Jedoch
hält der Verf. für rathlich , die ganze Frage von der Schöpfung
auf dem philosophischen Gebiete zurückzulassen, und bis die
Auslegungskunst über die mosaische Schöpfungsgeschichte im Rei-
nen ist) solle man sich nicht verpflichtet halten, dogmatische Be-
. * . ^ 21
322 Dogmatik.
stimmungeQ über die Scbopfung festzustellen; auch sej genau
betrachtet jede jener beiden LeLren in die andre eingeschtosseD,
fes könne also eine von beiden entbehrt werden; man I6se nur
ißne in diese auf, so habe man in der Erhaltung der bildenden
Kraft auch die Entstehung eines Jeden einzelnen Wesens^ und
jeue Abhängigkeit sej dem frommen Gefühle gesichert. Wir
lassen dieses nebst den angeregten Andeutungen aus dogmatischen
Werken an selneh Ort gesteNt,^ und höfen nur das ebenfalls an-
geregte Urtheil unserer Bekenntnifsschriften. Diese, so wie Me-
lanchthon un^ Calvin nehmen allerdings das Dasejn, Entstehen
und die Dauer der Dlngie als lediglich in dem- freien Willen
Gottes begründet und von demselben durchaus abhängig an. Sie
reden von Schöpfung und Erhaltung, ohne im mindesten in Spe-
culationen einzugehen, sie verwerfen aber alle die heidnischen,
gnostischen ,. manichäischen etc. Irrthümer, mit kurzen Worten,
und berufen sich auf das ge^ffenbarte Wort Gottes, und diesem
untergeordnet auf die Offenbarung Gottes in der Natur. CEc-
clesia J)ei äffirmai, hunc esse conditorem rerum, qui se patefecit
misso ßUo et dato et^angelio etc. Mefancktk, loc. de Deo Hierzu
der Anfang des loc de creat.). Die Erhaltung, Mitwirkung-,
Vorsehung, Fürsorge, Regierung, nehmen sie weniger nach fest-
bestimmter Begriffsth eilung als nach mehrfachen Beziehung^ an.
Daher reden sie von eipem Einwirken Gottes selbst in alttcsta-
mentlicher Weise, finden dasselbe hauptsncMich in den Wun-
dern (auch der grösseren Art, wie z. B. das Slillste^ien der
Sonne), und die Schwierigkeiten, die später durch die Refiexiou
auf das VerhältniCs Gottes zur Natur und Freiheit, in den Be-
griffen von -Wundern, von concursus, vom Uebel und Böseu,
cutstehen mufsten, liegen niedriger als ihr Gesichtspunkt, da sie
fromm und glaubenskräftig das Auge hinauf nach dem lebendi-
gen Gott richten. Aber eben darum setzen sie in den BegriÜ*
der Erhaltung und Regierung noch etwas mehr als in den der
Schöpfung/ so dafs sich erst in ihm die Idee der göttlichen Wirk-
samkeit ergänzt. Ihre Lehre ist hierin nur kurz. Sie lautet:
Der ewige*, allmächtige etc. Gott hat die Welt erschaffen, der
•Vater durch den Sohn, und erhält und regiert sie durch ihn in
fiinigkeit mrit dem Geiste, ^nd er waltet besonders mit sei-
her Fürsorge über die Frommen. Von den besondern Beziehun-
gen auf das Xrinitäts-Verhältuifs hat unser Verf. die Hauptstel-
len angeführt, z; B. Helvet, art, 7. — creavit omnia per 9erbum
suum coaet&rnian ; wozu Wir die unmittelbar folgenden Worte
fügen : eademque consen^at per spiritum suum coaeternum. Un-
ser Verfass. stimmt nun in soweit mit ihnen überein. als er d<is
Abhängigkeitsgefühl Entscheiden läfst, welches in ihrer Sprache
jene pietas ist, die sie als sich von selbst verstehend voraussetzen;
«
Dogmatik. 3^3
^« aitch Weiter darin ^ dafs et 'von den Speculationen ablenkt,
and so S*a63 ausdrücklich saget »alles txl dem einfachen Lehr-
t'sat^e §. 59 Hinzugekommene hat nur seinen Werdr in Bezug auf
den gemeinfiaiRien Zweck aller dogmatischen l^ormcln, oÜmlicK
der religiösen ^Mittheilung in der öffentlichen Lehre eine soiche
Norm %VL geben ^ dafs der Ausdruck nicht in Widerspruch
gerathe, weder mit andern Theilen der Lehre selbst noch mit
den natürlichen Ausdrnckeu des objectiven Bewufstsejns, wel«
ehem ja das fromme beständig zur Seite gehen soll«. In jedem
Versuch einer rein speculativen Darlegung der tdee der Gottheit
wurden diese Sätze nur als gehaltlose Erweiterifngen erscheinen f«
(in der Sprache jenes tiefblickendeu Kirchenvaters ri^vott d^i%inii^
Spinnenkunste). Nur begründen ^e reformatorischen Schriften
nach altkirchlicher Weise diese Lihre nicht darch das sich vor*
findende fronune Gefühl 9 sondern durch das geoffenbarte Wort
Gottes. Dabei warnen sie gegen jede heidnische Ansicht, Wofar
auch -wir nicht sicher sind, wenn wir z. B. den ewigen wahren
Gott denken wie einen Zeus, der alles belebt und durchliEuft^
oder wie Jupiter deümqu^ Jwminumque pater etc. Allerdings
unterscheidet ihn das vorliegende Lehrbuch von jener Poesie^ ^
und Natur -Golllheit, aber jener tiefere Grund fehlt, und wird
bin und wieder vermifst. Weil unsere Bekenntnifsschriften /ein-
zig und allein von diesem ausgehen, so setzen sie die Lehre voti
der Schöpfung und Erhaltung nicht vor, sondern nach der Lehre
von Gottes Wesen und ~ Eigenschaften. Die durch Physik und
Metaphysik durchgebildeten Gedanken unsers Verfs. in diesem
Lehrstücke finden wir indessen ungemein belehrend ^an sich und
wichtig für die Sjstembildung. Selbst das Dahingestelltsejnlassen
der Speculationen, wie es in unsern BekenntniTsschriften vor«*
kommt,- findet sich hier begründet; auch stimmen wir dem Yerf.
bei, wenn er den minder symbolischen Charakter der Verhandlan-
gen der Dordrechter Synode darin mit erkennt, dafs sie über
die Bestimmungen der andern Confessionen in dieser Lehre weit
hinausgehe, indem sie SBSt: quandoqtie ipsi viswn fuit ^ ex niküo
creasse. Das ex nihilo findet sich sonst z. B» in der Conf, Pa-^
latirii, und in Melanchth, loc. de creatione, aber wie will m^rn
sich jenes quando denken , ohne die Zeit vor dem Anfang der
Welt oder gar in Gott zu legen? Und vollends iii der Conf.
ßelg. /57^ heifst es in der lat. Uebersetzung von 1 58 t art. la
— ex niftüo creässe^ quum Uli i^isutn est opjfor turtum (wie
9oli man sich diesen Begriff denken? )j singulisqae suum esse,
formam,! et varia offieia trihuisse , ut creatori suo inservirent.
Wir übergeheti die gehaltreichen Winke und Bemerkungen des
Verfs. die hier und da die bedeutendsten neueren und neuesten
Dogmatiker treffen«
21*
«
\
32^ Dogmatik.
i>ie Leliro von den gottlichen Eigenschaften folgt als» hiet
auf die ¥oii der Schöpfung u.,s. w. . In soweit ist das; ii^ dem
Lehrgänge der Bekenntnifsschriften , als diese wollen, dals man
aus den Werken Gottes seine Hej^rlichkeit erkennen soll: und
so nennen sie kurz die Attribute^ ohne. viel auf ihre Erklärung
einzugehen Melaächth, L de creat, in, ^P^oluit Deus innotescere
et se conspici; ideo condidit omnes creaturas^ et miram artem-
adhibmt j Ht convinceret nos , non extitissc res easiij se4 esse
aeternam mentäm^ architectrieem j bonam j » justam j spectantem
hominum facta, et judicantem;^ ausführlicher Calv. Inst, l, i,
c, 5» In ihrer Behandlungsweise verschmilzt die Einzelheit der
besonders gedachten Eigenschaft mit der Idee Gottes und diese
mit seiner Wirksamkeit. Grade so recht. Wären nur die neue-
ren Dogmatiker diesem Gange gefoljo;t! Dann wären auch ihre
Capitel von den göttlichen Eigenschaften nicht so unphilosophisch,
nicht so unevangelisch und unpraktisch als sie es^ trotz allein red-
nerischen Phrasen, in fast allen Lehrbüchern und I^^atechismen
sind. Da hat man oft etwas in Gedanken , das nur nicht ; — ^
Gott ist. IVTehr als man glaubt ist. da vergessen, jene Warnung
Melanchthons (loc- de J)eo } — »Äoc quoque sciamiiSj hof vir-'
tutes, quas Deo tribidmusj in eo non esse accidentia, ut iß ko^
mine seu angelo sapientia, justitia, bonitas sunt accidentia et res
mutabilesj sed sicut potentia D^i non discernenda est ab essentta,
nee aliud est: sie non sunt aliae res — sed sunt ipsa essentia,^
Daher denn auch- jene erniedrigten Begriffe, wenn z. B. voa
der Gerechtigkeit und Güte Gottes gesprochen wird, wie von
einem ganz guten menschlichen . Herrn,, und /eben daher der
Leichtsinn, der hichts von Sünden, SQndern nur von Un Vollkom-
menheiten in uns wissen will, womit es denn der gute Gott nicht
SO genau nehmen wird, und was des Unwesens der Art mehr
ist. Es ist also ein wahrer Fortschritt für die Religionslehce,
daß dieses Buch statt dieses Irrweges den richtigen Weg wie-
der einschlägt, und aus dem uns geoffeubarten Verhältnisse Got-
tes zu uns auf seine Eigenschaften zurückschliefst, die er dann
am Schlufs in die Einheit und -Einfachheit seines Wesens, die
.Liebe, eingehen läfst. Wir lesen: 6. 2^65 fg. »Es. würde aber
auch folgen, dafs, wenn man das Auffinden der göttlichen Eigen-
schaften auf^ Principien zurückbringen und sjstematisch verfolg ea
könnte, alsdann eine^ >chulgerechte Erklärung Gottes an tlie Stelle
seiner Unausspre<Uilichkeit treten, und eine vollständige Erkennt—
uifs Gottes durch Begriffe möglich seju miifste,,. welches aber
unmöglich ist, indem ein so beschriebenes göttliches Wesen auch
dien Forderungen der Vernunft nicht angemessen wäre etc«
JFerner wird S. 270 fg. davon geredet ,» dafs grade durch die
Zusammenstellung der göttlichen Eigenschaften nichts gewonnen
Dogmatil^. . 32 5
ist, sobdern jed^ solcher' Begriff seiaen Weith nur hat inVcr-
bindang mit der Analyse derjenigen besondern Modification des '
frommen Selbstbewufstsejns, welche er in einer andern Form'
aasdriicktjc unpL hierauf leitet unser Verf., nicht ganz den alten
dreifachen Weg (causalitatisj negatiojiis j eminentiaej biMigend,
aus dem' Abhängigkeitsgefühl die Allmacht und Ewigkeit, und
dieser zur Seite die Allgegenwart, jener z^r Seite die Allwis-
senheit ab f nämlich so j dafs auch die Einheit dieser Att^bute
gezeigt wird. So z. B. S^ 3oo. ^»Oder um es kurz zu sagen,'
Gott weifs alles was ist, und alles ist, was er weifs, und dieses
Leides ist eines und dasselbe,, weil sein Wissen und allmächtiges
Wollen ' eines und dasselbe ist. « Die scharfen metaphysischen
Erörterungen decken mitunter eben sowohh die Tiefe als den .
Erbfehler der Scholastiker auf, und mögen sich für unsere Wis-
senschaft sehr nützlich beweisen. Folgerichtig wird erst später,
nach dem Lehrstück von der Sundfe, die Heiligkeit und Gerech-
tigkeit Gottes gelehrt; ( II. S: iSofi^) die erster© als :» diejenige
göttliche Eigenschaft, vermöge deren in dem menschlichen Ge-
sammtleben mit dem Zustande der Erlösungsbedürftigkeit zugleich ^
auch das Gewissen gesetzt ist.« Eine Anmerkung sagt, wie die'
gewöhnliche Erklärung, das Wohlgefallen Gottes am Guten und'
sein Mifsfallen am Bösen, etwas Menschliches auf Gott übertrage,
nämlich das Gewissen, die mnere Quelle jenes Mifsfaliens und
als von Gott in uns gewirkt. Weiter verbindet er jenes gött-
liche Attribut mit Jenen früher aufgestellten , und befreit die
heilige Allmacht^ und heilige Allwissenheit Gottes von aller Her-
vorbringung des Bösen. Die Vereinigung dieser obengenannten
EigeBschaften bedeutet ihm, dafs es weder Wesen noch Idee des
Bösen gebe j ünd^aus der Unbegränztheit der göttlichen Ursäch-
lichkeit folgert er, dafs das Böse auch kein reales Daseyn habe.
»Wir denken, sagt er, in der allwissenden und allmächtigen Hei-
ligkeit Gottes, dafs das in unserm zeitlichen Bewufslseyn ersc^ei- /
nende Mifsfallen an dem Auseinandergesetztseyn der hervorbrin-
genden Kraft des Gottesbewüfstseyns uiid der sinnlichen Triebe
etc. — »—* welches mit der gefühlten Erlösungsbedürftigkeit eines ^
lind dasselbe ist, weil dieses Mifsfallen in uns eine, wenn auch
nur vorbildende, Causalität übt -« -dafs alle Entwicklungen-
desselben, als Eins gesetzt, und das ist doch in seinem ganzen '
Umfang das Gewissen , in dem höchsten Wesen auch idealiter
vorgebildet sind.« Sodann wird gezeigt, dafs dujrch den Fort-
gang der Erlösung das Bewufstseyn des Bösen immer mehr ver-
schwinden solle, folglich nur als ein Durchgangspunkt für uns
geordnet sey; dafs ein blosses Mifsfallen', wenn wir uns selbst'
erlösen sollten, nur von der Ghntnacht geordnet sey n. könnte,
vind dafs in dem Falle die Allmacht dagegen einen Widerstand
I
326 Dogmatik,
»
m uns geordaet Itaben wurde, dessen BetfuTsjseyn ak reines
Kraftgefühl nur Iiust. wäre , und durch seine scbnelle Entwick*-
luBg es gar nicht 2um BewuCstseyn der Sünde kominen Hesse;
dafa al^ die Heiligkeit Gottes nur gefunden werde, indem wir
von der Sünde auf die Gnade sehn. Die Rantische Schule wird
das freilich verkehrt finden, aber dafs des Verfs. Theorie tieEer
geht, bedaVf nicht der Erinnerung. Auf dieselbe Weise xeigt
er die gÖttUche Gerechtigkeit, vermöge deren Gott it| dein Zu-
stande der gemeinsamen Sündhaftigkeit einen Zusammenhang des
Uebels mit der wirklichen Süqde ordnete Diese Lehren besei^
tigeu auf gewisse Art die Schwierigkeiten in det Theorie von
dem Bös^ und Ucbelin der Welt, wenn dagegen fast alle neuere
Dogmatiker, auf einem von diesem ganz verschiedenen Wege die
Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes aufstellend, diese, und nocU
andere Schwierigkeiten so gut wie ni^l»t lösen. Die Tiefe der
Dauh'scken Theorie über das Böse, die allerdings etwas mehr sagt,
wird auch von unserm Verf. anerkannt, obgleich im Gegensatz. Sie
wird sich indessen schon nqch weiter aussprechen. Unser Vf. beruft
skh bei seiner Darstellung der göttlichen Heiligkeit auf i Petri i, i4
•i^ i6. wie auch auf ihren praktischen Gebrauch nach Ephes. 4»
24* und auf die ältesten Dogmatiker TertuUianus , Hilarius und
Augustinus, die sie gar nicht abhandeln. Wir übergehen dieses
alles, und haben nur die Yergleichung mit unserer kirchlichen
Lehre anzustellen. Wie oft bemerkt beziehen siqh unsere Be-^
kenntnifsschriften, so wie die ersten Sjstematiker .Melanchthon
und Calvin, überall auch in der Lehre von Gott auf die heilige
Schrift. > Sie leiten also nicht die Heiligkeit und Gerechtigkeit
aus* einer Yernuuftidee ab, sondern sagen nur das, dafs auch
ausser der Kirche, schon das Gewissen die Menschen aii diese
göttlichen Attribute erinnere, dafs aber 'erst die OFenbarung
durch das Gesetz und die angedroheten auch in der biblischen
Geschichte öfters eingetretenen Strafen, sie ganz insLicht setzen,
und uns alle Zweifel darüber völlig benehmen. Selbst ^^t alt^
biblische Ausdruck Zorn Gottes wird i^ diesen Schriften fest-*
gehalten, Mel. sagt ausdrücklich /. de pecc, '»EtsLomnes gen--
tes vident korrmdam confiissionem -— — genevis humani ac
sent^^nt onus peccßtijf tarnen sola ecclesia Del docet et uhde sie
et quid sit peccaturn, et audit ver(>un% Dei de ira divindj, et de
poenis praesentibus et qeternii* * Et qua/tquatn sapientia humana
docet regere mores — — tarnen non agnoscit, hoc, quoef est
proprium in peccati rationcj videlicet reatum corcun Deo seit
iiram Dei, Vergl. C«/f. InM* L 4j c, 4 ^-r- ^. AbeU, möch-
ten wir uns fragen, verstehen wir ihr Wort ira Dei? Es hat
n)ehr in sich , als wir in unserer gewohnten Weise meinen«
Nicht der mensclüiche Zorn ist hier aas Element, sond^ern eine
Dogmattk.
3^7
lioHe Idee. Vcrsncke nurb nur die Idee, gottlidier Zorn leu den*
J^en, wenn wir es noch ip^ unserer SchlafFheie vermögen. Und
will man sie kennen lernen, so studiere man sie in' den Heroen
unserer Lehre. Da ist der ewige Ernst gegen' das Böse, da ist
des Bösen ewige Verwerfung. Aber eben das vermissen wir in
der Theorie unsers Verfs. Wenn das Böse mit dem Gewissen
erlischt^ wenn es für Gott gar nicht da ist« und im Jenseits, wo
das Gewissen aufhört, vorübergeschwunden: so kann es auch
hier- nur als eine, vorüberziehende Wolke gedacht werden, nnd
dieser Gedanke verdrehtet mit eioiem Male den Ernst des Ge^-
Wissens^ Der üb^r die Noth wendigkeit, des Gefühls* reflectirt,
setzt sich dann auch leicht über sein frommes Gefühl hinaus, j^
er kann sogar das, einen Auf^hwung- des Geistes, ein Höherste-
het) nennen , wenigstens löst sich die objective Wahrheit . des
Glaubens leicht in die subjective des Fühlena auf. Doch vir
wollen kein Urtheil.über des Verfass. sinnreiche Theorie wa-
gen, d« wir sie vielleicht noch nicht ganz verste}ien. Es scheint
uns nur so, und wir hsj)en nichts weiter zu sagen, als dals 'un-^
sere Bekenntuifsscbriften eine hohe Strenge in der LeKre von
der gÖt,tlichen Gerechtigkeit behaupten.
Zulqjtzt entwickeln sich die höchsten Attribute, oder viel*^
mehr das Wesen Gottes aU. die Liebe, und als in der Welt sicii
mittheilende Weisheit, in welchen beiden (§. 184. II. S.6<66 ff.)
die göttliche Thätigkeit in der WeUregierung erscheint. Denn
wird die giöttliche UrsflcKlichkcit vermenschlicht, wie es' bei den
gegriffen der göttlichen Eigenschaften nothwendig ist, so bieten
^cb uns die beiden Stücke dar 1. Gesinnung und a. Ausführung;
jener entspricht die Liebe, dieser^ die Weisheit. »Die Liebe
bestellt, darin^ Anderes mit sich vereinigen und in minderem sejn
zu wollen;« weil nun die Erlösung es ist, wodurch sicb^j^as
götthche Wesen mit der menschlichen Natur vereinigt, so 'wird
sie hier erklärt als ^»diejenige Eigenschaft, vermöge deren 1 es
sich mittheilt und die in dem Werke der Erlösung erkannt
wirdj« mit Beziehung auf Rom. 5,8. 1 Joh. 4}9- Sie wird noclr
nicht erkannt in den Lebeosförjjlerunp^en des sinnUchen Wohler-
gehens, denn da machen immer die Hemmungen wieder Zwei«
itlf auch nicht in den iutellectuellen, denn da ist es nicht besser:
sondern in dem Gottesbewufstsejn, welches wir aber überall in
cinen^ unterdrückten Zustande finden, und das nur durch die
Miitheiiung Gottes in Christo erneuert u»d vollehdet wird. Sa
stellt denn die heilige Wahrheit da: §• iB3. Gott ist Liebe;
X Joh. 4f ^6. Die Erklärung zeigt aus dem Vorhergehenden
(S 6^4^, iidafs an die Allmacht und AUvyissenheit, an die Ewig-
keit und Allgegenwart Gottes glauben, derjenige Glaube ist, wel-
chen auch die Teufel haben, welcher also nur der «Ueräusser*«^
3a8 Dogmatik;
Ucli^te Ausdruck sepi kann;« ferner: dafs die Gerechtigkeit und
Heiligkeit y da sie erst recKt als göttliche Eigenschaften erk^ant
werden , wenn man sie ' nicht als etwas besonders fär sich be-
trachtet» sich in dasjenige aufiosen mfissen, was als Bekenntnils
der Gnade entwickelt wird. »Uns .liegt die Liebe näher als die
Weisheit, weil^ sich der Bfegqadigte sieine^ selbst bewufst ist"
(durch den heil. Geist) als eines Gegenstandes jener gottlichen
Gesinnung, indem seine Seele gleichsam der Ort einer göttii«
chen Mittheilung ist,« Die göttHche Weisheit ist nämlich (§.
i84) ^die in der Erlösung bestätigte göttliche Selbstmittheilung
als das die Welt ordnemde und bestimmende Princip.« Man
kann sie auch erklären, äh die göttliche Kunstthätigkeit in der
Anordnung und Regierung der Welt.« Nur mufs man auch
hier das Menschliche absondern, worin die Darstellung und der
Zweckbegriff vorherrscht; und s6 ist es verwirrend, wenn' man
die göttHche Weisheit erklärt , als die Zwecke feststellend und
die Mittel' bestimmend, denn da zieht man den Begriff der Klug-^
heit herein« Wie ^ Gerhard j und nach ihm viele Andere« nach
der Notcf unsers Yerfs. allerdings auch dieses Attribut zu sehr
vermenschlicht haben, und — die neueren Dogmatiker wohl am
.meisten mit ihrem falschen Popularisiren , das von dem mensch-
lichen Rechten und Habenwollen die Gerechtigkeit, voa der
Selbstvergötterung die Heiligkeit, von dem Grübeln und Klü-
geln die Weisheit, und von menschlicher Gutherzigkeit die Güte
und Liebe «ableiten mag, und damit denn freilich diese ganze
Lehi;e nicht mystisch Sondern recht verständlich macht! !» Mittel,
fährt uns^r Verf. fort, werden Immer nur angewendet, wo der
Handelnde auf ein von ihm selbst »nicht Hervorgebrachtes zu-
rückgehen mufs, welches bei. Gott nicht der Fall ist, und man
kann unmöglich Gott vorstellen in einer Auswalil gleichsam- von
Mitteln b<ßgriffen, ohne ihn zugleich in nirgend einem Conflict
begriffen zu denken, und also der Allmacht Abbruch zu thuu.«
Die wahrhaft christliche Vorstellung von der göttlichen Weisheit
betrachtet in der Weltordnung alles in Verbindung mit der gölt'
liehen Offenbardng in Christo u^A in dem heil. Geist«« ^ »Das
eigentliche Werk derselben ist die Verbindung der Erlösung etc.
sowohl in der Erwählung und Wiedergeburt Einzelner als gan-
zer Massen, aber auch in der verschiedenen Gestaltung der
christlichen Gemeinschaft etc.« »Sie ist die Methode die gött-
liche Liebe vollkommen zu realisiren. « Und so erläutert sich
denn die grosse Wahrheit, dafs, wenn jedes .A^^tribut nur eine
Beziehung Gottes in unsern Begriffen bezeichnet, die \Ä^e sein
Wesen ausspricht ,. dieses Innere der Gottheit, das der sündhaf-
ten Welt verschlossen bleibt, aber als das Geheimniis der Gnade
durch die -Erlösung^ offenbart worden. Dieses ist im Ganzen
Dogmatik; 329
biblisch, wie auch attkircMicb , und so naofHdrückHcli Ton den
MäDn€rii des wieder hergestellten Evatig^eliums, gelehrt, so dafs
es keines Wortes weiter darüber bedarf. Wir bemerken nur,
dafs iich* §. >i85 anschliefst: »Die Welt ist als der Schauplatz
der Erlösung die vollkommene Offenbarung der göttlichen Weis-
heit, oder die beste Weltjc mit überaus interessanten Geistes-
blicken. Hierauf folgt denn der »Schlnfs, von der göttlichen
Dreiheit«-w6von wir oben redeten.. Indem nun der Verf. in
9 der göttlichen Weisheit die Entfaltung der göttlichen Liebe «
erblickt^ und überhaupt grade hier die evan gelische ^^Tiefe unse«^
Ter Gotteserkenntnifs so deutlich aufzeigt, erinnern wir nochmals,
dafs unsere kirchliche Lehre von der Trinität das Dogma ist,
vermöge dessen j^nes apostolisehe Dogma, (jrott ist Liebe^ dei^-
lieh begrififen werden kann, da die Mittheilung des liebenden
Vaters durch sein Ebenbild, den Sohn, und durch den heiligen-
den Geist, der von ihm ausgeht, so geschieht, dafs wir grade in
diesem Dreifachen das . Wesen der Gottheit als die ewige Liebe
so weit erkennen, als nur die Vernunft des Menschen }6 reicht.
Da sich uns nun Gott offenbart wie er ist, und in alle Ewig-
!^it*ist, wie er sich uns offenbart, worin :wir eben seine Wahr-<
baftigkeit anerkennen, so müssen wir jenes Dreifache, , worin er
sich uns geoffenbart hat, als sein Wesen selbst erkennen; ^nd
das ist das Mjsterium seines Wesens , welches uns durch das
Chrislenthum kund geworden. Die dreifache Form, worin Gott
in Beziehung auf uns erkannt wird, reicht also als SabeUianismus '
nicht hin, sondern mufs in der kirchlichen Lehre ein, obgleich
bescheidener, Athanaslanismus werden.
So hat also der Verf. in der Lehre von Gott der wissen-
schaftlichen und somit auch der praktischen Glaubenslehre sehr
viel gegeben. Hierbei sej uns ein Blick auf einige der neueren ,
und neuesten Lehrbücher vergönnt« Das von Hrn» Dr. Mar--
heinecke*) stellt die Lehre von Gott, seinem Wesen und seinen
Eigenschaften nach alter Weise voran, aber die Trinitätslehre'
\ertbeilt er in dem System, imd f^fst sie dann im Anfang des
3ten Abschn. von Gott dem Geiste zusammen, und zwar so-
-wohl geg^ den SabeUianismus als gegen den Arianismus auf.
eine Art, die oies Studiums so vieler junger Theologen, die sich
so gern über diese Lehre hinausmeinen , gar sehr werth »ist.
/
*) Die Grundlehren der Christi. D«gmatik, Von Di'.
Phil» Marheineckb. Berlin bei F. Oümmler.
1819. (Ö96 S.)« Wir möchten ^gcrn diese aus einer Vernunft-!
idee ausgehende, und ebenfalls kirchlich gehaltene Glaubenslehre
in mehreren Punkten mit der Schletermacherschen zusammenstel»
leo > erlaubte es der Kaum. ,
33o
Dogmatik.
y
Bei dieser Dlvergehz von der voriiegendeft Gkubenslelir^ coin*
cidirt sie doch in ^melirern Ptiokten mit ihr vUfhr,' aU mit den
atdern neu^PQ Xolirbücherik So lesen wir bei Marh. §. 469-
»die gemeiascliaftliqbe Form des Wesens Goites als Valter und
Sohn -^ — ^ werden wir 'als die ewige Liebe betrachten müssen,
welche mdcbt, dafs beide sich auf eine göttliche Weise so er-
lienneiiy und das ganze Wesen Gottes ist daher erst ausgespro-
ohen in dem Satz: Gott schauet sich selber an mit unendlicher
Liebe, und wird hier jenes mit als in dem Weseo Gottes selbst
begründet, oder als absolut nur^ und als die göttliche Stetigkeit
in sich schliessend, zu betrachten sejn.« Er geht von der ewi-
gen Idee Gottes aus, in welclier Gott sich bekundet, die sich
aber erst io der geschichtlichen Offenbarung vollständig ent-
wickelt. Unsere Vernunft ist der wissende Geist aber nicht der
allwissende, sie vernimmt die Wahrheit in der UehereiQstimmuDi;
des Denkens mit dem Sejn; so ist sie ein götüicher Gedanke,
wird Andacht, wird Glaube. Hier kann von keinem Beweisen
die Rede sejn, weil es eine tiefer liegende Ueberaeugung vor-
aussetzt ; »vom Gewissen, wodurch alle Wahrheiten und Beweise
erst .ihr Licht und ihre Kraft entnehmen, findet nur eine Erwei-
sung satt.« Die Wissenschaft weiset nach, wie. sich diese Idee
im Leben erw\eiset. In dem evangelischen Gehalt treffen also
diese beiden Glaubenslehren zusammen. Und wenn Hr. Dr. M.
ausdriicklich sagt (§. ia4)9 dafs der, welcher in der innigsten
Einheit mit Gott lebt, durch sein Dasejn und Leben das Dasejn
Gottes aufs stärkste beweist; wie auch, dafs (§. i34) der nach
Kantiscber Angabe begründete Glaube an Gott, von der Wür-
digkeit zur Glückseligkeit hergenommen, nur auf einem phari-
säischen Phantom beruhe, so wird in soweit der letzte Grund
unsers religiösen Bewufstsejos , der bei Schi, das Abhängigkeits-
gefühl heifst, auch von ihm in dem Gefühle gefunden, und zwar
so , dafs sowohl das Wahrgenommene als die Kraft der Wahr-
nehmung nur durch Gott in uns ist .( §. i36 ff. ).. Indem er
aber die Vernunft« als diese Kraft erkennt und in ihrem Wesen
die Idee von Gott , die sicherer gelit als auf jenem dreifachen
Wege der alten Theologen, wenn sie die ewiges Gf^ndideea
aufsucht, um eine vemünfiuge Erkenntnifs des Wt^en Gottes zu
Standie zu bringen; indem er so di^ Selbstständigkeit, Wahrheit,
Wahrhaftigkeit, Ewigkeit, Seligkeit Gottes aus derselben erkennt:
so geht er über das historisch gegebene Gefühl des Christen
hinaus, und sucht die Dogmatik aus der Vernunft selbst zu ent-
wickeln. So zeigt er die Eigenschafteit Gotteis auf, als sein iu
unserer Vorstellung auseinander tretendes Wesen; ^Gott ist sie;
— was der Mensch nur in unendlich geringem Grade hat, »her
ohne allen Qrad denken kann und mufs, dafs ist Gott seinem
Dogmatik. 33 1
*
Wesen nach selbst« So hat cicf MenscK Gerechtigkeit etc. und
damit sie s«j ~ — * niüla er sie dem höclisten Wesen zusclireir
beD.€ »Nur die Allwissenheit kann die Allmacht, nui^ die Liebe
kann die Gerechtigkeit dder Barmherzigkeit' sejn.c -<-> »AU^
weise, der alles aufs Beste und Vollkommenste, d. i. seinem
übrigen Wesen geroäüs, also als der heilige, giitige u. s. w*
weifs.€ — - »Die Form des gföttlicheu Willens aber ist die
Liebe, die Offenbarung und Mittheilung seines .innersten Wesens«
(alsp, würden wir nach dem was vorher Hr. M. lehrt, gradezu
sagen Gott selbst). »Gottes Heiligkeit besteht in gleich grosser
Gerechtigkeit ui^d Güte et^ Nur in den Thatsachen des Erlö-
sungswerkes und in dem innigsten Zusammenhange des A. und
N. T. läfst sich die Vereinigung beider Eigenschaften in der
heiligen Natur Gottes sichtbar erkennen.« — »In diesen seinen
einzelnen Eigenschaften erkennt die vernünftige Seele verstHndig
das Wesen Gottes, um an ihnen, iu welchen Gott ihn nähec
kommt, zu ihm, dem wahren, ewigen und seligen, desto siehe«
rer zurückzukehren.« Indessen führt die dialektische Entwick-
lung in der Schleiermath ersehen Glaubenslehre aus dem Gefühl
der Abhängigkeit aufsteigend in die Vernunftidee, wo das We*
sen Gottes dem Christen zur deutlichen Erkenntnifs vorliegt.
Beide Systeme sind weit mehr sowohl mit unserer kirclilicbea
Lehre wfe mit der Philosophie zusammenstimmend, als diejenigen
neueren , die sich so viel auf die Erklärung der' göttlichen Ei-*
genschaften einlassen. Sehen wir aus diesen etwa die in Morius
Dogmatik nach^ so wird zwar da, wie sich ohnehin von selbst
versteht, die Unbegreiflichkeit Gottes anerkannt, auch Werden
die Begriffe aus der heil.- Schrift genommen, aber die Definitio-
nen der Attribute sind wie wenn von^ einem menschlichen Geiste
die Rede wäre ; auch werden sie nur zusammcqgesetzt, nicht aber
ineinander aufgelöst, und es erscheint auch nicht entfernter Weise
der Gedanke, dafs die Gegensätze wie Verstand und Wille,
Zweck und Mittel etc. in Gott nicht statt finden. Die Liebe
wird erklärt als Wohlwollen und Wohlthun, ohne dafs dabei
irgend auf das tiefere Wesen der Gottheit im Unterschied vou
jedem menschlichen Geiste hingewiesen sej* Nicht besser hat
das alles die Remhardsche Dogmatik. Sehen wir die freisinnigere
und ausführliche von Döderlein nach, so vermissen wir da noch
mehr die Idee Gottes, weil die biblische Lehre mehr den Ver-
Standeibegriffen unterworfen wird. Da wird zwar ausdrücklich
bekannt (I. §. 78.), dafs unsere Erkenntnifs Gottes nur eine
analoge und unvollkommene sej, und ni<;ht in das eigentliche
Wesen Gottes einzudringen vermöge, allein es wird doch als-
hald angenommen, dafs wir manches und so etwias in C«ott er-
kennen, und, ohne dafs ein Grund angegeben wäre, wornach
>
4-
332 \ Dögmatik.
■wir dieses von dem MeiKcliHcYien nnfefrsrc beiden kSntteti, Werden
die Attribute immer so bestimmt, als wäre von eiiiem' endlichen
Geiste die. Rede; wie z. B; sogleich mit dem Leben Gottes an-
gefangen wijrd. Ofade dieser biblische und hochwichtige Begriff
konnte recht philosophisch voranstehen, y^are nur dtis göttliche
Wesen tiefer begriffen. Dafs dieses aber nicht dort geleistet
sey, leigt auch hier das Beruhenlassen der Gegenssftze von Vcr-
' stand, Willen, Zwepk, Milteli Macht, welche doch gar tn mensch-
lich aufgefärfist sinds Die Bemerkung, dafs es ^picht ganz ohne
Gefahr sej, die Affectionen des göttlichen Willens mit unserm
Willen zil vergleichen, steht als em Wegezeiger da, der nur i«
die peinlichste Verlegenheit setzt, wenn e^ heifst : der Weg
aber kann auch irrig sejn. penn was sollen' nun"* die Einthei-
huigen, wie in affectiones ^el naturales uel moralesj und was
alles Weiler darüber gelehrt wird, da wir immer in der Gefahr
stehen hierin zu irren, und uns das Kennzeichen fehlt, dafs wir
im Richtigen sind ! Diese Unsicherheit wird dann am schlimm-
steuj wenn von der Heiligkeit die Rede ist, ^lae Studium boni
rectique diditur; denn die Erklärung Dens in bona quaeciinqne
fertur ipse 6t in aliis qutxe legitime fiunt probat etc. befriedigen
weder über das Studium (!) in Golt, noch iiber gut und recht
u. s. w. Ist dieses Studium />« thätig, um jedem soviel Glück-
seligkeit zu geben, als er fassen kann, so heifst es henignitas vel
anior, . Da ist nun kein Gedanke 'Weiter,. woher das Fassenkön-
nen konime, und eS sieht fast aus, als sej*das nicht von dem
göttlichen Willen abhängig gewesen, sondern dieser sej be-
schräukr und mi^sse sich richten nach einer Capacität der Ge-
schöpfe u. dgl. m. ' Natürlicher 'Weije bringt es eine solche
Darstellung der göttlichen Eigenschafren nicht weiter als zu ei-
nem complexus eorum, in welchem die göttliche Natur bestehe
( §* 990' ''. — buchen wir weiter in einer der neuesten Inid
angesehensten Dogmatiken, in der Wegscheiderschen , darüber
Belehrung, so finden wir sie auch da nicht, ausser etwa, däfs das
Sittengesetz über Gott gestellt ist, und also alle die Beschränkt-
heiten von dieser Seite in das göttliche Wesen gelegt werden,
welche vor dieser Kantischen Lehre von'-der eben angegebenen
andern Seite statt fiandeu, wie die biblischen und philosophischen
Theologen s'elther auch immer »deutlicher eingesehen haben. Da-
bei bleibt denn ebenfalls de^ Studierenden der nicht leichtsin-
nig ist, jene Seelenangst, dals ec doch gar nichts' von Gott wisse,
und er mag Gott danken , wenn sein Herz solche zum Nichts
führenden Reflexionen überwältigt, denn sonst verliert er Gott
gar aus der- Seele. Nicht minder verliert ihn aber auch der,
welche» die Eigenschaftsbegtiffe ganz in das^unbegreiflich/e We-
sen Gottes eingehen läist. Wie ganz anders' in jener früheren
Lehre unserer Reformatoren! Da sprach Gou unmittelbar durch
* '
\'
, DogmaKk 333
»
das Gewissen uqJ dvifich die beil. SchpiA, un4 - diese lemere
machte jenes e|:st ganz zu^ ernsten Gotteswart; und so wurden
die Eigenschaften und das Wesen Gottes erkannt, wie er sich
uns. geoffenbart hat, und wie er, der Wahrhaftige, wirklich ist,
zugleich in der tiefsten Einfachheit (actus pi^rissimus et simpli''
cissimus in der Sprache unser er^ Theologen), als die Liebe selbst.
Was haben also, unsere Neueren Besseres geleistet? Habep uns.
ihre Lehrbucher in der Lehre von Gott weiter gebracht? Etwa
in den ]>eliebten populj^ren Dogmatiken, wie eine aus dem letz-
ten Viertel des i8ten Jahrh» so recht klare Lehren . vpn Gott
giebt — »sqin Charaktei' ist die. grofsmuthig«te und uneigennützigste
Güte« — ? Wenn sie nur nicht etwa zurückwerfen in einen Wahn
von. Wissen, das .in einem Nichts, besteht, Wobei der tiefere Den-
kende endlicK nach der rechten Belehrung seufzt, der Yolksleh-
rer aber, wenn er alles aus seinem Compendium so hinnimmt,
gar nichts damit schaffen ^kann , und der Zuhörer die Kirche so
arm und trostlos verläfst, als. er hineinging. Nein, soll man Gott
Vor Augen und im Herzen haben, so mufs auch ein sicheres
und von der ewigen Wahrheit erfülltes Wort gehört werden j
sonst gilt auch hier was Melanchthon in allgemeinerer ßezie-
huugsagt: haec infirma natura semper languet duhitatione , se-
curitatej diffidentid, et fytriis ßammis cupiditatum. Dank sej es
also einer solchen Glaubenslehre' wie die vorliegende,, dafs sie
mit ihrer dialektischen Kraft, über jene Mängel hinaus- und auf
die frühere bessere Lehre zurückweiset»
Wir kommen zu des Verfs, Theorie von dien Engeln und
Teufeln* Seipe philosophischen Ansichten über eine höhere Gei-
sterwelt, oder, .wie er sich von den Engeln ausdrückt, von zwi-
schenweltlichen „ d. h. keinem Weltkörper bestimmt angebörigen^
geistigen .Wesen »(LS. 211 ff.)4i lassen wir hier dabin gestellt sejn
£r läagnet nicht, dafs unsre Reformatoren viel von solchen
Wesen gesprochen und dieser Vorstellung eine praktische
Seite gegeben, und verwirft es mi( gutem Grunde, wenn z. B.
Reinhard grosse Untersuchungen über die Beschaffenheit und
Verrichtungen derselben' anstellt. Auch ist es der evangelischen
Glaubenslehre angemessen, dafs der Glaube an ihr Daseyn 9 auf
unser Beträgen keinen EinOufs haben darf, und dafs Offenbarun-
gen ihres Dasejns jetzt nicht mehr zu erwarten sind.« Uns
scheint . indessen die biblische Lehre von dem Zusammenstellen
der Engel mit dem Erlösungswerke, wie sie von den Reforma-
toren eingesehen worden, und wie auch unser Vf. sip keineswegs
verwirft, diesem A.rtikel nicht blofs eine solche negative Stelle in
unserm Sjstem anzuweisen zu sejn; mag er auch immer ein
Nebenartikel bleiben, deii man, wie auch hier, Anhangsweise zur
Lehre von der Schöpfung etc.. hinzuz.ufngen pflegt; denn wir
haben AVicbtigeres vor uns^ ab über solche Dinge zu streiten.
334 Dogmatik.
Eher würde fiit nnsetm Verf. zu rechten seyn , dafs er in dem
zweiten Anhang die Lehre vom Teufel (S. 318 ff.) $0 leichter
Hand aus nnserm kirchlichen Systeme' hcrausweist. Schon der
Umstand, dafs die Kirche von Anfang und bis über die Refor^
mation herab das Dasejn des Teufels so einstimmig festgehalten^
mufs uns ausserlich überzeugen, dafs man mehr in diesem Arti-
kel gefunden, als die Neueren wohl einsehen. Unser Verf. ge-
hört ja keineswegs zu diesen Neueren, die da meinen, sie mufs-
ten doch alles bessier wiisen, als alle «die MSnner TOn alten
Zeiten her, die in der Kirche Ihre Grösse behauptet haben und
behaupten werden, auch ist er sich selbst verläugnend und tief-
sehend genug, um die Grösse ihres Geistes anz^uerkennen. Es
mufs uns, sage ich, wenigstens problematisch sejn, wai;um $ie in
einer- Vorstellung so fest standen, die für uns, wir läugnen es
nicht, so viel Fremdartiges hat. Sollten sie nicht hierbei von dem
frommen Bewüfstseyn geleitet worden sejn, welches auch in der
ernsten Betrachtung des Bösen liegt? Das Böse nämlich komnit
iedigKch nur auS der Freiheit des erschaffenen Geistes; es ist
aber so sehr allem Göttlichen widersprechend , dafs sein erstes
Eotslehen eine völlige Vernichtung des Guten sejn mufs, und
.da(s in demjenigen Geiste, ^wo es zuerst hervorkam, auch nichts
Gutes mehr angenommen werden kann. Es war hiermit die ab"
solute Finsternifs des Geistes, und die ganze Hölle geboren. I).i
fing nun das Verführen, das Belügen und Betriigeu an. In dem
Teufel steht so das Böse in seiner Absolutheit da, ohne dafs er
doeh ein Manichäisches böses Grund wesen ist, un^ alle Bösen
nach ihm sind es nur theilweisie und theilnehmend durch Ver-
führung, in soferne denn auch der Erlösung fähig. So scheint
das Dasejn des Teufels sich kirchlich dogmatisch festgehalten xu
haben; woraiuf auch neuere Dogma tiker z.B. Mortis — habet enim
s. scr, nuÜam foedius peccati ae {fissimilieudinis cum Deo exem-
plufti qiutm dtaholum, hindeuten. Vl^ir möchten also nicht mit
uuserm Verf. behaupten , dafs . unsere Bekcnntnifsschriften von
dieser Vorstellung ȟberhaupt keinen solchen Lehrgebrauch mach-
ten, wodurch sie in unserm Lehrgebäude unentbehrlich wür3c<
( §. 56 N Die von ihm angeführten Stellen scheinen uns mehr
als ihm zuzustimmen. Sein Einwurf, dafs die Vorstellung ▼on
gefallenen Engeln nicht zusammenhängend durchgeführt wer'
den könne, findet unsers Eracht^ens seine Beautwortung bei dem
Verf. selbst, wo er in Beziehung auf Jac. a, 19. sagt (11. S.
674) ^ dals .an die Allmacht und Allwissenheit, an die Ewigkeit
und Allgegenwart Gottes glauben, derjenige Glaube ist, welchen
auch die lleufel haben.« Sollte aber das ein wirklicher Einwurf
seyn, was S. 219 gesagt wird: »wenn z. B. Lucifer schon yoT
seinem Falle faoffärtig 'war^ so war er auch vor seinem Falle
.v> ... A ■ —
Dogroatik. 335
V
schon gefallen;« und weiter: »so fragt sich immer, wie denn v
die Bösen können gesündigt haben, wenn sie nicht vorher scI»on
anders warün als die Guten;« so bewiese er zu viel, denn da-
mit würde überhaupt, das Bdse als unmöglich erklart. Da ist
'an kein Vor ^em Falle zu denken, denn er geschieht schlechthin
als ein Erstes in der Zeit; uns nicht weiter in seinem Ungrund
ergründbar, aber in unmittelbarem Bewufstsejn erkennbar. Hier
verdient auch. Origenes iCBpl atrrs^ovffiov nachgesehen zu wer-
den; und ein Wink bei Melanchthon /. de lib. orb. 3ldeo ve^
teres tdiqui sie dixerunt (auch Erasmus): liberum arbitrium in
homine facultatem esse applicandi se ad graliam etc. Talia non
Hunt in diabolis] dishrimen igitiw int er diabölos et getius huma-
nuni considereturmf Zu allem diesem kommt, dafs die ewige
Liebe nicht anders gedacht werden kaon^ als ewigen Hafs ze^ea
den Hafs (gegen. ihr Entgegengesetztes) in sich tragend. Darin
eben liegt jeiil^ göttliche Zorn. Sein Gegenstand ist das absolut
Bosc. Kurz, die dogmatische Lehre vom Teufel steht in wah-
rem Zusarauieuhang mit dem Glauben an Gott und mit de^i Be-
wufstsejn des Bösen in uns, da$ wir auf seine Absolutheit^ auf
sein fu|>chtbiir'es Erstes zurückführen.
Die Lehre von der Sünde wird in ihrer engen Verbindung
mit der von der Gnade gezeigt. Ganz so halten es auch unsere
Bekenntmfsschriftrn ; nur dafs sie das Bewufs.t werden vpn bei-
den durch die Offenbarung entstehen lassen, welche durch das
Gesetz die rechte Erkeuntnifs der Sünde bewirkt, und durch
das Evangelium' auf die Gnnde hinzeigt,' ohne dasselbe auf ein
höheres Princip zurückzuführen. Doch unterscheidet sich die
Methode des Verfs. auch hierin von jeder l^isherigfrn, dafs er
dieses ebenfalls aus dem Abhängigkeitsgefühl erklärt, "und zu-
gleich in diesem Punkte das Eigenthüniliche der ,cbr istlichen
Frömmigkeit, ganz in das Licht setzt. Wenn gleich das Christen-
thum auch hier als eine eigne Glaubehsart betrachtet wird, die
sich zwar in sich selbst bewahrt deren Nothwendigkeit und
objective Wahtheit aber nicht durch Vernunft erkannt wird: so
setzt doch die sorgfaI|ige Entwicklung des Zusammenhanges, und
die kiare Dialektik den Gegenstand in sein Licht* Und so ist
auch von dem Subjöctivcn aus der Weg gebahnt, um die ift)ht
Wahrheit in unserer evangelischen Glaubeoslehre zu erkennen.
Es sind Worte zu seiner Zeit, was gegen das Ueberschätzen der
nalfirlichen Theologie (IL S. 3) gesagt ist, dafs Christus nur mit
dem Vansr zugleich kommt. Das GottesbevKuTstsevn befindet sich
allezeit bei uns mehr ^oder weniger gehemmt, und sowohl dieses
als das Gefördertsejn desselben wird in dem Selbstbewufstsejn
des Christen als seine eigne That gesetzt, jedoch das letztere in
einem andern Sinne , nämlich als etwas von aussen ihm Zukom-
336 . Dogmatik.
mendes, lud zwar von dem Erloser Mitgetheiltes» So bieten
sich also die beiden Seiten in der BetracbtuDg des frommen Ge-
müthszustifndes dar, die der Sünde und die der Gnade (§79
— - 85o)- I^^s die Sünde etwas Zufälliges sej, ^a(s sie nicht
von aussen herstamme, und dafs weder der einzelne Menscli sicli
selbst erlösen,^ noch durch die Gesammtheit erlöst werden könne,
wird als die biblisch begründete Lehre .und eigentlich christliche
wiederholt behauptet.
Erste Seite» Entwicklung des Bewustseyns der Sünde (§ 84
bis ioB. S. i3 bis i53). Dieses Bewufstsejn begleitet uns überall,
als unserer selbsthätige^ Abkehr von Gott. .Wegen der ^schein-
baren Widersprüche sowohl mit dem allgemeinen Abhängigkeits-
gefühl als mit der ursprünglichen Vollkommenheit des Mensclien,
ist das eip Ort für viele theologische Streitigkeiten, wobei man
sich bald in den Manichäismus bald in den Pelagianism)ais verirrt.
Erster Abschnitt, Die Sünde als Zustand des Men^hen. (§. 86 ff.)
»Im Bewufstsejn der Sünde liegt das ßewufsts. eines Gegen-
satzes zwischen dem Fleisch oder demjenigen in uns, was Lust
und Unlust hervorbringt, und dem Geist, oder demjenigen in
uns ^as Gottesbewufstsejn hervorbringt.c — »Eben so beschreibt
daher die Schrift diesen Gegensatz Gal. 5, ,17. wo das Gelüsten
des Fleisches wider den Geist die allgemeinste Beschreibung der
Sünde ist, und indem auch dem Geist nur ein Gelüsten wider
das Fleisch zugeschrieben wird, ist das Unvermögen des Men-
schen, sofern er nock nicht in die Erlösung aufgenommen ist,
angedeutet, vergl.^ Rom. 7, 18. ff.c I^ese Stellen aus diesem
vorzüglich belehrenden Abschnitte, weisen schon hinlänglich auf
den weitem Inhalt hin, wie audh auf seine Zusammenstimmung
mit unserer evangelischkirchlichen Lehre. Die Art wie unser
V^rf. die Bedingung der Sünde in der ungleichen Fortschreitung
des Verstandes und Willens aufzeigt, wie er sie nur als eine
Störung der Natur ansieht, wie er die Ansicht (der seichten Po-
pularität und des «pharisäischen Selbstbetrugs) dafs die Sünde
nu^ das noch nicht gewordene Gute, und also eigentlich keine
Sünde sey, mithin auch keine Erlösung nothw endig ^ej^ wie sie
einerseits in der 'Fortpflanzung andern$eits als die That des Ein-
zelnen in ihm selbst begründet sej, und wie dieses auch nach
Stänunen^ Familien, Naturellen sich gestalte , gewährt interessante
Blicke, und so wie alles folgende, erläuternde Erinnerungen, be*
sonders demjenigen, der eben von dem Studium der Melanclitbo-
nischeti, Calviniscben und symbolischen Lehren kommt.
{Dir BnchUifs folgß.y
U. "♦
V
/
I
= 22* Heidelberger 1823*
Jahrbücher der Litterätur.
Schleiermathers Gl auhen sichre etc.
^ {beschlufs.) ' ,
Wenn der Vf. die Ausdrucke Erbsunde und wixkliclie Sünde für
unbequeni hält, so stelin ihm auch selbst hierin aus jenen Schriften
Aeufserungen zur Seite^ am meisten wo sie polemisiren. Selbst
die angef. 5t* aus der Concordienformcl Ep. I, p, 577. liefse
sich npch so exegesircn) dafs sie nicht abstimmt, ohne übri-
gens alles in dieser Bekenntnifsschrift in Schulz zu nehmen. Die
Bezeichnung jpeccatum originis ist ohnehin besser, als die minder
gebrauchte p. keredüarium und als uuserje Deutsche. Erstes Lehr-,
Stück. J^on der Brhsünde, (§.'91 fg.) ^Die beschriebene vor
jeder THat in jedem Einzelnen begründete Sündhaftigkeit ist in
jedem einq, wenn Wir von dem Zusammenhang mit der Erlösung
absehen, vollkommene Unfähigkeit zum Guten.« Man sieht, wie der
lerf. hier selbst in der Strenge nicht von den Bekenntnifsschrif-
ten abweicht,, und sowoM exegetisch als diialektisch weifs er das
zu behaupten. Wie es indessen keinem jener strengen I^ehrer,
^y eiche Aeta Menschen für sich alle Fähigkeit zum Gyten fol-
oerichtig absprechen, besser ergangen ist, er^^cht es ihm; Mau
kommt da immer auf einen tiefen Punkt, wo es mit dem liberum
arhitriiun ganz dunkel wird, und man dasselbe in diesem dun-
keln Grunde doch wirken läfst, ohne dafs man es meint» Hier
lesen wir S* Sa »so darf in^n doch die mitgeborene. Sündhaft
(jgkeit nicht so weit ausdehnen, dafs man dem Menschen auch
die Fähigkeit abspräche, die Kraft der Erlösung in sich aufzu-*
nehmen.« Wir fragen, was dieses letzte Wort heifst? Ist es >
eine blosse Capacität, etwas Unfreies? oder die freie Selbstbe-^ .
Stimmung die an der ErDüsüng Theil nehmen. will? Das erstere
wird es doch nicht sejn sollen« Selbst die strengsten Lehret
protestirten dagegen, den Menschen zu einem truncus oder lapis^
zu machen, denn der Ausdruck in einer Bekenntnifsschrift der
Schottischen Kirche v» J. 1 658 im Art. von dier wirksamen Be-
rufung; »wegnehmend ihr Herz von Stein und in sie gebend
ein Herz von Fleisch | erneuernd ihre Willen, und durch seinö
allmächtige Gewalt sie zu dem; was gut, ist, bestimmend^« sagt
22
33» Dogmatik.
doch grade niclit das. Also die freie Selbstbestimmung ist dabei ?
Aber da bedarf es uur Eines Btiokcs, so sehen vfiT uus mitten
im Pelagianismus. Denn jenes Annehmen ist doch etwas Positi-
ves, eine Willensneigung, und zwar eine gute, und der Grund
all«s weitern Guten; und wir haben damit gesagt, dafs in der
menschlichen Kraft die Quelle des Heils liege. Bedenklich sind
allerdings auf der andern Seite solche Aeussecungen, lyie sie der
Verf.' aus der Concordienfo/cmeL' anführt^ dafs der Mensch auch
nicht die Kräfte mehr habe, quibiis ex sese ohlatam gratiarh op^
prehenden M out ejas gratiae ex se et per se capnx esse posstt,
er wie konnte selbst der mildernde Mclanchthon gegen obi-
gen Vorwurf äe% Pelagianismus , oder wenn wir lieber wollen
Synergismus, antworten, wenn man ihn festhielt bei dem wahren
Sat£) den auch er aussprit:Iit : was vom Fleisch geboren wird,
ist Meisch^ also kann auch die erste Regung zum Ergreifen der
Gnade nicht der Gnadenwirkung vorhergehen? Damit aber ist
das liberutn arhilriam, welches er erklärt : yac«//«w applicaudi st
ad gratiam etc. auch hierin gänzlich weggeschafH. Es möchte
sich aber wohl eine Losung finden, wenn man die speciüative
Entwicklung der Freiheilslehre, diesen Gewinn der neueren
Philosophie, dem frommen und rtphtigen Gefühle jener ^vauge-
lischen Leiirer zu statten kommen liesse. Denn' dafs sie nicht
das Einseitige, sondern ^\e reine Wahrheit ip sich trugen, sieht
itoan aus dem gleichinassigen Kampfe gegen die beiden Abirrun-
gen, und kann es schon äusserlich aus, den einhelligen Erklärun-
gen aller Bekeuntnifsschriften der Britten, Franzosen, Deutschen,
Slaven etc« abnehmen. Es war also das Eine Gefühl in Alien
lebendig, das von dem Siindenelend ausging und in der Erlösung
tluhe fand« Wir deuten übrigens hier nur. blofs hin auf die
tiefgehenden und mitten ins Menschenleben eingreifenden Ent-
wicklungen der Lehre von der Erbsünde, wie sie nur als Ge-
sammtthat und Gesammtschuld des menschlischen Geschlechts Vor-
zustellen sey (§. 92.) j wie von dem Bewufstsejn derselben un-
zertrennlich sey das Gefühl der Noth wendigkeit der Erlösung,
und zwar nicht sowohl aus dem Gefühle der Strafwürdigkeit
als vielmehr der Schuld (§. 93.); wie die Vorstellungen der
ursprünglichen Gei^echtigkeit nicht übertrieben sejn sollen (^.
94«); welche Schwierigkeiten die verschiedenen Meinungen über
die erste Sünde des guterschafienen Menschen drücken; wie das
peceutiim originis als origtnans und origikatam gedacht werde,
ü. dgl. Alles das kann nicht nur als der neueste sondern siucK
als ein vorzüglicher Commentar unserer Symbolischen Schriften
in diesem Lehrpunkte zum- Studium empfohlen werden. Nur
was die Entstehung der (ersten) Sünde betrifft, bleibt uns das-
selbe einzuwenden, was wir oben gegen die Bedvnklichkeiten
DogtoatOt* 330
des Verfass» ,vibet den , Abfall des Satans einawendaii hattfii ;
Das Böse ist nur als abscdute^ Jn keinem Vorher begrÜBdel^
That sa begreifen. Zwtites Lehrstück, von der wirklichen SUnde^
(§. 95 und 96.) Dem vorigen gemdls/' »Aus der Erbsünde
geht in allen Menschen immer die wirkliche Sünde hervor, f
Dean in der Ursünde ist nur die Richtung auf die Sünde, r«ia
innerlich Und zeitlosi und jede wirkliphe ist ein Theii ihres Er*
ficheinens, auch schon in den Gedanken und Begierden« *£$ ist
in Bezug 9uf die Sünde kein wesentlicher Unterschied umtcr den
Menschen, als das Verhaltnils, in welchem die Sünde i|i Ihnen
snr Erlösung steht.« Der Verf. neigt sich dahin ejoe Gleichheit
der Sünde an^uoehmen« ob er schon die entgegenstehenden OriMid»
Sätze unserer Bckenntnifsschriften nicht übersieht, und. der Ver-^
werfung je0er sjij9ischea Gleichlieit mit Melanchthon beistimmtii
Allein er will eine/n verderblichen Partieularismus begegnen , er
zeigt, daCs nur der Unteischvsd vop Knechtschaft und Yierstockt-
heit statt finde, jedoch nur als zw^i Endpunkte^ dafs die beiden
Hauptgestalten der Sünde | concupiscentia (Empörung des Flei^*
scLes gegen ' den Geist > und ignoranda in mente ( auch caligp
genannt, Verdunkelung des Gottesbewuistsejns, durch die Herr^
Schaft des Fleisches) die in Wechselwirkung stehen, in gleichem
Mafse,verdafflmlich crrs^iliieinett, er sucht den Unterschied zwi^hen
vorsätslichen und. unKrorsätzliehen Sünden ebenfalls aMf eine Gleich^
stellung derseibeo ziu^ück zuführen, und die Meinungen übeir die
^ peecäta m&rtiUia ei venialia zu berichtigen, indem jene nichts
anders als die Suaden' des Nichtwied%rgeborenen sejn müfstet%
weiche ihn ganz des geistigen Lebens beraubten^ wovon doch
nicht die Möglichkeit eingesehen werden könne; er bestimmt die ^
Sünden der Wiedergeborenen als diejenigen^ vy^clche itpmer schon
vergeben sind,, und die der Nichtwiedergeboreueo, di^ erst mit
der WiedergebdUrt vergeben werden $ jene hindern nichl das
geistige Leben, diese dagegen veruis^ehen. immer Hemmungen,
und so wie in deu guten Werken jedes Wiedergebofu^n doch
immer ein 'Schatten der Sünde übrig bleibt^ so ist in. dem n«'^
türlichen. Menscheiu^ also auch eines edlen Heiden (wegen cten
verunreinigten Gott^sbewni^tsejns) ein bald stärkerer bald schw^'^
cherer Schatten des Guten. Der Lesei" beinerkt iti dieser ganzen
Theorie die Grundidee und Weise des V^fs«^ welche alles» dia«
lekttsch zwischen zwei Eiklpunkten aufzeigend ,^ auch die Sünde
in dem Naturgebiete der menschliehen Zustand)!? betrachtet. So
tief auch diese Psjohologie alles entwickelt ^ so scheint sie uns
doch den Begriff der Sünde noch nicht tu ^rsehdpfen. Denn et ,
ist auch in der beil. Schrift sOwoU als bei den Reformatoren
von teuäischen Sünden die B»de, und wenn gkrieb die menscii^
liehe. .Natur nie gau^ das Thierische verläugnet , , und nie gaiiat
22 .
34ö Dögmatik.
xuftt Tctffel itefiken läfst, so crgiebt sich doch eine doppelte
RicYitnng der Sünflen, tind hiermit ein innrer unterschied ÜTrer
Grösse. — - Zweiter Abschnitt. Von der Bestknffenhtit der. Welt
in Beziehung" auf die Sünde (§. 97 — loo.). Das Uebel wird,
hier als der Grund begriffen, worauf w?r die" Hemmungen un-
sers Sejns zurückführen, und in seinem Zusammenhange mit der
Sünde, iiamlich als Strafe betrachtet, jedoch nur das geseUig«
U'ebei als unmittelbar^' das natürliche aber als ' mittelbar. So wie
die GvündsüYide eine Gesammtthat ist, so nimmt auch das ganze
Mfenschenges'chleCht an ihren Uebeln Theil: Wie der Tod dazu
gcrechiret wird , wie man nicht sowohl eines Einzelnen Sünde
liiid' Üisbel auf einander beziehen, wie man nrcht die Natur an-
klagen, wie nicht nur das gesellige Uebel sondern audh das na-«
türliche als mit der Aufhebung der 'Strnde iir gleichem Mafse
verschwindend, angesehen werden soll— diese tirfd mehrere
andre- atich praktische Entwicklungen i>ev^ähr<^fi sich ak christ-
lich und für unsere Zeit wichtig,' wenn wir gleich die höhere
Grundidee, wie obeuf bemerkt, hierbei vermissem Das christliche
Gefühl' nnd die Lehre unserer Behenutnifsschriften wird' meist
zustipiThen. Dritter Abschnitt, Von den göttlichen Eigenschaft
tenj welche sich aitf die Sünde und das Uebel beziehen (§. lai
*— ^io6.>. Wir haben oben (S. 32Ö f.) das meiste ans- diesem.
Abschn. — und nath der Architektonik dieser Glaubfenslelrre
(§. 37. I. S. 169) wird jedes Dogma in Solchen drei Abschn it-*
ten ausgeführt — vorausgenommep. Die 'Begriffe der göltlicberi ^
Heiligkeit und Gerechtigkeit erhalten allerdings in diesem Zu-
sammenhange ihre Aufhellung. Da die göttlichen Eigenschaften
überhaupt durch ' Zurückführung auf die göttliche Ursächlichkeit,
begriffen Werden, und da in unserm Selbstbewufstsejn Sünde
und Gnade einander entgegengesetzt siiid , die letztere jedoch
durch die erstere bedingt ist: so mufs »auch das Sejn der
Sünde neben der Gnade von Gott geordnet seyn^ Gott aber kann
nicht eben so als Urheber der Sünde gedacht werden, wie er
Urheber der Erlösung ist.« Unsere Bekenntnifsschriftcn gleichen
diesen Widerspruch sO aus, dafs sie Strenge darauf bestehen»
nicht Gott sey der Urheber der Sünde, sondern sie gehe aus
der Freiheit des Menschen hervor. Jede einseitige Aufhebung
desselben zerstört den' Charakter des Christenthüms: erklärbar ist
aber die Hinneigung bald das Begtündetsejn der Sünde in dem
menschlichen Willen, bald da« Nichtbegründetsejn derselben in
Gott als ein Nichtsejn der Sünde, in -dieser Hinsicht hervorzu-
heben. Ein realer Widerstreit gegen das göttliche Gebot ist die
Sünde nicht. »Der Anordnung und dem Willen Gottes getnäfis
ist die Sünde für uns Wahres und Nöth wendiges ^ während sie
für Gott eben so wenig dasselbige ist als irgend sonst etwas.
Dogmatik. 34 1
was wir uns nui^ durch 'Terneinung vorstellen, für ihn ämsseh
bige.ist wie für uns, <<k dieses mittelbar« £irkeonen überHaupt
der göttlichen AÜWissenheit nicht angemessen ist.« Nur für den-
jenigen kann es einen G«gensals- von Zweck- und Mittel geben^
der nicht mehr ist als Mitarsache~{ also nirgends auf GotC an-*
^endbar. Auch das/jLFebel ist nur in 'der Freiheit desMemdien\
gegründet, und: Gott, .ist so wenig davoii als von der Sünde Ui>
heberetc. Alles dieses verdient die Aufmerksamkeit, am so
mehr, da uns Weder idie scholastische JLehre von dem concursus
Bei ad ^'materiale non ad fonmale actiönU mcdae^ noch irgend
eiue neuere Theorie Äiber die^ schwierige Lehre bishei" befrie-
digen konnte; :Und die^bereitwi]h'ge Aushülfe durch einen soge-^
naunteu zulassenden Willen Gottes 9 womit sich manche neuere
Dogmatik begnügt, fertigt unser Verf. ' wie« billig leicht ab. Da
nun. das nichtgewordene Gute uns Sünde ünt^ Uebel wird, so
werden auch BegrilFe von göttlichen Eigenschaften hiernach, und
zwar in Bezriehung auf die Erlösung gebildet, als zum grossen
Theil nur verneinende Begriffe. Diese sind denn in Beziehung
auf das Gute ^und, Böse die der Heiligkeit, und in Beziehung auf
das Uebel in seinem Yerhäitnifs zur Sünde die Gerechtigkeit
Gottes, wovon schon oben (S. 32 6) gesprochen worden.
Zweite Seite. Entwicklung des Be\hufstseyns der Gnade \
(§. 107 fF.) ,, ebenfalls in mehreren Abschnitten, Hauptslivcken,
Lehrstücken, und Lehrsätzen. Die Einleitung (§. 107 — *^ *77)
enthält . im Wesentlichen folgendes : So wie sich die Sünde im
Gesammtleben entwickelt, so bewirkt die Gnade in einem nen^sa
Gesammtleben die Aufhebung derselben und die Annäherung
des Christen zur Seligkeit; der Separatismus ist etwas Krank-»
haftes, {eixtra ecclesiam mdla est salus,. gehörig, verstanden) denn,
Christus ist der Stifter des Gesammtlebeps; die Einwirknng ist
göttlich, und wenn sich gleich auch den Heiden Gott nicht un-^
bezeugt, gelassen , so ist sie doch die voljkommne, jede an dr^
ergänzende ,. da die erste göttliche Mittheilung an die mensch-*-
llclie Natur eine unvollkommene war ; dabei liegt es im Bewufst-*
seyn. des Christen, ^dass nnsere . Unseligkeit nicht von uns kann
hinweggenoqamen werden; djeses^ geschieht durch Christus, ver-
möge seiner- reinen Uu^ündlichkeit und höchsten VoHkonimen-
heiij die Glaub eitslehre setzte voraus (was die ' christliche Apolo-
getik zu beweisen hat), dass Jesus von.Nazareth dieser Erlöser
sej, denn sie will nicht erst Christen machen, sondern sie über
ihreO' Glauben ..verständigen; sein Werk ist zugleich Aufhebeu
der Strafe, d. h. Ycrsöhnung; seine Erscheinung i^t wegen der
Unsüqtdlichkeit nicht auf den uns gegebenen Naturzusammenhang^
sondern als Anfang eines neuen geistigen Naturganzen riur auf ^
die ., göttliche Ursächlichkeit , zurückzuführen ;.> sie ist also ein
34a ^ .. Dogmatik.
Wuoder sowohl im Gamen als für das Selbtlbewmtsejn des
Kia^filnea, iu stinem Uebergaog mm eine» Gesammtleben in das
andre ; <Ue Ersch«ioitng Cbristi bt nichts -anders ads die vpllen-
deie Schöpfung der menschlichen Natur; in dem Einen gdtt*
Ucbea Rathschlofs ist der erste und zweite .ächöplungsmoment
f erbuaden, folglieh auch der erste und alles, was mit demselben
gesetat ist, in Beziehung auf den zweiten , und somit jiuf den
Erlöser I worauf sich die Idee von Vorbildern und Weissagun«
gen gründet. Zuerst ist nun der Zustand des Erlösten zu be«
schreiben« Diese Angaben, so unTollstandig sie auch sind, wer*
den doch hinreichen, unsere Leser den originellen und inter*
essanten Lehrgang und ihren evangelischen Inhalt bemerken zn
lassen. Wenn wir gleich unsere Erinner\iDg wiederholen mü^«
sen, dab hier das Gemuth des Christen nur als etwas Gegebenes
betrachtet wird, «und man also immer, jenen Ernst yermiist, wor*
nach unsere Bekenntnifsschriften die Offenbarung dieses göttli*
chen Rathschlusses durch Christas als vom Himmel herab spre-
chend und von den Menchen den Glauben an das Evangelium
verlangend, anerkennen, so trifft doch das hier aufgezeigte Sul>*
jective mit allen dem zusammen , was die objectire Lehre will,
und wir müssen dem Verf. für das in unsern Zeken so hoch*
wichtige Verdienst, -den auch hinter den Theologen so häufig
verkannten Christu^lauben ^ diesem eine Thorheit, jenem ein
Aergerails, so tief uod so klar in seinem ganzen Zusammenhange
aufgezeigt zu haben. /Und das ist gcwifs ein Fortsehritt der
Dogmatik !
Erster Abschn» Von dem Zustande des Christen , sofern
er sich der göttlichen Gnade bewußt &f^, (§• ii3 — ^ 4^32.)
Wir geben auch nur kurz den Inhalt. Das Sejn des Erlösers
wird als wirkend', das Sejn des Begnadigten als empfangend
und aufnehmend gedacht. W^enn der Verf. S. i 17 als das
Dritte zwischen der Mitwirkung und dem Widerstände das Auf-
nehmen hinstellt, das sich auf das auch ira Zustande 'der Stiud*
haftigkeit zurückgebliebene Gefühl des Bedürfnisses bezieht: so
stellt sich aiich wieder die oben bemerkte Schwierigkeit dar,
wie dieses. Gefühl vor der .Gnadenwirkung entstehen mag, da
es Erkenntnifs der Süiide voraussetzt, wie sie nur durch die
Wiedergeburt möglich ist, und da grade jenes Aufnehmen das
erste Gute in dem Menschen ist, also ebenfalls als ein Werk
des heil. Geistes gedacht werden mufs; wir wissen aber auch,
wie unsere Bekenntnifsschriften die Sache nicht ins KJare gesetzt
haben, und manche ausdrücklich , so wie auch Melanchthon, ein
solches Aufnehmen behaupten. — Erstes HuHptstuck , von
Christo. (§. i 13 — 126.) «Also sind doch Alle darüber eip ig,
dafs nur der für einen Christen in der That gehalten werden
• ' • ■ ■
Ppgtnatik ' 3/(3
kann, der dem Erjöscr eine €ig€y||hümljdi0 Tbüägkeit auf das
menscliiiche Gesclilecla zusclirei^tfl^od. dafs wo dieff Dur auf
eine scheinbare WeU^ geschieht, e$ auch da mit dem Chriatenr
thum aicht sonderlicher ^^Erust seyn karjn. P^np . koufiie auch
eiu andrer Ctiristi Geschäft bmF Erden v«rriQht.€a: so darf auch
Christus nicht von allen Andern unterschieden werden» Wer
si eh ts nicht, dafs dieses wichtige, uki4 voq di^m Verf. weiter he^
gründete und bestimmte Urtheil dahin führt, yv\p lOan pur mit
solchem Christusglauben ein christlicher l«ehr^r aeyn d|rf ? )>Diie
Thäpgkeit und Würde Christi sind ein^ das Maafs fiir die an-
dre.» ■— Eiiftes Lehrstück, von der Person Christi» (§. tn4'*^
lao.)/ Der Christ bezieht die Forderung des höheren Lebens
in seinem Bewufstscvn auf das Geschichtliche und UrbildlichiP
in der Pierson, des Erlösers unzer crennljjqli vereint; denn keins
kann ohne das andere das christliche Gesammtleben erk|äriei|« -
Wie könnte aber die christliche Kirche da $eyn, wenn nicl|t
grade d,ieser urbildliche Christus, als Mensch ^u Seiner Zeit gct-
bohreh wai'dy da der sündhafte Mensch nicht Vin reitjes Urbild
in seinen Gedanken zu örz^ugen vermag? -^ Konnte nun das
die menschliche Natur nicht, so mufste der Menschheit dieses
Urbild auf eine andre ^rt werden , nicht etwa als Entwicklung
durch einenausgezeichnetQu Juden, und na^ih dex grofsen Perfectibi*
lität seines Instituts, --^ «hierbei bliebe der eigendiche. Gegen-
stand unsers Glaubens nur ein Gespenst (Gespinnst), und jeder,
der einen neuen urbildlicl^en Zug in das Gemälde hineingeti^T
gen, hätte zu dem geraeinsamen Werke der Zeiten etwas hin-
zugethan , vyas in Christo selbst ni<;ht lag. Er also ij^t auch
dann als Erlöser nichts; das 'Gesammtleben aber hat, sofern
doch dessen Einheit ayf Christo b^rulieji spU, seine Haltung nur -
in einer Reihe voii Irrthümern, oder wohlgemeinten Täuschung»
gen.i Wollte man das Christeothum blofs geschichtlich erklä-
ren, so wä^e es ^eine neue Evolution dei), se/ es auch mit ei-
ner fiemden Weisheit gesättigten Judenthums, und Christus, wie
er auch von vielen dargestellt wird, nur ein mehr o4er vi'eniger
revolutionärer jüdischer Lehr- und Gesetz verbesserer.» Sein
Urbild)ichcs mufste sich nun in der> Zeit seines Heran waclise ns
entwickeln, f o auch sein Gottesbewulstseyn ; man darf da keine
empirische Allwissenheit annehmen, denn damit hebt man ^eiue
Menschheit auf; er war «al^ Anfänger eines ziir Verbreitung
über das ganze menschliche Geschlecht bestipiniten neuen Lcbeii^
dadurch von allen andern Menschen unterschieden) dais das ihm
einwohnende Goltesbewufstseyn ein wahres Sejn Gottes in ihm
war.» Wenn der erste Mensch, wie hierbei behauptet wird,
vor der ersten Sünde nicht mehr GJeichlieit nu^ ^^^ Erlöser
gehabt haben soll, wje wir unter der Sünde, ^o fuhrt das zu
\
I
344 Dogmalik.
HypotYiescn über di« av»fiMp/^a(ot^ welcbe sieb foiebt bbne "Wi-
'dersprfiche halten lassen; mm bedenke nur das non potuit pec^
care sed potuit non peccare, welches §. 178 erklärt wird, das
aber di^ch.in Subtilitäten überschlägt, und bleibe lieber bei der
einfachen biblischen Lehre nach Hebr., 4? ^^j ^j 8- Doch wir
empfehlen das aufmerksame Lesen dieser §§•, ^^^ ™^^ unge«
mein tiefen Blicken in das innere Leben das Verbältnifs des
Menschlichen zum Göttlichen in dem Erlpser aufzuhellen suchen,
welches letztere in ihmi nicht, wie in andern Menschen, als ein-
' zelne Strahlen, sondern absolut geoffenbaret worden. Er wird
hier so recht als der zweite Adam dargestellt, mit Welchem Gott
sein schöpferisches Werk vollendet hat. Die Aeusserung (S. 497),
dafs «jenes Sejn, Gottes in ihm sein innerstes Selbst ausmacht,^
wird im Folgenden zum Grunde gelegt. -— Erster Lehrsatz^
In Christo waren die göttliche und die menschliche Natur zu
Einer Person verknüpft ^ (5* ii7«) Die Zusammenstimmung mit
den Bekenntnissen wird gezeigt, aber die Schwierigkeit des Aus-
drucks bemerkt, so auch das Schv^anken zwischen Vereinigung
und VerknüpfuDg. Das letztere Wort hat der Verf. gewalilt,
ohne damit die Nestorianische avva^siet zu meinen, denn er steht
vielmehr in Gefahr der monophjsitischen'und monotholetischea
Meinung. Und in der That sehen wir nicht, wie das «reine
Sejn Gottes unter der Form des Bewufstseyns und der be-
wufsten Thätigkelt» als das Unterscheidende zwischen ihm und
allen andern Menschen, da unser Gottesbcwufstsejn verunreinigt
und verdunkelt ist, aufgestellt werden kann, ohne die zwei Na^
turen fallen zu lassen, oder ia den Pantheismus zu gerathen —
und was wäre dieser letztere in Bczlehnug auf den geschichtli-
chen Christus anders als ein, nur von gn ostischen Phantasmen
gereinigter, Doketismus? Desto mehr stimmen wir der Auf-
gabe bei, diese Lehre sich nicht in jenen scholastischen, uuer-
baulichea Formeln bewegen zu lassen, sondern nach der einfa-
chen biblischen Lehre: das Wort ward Fleisch, — Gott war
in Christo, besser zu formen;. denn allerdings zeigen die Satze
. de eomtnun. ideomatum seit der Concordienformel ^welcher freie
Spielraum der spitzfindigen Leerheit« darin eröfinbet worden.
Vor einem halben Jahrhundert hätte man wohl in einigen Aeus-
serungen dieser Theorie Sociniani^mus finden mögen, doch wiir-
' den andere diesen Vorwurf bald wieder wegweisen. BTei dieser
Gelegenheit fühlt indessen der Verf. dafs eigentlich die Dreici-
nigkcitslehre vorausgehen müsse, rechtfertigt aber seine Umstel-
lung damit, dafs sie doch wieder auf die Lehre der Person
Christi verweisen müsse. Aber mufs sich nicht bei jedem früher er-
stellten Dogma auf die folgenden bezogen werden, wie der Vei f.
selbst das von der Sünde auf das folgende von der Gnade bc-
;v .'«M. •■■ ■«■
-Dogmatik.
345
f
lieht? Mit Beehr rügt et beiläufig die natürliche Scheu man-
cher The<^og^n vor dem sjmbol. Namen Christus, weil sie ihn
nur als "dert Menschen Jesus Virollen gelten lassen. — Z weiter '^
LehrsatZj Christus war seif^r Menschheit nach vor allen Andern
üusgezeichnet durch seine übernatürliche Zeugung ,^ durch seine
eigenthündiche Vortrefflichkeit, und durch die Unpersonlichkeit
der menschlichen ' Natur in ihm abgesehen von ihf^eV Vereinigung
mit der göttlichen (§. i«8.). Wir brauchen diesen so kirchlich '
bestimmten und dabei fein und reich ausgeführten Satz nur au- /
2uzeigen; und gehen sogleich weiter. Dritter Lehrsatz, Bei der
Fereinigung des göttlichen H^esens mit der menschlichen Natur
in Christa war das göttliche fVesen allein thätig oder sich mit'
tfteitend, und die menschliche Natur allein leidend oder aufge^
nojnmen werdend; im Vereintseyn beider war auch jede ThätjLg-
kcit eine gemeinschaftliche beider (§. ag.). Eben so; nur vAe*
tierholen sich uns hierbei obrge' Bedenklichkeilcn über die Art,
wie die Vereinigung (die unio nicht die unitio) der beiden Na-
turen hier gedacht wird. Im §.v 120. ist der Zusatz; Die That-
sacken der Auferstehung und Himmelfahrt Christi y so wie die
Vorhersagung seiner IViederkunft zum Gericht stehen. mit der
eigentlichen Lehre von seiner Pers<>m in keinem unmittelbaren und
^enaiien Zusammenhang. Ohne' Widerspruch der kirchlichen
Lehre, wie es der Verf. bestimmt, da er allerdings einen mit-
telbaren Zusammenhang annimmt. i^Denn ich sehe nicht ein,
sagt er ( S. 25i) wie man die Auferstpfiung Christi als buch-
släbHche^ Thatsäche läugnen kann, ohne zugleich die elgenthnm-
liche Würde Christi zu läugnen, deshalb nämlich, weil seine
nächsten und unmittelbarsten Jünger davon, als von einer ausser-,
liehen Tlxitsache reden.« — Zweites Lehrstück. , Von dem Ge-
schäft Christi f§. 121 —126.). Vorerst wird gezeigt, dafs die
«lösende Thätigkcit Christi in der Mitthcilung semer ünsünd-
lichkeit und Vollkommenheit, die versoluiende in der Aufnahme
i« die Gemeinschaft der Seligkeir besteht (§.121.122.). JDurth
Leljre und Beispiel nach cbionitischer (armseliger) Ansicht, k£^n»
nämlich nichts anders als Wachsthum in der Vollkommenheit be-
wirkt Verden, damit abfer hört das Bewufstsejn der Si'inde nicht
auf. Dafür mufe uns vielmehr BewuFstsejn der Gnade werden,
>velches' dadurch geschieht, dafs die That des Erlösers zu unse-^
rer eignen That wirdj er stiftet in uns das. neue Leben, wovoii
den Christen die eigne Erfahrung überzeugt, »hi seiner Ge-^
loeinschaft mit uns bestimmt das ^sündige Leben,, nicht als sein-©
That sondern als die unsricc, das in ihm wohnende Ccntralbe-
wufstseyn unsere GesammUebcns und weiset semer Thätigkeit
ihren Gegenstand und ihre Kichiung au.« So kann auch nichi
in UQs^rer zunehmenden Verbesserung unsere Vcrsöimung; Kegeu.
340 Dogmatik.
■n.
iSurcK st« stiftet Christus ein selige Gesammtgefiihl für alle
Gläubige, Sünden vergebend, und mit weiterer Eptwicklung seg-
nend. Die geistvolle Erörterung über das Versöhnende iii dem
Leiden und Thun (Gehorsam) Christi, die trefflichen praktischen
Blicke I die Deutung des Christus in uns ^. s. vi% müssen wir
wiedier übergehen. Hierauf von den drei Aemtern Christi nach
der kirchlichen Lehre, .welche der Verf. in 3 Lehrsätzen eben
so geistreich als kirchlich in ihrer hohen Bedeutung für den Chri*
sten, allerdings für den eben recht hel(denkenden, aufzeigt. Da-
bei das Verhältnifs dieser Aemter zur jüdischen Theokratie; das
Zusammengehören derselben, sq dafs man das Christenthum ^ar
nicht versteht, wenn man eins abtrennt, und z. B. Christum blofs
als Herrn durch seine Lehre ansieht; auch gehört Weissagen
und Wunderthun zu aoioem prophetischen Amt; hierbei über
dief Taufe Jesu htei Johannes^ über seine Gesetzlichkeit, über
Weissagungen und Wunder; ferner über seinen thätigen und
leidenden Gehorsam, und üb^r seine Vertretung der Gläubigen
beim Vater; wie Christus regiert, wie^ie Kirche ^ich durchaus
. nicht iu das weltliche Regiment einmischt, wie aber der von
Christus Regierte, er sey Unterthan od«r Obrigkeit sich aufs
beste in seinen bürgerlichen Verhältnissen beweiset. — ( ^n
. Wort zu seiner Zeit, das wir durch das Wort Melanchtlions uo-
tersttitzen möchten : dexterius est, rion mtscere üuempestive poli-
tiects sententias et evangelium; denn das Evangelium hai nichts
mit der Politik, wie auch unserere Bekenntnifsschriften ausdrück-
1^'ch erklären) -— wir möchten ganz besonders 4iejenigeo Theo-
logen, welche alle jene Dogmen nur von der Seite eines, meist
nur abgeschmackt, vortragenen, Aggregats von Buchstaben ken-
nen, zum Studium dieses Abschnitts verpflichteq, uni das Chri-
stenthum utid unsere kirchliche Lehre besser verstehen zu lernen.
Zweites HauptstucL Von der Art, wie die Etldsung iß
der Seele ßiifgef^ommen wird; (g. 127 — iSa.) und hiermit die
beiden Lehrstücke, von. der J^f^ieder gebwt und von der Heili-
gung, jene ausgehend als der Anfang des neuen Lebens aus der
Gemeinschaft mit Christus, diese als Entwicklung bedingt durch
die von ihr angeordnete Gemeinschaft der Gläubigen, also durcii
die Kirche. Die göttliche Thätigkeit bei jener ist die Rechtferti-
gung, Idie Veränderung in dem Menschen die ^ekchrimg. »Dals
Gott den Menschen rech'ti^riigt, schliefst in sich, dafs ihm seine
Sünden vergeben werden, und er als ein Kind Gottes anerkannt
wird.« Der Verfasser sieht in dem bekannten Streitpunkte der
Unscreu ^nd der Rom. Kirche, so wie er hingestellt wird, dafs
uns die justißc. ein blosser actus Dei immcuitns et forßnsis ist,
ihr aber eine umwandelnde Thätigkeit, nur einen Wortstreit. So
ft6br «eine dialektische» Eröiterungen diese wichtige Lqhre, (»der
Dogmatik. 347
erste und HätipUrtikel — Ton diesem kann man fiVchft weicYien
oder nachgeben, es falle Himmel und Erden, oder was niclil
bleiben willc sagt Luther in den Schnialkald. Artih) deutlicb
machen, und also auch in ihrer hohen Wahrheit zeigen, und so
sehr wir der billigen Beurtheilung der Römisehkathol. Lehre
beistimmen, eben so wie wir es unserer kirchlichen Lehre ge*-
iDäfs finden, da£s'die Declaralion und Causaiität in dem göttli»
chea Act nicht getrennt werden darf: so tragen wir doch Be»
denken, den dissensus grade so zu stellen, wie er hier «rscheint.
Denn so gewifs dzs Kämpfen gegen das hierarchische Princtp noch
Dicht beide Ktrch44i entzweit, d^ sie beide dazu zu gut sind,
und beide etwa» Höheres anerkennen ; so gewifs mufs jede dais
Innere und Wesentliche ihres Unterschiedes, das in der Art liegt^
wie sie das Verdienst Christi auf sich beziehen, genau bestimmt
werden, und das lict^t nicht sowohl in Worten als in der S«^che.
Doch können wir hier nicht weiter darauf eingehen, und wollen
uns also auch lieber kein Ürthei) über diese Theorie unsers
Verfs. erlauben, sondern sie vielmehr wegen ihrer eben so ire^
nischen als- evangelischen Tendenz dem Studium der Leser em<-
pfehlen. Die Lehre von dem seligmadi^nden Glauben erhalt
hier' ebenfalls ein zcitgen^ässes Licht, »Wir aber verstehen unter
dem Glauben nicht ein^ Ueberzeugung aliein, oder die Annahme
einer Kenntnifs, sondern nur eine solche, welche zugleich eine
Bewegung des Willens ist 3« mit Anführung der schönen Definition
Melanchth. de voc. fid. Und wer von den Uosern wird niclit
von ganzem Herzen beistimmca? Nicht minder auch in Folgeu«
dem (S. 332 \ »Denn unerachtet (der Verschiedenheit des
Sprachgebrauchs) dürfen wir nicht etwa nur an der Sache hal*
ten, das Wort aber allenfalls aucli* fahren lassen, sondern da der
Andruck* uns völlig einheimisch geworden, als UeJjersetzung
dessen, wodurch die Ursprache der hell. Sehr, den Gemöthszu-
stand des Menschen bezeichnet, der sich in der« lebendigen Ge-
meinschaft Christi zufrieden gefällt und kraftig fühlt, und da er
einen neuen geschichtlichen Werth für uns gewonnen hat in dem
Streit gegen die Werkheiligkeit der röm. Kirche: so müssen
wir ihn auch bei seinem wohlerworbenen Recht Schützet , um
so mehr als die Sprachgemäfshcit dieses Gebrauches leicht ist
nachzuweisen.« Das würde Lutlier jetzt auch sagen, in seiner
Art, «oben so kraftig wie dort: »das Wort sie solleti lasse«
stebn!c — Zweitem Lthfst. Fixn dem Lehen des Erlösten in
der Gemeinschaft mit Christo, oder von der Heäigung, Sic ist
eine Annäherung zur göttlichen Heiligkeit, da die ^nde sich
immer ra^hr verliert und das Leben de« Christen das Gewissen
in Andern weckt wo es schlummert, und da in diesem neuen Le««
bcn^alle seine Tbatigkeiten durch das ihm mit Christo einwohnende
348 - Dogmatik.
Gottesbewafstseji! bestimmt werden. Die -Nachwirkungen der
fleischlichen Person UchkeitWibmen indessen die Fortschritte cler
Heiligung, welche aus der Thätigkeit des Glaubens durch die
Liebe entstehen« Hierbei voii den Gnadenmitteln und den guten
Werken, von der Askese, von Versuchungen, von den Sünden
der Wicdergebornen, der gratia corperahs, dem usus legis j der
versci^erantia — und alles dieses mit ungemein praktischen Ein-
sichten. -— Doch damit diese Anzeige nicht ein Biichlein über
' e'm Buch werde , geben wir die folgenden Abschn, blofs an,
die dem Geist' des vorhergelienden getrau sind. .
' ZweiUr Ahschn. Von der Beschaffenheit der Welt in Be^
zi^ung auf die Erlösung, Die ältesten Symbole haben im rei-
feren Texte nicht beides znsankmen: Gemeinschaft der Gläubigen,
und christl. Kirche; indessen unterscheiden doch unsere protest.
Bekemitnifsschriften beides. Erstes Hauptst, Von der Entstehung
■ der HSrche» Erstes Lehrst. Von der Erwählung ; in 3 Lehrsätzen.
Es ist folgerichtig von dem Verf. dafs er das christl. Mitgefühl
hierbei berücksichtigt; dafs er nur l^ine göttl. Vorherbestimmuiig,
Dämlich die Erwählung zur Seligkeit in Christo annimmt, worin
er also mehr mit Mclanchth. als mit Calvin zusammenstimmt, da
der letztere das decr, absol. auch auf die Verwerfung ausdrück-
lich bezog; und dafs sie uns als Mittelpunkt der/HÜgemeinen
Weltordnung erscheint" nur durch das göttliche Wolilgelallen be-
stimmt. Die ti^f-r und scharfsinnige Weise, wie der V^rf. diese
schwierige Materie schon anderwärts behandelt hat, wird auch
•hier, nicht Vermifst; wir müssen sie aber übergehen. — Zweites
Lehnst, Vom heü. Geist,^ Die ehr. Heiligung führt in der Ver-
bindung mit den Gleichgesinnten das ßewufstseyu eines Gemcin-
geisies mit sich, der sich erst «nach der Entfernung des Erlösers
von der ^rde entwickeln konnte; wer nun seitdem in die Ge-
meinschaft Christi aufgenommen wird, nimmt auch diesen Gemciu-
geistih sich auf, Erster Lehrsalz. y>DeT heil. G^ist ist die Ver-
einigung des göttlichen Wesens mit der menschl. Natur unter der
Form dcrrdas Gesammtleben der Gläubigen beseelenden Gemein-
schaft.« «Hierbei weiset nach der Analogie der Vereinigung der
beiden Naturen in Christo, der Vrf. auf seine Xrinitätslelire hini
Der 3te Lehrs. sagt, dafs »Christum in sich haben und den beil.
Geist haben eines und dassefbe sey;«: der 3 te Lehrs herfst; ^Dit*
• durch die gemeinheitbildeude Vereinigung des göttlichen Wesens
mit der menschlichen Natur bestehende »christU Kirche^, ist in
ihi'er Vollständigkeit das Abbild des durch die persOubildendc
Vereiiiigung bestehenden Erlösers; und jeder, der in der Wie-
dergehurt ist des beil. peistes theilhaftig geyvorden, ist ein er-
ganzendLe& £lied jener Gemeinschaft.^ -^ Zweites Hauptst, f^on
dem Mesuhen der Kitebe in ihrem Zusammenseyn mit der IVeh-
Erste Hölfu^ Die wesentlichen und unveränderlichen Grimdzüs^ der
, Dogmatik. 349
Kirche; und biernach wird im /ten Lehnt, f^on der heiL Sehrifti
im stten Lehrst, /^o/i- dem Dienste im göttl. WoHe; itoi 3ten nfon
der Teuife, im 4feH vom heil. Abendmahle, im Anhang nfom Begriff
Sdciament, im *5ten Lehrst, vom Amt der SchlOssei} und im ölen
vom Gebei im Namen Jesu gchandeh. Wie viel Interessantes wäre
hier zu betrachten^ womit der Vf. unsere kirchliche Lehre in ihrem
tiefen Gehalt vorlegt ! -— Die zweite Hälfte^ das ff^andelhare in der
Kirche vermöge ihres Zusammenseins mit der H^elt Ttdet yon di^r
sieht-' tuid unsichtbaren Kirche, von der Untrüglichkeit nur der
letzteren, von der Mehrlieit der crsteren, von der Gemeinschaft
der nebeneinander bestehenden Kirch engesellsc5haften, und dufs-
alle Trennungen iti der.chr.K. nur vorobergehend sejcn, von der
Unvollkommenheit einer jeden, Und von ihrer Vollendung; drei
Hauptstücke« Die Lehre von den letzten Dingen wird als 4 pro-
phetische' Lehrstücke abgehaodeit. ' Die Bekenntnifsschriften sind ^
in dieser Lehre uiclit so viel wie in den früheren angeführt^^mchr
über die Bibelstelien; Der Vf. wiederholt, bei dem Punkte von
der Vollendung der Kiirche : »der* unmittelbare Werth eines jeden
Lehrstücks sey Wunder, den es als Beschreibung des ehr. Selbst-
bewufstscjni hÄt«*— • Der dritte Abicbn. f^on den göttlichen Et-
t};cnsckaften^' welche sich aaf die Gnade und die Erlösung beziehen-,
(§. 180— #75;) ist kurz, indem er das Gatnze zum Schlüsse bringt,
der auf den letzten Blättern (§.186— rgo.) von der Dreieinigkeit .
redet. Die {^otiiiche W^ltregierung hat die Kirche zum Gegenr , ,
stand, und stellt sich dar als Liebe und Weisheit. - Wir haben
oben das Letzte/ in diesem Svsteffl voran betrachtet.
So sehen. vi(ir denni* durchans' die Beschreibung d^^> ohristr
lichen Gemüthes, und wie dasselbe im aufgeklarten Bewufstseju
alle diese Lehren, als währ und zur Einheit des Christentbums
i^ehörig annimmt'; und ' hiermit ist der christliche Glaube nai^h
den Grundsätzen, der evapgelischen Kirche im Zusammenhange
dargestellt. Wir finden auch meist'genaue Zusammenstimmüftg .
mit unser n Bekenntbifsschriften. Es ist 'auch nothwendig, da^
das, was in dem. Gefühle des evang. Christen vorkommt^ gf^de
dasselbe seyn mufs , was di^ Lehrer aufstellten ,- welche das '
Evangelium genau kannten; es ist natürlich, dafsderjenige, welr
eher dus christliche Gemüth betrachtet • und beschreibt |. genau
mit dem Dogmatiker übereiiistinraien mufs, welcher die Glaur
})ens|ehreu in ihrem objectiven Grunde und Zusammenhange •
iiufzeigt. Dieser betrachtet sie von der SeitCj wie sievou oben
t^egeben sind, und so finden wir es in. der Weise . unserer Kf^
lorraatoren: jener fafst sie auf xunäohstj wie 'sie ip dem Ge*'
iiiüthe des Christen aufgenommen sind^ und hierin finden wir
den Charakter der vorliegeit den. Glaubenslehre* • Sie beschreibt
die wunderbare JSrschetUung des* Christentbums ^ und deutet
allerdings dabei fast in jedem Puncte auf seineu Ursprung inon"
\
35o Dogmatik«
oben hio; ja sie beschreibt auch das GStdicke iii «leir Witder-»
gebuft« tind argnmentirt bündig, dafs wie der Measch die Ent-
stehung des Lebens überhaupt als., das schöpferische Moment an-
sehen raüsse^ so der Christ sein neues Leben QUr von dem hei*
ligen Geiste in Christo ableiten Lünne, und dafs der Gläubige
im festen Bewufstsejm der Wahrheit stehe (vrgL ILS. a65* 3ai.
329. u« a. nebst den früher bemerkten Stellen). Die wahre
und feste Ueberteugung , die den Christen beruhir^t, kann er
nicht Andern andemonstrireo , wenu uicht der heilige Geist
durch das Wort auch in ihnen das neue Licht und Leben ent-
fttindetf und so sagt unser Verf. auch hierin einstimmig mit dem
Geiste , unserer kirchl. Lehre^ wie auch mit' Joh. 7, 6 fg.,
(S. 2t 65), dafs er die Vielen, welche dem christlichen Bewulst-
sein die Wahrheit abspiiechcn, nicht anders als nadi dem vor-
gesetzten Motto widerlegen könne, indem er %u verursachen
suche, dafs sie es sMst erfahren. Allerdings ist so das Christen-
thnm eine Sache der Selbsterfahrung und hiermit auch der Be-
schreibung. Das Anfangswort des Christenthums : fisroa/osh
xgLf TiseierR a/^ hjcovy %^i^ov kann entweder als- von Gott er*
^ gehender, oder als voii deaa Menschen vernommener und in dem
Herzen wirkender Ruf betrachtet werden. Das letztere tkt
diese Glaubenslehre, das Erstere 'thun die Reformatoren. Sie
lassßu das Evangelium mit erneueter Stimme erschallen (wie sie
auch den Ausdruck sonore in ecclesia lieben) und lehren daher
\ mit jenem' apostolischen Ernst. So sprechen sie ita Deus sese
patefecit, et ita ipse eist. Dnser Vf. aber geht von dem Histori-
schen der sich vorfindenden Glaubensarten aus, findet unter die
< sen das Chrisienthum, vergleicht es mit den anderen, erkennt es
als die vorzüglichste und siegreieh bleibende, zeigt ihren göttli'
chen Ursprung, und spricht aus ihrem Ld>en und ihrer Wahr-
heit ihre einzelnen Sätze als Einheit >us. Das führt nun aUeidiiii;s
auf jenes zurück, aber es erscheinen 'doch alle Glaubensaften und
niiter diesen die christliche zunächst unter dem Naturgesetze. Wir
sagen zunächst. Und so wird noch ein höherer Standpunkt ver-
mifst. Mag man nun jenen der Reformatoren und unserer Kirche,
das historisch geoffenbarte Wort, oder den philosophischen, <li('
Offenbarung Gottes in der Yeruunftidee, vorziehen, genug ^"«^
Ernst und zur Erhabenheit der wissenschaftlichen Glaubenslehre
m scheint uns das eine oder das andre hinzukommen zu. musseti'
Oft hätte Rec. bei dem Lesen dieses Werks ausrufen mögen ;
"Wäre auch dieses da, wie gerechtfertigt, wie neu aufgehellt, >vi^
geistreich ansprechend mä^te nnserm Zeitalter unser herrlicher
evangelischer Glaube im Geiste ja auch in den Worten unserem
Bekenntmfsschriften erscheinen l Wenn der angehende Theolog^i
der sein CoUegtum der Dogmatik gebort hat, dieses Werk >»
Verbinduog mit einer mehr von der YemBtt^iiidetfy^ wie aacb <b'^
Dogmatik. 35 1.
einer die Biielstellen iexegetiseh betiandelnden liealj so wurde er dem
jetzigen oder vielmehr Jetzt werdenden Zustande unserer Wissen*
Schaft gemafs sein System gruadiicher und T<dlständiger bilden,
als es gewöhnlich im akademischen Studium zu ges|^eheu pflegt.
Denn da ist er noch Anfänger in dieser schweren Wissenschaft, und
braucht nicht viel die leichtsinnigeStimme der Zeit za hören, so sieht
er die ganze Dogmatik als einen ^er weifs welcheii Plunder von
gelehrten und scholastischen Sätzen an, den man besser gar nirht
mehr hätte« Auf solche Art verschliefst das Vorurtheil auch den
besseren .Köpfen das Eindringen in ein Wissen, das am wenigsten
naomefar uusere Zeit dem Lehrer in der Kirche erlassen kann. Die
oberflächlichen Sätze einer sogeodmiten populären Lehre zerrinnen
ohnehin bald in ihren Dunst. Aber auch die Lehrer der Theologen
sollen die Wissenschaft bedenken. So lange noch die evangelische
Deukart^ wenn sie als vernünftig in würdigerem Sinne als die Ra-
tionalisten in ihrer abstraften Vernunft meinen nicht verstanden ,
werden mag, wie sie ein Daub darlegt, so -lange wird sich auch von
philosöphisefaer (oder ratimtalistischer) Seite die Dogmatik keiner
Fortschritte rühmen können. Denn das Verständlichmikchen, dessen
sich die neuere Zeit gerne rühmt, ist doch grossentheils ein Verlterea
dfssen, was unsere Reformatoren als dasHeiligthum des Evangeliums
den Theologen zu bewahren übergaben ; und die klariftn Begrifft^
die man gewonnen haben will, möchten wohl richtiger seichte und
noch richtiger leere heissen. Wer sich mit solchen Fort^chriiien
schmeichelt, sh^t uin nichts hoher, als zu allen Zeiten die, welche es
mit dem Hergebrachten ihrer Zeit hielten. .Wer die Gescbtchte der
neueren TIu?ologte vergleichend. studiert, dem fällt der IsitleDünk«!
unerträglich auf, womit so Mancheihre Einfälle als die neuesten OiFenr
barunge», und ihren Scharfsinn als tiefere Einsicht geltend machei|^
wollen; denn man sieht wie die älteren mit ihrem ernsteren Geiste
und achterer Gelehrsamkeit das alles schon unter sich hatten. Und
wo wären denn die gerühmten iPorischritte ? Ein Melofichthofi
spricht ja immer noch töchiiger, als ein 5em/tfr^ und wen wollen wtr
über einen Calvin stellen? Ja, sagt man, wir sind doch weiter ge-
kommen, wir wissen mehr. Also wir hätten an tieferer Golteser^
keimtuifs an lebendiger. Selbste Aenntuifs gewonnen? Denn hier
bandelt es sich ja nicht um Naturken ntnifs, nicht um neuentdeckte
Planeten, nicht umTheorien und Entdcckuj>^en in derCheraie uv dgl.
Oder l^elehren unfe unsere neueren Katechismen besser über dieEt^
^enschaftcn Gottes, weil sie so viel darin zu zerlegen wissen? und
wij d der Ausspruch eines Johannes von Mälfer: Et jojnais ü n'jr
a pluf d'egoUme que Jepuis fu'on deteste, qu'il y «*^ unpech^ ori^
ßmal von unserm Zeiultcr widerlegt? Nein, der Fc^tschritt besteftt
hier in einer Rückkehr. Studieren wir nur unbefangen jene Sjstc-
matiker eine« etwa mit den griechischen alten Kird^enlieh^cri^
nüUcr befreundeten Mehnchihon^ und einen mit den abendländi-
352
Dogmatik.
scben, besonders* mit Atigüsllnuk nahet bcfreat^dctf^n Cali^iff ,s(y
dringen wir in. das tiefere Wesen unserer ganzen kirchlicbea Luiirc
von der ältesten Zeit an schon auf dem historiscben-, nahegelegten
Wege ein; und lernen wir hiernach weiter unsere BekennCqiisschrlf«
ten verstellt y so. wird uns der Geist unserer kirchlichen Lehre
bald in seiner; Wftlirheit und; Herrlichkeit erscheinen» Zwar hat die
Kx.egese Fortschritte gemacht, nidit ^ber bestehen diese darin, dafs
man dea Apparat .von grammatisch-historiscliem Wisseli^ kritisch au£
einzelne Stellenjinwendet, um in diese etwas hineinzulegen) oder her-
auszuschaffen^ sondern darin, dafs man ausgerüstet mit aller philolo-
gisch (*p Bildung, die unser Zeitalter gewonnen hat, den Zusammen-
hang in den prophetischen und 'apostolischen Schriften deutliclier
verstehen, und die tieferen Ideen, ja den. göttlichen O eist indenselbeu
reiner aufzufinden weifs. Bas fühlten gar wohl d.ie Reformatoren,
aber, noch nicht im Besitze aller jener Hülfsmittel, häuften /sie nur die
Beweisstellen^ auch -die ungehörigen, doch auch, hierbei fühlend, dals
die hohe Lehre mehr im Ganzen des Geistes ah im ^nzelneu buch-
stäblichen Ausdj^uck liege. Daher< müssen wir ^ch idas iu der Scfalei-
erniacherscheo Dogmatik als einen Förtsohritt anerkeiineD^ dafs sie
mit den neueren exegetischen Kenntnissen jeneAufeii^anderbeziehurtg;
der Stellen verbindet, und diese Weise mehr in Aufnahme bringt Wie
sehr übrigens die Fortschritte in^deu Wissenschaften der Natur, und
was sonst als Aufkläruu|x ^er aeu^en. Zeit anerkannt, werden muls,
'zu der Bildung seines Sjstems eingeflossen, zeigt -sich auf jedem Blatt.
Nicht minder ist die beständige Beziehung auf das Praktische ein
Vorzug dieses Lehrbuchs ; hauptsächlich vveil der Glaube' erst im
Leben recht \Verstanden wird; wie denn auch i^ei>zAarc£ ein besserem
Dogmatiker in seilen Predigten iisit^ als in seinem Collegienheft.
Will man e« anders nicht mi t eiiver modernen PerfeotibUit&tslebre halten«
\velche es als höhere Stufe hezeichnet, über Christum hinaufzugehen, so dafs
man seinen Namen nur wie den eines Moses oder Sokrates nennt, und aus
dem Christenthum herauszutreten, iiiwieferne es eine positive Religion ist,
dafür eine abgezogene, sogenannte allgemeine Religion zu erstreben» nnJ
ein solches Scheinen ffir Venrunft und Wesen anzusehen^ wüj man
Tielq) ehr wahrhaft den Christu^gkuhen, und erkennt man in^ demselben
die einzige vollkommne Anbetung Gottes im Geilste und in der Wahrheit:
so witd mün nach dem Studium dieser vorliegenden Glaubenslehre nicht
anders urtheilen ' können, als dafs dieses ßoch ein wahrer und starker
Fortschritt der Dogmatik sey*
Weit entfernt ist Kec* übrigens die «Verdienste der bisherigen Oog'
matik zu iibetsebeii, da Wit ihnen vielmehr Dank scbul4ig sind» denn
es gehött alles tum Gange der £ntwicUluns< unserer Wisseo^chift, und
eben so weit ist er von jeder personlichen Rücksicht entfernt; er sieht
Sich abet verpflichtet seine jrolletJeberzeirgtmg über den jetzigen Stand-
punkt der.Dogmatik gegen eine herrschende Meinung Voii gewissen Fort-
schritten auszusprechen. Denn das la^: in der Benrtheiiung des oeiiesteii
und so geistreichen Lehrbuches, die er jedoch nur in Beziehung auf unsere*
kirchliche Lehre unternahm, die plüÜosophische Würdigung Männern von
diesem Facb^ überlassend«
\
N'l 23. II j ,u 1823
- Heidelberger '■ozo^
Jahrbücher der Literatur
Tabulae Ntn^orum Vieri äuctore FurMiRrco TtKDkMt4wn^j Antyi
iomts et fhrsiologiae m Jcademia ffeideliergensi Pro/es^
sor<. HeüMergaa 48si9. .swntibus A. OfswaU. Londird
apud Ackermann, Parisiis ipud Treutiei et Würz, in /ol«
nutxim. Ausgebe No. /. üef extrafein Bilder Royal^Velin*'
Papier nj fl^rhrisch., 4 6 Rt. säehs, j^sg. No. it. auf fem Post^
Royal d: Text, A Kpfr. axffein Fdinwin No* L nstß, rknsch.
4H RiUr. 4Si ggr. säehs. *^
JLlie Nerven der GebSriQUlter, deren schoQ Galen erwSlint, wä
durch die Arbeiten VesalPs, fVälis^ Riva*s^ HaUer% fVaket'Sp
W. Hvaiter's ü. a. nur zum Tlieil bekannt geworden. Eine voll*»
ständige Untersuchung und Beschreibung ihres Ursprungs und
Verlaufs mangelte noch. Das ergiebt sich aus der von dem Vf«
in der Einleitung vorausgeschickten Geschichte dieser NerveOf
Efh berühmter Geburtshelfer, der vor kurzem verstorbene Qsian*
der, äusserte sogar in der zweiten Ausgabe seiner GeburtohtiUei
Nerven seien zwar höchst wahrscheinlich in der Gebännattet
vorhanden, ihr Dasejn aber sei durch anatomische Untersacfaua«
gen hoch völlig unerwiesen. \
Der Verfass. beschlofs diesen Gegenstand aufzuhellen und
richtete daher zunächst sein Augenmerk auf die Bloslegung der
Nerven der Gebärmutter in Frauen , die bald nach der Nieder-
kunft verstorben warep.
Nachdem er sie hier dargestellt hatte , so wurden auch die
Nerven nicht schwangerer Frauen und anderer weiblichen Kör-
per aus den verschiedenen Lebensperioden un|ersucfat. Aus den
Untersuchungen erhellet, dafs die Inneren Geschlechtstheile, dio
Oebärroutter, die Eierstocke und Eileiter ihre Nerven aus dem
Bauchstiick des gnngllösen oder sympathischen Nervensystem erhal-
ten, die Ulster sich vielfach verbunden, sechs Geflechte bilden»
Das erste Geflecht liegt auf den inneren Eistock- Pulsadern^
da wo dieselben aus der grossen Kurperarterie ihren Ursprung
nehmen. Zusammengesetzt wird es durch mehrere von den Nie-
ren--Nervenknoten kommende Zweige. Seine Faden ziehen sich^
die Eistocks- Pulsadern vielfach umschlingend, zwischen den Plat-.
ten der breiten Mutterbänder zu den Ovarien und Eileitern herab,.
iu die sie Sijch verbreiten. Einige Faden gelangen zum Grunde
der Gebärmutter.' "*
23
354 F. TieJemann Tabulae Nervonim uteri.
Ein zweites selir grosses Gefieclit befindet sich z^^istben
den ^ Hi'iftpulsadern auf dem Korper des fünften^ Lendenwirbels
und' dem * Vorsprung ^es Heilijg^enbcins. Es^ wird durch Aeste
der Lenden - Nervenknoten gebildet. Aus ihm treten Nerven
zu der hinteren Fläche und den Seitenwandjungen der Gebär-
mutter. Hierauf theilt es sich beim Eingänge ins Becken in zwei
ansehnliche seitliche Geflechte y *die vor den Stämmen der Becken-
.pulsädern ^gelagert sind 9 und mehrere Zvyeige der Sacräl- Gan-
glien anziehen. Viele Zweige dieser Geflechte begeben sich mit
den Arterien zur Gebärmutter.. Andere Zweige senken sich in
die Tiefe des Beckens und bilden mit Zweigen de^ zw-eiten und
dritten Sacral - Nervenknotens das untere Beckeogeflecht , dem
sich noch Zweige des dritteti und vierten' Saeral - Nervens bei-
gesellen* So /entstellt ein grosses mit. Nervcnklioten' untermischtes
Geflecht, das seitlich an der Mutterscheide liegt, da wo sie sich
mit dem Halse der Gebärmutter verbindet. Aus diesem gaugli-
Ssen Geflecht entspringen zahlreiche Zweige, die sich zur vor-
deren Fläche der Gebärmutter, zur Mutterscheide und Harnblase
b^egeben.
Auf diese W^eise ist die Gebärmutter von allen Seiten mit
grossen Nervennetzen umstrickt. Die Nerven selbst sind, wie die
des Herzens, zart, weich und rjothlich. Sie senken sich in das
Pärenchjm der Gebärmutter ein und verschwinden im Zell-
öder Schlieim - Stoff , sich in. derselben gleichsam auflosend« Be-
itterkenswerth ist, dafs ihre Grosse nicht in allen Zeiträumen des
Lebens dieselbe ist. In jungen Mädchen vor der Geschlechts-
reife, so. wie in alten Weibern, bei denen die Conceptions- Fä-
higkeit erloschen ist, zeigen sich die Nerven sehr fein und zart.
Dagegen sind sie bei Jungfrauen und Weibern in mittleren Jah-
ren grÖsseir und dicker. Während der Schwangerschaft nelimeh
sie sehr bedeutend an Grösse und Dick« zu, wie schon Z/^-
Hunt er vermuthet liatte.
Bei dem Vorhandensejn von Nerven in der Gebärmutter
kann nicht bezweifelt werden, dafs sie diesem Organ uicltl unr
seine Empfindlichkeit ertheilen und dt.'ssen irrltabelen ElrscheinHn-
gen bei dem Geburtsgeschäft vermitteln, sondern dafs sie selbst
einen wichtigen Einflufs auf die Aeusserungen des bildenden Le-
bens währcrnd der Schwangerschaft ausüben. Ferner endlich er-
geben sieh aus der Verbindung dieser Nerven mit dem gaugliöscn
und Hirn - Nervensystem die mancherlei Sjmpathieen und Con-
sensus, die ini gesunden und kranken Zustand zwischen den
inneren Geschlechts -Theilen und den übrigen Organen statt fin-
den, und wie Gemüthsbewegungen und krankhafte Reizungen
Verschiedener Organe nachtheilig auf die Gebärmutter^ besonders
im schwangeren Zustand, zurückwirken können.
J. L. Casper* Charakteristik d. frdüz. Medidn. 355
Der Ursprung tind Verlauf der Nerven in einer I^erson^
die einige Tage »ach der Niederkunft verscfiieden , ist auf zwei "
Tafeln abgebildet. Die erste Tafel zeigt die Nerven von vorne^
die andere gewährt eine seitliche Ansicht. Beide Tafeln sind
von Herrn Professor Koux nach der Nat^r gezeichnet. Den
Stich der ersten Tafel hat Duttenho/erj den der zweiten Kareher*
besorgt Der Verleger hat nicht versäumt das Werk in einer
aoständigen äusseren Form erscheinen zu lassen; Papier sowohl
als Druck sind schön.
Tiedemann^
1« <■
Charakteristik der französischen Medicin, mit vergleichenden ffin*
blicken auf die englische. Von Sob. LüDtr.. Cjspbk, Doc^
tor der Medicin und Chirurgie, praktischem Arzte zu Berlin,
ordentlichem Mitgliede der naturforschenden Gesellschaft zu,
Leipzig , correspondirendem Mitgliede des Athenee de M^
dedne zu Paris. Leipzig: F. A. Brockhaüs. /^ä«. XXI t
und^ 608 S. S. 3 Rthlr.
Vf ährend von der einen Seite mehr als je in der vaterländi«*
sehen Medtcin ein entschiedenes Hinneigen zum Auslande, na-
fnentlieh zu Frankreich und England, Statt findet, aeigt sich da-*
gegen, wie der Verf. der.- vorliegenden Schrift (welcher sich
schon dnrch seine Abhandlung de Phlegmatia alba dolente vor-^
theilhaft bekannt gemacht hat) mit Recht bemerkt (Vorrede
XIV. », bei vielen Anderen wieder eine nicht gehörige Würdigung
der fremden Kunst und übertriebene Geringschätzung des Auslandes,
wie dann namentlich über die französische Medicin oft rasch ab-
geurtheilt werde., Dafs jedoch das Wesen der französischen Me-
dicin nicht gehörig gekannt sey, so wie dafis dieselbe allerdings
vieles Treffliche, Originale, Nachahmnngswürdige besitze, davon
halte er sich durch ein aufmerksames Studium derselben wäh-
rend eines läi^geren Aufenthaltes in Paris überzeugt. Alles nun^
was ihm im Bereiche unserer Wissenschaft, wie sie sith jetzt
I>ei unsern Nachbarn gestaltet .hat, in irgend einer Beziehung cha-
rakterisch und auszeichnungswürdig schien, hat er hervorgehoben
und, wo es thunlich und nöthig war, durch Hinweisungen auf
aiuih'che Verhältnisse in England Doch deutlicher heraustreten
lassen. Ucber welche Gegenstände insbesondere er sich aus^e^
Inssen, mag aus folgender Uebersicht der einzelnen Capitel er-
hellen, wobei wir nur bedauern, daüs es der Raum unserer Blät-
ter nicht ei^aubte, Mehr eres davon hier mitzuth eilen. Mit Ver-
gnügen schicken wir aber die allgemeine Bemerkung voraus, dafs
sein Werk, allerdings ein sehr sorgfältiges Studjum des Gegen-*
Standes beweist , . dafs er die einzelnen Gegenstände mit yieler
23*
« \
y^Ci J:. L, Casper Charakteristik il. franz. Medicin.
Einsicht und, Beurtbeiliing abg^ebandelt und eine grosse Menge
schätzbarer Notizen mit^otheitt, Kai; Nicht leicht wird es jemand
gereuen» 4^ie interessante Schilift gelesen au haben.
Erstes CopiieL Geist: der Pariser Schule, Nachdem der
Verf* über die Wirkungen, welche die Lehren eines Hoffhann,
Boerhoßve und S,tahli auch in Frankreich geäussert , über den
Kampf des Maferia&n)us mit dem Spiritualismus , den Sieg des
Ijetzleren besonders in der Schule von Montpellier^ die Verbrei-
tung der Hallerischeu Lehre, die durch Las^oisier ttc. geschaffene
neue Chemie etc, einige Bemerkungen vorausgeschickt hat, ban-
delt er dann von dem Einflüsse der französis^en Revolution
auch auf den wissenschaftlichen Unterricht und betrachtet hier«
auf besonders PincVs Nosographie phUosophique. Die in diesem
berühmten Werke, -welches als das Fundament oder der Codex
der neueren französischen Medicin angesehen wird, auf die Me-
dicin angewendete Philosophie ist (S. 3 ff.) der unter den Fran-
zosen, als welche nicht zu metaphysischen Untersuchungen geneigt
sind, zu dieser Zeit herrschende CondiUac'scke Sensualismus*
Uebrigens läfst sich der Verf. besonders nur über PineFs Classifica-
tion der Krankheiten aus und erkennt zwar dessen Verdienst um die-
selbe an, tadelt aber mit Recht die in der fünften Classe anter
dem Namen Lesions organiques vorkommende, auch von anderen
schon geragte, wunderbare Zusammenstellung von sehr ver-
schiedenen Krankheiten. Die Fehler werden den Principien ei-
ner solchen analytisch • sensual istischen Nosologie zugeschrieben.
Derselbe Sensualismus läfst sich (5. 7.) auch in der merkwür-
digen Ausbildung nachweisen, zu welcher die Franzosen die Na-
turwissenschaften erheben.* Und so sehe man auch in der Medi-
cin diejenigen Fächer so vorzüglich bearbeitet, welche die sinw
Uch wahrnehmbare Erscheinung begreifen, wie namentlich d\e
Anatomie, insbesondre die vergleichende und pathologische, und
die Chirurgie; dagegen die Physiologie noch so dürftig sej und
sich neuerlich in ein oft bedeutuno;sloscs Experimentiren ver-
liere, das man in der Ferne ungemein viel hoher schätze als in
seinem Vaterlande, besonders aber die allgemeine Pathologie ver-
nachlässigt werde, so dafs aucl^ weder in der Literatur (ob-
gleich da^ Dictionnaire des sciences medicales vortreffliche Bruch-
stücke dazu gebe) noch in dem Studienplane da\ on die Kede sej<
(Indessen sind doch in der neueren Zeit mehrere, freilich nicht
bedeutende Handbücher derselben erschienen , -so wie auch
Pinel eines darüber angekündigt hätte).
Zweites Capitel, Der öffentliche medicinisehe Unterricht.
Es werden hier aus der Sammlung netter königl. Gesetze, die
vor kurzem in Frankreich gemachte Reform der Universitätsciii-
richtangen im Allgemeiuen und des medlcinischen Unlerrtclites
J. L Gasper Charakteristik d. franz. Medicin« 35/
iasbesoodere betreffeod, melirere interessante AclenstudLe oiit(^«-
theilt. Die jctzt*j;eii Universitäten sind , abgesehen ' darbo , dbffs
man ihnen noch eine, weira auch eingeschränkte, Gerichtsbarkeit
gelassen und dafs sie die Macht haben, wissensdiaftlicbe Worden
zu. ertheilen, in Ansehung der ßeschrätakung der Freiheit den
Elementarschulen gleichgestellt., Besonders merkwdrdig ist aber
das Gesetz y dafs Niemand mehr zur Inscription in den mcdici*
nischen JPacultäten zugelassen werden soll , der nicht die noth-
vendigen wissenschaftlichen Vorkenntnisse und den Grad eines
Baccalaureus der IVissenschaftea sich erworben hat. In den
weiteren Bemerkungen über den Stadienplan deutet der Verf.
auf das Uebergewicbt des chirurgüchen Treibens in FrSnkreich
vor dem roedicinischen , vermifst wieder die Vorlesuhgen über
ollgemeine Pathologie, wie auch besondere Vor t|[äge über /?aMo-
logische Anatomie und Ophthalmologie, Sodann giebt er noch
an» wie die anatomischen Cabinette gegen die deutschen zurück-
stehen, tadelt den Mangel an grossen und passenden anatotnisehen
Theatern und fügt es in Ansehung der klinischen Institute, defs
in keiner Pariser Klinik der Schüler irgend jemals einen Kran«
kcn zu behandeln bekommt , sondern überall nur zu sehen habe,
wie sein Lehrer es mache. Endlieh läfst er sich noch aus -i^ber
(las Examen zur Erhaltung des Dociorgrades (das im Ailgemei-«'
n^n viel weniger sciiwierig sey als in Deutschland j , dtis
Schreiben und Vcrtheidigen der Dissertationen (deren grosse
Mehrzahl jene der Deutschen an Flachheit noch übertreffe und
noch unbedeutender sej).
Drittes CapiteL Der praktische Arzt. Enthält einige Be-
truclitungen über das Verhältnifs des praktischen Arztes in Eng-
land und Frankreich . zu dem Staate, zu dem Publicum, zu seinen
CoUfgen und zur Wissenschaft, Es werden insbesondere (S;
44 — 45.) die neuen Verordnungen über die Apothekerpraxis
iii Eifgladd angegeben, und da in Frankreich die officiets de
Sante unter ganz ähnlichen Bedingungen die Praxis treiben dür-
fen, so finde mait in beiden Ländern jene S^cundär Aerzte, die
dem seel. Reil auch für Deutschend ein Bedürfnifs schienen.
Viertes CapiteL Uospicien und Hospitäler. Auch nach den
mehr oder weniger ausführlichen \ou diesen Gegenständen han-
delnden Schriften, welche wir seit Josi Franks Reise erhalten
haben, wird^ man dies Capitel mit Vergnügen lesen. Man findet
darin sehr interessante Bemerkungen nicht blofs über die Insti-
tute selbst, sondern auch über die denselben vorstehenden Aeritte,
deren Ansichten und Handlungsweise, die Einrichtung ihrer Kli-
nik etc. Umständlicher hat sich aber der Verf. besonders über
die grösseren Anstalten ausgelassen, welche zugleich für den Öi
feutUchen Unterricht bestimmt sind, als über das Hotpital St,^
358 J. L. Caspcr Charakteristik d. franz. Medicin,
Louis, wobei dann AUbert, Biett (dies«r bescmders als einer der .
tucbtigsten Acrztc zu Pai-is) und Richerand gescbildert und ge-
gründete Bemerkungen^ über Aliberts Eintheilung der Haut-
krankbeiten, der die von Wüian und Bateman roit Recbt vor-
gezogen wirdy gemacbt werden, über das Hötd^DUu und ins-
besondere dessen grossen Wundafzt Dupuytren,' wie auch über
die Aerzte in demselben, Recammier, Husson, Petit und J/o/z.
taigne, die sämmtlicb, mehr oder weniger, am meisten Husson,
Anhänger yon Broussais sind, üBer die Charite, y und die darin
wirkenden AenXe , Bo/er , Pkäibert Joseph Reux, Lerminier
und Fouquier, endlich über Larrey als' ersten Chirurgen des
Höpital mHitaire de la garde rojraie.
Fünftes CapiteL Zur praktischen Medicin, Ueber Epilepsie,
Krätze, die Anwendung des Arseniks in' Hautkrankheiten , Tinea,
die Paracentase des Schädels beim Wasserkopfe, sjphilltiscfic
Krankheiten, , La eniißc*s Shethoscop, Fouquier's Anwendung des
Bleizuckers in der Schwindsucht, die Bleikolik und die Moxa
werden interessante Notizen mitgetheilt.
Sechstes Capitel. Broussais und seine Lehre. Der Verf.
stellt diese Lehre nach den dem neuen Examen des doctrmes
mddicales vorausgeschickten Sätzen dar (wovon in unseren Jatir--
büchern, iSaa Nro. 49 — 5o. eine Beurtheilung raitgelheilt
worden ist), -Obgleich er aber keine specielle Kritik
der Lehre gegeben 'hat, so erhellet doch aus seinen Aeusserun-
gen, dafs er das, was an derselben einseitig, übertrieben und der
Natur widersprechend ist, wohl einsielit, ohne die gute Seite zu
verkennen. So wie er $iber (S. 264*) darin einen aufer wecktet);
nur freilich umgekehrten und modificirten Brownianismus erkennt,
so hebt er auch später (S. 289.) noch die einzelnen Züge lici'
^^or, die Brottssais mit Brown theilt« Besonders interessaHt ist
aber noch, was zuletu (S. 290.) über das Mortalitäts -Verhalt*'
Ulfs, wie es sich im Plospitale des F'al de Gräct bei den ver-
schiedenen Hpspitalärzten (ffcudy, Desgenpttes, Pierre, Broussais)
in fünf Jahren zeigte, mitgetheilt hat, was sowohl mit den AngalnMi
von Broussais Anhängern,^ die im Gegentheil den günstip^cn Kr-
fol^ seiner Curen preisen, als mit den Aeusserungen derer, die
die glücklichen Curen zugebend sie wenigstens dem Umstände
zuschreiben, dafs Broussais in jenem Hospitale nur junge Solda-
ten zu behandeln habe, in offenbarcui Widerspruche siebt, und
.was wir daher seinen Anhängern und überhaupt denen, die
blofs von der antiphlogistischen Methode und insbesondere von
den (freilich von Broussais verschwenderisch angewendeten)
Blutigeln Heil erwarten, auch hier zur Beherzigung voile^f"
wollen. Es W'ar nämlich das Mortalitäls - Verhältnils in jeüfni
J. L. Casper Charakteristik d. franz. Medicin. SSg
Hospitale unter der Behandlung der Verschicdeuen Aetzte in fünf
Jahren auf folgende Weise verschieden :
.
Fmdx.
Desgenettes,
Pierfe.
Broussau^
i8i5.
1 : 17.
1 : 19*
i : 16.
1 : ,ii.
1816.
i M 24.
1 : ^2.
* i X 25.
i : 19.
1817.
1 : i8.
i : 2Q.
i : 24.
i : i4.
1818.
i : i5.
i : 16«
1 : 20.
t : .12.
1819.
i : ,12. ,
1 : 2!».
i : i8.
1:8. ;
Siebentes CapiteL Ophthalmologie. In der Ausbildung
derselben steht (S. 293."^ Frankreich iji der, neuesten Zeit gegen
England und noch mehr gegen Deutschbnd zunick. In d<;m In-
stitute des Herrn Guillie^s (den der Verf. auch noch nicht als
bedeutenden Ophthalmologen aqerkennt) leiten zwei jüngere
Sciuiler Beer's die cousultative Klinik. Sehr gerülimt wird abei^
die Augenklinik, welche unter dem Namen Infirmary for diseases
of the eye in London unter dei* Direction von . tV. Lawrence,
Farre und' Benj, Trailers steht. Ausser der in Frankreich noch
wenig beachteten . Keratonyxis und Dupujtf^ni Meinung .über ,
dieselbe werden hier besonders noch die Verhandlungen übe«
die ansteckende Kraft der sogenaitnten ägyptischen Augenentzüa* .
düng in Frankreich und England berührt.
Achtes CapilcU Geisteskrankheiten imd Irrenhäuser, Da
nach, des Verfs. Meinung (S. 317. und Vorr. S. XX. ) die Lehre
ven den Geistesicrrüttuugen in der Cultur - Gesichle der fran-
zösischen Medicin der neueren Zeit ohne allen Zweifel den er-
sten und ehrenvollsten Platz behauptet , hielt er es für nöthig,
sieb Ipoger und ausführlicher mit diesen Untersuchungen zu be-
schäftigen, und diis um so mehr, als sich gerade jetzt ein bedeu-
tendes Streben für die psychische Heilkunde iu Deutschland rege
und wir davin doch alles Heil von den zahlreichen Erfahrungen
der Franzosen und Engländer zu erwarten hätten ( ?), Zunächst
aher fand er(S. 3i8. ) nÖlhig die theoretisclicn Forschungen auf
diesem Felde von den praktischen Ergebnissen der Erfahrung zu
trennen. In Bezug »aiif jene naacht er hier (S. 319 ff. • wieder
pälier darauf, aufmerksam, dafs die unter den Franzosen jetzt
herrschende /Philosophie der Co;{^i7/acj'c^ Sensualismus sey, wel-
cher yoa. Pinel und seinen Anhängern besonders auch auf die
Lehre von den Geisteskrankheiten augewendet worden sey. Nach*
dem er hieraufv(S. 325 ff.) die P in el-Esqui mische Einthcilung
der Gcisteskraiikhciten angegeben , theilt er (S. 328 ff.) auch
seine eigene Ansicht über die mögliche Genesis der Geistcszer-
V
\
\
- /
36o X L. Casper Charakteriatik d. franz. Medicin.
ruttungen mit« So \m jede Nosologie auf den physiologischen
Gesetzen der Organe gegründet seyn m(isse| die sie behandelt,
so müsse nothweadig auch die Nosologie des Geistes von der
Physiologie desselben ausgehen. Der einzig mögliche Weg, um
ians Ziel zu kommen , sey der| dafs man von derv Anatomie des
' Geistes y mit anderen Worten: mon den loschen Gesetzen der
Vtrstemieshräfte ausgehe, denn in ihnen müsse nothwendig der
geringere wie der grössere Grad der Geisteszerräliung bedingt
seyn. Der Verf. betrachtet dann die einfachen Versfandesopera-
Uonen, Vorstellungen/ Begriffe, Urtheile und Schlüsse und sagt
(S. 33 i.), dafs Auf ihnen die allgemeine Action des Geistes be-
ruhe, und diese sey der fFille, Diesen sieht e^ also als das aus
der Summe der Yerstandesoperationen hervorgehende Resultat an^
welche die freie^ Th^tigk^it des Geistes bestimme oder vielmehr
diese selbst sey.
Uebrigens ninimt er dieselben Haupt- Arten der Geistes-
krankheiten an, wie in der Pinel-E$€|uirolschen Eintheilung, als
den ßxen Wahnsinn oder die Monorhanie » die Narrheit j den
lUödsi/in un4 die Raserei, nur dafs er in der Beurtheiiung der-
selben abweicht. So scheint ihm z. B. die Monomanie nosolo-
gisch der sinnlichen Wahrnehmung anzugehören, indem ihr We-
sen in alienirten sinnlichen Vorstellungen bestehe. Ks wird je-
' doch der Fehler nicht blofs auf die Täuschungen der äusseren
Sinne und insbesondere dss Geraeingefühles, sondern auch (S.
337.) auf die falschen Vorstellungen des inneren Sinnes bezo-
gen. Narrheit ^nach dem Verf. auch Tollheit genannt) entsteht,
wenn der Geist aus richtigen "W^Axtufiimmigen falsche Begriffe
und Urtheüe bildet, diese falschen Begriffe sich aber so rasch
aufeinander folgen, als die sinnlichen Vorstellungen sich folgeu,
auch wohl diese verkehrten Begriffe im Geiste sich drängen uud
eilen. Da hier dcfr eigentliche Grund der Krankheit in der
Schwäche der Begriff)f - Fähigkeit liege uud die höheren Ver-
ftandeskräfte eigentlich nur in sofern litten, als ihre Operationen
auf jener Fähigkeit begründet sind, so sey zu begreifen, wie iu
den Remissionen des Leidens der Kranke ^'^n^ vernünftig schei-
nen und auch wohl seyn könne. Nach desRec Meinung möchte
aus blosser Schwäche der M^griffs' Fähigkeit der beständige Wecli-
sd von ungereimten Vorstellungen , welcher .d^r Narrheit eigen
ist, nicht woM zu erklären seyn. Jedoch ist neben dieser all-
gemeinen Verkehrtheit ^er Vorstellungen 'auch Schwache des
Verstandes nicht lu verkennen. Uebrigens hat die eigentliche
Narrheit gelten helle Zwischenräume, sondern, ist meistens anhal-
tend. Was die höheren Grade des Blödsinns betrifft, so diinkts
A^n Verf., dafs diese eigentlich gar nicht iu den Krankheite»,
zu den Zerrüttungen des Geistes zu rechnen seyen, indem dariu
J« L. Casper Charakteristik d. franz. Mcdicin. 3Gi
offenbarer' Defeet der geistigen Fäfifgheiten sej uiid ronti dieseir
eben so wenig %ü den Krankheiten zäblen könne, als man den
Mangel des Herzens , des Gehirns, der Nieren, der Gallenblase
zu den Krankheiten dieser Organe rechne. Auch selbst die nie-
deren Grade des Stumpfsinnes glaubt er nicht anders definiren
»u können , als eine Hemmungsbädung ^ i^f welcher der Geist
stehen geblieben ist. Dem Einwurf aber, dafs in diese Ansicht
nicht diejenigen Fälle pafsten, wo nach äus$,eren Veranlassun-
gen, nach ttnmässigem Blutverluste , nach Kopfverletzungen etc.
erst in späteren Jahren Blödsinn entstand, setzt er die Frage
entgegen: ob nicht ganz ähnliche Erscheinungen im Körper Statt
fänden, ob oicht durch äussere, mechanische Gewalt, durch
chronische Lungenkrankheit etc. das längst verschlossene Fora^
menovaie im Herzen wieder geöffnet und dadurch dies Organ
wieder auf seine Entwicklungsstufe zurückgebracht werden
könne? So wie wir aber dem Verf. nicht beistimmen können^
wenn er die sogenannten Hemmungsbildungen auch nicht zu dlea
Krankheiten der physischen Organe gerechnet wissen will, Mt
können wir noch weniger die Ansicht billigen, wornach der itt
späteren Jahren durch zufällige Ursache bewirkte Blödsinn nicht
für krankhaft gehalten wird. Und kaim überhaupt nicht auch
Schwäche oder Mangel gewisser Kräfte und Functionen krank-
haft sejn? — Als den höchsten Grad aller Geistes Zerrüttung,
wo alle Functionen so durchaus verwirrt sevcn und wo dann
die Fähigkeit, Schlüsse zu bilden, als eine in der Reihe, in dem
Totale der pathologischen Verrichtungen höchst , wiclrtige, ooth-
wendig sehr verändert erscheine, sieht der Verf. an die Raserei^
Manie f^w eiche er auch F'errucktheit nennt )\ bei ^velcher^ weä
alle geistigen Functionen so zerrüttet erscheinen, nathrlich tmch
die ReactioH auf die allgemeine Thätigkeit des Geistes, ,auf den
Tillen, am mächtigsten sejr, upd der Wille, wie nirgends, mk
der blindesten, wüthendsten und rücksichtslosestcu Despotie herr-
sche. Nach des Recens. Ucberzeugung wird indessen die Manie
weder durch die Annahme eine«, höheren Grades der Gelstes-
zerrultung, noch durch die eines (sonst als charakteristisch ange-
scheuen) allgemeinen Wahnsinnes gehörig erklärt, dagegen ihm
Pinels Ansicht von derselben die gegründetste zu sejn und auch
das, vras dieser o&er die von ihm sogenannte Memie sans delire
gesagt hat, alle Beachtung zu verdienen scheint, worüber er sich
an einem andern Orte näher auslassen wird*
In der Zusammenstellaiig der praktischen Resultate über
dies Thema hat der Verf. das, was er mündlich vpn Pariser und
Londner Acrzten, namentlich von Esquirol in dessen Vorlesun-
gen, erfuhr, mit dem, was er ans eigner Anschauung hat, und
mit den an den verschiedeneu Slciiea Verstreuten Einzelnhektcu
362 J. L. Casper Charakteristik d. franz.! Medicin.
' bei jenen englischen und fraifzösiscben Sc;hriftstellero , die unter ^
uns weniger bekannt sind, zu einem geordnelei^ Gemälde verei-
cfigt. Die Materialien sind so geordnet, dals zuerst das allge-
meine Verbalten der Geisteskrankheiten zur Po^ulatipD, zu dem
.Geschlechte und Alter, dann ihre Ursachen, die . prognosti-
schen Sätze, die Curmethoden und die Resultate der Leichen-
ÖlFiiungen^ berücksichtigt werden. Es ist dies ein sehr schätzba-
rer Beitrag zur Gescbicbte der Geisteskrankheiten, wofür der
Verf. allen Dank verdient» Zuletzt hat er von den bedeuieud-
sten Irrenanstalten das hinzugefügt, was ihm in irgend einer Be-
ziehung, interessant und neu schien, und dabei auch wieder ^ie
bei den anderen Hospitälern, über die Vorstehjer derselben, als
bei der Scdpetrere über Pineel nnd Esquirolj bei Bicetre über
Fariset ß hti Charenton über Royer CoUard, bei dem neuca
Bei/dem über fVright und fVtUiam Lawrence iuteressante No-
tizen mitgetheilt«
Neuntes Capitel. Gebär'- und FindeUiäuser. Zuerst Nach-
richten über das Hospice de l'accuchement (MaterniU) und über
Chaussier. Da der Unterricht in der Geburtshülfe den Studie-
renden hier unzugänglich ist, kommen ihnen die Privatlehrer für
dies, Bedürfnifs entgegen, unter deren Vorlesungen die von 6a-
puron und i^ajgn^r ausgezeichnet werden. — Sodann über
das Hospice des Enfans trouves und das FoiavdUng ^ Hospital»
Zehntes CapiteL Zur medicinischen Polizei. ^J Apotfieken
und Pkarmacie centrale* £s wird zuerst in Ansehung der. Apo-
theken die freie Concurrenz, die in Paris wie in London Statt
findet, getadelt. Desgleichen die unendliche Menge der Arcana,
der JPanaceen etc., die die Apotheker in beiden Städten mit
grossen Lettern dem Publicum darbieten. Eine Apotheke \n
Paris biete von aussen her gerade denselben Anblick dar wie
der daneben befindliche Gaianterieladen. Dagegen wird die hier
umständlicher beschriebene Pharmacie centrale nach Verdienst
gerühmt. ^) Beyqlkerung und Consumtion - in Paris, 3J Oef-
f entliche Abtritte. Nach vorausgeschickter Bemerkung, dafs in
Paris eine Verbesserung der Abtritte besonders nöiliig war, wer-
den die Cabinets d'aisance inodores und die neuerlichst von Ca"
zeneuve und Donat lirfundeuen Fosses mobiles inodores beschrie-
ben und gerühmt. 4J Anstalten jftir gewaltsam f^erungliickte»
Bemerkungen über die Häufigkeit des Selbstmoi des in Paris und
London« Beschreibung der zur Erkeuntnifs verunglückten, todt-
gefundenen bestimmten Häuschens, der Morgue^ 5) Medkitii-
sehe Charlataneric. Wie diese sich in Paris dem fremden Beo-
bachter mit den grellsten Farben , unter den possierlichsten uud
veriicbiedeustcii Geslalteu z^ige, wird hier durch artige Bei-
spiele daxgethau. — ^
Ternaux über Aufbewahrung des Getreides. 3G3
w
t
In England I yro ^S. 555.^ der Begriff Polizei in unserem
Sinne, bei- dem Gefühle der ausgelassensten Freiheit, einer der
gehässigsten ist, ja eigentlich eine solche Polizei gar nicht exi-
stirt, ist auch eine medicinische Polizei nicht zu erwarten. Da-
her kommt es denn auch, dafs Aerzte, Wundärzte,. Apotheker,
Quacksalber in London friedlich neben einander prakticiren;
Eilftes Capitel, Dictiannaire des sciences medi^
cales. Der Verf. hat dieser grossen Encjklopädie hier eine
besondere Aufmerksamkeit widmen zu miissen geglaubt, vveil sie,
wie für die europäische medicinische Literatur überhaupt, so
ganz besonders für diejenige Frankreichs eines der wichtigsten
Werke uusers Jahrhunderts sej, indem sie ein geordnetes Ar-
chiv der Arzneiwisseiischaft der Franzosen bilde und die Nach-
kommen sie noch historisch würden consultiren können, wenn
auch die Medicin in Folgezeiten eine veränderte Gestalt ange-
nommen haben wird. Bei aller Anerkennung des vielen Gut^n,
vas in. dem Werke enthalten ist, wird jedoch als ein Haupt-
fehler gerügt der Mangel an Kritik, der sich offenbare erstens
in der Aufnahme sehr vieler Ahhaudlungen, zweitens in dem
Mifs Verhältnisse, in dem viele Abhandlungen zu andern stehen,
so dafs bald ein Artikel unverhältnirsroässig lang, bald ein wich-
tigerer Gegenstand ganz ungenügend bearbeitet sej, drittens iu
der äusseren Form vieler Artikel, ^der in den unzähligen Wie-
derholungen derselbe^ Gegenstände unter verschiedenen Rubri-
ken, endlich in der Ausvyahl der Literatur und in Ansehung
vieler Kupfer. Hierauf wird (S- ^76 ff.) noch die Bearbeitung
der speciellei) Fächer in diesem Werke gewürdigt und es wer-
den die wichtigsten Abhandiuuijeh der einzelnen Mitarbeiter
ausgezeichnet. /
Anhang, f^arietäten. — Register.
♦ Ucbrigcns hat der Verfasser in den einzelnen Capileln
auch die darauf sich beziehende Literatur gut angegeben, desr
gleichen Abbildungen von einigen^ Instrumenten , von Laennecs
Stet/ioscop und dem zur leichleren und schnelleren Eröffnung
4cr Wirbekäule schicklich eingerichteten Rachilom beigefügt.
J. IV, li^-Conradi, ,
Das beXte Mittel gegen zu niedrige Getreidepreise, in einer Dßr"
Stellung an die Societät- der Aufmunterung , jxehst den
Piotokollen Hier die tu St. Ouen, bei Paris, ange"
stellten Fer^uche zur Auß)ewährung des Getreides in einem
Silo\, oder in einer unter indischen Grube"; vom Baron
Tb a jh a u X. Mit - 4 Kvffcr. Aus dem Französischen.
3Ö4 Tcrnaux über Aulbewahrung des Getreides.
Leipug, im Industrie - Comptoir ; 489St» XU und 64
Seiten S. geh. 4SI ggr,
JJcr Verf., beruhofit durch die gelungene Einbürgerung der
tlbetisclien Ziege in Frankreicli, z^igt sich hier für einen anderen
GegcDsland des Gemeinwohles eifrig bemuht. Seine Schrift lehrt
uns keine neuen Mittel zur Aufbewahrung des Getreides kennen,
vielmehr sind bei dem Säo ( der Name ist zunächst aus dem
Spanischen genommen ) , in dem der Versuch angestellt wurde,
die von Lastejrrie und A. angegebenen Einrichtungen nicht zu
Hülfe genommen; aber desto mehr Gewicht hat diese neue Er-
fahrung über das Gelingen der Unternehmung unter gar niclit
besonders günstigen Umständen. Die Grubq wurde in Margel-
boden, der nicht ganz trocken war^ gegen t^' tief gegraben;
gl/ über dem Grunde derselben fing erst das Mauergewölbe
an, welches sich oben an die Einschüttungsrohre anschlofs; die
Wände ringsum wurden i' dick mit Stroh ausgeschlagen^ 199
Hektoliter ( gegen 363 Berliner Scheffel } Wattzen blieben vom
Decemb. iSig bis Octob. 1^20 darin, fanden sich beim Heraus-
nehmen auf 2o5 vermehrt, wahrend das Gewicht des Hektoliter
um a| % abgenommen hatte, welches wirklich weniger Abgang
ist, als auf dem Getreideboden bei neuem Getreide gerechnet
wird. Mit Ausnahme der obersten Schicht, etwas über 1 Hek-
toliterj die einen dumpfigen Geruch zeigte, war alles übrige voll-
kommen gut erhalten. Die Kosten der Aufbewahrung^ auf Bo-
den berechnen sich in' Allem auf ungefähr f o Procent, in grös-
seren^ Silos aber, wenn diese erst nach 2 Jahren geöffnet wer-
den, mögen sie nur i Procent betragen. Ucbcr Verschliessun^
und Oeffnung des Silo, sowie über Mahl- uixd ßackprobe sind
genaue Protokolle beigebracht, wodurch die pchrift etwas weit-
schweifig wird; doch enthält sie noch manche gute Bemerkungen,
über denen man die Unkunde der Naturwissenschaft (S. 5 %:)
gerne vergifst. Ref. vcrvveist übrigens bei dieser Gelegenheit
auf die reichhaltige Abhandlung von Marechaux im polytechni-
schen Journal, V. a und 3., .und in ^Ansehung der Magazine zu
Livorno, die mit Ternaux's Silo viel gemein haben, auf «v. IVie-
bekings Beschreibung derselben im neuen Kunst- und Gewerb-
blatt des polytechnischen Vereins in Baiern, 1823. Nr. 5.
S. B. V.
s
Handbuch der psyAischen Anthropologie oder , der Lehre von der
Natur des menschlichen Geistes von Jacob Fri bdhich
FKißSj Grofsh. Sächsischem Hofrath tiud ord. Professor
*
Fries Handbuch der psychischen Anthropologie. 305
der sPhUösophie zu Jena- Jena in der Cröherschen Buch-'
hanJlung, 4ter Band 4S9o. IV^ imd 9^ S. ster Band
4^it4. XXXII und %si4 S. Ä ThU. ^ Rthlr. S ggr.
JLler berühmte Verfasser stellt hier eine neue Theorie unseres
Geisteslebens auf, worin er über die Nameoerklärungen hinaus
zu Sacherklärungen zu gelangen strebt und zu glauben geneigt
ist, im Begriffe vom Verstände, als der Kraft der Selbstbeherr-
schung, einen Begriff gefunden zu haben , der in der Anthropo-
logie ein neues Licht verbreite«
lu der Einleitung %nm ganzen VITerk verwirft der Verfasser
die Wolfische Eintheilung in empirische . und rationale Psycholo-
gie, als hier nicht brauchbar, weil sich die Naturbeschreibung
und die Naturlehre des menschlichen Geiktes nicht rein von ein-
ander sondern lassen und der Verstand in allen Wissenschaften
nach allgieiii einen Ansichten strebe, und also nicht nur beschrei-
ben, sondern mehr oder weniger auch die Erscheinungen, auf
Gesetze und Erklärungsgrönde zurückfuhren vroUe. Die von
Ctiriis aufgestellte allgemeine Psychologie (welche die allgemiei-
nen Gesetze der menschlichen Gattung untersucht, im Gegensatz
der 5]pecia2- Psychologie, welche von dem Unterschiede unter
den Menschen handdt, und der Individual'* Psychologie oder
Biographik) ist es, welche, nach dem Verfasser, ein besonders
günstiges Verhältnifs zur Natur* Lehre des menschlichen Geistes
hat. Dieser Theil lasse . sich vollständig theoretisch behandeln;
und dadurch entstehe die Aufgabe, welche der Verfasser philo-
sophische Anthropologie nennt, nicht als abhangend von Meta-
physik, sondern vielmehr umgekehrt als die Grundwissenschaft,
aus deren Gesetzen alle Philosophie entspringen müsse.
Wiewohl psychische Anthropologie, Physiologie des mensch-
lichen Körpers und vergleichende Anthropologie drei eng mit
einander verbundene Wissenschaften seyen, so dais die Naturbe-
schreibung, in keiner von ihnen vollständig werden kdnne ohne
Beihülfe der andern, so dürfe man sich doch nie einbilden, durch
das Geistige etwas Körperliches oder durch das Körperliche et-
was Geistiges erklären zu können. So viel£u?h die Thatsachen
der äussern und Innern Wahrnehmung sich gegenseitig zu jEtt
kenntnifigründen dienen, Erklärungsgründe könnten sie gegen-
seitig für einander nie v<rerden; daher auch in der psychischen
Anthropologie kein körperlicher Erklärungsgrund iiir geistige
Krscheinungen in die Theorie aufgenommen werden dürfe. Die.
für die vergleichende Anthropologie voh Gcdl aufgestellte Lehre
über das Wechselverhältnifs der geistigen und körperlichen
Functionen sey nur aus wissenschaftlicher Unkunde beschuldigt
356 Fi'ies IJandbi^ch der psychischen Anthropologie.
worden^ dafs sie den Ideen der Freiheit des Willens und der
Selb$tständif;keit des Geistes widerspreche; aber auf der andern
Seite sey auch die wahre Bedeutung dieser Vergleicliungen der
geistigen und körperlichen Functionen keine andere als diese:
\ dafs sie nämlich keine Erklärungsgrunde geben, weder körper-
liche dem Geistigen, noch geistige dem Körperlidien. So warnt
auch der Verfasser gegen alles Spiel mit materialistischen Hypo-
thesen, welches besonders seit Descartes so oft versucht wordea
sey* Er sucht daher keinen Sitjj der Seele im Körper; er er-
klart sich Gedächtnifs, Erinnerung, Association weder durch
Eindrücke im Gehirn', noch durch Ncrv^nfibern, nuth durch
Strömungen des Nervenälhers. ^ =
Wenn gleich die innere Erfahrung' alle Thätigkeiten unse-
res Geistes ab Thätigkeiten desselben Ick vcrrini^je, so sej deu-
ik)ch in ihr kein schlechthin beharrliches Wesen gegeben", und
sie entscheide nicht, ob dieses Ich als ein Wesen für sich, oder
nur als eine identische Form wechselnder Wesen bestehe. Aus
innerer Erfahrung über unser Leben in der Zeit könne daher
keine Lißhre von einem unsterblichen denkenden Wesen gebildet
"Werden, und der Verfassei' widerspricht gerade zvi, den über-
mässigen Anforderungen der Psychologie an die Metaphysik,
nach- welchen die Idee von einer unsterblichen Seele als wissen-
schaftlicher Grundgedanke dien Erklärungen des menschlichen
Lebens in der Zeit zu Grund gelegt werden sollte. Er~ spricht
daher auch nicht sowohl von einer Seele, sondern nui* von einem
menschlkhen Geiste, so wie uns dessen Natur im vorüberschwiu-
dendon Zeitleben erscheint. Auf der andern Seite dürfe aber
auch die Metaphysik nicht umgangen werden, indem jede innere
Wahrnehmung Thätigkeiten unseres Ick zeige , welche Aeusse-
rungen der Vermögen desselben seyen; und es sey falsche Spitz-
findigkeit, diese Geistesthätigkeiten ohne Geist esvermögeu denken
zu wollen. (— <^ Ist es aber weniger spitzfindig: das Ich in
eine identische Form wechselnder Wesen zu zersplittern?)
Weil die Namenerklärungen * nie Einsicht in die Natur eines
Dinges gewähren, und für > eine eAiarende Wi^enschaft alles
auf Sacherklärung*ea ankomme; so ergebt sich, dafs die Be«
qucmlichkeit^ der dogmatischen Methode, welclie ihre Begriife
durch Definitionen bestimmt, alzuoft die allein richtige kritische
Methode verdränge, die noit niehr Schwierigkeit die Begriffe
aus gegcbeneui Sprachgebrauch durch Zergliederungen bestimme.
Daher komme es, dafs jeder gerade bei den Haupfworten der
Wissenschaft, z. B. Sinnlichkeit, Verstand, Einbildungskraft, Ver-
nunft, Empfindung, Gefühl etwas anderes denke. Indem der
Verfasser nur durch eine grün Jiiche Methode der Sacherkläruu-.
Pries Handbuclü der psychischen Anthropologie. 36/
gen zu ein^ni wahrhaft brauchbaren Sprachgebräuöh zu kommen
trachtet, so kommt es, dafs er von' vielen in der Schule gevvohn-
liehen Begriffsbestimmungen ' abweicht.
Der erste Theil, welcher dien ersten Band ausfüllt, enthalt
die Beschreibung und Theorie des menschlichen Geistes über-
haupt nach seinen Vermögen-
ister Abschnitt. Allgemeine Betrachtung des mensch-
lichen Geistes.,
Da dieser Abschnitt den Gruid enthält, wodnrch des Ver-
fassers Ansichten von denen anderer Psychologen so ^sehr ab-
weichen, S0 müssen hier diese Grundgedanken wenigstens ange-
deutet werden. \
»Der Miensch findet den Menschen unter allem, was ihm
im Weltganzen unter den Gesetzen der Natur erscheint, allein
als das Wesen höherer Art, als das vernünftige Wesen, dessen
Dasejn sich ihm bestimmt * aber die Schtaiiken der Natur hin-
aus deuten läi'st. «Der Mensch erkennt unter allen Naturerschei-
Duiig^en nur den Menschen als ewiges, freihandelndes Wesen,
als Person, welcher, Kraft ihrer Persönlichkeit, Rechte zustehen,
welche durch ihre. Persönlichkeit der Tugend empfänglich wird.
Alles andere hingegen ' wird uns als Sache untergeordnet. Die
Zeichen dieser seiner pe]:sönlichen Wurde und seiner Abkunft
müssen wir, absehend vom Körper und dem^ Körperlichen-, su*-
chen durch die innere geistige Selbsterkeniltnifs, weldie jedem
Menschen sein /<r^, sein Selbst durch dessen innere Tkätigkeit
zu erkennen giebt. Durch diese Betrachtung ünden wir das
eigenthümliche höhere Vermögen des Menschen im" Verstände,
d. h. in der Kraft der Selbstbekerrschtmg , durch welche der
Mensch fähig wird, sich selbst auszubilden.« — Dies ist der
Grundgedanke für des Verfassers Ansicht unserer Wissenschaft,
wie er selbst sagt.
Aber fragen wir den Verfasser: Wenn der Mensch von
seinem eigenen. Ich nicht versichert ist, ob es als ein Wesen fiir
sicli, öder ob es nur als eine identische Form wechselnder We-
sen bestehe, (wie des Verfassers freilich nur philosophisclier,
nicht religiöser Skeptizismus lehrt) ; mit welchem Folgerecht
kann ein solcher Skeptiker die Persönlichkeit, die er im Grunde
sich selbst abspricht j in Andern verehren? Wie kann er An-
dern eiu Recht zugestehen, das er selbst nicht fordern darf?
Indem er seine eigene persönliche Wurde bezweifelt, wie ks^nn
er An dte -Wörde der Menschheit glauben und dieselbe seinem
obersten Grundsatz der Anthropologie zum GrunU Ic^en ?
Schön und' einleuchtend zeigt der Verfäsger den ünter-
sohied zwischen Geistesf^liätigkeitei^ und Oeistesvermögen , den
Aristoteles aufstellte. Nur aber lallt es auf, wie er, im Gegen^
368 Fries Handbi^cb der psychischen Anthropologie.
satz von ie.n Geistesthatigkeiten , welche in uns in scYineUem
Weclisel a»f sehr Tevänderliche Weise erscheinen , den Geistes-
vermogen em Bleibendes oder wenigstens ein länger Andäuren-
des ontet!ep;en iniir$» Das verträgt sich nicht gut mit seinen
Zweifeln au der Beharrlidikeit unseres Ich's. Mit der Annalime
von andaurenden Geistesvermögeu im Gegensatz von den schnell
wechselnde« Geistesthätigkeiten, giebt der Verfasser selbst die
Waffe her, seine Lehre, dafs das Ich möglicher Weise als eine
identische Form wechselndeit Wesen bestehe, in das Gebiet der
Spitzfindigkeiten zu verweisen, gegen welche doch der berühmte
Mann aa andern Orten dieses Buches mit so vielem Scharfsinn
zu Felde zieht. ,
Ehe nun der Verfasser zu der Betrachtung der Grundver-
mögen, woraus die Organisazion unstoes Geistes besteht, fiber-
geht, stellt er zuerst einige allgemeine Gesetze iiiber die Form
unseres innern Lebend auf. Diese sind : i ) Der Geist des
Menschen ist ein lebendiges Wesen,' indem er sich se\b^ zur
'lliätigkeit bestimmt; vyo hing^en in der Körperweh alles dem
Gesetze der Trägheit unterwoi*fen ist. a) Der Geist des Men-
schen ist ein > vernünftiges Wesen. Die Vemunftigkeit bestehe
in der innern Einheit aller Selbstthätigkeit unseres Geistes.
Durch die Vernunft, als dem Verp;;''>gen dieser Lebenseinheit
oder einer Selbstthäti^eit unseres Geistes werde die Grundge-
stalt unseres Lebens bestimmt« Vortrefflicli und durch sinn-
reiche Vergleichungen macht der Verfasser dies Grundverhäit-
ni£s der Vernünftigkeit, welches um seiner Einfachheit willen
schwerer in abstracto ins Aug zu fassen ist, klar und augen-
scheinlich« £s folgt daraus 9 dafs es in unserm Leben keine
getrennte Mannichfaltigkeit des Erkennens. Fühlens und Wollens
gebe, sondern nur Einheit der vernünftigen Selbstthätigkeit. In-
dem aber hier schon die Schwierigkeiten der Wortbestimmungen
anfangen, so versteht der Verfasser, der Sacherklarung naclit
unter Vernunft jenes Vermögen der einen Selbstthätigkeit unseres
Geistes, und er verwirft die bisher aufgestellten Unterscheidun-
gen zwischen Vernunft und Verstand. jEs lange hier durchaus
nicht hin, dem Vermögen, sich mit WiÜkühr der VorstclluDgea
der Einheit bewufst zu werden, ^inen Namen zu geben; die
Hauptsache sej hier vielmehr, das Grundvermögen der Einheit
unseres Lebens, die Vernunft, von dem Vermögen der will-
kührlichen Leitung unserer Gedanken, dem Verstände, scharf
zu unterscheiden und wobei zu bemerken, dafs diese Vermögen
nicht etwa nur der Erkenntnifs in ihrer Trennung yon Lustge-
fühl und Streben gehören , sondern dem gfanzeA innern Leben.
Wir erkennten mit Vernunft, aber wir fühlten und handeln
auch mit Vernunft*
( ter Beschlufs folgt. )
/
■
1^^= 24 Heidelberger
1823.
Jahrbücher der Literatur.
t^fies Handbuch der psychischen Ahthropologie»
{Bescblufs.)
3) Uer Geist des Menschen ist ein sinnliches Wesen.
Was wir von unseri» Geiste kennen, sey Selbstthätigkeit ;-
aber diese, gehöre einer anfegbareo Lebenskraft, , welche zu
ihrer I^efoensthätigfkeit* erst . dadurch gelange, dafs sie yon-
aussenhcr dazu aufgereizt werde. Bei dieser Bestimmnug uin^*
serer' Sinnlichkeit müsse . man zunächst nicht eben aii den
Korper und etwa an die Abhängigkeit unseres Geistes von ihln
Jenken, sondern diese Begriffe sejcn ganz für den Geist selbst.
Der menschliche öeist sej Vernunft, wekhb nur mit Hiilfe' des
Sinnes lur Entwicklung ihret Lcbeosthatigkeit gelangen könne.
Fitr jedes Vermögen des Geistes unterscheiden wir die Sinn^'
lichkeit desselben als Vermögen durch äussere Anregungen zilr.
Thätigkeit- zu gelangen, und die MJBe Selbsithätigkeit desselben
als die durch die innere Natur unmcs Geistes sähst bestimmte
Form desselben. — Die weitere geistvolle Erläuterung die^^er
abstracten Sätze mufs tm Buclie selbst, nachgelesen W|rden.
Da wir unter Kraft die zureichende Ursache einer Wirkung
verstehen, aber eine solche zureichende Ursache unserer. Geistes*
ilfßiigkeiten nie in unserm Geiste allein: gelegen sej, sondern da
wir, ausser .dem Vermögen in uns, noch andere ursächliche B6*
djngunpcn bedürfen,' welche die sinulicbe Anregungen bringen,
so d6rften wir, wegen dieser sinnlichen Natur unserer Vernunft,
unserm Geiste als Ursache seiner Thätigkeiten nur Vermögen
zu denselben, nicht aber Kräfte zuschreiben. Für die .psjchische
Tbeorie sey, . nach Sachcrklärnng, b^os die. Unterscheidung der
Geistes -Vermögen iti nrsjurünglich angcborne Anlagen (itäJtig-
keitea) und in wähcbud der Ausbildung des Lebens erst el--*
livorbene FertigheiteA brauchbar; wieWohl sich auch von diesc^
Unterschiede «kein scharfer thcorethchec Gebrauch roashen 1a«s>*«
Alle. Fertigkeiten unsere^ Geistes stiitnlen für die Form un-*
,sere9 Innern Lebens unter folgenden Gesetzen: i) Das Gesetx
des Gedächtnisses, a) Das Gesetz der Gewohnheit. .3 J Das
Gesetz d<;r Association, welches als das wichtigste Grundgesetz
aller Krkiärungen in der psychlschou Anthropologie an^usotien
-. 24
■i
370 Fries Haüdbuch der psychischeo Anthropologi'e,
•ejr und im Innern Gedank.enlauf alle Ordnung Und Verbindung
besttmine. Aber diese Association, ^ie eine Folge der Kinheit
.unserer Leb'ensthiitigkeit oder de|c VernuBfti|;keit' unseres Geistes
sejy. gelte nicht nur zvrisclien Vorsiellungsspielet^ , sondern sie
greife durch die ganze- Einheit unsö'es Zeitlebens hindurch,
in die Gemutbsbewegungen sowohl als ia die Yorstellungsspiek:
der Phantasie^ — Die Fruchtbarkeit .dieses Satzes zur Erklarun«:
j>sychblogisCher Erscheinungen wird durch < des Verfassers Vor-
trag äu£s einleuchtendste . dargetlmn. 4) Das Gesetz der relnea
Vernunft oder das Gesetz der Einheit und. Nothwendigkeit y als
das Grundgesetz atier JDeductionen Für die apodiktischen^ mathe-
matischen und philosophisphen Grundbe&timnuittgcn unseres Gel-
. ste^lebpn. Der Verfasser hält d^jenige Jlein'ung der Philosophen
für unhaltbar, nach welcher die Mamiigfaltigkeit der Geistesthä--
tigkeit nicht statt ' finden könne, sondern nur *nach einander fallea
müsje,
, Nun kommt der Verfasser auf die Grundvernidgen uosercs
Geistes und die Hauptstufen seiner Ajisbildung, sie in nähere
.Betrachtung ziehend, zu ri^en.
\ Um nach Sach erklär ungen eine 'Beschreibung des mensch-
'Jtchen Geistes bestimmt: geben zu können, unterscheidet er die
Anlagen des menscldichen Geistes i) in Anlage zur Erkennlnifs
.oder zur Vorstellung, des Dasejns der Dinge.; 2)* in. Anlage des
Herzens t>der Gemüths, wdphe uns das Interesse ia den Vor-
stellunj^cn vom Werthe . dS, Dinge in den Gefühlen der Lust
.tfud IJnlust giebt;\5) in Thatkraft, wodurch das Gcmtith zum
Trieb oder Begehrungsvetmögen « und unser ßeist selbst ver-
.nünftige Willkühr' wird. Diesjs Thatkraft sey zweierlei: ausser-
lieh ein Vermögen unsern Körper willkiihrUch zu bewegen ; iu'
uerUch,. durch Association des Interesses mit andern Geistesthä-
itigkeiteoy . nie Kraft jier Sähstbeherrschung^ welche^ er i^erstand
nennt.
Die Anlage zur Erkenntnifs sej allerdings die erste, welche
. von den beiden andern vorausgesetzt wird ^ upd alles' in unser m
Geistesleben sej Erkenntnifs oder nur durch Erkenntnifs mog*
lieh;, weswegen auch die Psychologen von Descartes.bls auf
Platner die Erkenotnifskraft oder Denk- oder Vorstellui^gskraft
der Seele für «die einzige Grundkraft gahalten, aus der sich alle
andern, auch* das ' Begehren, und Wollen abjeite;i lidssen; dabei
Iber hätten sie sich jedoch* durch den unbestimmten Sprachge-
hrauch getäuscht ; denn es verstehe sich nicht aus blofsen Be-
griffen, von selbst, dafs jedes erkennende Wesen auch ein sich
, .interessirei\des stfjn müss^. — Jndem hier der Verfasser xon
der Raotischen Lehre ausgegangen, so weicht er doch von ihr
'in zwei weseiitlicbea Pupktc^n ab. ^rstlicb, Kant unterscheidet
/ I
fricS 'Handbuch der psychisdien Anthropologe. 371
•
clie CTjÄttcTvei^dgen in Erkenntnirsvertnogen ^ in Vermögen des
Gefühls der Lust und Unlost , • und iq BegehrungsTetmdgen«
Damit aber, meiiit der Yerfiasserv sey der Unterscliied der zweiten
und dniten Anlage unseres GeUtes nicht richtig bezeichnet ^ Be-
gehren sey no(h nicht Handeln* Wenn es auf Sach erklär ungcn
aukopime ^ so. sej Herz und Trieb * ( oder Gemoth ) und Begeh«-
rnngsvermogep eins und dasselbe^ und erst das willkührliche
Handeln miisise an die dritte Stelle gesetzt werden. — Zyira'tenSy •>
zn t^olge der Kantisciven Eintheilüng pilegen cNi- Psychologen
ein Vermögen der Seele nach dem andern zu beschreiben und
Vit getrennt von einander zu betrachten; was doch nicht aüs<»
fubrbar sev^ weil in jede^ wirklichen LebenstKätigkeit alle /[frund*^ -
anlagen mit eiAnder aiigeregt stijen. , Deswegen verbindet det
Verfasser mit dem Unterschiede der Anlagen noch den Unter«*
schied der Bildungstufen unseres Geistes. Nämlich: -
So wie aus der Vereinigung der oben enpvahnten Anlageti
(£rkenntnif$^ Herz und Thatkraft) das X>ebcn unseres Geistes
seiner sinnlichen 4N^atur' nach entwickelt werde, so mnfsten wtk' •
diesen Anlagen , drei Momente orde;r Hauptstufifto des Geistes an
die Seite setzen^ w^elch« man api kürzesten mit Sinn, Gewohn-
heit und J^erstand benenne. Jede Leben sä usserung unseres
Geistes fordere nämlich zuerst sinnlithe Anregung \ .das nun an«»
geregte Leben aber bilde sich innerlich nach Gedachtnifs und
Asspcfatioii durch Gewohnheit in seinen Fertigkeiten Weiter fqrt^
so dafs hi<*r durch Gewohnheit nnserm Geistesleben die Gesetzt
des untern Gedankenlaufes vorgeschrieben werden* . In diesen
untern Credankenlauf greife ^ann der Verstand odexv die Kraft-
der Selbstbeherrschung mit willkühr)ipher Leitiing unserer Ge^*
danken und gebe unscrm Leben den obern Gedankenkuf der
Selbstausbildung nach Zwecken. P^r. dadurch glaubt der Ver«*.
fasser eine wahrhaft brauchbare Gruppirung der Lehren der
Psychologie Z|i erhalten und sie. zur natürlichen VorbereitunV
zur ElhiK zu erheblbn, dafs. er ds^ Menschenleben als' Aufgab«
3er Selbstbeherrschung und Selbstausbildung an^ieljt, ( ^<- Ge*»
wifs der Gedanke ist schon* und tief gcfafst und durcbgv^führt >y
und- die einzelnen Untersuchungen dem g^mäfs ordnet, wie jede
Grundanlage unseres Geistes dem Verstand einen - ihr eigenen
Zweck der Ausbildung vorhält Nun kommt er auf jede diesem
drei Hauptstufen zu reden. *
i} Sinnliche Anregung des Lebens« —^ Alle Grundanlagen
unseres Geistes, sowohl die. Selbstthätigkeit im Erkennen als die
Selbsttbätigkeit unseres Gemnthes und die Thatkrait, würden auf
gleicho^ftssige Art sowohl äusserlich als innerlich sinnlich ange^
regt. 'Wenn aber der Verfasser die Sinne in äussere und in<^
nere abthisilt, so' versteht ef nnter den Shinen hier auch iur den
24*
372 Fries Handbuch dei* psycludchen Anthro[](.olögie;
äussern Sinn die ^'Empfänglichkeit unsearts Geiltet ^ und «ipht das
körperliche Organ ^ bei dessen Heizung die Empfindung in un-
term Geiste erscheint. So scj Hören und Sehen eine siufiliche'
* Erkenntnifsthätigkeit unserer Vernunft ^ und die Empfänglichkeit
des Geistes in der Erapfiudang zu diesen Thät^keitcn zu ge-
langen^ nicht aber Aug und Ohr, qennt er hier, den äussern
Sinn» Dehi Innern Sinne, gehöre die sinnliche Anregung dcf '
$elbstcrkenntnifs, das Bewufstsejn, die Anregung des. Lustge-
fühls im Geiste zu Freude und Trauer. \
Mit dieser Definition des äussern Sinnes, den .Wir hier auf
«tif geistiges Grundgesetz zurückgeführt sehen, scheint uns der
Verfasispr dem durch GaU, Spurzheim, Georget wieder aufle-
benden Materialismus einen Stretch beigebracht did in ihre ana-
tomisch - physiologische Philosophie durch eine feine psycholo-
gische Unterscheidung einen Strich geiqacht zu haben. Referent
hält sich nicht , für befugt , des Verfassers Definition des äussern
Sinnes weder zu bestjftigen noch zu bestreiten; aber, welche
Beschaffenheit es auch damit Jiabe, diese Defiflition dient darzu,
den Materialisten zu verwirren und seinen scharfen «Sophismen
ein ^ben so scharfes — einerlei ob Philosophem oder Sophis-
tnsL — entgegen zu setzen, woduroh auf jeden Fall- die mate-
rialistische Ansicht an Wahrscheinlichkeit 'verliert. Mag •'auch
der * Materialist den vollkommenen Schein des Rechts für sich
haben, wenn er behauptet: das Innere sej abhängig vom Aeiis-
sern, das Psjcnische vom Phjsisdien, iiuUm das Dasejn und
die Gesundheit des Organs die Bedingung sej, wodurch äussere
Empfindungen, in uns Vorstellungen erregen, so dafs, wie die
'Erfahrung allerdings, lehrt, ' durch den Verlust des Organs alle
diese Vorstellungen wieder rein verlohren gehen; -— des Ver-
fasser» Definition des äussern Sinnes, als einer Empfänglichkeit
unseres Geistes scheint uns dadurch nicht Noth zu leiden. Wo
nämlich die äussere 'Reizung des Organs felllt, da katin auch die
Ü^mpfäiiglichkeit des Geistes , nicht zur Aeusserung kommen; und
, also nu:ht selbst die Empfänglich kt;it des Geistes ist abbängig
vom Organ, sondern blofs die. Aeus^r^ng derselben.
" 2) Der untere Gedankenlauf. — Die, wie. oben angedeu-
tet, durch Gev\ohnhcit und Association gestalteten Gesetz« des
untern Gedankenlaufes gelten, wie die Qesetze der Sinnlichkeit,
alten Grundanlagen de^ Geistes gemeinschaftlich. Die ^rkenni^
nifs erhalte hier Gedäcbtnifs, Erinnerung , Vorhersehung durch
die Erwartung ähi^licher. Falle, und die Einbildung; Dem Lust-
gefiikl und der Langweile gehöre hier die Ausbildung der Ge-
müthsbewcfiüngen zu Hang Und Leidenschaffen,' und das Mitge-
fühl. Endlich die Thatkraft erhalte hier die Ausbildung der
Geschicklichkeiten und Fertigkeiten. ^
vFrics Handbuch der psyphiscben Anthropologie. 3/5
3) Der obere Gedankenlaaf. — Imlem der Verfasser un-
ser o Spraöhgebrauch für die Sacherklärung« der obero Yerm^^geli
unseres Geistes nur dadurch sicher auszubilden glaubt , dafs er
die Vernunft^ als Vermögen^ der Selbstthättglieit unseres Geistes
überhaupt, vom Verstände^ als Vermögen der Selbstbeherrschung, ^
als Gewalt des "Vyillcns innerlich über 'uns selbst, unterscheidet; *
so gehört, diesem zu Folge, der obere oder willkuhrliche Gt-
dankenUuf ^tisv Verstandt^ d, h. der innern- Thatkraft, durch
. "«velcfae dem Menschen die Selbstbeherrschung möglich* wird.
Die&e K'pft der Selbstbeherrschung sey die > höhere, ^ßig'enthüm-
lieh menschliche, für die Wir ihn das vernünftige* Wesen nennen^
Denn diese Kr^ft greife leitend in die .sinnlfcheu , Anregungen
^uud den untern Gedankengang der Anschauungen,* Einbildungen,
Lr|istgefühle und Ges^chicklichkeiten hinein, und unterw.erfe diese
durch die Aufmerksamkeit den selbst geset^en Zwecken unseres
Lebens. . - ' J ■
Referent weifs nicht, ob er sich selbst eines Nichtversth'nd-
nisses, oder ob er den Verfasser eines Widerspruchs beschuldi-
l^en müsse.' S. 53 heifstes: »Die Macht des Verstandes mufs
vorzüglich darin bestehen, dafs er sich Association und Gewöh-
nung uiiter\had macht« Und doch sagte 'der Verfasser' kurz
zuvor S. 52: t^Es j^t aber die Kraft der Selbstbeherrschung^
•als innere Gewalt des Willens über unser Leben, die Folge
der Association des Interesses mit unserer Geistesthätigkeit.c -^
"Wenn aber die Kraft der Selbstbeherrschüitjg, also der Ver-
stand, eine Folge der 4^ssociation ist, wie kann der Verstand di<{
Associationen bemeistem? darum mochte auch fieferent die Stelle
S. 53 nicht unterschreiben: »Aus diesem ergi'ebt sich aber zu- *
gleich, dafs die höhere Kraft (der Selbstbeherrschung) keine
neu ergänzende", sondern nur eine leitende, regierende %ej,^
, Sehr interessant*^ ist übrigens , was der Verfasser nach einer
eigenthümlichen Ansicht vveiters über den Verstand und seine
• Oes4itze vorträgt. ' •
Da das sinnlich angeregte, in Gewohnheiten fortspielcndc
Menschenleben" von der Kraft der verständigen SelbslbeherrschiAxg
regiert und ausgebildet W.erdch und für diesen Standpunkt dfe -
Psychologie ihre Lehren geben mufs, so ergeben sich nun von
selbst die Eintheilungen für unsern ersten. Theil der Psycholo-
gie. Nämlich i) für die Zwecke der Erkenntnifs — das spC"
cidatiye Gebiet des Menschenlebens, a) Für die Zwecke des
Oemüths -<- das contemplativc Gebiet d^s Menschenlebens; und
3 ) für die Zwecke der Thatkrafl — das praktische Gebiet des
" Menschenlebens. . * ^
Je ausführlicher tvir beim ersten Abschnitt oder der allge- , -
meinen Bcti'i^htung des menschlichen Geistes verweilt haben, um
ßy/l Fries Handbuch der psychischen An^öpdogie.
^o kurzer dfirfea upd. müssen whr ods über die folgendeti^- das
mehr Speciale eiithalteodeo, Abschnitte zusammenfassei^« •
Als Anhang des ersten Abschnittes kommt noch von S. 58
bis f o etwas die Goschichte und Literatur der Psychologie be-
ireffendes vor, wobei die. Hauptmomente der Fortbildung dieser
Wissenschaft kurz angedeutet werden. Dem Hetzer fallen in HIdt*
sieht auf Geburts - und Sterbjahre mehrerer Psjchologen einige
grelle Fehler «ur Last; so läfst er den im 54ten Lebensjah/e gestor«
henev^ D^caries . isis, Biblische Alter von i63 Jahren erreichen»
Leihnittett ein So jähriges. Allerdings Schade | dafs.esT Druck-
• fehler sind !. * • •
Zweiter Abschnitt.
Speculatives Gebiet des Menschenlebens unter der Herrschaft
der ErkenntniCs oder unter der Idee der Wahrheit. •
stes Capitel. Vom Bewurstsejn oder del* SelbsterkenntnÜs.
Per GrAn4gedaQke , unserer Selbsterkenutnifs %ej das rem
Sdistbewußtsejrn ^ dais.^ Bewufstsejn meines Dasejns ^ welches
durch das Ich. hin ausgesprochen ' werde, und durch welches ich
tnich als das eine und gleiche Wesen erkenne, dem meine Gei-
' stesthätigkeiten zukommen. Allein dieses . Bewufstseyn erwache
in dem Menschengeiste nicht ohne sinolichen Anregu'ngQi, üi
welchen ich mich mit bestimmten einzelnen- Thatigkeiten «in der
Zeit finde. So fai^e alle S elbsterkenntnifs mit Empfindungen an,
und wir Inüfsten.uns einen innern Sinn zuschreiben, durch vvel-
•chen unsere Selbsterkenntnifs sinnlich angeregt werde. Der iu-
tere Sion zeige dem Menschen seinen unentbehrlic||en Geistes-
^bs|and in Anschauung,- Gemütbsbeweguug und That; aber des
Andaurenden in uns, der Einsicht in nothweiidigif Wahrheit, der
Gesinnung, der Leidenschaft* etp. würden wir uns so nicht be-
Tfufst, sondern dafür bedürfe der IV{ensch einer Kunst der Selbst-
' beobachtung, welche die Selbstbeherrschung des Verstandes 'übt,
* welche wir dem RefiexionsTern^gen zuschreiben und das ./^«/i-
ken nennep. Diese Selbstbeobachtung sej das Werk der Auf'
rrierhamkeU j, in welcher die innere Thatkraft in unser Vorstel-
^ungsspiel eiligreife.. Diese Aufmeiksamkeit, die nach und nach
die herrschende Kraft in unserer Geistesbildung werde, sej die
.Folge der Association unseres Lustgefühls und der Begierde,
.. folglich ^sociation des Willens mit un$ern Vorstellungen. Indem
das Interesse, welches wir an einer Vorstellung nehmen , sowohl
nach den Gesetzen des untern als des obern Gedankenlaufes wir-
ken könne, so gehöre die unwUlkührliche Aufmerksamkeit aber
so ^ie das lyillkührliche Absehen, von einer Vorstellung der ho-
hem Kiräft der Selbstbeherrschung ; daher die willkührliche Auf-
luerksamkcit «die Bildifierei d^s ganzen obern Gedaokenlaufes ein
•/
Fries Haodbuch der psychisch/yci Aothropolpgie. ij^
ErkcOTitQili - Vcrmopo werde. — Diese Lehre der Aufinefk-»
ssunkeiC ist für des Verfassers TbeoHe entscbeiderid. wichtig. >
4 res Capitel. Aeiis^ere anschauliche ErkeiiDtDifs.
^ Dieses Capifel, worin viel irefe philosophische und pbjsio-
logische Gelehrsamkeit enthalten ist, handelt i ) von ^tn äasferr|
Sinnen im. Allgemeinen ;3i Ton der inathematischen Anschau^i^g
und der producfiven Einbildungskraft, 3) von 4eu fünf Si/i^eq
im .Besondern.
Stes Capitel. Vom untern Gedankenhuf in der Erkenatntfs»
, Der allgemeine Erklär ungs - Grund in dieser Lehre ist dag
Gesetz der Assocjatioa, angewandt auf die^ den gedachtnifsmä«-
«gen G^daiikenlauf regierende, Association der Yorstellungen
uotereinander. Nun. handelt der Verfasser ausfäbrlich von der
Erinnerungskraft und von der Einbildungskraft.
4tes Capitel. Von der Denkkraf t
Alles Denkeu gehe aus der Ucberlegung oder ReBexioa
heHor, und diese sey die Machl der Aufmerksamkeit über un-
seren Godaukenlauf, die, kraft ihrer Willkühr, und die Associa'*
tion des untern' Gedankenlaufes ordnend und 'leitend eingreife
und uns« dadurch den höh'ei:n, wahrhaft menschlichen Gedank^^n-
lauf bringe. Vergleichen und Unterscheiden >ejen die, ersten
Aßusserungen der Ucberlegung.^
Dies Capitel ist gröfstentheils kalte • Logik und abstractc,
Metaphysik und- handelt . i ) von . denkendem Verstände % ) voa
der rein .vernünftigen ErkeQntnifs 3) -von deV UnlerordaM^og. des
Besol&dern unter das Allgemeine 4) von der Bej^ichnung. der
Gedanken 5) vom Begreifen und Fühlen. .
Dritter Abschnitt.
Contemplatives Gebiet des Menschenlebens unter * der Herr-
schaft des Gcmüthes oder der Idee der Schdnbeit»
ites Capitel. Von den Arten des V(^oh}gefallens und den
Trieben des Menschen. — Mit emzelnen Eigenthümltchkeiten
des Verfassers, im Ganzen« im Kantischen öinne und Geist bdchst
abstract. " . *. , ,
ates Capitel. Das )leich des Geschmacks. -^ Freilich , s<>
^ie z.B. die Theorie der Musik nicht musikaltscb ist und keine
Thräne ^der Wehmoth entlockt oder den Muth anfeuert, sondern
matheinatrsch* ist ^ alle Gemütbsbewegungeii niederschlagend! so
kann auch die Theorie des Gescbms^cks nicht selbst geschmacV
voll, sondern imr abstract jsjijn; nichts desto w</ntg^ thut^es ei-
nem doch vvohl , iii diesem Capitel etwas mehr warme Leben»*
Philosophie und weniger dürre Metaphysik Anzutreffen.
Vierter Abschniit. . . •
Das praktische Gebiet des |ilenschenlebens nnier der Herr^
* Schaft des WiUeos oder der Idee de& Gul^u •
«•
f
3j6 Fries Handbuch der psychischen Anthropologie.
♦
' * it^s Cäpitel. Von der Thatkraft und dem Wirkungskreis^
dies Menschen. Der Entsclilufs. Das Wollen; Das Kdnnen.
Die TM. •
2tesCapiteL Die GemüthsbewegUDgen und Leidenschaften. -"
Hier giebt der Verfasser in einem klaren Vortrag!^ eine syste-
matische Ableitnng aller Gemiithsbewegungen ^ ausgezeichneter
Geistessttmmungen und der Leidenschaften«
* Mit der Recensirung des ersten Theiles zu Ende eikn wir
tiun &ob zum ^zweiten Theil , welcher den g^en Band ausfüllt,
der, indem er die sogenannte vergleichende Anthropologie zum
Gegenstand hat, den psychischen Arzt vorzüglich int'eressirt.
Dieser 2te Band beginnt mit einer a(ls Vorrede gestellten
. gediegenen Vertheidigurig der Ansicht des Verfassers vom Ver-
hältnisse zwischen Verstand, i^nd Vernunft gegen die Bcmerkun-
|[en des Hrn. Koppen über des Verfassers Ethik.
Erster Abschnitt. Abhän/°[igkeit unsers Geistes vom Aeus-
sern, und Wechselverhältnifs desselben mit'.dcm' Körper. *
In der diesem Abschnitt. vorangeschickten ting^eiii wichti-
gen Einleitung 'geht dßr Verfasser von dgm tJnterschiede zwi-
schen der dem Glauben gehörenden und also religidseif Selbst-
erkenntnifs des Menschen und der natfirlichen' Sclbsterkermtnifs
unseres zeitlichen Seyns und Wirkens aus. Indem nur der er^
Stern Ansicht die Ideen eines , freien , über die Natur erhabenen
Willens angehören, $o durften wir auch niemSils freie Selbststän-
digkeit als Erklärnngsgrände im zeitlichen Leben anwenden. Alle
Bildung des Menschen müsse vielmehr als ein > zeitliches Erzeug-
nifs der Natur i^etracliti^t werdeur Der Erzieher also, so wie
der Gesetzgeber dürften die Kraft der Selbstbeherrschung nicht
als . eine absolut freie voraussetzen ; sondern sie • müfsten sie in
ihrer Einwirkung auf das sinnlich angeregte und i^ch Gewöhn-
beiten fortspieleude Leb^n als eine beschränkte innere Kraft uu-
feres Willens beurthellcn. « #
'Spricht hier der Verfasser Wahfheit: aus — und welcher
Unbefangener, deir den 'Menschen beurth^ilt « wie er in der Er-
fahrung vorkonimt als Sinnenmensch, und nicht wie er am Pulte
des blossen Theotetikers erdichtet wird als reiner Geist, kann
hier die Wahrheit verkunn^jn? — so behält -auch Referent voll-
kommen Recht, wenn er, obschon iiicht von einem m*etaphysischea
Standpunkte, sondern von dem der natürliche'n Logik ausgehend,
an audern. Orten dr:escr Blätter es #ls einen Hauptfehler rügte,
der zu den gröfsten inncrn Widersprüchen und zum Untergang
der Wissenschaft selbst fülir^, dafs das Dogma der absoluteti
Freiheit als -oberster Grundsatz der Legalmedicin aufgesieüt
werde. .
Nun» kommt »dc^ Verfasser auf den Parallclismus. zwischen
*
Friiss Hat^biicb der psychischeo Anthropologfe.. 877
ä^u GeistesifiStigkeiten urid 'den Lebcnsbewegungct) irn körprr*
Iklipii Orf;[ahisinus. Er behauptet: dals uus in den Geistesthä-
tigkeiten und im körperlichen lieben Ein und dasselbe Wesen
erscheine, aber nach ganz* verschiedenen £rsdieinang9i^e?sen, so
dafil nie dessen Eines zum Erklärungsgrund des Andern, soi«*
dem blofs wechselseitig zu Erkenntnis ^ Gründen ihrer Zustande
dienen könne. Das Lebensprincip^ unseres Körpers, die Einheit
seioipr LebensbewegQng<^ scj dem - Geiste zu vergleichen und
sejr selbst das ich zu nennen; kurz dieses Lebensprincip sef
nicht mehr und nicht Ifveniger als die äussere Erscheinung un<-
sers geistigen Zeitlebens selbst. Dies Verhähnifs. fänden wir'er-
fahrangsmässig bestimmt dadurch, dafs jeder Art Geistesihäiigkeit
eine Lebensb^vregung im Körper entsprechend angenommen wer-
den, müsse.
Gege;n die gewöhnliche Vorstellung, der lebendige Körper
sey • das hf^erkzeug des Geistes , — was wohl für " A«g , Ohr,
Haiid und Fuls^ ^ine passende, filr die Organe des £)enkens und
WoUeas aber nur eine bildliche, und ohne das B{ld bedeutungs-
lose' y.orstellung sey, — erhebt der Verfasser den Einwurf:
»Wenn wir Geist'' und Körper gegeneinctndersf^W^u^ so bleibt
uns immer die un'beanCwo)^ tu che Frage,- wie und warum der Qcisc
selbst in seint^m innersten Leben im Denken und der Gesinnung
des Willens, im Wahren, . Schönen und Outen selbst noch ei n^
Werkzeugs bedürfe?«
' Aber dem Referenten scheint es, der Verfasser verweclisW
in diesegi Einwurf geistige Thätigkeit, die selbst schoD etwa$
organisch Bedingtes i«t, mit dem Geistes - Vermögen oder viel«,
niehr (da auch die Geistes «Vermögen vielleicht schon organisch
bedingt sind.) mit dem reinen Geiste selbst', d.i. mit der 'Quelle
"aller Geistesthätigkeiten. Wenn er also den directen Gegensatz
des Leiblichen angeben will,* so darf ei*, ohne in eine peiitio
principii zu Verfallen, ,ihn nidit wieder in etwas selbst* leiblich
Bedingtem un^l physisch Getrübtem , in 'den Geistes - Ausöiisseii
suchen, sondern er kann' ihn J^lofs in- dem reinen Geisternden«
Dann aber* verliert des Verlassers Eiawupf seine Kraft. Uifser
Denken, Wollen und |iandeln, so hodi es auch gesteigert sejn
mag, bleib» imn)er nur ifnenschlic-he Weisheit, nur menschliche
Tugend, uwJl tragt die Spur irdischer Beschränktheit durch das
Instrument ' selbst an sich. Aber das sind blosse Aeusserung^ii
des in einer Zeit - und Raumwelt beschrän^^ten innern Zögling»
der Ewigkeit, nicht er selbst von seiner höhern Seite.
Wenn ferner 4«r Verfasser $0 eben behauptete: däfs uns
in den Geistesthatigkeiteu und im körperlichen Leben Ein und
dfuMbe Wesen erscheine, aber nach ganz verschiedenen £1 seh ei -
nungsweiseo; so möchte R^lcicut dagegen bemerken: Ein und
378 .Fiie^ fiandbach der p&yöhischen Aiitlvr<i^pologie.
dasselbt^'Wtvmn muf& Einem und demsMen Beobachter auch auf
Eine und dieselbe Weise ^erscheioeD. Erscjieint^es nach verschi^-r
denen Weisen» so ist entweder sein Ein und^ dasselbe Wcseo
Schein und nicht 3eyn, od(?r aber es werden 'verschiedene, nicht
£tn, Beobachter vorausgesetzt. Die Verschiedenheit meinf^ Er-;
kenntnifs -«'Weise des Geistigen in mir durch den iniiern S^inn,
und des Körperlichen an mir durch den- äussern Simi,. setzt
nothw^ndig entweder ein doppeltes Ich in mir dem Beobachter,
oder ein doppeltes Wesen, dafs ich in* mir /und ausser mir
beobathte, voraus. Mein Ich. selbst kann uur ^m Beobachter
teyn \ also ruht auch die Behauptung der Einheit meines Geistes
und Leibes, der jedfer doch nach ^verschiedener Weise erscheint^
auf Schein. * Und, so möchte demnach die alte Sokratische, inj^
gemeine Leben übergegangene, voii der Religion selbst sanclio*
.airtc Vorstellung, von der verschiedenen Ni^ur der unvergängli-
chen, zpi^' eigenen Vollkommenheit reifenden Seele und des hin-
falligen ^eibes als ihres blossen Instruments, als nicht so ganz
unlogisch fest stehen bleiben«
Wir kehren zum Te|:t zurück.' Der Verfasser sieht sieb
i;ezwungen, da», einerseits der innern geistigen* Erscheinung und
andererseits» der' ini körperlichen Lebensprocesse gegebenen aus-;
Sern Erscheinung zum Grund liegende Wesen fils das ein e* und
gleiche Ich zu denken.. ( — Was freilich in \sofern nicht zu
bestreiten ist, in sofern der Sehte Sinnehmeqsch seinen Körper
1^0 gut Sich selbst, nennt als seinen Geist.) Er. sagt nun weiter:
»Füt die Gemeinschaft des Körpers mit dem Geiste liaben wir
die Lebensbewegungen des Nervensystems . im Körper . zu ver-
gleichen« Denn alle Lebehsbewegungen- stehen nur vermittelst
des Nervensystems äÜein in unmittelbarem WechselverhäUnisse
mit dem Geiste. Die innere Einheit des ganzen JN^ervensjstems.
steht bei dieser k^drperlichen Vergleichnng an derselben Stelleg^
an der wir vorhin den Geist fanden ^ hier wird also die Gleich-
stellung 4es körperlichen und geistigen Zeitlebens Jiinfallto. Die-
ses dem Geiste entsprechende Leoenlsprincip ist aber nur ein
Bikiungstrieb in der Materie, das Wincip des Proc^esses der Ge-
staUqng, nach dem Xresetze der Selb^erhaltuog.« . Ausdrücklich
setzt der Verfasser hinzu: »Es. wird in dem Körperlichen nicht
das Wesen, sondern Yiur die wandelbare Form dem zeitlichen
Geistesld}en verglichen, und das Wesen des Geistes wi^d einzig
in der Idee der unsterblichen Seele gedacht.c
Nun gtebt er eine anatomisch -physiologische. Uebersicht der
L«benselemente unseres K&rpers, im «Verhältnifs zum Ne^vensj-
ktem gestellt. Er j;laubt aus physiologischen Gründen, die e^
.'.«ngiebt, die Mitte des Gehirns, nkmUcU in der G.egeiid des«vei-:
JPries Bftiidbucb A& psychischen Anthi^epologie* 37^
• #
latigerten Marks, 4^ BrficI^e und der Marksohenkel ab die Mtete
« des ganten Syst^mis betrachten zu dürfen.
. Ja Folge dieser physiologischen Auseinandersetzung kommt
nun der ;yerfasser ^of die alte Platoniscl^ Grundlage alier Veiw*
^ieichupgen zurück, "wornach die siouliche Beg^rde dem Unterr
leibe, die untere Thatkraft der Brult, der Verstand dem Gehim
gehören. Da jedoch körperlich der Mittelpunkt aller eigenthüm*'
liehen Nerventhätigkeit . im Gehirne zu liegen scheinen, in wel» •
ehern sich die Reflexe aller NerventhStigkeit des Dnterletbe« und
der .'Brust zeigten; so mochten wir, konnten wir tiefer, eindriiw
•gen^ wohl am unmittelbarsten die NParallele alles Geistesleben/.im
fiehim zu. suchen haben. Aber b^ unserer mangelhaften Kennte
oifs müfsten wir veimittelter im weiterör Kreise das ganze Nei^ ,
vensystem Tergleichen, und erhielten dadurch folgende- Resul^
täte: * . '
Vom sympathischen Systeme werden alle sinnliche Anlegun-
gen der Ltist und Begierde abbüngig «eyn.
Das sympathische -System stehe im besoadern V^echselver*-
hältnisse mit der Kraft des ganzen untern Gedankenlaufes, alS6
'Init der. Phantasie. Die mehr passiven Momente des untern Ge*
d^nkenlaufes ( Sehnsucht , 'Wehmuth , Gram , Aerger etc. ) treffes
das*G<^biet ~des Baüchg«?flecfats; die activern Herz und Brust.
Dem' Gehirhsystem, dem die freicrn Functionen des Ner^
Yensysteros ' gehören, entspreche der obe^e Gedankeulau£,(Be5on^
nenheit; Bewufstseyn, Erkenntnifs, "Vyillkijhr).
So wie Bewurstse^n. und Sinnes- Anschauung mehr dem
Gehirn zuzuschreiben seyen-, so möchte Spannkraft der Nerven
und Thatkraft. mehr dem. Rückenmark angehören.
Diese Einleitung (enthält viele tief geschöpfte', dem psy-
chisched Arzte wichtige Gedanken -und Winke, über das V(^ecb-
selverhältnils von Körper und Geist, htnsichtlich welcher wir
auf das Buch selbst verweisen müssen. * •
Das' ite Capitei handelt von den Emotionen oder den kÖr^
perlicben Gegenwirkungen der Gemüthsbewegungen. Ein vor«*
treffliches Capite], in welchem eine Summe, von interessanten und*
(einen Beobachtt^ngen , den Paralielismus des körperlichen und
geistigen Lebens, betreffend, niedergelegt ist.
atqs Capitei. Schlafen und Wachen.
