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Full text of "Historische Lautlehre des lateinischen"

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?Öarbarö College attrrarg 

FROM THE 

CONSTANTIUS FUND 



Kstablished by Professor £. A. Sofhoclbs of Harvard 

University for " tlie purchase of Greek and Latin 

books (the ancient classics), or of Arabic 

books, or of books illustrating or ex. 

plaining such Greek, Latin, or 

Arabic books.** 



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INDOGERMANISCHE 
BIBLIOTHEK 

HERAUSGEGEBEN VON 
HERMAN blRT und WILHELM STREITBERG 

ZWEITE ABTEILUNG 

SPRACHWISSENSCHAFTLICHE 

GYMNASIALBIBLIOTHEK 

UNTER MITWIRKUNG ZAHLREICHER FACHGENOSSEN 

HERAUSGEGEBEN VON 

MAX NiEDERMANN 

ERSTER BAND 

HISTORISCHE LAUTLEHRE 

DES LATEINISCHEN 

VON 
MAX NiEDERMANN 



HEIDELBERG 1907 

CARL WINTER'S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNG 



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HISTORISCHE LAUTLEHRE 
DES LATEINISCHEN 

D". MAX NIEDERMANN 



VOM VERFASSER DURCHGESEHENE, 

VERMEHRTE UNO VERBESSERTE DEUTSCHE BEARBEITUNG 

DES FRANZÖSISCHEN ORIGINALS 

VON 

D". ED. HERMANN 

OBERLEHRER AN DER HANSASCHULE IN BERQEDORF 




HEIDELBERG 1907 
CARL WINTER'S UNIVERSITÄTSBUCHHANDLUNQ 



TvhfiHAf «hlT Hr. 170. 

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^--^y^yO^ö^yvJZ^^L^ -mAa^v. 



Alle Rechte, besonders das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen» 
werden vorbehalten. 



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Herrn Dr. Heinrich Morf 

Professor an der Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften 
in Frankfurt a. M. 



in Verehrung gewidmet. 



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Vorwort. 



Der Aufforderung des Verfassers, seinem Werke ein 
Begleitwort mitzugeben, wollte ich mich nicht entziehen, 
wiewohl ein solches eigentlich überflüssig ist. Ein Werk, 
das schon zweimal, allerdings in französischer Sprache, 
vor das Publikum getreten und bei seinem ersten Er- 
scheinen von einem Forscher wie Meillet mit so rühmen- 
den Worten eingeführt worden ist, bedarf kaum mehr der 
Empfehlung. Auch braucht der Leser das Buch nur zu 
durchblättern, um gleich seiner Vorzüge: Klarheit, Knapp- 
heit, Übersichtlichkeit, gewahr zu werden. Und daß allen 
Mitteilungen vollendete Sachkenntnis zugrunde liegt, da- 
für bürgt der Name des Verfassers, der schon längst auf 
dem Gebiete der lateinischen Phonetik und Morphologie 
als selbständiger Forscher tätig ist, auch, was zur Würdi- 
gung eines Sprachforschers besonders beiträgt, den Sprach- 
denkmälern selbst sorgsames Studium zugewandt hat. 

Aber gern ergreife ich die Gelegenheit, meine Zu- 
stimmung zu dem Plane des Verfassers und zu der von 
ihm angewandten Methode auszusprechen. Die ewigen 
Klagen über die Langweiligkeit und Dürrheit des gram- 
matischen Unterrichts werden damit nicht genügend be» 
antwortet und nicht abgetan, daß man die Unentbehrlich- 
keit des Fachs für das Verständnis der Schriftsteller betont. 
Es muß vielmehr der höhere Sprachunterricht so gestaltet 
werden, daß er positiven Eigenwert besitzt. Gewiß besitzt 
er keinen solchen, wenn er bloß Einzeltatsachen ohne Zu- 
sammenhang, Regeln ohne Ratio bietet. Aber sollte, wer 
die im Sprachleben beschlossene Fülle von Gesetzmäßig- 
keiten und die in ihm wirksamen psychischen Kräfte 
aufdeckt, damit den jugendlichen Geist nicht in Schwin- 
gungen versetzen und ihn zu freudiger Teilnahme am 
Gegenstand führen können? Noch erinnre ich mich des 



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Vm Vorwort. 

Genusses, den mir einst der griechische Elementarunterricht 
bereitete, bei dem ein von Buttmannschem Geiste erfüllter 
Lehrer uns die Formen in ihrer Genesis vorführte, sie uns 
selbst bilden ließ; und erinnere ich mich auch des Ent- 
zückens, womit mir ein hervorragender Rechtslehrer von dem 
Eindruck erzählte, den einst in Zürich Heinrich Schweizer- 
ßidlers ganz historisch, fast sprachvergleichend gehaltener 
klassischer Unterricht auf ihn machte. Es versteht sieh 
von selbst, daß richtige Sprachlehre von der lebendigen 
Wissenschaft genährt und durchdrungen sein muß. Und 
dazu will unser Buch an seinem Teile mithelfen. Auch der 
aller Sprachvergleichung fern stehende, ja abgeneigte Lehrer 
wird sich hier Rats erholen können. Da wird er nicht 
durch fremdartige Wortformen des Indischen oder des 
Litauischen abgeschreckt werden. Nicht einmal Griechisch 
wird ihm begegnen. Gegenüber anderen ausgezeichneten 
Darstellungen der lateinischen Grammatik, die das letzte 
Jahrzehnt gebracht hat, besteht die Eigenart dieser latei- 
nischen Lautlehre eben darin, vollständig auf eignen Füßen 
zu stehen, das Latein aus dem Latein selbst zu erklären. 
Gewiß konnte nur ein im indogermanischen Sprachkreis 
Bewanderter eine solche Arbeit liefern: benutzen kann sie 
auch der völlig Unbewanderte. Staunend wird bei solcher 
Darstellungs weise auch der Mitforscher gewahr, welche 
Evidenz den Tatsachen des Latein innewohnt, wenn sie 
mit sprachwissenschaftlichem Sinne geordnet werden. 

Selbstverständlich herrscht dabei nicht die Meinung, 
daß diese Lautlehre unmittelbar dem Schulunterricht, gar 
erst dem elementaren, untergelegt werden solle. Aber wer 
in den oberen Klassen Anlaß hat, ein Wort zu etymologi- 
sieren oder eine eigentümliche Wortform verständlich zu 
machen oder etwa die Sprache der vorklassischen Dichtung 
zu deuten, wird hier solche Belehrung finden, die er auch 
an den Schüler weitergeben und mittelst deren er auch 
diesem die einzelne Erscheinung in den Zusammenhang 
einfügen kann, in den sie gehört. Was hier für die Laut- 
lehre geboten wird, wird später in ähnlicher Weise für 



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Vorwort. IX 

die Wortformen und deren Funktionen zu leisten versucht 
werden müssen, Entsprechendes für die anderen Sprachen, 
die an höheren Schulen gelehrt werden, und zwar auch 
für die lebenden Sprachen mit Einschluß der Mutter- 
sprache. Auf solches ist schon bestimmte Aussicht. Es 
ist nicht das geringste Verdienst des vorliegenden Buches, 
daß es ähnlich gearteten Versuchen gerufen hat, und gleich 
als erstes Stück e,iner größeren vom Verfasser herausge- 
gebenen Sammlung in die Welt tritt. Die Freunde der 
Sprachforschung wie die eines aufwärts steigenden sprach- 
lichen, wahrhaft humanistischen Unterrichts werden sich 
gleichmäßig darüber freuen. 

Man hat etwa gefragt, ob der Entwicklungsgedanke, 
das Verständnis für das gesetzmäßige geschichtliche Werden 
in unseren höheren Schulen gepflegt werden dürfe, ob das 
im Grunde nicht etwas ünjugendliches sei. Nun soweit 
es sich' um ethische und ästhetische Werte handelt, teile 
ich dieses Bedenken. Die Jugend soll sich an das Große 
halten, wie es ist, ohne sich um seine Vorstufen und 
Entstehungsmöglichkeiten kümmern zu müssen. Aber 
kann andererseits, wer zur Teilnahme am heutigen Denken 
erzogen werden soll, ohne den Entwicklungsgedanken aus- 
kommen ? Mit Recht ist von anderer Seite schon darauf 
hingewiesen worden, welchen erzieherischen Wert in dieser 
Richtung der Sprachuntericht haben kann. Er fordert 
die entwicklungsgeschichtliche Betrachtungsweise und be- 
legt sie mit den sichersten Tatsachen. Gegenüber diesem 
pädagogischen Vorzug kann der etwa vom Praktiker er- 
hobene Einwand nicht aufkommen, daß das mechanisch 
Erlernte im Gedächtnis fester sitze als das genetisch Ent- 
wickelte. Die Weisheit eben der Praktiker wird schon 
dafür sorgen, daß neben dem Denken auch das Gedächtnis 
seine Arbeit tue. Nichts liegt der Sprachwissenschaft, 
wenn sie ist, wie sie sein soll, ferner, als Kenntnis der 
sprachlichen Tatsachen für entbehrlich zu halten oder 
sicheres Sprachgefühl gering zu schätzen. 

Göttingen. J. Wackernagel. 



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Begleitwort des Übersetzers. 



Dem Anerbieten des Verfassers, sein Werkchen Pröcis 
de phonitique historique du latin (avec un avant-propos par 
A. Meillet, Paris, Klincksieck 1906) ins Deutsche zu über- 
tragen, habe ich mit ganz besonderer Freude entsprochen, 
weil es mir bestimmt erscheint, eine längst gefühlte Lücke 
ausfüllen zu helfen. 

Es ist von sprachwissenschaftlicher Seite oft schmerz- 
lich empfunden worden, daß die klassischen Philologen 
— rühmliche Ausnahmen abgerechnet — an den Fort- 
schritten der historischen Betrachtung der beiden alten 
Sprachen mehr oder weniger achtlos vorübergehen. Zwar 
läßt es sich nicht leugnen, daß mehrfach Versuche gemacht 
worden sind, diesem Übelstand abzuhelfen und daß sie 
auch von gewissem Erfolg begleitet gewesen sind. Aber 
wenn es bisher immer noch nicht hat gelingen wollen, 
hier endgültig Wandel zu schaffen, so sind hieran, wie 
ich meine, die eigentümlichen Verhältnisse schuld, in 
denen sich die klassischen Philologen der Sprachwissen- 
schaft gegenüber befinden. 

Germanisten, Anglisten und Romanisten haben nie 
so weit abseits von der historischen Grammatik gestanden 
wie die klassischen Philologen. In der Tat liegt das nicht 
an größerem sprachwissenschaftlichem Interesse der ersteren, 
es ist vielmehr in der Natur der Umstände begründet. 
Die Germanisten und Neuphilologen können sich nicht 
auf das Neuhochdeutsche, Neuenglische und Neufranzösische 
beschränken; ihre Kenntnisse müssen sich über ältere 
Sprachstufen, das Mittel- und Althochdeutsche und Gotische, 



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Begleitwort des Übersetzers. XI 

beziehungsweise das Mittelenglische und Angelsächsische 
oder das Altfranzösische und Lateinische verbreiten; so 
sind sie ohne weiteres imstande, die Entwicklung der be- 
treffenden Sprachen von einer früheren Periode bis auf 
die Jetztzeit wissenschaftlich zu verfolgen. Demgegenüber 
befindet sich der klassische Philologe sehr im Nachteil. 
Die Kenntnis der beiden klassischen Sprachen allein, 
selbst vermehrt um die Kenntnis des Gotischen und Alt- 
hochdeutschen, genügt nicht, um die vom Standpunkt 
der modernen Sprachwissenschaft über lateinische und 
griechische Grammatik geschriebenen Werke so zu studieren 
oder derartige Vorlesungen an der Universität so zu ver- 
arbeiten, daiS allmählich hieraus eine ganz selbständige 
Kritik und erfolgreiches Mitarbeiten erwachsen kann. Erst 
die Kenntnis des Indischen hilft darüber hinaus. Denn 
so sehr das Indische in der Sprachwissenschaft seine einst 
universale Stellung verloren hat, insofern ist es immer 
noch zentral geblieben, als erst die Kenntnis des Indischen 
die Fähigkeit verleiht, Handbüchern wie denen von Brug- 
mann, Delbrück, Stolz u. a. selbständig gegenüberzustehen. 
Von jedem klassischen Philologen aber das Studium des 
Indischen zu verlangen, ist ein Unding. 