* Der Schlaf wird hier als. eine Folge der sinnlichen Natur
unseres Geistes betrachtet, ii^elcher gemäfs die Lebenskraft durcb
Aeusseruug ihrer Thätigkeit ermüde. Die . Thatkraft, im Gegen-
satze der Anlagen r sey^es also was iä unsSrm Geistesleben dic^
ser Erholung bedürfe. — .Selbst die Schwächung der Wahr-
nehmung durch äussere Siuue im Schlafe sey nur eine abgeleitete
Erscheinung.] nichv ui^miiielb^r die .En^pfäugli^hkeit des Sinnt*s
•
/
/
4
• - •
^So Fried Handbuch der psychischen Anthropologie.
•scheine ffcSndcrt, sondern jiiir die Btihül^e der Thatkreft fehle
der Wanrnehminig,
Im gewöhnlichen ' gesunden Traume ^vele geistig nur der
•vntere Gedankenlauf Urt, dessen Associationen jnehr sieh selbst
überlassen sejen,« bei ruhender oberer •Thatkrdfl, also bei unter*-
drückter Aufmerksamkeit und geschwächtem BeWufsIseyn.- D^her
-komme es, da die Einbildungskraft hier allein den Gedankengang
-belebe, und Sinnes* Anschauungefei zur Vergleiohung febltffni dafs
ihre Bilder den Schein der Wirklichkeit annehmen. Daher eben-
falls, dafs wir im Traume nicht denken , sondern dafs es uns
4)ur träume, dals wir denken. Im Träume schlafe gerade die
höhere Oeist^kraft mi^ dem. Korper; tind diejenigen Philoso-
phen phantasirten, welche der Meinung Scjen, dafs der Geist \tä
-Schlafe y gleichsam entfesselter vom Körper, ein 'fadberes Leben
lebe/ . .
Referent möchte librigens hier lieber mit jenen Philosophen
phnntasiren , als mit dem- Verfasser phiiosophiren. Nach jenenn
bleibt der Schlaf ein tröstendes, nach diesem ein schreckendes
'Bild des Todes. • Wenn dep Verfass*er. gerade die höhere Gei-
steskraft schlafen läfst zugleich mit dem Körper, so sinkt dadurch
täer ganze Geist zum sinuIicJten Wesen lierab, und der Verfasser
nimmt selbst, gegen sein eigenes VeVbot,' einen körperlichen 'Er-
klärung»-Grund fürs Geistige *an« 'Lieber also lassen wir die
ruliende Seele im tiefen Schlafe ihren Sonntag feiern! Dadurch
wird aber nichts weiyger ^l's der Traumdeuterej das Wort ge-
sprochen, gegen, die er mit Grund so ^ehr eifert. .
£tes Capitel. Gesundh^t und Krankheif.
i), Vom, Einfiufs der Gesuudheits- Zustände im Körper, auf
den Geist — Wi<^htig!
, 2) Von den geistigen Symptomen bei Leiden des Nervensy-
stems im Allgemeinen., , *
Die , geistigen Zufälle (Symptomen) bei allen Leiden des
Nervensystems erfolgten alle unter dem allgemeinen Gesetze:
defs ein Leiden der Besonf>enheit,( geistiger Seite V und des Ge-
liirnsystems (körperlicher Seite) vorwalte. Darunter drei Fälle:
,•1 )• Dieses L|^iden mache in Lähmungen des Bewi^fstseyns, und
df^r, ganzen Geisteskraft .das ganze Üebel aus: im ^Schl^flufs,
Olinmachjt, Starrkrampf und Calätepsie, so wie Conradi diese
Zustande beschreibe. 2) In andern Fällen sey dieses Leiden
verbündet! mit schwächlichen, regelwidrigen Reizungen oder auch
Hemmungen des untern Gedankenlaufes. So die Gedankenver-
wirrung, die unwillkührltche Ideenjagd^ die • hislerischen Lei-
flen etc. 3) In noch andern Fällen sey die Unterdrückung des
obern Gedank^nlaufes dem gesunden Schlafe Ȋhnlicher und mit
einer kräftigen Ueberreizung des untern Gedankeakufes vei-
Fries' Handbadi der psyeiiisclien Anthropologie; 38 r
blinden : in Vmorien und Exaltation^ bei Wur^kränUierteD,
Hämorrhoiden, nianchan Erhitzungen des Blutamlaufes , Fieber-«
Phantasien etcf. -«— Mit vielem Scharfsinn zeigt der Verfassei^
i/vie in diesem Geisteszustand« das ivahre Geheimnifs der Gei-?
stesseherei liege utid derselbe zur Erklärung so vieler Erschei-
nungell des Aberglaubens wichtig werde. Auch wird schon biet
das Hellsehen auf einen oatnrlichen Zustand zurückgeführt , wo^
der Geist bei kräftig aufgeregt muntern Gedankenlauf und ge-
steigerter Erinnerung, unterstützt von feirierm Gehör und Beta-
stuiig, sich' über seine' Umgebungen orientirt' und der Mensch
dadurch vorn und binten, rech'ts und links , oben und unten mit
gleicher Leichtigkeit wahrnimmt, ohne sich zu bewegen.
Alle diese Zustände von Exaltatiob ,' welche theils ah na*
tiirliche Symptome in Nervenkrankheiten vorkommen, .theils
künstlich hervorgebracht wurden durch Berauschung, thierischea
Magnetismus und durch die Kunst der flnt^iickungen , stünden
unter dem* allgemeinen Gesetze: «dafs mit besonderer Aufregung
und Uebermacht des sjrmpatisfihen Nervensystems ubd des uii-*
tern Gedankenlaufes eine Beschränkung der GehirnlhätigWeit und
der besonnenen Selbstbeherrschung verbunden sej. ^
3) Vom Schlafwandeln ^der natürlichen Somnambulismus.
4) Von den Ficberphautasien. '
5) Vom Rauischl^. «-^ Berauschende Mittel belebten die
Thätigkeit physisch im sympathischen Systeme, und psychisch imf
tyitern Gedankcnlauf, obno- das Gehirn und den obern Gedan-
kenlauf mit zu be<p'instigen. • « . . . ,
6) Vom thierischen Magnetismus. — Hier werden wichtige
Worte, unter stü&t durch klares und scharfes R^^onnemeut, über
die allerdings merkwürdigen und auffallenden^ aber natürlich'
2u erklärenden Erscheinungen des Magnetismus ausgesprochen.
Man sieht hi^r die Helle und Schärfe des. Verstandes den Ne-
bei ;Kerthcilen, der für einen 'Nimbus galt. •
♦ j) Von der Kunst- der Entzückungen. — Eben so nntcr-^
baltend als belehrend. D^r Unbefangene .findet hier herrliche
Aufschlüsse über' den Mysticismus. • * •
^ Zweiter Abschnitt. Von den Geisteskrankheiten,
iles Kapitel. Von den Geisteskrankheiten überhaupt..
Wir sehen hier den Verfasser eine Krankheitsichre ,lür den
Oeist entwerfen, ganz ähnlich der Krankheitslelirc für den Kör-|
per, in beiden die Krankheitsformen nach Starke und Schwäche
itnter^heidcnd,
.Im Geiste nämlich seyen vereinigt: die' sinnlichen Anregun«^
gen, der untere Gedanki'nlauf und' die Selbstbeherrschung dt's
obern (jedankenlaufes. • Wir kätten hier also theils auf 4** Vor^
^Itoif« der sinnlichen Anregung zum untern Gedaukeulauf, llieil^
\
39^9. Pries' ti^ndbach der psychischen Anthropologie«
inf dii^ Vertisrtnils des lecttern zur Selbstbehemcfiuiig tu acli*
ten. Doch nimmt der Verfasser nur dann den Geist selbst als
wirklich krank an, wenn die Kraft des obernr Gedankenlaufes
in ihm gebrochen sej und die Selbstbeherrschung Terlbhren gehe.
Dem Referenten scheint es, dafs der Verfasser, indem er
den Qeist selbst erkranken läfst, mit sich selbst durchaus ni^cht
im Reinen sej. Schon in diesem tsten Kapitel sagt er*: »Der
geistige Sit« der Krankheit wird nie in der Verriunft, nacRmei-*
nem Sprachgebrauche, liegen, denn Vermiiift ist eine unzerstor-^
bare Grundform des Geist'es.c -— Fem er liegt es im 4ten. Ka-
pitel dieses 2 ten Abschnittes ganz offenbar vor .Augen, dafs der
Verfasser das unglückliche .Vermögen z|i- erkranken, das er in
diesem isten Kapitel dem «Geiste giebt, ihm wieder nehme, um
es dem Körper zu geben. Im Grunde also ist des Verfassers
ganze Lehre von den ' Geisteskrankheiten nur psychische Sjmpto*
inatologie; und wenn wir in Irren die Kraft der Selbstbeherr-
schung wircklich aufgehoben sehen, so wollen wir nicht schliessen,
der Geist selbst sej Wirklich efkrankt, sondern nur das Organ^
durch ^as er wirkt ; ' so wie der Arzt das Kopfweh , das von
eitlem Magenleiden herrührt, für ein Sjmptom erklärt, wdches
auf wirkliche Krankheit des Msfgens und nicht dits Kopfes hin«
deutet* Alle Geistesthätigk*eiten im Zelt- und Raumlcben sind
schon organisch bedingte Acte des seiner innern Natur nach un-
«erstörbaren Wesens; und wir wollten -.den seiner Na^ur nach
zerstörbaren , zerbrechlichen und so tief eingreifendeo Organist
mos vom Vorwurfe des Gebrechens frei sprechen?
Referent dftrf daher an *den drei ersten' Kapiteln dieses
ftweiten Abschniltes flüchtig voriieieilen, um beigem, desto wich-
tigem ^ten £apitel langer ver weiten zu können.^
fites Kapitel. Krankheiten der. Geistesschwäche*
»Der höcliste Grad der- Geistesschwäche, wo der ganze
Geist leidet und dadurch auch der Verstand niedergedruckt wird,
seigt sich' als ein angebohrnes Uebel da, wo der ganzei; Ent-
wicklung der höhern Thatigkeit dps Nervensystems und Jbeson-
ders des Gehirns Hindernisse im Wege stehen.« — ' Also'beifa
höchsten Grade der Gei5tesschwBc1>e. tragen körperliche Hiuder^
nwe 'die Sclmld, nicht der Geist; und bei niedern* Graden eben
dieses mangelhaften Geisteszustandes, sollte der Geist ^ und nicht
vielmehr ebenfalls kÖrp'erliche Hindernisse, die nur weniger vor
Augen liegen, die, Schuld tragen? Eben in diesen organischen
Hindernissen wird der Grund aller Geisteskrankheit zu \achea
sejn.^
• ' 3te9 Capitel. Krankheiten der Geisteszerrüttung.
Da Getstesz^ruttung eintrete , wenit durch die Uebermacbt
des untern Gedankenlaufes oder einzelner Thatigkeiten deaa^ea
\'
Handbuch der' psychischen Änihropologte. 383
^ie Kraft der S«Ibstbehen«chuDg gebrochen' werde y so schKiit "
•der Verfasser folgende Wortbestitnmiingen vor. .
t. Liege der »Fehler in d«in Vorstclltings-Vernidgen, indem
die Pluintasic den lügelnden Verstand überwältige,, so aeuiit ^
«Liese Art der Krankheit ff^ahnsinn.
%) I-j«ge der Fehler in den Begierden , also in den Tri«»
ben, «ö heisse. die Krankheit Toilkeit,
3 ) Liege der Fehler irt den Slimmungen dea. Lustgefühls
•o beisse die Kraqkheit Melancholie.
4) Liege die Krankheit in d^en Rtchtuifgen der Thatkraft
selbst, so heisse sie Tobsucht, Rasereiß ManU.
Von jeder dieser verschiedenen Formen der Geisteszerrät**
tung bandelt , nun der Verfasser hn Bespndei^n.
. ites Capitel^ Von den Ursachen , und der Heibing
, der Gehteskränkheiten.
, Wir haben hier mehrere Stellen zu referiren, die/ weifQ
•«ie .sich bewähren, als Winke . für die Lehr^ . des Wechselver-
hältnisses von Kiörper' und Geist vonr höchster Wichtigkeit sind.
»Zu den körperlichen und geistigen _ Veranlassungen der
Geisteskrankheiten roufs, wenn durch sie die Krankheit des Gei-
stes bestimmt werden soll,, em noch ^ine ungünstige Disposition
im Kranken .hinzulommen. D'iese Disposition wird körperlich
zunächst immer ihren Sitz im Nervcnsjstem haben, itnd darum
werden ,wir die Krankheit selbst immer •als in irgend einem
Hauptleiden der Nerventhätigkeit begründet anzusehen iraben.
Für diese unmittelbaren Leiden des Nervensystems bieten sich
dem. Verfasser nun folgende Analogien an.c "
»Blödsinn und Duijimlieit oder (^ie Krankheiten in deneb
Verstand und innerer Sinn oft zugleich mit dem äussern unmit«
telbar der leidende Theil sind, vyerden wir unmittelbar Fehlern
des Gehirns upd seiner Functionen zuzuschreiben haben.«
• ♦Das/jreine Svmptom der Raserei, welches der A*ofregung '
der äussern Tha|krj|ft angehört, wird unmillelbar Fehler im Rii*
cAenmarhjräteme oder im System der Spannkraft voraussetzert' c
»Bei allen andern Qestalten der Geisteskrankheit, welche
auf die zwei Formen der jyielancholie, der niedergeschlagenen
und der rüstigen zurüciczuführen sind, tn^jphten die Fehler un*
mittelbarer im sympathischen Nervensysteme und- dessen Verhält-
Ulis zum Gehirn liegen. Ii^dieser Klass^ liegen zugleich di^ •
unmittelbaren Slörudgen des Lustgefifbls und des untern Gcdan-
kenlanfes.« ' '' ., \ •- • ^ '
»Die mit Niedei^^ejchia^enheit, Angst, Trübsinn oder Schwer-
math verbundenen Geisteskrankheiten haben' ihren Grund im Mf- '
telpankU dpm sympathischen Systems, sie mögen nua zuerst köiv*
perlich. oder geistig veranlafst sejn/ Die in den hTpächondrischen "
384 Fric» Handbuch dier psjxhiscben Antliröpologi^
»
und bysiirischen L eitlen tief einffreifenden uoangenelimenEpipSn-
dnngen regen durch Association Begierden und Phantasien re<^)i«
.widrig auf; und bringen so vieUriei Formen von Tollheit und
«wahnsiniiigea fixen Ideen; zugleich wird damit eine lähmende
oder betrübende Einwirkung des krankliaften sympathischen Sy-
stems auf dies Gchirp eintreten vmA - dadurch L^hmnug ier Seihst--
beherrschuBg. bewirkt werden.c ...
»Die verruckte Lustigkeit scheint dadurch zu entstehen, dafs
die Gegenwirkung des Gehirns gegen das sympathische System
iiu gering wird, sd dafs der Fehler in Schwäche der Gehirn-
thäti^keit oder in Ueberreizung des iijmpathischen Systems oder
in beiden uigleich liegen kann.« ...
»Den Gruiid der hypersthenischen allgemeineii Yerrucktheif^
"die in ciiier krankHlaft£fu Ueberniacht des unt^ii uedankenlaufes
besteht, werden wir auch* in Ueherfei^ung des sympathischei^ Sy-
stems suchen müssen und uns dabei das, in der dadurch erho-
benen Geisteskraft gegründete,' «Gefühl von Wohlbehagen , wel«-
clies die Geheilten rühmen, erklären können.«*
>la der Narrheit hingegen und tn schwächlicher ällgeifieiner
Z<?rrüttui]g wird wohl immer «eine krankhafte Schwäche der Gt-
hirnihäügkeit vorv^aiten.«
Nachdem der Yerfasser soldne scharfsinnige Winke gegeben
zur £fegrjfndung der* körperlichen Urs<tche «der Geisteskrankheiten
'^- wie kani^ er noch *den Geist selbst ursprünglich krank glauben?
' Dritter Abschnitt. Von Aen Stufen der Ausbildung d^
Geistes und den Unterschieden unter Aeit Menschen.-
ites Capltel! Die Menschheit im Verhältnisse zu niedern lind
i . höhern Stufen dcSi geistigen Lebens. « -
stes Capitel. * Geburt und Tod, Jugend und Alter.
3tes Capitel. Vom Einflüsse, den die Verschiedenheit der
* Sinne auf die Ausbildun<r de» Geistes hat«
. i^ie% Capitel. Grundbegriff der Charakteristik oder der geisti-
gen Verschiedenheiten uVit^r cinzelneiv Menschen und
^icnschlichen Gesellschaften, so wie diese theil» durch
Natur- AnInge, theiis durch die Stufen der Ausbildung des
. Geistes bestimmt tvird.
Dieser ganze \eu\t Abschnitt : ist eben so unterhaltend ak
lehrrfeich. * ♦ * • '
Ob nun der V^rf. durch seinen Begriff vom Verstände, ab
der Xiijft der Selbsvbeherrichung, wirkliche^ Lich*t Aber die Psy-
chologie verbreitet habe, wird vielleicht erst eine unpartheiiscbe
Zukunft X ntscheiden können. Dafs er aber die Wiss^schaft mit
tiefsinnigen Ideen bereichert habe, möchte Jetzt -schön über allen
Zweifel crliabeu seyn. . • * '
• ' - ^' '• . • • . /?. Groos.
- ^^* 'Heidelberger ^^^
Jahrbücher der Litte)rätur.
Deserizione d^Alcune Medaglie Greeke JeU Museo
Pariicolare di sua Altmza Reole Monsig. CHKtSTijno
Fm dm AI CO Principe Ereäitario di Danimaica per lyo-^
m^nico Sestinu Firenze Presso Guglidmo Piatti 48%4i
4to uJi S. ausser der Dedication und dem Index | nebst H
Kupfertafeln» ^
beine K5nigL Hoheit der Kronprinz von Dlbetoark Ctiristlait,
als Kenner und Beschützer der Wissenschaften in. ganz Europa,
rühmlichst bekannt, hatte auf seinen Italienischen AciSen antike
Münzen gesammelt. Von einem Theile dieser Privatsammlung,
nStnlich sg^ einer Zahl vorzüglich bemerkeasVirerther (griechischer
Medaillen giebt uns nUn^dcr berühmte .Numismatiker Hr. Sestini
in vorliegender Beschreibung auf. eine sehr belehrende Weise
Nachricht. Da diese Schrift nicht ins grosse Publicum gcfkotn-*
mei), so werden es die Leser 'unserer Jahrbficher nicht ungern
sehen/ wenn ich wenigstens einige Hauptpunkte aus derselben
aushebe*
'^ Der Verf. fangt nach dem Eckheischen Systeme vom We<«
sten an, und Ijeschreibt zwei Münzen von Arpi in' Apulien^ wo*
von die eine erst neuerlich durch Millingen (Recueil de quel«
ques medaiires grecques, a Rome i8ia tab. I. nr. lo» vergleiche,
p. 16) bekannt geworden ^ die andere aber zum ersten Mal er-
scheint. Die Stadt war der Sage nach von Diom'ed erbaut» und
hiefs erst Argos Hippipuf sodann Argyripa und endlich Arpi
(man vergl. ausser dem Was der. Verfasser und Eckhel darüber
sagen , die Scholien der Bruder Tzetza zum Lycophron vs. 6o3
p. 393 ed* Müller). Die gewöhnlichen Embleme: der Kopf
der Pallas I das laufende Kofs^ dei^ Eber (der Kaljdönische '«-^
dieser erscheint auch auf der Kehrseite eines vor mir liegen^^n.
Exemplars einer Münze von Arpi) sind Anspielungen auf ^ttk
Biomedi seine Schutzgottin und auf sein erstes Vaterland Aeto*,
Üen. Von den beiden Münzen des Prinzen Christian^ hat aber/
die eine, silberne , ausser dem Pferd | auf der Kehrseite , einen.
mit einem .,Hing versehenen Hacken ( harpago , Schifishacken ) ;
wie meines Bednnkens Sestini richtii][er erklärt , als Miliiugen|
der hier eine Sichel (falx) ausdeutet«. Die Anspielung auf
25 -
386 Srttioi Descrii. d'alc. Medaglie dL Clirist Fed.
Arpi von Sfinj iaiin docli geltend bleiben. (Man vergleiche den
Hesjch. I. p. 54; uV IL p. 788 ed. Alberti mit den Auslegeni.)
— Die zweife Iner xum erstenmal bescbriebcne und, nebst der
vorigen, abgebildete, ist vpn Erz und zeigt auf der Ha\iptseite den
mit dem Lorbeerkranz gescbmflckten Kopf des Apollo, woneben
eine Leier^ auf der Kehrseite einen . sehr eif enden lövren, über
ihm das auf Grofsgriechisclien Münzen ilichi seltene Pythagorei-
sche Fünfeck und unten : APIIANÄ. Wenn hier Sestini sagt;
H tipo del leone t)u6.riferirsl alla Forza di Diomede -r- o puo
dirsi allusivo ad Ercole Etollo, so^hiXie ich mich ans Erstere
und EinfacTiere, indem der Löwe das natürliche Bild der Stärke
lind des Muthes ist, und man auch auf die Gräber tapferer
Leute dai Bild eines Low^n setzte (s. Winkelmanns Werke I.
p. 208 neueste Dresdn. Ausgabe). Was das Zweite betrifft,
so hatte freilich der AetoUsehe Herkules zum Abzeichen ' die
Löwenhaut, aber hier liegt wieder näher dafs Diomcd/sclber
Üeim Homer die Löwenhaut umwirft, da er in den Kampf ge-
ben will (Jliad. 10. vs. 177 sq*)* Die Leier dagegen wird
wohl niemand besser erklären können als dfer Verf. nämlich als
eine Anspielung auf die Pjthischen Spiele, welche Diomedes in
Argolis gestiftet hatte (Pausan. IL 32. 2j wo jetzt Siebelis p.
a46 richtig bemerkt^ dafs dies besondere Argolische Spiele wa-
ren , wie es auch an anderen Orten Pjthischc Spiele gab. Pag.
H/ lin. 7. unten mufs im Text des Herrn Sestiui Teseo verbes-
sert vverden, statt Tereo. Ueber das ETMAN neben dem Kopfe
des Apollo sagt der Verf, nichts. Ist es der Name- einer Magi-
stratspersoh so kommt er auch hier zum erstenmal vor; denn
Eckhel (D. N. V. L p. i4i) kennt ihn auf diesen Miinzeu
nicht). Dies mag als Probe einer specicllercn' Betrachtung die-
ser interessanten Münzen üiid als Beweis der Achtung; gegen
den gelehrten Numismatiker gelten, der sie beschrieben. Bei
den übrigen mufs Ich mich viel kürzer fassen. — - P. 3; Sil-
termünie., vergl. tab. L fig. 3, Inschrift: VT9. Der Verf. ver-
setzt sie nach Rubi in Apulren, gegfen* Pellerin. und Andere. -^
P. 4: Silbermünze von Metapont, wobei Sestini von den mit
ihnen leicht zu verwechselodeh von Pepa^ethos handelt. — Ur-
alt^ Münzen von Siris und Pyxus mit Schrift von dej* Redilen
zur Linken und mit Bustrophedon (die Beschreibung einer ähn-
lichen von Millin nebst Abbildung .liegt hierbei vor mir und
üiufs damit verglichen werden ); — Bekanntlich sind die Mün-
zen Von Thurium häufig. Eiiie Silbermünze dieser Stadt liegt
vor mir. Aber hier ( p. 5 ^q. vergl. tabi L ^^. 5 — 8.) ge-
winnen wir auf einmal vier merkwürdige Stücke von derselben
Stadt ans verschiedenen Perioden, wie die Namen und Emllewe
zeigen, nämlich VM d.i. 2V (Sybaris; Thurium* und Copial-
Princ« Ered. d. Dauimarca«
3«7
AviS der aten besteht Her Verf. das IZTI aiif eine Magistrats«-
persooi: latto^%oc\ uud bandelt gelcht von den Münzen dieser
0o merkwürdigen Stadt, die einst mit der Athenischen Coloiiie
den Qeschiohtschreiber Herodot und den Redner Lysias unter
ihre Mitbürger aufnahm, -r— Pag« 8 sq. «wei interessante Miin--
zen von Rroton,imit dem bekannten Charakter Koph. i— P. 9*
Bemerkens werthe. Medaillen ¥on Alunttum, Gimarina, Gelas, I e*
ontini in ^icilifcn« — <- P. ü« Eine von der Insel Lipara mit
dem Kopf des Yulcan und mit der ScjUa. Letztere Yorstellung
^st z|v* bemerket!: die ScjUa. reitet auf zwei Seehunden^, unfd
ganz menschUcI^ gebildet streckt sie die rechte Hand au&, und
greift mit der Linken in die Saiten einer Ljra. Eine Art von
Sirene also ist unt^r den Händen der alles verschSnerndeti Grie-
chiscliep Kunst dies U|igeheuer der Sage geworden* — Ein
neuer Beweis, wie fruchtbar das Studium der Griechischen Mün^
zen für die Geschichte der Kunst ist. ^r^ P. la* sq* Münzerl
von Amantia, Apollonia^ Djrrachiiim, Buthrotum. (Auf letzterer
ist der mit der Thurmkronej, Trc/iUc^i/ ,- bedeckte Kopf der Juno
zu bemerken; worüber man deo Athenaeus XV'. p. 469 und
p. 4Ssi S^hwgh. und Winckelmann^s Monumenti zu Nt. 6 nach-
sehen muf$. ) -*> Zwei Münzen von Corcjra (Corfu)« — * D^^•
auf p. 1 5 sq. : Böotische mit der Diota \ind mit dem Booti-
schen Schilde; von Delium (vo der Yerf. da^'Koph auf eine
Verbindung mit Koronea. bezieht) und von Tanagra. ^^ P. 16*
eine besonders merkwürdige Tetradrachme von Athen. Der
Herausgeber stellt. *davon folgende Be&clireibung auf: (vergl? die
Abbildung t^b. IL iig. 6.): Noctua Diotae^vcl Amphoraeja^*
centi insistens» in area n. s« ApoUo more Aegjptiaco indntus«
ad versus |taoS) ad cujus .pedes' hin e inde genius alatus; deaUra
tres' Cbarites staUtes sustinet, s. arcum. In Diotam K. infra So«
omnia iiHra oleagineäm. Ar. M. M. etc. Wirklich hat der' eu
face stehende Mann gänzlich . Aegjptisches Ansehen: ^uf dem
Kbpfe das Säulen ende od,er die Vase, sodann den Aegjptisdhen
Leibrock. Der V^erf. zeigt nun erstens, dafs man auf mehreren
MüDxeo dldse Figur fälschlich für eine Venus genommen, dafs
der Bogen und andere Ümsiände unwiderspredälch den j^poUo
fharakterisiren ; dais die 3 Grazien auf Apollos rechter Hand
vortreffliofa aus dem Plutarch . ( de musica cap. i4 Tot». V. p.
645 Wyttenb.) erklärt werden, wo wir lesen dafs ein Bild des
Apollo zu Delos , gerade wie auf dieser Münze von Athen in
der einen Hand einen Bogen und in der anderen die drei Gra-
xieo hielt. Auch die zwei geflügelten Genien p die den Apollo
aiiztibeten scheinen gleichen. völlig den Figujreu in den Bildwerken
ixnd Malereien der Aegjptler. Welche genaue Verbindung zwi-
schen der AlhcnIschcD und /1er • D.eljsclien .Religion statv hnA^
25*
388 Sestini Dcscriz. d^alc. Medaglie d. Christ. Fed.
weifs jeder ans dem Plato. — Was aber einfge Gelehrte- liiclit
bissen wollen, das konoen sie hier sthtn, nämlich einen ^Atgyf-
'tisehea Apollo icnrf'foQ ouf einer Athenisthen Münze mit dem
Bilde der Minerva. -^ Eine 2te Miinze Ton Athen mit einigen
besonderen Varirtäten. — P. 18 sq.: Münze von Aegium in
Achaia mit dem Kopfe des Kaisers Commodus und mil dem Bilde
der .Pallas. — P. ig. eine M. Ton- Amaistris in Paphlagonien
mit dem Bilde Homers, welches Vorkommen auf diesen Mün-
zen Hr. Sestini als Erinnerung an die hierher gesendete Jonische
' Colopie erklärt* «^ M. Ton' Nicomedia in fiithynien mit. dem
Kopfe der Göttin Roma und der yictoria. -— P. 20. «wei M.
/ von Partum in Mjsien. -— P. 21. eine M. von Mj^tilene auf
Lesbos : » Caput Apollinis laureatum cupillis cnrtis. R. MTTI.
Caput bovis vel vttuli cum collo. Ae. 4* l'ab. IL 6g. ua (dort
ist ein Exemplar abgebildet) Triplex.€ Der Verf. bemerkt dals
Apollo auf allen diesen Münzen * vorkomme, schliefst daraus, dals
er in dieser Stadt verehrt worden , vergleicht diese Münzen mit
^ähnlichen in andern Sammlungen , und berichtigt daraus eine
Stelle in seinem andern schätzbaren Werke Descrizione degii
Statcri antichi Firenzie 1817; Dort hatte er nämlich zwei ganz
kleine Goldmünzen in dem K&niglich Baferischen Munzcabineit
in München nach Cjzicus- gewiesen, die er jetzt der Stadt My«
tilene zutheilt. (Man s. das angeführte Werk jp. 54 und dazu
Tab. IV. tig. a5. 26. — Ich habe diese Goldmünzen seitdem
unter der belehrenden Leitung des Herrn Hofbischoffs i^on Strc'
her^im Originale gesehen. — Auch hier lesen wir nun wieder
deutlich MTTI wie auf alten Münzen dieser Stadt^ während
, die Handschriften der Autoren fast durchaus auf ViirvXr^vni be-
harren. * Da aber Stephanus Bjz. p. 5jS sq. BerkeL ^hne Vari-
ante VlvTiXtiVT] haty da auch Aelius Herodianus p. 195 am Am-
laonius von Valckenaer p. 179 ed. Lips. bestimmt sagt, die an-
dere Schreibung sej ein Barbarismus, so mochte man in Att That
versuclit sejn mit Is. Yossius und Villoison. Anecdott« grr.'IL
p. 176. diese Schreibart der Münzen für die allein richtige zu
halten. -— . P. 21: Eine M von Antiochia, welche Sestini, ge-
gen Eckhel , nicht nach Syrien sondern . nach Karien verlegt.
Der Verf. kennt nur noch Ein Exemplar. Sie zeigt auf der ei-
nen Seite den Kopf der Pallas mit dem Helm und auf der an-
dern die Nachteule,* also wie die Athcniscfien Munzeft.- Der
Verf. erinnert auch an die ^Xrf Antiocbis- zu Athen - ( wie man
schon beim Steph. Bjz.' p. i38 liefet. Ueber die Karische An-
tiochia vergl. man jetzt aueh des Grafen Ciarac Schrift: sur la
Venus de MUo p. 54). -^ P. a'2 : M. von Sandalium in Pisi-
dien, vergl. tab. IL fig. i3.. Der Verf. kennt nur noch eine
der Art im Pariser Museum bei Pellcrin. Sie sind von Ers.—
Princ. Ered. A Dtinimaipca. '38d
P. 'a3. Erzmühze von Tjrus mit dem Kopfe des Ilerdules und
Tsor in Ptiöuicisclicr Sprache;. bemerkonswerUi wegen Angabe
der JabFZald ä56 norli der neuen Tyrisclien Epoche. (Ueber
diesen Tvrischen Hercules muls man Mänttrs gelehrt« Ausfüh-
rung in der Schrift die Religion der Karlhager nachlese» p«
4a ff- 2te Ausg.) -— Tetradrachme vqb der Insel Aiadus, mil
det Jahrzahl i4a nach dortiger Epoche etc. worüber der Verf.
Bemerkungen macht» P. 24* Silbermünze des Königs Ptolemäus
des XILy genannt Diönjrsius mit dem Bilde desselben und mil
dem auf einem Blitze stehendien Adler. Der Heransgeber.giebt
Nachweisungeu über die wenigen Münzen dieses Königs^ Bru-
ders^ der berühmten KJeopatra. * Hierzu die Abbildung tub. IL
fig. i5» Den Bcsciiinfs «dieses interessanten Werkcliens macht
ein GeographiscHes Verzeichnifs der hier beschriebenen Mün*«
zen. Crcuz^r^
>
Juwele nschnUte' Abul- Maani*3 (des J^aUrs der .Bedeu"
tungenj das ist: Bruchstücke eines unbekotmten perst*
- sehen Dieht^^ «r- Gesammelt wtd übersetzt durfiii J^osrpu
. röir HammW. fVien ^8üh , im Verlage bei Anton Dtäi*
8. XIX und 4^ S. • .
Indem wir die erfreuliche Bemel-kung machen^ dafs der Genius
der morgenländischen Poesie in dem gcgeuw artigen Jaluhuudert
unter den gebildeten Geistern unseres deutschen Vaterlandes im- «
luer mehr gerechte Anerkennung , ja selbst. , hie. lind da hohes
Interesse und Liebe findet, müssen wir dankbar des ÜVfknues ge-
denken, dessen Name mit dem Auge, eines Morgenländers be-
frachtet symbolisch — vorbedeutend auf die thätigc KraftAüw-^
weiset, durch welche der Meisler der Bergleute m Aei\ Fund-
gruben des. Orients seltene Metalle zu Tage fördert Und wenn
namentlich in der neuesten Zeit die persische Poesie sich viele
uod bedeutende Freunde erworben, an deren Spitze der hocbge-
feierte Dichter des west - Östlichen Divans sieht, so können wir
gerade des deutschen Hafis offenes Gcstanduifs über die Ein-
wirkung der Geschichte der schönen Redekimste der Perser Auf
die Entstehung seines oben genannten Buches anführen, um un«-
sereie Ueberzeugung ein ansehnliches Siege} der Bekräftigung auf-;*
zudrücken, wie es besonders Joseph von Hammer, sey, dem das
Verdienst ' vor allen Orientalisten machgorühmt werden müsse,
den Sinn setner Landsleute für Schiratens Rosenduft und Nachti-
gallensaqg. erregt und zugleich am reinsten bis jetzt befriedigt
M haben. 'Denn wenn wir auch gar wohl, wo auf Erwecküng
/
3go Abul-Maanrs Juwelcnschnürc*
d€S Qescbioacks an orientalisclier Poesie in Deutschland die Rede
fillt« mit danjcharei* Verehrung und wahrer Liebe Herder' s am
Sstlicben wie am vestlicheii Himmei ewig leuchtenden Namen
SU nennen uns gedrungen fühlen, können wir dodi das Bedauern
nicht unterdrucken, dafs dem Manne, dessen Seele der Hauch
des Ostens auf eine seltene Weise belebte, die Gunst der aas-
seren Verhaltnisse versagt war, aus den Quellen des Morgenlan*
des selbst so reich zu schöpfen, wie es dem vergönnt ist^ des-
sen orientalische * Bedeutung Herder wie* so vieles andere pro-
phetisch vorausgesehen. . So hat nun auch jetKt in dem oben
dem Titel nach angeführten Buche der mit den* Sprachen des
Morgenlandes wie mit seinem {Poetischen Geiste innigst vertraute
Gelehre und Dichter den Vef'ehrern der persischen M«kse> ein
neues Geischenk dargebracht, eben so kostbar als seinem trthdhe
nach früherbio unbekannt. .-— In dem zu Constantinopel - im
' Jahre d. H* « i55 (1742) iu zwei Foliobänden gedruckten per-
sischen. Wörterbuche F^rhengi Sthituri komoien unter den
.9a,45o «Is Beispiele vom Verfasser gewählten persischen Disti-
chen bei weitem die meisten dem Ahul^ Maoni, einem nach Na-
men und Staftime bisher gar nicht .bekannten Dichter zu. Un-
geachtet zehnjähriger sowohl zu Constautin^B|^ als zu Tehmn
' ^tt .Paris wie eu Petersburg, gehaltenen Nachfragen über die
persönlichen Verhältnisse des erwähnt^ persischen Poeten
so wie über die Zahl und Bescha£Fenheit, seiner Werke konnte
Herr von Hammer nicht das Geringste mit yollkommenet Ge-
wifsheit in Erfahrung bringen; nur soviel wurde ihm durch
f freundschaftliche Vermittel ung. des k. k. DoTlmetschgehülfens H,
9. Raab zu Constautihopel vom Reis-Efendij welcher sich die-
' ser Nachforschung aus Liebe zur Wissenschaft selbst unterzogen,
^ kund gcthan: daCi Abid- Maani ein persischer Derwisch gewe-
sen sej, welcher tu Sultan Murad's III. Zeit gröfstentheils zu
Constantinopel gelebt, früher aber den ganzen Orient als Reisen-
der durchzögen habe; er sollte zu Bagdad geboren sejn und
iätatt seines eigenen Namens Mohammed den des Vaters der Be-
deutungen erhalten haben, weil er so viele sinhvollq Gedichte
und twar in ^^ei Sprachen, im- Arabischen, Persischen und Tür-
kischen verMst habe. »Habe er aber gelebt wo und wann. im-
mer, sej er seines Staipmes und Standes gewesen wer er wolle,
.er war Dichter in dem yolkten Sinne des Wortes, wie. dies
• fast jedes dtr aus sdtteu Werken abgerissenen Distichen bezeu-
get: Invenfas etiam dfsjecti membra poetae.« •
Diese durch da» genannte Wörterbuch Ferhengi' Schuuri
zerstreuten Distichen Abul^Maani^s, in Allem gegen ;^Ölf hun-
dert und llieils aus Gameten Und Kassiden d. i. einfach gereimten
treiiichen und elegischen theils aus Mesnw d. i. doppelt gc*
«
/ ■
Abul-Miani^s Juwclenschnüre.
391
i«i^ten diduciuchen, romantischen oder satyrischen O^ichteo
als Proben g^hommeii,* hat der g^egeiiw artige Uebersei&er »zuerst
abgescliriebciiy dfitm nach dem Inhalte beiläufig geordoet> nicht
etwa der vorsdhr.eibondcn Meiouiig, da^s dieselbea fin Originsile
so auf einander folgen miii^sen, sondern des unmafsgeblichcB Da«-
fürhältens, dafs (bei dqa teiiimal vorhaudenen und nicht auszu^
füllenden Lücken) es aqa g^)?»thenstcn scj die vorhandenen Juwelen
aas einander zu lesen und die jeglicher Art an eine besondere
Schnur zu reihen^ ohne sieh viel darum zu bekümmern, ol> in der
urspranglicheu Fassung nicht zwischen zwei hier auf einander
folgenden £dclsteinen ändere dngereilit , gewesen seyn mogen.c
Und $0 liaben wir mit des Uebersetzers eigenen Warten .unsere .
Leser über den. Titel des Buches aufgeklart, welche auch in
dieseif eben so geschmackvoll als sinnreich gewählten Forin' fifr
die Miuheiluug des persisdien Poeicn im deutschen Gewandb
den genialen Dichter der Schirin nidit verkennen 'tverden. Den«-
jenigen, welcliC unbekannt mit der Natur der persischen Lyrik,
iie unser Uebersetzer durdi liebenswürdige Unordnung .bezeicK^ -«
4iet, demselben vielleicht Willkühr in der Zusammenardnung der
einzelnen Distichen vorwerfen möchten, scy hiermit gesap^, wie
es gerade zum Wesen einer persisch on Gasele gehört, ^diifs jcd«p
Distichpn einen, abgeschlossenen Ged9nken enthalt, der ohne- un-
mittelbaren Zusammenhang mit dem vorhergehenden od^r naeh-
folgenden', dem Sinne des Ganzen unbeschadet, vef^tetzt werden
kann, "se^ dafs selbst in vcrsdnedcnen Handschriften eines und
desselben Dicliters bei den meisten Gascleii die*Folge d^ Di-
stichen eine andere ist. Dalier konnte sich der Sammler gtir
wohl erlauben DiMichen, welclie ,im Wortcrbuche auf versclüe- \
denen Blättern weit entfernt von einander stehen, unmlttelbstr
zusammen zu reihen, welche Vereinigung getrennter Thcile recht
in die Augen fällt , wenn mau die unter den einzdnen Gedieh-
tea der Uebersetzuiig angegebenen Zalden betrachtet, die bei je-
dem Bruchstücke auf den Band und das Blatt, wo es im Ferhengi
Schuuri seinen Plaiz hat, hinweisen, damit der Kenner das Ori;;'
gin$il mit der Uebersetzung vergleichen könne, nämlich, setzt
Ref. noch binzu, wenu er im Besitz des seltenen Wörterbuches
ist, dessen' jsich wohl nur wenige Professoren der onentalf sehen
Literatur auf deutschen ^ Universitäten aus Wohl einzusehenden
Gründen rülimen tnÖchten. Der Unterzeichnete aber gehört ge-
rade XU denjenigen, welche das kostbare Werk nicht l^esitzen,
weshalb er sich auch mit einer blossen Anzeige der Ueberselziing
Abul'Maani^s begnügen mufs,
»Demnach j«— um den Inh It des Buches nach des Ucber-
setzers feingcwählter. Classification der auf einzelne Schnüre ge-
« reihten Juwchftti mit seinen eigenen blühenden Worten dar^ule-
39^ Abol-Maani^s JttwcIeDschnüre.
gen, ** »enclieincii hieri naclidem einige reine Saphire' zürn
PreisiB der Einheit Gottes voraus gesendet*, worden, die vielseitig
geschliffenen Diatnariten des Fnrstenlobes, auf welche als Gegen-
satz Spitzige Cbro/b/i blutiger Satjre folgen; dann die.Smaragde
der Frühlingsoden und die Türkisse der Klaggedichte über den
unabänderlichen Gang des Himmels und die Unbeständigkeit der
Welt| die Amethyste der Trinkgedicbte , die Perlen d#s &hoa-
heitslobesy die Granaten der Liebeserklärungen, die Rabme des
Genusses und der Trennung, die Rauchtcpase des Liebesschmer-
tes, die Achate der Liebespflichten, und die Comeo/- Talismane
der Wcisheitslehren und Tugendspruche. Mehr als hundert Di-
stichen sind unübersetzt geblieben, weil sie als Zotten sich bes-
ser. für eine Schnur von Saubohnen, als für eine Schnur edlec
Steine poetischen Halsgeschmeides eigneten, c Noch bemerkt der
Uebersetzer am Schlüsse der geistreich geschriebenen Yorred«,.
dafs unter die genannten zwölf Rubriken sich nicht nur die Di-
stichen Abut^Meumi'sj sondern alle' im FerAengi " Sehuuri als
Beispiele angeführten Proben persischer Dichter gar wohl vmr
terbringen liessen, und wie es :der Muhe werth sej »den Ver«
«uchj der hier mit einem Tausend .jener a3,4^o Distichen dieses
persischen Wörterbuchs im Kleinen angestellt wird, auf die ubri-
■ gen;- ein und zwanzig tausend auszudehnen, folglich ( wenn auch
ungefähr, die Hälfte als ' bekannt oder nicht ubersetzenswcrth
ausgemustert werden sollte) die übrigen zwölf Tausende in die
Fächer der zwölf edlen Steine des Brnstschtldes persischer
^ Poesie, hjich flem hier gegebenen Beispiele, unterzutheilen , und
den Glanz dieser Lichter und Tugenden in ein Urim und Tunum
persischer Dichtkunst zusammen zu drängen, wie der Brustschild
des Mi^hrasj (uv ewig strahlend in Klaiheit und Wahrheit. Die-
ser Schmuck sej vorbehalten einem in die Geheimnisse persi-
scher Sprache eingeweihten Hohenpriester westöstlicher Poesie
welcher wie Göthe die Tiara als Hier,ophante zu tragen ver-
steht, iem Hermeneaten genügt es hiermit, aen Wink gegeben
zu haben, wie die Edelsteine des Brustschildes zu fassen sejen.€
Dafs doch alle Hermeneuten orientalisch »-poetischer Geistespro-
ducte solche^ Hohepriester westöstlicher Poesie wären wie der
hochverdiente DoUmetsch des Haßs und sprachgelehfte Verfasser
der Geschichte der schönen Redekünste Persiens, (eines Werkes,
um das uns andere, Nationen beneiden) der mit« dem Dichter
.^ > der glänzenden Schirin und des liehUch ernst belehrenden mer^
r genläfidischin Kleeblattes j um diese ' Beiwörter mit Göthe au
wählen, ein und derselbe ist!
> . Abul" Maoni gehört nach den vorliegenden Proben setner
j- , . Poesie zweifelsohne zu den originellsten Dichtern PersienS, dec
i. den. bedeutsamen Nameu mit B^cl^ führt ^ indem sein« DichtUQn
w
• /
Abul-Maani^s Juwelen5chnih*e. SgS
gen in einem ganz besondern Grade das Gepräge des Geistrei-
chen uiid SinDVolIen trageo* Davon zeugen namentlich die fei-
nen S[fitzen' seiner* 'sälyrischen* Gedichte so wie das Rosenöl,
mit dem er den viel durcharbeiteten Stoff des erotischen Liedes
zu würzen weifs. Aus allen Schöpfungen des vielseitigen Dich-
ters leuchtet 'das .Phantasiefeuer persischer Natur, zu dem ein
erfiahrungsreicher Geist Kern und gehaltvolles Leben gesellt.
Ueberhaupt spricht eine seltene Weltbildung aus dem weisen
Munde des Dichters, wie aus d6m Buche des Rathes vorzuglich
zu ersehen, und ein tiefes religiöses Gemfi th dient als feste
Grundlagfe der- praktischen Klugheit de^ klaren Verstandes. Denn
mk welcher Andacht singt er das Lob Gottes und setzt seine
Leitung hoher, denn alle menschliche Weisheit, wenn er sagt:
Von Dir geleitet fortzuwandeln ,
Ist mehr als Wissen und als Handeln.
Und eben so' religiSis - erhaben als philosophisch - tief schlierst\
er das Gedicht, aus dem wir diese Worte anfuhren und mit
welchen die gaqze Sammlung beginnt :
Efn jeder Baum mit Laub und Zweigen
t Kann «lir die Einheit Gottes zeigen ,
£r steht bewassert in dein Garten,
Ein Stamm nfit Laub von vielen Arten.
leh tveifs nicht was die Lehrer lesen
Von seinem ungetheilten Wesen;. , ^
So vier weifs ich von seinem Sejrn:
Er ist aüein im All und rein.
Gleich darauf tritt nun der feine Wellmann auf im FärstenfoBe,
indem er die Herrlichkeit des Schah*s, seine Grosse, Gerechtig-^
keit,Gro£smuth, Machtvollkommenheit^ Kriegesmacht, sein Seh wei-f ,
und seine Feder, ja selbst sebe Hofdienste preist, zulttzt auch
nicht des beliebten Wesirs vergessend. Nie ist das Lob plump,
überall • gewählt, immer aber dem -Europäer freilich übertrie-
ben genug. So beginnt *^leich das Lob der Herrlichkeit des
Schah's S, 5: • *
O! Schah, deXs Ehrenkleid der Saum
Des Atlas von des Himmels Aaum! .
In Windeln warst du noch gekleidet,
' Und von dem Htmmel schon beneidee u^ s.' w.
Sa geistreich - fein unser Dichter am Hofe- sejn kann, ist er
auf der andern Seile geistreich - grob in der Gesellschaft fal-
scher Sofis und schlechter Dichter. Witzig gcisselt >er die Klei-
dung eines der Erstem . als symbolisch für seine Heuchelet ,
S. a8:
Anf seiner Schuher hangt das Schal icr Gleifsnerfeii
In. seiner Hand hält er den Stab der Heuchelei.
3g4 Abii|-Maani> lawjslenschnür6
Vom weiten Aefmel wird . Verstellung nur bedecket^
Die falsche Demuth liegt im Bettelsack verstecket \
] Der Gürtel und das Schal, der Kutte blauer Dunst,
Sind ihm Hölfsmittel nur von Tyug und Liigenkunst.
Von. d«in schlechten Dichter singt er unter andern etwas stark
S. 3o :
Geschmacklos ist sein Wort, die Rede kalt Gesäus,
Wenn, er nicht Ingwer frifst wird ihm der Miind nie heifs;
Versucht cr's, aus dem Mund die Worte fortzudrängen,
So ist'sy As wollt er Koth durch die Gedärme zwängen cic.
Kommt »bor der Frühling, vergifst der Dichter Pfaffen und
schledite Poeten und freut sich nur des Lebens in Garten: und
Hainen, S. 33 :
Nun ist die Zeit nicht, zu klagen^ in Gärten und Hainen,
Storrige Nachtigall, höre nun auf, in die Wette zu w^cinen.
Sehet es halten zum Feste der -Gärten die Tulpen das
Bauciifafs,
Morgends und Abends sind Fluren und Hain von baUaim-
scliera Haitcli nafs;
Blätter entkeimen, Und Blüthen entknospen, und Dufte ver-
qualmen,
Reich mit Rubio ist gescbinäcket der' Klee, und mit Staur
ragden die Palmen ;
* Lilien ziehen die Schwerter,' mit Schilden rsind Rosen
umdichtet ,
Und auf das Auge der Knospen sind Dornen als Lanzen
gcrichfet.
poeh di« Nachtigallen verstummen und die ermattende Souneu-
bkie tritt ein; S. 35:
Der Himmel birgt sich ganz in schwarzen Rauch,
Es glüht die Welt wie der Kometen - Üauch.
Bald kömmt gar der Herbst; S. 36: .
Die Bäum« giessen aus ihr Laub,
"V^fic Goldarbeiter goldnen Staube .
Und nun ergiefst sich der Dichter in Klagen über die Unbe-
ständigkeit der Welt und des Glückes; S,^3y:
Glaub' nicht, das Gltick der Welt sey ein beständiger Lohn,
Sie lacht dich durch zwei Tage an.-*-" doch nur mit. Hohn.
Verlob dich niclit zur Eh' der Welt, dem alten Weibe,
D^on Tausenden giebt sie sich hin zym Zeitvertreibe;
Wer^ diese Welt durchzieht als ein. vernünftiger Gast,
Erbauet sieb darin zu bleiben nicht Palla^t.
Noch keinem hat die Welt nach seinem Wunsch gelungen,
Noch^ hat keiti Reiter hier dies störr'ge Pferd bezwuii^cn.
Wenn uii^öre Leser durch den tiübcu Too dieser wenigen l'io-
AbuI^Mäan^s Jywelenschnüre. 3{)5
ben aus des DicbrejTs Rlawcgcfi!J5ti<jen verstimmt seyn sollten,
mögen- sie sich durch die folgenden munteren JV//f/'^^J/cÄ^e wie-
der erheitern, welche dem Perser immer vorzuglich ^u gelingen
])flegeii, sowie auch gerade diese unter den auf 'deutschem Bo*
den kürzlich erwachsenen ÖstUthen- Rosen Fr. Rückens Ü9S Olur
am angenehmsten ergötzen. Vortrefflich ist gleich das erste pc-
dicht S,48 übei'schrieben >c/ifer Wein^ das wir (Jen Lesern gan^
ttiittheilen woll^, um auch für die übrigen Hiren Durst r«ge zu
fiiachen. * Es möge zugleich- al? "citi recht deuilifchcs Beispiel aus-
gewählt seyn zum Beweise, mit welcher seltenen Gewalt dct
tJebersctzer dbcr den Zauber des Wohlklanges ,g Aictct. .
Bringt gcre^liien Weift zum l'^este,
Denn gerecht sind iuisr^ 'GiJste;
Ev^htes schickt sich ntir zn Echten , .
Das Gerechte zum Gerechten.
Meinet ihr, der reine Wein
3oll vielleicht erlaubt nicht sc}ti?
Audi verboten; ist er mit
Lieber als erlaubtes Bier j
Eilt mit Wciii t?uch zu durcttj^iflicn,
Aufgetischet von Perieti,
Und empfangt aus ihren Üälden,
Des Confectes süsse Spenden;
Trink ich Wein aus Freundes Hand,
Mehrt er sicher den Verstand:
Trinke ich ^lUeiii in Lauben,.
Wird^er de« Verstiand mir rauben.
Kind der Rebe, MHchen iart.
Bist von Aeltern ■ guter ^rt ,
So die Reinheit Wöbl bewahrt.
Weg mit Rak, er ist Rastard!
Trinke Wein als echter Dichter, •
Fliehe alle Trugg^sichter ,
Sclieiche, l^rediger tind RicWt,
Wa$ sollst du mit dem Gelichter?
WÜÜt da : dir den Heil'g^englänz,
lBei d^m Whth Verdienen ganz,
Gebe Kütt und Rosenlrahz
Hin als Pfand jFfiT Wetn und Tanz.
Beispiel gab der Wirih ^\ti gut^
Inder Sehcnke, ff oben IMnthes
l'raisk er Bftchcr Rebeiiblütes , . '
Sjprach: »hierauf, o Söhnl-bcruht es.«;;
»Wenn dich Gram und Unglück trifift, '
. »Wenn die Weh dicb tränkt mit Gift, -
> .
.\
«
3{)6 Abul<^Maaffrs Juirelenschaüre«
>Niiiiiii,das Triokbprn von der Hüft , . .
. »Trink daraus das Gegengift.«
Das vierte Gedicht dieser Abtheilung S. 53 überschrieben; «oj
' dem Buche des Tonkunstlers ist nicht minder vortrefflich, und
kann zugleich interessante Belehrungen über die persische Instru-
mentalmusik geben y indem daselbst sieben versdiiedeno Instru-
mente angeführt werden, die von Hammer in einer Note dem
Namen nach näher erklärt, sowie er überhaupt mannigfaltig uu-
fterrichtende Anmerkungen unter dem Texte der Verse noch
Jbinxttgefugt«
Wer des echten Weihes, yon Abul-Maani. kredenzt, rgeoug
. gelostet, lasse sicli . von ihm weiter führen in die reicheli Rosen-
lauben, wo die Nachtigallen von nichts als fiiebe singen. Die-
jenigen, weiche nicht weissen, dafs in Porsien die. Rosen feuriger
glühen und die Nachtigallen vollstimmiger, ihre Klagen der Liebe
' ergiessen , als bei uns , werden freilich viel von Uebertrcibung
reden, mit welcher der Dichter das Lob seiner Schönen besingt.
5o heilst es z. B. S. 60 von deoi stolzen. Wüchse. 4er Gelieb-
ten: '
Wenn die C^em- und Cjprcsseo
Hoch auf Flur und Bergen steh'n, ^
Ist*s, weil sie die s(j|^5ne Haltung
Von dem Wuchs der Freundin seh'n.
Sehr stark und interessant schildert der Dichter das stets leuch-
tende Roth der Wangen seiner Schönen.. S. 67: ,.
. Wenn die'C^^erf^ und die Christen
Seh'n das Licht von deinen Wangpn,' • V
Siivd sie gläubig-, es ist ihnen
Wahres Licht , dann aufgegangen.
Verirrt sich die Phantasie .des persischen Poeten Tdüends in die
Locken der Schönen, so ist des witzig -vergleichenden Lobes
kein Ende. .Bald erscheinen die\Locken als Schlingen, in denen
die Herzen der Männer gefangen . werden , bald gleichen sie
durch ihre Schwarze dem Lande der Finsternifs, aus dem das
Wahgenlicht wie der. Leb'ensquell Chisers leuchtet. Eben so
phantasiereich als originell • wird auch den Augen und dessen
Wimpern, die mit Schwertern, Pfeilen und Dolchen, womit sie
das Herz der Liebenden durchbohren, verglichen vverden, sowie
dem Munde, den Lippen und dem Flaume bei. schönen Knaben
gehöriges Lob ertheilt, wobei auch endlich das schwarze Maal
auf weissen Wangen nicht vergessen ist. Damit aber unsere
Anzeige nicht eine zu grosse Ausdehnung erhalte, dürfen >^ir
nicht zu sehr ms. Einzelne gehen, und wir begnügen uns (hiher
'aus dem reichen , Qipitel der Liebe das Gedichlt überschrieben:
der Korgenwind S. 85 als VorzüaUch schön zu preisen und aus
Abul-^Maani^s Juf^elenschnüre. ?97
einem aticbnren: das Mariyrthan der Lkhe mir einen Vers an-^-^
zuführeo, als Probe von dem romantischen Liebessinoe des bieh-9 .
tcrs. S- i?4: * ■
Als ein Märtyrer der Liebe
Wird sieb einzigen - Ruhm erwerbeit '
Wer da Hebet und entbehret, ^
Und aus Sehnsucht weifs/zu sterbe«. -
In Aem' Buche des Rathes S. 17 1 ' wird^ vor Habgier gewamf;^'
zur Geniigsamkeit, Massigkeit, Freigebigkeit und Rechtmässigkeit
ermuntert, Beredsamkeit so wie Bchiitsamkeit im Reden eibf^foh-
)eo, die wahre Wissenschaft characterisirt, an- nie ausbleibende
Vergeltung erinnert, das Geföhl der eigenen Würde, wahres- '
Verdienst des Mannesund Reinheit der Gesinnung, sowie Selbst-
sucht und Neid gegenüber dem wahren Wesen nach dargestellt:
und zutetzt/das Betragen gegen Freunde und Feinde gelehrt.
Lauter Juwelen einer hellglänzenden Verstandesphilpsophie, dbrch-
deren genauere Betrachtung sich vielleicht manche Philosophen
des Tjcunzehnten Jahrhunderts mit dem Orient aussöhnen moch-
ten. Ans dem lesenswerthen Gedichte unter dem. Titel; dh^
ff^issenschaft S.. i84 sey es-yns vergönnt folgende beiden Kern-
spriiche vpll tiefen und wohl zu erjagenden Sinnes unseier Zeit
vorzuhalten: •
Dem Teufel ist ein wahrer Scherz
Die Andacht, ohne Wissenschaft ;
un4; ^ . .
Die Wissenschaft gedeiht nicht redbt
Die »ch vom Wörterbuch entfernt.
Umhreit. '
Theophrasti Charaeieres quinque priores cum pro^
oemio etXf^LsequeritiumpartibuSjnitncprimum
genuina forma puhlicatis, E codite quo n dam
AHgustaj\o de'scripsit CantSTijurus ¥Vükmiüs.
Cu/n Epilogo edidit Fridkrj cü s TniEnsca.
St6 Seiten, 8», in i^j^cia phäologorum Monacenskun £te»
Tom, 3* Fascic. J. Monac/iu inLibrariä scholaruih regia^
Norimb.ap» Campe, 48n%»€
Wir eilen, unsere Leser mit einem Funde bekannt zu- maebeo,
den so eben Herr Chrisiiat^ PP^'urm^ ein wohlbegabter und ud-
ermudet fleissiger Schüler, des verdienten ^Hrn. Hofrath TMerseh
l^emacht hal. Dieser hatte ihm nämlicK unfern . andern üand^
Schriften Jer Münchener Centralbibliolheky^ welche des^Cjriilus
«
V
39B Theophrast Gharact. ed^ Waroi et ThierscL
Lcxicoa uimI andere Werke und WeKktem eothaliea^'a^c^ ^leo
Cod^x bombjrcinus DV. aus dem .t^«. Jabrbaodeirtf der vormaU
in Augsburg aufbewtfhrt wurde, zur kritischen Durchsicht gegcr
]>en,rund Hr. W.. fand darin auf dem i3« uod i4* Bialte nichts
Geringeres als das proötnium de^ theophrastycbcn Charahteu
und die 5 ersten Schäderungen, nebst Tfa^Uen der folgenden, in
ihrer, allem Ansehn §ach, urspriJingUchen Gestalt, d* b. rein von
den sophistisdien Einschiebseln und Verbrämungen , womit spä-
tere Barbarei dieses geschmackvolle Werk, bis zUm Unkenntli:-
iJien liberM^ liat. Die Bemühung des Herrn W., eines zweir
4)ea Werfer, verdient um so wännern D^i^k, d^ der übrigens
ft|irachkundig^ und sorgfältige Abschreiber 4es l^sc aich einer
sehr kleineni und wegen Tieler Abkürzungen und Sigle^ sch\Yer
«u lesenden » Schrift bedient liat* .
In der Yoraussctznug, dafs die Muncliener Zeitschrift wolil
Maifchem unserer Le$er entgeha. möchte, wollen wir hier als
Probe 4m Proömtum nach dem Msc DV. abdrucken lassen,
damit Jeder selbst urth^ileu koöjae, wie bedeutend diese Ent-
deckung ist« •
wdvrkfv 'EXXffTori/ hfioüog vmSevofiivsöyt cvfißißninev ov r^v av-
ßioic irtif 7{cff TO/x/'Xo/^ riy rs (picrtv ^cff yvuimif dvSffwtoi^
^ecvhöu^^ ri ^tj^ ?(ße/ ocr» Iv tm ß/^ iicini\Seiwmy i%oL(fioi.
"Ittm Strovrat ßskt/oiM; ijfiüv ol TatSe^j ntxrxksi^divTKV «^ro'i^
Alan vergleiche .damit den Vulgartexti napli Schneiders
neuester Ausg^e, Tom» l,'^. 838 sq. . .
Mit Recht ereifert sich der Herausgeber über dqn Wort-
schwall de» Vulgär Textes ,^ in welchem man wdder des Peripate-
tikerS Tlicophrastus Atticismus, noch selbst die Bildung eines
Hhetors aus der K^aiscrzeit erkenne* sondern, vielmehr den Uiistj!
. '^ i» » —
•) Besser töv ^foiiXtfiV* Dct* nschabmende Vtilgartext hat '(i^/
**) Die Worte 3(9t/ fTWOfjuXeTn^ sehen gaflz wie vorsichtlce Ef-
kiäning des cnfVsTvoa aus« vor dessen /weideutiskeit wubl ein
M(^nch fir«cht0cken l^oonte*
Tlieophrast' Charact ed. Wurm ^ Thiersdfa^ 3^
ein^s Plänudes oder Tzetzcs; ^Da, iifU;li Konrad G^fsners Vet*.
Sicherung ^ m» *s« Fiscbers Vorrede zu den Oiarak leren > , coro-
mentarii über dieses Bach von Mäximiis Planiides in ilaiieDischeii
Bibliotheken vorhanden sind, so 1iat des Hrn. Thi^rsjßh Yerina-«
thung^dafs auch der bisherige Text ein Machwerk dieses £h-
rehmaniTS ^cjn nioge, nicht uenig Schein.
Es gebricht an Raum» die Vergleichung beider Texte durch
die. 5 ersten Charaktere fortEusetzen.
Hr. Thkrsch bemerkt hierüber Folgendes :
< Quod ad 5 priores characteras/ quales ex Codice nostro
e&hibuimus, nttioet, hi quidem et ipsi Tbeophrasti orationem
puram et incorruptam exhibent, nee quisquam ejus describendi
artem et rationem, ioprimis e libris de natura plantsirum doctus,
hie desidcrabit, sed cognatam i^s&e et in plantarum et in hodiinuai
natura depingenda philosophi solertiam deprehendet. Multa etiam,
ut in omni des,criptionum oeconomia, ila in dtctione conveniunt^
quae futuris editoribus indicandti relinquimus«
Ueber die fo)gendei^40 Abschnitte, welche i^benfalls abge-
druckt sind, urthcilt derselbe folgendergestalt : De capitibus,
quac quintum sequuntufj. non ita simples est judicfum. Aper-*
tum quLdem est, etiam iq his vulgatam Theophrasti orationem
siinili^ qua in praecedentib|{5 , ratione corruptam esse: multa
eniin jejuna et diffusa, multa ad simplicitatem et brevi-
tatem Theophrasti dissolvendam , aut ad ejus argumenta
amplificanda äddita esse , ex re ipsa et ex codicis nostri
oratioue cum vulgata comparata patet. I^lura autem in hac
iiostra tam brevia, ut\ vix iiitegros characteras referant. Ac-
cedit, quod in ea non paucä vulgatorum omissa sunt, quae ob
argumenti ptaestantiam nemini. nisi ipsi Theophrasto tribuas, et
quod plerumque oratio per ;($£/ "oa» TOioti'roc, 7{^ ^icrxxe^ftOMt
abrumpitur. Nee tarnen recte epitomen te habere statuas: dictto
enim etiam in minlmis integra et Theophr^slea. Statuendum igi*
tur, aut nostrum librariitm, aut eum, quem is scquutus est,
satis habttisse, indc a 6, capitc primas cujusque capitis morum
liotationes descripsisse, reliquas antem, quar« ex descriptis lector
colligeret, omisisse. Mncc autemj quae disputai^imus , si vera
sunt jf sequitur, nos Theophrastei libri partim capita integra^
partim capitüm fragmenta primos nunc gtpuina edidisse ^ ^tu'hns
faturi ejus editores in quaestionibus nimiutn jam agiiatis qbsotr
*vendis tanquam ßrjtio fundamento posjint itisistere.
Wir schliesscn, indem wir dem Lehrer zu einem solchen
Schüler Gluck wünschen. Müijen sie beide, und ihnen Aehn-
liclie, noch manche so' merkwürdige Bibllothekschäize zn Tage
fördern I
4o6 Penelope/ Taschenbuch für d. J. i823»
Pendle ß Taschenbuch für das Jahr 48^3 ß heroMtsgegeien von
Tunoi>oa Heli^ 4%ter Jahrgang, Lcipdg J» C. Häwwhs'jchß
Buchhandlung.
Wer das Andenken des trefflichen , zu früh verschi^enen
Schiller würdig feiert, hat auf die dankbare Anerkdnnun^cdes
DeutKhen Anspruch^ dem die Ehre seiner Nation am Herzeii
liegt!. So scjr denn auch dem Herausgeber für die veranlafste
Fortsetzung der Gallerte aius den Gedichten des Unvergefslichen;
und den Künstlern Dank, welche nach Rambergs Zeichnungen,
uns diese, den gew.ahlten Gegenständen angemessene, Fortsetzung
lieferten! Vor allen charakteristisch und gelungen ist: »Der Kauf-
mann € mit seinen Umgebuugen; in welchem Bilde sich die rer-
schicdenartigen Gefühle des, zur See Abreisenden, und die der
Zurückbleibenden, so ganz d6r Natur und Wahrheit gemäfs,
entfalten* Trefflich ist auch das Titelkupfer: Petrarka's Xmtra^
und der dichterische Commentar, den Agnes Franz daza gelier
iert^ erscheint durchaus als des Bildes würdig. Hat gleich die
mitgetheijte Absicht des Landhaukes von E. ▼. Houwald, an sich,
leinen vorzüglichen .Werth, eiu angenehmes Geschenk wird sie
jedem sejn, der den Menschen und Dichter H. kennt und ach-
tet, w«nn er hier die Stätte betrachtet, wo die Mu$e den Ge*
weihten besuchte, ihn oft zu herzelliebenden Dichtungen begei-
sternd« -— Was in der Erzählung: Jlaugwitz und Conianniß
von Hdmine v. Chazi, aus historischen Qudlen entnommen,
der Wahrheit oder der Dichtung angehöre? ist, hier zu unter-
suchen der Ort picht; aber schauerlieh u|id tragisch genug gelit
es in der erzählten Begebenheit zu« Kaiserliche Truppen haben
gegen das Ende des i7ten Jahrhunderts die Festung Dadistein
gegen Turennens Heer zu vertheidigen ; Obrist Haugwitz, Com-
manddut *der Veste, und der Hauptmann Cofitarinij finden auf
einem Balle in Strafsburg, den Gegenstand ihrer beiderseitigen
Zuneigung: Agnes, dhs Hofdame der Herzogin von Lothringen.
Keiner von beiden soll, so wird unter den beiden Kriegskam-
meraden verabredet, sich, ohne des Andern zu gedenken, um
die Hand des schCnen Fräuleins, bewerben ;> frei soll sle^ nur
ihrer Neigung folgend, .sich für den einen oder den andern
Bewerber, bestimmen. Aber Haugwitz bricht, von dem Reize
der Grazie bezaubert, das gegebene -Wort, die Angebetete ver-
m6gcnd, dafs'sie ihm heimlich angetraut werde. Als das Fran-
zösische Heer darauf die Festung Dachstein belagert, vvird Con-
lariui, aus Liebe zu Agnes, die er .noch i\nv«rmsSdt hält| Ver-
rälher an seinem Kaiser.
{Der Beschhift feist;)
N= 26- Heidelbergei* ^^'
Jahrbücher der Litefatur*
V. Dog/natisches SysUtn der P^chologie* — Rationaler ,
Theüj von D^ Fekdihakd Christ 6ph fFkisE. Heidelberg
48si%. gr. A Vllh und 5^ S. 36 kr.
%. Phüosophisehe Religionslehre von Demselben. Heidelbergs
iSito. gr. 8. XI K. und 3^3 Seiten^ nebst einer Tabelle.
3 fl. 36 kr.
J. Aügeineine Theorie des Genie*s, von Demselben. Heidel-
berg ^8»^. . gr. 8* 54 S. 36 kr.
JHiine blo$se Inlialtsanzeige dieser Schriften nebst Angabe des
'wisseuschaFüichen Zwecks und der neu aufgefundenen Mittel,
wodurch deren Tcrfasser Erstem zu erreichen strebt ^ kann hier >
geliefert werden.
Seit einigen Decennien hat der revolutiortai^e Zeitgeist auch
die PJiilosopIlie ergriffen, grosse, ja unmögliche Dinge wurdeti
versprochen,' daher nach Verhältnifs wenig geleistet. So seheint
also die Philosophie, wie kürzlich der genicde Hiinroth (Anthropo-
logie^ Leipz. 1822. S. 4^^) sagte, ^d'nachdem sie sich in allen mog-
»liehen Formen, entwickelt, und es in keinet zu Etwas ge^
:^ bracht, weil doch wohl sonst Wenigstens Eine stehen geblie^
»ben wäre, jetzt self>st ihres Spieles müde zu sejn, — ^ eine
»tvdte GleichgOltigkeit ist an die Stelle des heftigsten Entku^
^sictsmus getreten, c . •
Niederscnlagend wäre es, wenn die Wissenschaft der WiV
senschaften in diesem gesunkenen und verirrten Zustande blei-
ben müfste; daher ist die Aufforderung an die 'Pfleger derselbeü
drängend) gcf^eu das Uebel neue Heilmittel aafzulsuchen, um ein.
gesundes j frisches Leben des Geistes, wie dieses mit Kantus
grossen Entdeckungen begann, wiederum zu gcwim/cn. Hierzu
selbstlhätig mitzuwirken y nnd durch eine bestiheidene Reförnt
der Philosophie- dieselbe in einen steten Gang zu bringen, wird
mit der Herausgabe fieser und vorangegangener Schrifted, sxi<
-vrie deren kunftigeti Fortsetzung, bezweckt. Die Bisher vom
Verfasser gebrauchten Mittel zur Gewinnung eines festen Grun^
des und eines haltbaren Systems der Philosophie miissetf Mef^
da sie die Grundlage des eigenthümlichen Verfahrens; bitdtfn^
AUmio^iscb- vorangestellt werden. Sie bestehen in folgenden
26
\
I
I
4o2 Weise philosophische Schriften;
' neuen Theorien . i ) der rcineri Sinnlichkeit ak des AnfangJ-
. punktes menschliclier. Erkenntnifs; — a) der specuktiven Ver-
nunft als des Endpunktes derselben; — 3) der transcendentalei^
Urform des wissenschaftlichen Geistes in vier ursprünglichen
Dimensionen; — 4) der vier Arte^ unendlicher Anschauung in
Geist und Natur; — 5) der metaphysischen Grundform des öb-
' jpctiv^ erkennbaren Geistes; — 6) der abgeleiteten metaphysi-
schen Geislesform in Verstand , refteclirender Urtheilskrafc und
Ycrnunft; — ' 7) Theorie *der Erfahrungsideen.
Diese Theorien bilden in ihrem harmonischen ^usainmenwirken
zur Gewinnung realer Wissenschaft den höchsten geistigen Ccr
sammt " Organismus j und da sie, mit Ausnahme der anerschaf-
fenen Td^en der Vernunft, psychologischen Ursprungs sindj so
«nüssen sie auch ih der Psychologie ihre Rechtfertigung finden,
wie diese vollends in dem zum Drucke fertigen metaphysischen
Theile umständlich vorliegt. Da .aber bisher an ein allgemein
gültiges £rfahrungssystcm der Psychologie nicht zu denken wax,
iudem gerade hier det Hauptsi|z des Üebels und der Ausartung
neuerer Philosophie bei; gÄqzlichor Haltungslosigkeit und will«
, kührlicher Festsetzung der psychologischen Grundbegriffe Uegt*/
50 mufste das Hauptgeschäft eine gänzliche Reform der weit-
l^u%en und dabei so schwierigen Psychologie scyn, welches
nach Seite 7 *-* 9. in drei Thcilen nach des metaphysischen
Form des wis^senschaftlichejn.QeistSs« seine Vojllepdting hat^ Darum,
erscheint hier der schwerste , wenn gleich kleinste, rationale
Tkeil als eine neu geschaffen» Wissenschaft aus dem Gebiete
der Philosophie zur Probe » um von unpartheÜschen Selhstden-
kern zu erfahren, ob der faie^ erstmals v,ersuchte Weg snu*
Wahrheit und udumstöf^lichen Ueberzeugung führe. Die
Pforte ist engl und der W^g ist schma)^ wie im praktischen Le-
ben, Jerj zur wahren , eri^tlichen und lebendigen JErktnJt'
n,ifs Seiner Selbst führt. ,
Diiß Idee der Menschheit tritt hier isß Widerspruch mit
I^aut's Kritik det reinen- Vernunft, nach welcher die psycholo-
gische Idee als uiierkennbares Ding an sich keinen, positives, er-
fahrungsmässigen Inhalt haben durfte, heraus ^ und. stqtzt sich
auf übersinnliche Erfahrung kra£t absoluten^ Selbstgefühls S. i4
-T«- i5, dessen wichtiger Inhalt nach vier Dimensionea wissen-
schaftlich dargelegt ist. Der Hohe Charakter der Idee selbst
wurde bereits im Organen der Transoendentalphilosophie (4*
«8 16) als wesentlicher Bestandtheil der speculativen Vernunft
d,urc^gefuhrt und jetzt wird weiter gezeigt, dafs sie als ursprüng-
liche^ constitutive Idee der Menschheit eine ewige Substanz ^ ein
bei Ei^schaffuog der Welt in das vernünftige Wesen einge-
N
Weise phiiosophiscne Schriftefi. 4o3
pflaiii^ter gdttHöher Funke in reiner AnscTiauun^ sej. Diese Idee
trmrde in vier Abschnitten nach ihrem absoluten ff^esertj Mafs,
Zid und Geholte wissenschaftlich erörtert, und dadurch der
äbsalitfte Grund aller psychologischen Erfalirung festgestellt.
Wenti die Grösse ein^r Wissenschaft nicht, nach der Bogen« ^
xahl, sondern nach dem Inhalt, insbesondere aber nach dem Ge^ ^
wrdht und Einflufs auf andere Wissenschaften abgemessen iver- '
den darf: so ist die rationale Psjchdlogie die gröfste von Alleit
•^■^umver^sel ; denn sie giebt nach S» a «, mittelst ihrer ursprünglichen
Dimensionen die Norm für den Organismn^ der Begrifi« alles Ur-
^l'ähg^ichen , im Geist un^ in der Seele liegenden Und der
darnach gebildeten philocophisehen Wissensdiaßen. Sie schliefst
Mch kraft ihrer religiösen Be/.iehiint^ S. a i '■^— ä6, nach welcher
der Glaube an Gott als ^ie psychalogische Grunde in^
heit ^ die das ganze Seeletdebtn trägt, erkannt wurde, unmit-^ ^
telbat an die jetzt anzuzeigende philosophische Religionslehre an.
H. Gott nach seiner ewigdn Offenbarung in Geist und Na-
tur lebendig' zu erkennen, und getnäfs dieser J^rkenntnifs e/n
gottalinlidics freies Leben zu führen, ist des Menschen erhaben-
ster Vorzug und Bestioimung. Hiera»! den kürzesten Weg wis-
senschaftlich zu bahnen, ist Zweck tind höchstes Ziel der Phi-
losophie« Wahrend sie diesem Ziel alle übrige Erkenntnifs und
Bestreben dies Menschen untergeordnet, erscheint die Religions-
lehre als GrundtTvissenschaft. Diese nimmt den ganzen freihan-'
delnden Menschen in Anspruch, mithin z'erfSlIf das ganze dog-
matische'Sj^stem derselben in zwei Haupttheile; i) Religion des*
Herzens; a) Religion des Geistes — eTgentliche Theologie als
Erkenntnifs Gottes durch Begriffe.
Der unmittelbare Glaube an Gott kraft der Urthafsache des'
religiösen Gefühls, das vom Schöpfer in das M'en'schenherz ge-
pflanzt« ist, und die vernünftige Liebe im Mittelpunkte des Her«
zen^, wodurch allein der Glaube als /lebendige , freudig frofic
Gesinnting im. Festhalten an Gott sich bewähren kann, sind die'
Basis der Religion des Herzens. 'Da aber die Liebe im Inner-
sten' 4c!s Herzens ah unsichtbares\Wesen ruitt, die Bestimmung
der Keligion aber zugleich ist, durch die Ihat auch äusserlich
offenbar zu werden, wozu der gute Wüle als Thatkraft mit-
wirken mufste, wurde die Möralität als mit der Religion unzer-
trcnnlrchr verbunden, mithin religiös -moralischer Sinn als das
ganze Wesen dcft Religion des Herzais anerkannt.
Al'osscr Glaube jst aber blind, und führt gar zu leicht in
den* Bodenlosen Abgrund des Aberglaubens, der seinen geistigen
Cuhninationspiinkt im Mysticismus hat, gegen welchen hauptsäch-
lich der erste gröf^tcntheils polemische Tbeil bei dem grossen
Hatig* unsrei^ Zeit zum mystischen, .gedankenlosen Broten, gerich*-
2^*
4o4 Weise philosophische Schriflten;
tct ist. Dalier mufs der Warme des religiösen G9mutlis, wel^
' che der Glaube im Bunde mit der Lieb^ so wohlthuend be-
wirkty auch Qoch das Licht, der schöpferartige Gedanke ia
klarer und deutlicher Erkenntnifs Gottes , blofs naeh seinem
Yerhältnifs zur geschaffenen Welt, verschafft werden, was die
'W streng wissenschafdiche Aufgabe der eigentlichen Theologie ist,
^ ivelche Gott (lenken d. h. in Begriffen mufs' erkennen lernco.
Aber nicht Gott an sichj d«r in einem Lichte wohnt, wohia
lein irdischer Geist blicken kann, sondern nur nach seinem, in
der ganzen, sichtbaren und unsichtbaren, Natur geoff^nbarten
Wesen kann begriffen , und auch noch gezeigt werden, warum
Gott an sich für den Menschen unbegreiflich ist. Beides ist die
2u losende Aufgabe der wissenschaulichen Theologie. Daher
mufste sie nach den transcendcntalen und metaphysischen For-
men des ii^issenschaftlichen Geistes d. h. als Sjnthesis zergliedert,
nach den ursprünglichen Dimensionen dargestellt werden I. als
* Transcendental' Theologie durch Vernunftbegriffe i) positive:
^^solute Allheit", — Immanenz, -^ Urgemeinschaft, — Noth-
wendigkeit Gottes ; 2) negative: Unermelslichkeit, Ueberschwcng-
lichkeit, Unerfor$chlichkeit, Unergriindlichkeit. II, als metaphp
sisc/te Theologie durch Begriffe der reflectirendeil Urtheilskraft:
unbedingte Einheit, — Unendlichkeit, — Persönli9hkert,-;- Frei-
heit. III* als natürliche Theologie durch 'Begriffe des Verstan-
des : Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit, Allgüte. /
Hier bewährt sich das grosse Gewicht der transcendentalea
Geistesform in ihren vier Dimensionen, wodurch allein, ein völ-
lig abgeschlossenes , weder zu mehrendes noch zu minderndes,
' System von den Begriffen oder Eigensc.baften Gottes, die bisher
nach Willkiihr ohne alles leitende Priocip baI4. so, bald anders,
angenoQamen waren, gewonnen wurde.
III, Das Genie, diese Alles regierende Kraft der Seele,
das grosse Werkzeug aller Erfindung, wie ei Gerard (Essaj
on ^nius — Introduction ) bezeichnet, wird zur Erweiterung
der. Wissenschaften , beisonders der Philosophie und Mathematik,
unumgänglich erfordert. Was nun Genie sey , sollte hier wis«-
senschaftlich bestimmt werden. Seitdem Gerard das Wesen des
Genie^s iu Phantasie ( imagi4ation ) setzte, ist grosses UnKeil in
die Philosophie gebracht worden, indem mehrere genialen Phi-
losophen neuerer Zeit, statt klar, und tief zu denken, ilire Phan«
tasmen für Philosophie ausgaben. Dieses Uebel in der Wurzel
zu ergreifen, muTste gezeigt werden, dafs der Mittelpunkt des
wissenschaftlichen Geistes, die reßectirende Urtheilskraft^ auf die
ruhige, ewig gleiche Grundlage der Vernunft sich stutzend, der
mächtige Hebel des Genie's ist, und zwar die Phantasie zur un-
entbehrlichen Gefährtin hat, aber als Regent dieselbe zu ihrem
t^rotest cv* Cäiristeolehre L d. Bgir. Rheinkreis. 4ö3
eigenen Besten streng bewachen, und wie die übrigen,, zu ge-
diegener Erkenntnifs mitwirkenden Seelenkräfte die ivillkuli^iche
Aufmerksamkeit, ^nbildüngskraft ^ Gedächrnifs und Denkkraft
zugleich mit den pkjsischen Kj;'äften in gfehöriger Unterordnung
halten mufs. Demnach wurde als Hauptrcsuliat folgende Rcal^
definiUon gegeben. Genie jst die unmittelbare Centralkraft einci
Individuums im harmornischen Zusammenhalten seiner geistigen
und physischen Kräfte zur Erzeugung idealer, musterhafter 0 ei*
steswerke.
Weist.
(Praktische Theologie.)
Kt$teöhtsmus der christlichen Religionslehre j zum
Gebrauche beim Religionsunterrichte in flen 'protestantisch^
evangelisch - christlichen Kirchen ' tind .Schulen. Sp eyer
-tSstS. bei Kranjibiihler j jun, 4$S S. in kl. S. CRreis rhein.'
auf Schreibpapier 42 kr.} mit dem Stempel des Kön, Bair*
Cihsistoriums des Rheinkreises.
Ule t8i8 und i82i für ^ve. vereinigte protestantisch ^ evange^
lischc Kirchß des Rheinkreises versamn^ieltcn Generalsynoden be-
sorgten bald ein Religions- Lehrbuch für Yolkssehulen. Der
Inhalt Sollte auf die klaren Aussprüche der Bibel (nach ihremr.
geschichtlich erweislichen Sinn) also nicht auf palristische^ scho-
lastische, und noch spätere Auslegungen und unbiblische Ku»st-
•wprter gegründÜ sejn. Hätten Jesus und die Lehrer. des ür-
christenthums diese gewollt, so würden sie es. nicht erst den
(meist SQ wenig dazu wissenschaftlich gebildeten und sittlicht
befähigten) Kirchenvätern und Coneilien überlassen haben, was.
der Bibelsinn sej, bestimmter zu sagen, als^ die Bibel . selbst.
Hätte nur Luther und andere Reformatoren schon so gewifs.
w^issen können, dafs das sogenannte Symbohim Apostolicum nicht
»postolisch , das Athanasianum nicht von Athanasius isfe^, von dem^
!Nicänum aber (s. JPuchs Bibliothek der Kirch enversammlungeiv
T. Thl. S/ 443 unten, dessen .wichtige Anmerkung. Ygh S. 3d3)
eingestanden werden Biufi^, dafs. es auf Be^veisstellen beruhie,
welcUe jetzt niemand leicht mehr als beweisend eben> so anzu-»
führen unkundig genug wäre» Gewifs würden Männer von Lu-
ilieris und Zwingli's Geisteskraft uicht Conclusionen für unabaa-.
dcrlich gelialten haben, deren Prämissen verschwunden waren»
Oevxifs hätten sie nur die Grundidee des Protestantismus, Treue-
für geprüfte Ueberzcugungen, nicht aber, fixirte Lelupmeinungciv \
zamBand der iCirchen^sellscbaften werden lasseu. Und gewilsi.
4oG Protest, ev. Cbristenlelire f. d. Bsdn ]^eiidgfei^
würden alsdana 4ie JCafecInsmen^ welche in 4^ Religion wOex^
rlcliten^ das heiFst, cUis zur christlichen Cottandächügkeit iVo-
thige und Wirksame zur treuen Ueberzeugung ia den jiiDgea
Gemütliern glaublich und glaubwürdig macheu sollen, nicht viel-?
mehr immer Dogmatiken in nuce, nicht Ausdeutungen einiger der
undeutlicheren Bibelsätze, sondern Anwendungen der deutüchen
Lehr^ussprüche y geworden sejn. YÜas Vieue ReligionslchTbach
»will daher durchaus biblisch,, auch von allen Unterschieden
»ehemals (durch unentbehrlich und untrüglich geachtete Ausle«
»gungs Worte) getrennter Confessionen rein Seju.€ Das Kreis-*
' Konsistorium sowohl, als das die Arbeit genehmigende Obercon-
sistorium zu München hat dadurch aufs neue beurkundet*, wie
. historisch philologische und mehr philosophirende als phantasi-
rende Gelehrsamkeit mit Geschmack vereinigt auch für das,
Wds dem allgemeinen Wahrheitsinn im Religionsunterricht noth
tliut und gegen das, was eher die Ueberzebguiikg und Theil-
nähme aufhält, den wahren Maasstab finden könne,' wenn sie
nur ihn zu wollen Licht und Freimutliigkeit genug hat.
Das dem Rec, — um se^ne Ansicht darnberi öfientlich, nnd
wie er ^zu thun pflegt, mit christlicher, durch alle ihm mögliche
Mittel begründeter üeberzeugungstreue zu äussern, — - zuge"
schickte Religioasiehrbuoh ist ihn| nach diesen Gesichtpunkten
ein erfreuliches Zeidien der Zeit und des nur auf dem prote-
stantisciien Standpunkt möglichen Fortschreitens in der Wah'
haftigkeit , welche nicht ohne Ende in Ahbequemung an veral-
tete Scheinmein^ingen aufgehalten werden soll. Dieses /Verhält-
nifs erkennt man concentrirt in dem 171. Fragepunkt: Was
keifst auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen
Geistes getauft werden? Die Antwort ist: »Auf das Bekennt^
nifs getauft werden, dafs Gott der liebreiche Vater aller Men-
schen ohne Ausnahme ß Jesus Christus Gottes Söhn^ itnd Gptt
ein heiliger Geist ist, der nur das Gute will und in der Welt
fördert und darum auch von den Menschen verlangt, dafs sie
ihm durch eia frommes, heili|;e$ Leben verehren.« Um so aus-
fährlicher ist aus den Ueberzeugung^n von der väterlichen, hei-
ligen Gottheit, d^ göttlichen^ Weltordnung oder Vorsehung und
der Eigenschaften des einzig vollkommenen Gastes überhaupt
das 'allbelebende Vertrauen, dafs dem- Recht wollen den das Gate
ewig fortschreitend durch alles, was. nach Gottes Willen ist,
möglich sey, abgeleitet und für lebensthätige Vorsätze und Ge-
sinnungen S. 47 -«- 34* anwendbar gemacht. Der Fragepuukt
107. «88. sagt mit den Schrift Worten : was JesilS Christus von
sich selbst, und was die Apostel von seiner Person aussprechen,
4*7 -~ *a2. Wie hat uns Jesus durch seine Lehre, wie durch
sein Leiden und Sterben, wie durch Auferstehung und Erbö-
PifOtest. ev. Chrislenlehre f. d. Bair. Ahemkrds* 407
kttB^ in di» Himmel, erlöset? Wodurch wirkt Er -^ das Hüapf
seiaeiL Gemeinde oder Kiicbe -^ für derea Heil immerfort?
Pct drille Punkt (»durch sein Leiden und Sterben«) wird so
beantwortet: tr hat nns durch dasselbe die Versicheruhg ge-
geben, dafs wir auch als siindhaftb Menschen, wenn wir uns
(f unsere Gesinnung!) bessern, Z^utraüen zu Oottes 'Gnade foss^it
•und der Vergebung unserer Sünden gewifs sryn können, wo-
durch Er unser Her* von stlaviseher Furcht *var Gott befreit
und mit einer kindlichen Zui^ersieht zu ihm erfii|h. Bei 127.
wo auf die Frage: Welche Verirrung^a in Ansehung des Glau-
bens sollen wir vermeiden? geantwortet ist : »Den blinden
Glauben^ den Scheinghniben , den todten Gkuben und Aber-
glauben« dächte Reo. hatte doch auch hi^zngesetzt werden sol-
len t den Unglauhen oder den Widerwillen , vo» Wahrem und
Gutem ai$ch dur^h glaubwürdige Grunde nicht überzeugt zu
werden.
\\Vir geben nur noch als chardtterisltsch die Belehrungen
TOn der Kirche^ al$ einer christlichen, protestantischen, evangeli-
schen. 434. »Weil nur Ein Gott und nur Em Herr (Lehr-
Regent) Jfesus Christus ist, so kann es auch ^mr Eine »christ-
liche« Kirche geben, obgleich sich in. derselben verschieden^
Kirchengesellschaften belinden, die sich durch NameHy Lehrsätze
«nd Gebräuche vdn einander unterscheiden«
Könhten wir doch die fremden ukid daher so oft misgcdeu*
leten Worte, wie Religion, Kirche elc. vermeiden. Sagen wfr
Gottandacht y Gottandüchiigkeit, so liört im Augenblick auch di^
MdgUchk«it auf , Religion und Kirchenthum je für einerlei aus^
zugeben und mitdinauder, wie so oft von den Alleinkirchen ge<-
schiefit, zu verwechseln. Kirche, 'dh Ttvptettnj, dominica, Jesus aH-
ihren' Kjrios (Herrn oder Lehrr^enten ) bekeiiueild ,' umfaC^
alle, welche dieses thuto« Also^ ist Kiirche =r clirisllfche Lehr-
genifeinde für Gdttandächtigkeit nach Jesu Geist., Es liegt dann
schon in den allgemein verständlichen Benennungen, dais nur
die CthÄtigeJ Gesinnung, nach Jesu Geist: gotlandäclüig zn seyn^
nicht aber JLehrmeinungen , Unterscheidungslehren , Symbole etcV
die aHgemeine Lehrgemeinde Jesu bilden und ausmachen. . Um-
sonst sagt mau, nach den KanOnistischen Juristen: es giebt keine
Gesellschaft ohne symbolische Leitren. Wo waren denn die
Symbole des Urchrlslenthum? Oder haben etwa Jekus und die
Apostel gerade das vergessen, ohne welches eine Lehr^enaeindd
nach Jesu Geist, gar nielit gesellschaftlich soll existiren können?
Ihr höekste j reinste ß^erein de^ Geister ist die entscl^lössenste
Gesinnung, was uns als wahr dargethan werden kafnn, gerne zu
glauben und tr^u zu befolgen. Diese Gesinnung uirifafet Z)^/^-
ken tmd fVbllem zugleich j^sH^o 'deii ganzen Meuschengeist. Des-
4q8 Protest ev. Christenlehre, f. d. Bair. Rhdakrels.
wegen nennt Reo. sie g;erne Ueberzengungstreue. Die UAtf
ze^guag ist die Steigerung oder, Erhöhung des Ahnens und
Glaubens zuip Bevtufiueyn.^ warum es gewifs sey< Wie dieses
die allen Menschen eigene t)enkkraft betrifft ,. so alsdann die
Treue den Willen. Nur durch beides zugleich, ist der ganze
Geist erregt, welcher die Gottheit in Wahrhaftigkeit Terehren
soll. •
Die Idee evangelisch und, protestantisch beschreiben die
Antworten i3ß, iSj. mit würdiger Begeisterung: Die Kirche
nennt sich ef^c/z^e&^cA - christlich »weil sie durchaus keinen an-
dern Glaubensgrund erkennt, als allein die heilige Schrift und in
^ dieser gan;^ besonders, das £vangcliun^ nach den klaren Aussprü-
chen des, Stifters der christlichen Religion.c Protestantisch aber
nennt sie sich: »weil sie das edelste (die Pflicbt und das) Recht
4es vernünftigen Menschen ^ frei und redlich in der Erkenntoifs
der Hvohlgeprüften Wahrheit fortzuschreiten, mit christlichem
l^uthe in Anspruch ninnnt«, gegen alle Geisteskneditschaft wie
gegen allen^ Gewissens - (und Lchr-J Zwang ewig«n Wider-^
Spruch einlegt und ungestörte innere Glaubensfreiheit (leheas-
thätige. Ueberzeugungstreue) behauptet. c Amen, mochte ntan
beisetzen , so $ej , so bleibe jßs I
"Vj^egen des Umfqngs (von 339 Fragen nnd- Antworten)
bemerkt die Vorrede, dafs^das Lehrbuch aus 2 Hälften bestehe,
so dak den ju^ngern Kindern die Lehren des Katechismus ohne
4ie biJkLische Spriu^he^ den altem die Wierderholung dieser Leh-
nen mit^ allen Beweisstellen ( wovon manche zum Nachschlagen,
:fur Uebung im Bekanntwerden mit der Bibel — dem Grund-
Ifvalirheiten - Bucl;i — ^ nur citirt werden), zugetheilt werden kon-
:(^en. Rec. wünschte überall die umgewendete Methode. Zuerst
jFragen , auf welche mit den Bibelworten selbst geantwortet
wurde. Was i^t nötUiger, alsdafs diese Cnur wo die Ueber-
^etzurg fehU, klar berichtigt) am tiefsten und frühesten, vo^ allen
Auslegungen und Umschreibungen dem Christenmcnscli^n bekannt
werden und für das ganze Leben eingeprägt» Alsdann mag//tr
^tere cin^ das ist, eine Efkläi^uäg folgen. Meine Erfahrung
fiber ist, dafs die richtig vetteutschten Bibel wo^e den ruhigep,
gottahdächtigen Gemiithern auch von Kindheit auf oft ohne Er-
(cl^rungjklarer sind, als unsere doc}^ immer etwas vom gelehrten
Modernisi^en enthaltenden An|wortsätze. Nur, wären die Bibel-
stellen so zu o;rdnen , d^ifs eine die andere heller macht und
v^rvolUtändigt , indem freilich des Begr^es Umfa^ig nur ^'^
mehreren Stellen zi^,ammengenommen sich dem Kinde vergegcn-
"Wärtig^ und in ihm selbst ttusammenfügt- Läfst n^n ^um Beispiel
4ie Stellen aufeinander folgen: Köm. 8, i4« virgl. Joh. «, i2.
So yie^e yoq Qpt^s, .Geiste gefiilirt yve!:den| die sioAdotUs
Protest er. Christenlehre f. d« Bain Rheinkreis. 409
Sihne -»- alsdann: Ps. 82, 6« vergL J0Y1. lo, 34*^ Ich (Gott)
habe ,wobl gesagt : Ihr (Regenten) scjd * Getier und allzumal
Söhäe der Höchsten j so wird dies bald daliin fuhren, vrie der
judische Hohepriester, Kaiphas Matth. a6, 69. frdgen konnte:
Ich. beschwöre dich bei dem lebendigen Gott,,^ dafs Du uns
sagst: Ob Du sejest Chtistus (der Messias, der Gottes -Re-
gent) der Sohk Gottes j und warum Jesus sich nach Hebr. 2,
11 ..nicht schämt, der Erste unter vielen Brüdern genannt zu
werden.] Darafi aber schliefst sich an, dafs er durch Leiden voll"
kommen gemacht Hebr.' a, 10. wiewohl et Sohn war, doch an
dem^ dafs er litte, Gehorsam gelernt hsit Hebr. i, 3. unter alten
aber der AUeinipe Gottessohn ist (Joh* «, i8,) dei* versucht in
allem, wie die Menschen, doch ohne Sündigen blieb Hebr. 5, i5.
-Wer vtsrmag'dies auszudenken, wie viel göttKch- Hinschlich es
hierin- liegt etc. ein Geistj immer in der Gesinnung fest geblie-
ben, dafs er kam, den WiUen Gottes nicht allein zu lehrest
sondern durchaus selbst zu thun Hebr. 9, 10^^ und eben dadurch
auch Gott rein und heilig zu verkündigen Joh. 1, 19. — ?
Das Wichtigste und Erfreulichste in der ganzen Anlage die-
ses ReligionsbüdileiQS aber ist dem Rec« dieses, dafs es durch-
gängig, auch wo Lehrsätze angegeben werden, diese nicht blofs
mit der Tendenz, sie zu glauben und zu wissen, sondern mit
einem eigenen^ Geschick so gerichtet sind , dafs sie unmittelbar
das Willensthätige und Lebensthntige im Menschoi ansprechen,
ohne dafs sie förmlich, und ausdrucklich in sittlich-religiöse Anmah-
nungen verwandelt >in,d* Alks soll um der Reh'giösität willen
gedächt tind gelehrt seyn. Die Lehrsätze de$ Glaubens un^
Wissens sind da, um die Anregungen des Willens zur Pflichtenlicbc
und ^ur Gottandäcihtigkeit ^zv^ unterstützen und dais an sich
Wahre derselben von 'thearetischen Zweifeln und Mifsveü^stand-
nissen frei zu bewahren, die sich nup allzuoft auch ins popu-t
lä^e Denken ^einschleiche^« . x ' . ^ v
* '- M'W
Käieehismics den christlichen Lehr 6-, nach dem Be^^-
k€nntnifs der evangelischen' Kirche von D, F.
A. KnuMMACHKR. Esscn bei G. D. Bädeker iSfH^»
{'60 S. Ladenpreis 5 gGr. für Schiller i gGr%)
Urafs bis j.etzt schon mehrere Auftagen dieses Katechismus er-i
folgt «sind, wollea wir nicht so geradehin als Beweis seiner Vor-*
zügliclikeit anführen. Denn was der Menge gefällt ist niclit im«*
n^eir das. besjlp > ^ nnd vollendi^ ein. KaUcbismus in un&crn Tagen !;
4 10 Krummacher Katechismus 4. cfatistlieh. Lehrt
Wir 4urfco nur fragen , irie die Bibel gefälk? Meliv jq^iicU
der berüVmtey und wli\ setzen mit tiefer Hochachtung hinzu der
christliche Name de« Verfs. dafür. Sehen wir indessen auch da>-
,Yon ab und auf das Buch selbst,- so finden wir das Ansehen
desselben wohl begrönaet, denUsein Werth überwiegt bei wei-
tem die meisten Katechism^u. Kaiigermassen sagt das schon der
Titel. Denn wer eiueo Katechismus für di^ evangelische Kirdte
abfafsty muß Üin auch nach ihrem Bekeuutnifs abfassen 9 sonst
ist es nicht die Kirche ^ deren Lehre darin vorkommt , sondern
er ist es y der seine Lehre aufstellt, und sie in die Kirche ein-
schwärzen oder ihr aufdringen tnöclite. Oder wollte er ihr eine
ueue^ bessere Lehre mittheiien, so miifsie er o£fen und ehrlich
sich zum Reformator erklären. Dann aber kann er i;iicht ver-
laugeo, dafs sein Buch als LaodedLatechismus eingeiführt werde,
ohne sich eine Machthaberei in Gewissenssachen schuldig zu
^u machen. Nur derjenige Lehrer kann also den vfahren Beruf
fühlen, einen Katechismus für die evangelische Kirche zu schrei-
ben, der in, dem Leben dieser Kirche fühlt, denkt, wirkt, mit
{^inem ganzen Geiste athmet* Einen solchen Beruf dürfen wir
wohl dem Verf. des. vorliegenden zuerkennen« Dabei . genügt
CS denn nicht etwa mit einer guten Auswahl und Anordnung
der Bibelsprüche. Denn was diese in der Tiefe und FüUe des
göttticheo Geistes enthalten, soll der Lehrer in einzelne bestimmte
und deutliche Begriffe vor unser Denken iserraittelst unserer
2>eukgesetze so wie nnsess Sprachgebrauchs heraufiuhrcn, so
dafs aer Schüler durch die discursive Kr|eettntnifs die Anschau-
ung des fronunen Gefühls gestalte^ und dals seine Vernunft zum
Eindringen in das Gan^e gelange. JSq wie das Geist ist^ soll
es in ihm, vermittelst des Buchstabens zum Geiste werden. Das
will es sagen in der Rdligion unterrichten. Wer nun mit uns
in diesem Grundsatz übereinstimmt ^ wird als Folge zugeben,
dafs das Buch, welches hierzu dem Lehrer in die Hand gege-
ben vvird, diese Begriffe grade so weit abmes'sen soll, als der
Lehrer sie festhalten mufs, wenn er in Einstimmung mit der Ge-
samq^theit seiner Kirche bleiben will , vhet grade nur so wei^
damit seine Freiheit zum guten Lehren, das anschaulich macht
un<l ins Leben führt, nicht beengt werde. Konimen übrigens
Winke auch dafür vor, wozu auch die Wahl der Bibelsteilcn
dienen mag , so steigt der praktische Werth. Auch, in dieser
Hinsicht leistet der Krummachersche Katechismus vieL Aber
was die nöthigen Begriffe betrifft, so finden wir einige Mängel)
die wir offen bemerken wollen, so wie sie uns erscheinen **
freilich in der ersten Auflage, da yvbt die letztere iiiclit zur
Hand haben.
Wir finden das V4>rerst im der Lehre nou^ den göttlichen
T^epfif^f^m* So «ebr wir «uch dam -dei^ Vorzug dieses Ka*^
t^ismus an^rkenaeD, dafs er nichts mehr von dem hi^herigei^
1JnW0sefL hat, welches mit einer modernVsn Wisserei über 4i^
|{ö(liUchep Eigonsohaften geirieb^en werden, da auch selbst bei
de^ Tiieologeu die ernsten Erinnerungen uqserer tieferen Philo* .
Sophie^ namentlich ^ie bekannten Rügeq eines Fichte eben so^
wei%, als die erhabnere Behandlang dieser Lehre bei den äU
u>r^Q Kiriihenlehrern nachgewirkt haben : so bleibt dock -
da$ wahr, dafs wir in den sogenannten Eigenschaften .Got-*-
les 'O^eitt selbtst in seiner Beziehung auf ans begreifen, und ohne
snlclie Begriffe ihn gar nicht erkennen , wir sie also bedürfen,
dasoit uns fjott nicht gar aus den Gedanken entschwinde. In
eiii blosses Gefühl dürfen sie nicht zurücksinken • Also müssen '
dies^ Begi-iiTe grade so bestimmt angegeben werden, "^i^ ^'^
uns die -Idee Gpttes deutlich machen, odear vielmehr wie wif
den Ewigen, der sich uns in seinem Sohne geoffeobar^ hat, als
Christen erkennen. Darum fitaden wir es nicht genügend, wenn
CS §♦ *7. heifst: >Gotl ist allmachtig — allwissend ~ allge*
genwärtigc und, nachdem di^ Spruch.« Ps. 33, 8 f« Luc. t,
37. 4 Mos. 17, t, Ps. 439, 1 — 4. 7 --^12. Jer. «3,,, 33. ^ge-
führt sind, die Aumerkung steht: »Diese Beibennuiigen der Ei*
genschaften Gottes sind vielmehr Ausdrücke des^ schwachen Ver-«>
standeii, als des vollen gläubigen Herzens, das in Ihm lebet» wer-
bet uhd ist.« Denn da mochte der eine Lehrer sagen: »nun»
vrai'um lassen Wir dlß Ausdrucke der Schwächte nich^ Ucbev
ganz, weg?« der andre möchte dafür^ um die ausdrücke des
starken Verstandes bitten; der dritte setzt vollends Unsinn dafiit
bin. etc. Besser alsdann kein Kateehiimus, sondern blosses Spruch«
buch. Zu den unbestimmtem Stellen giehört auch ^^ ^^* <. * ^^
dieser> Hinsicht heisset er auch Prophet, Hoherpriester und Ko-
nig ; « der Lehrer will aber wissen wie er diese B^^griffe zu
verstehen lehren soU^ Grade diese bedürfen auch in unserer
Zeit einer bestimmten Erklärung,' vrejil die gewöhnlich gevvoip*
denen wahren Meinungen zu berichtigen sind, das auch der Vf»
redlich will und übrigens thut. Denn ächtevangelisch und recht
klar erklärt' er §«^76. wie Cluristus Hoherpriester hebse, und
^. 8^. in. welchem hohen Sinne er der Herr sey._ Nur soUiea
xur Deutlichkeit vorher diese Begriffe zusammengestellt ityv^
Der Begriff der Sacramente §. 119. als' »sichtbarer von GojU
eingesetzter Stiftungen und Zeugnisse des N. Buiidfö zur Er**
'weckung und Stärkung des Glaubens und der Heiligung,« tt^
mangelt der von den beiderseitigen Bekcnntnifsschriften nath"^
drücklich gebrauchten Ausdrücke; Zeichen und Zeugnisse «f«r
göltfichen Gnade (oder des goltUchen Willens )k Der B^riff
de> beil. Abendff^hls bat ebettfails nicht die Bcstixiunlheit, W<^riil
Aia Krummacher Katediismus d. christlich. Lehre,
die beiderseitigen Bek^ntnifsscliriften noch zusammenlreffeii. Es
heilst §. 1^4* *Das heil. Abendmahl ist auch eine innige selige
Vereinigung und Gemeinschaft Jesu Christi mit den Gläubigen
tur Starki^ig im Glauben und in. der Heiligung.« Schon dieses
euch macht' zur Nebensache .was grade die' Hauptsache im Be-
griff ist; und was in der Anmerkung steht , »das heiU Abendr
niahl ist Ersatz seiner sichtbaren Gegenwart bei den Seineoi
und eiiie geistige Mittheilung Seiäer selbst« (so heifst es in re-
formirten Confessionen und bei Calvin: mandacatio spiritualis
corporis Christi etc*) sollte billig in den Hauptsatz aufgenommen
'seyn, weil es die genauere Bestimmung enthält, .worin sich die
I^eiden bisher getrennten evangelischen Parteien vereinigen. Oder
sollte das Beiwort geistige als Gegensatz gegen das USbliche an-
gesehen werdeltiy so J^onnte es recht gut wegbleiben. Schickli-
cher Weise müfsten dann «nsers. Bedunkens die drei verschie-
denen Ansichten über die Gegenwart Christi im heil. Abendm.
in einer Anmerkung angegeben sejn, oder wollte man das nicht,
wenigstens gesagt werden, dafs es dariiber verschiedene Meinun-
gen gebe, die jedem um so mehr frei stünden, da sie in der
Hauptsache in der Vereinigung mit Christus durch den Glau*
ben, zusammenträfen. — - Die Lebte von d^ Rechtfertigung,
dieser Lichtpunkt in der evangelischen Glaubenslehre, leuchtet
zwar, wie es von einem solchen evangelischen Geiste zu erwar-
ten ist, von Anfang bis Ende in dem Katechismus durch, aber
d^:»tt> mehr müssen wir es als einen Fehler der Form erkennen»
dafs der Begriff erst tinter §» 1 56. als Anmerkung vorkommt.
Der Ordnung nach hätt^ sie als ausdriickHcher Hauptsatz schon
zwischen §. iod. und §. iii. stehen sollen, wo allerdings die
Elemente dieses Begriffes deutliclv erklärt sind; wo nicht vorher
scfion §.• 97. seine Stelle gewesen wäre. Wenn §. 6"]» ge-
lehrt wird, dafs de» Tod und die Verwesung Folge der Sünd-
haftigkeit dos Menschen sej, so ist das eine Lehrb^stimmuii^^^,
welche tiber unsere kirchliche Lehre und sichere Begriindnng
hinausgeht. — Der Uebergang zum 2ten, oder^praküsÄien
Theiie, von dem Verhalten des Menschen (Christen) ^egcn
Gott, ist durch Vov\anstelluug der Artikel, Busse, Bekehrung,
Glaube gemacht, welches aber der Ordnung der Glaubenslehre
scl^det. Wir soUten denken, dafs eine blosse Hinweisung w&
dieselben solchen übrigens guten Üebergang ,zur Sittenlehre, und
zwar zur evangelisch christlichen, dem Katecheten leicht ange-
ben konnt^. Die Anordnung des Heidelberger Katec|iismus gi^bt
hierin ein Muster. — Unter den Erweisen Ae% Vertrauens auf
Gott §. 179. sollte auch der Muth in der f^ilicht stehen. Die
Demuth solke nichf, wie ^'^S^* ^"^h ^^ '^^^ d^ Selbstverläug-
nung und Wachsamkeit, nebenbei unter dem Gehorsanr vockou^
Krammacher KatechisncRis d. christlich. Lehre. 4^3
1 • . ■ • ■ ' ■ ■
meni da sie grade in dem eraDgelisclien Christenthum sb recht
ab eine der Grundtugenden erscheint, und da sie auch dariini
einen eigenen ^ verdient, damit man ihre innige Verbindung
mit der ivahren Menschenwürde zeige. Wenn §. 1 98. die Liige,
Falschheit, Verstellung, blofs als das Gegentheil der Wahrhaf-
tigkeit tind Aufrichtigkeit und als schändlich vor Gott und deii
Menschen bezeichnet :^ird, so vermissen wir eine der wichtig-
sten Erklärungen.- Denn jede/ Unbestimmtheit hierin ist die MuU
ter iron unzähligen Verirrungen imUrtheal und im Leben. Lernt
nicht schon der Confirmand den , Begriff der. Luge und der
Falschheit genau von allen dem unterscheiden, was im gemeinea
Leben damit unterläuft, wo man von Nothlüge spricht, wo es
auch erlaubte Scherze, wo es Ironie giebt u. dgL so wetden
viele mehrmals ihren Leichtsinn und ihre Unwahrheit rechtfertigeO|
manche auch wohl iii scrupulöse Pddanterie gerathen. Grade,
^as sind die Punkte, wo der Katechismus, die möglichst bestimnr-«
ten Begriffe dem christlichen Leben zuführen soll. Wenn %vir
bei den Arten des Gebets §. 2i3» das Loben und Preisen.Got-
tes vermissen*, so könnte dagegen erinnert werden, dafs es sich
doch immer entweder mit Danken oder mit Ritten ausspreche«.
Indessen möchte es doch weg^ii so' mancher Psalmen , auch we-
gen vieler Kirchenlieder, auch rein för sich zu erklären seyn»
Die übrigens umfassende Erklärung^ was es heisse in dem Namen
Jesu beten §* ^^^* entbehrt nur eines auf den tieferen Grund
deutenden Wortes, wie. etwa; mit ihm in der Wirksamkeit sei-'
nes Reiches vereinigt oder dgl. nach Joh. i5, 4 fg*
Bei der hohen Wichtigkeit eines solchen Lehrbuchs , be-.
Sonders wenn es einen so würdigen^ Kirchenlehrer zum Ver-
fasser hat, ist auch ein ins Kleine gehender Tadel entschuldigt,
auch ohne an jenes klassische Freundes wort zu denk'en, das auf
den ehrwürdigen Verfasser anwendbar wäre, nuUi facüius re-^
prehenduntur , quam qid rnasime laudari merentur» Rec. hat so
JEinzelnes ausgestellt, was aber das Ganze s<y wie bei weitem
das meiste Einzelne lietrifft, so darf er nur mit wenigen Wor->
ten sagen:, hier hat doch die christliche Gemeinde wieder ein«.,
mal einen evangelischen Katechismus, wobei iFir eine Menge,
der sonst gefalleuden oder nicht gefallenden vergessen.
'- Schwarz*
PendopCß Tasichmhuchß d^ J,48a3» hermsg, 'Son TetsoDOR Hsiu
{Besctbtfs von Nrö, %$*)-
Haagwitz 0illt im rjihmlichen Kampfe; der Gram &^ den
/
* .
\\f\, Penclope, Taschenbuch iur d« X %^i%.
Verlust des Gatten, tSdtet Agnes^ orid Conüsiriiii , d^i LoYin
seines Verraths in der Geliebten Armen erwartend, findet sie
sjs Wittwe seines Nebenbuhlers im Sarge^ Von Grtfm dtmie^
dergcdruckt, gepeinigt von Reue; von seinen Gefalirteti zurGck^
i;estossen, und verachtet; raobt der Ungläckliche sich durdi ei'
gen Pist^lenschnfs das Leben. — Der Pf^unsck des Confut, 'von
wui der VUde, ist einem Persischen Mährchen nacherzählt. Die
richtige Zeichnung und das glänzende Colorit, welche van dei*
Yeld^s Gemälde auszeichnen, finden sich auch in dem hier Auf«
gestellten wieder. An nützlichen Lehren fürs Leben, die sich
ans dem Mährchen ziehen lassen, fehlt es dabei nicht; als da
sind: »nähre keine thörigte Wdnsche; sie fuhreii zum Verder«
»ben; lafs dicb den Geist der Finsternifs bei einem Haare fas-
»seu, und er hat dich ganz; meide sittenlose Weiber; in dem
»Genüsse, den sie dir bieten, liegt der Keim zu jeglichem La"
»ster.c — Sebastian j ^^'^ff ♦'^^ Portugal j Erzählung von
€• Weifsflog^ Wieder Wahrheit und Dichtung, doch läfst sich
hier jene von dieser leicht sondern. Bis zur unglücklichen Schlacht
am Flusse huto bei Aleanzar in Afrika, wo Sebastian und sein
Heer der Macht der Ungläubigen unterlag, und dann von dem
Zeitpunkte an, wo der todtgeglaUbte Konig, nach jahrelanger
Entfernung, in Venedig wieder auftritt; von da an aber bis
zn seinem Tode auf einer Spanischen Yeste* als Gefatt«;ener
schmachtet, bleibt der Yerfass. der wahren: Geschichte ziemlich
treu. Ziemlich ! denn man darf nicht tadeln , dafs er Manches,
was, nach historischen Daten, nux^ Vermothung, höchstens Wahr-
seheinlicMceit ist, in einer NoveRe als gewisse, unbestreitbare
Thätsache annimmt. Auch durfte die Lücke, welche die vl^ahre
Geschichte in Sebastians Leben läfst, in einer solchen Erzählung
durch romantische Dichtung ausgefüllt werden. Nur mufste der
Yerfass. der Phantasie nicht einen fui freien Spielraum gestatten;
ihr nicht wie hier geschieht, den Flug in das Reich der Un-
n^glichketten zugestehen, um sie ^m Ende in der Kegion der
kalten Wirklichkeit, die mattgevvor denen Schwingen vollends
sd>stumpfen zu lassen. .In dem Charakter des Helden ist Einiges
mit der Wahrheit nicht vereinbs^; der voi» Mönchen erzogene,
und durch sie möncbik:h gebildete Kionig, tritt, durch., des Dich'
ters, sollen wir sagen verschönernde oder die Wahrheit verunstal-
tende? Hand, als ein muthiger, nach Abentheuern Verlangender,
und in ihnen erliegender .jugendlicher Held hervor. Audi
Philipps II. von Spanien Einmischung in die ganze erzählte Be-
gebenheit,. weicht zu sehr aus den Gränzcn der Wahrheit;; und
wegbleiben hätte immer mögen der wunderliche Calabrier, der
ein böser Geist, in seihen Siebenmeilenstiefeln, die Welt vom
Aulgang bis zum )!^iedergang, in Wenig' Stunden dorchsclifcitet,
I Pendiöpe, TaSjphenbuGb für cLJ. i8a3. 41$
fiberall. SeincUicheiogreift, uxid, aus der Unterwelt a^ifsteigend,
urenn er gerade dem Dichter erforderlich scheint, so auch wie-»
der in sie hinabsinkt^* in sttfern er nicht mehr zu gebrauchen ist. --^
Die Thrär^ej Erzählung y9n Gustap $chiUmg, Die 'Fassung
des Miniatürgemäldes einer verstorbenen liebenswürdigen Feld*
marschaüstciGhter) wird einem Juwelier aufgetrag<;n, dessen Toch^
^r, mit einer Thräne, der yon i^ gtdkannte^ und geliebten Ab«
gesdu/idenea geweiht, das» Gemälde amslöscht. Zufällig findet
sich ^,vo«i Vater bis dahin Tesschmähter Bewerber um dtesoi
Tochter,^ im, St^de^ durch eine treue Copie das Oxiginal zu er-»
setzen; der Vater, wohlhabend geworden, durch des Künsders
Verdienst um sein Haus, wird bewogen, den beiden LIebendea
seiuen Segen zu erth^ilen. *— Das Mädchen aus dem Schlesief^
that^ von Agnes Franz, so wie die Hettery w)ä Friedrich vom
Hajrden «sind, jede in ihrer Art, durchaus zu empfehlende Er-
zählungen; erstere wegen des gutgescfaildertea-. Contrastes, zw!«
sehen Frauen Werth und Un;wert];i; diese durch die leb^endige
Darstellung der' Sitten und Eigenthiimlichkeiten .des Mor^efiilaR^
des. "^ ßer'SchuJi iH>n Balian, ^o/i jfÄ. Hell sehKefst würdige
die' Reibe der, ki diesem Taschenbuch enthaltenen prosaischem
Aufsatzes -»^ Unter den Gedichten zeichnen sich die Hjmentm»
en i^oH Tk, Hdf, die Polterahendstenen von Agnes Franz, ,
uiidf, durch wahrhafife Jovialität, Gasteßis T^warum ick ein Jung^
geseUö bm€ aus. Die Reisedistichen von Carl BaMamtis erin<*
Bern ^ an grosse 'Vorgätoger. Vieles in diesen Distichen ist wahr*
und treffend; Manches doch vielleidit zu scharf und , nicht ganx
gerecht! ^Nun, die ehrenwerthen VorgSoger* haben es auch eben
lucht anders gemacht!
■»^'^
JDie Vorzm.t,^ Tascheuhuch ß^r das Jahr 4Su3* Marburg und
Cassel hei Krißger,
jUfev., WerUi dieses, der Gesciiichte laRgst veirgangener Zeiteikv
an^Qhoreaden Buefas, in dem' b» dahin' Gelieferten, ist anei^'
kaonit Es braucht nur ausgesprochen zu werden^ dafs der dies*
jjlhri^^ Beitfag zur Aufklärung Deutscher historischer Alterthu«
mer, dem früher Erschienenen, au Gedi^enheitf nicht nachstefit*
Akigesehen abcsr vom Geschichts/brje/Mrr> der-, aUeh in dem vor»
li^egenden Theile, manche schätzbare Abhandlung nach Verdienst
-würdigen virird, mulis von dem' darin Vorkommenden, Manchesi
insb^esoodere in den Zügen aus dem Leben der heiligen Elisas
heth und ijtxL Miscellen , jeden gebilcleten Leser, dem es nicht
uok augeublicklichen, und mit dem Augenblick vorüberfliegenden
V.
4i6 Matthew^s Reis« überS« von Schott« .
Genufs zu thuii ist^ unterhaiten und erfreuen. Zum Titelkupfei(
ist da^ Bild der Fürstin , von der die Rede war : der heiligen
Elisabeth gewählt. Gero, der erste' Landgraf der Lausitz dient
dem Titel als Scbildhalter. Einige in Steindruck abgebildete
Ruinen und Gegenden, wovon im Text gesprochen wird, sind
beigefügt. Der würdige Herausgeber yerbindet ^gewiCs Jeden,
«bissen Deutscher Sinn sich gern zu Deutschen ' Alterthümern
^wendet, wenn er seinem , in> der Vorrede gegebenen Yerspre-
•chen nachkommt t über die merkwürdige Elisabethskirche za
Marburgi bald die historischen Erläuterungen mitzatheileo.
Tagebuch eines Invaliden auf einer Reue durch Portugal j Itof
lienj die Schweiz und Frankreich in den Jtihren 484^, 48^8
und' 484^, übersetzt aus dem Englischen^ des. Hsinricb
Mattrws Esq, von Faisdrich Scj30tt, Erster TheiL
Dresden 48U2^ Siji S. ^.
JJafs Referent imter der grossen ÜKtenge jährlich herauskom-
mender Reisebeschreibungen gerade diese kurz anzuzeigen sich
entschliefst, geschieht hauptsächlich bloCs deswegen, weil sie
sonst leicht übersehen werden könnte, indem gerade über die
genannten Länder schon viele Reiseberichte existiren. Vor
allen, Dingen isc der Erzähler ganz Engländer, und somit gebt
ihm «ein liebes Vaterland über alles ; aber den reichlich ausge-
streuten .satirischen Bemerkungen, sobald es etwas zu tadeln
giebt, chtgehen' auch seine Landsl^te nicht. Dabei ist er nir-
gend bitter, vielmehr blickt überall grosse Gutmüthigkeit darch^
und der Leser wird hauptsächlich dadurch für ihn eingenom-
men, dafs er ohne vorgefafste Meinung völlig unbefangen alles
sieht, was ihm sehenswürdig dünkt^ upd den Eindruck, wel-
chen die Sachen auf ihn machten, eben sa lebendig darstellt,
als er ihn erhielt. Ausführlich sind blofs die Berichte aus Roai)
Neapel und Florenz , worüber wir aber nicht ins Jünzelne ein-
gehen können, weil das Buch selbst gelesen werden mufs, um
die beabsichtigte Unterhaltung zu gewähren. Etwas Ausgezeich-
n/Btes ist noch die sehr grosse Menge von Stellen aus älteren
und neueren Klassikern, welche pafsbch eingestreuet sind| und
Ton einer grossen Bclesenhcit zeugen.
Das Original ist Referent unbekannt. Indefs ist die Ueber-
setzung so fliessend dafs man kaum an das Uebertragen einer
fremden Sprache erinnert wird» Manche Anmerktmgen des Ue-
bersetzers sind treffend^ und belehrend ^ indefs im Ganzen nicht
von der Bedeutung, dais der We):th der Schrift JAdoich er*
höhet wurde«
i^
i«*>
N'± 27* Heidelberger 1S23*
Jahrbücher der Literatur.
Pratique des aecouchemens ß ou mdmoires, et ohser^ations choi-*
sises, sur, les pöints les plus importans de l'art; par Mf^*
LjtCHjtPELLEß sa0e'femme en chef de la maison dUccoüche^
ment d^ Paris i publies par 'Ajxt. Düges^ son neveu, Doc^
' teur en medeeine; (mit dem Motto: , Les esfemples per^
suadent bien mieiix que les simples raisonnemens , et l*ex»
perience donne la perfection d tous les arts, Maüricejü^
T. It. Priface.) ^ d Paris ^8ün ckez J.-B. Bqäliere.
X et 5»4^ pages. 8*
JLrieses Buch geYiSrt nach des Rec. Üeberzeugung mit zu den
'wiclitigern^ dle^ im Gebiete der obstetrizischcn Literatur seit ei*
jier Reihe von Jahren erschienen* sind, und er halt es allerdings
auch der Aufmerksamkeit seiner vaterländischen' Kunstgenossen
'werth. Eine mit vorzüglichen Anlagen begabte Frau, — Tochter,
Schii)erjn und in der Folge Gehülfin der Sage - f^mme en chef
de rUotel-Dieu, der hochgeachteten Frau Dugds, und während
s4 Jahren erstell Hebamme oder vielmehr Geburtshelferin einer
der gröfsten Entbindungsanstalten der Welt, beehrt mit dem ver-
dienten Zutrauen ihrer Vorgesetzten und ausgezeichnet durch die
liohe Achtung und das Wohlwollen d,er würdigen Lehrer an der
Anstalt {hüher Baudeloeque; dann Dubais J — legt hier offen,
treu und rucksiditslos das ErgebniTs einer Erfahrung vor, deren
sich#vvohl 'wenige rühmen nyögen.'
Die Einleftung liefert gedrängte historis<;he Nacl^richten über
das Gcbärhaiis (Hospi^'C de la maternite), dessen Gründung, Ein-
richtung, Fortgang, Zunahme, gegenwärtigen Zusrand, über den
Unterricht der Schuletinhen u. s. w. nebst Erläuterung der dem
Buche am Ende beigefugten Ts^ellen«
Das Werk besteht aus drei MSmoirerij wovon das erste
den Fruchtlagen im allgemeinen gewidmet ist, das zweite und
dritte aber den Scheitel- und Ge^ichtslägen insbesondere. An'
jedes der beiden letetern schliefst sich eine Reihe besonderer
Beobachtungen, als Fortsetzung, an. Dlt* zahlreichen Beobachtun-
gen, welche die Verf. von den iibrigen Lagen der Frucht besitzt,
von den Hindernissen ihrer Austreibung,, von' den Zufällen und
von den Kranlcheiten,, die der Aufmerksamkeit ^der Geburtshelfer
Torzuglich werth sind, gede/ikt sie in einem oder zwei nachfol-
27
s . V
4i8 Lachapelle Pratique des accouchemena. ^
i
gen Jen Bänden zu Hefefn« Da dies Vornelimen aber durch- den
Tod der würdigen Frau vereitelt, worden, so wäre gar sthr zu
wünschen, daCs der Heraasgeber für die baldige Bekanntmachung
.jener Beobachtungen mit demselben Eifer, mit derselben Genau-
igkeit sorgen möchte, welche er auf die Herausg^e des vorlie-
genden Werkes verwandt zu haben versichert. \
Das erste Memoire (S. i5 — 4o3) ist den Fruchtlagen über-
haupt gewidmet mit Uebergehung alles Detail's über die einzel-
nen Lagen insbesondere. Die hier mitgetheilten allgemeinen I^e-
trachtungen beziehen sich auf die Zahl und Häufigkeit, auf die
Beständigkeit oder Unveränderlichkeit der Fruchllagen, auf ihre
Unterscheidung, ihre Ursachen, auf die Vorhersage, auf die An-
zeigen^ welche sie darbieten | uud auf die Mittel, diesen zu ge-
nügen.
ArticlelJ Nomhre et friquence (des positlons du foe-
tus). Unter den 94 von Baudelocque angenommenen. Positionen
haben sich der Frau LaehapeUe während einer Praxis vdn dreifsig;
Jahren nur 22, als wirklich existirend, erwiesen. Sie versichert,
dafs ihr unter mehr denn vierzig Tausend Entbindungen, denea
sie selbst vx>rgestanden oder bei denen unter ihrer Leitung Bei-
stand geleistet worden^ nie eine eigentlich so zu nennende Hals-
oder Rumpflage vorgekommen seye. (Dies stimmt mit den
v^Beobachtungen , die Refer. während einer 2 2 jährigen Kunstaus-
übung zu machen Gelegenheit hatte, voUkonunen überein, und
während 10 Jahren, wo er durch seine Amtsverbältnisse sich in
der Lage befindet , von allen in einem Bezirke , welcher mehr
denn zweimal Hunderttausend Seelen . zahlt , vorkommenden Ge-
Burtsfällen verlässige Kenntnifs zu erhalten, ist ihm nie von einem
erfahrnen Geburtshelfer oder einei^ tüchtigen Hebamme ein Fall
von Hals-, Rumpf- oder Ohrlagen bqrichtet worden; 'e§sej
denn, dafs^ es unzeitigie oder todtc Kinder betroffen hätte, unter
welchen Umständen Theile vorliegend gefühlt werden, wie man ,
sie bei reifen und lebenden Kindern kapm antrifft). Eine solche j
Masse von Thatsacheu schien der Verfasserin wohl zur Basis
allgemeiner Grundsätze dienen zu können. Und nach diesen
^ Principien hai sie eine » methodische« Classifikation gefertigt, irr
welcher man alle die Fruchtlagen findet, welche die Erfahrung
beizubehalten ihr gestattet hat.
Öcr "Wichtigkeit der Sache selbst wegen schien es uns
nicht ungeeignet, zur Verständlichkeit . des Folgenden aber,
uncrläfslich^ die Classifikation wörtlich hier folgen zu li>^"
sen* ^
JSrOüFELlENOMENCLÄTVRE DES POSITWNS^U FOETÜS.
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Wenn es S. 24 lififst: »Dans cette'' classibcation , les posi-
tions SQnt range'es suivant Fordre de leur plus g^randefrequence:
Celles des genoux fönt seules exception ; mais il fallait necessaire-
ment les rapprocher de Celles des pieds et de fesses : « so sehen
5wir die Nothwendigkeit dieser Abweichung von dem angenom-
menen Hauptprincip der Reihenfolge nicht ein. Es hätte diese
Unregelmässigkeit -vermieden werden können und miissen , und
zwar letzteres um^ so mehr, als ja die Gesichtsl^gen in der
C^lassi6katio,n noch weiter entfernt von den Scheitellagen sich
befinden ) ak die Knielagen von den Fufslagen, wenn jene (die
Knielagen) an die durch den Grundsatz der Reiht^nfbjge be-
stimmte, rechte Stelle gesetzt worden wären; so wie jener Feh-
ler hätte vermiefdcn werden können j wenn die Verf. die Knie-
lagen in' die Rubrik der Yarietiit^n der Fufslagen verwiesen
hätte, welches ^er Natur der; Sache wie der Ansicht der Verf.,
nach der sie z. B. das Vorliegen eines Fusses den Varietäten
der Fufslagen und die sogenannten Hand- und Ellbogenlagen
den Varietäten der Schulterlagen beizuzählen für geeignet fand,
nicht entgegen gewesen wäre, ja, wenn es nicht fast geeigneter
sejn mochte, wo es oberste oder Hauptabtheilungen gilt, selbst
die Fufslagen hinwiederum zu den Varietäten der Steifs^gen zu
zählen, und vielleicht, nämlich rücksichtlich des Princips der
Einfachheit» welches die Verf> hei ihrer neuen Classifikation
hauptsächlich ini Auge hatte, VI. und VII. in eine Gattung (ge-
nus) zu vereinigen.
Aus der Vergleichung der Frequenz der*, verschiedenen
Fruchtlagen ergaben sich, folgende Hauptresultate: von 1 5,652
Kindern, welche innerhalb beiläufig 9 Jahren geboren wurden,
stellten sich i4}677 ^^^ ^^^ Scheitel vorauf zur Geburt,, 349
mit dem Steisse, a35 mit den Füssen, 72 mit dem Qesichte, (^i
mit der einen oder andern Schulter un^ 21 i^it den Knien. Die
a49 Fälle, wo die Fruchtlage wegen zu später Ankunft in der
Anstalt unbestimmt geblieben, hatten jedoch, obschon die Verf.
anderwäits darauf aufmerksam gemacht hat, d^r Deutlichkeit we-
gen auch jiier nicht übergangen werden sollen^ Die Schcitella-
gen machten also Beinahe -j^ der Gesammtsummfe aus, die Stei{s-
lagen Ungefähr den 44ten Theil , die Fufslagen den 66ten , die
Gesichtslagea den atzten und die Schulterlagen den 2^oten
Theil.
Art. IL Fixitd. Die Hauptursach en, welche die Lage
der Frucht veränderlich machen, seyen: 1) Kleinheit des Fötus,
2) Uebermafs an Fruchtwasser, 3) übele Bildung des Beckens,
4) fehlerhafte Richtung des Uterus und der Frucht selbst« Die
ersten beiden, vereinigt, wie dies gemeiniglich der Fall scj,
•sejen die, welche den^ gröfsten Einflufs in gedachter Hinsicht
Lachapelle Pratlque des accöuchemens. 4^i
ausüben^ zumal) wenn der seit llngerer Zeit abgestorbene rötus
sehr biegsam geworden; er wechsele alsdann seine Stelle, fliehe
den Finger oder biete ihm nach und nach sehr verschiedene
Theile dar, Theilci welche die ausgetragene Frticht nie darbie* •
ten könne. Unt6r den erwähnten Umständen ist auch uns dies
mehrmalcn schön vorgekommen wie vorzüglich auch bei dem'
zweiten Zwillingskindc. Die Befolgung des Hathes, da, wo ein-*
zig die übergrosse Menge an Fruchtwasser schuld |in der Ver-
änderlichkeit der Kindeslage ist, zur Fixirüng günstiger Stellun-
gen die Eihäute zu sprengen, erfordere ,um so mehr Vorsicht
und Aufmerksamkeit I als es gemeiniglich seihr schwierig seje,
den Theil, mit dein man es .zu thnn habe, zu erkennen , als eiu
Fehlgriff hier ungemein nachtheilige 'Folgen habe u» s. w. '-*-
^ l^ih weites Becken (»bassin largec) beg^nfstige, nach Duhois
mehr die Einkeiluag als ein mittel massiges (»bass. mediocre«J.
'-» Der fehlerhaften Richtung des Uterus und der Frucht durch
die Lage der Kreifsenden zu begegnen, habe die Louise Bour^
^ geois vor Dei'enter gelehrt.
Art^ IlL Diagnostic, Die SchvVierigkeiten der Üntcr-
scheidmig werden betrachtet, in wiefern sie I« von dem 'vorlie"
gehden KindeUheüe herrühren ' und IL von seiner besondern Lage,
"Was in beider Hinsicht hier mitgetheilt ^rd, ist gröfstentheils
sehr gfut und besonders für Anfönger höchst beaciitenswerth ;
doch ist die wichtige Materie bei weitem nicht erschöpft. Die
Schwierigkeiten der ersten Art hängen ab aj von der Ursprung-'
liehen fehlerhaften BUdung des vorliegenden Theiks, h) von
der FeräHderung' der Gestalt, die er erfährt, und c) von der
Höhe seines Standers. Die Hauptbildungsfehler in Beziehung auf
den Kopf sejen der Wasserkopf und der aencephalus oder ace*
phalus. Die ungewöhnliche Weichheit, Nachgiebigkeit der Schä-
dclknochen, welche weniger Geübten die Üutorscheidung der
Kopflage so sehr .erschwert, hätte hier nicht sollen unberührt •
gelassen werden.— Die gewöhnlichste Ursache der Fqrmver-
änderung des vorliegenden Theiles sey die Anschwellung. Sie
könne auch herrühren von der Verlängerung, von der Abplattung,
ivas man vorzüglich beobachte, wenn das Becken fehlerhaft und
der Fötus weich und biegsam ist, faul z.B. 4- Lange schon abge-<
storbcne Kinder halte niah gar leicht unter und selbst noch nach
der Geburt dem Ansehen nach lifr massige Wasserköpfe. Die
anatomisc)ie Untersuchung belehre aber eines Bessern. Mehrere
Fälle der Art sind auch uns vorgekommen. Ein solcher wei-
cher, von den Kopfbedeckungen gebildeter Sack könne auch mit
dem Scheine der Wasserblase täuschen, wenn man nicht wisse,
dafs dieselbe bereits geborsten ist. — Wenn die Verf. da, wo
von der gewühidichcn Anschwellung dci Kopfbedeckungen, wct*
422 Lachapelle Pratiqne des« accouchemeDS.
clie man Vorkopf nennt, äie Rede ist, die Entstehung der Kopf-
blutgesch Wülste (welche sie sehr Wohl kannte) dcrsel^ien Ursa-
che, nur in hoherm Grade, welche die Entstehung von jener lie-
• dingt, zuschreibt^ so. bt dies* unrichtig, wie wir an einem ao-
dera Orte {C> Zeüer de ccphalaematomate recens natorum ~com-
ment. iuaug;, Heidelb. 1822) unwiderleglich bewiesen haben.
RücksichtUch der Prognose und Behandlung dieser Geschwulste
sind, wir eioT er standen. • — Sehr wichtig ist, was die Verf. S.3i.
von dem hocherfahrnen Chaussier berichtet, dafs nämlich, wenn
ihm ein kurz vor oder bald nach der Geburt verstorbenes Kind
gebracht werde, die Stelle des Schädels ^ an der das Extravasat
im Zellgewebe unter der Haut gefunden wird, ihm..ein sicheres
^Zeichen sey für den Statt gehabten ^tand des Kindskopfes bei
der Geburt. Die B'e4enklichkeiten der Verf. hierüber beruhen
offenbar auf einem Mifsverständnlsse. Ganz richtig bemerkt sie:
»Le plus souvent au cräne cette ecchjmose est latdrcde.^ Befin-
det sich aber die Ecchjrmose züln grÖfsten Thcile . auf d^m rech-
ten Scheitelbeine, so ist, dies unscrn Beobachtungen infolge ein
Beweis, dafs. der Kopf sith ursprfingHch in der ersten Scheitel-
lage zur Geburt gestellt, sowie das zum gröfsten Theil auf das
linke Bregma beschränkte Extravasat m der Regel eben so ver-
lässig für die . ursprünglich Statt gehabte dritti^ Scheitellage*)
spricht. Wir finden also unsere frühere Behauptung von dem
Schlüsse, den die Stelle der Geschwulst am .Kopfe eines bereits
gebornen. Kindes auf den Stand, den er beim Durchgange durch
das Becken hatte, (m $: uns Abhundl. 'J^Ueber den^Mechanis^
mits der Geburt 9. in Meckels Archiv f. d. Phys» Bd. o. Hft. 4)
hier vollkommen «bestätigt. — Eben so bestätigt hier die er-
fahrne Verf« iinsere' von der herrschenden Meinung abweichende
Behauptung von dem Stande Ae% bereits in der ^ eckenhöhle be-
findlichen Kopfes : » Cest dans le -aeuxiemc temps du travail,
c*est quand la tete est dans l'excai*ations, etc. quo l'ecchymose
s'opere principälemcnt : la tete est alors ^erree de toutes parts,
cxöepte du edle de l^arcade du pdjis etc. — I^ie Ursachen des
hohen Standes des vorliegenden Theiles, welcher die Diagnose
oft sehr schwierig, zuweilen selbst unmöglich jnache, scyen lie-
ber mafs an Schafwasser und Kleinheit der Frucht, Wehenschwä-
che, Zähigkeit d^r Eihäute, IMifsstalfung d^s Beckens, übele
Friichtlage. Es. gebe jedoch' Fälle, wo keiner dieser^Umstände
*) Rüöksichtitch der Bezeichnung der verschiedenen Kopflasen he-
dtent Reo. sich (!er unter den ileittscben GehurtshelFern zur Zeit
üblichem* Man s« z, B» das Froriep*schc Handbuch ^*
«29 — 236. ■"
/
Lacbapell^ Pratique des accouchemens. (1^23
yorliaiidiSn sef,.dcr Kopf aber hartnfic^ig seinen liolitfn Stand
behaupte I oliub thk mau die Ursache liier von auszumittelii io^
' St«i;ide sejr. Die Klage üb^r Axe Unerklärbarheit dieser Ersphei-r
uuog; kehrt in der Folge iq diesem Quche fij^ar oft wieder . la
diagnostischer Hinsicht wird auf die Form der Wasserblase keiii|
auf die , des Bauches aber grosser Werth gelegt* ^ Bemerkens^
Werth ist,. >vas $..36 von den Anzeigen zum kijnstlichen Sprengen
4er Wasserblase bei längerem Beharren des Kopfes in seinem
boheiik 3taode gesagt wird* K^« stimmt der Mutter der Verf,
beii wenn sie zu sagen pflegte: >je iic .crains j^as lei eau^
II. Die Schwierigkeiten der Diagnose, welche herrühren von-
d€r besonderen Stellung de* vorliegenden Tkeihs, bjeziehen sich
hauptsäcblii^h auf die Zwisch^npositioaen (»Pos; intermediaires«),
* dereii £i:keoDtnifs ich vierig wy und oft dft grof^tc Geschick'»
lichkeit .erfordere* Sie werden in zweifachem Sinne genommen»
Unter Vertikaler' Abweichung voo den Gardinalpositionen (xn. s.
d. TabeU^) begreift die Verf., das,, was. man gewöhnlich unter
Schiefläge Versteht, und unter horizontaler das, was < vorzüglich
in Beziehung auf Kopflag«n) situs iniquus geuauut wird. Jene
Gattung yon Zwischeolagen nennt sie positions iucÜnees , • di«se
posiUons intermediaires proprement dites, Di6 Benennungen ver«»
ukä\ und horizontal sind streng genommen beide nicht passend,
autln we^u man' mit der Yerf* nach Da^ddocque annimmt, dals
z« B. bei der gewöhnlichen Kopflage der Scheitel sich paralleü
Kut denkbaren Fläclie am Beckeneingange verhalte (was aber
eben so, unrichtig ist, denn die bei uns herrschende Meinung
VQU der Hinterhauptslage als der gewöhnlichen Kopikge)«
Ari^.IVn C-ause^, Die Behauptung S 4o »Avant Sor
Jayres • on n'avait ppint remarque Tobliquite de, la. plupart 'des
positioas de la tete« wäre, wenn die Verf. sie au^ ihr Vaterland
beschrankt ' hättei richtig. Die Ursachen der gewöhidioheD schrä«*
gea Stellung des Kopfes werden ganz nach diesem trefilichen
Geburtsl^elfer, angegeben, dem überliaupt Frankreich seine besr
sere Kenntnifs von der Art, wie bei der Geburt die Frucht
durch die dazu bestimmten Wege hindurch bewegt wird, fast
ausschlielslich verdankt, was aber ausser Baudeloeque und unse-
rer Verf« von seineu Landsleuten nocb gar zu wenig auerkannt
worden. — ' Dafs in einem Falle von Schieflage der Gebär-
mutter { welcher überhaupt vieles zugeschrieben wird) mittelst
Verbesserung der Richtung des Uterus sie < die Verf. ) es be-
wirkt habe, dafs die vierte^ Scheitellage < 5te nach Baudeloeque )
in die erste Übergegangen, ist wohl Täuschung« Wer Solajfes
Schriften gelesen u. s. w , kann sich dies und anderes leicht
deuten.— Dit Beweglichkeit oder Veränderlichkeit der Lage
• *
4*^4 Lachapelle Pratique des accouehemens«
der Fraclit im Uterus v^ie der Einflufs äusserer <VeraDlissai>gen
auf dieselbe möchteoi "wiie wir glauben, zu hoch angeschlagen
sejn. Ueber die so schwierige als wichtige Materie von den
Ursachen der fehlerhaften Rindeslagen durften äbrigetis auch keine
Aufschlüsse erwartet werden, da — abgesehen Ton dem Gesichts-
kreise der Verl* — sie, fern von allem Theoretisiren, nur, was sie
beobachtet uqd sich ihr als Erfahrungssatz aufgedrungen hat, mit-
theilen wollte. Doch verschont sie uns. mit den verlegenen. Waa-
ren, die in den Lehr- und Hand -Büchern immer von neuem
wieder 'feilgeboten werden.
ArU V. Pronostic » in Beziehung auf die Fruchtlage
selbst und nicht auf Zufalle und Compltcationen* S. 43« *L^
quatrieme et la cioquieme position du sommet de la t^te (nach
Baudelocque) passent, avec raison, pour defavora/bles; les fesses,
les geaoux, les pieds, ont plus souvenC besoin que la t^le d*etre
aides des secours de l'art^c So richtig diese letzte Behauptung
ist« so unrichtig ist jene. Doch heifst es, die Prognose für ge«
wisse Positionen scheine x ihr von den Schriftstellern zu ungün-
stig gestellt zu vireirden und sie habe 'Geburten bei jenen ächei-
tellagen häufig eben so leicl^t verlaufen gesehen^ als bei der er-
sten und zweiten Kopflage. Die .Gefahren der fehlerhaüten Po-
sitionen, wie die der dadurch gegebeneu Indicationen, nament-
lich der Wendung und des Gebrauches der 'Kopfzange,* in Be-
ziehung auf die Mutter und das Kind im allgemeinen werden
vortrefflich angegeben.
Diejenigen, welche über die Ursache der Gefährlichkeit der
Wendung für das Kind im Reinen zu sejn behaupten, mögen
folgendes, was mit unserer Erfahrung vollkommen übereinstimmt,
erwägen : »Remarquez, heifst es S. 4^, cjpi'on voit des enfahs bien
constitues succomber a des manoeuvres faciles, promptes et mc«
surees; qu'ön en voit d'autres, au cöntraire, resister aux tractions
les plus vigoureuses et les plus longucs, aui torsiiins, auz com-
pressions souvent indispensables alors etc.« Am Schlüsse die-
ses Artikels folgt ein Erfahrungssatz, welcher in medicinisch-*
gerichtlicher Hinsicht ungemein wichtig ist.
ArU VI. Indications. Deren sind 3 verschiedene: »/^
Laisser ai^if- ,/a .nature, sj aider d la sortie de la partie qui se
prisenU, 3) changer la positiorl.ig. « Wo die erste Indikation
Statt habe, nämlich bei .voller Integrität aller den gesundheitge-
roässen Hergang ddr Geburt bedingenden Momente, beziehe sich
die Beistandsleistung hauptsächlich auf Verhütung der Verletzung
des Dammes. — Der zweiten Anzeige werde Genüge geleistet
entweder durch Einwirkung auf die Mutter oder durch Einwir-
kung auf das Kind. Jene, jdie Eiifwirkung auf die Mutter, vjrel-
che als wohlgestaltet vorausgej^zt wird, bestehe darin: aj dafs
■*■
'/ •
LachapcHc Pratique des accouchemensL 4^^
man cti^ £rwoiterqng der weichen Theile begfinst^ge, bj sie
schiäpfrig mache, cj die äuslreibenden Kräfte aufrege, dj ihnen
•die gehörige Richtung gebe, ej die muthmafslichen Hindernisse
entferne. •— Die mechanische Erweiterung der weichen Theile
wird, wie dies auch schon von Guälemeau geschehen, widerra-
Tathen. Nie bewirke sie eine solche gewaltsame Erweiterung,
selbst nicht im Falle einer Hamorrhagie, weil, wie sie ander^-
VS|ts zeigen werde, der Tampon ihr ein Mittel darbiete, mit
Sieherhßit die Naturwirkung abzuwarten; aber 'oft begünstige
man jene Erweiterung unstreitig durch Bähung, Erweichung
und Verminderung des Erethismus der Weichen Geburtswege,
warme Dampf^ imd Injectionen, vorzüglich aber durch Bäder
und Aderlals. •— -* Die alte, herrschende Meinung, dafs in cLen
Jahren vorgerückte 'Erstgebärende wegen grösserer ICfnnachgie-
bigkeit der weichen TheÜe in der Regel schwer niederkommen,
hält die Verf. für ein grundloses Vorurtheil; es s'&j dies gegen
ihre Erfahrung. » Si quatre tur dix , heilst es S. 5o^ x)nt, . parmi
les jeunes primipures, un accouchement facile, quatre sur dji,
parmi les plus. dgees, accouchent avec promptitude et facilite'c
—-! Die Inflikation zur Aufregung der austreibenden Kräfte sejr
von grosser Wichtigkeit, ihr zu genügen aber sehr schwie;rig.
Die krcisförmigeh Reibungen des Unterleibs, das Gehen 'der
JKreiiÜsenden seyen wirksam zur Vermehrung der Wehen/ von un-
streitig vorzüglichisr Wirksamkeit aber ei|i Druck mit dem Bal-
len der Hand auf den hintern Winkel der Scharaspaltc und die
vordere Gegend des Dammes, vorzüglich, wenn der Kopf sich
schon in der Mutterscheide befinde, welches auch dem Gmllc'^
TTi^au bekannt gewesen. Selten, wie Solayres bemerkt hat, er-
regen diese mechanisch wirkenden Mittel Wehen, aber gewifs sej
es , ^li sie dieselben verstärken. Die Unwirksamkeit der g;e-
-:wöhnlichen Kljstiere hat sie von dem Gebrauche anderer zu je-
nem Behufs abgehalten. Vom Mutterkorn hält sie nichts; seine'
Unschädlichkeit sej das Beste an ihm« Wo von den Hinder-
nissen die Rede ist, werden über den Widerstand der Eihäute
und vorzüglich über die AnfüUung der. Harnblase , bei der Ge-
burt intereissante Bemerkungen mitgetheilt.
Die Einwirkung auf ^fixi I^Ötus, um jener zweiten Haupl-
anzeige zu genügen, anbetreffend, so könne man nur auf gewisse
ThtUe des Fötus wirken; es seyen die, welche »a la rigueur«
von selbst vorausgehen könnten und dann den übrigen Kprper
nachzögen, nämlich die Füsse, der Steifs, die Knie und der
Kopf. Nach' der Betrachtung der Mittel, welche Zur Einwirkung
auf die ersten drei genannten zu Gebot stehen : der Hände, der
Finger, der stumpfen Haken und der Schleifen, geht sie S. 67.
zu denen über, die auf den vorliegenden %opf zu wirken be-
426 Lachapelle Pratique des accouchotxiens.
stimiAt smcl. Viele von die$eh sejen In gereclitc ^ V*ör*jes'seuliclt
,gerat}ien; das Netz, die Schleifen, der tirc-t^te, der l}ebel seyeu
caDz ausser Gebrauch gekommen. - — Unter dett Werkzeugen,
welche (hierher gehören, sind einige, die mau nur nach dem Ab-
sterben des Kt»des«.anwendet; andei*e, die unschädlich wirken,
können gebraucht werden, wenn es lebt. Die erste Klasse be-
greife in sich die scharfen oder stumpfen Haken und das Per fo-
iratoHum, die andere em Instrument, die Kopf lange. Gute Bemer-
kung üb^r die Form und den Gebrauch der Instrumente der
ersten Klasse, mit denen unjsere Verf. aus eigener Erfahrung sehr
'wohl bekannt ist. Zur Perforation bedient sie sich der Stndlk*'
sehen Kopfsirheere.
Unter den Zangen zieht sie die Les^retv^^ allen vor. >Le
levier, qui tt fait taut de bruit entre les mains de Roonhuisea,
heifst es S. 60, est tombe matntenant danSs une teile defaveur,
> que je crois invitile d'ajouter anx critiqdes qu'on en a faites.
Xe forceps , au contraire, ]oait d^une ct»nsideration' me'ritee a
tous e'g^rds.« Wer es stiengf^ nehmen Wollte, wurde gegen die
\ Geschichte der VerSnderun'gen, die Lepret mit seiner Zange vor-
genommen, etwas einzuwenden finden, was aber hier am weni^
• sten an seiner Stelle wäre. Was die Verf. an dem Levrelschen
Forceps liebt, Und ihre Desiderate rijra^f ichtiich desselben (ange-
nommefa : dafs dies Instrument allieiT andern vorgezogen werden
soll), so wie die über den Gebrauch d^r Zange aufgestellten
allgemeinen Grundsätze sprechen laut für ihi*e vei traute Bekannt-
schaft mit der Sache. -^ Die Art, wie sie (S. 62) das »Pro-
cidi operatoite€ augiebt, ist deutlieh, einfach, bestimnit, kurz:
vortre£9ich, läfst sich natürlich aber hier nicht in Kurze wieder-
geben. Wie überall, so giebt sie auch hier mit grosser Beschei-
denheit die Gründe an, aus denen sie von den Meinungen oder
Verfahrungsregeln anderer und Unter diesen namentlich ihres und,
man darf wohl sagen, des Meisters ihrer Latidsleüte, d<^ trcfiii-
chen Bütidelocque , abweichen zu müssen glaubt; Nur einiges,
vi'enn auch eben nicht Neues, hier zu berühren: so x. B* das
Drehen oder Richten des Kopfes mittelst der Zange anlangend,
bemerkt sie, dafs dies* gemeiniglich unter der blossen Bedingung
von Zug. von gelbst geschehe; dafs sie in deU toeisten Fällen
I^eobachtet habe, dafsi der Kopf sammt dem Instrument in der-
selben Zeit sich drehete, als er dem Ausgange sich näherte. —
Sobald das Hinterhaupt (itämiich b>ei der gewohnlichen Kopf-
lage) zu Tage gefördert ist, nimmt sie die Zangenarme weg und
überläfsf das Weitere Vordringen des Kopfes und das Durch-
schneiden der Natur. — Den Gebrauch der Zange bei dem
iiber dem Beckeneingange befindlichen Kopfe betreffend, müsse
man vor allem wohl die Fälle unterscheiden, wo der Kopf öbor
r Lacbapelle Praliqiie des accouchemetis. 4^7
s
clem Beckeneingang sich Lefiitdi^ty von deiien , vro er darin be-
fangen f^ngagee) ist. In den ersten, nSikilich wo kein Tbcil
des Kopfes itt die BedLenhdlile bersbgedrungcn , sey der G<i«
brauch der Zange sehr schwierig titftd oft gefÜbrifch; es sej als-
darin viel 'leichter, die Füilse ä*i holen, und Sie sey ^chbn Öfter
f^eriöthigt getresen, hiezu nach vergeblich v^r^chteno' Gebrauehe
der Zange fcti greifen. Sie verwerfe hier abet ihren Gebranfh
nicbC^ganK u. s. w. Mit Sachkenntnifs und grosser B^timmiheh
werden jelic Seh wi (Irrigkeiten und G^fahr^n dargestellt. ■^*- Airf
den Gebrauch der Zange nach gebornem Rumpfe ist sie gar
nicht gut' XU sprechen. Wenn wir hier in vielem und ih der
Hauptsache nicht einv^rstaihdcA ,sejd l^önnCn, so gestehen wir
doch frei, i^afs es Was besonders in frühem Jahreil oft begegnet,,
dafsv als wir beschlossen die Zange antüvvenden, d^r Kopf uns
zuvörgekoQrtnen oder, nachd^ Wir einen Loffei ium Th^ile
oder' gifnzlich «.»gelegt hatten, er sammt dem InstruAiente ausge*
trieben worden ist j ferner dafs wir mit der Verf. in gewissen
Fällen ein gelindes Ziehen am Unterkiefer und Erheben des
Kumpfes bei weitem nicht so hart vcrpösen mochten, als dies
von so vielen zu geschehen pflegt unt6r Schilderung - eing^ilde-
ter, {Jbertriebcner Nachtheiie.
Sf 79» J® Indicatüfii» — it Changen la positwn,€ dieser
Anzeige könne nur auf zweierlei Weise gcmigt werden : indem
tnsinaj den Scheitel und^J die Fasse einleitet. Jenes mjitse
unter zwei verschiedenen Umstlkiden betrachtet werden : ^Etit«-
weder es ist 6in vom Kopf entfernter Tlieil, welchem man den
Kopf sübstituiren oder es ist der Kopf selbst,«, dessen fehlerhafte
'Lage man verbessern will. Dem 'ersterwähnten Unternefamefii
ist die Verf. durchaus nicht geneigt. Mehrere Atitoriläte& Weif-
den angeführt« Vom Wenden durch äussere Handgriffe ist nicht
die Rede. — Von der kunstlichen Verbessenifig der Kopflage
urtheilt sie, und zwar gestützt auf eigene J£rfahrangen , weniger
bogiinstig, weicht jedoch von der Meinung mancher Andern ab.
Dubois rathe, man solle ja selten suchen die Kopflage zu ver-
bessern, denn, sagt er, »gar häufig' ist man nicht gewifs über
die Läge, die mah ändern will, und man könnte dieselbe in eine
viel schlimmere verwandeln.« Gar beherzigenswerth ist diese*^
Aensserung gerade aus derh Munde eines der . aUerttichtigsteu,
Weit entfernt, die grosse Wichtigkeit der Dinge, wovon hier
die Rede ist, zu verkennen, gestchen wir doch frei, clafs wir
glauben, dafs röcksichtlich dessen,. Was Manche dariibter kund-
ihun, zuweilen Selbsttäuschung, Irrihum, Vo, nicht selbst Poesie
mir untc^^laufe. Wenn die Wendung auf den Kopf mittelst
Zurückschi t'bung der voilieg^den Schuller für eine-Dene Erfin-
dung ausgegebca werden will^ so ist dies für eiaen mit der
^ /-
428 Lachapelle Pratlqüe des accoubbemens.
Geschichte seiner . Kuni^t auch liur halbwegs Vertrautep auSal-
' lend; kläglich aber ist es, wenn deatsche Professoren der Ge-
burtshulfe 'sich in der' Geschichte ihres Faches /VOn einer franzo-
sischen Hebanime müssen zurechtweisen lassen.
h) T^ Amener les pißds,€ Nothw endige Bedingungen zur
Verrichtung dieser Operation: 1) hinlängliche Erweiterung des
Muttermundes« dessen kunstliche Erweiterung ' hier wiederliolt
ohne Einschränkung verworfen wird. Ein anderes ist^' wena
der Muttermund, obgleich nicht hinlänglich weit und selbst dick,
doch weich , nachgiebig, schlaff ist, 2) der Kopf darf nicht zu
|ief stehen und vor allem mufs er noch im Uterus sich bpfiu-
den. 3) Das Becken darf nicht ^u eng seyn, dafs es nicht die
Grundfläche des Hirnschädels durchläfst« — ^Precauiioni et
joins preltminaires*€ 1) Die Lage der Kreifsenden. Wie zur
Applikation der^ Kopfzange so hält sie auch hier durchaus für
alle Fälle, welche Lage auch der Fötus haben möge, dje halb-
iTcklinirte Rückenlage auf .dem Querbette fiir die jg^eeignetste.
Hiermit sind wir fül* die bei^vre^em meisten Fälle, nicht aber
.für a}le einverstanden, überzeugt durch die Erfahrung von dem
grossen Nutzen, den die Lage auf -Knien, und Ellbogen in ge-
wissen Fällen unbestreitbar gewährt, und welcher auch durch
die Sci^enlage nicht "zu eri^etzen ist., a) Die 'Wahl der Hand
hält sie nicht für so wichtig, wie Baudelocquei sie sej hauüg
unmöglich, nämlich bei zweifelhafter Diagnose, unnÖthig, weun
die' Wasser nocji stehen. In solchen Fällen zieht sie die rechte
I}and vor. 3) Bestreichung der Hand und zwar nur der aus-
wendigen Fläche nach Roderer. 4) Fixirung des zuweilen be-
weglichen Uterus mittelst der freien Hand oder durch Gehülfen.
,Erst eres ziehen wir im allgemeinen vor.
Eben so gut, wie oben bei der Applikation der Zange,
ist das vorgetragen, was über die Ausfährung der Operation
selbst hier gesagt wird. Die Hand soll man zwischen den £1-
iiäuten und der Gebärmutter bis zu den Füssen hinaufbringen,
ehit, man die Häute sprengt, und letzteres soll selbst ausser der
Wehe geschehen, damit durdh die Contraction der Gcbärmulter
nicht eine grosse Menge von' Wassern ausgetrieben werde. Ob
man sich mit einem Fusse begnügen oder beide zugleich eiolei-
ten soUe: im Allgemeinen yfie ßaudelocque. Hücksiclrtlich des
Hingleitens . der Hand an den. Seiten des kindlichen Körpers; um
^u den 'Füssen zu gelangen , ist sie weniger mit ihm cinverstaa-
den. — . Obgleich sie^beim künstlichen Drehen des Kindes, wäh-
rend des Hcrausziehens gar .sehr anempfiehlt, auf die Fingerzei-
ge der Natur Acht zu haben, so ist doch Jes Ziehens und Drc-
hens gar zu viel, und vom BegrifF der Wendung wird der des
Herausiticbens nicht getieuiit. -^ Unter den Schwierigkeiten,
La^hapelle Prattque des accouchemens. 4^9
die ia Bezt«1iug auf, die Mutter und das Ktfid betraclitet Wer-?
den^ läCst neben anderm das, was über die Yerengeruiig des
Uterus nach abgeflossenen Wassern gesagt wird, wie dies bei
dem Standpunkte unserer Verf. leicht begreiflich ist , vieles zu
-wünschen übrig. ( Ueberhaupt darf bei Beurtheilung der An-
sichten der Frau L., ihrer Verfahrungs - Grundsätze u. s« w*
der Standpunkt, auf dem sie steh befindet 9 naturlich nicht aus
dem Auge gelassen werden« Sie kennt den Gebärungsa^t und
seine Abweichungen vom gesundheitgemässen Zustande wie die^
Hülfeleistangen eigentlich nur von der mechanischen Seite. Afan
sieht, was ohne grundliche physiologische und pathologische Eint-
sichten, ohne/Kenntnifs der Mittel, die dem Geburtshelfer, als
Arzt, zu Gebote stehen, mechanische Uebung und Geschick-
'lichkeit. (bei übrigens ausgezeichneten Anlagen) am Bette der
KreiTsenden vermögen. Diese Erinnerung, wekhe fast früher
schon an ihrer Stelle gewesen wäre, überhebt uns mancher Be-
merkungen, die wir hier wie für die Folge rücksichtlich der
Prognose, der Anzeigen,, der Yerfahrungsregeln'' u. s. w. za
machen hätten ^ die sich aber aus dem Gesagten von selbst er-
geben).
IP Memoire, ^Positions du vertex.9. Die Verf. begreift
die eigentlichen Sc^eitellagen (wo sich nämlich die Scheitelfläche
parallel verhält zur denkbaren Fläche am Beckeneingange und
welche sie mit Baudehcque und seinen Nachsprechern für die
gewohnliche oder regelmässige Kopflage nält), die Hinterhaupts-
uud Vorderhauptslagen und die Kopflagen mit am tiefsten lie-^
gendem Scheitelbeine . unter der gemeinschaftlichen Benennung:
Positiojis du crän^i Dies gewährt dann die hophst einfache
Eintheilung der Kopflagen in Hirnschädel- und Gesichtslagen*'
Sie hat vollkommen Recht, wenn sie sagt, ^ die tägliche Erfah-
rung, spreche laut' dafür, dafs es unrecht sejj dte Hinterhaupts-
lagen als besondere Lagen abzuhandeln, ubd dafs dieselben
blbsse Varietäten der Scheitellageii seyen. Eben so unrecht aber
bat sie, wenn sie behauptet, die Seitenschieflagen des Kopfes^
nämlich die Lagen mit am tiefsten stehendem einen oder andern
Bregma^ sejen blosse Varietäten der eigentlichen Scheitellagen.
Schon der Umstand , dafs die Pfeilnaht den noch wenig ^ geöff-
neten ^ dem Vorgebirge zugewandten Muttermund durchschnei-
det, wovon jeder nur etvyas geübte Geburtshelfer sich täglich
überzeugen k^nn, unsere Verf. aber (wie wir zeigen wcfrden
und auch nicht anders zu. erwarten ist) selbst überzeugt ist,
bevveist sonnenklar und Unwidersprechlich, dals es ein Scheitel-
bein ist, welches in der Regel vorliegt; dafs das planum ovatum
capitis superius sich schlechthin nicht parallel zur denkbaren
Fläche am Eingange Verhalten kann. , Eben so lai|t hierfür wie
43o^ ||!^achapeUe Pratlque des accouchemeüs.
gegeo die nater unsern LancUleuten lierrscliencle AnnaKme von
der Hinterhajüiptslage , als der gemhnlichsten Kopflage, sprick
4a9 leicbte Err^ichbarsojn des Ohres. Zum Ueherflusse fragen
wir hier nur noch: 9 Wenn man zu Anfange d<3r Geburt (uml
bei mehrmals Schwangern schon früher), bei wenig geoffneteai
IVIuUermunde, den Finger durch denselben in Berührung mit
dem Kopfe bringt.^ auf welclve Stelle, des Schadeis . trifft alsdann
die Spitze des Fingers; und wenn man den Finger (ausser der
"Wehe mittelst Yorwärtsdrängung der vorderen Lefze, des Mut-
termundes) in die zentrische ^inie'der Beckenhöhle führt, auf
welche Stelle des Schädels stufst alsdann die Spi^ze des Fin-
gers?« — Lange gehegte uad darum fest stehende Ansicht, tief
eingewurzelte Gewohnheit, das Ansehen des Lehrers, 4er Um-
stand, dafs naan die im Unterrichte empfangene Meinung schon
oft und vielleicht öffentlich ausgesprochen hat< u. dgt. gehören
wohl zu den Ursachen, dafs andere und auch unsere / würdig«
Verf. sich das nicht klar machen oderdefs nicht klar beivuist
ij^erden, was ihnen in der Erfahrung täglich sich aufdringt, oder
vielmehr, dafs sie uicht ausspreclicn , viclleicHt sich selbst nicht
gestehen, wovon sie doch überzeugt sind. Beschreibt doch die
erfahrene Frau die Bildung der verschiedenen AoschwelluDgeii
der Kopfbedeck.ungen- unter der Geburt (die wir für ein wich-
tiges Hüjfsmittel zur Erlangung eioer richtigen Ansicht von der
Bewegung des KQpfes' durch' das Becken haltenj' fast ganz nach
unsern früher bekannt gemachten Angaben ( m. s. uns. o. a.
AbhandL über iUn Mtch. d, Geb,), woraus aber das Vorliegen
des Scheitelbeiües unbestreitbar hervorgeht; sagt sie doch S.ni
da , wo sie von, <len Seitenschieflagen des Kopfes (Positions w-
clinees tateraiement J spricht und angiebt, dais ihr zwar eigent-
liche Ohrlagen nie vorgekommen, das Ohr aber häufig leicht er-
reichbar gewesen sey\ ausdrucklich : '»ppur moi, je l*ai trouvee
(,ia täte) aißsi incUnäe d-pewpres dans toutes Ics directions des
positiofis franch^s,» — ^ Und auf derselben Seite, nur wenige
Zellen tiefer, erklärt sie ^iclL, festhaltend an der Baudelovque^'
sphen Lelire, mit ungewöhnlicher Umsiändlichkeit und mit. Hint-
ansetzung der ihr sonst eigenen Klarheit wiederum gegen jene
Schiefla|[e als die gewöhnliche Stellung de^ Kopfes. Seltsam.
Sie bekämpft diese Ansicht wiederh oh an mehreren Stellen und
niit eluer wirklich auffallenden Lebhaftigkeit« wo lii cht Heftigkeit,
die sie fast zu Sophismen verleitet und in Widerspidche ver-
wickelt. M. s. unter andira die o. a. Stelle, ferner S. 3^, *3t
und 1 87 , an welcher letzten Stetie sie sich ofi'en gegen deo
Verfasser dei "»Memoire inserS datis le Journal eompL du Dict.
des Sciences med, Cah, de mars 48^ 4 « .-erklärt. Es ist dies«
]&|emQire eine .(nicht ganz geluagene) Uebersetzung und il^eil-
Lachäpelle Praiique des aGcouchemens, 43^
weise AbkCirztiog unseter oben erwfihnten Ablandlimg In Makels
Archiv. Weit entfernt sind wir «brtgens zu glauben , <la{s es
die treflOitche Verf. nicht sollte gefreut haben, dafs die Erfahrun-
gen anderer und besonders eines Ausländers in gar Vielem mit
den Ihrigeu und namentlicli in dem übereinstimmen, was sie (wi^
sich, aus ,dem Folgenden näher noch ergdsen wird) für das
wichtigste und tou den allgemein- berrschenden Ansichten am
meisten abweichende Ergebnifs, ihrer \iel jährigen , reichen Bc«
obachtungen über den Gebärungsact hält; wenn sie au<:h ihre y
Freude darüber eben nicht ausspricht. —- * Dies alles wie die
Beobachtungen, welcbe'dle Verf. ihrem Memoire beifügt, wä-
ren als eioö offenbare Bestätigung Aet Ansicht, wekher auch
wir sind, anzusehen, dafs der Kopl in der Regel sich in schie-
*fer Lage, näroiich mit einem Scheitelbeine voraus zur i&eburt
stelle: ' vren^ es der Bestätignhg in einer Sache noch bedürfte,
von deren Richtigkeit jeder Vom rth eillose, nur in etwas geül^te
Beobachter sich jeden Augenblick überzeugen kann.
Art. /. "^Suhdwmons^ sind aus der vorstehenden Tabelle
zu ersehen. Art, II, i^Fr^quence.^s, Nie habe sie d^n Kopf am
Beckeneingange in der geraden Stellung, nämlich das Hinterhaupt
-dei* Schon fsb ein fuge oder dem Vorgebirge zugewandt, wahrge-
nommen, sie halte daher die dritte und sechste Position von
Baudetocque für rein erdacbt; Nächst der ersten Scbeitellage,
als der. häufigsten von , allen , komme am wenigsten Gelten die
zweite vor, selten' dagegen die dritte ( 4te nacfi Baudelocqut}
und am seltensten die vierte (5te nach Baudel.), Unter i5,65s(
Kindern baben 14,677 eine Gegend des Schädels angeboten und
von diesen sollen 11, 634 in der ersten Scheitellage, 2 853 in
der zweiten, 112 in der dritten und 78- in der vierten sich zur
Geburt gestellt haben. Dafs man hieruntet' keine Querlage fui*
de, rühre, daher, weil sre alle annähernd in die eine oder an\
dere jencr^4 Gruppen vereinigt worden. Die Querlagen seyeii
jedoch weniger selten als die vierte', seltener aber als die dritte .
Scbeitellage, nnd man fmde bei ihnen auch bäu€ger das Hinter*
baupt links, als rechts hingericbtct (ß, «07}. — Die Ursachen
der verschiedenen Schädellagen (Art. III. ) anlangend, werden .
gegen einige gangbar€ Erklär ungs weisen wichtige Zweifel erho-
ben. Aufschlüsse erhal'^ wir keine. Den AntheiP,. der den
m. psoas an der Bildung der Geburtswpge 'Zugestanden wird,
balten wir für zu gering angeschlagen.-
Art, y/^, ^Diagnostici^ Der Meinung, dafs die Winkel,
welche die Stlrn^ und Kronnaht und die beiden Schenkel der
Lambdanaht bilden, nach ihrer verschiedenen Grosse durch das
Gefühl zu unterscheiden* sejen, sind wir nicht. Von den Schwie-
'rigkeiten der Diagnose, deren hier nur einige wenige berührt'
• *
43a Lachapelle PrsAlque des accouchemens.
werden I habe sie in ihrem ersten Memoire genug gesagt. Allein
auch dort sind die besondem, eigenthumlicheD Schwierigkeiten,
Trelche mit der Unterscheidung der verschiedenen Schädellagen
verbunden sind, nicht angegeben und eben so wenig die Mittel,
die Vortheile , um Fehlgriffe , die hi^r so ungemein häufig sind,
zu vermeiden. Wenn die Verf. rucksichtlich einiger schwieri-
gen, aber nicht näher bezeichneten .Fälle, um zu voller Ge»
vrifsheit zu gelangen, sagt: »Suivez' alors le precepte de SineUiei
cherchez ForeÜle ou la facei>: ce sont des jalons iufaillibles,€ so
ist^ damit die Sache noch nichts wenige]^ als erschöpft. (worüber
wir uns unten ausführlicher verbreiten werden). .'Wäre sie
übrigens iselbst — - Smdli^s Vorschrift, das Ohr zu suchen, häu-
figer eingedenk gewesen, so wurde sie schon dadurch einem und
dem andern Irithume entgangen sejn*
Art. y. wMecanisme.< Die r Ursache, warum die Verf.
hier die Schilderung des Mechanismus unterläfstj giebt sie in
der Folge' bei den Beobachtungen an. Sie beschränkt sich liier
blofs auf einige Bemerkungen und zwar i) die von ihr soge-
nannte horizontale Drehung des Kopfes beim Durchgang durch
die. Beckenhöhle betreffend, ^vovon aber Baudelocque u. a. ia
Beziehung auf die erste Scheitellage eine richtigei^ Ansicht ha-
ben als unsere Verf. Die andere Bemerkung bezieht sich auf die
dritten und vierten Scheitel- und di6 Querlagen. Von ihnen
heifst es# »Elles sont quelquejois susceptibles de permutalloi^s
spontaneres par un mouvement de rotation extraordintäre ,€, wo-
durch die Stirn nach rückwärts bewegt und also die dritte Schei-
tellage und d^ Querlage mit links hingerichteter grossen Fonta-
.nelle in die zweite 'nnd die vierte Scheitellage wie die andere
Querlage in die erste verwandelt werde. Diese Bewegung ma-
che aber bei den Querlagen selbst einen wesentlichen Theä der
naturlichen Hergangsweise aus, und es sev selten, dafs sich die
Stirn hier nach vorn drehe* — Offenbar bestätigt dies, im
Vorbeigehen zu erinnern, unsere Ansicht von der Nichtigkeit
der bekannten, herrschenden Theorie vom Einflüsse des Mast-
darmes auf gewisse Bewegungen des Kopfe^ bei seinem Durch-
gang durch die 'BeckenhÖble*
( Der Beschluß folgt* ) /
N^' 28* Heidelberger 1^23*
Jahrbüciier der Litteratiir.
Lctchapeüe Pratique 'des accQuchemens.
{Bttehiufu)
Art. FL '»Pronostic,<s, Wiclitige und zum Tbeil treffliclie
Bemerkungen über Einkeilun^ des Kopfes und die noch gar za
häufigen irrigen Begriffe davon. Nichl jeder Aufenthalt, den der
l(opf beim Durchgang durch das Becken erfahre, sey Einkei-
lung. Die, Umstände, unter denen ^inkcilung im wahren Sinne
des Wortes statt haben könne, werden angegeben. Nie noch
sey ihr diöse, }Aöh bedingt durch die Art der Kopflage, . vorge-
kommen, »pans.les trois. quarts des cas, je suis si\re <[u*on a
pris pour . cnclavement l'inertie de l'uterus.« Und wir glauben,
daj!s.noch eine .grössere Anzahl von Fällen für Einkeilupg aus-
gegeben worden, die es nicht war; doch besteht die Unzuläng-
lichkeit der austreibenden Kräfte nicht blols in incrtie de l'ute-
Tus. . — Die Prognose bei der dritten und vierten Scheiiellage
anlang.endy heilst^ es: »Ön ue peut nier que. dans ces. cas Tac-
couchement spontan^' ne soit tres - possible etc.; mais le simple
raispnnement uous indique assez quclles nombreuses sources de
difllculte's decoulcnt d'une semblable position.« Diese Schwieriger
keitcn (nämlich für die Fälle, wo jene wünschenswerthe, lei-
der! iib er seltene »rotation extraordinairc « nicht erfolgt) wer-
den, nun ausführlich erwogen wie die Nactitheile, welche daraus
für Mutter und Kind hervorgehen, und als Schlufsfol^rung
heifst es: wenn die einen die Schwierigkeiten jener Lagen zu
grofs,.so haben andere dieselben zu gering angegeben. Zu den
ersten gehört unsere Verf., obgleich sie sagt, <iafs es fast nie
Doth wendig geworden sey, hier Zuflucht zur künstlichen Ent-
bindung zu nehmen j so lange die Wehen sich gehörig wirksam
gezeigt. (Wie aber, veun hinwiedertim das Unwirksam werden
der Wehen, selbst ' — dem Mangel an Rotation zugeschrieben
wird, wie dies die Verf. unter ätndern z. B. S. 284 thut^ ) — ^
Die Querlagen, welche Levret und Bourton für übel angese-
hen, Ant, 'Petit hingegen für sehr gu»^. könne sie nicht für bes-
ser halten als die erste und zweite . Scheiteliage , aber sie halte
sie nicht fiiT schlimmer als die dritte und vierte, selbst nicht'
für so ,schlimm* Die »Positions du parietaler hält sie für sehr
28 ^
y.
^ t
434 Lachapelle Prati^e des accouchemens.
u))el, für nacTitbeilig nicht nnr in Beziehung anf die Matter,
sondern auch auf das ^nd und giebt die UrsacKeo an, von de-
nen sie glaubt, dafs sie die Fortbewegung des Kopfes vcrbin«
dem. Die Positionen mit am tiefsten liegenden Scheitelbeine i»
der Art. wie sie die Verf. sich denkt, existi^^en, unseres Dafür-
Ikakens, rein oder für sich nicht, und die angetuhrten< Ursaclien
der äassersten' Erschwerung der Geburt halten wir rein für er-
dacht. . - "
Art. VII. 3 Indications et procSJds operatoires.€ (S. i2j
— 4 4^0 ^^c Anzeigen laufen immer* auf drei hinaus' (welche
oben vo.n.uns angeführt worden}«. Die Natur wirken zu lassen
sey die Indikation bei der ersten und zweiten Poisition. Tji'eteQ
aber Trägheit der Gebärmutter, Zuckungen, BlutftuCs u. «. w.
dazu I so sej maja gezwungen sich der Zange oder dek* Wen-
dung zu beditoen. ( Ganz nach dem Standpunkte der Chirur-
ffiens-accoucheurs oder sog. Geburtshelfer, die nicht Aerzle
sind )• '
Die .dritte und vierte Position, wekhe nicht so guostig
sejen, setzen weit häuBger in diese Nolhwendigkeit. Gehe die
Geburtsarbeit rasch vor sich, so könne man sie der Natur über-
lassen, sej aber Trägheit Aes Uterus da oder Erschöpfung der
Kräfte, so müsse Hülfe geleistet werden; die Anzeige wie das
Verfahren seyen alsdann verschieden nach der Periode, in der
sich die Geburt befinde« i) Die Kräfte nichi ganz erschöpf^
der Kopf im Begriff in die Beckenhöhle sich zu senken, der
Uterus wenig zusammengezogen und noch Wasser enthaltend,
der Kopf sich nähernd der Querlage: dieses sej der Fall oder
nie, zu suchen, die Drehung in die erste oder zweite Scheitel-
lage zu bewirken. 2 ) Der Kopf tiefer , die Stirn mehr Dach
vorn, der Uterus von Wasser entleert, , das Kind lebend: hier
sej die Zange an ihrer Stelle. 3) Bei sehr hohem Kopfstände,
lebendem Kinde, träger, aber mehr oder weniger mit Wasser
angefüllter Gebärmutter sej die Wendung das beste Mittel.
4). Steht der Kopf hoch und rückt nicht herab, ist die Gebär-
mutter leer von Wassern und stark zusammengezogen, so werde
man den Forceps versuchen, wenn aber das Kind todt ist, der
Kopf weich, die Zapge abgleitet, zu den Haken, zum Kopf-
bohrer u. s. w. Zuflucht nehmen müssen. Zu bemerken scj^
dafs sie ^nter allen diesen Umständen immer den Muttermund
hinlänglich erweitert voraussetze. »Que faire quand il ne ^^
pas? attendre.«
Die Querlagen (S. 129) fordern noch bestimmter als die
dritte und vierte Position, dafs man die Reduction zu einer der
beiden ersten Positionen versuche* »Cest Ic forceps qui p^"^
^ seul ope'rer cctte rotation, et il achevera Textraction. « .Es wäre
Lat^hapelle Pratique des aecouchemens. 435
QiiTmvchtig^ diese Rectoetion bei def (irkten^tihd vierten Post-*
tion tu Tefsuchen, wenn die Stirn st9rk nach vorn gerichtet
6ty; während man den Kopf hier die gadzelfäflie <eines Kreises
beschreiben machte , wärde der Rtimpf, so wenig auch dör
Uterus «.usammengezogen ^ey, unbeweglich bleiben und noth-
weddig hierdurch' der Hals'verdreht uhd gefahrlieh verletzt wer-
den. -— Mittelst . der Hand habe' 'sie nicht ebmal die Drehung
des Kopfes aus dem s^hrSgep m denr geraden Durchmesser^ wenn
nicht die Natur hierzu sehr geneigt gewesen ^ bcAVirken können,
noch viel waniger den Üebergang ani tler dritten öder vierten
Position in eine der beiden ersten , wenn nicht jene natÖrlic^ie
Neigung sehr in die Augen fallebd war (S. io4j*' An dieser^
einen «wichtigen Gegenstand betreffenden Stelle findet sich eine
Verwechslung der Benennung der Positionen, welche zu Mifs-
Yerständnissen AnlaCs geben könnte, wenigstens tüi die , welche
mit der Sache eben nicht allzu vertraut sind. Die Querlagen
het&l esS. i3o, g^hen übrigens seht oft von selbst in eine der beiden
ersten Positionen über. (Hier scheint unsere Verf. sich ihret
vorerwähnten, frühern Behauptung niclit zti erinnern: d^fs nstm--
lieh 'dieser spontane Üebergang nicht blofs oit, sondern in d^
Regfil Statt habe und selbst eine »partie essentielle du mecanisme
jiaturel des position^ transversales« ausmache. Es gilt dies aber
nach unserii Erfabrangen nicht nur von den Querlagen sondern
auch von der dritten und vierten Scheitellage). — - Die Anzei-
gen bei den SeUenschief" öder Parietallagen aAlangend, so wird,
obgleich- auch von fehlei'hafter Bildung /des Beckens die Rede ist,
mit Unrecht diese jedoch, nieht für die Hafuptsache angesehen.
Die Schilderung dieser Schieflage, wie sie die Verf« oben im
Art.: Pronostic giebt, und ihres angeblichen Einflusses auf die
F^rtbevvegung des* Kopfes ist ein getreues 6ild, des Kopfs|andes,
wie man ihn bei, gewissen Becken|pn|];en antrifft u. s. w. Offen-
bar wird hier die Seitenschieflage, in welcher der Kopf am B'e-
ckeneingange in der Regel sich zur Geburt stellt, nicht unter-
sehieden von den Fällen, wo die' Schieflage des Kopfes, wegen
Mifsverhältnisses zwischen ihni und der Conjugata, auch bei tic^
ferem Eindringen desselben in den Beckeneingang fortdauert und
selbst zunimmt, und wo der Kopf aus der queren Bichtung, die
er dann meist hs|t, nicht in die schräge übergeht. Hier liegt de^
Grund der erschwerten Bewegungen ( der progressiven wie det
rotatorischen) oder der Stockung des Geburtsherganges' nicht id
der Art der Lage^ die der Kopf ursprünglich hatte (und.diey
unseres Dafürhaltens, für sich den Geburtshergang nicht erschv^e-,
Ten kann)| sondern «ü eineÄi räumlichen Mifsvorhältnisse, ' bedingt
durdi Enge des Beckeilieingänges ton vorn nach hinten. Hiernadi
isC ahet d^ scheinbare Rätks^i wenn es nämlich heijtst: Die £r-
28* '
436 Xachapellc Pratlque .'des accouchemeofi.
fabruog lehre, »qae bon nombre de$ ces positions parietales n^oot
pas emp^che raccouchemeot d'avoir lieu sans. secours etrimg^rs,«
und hinwiederum: »que des tellcs positions sont souvent un
obst^cle invincible si Tart a'j remedie« leicht erklärbar. — - Die
feste Anhänglichkeit, ap der JBaudelocque^sch^n Lehre und eine
bis zur Aengstlichkeit getriebene Scheu,, die Schieflagen für die
gewQhnlichen Kopflagen geltep zu lassen, hat übrigens unsere
Verf., wie oben .geteigt worden, .i^ocb/^u ein^p auffalleoderti
VV^iderspruche verleitet.
Bei Angabe d^s operativen .Verfahrens und- nameiillicb des
/Gebrauche^i de.r Handhabung der Zange bei den verscfhied^nen
Kopflagen (.was sich aber natürlich zu keiuem gedrängten Aus-
züge eignet) kommt sehr yiel Gutes vor, manches yort]:effliche.
. Hier steht die Verfasserin auf ihrem Gebiete. Sie weif«, was
ausführbar und was, auch bei grosser Geschicklichkeit, nicht aus-
zuführen ist. Sie kennt den Unterschied zwischen dem Operi-
eren am Bette dqr Kreifsenden und jenen Manoeuvre's und Kunst-
stück gti am Faptome, welche industriöseu Leuten' eine Art Ruf
.U4^d Geld eiubringeu, die leichtgläubigen Schüler aber, weil
diese Dinge mit der Puppe im privlatissimp so leicht und>gut
. gelangen j dreist, machen und v er leiten,. «die^thener. erlernten Kunst-
stücke in ihrer Praxis zu. versuchen. Das Mifslingen macht dann)
.dafs angehende Aerzte von einc^r Kunst, die sie. mit Liebe er-
lernt und auszuüben begonnen, zurückgeschreckt werden u»il
ihr . entsagen. IJnd dies ist gewifs mit eine der Hauptursacben,
dafs die Geburtshülfe noch so häufig in gemeinen, URWÜrdigen
Händen sich befindet. — Was in diesem Artikel. uud. in dea
angehängten Beobachtungen über die^Art, die Zange .zu gebrau-
chen, gesagt wird, verdient g^r.sehr denen empfohlen zu wer-
den, welche oline Erfahrung ihre schrift&tellej^ische Laufbahn im
Fache der GeburtsJiüU'e gleich, mit einem Lehr- , oder Handhuclie
begonfien haben. Für manche magere Capitel üb j^ .den Gebrauch
der Zange, in denen über wichtige Dinge, nachdem SpricliWiirte,
gleich dem Hahn über die heisscn Kohlen, hingegangen öder gar
nichts gesagt wird, wirjTt. es hier reiche . Ausbeute ab.
Unter der Ueberschrift : » Obseri^atiofis particuh'er^s , Jai-
sant suite au deuxieme Memoire s{ir les ppsi{ioiis du . Vertex j
disposees par ordre,, d^ apres la termmaüon. de l^accouc/iement,
ou les procedes operatoires emploj^es pour la produireit. .foJge«
nun hier (von S. i43 bis 366) 86 Beschreibungen von Ge-
burtsfällen ,^ wovon i5 ohne operatives Verfahren, ^47 .mittelst
der Zange und 24 durch die Wendung beendigt, worden sind.
Bei einigen darunter ward auch vom . Perforatoriinm und Haken
Gebrauch gemsicht. Die Falle sind in gedrängter iTurze ge-
schildert und n^ einer. Deutlichkeit; die ,9ict)ts, zu wünschen
Lachapelle Pratlque des äccöucheitiens. 437'
übrig läfst. Die Sprache ist febendi^' und anziehend. Häufig'
sind'interetoiHe Bemerkungen beigefügf. Mau lerrit den Geist/
die; Erfahrung y die' Geschickh'chkeit lind auch manche Ansichten
der V«rf aus diesen Beobachtungen näher kennen* als aus den'
Memoiren. Doch - gestatten dieselben natfirlicli keinen Aussug;^
es ?rird' aber bei d^n meisten dem Leser' die Aufmerksamkeit/
dieser ihnen i^dmet, reichlich; gelohnt. --^ Da die Yerf. (wie
oben; erwähiit vv^orden) die Beschreibung des: Mechani^Tmus d^r
natürlichen' Geburt absichtlich' unterlassen hat, Weil hierzu eine
genaue y ausführlich geschilderte Beobiachtutig sich Weit melir ei--
'gene/ zu' diesem- Zwecke nuh aber der erste Fall (»KT« i\ Po-
sition du visrtex. Accouchement spontane el r^ulierc) dienen
soll: so glauben wir, wenigstens* Einiges, was uns b^ der Be^
Schreibung dieser Beobachtung aufgefallen ist, nidit tmangeführlf
lassen zu dürfen. Was sie hier mittheilt, ist unSern ErfahrurH
gen nach, einiges Wenige abgerechnet, richtig, der Natur treu
abgesehen' und bestätigt buchstäblich unsere in , der.' 0. a. Ab-
handlung gegebene Schilderung des natürlichen Herganges dei'
Geburt, doch ein volbtändiges Bild liefert .diese Beobachtung
nliihK* Sie beginnt zu spät imd schliefst zu frühe. Die Wehen*
sind stark und dauern seit halb zwei -Uhr Moi-gensr — uttd die
Beobachtung: hebt erst an. um eilf Uhr,- nachdem der M^ttisr-'
mund bereis 2 Zoll geö£Fnct ist. Zehn' Minuten nach der AuSh-'
sebliessung des Kindes fühlt man <Lie Plazenta am Muttermundef
und zieht sie heraus. Hiermit sind wir übrigens so irenig ein« *
verstanden • als mit dem Ziehen am Kopfe und dem ^ Accro«
chiren« der linken Achsel. Wenn um -5 Uhr Abends angeblicli
die Rotation des Kopfes begann , wenn die Anschwellung det^
Integumente auf dem rechten Scheitelbeine zu fühlen war und
der Kopf, wie es früher ausdrücklich heifst, noch schräg st^nd^
90 liegt, ein Widerspruch darin, dafs um 3 Uhr (nämlich a'
Stunden früher ) der Schädel die KreuzbeinaüshöMung einge^
nommen haben soll.- Vm diese Zeit war das Vorderhaupt dem
rechten Hüftausschnitte und. dils Hinterhaupt dem linken eifor*
niigen Loche zugewandt (wie dies auch von ihr selbst in" der
.Beobachtung Nr. IL- auf das bestimmteste angeg^cn wird ) und
CS war das hintere, > obere Viertheil des rechten Scheitelbeinfes
die Stelle des' Schadeis, welehe sich am Beckenausgange präsen«
tirte, diese schräge Richtung, behält aber der Kopf in der Regel
(wenn derselbe nicht ungewöhnlich klein ist oder die weichen
Theile ain Beckenausgange nicht ungewöhnlich nachgiebig sind
u. dgl.) im 'Ein*- und bis- zum' Durchschneiden, bei, welches,
freilich der Auiinerksamkeit unserer Verf. nicht entgangen und
mehrere Male von ihr beobachtet worden, aber irriq für eine
Yiuieiät angesehen wirdt ^ Von der Stelle des Schädels ^ au
s
438 Lae^apelle Pratique des accouoKemetts.
welcher pack der Geburt die KopfgescWolst (cap* succed.)
sich vojgefivideii hat, wovoa^ die Verf. aber me^rCach aoder«
yfiiixs s|)riebt, uad was^ wie wir a. a. O. gezeigt haben, ^und
auch uacb Chaussier (wi9 uns die Verf. selbfit berichlet) ia
Btfz>iebung^ auf die Darstellung vom Mechanismus der Geburt Yoa
überaus grosser Wichtigkeit ist, -r- ist keiae Rede; noch aaffal«
lender. ist aber, dafs nicht angegeben wird 9 was sie do^n, als
sie bei der «rsteu Untersuchung den Finger in den geofineten
MuUermijind gebrapht, in demselben gefonden, nämlich welche
Stelle des Schadeis «ie ihm zugewandt wahrgenomm^i) habe:
da Srr\eUie, den sie doch und mit Recht so hoch achtet 'iM)d -so
Qeissig studiert hfit, ihr hierin vorangegangen ist und^Kwar an
einer SieUe, die sift selbst citirt« *^ ; Von der Gegend am Uu'«
Verleibe, wo die Schwangeren die Bewegung des Kindes am
meisten oder ausscUietslich fühlen, ist unseres Erianerns nir-
gendwo im Buche die Rede. Dafs die Verf. hierauf zu mer-
ken uaterlassen hat, ist ims, bei ihrer Sorgfalt und Genauigkeii
v(a Beobachten , ^aufgeCatiien^ .
Wiederholungen, zu vermeiden haben wir uns früher man-
cher Bemericungen, welche bei verschiedenen von der Verf. in
den angezeigten beiden Memoiren aufgestellten Behauptungen
sich uns aiiidrangen, enthalten und lassen dieselben daher hier
folgen. Namentlich die Frequenz der zweiten und dritten Schei-
lellage anlangend und die Art , wie d^r in der letztern Lage
sieli ursprüaglieh zur Geburt stellende Kopf durch das Becken
sicli. bewege ; so stimmen die An{>;aben der Verf. mit unsem
Erfahrungen, deren Ergebnifs' in dem Aufsatze über den Mecb.
d* Geburt in Meckd's Archiv Bd. 5. mitgetheilt worden, nicht
übe^ein« Die seit/ der Fertigung dieses Aufsatzes bisher, wäh-
rend beinahe 5 Jähren, mit^der gr^fstea 'Sorgfalt und liäuKg im
Beisejn geübter Sachkundigen fortgesetzten 'Beobachtungen haben
das dort angeg^ene Verhältnifs der Frequenz der dritten Scbei-
leUage zur ersten wie % zu 5 aufs neue vollkommen bestätigt
wie.^uch, da& unter allen ursprünglichen KopÜagen die zweite
eine dej seltensten se^. Eben so verhält es sich rückstcbtlich
der« Art, wie der. in der dritten Position sich zur Geburt stel-
lende Kopf fiir gewöhnlidi durch, das Becken sich bewegt. Das
s^pontane Uebergehen aus dieser Stellung, in äie zweite ist kei-
neswegs eine » termioaison* spontanee insoüte,« oder »rotation
e)(traordinaire« (wie die Verf. behauptet) sondern es ist die
Regel, , «^
Obgleich sich uns aus dem. aufmerksamen Durchlesen des
vorliegenden Buches die Uebcrzeugung aufgedrungen , dafs die
Verf. eine eminentere Fertigkeit in den geburtshüJ fliehen Opera-
tionen, als im , Untersuchen besessen habe, so hiesse es dock iie
/
Lachapeile Pratiqoe des notouchemeos« 439
H«Ue Ae% ^*f![^s IliUgfieni wena mas ihn eioß i^osse Gescbick«
lichkett in der Exploration d!>sprecTien wollte. Allein die Sobwie-
rigkeUen, welche der • Krkennuog «der so grossen Frequenz der
dritten Scboitellage u^ ihrüs Häufigen Ueberganges in ilie. zweit«
eotgvs^en stehen, hat sin nicht, besiegt. Vbn.der einen Seile liit
sie die .Mittel, wodurch lAnn sich von dem wirklichen Vorhahr
denseyn dgc dritten Position qi^erzeugt und voa* .Tauschung si-
.chevli nichts g^nug gekannit o^r doch ntchl hoch genug ang^
.schlage^. Von. der andern durfte ihr, wenn $ie S. iq6 sagt:
.»Cettn posilion (die gerade, Stellang des Kopfes) i ete' conr
serVee par Baudelncqiie ,' qui a cru la rencontrer quelque - foia.
SU faut en dive mon avis^ je orois qüe Baudelocque ne Vk
coAservee que par xespect pour Solayre's;« etc. erwicdert werde«
dafs sie hlnwiedernm aus Respect vor Baudelocque und Duhois
(S. a33.) und allen Neuern die Hä^Sg^eit jener Sl^ieitellage
und ihren , gewöhnlichen Uebcrgang übiCTsehen habe, dab sie,
trauend, hingegeben der herrschenden Ansicht, der Täuschung
■nicht entgangen sej. ~i- Doch in der grossen Sahwierigkeiit der
Saclie liegt unserer Ueberzeugung nach hinlänglicher Grund zur
Bntsc^huldigung der würdigen Verf. Der Wichti|^eit der Sadie
aber glauben wir es schuldig zu sejn, je^e Schwierigkeit hier
.etwas näher zu betrachten, wie auch lim andcf*e in den Stand
-zu setzen , y(m der Richtigkeit unserer Ansicht «ich überzeugen
zu können oder wenigstens nm sie vorsichtig im Urtlicilen zu
machen. /— Dab -eine von der. herrschenden abweichende An-
sicht^ Bu deren Würdigung, da sie. eine reine Erfahrungssache
J:>etrifit, sor^faltig^e, fortgesetzte, unermfidete Foischungen a.s«w«
unumgänglich notbwendig sind, leicht Eingang finden wurde,
.war nipht ^u erwarten. Kaum weniger unerwartet war uns das
Lallen des .Unverstandes zu einer Zeit, wo auch Unberufene
.und selbst Schulknaben sich ein Urtheil anmassen. Am wenig* .
aten aber, frei gestanden, wäre uns eingefallen, dafs unsern Be«-
obachtungen ein , niit einem abgezogenen Kindedkopf an xinem
skeletirten Bedken angestelltes Experiment ( und zwar von einem
übrigens achtbaren Berufsgenossen ) entgegengesetu werden
wtird^; da wir in unserer Abhandlung so nachdrucksam davor,
als vor etwas, w*as nur zu Irrthümern führt,' gewarnt haben«
Fragt sich*s ja nicht, »wie dieser oder jener den Kopf durch
idas Becken bewegen* würde, wenn er es zu thun hätte, € son-
<dern:'»wie die Natur dabei verfahrt. c Dies zu erforschen ist
denn freilich nicht, so leiclit, als uniib erlegtes, muthxvllligcs Wi-
der^rechen ' oder grundloses , Aburtheilen , wozu aber gerade
diejenigeiji am geneigfesten sind, welche nicht einmal' die Er^
fordcraisse zur Stimmfähtj^keit in dieser Sache kennen . ond von
den damit verbundenen SchwicrigkciteA keine Ahnung haben.