Niedermann hat nun in seinem Precis bei völliger 
Wahrung der modernen strengwissenschaftlichen Methode 
zum erstenmal ganz auf die Heranziehung der anderen 
Sprachen verzichtet und seine Schlüsse nur aus dem la- 
teinischen Sprachmaterial gezogen, so daß jeder Leser, der 
nur das Lateinische als Fremdsprache kennen gelernt hat, 
imstande ist, mit eigener Kritik die Richtigkeit der ge- 
zogenen Schlüsse zu verfolgen. Ein weiteres Fortschreiten 
auf der so betretenen Bahn wird gewiß die noch zwischen 
Sprachwissenschaft und klassischer Philologie bestehende 
Kluft zu überwinden berufen sein. 

Die vorliegende deutsche Bearbeitung ist nicht eine 
wortgetreue Übersetzung; sie beruht vielmehr auf einer 
vom Herrn Verfasser selbst vorgenommenen sehr sorg- 
fältigen Durchsicht und Umarbeitung des von mir gelieferten 



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XTT Begleitwort des Übersetzers. 

verdiButschten Textes, zu der teils erneute Forschung des 
Verfassers, teils Winke der Kritik oder briefliche Erörte* 
rungen zwischen uns beiden den Anlaß gaben. Für die 
endgültige Fassung trägt der Verfasser allein die Verant- 
wortung. 

Die Neuerungen gegenüber dem französischen Original 
bestehen besonders in der Hinzufügung der Abbildung 
Seite 6 und des § 1 (derzufolge die Paragraphenzählung 
eine andere geworden ist), in Erweiterungen und Abände- 
rungen mancher Paragraphen, wie z. B. §§ 2, 3, 8, 14, 
18, 19, 22, 30, 33 (nach der Zählung der deutschen Be- 
arbeitung), in einem Anhang, bestehend aus zwei in- 
schriftlichen Proben alten Lateins, einem Verzeichnis der 
zitierten lateinischen Autoren und einem Wortindex (die 
beiden letzteren von mir angefertigt). Die Bedeutung 
der lateinischen Vokabeln ist nur bei den weniger be- 
kannten beibehalten worden; dagegen erwies es sich als 
ratsam, den Grammatikerzitaten meist eine Übersetzung 
hinzuzufügen. Die französischen Beispiele sind, wo es 
geboten schien, durch deutsche ersetzt oder ergänzt wor- 
den. Möge das Büchlein durch die Änderungen nur 
gewonnen haben 1 

Bergedorf, den 1. August 1907. 

Eduard Hermann. 



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Inhalt. 



Seite 

Vor WOBT von J. Wackernagel VII— IX 

Bbolbitwort des Übersetzers X — Xn 

Erklärung einiger Zeichen und Ausdrücke .... XV— XVI 

Die lateinische Sprache. 

Kurzer historischer Überblick 1— 3 

Gegenstand der Lautlehre. Methodische Grund- 

begbivfe 3— 4 

Sprachorganb und Sprachlaute 5— 8 

Einteilung der lateinischen Laute 9— 12 

Die lateinische Betonxtno 12— 14 

Geschichte der lateinischen Vokale 14— 45 

Durch den Intensitätsakzent der Anfangssilbe be- 
dingte Veränderungen 14 — 26 

' Umlaut 14— 24 

A) Umlaut in offener Mittelsilbe 15—20 

£) Umlaut in geschlossener Mittelsilbe .... 20— 22 

Analogiewirkungen und besondere Fälle . . . 22— 24 

Synkope 24— 26 

Vom Intensitätsakzent der Anfangssilbe unabhängige 

Veränderungen 26— 43 

A) Veränderungen der Klangfarbe in nicht wort- 

schließenden Silben 26— 32 

B) Veränderungen der Quantität in nicht wort- 

schließenden Silben 32— 36 

a) Dehnung kurzer Vokale 32— 34 

b) Kürzung langer Vokale 34— 36 

C) Veränderungen der Klangfarbe in Schluß- 

Bilben 36— 39 

D) Veränderungen der Quantität in Schlußsilben 39 — 40 

E) Kontraktion von Vokalen 40—43 

Ablaut 43— 45 



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XIV Inhalt. 

Seite 

Geschichtb der lateinischen Konsonanten 45.. 94 

Einfache Konsonanten 45 — 64 

Verschlußlaute 45— 51 

stimmlose Verschlußlaute 46—47 

Stimmhafte Verechlußlaute [b (47), d (48), g, gv (50)] 47— 51 

Sph-anten [/ (51), s (52), h (56)] 51-57 

Zitterlaut und Laterallaut 57—59 

Nasale 59— 61 

Halbvokale 61— 64 

Doppelkonsonanten oder Gemioaten 64 — 72 

Ä) Verdoppelung einfacher Konsonanten .... 66 

B) Vereinfachung von Doppelkonsonanten .... 66 — 72 

Konsonantengruppen 72—94 

A) Gruppen von zwei Konsonanten 72— 91 

I. Assimilation 72— 86 

a) Assimilation des Stimm tons 72 — 74 

Regressive Assdmilation 72 — 73 

Progressive Assimilation 74 

b) Assimilation der Artikulationsart .... 74—81 
Regressive Assimilation . . • , 75 — 80 

Verschlußlaut + Spirant 75— 77 

Verschlußlaut + Nasal 77—79 

Verschlußlaut + Laterallaut 79 

Nasal + Zitterlaut oder Laterallaut 79— 80 

Zitterlaut + Laterallaut 80 

Progressive Assimilation 80— 81 

Zitterlaut oder Laterallaut + Spirant .... 80 — 81 

c) Assimilation der Artikulationsstelle ... 81—86 
Assimilation zwischen Verschlußlauten .... 81 — 83 
Assimilation zwischen Verschlußlaut und nicht 

homorganem Spirant 83 — 84 

Assimilation zwischen Verschlußlaut und nicht 

homorganem Nasal 84 

Assimilation des dentalen Spiranten 8 an den 

labialen Spiranten / 84 — 85 

Assimilation zwischen Nasalen und Verschluß- 
lauten 85— 86 

Assimilation des dentalen Nasals n an den labialen 

Nasal m 86 

IL Entwicklung von gv und qv vor Konsonanten 86 — 87 

III. Entwicklung der Gruppe dentaler Verschluß- 

laut -^ t 87— 88 

IV. Einschiebung eines parasitischen Übergangs- 

lautes in gewissen Konsonantengruppen 89 — 90 
V. Verstummen des ersten Bestandteils einer 

Gruppe von zwei Konsonanten .... 90—91 



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Erklärnng einiger Zeichen und technischer Ausdrücke. XV 

Seite 

B. Gruppen von drei Konsonanten 91—94 

Assimilation und nachherige Vereinfachung der 
Geminata allein oder in Verbindung mit 

dem Verstummen eines 9 • - 91 — 92 

Ausstoßung eines Konsonanten allein oder in Ver- 
bindung mit dem Verstummen eines s , 92— 94 
Verstummen der Gruppe -ns- vor stimmhaften 

Konsonanten 94 

Die Silbe 94— 98 

Silbentrennung 94— 96 

Quantität der Silben 96— 98 

Anhang 99-101 

Zwei inschriftlicbe Proben alten Lateins . . 99—101 

Bibliographie 102 

Verzeichnis der zitierten lateinischen Autoren 103—104 

Wortverzeichnis 105—115 



ErkUmng einigrer Zeioheii und teehnisolier Aasdrilcke. 



* vor einem Wort bezeichnet eine nicht belegte, sondern 
nur induktiv erschlossene, hypothetisehe Form. 

> bedeutet 'ist geworden zu'; i '^ i ist also zu lesen: ^ ist 
zu t geworden. 

Die Stellung eines Vokals oder eines Konsonanten im An- 
laut, Auslaut oder Inlaut wird dadurch angedeutet, daß man 
hinter das betrefifende Schriftzeichen, vor dasselbe oder zu beiden 
Seiten desselben einen kurzen horizontalen Strich setzt; so ist 
8' = anlautendes 8, -s = auslautendes s, -9- = inlautendes 8, 
Das Entsprechende gilt natürlich für Laut- bezw. Buchstaben- 
gruppen. 

In phonetischer Umschrift bezeichnet: 

1) Die Tilde ~ über einem Vokalzeichen (a, ö usf.) die Nasa- 
lierung; ein Punkt oder ein nach rechts offener Halbkreis unter 
einem Vokalzeichen {e, § u. dgl.) die geschlossene oder offene 
Aussprache. 

2) y^ w und ib konsonantisches i, u und ü. 

3) z den stimmhaften dentalen Spirant in deutsch blasefiy 
französisch rose, zhle, 

Dubletten oder Doppelformen nennt man zwei lautlich diffe- 
renzierte Fortsetzer einer gemeinsamen Grundform, wie z. B. 
deutsch fahl und falb, französisch croyance und creance^ lateinisch 
magis und mage (siehe § 43). 



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XVI Erklärung einiger Zeichen und technischer Ausdrücke. 

Umgekehrte Schreibungen heißen Schriftbilder, in die der 
Schreiber zufolge eines trügerischen Rückschlusses ein etymo- 
logisch nicht berechtigtes Zeichen hineingetragen hat, wie wenn 
z. B., weil n vor s in der Aussprache verstummt war, in der 
Schrift aber in der Regel ausgedrückt wurde (siehe §§ 26, 2 und 
88), Steinmetzen und Kopisten in Inschriften und Handschriften 
ab und zu auch vor einem s, vor dem in der Aussprache nie 
ein n gestanden hatte, ein solches einfügen, also für occtmo, 
thesaurtis u. dgl. occansiOf thensaurus schreiben. 

Die Analyse der flektierbaren Wörter ergibt zunächst zwei 
Bestandteile, einen veränderlichen, der zur Bezeichnung des Nu- 
merus und außerdem beim Nomen zum Ausdruck des Genus und 
des Kasus, beim Verbum zum Ausdruck des Aktivums und des 
Passivums und der Person dient, und einen festen, der die 
Wortbedeutung trägt. Der veränderliche Bestandteil heißt die 
Endung, der feste der Stamm. So ist düc- der Stamm von dux, 
mänü' der Stamm von mänus, ämä- der Stamm von ämäre. Bis- 
weilen ist der Stamm nicht weiter zerlegbar (das ist z. B. der 
Fall bei düc-, Stamm von dux\ zumeist aber läßt er zwei deutlich 
geschiedene Bestandteile erkennen, von denen jeder auch in an- 
deren Verbindungen wiederkelyl. So scheidet sich beispielsweise 
cantu-, Stamm von cantus, -üs ohne weiteres in cän-^ das auch 
in cän-erey cän^r ^Melodie', can-tor zugrunde liegt, und -<u-, das 
sich in gus-tu-s 'Geschmack*, sump-tu-s 'Aufwand, Kosten' u. dgl. 
wiederholt. Desgleichen zerfällt der Stamm von rubere 'rot sein' 
in rub-, das rubere mit rüb-er, rüb-or, rüh-ia 'Färberröte, Krapp', 
und '€; das es mit cäl-e-re, lat-e-re, ntt-e-re u. ä. gemeinsam hat. 
Die Wortstücke cän- und rub- heißen Wurzeln, -fu- und -e- Suf- 
fixe oder Formantien* Das flektierbare Wort besteht also nor- 
malerweise aus drei Teilen: Wurzel, Suffix oder Formans und 
Endung. 



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Die lateinische Sprache. 

Knrzer historischer Überbliek. 

§ 1. — Das Lateinische bildete zusiammen mit dem 
von den Samnitern in Samnium, Kampanien, Nordapulien, 
Lukanien und Bruttium gesprochenen Oskischen, dem 
ümbrischen und den sabellischen Mundarten einiger 
kleiner Bergvölker Mittelitaliens den italischen Zweig des 
jenseits der historischen Überlieferung liegenden indoger- 
manischen Sprachstamms, dessetn bekannteste übrige Aus- 
läufer das Indische, das Iranische, das Griechische, das 
Slavische, das Germanische und das Keltische sind. Ur- 
sprünglich auf das durch den Tiber, den Anio, den Apen- 
nin, die Volskerberge, den üfens und das Meer vom Vor- 
gebirge der Kirke bis zur Tibermündung umgrenzte so- 
genannte Latium antiquum beschränkt, breitete es sich 
mit der Ausdehnung der römischen Herrschaft zunächst 
über das italische Festland, Sizilien, Sardinien und 
Korsika und dann über die iberische Halbinsel, das nörd- 
liche Afrika, Illyrien, Gallien, Rätien und Dakien aus, 
wo der Hauptsache nach noch heute Sprachen gesprochen 
werden, die zum Lateinischen in demselben Verhältnis 
stehen wie dieses zum Indogermanischen. 