44o Lachapelie #ratiqde des accöüdbfim^iis^
Um so mehr dürfte* daliier' das Folgende liier ivM. aa seiner
Stelle sejn. • - •
Der Griitid der irrigea Meiimiig ygii' der Häufigkeit der
i&weiteu Scheitellage und ^n der Seltenheit der dritten liegt
iiauptsäcblicli darin, dafs die- letztere häufig oder vielmehr mei^
iibersehcil "wird. Und hieran sind hinwiederum Schuld: i) die
grossen Schwierigkeiten, die y«cschiedenen Kopflagen überhaupt
tind vorzüglicb die dritte Position gehörig frühe zu erkennen,
Schwierigkeiten ,' welche von Männern wie La Motte y Puzos,
Smellicj Roederer, Berger , Saxtörph u. a. redlich eifigestandeD,
«her auch von Sachkundigen erster Grösse (wie die Geschichte
unserer Wissenschaft leider! nur zu laut und zu häufig beweist)
nicht besiegt worden. Hierher gehörefn 7«' B. ' der hohe Stand
des Kopfes, seine Beweglichkeit f <^ine gewisse Beschaffenheit
und Art der Ausbildung der Schädelknochen j viel Wasser zwi-
schen Kopf und Bf^e; Gespanntbleiben der Blase auch beim
Nachlassen der Wehe; leichtes Verwechseln (nämlich bei der
dritten Position ) der Stirnnaht und des linken Annes der Kron-
naht mit der Lambdanaht. Dieses und der Umstand, dafs das
linke Stirnbein oft untergeschoben oder einvirärts geprefst , ' wie
das Hinterhauptsbein, sich anfühlt, hat geschickte Exploratoren
schon- verleitet, die dritte für die erste Kopflage zu haken.
•Ferner verzögerter Wassersprung, So z.B. kann man gar leicht
getäuscht werden, wenn bei einem geräumigen Becken, bei leb-
haften Wehen und ziemlich raschem Gange der Geburt die Ei-
häute zu bersten zögern und dies, erst bei 'etwas tieferm Kopf-
Stande erfolgt. Unter diesen und, ähnlichen Umständen gescliiekt
es oft, dafs man den Kopf, den'man^bei noch stehenden Was-
sern, eben erst in der dritten Position vahi'geiiommen, nun gleich
jiaeh dem Wassersprunge iin queren oder völlig im linken De-
venterschen Durchmesser antrifft u. dglr -«- a) Der Umstand,
dafs man, bei wirklich vorhandener dritten Scheitellage,, mit der
Spitze des untersuchenden Fingers eine zu vgeringe Strecke der
Pfeilnaht verfolgt, vyodnrch und besonders in dem Falle,- wo
das Hinterhaupt tiefpr als, gewöhnlich, steht, die Schräge ihrer
Richtung nicht auffallend genug ist und die erwähnte Kopflage
leicht für eine transversale, ja von weniger Geübten und mit
vörgefafster Meinung' Befangenen selbst für eine zweite Position
gehalten vrird^ Läfst man aber den Finger von der kleinen
Fontanelle aus zur grossen hin eine grössere Strecke der Pfeil'
iiaht verfolgen, so bemerkt man ganz deutlieh, dafs die Richtung
seiner Bewegung, nicht ätUeiu.die von rechts nach links sondern
auch nach vorn ^st. 3) Unkunde der Art und Weise, wfc der
in der dritten Scheitellage sich zur Geburt stellende Kopf in'
4er Regel durch das Becken hindurch bewegt wird. 4*> ^^
spsStes UiitersttcireDy tiamltch zii'feirter Zeit, vta die ursprCnglicfie*
dritte Po$i|toa bereits in dte* Querlage oder in die zweite über-
gegangen , ' ader 5 ) zu spätes Erkennen der Koipflage. Es wird
nämlich entweder die ursprüngliche Lage ni^t- erkannt und man
gelangt ^ erst zu eiber vollständigen -Kenntnifs ^ ^ wenfr der Kopf
schon tiefer in die Beckenhöhle herabgedrnngen • ist, > oder ge*
set^t auch, man erkennt' bei der frnhern Untersu()tiung die dritte*
Po^i tfou , ein e* später vorgen ommeii e ■ Untersüchui^g ( b ei ib d ic '
BeckcnhShle bereits hineingedrungenem Kopfe) zeigt aber, dsifa*
der Köpf «sich vollkommen in' der zweiten Position befinde: so
ist man, weil man die gewöhnliche Driehung des Kopfes au» der ~
dritten hl' die zweite Lage nicht kennt, Weit geneigter, seiner
frahern Untersuchung zu nrifstranen, als den unzähligen Schrif«*
ten, in" denen von dieser Drehung^ gar nicht ode^doch nur^ls
von einer grossen Seltenlieit, emer Ausnahme voll der Regel die
Redie ist. Daher* dann auch 6) da» Untersuchen itt zu grossen
Zwischenzeiten.. — Anderer Umstände * die einer bessern- An-*
sieht den Eingang erschweren, "^yie unzulangliohcr Fertigkeit
odc^r nicht hinreichender Aufmerksamkeit und Beharrlichkeir im *
Untersuchen, Vomrtheile, gewisser Lieblingstheorien ^ eingewur*
zeiter Gewolmheit, Eitelkeit,' dvs jurare in verba magistri, der
Sucht zu widersprechen u. dgl; m. nicht zu gedenken.
2, 4> ^ w«*"i 6 sind hinter andern vorzüglich dre Klippen,
denen ; unsere Verf. nicht hinreichend ausgewichen ist, wie in
ihren Beobachtungen mehrfach nachweisbar isV, was 'aber freilich*
hier der Raum nicht gestattet. Trifft doch namentlich das zu'
späte Beginnen der Beobachtung eben gerade den Fall Nr. L,
dessen Beschreibung aber^ als ein vbllständjges Bild des Ge-
burtsh^rganges, statt mer Darstellung des Mechanismus, wie sie
ausdrücklich biemerkt, dienen söll.-^ Abgesehen von der Un-
Vollständigkeit einzelner Beobachtungen , iso ist nicht' zu -verken-
nen, dafs die Verf. oft auch da, wo sie* in gewissen Dingen^
richtig sieht, treu beobachtet, sich doch von Ansichten und Be-
griffen, diu durch Gewohnheit und Autorität sich bei ihr fest-
gesetzt haben , nicht lossagen kann , und das Phänomen^ so oft
es 4^ir auch entgegen tritt,' für Varietät hält, statt es als RegeL
geltet zu lassien Daher Manches nicht Uebereinstimmende zwi-
schen den Beobachtungen und den Behauptungen* in den MeV
moiren. *
V Wer,* im Besitze der richtigen Ansicht vom natürlichen Her*
gange der Geburt, die Beobachtungen der Verf. mit Aufmerkv
samkeit durchgeht, dem ergiebt sich in die Aii^gen springend, dals
. der Widerspruch zwischen ihren in dcnMemoiren aufgestellten Be^
hauptung'en ' und unserer Ansieht sich gar si;hr mindert und am
Ende beinahe 'nur eiue scheinbare Differenz übrig bleibt \: $o dal»-
' /
44'^ Lacli^p^ *Pratiqae ^es ncpouoh^nieiis«
der reicke SchaU von Erfabrungen der Verf. vielmflir zur Be«
slätigUBg der RicbtigkeU. unserer Ansicjit vom Mecb^oismas der
Geburt dicuity die wir lediglich einer treuen , sorgfältigen, uq*
befangenen Beobachtung der Natur verdanken*. — Wi* je ir-
gendwo, SQ bestätigt sich hier der Ausspruch des ^v^urdigen
fViedemopti , datfs man in kefn^in Fache so lange Anfänger
bleibe/ als ia der Geburtshülfe. Man erinnere sich nur, nvie
felsenfest vor noch »icht langer Zeit die grofsten Meister auf
der geraden Stellung des Kopfes ab der einzig normalen bestan«
den : Und wer möchte w^hl jene erfahrene ^ > verdienstroUe
Minii(er der Ungeschicklichkeit zeihen?
Wir erlauben uns hier nusr nocb einige Andeuiungev* So
7.. B. wird die Behauptung der Vierf. von der HsUiigkeit der
zweite» ScheiieUage, als ursprünglicher Kopflage, wenigstens
durch die mitgetlieilteil Beobachtungen durchaus nicht bestätigt.
Während unter den Geburten mit vorliegendem Seh eitel, wel-
che durch die eigene WirksandiLeit der Natur vollbracht wordeoi
5 Fälle von erster und 3 von dritter SchetteUage beschrieben
werden, finddt sich nur ein Fall von zvveiter Position geschli-
ddert» In diiBsen Falle wurde aber die Stellung erst erkapnt, als
der .Kopf im Einschneiden begriffen war. ;!>La peau du cräne,
uü peu tume'fiee« (heilst es k soll die frühere Erkeamnifs der
Kopflage verhindert, haben. Nach ^unsern Erfahrungen i$t uns
aber durchaus kein Zweifel übrig, da£i dies nicht ursprünglich eioe
dritte ScfaeittUage, gewesen, die in» weitem Fortgänge der Ge-
bai;t iiB die zweite übergegangen ist. Eben , so ^verhieU es ßicli
in den : »deuxienie positionc uberschriebenen Fallen Nr. 3i,
33, 35 und 36. In andern Fällen der Art heilst es>: »la tete
aflectai« la deuxiem^ positionc oder' die nicht erkannte Kopflage
wird erst beim Einbringen der Hand zur Verrichtung der Wen-
dung von einer Schülerin als angeblich zweite Position crkauot
u. dgL «'— Unter den Fällen von ursprünglich dritter Scb^itel-
lage, welche durchs die eigene Naturthatigkeii beendigt wur-
den , ist nur einer ( Nr. 7. ) , wo der Kopf init Äem . Qesichie
nach oben ( » meclianism ordinairec) zum Vorschein kap, i°
den übrigen erfolgte die Drehnng in die zweite. Was nun je-
nen einen Fall mit dem angeblich gewöhnlichea Mechanism •'tn'
langt, so sind uns Fälle der Art schon' mehrere vorgekooiroea
und der Verf. bei ihrer langem und^ reichern Erfahrung liio'
4viederum gewifs noch mehrere. Allein gerade bei diesein er-
zählten einen Falle ist es auflallend, dai's. w^der das Jahr, io
dem die Geburt erfolgt ist, noch eine Bezeichnung des Nam€"S
angegeben ist ,. so dafs man ihn fast für aus dem CedäcMüi»
erzähii halten möchte. Auch durfte er kaum, ^Is ein ganz rei-
ner Falj^ anzuseheu seyji,, indem künstliche Eiuwil'kungi v\^c
I^dtiapalle Pratique de$ accöucliefAens. 443
Sprengen der Fitadbtlläse dabei statt gehabt u. s. w. Dafs €ber«
haupt aber in eben «^: Mrie vorei:wäiinü?r Beziehung ken^püeirte
Falle z«. B« mit fdilerhiifter Bescbaffenbdf des Beck^nii, oder wo
Entbindüngsversudie ii. dgL ^orausgi^angen , die Kopflage ta
spät erkannt worden oder die Khider unai|sgetragea waren u*
s. vir« dorcbaus nieliC mit in S-C^i^^og komi&eii jL^nuen^ veit'Stekt
sieb wohl voä selbst,
JII^ Memoire. ^PosiitoH de la face.%. Nach derselben
Ordnung und unter denselben Bubriken,' wie in dem vorherigen
Memoire, verbreitet sich die Frau L. in diesem fiber^die G^^
sicktslagcn. Dafs sie ihre A^iehten tiber die Geburten mit dem
Gesichte voraas früher bekannt maelie, als die über die Stdfs-
und Fufi^eburten , da diese doch ^häufiger als j^ne sejen und
daruAi die Darstdlting derselben hatte vorhergehen müssen, hierr
TOR föhrt sie neben andern Ursachen, deren hier gedacht wird^
in der Einleitung 5. i3. die an: dafs die Gesichtsgeburten der
Punkt sejen, in dem ihre Ansichten gerade am meisten von dea
allgemeinen sich entfernen, und dafs, bevor sie weiter gehe, ete
die Urtheile des Publikumis hierüber zu erfahren WiSitsche. Wir
bedauern nur sehr,' bei dieser überaus interessanten Abhandlung,
des B!aum€S wege», hier nur. gar zu kurze Zeit verweilen zu
dürfen.
Die Verf. nimtot ganz nach unserer Angabe (m. vgl. unsere o.-a.
Abhandl.) nur zwei Gattungen von Gesichtslagen, als die gewdhnh-
chen, an, nämlich mit links hin gerichtetet Stirn und 'rtit der Stirn
nach rechts. Auch rocksichtlich Atr HSufigkeit dieser beiden GattUD'-
gen gegen einander sind ihre Erfahrungen der lierrsehenden Mei*-
nung entgegen und Stimmen ipit den unsrigen vollkommen «ber-
ein : dafs nämlich die Gcsichtslagen mit links liingerichteter Stirn
die häufigsten seyen. Auch ihr ist, wie uns, nie ein Fall vör^
gekommen, wo das Gesicht mit der Stirn nach vorn am Becken-
ausgange sich dargestellt, und sie mifst allem d^m , was dariiber
in den Hand- und Lehrbüchern der Geburtshülfe u. s. w. ge-
lehrt und ausfahrlich und unter Angäbe aller damit verbundenen
besondern Umstände . und^ Schwierigkeiten vordenAonslrirt wird
(und dies von Einigen, die jene Fälle sogar unter der B:übrik
dcF sog. Borinalen Geburten figuriren lassen, in so entschiedenem«
Tone, als ob sie glauben machen woUlerf, es kämen diese hals-
brechenden Gaukeleien, zu denen sich tfber die Natur nie her-
giebt, ihnen tagtäglich vor), so wenig Glauben bei, als wir.—
Hätte die trei^iche Frau mit ihren herrlichen Talcnteh nur lan-
ger gelebt^ gewifs würde sie sich auch von dem Vorurtheile, '
die Seitenschieflagen des Gesichtes ftir Vatielätcn zu halfen, loa^
gesagt haben. Doch es galt bei ihr hier, wie rötksichtlicii der
Seltcttschteflagefi des ScheitelS| vielmehr fiur, sich der 5athe klar
*
»' .
4/(4 LiddiiApelle Pratique des äccioucheoieii^.
LewilTst zii werdcQ, denn die Häufigkeit dieser Scbiefiagen des
Gesiebtes^ ihre Unschndlichken-rücLsichtlich des Ganger der Ge-
burt,- die besondern Vorhällnisse d^ Hautanschweliung- u. s. ^r.
(%m. s« s* B. die. Obs* S. 8^ 9. 20; b.). w^rtoilif nichtv entgan*
gen* j£$ galt nur sie aufmepkäam ^u 'machen; und die Verglei^
diUBg' der von ihr selbst dargestellten Fälle mil'-zniinclien'Aeus«
serungen in den Memoiren würde Modifikationen in diesen ver-
anlafst haben. Uad so dienen auch in - dieser Hinsicht ihre Be-
obachtungen wiedier zur .Bestätigung Unserer Darstellung ^^% Ge-
burtshergapges mit dem Gesicht^ voraus.
Für die Ursacho.der Gesichtslagen habe man seit Devenitr
allgemein^ die Schieflagen des Uterus gehalten. Sie habe aber
^ie- einen ohne die. ändern ge$?eben (.5. ^71 )• Ihre »eigene Hy-
pothese, voll der sie übrigens selbst nicbl 2Ü viel bäh, ist un-
genügend un^ kommt uns nicht ganz klar vor.* rr— Keine sog.
Gesicbtsgeburt- mit dem Kinne rückwärts, glaubt^&ie, kötiue
.beendigt werden, > »a moins~ qu'on n^ait affaire a un^ veVitable
avorton« S, 3;tÄ. — Di;^ Prognose in Beziebuiig auf die Mut-
ter anlangend , so behai^ptet^.sie, dafs von zwei Subjecteu mit
gleichen 'Kräften * und- bei denen die Geburtswege gleich freien
Durchgang geyvähren, kur« unter gleichen Umständen, dasjenig^e,
dessen Kind das Gesicht darbietet, wenvgstens ^ eben so leicht ge-
lberen werde, -als das,- wo dieJCrucbt mit dem* 3clieitel sich zur
G^urt stellt. Die s^r gut dargestellten- Gründe hierfür (S.
3^9) findet sie durch ihre Erfahrung bestätigt» — -^ Die übela
Folgen für. das Kind bei . allzutriigem tiergange der Geburten
mit vorliegendem Gesiebte sejen^ Apoplexie oder wenigstens
UeberfüUung des Gehirns mit Blut u^id Neigupg &u • Convulsio-
Tk&k, Sie zweifelt sehr, dafs Zerrung des i^erlängerten Markes
mit Ursache der Gefahren. für das Kind sej; siuch sejen diesel-
ben nicht die Wirkung der Stellung selbst, sondern des Druckes
4les Halses, und seiner Gefä^se besonders nach Berstung der Ei-
'häute. Sehr schwierig scy e^, eine Zeit zu bestimmen, jenseits
welcher CS -^nicht mehr erlaubt scy zu warten. Ihi;e Verfahrungs-
Yegeln sind den bessern Grundsätzen neuerer Zeit gemäfs. 1^>$
vor 4' Jahren habe auch sie, befangen noch von Vorurthcü ge-
igen die Beendigung der Geburten mit dem Gesichte yoraus oimc
Züthun der Kunst (welches vixxcli Dubou hege, die spontauen
Gesichtsg^buiTl^en für Ausnahmen, ansehend), den von Baudelocque
wieder in Aufnahme gebrachten Grundsatz : vor allem zu su-
chen,- den Scheitel mittelst Herab förderuäg des Hinterhauptes
einzuleiten, befolgt. Seitdem aber habe sie dies Verfahren au f-
gegeben« »Depuis ck temps, beifst es S. 409. la nature a toui
fait dans Ics ^^mes circonstances ou je mVvcrtuais jadis ^ ''
CQipbattrej |^ le regftrde donc comme cfiace de mes regles üc
t jLa^bapell^ JPratique de$ accottchemens; 44S
^ • . { ■ ■
prsitiqüe : eatr, oa bion j'alt'endrai avant d'agir q^ la talCe sok
descendae, et alors il sera trbp C^rd poqr ^redreWr la t4te,'(€
forceps seraseol proppsable: au bien si quelqo« coBsideratiqii
particuliere qoi exi^ uiie pronmle t^minaison . mc- iotoe a agir
quand la face sera encore au deirott supei:ieur, je pref&erai la
.Version au redressemenl , q«|i .»'a.ccelererait pas as»ez le travailfc
Bauddocque selbit habe skb, .ungeachti^*'4seiaer vorgefabt^o JVIei*
Dti>)g,y ^end(higt gesebehy eben sä zu baudein.. — Naqb ibrcyi
frühen) - GrundsätzQp babe sie sich oft ifi der NotbTvendigk^k
gewähnt, b^i Gesibh^ktgen ' zu wenden und zwar unter 76 Fal-
len ,a4 Mai; j«tz^^aber, n»ehr triraend der ~ Naturhulfe , nehm«
sie .dazu ^luriiv den .sehr seltenen Fällen von unumgänglic)ief
Nothwendigkeit ihre Zuflucht; .es wj nic^t so sehr d^ie Lage „an
sich ^ welche sie dazu bestimme, al^ vielmehr die Zufälle .uqd
.Comp]ikaCionen.9.dHr sich gleicher Mafsen zu jeder •andern gesel-
len können,. wise ^utflufs, Zu^ckungpn, Vorfall der Nabelschnur,
Trägheit des Uterus u. dgL in Folg« der am Schlüsse des
Buchen beigefügten Tabelle Nr. III. war. der Erfolg von. 4A^G6r
burlen mit vorliegendem Gesichte, welche der Natur überlassen
worden, in Beziehung- auf die Kinder: 38 lebende und 3 i^*
Fäulnifs 'übergangene. *-?- Die Angabe der »procedes operar
toir^.s« anlangend, so ist^unser Urtheil nicht weniger, günstig a^ '
das, welches wir. bei deu vorigen. Mffmoiren.dai^über ausgcspra-
eben haben.
Wie an das zweite so -schliefst sich s^uch an dieses Memoine
• eine Reihe meist interessanter Beobachtungen. an« Unter den 38
Fällen (abgesehen davon, dafs man vielleicht Anstand nähme,
den einen oder andern z. B« Nr. S7. f^r Gesichtslage gelten zmi
lassen). sind 1 9. durch die eigene Wirksamkeit der Natur — we^
nigstens zum gröfsten Theile -^, 4 ™it Beihülfe der Zange, 3
durch die Perforation und id mittelst der ^Yendbing auf. die
Füsse beendigt worden. Das Einschreiten von Seiten der KunjA
-wurde ausser den frühern, ..nunmehr -von der Verf. verlassen^u.
Verfahrungsmaximen bestimn^t durch Becken enge, zu frühen W^^
sersprüng, allzuträgen Geburtshergang ai.,dgl. — ^
Auf .ein. mit grossem Fleisse ausgearbeitetes Juhaltsyerzeichr
nifs über die di^ei :Me'moiren folgen nun zuletzt . drei Tabellen,
• rwclche eine Ucbersicht ■ der in einem Zeiträume von beinahe 9
Jabren im^Hospice de la maternite vorgekommenen Entbindungsr
fälle gewähren. Auf der ersten Tabelle , finden sich. die Gebur-
ten Jahr für Jahr. j Monat für .Monat aufgezeichnet. -Unter deu
1 5,65a Kindern, welche in jenem Zeiträume zur Welt kamen,
befanden .sich 8,029 Knaben und 7>6a3. Mädchen. Das Ver-
bal tnifs,. der todt- zu den leben dgebornen - war ungefäl^. z::^
•i : 2ii. Mau zählte 1 65 «Zwillings-* und dr^i Trijling^gel^HC^
\
446 Lachapelle Pratiqüe des accoucfaemens«
•
teom -^ Br«' zweite Tabelle entliält eine vergleichende Anfzäh*
Inng der verschiedenen in jenem Zeicraume beobachteten Frucht-
iagen, deren Ergebnils oben bereits itiitgetbeilt worden. — Die
letzte Tabelle gibt eine vergleichende Übersicht der Art der Be-
endigung jener Cebartsfälle und des Erfolges für die Kinder.
Der Räum gestanet nur , (Folgendes daraus hier anzuführen.
aj2 kfittstliche Entbindmig^n kamen auf die Gesdmmtsnmme von
i 5,65 a Geburtsfallen; (»ik/. Oslander *— hcifst es in der Er-
läuterung ^^ cömptah d<ms sa pratiqite 4oo äccouchemens arti"
ficiels 9Hr ufi total de joo. La difference est as^ez marquee
pour m'epargner tout cömmeniaire.%) . Die Operationen bestanr
den in 9^ Entbindungen mittelst der Kopfzange ß tSS Wen'
dangen auf die Fhfse , y yerhesserungen d^r Kopflage , (wegen
Gesidits* oder Stirnlage), .i4 Perforationen, a Symphysioto^
•mien, und * Kaiserschnitt. — Von der Zange wurde ge-
brauch gemacht bei 4 Gesichtslagen — und £.war in. einem Falle
weg^n Convulsioncn und in den fibrigen wegen Trägheit des
Geburtsherganges — ^ und bei 89 Scheitellagen» Die Anzeigea
dazu waren in 47 Fällen Trägheit des Uterus, in 7 Beckenenge,
in 8 tibele Kopflage ^ in «3 Vorfall der Nabelschnur^ in it
Gol)Vu]stonea<; in einem Falle Agonie und -in den beiden übrigen
Unnachgiebigkeit des Muttermundes. -»— Gewendet yvnrAe: 5i
Mal bei vorliegendem Scheitel, ao M# bei vorÜegendem Gesichte,
24 M. bei vorliegendem Steifse und vorlieg. Füfseo, und 60
Mal bei Schulterlage. -^ Die P^feration ward unternommen
in einem Falle wegen WasserkopUis, in den übrigen wegen
Beckenenge. — In dem einen Fallev* wo der Sekoofsfugenschjntt
wegen einer Beckenenge von a^' 3''^ gemacht worden, wurde
das Kind erhalten, die Mutter starb kWt nachher; in dem an-
dern (bei a'^) starb die Mutter sammt dem Kinde. — ^ In dem
Falle von Kaiserschnitt mafs die Conjugata t8^^^ Das Kind
lebte, die Mutter starb am folgenden Tage. -— Erfolg der 272
künstlichen En&bindungen überhaupt — in Beziehung auf die
'Kinder: 194 lebende, 63 todte und c8 in Faulnifs übergegangene.
Wenn wir auch weit entfernt sind, dem Urtheile der Lands-
Icnte unserer Verf. ^ vciche dies Werk klassisch nennen, beizu-
treten (wie aus dieser Anzeige wohl sattsam erhellt;, so geste-
hen' v^ir doch gerne, seit einer Reihe von Jahren kein Bach
über Geburtshülfe mit mehr Interesse gelesen zu haben, als das
Vorliegende, und halten es wohl werth, dafs es ia die Häudc
recht vieler (jedoch eben nicht angehender sondern mit der Na-
tur schon näher bekannten) Geburtshelfer komme. — Einem
Uebersetzer desselben wünschet^ wir ausser anderm ein genaues
Vertrautsej^n raii der Sdiche selbst, indem ohne letzteres nur et-
was Ungenief&bares zu Stande kommen kann. Auch düi^fte der-
Tascheiil>u€lii für ^as Jahr 1823. 447
r
selbe den Otaten, die — im Gegetiiatzc tu Aer iXbrl^eni /gto^
sen Correcthdt des Buches •— häufig unrichtig sind, seine Auf*
merksamkeit uicht versagen. Diese Bemerkung glaubten- wir
zum besten derjenigen nicht unterlassen xu dürfen, welche dies
Buch aus eiltet Uebersetzung kennen zu lernen wünschen möch«-
ten.
F. C. Naegele.
taafc
Taschenbuch für das Jahr 48n3. — Der Liehe und FVeund*-
Schaft gewidmet. Hermis gelben von J)n, St. ScHötlp
Frankfurt am Main bei Fr, WÜmanns,
/\ns dem Nachlasse, des genialen £. 71 A* Hpfmemn, wird
uns die Erzählung Datura Fastuosa ( der schöne Stechapfel )
mitgetheilt. Die EigenthtimlichkeU des Verfassers , wie an in^
nerm Gehalt, so in Worten , l^eriodenbau , und Art de!r Dar'-*
Stellung, tritt unverkenhbar aus dieset Novelle hervor« Dock
haben den Dichter seine Schwingen diesmal nicht in die Region
der Dämonen und Elementärgeister getragen* Auf der Erde
ist er geblieben, von der schwindelnden , oft andern Sterbli-
ch eü unerreichbaren Höhe hat er^ sich herabgclasseu auf die
Welt, wie sie nun einmal ist , und in Ar die Gestaltto Mi set^
ner parstcllung aufgesucht und gefunden. Von einem' jungen
Botaniker ist. die Rede, der nur seineu Pflanzen befreundet,
das Leben nicht kennt; der intl einer Frau, die ihm den Jähe-
ren nach Mutter, vielleicht Grofsmotter seju könnte, sich ^ur
Scheinehe verbindet; und dann, erst vom Fluche der Lächer-
lichkeit getroffen, dann verfuhrt durch Reize, die ihm bis da-
hin fremd geblieben warei^, sich «um Morde- der Gattin ent-
scbliefstj' aber zufällig ihre u^d. seine Rettung findet | und am
Ende, wid die Natur Ihren Zoll von der Lebensgefährtin, ohne
sein Zuthuu, gefordert, glQcklich wird; glucklicher wahrlich
als er verdiente, dui*ch <Sien Besitz eines lieben unschuldigea
Mädchens, welches grofs wurde unter den Blumen seines Qw"
tens, und dessen bis dahin verkannter Werth, sich ihm erst da
ganz entfaltete, als sie die Trennung von ihm beschlossen hatte.
— Die Braut aus j^readien , Erzählung von Lina Keinhetrd^
Ein junger Man^n im Hof - und Weltge wühle cten Gegenstand
seiirer Neigung vergebens suchend, findet ihn auf einer Reise
in eiqem romantischen Thale; und, wie das gefundene Glück,
ihm alles Nach^uchens ungeachtrt wieder versuch windet, beut es
ihm seine höchsten Gaben aufs kieue, da er. in die Residenz
zuzückkehrt, die schone Hirtin als Gräfin und Hofdame der
448 ;Ta5cbe^b<ic{i : f ür das Jabr 182^. ^
Fürstin findet r- 'Aehnli^ Abcnj^lieacrUehes ist.sdiQii, ortJind
-*« besser da gewesen. — ^Die Trauernden. ^ Erzählung von
.Fr. I^aun* Ein Mädcbenhasseri der . auf . einer Reise nach Osi-
indien viin seiner Ycrkehrtheir geLeilt, al^er auf der Rückkebr,
in den Wellen, s^n Grab gefunden haben^soU, kommt. api Ende
doch wohlbehalten nach Europa zurück, und findet in dem
Mädch^, welches er tot seiner .Abreise schätzte , das ihn aber
zurückwiefs, und, welches er demungeachtet , zur Erbin er-
nannt hatte, eine treffliche . liel^voUe Gattin. Wenn die frem-
den Welttheile nicht wären, und kein siebenjähriger Revola-
tions.-* und Befreiungskrieg, wo fände" sich Stojff zu Noyellei.!
«r— Das Versprechen j vnn C. Boromäus "von Mätiz, Der sie-
beniährit^e Krieg miJJjs wieder zu , einem wunderlichcii Ehever-
sprechen Anlafs bieten, welches ein vierzehnjähriges, in einer
Pfarre orzog^es adliches Tödilerlein, . einem . einquartiften Qbrt-
sten giebt, ^er. aus Feindschaft geg^n.der Jungfrau- Vater, an-
fangs das . atme Kind undbringe» wollte. Aus dicm Versprechea
wird indesscn.nach gi^ndigtenf eldzügen, Em^ti, .da, die Braut
von dem unwürdigen, in dfer Zwischenzeit ,, während ihres Re-
sidenzlebens gewonnenen Liebhaber durch die . schriftlich docu-
inentirt;en .fi?fthern Ansprüche des« braven Obristen befreit, und
seine gluckliche Gattin wird. — ;- Es schmerzt , Erzählung von
'G, Schilling. Ein Paar,* von zwei Moded^iipen zurückgewiese-
ne würdige jung^ Männer werden von jenen, dsCjder einc.iur
sie zu arm. an igeistiger Bildung, der andre wegen' eines kleinen
körperlichen Fehlers iverwerfliqh scheint, .unbeachtet und uner-
hört gelassen.. Die/Damcn. müssen «acKher Zeuginnen seyn, vic
beide verworfene Liebhaber, seitdem körperlich, und .geistig um-
gestaltet, mit andern Frauen glücklich , verbunden sind. Das
mag denn wohl . die Spröden schmerzen^; unterhalten - wird
schwerlich Jemand . dieser alltägliche Schwank. — Unter de«
-Gedichten finden sich geist - und seelenvolle Anklänge von
'Nänny , dem Heraus geker , Fr. Kind, und aus . dem Nachlasse
von' Luise Brajchmann Ob eine einfache Erklärung der Mo-
natskupferchen von ^ R^mberg , nicht zweckmässiger gewesen
^äre, und ob der Herausgeber sich nicht, eme. unnöthige Mul^e
gemacht, diesen Comm elitär, in ein kleines D/ama zu zwängen,
welches ohne die Kupfer keinen Werth hat , und diese doch
nur so halbtund hafb erklärt? — Die grössern DarsteUangen
aämmtlich nach Ramberg, Scenen.au^S. dem, Inhalte. des Tascbea-
buchs versinnlichend, bestätigen, den Kunstwerth des Meisters.
Nl- 29. Heidelberger *^^'^*
Jahrbücher der Literatur.
Sendschriften an Herrn *.*** Deputirten her der II. Kammer
der Ländstände in Baiern , über deii Entwurf des Gesetzes
für landwirthschaftUcjie Kultur, Ein Beitra*r zur Kultur-*
gesejtzgebung im All gerne inen j^ "vom Staatsrat h yoif ff^zzfj
Ritter des O. b. Siz. mehrerer (iny Zeilen des Titelblattes
genannten J Ökon, Gesellschaften Mitglieder München j 48^9*
bei F, A Fleischmann, y6 S» S- 3o kr, ,
Uie Schrift enthält eine groTstehtheils . tadelnde Kritik des aiuf
denn Titel genannten Gesetzentwurfes, welcher im Jahre 182a
den Kammern des K. Baiern von der Regierung vorgelegt wurde.
Der Hauptsatz, welchen der Verf. durchführt, ist der: jy^r'
Lapdbau kann und, soll ebeu so wenig, als irgend eine anderir
Quelle des öffentlichen Wohlstandes, vou d«m Staate positiv ge*
fördert und umnittelbar ergiebiger gemacht werden. Er verlangt
von dem Staate nur FreiWfcit in der Benutstung des Grundes' und
des Bodeos, in dorn Verkehre mit den erb^auten Erzeugnissen,.
und, wie noch innner die Sachen stehen, eine solche Bestiaunujig
der Lasten , welche die Vorzeit auf den Grund und Boden ge-
legt hat, dafs damit. die Freiheit des Grundeigenthums bestehea
könne. Zu diesem Ejode- Ver^wandle man alle grundherrliche Recht<^
iir Frucht - und ^Geldrenteu und erkläre' sodann diese Renten
für ablösbar. ,
Es ist eiae erfreuliche Erscheinung , dafs sich auch in
Deutschland immer mehrere Männer von Fach für den Gruad"-
satz der vollkommene^ Gewerbfreiheft erklären, für einen Grund-
satz,, der, (nach des Rec. Dafdrhahen,) an sich der allein rich^
tige', noch die Nebenvortheile gewahrt | 4^dfs er die Regierung
so mancher lästiger Arbeit überhebt j so manchen Reibungen
zwischen der Regierung und den Regierte« vorbeugt, den über-
spannten Forderungen, welche die Menschen au ihre Voi'ge-
setzten zu machen pflegen, Ziel und Mafs setzt. Die Schrift
des Verfs., eiires Sachkenners, erhält noch dadurch einen beson-k
deren' Werth, dafs er überall auf die früheren Gesetze und
Hechte des Landes Rücksicht nimmt. Nur selten werden die
Rechtsgelchrten , aU Bewahrer der \besteheuden Einrichtungen
f;e^tti die Ungeduld der Staats wirthe, Ursache haben, mit dem
Verf. zu rechten. Weii' piebr hat er,; als Feind der Befdrsterung,
-die ForStmiinpfer zu fürchten« -^. In elnem^ Anhange hat der
29
45o Ton Jlazzi Sendschreiben«
^ • ■ •
Vetf. d^e Badenseben Gesetze (v. 7. tSap.) wegen Abldsun^
der Grandgültea und Zinsen und d<pr Hefrenfrbliben , als'nacK-
jibmungswertbe Beispiele, abdrücken lassen. Es ist eine der
scbönsten Seiten der Deutseben Bundesverfassung, dafs eine jede
CiBKdne kegietung mit ibrett KftttxntcTBr ^oder Stindenf zugleich
für di< andere arbeitet.
t
\
Staatsrecht des Alterthxms, Von Kjrl Dibtricb HuLLJUntf»
' Cöln, bei Joh. Pet. Bachern. 48»o. 4^& S» 8* 4 fl»
JLlas Staatsrecbt des Altertbumes •*- das offentlicbe Recht > der
Qriecbiscben Freistaaten und das des Rdmiscben Freistaats —
bat für uns, seitdem diie Reprasentatirverfassung in so vielen
Europaiseben Staaten eingeführt trorden ist, seitdem das 'Wesen
Innd der Wertb dieser YerfassQng unter den Streitfragen des
Tages eine d(ir ersten StcQen einnitnmt, ein neues Interesse er*
halten. So wenig auch die Repr äscntatiy Verfassung dem Alter-
tbume bekannt war , und obwohl die Grundlagen , ' auf welchen
die öffentliche und die bürgerliche Freiheit nach dem Geiste
dieser Verfassung ruht, wesentlich verschieden von denen sind,
welche in den Staaten des Altertbumes die Freiheit hatte, so
tritt doch «wischen der Einherrschaft mit einer Volksverti^etang
lud zwischen der Yolksberrscbaft im Sinne des Altertbumes eine
|;e wisse Verwandschaft ein, ( auch in jener giebt es Volks wäh-
len, einen ambitusj comitia , u. s. w. ) und- so belehren uns doch
die Staaten de$ Altertbumes und die Schriftsteller jener Zeit am
besten über, die Mangel und Gebrechen, welche die einherr-
^chaftlicbe Verfassung mit einer Volksvertretung, Wenn sie nicht
dem Hange des Volks zum Märegieren kräftig entgegenarbeitet,
ipvesentlicb zu fürchten bat.
Das vorliegende Werk, welches das Staatsrecht des Alter*
ibumes in der oben bestimmten Bedeutung zu seinem Haupt'
gegenstände hatte, ist daher ein doppelt erfreuliches Geschenk.
Der Verf. — überall den Standpunkt des Geschichtschreibers
behauptend, kaum gelegentlich einen Blick auf die Gegenv?art
werfend, «— versetzt uns in einfe Zeit, die* nicht mebr istj nicht
mehr scjn kann und qicbt melir sejn soU^ aber in eine Zeit,
die durch den Kontrast, den sie mit der Gegenwart bildet, zQ*
gleich diese in ihrer £igenthümlicbkeit bestimmter heraushebt
Das Werk ist, nach Zeiträumen, in drei Hauptabschnittf
eingetheilt. Es schliefst sich, tn dieiser Abtbeiliing und in defi
allgemeinen Ansichten über die' stufenweise Entwickeiung d«'
Hällrhänti Staatsrecht des Alterthmm^ . ^6i
bfit^gerliclien Gesellschaft, ait eine frühere SctiHft de^ Vetik»
an dessen «Urgeschichte äes Staates» — aä.
JErster Zeitraum, Grundv6rfassung der Gesetljtchq/it
Der Urbestandtheil der hürgetlrchea Gesellschaft oder ricKtigeti
der Verein ) welcher von der Natur selbst gestiftet, deiti StaatSr^
yerciiie vorausginge ist der GeseUschafts - oderFamiÄc« --Ve reift i
Ihn bilden die Nachkommen eines und desselben Stammvaters j
das Recht dieses Stammvaters und datin des Geschlechtsälte&teQ^
die gemeiusamen Angelcgcffheiten zu leiten ^ Streitigkeiten unten
den Mitgliedern des Geschlechts zu- schlichten ^^ in Feliden der
Anführer zu sejn, beruhte auf dem AnsAn des Alters und des
Erfahrung, auf dem Bedürfnisse und dpr Gewohnheit. — tHt
Geschlccliter , durch die zerstreute Lagji der Niederlassungen^
durch UngeseUigkeit und Mifstrauen von einander geschieden»
gestatteten anfangs nicht Heiratlien der Stammesgenosseu tm%
Fremden. Doch nacti und nach drängten sich die.Gescfalechtei^
naher an einander; auch die. Liebe oder die GeschleehtsUifil
that das Ihrige; so entstanden -^-^ Brüder sehaften oder Seh\im^
"fferschaftenj ( (ppecrpigct )*, Vereine unter roelireten Gescfalechterni
welche auf dem jure connulu beruhten. In Sagen van gcrtiub-^
ten Mädchen und in Festgebräuchen erhielt sich das Andenken
an diese Begebenheit. — In den einzelnen Hauswesen hatten
sich die Mitglieder des Geschlechtes Abends, nach vollbrachtem
Tagwerke, am Hecrde versammelt, zum gemeinschaftlichen Mah-<
le, zur ßeratbung über die Geschäfte des; folgendci^ Tfiges^ zut$
Verehiung des Hausgötzen^ der hier aufgestellt wat« So wurdtf
es auch in jenen Brüderschaften gehalten ^ mau hielt getneinschaft'9
liehe Mahle und Berathjungf n , brachte gemeinschaftliche Opfer i»
-p— Da, wo fremde Geschlechter einwanderten oder jene tlätüi*^
liehen Brüderschaften nach und flach , bei zunehi|tender Bevok
kerung, inimcr unkenntlicher und schwächer wurden ^ d« ent-^,
standen Vereine, welche, jenen natürlichen Brüderschaften nach«
gebildet, kimstliehe oder ^ür^er^'cÄ^ . Brüderschaften genannt
werden können. (Dahin gehören z. B< die cutiäe der Rämer.)
Auch in diesen gab es gemeinsc)}aftliche Malile und fierathuitgetl
und Opfer. — Wenn sich mehrere Geschlechtef äu einer Brü*
derschaft oder mehrere Brüderschaften zu einem griisseren Ver-i
eine verbunden hatten, bedurfte, es einer lieber einkun 6^ übto
den Wechsel iiet FamiltenhSupter lU' der Leitung der geniein.-«
scbaftlichen Angelegenheiten. Da geb;*auchte man nun übel'ali dif
Zeitrechnurtg ß die EiniheÜung des Jahres ß als Regel lÜr sditf
Bcsttmmnng diesem; Wechsels, und ^für den Oliederbau der bu^«
gerlicheh Gesellschaft überhaupt. (Der Verf« {^\^ti diesen £afi|
mit besonderer SorgiaU au« ubd belegt ihn durch eitte Menge
Beispiele)« -**• Eine H«upt$orge iftu&le ferner dahin geheui di«
29*
I
45a Hullmann Staatsrecht de« Alterthvim^.
GenosseBSchaft immer vollzählig zu «frlialten. Deshalb wurde
insbesondere darauf Beda'tht genommen, den einzelnen Geschlcch-.
tern und Geschlechtsgenossen ein Gru/iif^t'^eft^^um zuzusichern.
Daher die Sorgfalt, mit welcher schon die ältesten Gesetze für
die Erhaltung der Fämiliengüter wachten. Daher die Vertheilung
und Eintheilung des Landes, wenn ein Tand von einwandern-
den -Stämmen erobert wurde. ( Hier von dem Zustande der un-
freien Bauern bei den Griechen.) — Die StammesSltesteu ' bil-
deten, als Vertreter der Geschlechter, den obersten Rath- der
Bruderschaft oder eines aus mehreren Brüderschaften i^estehen-
deo Gemeinwesens. Aer Vorsitz, die Leitung der öffentlichen
Angelegenheiten wechselfe; — • So entstanden aus Geschlechtern
Brüderschaften , aus diesen , grössere Vereine', Staaten. Alles
durch die freie Uehereinkunft der Stammesältesten, (Man wird
mit diesem Versuche, den Ursprung der bürgerlichen Gesell-
schaften darzustellen, «— - gleichsam eine natürliche Geschichte
des 'Ursprungs der Staaten zu entwerfen, — die ähnlichen Ver-
suche Anderer, z. B. Mosers, nicht ohne Nutzen vergleichen.
So schon auch Alles ilas ist, was der V^rf. über diesen Gegen-
stand sagt, so möchte doch %, B. Einiges weniger auf allgemei-
nen Gesetzen, als auf' den^eigenthumlicben Vcrhälinisseu der
Griechischen Stämme beruh n ).
Zweiter Zeitraum,- Herrschaftliche Verfassung, üe-
berall trat in der Folge an die Stelle der Bundesperfassung
der Vorzeit Priesterherrschaft oder Fürst engewalt, . Doch von
den Umständen, unter welchen die Veränderung emtrat, von dea
Ursachen der Veränderung berichtet die Geschichte nur wenig»
*— Von der Priesterherrschaft wissen wir, aus der Geschiebte
der ursprünglichen Hellenen oder der Umwohner vqu Delphi,
der Israeliten und der Aegypter so viel: «Erstens, der gesell-
schaftliche Verein bestand aus xwölf Lajenstämmeu, so dafs die
Natur desselben mehr völkerherrschaftlich, als staatsbürgerschaft-
liph war; und zweitens,, den Mittelpunkt "eines solchen Bundes«
kreises machte ein Priesterthum aus ^.*i. ein Stamm, der mit
der beständigen Vollziehung der Gesammtandacht eu und ebeu
deswegen, zu: Folge der uranfänglichen Öffe^itlichen Ordnung»
mit der beständigen 'obersten LetlunGf der Gesammtangelegenhei*
ten bevorrechtet war.» (Hier möchte der Verf. am wenigsten
befriedigen. Wie konnte er es vxohl von sich erhalten, den
Bund der Anphiktjonen und die Prieslerlgisten der -Aegypter
und Israeliten zusammenzustellen! Ueberhaupt Wurde das Werk
gewonnen haben, wenn der Verf. den Bcgriff-des Altertbumes
genauer bestimmt, d^n Kreis seiner Untersuchungen enger ge-
zogen hätte.) Doch bei den Hellenen mulste jene Priesterherr-
% Schaft von selbst wegfallen^ als dye Stämme der Helleneo ihren
HüUmann Staatsrecht des Alterthums. 4^3
Ursitiy wo ein Tempelgebäudfe ilir kirchlich bürgerlicher Mittei-
punkt' war, veriiessen und sich nah und fern in neuen Heimaifeen
;)nsteKieIten. — Die fiirstUckt Herrschaft, scheint sich in den
meisten Fällen aus de^ Ftidk^rrnwiirde entwickelt zu haben. Die
fürstlichen Geschlechter befestigten fast überall ihre Gewalt durch
Burgen, die sie errichteten. Der Fürst • war Feldherr , Ober-*
priesier', oberster Richter. Der Anfang der Besteuerung der,
dafs -für eine Mordthat| neben der Wette, noch eine Busse oder
Sühne dem Fürsten , wegen des gebrochenen Landfriedens, ent-
richtet werden mufste. (Die Weitere Ausführung, wie sich aus
dieser Busse die Steuer entwickelte, wie endlich eine allgemeine
Abgabe für die Erhaltung des Landfriedens erhoben wurde
u s. w. ist besonders scharfsinfiig.) Die Eintheilong des Hee-«
res entsprach der ursprünglichen Eintheilung der bürgerlichen
Gesellschaft nach Brüderschaften und Kurien*
Dritter Zeitraum: GemeitiheitUche f^erfassuhg. Doch
mehrere Fürstengeschlechter starben aus, in anderen Staaten be«
nutzte dte^ Eifersucht der. übrigen Geschlechter des herrschenden
Stammes günstige Gelegenheiten, • dei* Hetrrschergewalt eines Ein-
zigen ein Ende zu- machen; so entstanden gomeinheitlidie Ver*
fassangen , anfangs meist Geschlechterherrschaften.
Der Verf. schildert iiuu, (diese Ausführung nimmt, der
Natur des Gegenstandes nach, den bei weitem grÖfsten Tbeil
des Werkes ein, sie geht von S. 92 bis zu Ende des Buchs )|
die Verfassung der Griechischen Freistaaten, die des Römischea
ond d^s Karthaginiensisohen, und zwar so, dafs er unter gewis-
sen Aufschriften, (Staatsverwaltung, Staatsgewalt, Rechtspflege)
eine vergleichende Darstellung dieser Verfassungen giebtk
. Da 'dieser ( ob wohr vorzüglich schätzbare) Theil des Wer-
kes tticht wohl einen l4.uszug, wenigstens in diesen Blattern
nicht, zulafst, ^o richten wir niir noch an den Vf. den Wunsch,
dafs er, bei' einer zweiten Ausgabe des Werkes,^den Abschnitt
-von der Reohtspflege ausführlicher behandeln wolle.
Fermisckte Abhandlungen meistens über Gegenstände des Rechts
und der RechtspoHzti von B. Roth, geh, Rathe und Ober-
vogie in Pforzheim,- R. d. Z. £. O. 4* Heft, Karlsruhe
iei Gottlieb Braun 48%3. 4i8 S. 8* 4 ß.
Eixn jeder Beit)rag zur Erlauterunjg des Badenschen Rechts ist
eine um so erfreulichere Erscheinung, je mehr ooch dieses Recht
der wissenschaftlich en Bearbeitung bedarf, je weniger der Schrift-* <
sieller ditssere Aufmunterung l\x einer solcheii Arbeit bat. Die
t
I
434 Roth termlscbtfe Abbanälangen«
Törliegeqde Schrift hat lediglich uüd sillelQ, (was auf dem Tl->
telblaUe zu bemfrl^eu gewe&ea wäre), das JBadensche "^echt zum
Gegenstände, insbesondere das bürgerliche Recht des Landes.
J^dQck U^t dem letzteren bekanntlich das franzosische . Recht
^m GrundO' -^ Kec, will kürzlich den Inhalt der einzelnen
Abhandlungen Eingeben. .•'
/^ Entwftrf ein^r "neuen , Gantordnung nahh dem neuen
l,andrechte^ Es werden die General- und SpecialUassen der
Glaubiger nach dem dermatigen £, Rechte angegeben. — //. Be-
merkung über das Gantverfahren, nach dem- edlem und neuen
itondrechte, . Eine summarische Ferm/ögensuntersuchunsj vor der
Vergantung, isl weiter nicht crforderlrch; — JJl/Beantwor^
lang der Frage, ob bloß der Brautsehatz der Frau whd was Ar aus
dem Heij'athsvertrage gebührt j oder auch das übrige beigebrachte
Vermögen derselben bei dem Falliment des Mannes, auch ohne
Minttag ins Unterpfandhuch , im Colloeationsurtel in die ^dritte
Klasse zu setien sey. Der S. 21 35. des Landrechtes, welcher
die<e Frage bejaht, wurde durch das i^ie Einfährongsedikt auf-
gehoben, durch ^inO Yerordn« v* J.. ,i8ii (Regbl. 1812. N. II.)
wieder hergestellt. Der Verf« gtaubt gleichwohl behaupten zu
können, dafs durch diese Verordnung die Vorschrift des Land-»
rei^hts nur zum 'TheU wieder hergestellt worden sey ! (Der
Verfi hat selbst zu dieser Meinung, dio Rec« gänzlich unhaltbar
?iu seyn «cheint, kein Zutraun). -*—- //^. Ueber die Adjudicor
$iön der frwhjtlos'ziir öffentlichen Versteigerung ausgesetzten Üh-
terpf ander an Zahlungsstatt an den Pfandgläubiger um den
fetzigen Wakren JVerth, Nur zu diesem Werthe kann der Gläu-
biger die Adjudication verlangen; nicht aber kann «r fordcro,
dafs ihm die verpfnndeten Liegenschaften schlechthin i^ugesclila-
*en werd«n* In einem Anhange wird ti och der Vorschlag des
lierrn Oberhofrichters von Drais bestritten, daTs in dem fragil-
' chen Falle ei^ Zehntel von dem taxirten Werlhe abgezogen
werden sollte, jf Milde ge^en die Schuldner /ist; in degr Tbat
Strenge^ f^^^en die Schuldner. Denn sie vermindert den Kredit,
Das sollte man nie bei der Gesetzgebung vergesisen ). ■»— V.
Uehev die mangelhafte gesetzliche Vorschrift irt CoHcurssachen
f^i^ch geschehener ErgteUung des Gantremedii^ Auch In Gantsa-
vhe^ nifufs, w^ni^ pin^ Appellation eingewendet irorden ist, vor
Sins^ung d«l* uflicrrichUichen Akten 4^r Appellat vernommen
werden, Gegen die Rechtsbeiehrung im Regierung^bbtte i8o4
Nr, 34- ""^ f^^' U^ber die Frage j, wie gesetzliche und bedun^
^enet Unterpfänder* j welche *^ar Einßlhrung des netten JLand"
techu eutstt^nden sind^ bei einenn jetzt erst ttusg^roehenen
Conei&s zu locken seyen ? Antwort ;^ Nach dem alten Recht«, —
Vli^ Ueber die Thei(n(thme rf^r Frm an einer GememscAafts-'
Roth yieirmisdite AbhandOimgeQ.: 45$
scfudd, ivenn sie ifon ihr^n €ü$$m mUiferffändtt hdtß ohn0 sick
jedoch sammtverhindlich gemacht zu haien.^ Die Fraa b^iftet für
die Schuld nur zur H^fte^ -— VIIL'^ lieber die f^erwim^lung
der Fahrnifsgemeinschffi in die Gütergemeinschaft auf Errun^
genschafu Der Verf. giebt den Rath^ die letztere Art der ehe-
lich ea GutergemeHi8cliaftJ zui^ gesftzlicliien Regel zu erbeben,
< Sollte sich dazu nicht möch mehr die allgemeine Gütergemeinr
Schaft eignen?) v*<* IX* r Guiachten eines Amtsrevisorats üb fr
dieselbe Frage, Aueh hier wird der firrungenschaftsgen^einschaft
der Vorzug gegeben« -*« X. üeber den S, 43!l6 des neuea
'Landrechts riichsichtlich der Form der einseitigen Privütiirhunden
oder BiUets. Zweifel über den Begriff einer einseitigen Priyat-
tirkunde.«--*> XL Ob ein Gläubiger, der eifien J^urgen hat, i*erbun^
den sejTj vo^^inem Schuldner Guter an Zahlungstatt sich fld^
jadiciren zu Wssen. Bejaheftd beantworte* ( Mit Befremden hat
Red. in dieser Abhandl. tind in andern >SteUeir Riagen über die
Verarmung des Landes gelesen. Baden bat auch in. den leti^^en
Jahren an Wohlstand zugenommen ; da» beweist unter anderm
die Zunahme der Bevölkerung. In den Jahren tSig. ao. ai.t
bis soweit erstrecken sich die Nachrichten des -Rec ^ sind jähsr
lieh ohegeföhr ao^ooo Menschen «nehv geboren worden, . als ge-
storben sind! Nur der Geldwerth unserer Besitzungen ist g;e*
sunken; woher freilich mannigfaltige Vienl^genheilen entstände*
sind. Aber GelH ist nicht Reichthum , wie schon Arisfratolef
bemerkt). — XJL Ueber die Frage, oh eiaCredtior bei einer
Liegenschqftsadjudication an Zahlungsstatt pen dem abge^chatxr
ten JVerthe der Guter ^/^^ abzuziehen berechtiget sey? HLe^ fin«
det man einen Beschlufs des Justiz -^Mipi^. v. 3ten Jcm. ^842«
für die bejahende Meinung — XI IL Ueber' die Frage: Ob
auch Kauf Schillinge ifon Liegenschaften m das Pfandbuch emger
tragen werden müssen? Die Unterlassung der Eintragung ent<r
zicSt dem Verkäufer nicht sein Vorzugjrecbt. — XI f^, Ueber
die Nothwendigkeit der litis denunckuio in aflen Sachen, W0
Jeine^d nach {Verlornen Procefs seinen Regrefs an einen Dritten
nehmen zu können glaubt. Der Yerf. behauptet diese Nothwen-
digkeit. — XF, üeber die Benutzung des väterlichen VetmÖ^
gens d^r Kinder durch die Mutter un Pf^ittwenstande und iiker
■ die Bestreitung der Studienkosten,, Von dem Ma(sstabe» nacii
welchem zu ^ie^u Küstea hie^iebangsweiae die Mutter bjwutra«
.gen bat und das Vermögen des -Kindes zu verwenden ist. — »
X.F'L UAer den Gerichfsitand eines Pflegers , dessen Pflegsohn
anderswo seinen Wohhsitz hat, und über die Erstreclmng der
Gerichtsbarkeit. Nicht von Bedeutung. — XF'IL Ueber den
Unterschied zwischen Justiz ^ und Polizei ^ Sachen. Streiti^eilen
ikhcT Mein und Dein können weder nach allgemeinen Grund-
450 Roth vermischte Abhandlungen.
säueti noch nach dem Badenseh^n Rechte (L. R. S. 5AS. Verf.
Urk. §. i3. i4') ^u den Polizeisaichen gerechnet i^erden. —
Xyill* Ueher den fViicher überhaupt und insbesondere über, die
gegen die Prdlertien der Jaden zu ergreifenden' Mafsj^tgelnm
^Gh'icMich das Christenland , wo es keine Hebräer gicbt. «
( Dieses Glücks sind bereits einige Länder theilhaft, da • die
Kenntnifs der • Hebraischeu Sprache immer seltner i/^rd!). —
'XIX, Ueher die Frage, ob Amtsrei^soren oder Theäungsr Com-
missturSj als deren Gehülfen, bei FaUimekt€ln die Liegenschaf ts^
^Versteigerungen und Ganturtels ." Publikationen aus amtlichen
Auftrag vornehmen dürfenl Die Frage wird bejahend beant-
•worlet — XX. Ueber die geger^ die Revision des Bad.Ge^
setzbuchs (des, Land recbis) vorgebrachten Zweifel und Bedenk^
lichkeitmn. Der Verf. scheint sich für die^ Meini^|to zu erklären,
dafs das Landrecht einer durchgreifenden Revisio^Lu unterwer-
fen, nicht aber tnirch ein ganz neues Werk zu ersetzen se^. —
' XXL Gutachten über die Aufhebung d^ S. 34o> des neuen
Landrechts, wodurch alle Nächfrage, wer Vater eines . naturli"
chdn Kindes sey, verboten wird. . Dei^ Verf* «ist aus -guten Grün«
den yur die Aufhebung. Ei^ erörtert izugieich die Fi age»; In
Trelchen Fällen ist die Vaterscl^aftsklag« unzulässig? Welcher
Beweis ist zur Begründung dieser Klage erforderlich? Sind
Unzuchtsfälle zu bestrafen? — XXIL Ueher die Frage: 'Öh
ein kutholiseher Pfarrer, verlofigen könne, da/s sein GlauJbensge-
^%osfe vor der Trauung beichten und ccnimutu'ciren müsse? Ver-
neinend beantwortet, auf Veranlassung -eines besondem wobi
interessant zu nennoitden Falles. — ' XXIIL Ueber die Fruge :
Ob dn^ Pfarrer in . rechtlicher Hinsicht vertragswidrig handle,
W^in er ' auf der Kafue( seine Privatmeinungen und Ansichten
vorträgt, welche von der von der kirchlichen Gemeinde allgemein
' fipprobirten Lehre abweichen? Verneinend, audi was protestan-
tische Pfarrer betrifft , ^ entschieden, -^ . Rec sieht der Fön-
tet zung mit Vergnügen entgegen.
Die mathematische Naturphäosophie nach phüosophiseher. Me^
* / thode^ bearbeitet. Ein ß^rsach i>on J: F. Fribs, Heidel"
berg 48^^. X und 6^9^ S, 8* 4 fl- 3o kr.
yi or der Anzeige und Beurtheilung des Inhalts .dieser wichti-
gen ßchrift wird es nicht überflüssig sejn,.zur nähern Bezeich-
nung des Standpunktes, woraus Rec. das Ganze betrachtet, et-
nige allgemeine Bemerkungen vorauszuschicken, hauptsächlich um
die schwankenden und unbestimmten BesriiTe, welche mau in deu
. Fries mathematische Naturphilo3(^hie. ^4^7
neoesCea Zeiten mit dem Worte Naturphilosophie za verbinden
pQegte, genauer fesisustellen. yVenn man unter Naturphilosophie
<las Bestreben, des meäschlichei^ Geistes vorstdit, die ail^^emetn-
sten Gesetzte', welche der Entstehung und den Veränderung«*»
der. Körper weit zum Grunde liefen, durch Speculatien aufzu-
finden, so ist sie so alt, als Philosophie und Wi^settschaft über«
baupt. Dann gehören dahin unter andern die mannigfalti<^cn
Mjthen vom^Chaos, nebst den Schöpfungsgeschichten, die Vfer^
suche der Jonier, alles aus dem Wasser entstehen* zu lassen, dio *
Atomenlehre des Demokrit und Leucip, die vier Elemente der
Peripatetiker, die Zahlcnverhältnisse de^ Pythagoräer , selbst in
einiger Hipsicht die Lehre ^ vom Makrokosmos u« s. w. Iiu
christlichen Europa erhielt .sich lange der Glaube an -die mosa^
ische Urkunde und die unmfttelbare Einwirkung der Gottheit
zur Erklärung aller Naturerscheinungen , verbunden mit • einen
nicht durchaus klaren Anhänglichkeit an. die vier Elemelrte der
Peripatetiker ^ bis drtesius ein ganz neues naturphiiosopbisches
Sjstem in seiner- Wkbeltheori^ aufstellte, welches in der durch
Hujrgens erhaltenen Ausbildung, und gestützt auf des. Jetsteren
bekannten Versuch eines durch Sd)W"ngbewegung erzeugten
Strebeus nach' dem .Mittelpunkte vpn ausnehmcndi^in. Gewichto-
war, und "'sich durch seinen, für die |f}anäaligen Zeiten grossen*
inneren Wer th so lauge zu erhalten vermochte. Newtons dwtz\^'
dringender Scharfsinn, sein praktischer Blick, das freudige Oe»-
fxihl auf dem Wege unmittelbarer Schlüsse aus ünzweiftäli^rten
Erfahrungen zu bedeutenden Resultaten gelangt zu seyn, ver-
l)unden mit seltener Bescheidenheit und einem grossen Wfdcr»
willen gegen wisse^ischafl liehe Disputationen , entfernten diesen
unübertroffenen Meister unter den Naturforschern,, nack einigen,
vprgängigen H^'pothesen von einem* Überdll verbreiteten und ta
vielfacher Hinsi eilt wirksamen Aether, endijch durchaus yen allen
uaturphilosophischen Speculationen. Und dennoch hälrsein Budii
üuter den Neueren unläugb^r den Namen zu diesem wissensohaft"«
liehen Zweige hergegeben. Vor ihm hatte man physica, rntta-*
phjsica u. s. w., allein als Engländer hatte er plne - natural phi-*
Lpsophy , und somit ^uxe phüosophia naturalis, welche übersetzt
zur Naturphilosophie wurde« Die Newtonsche antinaturphtloso«-
phische (in dem ' angegebepen Sinne > Bearbeitung dep Physik
siegte nach langem Kampfe,, upd wuir4e zuJietit.Allgemeia herr-
schend, bis Le Sage mit einer neuen Theorie herYortrat,- wel<«'
che durch den Beifall des erfahrnen de Luc mehr Aiiüieheli er-*
regte ^ als sie ihrem W er the nach verdiente« Während Engla«-»'
der und -Franzoisen spater auf dem von Newton bezeichnetea
Wege fortschritten, zwar langsam aber anhaltend das Gebiet der
Naturforschung er vv: eiterten , wobei yoriüglich PrUstley , ^Caven^
46o Fries mathematische Naturphilosophie.
allgemeinen Priacipien abstrahirt, da sie dieselben döeti .blo(s
historiscli erlernt haben, und jenen nur anpassen, nicht beden-
kend, dafs das ganze Gebäilide ihrer Spcculation zusammenrailen'
mufs, wenn die als nothwendr<>^e Folgerungen dargestellten (be-
setze dennoch bei genauerer Untersuchung falsch befunden v^er-
den. So »bewies ein berühmter Naturphiiosoph um Ostern
-iSoo in seinem Antrittsprogranime aus speculativen ^runden,
dafs das Sonnensystem nur sieben Planeten haben könne, nicht
#fancnd, dafs am ersten Tag« des nämlichen Jahrs schon der
achte entdeckt.sej, dem bald nodi drei andere folgten. Wurde
er nun 'schon"" wegen dieser dreist ausgesprochenen f&lsthtn Be-
hauptung bewundert, was würde nicht, erst -der Fall gewesen
sejn , wenn iix durch literartsclie Verbindungen unterstutzt' die
wahre auf gleiche Weise apriorisch deducirl hätte, was doch
auf allen Fall noch leichter' seyn mufs, wenn 'nicht die ganze
Methode geeignet ist, als blofs trügerisches E^kenntnifsmittel bei
.Seite gelegt zu werden« Eben f>o erinnert sich Rec. seiner Zeit
die WQhlgegrüudete bedenkliche Aeusserung eines Astronomen
gelesen zu haben, dafs von .aAen lieöbachteten Kometen doch
Uofs der Hallej'^che zur bestimmten Zeit wiedergekommen sey,
und daher die Regel massigkeit die& Laufes aller dieser Fr emd*
Unge unter den Gestirnen überluiupt noch wohl bezweifelt wer-
den müsse. Sogleich wufsten die ^Naturphilosophen,» dafs diese
Gattung ) von Naturkörpera ^uach speculaliven Sdilufsfolgeruligeii
keinen regelmässigen Lauf boben könnten, und sie hätten' bei
der grossen Ezcentricität iast aller KometenbaKnen diese Behaup-
tung l^ei ihrem eigenthümlichen , (^er Sache unkundigen, Publi-
cum noch lauge vertheidigen können, wäre nicht zufallig Rämker
zeitig genug auf Neuholland angekommen,, um den fast piatieta-
rischen Lauf des Enkeschen Kometen ausser Zweifel zu 'setzen.
Dergleichen Hesse sich noch mehr beibringen, wenn es bei Un-
befangenes dessen bedürfle, und bei den in ihren Yorurtheilen
Verstrickten nur die mindeste Hoffnung einer besseren Ufeber-
leugung vorhanden wäre
Uüd lüer möge denn der ^chtungswerthe Verf. der vorlie-
genden ScKrift. es jnit des Rec. reinVvissenschaftlicbem Eifer ent-
schuldigen^ wenn er auch ihn auf etwas diesem entfernt Aebn-
lieh es aufmerksam macht. Cou/om^'/ feine Versuche über die
electxische 'AJ:>s.to9stlng, gaben das . durcK Analogie untersstutzte
Geiietz einer den Quadrate der Entfernung umgekehrt prbppi^
üooalen SltärLe, und wenn gleich sein Apparat etwas künstlich
ponsCruirl ist; so wurde dasselbe doch all^enieitt angenommen*
IHeses Gesetz n.un liegt auch der electrischen Theorie. des Verf.
lum Grunde > obgleich die Simonschen Versudie S.* 634 nicht
unerwähnt und nicht uttbcrücksichtigt bleiben. GegettW^ttig ist
Fries mathematische Naturphilosophie. J^ti
ab^r.die Abstossung im etoraclien Verliältnifs der Abstände durch
die neuesten Yersuche von /' K Mayer bewiesen, durch wel-
che einzige Wahrheit die Wissenschaft offenbar mehr erweitert
ist, all durch alle naturphilpsophisdie Speculationen während ei-«
jacs ganzen MenscheHalters; denn jenes wird ewig bestehen, an-
statt dals diese sämmtlich sich bisher nur als ephen^ere Erschei-
nungen gezeigt haben.
Nach dieser ganz offenen^ hier nothwcndigen Erklärung,
der Ansichten des Rec. wird man es natürlich 6nden, dafs ef
das vorliegend^ Buch an sich, und abgesehen von seinem rühm-
lichst bekannten Verf. nicht eben mit günstigem Vbrurtheile zu)s ~
Hand na^.m. Allein man wird sich sehr irren , wenn man hier
eine Naturphilosophie im gewöhnlichen Sinife der neueren Schule
zu finden wähnt. Das Publicum erhält vielmehr einen sehr be-
deutenden wissenschaftlichen Beitrag» Hesse sich nur das schmerz-
liche Vorgef'ühl des Mifsbrauchs entfernen, welcher ohne Zvei-
fei von der mehr phantasirenden als Scharfsinnig denkenden
Klasse von Lesern damit getrieben werden wird. . Hier findet
man keineswegs den gewöhnlichen Schwall hocbtraoender und
unverständlicher Worte, nicht leere und alldetitsame Formeln,
sondern einen reichen Schatz positiver Erfahrungen, sehr- gründ-*
liebe Kenntnifs der.Mathematik und Gewandtli^it im GilciH,' end":
lieh scharfsinnige Combinationen und gut begründete, durch in-
nrere Consequepz sich empfehlende Hypothesen.^ Indem es nun
dem ifienschlichen Geiste un'läugbares Bedürfnifs ist, den nicht
unbedeutenden Nutzen der Uebung im Nachdenken ungerechnet,
den allgemeinen Gesetzen der Naturerscheinungen - unermudet
nachzuspüren, so Hesse sich vom Studium des vorliegende) Wer«
k-es allerdings ungemein viel Gute^ erwarten, dürfte man nur
boff'eo, dals die Leser das Ganze' aus demjenigen Gesichtspunkte
auffassen wollten, welchen der^Verf* selbst mit einer fyr dio'
neueren Natur plulosophen allerdings seltenen, Bescheidenheit un4
partheilasen Würdigung am Ende des )jVcrkes aufgestellt hat^
"wenn et unter vielen andern Stellen z. B. S. 669 sagt: «Doch
«dem sej, wie ihm wolle, wir sehen einerseits, dafs wir so-
«bald noch nicht im Stande sejn werden, eine eigentliche Na-
«tqrlehre für die morphotischen Processe an der Erde zu eut-
«werfen.* J^erner S. 676. «Nur bitten wir, die nur scheinba-
«ren natqrphilosophischen Einleitungen und Begründungen weg«
«zn)assen, und neben diesen halbdichterischen Auffassungen d^is
«Erdenlebens das Bedürfnifs und die strengeren Anforderupgeii
«der beschreibenden . und erklärenden Wissenschaft nicht zu ver-
^Jiennen.» Endlich ebend« «Was ferner die X^orberettung zur
«Naf urlehre in der Organologie betrifft, in physiologischen- und
« den damit y^buiidenen nosologischen und therapeutischen Yer-
4ß9 Fries mathematische N'a^turphilosophie,
«sttdien: so wird woKl klar sejrn^ dafs die empirisctiM Scliu«
den für grosse Perioden in der Geschichte der WissenscHaft
€ immer' ,dea besseren Ruhm davon tragen, die ration eilen Sj*
«'Sterne hingegen nur ein der Mode unterworfenes Spielzelig auf
«den Universitäten bleiben werden, so lange es nicht gelingt,
«die rationelle Behandlung der Wissenschaft andauernd von dem
«Einflufs alUu unsichrer Hvpothesen und von dem nur täuschen-«
«den Gebrauch .allzu allgeineiner Vergletchungsformetn zu be«
«freien*»
Dennoch aber kann sich Reo. der Frucht niclit erwehren,
dafs die Versuche des Verfs. tu gleichen Spielen einer überreiz*
ten Phantasie Veranlassung geben werden, als dieses unläugbar
mit den Kantisdhen Grundkräften der Fall gewesen ist. Bei
dem nur allzunatürljchen Streben, das ganze Gebiet der Wis*
senschaften mit einem Male zu überblicken ( zu erfassen ist ei^
gentlrch der Modeausdruck) werden insbesondere angbheiide Na«
turforscher weniger die gelehrten geometrischen Demon|trationen
des Verfs. Schritt für Schritt verfolgen, und weniger sich fra-
gen, ob sie auch alle die positiven Kenntnisse der Naturkorper
und Naturerscheinungen sich zu eigen gemacht haben,. welche er
sichtbar aus einer grossen Fülle oft nur andeutet, um den Gang
seiner Combinationen zu bezeichnen. Am begierigsten werden
sie über sein (sehr willkührliches ) Schema S. 68& herfallen,
wonach Stickstoff als -^ M. in der Atmosphäre dem Kohlen-
Stoff als — M. in der £rdelothrecht gegenübersteht, und hori-
zontal durch den electrischen Gegensatz vom Wasserstoff als
-|- £. im Wasser und dem Sauerstoff als t^- £. im Licht nor-
mal gci^chnitten wird. Hieraus allein lafst sich, wenA nur eine
palsliche Vorbereitung nicht fehlt^ die ganze Welt construiren.
Viele werden die neu eingeführten Sedzbildung , den vegetabili-
schen und 9iinm'A\sc\\en 'Bildung strieb , die Strahlungskraft ^ die
Lichtstoffe u. dgl. m. auffassen, hieraus ein allgemeines Skelet
der Naturwissenschaften bauen, mit einigen der' neuesten Erfah-
Tungen die Lücken ausstaffiren, und sich dann ^n dem Meister«
werke ihres Verstandes ergötzen. — Doch genug hiervon; denn
des» achtungswerthe Verf. kann mit vollem Rechte dien diesen
Argumenten mit der einzigen Phrase begegnen: abusus non toi"
Ik usum»
Nach diesen allgemeiiien Erörterungen dürfen wir aus Ruck*
sichten auf. den beschränkten Raum unserer Blätter den Inhalt
des vielumfasseudeil Werkes nur kurz bcrtHiren, indem ohuehin
eine vollständige Prüfbog desselben leicht eine Schrift von glei-
chem Umfange erfordern könnte. ^ Im Ganzen sucht der Verf.
die Kantische Dynamik in einer sehr abgeänderten und viel cr-
'^eiterten Gestalt als die eigentliche, in si<^h consequente und
Fries mathematische Naturphilosophie. 4^3
fnit der Erfahrnng^ überrinstianneDdc Naturphilosophie darzusteU
len, indem ^ diese der empirischeii Naturforschung^der engli-
schen und französischen ^Schule nndi der Astomistik gegenüber
stellt. Wir wollen nicht geradezu behaupteji, dafs der Verf.
die Erfahrung verwirft; allein dafs er iie neb^n der von ihm '
sogenannte^ mathematisch^ Physik zu sehr in Schatten stelle,
läfst sich wohl nicht leugnen. S. aa unter andern hellst ea :
. «Nicht die Erfahrung, sondern die Geometrie hat für die Hyr
«pothesen des Kopernicus und R^ler entschieden. > Eigentlich
doch wohl nur die geometrisch behandelte Erfahrung; dena
übrigens construirt die Geometrie so gut den Kreis als die Pa-'
rabely den- Umlsiuf der Sonne als der Erde, aber die Erfahrung
(Beobachtung) ergiebt die 'Keplerschefi Gesetze. Die Geome*-
. trie hat Epicjklen construirt, \\onach die Sonne um die Erd«
läuft, aber, die Erfahrung d^r Aberration macht diese Annahme
QDn^öglich. Ob übrigens die bedeutendsten deutschen Physiker,
'wcfnn sie gleich wie einst Newton xur Verineidung eines, mögli«-
cben Geschreies der Modephilosophen von dem Werthe und
dem Vorzuge der Dynamik reden , in Ansichl und Darstellung
von den Engländern und Franzosen abweicben, darüber wollen
"Wir nicht streiten, obwohl es nicht schwer sejn dürfte^ die ge-
naueste yebereinstiramung nach zu weisen« Dafs weder di« aCo<-
XDistiscbe noch die dynamische .speeulative Naturphilosophie 1«
einem genügenden Resultate führen, kann , wird der Verf. selbsl
«ugesleben riiüssen, wenn er nur berüicksichtigt, dafs nach set^
ner eigeneYi Darstellung i^uvor sowohl Bie materielle Substanz
als auch die gesammten ^ wirksamen Kräfte vollständig erkannt
sejn müssen,, ehe es eine genügende systematische Constructio«
derselben gehen kann. Die Anhänger beider Arten fehlten; dif
ersteren, indem sie blofs'dic Materie, die letzteren indei^ sie
ausschliefslich die Kräfte berücksichtigen zu müssen glaubten«
lo ^Deutschland dürfte es vvohl überflüssig sey^, vor der Einseitigkeit
dler ersteren Methode zu warnen, denn es giebt sicher niemand
xnebr, welcher slreiüg genommen die Naturerscheinungen aus den
Qualitäten der Atome zu erklärlfei versucht« Dafs aber die wahre
znathematisch - pl^ilosophische Naturforschung erst durch die Kan«-'
tische Dvnamik gegründet seyn soll, wie in der Einleitung^ wie^
derbolt behauptet ;wiid, dürfte doch yvohl eine aus Vorliebe
entstandene Behauptung seyn. . Rec. meint wenigstens die opti-
scbea Unterinehungen von Malus j Brewster, Herschd, Biot n^i.
J^resnelß Äie Theorie der CapiUarität'^ der Ebbe pud Flmb
-o» s. w. von La Plact, die Akustik von Chladni, die Abhand-
ln ngen über Fortpflanzung des Schalles von Lagrange, die For«
i9«:buDgen über das Verhalten der Wärme von LajrAert lind
J^ayer^ die geometrische Entwickelung^ des Attractionsgesetzet
4(i4 Fries tnathemalisclie Naturphilosophie.
Ton SehmiJt* vmi so yieles andere entlialte niattiemati$ch-])TiU
Idsophische Naturforschung genug, oline dafs die mindeste Spur
von Kantischer Djnamtk darin zu finden ist. 'Ueberhanpt dur-
feit wir den Verf. bei seiner grossen Belesenheit nicht erst er-
innern, dafs ^egen die yon Kant «ufgestellten Beweise fär die
"Eiusiem der widerstrebenden Kraft «^< unter andern von Maytr,
Mollweide, (/. Busse u. a. trifTtige Argumente aufgestellt sind^
welche man zwar durch Geschrei und vornehmes Gelehrtthun
zu beseitigten gesucht, aber noch nicht widerlegt hat, indem ja
auch in cfer vorliegenden Schrift der Kantische Beweis nicht er-
wähnt, statt dessen aber ein neuer aufgestellt ist, auf weichet)
wir bald zurückkommen werden.
« ■ \
Ucbrigens hat der Verf. den Zweck und die Tendenz sei-
nes Versuches scharf tind bestimmt aufgefnist , wenn er S: a^
sagt-; « Unsrcr ganzen .Erkenutnifs der Körperwelt liegt eine
«solche mathematisch - philosophische Erkenntnifs a priori zu
«Grunde, und deren wissenschaftliche Entwickeldng soll in der
^ «Mathematischen Naturphilosophie versucht werden. » Indem
aber Newton sagt: ein vero ßiiida elastica ex pärticidis se miUuo
fugantibus coff Stent , quaestio physica est, Nos proprietatent
ßiudorum ex eiusmodi pärticidis constantium mathematice demon"
strai^imus , ut phiiosophis ansam präebßamus , quaestionetn illam.
iractandij so nimmt der Verf. dieses für die gesammte mathe-
matische Naturphilosopliie in Anspruch, und sagt: «Sie soll
«un^ die Gesetze möglicher Hypothesen über diie Natur' der
«Körper angeben f bestimmen, welche Voraussetzungen 'zulässig
«sejen, welche aU die einfachsten von allen anzusehen sejea
«und welche mathematisch bestimmbaren Folgen jede einzelne
«solche Hypothese mit sich führe* » Hiernach soll sich also die
mathematische Naturphilosophie des Verfs. zvlt empirischen Na-
turphilosophie, wie die reine Mathematik zur angewandten ver-
halten. Allein der Verf. geht i^nleugbar 'in das Gebiet des An-
gewandten über, wie sich nicht anders erwarten liefs, und das
Werk unterliegt daher einer doppolten Prüfongj theils ob und
^vie weit die abstracten' Schlüssilihrichtig sind, theils ob die An-
vendung derselben auf die Erscheinungen mit den bekannten
und unleuf^baren Gesetzen der Naturphänomene übereinstimme.
Rec. wird sich darauf beschcauken, blofs bei einigen Stellen zu
«eigen, wie schwer ein solches Unternehmen sey, wie viel der
Scharfsinnige Verf. geleistet habe, zugleich aber auch wi<? mifs-
lieh insbesondere die Anwendung nothweq^ig «ausfallen müsse«
(Dir BetcbM folgt.)
^= ^* Heidelberger ^^^\
i
Jahrbücher der Litteratur.
F^ies maikematiscke Naturphäosopkie.
{Biscbluff»)
JLler erste Theii S* 33 bis 397 begreift die Pbilosaphie der .
Mathematik, worüber wir der Kurze wegen lieber ganz schwei-
gen wollen, > machen jedoch alle wissenschaftliche Mathematiker
des reichen Inhalts wegen daranf aufmerksam , um die einzelnen
schon vielfach yerbandclten und bestrittenen Untersuchungen, na-
mentlich auch die Parallelen - Theorie, am gehörigen Orte einer
genauen Pi^ufung zu unterwerfe^. Der Beweis ^. «91 1 dafs
M X m =: m X M sej, worüber Legendre iA Etsay sur la
theorie des nombres einen directen Beweis aufgestellt hat, dürfte^
strenge genommen unzulässig scheinen^ weil er dasjenige postu«*
tirt, was eben bewiesen werden soll. Ob di« Araber ihr Zah-
lensystem von den Jildiern erlernt haben , is^ noch wohl frag-
lich, auch wird die ge^^ebene. Ansicht der entgegengesetzten
Zahlen schwerlich ohne Widerred« angenommen ifirerd<m. Bei .
der Feststellung des BegriiFs .vom Unendlichen wird S. 258 über-
einstimmend mit Euler sehr gut gezeigt, «das das -Unendliche
«das Un^oUendbare sey, und eirne unendliche Oxdssq oder Klein-
«heit. nie als ein gegebenes Ganzes angesehen wei'den dürfe.»
Bei dem neuerdings so gangbaren Spiele mit d^n Ausdrücken
des Unendlichen wird dem Rec. oft das bekannte Sophisma ins
Gcdächtnifs zurückgerufen, dafs eine Schnecke so schnell laufe
als Achilles, weil beide .in einem unendlich kleinen Zeittheilchen
extkfix^ unendlich kleinen Raum . zurücklegen , ein allerdings unwi*
derleglicher Satz, wenn das Unendliche überhaupt mefsbar wäre«
Ist es aber hiermit verträglich und an sich wahr, dafs die Null
ein Zahlzeichen sejn, «soU, wodui^ch ein Verhält nifs einer zu
messenden Grosse bestimmt wird? Das willkührliche I^nll des
Thermometers kann nicht beweisen, dafs etwas in einer Rück-*
sieht Null, in anderer etwas, noch dafs die Fläche gegen den
Körper, die Linie gegen die Fläche, der Punkt gegen die Linie
Null ^ej. Ueberhaupt findet Rec. darin, dafs der Verf. die
Grenze", bis wohin das- Gesetz der Stetigkeit nothwendig führen
mufs, von dem Begriffe des Unendlichen nicht scharf genug ge-
schieden hat, den Hauptgrund der inneren Widersprüche und
30 ■
466 Fries molheiriatisclie Naturphilosophie.
unhaltbaren Belwuptnngen , welche weniger im ersten als Im
zweiten Theile, der reinen Bewegungslclire, vorkommen, deren
ejnige kurz antudeuten wir uns erlauben. S. 4<6 helfst es:
cDer Richtung nach besteht also jede Bewegting aas gradlinigen
«Bewegungen, die winklichte >ist auf directe, die krumme auf
«stetig veränderte Art, aus gradlinigen Bewegttogen zusammen-
«gesetzt.» Nun sagt zwar auch Kästner, eine gerade Linie Ist
ein Theil eibes Kreisbogens mit' einem unbodlichen Radius ge-
zogen;, allein Wenn. man die Aen^efung der Richtung npogllchst
langsam, wir wollen sageA uivendlidi langsam annimmt, eine ge-
rade Linie aber gleichfalls unendllcti , so waren eine 'unendlicli
,)linge gerade Linie und eine unendlich grosse KteisHnicT einander
gleich. Der Widei^sprüdi fällt WÄg, wenn wit die -Begriffe
sicharf sondern, und dann kann eine krumme Linie nie eine gerade,
auch>iicht In eitlem mefsbaren Element« sejo, indem die eine ihre
Ri<ihtung stets, die aiidere hie andtert, mithin eine Sache zu-
gleich sie selbst und tauch das Gegentheil sejii ködnt^.^ Ist die
Aend^ung der Richtung auch so gei*inge| däfs ein Mensch wäh-
rend seiner' ganzen Lebenszeit den Nenner des Bruches nicht
tohreiben kSante, dessen Zähler die Einheit zur Bezeichouni;;
dfer Abweichung von der geradeti Richtung wäre, so 'würde
dter Uvitersclfied damit dennot^h nicht aufgehoben. Aus elaem
gleichen Grunde zieht Rec. die ältere Bezeichnung von Ruhe
und Bewegung, wonach jene Beibehaltung/ Avest P^eränderms;
dei Ortes ist, der Kantischen,' welche der Verf. hier wieder-
holt,, iiin üatizeto 'vöV*, indeni mim durcW diese gänzliche Allgc
toeinheit atn ^ leichtesten und am besten der Schwierigkeit ent-
geht, worauf man nach S. 44 stolst, dafs nämlicH in Ruhe sejn
iind in Ruiic hehetrren zur Bezeichnung des Begriffs der Ruhe,
Welcher doch in beiden Ausdrucken vorhanden ist, als versclile-
den dtirgestelll werden nässen. Was 'Kant zu dieser Bestim-
mung vernVochte, ist augenfällig; Soll nämlicti daS Null der
Bewegung Ruhe seyn, so mufs ein lothrecht aufsteigifrnder Kör-
jyer zuletzt zur Ruhe kommen, weil er aus dem Positiven durch
Null 'zum Negativen übergeht \ Ruhe soll daher Mne andauernde
feegenwart an einem Orte styn, andauerhd aber lieisseo: was
bine Zeh hindurch exisitirt, ein unleugbat* unbestimmter Zusatz,
wenn man dfe Zeit ton der aUfrklein^ten bis zur allcrgröfsten
berücksichtigt. Wir sagten drfgeg^n : die Schwere ist eine stetig
Wirketide Kraft, Wißlche fe&ine Ztii ftiAdureh aufhören kann, mit-
hin ist der Kdr]^er in steter Bewegung. 0er Uehergaäg von
dier positive^ zut trcgatlven Beweguh-g aber ist ein jgauz "eigent-
liches Nichts des Positiven, aber audh des Ne&aliven der Bcwe-
g'nng. E» ist nämlich der Kdrp^r iYi stctel* Vei^ffnderuog sm^
Oi^es, «oitbin in steter Bewcgultg,. er^ der positiven, dann der
Eries matbematische Natiirphilpsoplite, 4^7
negdtireity und zwischen beid^ Iftcgc, wie notWeii Jig, das Kttti,
tias NichtSi welches als solches nicht gerade ein Etwas^ nämlioh
'Htthe sejn mufs. ^ ^
, Der Vetf. stützt, wie alle Anhänger der.Djnamik iror ihn
'gethan haben und aueb wahrscheinlich noch fernes: thuamrerdeto,
den Beweis gegen die neuere sogenannte Atomistik (denn von
der alteren kann ja ohnehin yernünftigerweise jetzt die Rede
nicht mehr scjn) imd für die Noth wendigkeit der'djrnamisehcn
Ansicht darauf, dafs die erstere widerrechtlich untrennbare Kdr-
perelemente und leere Räume annehme^ da doch die anendliche
Theiibarkett der Materie geomtfbrisch erwiesen werden Juhftiey
und leere Räume undenkbar wären. S. 4^« «Leere Räume
•«können weder als Zwischenräume, n^»ch a^ jenseit aller Ma-
rterte der Welt im Räume ^^ben, Gegenstünde unserer Na«
««lurkeDatnifs werden». Bena das bestiinniie Gegebene kernten
«wir nur als GegovSlände* der* Erfahrung und In der ^T&hfiniig
«lernen wir Räume fiör yermittelst der Materie in ihnen kennen.»
Indem der Verf. hiermit zvgiebi'i dafs iwir den erfüllten Raum
^o gut dureh -die Er&hnmg kennen lernen, als die irereiu igte,
nt^ht unendlich getheilte Materie ^ zugleich aber behanptet, der
Jeere Raum l&Snue nicht existiren, weil er kein G^oistand der
.£rfahruiig sej, so tragen wir zuvorderst, ob die unendüoli ge-
theilte Materie ^nn ein Gegenstand der Erfahrung sey? Soll
diese nnu gleichfalls nicht existiren , so mufs die Materie , wie
dier Raum , zuletzt in das Nichts übergdien , und die ganze Na«
tur entstdit somit aus dem Nichts, wie auch eimgeN^chfolger
Kant's consequenft genug behauptet' habai. Recens. ist* onAeref
Meinung. Vorerst sagt er mit Bio^ hinsichtlich der uilendllchen
Theilbarkeit der Materie: C'est um pure question tUi motSj aus
deren gründlicher Erörterung aber viel zu abstnhiren'^ist. ^ Dafs
€ier Raum geometrisch , oder welches dasselbe ist legiM^h^ das
Keifst der Construction der Begriffe nach', unendlich theilbar
a^ , .unterliegt keinem Zweifel, und eben so wenig, dafs diese
Theilung logisch auf einen Körper im Räume übertragen werden
könne; folglieh ist die Materie logisch oder geometrisch ins Un»
endliche theUbar« AUdn das UnendTiche ist kein Gegenstand
unserer Erkenatnifs , ist für uns. so gut als das Nichts, und wir
können -inidit imehr daiiiit anfangen ^ als mit dem mathematischen
Punkte I der Linie, der Fläche, dem nulthcnnrtischen ü-ebd Ut
dgl. m* das heilst wir können uns aller dieser Dinge' Uefs zur
Construotiou «nserar Begriffe b^ienen. .Niemand (es sej denn
ein neumodncher Naturphiloaoph ) 'wird aber deswicgen behaup-
ten, dafs ein Waagebalken niefat «xistire, weil es keinen matm^
maiücheft Hebel fp^t, mtd. so kaait man doch auch ^i^^ht sä"
geB| die Moierie existine niofat, weil üß unendlich getheike nicbl
30*
/^
468 Fries mathematische Naturphilosophie;
existirt. Wir mussea also nach dieser ganz interessanten geo«
metrischen Begrifis - Bestimmung ^ wodurch aber für die Erfah-
rung nichts gewonnen wird, zur empirischen Naturphilosophie
übergehen » und fragen, wie sich die Materie rucksichtlich fort-
gesetzter Theilung wirklich verhält. Hier werden wir oHdc
Schwierigkeit erfahren, dafs sich diese viel weiter fortsetzen
läfsty als unsere deutlichen Vorstellungen von einer Grosse rei-
chen. inTeil aber die Chemiker ein cunstantes,* abet ungleiches
Mischungsgewicht der verschiedenen Substanzen unabliissig wie-
derfinden, und Wollaston's scliarfsinnige UntersochungcJ^ gezeigt
haben, dafs selbst die Luft nicht nnendliich theilbar sejn koone;
somiissen wir hiernach die Materie für nicht unendlich theilbar
hallen, ohne jedoch üb^r die Beschaffenheit d^r Elemente, deren
Kleinheit an sich schon weit über unsere klären Yorsteliungen
[hinausgeht, auf irgend eine Weile anders als nach schwachen
Analogien und durch Aufsuchung der gegenseitigen Verhältnisse
etwas ausmachen zu kSnnen. Auf gleiche Weise kSnnen wir
uns allerdings den leeren Raum iiv der Abstraction vorsieilea
,und messen, er existirt also allerdings logisch; ob siber ph/sisck,
das ist eine andere Frage, welche so lange schwerlich ausge-
macht werden dürfte, als wir noch ungewifs sind, ob wir alles,
was Materielles in der Natur ist, genau und vollständig kenuen.
Es ist also klar, dafs diese atomistische Ansicht nicht blofs lo-
gisch vollkouimen gerechtfertigt werden ^kaun , sondern auch mit
der Erfahrung übereinstimmt, statt dafs die dynamische, sofern
sie ^ die unendliche Theilbarkeit der Materie als ' wesentlich fol-
gend, behauptet, mit ihr im Widerspruche steht.
. ', Nach einer ganz gleichen Argumentation mufs über die
Existenz der beiden Hauplkräfte,. der Dehnkraft unds Ziehkraft,
.denen die Djoamik ihren Name» verdankt, enischieden werden,
mit steter Rücksicht darauf, dafs aus der logischen Möglichkeit
die. physische Wirklichkeit noch keineswegs folg[t, eine wichtige
Wahrheit, worauf Kant vorzüglich aufmerkssun gemacht» damit
aber die grosse Menge der ans ihrer Nichtbeachtung folgenden
Fehlschlüsse keineswegs verbannet hat. Der Beweis des Verfs.
für die Existenz der beiden Grundkräfte ist folgender S. i5i»
« In mathematischer Erkenntnil's müssen sich alle zusammengesetz-
«ten Verhältnisse aus den einfachsten Verhältnissen einer gewis-
«sen Art Grosien ableiten lassen. Nun ist im Raum das ein«*
cfiichste Verhältnifs das zweier Punkte durch, die gerade Linie
«zwischen ihnen. Jedp raumliche Verhältnifs ist eine stetige
« Zusammenseti^ung aus diesen einfachsten und mufs ai&o mit
«Hülfe der höheren Anaijsis daraus erklärt! werden können.»
.«Folglich ist jede Grundkraft iiÄlcr Materie eine Ursache
«der. Veränderung dieser geraden Linie zwischen zwei Funkten.
Fries inaitiieinatisclic ' Naturphilosophie; 4^9 '
' I " . . .• ,
«AlAo.giabt es zwei Grundformen fiu die Grundkräfte. Diese
«sind nämUchei)t\veder. Ursachen der, Verkleiuerung dieser Eiit-.
«fernui^ zweier Pupk^te, Anziehuuf(skrüflt{, oder Ürsacheo der
« Vergrösser ung dieser Entferpuug, j^bstossungsikräfte,'»
Dieser Beweis erinnerl unwillkiihrlicl^ an den bekannten
der Alten. Der Cubos ist .die voUkonnoensteForm; die Erde,
als ]yiiitei|iuDkt der ganzen Natur mufs die vollkopimenste Ge-
stalt haben; also .ist die Erde ein Cubus« Indefs di^se Aelin«
lichkqit würde denselben nicht entkräften , Hessen sich anders'
nicht auf gleiche Weise gegen maiorenij^ minor€/t\ und conclw
sionemdie, gegründetsten Einwendungen^ machen. Es ist näm-
lich schon obey gezeigt, dafs ein^ Linie nicht zugleich gerade
und krumm sejn kann , und ehe Hec. , deu beiden Grundkräfteu
zo^^Liebc dieses zugiebt, WQ»a^i also . gerade und ungerade,^
Richtung ändern und nicht ändera^ etwas sejn und a.ucb das
Gcgentheil seyn einerlei wäre, entschliefst er sich liebet die.
Welt aus dem Nichts oder dem Absoluten heraus z^ construireUf
Der Verf. wird nicht einwenden, dafs mau. den Kreis als ein
Polygon von sehr YJelcn Seiten mifsty^dcnn sonst würden wir
entgegnen, dafs wir schon oft krumme Grenzen mit geraden
Mafsstaben genie&sen haben , aber dabei blieb die Grenze kr um
und .der Mafsstab gerade, beide im Bogriffe unvereinbar, ob*
gleich die Messung richtig war. Indefs zugegeben alte Linien
teyeu ,in ihren Elementen gerade, was haben die Gründkräfte
der Materie mk diesen Linien gemein? Eine Kraft, sollte man
denken, müsse in dem ßestrebcn bestehen, von dem Punkte
ihres. Sitzes avis nach allen Seiten ^u wirken. Aber noch wei«*.
ter. zugiegebeuy 4'^ Kraft müsse ursprünglich in der geraden
Linie wirken, warum gerade zwei entgegengesetzte, warum nicht
un.^dlich viele nach allen Seiten und Richtungen? Wollte ma.n
aber $tr?ng hei dem Begriffe fmfr geraden Linie steh^u^ blei-*
bcp, wie und aus welchem Grunde geht hieraus dei^ Begriff des
Positiven und Negativen, des Vorwärts und Rückwärta hervor?
Ist eininal die gers^de Linie der IJrtjpus alles. Seienden ^ so ist
ihre Richtung blofs positiv, und die ihr ähnliche Urk^aft kanu
l^ofs in einer Riclitung positive Bewegung l^ervQrbringeii : —
sdso wenti man will, Abstossung oder Anziehung seyn| Ersteres
i^enn man die Linie wie die Kraft, aus den^ bewegten Punkte
entstehen läfst , Letzteres nur d^mn, wenn man sie schon aU ge^
geben ansieht. Inders auch hier läfst sich mit Grunde sagen;
Ubiquifi haer,et» und gewonnen . wi^d damit für die El.rforschung,
der Naturgesetze gai: nichts. Dafs es ein,e gegenseitige Aiuie-
liung der Materie giebt, ist durch die Anschauung ßusser i^wei-
fcl gesetzt« Nach dem G^undsa^e unsers Denkens : nü ßt sine
tatiofiß mfficUntc müssen wir der fVifkung eine Ursache zum
"N
470 Fries mathematische H^aturphiiosophia
r
Gnimle Mgen, und heoneti di«se mit NeviHon vorlaufig, und bis
ihr Wesc^tf nahet ergründet sejnwird, Attrattiönskraft , ohne
uns wahrend derErforsofafung ihrer vieliachen Wirksamkeit lange
bei der Uutersncbung aufzuhalten, ob sie eine Urkraft,. oder
€ine Grandkraft sej, vor der Materie existirt habe und ohne
dieselbe gedacht werden könne oder nicht. Aus der Atiraction
folgen alle Erscheinnngen Aet Schwere und Gravitation, mit
deren sjrsfieniaiischer £ntwi(3celuog JV€«vfOA sich beschäftigte., Bei
der Wichtigkeit dieser Forschungen tibersah. man anfangs, dals
die verschiedenen Zustande der 'Körper sich ans der Wirkung
dieser einzigen Kmfk nicht erklären lassen. Manche Naturphilo'
sophen halfen sieb mit der unrichtig verstandenea "vis ccntr^uga,
bis Kant die Sache wieder ernstlich in Anregung brachte, wor-
auf man bei stets wachsender und zugleich genauerer Kenatnils
der Phänomene nach den Ursachen der verschiedenen Aggregat^
form , der chemischen Yerwandschaften u. s. w. ffagte. La
Place und Biet sehen mit mehreren andern die Wärme als
repulsives Princip an , «welches allerdings viel für sich bat,
ohne dafs jedoch irgend ' jemand nachweisen konnte, warum
dieses Princip unler verschiedenen Bedingungen und auf die
verschiedenen Körper verschieden wii;Mt, indefai man sich ge-
. genwärtig weder die Annahme einer qualitas oceuiia nocli einer
harmonta praestaöäita erlauben darf. £iae Dehokraft würde im
Conflicte mit der ihr entgegengesetzten Ziehkraft j^Uezeit nur die
Summe addirter, also $ich wechselseitig aufhebender entgegen-
gesetzter Grössen geben, ihre Annahme löset als^ das Problem
nicht, und Wenn der Verf. mit Grunde behauptet, dafs Gren*s
negative Schwere logisch möglich sej, so hat Mayer dieses auch
tut bestritten. Dafs aoer eine Quantität n^ativ schwerer Ma-
terie mit einer proportionalen Menge positiv schwerer verbun-
den und dadurch auf Null gebracht zwar nicht auf die Waage
drücken, wohl aber beim Fallen eiuen^ T^heil der die mit ihr
verbundene Masse bewegenden Kraft absorbiren, und somit
das Üanze langsamer fällen machen wurde, hierin hat und be-
halt der letztere allezeit Recht*
Was für verschiedenartige und in ungleichen Verfialtnissen
der Entfernungen anziehende und abstossende Kräfte übrigeas
denkbar sind , t3md construirt werden können , darüber finden
sich rn dem vorliegendem Werke sehr viele scharfsinnige Com-
binationen, welche einzeln hier zu erörtern zu weitläuftig scjn
würde. So viel will ind«(s Rec. bemerken, dafs in der wich-
tigen Abhandlung voVi G. G. Schmidt, worin die Cohäsion auf
das Gesetz der Attraction im umgekehrten iqu^ratischen Ver-
hältnisse der Entfernung zurückgeführt wi^d , sidi keine ^tc\\'
Bupgsfehler beenden, wie der Vct£ vermuthet; dkds er aber
Fries mathematische ^aturphllosopliie. 471
gegen ^ie, s^xmßnomi^enen LiaienLräf(e| deagleichen gegen den
Uttterscliied der du^'c^^'^iog^iiden und nicht; diucbdringendea
Kräfte, insbesondere aber gegen d^s Durchdringen und iDurch-
driingen werden der Stoffe 5.5 49 zur Erklärung der olicmischen
il;etionen gar manches einwenden mochte. Alles dieses aber ein*
zein hier zu discutiren dürft« die Geduld der Leser ermüden,
hei denen der ohnehin, schon bedeutende Unfang dieaev Beup-
th eilung in der Celebrität des Verfassers und 4<bb^ tüchtigen In-
baite seiner Schrift einen Entschuidigungsgruad finden möge.
Nur mit wenigen Worten sty es daker erlaubt va zeigen, fne
leicht naiurphtlosophische Specnlationeu auch 4^^ besonnensten
Denker verführen^ seiner Einbildungsluraft freieren Spielraum zu
la^n, als sqlche ernsthafte und tiefe Forschungen billig gestat-
ten« Schwerlich, mochte ^ nam^ch dei* YerU doch im Ernst
zu yertheidigen sich getrauen, dafs S, Sg4 ^Queilen^ Flitsu,
«Pfianzen und Thiere. Dinge der letzten ^Art sind, wekhe durch
«eine ihnen ii^wofanende Sede; das beifsf, durch einen örgani-
m sehen Naturtrieb, bestehen,» desgleichen dafs S. 687 «die
«freie Axendrehung einem organischen Triebe gehorchen^» und
da£s Si 678 «die wiederkehrenden Pendelschwingungen aus ei-
«nem Natiutriebe der innern Gegenwirkung sich reproduciren
«sollen.» , Noch' manches andere Unerwiesene und Uner weis-
bare, nur durch Phantiasie Erzeugte, findet sich vorzüglicli im
sechsten ^bschnrtte, welcher die Grundlehren der Phänomeno-
logie enthält; und .genau genommen mufs tnan doch bald zu der
Ueberzeugung komn^en I dafs es noch viel zu früh sej, eine
vollkommene Naturphilosophie aufzustellen , wenn man berück-
sichtigt, dafs wir. z. B. jetzt mit einer Hauptpotenz, dem Mag-
netisinus, auf einem ganz andern Standpunkte stehen, als vot
Oersled*s nud Barlow's glücklichen Entdeck mrgen. Alles dieses
kann aber dem Versuche des Vei:fi seinen Werlh niciit nehmen,
denn auch auf diesem Wege müssen wir versuchen zur Wahr-
bett zu dringen, und Rec. ist nur deswegen, wie billig, strenge
in seiner. Critik, und fest beharrlich in der Yertheidiguni]; ent-
gegengesetzter Ansichten gewesen , weil .das Werk allerdings
}Jeaclitung und sorgfältige Prüfung verdient« viel nützen, -nur
durch Mifsbrauch aber auch viel schaden kann. Af.
- >
j4, MjTtnET , Dr. M prakt. Arzt zu Q^f, mehrerer gelehr-
ten Gesellschaften Mitglied , über die Gehiruwassersucht.
Eine gekrönte Preisschrift. Aus dem Fr:anzifSichen w6er-
setzt .von Dr» Gottlob J^^ndt , prakt. Arzte zu Leip-
zigs Mit einer Vonede von Prof. Dr* Cmhuti, Leipzig
^
472 Matthey über die Gehirn -^ Wassersucbt
im , Magazin pur Iniiutrie und Literatur. 48^4. XLVlll
und si/i6 S, 8. •
rierr C^ruti hilt diese Scbrift uneraclitet der bedeutenden Be-
reicherungen, welch« die Diagnostik , Aetioloffie uaä die patho-
logische Anaiorme in Bezug auf diese Krankheit erhalten haben,
för ein bereicherndes Actenstuck zu dem noch nicht geschiosse-
iMu ProtbcoU dieser hochstwichtigen Krankheit«
In ' der Vorrede hat Hr. C. . manche Sätze aufgestellt, nrit
denen Ref. nicht immer einverstanden ist. Er will nur einiger
gedenken. So glaubt er nicht an die tiefe Blicke in das. Innere,
die Wesenbeit der Krankheiten^ noch an die wichtige und hei^
same Veränderung in der Behandlung derselben , welche ^ii*
der pathologischen Anatomiie^u verdanken hätten; noch weniger
dafs dieselbe, m sehr er diesen Kunstzweig schätzt, vielleicht
gar eine totale Umwandelung der jetzigen Heilkunst hervorbrio-
gen dürfte. Die Gesbhichte dcrMedicin und die des Tages so
-wie namentlich die Geschiebte der Krankheiten selbst bat deo
Ref. ganz anders belehrt. Man vei^esse doch bei solchen Sec^
tionen nicht, dafs wir das Geschehene, und nicht die Ursache
des Vorgegangenen, sehen. Von dem wie. nämlich auf welche
Art sich der Fund gebildet hat, wollen wir gar nicht red^a.
Ref. kann hier nicht weitiäu^tiger seyn,* er hat sich ^er dieseo
Funkt in seinen Kunstansichten in den aUgemeineu Med, Annal.
kurz, aber wie er* dafär liält, deutlich ausgesprochen.
Der Verfasser sagt in der Einleitung: «Ich glaube meinen
vielen besonnen gemachten Erfahrungen zu Folge dem Publi-
cum meine neuen Untersuchungen (seine früheren tbeilte er
i8o6 im Corw'sartschen Journale mit) mit Zuversicht nicht aber
als ein vollständiges Werk, sondern als eine Monographie üLer-
geben zu können, welche jungen Practikern zum Leitfaden^ die-
nen kann.» Daran, dafs der Verf. dafür hält, er habe zuerst
auf die Unterscheidung des Ifydrocephalus simplex idiopathiciu
von dem symptomaticus u« s. vr. aufmerksam gemacht , erken-
nen wir den Gallier; welcher S. XXIX sagt : «Um unsere
Kenntnifs des Hjrdrocephalus zu vervollständigen, und genauer
und bestimmter die verschiedenen Grade des kranken Ein-
flusses, welchen die Unterleibsverletzungen auf die Arachnoidea,
und das Gehirn ausüben 'können, anzugeben; mit einem Worte
die verschiedenen Arten der Bildung des Hydrocepkalus voK-
kommen zu verstehen, hätte man in a}len Fällen die pathologi-
schen Erscheinungen der schleimigen Membran des Magens und
der Eingeweide genau anmerken, dajvlmiere der Verdauungs-
werkzeuge öffnen und untersuchen müssen; ich unterliefs es und
bedaure es, dies Forschungsmittel nicht früher gekannt zu haben.»
{
•
Mriitlhey über <Jie Gehirn - Wassersucht 473
I
Sphr 'befremdend, da iich der Verf. doch für den Eält^ weIcKer
zuerst aiuf den Unterschied zwisöHcn Ifydrocepkalus idiopathicus
lind sjrmptömatüit^^Lnfimeiks'Am machte. .Doch merken wir dem
^roseiiten durch Hr. Broussais hier recht auf, da er, wie >vir
unten noch weiter erörtern werden, die wirkHche Entzündung
der ^pinn webenhaut als die nächste Ursache des Hydrocephatus
ficittus ansieht. Der Verf. hatte seine Denkschrift schon abge-
sendet, als ihm die kritischen Untersuchungen des Dr. Broussats
über die chronischen Entzündungen zu Gesicht kamen« — ^ In
der Einleitung kommt noch Allerlei, sonderbar genug zusam-*
luengestellt , vor, was wir übergehen .wollen.
Die aufgestdlten -Sätze der Academie zu Dijon waren folr
gende: \
i) Durch genaue Beobachtungen zu bestimmen, vTclelics das
Wesen und die Ursache des innern Wasserkopfs, oder der
hitzigen Gehirnhölenwassersucht scy?
2) Worinnen diese Krankheit von i andern AiTcctionen dieses
Organs diderire, und welches die charakteristi^dieu Keiinzeir
chn derselben seycn?
3 ) Worauf die Behandlung beruhe , die man sowohl in dieser
Art von Wassersucht| als auch ihrer Varietäten anzuwenden
habe? ,
Wir gehen nun zu dem Buche selbst über. Da aber (iie
Gegenstände in demselben olme. logische Darstellung und Ord-
nung ganz kunstsprachwidrig; obue correctc Gedankenreilie voV^
getragen sind, so müssen wir uns mehr referircnd als recensi-
rend, ohne dafs es möglich wäre eine Quintessenz aus dieser
Schiiit auszuheben, verhalten. Sbite i. beginnt der Verf. also:
4. Der Reiz der serösen Membran, welche die .äussern und in-
nern Oberflächen des Gehirns überzieht, gestattet eine mehr oder
weniger geschwinde Entvvickelung verschiedener Symptome,
welche zusammengenomi^en die unter dem aUgenielnen Name»
/fydrocephalus bekannte Krankheit bilden: iiir meist tödtlicher
Aufgang hat diese *Benenn»iig begründe^.» S.a. «Der Hydrocc^
phaliis zeif^ drei yerschiedenheiteu oder Hauptgattungen, je nach
tler Stelle, welche der Sita des Reijek Irritatimi oder des Er-
gusses einnimmt, und nach der Ausbreitung oder der Intensität
der prinwreu Verletzung. Mehrere andte weniger hervorste-'
chende Verschiedenheiten enUtehen aus den verscliiedencn Gra^
den allgemeiner oder örtlicher Erregung, der Sensibditä^, der
besondern £i>regbarkeit des a^irten Organs^ oder der Sensibi*
lität altgemeiner nervösen Empfänglichkeit oder der organischen
Sympathie.» Ich frage, kalin ein Saclikundiger zu solchem Gcr
rede etwas sagen?! «GeheiK wir nun zur Beschreibung der
« drei Varietäten oder Hauptgattungen de& iijdroccphaliscbcu ßei^
474 Matthey ü)[)er die Gehiro -^ Wassersucht.
«zes über. 9 AJlgeatüae Beschreibung des Wasserkopfs. Die
erste >Hauptgattang uennt der Verfasser Hjrdrocephcdus ea^temm
oder H/dt'omeninguis , 9us der äusserst schlechtea Zeichaung
scheiDt hervorzugeben , dafs er die acute Gehirnhohlenwasser-
sucht, und zwar jenea Grad derselben , welchen man peracut
nennen dürfte -r- denn sSie verlauf^ oft in dem kürzesten Zeit-
räume ; meipt« Er behauptet sehr irrig , dafs Erwaclisene mehr
a(s Kinder dazu geneigt sind,' Giebt er ihr gleichwohl die Be-
jaennung Hjrdromeningitü so sagt er doch S. 5. cBei sehr bef-
4ligeq Fällen entdeckt man nirgends einen Ergufsi nur ange-
4,hende Entzündung der Arachuoidea. » Es fragt sich hier so-
gleich, sterben wohl Menschen stn einer ang^heräßn EDtzündung
der Arachnoidea? Es ist nicht^ bequemer als seine Sectioueii
am Schreibpult zu machen. S. 3i^ heifst es: «Die Hjdrome-
isniugitis und die Entzündung der Arachnoidea oder die Pkn*
'€nins sind meines Erachtens eines und dasselbe. Nur nach der
«Alterverschiedenheit und den erregenden Ursachen könnte man
«sie für zwei verschiedene Krankheiten nehmen.» Scharfsinniger
und feiner kann wohl kein Nosolog zu Werk gehen ! I)ie
sweite Hauptgattung kommt unter der Benennung Hj-drocepha-
las internus p^racutus. Das Gemälde derselben ist eben so
schlecht entworfen ab das der ersten. Die dritte ist der Hj'-
drocepkalus internus subuciUus. Dann kommt der Verfass. auf
den H/drocephaliis chromciu, nicht hierher gehörend , spricht
sehr unzureichend darüber, hat aber dabei doch die schone Ge-
legenheit, wenigstens die Namen Hippokrates, Aretaeus (niclit
Areteus), Galen, Celstis «u nennen.' S. ao, Yerrathet der Verf.
eine ungemeine Geistestiefe; er sagt nämlich: «Es ist wiclitii;,
nicht allein die organische Kra£tgesamnitheit, das Temperament
kennen zu lernen, sondern auch die Constitution, die besohdcre
Kraft, den Einschlufs 'jedes Theiles; ein Studium, welches zwar
grosse, aber darum nicht durchaus unbesiegbare Schwierigkeiten
hat.» Ferner vernehmen wir: «Die Disposition zum Hjrdroce-
phahis , welche ich veranlafst nenne, »entspricht aus einer zufälli-
gen in der Hirnmasse bewirkten Veränderung., ^mittelst einer
Erschütterung des Gehirns, ^uc)i Fall oder 'Schlag auf den Kopf|
die Kinnlade, dem Hintern, die Füsse.' In diesen Fällen wartet,
so zu sagen, die Krankheit^ um sich zu entscheiden, nur auf
eine sehr leichte Ursache; (allerliebste Naivität!) oder offenbart
sich auch wohl ohiie scheinbare Ursache, nach Verlauf manch-
mal bedeutend langer Zeit.» Nach dem Yerfasser werden Kiu-
der von (^m£<zM<Jc/^e/i Tempei:an}ent , aber lebliafteu, lustigen
geistreichen Charakters «von dein Hj-dvocephalus suhacutus und
von den Cephclitis , besser zu sagen von der Cer^ritis befalleu.
Der Hjrdrocejpkdus ckroniQus beläilt meistentheils -^avp/udojc
r
Matthey üher die Gehirn- Wassersucht. 47^
wcibliclie Kincter oKne Hirnkraftc sage olme Hirnkraff. <-^
S. 26.. hören wir das alte Lied, das noch überdies schlecht
compooirt hxi c Bekanntlich wird ein gewisser Grad des 2Lahn*
oervenreizes de^ schleimigen serösen Membranen merklich , und
kann sich sympathisch dem Gehirne oder^ seinen Bedeckungen
nuttheileo. So veranlaftt s ) das Zahnen bisweilen den Hydr^
cepludusi CS ist eine der häufigsten direct^n* Ursachen dieser
Krankheit a) Der Reix der Schleimhaut , wekhe den Darm«
kanal und die Luftwege überzieht.» Es wird noch von Tielea
Reizen gesprochen als Ursachen dieser Affection. « Endlich ist
denn aoch der Muskelreiz, die rheumatische Affecttooy eine indi-
recte bekannte Ursache dLe% Wasserkopfs. V Im 2ten und 3t«a
Abschnitt werden die Unterscheidungszeichen der verschiedenen
Galtungen abgehandelt. Hier gehts nun so wunderlich gesclindr-
kelt und welsch heri dafs* Ref. eher glauben mochte er hatte
einen Traum, vye man ihu manchAial nach NachtaAeiten hat, ^
l^ehabt| ab dafs er in einer gekrönten Preisschrift gelesen habe. ,
Diesen Abschnitt schliefst der Verf also: cZum Üeherflusse
wollen wir nun noch das Wesen oder die nächste Ursache des
Jiydrocephalus und «seiner Varietäten kennen lernen.» Davon
sAso einige Proben. 5.66. «Die gesamaiten Symptome und Ur«
Sachen führen darauf zuvörderst, daf^ eine solche krankhafte
Aflection atopischer oder asthenischer, fauligter iufynamischer
^atur ist; unser Urthell scheint wohl begründet ^urch einige
glückliche Erfolge , die der Heilart beigemessen werden. In-
dessen entdecken wir bald bei wiederholten und genauem Be-
obachtungen, neuern tiefern Untersuchungen, dals eben die Zei-
chen auf welche wir unsere Ansicht zu begründen glaubeui un- .
vollständig, unzureichend, folglidi falsch und trüglich sind. .
Da ist denn die Krankheit, welche wir für atonisch nahmen und
behandelten, nicht mehr als Pr9dukt der Entzündung oder des
Reizes im schwachen Grade. Aderlals lind blosses Wasser tre-
ten sogleich an die Stelle der antiseptischeu , tonischen und rei«-
zeodcn Mittel« Es werdeqi nun die Ansichten verschiedener.
Schriftsteller über die nächste 'Ur^che unzureichend angejgeben*
S. 79. lesen wir: «Kurz keiner de« angeführten Aerzte, auch'
Coiridet nicht, hat den Reiz der äussern Arachnöidea als Ursyhe .
d«s äussern Wasserkopfs und des gelatinösen Ergusses angeg^
ben : ich glaube der erste zu seyn , deir ihm unter den Namen
Ifydromemngitü bekannt gi^macht hat. 9 Niemand wird v wohl
dem bescbetdeneh Manne diesen Rang streitig machen. Er (ahrt
S. 80. fort: «Ich denke' wir können i) überhapt den Rei^t
der Spinnenwebenhaut als die wahre nächste Ursache des /ff-
drocephalus betrachten, a )'Mittebt der verschiedenen beobach*
teten Sjmplome unterscheiden, welches der Theü dieser Mem*
r
476 Matthey über die Gehirn - Wassersucht,
— "^ - •
bran sey, 'der besonders von- dem Reize getroffen wifd, das
ist, was der wahre Sitz der Krankheit %e^. «Giebts doch noch
immer Leute, die an ihrem Schreibpult das Gras wachsen hören«
3) «Koiitien wir ebenfalls durch die äussern Zeichen dievFsille
erkennen, wo die Affection der Arachaoidea mit Reiz 'oder
wii'klicher Entzündung des Hirngewebes verbunden s£y. 4)
.Verschiedene Stufen der Intensitäten des Haupt- und Hirurcizes
und das'Vorherrschen des Reizes in dieser pder jener Reihe des
GefäFs-\oder Nervengewebes, welche eleu afficirten Theil aus-
machen; endlich erkennen, dafs die Varietäten der Sjniptome
von diesen verschiedenen Graden der Lebenstliätigkeit, oder der
nervüseu, allgemeiiien, sympathischen Empfangliclikeit herrühren,
und von den verschiedenen Complicationeny welche - sich beim
Eintritt oder im Verlauf des Hydi occpholas zeigen können. «
Es scheint dem Verf. nÖthig. «Euthiillung des Princips oder
der KtaoÄieitsresultate^ die im Verlaufe der verschiedenen Ar-
• ten des Hj-drocepkcdus und bei dek' LeicheuöflTnung Beobachtet
worden sind» durch Beispiele zu erläutern, aus welchen her-
vorgeht, dafs seine Hji'dromefiingitis nach Verschiedenheit des
Temperaments schon mehr oder weniger aoiit verlaufen kann.—-
So zeigen' z. Bl «bei A*im vierten Kranken von vorzüglich lym-
palhischen Temperament die schwächeren Symptome hinlänglich,
dafs der Reiz vorzüglich an den aushauchenden Gefässen haftet,
ist' das Subject von schwacher Nerven-, Hirn- und allgemeiner
Heizbarkeit, so werden die Forlschritte und sympathischen Wir-
kungen des Hifnreizes kaum merklich seyn. Aber bei der Lei-
chenolTnung Wird man d."e Ergiessinig beträchtlich gelatinös fiji-
den, dagegen die Blutgefafsentzünduug weit weniger au^espro*
chen seyn wird , als in den vorhergehenden Fällen j .( die Rede
war von sanguinischen Temperamenten ) in länger andauernden
Fällen wird sie gar nicht statt finden.» Das reime nun Kiner,
dem der h'ebe Gott gesunde nüchterne Sinne verliehen hat!
S. 86k werden die Reize der 'Unterleibseingeweide. Erschütte-
rungen genannt, welche den innern Nervenenden des Gehirns
niitgetheilt werden. Der Verf. kann mit seine<i Reizen machen
was^ er will, so kann «der Hirnreiz, der im Anfange bloiJs
iiei^ös ist, wandern und sich auf da& Blut- und Lympfgefafsge-
webe der Anachnoidea und der GelÜrnma^se werfen ^ uud somit
die verschiedenen Zufälle und Symptoipe, welche Entrundung,
seröse gallertartige Ansammlung^ Verhärtung und Erweichung
des Hirnmarkes offenbaren, entvV^Ickeln.» Glücklich der 'Sterb-
liche, den sein Geist nie verläfst.v Dadurch nämlich meint der
Verf. € begreife man, >vie sich die sympathischen Hirnwässer-
suchten bildeten,» Gehen wir zu «der Behandlung der ver-
schiedenen Arten des Hydrocephahis über.:» In diesem Abschnitt
• Matthey^ liiber die Gehirn - Wassersucht 477
VfirA gar vund^rlicli geredet. So heifst es S. g8. «In den am
•schwersten zu, heilenden Fällen hängt der gute Krfolg eines ThciU
yroa dec angewendeten Methode , und andern Th'eib von der
Disposition des Kranken selbst, von der grossem oder geringen}
Zähbeity TrÜgheit^kraft (man. erlaube mir diesjen Ausdruck) ab,
welche die krankhafte oder nervöse Mod^ation kund gie^t:
eine Kraft , die vUnglucklieher Weise bei der mindtsr hitzigen
Gehirnwlissersacht über die besten angezeigten und angewendet-
ten Heilmittel siegt. » Reizung Meningitis — Trägheitskraft !
Ref. fragt nun den Leser in alier EinfaU, ob das niclit baarer
Unsinn ist.
X>|e Hjrdromeningitis mufs iTach dem Verfasser antiphlogt-
stiscli behandelt werden. «Allgemeine oder örtliche Aderlässe
müssen gleich anfangs reichlicher, dreister als bei den übrigen
Arten hydrocephalischer Blutzu nduiig gebraucht w erden. » Docli
können damit nicht alle Kranken der Art gerettet .werden, «lei-
der giebt.es Fälle ^ wo der Reiz io reissend schnell fortschrei-
tet» dafs die kräftigsten Mittel unwirksam blieben. Das ist der
Fall, wenn der. Reiz von einer Metastase auf das Gehirn her-
rührt,- «er widerstehe dann jedesmal dem Aderlasse und allen
andern angewendeten Mitteln;» «auch kann der Reiz besonders
auf die exhalirenden Gefässe sich werfen; dann . weicht er nicht
so leicht den Blut^usleerungen.» Blasenpfiaster und Seufum-
schlage empfiehlt der Verf.j nur «grosse Nervenempfindlichkeit
ist Gegenanzeige I statt dafs das BJasenpflaster hier gegenrei/.end
oder 'krampfwidrig wirken sollte, sah es der Verf. beinah im-
mer den Krampf und den Reiz vermehren» u. s. w. «Selbst
in den Fällen, v^o die Metastase die ver/neinuiche Ujcsache der
Hrdromeningilis ist, und wi> fol^^lich das Blasenpflaster angezeigt
scheinty und auch wirklich mit Nutzen angewendet werden kann^
muls man dennoch, um den mit Recht gebofften glücklichen Er-
folg zu gewintien, der sympathischen Entzündung des Ge^
liirns, welche seine Anwendung bei gewissen Personen hervor-
bringen kann, vorbeugen» Das geschieht durch Beimischung von
Canaj^er und Opium* Opium und Cainpher sind also die Mit-
tel, welche verhindern dafs in diesem Falle zu der Hydrome"
ningitis keine, sjmpathische Entzänduu*>[ des Gehirns hinzutrete.
X)agegen «darf die topis^he Kälte auf den Kopf, die bei dem
vom Sonnenstich entstandenen Kopfweh und bei der Wuth apge-
rathen ist, nicht. zu allgemein angewendet werden. Sie kann in
manchen Fällen nach Anwendung von filuttgeln, wenn die Ent'-
ziindung äusserlicfa, die Haupthitze übermässig uift die Sjmp-
ton&e innerlicher Entzündung wenig hervortreten, nützlich sejn.
Aber bei sehr . empfindlichen Personen, wenn der Gehirnreiz
scl^v"^ einige Fortschritte gemacht hat, kann sie wie das Blasen-
4^ Matthey über die Gehirn - Wassersucht
pflaster, ixt Symptome elier rersdiirmmern als Termmdern. Sic
kann fexti^r in .Fällen, wo die Krankheirsursacbe einer Metastue
zuzuschreiben ist, schSdlicfa werden, indem sie der zsHIckjv-
triebenen Feutlitigkeit den Rückgang, oder tim besser zu sagen,
des umgestellten Retzprincips nacH ausseh, Tcriiiadert.» Na«,
das heisse ich, nach Schätzen gegraben tind Regenwünner gefen.
den! In diesen FäUen werden lauQ Bähungen, mk £&sig aad
Essigäther getränkt^ Compressen , ^ und lane Bäder angeratheii,
«sie vermindern den allgemeinen Krampf und den ortliehen R«ic
mächtig. % Innerfa'di giebt der Verf. llefne Gaben Bredhweio'
stein.». Nach Gefallen kann man das James -VoIy er y das Mvis
temperans Stafdii, und Dov^n -\tk verscitiedenen Gaben, < nach
tlmstäoden und dem Aher des Rrauken, verordnen.» cDas
Brechmittel scbien tiirr selten von guter Wirkung, wo die Kraak-
heil mit Symptomen gastrischer Unordnung anfing, tinA 'wean
es gegebte wurde, bevor die Sjmptome der GehinMnizsSn^uDg
bervortreten.i» Welch eine Verworrenheit lier BegriflFe, yerba
sunt praeter eetque nihil. Die Brechmittel wirk«? in d« ffj^
dromeningitis bei gastrischer Turgescwns wohlthätig, vreiHi
sie gegeben werden, bevor die^ Symptome der GdMmenizundung
bervorlrcteii ! ! Ja dieses Mittet hat sich in dem- fiipre x^erehrdt
epidemique, der Verfasser hat so ein Fieber t8o5^ beol>aclifte(,
er beliebt es auch Hydromenihgiiis zn ticnmfn, ei*pSPobt — acht
bippokratisches Bcobachtungstalenl -^ febris etr^rmis epidemica,
nämlich ein mit dem Namen Ifydrömeningitis belegtes -— und
Brechmitte)*
Nach dem Verfasser kann zwar S. iio. «in Brechmittel
durch die dem 'Hirn mitgeth eilte Erschütterung^ die Himentzüo-
dung hemmen! Mitunter aber heifst es wieder^ «Für gefähr-
lich halte icb es, wenn der Hirnreiz sich stark ausspricbc, oder
schon einige Forischrttte gemacht hat. «In diesem Geiste vf'ai
aucb iiber abführende Mittel gesprochen. Der Vf. ckann aus Erfah-
rung sagen, dafs wede;> Blutigel, noch Blasenpflaster, noch Queck-
silber, noch Ditnretica, noch cliis kräftigsten' Reizmittri in in
ausgebildeten tfydromeningitis ihm guten Erfblg gegeben haben.»
«Denn ich wiedeiliffle es, fährt er weiter fort, die H/drome-
nin^rtis in ihrem letzten Stadium liegt jfiber den Gräuzen der
Kunst; der gelatinöse Ergufs kann nicht absorbirt werden.»
Ref, will nun nocfh kurz die Mittel aafiifnren , welche der
Tcrf. in dem tfydrops acutus ^entriculorum, und ifyiirotepludi'
cza* gebrauc^. Er Kann, sich um so kürzer fassen , da unsere
Leser ads den angeführten Stellen den Vetf. als Denker, Pdjsi-
olog, Patholog und Kliniker kennen gelernt haben. Es gelit
aus dem ganzen Buche hervor: dafs Hr. Mattheys Gcliiraenl-
zündöog, EdtiJCindung dc?r Gehfrnihä«te, fkn'is hydrüc^htüc«
\ '
Mahhey über die Gehifi^ - Wassersucht 479
*- » • '
peracum et subacuta^-' welcli6 letztere oft cldn ChaVakter einer
lenta anuimmt,. so wie auch UnterleibsCebery Welche die allen
Aerztc fehrei mesentericae nenneiii )rei];elIos lUitereinanJer wirft,
und ihm ruhiges nüchternes Beobachtungs -» und Auffassungsver-
DnÖgen, so wie schlichtes Judicium durchaus gebricht. Es müs-
sen nach ihm in den) H/äropjf acutus ventricutorüm der ent*
züridlichcti Gehirn Wasser siecht rCvuIsivische oder geg^nfeizende
Mittel zuerst angejvendet werden» aU Blasenj^Üaster im Iftickch,
zwischen die Schultern, Senfteige auf die Waden. Gleichzeitig
innerlich Urin- und Seh weifstVeibeu de Mittel« «Man wird die
Digitalis p, allen andern diuretischen Mitteln vorziehen.» Sie
wird mit Recht für däi speci*fisch wirksamste Mittel ii^ dieser
Gehimwaäsersucfit gehalt&n. «In, einigen seltenen Fällen, bei
besonders *f eizbaren Subjeclen Wird Campher, J4sa foetida, Opi*
um, Moschus von einigem Nutzten seyn.» Von der Behandlung
des Hydrocephalicus subäduti/b heben V^it nur die CaroUariien
aus/ S. i47- «Die Heilart beUeht im Allgemeinen darin : i)
dafs dem gelatinösen, setosen öder |)urulenten Ergüsse zu wdi-
ren sey, indem man die Forlschrtlte zu liemmen und den Wir-
kungen des Reizes der Araclmoidea und des Gehirns vorzubeu-
gen sucht, durch gewöhnliche antiphiogistische Mittel, Aderlässe,
indem man das Princip des krankhaften Reizes Weg - und an-
derswo hinleitet, durch revulsTvische oder gegenreizende Mittel,
die alle natürliche Excretionen, die Häutausdünstung, Harn,
Stühle bewirken, oder neu -erzeugen. Von der Art sind die
Diuretica, warme Bäder, Purgirmittel, Niefspulver, ißläsenpÜa-
ster, Hjiarseil, Glüheisen. ^
2) Dafs die Wasseransammlung geheilt w(^rde^ wenn man
ihrer Entstehung, oder ihren Fortschritten durch die oben an-
geführten Mittel nicht zuvorkommen oder sie hindern kpnnte.
Nun mul's auch in diesem Stadium die Anwendung der revulsi-
vischen gegenreizenden Mittel fortgesetzt werden, $o lange als
man das Da^ejn des hjdrocephahVchen Reizes, wenn auch in
einem schwachen Grade vermuthet; aber in diesen Fällen ver-
bindet man mit di^xi oben angezeigten Mitteln diejenigen, die
besonders das ganze ^Ljmphsjstcm odeF besser noch nach neue-
rer Ansicht die Lymphgefässe des Unterleibs erregen. Queck-*-
Silber, Quecksilbersalbe, CalomeL *^ .
3) Schlagen diese Mittel nicht an ^ und die 'Zeichen der
Kr^i essung und Zusammendrückung sprechen sich mehr aus, so
ist -wenig Hoffnung zui* Rettung übrig; und man mufs sich bc-
giiiigcn, die Symptome des Nervenreizes, die, Angst, die Schmer-
zrn , durch Opium zu mindern; ( So!) die Schwäche und Ato-
nic durch Tohik,! wie Wein und Qiina zu heben, deren lang-
same und andauernde Wirkotig d^ft Reizmitteln vorzuziehen ist;
/
48o Matthey über die Gehirn *- Wassersucht.
denn die st^linelUre und kräftigere Wirkunig dieser, let^rn ist
TOit kurzer Dauer, und Öfters folgt nur grössere Nervenschwä'
che. Sie können nur in gar wenig Fällen nützlich sejrn, wenn
es gilt| das Leb^nsprincip oder das schwindende LeLen sclineli
wieder am heben. . I)ie Reizmittel sind alsdann blofs palliative,
die tonischen aber bisweilen wirkliche Heilmittel. » Was läfst
sic^i nun zu solchen Proben aus der Arzneimittetlelire des Verf:
sagen.^r— Mit einem Worte, wer d%n Wein schlechtweg ein-
zig und allein als Tordcum anführt, der beiirkundety dafs^ er die
Rudimtnta der Arzneimittellehre nicht kennt: 4) «Da» wo die
GchirnafFectionen sympathisch durch den Reiz irgend eines an-
dern, Eingeweides bestimmt ist, muls dieser ursprüngliche Reiz
sogleich die Aufmerksamkeit des Arztes erregen, und zuerst ge-
hoben werden; 5) Die Behandlung, des Hydrocephalus oder des
sympathischen Ergusses verlangt | wenn sie rationell sejn soll,
dafs die verschiedenen Verletzungen des Gehirns, welche den-
selben veranlassen können , besser erkannt werden.
Nitu sind freilich die Zeichen dieser gewöhnlich unheilbaren
AiFection noch sehr dunkel ; ihre Diagnose mufs also Gegenstand
unserer neueren Untersuchungen seyu.» Oh qiianta species! se^
-7- sagt der Fuchs in der Aesöpische;n Fabel: Ref. ist nicht so
glucklich einzusehen, was der Verf. mit seiner gelehrten Redens-
art hier will. Aus dem Abschnitt Vorbauungskur niüsseu wir
unsern Lesern doch auch ein Sätzchen als Ergötzlichkeit geljen.
S. i55. «Man naufs nicht buchstäblich dem unüberlegten Hathe
Rousseaiis in seinem Emil folgen.», Einem unüberlegten T^iitl"^
mufs man überhaupt nichl folgen. Öcn^, Verf. rathen wir aber,
wenn er die Schriften Rieses originellen und wirklich grolsar-
tigeu Geistes liest, nichfe zu vergessen, dafs der Buchstabe loa-
tet und der Geist lebendig mache;, übrigens ,)st der Verf. am
wenigsten der Mann, dem es anstünde, den t^rossen Bürger voa
GfMif zu bekritteln.« Auf derselben Seite aber hcifsl es ^vicdc^:
«Kalte Bäder, die manl braucht, Verden der Gesundheit unJ
dem Leben' zartier Kinder nicht gefährlicli werdlsn. !!» Zum
Schlüsse dieses Theils hören wir noch : «wenn durch Schrecken
oder eiycn Zornanfall sich irgend ein Zeichen von Hirnbewe-
gung zeigt u. s.w., so kann man in diesen Fällen mit Nutzen de"
Aufguls von Calaguale ein stark wirkendes Purgirmiliel und
das Vesicatörimn ini Nacken anwenden.» Nach heft4ger Eriur-
xung ein stark wirkendes Purgirmittel — das mag sehr wöhlihäti|;
auf die alienirte Function im Galleosystem wirken, und zu den
•du rcti Schrecken unterdrückten oder doch wenigstens verminder-
ten Haut- und Harnwcrkzeugefunction pafst ein starkes Abiu"''
rungsmittel vortrefidich. Finis cor onat opus*
{Der E$$ehlufs folgt. )
, I
^= ^1* Heidelberger ^^23.
Jahrbücher der Literatur,
Matihey Über die Gehirn - JVassersucht.
iBeschlufs.)
Im zweiten Theile kommen nun viele oberflacliltcli bearbeitete
Krank heits^eschichten und LcicbenofFoungen , die wir hier nicKt
anführen können und auch nicht möchten, vor. Aber einige'
Proben müssen wir docb mtttheilon. S. i84» «Ist das delirium
nicht eher Resultat eines gewissen Grades der Reizung der
Nerven -Gehirn- oder intellectuellen Fasern, man erlaube dieses
Beiwort, als des Gewebes der Blutgefässe nur?!» Dieser Verf.
bat auch Untersuchungen über die Geisteskrankheiten drucken
lasseii. S. 186. cWolil zu unterscheiden ist der schnelle Tod
des Gehirns [die Re(|e war von Apoplektischen Vom Blitze er-
schlagenen] von dem der Lunge und des Herzens j diese letztern
endigen gemeiniglich durch die Angina pectoris j wie jeder
weifs. » Eine ungemeine gelehrte Episode! Der geneigte Leser
-wird daraus ersehen, dafs der Hr. Verf. auch diese so viel be-
sprochene Krankheit genau kennt. -— Diese Uebersetzung hat
den Ref. zu seinem gröfsteh Leidwesen abermals in seiner Mei-
nung bestätigt: dafs beut zu Tage von schreibseligen Teutschen
alles, wenn's nur wi<^ ein Buch aussieht, übersetzt wird, wie
denn überhaupt in unsern übercivilisirten Journalen die flach-
sten Arbeiten aufgenommen, und eben so aifch ungemein höflich
und uttna tolerant recensirt werden.
Es isl lYahr, es gab eine Zeit wo man Ursache hatte über
Recenseuten - Unfug zu klagen. Es gab deren., die ohne Beruf
ihr Amt trieben, und dafür hielten, es müfste Alles beklekset
%txya. >Jetzt fängt das an anders za werden. Unsere Recenseu-
ten Yirerden zum Theil so ultrahuman, und dieser Geist herrscht
auch iu nicht wenigen Journalen; dafs zu befürchten ist, dafs
bei dieser Schwäche verrathende itfo^eran^<ifi7ii^ und dieser lieb-
gewonneaen Ultrahumanitaet , die Humaniora und die höheren
\Vissen2^chaften gefährdet werden dürften. Die mittelmassigsten
ja nicht selten schlechte Arbeiten und die phantastischen Pro-
ducte werden aufgenommen, und kommen ungerügt durch, ja
sie ve erden nicht selten gepriesen. Es thut Noth, dafs man den
Ilerru mit Lichtenberg zuruft:, «Es ist unmöglich die Fackel
31
482 Jalirbucher des polytechnischen Institutes.
der Wahrheit durch eio Gedränge zu tragen, ohne hier einen
Bart und dort ein Kopfteug zu versengen, und v^rdriefsliche
Auslegung von Sdtjreu mufs man immer ervrarten. > Bei einer
andern Gelegenheit sagt er: «Mit seinem Beifall muljs ein ge-
setzter Mann nidit umgehen, wie Kinder mit dem Geld*» 0
schwach gemüthliches frömmelndes Zeitalter , die Wissenschaft
ist eine heilige Sache. Sie stehe hoch (iber alle Petisonalitat. —
Bedenkt doch ihr Meister, was ihr den Jüngern schuldig sejd.
-^ Die Zahl der Irren Und )rrgefuhi:ten ist ohnehin grofs ge-
nug! Viellefcht ist die Sprache, Welche Ref. hier fuhrt, nicht
Jedernunus Sache. ^-^ «£irern ist gut, wchn's immerdar ge-
schieht um das Gute* sagt der Apostel Paulus. Dixi et stdvavi
antmam meam!
Fitschaf u
iit-
Jährhuch^ des ^äisey-L köidgL poljrtectinischeh Institutes in fF'ieh
In F'erbindung mit den Professoren des Institutes heraus^
gegeben t^on dem Direktor Joseph Prechtl eic^ Zweiter
Band, XXX IT und 5o3 S. 8. mit. 4 Kupfertafdn. Wien,
48 HO. — pniter Band. XXlI und 5si8 S* mit 6 Kupfen
tafeln. 48st^^ . *^ .' ,
LIer 1. Band dieser in mehrfacher Hi)isicht merkwGrdijgcn Zeit-
schrift ist von eitlem anderen Rec. im Jahrgang 1821 dieser Blat«
ter^ S. 12 — a4i "^i' gebührendem Lobe angezeigt worden,
und mit Audigutung der Wichtigkeit des polytechnischen Institutes
für den technischen GcwerbfleiÜs des österreichischen Kaiserstaa-
le^. Die beiden vorliegenden Bande liefern* in der, einem jeden
voranstehenden Geschichte der Anstalt den Beweis, dafs - dieselbe
fortwährend mit seltener, Fr<eigebigkeit und Liebe gCpBegt, selbst
durch die Thcilnahme der Staats'biSt'ger . gefordeit, wird ^ und
dafs die Lehrer rüstig in ihrem Berufe ax'beften« Wldche Fol'
gen für dien Zustand der Gevvetb'e aui ihr hcryÖTgebeu wer-
den, daüs müfs sich bald zeigen, Üi einem Püncte ist schon ein
liicht Unbedeutendes Eingreifen sichtbar, das Institut bat nämlich
tMx Laudesverm'essun^ melircre gtrschicktc Geometer gebildet, —
überhaupt Lohnte tÜtie so jübehiÖs rdche Vereiniguäg Von Kunst-
kräftto und )9fiUkiliittdti nur dü^rbfi die ungtlnstigsten Umstände
verhindert Werden ^ eine gro^e \Md unvergängliche Wirkung
bervori>ringen.
Di« Zahl det Schiller steigt rascfa. Sie betrug^
Jahrbucher des pdytechnischen Institutes. 483
im Jahr * ^ m iSto» 1821.
in dcÄ Vorbereitungs^
classen . . . . v aäg ^4^
ip der t^ommercieileD
Abdieilung »^ »9* *o5
in da: technischen > ^ > . $43 ' 346
2usamttieii • ^ . S^i 69a
Im Anfang des jettigen Jahres hatte sie jjf54 ern^ioht« &er«its
konnten Lehrstellen mit eigenen 2ögl(Bgea der Anstalt besctil
iver<}^ii. Die Sammlangen wuchsen noch schneller, nicht blofB
dui'oh. Aukäuif) wozu ausser den geviröhulichen Einktinilten ngck
besondere Zuschüsse der Regierung und beträchtliche Geschenke^
verwetldöl Werden konnten) sondern ai^ch durch freiwillige Ein«*
lieferüng von Musterstöcken der Handw^erke und FabriMn- Im
Jahr iSig ttgoig nämlich die Aufibrd^ung an alle inländischen
Gewerbsleutie^ »u dcar Sammli;^ von pewerkswanren beixusieu«
crn, mit Angabe d«r C^cü$se ^der Menge der Stücke, die ein
in der Sammlung anfausleilender Gegeiy^ttd haben müsse, x» B«
von Tuchern ä — 4 Ellen ^ von schmalen Zeuchen 3«i^6, von
Leder ^mize^ t^elie etc. Der Erfolg war, dafs noi^h bis tarn U
Nov» iS«0 «ine Anzahl von 94^ Stücken, von da bis i* Mai
iS2o so^ar. 9800^ und in den folgendeu 1^ Jahren 46oi. Stücke
unentgeUilich oingeWacht wurden. ' Die ganze Sammln^ belauft
sich tiun auf ii,73o Stucke. Die Master v^eriueuge, die Modelle^
die pBysikalischön Imd nkathematischen Apparate^ j^\e chemischen
Präparate, die Materialwaareu und die Bücher vermehrten sich
gleichfalls sehr, iund man mufs gestehen, dafs die in ihrer Axt
dn.zige Ausstattung dieses Institutes mit allehi Bedarfe von aus«
seren Hülfsmitteln die Anforderungen ^ dieLehl^^r, die Erwar**
tungen Von ihnen Leistungen ungemein hoch steigern. Die Aus*
wähl der Männer, welche die Lehrstellen jetz^ bekleiden, scheint
sehr sorgfältig gewesen zu sejn, üud auch die Assistenten ^ von
denen die Jahrbücber viele Beiträge ^enthalten ^ zeigen sich ab
Yollkommen tüehtig. Inzwischen he^e sich vielleicht für. die
Folge befürchten, dafs die angefangene Art, die besten Schnie«
xti Assistenten > diese aber au Prozessoren fortrücken tu lassen^
oder die Besetauug von dem Ausgange einer Prüfung aller Mit«
bewerber abhängig zu machen^ unter einem minder ausgezeich'«
rtetca Director als dem |ot»gen zu eiber gewissen Einseitigkeit
fuhren möchte^ der jede^Kdifperschaft auf die Länge unterliegt]^
^enn sie sich bb& aus ibfen eigenen Zöglingen fergän«t. Ohne
das Kveutien 'Versebiedener Ansichten und ■ Bestrebungen veren«
gert sich .lu leichtjäermin&isseüdeßesiohtsIu?ös und der 5ohwunj|
484 Jahrbücher des polytechnischen Institutes»
wird iqehr und mehr gtflSbmi. Rec. wiinscht nichts melir, als
dafs diese Besorgnisse sich nie bestätigen möchten. Bis jetzt
sind keine Anzeichen ihrer Verwirklichung vorliauden, auch
könnte, wfenn man nicht gleich so weit geijeu wollte, oliiie Un-
terscliied des Vaterlandes den Talentvollsten und Geschicklesien
herbeizuholen, schon dadurch zunfi Theilc geholfen werden, dafs
man junge hofFnuugsvolle. Männer für die einzelnen Fächer im
A;Lis]ande reisen und studieren liesse.
Wir wenden uns nun zu den in beiden vorliegenden Bän-
den enthaltenen wisichSchirftlichen Aufsätzen, um durch Aufräli-
lung der grösser^if den Leaern eine Vorstellung von dem Werthc
der Zeitschrift zu geben; 'dabei Wird es dienlich sejn, die ein-
zelnen Abhandlungen unttör einige Abtheilungenf zu ordnen.
/. Zur Pkjsüt und Geologie. Üeber das Gesetz der Zu-
nahme der Wärme mit' der Tiefe, und über die damit zusam-
menhängenden Erscheithin'gen dci* Vulcanitait, vom Herausgeber
III, 1 — 4o. Eine tf^ue Theorie der Vulcane, gebaut auf die
mit der Verdichtung der atmosphfirisch^n Luft verbundene Er-
höhung der Wärme, -Aus Versuchen tnit einer gant einiiichea
Vorrichtung leitet dei* Verf. ab, dafs t^ R. Erhöhung odtr Er-
niedrigung der Temperatur dufch Verminderung oder- Ausdchinrng
des Volumens def Luft um o,^^^^ bewirkt werde, und zeigt,
dafs Gay-" Liissac's Beobachtungen des Barometer- und Ther-
mometerstandes auf seiner lAiftreiscf jene' Zahl mit einer aufial-
lendeii Uebereinstunmung l)est^tigen. Hierausr wird gefolgert,
dafs 'V^wnii' die Wärme an der Erdoberfläche -lo** K. ist, sie m
feiner Tiefe von 4973' Klaftern, bei einem Barometerstande von
88", schon 8o° betragen, und bei 11290 Klaftern oder 3 gcogr.
M«i]ert Tiefe und 377" Barometerstand sogar zur Glühhitze
(43o^) werden würde. Wenn nun, gtaubt der Verf., die Lult
mit'" Wasserdampf gemischt sey , so nehme dieser in jeder Tieie
eine Elasticität an> welche dem Wärmegrade der Luft * entspre-
che, und schon bei 120° oder 6000 Kl. Tiefe dem Druck der-
selben gleich komme. Die Dämpfe kannten aus den feuchten
Wanden eines so tiefen Schachtes entstehen« Denkt man sich
in einer grossen Tiefe Wasser, ans dem Meere eingedrungen,
«o kndn dieses, unter dem ungeheuren Drucke fast zur Olü'i*
hitze gebracht, die Wände «der Höhlung im ürgebirgc angrei-
fen^ mancli^e Stoffe schmelzen, und mit ihnen eine Art von Hj^'
draten bilden, di^ dann ausgevTorfcn werden. Es möchte schwer
6eyn, diese Sätze gegen die Zweifel, die sich dagegen aufdrän-
gen, ganz zu vertheidigeii , zumal da die Temperatur in ^^^
verschiedenen Luftschichten sich durch Strömungen notbwendi^'
ins Gleichgewicht setzen mufs und unter dem stärksten Luit-
drucke die Entstehung der Dämpfe nicht wöbl zu- erklären isf-
Jahrbücher des > polytechnischen Instifutes« 4^^
Dafs ab'er Dampfe bei den vulcaniüchc« Erseheinangen nattwir-
keiiy ist sehr glaublich, und die Beschaffenheit der vulcanischen
Producta wird von dem Verf. aos jener Ursache glackltch er-
klärt, so dafs in dieser Hinsicht Bteislacks und Davys Hypo-
thesen weniger befriedigen^ Breislack und Gimbernat haben aas
dem Rauche des Vesuvs di]#ch Verdichtung Wasseif gewonnen.
Auch der neueste Beobacliter und Forscher^ A. de Siiy9e, nimmt
an, dafs Wasserdämpfe sowohl die 5rtiicH^ Erdbeben (nicht die
weit sich erstreckenden) als die vulcanischen Ausbrüche veran-
lassen.
//. Ziir Mechanik und Mctschienerdehre, ZusanMnenstellung
mehrerer Vorrichtungen für geradlinige Bewegung ncbst ihren
Theorien, von M, Remschenll, 236 — a56. Da bei Dampf-
maschienen. Pumpen, Druckwerken etc« die Kolbenalange immer
genau in einer senkrechten Linie «uf -< und niedergehen ^mufs,
Kurbelstangen aber und Waagbäume (btdanciers) sowie Kunst-
kreutze keine solche unveranderiiche Zuglinie haben, so sind
besondere Vorrichtungen erforderlich, welche diesen Wechsel
der Richtung beseitigen« Man findet sie hier säipmtlich mitgege-
ben und aus mathematLseheD Gründen erklärt. Die meisten sind
schon bekannt , z^ B. die Kreissegmente am Ende des Waagbau«
mes, wobei auch die Einrichtung Erwähnung verdient hätte,
dafs man a Kreise an der Steile deis Waagbaumes anbringt, das
verschiebbare Parallelogramm u. dgl. fVhiti's Erfindung ge-
währt vollkommene Genauigkeit, da sie auf dem Satze von der
Umwälzung eines Kreises in einem anderen von doppeltem Halb-*
messer beruht; auch die Reickenbachiscke empfiehlt sich sehr«
— Theorie der Kurbelbewegung, mit Anwendung auf die Grö^s«
und Anlage der Schwungräder bei dem Maschienenbau, von
demselb. IH, 4^ — ^07. -^ In diesem ausführlichen Aufsatze
werden Formeln entwickelt tind Tabellen mitgetheilt, um bei
jeder Masfshiene die erforderliche Grösse des Schwungrades aus
der bd^annten Grösse der bewegenden Kraft, der Last, der
verschiedenen Geschwindigkeiten der Kurbel und der zugehöri-
gen Höhen derselben bestimmen zu kö'nnen* -*-^ Ueber die
Form der Zähne bei verzahntem Räderwerke« und die zweck-
massigste Ausführungsweise derselben, von aems. III^ 3 t 7-^345»
Der Verf. liefert einen Beweis des aus Ejrtelweins und Anderer
Schriften schon bekannten Satzes, dafs die -Sternradskämme epi-^
cykloidisch geformt sejn müssen ^ mit der Anweisung zur Ver-
fertigung von S,chablonen und der Anwendung auf abgekürzte
kegelförmige Räder. -— Ueber die Theorie des Krummzapfens, '
von Joh*. Arzberger, HI, 355 — 82. Die Untersuchung er-
streckt sich auch auf den Fall, wo die Kurbel mit einer Dampf-
inaschiene in Verbindung gebradit ist und diese die Einrichtung
' 4St) labrbiieber des polytecbmschexi Instituteis.
hat^ i»l% QUtn icbop Y«r det: VoUeDdoiig des KotbeDlitubes des
Zuflafs des Dampfes unterbrioht. --* Verbesserter Storshebeir
oder kjdraalischer »Widder.. UI, ^8a -*« 85* Die Verbesaerun*
gen . der hekanniea WasserKebemascbif ne rubren ton M'üki^^ton
in LoodoD her. Mochto dodi der Widder bei uns zur Bewäs-r
seiung des Landes aiigevireiidet werden^ wie in Frankreich schoa
geschehen ist!
///. Zur Bauhmst. üf. Reinscher besehreibt (III, iat —
^8) einf neue^ von dem Herausgeber angegebene Art hdtzemer
BogenbrückcDy deren Vonug ausser der Tcstigkeit darin besteht,
dafs kein« bngea Balken dazu eiffordcrlich sind und die Erbau-
ung, sehr leicht ist« Verdieai Beacbtuug. — Von den Mittelü
2ur längeren Erhaltung des Bauholzes, vom Herausgeber. Uly
129 — «6o. Das VeriporscheQ des Holzes erfolgt . zunächst
durch die, aussef der Faser und dem H^rie in demselben ent-
haltenen in Wasser aufldslichen Stoffe, Sehleim , etc. Daraus w«r-
den (olgeude, durch Erfahrungen erpn^e Gattungen \op Er-
lialtungsmitteln abgdeitet: §} Aus^recknien, selbst durch Back*
ofeowaruke^ 2) Ueberzuge, am besteac von Sl«nkohlentheer,^3)
Umwandlung der gahrungsfabigen Stoflfe, z. B. nach Chapinm
mit Sand, in Auflösung von Eisenvitriol getrankt, wogegen aber
triftige Gründe aufgestellt werden ; 4 ) das ' beste Mittel ];»estebt
in der Entfernung der tu Wasser aufläsltehen Stoffe, welches
wiederum am leichtesten durch Wasserdampfe' geschieht. Der
Verfasser giebt die nothigen Vorrichtungen zi% diesem Verfahr
ren an» vrelehes ubrigens^ schon länger bdkannt ist, da der Major
2rew schon um t'jBo in Braunschweig solche Dampfkasten nach
englischer Art anlegte«
. ly^ Zur Länder*» und Staatenhmde, Die h Icher zu rccb-
nenden Aufsätze beziehen steh s$mmtlich auf den österreiclitscbea
Kaiserstaltt und enthalten sehr schätzbare Beitrage :^ur Kenntnifs
seiner Naturbescbaffenhctt und seines Gewerbewesens» Franz
Rkpl beschreibt (II, s-^ so6) die Steinkoideabildung in der
ganzen Monarchie und ihre Benutzung. Am ausführlichsten ist
das böhmisch -mährische Steinkohlengebirge geschildert, mit Ein*
schluis der Braunkohlenlager im nördlichen Böhmen. Die Dar-
stellung des geognostisehen Vorkommeos ist weniger eines Aus-
zuges fähig, als die Zahlenangaben der jährltehe« Aosbeate,
welche nach der Tabelle S. 4^ -•- 49 sich für «817 aaf
ft'390,290 Ceotner, 1818 auf 4*t98,i4o Centn, berechnet, aber
wahrscheinlich sogar iiber a Mill. Ctnr. beträgt.
Es ist nicht angegeben, ob man die V^rwaudhing der Stein-
kohten in Coaks regelmässig in Oefen betreibe , wie es ii> Eng-
land und in Siehlesien geschiolit (s. Psu4esj ehem. Abbandi. 1»
45. 66. uiäd Kardien, Ardiiv I, 2. 8t), auch war man noch
Jahrbücher des polytechnischen Institutes. 4^7
nicht soweit gekommi^nf^. Hobäfea und Fri$clifeuer mit Coaks
iieitzen zu können, doch beschäftiget ■ man sich mit Versuchen
hierüber«, und aus HI , 3od sehet) wir, d^fs im Jahr i8ai auf
der gräflichen S^ernbergischeq Hütte %u jQl^roha wirklich mit
dem besten Erfojge 8 Wqchen lang Eisen mit Coaks geschmelzt
-worden ist. Die galizhchjen und uugari^ohen St^ei^phlenlager
werden ganz übcfgangen |^ und nach d^rf mälu'ischeu die im ei*
gentlichen Oesterreich upd in .den Alpcnländern voi^komnenden
abgehandelt. Das Hänng^r Fld« in Tirol is^ bi* zu 8 Rutiien
Mächtigkeit aufgescha.sscn und versorgt das SaUwctrJk «u HaU
mit ungefähr 82,00g Ceotuern jährlich. Die Braunkohlen in
Steiermark werden bereits auf ßlcch(»auimerii -und andern Wer«!«
ken gebraucht In Jlljrieu und der. Lombardei ist noch wetiig
Benutzung und daher aucb \yenig Bau de^* Steinkohlen zu Bu-
den. Die gauze Ausbeute in deii von düsni Verl« berührten Pro.-'
vinzen wird in der Tabelle S.. i^ao <t-* «o^» id>;&r zu niedrig,
für 1817 auf 824,409 Ceatn^r,.fur i8»8 auf 65o,^7 Ciilr. än^
gegeben. Die Ta)>ellen im III.. Bd. S. t6i fg. grben die Aus««
beute der Stein« und Braunkoihlcn fön 6ß% J 1819 in Böhmen,
Mähren und österreichi^h $obiesico «uf &*677,4o9 Centiier, dt<;
Grubjcnarbeiteif auf 1672 an. — . M*cL ifurtdj, über den Zu"
stand der Industrie und des Handds im Königreich DalniatienA
IJ>, 106 — i3or Die Schilderiung bietet wenig Erfreuliches dar,
denn das Gewerbewesen liegt darnieder, ond es. fehlt sogar an
Regsamkeit bei den Einwohne^, «im attes zu benutzen, was die
Oertlichkeit gestattet. Beisond^rs zi^igt; sich adch in diesem Bei-
spiele die Unsicherheit des aua blossem Zwisdienhandel herrijb-
rendeu Erwerbe^, — <^ Harstellung der Eisenerzgebäde in den
Gebirgen der österreichischen Mwigrehien welche im Norden d^r
Donau liegen, von fr. Riepl. HI,. a37 «^-3095 •-* j/enem Airf-
sat%e über die SieiukohlenbuldwgeA ähnlich.. In Böhmen ist der
Rotheiseqstein y ip A(il|}P^ und G^Uizien der TÜoit- und Rasen-
eisenstein, in Ui^arn pnd Siebenbürgen der Späth- iind Br^m-
eisepstein am wichtigsten. £s werden j^bjrli^h gegen 4$.(y)00 CtJC*
Roheisen ausgeschmelzt,, auf ^4 Hoböfen«
iF* Zur poiiiis(ik^i ..Qßhdnomif' Q^h^tein Aufsalz desi Her-
ausgebcirs über die W^chseiwirkung 4ec Aekerl^ur upd Mapu*
factvr - Ind^suif», IQ, ^498 -r- .237* -*,. Olm» Benutzung frü-
herer Forschungen wird 9u£ eluß lichtvolle Wci^« die Lage ei-
nes, blofs lapdbauendicn und eines zngleich gewei^bn (i^werk-)
treibenden Volkes yecgUclien. Die {Jntersuohung ,ii9^iebt^ ^Is
jenes nur ^^ eioc^m niedrigen Grade des WohUtandes gelangen
könne. Die Hauptgedanken sind neblig und verdiieneo die Bet
licrzigung mancher Regierungen , welche noch immer nicbl von
dem einfachen Satze sich überieUgen kpiinen, dafs der. Landbau
488 Jahrbücher des polytechnischen Institutes.
nicht emporkommen kanh^ w<enii Niemand" d'a ist, der dem Land-
ivirthe seinen Ueberflafs voki rohen Stoffen abkauft. Dte Behaup-
tungen über die viel geringere Gefahr des Mifswachses ( 2i5)
lassen eine Berichtigung' zu, auch sind die Sätze über grosse und
kleine Landgoter wegen Mangels näherer Bestimmungen ungenti-
gend, dagegen ist die Schilder^ng der kleinen Wirtbschaftea in
dem blofs landbauenden Volke Terdienstlich unä der ganze Auf-
satz gerade durch den Umstand, dafs der \(erf. sich als eiaen
YevstQndigen, wohlgesinnten Laien in diesem Gebiete ^eigt, noch
interessanter. , ^
Vi, Zur Technologie, — Ausfährlicfa und grändlich lian-
dek D. Schoh die Glasberettung im Allgemeinen ab, und trägt
sodaitfi die Geschichte der neueren Versuche, Natron -% Glas durcb
Zersetzung des Glaubersalzes zu bereiten, vor. 11, 'f3o — 235.
Bl^kanntlich ist' diese Verwendung des letzteren Stoffes darum
so nützlich^ weil derselbe ber n>ehreren chemischen Geverken,
z. B. bei der Chiorbleiche, bei der Bereitung des Queeksilbcr-
sublimates etc. als Rückstand bleibt und auch aus den Mutter-
laugen von Salzwerkeo mit geringen Kosten gewonnen wird.
Der Verf. erzählt, dafs Kretsehmar schon i66o das Glasmach ea
mit Glaubersalz beschrieb, dafs Laxmari^ es seit 1764 in Hufs-
land im Grossen betrieb» Die neuesten Bemühungen Oesteneir
ckers , Gehlens, vori' Baaders u. A*. hatten noch nicht ganz er-
wünschten Erfolg VI' eil, obgleich durch Zusatz von Kohle die
Zersetzung des Glaubersalzes wohl gelartg und e;tt festes gutes
Glas erhalten wurde, doch eine schwache Färbung dessdben noch
nicht entfernt werden konnte. Indefs wurde die Möglidrkeit
der Entfärbung durch einen österreichischen Glasmeister darge-
than, dessen Verfahren noch nicht gekannt ist. Ref. fügt hinzu,
dafs auch auf einer baierischen- Hütte bei Redwitz im Fibhtefge-
birge, Glaubersalzglas gemacht wird, welches nur selir schwacii
ins bläuliche spielt und zu Fensterscheiben etc. verarbeitet vrird.
Dsbelbst 'Werden 4o Glaubersalz und 6 Kohle auf 100 Qxjau
zugesetzt* -^ Der gegenwärtige Zustand der Bierbrauerei i'i
England ist sehr zweckmässig in einer freien Uebersetzang ats
der brittiscihen Encjjdopädie beschrieben von ProL Stahlberger,
üj, a56 -— 3 19. I>«r Aufsatz hat Vieles mit einem gleichzeitig
in Deutschland bekanift gewordeneir anderen gemein, in welchem
die vom' Parlamente angeordnet«» Untersuchungen über die Güte
des Maises ron big (hord, hexast,) imd 4zeiliger Gerste (kord,
^«/^•J berichtet werd^i. '(Kastners Gewerbfreund, V» B. Heft
6 — «lo, iSao). Mit grosser Genauigkeit findet man die Ver-
änderungen beobachtet, die bei dem Malzen,. Darren etc. vor-
gehen., Das Darren mit Wasserdampf ist nicht beschriebe»,
auch vermifst man S. 299 die Methode iVhedet^s, einen kleine
Ja[^'bliche^ des polytechnischen Institutes. 489
Tbeil des Malzes in einer Walze^ braun zu rösten, und so dem
Porter die braune Farbe auf wohlfeile Weise zu geben. Die
sinnreichen mechanischen Einrichtungen in den grossen englischen
Bi*auereien sind auf 2 Kupfertafeln erläutert^ üherhaspt -erhält
m^n eine lebendige Vorstellung von dem Eiriftufs, welchen die
Wissenschaften auf dies Gewerbe geäussert haben. Ref. theih
nur noch das specifische Gewicht der beiden engliscbea Bierar-
ten mit; ^ \ .
Ale im Durchschnitt i,o35
Porter — — — i,oi3 — ^^oiy
•Von Versuchen iiber die Maschienenbchandlung des tingerotteten
Flachses, die in Frankreich und zu Prag lipit der Christianschanj
zu' Mailand mit dieser und der Cath'netti^ichen Masdiienf ange-
stellt wurden, hat Karmarsch Nachrichten gesammelt, II, 32o
— 34. Die Ünentb^hrlichkeit der chemischen Behandlung wird
hiedurch bestätigt. Ref stellt die erhaltenen Zahlenangaben, auf
Procente reducirt, mit den von Meyer mitgetheilten (s. Nr. 16
uns. Jahrb. 18 33) zusammen. 100 Gewichtstheile Flachsstengel
geben
vor dem •
Hecheln« gehechelt«
1. gerotteter Flachs.
a. mit der Breche 25 — 33 9 — n a.
-^ — — .16 5 — io^.
— — — 4o,6 4,68 c,
h, mit der Maschiene \ i8,5 3,5 b.
— ■ — — • , 4a>8 3,43 c,
2. tingerotteter Flachs.
a, mit der Breche 4o,6 4)68 c.
\ b, mit der Maschiene 25 < 6,6 6 (?)«?.
— — — 27,4 7,4 / e.
'— — — 24,5 6,5 b,
— — — 43 , 3,4 c.
a, bedeutet Meyers Angabe, ^. die Versuche in Mailand, c.
die französischen Versuche, d, Häfs und e» Sprengel und
Gräher^s Angaben. Freilich wäre zu wünschen, dafs man auch
eine Bezeichnung des Feinheitsgrades für den erhakenen Flachs
liätte hinzufugen können. Die von dem Rittmeister Fuclis
«rfandene Kattundruckmaschiene würde, wenn sie sich im Gros-
sen vollkommen ^ brauchbar erwiese, den Nutzen haben, die sehr
kostbaren gestochenen Walzen entbehrlieh zu machen. Der Me-
chanismus scheint, so weit di<^ Beschreibung denselben erklärt,
noch in mche Verbesserungen in Ansehung des Niederdilickens etc.
zuzulassen. Der Herausgeber fügt eine, Anweisung zur Verfer-
tigung gegossener Model mit Hülfe einer G^psforiD hiu^q, III ,
49^ Jahrbücher des polytechniächen Institutes.
1^7 — n8« ^-^ Die Bereitung des Seesalzes am a<iriatisc1ieQ
ÄJeere wird aus amtliclicn Berichten beschrieben, III, iü6 — 479f
%vabei besonder.« die Anlage der Salzgärten mit vielen Beeten,
fl. h. sehr seichten Wasserbehältern^ um das Verdunsten zu be-
schleunigen, merkwürdig ist. Bisher gewann man. auf den 4
Millionen O Klaftern im Durchschnitt 354,ooo Centner; die
österreichische Regierung hat aber das Gewerbi; schon sehr ge-
hoben. — lieber die Verfeitigung des verzinnten Eisenbleches
in England, von Altmütter, Ji\^ i85 — *97; wahrsclieinlicli
nach Fischers Tagebuch etc., Aarau^ i8i6. Zu den Bemerkua-
gen über den Gebvauch des Fettes kann noch beigefügt werden,
dafs man das zum Folieschlagen bestiinipte Zinn in manchen Fa-
briken mit brennendem Fett zusammenriH^rt , und dafs auch in
manchen Näliqadelfabriken das letzte Erhitzen vor dem PoKren
in brennendem Fett geschieht. ♦— Beschreibung einer Maschiene,
um Holzfourniere nach einer neuen Merhode zu schneiden, IHt
3o9 -^ 17* — ^ Qarotafehiy für BaumwoHengaru , yon Kat'
marsch^ III, 345 — 54»
Der 2. Band erhält unter der Ueberschrift MUcßüefi mcli-
tere kleinere Aufsätze, z. B. über das Bergöl in Gallizien und
die Verfertigung der Stecknadeln mit geflossenen Köpfen zu Aa-
chen ^ wovon das Nähere noch nicii^ allgemein bekannt ist. Ref.
ist im» Stande, über das Verfahreii aus eigener Anschauung, Ei-
niges beizufügen* Die messingene Form besteht wirklich aus 2
Hälften« Das (lüssigo Metall wird aus einer Art votr Trichter
iiTit einer beliebig verschliefsbaren OelFnung iif die Form ge-
bracht, wo es sich zuerst in eine Längsrinnei und von dieser
«lus durch viele kurze Querrinnen in die gleiche Anzahl kugeli-
ger Höhlungen ergiefst, in welche schon die Enden der Dräthe
ragen. Nach wenigen Augenblicken können schon die Nadcia
van dem. zusammenhängenden Metallstück aus den Rinnen ab-
gebrochen werden , und dieses wird sogleich wieder einge-
schmelzt.
Endlich «ind beiden Bandeii ausser den Verzeichnissen er»>
tUeilter Patente aus Oesterreich , Frankreich und England noch
zahlreiche Notizen einverleibt, voo den Assiisjtenten des Instituts
ans auslä.ndischen Zeitschriften gezogen« Ueber die Nützlichkeit
solcher Sammlungen kann kein Zweifel obwalten^ weil sonst
dem ioländischen Gewerbsraaune Yie)es unbekannt bleiben wür«
de, was entweder sein& Kenntnisse erweitert oder »einen Fox-
schangeu eine ne^e Bichtung giebt» Die Ausziige betreffen mei-
stens physicaltsche , cfaeoiiscbc und tec)>nolpgische Gegenstände.
Bei dem grossea Fieisse , mit dem sie gesammelt sind , und bei
der Sorfjfalt, die sich in den Ucbersetzungen erkennen läfst,
kann es kaum in Betracht komroeir, dafs Einiges in Deutschland
Pfeil I Anleitung 2; Bebandtung etc« d. Foisten. 49^
nicKc neu ist, bie upd da auch die initgethetlte^ Nachrichten
-^ieH\]icli i^nbe&iedigend lauten* Eine systematische Anordnung
oder hesser ein alphabetisches Register würde das Auffinden der
Notizen erleichtern, ij^nd e$ konnte diese^i J^augel noch in einem
künftigen Jahrgänge abgeholfen werden. Unbedeutend ist, dafe
einige kleiqe Excerpte doppelt vorkomme»! , z. B. II, 44? und
III, 4o5 diiS neue Flufsmittel , welches in der ersten Steile als
Cöle&tin, in der aten ^Is schwefelsaurer ^itrontian genannt ist,
beides aber ist einerJiei.' -^
Scldiefslich ist zu erwähnen,, dafs im Aifhange zur Vorrede
des 2. Bandes Prof. Araber get eipeu von yoigtläiider in Wien
verfertigten CiOpaparator beschreibt, der, als Norudalmaals der
Wiener KUifter,; die Vorrichtung enthält, um nxit grosser Ger
liauigkeit andere Längenmaafse nach ihm zu prüfen. Zwei Mi<f
kroskppe uiit Fadenkreutz.en sind^^n ihm beweglich, und der
Fehler kann höchstens 0,024 ' betragen. — Wie nützlicK indefs
diese £inric4i.tung seyn mag, so kann sje, da schon eine Feu-
ersbruiist ' die ganze Arbeit zerstören könnte, doch, den Wunsch
»ach einer festeren Grundlage des Maafswesens nicht beseitigen.
Auch ist das &chon ^on EUijrgens vorgeschlagene Secundcnpendel
von allen den Mängeln frei, welche bei den^ Gebrauche voi^
Theileu des l^rdineridians uicU^ zu verkennen sind, '
# ' S. fi, V.
^ .'j'
l^^siandige^ Anleitung zur Behajidlung, Benutzung undS^hatz-^
Ußg der Forst^ni. Ein Handbuch Jiir Forstbed-iente , Guts^
hesitzevx O^konomie'' Beamte und Magistrate j mit Rilcksich^
mif die wechselseitigen Beziehiing^n des . ff^aldbaues zum
Feldbau, eatsivorfeR von fV. P-feil^ FiirstUck Carqlatlien
ForstmeisJt-er, *)
Erster Band; entbaHei;id die Holzkepntnifs upd Hoizer-^
Ziehung, ^üllict^u und Freistadt, Parumann'sche ßuchhand-*
lung. iSüou 8. VI und 38o S.
Zweiter Bundj eoitbaltend die Lehre von der /Forst -Be-
schützuug, der Forst - Einrichtung und Schätzung, der
Forst - Benutzung und die Pflichten und Gerechtsame desu,
Forstbesitzers gegen Beiechtigte, Daselbst «821« 8* XVI
uud jb4 S.
Von dem Verbsseif dies.er Schrift wv, da er derselben einen
*) Dermalen und sctioa bei 4er Herausgabe des zweiten Bandes«
Konigh Preuss« Oberforstrath 9 Doctor und Professor bei der
Universität tu. Berlin*
49'-^ Pfeil; Aoleitung z. Behandlung etc. d. Forsten.
<
scTiarfen Tadel aller bisher bestandenen, Forstwisscnschaftlichen
Lehrmf>t!ioden unmittelbar vorangehen lieFs (vergL Pfeil über
forst'wissenschaflliche Bildang und Unterricht etc. etc. Züllichau
iSad in den Heidelb. Jahrbüchern) eine mehr als gewöhnliche,
ja eine originelle Arbeit zu erwarten. Nach des Ref. Ansicht
hat das. vorliegende Werk nun vvirklich auch sehr vieles Eigcn-
ihümliche, Tvas sich jedoch deshalb keineswegs gerade als zweck-
massig und die Wissenschaft befördernd annehmet läfst; am al-
lerwenigsten aber die g^wifs allgemein bestandene Erwartung
befriediget, dafs Äer Verfasser darin das Muster einer zweck-
m^sigen Unterrichtsmethode liefert werde. Zuvörderst fiel dem
Ref, in dieser Hinsicht die offenbare ünschlüssigkeit des Verfs.
auf, wie er sein Werk betiteln sollte f denn nachdem er das-
selbe vor dem Diucko durch die Buchhandlung als Handbuch
für Privat - Forste und Prii^at - Forstbediente ete, ( habe^n diese
•eine Privat- Forst- Wissenschaft? ) halte ankündigen lassen, gab
er ilmi später den Titel eines Handbacks für Forslbediente (im
Allgemeinen), Gutsbesitzer etc.; in der ^Vorrede und Einleitung
bezeichnet er dasselbe ausdrücklich als Lehrbuch; wobei er an-
räth, dafs diejenigen, welche es als Handbuch benützen {€uber
die eigentliche praktische Forsti^erwaltung unterrichten ^t) woll-
ten, nur die vier ersten Abtheiliingen des iten Bandes, welche
von den, dem Forstmanne nölliigcn allgcAein-n Natur -Kennt-
nissen handeln, zu überschlugen brauchten. 11«/. gesteht, dafs
eine solche Ansicht von einem scharfen Kritiker dei* Unterrichts-
' Methoden ihn etwas befremdet habe; indem er glaubt, dafs ein
Lehrbuch, von einem Handtuch, in Farm und Inhalt wesentlich
abweichen müsse. Der Lehrvortrag, und so auch das Lehrbuchj
fordern durchaus eine logische Anordnung der Materien^, ein
wohl geordnetes Üebergehcn vom Einfachen zum Zusammcnge-
setMen, so wie auch eine gewisse Abkürzung und Beschränkung
auf gewisse Hauptgrundsätze; das Handbuch dagegen kann die
sorgfältige systematische Anordnung des Lehrbuches entbehren,
und die Gegenstände ganz in der Art, ^wie sie im praktischen
rieben vorkommen, mit allen Nebenbeziehungen zugleich, abhan-
Jeln, Bjit Jief.era BegrifTi? stimmt, wie der weitere Verfolg zei-
gen wird, die Pfeilsche Schrift nirgends überein, sondern er-
scheint als ein Mittelding dieser Art, bei dessen Abfassung dem
Verfasser^ wie gewöhnlich, — eine zweckmässige Abtheilung
der Materien schwierig geworden zu %^^xi scheint.
In der Einleitung erst bezeichnet Hr. Pf, den Zweck uad
die Bestimmung seines Werkes ausführlicher und zwar dahin,
dafs dasselbe bestimmt sej einem allgemeinen Mangel oder Ge-
brechen unserer bestellenden Forst- Lehrbücher abzuhelfen. Weil
in:in nämlich noch nicht mit der Grundidee, wonach die Bc-
I
Pfeil, Anleitung 2. Behandlung etc. d. Forsten, 4o'J
\ ;
V I \
LandluDg und Benutzung d^r Forste geregelt werden müsse,
ganz auf dem Reinen sej ( ! ? ) t so beaühteten alle jene iLeHrbü-
eher die Bewirtbscbaftung der F4;>rste .nur allein mit Rjäpksicht
auf diese und vergassen , dafs letztere nie aus der Verbindung
mit der Nationalökonomie liberbappt gerissen .werden dürfte;
auch hätte maik sich namentlich in den sogenannten Forstdirec-.
tiooslehren ( Si;aats- Forst wirthschaftslehre ? ) . um letzlere nie-
Hials (?) im ^erpgsten .bekümmert (dem Verf. müssen mehrere
der neuesten dieser $chriften unbekaiuU sejn i ). Der erste Schritt
zur VervolJkommnufig der Forsthenut^^ng liege in* der Beachtung
der Beziehungen 9 in welchen letztere zum Feldbau $tehe, und
hierüber müsse m^ii näher untei;rich'tety |ind> der Landwiith dem
Forstwirth genähert werden. Dies werde besonders für die
Besitzer kleiner Privatforste aö^hig^ indem diese die Forsiwirtii-
Schaft, neben der tyichtigern Landwirthschaft, nur ^Is^ Neben-
sache betrachten und die Forste vorzügliph mit für die Bedürf-
uisse de$ Feldbaues und' der Viehzivpht benutzen (d.h. der ver-
derblkhen Waldstreu- und Wc^de^ii^tzung einräumen)' .müfsten^
tim den höchsten Geldertrag von ihrem .. Grundeigenth.um über-
haupt zu erzielen« £& seye wahr, man habe zwei vortreiHichq
(nur zwei?) Lehrbücher der Forstwissenschaft, nämlich //ar- '
tigs Lehrbuch für Förster und Co(fyi^s Waldbau ( letzteres , — .
ein vortreffliches Handbuch — j^t noch« nicht einmal eip . Lehrr
huck des Waidbaues, vielweniger . ein X^^/'^i^c^ der Forstwiss^i'. ,
Schaft!); allein das erstere sej. nicht für die Bedürfnisse kleiner
Privatforste in If^r^dtsutschland (^hat dasselbe seine ; besondere
Wissenschaft nÖthig?) . berechnet} und. das letztere beschäftige»
sich nicht mit allen Gegenständen , über welche ^t Lap^wirth
belehrt seyn wpllte; jdarum wage c^, , der Verf,, den Yersuch,
klar wid.mit. Entfernujig aller. Gelehrsamkeit (!) dasjenige vor-
zutragen ,< was dem Verwalter kleiner Fairste zu . wissen i^öthig
sej, u. s* w.. — 7^ Dieses ist, was; ^.ef. aus la gedrängten Seiten
der Einleitung, worin, der Verf. nach gewohnter W^i^e gar zi^
oft in Nebendinge überschweift, über .den ZweJc der Pfeilschen
Schrift auszumitteln im Stande war ; und woraus hervorgeht^ dafs
Hr. Pfeil der Ansicht ist, die JForstwirthschäftsIehre müsse, be-
sonders./ür den Privatmann, durchaus zugleich, mit, allen Neben-:
beziohung:en , vvorin die Forste mit den Ocrtlichkeiten undtGe-
werhen stehen, vorgetragen /Werden ; und obschon er sich in letz-
terer Hinsicht nur auf die Landwi^^hschaft einlälst,. so wird er.
doch , ohne in Inconsequenzen zi^ ver/allen , niclits, dagegen ein-:
wenden kommen , ,vVcna man seinem Grundsätze auffalle Forst-
producte beziehende Gewerbe , ausdehnen wollte. Ref, überläfst
zwar allen Sachkenjncrn ' selbst zu beurtheilcn, ob eine solche
Unterrichtsmethode und Finvi^htujig von Lehrbüchern die zweck-
494 Pfeil, Anleitung z» Behandlung etc. d. Forsten.
massigste s^y; kartu abör bcf dieser GelegfMiKeil seinte Eigiinnti-
sicbi'vou der Sache uumöglich zuröcklialtehv Er p^Iaubt DiiinKcliy
Hrn. Pfeil müsse es wie vielen blol's praktisch gebildeten Män-
nern «rgan^en seyn (irt Hr. PFeiU oben -angefuhrtetk Schrift «ber
Bildung und Unterricht d(^ Forstmannes ete. zeigt und spricht
er ausdrücklich au^, dcils ler zu einer geordneten vrissenschaftii'
chen Bildung für sein Fach keine Gelegenheit gefuhden habe),
d. h. er liabe besoncTers bei der ihm obgeJegenen Verwaltung
von PrivatfbrSteii) sehr oft in der Waldbchandlung oach Rück-
sichten verfahren müssen, wovon in den Lehrbüchern entweder
gar keine Erwähnung geschieht, oder die mit den Lehrsätzen
zuweilen sogar in Widerspruch stehenv Wie kann er dieses
eben dis ein Gebrechen der Lehrbücher be^eielinen wollen ^ und
fordern, dafs deif Anfangs * ünterficht Zugleich* auf alle im prak-
tischen Leben möglichen iPälle ausgedehnt Werden soHe? Möch-
tert ihu und vielleicht viele serner Anhänger, etwa \\vl)[ folgende
Beispiele von der richtigen Ansicht der Sache belehren. In
der LandwirthsfcHaft , die Hr. Pfeil namenlHcb mü der Forst-
wirthschäft enger zu verbinden beabsiehtigl ^ waren die vor-
^ täglichsten Lehrer ja auch nicht im Stande^' Kiunchttich des
Feldbaues z. B* mehr zu lehren, als welche Auswa^lil des Bo-
dens Und Behandlung jede^ einzelne Feldgewachs erfordere, and
' -^ in welclu^t- Reihenfolge hach einander atigebauet (Frucht-
Wechsel) •-— sitf am besten zU gedeihen und ^^^t höchsten Ma-
Uritd^ Ettroße t\x liefern pflegten.
{dieselben Lehrer aber, und tOcfatige Landwirthe überhaupt,
sind dennoch genöthigt vOn jenen allgemeiilea Regeln gar häufig
im praktischeU Betriebe abstuweichen , und z. Bw Hafer in einen
Boden und iki einer Wechsdfolge zu bauen, woliin er d«r Theo-
rie Uach zwar nicht hinpafst, wo aber dessen Anbau deihnoch
— ive^in zufalligef* Örtlicher f^trhältnisse ufid BtdBrfhisse y —
liöchsc nothwendig nind einträglich ist. Wer ist im Stat>de die
unzä'hlbate Menge von Fällen -Zu übersehen und darüber zu be-
lehren, die sich duteh CombinatiDn der verschiedenartigsten
Orts- und Personal -Verhältnisse ergeben? »^— Kennt ein Land-
wirth sowohl^ wie ein Fo^stWirth, erst die Regeln einer mög-
lichst vollkomi^enen Erzeugung der Producte ^ uhd ist er dabei
ein hinreichend spbculatiVer Kopf, so wird es ihm nicht schwer
werden, jene Regeln bach den augenblicklichen , persdnlrchen
und örtlichen Verhältnissen zu modificiren, also vom Lehrb^iche
ab /inen Plan vci^folgen, wie ihn der helle IPraktiker gewöhn-
lich ohne Weiteres aus den Umständen aufgreift. Dieser letztere
und jeder über den Anfangsunterricht Votgeschrittene, wenn sie
über Speculationen besonders unterrichtet seyn müssen, beiden
steh dafür nicht besser titts , als durch Rcbeu und durch Lesen
Pfeil, Anleilung t: Behandlung elc. d. iForsteii. 49^
von Beschreibungen der bestellenden voUkoramBneh TVirthschaß-
ten in verschiedenen Ländern, derön wir besonders in -der La nd-
\virlliscliaft bereits so viele, vortrefflichen Inhalts, besitzen, und
die Hr. Pletl durch Besbhreiblin^ seiner Forstwirth^schaft in den
Carolather PriyatTorslen leicht hatte vermehren können^ In sol*
ichen SchriFteJ^ wird daan jeder gelehrte Aufangsut^terricht über*
flüssig und als bekannt schon voransgesetzf, weshalb dergleichen
Schriften den Praktiker durchaus vorzuglich ansprechen und be^
friedigieQ. Dafs Hr. Pf. eben Wirklich in dem von dem Ref»
Yörausgesetzten Falle sich befinde, ergiebt sich )ius seinem aus«
l^edruckteii Yorwissen ein c^ I|^ ehrbuch es fCSr kleine i( warum nicht
6uch fiir mittlere , grosse*, . ? J Privatforste in Norddeutsch! and
(warum nicht auch für Süddeutsch lau d, Frankreich, Holland etcJ)«.
Soll deshalb für jede Gegend und Verhaltnifs ein eigenes Lehr-^
buch Uothig seyn, weil an einem Orte die Anzucht des fiusch*
liolzes, am ändern der Hochwald -Betrieb auf Schiffbauholz, am
dritten der Stangenholz^ BetricJ> für di« Lol^iewikinung ^oder am
vierten gar die Waldsire«- und Weide -Nutzung, vor allen an-^
dern Benutzungsarten des Waldles den höchsten baaren Gewinn
bringt? — tJebrigcns Wird der StaatsVvirth in seinem Fache
auch anfangs nur in deä Vorkenntnissen aus der Land - und
Forstwirthschaft| aus dem Bergbau utadder Tcchnologiie ohne
id\\e Nebenbteziehungen unterrichtet, und lernt erst in der Na-^
tionalökonömfe .wie diese Gewerbe in Yerbindung stehen und
auf den Nationalreich th um wirken etc.^ also kann auch dem Forst-
manne die -Fprstwirfchschaft anfangs ganz rein nach den bestem
lienden Lehrbfich'em vorgetragen , ihm spater" aber in der Forst*
polizei, oder Staatsforstwirthschaftslehre gezeigt werden^ wie
das SlaatsWohi nicht gerade durch Erziehung der gröslmüglich-
sten HoUmasse auf der kleinsten Fläche gefördert Werde u.s^w.;
wenigstens mochte letzteres V*i*faHren wert vorzöglieher sejn,
als wenn man^ nach Ht, Pfs Eingangs . erwähnter Absicht, die
xiationalokonomischen Grundsatz^ S6g;leich mit in den Anfaugsun«-
terricht über die Forst wirthscTiaft ernflechteu wollte.
Man mag es dem Rtf, tu Gute halten, wenn er über die
der Pfeflscliren Schrift zum Grund liegende Haqptidee etwas
ausfühi'fich geworden ist; allein er glaubte dies ge)rade gegen
Hr» Pf, ^jh zu müssen. Weil derselbe in seiner Schrift über
Bildung und Unterricht Walnrhaft gewaltsam auf sich aufmerksam
zu diadhen^ uiid ein Publikum für sfchr zu gewinnen, gesucht
bat , Was — ein möglichst bequemes Studium liebend ( z. B. so
klar und frei von alier Gelehrsamkeit, als es^für kleine Privat wiald^
Besitzer ausersehen ist!)-^^ ^t leieht ^in seiner Bildung und
Bestimmung noch mehr irre geleitet werden könnte, als dies
nach der Beobachtung Mehreren hin und wieder bereits de|^
/Jqö Pfeil, Anleitung z. Behandlung etc. d. Forsten.
Fall war. B.efn geht nun noch etwas specicller in den Gehalt der
voi liegenden Schrift und zwar zuerst zu dem Sysleiu der Forst-
wissenschaft über, wie es der Verfasser S. i4 mitiheilt. Ausser
den Hülfswissenschaften wird hier die Forstwissenschaft im en-
gem Sinne in* folgende Haupttheile zerfällt: a) Holzkennt nifs ;
ij Hotzerziehang'i c) HolzhescJüitzung \ d) Holzer tragsbestim^
niung und ,For Steinrichtung; e) Holzerndte; f) Holzwerthlestiin-
mung\ gj Holzbenutzung mit Inbegriff des Holzverhaufs ; h)
Kenntnifs der Fprsinebennutzungen; ij Fonstnatiiralrec/uuuigswem
sen; kj ForSthassenwesen ; IJ Forstwert hbestimmung ; m) Forst-
verwallungs ^ Aufsicht ; nj FofstivJi^ision ; oj Forst direction. Dafs
Hr, Pß, bei seinem hervorleuchtenden Bestreben nach Origina-
lität, wobei er weder auf die vorhandenen Schriften RiicksicLt
ttimnrt, noch si^ etwa anführt, — gerade sein System von einem
Dritten .wörtlich entlehnen konnte, bestärkt in der Ansiclit, dafs
eine gute Anordnung der Materien wie allen vorwiegenden Prak-
tikern, so auch ihm in allen^seinen Schriften sehr viel Mühe ge-
macht, und also ihn bewogen, habe, bierin lieber CoUa (m s.
die Einleitung: zu dessen Waldbau) wörtjich zu folgen. Nun
ist Cot tu zwar .ein höchst verdienter und mit Heclit angesehener
Mann; allein die oben angeführte, vpn ihm abstammende Kin-
theiluug der Forstwissenschaft, ist nie,, gerade als ein Muster lo-
gischer Anordn^pg betrachtet worden, indem ein F^ch, nach, seinen
verschiedenen Geschäftszweigen abgetbeilt, kein, System der be-
treficiiden Wissenschaft genannt werden kann; sio wenig als man
die Theologie in die Lehre, von Predigen, Täufern,, Gopulireu,
Revision .und Aufsicht der Schu]en u. s. w« eintheilcH' wollte.
Noch auffallender ist es aber, dafs Hr* Pf im z.weitcn Bande
seiner Schrift dieses voran gestellte Sjstem unerwartet ganz ver-
ändert und verläfst, und überhaupt in dieseu Band noch Be-
standtheile aufnimmt, welche man dem sehr speci eilen Titel der
Schrift nacl^ überhaupt gar nicht darin vermuthen sollte.
Der • i}^ 4^bschnitt, von der Hohkenntnifs (oder Naturge-
schichte der wilden Holzarten), wo nach richtigem Begrifl'eu
blols die Unterscheidungsmerkmale und physischen Eigenscbaften
der Forsrgewächse,- besonders soweit sie auf die Cultur Einfiufs
haben, zur Sprache konunen können, ist Hr» Pß. überflüssig
weitläufig uild verliert sich bei jeder schicklichen Gelegenheit
ziemlich weit, in J^ebcngege.nstände^ die durchaus erst in den
nach^lgeodea Theilen der Forstwissenschaft in Betracht kom-
men.
( Der Bescbltifs foifit. )
^= ^^* Heidelberger ^^^^
. . ■ ■' • . • •■ • . ■ '
Ja.hrl)ücher der Litterätur.
Pfeil ß Anleitung zur Behandlung etc. der Forsten.
{Btscblu/i.)
JUlesem nach ist z. B* in der Besctirelbung der Fichte und Kie«
fer sehr ausführlich die Rede von der tecbnischent Verarbeitung
und Hitzkraft der Hoker etc.," ferner von der physischen un<Jl
ökonomischen I^aubarkeit der Hölzer und Vorzügen' eines hShcrii
oder nieder« ümtriebes, 'SO wie auch von dem höhern Gelder-
trag, den die bessern Bodenarten l)eim Getreidebau, in Ver-
gleich geofen den Anbau mit der Eiche abwerfen und dergl.
mehr, z. B. am Schlüsse der Forstbotanik auch ein Verzeichnifs
der gewöhnlichen (?) Preise der verschiedenen Holzsaamen.
^Weiterhin folgt der Forstbotanik die Holzer ziehungj wel<;he
zugleich -die Kenntnifs des Bodens mit einschliefst (warum dieso
hier?) nachdem doch bereits in der Forstbotianik schon sehr oft
i|nd ausführlich von den Bodenverhältnissen gehandelt wurde und
gehandelt werden mulste. Diese Anleitung zur Holzerzlehung^
nun (Holzzucht i fängt Hr.^ß, mit höchst gedehnten Raisonne^
ments (die einem Lehrbuche nicht wohl anstellen ), besonders .
über den zweckmnssigsten Umtrieb an, wobei er alle möglichen'
Fälle erschöpfen zu wollen scheint, die den Vi^altlbesitzer be-
wegen können, seinen Wald bald auf diese oder jene Weise zu-
behandeln; statt daPs es sich hier doch eigentlich blofs um die
Regeln der vollkommensten und sichersten Fortpflanzung dec
Wälder handein sollte. *
Mit diesem Abschnitte schliefi^t sich der erste Band, der*
noch weniges Neue, besonders sehr vvenige Beziehungen des
Waldbaues auf den Feldbau (diese verspricht der Hr. Verf.
nach der Vorrede erst im zweiten Bande zu liefern), — dage-
gen viele Un Vollständigkeiten und Unrichtigkeiten enthält, die
hier unmöglich übergangen werden dürfen. Besonders rfNch
hieran ist die auf S. 2*6 anfangende Darstellung der allgemeinen
Naturkenntnisse, woraus Heß zur Probe nur einige Stellen aus-
hebt, um nicht das Ganze ausführen zu müsseil^.
. . . . ^Botanik , welche die Kennzeichen der Gewächse-
^nach ifirer äusseiii Gestalt (ehrt , Pfl anzenphy siologie
€oder öewächskunde , welche .... (also ist Gewächskuude
• 32 ■ '.
49i) Ff<^il 1 Anleitung z. Behundlung etc. 4- FpirSlen,
cvon der Botanik verscliieJen ? ) . . • • cD/« Erklänmg mi
4L Bestimmung dieser ff^orte wird nöthig seyn,- damit sie hei ih-
%rer Anweimung richtig (?) verstanden werden ^ (müsse dnrcli
€ Wunder geschehen J ) .... € Laub holz (ntnnttnan) wel-
^ ches wässerige Säfte ^hat , und abgeschnitten bis zu einem ge-
0k wissen Alter am StanfrAe wieder ausschlägt; Nadelholz,
^welches schmale, nadeiförmige Blatter, harzige Säfte und keim
^Fähigkeit des Stockaussehlages hat (die, Lerche, WeiTstafine etc.
csprofst arn Stamme, der Taxus und Wachhoicter vom Stocke
«wieder aus!) ... kDer Stamm ist der gerQdaufstehende
g.Theä der Holzpßanze (die Pfahlwurzel steht auch vertikal!',
tLund -— wenn er sich in mehrere Theile vertheiltj so nennt man
f dies Zweige oder Aeste (eine solche Verzweigung ist stets vor-
lihanden) . • • . ^Sis (die Knospen) unterscheiden sich vom
^Saanitn dadurch j dq/i sie durch einen blossen Act der Fege-
Station erzeugt werden j während bei diesen das Zusammenwir-
4fken der ^Gesehlechtsthede (ohne »Act?) bedmgt wird
f^Bei einigen Holzarten, wie z. B, beim schwarzen Holliaider,
^trifft* man. auch alles dies (Biüthe-, Laub- und Holzknbspea
«vereint) vereint (nicht auck bei Eichen, Bachen und sehr v!e-
«fen andern?). . . . % In Hinsicht ihres Sitzes t heilt nian sie
0iin Spitzknospen ( Erdkifos'pen I ) und Seitenknospen.
4. Aas jenen entwickelt sich die P^erlängerung des Baumes und
^d^n Zweige, und sie stehen deshalb mit der Marksäule,, welche
a durch den gqnzen Baum geht (')> ^^ unmittelbarer und enge-
i^rer F'erbindung (^)ß als die, aus denen die Blätter und Sei-
^tenzweige des Laubholzes entstehen, welches sie deshalb auch
K, allein hat, da dem Nadelholze von Natur blofs Spitzknospen
4i eigen sind^ welche einige Nadelholzarten ßrst , wenn sie verlo-
4.ren sih^, durch Seitenknospen zu ersetzen vermögen (nunwahr-
«hafti^j das heilst die Ausnahme zur Kegel, und die Regel zur
«Ausnahme machen!) 9. Die Oberhaut C Epidermis) ist
4^ wesentlich von der Binde .verschieden, indem sie aus blofs saji'
^ülofcn (1) Häuten besteht (wieder nur ausnahmsweise bei einl-
«gen Holzarten am Stamme i! ). Sie entsteht durch Einwirkung
4t, des Sauerstoffs in der Luft, indem diese eir^e Verdichtung der
^Lobern Rindenlage erzeugt und sie gewissermassen desorganisitU
«. — ^. Jungen Gewächsen fehlt sie ganz, indem sie erst mit zw
4L nehmenden Jahren entsteht, *»o sie dann immer stärker m^d
€Jtpaltig oder schuppig wird, auch bei manchen Holzarten, wie
4LZ,Bi der Platane abblättert (wer traut hier seinen Augen?)