Während wir das Oskische, das ümbrische und das 
Sabellische nur aus verhältnismäßig spärlichen inschrift- 
lichen Überresten kennen, steht uns für das Studium des 
Lateinischen, abgesehen von einer Unmenge von Inschrif- 
ten aus allen Teilen des römischen Weltreichs, insbesondere 
die reiche römische Literatur zu Gebote. Die Inschriften 

Kiedermann, Eist. Lautlehre des Lateinischen. 1 



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2 Die lateinische Sprache. 

setzen mit dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert ein, 
dem eine 1899 auf dem Forum in Rom gefundene zer- 
brochene Säule mit hochinteressanten, aber leider sehr 
spärlichen und stark verstümmelten Sprachformen angehört, 
die Literatur zu Ende des dritten und zu Anfang des 
zweiten Jahrhunderts mit den Dichterwerken des Livius 
Andronicus, Nävius, Plautus, Ennius und einer Prosaschrift 
des alten Cato. Die künstlich stilisierte Literatursprache 
bildete sich noch während der republikanischen Epoche 
zur ständigen Norm für jede Art von schriftlichen Auf- 
zeichnungen aus, und dieser Zustand dauerte bis zu dem 
Zeitpunkt, wo die durch die Propaganda des Christentums 
innerlich geschwächte römische Weltherrschaft dem An- 
sturm germanischer Stämme erlag. Damals überflutete 
die jahrhundertelang zurückgedrängte ungekünstelte Volks- 
sprache das Schriftlatein, das indessen in den IQöstern 
eine Zufluchtstätte fand und sich als offizielle Sprache der 
katholischen Kirche neben den dem sermo vulgaris ent- 
sprossenen romanischen Sprachen während des ganzen 
Mittelalters und bis in die Neuzeit hinein behauptete. 
Eine erste Renaissance erlebte es in Deutschland unter 
Karl dem Großen, vor allem durch dessen Lehrer Alkuin, 
eine zweite in Italien durch Francesco Petrarca und seine 
Nachfolger. Diese letztere aber machte aus dem Latei- 
nischen eine tote Sprache, indem sie, statt an die ununter- 
brochene Tradition anzuknüpfen, ganz unvermittelt auf 
Cicero zurückgrifi* und durch ihren starren Klassizismus 
der geschichtlichen Sprachentwicklung ein Ziel setzte. 
Heutzutage ist das Latein außer als Sprache der römischen 
Kurie nur noch als internationale Gelehrtensprache oder 
besser gesagt als Verständigungsmittel für den schriftlichen 
Gedankenaustausch zwischen den Gelehrten verschiedener 
Nationalitäten im Gebrauch, doch ist es in dieser Ver- 
wendung im Laufe des verwichenen Jahrhunderts sehr 
stark zurückgegangen, und die Zeit liegt wohl nicht allzu- 
fern, wo es ganz durch die großen modernen Kultur- 
sprachen verdrängt sein wird. Vereinzelte neuere Ver- 



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Gegenstand der Lautlehre. Methodische Grundbegriffe. 8 

suche, das Lateinische als Universalsprache für den ge- 
samten internationalen Verkehr nach Art des Volapük 
oder Esperanto wieder zu Ehren zu bringen, sind als gänz- 
lich gescheitert zu betrachten. 

Gegenstand der Lautlehre. Methodische 
Grundbegriffe. 

§ 2. — Die Lautlehre einer Sprache ist die Wissen- 
schaft von den Lauten, aus denen sie besteht. Unter Lauten 
versteht man alle Gehörseindrücke, die durch die Ver^ 
änderungen bedingt sind, welche die Sprachorgane an 
dem aus der Limge kommenden Luftstrom hervorbringen. 
Diese Gehörseindrücke lassen sich nach zwei Gesichtspunkten 
hin untersuchen: nach ihrer physiologischen Entstehung 
und nach ihrer geschichtlichen Entwickelung. Die Laute 
entwickeln sich in der Tat nach Baum und Zeit. Die 
Umbildungen, die sie erleiden, geschehen unbewußt, d. h. 
unabhängig von dem mit Überlegung handelnden Willen 
der Sprechenden. Sie vollziehen sich in unmerklichen 
Abstufungen und nach unverbrüchlichen Gesetzen, d, h. 
alle Laute oder Lautgruppen entwickeln sich unter den- 
selben Bedingungen mit absoluter (}leichm&&igkeit. Aus- 
nahmen von dieser Regel, die das Fundament der wissen- 
schaftlichen Lautlehre bildet, sind stets nur scheinbar. 
Sie erklären sich meistenteils aus Störungen im normalen 
Verlauf des der Hauptsache nach auf physiologischen Ur- 
sachen beruhenden Lautwandels durch das Dazwischen- 
treten eines rein psychologischen Faktors, der sogenannten 
Analogie. Wenn z. B. im Lateinischen e in offener Mittel- 
silbe (d. h. in einer mittleren Silbe, auf deren Vokal nur 
ein einziger Konsonant folgte) unverändert erscheint in 
comSdo, appSto, öhiSgo, dissSco, subvin^^ während es in 
praesldeo (gegenüber sSdeo\ constiti (gegenüber stSti), colllgo 
(gegenüber lSgo\ ausplds (Genitiv von auspSx 'Vogel- 
schauer'), sustineo (gegenüber iSneo) zu ? geworden ist, so 
müssen wir uns hüten, aus dieser verschiedenen Behand- 

1* 



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4 Gegenstand der Lautlehre. Methodische Grundbegriffe. 

lung auf eine Laune der Sprache zu schließen. Li der 
Tat hat der Übergang von e in i^ in allen genannten 
Wörtern stattgefunden, aber die Analogie hat das Ursprung* 
liehe e in comedo, appeto^ obtego, dlsseco^ suhvenlo wieder 
hergestellt, weil die durch diese Zusammensetzungen aus- 
gedrückten Vorstellungen die in den entsprechenden ein- 
fachen Verba liegenden ohne weiteres ins Bewußtsein 
riefen, also zwischen beiden, wie man sich auszudrücken 
pflegt, eine psychologisch^' Assoziation bestand. Die 
Analogie wirkt also als eine Tendenz zur Angleichung 
funktionell oder der Bedeutung nach verwandter Wort* 
formen. Warum in comedo, ohtego, suhvefnio usw. der 
Wandel von e zu i unter dem Einfluß von edo, peto^ tego 
rückgängig gemacht worden ist, während praesideo, coUlgOy 
susUn^o durch sedeo^ lego, temo unbeeinflußt geblieben sind, 
dafür lassen sich keine Gründe angeben. Wir können 
wohl erklären, warum in einem bestimmten Fall die Ana- 
logiewirkuDg stattfindet, nicht aber auch, warum sie in 
einem andern ganz gleich gearteten unterbleibt. Ans- 
nahmslosigkeit im Sinne der Lautgesetze ist also für 
die Analogie nicht in Anspruch zu nehmen. 

Der heute allgemein übliche Ausdruck Lautgesetz ist 
insofern nicht ganz glücklich gewählt, als der Sprach- 
forscher mit dem Wort Gesetz einen wesentlich andern 
Vorstellungsinhalt verbindet als etwa der Physiker. So 
drückt letzterer beispielsweise im Gravitationsgesetz eine 
mathematische Beziehung aus, die von jeher überall kon- 
stant war und auch in Zukunft überall konstant bleiben 
wird; ein vom Sprachforscher formuliertes Lautgesetz da- 
gegen ist die rein historische Feststellung der nach Ort 
und Zeit begrenzten Gesetzmäßigkeit eines sprachlichen 
Geschehens. Mit andern Worten: in der Physik und in 
den Naturwissenschaften überhaupt bezieht sich der Ber 
griff" des Gesetzes auf das ausnahmslose Eintreten einer 
bestimmten Erscheinung unter gewissen Bedingungen, auf 
sprachlichem Gebiete aber lediglich auf die Gleichmäßig- 
keit im Verlauf eines historischen Entwicklungsprozesses. 



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Sprachorgane und Sprachlante. $ 

Sprachorgane und Sprachlante. 

§ 3. — Die Sprache wird durch den Luftstrom beim 
Ausatmen (Exspirationsstrom) hervorgebracht. Von der 
Lunge hervorgestoßen geht der Atem erst durch die Luft- 
röhre (trachea)^ um sich dann in den Kehlkopf (larynx) 
zu ergießen. Der Kehlkopf wird von mehreren Knorpeln 
gebildet, zwischen denen zwei horizontale Membranen, die 
Stimmbänder (ligamenta vocalia oder chordae vocaJes)^ 
liegen, die durch eine Spalte, die Stimmritze (glottis 
vocalis)^ getrennt sind. Bei geschlossener Stimmritze er- 
zwingt sich der Exspirationsstrom den Durchgang durch 
eine Reihe von Stößen, welche die Stimmbänder zum 
Schwingen bringen; findet er dagegen die Stimmritze offen, 
so geht er frei hindurch, ohne Schwingungsbewegungen 
auszulösen. Im ersteren Fall ist der hervorgebrachte Laut 
stimmhaft, im letzteren stimmlos. Um sich in einfacher 
Weise zu vergewissern, zu welcher der beiden Kategorien 
ein Laut gehört, braucht man sich nur beim Artikulieren 
die Ohren zuzuhalten. Hört man im Kopf ein Summen, 
so ist der erzeugte Laut stimmhaft, bleibt das Summen 
aus, so ist er stimmlos. Nachdem die Luft durch den beim 
Schlingen der Nahrung vom Kehldeckel (epiglottis) ver- 
schlossenen Kehlkopf hindurchgegangen ist, mündet sie in 
den Schlundkopf (pharynx)^ von wo sie durch den Mund 
oder die Nase oder durch beide Ausgänge zugleich entweicht, 
je nachdem das Gaumensegel (velum palat%num), die be- 
wegliche Scheidewand zwischen Mund- und Nasenhöhle, ge- 
hoben, gesenkt oder durch ihre Muskeln in einer mittleren 
Lage in der Schwebe gehalten wird. Der Mund spielt bei 
der Hervorbringung der Laute eine doppelte Rolle. Bald 
beschränkt er sich darauf, dem Kehlkopflaut als Re- 
sonanzraum zu dienen, bald schafft er beim Durchgang 
des Atems durch Bildung von Verschlüssen oder Engen 
verschiedene Hindernisse. Dementsprechend zerfallen die 
Sprachlaute in solche, bei deren Aussprache die offene 
Mundhöhle die einmal angenommene Form unverändert 



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Sprachorgane und Spracblaute. 



Schematischer Medianschnitt durch Nase, Mund und 
Kehlkopf (nach Victor). 




a Nasenhöhle, b harter Gaumen, c welcher Ganmen (Gaumensegel), d Mund- 
höhle, e Zunge. / Schlundkopf, g Zungenbein, h Kehldeckel, i Stimm- 
ritze. ^' Stimmband, l Schildknorpel, m Kehlraum, nn Ringknorpel. 
Luftröhre, p Speiseröhre. 



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Sprachorgane und Sprachlaute. 7 

beibehält, und in solche, die ganz oder vorwiegend auf 
einer Schließ- und Öffnungsbewegung des Mundraums be- 
ruhen. Die ersteren heißen Vokale, die letzteren Kon- 
sonanten. Es ist aber wichtig, gleich hier zu bemerken, 
daß diese beiden Arten von Lauten teilweise ineinander 
überfließen und eine scharfe Grenze zwischen beiden sich 
nicht ziehen läßt. So sind l und n Konsonanten in 
schaufle, zeichne^ aber sobald sie Träger der Silbe werden, 
haben sie dieselbe Funktion wie ein Vokal, so z. B. in 
Schaufel, Zeichen, wo das e der zweiten Silbe in der ge- 
wöhnlichen Aussprache des Deutschen nicht mitgesprochen 
wird, das Wort trotzdem aber nicht einsilbig ist. Um- 
gekehrt sind 1, ü und u Vokale in frz. je lie, je tue, je 
Urne, aber Konsonanten in nom lions, nous tuons, nous 
louam, wo das Verbum im Normalfranzösischen einsilbig 
gesprochen wird (lyö, tiid^ Iwo). Unter diesem Vorbehalt 
können wir indessen der Geläufigkeit des Ausdrucks 
zuliebe die hergebrachten Bezeichnungen Vokal und Kon- 
sonant im folgenden beibehalten. 

§ 4. — Von dem neutralen Vokal a, der mit schlaff 
auf dem Boden der Mundhöhle in der Ruhelage befind- 
licher Zunge gesprochen wird, ausgehend, können wir die 
Vokale in vordere und hintere Vokale einteilen, je nach- 
dem bei ihrer Artikulation die Zunge nach vorn geschoben 
oder zurückgezogen wird. Ein anderer Einteüungsgrund 
läßt sich aus der vertikalen Entfernung gewinnen, die 
zwischen der Hebung des Zungenrückens und der Gau- 
menwölbung besteht. Hiernach unterscheiden wir nie- 
drige und hohe Vokale, allgemeiner offene und geschlossene 
Vokale genannt. 