«Die festen (JBestandtheile die P£i. ) sind a) die Holzfasern, If)
« das Mark, cj das Zellengewebe, welches man Rinde nennt, «"«
4k das in der Kunstsprache Fleisch (Parenchj'nejl heißt.,. \*^ Wenn
4Lmian diese festen Theile des Holzes (Holzfasern) in einfache
/
Pfeil, Anbituog z, Be^iuodlung etc. 4, Forsteq. 499
^Sibffe scheidet s so findet man, dafs sie mts Kohlenstoff, Schwe^
Afdstoffß Phospkorstoff, MetäUstoff,- Alkalien und Erden be^
umstehen ( ob diese chemischen Ansichten in Berlin, Beifall ündeii
ßk werden ? }. . • « Die flussigen Bestandtheüe , der Pß^ sind , —
<wie mm gewöhnlich sagt^ — Luft und TVßsser , folglich die
iL Stoffe, aus denen diese bestehen : Wasserstoff, Sauerstoff und
iL Stickstoff (^9nch S. 5 t ^ird nochipak der Kohlenstoff mit dm
« Stickstoffe -vei^wechsielt ! ). » ^
Hoffentlich reicht dieser Auszug' hin, um sich von der kla-
ren, von Gelehrsamkeit freien Darstellungsart (wie sie der Vr/l
versprochen hat >, so wie 9uch von den naturwissenschaftlichen
Kenntnissen und Unterffchtungyweise des Verfs einen richtigen
Bicgriff zu machen« Nichi weniger liesse sich vielleicht hierin
jder Grand finden,, warum der Verf* früher %o sehr gegen die-
jenigen sieh e];eiferte, welche die Naturkunde etwas tiefer und
gründlicher behandelten^ und warum er seine Schrift für ein
Publikum (kleine Privatwaldbesitzer etc.) ba^timmte, bei dem,
mit diesem Wenigen auszureichen, ihm vvobl möglich sclueiu
AJJfin nicht gerade das Beschränken-^uf Weniges aus der Na.-
turkttode wollen wir dem Verf. zur ' Schuld rechnen , sondern
dafs dieses Wenige höchst oberflächlich und meist grundfalsch
gegeben ist, also Irrthümer gelehrt worden sind. In dem na-
^urhistorischen Theile papchte eben auch selbst dieses einen g<»-
ringern Nachtheil bringen , als daf^ leider sogar die wichtigsten
Theile der g^^nzen Forstwirthschaftslehre , voll von solchen Irr-
lehren sind, weshalb wir aifch von diesen etliche noch au&lie-
ben, um die Wissens<ibaft gegen Rückschritte und diCv Wälder
^egen gorobc iMifsgriffc zu schützen. SeitQ 108 heifst es: n^Die
« Besaamungsschläge der Eichen , Rüstern , , Ahorne, Eschen,
^Linden und ff^ei^buche/i verlangen gleiche Behandlung, und
« die der Buchen ist . bloß darin ' abweichend , dqfs sie längen^
^ Schalten' verlangt; deshalb wollen wir die Eiche als Brprusen^
4Ltanien aller dieser Bäume betrachten, und was bei ihr gesagt
4. wird, gilt auch filr^ die andern, wo jedoch die etwanigen Ab-r
4L weichungfn am Schlüsse angeführt werden sollen* • . • * Die Kie^
^Jer wird die Norm zur Befhandlimg der Saamenschl^ge im jIVc-
4Ldeliolz geben, wobei die Abweichungen ebenfalls bemerkt wer-
4Lde7^ soüen,'»' Liegt in diesen wenigen Worten nicht ein wahr-
Juifter Frevel gegen alle £|riahruttg» und alle über den betref-
feodeo Gegenstand bestehende, und von den ersten Forstmän-
ner Deutschlands aufgestellte Orundsätz^e ? —, Ferner 5. 190 liefst
maii : c . .; . . Dkse Betrachtung . üt^vojrzugUch den F^rstbesitzern
eLxu £aiafeiUn, welche ein ürtueil onne weitere Untersuchung
maui den äussern M^akmehmungen entnehmen Collen, Dies zur
^Phrermnenrng, die pieUeicht nicht hierher gefrören mag, aUeitt
32*
\
5oo Pfeil, Anleitung z. Behanblung etc. d. Forsten.
€ nach dem dieser Schrift i»orschwehendem Zwecke ahsiehdich zur
€ Anwendung allgemeiner Grundsätze auf ein specielles Beispiel
€ gewählt wurde , um zu zeigen , wo und wie diese angewendet
€ werden müssen,'» — Letzteres einstweilen wir Probe,« wiie Hr.
Pß, seine öfteren, höchst unpassenden Abschweifungen vom Haupt-
gegenstande zu entschuldigen weifs. Eben solche grundfalsche
Anleitungen, wie sie der Verfasser obeti für die Behandlung der
Bcsaamungsschläge ertheilte und ausführte, giebt er Seite 299
anch für die Durchforstungen im Hochwaldc an, indoni er sagt:
«5*0 wie der starke (gute) Boden mehr Getreide -Pflanzen näh-
eren kann, als der leichte und schwache^ so kann auch auf dem.
0. guten Boden mehr Holz wackyen und seine Nahrung finden,
^als auf schlechtem, und wo das Holz gleich dick stehet, da
^mufs die Durchhauung im letztern deshalb stärker seyn, aÜsim
4. erstem. Man hat deshalb y weil die Pß. in schlechtem Boden,
41. kleiner bleiben, geglaubt, auch mehrere Stämme stehen lassen
AZU dürfen, allein diese Lehre ist eben sofaisch, als die, daß
€man das Korn im Sande dicker säen müsse , als im ^ff^aitzen"
« boden , weil es sich in jenem nicht bestärke , wohi aber in die-
Asem u s, w,"^ -^ Möchte Hr. Pfl.' in dieser Hinsicht doch nur
$eine eigne und andere Holzbestands - Tabellen , ausserdem aber
die von Thär mitgetheilten Fruchtsaatmengen auf verschiedenen
Bodenarten , vergleichen , um seinen Frevel an der Wahrheit
zu erkennen nnd la^t zu widerrufen!
Ref. glaubt nicht, seine Kritik auch auf den zweiten Band,
der im Werthe dem erstem durcbbus nichts voraus hat, ausdeh-
nen zu brauchen., Nur eines sehr auffallenden Widerspruchs mit
sich selbst, dessen der Verfasser sich schuldig macht, mufs Ref.
hier noch erwähnen. '
In der Vorrede zum ersten Bande sagt er nämlich : « Die
€(in dem Werke ]i öfters statt findenden Wiederholungen, (lei-
«der Folgen einer, in jedem Buche sehr widrigen Unordnung
«im Verfolge der Sache selbst!) sind absichtlich, um die idtge^
4. meinen Lehren auf jeden besondern Fall arizuwenden, da ¥ieU
e. Leser di6 Anwendung nicht suchen, sondern vorfinden wollen.^
— In der Vorrede zum zweiten Bande drückt sich Hr. PÜ.
eben über die Weglassung niehrcrer erläuternder Beispiele wört-
lich folgender Gestalt aus: € Nicht die Form," sonderr^- der
Ml Geist, in welchem die Fotsteinrichtung etc* etjc. geschehen sM,
€war Absicht zu geben. Wer den zweiten aus dem Gegebenen
kfHcht zufassen, vermag ^ dem kann die erste nichts nutzen, die
€, über dem nicht so wesentlich ist. Das beste Beispiel zur Anwen'*
e^dung ist, wenn jemand seinen Forst unter allen ^Verhältnissen
iL sich selbst genau darstellt und die Anwendung des Gelehrten
^.darauf versucht, ehe er zur wirklichen Anwendung sehreiiet.^
I
Rö'der practi$cbe:BrviGkeabaukunde vergL Ht/ iioi
Widicrsprüclie dies^er Art fallen allerdings weniger auf, als wenn
man gegen^värtig den Verf., in. einem Berufe und jn einer Stel-
lung findet 9 die er iq seinem früheren Werke über Bildung und
Unterriebt von S,. i5i bis 177 sehr weitläufig namentlicli für
den Preussischen Staat als unzweckmässig darstellt. — r R^fer.
schUeCst n^it dem Wunsche, dafs Hr. PH. durch diese und an-
dere ihm nachzuweisende starke Inconsequenzeu etc* etc. künf-
tig sehonender gfgen Andere, gegen die er naniei^tlich am Schlüsse
der Vorrede zum zweiten Bande abermals wahrhaft beleidigend
^usfülk und aufmerksamer, ai^f sich werden, . üuch weniger auf
eine, gewisse' BierühmtheU, als auf ^ahre Nützlichlichkeit hinwir-
ken, möge« H*
Prac tische Darstellung der Briickenbaidiunde etc.j fon Rödeh,
Zweiter Theilj den Bau der hölzernen, eisernen ^ und bewege
liehen, so wie d^r NothBräcken enthaltend, nebst XV Zeich--
nungen, 356 S, in gr. S, Darmst. 48^4 b, J. IV, Hey er.
JÜirster Abschn. Die Erjfauung hölzerner Brücken enthaltene^»
Emleit* Hiet blosse ClassiUcirung der verschiedenen Arten höl-
zerner Brücken. /. Cap, Von den Holzi^erbindungen. II Cap.
Gemeine Balkenbrücke; Erklärung ihrer Theile und deren Anord^ .
nang. Allgemeine Betrachtungen darüber. Zu den Mitteln, die
Dauer des Holzes zu verlängern (S* 17) gehört auch das Trän- •-
kea desselben in. Salzwasser. Sehr richtig sagt der Verf. dafs es
uns noch an hinlänglichen Nachrichten über die Dauer hölzerner
Brücken fehlt; wenn er aber hinzusetzt, dafs wir darum blofs
im Allgemeinen die beiläufige Dauer einer gut unterhaltenen '
hölzernen Brücke auf 4^ — ^o Jahre annehmen können , so hal-
ten wir dieses Urt heil des sonst' so sachkundigen Verfs. doch für
allzu oberflächlich, da sich ini Allgemeinen gar kein' Urtheil
übej^ diese Disiuer fällen läfs^^. Die Umstände, welche auf die
Dauer Ein^ufs haben, sind zh mannigfaltig, als dafs sich eine
bestimn)te^ Dauerperidde festsetzen iiesse, da ohnehin nicht ab-
//u^ehen ist, -was man dem Betsatze: im Allgemeinen für einen
Sinn beilegen solle. Einer gut unccrhaltenen Brücke kann man
ewige Dauer gewähren, wfe den Scliinderdächcrn auf dem
Schwarzwalde, wo die wachsame Polizei die neue Anlage gan^
zer Schiiuleldächer niclit mehr gestattet, aber ruhig zusieht, wenn
im einen Jahre das erste Viertel, und so im 4^'*'' Ji»l>re das letzte
Viertel mit neuen Schindeln belegt wird, so dafs durch diese gute
Unterhaltifng die Schindeldächer ein ewiges Leben erhalten. Üc-
i}erhaupt wird dieser wichtige Gcgenslaud von den practischen
Soll Röder practische Brückenbaukuode vergt. Ut.
Schriftstellern nur. zu Iei<;e ^,erahrt. Die Tragbarkelt (Tragfrraft,
Tragvermdgen) des Holzes, deren Datier übrigens auch diircli
Schuti( gegen die freieren Angriffe von Luft, Regen etc. vcr-
grdssert werden kann, nimrmt begreiflich nur allmahlig ab. Eine
Brücke, welche nur 800 Centner zu tragen- vermag, kand nacb
einer gewissen Reihe von Jahren dbCh^ noch 4oo, weiterhin noch
200 tragen. Und da wir einer neuen Brücke eine^ Tragkraft
^ebeu können, bei der sie zwischen zwei Jochwänden anfänglich
1600 Ctr. zu tragen vermögend wäre, indefs auf dieser Strecke
nie ei^e zufällige Last von mehr ak i6o Cirn. eintreten könot^
so vvürde sie hierzu atich nach einer langen Reihe von Jaliren immer
noch Tragvermdgen genüg übrig behalten; man würde ihr eine
ungleich längere Pauer zuschreiben müssen, als eine/ Brücke,
dciren anfängliche Tragkraft nur =: 600 -Ctnr. wäre. In Hin-
sicht auf so mancherlei Umstände ist daher ^es Verfs. Bestim-
mung der Dauer von 4^' — 5o, Jahren gdnz unzulässig. £s
bleib) immer wichli<>[ in Bestimmung des Tragvermögens bestimm-
ter Strassenträger wirkliche Anlagen vor Augen zu haben, hei
welchen Sti-assenträger von bestiihmter Länge und Dicke, sich
selbst als vollkommen hinreichend aussprechen. Der Verf. be-
nutzt hierzu einige vort jihm angegebene Brücken, um ,für be-
stimmte auf diese Brücken beschränkte Fälle genugthucnde Ab-
messungen vor Augen zu haben. Dafs man stärkere Hölzer ge-
brauchen müsse, als dos absolute Erfondernifs zur Sicherheit er-
beischte ( S. 21 ), hat seine Richtigkeit, wenn man unter dem
absoluten Erfordernifs zur Sicherheit das Erforderliifs versteht,
wobei die Festigkeit des Holzes mit der gröstmöglichen brechen-
den Kraft, die ihdi beim Gebrauch der Brücke jemals ^u Theil
werden könnte, wenigstens im eistet] Jahre mit aller Zuverläs-
sigkeit im Gleichgew iclite ist. £s ist aber damit, dafs die Fe-
stigkeit das absolute' Erfordernifs uberlreÄ^^n müsse, zu wenig
gesagt. Man darf fordern, dafs die Festigkeit i3 Mal so grols
sejn solle als nach jenem Erfordernifs nÖthig wäre, was wir
auch ^ als des Verfs. Meinung anffehmen müssen. «Pccuuiärer
Vortheil sagt der Verf. (S.ai) kömmt dabei nicht heraus, denn
die Rosten wachsen nach dem Quadrat der Holzstärke, die län^
gcre Dauer aber blofs wiif dies£ seihst, t> Rec. kann in diesen
Satz auf keine Weise eiustinimei^ Wir schreiben vielmehr ei-
nem z. B. 16/ölIigen Baikeil weit mehr als die vierfache Dauer
eines 8 Tolligen zu* Ist der iGzÖllige Balken ringsum z, B» 3'
Uef angegriffen, so gilt er noch für einen la zölligen; ist der
S zöllige ebenso angegriffen, so gilt er noch für einen l^^^\\\gtu;
der ta zÖUige ist aber beiläufig 27 Mal so stark als der ^wMyge;
Letzterer könnte schon «brechen , indefs ersterer noch eine lange
Heihc von Jahren ausdauern könnte. Festigkeit oder Tra^ver-
I '
Rt^döf practi&Qbe ^ückenbaubunde Tergl. Ht; äo3
radgea und Dauer smd fretlicb EigeiiseWten van ganz verschie-
cleticj? Art) aber offenbar hat der Verfasser bei dieser Verscliie-<
deabeit ihre Abhängi<;;keit von einander 4us dem Auge verloren.
Es ist doch kiar, dais.bei gleichem jährlichem, Aufwände, y/venn
solcher das Capital selbst angreift, ein Capital von 18000 Gul*
den tu einem, erforderlichen jährlichen Aufwände von z. B.
i5oo Gulden in vveit gr(>sserm Verhältnisse als dem 18:6 oder
^ ; ^i- ausdai;^erty als ein Capital von 6000. Und es hat mit un-
serem Gegenstande ziemlich di^elbe Bevrandnifs« Der Verf«
betrachtet die Belastung einer Brücke im Falle , wo Kriegsvolk
eogC' zusammengeschlossen über dielelbp schreitet, alt die gröst-*
möglich« zufällige Belastung, und setzt hiernach das Maximum
der zufalügen Last für jeden Q Fufs der BrCickeuSäche :=: 4^
^* Colin. Wir* wollen, weil wir nicht wissjea, ob es der Vrf.
in der Folge nocK berühren wird, nur vorläufig dem Leser noch'
bemerken, dafs hölzerne Brücken häufig gopflasiert werden; dann
wird selbst bei einem niedrii^eu Pflaster der hierqiit verbundene
Diuck viel grösser als das Maximum irgend** einer zufälligen Be-
lastung« ///. C^p, Besondere Besi immun gen für diß einzelnen
Theüe einer genuinen Bcdkenhrüche. Hier wird die Tragkraft
fiir 45' lange, i4 breite und a6 " liohe Slra$s«>träger bestimmt,
und es erhellet, düfs mit einigen leichten Verstärkungmittcln^
sogar L^ei angelegtem Pflaster, die Brücke noch eine zufällige
Last voB 45 %. auf jeden Qoadratfufs mit kinlängircher Sicher-
heit (nämlich i3. 4^ ^, bis zum' Brechen) auszuhalten vermö-
ge« -^ Aber wie lai^e? der Verf* sagt auf Me längste Dauer.
Oben hatte tt schon' von 4^ •'— * 5o Jahren hei guter Unter fiol^
twig ^esprfwshenj wir müssen also hier vrohl eine Dauer von 5q
Jahtea iei ^guter Unterhaltung versleben. Dieser Zusatz von gu«
ler Unterhaltung vernichtet, wie wir «iben schon bemerkten^ al-
les B^siirnmie iia Bezug aujT Dauer. In Bezug auf die nöthige
Festigkeit der Jpohpfähle kann Äa$ Einrammen iis zfim Stehen
ibicbts entscheiden, und es mufs dif^Be v4>o practischen Schrirt-
tftellern überall so sehr empfohkiip Regel, näher beschrankt und
oiit Vorsioht gebraucht werden* Man kaim durch vveichereot
Bode» unvermuthet auf festen .Felsen kommen, in welche^ die
Pfahle nicht niehr eindringen iind wo es den bis zum Stehen
eltigetrid^eaen Pfählen noch sehr au Stabilität feMt« SqU das
Einremmen bis zum Stetten den festen Stand g.ewähreQ| so müs'-
fen die Tiefen , um welche der Pfahl mit jedem neuen Schlage
liefer eiiidringl, aUmähUg abnehmno. £s .otbls nicr allmählig da-
hia kommen, da£s .man mit einisn 8 Centner schweren Ramm-*
bare bei 3o SchlSgeo nitht mehr «ber einen Zoll tiefer kon^mt.
Erst »ach einer solchen allmäbligen Abnahme kann ferneres Nie-
dertreiben bis zum Stehen sehr grosse Sicherheit gewähren. Der
5o4 Röder präctiscbe Brückenbaukunde vergl Ht.
Verf. giebt Mittel an die Hand, wie niiao sich in Fällen, wo
die Jochpfäiile nicht tief, genUg eingerieben irerden können, zu
helfen habe/ welche bei mehreren französischen «Fochbrnckeo
wirklich angewendet worden sind. Aber , diese -Mitiei sind ge-
lten starke Eisgänge nicht hinlänglich. Hier .kommt der Vei^f.
auch auf die Bepflasterung einer hölzernen Brücke; er fiudet
den Druck eines zweckmässigen Pflasters zu i35 also jgemii
3 Mal so grofs als das zu 4^ %♦ angegebene Maximum der zu-
fälligen Last. Da die Festigkeit des Holzes bei einer ^ Brücke
in einer Zeit von' lo Jahren schon bedeutend abnimmt^ so fallt
ins Auge, daf& eine solche Brücke schon in blossem Bezüge auf
das Pflaster keiner langen Dau/sr fähig ist. . Der Verf. verwirft
daher auch nach Rec. Ansicht mit allem Recht die bepflasterteo
hölzernen Brücken, und nennt die ^am^^r^^r liölzerne Bogeu-
brucke als ein warnendes Beispiel. .
IF". Cap, Die Einrichtung der Balkenbrüeien mit Spreng-
und Hängwerh Dieses Capitel ist mit ungemeiner Sorgfalt und
einer ' Umsicht und ti^larheit bearbeitet, die man nur von einem
wohl überlegenden und genau prüfenden Sachkundigen ^erwarten
kann. Die Mannigfaltigkeit der dabei betrachteten Combinationeo
ist zu grofs, als dafs Rec. sich in ein näheres Detail ' einlassen
könnte. F". Cap^ Beispiele von Hänge - und Sprengwerken ms
geradlinigen Hölzern. Trajans^ Brücke über die Donau, welche
auf der römischen Triumpfsäule mit steinernen Pfeilern und facil-
; zernen Bögen abgebildet sej, beureise, dafs die Kunst hölzerne
Brücken zu bauen, schon damals auf einen hohen Grad gestie«
gen gewesen %ey^ Mit dem Palladio begann nach dcni Verf,
eine neue Epoche für den Brückenbau mit - Sprongstr eben, und
in seinen -Anordnungen lagen s(;hon die< ersten • Ideen von hol-
zernei^. Bogenbrück en.* Wenigstens .bemerkt man dabei eine^
sehr leichten Uebergang zu diesen Ideen» Man findet' hier Zeieb*
nungen der Brii^en von Cahors , \on Lanneauj von Sl CUir
und von MulatierCj sÄmmtlich in Frankreich, vv eiche der Verf.
Wt Einsicht benrtheilt, und die zu dem Schlüsse, führen, dafs
die Franzosen im letzten Viertheile des vorigen Jahrhunderts im
Bau der hölzernen Brücken noch • nicht so > weit gekommen wa-
ren, als in dem der steiaerneii. 'Sie wurden von schweizeri«
sehen Bauiueistern weit übertrofFen. > Zum Beispiele dient die
Schaf häus^r Rheiubrücke, die der Zimmermann Ulrich Gruben'
tnann schon 1767 erbaute. Sie wurde 1799 von, den Franzosen
verbrennt, und es vSrdieift bemerkt zu werden, dafs sie in den
42 Jahren nur einer einzigen Reparatur bedurfte. Eine andere
hier in Zeichnung dargestellte Brück (?,• im CautoB Bern vom
Ziraincrmeisl<»r Ritter ist nicht minder meikwürdig; sie hat eine
SpaiittWeilG von 161,6- Die meikwüi^ig^ten Bauten der Art
Röder practische Brück^bauk^tnde yergh KU So5
• ' . ■ - . .
sind aber die Brücken von Wettiikgen über die Limmsft Cvon
schon gedachtem Grubenmann und seinem Bruder) - mit^ 878 j9il;
Spannweite (im Jahr 17;^ 8) und die vom Sirassenbaudirecior
Groofs in GalÜzien mit 332 rhl. F. Spannweite (im J. iBoB),
von -welchen hier gleichfalls' Zeichnungen mitgetheilt sind. Ein
Beispiel unvollkommener Bauart einer gesprengten Brücke . in
Frankreich liefert die Zeichnung der Brücke St. Clement sur
Durahce bei 111,^' OeiFnung (im.J. 1793)', die schon 181^
nicht mehr bestand» Gauthejr und> der Verf. geben muthmafs-
liehe Gründe dieser kutzen Dauer au; Reo, ist aber, da 'die
BeschaflGenhelt der Widerlager nicht angegeben ist, der Meinung,
dafs der Grund davon vielleicht im Nachgeben der Widerlager
mit gelegen kaben könne , nach deren nur geringem Weichen
die Stirnrippen dem mächtigen Druck nicht mehr- htnläiigUclt
■wide^tehen konnten. Auch die in Zeichnung mitgetkeiUe
407,6 weit jgespanute Brücke von Stadt du Rhone, die dem
Ansehen nach stärker gebaut erscheint, stürzte schon zusaiämen,
da sie noch nicht vollends das Alter von i5 Jahren .erreicht
hatte. Eine musterhafte Einrichtung zeigt dagegen die in Zeich-
nung dargestellte Landsberger Brücke, welche ein .teutschev
Brüekenbaumeister im J. 1807 übert den Leck erbaut Hat.' /Für
die ersten Arbeiten angehender Ingenieurs theilt der Verf. einigo
Entwürfe von kleineren sehr einfach gesprengten Brücken räic.
f^I, Cap. Das Krümmen der Balken und deren Tragkraft i/i
diesem Zustande, Methoden zur Krümmung der Balken , und
Bestimmung der Gränzen "ihrer Krümmung werden nach ff^iebe"
hing mitgetheilt.,' Auch findet man hier den nöthigen Uhterricht
Ton den Bohlenbogcn , ihrer Verfertigung , Gebrauch und Trag-
kraft nach Funk*s Untersuchungen und Erfahrungen; .Der Verf.
zieht die JViebekingschen Bogenbalken den Funkscken Bogen-*
bohlen vor, was so ziemlich die allgemeine Meinung seyn wird«
Rec. ist aber der Meinung, dais es noch, zu frühe seyn möchte,
hierüber mit wolliger Bestimmtheit zu entscheiden, zumal da man
sich bei den Bogenbohlen mit( gröfstem Vortheile des Eiclu^u-
holzes bedient. «Die Festigkeit 12 fach über einander liegender
Curven mufs, sagt. der Verf., noth wendig bei gleichen Längen
und Breiten nach dem Verhältnifs (nh)'^ und nickt n.h^ taxirt
iiv erden,» ( welch letzteres Verhältnifs Funk und Späth anneh-»
men"). Funk und Späth sind allerdings durch die Wiebeking-
scben Erfahrungen hinlänglich widerlegt, aber weder durch di^se
noch 'durch theoretische Schlüsse ist bis jetzt die . Noth wendig-
keit der Verhältnifsuahl (n h ).^ bewiesen worden; sie könnte
ja auch z.B. n^ h^ seyn; 'höchst 'wU^^rscfieinlicli lallt Vii» zvi'i-f
sehen 11 h 2 und n^h\ und es vv^c^iu der That vor a&gc^ach-
'' %
4',..'
6o6 R&der practisdba^ Brückcnbaaltmide vergl« Ht.
ter Sadie tebr niiftUcliy in der Ausübung' di« Z«U n^b^ zur
Richtschnur nehmen zu wallen. Möchten alle Schriftsteller sich
so,, selten des Yorvrurfs einer Uebereilung schuldig machen !
Am Schlttss diesem Capitels sagt er, Lan,gsdorf*s Bestimmungsart
gebe fiir die schwächste Stelle eines Bogenbalkens bei Halbkrei-
sen die Mitte Kwbchen dem Anfange und dem Scheitel des Bo-
geas;,8ie fällt aber nach der rom Verf. selbst angeführten Stelle
der LangsdorfscKen Strassen - und Bruckei^aukunst zwischen
57^ und 58^ von unten nach oben 9 also merklich über Ji«
Mitte hinauf. Die A.ngabe Ton Fi|nk ist augenscheinlich im All-
gemeinen unrichtig, da sie auf sehr flache Bögen und gerade
Balken oder Bohlen offenbar unanwendbar ist. Frühere yntei-
suchungen über die Erscheinungen^ von welcheu Brüche bei Bo-
genbalken abhängen, hat der Verf. nichtgehörig benutzt, weil
er sie für die Ausübung entbelu-lich . hielt« Dadurch ist in die-
sem Bezüge sein Vortrag hier doch etwas zu oberflächlich ge-
worden. yJL Cap, ' Hänge 7 ufid Sprengwerke €uu krummen
Hölzern. Balken - und BohUnhögen. In Bezug auf die Kenot-
aifs der Vortheile von den Sprengwerken mit gebogenen Tra*
men lafsC der Verf. dem teutschen Hjdrotekt Fuchs die Gerech-
tigkeit widerfahren, dafs von Ihm diese Epoche an^i^efaugen wer-
den müsse. Die grosse Brauchbarkeit dieser Fuohsischcu ßögeu
ber Jochbrücken wird durch beigefügte Zeichnungen dargelegt,
auch werden noch Mittel zur VergrÖsserung oder Erweiterung
ihreir BraucUiarkeit angegeben, und, wie sich wohl .von selbst
irersteht, .frühere Vorschläge hier benutzt, da der Verf. von aller
Partheiligkeit und Selbstsucht weit entfernt ist. Bei der hier
angeführtf^n Langsdorfschen Formel zur Bestimmung der Seökuog
für ßälkenbögen hätte nicht unbemerkt bleiben sollen^ dafs sie
die Senkung in Fufsen oder in Zollen angiebt, nachdem nun
die Grössen -W und H in Füssen oder in Zollen ausdruckt.
Man findet übrigens hier auch ausführliche Berechnungen zur
▼ollständigen Anwendung. Hiemächst fol|;^en noch BeschreiLuu-
gen und Zeichnungen einiger hedackten Bogenbrückeu , der voa
Etzdß der von Feldkirch und der von Metluigen, die von dem
Verf. gehörig gewürdigt werden. Der Verf. kommt annmehr
tu den Wiebekingschen Btigenbrücken ^ und' hat b«i der Be^
Schreibung die erst «810 erbaute von Neiiburg in Baiern vor
Augen. Bei dieser Gelegenheit auch etwas von Bogei\brückea
franzosischer Ingenieurs , die aber 'in diesen Bauten den Teut'
sehen weit tiachsrtelien. yilL Cap. Beispiejie. »von hölzernen ßo»
genhrücken. ■ Wir finden hier die Zeichnung der Brücke von
ScwTc über die Saöne mit 9a' Spannweite; jede der 5 Ripp^^Q
besteht aus 3 Curven zu to' breit uiid i4»5"' hoch; sie hat
eoncentrische Hängesäulen ; die Zeichnung der Brücke von Chazrr
Bfider practisclig Bdidkenliimkundö va*gl. 'HL S07
^
^
nt 6^' Spann weile und 4 Rippen, jede mit a Corven. öautheyf
ruboit die^e als Hauptmuster für Bogenbrdcken, wofür sie abei^
nach des YjBrfs, ( aud» nach Ree. ) Unheil nicht gelten kann ;
die Zeichnung der Ton Gauthey erbauten Bpgenbrücke Ton
^ou^nas Aber die Sadne, mit 87' Spannweite und 6 Rippen^
die Zeichnung der Brücke von Chrisy über die Seitie mit 5
Oefffiungen von 63,73' Spannweite. Statt h^lierner Streben
T^ähien die französischen In^genieure meistens eis«frne, die der
Verf. ausseht guten Gründen verwirft. Ferner Beschreibung
der Brücke de la fraterniie zu Paris mit 97' Spannweite, die
ganz ini£slungen war^ da sie nicht einmal sich selbst zu tragen
vermochte. Üeberhäupt stehen die Franzosen im Baue hölzerner
Bogenhrücken gegen die Teutschen weit zurück, weil sie voa
einem- teofscheii Brüekenbaumeistery %on Wi^beking. nichts ler^
neu wolle«. Die&er teutsche Ingenieur hat uns Constructionen
Von BrÜdcen in biniä^igllcher Anzahl vorgelegt, um wühlen zu
können, zdmal jetit, da die Erfahrung die sicherste Kritik über
iiie geliefert haf. £s folgen nun mehrere dieser^ Wiebekingschen
Brücken { au^ mit Belnerkungen, welche auf die dabei gemach-«
ften £r(ahrüogen Bezug haben. Hierher gehören die Brüeke von
Neu-'Oettinjgen ^ber den Inn; die FrefSMger'^ti\c\ie über den
/^ÄT», mit 159' (bairiseh) Spannweite; die Rotthrücke, die Ett^
tuiffei*^ dift BieietuhbfBr,^ die Irrsinget , die Augshurger über den
jLeckj die Bum6ergei* über die Regniiz. Bekanntlich hat W.
noch mehrere in Baiern erbaut. Mit Recht tadelt der Verf. da£i
die wenigsten der Wiebekingschen Brücken steinerne Wider-
lager haben 4 und daCs solche überall zu frühe mit Tiieer oder
aiedendem Leinöhl bestrichen worden sind^ womk sie nur um
io bälder der Fäulnifs ausgesetzt wurden. Die Kritik, der er
•die Wiebekingschen Constructionen ohne Taddisucht und %ait
gebührendem Lobe und Anerkennun;^ der grossen Verdienste
dieses Baumeisters unterwirft) i^t immer beiehtend und' zeugt
von gediegener Sachkenntiiifs und Ueberlegtheit mit dem ichön--
sten Schmucke der ßescheidenhei€k £r kommt nun zu den
Funkschen ßohi<$Fib6gen y denen er gleichfalls 'Gerechtigkeit wi«
derfahreh läfst. Wenn einerlei Gegenstand in mehreren Capi«^
teln vorkommt, so mufs man bei diesem 'mehrmaligen Vbrkom«
men dieveracliiedenen Ueberschriften der nach einander folgenden
/ €^p. vor «Augen haben. IX, Cap. Die Ausführung hölzerneP
Brücken, Der Verf. ist hier so umständlich und ausführlich, wio
es dem Zwecke einer vollständigen Belehrung für noch uner-*
fahme angehende Ingenieurs entspricht, von den allerersten Ar«^
bciten anfangend und so zvlt Zusammensetzung und allmahlig
hervortretenden Gestaltung immer weiter fortschrdtend« Das
Abbinden einer Bogenbrücke im Flasste an Ort und Stelle, wo-r
V
5o8 Roder practische Brückenbaukiinde rergi Ht,
^
hin *siö bestimmt ist, ziehe der Verf. dem Abbinden auf dem
Lande aus guten Gründen vor. Die Construction der Wiebc-
kingschen Brücken müsse jeder Kenner als musterhaft anerken-
Ben; alle Gebrechen, die man diesen Brücken bisher habe bei-
messen wollen I sejen nur in dem jeder hölzernen Brücke nach-
iheiligen Nachlasse der Spannung zu suchen. Wir stimmen zwar
im Allgemeinen in das Lob ein, das er dieser Construction wi-
detfahren läfst, da aber doch klar ist, dafs mit dieser Construc-
tion Erscheinungen verbunden bleiben, die nicht* bei y Wer. Aö7«
zemen. Brücke eintreten können, so wäre näher zu untersuchen,
welche besondere Erscheinungen diese Brücken von andern hol-
zerned zu ihrem Yortheile und zu ihrem Nachtheile auszeichnen;
auch würde eine nähere Vergleichung dieser hölzernen Bogen-
brücken mit steinernen sehr, nützlich sejn. Bei erster ea befinden
sich die gekrümmten Hölzer in einem äusserst gezwängten Zu-
stande, was bei Balkenbrücken d^r Fall nicht ist; bei jenen übt
die Brückcostrasse einen beddutenden Seitendruck gegea die Wi-
derlager aus, da letztere nur lothrecht drücken« Bei grossen
steinernen Brücken kann die tufäUige Last als unbedeutend ganz
ausser Acht gelassen werden, bei hölzernen Bogenbrücken ist
sie von grosser Bedeutung, und die Widerlager und. Joch wände
leiden bei jeder Ueb^fahrt eines oder mehrerer hinter einander
folgenden Fuhrwerke plötzliche wechselnde Eindrücke , welche
die der freien Brücke sehr bedeutend übersteigen, und. eben
dadurch für die Stützpunkte ^bemerkbarer, und nachtheiliger wer*
den.; Hierzu kommt, dafs kein Balken an seinen Endstücken
gekrümmt werden kann) sondern da immer geradlinig auslauft.
X.. Cap, B^timmungs gründe fhr die Wahl einer BrUckenart;
Aafstellung sH>n V eher schlagen t Bei gleicher ^ Zweckmässigkeit
. .«Bt^chiedcner Brückenarteu müsse man immer die wohlfeilere*
wählen\ Wäre, sagt er, K. das zum Baue einer steinernen
Brücke erforderliche Capital, k das zu einer hölzernen; J die
Zinsen von K, i die von k, für die Periode, nach welcher die
hölzerne jedesmal wieder von Neuem erbaut werden müfste, so
wäre das Kostenverhältnifs nach n solchen Perioden =r (^
'X n. J): n fk X i); mah sieht hieraus, setzt 'er hinzu,* Vfl/J
endlich ein Zeitpunkt kommen milsse,. wo die Summe edler. Bau'
kosten saptfnt den Interessen, ohne noch Zins auf Zins zu rech'
nen hei einer hölzernen Brücke denen einer stejinernen gleich kom-
-men und sie endlich übertreffen werden, — Quandoque boniiS
dormitat Uomerus. Hätte der Verf. nur bedacht , ^afs J '=^
k X.i seyn könne (und sogar > k X i), so würde er sogleich
beiAerkt haben, dafs sich .obiges Verhältnifs in das (K 4" "*
(kX.i): n(kxi) verw/andle, also in diesem, Falle die Ko-
sten der steinernen Brücke in alle Ewigkeit grösser bleiben als
\ \
»,
Röder practische Brückenbaukunde vergl. 11 1 509
die der lialzernen. . Die angenommene' Voraussetzung* gehört
iaber nicht unter die unmöglichen ^ ' denn es ist der Fall nbck
denkbar y dafs J =9 iodoo Ü. und k 4- i auch nur =: loopo
ü. ^äre. Und, wenn Rec. sich nicht irrt,- behauptet Wiebe-
king selbst, dafs dieser Fall oft eintrete« 'Dann glaubt Rec. ia
Sezug^ auf Zinisen noch darauf aufmerksam machen zu miissenp
dafs der Anschlag der Zinsen i ( d. h. der Zinsen von einem
geringen Aufwände) für die Staatskasse fast nie angenommcR
'W^erden kann; es ist höchst selten, dafs die Staatskasse bei ein^-
zejnen der crleichdti Bauten Ad7,z^r/2tfr Brüdken wirklich etwa^s an
Zinsen verliert, was hingegen bei einem so bedeutenden Capi*
tal, wie der Aufwand bei einer steinernen Brücke erheischt, der
gewöhnliche FaU ist. Wenn indessen zugegeben vvird, dafs
doch ein so verwendetes Capital gegen Verzinsung hätte verlie-
hen werden können und dafs in dieser Hinsicht reeller Zinsen-
Verlust eintrete, ^o bleibt doch nicht nur des Yeffs. Schlufsaus
obigemf Grunde falsch, ^ondcrn es ist auch der ganze von ihm
angegebene Verhältnifsausdruck unrichtig, weil er einen Haupt-
punkt dabei ganz übersehen hat, nämlich den Ertrag der Brücke.
Dieser müfs in finanz^ieller Hinsicht, welche der Verf. hier vor
Augen hat, entscheiden, und kann aus der allgemeinen Formel
nicht wegbleiben. Als mittlere Dauer einer gut gebauten und
unterhaltenen Brücke nimmt er 4^ — ^o Jahre an. Darin liegt,
wie wir oben schon bemerkt haben, viel Unbestimmtes,* das man
indessen dadurch beseitigen wird, dafs' man die anfängliche Bau-
kosten von 5o zu 5o Jahren doppelt rechnet, also fün 100
Jahre vierfach u. s. f. In einer beigefügten Tabelle theilt er die
Baukosten mehrerer hölzernen und steinernen Brücken mit. Die
jiugsburger hölzerne Bogenbrücke zu ,33^' lang kostet 36ooo fl»
■die steinerne von ISemlly i,635,oft2 £1« bei einer Länge von
^5a' iJil' Um selbst Kostenüberschläge verfertigen zu können,
hat er auch die Kosten einzelner Tbcile von allen Arten von
«Arbeiten beigefugt, - —
Zweiter Abschnitt. Der Bau der eisernen Brücken^
/. Cap; Allgemeine Betrachtungen über dieselben. Bei dem für
diese Brücken höchst wichtigen technischen Unterricht, den hier
der Verf. zur näheren Keniitnifs des Eisens vorangehen läfst,
macht er auf das allerdings auffallende Resultat der yory^Rei"
'chenbach angestellten Versuche aufmerksam, nach welchen die
•aUsohite Festigkeit des Gufseisens nur % von der des geschmie-
deten betrüge. Alle übrige Gelehrten finden die Festigkeit bei-
der Arten bei* weitem näher zusammenfallend, und der Verf.
'findet sich deshalb veranlafst, bei den näher zusammetifallenden
.Verhältnissen stehen zu bleiben. ' Rpc. ist aber darin anderer
Meinung , weil er Hrn. v. ReicHenbach persönlich kennt. Mit
7
5io Aöder praetiäcUe Brückeobaukuiule VQrgi Ht.
seinen grosien tecfanisckeu Kcutnissen verbinäei er zugleicli sehr
gute madiematiscliey äusserste Genauigkeit , eioea . grossen Sehaiz
"von ErfahruDgen, ausgezeichneltes Talent uad sclteDen SpterfsioD.
Das so stark vou den Angaben Anderer, die /er doch g^wifs
aclion kannte,, abweichende Resultat seiner Versuche mufste ihm
ieben $0 sehr auffallen, als uns; und da er solches dennoch Aem
«rossen Publicum so mittheilte und selbst durauf baute, so fin^
4iet es Rec. weit räthlicher, dieses Resultat in def Ausübani;
ftum Grunde zu legen, als irgend ein anderes, das eine bedeu-
tend grössere Festigkeit verspricht. Die Sicherheit gebietet schou
diese Klugheitsregel. Der Yerf« verlangt zur Sicherheit nur
3 Mal so grosse Festigkeit als zum Gleichgewidil' mit der bre-
^ichenden Kraft nach den von ihm mitgetheilten Angaben nöthig
•wäre. Rec. weifs aus mündlichen Unterhakungen mit deih Rit-
ter V. Reichenbach, dafs dieser die 20 fache Festigkeit bei sei-
nen gigauUschen Anlagen fordert. //. Cap^ Beispiele von eiset"
nen Brücken und davon abstrahirte Mojcunen. Hier die eiserne
Brücke von Coalbroohdcde von 98 Weite und 4o Höhe; die
•von ff^orcesiershire von 90' W^ite brach, nach dem Verf., nach
der Ausrüstung, gerade im Scheitel; "vvahrscheinlich , setzt er
hinzu, wegen der schlechteren Beschaffenheit des £i$ens.. Aber
4ie englischen Baumeister sind mit den äusseren Kennzeichen des
^isffßs wenigstens eben so bekannt als die teutschenj und da man
für die innere* Beschaffenheit nicht imoaer bürgen kann,. also die
Klugheit erfordert, bei so. wichtigen Anlagen nie auf sehr gutes
Eisen und sehr guten GuIs zu rechnen, sq ^erhält man mit die-
ser Erfaltrung^* einen neuen Grund, in der Ausübung sieb ia
Bezug auf die 1f estigkeit des Oufseisens an die y. Reicheobachi-
sche Angabe zu halten,, auch mit iU)m die &o fache Festigkeit
«ur Bedingung zu madiep. Die ei&erne Brücke zu Buüdras,
«ohne beigefügte Zeichnung. Die erste eiserne Bciicke in Teuuch-
land liefs Gr9f BurßhaM4.. iygA zu ica^^san in Schlesien erbaiiea.
Sie hat nur Ao S|)ann weite, und 8,5 Bogenfaöhe. Die Kost«fl
.dieser Brücke werden im Detail jiugcgebien. Späterhin wurde
in Epglaud der Gedanke eiserne Brücken aus Rs^hmstückea zu«
sammeqzu wölben, glücklich in Ausübu^ig gebracht. Die grofste und
kühnste aller bis jetzt yorliandeneo dseruen Brücken ist die bei
Waarmoulh über den Waarflufs von 2219' Spannweite uitd 33
Bogenhohe; John Nsifs B,Mixg vor, Gewolbkästen durch zu-
sammengeschrobene eiserne Platten nach der Form vonGewolb-
«teinen zu bitdeji, ui^d solche m^ Mörtel oder Erde auszufüUent
Wonach aucK 'mi^eterUmrg mit gr^ssGU Kosten zwei Heine Br»-
£\eii, hergesteUt Worden sind. £ine yollkommnere Ifoücke mit
abm»tüakeA wurde iSq« zu Stains mit i74|6 Spannweite und
r
ilöder practisch« BrUckenbaukuÄde vergl. He» 5ii,
x5,5' Bogenliö^e erbaut; literron die 2eieYiiiung. Die eiserne
Bracke über die Seine ^ Pont d^AusteHitZj hat 5 Bögen, jeden
Von io3 Spaiihweitf? und Jo,3' Bogeiihöhe; mit bcigefü^ftef
Zeichnung. Sie kostet etwa a MiUioneti Franken. Dre kurz
licrnach erbaute BHlcke t^on Jena bat 3 Mill. Fr. gekoste^. Die
Brticke von St* Denis bestebt ans geschfuiedetem Eisen. Der
Verf. kommt nun auf die auch hi Bezug auf die Zueignung der
£r6ndung merkwürdig gewordene Construction eiserner Brücken
aus gegossenen Röhren von Reiehenhaeh und WCebehing, wel-*
che übrigens die- Franzosen auf keine Weise dea Teutschen streitig
machen können. Man findet hier die Construcllonen sowohl vonR.
ä!s von W. ziemlich umslandlich beschrieben, UQd m Verglei'-
chung gestellt. Mit Recht berührt der Verf. mehrmalen A\e
Nothwendigkeit einiger Versuche über die Festigkeit solcher Bö*
gen von eisernen Röhren zu besserer Begründung dieses Theils
'der Brückenbankunde. Möchte, sagt er am Schlüsse dieses ICa^.
irgend ^\ne deutsche Regierung grofsrauthig genug seyn, einige
taaseud Salden an so nützliche Versuche zu- wenden!
Dritter Abschnitt! , Den Beat, der beweglichen Brii»
€kejt entfaltend. L Cap, f^oh den Sthiffhriicken» Hier wpr*
den bydiustatische und technische Lehren überali in iimnittelba.'^
rem Bezüge auf die Ausübung mit einander vereint. //. Caf.
Von den Fähren und fliegenden Brücktn. Zur Erläuteruiig
dient die Biegende Brücke zu CoUenx. Ifl, .Cap, Von den
ßug - und fV^phrVcken, -iV, Cap. Von den Drehe - and
RoUbrüeken. V* Cap, Von den Noth^ und Inlerimsbrüeken.
Am Ende ist «och ein Verzeichiiifs der einzelnen in säiumtir«^
cKea Kupfertafeln enthaltenen Gegenstände beigefügt. Nach
dieser eti^as auisführlichei^ Darstellung des ^an^n Werks wird
kein Leser dieser Blütter ^ber den Wertb desselben etuen Au*
gemblitck ia Ungewifsheit bleiben. Es isit ohne Widerrede fu«
Den j der sieh mit Verzicht auf tiefere theerettsdie meist ent'^i
liehrliehe Untersuchungen zum practischen Ii^nieur im Brücken**
JbsHi bilden will, uuter allen bisher erschienenen Werken das
mitzliehste ^und empfehtetiswürdigste. Seine Vorzüge bestehen
in der Vollständigkeit desf Ganzen in Bezug 4ittf Mannigfaltigkeit
'ten Gegenständen, In der Ausführlichkeit des Unterrichts ito
Bezug auf die unmittd&are Anleitung ^tt^ practischen ArtkeiteU;
in- der Zusammenstellung von Grundsätzen und Maximen der^ ber-
sten Brückenbaumeister: in der Zusammenstellung so vieler yer«
liandenen Baute« mit ihren. Beschreibungen und Abbildungen
und .sorgfaltiger Hinweisung auf ihre eigCHthümlichen Vorzüge
irie auf ihre Mängel ; in der DeutITchkeit des Vortrags der einr
zelnen Lehren; in der immer gleichen Entfernung; von nachthei-
5 12 Jahrbücher der Forst- uad Jagdwissenschaft.
■ »
V
liger' Kurze und lästiger Weitschweifigkeit; ia' der trc£9.iclien sy-
stematischen Anordnung des Ganten; in der Vermeidung der
Oberfläcliiichkeit auf der ein^n.und der unnützen tbeoretiscben
Speculation auf der andern Seite ^ also in der glücklich betrete-
nen Mittelstrasse zwischen dem blossen Praqtiker und dem spe-
culativen Theoretiker , und endlich in der Unpartheilichk«it, mit
der er das Gute lobt und das Mangelhafte tadelt, wo er. es fin-
det, ohne einen Schriftsteller zu beleidigen.^ Nie pflügt er mit
fremdem Kalbe, Jedem lälst er das Seino^ und Bescheideiilieit
im höchsten Grade mufs gewifs in jedem Leser den V^unscli
rege machen, Blumen auf sein Grab streaen>zü können, wie es
bier Rec, vergönnt war, der dtn^ei^L nie gekannt hat.
Jahrbücher der gesammten Forst- und Jagdwissenschaft und
s ihrer !Literatur, HercAisgegeben von, C. P. Ljiurop,. 4^
Jal4rgang, 4ß^3» 4^ I^f^* Heidelberg und. Leipzig, Groos,
48»3> IF,und^48 S.8» der Jahrgang aus 4 H« 7 fl. 12 kr.
Uiese neu begonnene Zeitschrift des verdienstvollen Herausge-
bers schliefst sich an dessen Annalcn der Forst- und Jagdwis-
senschaft ' an. Ref. wünscht ihr gutes Gedeihen , und empfiehlt
dem Herausgeber als das sicherste Mittel hiezu strenge Auswahl
der aufzunehmenden . Abhandlungen. Bei der grossen Schreib-
seeligkeit unserer Zeit, und der viel geringeren Lesesucht, ver-
dient .die Geduld! sowohl als die Gasse der Leser, dafs man auf
sie^billigc Rücksicht nehme und nur Gediegenes ihnen darbiete.
Diese Bemerkang möge übrigens nicht s^uf den. Inhalt des voii-
liegendcn Hefts bezogen .werden, welches Ref. ohnehin blols
anzuzeigen hat. Die grösseren Aufsätze darin sind von Klaup-
recht (Anfang einer Beschreibung des Spessarts, mit Erfahruogs-
tafeln über Eichen-, Buchen- und Kiefern- Waldungen auf iü
Bodenclassen , vermuthlich den Cottaischen ) , dem Grafen 'von
Sponeck (über das Einhacken des Buchen -Saamens), dem Freib.
*von Jf^edekind (über Jagdyerfassung ) ; von ungenannten Yerfas-
sern fibden sich, ein Aufsatz über die neueste Fprstverfassung iu
Würtjpmberg und Reisebemerkungeti aus dem südwestli(:heu
Deutschland. Dazu kommen Recensioneu und ein Intelligenz-
blatt«
mß
/
WL 33» Heidelberger lo23»
Jahrbücher der Literatur-
4* Kleines Hulfsbuch hettfi Erlernen -ttnä' Einüben Ar Formen
im Griechischen, besonders des Zeitwortes, V^on Dr, WitH^
HEitfR* DöL£Ktej Subconrector am Andreanum tu HÜdes"
heimj und Ehrenmitglied der lateinischen Geädlsckaft m
Jena, Hddesheini hei J. D. Gerstenberg, 48»T» IV und
Si, Halfsbücher zar Erlernung des Griechischen nach den beiden,
Grammatiken der griechischen Sprache v(fn Friedrich
Thjersch. Erster Theil, welcher griechische und deutsche
Beispiele Mber Formenlehre und Syntax, nebst den nöthigen
fVortregistern und grössern Ueburigsstücken Zum Vebersctzei\
' in beide Sprachen enthält. Leipzig, bei Gerh^ Fleischer,
^^Ä«. VJII und %yg S, gr, Ä so gGr,
3. Orationes Latinüe XLVII e doctissimorum tprumque elo*
quentissimorum ifiroram saectdo XFL XV IL XVIII, XIX,
ßoreniium operibus' seleclae et Jui^entuti literarum studiosae
propositae u G,' H. Sjaltrank , Gymnasii Ratisbonensis
Conrectore et Frofessore, Ratisbonae MDCCCXXIL — *
' Xund 35S S. gr: 8. ^ ß^ 48 kr.
J5ei der nicht geriiiged Anzahl iron. guten griechischen Schul-
grammatiken yermifst man doch bis jetzt jioch ein zweckmässig
gearbeitetes HüMsbuch bei der £iatibung der griechischen For- .
inenlehre nach ''ihren wesentlichsten Theilen« Niemand fühlt mehr
das Bednrfnifs eines ausschliefslich diesem Zwecke gewidmeten
Lehrboches, als wer selbst 4ie Elemente der griechischen Spra-^
che nach den bisher «ingeführten Grammattken zu lehren hat und
bei diesem Geschäfte täglich die Unbequemlichkeit erfährt, wel-
che das.. Uebcrschlagen ^des^Minderwesehtlichen und Jrregulären
und das Aussondern des Regelmässigen und unumgänglich Noth^
wendigen hat Schon die Aushebung der angedeuteten Stücke
aus einer süten Grammatik und ihre zweckmässige Zusammen-*
Stellung wäre daher eine Ter dienstliche Arbjeit zu nennen^ hätte
ein. solches Wörkchpn auch keine weiteren Vorzüge.' — . Der
Verf.» der unter Nro* 4* ang^ührten kleineu Schrift hat dem er«
wäfaoiien Bedürfoifs abzuhelfen versucht. In gedrängter KürxO
wird der Anfänger im. Griechischen .auf iiicht metir als 3^ Seiten
in J5a,§§< nut den gtiechiscben .Lesezeichen^ ihr^^r >Yerschieder
33
$i4 Doleke u. Thiersch Hülfsbücher zurEHertiung
nen AasspractiCy dem Wicfitigsten vom Accent, mit d^Decli-
nation der verschiedenen Nomina und der Conju^^ation , so weit
sie regelmässig ist ( das Verbum Bifil als * Hüifsz^iweiU: mitg(s
rechnet) bekannt gemacht. Schon die Yergleichung des Inhalts
mit der Seitenzahl mufs das Büchlein empfehlen ; denn Knrze ist
hier erstes Gesetz. Bei genauerer Ansicht trifft man j6do«h auch
sonst manches Lobcnswerthe, hauptsächlich in der Methode, an*
Als Beispiel «nag gleich im 4* 5'' ^^' ^^^ Lehre vom Accent
enthält I die gründliche. Nach Weisung des Acceates in unsrer
Muttersprache dienen, wodurch dem Lernenden die griech.
Acceote als^anz in der Natur der 'Sache gegrühdete Dinge und
nicht — y^ man sie manchmal von solchen, die es am liebsteo
mit dem Bequemen halten, nennen hört ; — als 'langweilige Flc-
tionen müssiger Grammatiker erscheinen ; hierher gehört die beim
Vortrage des Verbums befolgte Methode, wodurch eine Be-
stimmtheit und- Fafsllchkeit erzielt wird, wie man sie bei diesem
mit so manchen Schwierigkeiten yeülcoüpften Gegenstande sich
nur wünschen mag; auch die 5§'| die sich übfer das Formiren
und Analjsiren verbreiten , dürfen in dieser Hinsicht nicht un-
erwähnt bleiben. -— Un^Ukommenheiten und kleine Fehler
finden sich injdc^fs.auch in diesem Schulbuche. Unser Amt er-
fordert es, auch von diesen einige uaclizu weisen und den Hrn.
Verf. bei einer etwaigen neuen Auflage, an deren baldigeoi Er-
scheinen wir nicht zweifeln,, um ihre Verbesserung zu ersuchen.
S« 4 heilet es: es könne zwischen dem. Circumflex und dem
Acutus «nicht wohl ein Unters<;hied in Hinsicht auf die Beto-
nung angegeben werden.» Wir fragen hiebei nur: wird denn
r. D- die Sylbc , irpoty in ^pay^oe nicht anders betont, als in
'Ttpay/netret, oder r06f in rovrov nicht anders, als in rairw^ weon
man anders gelten lafst, dafs dieji^nigen Sjlben, welche den
Circumflex zum Accent haben, gedehnt, die mit dem Acutus ge-
schriebenen dagegen mehr gestossen werden müssen? -— - S. n
wird immer noch, gegen die ausdrückliche Erinnerung von Butl-
mann ein futurum II. Acljv» und Med. von rvirror aufgeföhrf.
-^ S. 5 heifst es: «in ^^co wird dai i mehr nur (sie) gestos-
sen (woran man stöfst, darüber gleitet man nicht hin, soodern
man wird davon aufgehalten und verweilt also dabei)«» — ^^'
ifteint, gerade das Stossen der Töne involvire nicht den Begriii
^s längeren Verweilens darauf. WMre hier nicht zweckmässiger
auf das. Stossen der Töne in der Musik ( staccatö ) hingewiesen
Worden? Ebenso wäre S» 28 der Begriff von der litera t&ittü
richtiger durch zart oder weich, und der 'von deriLipira/iKdarcn
rnuh oder hart, als der dne durch dann, der andere durch
dick (!) erläutert wordep» — Warum silsd yfM. S. 9 die Ad-
jective auf 00^, vor deren erstem a tin p hergeht, ubeigaogea
des Griechföcben uod Saälfrank. Oratt. ^i5
worden? Eben sd wenig durften die auf a^t atvccf «y und tju^
siVXy SV fcblen, und auf den wesentlichen Unterschied zwischen
den Wörtern, die im Conjunctlv orepogf und, denen, die drepog
Lekommea , müfste doch auch aufmerksam gemacht ieyiij u. s. w.
— Wenli S. 4 1 gesagt Wird, das Relat. oc werde wie der
artic« ^aepositivus decjilnirt! so kommt der Anfänger leicht ici
Gefahr, oQf tqü, tSj zu. flectiren. Die Weglassung des r hätte
also angedeutet werden müssen. — Recht ungerne yermifst mau
hintejr dem Alphabet einige zweckmässig gewählte Lescstüoke
und noch mehr hinter dem regelmässigen Zeitworte die Verba
auf fJLij wenn auch die Defectiva wegbleiben sollten. — Unbe*
stimmt \\ni unlogisch wird gleich S. 3 des 4>cutus als des so"
genarinten Accentes gedacht, Worauf wir viel weiter unten erst
erfahren, dafs der Gravis auch ein Accent sej und erst auf
Seite 4 vvird dann, nur so im Vorbeigehen vom CircumQex ge-
handelt. — Undeutlich ist daselbst der Satz: cWenn die Wör-
ter allein stehen, so pflegt man statt des. Acutus ^uf der letzten
>Sjl'be den Gravis zu setzen.» Durch zu viele Parenthesen Und
manchmal durch zu grosse Weitschweifigkeit sind in der !^as-
sung' vieler Regeln Undeutlichkeiten entstanden , die sich am al-
lerw;enigsten in Büchern für Anfapger finden sollten. Als Be-.
lege dieser, Behauptung mögen u. a. die §§. 17, 18, 21 und
a6 dienen« — — Durch diese bis ins Kleinliche gehende Auf-
zahlung einiger an dem Büchlein sichtbarer Gebrechen hofft Reo.
bewiesen zu haben, wie genau er es prüfend durchgangen hat.
XJm so mehr wird aber auch der geneigte Leser seinem oben
ausgesprochenen billigenden Urtheile trauen.
Bei Nro» ü. kann er sich kürzer fassen. Schon der be-
xübmttf Name, welchen das Buch an der Stirne trägt, ^bürgt für
s^oe Brauclkbarkeit und Güte, nnd sehr erwünscht ist seine Er-
scheinung ohne Zweifel für ;iUe diejenigen Schulen, in welchen
die (Grammatiken des Herausgebers eingeführt sind. -— Sein
Iiiltält ist folgender, yj Beispiele übet die Fortßenlehre auf 28
Seiten. Purch diese griechischen Salze soll ( und wird gewifg
auch) ein hinlänglicher Grad von Uebung.der Erkenntnifs und
Anwendung, in den frisch erlernten Formen Ipegründet werden.,
Unter dem Texte sind. nicht die vorkommenden Wörter ihrer
Bedeutung nach, sondern nur Nactiwei^uugen für das Wortre-
gister gegieben. — sij. Beispiele übet die Santax t'oii Franz
Hager, «einem von des^ Herausgebers fleissig^ten und sorgfäl-
tig»(^n Zuhj^ceJEn»» von S* 39 bis 70. «Unter dem Texte ^iud
die Quellen angegeben zum Nachschlagen und zur weitern Be-
lehrung, wenn es, nöthig, und ab. Gewähr, dafs alles^ aus alten
Scliriftstellern entnommen ist.» Wie die .vorigen * mit der Fori«-
fl».iei4^rey so .lialtffn dieses iQi( dec S^nt,ax ganz gleichen Schritt.«^»
33*
5i6 Dölekö u. Thiersch Hiilfsbiicher zai* Erlernung
Hieran scYiIiefsl sich 3J leiii Griechisch^ Deutsches fVortregister
über die Beispiele zur Formenlehre an, von S. 71 bis ii8. Für
die Einübung der Beispiele zur Sjuta]!^ wird ein besonderes Wör-
terbuch' gefordert. — Nun folgen 4) Beispiele über die Syntax
zum Uehersetzen aus dem Deutschen in das Griechische, eben-
falls von Franz Höger , S. itg bis i^6. und daran ^n\\ an-
schliessend 5) ein Dehtsch" Griechisches fVortPegister dazu, S.
467 bis i34* Recht sehr zu loben ist es, dafs in diesem Ab-
schnitte alle Beispiele aus alten Schriftstellern gewählt sind^ — ,
Deii Beschlufs machen 6) Vermischte Beispiele zur Hebung ifh
Uebersetzen aiis dern Griechischen in das Deutsche S. 9-35 bis
256. und 7^ Vermischte Beispiele zur Uebung im Uebersetzen
aus dem Deutscheh. in das Griechische , nieder von oben ge-
nanntem Sammler* S. 367 bis' 279. Die beiden letztem Ab-
schnitte sind als eine Zugabe zu dem ganzen Werkchen zu be-
frachten. Die griechischen Beispiele sollen den Uebergang zur
zusammenhängenden Lesung eines Schriftstellers machen, und die
Deutschen sollen zu derselben Zeit als Material züo^ ueber-
setzen unter den Augen des Lehrers dienen. — - In der Vor-
rede von Thiersch sind recht schätzbare Winke iii Absicht anf
Methode gegeben, die gewifs manchem Lehrer der griechischem
Sprache -willkommen sejn Verden. Aus dieseir kurzen Inhalts*
anzeige er'giebt sich nach des Referenten Ansicht hinlänglich di^
zweckmässige Einrichtung des Vorliegenden Schulbuches und eio
näheres Eingehet ins Einzelne dunkt ihm tiberflüssig. Kr eilt
also zum Schlüsse seiner Anzeige. — ; Doch vorher nur noch
eine Bemerkung. Sollte cip und der andere mit des Herausge-
,bers Grammatiken befreundete Schulmann einiges Mifstraueo ge*
gen die Hnlfsbücher daraus sch6pfeii, dafs sie, nicht von dem
Herausgeber selbst, sondern woit jungen, Vielleicht' noch nicht
sehr erfalirenen Männern'Verfafst werden i: dem möge sein Mifs-
trauen die ausdrückliche Erklärung ThierscVs nehmen,* da (5 «di^
jungien und rüstigen Arbeiter, die er sich beigesellt, nach seiner
Ai^leitnng verfahren sind und das Beigetragene seinem Urtheile
unterworfen haben, so dafs Einheit in Ansicht und Bjehandlungf
als die wahre Nofhdurft solcher Bücher,' überall ist aufrecht er-
halten und bewahrt worden. :!► -— Referent wünscht ans wah-
rem Interesse für die gute Sache dem würdigen Heraasgeber
die zur baldigen Fortsetzung des angefangenen Werkes nöthige
Kraft und Zeit und dem Werke selbst dieselbe Verbreitung,
welche seit 'einiger Zeit das grammatische 'Sjstenr ihres Heraus«
gebers ierfÄh^t. ^)
*) Nach Bcschlafs der obersten Studicfabehörde zu Paris ist rfer •
ctymolosisohe Thetl Att Thierfchlsdie» Grammatik dea sri^kf-
des Griechlschea und Saalfibank Orat£. Sxj
Nra^ 3. «Equi^em saepe animadvertij homfnes, qui primiuil
ad Ciceroms lectioQ«m Bccedunt,. magis capi ac delectari scrfplis
Mureli et simttium : noa quod horain oratio minus Latina ideo-
qiie facilior sit: sed quod ratio materiaqne nostrae aetati nostrisr
que ingeniis magis- aptae sunt. Horum bos lectio quasi blanda
manu ad, Veteres ducit, e^tqoe veluti snelßad^cc^ s«u'gradu^ et
adituK ad Veteres, sed pürus ille castusque, unde nil sordium
ad ipsa eoruili sacraria . adferamus. Gerte, si quid ego ad sfxU
bendi facultatem profecl; quod, pro rei magnitudine exigutim
^sse non ignoroi sed ti quid profeci, hoc maghain partem de-
bui lectioni operum Mureti: quae me adoleccentem mira suavi«
täte deliniebat , exempiis augebat et ad Cicerohem alliciebat »
So äussert sich ein dem philologischen Leser wohlbekannter, um
die Alterthumskunde hochverdienter Hupianist bei Qelegeaheif
der Bekanntmaehong eines Unternehmens, dem dasje^ge ähnlich
ist, -wovon jetzt durch uns Nachricht gegeben, werben soll: und
keine andere, als die von ihm ausgespro<^ene Betrachtung des
grossen Vortheils , den studirenden Junglingea die Lectüre der
neueren anerkannt guten Latinisten- gewährt, dann aber auch der
Gedanke au den für Unbegiiterte zu hohen Preis früherer Sammr
limgea ähnlicher Art, wfc z. B. .ven Mathia's E^mpla eloquen-
tiae latinae» veranlafste die Sammlung und Herausgabe unserer
Reden. Schon die Absicht ihres Herausgebers verdient also den
Dank derjenigeü Jünglinge , denen daran gelegen ist, durch
fleissiges Lesen guter Lateiaschreiber sielv^ einen bessern Styl
anzueignen, als mau ihn in unsern Tagen so häufig selbst bei
Ltut^tt antriffV, dia doch in ihrer Berufsart hinlängliche Auffor-
derung^ ziur «tfrigen Bemühung um diese Fertigkeit finden. Aber
auch in ihrer Ausführung ist die Arbeit lobcnswerth^ wie sich
dann von einem — wie Referent aus gutdr Qudile weifs --' auf
die Wohlfahrt, der Schuljugend, nicht nur von Herten bedachten,
sondern auch die «u einem solchen Unternehmen erforderlichen
Kenntnisse und> die nöthige Umsicht in hohem Grade besitzen-
den Schulmanaq nicht anders erwarte^ '>läist. So werde ihm
dann hiermit im Namen der latoinischleroenden Jugend von ei-
nem ihrer Lehrer, der mit ihren Bedürfnissen wohl bekannt,
ieine . solchp Gabe zu schätzen im Stand ist , von (lerzen ^Dank
gesagt für sein eben so nützliches als sd^önes Geschenk. Für
das Publicum aber stehe hier eine ^ kurze Beschreibung des Bur
ches» --— Nach einer Dedicatlon au alle cdiscipulos et superior
xb, et prae$entis fiUupique, si dep t. o. m. placu^rit, temporiS|
diligentia et morum probitata excellentes» folgt zunächst an dev
sehen Unterrichte in den Schulen von Frankreich sn Grande ge?
\tg\ worden. - .
/
^
5i8 Döleke u» Thiersch Uülfstbücher zur Erlernung
Stelle der in deF vorläufige Nachricht angekündigten lateinfscbeii
Arbeit des Herausgebers statt einer Vorrede, welche «de ration«
;iuctores , quos dicimus classicos , utiliter legendi » handeln soll-
te, aus Mangel an Raum Juod Zeit nur eine kurze, aber recht
gut geschriebene lateinische Vorrede 9 .worin der Herausgeber
hauptsächlich über den von dem Buche zu machenden G brauch
auf eine sehr herzliche Weise zunächst mit seinen Schülero sich
ui\terhält. An diese schliessen sich die 47 Heden selbst an«
Sieben Heden v^n Muret beginnen die Sammlung; dar^iuf folgea
eben so viele von Sigonüis,* hierauf eine von Lifsiüs, eine voa
Hemsiusj funfe von Facciolati, drei von Herruterkusius) voa
PauUnus fünfzehn, fiinfe von- Ernesti, zwei von Buhnkemm und
eine von Heyne. Alle diese vortrefflichen Reden sind zugleich
so zweckmässig gewählt, da£g in dieser Hinsicht niehts zu wüii*
sehen übrig bleibt. Diese Versicherung nag fiir eine weilläu-
£ge Ang(abe der Themen gelten. Sehr schöner Druck imd gu«
tes- Papier ladet auch äusserlich dringend zum Lesen ein. Möch*
ten die Reden ebenso auch frei von Druckfehlern geblieben
sejn! Referent giebt der Eilfertigkeit, womit d^r Druck be-
sorgt werden mufste, die Schuld hievcyn, hofft ^ev bei einer
zweiten Auflage,. die wohl recht bald erfolget wird, nicht mehr
z. fi. in den 2wei Ruhnkenischen Reden zehn im Druckfehlci«
verzei/cknisse nicht angegebene corrigiren zu mussep. -^ Eia
von Seite 5a5 aa beigegebener in deutscfi<tr. Sprache verfafster
Anhang schliefst das, Gaiice. , Er enthält zuvörderst kurze bio'
graphische -Nachrichten über die zehn Männer, von w^elcfaen die
Sammlung Reden enthält. Recht' interessant für Jünglinge ^ die
durch ihice Schriften sich angetrieben fühlen, ihnen nachzustre«
ben. Warum sind site- aber niqht lateinisch geschrieben, da doch
Titd^, Dedacalion und. Vorrede lateinisch reden.? •^^> Mehr zu
eimchuldigen , vielleicht zu rechtfertigen- möchte^ der Gebraach
der deutschen Sprache in den auf jede biographische Notiz fol*
genden Anmerkungeh zu den Reden^ sejn. £s enthalten diese
kurze-. Fragen über Wortgebrauch, Wortstellung u» s».w., deren
Beantwortung dein Leser überlassen bleibt; nur wenige Soch«
und Wort - Erklärungen. Ueber ihren Zweck äussert die Vor«'
rede sich folgend ermessen : — ^ hoc — •— ideo feci, ut auimi
vestri inter legeudura adteutioncm et indagandi studivm excitarefll
et inflammarem ; quoniam nihil magis opus est ad bene< auctores
inteiitgendos atque ingenium et Graepiae et JLatii scrtptoribui
i'ecte. sciteque legendis foxsnandum sabigiuidiimque, ^p^mt dÜi'^
g^teiv, acGuratc, subtiliter cognosse eft.dlgi^osse .iMoborum signi«
hcationes et • formulas mudoscjue loqueudi. Dieser. Zweck wird
gewifs damit erreicht,. : r
Und so hätten wir dann an unserm Duche eioe recht dan-
des Griechischen uad Saalfrank Oratt« 5iq
kensvrehhe SammiaDg won vortrefflidien Reden der ausgezeich^
nelstea Latinisteii der neaeren Zeit, und zwar um den geringen
Preis von i fl. la kr., wie ihn wenigstens die der Erscheinung
des Werkes rorangegangene Anzeige ankündigt« (Nur wenig
höher mochte sich der jetzige Ladenpreis belaufen). Letzter^
"wähnter Umstand giebt dieser Sammlung vor mancher .ähnlichen
(wenigstens dem oratorischen Theile nach) mnen bedeutenden
Vorzug. — Möchte nun der Herr Herausgeber in einem zwei-
ten' Bande mit üiinlicber Ausstattung auch Muster von andern
Arten des Stjls, etwa ausgewählio Briefe von Muret, Manutius,
Liptius u. a , zweckmässige Auszüge aus Commentarienj gut ge-
schriebene Qolloquia u. dgl. mittheilen I Verdienstlich wäre gcr
wifs aucb diese Arbeit; Zur ausschKefslicben ]^ectüre solcher
Reden in den Frcfistonden rätb schwerlich ein vernünftiger Leb.-
rer seine» .Schülern. Denn soll der Styl nicht einseitig werden,
soll der junge Mensch nicht in Gefahr kommen 9 über jeden
Gegenstand sich in oratorischen Perioden und Wendungen aus-
Kucfrücken, so mufs er auch zur LecturQ von weniger rednerisch
gehalteA<nn Schriften angehalten w^erden. — Als ein schönes Mu-
ster könnte ddm Herausgeber «die treffliche Auswahl aus den
Mi|retinischen .Schriften von upserm I^rofessor Kajrser dienen
( M. Ant. Mureti Scripta selecta« Heidelb: 1809). Was dieser
firrMuret gethan, wurde dann nebst diesem für -mehrere and^e,
des Lesens nicht minder Würdige neuere. JLateinscbreiber ge-
schefaen# Ä — rt
D19 Priesterinnen der Griechen, f^on D\ Aonuif. Frankfurt
am jftM^ gedfuckt und verlegt bei /. 2>. Sauerländer 48%»»
436 S. ih 8. 4 ß. 4» kr*
Darzustellen y dafs auch Frauen vielfach die Blüthe griechischer
Gottes Verehrung gepfleget, spricht der Verf. als ^weck dieser
Blatter ans. Noch bestimmter erklärt sich derselbe S. 5) bei
Gelegjenheit der Thesmophorien und Eleusinien über seine Ue-
berzeugung in folgenden Worten: «dafs der Dienst der grie-
chischen. Prieslerinnen aller Arten ein reilier und unbefleckter
Dienst gewesen und :dafs Keuschheit, Entsagung, makellose Sit-
ten das Volk oder die Frauen, je nachdem die Wahl durch die
Gts^e vorgeschrieben war, bei der Ememuing der Priesteriir-
nen leiteten und bestimmten » — Da die griechischen Religio
onsstifter vorzugsweise Frauen^ die Leitung und Pflege der gtit«
tesdtenstVichen Anstalten' awertrittet, die eine Begründung gefäl-
liger Verbindung, Veredlung der Sitten luid Heiligung . de^ Le-
/■
\
5:20 Adrian dier Priesterinuen der Hettenen.
bens bezweckten, so k5nne schon daran» herrorg^ehen , dafs nur
Ftauen im edelstea Sion de$ Wortes diesen Absichten e^tspre-»
eben konnten ; aber auch die Angaben griechisciier ^chriftstellep
über diesen Gegenstand bewiesen hinlänglich , wie man i|lier
Orts in Griechenland für Reinheit und Unbefleckt^ieit der Göt-
terdienerinnen gehalten und so die Würde reiner Weiblichkeit,
ihren EinAufs auf Geist und Gemüth anerkannt habe^ (Yergl, S,
i35. i36. )• Eine Zusammenstellung dieser Angaben der altea
Schriftsteller teacht 4en Inhalt dieser Schrift ans, die* von der
Belesenheit des Yerfs. ^in rühmliches Zeugnifs giebt und «uch
.durch gute Anordnung und einen gebildeten Vortrag sich gust
zeichnet«
Im 4*®^Capitel giebt daher der^Verf. eine Uehersicht t«^
äUesttn Sparen weMicken Ptiesierdienstes,% Hier durchgeht er
lauerst den sinnlichen, üppigen Dienst der weiblichen, unter- ver««
schiedenen Namen im Orient verehrten Naturgottheit, iind kommt
von da auf Aegjpten. Was den bekannten Streit betrifft , ob
Aegypten auch weibliche Diener seiner grossen Xandesgottheiteii
gehabt, so erklärt sich der Verf. nach Aufstellung der nolhigen
Beweise' dahin, dafs onän wohl annehmen dürfe, ' dafs nicht nur
Uierodulen weiblichen Geschlechts, sondern auch Priesterinnm
< hoe^oci opfernde Frauen ) an dem Dienste der Isis und Osirls
Theil genomnien; womit jedocl^ die Meinung un widersprochen
bl^ibe^ dafs diese Prtesterinnen ' keineswegs Mitglieder der Ae-»
gjptisbhen Prlesterkollegien gewesen und zu den hohern Wis"
senschaften dieser Priestfr hinzugezogen worden (S. 8. 9'). Es
unterscheidet nämlich der Verfass. opfernde Tempeldien er in neu
(Priesterinnen) von blossen Hierodulen, Tanzenden, den Tem-
pel " Reinigenden u. s. W* Wir haben uns freilich noch nicht
überzeugen könnten, dafs die angeblichen aigjptiscben Priesterin-
lien wirklich opfernde Tempeldi^perinn^n,'' wirkliche Priesterin-
iien, lepßiect im eigentlichen Sinn des Worts gewesen, wir ha^
benf sie stets für Tempeldienerinnen der letzteren Classe, für
Hierodulen im eigentlichen Sinne des Wortes gehalten, um so
inehr ^Is dann vielleicht auch Hcrodot^ bekannter Aussprach
(II, 35*) von der ägyptischen Priesterschaft: ^Ipoircci ywrj fuf
oiSs"irjf p^T€ igtrevoi ^eov^ oire ^TjXirig in seinem wahren SIdb
^ufgefafst werden kann. Man verstehe nur dann dai hpaor^ott
vom eigentlichen Priestert|ium, von der Darbiingung des Opfers
und andern blofs den eigentlichen Priestern"^ zukommenden Ver^
|ichti;pgen, keineswegs aber von einer blo?s6n Hierpdalie«^;
•) Vebrigens redet Dlodor^ I. 47, von Jungfrauen yu Tlicbie in
Acgypteo,^ die ^tWv^^'dH^^ Andere XlasUc^ag nennen (vgl*
Adrian die Priesteiinnea dar Hellenen. Sai
T^n der. Htero^alie, wie sfe durch Obfr/<> uod Mittetasteii
'Verbreitet w»r, und vo» da nach. Hellas iibergegaog^ ist, be-«
bauptet der Ve(f. S.-^iq* cdie asiatische Hierod'ulie war, wie dio
Sitte der erschlafften Völker, sinnlich und üppige die griechische
aber, auch" in ihf'er gfinzen Fom den ursprünglichen Charakter
verfäugnend, durchaus reiner und heiliger Nätun» Wir' sind
inde& doch geneigt zu glauben, daHs der ursprüngliche Charal;^«^
ler- der Hierpdulie, aus Asien nach Hellas verpflanzt, auch hielr
seine ursprünglichen Rechte geltend gemacht, und so lange Hel-
las sein orientalisches Ansehen behalten, auch behauptet hat, dadi
aber, als das mündig gewordene Hellas von den Banden,« in die
es der Orient gefangen, sich zu befreien und in.selDstständiger
Nationalitat sich zu entwidklen begonnen, nach und nach aucfk
diese asiatische Hierodulie eineil andern Charakter angenommen
hat. Eben in Hellas war es, wo dieser asiatische-, aus Indien
über Kleinasien eingedrungene wilde Naturdienst, mit dem auck
solche Hierodulie verbunden war, durch einen reineren Licht«
cultus entweder verdrängt oder doch gereinigt und geläutert
ward, so dals denn auch die Hieroduiin in Griechenland einen
vreit reineren und heiligeren Charakter bewiefs und beweisen
mUlste:^ Den Charakter einer vollkommenen Reinheit und Het<-
ligkeit der griechischen Hierodulie beizulegen, mochte^ mjt- der
rein sinnliche]^ Richtung des ganzen H^ellenenthums wobi eben
so wenig zu vereinbaren seyn, als wenn man andererseits aus
^luelnen Ausartungen ("wie z. B* in Korinth) blosse SiUnlich-
keit al^ den Charakter der hellenischen Hierpdulie bezeichnen
wollte. '^
• Im 2^*° Gapitel : Priesterinnen des ^pollon wird zuerst von
tdeiu Orakel zu Dodona gehandelt, das Priesterinnen gestiftet,
dann von dem Orakel zu Delphi^, sammt seinen Priesterinnen,
dereu Auswahl', Verrichtung, Enthaltsamkeit u» s.' w. Es folgen
dann i^och Angaben derj^cnigen Orte, wo gleichfalls Apollo von
Priesterinnen gepflegt Ward (S. 16 -^ 3o).
Im dritten Capitcl S. 3i flF. handelt der. Verf. von denPrie^^
sterinnen des Dionj'sus. Per Satz, wpmit dieses CapiteT beginnt :
fftdafs 4^' Dienst des Dionjsus wahrscheinlich durch die Phö*
Vf^esseUng daselbst)* Von Diesen, so TersichcFt Strabo ausdrückp>
lieb Xyil* p. 601 Tzsch., mufste eine bis zu 4er eintretenden
Menstruation 4en A^ünnern zu WilleU seyn* Der neueste italte«
ifische Uebersetzer des Diodor a. a* 0« pf 90. supbt gleich wo h)
auch hier die Reinheit dieser Hierodtüen .zu retten, indem er
%n einem Mifsverstand symbolischer Oebräucbe seine Zufliacht
iiimiiii* Oder ^sollen wir ^utf^nckt sajicni
Cr»
-i
&M Adrian l^e Prieitermneik 4er Hdlenep.
niciet nach Beüat gd^ommtei» sebeint ans weät^et bekundet,
.wie die andere Behauptung, die sich unmiuelbar daran schirefsc,
dafi^ man aimehmea dürfe, zu Delphi sej dieser Gott vor allem
verehrt I und- besonder« doreh Fraueri dort gefeiert wordeo.
Dah letzteres allerdings nicht ohne Grund sej, wird Niemand
in Abrede stellen wollen. . Ob aber phönicisch der hellen isclie
Dionjsosdienst sej« .ob ihn Plionieier nach Delphi gebracht, möch-
|e schwer zu behaupten sejn. Wir lyoUen nicht hier alh das
wiederholen I wa6 n^au mit Recht für den indisthen Ursprung
di^es Dienstes ' zusammengebracht h^t, wir wollen nur frageo,
ob Phonicien etwa die Drucke war, der Yermittlungspunkt,
durch den dieser indische Dienst ia Griechenland eingeführt
ward. Wir betrachteten . stet^ Kieinasien nebst den Gegenden
uqn den Pontus Eniious einerseits und andrerseits Aegjpten, als
die vermittelnden Punkte, Von wo ans dieser Dienst des Diony-
dios aus Indien in letzter Quelle stammend, über Hellas verbrei-
tet worden ist. Wir glaubten hiezu in dem Dienste des Bassa-
Ireus^ den Sabazien u. s« w.» dann in dem ägyptisohen Cultus
des Osiris unleugbare Beweise gefunden zu haben. —
Der Yerfass. verbreitet sich im Verfolg über die Tkyatlönß
ühct die Gerärpn zu Athen und ihre mysteriöse Feier des
Dionjsus iv ^ifivMCj desselben, setzäi wjr hinzu, dessen Let-
ten; sid in Aegjpten am See zu Sais verherrlichen. Der 'Verf.
ist insbesondere bemüht, die Reinheit dieser PriesCerinnea dar-
zuthun , beruft sich auch S. 4^ auf Plato, wo die Idee bestimmt
ausgesprochen sej, dals in diesen Mysterien des Dionjsos die
Seele Von den irdischen Makeln gereinigt und befreit werde*
Allein bei Pktf» wird keineswegs hestimtut von diesen Mysterien
des Dionjsos geredet, sondern hier ist an Orpfaiäch« Weihen
zu denken« wie sowohl Heindorf (ad Phaed. I. pag.6o) als auch
Wyttenbach (ad Phaed. L p. «73 fg ) nachgewiesen haben. £s
läfst sich blofs ein Schlufs ziehen, da£s da in jenen Mjsteriea
solche Ideen obgewaltet, sie auchr in dxesfNt vorherrschend ge«
Wesen seyen.
Im 4^^^ Gapitel S; 44 ff* von i^n, Priestermnth der De^
m^ttr uüid Köre ist es zunächst das Fest ^der T&esmophörün,
das den Verf. beschäftigt : ein vielfach besprochener und noch
zuletzt in einer eigenen, Monographie von fVeUauer (de TRes-
mephorns s. Heid. Jahrbücher 4821 N'®* aS.) behandelter Ge-
genstand, über den man jedooh die Bemerkungen unsers Verfs.
nicht ohne Interesse und BeBriedigung lesen vird^ da derselbe
bier auch den Zweck sich vorgesetzt, die Reinheit dieses J6iea-
ites ?.tt ze^en. Da also Sittenreinheit eine vorzügliche Bedingung
bei diesem Feste sey, s4 wy cs,^eiiit der Veif. ^. it «m so
Ajdriaü die Priostd^mneii d^r HclleAe*, Sa)
I I ' ' .
^ewi$^ery «dafs die leichtsin&tgen R^dtti und Scenea d«s Bauhp
und Jcunhe, wenn sie in den .«Thesmopborien statt gefundon,
mit der Sittenreinheit des Festes in keinem Ycrhältnifs gestan-
den. Es zeuge, fährt der Verf. fort, von der grossen EinfacK^
heit und Einfalt der alten Zeit, dafs man die Göttin durch et^
nen .unsittlichen Scherz zum Lachen bringen wollte und dazu
brachte, weil es klar sej, dafs der Erfinder dieses Scherzes
nichts als das komische Bild im Auge gehabt habe.» Wir mei^
nen dafs diese Scenen -— und dafs sie* wirklich statt gefunden,
verbürgen die Zeugnisse der alten Schriftsteller — - mit dem Fe-^.
ste selber in de^ innigsten Verbindung stehen , - wie Ükilicli«
Scenen bei ähnlichen Festen, wie das Dranfia Satyricum mil deii.
vorhergegangenen Tragödien. Eben grade hierin besteht da»
Charakteristische solcher Feste, dafs^ .wie in d<r Natiir auf
herbstliches Dunkel und Trauer die erheiternde, Alles beleben-
• de Frühlingssonne folgt, auch hier auf strenge Enthaltsamkeit,
stille Trauer und Andacht unjnitlelbar.jcine eben so grosse Hei- >.
terkeit folgt, 'eine eben so ausgelassene Freude, die in ihreia
Festtaumel selbst die gesetzmassigen Grenzen übertritt und in
den sinnlichen Aeusserungcn ihrer Freude kein Mafs kennt %h
müssen denn auch bei den Thesinophoiien ausgelassene Spotte«
reien und Scherze, ja selbst die unanständigen* Oebehrden einer
Baubo und die Lachen erregende Jambe auf' die ernstesten See«
nen der Keuschheit und Enthaltsamkeit, der tiefsten Trauer und
Andacht folgen. — ^ Von S. 53 an folgen Angaben über di#
Thjrsinden, Melissen und Hierophantiden ^ die gegen die voit
Seiten der Reinheit ilmen in alter Zeit von den Kirchenväter*
gemachten Beschuldigungen mit Recht in Schutz genommen wer^
den Auch die Frage, ob solche Frauen sich verheirathen dürf«^
Ceti, wird S. 79 ff. berücksichtigt. '
Im 5**** Capitel werden die verschiedenen Priesterinnen Jer
Here und Athene an verschiedenen Orten von Hellas aufgezählt^
( S. 86 ff. )y wo sie auch überall das Gelübde der Reinheit und
Keuschheit tragen^ Die Priesterinnen der Artemis, ebenfalfs
rein und keusch, wie ihre Gebieterin, folgen im 6^^|^ Capitel
S. 97 tf., im 7*®** dann die der Aphrodite, der Gea,aet Et^
meniden, des Poseidon u. s. W. S. 109 ff«, im 8*'^"' die JTawe-
phoren^ Libnophoren u. s. w. . S. lai ff. und endlich im 9**"^
S. 129 ff. der Beschlhfs. >
Wir bediaiuern', durch die engen örnnzen dieser Blattei^
oicht in den Stand gesetzt zu seyn, nocb Mehreres aus diesem
durch den Gegenstand an und fitr sich, wie durch die Behand-'
tttvrgsart des Verfs. lesenswertfieti Schrift aushebeii oud nit i^it-
»erti Bemerkungen < beglehi^ zo könDitir. IKgen die cin^eehiei^
5a4 Schultz üb. d. Bedeulg. d. Gewerbe im Staate.
Bemerkungeii, die wir über mebrere Punkt» dieser Schrift uns
ejrlaubtt^dein Verf. die gerechte Aufmerksamkeit beweisen, mit.
der wir seine Schrift durchrangen haben ^ und ihn tu ähnlichen
Versuchen, als der gegenwärtige, aufmuntern. In dem Griechi*
sehen hätten wir grössere Korrcctheit gewünscht. Eben so
S. 84 statt Alsibiades, AIcibiades, S. i33 statt Ktcds^ Kteü
(Kree^) u« si w« Was die S. 78 versuchte Conjeetur in Ci-
cero de Lcgg; ü, i4 betrtfll, wo in den Worten: Quid mi-^
ieth mihi displioeat in nocturnisj poetae indicant comici für das
bereits von Victorius, Lombinus, Davisius und zuletzt von Gö-
renx mit Recht verworfene innocentes, der Veifasser vorschlägt :
ÜUeenteSj (soll vielleicht heissen iUicientes) , so möchte dieselbe
sehwerlich den Beifall 4er Kritiker erlangen , die sich mit der
^ von Görenz hergestellten JLess^r^ mit Recb( beruhigen werden.
<w»^— ^ w I miij
Üelef di$ Bedeutung der Qewerhe im Staate, und li^er das Na*
f^rprinc^p der yerfassungshUdung. Jßine staatswissenscha^ft"
liehe Fehde, geführt in einer Reihe von Streitschriften,
Herausgegeben t»on D^^ Heiixr, Schult z» ^rste Abthi'^
lang. Hamm. 48»4f VlW ^44 Seitm^
Vorliegendes Wcrkchen ist eine Rpihe von/ Streitschriften, vcr-
9nlafst durpb die Frage, ob ein Apotheker, unter iler T^xe ver-
kaufeq dürfe? Die^e F|rage leitet dexjin zv höheren, umfassea*
derep Gesichtspunkteif, zu den aufs DCue erhobenei) Unte^su^
chuttgeu über die Vor - und Nachtheile , dcfr Gevyerbefreibcit;
und über die Beziehungen der G'^werbsverhaltnisse ^ufqi Staat
vnd verleiht den YerhaqdlungeQ eine allgeipeinerov Bedeutung.
Die einzelnen Aufsätze sind aus den^ Rheinisch ~Westphälischea
Anzeige^ unverändert entnomn^ep, mit Ausnahme der eigeueo
des Herausgebers selbst, die eine erweiternde )^earbeitung ti^
hielten* Derselbe be^pweckt durch diesen besonderen Abdruck
allgemeinere Th^ilnahme an diesen Yerhandlupgen , fils das Pu"
blicun} des R. - W* An;ieigers erwarten lä|kt. Zur Aufn^hms
fernerer ^auf obige Gegenstände sich beziehenden Aufsätze, An:
sicblkn, Meinungen ist die ZYVeite Abtheilung dieser Schrift be-
stimmt r yi^ eiche möglichst baldl nachfolgen soll. Beiträge hiezu
können dem Herausgeber jupter dessen eigner Addressie oder
unter, der der 3chultz - Wundermannschen Buchhandlung zu-
kommen^ UJid SLw^ durcb ßuphhäpdli^rgelegiea^i^i odcf yöa
r
Schultz fib. d. Bedeutg. d. Geirerbe im Staate. 5iiS
solchen) dij& irt delp Nahe von ' Leipzig Wotibjcn | namenlHch
durch Hrn. Tippman daselbst/
£s sind der einzelnen , in - diese Schtift Sinfgefioinmeneitf
Verhandlungen und Belege 24, tvebst 5 Anhangstäckep ton ver-*
ti'andtem Interesse, Stellen enthaltend die aus dem • Rheinisch-^
Westphälischen Anzeiger selbn (18)9. Nr« 93 tiiid 95. ), acitf
Ltteratürzeitungen (Allgem. LIt. Zeit. 1821. Nr. üGo ff* Receti^
sioii Von Ziegler über Gew«rbefreiheit) 11. s« t?. abg^i'ueki
sind«
• In der ersten Nummler ^ird die Behauptut^g atisgesptochen^
-wenn «iin Apotheker unter der Taxe verkaufe, so geschehe sol-
ches aus unreinen Absichten, u'na nämlich den Kollegen die Nah-f
TuAg za. entziehen ) und ts wird im Allgemeinen die- Frage fluf'
geworfen, ob ein Apotheker unter der Tax^ verksiufön dürf^j
Geg6n dieses Verkaufen erklären sich Hr« Schultz, W. uhd Ü.,
letztre beide die Verfügui>g -der königl Regierung zu Arnsberg
V. J. 1819 ( Amtsblatt« ders. Nr. 64o Stück 4^ ) Und ^as Mini-
sterialrescript v. 8. Juli 1820 an die königl. Regierung zu Po»-
sert (Annai. d. Preuss, Staats -Vetwaflt. Band 4, Heft 2 ) lan-
fivlirend. Für deti Verkauf und die Gewerbefreiheit überliaupf
spricht ilartmanu vom Rhein. Jene z^ei Verfügungen erklären^
da£s man durch eine feste Taxe zu verhindern Btrebe, ddafs Hit
«Apotheker nicht gegenseitig durch Erniedrigung der Preist
« züiQ Nachtheil der Waare ihrem Absatz %ü erweitern suchen)
«indem -es namlith bekannt seje, wie $clTwer in schon bereite«^
«ten Arzneien die Güte der dazu verwendeten Mittel zu beul-
«theilen «.•... daraus folge 'voa selbst, dafs, wo di6 Verhält-
enisse des Empfängers der Arznei der Behauptung eines Allmo-
«sens widersprädicn, der Apotheket in tlie gesetajichen Strafe
«genommen werden müsse, wenn «t unter der Taxe verkaül^
«habe • . v . .» und dai's bei Arzneilieferungeii an öffentliche^
tinter Kontrolle der Aerzte stehende Anstalten beim Kt>mract-
ab^chlufs ein höherer Abzug als 26 Procent zu stipuliren seye^
weil hier der Arzt sich sehr leicht .[?} von der vorschriftmässi-
gen Güte der Arznei überzeugen , auch uöthigen Falls die 'en^
forderlichen Vorkehriingen gegen^ den Apotheker treffen könnet
— - Hartmann vom Rhein dagegeb stützt sich auf das koniglidHft
]Vfedicinal-Edict d. d. 27**-'" Sept. 1725-, auf "welche - sich daü
Miuisterial - -Rescript v. i^^^ Ott. i8i5| die neue Arzrieit^tf
begleitend, beziehe. Indem jenes Edict nämlich bestimme, dd£l
idie Apotheker «insonderheit die <Luf den Rechten ^verordnete
« Medicafnente jedesmal bei 25 Thal, fiskalischer Strate wedd^
«ifber noch unter der Aopothekertaxe verkaufen soUteb,^ '^so
isejc doch dadurch der V^kanf unter 4er Tax6 aU!fJM$r Umä
5)6 Schultz üb« d« Bedeutg. d. Gewerbe iip Staate.
gestattet. Atleio Hr. ^Schuhz erklärt, eine. Taxe sey keia
Maximum, sondern ein fixes Medium. Durch seine Behauptung
^afs das Ministeriam die Arzneitaxe oUein auf die, auf Recepten
^verzeichnete Arzneien ausgedehnt wissen wolle, zeihet H. t. R.
dasselbe einer doppelten Inconsequenz, die wir jenem zuaiutrauen
nicht befugt sind. Denn einmal finden dieselben oben angefulir-
ten Gründe zu Festsetzung einer Taxe für Arzneien Statt, die
auf Vorzeigen eines ärztlichen Receptes gefertigt, wie .für sol-
cbe, die ohne dies verkauft werden. Zum andern aber macht
Cff dadurch die Wirksamkeit des Gesetzes von der blossen Be-
obachtung einer Form zwischen Käufer «und Verkäufer abliän-
gig« Aliein in deo^ F^U ändern sich alle diese Verhältnis»«,
-wenn vott rohen Materialien, nicht von jschon gefertigten Af-z-
neien die Rede ist. '—
Diesen specielLen Fall verlassend führen H. Schultz, Hart*
jnann vom Rhein, und v. Hövel den allgemeinen Streit über die
GewerbeveshäJtnisse fort. ^ H Schultz vertheidigt die Zünfte
vmd Taxen, indem er Fälle anführt, wo seit Aufliebuog dersel-
ben alle Waare sclUechter und theurer geworden, und die en-
gen Beziehungen nachweifst zwischen Gewerbe, Urgewerbe,
J>^atianalität , nationaler ' Vervollkommnung , sämmtlich gefährdet
durch das zur Mode gewordene Gründen des indi'niduellen Staa*
tes auf den allgemeinen Staatsbegrifif ohne Rücksicht der Naiio*
palität. , Zugleich bekämpft er den Kosmopolijtismus als alle
Nationalität überhaupt, di^ Einführung der. Spinn -Maschinen
als das nationale Urgewerbc der Deutschen zerstörejod. Diese
letztere «ectheidigt* "von HÖV0I mit durchgreifenden Gründen.
"Wenn abe» in Ansehung der übrigen Punkte H. v. R. in stetem
Schwankea Degriffen, ist,^ seine Behauptungen nicht durchzufüht
tptk wcifs, sondern von cioer zur apclern kömmt, und sie stets
modificirt^ so ahnen wir, dafs es, wenigstens theil weise, hier
nur eine Roll« spiele, was er auch mit den an H. Scbults
gerichteten Worten (S. i46) anzudeuten sucht: cSie scheu
4L hieraus, dafs man Ihnen volle Genechtigkeit. widerfahren lassen
«kann, und zugleich doch au.ch die Unmöglichkeit andeuten, ibr
«begonnenes Kampf^iW gegen die Gewerbefreiheit, als deren
^Fiirf echter ick nach Ihrem Wunsche herzlich gern außrttm
«mo'cA^«^ aufzunehmen» u. s^ w« — Der bisherige Streit ist
daher nur ein verstellter, bestimmt, ernste Streiter für und wi-
der qine so hochwichtige Sache herbeizurufen.
Im Ganzen müssen wir die, in- diesem Streite herrschende
I^ebeodigj^ei^ und Gründlichkeit, und den Ideenreichthum, be^
aondertvon $^ten des H. Schultz rühmen; glauben jedoch, daff
ffMi säaioHUoho VerhaodluQgeii. des . Grundüehk^it ttnbsioIit<l«t)
Schultz üb. •&. B^eu^, A. Geweihe im Staate* &df
^ ei f kürzer hätten abgethan werden können, indem solche durch
cfie Vervielfältigung det^ Bilder und Formen im Ausdruck, we-
nig gewinnen durfte. Wir, glauben ferner auch das Ankäm-
pfen des lierausgebers gegen den Kosmopolitismus beruht nur auf
der etymologischen Peductiön des Wortes, dessen wir nn^ aus
Mangel' eines besseren bedienen. Denn es ist nicht nöthig, mit
dem wirklichen Wcltbijrgerthum ahch stets das. förmliche Ter-'
knüpft XU denken* "Wer durch sein "Wirken das Wohl aller
Staaten zu fc>rdern strebt und fordert , der erscheint uns aU
Weltbürger der Realität nach, und wenn wir nicht irren, dflrf^
ten wohl nicht lang[e die Fälle gesucht werden, wo solche Män-
ner auch Ton andern ^Stnaten der Form nach als Bürger aner-
kannt worden; noch dürften die Handlungen aufzuzählen se^n^
durcK die ^as ' Weltbnrgerthum . begründet wird. Denn Natio-
nalität ist keineswegcs mit dem' engherzigen, und stets sieh
selbst strafenden Streben zu verwechseln, welches das Interesse
einer Nation von dem aller andern sondern will.
Indem "Wir endlich den Staatszweck in Sicherung der Frei- ,
heit der Staatsglieder festsetzen, so erklären wir dadurch zugleich
ünsre Ansicht von der Gewerb fr eihcit. Denn 'dafs der Staat rtur
in soweit die Freiheit seiner Glieder sichern müsse, als er e»
besser denn die vereinzeinten Menschen vermag, liegt schon in
teuer Definition. selbst; alles Weitre aber wäre vom UebeU In
Beziehung auf die,' durch das ganze .Land iich verkettenden
Zünfte wird er daher doch wohl in soweit eingreifen müssen,
^afs er für Absteilung mancher, vielfältig schädlichen,' su nichts
ijiützlichen iKifsbräuche Sotgc trage. Wenden dann die einzel-*
' nen Gemeinden sich mfit den Handwerkern u. s« w. über die
Preise und Taxen vertragsmässig verständigen, wenn sie sokhe
stüfndimen', so hat in der Rücksicht der Staat durchaus KiibhtB
weiter zu thun Diic andYr,n bijnungsverhältnisse aber* möchten '
wohl kaum schädlich genannt werden können Da es übrigeds
unsre Absicht nicht sejn darf, hier selbst uns in den Streit zu
befangen^ so mögen diese Andeutungen genügen, und wir wün-
schen dafs sich bald mehr ernste Sti*eitcr finden mögen zu För-
ifarüDg der Wihrheit. Hcinr. ^ronn.
Der Streit zwischen Ulrich von Htttten und Era^
mus von RottertTam, ein Beitrag zur Charakteriitik
Vir, von Hatten und seiner literätiseh, Zeitgenossen. Aus
Originalurkunden und Briefen ins \Deutsche über-
5iS Ulrich y. Huttjca vu Efasmas.
seUt und mit literär histor. Bemerkungen herausgegeben
von Caul KtssMit, Pfarrer in Heci/elJ* Main* äSstd,
bei S. MitlUr. XFJII und 33o S. S. % fl.
xler Verf. übersetzt aus der all^^emein bekannten Baseler Aus-*
gäbe des Job. Frobenius vom J. i5a3 und a4 und giebt, wie
er selbst bemerkt, einige -^ wenig bedeutende — Erläuterun*
gen, aus Iselins bist. Lexicon, , aus Ladvocat's Dictionaire^ aus
Arnolds ^Kirchen " und Ketzergeschichte. A^ie kann also der
Titel von Originaturkundeh sprechen ? — Und. wozu diese
ganze Arbeit? Nicht zu wissen scheint Hr. K«, dafs diese beide
Schriften Huttens und Erasmus erst^ 4843 von einem, unpaith ei'
ischen Kenner, Dr, Stolz (Aarau bei Sauerländer) gut. über-
setzt und zu einer billigeren Charakteristik beider Männer und
ihrer Zeitgeuosseu angewendet worden sind. Stolz übersetzt
wl richtiger und gewandter, auch $eine Kritik ( S. 9 "bis 60 )
und ' seine Erläuterungen sind viel genügender. Der Verf. be-
stimmt, mit polemischen Ermahnungen freigebig, seine Sclirift
S,. XVI. zum Gegengift gegen die' jetzige Erneuerung der eigc-
aen Geistesdenkmale Huttens. Wir freuen uns dagegen des
glücklichen Fortgangs dieser erwünschten Ausgabe der cSämpnt-
lichen Werke des teutschen. Kitters U. v. H.» welcher Hrn.
Prof. Miinch Und dem Verleger ., Hrn. Reimer^ Ebre macht
"Wir bemerken zugleich mit Vergnügen, dafs diesb Ausgabe be-
reits den III. Bd. geliefert hat. Was Hr» K* gegen Hütten Bit-
teres vorbringt, überläfst Ree. um so lieber dem Herausgeber
der dennoch unsterblichen Werke des. genialischen Reformators.
Möge auch djc Ankündigung, dafs Hr. Reg. Rath M^agenseil
XU Augsburg, welcher, sein ganzes Leben über, eine. Restaura-
tion.von Huttens Schrif'ten vor Augen hatte^ jetzt wenigstens
^eine Ansichten über Huttens Leben, Charakter und Schriften
bekannt machen wolle, bald erfüllt worden« Eine solche Schrift
Tpn etwa ao B9gen, zu 1 fl. 24 kr. oder ao gGr. Subscription/
sollte doch wahrhaftig des Subscribirens ^icht bedürfen. Dazu
ist für jeden Verleger in der That kein: jacta est atea! dS-
thig, während Hr. Reimer für< eine vollständige • Au^be den
Wurf gewagt und wahrscheinlich igsiit Glück geWagt hat.
H.\E. G. Paulus.
^"'^- Heidelberger ^^^:
Jahrbücher der Lilerätür,
Das Sendschreiben der fiortntker an den j^pstd Paulus, und
das dritte Sendschreiben Pauli an die Korinther
in armenischer Üebersetzung erhatten j nun verdeutscht und,
mit einer Eirdeitunff über die Aechtheit begleitet von ft^itu^.
Fr. Rinck, Ev. Pfcarrer zu Üschoffinsen X7 — w» badi^
schtn Oberlande J* Heidelberg, bei C. F..fHnter. iSsS*
%43 S, in Octat^, .
JCiio neVief paulinischer Brief I?.'*-^ So vtij^A (^ewtfs mancliM'
juHr. freudiger Ueberrascliung frzgeup •dem die erste Kunde dieser '
Sdtrift zukommt» . la der That, Herr> Riiick^ dessen ernste.
Liebe zu theolog^chen und : philologischen Studien uns be**.
kannt und höchst achtung«werth ist , hätte nach mehrjährt-*
gern Aufenthalte in Venedig d^ Kirche des deutschen Va^-.
terlandes kein schöneres Geschenk aus Italien mitbringen kdn-*,
nen^ als geistige ReUq.uien des Grossesten der Apostel, und die-
ganze Christenhei,t müfste ihm den herzlichsten Dank wissen^
wenn sich das Dargebotene als «cht und probehaltig erwiese*
Freilich müssen wir uns, um das letztere zu erfahren^ * zuerst
dem kalten Geschäfte des Prüfens unterziehen , ehe wir uns der
Freude ganz hingeberf, und da könnte es sich wohl auch zei«
gen, da£s wir uns nicht in dem Grade freuen dürfen, als = wir
hofften. >*- Darf Ref. hier im voraus schon ein Bekenntnifs ab^
legen, so-^ gesteht er, dafs ihn die erste so. wie die häufig wie«
derholte Durchlesung des Briefes in dem» Zustande gelassen hat,-
'worin die ruhigste und nüchternste Prüfung mögHch ist»
Ref wiifste.n^icht, ob dieser pauliu. Brief auf irgend einen
ganz Unbeüsingenen so wirken könnte, dafs er sich* in der Art geistig
gehoben ,> innerlich erregt und erwärmt fühlte, wie es dem ein*«
fach gesunden Sinn bei der Lesung paulin^ Briefe zu geschehen
|>flegt — doch zweifelt er daran in ^ hohem Grade ; auf ihn we«
nigstens hat der Brief bei der ersten Bekanntschaft, wenn auch
gerade keinen ungünstigen, doch durchaus keinen grossen Ein«
druck gemacht. '*— Dies ab vorläufiges Gcständnifs) jetzt zur
Sache! .
Schon um die Mitte des -ty}^^ Jahrh. brachte ein engÜschef
Edelmann Gäbert North eine unvollständige zu Smjma vcrfer*
tigte' armenische Handschrift eines Sendschreibens der Koriuther
an Paulus und der apostolischen AMwort auf dnsselbe in sein
34
53o Riack dritter Brief Pauli an die Corintber.
Vaterland, wo der gelehrte Erxbischof Joe. Üsher and Joh.
Gregor damit bekandt wurden. Dieses Msmuscript erhiek so-
dtim Pkä^ MassoUß ier die beiden Briefe zuerst \tä lo^^^Baod
der hisioire criiique de la Republique des Lettres (Amsterd, u,
Jfirfeki ijiiy «bdruckfo Mebs Ein Jahr spater gab sie der
Orientalist^ David Wilkins in latein. Ueberselz. besonders heraus
und eignete sie mit der Bitte um kritisches Urthetl dem desAi^
nienischen kundigen La Cröze \tk Berlin zu« Der Ausspruch
fiel entschieden verwerfend aus; wie ans- den literar. Notizeo,
die /. A. Fabricius^ dem Abdruck der beiden Briefe ^Cod.
Apocrjph. n. Test» Jpärs. HI.) beifügte, zu ersehen ist. Die
Sache «chien abgethao, als sie durch den Vater und die Söhne
HHiision wieder in 'Anregung gebricht wurde. Der Vater
Wilh. Whiston erhielt eine volbtändige Abschrift Onserer Send-
seh^eiben mu Ale|>po'in Armenischer Spraehe mit 'arabischer Ue-
bersetzuog. Sein« Sfibae Georg und FfUlu HHiaton lernten
•elbst das Armeniacbe und gaben die beiden Briefe alt Anhang
Btt ihrer gelehrten Ausgabe des armenischen Gesfchichtschreibers
Moses *üon Chorene mit Hinzufügong ein^ guten Ruckuber'
fetzung ins Grieohische heraus. Lond. 1736* Diese Bearbeitung
li«£i sodann Carpaep ohne den armenischen Text, aber mit la-
teinischer Uebersctzüng ( die Hr. Rinck frei und den Sinn ver*.
unslaitend nennt ) abdrucken. —
Hr. Rinei hatte bei seinem Aufenthalt tu Venedig Gelegen-
heil mit den würdigen und gelehrten armenischen Mönchen be-
kannt zu werden, die seit einem Jahrhundert cm Kloster auf
der Insel S. Laiaro bewohnen. Wie \\t\ von diesen jVIänDero
für Literatur geihan werde ^ be weifst schon die aus iKr«r Mitte
herForgegangene Ausgabe der 2 Bücher der eusebischen Chronik.
Einer derselben, der Pater Dr. Pasqual Aucher , der Bruder
des Herausgebers des Eusebius, war so zuvorkonamend, Herrn
Rinck mit den Handschriften der Heiden bezeichoeten Send-
schreiben, die sich in der Bibliothek von Lazaro befinden, be-
kannt tu machen. Es sind deren acht - drei von unbestiunn"
tem Alter, fünf aus dem i^r^^** Jahrhundert. — Da Hr» Rinck
das Armenische nicht selbst versteht, so liatte Pater Aacher die
Gefälligkeit, ihm die Briefe Wort fcr Wort lateinisch oder ita-
lienisch zu übersetzen und ihn so in den Stand zu setzen die
deutsche Bearbeitung derselben zu geben. Auch die Verglei-
ehnng der Lesarten der verschiedenen Handschriften, so ^e
Itterär. Notizen über den Gebrauch, welchen frfihere armenische
Sohriftstcller. von den Briefen machen^ verdankt ~Hr. Rinck dem
P. Aacher* Dieser gelehrte Armenier Kefs in seiner aiii S. La-
za0. gedruckten, armenischen Grammatik (Grammar Armeuiün
and English by Father Pa^hal Aacher. Venice. 1819) die bei- .
dritter Brief P«iili an dm Corimh^, S^i.
«eUimg 'unior ilw Ztbl ii«JE! Uebangsstü^kje ^cebmnen. *) , Höh
kann sie also,- wer armenisch^ versteht , gaP9c .«nthentbch nafibliO^
$ett. *-! J)9$ YetdÄenk di^er neuiw. MittWlung der beiden
Briefe .besiebt darkiy dab. «n S^bliib imS bisher «vbe^ßPinCct ^
Verse ^ die freilicb nMbt viel GewichtKoU«^ eiitbaliea^ hii^ftiig^
lugt, und an vielen Stdle» die frvhereai Lesitien uwdi.UdKjr^
seuusgeu beficbtif;t siiid. Ueber die beriobtig^en Ud)eK<ei9K9r
gen kftnA Ref. nicht ujrtbeilen^ abet mohrere Aet neuen l4es«rtfsn
scbeiAtn ibm kein^wegs besecav ak die von den Wbisl^n aiop^
lirten* A» videii (hdn jrmAem dagegen awcb wiridieb iIppW
blere Lesarten mifgetbetk. Das :fvidbtig^(e bei dÄesev« A^u^l^be
iet ohne Zweifel diia den Ariefi» seib^-i^ vorangeaebicjkte gegebne .
Einleitung, worin von der Aeel^beit devsellm gehandelt wiird;
Was nun eben diese ^eeA^Aeiir der vojrliegenden $(^d$ßhrei«
ben betüiffl, se» bat sie bisher niesiaud bestimml zubeMupteo
gewagt. Usber, Wilkins., I^a Gro:ae, Fabvicius, Moaheim, Mir
cbaeüs (von wdcbgen beiden Hr. Rinck ungerecht vcrwuthet^.iHe
mdcbtcn wohl die .Briefe gar nicht gelesen h;d>en), CarpzoT
u. s. w. apreohee gana^ ; eetscbieden gegen die Aechtheit. Selbst
die Brüder Whialon, di^ sich so viel Mühe uDft die Brief e.gi^
geben ballen , wagen et wegen des« Mangels an äussern bislori*^
sehen Gründen nidit, sie für acht au erklären, scbeuea sieb
aber auch, sie geradexu va verwerfen, aus Furcht, etwas, was
doch apostolisch seyn könnte j aniLutasten (ne forte per impru^
dcfittani. in ipsum apostolum cOntumeliose injuHosi simua). Hr*
Riüfik tritt nun in der Einleitung als der erste entschiedene Yer«
tbeidiger der Aecblbeit der beiden Sendschreiben auf, und
gtebt am Scbluis derselben nicht undeutlich seine Absiebt au er*
kennen, den angeblich paulinisehen Brief in den Kanon au brin-
gen. Dieses Ereignif« werden wir wenigstens ni^ht erleben;
denn selbst wenn sich manche Stimmen für die Aechtheit. der
Briefe erheben sollten ; so ist doch die nUgemeine Au&iabme ei-
nes Buchs in den Canon (und eine specieUe, so dafs wir ctiya
einen deutsichen, oder protestantischen oder dergl» Canon bekä-
men; kann auch fir. K. nicht wollen ) — eine solche allgemeine
Aufnahme ist mit eo unabsf^barcn Schwierigkeiten v^kntipft,
welche durch Consistor ien , Sjnodeo-^ und BibelgeseUschaften
(denn durch diese will^ Hrs B. die Heception bewirkt haben)
*) Auch Lord Byron beschäftigte sieb einmal mit diesen Briefen
und verfertigte mit P. Auchers BeibüIFe eine freie englische'
Uebersctsung davon« Ob dieselbe irgendwo gedrtiekl ist? w^sifs
Ref» nicht» -p
34
y
5Sa Binde dritter Brief Pauli an die Coriilther:
. \
-flicht ^%Wä betcfittgCy spildet'ii erst recht famorgerufe)ii werden^
dafs einige Mensch eaalter gewiTs nicht hinreichen , um über die
Sache ins Reine tu komnien. ^ - •«
• Vor der H^nd ist nichts zu' thun als das Mitgetheilte nach
l^iisten Kräften gewissenhaft su prüfen. Dies soll zuerst. in ße^
Ziehung auf die äusseren Zeugnisse geschehen. Hier is^ nua
freilich nicht viel zu- prüfen , denn es ist fast gas* nichts da. Die
griechische, lateinische/sjrische* Kirche wetfs von den fraglichen
Briefen— ^TiiipAfJ^rt Nur in der armenischen findet sich eine ganz
leise alterthiimliche Spur. Hr. Riuck- hat sich nämlich von Pa-
ter Aacher berichten lassen, dafs alte armenische Kircfaenschrift-
steiler, Gregor Att Erleuchter, TA^o^or mit dem härenen Ge-
, Wand ( Chrtbenavor ) und iVfer^e^ Lampronensis das Sendschrei-
ben Pauli anfuhren. Wir haben, obgleich wir diesea Zeugnis-
sen nicht nachgehen können, keinen Grund an der Glaubwür-«
digkeit des gelehrten und humanen- Pater Ancher zu zweifeln;
wollen also einmal auf Selbstsehen, weil es nicht anders ist, ver-
zichten und die Autorität gelten lassen. Was für Kraft haben
dehn nun . die angeführtem Zeugnisse ? . Der letztgenannte Kirchen-
lehrer Nierses lebte im t;!*®*^, der zweite, Theodor im 7*^^
Jahrhundert; sie sipd also, da keine alten Quellen genannt wer-
den, aus denen sie schöpften, so gut vrie von gar keinem Ge-
wicht* Gregor der Erleuchter lebte um das Jahr 3po, seine
rfachricht wäre also um ihres höheren Alters willen schon mehr
zu berücksichtigen. Allein in ungefähr 3oo Jahren kann schon
H\e\ untergeschoben werden, und es ist weltbekannt;, wie viel in den
, 3 ersten christlichen Jahrhunderten wirklich untergeschoben wor-
den ist. Und \ver steht uns denn so ganz dafür, dafs gerade
.jene eine Stelle des Gregorius Jllum., xler zu einer Zeit lebte,
wo man noch nicht einmal armenische Buöhstabenschrift hatte,
dessen Nachlais also manchen SDnderbiarcn Schicksalen ausgesetzt
gewesen seyn mufs, vollkommen' zuverlässig ist? Höchst be-
denklich bleibt es immer, dafs sich die beiden Briefe in so vie-
len Manuscripten der arxfacnischen Bibelübersetzung nicht finden
und dafs sie selbst in die ersti^ gedrückte armen. Bibelausgabe
'nicht aufgenommeY) worden sind» -
Jenem einen, immer etwas unzuverlässigen Citat aus dem
Anfange des 4^^*^ Jahrhunderts steht nun ein höchst niederschk^
gendes Stillschweigen o//^/* griechisch, syrisch und lateinisch re-
denden alten Kirchenlehrer gegenüber. - Und doch' soll der eine
Brief ixus Cqriffth , der andere nach Corinth geschrieben seyn.
^Nehmen "wir nun an, dafs die Zeugnisse de;r Alten ein sohr ge-
wichtvoller positiver Beweisgrund /«> die Aechthcit. einer Schrift
sind, so mufs uns der gänzliche Mangel solcher Zeugnisse Bos-
ses Bedenken erregen und als' ein indirecter Beweis gegen die
Ririck dritter Brief l^auli an dio CoHfither. 533
JkeohtKeit erscheinen. Um diesei» StUkchweigeti , welches wirk-
Jich starker und lauter spricht, als jene schwache Stimme des
Gregorius JUuminatbr , zu beschwichtigen , mufs sich Hr. Kinck
natürlich etwas künstlich durchwinden, und ^y^ir ' bewundern den
Seharfsinn, mit dem er seine Sache hioausführt. Er sucht zu
beweisen, dafs das Schweigen aller and^ön Kirch e'nlehr er kei*
nen entscheidende^, tirund zur Abweisung der Sendschreiben
abgeben könne, und dafs die Anführungen der Griechen und
Latieiner kein noth wendiges Erfordernifs zur Aechtheit der vor^
liegenden Sendschreiben seyen. Er beruft s:ich zunächst darauf, dafs
wenigstens* zwei ächte apostolische Sendschreiben untergegangen
sejen, ohne von einem Kirchenvater angezogen ^u werden. (NB.
diese sind denn auch ganz frühe und vollkommen spurlos abhanden
gekommen, unser Brief soll sich aber in der syrischen und arme^
nischen Kirche durch die Reihe der Jahrhunderte erhalten har
ben — und doch keine Citatel?) Hr. Rinck meint mit dei^ ge*-
wifs verloren gegangenen pauliii, Briefen den i Cor. Y. 9. er-
wähtiten, unseredi i^'^ Corinther- Briefe chronologisch voran-
geh'enjlcn Brief an die Corinthcr (erklärt also das von ihm hef'«-
'ausgegebene paulin. Sendschreiben für ;einen vierten Corinther^
brief ) und den vielbesprochenen Brief an die Laodioeerj^ dessen
der Aposfel Col. IV, i6* Meldung thue. -^ Der Raum verbie-
tet, hier auf alle Gründe für und gegen einzugehen ) indessen
hält* Mch Ref. itniher noch überzeugt, dafs eine Erklärung beider
Stellen ^besonders des > sehr unbestimmten Ausdru^cks Col. I V, 1 6.
rriv ix,Aeco6tH€tci4) möglich ist, wobei die ^Annahme, dafs pau-
linische Briefe verloren gt^gangen seyen, nicht unamgänglich notb*
wendig ist. Angenommen jedoch, dafs wir zu dieser Behaup^
tung unvermeidlich hingedrängt würden, so folgt daraus nur
dafs ein sehr frühe, in apostolischer Urzeit verlogen gegangener
paulin. Brief .sofort von dem ganzen christlichen Alterthum , auch
nicht erwähnt werde -— es wird aber dadurch nicht im minde-*
sten plausibel, dafs ein Brief, der sich wirklich erhalten hat^
auch gar nicht gfenannt seyn sollte.
Und zwei Briefe,- der eine von der coriiith. Gemeinde, der
andere von einem Apostel an sie, sollten sich gerade nu^ in
Armenien erhalten haben ? Hr^ Rinck äussert die yermuthüng,
dafs der vörliegetide Brief Patili deswegen von den Corinthem
eher unterdrückt, als verbreitet worden sej, weil er nur <eiü
]>enkmal ihrer Schande» enthielt. Diese Beschuldigung ist ud->
gegründet. Aus derselben Ursache hätten die Corinther auch
die beiden anderen Briefe Pauli, zwischen welchen der unSrige ge^
schrieben seyn soll, zurückhalten müssen, denn sie enthielten
ebenfalls manchen scharfen, ja noch schärferen Tadel als dieser«
Zudem ist es unrichtig , dafs der Brief bW« mft .Denkmal ihrer .
534 Rinck (Eritter Brief Pauli an die Coriiidier.
Schand« gewestn wäre, denn et war ja hScikit ehrenvott fßr die
Gemeinde, dafs sich ^e Besseren anter ifaneu, namencBdi %re
Vorstelier sogleich gegen den Verfuhrer Simon und seine An-
hänger efUärlen und den Apostel zu Tollständlger Bekimpfong
derselben aafforderten. Auch konnte selbst för dif Folgezeit
«efine apostolische Widerlegung dieser Irrlehren nicht nnwillkom-
ineu sejh ttod Aogleich in Vergessenheit gerathen, denn Stmoni-
aper soll es ja nach. Eosebius im 4'^ Jalirh. noch gegeben ha-
ben, wenigstens dauerten die im Briefe bestrittenen Irrlebren
nntw veränderten Namen und Formen immer fort«
fVie sollen dehn die Briefe gerade nach Armenien jgekom-
men sejn? Hr. Rinck meint ^ durch Vermittelung Am sp'Ü€keu
Kirche, und stutzt sich dabei auf die bekannte Thatsache, dafs
die Urheber der: armenischen Btbelnberseuting^ nicht blofs grie*
chische , sondern Yorneholich auch sjrrische Handschriften
gebrauchten. Betrachten wir diese Vermuthnng näher. Die sj^
rischen Bibelübersetzungen, die hier allein in Betracht kommen
können, sind die Peschtto, die philoxenianische , und, die sage-
nannte palästinensische (nach Aisseman ) öder <nacli Adler und
Michaelis) hicrosoijmitaiiisch- syrische j die von P<^ocke heraus*
gegebene Uebersetzung der 4 kleineren katholischen Briefe und
die dui>ch De Dien bekannt gemachte Uebersetzung; der Apo*-
kalvpse geht uns nicht näher an. — Di^ Peschito und Philoxe-
n'nmsL nun haben die fraglichen Sendschreiben nichi. Und fioch
if^aren beide Kir^henübersetztmgen zu verschiedenen Zeiten und
in verscfiiedenen Gegenden. Also die syrische Kirthe wenigstens
erkannte den Brief nicht ap. •— Wie verhält es sich aber mit
der hierosolymitanisch syrischen Uebersetzufig^ Von ihr haben
wir bekaniitlich nur Fragmente der Evangelien, in einem Evan»
gelistarium auf der vatikanischen Bibliothek« In diesem Evange-
listarium möchte Hr. Rinck gerne aus Gründen , die Ref. weder
billigen noch bestreiten will, ~ Bruchstücke der aUesten syrischen
Uebersetzung finden, die er über die Peschito und Philoxeniana
hinaufruckt. W^ir wollen dies, wie unwahrscheinlich * es seyn
ntf^j einen Augenblick zugeb(fn — * was^ folgt nun daraus?
Hr, Rinck sagt: wenn nun dies EvangeliMarium Fragmente der
ältesten syrischen Uebersetzung enthält, so kann doch niemand
beweisen, daß unsere beiden Briefe in dem pertpren gegangenen
Theäe dersdben nicht gestanden haben können* Das kann frei«
lieh kein Mensch auf Gottes Erdboden beweisen, denn daiin
kann viel gestanden haben. Aber wer wird «s glauben? —
Warum kamen di^nn die Briefe, wenn sie einmal in der alte«
sten, (nach Hr. Rinck) au$ der- apostolische» Urzeit herrühren-
den, wohiautorisirteii syrischen Uebersetzung standen, warum
kamdn sie deiio* ni^t au«ih in die Peschito und PfailoxenitDa ?
Eioek dritter Brief Pauli an die Corinther. 53S
Ja, sagt Hc« R.. «in Aw Ptfschito mursien sie aqboii der N/perkniät
weichen.» Welcher löhnie^ ui)d zugleich welcher ttngere9hte Aus- '
•pruch! T-* Einer höchst 'uQ^xegrüttdeten Vei'muthung zu lieb,
dem Urheber oder (wahrscheinliche) die Urheber der Peschlio,
von welchea wir nichts. Sicheres , also auf keiaeu Fall etwas
Schiinioies wissen « denen wir aber nur Dank . «^huldig sind , der
Hyperkrilik tvi. zeihen. Wie Yiel naiürlichet ifat dßr Gedanke:
die Verfasser . der Peschilie nahmen die fraglicbeu Briefe deswe-
gen uicju auf, weil sie daipals noch picht «j^istirten^ pder Weil
aie ihnen wenigstens uoch nicht bekannt waren. Aber such den
unwahrscheinlichen Fall gesetzt , da£s sie e^istirt hätten iind ih-
aeu helianni f<eweseu »wären, eigtXste es denii gerade die böse -
Hjrperkritik sej^n, die sie zum Ab w^ eisen bewog? konnte es nicht
auch richtiges Gefühl sejn^ dafs ({er angieblidbe 3rief Psuli des
Apostf^U unifvärdig 9ejl ' ■
Eine noch mehr ins Einzelne gehende Ausführu^ konnte a|ch
des Ref. Meinung fast unwidersprechlich zeigen, wie unzulWg
die. Yeifmuthung ist, dafs durch* die sjrlsche Kirche der Brief
nach Armenien hinnbcrgekommen sey. Denn wenn wir von den 4
Uebersetzungen absehen, so findet sich auch bei keinem Einzigen
der Kircheujehrer , welche in Syrien lebten, gebildet wfirden
oder auf eine Zeitlang dahin kamen, nur eine leise 'Spur von
den gedachten . Briefen. Verläuft ^ich denn so ein apostolischer
Brief, wie ein Xröpücin Wasser im syrischen Sand? r— Und
doch müfsten die Briefe bis segen die Mitte des ^6^^^ Jahrhun-
derts in Syrien vorlianden gewesen seyn, denn erst um d^csc
Zeit kam die armenische Bibelübersetzung durch Mesrob und
seine Gehülfen zu Stande,. Also' durch wenigstens 4 Jdhrh. wäre
er da gewesen, in Zeiten ^a geyresen, wo man schon viel über
den Canon hin una Jier. sprach, und doch kein Citat? keine
Anspielung? nicht fl/inmal ein kritischer Zweifel?
Zuletzt hat Hr. B. auch gst nicht ^zur Evidenz erwiesen,
— und darauf kam es doch hauptsäclilich an — dafs der Brief
nun wirklich in der alten kirchlichen Bibelübersetzung der Arme*
nier stände Dafür ist durchaus kein bewährtes Zeugnifs verhan-
deln. Die Manuscripte, die sich auf der Bibliothek von S. La-
zaro befinden, sind theils aus dem iy^^^ Jahrhundert^ tbeils von
ungewissem Alter, sie können, also nicht viel beweisen. Gegen
sie tritt aber immer noch /eAr gewichtvoU die .Autorität der
^rcA/a;A veranstalteten Druckausgabe der armenischen Bibelübei^'
Setzung auf, welche der Bischof von Erivan, gewöhnlich Üskam
nu/ genannt, ausdrücklich auf Beschluf^ einer oynode zu diesem
Zweck nach Europa gesendet, im J, i66d ?u Ansterdum be-* *
sorgte. Diese Ausgabe hat die Briefe nicht, und doch war sie
kirchlich, doch war sie von einem angesehenen Bischöfe ve^an-
536 RiBck dritter Brief Paiali au die Coriiither.
ftaltet, dctr sich Zweifeb ohne nach d^n jpaolin. Briefen in setnea
Lande wird umgesehen haben, der aach gewifs nichts kirchHolk
Anerkanntes wilikuhrlich wegliefs.*)* Gegen das Ansehen dieser
Ausgabe will die von Hr. R. gemachte Bemerkung wenig ver-
fangen, dafs doch auch die interpolirte Stelle « Joh. V, 7.
darin aufgenommen sej, welche sich in vielen armenischen Ma-
nuscppten nicht finde. Es ist offenbar ein grosser Untei^sthieid,
eine kleine Stelle, die sich auch in manchen Manuicripien fin--
den mochte und wenigstens im Abendland, ifvo die Uebersetzung
gedruckt wurde, daiAals allgemein angenommen war, einscbaltea
u|^ einen ganzen apostolischen Brief, der ja in seiner Lan-
deskirche sollte aufgenommen gewesen seyn, vofikommen weg-
bissen.
"Wenn man nun auch im Allgemeinen zugaben kann, ,es sejr
nicht absolut unmöglich , dafs ein durch ein Jahrtausend und
ddttber in Vergessenheit begrabener apostolischer Brief, zu un-
smv Zeit ans Licht gezogen wiii'de, so bleibt doch ein solches
Factum immer sehr unwahrscheinlich, und es bleibt nach den
bisherigen Betrachtungen ' insbesondere noch unwahrscheinlicher,
dafs wir einen Brief Pauli an ^iß Corinther gerade aus Arme-
nien erhalten sollten. Für di^en Ausspruch zeugt die Geschichte
zu laut; und wenn Hr. Rinck noch tausend MögUckkeitin auf-
einander häufte, so wird er. diese UnwahrseheinlieMcek der Sa-
che nicht damit verdecken. Wenn nicht innere Gründe sehr
stark und entscheidend für die Aechthett sprechen , so hilft uns
jene (unwahrscheinliche) Möglidikcit wenig» und es ist äugen-
scheinKch dafs , wo äussere Gründe fiir die Aechtheit so g^Ut
wie ganz fehlen, ja ^r Mangel derselben sogar einen indirecten
Gegenbeweis ^ liefert , die inneren desto lauter zeugen müssen^
wenn sie durchdringen sollen.
Mit dieser Bemerkung machen wir den 'Uebergang "&»
BetraehtHng des inneren Gekalies unserer Sendsehteiben^
*) Von dieser Ausgabe wvrden im J*'tt9^ zu Amtteffdam». im J«.
i7o5 zu Constantinopet und im J* i736 za Venedig Nachdrücke
gemacht* Sie hatten die beiden Briefe ftnch nicht* ^äre man
denn auch wfthrend dteses Zeitraams nicht zu dem Entsehlnft
gekommen» die Briefe ebenfalls :^dnieken %m fosten» foUs ste"
von der armen» Kicche anerkaojii wordpii wären«. llte neuest«
armtn. Bibelansgahe ist^ so viel Ref« weÜs ebenfalls von Vene-,
dig aus der Druckerei der Mönche von S« Lazaro dnreh den ar-
menischen Gelehrten Jk)hanne8 Zohrah besorgt 1789 (wie-
derh<rft 1816) m Octav* In diesig Ausgabe srnd- die beiden Briefe
wohl auch nleht anigenommen? Sonst wöfdt Hr« jltock mtkt
unterlassen haben »^ es. zu heoperken«»
' Ridck dritter Brief Paoli an die Cöriather« 537
• •• I
lieber die Sprache* der Briefe kann nicht mit Bestimmtheit
geuTtheilt werden ^^ da sie uns nicht in griechischem Originadi
yorli^en (vrenn nämlich ein solches je existirtc); und da Herr
Ainck es. nicht versucht hat, uns die ursprüngliche Gestalt d^sr
selben- durch Bückubeflrsetauftg ins Griechische zu repiäseatiren^
Und doch hätte er , daran eine gute Probe für ihüe Aechtheit.
machen können. Wie die Briefe jetzt vor uns liegen , sind sie
(nach Hr. R. Meinung) aus dem Griechischen ins Sjrische, aus
dem Sjrischen ins Armenisclte, aus dem Armenischen ins Italie-
nische und Lateinische y und aus diesemvins Deutsche übersetzt.
Da könnte also genug eigenihumlich Pauliqisches verloren ge-
gangen ^-^ es könnte aber auch genug paulinisch Scheinendes
hinxttgekommen seyti. Gründe aus' der Sprache sind also auf
jeden Fall im höchsten Grade unsicher». Wir sind daher geno**
thigty uns ganz an den Inhalt der Briefe und die in ihnen si^
aussprechende Denkweise zu halten,
Det paulinische Brief an die Corinther soll durch ein vor-
angehendes Sendschreiben der coriothischen Gemeindevorsteher
Yi^ranlaTst worden seyn , worin diese ^ ihm die Z^errüttung ihrer ,
Gemeinschaft durch zwei Irrlehrer, Simon und Klepbus, melden
und den Apostel bitten, durch ein schriftliches Wort, oder seine,
persönliche Erscheinung diesem Unwesen zu steuern. Gesetzt,
dafa eine solche Wirksamkeit« des Simon ]\Iagus und Kleobus in
Corinth, historisch gerechtfertigt av erden könnte^ wollen .wir se-
hen, wie sich die Häupter der coriuth. Gemeinde dabei be- -
nehmen. Sie erkennen die Lehren jener Männer als Irrthümer
an ^{v. 8. «Irr^ sind die Worte der Unreinen») und melden
sie dem Apostd in folgenden. Worten, devco Stellung wir, wohl
zu bemerken bitten. Vs. 9 -— i4« «Man soU.e, sagen sie, die.
Propheten nicht annehmen; sie sagen, .Got^ sey nicht allmächtig;
sie läugnen die Auferstehung der veristorbenen Leiber; noch ^ey
je, sagen sie, der Mensch von Gott erschalFen worden;. noch
sey Jesus Christus mit dem Leibe von der Jungfrau Maria ge- .
boren worden; und die Welt halten sie nicht für. das Werk
Gottes, sondern eines Eog-els.^
Wer kaon nun diese Sätze i^it Bedacht lesen, und nicht
zugleich bemerken, dafs sie in. einer fast unbegreiflichen Unord-
nung und Verwirrung dastehen? Wollte man die einzelnen;
Verse wie Loose hinwerfen, so könnten sie nicht bunter durch
^^nder zu liegen kommeq. Warum stehen dock die Satze;
«Gott ist allmächtig — die Welt ist nicht /von ihm erschaf-»
f^Q ..Mk unJ der Mensch auch nicht» -^ die so natürlich ucd
nothwendig zusammen gehören und nur ein/ Ganzes ausmachen^
warum stehen sie devä nicht auch ^enamme»? Wir wollen zur
Ehre der corinth. Gemeiadevorsteher ^ deren, viere vereinigt gc«.
/
5^ Rinde dritter Brief Pauli au die GoriathesL
wcsen nepL sollen , «on diesen Brief ^m^ehen za lasten i glan-
bea,* dafs me ibre Ge«|aDkea in einer so wichtigen Sacke an
•inen Apostel besser ^ gestellt haben würden^ ' um so «n^r da
ihnen der Gegenstand durch Nachdenken i|nd Wideelegen hätte
geläufig sejn müssen. Sollte gar der darunter genannte Pres*^
bjter Theophilus der nämliche Mann sejn, ^em Lucas Evange-
liuro und Apostelgeschichte zueignete , wie Hr* R. vermuthet^
so mufste er nach Lucas Anrede ( se^r^rs) ein etwas vorneh«
mer tind gebildeter Mann gewesen sejrn, der dann wohl auch
ordentlicher geschrieben hätte. Indefs, gelegentlich bemeHit, eben
diese VeriAuthung von der Id^tität der beiden Theophilen ist
Aeferenten auch abgesehen von der Aechtheit ^^% vorliegenden
Briefes, schon darum durchaus unwahrscheinlich, weil Lucas ei«
nen corlnth. Presbyter nicht so vornehm « vörehrtester oder er-
lauchtester» Thcophtlns, sondern viel einfacher «lieber Bruder»
oder dergl. angeredet haben wurde*
Ferner Scheint in dem Briefe der Coriniher noch folgendes
, anstössig zu seyn und gegen die Aechtheit desselben zu spre-
chen. 1 ) DaTs die Aejtesten den Paulus in dem Grusse nicht
Apostel nennen, sondern Vatef, Evangelist und Lehrer. Das
alles war er allerdings euch, aber auf den Chai^akter ' eines Apo«
stels legte doch PauluB» ein ganz besonderes Gericht, nud via-
dicirte sich denselben bei jeder Gelegenheit mit hohepi Ernst^
nicht se.^ten auch in ausfiihrhchf^n Erörterungen. Gal. I._und iC
Eph* III, 1 ff. u. a. Namentlich thut er dieses auch im i^^^
Brief an die Corinther, welcher doch auch nach Hr« R.'Mei-
nung vor diesem Sendschreiben der Corinther abgefafst w-ar.
1 Cor. IX, i und 2. Oi;x %i}jLl oirofoXoc; e/ aX.X^i^ ovx ei]ui
dxo?oko^9 dKkAye vpuv si/uti h« r. *X.
3 ) Ueberhaupt klingt die Begriissung der Corinther «un-
sem Grufs zuvor» (welche das griechische y^xl^etv etwas son-
derbar ansdrückt ) so wie auch das Abschiedswort « gehab dich
wohl»' ( wozu doch die Whiston wenigstens noch setzen «in
dem Herrn») gegen einen Apostel gar zu kahl, kalt and
(rockep. Der Verfasser des Qriefes war wohl an die gewÖho-
Jichen Begrüssangsformehi — - denn auch Paulus grüfst vdie Co-
«rinther mit y^ctipatv — ' zu sehr gewohnt, un4 konnte sich in
das Yerhältnifs der Schreibenden zu' dem grossen Apostel nicht
lebhaft genug hineindenken ,* denn entweder hätte die Liebe oder
die Ehrfwrcht, etwas mehr verlangt, als jene «lltägiichea For-
meln. —
3) Es ist höchjft auffallend 9 weldie unendlich 8 yerschie-
dcttheit von Lesearten bei allen Eigennan^en, die in beiden Brie-
fen vorkommen, herrscht, und scheint ein Beweifs zu seyn, dsds
num viai hertumiichte, um passeilde I^anMn zu findon. Insbe-
Rinck dritter Brief Pauli an die Corinther« S39
sondere darf man sich waedern, dab der an die Spitxe der
Presbyt^ gesteUle (und von ihneii, wabrsckeiolich um sein
Episkopat liad seinen VomiDg zu bezeicbnen , . durch ein und
l^eaonderle) Stephaous iiichi mi^ der im t^^ Corintherbricfe
ganz feststehenden Naaaensform XrB^väc (t C9r. I, i6. XVI|
f5. 17.) bezeichnet wird, sondern Xr^ftVOCy um so mehr, da
wir nach Hr.- R. Ansteht den Brief durch syrische Vermittelung
erhalten ha^en sollen. Paulus nennt-ihn ja doch selbst innOrie*
cfaischen immer Stepha;i/iA
4).I)ie corinthtschen Aeltesten erklären sich auf dereinen
Seite ptnz bestimmt gegen die Ansspritche des Simon und Kleo«-
bus, als «gegen trtigltche, ferderbiiche Wortt; und Irrlehren
der Unreinen,» auf der anderen Seite aber geberden sie sicli
wieder so, als ob sie doch selbst noch des apostolischen Aus-
spruches bedarftCD, um ganz gewifs zu sejn, dafs jene von Si-
mon und Kleobus Torgdtrageqen Sätze Irrtbümcr seyen, denn
sie sagen ( Ys. 3 *^— 5.) .« wir haben solche Worte niemals von
dir gehört --^ aber der Herr erzeigte darin grosse Barmherzig-
keit, d(ifs wir es abermals vernehmen können, dieweil du* noch
selbst mit uns im Leibe bist. » ' Wäre es nicht natürlicher ge*
wesen , entschieden zu sagen , nur um der Schwachen' und Ver-
irrten willen wünschten sie, dafs^der Apostel seine Autorität
gegen ^\e Betrüger gebrauche?
5) Im 7**"Vs.' wird eine, einem gewissen Theonas zuTheil
gewordene Offenbarung erwähnt, dafs nämlich der Herr den
Apostel Paulus erlöst habe aus der Hand des Argen, womit
seine Befreiung aus< dem Gelangnifs angedeutet ist. Aber die
Abgeordneten der Corinther treffen Paulus noch in Banden.
Mithin müfste die Prophezeihung falsch gewesen sejn. . Hr.
Rinck glaubt zwar, dieser scheinbare Widerspruch löse sich
durch die Bemerkung '«dafs sich den Propheten das, was bald
werden soll, als wirklich geschehen darzustellen pficgt.ii -Allein
so hatten wenigstens die Corinther die 'Prophezeiung nicht ver«-
standen, denn sie gründen darauf ihren Wunsch und ihre Hoff-
nung, dafs, der Apostel i?i/e/ii/,r zu ihnen kommen möge, voraus-
setzend er wäre schdn frei.
6) Was nun aber die Hauptsache ist, so scheint Ref. die
Veranlassung zu den beiden Sendschreiben verdächtig, nän^tich
dafs Simon Magus und Kleobus (von welchem letzteren wir
ifiierhaupt fast gar nichts wissen) in det corinth. Gemeinde sol-
che Zerrfittongen angerichtet und gerade die Irrlehren vcurge*
tragen hätten, die in dem «*®^ Briefe von ihnen aufgezählt wer«
den ( s. oben ). ^ Simon Magus erscheint dem , 4^^* die alten
Quellen über ihn nnbcfaogen. liefst und Vergleicht ^ offenbar als.
eine h-iib: historische y halb mythische j oder soll man lieber sa-
54o Ridck dritter Brief Pauli an die Corinther.
^en allgemeine? Person. So ist er aucÜi von allen kritisctien Hi-
storikern genommen worden, ctie darin übereinstimmen, dab
uicbt alles, was. von. den Alten über ihn ausgesagt .werde, mit
vollkommener Gewifsbeit auf ihn bezogen werden könne. Um
sich diivon zu iiberzei^en, braucht man nur die clementini sehen
Homilien und Recognitionen zu durchgehen.. In diesem Sinne^
nämlich als charakteristischen Repräsentanten einer ganzen Men-
schenclasse hat auch der neueste verehr ur^gs würdige Bearbeiter
der gnostischen Systeme, N^ander, den Simon aufgefafst, indem
' er ( genet. £ntwickelung der gnost. Systeme p. 342.) ausdrück-
lich bemerkt «man müsse nicht glauben, daTs sich die vom Stif-
ter dieser Secte sdbst vorgetragenen Lehren genau angdjen las-
sen* » Diese Worte mögen darum hier stehen ,* weil sie von
. einem Manne ausgesproolien sind , welchen. Hr. Rt, der so leicht
iihenaill NfperhitiA vermuthet, dieser wissenschaftlichen Untugend
nicht bezüchligen kann», - .
Was wir von Simon Magus am gewissesten wissen, ist das
- in der Apostelgeschichte (VIII, 9 ff.) erzählte, wo wir aber
yon der Lehre dieses, das Volk durch Magie bethörenden Go^
eten , weiter nichts erJFalircn , als dafs er behauptet « er sej ein
Grosser (elveu .nv» ixvrov ^^yav) und dafs das ihm anhän-
gende Volk geglaubt hs^be «er sey die sogenannte grosse Kraft
Gottesisv (ot/Tö; i^iv ij hivxfiti; t}< dsit if KocXs/nivr}- fisyaXTj) d. h.
durch ihn offenbare sich die höchste Macht Gottes auf eine ganz
ausserordentliche Weise, er sey der Inhaber göttlicher Kräfte,
odeA wenn man es noch strenger nehmen will, «er sey diese
' höchste Gotteskraft selber.»
Da Simon Magus wahrscheinlich ein geborener Samariianer
war, auf jeden Fall aber in Samarien sich vorzüglich umhertrieb
und Anhang verschaffte, so mufs uns eine Erläuterung seiner
i)enkart aus.samarilanischen Religionsideen höchst willkommen
. seyn. Eine solche biet,ct uns die gelehrte, aus neuen Quellen
(vornehmlich der sogen. •Liturgia Damascena) geschöpfte Abhand-
lung von Gesenius dar, ( De Saniaritanorum Theologia ex fon-
tibu^ ineditis Comn^entatio. pag. 17.21. u-s. w.) Di^e Samarita«
uer unterschieden, wie Philo u. a. , zwischen dem über die
Welt erhabenen, für den menschlichen Geist unerreichbaren
(verborgenen) und dem in der Welt sich offenbarenden Gott,
ein Unterschied, der sich in Üem Begriff von Xoyog ivSiMeroc
und 'JCpoifopdKoc wiederfindet. Dieselbe Vorstellung finden wir
bei Simon und den Seinigen, die nach Ireiiaeiis adv. haeres. I|
23. A. einen über alles erhabenen Vater annahmen, der unter
verschiedenei\ Formen verehrt und unter verschiedenen. Völkern
mit verschiedenen Namen bezeichnet werde. Derselbe offenbarte
Rinck dritter Brief Pauli im die Corinther« 54 1
sicK den Samaritern als Vater, den Juden als Sohn, den Heideit
als beil. Geist. ^ ' v , >
Daneben war es dem Simon Hauptzweck, sich selbst als
das Wesen darzustellen, durch dessen. Vermittel^ng die Kruft
des verborgenen Göttlichen in die Erscheinungswelt einträte; .
sich geltend zu machen als«jf Si^pufU^rii SsS ij fiByah/\% Die
Samaritaner nannten überhaupt Engel und selige Geister ^fW^^/C
( Geseniivs §• 3. .p. 2 i ) virtutes mundi absconditi ( sie tinter-
schledcn auch zwischen der intelligiblen und sichtbaren Welt
den KoCTfiog vorjrog ngif etiSn\roG) und behaupteten von diesen
höheren Geistern, sie seyen ungeschafien, von der Golthcit arus-*
geflossen ( qui ex ipso numine quasi profluxerint) und be-
w^ohnten die Geistwelt. — Dadurch erhält die Stelle der Apo-
stelgeschichte Licht. Simon erklärte sich für em solches von
der Gottheit ausgeflossenes Geistweseh mit göttlichen Kräften in
eminentem Grade ausgerüstet (6'vvec^t4 VS «StS ij xocXa^. ^«ya^^),
ja wie es stheint für den eigeniliehen Repräsentanten dieser
verborgenen göttl« Ur kraft in der Ersc^einungswelt, der unter
abwechselnder Form die Grottheit erscheinen la$se ^ wie er auch
seine Gefährtin Helena -für eine solche eman'irte, unter verschie-
denen Gestalten sich offenbarende geistige Götteskraft, die syvoicc
(die Idee als Mutter der Gcisterwelt) darstellte. Damit harmo*
niren alle Berichte der Alten , namentlich auch die Angaben,
dafs Simon sich göttlich- habe verch^^cn lassen, denn er war sich
ja die erscheinende Gottesmacht, wie er auch in einer von
Hieronjmus comment. in Malth. cap. 24. vol. IV. p. 14^4« auf-
bewahrten Schrift sagt: > l^o sum scrmo Dei, egö sum specio-
sus, ^o paracletus, eßo emnipotenSj ego omheu Dei, *)
So viel geht aus der Stelle der Apostelgeschichte und aus
dem cin^unmigen Berichte aller alten Schriftsteller hervor, dals
es dem Simon ganz vorzüglich darum zu thuu war skh seldst
als ein höheres Wesen, darzustellen, und dafs s^ine Persönlich^
keit (so wie auch die seiner Helena) .in seinem Sjsiem, wenn
man so sägen darf, die Hauptrolle spielte. Als das Mittel aber,
dessen er sich bediente, um sich auf diese Weiäe gelten^ zu
machen, wird cbeii so einstimmig die Magie angegeben. Auch
später war es das Charakteristische der Simonianer ihren Meister
Simon fast oder ganz göttlich zu verehren, und unter einem
*) Justin Att MÜftyrer, ebenfalls ein Samaritaner be-
richtet uns von den Simonianem^ dafs sie das erhabene Wesen
ihres Meisters durch 4ie Ausdrücke VTTEpdvto ird^Tjq dp^rji;, 7{gLJ
i^acrieiC, TCdV iwa^sic^ bezeichne^ hätten. . Dialog, cum
Tr^phon. Jud. edit, Stephan, pag, ir5» ^
<
I
54a Binck dritter Brief Pauli an die Corindier.
G^prSttge Kon Ezoicismen und locaoliiiontay Hi^ va imbte,
(Irenacus I, a3 u. a.)
* Gerade diese beiden unbesweifelbareii Havpi^Dkte nun
^ind in dem Berichte der Coriother über SioHMi mil keiner Sjlfae
berührt, und ctatt dessen ist .eine sehr hölzerne An&äUttng iroa
iheils unrichtigen, theils nni^uverläsfigien Conseqiiensen ans dem
ohne Zweifel sublimeren System des mysliseh-phileBopJiisdien
Schwürmers gegdben, von denen man kaum begreÜ't, yfip m amf
irgend jemand Eindruck machen konnte;].
Unrichtig ist es £• B. wenn dem Simon die Behaupftong in
den Mund gelegt wird , die. Welt sey das Werk eine.f Ength;
denn er lehrte nach Ircna'us u. a» auadräcklich , die Welt sej
von den , durch die Ennota hervorgebrachten , Engdm geachaß*
fen. Unzuverlässig ist die, Behauptung von dem Dokeiismus
Simons, und auf keinen Fall ist es wahrseheinlieh , dala. er ihn
so vorgetragen , wie in dem. Briefe angegeben wird \ er bezog
diesen Sata mehr auf seine eigene Person und ,die verschied encn
• Erscheinungsformen, v#%durch sich das Göttliche in ihm offen«
)>arte, ab auf die Erscheinung ChristL benaeus i, ^3. —
Schief gestellt scheinX auch der Satz eGott ist nicht allmächtig»
der iu dieser Gestalt nicht wohl ans Simons Munde kooamen
konnte. Ist es wahr, dafs er sich selber ioT&^ , ja sogar omäi^
fotens nannte, wie viel mehr 'den unsichtbareu verborgenen Gott,
dessen Repräsentant er war» Und zuletzt wird ^\e Nachricht,
dafs Simon die Auferstehung geläugnet, nur von späteren Schrift*
stellern gegeben, obwohl sie. in sich selbst nieht gerade anfvahr-
schcinHch ist. ^
Am. meisten ist Ref. die Trockenheit und Leblosigkeit, die
sich in den Nachrichten über Simon zeigt, aufgefallen. Wäre
der Brief in der apost. Zeit geschrieben, so wurde er^statt der
strohtrockeoen Aufzahlung von Irrlehren, ein weit bestimmteres
tltid lebendigeres Gern )lde der Verhältnisse geben, unter wel-
chen Simon in Corinth aufgetreten seyn müfstc, und seine Be-
hauptungen würden weit mehr das Gepräge der Wahrheit in
einzelnen Nuancen und Locajfarben tragen. Wie viel charakte«
ristischer, lebendij;er, in sich wahrer ist dagegen der Auftritt
in der' Apostelgeschichte' crzähUf
. Zuletzt ist nicht zu übersehen, dafs Paulus in seinem spä-
teren Sendsch'reibcn an die Corinther ( unserem a***^ Corintlier-
briefe) der ganzen Sache mit keinem Wörtchen Erwähnung
thut, und dvfs wir auch sonst nicht die leiseste historische Spur
v6u einem Aufenthalte des Simon Magus in Corinth haben.
Auf de» Brief der Corinther fo)gt nun eine kurze Zwi*
Rinck dritter Brief'Paali tn dte'GorinlfaeF. S43
«riieii-llAcbricbt; di^ nit dem Sendschreiben an Paulus abge*
si^hickt^n Diakonen Thereptus und Tjshus hätten den Apostel
lO Philippi angetroffen, wo er wegen einer gewissen Statonice
(Ajtonicey otouice, Öno^ice -— man weifs wieder gar nicht wie
man lesen soll?) der Frau des Apopholanus (Apollophanes) in
Banden gesessen. Der Apostel habe tiefbetrübt und weinend
{ausgerufen : «Es wäre mir besser, wenn ich gestorben und beir
deuL Herrn wäre , als hier im Leibe , zu sejn und zu hören sol-
che heillose Irrlehre.» — « Gegen diese Zwischenrede i3t, ab-
fesehen davoiy dals sich nichts Aehnlicbos bei anderen apostoL
iriefen, wo eine kurze Notiz oft sehr erwünscht wäre, fi/idet,
folgendes einzuwenden, i) Man sieht gar nicht ein, wer sie
abgefafst haben sqll? Offenbar rührt sie von dem her, welcher
beide Briefe zusammenstellte und sie so in die Sammlung paulin.
Schriften aufgenommen haben ^vollte. Dies kann aber, wie aus
der von Hn R. selbst angenommenen' Geschichte des Briefes
hervorgeht, kein corinthischer Christ sejnr. Und woher sollte
ein anderer diese Umstände wissen ? — 2 / Es wird darin eine
merkwürdige Begebenheit, Gefaugeuschaft des Paulos wegen
einer Statonice erwähnt, wovon die Geschichte kein Wort weifst
Aber 3) hauptsächlich :, der angebliche Ausruf des Apostels:
«es wäre mir besser gewesen, wennuqh ge torben und bei dem
Herrn wäre» u. s. w^ ist wohl in sofern paulinisch, als er eine
(matte; Nachahmung von Phil. 1, 23 ist — er ist aber auch
ganz und gar unpaulinisch, insofern er, wie er in. unserer Stelle
erscheint, geradezu mm Charakter des Apostels widerspricht. In
jener andern Stelle ist der Wunsch ^dcs Apostels «abzuscheiden»
hervorgebracht durch eine Sehnsucht nach dem vorangegangenen
Eriöser -«^ aber es istliuch das schöne, mäniiliclie Wort hinzu-
gefügt: «doch ist es nöthiger im Fleisch zu bleiben, um eurct-^
willen — euch zur Förderung und zur Freudigkeit des Glau*
bens.» In unserer Stelle wäre aber, die Todessehnsucbt des
Apostels blofs bewirkt durch ääs Gefühl gegenwärtiger Leiden,
und der hohe, muthige, thatkräftige Sinn des Apostels, der zu-
gleich in jener Stelle Phil. 1, 23 ausgesprochen ist, wäre hier,
wo es gerade zu helfen, zu wehren, Glauben zu. fördern gab,
ganz und gar verschwunden. In diesem Fall hätte gewifs der
grosse Apostel uich't schwachmüthig gewünscht vom Schauplatz
abgetreten zu sejit/ sondern er hätte aich, als Manrij geireui,
dafs er noch lebe und wirken* könne, .so lange es Tag ist; —
Wir kommen zu dem imgehUchen Paidinischen Sendschrei-
ben seihst ,^ und fragen: wie ver£ihrt der Apostel in dem Fall,
in welchen er durch jenen Brief der Corinther versetzt worden
sejn soll ?
\
544 Kinck dritter Brief Padli an die Corinther.
lauerst im lEiftgange des Briefes (Vä. a,) kmmdert er sich
nicht sehr^ wenn die Vctfuhriingtfn dei Airgen so sclinellea
Forlgang gewinnetl» Referent äbter iVand^rt sich Wirktich t^cht
sehr, dafs dies den Apostel nicht wundeirn %olI. Denn wenn
Simon Magus nichts anderes that^'als jene Sätle vortragen, wie
sie dem Apostel im Briefe milgetheilt wurden, So konnte es ihn
allerdings 'Wunder nehmen, dafs die ' Corinther sich durch sol-
che Dinge sb schnell verführen Hessen. In ' einem ' ähtilicfaen
Fall 'sptich't der wahre Apostel Paulus anders. ' Gal. i , 6.
tMi'ch wundert, dafs ihr euch sobald abwenden lasset von dem,
der euch berufen hat in die Gnade ChrlstiJ» — ^ ' Vornehmlich
aber scheint es wunderlich, däfs deif Apostel gar kein mildes,
freundliches oder lobendes Wort an die Glaübenstreucn und be-
söndets an die Vorsteher, die sith zutrauensvoll an ihn gewandt
hatten, Vorangehen läfst -^ wie er denn sonst immer seinen Ta-
del durch gutiges Lob *u mildern pflegt — Sondern . sogleich
mit einbm Ausspruch beginnt, der die Gemiither mehr entfernen
und kränken, als gewinnen und befestigen mufste: «wie es
ihn nämlich von der corintlüschen Gemeinde gar nicht wundere,
dafs Verführungen unter ihr so schnellen Fortgang hätten.^ Wie
ganz anders, wie viel vertraulicher, vaterllclier lauten die An-
finge der beiden wirklichen Corintherbriefe, in welchen doch
in der Folge auch sehr scharf getadelt 'wird, und fast aBer pau-
. liiiiscben Sendschreiben. ' ; ''\'
' Indem dci*' Verfasser des Briefes zur JV^iderlegung der Irr-
lehren übergeht ^ bemerke er vorher: ( Vs. Sv) «ich habe euch
aber von Anfang an gelehrt, was ich selbst empfangen habe von
den. ersten j4posteh , welche die giinze Zeit mit dem Herrn
Christo 'gewandelt siud.:^ l)er Widersprruch , in welchem diese
Stelle ridit Gal. i, 12. zu stehen scheint, wb Paulus sagt : «icli
habe es (das Evangelium) *üon keineth Menschen empfangen noch
gelernt, solidem durch OfFertbarung Jesu Chi-isti» — fallt je-
dem leicht in die Augen. Allein dagegen wendet Hr* R. frei-
lich nicht ganz grundlos ein , es müsse ein Unterschied gemacht
werden zwischen den historischen Thatsachen des Christenthams,
die Paulus '\-on den Augenzeugen der Erscheinung Christi er-
fahren mufste — -und der Eingeht in den inneren Geist des
Evanjoeliums, welche ihm durch höhere Erleuchtung: zu Theil
geworden. Gant gut. Dessen ungeachtet zweifelt Refer. doch
noch, ob der Apostel Paulus so gabz unbedingt, und ohne irgend
eine Beschränkung gesagt haben würde; «was ich selbst, empfan-
gen habe' von den ersten ApostelnV^-^ denn daraus konnte man
eben doch folgern: er sej ein jipostelschüler,
( Der BescbbiTs folgt. )
N^ 35» Heidelberger 1823,
Jahrbücher der Literatur.
tünch dritter Brief Pauli an die CorirUker.
t
{Bescblufs.)
Was soll nui^ aber der Ausdruck sagen : von den isrsUn
jl postein? Ist dies von einem yermeiotliclken Rang (oi Srnt^VTSi^
Gah II, 6. ^ oder von der Zeit (die am frühesten das £.vange-
liuin verkündigten) zu versitehefi? — Die' erste Erklärung deu-
tete auf eine untulässfge Subordination Pauli und anderer Apo*»
stel hin, die zv?eite noch bestimmte^ auf Abfassung des Briefes
in Spaterer Zeit, wo man letch^ dazu veranlafst. sejn k9nnte von
i^txk frühesten Aposteln zu sprechen»
Gehen wir nun zur angeblicti paulinischen ff^derlegung
4er^ Irrlehren st\h$i über, so müssen wir die einzelnen Punkte
sondern und erlauben uns dabei die Siitze etwas anders, e^wa
auch besser, zu 'stellen, als si« in dem sogenannten Sendscbretbett
der Coripther gestellt sind» a, ^Gott ist, nicht idlmächtig,^ Was
sagt darauf unser Paulus? — , Er nennt cap. L v. /♦ Gott
«einen Herrn über alles :^ und legt ihm t. tö* d» Prädikat
«allmächtig» bei. , Sonst nichts. Wüfste er sonsf nichts? Re-
ferent ist weit entfernt, von einem Apostel cw««» schulgercchtcn
dogmatischen Beweis für die Allmacht (^"es zu verlangen/
Darüber ist der Offenliarcr göttlicher Geheimnisse, der 'whovo/mq
fit^tlf/tvv &Sht (i Cor. IV, 7.) erhalxßfl. Allein wenn ihm doch
die bestimmjte Behauptung entgegen««« «Gott ist nicht allmäcfa*
fig» und er. ausdrücklich zu BeMmpfung derselbe!» aufgefordert
wird, weifs er dann aus der liefe seiner religiösen Anschauung,
und aus der Fülle sci«^«" Empfindung nichts weiter zu geben,
als die kahle Beh^^ptung: «Golt ist Herr ober alles — er ist
allmachlig?» l^a mufste Paulus die Psarlmen und Propheten
nicht gefe^^nf «' mübte «fe/* Paulus nicht gewesen seyn, det
den HWden so gev^altig und überzeugend den ihnen unbdLann-
ten/ allschaffenden und allerhaltenden Gott predigte, der seinem
.Freund Timotheüs ein so herrliches Zeugnifs ablegte von eiaem
Gott^ der da ist «der Selige und alle! a Gewaltige t der König
^Oler Könige, der Jüerr aller Herren, der allein Uniderblichkcit
,50
t
\
546 Vdnck dritter Brief Pauli an die Corlother«
hat.» t TiiDoth. Vly i5« i6« Anderer Stelleif mclit zu ge-
denken.
b. €Die Welt ist nicht von Gott geschaffen, sondern von
einem Engel. Gegen diese Irrlehre lesen wir in dem paulio.
dcndschreiben nur die Behauptung: cGott hat Himmel und
Erde gemacht» (cap« i, 7.). — ' den positiven Theil des Saucs
aber cdafs die Welt das Werk eines Engels sej», berührt der
angebliche Paulus gar nicht , obwohl er «in dem System jener
magischen Tbeosophea von grosser Wichtigkeit war, und die
Waffen zur Besiegung desselben vollkommen in des Apostels
Hand waren. — Ist nun, frage ich abermals, eine so unbe-
friedigende Abfertigung von einem Paulus, das heifst von einem
Apostel zu erwarten, der gerade so geübt war, den Heiden
den Wdtschöpjer zu verkundigen, der in Athen zugleich so
passend - klug und so «begeistert erhaben von diesem v/filtschaf-
fenden Gott gesprochen -( Actor. XVII, ^^.y^ der in Ljstra
bei einer Veranlassung, die einen gewöhnlichen Menschen in
die höchste ' Verwirrung gesetzt hatte, so kkr und fest .von dem
lebendigen Gott gezeugt (Act. XIV, t5.) und der an die Brü-
der zii Rom geschrieben hat: cdafs Gottes unsichtbares Weseu,
das ist seine ewig^ Kraft und Gottheit ersehen wird, so man
defs wahrnimmt, an den Werken, nämlich an der Schöpfung
der Welt (Hörn« I, .20.). Wie viel bestimmter liegt, weiwi
nicht ein Beweis, doch eine iVacAfveiJu/}^- der weltschöpf erischcn
Alln^acht Gottes in dieser kurzen Stelle des Römerbriefs, als in
unserem ganzen Sendschreiben. — Andere Stellen, namentüc'^
des Hebrätrbriefs, den ' wenigstens Hr; Rinck für. paaliuiscl»
bat, mbgen a^ch hier unerwähnt bleiben.
c. Der Met^tch^ insbesondere ist auch nicht t^on Gott er-
schaffen» Wider ^se Behauptung findet sich nun allcrdin|;s
ein Desserer und voUst^Ktidigerer Beweis in dem angeblich pau-
linischen Briefe, von dem Ref., gerne gesteht, dafs er ihn be-
sonders angesprochen habe; dieser Beweis bt nämlich gefuiirt
aus der Erlösung j welche Govt für den Menschen, oicht würde
veranstaltet haben, wenn er nicht a-^n Geschöpf ^äre. Cap. h
4 — 7. Christus ist zur Erlösung dt« Fleisches ia die Welt
gekommen € auf dafs offenbar wurde, der ^•nsch ser vom Vor
ter erschaffen. Darum blieb der Mensch nicht unbesucht in sei-
nem , Verderben; sondern er ward heimgesucht, vif dafs er
durch die Kindschaft lebendig gemacht vi^urde.» — Dia i^^
einb Hinweisung, welche für den, der an !^i<e Erlösung ^rch
Christum glaubt, etwas Beruhigendes und Befriedigendes b«(;
aber ivie ist es mit dem, der nicht daran, glaubt? Und ^^
solchen hatte es doch der Apostel eigentlich zu thuöy nanlicb
' Rinck dritter Brief Pauli an die Coriatheip. 547
Alt denen, die nicht Christum im währen Sinn und ansscMiefsr
lieh als versöhnenden Mittler zwischen Gott und seinen Men«-
flehen, sondern vielmehr den Simon Magus als den Tjermittlfer
der Kräfte einer höheren Welt ansahen und in ihm die Epir
phanie des unsichtbaren Vaters erblickten. Den ächten ^ glau«*
bensvollcn Christen in der corinth. Gemeinde brauchte Paului
nicht einzuscbirfen , dafs der Mensel^ ein Geschöpf Gottes sej^
sondern den Irrlehrern und den durch sie Verführten, Bei die^
sen aber möchte der bemerkte Beweisgrund nicht viel verfangeik
haben, und ihnen war von* andern Seiten gewils besser beizur
kommen.' Warum hätte er diese Menschen nichts weit .treffender
an das göttliche Gesetz erinnert, ^as unaustilgbar in des Mea<«
4Chel^ Herz geschrieben, durch des Gewissens mahnende Stimme
so laut zu ihm redet, und vpn einem Gott, der eben diese un*
auslösc-hlicheu Züge io das Innere des Menschen eingegraben,
der «also auch sein Urheber sejn müsse,, zeuget? (Rom. II, 44««
i5.) — Warum hätte er sie nicht darauf aufmerksam geinacli^
dafs etwas^ im Menschen sej-, vermöge dessen auch vor der Er-
scheinung Christi der heidnische Dichter .sagen konnte «vrir sind
göttlichen Geschlechts» — vermöge dessen von jphet die Men^
•eben den unbekannten Gott, in welchem . I9fhy selbst ohne es
txi wissen, unserem tiefsten innersten Wesen wie unserem äus'*
seren Bestehen nach, leben, weben und sind — vermöge des<r
sen alle Völker des Erdbodens diesen Gott gcsuclit haben, ob
sie ihn auch fühlen und Bnden möchten, sintemal er nicht ferno
ist von einem jeglichen unt«r uns? (Actor. XVIL. 26. 29.)
Warum mahnte der gewandte,, scharfsichtige Apostel» der gerne
Allen Alles war, um Alte zu gewinnen, nicht an dieses und
Aehnliches , tf^elches offenbar weit treffender zur Bekämpfung
jenes Irrthums gewesen wäre? /
d. Jesus Christus ist nicht mit dem Leibe ifon 4^. Jufig^
fraik- Maria gehören. ^ Dagegen findet sich in dem angeblichen
Briefe Pauli der Satz (cap. I, 3. 4*) «ich sage jetzt, dal]s der
Herr Jesus Christus .^'^ore/t ist aus Maria der Jungfrau, weW
che war aus dem Geschlechte Davids: 7ufolge der Verheissung
des heiligen Ceiftes, vom Vater zu ihr gesandt aus dein Him-
mel. Auf daüs Jesus in die Welt einträte, und alles Fleisch er*
lösete durch sein Fleisch. "> u* s. w. Ferner wird Vs. m. der
Leib Jesu ein vergänglicher genannt.
jiem boketismus nun, der hier bcsritten werden soll, stand
If^'eder die Behauptung entgegen, dafs Jesu Leib ein pefgänglicher
gewesen, denn auch ein Scheinlcib kann vergänglich sejä und ist
es schon seiner Natur oder vielmehr Unnatur nach --^noch auch
der Satz: cer se^ aus der Maria geboren» wenu'diese WoFt«
35« • '
S4d Rinck dritter Brief Pauli an die Corintliier.
nicht in einem späteren Sinn gienommen wurden; sondern der
einfache Ausspruch c Jesus habe einen wirklich wahrhaftigen
Menschiinkörper gehabt , wie wir auch, und so sej er auch von
der Maria geboren.» Aber es scheint fast die eigentliche Ge*
genbehauptung sollte in dem Worte liegen: geboren aus Maria;
indem nämlich der Ver&sser bei diesem Ausdruck den freilich
späteren UrtterscHied zwischen dem Gebprensejn Jesu k% Mecgki;
und Sm Mxpietg schon kannte und also mit diesem prägnatatenr
41US sagen wollte : . Jesus ist nicht blofs mit einem himmiisclien
Scheinleibe durch die Maria ( man sagte gewöhnlich : wie Was-
"ser durch einen Caual) in das irdische Dasejn gekommen , son-
dern er ist seinem Körper nach im strengsten Sinne aus der Maria
berYorgegangen d. h. das ^rincip seines körperUchpo Entstelieos
lag in der Maria, er ist also in dieser Beziehung wie andere vom
Weibe geborene, wenn gleicli das körperliche Entstehen Jesu in
•der .Maria nicht. durch Zuthun eines Mannes, sondern auf über-
natürlich« Weise bewirkt wurde« '
e. Man soll die Propheten nickt annehmend Dagegen heifs(
«s im Briefe cap. t , 7/ 8. « Gott ^•^^ saqdte zuerst die Propbe-
ten ztt den Juden, um sie von ibrer Sünde abzuziehen, und zu
, seiner Gerechtigkeit va erheben. Denn da er das Haus Jsrael
sdig machen wollte, sp theilte and gofs er von seinem Geiste
aus über die Propheten, dafs sie predigen sollten den wahren
Gottesdienst und die GeLurt Christi lange Zeit hindurch.» Aus-
serdem vorübergehende Anspielungen. Vs. 10^ und cap« II. i5.
Wir können es. hier dem Verfasser des Briefes nicht zur
Last legen , - dafs er nicht eigentlich streng auf die Behauptung
des Simon antwortete, denn diese war nach Irenäus 1, 23.
€Dafs die Propheten von den weltschopferiscKen Engeln begeh
Stert ihre prophetischen Ausspräche gegeben hätten, (.Propbetas
. autem a muiidi fabricatoribus Angelis inspiratos dixisse propbe-
tias:>) In, dem angeblichen Brief der Cprinther war aber nur
eine Consequenz aus diesem Satz, «daXs man die Propheten nicbt
anDehmen sollte» ausgesprochen, welche jedoch nicht ganz rich-
tig'gewesen zu sejn scheint, denn, so wie uns Irenäus die Be-
bauptung Simons mittheilt » üegt darin, ganz einfach genommen,
keine eigentliche Verwerfung der Propheten, vielmehr werden
ihr« Prophetiae anerkannt, nur nicht .unmittelbar von dem höch-
sten Gott Wesen, sondern von untergeordneten, durch die Ennoia
bervorgebrachten , aber nicht bösen, Aeonen abgeleitet. -^ Ii^*
defs so vi/fe dem Verfasser des Briefs die Lehre der Simmiianer
einmal vorgetragen W9r, antwortete er passend darauf,
i /»Es ist keine Auferstehung der verstorbenen Leäer. Die-
ser Punkt scheint dem angeblichen Paulus bei weitem der wich-
\
•
•
Binck dritter Brief Pauli an dia Coriother. 54a:
ti^ste gewcse» zu sejn; bei' ihm' verweilt er sich fast das ganze
zweite Capitel . hindurch, und auf den Glauben an Körper -Auf-
erstehung hält er so strenge, dals er die, welche sich nicht .da«
zu bekennen, aufs entschiedenste verdammt, während er das
Läuguen der Allmacht 'Gottes, der Welt- und Menschenschö-
pfung durch Gott, der wahrep Menschheit Jesu und des Ansfc«
liens der alttestam. Propheten bei weitem nicht so hoch aufzu-
nehmen und« milder zu behandeln scheint. So hartverdammend .
spricht sich der wirkliche Paulus gegen die Läugneif der Auf-
erstehung nicht aus. i- Cor. XV. Die ganze Stelle, die auch
noch in anderer^ Beziehung merkwürdig ist, heifst so (cap. «II,
2. 3.): «Wdche aber sagen es sey keine Auferstehung des
IFleisches, dieselbigen. werden nicht auferstehen zum ewigen- Le^
ben, sondern zur Verdacimnifs. Denn zum Gerichte werden sie
auferwecket werden mit dem ungläubigen Leibe.' Denn für den
JLeib, welchem sie die Auferstehung absprachen j wird nicht Auf-
erstehung seyrn, w^il solche als Läugner der Auferstehung erfun-
den werden, > — Abgesehen von dem harten Tone des Gan-'
zen, wem fällt hier nicht der sonderbare, man möchte fffst sa-
gen krasse Ausdruck ^.ungläubiger Leib» auf? Ist etwa def
5itz des Unglaubens im Leibe. ^ — Wer sieht nicht »ugleicK
den offenbaren Widerspruch, der in den Worten liegt «Ziim '
Gerichte werden sie aufervfeckt werden mit deoi ungläubigen
Leibe, > und sodann: «für deti LeiB wird nicht die Auferste-
hung sejn.i» Nur mit KünstlichLeit möchte dieser Widerspruch
zu entfernen seyn, . >
Die Lehre von der Körperauferstehung wird wie t Cor«
XV, 37. 38. zuerst erwiesen an den Weizenkörnern (cihr Män-
ner von Corinth wisset ja von den Weizenkörnern») dann an
den «qhrbaren menschlichen Leibern, »nnmlich am Beispiel des
Propheten Jonas, der aus dem Leibe des Wallfisches unversehrt
hervorging — des Propheten Elias, der den Sohn der Wittwe
^wiedererweckte (1 König. 47*, 21) und. dc^ Propheten Elisa,
dessen Gebeine sogar einen Todten wieder 'ins Leben brachten
^2 Kön. i3, 21.) — und dabei wird , immer ' der Schlufs a
ininori ad majus gebraucht : wie viel niehr x vird Christus euch
auferwecken, gleich wie er, selbst auferstanden ist.
Im allgemeinen ist bei unbefangener Betrachtung wohl nicht zu
verkennen, Hals t Cor. XV. viel kräftiger und zugleich viel
einleuchtender und geistiger von der Auferstehung gesprochen
wird als hier. Wir begnügen uns, dies an einem Beispiele zu
zeigen, nämlich an der Art und Weise, wie sich beide Brief*
steller' über die Beschaffenheit des Auferstehungskörpers erko-
ren. Bekanndictk thut dies Paulus. so, dafs er einen verklärten, '
oder wie er 1 selbst sagt, hunmlischen und geistigen Körper
55a Riack dritter Brief Patili an Ave Corinther.
(crwjU^ jrpevf/MTiHov') anbimmti der stcli von unserem wirkHcIiea
irdischen Körper (auiuec \f/t/X/xo'r 7(9^ X^^'^'*^) dadurch xintcr-
^heidet, dafs er über Vergäu^lichkeit und Mangel erhaben [Iv
wiA»peri^ 9(^ io^Tj) der Seele ein iv^eii freieres Organ der
Wirksamkeit darbietet '{iysipsreti ev iwafiei), Aufs bestimm-'
teste deutet also der Apostel dars^üf hin, dafs der Geist auf der
höheren Stufe seines Dasejns von dem druckend und mangelhaft
Materiellen des jetzigen Körpers frei , mit einer seinem gottver-
wandten Wesen angemesseneren d.h. freier- geistigen Hülle beklei<
det sejrn würde. — Unser Verfasser dagegen scheint cap.II^j*^*
etwas ganz anderes andeuten zu wollen, wenn er sagt: clhr
Männer von Corinth wisset ja von den Weizeiikörnern und von
andern Saamen, dafs .ein einziges Korn nackt in die Erde, fallt,
und drunten zuvor erstirb^. Und4|darnach erstehet es durch den
Wille'n des Herrn, mit dem nämlichen Körper bekleidet. Und
es erstehet nickt btofs der einfache Körper, sondern mit fpannig'
faltigem Gewächse richtet er sich auf und wird gesegnet, t —
£s ist eigentlich auch dieser Satz etwas sonderbar ausgedrückt;
aber wenn die Vergleichung des Auferstehungskörpers mit der
afus dem verwesten S&amenkorne neu aufwachsenden Pflanze, so
wie die Sache hier ausgeführt ist, einen bestimmten Sinn haben
^11, so liegt das tertium comparationis in der Vermehrung und
Vervielfältigung dessen, was aus dem zu Grunde gegai^geneo
sich neu erhebt; nämlich: wie aUs dem erstorbenen Saamenkoni
dicht wieder, nur ein einziges Korn hervorwächst, sondern ein
Halm, eine Aehre mit vielen Körnern — so ersteht auch nach
dfr Verwesung des Körpers nicht blofs der einfache Körper,
sondern mit mannigfaltigem Gewächse rielitet er sich auf d. b*
das , was zu seiner Natur und^ seinem Wesen gehört , das Kor*
perliche wird vetmannigf altigt und ^vermehrt. Es hat also ganz
den Anschein, als wolle uns der Verfasser des Briefs eine. Aus-
sicht eröfl^ien auf eine Vermehrung und grössere Mannigfaltig;-
keit des. Leiblichen nach dem Tode, während uns der wahre
Paulus eine Vergeistigung und Verklärung des Körpers zu rei-
ferer Th^tkraft ho£Peu lälst. Welche von beiden Aussichten er-
freulicher, tröstlicher un4 erhabener se/yiwer könnte darnacli
nur fragen? -
Nach diesen Betrachtungen scheut sich Refer. mdit, seine
Ueberzeugung auszusprechen., dafs der Verfasser des Briefes
seine Sache gegen die zu bekämpfenden Irrlehren, keineswegs so
geführt habe , wie es des grossen Apostels der Heiden würdig
gewesen wäre. Es wäre unstatthaft, vom Apostel zu verlangen,
dals er alle einzelnen Puncte Stück vor Stück der Reihe* nach
vorgenommen und wie in einer Schula]i>handlung logisch geord-
,net und widerlegt haben sollte; aber da$ darf.jsum nicht blofs
,/
fiinck dritter Brief Pauli an die Corinther, 55 t
fordern y das mufs man 9us geriftchte^ter • Ehrfurcht von einem
Paulus erwarten, dafs er, aufgefordert ^gen verderbliche Irr-
lehren zu sprechen, viel Treffendes und Schlagendes sagen wird!.
Und daSk.cben vermissen wir in dem Briefe. O wie ganz an-
ders, wie viel kräftiger urd grösser, wie» viel dialectisch - schär-
fer und gewandter , wie viel siegreicher * erscheint Paulus auch
in seiner Polemik, vornehmlich wenn es die Bekämpfung eines
fleischlichen Judaisirens gilt! Sollte er sich hier so ganz un-
äihnUch gewesen sejn? "
.^s bleibt uns noch übrig,* yon einjLcInen Sätzen und Aus-
drucken, die merkwürdig oder auffallend -sind , und sodann von
<|em Sinn 'tuid Geiste des ganzen Briefes zu Sprechen* pie
einzeliten Piincte mÖ«:en, wie si'e sich der Reihe nach zur Be-
trachtung darbieten angeführt werden.
' Cap. I, 3. «/cÄ sage jetzt , dafs der Herr Jesus Christus
geboren ist aus Maria der Jungfrau, welche war aus dem *Ge-
schlechte Davids: zufolge der Verheissung des heil. Geistes,
*vom Vater zu ihr gesandt aus dem HimmeL^ Ist nun in die-
sen Worten ein ^biblischer oder ein kirchlicher Ten? Ref. kann
darüber nicht schvVanken, besonders, wenn er die Worte «ge-
boren Hus Maria der Jungfrawp erwägt. . Zwar wird Matth. I,
a3* 3uf Maria der prophetische Ausspruch angewendet: ISSf ^
w»fäf ivQQ iv yotargi i^et — auch ist es l)ekannt, dafs man
wenigstens vom zweiten Jahrhundert an die Maria vorzugsweise
Jungfrau zu nennen pflegte, wie dies z.B. aus den Regulis fidet
des irenäus (8\4vers. haercs. I, lo. p. 4B*) und Tertullian (ad-
Y«rs. Prax. cap« IL de veland. virginibus. cäp. I. etc.) hervor-
geht, und dafs man im Verlauf besonders des 'vierten Jahrhun-
derts noch andere' voller klingende Beinamen, als detrecpd'ivoc f
^ecf^svo/njrtio^ (s. Suiceri. thesaur. eccles* sub voce.) erfand — ▼
allein im neuen Testament wird weder in den Evangelien noch
einem anderen Buche die Maria^ schlechthin Jungfrau genannt ^
Vielmehr wird sie immer entweder als Gattin Josephs oder
als Mutter Jesu bezeichnet. Diese Bezeichnung mufste auch
den Menschen 9 die sie gerade unter diesen Verhältnissen kann-
tpDf die aller natürlichste sejn, und sie konnten noch nicht daran
denken, in ihr das Ideal der Jungfräulichkeit zu erblicken« Auf
jeden Fall scheint,, der Ausdruck cdie Jungfrigi Maria » als eine
Art von Titulatur, als ein stehendes Beiwort, gar nicht der apo-
stolischen , sondern einer späteren Zeit anzugehören. Maa
v€r£(|eiche ni^ir, wie sich in einem, wenn auch; nicht ganz glei-
chen,, dpch ähnlichen Fall der wahre Apostel Paulus ausdrückt
35a Rinck' dritter Brief Pauli an die Corinther.
' ' • ■ .1
• ■ •
Gal. IV, 4- i^enri^Biksv h ^shc rbv vlhv »vrif ysvp^svov
ix yvvetiHoc Warum aicbt auch hier i% irctp^ival
Sonderbar ist auch jlet Satz : «zufolge der VerheissuD[i; des
heil. Geistes, vom Vater zu ihr gesandt aus dem HimawLi —
Herr R. deutet ihn soi, dafs er, das Wort Verheissung passive
nimmt und übersetzt : . «Jesus ist geboren aus Maria der Jung-
frau, zufolgcf des toerheissenen heä, Geistas,^ Aber wenn dud
auch durch diese Uebersetzung «in erträglicher Sinn heraasge-
bracht ist, so behalten dooh immer die Worte «vom Vater la
ihr gesandt aus dem Himmel > mit dem Vorhergehenden zusam-
mengenommen einen so kirchlichen Ton,, dafs man sich kaum
erwehren kann, an spätere dogmatische Bestimmungen über
diese Dinge zu denken.
Cap. 1 , 4* ^^f ^^fi Jesus in die Welt einträte und alles
Fteisfih erlösete durch sein Fleisch, Wenn man auch in . dieser
Stelle die Worte € durch sein Fleisch"» auf die währe 'Mensch-
werdung und darauf beziehen kann, dafs Jesus auch durch seio
körperliches Leiden und Sterben einen Theii des Erlosungswer-
kes vollbrachte*, so ist doch, selbst die Polemik gegen den Do-
ketismus vollkommen in Anschlag gebracht, jn dem ganzen Briefe
offenbar zuviel Gewicht auf ^^s Fleischliche und Leibliche über-
haupt, namentlich aber in der Person Jesu gelegt. Es herrscht
%u sehr eine im eigentlichen Verstände Seischliche Gesinnung
vor^ um einen so- geistigen JVIann wie Paulus als Verfasser an-
sehen zu können. Nur * vorübergehend sey an die schon be-
rührten Vorstellungen von einem un'glauhigen Leibe, von der
grobsinnlichen Beschaffenheit des Auf ersteh ungskörpers erinnert;'
hier mögen noch eil^ige Stellen hervorgehoben werden, die ins-
besondere einen viel zu hoheh Werth auf das Leibliche in Chri-
sto, und zwar zur: Beeinträchtigung des Geistigen in ihm, zu
fegen, scheinep. Vs« 12. 4L Auf dafs durch diesen vergänglichen
Leib (Jesu), worüber sich der Arge aufblähte, er durch eben'
denselben überwiesen würde, dafs er nicht Gott sey.» (Herr
Hinck bezieht diese Stelle auf die Auferstehung Jesu, wodurch
dem Sata^, der schon über den gckreutzigtcn Todten triumphirt
hätte, seine Ohnmacht über denselben vollkommen dargethan
worden sej^ — — Referent glaubt , dafs der Satan v.on seiacr
Ohnmacht über Jesum und von seiner Ungdttli^hkcit viel ent-
schiedener aujf geistige Weise überwiesen forden sej, wie* dies
namentlich in der Versuchungsgeschichte vornehmlich dargestellt
ist, 'man mag diese nun buchstäblich oder allegorisch auffassen.)
— Sodann, Vs« i3 und t4> cDenn Jesus hat das vergängliche
Fleisch in seinem Fleische berufen -^ atif • dafs er in seinem
Leibe «(nicht vielmehr in seinem .Geiste? )» zubereitete eine»
heiligen Tempel der Gerechtigkeit für die zukünftigen Zeiten.»—
Riack dritter Brief Pitäli an die Coriother«. ä5i
, I
/Uebei^all ist d%r LeA uni das Fteüch voriu^Kch berücle-'
sicHtig;t, nirgends- der Geist, der wahrhaft lebendig machende ^
und /doch sollte der Brief von dem Paulus herrühren, der selbst
sagte: cUnd ob w4r auch Christum gekannt tiaben nach dem
Fleisch, so kennen wir ihn doch Jetzt nicht mehr ? » 2 Cor. V, / i5,
Cap. I, 9* ""«Der, welcher der ruchlose Fürst war, da
er trachtete, sich 2um Gott zu machen, legte seine Hand über
jene, und fesselte alle Menschen in der Sande, weä das Pf^elt'^
gerieht nane war,^ Sonderbar! Also weil das Weiterlebt nah^
ist, fesselt der Satan die Menschen iü der Sünde?
Die Sache ganz -nüchtern und verständig genommen , sollte
man denken: weil die Menschen sündig sind, sej das- Welige^
Ticht nahe, -r- 'Oder kann man das stellen, wie man will?«
Cap. I, 18. €,Denn ihr sejrd- nicht Söhne des Unglaidfens,
Ständern Kinder der geliebten Kirche> Ein Gegensatz, der auch
wieder deutlich genüg, auf spätere Abfassung hinweist. Dem
Unglauben wird nicht Glaube oder Frömmigkeit , sondern die
^geliebte Kitchei^ entgegengesetzt. Wie augenscheinlich, dafa
der Biief zu einer Zeit geschrieben iprurde, wo Kirchenuberzeu--
gang und ^Glaube bereits gleichbedeutend var und wo mah
einen Christen eben so sehr zu loben » ihm eben so sehr zum
Herzen tVL sprechen meinte, wenn man ihn ein .Kind der Kir-
che, als wenn man ihn ein Kind des Glaubens Bannte und wo
es. für die Andersdenkenden die gröfste Schmach war^ nicht
Kinder der geliebten Kirche zu sejn.
Gap. II, io. ^fVenn die Gebeine des Propheten Elisäus,
tds sie ojLtf den Todten fielen , den Todten aitferweckten* » Hier
mufs entweder ein Uebersetzungsfehler eingeschlichen seyn, oder
der Verfasser des. Briefes hat sich die berührte Thatsache höchst
sonderbar Yorgestellti i£s wird .nämlich 2 König. XIII, 2i. er-
zählt, dafs die Israeliten beji einem Einfall der Moabiten einen
Todten , den sie bestatten wollten ,' in der Eile in das Grab des
Elisa* geworfen hätten , und dafs dieser , als er die Gebeine des
Propheten berührte, lebendig wieder aufgestanden wäre. —
Nun müfste es dabei äusserst sonderbar zugegangen sejn, wenn'
die G«beine des Elisa auf den todten Mann gefallen wären,'
und man kann sich, wenn man nicht sehr künstliche ,' ja wun-
dervolle Wendungen abnimmt, die Sache nicht wohl andere
denken , als dafs der Todte axf die Gebeine Elisa* s fiel,
Cap, II, i4* fl5. — «Ich leide diese Qualeo; meines Lei-.,
bes., um würdig zu werden der Auferstehung der lodten» Und
ein jeglicher unter Euch, wie ihr die Gebote empfangen habt,
aus den Händen der seligen Propheten und des heiligen Evan-
geliums, 80 haltet fest daran ^ und es wird euch vergolten wer-*
den in der Auferstehung der Todte/u^ ü» s. w. Dafs der Apo^
554 Rinck dritter Brief Pauli an die GorintÜer.
std Paulus so Tiel geduldety um würdig zu verdeu der Aufür-
ttehung der Todten sclieint dem Sinne eines Mannes nicht an-
|[emessen zu sejn, der überhaupt alle Güter, die ihm zu Tlieil
wurden y als reine Gnadengaben Gottes ansah. Die Triebfe-
dern, die ihn bei der mit so vielen Gefahren und Leiden ver-
knüpften Ym'küudigung des Evangeliums . leiteten , waren über*
haupt viel edler i(lnd erhabener,, es war der in ilim Icbeode
Christus, die Liebe Christi, die ibn trieb, eis war eine innere,
'r,ück9ichtslo&e Nothiguiig seines Geistes, vermöge deren er nicht
anders konnte, als das, was ihn erhob und beseligte, auch an-
. dem mitzutheilen^ vermöge deren er das grosse Wort sprach:
«Denn dafs ich das Evangelium predige^ darf ich mich nick
rühmen, denn ich mufs es thun. Und wehe mir , wenn ich das
Ei*angeliiim nicht predigte! if i Cor. IX, .i6. — Ueberhaupt
kommt es Ref. vor, als wenn in der ganzen obigen Stelle, na-
mentlich auch in der Ermahnung an die Leser die Vergeltung
für Verdienst in bewiesener Treue auf eine Weise hervorgeho-
ben würde, wie, es Paulus nicht gethan haben würde, ohne
auch die freie göttliche Gnade geltend zu machem Deren aber
geschieht im ganzen Briefe kaum dem Worte nacb^ durchaas
aber nicht dem pauliu. Sinne nach Erwähnung.
Cap. II, 18. ^Und der Friede und die Gnade des gdiehten
lErst geborenen sej mit ^ Euch, Anienki^ Der Abschied ist eben so
ungewöhnlich und der paüliuischcn Begrüssungswetse fremd als
der Willkomm.
Soll nun Referent sein Urtheil über den angeblichen paulin.
Brief im Allgemeinen aussprechen, so kann er unmöglich in den
zum Theil panegyrischen Ton einstimmen, in. welchen der Her-
ausgeber bisweilen zur Verherrlichung des Briefe^ verfällt. Weno
Hr. Rinck die « gedankenr/riehe Wohlordoung des Ganzen, die
Bündigkeit und Zweckmässigkeit des Ausdrucks, den angelegeiU-
' liehen und belebten Tou preiset, wenn er die Worte dieses
hohen 'Geistes viel-?- yVx allumfassend ntnut, wenn er von cFcacr
und Flammen* in dem Briefe spricht, wenn er sogar voa dem
Briefsteller behauptet: «es redet kein natürlicher Mensch, soo-
derh durch Eingeben des heiligen Geistes ist er aus der Bliod-
keit und Irre zur Erleuchtung und fester * Glaub ensgewil^ieit
gekommen j es sind Worte «ines eingeweihten SeherS' göttlicher
Dinge, er schauet ,so tief wie Pa^ulus und empfindet wie cp
von Herzensgrund die selige Kraft des Evangeliums» •— vcdb
Jüeferent dieses und Aehnliches li^est, so befindet er sich, red-
lich gesagt, in grosser Verlegenheit, deqn er hat von allem deoi
iu^dem ganzeu Briefe fast «ach nicht die, leiseste Spur gif ttadea#
/
Binck dritter Brief Pauli an 4ie Corinther. 555
Hier tritt nun freilich ein sobjectivet Urtheil dem anderen Buh^
jectiven Urtheil gegenüber; ob Geist und GemiitK, gesunder
Sinn und Kraft in einer -Schrift sey? läfst sich so eigentlich nicht
iiQiner ad oculos demonstriren ; die allgenr.eliie Stimraei vornehm^»
lieh aber die Stimme berufener Richter mufs darüber eutschei-
den , und sie pöge 4enn sprechen , welche Subjectivität hier
richtiger gefühlt hat? . - ♦
Ref« gesteht offene daCs ihn aus dem Briefe , je öfter er
ihn las, desto weniger paulinischer Geist und paulinisches Herx an«
gesprochen hat. Jenen tiefdringenden Geistesblick /jene Hoheit
i^nd Gewalt der Gedanken, jene gewandte Dialectik, Jen«: Tref-
fendkurze , jenes rasche Lebensfeuer mit Besonneolieit un'd sanf«
fester Milde gepaart, jene ganze so eigenthümlich geprägte Gei-
stesform, welche alle paulinischen Schriften auszeicfatiet , möohta
schwerlich in gegenwärtigem Briefe gefunden werden. Maa
vermifst das innere, reiche, tiefbewegte Leben, das den an
Gemüth&kraft, tin Gedanken und .Anschauungen überslrömendeii
Apostel charakterisirt« Dieser Lebensgeist kann nicht nachge-
ahmt werden , und es scheint sich auch an diesem Briefe das
treffende Wort des grossen £rasmus zu bewähren : Non est
cujusvis hominis Paulinufn pectus ^f fingere. Gerade dieses pectus.
die ergreifende Macht des ganzen inneren Menschen,- des gaozea
iJeistes, Charakters und Gemüthes, die fehlt unserem Briefe.
Die Liebe, von deren Feuer der grosse Apostel durchglfihti
die der belebende Grnndtrfeb seiner ganzen Wirksamkeit war,
spricht sich auch nicht in einem sanfterleuchtenden und erwär-
menden ,Worte aus. ' Und doch, welche Gelegenheit bot sieb
dar, dafs das Herz des Apostels in Unwillen gegen die Ver"
fiihrer sowohl, als besonders auch in Liebe g^en die Verfuhr« .
ten, noch mehr gegen die Glaubenstreuen cntbr^nen> konnte?
Die einzigen Worte väterlicher Sanftmuth und Theilnahme, '
die selbst Herr Rinck in dem Briefe aufzufinden weifs', sind
iPplgende ! «ihr scjd Kinder der geliebten Kirche > — • cap«^
Ii 18. «Machet, mir doch nicht weiteren! Kummer, ich habo
der Leiden ^^enug» cap. II , i4* *— «Mit euch sej der Friede
und die Gnade des firstgeborenen.» cap« II, 17« Aber wia
arm, wie kalt, wenigstens wie unbedeutend sind diese Worto ,
geg^n so viele Stellen paulin. Briefe, vo dem Apostel so ei«
gentlich das Herz 'aufgeht , und wo sich dann auch eine unwi-
derstehliche, ai|s der Wahresten Empfindung kommendei und
darum wahre Bmpfindung nothwendig erzeugende Herzlichkeit
ausspricht. Ref.. erlaubt sich nur eine Stelle, wie sie ihm ge-
rade einfallt, aus dem zweiten Gorintherbriefe hierher zu setzen
(C9p. VI, lo.X. Nsichdem dort der Apostel sich und seine Mit-
^eiter geschildert ab «die Traurigea aber allezeit fröhlich;
/
556 Rinck dritter Bri^f Pauli an die Corinlher.
«1s die ArmeD, aber die docb viete reieh miiclien; als* die* nichts
inne haben und doch alles haben » — fährt er fort « o ihr Co-
TiQther! unser Mond hat sich ge^^en euch aufgethan, unser Herz
hat sich aufgeschlossen. AengsMget euch nicht um unsertwil-
len, wenn ihr euch auch ängstiget in, eurer Liebe. Als ein-
ligen Lohn, ich rede ja mit euch vrie mit Kiiidern, verlange
ich: sctiliesset auch ihr euch auf gegen mich!» — Ist aucK
nur eine entfernt ähnliche Stelle in unserem Briefe? Man lese
doch nur den so kurzen Brief an Phi(emon, wo sich in wem-
geh Zeilen der väterlich liebevolle, der treuherzig biedere Ton
des « al^n Paulus, » wie er sich selbst nennt, so offen auss[fricht,
dafs ein ächtmenschliches Herz dem Mauacv'der so schrieb, seine
Liebe nicht versagen kann —^ Und lese dann unseren Brief, ob
man Aehnlidies emp6ndet? — « Wurden wir Ursache haben
den Apostel Paulus zu lieben, zu bewundern, z^ verehren/
wenn' wir blofs den durch Hr. R. roitgetheilten Brief von ihm
hätten? WüHen wir es begreifen können, dafs dieser selbe
Hann solche Wirkungen hervorgebracht hat, wie uns die be-
glaubigte Geschichte von ibi|i erzählt? Referent fände es un-
begreiflich.
Hr«" Rinck glaubt es liesse sich kein Grund, kein Zweck
und Nutzen absehen, diesen Brief unter paüliuischem Namen
zu fingiren und unterzuschieben. Allein- liegt denn dieser Grund
sieht auf der flachen Hand, ist er nicht zu lesen in. dem gan-
zen Inhalt beider Sendschreiben? Es war ohne Zweifel kein
anderer, als dafs man eine apostolische Autorität f^egen die Si"
monianer wollte auftreten , dafs man einen Apostel gegen die
Irrlehren, als deren .Urheber man den Simon M. (mit vfrelchem
Recht? wurde freiKch nicht genau untersucht) ansah, wollte
sprechen lassen ;i wenn wir nicht vielleicht gar annehmeir dür-
fen ^ dafs beide Briefe aus einem immerhin sehr verwerflichen,
auch wie es Ref. scheint nicht sehr ingeniösen, lusus ingenii
hcrvorgegaiigen sind. — Wann die Briefe geschrieben sind?
Möchte sich lia^h inneren Gründen schwerlich ^enau bestimmen
lassen; auch kann daran nicht viel gelegen sejn. Ist aber jenes
oben berührte Citat des Gregorius Illuminator ganiiE zuverlässig,
so können sie wohl vor dem Jahre 3oo schon da gewesen sejn;
gab es doch bis in diese Zeit in den morgenländischen Gegen-
den Simonianer, (oder tvenigstens Leute, die sich an die in den
Briefen erwähnten und verworfenen Dpgmen hielten) und gegen
sie konnte irgend ein Christ, dem freilich höhere Einsicht ab-
ging solche Wafien für dienlich und erlaubt halten. Wie vieles
überhaupt schon um das Jahr 3oo unter apostol. Namen erdich-
tet ttudi untergeschoben war. ist weltbcduoiit: also wäre osser
Robioson, memoirs of the mexiean. revolutioii» &S7
firief mir «in gewöhDliches B^ehpiel einer sehr häufig sich Yfie-
derholendeo Thatsache. •
Hat nun Ref. bisher blofs gegen die Aechtheit der mii^t"
theilten Briefe und gegen Hrn. Rincks Ansicht von denselben ge-
sprochen, ^so Yfäre es ungerecht , nicht auch noch das Bekennt-
nifs hinzuzufügen, dafs in der den Briefen vorangeschicktea Ein-
leitung viel Lesens* und Bemerkensweithes entliaiten ,ist, und
dafs der Verfasser darin einen Reichthum von Gelehrsamkeit und
Scharfsinn entfaltet hat, wobei man |iur bedauern möchtei dafs
diese Eigenschaften nicht eine,m anderen Gegenstande zugewenor
det worden sin'd. Freilich hätte Ref. auch noch gegei;! manche»
in der. Einleitung Behauptete, ernstliche' Einwendungen zi^ ma-
chen, die er jedoc^, danut diese Recension nich( ein Büchlein
-werde, für sich behalten mufs* 'Möge übrigens I]r»«Rinck auch
in der Ausführlichkeit, die si^h Ref« ei-iaubt hat, einen Beweis
der Achtung seines gelehrten Bestrebens sehen und es nicht für
Undankbarkeit halten , wenn Ref er. den mitgetheilten paulia.