Zwei Vokale von verschiedener Klangfarbe, die inner- 
halb derselben Silbe ohne Unterbrechung des Exspirations- 
stroms gesprochen werden, bilden einen Diphthong. 

§ 5. — Die Konsonanten zerfallen in zwei Haupt- 
klassen, die Verschlußlaute und die Engenlaute. Die 
ersteren sind durch einen völligen Verschluß, die letzteren 
durch eine bloße Verengung des Luftwegs charakterisiert. 



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8 Sprachorgane und Sprachlante. 

Die Verschlußlaute sind mit einem Knallgeräusche ver- 
bunden, das nur einen Augenblick dauert und nicht nach 
Belieben verlängert werden kann, die Engenlaute dagegen 
lassen sich eine Zeitlang aushalten. Deswegen nennt 
man jene auch Momentanlaute und diese kontinuierliche 
oder Dauerlaute. Die Engenlaute scheiden sich in vier 
Kategorien, die nach der Art benannt werden, wie die 
Luft während ihrer Erzeugung entweicht. Danach hat 
man Frikativ- oder Reibelaute (auch Spiranten genannt), 
Zitterlaute, Laterale (die beiden letzteren oft unter der 
Bezeichnung Liquidae zusammengefaßt) und Nasale. Bei 
der Artikulation der Reibelaute ruft der Luftstrom, in- 
dem er durch einen engen Spalt hindurchgeht, ein Reibe- 
geräusch hervor. Die Zitterlaute entstehen durch rasch 
aufeinanderfolgende Schwingungen eines elastischen Organs 
(z. B. des Zäpfchens oder der Zungenspitze), das durch 
den ausströmenden Lufthauch aus seiner Lage verdrängt 
wird und wieder in dieselbe zurückkehrt. Die Laterale 
kommen zustande, indem die Zungenspitze oder der Zungen- 
rücken gegen die Mittellinie des Gaumens gedrückt den 
Luftw^ versperrt, so daß der Exspirationsstrom seitlich 
entweicht. Die Nasale endlich werden hervorgebracht 
durch Erzeugung eines Mundverschlusses mit gleichzeitiger 
Senkung des Gaumensegels, so daß die Luft ungehindert 
durch die Nase ausströmen kann. 

Eine andre Einteilung der Konsonanten läßt sich 
nach der Stelle der Mundhöhle vornehmen, an der das 
Hindernis entsteht, welches die für die einzelnen Laute 
charakteristischen Geräusche bedingt. So spricht man 
von Labialen, d. h. Lauten, bei denen der Verschluß oder 
die Enge durch Annäherung der Lippen entsteht, von 
Dentalen, die durch die Berührung der Zungenspitze mit 
den Zähnen gebildet werden, und von Ghitturalen, bei 
deren Hervorbringung Zungenrücken und Gaumen zu- 
sammenwirken. 



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EinteUnng der lateiiiischen Laate. 9 

Einteilung der lateinischen Laute. 

§ 6. — Die lateinischen Vokale lassen sich nach 
den oben aufgestellten Grundsätzen in folgendem Schema 
darstellen, das die verschiedenen Zungenstellungen zeigt: 

Zunge 
g gj q"' nach vorne geschoben zurückgezogen 

g g g minimal •* f ü 

Sgl * * 

N S ^ maximal -* ä 

Anmerkung. — Der Vokal y^ der in dem Schema nicht 
mit angefahrt ist, begegnet nur in griechischen Lehnwörtern; 
siehe § 7, Anm. IV; 3. 

Diphthonge gab es im klassischen Latein vier, täm- 
lich eu (sehr selten, siehe § 23), oe, au, oe. 

§ 7. — In der nachstehenden Tabelle sind die Kon- 
sonanten unter dem zwiefachen Gesichtspunkt der Artiku- 
lationsart und der Artikulationsstelle eingeordnet: 

Anmerkungen. 

I. — Die Artikulationsstelle der gutturalen Verschlußlaute 
war nicht fest. Die Zunge berührte den Gaumen weiter vorn 
oder weiter hinten, je nach der Klangfarbe des folgenden Vokals. 
Vor % und e sprach man einen präpalatalen Laut (von lat. pälä- 
tum Mer [harte] Gaumen'), vor a einen mediopalatalen, vor o und 
u einen postpalatalen oder velaren (von lat. velum 'das Gaumen- 
segel'). Diesen drei Artikulationsstellen entsprach wohl im alten 
Latein die Verwendung der drei Zeichen c, k, q. £s scheint in 
der Tat, daß man ursprünglich in der Regel c vor % und e (c^vis, 
cena), k vor a (käpüt, kärus), q vor o und u (qöm&Sy qüra) schrieb. 
Allmählich aber wurde der Gebrauch des c verallgemeinert, k 
verschwand und hinterließ nur geringe Spuren in einigen Sigeln 
(HT = Kaeso [Eigenname], K oder KAL = cäUndae Mer erste 
Tag des Monats', KA =■ cäpitalis, KK = caströrum usw.), und q 
wurde nur in der Verbindung qu bewahrt, die den stimmlosen 
labialisierten Guttural in Wörtern wie quf, quae, quod bezeichnete 
(siehe § 40). 

Das Lateinische kannte auch zwei Arten des lateralen Engen- 
lautes {, der bald an der Wurzel der oberen Schneidezähne (pa- 



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10 



£iiiteilang der lateinischen Laute. 



Artiknlationsart 


Artikula- 
tionsstelle ^ 


Labiale 


Dentale 


Gattarale 


Verschlußlaute 


stimmhaft 


b 


d 


ff 


stimmlos 


P 


t 


c, fc, q 


Engenlaute 


1 

'S. 


stimmhaft 








stimmlos 


f 


8 




1 

es 

'S 

1 


stimmhaft 




r 




stimmlos 








1 


stimmhaft 






l 


stimmlos 








Ä 


stimmhaft 


m 


n 


« 


stimmlos 









latales t), bald am Gaumensegel (velares t) artikuliert wurde. 
Palatal war das l im Anlaut sowie im Inlaut vor i und bei Ver- 
doppelung; volares l wurde gesprochen im Auslaut und im Inlaut 
vor e, a, o, u und vor Konsonant. 

n. — Lateinisches f wurde ursprünglich so gebildet, daß 
man die beiden Lippen aufeinander preßte. Aber ziemlich frOh- 
aseitig verwandelte sich dieses bilabiale in ein labiodentales f, das 
wie im Deutschen durch Andrücken der oberen Schneidezähne 
an die Unterlippe zustande kam. 

ni. — V bezeichnet den gutturalen Nasallaut, für welchen 
das lateinische Alphabet ein besonderes Zeichen nicht besaß (so 
wenig wie noch heutzutage das deutsche). Vor gutturalem Ver- 



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Einteilung der lateinischen Laute. 11 

schlußlaut schrieh man n (angülw, ancepa), vor Nasal g {äignuSj 
siehe § 70). Der Dichter Accius hatte vorgeschlagen, auch vor 
Gutturalen g zu verwenden, wie das im Griechischen üblich war, 
also statt angtüus, anceps^ ancora u. dgl. zu schreiben aggulua, 
ageepSj agcora^ doch hat er diese Neuerung nicht durchzusetzen 
vermocht. 