Brief nicht höher anschlägt Aind schätzt — denn das könnte er,
nicht, ohne seine innigste Ueberzeugaog zu verleugnen,
Cf üllmann*
'Memoirs of tfte mexiean repolation; incluJing anarrati^ of
the , expedition of General Kavier Mina^ To whick are
annexed some ohservations on jlie praeticabilify of opening
a corfimerce between ike pojcific an^ atlantie oceans, througk
the mexiean isthmu9, in the prpvince of Oaxaca, and at
' the lake of Nicaraguas and on the veut ' importante of
such commerce to the civüized world, Bjr f^illiam
Davis Robinson, In two volumes. London 48^4* 8^*
Fol. L LL 3%8 S. FvL IL 38g S.
Jp ür unsere Leser soll aus dieser Schrift die Beschreibung we-
der von den Metzeleien ohne' 2weck und Ende, noch von den
Abentheuern* und dem Unglück des heldenartigen Mina, son-»
derh nur von den Zuständen entnommen werden^ worin sich
dort Land und Leute noch jetzt befinden.
Mexico läfst sich leicht den Fremden sperren, weil das
Ufer seicht, und das dürre Küstenland yvenig bevölkert, und an**
gebauet ist. Sein Zugang wird von dem Kriegshafen Havanna
auf der Insel Cuba beherrscht i wo auch der Sitz seines Han*>
dels ist. In dem Hochlande wuchert die Fruchtbarkeit in wil«
der Fülle, und hat dem Landvolk, den Indianern das Leben
in Wäldern und Bergschlüchten gefristet, während ihre. Felder
558 Robinson, xnemoirs of the mcxican revohtioaa
-QQcl Wohnungen immer von Neue'oa verwüstet wurden. Sfe
baben nun. wolrl die Herren, aber nicht die Bedrücker veräii>
dert, und doch mögen sie sich sielbst unter^den Unruhen ver-
nehrt haben, weil man ihnen zwar nahm, was sie hatten, aber
cum Erwerben und yerkcbreo freiere Hand liefs, und zum
Landbau durch hohe Preise für die . Lebensmittel reizte, welche
sie* noch retteten, und gleichviel ob Freund oder Feind vvill-
komfllen nach den Städten und Schlössern brachten. Vor den
Unruhen bekamen sie ein Goldstück nichi einmal zu sehen, und
als sie dieselben dann erbeuteten, meinten sie es wären vergol^
deie Scliaustücke, welche man am Halse trägt, Und gaben die
Goldstücke für einen Gulden weg. Diese Unwissenheit war
den Spaniern eben recht, die wohl sich hüteten ihre Lehrmei-
•ster zu sejin, aber als strenge Zuchtmeister sie zum Arbeiten
und Beten anhielten. Sie sind auch in der That an Arbeit ge-
wöhnt, aber das freie Werk der Hand gedeiht nicht unter IH-
nen. Sie sprechen fertig spanisch, aber bleibet zugleich ilircr
alten Landessprache treu. Sie beobachten mit Sorgfalt den ka-
tholischen Gottesdienst, aber sie bewahren auch ihre heidnischen
Ccbräuchc heilig. Sie hassen die Spanier, die sie Gatzopio,
Doppelkopfe, oder nach anderer Erklärung Spitzbuben, neoneo,
und sie hassen die spanischen Abkömmlinge, die Creolen* Ein
Maehkommc der Caciquen hält sich durch -europäische Verwandt'
sch^t entadelt. Bei dem ersten £mpÖrungsruf rifs Hidalgo
100,000 Indianer mit sich fort bis in die Nähe von der Haapt-
st^dt, aber sie hatten gröfst^ntheils /keine andere Waffen als die
Wurfschlinge, einen Strick, welchen sie so zu Wfft-fen verste-
hen, dafs er sich fest umschlingt, und dann von dem Reiter
hin und her gezogen den stärksten Ochsen zu Boden reifst; so
sehr sie an Unterwürfigkeit gewöhnt sind, so war es doch un-
möglicn dem zug'daufenen Haufen audi nOr den mindesten Scheia
von Ordnung zu geben, und er verlief sich aus Furcht vor dem
BannÜuch, welchen der Erzbischpf von Mexico mit feierlichem
Gepränge über die Empörer aussprach, und vor den Hollen-
strafen, womit alle spanischgesinnte Geistliche 4i'ohlen. Man
hatte sich sehr gehütet Schulen für die Indianer anzulegen, um
•iie durch Unwissenheit und Aberglauben im Zaum zu halten.
Der gröiste Theil der Creolen theilte die Unwissenheit der In-
dianer, und atlgeiüeine Bildung und Wissenschaftlich k ei t traf sich
nur unter den wenigen, /iie bei ihren Anvervvandten in Spani^^^
erzogen, oder mit Fremden umgegangen Waren. Indefs liatt«
sich während der langen tiiefeu Ruhe des Landes grosses Ver-
mögen und Wohlleben unter ihnen verbreitet : der Adel lebte
mit f ürstenmässigem Einkommen und Aufwand, der alte Guts-
mann war der Herr von indianischen Dörfern geworden, vod
Robiüsony ]|tieiiicm*s of ibp mexican revolutioD, 5S{)
hielt auf seinem Gute, wie unsere Burgherrn im Mlttelaller
Jlaodwerker und Waarenlager, die Städter trieben ihre Ge-
werbe mit ungeheurem Gewinn und hatten reichen Antheil aü
dem Berg werk$- Ertrage. Spanische Prunksucht herrschte üb*er-*
ull mit geschmackloser, abenthcu^rllchen Ueberladung. Man be-
kam die Waaren entweder aus Spanien, oder^ wenigstens durch
spanische Kaufleute, der Schleichhandel war schwierig und ge-
,fahr)icb. Die Herren zu Cadix sorgten ,* dafs der Markt nicht
überladen ward, und die Waa'ren sich zu den lidchsten Preisen
verkauften. 'Die Beamten hatten mit ihnen gleichen Vor theil ujid
begünstigten keineswcges das Aufkommen ron einheimischen
.Künstlern und Handwerkern, sondern Hessen nicht einmal dem
Landbau das erzeugen, was bisher von Cadix bezogen war, .
weil sie den einheimischen Talrack auf Rechnung des Staats ge-
.-%^n Waaren * verkauften, bei deren Absatz sie ihren Gewinn
hatten. Aber wenn sich dieses auch geai/dert hat, und wenn
•sich die EnglSiider nun auch die mexicanischen Markte geÖfincit
haben,, so werden sie doch schwerlich dort reich werden, weil
der .spanische Geschmack den Absatz von Cadix immerfort
begünstigt* Die Rosenkränze, die heiligen Bilder, die Gebet-
bücher, die geistlichen Gewänder, den ganzen Kirchenschmuck
"vrird nur Spanien liefern können und sich wolil kein englischer
Geschmeidehändler mit der^ heiligen Jungfrau von Guadelupa
abgeben wollen, opne welche die Mexicaner nicht leben kön^
kien, und die sie selbst am Hute unter Glas und Ralimen gut«-
"verwahrt tragen. Es wird ferner der eurdpäische Verkehr dort
«uf die nicht grosse Zahl der wohlhabenden. Städter und Guts*
Besitzer beschränkt, da das gemeine Volk in der bittersten Ar^
jButh lebt. In den Städten und auf den Gütern ist währen^
der Unruhen die Habp(ausgabc auf die Befestigung und. die Un-
terhaltung der . Besatzung gewesen. Die Spanier haben es in
Mexico wie bei sich 2^ Hause gemacht, und es für diev beste
Vertheidigung gehalten, wenn ein Jeder sich selbst vertheidigte«
Sie liess^i sjch jeden bewaffnen, de^ es mit ihnen hielt, und so
haben die wohlhabenden Bürger und- die Gutsherren sich her
Tvaffnef, . für Geschütz tind Männschsjft .gesorgt, und in Städten
und auf Burgen. Selbstständigkeit erlangt. Die beliebtesten Waaren
möchten daher vyohl Kriegsbedürfnisse sejn, und den grossen MaOr
^el daran beweist wohl am kürzesten, dafs die Spanier mit
Piastern schössen, weil sie ke^ie Kartätschen hatten^ Die Moth
hat auch gelehrt, manches selbst zu machen, welches früher von
Europa bezogen ward, indem lange Zeit die Waarcnzüge nach
dea Städten^ und Borgen über das empörte platte Land nicht
durchzubringen waren, und man sich nun durch sich selbst heK
{en mufste, so gut es gehen wollte^ Wenn übrigens die Un-
5(>o Roblosoii, memoirs of thc tnexican revolutioa.
inrisscDheit ^er Indianer und ihre Bedruckung 4ioch fiiclit g«nu/r
erklärte, defs sie bei alier ArbeiUamkeit und Massigkeit es doch
tu nichts bringen, so wurde es ihre Spielsucht thun, die zu an
dern Lastern und einer grundverdorbenen Wirthschdft führt. De
Creolen halten sich meist für Handarbeit zu vornehm , und vf\e
tie frei tod der spanischen Zucht, sich selbst überlassen^ es uii"
tcr Torres trieben, scheint von dem Yerf. getreu berichtet xa
sejn , da es an dem sogenannten Kaiserhofe von hurbide i^iclit
^ besser hergehen soil. Torres war das Haupt des mextcanischen
Freistaats bei Mina's Ankunft^ Er besteuerte die Einwohner ia
. seinem Bereich wilikührlich und behandelte jeden ihm . mifsfallr
gen Creolen so unwürdig, dafs viele zu den Spaniern flohen.
l)en grossen Landstrich, worin er hauste, hatte er gleidisam ift
Lehen vertheilt, und sie Leuten eingegeben, deren Röhheit und
Unwissenheit ihren Dienst als blinde Werkzeug^ seiner Will-
kühr verbürgten, Thaten sie, was er wollte, so konnten sie
ihrerseits., thun , was ihnen gelüstete^ Ein jeder ton ihnen war
•der Zwingherr in seinem Bereich, betrachtete das Landvolk als
«eine Leibci'^ene, die Abgaben als sein^ Eigenthum ^ die ausge*
liobene Mannschaft als seine Krieg$knechte. Er selbst lebte in
«lleo Schwelgereien, die - das Land zu verschaffeu vermochte;
aer grosse Haufen ehrte in ihm den Priester, hatte keine Augeti
für seine Verbrechen, und, wenn auch, doch zur Rache keine
Waffen. Vöil diesen Creöleii darf zWar nicht auf alle geschlos-
sen werden, vielmehr zeugt für den reditUchen, ruhigen Sinn
der Mehrzahl, dafs Hidalgo die Unruhen nicht mit den Creolen
fondern mit den Indianern anfing, dafs immerfort Geistliche, wie
^idalgo, Morelos, Matamoros, Torres die Unruhen leiteten, und
durch ihren indianischen Anhang die. Anführer wurden und
blieben. • Aber im Schrecken vor depi , Ketzergericht , in den
Sorgen vor den Willkührlichkeiten der YerwaltungsbehÖrden und
Gerichte, in der Entrüstung über die hochmüthigen Bteamten
konnten doöh wohl unmöglich geistiger Aufschwung, Rechts»
gefühl und selbstständige Tüchtigkeit^nter den, C^^^olen herr-
schend werden. Sic hatten nur die traurige Wahl entweder
das Unwesen in Sinnenlust und Vergnügenssucht zu vergessen,
oder daran 'als ^spaniscbe Helfershelfer Theil zu nehmen , und
die letzteren, die Untei'beamten und die eigentlichen Arbeiter
"waren die Rädelsführer der Uniuhen, und wollten die Stelle
dtr Spanier einnehmen. Sie hatten nichts als -den Kopf zu ver-
lieren, und diesen d^ran zu setzen, war der Pireis grols geaug»
/
•
(i)fr BmhU^fs /ctgt.)
(
N'4-36. Heidelberger l^^^»
Jahrbücher der Litterätur.
Robinson , mtmoirs of the mexican revolution.
♦! , (Beschlufs.)
Wurden die Creolen z. B. Bischöfe von Uuadalaxara, Vallado-
lid, Puebla,.so hatten sie ioo^ooo Piaster Einkünfte und wur-
den sie auch nur Stiftsherrn, so hatten sie 7 bis 8000 Piaster
aus Zinsen und Zehnten; während sie unter den Spaniern nicht
einmal m den einträglichsten Dorfpfarrern gelangten. Wre bei
dem Kirchendienst y. giqg es im Kriegsdienst, m .den Verwal-
tungsamtcm und den Cerichtsstellen. Die jungen, ehrgeizigen
Beamten fingen nun wohl an, im Stillen gemeinschaftliche Sache
TU machen, als um den spanischen Thron Streit entstand, aber
die .wohlhabenden Creglen in Stadt und Land blieben im Gan->
zen ruhig, und nur die Indianer licssen sich mifsbrauchem £$
hätte^^^ar nicht zu Unruhen kommen könne^, wenn die dortigen
Spanier nicht grölstentheils verächtliche -Geschöpfe des Friedens-
fürsten gewesen wären , und wenn die spanische Junta ^ichi
mit der nachfolgenden Regierung in Zwangsbefeblen gewettei-
ferl hätte. Die Spanier verfuhren mit aller Grausamkeit, und
liessen die Unschuldigen mit den Schuldigten leiden. I^a sie von
dem Mutterlandc nicht ergänzt werden konnten , so mufsten sie .
immer schwächer wetden, und den Creolen die Selbstbewaff-
nung gestatten, die nun dort die Bürger und Gutsherren zu
einer Selbstständigkeit wie im Mittelalter geführt hat. Auf dem
p^latten Lande treiben sieb Schwärmer umher , die den Kosakeit
nicht unähnlich sind, geschickte Keiter, welche mit der Lanze
wohl umzugehen wissen, aber sich weder an geschlossenes X^ufs-
Yolk noch ah Schanzen wagen. Die Städte und Bürger haben
also von ihnen nichts zu fürahten, aber auch Gewalt voa den
Scheinlif^rrn zu Mexico nicht zu besorgen* Die Spanier ver-
mochten kaum in dem Besitz von Cuba die Belagerung von klei^
nen Burgen zu unternehmen, wie sollte er dazu die Kräfte ha-
ben, da die Zeughäuser von Cuba ihm verschlosseii sind? '-lEs^
scheinen dprt die Mittel nicht vorhä^nden zu sejn, wodurch ein^
Kriegsfürst sich halten kann und wenn sich dort ein Staatsver-
band nicht mit Gewalt befestigen läfst^ so wird er sich doch
wohl noch weniger durch den Gemeinsinn von selbst , bilden.
36
5ßi Robinson, memoirs of the mesican retolutioii.
Ein Gemeinwesen in Stadt und Land ist im Werden, und hat
sicVi zwar nicht von den Soldaten liberwaltigen lassen, worauf
Torres dachte, der nur Soldaten und Bauern haben wollte and
die Städte nicderrcissen 'iiefsy aber die Gemeinen sind viel zu
sehr mit sich, selbst beschäftigt und mit ihrer fiauptstadt Mexico
in zu schwacher Berührung und Wechsel wirkuli|f, um das Be-
durfnifs der Staatsgemeinschaft mit durchdringender Nothweo-
digkeit zu fühlen; so ist es denn weder zur Zwingherrschaft
noch zum Freistaat sondern zu einem Staatisschatten gekommen,
der ungewifs zwischen beiden schwankt« Das Einzige, was^ich
in d?r Unmöglichkeit, die europäischen Waaren zu entbehren,
nicht entbehren liefs , die Handcisverbindung erhielt man sich
mitten in tlen Unruhen, und gewährt man sich jetzt noch mehr,
und ihre Erleichterung wäre wohl das Erste worüber man sich
verständigen und zum gemeinschaftlichen Betrieb vereinigen kdnntc.
Nun ist aber der Hauptsitz des Handels, von dem ganzen Lande
nicht in der Hauptstadt Mexico sondern auf €uba, woran er
dilrch Naturnothwendigkcit gefesselt wird. Hier sammlen sich
die Waaren , welche aus dem innern Mexico mit grosser Be-
schwerde an die dürre, weni^ bevölkerte Küste geschafft wer«
den,' wo si<ih kein Hafen zu ihrer Vereinigung anbietet; hier
macht man die Verladungen für das Küsitenland) wenn dort die
rechte Zeit zur Weitefverseiidung, ist, und diese Zeil will ge-
schickt gewählt sejn, da fünfmonatlicher Regen mit siebenmonat-
licher Hitze abwechselt, in welcher sich nur des Nachts reisen
läfst. Hier wird überdem die ganze Fahrt' nach' der Küste be-
herrscht. ' So lange daher die Spanier Cüba nicht verlieren, ha-
ben sie auch Mexico nicht verloren, dessen BevÖlkerungsschidu
ten anders, gestaltet sind, als in ihreti übrigfen amerikanischen
Landen , und dessen bürgerlichö Lage , inrterör Verkehr und
äusserer Hs^ndcl im umgekehrten Verhältbifs zu' den dortigen
steht. Dort ist, di« Küste angebauter als. das Innere, die gros*
sen~ Städte sind an der Küste und nicht im Innern, sie versor-
gen das Land und stehen den Fremden off^n, ohne dafs es die
spanische Seemacht zu hindern vetmag. Mexico hat dagegen
seine grossen Städte im Innern als Sammelplätze der Landeser-
zeugnisse, und seine Handelitadt auf Cuba, von dieser hängt
seine Versorgung mit europaischen Waaren ab, und die spani-
sche Seemacht zu Havanna kann es den Fremden verscMiesscn.
Den besten und zugleich den schlechtesten Begriff von den
, wirthschaftlichen Zuständen nancht ohnstreitig, dafs im Angesicht
des fruchtbaren Mexico's Cuba von den Nordamorikanera mit
Getreide versorgt wird, dafs die Mexicaner nicht einmal den
nächsten und natürlichsten Absatz benutzen, den sie für das io-
ländische Getreide mittelst ihrer schiffbaren Flüsse haben iw«"
Rob}n;sony metnoiis of tlie mexican cevolution. S63
Äcn, "Irenfn' auch die Keisse Satidkiiüte das Korn dazu nicht ITe**
fcrt, und dafs die spanische Vesrw'aUung die Abhängigkeit Cu-
i>a's von iet nordamerikantschen Getreidezufuhr geduldet hat,
da isie die Versorgung desselben von Mexico gebieten , ö^der
besser leicht befördern konnte Jetet vermag sich Cuba nicht'
drei Mdhate zu hallen , 'wenn eine feindliche Flotte die Getrei-*,
dezufuhr ^^nt, und wenn dte* Nordämerikaner mit dem Verf ,
iht^iA Landsmann gleich denken, so" sind sie nach diesem Schlüs-
sel von- Wesiindien Und- Meifico sehr lüstern, tind furchten, eb^a
desweg;eÄ, dafs ihn iie Engländer ' unter "ihre Obliut nehnmi
inöehten. Von di'esem Hafen aus "ivird der' znexicänische Meer-^^
busen b^crt'scht , und- das '^eg'eiiubiCfrKcgenBe/ Land selbst, in
Hand'd'sarbhftngigkeit gehalten. * Cuba selbst bietet den reichsten
Markt' an , es ist unter der allgemeinen Ve'rwirrung in Ordnung
geblieb ew, es- erndtet mehr Zuck'er und Kaffee als Jamaika^ und
es hat blofs in den beiden Monaten December und Januar i8if
eine Neger eita fuhr von beinahe 12000 K(5pfen giihabt. Hier be--
%weis* -der Getreidemangel Ale Fruchtbarkeit, den Ueberflufs und
die Betriebsamkeit des' Landes, und er kann steh sruch nur ver-
wirklichen, wenn eine herrschende Seemacht die Zufuhr sperrt.
Dawider vermag sich Cuba durch eigene Kraft nicht, zu ^schützen,
und dieses scheint hier den Wunsch nach Unabhängigkeit nie-
dergehalten zu haben, die. nuc dad>uFc!i gesteuert' werden könnte^,
daj^ man die Käffeepfianzüngen in Kornfelder verwauddte, den
grösseren £rtrag für den ^geringeren aufgäbe, und^ die skheru
Handel^erfolge mit ,ungewissto Verfassungsversucheh^ vertauschte,
wobei die grossen N^erschaaren sehr unberufene Vermittler
werden könnten. Ueberdem hat man bereits Selb$tve£waltun|;
und ein ÖSe'ntlicbes Einkommen von 3,3oo,ooq Pesos. Del^
Verfasser glaubt de^ohu erachtet nicht allein an' den Unabhaii-
gigkeitswunsch auf Cuba, sondern auch an brüderliche Zunet*
\gung gegen die Nordamerikancfr, obgleich sie noch nicht ein-
mal wider eine spanische oder französische, geschweige denii
englische Seesperre schützen können ,. sich auch mit den £iu«
wohnern in Gkubei^, Sprache, Sitten nocti nicht verbrüdert ha-
ben, und sicli schwerlich durch ihre höheii Kornpreise und
tibrigen Gewinnkünste ihnen so reicht empfehlen werden. Da-,
gegen scheint seine Meinung sehr gegründet zu ^evii, dafs durch
den Schutz der englischen Seemacht über Cuba dieses blühende
Land auf lapge Zeit in ^ut^r Sicherheit sejn würde. So dun-,
kei die südamerikanische Sache ist, so scheint doch gewifs zu
seyn, dafs der spanische Verkehr dort anderer Natur als der
übrige europäis'cbe Handel i^t, daf$ dieser nicht gewinnt, wenn
jenci;:. verliert, dafs die Störung jenes aber nachtheilig auf Spa-
nien'und über dieses auf das übrige £uropa zurückwirkt, dafs
36*
\
564 G. F. Waogea üb. Hubert u. Johann van-Eyc)c;
die Fortdaner der Verbindung zwischen Spanien und Amerika
wunscUenswerth ist, und vor jetzt noch ihre GeviFähr in Cuba
hat« dafs Cuba nicht aLfallea kann,, wenn eine Seemacht nicht
dazu die Hand bietet, .welche der spanischen überlegen ist, dafs
dieses nicht geschehen Jiann, wenn Spanien ein Schutzbündnifs
Diit England bat, und dafs also Spaniens Macht in seinen ameri-
kanischen Landen,, und die Hoffnung damit in Ordnung zu kom-
men von seinem Einverständnifs und. Schutzbündnifs liiit Eng-
land^ abhangt. Die Spanier . haben sich freilich in dem verrech'
i4t, was ^sie dort Ypn Jesuiten und Banditen erwarteten, aber
die allezeit fertigen Schriftsteller im Freistaatsmachen haben sich
eben so verrechnet,., als sie von den südamerikanischen hertsch-
tüchtigen und prunkliebenden Grossen, von gruhd verderbten
Jnterbeamten ^ und einem Bettelyolk das erwarteten was die
nordamerikanischen vormaligen Franklin ,' ^ Washington » die
schlichten , gewerbfleis&igen Bürger und ein rüstiges Landvolk
leisteten. Es .fragt sich indefs noch, ob es mit der Ehrlichkeit
in Nordamerika nicht besser stände, wenn xfian sich nicht von
dem altväterlichen England , losgesagt hätle.
Veher Huhert und Johann i^an Eyck. Von Dr, GüSTJr
, Friedricb Waageh , correspondirendem MitgUede der Kö-
niglich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Breslau*
Jm Verlag von Joseph Max Und Comp. 48si^. F HL und
2^0 S. in S. i ftthlr. 6 gGr.
JL/afs die Geschichte der alt -niederländischen, wie der alt-
deutschen Malerei noch immer einen Bparbfti.ter sucht, der mit
den nöthigen Kunst- wi^ historischen Kenntnissen ausgerüstet,
äas leiste, was unsere Zeit auf den wissenschaftlichen Stand-
punkt, den wir errungen, von einem Werke, der Art erwartet,
ist eine bekannte Sache. Dafs aber ein solches Unternehmen
.bei dem Anfange jener Geschichte und d(^i gänzlichen Mangel
an tüchtigen^ gründlichen Vorarbeiten, (jiöchst schwierigi ^^
nicht unter den jetzigen Umständen gar unmöglich sej, ist emc
nicht minder eipleucht^nde Sache. Nur nach und nach könnte
aus einzelnen genauen Beiträgen über die einzelnen Meister nnd
Zeiträume, in deiien sie' gelebt, etwas Tüchtiges erwachsen. U""
hiezu ist in vorliegendem Werke der A.nfang gemacht, worauf
vyir um so mehr die Aufmerksamkeit aller Freunde der Kunst
wie der Geschichte lenken zu müssen glauben, als derVerr.
uns Iloffnuhg macht, in. der f Folge etwas Aehnllches über die
Schule des Johann van Eyck folgen zu lassen. Wird der Vcri.
1
<J. F. Wadgen üb. Hubert u. Johann van Eyck. 565 '
' ' ■ /
darin die ScWicrigkeiteo, die mit einer solclien Aufgrabe ver-
knüpft sind, auf eine eben so glückliche Weise zu Idsen n'issen,
als es in vorliegendem Werke über Leben, diö Werke, küfistle-
riscbe Stellung und Würdigung des Meisters jeuer Schule ge->
than, so können wir nur mit d^ grossesten Sehnsucht dem bal-
digen Erscheineu . dieses Werkes 1 entgegensehen und sodann hbf-
fen, einige wesentliche Lücken in dem. Gebiete der neueren
Kunst - Geschichte aasgefüllt zu sehen, um so mebr^ wenn es
dem 'Hru« von Humohr gefallen sollte, uns bald mit einer Ge-
schichte der alt-italianischen Malerei zu iiescheuken,^ wozu 'Er
gewifs mehr iwie jeder Andre berufen ist. Es zeigen dies hin«
reichend die einzelnen ^Beitrage, mit denen er uns aus dem rei-
chen Schatz seiher während eines langtn Aufenthalts in Italien
an Ort und Stelle selber gemachten Forschungei^ im Runstblatte
von Zeit zu Zeit beschenkt hat* Auch Hr. Waagen hat in sei-
ner Schrift gelegentlich zum öftern von ihnen, wie von einzel-
nen Untersuchungen npd Bemerkungen des Hrn. Dr. Sehorn'
Gebrauch gemacht. Letztere (im Kunstblatt Nro. 5/ — 59 vom
Jahr 1820) schienen ihm das Genügendste zu enthalten, was
iu ästthetisch-kün^tleriscKer Hinsicht über Joh. van Ejck bisher
gesorgt worden war« . ^ ^ •
Da der Standpunkt, und die Ansichten des Hrn. Dr. Waa-
gen üb^r Behandlung einer Kunstgeschichte so sehr abweichen
von denen, nach welchen die meisten neüesteh Werke über
diesen Gegenstand abgofafst, so wird dadurch hinreichend der
Umfang der in drer Abschnitten der eigentlichen Untersuchung
über Joh'. van Ejck vorausgeschickten Einleitung , die auch nu ^
a^ii derer Rücksicht höchst wichtig ist, gerechtfertigt. Üie .meisten
Werke über neuere Kunstgeschichte betrachten die Kunst als^
etwas ganz für sich Getrenntes, Uolirtes, völlig geschieden von
dem Ganzen ihrer Zeit und Oertlichkeit. Herr Waagen, geht
gerade von dem entgegengesetzten Standpunkt aus, und darin
setzen wir einen Hauptvorzug seines^ Werkes ^el allen sonstigen
Verdiensten, denn dies kann nur — und wir haben diese An-^
sieht stets in der alten Kunst, (wo schon Winkelmann darauf
li inarbeitete) bev^ährt gefunden -r- der einzige, richtige Weg
£eyn, au^dem man zu einer wahren Ar^schauung iil der Kunst-
geschichte' gelangen wird« Jede Kunsterscheiuung kann, wie
jede .literarische Erscheinung nur aus ihrer Zeit und im Zusam7
meuhange mit |^r erkannt werden, und es ist dann das Geschäft
des Historikers, die politische Geschichte, den Charakter des
Volks, den Zustand 4er Kuliur, Religion u. s. \v., selbst die
natürliche Beschaffenheit des Landes zu betrachten , ^ um daraus
r-^ — als aus Beförderungs - oder Hinderungsmittelu der Kunst —
'den Gang und die zeitgemässc Erscheinung derselben aufzufassen.
I — .
I
566 G. F. Waagea üb.. Hubert u. Johann van Eyck,
Wir empfehlen dali^r unsern Lesern dringend die beherilgungs«
-werthen und so wahren Winke, die der Verf. über diesen Ge-
genstand von S. a5 — 29 giebt. Der ite Abschnitt der Einlei-
tung handelt nämlich : Von der Behandlung der Kunstgeschichte,
so wie voTt den Schriftstellern über Hubert und Johann van Ejfck
und des letzten Schule» Hr. Waagen theilt die Masse der Schrift-
steller« über die Geschichte der neueren Malerei, die hier in
Betracht kommen , in zwei Classen, in Quellenschriftsteller und
in solche, die aus Jenen' geschöpft und Zusaia»menstellungen ver-
, sucht Jiab^n. Unter die erstem gehören F^asariß Carl van Man"
derj Facius und ein Ungenannter aus dem iGten- Jahrhundert,
unter die zweiten hauptsächlich ' ybacÄi/n vonSandrart, Des^
camps, Fiorilloj und M^ame Schopenhauer, Sie leiden sämmt-
lieh mehr oder minder an dem oben bemerkten Fehler. Um
ihn zu ' vermeiden , handelt unser Ym^L im zweiten Abschnitt:
^Veber den SchaupldtZj auf welchem und die Verhältnisse, unter
denen sich J. v* Ejrck und seine Schule entwickelt haben,* Eine
Uebersicht der Geschichte von Brabant und Flandern, in der
'besonders die Punkte hervorgehoben sind, aus denen die Blüthe
und der ausserordentliche Keichthum, der in den Hauptstädten
jenes Landes, in Genf, Brügge u. s. w* zu jener Zeit geherrscht,
und sie den blühendsten Freistädtea Italiens an die Seite setzt,
so wie andere Umstände, die dem Gedeihen der Kunst auf man-
nigfache Weise förderlich seyn mufsten, sich ableiten lassen.
Die angenehme Darstellungsweise des Verfs. giebt diesem Ab-
schnitt einen eigenen Bdiz. Wie treffend, wie wahr die Schil-
derung des jLandes, seiner fiewohner,' des Charakters derselben
u* s. w. "sej , so wie si« uns ( S^ 54 ff^. ) Herr Dr. Waagen
giebt, wird jeder bezeugen müssen, der diese Länder durch-
reist, und einige Zeit in ihnen verweilt hal., Ueber die Beför-
derungen, deren sich die Kunst in jener Zeit zu erfreuen ge-
habt, werden ausser deni Allgemeinen, noch S. 58 f, einige in-
teressante, specielle Data angeführt. Der dritte Abschnitt han-
'delt: Ueber die Ausübung der Malerei in den Niederlanden vor
deri Zeiten der Bruder van Ejck, S. 60 ff. Nur mangelhafte
und unvollständige Nachrichten boten sich dem Verf. aas jener
Zeit dar. Denn auch hier hat die unselige Bilderstürmerci, die
unserem Yaterlande gleichfalls so manches Kostbare entrissen^
ihre zerstörenden Wirkungen geäussert. Hri Waagen ist indefs
eifrigst bemüht , -die wenigen Spuren von Nachr|(chten über Ge-
mälde aus den Zeiten vor Joh. v. Ejck zasarnunenzulesen« Viel-
leicht lassen sich bei dem selbst in den Niederlanden erwachten
Eifer für Kunst noch mehrere Entdeckungen erwarten, nament-
lich von Seiten der Miniaturmalerei, auf die uns Hr. Waagen
mit Becht aufmerksam macht, als dieselbe, wie 'wir bestioiint
I
G. F.Waagen ülp.Hubertu. Johann van Eyclu GGj
Wissen, schon vor J<)H. v. Ejck in einem hohen Grade ausge-
bildet war. Fragt man aber weiter, wie die Malerei aas der
Barbarei) in die sie in jenen Ländern bis zum i 2 ten Jahrhundert
bin versunken wax^ sich zu der Trefflichkeit eines Joh. v. E^rck
habe erheben können , so wird man sich nicht mit der blossen *
Angabe begnügen- dürfen, dafs Handel, ' Reiohthum und der-
Freiheitsgeist, der sich im iSten und i4tei;i Jahrhundert in ste-
tem Wachsen zeigte, die einzige Ursache gewesen, obschon
dadurch allerdings die aufkeimende Kunst wesentlich gefördert
w^orden. Hr. Waagen findet nach einer Vermulhung des Herrn
van Rumohr bei allen diesen Förderungen einen, Hauptanstofs von
aussen — und dergleichen wird die Kunst immer bedürfen ' —
in der Verbreitung älterer, neu - griechischer Kunstwerke ^ Wel-
che nach der Eroberung und Plünderung von Constautinopel
durch die Kreuzfahrer im JahV i2o4, eben so gut iii den Nie^
derlanden, wie in Italien möglich geworden war.. Er '«bringt
auch dafür 'einige bestimmte Data bei, von Musterbildcsbv^ die
iia jener Zeit aus dem Orient nach Flandern und den Nieder-
rhein gebracht worden; z. B. Christusköpfe, nach deren Tjpus
die des Joh. van Ejck und Hemling gearbeitet; setzt jedoch S«
j3 hinzu^ «Es dürften sich diese Bilder zu deneti des J. vaa
Ejck und seiner Schule ungefähr so verhalten, wie die ägjpti*
schen Statuen, von welchen die Griechen ausgingen, zi^ den
Werken ihrer vollendeten Kunst.» Es sejen in hohem Grade
eigenthümlich niederländisbhe Erzeugnisse, von allem Einflufs
der Antike entfernt; was sie eb<^n so merkwürdig mache und
Vor der italiänischen Kunst auszeichne, die auf antikem Boden
gewachsen, nie diesen Ursprung yerläugnen könne.
Nach dieser Einleitung folgt nun S. y4' Heber Hvhert
und Johann pan Eyck, und zwar: 4) Ueher Namen und Z.c-
benszeit der Bruder vtm Ey-ck,^ Wir ersehen hieraus, dafs Hu-^
bert van Eyck der Aeltcre i366 geboren und i/(a6 zu Gent,
60 Jahre alt, gestorben, dafs aber über den Jüngern Bruder
Johann van Eyck die Angaben höchst un^ewifs sind. > Offenbar ^
-war er jedoch um ein Bedeutendes jünger und Md. Schopen^
ba\iers Anbahme, die ihn um a5 Jahre jünger setzt, wäre nach
Hr. Waagen's Urtheil nicht zu viel. Für das Todesjahr des van
Eyck (sein muthmafsliches Geburtsjahr wäre etwa iSgi) ist
wenigstens die Jahreszahl 4467 auf dem Danzigcr Gemälde ent-
scheidend. Man könnte es demnach in das Jahr 1470 setzen.
Ä J Ueber. die Lek^u6umstände der Brüder* Leider haben wir
nicht sehr voUstaudige Nachrichten. 3) Ueber die Erfindung der
O^lmalerei durch Johann van Eyck, S. 88 ffl Ein in jeder
Hücksicht höchst wichtiger Abschnitt. Der Verf. giebt zuerst
vollständig die Stelle des Vasari, woraus Alles geflossen j was
s
(
568 G. F. VVaageo üb. Hubert u. Jobann van Eyck
saiChcr ia unzählig vielen Buchern über diesen G/^genständ gesagt
worden. Dann folgen von S. 93 an 'die Anerben der Gegoer,
die das Dasejn zu einer Oeimalerei von Johann^van Eyck zu
ertiärten und so dem ieuteru die ErEndung der Oeimalerei, die
ibija nach jener Stella de$ Vasari gemeinhin beigelegt wird, strei-
tig zu macheu ^suchen. Aus. ihren Einwürfen geht auch unuoi*
stöfslich hervor^ dafs rnan schon lange vor der Zeit des Joh. v.
£yck gewufst habe, mit Leinöl gemischte Farben zur Malerei
anzuwenden, (s. S. 96 )f ohne dafs jedoch darum die ganze
Erzählung des Vasari für ein Mäbrchen zu halten sej, es konote
sogar diese so wenig anwendbare Art- der Malerei später leicht
in gänzliche Vergessenheit gerathen sejn und.J. v. Ejck immer
wieder von oieuem die Entdeckung über die am leichtesten trock-
nenden Oeie gemach^ haben, oder doch wenigstens dieser Art
der Malerei ihre rechte Anwen^dtiug in der Kunst . gegeben,
daduf^h-^ dafs er das Trocknen der Farben mittelst Kochen
des Q fit» beschleunigt und erleichtert (S* 98). 'Wie dem auch
sey, wichtige Entdeckungen mufs auf jeden Fall J. van Ejck iii
d^r Malerei gemacht haben. Um dies auszumitteln , untersucht
Hr. Waagen zuerst (S, io3 .ff.) die Nachricht, dafs Antipnello
\on Messina eine neiue Art von Oel- Malerei, die er von Joh.
van Ejck erlernt, nach Italien gebracht habe« Es fällt auch
wirklich die Zeit dieses Malers mit der allgeoieineu Verbreitung
d?r Oeimalerei in Italien i^usam^ien, wo zwar schon längst eine
gewisse Oeimalerei bekannt, aber « doch nv^r selten angewendet
v/orden, ohne Zweifel, weil sie zu unvollkommen war, und
die Malerei in Tempera trotz ihrer Mängel noch nicht durch
besondere Vorzüge überwiegen konnte (5,4 23). Wenn dem-
nach J. v. Eyck nicht der Er6nder der Oeimalerei im strengsten
Sinne des Wortes zu nennen ist, so kann man ihn doch in so-^
fern als Erfinder bezeichnen, als er es erfand, die Farben in
Oeimalerei auf eine Weise zu behandeln, wodurch sie ungleich
vorzüglicher und vollkommner, als die bisher fast ausschlielsiich
übliche Temperamalerei, wurden und es ihr so gelingen konnte,
in einem Zeiträume von 5o Jahren letztere in ganz Europa ^u
, ve'rdi'ängen, tiqd sich an ihre Stelle. zu setzen (S. 124)«
Diese neue Art der Malerei hätte dann Antonello bei J.
V. Eyck gelernt uncT nach Italieit gebrach^, und so sagt dann
unser' Verf. S. i24: «Nur die ErEndung in , diesem Sinne ist
« von einer grosscu Bedeutung in der Kunstgeschichte und bat
«daher ihrem Urheber einen grossen Theil des Ruhms erwor-
«ben, dessen^ er schon bei seinen Lebzeiten genofs. Wer zu-
«erst Farben mit Oel gemischt, und damit auf eine unzuläogli-
«che Weise gemalt hat, daran ist im Ganzen wenig gelegen.»
' ScbliefsUch von S. 128 «^ i3Q wird dakip auch im Einzelnca
U
- 9
G. F. Waagen üb. Hubert u. Jobann van Eyck; 569
^r^Tte^ty worin aie Vorziigodcf Oelmaleret fc J. v. Ejck vor
der /bisherigen Tempera - Malerei bestanden.— i) Ueher Jo^
hünnes van Eyck Verdienste itm die Linien - und Luft - Per^
spective S.^i3i fiP. J. van Eyck verliefs zuerst den GoldgruAd
bei der Läft und dem Hintergrund^, er ward so ^um Erfinder
der Linienperspective , die er an die Stelle des* Goldgrundes
setzte und deren Regeln er zuerst yollkommcn ausübte: Erfin-
dungen, durch die er seinen Ruhm nicht minder, wie durch
%di« d^r Oelmalerei begründet hat, — 5) lieber Johannas wan
Eych Verdienste um die Glasmalerei S. i3d« Der Verf. läfst
e% übrigens dahin gestellt, ob die Nachricht begründet sey oder
nicht, dafs Joh. v. Ejck es erfunden, die Glasscheiben nur auf
* einer • Seite mit Schnaelzfarben zu überziehen. — 6) Ueker den
kiinstlerischett Charakter des Johann van Eyck, S. 489 ff. Eiits
der wichtigsten und belehrendsten Capitel dieses Werks, worauf
Tvir alle Freunde der Kunst nicht 'genug aufmerksam machen
iLÖnnen, um so mehr als der Inhalt desselben gewifs sie belrie-
digen wird, da Hr. Waagen meist aus eigner Anschauung ur-
theilend, nicht blofs an die oft mangelhalten oder irrigen Be-"
Schreibungen/ und Urtheile Anderer sich hält. * Es mag uns ver-
gönnt sejn, nur einige Puncte herauszuhe)>9n., Denn jene Er-
findungen Johann van Ejck's, obschon sie ihm grossen Ruhm
erworben, würden dennoch nicht hingereicht haben, ihn zu dem
"vorzüglichsten Maler seiner Zeit zu erheben, es kommt hier, wie
«i^ch Hr. Waagen richtig bemerkt, zugleich darauf an, auf wel«
fhe Weise undNmit welchem Geist Joh. van Ejck von jenen
Mitteln, die er sichögesch^ffen , Gebrauch gemacht habe. Hr.^
Waagen führt deshalbN^unachst weiter aus, wie Joh. van Evck
sich meistens GegenständeNaus ^e£, heiligen Geschichte zu seinen
Darstellungen gewählt, am ii
durch die geheimnifsvollsten ,
sten symbolische, oder solche, wo-
wunderbarsten Lehren der christ-
licheir Religion , vom Sündehfall , l Menschwerdung der Gottheit
u. dgl. bezeichnet .werden, wo^erd^nn mehrere derselben, die
in /enger Verbindung mit einander stehen , aneinander zu reiben
sachte. Von der Heiligkeit und tiefen Bedeutung solcher Ger
genstände durchdrungen, v^ar aber a^ich ailseiu Sinnen daraut
gerichtet, dieselben aufs ^vürdigste darzustellen, sich gänzlich
( was nur wenigen Künstlern geglückt) seiner Subjectivität zu
entäussern .und rein objectiv zu scyn. Der tiefe Ernst/ den er
dadurch seinen Darstellungen einhaucht, wird durch Heiterkeit
in den Umgebungen gemildert, und mit dem Sinne für würdige
Auffassung religiöser Gegenstände ist eine aussercrrd^ntlicfa le-
bendige getreue Darstellung von Scenen aus der Natur oder dem
gemeinen Leben verbunden (s. besonders S., i4^ und ff,). Die
Rildnisse sind alle «ehr mühsam und fleissig ausgemalt mit scho-
Sjo G. F. Waageo üb. Hubert u. Johann; van EycL
nen , landsehafdicKen , Hintergründen (S. t47)« Soöst haben
Johann van Ejrcks Köpfe meistens ein porträtartiges , individu-
elles Ansehen , nur in den Darstellungen des Christus und des
darnach gebUdeteo GotL Vaters hält er sich, was den Kopf Le-
tiifft, streng an den überlieferten Typus. Herr Waagen führt
als Beleg diza ausser Andern den trefflichen Christuskopf von
Hemling in der BoissereVschen Sammlung an» Selbst die Män-
gel, die «ich etwa in einzelnen Theilen der Gemälde Joh. van
Eycks entdecken lassen ^ verschweigt Hr. Waagen niclit. £r setzt
sie in die mangelhafte Bearbeitung der Extremitäten des mensch-
lichen Körpers von der hohen Vollendung des Leibes, dann be-
sonders in die Behandlung nackter Körper. Doch läfst sich ^^r
Intzte Umstand erklären und entschuldigen. Das Studium nack
dem Nackten oder nach der Anatomie, ^ war so wenig, wie das
Studium nach Antiken in den Niederlanaen üblich und es führte
auch ein eigener Sinn, die niederländischen Künstler vorzugs-
weise und einseitig nur auf Ausbildung der Köpfe — eiu für
alle christliche Kunst höchst charakteristiscker Umstand, wodurch
sie sich wesentlich von der alten Kunst unterscheidet, bei der
wir gerade den entgegengesetzten Qang wahrnehmen : Vollen-
dung des ganzen übrigen Körpers und zuletzt des Gesichts (S.
4^3. 154.J. Noch vielem Andere Wichtige führt in dieser
Rücksicht Herr Waagen an, was wir pur höchst ungern über-
gehen, um nicht die Gränzen einer Anzeige zu übl^rschrei-
ten. Der Kenner und Kunstfreund wird in dem bereits .Gesag-
ten hinlängliche Anregung finden, dais Ganze eines genaueren
Studiums zu würdigen. So bedauern wir Namentlich die schöne
Schilderung, mit der Hr. Waagen diesen Abschnitt (S. i63 f.)
beschlioTst , hier übergehen zu müssen. — 7J . Ueber das Ver-
häitnifs des Johann voji Ejrck zu den andern vorzüglichsten Ma-
lerschiden seiner Zeit. S. 4 65 ff» Es wird hier das Verhält-
nifs der Gemälde \ Joh. v. Ejcks^zu denen der fiorentinischen
Schule, zunächst in Vergleich mit denen seines Zeitgenossen
Masaccio, und zu denen der alt - köllnischen Schule dargestellt.
— - Ueber die Einwirkung Johannas van Eycks axif die Richtung
der Malerei in den Ländern ^ wo dieselbe mit Erfolg getrieben
wurde, S. 17 a ff, Joh. van Eyck ward der Schöpfer einer
Schule, die, wie von keiner andern Schule bekannt ist, so sehr
in dem Geiste ihres^ Meisters fort arbeitet&^ dafs oft nur höchst
Vertraute und genaue Keontnifs die Bilder der Schüler von de-
nen ihres Meisters , zu uitterscheideu vcVmag. ~ Doch darüber,
hoffen v^ir, werden die einst nachfolgenden Untersuchungen des
Hrn. Dr. Waagen , Licht verbreiten. Es zeigt sich aber auch
d\e mächtige Einwirkung Joh. van Eycks auf die benachbarte
köUnische, dann auf die oberdeutsche Schule, deren Verhältpifs
RadloPs MustersaaL
571
zur niederländischen hier vergleichend bestimmt wird; selbst auf
die italiaoiüchen Schulen, liesonders auf die Yenetianisclie und
auch auf die Florentinische ; endlich gar auf die Spanische, um
so mehr, da viele niederländische Maler in Spanien gearbeitet,
auch viele niederländische Gemälde uater der spanischen Herr«
schaft Und. den niederländischen Befreiungskriegen dahin gewann
dcrt sind« Alle diese Puncte sind hier mit Ausführlichkeit zur
Genüge abgehandelt» g) Von den Gemälden des Hubert und
Johann van Eyck, so me von den Nachb^dimgen derselben in
Kupferstich und Steindruck. S. igS ff. Hier werden sdle noch
vorhandenen Gemälde Joh. van Ejcks der Reihe nach aufge^
zählt, sorgfaltig beschrieben und kritisch beurtheilt, — denn' der
Verf. kennt sie meistens aus eigener Anschauung — * auch ihre
Geschichte^ und Schicksale erzählt. Eine genaue Angabe dei^
Bilder, die äineni der beiden Künstler zugeschrieben werden,
ohne dafs. sie den Namen derselben oder Zeit der Entstehfing
enthielten, beschliefst dieses für den Künstler, zumal für den,
welcher noch nicht zu eigener Anschauung dfer Eyckschen Ge*
mälde gelangen konnte, wichtige, durch getreue, lebendig^ Dar-
stellung ausgezeichnete .Capiiel und somit das ganze Werk, zu
dessen Empfehlung wir, nach den vorgelegten Proben, ^ohl
weiter nichts zu sagen' für nÖthig erachten. ' B.
Mustersaal aller teüt^chen Mundarten, enthaltend Gedichte, pro--
saische Aufsätze und kleine Lustspiele in den verschiedenen
' Mundarten aufgesetzt und mit herzen JSrlaüterungen verse-
hen von Dr, Joh^ Gottl, RadloFj öff. Prof. zu Bonn etc.
Bd. L XX u. 348 S. Bd. IL XII m. dyiS.id S. 5 fl. 3o kr.
JL/er Verf. betrachtet diese Sammlung als eine» Charakteristik der
einzelijien teütschen Völker in Sprache^ und Dic;lnung« Das ist
sie auch, selbst wenn 'man den dichterischen Werth geringet
lindet, als der Verf., der ihn etwas zu überschätzen s(^hjßii|^ wie
das bei achtungswerthen Gegenständen, womit man sich lange
befreundet hat, wohl zu geschehen pflegt. Gröfstentheils sind
' sie aulB dem gemeinen Volksleben aufgegriffen ]ind dessen wahr-
haftige Darstellung, die ihr Interesse nie verlieren kann, so lang
es einön teütschen Volksstamm und eine teütsche Sprache gibt.
Zur * Beurlh eilung der Detikweise und Sinnesart der ^ teütschen
Völker ist diese Sammlung freilich nicht hinreichend, die ihrer
Natur na^h von allen etwas nehmen mufste^ um von allen etwas
;lu geben und doch nicht die Vollständigkeit erreicht hat, die
sie auf dem Titel verspricht. £s verdient sclic>n Lob, dafs der
5y2 Radlofs Mustersaal.
Vecf. von den meisten Mundarten Beispiele gegeben, von allen
ist es jetzt noch niclit möglich, da in vielen noch gar nichts ge-
schrieben - ist , wo es also nicht auf den ^Sammlerfleifs , den' Nie-
mand dem Verf. absprechen ;wird , sondern auf ^ eigene Erkun«
digung aukommt, deren Schwierigkeit nur der begreift, der sie
versucht und erfahren hat, wie sehr das gemeine Volk sein«
Mahrchen und Lieder vor den Schriftgelehrten verschweigt, aus
Furcht, von den sogenannt Gebildeten verspottet za werden.
£s ist die Kluft, dte nun einmal zwischen iinserm Schriftteütsch
und den Mündarten sich gebildet, zu überwinden, wenn maa
zum richtigen Verständnifs der letztern gelangen will, und wer
freilich das Unglück hat, im Schriftteütsch von Kindheit an er^
zogen zu seyn, dem wird die Erforschung der Volksdichtung
ungleich sthwerer, als dem, der die z>Teifelnde Zurückhaltaog
des Landvolks schon mit der ^ mundartlichen Anrede ' zu ber
schwichtigen weifs. Das Treuherzige, was in jeder Mundart
liegt, erwirbt dem Gebildeten, der sie spricht, schon viel Vertrauen
des gemeinen Volkes, was durchaus nothig ist, wenn man die-
volksmässige Dicht- und Denkweise ergründen wiH. . Sa leicht,
wie sich die. meisten Leute, dfe durch die Schule^ gelaufen,
vorsf eilen, ist es nicht, eine Mundart zu lernen oder richtig zu
sprechen, mau mufs, fast nothwendig, darin geboren und erzo-
gen sejn, wenn sich die SprachorgauQ an die vielen Feinheaen
der Wortstellung und Aussprat^he gewöhnen sollen.
Muster der teütsdien Mundarten müssen der Sache nacli
die ' charakteristische Darstellung des Volkes und der Sprache
nach die eigenthümlichen Formen seiner Mundart enthalten. Das
letzte erfordert Dialectologien , Idiotiken und Samnilungen der
Volksdichtungen als Vorarbeiten, woraus sich erst bestimmea
lälst, welche Stücke in beider Beziehung musterhaft sind. Für
Volkswdrterbücher hat man schön langer gearbeitet, für Dialec-
tologien und Sammlungen der Volksdichtungen aber erst seit
einigen Jahren. Das Hadlofische Werk erscheint also za früh,
wenn es sich als Mustersanimlung ankürtdigt, womit indefs die
Heragigabe des Buches nicht getadelt wird, indem gcwifs man«
chcs Stück dadurch der Vergessenheit und dem Untergang ent-
zogen ^"wurdc und die Lesewelt überhaupt auf den, Reichthum
unserer Sprache auch in dieser .Hinsicht aufmerksifm gemacht
wird. Wenn ich daher viele- Stücke dieser Sammlung iit mate-
rieller Hinsicht nicht als musterhaft anerkenne, so mufs ich da-
gegen auch die Griinde ihrer Aufnahme würdigen, wieWohl der
Herausgeber nicht gesagt hat, nach welchen Grundsätzen er*
seine Auswahl bestimmt. Von> Mundarten , worin weuig oder
nichts geschrieben, ist freilich, der Probe wegen, aufzunehmen,
was ma» eben bckommt| und das hat K. gethan; d«i£s er von
KadloPft Mustersaal, ^7^
grS^erea' mun^artliGllen Schriften, i/vie vom fraekfütter' Bürgern
kapttan^ Yon Walraff$ Posistaüon und ArnoHs Pfingstmontag,
dreien in ihrem Kreise ^o sehr tharakteristischen und wirklich
inu5ter|)aftea Arbeiten, ketne Bruchstücke als Proben gegeben,
werden (liejenigen nicht tadel^^ die dem Exc^pt^n • und Chre^
stomathien'- Wesen nicht hold sind; dafs er ferner ajus allbekann-«
ten Büchern, wie aus. Hebels Liedern, keine Beispiele entlehnte,
ist ebenfalls zu billigen, wiewohl er diefsM.bel Schottkj und
Griibel nicl|t befolgte. Aber eines fallt ihm zur La^t, dafs er
von Mundarteil, wo ihm eine Auswahl zu Gebote stand, so. un-
beileiitendei Stuck^^ gewählt hat^ wie von den E^ubliinder Volks-
liedern;, und mancher wird ts ihm auch verdenken, dafs er so
viele einförmige und abgebrochene Stücke, wie die Miesbacheip ^
AlpfnliedeiC (Thl. LS. 99 — 106) milgetheilt, und sp in Ver- -
stand und Spraehe gehaltlose , Beispiele ,. wie die Yerwünschun«
gen der Zipser (L' S. i84) aufgenommen. Man. könnte darüber
weggehen, wenn der IL blofs den Sprachzweck' im Auge ge-
habty die Rücksicht auf den Gehalt aber erforderte ^ffepbar eine
scharfe Unterscheidung der Stücke, die ,in eine Mundart hinein
übersetzt wurden Ond derjenigen; so 9ns einer >Mund<irt durch ,^
innerlidics Behagen,^ wie Göthe sagt,, hervorgvCgangcnj denn nur
diese haben <lie Weihe der Kraft und sind jenen Weit vorzu-
ziehen. . So . kam Johann Costa auf den einfaltigen. Gedanken,
Friderichs IL Ode s^uf dieWiederherstellong der Akademie in
die Mundart, der sette communi zu-^ übersetzen, woraus doch kein
Mensch von gesundem Verstand eiN^uf den Charakter dieser Ge^
meindcn schliessen wird, denen eine Akademie so wildfremd '
ist als wie jedem teüts&hen Bauer. Unter den 'Origirialstücken
fiadet' ja noch überdies 4er nicht unbedeutende Unterschied
statt, ob sie gebunden oder frei geschrieben« Wir haben weit
mehr poetische als prosaische Erzeugnisse der Mundarten, allein,
jene können in vielen Fällen nicht als -Beispiele oder gat als .
Muster der Wortstellung und Satzfügung ^Iten, wenn sich der
Dichter auch mit grosserer Strenge, als gewöhnlich geschieht^
an den Gang der gismeinen Redeweise gehalten. Denn Abwei-
chungen sind bei solchen Liedern nicht zu yern^idcn und es
kommt noch zuweilep der üble Umstand da^u., daß die Schrift-
gelehrten,,, die in Mundarten- dichten, unvermerkt Züge ihrer
Bildung nfit einfli essen lassen, welche unlaügbar die Treue der
mundartlichen Charakteristik schwachen. So viel gehört dazu,
bis man voi^ einem mundartlichen Gedichte, das einen Gebilde- -
ten zum Verfasser hat, versichern kann, ^s ist im Charakter und
Geiste des Volkes verfertigt. Ja selbst Lieder, die aus dem
Volke kommen , stellen nicht überall mehr dessen Denk- und
-Dichtweise getreulich dar, da an vielen Orten,, besonders am
/
574 ftadlofs MuAersaaL
ÖberrLein die gemeinen Leute schön sich bestreleti, itir^ Lle
dler-' schriftteutsch zu singen , Wds einestficils durch die vielen
Soldatenliedcfr ne^uerer Zeit und dnderntheils durch den teütsclien
Kirch eiigesang verursacht worden. Stalder hat daher in seiner
Diafectologie weit besser einen prosaischen 'Text, die Pnrabe!
Vom verlogenen Sohne, zur Sprachprobe der Schweizer Mund- '
arten gegeben .und vorsichtig die Klippe der Wörtlichen lieber-
Setzung, an vvelcher der Sprachgeist hätte scheitern müssen, da-
durch vermieden*, dab er die griechische Form der Parabel, wo
sie der Schweizer Erzähl ungsweise im Wege stand, ^ unbedenk«
lieh dieser aufopfern liefs. So hat er freilich weit volikommnere
Sprachpröben aufgestellt, als Adelung mit dem Vaterunser, das,
wie bekannt, durchaus nicht dazu taugt. SchmeÜer machte die
mundartliche Beispielsammlung, dadurch noch vollkommener, dafs
er vielerlei prosaische Stucke aus dem Munde des Volks selbst
aufnahm f an welchen^ wie z. B. am Teufel und Presser, sich
die Originalität unmöglich verkennen Ififst. Hätte fi*eilich R.
diese Werke für seine Sammlung benutzen können, so wäre
gewifs weit mehr Musterhaftes in dieselbe gekommen.
Ueber den sprachlich eu Zweck diese» Werkes nnifs ich bc*
merken, dafs in der Regel der jetzige Znstand der Mundarten
berücksichtigt ist^ und nur bei solchen, die wenig Auswahl
übrig Hessen, die Beispiele bis zürn Anfang des löten Jahrhun-
derts zurückgehen, ünnöthrg war daher (I. 255.) die allge-
meine Hinweisung auf die Quellen der älteren thüringer Mund-
art, denn zur geschichtlichen Erforschung der Mundarten nützen
solchen Angaben nichts. Aber* diese Forschung hätte der H.
führen oder wenigstens zeigen sollen-, dafs er sie geführt habe.
Die. Anordnung so vieler und so verirchiedener Mundarten ist ja ,
das erste, was man von einem solchen Werke verlangen mufs,
aber hier ist' keine Ordnung und Einthcünng möglich, ohne dafs
man weifs, zii Welchen völkerschaftlichen Sprachstämmen die
Mundarten gehören, was freilich nur -aus der Geschiebte der
teütschen Völker und ihrer Sprache erkannt wird. Die Haupt-
f rennung unserer Sprache in Ober- (Hoch-) und Niedertcütscb,
die, so weit wir zurückgehen, statt gefunden, ist schön ein
deutliches Zeichen, dafs man die von beiden Hauptformen her-
rührenden Mundarten nach ihter näheren u*id ferneren Vcr-
wa^dtschaft an- und unterordnen müsse, um die mannigfaltigen
Abstufungen und Ucbergange der Hauptformdn kennen zu ler-
nen.- So hat es jedoch der Verf. nicht gemacht, er stellt blofs
nebeneinander, wie folgt: I. Teütsche Mundarten in Italien,
II. in Tjrol und Slejer, III. Salzburg, IV. Baiern, V. Ocster-
reich, Mähren, Ungarn, Siebenbürgen. VI. Oestliche mitlcl-
teütsche Mundarten, nämlich in Schlesien, Obersachsen, Thunn-
•\
Radlofs MustersaaL SjS
gen am Harz. ViT. Siidlit^h- und westliche mttteheCitsche Mufid'*'
jarten, oder pfälzisch -fränkische, als : Nürnberg , Baji^eüth, Ful^
da, Wcrtheiin, Frankfurt, Wettcrau, Mainz, Nässaw^ . VIIF.
Schwaben. IX. Schweitz, hamltch Lucern, Schaffhausen, BaseK
X. Ober- und mittdrheintsche Mundarten, tiamlich ßreisgan und
Elsafs. XL NtederteCitsch am westlichen Niederrhein zu Trier,
Aachen, Köln und Bonii. XII«. Zv?iscben Rhein und Elbe, zu
Düsseldorf, filberfbld, in Mark, Eilsen, Attendorn,, Osnabrück,
Paderborn, Braunschweig, Hildesheim, Herford, Hannover, Bre-
men. Xnr. West- und Nordfrisisch. XIV. I^iedcrsachsen, Mag-
deburg, Nordharz, Gpslar, Halberstadt. XV. Rechtes Etbufer,
Märkisch. XVI. Pommern und Rügen. XVII. Holstein und
Schleswig. XVIII. Verdorben Teütsch, in Nolrdamerika> bei den
Juden, Gaunern und Savojarden.
Ich habe genau angegeben, damtl man sehe, wie viel bei
aller Reichhaltigkeit dennoch fehlt und vyie unbestimmt die Mund-^
«rten an einander g^reihet^ sind« Statt langer Erdrterungen will
ich mit einem Beispiele zeigen, a«if welelie Art nach meinei^ An-^
Sicht hätte untersucht und eingctheilt werden können. Die ehe-
maligen Herrschaften BadenweiieB und Rötteln und die Land-
gfafschaft Sausenberg sind bekanntlich die Heimat der Hebeli-
sehen Lieder, Die lü undart ist schwäbisch und verändert sich
schon im Breisgau um Freiburg, aber unbedeutend. Eine wei-
tere Abart ist die »Volkssprache von der Kinzig bis an die Murg
längs dem Gebirge herab, ^dic alt^* Ortenau , sie bleibt aber im-
mer noch schvräbilsch-, so wie die Mundart der Grafschaft Ha-
nau-Li chtenber^g, die sich schon wieder von der ortenaüischen
unterscheidet« Im Elsafs treten im Allgemeinen zwo Mundar^tcn
im Sud- und ^ordgau hervor und ziehen herab bis an die Sur
und' Lauter. An der 'Murg und Sur hört die schwäbische Spra-
che am Oberrhein öuf, und wir haben von Basel bis zu jener
Gränzä wenigstens 6 Spielarten der Hauptniundai-t zu unterschei-^
den. Nördlieh d^r Sür begann der Speiergau und diesseits ging
die Diöcesangränze von Speier richtig bis an die Ooi und Murg,
die; Sprachgränze- schied zugleich Bisthümer und Völker. Unter-
halb der Mur|P fängt nun die frärtkische Sprache an, gemischt
mit der Schwäbischen, so dafs diese in der ehemaligen Mark-
grafschaft Badendurlach, im sogenannten Bruhrain (<^inem Theil
des* Fürstenthums' Bruchsal) und in der Pfalz niöch vorherrscht
und wieder 3 Spielarten bildet.* In der Städte!rsprachc der
Pfalz aber hinab bis Frankfurt ist die fränkische Mundart über»
w^iegend und eben so sticht sie hervor in der Bäuernsprache im
Speier T und Worinsgau, bis dann unterhalb dem Hunsrücken
und im Westerwalde die fränkische Mundart völlig herrschend
wird. Der Mittclrhelu bietet also die sonderbare Erscheinung
' i
576 Radlofs Mustersaal.
dar,«.dars in demselben Landstrich a Haiiplmdndarten , keine
rein, bald eine, bald die andere überwiegend, nebeneinander
gesprochen werden. Diese Tbatsaehe gründet sich auf geschicbt-
liche Ereignisse, nämlich auf die Niederlage der Alemannen bei
Zulpich496. und die fränkische . Besitznahme des Oberrheins bis
au die Murg und Sur» Man darf daher auch schliessen, dafs
die Frai^cn in jenen Gegenden, wo ihre Sprache das Ueberge-'
wicht hat, zahlreicher sich angesiedelt , als in jenen ^ worin die
schwäbische Mundart vorherrscht.
Ich mufs nun aus der Sprache beweisen , dafs sich, die Sa-
|:he wirklich so verhält und stelle als Hauptsatz oben an: zu
der gemischsen Sprache^ am Oberrhein > hat die fränkische Mund-
art im allgemeinen die Selblaute, die schwäbische die Mitlaute
hergegeben , sie ist daher im Durchschnitt in ihren. Seiblauten
;weicher als die schwäbische ^ ia den Mitlautes härter als die
fränkische.
i ) Der Zweilaut al wird in der Städtersprache immer ein
helles e oder ae, was dem holländischen oder niederteütschen ee
ganz entspricht, fränkisch ist, und nirgends in den schwäbischen
Mundarten vorkommt. Kled,Bep, wech,heleu,Stenetc., holländiscb:
Kleed, Been , weck, l)oelen, Steen. Die Bauernsprache in der
Pfalz, im Bruhrain und im Durla^hischen i>ehält das ai bei, den
Zweilaut ei ziehen aber > weder Städter noch Landleiile in i zu-
sammen und hierin hat also die fränkische Sprache überwiegeod
auf die Mundart unserer Gegend eingewirkt. Frankisch (hol*
ländisch) Tjdt, wjf, wjn, wjien,' strydt; schwäbisch, Zit,
Wip, Win, wihen, Slritj oberrheinisch^ Zeit, Weip, Wein,
weihen, Streit.
2 ) Der Zweilaut äü wird in der Regel in der JBauern-
spräche ein gedehntes a. Bäm» käfen, läfen, TäF, Säm, Stab etc.
In den schwäbischen Mundarten wird das u nicht weggeworfen
aber zuweilen in i verwandelt, wie in der Gegend um Lahr,
%• B. Frai, g'uai, laife^ Aige, welches :i eigentlich ein ü ist
Nur in wenig^en Landstrichen Schwabens wird es 00 {Stalder
Dial.^S. 34* J welches eben so gut nicderteütsch, als unser ä
durch den Einflufs des fränkischen 00. cntstandclflkist , denn die
Holländer sagen Boom, koopen , Joopen etc. Hingegen läfst die
Städtei:- und Baüernsprache da| aii stehen, was« ebenfalls in dem
holläudisc)ien uy seinen Grund bat, indem alle sahwäbischeo
und sächsischen Mundarten, jenes aü in u zusammenziehen«
(Der Beschluß folgt,)
WS 37. keidelbergei- »823.
Jahrbücher der Literatur,
^adlof's Musters aal, ^
- - (Bescblufs*) '
V/berrkciDisdi: baus, mausi bauch» h«(uty tausend etc.;' «cbwtf«
bisch: hus, mu^, ))uchy hut, ^usig; sächsisch sind db Vocalö
eti^Q so; holl^'ndisch: hu^s^ muys, bujk, dujzend, huyu Nuv
in wenigen Wörtern bildet die Bruhrainer Mundait oo aus äii,
und u au^ äü, nämlich Schoom (zum Unterschiede voa Soham)
Pfloom', blooy gi'oo, loo (lau) und uff.
3.) Das i u»id it, wenp sie in eineqi Worte vor r mit eig-
nem nachfolgenden Cönsonanten zu stehen kommen, werden im«
.^er in. ein helles a .oder a verwandelt, was ebenfalls durch
niederteütschen Einflufs gekommen. Das u in gldchen Fällen
'wechselt häufig, besonders in der Städtersprache m ein helles o»
Beispiele; Borjer, dorcb, Frankfortyv. werd, erwerke, dörrt,
hert*, g'scherr, gwerz; holländisch: borger, door, Frankfort,
woidl, verwerven, dorrt, h;erder; schrifltenisch ; Bürger, durch,
wird, erwürkeoi durrt, Hirte, Geschirr, Gewürz. Ist aber
nach dein r eiii Selblaut ausgefallen^, so bleübea i, ü iind tt
stehen: fir't, studir't, bur't, startt l(iihret eto., .und die Vocab
iind jedesmal gedehnt Aukferdem wird u in der Nachsjlbd
ung ia Städter -o lud B^uexo^rache immer ein i, was ebenfall»
oicderteötsch ist.
4 ) In Hinsicht der Midaute ist zu bemerken, dafs von allen
. oiederteütschcn Conspnanten das einzige P, ( eiigetitlich das pp.)
statt pf in die Städtersprache 'gekommen ^ denn die^e sagt Pperd,
Ppalz, Ppad, staitt dais dio Bauernspracbe , ihrem schwäbischen
Charakter getreu, das harte p auth in fremden Wörtern in p{
•chürft und Pfosti Pfosten stait Post, Posten spricht. Im übra-
.gen richtet sidi der Gebraucb der Mitlauter nach der schwäbi«
«sehen Mundart^, da» niederteutsche. acharfe ,t hat weder daa
«ebwäbische z und ss verdrängt, noch das k das cb, welches
aar so vid £iaftu(s gehabt,. dafs das Gurgel- cb am Anfang in
\h Veranden wurde. Während der Niedarrheiner beiiuü» galt
spricht, ugt der Bnihrainer kl^alt und der Schweizer cbak«
ium hm(^n ficw^if^t ^^^ ^ C^oMAonantengebrai^b scbwäbia^h
97
^ .
^7* . ^
<
HadloPs Mustersaal.
geblieben I dienen Worter wie kercli, wech , hftlz^ chortz n.
dgL, in welchen die^ Vocale der niederteutschen Mundart, die
Endconsonanten der schwäbischen angehören. ^Ich müfste meine
Gränzen überschreiten, wenn ich die .-Sache weiter erortera
wollte, und gebe zum Schlüsse dieser Abschweifung eine Zu-
sammenstellung der Conjugationf die meinen Satz nicht weniger
bestätigen wird. . . j
Schwäbisch.
Hol^ndisch.
hebben
ik heb
8U
hebt
Bruhrainisch.
hon
i hebb
du hösch
er höt
mr he' w wen
ir het
si he'wwen
i hebb g'hadd
i bin g'wesst
um X»ahr.
ha
i bab
de liesch
er het
mcr hen
ir hen
si heu
i hab gHia
i bin gU
Freiburg.
ha
i ban
de hesch
er het
mer hen
'ir hep
si ' hen
i han g'ha
i bin g'si
bei Hebd.
ha
i ha
de hesch
er het
mer Ken
ir hen
si hen
i ha g'ha
i bi g'si
bij heeft
wij hebben
gij hebt
zi] B ebben
ik heb gehad
ik ben geweest
Nach dergleichen Forschungen hatte der H* die teutschen
Mundarten vorerst eintheilen und ordnen sollen. Kein billiger
und verständiger Mann hätte' von ihm verlangt, dafs er solche
Untersuchungen sogleich mit den Proben bekannt gemacht hätte,
indem, der Sammelzweck des Werkes dadurch vielfach gestört
Worden wäre, und man schon zufrieden sejn konnte, wenti R*
die Mundarten nacb ihrer Abstammung unter ' einander gestellt
hätte. Statt dessen gab er Woiterklärungen zu den schvvierigen
Ausdrücken, iyas^ gewifs' löblicher ist, als die dürftigen Einlei«
tungen, die vor mancher Mundart stehen und gewöhnlich nichts
weiter als kurze, ungenügende- und auch manchmal falsche Ao-
ddütungen über den Lautwechsd der Mundart enthalten. Auf
die genaue Bezeichnung ' der Aussprache hat R. Sorgfalt verweo*
det, und man mufs ihm zugeben, dafs uAsre Buchstabe^ zu je-
ner Bezeichnung nicht hinreichen, obschon Schmeller ein Bei-
spiel aufgestellt, wie mau auch mit' unsern Schriftzeichen (zwar
nicht erfreulich für das Aug'; viele der mundarUichen Sprach-
feinheiten ausdrücken kann. Indefs erfordert die richtige fie*
Zeichnung der. Aussprache auch eine Voruritersuchung-, nämlich
über das Wesen und die Zahl der Laute solcher Mundarten,
deren Sprachweise man darstellen will. Ich ünde nicht, dds
Radlof hier in die Tiefe gegangen, und will durch ein Beispiel
zeigen, wie ich die Sache verstehe. Die bruhraioer Mandart
hat 12 Vocale (4 mehr als die Schriftspr^ohe)^ dafSr- haben wir
offenbar, nicht genug ZeicbeO| und deiUMH^b .lassen sich jene i«
. Bladlofs MustersaaU &71J
• » -
Selbstlaute emfacb darstellen. Es gtebt natnitck 3 gedämpTtie und
3 hell^ VoUaute, deren U.ebcrgänge ode^ Zwischenlaute '3 ge^
dämpfte und 3 helle Sckwaclilaute sind. Man kann sie am leichr.
testen also bezeichnen: a ae (e) oe- (e) i\ o oe (e) oe (e)
.',''/.• ' ' '■
ö;uü (i) ü(i)ü; und mit diesen Baspieten belegen : Lamm,
LaemmV, Fall', Fall; Son,.Soen^, Röhr\ Holz; Liing\ dünge;
Brück', tJhr; wobei zu bemerken, dafs m und n, die auf eine»
Vocal .folgen , die VolJLr und Schwachmütig jedesmal dämpfen^
ein nachfolgendes r aber sie allemal hell- dia«ht. Auf diese Ari
liesie sich denn auch idie Nachsjlbe en , die in manch^en Mund-
arten so schwer zti schreiben ist, einfach ausdrücken. Üer brüh«
rainer und pfalzer Bauer sat^ nicht fa|iren, 'aber auch nicht fahr«
oder fahra, sondern fahf e und fahra, wobei die gedämpften Yo«
/ i
cale eben anzeigen, dafs das n zwar die Dämpfung bewirkt aber
nicht gehört wird;, bis ein Selblaut unmittelbar darauf folgt,.
mit dem es in dar Aussprache verschmolzen ^ird, z. B. geje-*
n - unn fahra - n * inn de Wald. Wie sehr aber obige Eintheilung
der Vocale in der .Mundart wirkt,/ beweist der Umstand, dafs
»das dumpfe o die nächste Verwandtschaft zürn gedämpften u hat
und am leichtesten in dass(\lbe übergeht, wie oun, Sunn', .Sum«.
mer^ sunst etc.^ das helle u aber, besonders wenn es in einer
scharfen Sjlbe steht, . am häufigsten in das helle o übergeht:
Forcht, Borg, dorcb, sgrre,^ storre u« s. w« Mit den sechs.
Zweilauten, welche die Mundart hat, läfst es sich eben so ver«
fahren^ dann bei äi zeigt der Accent den hellen,^ und zugleich
langen Ton des a ao, bei; ei und eii, öu und äu den Vocal,
der das Uebergewicht hat, und da bei äu das . u völlig wegfallt,
so sehreibt man dafür ganz richtig avv, wobei das w den aus*.
Il^alleoea Selbstlaut /anzeigt. Nur für das a mit dem aufgesetzt
ten o scheint ^in eigenes Zeichen nöthig. Wer mundartlich
schreibt, braucht sich nicht an die m|serabie Orthographie un-
sere! Schriftsprache zu halten, da die Mundarten immer richtig
ai und ei unterscheiden, und so wenig ein eu al^ Zweilaut ken-
nen, .als ein. solcher überhaupt in der teütschen Sprache vorhan«
den ist, obschou wir ihn noch alle schreiben. So Hessen sich
also mit j^ülfe des Accpnts von den 32 Selb*-, Um- und Zwei-
lauten^ .'lircl^hff 4i6 bruhrainer Mundart besitzt, wenigstCMS 24
37»
3Sd Kadlofs MustersaaL
aiisdr ndcen I obioliOB die Schriftsprache keine eigenen Zieicliei
jßir so vieie Vocale hat.'
Ith t kann nan einige BemerktüDgen zu den einzeloeii Ab-
schnitten noch beifägf^n. Der Verf. möchte die sieben Gemeia-
den bei Vicenza gern für Nachkomaen der allen. Cimbern ge*
haUcn haben ^ was ich nicht glauben kann» da wir nicht einmal
wissen, ob die Cimbern nur Teütsche gewesen , und die Ab-
stammung von Ostgothen, Gepiden oder Langobarden doch nä-
her liegt. Wahrscheinlich sind es Teütsche, die von den Ost-
gbtherr unterjocht waren,' und darum beim Sturze derselben un-
ter römischen Schuti^: kamen und sich dadurch erhielten. Bd.
r. S. 7. heilst es: «das ei, sofern es ans dem alten ei stamm l,
wandelt sich (in jener Mandart) in ai;» das ist wenigstens ud-
richtig ausfigedrnckt, denn das alte ei ist unser jetziges 'ai uod
mfifste in den 7 Gemeindet ba lauten* Solche mangelhafte An-
gaben filmen sich auch in den Bemerkungen zur tyroler Mand-
art (S. 39.). Denn warum das o vor n in u, das k nach r
am Ende ri^ c h verwandet wird, hatte R» angeben und zugleich
xUntiBrsuehen sollen, ob schz statt rz nicht durch slawischen
Einflüfs gebildet sej. H<>chst unbestimmt sind < S. 4o.) die Re^
geln, dafs der Doppellaut ei «in e{/2^>e/i Wörtern unverändert,»
-^ «id auidern^ in oa, und au € gewöhfdickT^ in a verwandelt
werde. Der Leser wird aus' dem Obigen entnehmen, dafs diese
Veräpdertingen anf der Quantität und auf dem genauen Unter-
schied zwischen ai und ei beruhen. Die Bemerkungen tni den
übrigen Mundarten im ersteil Bande sind ebenfalls nicht sehr
bedeutend, die Schwäbische ist etwas genauer behandelt, aber
auch mit Unrichtigkeiten', denn nicht jedes o wird au, nicht je-*
des lau ist au, nicht jedes st wird seht gesprochen. Eine ge-
nauere Eintheilung der Spielarjteu der schwäbisch eti . Sprache,
Beslinlmuhg ihrer Ausdehnung u. dgl. fitidet man nicht. Ba-
^s{)iele der oberrheinischen Mundarten liefern' folgende Werke,
die dem Verf. unbekannt .scheinen : Fellners' Gedichte,* Scfarei-
beris allemannische Sagen und Lieder, Fr^burger Wochenblatt
i^d Lähr^ Rsdender seit mehreren Jdtbren, die Gharis vom Jahr
1822. Wollte der Verf« auf den Zustand der Mundarten im
Mittelalter eingehen, so hätte er nicht blofs einen Strasborger
JBrief von i458 abzudrucken brauchen,, sondern auch auf
Königshovcn, Veit Weber und so yieles Andere Rücksicht
nehmen müssen. Die Mundarten zWi&chen Rhein und Elbe,
vorzüglich die märkischen sitod mit Aufmerksattkmt behandelt,
von frisisch'er Sprache ist nichts, als einiges aus .der Ber-
liner Mbnatschrift und Heimreichs Chronik mitgetheih; £in Schrift-
steller, dei^ in NiederteüUchlind lebt, biue doch mehr geben
sollen. ' ^ F. J. JUoHf.
•"•«
«f'
^ Pommer über sporadiscfaea Typhui^ 58 1
V *
Beiträge zur näheren Kenntnijs d<es spbrAdisehen
Typhus und einiger' ihm verwandten Kr ankhei*
ten gegründet auf Leichenöffnungen, *ümn C
F, 17. PoMMEn, Stabsarzt, und 'Ritter des kön»
¥f^äriemb,' Civi Verd, Ordens, Mit dem Motto «^
dem Titelblätte von Bacon: Non est fingenduxn net exc&i'
gitcüidum , sed inveniendum , quid natura faeiat vel ferat,
Tübingen bei Hr. Laupp* 48si3. gr, 8, Kill u. ^48 S* •
Uer Herr' Yerfasser wollte diesen Gegenstand tn^rst in einer
Inaü^ui^ls^Fift' abhandeln, da -aber die Ausarbeitung die Greir-
zen einer solchen überschritt , erhielt er. von der Tübinger me-
dicinUcben Facti hat die £r4aubnifs diesen Oegensfand in deut-
scher Sprache und als eine • eigene. Monographie bearbeiten bu
dürfen Hr. Pommer, sowohl als Militär- als. auch als CivilaraC
seit eilf Jahren gleich beschäftigt, indem ihm seit dieser Zeit bei
^rschiedenen "Feldaügen in Kriegsspitälern dfe Oberaufsicht von
einer gressefb und ▼erschied>>nartigcn Menge Kranken anvertraut
wiir, suchte mit dem 4obenswürdigsten Eifer Leichenöffnungen
sowo'hl in Friedend -^ ak Kr^^gszeiten anKustellen j - in welchen er
Bereic^ernng^ für die Wissei^chaft - zu Erhalten hoffte. VorEÜgk^
lieh dunkel schien ihm das Wesen des Typhus sporadicus. «Eir
"ner' weniger ausführlichen Bearbeitung, sagi c^r p; iy als der
ansteckende Tjphns, bat 'sich" dagegen der sporadische Typhus,'
das achte, in der 'R<egel nich% ansteckende Nerv«n£eber xu er-
freuen, obwohl dasselbehäuBg im Einzebien, besonders unter
Perscinen, die^ii der 9Bki^"des Lebens siehe» y-hervscht,' und
^olthe nicht ^selten daliintafi^, we^en der Einftelnheit aber^ in
'welcher es gewohnlich aufilritf, in der Regel vi^>t^eniger Au^
sehen erregt, aTs der gewöhnlich cpidemiscb berescbende uor
steckende Tjphus« Zwar findet man das Oeoidlde' di^a sporadi^
sehen \N^erVenfiebers in den bekann^n Schriften von' S.GiVogtd,
J, P, Frank, und J, C, iüeef ebenfalls unübertredlicb sohdo go»
iteichnet uflrd di^ aus der Natttr genommene Scüiildcrung dessel^
ben färsf' gar nichts su wünschen übrig; was aber die Obducti^
ons>-^Resukate der an dieser Krankheit Verstorbenen betriffTi so
gebet! uns *doch die berühmten Aertte nichf diejenigen, aus Lei-
chenöffnungen entnommenen Aufschlüsse über die nächste Ursa*
che, den Sitz und der sinntveh wahrnehmbaren Veränderungen
in den Ein^weiden der an - dieser -Krankheit Verstorbenen , wie
CS docü die ' Wichtigkeit der Krankheit und der Einfluls', den
solche Obductionsbefnnde vortüglich auf die Praxis haben müs-
sen, erforderte; ja selbst grosse Aerzte, wie s.B. m, S[idebran4ß
ftind sog^r der Meinung, .da ft ,' da bei reinen nicht ansteckenden
Nervenfiebern der Schwächetod weit häufiger vorkomme ah im
\
58ä
Pommer ttber sporadischen TypUus.
cQDUgiÖsen Typhaf, man an den Leichen der er^eren An nichts
dem anatomischen Messer Aufstosseodes und den. Sinnen über-
Laupt^Auffalleudes entdecken könne, ein Umstand, welchen ich,
so weife meine Untersuchungen bis jetzt , hierüber reichen, noch
nicht bei einer einzigen Leiche im spofaditohen Typhus, bestätigt
fand, indem ich noch jedesmal in denselben die unzweideutigsten
JA^kmaie betraclul icher krankhafter Veränderungen, wenigstens
in den Qrnsi- und Baucheingeweiden entdeckt habe n* s. w.»
Aus dieser Darstellung werden unsre Leser schon den Geist
ides Hirn; Verfateer» erkennen» der jp der &forschiing dieses
-wichtigen nosologischen Gegenstandes, sich wirklicH,als unermii-
det aussprach. • ^
Der Herr Verfaner entwickelt ni^a die Grdndey' "vl^arum
'man auch in neueren Zeiten im sporadischen' Typbus • weniger
noch als im coutagiösen', durch genaue Obd.uctionen Aufscjilufs
über die constaetesten sinnlich und. anatomisch nachzuweisenden
krankhaften Veränderungen erhalt-en. habe, die sehr. Wissenschaft
•lieh erörtert siud, — Nun. beschreib! Hr. Pomm^ viele Lei-
chenö£F9U0gen , .die mit einer bewunderungswürdigen Genauig-
keit, VoUkonunenheit und Wissenschaftlichkeit verrichtet nnd je-
desmal genau aufgezeiclmet wurden, woraus sich denn am {^nde
-folgendes. Resultat ergiebt:
.i) .Dem sporadischen Tjphus liege, weder Gebirn- noch
J^^errenentzündung zu Qrunde, uiid dJasfenige Kfiankhaf^e , vas
niaa in solchen Leiehen im Gehirne zuweilen alltreffe, sey nichts
dem sporadischen , Tjphus Eigenthumliches, soüdern Ifon^me auch
andern Krankheiten zu» und sej wahrscheinlich nur Folge oder
Wirkung der 'Krankheit. In selteiien Fi$Uen aber fipde man das
Gehirn im spopradischen Typhus doch auch beträchtlich sioDlich
erkennbar iq seinem Innern verändert«.
' a) Im sporadischen Typhus zeige sich na^h dent Tode das
.Gehirn,« dem äusseren Ansehea nach, . gevröhnlich udv^ä^idert,
dagegen werden die Brust- und Unterleibs -EUngeweide immer
mehr oder weni^r krankhaft angetrbfien. Wenn sich aber auch
in seltnen Fällen das Gehirn krankhalt sichten, liefs^ &(i ir^reo
»doch auch stet3'die Brust« und Unterleibs ^ Eingeweide dabei
krank beschaffen gewesen, und nie bestünde jeifes ohne diese,
<lieäe gewöhnlieh aber ohne jenes. -— * Rucksichtlich der Brnst-
uiid Unterleibsorgane ^ befänden sieh aber jedesmal diese Einge-
weide beider Hdhlen zu gleicher .Zejt krank, und nie die Ein-
^0weide «iner dieser Höhlen allein. Daher sfch der Krankheits-
prozefs im, sporadischen Typbus über mehrere Syj^teme und Or-
gane zugleich verbreitet. <-*- Di|e beständigsten Erscheluungeu
in den Leichen der am sppradisphen Typhus Versroi^benen se]^^
Fdmmer übe^ sporadischem Typhus. 583
' ^ ' # V
pQtbologUclic Veränderungen ^m Kljimmdarme , Magen , in den
Longen und Luftröhrenästen.
3) Diese Organe zeigten wabrend der Krankheit meist keine
auffallende Störung in ihrer Function, selbst wenn sie nach dem
Tode in einem hohen Gra^e serstd^t angetroffen wurden, daher
scheine der Charakter des tjrphosen Leidens in der schmerzlosen
Affection derselben zu liegen.
> 4) Die Verschiedenheit der in dem Leben vorzüglich pa-
thologisch afficirt^n Organe gebe nach den häufigen 9eobacK-
tnugei^ des ,Hrn. Verfassers dem sporadischen Tjphus während
des Lebens keine besondre Form. oder Aussenseite, so, dafs
z. B. dct Tjphus unter denselben Erscheinungen verlief, es
jnochle das Gehirn oder das Herz nach dem Tode in seltenen
Fallen krankhaft angetroffen >«vorden sejn oder nicht, wenn nur
die iibri^en Eingeweide der Brust- und. Bauchhöhle die dem
Tjphns sonst eigenen Veränderungen eingegangen hätten|| Bumlich
entzündet, erweicht, ukerict, partiell angewachsen oder gaiigrä^
nos -waren»
5) Der sporadische. Typhus zeigte in den Leich/en ^die
meiste Aehnlichkejt rncksichtlich der Veränderungen der Einge-
w^eide, mit jenen die ,an Pest und dem gelben Fieber umge-
•komquen wären. Auch einige andre acute Nervenkrankheiten
z. Bw Hjdropholie und Tetanus müssen in die. Typhus -Familie
eingereiht werden, weil diese aus denselben Zustand der^.Ein-
geweide nach dem Tode zeiggpn , abgesehen davon , 4aTs . sie
^pirährend der Krankheit ohnedies Blanche Symptome oft mitein-
ander gemein hätten, oder voneinander entlehnten, und Tetanui
traumaticus vorzu£;sweise auch unter solG)ien> Umständen einträte,
unter welchen sonst bei Ni|;htvei;wundeten häufig Typhus ent-
stehe.
• 6 ) Rüicksicbtlich der Aehnlichkeit deis sporadischen Typhus
mit noch anderweitigen Krank hei tszuständen, vorzüglich was deii
Xeichenbefund betrifft, so habe der sporadischeTyphus am mei-
•ten Aehnlichkeit theils mit der \on Jäger beschriebenen' Er-
nveichung' des rMagenmundes' bei Kindern und dinr Durchlöche-
rung d^r Gedärme, welche Krankheitszustände, der natürlichen
Ordnung nach, gleichfalls in die Familie der Typhus -Krankhei-
ten 'gehörten, theils aber, mit den Zufällen upd deix Leichen«
befunde ,* .welche durch', die Vergiftudg, mittelst fressender und
betäubender Substanzen hervorgebracht werden., wobei jedoch
au .bemerken ist, dafs nicht blofs die ärztliche Wirkung des von
ftutfsen in d«n Korpec» eingebrachte Giftes, sondern die. durph
dasselbo im Nervensysteme hervorgebrachte' eigenthümliche kittnk-
hafie Veränderung, und deren störende Rückwirkung, auf das
Blotsystem und die Seeretionsorgane ^ die Vergiftungszufälie her-
1
•j
,r4.T,i>,„-.
^■fea.. .fcS.'«
5S4 Poitii^i^r über sporadiscfiea; Typlius;
•
vonubriogeQ scheineii, welq|ieii io beiden FäUeo, derselbe eigene-
• f liumliche nervöse oder tjphos -^ entzündiicbe (Goedenfs sUtuft
nervosa -paraljticas, utid '»• Autenrieüi's loflammatio nervo.-^ pa-»-
t'alytica) Knnkh^itsprozefs tu Grunde xu liegen scheine , und
Welcher nicht nur atu;h der, durch ein tpecifisohes thierisches
Gift I henroTgebrachten Witoserscheu und dem Milzbrände oder
der schwärzen Blatter bei Menschen und Thieren, sondern auch
dem durch keine specifii^cke Materie hervorgebrachten Tetanus
in Grunde liege ^ deseeu enrqR^ende «Ursachen das Nerirensjstem
iebenfalls so zu. simmen vermögen, dafs eine dem TjphUs ver"
wandte Krankheit daraus hervorgehe, welche Ver'VHandfschaft
aber sich vorz^tiglich nach dem Tode durch einen häufig mit
dem sporadischen Tjphiis übereinstimmenden £r/und in den
Eingeweiden der Brust* und Bauchhdhle ausspräche.
7)' Die Inflammationes occultae der älteren Schriftsteller, die
^«nan in iveuerer Zeil läuguete, scheinen ihre Existenz .«o wie
ihre Bedeutung in den von Hrn Pommer sehr oft beobachtetes
schmerzlosen Eingeweiden im Typhus zu finden, namentlich
sejen^e verborgenen Herz- ^ Blutgeftfs'*, Luftrohren-, Lu^t^
Töbrenäste«*, Luogen<^, Magen-, Darm^-^ Leber- und Hamblar»
4ien-Eaizünduogen, die nächste Ursache, welche dem sporadi-
schen Typhus sein Dasejn geben, und keine. Entzündungen des
Gehirns. Man dürfe daher fiber der Idee der üehirnent^üodung
itn Tn>hus nie vergessen, dafs ein die' Gehirnentzündung nach-
^tuneilder ' Zustand I oder ein E^thtsmus des Gehirns, auch ganz
iilofs consensuäl von Leiden ^anz entfernter Organe herrühren
könnet und dafs ntan durch die Heftigkeit der Zufälle sich
utcht dürfe verleiten lassen, dort die Quelle der Krankheit- su^
cheii 2u wollep, wo sich während des Yeriaufs derselben die
stärksten Zufalle äusserten, und* dafs diejenigen Organe nach «dem
Tode, bei hitzigen Ner^eilkrankh eilen gerade oft die krankhaft
Verändertst^n seven| welche während der Krankheit ani weuig-
sten leidend schienen | und diejenigen dagegen nach dem Tode
am wenigsten oder gar nicht sinnlich wahrnehmbar iVerändert
gei^unden werden ^ welche, den äussern Erscheinungen nach, im
Lebtn am heftigsten t^rgriffeu gewesen Wären« ^^
8) Für die Praxis scy es daher von der höchstes Wich-
tigkeit tVL wissen, dafs im sporadischen Typhus^ trotz der scheiu-
btfr* idiopathisch heifbigen Gehirn - und If ervenaffection, doch die
üntfernf^r liegenden Brust • und Baiidieingeweide viel ^nehr
idiopttthisch ergrifiPeit seyen^ als das Gehirn und die Nerven,
WieÜtiü^s Hrn. i^mmer^s Leiohendffnuiigeii jerhartea^ duind dais
dfe '4hei%)^eüttschis Ber^icksichttg^ag dtesitr Organe Von ebto so
gtbuirr und meist von grösserer Wibliltgkeit sey^ als die Be«
ittcksidittgung der ersteren : dai's natnentitch aber die häuii^s
JPomnifr über spteiüdii^Q» Tyfrfiii3. : 5BS
jBtnd alark«fi illlg<fmaneA Blttieiitlieem<igen ; y^ie cfLe V^u Y6ia
ien eoglischen lund amerlkaotstchto AetTzten anettipfohlf^n ^verdea,
üur mit der gröfsten Vorsicfat viarzun^hmenseyco« dngegnn abei*
•obleiiDig^ß uod ölige Mittel, urie sie scbon StoU und Morgagni
u. s. W» 10 Brahd dröKeodeq« Uj3terlQtb&--£nt^ÜQdungen, ^o vyio
im Jleus' giebifäücht ^aben, nebieit drtlicTien SiutQQtlj^ieruogiii i^nd
Quecksilber r Eiii veibnogea in den Unterleib init ; st^ ti^r Rücksichc
auf die ^Beschaffenheit des Krfiftetusiandes des Kr^mkcn ii. s«. .wv
d«s beste Verfabi^en in einer Krankbeit zu sejn schoinen', voa
^;elcher die Leiehenöffnungen daril«i«i, dafs bei ihr auf. eine so
beständige Weise, «verborgene fintzündangen in. den Unterleibs«-
und Brust'- EÜageweiden zugegen '^sejen, ja dals' selbst der NuUe^a
des iuaerliehen G^raachs v^oii.Oel in.ider Pest..updhroo Queiikr
stiber undt4>]ig-SGli]ein]tgtei» Mittebi im ftelbeo Fi eher, iso wie
der l^utzen von stielen schleibi^ea Mitfcebi bai Vergi£tunf>'en u.''
s«. w« eben auf der j Wirkung geg:e'n: solche t^pbÖsef Entiünduur
^en der Bnust« und Baueh -^Eingeweide brauchten, und dafs
vielleicht dieselbe Therapie auch im; Tetanus 'und ijo der Wair
serscheu, ihie nützliche Anwendung finden dürfte u. s w. —
Was eben die speciale Behandlung 'der krankhaften Verände-
rungen des Darmkanals in dem späteren nervös •" paralytischen
Zöitr^utf^ des ,s{>pVadischea Tjphus beträfe, $ß. scheine das voqi
t4ui€nrUtlii gegeii tjpböse fiauGMabmung und eEschöpfende Diar-
rbden so nüizlicb befundene sälzsa^ve Eisen bter seiue zweck-
«Hässige Anweuduog %\i finden, und der gros«« Njit^eu dieses
Mittels in seiner Örtlichen und &i;en Wirkung auf ^p Darm-^
Ic^nal zu Bestehen, vermöge weichet es den tfphöseq IJutzüur
dungszustand und dessen Folgen füge, den gesQlivyäphten und
yerii^derten Ton der Nerv<;n und Muskelfaser des« Darmkanals^
deren Verlust in^ Tjphusprozesse die prs<;tippffludeQ J^i^rrhöen
veranlasse, wiederherstelle und auf die Geschwüre und Excre;»*
oenzen in den- Gedärmen eine reinigende, anstrocknende, und
stärkende Wirkuiig äussere, (diese heilsame Wirkung des salz-
arau^rn' Eisens iSBchi nun Hr% Pomme;' attch bei andern Zustäuden
des Darmkanals, durch Vergiftung, l>ei der Rulif , ' ScorbuC
Mi Sk w..nai^su weisen )J
9) Schliefsliob ist. Hr. Pömmer äer Iileinun|g;,'dafs "Typhus-
^*ecouvai6Kenten so leieht recfdiVwerden^ wen» sie sich bnchteii
Krkältungen oder Dtatfehlevn aulsetzeh, weil der wähi^end des
Tjpiius' Statt gefundene Entzikidungszu^tand dei^ Magens und
(kr Gedärme :u; s» f. immer einige Zeitlang' eine i sehr grosse
Reizbarkeit jeaer Organe hinterlasse-, welche io letcht 4>e Wie«
djetkebr des typhösen Entzundung^prosesses im S^eisenkanalt
ttiid seiblt • den r schleunigsten Tod be^fiiistige u. s. f» '
fteccnseni erkennt mit Dank' die Bemühungen des Herrn
580 Sdohse fibev Luftröhren-- Schtrindsiidit
Verfassers I der darch seine s6 vielfalHg ^onil mit der grofs^A
Umsicht angestellten Leic)ienöffDuagcn die -Natur und das We-
sen des sporadischen Tjphus za beimachten stichle Die Aciea
iiber den wichtigen KrankheitsproteCs im sporadischen, so ^ie
im contagiSsen Typhus sind 'freilich zur Zeit nocK nicht geschio«-
sea, daher kann auch von eiper umfossenden Kritik hierüber —
•als Materialien für den ^zttkunftigen fiau — noch nicht die Red«
sejn« Loben s würdig sind und bleiben aber stets solche irztH-
che Bemühungen y namentlich wenn sie frei von alter System-
sucht y mit ruhigem und unbefangenen Geiste nnternommen und
so consequent ausgeführt ward en^. wie sich die des Hrn. Ver-
fassers hier beurkunden. Mochte es daher Hrn. *v» Pömmer ge-
fallen, nicht nur seine interessanten Üntersuchungei» über den
sporadischen Tjphus fortzusetzen, sondern sie dereinst auch in
einer vollkomnien systematischen Darstellung, als ein in sich ge-
schlossenes Ganzes j in nosologischer, ^aetiologischer , symptoma-
tischer, prognostischer und therapeutischer Hinsicht dem ärzt^
liehen Pubiicom mitzutheilen.
Beiträge zur genaueren Kenntnifs und Unterscheidung dek Kehl-
kopfs - und Luftröhren - Schwindsuchten von
0^tLHMLM 'SjchsSj Qrofsherzogl: ^Meklenb, - Schwerinschem
Läimzte und Medicihal'*- Rathe. Mit Kupfern. Hannover
48si4,^ — Auch mit dem' Nebentitel:
Ideen zur Diagnostik, angefangen^ i^on Job. E. Wich*
»ijUfNj KönigL Ltihrhed. tu Jtfannoi^er, and fortgesetzt von
W. Sachse. Vierter Band. Mit Kupfern. HaPmover 48%i'
> XXVI md st6o S. 8. Rthir. /. 6 ggr.
/xus 'dem mit gründlicher Gelehrsamkeit von dem- würdigen
Verfass. aufgestellten Verzeichnisse . der ältesten, mittleren, und
neuesten Aerzte, die verschiedene^ Ansichten über die Luftröh-
yenschwiadsucht geliefert (iahen, vgeht auf eine wirklich auf-
fallende Weise, die «ehr wahre aber widerliche fienierkung her«
vor, dafs wir bei der zahllosen Bf enge von Monographien uod
grÖsseisen und kleineren Werken über die Lungensuchten, deo-
»och eine sehr sparsame ja fast kümmerliche Ausbeute über die
Diagnose der Luftröhren* und Rehlkopfschwindsuchten besitzen,
dafs es mithin eines der gröfsten Bedürfnisse unserer Zeit sey,
Licht über diese beiden- nahe verwandten Kraukheitsformen
rücksichtKch ihrer gegenseitigen Di£Ferenz zu verhreitea.— - Treff-
lich bat der Hr. Verfasser die wirklich tnteressniitesten falle
TonjRuschj Dyliu^ß .Pigra , StaJpart van der fViel, Sedvadori,
..Saol^se f|ber Luftröhren -^SchwiiulsTicb^* :^By
. SioBrk'j Hagen, Gerlach . u. a. m. aufgeführt, . wo . nvmUcli bei
den furchtbarsten .mechailischen \ ZerstÖrungoi der Lunge » die
. dadurch hervorgegangene Lung^nsucht dennoch; wieder geheilt
.. Ward, als Gegenbeweis, dafs bei der £^«t allgemein als. absolut .
. vek'meinten Unheilbarkeit der Lungensuchtcp , diese weder in
. der steten Einwirkung der atmophärischen Luft, noch in den
. (ortdauernden Bevegungen des leidenden Organs gcgi'iind^t sej;
• .Wo keine Scharfe im Körper Weile, sagt der lir. VerEasser,
. oder wo diese schon geheilt stjj da heile die Natur oft scU^ery
Wenn nur ihre Kräfte gut geleitet werden, allein dies vermöge
.sie oft 'nicht 9 und da erfordere die Heilart .ei ue neue Umsicht^
des Arztes^- Referent mufs hier genau unterscheiden zwischen
Lungensuchten , die auf erfolgte äussere mechanische Eünwirkun^ ^
gen hervorgerufen wurden, und solchen, die das Resultat der
. pbthisischen Architectur sind^ bei welchen noch eine Erbanlage
dieser verheerenden Krankheit zu Grunde liegt.. Dafs die erstem
ren ohne erbliche Anlage geheilt werden können, und. wirklick
oft geheilt wurden, dafür sprechen die von dem Hrjn. \^rfasseit'
angeführten auffallenden Beispiele, dals letztere in der Regel un«
. heilbar , sejeu ,. dies beweifst ohne weitere Gründe die täg-
liche^ Erfahrung. Eine Krankheit fristen, heifst noch nicht sie
heilen! — ' '
Vorzü^ich wir4 hier aber Lentin*s Idee näher untersueht, y
,und für die Diagnose der Lungienschwindsucht u. s. w. bestä*
tigt gefunden, dafs nämlich ein jedes Gebild des menschlichen
Organismus- ^ine eigenthümlichen Krankheiten habe, i;pd ^ie.
-verschiedenen Beobachtungen der Aerzte hierüber geben Finger-
zeige, wie wichtig' es sey, bei den Schwindsüchten der Respi- \
rationsorgane darauf zu sehen, ob z. B. der Luftröhrenkopf
oder die Luftröhre, ob die Schleim.* oder Ljmpfdriisen, ob
das innere Zellgewebe oder die äussere Haut der Lungen
leide?
Und so wie der Hr. Verfasser merkwürdige Beispiele aus
.d«n' vorzüglichsten Schriften der Aerzte von> gehellten Lungen-
suchten mittheilt, eben so führt er mehrere frappante Thatsachen
von glücklich, geheilten Luftröhren- und Kehlkopf- Schwind-
süchten an, wobei er bemerkt, dafs diese meist durch die Ope-
ration geheilt werden könnten, wenn wir eilimal durch Zeichen
den Sifz des. Geschwürs in der Luftröhre genau ausmittdn hön^
nen, — Ob dieser grosse Ausspruch immer als gültig anerkannt
.Wfsr^en dürfe und müsse, bezweifelt Recensent gar sehr. .Denn
was nützt wohl die Operatfon in einem solchen Falle von Luft^
röiirenschwindsucht, wo das Geschwür schon die ganze Luft«
jöhre durchgefressen hat?— Wo haben wir i^u fälle und Kenn-
zeichen, die uns cfiesen'farcb^)aren Zustand. immer uuFeMbar cnL«
588 Sachse Über Luftröhren - Sehwindsudit. ^
deckten ? — wie musste die Operation ge»c!jclicn ^ — and Ton
welchen entsetzliclien Folgen Wtirde sie nicht begleitet sejn^
trafen wir bei derselben eine stellenweis durchf;re9sene Luft-
röhre an? —
Von der Phthisu Ictryngta' gttihl nun Hr. Sachse folgende
' umfassende und treffende Diagnostik, die Ref. nur kurz aushe-
ben will, da der Hr. Verfasser auf die vollständigste Weise die-
•selbe mit eilf Seiten abhandelt , ^nd zu den erläuternden KiHn-
■kdnberichtcn und Beobachtungen zwei und neunzig Seiten gc-
l>rauchte. Heiserkeit sej aas erste Sj^niptpm, hiezu geselle sich
bald Kitzeln im Halse , anfangs' leichte ' katarrhaliscfier ganz un-
bedeutend scheioenrler Husten, dier aber nach und nach inrmer
heftiger werde, und fast dem beim ^roup gleich kÜme, der auf
die geringste Veranlassung, auf jeden leichten Dunst im Zimmer,
•nf den gelindesten .Luftzug u s. W. arger werde. Der Aus-
wurf seje anfänglich ganz unbedjeütend , höchstens schaumetid,
»uweilen auch mit Blutstriemen termischt, späterhin aber eiter-
artiger und immer nur in gering^ Menge besonders' des Mor-
gens, und da käme er gleichsam nur räuspernd zum Vorscheine.
Bei Tage sey er mit vielem Speichel, zuweilen auch mit Pseu-
domembranen von wirkliche^' Haut, , manchesmal sogar auch mit
einzelnen Knochenstücken verbunden. In der späteren Periode
.erfolge ein widriger Geruch aus' dem Munde, der späterhin für
die Umstehenden so unausstehlich Werde, dafs. sie ihr Gericht
vom Kranken abv^enden müssen., 'Das Athmen sej im' Ganzen
gekommen nicht beschwerlich, n,ur scheine es gleiciisam wie in
der Mitte abgebrochen, wodurch das in den späteren Perioden
wahrnehmbare croupartigc Pfeifen hervorgebracht' wiirde. Die
Sprache werde nun immer heiserer, leiser, und zuletzt so schwach,
dafs' man nur mit der gröfsten Anstrengung den Kranken ver-
stehen gönnte. Die katarrhalischen Zufalle verschwänden nun
bald, daftir stelle sieb aber ein bisher ganz unbeachtet geblie«
beneS Zeichen, nämlich ein krampfhaftes Niesen ein, das ent-
\veder durch den Husten geweckt werde, oder auch sein Vor-
läufer %tj. Dieses Niesen erfolge plötzlich, oft zehnmal hin-
tereinander, und vermehre ausserordentlich den Schmerz im
Kehlkopfe , der selten denselben ganz einnimmt, manchmal aber
auch tiefer herab in die LuftlrÖhre und höher hinauf fcur Zun-
genwurzel sich erstreckt, und im Rachen eiii um so stärkeres
und^empGndlicheres Brennen verursache, je mehr der Schlund
mit leide. Des Nachts werde es starker , eben so auch durch
den Druck y die Bewegung und den Genufs der Nahrungsmittel.
Nun werde das Schlingen immier beschwerlicher, so, dafs zu-
letzt gar nichts mehr Flussiges ^ geppssen werden könne, ausser
ein fester Brct. Das Etseii %^y für diese Kranke eine wahre
'X'
Sachse über Luftiöhren-* Schwindsucht 589
i \ ■ ^ ■ ■
Phge, weil es für sie immer so schmerzhaft uiid Iffstig wäre^
und sie' sich wirklich freueten, weon wieder ein Bissen an der
innero scbmerzbafteii Stelle vorbetgegangeu wäre. Dieser äogst*
liehe Zustand werde aber durch das vermehrte Gefühl der
Trocknifs im Halse nur noch- vermelirt, besonders bei Nacht,
wodurch die Kranken zum öfteren Trinken gereizt wurden. Am
Halse bemerke man bald eine grossere bald eine kleinere Ge-
schwulst, die den ganzen Kehlkopf vergrössert darstelle, zuwei*.
len scyeu auch die nahe gelegenen Drüsen mit angelofi*en. Im *
Mundfe bemerke man bis seither ganz übersehene Erscheinuof^co,.
an der innern Seite nämlich, wo der Kran)(e über Schmerzen
klage, werde die Zunge bis zur Mitte der ganzen Länge tfach'
mit gelbweissem Schleime belegt, während die andre Seite wie
^geschnitten ihre rothe Farbe behält. Dabei verändere sich
auch bedeutend die Zungenwurzel in der späteren Periode der
Krankheit; sie werde dick, roth, und ihre Warzen ragen hoch
hervor, zuweilen erfolge auch leichte Entzündung, aber keine
Vereiterung des Gaumens, welche aus der Luftröhre herauf
fortg^etzt zu sejn scheine. Die Brust sejr eigentlich nicht be*
klemmt und das Fieber mangle sogar zuweilen,, pder sej im
Anfange nur leicht, mache aber im Yerliältnisse zu dem unbe-
deutenden Auswurfe sehr rasche Fortschritte. Meist träte es
mit Schaudern und Hitze Abends abwechselnd ein, der Pyls
werde schwach und oft sehr schnell, es halte aber nicht lange
an, und raube auch nicht zu lange den Schlaf, sey aber/mil
heftigen Mor^ensch weissen verbunden und magere die Krankeo
ausserordentlich schnell ab* So entstehe allniahlig, weil dat
Pabulum vitae nicht mehr zu den Gefäfsnetzen der Bronchialen^
den gelängen könne, allgemeine Krschc^fung und colliiniatives
Leiden des Körpers, die Nervenkraft ^^erde dadurch so ge-
lähmt, dafs die Kranken ihr Stadium colliquatiouis' selten gan«
erleben, sondern am Nervenschlage, oder unter anginösen Zu-
fallen ersticken, oder auch wie ein Licht erlöschen, wenn die.
Wirkung der Nerven iu der Luftröhre gelähmt vsoll wohl heis«
ten wenn die Xerventhätigkeit d^r Luftröhre gelähmt; und se
ihr Consensua mit den »Respiretions - Muskeln gänzlich aufgeho-p.
ben werde« — - Erfolge aber im Gcgentl^eile Genesung, so
ichwinde nach und nach der Husten uiid Auswurf, die Stimme
werde wieder vernehmlicher, es daure*aber doch lange, bis sie
«rieder ihre vorige Kraft bekomme, und selten kehre 'sie wiedey
%a ihrer vorigen Klarheit zurück. *— . Referent hatte schon oft
Gelegenheit Luftröhren- und Kehlkopfschwindsuchtea zu beob-
achten und zu behandeln, und mufs dem Hrn. Verfasser wirk«*
liclk alle Oerechtigkeit wiederfahren lassen , die Diagnose dieser
KiMkheitaftnroi so treffend ans der Natur geaeichaet w haben«
500 Sachse fiber Luftröhren- Schwindsucht.
Nur ein Symptom findet Referent dabei nicht erwüKoi^ näm-
lich das Nasenbluten , . weiches Referent bei drei Fällen von
Pbtbifis laryngea in den letzten Wochen des Lebens beobach*
Ute. £s ist nicht sehr heftig, kehrt aber oft auf die geringste
Anstrengung zurück. 'Wo Referent dies nicht beobachtete, da
sah' e^* Colliquatiouen eintreten. Referent ist daher geneigt an-
ftunehmen, dafs dieses ein fast eben so constantes Sjmptom zu
Ende des zweiten Stadiums derselben ist, als das Blutspeien,
^welches oft sogar eine gelindere Art von Blutbrechen wird, bei
der Lungenschwindsucht. -^
Nun führt Hr. Sachse zur Bestätigung der Diagnose der
Phthisis iar^rngea eine Menge Krankengeschichten bald mit grös«-
fterer bald mit geringerer kritischen Beleuchtung aus allen Ecken
der in- und ausländischen, Literatur und aus den vorzüglichsten
Quellen auf, beschreibt, eine zweite Art der. Phthisis larjngea,
welche aus verschlossenen Eitersäcken jind Luftrohrenkdpfen ent-
steht, die natürlich wieder ihre eigenthürolichen diagnostischen
Merkmale hat, und welche der Hr. Verfasser ebenfalls wie-
der durch eine Menge auteutiscfatfr Beobachtungen zu erhärten
iucht.
Nun schreitet Hr. Sachse zur Diagnose der Phthisis tracbe«
altsp von welcher er drei Abarten annimmt: i) Die LuftrÖh-
renschwindfucht , welche von einer Vereiterung der inneren
Fläche der Luftröhre entsteht; 2) die, welche von Balgge-
Schwülsten , Drüsenverhärtungen , Wasserblasen -auf der Ober-
flache der Luftröhre ihren Ursprung nimmt; 3) die,, welche
IDit einer Vereiterung im Schlünde veil>uqden ist. Erstere wird
^ie primitive, die zweite die sesundaire, und die dritte die
complicirte genannt. Hr. Sachse geht auch hier seinen strengen
wissenschaftlichen Weg, und bereichert auch hier durch eine
Menge vollgültiger Beobachtungen die Diagnose. £r> entwickelt
sodann die Hauptzufälle der Kehlkopf- und Luftröhren« Schwind-
sucht ' mit Eiterung im Schlunds verbunden , zeichnet nachher
eine vierte Art der Luftrdhrensc'h windsucht, nämlich die Kno-
tenschwindsucht der 'ganzen Luftröhre, und gil:^ endlich auf
eine sehr fafsliche Weise eine nebeneinandergestellte Uebersicht
der verscliiedenen einzelnen Haupt - und Unterscheidungs - Kenn-
zeichen die Phthisis larjngea und trachealis, die wirklich mit
musterhafter Pünktlichkcft und grosser Gelehrsamkeit bearbeitet
ist Vorzuglich interessant sind die Bemerkungen des Herrn
Verfassers über das 'Wesentliche jener Erscheinungen und ihre
urs^chiichfsn Momente,* welches dem ganzen Krankheits- Gemälde
einen hohen Werth verleiht
Nicht vveniger ausführlich urrd instroctiv findet man die
Hauptonversofafetdun^t - Keunzeicken d^ Luftiöhrcaschwindiuchi,
V
Sachse über Luftröhren -«> Schwindsucht. 5^1
und der Luqgensucht, der PhthtBis trtclieaiis und des ÄAeTrisma «. '
AorCae, die Kriterien der Vereiterung «des Zungenbeins, so wie
sog«ir auch der Vereiterung in der Artikul^tiou des Atjas mit
dem Hinterhauptbeine, oder dem Epistrophanus angegeben , was^
keines Auszugs fähig ist. ^ Die drei angehängten Kupferta-«
fein bezeichnen sehr richtig Abnormitäten des Kehliopfes und
dec Luftröhre.
Referent bemerkt hier mit grosser Hpchachtung für deir
sehr gelehrten und würdigen Hrni. Verfassen dafs wirklich sejne
Schrift ein wesentlicher' und sehr erfreulicher Beitrag für- Kunst
ttpd Wissenschaft ^€y ^ ja dfifs die Diagnostik durch solche ge-
diegene Firodacte nur gewinnenj und mit dem lebhaftesten Danki"
aufgenommen werden müsse* Nur hätte Referent gewünscht,*
dafs die vielen Beobachtungen und Krankenberichte nicht inrai'er A
in extenso sondern mehr abgekürzt vorgetragen worden wären,
da, würde eine jede bis jetzt bekannte Krankheitsform in diar 4
gnostischer Beziehung mit einer solchen ausserordentlichen Aus-
dehnung bearbeitet werden, ein ungeheurer Kostenaufwand zur
Anschaffung solcher diagnostischen Werke, die jetzt schon einige
tausend Bände beiragen würden, erforderlich wäre, was eben
lür Kunst und Wissenschaft nicht gar förderlich sejn möqhte.-^
Dr.S.
Wien im F'erlage der Geistinger'schen Buchhandlung: lieber
das Heim wehe. Von Jt^stVH 'ZMWGsnLj der Arznei
künde Doetor. 4d»o FIII u^ 64 fi> 8. 8 ggrj
Jjis gehört unter die merkwjiirdigsten Erscheinungen der mensch-
lichep Nälur, dafs die Sehnsucht nach dem Vaterlande, nach
Vater, Mutter, Geschwistern u. s; w. zur Krankheit ^wird, oft
zu einer Krankheit, die, wenn jene Sehnsucht nicht befriedigt
werden kann,' unheilbar ist. Sie i^t daher ein Etzeugniis. des
guten Priircips in dem Menschen , nicht wie in den meisteu
Fällen' von Krankheiten ein Prodoct der Schuld, der Leiden*
Schäften, def verkehrten Lebensweise u. s. 'W. und deshalb
fast . nur, noch ein Eigemhum von Menschen, die im Stande d«r
Natur, unverdorben upd treu den Sitten ihrer Vfiter lebeo.
Man könnte sie dem gebildeteren Theil des Menschengeschlecht
tes zurückwünschen y tif würde wenigstens dabei nichts ver-
lieren.
Es verdient diese Krankheit insbesondere von psychologi-
scher Seiten eine grössere Aufmerksamkeit, als man ihr bis jetzt
geschenkt lu haben s€h«nt und besonders dönkt es R^, von
N
ägs Zangerl über das HeiiDwehe^
Wichtigkeit, durcb Erfah'rc^ag^ auszumittelil', ob den psjckkchen
StdruDgen immer bestimmte somatische Erscheiouogen parallel
gehet» und welche .Systeme und Organe vorzöglich als der Sitx
der Krankheit anzusehen sind. Sollte nicht das Iferz, als in so
naher Beziehung mit den tieferen Gefühlen des Menschen^ eine
besondere Beachtung verdienen? Nur LeiohenöSuiüngen könn-
ten darüber nähereu Aufschlufs geben , aber die wenigen, die
Wir in den Schriften der Beobachter antreffen , sind zu ober-
flächlich, um uns darüber zu belehren Auch die biet anzuzei-
gende Schrift von Zangerl läfst uns eben keine tiefei:en Blicke
in das Wesen dieser Krankheit thon, inzwischen kommt ihr das
Verdienst zu, die wenigen hie und da zerstreuten BepbacbtttO"
gen und Bemerkungen darüber fleissig zusammengetragen zu
haben. Eigene Beobachtungen hat der Verf.^ obgleich in Tjrol,
WQ die Krankheit häufig vorkommt , geboren, nur wenige bei-
genigt, und auch in diesen wenigen vermissen wir Gensfüigkeit
vild Vollständigkeit. Da uns genauere Beobachtungen bis jetzt
ikOfük nbgehen, so scheint uns eine Eintheilung der Krankheit
in 'ursprüngliche und ^abgeleitete, fieberhafte und fieberlose, ma-
terielle und dynamische, einfache und complicirte noch zu frübs
und mehr das Gepräge der Schulform aU der Natur zu trageo«
Van der. einfachen Nostalgie giebt der Vf. folgendes Bild:
9Der Kranke wird nachdenkend » traurig, spricht wenig, athm^t
schwer und unterbrochen, seufzet oft und unwillkührlich. Die
Efslusi verliert sich, die Verdauung ist mühsam und schlecht»
Er. vvsigt kauni sicft selbst die Ursache dieser Uebel zu. gestehen,
und befürchtet sie audern zu entdecken;, daher sucht er einsame
Orte, verbirgt sich in Wäldern und bemüht sich umsonst' scipo
Schmerzen zu besänftigen. Die Einsamkeit verschlimmert seiaeo
Zustand nocji mehr; deiin ^cine Phantasie gewinnt da neuen
Schwung, währeuc^ die Kräfte seines Körpers schwinden. Ei
bemächtigt sich seiner eine 'Abgescblagenheit aller Glieder; das
Gesicht wird blafs, die Augen schwermüthig, thränend, kaum
dem Tageslicht sich Öffnend; das Herz schlägt nicht mehr re-
gelmässig, es klopft bei der geringsten Bewegung, bei der lei-
jesten Gemüthscrschütterung. ^Seiu ganzes Nervensystem nimmt
eine krankhafte Empfindlichkeit an; er ist verdrüfslich , verab-
scheut die fremden Sitten, verträgt Scherze, kleine Neckereien
«od die geringsten UDgemächlichkeiten mit Unwilten.
(Ar BmMiftfölRi.y
\ ^
- ^^* Heidelbferger ^^^^^
Jahrbücher der Litterätur.
\Zangerl über das Heimwehe.
(Beschlufs.)
JLIer Schlaf flieht ihn oder spiegelt ihm im Trauni die glnck-
lichen Tage der Vergangenheit vor, versetzt ihn auf einige Au-
genblicke in einen Cirkel geliebter Personen, um fhn dann beim
Ervracheri i-n ein desto tieferes Meer von Traurigkeit zu ver-
senken, die natürliche Wärme des Köi-pers vermindert sich, die
Verrichtungen des Geistes sind gestört, die Sinne abgestumpft.
Oft -wird 'der Kranke von Krämpfen, besonders voh Magen-
krampf befallen; oft werden die edelsten Organe der Sitz Ge-
fahr "drohender Cp^gestionen. Se - und Excretionen sind mehr
oder weniger gestört. Nicht alle am *H^imwche Leidende ver-
heimlichen indefs ihr Uebel; manche' '^ifechen häufig von- den
Vorzögen ihres Vaterlandes, nennen die Naiven geliebter Per-
sonen, und bezeugen deutlfch ihre unbezwingliche Sehnsucht
nach demselben. Leuchtet ihnen ein Strahl der Hoffnung, das,
wfs 'ihnen- so theuer ist, wieder zu sehen, so erheitert sieb
ihre Miene, ihr ganzes Wesen bekommt ein gefälligeres Anse-
hen , bis sie' wieder in ihre vorige Traurigkeit verfbDen. Da«
Leid'eti dieser Kranken sdireitet oft unglaublich schnell vorwärts^
es tritt eiti hektisches Fieber, das sich gegen Abend verschlithw
mert hinzu, die Abmagerung mraknt täglich zu, das Gesicht
wird' hippokr:ijtisch, bis endlich der Unglückliche, beim letzten
Athemzuge. noch seiner HeittlktH g^enkend, diese traurige
Scene mit dem Tode beschliefstl»
ICJeber die Anlage, die erregenden Ursachen, die Progqpie
und die prophylaktische Bt^hafhdlung dieser Krankheit wird roan«-
cbes Bäachtungswerthe gesagt.- Da(s die- Regeln zur radicalen
Heilung dbrselben wenigei' gcnujgew; liegt in der Natur der Sache«
£s giebt nur ein souveränes^ Mittel gegen das« Heimweh : die
Heimath. Selbst dann, wenn- die Kranken mit Fieber behaftet»
uild' ^0 schwach waren , dafs si() sich kaum aus dem Bette ^uf**
f ichtea konnten j wurden sie gesund , Wenn matt sie beim reiseli
lieft.
Hohnbßum*
38
594 Hildenbrand Instit. practico - medicae.
VALEffTJVi NoBiLis "ab HiLtfEUBnjiND Cots, Aeg, üä regmcn
Austrioje inferioris ConsUidrii , Praxeos Clinicae in Unwer-
süate Vindoton^nsi Professoris, Direetoris Nosocomii ^ni-
*versalis, Brephotrophei et^.*Institutiones Practico -Medicae,
^ Rifdimenta Nosologlae et Therapiae specialis complectentes,
Tom. primus. Contihens Morborum divisiones et sjrstemata,
Doctrinam de Febribiis in genere. Vien^ae Austriae» Ty-
vis Haeredum van Ghelen» 48^6' — .Tom, secund, Edidit,
adj'ecitj ac Propriis Lectionibus adcommodavit Filius Fran-
CISCOS NoBFLis JB HjLDENBRjifD j Med. Doctor j Artis
Oculariae Magister ^ Praxeos Clinicae in Uni^fersitate Tki-
mensi Professor, Director Nosocomii Universalis , Brepho-^
trophei etc. Contin, Doctrinam de febribus iatermittentibiis,
Doctrinam de febribus continuis inßammatoriis et inflamma-
tionibus in Genere. Viennae Austriae apud J, G: Heub-
ner, ^3»^,
Der Tod bat den wür4igen Verfasser dieser Schrift, der sich
um die Menschheit durch mehrere gehaltvolle Schriften ein ud*
sterbliches Verdienst erworben hat, in dem Anfange dieses wich-
tigen Unternehmens d^j'^Welt ehtrissen, uad diesem Verlust ist
grofs. In seinem würdi^n. Sohne bleibt uns die Hoffnung, die-
ses vortreffliche Werk fortgesetzt und vollendet zu sehen ^ und
bereits .ist mit der Fortsetzung ein guter An laug gemachte Wenn
man auch die Fülle eigner Erfahrung, die M'ir in. dem angefan-
l^euen Werke imtreflFen, in der Fortsetzung nicht findet, so ge-
bührt doch dem Sohpe das Lob, dafs er die Erfahrungen aller
Zeiten gut benutzt und gehörig geordnet hat. Dafs der Sohn
^deii Nachlafs seines Vdters über diesen Gegenstand nicht unver-
ändert und phne Zusätze und Berichtigungen geben wurde, liefs
sich wohl vorhersehen, wir wünschen übrigens, dafs derselbe
fest auf dem Pfade der göttlichen . Erfahrung , wie er sie in der
Vorrede nennt, fortwandern möge.
Nach einer kräftigen Vorrede und zweckmäfsigen Einlei-
tung handelt der erste Band dieses Werkes Yon der Vertheilung
und den Systemen der Krankheiten und zwar von den frühesten
Zeiten bis auf die gegenwärtige Jiurz und fi^ut. Nachdem er je-
de Eintheilung gehörig gewürdiget hat, theilt er die in der Pra^
xis vorkommenden Krankheiten in fünf Haupttheile, nämlich:
Fieber, Cachexien, Neurosen, Ekkrisen, und endlich örtliche
Fehler, welche Eintheilung auch Swediauer beobachtet, die aber
schon lange dem Verfasser eigen war, .wie hier berichtet wird.
Der Anfang wird demnach mit dem Fieber- gemacht, upd
die mehr gema'cbte Bemerkung gemacht, dafs man eine logische
Definition nicht geben könne; dafs aber ein Bltftumlauf| der ge-
^r*
HildenbraDd Iiistit. practico - medicae. SgS
^chwiiider als im gesunden Zustand ist, ferner veränderte tJiJe-
rische Wärme, uiid freiwillige Müdigkeit oder Mattigkeit als Zu-
fälje zu betrachten scjcn, welche beinahe allezeit beim Fieber
angetroffen würden. Darauf wijrdigt der Verfasser das Fieber
als Symptom u^id Krauklieit. . Sieben wesentliche Charactere des
Fiebers werden angcgebep, nämlich: %) Verletzung aller Kräfte,
Vermögen und Eigenscliaflen der organischen Substanz; 2) Zu-
sainmensetzung aus mehreren Anfällen; 3) Anfang mit Schauder
und Maliigkeitj 4) hitziger Verlauf mit Gefahr, wo aber das
Wort Gefahr überflüssig ist, .indem es schon im Begriflf' des*
Hitzigen Hegt; 5) Veränderung des Pulses und der Warme;
6) Veränderlichkeit .iria Verlauf; 7) Trieb zu nicht Vorherge-
sehenem (?-) Veränderungen oder Crisen durch die Anstrengun-
gen der Na,tur, Velche .Merkmale näher geprüCet werden. Da-
rauf-folgt die Diagnojse des Fiebers^ wornach von den Stadien
des I'^iebcrs gehandelt wird; dann trachtet der Verf kurz und
bündig alles darzustellen, was auf den Verlauf und den Typus
des Fiebers Beziehung hat.
Indem ferner ier Verfasser, die Aetiologie ^^% Fiebers im.
Allgemeinen abhandelt, so glaubt derselbe, dafs die Anlage zum
Fieber, als blofse Krankheit des Blutgef^iifssjstems, wofür von
ihm jedes symptomatische Fieber gehalten wird, allerdings in der
Kei^zbarkeit des Herzens und der Arterien zu suchen sey, zu
nvelcUem symptomatischen Fieber jeder Mensch vorbereitet wäre;
dafs aber das Fieber, als Krankheit der Kräfte di^s ganzen Or-
ganismus, nicht in dieser erhöhten Reitzbarkeit des Herzens und
der Arterien allein bestehe; denn die Reitzbarkeit dieser Organe
werde durch das Fieber nicht gehoben |x sondern vielmehr für
einige Zeit erhöht? £s wäre demnach kaum zu läugnen, dafs
in dem ganzen Leb;ensprincip, und^aufser den reitzbaren Fasern
ebenfalls in den elastischen Membranen und Säften ^ auch selbst
in den Nerven die Anlage zu dem fiebcr gesucht «erden müs-
se, VV^as die Gelegenheitsursachei:^ betrifft, so werden diese naph.
ihrer Wirkungsart- in materielle und imn^terielle eingell i^ilt; und,
was endlich die nächste «Ursache des Fiebers anbelangt, so wird
nach gelungener Darstellung der verschiedenen Meinungen über
diesen dunkelp Gegenstand dafür gehalten ^ dafs die nächste Ur-
.sache in einer krankhaft vermehrten Reaction der Lebenskräfte,
-welche durch ^einen positiv krankhaften. Reitz ergriffen wären,'
bestände. Ein allgemeiner Aufstand aller Kräfte des Organismus
g^en einen wichtigen Feind bildete das critische Fieber, oder
das Fieber als Krankheit betrachtet, worüber der Verfasser in
dem darauf folgenden Abschnitt, der über die Nosogeuie des
Fiebers handelt, sich näher erkläret,, wo folgende Canoues t,u
lesen jsind| nämlich: 4 ) Omnis Febris ex irritamento. Absque
38*
596 Hildeobrand Instit. pracHco *- medicae.
irritamentjo , sattem et relatwo , non otitur fehris» Irt prima ori'
ffine omnis febris irritiva est. %) Ex mera dehilitate reac^
tionum vitaUum febris non datur; cum dehilitate datur, —
^änquam ßt causa febrisj prouü febris ßeri polest causa dtU-
litatis.
Darauf untersucht • der Verf. die .verschiedenen Theorieea
des Fiebers y welche d^n Verband der Symptomen mit den Ur-
sachen zu erklären suchen, und die rationelle und lyissenschaft-
liche Heilmethode des Fiebers allein bestimmen. Hier werdea
nur die Humoral theorie, die chemische Theorie, die Solidartheo«
rie und die der Neuropathoiogen , ferner die Erregungstheoric
gehörig gewürdigt, und endlich die dem Verfasser eigenthümli«
che aufgeführt. Das Fieber ist ihm eine Krankheit dter gesamm-
ten gereilzten Vitalität; der Krankheitsprocefs^ welcher in dem
Organismus daraus entstehe, sej ein chemisch*djnamischer| wo-
durch freilich die Sache so dunkel bleibt, wie sie war.
Auf diese so eben gegebene Ansichten, wird von dem Verf.
der Ausgang des Fiebers im Allgemeinen angezeigt, dessen Ue-
bergang zur Gesundheit, in den Tod und andere Krankheiten
angedeutet; die. Umstände tmd Verhältnisse, unter welchen eia
jeder Ausgang statt haP, kurz und gut angegeben, worauf die
Prognose, welche in die rationelle und in die empirische ver-
fheilt wird, und die Schriftsteller angezeigt werden, welche die-
sen'Gegenstand ausfuhrlich behandelt hab^n, so , wie es überhaupt
zu den Verdiensten dieser Schrift gehört,^ dafs bei jedem Ixhan'
delteo Gegenstände die Literatur vorausgeschickt wird^ ' oder
folgt*
Die Therapie des Fiebers theilt der Verf. in die dirccte
und indirecte; die erste ist auf die nächste Ursache gerichtet,
sie sey aber vielmehr bei dem symptomatischen , . als critischea
Fieber, dessen Ursache selten bekannt ist, anwendbar; übrigens
dürfe man eine hypothetische Cur keine directe nennen. TÜe in-
directe Cur wäre die gebrauchlichste und nützlichste, und h\t
wird von ihm in die empirische oder specifische und rationelle
unterschieden, welche letztere in die vitale und symptomatische
vertheilt wird. Die vitale Cur hat zun) ^Gegenstand , die Lebens-
kräfte zur heben oder zu mäfsigen. Wie der unregelmäfsigen
Vertheilung abzuhelfen sey , davon wird bei der symptomatischen
Cur gesprochen. Darauf* vvird nun zuerst dargethan , wie man
die übermäfsige Lebhaftigkeit und Energie auf directe und' indi-
recte Weise mäfsigen soll; besonders wird aufmerksam gemacht
auf die (ibermälisige Anwendung der antiphlogistischen Heilme-
thode , ein Wort zu seiner Zeit , wo man den gereitzten Zustand
mit dem entzöndlichen und sthenischen nur zu oft verwechselt.
Mit Recht wird bemerkt: nocet omnis medicina morba m(gor,^^
j
Hildcnbrand Instit practico-medicäe/ 597
Dann wird gelehrt, ,wie man den organischen Actionen, die
durch Unterdrückung^ Trägheit oder Unbetriebsamkeit (languor)
oder Erschöpfung der Kräfte geschwächt sind , begegp^ii solle.
Indem der Verfasser die verschiedenen Arten der Schwäche nach
ihren Ursachen , Zufällen und diese als Zeichen derselben be-
trachtet, und für jede Art die besondere Cur bestimmt, flechtet
er eine Menge vortrefflicher Bemerkungen mit ein, und bezeich-
net dadurch sein acht praktisches Talent, seineu grofsen Scharf-
blick in das Innere des fieberhaften Organismus.
Nachdem der Verf. die Lebenscur mit der wichtigen Re-
gel beschlossen hat , dafs man , indem es im Allgemeinen schwer
fällt, tiefgesunkene Kräfte zu heben, frühzeitig alle wahre Schwä-
che verhüten solle; geht er zu der symptomatischen Cur übtrj
unterscheidet krankhafte, heilsame Und critische Symptomen, die
erste theilt er in dynamische, zu welcher die Kalte, die Hitze^
der Diirst und die Mattigkeit gerechnet werden, und ein Symp-
tomen des hervorstecheiiideh Xeidens des Kopfes, der Brust, des
Unterleibs und der Haut. Jeder Zufall des Fiebers vvird nur
hier, von welcher Art er auch sey, und aus welcher Quelle er
fliefsen möchte , mit besonderer Aufmerksamkeit untersucht , und
die dem' Zwecke Entsprechende Behandlung angegeben; indem
beinahe jeder Paragraph den Meister ih der/ Kunst auf das deut-
lichste zu erkennen gibt. Der Schlufs dieser gehaltvollen und*
wahrhaft praktischen Schrift n^achen die Cur bei der Abnahme
der Krankheit und. im Zeitraum der Wiedergenesung, und end*
lieh die Vertheilung der Fieber. Det T'erfasser qrdnet sie nach
dem Typus in ictermittirende und anhaltende. Nach dieser sehr
alten und ächtpraktischen Einth eilung sollte die specielle Fieber- .
lehre von dem würdigen , ^unds für die Wissenschaft zu früh en^
rissenen Verf. vorgetragen werden. ^
Der 'zweite Band bandelt der angezeigten. Ordnung gemäb
zuerst von den Wechselfiebern. Nach Bezeichnung der hterhffr
gehörigen Monographien y und einer Einleitung, wo die Wech^
selfieber für so alt, als das menschliche Geschlecht gehalten wer*
den und angedeutet wird, dafs auch die Löwen von dieser
Krankheit befallen werden sollen, wird die Krankheit definirt,
die Aehnlichkeit und Versthiodenheit von andern Krankheiten
angedeutet, worauf eine weitläufige Beschreibung der Krankheit
folgt y und zwar nach ihrem normalen und abnormalen Verlauf
mit gehöriger Rücksicht auf die Paroxysmen, Apyroxien und den
Typus; um eine deutliche Idee von diesem zu geben, ist ein^
.Tabelle beigefügt. Die Anlage setzt^ der Verfasser in eine all-
zugrolse Empfindlichkeit oder Ererhismus des Systems der splanch-
nifichen Nerven; was das periodische betrifft,, so ^heint der
Verf. Walchs I^cc %u huldigetii dafs der Reproduction nach
SqS Hildeobrand iostit practico - medicae.
r
dem Tjp des Moodumlaufs ein Streben eingepflanzt sejr , mit
dem siebenten Tage normal wirkend in den Organismus einzu-
wirken. Als nächster Grund des Wechsejfiebers, weiches da
Verf. als fiebei hafte Nevrose d6s reproductiven «Systems betrach-
tet^ wird folgendes angegeben, welches wir mit den Worten
desselben wiedergebe a : sublatiun utpote int er stufudos factores
vitales proccssus organico^dyneunici ( quos sjrstema gcingliave
et janguineum pniesentant ) ae^lulilfrium ^ eiun unius alteriuss^
abnormi nisu in formationem organicam ^ proinde'vel in crystab-
lisationem , vel in Hydro genesiii, suk forma luctcLe , ad natum
oscälationis macrocosmicaej periodice renouatae. Wodurch aller-
dings nicht alle Zweifel gelöst sind. Jeder iitin folgenden Dar-
stellung der Aasgänge , der* Prognose , und einem, grofsen Theil
der Therapie der Wechsel6eber^- zeigt sich mehr der Geist des
Vaters und der altern Wiener Schule; indem in der Pathosenie
die neuere Ansichten hervorleuchteu. Diese letztere Gegenstände,
die Prognose nämlich und die Therapie sind sehr ausführlich
abgehandelt.
Nun trifft die Reihe, die anhaltenden Fieber. Zuerst wird
im Allgemeinen von denselben gesprochen! ^Fiir^ überflössig hält
der Verf* die Vertheilung in anhaltende und nachlassende. Sj*
nochus und Sjnocha bezeichne dasselbe. Der Ausdruck Sjnocha
streite wider die Regeln der Grammatik, da Sjnochus bereits
weiblichen Geschlechts sej. Diese anhaltende Fieber werden in
solche mit hervorstechendem licideu des irri|abeln Systems, wo-
hin das entzündliche und faulige, dann das sensibele System^ vio-
bin die Nervenfieber, und endlich das^reproductive, wohin die
gastrische und hektische gerechnet werden, verth^lt. Diese Ver-
theilung ist nur durch die Ansicht,^ <Ue der Vater Vom Fieber
als Krankheit hat, zu entschuldigen.
Nach einigen allgemeinen Sätzen über das anhaltende Fieber
mit entzündlichem Character. wird zuerst von dem einfachen ent-
zündlichen Fieber gehandelt, dessen Wesen so bestimmt: incir
tatus ultra normam conflictus inter \rires arteriosas et sanguinem,
cum adaucto haematopoeseos et thermopoeseos muhere, positivo
4timulo inductus;- aut bre^^ius: vita arteriosa' ad cdtiorem,
quam par est, poientfam evecta. Mäfsige Ausleerungen durch
den Stuhlgang hält der Verf. bei diesem Fieber für nützlich;
iusoferne sie die Summe der Reitze vermindern, die Säfte nach
dem Darmkanal leiten, und ausführen, reitzenden Unr^th entfcr-
- nen, und die critische Ausleerungen begünstigen, keine Rüct^-
sicht verdiene der Einwurf, nach welchem die Laxanzen schäd-
. lieh sejen, weil sie dadurch, dafs sie den düiinen oder serösen
Theil des IBlutes. ^ach dei^i Darmkanal lockten und ausführten,
die entzündliche Diathese vermehren jnüXsten.
Vier rtaton. Gespräche übers, v. Fr. W. Ullrich. .699
Nach deal einfaclien entzüodlichen Fieber, das vollständig
abgehandelt vvorden ist, kobamt der Verfasser zu dem begleite-
ten Entzuodungsfieber, und hier wird nun die Entzündung über'-
baupt gewürdigt. Die nächste Ursache wird kürzlich ' also be-
stimmt: vitä arteriosa cujusdam nartis citra modum iiicUataj ^co"
mite in abnormem prodüctionem wlsu: Die krankhafte und tÖdt-
liehe Folgen der Entzündung werden in dynamische und orga-
nische vertheilet, und die Umstände und Verhältnisse genau an-
gegeben, unter denen sie sich entwickeln. Die asthenische Ent-
sündungen zieht er in Zweifel. In Folge einer Entzündung kön-
ne Schwäche sich bilden j Entzündung aller Art ergreife schwäch-
liche Personen, bei Schwache mit ei'höhter Reitzbarkeit entstehe
leicht Entzündung, aber Schwäche liege nie der Entzündung
zum Grunde, und Reitzmittel wären schädlich; wo man sie da-
durch geheilt habe, vvä're blofs passive Congestion vorhanden
gewesen. Der oben gegebene Begriff der Entzündung, ver-
mehrte, hastige Thätigkeit kann sehr wohl mit unter die Norm
gesunkener ^Energie verbunden seyn , es giebt demnach eine mit
Schwäche gepaarte oder eine asthenische Entzündung. Soviel zur
Kenntnifs' des Inhaltes und GeTialtes dieser zwei Abtheilungen
des vörurisliegenden Werkes. Der dritte Band wird die Lehre
von den entzündlichen ^Fiebern und den Entzündungen ins Bisr
sondere abhandeln, und zwar nach dem am Ende des zweiten
Bandes gelieferten Schema. «
S.
yier Platonische Gespräche^ Merion, Kritonjder erste
und zweite Atcibia^es, Deiitsth mit Anmerkungea und ei*
neni Anhang über die EUfmänner zu Athen. Zweite Aus^
gäbe. Berlin 48^^ in der Vossischen Buchhandlung*^ Vh
StjS S. in ^. / ,
Wenn gleich weder der Zweck, noch der Raum dieser Blät-
ter, uns verstatten kann , Uebersetzungen einzelner Schriften des
Altcrthupis nahmhaft zu ^machen, so glaubten wir doch vorlie-
gende. Uebersetzung, als deren Verf. sich Herr Franz ff^olfgang
Ullrich in der Vorrede nennt, Um so weniger übergehen zu
dürfen, als sie mit kritischen Bemerkungen über die übersetzten
Stücke, so* wi)s.mit einem Anhang, über das Institut der Eilf-
«uihmer zu Athen begleitet ist.. Die Uebersetzung ist eigentlicK
eine Umarbeitung der bereits vor 4o Jahren, t\x Berlin (1780)
erschienenen Uebersetzunn^ dieser Dialoge von .Gedike, welche
mit der von Biester und Buttmaun zu derselben Zeit unternom-
üoo Vier Platon^ Gespräche ttbers.v. Fr. W. ütiricb.
menen Ausgabe dieser vier Dialoge jn geoauem Zusamvieiihange
stand. Die- häufigen Nachfragen nach jeuer seitdem läagst ver-
griffenen Ausgabe veranlafsten eine Auffbrderung der Verlags-
buchhandiang an Hrn. Ullrich, eine neue Herausgabe dieser Ue-
bersetzung zu besorgen.. So entstand diese Uebersetzung, die
■zunächst nicht für solche eingerichtet 'und bearbeitet worden ist,
welche Platon's Schriften' in deutscher Sprache lesen wollen,«on-
dern für solche , die sich derselben als Unterstützung beim Le-
sen der Griechischen Urschrift bedienen Wollen. Daher diese
Mebtr Setzung in gewissem Sinne Griechisch gelesen werden wolle
(S. V.). Daraus erklärt es sich auch, nach des Ref. Ansicht,
warum überall mit eui er, ge wissen Aengstlichkeit Griechische Re
densarten und Constructionen eben so ins Deutsche übertragen
worden, wovon wir nachher eine Probe geben werden. Audi
dürfen wir nicht verschweigen ^ was der Herausgeber S. v. von
dieser Uebersetzung versichert: cda sie schon vor- 2 Jahren und
zwar etwas schnell gearbeitet und, gedruckt worden , kann ich
jetzt von* den vier Gesprächen nuf den Menon und Kriton als
diejenigen angelben , welche nur selbst dem, was auf diesem
Wf^ge und bei diesem Zwecke erreicht werden sollte und konn-
ie\ etwas nahe gekommen zu sejn scheinen». Und zum Selbst-
studium des Plato, zunächst für solche, die weniger mit plato
vertraut, durch die Lectürc dieser Dialoge sich einen Weg bah-
nen wollen zu d^n grofseren Schöpfungen Plato's, wird sieb
diese Uebersetzung gewifs als brauchbar bev^^ähren, selbst von
Seiten ihrer fast allzugrofsen Wörtlichkeit, .worunter bisweilen
selbst der Geniiis unserer Sprache zu l'eideu scheint. Wir he-
ben eine Stelle aus dem VI. Cap.des Menon, gegen Endepag.
^4* ^« ^^^ Behuf diesejD unsei: Behauptung raus. Hier heilst es
S. 10. in der Ud^ersetzung: «Wenn folglich wie ich, er dem
«Satze nachging und sagte: Immer kommen wir auf viele; aber
%mir nichf so, soüdern der du diese viele mit Einem Namen
«benennst und sagst^ es sej keines unter ihnen, was nicht Ge-
«stalt sej, und das au&/i einander entgegengesetzte; was ist die-
«ses, welphe^ nichts weniger das Runde umfafsT, als das Gera-
lde, was also Gestalt du nennest und sagst, dafs das Runde
«fLuicht mehr Gestalt sej, als das Gerade, oder sagst du nicht
so?» Wir sind geneigt zu glauben, dafs hier, wo selbst im
Griechischen eine Art von Anakoluthie obwaltet, der mit dem
Griechischen , zunächst mit der Platonischen Sprache minder Ver-
traute — r und für solche ist uud soll diese Uebersetzung sejn —
schwerlich durch Hülfe der Uebersetzung mit dem .wahren Slatu
Und der wahren Construction aufs reine kommen w^rde. Nach
unserer Ansicht besteht nämlich die Anakoluthie dieser Stelle
darin I dafs zu d<!;ii Anfanj^sworten KI* oVvf w^irsp iyuft ft$TiiBi
r
.w: LJ
yUtt ^hum, Oevpradbe äbeinu t.Ft. W^. tllridh. 6oi
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roif Xay<^ a^ iXsysv, der eigentlrche NatKskz fehlt, der er«
im Verfolg in den Worten des Sokrates: irecv. o^too A^yi?^ (afe
Kepetition des Vordersatzes), Tore ov^kv jXaTFkov (p^Q ri
srpoyyiXov $7vect (Jx^yyikov x. r. A. aufgesucht werden könnt«!.
Die Woyte ori dei ei<; iroW-a dffHxvified« bis y[ ro svdvl be-
trachten wir als den Inhalt das iXeye, und wir waren stets der
Meinung , dafs bei dem aÄ^Aa /^.ij fiQi oi/rcoc, — was die lieber-
Setzung ganz wöfitlicK wiederge\^i?ben , mit Stephanus ein aico^
xptV8 oder etwas der Art supplirt werden müsse^); eine im
Griechischen nicht, wohl aber im Deutschen ungewöhnliche und '
unatiwendbare Ellipse; Den Nachsatz zu ak\* hrsii^ rd ?roXXd
rxvTX etc. beginnen wjr mit den Worten %, ti &srl roxro etc.,
wovor sich ebenfalls mit Stephanul ein dTtOHpivov verstehefi oder
suppliren. lafs't, welches aber, wie das vorhergehende diroKptv^
die deutsche Uebersetzung auszudrücken hätte. — So heilst 'es
gleich darauf in der Antwort des Sokrates :. «Aber Gestalt doch
«jsagsl du sey nichts mehr (^ov6§v 7]rTQv) das Runde als das Gc-»
«rade, noch dieses als jenes?» Warum nicht: «u/n nichts
mehr?^, — . -
Die Anmerkungen l^cfginnen 5>. 171. Sie behandeln einzelne
Stellen des Menon , des Kr i ton und des zweiten AIcibiades, am
ausführlichsten den Menon, und sind meistens kritischer Art,
stehen auch in genauer Beziehung auf die Buttmaim'sche Aus«^
gäbe dieser, Dialoge , sie theils ergänzend, theils berichtigend«
Man wird nicht umbin können, in den meisten Fällen sich für
die vom Verf. vorgeschlajgenen . oder vertheidigten Lesarten er«?
klären .zu müssen, und in dieser Hinsicht bilden diese Bemer-*
kungen gewifs eine nahmhafte Zugabe jener Ausgabe, die bei.
einem neuen Abdruck darauf sorgfältige Rücksicht wird zu neh-
lüen haben. So z. B.. gleiclv im Anfang des Menon cap. I. pag.
78- A. haben wir mit Wohlgefallen bemerkt, dafs der Verf»
das ältere roor^'rov J^V, von Beck auf Buttmann's Vorschlag itt
roao'orov Sico verwandelt, in i»Schutz nimmt und mit überwie-*
genden Gründen vertheiaigt. Sollte nicht eben so gut, wie es
X. B* üKiyov iUr\(fs Plut. Pjrrh. 17, iuxphif iSeTjcre ^
Plut* Agesil. 34-9 oder y^iKpov a^ikivoi Plut. Gaes. a4*9 sich
hier tocovtov Siev vertheidigen lassen?
Es folgt von S. 221. ein Anhang: lieber die Eäfmänner zu
Athen j wenn gleich veranlafst durch eine Stelle des Kriton, doch
insbesondere darum beigefügt; weil «es Unrecht schien,- das
cBuch auszugeben , ohne dafs es etwas enthielte , was auch Män-
ner von Fach ansprechen könnte« (S. VI. der Vorrede). Wir
<-
*) Vergl. Schäfer zu Lambeit* Bos» EUips» L« Gr, pag* 636*
€oä Vier Piaton. Gespräche übers. V«Fr< W. tlUricb.
vollen die HauptergebDisse dieser Untersuchung hier kura nie-
derlegen, weil wir dadurch nm besten glauben, die gereclite.
Aufmerksamklit aller derer, denen £rgründung der Attischen
Staatsverfassung am Hcrzea Hegt, zo näherer Einsichts^iahme ia
diese Untersuchung erregen zu können. Der Verf.. bezeichnet
die Wirksamkeit dieser Behörde und ihre Tbntigkeit, als eioe
dreifackt. Zunächst haben sie die Aufsicht und Besorgung aller
derer , die in Fesseln gehalten werden , und «hierin zeigt sich
ihre Thatigkeit als eine aufsehende und bewachende. Hier ver«
* breitet sich der Verf. mit vieler Genauigkeit über die ver-
schiedenen durch das Gesetz genau bestimmten Fälle, wo in Athen
Gefängnils und Fessel «Inträty womit in der Regel auch Atlmie
'yerbuhden war. Theils als otrafc^ namentlich bei Scbuldiiera,
thetis als Versicherung angeklagter oder verurtheilter Personen
trat Gefangnifs ein. Im letztern Fall, besonders bei den zum
Tode verurtheilten, zeigt .sich ' dann der Wirkungskreis derEilf-
Biänaer , als der einer tfolistreckepden Behörde. Ihnen ward der
Verurtheilte übergeben , sie hatten Alles, was lauf die Vollstre-
ckung des Urtheils zur- gehörigen Zeit und in der gehörigen Art
Bezug hatte, iXL vollziehen, obschob sie selber keine Hand an-
legten , sondern solches ihren zahlreichen Dienern ^7- öffentlichen
ßclaven — äberliefsen. - Völlige Befugnifs über die Eingeker-
lerten Und Aufsicht über das einzige und ^an Umfang wohl be-
deutende Staatsgefäiignifs (xf. S.~/s3a^ war ihnen gegeben. Zu
dieser gedoppelteh Thätigkieit kam 'noch drittens der Wirkungs-
Icreis einer rickteriichen Behörde. S. 3 39 ff. 243 fiv Auch dio
£ilfmänner hatten, wie andere Staatsbehörden selbst von gerin-
gerer Wichtigkeit und Ansehen, 19 gewissen Fällen ejne eigene
OeriGhtsbarkeit, die aber jedoch mehr auf Instruction oder Ver-
mittlung gewisser Prpcesse, als auf Entscheidung, Urtheilsspru-
che u. dergl. sich erstreckt zu haben scheint, um so mehr, da
auch bisweilen gerichtliche Haft gegen solche angewandt wurde,
gegen die noch kein richterliche^ Verfahren statt gefunden. —
Der Verf. zählt nun hier die Fälle auf, wo, und welche Kla-
gen, so wie die Bestimmungen, unter ivelchen dieselben anhän-
gig gemacht werden konnten,* wie z. B. die Apagoge (S. 244
ff.;, die Ephegesis ('S. 248), die wohl in der Form, nicht
aber ihrem Wesen nach von der Apagoge verschieden ist, zu-
weilen auch die Endeiäcis (S. 249 ff.)* ^^^ OvX^ wo sie zu
Gericlit safsen, "War das Parabyston (S. 252). Endlich lafst sich
noch in gewisser Hinsicht eine vierte, Thatigkeit dieser Eilfmän-
ner hinzufügen. Sie hatten vom Staate weggenommene und für
Staatsgut erklärte Güter cLen Poleten oder Öffentlichen Versteigern
zu übergeben» Wahrscheinlich gilt diefs jedoch blofs voii den
Gütern der zum Tode Verurtheilten. Ia dieser Wirksamkeit er-
j ' ^
Schtibarth Keceptirkünst u« Kec6pttaschcnbuch/ 6o3
\ ^
hielten sieb die Eilfma'nher bIo& hundert ftinfzig Jahre hindurch'^
von 485 bis 3i5 a. Chr. ungeföhr. Eingesetzt unter Aristides
und Themistocles, erhielten sie unter Demetrius Phalereus einen
andern Namen und einen veränderen Wirkungskreis. Bisher
waren sie ^jine Regierungsbehörde von eilf Gliedern, durchs.
Loos, aus jedem d^r Attischen Stämme Einer, ernannt, und ein
Eilfter als Schreiber ihnen beigegeben. Eine Prüfung ging dem
Antritt ihres Amtes, dessen Dauer sich vermuthlich nicht über
ein Jahr erstreckte, voran, und obgleich sie wahrscheinlich ei-
nen nicht unbedeutenden Sold ehielten , so waren sie doch zwei-
felsohne eine obrigkeitiiclie Stelle vom ersten Rang^ wirkliche
ArcheJ" und Archonten im Gegensatz zu *blosen Verwaltern oder .
Dienern (S. 267}, sie hätten Alles das, was das Unterscheideri-
de einer Regierungsbehörde der ersten Ordnung a,usmacht. Mit
der Einführung einer mehr aristokratischen A^erfassung unter De-
metrius Phalereus wurden, sie' zu Gesetzeswächtern, Nomophy"
lakten umgestempelt, dergleichen auch in andern aristokratischen
Staaten, schwerlich aber in Athen vorher bestancten' haben, wo
der Areopag nach Solou's Bestimmung diese allgemeine Aufsicht
über die' Staatsverwaltung, wie sie nachher den Nomophjlakten
zugetheilt wurde, erhalten hatte, aber später um Würde und
Ansehen gekommen war. So wirdr das Emporkommen dieser
neüeft» Behörde in Athen, deren Wirkungskreis S» 264 an- ^
giebt:, uns erklärbar. Sie bestand in Athen während der
zehn Jahre, wo Demetrius Phalerens in Athen die höchste Macht
in Händen hatte, und verliefs mit ihrem Urheber diese Stadt.
Ob später, als Demetrius Poliorcetes die alte Verfassung^ Athens
wieder herzustellen bemüht war, auch die Eilfmänner ihre ge-
bührende abteile eingenommen y darüber fehlen die Angaben.
B.
Receptirhunst und Recepttascnenhuch für jtractische jicrzte. He^
raus gegeben von Er^st Ludwig Schübartu , Doctor der
Medicin und Chirurgie, Prit^attehrer an der Königl, Unir
*versität zu Berlin und pr^actischem jirzte daselbst. Berlin
bei August Rücker, 48^4»
Wie schon der Titel besagt, • enthält Vorliegendes Buch zwei/
ganz verschiedene Dinge, nämlich eine Anleitung zum Recept-
scbretbcn und eine Samn^lung von Recepten aus allerlei Werken
zusammengetragen.
^In Hinsicht des ersten Theiles gibt der Hr. V^f. selbst
keine gröfse Hoffnung ^dafs man von ihm. .viel Neues und Eige-
)
£o4 Schiii>arth R^ceptirkunsl ii. .Receptttischenbuck
nes erlernen werde, indem er in der Vorrede sagt: Ycli mufste
befurchten , .«eine Ilias nach dem Homer geschrieben zu haben,
da wir ein Handbuch der Receptirkunst von Ebermaier besitzen,
welches seit 1807 drei Auiageu erlebt hat, wenn ich nicht ei-
nige wesentliche Verbesserungen in diesem Handbuche vorge-
nommen zu haben überzeugt wäre, theils rücksichtlich der An-
ordnung der Materien, theils in der Abhandlung einzelner Leh-
ren, wo ich neue Beobachtunz^en benutzt und eingeschaltet ha-
be. — * — Wenn man also Herrn S. Buch beortheilen will, so
bat man im Grunde nichts zu than , als- es mit der letzten Aus-
gabe ( i8i8 ) des Ebermaiersohen zu vergleichen, um die Vor-
zuge des. ersten kennen zu lernen. Die Einleitung enthält in bei-
den Büchern so ziemlich dasselbe, nur mit. dem Unterschiede,
dafs Herr S« die Literatur weggelassen hat, phne delshalb einen
Grund anzugeben. Das Buch zerfallt nun von Ebermaier abwei-
chend und in der That besser in zwei Abschnitte, in die allse-
meine und specielle Receptirkunst; dem ersten sind allgemeine
Regeln vorang^scbickt, die bei Abfassung eines |lecepts beobach-
tet werden' sollen, die bei E. grofseutheils in ^. g5 bis ii5
enthalten sind; übrigens hat der Hr. Verf. auch sehr häufig noch
ein anderes Handbuch der Receptirkuif^t benutzt, welches er
nicht nennt. Bei Indicatio vitalis soll * der Ausspruch des Hip-
pocrates in ErfülliMng gesetzt werden: In ancipiti casu mnceps
remedium melius quam nuUum; es läfst sich dagegen nichts ein-
wenden; nur gehören diese Worte dem Celsus und nicht dem
Hippocrates an. Die hier Mro. t3 aufgestellte Regel, die da
9a^t, man copire nicht Receptformeln aus Handbüchern der spe-
ciellen TRerapie, scheint der Hr. Verf. selbst bald wieder veir-
gessen zu haben, indem sein Recepttaschenbuch eine gahze Menge
dergleichen enthält» In 4 Capiteln, wird nun von der Einthei-
lung dtfr Arzneiformeln- und ihrer Verschiedenheit, vöu der
Form, in der. die Mittel gegeben werden, von der Bestimmung
der Gäben , und von der Abfa^sungsart der Recepte gesprochen.
Recens. konnte hier schlechthin - nichts finden, das nicht schon
fast in allen früheren Lehrbüchern zu finden wäre. —
In dem zweiten Abschnitte werden die Formen, in wel-
clien Arzneien verschrieben werden, einzeln erörtert, der Hr.
Verf. theilt sie in trockne, flüssige und weiche; zu den ersten
werden ganz unrichtig Pillen und Bifsen ■ gerechnet, .die offen-^
bar eine teigartige Consistenz haben,* und. folglich nicht trocken
genannt werden können. Auch liier findet sich im Ganzen we-
nig, was nicht schon bei Ebermaier: und Andern vorkäme, da-
her nur wenige Anmerkungen nöthig sind. Neu aufgenommen
hat der Hr. Verf. mehr et es, die Bereitung und Anwendung der
künstlichen Mineralwasser betreffend| und auch einige Vorischrif-
SchubartK-Reeeptirkunst u. Recepttasjdhenbuch. 6a5,
■ ■ • ' l
tcn \zur Verfertigung derselben aus der jüngsten französischen
Pharmakopoe .entlehnt', angeführt» Mehrere FeJiler, die in Eberm.
Buch vorkommen ,' nahm der Hr. Verf. unverändert auf, wie z* .
B. bei der Bereitung der Schleime (S# i84). Ein Loth Cxumm^
ärabic, liefert keineswegs 6 Unzen dicken Schleim, dagegen gibt
das gleiche Gewicht Troganth gegen 3o Unzen bedeutend die-*
ken Schleimes, und nicht lö — ^ 12 Unzeu, wie E, fälschlich
sagt, uiid der Hr. Verfe unbedingt nachschreibt. Noch weit feh-
lerhafter ist die Angabe in Hinsicht des Salabschleimes, da soll
man gar nur 4 Unzen aus einer Drachme Saleppulvcr machen,,
dasselbe Gewicht des Pulvers liefert aber vollkommai gut dop-
pelt so viel Schleim. Eigen ist d(m Hrn. Verf. aber nichts we-
niger als zweckmäfsig die Abtheilung der Mixturen in 1) Tränk«
chen, 2) Eli xire, '3) »Tropfen. — ^ - — Höchst sonderbar ist
die Synonymik , die Herr R. von dem Tränkchen Haustus)* an-
gibt, das mit dem Julep einerlei sejn soll. Diese Form, sagt
der Hr. Verf., besteht entweder aus mehrei^en Flüssigkeiten oder
aus einem* Auflösungsraittel und einem aufzunehmenden Stoffe, er
sey auflöslich oder nicht löslich; dabei warnt er vor dem Zu- ^
satitf der Eisenfeilspäne, des Spiefsglanzes , unlöslicher 'Queck-
silberpräparate u. s. w. Welchem Arzte wird es aber je ein-
fallen, Eisenfeile als Julep geben zu Wollen ?! Den wahren Be- ^
griff eines Julcps scheint der Hr. Verf. nicht genau beachtet zu
haben, obgleich ihn Ebermaier vollkommen richtig gibt. Ein
Haustus' kann Medicamente aller Art enthalten, gleichviel ob lös-
lich oder unlöslich, wohl- oder übelschmeckend, nicht $q der
Julep. Julepus '(sagt fin sehr bekannter Schriftsteller) est me-
4icämentum liquidum internum, sapore gratum et perspicuum^
e± liquore idönco cum syrupo vel saccharo ex tempore sine coc-
tione mixtum, ad alterandum vel ^refrigerandum compositum.»
Das als Bcispid vom Hrn. Verf. aufgezeichnete {nfusum Sam-
budi mit Spiritus Minderen ist weder ein Haustus noch ein Ju-
lapium , , und gehört daher in keinem Falle dahin. — Es ist
schon auffallend, dafs der Hr. Verf. das Elixir zu den Mixtu-
refo rechnet, man mufs sich aber noch weit mehr wundern, wenn
derselbe sagt, ein Elixir unterscheidet sich nur dadurch von der
ersten Art der Mixtur (also von einem Julep), dafs dasselbe
eine mehr wirkliche Consistenz hat und 'iu kleineren Gaben ge-
geben wird; im Allgemeinen (.setzt er noch -hinzu), kommt es '>
in vielen Stücken mit der ersten Art 'übereim Wenn man also
z. B. eine Mischung von gleichen Theilen Gerstenschlcim und
gemeinem Syrup machte, • so wäre dies nach unsm Hrn. Verf,
Erkiärungsdrt' ein Elixir. Warum aber ein Elixir auch Mixtum
stricte sie dicta genannt werden kann, wie hier steht, ist dera
Recens. unbekannt. Dafs übrigem diejenige f^liissiglLeiten, welche^'
6o6 Scliubarth Receptirkunst m Recepttasohenbucli.
in den Pliarmacopoen mit dem Namen Elixir belegt werden,
mehr Aelmliclikeit mit Essenzen oder Tincturen, als mit einem
Juiep, haben, ist bekannt genug. — Nach E^rnÄaiers und An-
derer Vorgang ist als eine eigene Form, die Auflösung i Solution,
aufgeführct, welche nach des Rccens. Meinung völlig überflüssig
ist, indem Alles da Gesagte zu den allgemeinen Regeln beim
Receptschreibcn gehört, und zwar um so mehr, weil bei jeder '
der übrigen flüssigen Formen von Lösungen gesprochen wird,
und folglich dieselbe Dinge gar oft unnötbiger Weise wieder-
holt v^ erden, mufstcn. — Dasselbe gilt auch von dem die Bader
betreffenden Abschnitte; KrJiutev, Eisenkugelu u. s. w. verord-
net inan allerdings dazu aus den Officihen, was in dem Artikel
von den Species hätte beigebracht werden sollen. Unsec Herr
Verf. spricht aber, so wie Ebermaicr, von Tjopfbädern, Darapf-
bäd^rn, Giesbädern, Sturzbädern, Eintauchungen (Submersioncs)
u. s. w. , ja Herr S* gibt gar noch etwas von den russischen
Scbwitzbädern zum Besten. Gehören kber alle diese Dinge in
die Receptirkunst? Welchem Arzte wird es einfallen, ein Tropf-
bad, oder gar ein russisches Schwitzbad aus der Apotheke za
yerschreiben '^ Der Abschnitt von dea Gasentbindungen väre
eher zu entschuldigen, er wird aber d^n Anfängern, so wie er
bier steht, wenig nützen, indem es aiv den nöthigen Formeln
fehlt, die da. zeigen, wie die Gasarten bereitet werden sollen;
diese wären um so nöthiger gewesen , da es manchen jungen
Arzt in Verlegenheit setzen könnte, wenn es sich darum handelt,
ein Kecept aufzusetzen, das dem Apotheker zeigen «oll, wie z»
B. das Schwefelwasserstoffgas bereitet werden mufs. * —
Aus dem- bisher Gesagten ergibt si<Äi '^o ziemlich deutlich
der Schlufs, dafs die Receptirkunst /nicht' sonderlich viel durch
das vorliegende Buch gewonnen hat, und nach des Rc^ccns. Mei-
'nung hat dasselbe keineswegs bedeutende Vorzug^ vor dem Eber-
maier§chen aufzuweisen. «
Den^ gröfseren Theil der Schrift nimmt das Recepttaschen-
buch ein, in wdchem nach alphabetischer Ordnung von den
meisten Medicamenten Receptformeln grolsentheils aus den Wer-
ken berühmter Aerzte gezogen , aufgeführt sind , wobei auch die
chemischen Cauteleni hie uniL da bemerkt werden. — Recens,
war immer der Meinung, dafs durch Recepttaschenbüclier mehr
Schaden angerichtet, als Nutzen gestiftet wird, indem sie bei
weitem weniger von guten Aerzten, -die nicht nöthig habeu, ihre
Recepte in pinem Formelnbüch . zu suchen , sondern vielmehr von
Pfuschern und Afterärzten mit. und ohne Doctorhut, benutzt sind.
Dafs solche Tröster der Unwissenheit nicht neu sind, bewciist
ihre Nothweqdigkeit und Nützlichkeit noch gar nicht; im Qe-
gentheil^ €6 scheint eben kein günstiges Zeichen zu $ejü, dafs
\
Scliubarih Receptjrkunst n. Reccpttaschenbucli. 607
V ^
kcttt 2U Taf;e fast in jeder Messe ein ..öder «efirere Rcceptbueh-
leiD laüsgÜKitenr werd<?D. Was sind sie auch anaers, als Nach»
vaKmungen vo» Woyds Schatz4canamer,iWTedens Feldkasten, dem
medrqinlschen Haaptsohlüssel und anderer Aaritäte^,, nur in mo-'
derbem Gewandt und verändertem Aushängschilde? Es ist kh-
dessen der BiHigkeit gemäfs, die Gründe, zu hören, die der Hr.
Verf. für sein Ünternehiiien anzufahren weifs. Er «agf darüber
VI der- Vorrede: «Der junge Arzt, wie er gewöhnlich die üni-
Yersität verläfst, hat noch nicht genugsam^ Üebuug un4 Erfah-
rung in dem Verordnen der Arzneien, er ist noch unschlüssig
in der Wahl' der Mittel, in dei^ Auswahf der passenden Ver-
bindungen, in der Bestimmung def Form. Es ist ihm daher kein
besserer (?) Rath zu geben, als bei dem Verprdnen am.Kran-*
kcnbet^e die Formeln berühmter Meister in der Kunst alsMus»
ter zu beachten, und* mit reiflicher Ueberlegung durch Erfahrung
bewährte Zusammensetzungen anzuwenden.» Dieses ganze Rai*^
sonnemerft ruht aber auf sehr lockerem Grunde. Wenn der
junge Arzt bei Behandlung einer Krankheit in der Wahl der
Mittel unschlüssig ist; soll er nun ein Recepttaschenbuch zu Hülfe
nehmen ?. Voa Hetzea bedauert Recens. einen solchen Arzt, und
noch mehr den Kranken. . Soll er es, um passende Verbindu«*
gen y um eine passend/^ Form %n finden, thun? Gewifs eben so
wenig! die Handbücher der speciellen Pathologie und Therapie^
so wici der Arznein^ittellehre , die sind es, die der junge Arzt
zu befragen hat; hier wird. ihm gezeigt, wa& er bei jedeir ein-
zeliten Krankheit zu thun hat, welche' Mittel da nützen, welche
schicklich miteinander zu verbinden sind. Und wenn diese Punkte
im Reinen sind, so kann die Verlegenheit um ein Recept wahr^
lieh nicht grofs s^jn; ja wenn auch hier noch Rath nÖthig wä-
re ,' so, geben ihm in Hinsicht der Form die Lehrbücher der Re-'
ceptirkunst, nicht aber Recepttaschcnbücher Auskunft.. — Unser
Hr. Verf. mag dies wohl auch einigcrmafsen gefühlt habep, denn
er setzt hinzu : «damit ist aber keineswegs gesagt, dafs der jung^
Arzt die Recepte anderer Aerzte, sejeu es auch berühmte Prak-
tiker, copiren und eigne Formeln nicht entwerfen solle, sondern
diese werden ihm nur den rechten Weg bezeichnen,* den er
einzuschlagen hat, uni Arzneimittel ki schicklichen Verbindungen
und Formen zu verordnen. Zu diesem Behufe sind Sammlungen
ärztlicher Formelji oder R'ecepttaschenbücher bestimmt.» imf diese^
Weise gibt der Hr. Verf. schoii einen Theil des von ihm oben
gerifhmtcn Nutzens' der Receptsammlungen auf; sie leisten den^
nach nichts in Hinsicht der Wahl, der- Mittel, wohl aber der Ver-
bindungen. Wir wollen sehen, wie weit dies währ ist; ein
junger Arzt will z. B. Chinarinde vorschreiben, weifs aber nicht
recht j was er dazu setzen soll ; und schlägt defshalb im Recept-
6o8 Schubarth Receptirkunst u. Recepttascfaetibucb,
Uscbeobiiclie« nach ; was findet er nun da? -Antwort i5 Formeln
unci allerlei Verbindungen ; welche soll er nun wählei^ darüber
gib^ das ReceptlAschenbuch keine . Auskunft, und es ist daher
lucht abzusehen, welchen wesentlichen Dienst er von ihm er«
WJirten kann. Vortrefflich ist, was Tod« (das Receptschreiben
I. 3o. 3^1 ) über diesen Gegenstand sagt t er n^eint solche Bücher
würden nur von denen Aerzten gebrautht, die selbst keine Hel-
den im Receptschreiben sind, dllcsen sej' es nicht sowohl um
Nosologie und Therapie zu thuu, als vielmehr um die llebea
Recepte, die man gar gemächlich auswendig lernen und &o hin-
schreiben könne, als wenn sie eigne Geisteisfrucht Vvaren ; solche
Fornveln, meint Tode, könnten gar schöne Receptie s0jn, sejen
aber doch nur schöne Kommifs-^ Recepte, v^eil sii^ nicht den In-
dividuen angemessen sejen, denen man sie nat^hahmend vorschrei-
l>e. Vortrefflich bemerkt derselbe ,' dafs derjenige Arzt', welcher
im Stande ist, ein solches Recept nach Umständen abzuändern,
gewifs auch selbst ein gutes Recept aufsetzen könne, tmd nicht
nöthig habe, ein medicinischer Flickschneider zu werd«n. £s klingt
hart, wenn Tode sagt, das Nach9chrcibcn eines Reccptes könne
man einen gelehrten Diebstahl, und den Autor, der sie bekannt
macht, einen Hehler der Pfusch erey nennen; ob aber 2b<fe Recht
* odfer Unrecht hat, überlädst Recens. Andern* zur Bcartheilung.—
Abstrahireu wir aber nun von dei^ Nützlicnkeit oder Schäd-
lichkeit der Receptirbücher, und sehen, was der Hr. Verf. {ge-
liefert hat. Im Allgemeinen sind wirkli6h hier eiiie Menge vor-
trefflicher und : musterhafter Formeln gesammelt, dazwischen aber
auch allerlei Entbehrliches, folglich bona mixta malis. Der Hr«
Verf* hätte seine Sammlung in der That wenigstens einigcrmaf-
sen brauchbar machen können, wenn es ihm gefallen hätte, bei
jedem Recepte die Stelle des Buches anzuzeigen, aus dem er es
gezogen hat, indem man dadurch würBe in 6mi Stand gesetzt
worden • sejn , sich leichter nähere Auskunft über die Wirksam-
keit der Compositionen zu verschatfen. Gewisse Zusammenset-
zungen besitzen, wie jedeni Arzte bekannt ist, oft ganz eigene
Kräfte, die nicht im voraus von der bekanuteji VV^irkung der
einzelnen Ingrodientien abgeleitet werden- können; wenn man
nun ohne diese Kenntnifse blindlings ei^e solche Form verord-
net, so kann^ wie leicht einzusehen ist, grofser Nach th eil daraus
cntstehdb, --- — •
Der BeschUits folgt*
/
V
^=39» Heidelberger 1823»
Jahrbücher der Literatur.
- Schubarth Receptirkunsi u. Recepttaschenbuch.
ißerchlufs.)
In Hinsiclit der Dosis der 'MiM fca* der Hr. Verf. grofse Sorg-
falt angewendet, und sie im Ganzen voUkomnaen richtig angege-
ben, abeir die cliemischeo Cautefen sind bei weitem nicht voll-
ständig angezeigt, und was das scKlimmste ist, so kommen nicht
'wenige Recepte vor, die geradezu den Regeln widersprechen,
welche er selbst zur Befolgung aufstellt und empfiehlt. Recens.
mufs davon einige Beispiele anführen. S.Soj. faeifst es, man ver-
binde den Quitten^hleim nicht rM-'^^sWs^Xzen^ namentlich Plei*
Zucker y Sehe 456 wird dasselbe abermals eingesdiärft , und S.
23i bei Acetum Saturninum auf deu' Artikel von Plumbum ace-
ticum (4^6.) verwiesen, also zum di^tteomale diese Mischung
üls unrichtig verdammt; deraungeachtet ist S. S33 nachstehende.
Formel als Muster zur Nachahmung aufgeführt.
Reo* Eixtraci, Opä drachmain unam r
Aquae Rosarum Unciis octa
addß
» - Aceti Saturnini Scrupidum iimtm
Mucüag^ sem, Cjrdonioram unciam unam,
m. d» ^s. zum Einspritzen.
Aiif derselben Seite steht eine Mischung, die Quittenschleim und
ätzenden Quecksilbersublimat enthält, und nach der vom Hrn.'
Verf.' selbst angetührteu Regel cheroisiiph unrichtig ist, — S. 879.
wird bei dem Mercurius dulcis erinnert. Man vermeide Verbin-
dungen mit reinen und kohlensauren Alkalien und Erden, scKwe-
feisauren Salzen, Seifen u. s. w., und S. 3do, steht das Recept
zu einer Pillenmafse, in die zu Mercurius dulcis Seife und Rba-
barbertinctur kommen soll, welche letztere, M'ie bekannt, Kali
enthält, und weiter unten auf derselben Seite wird der Mercu-
rius dulcis mit Kalkwasser ziiisammengebracht^ •«-- Recens^ weifs
recht gut; dafs manche .chemisch unrichtige Mischung grofsen
Werth in praktischer Hinsicht haben kann; aber vc^rliegendes
Buch ist für deu Anfänger bestimmt ; wenn dieser nun sieht; da/s
^39.
6 10 Schubarth Receplirkunst'u. RecepHaschcnbacli.
ipan auf der einen -Seite des Buchs eine Regel gibt^ und auf
I der andern sie offenbar verletzt, was soll, was kann und mu[s
I CT davon glauben? Nach des Recens. Miinung^ halte diese In-
consequenz nicht nur vermieden wenden kpnnen, sondern aucli
I \ vorzüglich cbirum vermieden werden sollen ,. well in dem Recept-
taschenbuche durchaus keine Gründe zu finden sind, die elue
chemisch unrichtige Mischung rechtfertigen konnten. Von dea
zahlreichen chemischen Fehlern , die hier vorkommen, will Re-
I ' cens. ^nur-npch einige wenige anzeigen. S. SgS: steht folgendes
Recept»
Rec. Aquac Certuorum Uncias'sex
Tarturi natronati
Kali nitrici ana. drachntam unam semU
Succi Citri recentis . ,
Sjrrupi RubC idmei qua« unci(un ,
M, d. S, eia. ^.
Nun steht aber S. 535 folgende , zu beobachtende Regel. Bei
Tartarus natronatus vermeide man VerDindungep mit Säiuren uod
satücen Salzen, sauren Säften ^ mit Metallsalzen. •-— — Die An-
wendung dieser Regel« auf d»s vorsti^Keqde Recept zu machen,
ist nicht schwer. —
Dafs man Alkalien und Säuren nicht in eine Mischung brin-
gen dürfe, wenn eine neutrale Verbindung nicht absichtlich er-
zeugt werden soll, ist eine allbekannte Regeh ' Nun lesen vvlr
^er S. 4o5. folgende Formel.
Rec. Oxjrmeäis scülHici
Liquoris Ammonii imisati
t o/ia. drachmas duäs
Sjrrupi JÜthacae drachmas sex"
M.^d. S.
und S. 4^^ zum zweiten Ma|>le
Rec^ OxjrmeUis scülitici
Unciani unam
Liquoris Ammonii
anisati drachmam unam
m, d, S»
Endlich, S. 5^7. zum dritten Mahle
Rec, Fini stibiati
Liquoris Ammonii anUati ana, drachmas duas
Oxy-meUis scillitici unciam sejnis
. Syrupi Althaeae , *
j Aquac fomifiuli ana. l/nciam unam
M*d, S* etc^
Wenn man ai)er flüchtiges Lapgensalz und Essigsäure zu-
r
Schübarth Receptirkunst ti. Recepttascfaenbuch. Cii
samnienbriiigt, sof bat man die Bestandthetle des Spirims Min-
<[ereri. ^-^ , . ^
Auch ' in mancher andern Rücksicht befolgt der Hr. Verf.
seine selbst angefdhrten Hegeln nicht S. 33. wird 'die Verbin-
dung des Sulphur* anttmcm. arurat. mit einem Syrup oder Schleimi
besonders im Somni^ry Widerratben , und doch sind p. 628 ei-
nige Formeln der Art' angeführt, x Durch Säuren wird» wie be-
kannt, der Goldschwefel zerlegt, und doch ist.S, 233. eine For-
mel aufgenommen y wo derselbe mit^Acidum benzoicum zusam-
mengf^bracbt wird. — « Dafs der Campher im Wasser unlöslich
ist, ist j^dem Lehrlinge der Pharmaceuten bekannt, so wie dafs
er aus der geistigen Losung durch hin^gesetztes Wasser wieder
au^eschieden wird; unser Hr« Verf. tlveiJt aber doch S. '5i3
eine Formel mit, wo Camphergeist mit einem Infus. Valerianae
und Salvitie' ohne alles Biiidungsmittel vermischt wird. *— ^ Seite '.
534« soJi eine UnzD W^instanrahni in -sechs «Unzen Infus. Petro-
selin. gelöst werden , S. 563. aber gibt der Hr« Verf. -selbst an,
dafs in einer Unze Wasser nur vier Gran -gelöst werden |kön-
nen« — - S. 327. soll Extr. Hyoscjami in Tinctura valerianae
aetherea und S. 334* Eitr. Pulsatillae in Hnctüra Guajaci am-
moniata gelöst werden. Beides gehört nach des Recens. Ueber«
Zeugung zu den Unmögliclikeiten , wenn der Pharmaceute nicht
klüger isl, und etwas Wasser zusetzt, fber selbst dann bleibt es ,
hnmer eine sehr «inschickliche Mischung. Nach einer^S. 377
stehenden Formel soll der ätzende Quecksilbersublimat in Man-
deinmikh > gelöst werden; nun enthält aber diese Ejwetsstbff, u.
dafi$ dieser das beste Mittel ist, den Sublimat unwirksam zuma-
chen, sollte dem Hrn. Verf. nicht unbekannt seyn, woraus von 1
selbst folgt, dafs diese Formel eine sehr unpassende ist. — - -^
Die Schwcfelleber.in Pulver und Pillen zu, geben, wie der Hr,
Verf. thut, wird wenigstens vort sehr Vielen iriderrathen , und
zwar nicht ohne Grund. -^ Nicht wenige Pillenmassen führt
der Hrs Verf. auf, welche naturliche Balsame enthalten, welche
aber obne eine .hinreichende Menge eines passenden Bindungs-
mittels sich mit .Extracten oder Pulvern gar nicht in' eine, bear-
beitbare Masse bringen lassen; —
Auffallend war dim, Recens. besonders folgender Umstand:
S. 35. gibt der Hr.' 'Verf. folgende Regel: «Sehr voluminöse,'
aufi^uellende Pulver gebe man nicht in Pulverform, so alle Pul-
ver von Hölzern,' Wui*i%ld, z. B. Altheenwurzel, Enzianwurzel,
Quassiaholzpulvei*i Sie wierden bei dem Anrühren mit Wasser
eine dicke Masse bilden, die dem Kranken zuwider ist.» Seite 6 1.
heilst es abermah f «So gibt ^man lieber Quassiaholz , Altheen-
wurzel in einer andern Form , als der des Pulvers» ; aber Seite
255. steht doch cijie Formel | die Qaassienholz in Pulver vor-
39*
\
612 Dr. Gratz. Commentar über d. Matthäus.
\
sclireibty und S. 4o2. ab«rroa1s eine. So geU es auch mit dem
Arsenik, de« man durchaus nicht in Ifulver geben soll% und das
ist gani richtig', aber Seite »64- wird Arscnicum $ulphuratum
und Auripigment in Pulver voi^fischviebon. Reeens. übergeht
eine Menge ähnlicher Bemerkungen, und wollte nur noch vor
der S. 455 .stehenden Formel , welche den Phosphor ia Pillea
vorschreibt, bestens gewarnt habem — ' . ^
Angehängt ist dem Recepitaschenbuche noch eine verglei-
chende Nomenclatur der vorzüglichsten Pbarmacopöeu der deut-
schen und angränienden Länder. Diese ist auch schon früher ffir
sich allein in den Buchhandel gekommen , und wurde bereits in
den Jahrbüchern angezeigt, Receiis. kann diesen doppelten Ver-
kauf nicht billigen; wer sich jene Bogen bereite gekauft liat,
und niui auch das ReiicpUaschenbuch sieb anschaflfen Wollte, würde
somit genöthigt seyn, dasselbe Ding. zweimal; zu zablvo, was mit
den Cesetzen der Billigkeit nicht übereinittiniittt, •—
4. Kritisch " historischer. Comtnenfär üb^r das EmngeUum Ais
Matthäus j von Dr. A. J. Gratz. — 4. Bd. die drei-
zehn ersten Capitel enthaltend*. Tubmgen. bei Laitpp. 8.
^. Katholische Bemerkungen zu dem krit ischrhis-
tor. Cvmmentar über das £vangeL des Mat-
thäus, ifon Dr. Gratz, Prof. an d. kathoL thedog.
Factdtät der Kön Preiiss/Rheinunu^ersität zu Bonn^-rr^ "von
Aston Joseph Binterij^, d. Thed. Dr.,.Pf, zu
Bäk und der Forst adt Düsseldorf, Erste Lieferung,
Mainz. 4Sü3. b. S, Müller. 43» S. in S»
Der geehrte kritische Forscher, Hr. Dr. Gratz, gab ip dem
1. Heft seines Apolegeten des KathoUcismus unter, dem Titel:
lieber die Gränzen der Freiheit, die einem.- Katholiken in Er^
klärung der heü, Schrift zusteht, eine Rechtfertigung, in wie-
fern neben dem ibejcannten Beschluss des Tridenter Concils Sess.
4. noch ein eigenes Forschen über den Sinn der Bibel eioem
Kathol. Lehrer offen bleibe. Jenes D^cret sej nur (?) gegen
die petulantia ingenia jeljer polemischen ,Zeit temporär, gerichtet,
die Dogmen blieben ohnebin durch di^ KLircheutradition gesichert,
auch die Andersdeutung einzelner Stellen., selbst wenn sie Sä-
tze von Glauben , Sitten und Erbauung, betrjfep , sey nicht An-
griff der Lehrsatze,;. wenn man nur etwa eine dafür gebrauchte
Stelle anderswohin beziehe; ein Consensus, unanimis exegeticus
der ConciWen und Kirchenväter könne ohnehin schyrerlich je gezeigt
werden. .Rec. beobachtete, neben den immer anerkannten (he-
» 1
Dr. Gratis. Commentar über'd. Matthäus. 6i3
. • ■
sonders innerlialb seiner Kirche aus bekannten, nicht wiinschens-
-werthen Ursachen sich nur allzu selten öiFentlich Zeigenden) kri-
tischen und exegetischen Kenntnissen des Hrtu Dr, Gratz, mit
besouder^em Vergnügen auch die Vorsicht und Lehrkhigheit in
^er ' ni^priichlosen MUtheilung verschiedener priifungs würdiger
neuer Ansichten. Diese sollte doch auch ein Kathol. Gelehrter,
wen» er nicht blos Nachsprecher bleiben will, mit ihren B^«
weisgrunden wissen und überdenken lernen.
Was soll aber das Fort^chreitenwollen da, wo alles langst
ausgemaoht? uo die Unverbesserlichkeit das- grölste Kleinod ist?
So denkt Hr. Dr, Binierim dagegen. Gewährt es nicht so viele
Bequemlichkeit, ii6mer mit c. 3. aus^VinCjentü Lerin. Commoni-
torium auszurufen ,- dafs nur das, quod semper , quod ubifue^
quod ab omiiibiis credilutn est, gelte? wenn gleich, voiv/keinem
besonderen kirchlichen -Lehrsatz, noch weniger* von irgendeiner.
Siiinerklärung dogmatischer Bibelstellen nachgewiesen werden kann^
dafs etwas bestimmtes /m/ner und von allen darüber so geölaubt
worden sej. Desto selbstpreisender nennt Hr^ Bihterun^elne
Bemerkungen katholisch. Und so müfste, wie auch der Verf.
CS auszusprechen ,sic^ annnafst, der Gratzische Cbhimentar dagc-*
gen unkatholisch sc ja.
Unter Protestanten wäre dies unbedenklich. Denn hier kann
höchstens ' einmal eiu katholischer Verfasser eines transitorischeii
Regulativs die Wahrheit, dafs eine religiöse Staatsregierung, als
solche', weder dem katholischen, noch irgend einem andern Kir-
ehentiim ausschltefsend ergeben seyn, sondern aller Landeskir-
chen Pflichten und Rechte gleich sehr kennen und schätzen soll,
so sehr vergessen, dafs er eine Vorschrift, wie, wenn sich die
Schrifterkläru«g naqh den Dogmen und symbolischen Büchern
richten müfste, auch 9uf protestantische Lehrer auszudehnen meint.
Unter den Protestanten kann auch die Erneuerung der Paläolo-
gie Wenig schaden, oder wenn etwa einmal ein angehender Theo-
log , vor gereifter Untersuchung , gleichsam zur Abwechslung,
noch so 4aut behaiiptet, dafs seit Semlcr, Erncsti, Michaelis, Tel-
ler u. s. w. die meisten* Theologen träumten. Mau weils we-
nigstens allgemein, dafs die Methode jener Männer, das religiöse
AUertuin heller verstehen zu lernen, gerade dort begann, wo
eine gröfsere Untersuchungsfreiheit, also die vollere Anwendung
»Her xler besten Kräfte^ mit den ausgezeichneten .Kenntnissen u.
Talenten, in denen dieselbe schwer za übertreffen sind, sich ver<-
euiigt hatte. Man weifs, dafs indefs die, welche sich offenbar
durch Studiren , Scharfsinn , Urtheilskraft auszeichneten, jene Me-
thode des allgemeingültigen Interpretireus auch weiter prüftcji
und durch Theorie und Anwendung immer deutlicher zeigten,,
warii/n ^ie der wahrfc, zugleich hifttbiische und wissenschaftliche
6i4 Dr. Grat7.. Commentär über d. Matthäus«
Weg sej y sich ip die Ansichten des. religiösen Altcrthums jeo«
seits der Patristik und Scholastik hineinzufindeti , und doch die
fortschreitende Einsicliten aller Zeiten damit tn Verbindung zu
.setzen, folglich ein überzeugendes Ganzes von Wahrheilen, de-
ren keine der andern ^widersprechen , und vqfür es also nicht
zwäerldi conträre Wege geben kann, darzustellen. . Man weils
endlich, was das' erfreulichste ist, dafs jeder, welchem eine Zeit*
lang die meisten Andern träumend scheinen mögen , als Protes«
tant die vollige Freiheit hat, alle, seine hebten' Grunde für seine
Meinung unbesorgt ins hellste Licht zu stellen, undv.dafs also)
wenn er keine ruchtigeren Gn'inde, als etwa die verdireten, wie
Gerhard und Quenstädtj höchstens Geier > sie gefunden hatten,
für sich erreicht hat, nicht irgend eine Auetori tSt oder Verein-»
genommenheit ihm drückend entgegenwirkt, sondern einzig die
Stärke oder Schwäche der Beweisgründe entscheidet, bei wel-
cher Methode der theologischen Wahrbeitforschung das Wachen
(die IJrtheilsfähigkeit mit hi4jreich enden historischen und philo-
sophi'hen Vorübungen) oder das Träumen dämmernder Ahnun-
gen überwiege , woraus sich, wer Kraft und ernsten Willen bat,
noch mit der Zeit ungehindert znm Wachea emporarbeiten kann.
Schwieriger 'aber ist die Stellung dort, v^o aUes noth wendige
vinfallibel entschieden vor sich zu haben,, als das gröfste Glück
betrachtet und afs Bedürfnils für die Gläubigen gefordert wird,
wo aber doch, was alles zum uoth wendigen gehöre, oder es we-
nigstens berühre und leicht afHciren könnte, nirgends entschieden
ist, und defswegen von Verschiedenen nach so verschiedenem
Gutdünken enger oder ausgedehnter gedeutet wir^. (Nach S.
56, soll die Behauptung, dafs das Anbeten der Mager aus dem
Morgenland das erste Zeugdifs für die Gottheit ^esu se^, als
eine strenge Glauber^ssache gelten ).
Geholfen vrite freilich leicht, wenn dorther, wo die Quelle
der Infällibilität fortdauernd sich crgiefsen, oder wo wenigstens
so lange , bis die Kirche einmal wieder in einetn infallibleo Con-
ciliura sich ausspricht-, provisorisch eine unwidersprechliche Zwi-
scliensentenz zu fällen seyn soll, dem Selbstförscher in d^r Schrift
eine richtige Bewegung angewiesen vvürde. Rec. aber mufste
vor einiger Zeit schon in der Anzeige von lautqn -römischen
Aeusserungen gegen den seel. Jahn zu Wien und die Seltenen
seines gleichen (Jahrbücher Nro. yZ. 1832.) die Besorgnifs äus-
sern, dafs ein neuer Isenbiel leicht auch jetzt,' wie 1778 die Er-
fahrung würde machen müssen, wie unter Umständen, wo LV
veränderlichkelt für ünverbesscrllchkcit gelten soll, selbst durch
Vcrfluss von einem noch so merkwürdigen Halbjahrhundert nichts
verlernt und nichts zugelernt wende , und dieses sogar der si-
cherste Ruhm zu bleiben scheiue. So bleibt es alsdann bei deia,
I . . . . • •
Dr; Gratz. Commentar über d. Matthäus. 61 5
was sclion Gelasius Papa in epist. ad «Honorium , cpum Dalma^
tiae ausrief: übi est, quod (Prov; 22 j 28) scriptum est: Ter-,
miiios palnim tuorum nc tranagredlarls. Quid ergo teudimus ul«
tra definita majoruirf?
• Erfreut, von der Vorseliung auf den Standpunct der fort''
^schreitenden Verbesserlichkeit gestellt V z\i sevn, tritt Reo. um so
weniger gerne zwischen die Streitenden jener Seite, da', soviel
er siebt , vornehmlich die Aufmerksamkeit, welche Hr. Dr. Gratz
dea> philologisch -kritischen Commentar des Kec. selbst schenkte.
ihn für den ultrakatholisclien Hm, ßinterim so unkatholisch un4
anst5ssig macht. Fast immer hat defswegen der Rec. die Ehre,
dafs, um Hrn. Dr. «Gratz- wehe zu thun, diesem das AnführOn
aus dem »ethnizierendenn Dr. Paulas (S. 76.) zur Sande ge-
macht wird. ^
Halten, wir nur immer recht fest, an dieses Ethnizieren/nb et
-- mit den Classi'Aern des Heidentliums, nicht mit andern geschmack-
losen Mifsgestalten diess " oder jenseits des Nils und Indus. Denn
zu bedauern ist es nun einmal, aber allerdings nicht zu laugnen,
dafs der Geschmack zu. keiner Zeit aus den Kirchenvätern, im-
mer aber, und vornehmlich auch um dje Zeit der protestanti-
schen Kirchenverbess^rung, aus den hellenischen und romischen
Heiden zu schöpfen war, ja dafs selbst die wahre Interpretation
und Exegese nur an den heidnischen Clnssikern zu lernen und
hierdurch erst wieder das Urchristenthum von dem Patristicismus
und Scholasticismus zu unterscheiden und zu reinigep wai*. Statt
der IVfühe, ein solcher ethnizierender Auslegungskuudiger zu wer-
den, wäre es ^freilich bequemer, nach deip unläugbarsten Bei-
spiel/des wirksamsten Dogtnaticisten, Augustinus, für das Erler-
nen der Griechischen Sprache, zu leichtsinnig zu bleiben , sich
sich blos an eine lateinische Versipu zu halten, dennoch aber
über die ^efsten Lehren vom menschlichen Willen und von dem
gerechten und gnadevollen Verhältnifs der Gottheit zu den äus-
sern und Innern Natürkräften eine kirchlich infallible Metaphy-
sik auszusinnen, und bei dieser das erste Beispiel gangbar zu
machen, dafs die Cai^thagische Synode vom J. 4<3. ('s. Röslcr
BiUioth. d. Kii'chenväter. 5. Th. S. 4o4.) als Symbole oder Un-
terscheidungszeichen der kirchlicMRechtgläubigen auch voii Nicht-
anwesenden unterschrieben Yf ex den mufste. ," '
An Augustinus ist e^ wenigstens zu loben, dafs er fenc
seine tiefe Ignoranz, und die ilin. dahin führende Erbsünde der
Trägheil und des Leichtsinns aufrichtig bekannte , ja sogar, dafs
er auch Latein, wenn er nicht di^ Worte sclion von der Amme
her gewufst .hätte , nicht gelernt haben würde, eingestSind. Nach
seinau Confessioncn I. 23* war ihm selbst Ilopier, ungeachtet
, der phaotasicreiche Knabe und Jüngling gar gerne die Erzählua*
/
6i6 Dr. 6rat£. Commentar über d. Matthäus;
gen und Mythen desselben anliSrte, doch' amarus. Videlicet dif-
ßcultas cdiscendae peregrlnae llnjg;uae quasi feile adspergebat
omnes suavitates graecas fabaJosarum narratlooum. Nulla enini>
verba illa noi^ram^ . Und so muscermäfsig floh Augustinus über-
haupt alles 9 /Wa^ im Lernen ihm Miihe gemacht hätte, c. 20. illas
primas litteras, u6i legere et scriberc-et numerare discitur , non
minus onerosas habebam , quam graecas.
Da nun der endlich heilig gewordene, ungeachtet ihqi alles
ethniziei:fnde und hebraizierende zur Schrifterklär.ung sein Le-;
benlang fehlte, dennoch der infallibelste Dogmcnsch6pf er gewor-
den ist, so dürfen wir uns v^^ohl auch nicht wundern, dafs Hr.
Binterim sein<^ ganz^ erste (hofiPentlich auch letzte) Lieferung
von Kritik über den Gratzfschen Commentar mit durchgängiger
Berücksichtigung des «graeca et hcbraica non Icguntur» seinem
Publicuni vor^ulec^cn, nicht für gewagt hält.
Dennoch siifi ihm zu dieser, höchstens auf lateinische Aoc-
ioritäten gestützten Arbeit, wie am Schlüsse ve^rsichert wird,
«Winke eines treuen Oberhirten der Kirche — Befehle gewesen.»
Hr. Binterim aber folgt dem Musiterbild von Augustinus so un-
befangen, dafs er sogar, wo er S. 93. behauptet, Dr. Gratz
scheine einen Text des Epiphaiuus nicht recht gefafst zu haben,
von diesem Griechischen Kirchejivater nichts als die lateinische
Ausgabe (ist Ausgabe und Uebersetzung ein-erlei?) des Jaco'
bus Blllius anzuführen hat, nnd auch diese nicht einmal richtig
versteht. Ebenso will er uns S. 22., etwas aus Epiphanius über
das Eyang. nach den Hebräern lehren, ohne zu wissen, dafs im
Texte nichts von absolutissimum steht. (Epiphai). kannte es als
«X bhiV non integrum , weil manches darin feljhc, aXXa 7rX?/f£- '
5'«rof sed plenissimurri tarnen ^ weil es gar viele Zusätze halte).
Bei solchen Tüchtigkeitsproben ist denn Hr. B. unstreitig
der Mann, welcher^ gegen die «hochweisen Kritiker» 'S« 92 zu
verhüten hat, dafs nicht die heilige Geschichte «das Spielwerk
einiger kühnen Bösewichter^ bleibe. Ja, auf derselben Seile fafst
dieser Hr. Binterim Lessmg und Bahrdt zusammen, ab Män-
ner, deren Namen im Bitche der Vermaledeiungen , in libro ma-
ledictionum mit grofsen Buchstaben geschiieben, aufbewahrt war'
dön, $ \
Sollte es denn abpr noch nictit' hohe Zeit sejn, dafs die
würdigsten Sachkenner in der teutschkatholischen Kirche, zur
Ehre iiirer KiTohe selbst , solche Sedretaire dies Buchs der Male-
dictionen durch eine allgemeine Perhorrescenz g^gen worlfuhrenJe
Is^noranten zur Ruhe verwiesen? Dehn wohin müfste es mit der
wahren Achtung gcgein .die teutschkathol. Kirche kommen, wenn
Männer, wie Dr. Jahn, Dr. Gratz und dgl. unter dem Schutz
*d«r Romanisten von unwissenden Schreiern, als den rechtgläu-
\
Dr. Gralz. Commentar über d. Matthäus. 617
bigen Rettern des KircKeiitlinins, mifshandclt und ieikczert wer-
den dürften? Hr. Biiiterim ist so weit, dafs er aller biblischen
Kritik S. a4* das Concilium /Von Trident Sess. 4* entgegenstellt,
und dieses so . erklärt, wie wenn jeder, di^r nicht die Bücher
der Bibel mit aUea ihrin TAeäe/t, wie sie in der ecclesia catho-
lica sevifohnLich gelesen worden, und in der alten Vidgata ent"
halten seyen, für heilig und kanonisch annimmt, anathematizirt
wäre. (, «Si quis libros ipsos integros cum omnibus suis partim
hos, prout in ecclesia catholica legi consueverunt et in veteri
i^ulgata latina editione kahentur, pro sacl'is et clinonicis non sus-
ceperit et traditiqnes praedictas sciens et prudens contemserit, ana-
thema sit ).» Müssen niclit in den ersten Princjpien einer grof-
sen Anstalt wichtige Grundfehler zu bericlitlgen scyn, wenn da-
rin das Fortschreiten kritisch -histc^rischer Untersuchungen zum
voraus für kirchliche Contrebande erklärt werden kann, wenn
gegen die Seltenen, welche zu forschen wagen, di^ Bjnterims
etc. das grofse Wort nehmen und einen Dr. Gratz nÖthigcn kön-
nen , den Katholicismus zunächst gegen Kirchengenossen, die den
Verfassern des Majrnzer Kqtholißien gleichkommen , zu apolcgc-
tisiren« Sollten nicht die Besten diesen «Schaden Josephs» end-
lich einmal von Grund aus aufdecken und zu seiner Heilung sich
"vereinigt?
In der Kritik sind dem Hrn. B. nicht einmal die ersten
Grundbegriffe bekannt. Gegep die Bemerkung, dafs Matth. 3,
8. die Le^rt Kotpveg d^ing wahrsch. durch Chrjsostomu^ ver-
breitet worden sey, kann der Mann S. 97. die Einwendung
drucken lassend lange i^or Chrysostom. habe der griech. sowohl
al^ der. lateinische Text jene Worte im Plural |g;elesen. Denn (?}
in Blanchiuii Evangelian quadrupl. finden vvir sie, und Bengel
in Appar. crit. führt eine grofse Zahl grii!chischer Codices an,
wortti sie ebenfalls sind. Es ist nicht genug, dafs Hr* B. solche
Bücher, wie Blanchin. und Bengel, in «seinem Tusculanum» hat.
Man mufs sie auch zu benutzen verstehen. Jeder aufmerksame
Schüler von Dr. Gratz würde ihn belehren können, u. alle, welche
über solche Dinge mitreden wollen, müfsten wenigstens wissen,
dafs weder die von Blanchini exccrpirte CoJd.. der latein. alten
Version, noch die von Bengel angeführten griech. Codices von
irgend ein^m Kenner - für älter als Chrjsostomus gehalten wer-
den. Ebenso kundig vvird S. 117. wieder aus' Blanchini kriti-
siert. Dagegen ist es Hrn. B» S» 52. merkwürdig, dafs (wie-
der bei Blanchini ) der Codex Veronensis den Stern der Magiej
sogar super puerum stehen lasse, und an der allegorischen Deu-
tung des Irenäus 3, lo., was ^^lles der Magier Gold 9 Weih-
rauch und. Mjrrhe bedeuten könne, findet S. ßS. einen Ge*'
Hhmack, den er durchaus auch Hrn. Dr« QxifXi aneignen möchte«-
/
/"
6i8 Graiz. nov. Test, graeco-laiioum.
Da dies scYiwerlich gelingen ka^n, so mufs der Graiz.lsc1ie Com-
mcnlar nicht, nur ciu^ plagium prptesianticam S, 83. heifsen, «Auf*
zälilung der vAbsurditätcn , und Blaspliouiief^y ivelclie die erneu-
eiCeo Zeiten des lieidnisclicn Unglaubens erzeugt haben«, seycu,
sagte S. loo. das Licbliqgsgcschäft desselben.
Rec. führt solche charakteristische Data^ "wie weit die lei-
denschaftliche Tgnoraiiz unter der ]\Iaske der RechtgTäubigkeit sich
vorwärts dränge, blos dcfs wegen an, um die obige Aufforde-
rung an alle, die in der teutschkathbl. Kirche, eine Stimme zu
haben verdienen, zu einmüthigem Zurückweisen solch'cr Rezer-
xnachereien zu motiviren. Wird der vcrkezernden ünwisscnliell
'auch nur nocli eifte kurze Zrit Raum gelassen, so ist der Ruhm, dufs
die tcutschkatholische Kirche am meisten Forschungsgeist und
Grundeinsichten zulasse, der Ruhm, welchen Franz Ludwig für
Würzburc^ Joseph der II. für Freiburg^ — begründet hat, um
so gewisser gefährdet, als dergleichen Vcrkezerer gegenwärilj;
den Ost- und Südwind für sich zu haben, und de« Wagender
Politik ziehen zu helfen wähnen. In .kurzem wird der Uiifa<^
kczermacheriicher Ignoranz keine Grunzen und keine Schoiuiii<;
mehr kennen, wenn sie es erst bei vornehmem Pöbel zur Mode
machei^ kann, dafs gelehrte Forschungen als unkatholi(u:h , und
Stunden der Andacht als Satanswerk verschrieen werden dür-
fen. Nirgends ist Nachgiebigkeit weniger an dcj rechten Stelle,
als da, wo sie einer herrschsüchtigen Uawissenhcit,die sich vor sich
selbst und dem UrthetI der Welt nicht schämen kann, gegen-
übersteht. Das Werk des Hrn. Dr. Gratz hätte nicht nur durch
seinen reichen Yorrath \or\ Materialicn.4ujm Nachdenken, sondern
auch vornehmlich durch die Mäfsigung, womit er das Denkwür-
dige, ohne abzusprechen, bcurtheiien lehrt , ober solche nur des
Mittelalters würdige Anfeindungen erhaben seyn sollen.
Eben dieser gelehrte Kritiker hat sich zi/ gleicher Zeit, za-
nächst um das Bijjelstudiura in seiner Kirche ein Verdienst ge-
macht, aber auch allen', welche den seltenen Com plo tischen Text
gerne im Zusammenhang haben, seine Abweichungen von def
neueren Kritik überblicken und beides mit der immer schätzba-
ren latein. ICirchcnversion leicht vergleichen uiochted, etwas sehr
angenehmes erwiesen /-^^ durch sein
Novum Testamentum Graeco ^ Latinum, Vulgata interpretatione
latina editionis Clementis Vlll, graeco textiu ad editionein
Coniplutenscin diiigcntissime cxpresso e regione oppoiita f fl«-
posita? Jp Studio et cura D, Petri Ahorsu GrJTz, '«
unii^crsitate Borussica' lUi^nana CatholicO'^Theologicae fo^
cidtatis Professoris prinikriL Pars prima» QuatuorEvf^'
gelia complectens^ Tubirigac, b, Fues> /tf^/. J^^aiidXXX,
Grau. nov. Test graeco-latlaum. 619
S. in 8* Pars setujtda. Actus Apost. JEpistolas ei Apc^
C€djrpsm continens, 466 S, ( 4 ß*'^o kr. )
\jcv gHccliisctie T^xt ist mit Genauigkeit aus der Complutisclien
Aufgabe abgedruckt. Da diese weder Accente uod Spiritus, nodi
InterpunptioD bat, so sin4 diese Nacbbulfen binzugekommcn, auch
die vielen Druckfehler verbessert . worden. Eben so genau ist
der lateinische Text, selbst mit Beobachtung der Interpunctioi^
aus der Original -Ausgabe: Rom kSqs geliefert. Unter dem Text
sind die voa der~ Complutischen Ausgabe abweichenden Lesar-
ten der dritten Ausgabe des Robert Stephanus vom J. 1 5So. auch
die Abweichungen des Textes, welchen Matthäi und Griesbach
( 2te AuQ. 1806.} gegeben haben, bemerkt. Nach dieser Ein-
richtung hat man die verschiedenen Lesarten der vier Hauptre-
censionen in Einem Ueberblick, und so dafs man auch zugleich
eine alte Kirchenübersetzuug damit vergleichen kann.
Dem Complutischen Text v^ird in der biblischen Kritik stets
ein besonderer WerUi bleiben. Er ist aus Manuscripten ver-
fafst, die nicht mdir alle. voHianden sind. Die Herausgeber ver-
sicherten: non quaevis exemplaria (d. i. iiort qualiacunque ) im-
pressioni huic archctypa f pisse, scd anliquissima et emei^datissiii>
ma ac tantae praeterea vetustatis, ut fidem abrogare nefas videa-
tur. Kriterien des Altertbums, upd wie man aus- den mehreren
Schriften den Text zusammengeordqet habe, geben die guten
Leute freilich noch nicht an« Doch bleibt immer wahr: Dafs
die Complutische Originalalisgabe in den gröfsten Bibliotheken
sich selten vorfindet, und die Nachdrdcke derselben sich man«
che vermeintliche Verbesseruntjen 'erlaubten. Da ferner in deo
sogenannten' Varianten -Sammlungen die ihr cigenthümlichen Les-
iM'ten nicht ganz genau ausgehoben sind, 'so ist eine neue ge-
naue Ausgabe dieses Texten den Wünschen ^der Kritiker ent-
sprechend*
, Die Wandclbarkeit der Kritik, wenn sie gleich vom rühm-
lichen Streben nach Vollkommeulieit zeugt, hat doch das Uiir
angenehme aller Wancftibarkeit. In dieser Hinsicht haben sclion
früher sachkundige Gelehrte mit Mill dafür gehalten, dafs man
einen gewissen Text rrcipiren sollte, dem daiin die von Zeit
zu Zeit sich ergebenden kritiscKen Forschungen beizufügen wä-
ren, Mill und Biirh haben die dritte Stephanische Ausgabe hie-
zu gewählt, und man mag ihre Wahl allerdings billigen. Den
Verfasser hat die Berücksichtigung, dals der Complutisthe Text
zuD^ Besten der Kritik bekannter werden dürfte, geleitet. Zu-
dem glaubte er, dafs es jedem Freunde der biblischen Kritik
angenehmer seyn werde, wenn er das 'bis jct/.t fortgeführte Ge-
/ bäude der bibli^cheo Kritik iu sdaer üruudlcguog, FortsctiuDg
/■
(}2o L. v;^ EsSf Biblia 5. vulg* edit. sec. exempL Vatic.
und in dem dcrmaligeii Zustand vor sich sehen lann. So möge
dann auch der ofrentliche Lehrer, gemäfs dieser Anordnung, sei-
ne Schüler am leichtesten mit der Kritik des N. Test, bekannt
madieu, und hie und da solche sos^ar weiter fuhren, besonders,
Mreno er auf die Vulgata zugleich Rucksicht nehmen will. Die
Aengstlichcren erhalten hier einep Text, der das Ansehen eines
Kirchen -> Cardinais und die Approbation des Kirchen Oberhaup-
tes für sich hat; und da zugleich die mindeste Abweichung der
Aasupbe des Stepbanus und Griesbachs' von der Complutischen
augezeigt wird, so findet der Freund der einen oder andern
KecensioB iu ebenderselben Ausgabe die, Texte, auf welche es
am meisten ankommt.
Dieser wohl überdachte Plan des Herausg. trägt seine Em-
pfehlung in S|ich selbst und in- der lobenswürdigen Berücksichti-
gung der Bedürfnisse serner Kirchengenossen und der beschrän-
kenden Voraussetzungen kirchlicher (freilich von der ächten Kri-
tik und Hermeneutik allzu weni£; ipspirirter) Auctoritäten. Es
ist immer löblicher, das .ndth(ge*mit einer gewissen Nachgiebig-
keit, als gar nichts besserndes hervorzubringen, weil niaii des
alten oder neuen zuvil^l durchzusetzen verlangt. Diese guten Yor-
sälze sind von dem Herausg. sorgfältig ausgeführt. Vorgedruckt
]«t Hieronjmi Praefalio in IV Evängella — ad Damasum und
Clementis Papae (VHI.) Pracfatio in suae Bibliae (?) sacrae
editionem, auch von dem Herausg. selbst ^ne brauchbare Sjuop-
sis IV. Evangelior. una cum parallelis, für jeden Evangelisten
besonder. Bei der Apokalypse ist der sehr abweichende Text
der Rob. Stephanischen Ausgabe- von MDL. ganz unter den Com-
plutischen gesetzt« Nicht zu übersehen sind auf dem lets^ten Blatte
I» Enumeratjo locorum» quibus variae editiones (vulgatae) Plan-
tin, abeditt. Vatic. recedunt u« Catalpgus eorum editionis Vatic. loco-
rum, qui Henrico Bukentop Ord. Fratrnm Minor. Recoll. in
opere.sno: Lux de Luce, Col. Agripp. 1710. mendosi videban-
tor, addita per enndem virum lectione veri^imiliori/ Diese Stel-
len sind nicht unbedeutende /
Rc,c. bemerkt zugleich mit Vergnügen, dafs für eine Ver-
gleichung der mehreren Rom. Ausgaben der V^lgata von Hrn.
Dr. /,. f fl/« Ess aufs neue ein Fleifs angewendet worden ist, den
"vielleicht Hr. Dr. Gratz bei einem ferneren^bdruck seiner Edi-
tion benutzen kann.. Hr« L. v. Ess nämlich hat sich die wich-
tigen und seltenen Ausgaben der^ lateinischen Bibel vulgatae edi-
tionis, Romae, ex typo^ra.phia apostolica Vaticana iSgo. <592.
1593. ,1598. und die daselbst beigedrucklen Anzeigen üirer
Druckfehler verschafft und sich überzeugt, dafs jene Valicani-
schen Bibelausgabcn mehr als in Druckfßhlet'fi — wiewohl »«
nichts, was deu Glaubca betrifft — von eiuauder abweichen.
L. V, Ess, Biblia 5. vulg. edit. sec. exempL Vatic. ßai
/
Mehrere ältere und lienere lateinlseFie Bibeln vulgatae editiopisy
in und aufser Dctttschiand unter der Aegide: juxta . exemplar
VaUcanuin erscliicnen, sind doph nicht ganz' treu« Abdrücke. Sie
mufsten auch schon den Charakter der Abweichung von einem
oder dem andern Vaticanischen Exemplar defshalb in sich tragen,
wenn sie nur nach einem der genannten Originale, und zwar
ohne Nachbesserung der Druck - und anderer Fehler ex in^ici-
bus correctoriis Romae editis gedruckt wären; worunter nicht
die Romanae 'Correctiones in latinis bibliis edit. vulg. ., . . . ib-
ca insigniora , a Francisco Luca Brujgensi zu verstehen sind.
Der Buchdrucker zu Antwerpen, Johann Morel und «eine
Nachfolger hatten durch die Pabste Clemens XIII. Paul V. Ür-
ban YIII. tiufser Italien das Druckmonbpol, um die -lateinische
Bibel vulgatae edit. juxta exemplar Vaticanum worttreii abzu^
drucken, bekomjnen. Der erste Druck dieser ßib^ ist von 1599,
andere von folgenden Jahren. Nach diesen sogenannten Plcaiti'
nischen Ausgaben sind andere gewöhnliche Nachdrücke gefertigt. ^
Aber auch diese Plantimscken Ausgaben mit ihren Nachdrucken
sind von dem Vaticiuiischen Originale abweichend, ob$chon je-
der Abweichung In dem erwähnten päbstHchen t)ruGkprivilegium
und anderswo die. Alinduug: $ub poena excbmmunicationis ma|o*
ris'latae seuteutiae, dioht. ^ .
Hr; L. V. Ess hat'wegen derer, welche um die für authen-
tisch erklärte lateinische Bibel besorgt sind, und für Andere, die
aus andern Gründen eine f^aticanisch genuine Ausgabe^ in treuem
Abdrucke .|;u besitzen wünschen, dazu aus oben genannten Vati-,
canischen Ausgaben die vom Jahre 1592. gewsihlt. Er hat nach
den Vaticanischen Verzeichnissen die Druck- und andere Fehler
daraus entfernt, die vaiiirenden Lesarten der andern Vaticani-
schen Ausgaben von den Jahren. 169 o. i593. 1598. unter den
Text gesetzt (worunter die von iSgo auch Werth für die Kri-
tik haben) und das Ganze mit Parallelsiellen versehen, unter
dem Titel .
#
Biblia sacra vidgatae editionis, i. e. vetus et novum teslameu-
tum, juxta exlemplar ex tj'pographia apostolica VatiCana Ro-
mae 1592, cor^ectis corrigendis ex indicibus ' correctoriis
Komae editis pro bibliis Vaticani^ annOrum 1592« i593.
i59B>y n^e non substratis loctionibus ex Vaticanis iilis Bibliis
. annoruni 1590. 159a- .i593. 1598. inter sese variis, additis-
que iocis parailelis, et versibus abrupte positis.
Allen diesen Verbrcitungeil von Kenntnifs der^ Quellen, wel^
G22 Tiburtius, vom Gebrauch des lat. Conjunclivs.
clie znm Urcltristcnlluim rein und practisch zur(ickieit'en,k5nneiY,
IVer sollte tluieb nicht den wirksamsten Fortgang wünschen?
B. E. G. Paulus.
yersuch, 4^e Lehre vom Gebrauch des Conjunctiv im Laleini*
sehen mit Berücksichtigung des Griechischen, und der Ger^
manischen und Lateinischen Sprachen, auf sprachphiloso'
phische Grundsätze zurückzuführen, nebst einem Anhange
über das Gerundium im Lateinischen von FniEDnica Tibür-
Ttüs, KolUiborator aa der Schule zu St, Katharinen in La-
heck, Leipzig , bei G.^ Meischer 48 ft^. — 435 S. $•
VVenn Referent bei Schriften der Art, wie die vorliegende ist,
die Form und Einkleidung des Vorgetragenen für etwas sehr
Wesentliches hielte, so wurde er bei dieser Anzeige Manches zu
erinnern haben gegen einige darin herrschende Fehler, als da
^tnd ein allzu oratorischer ^Ijl; unnothige Umständlichkeit und
Redseligkeit; eine gewisse durch zu lange Perioden, Zwischen-
sätze u. dg), entstandene Schwerfälligkeil und UndeutlichkeitjuQ'
nötbige Entschuldigungen und captationes' benevolentiae ; selbst
Incorrectheit im Gebrauche der Muttersprache. Da es iudefs bier
hauptsächlich, um den Inhalt zu thun ist, so wenden wir uos
sogleich zu dte^m, und versuchen es, den Lesern dieser Blät-
ter in gedrängter Kürze einen gleichwohl möglichst vollständigen
Auszug aus einer Abhandlung zu geben, deren Inhalte wir nach
genauer Prüfung utisere^ innige Zustimmung nicht versagen köu*
nen, unJ die wegen der dairin gegebenem" crschöpfeoden Erör-
terung des in Frage stehenden Gegenstandes, wegen dessen geist-
reicher Behandlung und wegen des schätzbaren Beitrages, den
^e somit zu der allmählich "erfolgenden Ausbildung ^ der bisher
npch (wenigstens einzelnen Thcilen nach) ziemlich im Ar<;en
gelegenen lateinischen Grammatik auf sprachphilosopbischem We-
ge liefert, in die Hände eines jeden für Sprachwissenschaft uber-
^aupi und Inteinische Grammatik 'insbesondere sich Interessiren-
den zu kommen \gerdjient.
Der bisherige, aber nicht sidier zum Ziele führ enae Weg
Pracht bekanntlich u. a. die Moden entweder -von den gebrauch-
ten ConjuncMonen abhängig (üt, wie, regiert den Inilicativ ; </fl/^^
4en Conjunctiv ) , oder stejit die Moden als alle an sich dio M^'
d^lität der UrMicUe bezeichnend dar«
\
/
Tiburtius, vom Gebrauch des lat Conjunctivs. 623
P^r V^rsucli «les Vfs. geht nun dahiii^ auseinanderzusetzen)
wie man in der Lateinisclipn' und andenvSpraehen mit den in ilincri
vorhandenen -i^'ormen des Zeitwortes, Moden genannt, nach dem
Genius dieser Sprachen^ durch die Art, wie die Sätze zusafh'
mengestelU, auf^ ebmnder bezogen vf>erden , die verschiedenen hi^^
clinalioneri des Gemiiths hei der Darstellung bezeichne i wobei
also, die theils falschen , theils nicht genug> umfassenden Behaup-
tungen : der Conjünctiv gebe u« a. etwas Bedingtes ^ Mögliches^
jedes Abliäogigey an, u. s». w« gan^ wegfallen.
, Diesem Zwecke dient zuvorderst eine ausfuhrliche, recht
gedachte, Deduction von der Entstehung der Sprache und ihrer
Fortbildung bi* zur Periode, Darauf werden, zwei zum Zwecke
ahzü nehmende Hauptarten von' Sätzen aufg^estellt : . A. absolute
( Hauptsätze ), die nicht von andern als si^bordinirt abhängen;
B. relative, die, als subordinirt, von andern Sätzen abhängig
sind und auf^sie bezogen werden müssen. X.6/jz/ere theilen sicli
wieder in zwei Unterarten: L indirecte Relativsätze, d. i. sol-
che, die Sikb auf das Prädikat ihres Hauptsatzes beziehen (in
dem Satze*: Sol efficit, ut omnia floreant z. jB« ist der mit ut
anfangende Satz indirect relativ), wovon diejeuj^en von dem'
Prädikate abhängigen^ Sätze, di6 blos eine Erklärung ' des im
Prädicat liegenden BegrifTes enthalten (rein parenthetische Sä-
tze), zu unterscheiden sind, z« B. ancora «st instrumentum, quo
retinentur naves: II. directe Relativsätze ^,A. u solche, die sich
nicht an das Prädikat des Hauptsatzes, als wesentlich zur Sache
gehörend, anschliessen (Ergänzung und Erklärung des Subjects;
parenthetische Erläuterung des im Prädicate liegenden BegrifiTs;
nähere Bestimmung der reirien Copula u. s."^ W»), z* B &t ju-
cundissima ea amicitia, quam similitudo morum conjugavit.
rfach einigen Prämissen folgt nun die. Regel: A* Der In'
dieativ herrscht als indicirend in jedem, absoluten und directen
relativen Satze (Modus directus); B. Der Conjunctiv m^/i in
jedem indirecten Relativsatze , und nur in diesem, obwalten (4*0
Conjunctionen ut , ne, quo, quin, quo minus bezeichnen nur dio
relativ indirecte Beziehung). ' *
NuuNfolgeu noch einige nähere Erorteruqgeh, ppd dqrftuF
als grammatische ZeugnisSiO^ Stellei^ aus Priscidn, Diomedes^ Set***
vius, Cledonius, Akuinus, Macrobius, Bornhardi und einigei)
andern Neueren,, aus welchen* der Vf* mit vielen^ Scharfsinn Be-
stätigungen seiner Th^rie ableitet, woran sich eine ganze Menge
schj^ gut gewählter Belege au^ den ClaSsikern anschliefst.
Im zweiten AbscKnitte werdeq nach etqem eipleitenden Ue-
)
\ (
6^4 Tiburtius, vom Gebrauch des lat ConjunctiTs.
ber{;ang za andern Spradien^ in denen sich das im Lateiniscben
hemerkte nur mit einigen Modificationen auf ähnliche Welse
wahrnehmen .lafst, als einzelne Sprachen betrachtet die Griechi-
sche ^ die Deutsche und die Französisehe. Diese Betrachtung lie-
fert auch für die Grammatik dieser Sprachen recht schone Er-
gebnisse.
Das Resultat der in dem Anhange auf ähnliche* Weise wie
in dem Bisherigen angestellten Unters)ichun|^ über .das lateinische
Gerundium ist folgendes : i ) Das Participium ist ein Adjectiv
zugleich niit dem^ -vollen BegridTe des Zeitwortes. Als Participium
Fut. Passiv, hat es sehr oft der Natur dieses «Tempus gemäfs,
die NebenbegrifTe det* Nöthigui^g^ des Zwecks, der Absicht u.
s» w* Es ist a1s9 eine Sprachform, in der die beiden Theile:
Yerbum und Adjectiv ganz und vollkommen enthalten sind« Da-
her Ref^el: Das Participium ist zu nehmen, wenn der durch ei-
ne der genannten Verbalfurroen (Participium Futuri Passivi oder
Gerundiam ) zu bezeichnende Begriff als Nebenbegriff ~bei dem
durch ein Substantiv ausgedruckten Hauptbegriff adjectivisch liio-
zugefügt werben soll. Z* B* Cic* de fin« V« 43 : £st enim na-
tura sie generata vis hominis, ut ad omnem virtutem percipien'
cifom I facta videatur« Yirtutem ist hier herrschender Begriff: da-
her ist das Participium beigesetzt, als subordinirter Nebenbegriff.
* — 2) Das Geru7^di^m ist als Neutrum des Participiums das
zum Substantiv erhobene Verbaladjectiv, also vollkommen Yer-
bum und Substantiv zugleich, und zwar vielfach mit dem Ne-
benbegriffe des Zwecks, der N6thigung 11» 5. w« Daher Regel:
Das Gerundium ist zu nehmen , wenn der durch eine der frag-
lichen Formen zu bezeichnende Begriff als Hauptbegriff hervor-
tritt, als eine Sphäre beherrschend, und die andern, neben ihoi
befindlichen Begriffe als il^m untergeordnet betrachtet werde»
müssen«. Z» B» Cic* de or» IL i57f Dialectica est 9lts vera et
falsa dijudicandi* Dijudicändi hat den Tquj daher Gerundiuni«
So viel 'scheint hinlänglich zu sejn , um theils auf dieses
gehaltreiche Schrif^chen aufmerksam zu machen, theils das oben
darüber ausgesprochene Urtht^il g^u rechtfertigen»
R-r.
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Erg an z u n g s^ ß i^t t e r
«tt 40^
Hciddbergqr Jahrbüchern
der L i le r a i uu
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a »11 ^'«1^ %^»^ » > i^imtil^i
Crüninal'- Pr0$edim gegen den Kmfmmn Peter Anton Ppnli
laut C^n^^wegea 4er m W^y^mber 40^6 geschehenen if;-
mütdung 4es fFähelm, C^nm. aus.CrefeltL .Eröffnet bei
dem AsßiUenhofe m Trier 4^,$3* Aprü dS^ß» Trier ^ bei
F.jt^ifaUß 48nsi* (Dtesetbe^ Verh^diimgiii. sind auch zu
Cdn, bei :C. Chr^ IV. Scknudt in g. und i^iDumont^ ^
Schauberg vi 4. ersehienm^ Die letuere> Aiugahe ist mit
lateifUschen Lettern gßdruefiti d^r auf dem ^ifel gemntUe
. Berauegeker ist C H. %* JSjfUßT^\
Der funfjräkrigi CrimML^Pr4mtJjs gegen PeterL Antm Fimk
Fan Am sMst kerausgeg. uBefte, 'Coblem^jigj^n^g^ ^fl^
Briefe über die Assise sa Triet^' i^on Benxenberg. ^'IJ^' AbtUgk.
Cöln, bei J. P^ Bachern. sSiki. 8. 4 &• <a kr. '
Ueber'P, A. Fani und das Girächi van Cönene Ermordung.
Ein fF&rt an meine ßM^rger, von J. KMEmKtu Cöln^
bei J.P. Bachern. 4899» 8^ M^i^^
cK soRte^TieUeiöbt diesen AiSi^ti mit einer Verwahmiig gegett
den Vorwarf be^nfied| däfs eil' unbescheideD sej^ einen ^Gegen-
stand^, der scbdn Von sd yi^en cfinsicbtsvoUMi und.wfii^dig^
Männern efoHertf worden ist^ ein^ abermal^n Er^rternng .3^1
unterweifen. '-^ Doch reh setxe diesem VoiHrurte entgegen, dais es
auch ein yornehmes StiUschwetgen gtebt, welches, sowohl man
sich auch däoet befinden 'mag, dennoch nicht wenfgear UideW-
werth ist. ' Viel. ist über den Yoriiegenden ReehtsfaJl goSprotohen
und geschrieben worden; Aber so wichtig ist die &iche, dafs
ein jeder Mann vom Handwerke bemüht sejn sollte, sich dai^ -
"Ober ein IJriheil zu bilden, dadfs ein Jeder, der etvfas Eigen*
thömliches über sie sagen zu lidnuen glaubty auch wohl ö&ol*
lieh sein XJrtheil äuüsern darf. -
Erg.'Blt Z| d« H. Jahrb. d. L* I. U ^ i
•2 Foük'scbcr Criminalprocefs. . i
r
Doch cntgicngeo mif oicKl'xWci Bedcnkliclikeitcüi , als icfi
bei der jetzigen Lage der Sache den EnlscMofs fafstc,
diesen Aufs«»UVW ^b^*^» -^ «^»tcns ciifeJPeJeiillichlrrt,
dafs das * (Hrtcht Wela itn Ff^iA^iet ^Mck-^ing GBnen's
schuldig erklärt hat, »weitens die, dafs Fonk um Begnadi-
gung nachgesucht hat, dhoc dMÜ bisl jet»t ( fceines Wissens^ auf
dieses Suchen eine Entschlielsung erfolgt wäre.
Es ist was die crstdf e Bedanklichkcit anlangt, allerdings
mit einem 'Privalurtheile, 'das libÄ -ein gcrichtUches öfFentlicIi
ausgesprochen wird, eine eigene Sache. Im Staate «nufs ein
ieder Rj^cbtS^lik. doch suin ?ieL un4 . Ep^p hab.en, mhui
^Ute es kommen, wenn das Ausehn der bestehenden Oenchie
muth willig angetastet oder verdächtig gemacht wurde? Der recht-
liche Mann achtet die Urtheilc der Gerichte eben so hoch , als
die Ausipi'öche d:er Gesetzt ^ Aber aOf d»\*nderri Sehe
Vind die Richter ;* die OeSCÜWömfetf Mcn^cben^ wite A«dcre.
Es ist ein 'Unterschied iNHrisAcD eiiMr Verfassrfftg^ welche sich
in den Becktoaiitel des GeiefeiAi^ses hüllt, ttrtd zwischen einer
Verfassung ; v^H<Jhe der Öeffehtlichkeit des geriMitKchen^ Vei-
fahrens httldi'^^M,' die Geriehfe uiiter- drfi Örth^il^er «ffeiit-
lichcn MetmAig stellt- ' Ei ist t^ Üöteihicfcied zwischen ' einer
IVTeinunff -^Wilch*^ ernem* ih'crit€Tli<*h«tt ÜWheilc Leichtsinn oder
och härtere Dinge vör%Til^ft^^%ril VwischeA ' einer Meinung,
-Welche nnnem sokoÄte« UrthpiU\fiiw; &Veifel entgegenSltelh, Eudr
libh keii>''hÄKgweV'totcEC»8*\Iiat.,Aer StMy «Is., dw, dafs des
.ÜÄS^Wdiit^n "ni^t dasselbe, S,cUM^ wie d^ Schuldige«
vrartc. .■,,! :<» ..f. .v .>.'>,v.
EHieBU«lwr ^W>>»«> mi*. **' »weU« BcJeoWi«jW?rit.^tu.,seyi>.
Ra Sacra miserl .K»d ^Ib y^Mpfcs ürtlusil .über^dco yorhe-
«enden Rechufall nicht »if .,}e4l!n. M dem .y^rÄtl»Älten, eh«
Msbaden ab nützen? Wie weit erstreckt *swh überhaupt das
■Recht für öder. Wide» «in^ y«infreheikei> Sfiff^tlich zusprechco,
wenn er «ebet« hat, dds ßmifi, %;Rccbt ergeVft *»"«•.—
Dobh da» MK eben das EigfpthMSche de? jvorfiifg^nde^ Falles,
dafa Fonks Begftadisungsgwwh .«»f . ^- * ^'fT •"*^''* f"
Sache nach. efflBeglV^d^«^«»»»fS^ch;fv:. Fonk. b^^^^^^^ Ich
•bio «nacbrid^Ri W». bin; 'WMwre^tM verurtl,«!»! Er, sucl.t
seia Hecht, •■nieht: Owd«,. VCon -i^, auch die yerfassang nur
ttoch die Auäinh» öbrig , läft^,, *«* *einm Rechte, di^cliden-
iemeen w eclangeh, von weJchei». der Schu^^ige Gnade, hoffen
darf Selten { den» Hin«»?} m »?«+?) s*^ #«?» werden ciaer
I . .
\
X
Foidc^sefaer , Griminalproctfs. 3
eine, Regierung nUsbe aiich da# Ansahen ihrer Gmcht^.za, be-
«chteii? , ■ . , .'''.'.
Da doch einigen he^n dieser Blatter die Thatsa^he^. von
welcher hier die. Rede ist, .ntdit put Qeaüge g<fgenwärfig ^ejfi
küuiite (der Blicic wird leicht 9t<^4lr^t, ,^epn. num.iv.jfA.uni
maucherlei ton einem Oe^enstnide Ue&t and hört^i, ^OfSchi^iie
ich eine mQglichsl;%aiiaQmengedrä9gte 0eachichtserzählung;y^;-^ysl
Schröder in Crefeld und Fonk iu i^ölp Standen niit )^t;)andev in
einer. Hai^dellg^MUschaft, welche, eii» Brajintw^ngß$p])äft. x^i^
G egenstande JiaWft. i jEüs ^racheii. ÄMfsh^Üigkeitep ^up^r ij^nfaj^p^^
Ein jungei: K^fuN^^Pi Namens (Dönefi.,. (,4fr.. ia 4eQ,' Al^n eia
gutes X-ob h^v) lyird von Schrpdejr n^ch Köln jgqschickt^. u^
die Rechnung iibeir ;den Gpwitm ) und den Verlust, der Gesell-
scliaftf weicht: Ftonk Schrddern.iiiber^ndet hatte, mit den yon
Fonk vor^ulege^i[iden Biiphem. und Belegen ui vergleichen,., I^oneqt
trifft den 3 isten , Oktober i8i,&in Kpln ein. Den is^di Npvbr.
beginnt diq ArWt , Das Verhältnifi^ v,Wischen Fonk und Cön^a
war gespannt; Fonk,, sej es, dafc er ^pi^hf richtige Sache halte,
oder dafs er sieh iiich^ von einem jungen Menschen meisterii
lassen wollte, (was hier einstwe^ira a.M seinen Or^ gestellt blei«-
ben kann upd mag,) war in eipem^^ohen Orade unwillig übcip
Conen; dieser .l^l^lt..Fofik^n %,. einen B^ruger, entscJ[dossen^
ihn zu entlar.fen.. Endlich tri^t,,Schrjüider selbst, von Fouk einr
geladen, ip Cöln eip- Den .9, November wird, in ^iner ZU7
sammenkunft, die; vop den li^ai[th<?ieii,^n Coneps Gegenwart li^
Fonks Hause .Abends von 5r-fi Xfh^ligpMtcn wur^e, eip-Yerx
gleich. vembredet, i^doch^ dfa 4^^ Bptheiligten npph^ pic|i^. voll-
kommen ei iiig waren, poch dachl lufderg^schrieben. ,Fonk yerf
stand, sich in dieseif ,<Ui$aipmenkunft. zil .dem . Geseljschaftgfw^iinp
8000 Rthlr. zuiulegcn. An de;ni^elben,A;bende speist Cöpeii im
Dohmschen Qasthote bei, Schradera in . Gesellschaft mit eii|i<'ej^
Andern« «Gleich nach 10 ^ip gieht Hahnenbein, .funks Buch-
halter , ^ einer dpr. . Gä^te » der ;^etzt, ■ geblieben .vy^, ( Qonea
wohnte in jenem., G9isth6fe,),vop Schrödern fbr>, .Conen ^be-
gleitet, ihn. Sv\ hatte> mit Habnenbein zugleich nach d^m I|uthc
.gegriffen und Sohriidern i|uf die^rqge: , Wie, Sie ^ollen^iipch
ausgebn? geantwortet: {ch g^he .poch r etwas mit Bahnebbein.
.Conen geht mlt.Hahnenbein biis. auf 4^e Mitte des Markjtes, wo
.er von ihm mi(' d^n Worten Abschied nimmt: .Gute Nacht bis
• morgen! — .Von diesem Augenblicke an hat ihn (abgesehn von
Christian Hamachers gleich nachher, anzuführenden Geständnisse,)
Niemand, keiner vop den vielen in dieser Sache abgehörten
•.Zeugen, gesehen ( niemand wfiCs, oäer niemand ^vill wisseq,
.iwohii^ der Unglückliche gegangen oder gekommen ist. Den
•^9. December .i8i6 ward Cönens Leichnam bei Friejper^heim
i
4
Fonk^ Crimiualprocefs*
im Rtieiite g^efundto. ' Er hatte aa dem Ko|»fe mehrere Wundci
^ am Halse Spuren der Erdrosseluiig« f Die Hirnschale war un
' Verletzt.) Der Leichodm war bekleidet ; in der Tasche im
man noch die Vht: aber kein Geld, (Conen war damals wahr
scheinlich öline Geld, obwohl hierfiber noch gestritten wird,
eben so wenig die Brieftas«he| die Conen gewöhnlich auf de
Brust trüg. Die gerichtlichen Aerzte tertheilten, dafs C. er
mordet worden sej. Die Ursache des' gewaltsaüien Todes fun
den sie thcüsifi der durth' die Conen beigebrachten Wundei
erlittenen Hlrherichuttetmg, theils in der Erdrosseläng.
' * Man #ar nun tod Seit^n^ der Affentlichedf Behörden eifri<
bemüht, dem Urheber dieser schauerlich -gdieimnifsroUen Thai
nachzuspüren. Man konnte schon wegen des Gutachtens der ge-
IrichtlicheQ Aerzte, auch nach detn Charakter Cönens nicht den
Fall lintersteUen , dafs Q. sich selbst in den Rhein gestürzt habe.
Aiich die Ycrrouthung, zu welcher einigie Besuche , die C. iu einem
Hurenhause gemaclit hatte, Veranlassung gaben ,'Wnrdea uugcgiüii-
det befunden. Eben so wenig konnte- mau. derAnnahme beipflichten,
dafs C. noch in der Todesnacht in Händd gerittheu 'oder von Räu-
l)em ermordet worden sej. 'Nirgends hatfe man in dieser ^.ul)t
Streit und Lärmen geholt; nur die Brieftasche wiirde in C, Kleickm
vermifst. Der* Verdacht' fiel ouik auf Fonk und dessen Küfer,
Cfaristiatn Hamaehem. Zuerst wtii'de Hamaclieri der sich durcii
sVerschiedene Reden' verdächtig gemacht hkrtte,- d^n Fonk ein-
jgezpgeii. Hamacher gf^t^ht auch endlich ,' v^' Fonk verküd
Yind itiltFonk zugleich d^n Mord'begangenzn haben.' ZuFuJ^el
dieses G^Sridttisses kam GöAen den «9. Nov. gegen V4 «^^ **
Uhr nochmals zu toakJ Font beredete Conen, franzosisclies
Branntwein, der im Fackhauif^ lag, ztt kosten. ^ Fonk, Cöneiij
i^nd Hamacher, (den Fonk auf diese Zeit bestellt hatte,) geh
ins Packhaus, Fonk nimmt das * im Comtoir • liegende Bandiu
ser mit« «Fonk stellte sich , i^sO führt tiamacher in seinem (j
ständnifs fort« mit deni b^^icb habenden Bandinefsier aa^s Fi
\ind Cdiien neben' ihn, .Fbiik inachte eine Belegung, aJswtn
er dias Eüfs ' iiufschlagen wollte, wendete skh abef in ein
Schwung und schlug demsdbtn ibit dem 'Bandmesser unter J
Aeusseruug: iDa Kerl hast du' die Probe , <— dergestalt auf <i
ICopf, dafs derselbe gleich blutige,, uhd auf einen Stofs, ^(
Fonk ihm gleich darauf aftif die Brust gab, 'zu Boden riickwa/'
hinfiel, wobei er noch Ihit' dem Kopf auf einen nahe dabei st
henden Gewichtstein hinstürzte; dann Siigte er zu mir: Haltd
Kerl die Gurgel zu , daß ' eir nicht schreien kann — ich tK
dieses, und als icb nach einer Weile spürte, dafs er nicht mti
schreien konnte, Kels ich ihtt los«k Nach Hamache^s^ weilt f
Qestaiiduissß wurde der licitfhuam io ein Fa£s gesteckt oud dic!
»-^.««
FonVs (^rimioalprocefs. 5
ses Fdjs den ii. Not. fräli^ zwiscki^i 4 u. 5 Ulir,v<m Chr. Ha-
machers ]3rtider| Adam H.y.an cten Bhein gefithrrcn, i/vo Chr.
Hamacher dien Leichnam aus dem ^aSse nahm vnd ihn in den
Rhein schob« . — r . Hamacher i^hm 4^esf!^ Ge&tändnifs in der
i^L^e unter dem. Torwande zi|iruck| dafs es ihm theils durch
libi? Behandlung im Gefiü^gnisse abge^refst, theils von dem Gen.
Adv. V. Sand eingegeben worden^ se;|^. Er. wurde jedoch auf
cjeses GestandqUsi sowiq auf einige andere Anzeigen, welche
clem Angeklagten entgegen tu stehen schienen, zum Tode ver«
irtheilt. (Die Bestätigung dieses Ürthdles ist VQn dcfm Könige
1 is zur Beendigung dex' l^onk'schen Rechtssache ausgesetzt wor«-
den.) Auf derselben Grundlage beruht das später eegen JB'onlc
gesprochene TodesurtbeiL -—.Die JFJauptumstandc, durchweiche
das nurgedachiG Gcstandnifi^. unterstützt zu^ werden ^hien, wili
ich f zur Abkürzung des Vortrages y.ersi weiter unten. anfuhren.
Seit lang^ Zeit hat kein j^echtsfall als ein Rechtsfall,
ein sa lebhaftes Interesse bei allen Ständet und Völkerscliaitei^
des deutschen Landes erregt, als der vorliegenile. t)ef^ allge-
meinen (}]^nd Rieses lo^esse^ brauche ich nicht erst heraus-
zuheben oder, zu verstärken. Homo stun^ humani nihil a me
ali^num esse puti^ -— ^hev noch aus be sondern Gründen
war dieser Roohtsfall für Deutschland besonders ansprediend ;.
s|us Gründen^ "(v eiche mit der -Zeitgeschichte, mit. den Streitfra-
gen des Tages über die b^e Art' der Gerechtigkeitspfiege, auf
das genaueste vorwebt sind.. Hier sollte sich, so sagten Viele,
der Anklagepracefs, das mfindliche und schriftliche
Verfahren, das Schwurgericht (/c/nr^) in ihrer ganzen
Vor trcfflichfceit Bewähren , und •^— wie haben sie sich bewahrt?
— In Beziehung auf diese Vor würfe nun' ist es, däfs ich den
vorliegende!^ Aechtsfall in^ Erwägung ziehen will.
L Die Behauptung, als wenn der vorliegende Rechtsstreit
zu einem andern und sachgemäTseren IVesultate gefuhrt haben
würde, wenn er im Wege des U.ntcrsuchxtn.gs- und nicht
im Wegp des AnkUgeganges verhandelt vvorden wäre, ist
wohl am wenigsten haltbar. Vielmehr ist die vorliegende Rechts-*
Sache ein ßew(;is mehr gegen ,den tJntersuchungsprocefs^ Nach
dem franzosischen Rechtes, (nach welchemt diese Rechtssache ver-
handelt worden ist,) geht dem Anklageprocefse ein Verfahren
voraus, weiches unserem Untersuchungsprocesseyollkomimett ähn-
lich ist. Allein gerade gegep dieses vorläufige VerfaiirSn, it. B.
gegen di^ Art^ wie man Chr. H. zum Gesiändnifs gebracht
nabe, sind di|^ Beschwerden Fonks und seiner. Vertheidig^r ge-
richtet., t- \c\ hin weit entfernt.,, 4i^e Be^cbw(ir,den, in ^o
ern sie gegen Individuen gerjcl/l^et sitid, zu unterschreit
en. Die Männer^ vvelche das y0tersi|chungsverfa,^ren leiteten,
i
«
6 Fonk^scber* Cifmkialproceis.
sclieiuen nur weiter iiicLts.gethaii^u haben, 'als was ein jeder
eifrige Untdrsachün[>;snchter Unter ' denselben UmstSnden zu thun
ffir erlaubt halten dürfte,' wall In Frankreich , in ähnlichen Fällen,
^täglich geschieht. Selbst/den von Fonk und seinen Vertheidfgem
so hart apgegriffenen Gen. Adv. t. Sand würde ' ich , (das 'etwa
ausgenommen , dafs er Hainaohern, als dieser mit det Ablegung
eines Geständnisses umgieng,'' Weih zu trinken g|ib,) nicht von
diesein Urtheile ausschliefsen. Jene B^ch werden ^gelten dem
Gesetze , deofi Untersuchuug^processe> dem alten Schaden unserer
Gerechtigkeitspflege.
Ich bemerke hier übrigens beilSufig, dafs ich, so wenig
ich zn ' dieser Anzeige von irgend einer Seite aufgefordert wor-
den bin^ eben so wenig die *Manner persönlich kenne, welclie
in diesem' Pfocefse im' Güten odbr im Bösen genannt worden
sind; einen einzigen ausgenommen ,' den Herrn Gen. Adv. von
Sand, den ich, 'wenn ich mit üim einst in P. freundschaftlich
ifmgegangen bin, meine Bedenklichkeit ' nachsichtig aufzuneh-
men bit^e.
Doch,* — man wird sagen — was frommt der Anklage-
procefs, wenn er denn doch deri Unte^uchungsprocels zu sei-
nem Vorläufer hat? -p— ich antworte: Die französische Ver-
fassung isi der britischen-' der französiscfie peinliche Procefs ist
. dem britischen nachgebildet. ■■ Aber wie immer das^ Nachbild
liiiiter dem Urbilde zurdck bleibt » so ist es auch hier gegangen.
Es ist ein wahres Unglück für die ewig gute Sache einer ge-
setzmäfsigen Freiheit, dafs wir die Gewährleistungen, welche
die britische Verfassung für die öfientHche Freiheit * und ftir die
der Einzelnen enthalt, erst dureh das Mittel der französischen
Verfassung, und so mehr oder weniger entsteh, näher und le-
bendiger kennen gelernt hiibeh. Dem britischen Rechte ist ein
solcher U^tersuchungsprocefs, (sammt der Wülkuhr, welcher
er den Angeschuldigten preis gteb^) so wie ihn das französi-
sche Recht dem AnklageproceSse vorausgehen HSlst, unbekannt.
Es^ist also keineswegs der unzertrennliche Begleiter des An-
klageprozesses. Frey zu* 9€fn], ^i^ zugleich eine Kunst. Die
Franzosen sind, so wie' wir, noch 'SchCäer in dicker ^Knhst. In
Grofsbritannien ist diese Kunst schon lange in Uebung. Dort
sollten wir uns bescheiden tlich Raths erholen. ^£in ähnliches
Beispiel werde ich unten anftShreh ; ' es giebt deren nur zu Tiele.
Ih D^e vorliegende Rechtssache ist müudlich und öf-
fentlich verhandelt M^orden. - Würde sie nicltt einen andern,
den Förderungen der Gerechtigkeit entspt^endereh Ausgang ge-
wennen haben, wenn das Veriahrea schriftlich und geheim
gewesen WÜre? So schwer diese Frage zu beantworten ist,
da b'ic sich 'im Gebiete^' der Möglichkeiten' hält, so glaube
I
idir sie äeiioocli-^ «im) com 'Vottlifit« ' > «tes m il i»3 H.c h e n und
<> Der Vor Warf Vvtaf ziätfördefSl den Smat haben ^ .dafs, ivenn
dfie Sache sehriftlkh - fermndelt »wutdlsn; wäre, 'Hveiin: das Ge^
ri.clii i^or der. FfiUui^ des Urthrfl^ die Aktea habe noclraials
dttrohgebeo, eiiieivjeden eiiÄelneß Uipstattd för^sith und io Ver-
hindfoiig mitdeii iUlri^a KStteiaErwajpiig«eli6Q k&nneii,dte£nt-
scheidmäg andeffs^usgcfdUen seyiv «viild«. «^ AUein ich glaube mi^'tfa
zu könheo^ (üädiclt.werdfi ttutea den YMpucbi^acben, zu ^&^^\^
dafs dttS gdäHie'lük'th^fl, «atb den Gesetzisii, welche den Mafs-
stftb. dieses Uvc^eiles < enthielten, >iiod> unter geinrifisea ' Vor aus-
sei z un g« n ^ gai^f; woM «ierliheid^^ Werden kann. £s konn-
tett also Riditcr^ welohe djro 'vorlielfeiiden Reditafall zu beur-
theiien<gefeabi hätten , sobald «ie von deinelben V^oraussetaungen
aasgc^ngen.. swän»', ganz Sa irie : die:* Geschwornen i entschei-
den y- auck wenn' 'sie die Akl^n^sclniftltoh vor sich, gehabt
hätten« -— Uebrigena, dieses iroransg^etety messen nicht gerade
die, Welche I von Fooks Uoschyd^aoi 'festesten iiberaeagt sind,
tugestehen^' dala 'eben^ durch Üieses ö0entliche .Verfahren ' die
Saobe eine OidfSettdieiikexC -erhaitenhat, welche der Furcht , da£s>
deonoeh Fonk tansohuldig den Tod oder eine andere > Strafe
leiden könnte^ 'Schlechterdings *niclil RaiHn giebt'^- Wäre» das,
wem das^ Verfahren ^ sehrifUteh bnd» geheim «gehalten worden«
wäre > eben eo wenig zu fürchleii ?
. .Der Vorwurf kann zweitens den Sinn haben,- dafs da»
Ver iahten 9 wei^n^es schriftlich ; und* geheim gehalten worden
wSre, die''Wabrbeis>Voilsta6di»ger an /das Licht gebrächt
heben wurde* ^t*rf« (Die Antwort ili^ sehr iiahel £s ist ja Amtik
Öffentlichen, ^d^mundiichen Verfiihrei^ eie gdieimes uü(|i schrift«,
liehes Verfahrebtivorkusgegangeiu ' Dennoch hat dieses nicht wei-r;
ter geführt, ^a)» darf erstere^ 9a durch das erstere sind einige
Thatsadien,'(iifisbeseBdere lein Hauptpunkt *-^ das Corptu dtücii^
dte Thatbestaad',): ib ein^w^t hetttros Licht gosetst worden*'
Zudem tmüb^e. mai^ 'die fiesthaffiiaheit der' vorliegenden Rechts^
sschß sehr wenig' kennen, 'wenn, aum, der Meinung wärie, dafs»
das über diese Sacjbe waltende i2reheimni& durch die Qeffent'n
Itchkeit* des V4rrfahri^ uneusdeokt geblieben w&re^ ; Die Haupt-
sch Wierigkcif in der > Sache . iak d i-e , dals • es an 2eug[en ^ welche
Conen f nachdem' er .Haknenheiu am 9.Noir# Abends um •ix)>Dhr .
auf dcdi Markte Ycriassen 'hatte, gespiioohea oder gesdied hätten^
gBni|iqh' feMt» Diiesem..Mas>gel kiinn kein Verfahreo/' in der
Welt -albkelleii4---.>^% i^ •> -k *i-.v ,.v '... • .*. i..: ■'....
"'■'' Weit. ^bsrt wurde icti geneigt isejn,.. 'die vorikgende Ver-
baudluiig der Fonk^schen . Reehta^che lüs eine SchutzschctA f jir
das öffeutüche' und müadliche . Verfahren au betrachteu* Fonk
tt Fonk^sfiher Criminalprotefis;
#
. hat , n«B mit den KagUunlrtii m tpnAea , « fair Trud gehabu
Mit Unpartheüichkeii und Gtmmi^ßuat iit das Geriebt uod dessen
Präsident verfabren, mit Mibigniig hat der öffentiiche Ankläger
■einer Pflicht Genüge grifliüet^ .Fonk« Veltbeidiger haben mit
Wärme, mit Kenntnifs Imd Biteidil getfnticlien* Zwar liegt
nur der lodte Bocbstabe vor mir« Aber Wenn aobon dieser die
Spuren des Vergehens belebt. und beleuchtet^ wie viel mehr
mulsie das gesprochene Worli der JBÜndliche Vortrag der ent-
gegengesetztesten Ansiditeil aar Einsachl in- die Waivhett füh-
ren? Oft habe ich den YertwuidlungeB der fimnsdsischen Ge-
richte beigewohnt* Attemal. a;bubce iob| besser im Stande zu
5^n, in der Sache ein Urtheil sn fallen,, ab wenn ich die
Sache ^us schriftlichen Akten , oder ans einer Rebtion hätte
kennen lernen« -^. Isl Fonk unfchnldig vernTtheik worden,
SQ hat et es nicht dem* voraosgegiteeenea Verfahren» sondcra
nur dem gemeinen Loose der Sterbltcben , ca irren ond durch
die Irrdifimer Anderer txk leiden ^ .brianmeiaeo*
Diese gesetzliche Ordnong hat sich namentUdi darinne
wohl bewahrt, dafs sie dem Angddagten all^ Odegenbeiten
gieb€| (>• B. dnrch Krenzfragen, durch die Qrobexaminatioo, )
sich zu vertheidigen. Frejlich sieht das firanidsisdie S.echt dem
britischen unter andern in so- lern Daeh| als es dem Angeklagten
und seinem Vcrüieidiger nor dorcb das Organ des Präsidenten
(^Code d'instruciion crimindU Art. 3 19»}. den Zeagcn Fragen
vorzulegen gestattet ; aueb mSgen vrir in^der Knnst/ den Zeu-
gen durch unerwartete, und auscheioend unschuldige Fragoi die
\ Wahrheit abzulocken, Jiock nidit so erfahco9 se/n | als die Sach-
walter der Briten, Indessen isl mir doch in den . Verhandlun-
gen ober die vorliegende. Rechtssache nnr ein einziger Fall vor-
gekommen, wo ich (wenn anders £e Geschwindschr^er Alles
richtig wiedergegeben haben,)* ein weiteres Befragen der Zeugen
£vr nothwendig halten mulste •*• das Verhör des zweiliao-
dert und acht nnd zwanzigsten Zeugen ^ der Ghrisiina SchuH,
verehlichten Egel in Sinnersdor£ Diese Zeugiani (die mir fast
die wichtigste BescholdigUngsaeu^on zu sejn scheint,) behauptet,
im Jahre tSiiS, zur Kirmeszeit, und zwar am Montage Morgens,
(d. h.'den ii. Nov. iSi6, also am Tage,, an w^elchemi nacli
Chi^ Hamachers Gestäadnisse, Cönens* Leichnam von Adam Ha-
machem^4n den Bbein gefahren worden kejn aoll) zwischen B
^ und '9 Uhi* gesehen zu hab<;n, dals Adam Hamacher mit eiucm
leeren «Karren nadi Sinnersdoirf ^ seinem Wohnorte antückgekom-
men sej* Nach fünf Jahren tritt sie zuerst alsZeuginn anf; vor-
her wiU sie den 'Uaäicand nur' ihrem Hanne eizähll haben* Sie
sagt ferner aus:' »Als Adam/ Haancher von seiner Verhaftung
im/nai
zurückkam, sprach ich mit ihift, wobei er sagtey jetzt. könne
.^.
•3t
111911 .i}im.;iiic]its n^br naobtti, wA $cKt|gt lynd Bu&dorf wären
Schuld I 'i»b er arretirt werden, weuu er f$e aber allein hliUe,
MToUte er. sie schoi» /Mi^es lehren^ und i^leidi^ohL beantworte!
&ie ^4ie 9päter Torg^legi«^ £rago; Babi ihr. nicht gehört , d»k
AdanniHawicher im Vercbcbte würe^ den Leichnam Cdnens^ (von
dessen. Yerschwiiiden sie g(ebdrt hatte ^) gefahren zu haben? mit
Nein! -*-^ Da hätte ich b|ui yfijhl gewjMisfhf, daCs die Zeuginn
noch 4urcfa m^farerP Fxngcp ausgeforscht worden väre^ z* B»
duffch folgende: Steht ihr in «ine^i g^lea oder in einem üblen
Yemehmea mit Adam Hamacher? Habt ifii* Streit mit^ ihm ger
habt? Wo Stande! ihr, als flamacbot in's Dprf zurück kam?
Wie weit var dei? W^g^ von c^ch eutfemt? Woran erkanntet
ihr Hamacberu? Habt; ihr ihn angeredet? Wa^n habt ihr eurem
Manne diesen Vorfall, zuerst erzüUt?. W'S veran|a£^te ihr zu
dieses Erzählung? Wie 'könnt ihr behaupten,, daüs ihr von: dem
egen H. pbyratenden Yerdaiihte nfjchts.wiifstety da euch doch
e Verhaftung Hms* l^ekai^ut . war? 4i«.,s< W« .
Fonk hat gegefii, das in diesem Sache gespi^hene Endur-*
theil daS: Rechtsmin^. der Kassattou eingewend«^) bekanntlich
eine Erfolg« Das, französische peinliche Gcsetzbu^^h ist eben
so streng, in seineiQ ,. praktischen t als in $einen» • theoretischen
Thaile. ^Napoleon kannte seine Leute oder seinen Vortfaeil, Sdn*-
derbar g^nug hat sich 'das Urtheil durch Gesch><i^orne im C. cn jqtt
balt(en«) 'Kur wenn» < die Gteetze mit .d^ Nichtbeobachtung einer
procesflualisdben Vpfschrifl ausdrficklich; die Strafe der Nich«
tigk<>it verknüpfen I (und nur wenige Vorschrifieur sind so
gefafst,) .k9nn jene» Rechtsmittel^ in so. ferne eis gegen das Ver«.
fahren gerichtet isl^ von Erfolg seyn« Und., wie. hatte siqh ein
so wohl bestelltes Qerichty wie das, vor, welchem die vorlie-^
gende Rechtssache verhanddt worden ist^, eines solchen Ver^
Sehens schuldig machen können?-«* Eina ist mir jedoch aufgefal-i
l«n. ^aeh dem-lraiizdiischen Rechte entscheide! d«is Schwurgericht
über die Schuld oder Unschuld des AngeUag^e^ jiach der %ehr-*
heit der Stimmen« ^Si nianmoiru,^. setzt ^üdoch der An; 35 1«
des C« d^i*€r. hinzu,. i^l^icciusii~n*est diclard ^pupaUe dufcUtfriA'*.
€»pal qu^i ime sin/^€ nut/oritä^iesjuges dtK^rSröni entre eujoi
sur.lc memepQinif.ct siVwis dfi la minorUe.cst adoptipqrla mar
jorUe dßs pigeSß de t^^jorU qu^ßn rmfäsoftt U nombredes (^oi'Xß
ee^x^ombrcexcede cdnid^ la maforitd de^ j'ur^ ^ de la m^norüe des,
jugei^ d'amfävombl^ 4 I^oqbiu^ 2^p^wudr^i^:ln de^ irorliqg«nr«
den 'F«UernuA -wurden dißi ALUgekuigtA vi«« d^w^ Sc)ii^ui^gericbtQ
mifc »i^li^A ' Sitimnnte geg^n funf^. iför j^^buldig «tklärt. Es^
hätte also zuir Folge des nur angefilhrieii Artikels ^* das :Seudge-r
riebt .¥oa neueü wer dlb Schuld des Angeklagtes abstimmen
^oHeur Auch trug die St4AUi>ebufd^9 (der Ankläger) ^hierau
«usiIhScIlHcIi an. AlleiD der ö^ckß^f <^Cs«lited; na^h ^pflo-
gcncr fieratbttii^, dafs' dem ''Antrag« d^ Staätsbeh6rd<e nicht
statt gegcbeu werden könne, »weil- dem' AWgWkl»gtf?n der
Ausspruch des Gcschi^driicn'gef icht* 'bereits *pub-
licirl sey.« -*- Soviel ist woW'geiVif», dafsdieStelkff erbie-
te rid und zwar so gefalst ist/ dafs das Geridit,- im'Fftlie des
Artikels, von A ni t S w e'g en ' iSb6r ' die Sacke ab/ustinmren hat.
»D« "cette disposition nou^dtB,€ sagte der 'Redn<<r der Regie-
rung, welcher das* Gesetz der gesetzgebenden Versammking vor-
legte, «I? residte que ia inajbritd ' ntnjpU^ dei^jnrSs juffit^ tm/wrs
jpoHr aqquiter, et qa^eUe ne suffira *jnnkais Vorsqü'ä 'Jitgira de
> eandamner,€ So viel ist ferner' geWifs ^ ds/ft nach dem ^C. d*i er,
diese abcrmaKge Abstfmmung gescheheti söir, clie das Urthcil der
Gcschwornen dc^m Angeklagten (^rcPSbct wird. Aber Wben so
gcwifs ist es, dafs das Gesetz nirgends "verbretet , diese • Ab^tira-
Inung, -wenn sie' vor-deir Eröffnung- *d^es' Urtbeiies iiodi nicht
erfolgt ist, nacha^aholen.-— » Doöh^'> ich' enthalte mich um so
mehr^ auf diesen Zweifel Leiter* eidfcugelien, da dieVcrhanÜlua-
gen über die erhobene Nichtigkeitsklage 'nidil vor nrir llegeb.
III. Ich habe sehcHi mehr als ettimai, TOfi Mannern, welche
Fonken für unüschuldig'liich^n, die Behauptung gehöi*t, dafs der
Ausgang dieses Re^tsstreites entscheidend g^en das Unheil
durch 'Ge seh woTtie spreche. -^ Ich will -nicht bergen, da£s
ich ein^ Frteund des Schwurgeriditt biil. Ohne Schwurgericht
kann sieh keine der Freitiek huldigende Verfassung a«f die
Bao^r- Erhalten! Daif ist i die Mciiiubg^ tfnd Lehre der Britea.
Doch kein Ansehen kdnnter die SehWtfrjgi^ichte retten , weim sie
die Unschuld gefShrd^teii £tn Fall ab^rlafstauf andere schli es-
sen! Es ist daher ' Von' ifrofser Wichtigkeit ^ den vorliegenden
Fall, in so fesn darauf ein Einwurf gegen dais Schwurgericht
entlehnt wird, g^nsru^r £U"pHifen^
Die beste Arttwbrt auf diesen Einwurf w^ürde die Recht*
fert'igung des in Frage itehendtia UrtUeiles sejn. Und schon
oben ha&c ich.angedeiitet, dafs sich dieses Urtheilj (nach meiner
Ueberzeugung,) wenn auch nur bedingongSvreise, allerdings ver-
theidigen lasse. Jedoeh, indem ich alles das,' yras den geführten
Beweis betriflRt; einem besoiidern Abschnitte^ vorbehalte, will ich
einstweilen vofn der 'Yorausscttanii^ ausgehen , dafs sich das von
den Gesch wornen ausgesprochene Schuldig >uf keine Weise- ent-
sehdidigeil lasse. Und dennoch glaube iefaj; behaupten su kdn-^
n^^ dafs ein Yerdamraiingsuriheil^ WekHes man wagendes vop-
lüsgenden Falles gegen die SohWuTgari^e IKberhafajpt ans^pieclien
wolkeyungegrufidelMseyn Würden '•>' '^ * , * . -^ -.^ ' "
• ' Dfcnn I ) Wer 'hat denn' eSg^ntlic^ den Ahgaklagten für
schuldig erklärt? Da» ^ Seh wufgericht?— K^in, das S«*dgeri<*r,
Foifk^schel^ Crimiiiaf^robefs. -.4 f
■ ' , . . . . > ■
'i!er'Assi$en!iof; — ' Der Sinn' oder der Erfolg 4c$ oben ange-
führten 35 1. Art. des C d*i\ er. ist offenbar der,'. dafs die Gc^
scliwornen die Macht haben j die 'Entscheidung eines besonder's
.zweifelhaften Falles dem Gerichtshöfe zu überlassen. Die Gc-
schwornen maqh^en in dem . vorlicgetiden Falle von dieser Er-
laubuiDi Gebrauch. ^ Indem dei' Gerichtshof nicht für gut fand,
über dite Frage: ob Fonk schuldig oder. unschuldig ,sey, noch-
mals abzustimmen, bestätigte oder wieder h'olte er in der
That das Urtheil [des Schwurgerichts. Den Gericjushof also^ 1
nicht die' Oeschwornen würde der Ta4^ treffen. . * '
2) Doch es s^ji'pBn lege das gefällte Urtheil lediglich
und allein den Geschwornen zur Last.' Von' welchen' Ge**
schwomen ist denn hier und kann denn hier allein die Rede
seyn? Nur von den Gesqhwdrncn'y so wie «ie in Frankreich
bestehen. Da kann man denn den Vorwurf ' vollkohnmen ' ein-'
räumen, ohne deswegen genöthigt zu seyn', die Schwurgerichte
überhaupt aufzugeben.
Und in der That, wenn Fonk von den Geschwornen
Wahrheit 8 widrig für Ischuldig erklärt word en ist , so würde
ich den Grund der irrigen Entscheidung ganz aliein in der
Organisation finden, welche da» französische Recht dext
Schwurgerichten gegeben hat. Alle britische Schriftsteller über
das Schwurgericht' stimmen darinne' überein, dafs das Schwur«
gericht ohne Zweck und Werth ist, wenn es durch Stimmen-
mehrheit das Urtheil finden kann. Ein jeder Geschworne
mufc für das Urtheil — vor Gott, vor seinem Gewissen, vor
dem Richtierstuhle der öffentlichen Meinung —^ persönlich ^
verantwortlich sejhy wenn ein Volk nicht ger^htes Bedenken
tragen soll , Leben / Ehre, Hab* und Gut einem Gerichte zu
überlassen, welches von Männern aus dem Vplke- und nur für
einen einzelnen Fall gebildet wird. Die Nachahmer haben diese
wesentliche Forderung übersehen. Man hat" Wohl gär über den
Grundsatz de^ britischen Rechts, welcher - Stimmeueinhelligkeit
fordert, gespöttelt; (wie siöh über das Heiligste spötteln, am
leichtesten spötteln läfst!)' man hat von cihem Siege des Magens
lib^r deü Kopf gesprochen. Abei'' der Gedanke,' dafs man am
ei^tenzum Besten der Unschuld darben 'tmd entbehren wird,'
ist eben so wahr als menschlich. Der Himmel bewahre uns vor
den Gcschwonten des französischen Rechts, aber deswegen nicht
vor d^n* Schwurgerichten, so wie sie sejn können und sollen.
' ^t^hfbin übrig«ns weit entfernt, Atn Männern, welche in
dieser Sache das in derselben doppelt s€ihwierige Amt eines
Gts^woirnen ' vet^yalteten , hiermit irgend' einen' Vorvoirf zu
machen,^ oder so an de6 Vonvürfen, die ihnen vtelleiM ge-
macht, worden sind, irgend einen Atifheü zu nehmen.' Ich bin
1 \
«VielmeKr .der Vtheneufwagf dafs an jeder, demselben nach sei«
nein besten Wissen und Gewissen seine Stimme gegeben hat.
Aber dennoch ist die Frage erlaubt: Wenn StimmeDeiahcllig-
kcit erforderlich gewesen wäre, welche Meinung würde das
IJebergewicht erhalten haben?
Endlich' IV, die Hauptfrage, sie ist zugleich die schwie-
rigste , so wie die in wissenschaftlicher Hinsicht interessanteste,
-«-ist am Ende die: Ist Foiiks Schuld er wiesen , oder nicht?
Ehe ich zur Erörterung dieser Fratze nach Malsgabe
Aer vorliegenden Verhandlungen übergehe, mufs ich
Einiges über dqn Mafsstab vorausschicken, an welchen in pein-
lichen Fällen der geführte Beschuldigungs* und Entschuldigunrrs-
beweis theils (A) zufolge des französisthen Rechts, theils (B)
unter der Voraussetzung dieses Rechts , nach üllgemeinen Gruod-
satztfn.t (nach den Regeln, der Ycrstandeslehrc;) zu halten ist.
A) Das französische . Recht (dcrC. d^msir. criau Art, 3^2*)
ciebt den. Geschwornen folgende Weisung, welche ifinen je-
desmal vor der Eröffnnng 4er Strßitverhandlungen vorzulesen
ist; '»La loine demande peu conyftc aux jures des moyens par
Jesquels ils se sont cont^amcus} eile ne leur prescrü. point de
reglet desqudUs äs doivent faire partictdiereme^t dqtendre la
plenitude et la Süffisance d*une preure: eile leur prefcrit de
s'interroger euss-memes dans U säence et le recueilUinent , et
dd'Chercher dans la sißceriti de leur conscience^ quelle impres-
sio^, qnt faite sur leur raison les preut^es rapportees contre Vac-
euse et Us moyens de defense. JLa loi riß kur dit point, votu
tiend/ez pour vrai tout jait attestd pas . tel pu, tel nombre de
t^moinsf eile ne leur dit pas non plus^ F'ous ne regarderez pas
^om/ne siffisamment itahlie^ tonte preuve qai ne Sera pas farmee
de tel proces'^cerbalß de telles pieces, de tant de temoins ou de
tont d'indiets; eile ne lear.fait que eette setde questionf qui rat'
ferme toute la mesufe de leurs devoirsi Avez^sfous une intime convi*
^tionle. u,s,w. (der übrige. Theil'der Weisung wird, als nicht
in die vorliegende Aufgs^e einschlagend, hier i^ber^angen ).
Die. Weisung geht also dahi^, oder man kann sie Kurz ^Q
ausdrücken, dafs die Geschwornen den .geführten Beweis und
Gegenbeweis lediglich , und allein nach ihrer moralischen
XJeberzeugung benrtheilen sollen. Auch das englische Recht
hält siph a^n diesen SaUj ob es wohl duifch die Regeln, die es
über die Zulassigkeit der Beweismiuel aufstellt, dem Er-
m^sen der ' Gesphyvorpeo^ w«it engeife Schranl^en setzt, als das
f rai^zöstspbe* .....>
,K Aber, Miras ist i.denn nun .dif^<^ mpraljisi^lie, TJebewi»gV»fff
an wMche die .Geschwornen g^\yicstm sifld - P^wit i^' ."?ch we-
nig oder nicht» gesagt,: d«(ii .»»%» antwortet — ,eiuc Ucher^ca-
güng, die eilt MeiKcb tiich bestcffil Wisseü und Gewissen fiTr
liinreichetid hälty um über einen Menschen, als Urthethschopfe,
das Scltixldig auszusprechen. Denn der gewissenhafte' Blann mufs
und wird sein Urtheil nach den Regeln prüfen , welche der
Verstand (und die Verstandeslehre , die; Logik,) über die ge«
schichtHche Gewifsheit aufstellt; ^ mu£l uud^ wird sidi lernet
die Frage vorlegen, welcher Öräd'von geschiehtlicher Gewif^
lieit erforderlich sey^ um über einen MiHisichen' das Schuldig zur
Strafe aussttsprechen , «ihd'wie man 2a dieser Stnfe redbtiich
gelangen köniiCv? Die Aufgabe:' Weichehr Beweis ist zur Fäl*-
lang eines Straffeikentnis^es^ erfordt^rKch? ist und bleibt also
immer dieselbe, der G^etzgdher oder eid Geschworner mag
sich diese Aufgidie vorlegen.' 'Der lÄiterschied betriflfl nicht die
Art,' wie sie aufgelöst werden d^rf, oder' aiifzul5sen ist, sbr^
dem Dür die Behdrde, welche' die Macht hat> sie aufzul6s<^ii.
Was hat nun gleichwohl -^^ gesetzgebende Gewalt bewogbAy
die Aüflos\iDg dieser Ati%ill>e And^A zu überlassen, also deii
gefibrlictrferctt Weg teinzusehiageh ?
' Die Sache ist *die: S6 wie man den Versuch" macht , den •
in peinlichen ' Saclien' zu fShrenden Be^'^s einer gesetzt ich eh
Kegel' zu unterwerfoij' sidfsl ^^man auf die Schwierigkeit | dafs
man^. um etwas Zweckdienliches zu lieferny iehtw edcft ' die
Öffentliche Sfehetheit geßihrden, oder die Rechte der Angc-
schdidigten verkennen muls« Denn nur iosb fem, als man zur
VefurtTietlnng eines Angeschuldigten einen unmittelbar e|t
/'ein^h dihrkten) Beweis fordert, — einen ,B'eweis welcher de^
•Richter- von einer jeden zti ^weisenden.' 1['hÄtsache durch' die
eigene Erfahrung oder durch die Erfahrung Anderer. ^4uid hii^t
Uos durch Anzetgeh oder Vermuthmig^m , d. ^\i durch Schliiss^) .
überzeugt, -^ lasseh i^icli ' für die BeWeisftShrung r.usreichende
lind' genügend bestimmte IVegeln g e sc tz 1 i c li festsetzen. Allei]^^
so .wie mdlEi 'der Bevv^sfühf-ung diese 'Grenzen 'sem,''mäs$e)Di
*uiiW iöo' Schuldigte Wiei^igiftens go'd^er geschlichen ' Strafe en^-
Je^en, wenn niian' anders Ikichs das ' GestSUdh'ifs des Ange^chtd-
\<rieh unter die' Beweismittel aufnehmen* 'und deni Richter die
Macht ertheilen will » dieses Gestandnifs zu erpressen, d./Ä,
wenn maCn nicht,' utti*'dkr einen Ungörechdgkeit vorzui^cüg^i),
eine andere -begehen will. -^ IchkänH tind will mich liier Qtclit
auf d6n Beweis dieser Behauptung eiidassen. Er Mdet sich
leicht, wenn man den 'tlbt^rschied zwisclien dem. Beweise in
peinlichen- und zwischen dem in bürgerlichen Rechtssachen
ins Auge falst. Das gemeine deutsche Recht, welches zur
Verurlhieilung eines Angeschuldigten einen unmittelbai-en Beweis
fordert, "und diesen Beweis gewi^ti genaru bestimmten Regeln
unterwirft^ nimml dai Geständoiil^üuter die Bewe^diittel iüf.
i4 FonVa^er CriBa]M)(ircice&
gestatteC dem Richter dl^ pcinlielir Ff a^e. > Da$ fratiza&ische
Recht, welches eine yerurtoeiliin^,a«ck.aijif einen .mittelbaren
Beweis, so wie auf e^ue^ dem d^iitsßben nicht genügenden uii^
mittelbaren Be,w eis ^ zu, .gründen erlaubt.,, übeiiäiüftt da» Urtheil
iiber.die Zulässigkett einer Beweisführung dem {Ermessen der
Geschwornen, weil sich^ wenn von delh» Mehr oder Weniger
die Rede ist, nicht allgsmeii^e Regeb aufstellen lassen. (Eine
Inkonsequenz, deren sich liierbei das , franzosische j auch das
britisch^ Recht, in Aosehong des. Geständnisses schuldig
map ht.^. will ich nur ^ndeu^)«;
Doch dem sej wie ihm wdlle, so: viel ist und bleibt irooier
gewifs, dafs sich die Gesph^vornen ,;wÄin. sie unter der Herr-
.'^c^iaft der französischen Giesetce ü)>er . Si^hnld uüd Unscliuld
j^^, urtheilen haben,, djie Fragen vorlegen müssen i. Welcher Be-
weis ist ^ach den Q^e(zc!|a d^f Den^^ns und, , dos Rechts zu einer
"Vprurtiieilung qq^^hlK^^dig? j^t nach •)dii^e^ Gesetze^ der in dem
jprliftgenden Fajle, gjeführte Berfeis ,h><<i;eichßnd pder nicht? Nur
die Pflicht liegt ihnen noch überdies gjesetzlich o)) , ^ioen mit-
telbaren (oder künstlichen), ßewei^ ^icht f^hom, als solchen, zu
verwerfen, ,,Es kanM ,Jind..mufs .also auc^ der. in der vorliegen-
den Rechtssache gefnhfte jBe.weis nack allg^i^einen Grundsätzen
gewürdigt vverden., . ,^ ,^ ...
«B) Ein B^sohuldigungsb^w^is kapn auf.ei^^ dreifache Weise
i;efi\hrt werdei^: (dassel))^ fflt mutat^, jtmtaaäis vor d^m EaH
schuldiguogsbewf^se.)» 1^) Es ist ein Verbrochen begangen woi-
[den. A* kann es ]^eg*|ogeu hab.eu« t ^iem^^nd sons^ ^h y^-^
.)^un es Began^i^n haben.. Mith^i^Kf^^^. A« begangen. .Z. B«
y^undi?. halten sich in einem Ziifnmer auf , in welchem erweis-
.lji,ch,k|ein Dritter /war. !Ä. ist erwei^iclf^,vo]|[^ .einem Andern ums
.Leben gebracht n^ppden. \ A^ mub d^r.TK9(eT «ejji. a) Es ist
ein Verb,rech>n bwqgen ,woifdfn. jf..ist der Thater, scy es,
'dafs dieser 3aU ,d^.<di .Schlüsse, 'yyiclQhe aitf den ;^., als den
^\\pXtf^. mit < ^iVahrschei||}i<;h|Leit führen (wel<;lie auf den be-
fPfidereU' Gesjetzenj,|^e,r J^rfaWu^g Jlj^erttlfen^y. <»d^ unmittelbar'
.d^rc^h, Zfiigpi^se j?r:yvie9^en : wirdL .3,) ..ßs ist. ein Verlirechcn
]|^egjBn<rQp wQrden.^ ,^,JiLann 4^ T^^l^i" «seji^« Man kann sich,
\a.llen,l^n^&tänden oa9)i^ die, Thatni cht; wqhl ^anders erkiäreri,
^als w.ean ,man ^^ij'^ii^tQ^» tdafs A. der. 'j^h^efl, ist. Gc^ea den A*
^spricht pjach ausserdem niimittelbar eip Beweis der Schuld, vrel^
ctier zwar füc sich nicht hinreictien wurde i, .den A* für schul'
^dig zi^ erklären, welcher jedoch in V ei;|iindung^ mit der Unmög-^
Jiichkeit od^r Schwierigkeit, e^nenj^idernlJi'heber. der That, als
d^en ^.j^ anzuuehmen, . die. Schuld des Ap sattsam begründet A»
i^t also \der Thäter^ Maiy siqht leicht, ^f^fs di^ dr.itte Beweis*
sirf fiia der ye;reiniguiig d4 beiden .ers^ enjte^ht.
' D«s,ljjptheil,,diirt?li nekhi» Föpk der .jejjmQrdin^ ConenÄ
far «;h|iJ4^ erklärt wordepi 181, pchejot wn a^if der Ansichf »u
bciruiii^U,} 4afe, in ^ies^.ßaUe die Schuld ^iffch der dritte« ^fh
weiser*, für saUsamr, erwies^ »u h^^llei^ »cy, -Nach dein ür.t hei J«
4etf g^fri(ihtUchcn,4er,zlei$t.X;öqpn. ermordet worden. Fonk
lanfi der M^rdpr sejo. .Äf^n.ik;^?^ siph ^ie .th«t kaum anders
^rkJa?^, ajs vrpnn m^^^.,awI^ (äer/Mörder sqv}
.Geg6ii...f iaflk ispr^cfeen npch «aussäerdfai,* hest^tj^ert Veirf^t^
gl iiildi^,; spricht da^ ^Gpstsndnife dcs^ MittchuWigen.; Jene geivia-
«enjin qe^i^^ 4 W^ ;Wir4, glaubwürdige^ dadurch, da£s ^ art
.einer, %Airi Tvelch^; ..»u eiflepi -ai^dern T)>äter fiihrte, iänÄliök
fehl^, ;t:oiA Ut,also dep. Thäter. . ^ . ^f"*"''*
. In 4er TMi wenn .man !,deii: vorliegender! Beweis ia die^
sem laichte betrachtet^, scheint er ayf den eisten Blick von
grosser' Erheblichkeit zu. sejnV üeber den Eindrück, den das
Ganze *auf das GemütK macljt, kann inaii ' nur zu leicht die
Schwächen der Einzelheiten übersehen, durch welche dieser Ein-
di-ttck het^ofgcbnidit <\f ii»'dl' 'So ergeht es^-ja den Menschen auclt
in an^fei^H' Fällen. -i^.ari'dHe's et Beziehung» habfc ich 6berf {be-
sagt ^= fttffs. sich. diA gefundene Urtheil gäi*. wohl verth^di^eA
.'"\i • .'
« ' Jediich, ehe^icR'^ui^' BieI^uch«oi)g?dieser linijelheiten mät^
-gebe, erltoube ich ' mir y4<te rfi'ragö aikfinvlreif ert : Ist dertri \}h
«chwie^igk(?it, (*^n*ifrer.üttte3gli<;hkell'i st Und »kdnn hitr'iiicKt
die Rede sfeyri,0 mit ^welcher' iA einenv gegebenen Falle der Ver-
such > 'ein Virgfehert ; «inemi'^idetn , als d eW^ ttid dem beizuf
messW; ▼erbi^den-ist', eiti'GirtHid; d^h tirid dt-tt för'söhuidi^
zu erMärfen? (ist »l^t^'einfe Vereinigung d«ri ersinn und det -^
fcWciteri' BeWeisarrzulSÄlg?)- leb ztveiae idWJi^ !lcb will nicht
'anfiihrefii,<s d«fo ]en(>*iS4iwierigtfJh döt^A^'f^ie^aW^re öiif«rewoireÄ
Vlrd^^ ddiPch die Scb'WieWgkeit, iitfeiif llfensel^fa ftir^iehiiidii^
•Jü »hält^ni^ Aber «cKliefa« Alm' wicht 'sd«'vbfliinet?süb'fe*tts^'feS
•Üfimtigfoifcteit auf die o*>ji^tive<? ^ Is« «ni Be^ebtoheit de»i
^egeh ekf^WAtf dieTVJ««Wtli:fe-ni«>ht *WM^\ei4lär«ii i«t,-«ne kh
sie <mir-il«dlil erklärt >kdiH]|ii^^'< •'. - » »i» m»»v < j ! iliy, ,ijj
•' *Städdi^ icb willld*ii^tf^rlk5gendealÄjw«s ^gefade in <Bnk^
humj^ «Mil dievd»iu«.»^6teifrt züeprfiflMi ♦'erwicbeft, thfily dW-
mit ich von der für Fonk nachtheiligsten V<>l»aus^etE4i»r^
ausgebe, theils weil diese Beweisart zugleich die zweite in
sich ^/6"jJ- - .^ur bitt^^^^ mU:}^ „icjit der Partheilichkeit
oder der Nachla-Ssigkeit Sii^Ätfagen , Wehii Üh nicht eine jede
Kleinigkeit (£ast möchte ich sag^n , nicht eine jede ArmseJi^keil)
anführe und beleuchte. Nur die Hauptsachen kann ich Keraus-
heben; die Nebendinge sind schon sattsant besprochen worden-
mit den Grundpfeilern fällt das Gebäude. Bei der gerichtlitbeu
i6 Foiick^seher Grimitelprociefii. )
Verhanditiiig^ milbte aacb' iaa Unbeäcfiteii&te unterntdit werden,
denn es koonte bcdeutenit werden. Jetzt, nacK Beendigung
der Sache, labt sich letdtt daa Wiclitrgere ton dem Unwichtig
leeren aus$cheiden» Sar*isl £. B. auf dai Hörensagen, auf ein Ge»
rede und Gesage, Inn allerwenigsten in der TorHegenden Rechts«
•ache, (einer so gealterten, Hner so durchgesprochenen,) ^twas
«a gcd>en. Auch das, was von eivigeto Zeugen ßber di6 Art an-
gftföhrt wird, wie steh Foidt oder Ham^dter bei der Nachricht
Yon Cönens Verschwinden etc. blmottunen haben, kann ich niciH
hoch anschlagen. Geneigter Lfeser! was wfirdest Du sagen, wenn
Dick das Gerücht, wenU ein B^mter Dich' eines Verbrechens,
eines Mordes bezuchtigte? — -— Wer eimnal in Verdacht ist,
den dlruckt auch das Gleichgültige, selbst das Lobensweithe.
Ich will jetzt di^ 'Satze, die nach der oben bezeichneten
dritten Methode der Beweisführung darzuthuu waren, einzeln
durchgehen :
i) Conen ist etmor.det- und io4t ins Wasser ge-
worfen worden^- ^s. j,s.t also ein V^rbrechea verübt
worden — (Corpus Mp^h)-^ lo i|rthei|^ 4ic gorlobtlicheo
Aerzte. Zwar ist gegen dieses Urthetl tou dem als Sachver-
ständigen abg^kßi^eq P^<>f. |roM WalQer, iM><fe in eineiU QiU^chten
der medicinischcn Fakultät zu JVIfrbui^g hart gekämpft worden.
Auch erlaube ick ipir die Bemerk^ng,: da(s difr Streit umso
weniger als epuchieden betrachte!, w^dieu kann, da das Sekfious-
protokoil, was! die. Bcfschrieibupg 4»t. Aii:«ser«n Besqht^enheit
des Kqrpf^rs (namentlich ider SugiUiilionen)^ betriffi, gu^ Manches
9;u T^uo^cben übrig. Jiifst und da ich (abgesehen von der Persön-
lichkeit, def abg^tirien Aerzt«), zweiieb «niTs^ ob das^ was der
Pbducent über den- >Leick^<?fUad na <;h trag lick aussagt, also
das, was in dein voHiejgepidei^ FalU di^i gerichtlichen Aerzte ßa«*
in^Qtiich über die g^uudenefiesebaffenheit der Wunden zur Un-
teritutzuiig ihres PirUieUes Hachtrili^kli angefahrt haben, — als
ItinlestM^nüm ^Y''^/'^^^'^^'^^-^^'^^'^' ^^'^^>^^ ' Jedoch
ich* will hier von üer — - allerdingst.irahrscheinliohtreu -« Vor-
««iaseizung :au9gehiein^ (ibf» Cdnea*>efni0idel und ennordet ins
Wasser g^wurCe». wordeu ist*- Noä <mUinan.tstjUuUa9 com-
I , • . .. i
'.1 1 ^ r.
I
• 1 • I *
ErgSnzangs*Blttter d^Heidelb. Jahrb. d. Literatur. 1. 2.
Fonk^sther Criminalfröc^fs»
;i) Fonk kann Urbeber der "Tliat s«jm DavSlN»
scheint, allen Umstanden nach, kaum ein Zweifel anfgewoifen
werden tu können. Uu^ doch haben die Verthetdiger versucht,^
eineii Gegenbeweis su führen; sie haben es nicht bkifs Ter-^
sucht, es {st ihnen sogar in Einern hoheo Orade ge-
ladge'n« t)ie drei Mfigde>, welche zur Zeit der begangenen .
Mordthat bei Fonk dienten, seitdem aber desseii Di-enste
Terlassan haben, sagen einstimmig aus, daTs Fonk'
den 'gt; NoTbr. i8i6 Abends gegen 9 Uhr au Ti^eho
«nd dann mit seiner Frau tvL Bette ging, dafs Nte^
mand Fremdes im Hause gewesen sey, Niemand ge«
klingelt habe, dafs sie schlechterdings keinen Lär-
men gehört hätten, ob sie wohl in einem Zimmer
unmittelbar über dem Packhause schliefen. Die eine
Dienstmagd setzt noch h'inzu: Ich war noch auf dem Kinder^'
nmmer, als Fonk und seine Frau zu Bette giengen, weifs aber'
nicht 4un welche Stunde dies war. (Die Herrschaft und die
Mägde gingen gewöhnlich um lo Uhr zu Bette; wie aus den
Aussagen hervorgeht, war d;is auch an jenem Tage der Fall).
Die Zeugin fuhrt noch an , , dnfs zwar ausser dem Eingange in
das Fonckische ScUa&immer durch das Kinderzimmer noch
andere Eingänge gewesen wären; diese aber sejen immer fest
au. gewesen. (Absichtlich schweige ich you, dem Zeugnisse der
Fonkischen EUefrau, dafs Fonk am ^ten Novbr. den- Abend
nnd' die Nacht nidit .ron .ihrer Seite gekommen ist — - ob ick
mir. wohl eben so- wenig vorstellen kann, dafs eine wackere Ehe^
Craa.iJbHeniMann unter irgend einer Voraussetzung durch ihr Zeug«-
nifs b e schuldigen — als dafs sie ihren Mann , und zwar einen
Morder, durch ein falsches Zeuguifs entschuldigen werde!) — -
Ich bemerke: Diese Zeugen sind nicht blofs testes neganieti
^e scheinen mir eine Art von Alibi sattsam erwiesen zu haben«
2) Man kann sich die Ermordung Cönens kaum
anders erklären, als wenn man annimmt, Fonk sey
der T hat er gewesen. — Zu dem, was ich bereits oben über
diesen« Satz gesagt liabe, fuge ich jetzt noch folgendes hinzu:
Esi haben allerdings bis jetzt keine Thatsachen oder 'üat»
' stände ausgemitteb werden können, welche (abgesehn von dem
I gegen Fonk erhobenen Verdachte) auf die Ursache von dem
L Verschwinden^ oder auf den Urheber von dem gewaltsamen Tode
Cöiiens. hindeuteten. Die schöne Florentinorinn ist spurlos ter-'
Erg. Bl.s.d.H Jahrb. d.L. I. s. 2
t8 . . Fanck'sali«? Cr|i)[^a}piroo#.
übergegangen. Ueber den Umgang, den Conen sonst in Colin
gehabt hat, kommt in den Verhandlangen überhaupt wenig, am
wenigsten etwas Viefdächtiges vor. (Man konnte wohl wünsdien,
dafs diesem Umgange noch genauer na<;l^eforscht worden wäre.
Jedoch ^nde ich bei Benlenberg die Nachricht, dafs Conen noch
weibige:Be]^9pnte in COUn gehsübt -r- «luchreb^.eing^^ogea ge-
labt h^be). : . ^
Ind^ssimi kommefi doch einige Thsttsachen in 4^a,g€iri<^hili'r
chea Ve](handlungen xor, welch f mit d^m unglüqkseligen Ver^
schwinden . Cönen^ in *. einem «unheimlich ea. Zusammenhange zu
siebn.^ schein eq, so wen^'^ ste auch hinreichou , , irgend we be-
stim.m.te Vejrmuf huug • da^rauf zu gründen: ..Colien,; sonst eia
fri>bmtithiger. lebenslustiger Mensch/ führt^ kurz vor seinem Ver-i
soh^ioden di« «KJ^g^y 4af& er keinea Appetit, aber Duist nod*
eine ihm - seilest auffallende Unruhe habe. . £r erzählletadk $tea
Novethber, also an sejpem muthmafslichfen Todestage, ^dafs er
3>-r-4 Näcbjte. hindurch geträumt habe, .er würde ermot-
d«t ($•■ i5i. der bpi Oall gedrucktf^n Yerhandh— «- Nicht blofs
die Freundjs des Magnetism werden, es bedauern, dafs. des Inhalt
dieser Träume nicht genauer ausgemittelt worden ist oder nicht
gtBäuer ausg.emiuelt wer^n konnte. • Die. Sede übersetzt oft
ite ! Traume .Vermuthungen, Besorgnisse, in Bilder). Erscheint
die Gelegenheit nodh diesen Abend auszugehen, recht geflisseut-
lieh gcsueht zu, haben. (Ebend. S^ 399.). Jßei dem Abendessen,
deii-gten Novbr«: (einen Sonnabend), hatte Conen wenig ££slost.
Als Schröder äusserte^ er sey nun entschlossen am Sonntage nach
Crefeld' zu reisen, soll Conen erwiedert haben, er möge
das nicht t'hun. (V^eluti mortis Jam eerlusj). Das späte Aus<*
gehn Cönens selbst ist aufiBülend. Es hatte stark geregnet ; es
war nafskalt. Jedoch war heller Mondenschein. (Ni)ch emes>
UmStiuides-^-dcr sehr wichtig hatte werden skönine-U'—
des im Rheine mit dem Leichname zugleich gefundenen Tannen«
bordes, werde ich. weiter unten Erwähnung thun).
- -Bei dem Schlüsse ,- von weichem hier die.Qiede ist, • kommt
am Ende Alles* darauf ah, eine andere nicht unwahrscheinliche
Erzählung zu erfinden, nach welcher man von der Art, wie Co*
lutn seinen Tod gefundei^ hat, Rechenschaft geben kann. /Und
dfi braucht man nicht, gerade ein Dichter zu sejn, um dieser
Forderung Genüge zu leisten. In einer grossen Stadt^ vne Colo,
können einem Fremden, der sich noch nicht zu finden gelerat
bat, gar manche Unglücksfälle begegnen» Ein Feind von Mäd-
chen War Conen nicht. Oder der Mondschein kann ihn aus der
Stadt gelockt haben ; auf einer einsamen Wiese (auf ein«r Wiese
in der Nähe des Rheines will man seine Pfeife gefunden haben),
wurdo er überfallen, seiner Brieftasche beraubt; die 'Räuber
Funkischer Cfiminalpröcefs. Hj
wolint6n in der Nähe, um der Entdeckung zu 'entgehen, ^cli&äT-
ten sie den Leiclinam in den Rhein. Aus demselben Gründii
liessen, sie aucK Conen die Uhr. Odet er war an ein^n Oi't
hinbestellt, um ein Geschält abzumachen; mati gerieth in Streit';
von Worten kam es zu ThStlichkeiten ; er würde tödtlich ver-
wundet; man nahm ihm die Brieftasche, vveil diese, auf da^' tj6-
schäft sich beziehende Papiere eriihielt u. s. W. Am leichtesteb
Würde Alles (auch der Traum, als ein Vörjgeben,) zu'erklärep
seyn, w'enn man annehmen könnte, Conen — = ehrgeizig, ohne
sonderliche Aussichten, in der Ervvattung ' getäuscht , einen Be-^
triiger zu entlarven, — habe sich selbst ums Leben gebracl^t.
(Es ist, wie der Vcrlheidiger richtig bemerkt^ noch gar ticixt
crwies'en, dafs Conen bei seinem Verschwinden die Brijeftasc'his
an sich trug). — In der Sache kommt so manches Ausserordent-
liche vor, der Traum, das im Rhein gefundiehe Bret, (wovon
unten) Hamachers Geständnifs, — warum sollte man nicht auch
eine ausserordentlix;he Begebenheit als Ursache \oh
Cönens Verschwinden annehmen?
Endlich: 4) Auch wenn man Cötiens Verschwin-
den auf eine andere Weise erklären könnte, soll
Foük de^ Mordes unmittelbar überwiesen seyn'.' '
Den Beweis hat man theils in gewissen (Von Chr. Hamä-*
cbers Geständnisse unabhängigen) Anzeigen, theils in Hamachers
Geständnisse zu finden geglaubt.
Zü^st von jenen Anzeigen. Sie sind insgrsammt khef^
so entfernt, als allgemein^ Sie würden, auch* wenn sie gegi'vfu-
det wären , höchstens nur so viel beweisen , dafs man Foriken
theihK überhaupt, theils in Beziehung auf Conen nicht das BfestÄ
zutrauen könne^ nicht aber so viel, dafs Fonk einen Mord^ iatk
er einen Mord an Cöiien begfangen habe. Denn' wahre vestigiä
delicti, Spuren vergossenen Blutes, blutbefleckte Kleider,, blutr
Befleckte Wäsche, Sachen, die Conen bei seinem Verschwinden
an sich trug, hat man bei Fonk nicht gefunden. Des alten Hütlies
ohne Fvitter, den man in einem lange Jahre nicht geräumteii
Brunnen fand, will ich nur erwähnen, damit ich ihn nicht über-
sehn zu haben scheine. Cönens Pfeife, welche doch Fonl/näcK
Han^achers Geständnisse an sich genommen haben sollte, ist auf
einer Wiese gefunden worden. (Jedoch ist die Identität noch
zweifelhaft). — Ich gehe jetzt die Anzeigen eitizelii durchi
Die erste Frage ist billig die : Ist Fonk überhaupt eiil
Mann , welchem man da$ Verbrechen , dessen er bezüchtigeti
wird^, zutrauen kann?— Nun wird zwai*, ungeachtet des guten
Lobes, das Fonken hin und wieder vor Gericht ertheilt worden
ist. Niemanden gefallen können, dafs er Blätter aus seinen Han-
delsbüchern herausreissen und durch aiidere ersetzen liefs, djdi
2*
£
uo Fonk^scher Proceis.
er» um seinen Schvviegeryater za taoscben, eine erdichtete Rech*
puu^ hielt y dafs er Cöuen, welcher beauftragt war, Fonks Bü-
cher zu prüfen, vor Beendiguag dieses Geschäfts den Autrag
machte,, mit ihm in eine .Handelsverbindung zu treten. Aber die-
ses reicht doch wahrlich noch nicht hin, einen Menschen, einen
Familienyater, eines Mordes für Terdachtie zu halten!
Sonst wehe uns armen Menschen!
Ein alter Kömis<;her Richter fragte immer, wenn von der
Verdächtigkeit eines Menschen die Rede war: Ctu bono? Was
konnte den Menschen bewegen, die Unthat zu begehn? In dem
vorliegenden Falle hat man Räch- und Gewinnsucht der
That als Triebfedfru unterlegen wollen» Rachsucht; weil
Fook von Cdnen, einem jungen hitzigen und gegen ihn einge-
pQinmenen Manne heftig gereizt und wenigstens zur Abschliessung
eines für ihn uicVt vortheilhaften Vergleiches geuothiget worden
war; Gewinn s^u cht, weil sich Fonk besser aus dem Handel
zu ziehn hoffte, wenn er Conen auf die Seite ' geschafft hätte.
.Nun ist es. zwar allerdings wahr, dafs Fonk und Conen in
einem, sehr, gespannten Verhältnisse mit einander standen. Dies
|eht aus einer Menge von Ums.tänden und Thatsacheu hervor ; dies
»rächte die ganze Lage d^r, Sache mit sich. Aber zwischen Zorn
und. Vnfrieden .und zwischen dem Entschlüsse zu einem Morde
}%i doch noch eine so grosse Kluft, dafs man an der Menschheit
verzweifeln müiste,'wenn man anzunehmen hätte, dafs sie Fonk
SO leicht, so auf einmal übersprungen hätte. Auch war ja ein
Vergleich schon so gut wie abgeschlossen.
N^^ch weniger könnte man sich die That durch Gewinn-
sucht erklären.^ Zwar geht aus den Verhandlungen nicht ganz
I>estimmt hervor, ob Fonk oder ob Schröder in Vorschufs war
oder dem andern schuldete? Aber ein Vergleich war verabre-
det, ein Vergleich, den offenbar Fonk sehr gewünscht haue.
Nun , konnte und mufsto Fonk voraussehn., dafs er die Ab-
schliessung des Vergleiches unausbleiblich verei-
teln, bd^r doch verzögern würde, wenn er Conen,
ohne welchen Schröder bis dahin nichts in der Sa-
che gcthan hatte, ermordete. So sehr verrechnet sich die
Gewinnsucht nicht.
Und andere selbststandige Anzeigen der Schuld habe icli in
den vorli^enden Verhandlungen nicht gefunden ! — Dagegen
wohl . manche Gegenan zeigen. Ich führe von diesen nur eine
einzige, diejenige an , welche mir von ganz besonderer
Wichtigkeit zu sejn scheint.
Nichts ^richt so sehr für oder wider die Schuld eines
Menschen, als die Art, wie er sich unmittelbar vor und unmit*-
telbar nach der Zeit, wo er ein Verg^hn verübt haben solly be«
FonkVher Prottü. 2 t
tragen — als clas, was er unmittelbar vor päer nach dieser Zeit
gesagt /gethan oder unterlassen hat.
Ich will das durch ein Beispiel aus meiner Erfahrung er-^
iSutern. — *- Hier in Heidelberg 'wurde ein ältlicher Manii, der
allein wohnte und schlief^ des Nachts ermordet. Allen UmstSn« ^
den nach mufste die Thar von einem der im Hause wohnendeii
Leute verübt worden sejn. Im Hause wohnten die Wirthsleute^
Mann und Frau, und zwei junge Männer, von "welchen der eine
nicht im 'besten Rufe stand. Der die Untersuchung fuhrende > ^
Rictiter erzahlte mir bald anfangs die vorliegenden Umstände
und Anzeigeur Er hatte unter andern angdfuhrt, dafs jener
junge Mann täglich zu einer gewissen Stunde auf das heimliche
Gemach gegangen sej« Ich fragte, ob das auch an dem Morgen
nach der That der Fall gewesen wate. Als mir dieses bejaht
wurde, behauptete ich' sogleich, dafs dieser Mensch an der That
unschuldig sey. Und der Erfolg der Untersu<chung bestätigte
meine Behauptung. ^
Nun ist aber, in dem vorliegenden Falle durch Zeugen
erwiesen, dafs Fonk am gten Novbr. 1816 Abends zur gewöhn*
liehen Zeit (d h. unmittelbar vor der angeblich beabsichtigten
und verübten Unthat), mit Frau' und Kindern zu Tische gegan-
gen ist; es ist fern^ 'erwiesen, dafs er den andern Tag früh
den Mägden befohlen hat, das Zimmer zu heizen, iu wachen^
die Zusammenkunft wegen der endlichen Abschliessuog des Ver-
gleiches gehallen werden sollte. Da frage ich nun: Betragt sich,
kann sich ein Verbrecher so betragen, so verstellen, so ver-
wahren, wenn er ein so schwarzes Verbrechen beschlossen, nach-
dem er es verübt hat? Ein Jeder fühle an sein Herz uiid ant-
worte !
Doch man hat es auffallend finden wollen, dafs Fonk Ue«
loten Novbr. früh in di^e Kirche gl eng, da er gewöhnlich nibht
diu Kirche zu besuchen pflegte.. — Es mag sejn, dafs Fonk ketn-
sonderlicher Kirchengänger war, ob ich wohl die^e Behauptung
nur in einem Vortrage des .öffentlichen Anklägers gefunden habe«
Die Aussicht, einen sehr lästigen Rechtsstreit durch einen Ver-
gleich endlich zu schlichten, war auch eine ungewöhnliche
Veranlassung, die Kirche zu besuchen.
Ich komme jetzt zu dem Geständnisse Chr« Hama'»
fchers.
Hier böte sich nun die Vertheidigung von selbst dar, dafs
dieses G^stäudnifs, weil es aus ' nicht unerheblichen Gründen
widerrufen worden ist, weil es das Geständnifs eines Mit-
schuldigen ist, weder überhaupt noch gegen Fonk von
Beweiskraft $eyn kann.
leb will jedoch von dieser Vertheidigung keinen Gebrauck
\
/
22 FoaiL'scber .CriminalpröceC;.
Ipachea« Sie spUfe yielleicht einem Sdfiwurgericbte, aber sie
wurde NiemandeD, der nicht ein rechtskräfUges Urtbeil auszu-
sprechen bä^e, genügen, ...
Auch von der V^rtheidigung will ich nicht Gebrauch ma-
chen i dals Han^acher^ Gestäudnif^ zum Theil ws^hr — zum
7 heil unwahr %^jn k^nne» — ob wohl diese Ansicht von ei-
nem $ehr achtungswerthen Manne geäussert worden ist,-ywahr,
in wiefern Hamacher an der Ermordung Cönens oder an der
Fortschaffung de& lieidinams Theil genommen zu haben beken-
nCj unwahr, in wiefern. Hamacher die That mit Fonk verübt
zu haben behaupte. Penn ich finde in den Verhandlungea
schlechterdings keinen. Grund, das Geständaifs zu ttueilen, Fonkeo
(iir unschuldig zu halten,, wenn Hapiacher auf irgend eine Weise
aa der Ermordung Cohens Theil genommen, hat.
Ich gehe vielmehr von d e r Voraussetzung aus, dafs beide,
f'onk und Hamacher, entweder schuldig oder unschuldig
sind, dafs Hamahher entweder schlechthin . die Wahrheit ge-
sagt, (xder schlechthin gelogen hat.
iWiit ich uuijL sofort den Hauptzweifel in$ Auge fasse,
werfe ich die Fragen aiif: Wie isl es auch nur möglich, dafs
ein Unschuldiger, der nicht peinlich befragt vvird, sich schuldig
bekenne? eine, so zusammenhängende Xgge erfinde? Was
iji^onnjte -«^ damit ich die Frage sogleich mit Beziehung auf den
vorliegenden Fall fasse, — Hamachern bestimmen und bewegen,
sich und einen. Andern der That fiir schuldig zu erklären? Ja,
wenn er auch aus irgend einem Grunde eine so strafbare, eine
so unwahrscheinliche Lüge machen wollte, wie war es möglich,
dafs. er eiqe so zusammenhängende, eine so annehmbare Erzäb-
lung erdenken und ersinnen konnte?
Die Beantwortung^ der einen und der andern Frage ist in
dem vorliegenden Falle leichter,, als man der Beschaffenheit die-
ser Fragen nach denken sollte.
Zur ersten Frage: Man denke sich einen Menschen, der,
eines besseren Lebens gewohnt, (und Kiefer kennen und lieben
wenigstens eine Art des Genusses), und plötzlich in ein nasses
kaltes und dunkles Grefängnifs bei. rauher Jahreszeit versetzt , iu
'ein Gefangnifs, in welches selbst Rege;» ujad Schnee driugea
konnte,^ nur dadurch dafs er .gesteht, was man. will, dals er
gestehen soll, seinen Leiden ein Ende machen kann; • — cioca
^enschen, der, auf seine Handwerksehre haltend, denn doch,
prahlerisch, dumm und um sich wichtig zu machen, Manches ge-
plaudert hat,. was ihn. des Verbrechens, dessen er von dem all-
gei^eif^eu Gerüchte bezüchtigc^t wird, verdächtig macht, so dafs
er an der Wiederherstellung seiner .Ehre, zweifeln mufs; — einen
Wensehgn endlidi , welcher geg^u einen Andern, den dasselbe
f'öilk'SQlier GriAiinalprocefsI 33
V
Geräi^lii ' ab -seiAet^ Mitschuldigen h^elchntt, besonders i^hr^ht
ist oder gereizt wird 5 — ■- und man wird sich, wie' mii* ^chblnt,
recht wohl erklären kotinen, dafs und wie ein solcher Mensch'
das umlaufende Gerücht durch sein Bek^nntnifs ton sich fiWdr
einem Andern bestätigen kann. Aber dieses. Bild ist das Nach-
bild Hamachers und seiner Lage und Gem^thsart; So war s^enf
Gefangnifs beschaffen} so sein Charakter; ^n bezeichnete* da«
Gepucht' als den Schuldigen ; er hatte sich so ' weit verredet^ daft
er verhaftet wurde ; ihm wurde ein Brief vorgelesen, in welchem
ihn Fo nk für dumm und ehrlos (im Briefe stand jedoch »ehr-
lich«) erklärte u. s. w. »Fonk,« so äusserte sich damals Ha-
macher !(a« a. 0. S. 38 1.)' »will mich zum Spitzbuben machen,
da kann ich ihn auch wohl zum Morder machen.«
Zur zweiten Frage: Als Hamacher die That gestand, war
ihn das Gerücht, welches ihn und Foiiken als Cönens Mörder
bezeichnete, war ihm eben so der Leichenbefund sattsam
bekannt. Es bedurfte nicht "eben einer besondere; schöpferischen
Einbildungskraft, um die Erzählung, die Hamacher machte, zu-
sammenzusetzen. Am wenigsten bedurfte dieser Gabe ein Mann,
der, wie Hamacher, die Oertlichkeit des Fonkischen Hauses, 'die
ganze Einrichtung d^s Fonk genau kannte. Erwartet man den-
noch, (und obwohl Hamacher ein guter Sprecher zu^ejn
scheint), ein Stocken und Zögern, nun Ha'macher gestand nicht
sofort, auch der Wein, der ihm gereicht wurde,' konnte 'das
Seinige thun. Da braucht man nicht einmal eingebende Fragen,
(Suggestivfragen), nicht einmal Hamachers «Aeusserungeri : »Jetzt
haben .wir überlegt, wer den Mann gefahren;« -^ »jetzt haben
tvir einen Mann;«-— »ich habe etwas mit S. überlegt,« (a. a.
O. S. 367. 368.) — tu Hülfe zu nehmen, um sich die Entste-
hung der ganzen Erzählung zu erklären.
Ich bemerke nur noch: Ich schlage es zwar, in dem vor-
liegenden Falle , nicht hoch an , dafs Hamacher in dem entschei-
denden Augenblicke ein Glas Wein getrunken hat. Wenn man
m der Gegenwart' eines Gefangenen Wein trinkt, so ist es in
mehr als einem Sirine menschlich, auch dem Gefangenen ein
Glas zu reichen. — Aber das ist kein Grund, hier den Einflufs ,
dei Weins auf das Gestehen zu leugnen, dafs der Gefangene
Weit mehr Wein vertragen konnte , ohne trunken zu werden.
Einen geschwächten Menschen kann ein Glas bethoren oder
überreizen. In vmo "veritasj sed ei mendacium.
Jedoch alles dieses geht nur dahin, dafs Hamachers Ge-
ständnifs falsch sejn kann, dafs, wenn, es für falsch zu halten
sejn sollte, man'^icht deswegen ihm Glauben beimessen kann und
darf, weil sich doch Niemand ohne Noth und Grnnd schuldig
Wkennen wird, ^ctl der Mensch erfinderbcher ist, wenn er
iMfty.i-L-i..-fc- 1 ■ -
J'
24 FonVscher CriminalpFOceis.
sich entschuldigen will, sls wenn er steh be-sdinldtgen
soll* Die Frage ist also die: Jst Hamacliers Geständnifs glaub- j
würdig? ist es i) innerlich glaubwürdig? ist es a) durch
andere Zeagi^isse und Thatsa^hen bestätiget worden?
Zo i) U;li will nun nicht rngen, dafs es einem rorsichtigen
Hanne kaum luzutrauen sey, dafs er einen seiner Arbeiter— ia
Zukunft seinen Peiniger — - so plötzlich und unvorbereitet ins
Ifitverständnifs gezogen habe» Man konnte autworteui die Lä-
denschaft verblendet auch den besonnenen Mann.
Aber folgende zwei Unwahrscheinlichkeilen weifs ich mir
nicht zu beseitigen.
Erstens: Was konnte Conen veranlassen , den gten Novbr.
noch cfinmal und noch Abends so spät zu Fonk zu kommen? —
Hamachers Gestandnifs , welches allein auf diese Frage eine un-
mittelbare Antwort enthält^ lautet so: »Als ich nach 9 Uhr, wie
er (Fonk) befohlen, hinkam, sagte er zu mir, ich möchte ins
Comptoir kommen ; dort sagte er mir weiter : wenn es schellt,
so macht einmal die Thüre auf; er holte dann eine Bouteille
Wein, setzte mir diese vor und sagte , ich möchte einmal trin*
ken, es wäre Bordeau-Wein, er ging dann einstweilen von mir
und liefs mich allein; ein Viertel dber zehn, vielleicht auch um
halb eilf Ubr schellte es, ich machte die Thöre auf und es war
Conen; derselbe fragte, ob Herr Fonk zu Hause wäre?
' worüber der letztere gleich hinzu kam, und guten Abend Herr
' Conen! sagte; worauf dieso*, guten Abend Herr Fonk! erwie-
derte; er hatte mir, was ich zu bemerken vergessen hatte,
, gesagt, Conen käme auch noch mal dahin, er hätte
was vergessen. Nachdem sie sich gegnifst hatten, sagte
Conen, er hätte was vergessen, und Fonk antwortete, ja
icb dachte das*wohl Herr Cönenlc — Offenbar mufs
man annehmen, entweder, dafs Conen nur zufallig (ohne eine
vorausgegangene Verabredung) noch zu Fonk kam, oder dafs
er sich zu Folge einer Uebcreinkunft oder Bestellung bei ibm
einfand. — Die erste re Annahme scheint mir geradezu uoza«*
lässig. Denn wie konnte Fonk Hamachern auf eine bestimmte
Stunde zu sich bestellen, wie konnte er ihm sagen, dafs Conea
uoeh kommen würde, wenn nicht eine Verabredung oder An-
kündigung vorausgegangen war'' Mochte -«Conen auch etwas
noch so Unend)ehrliches bei ihm vergessen hjiben, dafs Conen
sich in Person, dafs er sich noch so spät und gerade* in
der neunten oder zehnten Stunde bei ihm ein&nden würde,
konnte er auf keine Weise voraussetzen«— Wir müssen also ao-
nehmen, es giuij; ein.e Verabredung oder Bestellung
voraus. Aber mit dieser Annahme verwickelt man sieb iu
neue fast uoch. grössere Schwierigketten. Man beachte zuvörderst
m
Fonk^'sclier Criminalprocefs» a5
die angeblich • gefallenen Reden: »ht Herr Fonk zu Hanse?«
»Ich hatte -was vergesseu.c »Ich dachte wohl, das sie etwas ver->
gessen häUeD.€ Deuten nicht diese Reden auf ein . z u f ä 1 li g e s-
Kommen hin ? Sodann (einstweilen Alles nach den Worten ge-
nommen), wie lächerlich! Conen hatte mit Fonk zuletzt in
Fonks X eigenem Hause gesprochen und hier , in diesem Hause
also, zu Fonk gesagt, er wolle noch einmal kommen um etwas
zu liolen, das er in dem Hause Tergessen habe! Aber die Haupt»
Sache ist, da fs man Conen geradezu für einen Schur*
ken halten mufs, wenn man behaupten will, dafs diese Zu-.
sammenkunft verabredet war. Er hatte gegen Schrddern, sei-,
neu Herrn oder Machtgeber, nichts von dieser Zusammenkunft
geäussert , ungeachtet er mit ihm zu Nacht gegessen hatte« £r
hatte sie ihm sogar verheimlichet; denn er hatte Schrodern^
wegeh seines- späten Ausgehns befragt, nur erwiedert, ich will
noch was mit • Hahnenbein gehn. Aber ein solcher Verdacht ge-
gen Conen läfst sich schlechterdings nicht rechtfertigen« Conen.
zeigt sich ip dem ganzen Verlaufe des Geschäfts als ein treuer
vielleicht nur zu sehr für die Sache seines Herrn eingenommener
Bevollmächtigter; er erscheint besonders in den Briefen an die Sei-
nigen als ein recht liebenswürdiger junger Mann ^ er war, noch
in der letzten Zusaro mmenkunft , die in seiner Ge«
genwart, zwisch en Fonk und Schrddern gehalten
wurde, (den gten Abends) in einer Zusammenkunft,
nach welcher er nicht 4cr Letzte Fonken verlassen
hatte, in einen lebhaften Wortwechsel mit Fonk ge-.
rathen. Auch den Umstand würde ich Conen zur Ehre an-
rechnen, (ohne einen genügenden Orund, wi^ mir scheint, ist
er gegen Conen gewendet worden), dafs Conen kurz vor sei-
nem Verschwinden gegen Hahnenbein äusserte: Er, Hahnen--
bein, habe wohl zu viel (zu viel Nachtheiliges) von Fonk ge->
sagt* -— Mit einem Worte, je mehr man über diesen Besuch
nachdenkt; desto mehr verwickelt man sich. Auch liegt die-
Schwierigkeit nicht blofs in der Sache selbst, sondern zu-
gleich in Hamachers Erzählung. Der Lügner verräth sich,
indem er den Besuch erklären will« (Daher ist auch
das nicht unbedeutsam, dafs H« in seinem Geständnisse die an-
geblioho Rede Fonks; CSneu kommt noch einmal, er hat etw^.
vergessen ! — n a o li h o 1 1 ).
Eine zweite Hauptunwahrscheinlichkeit liegt in der Er-*
mordungsscene. Im Packhause steht Fonk neben Cönen^ er
höhlt mit dem Bandmesser aus, er. warnt, mochte man ^en,
Conen durch die Worte: Da Kerl hast du die Probe! — CA^
neu steht, schweigt, wendet und wehrt sich nicht.— Fonk gicbt
Conen sodann einen Stols vor die Brust, dafs dieser ii^u Boden
2ß Fonk^scber Criminalprocefs.
fallt« «-» Ancli da halt CSnen stiU und geduldig. — Hamaclier
erwürgt ihn hierauf. — Auch da lesen wir nichts von einer
Gegenwehr, von einem Sträuben oder Röchein. — So beträft
sich kein Mensch , wenn er ermordet wird, sondern alleDfalls
ein Falls, wenn es Zugeschlagen wird. Der Trieb der Selbster-
haltung wvcht über den Menschen, auch wenn der Verstand
nicht mehr überlegen kann. Diese Hingebung und Duldung ist
gerade in dem vorliegenden Fall am unerklärbarsten. Conen war
ein jonger, starker Mensch. Von der Beschaffenheit waren die
an Cdnens Leichnam gefundenen Wunden nicht, dafs sie ihm
augenblicklich alle Besinnung hätten rauben müssen. Auch sank
er ja von den» Schlage nicht zusammen. Ich habe schon viele
Mordgeschichten gelesen, eine ähnle he ist mir noch nidit
vorgekommen« ^
Nicht besser steht es mit der äufserfl Glaubwürdigkeit
des. Hamacherschen G eständnisses. Dieses Gestand uifs ist
durch keine einzige nur einigermafsen erhebliche
und sattsam erwiesene oder wenigstens wahr-
s^cheinlich geinac,hte Thatsache unterstützt, es ist
sogar, wenigstens durch eine unbestreitbare That-
sache, widerlegt worden. .
Es ist auf keine Weise unterstützt worden.
Hat man CQnens Eigenthum oder irgend ein Werkzeug des
Vergehens bei Fonken oder Hamachern aufgefunden oder be-
ziehungsweise vermifst? Nein! -* Fonk soll Cönens Brief-
tasche und Hut und Pfeife an sich genommen haben. Sind
diese Sachen bei Fonk gefunden worden? Nein ! — Cöqens Leich-
nam soll in einem Fasse in den Rhein geschaft worden sejn.
Hat man dieses Fafs aufgefunden oder nachweisen können? l^eini
und doch mufste es durch BJutspuren kenntlich sejn. — Ha-
macher will mit' einem Riemen einen Stein an den Leichnam
befestigt haben. Hat man irgendwo ( an ' Fonks Pferdege-
schirre, an Hamachers Schurzfelle,) einen Riemen vermifst?
Abermals nein!
Und die Hauptsache — eine Thatsache, die mit Hamachers
Geständnisse' in dem wesentlichsten Zusammenhange stand, eine
Thatsache, die 'ihrer Beschaffenheit pacb, nicht eben schwer
zu erweiseü war, ist, abgesehen von der Aussage eines emzigen
Zeugen, durch vvelche sie übrigens nur auf eine sehr entfernte
Weise bekräftiget wird, gänzlich unerwiesen geblieben, ja so-
gar durch einen sehr kräftigen Gegenbeweis beseitigt worden,
— ich meine die Thatsache ,^ dafs Adam Hamacher, auf «"C
von seinem Bruder Christian erhaltene Bestellung, den lo. Nov.
von Sinnersdorf nach Kblh mit einem einspännigen Wagen ge-
kommen und den üten früh das Fafs mit Conens Leichnam nn
Ftf^k^scheüT^ CrittiiEuilprocels;' lij
den Rbein gefahren babe, hierauf aber nach Sionersdorf zu**
ruckgekehrt sej. — Der Wirth des Gasthofes, m welchedi
Adam Harn., zu Folge des von Christian Ham. abgel^ten Ge-
ständnisses vom loten zum üten NoV. übernachtet haben soU^
(des Gasthofs zuni goldenen Löwen,) die sämmtlichen Leute
dieses Wirthes, leugnen schlechterdings, dafs diese (in Bezic«
hung auf sie ganr. unverdächlige) .Thatsache w^ahr sej. Und wenn
man erwägt, daE» Wirthe und die welche in einem Gasthofe,
dienen, eindn ganz eigenen Blick und eine ganz eigene £rin-
uerun^skraft für Fremde haben, dafs Ad, Hamacher einen Kar-
ren und ein Pferd bei sich hatte oder gehabt haben soll, dafis
er dea ii. ungewöhnlich früh aufbrach, — so wird man ge->
wifii !gesneigt seyn, sie für mehr, als für blols verneinende Zeu^^
gfen zu halten. -. — Ferner, Adam Hamacher hat sogar ein Ali-,
bi, seine Abwesenheit in Sinnersdorf am loten urid liten Nov.
durch mehrere Zeugen (a. a. Ow S. 45o — 4^9*) beigebracht.
Nun sieht zwar diesem Beweise des Alibi 'entgegen , i ) dafs
aadere . Zeugen f auf die sich die Alibizeugen bestimmt berufen,
Ad* äamachera an den gedachten Tagen in Sinnersdorf nicht
gesellen haben wollen, 2) dafs eine Zeuginn, die schon obeii
erwähnte Ghidstine SchüU, Ehefrau Egel, behauptet, Adam Ha—
machern den 11, Nov. früh ins Dorf her einfahren, gesehen zu
haben« ' Allein jene Zeugen konnten sich um so leichter irren,
d|i sie erst. nach längerer Zeit abgehört / wurden, da jene Tage ■
KiroftestageAViaren , an welchen, man auf dem Lande so viele
]Vf eoseben steht und spricht^ und .diese Zeuginn ist , (wie ich
schon oben angedeutet habe,) weder so unverdächtig, noch ia'
ihren Aussagen so ausführlich, dafs sie den Beweis des Alibi;
gänzlich entkräften könnte. Ich bemerke !i^ur noch, (um nibht.
bei den Gründen , die sich für diesen Beweis * noeh ausserdem
darbieten, zur Ungebühr zu. verweilen) .dafs Chi*. Hamacher
erst seinen Bruder, dann einen Unbekannten als den Fuhrmann
be^j^etchn^te.
Das Geständnifs ist sogar durch eine unbestreitbare That-'
Sache widerlegt worden ~- durch die Beschaffenheit der
an Cönens Leichname gefundenen Kopfwunden.
Ist Hamachers Geständnifs eine Lüge, welche
Hamacher aus*: den t^llgemein-en Nachrichten, die
er von dem Leichenbefunde erhalten hatte, zusam-
memsetzte^ so mufs es im allgemeinen mit dem Lei-
chenbefuud , übereinstimmen, im Einzelnen aber da»
von abweichen. Und so verhält sich die Sache in der That!
Mao .hatte an dem. Leichname Kopfwunden und Spuren der :
Erdrosselung gefunden. Die er^tern rührten nai;h dem Urtheile
der gerichtlichen Aerzte, von eiaem stumpfen, e^as uugleichea»
!tS Fcmk^scher Griminalprocefs.'
mehr ijoetsdicod als- sclineidlcnd wirkenden lastnimente lier. Dm
Gerücht hatte dieses Instranent wahrscheinlich in ein Bandmes«
ser verwandelt So weit nun, also im allgemeinen^ stimmt Ha-
machers Gresllndnils mit dem Letchenbefande vortrefflich uber-
cin* Conen erhält zuerst mit einem Bandmesser einen Schlag auf
den Kopf| dann wird er erdrosselt]
Aber hiermit endet au^h die Uebereinstim-
nnngi — ' Nach Hamachers Geständnifs erhielt Conen nur
«ineu Schlag. Aber nach dem Leichenbefunde hatte Conen
mehrere Wunden am Kopfe, die, (wenn sie' auch, was doch
immer zweifelhaft bleibt, insgesammt mit einem Bandmesser Co-
nen, geschlagen worden sejn konnten,) dennoch inehrere
Schläge oder Hiebe voraussetzen. -— Nach- dem Geständnisse
gab Fonk den SchLig auf den KapL Nach dem Leichenbefund
war auf dem Kopfe nur eine u n b e d e u t e n d e Wunde zu sehen,
von der es sogar zweifelhaft war, ob sie im Leben ' oder im
Tode entstanden s^; die Hauptwunden fandeii sich an der iin-
^ken Seite der Stirne. — Man kann die Entstehung des
Geständnisses ans dem Leichenbefunde oder aus der Kenntnifs,
die Hafliiacher von diesem hatte, erklären, nicht aber^ ohne zu
netten Hypothesen seine Zuflucht zu nehmen, den Leichenbe-
fund aus dem Geständnisse.
Ich weils wohl, dafs man sagen wird: Hamacher hat nur
nicht alles in der Geschwindigkeit gesehen; oder, hätte er nur
nicht sein Geständnils widerrufen, so würde er schon die Worte:
Fonk schlug CÖnen auf den Kopf — erläutert und gedeutet
Laben. Aber, indem ich diesen Streit über Möglichkeiten An-
dern überlasse, erlaube ich mir den Wunsch, dafs die Herren
Sachverständigen sich über die Fri^e geäufsert hätten : Ob Fonk,
wenn er neben Conen stand 9 ( Hamacher läfst es ungewiüs: Ob
zur Rechten oder zur , Linken ? ) diesem die gefundenen Ver-
wundungen zufügen konnte?
Noch imifs ich eines, in dem' ärztlichen Gutachten i>emerk-
ten Umstapdes erwähnen, welcher, wenn er genugsam ausge-
mittelt worden oder auszumitteln gewesen wäre, Hamachers Ge-
ständnifs abermals entkräftet, ja vielleicht ein neues und
unerwartetes Licht über das Geheimnifs des vor*
liegenden Falles verbreitet haben würde« Nachdem
ObductionsprosocoUe war auf beyden Knieen auf dem obern
Rande der Kniescheibe ein Druck, welcher in die Queere gicng,
zwej Zoll Länge, und einen in der Breite betrug. Im Grunde
dieser Eindrücke war blols die Oberhaut oben abgeschabt. Wenn
man beide Kniee aneinander legte, nahmen beide Eindrücke den
erhabensten Theil der Kniec ein, und sie schienen nach dieser
Lage , 6escbair(|ttheit und Richtung durch einen dicken Strick,
Fonk^scher Crimüialprocefs. 519
der um die Kni«e gelegen, bewirkt worden za sejm. »Dies^
Eindrucke,« bemerken nun die SachTersta'ndigen in ihrem Gutm-
achten (a. a, O. S. 5a5.) »können nach ihrer Irfige, Richtung
und Beschaffenheit kaum anders ab durch einen liier eingewirk'»
tcn Strick verursacht worden sejn, der vielleicht dazu ge«'
dient, den Leichnam auf ein, neben 4^0>s«lben im
Rheine getriebenes, und bei der Obduktion vprg<>-
legtes rohes, mit einem gebogenen Nagel durch«^
schlagenes Tannenbord und daran ein Gewicht zur
Versenkung desselben unter Wasser zu befestigen,
welches dadurch, dafs die beiden Eindrücke eine
liud dieselbe Stelle auf den erhabensten vorderen
Theile der Kniee einnahmen, und die äussere Seite
derselben nicht die kleinste Spur dalvon zeigten,
sehr an Wahrscheinlichkeit gewinnt.« (Von welcher
Beschaffenheit war dieses Bret ? Lagen am Rheine bei CoUa
Breter dieser. Art? oder konnte man etwa den Eigenthiimer des
Bretes oder auch nur einen, der.;ahniic:he Breter bes^fs, >usmit-*
teln? Hatte gerade damals ein Einwohner Cöliu's Breter, oder
Nägel oder einen Strick — vielleicht unter ungewöhnlichen
Umständen — gekauft ? Auf diese Spur hätteu die homines
male seduli ihre Aufmerksamkeit richten sollen),-« Hamacher
weifs von einem solchen Tannenborde nichts. Er. ist ein&cher;
er braucht nur einen Riemen und einen Stein, um den Leichnam-
in das wässerige Grab zu versenken.
SchüeMich will ich nur noch mit zwei Worten bemerken,
dafs man in dem Charakter und in d?sm früheren Lesben Hama-
chers schlechterdings keinen Grund findet, dem .Menschen die
l'heilnahmc an einer so fürciiter liehen Unthat zuzutrauen , dafs
die gute Frage: Cui bona} bei Hamachcrn noch weniger, als
bei Fouk, eine genügende Antwort zulassen würde«
Und so trage ich denn kein Bedenken, meine Meinung da-
hin zu äussern, dafs ich, so wie die Sache liegt, als Geschwor*
ner, für Fonk's und für Hamachers Unschuld gestimmt haben
würde.
Ich füge jetzt noch die Erzählung eines Rechtsfalles bei,
der mit dem vorliegenden manche Aehnlichkeit hat, die Verglei-
^ung, (ich hoffe, sie soll nicht uninteressant sejn,) den Lesern
überlassend«
Die Erzählung ist aus folgendem Werke wörtlich übersetzt:
A compUte Collection of Stau-Trials. By T, B, HoweU. (FoL
XH^. S,434a. ff.) — einem Werke, welches ich einem Jeden
empfehlen kann, ir elcher den R^cBtsgaog der peinlichen Gericht«
3b Fonk'schcr Criminalprocefs.
des Britisctiea lleictis recht nach dem Leben .kennte lernen
will.
Aö einem Donnerstan;e, den i6t. Augnst 1660,^ gi^ng WH-
liam Harrison, Verwalter der Gräfin Canipden, zu Campden in
-Gloucestershire ^ ein Mann von ohngeföbr siebenzig Jal^reo, von
besagtem Campden nach Charringworth ^ ohngefahr twei Meilen
davon, um die* Zinsen seiner Herrihn in Empfang zu nehnnen;
da er nun nicht so frühe wie sonst zurückkehne, schickte seine
Frau (zwischen 'acht und neun Uhr des Abends) ihren Knecht,
Jdhn Perry , seinem Herrn auf den Weg nach Charringworth
entgegen : da aber w^der Herr Harrison noch seih Knecht diese
Nacht zurückkehrten, ging Edward Harrison (der Sohn Willi"
am^s) des folgenden Morgens frilhe, nach Charringworth zu, um
wegen seines Vaters nachzuforschen. Auf dem Wege begegnete
er dem Perryj welcher von dorther kam,* und da er von die-
sem erführ, dafs sein Vater nicht dort wäre, giengen sie mitein-
ander nach Ebrington, einiem Dorfe zwischen Charringworth
nnd Campden; wo Sie von einem' gewissen Daniel hörten, dafs
Herr Harrison, bei seiner. Rückkehr von Charringworth j bei
ihm eingesprochen — sich aber nicht aufgehalten habe. Sie gien-
gen sodann nach Paxford , ohngefahr eirfe halbe Meile davon j
da sie aber auch dort nichts von Herrn Harrison erfuhren, kelir-
ten sie nach Campden zurück. Auf dem Wege hörten sie, dafs
auf der 'Landstrasse (zvvlschen Ebrington und Campde(i) ein
Hut, ein Halstuch und ein Kamm, von eiYier armen Frau, "^elclic
Aehren gelesen, aufgehoben worden sey; sie suchten sie auf,
und fanden bei ihr den Hut, das Halstuch und den Kanmi,
welche Stücke sie als KeTTn Harrison gehörig erkannten.
Nachdem sie die Frau an den Ort gebracht hatten, wo sie
die Sachen gefunden, (auf der Landstrasse zwischen Ebringtcn
und Campden nahe an einem grossen Ginsterdiökich) suchten sie
dort nach Herrn Harrison, muthmassend, dafs er ermordet wor-
den sej, weil der Hut und Kamm verschnitten und zerhackt wa-
ren; aber sie konnten nichts weiter dort finden. Als die Nach-
richt hiervon nach Campden kam,- machte sie ein solches Auf-
sehn indei* Stadt, dafs Männer, Weiber und Kinder' in Menge
hinausströmten, um den muthmafslichen Leichnam des Herrn
Harrison aufzusuchen; aber alles vergebens.
Die grosse Angst di^t Frau Harrison, würdö'nun um vif-
les grosser f und da sie ihren Knecht Perry ( den Abend iavorj
seinem. Heirn entgegen geschickt hätte, und er diese Nacht nicht
zurückgekehrt war, erregte dieses, den Verdacht, dafs er ihn
beraubt und ermordet habe; besagter Perry wurde am folgen-
den Tage zu einem Friedensrichter gebracht; und, über dipAb-
"wesenbett seines Herrn uad,.tiber sein eignes Ausbleiben in der
\\
Fonk^sqher Crlminalprocds. 5i
Haqht^ WO ^ ihm entg^en gegangen, befragt, g«* « Ton ticli
gelbst Xalgeode Rechenschaft : Seine Gebieterinii habe ihn zwl^
sehen acht und neun Uhr des Abends seinem Herrn . entgegen
geschickt ;. er sej hieraLVii Campdem-ßeld hinunter, gen Ckar*
r<>i^4VPKÄ gegangen, und als er ^en Acker Weges iiirückge-
)egt, sey ihm eip gewisser Wüäam Reed von Campden begeg-
net ^ weichen^. mit seiner Botschaft bekannt gemacht, und \nn^
augcsetu bah«, dafs er .sich fürchtete, weiter tu gehen, weil es
finster werd«; er wollte deswegen umkehren und das Pferd sei-^
»es jungen Herrn' holen; er sej hierauf mit ihmzurückgegangea
bis aot H« Harrison's Hofthor, Wo -sie sich getrennt hätten und
pr. stehen geblieben sey; hierauf sej ein gewisser P/^re wi ihm
gekommen, okit welchem er abermak, ohngefähr einen Bogen*
«choEs weit in. die Felder gegangen und gleichfalls mit ihm zii
^dmea Herrn Thorweg zurückgekehrt- sej, wo sie sich auch ee«
trennt hätten f* alsdann sej -er, besagter John Perry, -in seines
Herrn Hühnesstall gegangen «md habe sich ohpgefähr eine Stunde
]iiedei:gelegt, ohne jedoch zu Schlafen. Als die Glocke zwölfe
schlug, sey er aufgestanden. und nach ^'Aorrm^orM zugegan<ren.
yts. er seinen Weg verloren iind^ so den übrigen Theil der Nacht
unter einer, Hetke gelten. Sobald der Tag anbrach, am Frei-»
tag Morgen, gieng er, «einer weitern Aussag« nach, nach Char^
piugworth, wo er bei einem gewissea .Eduard Plaisterer^Erkun««
digung" über seinlen iHerrn einzog ; dieser sagte* ib|n, dafs er deg
Kachmittags zuvor bei ihm gewesen, «mid.direi tind zwanzig Pfund
von ihm empfangen, sich aber nicht -lange bei ihm aufgehalten
habe. Sodanu ging er zu H^üUaw. Courtis in derselben Stadt
weh:ber*.ibm ebenfalls sagte, er habe gehört sein Herr wäre ia
sein Haus gekommen, da er aber nicht; zu Hause gewesen, habe
er ihn t nacht- gesehen*
:Nach diesem, sag^ er, sey er nach, Hwise zurückgegangen!
(es wap'fthBgefähr fünf Uhr des Moi^gens). Auf dem Wege be-
gegnete ibm der Sohn seines Herrn^ mit welchem -er nach Ehrüig^^
Un mid Pax/ord gegan|;en etc., wie schon erzählt worden ist.
.rjteed, Pearee taid Courtis wurden verhört und bestätigten
jPerr/V ' Aussage. ,
- P^rrjr^ '^urde von dem Friedensrichter gefragt, wie er, der
steh gefürchtet h|tbe, um neun Uhr nach Charringworih zu ge*
hen, so kühn geworden sej^ um 12 < Uhr dahin bu gehen? Er
antwortete, dafs es un| neun Uhr "finster^ um la Uhr aber Mond-»
schein gewesea %ej.
'Er wurde werter gefragt, warum er, nachdem er zweimal
von seiner Senduug zurückgekehrt, und sich bis zw4ilf Uhr auf«-
gehalten, nicht in das Haus gegangen, um zu hören ob sein
Herr zuiückgekonuaen sc^y, ehe er .ein drittes Mal zu dieser
39 Fonk'schar Criminalprobeis.
Zeil der Nacht ansgienge, um ibn zu snchetii* -er antwortete, er
habe gewalst dtft sein Herr nicht nach Hause gekommen sej^
weil er in seinem Kammerfenster Licht gesehen , veldhes nie so
Spät der Fall gewesen, wenn sein Herr ^u Hause war.
Doch ohngeacbtet dessen^ was Perrjr über %em AosUeiben
in dieser Nacht ausgesagt, wurde es nicht lur thunlich gehalten,
ihn loszulassen, bevor man weitere Nachforschungen nach Herrn
Harrison gemacht; er blieb demniich zu Campden in Verwah-
iting, anfänglich in einem dortigen .Wirthshause, und d^Qn in
dem öffentlichen Gefängnisse, vom Sonnabend dem 1 8ten Augast
bis zum folgenden Freitage, während welcher Zeit er zu Camp*
Jeik von oben erwähntem Friedensrichter wieder verhört wura^
sj>er nichts mehr, wie zuvor, aussagte; auch konnte daauls
keine weitere Entdeckung gemacht werden y was aus Herra
Morrison geworden; es verlautete aber, dafs Peny wahrend
•eiiier Verhaftung jemanden erzählt habe, (welcher in ihm ge-
druii|[en, zu bekepnen, was er von seinem Herrn wisse) dafs
ihn ein Kesselflicker erschlagen habe ; zu andern sa^e er, dafs
die Magd eines Edelmannes aus. d*i^ Nachbarschaft ihn beraubt
und ermordet habe ; und wieder andern , dafs er in Cantpäen
ermordet, und unter einen Haufen Bohnen verborgen vvorden
wey\ es wurden jedoch abermals vergebliche- Nachsuchungen ge*
macht. Endlich äusserte er, dafs, wenn er wieder vor den Frie-
dens - Richter gebracht werde, wölke er ihm entdecken^ was er
ionst niemand entdecken würd«. Hierauf wurde er (Freitags
den a4ten August) wieder \ot den Friedens -Richter gdiracbt,
welcher ihn zuerst verhörte, und als er ihn fragte ob .er. nun
bekennen .wollte, was aus seinem * Herrn geworden ; antwortete
er, dafs er .esmordet' worden sej, aber nicht von ihm: der Frie-
dens-Richter sagte ihm sodann, dafs wenu er wisse, daüs sein
Herr ermordet worden, .er auch .wissen müsse von wem; er
wiederholte aber nur sein Geständnifs; als aber emsdieh in ikn
gedrungen wurde, -zu gestehen, was er wisse, gestand er dafs
seine Mutter und sein Bruder seinen Herrn ermordet hättea-
Der FriedwsrRichter rieth ihm wohl zu bedenken, was er sage,
und setzte hinzu, dafs er fürchtete, er sej Scimld an seines Herrn
Tode, und er sollte nicht noch mehr unschuldig .Blut auf sein
Haupt laden; denn die Beschuldigung seiner Mutter Und seines
Bruders, konnte ihnen das Leben kosten; aber.. er versicherte,
/ dafs er nichts als die Wahrheit, gesprochen, und wenn er auf
der Stelle sterben sollte, würde er bei seiner Aussage bleiben:
Der Richter wluisohtei dafs er erklären mochte, wie und weoo
sie es gethaii« .
j • » ■
Xrgäniungs-BIätter d. lleidelb. Jahrb. 4. Literatur. I« 2;
/
Fonks^chtr Criminalprocefu
QBescblttfs^) . ^
llr erzäMte ihm hierauf^ dafs seine Mutter und $ein JBru*
der, ihm. immer angelegen 'wären, seit et in seines Heirn Dienste
gekommen, ihnen mit Geld auszuhelfen, sie hätten ihm geklagt^
wie arm $ie wären |^ und dafs^ es in seiner Macht stände, ihnen
zu helfen, wenn et sie benachrichtigte, Wann sein Herr dieZin-«
sen seiner Gebieterinn abhQ|te; sie wollten sodann auf ihn lauern
und ihn berauben; und weiter sagte er, am Donnerstage morgens
sej ihm in der Stadt zufällig sein Bruder auf d^er Strasse be^'
gegnet) welchem er denn gesagt habe, wohin sein Herr gegan-^^
gen scj, und wenn er ihm autlauern wollte, würde er das Geld
bekommen; weiter sagte er f- dafs an dem Abende^ Wo seine Ge»
bicterinn ihn seinem Herrn entgegengeschickt, er abermals seinen
Bruder auf der Strasse getroffen habe, und zwar vor seines
Herrn Thorfarth; da er nun im Begriff gewesen (wie gesagt ))
seinem Herrn entgegen zu gehen^ waren ^ie mit einander bis aii
den Kiprchhof gegangen^ ohngefäbr einen Stein wurf weit von H*
Harrison^s Tborwege, wo sie sich getrennt hatten, und er ^tn
FuCssteig, queer über di<^n Kirchhof^ Und sein Bruder den Haupt«
weg um die Kirche gegangen %e;j ; aber auf der Landstrasse
jenseits der Kirche se^ er ihm wieder begegnet^ und so wären
sie mit einander au£ dem Wege fortgegangen, welcher nacK
Ckarringworth fuhrt, bis sie an ein Thor gekommen, ohngefahr
eine» Bpgenschuls von der Kirche, 'Reiches in einen Grundl
führe, der von der Gräfin Campden Kannich enlust genannt werde^
(für dieijenigen , welche einen Sqhlussel haben, um durch den
Garten zu gehen, ist dejC nächste Weg von diesem Orte zu H*
Harrison^4 Hause)« Al^ sie näher an das Thor kamen , sagte er^
Jofyi Perry, zu seinem Bruder, er glaubte, da£i sein Herr so
eben in d#n Grund gegangen seji denn ob es vvohl schon so
dunkel Wair,- dafs sie keinen Menschen mehr unterscheiden konn«^
ten, ihn also nicht erkannten; so schlofs er doch daraus, dafs er
Jemanden gesehen hatte,, der seinen Weg durch den Grund nahm,
und dafs nur die durch den Grund gehen konnten | di^ den
Schlüssel hätten, -^ dafs es sein Herr sejn müsse ^ und sagte
zu seinem Brudy, wenn er ihm nachgehen wollte, würde eü
sein Geld bekommen; dr se^j^ wollte indessen einen Gang um
das Feld tbun, vr^lches er ^uch that; als er dann seinem
Bruder naÄieng, land, Oir. ,ungf/J^hr..^in der Mitte des Grün«
des seineu ^brrn auf i(j|^|}[> .9^4ll9tti s<^^>i Bruder auf ihm ^ und
seine Alkitteff bei ihm s^^^lii^M^ ^ag^^»- ob sein Herr todt
sey, erUioU er J^eine Ai^^W>1ikr4%K. ^^t vx ihnen getreten^
£rg, Bl. Z4 d« H. Jibrb« 4. I4* L 1i« 9
j
34 Fonk^sclier Crlmlnalprocefs. .
scliTie sein Herr: AcK Buben, wollt ihr mißk todscMagen : wor-
auf er zu seinem Bruder gesagt, er hoffe nicht, dafs er seinen
Herrn todschlacen wolle; er erwiederte, ruhig, ruhig, du bist
ein Narr, und somit erdrosselte er ihn; als er ftieses getlian,
nahm er einen Sack mit Geld aus seiner Tasche und warf ihn
seiner Mutter in die Schurze ; alsdann brachte er und sein Bru-
der den todten Körper in den Garten, welcher an den Grund
stolst, und berathschlagten dort, was mit ihm zu fhitn sey: Zu-
letzt kamen sie überein, das sie ihn in die grofse Senkgrube,
bei PVaüingtons Mühle hinter üem Garten, werfen wollten,
aber seine Mutter und sein Bruder baten ihn, in den HoF zu
gehen (nahe am Hause) und zu sorgen, ob sich niemand na*
berte, sie wollten sodann den Korper in die Senkgrube werfen;
als er gefragt wurde, ob er dort wäre, gab er zur Antwort;
er wisse nur, dafs er ihn in dem Garten verlassen habe, abci
seine Mutter und sein Bruder hätten gesagt: sie wollten ihn
dorthin werfen und wenn er nicht dort wäre, wisse «r niclit,
wo er sej , dli er nicht zu ihnen ^ zurückgekehrt , sondern zum
Hofthore hinaus in die Stadt gegangen , wo er dem John Peant
begegnete, mit welchem er in's Feld gegangen, und wiedermi:
ihm bis an seines Herrn Thorweg zuriickgdcehrt sej; nach die-
sem sey er in den Hühnerstall gegangen und habe bis zwüii
Uhr dort gelegen , ohne jedoch zu schlafen^ ' Als er von seint^r
Mutter und sehiem Bruder gekommen^ habe er seines Herr:
Hut , Halstuch' und Kamm (nachdem er inehrere Schnitte mit sei-
nem Messer hineingemacht) auf die Landstrafse geworfen, wo sie
nachher !gefunden worden. Als er gefragt wurde, ans welcli er
Absicht er dieses gethan, sagte er, er habe es gethdn, dami:
man glauben sollte, sein Herr sey beraubt und ermordet wor-
den; und als er den Hut, Halstuch und Kamm dort hingelegt.
sey er nach Charringworth zugegangen etc. — wie schon er-
zählt worden ist.
Auf dieses Geständnifs und diese Anklage, gab der Friedens
>, richter Befehl zur Gefangennehmung der Johanne' und des Ri-
chard Perry ( Mutter und Bruder des John Perry ) so wie zu:
Untersiichung der Senk^ube, in welche Uarrison!s Körper ge-
worfen worden; dieses geschah demnach, aber es konnte d
nichts gefunden Werden. So wurden auch die Fischteiche
in
Citmpden abgelassen und untersucht; aber auch in diesen wurde
nichts gefunden. Einige waren dfer^ Metuung, der Körper könof
in den Ruinen des Camhdench Herrsch aftshauses« weJdies in
dem letzten Kriege abgebtai^i^^^'^yerborgien word^fj^ sieyn; um
da eine solche' Verbergung ndiHli^^Unth^lich gewesen, *>vurtlt'
auch dort Nachsuchuugen ^^niäicht^ 'iibt^'' alles vergdilicb.
Sonnabende den aSt^Jüti^ffS^deB Johamie und Richard
Ulli!
n
\
Fonk'scher Criminalprocefs. 3fi
Perr/ vor den Friedeosricliter gebracht, welcher ihnen bekannt
machte, was John Pcrryi ihnci^ zur Last legte, sie leugneten
alles, mit vielen Verfluchungen gegen sich selbst, 'wenn sie im
Geringsten der ^ache schuldig wären > deren man ^\q anklagte.
Aber auf der andern' Seite bestätigte John Perrjr {ihnen in's
Gesicht), dafs er nichts, als die Wahrheit gesprochen, und da/s
sie seipen berrn ermordet hätten. Ferner sagte er ihnen, dafs
er nie ruhig vor ihnen gewesen wäre, seit er in seines Herrn
Dienste gekommen, indem sie ihn unaufhörlich gequält hätten,*
ihnen mit Geld zu helfen, welches er, wie sie ihm gesagt, thun
könne, wenn er sie benachrichtigen wollte, wann sein Herr die
Zinsen seiner Gebieterin n abholte, und dafs, als er seinen Bru-
der in dtr Stadt Campden getroffen , am Donnerstage morgens,
da sein Herr nach Charringworth gegangen , er ihm gesagt
habe, Wohin und in welcher Verrichtung sein Herr dahin ge-
gangen sej. Richard gestand, dafs er seinem Bruder an jenem
Morgen begegnet sej, und mit ihm gesprochen habe, behauptete
aber, dafs nichts über ein solches Vorhaben zwischen ihnen ver-
handelt worden &e j , und beide, er und seine Mutter, nannten
den John einen schlechten Kerl, dafs er sie so ungerechten
Weise anklage, wie er gethan, aber auf der andern Seite be-
stätigte John^ dafs er nichts, .als Wahrheit gesprochen, und er
werde es bis in den Tod verantworten.
£ip bemerkenswerther Umstand trug sich zu, als die Ge-
fangenen von dem Hause des Friedensrichters zurückkehrte^^
nämlich : Richard Perrjr ( seinem Bruder John in ziemlicher
Entfernung folgend) liefs, indem er einen Lumpen aus der
Tasche zog, einen Knaul leinenes Band fallen, welches einer
von den Wachen aufhob; er bat, es ihm zurück zu geben, in-
dem er sagte, dafs es nur seiner Frau Haarband sej. Da aber
die W'ache, es abwickelnd, am Ende eine 3chlinge fand, zeigte
sie es dem /oA/t , welcher eine gute Strecke vor ihm war i^nd
nichts vom Herausfallen und Auflieben' des Bandes wufste ; und
als er ihn fragte, ob er es kenne, schüttelte er den Kopf uqd
sagte: ja, zu seinem Kummer; denn dies« sei die Schlinge, mit
welcher sein Bruder seinen HJerrn erdrosselt habe. Dieses
wurde bei ihrem Verhöre von den Zeugen beschworen. Am
Sounts(|;e morgens blieben sie in Campden j wo der' Pfarrer des
Orts mit ihnen sprechen wollte, um sie wo möglich zur Reue und
zum weitern Geständnifse zu bringen] sie wurden in die Kirche
geführt und auf dem Wege dahin, als sie an Richards Haus
vorbeigiengen, begegneten ihnen zwej voii seinen Kindern. Er
nahm das kleinste auf den Arm, und führte das andere an der
Hand; als plötzlich beide aus der. Nase bluteten. Weichfes ah
eine Vorbedeutung betrachtet wurde.
3*
36 Fonk^scher Crimlnalprocefs.
Es wird liier keine unpassende Abweiclmng sejn, zu er-
zählen, wie im Jahre zuvor Herrn Harrisons Haus erbrochen
vrordeui t% geschah an einem Co/T^^/e/ier Markttage Mittags zwi-
schen 11 — 12 Uhr, während er mit seiner ganzen Familie in
der Betstunde war. Eine Leiter wurde an ein Fenster des
zweiten Stockwerks gelegt, uifid ein eiserner Sub an demselben
mit einer Pflugschaar, zuruckgebogen; es wurden i4o Pfund,
i^elcbe man in dem Zimmer gelassen, weggetragen; die Urlie-
ber dieses Diebstahls sind nie entdeckt worden.
Nach diesem, und zwar nur wenige Wochen vor H. Har-
risons Abwesenheit, war sein Knecht Perry eines Abends im
Garten, wo er eili schreckliches Geschrei erhob; einige Perso-
nen, welche es gehört, kamen herbei, und fanden ihn davou-
bufend, und scheinbar in Furcht, mit einem Schäferstabe in der
Hand. Diesen Leuten erzählte er eine formliche Geschiclite;
vrie er von zwey Männe^ in weifsen Kleidern und blofscn
Schwerdtern angefallen worden und wie er sich init diesem Scliü-
jFcrstabe vertheidigt habe;- der- Griff von demselben war an zwej
oder drey Stellen zerhauen, so wie ein Schlüssel, den er iu
seiner Tasche trug, welches, wie er sagte, einer mit seinem
Schwerdt gethan*habe.
Da der Friedens - Richteif diese Ereignisse zuvor gehört
hatte, und sich ihrer bei Perrj^s Geständnisse wieder erinneiic,
fragte er ihn erstlich über den Diebstahl, wo seinem Herrn
i4o Pfund des Mittags aus seinem Hause genommen worden;
ob er den Thäter kenne? er antwortete jaj- «s wäre sein Bru-
der; und als er Weiter gefragt wurde, ob er dabei gewesen,
antwortete er, nein ^ er wäre damals in der Kirche gewesen,
habe aber seinem Bruder gesagt, in welchem Zimmer das Geld
sej, und wo er eine Leiter finden werde, die bis an das Fenster
reiche; sein Bruder habe ihm nachher gesagt, dafs er das GeU
bekommen und in seinem Garten vergraben habe. Auf die
nächste Michaelis -Messe hatten sie es th eilen wollen: Es wur-
den hierauf Nachsuchungen in dem Garten gemacht, aber es
konnte kein Geld dort gefunden werden.
Als er ferner über seinen Ueberfall in dem Garten befragt
wurde, gestand er, dafs dieses alles eine Erdichtung gewesen;
er habe es gethan, weil er die Absicht gehabt, seinen Herrn zu
bestehlen, um den Leuten glauben zu machen dieser Ort werde
von Dieben besucht, damit man, wenn sein Herr bestohleo
worden sey, glauben sollte, diese hätten es gethan.
Bei der näclisten Zusammenkunft des. peinlichen Gerichtsho-
fes, im folgenden September, wurden, von den Anklagegeschwor-
jncQ, zwei Anklagen gegen Ihn,, John und Richctrd Perrj-, für
atatthaft erklärt ; die erste wegen des Einbruchs ia Herru Har-
Fonk!sclier Crlminalprocefs. 37
rlsoTU Hau$| und des Diebstahls von i^ö Pfund, im Jahr iGSg
die zweite, wegen der Beraubung* und Ermordung des besagten
JVilliam Harrison, am löten August i66o. Wegen der letzte-
ren Anklage wollte sie jedocb der damalige Richter (H>,Chrv^
stoph Turner) nicht richten ^ weil man den Körper nicht gefun-
den hafte; aber wegen der andei'n Anklage, wegen des R^ube$,
wurden sie damals gerichtet. , Auf diese Ank&ge antworteten
sie anfangs: Nicht schuldig! (Gleich zu Anfang des Verfahrens
wird in England dem Angeklagten die Frage vorgelegt : Ob er
auf die Anklaget. Schuldig oder nicht schuldig -— antworte?)
aber, da einige hinter ihnen zisiehelten; bald darauf: Schul-
dig , indem sicf demüthig um die Wohlthat der königli-
chen Gnade ,und der Verge^enhc^its - Akte bat^n , mb ^^1*
chein Suchen sie gehört wurden.
Aber ungeachtet sie sich auf diese Anklage schuldig be-
kannten, wahrscheinlich auf das Antreiben einiger, welche un-
willig waren dl!c Zeit zu verlieren, und den Geriehtshof mit der
Sache beschwerlich zu fallen und in der Erwägung, dals die
Vergessenheitsakte «ie begnadigte, so leugneten doch alle nach-
her, bis zu ihrem Tode, dafs sie dieses Raubes schuldig wären^
oder wiifsten, wer ihn verübt habd. ■ ,
• Es beharrte jedoch, während dieses Gerichtstages, wie
mehrere glaubwürdige Pfersonen bezeugt haben, Joh^ Perrjr bei
seiner ^.ussag^, dafs seine Mutter und sein Bruder seinen Herrn
ermordet hätten; und ferner setzte er hinzu, dafs sie versucht
hätten, ihn im Gefangnisse zu v^giften, so dafs er mit imicii
weder habe essen noch trinken diiifen.
Bei der nächsten Zusammenkunft -des Gerichts im folgenden
Frühjahre, wurden Johrij Johanne und Riehard Perrjr j von
dem damaligen Richter (Herrn Robert Hjrde), wegen der An-
klage des Mordes gerichtet; sie antworteten auf die Anklage
sammt und sonders: Nicht schuldig! und als John's Ge^tähdnifs
von einigen Zeugen, welche es mit angehört^ , mündlich bezeugt
wurde, sagte er, er %ey damals von Sinnen gewesen und vvisse
nicht was ei* gesagt habe.
Die andern beiden, Johanne nni Richard Perry , sagten,
dafs sie an dei* That,. deren man äe beschuldige, keinen TheU
hätten, und dafs sie nichts von Herrn Harrisons Tode wufsteny
noch was atis ihm geworden sej; und Richard sagte, dafs sein
Bruder andere eben sowohl beschuhÜget, seinen Herrn ermordet
zu haben, alsilfu.
Als' ihn der Richter dieses zu beweisen bat , sagte er, dafc
die meisten von denjenigen, welche wider ihn gcz.<:iigt hätten,
CS wiifsteb; da er aber keinen nannte, noch jemand dafür sprach,
landen sie die Geschworncn alle drei schuldig«
3R
Foiik'scher CrimiDalprocefs«
Einige Tafi^e. darnach wurden sie auF den RicKtplatz {>;efn1irt,
welcher za Broadway *-hiü, im Angesichte der Stadt Campden
war; die Mutter (welche den Ruf einer Hexe hatte, und Ihre
Söhne behext haben sollte , so dafs sie, so lange sie lebte, nichts
l)elcef;inen konnten), wurde zuerst hingerichtet« 'WoTsmf Richard,
kchon auf der Leiter, erklärte , wie er immer gethan hatte, dals
er gSnzlich' unschuldig sej an der That, für welche er jetzt
sterben solle, und dafs er nichts von Herrn Harrisons Tode
wisse, oder was aus^ihm geworden sey. Mit grossem Ernste
bat und beschwor er seinen Bruder, damit er der Welt und
"seinem Gewissen genüg thue, »u erklären, was er von Harrison
' wissCi
' Der Bruder aber sagte in mürrischer und verstoditer Fas-
sung zu dem Volke, er scj nicht schuldig ihnen zu beichteo;
unmittelbar vdr seinem Tode setzte er jedoch hinzu, er wisse
nichts von seines Herrn Tdde, oder Was aus ihm geworden sej,
vhör sie würden vielleiclit in Zukunft von ihm hören.
Und nach einigen Jähren kehrte dieser ff^^ Harrison
gestind und wohlbehalten in seine Heimath zurück. Die Er-
zählung, iie er von seinem Verschwinden '^— von ;icinen Schick-
salen bis« zu seiner Rückkehr giebt, grenzt ans Wunderbare.
Die Pen-ys kommen in dieser Erzählung mit keinem Worte vor.
Doch ich mufs abbrechen I
(
Ueber die zu Anfange dieser Anzeige, aufgeführten Schrifteo
füge ich noch kurzlich folgendes ;hlnzu : Den vergleichüngswei-
«eil Werth der Werke, welche^ die Verhaüdlungea vor dem
«Seiidgerichte zu Trier gedruckt enthalten, vermag ich, da ich
nicht Zeuge der Verhandlungen war , nicht zu i)eurtheilen. —
Die von For/k selbst herausgegebene Schrift ist hin und wieder
etwas scharf geschrieben. Jedoch ein unverschuldetes Leiden
%nacbt^ nach der Verschiedenheit der Charaktere, auf den einen
diesen , auf den andern^ ein^n andern Eindruck, r — Die Briefe
des Herrn Benzenberg (die Schriften dieses Mannes liest man
nie ohne Vergnügen und Belehrung ) , wird man auch deswcgea
mit Interesse lesen, weil sie, wahrend der verhängnifsvollen
Sitznngeu Aes SendgerichCs, geschrieben, den Leser gleichsam
<auf dien Schauplatz versetzen, -^-r Herr Kreuser ist, so wie
Herr Benzenberg, ein Vertheidiger der Unschuld Fonks, Kreu-.
sers Schrift erhält noch dadurch einen besondern Werth, daisj
sie in einem Anhange mehrere merkwürdige peinliche Rechts-
fälle erzählt.
ZacharicL
Scoi^esby account of the Arctic Regions« 3g
An account of the Arctic Regipns with a kistory and description
of the Northern Whale^Fischery. hy W. Scohbsbt jun.
F. Ä- S, E, lüustratet bf twenty-four Engravings, In
two Vol&mes. Fol. L xx, u^ öS 4 S. Text 8» S.- An-'
hang. f^oL IL nii. u. 5y4 ^* Edinbufgh, 4S%o.
Der durch einige Aufsätze in englischen Zeitschriften rühm-
lichst bekannte Verf. beschenkt das Publicum mit einem eben
so interessanten als widitigeu Werke, über dessen reichen In-
halt selbst das französische Institut sich e^inen Bericht erstatten
liefs; welcher theilweise vvieder in andere Journale aufgenom-
men ist. Um so. mehr beeilen wir uns, von einer in Teutsch-
land noch wenig bekannten Schrift auch unsern Lesern eine An-
zeige, und eine jLurze Uebersicht . ihres Inhalts mitzutheilen. —
Von den beiden Bänden enthält der erste Nachrichten über die«
Be&chaffenkeit der . nördlichen Polargegenden, sowohl ^in geo-
graphischer als phjsicalischer Hidsicht, der zwejte dagegen be-
schreibt die Art des Wallfischfanges, die dazu erforderlichen
Geräthschai^ten , und die nicht selten damit verbundenen Gefah-
ren. Wie sehr H, Scoresby geeignet sey, über .diese Gegen-
stände etwas durchaus Oediegenes %\x liefern, geht schon daraus
hervor; daCs er bereits siebenzehn Keisen in dre Gewässer des
Wallfischfanges gemacht hat, und mit den hierdurch 'erlangten
autoptisch^n Kenntnissen eine umfangende Kenptnifs der ge^
sammten hierher gehörigen Literatur verbindet. Seine gehalt-
reiche Schrift wird nicht blofs in 'England, sondern auch allge-
mein um so 'mehr willkommen seyn, als noch kein englisches
Original werk über diesen Gegenstand bekannt ist, ausgenommen
die: Fiew of the Greenland Trade and Whale^ Fishery cet.
hy Henry EUsmg vom Jalire i7ij4'
Das erste Cap. erörtert die Frage über eine Verbindung
zur See. zwischen dem atlantischen und indischen Oceane. In*-
dem dieser Gegenstand in der neuesten Zeit so vielfacli unter-
sucht ist, mag es hier genügen, blofs die Ansichten des Verf.
kurz anzugeben. Nach seiner Meinung folgt die Existenz einer
solchen Verbindung unzweifelhaft, aus der südlichen Strömung
der See bei Spitzbergen und der nördlichen in der Beringst
Straüse, aus de|^ Ungeheuern Menge Eis, welche jährlich gegen
2o,ooo englische Quadratmeilen betragend, bis zur Küste Grön«
lands gelangt, und die . mögliiche Production desselben in den
Meer<$n bey Spitzbergen mindestens um das vierfache übersteigt,
aus der Menge und der Art des Treibholzes, welches von
Würmern der Südsee durchlöchert an den Küsten voti Grön-
land, Spitzbergen und Jan-Majcn südlich strömend gefunden
wird, endlich aus der unleugbaren Thatsacbe, dals Wallfische
4o Scoresby account of the Arctic Regions.
durch europäische Harpuneo verwandet, im stillen Ocean und
steinerne Lanzen der Eskimaux. im Speck tragend, Ley Grön-
land gefangen sind, Kiicksichtlich der Nordost* Passage vird
wohl jeder mit dem Verf. einverstanden sejn, dafs zwar die
hördiicben Küsten Sibiriens überall vom Eismeere bespült wer-
den, dafs aber dennoch eine Fahrt an denselben hin entweder
absolut unmöglich seyn, oder mindestens,' nach den einzelueo,
mit russfechen SchifiPen gemachten Versuchen zu urtheilen, zehn
Jahre Zeit erfordern würde, und di^es ist mehr als hinreichend,
um alle weitern Versuche dieser Art aufzugeben. Das Auffin*
den der NordweA-^ Passage würde nach seiner Heinung für
den Handel von gar keinem Nutzen seyn, desto wichtiger aber
für die Erweiterung unserer geographischen Kenntnisse. Mit
vollem Rechte hält der Verfasser kleinere Schiffe von 80 bis
100 Tonnen zu solchen Zwecken för die geeignetsten, weil sie,
bey geif ngeror Masse verhält nif^mäüsig stärker sind, und weniger
' vom Eise und von den Untiefen zu fürchten haben« Am leich-*
testen würden jedoch , ^meint er, die Nordküsten America^s zu
Lande bereiset werden können, vorzüglich indem jetzt die dort
wohnenden Völker minder feindselig gegen einander seyen und
nian DoUmetscher aus den einzelnen Stämmen mitnehmen kö'onr,
Hiermit kann Reo. inzwischen nicht einstimmen, denn obgleich
H* Seoresbjr die Beschwerden einer solchen Landroise nicht
eben gering^ anschlägt , übergeht er doch einige ganz, und
würdigt andere keliy?swegs hinlänglich. Schon der Umstand,
dafs auf einem fortwährend an der Küste hinlaufenden Wes^e
J*cde tiefe Einbucht der See umgangen, oder' wie joder gröfserc
^\ah in Kähnen passirt werden müfste, welche letztere sich
theils gar nicht finden, theiU zu klein sind, um Menschen uad
Gcpäcke, vorzüglich die Lebensmittel zu transportiren ; die Un-
möglichkeit:, eine hinlängliche Menge Lebensmittel fortzuschaffen,
bey der Wahrscheinlichkeit, Wochen oder Monate lang keine
zu fiaden ; Mangel an Brennmaterial und endlich die Unbekannt-
schaft mit den etwa aiuutreffenden Völkern und die mögiicho
Wildheit ihres . Charakters ; endlich die schutzlose Anwesenheit
eines oder weniger Europäer, unter einer Menge ungezügelter,
durch keine Furcht oder HttfFuung genügend zu fesselnder Bar-
baren, sind gcwifs unüberstcigliche Hindernisse.' Zwar hat dor
Lieutenant Franklin einen Theil dieser Reise zurückgelegt, aber
beendigt bat er sie, so viel wir wissen, nach keineswegs, und
es ist daher ungewifsi ob er sie überhaupt glücklich vollenden
wird« Hinsichdich eiiier Fahrt gerade unter dem PqIci hia be-
weiset der Verf* aus überwiegenden Gründen^ dals die ver-
schieidenen, namentlich von Barrington zusammengesteUten Nacli-
fcfeten von Schiffen, welche $elt)s| über dei^ 89, Grad hinaus-
Scoresby accpunt of the Arctic Regions« 4^
gekondmen ^ejn sollon, dUzdiaos unsicher smd, und dafs ohne
Zweifel Phipps ia 80^ ;48^ den äasjseFStea Punkt erreicht hat.
Ifizwischeo kam doch der Verf. selbst auf -eiaem SchifFe unter
dem Copunando seines Vaters i6o6 nach genauer Beobachtung
bis 81 °. 9 5.y und fand zwischeji O.N*0^ und S.Ot -die See noch
6a bis. 1 00 Meilen (offeui ohne dafs es mit dem Zwecke der
Heise yereinbar gefunden wuirde, weiter vorzudringen. Rec. wun-
dert sich s^hr^ dafs der erfahrene 4$cor&r^ %reder hier noeh später
im Verzeichnisse der Polarreisen die bejden des russischen Admi«
rals Tsehitschagoff esvrühntf welcher in den Jaliren 4 7$5 u. 1766
es unmöglich fand 9 weiter , als bis 80^ ai^iuid38^ vorzudrin*-
gen* Die oft wiederholte Behauptung, dafs Eis blofs am Lande
gebildet werde , findet der Verfasser nach Beobachtungen . aUf
dem Meere in der Gegen^.von Spitzbergen falsch, und hält
daher den Pol bei einer mittljeroi Temperatur von — 12^ C.
für stets und völlig mit Eise bedeckt* Wäre dieses nicht, so
bätte gewifs schon irgend ein Schiff auf eiue der versproche«
neu Belohnungen von iooo LstL für die Erreichung iles 83$tea
Grades, von aooo für die des 85., von 3o^oo für die des 87.,
von '4-000 für die des 83> iknd endlich vo» ilooo für die Er^
reichung des 89* Grades N. B. . Ai^pruch- gemacht. Eben aber
wegen der ohne Zweifel vorhandenen zusammenhangenden Eis>*
fläche scheint^ es ihm nicht einmal sehr schwierig, geschweige
Jenn unthunlich, den.Pol selbst | und a^war in Scliliuen von
Hunden gezogen, zu .erreichen. Wie interessant indefs immer
die Ausführung eines solchen Unternehmens- sc^n tnogte^ schwie-
r'i^ genug wegen einer erfo^erlichen Reise von mindestens 24o
geogr. Meilen hin und zurück, so würde es doch kaum mög-
lich sejrn, Zeit, Instrumente und Sachverständige für alle dort
nn^iastellende höchst wichtige Beobachtungen zu finden. Fast
unglaublich ist übrigens die Kurze der Zeit, worin die weite-^
sten Strecken, namentlich von Kamtschadalischeu Hunden zuriickr
^e}egt werden, indem, nach der Versicherung des Majdr Behm
in Peter-JPauls Hafen sie einen Weg von 270 engl. Meilen in
weniger als drey Tagen zurückzulegen vermögen«
Den Beschlufs des ersten Capitels macht eine chronologir
sehe Zusammenstellung der ^ yerschiedeneu Entdeckungsreisen
in den. nördlichen Gegeuden von 4^r ersten Auffindung Islands
]>is zur letzton Reise Baffirüs im Jahre i6i6| welche vollstan««
digfl ,t aber sehr gedrängte Uebersicfat keitteu Auszug gestattet».
Der zweyte Absdlmiit liefert eine. Besehreibung von. Spitz-
bergen, TQii. dessen maleiischen Ausstellten und pyr«midenfö]>
niigen,, hohen FelsenspUzen" der Verf. mit Begeisterung redet»
Allerdings mufs der Contrast zwischen 4^oo F. hohen nackten
und schwarzen Zackeh, welche mit den aegyptischcii Pyramiden
*-
4^ Scpvesby account of the Arctic Regions.
I
r
xxüA dem babylomscIieD Thtthne rtr^litheh Werdai, und den
uiächtigen , überall uAfermischten» Glatschem ufid Eisbergen eia
tnalerisches Ansehen 'geben. NacK'il/drire/u Beschreibung sollen
einige dieser Berge tius eineäi einzigen Steine bestehen , js6 dals
ihre £rklinimung nie ohne die grofste Gefahr und einigemale
sogar mit Verlust des Lebens Tersucht wurde. Da wo die
Berge nicht abschüssig in das Meer laufen , sondern die Küste
kich erst verflächt und ein Thal'lwej Berge trennt ; 'bilden sich
die Eisberge. Am bekanntesten 'Sivid die zusammenliegenden sie-
ben Eisberge, aber der grofste , weldren der Verf. sah^ liegt
nördlich von Hornisund, eilf englische Meilen «n der Küste ein-
nelmiend, bei einer schroffen H^he von 4o2 F. au der Seeseite,
aber viel höhc^ nach* dem 'Lande hin. 'Die stets bewegte See
unterminirt grofifte' Massen derselben/ welche dann mit furchtba-
rem Krachen herabstürzen , aber > böj^eich vom brandenden Meere
zerschellet werden, wefswegen inan in dortigen' G^enden so
wenig Eisberge in der See^findet» Der' frische Bruch zeigt in
diesen Fällen eine schöne, grünH<ih^blaite F'arbe, in smaragd-
grün übergehend , der EinfluTs der Luft' macht sie grünlicb-grau
aussehen, und aus dier Ferne gleichen' sie zuweilen weissen' Mar-
morbrüclien. Jährlich verHeren 'die Eisberge an ihrer Ober-
tiäche und setzen aufs neue an', aber ihre Hauptmasse ist uralt
und im Ganzen werden sie stets vergröfsert. Merkwürdig ist
das optische Phänomen, wonach selbst mit jenen Gegenden be-
kannte Seefahrer die Entfernung der gesehenen Eismassen füuf-
bis zwanzigmal ' kleiner schätzen , als sie wirklich ist , so dafs
einst der englische • Seemann. ilfo^^nx Heinson unter Friedrich II.
von Dänemark wieder umkehrte und ditroh unbekannte magne-
tische Kräfte festgehalten zu sejn glaubte, weil die lange ge-
sehene Küste von Grönland immer nicht 'näher kommen -wollte.
Mit Recht bemerkt der Verf. als etwa^ Ausgezeichnetes , dafs
auf Spitzbergen die Sonne im untern Meridiane- nach die Kraft
hat, auf Bergen von 3ooo Fufs Höhe das Eis zu schmelzeu,
obgleich auf "dem ßen-^Newis in* Schottland, 438o Fufs hocli,
Schneelagen das ganze Jahr aushaken, und wenn es gleich
auf den höchsten Bergspitzeu Eiuopens zu schneien pflegt, w^äh-
rend es im Thale i^egnet, so Üllt dagegen Regen im Sommer
auf den höchsten Bergspitze» j^ er Insel.. Ein Grund der stär«
keren Kraf^ der Sonnenstrahlen soll in der schroffen Bescliaffen-
heit jener Felsen liegen, g^en welche die Sonnenstrablea me^
stens lothrecht fallen. H« Scöresbjr fand die -höchste- Tempera«
tur überhaupt nur 9^ C. allein Pkipps beobachtete im* Jahr
1773 doch 14)7 C. und wenn man 90 Yards Erhebung auf
i^ F.^ rechnet, so läge hiernaeh die äulserste Schneegrenze
7791 F. über dem Meere. Die mitdere Temperaiar von Gron*
Scoresby dccoünt of the Arctic Regions. 43
land unter 78*» !N. B, fluid er a%3 C im Julj und i®;6 im
August.
Wie das Werk überhaupt schon geschrieben ist, so sind
insbesondere die Beschreibungen dc^ beobachteten Nätursc^enien
höchst anziehend und lebendig, nainentlich %, Bk der Aussicht
von der Spitze eines mit Mühe erstiegenen Felsens über einep
grossen Theil der Insel, ihre nnermefslichen £ismassen, den kla-
ren azurnen HimmeY und das zu den Füssen ausgebreitete Meer.
Die Fe}sart der unt?evsuohten Berge war Kalkstein , stark rissig
und leicht verwitternd, an einigen tfei'en Stellen rhomboidalen
Kalkspath enthaltend , stark überkleidet mit schwarzen Mo6^en
und Flechten. Das Clima ist vorzüglich am nördlichen Ende
ungeiiiein rauh, die Temperatur steigt nicht leicht über 1° bis
1,5 C. und selbst im Julj geht das - TJiermometer oft mehrere
Grade unter den Gefrierpunkt her^b* In der vier Monate lan-
gen Wintemacht geben Dämmerung, Nordlicht und Mondschein
nebst dem Glanz der Sterne und der Reflexion des Lichtes vom
weissen Schnee nicht unbedeutende Helligkeit, so dafs die bei-
den letzten Mittel allein zum Lesen fast hinreichen. Meistens
aus Beaufojr^s Queries entlehnt ertheilt derVerf einen umständ-
lichen Bericht über die Lebensweise der russischen Jäger, welche
mit den nöthigen Lebensmitteln versehen in hölzernen Hütten
jene grausenvollen Gegenden mitunter .drei Jahre anhaltend be-
wohnen, sich durch tägliche Bewegung ^nd einige dor| einhei-
mische Kräuter gegen den Skorbut sichern, nicht selten dber als
unglückliche Opfer desselben fallen. Unter andern fand der Capi-
tän Steward von Whitby 1774 in einer npch unversehrten
Hütte den Leichnam des letzten Bewohners, welcher ohne Zwei-
fel seine Gefährten vorher begraben hatte; H. Scoresby selbst
aber sah mehrere solche verlassene Wohnungen , in welchen die
noch vorräthigen frischen Lebensmittel g^enügend andeuteten, dafs
die Jäger wahrscheinlich in der Absicht, bald vvieder zu komr
raen, abgereiset waren. Sie erhalten für solche E^^pediUonen
meistens auf 18 Monate hinlängliche Lebensmittel^ jedoch keine
geistigen Getränke,, um deren unmässigen Genufs zu yerhüten.
Von der Beschreibung der Inseln bei Spitzbergen und von
Jan-'Majen können wir des Raumes wegen keinen Auszug
mittheilen, so interessant auch die Erzählung von dem Eindrucke
ist, welchen der Anblick des über die Wolken hervorragenden,
6870 F. hohen Beerenberges auf letzterer Insel, der Laven und
eines Craters auf einem erstiegenen i5oo-F. hohen Yidkane
derselben, desgldchen des bis 4000 F^i sich erhebenden Rauches
auf der Vogel -Insel in jenen todten Regionen hervorbrachte.
Gelegentlich wird auch das Schicksal der sieben Holländer er-
wähnt, welche i633 — 4 auf Jan-Majcn überwinterten, und
44 Scoresby accoimt of the Arctic Regions.
aammtlicfi y aber erst Tom Monat April an^ dtircb den Skorbut
hingerafft wurden. .
Im dritten Cap. giebt der Verf. eine Uebersicbt der Be-
schaffenheit des sogenannten grönländischen Meeres. Das gröfste
spec. Gewicht des Seewassers , welches überhaupt beobachtet
ist, fand Lamarche in 20**, 3 S. B. und 87*' W. L, von Paris
r=r 1,0397, '^^^ ^^^ geringste Scoresby .%e\!asX in 78^ N.B. und
7^ O. L. =: 1,0259. Ueber die Farbe des Meeres sagt er
S. 173 c The water of the ^main ocean is well known to be as
transparent and as colourless as tkat of the most pure Springs;
and it is onfy when seen. in verjr deep sea4, that anjr certain and
unchangeahle xolour appears, This eolour is commonljr idtra-
marine blue, differing but a thade from Jhe eolour of the atmo-
sphere, when free from the obscurity cf eloud or haze, .Diese
allgemeine, der Bläue des Hiiiimels gleiche Farbe wird durch
den Boden bei nicht 50 grosser Tiefe modificirt, und ist z. B.
über weissem Sande bei geringer Tiefe apfelgriin^ itberbaupt
aber nach der Tiefe^-und Farbe des Bodens, so wie nach der
Klarheit und Erleuchtung des Himmels Tcrschieden. Die Farbe
des Grönländischen Meeres dagegen wechselt vom ultramarinbJau
bis zum oltvengriin, und von reinster Durchsichtigkeit bis zur
vollendeten Dunkelheit, liicht ab Folge der Beschaffenheit des
Himraejs, sondern des Wassers. Diese grüneren und dunkleru
Stellen bilden Streifen von unermefslicher Länge, und meistens
scharf begrenzt, wie bei trüben Strömen, wenn, sie sich in das
Meer ergi essen. Als der Verf. sich von dem so gefärbten Was-
ser, worin Sich die Wallfische der Nahrung wegen gern, aufhal*
ten, verschafft hatte, ergab d\ei Untersuchung, dafs die Trübung
von unzähligen kleinen kugeN und fadenförmigen Thieren aus
der Classe der Medusen herrührte, deren Zahl dadurch anschau-
licher gemacht wird, dafs nach einer Berechnung diejenigen,
welche blofs in 2 Quadrafmeilen bis s5o Fäden Tiefe angetrofr
fen werden, 80,000 Menschen von Erschaffung der Welt bis
jetzt aum ZäMen erfordern würden , wenn gleich jeder eine
Million in sieben Tagen zählte. Und dennoch füllen sie viel-
leicht 20-— 3 o Tausend Quadratmdilen bis zu der angegebenen
oder noch grösseren Tiefe. Sie dienen unzählbaren Seethieren
zur Nahrung, welche ihrerseitsi wieder den Wallfiachen und ahn«
liehen Geschöpfen Unterhalt gewähren. Das reine blaue Wasser
ist dagegen so durchsichtig , dafs Capitän.Wood unter andern
bei NowayaSemlia in 80 F« Tiefe den Boden und darauf
liegende Muscheln sehen konnte. , Die Temperatur des mit be«
ständigem Eise bedeckten Meeres zwischen 76® — 80** N« B«
nimmt noch unten zu , und wurde in sehr grossen Tiefen von
a4oo, 4380 und 45(J6 F. = 2,2 j 2,7 und 3.3 C. gefunden,
/
Scoresby account of the Arctlc Regions. 45
wenn die Oberfläche unter dcim Gefrierpunkte war. Leider
zerbrach die Schnur des zu diesen Versuchen gebrauchten Instru-
ments^ marine diver genannt, in -7200 F. Tiefe, der gröfsten
welche jemals gemessen ist, aber an andern Stellen, wuipde auch
bei dieser Länge des Seils der Boden nicht erreicht. Wie un-
geheuer der Druck des Wassers bc^ Solcher Tiefe sey, und in
welcher Quantität dasselbe daher iii versenkte Stücke Holz
eindringe, ist durch eine Reihe interessanter Versuche sezemt.
Hinsichtlich der Meeresströmung iVird durch hinlänglich bewei-
sende Thatsachen nächgewiesen, dafs dieselbe in otT Behrings-
strasse nördlich ist, demnächst an der Kiiste Sibiriens Westlich
dafs sie von Nowajä Semlia an diese Richtung erst beibehält'
bald nachher aber südwestlich wird, das Eis an die Ostküste
Grönlands treibt, und sich so in dem grossen Golphstrome ver-
liert. Was der Verf. über die Theorie der Wellen äussert
dürfte zum Theil nicht allgemeinen Beifall finden, namentlich die
Behauptung, dafft die stärkere Attraction der trockenen Luft zum
Wasser die Wellen höher mache, übergegossenes Oel dagecren
dies^ Attraction aufhebe, und hierdurch wirksam werde. Es^'ist
bekannt, wie namentlich Müller im Gott. Mag. Jahrg. ii. St, 6.
S. 323. diese's auffallende Phänomen besser erklärt.
Die Schiffer unterscheiden Seewasser-£is vom Süfswasser-
Eise. Ersteres ist undurchsichtiger und enthält Salzwasser in
seinen Poren eingesehlessen, welches sich aber durch Ausgesetzt-
seyn an der Luft und durch Waschen^ verliert j letzteres dage-
gen ist durchsichtig, w^nn es nicht mit zu vielen kleinen Luft-
blasen erfüllt ist. Bei -^ a» C. gefriert das Seewasser von
5,0263 spec. G, mit Ausscheidung von Salz, bis i,io45 sp. G.
concentrirt gefrieit ^s bei — 10,2, mit Seesalz gesättigt bleibt
es flüssig bei — t^^. Das spec. Gew. des Eises gegen reines
Wasser bei o^ Temp. fand der Verf. nur zwischen 0,915 und
0,925 differircnd, so dafs man dasselbe diso im Mittel zu o oa
annehmen kann; gegen Seewasser des Polafmeeres von nahe 2^C.
Temperatur aber ist sein Verhältnifs fast 8 : 9, wonach bekannt-
lich die Grösse des eingetauchten Eises auk dem überstehenden
Thcile desselben berechnet werden kann. Eis von gekochtem
Wasser im Vatuo gebildet fand er blasig, und leitet dieses wohl
unrichtig von entweichend cfr Luft her, da es nach Ref. vielfachen
Versuchen vielmehr den bei geringem Drucke sich bildenden
Dämpfen zuzuschreiben ist. Merkwürdig ist die Beobachtung,
dafs langsam aufthauendes Eis fast ganz in lothrecbte Säulen, oft
von unglaublicher Grösse getrennt wird, welche zuweilen durch
einen Schlag mit der Hacke sämmtliich ai^seinander fallen. Zur
Bildung des Eises ist die Anwesenheit des Landes durchaus nicht
iioth wendig, vielmehr entsteht es selbst in bewegter See bei
• I
46 Scoresby account of the Arctic Regions«
scliarfem Winde zuerst als kleine Sclineefloclcen , welche zusammen-
frieren , aber sogleich in kleine Stücke zerbrochen werden, uiul
sich als solcl)e wieder vereinigen, bei ruhiger 3ee dagegen entsteht
eine Decke ,. welche von unten au Dicke zunimmt, und wenn
gleich eine Menge Eisfelder zwischen den Inseln und Spitzber-
gen gebildet werden, so kommt der gröfste Theil derselben doch
aus der Gegend zwischen Spitzbergen und dem Nordpole. Auf-
fallend ist vorzüglich ihre ungeheure Grösse, indem sie mit einer
Ausdehnung von i5 bis ioo engl. Meüen eine Dicke von ±o
bis i5 F. verbinden, oft ganz eben erscheinen, meistens aber
durch aufgehäufte Eisstücke (hummocks) bis 4o oder 5o F.
wachsen, mit i bis 6 F. hohem Schnee bedeckt sitid, und ne-
ben dem reflcctirten blendend weissen Lichte an allen beschatte-
ten Orten ein sanftes Blau zeigen. Ohne Zweifel erhaltbn sie
die bedeutende Dicke theils durch den jährlich auf ihnen schmel-
zenden Schnee,, theils durch VergrÖsserÜBg von unten ^ treiben
unglaubliche Strecken weitj und werden, sobald sie von den
Umgebenden kleineren Eismassen verlassen sind, durch die Be-
wegung der See in viele Stucke zerschellt. Einen wahrhaft grau-
senvollen Anblick gewährt es, wenn solche Massen, oft ioi83
Mill. Tonnen schwer, mit einer rotaitorischen Bewegung von
mehreren Meilen in i Stunde gegeneinander stossen,. und sich
wechselseitig in zahllosq Trümmer zerschmettern. Schiffe geben
cii^ kaum knc^rkliches Hiudernifs gegen solche zerstörende Kräfte,
und in d^r Regel findet ^ jährlich eine nicht geringe Zahl dersel-
ben auf diese Weise ihren Untergang. Eisberge sah dejr Verf.
nicht von derjenigen wundervollen Grösse und. in so erstauneus-
würdiger Zahl, als namentlich Gap. Rofs, denn bekanntlich ist
die Bafiinsbay vorzugsweise mit ihnen angefüllt, von wo sie, bis
ioop MiL Tonnen schwer^ bis unter den.4ost. Grad N.B. her-
abtreiben, und somit erst mehr als aooo Meilen vom Orte ihres
Entstehens entfernt gänzlich zerschmelzen. Sie sehen im Ganzen
marmorartig aus, spielen verschiedene Farben, insbesondere schei-
nen frisch gespaltene Flächen smaragdgrün zu seyn, haben bei
Nacht einen eigenthümlichen Glai^z, im Nebel ein dunkles An-
sehen, und sind eben SjQ oft gefährlich für die Schiffe, als sie zu
andern Zeiten ihnen eine sichere Zufiucht gewähren, indem sie
selbst b^i heftig;en Winden wegen ihrer Tiefe fast unbeweglich
still liegen, und die SchijBTe sich daher in ihre Buchten wie in
Häfen flüchten. Ihren Ursprung erhalten sie meisteps von Glet-
schern und Eisbergen,, vvelche an den Küsten der Baffinsbaj ent-
stehen,, und entweder durch Aufthauen, oder durch die Kraft
des in d^n Spalten gefrierenden Wassers abgelöset in dxo See
stürzen , obgleich die Möglichkeit ihrer Bildung in freier See
.nich( ubzpieugaen ist. ^ Am ! bedeatends>teu ist indefs das grosse
Scjwresby accö^nt ^ tlve Arpüc Jß.egion$. 47
Eisfeld, ' wckhcs dcii Pol nls Kmsfläche von 2000 Meli. Durcli-
mes&er uingiebt , im Winter yon der Hudspasbaj ap an der
Küste Yoa Nordamerika vorbeiläuft , in die Davisstrasse eine
kleine Einbucbt macht,, daqn vom Cap Fare well in norttost-^
lieber Kicbtung sich ununlcArochen binzieht, : bis etwa 8*^ östi.
L. von London, wo es in 73*^ N. B. eini merkwürdiges Vorger
birgc lind eine fast Üs 80° N. B. binaufiauf^nde Strasse bildete
Oestlicb derselben zieht es sieb etw^ ^udJlidl^. herab, und lauft
dann an der ganzen No^dküste von Rufsl^^d, iib^r die Bfhringsr
Strasse binauSt durch das noph wjanig bekaniite npiTdamerikanische
Polarme^r bis zur Baffinsbay^ hin. In der, genannten offenen
Strasse segeln die WallfiÄchfanger, nicht ohne Gefahr, so fi:üh als
möglich biepuf, ,um die , gewöhnliche Station zu erreichen, ..bis
anfangs Juuy das Eis mprsch wird, luncji gegen Ende Augustes
das ganze Meer um Spitzbergen zur freien JRüdkkehr offen läfst.
So ist seine Beschaffenheit beständig , wenigstens seit etwa 4oo
Jahren , zu welcher Zeit . der Verkehr zwischen Island und der
Ostküste Grönlands durch eine, unzerstörbare Eisdecke aufgeho^
beH wurde} denn dals Ä8i5.sicb von derselben etwa 6qooQu9-
dratmeilen losrissen und südlic^^ ti:ieben ist blofs als eine örtliche
und bald wieder herzustellende Veränderung anzusehen. Seltsam
ist die Bew^ung der grossen; Eisma^sen, indem oft Schiffe, an
verschiedenen Stellen eingeschlossen, ohne eine wahrnehmbarje
Unterbrechung der grossen Massen mit bedeutender Geschwin-
digkeit nach entgegengesetzten Richtungen getrieben werden, oder
sich auch unerwartet befreiet finden. Meistens sichern dieselben
gegen den-Einflufs des Windes, dessen Heftigkeit durch sie aqs- '
nehmend gemildert wird, indem die ihnen entgegenwehenden
Winde durch die Strömung der kälteren, von denselben her-
kommenden, Luftschichten zurückgedrängt werden, und so i$t
es denn kein seltenes Phänomen ^ dals am Rande der Eisfelder
dicker Nebel das Meer deckt, wenn über ihnen klarer Himmel
ist, und die feuchte Luf^ sich ihres Wa$se:i^dampfes an dieser
Grenze in der Gestalt des Schnees entledigt.
Voll interessanter Thatsachen ist das fünfte Cap., welches
die Meteorologie der Polarländer enthält. An Atctic winterj heifst
es S., 3j»4» oonsists of the accumulaiion of almost euerr thiug
among atmospheric ^he^amena , that is disßgreeable to the fee.^
Ungs , togetner witk the privat ion of those hounties of Heaven,
with which other parts of the earth , in happier climates, are so
pUntifuUjr endowed. Htjr^, duriiig the wholß of the wiiiter
months the cheering , rajrs of the sim are neither seen nor feit,
hat considerable darknefs peipetualljr prevaüs , this, with occa^
sional storms of wind and snowj and.a,degrec of cold caiculated
to benumh the facidties of man, give a character to those re-
r
48 Scoresby accoant of the Arctic Regiöns«
giom mosi repagnant to human feding. fiiii absckreckeodes Bild,
ailerdipgSy und gewils ein wahrhaftes; aber dcnnbch ergiebt sich
aus allen angeführten Thatsachen , welche inzwischen nur wenige
thermometrischen Bestimmungen enthalten, dafs die Kälte bei
weitem geringer in Spitzbergen, und auch in Grönland ist, 'A&
auf der Insel Melvill'e*) und im n&rdHchcn Sibirien,- auch ist
in der Hinsicht ein Unterschied vorhanden, dafs auf Melvill«
die Tempenttiir b^ allen Winden mrldei' wird, auf Spitzbergen
sd>er bei nördlichen strenger. Ref. findet in den neuesten An^
gaben über die klhnatische Beschaffenheit des Nordens immer
«nehr Grund zur Bestätigung ffmer vor kurzem von ihm geäus-
serten Hjpotliese, wonach die grössere Wärme von Norwegen
und Island in^ Vergleichung mit Sibirien und Nordamerika als
eine Folge des warmen Wassers anzusehen ist, welches der
grosse Golphstrom dorthin treibt, tmd so folgt dann die grössere
Kälte der Ostktiste Grönlands nach diesem Gesetze aus den- kal-
ten westlichen Strömungen, welchle- ans dem sibirischen. Polar-
meere dorthin gerichtet sind. Aücb nach den Erfahrungen des
- Verfs. ist der Gebrauch des The^s bei grosser Kälte dem Kör-
per weit zuträglicher, als geistige Getränke, und sichert ausser-
dem vorzüglich gegen den Skorbut , -welches schreckliche Uebel
nicht sowohl durch die Kälte, als vielmehr durch den Mangel
freier Luft und ftischer Nahrung zu entstehen pflegL Letztere
wissen indefs die englischen GrÖulandsfahrer dadurch zu erhal-
ten, ;dafs^ sie das Fleisch frisch mitnehmen, an luftigen Orten
aufhängen, zuteilen in Seewasser tauchen, und gefrieren lassen,
worauf es dann in ein«m Zustande/ unglaublicher Harte so lange
bleibt, bis es zum Verbrauche vorher in kaltem Wasser aufge-
thauet \ wird. Thermometrische Beobachtungen , sowohl eigene
als fremde ,v theilt der Verf. in unglaublich grosser Zahl mit,
und entvyickelt daraus sehr sinnreich Folgerungen, welche man
»och mehr als allgemein gültiges' Gesetz anerkennen wurde, \sf
gen nicht die jüngsten Erfahrungen des Cap. Parrj auf Melville
als ein bedeutendes Hiqdernifs der aufgestellten Theorie im Wege.
In der Hauptsache wird zuerst gezeigt, dafs die Majerscbe For-*
mel, so genau sie. übrigens für niedrige und Mittlere Breiten
mit der Erfahrung zusammentrifil^, die Temperatur der Gegen-
den des ewigen Eises um 7^,6 R* zu hocb ängiebt«
*) Vergl. d* Anzeige der Reise des Cap* Parry im OktobcrheAa
der Jahcb, der Literatur«
. iDet Biscbinft fifkß.)
ErgänzmigSrBlatter d. Heidelb. Jakrb. d. Literatur, h^
I r
ScoAMSST account of ihe ArcticRegionJl»
* '{B.etchhifs ) " '- ,.* '
«r ^Verf, entwlrfl^. eine aDJere Formel für. die mittlere Tem^^
peratür der Polarg«genden sowohl im gaaaen Jahre überhaupt|
als auch in einzelnen Mpnaten; allein .sie: ist nicht auf ein dUge«»
meines 'Naturgesetz gegründet, ivie die MajersciBe, soddern nut
aus den Beobachtunj^en entnommep, und pafst ^ysserdei^y wie
wir gleich sehen werden,' blols fur^as Meer bei Spitzbergetii
Grüi^dUich wird dann . gezeigt , dafs die tnittlere Temperatur dei
Jkli^nats 4p'd, oder genauer des a7st«n dieses Monats der mitt-*
leren des ganzen Jajircs sehr nah^ kommt« Als übereinstimmeiirf.
des Re^tat d^r B^o];^achtungen und der ßechi|Ung nach .dej^
gegebenen Formel i^t-idie mittlere' Temperi»tur yon /^^ N,.B. *^
7p,5,\ui^d. iqdem der Grund der bedeutenden Abweichung yoM
der Majerscheu Formel den Jkalten, über ewiges £!ts, herkommen-:
iicQ Winden beig^pi^sseu wird, ergiqbl siEh die, mittlere Temr^
peratiir, unter dem Pole,:r^ 9 ,8 R.; statt dfiTs die- Rechnung, nach
der Maj ersehen Formel sie.,:r:-.o® giebl^ .Wßnn nun dieser Uvc*
terschied schon grofs ßcheinjt, so folgt ddch aus den Beobachtün'^
gen auf Melville^ dafs auch die letzt^ere Grösse keineswegs fuf
sicher ^^eiten kanu« Obgleich nämlich .<4ie Beobachtungen dlir
i^xpedition untejr Parrj ^i^ mittlere X^^inperatur ni'Cht besttarälh .
enthaU^Oy so lälst sie sich doch nach den y<xn Scoresby.geger
beneo Regeln ^us den^tDdi^gefiheill^eii höchsten, und niedrigstcii
' Th^ri^Qnxeterstanden üahe genau, finden, < und ist als Resultat dea
ganzen Jahres auf M^lvVlle, also untffr 74 ^5 N^B«^ aus dei^
halben. Summe der höc^hsten und niedrig^tea Th^rmdmetersländci
im ganzen- Jahre =ä: — ia,7> im MoDtat Apcil aber -— ^A,%9.
Weao man nun berücksichtigt, dafs die iletjLtere Zahl etwas «ml
niedrig sejn mufs) i^veildie eigentliche äiittielre Tempfcratui: au^
den. 27 sten April fallt, alle dort beoiischteten Temperaturen abet
wegen des Einflusses des erwarrotep ScbüTfSS. au hoch, sind, so^ '
giebt -^ i4^ bis — i5^ die mittlere Temperatur für Melvillci
sehr genau, aber^ vifsl niedriger^ als sije «nach Scoresbj scjil
könnte, t £s scheint mit diesen Betrachtungen übereirizustiratneuf «
dals auch die barometrischen Veränderungen' im Grönländisch eit
Meere grosser sind, ab sie, wenigstens . in . dem einen Jahre def.
Beobachtung, von Parrj gf)funden wurden; indem näoilich :dkoTt
der gr<|fste Unterschi<;d nur i,35 Z. betrug, beobachtete Sc«H-
resbr überhaupt eine Differenz von s,§4 Z., wobei «terkwür*
dig i^t, dafs dort der' höchste S.tand 3o,75 Z., hiqr aber nur
30,57^ ^V betrug. Da^ J[)^u9e der 3«aba«htuogcn ergiebt ü^rifk
£rg. Bl« d. H« Jahrb. d. L. I. 4* 4
V.
{>i) Scoresby .aocoiint of ihe Arctlc Regiotis»
Jens, Aüh ZerseUan|(en' in den uogleicli warmen und feucliten
.uftschicliten 'die grösseren Veränderungen im Polarmeere licr-
vorbringen, denn es wird zugleich bemerkt, dafs das Fallen der
Quecksilbersäule sehr schnell erfolgt, und allezeit, mit äusserst
»rllencn Ausnahmen, Slörmen vorangeht, weswegen der Gebraueh
des» Barometers' fflrdie Srrefahrer voim gröfsten Nützen ist. 1r-
geni[ eine periodische Kbbe und Muth in der Atmosphäre, wie
sie in nicdfercn und miriJereii -Breiten s(aU ftndetj hat H. Sco-
jiesbyiijcht wahrgenommen. Bci^heilerm Wetter ist der Him-
mel sehr klar und dunkelblau, die Atmosphäre im Allgemeinen
liöchst trocken -und ohne wahrnehnfibare Spnren von Electricität.
Die Erscheinungen des Ldoming ftniragej zeigen sich in den
Polarmeereu bekanntlit:h sehr häufig, Nebensonnen aber^ mit
sehr schönen pri^miitisdien Farben • sah der Verf. nur dreimal,
welches verhältnifsniäs^fg wenig i^t,"dif die sdir feinen md klo^
ren Eitprismen z'er^chiiittenen weissen Haaren ähnlich, in jenen
Regionen sehr geuiein sind. Wenn gleich im Winter die* Polar-
gegenden zuweilen länger uls einen ganzen Monat völlig ruhiges
und heiteres Wetter hab^n, so sind dagegen vorzuglich im Fruh^
jähr und Herbst die Winde hAußg, stark, unerwartet plötzlich
als Stürme* hervorbrechend , und haben das Eigenthümliche, dafs
mcUi selten im* Bereich • des Gesichtskreises zu gleicher Zeit
Windstille mit gelinderen Winden bis zu heftigen Störmen Aui
Mtn Weltgegcnden herrschen. Der Verf.* fuhrt über diese stU-
tarae Eigeuthtimlichkeit mehrere Bei^iele an, welche von einem
minder glaubhaften Zeugen erzählt fabelhaft scheinen könnten.
'Mehr erklärlich macht die Sa^he der Uittsfand, dafs solche plötz-*
liehe Windstösse meistens von einzelnen Wolken begleitet und
mit' Schneegestöber verbuddln sind. Um inzwischen den ithnel«
Jen Ausbruch und Vofnbergang solcher heftiger Windst&sie an-*
schatilicher zu machen dient unter andern die Erzählung, dafs
der Vater' des Verf. einst bei gafnz' heiterm Wetter ans Land
gitigj und der schonen Aussicht wegen einen steileb Berg von
9000 F. Höhe erkletterh?, als er plötzlich .eine kleihe, aber s<ehr
gezerrte, Wolke herankam menslih, und für eine sturmbringende
erkannte. Kau^n hatte er Zeit, sich luederzuwerfeu , and die
Arme nebst den Füssen tief in den Schnee* zu dröcken, um nicht
duroll die Gewalt des LuftAtosses -^om uteilcn Felsen herabge*
Schleudert zu werden. Nach wenigen Minuten stieg tr zum
Schiffe wieder hinab, wo man von einem Sturme gar nichts
wufite. So sehr man geneigt scjn wird, hierin eleetrtsche Phä-
nomene zu erkennen, eben so auflallend ist es, dafs alle hierun-
ter gehörige Erscheinungen, namentlich Blitze, ^über den Polar-
kreis hinaus äusserst selten sind, oder vielrhehr gar nicht eiisti-
rea, and selbst wenn einmal etvy^ hüclisteus in 6S^ N.B, ein
,Score$by accöunt. of th^ Arctic RegioD3. 5^
Blitz beobaclitet.wird, so ist er nie«,vpn Dopn^ begleltpt> dena
nur einmal auf allen seineo Reisen körte dei: Vferf« . in ^ jenen
Gegenden einen schwäclicn und kaum Iccnnt^i'ch^n Donner« Nor^-
licliter sind dagegen sehr häufig, inzwischen h^It der Verf, eiüc
Se$chr,eibung derselben für überflüssig , weil sie ohnehin bökaiiht
^indj bemerkt aber ausdrücklich, dals nie 'ein ..Greraiiscli b^ei
densielben gehört, noch irgend. ein Einfiufs auf die Magnetuacfel
oder das Electrometer wahrgenohimen wurde, dagegen atper wffd
sowohl, aus eigenen Beobachtungen, als aus denen' eines andern
äeissigen Grönlandslahrers gefolgert, dals vorzuglich die 'hcllglah-
zenden Nordlichter sichere Vorboten heftiger Sturnoe sind. .Öie
"Wolken in jenen Gegenden haben nichts Ab weidiendes von dem
Gewöhnlichen , dagegen liefert die weitläuftige Beschreibung dW
Schneeflocken, deren g6 verschiedene Arten, mit genauer Be-
schreibung ihrer ferösse von ^ bis j^ ZI Durchmesser und der
begleitenden Umstände ihres Fallcns, abgebildet sind, ein6 senr
' gepjaue Uebersicht eines der merkwürdigsten KrystaUisatiöns'-Prb-
cesses in der Natur ,^ wobei indefs die hexagonale Grundform
• Qie zu verkennen ist.. Frostnebel, oder sogenannter Bauhfcost
ist häufig in jenen Gegendtcn, scheint, als« Nebel aus deni, Meere
aufzusteigen, und setzt sich ni^cht blofs in die Haare und Klei'*
• der, sopderu auch auf den Verdecke^i in beträchtlicher. Mieuge
an, und erreat unter den Füssen des Grch enden ein knirschendes
Getöse, indem, er als feines Weisses Mehl weggeschabt wird.
j)jer Keif hat nichts Eligenthü^mliches , und die Nebel, obgleich
. gefänrlicher für die Schiffahrt zwischen unigebenden Eise, siiid
nicht 30 dick, aber wollt gleich anhaltend, als a^ den Meeres-*
lausten in weniger hohen Breiten , haben aber die bekannte Un**
annehmlichkeit, dafs sie sich oft als beträchtliche Eislagen ^q
.Thauwerk und Armatur der Schiffe anlegen.
Auch das Naturgeschichlliche hat der Verf. nicht ver|;cs$eo,
sondern namentlich die Zoologie der Polargegendeu im Jletzten
Ciapitel ausführlich abgehandelt. Ref., welcher über i^n Gehalt
dieser. Beiträge nicht als Sachkenner urtheilen kann, begnügt sich
den Inhalt nur im Arigenioineu anzugeben, lieber die googlio*
stische BeschaiFenheit nameutlich ton Spitzbergen giebt ein eige*»
ner Anhang Auskunft, worin die vom VerL mitgebrachten Fels*«
arten von dem bekannten Mineralogen Jameson bestii^imt si^id«
Sie bestandeq aus grauem Kalkstein, Gti^us, Giimmcfschiefer.ia
Thooschiefer übergehend, Quarzfelsen, und einzelnen Stücken
l^alksprtth. Vulkanische Erzeuguisäe werden auf Spitzbergen nicht
angetrofl*en, wodurch die Insel sich wesentlich von Jan-^Majen
untersi^heidet, deren Gebirge aus jüngerem Trapp und Vulkani-
scbeu Gebilden, namentlich Basalt und La v^ bestehen. Die ein-
zigcn nützlichen Mineralien ^ welche Spitzbergen liefert ^ sind
4*
*52 Scoresby account of tne Ärctic p.egiorfÄ*
£
. etwas , Marmor und Steinkohlen^ Eben ^o dürftig ist dieses Land
[iiii^ctillich ()er Vegetabllten, inaem die -meisteh dort wachsenden
t'älaiizeii in ^tnein Zeiträume von vier bis sechs Wochen aufge-
! beii-| blühen und San.men tra£;en. Alle sind klein,' haben mitun-
' teir niedliche Blumen, dereii Farben aber blofs ai^ Weifs, Gelb
. ^nu. Purpur bestehen, und das einzige daselbst Ijefiudlicbe bäum-
'» ärllgc, Oevväöhs ist eine 3 — 4 Z. * hohe Weide. Genaue und
ausführliche, meistens auf Autopsie gegründete^ Beschireibüngea
liefert der Verf. von den verschiedene^! Seethieren jener Gegco-
iixü Balaena mj'sticetus , der g-e wohnliche Wallfiscb, selten
^gl'össer. als 60 F. laug, bewegt sich seiner Grosse ungeachtet,
ip'dem er U|m o,o5 leichter ist, als das Seewasscr, mit einer Ge-
sell wind iirk ei t von etwa 4 Meilen in einer Stunde, auf der
/Flucht eine kurze Zeit, mit mehr als dcf* doppelten Geschwind!«^-
.. keit| stürzt sich aber nach einer Verwundung fast gleich schnell
* mit solcher Heftigkeit in die Tiefe, zuweilen bis beinahe 5oooF.,
/dafs hierbei nicht selten seine Kinnbacken durch den Stofs jgegen
/den Boden zerbrochen werden. Wwe^uii^exxj in der Regel ndr
\eins, selten zwei, werden ini Februar oder März geboren, sind
zwis<;hen 10 ^^ i4 F. lang, und bleiben' etwa * ein Jahr unter
dem Schutze der säugenden Mutter, welche mit üusserordeiitli-
* eher Zärtlichkeit sie, selbst wenn sie vervvundet sind, nicht vcr-
läfst, und hierdurcli den Fischern zur sichern Beute wird. 'She
loses all regard for her own sajety ^ in anxiety for tke preser^
Nation of her j-ou/ig; -^^ äashe's thröitgh the miast oj htr ene^
iniesi -^ despbes the dahgcr that threätehs her; ' — änd even
yoluniarüy reirudns with her ofsprinq , öfter vafious dttacks ort
herseif from the harpöon^ of the ßshers, There is some*
thing extremeljr pamful in the destruction of a whale, when thiis
evincing a degree of affectionäte regard for its of spring, that
woiild do honour to the superior iritelligence of human beings;
iyet the ohject of the adl^enture , the vatue of the yrize j the
jojr of the capture, cannöt he sdcrißced Co feeUngs of cömpassion.
Merkwürdig ist die grosse Wärme dieser Thiere. Das Blut el-
ftes vor anderthalb Stunden getödteten NärhYraFs wurde 29^ und
▼OD einem eben erlegten Wallfisch 3i%i R. gefunden. Ausser
balaena mysticetus ist noch die grofste, stärkste und gewandteste,
über 10» F. Länge erreichende Wallfischart, balaena physalis
X. B, mtiseulus L, R, boops L, ß, rostrata L, Monodon mo»
noceros L, Delphinus deductof^ tind Delphinus leucas L, be-
schrieben. Nur geringe ist die Zahl der übrigen Säugethiere,
über welche der Verf. eigehe und fremde genaue Beobachtungen
niittheilt, namentlich das Walross, der Seehund, deren Zahl in
jenen Gegenden unermefslich seyn mufs, indem die Wallfisch-
iahrer im Mouat April beiläufig eine Ladung Von 2000-— 3ooo
Scoresby 4ecoant^of thc Arctic Regions. 53
Stuck^ Schliffe aber, welche fcxprefs. auf ibrlpn j^apg haupt^acKlicTi
von d^r Weser und Elb^ auslaufen, 4qoo — ^5ooo Stück als
Ladung zu erhalten pflegen^ der weisse Fuchs (aanis lagopus)/
der Eisbär und d^s Reonthler. Viele eingestreuete Erzählungen
▼on der List, der Kühnheit und der ausnehmenden Stärke der
weissen Bären , Heset man mit grossem Interesse. Unter anderi\
befand sich ein gewisser Capitän Cook aus Lynn einst mit
zwei Begleitern am Ufer, als ihn unversehens ein solches Raub«
thier mit seinen gewaltigen Klauen packte, ahne dafs er jedoch
die Besinnung verlor, indepa er seinem Begleiter xurief zu schies-
8en, und dieser dann glücklicher Wei^e den Kopf ti>af. Ein
anderer, Cap. Hawkins von HuU hatte^von «einem Bote aus
einem Bären schon zwei Stiche mit der Lanze in die Brust ver-
setzt, und, wollte ihn zum drittenmale' tred^en, als jener ihn im
Sprunge beim obern Beine ergri^, uqd über seinen Kopf weg
ins Meer schleuderte, dann aber diesen Augenblick der Ver-
wirrung benutzte, um den Begleitern durch eine schnelle Flucht'
zu entkommen. Die Zähl der beschriebenen und. blofs erwähn-
ten Vogel, Fische, Schaalthiere und Mollusken ist zu grofs, als
dafs Rec. es für zweckmässig: halten konnte* sie hier alle zu'
nennen«
Eine schätzbare Zu^aBe zu . dem ersteh Thcile machen die
i^nhänge aus. Zuerst sehr vollständige meteorologische Tabellea
vom Jahre 1807 —.1818- für alle Tag«, der Monate Maj, Juhjt
und July, meistens auch April, und zuweilen einen Theil deis
März, nebst tabellarischer Zusammenstellung der Resultate, welche
sich aus diesen zahlreichen Beobachtungen ergeben. Dann ein'
chronologisches Verzeichnifs der nördlichen Entdeckungsreisen
von 861 an bis 1819. Der Inhalt der übi^i^en Anhänge ist ge-
les'entlich erwähnt worden.
Der zweite Theil handelt vom liyallfisclifange, und enthält
im, ersten Cap. eine ausführliche. Geschichic des Ursprunijs und
der weiteren Ausbildunc; dieses so höchst Bedeutenden Gcschäf-
tes. Die Meinung vieler Sc,briftseller, dafs die Basken und
Biscaier, bis zu deren Küsten in frühesten Zeiten eine Wall-^
fischart, halaena rostrdta, zu kommen pflegte, zuert^t den Wall^
fischfang geübt haben sollen, berichtigt der Verf. dahin, dafs
diese Küstenbewohner zwar um 1675 zum Pischep in das Po-^
larmecr schifften, dafs aber schon vom Ende des neunten Jahr-
hunderts an die Normänner und Islä'nder die. Wallfische bis an
die Grenzen des Polareises aufsuchten. Erst i594 versuchten
die Engländer^ sich diesen einträglichen Erwerbszweig zuzueig-
nen; allein es ist merkwürdig, dafs sie bis zum? französischen
Revolutionskriege den Holländern durchaus nicht j^leichkommen
konnten^ grosse Suromen dabei einbülsteny undt das ganze 'tie^
54 Scorcsby accoünt of the Aipclic Regions.
%cVih uur darcli ausserordentliche Belblmungen und QegHnsti«
gungeo aufreclit zu erbalten . vermochten. Man sieht hieraus, ipit
T?ie grossen ScKwierigkeiten der Wallfischfang verbunden ist,
Torzüglich wenn maq die Unwirthbarkcit der Gegenden berück-
sichtigt, worin «r betrieben wird. Die Russische Handels -Com-
pagnie wirkte einst Begnadigung für eihtge Capital Verbrecher
•US, und versprach ihnen noch obendrein grosse Belohnungea
unter (\ct Bedingung,' dafs sie einen' Winter in Spitzbergen zu-
bringen sollten , um hiermit den Versuch einer beständigen Nie-
derlassung an jenen Küsten zu macben; allein die Unglücklichen
Wurden beim Anblick der gräfslichen Einöde mit solchem Schau-
der erfüllt, dafs sie ba}en„ man hioge sie zur Hinriditung zu-
rückführen. Ohogefähr um die nämliche Zeit liefs ein Londoner
SchiflT zufällig neun Mann am Ufer zurück, fand sie aber alle
im nächsten Jahre todt, und ihre Leichname von Raubthieren
zerfressen. Man kann denken init welcher Empfindung acht
Mann von demselben SchifPe, welche einige Jahre später um
Rennthiere zu jagen am Uffr geblieben waren , ihr Schiff durch
das Eis fortgetrieben und sich verlassen sahep. Indefs benutzten
sie klüglich alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel der Erhal-
tung, und kehrten im nächsten Jahre, sünuntl ick gesund iLuruck.
Hierdurch aufgemuntert vermochten die Holländer durch grosse
Belohnungen sieben Individuen auf Spitzbergen und eben so
viel auf Jan -Mayen zu überwintern. Die letzteren starben alle,
wie oben erwähnt ist^ die ersteren,' neun Grade nördlicher, ka-
men glücklich durch; allein die im. folgenden Jahre, i634 dort
abermals zurückgelassenen, starben sümmtlich, und seit dieser Zeit
scheinen y bis aut die neuesten russischen Fischer, keine weitere
Versuche gemacht zil se^n. Von der Grosse dieses Handels-
zweiges • überzeugt man, si<J) unter andern durch die Angabe,
dafs ♦697, als die. Engländer des vielen erlittenen Schadens we-
gen nicht concurrirte^ , z,usai;nmen iQa Schitfc init' 1888 Wali-
sischen an Bqrd zurückkehrten, im Jahre'ijS'S aber gingen allein
^ii brittische Schiffe auf den Wallfischfang aus. Um diese Ge-
genstände genaüei" zi; erörtern giebt derVerf. im aten Cap. eine
tescltichtliche. Üebersicht des Wallfischfanges bei den verschie-
denen Nationen ;* zuerst bei den Briltcn, wobei er nicht umhin
kann zu gestehen, dafs die Holländer ihnen an Muth und Ge-
schick 11 ohkeit friilier sehr überlegen waren j' denn, während die
erstehen ein Capital von 82"^' Lstl. cinbüfsten, gewannen die
letzteren von) 169^ bis 4708 4727^* fl. als reinen Gewinn. Erst
seit 1785 fing" dieses Geschäft in England an zu gedeihen, und
die Brltten überfiügeln seitdem bei weitem alle andere Nationen,
dcnii i8i4 Wachte unter andern ein einziges Schiff 44 Wall-
fische mit, und gab' einen' Brutto -Ertrag von 11°*- Lsll., das
"Scoresbj äccöimt'of tlie AiTtic Regions«: 55
Schiff Resolution von Whitby aber, nur agi Tonneo fi^ofs,
gab von i8o3.bfs i^\}\ einen reinen Gewiun von 19473 LstL
Aucb die eoglUclicn Colonieen in Nordamcrica triebea den Wali«
ilscliFaug immer mit grofsem Vortheile. Die Holländer, obgleich
oft durch Kriege unterbrochen, haben das Geschäft allezeit mit
eben so viel Eifer als Glück, bis auf die letzte Catastrophe ber
trieben, denn, die Jshre der Unterbrechung niclit mitgezalilt;
sendeten sie in 125 Jahren > £wischen 1660 bis 1795 zusammen
tö993 Schiffe au)s, welche 71900 Fische, also 3 y4 Stück auf
jedes Schiff jährlich fijigen* Eine tabellarische Uebersicht zei^
den grofsen Gewinn., welchen der Staat durch diesen Erwerbs*
iweig erhielt; denn von 1^)69 bis 177^ wurden /.usammch
473 2 d Schiffe abgesandt, von denen 622 untergiugen ^ die übri-
gen aber brachten einen Ertrag von fast 274 MiH« H* Q"<1 n^^^t
Abzug der sämmtlichen Kosten 55*257672 ti. an reinem Gewinn
den Actionairs. Unter allen übrigen Staatt^n betrieb Hamburg
seit 1607 bis auf die neui:sten Zeiten den WaU6schfang mit dem
^ofsten Eifer und besten Erfolg, und darf sich somit an Hol-
land anreihen, wie auf gleiche Weise Altona, Glückstadt und
Bremen. Im dritten Capitel ist eine Uebcrsicht der frühesten
Art des Wallfischfanges und der allmahligcn Vera ndcrtin gen des-^
selben enthalten. -Als dieses Geschäft zuerst, bald nach der
Entdeckung Spitzbergens im Jahr 1607 durch Hu<fson, in jenen
Gegenden betrieben wurde,, waren diese Thiere in Metige an
den Küsten vorhanden, wurden daselbst harpunirt und mit Lan-
zen, geiddet, dann aus Ufc^r gezogen, zerlegt und der Speck so-
gleich ausgebraten, für' welchen Zweck aie nöthigen Gebäude
«mdl Vorrichtungen an der Küst« bereit standen, und im Winter
zurückgelassen wurden. Mit der Zeit wulrdcn die Wallfische
verscheucht, mufsten weiter in *dfe See verfolgt werden, man
konnte daher : den Speck nur in zerschnittenen Stücken ver-
packen, und die Anstallen an den Küsten verfielen zulct;£t gänz-
lich. Es waren von der Zeit an, als die Fische zwischen dem
Eise verfolgt wurden, weit bessere Schiffe erforderlich, als vor-
her, der ganze Apparat wurde mehr zusammengesetzt, , vorzüg-
lich aber erforderte der Fang selbst ungleich mehr Kunst und
. Fertigkeit.
Mit groEsem Interesse liese\ man im vierten Capite) eine
genaue Besclireibuug der zum. Fischfang erforderlichen Werk-
zeuge, des Verfahrens dabei > der nÖthigen Vorsichtsmafsregcin
und der Methode beim Zerlegen eines endlich nach oft unglaub-
licher Anstrengung überwundenen Thieres. Im Allgemeinen ist
alles dieses seit langer Zeit wenig verändert. Man sucht dc4n
Fische nahe zu kommen, der Harpunirer wirft ihn roitd(*r llar-
. pMnc, die Boote verColgen ihn bei seiner sofortigen Flucht, be-
56 Scoresbj accoant of the Arctic Regions*
aeKten den Augenblick seines Emporkommens zam Athmen^
suchen ihn widcrliolt mit der Harpune zutreffen, und erstechen
ihn endlich, nach grofser Erschöpfung ^^sselben mit Lanzen;
ein schweres und meistens, gefährliches Geschäft, welches im
Mittel in einer Stunde, zuweilen in fünfzehn Minuten, in sel-
tenen Fällen erst in fünfzig Stunden beendigt ist. Die grolste
Gefahr droht den Fischern, wenn der getroffene Wall&sch yirier
der an die Oberfläche zurückkommt, indem er dann mit seinem
Schwänze häufig die Böte umstürzt, zerschlägt, oder mindestens
die Fischer durch dio Erschütterung herausschleudert, ja einst
s«virurde ein Boot so in die Luft geworfen., dafs es umgekehrt
wieder herabfiel. Das schnelle Fortreisen der -Seile, wenn der
Fisch in die Tiefe stürzt, bringt das Holz, woran sie hinscha-
ben, zur Verkohluttg, so dafs es die Fischer in Rauch einbülit,
und ohne stetes Begossen werden verbrennen wurde» Einige de-
taillirte Erzählungen geben eine klare Vorstellung von der un-
glaublichen Anstrengung der Verfolger eines wahriiaft Ungeheuern
Geschöpfes, und von der un er meislichen Gewalt, welcho das
letztere auszuüben pflegt. Nicht genug , dafs ein W^aHfisch zu-
weilen zwej bis vier Böte mit gröfsercr Geschwindigkeit fort-
reifst, als die Ruderer dieselben zu bewegen vermögen, zieht
er sogar die gewöhnlichen Grönlandsschiffe von 35o Tonnen
gegen den Wind fort, ja in einem Falle schleppte sogar ein von
mehreren Haijiun^n getroffener ein in die Tiefe gezogenes Boot
nebst 20 160 F. Linien, welche letztere allein 35oo Pfund
wogen, mit beispidloscr Geschwindigkeit fort und konnte nicht
eher gebändigt werden, als bis er noch von tiiöoF. I inieü aus
zwey andern Böten festgehalten wurde. Die Gröise der Beute
und auch die Anstrengung, welche zu .ilirer Erlangung erfor-
derlich ist, machen es erklärlich, dafs unter andern einst die
durch frühere Arbeit ermüdete Mannschaft unter dem Befehle
des Verf. die Verfolgung i5 Stunden ohne irgend e^np Erho-
lung oder Erfrischung mit der grölsten Anstrengung fortsetzte,
und endlich mit dera Verluste einer Harpune und einer groCsen
Menge von Seilen aufgeben mufste. Von den beim Walifisch-
fange üblichen Gesetzen, kann Ret ihrer Wichtigkeit für das
Handelsrecht ungeachtet, keine Uebersicht geben, und begnügt
sich j eine Anekdote herauszuheben. Zwej nebeneinander se-
gelnde Schiffe sahen zugleich einen todten Wallfisch, und mach-
ten sofort Jagd darauf, aber segelten so gleiohmäfsig und stieüsen
im Augenblicke ihrer Annäherung so heftig aneinander, da£s
beide Harpunen den Fisch verfehlten. Sofort sprang der Ge-
hiilfe des Capitäns des einen Schiffes, ein kühner junger Mann,
ins Wasser, schwamm zur Beute, 9b er weil das Thier ge-
steh wollep yvai*) konnte er nicht . hinaufklettafn, -sondern ergriff
Scoresby äccount of thie Arctic Regions. 5/
ixe Flosse des FiscKes. Der ScbUftcapitan ^ hierdurch in des
Besitz einer, reicheo Beute gesetzt, vergäls den beherzten Schwim«^
.mer, und währjsnd er sein Schiff am .£ise festlegte, segelte eia
Boot vom andern Schiffe hin. Der 'Harpunirer in demselben
sagte zu dem, wekber die Flosse hielt: Du hast da einen schö«"
^en Fisch; aber findest Du es niclit Jbilt? Allerdings sagte jener^
ich bin schon halb erfroren« Soll ich nich»in-euer Boot kom«
mcn, bis das unsrige hier ist? Sehr gern, war die Antwort;
Kaum aber war er herausgezogen, mithin der Fisch . wieder
frei, als der Harpunirer ihn mit dar Harpune warf, und mit
-vt>llem Rechte sich als den Besitzer verkündigte. Noch viel In-
"teressantes liefse sich mitth eile» aus der Beschreibung des Thranr
siedens, der Reinigung des Fischbeins, wovon früher jährlich
für ioo"^ Lstl. aus Holland in England eingeführt wurde, über
die Benutzung des sohlechteren. Thran^'s zur Gasbeleuchtung und
manche andiere technische . Gegenstände, wenn der beschränkte
Raum eine gröfsere Ausführlichkeit gestattete. Eben dieser ler-/
laubt es auch nicht, den Inhalt einer unterhaltenden Erzählung
Yon der Fahrt des Verfassers auf dem Schiffe E4k von H^hitby
im Jahr i8i6 naher anzugeben, wobei eine Verletzung des
Kieles auf einer Eiszunge den wackeru Capitän nach unglatibr
]i<hen Anstrengungen. zwang, den_ Wrack gegen die Hälfte sei-
ner Ladung durch ein anderes Schiff nach Schottland .sch}eppea
zu lassen.
Nolhwendig aber mufs Ref. noch die Anhänge des zwejten
Theiles etwas näher bezeichnen. Zuerst ist eine Uebersicht det
sämmtlichen Parlamentsakten gegeben, welche gegen ..artig rück-
sichtlich des Wallfischfanges in Kraft sind* Dann folgen die
nähern Angaben von der Grölse und Armatur eines Grönlandsr
Schiffes, der Signale, beipi Fischen » und des Verhältnisses zwi«.
sehen MaCs und Gewicht des Thrans. In gedrängter Kürze er*
theilt.der Verf. die v.on , glaubhaften . Augen:(eiugen erhaltenen
^Nachrichten, vom Walifischfange im südlichen Polarineere zwi»
sehen 36"^ und 4B^ S. B. an den Küsten von Brasilien, Peru,
Africa> Timor, j^euseelatid u. s. w«r| wo die gemeinen Wallfische*
( B. mjrsticetusj jedoch von einer etwas kleineren Art, und
vorzüglich Pottfische gefangen werden. Letztere finden sich ift
Heerden zu loo bis 200 Stück, grofstentheils aus weiblichen
bestehend, scheinen w«it weniger Qefahren beim Fangen her*
beizuführen, erfotdern aber für. europäische Schiffe, deren mit
Einscblufs der amerikanischen jährlich zu diesem Zwecke minde-
stens .300 .auslaufen, für eine Expedition einen Zeitraum von a
bis 3 Jahren Die im gieu Anhange mitge|heiUeii magnetischen
Untersuchungen zeigen vorijuglich den Eiuiiuf;^ des Eisens -mf
die Magnetnadeln. Vorläufig stellt d^ Verf. eine Behauptung
\
|»o Com. 4c Sternbfrg Catal. plantarum«
tic^ beuseo; doch dergleichen i^ leicht zu yeibesserni uiiange-
nehmer aber ist der Umstand, dals beide Register sich nicht aa
allen betreffenden Stellen auf einander beziehen; es ist nämlicb
mu dem bereits oben Gesagten klar, dafs alle Pflanzen die im
ersten Index stehen auch im z^reken vorkommen müssen und
timgekehrt; hiervon aber finden sich manche Abweichungen, die
nothwendig zu MifsVerständnissen AnlalÜs geben werden, wovon
bier einige Beispiele; im ersten Register fehlt Chamaeßcus ist
aber im zweiten bei Ficus Carica ß (var. Aumi/£r augezeigt ; der-
selbe Fall hat Statt bei F'ünaga, welches Wort doch im zwei-
ten Index l)ei Vaucus f^isnaga steht; dasselbe kommt abermals
Tor bei Ornithogalum ;■ im ersten Index nämlich wird bei die-
sem Worte (mf Ornithogalum luteum I^, verwiesen , im zweiten
aber findet ijaan, dafür Ornithogalum narbonehse L, bei Ormr
thogalum luteum aber steht Bulbus- majnlts Mathioli; diese letzte
Abweichung rührt .offenbar von den verschiedenen Editionen der
Commentarien her. — Echium scorpioides palustre steht im zwei-
ten Index bei Myosotis^, nicht aber im ersten; genau dasselbe
findet sich bei Melilotus itqlica, Cuminum satmim ist im zwei-
ten Index bei Cuminum C/minum angeführt; im ersten fehlt es;
Gnaphalium 'vulgare mangelt im er$tei;| Index, im zweiten ist es
i)ei Gnapkalium germanicum. — Bei Orobus creticus wird auf
yicia cretica verwiesen, w.e^che Pflanze im zweiten Index nicbt
steht, wohl aber Ficia £r(/i/</%. -— yie)leiclit' müssen alle diese
' Jrrungen auf Rechnung eines wenig sorgfaltigen Correctors ge-
setzt werden« —
Die Erklärung mancher in dep Commentarien vorkommen-
den Gewächse ist oft nichts .wcnigi^r als leicht; oft sind dieBe-
j^chreibungen so, dafs man. sie aui zwei oder mehr Pflanzen mit
fast gleichem Reolite beziehen kqnntq; dies mag hinreicheo um
^Qgleich einzusehen, dafs verschiedene Ausleg^qr in ihren Erläu-
terungen nicht selten von einander abweichen werden, so ist
auch Recens« über manche Dinge nicht mit dem Hru. Verf. ein-
verstanden, ist aber, weit entfernt seine Ansicht fiijr die allein
jicbtige zu halten, wird sie jedoch Immer mit den notliigen
Gründen belegen. Die angeführtei; Seitenzahlen beziehen sich
alle- auf die Bau^insche Ausgabe der Werke des Mathiplus
iBascl iSyi.
p. 24« ist ein Meum adulten'num abgebildet, dessen der
Hr. Verf. nicht gedenkt. Mathiolus führte es in der zweiten
.Edition seiner Commentarien und in der vom Jahre i583 (nach
\C, BauLJ auf; in allen übrigen blieb die Abbildung weg, ßau-
hin aber nahm sie in der letzten Edition wieder auf; ^s ist
Meum alterum spuriu/n itaticum LoheUi oder Seseli montanum L,
Man vergleiche herüber S/stemä Fegetabüium EdU. Boemer
Com. Ad Sternberg Catal. plaiitaftttti! Gi
Jichult. VI. 3g7. Jhidem. Meoti t. MathioU zieht der Hefe
Verf; iajl Athamanta MathioU JVulf. Sprengel sber bringt die- ^
selbe Pflanze zu Meum athamanticutn Jaequin, jedoch nur der
Bauhihschcn Edition , dagegen di^ Pflanze gleiches Naniens der
Kdit. Valgris, zu Athamanta MathioU. p. 44« fehlt Folium of^
ßcinarum; es sind Abbildungen von Blättern und Früditen, und
ihre BestinuDubg daher schwer und ungewifs, auch findet maa
sie heut zu Tage kaum mehr iii den Officinen; nach desRecenW
Meinung durften sie von Lauras' Malabratitm jüh&iikmmtTk, :p. iS^J»
fehlt die Erklärung der Xylocassia und Xjrlocassia sUhnigrä;
die Abbildungen zeigen blofs Rinden, wovon die crst^ 'die CaS'»
sia Ugnea der Officinen, die letztere die Cassia cciry öphyilatd
sein kannte.' -^-^ p. ^2. fehlt die Erklärung ;d er' Apirö Wericwv^
ted viridis et arida;. es ist Anästatica hierochuntihd L, p, 60. '
fehlt die Erklärung von Xylobalsamum et Carpohalsamum offieir
narum^ es sind Holz und Fruchte von Atnyris Opohalsamum
odelP AmyHs gÜ^eadensis. /.. p, 62. fehlt die Erklärung voa
Aspalathus rfiodius et roseirs. Es duffte das Abgcb^ildete das
Holz von Aqüilaria oi^atä Wäldetiow seyn. p. igi. spricht 'Ma-^
thiolus ausführlich von den Tamatinden. Herr Graf von St.
erwähnt ihrer aber in beid eh /Registern nicht ; vielleicht weil iu
den früheren , Editionen keine Abbildung stand, die sich jedoch
in der vorliegenaen ßauhinschen befindet j eine Bemerkung die
noch für mehrere' Pflanzen der Valgrisischen Edition vom' Jahrs
4554 gilt; Welche Recens. verglich. -'- ÄiVil' fehlt die Erklä-
rung von* ^«^czopÄera; die Abmldung stellt die Fruchte vba
Jiyphaene euciphera Persbon vor. 'Man verjfleiche^ die Beschrei-
bung des'Mathiolt^^ 'mit der in Lämarks Encycloped, botan^
Supplem,' Tom. IL p. 54g. p. 220. fehlt die Erklärung des
Arbutii^ M." mit einer Abbildung ; es ist sehr ^vahrscheinlich Ar^
butus Uiiedo L. p. 1227. Anacardium erklärt der Hr; Verfasser
für Anacardium occidefitalej ^yas in so fern richtig ist^ als \}\o£%
von' der Bauhtnsrchen Frucht gesprochen vvird; allein' Mathiolus,
' dfer eine Btschröibung der Frucht gtebt und sie Herzförmig;
' nennt, konnte v^ohl nur Anacardium Orientale, w'brauf dies Bei-
wort vollkommen päfst, gemeint haben, die westindischen Ana«-
cardien aber sind wie bekannt uierenfdrmig. — p. 343. ßro^
Bus MathioU Yrird für Eri^um tetraspermum erklärt, allefn schon
die Sjnbnymie Caspar Bauhins deutet auf eine andere Pflanze,
nämlich En^um ErsriUa L.; auch sagt Mathiolus^ sehr schön voa
der Fracht. Säiquam gerit Pisi fere similem, sed breviortm et
gracitiorem, in qua semen rotundum concluditurj pressd stric^
• tave inter granum et granum siliqu'a — weldies letztere
durchaus nicht auf Ervum tetitispermum bezogen werden kann^
bei kn^um Er^iUa aber sehr charakteristisch ist« p. 353i Kumen^
\ m
Qi Com. de« Sternbf rg Catal« plantarvin.
ßiu Lapathum MathioL sponUin hortis xcrescens , - Aessen der
Hr. Verf. nicht gedenkt möcbto Ramex ohtus^olius sejn, und
dessen Oxylapathujn könnte auf Rumex palustris Smith bezogen
"werden. -7- p. ZSy, ßlitutn edbum Mathioti xieht der Hr. Verf.
zu Chenopodiiiin polfspermwn L, nacb des Reo. Meinnng gehurt
je% aber zu Amaranthus oleraceus, indem Matbiolus ausdrucklicli
von dessen Gebraucb als Gemüs.e spricht und hinzu setzt ^ zu
Trident nenne nvin es ßiedone; hierbei darf nicht übergangen
vrerden, dafs in Italien auc(i Beta vulgaris oder B, Cicla Bie-
,tola heilst, und dais die zuletzt genannte Pflaqze oder der weisse
Mangold jucksichtHch der Ql$tter grosse Aebnli^bkeit mit Ama"
Ttuuhus oleraceus bat, dic^ Abbildung aber eher ciinem Amarant
\tjius als einer Beta gleicht; auch Beta in den Commentarien an
einem andern Orte vorkommt« p. 36o. MfiXva qi^arta MathioL
die er von Franciscus Caleeolarius einem Apotheker ii^ Verona
zum Geschenke erhalten hatte, durfte Malva mauritiar^a JL, seju»
— p. 363. beschreibt C. Bauhin und giebt die Abbildung einer
Pfla.nze unter dem Namen Atriplex (uigusta. Centinodiae folio;
der Hr. Verf führt dies zwar an, dpch ohne Erklärung. Kcc.
halt sie für Chenopodium ßcifoUßm Smith; wenigstens passen die
Blätter sehr, gut; die unt^n sii^ spiesfdrraig ausgeschnitten, die
oberen aber ganz -^ p. 368. Brtusica maritima major Cl B*
.€um Jeone ist Coni^olyulu^ Imperati VahU Der Hr. Vei:f. führt
.die Pflanze bei Bi*assica montana major an, welches vielleicht
.€tn Druckfehler ist. p. .371.' Beca cretica C» Baiih, zieht der
,Hcrr Ve^f. frag weise zur Gattung Burdas; es ist aber Rumex
^qfinosus. p« 377. Sium verum MathioUj welches abgebildet uud
beschrieben ist, von dem Hrn. Verf. aber nbergaugen wird,
dürfte kaum etwas anderes seyn als Sium. latifoliu>m hinn» Maa
.vergleiche Sjrstem, F^egistabil^ Edit. ultün, FL p. ß54. p. 379.
. Sisymbriuai aquaticum alterum Mathioli zieht der Hx. Verf. zu
Cardamine pratensis L. De Candolle ^^)c^ (Regni vegetabilis
Sfstema natttraie IL ü$.p'J,.,zvL Cardamine hirsuta» Aus der
Beschreibung ist nichts zu entnahmen., und die Abbildung be«
. sonders der Blüthenstand gleicht .weder dem' der einen , nocii
dem der andern Pflanze; da. aber die oberen ßlatter schmal und
linicnförmig. sind, so gehört die Pflanze o^Fcnbar, eher zu Car^
damvut pratensis L. Dazu kommt noch, dafs C^BoAihin p. 38o.
noch eine. Pflanze aufi*ührt und. abbildet (deren H<;rr Graf von
^Sternbecg nicht gedenkt) unter dem Namen Nasturdum aqua"
iicum minintum , welche mit wiiit mehrerem Rechte zu Carda^
mine hirsuta gezogen werden dürfte. — p. 43o. Thlaspi villo-'
swn C, Batih, zieht der Herr Verf. zu Thlaspi montanum Z,
dach irrig: schon Sprengel gedenkt dieser- 3a u hinsehen Pflanze,
^ /{von welcher eine Abbildung auch im Frpdrpmus vorkommt)
Com. «1^ Sferbbei^ , Cütd. ' plafibnüM.' ' 69
4
tan|er dem Ifarneb TUihpi h*rhim X y woMn sfe ' auch neuerlich
De CandpUe brdctite, der sXt jetzt ^Lipidium Ai'rir<<>n liennt. — ;
^. 43 1. Irio MathiQli erklärt der Herr 'Verf. für Sis/mbnum
In'o L, allem durch die Abbilduii|;^ und besionders aus dem,)
was C, Bauhin hinzusetzt .ist Uar^ dafs Er/simum ojficinale L^
darunter verstanden werden mfisse^ — - p. 45B'. RanunculiU If^m
Jkfathioli wird Von dem Herrn' V^rf« zu Anemone narcissißort^
gebrbcht;' D« (^andoll^ aber ^Jiegh. ^ve^etabil^ Syst'emß natat.
1.^4^0 bringt i^tf' zu Ranundt^u^ plätanifolius,dcn er als elne*
Varietät .Von 11 i — acönitifoUus ansieht. R^c. glaubt De CmdoUes-
Ansicht bei^rHeten zu iaausseii/i^dem die Abbildung der Blume
für die . gchanhtö jinemone zu klein ist , auch : >ivas wohl die
Hauptsa.chc sejrn Yindcli^e, \sie 'nicht in einer Dolde stehen, wie
«s der Charakter der Art verlangt: ■— p. 537. fehlt die Hrkla-*
i'ung des Aciniis MatKioli und Acinus Columnae Bauhini} bei
beiden Steheri zW^r Abbildungen;' deinungeachtet ist die richtige
t)eutung dieser Gewächse schwierig und ungewifs. Wollte maa
die erste zu Thymus Acinos ziehen, was einiges für sich hat,
so würde diese Pflanze doppelt in den Commentarien stehen, in-
dem sie weiter unten als Pseudoclinopodiüm vorkommt, p. S^S^
Panaces Asclepium altkrum, C, Bauh, eine sehr schwer zu be-
stimmende Dolde^ die Wahrscheinlich zur Gattung Ferula gehört |
bei Dodonädus p. 3ö8. befindet sich genau dieselbe Abbildung^
Welche Bauhin hier aufgenomnien hat. p. 556. Im ersten Regi*
s^er führt, der IIW VT. an S^eii aethiöpicum "vulgär^ n)ide Atha»
manta Lihänotis; aliein im zweiten. Register nndet sich diese
Athamanthß JLiojanotis' nichu In der vorliegenden 'Rauhinschea
Edition ^teht zwar ein, *$eWi iUthiopicum und ein Stielt aethio»
picum alterum, dobh ohne das Beiwort vulgare j dagegen eis
Sesdi mtissüiefise, welches der Hr. 'Vf. nicht an^lhrt: es könnte
Daucus Visnaga L. seju^ obgleich diese Pflanze p. 4o<. schon
vorkam, ferner hat der Hr. Vett 'e\n Seseli mbnJfpetiaclimj wel-
ches in der Bäuhiijschcn Ausgabe fehlt. — p. 569. Daucus /•
Mathioli wird' von dem Herrn Verf. fragweise zu Meum atha*
hiantieUm Jacquin gezogen. (Mau sehe oben die Anmi;rkung zu
pag. 24). Sprengel hingegen bringt sie zu Athamantä creten-^
sisj'Vfo\\\n noch eine zweite Pflanze gehört, die C 'Sauhin un-
ter dem Namen Daucus secundus Dioscotidis aus der Epitome
des Came'rarius hinzusetzte. -^ p. 5y5* Pjrrethrum verum Ma^
thioli und Pjrrethrum alterum Math* Die erste Pflanze berührt
der Hr. Verf. nicht, auch fand Rec. nirgends, etwas über die-
selbe von Neucfren an<^efuhrt, hält sie aber für Selinitnf palustre
X. für welche Annahme die Gründe zu erörtern hier zu weit
führen würde; die zweite Pflanze erklärt der Hr. Verfass. für
Pjrreihrum coronariam. Sollte darunter, wie Recens. veitnuthel
«
64 Cpn^ de Stenbevg, Catal.de plautarutt.
^hrjsantheim^ ooron^riivn Wijfdenovf Tcrslvidjni sejn, so Uesse
sich dagegen' einwcndeD, dafs dieselbe eine gani^ g^^U^^ Slume
lall Mathiolus aber von eiuem gelbea Discos und weissen Ra^
dius spricht. C, coronarium wichst nach Willdenow in Creta^
Sicilieii und der Schweiz; MathioU fand seine Pflanze sehr häu-
fig in Böhmcn^ und be^chreibl^ die Wurzel ab äderst . scharf
Und brennend, welches von ^« coronarium ksLum gesagt vrerdea
kann, wohl a^er stimmt alle.s l)ei Aßthemis Pjrr^uirum übereiny
Vvofür Rccens. die Pflanzendes JM(athiolus hält^-7- p. 609. Tri^'
Joliutn pral^nse alterum MathioC .erklärt der Herr Verfass. für
Trifolium ' ochroleuctim , wob^^i indessen zu bemerKefi ist, dafs
Mathiolus seiner Pflanze keine- g^lbe sondern rothe Blumen zu-
schreibt, spricht aber auch noch, von einof dritteni welche nicht
abgebildet ist, die gelbe Blumen habe, übrigens sind b^i der
Abbildung des zweiten TrifoL die unteren Blätter herzförmig,
die oberen ^ber mehr länglich, welches sehr für Tri/oL ochro^
teucum spricht« — p. 622.. Gerttnium HL MathioU ist offenbar
Ceranium robertianum L. Der Vf» erwähnt dessen nicht; es ist
Indessen wahrscheinlich dafs in den verschiedenen Editionen nicht
nur andere Abbildungen vorkommen, sondern auch die Ordnung
abgeändert wurde, in der die Geranien folgep, auch was sehr
schlimm -ist; es passen nicht immer die Beschreibungen zu den Leige«
Setzten Abbildungen: so z. B. gehört das, was Mathiolus voa
der Anwendung seines Gerxin. V. sagt unstreitig zu Geranium
roberiiof^umj wovon man sich durch Vergleichung anderer Werke
ilamaliger Zeit über Aizneipflanzeu leicht überzeugen kann, al-
lein die betgesetzte Figur ist c^^e ganz andere Pnanz^. p. 625*
Gnaphatium , MathioU yvxvü ^yovk dem Hrn.^ Yeif. nicht erwähnt;
es dürfte darunter Athanasia maritima L, verstanden se^n« —
p. 644» Npnphaea parva MathioU wird von dem Herrn Verf.
für Menyaiithes nymphoides Z. geWlten^ welcher Meinung Rec.
nicht ist,, denn Mathiolus scfafeibt seiner Pflanz^ weisse Blumen
hat beständig gelbe^ sie *
Figur zpigtvsie aber eii|2
^ - __ , njrmphoides sind gefrfnzt, .,
Bildung nicht zu sehen ist: es dürfte dal^er Nymphaea alba B»
minor seyiu Mau sehe De CandoUe, Rcgni veffetabil. Sjrstem.
jiaturaL IT. 36» -^ p. 655. Pa^onit^ mos et /b^mina MathioU
bringt der Hr. Verf. als eine Art zu P. offici/iaUs L. sie siud
aber speciell verschieden und in den Abbildungen der Alten, wo
die Wurzel seilen fehlt sogleich kennbar; Paeoiiia mos ist P.
€oralUnaj P. /betnina MathipL aber P. officiiudis.
« • *■
ÜDer Bescbbifs foi$.)
Ergänzupgs^Bliitt^rd; Hdicielk Jahrib.d^Litmtu^^ I. 5.
1.
/ \ Cörri, de Sternherg CataL plantar um,
■r' - '\i.Bescbiufu)\ . •■■- ' V ^
il).!^ sßhe.De Ca72«?o//Ä a*a. O.I. ä88,S8^; auch die.von Bauhin
iiocR zugesetzt^ dritte Figur; Paeonia fotmina ,flor€ pleno geböct
zu der. letÄJeren». — - p» ^yj.%Poly:gmi^npolonkumcoecifetnm.
C, ^.,;\fifd von dem Hrn.. Verf. in dem «ri»ten Kesfister aber:
ojitie ErklMrung erwlähpt; es ist wolil ;i^chls .anderes aU Solen \
ranthu^ , permnis JS, cmdferm*^ — p, ^%^, Symphytüm peiroßum ^
Mathiolis \\üi CorU caendea maritima C. B^' yveiAbn beide «auf
Carismonspeliensis bezogen; in Hinsicht. dfr.BauIiinschen Pflanze
leidet die Sache keinen Z«weifel, nicht :SO j>ei Sympkytum pe^ .
traeum M* die, wie. schon .Ba!uh in selbst enjin er t davon vcrschie« *
den ist^ indessen priebt- pr tveiter. auch keinen Aufschlufs äad
aus der kurzen Beschreib\ing .des Mathiolus , so wie der etwas,
rohen. Abbildung läfsf sich nichts sicheres . QUtnehmen. Mathio-
lus fand sein Sj^mphjrtum petraeum sku{ Bergwiesen beiOörz,
Tvo die Pflanze wie er versichert mit gelben, weissen undrothen
Blumen vorkommt, und im September ;blübet. Coris monspeli-'
ensis aber ist wie bekannt in der Kegel blau. — p. 693. bilr '
det Mathiolus ejne Pflanze. ab unt^ dem Namen Saxifraga ah
terius specie, die er bei Rom fand, von» welcher weder C. Bau-
biu noch unser Hr. Vf. etwas Näheres angieht ; sie gehört dem,
Anscheine nach zu Saturejq, oder Thymus, — p. 693. Saxifra^r.
gia IJL Mathioli, . IJs Scheint dafs in d^n verschiedenen Eclitio-»-
nen auch an dieser Stelle Vei^seUftuagen vprkommen. Saxifraga:
tertia M, erklärt Herr Qraf v. S. für Sa^rg^gß granuLata, die
in der vorliegenden Bauhinschen Ausgabe Saxifr. IV* ist^— 7— ^.
Saxifragia IIL Mathioli dagegen ist eine Dptde., welche Rqc,
mit Sprengel Cur PimpineUß dioica L, fiält* (Man sehe Systema
JfegetahiL Edit, R, et^ S, VI. J^iy.J.Zw^eifelh^ft ist. es, ob der
Hr. Verf. Seseli Saxifragum , L, welche als Saxifraga Sekunda
Mathioli vorkommt hierher ziehen wplUe ; wenigstens fehlt, die
Pimpinella dioica auch in deni zvyeiten Register. — P» 707* .
irinus Mathioli cum Icone, .Weder CJ^ JBauKin. noch der Hr. ^
Verf. geben Aufschlufs über diese Pflanz^, ,di^ Beschreibung so-
-wohl. lals Abbildung sin4 mangelhaft.; ob. ea C^mpanula. Eriniis
J^, sejn /nöchte., wagt Recens. nidu . -i^u bcstinmien. — r Ibid,
Gramen M, erklärt der ,Hr» Verf. für Triticum repens L. Aus
der Beschreibung läfst sich wenig oder nich's schliessen; die
Abbildung aber ist dieser Annaluue nicht.,güustig, deim sie stellt
eine ausgebreitete Rispe vor mit lang.^g^grannten Aehrchen. —
p. 708» CaryophyUo arven^i ,gla6ro simiUs, sed minor. C. ßaiih^
EVg«B1.z.iKH.Jahrb«d.L. 1*5. 5
^ . Com. de Steraberg CataL plaotarant
crklftft der Hr. VeA för j4ira eapSlaris Host. Rec kann und
mag nichts dagegen einwenden, fugt aber folgende Bemerkungen
hinzu* jiira capiUariS Host, ist Aira degans tViUden. nach Lin."
naei System. f^egetaUL Edit* R, et S. IL 68». Dort heilst es
die Pflanze wachse unter andern Basäeoe ad Uttora Birsae^ £s
führt aber Hagenbaeh Hora Basileensis /. ^66. Aira caryophjl-'
Ua L* genau auf derselben Stelle an und citirt.eine Abbildang
in Bauhins ProJromus p, 4o5* Nun ist diese Abbildung durch-
aus dieselbe, wie die in der Edition des Mathiolus« Da femer
Hagenbach Bauhina Herbarium untersuchen konnte, so ist sein
Zeugnils nicht zu Terwerfen, und vielleicht die Stelle bei Ma«
thiohs darnach zu berichtigen« «^ P- 7^^« Sideritis III» gieht
der Hr. Verf. als Pyrethnun eorpntosum an; aus der Figur in
der Bauhinschen Edition kann Rec. nur so yiel erkennen, dafs
es kein Sjngenesiste ist; übrigens dürfte die Bauhinsche Sjno^
njmie zu dieser Pflanze kaum richtig sejn« Was Sideritis IV,
JUathioli %ejvk mochte ist noch schwerer zu entziffern. — P-7'3*
Virga amea latifolia serrata C B. cum Jeone, wird zwar im
ersten Index angeführt, allein die Erklarungsstclle mit einem Fra-
gezeichen offen gelassen« Nach des Rec« Meinung ist es Senecio
sarracenicus. Man vergleiche Cmeim Flora Badens HL 443' '^
p« 71 3. AckiÜea MathioL cum Jcone scheint in andern Editionen
Stratioi^s MälefoUum genannt zu sejn,. und ist höchst wahr-
scheinlich AchiUea nobäis £• — p. 720. Quinquefolium erectum in*
conum C Bm oder Potentilla argethtea L* fehlt im Cataiög. Baubia
erinnert die Abbildung habe sich unter den grösseren Figuren
des Mathioius mit dem Namen PentaphiBum allum, aber ohue
Beschreibung befunden. -»- p. 743« Astragalus Maihioli Jcon,
eine so viel dem Recens« bewuTst noch von Niemanden näher
bezeicimete Pflanze. -— p. 764« Aconitum HL Mathioli erklärt
der Herr Verf. für Ranunculus acris Z. Obgleich Recens. im
Grunde nichts dagegen einzuwenden vermag, ^ dürfte hier
doch folgende Bemeikung nicht am unrechten Orte stehen. Ma-
thiolus giebt mehrere Abbildungen von Pflanzen, die er Aconita
nennt ohne alle Beschreibung, Iveil wie er glaubte die Abbil-
dangen zur Erkenntnifs hinreichen vvürden. Bauhiu erinnert nno,
dafs Aconitum IIL Mathioli nichts minderes sej, als dessen Ra^
nunculus FLj und in der That sind beide Abbildungen einan-
der sehr ähnlich. Dieser Ranunculus VL ist von dem Herrn
Verf. für TroUius europaeus L. angenommen ; hat nun C. Baubin
Recht,' so mufs Aconitum IIL ebenfalls diese Pflanze sejn. —
p« 791. Galiopsis MathioL cum Jcon, ist^wohl - ZnmiiEciit macu*
latumL. Diese Pflanze fehlt im Cataloge, denn das dort ange-
zeigte Lamium album kann nicht VKohl hierher gezogen werden,
indi*m Mathiolus ausdrücklich S9^ floribuf purpureis. '^ p. 8i6.
Com. de Stemb^g Giital. phntarum. tij
Onagh, MathiöU ist tiidit erwähnt; der Be^chreibiing nüch zti
iirtheilen versteht Mw ein -Epäobiwn damnter, was aueh Bauhins
Zusata bestStigtl -— p» 821. Viola miartia mult^lice ßore , die
Mathiolas zuetst za Insbmck sah , uiid wozu £buhin eine Ab«
bildung setzt, ist wohi nichts anderes iJs ficfla odorata ßort
pleno, — » Ihid. Fhla atböreseens MtUhioL vcun Baidus durch
Franctscns Calteolarius geschiekt| wird. auch von dem Hrn. V£.
nicht erwähnt; es konnte Viola montana oder auch V, arboresy
eens ^ejn.'^ Mathiolqs «agt, sie habe einen zwei Ellen hohen
Stengel.-«- p» 84t* Laurus atextutdrina aiiera MaihioU fehlt im
Catalog; e^ dürfte Ruscus Hypophdlum L* weyru -» p. 844« El^
leborus aker. Af. wird im ersten Register für Veratrum nigtum
erklärt, welches Recens. um so mehr fiir einen Druckfehler halt^
als -letztere Pflanze im zweiten Register nicht genannt ist — -
p. 855. Gtans ungueniaria <•-«- die Fracht von Guäandina Morin^
ga X.— p. 858. ßehen rubrum- offieinanan -— die Wurzel von
Ceniaurea Sehen £#-« p* 859« Nareiuus IV. MaihioU kdnnte
Ornithogedam arabicum sejn* —
Nachstehende Pflaniien sind sammtlich Bauhinsche/ die in
der letzten von ihm besorgten £dilion der Werke des Mathiolua
stehen, in dem vorliegenden Gataloge aber fehlen; es kann da*
her dies Vejzeichnifs als ein kleiner Beitrag zur Ergänzung dei^
selben angesehn werden. ««^
p. 4o* Valeriana peregrina purpurea C» JS» ist Valeriana
Comucapiae L. p. 107; MoUis arbor C j^ ist Schinus molie
L4 p. 118. Juniperus major, C. B* ist wahrscheinlich Juniperus
Oxucedrus L* p« tl^j , . AquifoUi *varitta$ CB^ ist Jlex aqui'*
Jolium L. Variet. senescehs JoUis integrit muiicit, p« iy3* Vites
latifolia serrata ist Vitex Agnus castus L. B* Uujfol* MüL p« 196*
Mjrtus maxima latifolia C* B. ist Mjrrtus communis X. Variet.
boetica, p. 297. Nucuia indica et Mehenbethane) Abbildungen
iron Fruchten, wahrscheinlich von irgend einer Palme* p. 443«
Sapönaria C. B. Saponaria offiemalis L. p. 465« AnagMii
aquatica foUo rotunda C. B, ist Samolus Valerandi L, p. 5o8*
Absinihium ponticum montamim C. B. durfte blofs e=ine Varietät
des gemeinen Wermuths sejn. p« 5io« jibsinthium maritimum
Jbliis laciniatis C B. möchte eine Varietät von Artewisia coeru*
iescens seyn, denn Bauhin bemerkt ausdrücklich, wenn man die
Pflanze von ihrem natürlichen Standorte an den Meeresufern in
den Garten bringe, so änderten die Blatter ab und würden ge*
läppt, p. 529« Ctdamintha magno flore C»B, ist Melissa grün*
dtflora Widfen. p. 56a. Apium crispum C: B» Eine Varietät
von Apium Petroselinum L. p. 565« Apium horteßse maximum
C. B, Eine inerkwürdige Varietät der eben genannten gemeinen
Petersilie, die von Einigen ak eigene Art angesehen wird ; Apium
\
oft - .AcfaiBfs ;Tatiu$- ex inci Jacobs. '
lai^aUum HtBl.' ^jlp&m mmanUm Zuxstagni. ■ täan sAt Liimaei
Sxttema VegetM.Mditi X.^.ct S^ FI. 43o.— p. 6o3. Mdüsa
JUolutana foetida C. B. iM MolUceella tpinosa L. p. 6iol Tri-
foUuM pratensc ( /afcnn 'iX. ■ B. mCdMe , Trifolium proeamhens L.
SCTD- p- ^"^ Trifotttan p^tattOB etttitunti-C. B, iii Meläalui
ereliea. p. 63X1 Cet<aiiiuM eitattaa- foin tüpinum. C.-.B. ist Er»-
dUin* pimpiit^aefaliäm,. ^. 6^^.:.Ctuanaemtitan luAUe fldtre md-
lälici C~ B. .iit '.Aiititemi^ nohütsJ- uod Chamaemelum fgettdun
teu Cottda Ci-B*~-r-i^ttthvitü Gotula L. p. 706. Lychnii si-
veftrit alba vaädtißatä^- C. B. ttt Lyehnii arvt»sis ßare pUita.
p. 733. Sanieiila<itwrUana.rottiitdifoha.maurr C.ä. ht Saxifraga
»teilans L. p. ^Sj.-jimtufiiUhus pouieula ineurva C £. Ul d-
lotia coeeinea, p. j^. Scrophulatia ßore iuteo C. B. ist Sero-
phiäaria veraalis I^.' p. 806, EÜeiorine C.B. ist Serapiai lo-
iifolia. p. SgS.'Jß'itii'ofTvpiii/n tricoccoa C- B. ist Crotpn tmcio-
r^pm L, Zum 1 Sdilitfse. ilcann Keceu. nur TTÜnschep ^ü du
riilinilicho Beupiel deS' ünrn. Vw&. bfld- ähnllclie B^ubeiliu-
■jen zur Folge haben möchten.
AehiUit Tatii- Ai*xtt»drini: de- Leueippet ät Clitf
phontis amoribus libri otrto. Textum ad Ubrom
manaseripioruni ßdmt r^catuttit j ifUiaam ffanati. CnircJ
•versioneriii aötat VeUetat Ctaud. Salmaiiij .iaedilat Sraitc.
Guyeti, Gar.-Giä: GSiiHngäj C- B. Hatii et sutu adicat
FkjdemcusJ^CO»s; Phil, D-i Sereaisi, Duci GotL H
Allenb.- a eoiuiliü aidta't} Bi6liathei>me et Numopbjdacü Da-
eflis ßiMetor^ Grdinü' merüorum cipiL'- Coronae Bavarkiit
equti. Liptüte- m biHiapolio' Oykiano MDCCCXXI- !■
iHtg'. CXXVI et io34 pagg.-.( u fl.)
JCiUe wir an die, fieivtheiluug dieses wichligen Weikej geb,
fülilen, 'wir, QDS gedrungen, dem ,HfU'autgeber unsera Dank aii'
zustatten fiir die mannigfache Belehrung, die wir daraus sdiupf-
ten. Wie man es von dem Scharfsinn und der Gelehtsaoitcii 1
eines unserer er^en Kritiker vnraiu;«PHpn AnTtii-. <n erlulico I
wirklich 3ic Leier in diese
ßofiian verbessei;^, sondern ai
SchriftMellern,. besonders gri
und überhaupt durcUwanderl
Führers, ai:f zum Ttieil von
gnügcn die ganze klassische .
sichtskreis, ,a^ sich dem Pb
Grieclien, und wnebplicb di
AcknlMs Tatio» ex reb. ^btlbd.
«9
^futft,! »iä «es! auch Mfilfeit^*>^er^ ihnen >iFur Vefttfcielte)/ u»A L«Mr
lo8opiieti>"vrir]^di^ «st/ GvieoKensinti ^4ind Griedhetirede 1^ z» dte^
si^erb saber» der- Sptkfhforsdhär gl^icfi^Mn'- a]i%efodert ' wird^
iddft ttaafastab ider 'üU«^ Miisier <aiyi die^ Na«l»s^MM^#a «a^Je^en^
ttfid<lderiliaehi^ Dä^r^inhid«r {;luckUöhW£i^ lO-ittseH
^ bestimiben; ^da hWigeg«n*>'b)pi .Betrathtar^' dies ^Uen Sfmfdii-
'Staäikei -seKst 'Wenifi^ ^V-eraf^IaiMnj^j Ht , • iar^^^ diesb'^scliwädiHch^a
J^hsi>i[riifk(inge RIcbsftht; 'd^tCnehmfiiL Uttd si ilt:'es^ekfomawO|
^f»'fll0f8al<nasi«iii^'ile]aFste«h^tiy<, i>tftyHle,' Abresch^
unEdvEbkUbrung d«r 'Ckaiitodl,'' Arisrant^luü'. ' AlcipÜr«!«^
S>t»tiigiai,nXeiiopb>o» ▼(m^^h^stl&j •^C^i'U'» v; Al«ii;srn^
drvk n>, ibeniCiht watoenV'dtaddS iiiie^ P la iföKi'!iiold' Ati s-tot e4«^
manoljei'dfer . vovzuglia&stbi> 6e»ehic)itsi<chr^bl9^ /i'ufad ^ vorntthtnücli
BowrKeibaiigeii dei^ ernster biWisiseiilschafieD^ ihtis <rigemlichea Wie^
4devhbr8teUi9r>noch evwartetenf^ >• * ii ' : <
I w' rDas' anzuzeigende Werk'^imtut nnter^den ATbeHeii der geJ>
Domiten* Kritiker einen ^ehrenArt^llefi Platz' eiii. .<Dttl^h die' jß^rie«
cbische Anthologie^ m^ <dte sjtli Hr. Jitttfek^ah E'th Malier«*
«[«ettstu^^rtrorben hart^ ai^f die Neui^ivirbei-batiptv und Vornelim-
Ikli auf die.'aogeaannten 'Erotiker,>^^ührtl- vei^fste er fast bei
üeinenft' d«a Fleifs der:iHeiFaus^idrer 'sd* flebr aftsibei Achilles Ta<*
tius.i Seine Sammlniigeik i^ber diesen *6clirifts|eU er wuchsen 'Vkg*
iich' an) täglich^ füKli& er lebbsfter das. BedÜiffliifS' einer blassere*
Bearbeitung als die ^tumbltuarische:) dem- 'Vi^lbeschäftigtto (Srbget
driingeaev des Salmasiua ist^ oder die 'geistlose Sammelei det
dreisteft' Plagiarius^ Yenirebers ^imd Yenftummlers Boden^ oder
die ebenfalls' von ' dem gelehrten Bcsotger übereilt und ohne e»-
g^entlich wissenschaftliehe Abskhtia <lie Welt geschleuderte Zw et«
briidkcr Ausgabe. Endlich "stand der Gedmke fest, selber ans
Werk ktx gehn, und Hr. J. sahe'sich'i vob Hause aus torberei«
tec, > wie «r war, * nach aussen/ Hulfsmtttela um/ die -entweder
sc^echt^- oder noch 'golr nicht,' benutzt wärea. )£r verglich im
Museum seines Jugendfreundies F r i e d r. t o n ^ 8 c ii 1 i t h t e g^r^o l i
die, kauih aus Paris heint^ekeiirte, ehemals 'Von Boden, nach
seiner» «Ai^y' benutzte,- Mnnchener Membrane lius dem 46. Jahr^r.
kiiadeirt'^ die zugleich des .Ltbanius Dethmatiinis , Eustatbius
de 'My^meniae €unoribus , Uitfk9T die 5- ersien Bücher Ton Helio-^
AoKi».Aetki0pica, enthdlr^ ' und ' ineistentheils* n&it der pfälzischen
Handschitit ' ' überelnstimart y ' 'äach der G o tt m ei i n s erster Ab**
^Ac\:{ediUo prvMiepfJ dU Heidelberg *46oi in ft, gemaclik wurde.
DaMn verschaffte ilim Noh'ddn von dem' tlilen t vollen Lud wigf
Hwpcdenli der akh «mit ihm damals in London- bdfand^ :di«
70 iUitiU« Totivs tz.rec. JUbobf.
abweSdieDden h^itfxUm 4e» CoJ$s\Jlnf^kanUfj den Shlaiatiof
«iif allen Seiten feiner Ausgabe «nfiihrt, und der jtol im briui-
•eben Museum «nfbelfirahrt wird* Hiipe4en coUattoDirte mit
demselben^ nickts venckmihenden , Fleisse^ den wir neolicli to
JJrm Paulsseui. dem VergleickiSr des pftlziscben Codex der An-
thologie ^ bewunderten. Noch mehr: er fugte hite und da deo
excerpirten Lesarten sein Urtheil Jiei, eonjecturirte, schrieb mit
£tnem Wort eine Abfeindlang-^comioente/ilriffeuiiam^ über das
Ifanttscripti und äberUefs Alles Mneigennutzig dein Hrn. J. Diese
Handschrift, ein Foliant, im i6»riJMtrh* auf Papier geschrieben)
enthalt| ausser unsereol AehiUeS'^ , den to^fain erwähnten Romau
des EustatbittSi un4 einen Theil.von des £ustathius von Actio-
phia Hezaemerpn., Der Schreiber.bat altem Ansehe nach dasselbe
Original vor sich gehabt» welches des ron Commelin benutiteo
Heidelberger und der Monchener Handscjirift zum Grunde liegt;
ausgezeichnet aber. isCr! diese Kopie duaeb Randnoten, welche die
varütoi Uctionii eine^ römischen und eines Florentiner Maoa-
Scripts, und auf den äussersten Rändern hier und da in kauoi
leserlicher Schrift iemmtUa oder^JccutmarM, auch Parallelstelleo
aus Demosthenes, Martial n. a. m., enthalten; die Lesarten ^ wie
Salmastus in der Vcwrede schreibt,^ von Heinrich Ettenne^s, und
das Andere von* des Casaubomss, Hand. Eine genaue Collation
des vormals Thuaniscben (code^, den Salmasius auch kantite, bei
«eiiier Ausgabe jedoch nicht gdiraucht hat, erhielt der Heraiu-
geber von der Leiptiger Universitätsbibliothek in einem, früher
Hrn. Schaf er «niedrigen, Exemplar der Commelinischen Aus-
gabe, dem sie beigeschrieben ist, und erkennt darin eins der
Khätzbarsten HiiUsmittel zur Verbesserung seines Autors. Bo-
den hatte auch dieses Buch, und. sähe sowohl die Lesarten, als
die, gleichfalls auf die Ränder geschriebenen, meist freüicb vre-
nigcr erheblichen, Bemerkungen dnes Auonjmus, als eine
praeda Mjsorum an. Ausserdem erhielt Hr. J. von Karl
\Villi. Göttling, Direktor der Schule zti Neuwied, und durch
Animadversiones in Callimachi epigrammata et
Achillem Tatium, Jen. aSü, ruhmlich bekannt, den Ap-
parat desselben zu einer .Ausgabe dieses Erotikers, deren Besor-
gung jetzt Hr. G5ttling unserem Kritiker gern uberliefs. Mit
gleicher Gefälligkeit verschafile Franz de Furia, Anfseher der
Laurentino -Mediceischen Bibliothek, eine getreue Abschrift des
Florentiner codex, der auf Baumwoilenpapier, wahrscheinlich
im i3ten Jahrhundert, mit sehr kleiner Schrift, in quartabDlicbem
Oktav (ein Zeichen alter Zeit) geschrieben ist, und nutten uoter
frommen, oder doch ganz unanstossigen, Scripturen Aesops Fa-
beln» und ausserdem Longus, Tatius, den Ephesier J^enopbon,
und C!hariton, gleichsam versteckt. vor den Augen derPriorc und
\
Achilles Tuius ex rec. Jacobs. 71
Gttardianey enthilt. Bekamitlicb ging aiis dieser Schatzkammer
iet Erotiker zuerst Xenophon von Ephesos hervor, dann Cha*
riton, und zu unserer Zeit, ausser den Ssopischen Fabeln, das
Bekannte, von Courier aufgefundene, Fragment des Longus,
das in Deutschland diese Jahrbücher fSto, Heft X« 6. loo ff,
bekannt machten, ans welchem es durch Ausgaben und Dolmet-
schuftgen weiter veri)reitet ward. Dieses vortre£9iche Mauuscript
hat durch Zeit und Menschen sehr gelitten* Namentlich sind,
wie man weifs, Charitons erste Blätter lückenhaft, und von Ta*
titts fehlen die 4 letzten Bucher ganz, nebst einem Theil des
irierteti, die vordem aber sind stellenweis verstümmelt und ver-
derbt. Im alten Zustande läfst es nichts xu wünschen übrig,
und Hr. J. schlichtete durch dasselbe öfters den Streit der übri-
gen Manuscripte. Ferner sandte Franz Bentivoglio eine
sorgfiilttge Vergleichung der Mailänder Handschrift (Bibl. Am«
fcros. G, 4B^f die meist mit der Thuanischen übereinstimmt,
mber vom 9. Gap. des 7. Buchs an nur zerrissene Blätter bietet.
Im Vatikan zu Rom fand der preussische Legationssekretär Bun-
aen 5 Handschriften, die älteste (Bibl. Tatic. Nr. CXIV.)
auf Baumwollenpapier, klein und mit zahlreichen Abkürzungen,
im 12. oder i3. Jahrhundert, geschrieben, und höchst wahr-
scheinlich das Original* des papiemen codex ( Nr. CX. ) , der ehe«
mals der schwedischen Königin Christina zugehörte. Mit beiden
stimmten 2 andere auf Papier (Nr. MCCCL. und MCCCLVIII.)
fast gänzlich überein , und der fünfte (Nr. MCCCXLIX.) , eine
kchöngeschriebene Membrane, wich wenig von der ehemals Pfal-
zischen, der Coftimelin folgt, und der Münchener ab. Daher
begnügte sich unser' Herausgeber mit einer Vergleichung von
Nr: CXiy., und mit Excerpten aus der Membrane an veräerbten
Stellen, z. B. am Ende des 4* Buchs, wo der Krokodil beschrie-
ben wird, und am Ende des achten in der Beschreibung der
Panpfcife; welches beides der gelehrte HieronjmusAdoatt
für ihii besorgte. Die Untersuchung und Durchsicht der 3 Pa-
riser Handschriften ward von den Hrn. Hase, Osann und
Möller übernommen. Zwei dieser Handschriften (Nr. 2895«
und 29q3.)9 ?us dem i5. und i6. Jahrhundert, enthalten jedoch
kaum 7 Blätter aus des Tatius erstem Buche. Der dritte '(Nr*
agiS.)^ worin," wie in Nr. 2895. und in zwei vatikanischeu, auch
Longus befindlich ist (des Eustathiüs nicht zu gedenken), enthält
Tatius ganz, und kommt im Texte meist mit der Münchener
Hdndschiift und dem codex Anglic'anus, in einigen Lesarten
auch mit der «rstcn Ausgabe t überein; die am Rande bemerk-
ten Varianten aber finden sich meist in der vornehmsten Hand-
schrift des Vatikans und in der teailändischen. Von Heinrich,
Professor der alten Litterätttr in Bonn, bekiam Hr.J. eine Ab-
/
1
i
'}% Achilles Tatios ex;[r^c. i^cöbs.
%c\ii\lt von Lesarten^ «i»£s gateo co4ek, die- ip d<r .Htoi^rgl)'
scholl Rütlisbibliotbek. aufbewahrt .werde« ^ und lyorin \aet uud
da auch Varianten ^ines,« ebenfalls nicht, naher bezeichneten, Ma-
uuscripts angemerkt «ind, das mit den italienischen .übereiniustiai-
mcn pflegt. WaJiischeinliph excerpirte. dle^e, Le^irleu iFr'i ed-
rich Liudcnbrogi \iud bis zum ^^.ß^^hc genav^y. paqhhcr
viel nachlässiger. £ln^ von 'BoisjSOQ<ia4Q ü})er$andte . Verglei-
ch ung der «rsten ^ehn Capitel unseres ftoq\ans in eiBrer Hand-
schrib der St. Markasbibiiothek zu yeMc4ig C^*"- CCCCTX.)
überzeugte Hrn. J» von der Ueberein^immpog diesem Ms. mit
dem Münclicner. und (tpfzt des britiii^cheu ]\Iu^ums.. Audi ¥oa
den Lesarten einer, andern Ilaudsphriff . jeQ,e.iv 3aa>U3luq^9 .«in S.
(Nr. DCVIL), ül^rsandic Osaimi einige Projjen, Endlich er-»
hielt unser Bearbeiter. y.OA, F. A. Wolf gewisse, . lateini$o!i ge-
^hricbenei Bemerkungen, ^i^, dieser Iflzterei.von Chardpii de
la Roc/helte unter Fnauz Guyets, JJ^^aippn bekomnjen haue,
und worin sich in ,def Tha^ einige Conj^e^ureu « beEiidLep , dlt
des genialen Hype^rkriiil^ers würdig , stndl.
Soviel von dem hundschriftlichen Apparat des. Hrq. J. Wir
waren . hierüber weitläuftiger zi^ ,liclehrun^..so manches Jüpgern,
der, wenn er kaum. Eine, Öfters gar^.mittelmässige, Membrane
ausgespürt h^t, sporen Streichs zum yerl^ger. eilt, damit die ge-
lehrte Weit ja nicht lauge, auf- den herrlichen .Fund zu warteu
habe. . • 1 ' : *' •. ^ *
Ausser den bekannten Ausgabea .verglich Hr» iJ« auch die
alten Debersetzuugen, b^soud^is die latemiscbe des , gelehrten
mailä^()ischen Senatssekreifärs. Della Cro<^e .^Crucejus.), dei^
^^^ Jahre alt,/ iSjj an^ ^r Pest starb j ] djq, daraus . vor X* u d.
XXolce (Dulcis) für. die? i italienische Lcfewelt gemachte Pol^
metsclmng, die zuerst in Venedig i546,..^sph^eQ^ und eii^e .zweiM:
lateinische des Angelo C^occji (zuersJt ^tjeijfj^ i55o gedr;uc)a),
wobei, wie bei der Apbeij; d.es.P ?M^ .C'>^9ce) ein ^ Handschrift
zum Gründe liegt. .. AucjK spätere Afb^iteqj dieser Arli i^n neu-
eirii Sprache^ zog eif zu ^atii.,'^ui;id^vfi:^ä\ptf. überhaupt nipli^s,
was zur . VervolTkommn)tfig^ der^eah^ichtetea Ausgabe dienen
Icönnte.
der Hiilfsmittel, die beinal^Q das ganze. gebiUiete Europa bei-*
steuerte, schliessen kann. D^^, T^yt gründet; sich auf die be-
\vährtesten alten Bücher ,| die Hr. J.so^är bei oiFenbarcq^Feh-
lern gelten verläfst. üagegpn sind in den ausführlichen Noten
theils die Belege der m&wählten Lesarten, pftep jn zu reicher
Fidle, niedergelegt, theirSjVorbj^s^^flgfvoifsql^^^^ gemacht, wo-
i
AdtfUes Tatiu» 0^teä. laeoH ^%
'ion «luiger'adigens&IfleiDlipH än^ Zrel'^tv^ffeif', iäti*l^iW Dicht -gatot
«nwafarso^etnlich stad/aUe aber Z^ügnifs; voii deitt Geist -uiid' <klr
•Sprariabkuiide üires - Urhebers .^«beia. .Da also^^em a^oxtin^rint-"
sehen Rhctor, einem nicht unglückliclien Nacheiferer- H^Hbdors
(m. s. Wjttenbach .Bibl. crit.i^»lL* p;44:)> dieser^neue glän-
Äepde Sttern^tufgVgangen ist,, sö ^wöU-en auch •'^ir, jiicK« ''feiern;
' viejm^hr ,• «jiacb des. würdigem' ilerausg^ebers Beispiele, btemubet
-seyHf Hutikles.zu erhellen, Veid^pbtes bcrzustelWn; . Des Meu**
•sdbeü Kraft« isf endlich,, die Knäst aber unendiich: ''Die Wahx^
J^eil) dtese&:.:S«tzesi'beiA'äfart^siob- auch; dem* anspmcnlosbn Alter»^
thum^forscher^ . dcD oftörs^ trotz •:deF^eifri^sten Bestrebtingen,' nicht
>ans Ziel. . dringen -kann. Daher ftirehten wir am wenigetea . von
•Hrn. J. Selber mifsV'eFStande^ ta werde»'," wenn' wir;' 'bald ihili
j(olgej>d, batld -.eigenen- Weg spchend, :.'das Yöd ' iiim 'Si>; schönt
^Qrtg«fiUirte Werk 2a vollenden suöhem * ' -- .; ' .-',•'
' i 1 Au« deri Pr.ol-ego/meuis erwähnen wir allein- nofch die,-
«i^entlich yon Ga&aubonus kerstamnf^nde^ 'Idee» von) den ver*<*
schied enonjBjearbeitungeb und Ausgaben älter Schriften durch
jäie Verfasser^ sel»bsty. wie dies/ der ^Dramatiker zu geschwei^n^^
■von "iK eichen: man i](a(rx€c)a^>^' und >£«i^^a'4C£C/a^/V' eigentlich sagt,
jvoo Apolloaius iRbbdiüs, TertuUfan,"und aus Pbotius v»n> £a-^
jippius und Zosiknus , bekannt» isti^M. s. Caleni C.oimmen-f
tar» in Hipp^ocr.^ d^isalub^ «itia^ta^ Oppi-T.; V* p. 38.
A'i- QasiL'^ •afid'*vorgl/-Hci'nrtcfb8 D'iatribe dd^diasceua-^
«tis Hömerioisf KilOn. iBo^r*)*- Sälmasius erklärte' hieraus-
4Ü9 oEt sebir abweichenden Lesarten im^TaUus; Boden fafste äfiisqh
^bse .^«inutag stuf, -vorbildete Und 'übertrieb sie, • nicht ofine Zu-
«i^immung .gewisser) Kubstricbter (^tou i, Zi\ B. HarLesEabric?.
fiiblt> gr.i TJ VIU. ip-. i3i. not;<<u»'U/)', und Marjeiand, di-
va,e Gritickeideltciae, ^wandte sie auf Maximul Ty^ri4is^
der bfedäditige' Fischer (neuHoh von^-F. A. Bornemaun wi-
derlegt) auf . Xenoptions ICjropadie'an,, u. s. w. Hr« J« teigC
die MifsUehkoit 'dieser Annahme ohne^historische ^eiignisse^ und
Stimmt Hrn. Born e m a n n darin bei \ . dafs ^ je . mehr Äbfichriftea
eine» .Buchs gemadit worden, , desto grosser die Zahl der Ab-
weichungen «ey;> häufiger als andere aber* wurden theils. Bücher
für <len Unterricht abgeschrieben, theils Unterhaltungsschriften,
bei welchen die Fafslichkeit der Gegenstände und die Leichtig-'
keit des. Stils den Abschreiber verleiten konntiC, nachlässig zu
se.jn, und, als komme hier wenig darauf an, ein Wort für das
sgddere zui setzen. Wir verweisen die Leser wegen des Nähe-
i en/dieser lehrreichen Untersuchung auf den Verfasser selbst,
und eilen weite/.
Im ersten der Testimohia Veterum, einem Epigra^un*
des Photius' (Aut.hoL Palat. VSL. ur. 2o3. T. II, p, 68. )|
I
I
74 Achilles T«t!i4 « rec Jacob«.
Vcn I. Kbreibm wir tnr BtrstellaDg det M«tniBU öAJUl «ü-
ffev* ft^ jS/ay (lieber die»n «cv in G^eDsSlun lelie nun
ScbSfera JUeUt. erU. j,. 4a3. J Veri 3: biJA diese Wort-
VCTMUUDg :
Seite i, *o B. ürächea wir in den Worten X)%enryo$
W avwy»»' T^** Möv TW V'^/'*''« ^"* iwcite %mi~, und interpun-
^ren (ein v. Hrn. J. PrM^aT. ZCf/, f. in der Note in glricb-
riltifcbehindellerGegeDitond) hinter iyiy^. und Kcxvtfiuc: dena
die Haupthtndlnog wird betcichnot dünn die Worte Ö;^. rtQ
tyivf' ÖM- TTjV 0, rSi p Atumnlung i>t ilii. — Ke«v^. Asyn-
deliach irrbundeneParticipia üad gew&hnlicli nnd autdrucksvoll:
n. •, nur Uatthiä't gr^J^re griecli. Gramm. S. 6iS. xt, Boß.
S. 5, 8- vermiuen wir niobt IL»! *or 'Al^fo(. Das Asjadetoa
wiHit beton den in Besebretbungen , wo sonit, bei to vielem
Coeltitentea , d« Verbindeu kein Ende se^ w6rde, und Ta-
tiui, wie alle Lebhafucbreibendeti , liebt diese Htdefi^r. So ist
■neb S. 3o, i3. r<if nnnOthif. M. vergl, Jacobs selbst zu S.
J3, ID., wo er mit gutem Gmode der EoreDtiDiscben Hand-
■ebrift folgt, welche Si auslä^, und volJenda in Hticksicbt aof
leidcnichafilichB Stellen deoiclben zu S. t49, 33. u.s.w. S.5,8.
I^jlrt nur ein Kolon ror Ai urir^M etc.: denn dieses ist ein«
Epesegetii der Worte ' AA^it '~~ mvfutric, wie Taiius sie gleicb-
fällt liebt, Hr J., der sich fifters dem Conjectnriren zu sehr bin-
giebt'), will tä wirf»! rtjt äytjt (für rijt y^e) Irefßäßhi-
/LivM, ru/tet untUt immnuHttt, Wsrum das? So hatte ja der
Autor hier und in den Warten, luii n^i rat xirpat Xüofttw
(Ki>a) sie To^c o^s^f. bebahe dasselbe Bild. Kichlig Cru-
cejus: Seapiili e terra projtcti. S. 5, aS. tud iyh/ert reC
ti'/ueTve xärDST^i' h x""""^ ^'- ^- erklärt Dies durch jene
Worte in der Schilderung der Venus bei Apulejas Metatn io.
9. -^38. C Q^o"* ^tii^tm laeütüun eurivulus venlur tatit oman-
ttr Kttne lasewiens rtflaiatt lU dimatd paterat ßot aetatulae,
nunc hueurtans ad^iraiiU ut) prettide adhatren* manirorum
miuptaltm grtfkie» iKiniartt, tiud Mihreiit Imiaret, wo wir,
*) Vethaitol&mHfils weal^ m ;nni.
Jen slnil so glücklich alt S, ; für
lövrtc, S. 44i "3. «r/Vp ', 7.
«/va^cvfav. für eiVaj /tfvfäv 137,
39, nnd J'^foxe Für iei{^% 174,
S4( 186, IB. Das krititche mit
> Caiit uml OeleknamlKlt nieii
Achilki Taftittf ex ni^ Atf>db5^ ;5
den Scbrifttügoa und dem Gebnufclit moh, ddiniarH torztelieii
Hod auaserdeiti y ntch Erwägung dies von Oadendorp über
den hteinischen Erotiker , nnd von J, B*W^ 4* erimiertcn^ vo-*
tabdiiatem, by^orjjretj für passender halten als 'voluptaiem. Bald
darauf schreibt richtig GöitHiig^ im/ ^v^ o^rs^ o ai^s/Xog (för
Oi/r. oy.) Tvij ^'yfou()ot/9 welcites auch, dem Herausgeber gcftillt«
Wozu also die Conjectur m. ^v ovfW o Ä/. r. ^.? S. 6, 96.
billi|^en ff^ir mit Hrn, J. i^x^titu S. 7, 34« n^p/Jei7tf oli/ oj'ä-
3'op(<>y & TOt) iBtfueroCf ist freilich schlecht gesagt. Vielleicht
a» roi; If/y^uttToc, welche Wörter oft veirwechselt werden: m*
0« AnthoL Falat. Tom. IIL p» 36gi ^typ» hat allgemeinere Be*
deutungen, ,als die Wörteiliucher «ngeben. Auch <&sa/iaroc
wäre besser, wie Heliodor 5,219 P* *o4« sagtt (ivifXot/cifv > t/ri
T^^ o^vf/SA/C TftXXo^t^l/o^. Häufig sind hier i^^«» Sdct/xotf i^iarpov
(S, aa, a3.), S* la, i6. Tvä y///ia7 'irft7Xo^;K€ysc* Gewifs ver-
derbt, Hr. J. wagt Dies : oTee. dfyi^ ir. Weniger gewaltsam
wäre f. ynfp^ K.j damit ich in Skhtverei ergraue. Bafs p, und
p öfters in den Handschriften mit einander vertauscht werden,
zeigt unter andern Schäfer Meiet^ erii» S. ii». M* vergL
Jacobs selbst jinthoL Palat. T. IIL p. 34%. Solon:
r^pourxa; JWc/ leoKkjk SiSaaxopevog.
D9gegeB seheint S. la^ aB* j^cii' Anstofs tu sejn:- Atryi
scffic&y; ^et^ ist so viel als A. Ijf ri&y ytnwmbv ijSovii M uantbu
rK i\ioVfim S» i4, i7* verstehen ynt da^ftAvH^v von der Un-
schicklichkeit, welche Klitophon beging, da er so viel vom
Frauenliebe in Gegenwart eines Menschen redete, ' der diese
Jiiebe verschmäh», und sich eben so hefkig gegen M erklärt hat«
^ i5, a^. (ov% o?S» ya^iya rag oMg»)\ hat j^cj keineswegs
das Ansehen eines Glossems. Der Sehreiber zu Florens konnte
CS wohl für überflüssig halten, und daher wegkissen; aber es,
steht nachdrücklich für iytoy$ (im Gegensatz des kundigen K^-
snas), wie & 54f 5. und öfter. S. 16, ag. that Herr J. recht,
csMtlf einzuklammern, als Erklärung. Ebenda Zeile a5« bedeu-
te ifii»g TTpocspx^^^^^ '^^^ ^^'^ Mädchen auf eine ihm «nge-
ncihme, iein Geffihl nicht beleidigende, Art nähern. Fünf tei-
len weiter ist schwerlich etwas ausgefallen,' sondern mit den
Worten roXkantg ii fängt der Nachsatz an. S. 17, 5. ist frei-
lich iav ik pAXActXfüre^cy ^Stf deki)g ausser dem Zusammenhange,
und Hrn J's. i ik p, tj. da^ixil triffit den Sinn. Aber wirk-
lith so schreiben soll man? Das ' ist zu viel verlangt. Da 3
Handschriften Aikg haben » eine Aiksif so lesen v^ir i* ii* p^
ijtii dAeX^f wenn sie schon sanfter nicht will, wenn sie sich
sch<m williger sträubt. S. 19 ^ «a. hilft die veränderte Inter*
pitnktion deih Sinne nieht auf| und wir vermuthen ToTg pkv
YOf iMAii t^v dx^avovrtfw mV (iur xdv) tx^^ ribv yvwfi^*
75 ApUlttf. TittJuSdezumci Ja4bhs>
fiaftPU imffti^^foi ii.,i*> w.d »litä 4tndehi ^IWdtea-' bleibt jede
Spiir der. G^sictitsxuge^ undM verliert eioen auch das^Bl&heode (liie
Fache,) 'de& Gesichfs*, so bewahrt! or 4och tdie Fodm^«« & 30,
1^. iüfif Tp«/<()?.'y4 Die Bdoher kabciic ^-tjad^^i^t XP^'f"^X^^i'"^
Hm« J. gelallt., r/vAn/^ Hxi*' i^rjr^i' ftfim r» S, r.;; allebt isa ^pr.-
<r^oci Tft^r- vf « ,Tji i(opw,yf9r feei.4e» Pierde auch dorTaä, ja
wohl Dpcl^ mi^r) »weil der.JK-Q^be es sicj^ gewünscht. Intie, (M.
s. S. 11^, ao — r.2$. ) : tAls9l lesen wir, Xf"!^ fi''^ ^ ^* ^«J
£mi %pY)90V ^cj^oy ivar ,/dir«4>'aA)/» das if wilde. -f^d; aber ein
a;^^?;«^«^) iein unnM^zes-, sobäjliobe^- A&ei ^5.'<2.i) .*u batte für
die Bedeutung/ voix- Kefhe.|. die ';^pi( zA^reilisn bbt, .besonders
Ari$topbane$, .Frjspbe. V* .<55,5., ( fli*]^ «-«Tafflog /mor '^eito^s
Toic X^P^^ ^^ 7rfeffdla44 Üe ^Vorderreiben der - Zähne ,') an-
geführt werden, fcdonien. S^-gl^ 9« ff... sin^.; »wahrscbeiiiUah die
Worte yjv q^ch JfpSovt -ui^ r^ 4>^X^y. . ^nsfu/ioAut/ iiacK'r»]/
irsvdkün/ iricnr^^nmi Glos^em^^'.und jTatiiw schrieb; -Tro ii
ToTc nhviv^ ivlov r^ tuv h^i^ijtäV'. v^v^yop^c ^tidoü^^* o/xXäJo/
cwitiiTTO^ cti\^o/f. clXhcAät!a^v .0/ y*fro*«€$V' rwv VBraktnv
frepifrXoxl^^'Tiß'V MoniTTWiA «/^\oj{^'. .mJE^^XA-oi» »ftif iS^aJAcv, wie.
8, «4» Snrovro 6i ecvra? UMiroTtiif voki-'7t^ii3^g';piHhwVy und,
üb^aupA ist diesse. el^gan^e R^dj^rt, im Grieqhil^cvi,. und- La-
teinischen, häufig genugi • welfil^ .gl^chwohlf /eijQl Abselireiber
verkennend i/^flsMov auf H\iS$^ h^^uigd ^^4 i° <^a vorhergeben-
den SatA ^K^ eifif cbob. JJsfiir^i^rjt^j, c^ßi'^XoHtji^r/ii^ch. Jkher Art
gescbrieb^, ^g leiqht über ' in «'•^/^o W 9 ^tOt^Ti|lpx«c/.i.
S.^2!i%y «U ««/ <sT/<rra^«..(&«/;ij€) 3^^ täJ^ .i|fl5r'«rür^i Man
liest auch.jtarV'Croy» bei4es unv.^^täAdlich, wie Hr«J«bemerk^
der seine frühere. xConiectur«^. ( pi* : s. .^/7^i^2.« ßd Pqrfon. Adv.
ju3o6^ ); Hot^a^vriov an filrimnierung bringt. Wir mtlthmaüsea
HOLT. aurifp,i\, Auf > das. Ges^br^i' des Pfaues- war Lenkippe za
ihm heringeti^eteffi um sein* G^sfie^er^ das ert^pach deir Gewobn«
bei( diesea Thiefes .xugleith ausbreitete, zu .betrachl^en« - S* »h
2^.. So richtig aüderwärtS:' oA^d 0^' steht, so ist es u0» doch
bier .verdächtig! tbeils^ weil sogleich- wieder ydp. fplgl, theils
und vorDehmlicb deshalb , woj dffr . Sßt^ pikk* iu y^ i^tKk
va wenig. Zusamqi^nh^ng «üt: seiner i(Jmgfsbudg h^v\»D«$tbut
ipdels deü.iV^ogel ^cbt oKa^- Kunst (Absicht J-^ «^7 .sond^o er
ist .verlifbc.« jAa. Gon^m'^lin, der J\tilnchener cocfis and der
Anglicanus itfiiu eTne^ytty^^et^. halben y'.^ schreib^ ^iv : . rcta'
a}X (iati :ydp i^tiKoc). QTocy. «rw» , A^AjJ. ttJv :.e^;eiwfi/ etc.
Solche Parenthesen sind et^as . Ge^wähnliehes; ia»/vexgU dojU;
•63, «4? ^7»' 4 5 76,. 33; ' ichi^ 27»; io5, 4^ .wo die Wiorte
irvxpv -*9 ^!ii|i)Y'a^^> einzuscbli^seti. . ^nd , ' wie bei ^Ctncejnsj
io6| i5. -Ebenso schreiben w,ir S,, ^'6^^ 25.:^*0^> ir^ ipfj^
^i mijMi TTVHi&it. itäXfihv yi^ftivtoBf-yi/Mvreir^tti &JiNSh9^(yAbirö
. :Crtj»cej!uii.'idi^e. Stelle faTst^ da btog^gen in :d^ Au^aben mit
r^no/ro', eyii^oeuerSatÄ Ani j>g;** «/M»;-.VÄrgU S. c63,:'3 die Worte
ifiäS^ov . -y dfi ' ~ . itecteiTtBiy i S.- i €4 j* uatira , •. wo so - au sBchrcib ea
ist : Koä {SfVi i yÄp -f^ » Is^ov ) hcrpixsi • etc* -j S. 1 84» 2:2 , -wo Hr.
J« settst die' .PaiC^tibese bemerkt y' uusi w..iS«'!^2,'"flgi. helfen war
Jblofs.^wit -eirieai. Komma .hiitter.ir/&/itvtT(x2. vdie Worte heiftfvtt
'9rr€f|f>v •schliefeeä sich' a&Jadeii^h^an.•Ta xctAXo^vr als Epcocegesisi
'firj Hou.Sfh'^f irfJotf -oi/r^j' «fXxt/ffcv* Fereor ut haee sineera
<ri>>itj^ sagt Hr« J. .mit Yo|lem..Reclilt>' 'W^^i^^^^^inlicli -ist .S^/t^
ein Gloss(em, welches -das -k^ck« fä^. erkläsen und mildem Wlte.
XJebvigens dolmetscht • C r u 0 ^ J4i s • sichtig' si modo- : pideht. S; a 3y
'fl6. ist allerdings «die Lesart .d«ft/ itfa/r^. ^ngLj, Fut» u. s. w,
zusammenkängender. AucK datia stimmen- vxirdetü Herausgeber
bei 9 dafs die voreiligen ScHufsw^te diese» Buchls <9iul fitra
jiiK^ov ete» von fremdet Hand sind , ^it Rüekaicbt -auf die An*
üangsw orte des 9. Kap« ima-. Buche» So . entdeckt Hm« J's.
Scharfsinn öfter Glos^emei«. z. B. '3^,.i8>und a. a. O. S* 26,
(26, H0ci r^e •iof^T^ Sirjyoivttnd ^ura^Jf» 'ffJt^w^ 'folvüu ovx shcc[
arors ir«p' cq^/>A)TO/(.» ^Trto /ir»fMvToTg4vlit^'J*'wiüir^ oxttu
nt»^ oL^iroXiX. mhU vinißUsse ^upud reliquos homintsviUo tempore^
qua nondum apt^d Tyrios essßt vinum. Allein 'wena der A¥eia
auch bei den Tjriern selber -nicht bekannt y^w^y wie kann es
dann in demselben Satze heifsen oiMa roirouc\ (toie i»^Pq) /uiv
'A^TCOLVfTOiQ äicolTiWQ BiVM Tt/p(pop ,dvä^(^4itivl Einige Msüs.« haben
piicoo TTccf^. cfaiToTc » andere ircts fuj iroo T«p ' .etvT0^4 «Beides ' ist
.Glossem y das wahrscheinlich daher, .entstand, >:dafs Jemand 0^
durch qivctf oder ^ijTr^ erklärtie,. . i S» 3.7 y" 5.. stimmt: Hm J's.
^jitTriKoisv .£m dviä'^dTCCop nicht zum Folgenden r^V ik ic^uyn\v
* ;r«p' »vToTg ifnivou tüv ofvwv /tijfr^f«» S,: 27, <8. .Kai* r^'rov
ivrecvä^ct top fJiiidw yeydff^oa, ^xrifja. * . ocüp ATrixoj/ eJttKi SoKsür»
Wir l^sen: K. r. ivTo^v3'(ii TQU {A* h. T^vo^y jLi,'y. jr^, ic Äv.
^Aß fi. i' Concis gesagt für ,r«£/j fxidou^ %Q roioi^oQ iw/a/:, icg &u
jßic. ; >yon.ibmsa)l dort 0 in Mythus, ausgegangej) 8eiB>(so be*
schaffen, so schön), dafs man ihufüi: einjen. attisiihen halten
jnöcj^te. « Ae.hnliches las pd^p. dachte doch GvüAcejus: gui
fabutaß auctor /uerit ß ab AtticasßnOi hon di^simiUs* Das v-or
sein Nomen geßetzJte r^t/ darf Niemanden irren: »«vW^l. hier
S.i^i, 14) Jacobs zu^S.. i53, 6, Schneider unter To^i
S. 27. i4* hätten wir v,od nicht .eingegittert. : Dergleichen, dac
überHüftsig scheint , lassen Abschreiber gern aus» sUeber den
Luxus , dcA die Griechen mit der Partikel noil . treiben , s. m»
Schäfer^ MtUt. crit, S» ia, 'an4 den vto ihm citirteo Dor-
7»
Jukaikk Tftlius ^ ree. fautohßt
/
irille mi ChutU. S« So8. cicr Amtterd* Ausgabe. Dagegen ist
Hrn. V%^ uod des Kunstrichters io der BihLphäol. T. J. p, 496*
EmendatioD *0 ftht wv clvog otrrwe etc; wabrselieinltch. Ofvoc
0ag voo dem iholichen oi^»( verdunkelt sein. S. a8, 9. A/o-
uv^oc T8 hfTBTixMrat rcjv ßorfitcv ist nicht4iriechisch. Man
schreibe htrst.^ er erhob sich in erhobener Arbeit aus dea
Trauben. Eine Priposition scheint nicht ausgefallen« In der
Note ZU' Zeile 99, S« 5oo* rügt Hr. J. mit Recht itccfCL üov,
hri^ cWj hxo ffov, vf>oc Ois« Ir/tfa« fehlerhafte Schreibarten , die
jezt häufig in den Ausgaben heromspuken. S. 28, 33. fii^ P^Xf*
rcjy o^i^tfX^cöv fiovw xei^ljof* Allerdings bleibt fLovov besser
weg, wie in den Handschriften. Mehr als 3 auf denselbea
Buchstab, besonders auf v oder v, ausgehende Wörter hinterein-
ander sind selten bei sorgsamen Schriftstellern. S. 99, 29. vft#,
ToXfMip^f wtr^ifxo^ tfrfart^v; vermuthlich %hI^ r.f etc. »jsogar
gegen mich?c %o^l und sasu sind auch anderswo verwechselt:
m« s. den Index vwt Antholog, Palat, Cocei's a/n tefnerarie
bcWeist wenig für eine ähnliche Interjectiooj und fj^^ rokfu^
entfernt sich vrcker von den Schriftzügen« S. So, 4- Kfti
£)%f>i«ffa r£ /Sb^y ^vtjmisr cfr' i!^vtx^^v. Ti steht ungewöhn-
lich ^ und ist, wenn Tatios so schrieb, durch ein Anakoluthoa
zu erklaren, so da^ man annimmt, der Verfasser habe eigentlich
ueü ifow* im Sinne gehabt. Doch sind wir geneigt, A^piaffi
ri vorzuziehen. S» 3b , a5. xoi ttfUL va^^yeif Kay^wret fiofjih
IfifiOLTOL * iiioLX'^'^'^^^ y^ «^v vTo Tivoc ctc. Man sbhreibe
beidemal »iril und itr^ec^a mit dem codes jingLj uiid vergl.
über diese Eigenheit der griechischen Rede Matthiä*s Gramm.
S. 769. Uuicesv «yop a'Mip etc, wurde heilsen: »denn Klio
könne selbst ihren Schmerz heilen c u, s. w.. S. 3a, l3. '^vdt
rh ;t;^rXoc ij %o^' irhoua» xpwddiyeu* Vielleicht ist die Stelle
unverderbt. Man braucht nur Kecra bei ro %e/lo( zu verstehen.
& 3a, ao. ^XAfiL^fBiv mag selten oder nirgend anderswo für
iUfctwivou stehen , dennoch mufs es hier s6 gebraucht sejn|
und 9Vfjü^u^»Q {rhy e?voi)) ist nichts weiter als eine Variation
des obigen x^f^^a^tfvo^» M. s. von dieser studirten Beredsam-
keit J. selbst 38, aj, S. 538, Die Conjectur avpt^vi^va^
giebt einen guten Sinn, ist jedoch unnöthig. S. 33, a 6. Schwer-
lich fehlt hier etwas. Des Crucejus ei hos, quae res nfehe*
mentius etiam ütwn nngehat , ebduci, welchem Aehnliches Cocci
hat, ist offenbares Mifsverstäddnifs der Worte y %ütl pMikov
hrelyer^ ^wcc^otysTv ijfiaiCf da sich von diesem keine Dolmetschung
weder bei dem einen noch bei dem andern findet, S. 34, 3a.
KeJ Tora T^y eixopct rijc TTOfifvpÄ^ iliStmtero. »Da lernte er
das Bild (das Farbenbild, die Farbe selbst,) des Purpurs kca-
Achilles Tatim ex rect lafiobi, 79
nen.« Aebnlicli S* 57, to. (fiX^jtiaroc e/x&v. Auch Her ändera
wir nicht. S. 37, i3. 'Ayo^aXA^/i; (n actirer Bedeutung ist
nicht klassisch: daher schreiben auch wir, nach den 3 Mss.
ikeJf ftiv dyctS^aXkei. . Das asjndedsche %ftrp/oy kphv iv ' tcps^
ßokff ist gut, aber wohl unnöthig* S. 38, aa. ist allerdings
Berglers itotirc drrercti recht. Der Schlufs des 16. Kapitels
und der Anfang des folgenden setzt, v/ie^ Herr J. bemerkt , die
Sache ausser Zweifel. S. 43), 1. schreibe man nur ein Kolon hinter
fovÄTürfipov, da das Folgende 0 Sk — ^pß^'^fieti den Nachsatt
bildet. S.46, a5» J'O^fAoi/ ifKivag h hvA.vrt^* o^ekov ivudsQ
icokifAW vofiff rr^v vß(Jiy • ctpsKov üb mv öf^j vm^aag ißpiffsv*
Die letzten sechs Worte klingen ganz wie ein Glossem. Uebr
rigens wtifden wir in einem Prosaiker u^fXov Vorziehen. S. 48,
8. "EXfiyg Si K»l avTof in jtoivtevhg yevi^irerdci rijc avoSrjfiLiac»
Man bemerke das wirksam nachgestellte 2t/. S. 49, 9. Kotl '
ieiHsv hrl ^kott» ro|oi/ ßakkeiv^ xeti iriruyxdveiv, huV hrl rfiu
'4^X*l^ irifMfsiv rd ßu^fiarot^ tioJ Ttoixiket To^evfiocroc. Welch
Geschwätz! Wir lesen hndHoirooc (gewöhnlich in diesem Sinne
i7r(CK0ir»)j und streichen tTeirvyX'y ^^eides nach ißuvet und
Saumaise, welchen Hr. J. ohne sonderlichem Grund wider*
spricht. Nachher aber schreiben wir mit und nach ihm so ;
^X^J;t«r«. K«i to/k. ra Te|. • rh fUv etc. j streichen auch bald
nachher mit ihm ^fiarwVf als ein aus dem Obigen dahin verw-
irrtes Glossem. Zeile 3o. ist irvxoy^ das in mehr als Einem
Buche steht, deutlicher als frv^s, wie auch Herr J. fühlte,
S. 5a, 44. ^eht die florentinische Lesart 'Aketkd^etQ (für 'AX-
Xaifflttf) ik 0 nvQ woVäJ ir^ex^^ »^ »«V' «iVi allen Aen-
derungen vor. Hr. J. sagt zwar: Hoc vtrhum {a'köLki^Biv) da
fremiiu apri non usurpatur. Aber mag Tatius allein so reden
(wiewohl man das Wort doch auch von musikalischen Inkru»
menten gebraucht findet), metaphorisch verstanden kann nichts
Schoner seju als di^es Kriegsgeschrei des Ebers* Das
Recht der Metaphern haben ja die Dichter und Roms^nschreiber.
Wer kennt nicht das horazische JPictorihtis atqu» poetis Quid»
Hb et audendj semper fuit aequa potestas? S. 5a, 3o. stim-
men wir für iwBkäiiV^ woran Gdttling dachte« Auch vffi-
tikätüV pafst. Ebenda geiallt weder wpoffSTifi^iJeiyTO noch it^obt.,
was beides Handschriften haben/ Wir vermuthen ^ElBi^aotVTBg
iSnf qI it%of,^Kl %WQ BTifir^cxvTo fioi Tf/sriJ fuy^v. S. 53 , 1 3.
däucht uns die Aenderung, so scheinbar sie ist, dennoch unnö-
thi^r Die Worte ißiKero ydß Mystv xecrd ywMHu>v, miCBp
Bicu^Bij sind Zwischensatz« AL vergL unsere Anmerkung zu
S. aa, a5. Klitophon, welcher sieht, dafs Klimas Miene macht,
wie gewöhnlich, auf eine, ihm (dem Klitophon) unangenehme
Ait^ wider die Frauen loszuüebeoi vcfliiiiderl Dies dureh eine
feine Wendung t indem tr sieb ini Voraus crgtebt, unter dem
Yorwande, weil er je?Jt Einer gegen Zwey stehe, »Rlinias^c
sagt er, 9 ist niir yveit übeü-legen, und kann jezt leichter (sie-
gender) reden als sonst^ :da er. Jemanden ^ von gleichem Ge-
jrctt/, l)Q KOiV* iu .«. Allein : Das "wäre eine versteckte Auffode-
rung an. Klinias,'Vu reden, da vielmehr Klitophon ( unstreitig im
Sinne des natÜT^ic,^ fühlenden Dichters selbst) Dies hindern will,
und auch seineu 2^ weck durch jene, von uns angedeutete , Wen-
dung wuklich erreicht y indem Klinias während dieser ganzen
Unterredung den Zuhörer macht; was sonst bei seiner Heftig-
keit und dem für* ihn so Anziehenden des Gegenstandes kaum
erklärbar wäre. S. 54, 8. halten wir die Worte 'AAAa to fih
^iüavtov — i(OfjLOcatv für einen allgemeinen Sati^, und streichen
daiier Ttikf^f als Glossem* »Das Himmlische trägt unwillig die
Fesseln des Sterblichen , und strebt eilig zum Himmel zurückzu-
iliehen.«. So haben auch Zeile 27. die bessern Bücher' 4as ge-
wöhnliche KoAAotf .nicht. S. 55 f 4* bezeichnet Klitophon die
Hcre einzig von allen Göttinnen als Theilnehmerin am Gotter-
inale, weil er sie den^ Ganjmcdes. entgegensetzt. Des Zeus
Gattin sitzt au der l!'a(el,, der Liebling wartet auf. Die Con-
jectur '*tißri verrückt den Gesichtspunkt der Rede , und
giebt etwas weit weniger Bedeutendes. *S. 55, i5« rotro ./lovov
pUoov öipHau Wohlklingender ist r.r. ^. apx. S,f und so schrieb,
glauben wir, Tatius. S. 55 y ig» verbessere man ad^^o^/rTfv»
und so auch im Folgenden, wo die Sache gemeint ist, mit Hrn.
X selber S. 128, 4« und in den Noten. Der grofse Anfangs-
buchstab in diesem Falle ist ein Fehler, der sich in neuern Aus-
gaben häufig Endet, Uebrigens lesen wir mit den meisten Hand-
schriften iyco fiiv TTi^uroTretpog cvy bIq ywouHUQr oaov o/zdkrcat
TotiQ eig atbpoSknv ncw'kov^ivoLig etc. Ein Anakoluthon. S. 55^
26. geben wir der Vermuthung tfolcol iyKei/J^vnj (für Tcog iy-
KB^uevov) unsern Beifall. Aber aucL iyyl^ei. pafst nicht. Wir
schreiben ivl(^et Ih Totg ^eikefftv ^ UfffTTsp i^tbpetyThg , ra (piXijfixTa.
Xöpxyt^eg^ austatt des gewöhnlichen (r<bpecyideig haben Monac,
AngU CommeL Paris%^ das vaticanische Msc. ct^etylSeg*
(Die F§rtstfzuni folst)
, i I 1 » •«
firgauzoBgsl^Blitter d.Ueide&. Jahrb. d. Literatur. 1, 6,
" ' ' '
AtliilUs Tniius ex recm Jaeois.
{Fdrisiiznug.)
Da$eibsl Z.34 g^fiUt nnt die Lesut vidier Böcb« lifßaß i(tQy^¥
besser ^ das teiitologiscke ifkmp iiSompf. S 56, .36. K^' fr/y
ncti ^thifMrmßf A. h. tmi ^ihfpmmf ßctj^i}^ Gefärbte Kusse
passen ^io^ diesen ZusammeoWg^ und wir m54)liteB niebi i^mfi^.
e^ afSUttpu fnif^ ia^folif üi tAip^Sg tuu tAkatfU^^f
ctHM^* ^^ vemutheB, dafs die Wdrier is^fsäg und of«:
Ullii ibre Stelle verwechselten« Allein , finr o9^fak^ da»
oSenbar verderbt ist, mag Tatias e/V^o(»«JV geschrieben ha-
ben« . E/a^o(>a^ Fremde^, von aussen daau Gebrachtes 1 ist ein
Begrifft der hierher pafst; die Worte aber sind so ihnlich, dafs
man sidi eine Verwechi^ung vorstellen kann. S. &j^ f4« K«i.
ra ^tkfifMroLf nach Cr uc ejus donec-frae voluptaie busia ipst
Ttfugias» scheiiit uns verfälscht: denn- was sagt ciiro^fv ri
9X0IIM [anders als h^f^OiBiV ra ^lAjo^car»? Wir vermnthen ;&•
äv c/<(»^ifv fiXf^Yf (oder «]cAi]ry)..ra. ^NMr^oersti bis der Athem
ausbleibt. S« 69 , 3a. (^ ^^ yoit)^ -^ «Yciipere« ) dunkt auch
uns ^A^ffTrs rtchtiger. S. 60, 9. ist Gdttlings 3/t|i0y > für
elov sehr wahrscheinlich | und keine Lücke au vermudien« Dafs
die bo^hherstunende Woge grade mit dem Schiff selbst ver-
glichen wird, liegt in der Natur der Sache* Der im Schiff,
stehende Zuschauer , aus dessen Geiste die Angst Alles ausser
dem G^enwürtigen verldfcht hat, findet , zwischen Himmel und
Wasser umhergeworfen , keine mefsbare Gröfse, womit er sein
Gedankenbild vergleichen könnte , als eben das unter ihm
schwafikende Schiff, das überdies für die Dauer der Seefahrt
seine Hauptidee^war« Für den wirklichen Seemann ist es be«
staodig, Hauptidee: daher dieser bei Korpergröfsen gern Schiffs-
hdhe oder Schiffslange zum Maalsstabe gebraucht ) sowie der
Landbewohner mit Häjusern oder Thurmen zu vergleichen
pflegt S. 60, 3o. *lLvd% lii %sd ra dsiva «v, d« h. "E. i %•
Und & 94« 3o.: £ii irafacr;^« r^v. ;^afn/« für ratrify« Gewöhn-
lich ist )rd ftbfß ro M> in diesem Sinne. S. 7s , »a.: 1a ik
lipß ÜBfi^ig u. s* w:^ S. öa, 3o. Indern wir nichts, interpua-
£rg.B1.atd»H.MA.i:t« L 6. 6
8s : . Achittei Tatius «i ret. Jaöobs.
giren aber tö: i^t». ^uovei' crl^ov^MVei/ fi^er4»fw rl j^Xov xara
/icr. ro {. ^ind nominaim alueUttk. S. 64 9 3i^ iroj^pif« ^^/rcüV»
X«f/X^( 0 Xf^'^^' ^^ ThuanischO' Msc. bat nicht die Wort^
kevH» ^ X' ^^' strcicheo #enigsteiia h'xtrtöv. Bbeoda mdehtc
H «tKw^ *^>lf Betseret tu fidden ate^ des Heratisgdbers- i^fuv,
f^v Ttjptm^Pt tv dwo iMfWf tu. S. 74> i4* EiA Wort yfie
tifttJUy^ fehlt freiiidk hier; aber dafi dies«»- selbst ausgefallea sei,
»st «nwakrsolieiiilicli« \i(^eiclil imI ir«f«l th SiViiWf ieivt^^v
hew&n»eko rdfjuk etc. Ebenda Z. -ao« tst des äeransgebm^
'V^rfretseCftwng sehr wohl begrSndelk & 7a, 1 3, liest man
dürc»h ein audaUeiides Verseha dvai K»ßäp ^(^ för sTrä X-. i^/
Ueberhaiipt hat das Biieh| besonders die Noten ^ der I>ruck-
fehler' tiemlich viel| die nidtt alle auf der hiiiten .angefugteA*
Waroungstafet stehn. 'Sogar im Cartoir S; 86, 7- findet skfb'
dvetrikkwfreci ffir ayftr^XXsvror« S. 76, 9. Ktti l Jldrtfi o^ Xiygi'
*Kfi» ii ßidt^fiivog' cto« Insolentius narraitönfs ^initium factum
tfi lfm iky sagt Br. J. mit Recht; Lautete es vieUeickt ur-
sprOncKeh -so : K 0 ^.Jjyk»tiot iii' Bi»^^ efc. S. 76, a3.
schreiben wir des 'Zasam^nhangs vegeö, der offenbar zer«
TYssen ist: — - «^mrp'SiC* ^C (dies verlor sich, scheint es, in
das vorhergehttide — s/c) rf^v 'O/wfp/je^i/ ette; Nachher £Te;^f/-
^/ mit 3 Handlichriftcfn« • S. 77. 36« Eine^' Stelle , bei der alle
ihr Latein verlieren* Um nicht difvfißokoi zvl weyn^ setzen wir
unsere Vermuthang her, dafs Achilles so schrieb: -— x^^i^ifi^i*
T^ (T ij 17 p tu (0 «vfiSifpoc i^' anerkannt felsch) yd^ »'vriiif i^re^"
fUvTj^ iV »vrfjil (so Herr J.) dvarfinij^fjyeet ft^^v Tf}f itrS'rjroQ
iJy^ii die Worte- o'X^^f*'^^ gestrichen, als 'Glossem. S. 78^ 19.
scheint tcJ %fifffr);^ hinter Tfotriri^Q yon fremder HandC Auch
Salmäsitts stiefs dabei an, und Cruce jus- fibergeht e^ Die
Worlle ntul noiPt}*; aofafu/nvi^cxiov \T(eei9F€^c » K^/ xotvfjg häVoiyioc^f
entsprecbeti sich. Keii ;^f^9t'^C SseiTf^ißije (Hrn. iTs. Vermu-
thuiig ) wäre ein heterogenes Einsctiiebsel« Der Nafur der
S^che nach sind Glosseme weit häufiger al» Auslässongen« S.
78, 3o. ifTts dttotfklaaraf coi ret^^etvTff if X^piCf xat defiu eketj-
(Tai xofjfy d^)Jäv iu roffoirov ttecxoi). Wir sehreiben ikai^^sic^
Das ursaehliche £X irrt uns nicht. S. 79, i4« ff* Unstreitig ist
init dem Herdiisgebelr zu lesen iffifp ifixoiaVf uebrigens wäre
Die§^ weniger gewaltsam: Bie^ekdavtE^ SKcirroc, %xl hc fiokeTv
atflijj Tiv^ tjfjifj^tc^ ivioff fiiupv. *t>as dojppette fUvBOß mufste
Verdacht erregen, und In der That übersetzt Cruc-ejus cpor-
terejcÜicet se tumulum in g redt j welches' nif^t- buchstäblich zu
nehmen i^^^ sondern blofs das Hiiieinschaffen in den Sarg be-
deütetr ' Das falsche if/xi^i^ fiir i^^ifMii beruht «uf einer -ziem-
«
*i*
. Akihilles vTittins ex rea Üaöofts. ; 83
Ke& Uttfigen Verw^dmelitog^ der Sjfibaiaiitaiifre; & • 8p. 27.
■avayjMsi ^0»]/ ti^y i^pv^M^x^ etc« Da in den Mss. oi/dym;
steht,. so mocfaten wir IHet ;ffir die ursprGngliclie Leiait Inhen:
dviywi S^^eof (fdr^fe^«!») r. #« i. Dieser Gebrauch vmt iiyati
mit einem aodem yeKbiiiii\ den die FMusosen Dachshnieni ist
bekaoptf eben so das .^oristische Plnsquamperfeetpui. S. : So,
3a« ry Xf^^ taiti; iv w}^$ ttvTBpQc. Zusammensiimineiider
«vfirc r^ ^pe/d'^ ei^ ii;< <&^83, 26. ist finro^ allerdings tinrioh«
tig, indem die Zl^ne .des« Nilpferdes Schweinssihnen gleidben«
'Aber fp^ wvoc ist» jenem 'za «nSbnItch. Vielleicht i^c üvtirfsc.
Ebenda i Z. 10 befremdet uns iret^vrripafiß so wenig als t^f^ci
S* 97, 3/tro Hr. X sehreibt: prtfe (ttdmirüUoneß ut in r^ £•
viaüus cblttta. & B9, 34* ISwipTMC oV», in futvtui^ri^ *6itl
rh xftKoi/ elc. Auch hier ist kein Anstofs, "v^enn miin rb UüsiAy
von der gefährlichen Liebe des Gharmides » zur Lcfukippe - ver-
steht. S 90, iS. htrfi^dtiKaaoi^g Te^iyvycvK/isVf '»wir kamen
AUS dem Meer mit dem «Leben davon.« So S.*'iio; ar. Sirfl»^
iu r^^ vcivkyfoic WBfityivtxn > wo Hr. J« selbst Aehnlicbes citirt
(S. iit, 16, Thucyd. 2| 49)« Dennoch findet er hier eine
Lücke, die etwa mit Folgeodem auszufifiUen wäre tif» y&ftüßiid^
^^jy. Allerdings wfire dann dieses Redeglied dem Torher^
gebenden ihnlicheu^ber der Gedanke ist 'So ld>ha{ker. S. 91,
3o. Tors fdu oh Wh^f ^^ ^^ vivS'^fi»'^ u»t veksivu^ ttircU
ßt(aT9ft$iev$9^»i> Das a weite aK/roU ist eotbehrlieh, und kaum
von der Hand des eleganten Erotikers. S 9a , 3. billigt Hn im
mit Recht Wessel in gs Aenderung «cf ^A^od!. //. //• /»• /##;
Sie gehörte in den offenbar mangelhaften Text.* Ebenda Z* 7«
e ii sT^ Hol r^v ^^v ciV ra 0';^/ff^AET«' ikikrm iroMv etc. lii so
guten Handschriften wich cx^^ft^ta steht, so ist es doch dieser
Stelle fremd. Wir schlagen vor xu lesen 0 M iTg mtrd'yijit^
"<' («o Hr. J.) ri ifX'^ff^ ^^ /WAt« iro/iljy ^J^^y)^ etc.
o c^ßiM TO^ i\. liabcn' die alten Ausgaben. * Das pesiphrasti*
sehe ^otovv ist bei fortdauernden Handlungen nicht ungewdhiH
lieh. S. 92, 19« ist T^&irctiw ünerkläibar. Vielleicht schrieb'
Tatius crpc^tcurf welches Wort ein 'Werkseog der Seiler u.
dgl. m. bedeutet. S. 93, la« halten wir mit Hrn. J. woki (^a^X
für d^s Wahre. An inrafthc oder Ns2W xuruckaudenk^V' iaii
bart. S 93, 8. erregt das doppelte ciXXa, sb schnell aufeinao^-
der folgend, Verdacht: daher wir schreiben mdcbten akko it&p
To fiifw etc. S. 97, ais. ^AXXd coi fiiVf A^t dyoiAa yivur^
rSjf iiätnoytaC' Hr. J. verlangt itoXXa, oder wXiTra ayetda^ wie
es gewöhnlich hcifst; Allein da dyaStd auch for sich dem Sinne
genügt^ und d^e ^o gefafste Formel eigentlich die Regel, statt
der Ausnahme, sejn könnte, so halten wir es für rathsam, 'den
Tost stt lassen, wie er- ist. S. too^ st. xfti vokXij uc h^0sg
6*
\
. Zi Achates 1\Rtios ä rec/ Jacobs.
i T9r»ßog iofV^ * i^nut M • vXoi^ nwfia^cifTi vvrofjSjf. Wir
bcmfett mis^ a«f ^ Gefiifal jedes Lesen, oh die Worte i^i
. •«., mr«;cSb Anderes, and Stärkeres, sagen ab %ou ijv — • io('r^»
iio4 ob sie daher niolil Ms ein Glossen aa tilgen sind* S. soo,
rii< TOi^rfi^ (tw 4^;^f&)* Zwfiin^iv^v -eiit^Q w TorajuSt. Die
4 letzten Worte hinken nnaosstehlich nach* Cocct übersetzt,
mik Vermeidung des Asyndeton: p^riveah^' mi ricordava, che
rmpfrtßso i Greci saho ilcuni /uinu iamto fr€tM' ehe het^endone
JßtMomo iilinuf w gii assomigUaim a • fuesii. Aber, auch diese
Wendnng milsfäk; ein Zeichen, dafs hier ein Fehler, steckt
Wir ▼ermuthcn*— rovf(r, avyitfiim mvroiic w «m»« »wenn ick
sie «u deolb Tranke, (dem Wein) inischte.>^ So sieht S« «68,
9^ in verschiedenen Büchern Üßiknew für ßkimv^ und gleich
darauf haben iror«^) ,fur irorod falschlieh 3 Msc» und Com-
melin* S* tot, a4- »«^ veXAd icettt Tfax^fuera irXipy^ fiiju
Ein uoTerkemdwirer jambischer Senar, ohne Zweifel aus einem
damab bekannten Dichter* M^verffK S. i56, i3« S. los, 38.
t9Tt U rov Aonroiv ßkoavfVT^foc ra 9(üft»T«* Ta cokfiLcerci, ist
angentcheiplich falsch. Hr» J. schligt vor ßhatv^mrif» cutfiar^
ytxT £ndenDieses weniger gewählt (m.s^^^ Matthia §.i<8,
3, §k 436* Anm.)* vn*^ furTatfu;u«roesci|Hien wirrao^^o&ro:
denn bei Beschreibung eines Kopfes die Aogen zu vergesseo|
ivire gegen alle Genauigkeit,- und Tatius.ist in seinen Best^hrei-
bungen vielmehr aUitugenau. Des Salmasius ^auspMra ist
Taufologie* Am Schlüsse des Buchs billigen wir dieses Ge-
^ lidirten und des |i#niu^;ebers leichte Verbesserung rh rtdv ys*
yvAfy Tsi/oi/. S» loa, 7. ^Ay ii canr^» (0 t^VHoiukoQ)
^ffiig^riiU yr/v, ia^v fxm Hv»fuv dvKi^BiQj sicity r^v rei» au-
ßmt9C aXiti^v. - FfH^rg t»p, Hr. J«, me hon iatdiigere, cur
trmetus . corporis, er^eodUi evtra aquam visi persuasioneni de t^i
an tokore-efus smtulerU* Plane contrarkua videiut requiri, orx
dmietfiesig. Wahrscheinlich versteht der Verfasser unter okx^
rev ffi^fiOTog des KrokodHs auf niedrigen Fiifsen durch den Sand
geschleppte» Leib, dessen - Windungen keinen Angriff (^Mfoiy)
ms drohi^n scheinen» wie^ ihn die Katzenarten und andere grad'
ansingende Raublbiere machen. Uebrigens schrieb unser Khe-
tor gewifs, um den hexametrisclien Ausgang der Periode zu
vermeiden, rov atijMttOi r^ ohtiv* S. io4t '>• nutrunt^fiotri''
^icv^ d. h. noTKnep/iiaTi^ftBVoc » nach griechischer Sprachweise;
und so nehmen es auch die alten Dolmibtscher« >£ine andere^
in viele Lichter gleichsam zevfiammende Sonne, ging auf. c Er
meiiit die Menge von Wachskerzen, FacJ^eln u« s. w., wie beim
hisCestc, das der, von Ika. J.' apgefiihrie, Apnleju« JUeiam* 04,
Achilles To^Q$ $x ref. JnQirfi«. K$
7^1^ sagjt^. wenn wir «tcliC irfeB^ etir«s gaos Anderes. S. ,to4,v
iiiaii adhreiben^ das Kpmoia Kifiler «Tii^.fg^öscht: deno allef^r.,
dings richtif verbindet Parville ad (^hßrti,. p, S5» dieses Wort
nit Xfffr«9v,: und wir sind piclit der Jfteiirang des Herausgebers,.
ier dyihii/ bihter <7Kf|^xp,:,einscliwärzen fnöpÜte. ^ S. ip5^;|5. 3e-^
kanDtlich;. werden in dieser Erzählung die Naupen der . Scbwei»..
Stern yon den. Scliriftstcllcrn- verwechselt. |)alier haUeit._w:ir es
für glaublicher p^da^/npoitt^t^ vom Rande, in den Text ura^derte
u^d .$/A,ojui2Xft( verdrängte y i|ls, difs mit' Hrn. J. entweder d)9^oly
ui schreiben, oder die Stelle ^o zu ergänzen fcj: Tlfoxyiff yoU
€^s (fofßv^ 4^ßkopt.j^k»g f^ofoly ,. besonders da Ufoxp^^g ^opp^,
(d.,k, nach Hrn«X, irafk maritißagtiio concepta J ein Hjst^raiir,
proteron ^ein wnrde, S. 1079 17« Movov yn^ hpuHTpti yuvxTxsQ^
^ifdia^u top . riiv tvy^y KekumixoTot* ..Gcwohnticher vväre ffei^k
hpibaoti s/c oderTfo^ r^ av/oÜO'oc/, oder die y,erbindung mit> eipee
relativen Conjuttction;. da Dies jedocK Ausnahmen leidet (.iq.^,,
Jensiuß ad Lucioii, diqlL mar t,. XL 5*4*J."°^ Infinitive, nicht ^^eltfjq]
für Substantive stelin I^F'cQhnfri lUll^nplex, />i?>/Oj'u.s. :9r,), so-
nehmen wir *opcbaai in ^Schutz 9 obwohl if 2(v uoid Of^u häufig Mtr.';
ovg mit einander verwechselt werden.. Sogar dafs, awaffa/ ohne
Artikel steht, darf^ besonders bei einem, poetisirendep. Schon-
Schreiber, keinen TcJi^ad^l erregen. ^^So^h, PjuL x^«..vsrd^«
Eurw. Phoen, 54 4. i^ , . j
Nvv c o\^ 0U019V oviivt evr i0OP BpoTOiQ
^o ..neuerlich Einige keck vpo/juca^v gesetzt hab^ , u. s« w. S^l
i07, 23^ Kocl rct Ksl'4^»vecf^ov ireuSfov* Da 3 Hlndschriften und*
Coinmelin rüv xo^xrov . Fiaben , so vermuthen wir X) jLtipeic,
hf^ To n^xov, Kotl v$v9bT ^c. S. &08,, |iq. Hrn. J's. Vermif-
ihung dvireXkB SccKoC für oivireXXev qXKoQ hat viel , Wahrsct»cih-'
Hchkeit. S. .m. 4* IxeTifpiKV iieofinjy ToTp viifMtfftv* Wir ver*'
werfen diesen Accusativ .so wenig als. ro/fi^tir« S*. iigij üf
wo oirWQ Erklärung scheint, wie i8oj.3, an welcher Stelle a
IMss*. richtig dafür ^tovto haben. M. vergl. die Anmerk. zu S^.
s33, 29« und Matthiä's Gramm. J§. 433. und ^. 426, 1..
Sehr ähnlich S. i44*. >6'/ t^v etvriiv ayvoietv Sv^TVxovfi^v. S.^
iia, 7. Der Herausg* verlangt mit tlecht JeH Aber bald dar»
auf nehmen wir blofs sein oirQt/ für oTre/ an^ und streichen mit dem
Zweibrücker Herausgeber eo^tv» (Die Viin D or v i 11 e' ae/ Charü.p*
2g5. und Boissöanade ad Philpstn Her* p* ^6 p.^ gegebenen, Bei-
.iptele des PleonasQus or^jv Svrsc (teh^rcu picht hierher, wo
8d A<^^Hes Tfttias ex rec Heohsi.
]!Mrm die BfKiehwig tod äv aulf pLoAenn stört) U^rigeni sind
die Worte 'Affjxhwf — d^tfwrea «iDanslöCiigy und wir tcbrei-
beo weder trav pLoAw^i^ nocli tilgen wir xa/ vor a(^. * da die
Rede gknz natürlich so lautet; 'A^^e. M atixi «(^.9* (sie ^t-rden
■ttch gern xnruck kommen , nnaufgcsticht,)' %nrw ir&r*ip* %vT€f
faJ^te€i rijit {yyiipf* Zeile §6. k6nnen die-fiitalen iSteme (^*^)
irieQeicbl erspart ^werden , wenn man die Worte xdycj -^ wohv
als Pareo&esey die des Klinias Eile gut aiisdrSekt, und wpoi;
fttvrcc '<-* 're9 ^o^ Ar den Nachsatz nimmt S. ii3, '29. %eu
Ilfuvecri^ ^sS,''»steOe didi dem Gotle, der dein Glück will;
steh' ahm, entfllelie nicht;« was Kütophon beschlossen batte.
Aehnfich ä>ersetzl Berg er: siste te fanquam dto j4mori eon^
seeratum, — Aber so spricht Niemand} — - Vielleicht in den
TerbÜinilsmSfsig wenigen Ueberbleibsein dar Hellenensprache
nicht Aber sprach ehemals auch so Keiner? Wie kSonen wir
Das beweisen? Und wenn wir es nicht k^anen, o so la£it uns
doch keinem Worte oder Ausdrucke, welcher der Analogie
nicht widerstrebt, den Pküs versagen^ sondern blofs das 'Seltene
mit grdfserer Schrift In unsem Denkbuchem aufzeichnen. S« ii3,
3i. scheint uns Hr. J. in der fehleiliaftett Schreibart to^tqvto
richtig 'rot;r'««trJi<u erkettneui wie bei libanins T. 4- p. 800,
i3. & ii6y sc. imtStv ij wpol^M^fUfu Ebenso ArbtbphaDes
Wesp. «036.: pthTf 'yraf9tvif d. h. ctint ^ '^tjfpeg ivrev^svl
(tSr inu^^a)'iaTt* ' Biest unTerSnderücfiie 'DichtersteHe setzt
den Sprachgebrauch ausser Zweifel« . Dafs anderswo avrendtt
und tvT^^dmf verwechselt wurden, leugnen wir dämm nicht.
S« ii6| 16. 'O^ieXoy ^^X^9 ri^v »Miy. ^op iw koow ro^^-ipos'
TS9 snfi« &sr cos wefiXf^firti %ecti^iüe^»l sf^ U t^q T0T4
£k^iC T9^yro funfw ri «4)f iiltcif %hiv/ix^tf %oti iv roc% ircp/
if^yfi^eUrrac ^pnclatutiC dvmnaiofiivov Kaßpov tmv wftTkexojxivocv
Aißetas. »Hatt^ ich diesd^e Natur mit dem, der Liebe verw;andten
(ihrgemeinschafUi^hen, in der Liebe vorhandenen), Feuer, damit
ich an dir hangend dli^K ent&mmte! So aber findet dies Elemeot,
das Feuert bloft in andern Gegenständen den ihm entsprechenden
Stoff {iilpof Vhpff Brennstoff, den es verzehrt), uad ' (hingegen)
' ib deA Umarmungen dei' Liebenden hell auflodernd schont es
doch die Uinarmendeli.€'' Dies wollte, nach unserer. Meinung,
Tatins, und die Saole ist s6 deutlich ausgedruckt, als etwas so
Schielendes,' haO> eigeAlli'ch , halb' bildlich Gedachtes ausgedruckt
werden konnte. Die .beim ersten Anblick sehr scheinbare' Aen-
derung 10^. «i^a .r^v ec S. rf x« to tqv iptotOQ vvf "ßndet sich,
bei genauer BetrachtnuTg,' sinnverwirrend: denn werden hier die
xwa Feuer 9 das elgendiche und das bildliche, unterschieden,
welches von beiden ist gl^ch^ darauf in den Worten roiVo rh
vvf ^emeittt? BIoG» das der Liebe? Nein l denn dieses h»t mit
JkOi^Sßs.Ttim etM^^ 9f
ma^tfDiogal(fir«i£Udr^iiickls m aciyifliiur; Oikr Uo/vdfa eigini&
liehe . Teuer ? Ebenso • weoig : * deim. cfiet br^nsl nkht «Btcleiiütii«.
'Aiao -muCi cÜe a«gedeiiteter Vemitsclaaii^' der. begrSe 'hnr .Slali
findei^, iinS der jPexiüii seihem aicsnfibiftttide Ueibeiu Taün
ro irfp ist nacbdvuoidkh^ dine' UnterÄdioktuoirf ^csa^t, wie z.
fi.^bei' Eustatlrii»; jdKutor. Ismem /»• 34^:. tyuß^iir^ «r/ «Ü'rtf«i4
aiik* etic, Duroh > diese' Ulerpuacttoa reUet Hr. J« dte .Woetö
^ (bisher 6Iiatik) rü*fx*i i^elohenoh jedoch ia 3 MafodsclftiA-
tea »cht findeDy. luld.'vbii'Crueejifs iind Gl>cel 'nichl eiwgc^
blickt sind; S. 'i&4, !»5. ist htth&ijrU/ßiixf* t^cDlf i>/Mtamy
h/it^j iwccfpmiv. ^akei'ii^dnstvp'ritv f(niy <nroc/^y ii«ieSSb>
dw rsiü &:7rBKd'€&/^ iiedm^v sl^ roig' ay^c 9 '^l Tipi r^v Cta^»
itifKCif icv^iC nfKiiv' il^Xks Bk r^ Accmlinnf irecpd^aiu cx^ßta Kmi
jfjBfiJ? if^ M rov TTorov '^pru €tß. t* Wir haben ia dieser StcUt
funr Folgendes geändert:: «erstlich strichen .wift 7101 ."tot taMv^i
dtoo SO) nicht wdauiviji steht in ^4eii fifi'diei*n4' (Dia Amffhaa
km J.' h^ben 'E^.' jUD/ >^ wJu^ wie Glos^en^ «ufwdiidera pfle^
g^n«) Oaim schoiicfn^ wir ji hinter JJkcXXs ein, w^che der .Rede
dbir^iHis DOtbweiidtge Parfikd' durch die iihnUohe Ebdsjlhe^o«
ifm}Jtm {hif/^f) Terdonkeh seyn miig. /Emilich sc|irtebeii..w^
f^ilfütit ifjf da e» in >iden. Ausgaben <ser heibt: '^B^JAm rij hmn
ir*(»»'o^. Hoii ij/JL€Tg ik iir^ ete& Hiv. J*h^t sowohl .hinter 'RSmi,
ti vttM'^ls hint^ i^, mu Sterne gesetzt ^ jals* »ei an beideii^Oiteft
etwa» aasgefaUcn,*«nd ^eginfttiittit«<*H/ulir M> ei<i^ neoeik* SalAi
Uns soheSfit, jene Aenderüngen gestatte!;, die sich glafichaaaftamlT
drangen. Alles klar. Hlitophon tvtlLMelitten; abecmais kii«^heii|
|iti^ späht nach Gelegenheit, ^Leokippenv «|ui sehib ^Abet eilieb
Melltte lyeschlofs ( '£^dW M woiei^ j , ^biok eifrige äot -. ]>tiR-
kippe und ihres Zaubers^ wegen ('Ji-'«vr^v)*y hinaasmtilen auf
ihr Landgut, und Abends mit ihr im Wegen .zorädciiJ^chrehL
Wirklich safsen sie )>ei Tische, u/s;^ vr. 8- 126, 3« ^Eyti iit
X<if^v irvirreVj vrotreiifctc ji (so ^steht in mehreren .Büchern
vlohtig'fur t^) T4 koL^bv i7vctif iMohum afm)vuffddu Auch biei^
ist badh unserer Meinung niohts lusgefidhn , 'oder verderbt. Bei
pffikv ist s/Vav fcu Versteh», weribcr man die Bücher vt>n- Ami
Ellipsen', die Ausleger (Hids bei Heroid. so, 37» Amor* %
4 , i5. Periton; ad' Sanbtü Mmer^.\,p» $6i» U« «. m. vergl^icha
KffHot^ iM recht, und bedeutet 8fteffB,'wte mi^m bei den Latei^r
upru, besonders Senec« dem Tragiker, Ungeheueres, das «Ue
^ AcbiU«« Tatiot ex nc. SßioihL
flimie ttcmUiiiit» vai dcvto ttiMre GaiMknft nidit Herr
T9Hgd9u koBy fei €t kbea^et Wesm, oder Idee. VonEpame-
theus «gt Hetiodat Theef. 5is.: 'Oc icftsiir £| o^xH^ Y^er'
m^ßifiatv^ too dem Po£len Putbetiros AnJtojpfiamsi Ydg. .93 a«:
«ad Aßom iwk Jfetoii 99s«: "VaMpvf^ «£ nurl naxov» • Die
feno«6cnncn ^if^Nf ttttd . A#«j9oXi7 nennt Tattog sdbiC S. i4o»
9# #»77>^ SMKcL Tkentader encbeini dem Toir Sdkrecken
IKil tinnloeen Klito|ilion .wie ein thierkckes oder . ge^MtistiscIies
linyillim» wie ein i^rUkKi den Ute Hr.lJ» «nsiatt des «vcnBoy
winLÜoii geben wiO, wir «her Uoli elwa Tersfteheo. S. «28,
in. nati noAAoc^c'nnAJd ßmoitceim* Wenn koAAmv imbXo^ nicht
eine Naiveti^ teia soll, was dock m5glick waiei so haken wir
fuikktuc (nickt uoMi ) tOst Glossem« C r ac e j n s > wekher uber-
mML pvlehriiudinii amttmiPTß land wakrsciieiolicb nur eins von
^esen beiden Wdrlm in seiner Handschrift S. oB, t3. Ov-
. nK (m( ^ i/^ Vs . dftivttito h lEfMvc siV rd od. Audi Dies soll
Terscbridien seyn« 9Smt0ntiam muiüam esse sparet ex prae--
eedenie- ArmQf eamque imfUt, quad stuptcaii sumus. in Noi. ad
jfntk^ Pfdat. p. j6n*ß sSra^ 9s dfitn/mira s "Efitcct ifQ etpycm.
Mdmgm in Anihi Püiat. XII , /Ja. ifsm TraT^ii^ liy^ i6^a^€
etc.: Ab ob ''Dergleichen nicht 5ftefs «a reruelm wäre,, und
sBtwcinlemaby emphatisch oder ^itcr/nfjc». allem stehen k5nut^
wie es s* B. mich S. t88 , 34* hei&t s ^^/us^ eirts.^ X^*^ ^
ijeeilt wnr, Lenkippe's Ordalie au sehen») fiBr^^wwu^erj^ Mal
wfhe rminiy d}t/ 3'^tf 9 wo Herr J. gleich unndthige Schwierig«
bcit macht; SiCßSic javät kt sab umbtai bei Yirgil^ .u* s. w.
Vollends «iV ra m». lürm^ rsTc ^ICt ut. ogni iuo affare»^ wie
es Coeci gidl^ (ln;^ teq[L J* xuS. t^j y 3o.^t w /«lir^ crt re-
Aoalwr»: ist gana unanstdftig. S. 71 , 3« t inf^tfire Ik oAJLe^ aUls
n*, nuT^ ^a/ta s2nv^ Und bald nachher: uoii rftpa ri &i^
«noa ianHf^dvefe rd^ou H. ve^gU S. i5i , 17$ 168^ 3f i^Si
»7; iSa, i3. Der Ake.des Terens Ileaut. 4,5, 3S,:
lia im isiaee tua ¥niscetQ,ne me admisceas. . .
Hovaa &Hst. 4, pi ^.•' ' .
oed timsd, m ea ne finxisse mukora pui4irer.
»Wem sagt der Aeaensent Dies?« wird Hr. J. ausroCeo. »Doch
nicht mir?« Wahrlich, hier pafsl das Ovidif^he ^ufep mdiora
prciofue, Deteriora sequor. Hr J. wei& Das alle^ Waittia
viAlgi&t «a's denn? . Warum will tf uns. den unstrSAichen Text
niAt lassen 2 »So ( wie. auch) sttafe dich Eros au deinem
TheUe?« sagt Melitte, und was kaiin sie Bssieres sagen? S.
sa9^ a. 'A^ft p^v^difni rlf^ ''I^iJoc. Wir sohreibeu mit Hro.
i» ^Ay»fU^S^rt; S« 1 30| 4i« iwrsiya^^^ iitei^ rü^oiruiy iffuff^^^f
i^mfiiof iikf^B Gdttl. scbreibi &i«y tty^^ imd Das ist allerdiog«
iuM^ T«tia$ ex ree. jacobi; 80
femaclt yon üuvy der ohiiedics mehi uäbekaBttt nnd h§rmt$ Von
-iHm ia- jidtHiam. ad Aihkn^rp^ 68*. v<rlli«idigl m%v^ dnuMli neiie
'£eispide 90% LjsiaSy Demostncncg» Xenophott. & t3o,. fo« j3^
ravibv tuBKtv x^^^ Diesen y ¥oit fidckk de ,Plai0nü Minoi
T* 97* P^o^i^nrteoy. Pleouasmnt nioiiilt mil St^phasas Tk4*
säur* gr. l^ T, 4- P*- ^49* Bast- od Gregor. 'Cqt:tnth..f.,3sK
'S9qa.ß Schafer« M Poäi. gnmn. p^. 46g., ancih Hr* J, m
Seliulz, vaoA lirir aeben uns. g«iiitbtg«y . den Mas. iiachaii([;ebeo.
&. «33, 19. kl dieVervaderuiig des ijj^az/u in iwi^ju annchoH*
lieh; ^bg^di- eine lebhafte. Eiiabiildwiigatrtf t . diese JBegiriffe 'woM
▼«rwechseht kann« • S«^ %^%^ %'j\ .)Ca/. 0 ^Ükxf^ roi; o/w^icftf«^
nvex^Vtfn. ' Ynaa W^gebn des Tbnihiltert bandeH e^ aidh erst
in der Fö%«(«53i ^ dlSi). H£er ist iw^xiifi^gB passender^ & «33, 39^
VEßfml ik ^ ctafi^dnf^ rvvx ficakw hrnlS&eeuT^ wvfidtffenißAif J/m9
ifäfut %euvop. SvptQ^m 90 dieht neben hnr/S^tu ist eines ele^
ganten SohrifitsteUerskanm wnrdig. Wir glanben, dab fKe Worte
fttei cwr.^air'fifu/bM fft. "vea/emandeni: daau .getchrieben sind,
d«r die . Accosatiye ' {fo^ft; xaiyof/ nicht verstand, derentwegen
n^r auf nnsere Aninerkiipig ;&« S* tit« 49^«rw<isen. S. . s3^|
39« schreiben wir k mit Hrn. X, dem Zasammenbange gemaf^
iKfßi/AJ^cvrstü S. .i34^ i6. Kcif^fi/ imv^ora^y»^*^ juä^i oAXci
X^rfui TS HaXk9V4 ar/qroi^. .*AAXä iat hier erUmernd nnd be«
kräftigend y wie öfters Sed^ gebraiicht wird. Pbut^is .iRui<L J^5>
il0««* Adferio '.Auf .elätfosj sed prpbas* Ovid. TriH. S^S^.m4*^ *
Conmnme^que wmoSß eed dmiw^nm^ 4uos^ . , <
M. M. DesiilUh^.zn Phaedr,- fyb. 4^ ^7> /'^ Jt^lA'e »t
Ptmiu Amph. f3S*ufU Senee, med. .g&4* ^» ^<^> te^ pmgroiQ
yBvißnew^ in reo» ei^f/uvufv io^el .uahkufi ^^mh^-w^mtk ^vai
scffAat). Hr^J. hatfMXavy dal in.'den Antraben fehk, «na Hand<«
sdbriften au%eiiQtonien| und daduf^ den Sinn der Stelle ?er>-
ToHstindigl. Docht intiDft «r; seifen Dipa nicht, sonden hak
peAM für verialscht, und mochte ^%oX»vt9C geschrieben wisseil»
Eft ihut uns wahrlich leid, dem.:?«rehrten Manne auch hier zu
widersprechen; aber nns ist der: Ansd^uck stojAsv« ^imra^fM
diÜTMi KoXat?» »dat Bild einer von Matur *) schönen SchSn*
Mity« sehr k^aü. .Was Meuelaos^/der Wortführer, einer gros^
aen Zahl seiner JUindalcuile, im. S^hfalfskapttol des a. Bncts aber
ds^ Schönheit beider. Geschlecbteii : sagt , h^bt allen Zweifel.
Tt0itmi pip yojp wdi^ct iwiie^meT»^ iMti ra ^fißMrm ml ra
9;^^/i«tm9iiffy etim .jo|{ mbX^.» rüm aUi^n^rmß. if %^kt»rqwtfm¥.
•) JSmiaratt ♦v^«#f tiXif^'ö^ iir2 yj^Ar^ i\i t. J. het t. 165,
06 AiAäks Tttios ex eec JacobA.
iafffl^ ü. •• w.' '^DieMT klititllielres SAMAA wird ro
jKxAAflC ^^^ 9etki¥ ' eatgegcngctflzt^ «nd wiijdidi • beathreiU
•ndi Jumrswo der Verfaiaer. seiner HeUin Reix ab »usferor-
deotlioii. So heiüit es von ihr S. t3j f .8.: wu uxfO0 VAit^
fiiov naUiüf $uä ta ioM^vc^ und S. i66, unten, seut ein
JBpbesier sie ^ SchÖnbch nur seiner Artenus nach* Gleich dai^
«nfy.S. «35, 'aa. (n*/ oi/nuy fura^ rsffad^ araiüpv itl
t«^ ayfSC'tf), will Hr. J.^ nmk Crucejus und Gooei». eiir«
.Tor raatfdfory. etnseliicbet. Allein med sieht fir imr^.^>9 tri«
Alfters bei jPerticipien. (M.¥ergL unsere Atamerkinig- ma. S. «6^^
.7«). FretHcb:isl dies keibe .fcolie Entfernung^ aUeiik 90 wird sie
gleteÜwobl auch S. ft5t , 34- bestimmt, so dab ailch sekwerlick
an cuen ZabUehler xu denken ist« Die beiden Uebcrsetier,
besonders' Crueejus, sind nicbt sdten so pii^hiasliscb und
ycXktr Znsitxe, dafs nach ihnen den Text xu ändern gewShnüch
nifslingt. & §37, «5. ri fthf tudiwnu^ rh ik pikoa^ «nop^vfierai.
l¥ir Anden unndthigi Xmftv (das Weisse des Augies) vor «-iak
binftuxttselxen, da es sich aus dem Gegensatxe von selbst ver-
steht Dagegen ist un^ wmlmntu verdäditig^ md Wir fassen
weder des Crueejus pmrs {octJiJ eanMa pmguetcit ^ nock
könoea wir enathen, wie Cocii xu seinem -ä bumco aequisiA
pm eandidezza komnit. VieUei«^ ist-iSK/ytrai!xu lesen., und hier
eine VerWechleInng der Art votifefknen, die' Schäfer 3felct*
€nt^.p, ^««evwihnt. S«'i^9| U8* ^ip% 'itwff» nfui^ju» o^ot)
rd i^KM^/««' So steht in den meisten fiächem, in dreien, avra
roLf und in der Thuamsebei» Hfnidscfarift «vf£r. NAH Aorum,
9tft unser*. Editor, sensui saiisfaeiu ScrAendum mieeur »xri}^
ra imwfm. • EtmC0€ems Piaetat legisseß i^trt^ts: facciamo
honoret usiamo ccriesia Tferscöaegtic-he dal mare
hannarioeifuto ohrdg^gio. Wir billigen *lrCrft,^ ihm (dem
Tbersander) • xo Ehreu^ M. sV uu» Sf^tthifl %. 307, a. Aefan-
Ueh boid nachher: ^BjCttfir^u^ ^of rifMo^it r^iirciü. S. f4o, i8.
fifv« Hr. J, meint, iror "irüpctyiyfitmi sej fifi ausgefallen. Alletn
dem ZusammeDhangc Aach will Melitte vielmehr, dafs, wreon
anch Leukippe sich a|n^ Morgan wieder einfihde, die Biagde
doch sagen sollen, sie sej foH: damit sie so, uilbemerkt, des
Sosthenes Nachst^ungen kSline entzogen iprerden. . Abo scibreft«
ben wir; -^ ih^«« k^^ mcfo^ "Dafs blosse -tv ist u«genög«nd:
denn wenn die Mägde, entweder aus Unwissenheit, oder auf
Befehl ihrer Gebieterin, aussagten, die xurnckgekebrte Lenkippe
$ef nicht da^ «o ipufste» .sie do^h natorlicherweise Dies ober
noch behaupten, Aveon die Jungfrau sich in der Tbat Riebt
£fiid; Ddidr kinn ' Sie ' Gegenwart der leWeff^n iiiobi » zur Ber
iingnag^. jriies .M)lrägii«Ds i der «Migde gemafsht vf ej^dcm* Wirlcr
lieh katte^olilMeUtte in dtt$a^>Aügeiä)lick die Jlloffnunff nock
nicht aafgcgebeiiy Lenkippe^ wiederzusehni sei wftoigals KUr
tophan selbst S. #43^ ao^^wo wir «o.interpungirea^ iytt§ ü is^
latj ''airÖojSJb irpo^' /BCff ^/i^jf • da gewohnlicK so, HQterschiedea ;
wird : -^ .irftfay;» ir# r. So» trir» «tc S. «44» i4y «tot o^&np» ir^
7^6y0f^ Basier itou &' i46^ 6; rff^finrtreig ic^iu w fo äicir
^ftsyor^eaf. Des HeransgeberA ««'«y^yore^os^ is| uobezaiieifelt-rijcliY
tig^ und verdiebt die * Aufnabme ia dea Text*. Diese Woirtet
sind nicht allein hicrv vcrwechsdu ISh^as» ist & «4^» i4-. W^jlr
fenbachs: fi9«U. «r/l; P. JL p.'äi. sequ^ co^^ ifi dvfM rioi
ifi^fe^ '(^&k9 JikiiÄ^) mehr- ab. wahrscheinlich« ' & j4d| a3. Koat
iv(>»vv€ty 'id'0;jj^f 'it;tx)Y& tu^vy^tr&Mf vlrjv ^ßiiiaTf, /»WiUsI
du gar Tyrannei 'üben, «o: will ich Tjünakinei dutdcQ^ aber zwinr
gen 'soUst da. iaicii nichLc Als. wir bei dieser Stc^^ jn die ^fr-
madversionis bBekten, fiel uds: Folgeades auf: J/e(/ia^i((](d]|y4
t&^ftvi^r#d'iKi) ^nfcteor ut sii- sauä» iegmidam su^itotr, ^civH oiX^ir
tu^etvvthS^t'^^ UcBt. non damiruun solimj quod tds, sed tyranmim
agere voUtms^ n^n €^kudem- cUro.^exari tjrrannülei^ M vim, miki
neutiquani injtres, .Unstrehig >iii Hm. J^ biet etwak Measdblidic»
begegnet. Bei den» Worten. sidyii rv^awBi^dm ift aus dieiii Yo**
t\^en^i^£h§ binzusiidetikeit; .dne Aqskssong^ ditf. au. dto g<^
Lükus'ui'hic.dureHit^ et iäee tU cera UqveicU ^ . ^
üriQ eodemqae igni ß sie nostro fiapini$ Mmare»
^ {iiqmttU ). ■: ;
ßapbnismemabu unt:.e:ga harte in. Dmphnidc law^
. . rum Curajk
jien: 4ß 7^9*' . '
JmpUi^itque meto pt^tetam, quam Befys -ei i»nii4V
A ßdo soliti CimpiereJ* v v -•
jfen. n, a$«.;' » ' ^- . ' . •' ' ■ '^
Clamofies simul horrmtdos ad sidfira toüity , ^ *
Qualis mügiius (toUit), fugit eim saaeiiu armm
.' Taurüi eie» ! .j. . •
JÜbrai. Od. 3, nr, 43.:
5tf Ucttf^ix, ubieunqua mavis (esse).
Oi^id. Trist, 3j ij 44.x ^
Jn qua deiüeramCesseJßforsitan Utie faremj vu t.'Ww
M. yfji. Bttrmann, ad Propert. IL, 169 4^.y BeniL ad HormS*'
Saii 4, 8ß 3»ß Heimdarf, ^ dase&st i, i, d3« wo .uch Griechen.
citirt werden I Baden <ii Senee. O^dip. f^46. S. 449i tS. E/
Tfocf^ii/ogf }[SH f^'^^ ^w^^tviiv* Ein Fehler steckt hier* Br« J.
4
wMigt Tt» E/V «tf^.iu^r. WakeFieU W Zuewr. f,
-4SS. Tcrttttlket (W mf^i, Scbäfcr tttfidbc Ej', «b tns den
vorherceliaDdan <<Ar) m Ton ahngeRlhr enumdcn. Wir ndch-
tetf lieber «in« joucülUche Vcrwecb»riii>^ *oa.i| CeerteJ mit »'
mndiiiMn, fo wi« S. 173, si. ■/ nad | mh cinatHler Tcrwecb'
•elt wnrdeiii AcnopA. Cyrvf. S, 4' '■^■- ^ ra^arei, if veXv
fui^tiV dK^fta ifii vi'v ^m/iä^in etc. Auch '£r/ «-ap^. wir«
■icht nawalMvchdolich. S. i5ot 5- 'Ef thrXev f;^ t^ iKtv9m^a*,
A, h. iXsv^spwnfr«, *ris «odi lAertai suweilcn (l«kt. Thacj-
did« s, 4«' *n> End«: K«/ /mmi »v r»t» |vjii^<p«7ac ftäUiM
XiyiWf^ tf njt ü^t/9tfi«ee t^ «nw cUafic tau üfiXeJI/ui/. Cra-
ve)(i>, ongvmTrt in wddiem Sunte: jeuti toeo noa niti Hber-
fo/em heAet, S. f5i, 17^ 'AAJL' kfu ftiv i^ümÄv t/v xorä
yofv i?;^. i f ^ftK^Bklyw. Hr. j. bemerkt die Abgetchmickt-
beit der Worte 1 i' jü^i. öXiVa*'» '""^ Sodert .niclit nngiacküch
"in f- W ^/k, oXiiW.~ Dodi iclireiben wir nit noch Icücbterer
YtriaAeraBj;, iS Kfi^vX* (i^ifxnv/cWj, d.h. dj' Ü'^/wjtv, wes-
kilb er aber Msfiae. S. §5S, i». ff^^^eXonfc r^ ^;c^£ Tur
mtKÜv,^ Hr. J. erämert nil Keck: Foiel hoe anima a malit
vacantej ted twtu rviuirit auima dolori vaeante. Er
•chreibt daher «x- "'C *«"•»■ > Wir finden r(« x«x^ («ä/ wt*
*&} der haDdiehrUtliobea LeuM &htdiclier. S. 1S6, i3.'Tovt«(
. jif ävipoXioTsiiov -rät Stv fiöAti^; Wieder «d jambischer Scn*r.
SI.. vgl. die Anmerkung zn S. 101, s4> S. i56, 3d. /urd fiotfor
awAKti Twv taa/t&v. Wir tappH>en W^'^mit Grneejus und
dem Glontrer im SchafBritc^Cn fiiu^c^ Bf. a. Schäfer aJ L.
Bot p. 475. S. .157, 9. luy T^c MaU'rnrc «vavj^ «poe r^ ära-
iMfiini TOfemvMOTa. Rit^g Hr. J.; rä i^( M<\. Die Aot-
hatang war leiät. S. «57, t0. Ipu/uv iimti'9M. Vielleiclit
hnauSal, S. 159, 10. ij %tm /iStot tärtv oi^« <fikov/tamfi So
Enripide* Med. <3io.:
^ ^iVa;, & fUfHW ixßhr% y«vM
^fort rt ndfut.
Oreit 474-: sriy^fi* ifiöv. So JceluM, odäun, u.a.m. im La-
teinischen, nt pro pertoM. Bald nachher ist innitreitig die Va-
ttkamachc wd HäncbeDer Lesart ^a'n|ywtT der gewShnlichen
' TorxsEieh^ , und ebenao finden wir Zeile 35. dea Heranage-
bera dinf^iiivuii für tfVfUviftt dorn l
wahrscheinlich. ^S. 16t, 11. ist fre
vtktSiv besser als vpMTarEiv. TU^a
mnt, fui adttaiUi eomüet, loeü,
Sg4.i prmee^iM ia, btäo : Dtomyt.
p. »S3. Hüte opüiUaruü aeeeätü noii
1^. JArßei. 88t X^ruyik. Cj-tvp. 3,
'j J*. ^fyud Jfo*inim tnltlligunl»
f(tf Therimjriim -ftetiorü catu* ail
i
' j^ Commel^ ilfynae, AhgL Paris* (wir wihleii diese Bezeich-
" nuhgen der verstandlick^n Kurse w^gen) bieten Te^b rriic- Alleia
'J' -weder Tfeanf^ nocb itpo ttj( ist recbt, Ivie Hr« J» sähe» £rfteUI
hiazo: AequirUur wicfajKTW r^c Tfotüu^aewg , cXftw ytpo^
^' fMiiiVCf quum sie Melittes w^ikhia^c 'vana esset retlditOß
f nee Sosihene ahsenfe loeum, hßhere possei. Mjusmodi
^. quid sensus.omnmo.posiutßi*€ VoUkoiniaen riqhtig« Aber Wa%
' schrid) wobl Tatius? denn, dx^amr^ entfernt sich zili yreit yam
^'' den Schrifuogen. Wir rerinatli^n rpwrijc, worauf irpo rijc vvl
^ deuten scheint« Bei der öfters in den Büchern bemerkten A^m-,
f Itcbkeit des r r« so wie auch de$^ einfachen r% mit r (m, s*
' Schafers MdeL erii. S. läS.), war es leicht, rpayrtjc mit 9-f>Q«>
'^ Tir^ zii verwechsein« Tir^HdtfXf/v .«ber und /vn/n e rare werden
i^' nicht selten metaphorisch gebraucht. Das erstere (um bei die-
•^ sem stchn zu bleiben) bezeichnet S« loo, 23, die Wirkung zu
(?' kalten Wassers auf die G.eschmacksnerven , und jinfAol. Patau
4 f^I* Nr. ao3j, Vers 3, 4«9 . wo T o u p und B r u n c k rSTpvfiUvTf»
!<< für rerfotfjxh'ipf schreiben, wendet Hr. J. mit Recht dieses ein:
<i<t ^i rsrposfdii^ essepotesi if ßeßkotfifiiv^ roi^ Toipi^ Homere
\\ Odjrss. if, Skg5. OiP^g es r^tiei /c^^^sfc, o<rre 7{SH<i)Xwg ßAa«
i) xreu unde Eswip. CxcL 4^4*xfih}CBi vof ^hog* & i65, a5.;(j^
{T.' ^furipetg ^uytiCi Nicht allein die Wiederholung des Wortes
(j^ TCoXknv mifsfallt, besopders in einem SchÖnschr eiber; sondern
[(f' vielmehr Dieses, dafs ToAAot? das erste Mal so leicht zu eutbeh«
\i ren war« Wir argwöhnen eine Interpolation, da Tatius. geschne-
it ben liatte XP^^^ (o4er ;^fov9<') iM^^-^xc» Xf^oyov^ diu, ist
^i gewöhnlich: m. s« Jacobs ad AnthoL Palat* JX,^ j6n, 4.
^ Crue.ejus: Tjri etiam ipse quondam etäi etc,^ ohn' eine Spur
von iroAAoi;« S. id5, aS« )(/9e/ hd to ivxitvi^v ifveti 9^o(Soxay
eufiieeiv ifftaic^ »und da er natürlich (wirklich) des Traums we-
gen uns zu finden hofi^e.c M. s. die ^Anmerkungen zu 5. 435,
i' ao« Hr. J. halt if^vwi für verderbt und möchte dafür 'E^aof
,1 (nach der Form von ^ledfm^ M&yoi^ot von Miyap« , bei ApoUonius
';^ Djskolos» Bast a</ Gregor. Cqrinth, pag. 36g, Tlvdot^ i^ahj^oT
;r* von ^dhl(toyf 'Ahnpc^veieeoT u. s« w.) im Text haben. Wir neh-'
^ men um so weniger Anstofs, da nicht allein Tatius ^n der an-
,{' geführten Stelle, soi^dern auch ilndere (m. s. J* selber zu S.
; ^93,. 37«) ^eei so gebrauchen. S. 167; 3i« Kou .0 ^cjaTüccTog
: nard xeSmCf &iK oft» ei rd S/io/a iju.ol ;^ft/^a;v. Ov% oita el
\ scheint hier affirinirend, wte das lateinische ÄauJ jcio an oder
,, nescio an, va stehen: denn Kütophon hat keinen Grund zu
, der .Vermuthung, dafs der Vater sich i^ er das Wied^rduden
; der Tochter weniger fceue, ajs ^ selbst nber die Retlung der
. Geliebten. Was ^en (S. i6jf 7.) Rlioias dem Vater zuruft:
94 « Afiluttei Tttfiat et reo; laco&f..
isC leidaisdiaillielie Uebertreibmigy- Sx% mil der waMMiüiebeii-
dea Getcfaichtsertifclong nichu f^emeiii hat* S. i6ill, 7. flp. 'Eyu
Hr. J. bemerkt Aber die Worte 9(pe/ ■ ■ ■ ■ ■ fr^iemmß folgendes:
Cef efttui A&r ver&tr prof ia iimfo Jü^Miitt» Quart mide, an, nudia
muniüUione hcOß juem nunc habet, moiay legendwm Mt iya
ti t^ "KSH »rtofta^ tßXrrw (•• Vai: 'Tkuan. Mar g, Paris.) tl;
fi itt.Tp.j'etlS9>fri9^.T* £• x«r. cjte. er' «i^y aä'm Wirnek*
nieii eueli hier X9^ filr »mixe ff 'weshalb vir mal unsere Anmer-
kung SU S. «35| 9a.'TerweiseD« Obwebl Klitophon die Aagen ?od
der Jungfran nicht Verwandte, to ataud er doch still, «ad wagte,
ihis Sehen Tor Sostratos, nicht , in ihre Arme vä filmen» S; 170,
s6. Ta roi; {/jm^ irerohptof if ^/p. ^Apipofiyot 9&n^ licßf puat-
iovo^ Sifta TOiecürm iii^xkeift ölet bt ^ovov yhfsrat, Die Worte
e ^inßw sind anch • uns verdachtig« Aber in ^eupyayau wäre
Tautologie. YiellSicht M ^ovp , in »der Absicht sa naordeo.
S. 47 1| 34. rh Sk Xon-ivv Srep irrl ftv^^ kiyB etc. Schwer«
bch ist Dies recht, Hr. J. vermuthete eiomal 8 wsp£tart rot)
fii^w» J«at hilt- er folgende Aenderuog fär milder: to ii Kt
imp hrif /w^okiyih Anf beiden Versachen fussend scbreibea
wir rh ti iotrhVf %Ttfp iarl, rs^ fti^w Aiya. S. 172, 33. sr^ftf;
avtrj ;^ap/ov;iayoc* Rr« '•: Paris.: iralfttg. Ntim^/uit i^rnntilu^
dttt ejusmodi aJtiquid? Ohne Zweifel ireu^üff^ Mer ireufiui^^
S. 173, €0, ^E^iXM9<p^Kfiteu friy dxoStffildLV^ Die alten Ueber-
seteer mifsrerstehn« Des Hm. J. in illo iiinere nos üt pküoso-
fhor gessimus trifft naher ans ZieL Eigentlich aber bezeichnet
der schöne Ausdruck Dies: wir machten die Reise xu eioer
Weisheitsübdng'; wie der brittische Dichter sagt moralize mj
Jong. S. 173, aa. txei(um^iV9V ^ tf irere - ri %ara Asvxfrmiy
iyeyovst ifO/JM^ Herr 3, vermuthet }f (qua parte) Tora etc.
Vielleicht et Tcri ti %• A. i. i» S. «73, aS.. 7(gLf ynp slSora^
• ifua^ n TB(l r{'V aifiyyx r9t!g xaf6v9tv *oftaf apfioaeta^eu yfjo««
ifirs/. Unser Editor schBgt ror roTg dxo^&vinv ^oktec dpfi* rrs
d. h. iheg wpOi^UHf omnino par est. Wir finden^ 0X40^ passend ;
aber rot; irätpoi'Criu hat nichts gegen sich ;^ auch nnd wir un<^
wifs darüber, ob toTc axop^^iv ohne nähere Bestimmung bedeu-
ten könne Ulis yqui^ idem ignorant. S. 174« t-t .ff, wo die Sj'^
rinx beschrieben wiM (eine Art von locus condamatusj, könnte
man so lesen: - xsi^ *caei ela} rov lUtkifWif ßf»x^ .(oder auch
/t;fx('£l; allein, mit Salmas.) Xc/To^£VOi rcirff (r^ fi^-^PP* u'clit
rot-Tft?y), fut^ouv h jAera fovrovt x. hrlr^ isuripw * roeoiynv,
Sffov 0 ro^ iEvripou (so Saltoas.- anstatt des gewöhnlichen o^oy
rot) i€VT.)f lAei^tnv i psra rohrov tfiro^f «« Hecrd Xvy^y o'utäfg 0
AehiUes Tstius et teC hitobsi ' 0S
I JW, mit fralmas« und Lennep,) #;^ftw (jeden Haloi ungleich
. ilem v4>rberg^enden )y ^o ii fiw fiitfov irrt r^ «'ifirtvi'» »der
r inner« Theil aber die Mitte des Ungieicken^ die, «itUeire Un*
, gleichlieit^ Ifreittek ein Bcisati, der steh- sieqiUc)i von «elbsC
. venteht;- aker Ton dergieicbea Aiuwncbien sind Scfarifistiellef
: dieser Art nicht frei. S« 1749 «tS« To .fiky yal^ iiiTutpv'iv$g^:
Tiffi iffov Big To ndrm irf«ftr«y' ßafA, »»ra ui^ iwtr^fcv i-
&7tf9C ikctxfv ctvkog*^ Hr.' J. sagt {^«S'^nnim kaoc 'veria haUbunt
sie sctipta: Tovey /uis/ yap o|. ri &v»» Ü^os/ ti iniirtiß xfXttw
ßupirxTOif* Copula auietn ante ^isw'abundans proximae cnuftr-
tiaiiom addenda: xffi x^i^^ %if9LQ etc., aut 7(^ ndp^ hi, : (n utroque
enijn jjrringU eomu pasitae Jtuni a»tmdiHeSj ri Imfw h^behies,
sonum grat^issimum €t acuiiisimumi Allein wir »weif ein , dafs
die Worte 9tpe/ inetra uifctg^ oder 7(Sf) x^««* .^^^ »v\ig di^-»
sen Sinn haben lKdntten$ ja, so getrennt, sind. sie. beinah* unver^>
ständlich. Vielleicht kommt Folgendes .'der Wahrheit naher:
To fith^ ycif o^iretToy &w, «<t^* mv tU rh udr» ri Tffyroiß
ß^tfh ( eine gesuchte Variazion des Ausdruckes für ßctpi-rccrbv )
uetrd xipetQ etc.: »denn oben den höchsten Ton, sowie unten,
den tiefsten , hat an beiden Enden das Aeusserste der Sjrinx^c
Bald darauf schreiben wir »ii Salinasius -^ — r— narpt^i^tuv
(^r/f), ttrr' &u r^ Tskeura^ euudwTät ßa^u Der Verbsser
meint übrigens grossere Sjringen mit. a gleichen Reihen senk-
recht hinter einander befestigter Röhre, oder Pfeifen,: wovon der
Zuschauer, wann ffespiek wird, nur die vordere sieht, vclche>
hier td «mr^ranov heifst, sowie die hintere ri vr^rsv« Hr I*
unterscheidet die 2 Reihen in der Anmerkung tu; den Worten
^vyxeiVTXi ■■ vHmnff S. gS^, und ohne diese Annahme -sind
Sjringen von i5, at, ja 100 Röhren, wie Poljphems bei Ovid
ÜVtetam.. 1 3, 7 84^. undenkbar. M. s. J* H. Y.ofs über Virgils
ländliche Gedichte 1. Bd« S. 7«. £P. S. 174» 34* oirs/ ror' av
</Sf rot) npovfiar^c if »fjMvtee^ näkii Mehrere Böcber lassen deii
Artikel bei kpjak weg« Hr. J« bemerkt, dafs er in dem verclerb«
ten 8J^ steclte, und emendirt vortn^ich Wo; itor* »v if ro€f
x^oifutT9c iffievt» X0bX3, in quam pariem harmomaß lex lahia
nfoeaveriti S. 47$, 4« ^^^ vofdh^ Bisiü^ff OiW aJxfy Kflvsiv*
Hr. J< vermuthet otav (o&?)<fij;^v %iv6iVj qnae faciU voia
amaiitißtn exciiaret. Da in einigen MSS. six^ steht, so behalten
wir lieber Dies, und verstehn rU dabei: »wie. man urtheilen
konnte ;€ namüth aus d^ I,«i^be des . Pan : denn gesehn hatte-
kein Mensch die Njmphe. S. 175, 17. 'Evfii^^iidet^ ol^v ra rerfi^f^
/jtiva T(öy KOiKdfiosv i ioQ ju^ rov QUific^ro^ , ngLJ avvdelg eig iv ctbfiOf
^^X^ i^d X^^P^-^ '''dg rofidc^ tku iuBkotfimn ^rui^Arov, Man strei-
clie die Glosseme rot) ctofiaroc und rde rofiag rüv xtxX., und
nehme, um die Gleichendung zu vermeiden, x^V^^ '^ ^^"^
g6 AdiiMes Tatiiis a rec. Jäcdts:
pnu9aAif §k i^v tfvpiyys r«/tuilby« Die Bcmerkaiig des Heraus-
gebers 1 DwiuMtuU rh W9^pLüt tUeitw rcefusüiß w rijy tfvf«t non
ipium 'antrumy quod fuis tkesmurum eipeims TVivfueric alias
dici eicpietäiferä, ist nur za gegr&ideC. Üas kkog imner wu^fut
wie eiA planpies Giossem Yoe fmu^tn^v ra$imwm S* jljB^ ai.
B/ M /tJ7* fttW yof Jm elc Einige Mss. bieten Ei di 00»
welches sich vertheidigen labt* Alla^i wahrscbernUcheir ist uns,
dtfs beide Negszionen, Toa Verfibcheni herstssHuen, und iir-
qiHIngUch das elegant Temeinende Ei V Jifiß hier stand» Sofk,
Jbuig. 7S9. Brunck.: 9i^fiftrwy9 ^r^^iu» «oAs^t
wo' nan die Ausleger nachsehe, ' sowie über den Qdbraudi
dieser £liipse auch bei Neuem Jacobs Addend. ad AnthcL
Paku. 9. XC. S. 1769 a4« Kpti tv^ic ^ Ammfmif vp/V roy
/rp^a smfv rhv i^Pjc Xoyey »*Ilc ye fi^i ioxtT^ fi^^Si sfx;^
> '£y<& yop ^d^uif etc. Wir haben, ohne ein Wort zu andern,
diesen Satz nur so geschrieben, vie er gewifs aus des Verfas*
sers Feder flofs. Die weitere Rede < e i(^*c Xoyoc ) des Prie-
sters, welche Leokippe, im GefiU ihier Unschuld, unterbricht,
besteht d^en in den Worten \flU — — c/aryc« welche das vor-
bersegangene £/ 6i /c^,'t>der, wenn man will, £/ y cltnf ^ ver-
Tolutilndigeo: »Wenn du keine Jungfrau bist, so ( nitb* ich)
y sag* es auch nicht c Denn axh'ol yaf ■> iuouaeof ist Paren-
these. Die Lesart des Thuanisdien Ms. fOjik ehrev ist wohl
Schteibfehter für /a« thntv^ den Infihitir statt des Imperativs ge-
nommen, wogegen «Arve als Giossem erschcint.^ Die vorgeschla-
genen Aenderuugen, (Hr.J. vermüthet — koyovjue yuui^'dojish
fibij iehij4f)f fMen hiernach von selbst hinviTeg. S. 177, 34*
nii^u ik dkk^kuy yvfivoLi 7{gLf fuS* wv ovS »v S^^jmu ueL-niyopiöVf
Hrn.J's. A.enderutig, hat Schein. Aber doch klingt i-^Wfiuu so un-
verdächtig, und pa£it, wenn man fiera wegdenkt, so gut, dals
wir geneigt sind, den Fehler anderswo zu suchen. Wie also,
wenn Tatius schrieb ngif ftwra anf ü' «v *i. x*« >voH von Din-
gen, die ich in der Anklage nidit einnül berühren mag ?c Leicht
war der Uebergapg von ^scrra in jxstaf vmd von diesefn, der
folgenden aspirata wegen, in fi^» Was folgt, Ta re ya^
Tfj^ "^^vx^f Mfeerci^g ist ebenfalls unrichtig, da dem ri nichts ent-
spricht, #enn man nicht, hart genng,. ein Anakohithon annehmen
will. ' .
iDer BnMiftfbl^.)
Ergänzung^-BIättercLHeidelb; Jinfcrb, d. Literatur. 1. 7,
Aehilles Tatius e-x rBc» Jacobs^
Lieber schreiben wir TaJg y<i(» etc. S. 178, 11. raciffiiipcic
6i Koyi^ofum^ r\ tcuQ ioiXocig i^) rote hoTorctic, rt Spoffeii 'ric
in eec. ^Hr. J. vermuthet ro^ ijfisripocc Si hoxt^ofisvoi
dovhag »XirtütiTi roTg ieair. elc* Ta ^'/nirspx wollte Salma-
sius. Ob koxi^sffd'otv^ für Xoxf^eiv gebräachlich ist, weifs ich
nicht, und möchte, mit geringerer. Veränderung, eher so schrei-
ben : rag i\fii^otg 6^ koyi^dfisvog < die Tage, d. h. das ganze Le-
ben hindurch, darüber nachdenkend, darauf sinnend,) ^ toTq
SovUtg ^ rots Sect^ ri etc. Ein Accusativ, wie roj; rjfiipotg,
ist bei Zeitbestimmungen gewohnlich. *H oder rj wird öfters
mit X5i/ verwechselt: m. s. Jacobs Anthol Palat. 3.Th. S. i4
und vgl. hier S. 128, 28. S. 178, 24. lesen wir mit dem Her^
ausgeber rov^-rpoi^pot;. So S. 179, 3.: 'AvacrnfS"/, Tcm^ps, 9.:
na^iGov €U ruf ro^} irpoiSpou dpovi^ (m. vgl. S. 182, 10, 12, i3,
ao.): denn es waren zwar mehrere TrposSpot, (daheir S. 182, 25
r/g TTpoibpuv nocriyvca ; ) allein nur Einer davon hatte bei jedem
Procefs den Vorsitz. M. s. Schneiders griech. Wörterb. bei
^piroLVig. S. 180, 'i3. »amrog Sk icrnv otinw.- Besser ipit Hrn.
X oLvni (/j n^pU). S. i8o, 2 5. fig Ttopvatotv oc^ro^ xo^-aTt-
rofis.vog. Fvlgaris usus fert %x3^w7crBi^'ocl rtvog, sagt unser Vcr-
«^ flössen Aber; es ist auch hier nicht anders: ipan construire
J nur so: jiocd, ocvrov eig ntopv,^ »er gtiff ihn an wegen Hurerei.c
s* S. 180, 32. Sf^tvoiT/ra dtSpocTte. Richtig Hr. J.: ^. i' iSpecxe.
fß^ Eine Aenderung des Textes würdig. S. 180, 33, 'x'otiSsiccg rpog-
f -rroiov^Bvog epxv, 7{SH rotg eig rair^v otvr^ ipufisvoig Ttavrx
i^. vTTOHvTtrcvv. Eig rocirriv TociSsiocyl Wo ist hier Witz, oder
auch nur Sinn? Wahrscheinlich schrieb Tatius« T«^(J/«^, und
dachte dabei an TtociSia, luduSj Judibriumj in obscöner Bedeu-
tung; ein Wortspiel, das in dieser aristophanischen Invective
des Priesters nicht das einzige seiner Art ist, und an manche
Zeit erinnert, wo auch unter uns die 'jcociiaioc eine irc^/^/a war,
Ucber die Verwechselung dieser Wörter vgl. m. J's. Note zu
S. i63, 10. S. 181, 10. schreiben wir.rä irKfjKtpop mit dem
Herausgeber, und bald nachher wg (für oTg) ^pogsicakocte mit
demselben, nach Salmasius. S. 181, 32. ist allerdings etwas
ausgefallen j aber warum gerade aToXÄrcvv, wie Salmasius will?
warum nicht lieber dSi}t(^Vf das zu übersehen wegen des vor-
hergehenden dSiKOvvreci leicht war? S. 182, 28. scheint p mit
7{£ff verwechselt, wie anderswo ij und Aehnliches: m. s. die
Anmerkung zu S. 178, 11. Wir schreiben mit Hrn. J. eM fioi,
rlg eTTiv, Jjfj/ dnriHts^Pev; ffv iXsysg etc. Gleich darai;^ foderl
£rs.BM.H.Jahrb«d.L» L 7. 7
/•
9$ Achilles TatiM ex rec Jacgbs.
der Sinn rhv u^irhv ourüiadot^ ^IvoVf statt ^ovw* S» 1&49 29.
xaipvv TovTOV vevojumev tlncatpov ßiofx^fecff X9^ tcv^fiet^ Hr. J.
hat die Worte xgi^ ctvx^fix* nach dem Beispiele des Zvrci-
briicker Herausgebers, eingeklammert, als eine wandernde Rand-
glosse. Andere schreiben auch hier drix^fiot^ noch Andere xizr'
drvx^ftecf oder xur^ firix^juec, Kai au^Tj/ioc steht wenigstens
gewifs in dem Schäierischen Buche, und QoccV s pigUato ar^
di'mento bexeichnet diese Lesart. Sollte sie ganz verwerflich,
sollte sie nicht etwa blofs verderbt se^yn? Wir sind der letz-
tem Meinung, und schlagen vor zu lesen xar' »i^ju^cc. Melittp,
sagt der Redner, hatte bisher ihre Liebcshändel versteckt ge-
trieben; jetzt aber, während einer weiten Reise ihres Gemahls,
glaubte sie, es sej Gelegenheit, ihre Buhlcrci einmal recht zur
Schau zu führen : vf}/o,uixs ncciijov rovrov itxocipop xar^ eivx^iix
fio^x^iocc* Koci und Kxrd sind nicht allein hier vertauscht : m, s.
nur Hrn. J. bei S. 77, 5. üepifuxev mochten wir nicht gradezu
verdammen I und ivcfiiasv dafür setzen, weil jenes sich gleich-
zeitig auf das vorhergehende irsTk^pCfn'ect bezieben Itann, und
überhaupt die BedetUung des griechischen Perfecti noch nicit
so scharf bekränzt ist: m. .s Matthiä*s Gramm« S.joG* S. i8J.
«3. hätten wir IjA^e nicht eingegittert. Auch reuete es Hrn. J.
selbst, aus seinem Schwanken in der Anmerkung zu schliesseu.
Wir setzen blofs ein Kolon hinter dyuytfJLOv. Das lebhsifte Asyn-
deton ist an seiner Stelle. S* i85, 19. *£^€f yoLp fitt fiivovn;
0 fLOt^oc '^VH ^v, fiivovtoc ii P'Oix^g iartv, Hr. J. will geschrie-
ben wissen "^« y. fiii fdv* fioix- öi'x ^v» cvrcif (Uvovtoq jxotx»
forty f oder wenigstens , da ovroo nach *ioQJCef zuweilen weg-
bleibt: — — — fiivQVTOQ^ /MixoC iffT/y. Allein der Artikel io 3
IJLOiXH bezieht sich auf die Öftere Erwähnung des fioi^og im
Yorhergfeh enden y bei* o^x ^v ist dvo xoivov dasselbe Wort hin-
zuzudenken (0 fMiX'09 ovK Tjv /tOi;^o(), endlich ist 6i imNatli-
satze eiwas Gewöhnliches. M. s, J. selbst überS.'. tgi^ 33. uod
den, von ihm citirten, Hermann ad feiger, p* 8o3. S. §85, 23.
'AXX' QvuLf i(P7lf JJytvv * * Aio etc. Wir glauben nichu aus-
gefallen, sondern schreiben blofs kiyoff: 'AXX' oa> }Jyaj^ rovie
§Jveu fMtxov% Thersander will jetzt von Klitophon und seioer
Buhlerei gar nicht reden, sondern greift nur seine Frau und
Leukippen an. Zeile s6* ff, scheinen auch uns die Worte
ovxdri •"— — r iXsyov ein fremdartiges .Einschiebsel. 8. iSd, 12.
JCpy UV TJyetff Tisp) m * ^ ai ieT votdeTv etc. Treffend schreibt
Hr. J. XÄ^"' ov JUytvtf Kcctpov» 2« ik rt Set tc. S. tSj, 35.
Tocvra siicovrsQf >hiervon uns unterredend.« Wir halten für
unnöthig, dieser Worte wegen mit Hrn. Hase im Anfange des
Kapitels eine Auslassung anzunehmen^ worin ein besonderer Er-
zähler genannt wäre. Man vergl. S. 189, 34 fF. (Kai ftcra^v
ifiwovirrec ifwdoh^ycvfuv « ra riiv TTporifap irvx<>P*^ *'•
Achilles Tatius ex ree. Jacobs.
99
8.189, 32* ^^^ bezweifeln mit Salmasius und J«. die Gräci-
.tat der Worte Ttard jn^qroc tiSnf yBvofjL^voi* Wahrscheinlich x^ra
Xf« yotvifisifOh »uns< herzlich /reuend.« Hr. JF. will x« x« T£p/*
y^voiJLEyja^y dessen -Erklärung viKinffocvTsc, die Lesart einiger fiii-
cher^ sej. S. 190, i3. log irj voci/TcXtjp^ rivi ywociKct cwsuofiivriv^
&cl roi) CTLOj^vQ TuitT/iv ,sl^v kxl rijg vscog, Hr. J, streicht
ywocTiLcu Uns ist hrl rrjg vscjg ein handgreifliches Glossem, ob*
«Wohl der Pleonasmus VHa/pog vsioQ anderswo sich findet. Z. ag*
( OTfi fierfHiri rdg iicoxovrotg fi?%oi/ ) ist die Vermuthung ß?Sov
höchst wahrscheinlich, so wie auch S. tg^y 4* ^po Tov 'jrXoiif
oder diroTtkoVf für -jt. r, ^okifiov^ S. 194, 7« Toi?ro «yop kariv
7iju,Tv rb (Tt/yKelfievov , >denn Dies ist unter uns i Sostratus und
Kallisthenes } in der Sache verabredet ,c dafs nämlich der Sohn
die Jungfrau nach Tjrus zurückbringe , und Sostratus für ihn
bei den £ltern schriftlich um sie anhalte. So mögen diese Worte
zu verstehen sejn. Uebrigens endigte wohl allerdings Achilles
Tatius nicht sor vergafs z. B* gewifs nicht ganz Melitten, für
die er, trotz ihrer Schwächen, unsere Theiluahme so lebhaft
erregte, und überhaupt hat der Stil am Schlüsse des Aomans
hier und da etwas Abgerissenes^ das auf Verderbungen ' und .
Lücken schliessen läfst, wie sie, nach des Herausgebers Bemer-
kung, auf den letzten Blättern der Handschriften gewöhnlicb
sind«
— Ä — r.
N
München 48%9* ^deitimg -zum .Bau und zur Erhaitu^g der
Haupt" und Ficinalstrassen i;o/^ Heihricb FRsiaxRUN r»
PmcbmjnNj kön, bair. . Oberbaurathe u. Ritter des Mäitär»
Verdienst - Max -> Josephs - Ordens^ München bei Lindauer*
stoo S. in gr. 8» mit 6 lithogr, TafeUu % ß% %i hr.
iNach einer kurzen Einleitung, worin von der Wichtigkeit der
Strassenbaukunde, und von Mitteln, «ie mehr zu verbreiten und
zu vervollkommnen geredet wird, folgt I. Abtheilnng. Bau
der Strassen, i. Abschn« Wahl u. Bestimmung des
Strassenzugs. Hier neben den schon so vielfach wiederhol«
ten Bemerkungen die aufifallende Forderung: »Der Fuhrmann
soll auf einer zweckmäfsig gebaueten Strasse allenthalben die
■■»
♦) Die Worte ^ rf ri — — heoAofuv bilden einen konilsohen
oder satyrifcben Senar« Also auch dies wahrscheinlich ein Bruch-
stück aus einem Tcxloinca Dichter* Quantum est, quod
ncteimas'l
« ■
ioo y. Pechmann/ Anleliutig z. Strassepbaii.
ganze Ladung fuhren können , die ^ er auf voHkoramen ebener
Strasse zu füliren Termag.« Rec. hält es für überflüssig, sich
bei dieser zu offenbar unstatthaften Forderung und ihrer B^
schränkung aufzuhalten; sie beruht ohne Zweifel nur auf einer
Uebereilung im Ausdrucke, und sagt nicht, was der Verf. h»t
sagen wollen. II. Abschn. Absteckung der Strasse.
Bei der hier angegebenen Setz wage ist die lothrechte und
bei der Setzlatte die wagerechte Abmessung zu gering.
Ueberhaupt ist aber der hier ertheilte Unterricht im Nivelliren
allzu mangelhaft. III« Abschn. Querprofil der Strasse.
Der Verf. fordert für die Chausseegräben die kleinstmogliche
Sohienbreite, so dafs er sogar einen Graben, dessen Quer-
durchschnitt 'in auf seiner Spitze stehendes Dreieck sej, nicht
fiir fehlerhaft halten würde, weil dann durchfliefsendes "Wasser
auch bei geringer Quantität die Erde luid den Schlamm^ mit
sich fortführe. Wir müssen dagegen bemerken, dafs gerade
hierdurch der Angriff der Seitenwände eines solchen Grabens
ausserordentlich befordert wird, und zwar am unteren Theile
derselben, was in kurzer Zeit d^s Nachstürzen nicht nur yon
der Feldseite, sondern auch vom Strassenkdrper selbst nach
sich ziehen mufs. Dieses ist der Grund, warum (nach dem
Ausdrucke des Verf.) fast alle (wirklich alle ohne Ausnahme)
Schriftsteller übe'r dien Strassenbau sich sehr hü-
ten, die Grabensohle zu schmal anzugeben. £s wäre
sehr fehlerhaft, in diesem Punkte von früheren Schriftstellern
abzuweichen. Wenn der Verf. ganz allgemein die Strassenbau«
meister tadelt, welche den Oebirgsstrassen an steilen Abhängen
oft eine geringere Breite geben , als in den Ebenen , um die
grofsen Kosten zn vermeiden, und noch hinzu setzt, die An-
wendung des erbärmlichen und bei Nacht sogar
gefährlichen Hülfsmittels Von Ausweicheplätzen
sej kaum bei Nebenstrafseu zu entschuldigen, so hat er jene
Strassenbaukund^ge ganz mifsverstanden und die unüberwindli«
eben Schwierigkeiten nicht bedacht, welche bei einem Strassen*
bau in Gebirgen eintreten können, die oft nur die Wahl übri^
lassen, eine Strasse von geringerer Breite anzulegen oder »uf
die Anlage ganz Verzicht zu thun. Ausweidieplätze sind dann
eine unnachläüsliche Bedingung für die Möglichkeit einer stilchen
Strasse* Die Erinnerung w^en der Gefahr ist ein bios über-
eilter Gedanke, denn das Ausweichen zweier Fuhrwerke auf
der breiteren Strasse an einer steilen Anhöhe ist augenschein-
lich gefahrlicher, als das Ablenken des einen Fuhrwerks nach
dem Ausweicheplatz^ da man der sc|imäleren Strasse doch immer
eine Breite giebt, die wenigstens um ^ gröfser ist, als die
Hälfte von der gesammten Breite der voliständigen Strasse.
Kein Lehrer der Strassenbaukunde verlangt ^ wie der Ver£ ror*
I
y. Pechmahn > Atileitung z« Strassenbau« loi
giebt, für eine . äo^ breite ^Strasse eine ta bis l8 Zoll höht
Wölbung y wabl aber einige Zolle mehr, als der VerL fordert,
und das wohl mit Recht; nicht zum Abflüsse des Wassers > son-
dern zur Beförderung der Festigkeit des Strasscnkörpers. Es
ist auch dabei nicht von der bleibenden Wölbung , bei der er-
sten Herstellung der neuen Strasse die Rede, die sich in der
Folge ohnehin noch senkt*. IV. Abschn. Construction der
Strassen. HinUuglich bekannte Sachen; so auch im Y^ Ab-
sehn. Von Sommer-wegen. VL Abschn. Bauanschläge.
Hierbei A) Grundentschädigungen; B) Erdarbeiten; C) Die
Stein* oder Kieslagen; D) Maurer- und Zimmerarbeiten; E)
Werkzeuge; F) Aufsicht. Der Verf.' sucht diesen Abschnitt
dadurch lehrreicher zu machen, dals er eine Kostenberechnung für
eine Strafsenstrecke von laoo zchnfulsigen Ruthen (^ ohne Zwei-
fel rhl. Fufsmaasses) mit 20^ breiter Steiolage und 5 Fufs brei-
ten Fufswegen als Beispiel ganz im Detail beifugt« VIL Ab-
schii. EintJieilung der Strassen in Meilen» Die Stunden-
rechnung solle mau als ein höchst unbestimmtes Mals gar
nicht mehr gebrauchen, und die Strassen nach ganzen und hal-
ben teutschen Meilen abtheilen, letzteren aber allemal 8 Zwi-
schenabtheilupgen geben, die m^t ^/^, %, ^/^ etc. bezeichnet
werden müfstcn so, dafs jedes Achtel eine Länge von lij^^/^
rhl. F. bezeichne. So werde es in Baiern gehalten, obwohl
leider qsit der Benennung von Stun4eln« Der Verf. könnte
sich hierüber leicht beruhigen, wenn er sich die Erläuterung
gefallen lassen wollte, dafs nach dem gewöhnlichen Spracligc-
brauche bei dergleichen Angaben Stunden und halbe Meilen
sjnonimisch gebraucht werden. Einiges von Meilenzeigern und
Sitzbänken« VIII. Abschn. Verschönerung der Stras-
sen. Hier insbesondere von Alleen, was sich* dafür und da-
wider sagen lälst •-> was aber alles schon hinlänglich bekannt
ist. Ia. Abschn. Vicinalstrassen. Man versteht hierunter
!Nebcnstrassen , welche seitwärts abgelegene Ortschaften unter
sich, und mit der Hauptstrasse in Verbindung setzen« Der Verf.
nimmt sich ihrer bestens an, und erinnert sehr wahr, dafs sie
eine grössere Aufmerksamkeit verdienen als man ihnen bisher ge-
schenkt hat.
IL Abtheilung. Unterhaltung der Strassen«
L Abschn. Aufsichts-, Bau- und' Arbeitspersonal.
Der Strassenbauinspector könne die Unterhaltung von 100 teut-
schen Meilen leiten, wenn ihm daneben kein anderes Geschallt
übertragen werde. Man habe in Bezug auf die* dem Inspector
untergeordneten Wegemeister und die letzterem beigegebenen
Wegemacber ( Strassen arbeiter) ganz unrichtige Ansichten, welche
von der Unbekanntschaft mit den hier eioscUagenden Kenntnissen
herrühren I welche eine zweckmässige zu sehr vernachlässigte
lod T. Pechmann, Anleitung z. Strassenbau.
Bildtiiig^ voraussetzen. Wie wenig übrigens die obersten Staats-
behörden von hierher gehöriger Bildung wissen woUen, davon
ist Rec. selbst ein auffallendes Beispiel bekannt: Ein Staatsrat^
übrigens wegen seiner sonstigen Kenntnisse der grofsten Achtun«;
würdig, erklärte einst einem trefflich ausgebildeten Strassen- und
Wasserbaudirector , dafs der gcsammte Strassenbau eine blosse
Sache, des Handwerkers sej und in technischer Hinsicht keines
Strassenbaudirectors auch keines Strassenbauinspectörs bedürfe,
sonderji nebenbei jedem Landbeamten überlassen werden könne!
Vieles y was der Verf. hier sagt, läfst sich beinahe auf alle tecli-
nische Arbeiten anwenaen. IL Abschn. Förderung, Bei-
fuhrung und Zubereitung des Materiales. IIL Ab-
schnitt. Arbeiten zur Erhaltung der Strassen. Der
Verf. belehrt hier den Wegemeister, auf welche Punkte er bei
Erhaltung der 'Strasse eigentlich xu achten und ^ie er zur Er-
reichung dieses Zwecks die nöthigen Arbeiten anzuordnen habe.
IV. Ab sehn. Aufsicht. Hier viele Wiederholungen des scIiüo
oft gesagten. V. Abschn. Berechnung des Materials
und der\Arbeitskosten und Cpntrolle darüber. VI.
Abschn. Ueber das Fuhrwerk. Hier neue KlaglieJer
über die schmalen Felchen der Räder; der Gegenstand hängt
nämlich mit der Erhaltung der Strassen zusammen, weil sdimaie
Felchen Strassen früher zu Grunde richten. Aber der zugleich
bemerkte Umstand, daffs^ die Fuhrleut« mit gleicher Kr^t grös-
sere Lasten führen können, gehört eigentlich nicht hierher. >veil
er den Strassen schädlich ist. '-— Und nun noch ein Abschnitt:
der Vllte. Ueber den Strassen baufond. Eine finanzielle
Abhandlung. Der Zweck dieser Schrift ist schwer zu eri-atlien.
Wollte der Verf. durch diese neue Bearbeitung eines schon so
häufig beleuchteten Gegenstandes zur Vervollkommnung die-
ses allerdings wichtigen Theiles der Technologie beitragen, so
hat er seinen Zweck verfehlt. »Eine vollständige und praktische
Anleitung zum Strassenbau e , sagt er in der Vorrede, welciie
alle dabei vorkommenden Arbeiten umständlich und fafsiich dar-
stellt, und den Anfänger in den Stand setzt, sich mit Hülle
der nöthigen Vorkenntnisse eine hinlängliche Kenntnifs deS'
selben zu erwerben, scheint mir ein noch nicht ganz befriedige
tes Bedürfuils.« Die Meinung ist .wohl, den Anfänger duKh Um-
ständiichkeit und Falslichkeit im Vortrage so weit zu unterrich-
ten, daf» er, bei übrigens nöthigen Vorkenntnissen, in den Stand
gesetzt werde, aus reichhaltigeren Werken^ sich eine hiijläng-
Hche Kenntnifs der Strassenbaukunde zu erwerben. Am mei-
sten halten wir es für gewöhnliche Strasseninspectoren und Stras-
senmeister auch für lehrbegierige Cameralbeamte geeignet. Ue-
berhaupt scheint aber ^der Verf. kein bestimmtes Pubh'cum ▼or
Augen gehabt zu haben; denn wozu dem Anfänger, dem
y» Pechmann ^ Beleuchtung u. s. w^ io3
Siras^eniaspector und dem Strassen'meister die finan^
ziellen Ansichten im Vllten Absclin. der Uten Abtheilang? Ue-
brigcns , empfiehlt sich die Schrift durch das Detail in vielen
praktischen Vorschriften und durch Wohlfeilheit , wodurch sie
mehr und schneller als andere Werke zur aligemeincn Verbrei-
tung oützlicher Kenntnisse beitragen kann.
D
München. Bdeuchtung der vom Geheimenrcuhe o;. Wiebekinq
unter dem Titel: Abgedrungene Erklärung heraus^
gegebenen Druckschrift, und einige Blicke auf seine Verwal'
tung des H^asser^' und Strassenbaues im Königreiche Bcd'*
ern, Fon Ukihk. Freih, a>. PBCUMjinifj iönigf. Oberbau^
rathe. Manchen 485li^ b. Lindauer. yyS.ingr.S. ifi^i^kr^
ie vom Verf. vorher erschienene Schrift ^ber den früheren
und gegenwärtigen Zustand des Wasser- und Strassenbaues ia
Baiern hatte dem Geh. R. v. Wiebeking zu obgedachter Erklä-
TUDg Anlafs gegeben , auf die hier der Vf. antwortet, der wohl
schwerlich das Feld räumen wird, obgleich jener in seiner A«
W. B. viel grobes Gesclintz aufgestellt hat, auch von Hulfstrup-
pen, die ihm freilich allmählig abtrünnig werden, doch noch
nicht gans entblöfst ist. Wir werden hier die Waffen kennen
lernen, mit welchem der Verf. kämpft. Weder jenes grobe
Geschütz, das einst mit rollendem Donner durch, ganz Europa
ertönte, noch Hülfstruppcn%tehen ihm zur Seite; aber er weifs
das wohl geschärfte Schwerdt in diesem Ritterkampfe mit Skan*
derbecks Arm zu führen. .
»Als die Strasse zwischen Kempten und Lindau vollendet
war, sagt der Verf., wurde, was der Hr. Geheimerath, wie be-
kannt, bei keinem Bau unterliefs, ihr Lob in den öffentlichen
Blättern bekannt gemacht, und zugleich angeführt, dafs sie nirgends
mehr als Z** auf die Klafter steige.« Das. Fehlerhafte dieser
Strasse wird angegeben und dabei bemerkt, dafs sie, ohneNoth-
^Yendigkeit am sogenannten Schüttendobel sogar eine grössere
Steigung habe, als Wiebekiog selbst für das Maximum bei Stras-
sen gestatte. Manche gut gebaute Strasse verdanke ihre Voll-
kommenheit der Geschicklichkeit einzelner Baubeamten. Es fol-
gen nun, interessante und für die Brückenbaukunde wichuge
Nachricluen von den, wie der Verf» sagt, in ganz Baiern liSSl
berüchtigten Wlebckiugschen Bogenbrücken. Er rügt die
Mangel und Gebrechen und gändiche Baufälligkeit der Bogen-
brüdce zu Bamberg, mit ihren unverhältnifsmässigen Ausbesse-
rungskosten. Dasselbe von der Brücke in . Vilshofen. Noch
schUmmer kommt Wifbeking mit der Brücke über die Rott bei
io4 ▼• Pecbmaniit Beleachtosg u. s. wi
Scliirding ivegi und so aacli mit der Neuburger Doirau-
brucke. Die Brücke bei Biesenliofe» bildet jetzt einen bei-
nahe umgekelirteD Bogen ; man mulste zwei Joche darunter bauen,
um sie vor dem Einstürze zu bewahren. Die Br/icke bei Fried-
berg konnte, nachdem ihre Ausbesserungen i3ooo fi. gekostet
hatten, dennoch nicht gerettet werden, und wird jetzt neu erbaut.
Bei der Brücke von Bo genhausen weils der gemeine Maa-
rer- oder Zimmergeselle die Fehler anzugeben — und • so sejen
die meisten der noch übrigen Brücken mehr oder weniger bau-
fällig. Wiebeking n^isse von der Unhaltbarkeit seiner Bogcn-
brücken selbst längst überzeugt gewesen sejn, wie die ihm, dem
Verf., noch in Würzburg zugekommene Instruction für Erhaltung
der so flickbedürftigen Bogenbrücken beweise. Beiläufig von
Posaunen, die Wiebekings Ruhm verkünden ^mufsten , in Be-
zug auf Brücken, die der Erfinder sobald überlebte, ob er
gleich mehr als loojährige Dauer zugesichert hatte. Die Frliu-
dung der jetzt in Baiern ausschlielslich angeordneten Bogenhäng-
'werke ^ welche Wiebeking sich zueignen wolle, werde ihm vod
keinem einzigen Baubeamten in Baiern zugeschrieben. Gegen
deu Vorwurf, dafs eine vom Verf. erbaute Brücke eingestürzt
sej, was seine Richtigkeit hat, rechtfertigt er sich aufs vollkom-
menste« Die jetzt im Bau begriffene Brücke bei Passau giebt
Stoff* zu mehreren Erinnerungen gegen Wiebeking. Noch stär-
kere Veranlassung zu dergleichen Bemerkungen findet der Verf.
im Tadel, welchen Wiebekiog gegen den Verf. in Bezug auf
des letzteren Vorschlag, die Isar zwischen dem neuen Wehre
tind der Bogenhauser- Brücke auf dre Norraalbreite zu beschrän-
ken, in seiner abgedruiigenen Erklärung vorgebracht hat. Man
findet hier manches zur näheren Kenntnifs der Individualität d«
sich selbst vielleicht nicht hinlänglich bekannten v. Wiebekini^.
Wir wollen nur eine Aeusserupg des v. Wiebeking hersetzen:
»Es mufsten viele Tausende angewendet werden, nur um dco
Schein zu haben, als wenn man in der Wasserbaukunde gros-
sere Kenntnisse besässe, als der Verfasser der theoretisch- prak-
tischen Wasserbaukunst, und der Mann, welcher so viele Bau-
werke ausgefdhrt hat.« Ipse dixit! Einen neuen Beitrag zu
den Beispielen von ganz fruchtlosem und sehr bedeutendem Ko-
stenaufwand liefert der Verf. bei Erwähnung des Grundablasses
an dem Wehre bei Fürth. Noch folgen Beispiele von Wie-
l^kings unbegränzter Eitelkeit. Merkwürdig sind auch die Prü-
fungen, weichen derselbe die Kandidaten der Wasser- und
Brückenbaukuude unterwarf. Wenn ein solcher Kandidat auf
die Frage: Weiches sind die vorzüglichsten Brücken? antwor-
tete: >es giebt keine vortre£9icbere Brocken, als die vom Herrn
Generaldirector dem geheimen Käthe von Wtebeking erfaudenen
Bogenbrücken € so sej ew gut weggekommen. Es sejen ihm in-
*EAA«^ sÄe^/voÄoygtr« V. Wülfep-aus d. 17« Jafarh. 10&
ieh doch aucli einige selir gute' 'Prüfengen vofgekomm^. Der!
Yerfass. kommt nnn auf* jene Vergleichung dei: neuesten Bauteif*
mit einer unter Wiebcking, in Besag auf Menge , Wichtigkeit
und Kosten. UebetaU findet er unerschöpfliche Quellen von That-
sachen, die er durch jene abgedrungenc Erklärung genolhigt dem
Publicum vorlegt, um zu entscheiden, vvem Achtung, wem der
Sieg gcbnhre. Er spricht durchaus mit Wurde , ohne Ver-
letzung des Wohlstandes y ohne Selbstsucht, mit Bescheidenheit«
Hellas an die Teutschen* Ein Jammergeschrei um Hülfe,
. in griechischen Hexametern durch einen tentschen Jüngling
aiis dem 4^ten Jahrhunderte, Johjnit H^ijtFin, einem
Nürnberger auf der Hochschule zu Altorf Jungen Teut^
sehen. Freunden der hellenischen Literatur, mit get heilt von-
JoHAHV Adam Goez^ Nürnberg und Altdorf bei Monath
und Kufsler^ 4 8 sin* 4^3* in S* 3o kr,
Xtec* freut sich dieser kleinen Schrift wegen des Inhalts sowohl
als wegen des Herausgebers« Mit diesem, den er immer als
^inen warmen Freund und Kenner der Classiker hoch schätzte,
iKelche derselbe nicht um der Phrasen und Varianten willen,
vielmehr wegen der geistigen An^vendung auf vorurtheilfreies
Denken und edle Gesinnung zu seinen täglichen Begleitern ge-
macht hatte, sjoipathisiert Rec* in dieser Schrift über mehrere
Haupttheile« So sympathisieren mit Ihm gewifs viele, welche*
Einrichtungen nicht blofs nach' allgemeinen Central - Normativen,
sondern nach dem, was das wirkliche Leben durch örtliche und
andere Umstände moglicli macht, reguliert wünschten^ in der
hier ausgedrückten Trauer über die Auflösung jeuer alten zuiu
stilUhäligen Musensitz so sehr geeignet gewesenen Universität Alt-^
d or f, welche. nebs't Helmstädt für ächte Geistesbildung, beson-
ders für Bildung der Lehrer so viel oder mehr geleistet hat und auch
ihren Eigenthümlichkeiten, wenn sie kaum massig unterstützt wor-
den wäre, mehr leisten konnte, als der beguustigteren Eine. Ein
freundschaftlicher Verein von dort einst gebildeten Gelehrten*
feierte den 2i Juli 1822 das Andenken an die Hochschule Al-
torfs. G« erinnerte diese u. uns alle an Cicero's gefühlvoliu
W^orte: Me quidem ipsae istae hostrae Athenae non tata.
operibus magnißcis exquisitisque antiquorum Artibus delectani,
quam .recordatione summorum *virorum , ubi quisqut'
habitare , ubi sedere, ubi disputüre sit solitus studiosequc.
eoram sepulcra contemplor. X. IL de Legg, c. i. Eine
solche Pietät geht nämlich auch auf die äufsearen Reliquien , - um
des Geistes willeoi der darin gewirkt hatte tind in solchen fruchc-
/
ioö ^2Kkaߣ shBSsveKPYs^a T. Wülfer aus cL 17« Jafarh.
baren Natnmm^baQgen npemfithlicber wirken koniite, als auf
Saqdsteppeii' ntü in Residenz -Trelbhäosem« £s ist »classisdicr
Boden,« ruft der Verf. aus, aber er sezt auch hinzu : »Es
»ist der Todtenacker einer Hohensckiute .... Es läcMe
»niemand Hobn> dals der Nürnberger Nürnberg liebt, dafs er
»sich zwar der Gegenwart [ho£fend] freut, aber auch der Ver«
»gangenheit, als einer theuern Abgeschiedenen oft mit stiller
»Wehmuth gedenkt»« Rec. hat es dritthalb Jabre hindurch
hochschäzcn gelernt, wie und warum die aus der, Anarchie des
Faustrechts hierauf durch sich selbst etwas gewordenen Nürnber-
ger für ihr inneres staedtisches Wesen alles zu thup bereit wa*
ren, wenn sie nur, dafs es ihnen angemessen geordnet werde,
das Vertrauen hatten. Wie bereitwillig garantirten sie alle Ko*
sten zur Erhaltung ihres Gjmnasiunis, als ein einseitiger Cen-
tral'Ratbgeber tSio den Augenblick benutzt upd durchs den
Schein , als ob für die drtlich nöthige , treffliche Anstalt kein
eigener Fond übrig wäre , die schleunige Aufhebung' derselben
zu motiviren gewufst hatte. Lauter Privatleute, unter ihnen
vornehmlich der unvergef suche Handelsvorstcher Merkel, ga-
rantirten die Kosten auf so lange, bis der wahre Fond, aus
den Secularisationsverwirrungen heraus, aufgesucht, concentrirt
und neu gesichert sejn würde. Und allein diesem Patriotismus^
bat es die Zukunft zu danken, dafs es dem Nachwuchs von
guten Köpfen in dieser bedeutenden, durch Industrie vimmer
wieder emporstrebenden Stadt, nicht allzu schwer gemacht wec^
den durfte I zum wisseoschai'tlichen Eminiren und also auch zur
Theilnahme ad der constitutionellen Staats- und Stadtverwaltung
sich heranzubilden. Es wurde durch die Untersuchung nach-
gewiesen, dafs an die Stelle der ini dr^ifsigjaiirigeu Kriege sonst-
liin^ verbrauchten Kirchen- und Schulfonds damals schon von
der Bürgerschaft eine Mahl -Steuer übernommen wurde, welche
nicht der Staatscasse^ vielmehr der Erhaltung der Kirchen und
gelehrten Unter richtsaustalten zugehörte tiud zu vii>diciren vi'^ar«
Eben so thednehmend lernte jetzt Rcc. durch den Vf. auf welch
rühmliche Weise Wülfer der' Jüngling, welcher 17 jährig für
das Heil von Hellas hellenisch declamirt hatte, sich durch Ver*
ciuigung der Mathematik, alter wie neuerer Sprachkenntnifs und
Geschichte mit der Theologie, auch durch Menschenkcnutuifs
und Bereisen gebildeter Länder sich, ungeachtet man ihn der
Lehrart des Helmstädter Calixtus auf alle Weise entwöhnen
wollte, unter die Classe derer einst emporarbeitete, welche den-
kend und gelehrt genug- sind, um die »Orthodoxie /des Her-
zeos c wie es der Verfasser nennt, nicht von vorgeschriebener
Dogmen-Orthodoxie dieser oder jener Zeitvergangenheit abbän-
gjg zu inacheo« Ungeachtet er, der besseren Geister Eioer,
geb. den 7. Jun/ i65i, gest. den 3. Sept. A794, nsttten in etue
'EAA«ff ßÄsäiyeXbyB<rec v. Wölfcr ans d^ iy. JaÜrli, »o/
durch den 36jtfirigen ' Krieg tu einer steif doglnattscWen Streit-'
tlieologie aufgereizten Zeit versetzt war, bewies er überall, dafs
der wahrhaft Einsichtige der tderanteste gegen trrmeinende,
und nur gegen List und Gewalt der Intoleranz intolerant ist.
Seine Recfitsinnigkeit und Milde schützten ihn dennoch gegen
schädliche Verkezerung, Er war Prediger, Seelsorger, Director
eines Predtgerseminariums, Professor der Moral und Kirchenge-
schichte^ am Aegidianischen Ljceum und starb als Antistes in
der höchsten Würde der nürnbergischen Geistlichkeit» Und
von diesem Manne nun «erneuert Hr. G. die Empfindungen, mit
welchen ihn, da er mit Junglingsfeuer durch die uralten Leh*
rer der Menschheit aus. der unvergänglichen Hellas sich von der
Barburej der Vorurtheile und der Geschmacklosigkeit losarbei-
ten lernte, ein redlich teutscher Sinn erfüllen konnte. Vor ihm
stund (so ist der Titel der griecbi'schea epischen Rapsodie)
*H wv EXkttg
eXettvoXoystT»
ii» Ttj}/ Sptj/HOÜ(T^V Heti
Tcocp» TWiT eihXoSetiruy ^
. fioch^ec 6b TeirovcüVy
Und dieses — - im Jahr 1669 ^* 7* I^^c. Schon damals^
wo an Revolutioniren nicht zu denken war, rief Wulf el:
T^aro fiekoi bfuVf Tepfiecvotf ahctfioi etvSpegl
'0<ppec ^äksvSepni vfinf fievif aisv mbitoq*
alev BkBvScpnig avdpwicoiQ ßsktspov b^ivI
Of /^ Bk^Bpnjg ot^oKccvBi f oKßiog «f /k,
Rec« setzt diesen Biedermatinsworten keine Uebersetzung
bei. Wer sie sich zu übersetzen versteht , hat gcwifs auch so
iriel denken gelernt, dafs er, gerade weil er Freiheit liebt, ge-
waltsames Umstürzen als ein Hineilen zur Unfreiheit,^ erkennt
and vermeidet. Nicht die Constitütionellen , nicht die Girondi-
sten, nur die Ultraisten aller Partheien sind Afilliii;te der Igno»
rantiner. An einer andern Stelle spricht W. weissagend:
J:t(üc icpjMvaiv leoiiiiffeu Bvocis hvfua |
hfJLtav xeti <ncBvhiv rp T«pK(y op%i» neiget % \
fl6 ffixppBlTB , <p/X0/ , PCfiC/ flTj rUTBVBTB . . [
9an(!KmroQ ßißwppto sx^i »»KKrj^Bx rspHog^ \
:i^d)6iSBTocf 'Vy, rovrovg ioXss^g biq fiö';^«r« ffOi^BU \
:^Eu yccp uvbfmcasy Bx^^^fog rtfKoc eerayrov* \
Rec. bemerkt nur ifoch , dirfs Wulfer den Zeiten nocfc oo^
ler war, wo man den-Solimansnnd Bajazets und Mehmets die
{ umanität des KjJlopcn P'olypbcmus gegen Uljrsses zutrauen koniitei
ioR .Liter» u, biogn Notizien r« a. in Balern Bediönstet.
Dach denn du. Niemand J zehr ich zuletzt auf, nach
dem Genossen,
Jene, die nächste, zavof. Dies sej die dankbare Schonung.
Nach Odjss. IX«
Dennoch; was einmal witklicfi war, ist immer wieder mög-
lich. Und kann der türkische Fatalismus nicht ir|;cnd auch dar-
auf verfallen, soviel Kriegskunst, als mit seinem stiirraischea
M^th vereinbar ist, den vielen Lehrmeistern abzulernen, die
man ihm. aufuöthigt?
H. En G, Paulus.
H^ichtigste Lehensmomente aller Kön. Wairischcn
Civil ^ und Militärbedienst igten (Bediensteten)
dieses Jahrhunderts. /. — V. ^^rf^' Auf. Kosten der
Unternehmer. Augsb, b. ' Wolf. ( Das Heft So kr. , un-
gefähr 4 Bogen.) 4848. 4g.
Hs wäre zu bedauern, wenn diese '^Ueberblicke des für den
Staat von Baiern thätigen Personals nicht' vollständig geliefert
würden, da sie als meist fertig augekündigt sind. Von manchen
weniger bekannten Männern tj[icbt es hier Spuren und Dafa^
varum sie in ihrem Wirkungskreise nützlich und schätzbar seju
mögen. Ks mufs der Staatsgcsellschaft, e» muls dem Rinzelaen
erwünscht seyn, dafs hier jeder seine Mitarbeiter am Ganzen
kennen zu lernen, Gelegenheit hat. Viele Aufgezeichnete sind
auch dem Ausland merkwürdig, wie z. B. Joh« Christoph Are-
tin, wo auch Nach Weisungen gegen die uach Baiern berufenen
vorkommen, vVelehe 1809. als »Gegner der grofsen Plane Na-
poleons« bezeichnet wurden. Sie waren meist Protestauteu.
Von der Zeitschrift Alemannia wird S. 29. gesagt dafs sie
den 2. Febr. ij. plötzlich erloschen sej. Warum wrar dies
ein dies fatalis? Da vom L Heft eine zweite Auflage erschie-
nen ist, SQ zweifeln wir um so weniger au baldiger Fortsetzung
U(nd Beendigung. Bemerkungen, dais nicht alle' Angaben richtig
seyen, mögen nur Veranlassung werden, dafs jeder seinen oder
seiner Bekannten Artikel berichtigen helfe. Die ganze Anlage
der Sammlung ist zweckmäfsig.
Mit Vergnügen wurde auch Rec, an manche seiner Freunde
und Bekannten , und zugleich an Umstände , die ihm sonsThcr
nicht bekannt waren, erinnert. Von dem sehr gelehrten und
denkenden Prof^ der Kirchengeschichte zu Würzburg, dem in-
defs verstorbenen ,Dr« Franz. £| er g wird im IL Heft S. 5i*
bemerkt: er habe, weil sein. System der Pbilosojj^ie^ su 'wenig
beachtet' worden sej; nach A8f4 eine, gewisse' Bitterkeit
/
]^iter, u. biogr. Notizen v. a» in Baieni Bedienstet, lag
gegen Protestanten [angenommen, an die er sich bis 2i»r
' Herausgabe seines Sextus mit eiper ;Ait von Warme angeschlos-*
sen habe. Reo. kann aus eigener Erfahrung dem Mifskannten
das Zcugnifs geben, dafs Er die protestantische Denkart sehr zu
schätzen wufste, aber Schwärmereien und Phantasterei als das
Gegenthfil von Protestantismus und Wissenschaftlichkeit ansah.
Er kannte und achtete das Gute sefner Kirche und vertheidigte
es gerne gegen Anmassungen der Staatskunst; aber er k^nte
und misbilligtc eben so sehr die Anmafslichkeiten des Kirchen-
thums und hierarchischer Despotie, aus dem gründlichen Studium
der Geschichte allzuwohl der verkehrten und verderblichen Fol«^
gen kundige Nach diesem Geist war er auch der Verf. »dier
»Kritik des natürlichen Kirchenrechts und dier neuesten Verdrey
»hungen desselben für das Interesse der ^Hierarchie.« Germanien
(Mannheim) 1812. Schade nur, dafs der Zwang der Verhält-
nisse in Bergs Einkleidungsart ihm gewisse Wendungen und
Deutungen zur Gewohnheit machten, welche gesucht scheinen
konnten und die zur ruhigen Uebe^rzeugung nöthige Klarheit
nicht befördern. Möchten doch seine Manuscripte, welche viele
gründliche Studien enthielten, in gute Hände gekommen seju.
Rcc. bedauert sehr , wenn manche ganz unbenutzt bleiben sollten.
In der > Kritik des natürlichen Kirchen rechts« bekämpüe
Berg vornehmlich das (wahrscheinlich zu Bamberg verfalste)
-sogen, allgemeine Religions- und Kirchenrecht aus Grundbcgrii^
fen entwickelt 1819.« GrundbegriflFe, wie sie etwa der Verstorbene
Frei sehr unfrei gedacht haben möchte. Diese Grundbegriffe sind
nichts anders als eine scheinbare Vertheidigung eines absoluten (von
der Staatsverfassung unabhängigen Kirchenregiments. So viel
Kec. aus der Vorrede der Kritik und aus den Zeitumständen
combinieren konnte, war Berg zur Prüfung j^ner Schein-
gründe und zur Andeutung einer richtigeren natürlichen, (d. h.
aus der Natur und dem Begriff an sich fli cssenden ) Ansicht des
Verhältnisses jeder Kirche zum Staate^ durch den auffallendsten
Wechsel der Denkungsart entscheidender Personen veranlagst .
Noch ums J. 18t 2 war alles in Europa in ß.eT Richtung, dafs
der Staat leicht den Kirchen allzu wenig Rechte zugeben
mochte. Der Umschwung^ ^ler Dinge führte jetzt dahin, dafs,
-wenn gleich nicht die katholische Kirche selbst , doch die päbst-
liehe Hierarchie leicht wieder allzuviel gegen die Staaten sich
herauszunehmen versuchte und versuchen möchte« Wenigstens
deutete auf sehr bedeutende Versuche dieser Art auch ein za
gleicher Zeit in guten Zeitungen (s. Schwab. Merkur v. igten
Jan. 1812) sehr vorsichtig, aber bedeutungsvoll, bekannt ge-
machter Artikel, welcher »nach Paiiser Nachrichten aus Rom
vom alten Dec. 181a« Folgendes angiebt: »Auf das sorgfäl-
tigste sind alle Abdrücke der zu Anfang dieses Monats uater
HO Liter, ü. biogr* Notizen ▼. a. in Baiern Bedienstet.
die Presie gegebenen Urkanden In das gelieime Arehir
febracht worden,- Man versichect, dafs sie. nicht weiden be-
anni gemacht werden, und dafs man den aufgeklärten Gesin-
nungen des Souverains eines grofsen Staats die Erhaltang der
öffentlicheB Ruhe verdankt, welche durch die Be-
kanntmachung dieser Urkunden unfehlbar in meh-
reren katholischen Staaten gestört worden wäre. Der
heil. Vater scheint die Absiebt gehabt zu haben, den Verkauf
der'Kirchenguter in allen Ländern für nicbti^^ zu
erklären. Der Geist der Mäfsigung Sr. Heiligkeit bedurfte
nur, von der wahren Lage der Dinge in Kenntnifs gesetzt zu
werden, um diese Absicht aufzugeben.« So diese Notiz« Da
jedoch das. schon gedruckte nicht, wie so leicht geschehen
konnte, vernichtet, sondern noch aufbewahrt ist, so erhellt aus
diesem, wie aus so vielen sondern Momenten, wie uothig es
werde , über Kirchenreclu überhaupt und besonders über das
' rechtmäfsige Verhäitnlfs von Staat und Kirche gegeneinander bis
auf reine, feste Ideen sich durchzuarbeiten; wozu Reo. Tornclim-
lich auch die protestantischen Theologen und Studirende auf-
muntern möchte, da sie gerade in den jetzigen und bevorste-
henden Zeitverhältnissen, ohne helle leitende Grundbegriffe auch
in diesem' (jetzt gewöhnlich allzu sehr von ihnen übergangenen)
Fach akademisch sich- zu erwerben, Und zu durchdenken; nur aiizu
oft in ihrer Laufbahn mit Bedauern zu erfahren haben wurden,
dafs sie den Folgerungen aus so manchen halb wahren Behauptuu-
gen einseitiger Politik oder Hierarchie die wahre Unterschei-
dungen und äestimmungeu nach dem drängenden Zeitbedurfuifs
eDtgegenzustellen nicht bereit scjn kduneo.
H. E. G. Paulus,
Ein
Grai mit der 'Geliebten* Romantisches Trauerspiel in 5
Abtheäungen foji /• F, ScaiifK, Berlin;, an Bureau Jür
Literatur und .Kunst. 4 8 st 4. 4 Rthlr.
B
Jbiine Verpfiaozuog der bekannten, mehrmab dramatisch behan-
delten Geschichte der Konigin Elisabeth und des Grafen Essex
auf fremden Boden. Das Trauerspiel ist einer Spanischen Dich-
tung: dar vida por sa Dama ei Conte de Sex nachgebildet,
von welcher wir einen Auszug im zweiten Bande der Lessiog-
schen Dramaturgie finden. Die Handlung ist in eine ferne Zeit:
die des Wiederaufblnhens der christlichen Reiche in der west-
lichen Halbinsel von Europa, und des noch bestehenden Kampfs
.mit den Mauren in Granada verlegt. Wie der Ver£user von
Sehihk. Ein Grab mit der GeHebteu. tii
seinem Original in Zeit Ort und Namen der handeliideii Perso-
nen abwich y. und^ so seines Phantasie einen freien Raum ger
stattete, hat er mit Recht -*. geglaubt in Charakteren und Motiv eO|
von seinem Vorgänger abweicheni, und eine neue Schöpfung
und/ Gestaltung derselben, seinem Zwecke gemälsy vornehmeit
EU dürfen. — > Ob er aber das^ was «r damit erreichen wollte,
wirklich erreicht; ob er das Muster 'einer dramatischen Dich-
tung, wie sie ihm vorschwebte^ erreicht y^oder sich ihr nur. ge-
nähert habe, steht sehr dahin*
Aus der strengen , herrschsüchtigen Elisabeth ist eine mildey
aber noch liebeglühendere Frau ; - die^ fabelhafte Königin von
Castilien, Almaide entstanden .und alle, der Elisabeth und der
Nottingham eigne scharfe Züge hat d^r Dichter seine» Stut«^
land: der Gräfin Blandia zugetheilt. Nicht ist sie jenes im
Dulden und Leiden so anziehende Weib, sie ist eine Tochter
des südlichen Hinimels, an den heimlich mit ihr vermählten
Feldherrn Gorma zwar mit unwandelbarer Treue wie die Statland
au Essex hangend, aber auch fähig, eine jahrelange genährte
R^^che unter dem Mantel der Freundschalt gegen die Königin zu
verbergen; iltd, wi6 der langersehnte Augenblick da ist, sieh
nicht scheuend durch zweimal versuchten Meuchelmord die Hand
an ihre Gebieterin zulegen, dabei aber hat sie, unvereinbar mit
der Grandezza des spanischen Charakters ketu Bedenken gefunden,
sich dem Dienst und den .Launen der Königin zu unterw^erferf , um
* — einst ihre wilde Rachlust zu befriedigen» -•— Das ist keine Seele,
die der edle Garma (Essex) wahrhaft lieben , und um die er die
iNeigung der für seine Siege dankbaren, in aliei' Hinsicht liebens*
würdigen Königin verschmähen kann! Bindot Pflicht ihn a» jene
Verachtungswürdige; er kann für.die Gattin Avohi die Gnade der
Herscherin erflehen , — - aber mit treuer Liebe der Racbsüchtigeu
anhangen, und ihr, wie sehr er ihre Schuld anerkennt, sein Lebeo
opfern wollen, um sie zu retten?—^ Nein das ist gegen die Natur.
Das Bekenntnifs und der Selbstmord der Bhndia befreien am
!Ende den des Hochverraths angeklagten Gatten; dem aber das Le-
ben so wenig Werth hat, dafs er es in der nächsten Schlacht dem
Feinde Preis zu geben beschlie£st. Da er dies, alier Wiederrede
ungeachtet, will, und sich vornimmt, die Gebeine Blandia's mit
ins Feld zu nehmen, so wird wohl freilich am Ende heraus kom-
men , was der Titel ausspricht t ein prab mit der Geliebten»
Was der Bewerber um die Hand der Königin , der Infant von
Portugall eigentlich bei der ganzen Sache zu thun habe? wird man
nieiit recht gewabr. Er verdirbt durch Aufhorchung, was er her»
Dach durch erwiedertes Vertrauen wieder gut macht, fallt dann
äufs neue feindlich ein in das Schicksal des Helden, durch Hervor*
ziehen des Verdachts gegen ihn, und hebt am£nde den Verdacht
wieder auf durch die ausgesprochene Ueberieuguiig von dessen
112 Sckink. Ein Grab mit der Geliebten.
•
Schuldlosigkeit Diese Nebenperson hfitte somit vfohl ganz eniheliri
werden y und diese £nd>ehrun^ das Trauerspiel dadurch bedeu-
.teod verkurzen helfen kdnnen. Ih welchem Falle dann der Piiu:
durch sein Nichterscheinen wohlthätiger als durch sein Erscheioea
gewirkt haben wärde*
Fragt man: was treibt dann, abgesehen von dieser mir m
Wege stehenden Person y die Räder, des ganzen; Werks? so rindet
sich die Intrigue eingeleitet durdi ein Verkannisejn wollen der
Königin , als Gorma sie zum erstenmal rettet; fortgeführt durcli
das mehrmals wiederholte Spiel mit der Schärpe der Königin, die sie
dem Retter gab, und die nun zu mancherlei nutzlosei^und docIi dazu
unwahrscheinlichen Sceneri Anlafs giebt , so wie durch das 31il'i'
verstehen y nicht hdren, nicht (mehrmals aus übertriebener Delica-
tesse) zu rechter Zeit sprechen wollen der dahhi interessirten Per-
sonen — - und endlich gelösct durch der Gattin freiwilligen Tod
und des Gatfen Freisprechung, die dieser nur dazu, sich dem Tod
in die Arme zu werfen , nützen will.
Niedrig und zum Höchsten langweilend wird jedem Leser und
Zuschauer , der gegen !den Feldhcrrn Gorma , auf der Buhne ^'
gestellte Crimioalprocels seyn: das Verhör, wo nil der Actuar
fehlt , um alles Ansgesprochene geliörig niederzuschreiben. Hatte
nur der Canzler als Richter seine Crimioalpraxi^ ein wenig besser
verstanden ; durch eine einzige Gonfroniation der Angeschuldi^en
wäre die Wahrheit zu Tage gefördert, und statt des tragischen
Endes eine.Versöhuungs- und Verzeih ungsscene erfolgt: sutt des
schauerlichen gemeinsamen Grabes, wäre ein erneuertes Veilo'
bungsfest zum Vorschein gekommen.
Unnöthig war die Entschuldigung des Dichters, dafs er in
diesem Trauerspiel Prose und Jambe abweclisehi lassen. Da er
einen Meister nachweisen kann, der hierin mit ihm gleieli ver-
ehrt. Kein Kundiger wird ihn deshalb tadeln, so wie eben der
nicht verkennen wird, dafs aus dem gewählten Stoffe verschiedene
»ehr anziehende Situationen hervorgetreten sind, und dafs ein-
zelne Scenen sich durch trefffiche Stelleu über die gewohulicln'»
Erzeugnisse unserer Zeit | im . dramatischen Fache, iii mancher
Rücksicht erheben.
Erganzungs-^BlStter d. Heidelb. Jährk d. Literatur. 1. 8.
Vorschlag zu einer nmen hydrostatischen hungenprobe, kundge^
macht von Joseph Berht, Doctor der Heilkunde j k.k, or^ -
dentlt/chem und öffentl, Professor der Staatsarzneikunde an
der hohen Schiäe zu Wien. Mit einer Kuffertafel^ fVien,
4 8% 4» Gedruckt und im Verlage bei Carl Gerold, (Mit
beigefugtem lateinischem' Titel und Text: Programma, quo
notfa pulmonum docimasiä hydrostatica proporutur a Josx^
PHO ßsRST eic). 6g S. 8»
Ule Widerspriiclie, welcbe der unter dem Namen der Schwimm^ «
und Athemprobe oder der Galen locken Lungenprobe be-
kannte Versuch gleich bei seiner Einführung in die medicinisch-
gerichtliche Praxis in Hinsicht seiner Zuverlässigkeit gefunden^
baben^ wie der'Verf, in der Vorerinnerung (S. 8.) äus-
sert, nicht nur immer zugenommen, sondern nun an Menge und
Gründlichkeit selbst jenen Grad erreicht, der jeden gewissen-
liaften. Gerichtsarzt bedenklich machen mufs» in einer so wich-
tigen Angelegenheit auf einen so trüglichen Versuch einen so
einflufsr eichen Ausspruch zu gründen. Dafs ^le Verminderung "^
des specifischeu Gewichtes oicht^ die einzige wesentliche Verän-
derung sej, welche die Lungen dufrch das Athmen erleiflen, dafs
das zugleich vergrösserte absolute Gewicht und der vermehrte
Umfang der Lungen eben so bedeutungsvolle W^irkungen des
Athcraholens sejen , w.äre ' bereits von Ploucquet und D a-
niel dargethan worden; doch hätten «diese um die gerichtliche
Medicin wohlverdienten Männer eben nicht das einfachste Ver«
fahren eingeschlagen, um jene Veränderungen der Lungen zu
erforschen und vielleicht deshalb so viele Widersacher gefun-
4ien (?). In nachstehenden Blättern werde nun ein einfaches,
die sämmtlichen drei, durch das Athmen bewirkten, Hauptter-
ändernngen der Lungen genau andeutendes Verfahren, eine auch
dem Verstände der Nichtkunstverändigen einleuchtende neue hy-
drostatische Lungenprobe,, in Vorschlag gebracht; die jedoch die
alte Schwimmprobe blofs aus dem Grunde nicht ganz' ausser
Gebrauch setzen solle, um sich ihrer (wie dies bei chemischen
Giftprüfungen der Fall %tj) statt eines Gegenversuches zu be-
dienen , und um derjenigen willen , die Verbesserungen , blofs
weil sie neu sind, wenig Glauben beimessen, oder lieber mit
den Alten zu fehlen, als mit den Neueren dicf Wahrheit zu
gestehen, sich entschliessen können (!)•
Recen9. hat schon bei einer anderen Gelegenheit in diesen
Jahrbüchern (i8ao. H. 7. Reccns. von Henke's Lehrbuch der
gerichtlichen Medic.) seine Meinung ¥on der Lungenprobe geäus-
£rS*Bl.z.d*H*Jahrb«^.L. I« 8. 8
ii4 J» Bernt üb. die hydrostatische Lungenprobe.
seit. Indem er sich darauf im Garnen* bezieht, sieKt er sich
jedoch veranlafsty hier gleich die Erklärung- za wiederholen,
welche er seinen weiteren Btmerkuogen über die gegen die Lud-
genprobe gemachten Einwurfe vorausgeschiekt hatte; dafs er
nämlich nicht zu denen gebore, welche den Werth der Lungen-
probe überschätzen I sondern gern zugebe, dafs sie in so man-
chen Fällen keine Aufklärung geben und dafs man sich nicht
immer auf sie allein verlassea könne ; daCs er dagegen aber doch
überzeugt sej, dafs sie oft wirklich Aufschlufs gebe, und dafs
sie selbst dann, wann sie nur neben anderen > Zeichea Aufschlufs
geben oder zur Bestätigung derselben dienen kann, immer alle
Beachtung verdiene. Bei dieser Ansicht von der Sache hatte er
zwar die Einwen dungeh, welche er wirklich für gegründet hielt,
gern als solche anerkannt, und die schwachen deiten der Lun-
genprobe offen eingestanden, aber nicht minder das, vras ihm
zur Entkräftung anderer Einwürfe zu, dienen oder für die Lun-
genprobe zu sprechen schien, so weit es der Raum dieser Blät*
ter erlaubte, anzugeben sich gedrungen gefühlt. Könnte 'er nach
den neueren Erörterungen von Henke über die Bew^eiskrni't
der Lungen- und Athemprobe in strafrechtlichen Fällen (in sei-
ner Zeitschrift für die Staatsarzneikunde, 1821. H. 3 u. 4*)- Die
Sache als für dessen Ansicht gemäfs entschieden halten, so würde
er das eben so offen erklären,' als er seiner jetzigen Uebeneu-
gung nach noch an der früher vertheidigten Ansicht balten mu^s.
In wiefern di/esc Ueberzeugung^ gegründet ist oder nicht, mag
sich aus dem ergeben, was Rec. in d^ieser Anzeige, wo er sich
ohnehin vvieder über die streitigen Punkte zu erklären bat, über
die in jenen Erörterungen auf seine früheren Bemerkungen sich
beliebenden Erinnerungen äussern wird. Dafs übrigens den ge-
gen die Lungenprobe gemachten Einwürfen nur dann gehörig
begegnet werden kann, wenn man nicht blofs auf die specifische
Schwere der Lungen gegen das Wasser, sondern auch auf an-
dere Ersebeinungen an denselben und den benachbarten Theilen,
welche auf das Atbmen Bezug haben, achtet, ist von Metzger
und Anderen längst bemerkt worden« Welchen Wertb-Rec.
insbesondere auf die Verbindung der Ploucquetischen Lungen-
probe mit der hydrostatischen legt, hat er schon in der Anzeige
von Henke's Lehrbuch erklärt und wird sich auch aus dieser
Anzeige weiter ergeben;
Im ersten Abschnitte wircl die Trüglicfakett der
bisher gebräuchlichen Lungenprobe betrachtet. Die
lieuen Verhandlungen über die hydrostatische Lungenprobe sind
(S. i5.) bei dem Satze stehen geblieb^i: Es könne w^eder
das Untersinken noch das Schwimmen der Laugen
im Wasser, gegen oder für das Leben nach der Ge-
^
X Berat üb, dii^ bydrostatiscihe Ludgenprobe. tiS
burt eines gefancletie.||> todt^p Kinde«, einen stielte«.
ren Beweis abgeben, t^reil L die Langen bei nach der.
Geburt 8.tatt f^efundenem Leben des Kindes im Was-
ser untersinkeui wenn a) es nach der Gehurt, zwar will-
kübrliche Bewegungen geäussert hat, aber nicht AtLcm holen,
konnte, h) nur ein unvollkommenes Athembolen statt gefunden
htit., c) das specifische Gewicht der Lungen. durch Ansammlung
von Schleim, Eiter, scinliose Knoten, Kotzündung veunehrt wor^«, .
denistj weil IL die Lungen bei nicht statt gefundenem
L.cben des Kindes nach der Geburt auf dem Was-
ser schwimmen, wenn d) das Kind im Mutteileibe , oder
vor völlig beendigter Geburt, einige Athemzüge gemacht hat
und, bevor es noch geboren worden^ ^gestorben , öder ej dem
todt'zur Welt gekommenen Kinde Luft eingeblasen worden ist^
f) sich auf der Oberfläche oder in der Wesenheit der Lungen,,
durch Fäulnifs oder Krankheit Luft eptwickelt und sie schwimm-
fahig gemacht hat. Man müsse gestehen, ä^sser^ der Vf. (S. 16.]^
darüber weiter, dafs, wenn diese Beweise, ubezeugend sind und[
den Mängeln durchaus nicht abzuhelfen ist, es, wie Rem er
im beissenden Scherze sagt, in der That ratbsam sejn "würde^
»die ohnehin sclion sattsam geplagten Phjsiker mit dieser über-*
flüssigen . Arbeit zu verschonen.€
Während seiner mehrjährigen medicinisch - gerichtlichen
Praxis leuchtete es ihm jedoch von Zeit zu Zeit immer deutli-
cher ein, dafs die der Lungenprobe zur Last gelegten Mängel
und die Unsicherheit vor Täuschungen bei derselben grolsten-
theih daher rühren : weil man dabei ^eine ganze Aufmerksamkeit
blofs auf das specifische Gewicht (das Schwimmen oder Unter-
sinken) der Lungen zum Wasser gerichtet, hingegen die durch
das Athmen erlittenen Veränderungen der Lungen in Hinsicht
ihres Umfanges und absoluten Gewichtes gar nicht, oder zu we-
nig in Ansoblag gebracht hat, obgleich Plouc(|uet und Da«
n i cl die Gerichtsärzte längst hierauf aufmerksam gemacht haben«
Wie nothwendig es jedoch sej, den Umfang und das absolute
Gewicht der Lungen zu erforschen, um Aufschliifs über das
Leben nach der Geburt eines gefundenen neugeborenen todtea
Kindes zu erhalten, sucht er durch Anführung mehrerer gericht-
lich erhobener Fälle darzuthun, in welchen man, wenn man blofa
auf diQ Derbheit, die mehr oder weniger dunkelrothe Farbe
und das Untersinken der Lungen y so wie auf das Nichtknistera
beim Zerschneiden und auf den Mangel der Luftblasen beim
Ausdrüoken unter dem Wasser gesehen bättei zu dem falschen
Schiufs verleitet worden 8e7n'wür4e, dafs diese Kinder nach
der Geburt nicht geathmet hätten, dagegen der Umstand, dafs
die Lungen )>ereits aus dem bintereo tUttine des firustkorbes
8^
• I • -
^i6 J. Baut üb. die hydrostati^ehe Lungeiyprobe.
nerllich li^rTorgeCreteii waren und dbii Zwer^ell hiDabgedrSngt
halten, und dafs ihr absolutes Gewit1ft,r weicii es bei diesen noch
nicht reifen Kindern vo^ der Respiration: noch nidht 'aLoth-
(welche nach der Ailnier&. S. so. die' Ltingen r eifer-Knider,
die nicht geathmet häbeii, im Durchschnitt' gerechnet,' wiegen
sollen) betragen konnte (?}, beiläufig nm die Häifte zugenom-
men hatte (abgesehen dtf^on; dals hier auclv noch der Zustand
der Harnblase und des Mastdarmes * das Urtheil erleichtert haben«
soll), zu dem Gutachten bestimmte, dafs diese Kiuder eine
Zeitlang nach der Geburt gelebt, jedoch unvollkommen geathmet
hatten. Diese Beobachtungen sollen beweisen: dafs nicht nur
beim vollko'm'menen, aondern auch'beim unvollkom-
menen Athemholen durch das Vonstattengehen des
kleinen Kreislaufes nrcht blofs das absolute Ge-
wicht, ja selbst auch der Umfang der Lungen ver-
mehrt werde; 'es Sey nun, dafs der kleine Kreislauf in den
Lungen auch dann vor sich gehe, weiln die eingeathmete Luft
blofs bis in die Aeste und Zweige der Luftröhre , nicht aber
in die Luftzellen der Lungen gedrungen ist, oder dafs die Luft
durch den Druck des in Uebermaas eingeströmten Blutes aus den
Luftzellen vneder vollkommen verdrängt werde (?). Wiewohl
diese Beobachtungen allerdings Beachtung verdienen, so mochte
doch die Erklärung derselben und die aus denselben gezogene
Folgerung zweifelhaft seyn. Wir wollen nur darauf aufmerk-
•am machen, dafs nach Schmitt 's Beobachtungen auch bei
todtgeboreneh zuweilen die Lungen groTs, den Raum der Brust-
höhle ausfüllend und schiwerer als in den obigen Fällen g<'fun-
den worden sind. Man vergleiche Schmitt's neue Versuche
und Erfahrungen über dicPloucquetsche und hydrostatische Lun-
genprobe, S. 198 ff. u. besond. Versuch XIIL, XX.u. LXXVII.
Im zweiten Abschnitte folgt nun die vorgeschlagene
Verbesserung der hydrostatischen Lungenprobe.
Soll die Lungenprobe als hydrostatisches Experiment alles, was
sie vermag, leisten und volle Sicherheit gev\ähren, so mufs sie
(S. 4o ff.)) ^'^^' ^^ einem willkührlicheu , in einem bestimm-
ten und hierzu vorbereiteten Gefässe, und statt mit
einer beliebigen, mit einer bestimmten Menge von tang-
lichem Wasser vorgenommen werden. Zu diesem Behuf
wird ein starkes cyKiid^i^ches, drei' Zoll breites, eilf und ein
viertel Zoll tiefen, gläserne^ Gcfäfs mit zwei Pfund destiilirtem
Wasser gefüllt, und^die Stelle,' Wo der Wasserspidgel die Wand
des Gefässes berührt,' rings herum mit einer dauerhaften* (cinge-
schiiffencn) wagir^cßten LJbie l>ezeichnet. Bei Vornahme der
Lungenprobe wird nun dieser Wassörspiegdi in Hinsicht seines
niedrigeren öder hMk^reii Standes verschiedene Veranderui^cM
Jl^B^fDlv üb. dk>liydrostcüti8cfa4) Dlngeoprobe. ii^
«rieidtoy je nacbdlem die.Lün|^n eatweätk ^JitYoär einem hieben-'
acht- oder neunmoDtitlichen .Kiiide, ^;):iifioii;.eioeai .M^dohea oder
Knaben, oder cjiron Kindern Iiersta&idcir^ idi« noch <gar nicht,
nur niTvoUkommen oder vollkommen gfeilifaniet ihaben; Ueher^ d^r
kreislordftigen Lint!(i.dos^'WQisscrspiegldls nn^rdun- veirmittelsti segir
recliter Linren drei« «Fächer "(Cöhimneb):imtt Kubriken für Nlh^
VÜW und' ■ für IX^pnatlicliei Kinder ei^Mot,//and diese nkitid^p
Bo < ^Imt- ärigedeuteten' Zaiblep' ron der ■ Unkun i ti.vr Techiei%> 'Hand
b^Eofohlietf zugleiohiii^biinelbäp •darunter' »injedefr der ^dr^t für
b^idei Geschlechter '*ein^ribht«€eii> (DoU^nneii di«: Bujohstahen fv
^weibli^) und m; (nii[nniicb)«g«s9tei, um d^tDiün- dieser JJiiisiit^^t
mdglichen^ • iDiB^erenzeni^ d«n> tfdthigen> S^idraiim i^o. lassen. -^ Um
-üb^df es den verändenÜln' SianA ■ des ' Wa^sen^iegels durch. Zah-
len auSKMriickiien , ^nvitdii^dbeiii )de!ri'^ile:^in 'Z%^ei ZoU Jbhgery
idXiriW'säbgethellter^ Maa&ub eiiigesdtü%ii;>,i i iNi;,, ;
' ' i>, Um abtr dieM- di^ei Mt^ppeken ^Cdiuntiea auszufülLeti iund
riem ^GeTä^sre für' d^i Xünftigeb förennis^heiJGebraücli' die «rfor-
d&rlichei£{n'richli!ittg(<lld<^^bei»^ 'vrerdcii i Wchsdweise die Luikgen
Votti 'dOcrhs^ 'Kiiidertf ^'^drdi ^weiblioheA' ticid'' ^blsrttso ^yieie^.;mänui>-
cUtti G«sclyleehb , v^ > Vollk^QAMnetl sieben^ -acht und neuii Mif
iiat^n")!d$e- notorisch 'nich^gcaihlnet' hkben', saiumt dem hjjersen
und woh^'^terbundeti in> da^ Geföfs'^init Wasser ^thaat^ und
de^'ikib^i ^ich zeigende verschiedene Stand» dös 'Wasseärsfüflgels
in'dieil ^iftrei senkrechten >C<$lut]6neh ■dttrd)''Qilier5triche bezre^cb-
nct,- ulid^^ai" der linken S^itö»diörSealö^ziütt8cb«i' über dentWa»-
s6r${>i)Sg€4'dejr 'Buchstabe '-^'akigeBäerkt^^ ^ziöiii^ Zeixihen , dafs dies
dei« Standpunkt- iii jedf^r<€blümi^ieliirKittd«kV'^i6-^ nicht geathmist
habeof', ^ey. Danii «^ifrdenäüfgltJitth*^ Weise» die Lungen von
sedis^ ' Kintlern , drei ' Weiblithcln * ütid*' fitkn sfO' yi«le> männUcheh
Geschle<ihts, von ' v^lkt)mA^^h ki^ew/'acht iind neun Monaten«
die iiotoi'isch' unvoUkoibmeä ^eathmet haben, sammt dem Herzen
und ' w^'hl unterbunden in dlis"G%fiifs mit- Wasser gelegt , und
der'dtibei sich zei^enilel 1idK'a>e> Sland de&WasselPspiegels in den
drei "ftnlci'etJhtiwi 'Coltirii^ett «ebenfalls ^dwch "ijtterstriche bczeich-
lidtV und an der Sl&ire diir' äcAe 'dei< Buiftlwtab^ U hinzugesetzt^
tum ZeicÄeh, dafs 'min ' Äteken Qtferstlfieli ffip die Gränze der
ieinvdilkön&m«nen R^f^li^^ibii'' halten* itt<»ik Z^etzt werden die
tungen vori' sechs Kiihl*irb', von drei MMdeheu' und eben so viel
Knaben, Vdn vollk^mmeii siebeii, achi' und -üeün Monaten, di«
entschieden vollkommen geathitoet liabeh,* sätkymt dem Herzen und
woWutt6k'l^rideri,'^iin^r^ denselben 'Vdi'si<5liffeo in das Gefäfs
ihit Wasifer gfegebeb-' uiid der dabei* sieh zeigende driltö und
höchste Stand des Wasserspiegels in 'den drei senkrechten Co -
lumncn gleichfalls ' durch Qtiferstricfae angedeutet und seitwärts
zunächst über dem Wasserspiegel der Bachstabe F" binzugezeiciw
i i6 i* Bemt Sk; du bydrostatikcbe Lnngapi^obe.
nee, zum Mcifaaalei' dab^ ^Acse Linien auf Kinder tiiadeuteDy
^welche vollkominen^geachmet hid>ea.
In einem to besoliaffenen und eingeriditeten Gefasse uud
in einer solchen bestünmten Menge Wasser werden nun (S.48 fi-)
'die Lungen sammt dem r Herzen von Kindern jedes Alters und
,GescblecliteS| die nicht, geathm et baben (deren Umfang
«und absolates Gewiehe t<>mit noch nicht vergrossert worden ist)
i-^ sie mögen «un'.venÜoge ihres speciGscben Gewichteai schnell
«u Boden sinken i öder, .entweder weil in. dieselben ducoli das
Einblasen, durch KranUieit oder durch die ersten Gi^de der
'Fäulnils Luft gelangt ist, langsam Untersinken oder schwimmen
A«»-< die geringste Menge Wasser aus dem Baume verdrangen und
«len Wasserspiegel nach. Verschiedenheit dfls Alters und Geschlech«
tes in den senkrechten :Cdumnen in..eirten der drei, durch die
Parallel -Linien gebildeten > ersten • Zmschenräume hinauftreiben
)iind »hierdurch andeuten:. dafn die Kinder noch nicht ge-
-nthmet ha beil. Lungen von Kindem jedes Alters und Ge-
«chlechtesi die unvorll kommen .geatl^met haben (deren
Umfang und absolutes: Gewicht somit bcKei^ meijklich vermehrt
^w^orden ist), werden «^ sie mtotfien wegen Mangel an Luft,
rw^en Ansammlung von Schleimi £iti9r.y s^rrhQsen Kaoten und
<dgl. nik untersinken^ nder. weil sie eingeatlimete, eingeblasene,
•durcli Krankheit, dujrch die ersten .Grade der Fäulnifs eutwi"
•«kelte Luft enthatekii.Aufidem Wasser schwjmmen --TifMie gros-
-sere Menge Waaset aus. dem Räume yerdräagen, und nAch Ver-
schiedenheit .des \AJiter3 und Geschlephtes den Wasserspiegel in
den senkrechten Columnen in einen der, durch die drei zweiten
iParaUel -Linien) anged^utetetii Zwischenräume hiqaufdräogen, uud
liievdurch anzeigen: /dafs^ die.J^in^der unvollkommen ge*
jithmet haben. Lungen endUoh yon Kindern jedes Alters und
Gesehlechtes^ die voUkommext ^geathmet habea ^deren
Umfang und absolutes Gewicht in^ höchsten. Grade vermehrt wor«
den ist), werden -rr «iß mögen auf dem. Wasser schwimmen^
«der wegen einer. krankhilf ten. Be^affe^h^it i^ntersinken — die
^rofste Meoge\ Wasser ^us dem Raiime .verdrängen, und nach
Verschiedenheit de9 Al\^i^$ und Geschlechtes den Wa$serspie|;cl
in den senkrechl^l^ Cp^umnen bis ii> einen der drei, durch die
Parallel -Linien beH^hrjfabenen,, boqhsteu . Zwischenräume hinauf-
heben, und hieidfirch zu erkenneii'geb^n; 4<>^' ^^^ Kinder
vollkomnjien gesit)},paet hajben.
Nachdem der Veri« ,auf diese Art seine neue Lungenprobe
beschrieben, hat, er gelbst (S. 5a.) gleich einen Einwurf zur
Sprache gebracht, ^ der, /da sie in Ansehung des Verhältnisses
des Umianges nnd der Schwere der L^ingen gleiche Voraus-
setzungen hat, wie die Proben von Pluuccjuet uiid Da nie],
J«'Bernt üb. die liy^drosla tische /Lungenprobe, tig
auf jencaUerdings eben sf^wdil ^triei auf':dicse zu^ beziehen bt^
Es ist der: dafs es n'elrst dem Alter und Geso hl echte
4 er Früchte (wekhe :hier allein berücksichtigt werden)
euch noch andere individuelle Diffe'reuxen in Be^
treff des Umfanges and absoluten Gewichtes der
Lungen geben könne, so zwar.^ dafs zwischen dem
gröfsten Umfange und gsröfstenabsolutenGewichle
der Lungen bei' txi'dt- und dem kleinsten bei leben-
dig tur Welt gekommenen Kindern nicht blols eine
Annähe^rungy ein allmiahliger Uebergang» sondern
sogar auch ein'weites Hinausragen des einen über*
das andere statt finden dürfte« K^ch- des Yerf^ Mei-
nung trifft aber dieser Einwurf) nicht sowohl das absolute Ge-
Avicht der Lungen «n sich, als vielmehr das relative Gewicht
derselben zum Korper; indem Differenzen dieser Art zwischen
Kinder -Lungen unter sich höchst seltene^ hingegen bedeutende
Gewichtszunahme des Korpers durch Fett, VoUblutigkeit, und
gegenth^ilig bedeutende Gewichtsabnahme durch Abzehrung, Blut-
verlust u.. s. w. häufige Erscheinungen aeyen. Er beruft sich in
dieser JEIinsicht vcM^lüufig auf Albr. Meckel*s (Lehrb. d. ge-
richtl* Aledic. S. 372«.Anm» **) beistimmende Meinung, bis er
auf eigne' Hinreichende. Beobachtungen hinzuweisen im Stande
sejn werde.
Sehr zu bedauern ist es, dafs deif Vf. .sich nicht umständ-
licher über diesen vKchtigen Gegenstand ausgelassen hat und dafs
er sich noch nicht auf hinreichende Erfahrung beziehen konnte.
Kec. hat schon bei einer anderen Gelegenheit (in der Recensioa
von Henke's Lehrb. d. gericbtL Medic. 2te Ausg. Heidelb.
Jahrb. i8ao. H. 7. S. 632— 63a«) angegeben, welchen Werth
er ai^ch hei der gewöhnlichen Lungenprobe auf die Berücksich-
tigung der Schwer.e der Lungen lege« Da aber die von ihm
verth^idigte Ansicht neuerdings wieder bestritten wordeh ist und
der streitige Gegenstand bei der Beurtheilung der von unserem
Verf» vorgeschlagenen .neuen Lungenprobe ebenfalls in Betracht
kommt , will Rec. sich . hier noch etwas näher darüber auslassen.
In seinen Bemerkungen über Henke's vieiten Einwurf
gegen die Lungenprobe hatte er als den schwierigsten Fall den
anerkannt, wo es sich fragt, ob das Schwimmen durch Einbia*
sen von Luft bewirkt worden sej« Mit Recht, äusserte er wei-
ter, sey von Schmitt und Henke bemerkt worden, dafs
hier manche von Metzger und Anderen angenommenen Unter-
scheidungszeichen, als die angebliche Unmöglichkeit der vollkom-
menen Ausdehnung der Lungen und der Mangel des ^knisternden
Geräusches keinesweges sicher sejen. Aber (ausserdem dafs das
künstliche Aufblasen der Lungen, selbst von geschickten Acuten^
lao X Bernt üb. die hydrostatische Lttügenprobe.
▼btgenbmmen, schwer gelingt) verdiene ein Hauptpunkt* Met
eine nähere BerudLsicbtigüng , der wmigstens oft Aufklärung
geben kann, 'nämlich die mit dem Athmen eintretende. Anfiiliung
der Blutgefässe der Lungen und deshalb grosserd Schwere' der**
selben, daher auch die Plouc^etsche Lnugenprobe, wenn auch
sonst Manches dagegen, erinnert werden könne, als ein Hüifs*
nittel zur Aufklärung dieses Punktes. immer wichtig sej.
Hiergegen hat nun Henke (Zeitschr.« H. 4* S» 224») be«
hauptet, dafs derjenige, wer Schmitt 's und Lecieux. Tabellen
über das Gewichtsverhältnifs der Lungen zu dem des ganzen
Körpers , so wie über die absolute :Scfawere • d^selben ansehe,
sich wohl überzeugen werde ^ >dafs Ploiutcjuets Methode zu
keinem sicheren Resultat fähren ^ könne. Wie s hr Rec^ schou
früher Schmitt's Versuche und Erfahrungen für der Beachtung
werth gehalten habe, geht aus ieineo früheren Aeusserungen her-*
vor. Hätte er nicht auf sie Rücksicht genommen, ^o würde er
den von dem künstlichen Aufblasen der Lun^n hergenommenen
Einwurf für weit wenig^er bedeutend und Pioucquets- Lungen*
probe' für weit allgemeiner entseheidond cjrklärt haben.- 'Da- ihm
indessen bei unpartheiischer Prüfung'nicht genügen konnte, wenn
aus Schmitts Erfahrungen blofs das angeführt wird, was die von
ihm nie geläugnete schwache Seite der Ldugenprobe darthut, da
er es bei einem so schwierigen als wichtigen Gegenstande für nö-
thig hielt, alles das, was, wenn auch nicht immer, doch manch-
mal Aufklärung geben kann, zu berücksichtigen, führte er nicht
blofs das von Schmitt selbst aus seinen Versuchen gezogene
Resultat an, dafs ein reifes Kind, bei welchem das Gewicht der
Lungen mehr als 4 Loth 3^ Drachme beträgt, geathmet habe,
sondern fügte auch noch das von Wildbergs Beobachtungen
hinzu, welcher nämlich das absolute Gewicht der Lungen, die
(nach anderen Anzeigen) geathmet hattenf, nur einmal aa^
Drachme, sonst immer höher fand. Dagegen wird nun von
Henke bemerkt, dafs, w^ie auth Schmitt schon selbst erinnert
habe, unter 25 reifen Kindern, mit «deiien er Versuche anstellte,
nur vier waren, deren Lungen diteem Gericht entsprechen,
dafs bei 21 Kindern die Frage nach diesem* Maasstabe uneutschie*
den blieb, weil das Gewicht ihrer Lungen mit dem von noto-
risch todtgebornen zusammenfiel, und- dafs in Ansehung der
vorzeitig geborncn Kinder die Beachtung der absoluten Schwere
der Lungen noch seltener Aufschluis gewähren 'würde. Dieses,
zusammengenommen mit den bekannten aligemeinen Einwürfen,
welche der Blutlungenprobe entgegenstehen, werde wohl genü-
gen, um die von ihm als Lehrsatz aufgestellte Behauptung zu
rechtfertigen; dafs der Gcrichtsarzt, auch h^\ der gröfsten Vor-
sicht und unter Berücksichtigung aller Verhältnisse, das gesche-
J. 3emt üb. . die' hydrostatische Lungaopröhet tat
' t , Y '
kene Lnfteinlilasen aus piiysiscKen Merkinälen nie (?) miiSiclier»
beit erweisen I sondern höchstens esilur als wahrscheinlich ver«-
muthen könne* Allein einen so durchaus für die Lumgcnpfobe
iingäastigen' Schiulis ^^ dafs dieselbe nämlich hier nie Aiifklarung;
gebe, können wir- aus den angeführten -Erfahrungen taicbt zie*
hen und hat auch Schmitt selbst 'nicht .gezogen, indem er
{S, i4a*) deil Gewinn, der aus diesen Resultaten für' die Prai^is
der gerichtlichen Mcdicin zu ziehen sej, ^war nur für äusserst
gering äusglebt, aber doch nicht ganz laugnet, auch ( S.^ 252.
nr. IS.) die 'Möglichkeit zugiebt, dafs das künstliche Aufblasen
im Gegensatze nrif der vollkommensten Kespiiation durch die
Athemprob« und Blutlungenprobc' yom Zustande des Athmens
SU' unterscheiden se^, und (S. f47*) lutt Jäger glaubt, dafs
die Ploucquetsche Lungen probe bei keiner gerichtlichen Unter-
suchung dieser Art unterlassen werden- soljte, weil sie eine £f^
scheioung bezielet, die, in sofern sie über vor^ega'n]^öne- Respi-
ration dann doch einigten Aufschlufs geben kann, immer beach-
tet zu- werden verdiene. \ ' *
Ueberdem müssen wir ab^er' zur richtio^ereti Beurtheiluns:
des 8P&S ]6nen • Erfahrungen gezogenen* Result^tels ^noch auf Fol-
gendes aufmerksam ^ machen. ,Was erstens die 2 1 Kinder be-
trifft, bei denen das Cewicht der Lungen weit unter 4 Lolk
3f Quent war oder nach Schmitts Angabe mil deni vonTodt-
gebornen ^usammenfi«! , so waren es entweder solche, die
schwach athimeten, oder lange nach der Geburt üieht zum Ath-
men kommen 'konnten, wenig schVieen und deren Lungen auch
nidit gehörig schwammen. Ja eines, dessen Lungen nach dem
XXXII. Versuche nur 2 Lölh 1 5 Gran wogen, war lebeni^
schwach geboren, mit vieler Mühe wieder zum Leben erweckt
und verschied gemachsam a^'Stutlden'nllch der Gebullt, ohne
einen starken Laut' von' sieh ^ gegeben zu haben, die' Lungen
schwammen nicht vollkommen und besonders äu^s<irte det untere
Lappen der liifken Lunge eine starke Tendenz zum Linken und
erhielt sich nur nothdtiritig mit der Oberfläthe des Wassers gleich.
Ein anderes (XXIX. Versuch), dessen Gewicht überhaupt auch
nur 4|;a,%'> ^^^ ^^^ Lungen aber 3 Loth weniger 4 Gran be-
trug, war ebenfalls lebensschwach geboren und -Während dem
Gebrauch der Belebnngsmittel , nach, einigen Athem'zügen, vol-
lends gestorben Oder es waren schwächliche," sehr' mittelmäs-
sig genährte, magere, zart organisirte^ nur* 4 %> wiegende Kin-
der (Versuch XLII. XCI. L.^ und in einem PdUe (Versuch
XXXIX.) h^te das Kind wahrscheinlich 'einenf beträchtlichen
Blutverlust durch den Nabel erlitten. Eben so ist zweitens in
Ansehung der ai^f der 4ten Tabelle angeführten todtgebornen
reifen JCinder, deren Gewicht dem der lebendgebornen reifen'
isa J« Benit üb. die hjrdrostaiische Lungenprobc*
Kinder , die geathmet haben, niher' kam^ Masdies' zu erinnern.
So zeigten z. B. in dem VI. Versuche die Lunten, ei^e Yor sich
gegangene unvollkommene Respiration an, erhielten sich im Was-
ser mit und ohne Herz in der Höhe etc.^ oder es hatten sieb
schwache Bewegungen des ^ Herzens geäussert und die Lungen
waren (freilich nachdem unter den Erweckungsmitteln auch Luft-
einblasen versucht worden) vollkommen ausgedehnt, dunkel ro-
seuroth, schwammen mit und ohne Herz vollkommen und aus
den Verschnittenen Stellen drang ein schaumiges Blut hervor
(Vers. X.), oder es war in den Lungen wenig oder kein Blut
zu bemerken (Vers. XXI V^ XXXIIL), oimi sie waren leberarti^
(Vers. XXXVIII.), oder es war auch yerhaltnilsmässig das Gewicht
des Körpers grösser 7 %• ^o hoili (Vers. XLVIL) oder das
Kind selbst bis zur Monstrosität dick, fett und ansehnltck, einem
ein Jahr' alten ähnlich und wog 8 $• ^4 Loth , die Lungea
4. Loth 1 Quent, oder die Lungen waren .ungewöhnlich mit
Feuchtigkeit angefüllt (Vers. XXXI. LXXV. XCVIL). Wenn also
auch in den angeführten Fällen das Gewicht der Luugen von
Lebendgebornen dem von Todtgebornen sich nähert oder damit
j^usammenfällt, so möchte doch aus den eben gemachten Bemer-
kungen steh ergeben, dafs dies nicht etwa einer gänzlichen He«
gellosigkeit in .der Bildung der Lungen zuzuschreiben , oder als
, ein Bew^s ^egen die Möglichkeit, das absolute Gew^icht der
Lungen reifer und gesunder Kinder genauer zu bestimmeD,
anzusehen, sondern meistens aus den individuellen Verhältnisseo
jener Fälle woU zu erklären ist. Da Lecieux nicht ^n^e seiu
.Vorgänger Schmitt (den er nicht gfsnannt, auch wenigstens in
seiner in mancher Hinsicht w.^niger grundlichen Arbeit sich nicht
zum Muster gjßnommen) seine Tabellen mit einer so genaucu
Darstellung der bei den einzelnen Versuchen beqbaclitclen spe*
ciellen Verhältnisse begleitet hat, können wir den Grand der
aut denselben vorkomivend^n Abweichungen nicht näher nach-
weisen. Andere Beobachtnngen, z« B. die oben angeführten von
Wildberg (die Henke freilich nicht berücksichtigt) haben
aber schon ein günstigeres Resultat gegeben, was auch Reo. bisher
bei seinen Versuchen «bestätigt gefunden hat. Uebrigens hat auch
Schmitt selbst (S. 139 — 4o*) schon gestanden , dafs die Ge*
Wichtsverhältnisse desto stabiler und normaler würden, je mehr
der Reifegrad der Kinder zunimmt, und auch Marc, der in
der Abhandlung Docünasie pulmonaire im Dictionn, des scicnc.
med, T. X. die Beobachtungen von Lecimx oder dessen Pracses
Chaussier sowohl als die von Schmitt wohl beobachtet hat, fu^
doch die Bemerkung hinzu: i^Nonohstant Vincomhmce des rap^
Sports que fournii Vdpreuife de Plaucquetj äs sont ^ lorsqu'on
^opere sur des foetus d Urme, detfls le fUu grand »omire da
J/Bernt fib/diö Üydrosfatiscl^ Lüägenprobe. i23
^asid p€u pris tes que Pmt^enieur de ce proc^i Us dtalUt.^
Hiernach möchten wir die Sache auch noch nicht für abgethaa
4)alten, s^ondem zur Fortsetzung solcher Versuche ^muntern*
jSolIte auch nur £iir die genauere Bestimmung des absoluten G^
richte» der Lungen reifer und gesunder Kinder ein günstigeres
AtisUltat erhalten werden , so wurde das immer wichtig sejn
(wie auch neuerlichst ^A. Meckel [Lehrb. d. gerichtL Medic«
«S* ^^7* ***] anerkannt hat), wenn gleich auch die Ploucqueti-
«cbe Longienprobe in Fällen ^ wo das Athmen wegen Schwächci
-Schleim etc. verhindert . worden ist, keine hinreichende Aufklä-
rung geben kann. Wo aber Abweichungen, gefupden werden,
ist wohl ftu untersuchen, ob sie durch individuelle Verhältnisse
des Grades, des Wachsthums und deir Ausbildung des Kindes,
der kranken Beschaffenheit, der Hindernisse der Respiration und
der Todesart veranlafst worden, in welchen Verhältnissen wenig-
stens Wildberg (Handb. §. a64« ^) allemal den Grund der
^weichung gefunden zu haben versichert.
, So wie wir deamach.noch immer der Meinung sind » dafs
•fs< wichtig sey, neben der älteren hydrostatischen Lungenprobe
wdie Ploucquetische vorzunehmen, so geben wir auch gern zu,
■dafs die vorgeschlagene neue Lungenprobe, welche neben dem
Schwimmen oder Untersinken der Lungen zugleich den Umfang
■und das absolute Gewicht: derselben berücksichtigt, Beachtung
verdiene« Qb sie aber mehr leisten, werdey als die frühere Lun«-
^enprobe^ wenn dabei nicht blols. auf Jas Schwimmen oder Un-
tersinken der Lungen, sondern auch auf andere Erscheinüngeii
ün denselben jUnd . den benachbarten Theilen , welche auf das
Athmen Bezug habfin, gesehen und die Ploucquetische Lungen-
probe damit verbunden wird, lassen wir noch dahin gestellt
sßjjXm Dafs anch das . Ausfüllen • dec drei doppolten Columnea
und die erforderliche Einri-.'htung des.Gefasses für den künftigen
forensischen Gebrauch eine höchst mühsame Arbeit sej, die mit
der Untersuchung von neun Mädchen- und eben so viel Koa-
benleidhon bei wettern nicht abgethan ist, sondern 4ie den Ver-
such mit mehreren Hunderten erfordert, um in jeder Columnen-
^btheilung den höchsten Standpunkt zu finden, unter den dio
untergeordneten, welche die vorkommenden Di^erenzen darbie«-
teil, fallen müssen, bat der Verfass. in seiner .bald nach dieser
Schrift herausgegebenen Anleitung zur Abfassung miedicinisch*
gerichtlicher Fandscheine und Gutachten, Wien i8aa. 8. S« a49*
Anmerk. selbst bemerkt. Jedoch will er sich diesem Geschäft
mit Freuden unterziehen, da seine Amtsvtrbältni^e ihm hierzu
dlie günstigste Gelegenheit darbieten, und wir sehen daher um
so mehr mit Verlangen der Mittheilung seiner ferneren Beobach-
tungen entgegen. Diese v^ erden auch am besten nicht nur über
X
ta4 ^ Berat üb, die bj^drosiatische Longenpi^^he.
die Richtigkeit oder Unsicherliett d^r TorHlüfig genncbten Be-
BeichnuiJgeo edtsciieidea, ' sonder» d^n Verf. i vielleicht' anch zu
manchen angemessenen Modificationen seines Vorschlag^es bestim-
men. >o sind auch sdiön in < dem.. sonst ühmlichea Vorschh^e,
welchen neuerdings Wildberg im Anhange zu^^setDca Rhap-
sodien aus der gerichtlichen Arznei Wissenschaft gemacht hat, meh-
rere Modificationen angegeben/ iv(H*auf bei der Anzeige jener
Schrift nähere Rücksicht genommea wd*den solL«.
Hiernach läfst sich der Verf^ (S^ 54. K) noch «ber die
Fälle aus, in denen die Lungenprobe über das Leben des Kin-
des nach der Geburt Aufschlüfs geben konneb Beröcksichtigt
man nämlich bei der Vornahnse dieser 'hjdrostatbcheti L'ungen-
pröbe da» durch eine 'Wa^e 'zu' erforschende«' GeWi cht des Kör-
pers^ der I^ungen tind Lcbcrj den Umfang des Brnstkorbes, den
Stand des Zwerchfelles, den Umfang, die Farbe ^ die Derbheit
oder 'Auflockepung, den-' Blutgehalt, die gesande oder kranke
Beschaffenheit, das Knistern* oder^Nich tknistern«, d^s ScKivimmea
oder Untersinken - der Lungen mit I und ohne Her«, für 'Sich allein
und in* Stücke Aerschnitten>j «nd alles 'dasjenige, was bei der
bisher gebräuchlichen Schivimmprohe' zu beobachten •vorgeschrie-
ben ist, ohne im- Falle der.NicIitiibcreinsttmiiiiung der sämmtli-
chen Erscheinungen auf d4s'>Sehwimmenf und Untersin-
ken der Langen mehr We'rth zu legen, als auf die
Veränderuftgen des Umfanges und absolüt^en Ge-
wichtes, so werden wir (S.«'56.;' im Stande seynf ^ie gros-
sere Zahl der Fingangs er ^ -ahnten, der SchwimmproÖe «dt Recht
cur Last' gelegten Mängel zii beseitigen und die Ffage: Ob
ein Kind nach d^r (jcb^rt gelebt hab^^oder nicht?
in folgeriden Fallen mit Sicherheit vor jeder • l^iCtrschung zu be-
antwortet/: I. wenn bei elnieml' lebe ild« zur W^lt gekom-
menen 'Rind'e- hj nur ein unvdllkömtaien^s Athmen Statt ge-
fuddieh hat;* dann :uenn c) dai'Specißsche Gewicht der Lungen
durch Ahsamitflung voA Si^hleim, Eher, dureh^sktrHudse' Knoten,
Entzündung vermehrt' worden* ist} 'wenn O^^^'dem^ todt zur
Welt Werke WtnetaeW Ki'nde ej in die Lttn^en' Luft ein^e-
blasen Word eä ist ^ Wentt-y^jlslich auf der Oberfläche oder in
der Westetiheit'der Lungfcö durch Krankheit odef Fäulnifs Luft
^entwickelt',' und 'dieSe ditfselberi ^chw'ttomfähig getnatht bat. Nur
über folgernde tP^ei Falle kann {S» SS.) diese Lung^hprbbe kei-
nen Aufschliifs gfeben': dj) ^ werih* dlis Kind nach der G eburt zwar
willkühAich* Betwegungcii ' g^bsi^ert hat, aber» riWit Athem
schöpfen konnte; weön Jj däisselbe' im Mutterleib^', oder vor
völlig beendigter Geburt' ^ini|[e Athc^zu>e geiiacht und, bevor
es noch geboren worden,- gestorben ist.
J. Berat ftK^die hydrosteitiäch^ LuogMprobe. 125
Vther diese Falle l>al der Vcrf» hierauf (S. 5S ff.) ndcli
nelirere Beiherkungen mitgetheüt^ die Beachtung verdienenv und
'worüber wir • uns hier 'noch mk weiterer Rücksicht "auf Hen^
ke's Einwürfe' und dessen auf unsere frühere Bemerkungen über
dieselben I «ich beziehenden Erinnerungen äussern wollen.
In Biszug auf den Fall, wo das neugeborne Kiud, obgleich
es den Zeitpunkt der Lebensfähigkeit erreicht hat, wegen nicht
normaler Beschaffenheit der Lungen und der benachbarten Theile^
als wegen' Bildangsfehler derselben, oder AtiffiUung des Mun-
deSj der Nase und der Luftröhre mit Schleim, nicht athnien
kann (welcher unter Henke's erstem Einwurfe §. 621^:
dafs die Lung^nr und Athemprobe nur aösmitteln
könne, ob das todtgefunden^e neugeborene Kind ge-
dthmet, nicht aber, ob es nicht, ohne itt athmen,
dennoch uadh der Geburt gelebt habe, angefahrt wird),
bemerkt der Verf. (S. 66.) mit Recht, dafs Fehler dieser Art
bei der ohnehin niemals zu vernachlässigend eb Untersuchung die-
ser Theile leicht au&zumitleln und^'somit als von dem bösen
Willen der Mutter ganz unabhatf^ig^e -Hindernisse des Athemho-
lens zu ](>etFachten seyen. ' ; '
Auch über die unter demselben Einwurfe angeführten Fälle,
-wo das lebend geborene, der Reife nahe oder reife, Kind durch
die Niederkunft in' einem Bade, unter einer Bettdecke, durch
das Eintauchen des Kindes ins Wasser, durch das Zuhalten des
Mundet und der Nase nach geborenem Kopfe, durch die Ge-
burt in seinen Hauten, somit durch* sträfliche Handlungen und
Unterlassungen der Mutter gehindert worden ist, Athem ;^
holen, hat der Verf. mehrerei Beachtungswerthe geäussert. Das
N^iederkommen in einend Bade setzt nämlich (S. 52.) grosse Ver-.
;chlagenheit von Seiten der Mutter, den Rathschlag und Bei-
^and anderer Menschen vorafni, welchen sich nur Weibsperso-
len aus den bemittelten Stauden ^i^o der Kindesmord selten ist)
verschaffen könnten.-^ Das warme Bad wurde das lebende Kind
sben so wenig, alis eine nicht fest zusammengedrückte Bettdecke
lindern, dem Bedürfnifs, 'Athem zu holen. Genüge zu leisten
ind dann im ersten Falle Wasser statt der Luft einzuziehen, so
Lafs b<^ aufmerksamer Untersuchung im ersten Falle die Merk-
aale des • etngeathmeten Wass/ers , im zweiten aber die Kenn-
eichen der statt gefundenen Respiration wahrzunehmen sejn
vurd^n."* — Das Untertauchen des Kindes ins Wasser gleich nach
ler Geburt wird ineistens zu spät kommen, da die Kinder ge<«
leiniglich schon zu athmen beginnen, v^enn sie bis an die
j iiften g'eboreu sind , oder es ' wird im Wasser Athem zu
ölen versuchen und die gertthtlibhe Untersuchung daher
en Tod des Kindes' im Wasset «luzttmitteln haben. -— -^
i36 J.'Bernt üb« ditf hydrostatiächet Langenprobe.
An anlialtendem ZuhalUn deii Mundes nnd der Nase itv er-
den Gebärende durch den Drang der Weben, dureb Kräm-
pfe, Obnmacbl und Besinnungslosigkeit gebindert werden; es
werden aucb Kindec, die auf diese Weise einige Zeit am
Atbmen gebindert worden, wieder aufleben; nnd wenn das Zu-
halten des Miindes und der Nase mit rpber Hand lange und bis
xnm Tode des Kindes fortgesetzt worden, so werden bleibende
Eindrucke davon an der Leiche zu bemerken seyn.— * Die Ge-
burt eines reifen, oder der Reife nahen, Kindes in seinen Hauten
ist (S, 64-) an und für sich eine so seltene Erscheinung, dafs durch
sie zuweilen in anderer Hinsicht wohlerfahrene Hebammen über-
ijp^ischt, und in den ersten Augenblicken verleitet worden sind,
solche Fruchte fiir Mifsgeburten zu halten.' Käme einst eia sol-
cher Fall in der medicinisch-* gerichtlichen Praxis vor, so wurde
ein solches Kind, da eine heimlich gebarende und das Aussetzen
des Kindes im Sinne führende Mutter wohl schwerlich mit dem
Tcrlarvtcn, ihr räthselhaften. Abgange nähere UntersucbuDgeu
austeilen wird, noch in seinen Häuten eingeschlossen zur gericiit-
lichen Untersuchung gelangen, und den Gerichtsarzt in den Stand
setzen, Gründe dafür auszumitteln und aufzustellen: Ob HofE-
nung zur Belebung des in seinen Häuten eingeschlossen zur Welt
gekommenen Kindes, wenn diese bei Zeiten geöffnet und Bele-
bungsversuche vorgenommen worden wären, vorhanden ^?ar oder
nicht?
Was die zuletzt betrachtete Geburt des Kindes in den un-
cerrissenen Häuten betrifft, so ist es längst anerkannt ^worden,
dafs die Lungenprobe, die nur anzeigt, ob ein Kind geathmee
habe oder nicht, in solchei^ Fällen über das Leben keine Auf-
klärung geben. kann, Rec. hatte indessen schon bei derBetracK'
tung von Henke's erstem Einwurfe in Erinnerung gebracht, dals
nicht nur solche Fälle höchst selten sojen, sondern daüs dabei
auch im Falle eines Kindermordes, wie schon H aller bemerkt
habe, die Spureu von: Gewalt und Beschädigung zu beachten
sejen. Hierauf hat nun Henke (Zeitschrift 1621 H. 3. S. 8.)
erwiedert, dafs auch der, wenn auch höchst seltene, Fall vor-
kommen könne, wo die heimlich gebärende Mutter das lebende
Kind in den unzerrissenen Häuten zur Welt bringt und es ster-
.ben läfst, indem sie es nicht von den Häuten befreit, und yro
dann auch keinesweges Spuren von Gewalt und Beschädigung
sich finden würden, die Lungenprobe aber ausweisen werdcp
dals das Kind todtgeboren sey, weil es nicht geathmet habe.
Wenn aber doch einmal alle möglichen Fälle beachtet werden
sollen, so wird man biliigerweise auch zugestehen müssen, dafs
der angeführte, ohnehin höchst seltene, Fadl sich uberdem noch
so verhalten könnci wie es Bernt| wenn ^ucb nvohl ^u all«
J. Bemt all/ äie hydi*ostatische Lxingeapvobe. 127
gemein, voraussetzt y dafs nämlich das noch in den Hau«
t-en eingeschlossene Kind der Untersuchung des ffe-
ri ehelichen Arztes d^r^eboten werde, wo dann wenig-
stens an die nach HeuLe dnrch. die Luogenprobe zu veranlas-
sende Täuschung nicht /zu. denken ist« Wenn aber auch, wie
•wir schon bemerkt haben, die Voraussetzung von Bernt zu all-
gemein seyn mag, wenn dagegen auch der Fall vorkommen
kann, wo, das in den Häuten geborene und gestorbene Kind
ohne diese untersucht werden müste, so würde die ' Lungen-
probe freilich nicht das Lebea des Kindes anzeigen könhen ; aber
mach unserer Ansicht würde sie nicht gerade, wie Henke behaup-
tet, nachweisen, dafs das Kind todtgeboren sey. Rec/hat viel-
mehr in Bezug aUf solche Fälle, w,o nach Metzger der Arzt
den sichersten Weg gehen s(^ll, wenn er das Kind iüt todto'e^
lioren oder unter der Geburt gestorben erklärt, indem er^'so-
nur die Inquisitin begünstigen köfme, gesagt, dafs es der Wahr-
lieit angemessener sej, hier als Resultat der Lungeuprobe anzu-
geben, dafs das Kind, wo nicht todtgeboren/ doch in einem
Zustande, wo es nicht geathmet, gewesen sej. So vvie man
aber das Unmögliche, dafs die Lungenprobe auch das Lehen
ohne Athmen anzeige, nicht von ihr- verlangen kann, so soll^
man deshalb auch ihren sonstigen Werth nicht zu sehr herab-
setzen.
In Bezug auf den in Henke's zweitem Einwurfe, dafs
die Lungenprobe keinesweges das Athmen d^s Kin-
des nach der Geburt unbedingt beweise, da das
Kind auch schon vor und während der Geburt ge-
athmet habdn könne, vertheidigten f^a^iVuj uterinus hat sich
der Verf. (S. 66.) für die Meinung erklärt, wie sie in dem
Gütachten der wissenschaftlichen Deputation für das Medicinal-
Wesen im Minist d.J. über zwei auf Kindermord sich bezi^
hende Fragen (in Kleinschrod's n. Arch. I. 3* S. 442. ff. u. d.
Jahrb. f. d. preuss. Gesetzgeb. von v. Kamp|z H. XIV. S.
*99- ff') geäussert wird, wornach diese Erscheinung selbst nur
in solchen Fällen einer zögernden Geburt, wobei Manualhülfe
geleistet wird, vorkommen, nicht aber bei den verheimlichten
Geburten, welche rasch und ohne fremde Hülfe vor sich gehen
anzunehmen sejn soll. Auch von dem Rec. war schon hei der
Würdigung von Henke's zweitem Einwurfe, nachdem er die
allgemeine Bemerkung über den Vagitus uterinus vorausgeschickt
hatte, dafs derselbe doch wenigstens nur selten, unter dazu be-
sonders günstigen Umständen uiid wohl nur bei. zögernder Ge-
burt vorkommen möchte, jenes Gutachten angeführt worden»
Hierdurch wurde nun^ Henke veranlafst, dies Gutachten einer
umstündlicheo Prüfung su unterwerfen (Zeitschr. iSai* H. 3.
ifkS X Bemt üb. die hydrostatische Lungenprobe.
S* ii ff.). Ohne dasselbe! liier in aHen Punkten vertheidigen zu
wollen, bemerkt Reo. nur, dafs er eben so wenig seinen obea
angeführten Satz über den eigentlichen f^afrttus uterinus^ als das,
was er aus dem Gutachten in Bezug auf diesen angezogen hatte,
durch das von Henke Gesagte widerlegt 6nde. Wie unter
•ehr wenig begünstigenden Umständen die Luft den Zugang zum
Munde des Kindes finden könne, «oll nach ihm (S. 18.} we-
nigstens eine Beobaditung von Elias von SIebold (Journ.
für Geburtshülfe eto. B. i. S. 58i.) beweisen, welche die Mög-
lichkeit des Schreiens des'neugebornen Kindes bestätige, ^wäh-
rend es' noch von dem Fruchtwasser und den Häu-
ten umgjeben ist allein so wie wir in der Hinsicht unseren
Unglauben gestehen müssen, so begreifen wir auch nicht, -wie
der Ver£ jetzt an das Athmen und. Schreien unter solchen Um-
atänd^en glauben könne, nachdem er doch selbst in seinen Ab-
handlungen ans dem Gebiete der gerichtl. Medicin, B. 2«S. i24'
geäussert hat. »Jeder Schüler in der Physiologie weifs in 110-
»swen Zeiten,' dafs solche (die Respiration des Koetus) bei der
»in den Fruchthäuten eingeschlossenen, von Fruchtwasser um-
»gebenen,. Fracht .unmöglich sey.c — Uebrigens ist Rec. jetzt
wie früher weit entfernt iäugnen zu wollen, dafs die Geburt^
nachdem der Kopf hervorgetreten (wo auch nach dem Gutach-
ten Athmen und Schreien leichter Statt finden kann ) auch hd
einsam Gebärenden verzögert vv erden könne. £r wiederholt indes-
sen, waS' er früher schon bemerkt hat, dafs, wenn auch ein
Kind vor vollendeter Geburt geathmet hat und dann gestorben
ist, die Lungenprobe aber das Statt gefundene Athmeii darge-
than hat,' doch deshalb die Inquisitin nicht schuldlos gravirt
werdey wenn mau nur darauf Rucksicht nimmt, dafs ja nun doch
iloch die eigentl che Todesursache ausgemittelt werden mufs,
vnd dafs ein solches Kind auch ohne Schuld der Mutter sterben
kann. *)
*) Was noch das v^n Henke hier (S- ^5 ff.) gerühmte GnN
achten iles vormaligen Obercollegii medid zu Berlin vom jähre
1803 betrifft, so finden wir uns nicht veranlafst und erlaubt es
der Raum unserer filüttcr nicht« auf eine nähere Beurtheilung
desselben uns einzulassen* Doch können wir nicUt verhehlen,
dafs lins in der Geschichte der Luise Reichert, schon nach dem
von denk Verf. mitgetheilten Anszuge, Manches sehr verdäciiüg
vorgekommen ist*
(Dff Beschluft folguy
f
ErgamasgSt^Blattisr d«fieiclfEJb. JolirlHid. Literaluri X., {>«
y ' 1 » < .
J. Bernt über die hydrostati^hhe'Lungenprohe.
{Bescblufs.) ,
I. ' '. ' * '
n Rücksicht auf Henke's dritten Einw;urf : ^afs da$
Niedersinken der Lungen nicht i^nbcdingt den Tod
des Kindes vor der Geburt beweisjen könne^ weik
die Lungen unter gewissen Bedi^ngungen auch nie-
dersänken, wenn gleicb das Kind eine geraume i^^it
nach, der Geburt gelebt und geathmet habe, war von
^em Rec. bemerkt worden;, dafs derselbe ^ich, . theils auf di<»,
ohnehin höchst seltenen und leicht zu entdeckenden, also, wi<^.
auch Henke selbst bemerkt hat, die Lungenprobe nicht trug*
licli machenden Fälle beziehe, wo das Gewicht der Lungen
lurch krankhafte Zustände vermehrt ist, theils auf die ßeobach-
:ungen solche^ Fälle, wo die Lungen von. Ki^ndern, die- offen*
kundig längere Zeit nach der Geburt geathmet und -geschrieea.
jattcn^ dennoch im Wasser untergesunken seja sollen* ' Die zu-
etzt aiigegebf nen Beol^achtungea beträfen zum ^ri^i unreife Ge*
;>urten und machen dann weni^ger Schwierigkeit. In anderen
Fallen der Art könne aber das nur schwache, unvpUkomniene
^thmen nicht die durch ein vollständiges upd Wiederholtes
ithinen bewirkte Veränderung der Lungen ;.etc. , hervorbringei^
ind dann das Urtheil oft nur zweifelhaft sejn.
Indem er auch diese Aeu^serung hier i^riederholt,- ist ,er
etzt, wie früher, weit entfernt der Lungeyiprobe in solchen Fäl-
en mehr zuzuschreiben ,' als von ihr nach den , bisherigen Verr,
uchcn erwartet werden kann. Sie kann auch seiner Ueberzeu-
;uug nach nicht überall Aufklärung geben, nicht das Unmöglich^
eisten, und es kann in so mancl'en Fällen das Urfheil nur zwei*
elhaft seyn. Aber auch von seiner Aeusserung über den von,
» c h e n k erzahlten Fall kann er nicht das, Mindeste zurückneh-
len. Henke hat in der Apmerk« S. 212. nur einen Theil
ieser Aeusserung angeführt, nämli<;h nur die. Worte: dafs die^
«ungenprobe hier nicht vollständig gemacht worden sey, und^
als sie, wenn dies geschehen wäre, wohl wenigstens das un*
oilkommenc Athmen angezeigt h^en wurde. Diesen Worten
igt er nun die Benpej^kung bei : »Gesetzt .aber auch^
oaan hätte mit den Stücken der zerschnittenen Lunten experi*
menti^t ijmd einige Stückle «dqs oberen Thciles vom linken Lun*.
^enfUi^el schwimmend g^fuildeu , so hätte dieses — in einem
Kalle , wo das Gelebth^b^n> jdes jKindes zweifelhaft war — nur
partiieUqi Luftgehalt angedeutet, der eben so gut vom Luftein-
blasexiy ali^'^v^n uiivollkommene^* Respiration herrühren konnte.
£rs^. EL z. d. H. Jahrb. d. L. L 9. 9
i3o J. Berat, fib. die hjdratfatische Lmigaxprohe^
»Nie liatte inf^ro «lU dem ScKwimmen eines so kleinen Theib
»der linken Lunge «- bei den widersprechenden übrigen Merk-
»malen — der Ant das Leben des Kindes nach der Geburt als
»gewifs folgern konnen.c Allein letzteres ist auch von dem
Rec, keinesw^es behauptet worden. Er hat vielmehr den an-
Sefuhrten Worten die Bemerkung beigefugt, dafs deshalb
ef gerichtliche Arzt das Kind gerade^ auch nicht
für todtgeboren habe erklaren können, so wie dafs
nach diesen und ähnlichen Erfahrungen er selbst
darauf aufmerksam machen müsse, dafs unter sol-
chen Umstünden das Kind gelebt haben könne^ und
dafs, wenn eine absichtliche Tddtung erfolgt wäre,
diese ja doch noch durch andere Zeichen ausge«
macht werden müsse«,
lieber Henke's vierten Einwurf, dafs nämlicb das
Schwimmen der Lungen eines todtgefundenen Kin-
des nicht unbedingt das Leben desselben nach der
Geburt beweisen könne, weil auch Lungen, die
nicht geathmet haben, schwimmen können, hattelVec*
die Bemerkung gemilcht, dafs die Falle, wo Fäulnifs oder Wind-
geschwfilste das Schwimmen veranlassen, leicht zu entscheiden
sejen« Als den schwierigsten Fall erkannte er den an, wo es
sich fragt, ob die Ausdehnung der Lungen durch das
Athmen oder durch Einblasen von Luft bewirkt
worden sej. Dieser ist nun schon obra (S^iaoffl , wo von
der Wichtigkeit der Berücksichtigung der Schwere der Lungen
die Rede war, betrachtet worden* Ob jene Frage aber durch
die vorgeschlagene ^eue Lungenprbbe immer so sicher beant-
wortet werden könne, wie unser Verf« annimmt, möchte vor
der Hand noch sehr zweifelhaft seyu; Zwar sagt er in einer
Anmerk. S* 'Ais der Anleitung zur Abfassung mcdicinisch- ge-
richtlicher Fundscheine und Gutachten, dafs nach den bisher von
ihm angestellten Versuchen die künstlich aufgeblasenen Lungen,
die nicht gieathmet haben, den Wasserspiegel im hydrostatischen
Gefasse blofs um eine Linie höher als vor dem Aufblasen treiben*
Dies vcüirde allerdings höchst wichtig sejn, wenn nur sonst schon die
Bezeichnung dieses Wasserspiegels über allen Zweifel erhoben
ti'äre; Es hat indessen der Verf* selbst die Bemerkung beige«
fiijgt, dafs, wenn ihm entgegengesetzte Fälle dieser Art vorkom*
men sollten, auf sie Rücksicht genommen werden könne und
werde* Sollte übrigens auch die X^ungenprobe nicht in allen
Fällen der Art sicheren Aufschlufs geben können, SQ mufs es
dann, wie Rec* schDn früher mit Wildberg §• 272.) gesagt
hat, dem Richter fiberlassen bleiben, die £sictische Gewibheit des
geschehenen Einblaseos, und- 6b <fs fon anderen Personen xuna
X Bemti üb. die hydrostatische LttQge^^ i3i
Zweck der Wiedarbelebang, odet., .was kauqi za giaqben ist,,
aus Bosheit, oder ob es von der Mutter verrichtet ist, durch
die spccielle Inquisitiöo auszumitteln« »Aber es ist billig , sag|
mi^ Recht Metzger (§• 343* )| dafs- dem gerichtlichen Arzto
flie Nachricht von dem geschebeneb Einblasen von den Gerichte^
nicht vorenthalten werde^c >
lodern Rec. übrigens der Behauptung von Henke, dafi
die Lungenprobe in einigen Fällen die des Rinderr
inordes. verdächtige Inq^uisitin unrechtmässig bet
gunstigen, in anderensie schuldlos graviren kdnnCi
die Bemerkung entgegengesetzt hatte: dafs durch die Lungen-^
probe vorerst nur ausgemittelt werden solle, ob das Kind gelebt
liabc oder nicht, find dafs ja demnächst noch die eigentliche
Todesart desselben ausgemacht werden müsse, hat dieser jetzt
(SLaSg.) vorerst erwiedert, dafs es allerdings sq sejn sollte,
dafs es aber bisher nicht so gehalten worden sej, am wenigsten
von denen, welche, Metzgers Lehre gemäls, an diie uutriig*
liehe Beweiskraft der Lungenprobe glauben* Allein, abgesehen
davon, dafs, wenn der von uns vertheidigte Satz als richtig an-
erkannt wird, eine davon abweichende fehlerhafte Praxis nicht
gegen ihn sprechen kann, ', sondern ihm gemäfs berichtigt werden
inufs, so mdchte auch das getadelte Verfahren wenigstens nicht
durchaus für ein. Metzgers Lehre gemässes erklärt wer*
den können, indem vielmehr Metzger selbst (Syst. d. gerichtL
A. W« §• 3o6. a« ) die Annahme, dafs ein jedes neugebornes
Kind, das gelebt habe, getödtet worden $ey^ für grundfalsch
erklärt hat.* £ben so hat sich bekanntlich Pleucquet (com^
ment. med. in process» enm, §• 44^-^ stark dagegen erklärt.
Wenn aber Henke i S. a4o.) weiter sagt^ dafs ein unehelich
geschwängertes Mädchen, welches* durch Verheimlichung, viel-
leicht hartnäckige Abläugnung, der Schwangerschaft und Gebur^
sich den dringenden Verdacht feindseliger Absicht gegen das
Leben des Kindes zugezogen hat, noch mehr gravirt werde^
Mrenn nach dem Befund bei der für -untrüglich erachteten Lun«
gen probe das Leben des Kindes nach der Geburt als erwiesen
angenommen wird, so bemerken wir, dafs nach unserer Ansicht
in Fällen der Art das Urtheil über das Leben des Kindes oft
nur zweifelhaft sejn kann (vgl. unsere Bemerkungen über
Henke'^s dritten Einwurf) und dafs übrigens, wenn auch manch«
mal durch die Lungenprobe ein Mädchen, das durch Verheim-
lichung' der Schwangerschaft un : Geburt sich verdäcl^tig gemacht
hat, noch mehr gravirt werden sollte, man bei allem Mitlei-
den, was sie sonst etwa verdienen mag, auch, nt^ht übersehen
dürfe, dafs eben auch die Verheimlichung der Geburt, wodurch
das Ldben des Kindes so oft wegen des Mangels der aöthigen
I I
iSft J« Benity ftb. die hydrostatiisclie Lmige&probe.
Hülfe etc. der grfifsten GefaWr ausgesetzt wird, eine culpa sevo
möchte, für die das stärkere gravirt mrerdeo allein, -wcdu dvif
sonst auf die wahre Todesursache gehörig Rucksicht genommeQ
und dieser gemäfs dann ein gerechtes Urtheil gefallt wird, wobl
picht als eine zu starke Strafe angesehen werden kann.
Noch müssen wir wiederholt bemerken, dafs auch die To-
desart oft nicht ohoe die Lungenprobe ausgemacht werden kann,
und däls es sich auch hier bestätige, wie immer ein Zeicbeo
dem anderen zu Hülfe kommen onuis.
Nach allem diesem ist Rec. auch jetzt noch der (ruher schon
geäusserten Mehiung, dals man den Werth der Lungenprobc io
vielen Fallen wohl anerkennen könne, ohne sie überzuschatzen
oder sie zu sehr herabzusetzen, ohne zu den übertriebenen Ver-
ehrern oder den Gegnern derselben zu gehören.
Schliefslich hat der Verf. noch (S. 68.) bemerkt, dafs das
bereits herbeigeschaffte hydrostatische Gelafs, die Menge uod
Mannigfaltigkeit der ihm zu Gebote stehenden Kinderleiichen ihn
in den Stand setzten, sogleich zu dea ferneren entscheidendea
Versuchen zu schreiten und über- die Anwendbarkeit dieser Lud-
genprobe in seinen Beiträgen zur gerichtlichen Arznei-
kunde bald nähere Aufschlüsse zu verschaffen. Indem wir deo-
Bclben, wie wir schon oben bemerkt haben, mit Verlangen ent-
gegensehen, hoffen wir insbesondere, dafs sie, welches auch sonst
das Resultat sejn'mag, zur Entscheidung eines der wichti^stea
Punkte, das bei der Ploucquetischen Lungenprobe zu berück-
sichtigende absolute Gewicht betreffend ( worüber w ir schon
oben S. 123. zu ferneren Versuchen ermuntert haben), beitra-
gen werde. Auf jeden Fall ist, so sehr wir Ton der einen Seite
es auch achten , wenn man in noch unentschiedenen Sachen sich
nicht 4)hne Weiteres beruhigt, sondern gegründete Zweifel und
£inwürfe erhebt, von der anderen das Bestreben löblich die
erhobenen Zweifel so viel als möglich zu beseitigen und wich-
tige Experimente und Beweisgründe, so viel es sejn kann zu
▼ervolikommnen und sicherer zu pacheo.
J» IV* Ä ConradL
y. Fersufih einer Oryctographie der geforsteten Gretfschaft
TjrroL Von JVilhelm Edlen von Sencerj Kais^ Kön.
TjTot. yoraMerg, Berg- und Salinen ^Praktikemten. Inns-
bruck,, in Commission bei Schumacher^ 4 8a 4, g4 S. St^o.
4. Urographie CjJ ^der mineralogisch" geographische Beschrei-
bung des Joachimsthaler Bergamts ^ Distriktes . nebst Suite
Ojyctojg^ostisehei SQfartftai. f 33
f?} ' und umfassende ^äm/ussenderj Barstdbmg des orili^
che^. Vorkommens ' iülir zu> Jaachinuthitl und in der umlie^
gendcn Gegend einbr^keMen-Mm^raUen^dU ein Betrag
zur Geognosie^ i'ron. JRirJrj^z^ Cl'Em£nt Pjülüs K^ ä. Sergn
' meister und ßerggenichts '^ Substituten zit^ Klastergrxdf m^
(?) KatAarinaberg'^ Jena, bei Bran; fSso. X u'i 3o *S^
J, Pfysio - iechnogruphiithes Magazin" aber die' anörgatii^Fche
' hatur des Oesterreichischin Kaiser Staates. Herausgegeben
"von Joseph Jonas, Custos dtr Naturalien ", tethitoiogi^
sehen und Modellen - Kabinette im Ungerschen (^ Ungeri^
sehen) National^ Museum, /. Jahrgang. Pesth, bei Hart*
Üben; 48fio» . .. >
Auch uDter dem Tild; *' ' ' "
Ungems Mineralreich {,) orjcto" geognostisch ^id/t(^qf
graphisch dargestellt von Joseph Johas u, s^ w^,, , ..
Wir verbinden die Anzeige dreier Schriften, die als nicfit
unschätzbare Beiträge zur Erweiterung unserer mineraloglsctiea
Kenntnlfs der interessanten Länder, welche sie betrefi^, gelten
können.
\ , ■ • . , • • • > , . *
» • • * * * k i f *
. Tyrol mit seine^ auffallenden Reichthum mannigfacher Fos*
silien hätte längst eine besondere Orj^ktographie verdient«; Hr,»
o;. Senger liefert diese, meist nach eigener Erfahrung zi^saBOJft^B^
gestellt und ausserdem mit Benutzung der . bekannten trejmi<;^e^
Schrift von Brocchi: memoria mineralogicß suUa välle di Fa^S(^
£lr er^^irbt sich dadurch ein wahres Verdienst,, daf» er von/alie/il
Substanzen iiic^t^, nur (und ohne lästige Ausführlichkfit ) die
»\ ichtig^ten Merkmale üngiebt, sondern auch die VerbäUc^isse .d^
Vorkommens nebst den beibrechenden Mineralien gelnau ei\tr
M^ickelt und endlich, was bis; jetzt vjorzügli^h vermllJst wurd^^
eine getreue Angabe der Fundstätten liefert. Hier fiudej» .wir
Lei vielen Fossilien ganz andere Namen von Orten, Bergen u-
s. w. als die Unwissenheit » oder die betrügerische Absicht d^r
gewöhnlichen Stufenhändler bis jetzt ins Publicum brachte« Mit
Uebcrgehung. Alles dessen, was wir als, allgemein bekannt vor-
aussetzen: dürfen, ^wollen wir uns nur gestatten, einigo der
interessantem Erzeugnisse jenes Gebirgsjaudes hier namhaft zu
machen: Idokras, Staurolith, schwarzer Spinell (soll am MoQr
zooiberg mit Glimmer , Kalkspath u. s* w. sich finden ) , Aximt
(am eben genannten Berge erst neuerlich entdeckt in eiuem Ge-
menge von Turn^alin, Granat, Hornblende und Kalkspath), Apor
phyüit (besonders ausgezeichnet am fliege Xipit in den Blä*
senräumen eines wackenartigen Gesteines), ^/lo/zim (ebendaselbst
u. a. a. O., die Krjstalle mitunter von 3 — 4 Zoll im Durch-
i34 Oryetognosiisclie Sdiriften»
m^fser), Laumantä (ned entdeckt» am Monxöniberg auf
Granit und bti Klaasen^in einer Art Küngstein^), Spodumen
(oder Trip h an, so neu, als der Verf. za glauben scheint, ist
die Entdeckung diteer Substanz nicht, - wie die Denkschriften
der Akademie der Wissenschaften au München für die Jahre
iSi6 und 1817 beweisen), Skapoluh (die angeführten Rrjsulie
Stimmen nicht mit dem regelmässigen Formen -Systeme dieser
Gattung )| finit (nur als muthmaulich. Vorkommen in Granit
bei Sellrain), jipaiit (zu Valtigels bei Sterzing), Da-
tolith (u. a» in Chalcedon - Kugfln zu Theifs bei Klausen),
Schwefel (als Erzeugnils von Erdbränden), Kupferschaum (wohl
nur eine Hodification des Kupferglimmers; am Falkenstein,
Ringenwechsel u.a.m«a.O«), Gelb - Bleierz (in der'Maunck-
nerötz), fVasseihUi (an>;eblich von Pfitsch) u/s. w. —
Der Verf. hat bei Aufzählung- der Fossilien das ff^ernersche
System vom Jahr 1817 gewählt* Von grosserer Bequemlichkeit
wurde am Schlufs ein alphabetisches Register gewesen sejn, als
der nochmalige Abdruck des Systems in kurzer Uebersicht. Die
Beifügung der Synonymen von Mohs hätte unterbleiben kou-
nen; schwerlich wird ein Sammler je davon Gebrauch machen
können, um sich mit den Tyrolern zu verstehen.
Die Schrift Nro. 3* hat, wie auch schon der Titel zel^t,
nur die Schilderung eines einzelnen, aber zugleich eines hocfist
"wichtigen B^rgamts- Distriktes im Böhmischen Königthum zum
'Vorwurf. Der Verf. zeigt sich als einen yerständigeu, umsieht-
▼ollen Beobachter und al$ sehr wohlvertraut mit den Verhält-
nissen der von ihm beschriebenen Gegend ( darum wollen wir
auch über manche nicht ^zu lobende Eigen thu ml ichkeiten in
Schreibart und Darstellung ohne Riige hinweggeh. n). Nachdem
er eine Uebersicht des ganzen Erzgebirges geboten ( es ist ei-
^[entlich nur, ein Arm des Voigtländischen Fichtelberges, welcher
sich nach jN[. O. zieht, Sachsen, Schlesien und die Oberlausiu
▼om nördlichen Böhmen scheidet und merklich dem Riesei?-
Gebirge sich anschliefst ) und eine geographische Begrenzung
und Ausdehnung des zu Joachimsthal gehörigen' Erzgebirgischeo
Anthcils geliefert , handelt er von der äussern BeschaQTenheit,
Lage und Eintheilung desselben in einzelnen Bergen und von der
innern Beschaffenheit und Struktur der ursprünglichen Gebirgs-
masscn. Daran schliessen sich Bemerkungen über die besondere
Beschaffenheit in Hinsicht der in jenen Massen vorkommeuden
Fossilien und Eintheilung derselben in Granit -'und Schiefer-
Formation u. s. w. -^ Ueber den Ursprung des Joachimstbaler
Bei^baues läf&t sich ^ iwiig etwas Bestimmtes sagen, als über
den der Umgegend; dieser Gegenstand liegt xu tief verborgeo
m Dunkel früherer Zeit. Die vorzügliche Epoche des dasigen
Qryctogaostisdie Schriften. i35
Bei|^kmes nimmt 1 5i6 ilireii An&tig utii es stieg derselbe, in*
dem die meisten .Gange beinahe am Tage sclion edel geschürft
ivurden, in wenig Jahren in dem Grade, dafs man^ glaubhaften
Urkunden "^u, Folge, 914 Zechen, 4oo Schichtmeister, B60 Stei-
ger und 8000 Bergknappen zählte* König Ludwig erhob iSao
das Dörfchen IConradsgrun zur freien Bergstadt mit dem Na-
men Joachimsthal. ?^ Die Felsarten des Joächimsthaler
Distriktes, welche vom Verf. aufgeführt werden und über dieser
manche nicht unwichtige Einzelnheiten ( in deren Entwickelung ^
■wir hier nicht eingeben können) liefert, sind: Granit, Gn^eifs
i(eigentlicfa mehr ein Mittel- Gestein zwischen Gneifs und Glim-
merschiefer, ein- gneifsartiger Glimmerschiefer), Glimmer-
schiefer (das herrschende Gestein der ganzen Gegend), Thon-
schiefer (dafs der Verf. S. 54«' von einem Thonschiefer der
Flözzeit spricht; mag wohl nur ein Mifsvetständoifs sejn),
Gneis Sit (eine Gebirgsart aus Quarz, Feldspath und Glimmer,
oder auch aus Feldspath und Glimmer allein, in körnig abge-
sonderten Lagen, ohne Zweifeliiur eine Abänderung desGneisses^
Quarz, Graustein (nur untergeordnete Lagen ausmachend,
scheint eine Modifikation des Quarzes, die Benennung blofs
örtlich und , der erregen könnenden Mifsverständnisse wegen,
nicht zu billigen), Kalk, endlich sogenannter Urtrapp (nach
dem Hrn. P. zerfallend in blätteriges, körniges und dichtver-
worren-faseriges Hornblende -Gestein und in Hornblendeschte-
fer, ferner in Porphjr, bei welchem mehrere Unter -Abthciliin-
geu unterschieden werden, die jedoch mehr von lokaler Wich-
tigkeit scheinen, als allgemein interessant).^^- Hierauf £olgt die
Betrachtung der besondern Lagerstatten der Fossilien, und na-
mentlich jene der Gänge, deren das Joachimsthal er Gebirge eine
sehr grosse Zahl aufzuweisen hat« Sie zerfallen im Allgemeinen
in erzführende Gänge und in taube, d« h. in solche, die bJoIs
mit einer Gebirgsart erfüllt sind. Beschreibung der erzführenden
Gänge« Besondere Eigenschaften der Mitternachts - und der
Morgengänge. Inneres Ansehn des Gebjrgs- Gesteines. Andeu-
tungen, in welcher Gebirgshöhe oder Tiefe die £tzein1agerung
ihren gewissen Stand hielt Besondere Bemerkungen, über die
Joachimsthaler Gänge in* Bezug, auf die allgemeine Gangtheörie,
zumal über das Verhalten einiger Gänge beim Durchsetzen fremd-
artiger Einlagerungen, über die Verschiebung der Gänge beim
Entstehen jüngerer Gangspalten, über die in GansmasSen einge-
schlossenen Bruchstücke vom Neben -Gesteine^ über das Relative
im Zeitalter der Gänge und die periodische Gasgerz- Niederla-
gerung, über die Imprägnation des Neben -Gesteines u. s. w.
£r:zführeode Gangarten sind : Schieferthon (jedoch nicht der des
Steinkohlen -Gd>ude8y sondern ein ihm ihnKches Gestein, wahr-
i36 Oryißto'giiostiiche Schrifteiu
-sdiehilicb äufgellfetcr Tlrair- oddr Glimniersoliiefer), Tlioiiscliie-
fcr- (wohl nur ab^erissiane. Theilfr des Neben -Geatetires, dies
btiwebc aach der •Umstand^ ^ab devseibei der auasereo ond in-
nelrfen Struktur nach| plattenförmig zwischen dem Hangenden und
liegenden sich fadbt >, Quarz,' Amethyst, Hornstcin, Eisenkiese),
Jaspis y' Kalk- und Brauuspath, Steiomark, seltner Flufs* und
Barjtspath* - Als erzfühceade Gangarten , die jedoch nur in ge-
ringer Menge vorkommen, nennt der YerL: verschiedene Eisen-
,uad Zinkerze, Kupfernickel, Uranpecbevz und Mangan.. Zu den,
den eigentlichen Gegenstand des Bergbaues ausmachenden Erzen
\gehoren : S i 1 b or , * gediegen , vererzt- und verlar?t , Kupfer,
im Ganzen sparsam, meist Kupferkies, Blei, zumal Bleiglanz,
Zino, Wismutb, Kobalt und Arsenik.: Im alten Mann und ia
Erlassenen Gruben -Gebäuden erzeugen sich: Pharmacolitb,
Gypsspath, Kalksinter ^ auf« mannigfache Weise gefärbt u. s. w.
Unter den tauben Gängen verdienen die mit Kaolin erfällte und
dann die Basalt- und Waeken-r Gänge die Biciste Beachtung. —
Unter den in übergreifender Lagerung, oder in sogenannten auf-
. gesetzten Kuppen vorkommenden- Fclsarten. macht der .Verfasser
vorzuglich Grauwacke. namhaft, welche das Glimmerschiefer-
Gebirge maotelartig umzieht, und sodann mehrere Basalt -Kup«
]>en y deren ausführliche Beschreibung, nichts Neues und Interes-
•santds bietet. In der Note S. ü65 erklärt sich Hr. P. als einen
>«älschiedcnen Anhänger des neptunischeu Sjstemes, was wir ihm
Stt* gut halten wollen; wäre er mit den denkwürdigen Thatsa-
cben nur «einigermassen 'veärtraut, die seit dem le zten Jahizehend
'bekannt gexi^orden, so würde er sich gewiüs ein solch vorschnel-
les Ui*theil 'gegen den Vulkanismus nicht haben zu Schulden
kommen lassen. -^ Den Schlufs machen allgemeine Bemerkungen
über die sogenannte Flöztrapp - Formation , welche sich, unter
.der geographischen Bcneoiijung Mittel-Gebirge an das Erzgebirge
anschlielst und dieses begleitet.
Der Verf. der Schrift Nro. 3. beginnt sein Vorwort also:
»Alles auf die Erfahrung, sich gründende, daraus. entspi*ingende
>und 'fliessende Weissen über Naturdinge ist nicht nur, eben
»weil es ein durch Erfahrung erworbenes ist, an und für sich
»schpa zu viel umfassend, zu Weitschichtig und sowohl im Räume
»als auch in der Zeit, worin die ewig thätige, still, aber tief
»etogreifende Natur bildend zerstört und zerstörend bildete, zu
»weit von einander entfernt, als dafs es durch den Geist eines
»einzelnen Menschen, er mag als solcher selbst der denkbar vol-
»lend'ste sevn, beobachtet, aufgcfafst und zum Eigenthum seines
»Wissens gemacht werden könnte : sondern es wird auch die^
»selbst aiif dfr höehsteri . Stufe der Bildung stehekide, Vernunft
»durch die gr0nzenloieJ\]^iH)i^faI%keit der wechiselseltigeU| schein^
I
*^ '
Oi;fctf^gna&tischg Schriften. : 1 3/
»hiT Terwirrt und .^ocli bei genauer J3,iet;rac1ituDg so Tegel - und
»gesetzmässig in einander verschlungene Bezeichnungen völlig
:»obnmäQhtig, durch die Vielheit 4cr Gegenstäri de bis zur gänz-
ü&Iichön Abspännung ersclK>pfty sobald sie das Mann igfuhige auf-
«zufassen vvagt, sie findet unüber • indliche Grenzen, wenn sie
»sich erkühnt selbst in dem Einzelnen tief eingreifen, im Grossen
»das möglichst. Gröfste, im Kleinen das. möglichst Kleinsfe errei-
»chen, kurz (?) die gehei^nen Gesetze der Natur .erforschen zu
»wollen,«— Gern gestehen wir, dafs wir nach dem* Durchle-
sen dieses unendlichen Satzes uns etwas lungenschvyach, aber
nicht gedankenreicher fühlten und fast geneigt waren , das Buch
zur Seite zu legen , zun^al da wir sahen , , dafs Hr. J. bemüht
gewesen noch 26 Seiten (das Werk hat grosse^ Format und en-
gen Druck.) auf ähnliche Weise fortzufahren; indessen > entschlos-
sen wir uns Vorwort und Vorredß zu überschlagen (den Xeseri^
rathen wir ein Gleiches izu thau ) und fanden in den. übrige^
Abschnitten manche irtferessante Mittheilungen die leidisr nur all^
nait einem höchst überlästigen Wortschwall gegeben werden. —7
Zuerst liefert .djer Verf^ Beiträge zur Oryctognosie, indem cp
nachstehende Mineralien beschreibt : s t r a h 1 i g e Blende ( eine
sehr charakteristische Art, ausg^zeid^net durch büschelweise aus-
einanderlaufend^ strahlige Textur, d^e uns. nachihr^ni Vprkom-
men zu P r z i b ra m in Böhmen,, schoi^ seit längern Jahren be*
kannt war), Rauschgelb, Wolnjn (wohl. nur eine Abän-
derung des Barytspathes , Phosp.horkupfer u.s.w. — Daran
reihen sich Nachrichten über einige,, io^ Gallizischen Flöz -Ge-
birge ^ vorkommende Substanzen, und, Schilderung einer Suite aas
dem Ungarischen Hörn- ( Feldsteia-?. und Perls^ein-Porphjr-
Gebirge, vorzüglich in der Absicht der (nicht haltbaren) Ver-»
theidigung; deä ne)itunischen Ursprvttigs d^r letzteren. Beschrei-
bung einer vom Verf. im Jahre 1811 durch Oberungarn * ns^cli
P^ a g j b a n jeu und K a^p n i k unternommenen Bieise. Endlich
Aufzs^lung der wichtigen in Ungarn sich findenden Fossilien, zu
keinem Auszug geeignet , aber als ergänzende^ und berichtigen«
des Material brauchbar.
Vlrici ab Hutteuj Equitit' Germania Opera , juae ex»
tanij omnia Couegit, ediditj varusque armotaiiofubus
iUiisiravit Ern* Joseph. Hehm* MüfiCH, in Schola Arqov.
pubL Professor. Tom, Primus, f Motto 2 Parvae tabtäae
ex magno ndufragio). BeroUni. Samt» J, G, Reimer»
" 48Si4\ in 8» , ' ■' ■ ^
Auch unter detn teütschetw Täel: Des teutsehtn Rii^
t"
i38 Dir; ab Hotten opera cd, Mfindh«
sen , Ulrich von Butten^ Sämmtliehe Werh
u /. w. CXXJIL Vorr, li/erar. und biograph. Notizen,
Text von S, 4 ^-^ 34o> Beäagen und Erläutcrungat von
S. 344 — 336. Inhalt bis S. 344.
H
erder in seioem Denkmale Huttens — - s. tentscficr
Merkur, schon von 4776. 3. Band — rief: Tritt auf. Mann und
Jüngling, der vverth ist^ Huttens Gebeine zu \reckenl Als
Jüngling noch auf der Hochschule su Freiburg that (S. XVIII.)
der V£, ein schweizerischer Teiitscheri das Gelübde, die Schmach
des Undanks gtf^tn Hatten vom teutschen Volke abzuwenden.
Er erhiek erst dort, dann von Wagen seil, dann durch Prof.
iron Orell aus der Bibliothek auf der W^asserkirche zu Zürich,
wo einzelne Vl^erkchen von Hnttens 1*1 and verbessert sich fiodeo^
auch von Bibliotheken zu Schafhausen und Landshiit die so sel-
tenen kl.^ Schriften selbst, mit allerlei Beihulfen. Die Gottingi-
•che Bibliothek gab' die Zusicherung, das allenfalls doch Docb
mangelnde mitzutheilen. Das meiste copirte M. selbst. Und was
die Gelehrten, die schon Öfters als Selbstverleger eine solche
Sammlung umsonst projectiert hatten,- nicht vermochten, wird
Ihm nunmehr nicht fehlen, 'da Ihm ein der Sache selbst holder,
thätiger, der Mittel mächtiger Verleger die Hand geboten hat.
^Vohlan denn. Es sej auch Irier ausgerufen Huttens: Iticta est
ülea. Was einst für Hütten zunächst nur gegen die Gewaltthat
des Heriog Ulrichs von Wurtemberg angewendet worden ist;
Exoriare aliquis de nosiris ossibus ulior ^ das möge jetzt, indem
Huttens Reliquien wieder an Mehrere reden werden, auch noch
gegen Vieles andere gelten, das ihn und manchen zum Märtjrrer
«gemacht hat ^
Recht gut ists, dafs M. die latein. Werke nach der
Zeitfolge giebt, mit Notizen über ihre Entstehung und andere
Schicksale. In vielem erläutern sie sich dann selbst. Die teut-
schen Schriften v^ erden eben so, doch in einem eigenen Bande,
sich anschlies^en. In den alten Abdrücken haben sie Marginalien
von alter Art. M. will diese weglassen. Rec. mochte , hesoo-
ders bei den teutschen Schriften, um ihre Beibehaltung biltea.
Sie haben et as sacherläuterndes, immer etwas so naives, und
fuhren schnell auf den Hauptpunkt. Sie lauten wie die Stimme
der Zeit oder eines Chorus,, der auf den Kerngedanken auf-
merksamer macht. ' '
Auch die Epistolae Obscurorum P^irorwn sollen hinzukom-
men, und einige andere -— geist verwandte — an denen Hütten
Antheil haben mochte. . Da neue. Epistolae Obscurorum ei Obs*
eurantium nöthig wären, zum Theil solche von ästhetischer Ein«
Ueidung^ so scj. iude& weiii^teos der Alten Eameatruag will-
Mr. ab Jbtten opcn^. Mfintlf. i3(|
JLdmmeii« Und to mSge sie nun KinscIireileB^ des luiTergefsli»
chen Ritters warneude Gestalt, wie Hamlets Geist, mit dem ge-
zuckten Schwerdte der Wahrheit und des Witzes , über eine
Bühne, wo weit gebildetere, doch, Hochsfratens Gesellen und
Nachfolger spielend, nicht voraus bedenken mögen, dafs durch
gleiche Bestrebungen nur gleiche Celebritat ( H utten neuntes ge-
wöhnlich uifarmaj bei der Nachwelt zu erhalten/ sej, nnd dafs
selbst. wer die Talente eines Erasmus hätte, dennoch die Flecken
der Zweideutigkeit und des Schwankens zwischen Baal und
dem Gott der Geister vor dem bleibenden Tribunal aller Zeiten
auch durch die feinste Spongia von seinem Namen nnd Anden-
ken nicht wegzuwischen vermöge.
Ein Bild Huttens verspricht S).LL nach dem von 181 8.
.kn Beformationsallmanach zu geben.^ Sollte es nicht besser seyn,
an das sehr charakteristische Bild, welches auf der letzten Seite
des Liher Unus de Guajaci Medkina et Morbo . GaUieo in der
Ausgabe Moguntiae in aedibus Jo* Scheffer, meme j^priii,
interregni vero Quaeo, anni MD XIX» steht, Mch weit lieber,
als an ein idealisiertes, zu halten; selbst mit der alten, ehrenfe '
stcn Umgebung. Zu Maynz, bei einer dem Chf. Albrecht zum
Neu Jahrgeschenk für i5ig bestimmten Schrift war doch wohl
etwas Getroffenes gegeben. Martialischer ist freilich {i5ao) der
Blick auf der Rückseite der >Clag und Vormauung gegen den
»übermäasigen unchristl. Gewalt des B^bsts zu Rom und der un-
»geistlichen Geistlichen, durch Herren Ulrichen von Hutteo,
»Poeten und Orator der ganzen Christenheit und zu voran dem
»Vaterland Teutscher Nation zu Nutz und Gut, von wegen ge-
»mciner Beschv\ ernifs und auch seiner eigenen Nothdurft etcc
in dem dort angebrachten geharnischten Bildnifs. Doch bestätigt^
selbst dieser rohere Holzschnitt das Charakteristische des Obigen
und «ein Seelenmaler würde leicht, was davon in die Mine des
Mannes gehört, welcher sein: j4lea jacia est, ausruft, damit zu
vereinigen verstehen, ohne etwas zu modernisieren.
Das bleibendste, sprechendste Bild von Hütten, die Schil-
derung seines Geistes und Lebens, wird den geistigen Hellse-
hern aus seinen Schriften hervorgehen, wenn bald endlich Teutsch-
land sie alle beisammen haben und auch überallhin, wo die ge-'
sneinschaftlicfae Sprache der alten ( ultur gilt, den Freunden einer
eleganten lateinischen Dictjon, voll richtigen Sinns und leichter,
cft aber auch sehr kräftiger, Darstellung als ein heirlichcs Mittel
zur Ruckerinnerung an eine der unsrigen nicht ganz unähnliche
Zeitentwicklung mit nacheiferndem Stolze darbieten kann. Durch
den chronologischen Abdruck geleitet schaflfl sich der "Leser
zumTheil dieses Bild sdbsty noch mehr hoSl er vo» demFloifs
und der Liebe xur Sachci vrcichc deu Herausgeber la einem
i4a Oln ih BiitteD' Opera ^
•Des betcvckteDd«!! Stadium der "widitigen «ZdtumsCände, in de^
nen sein Held einer der thatigsten wai*, immerfort, i^ie wir
hoffen, begleiten and befeucru lAögen. Viele Erleichterung, um
a«ch so manchem einzelne wörtlich wieder aufxulinJen und sich
an einander zu reihen, wörde aas einem guten Hegist er ent-
stehen. Den einzelnen Bänden , möchte Rec. * rathen , nur ein
Register aller Eigennamen anzuhängen. ' Ist dies vollstao-
' dig, SO findet dadurch, wer suchen kann, bald den Bedarf. Kann
zur Leb^eiisgeschichte <ein genaues Sachregister gegeben wer-
den, gedrängt '«nd doch ei^chopfend, desto besser!
Wie- wichtig' wird Huttens Schilderung auch dadui*cb wer-
den können, dafs Er, der Maan^ welcher (S. 44») »lieber nir-
gends wohnen Wollte, um .'.überall zu wohnen« in Teulscbland
und Italien das Beste und Schlechteste als Au genzeuge kannte.
Aufldarend wurde dem Reo. eine Hauptstelle. S. Sg. nach wel-
cher auch ein Ludv>ig y. Hütten , an den sich der Unsrige in
seiner Quetela VIL wendet, durch Kriegsziige, Wallfdhrteo
nach Jerusalem-, und Reisen in ganz Griechenland ein Vorbild
von so vielnmfassender Bestrebsamkeit gewesen war. Sogar den
(teutscheu?) Dichterkranz hatte demselben Ritter die Kaiserliche
Hand aufgesetit:
Hidc tandem reduei frondehtem ad tempora laurum^
noturn est, Cuesarias imposuisse manus.
Dies mag auf Ulrichs- uns %o unbekannte früheste' Bildon»
Licht werfen« Offenbar rechnet er' in der Querda nicht ohne
Grund auf des Vetters,* als )aiich ritterlichen Dichters, Hülfe
(gegen dre.Lotze.) desto zuversiehtlioher und madit daher die
Muse zur Abgesandtin. Das Beispiel desselben mag aber ihn
auch früher vor dem Uebergan^ nach Fulda in den Klerus ge
warnt, und mehr seine Neigung, ferne Welterfahrungen za ma-
chen, genährt haben«. .<. . <
In gleicher Beziehung ^wurde «dem Rec. aus dcra IL Buch
der Querela. die X Elegie- ad Poetas Germanos merkwürdig.
Wie viele Museofreuhde, als Lehrer in Schulen und auf Akade-
mieen., hatte der junge wandernde « Hütten schon kennen zu ler-
nen die Freadci geliabt. Die meisten dieser Namen sind nicht
glänzend geworden. Aber nicht die Sterne erster Grösse sind
es, die das Licht vielfach, verbretten Biedere Schulmänner und
Lehrer, an recht vielen Orten in stiller Thätfgkeie > wirkend, ma-
chen allein, dafs alsdartn das Lichte eines einrlelnen Genius überall
eine offene Aufnalune finden kann. Wie hätte Luther so schnell
an allen I£dken von Teutschland > verstanden werden können, wä-
ren nicht, nach dem von Melanchthcy» beliebten Gleichnilis^ überall
so vidje reine, frische, emfifäirgliche Töpfe. aufgestellt gewesen;
hatten .]ü<oht sahon . solche. VorarWter für den v guten Geschmack,
Chv f^ Biittai (ppeca eA. IMUUich; 14^
det durdi Sclieu vor Aegax LäclierKclicn und AhgatohmacWii die
"Wahrbeit erkennen, lernt, überall im Stillen Bahn gebrochen ge-
habt zum Eingang in rege. Gemtither. Hütten ruft- sie, die Mu-
senfreunde alle, um, an- der gegen ihn, den Dichtergenossen, ge-
"w^igten Beleidigung Antheil zu nehmen. £s war ein kecker Ge-»
meinschaftsgeist unter diesen Geistesverwandten. Ein anderer
Poeta laureatus, TrebeliuSj deutet darauf S. 73. recht treffend:
Q^d patunur f^ates^ divino nomine plenij
aique supernorum maxüna cura Deum. • •
Er ruft dem Beleidiger zu:
Jtn ignorabas, non vinci posse po^tas,
et mmiian. iong/u vatibus esse manus»
Germanos omnes in te\jurasse poetas
ßebisj eritque omnis tunc tibi^ademia Salus,
. Ilu qitaque, tu Pallas! quia tc "veneranda vetustas
ewmatam pinxit , cUspüle tuta venu
Pallas adest, miseri et gra^fiter fert deunna poetae ete.
Dies war das Zusammenwirken der guten Kppfe im Klei-
nen, Wie viel mehr w^den diese und ähnliche viele St immcu
classisch- — - das heilst: allgemeingültig und vorn rtheils frei —
denkender Jugendlehrer in ihren Kreisen die Ueberlegeuheit der
Bildung über die Ungebildeten und die Kraft der Rede, be le-
sen und erprobt haben, als ihre Musen, durch Luther, von den
Fesseln der Scholastik los werden zu können aimeten.
Eine Menge ähnlicher Geschichtaufschlüsse wird eine voll-
ständige, sorgfaltig ausgestattete A.usgabe aller Werke des ritter-
lichen Dichters veranlassen. Möge sie , nur baldigst, so n schnell
aJs es ohne ll^bepeilung der , begleitenden Bemerkungen thunlich
ist, vollendet vor uns liegen. Rec. erinnert nur noch, dafs auch
für die Correctheit des Druckes Wünsche ubfig bleiben. Wir
dürfen nicht so leicht auf eine neue Ausgabe hoffen. Eine grosse
Aufmunterung, um die, welche jetzt end^lich möglich gev^orden
ist , auch als Denkmal teutschen Fleisscs auszustatten ! Rec will
nur auf einige im Durchlesen bemerkte Steilen aufmerksam ma-
chen. S. 4^. Lin. 3. von unten produit, orit, — ohne Zweifel:
-proruit, odit. S. 47« Lin. 10. von unten: at tu %umme meas'
dextrae, vielmehr: ät tu sume meas dextre — S.'63* Lin. 9.
und nuficque, ore, kann nicht richtig sejn. Verm* nuncque ore^
et scriptis nunc • . S. 66. Lin. ai. .^a/^uj actior aetas,\ cdtior*
S. io5. Lin. 4 0. aulici, a Juribas ßor, XI III. Das Komma
liindfit den Sinn. Aulicus a Juribus gehört zusammen. Crotus
erhielt auch Kleidung eines Hofraths, eines Aulicus a Juribus.
S. 169. Lin. 3. aeria t-.L aetheria. 5. .2ia. Lin. ii. te in
sidere cancro —1- 1, te insidere, sich aufsetzen auf einen
Krebs. (So reir^vd^cb «a£^€mein jener ^riicJLwal!|s. avancierend
143 Ulr. ab Hutteit opera ed« Mönclu
den AinpKibieii Vatte itian damab deo R. Max. L gemalt, mit
der Insclir fc : Tendimus in Laiium ! ) Lid. 9. fcrax que Gaüus,
\. feroxqu^» S. aa5. Lio. 3. von oben: üwexuii armis L iniexuU,
Ltii. 3. unten: statt enif L emo* ^S. a43. quisq ••• 1. quisquis,*
S. 244« calamoque voeahani L vacabani und Lin. a. tnentUae»
que fugae -— ft. mepuitaque • • S. a47- Lio. 5. htie utäiiati
majores 1. mino-res u. dgl. m«
Noch ein Wort für den Vf. selbst. Er batte das Uncrluck,
von der Neapolitanisch^- (Französischen) Krankheit angesteckt
und, weil damals dieses Pestübel noch gar schlimm behandelt
wurde y eigentlich dadurch in der besten Kraft des Lebens Ter-
zehrt lu werden. Man schlols daraus, dafs er, ein loser Bahle,
den Ausschweifungen sich preisgegeben habe. Gerade dieser
erste Theil der Sammlung enthalt seine Jugendgedicbte« Nicht
nur beruft er sich mehrmals, auch Feinden gegenüber, auf seine
Sitten. Die Gedichte selbst geben das beste Zeuguifs für iho.
Wie oft hatte er Anlafs gehabt, in üppige Bilder auszusch^^ eifeo.
Welche davon eingenommene Dicht er pbantasie würde steh der-
selben so ganz enthalten? In allen traf*Acc. nicht auf Eine Stelle
dieser Art, nicht einmal im lustigen Bruder Nemo S. i5i. Wie
ernst und natürlich ist vielmehr im F'it bonus vom J. .i5i3* die
Abmahnurg: FascimU insanas veneris lascwia menies etc. tob
H. durchgeführt, ganz anders, als etwa ein angebrannter Lust«
ling die Schilderung entwerfen würde. Sclb<it wo Ff. einen
Universitatsgeuossen an frühere Zeiten erinnert (S. 3o.} mabot
er zwar diesen an die Odernjmphen:
Te quondam Odricolae multum eoluere puellae
aber nur um ihnen seine Liebe für den Jugendfifeunü entgeges
XU stellen:
Nee minor in nohis concitus amör erat.
Dieler amor (oder wahrscheinlicher: ardor) Huttens ist die
Freundschaft, welche in H. war für seinen Akadem. Freund.
Wie ernst und fern von Lüsternheit trägt er in der Scbrift de
Guajaci Medicinti alles vor, was gesagt werden mufstel — ^^Auch
ist sonst überall Huttens Hafs gegen ein ausschweifendes Leben
sichtbar,* v<f(*nehmlich In seinen Satjren gegen die damalige Sit«
tenverderbnii's zu Aom. Da er Teutschlands Ehrenrettung rer-
suchte. S. 346. de non de gener i statu Germanorum, so ist
ihm Scliamhaftigkeit das Erste:
Qiäd dicam mores ita nuUa in gente pudieos?
quaptquam aliquas dederint, quod nostras poUtät urheSs
mollicüii labes Italic quamquam improba Koma
venerit in riiiis jpurcisque infecerit istud
acre libidinibus^ caHum corruperit omne
RömäßSttCßrditumiusfusWamfuestqHMinfL
Poniificum non tam ipsa fereai , quam semftu ^etrsa
Gentihus immittens • • •
Ungcrnc hält sich Recens. zurück, nicht aucli, Virie H. ohne die
leutsche Schwerkraft zu läugnen, die Erfmdnng des Pulvers,
noch sinnvoller aber die Erfindung des Bücherdrucks , als teut-
sche S. 247* geltend macht, anzufügen.
Hoc in segrutie interea quaedam egimus omni
ingenio veterum majora • • *
Nam quae sidereeu vocalis mitchina. furres V
Defizit • . et spissos aggesto pondere rfuiros
aequat CprO") sterniique domos ei desiruit urheSß-
Prodiit a noh is, No s prim i exeudimus aere
ei sciäptis mansura notis tot secla toi annos,
omne genus scripii vatum äeiernosque Labores^
Quaeque diu nemo perituris scrihete churtis
passet et in miätas ita passim spargere gentes,
per nos una dies in mille s^olumina proferi.
Und wie sehr fühlt er schon die Wirkung:
Nunc quisquam innumeros etiam de paupef e turba
exiguo parat aere libros et munere nostro
eonsequitur decus ingehii . • nunc omnia plenis
sunt congesta libris, utj quod nunc oppida docios
euncia %firos r^ferulni , quod nul^ iia barbara telUis
quin animum eolat et /oecundis artibas ornet^
solis deberi nobis, nemo neget usquam.
Deswegen sang nach S. CXIV. längst ^einNew•L1ed, im
Tone, wie man singt: Franz/Sic kinger das £dle Blute
auch über Hütten, wie folgt:
Ulrich von Hütten das edle Blut .
macht so köstliche Bücher gut. ^
Die lassen sieh wohl sehen,
die gefallen den geistlichen Gleisnern nicht WoU
Die Wahrheit roufs iph jehen ja jehen
Gottes Wort thun nach ihrem Muth will zwingen,
Wolln uns mit Gewalt zum Schweig n driogent
O i!veh der Narrn und Blinden ;
Christus spr.ach: unter Porten der Stadt
Mögt ihr mein Lehr verkünden, ja künden»
Das Wort Gotts halt ich höhet Acht,
Dem widerstreben soll keine Macht,
Daus wir uns stark dran heben«
Dals wir von evangelischer Lehren
in ewig' Zeit nit streben ,^ nit streben«^
Proben genug, wie willkommen Huttens Ansicht der Dinge
durck den Iimalt sowohl ala durch Nasonisdie Iieichtigkcit der
i44 Conrbit t; ConydHilcdd im Cantön Waadt.
Rede allen. werden muls, denen sie btsber nur so selten , wie
alle jene Autographe davon^ bekannter 'werden konnte.
H. E. G. Paulus.
Über die Conuentickelj welche im Canton WauAt errich
tet worden. Eine lieber Jet zun g im Auszüge^ von der new
lieh erschienenen Schrift des Hrn, L, A, Coxjktat^ PJo^'
rers. zu Lausanne (dedi6 au grand Consed et au Consei
d^Eteu). Bern b, Jenni. 484 4 i gy S. in 8.
lYlan lernt hieri dafs es eigentlich Engl Ische Methodisten
sind, welche diese Gemeinden in den Geraeinden zu
stiften suchen. Wenn die, welche näheres Vertrauen und glei-
chere Gemiithsstimmung zu einander haben, sich näher aneioao-
der anschliessend so ist dies an sich gut und der urchristlichen
Sitte, wo |o Personen nach jüdischem Gebrauch eine Sjnagoge
(Privat Versammlung) bilden mochten, gemäfs. Aber dieses Par-
ticulare soll sich .vom Allgemeineren, da wo gemeiDschaftliche
Zwecke grössere Mittel fordern, nicht sondern; es soll das
Heimlichere nicht füiv besser gelten wollen, als das OeffentlicAe,
es soll nicht durch änderbar keiten mehr (opera superer ogaüo'
nis) zu leisten vorgeben, als durch wesentliche Pflichterfüllun-
gen, Es soll nicht gegen andere intiiguieren, Prosei jtenmaeherei
treiben i». dgL Nach innen unter sich enger zusammenhalten, ist
der Verwandtschaft der Gemüther gemafs. Aber uach aussen
Anderem entgegen arUeiten, v\as nicht das Schiboleth hat, sich al-
lein geltend machen wollen, dies ist die Ausartung, in welche
die Menschen , welche sich für Gew eihtere halten , leicht verfal-
len. Für. rechtsinnige Regierungen ist es immer eine uicht leichte
Aufgabe, wie dergleichen 7\bsonderungen zu behandeln sejen.
An sich sie zu verbieten, hiesse dem Kaiphasund den Phari-
säern recht geben, in sofern diese das Urchristenthuni verbieten
wollten. Aber, vyo die Sonderungen entweder in ihren Geheim-
gescUschaften schädliches mit einander treiben, oder wo sie ge-
gen andere machinieren und Parthei wider andere machen, da
tritt die Pflicht ein, allgemeine Ruhe und jedeii bei seinem
Rechte zu erhalten, i
{Dir Beschlufs folgt.)
£rgän£ttngs^BIätter d. Heiflelb. Jahrb. dXiteratur. hio.
CoütLTAT 1^4 Conpentikein im Canton ff^aadu
{Beschlufs.)
xJet Verfass. scliildert mit Mässigung, aber Localkenntnifs di«'
dort ilim nahe, aber aucb sonst, wo die sogenaimten Tractätcbea
wirken, lai Stillen schleichende Partheioiachcrei. ' Wir conce^-*
tricren seine Schilderungen auszugsweise, doch mit seinen eit^e«
nen Worten, um dieses Phänomen der neuesten Kir-
chengeschichte nach dem Leben zu zeichnen,
»Einige der aufgeklärtesten Männer unserer Stadt hatten eme
Gesellschaft gebildet, um die h. Schrift allgemeiner zu verbreiten*
Im ganzen Canton zeigte sich ein reger Eifer im Besuch des
Gottesdienstes (der äffeutlichen Erbauungen), Zu gleiciier ^Zcit
liefs sich eine Classe von Fremden wahrnehmen, welche sich
unter mancherlei Gestalt unter uns niederliefs, um unsern
religiösen Zustand nocH besser machen zu wollen durch Yer« ,
Lreitung von Buch eichen für den Volks Unterricht.
In verschiedenen Cantonen der Schweiz üben englische Frau-«
e n z i m m e r , welche weniger Mifstrauen in Religions - Angele-
genheiten erwecken, eine Art von Mission. Da sie hauptsäch-
lich auf solche ^u wirken suchen, welche noch nicht die Ein-
sichten und Erfahrungen des reiiern Alters ^aben, so ist auch
der Inhalt ihrer Trakt ätchen bald eine Dame, die mit ihrer
Schwester einen Curs macht in der Theologie, bald dne in
Verführung gerathene Tochter, die dann im väterlichen Hause
Kiuderlehre hält u. dgL Von da an wurden die Conventikel
iu den Häusern von Frauen eröffnet. Es konnte sonderbar vor-
kommen, dafs Fremde, welche in ihrem Vaterland an Millionen
ein weites Feld für ihren Vervollkommnungseifer 6nden müfsten^
so weit herkommen, um uns besser zu machen. Sie versuchten
aber diese natürliche Bemerkung dadurch zu heben, daf« sie von
Missionen bei den Heiden redeten, um als Missionärinnen zu
gellen, bei uns, die wir doch Christen sind.
»S>e wagten, lins, die wir Chiisten sind, zu überreden:
wir selbst hätten Missionäre nothig, wir sejen nicht Chri-
sten, wir sejen es nicht ^gewesen, wir seyen eher Heiden^
Türken und Joden, welche zu bekehren, sie zu uns kommen.
Das sagen sie uns deutsch heraus; das drucken sie und verbrei-
ten es bei uuserm guten Volke, mittelst der letzten Trak-
tätiein, die ihnen, endlich die Larve herunterziehen«
»Dieser Gang, den ihre Arbeit nimmt, führt uns also zu dev
Entdeckung, dais diese umherziehenden oder angesi«-*
delten englischen Missionarien .Glieder einer ge*'
Erg.BU4«iI.Jalub.d«L» L 40* ftO
t4G Goortat t. ConvealÜcela im CaDtoD Waadt.
wiisen religifliOD Geiellicliaft in England liud, di<
b« um Proieljten machen will. Dnr charatteriillstbe
Grondsati dieser Gesellschaft ist: sich ab diu eiaiigcn mUFD
Christen anzusehen, die es in der Welt giebl. Um sich Anhinj
au *er*etiaßcn, wissen sie auch Andere £U überreden, dals iie
Von dem Augenblicke an, \ra sie ihre Coiivenlikcl besuck'n,
«beDfalls in die Classe der clniij; wahren Christen gehören "lin-
den. Sie laugnen keinen Punkt weder der Ghubens - nucli
Sittenlehre; aber sie theilen lie in iwei Classen. Alles, ivas u»
Evangelium Erfreuliches hat, alle seine Tröstungen und Verlwi-
•ungen eignen sie sich, ihrer G es clhcliaft und denen zu, die sicli
au derselben hallen wollen. Alles hingegen, was Mühe mid",
aller Tadel, alle furchtbaren Drohungen stehen nach ihrer Mei-
Dung für diejenigen da, die nicht von ilirem Anhange snJ, und
(* nicht werden wollen,
■ Eine der seh reckendsten Glaubenslehren ist die, welche >on
"dem Satan handelt, und eine der IrSstendstea die von di:r £i-
Ifltung durch die Selbstaufopferuog Jesu Christi. Hebr. g, li
\f, «a. Dia englischen Missionarien wissen das lelilere für sitli
KU behalten, und das entere auf uns anzuwenden. Man )<wi
ihr Tractätchen: Gleichnifs »von den zwei Lämmlein« — i»ti
Lämmlein, die ein guter Hirt den Klauen eines grimmigen Lü"
wen entrissen, und von Wunden und Koth gereinigt hat, ^'
ftpden sieh in einem Schafstallc, wo es ihneu an nichts M
Draussen sind eine Menge Thiere, die sich zu belustigeo scb'
nen, aber Fast beständig von dem Läwen verfolgt werden, il^'
a^hou mehrere von ihnen zerrissen hat. Der gute Hirt kam lO'
Zeit zu Zeit, die Lämmlein im Stalle zu besuchen. Das Eine dic-
1^ Lämmleia aber fühlte Langeweile, springt über die Einiiu-
Dung des Stalles, läuft zu den Thiercn draussen, bei deneu a
nur bittere Weide, Thorhcitea des Lasters, findet. Der Hin
sieht das entsprungene Lämmlein, als es wieder kam, »gani et- <
KhSpft an Kräften, aufs Gras hingestreckt und fast hoffnuiigsW
und nachdem er es so gesehen, nimmt der >gule< Hirte tiss af
dere Lämmlein, das ihm treu geblieben war, atif seine Arme,
ersteigt "■'' ihm ruhig den Berg und tragt es an einen Ort, ""
alles von Gold glänzt, und wo seine Ankunft durch die liel>'
Heilsten Melodien gefeiert wird; dann gelii er zurück, das if
lome Lämmlein zu suchen, «dieses sieht den Löwen mir tK«
»ein Paar Schritte hinter sich, lliu "ttt,
tstürzt zu den Füssen des Hirten üihis
»und reuevoll zu ihm hinauf Ic i""
»nommen , setzt der fromme Fobl > ais
«dem Lämmlein feworden iitc ( ''°"
Scb«af?>
Courtat T* Copvenjtikeln im Canton Waadt: 147
Solche EutstcÜMiigcn der Lehre auf Seiten der Engländer .
bewirkt der Wunsch sich und ihren Conventikeln Anhang zif
verschaffen, indem sie dieselben als den wahren Schaafstall, und^
die sie besuchen , als die Lieblingslammlein Jesu vorsteJleu. Nicht^ .
als redeten sie nicht auch von ihreü Sünden; es ist aber
wolil zu bemerken, dafs sie darunter immer nur die Süädeu ver-^.,
stehen, die sie begangen ;|)aben vor der übcrnatürlioheu undl
gänzlichen Wiedergeburt, als welche sie zu einem, lieiligen Lc-^ ^
ben führte! Daher si.ch's denn auch die Stiller von Cpnventi-*^
kein zu ihrem ersten Geschäft machen, neue, und von denen^.^
die fiuvalle Gläubigen vorhanden sind, ganj^. verscJiiedene Ge*
bete zu haltjen, weil unsere Sündenbekenntnisse nicht mehr in ihr
Sjrstem passen. Denn das erste ist, da. s sie sich selbst ausschHes*# .
lieh »die Christen« heissen, und d^fs sie, wenn sie cinea_.
neuen Anhänger gewannen haben, von itun sagen: »er ist eia ^
Christ« seit der Und der Woche, seit dem und dem Tage,, in-,
dem sie recht laut bekannt iQachen^ bei ihnen allein finde sich/
der wahre Glaube und das .walirc evangeb'sche Sjstem, Der. »
feine Ii;ithuui tun cfgene Gemeinden und Conventikel zu. errich-
ten, oder sich hin und her im Cantoiji zerstreute Anhänger zu .
gewljj-^en, besteht In dem Sinn, den sie dem Ausdruck »Notli«
wendigkeit guter Werke« LeJlegen; sie behaupten nem-*..
lieh, die Heiligung und die guten Werke sejen Wirkung der.
Gnader und des Glaubens an Jesus, durch wirkliche abso*« .
lute Not h wendigkeit; wir aber halten es fiir eine Noth- .
wendigkeit durch Verpflichtung, die von uns unserseits Ar-*
beit und tägliche Anstrengung, fordert. Die fi;emden Mis-
siouarien lehren (einen Glauben, aus welchem Heiligkeit und
die guten Werke noth wendig hervorgehen, so dafs die, mit.
denen einmal jene grofse gänzliche und übernatürliche Veiande-
rung vorgegangen ist, nicht nur »nicht mehr Sünden begehen,
können,« sondern sogar »vollkommen h,eilig und ganz zu dem
»Ebenbilde Jesu Christi umgeschaffen sind, und dieses durchi
»eine nothwendige Wirkung.« — Sofort nehmen diese eugli,'«.
sehen Missionarien die Gnade und das Wohlgefallen Gottes^
welches die guten Werke wirkt für «ich und ihre Wl^derge*
bornen, den Christen der gewöhnlichen .Kirche aber lassen sio
das »Arbeiten mit Furcht und Zittern.« Daher sieht man auch die«
welche so eben zu der i^anzlicheu übqruatürlichen Veränderung
gekommen sind, sogleich eilen, um, an dem Heil Anderer zu,
arbeiten, da sie für ihre eigene Seligkeit nicht mehr weder ,M,
arbeiten, noch etwas zu fürchten habep«» Wählend. wir ui|S€^^,
Glauben an das Vj^idif^nst dc^ Erlösers, |deu|]jph und bestiifin^
zu erkennen geben, bauei^ wiTi beiJGit es, doch nur auf un-«
.«e .iic»c GcrecLtigk«»? ^^
«48 Coortat r. Conventikcln io^ Canton WaaJt
tlhre Meionngen Ton der Gnade tind dem Grondsatie
ix% Evangeliums noch mehr zut^ider, und noch gefähriicher für
die Sitten. Die englischen Wiedergebornen leben hier io iwcj
•ehr wesentlichen Irrthumero. Erstlich: es gehe mit einem plötz-
lich, zu der und der Zeit, eine »üb et natürlichem Voran-
deraug vor. So hört man sie sagen: ^ich habe vor fünf Jahren,
oder drej Wochen, oder drejr Tagen die Gnade empfangen,-
'irobet sie auf die natürlichen Gaben die Stellen anwenden, dir
Ton übernatürlichen handeln. Ihr twejter frrthum ist, dafi
.•ie behaupten, diese Gnade wirke eine gänzliche aufdei
ganzen Menschen sich erstreckende (universelle) Verände-
rnn«: , ohne dafs für dieselbe von ihrer Seite iro:end ein ander»
Wirken vorgehe als das Gebet« Da ihre Veränderung gÜDziicIi
sej, so werde auch von dem Angeublick an, der Grund d«
Sündigens ganz zerstört, so dafs iiir Glaube und ihre Tugeci
noch ganz sejn müssen. Die innere Freudigkeit, womit dieser
Ccdanke sie «rfüllt , nehmen sie denn für das innere Gefiibl der
Gnade: »ich bin glucklich, ich besitze mein HeiLc Za des
l^tgesinntev Seelen unter ihnen aber gesellen sich bald tras[ere,
welche diese Lehre mit det Freude eines Trägen ergreifen, den
man verspricht, er brauche nichts mehr für seine Seligkeit i<^
ihun. Endlich werden auch lasterhafte Seelen denken, siei:o>
lien sich ohne Gefahr für ihre Seligkeit Altes erlauben. Bisj^^
«ahlten die Gonventikel besser unterrichtete Personen, -die ^
wohl fühlen , darfs noch ein feiner Unterschied zu machen sef
zwischen einer gänzlichen, übernatürlichen Gnade und einer
Vollkommenen Inspiration oder Geistes-Eingebuhg. Würde aber
diese Meinung sich weiter, bei minder unterrichteten Leuten,
«usbreiten, so werden sich bald sie alle für inspirirt halten ; cio?
Idee (Phantasie) ivelche, weil die Eigenliebe darin so ga"^
ihre Nahrung findet, immer Unordnungen aller Art erzeugt hit-
Schon S.36. erkliirt sich der Vf.' für eine gewisse mosietui-
tche Parabel. »Ein ächter Muselmann hiefs seine beiden Söiio^
den Koran lesen: Der ältere las, der jüngere spielte mit klei-
nen' Kügelchen in den Händen, — Vater! sagte dann je»^^
weise doch meinen Bruder zur Ordnung, der sich, währeai
ich im Koran lese, mit Spielen die Zeit verkürzt» Mein SoU,
tntwortete der Vater, würdest du recht ernstlich im Koran 1^
sen, du könntest nicht sehen, dafs dein Bruder spielt.« — Al-
lerdings; wenn der Eine 'Bruder blos Spielerej treibt, so soll
iet Andere fortlesen ^ wo Er zu lesen hat. Wie aber, yf^°^
dte'Bruder'ihn neckt ^ höhnt, nich| ruhen will, bis er sein Buc^
rfidk^ärts lese, öder gar gegen da» Spietwerk yertausdie?
Statut der UniTersitSt Dorpat i4o
/. Vstam imperaiorshago Derptshngo uniwersiteta»
/• Statut der kaiserlichen Univertität Dorpat» DtfP'
pat 48%o» 4* Russisch und Teutsch, 437 S^^^^n^
//« Üstaw utschehnüeh sawedenij padwjedomäck imparatorskwUß
Derptskomu uniwersitetu,
//♦ Schul'Statut für den Lehrhezirk der haisert
Universität Dorpat. Dorpat 4ß9o* 4* Russisch und
Tcutsch, si5y Seiten*
JLriese zw^j von seiner Majestät dem Kaiser Aiexander H6clisl*
cigenliändig bestätigten Statute sind ein neuer Beweis der vor»
gerückten und stets fortschreitenden Geisteskuitur in RuTsland, eia
neuer Beweis der grofsartigen Libffralität, mit welchier der Kai*
•scr der Rassen in seinem Reiche Humanität zu befördern sucht.
Da diese Statute vielleicht weniger bekannt sind, wegen ihrer
liistorischeo . und stati^ischen Wichtigkeit, aber, zum Theil auch
"Wohl als Muster für mainche ändere Universität' und gelehrte
• Schule, von recht Vielen gelesen zu werden verdienen^ so haUea
wir es für Pflicht durch gedrängte Darlegung dos Inhalts und
Aushebung einzelner Punkte darauf aufmerksam zu' fnacheo.
.Kro^ I. enthält in i4 Capiteln und in %ji §§• die Organisatioo
der Universität Dorpat. Im §. a. hcifst es: In den Gouverne-
ments Lievland , Estbland und Kurland, die den Bezirk der
Universität Dorpat ausmachen, dürfen zu Aemtern, die juristi«»
sehe und andere (welche?) Kenntnisse erfordern, nur solche
angestellt vverden, welche Zeugnisse beibringen, dafs sie auf
' der Dorpat*sdien oder einer andern Universität im Russischen
Reiche ihre Studien begonnen und wenigstens drej Jahre binterehi*
ander mit Erfolge fortgesetzt haben. — Dies ist freilich ein Univer*
sitatszwang, docb sind in demselben §. schon Ausnahmen statuirt|
und es ist zu erwarten, dafs dieses Gesetz wohl später wieder
'aür«;ehoben werden wird. Die Universität stehet unter 4^m Mi*
nister der geistlichen Angelegenheiten und der. Volksaufklä'rung
und unter der spcciellen Aufsicht des Mitgliedes der Ober*
Schuldirektion, dem das Curatorium für dieselbe aufgetragen isC
»Die von der Universität geprüften und graduirten Candidatea
baben das Recht, zu allen Aemtern in ihrem Fache zu gelaa-'
l^en, ohne \icb einer anderweitigen Prüfung zu unterwerfen*
.Die Universität hat ausschiiefslich die völlige ortliche Jurisdio-'
lion und obrigkeitliche Auctorität über alle ihre Mitglieder und
Untergebene und deren bei der Universität .anwesenden Fa"*
miliep. In ' Crtmiualsachen^ aber stellt die Universität die vor*
läufige Untersuchung an und versendet sie mit Beilegung ibrer.
Meinung- an die Behörde, unter deren Gerichtsbarkeit das Ver*
brechen gehÖrV Uebrigent wird von den Sprüel^en der Ap<^
üSo ^Statut der UniversitSt Dörpan
Jelbtiom- und Revisions-TfisUnz der Universität nur in dn
irigirendcn Senat appellire« Die Ütiiversiläl hat ihre eigene
Ceiuur fiir alle von ihr, oder einem ihrer Mitglieder herausge-
gebenen Schriften, wie auch für die von der Universität, zu ep
genem Gebrauche aus dem Auslande verschriebenen Biiclier.
Alles, was die Universität von dem Auslande für ihren Ge-
lrauch, Wissenschaften und Künste betweckend, verschreibt,
soll xn Wasser und zu Lande ungehindert und zollfrei c^llg^
fuhrt werden dürfen.* Die Professoren der Universität, die Leh-
rer, Beamten und deren Kinder sind von allen pcrsöuHcheu Ab-
gaben befreit. Alle ausländischen Professoren und Beamlen der
Universität haben das Recht, zu jeder Zeit das Reich zu ver-
lassen, ohne irgend eine Vermögenssteuer an die Krone zu ent-
richten. Bei ihrem Eintritt in's Reich darf jeder von ihnen daJ
erste Mal Effecten oder Sachen, zweitausend Rubel Silbermünze
'an Werth, zollfrei mit sich hereinführen oder nach seiner An-
kunft verschreiben. Die Universität hat das Recht in Rufslaui
vnd im Auslande ihre gelehrten Corrcspondenten zu haben, die
in dieser Eii;enschaft ein Diplom erhalten. Sammtlichc ordent-
liche Professoren bilden die oberste akademische Behörde unter
dem Namen des Unlversitäts-Coiiseils, wozu die Appf^üatious-
«nd Revisionsinstanz, das Universitätsdirectorium , das Universi-
tätsgericht, das Rectoratsgericht, das Censurcomite, die Scliüi-
«ommission, die Uuiversitätsrentkammcr und die Faculuten ^"^
boren. Lehrer, Beamten und Dienstleute wählt das Uitiversi-
tätsconseil durch Stimmenmehrheit, und stellt sie an, ohne sie
•rst höhern Orts zur Bestätigung vorzustellen, mit Ausuahme
des Sjndicus. Der Rector und die fünf Decaue der Facuitätea
bilden zur Besorgung <ier laufenden Geschäfte das Uulvcrsittis-
«directorium. bn Universitätsgerichte präsidiit der Rector; ^^^'
iitzer sind der Decan der Jtirislenfacultät nebst dem SjndicuSi
'Der gelehrte Verein der dorpatischen Univertität bestellt au$
'Vier Facultäten, der theologischen, juristischen, medicinisclieo
und philosophischen; jedoch wird die philosophische in vier Lc
«>ndere Classen abgetheilt, nämlich die philosophisch -malliema*
tische, die naturwissenschaftliche, die philologisch - histonV'^
"ttod die technologisch -Ökonomische, deren je zwej einen D^
•«an wählen, welche halbjährig im VorsiliLe alternireo. .^^^^
keiner von den 'Professoren der Naturwissenschaft eigene N^t"'
talienkabinete haben darf, scheint in einzelnen Fällen ein drü'
«kender Zwang. Jeder ordentliche und ausser «irden tliclic Pfo^
fes^or ist verbunden , in jedem halben Jahre wenigstens zwo
Cursttt zu halten. Der Rector ist nur zu einem verbuodeo.
Wenn die Zahl der Zuhörer f«ir eine Vorlesung weniger ^
tecbse bclrigt| to ist der Plrofcstor nicht vcrbttoden, dies« Vor
• •
Statut der UniTersitil Dorpoi tlH
lesiiD^ cu hatten. Dm Verdoppeln der Vorlesungea sotl fiuf
dann erlaubt sejn, wenn es die Studif enden nicht hindert , an*
^ere, nach dem Lecttonscataloo^ schon angefangene VorlesuLgea
-en hören. Die Universität hat zweimal im Jahre Ferien* Di«.
'Wiiitrr-* Ferien wahren' vom i. bis 45« Janaar; die Sommer*
Ferien vom lo Junius bis zum 22. Julius. «
Die . Institute der Universität' sind sehr vollständig, nSmlicIi
ein afiialomisches 1 heater, .eine mcdicinisch-kh'nische, eine cht«
• rurgisch- klinische nnct eine Entbindungsanstalt, ein pädagogisch*
philologisches und ein theologisches Seminarium. Ausser der
Bibliothek, sollen sich ferner bei der Universität befinden: ein
Museum- der Kunst, ein Kabinet iür Zoologie i:|nd für Minera-*
logie, eine Sammlung physikalischer Instrumente, ein chemisches
Laboratorium, eine Sammlung anatomischer Präparate, ein pa*
thologisches Cabinet, eine Sammlung geburtshiilflicher und chi*
riu'gischer Instrumente, technologischer, architectonischer und
kriegs wissenschaftlicher Modelle, ein Observatorium, eine Samm«*
hing für angewandte Mathematik, eine Zcichenschulc und «in.
botanischer Garten. Jeder Professor, der 25 Jahre lang seinem
Amte niit Eifer und Fleils vorgestanden, erhalt, wenn er nicht
länger bei der Universität zu bleiben wünscht, aus den Einkünf»
ten derselben seine ganze Besoldung als lebenslängliche Pension«
Alle Professoren, die wegen einer unheilbaren Krankheit dienst-
«nfakig werden, erhalten die Hälfte ihrer Besoldung, auf beson-
dere Empfehlung der Universität aber ihre ganze Besoldung als
Pension. Die Wittwen und Kinder der als pensionirt verstor-
benen Professoren erhalten dieselbe Pension wie die im Dienste
verstorbenen Professoren. Die Pensfonen der Wittwen oder
Kinder der verstorbenen Professoren bestehen in dem fünften
oder vierten Theil der jahrlichen Besoldung, je nachdem der
verstorbene Professor weniger oder mehr als fünfzehn Jahre bej
der Universität gedient hat. In jedem Falle aber erhall dia
Wittwe eine ganze Besoldung ihres Mannes ein für allemal un-
verzüglich ausgezahlt, und alle Pensionen können sowohl im
Reiche, als auch ikn Auslande genossen werden. Die auf deut-
schen Universitäten zu grofser Ermunterung des Fleifses etnge-
fülirten jahrlichen Preisvertheilungen hat man dort gleichfalls«
Nro. II. ist in eilf Kapitel getheilt, und enthält in a8a 5§»
die Vorschriften zur iüinrichtung der Schulen. Nach den Be*
dürfuissen des Unterrichts kann man diese eintheilen in: Ele«
ne^ntarschy] en^ Kreisschulen und Gymnasien. Da die
Universitäten immer mehrere Männer von Keantnifs und Erfab«
Tung im Lehrfache besitzen, und diese höheren Lehranstaltett •
den aächsten Vortheil von dem guten Zustande der Schulen
liehen $ , so wird die Leitung der Schalen einca Untrersitatsbe^
^i$% Statut der Universität Dorpaf.
Siikf TOD der Universit3t selbst am zweckmafsigsten gefabrt ^«^
den i jedoch so ^ dafs diese Leitung deo UoiversUälen «ussckliefs-
lieh und unter der einzigen Ob^rdircction des Ministeriums der
gcistliclien Angelegenheiten und des öffentlichen Unterrichts an*
TeHraiit vird. — Die Leitung der Schulen wird im . Namen
des Universitätsconseils durch -eine von ihm, und aus der Mitte
desselben gewählte i>chul-Conimission geführt, '%v eiche aas
asehreren, nach Verhältnifs der jedem Universitätsbezirk gehöri-
gen Gouvernements bestimmten Mitgliedern besteht , ^ie nach
geschehener Wahl höheren Orts zur Bestätigung vorgestellt wer-
den« Der jedesmalige Rector der Universität steht an der Spize
derselben. Die Mitglieder der Schulcommission bekommen kei^'
neu Gehalt, sondern übernehmen diese wichtigen Geschäfte
l>los aus Neigung für das Schu\wesen upd aus Liebe zum all-
gemeinen Besten. Der Gouvernements- Schuld irector (so heis-
ren die Dircctoren der Gouvernements-jGjmnasien) hat die spe-
zielle Axifsicht über alle übrigen öffentlichen Schulen und Privat-
.Ijehj'anstalten des Gpovernements. Jede Kreisschulc hat einea
lospector , und dieser hat ausserdem die Inspection über die
Elementarschulen des Orts. Er berichtet über die Kreisschulcn
und Elementarschulen dem Director« Jedes Gjmiiasium des
Dorpatschen Lehrbezirlcs erhält sechs Oberlehrer uud zwei Leh-
ycr für den wissenschaftlichen Unterricht, ausserdem einen heh"
irer der russischen, einrn Lehrer der französischen Sprache, eW
:^en Lehrer für Musik uud Gesang und einen Zeichenlehrer (der
zugleich Schreiblchrer ist). Eine Kreisschule erhält zwei oder
einen Lehrer für den wissenschaftlichen Unterricht, uud- einen
Lehrer der russischen . Sprache. Eine Elementai schule erhalt nur
:4rinen Lelirer. Die G^ymnasien bestehen aus 5 Classen, jede aas
A Ordnungen und der Lehrcursus für eine Classe dauert eio
Jahr. Die Lateinische, Griechische, Kussischc und Teutsclie
l^prache werden in alleu 5 Classen gelehrt, die Hebräisclie Spra-
che allein in der ersten, und die französische in besondereo
Stunden für diejenigen Schüler aus den drei oberen Classen, die
^Aich dazu meldf.*n* Ausserdem wird gelehrt: Religion iu allen
Classen, Geschichte in den 4 unteren Classen, Geographie in
den 3 unteren und iu der ersten Classe, Naturgeschichte iu den
d unteren, Physik in der ersten Classe, ^Mathematik in allen
Classen^ Schreiben in den 2 untersten Classen, der Uuterrickt
in der Zeichnenkunst und Musik liegt ausser dem Cursus ; dock
aaüssen die Schüler daran Theil nehmen. Jahrlich findet auf
dem Gjmuasinm ein grofses, niit Redeübungen verbundenes Exa*
äsen Statt, am Schlüsse des Semesters im December oder Junios
»ach den Localomständen, wobei die Trans! ocationen ond. Eot-
lassuDgen bekannt gemacht werdto. Wer oh|»e ein S^uguifi der
Statut der Universität Dorpat^ «93
Keife zar Umveraltät äsa Gymnasium -verlafst, wird ron itm
Universität geprüft. Jedes Gymnasium erhält eiue Bibliothek^
eine Sammlung physikalischer und mathematischer Instrumente
und eiiie Naturaliensaramlung* Die Lehrgegenstände einer .Kreis*
Bchüle.sind: Religion, Arithmetik, Geometrie, r^aturgeschichtiK
mit Technologie, Naturlchre, GesoJiichte und Geographie, Kuis«
sische und Teutsche Sprache, Zeichnen, vorziiglich geometrisches^
und Sclireibeu. Auch die Krcisschulen haben jährlich ein öf-
featliches Examen, eiue Bibliothek, eine Landchartensa mmlung,
eine Sammlung von Naturalien und Instrumenten, Ueber das
'Was anzuschauen ist, entscheidet der Director. In die Element
tarschulen wird jeder Knabe aufgenommen, der das sechste Jahr
vollendet hat. Die Gegenstande des Unterrichts das^elbst sind:
die Elemente der teutschen Sprache, Lesen und richtiges Ac*
centuircn. Schreiben, Rechnen und Religion. Halbjahrig ist
eine Prüfung, nnch welcher die reif befundenen Schüler die
Elementarschule verlassen müssen, damit andere an ihre Steile
aufgenonunen werden können. Ausser den ausscrordentlichf^n
Rcriditcnnibergiebt'der Schulinspector zweimal des Jahrs dem
Schuldirector bei dessen Schul -Revisionsreise einen allgemeinen
Bericht über die Krcisschule und die Elementarschulen. Der
Gotiveruements- Schuldirector steht unmittelbar unter der Schul-
commission, welcher er zu berichten hat. Zwei^ ]\4ahl des Jahrs
bereiset der Gouvernements -Schuldirector die Siädte^ seines
Directorats, um die daselbst bcfindli(;hen Kreis* nnd' Elementar-
schulen zu visitirem Nebstdem hat er die PÜicht, alle Privat-
Lehranstaltep für das männliche und für das weibliche Geschlecht
in den Städtetr zu besuclien und sich von dem Zustande der-
selben zu untei'riehten. Die Privat -Lehranstalten auf dem Land^
ibesucht er, wenn die Zeit es ihm erlaubt;' oder ifenn er Ur-
sache hat, zu glauben, dafs ein solcher Besuch iiÖthig sey. — >
Jährlich am i5. Dec. schickt jeder Goavernemeiits-Schuldirector
«incn allgemeinen Berieht über alle Öffentliche Schulen seines
Directorats an die Schulcomn^ssion , welche aus dem Rector und
fünf permanenten Mitgliedern besteht 9 zur Revision der vier
Directoiate. Sie berichtet unmittelbar an den Curator des Lehr-
bezirks, und empfangt von demselben Befehle, von den Schul-
directoren aber Berichte. Das t^eftiinarium aber zu Dorpat steht
unter der Directiou des Dorpatschen Schuldirectoriums. Zeha
junge Männer y welche in . anderweitigen Schulen den vorUufi**
gen nÖthigeo Unterricht erhalten haben, werden in dieser An-
stalt zu Elemeotarlehrern gebildet. Das Semiuarium sha( einen
Hauptlehrcr (der lospector des Seminariums heilst), und einen
Lehrer der Musik« Die Hauptlehrer und die Seminaristen woh^
»(HD eaf Koatea der Krone in einem dazu -scbicklichen' fiause;
K^eoleiu AllerieL
und bekommen freien Unterhalt. Will Jemand einePrirat-Lelir-
anstalt errichten > so ubergiebt er dem Schnldirector eine an die
Schulcommission gerichtete Bittschrift, welcher er einen ausiftihr-
' liehen Plan über die zu errichtende Lehranstalt beilegt. Die
Personen, welche an einer Privat-Lehrnnstajt Unterricht gcbea
sollen, werden von dem Schuldireclor gemeinschaftlich 'mit drei
Oberlehrern geprüft. Die Lehrerinnen für weibliclie Lclirao'
Stalten werden durch den Director und einen Inspektor geprüft.
Uebeir diese Privat- Lehranstalten entscheidet die Sbhulcomniission.
Die vier Gymnasien des dorpatischen Lehrbezirks, so wie aucli
alle Kreisschulen mit zwei und mit einer Classe M^erden von
der Krone unterhalten. In «4 Städten dieses Bezirks zahlt die
Krone auch den Gehalt des Lehrers an der Elementarschule. —
'Dieses ist der wesentliche Inhalt zweier, für die russischen Unter*
richtsanstalten höchst wichtigen Urkunden.
u4. B.
AUtrUi zur Unterhaltung und Zerstreuung» Herausgegeben von
Fmjhz Küenlb^n* St, Gallen b. Huber u.C^ 48siu* %ß, /».
Was der Verfasser oder Herausgeber mit dem Aufsatz«, die
. Gesellschaft ohne Gesellschaft, den er, statt der Vor-
rede seinem Buche an die Spitze' setzt, an und fiir sich; was
er besonders mit demselben in Bf^zug auf sein Allcilejr 'wolle?
mag er, der Autodidactos, wie er sich gleich Anfangs bezeich-
net, wissen, jedem andern wird diese Vorrede in beiden Rück-
sichten eine, nicht zu entzifierndc, Hierogljpho bleiben. "
Vier Erzählungen enthält die Sammlung Kunst und Na-
lur, Alis und Berengar, die Selbstlinge, Theodor
oder die Peruvianer« Die erste, bei weitem die anziehen-
ste, dem Inhalt und der Darstellung nach, trägt nicht, wie die
übrigen Drej, die deutlichen S|^uren fremder Abkunft. Der
Herausgeber ist nicht aufrichtig genug gewesen, wenn er die
letzte als vfrei nach Pigault * le Brun« bezeichnet, da Breite,
Sentimentalität, unnütze l'racht, ermüdende Reden , Wendungen
und Ausdrücke nur zu klar beurkunden, dafs die Erzählung
(eine zweite Cora) recht wörtlich dus dem Französischen über-
setzt sey« Eben so ist's mit der zweiten und dritten Novelle.
Auf jeden Fall hätte der Verfasser sie sammtlich abkürzen, imd
dürftige Bemerkungen , womit die französischen Romane so hau*
' fif^ durch wassert sind, weglassen sollen, z. B. 'ein junges Mäd-
chen ist gewöhnlich gefüblvoU. « S; 2o3* »Die Jugend ist
ichwach, die Feinde sind schlau.« etc;
Sthduspiele von H. Bothe. i55
Die CliäTakttr reich hu tagen S. 49- halyen kein »nderes
Verdienst, als das der Kürze. Flachheit, OberÜächfichkeh und
'Gallicismcn bezeichnen ihre Heimath.
Die Anekdoten S 8i. ohne Salz nnd Interesse.
Das beste im ganzen Allerlei sind neben der schön erwähn«
tci^, Novelle: Kunst und Natur, die Mönchsanekdoten
S. 34o. die, wenn auch nicht siimmtlich neu, doch grÖfsteD-
theiis durch Witz, Laune und Behandlung sich empfehlen.
Schauspiele von F. H, Bothe* Mannheim im Verlage hey Tb*
hias Lößer j 48st2, 3 ß.
/jvvejr Uebersetzungen , die eine des Lustspiels von Mo Her«:
die M änperschule, die andere des englischen Trauerspiels
Moniraia von Otway, und eine eigne Dichtung: der Fall
der Oedipiden, Trauerspiel in 5 Aufzügen enthält diese
Sammlung.
Die Männerschule, ein Lustspiel voll Intrigue, welches,
dem Sinne der Franzosen durchaus entsprechend, von ihnen
noch imnier geschätzt, gern gelesen und gesehen wird , ist bei
' nöglichstcr TI^eue von Hrn. B. im Ganzen mit so grofser Leich-
tigkeit in unsrc Sprache übertragen, dals man meistens ein detlt*
sches Original vor sich zu haben glaubt*' £r hat. noch überd^m
gesuclit, dadurch, dafs er die Soene nach Wien verlegte, sie
dein Zuge des Deutschen naher zu bringen, und >die Verpflan-
zung ist gediehen, so weit sie, bei der Verschiedenartigkeit der
Sitten, Lebens- und Denkweise beider Nationen, so wie der
Zeit, wo das Stück geschrieben und derjenigen, wo es ins
'Deutsche übertragen wurde, gedeihen konnte.
Nicht weniger als die Uebersetzung des Französischen Lust-
spiels, ist die der Engliseben Tragödie: Monimia gelungen« '
Einige Mifsklänge und Harten wären wohl wegzuräumen gewesen.
Wie ^enn es z. B. geheissen hätte S. 348 statt:
»Da zeigte
»Sich die Gestalt von dir, schon wie du bistf
»Loses Gewand umflog dich —
Da zeigte
' Sich deine lieblich herrliche Gestalt
Ein ieicht Gewaod umflofs dich.
Seite 354 fttatt:
»Des Himmeis WohlgerucV nmathmen mich
Des Himmels reine Düfte wehn um mich*
Ihs Trauerspiel selbst ist etwas gedehnt, die CIiaralcfAr«
1
i50 Schauspiele voa EL Bothe» ^
liaben weofg KigeodiäinUchkeic und iqnere Bedeutung; die Ent-
ehrung der Monimia durch den Bruder ihres Gatten, erscheint
JQ unwahrscheinlich als widrig; und widersprechend ist es, wenn
der Verbrecher (S* 4a5.) erst mit Monimia-ins Exil wandern
will und statt dessen nachher (S. 45ß,) ohne dafs genügende
Motive eintreten y sich in das Schwerdt seines beleidigten Bro«
ders stürzt, 'den er mit Mtihe zum Zweikampf aufgereiz*. hat.
Bei diesen Mängeln des Stucks hätte die lieber tragung ins
Deutsche wohl um so eher unterbleiben mögen, da wir in Schil-
lers Braut von Messina, Leisewitzens Julius von Tarent ond
Klingers Zwillingen, deutsche Originale ähnlichen Inhalts besitzen,
wovon jedes durch Inhalt, Diction, Eigenthümlichkeit der Cha-
raktere, und Schilderung der Leideuschuftcn , diese' Otwajsclie
Tragödie« wie sehr auch die Engländer sie schätzen mögen,
überwiegt.
Desto mehr rerdient Hr. B. für das Trauerspiel: der Fall
itt Oedipiden, den Dau|^ der gebildeten vaterländischen L^
lewelt« Et sind dabei die Fömkeriuuen des Euripides zum Grand«
gelegt, aber wenn gleich der Gegenstand, die Personen, eltiif^e
Erzählungen und Ausdrücke beibehalten ^rden, ist doch die
Torliegende Tragödie in Behandlung des Stoffs, Eintheilong der
Scenen, Bezeichnung der Charaktere etc. durchaus vom gedacb«
ten Trauerspiele abweichend, den Bedürfnissen unsrer heüii«[ea
Sühne angeeignet, und daher mit vollem Recht als eigne Dicb-
tung zu betrachten. Der Chor ist zwar beibehalten, aber in aiK
^erm Geist und Sinne wie bei der Griechischen Tragödie. Iio
Fall der Oedipiden ist er den Jünglingen, Jungfrauen, Prte*
•tern etc. von Theben zugetheilt, die sich, bei sehr ^chrcklicK
gewählten Veranlassungen , in Gebeten , Hjmnen , Lobliedern
der Helden, oder Klaggesängen bei* ihrem Falle ergiesseo. Der
Griechische Chor erscheint hingegen als Vertrauter der handeln-
den Personen, als Repräsentant des Volks, >n dessen Mitte sich
die Begebenheit zuträgt, und als Mitreducr, wo es auf Ausdruck
allgemeiner Gesinnungen und Gefühle, und Aufklärung von Ver*
■bältnisscn ankommt, welche dem Zibchauer ohne das fremd ge-
blieben wärön.
Besonders ist der Yerf. mit glücklichem Erfolge darin vom
Griechischen Vorbilde abgewichen, dais er nicht, wie dieses
durch eine Vor^ednerin (Jokaste) die frühern, auf die HandJimg
sich beziehenden, Begebenheiten, und nachher durch einen Za-
schaaer die Vorgänge im feindlichen Lager erzählen und erkla-
ren Kfst. Er versetzt gleich anfangs den Leser in die Mitte
der, gegen Theben' kämpfenden Fütsten, und läfst wie in Hand-
inngen so in Gesprächen die Vorgeschichte sich entfalten, auck
4ie "Helden . üpi ihre >A.bst€hten durch sie selbst u^d ihre Va^^
Schauspiele von If. Bothe. iS;
bung sich bezeichnen und cnmickeln. — Dem Charakter de«
Menoikeui (Sohn des Kreon) ist vom Verfasser mehr Bedeu-
tung und Selbstständigkeit zugetheilt, als er bei seinem Vor-
gänger hatte, und die, bei diesem Jehlende, Tochter des Ocdip,
Ismene auf eine anziehende Weise mit in die Reihe der han-
delnden Personen gestellt.
Das Trauerspiel hat Lebeh, Fülle und Kraft, tief ergrei-
fende Situationen, fast durchgehend eine reine, des Gegenstan-
des würdige Sprache, und viele treflttiche, wahrhaft dichteri-
iche Stellen. «
Den Charakter des Eteokles hat der Verf. nadi Ref. An-
sicht, doch uunöthigerweise zu hart und menschenfeindlich ge-
stellt. Ohne Achtung gegen Eltern , ohne Neigung zu Geschwi-
stern der Fl auenli<^e fremd, steht er da, ein hartes unschmelz-
bares' Eisen. Als unnatürlicher Sohn erscheint er besonders, wo
Jokastc ihre Flüche über ihn ergiefst und Eteokles die Worte
(S.f^Q.) spricht: »Die Donner tödten nicht.«
Von der andrem Seite ziemt es doch wohl taum diesem
ungebildeten Krieger, wenn, er (S. 67.) auf Jokastens Zuruf:
»Hat nicht ein Vater dich und ihn (Pi^lyneikes) erzeugt.«
Zur Antwort giebt: > , \, . „ w 1, .-1
»Was sprichst du vpn des Zufalls Werken viel
»Die Form, worin er sich ein Bild gestaltet
»Zerbricht der Künstler.«
and ist denn hier Eteokles der Kunstler, ist es seine Form
von der geredet wird? , o -^ u i. a a
So durfte auch Polyneikes als Grieche, besonders der
Zeit auf die Aeusserung seines Bruders: auch Zeus habe, um
tu herrschen , seinen Vater vom Thron gestossen , wolil Jtaum
erwiedern: . ^. 1 1? u 1 • k*
»Beschönige mit Dichterfabeln nicht
»Dein. Thun etc. — Das Gewand betreffend , wenn der
Verf. seine Dichtung kleidet, hätte Ref. nur an einigen wenigdi
Stellen eine Aenderung gewünscht z. B. (S. 43.) statt:
»Erhabner Ruhm, dich sucht auf Alpen höhn
»Auf blutigen Schlachtfeldern dich der Jungling«
_ -^ Dich sucht auf wilden Hoh'a
Auf blul'gen Schlachlgeülden Dict etc. ,
^ S 38) statt :
* »Und wenn sich luft'ge Berge zwischen «ns
Erhöben sic^ Riesenberge ( Atlasgipfel } etc.
Von den vielen trefflichen SteUcn stehe hier nur ein Monelo((
ies Polyneikes, S. 340* . ^. . . . ^^
»Was war das? Traf nifcht Klaggeschrei mein Ohr
»Wi« «• ^ttTch Nachtgraun tont von Schlachtg^filden?'
tSS Schauspiele von EL Both?.,
•--• Wie Scliwcrdlcr sckwirreo klang*!» -* taucht hier ein
Feind?
•— — * Ist es der Wind, der durch die Ebne saust
^ — Nicht« mehr vernehm' ich jelU — Ha, banger Geiil;
»Wars deine Ahnung? Liehst du deine Stimme
»Dem öden Nachthauch, und gestaltetest
»Die wesenlose Luft in deine Schrecken?
' » — Ein Gott vielleicht ging zürnend durch das Lager
»Das Schvverdt nocli zu verbergen, warii*t er mich.
»Nichts grälslichers beschliest des Menschen Geist
»Des Alles wagenden als, weichend aus
»Den heiFgen Schranken der Gerechtigkeit,
»Ins öde Schlachtfeld in die Flur der Thränen,
»Ins weite Reich des Mordes und des Weh*s
»Mensch wider Meusciicn reuelos zu treten.«
Der Raum gestattet nicht mehr als diese Steile auszuziehen,
welches viele andere eben so sehr, manche in noch höherem Grade
verdient hätten, deren Länge sie aber davon ausschlielst; z. 6.
der Monolog des Eteoklcs (S. SB»)' Dessen Unterredung mit
seinem teindseli^eii Geiste (S. 90.^. Das Gespräch Kreons mit
seinem dem Tode für das Vaterland sich weihenden Sohne (S.
loS.) Das letztere Selbstgespräch (S. 116.). Der Jokaste vur-
bedeutendcs Gesicht (S. i5o.)>.Das Gebet der Priester Jupitm
(S. i6i.) an ihren und das derselben (S. i 4«) au den unbe-
kannten Gott. — Antigones WoVte bei dem Leichnam ihrer
Brüder und ^Mutter (S. 169.) etc.
Julii Phaedri Fabulae nuper puhlicatae in Italia, quat
emehdatius edidit animaduersionibusque itistriixit Fridkricüs
IIenricüs Bothk. Heidelbergae et Spitae, sumtibüs Mg»
Oswoldi, MDCCCXXIL 64 S. in 4%. 36 Ar. od. g ggr,
sächsisch.
Jtlerr B., dessen Thätigkeit In neuerer Zeit vorzüglich den La«
teinischen Dichtern zugewendet ist, und der sich besonders um
den Horatius sehr verdient gemacht hat, beschenkt hier die Freunde
des Fabeldichters mit einer Ausgabe der in Italien im Jahr 1808
zuerst von J. A. Cassiti, dann 1809 ^^^^ Janelli 18 ti wie-
der von Cassiti mit Anmerkungen (alle 3 Ausgaben erschieuea
cu Neapel) und 1812 von Eichstädt in einem Programm her-
ausgegebenen 3a Fabeln, die hier nur unter 29 Nummern er-
scheinen, weil ein Paar Stücke davon keine Fabeln genannt wer-
den können. Die Worte emendatius edidit konnte Hr. B. mit
tollen^ Rechte auf das Titelblatt setz^u, dena sie haben darck
Phacdri. Fabulae ed. fiothe., t59
seine Bearbcituiig sehr gewannen. Und wenn auch einige Emen-«^.
dationca etwas kühn crscheiiien möchten, so mufs eui sotchef
Verfahren bei einem aus eii^er einzigen sehr t|n vollkommenen
Handschrift geflossenen ISruclistücke eher, als hei andern Schrift*
steilem, bei denen dies der Fall nicht ist, erlaubt sejrn. In der
Vorrede verbreitet sich der Heiaiisg. über, die Veranlassung die-
ser Ausgabe, über den Streit zwischen J. F. CJirist und J,
R. Fun cci US über die Aechtheit der Fabeln de$ Phadrus
welche jener läugncte, und dieser siegreich veriheidigte, u.s. w.
Ueber d^e Fabeln selbst, die uns hipr wiederholt angeboten wer-
den (auch in Tübingen erschien 18 la eine Ausgabe, in Wien
sogar 8 5 eine deutsche üebcrselzuiig), brauchen wir hier nicht
besonders zu sprechen, und können sie als bekannt annehmen.
Wir begnügen uns also, hier blofs ein Paar Bemerkungen zu
dieser empfehhingswerlhen, und auch durch das Aeusserliche
sich enipfehlendeij, Ausgabe als einen Beweis niederzulegen, dafs
wir dem Büchlein die verdieiite Aufmerksamkeit geschenkt ha-
ben. S. 12 v. 10. will uns das magno consäio negavit nichf
gefallen,, und fast hätten wir Lust magnusj auf Jupiter bezo<^en
-zu lesen. Fab. II. ii* wollten wir uns das nirgends vorkom-
•jöiende votat gerne gefallen lassen, wenn /wir nnr darin die Be-
ileuhmg gewahren besser finden könnten, als in popet, von
<Iem jenes als Freqiientativum zu betrachten wäre. Fab.XIlI. i5.
scheint uns die Conjectur: mundi fragor noctem ^ densis horm
rtdam nlmbis arat (ur parai nicht haltbar. Ist intonat mundi
\fragor soviel als es kommt ein Donnerwetter, so kann es
nicht hetssen noctem densis horridani nimbis arat, da ja die
Sache bei Tage geschah und der Himmel erst durch das Gewit«^
ter verdunkelt wurde, folglich zu noctem, die noch ist, da
Verbum erfordeilich, das anzeigt, dafs es Nacht oder finster ge-
worden sej'. Fab. XV. 7. scheint uns durch fecit partes faci^.
nore noch nicht vollständig geheilt, weil fecit partes nun so
einzeln da steht. Fab. XVII. 11. sagt Hr. B, bei dem Vers«
ulUus essein conscius culpae mihi müsse man si zu essem suppli-
ren. Wir würden lieber si vor essem einschieben, obgleich solche
Elisionen selten sind. Denn die Beispiele, wo in solchen Fällen
si ausgelassen wird, sind noch seltener, und manche, die man
anzuführen pflegt, beweisen nicht, was sie beweisen sollen.
Ebd. V. i3. zweifeln wir an der Richtigkeit der Lesart saevum
perpetior domi; denn erstlich ist in der Handschr. patior domi . . , ,
und zweitens ist wohl saevttm für saevitiam zu. nehmen kaum er*
laubt. Wir dachten an saei^iim ypatior dominium, welches itt
diesem Falle nicht zu verwerfen scjn möchte. — Nach unserer
Ansicht vom Lateinschreiben würden wir in der Vorrede und in
den Noten Ausdrücke wie versificjEtrc , ^ersificator, viti^s spätere, .
i6o Pliaedfi Fabulae ed« Bothe.
dialogismusj prolnbhun, uniformis rcrmiedcn haben; docti k«-
Den wir wohl die freiere Ansicht, und wollen ihre Gründe niclt
geradezu verwerfen. Der Druck ist corrcct. Nur steht S. u.
enge für longe, und S. 52. mi statt me. — Die vielen treßl-
cheu Emendationen zeichnen wir nicht aus: sie werden sich dea
Leser selbst empfehlen. Mr^
Inhalt des Ergänzungsheftes.
Seite
1» Fonkschcr Criminalprocefs von K. S* Zachariä» »^ l— i4
a) Criminal-Proccdur gegen P» A. Fonk von C. Ä
*) Fonk's^ /*. i^M fünfjähriger Criminal-Procefs, von
ihoi selbst herausgegeben. 2 Hefte,
c) Bemenberg Briefe üb. d. Assise au Trier, a Abthlgn*
d) KreuspTy /.»über P. A. Fonk u d. Gerücht von
Cöoeus Ermordung* «
ft» Sfiotesby^ IV. juu.^ an account oF the Arctic Re$;ions
von Aluncke* •■>»»>*«.»^>*—*»**^ >*>•»*■*■■■■ *»♦»••*' 39^ "
t» Sternberg, C C», a Catalogos planturum ad Com -
mentar. MathioU ■■> >■ *^* ■*■•■ 58— M,
4« Achilles Tatius de Lcncippes et Clitophontis auiori-
bus librt octo ex reo. Fr, Jacobs* » • 68 — ^
g« revbinann^ Heinr Frhr. v., Anleitung zum Bau und
aur Erhaltung der Haupt- und Vicinalstrassen. -^* 99-^
^ Fechmantiy Heinr* Frhr* v, ßeleuchtdiit; der V. Geh»
R* V* iViehckht^ hcrau-ge^eb. ahgedrungenen Erklä'
t« Wülferyjoh^ Hellas an die Tcutscben a. d- I7ten
Jahrhundert von HEG, FauUs. ♦^»♦^^ io5— io8
S« Lebensmomente, wichtigste aller Könii^l. Bair Civil-
u. Militarbedicnsteten. I^SsH. v. H, E» 0- Paulus. loS-H^^
f« Schink^ jT« /*'« Ein Grab mit.d Geliebten. Romaut«
Trauersp. in 5 Abihlgn ■■■»* ^ -^ lio ' ^'-
tO* liernt^ Jos,^ Vorschlag zu einer neuen hydrostatischen
Luu gen probe etc. v. J» IV, H* Conradu •••**•*•*• ii3 — *J*
II. Senger^ fVilb. Eii* v*i Vers. c. Oryclügraphie der
j»efürstet» Grafschaft TyroL
it^ Paulus^ Franz CL^ Urographie od minCral. geogrnph _
Beschreibung des joachimsthaler Ben^umts - Di- \ l32 — *-'
striktes. ** ♦.«».*<■»■.■ %^.^
13» JonaSi /oi»« physio-tccbnographisches Vla^azin üb«
die anorgan. Natur des österr. Kaiserstaates. •«•
l4» BuHcfff tfir» ab^ Opera, q extant, omnia cur. Em*
Jos* Heinr* Müncb, T. I von H. E* G. Paulus* |37-i44
iS. Cüurtat, £. i?» üb» d. Conventikel im Cant. Waa^t ..
von H E G* Paulus v" i44-^r
\$* Statut d. Universität Dorpat. 149- ^l:
17. UünUin^ Fr % Allerlei z Unterhalt, u. Zerstreuung. i54-i^J
IS« hotht. F. ^., Schauspiele* —— ♦•^»— -^hm..**^*^*— 155—^"
lo; Pbaedri^ JuU% Fabulae nuper puhlicatae in Itah'a,
««U Fr, Htm. Ihthe. <»■, ..^ li^--'''
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