IV. — Nicht mitaufgezählt sind in obiger Tabelle: 

1. ^, das in klassischer Zeit so wie heute im Französischen 
stumm war (siehe § 45). 

2. j und 17, die wenigstens bis zum ersten Jahrhundert n. Chr. 
Halbvokale, d. h. die konsonantischen Formen der Vokale i und 
u (siehe oben § 3) waren, mit dem Lautwert von i und u in frz. 
pierre (gesprochen py^r) und ich(Mer (gesprochen eehwfj. Der Ge- 
brauch der Buchstaben j und v ist modern; sie sind erst durch 
den französischen Humanisten Petrus Ramus (Pierre de la 
Bam^e 1515 — 1572) allgemeine]' bekannt geworden. Im folgenden 
verwenden wir diese bequemen Zeichen zur Wiedergabe von 
konsonantischem i und u im Silbenanlaut. In den deutschen 
Schulen schreibt man in diesem Fall inkonsequenterweise zwar 
immer t?, aber fast nie j, sondern % eine Praxis, die durchaus zu 
verwerfen ist. 

3. der stimmhafte dentale Spirant z, der den echtlateinischen 
Wörtern fremd war (vgl. Quintilian, Instü. ora^XH. 10, 28: nam- 
que est ipsis statim sonis durior (sc. Latina facundia), quando et 
jucundissimas ex Graecis litteras non habemus, vocalem alteram, 
alteram consonantem, quibus nullae apud eos dulcius Spirant, 
quas mutuari solemus quotiens illorum nominibus utimur — quod 
cum conti ngit, neecio quomodo velut hilarior protinus renidet 
oratio, ut in zephyris et zophoris: quae si nostris litteris scriban- 
tur, surdum quiddam et barbarum efficient — ... 'Denn schon 
gleich in ihren Lauten ist die lateinische Bede härter, da ihr die 
zwei angenehmsten Klänge des Griechischen fehlen. Der eine 
davon ist ein Vokal, der andere ein Konsonant, und beide sind 
an Wohllaut unübertroffen. W^ir pflegen sie in griechischen Lehn- 
wörtern mit herüberzunehmen, und dann sieht unsere Sprache, 
wenn ich mich so ausdrücken darf, sofort um ein gutes Stdck 
fröhlicher aus. Das erhellt beispielsweise aus Wörtern wie ZC' 
phj/rus (Westwind) und zophorus (Fries): setzen wir hier unsere 
eigenen Laute ein, so ergibt sich ein dumpfer und barbarischer 
Klang'). 

4. die stimmlosen aspirierten Verschlußlaute cA, ph, th, die 
ursprünglich auf verhältnismäßig spät entlehnte griechische Wör- 
ter wie chörm 'Chor', mäcMna 'Maschine, Kunstgriff, phütrum 
'Liebestrank', rompThaea 'Flamberg', thesaurtis 'Schatz', ctthära 
'Zither' beschränkt waren, unter deren Einfluß die Aspiration 



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12 Die lateinische Betonung. 

dann allerdings seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts v. Chr. 
auch in einer gewissen Zahl Wörter lateinischen Ursprungs ein- 
geführt wurde, so in ptdeher (die Aussprache ptdcer war zur Zeit 
Giceros veraltet, wie er uns selbst im Orator 48, 160 berichtet), 
sepülehrum (eine Aussprache, die zur Zeit Giceros noch nicht all- 
gemein war und die dieser für sein Teil verwirft; vgl. die zitierte 
Stelle des Orator), limpha *Quellwasser', sulphur 'Schwefel' usw. 
(siehe §36). Der Lautwert von ch, ph, th war der von nord- 
deutschem ky p, t, d. h. also stimmloser Verschlußlaut mit nach- 
stürzendem Hauch (1^, p^, t\); pülcher bedeutet demnach die 
Aussprache pudk^er, nicht pulcher mit dem palatalen Heibelaut ehf 
den wir z. B. in deutsch Veilchen sprechen ; limpha war «= /»ifip^a, 
ja nicht limfa usf. Den reinlateinischen stimmlosen Verschluß- 
lauten p, t ist in norddeutscher Aussprache am ersten der Laut zu 
vergleichen, der hinter dem sche-Laxit (i) gesprochen wird, z. B. in 
Spiele Stein\ im Mitteldeutschen kommt lateinischem p, t der 
Laut am nächsten, der hier ohne Unterschied für p, t und &, d 
eingesetzt wird. Lateinischem k entspricht im Deutschen am 
ehesten sächsisches k. 

V. •— Die Verschiedenheit, die im Deutschen bei der Be- 
nennung der Buchstaben für die Konsonanten zutage tritt — 
/", Z, m, n, r, 8 nennen wir ef^ el, ewi, en, «r, es; h, c, d, ^, fc, p, 
qt t dagegen be, ee, de, ge, fea, pe, ku, te, — geht auf das Alter- 
tum zurück, nur mit dem Unterschied, daß bis in die zweite 
Hälfte des vierten Jahrhunderts n. Gbr. die Buchstaben der ersten 
Gruppe f, ly m usw. ohne Hinzufügung eines Stützvokals be- 
nannt, also nur lautiert wurden. 

Die lateinische Betonung. 

§ 8. — In den Lautgruppen, die man Wörter nennt, 
kann eine der Silben durch Verstärkung der Muskel- 
anstrengung oder aber durch mehr oder weniger deutliches 
Heben der Stimme vor den andern hervortreten. Die von 
der besonderen Energie der Artikulationstätigkeit her- 
rührende Abstufung bildet den exspiratorischen oder In- 
tensitatsakzent, auch kurzhin Akzent genannt, die durch 
den Übergang zu einer höhern musikalischen Note ent- 
stehende den musikalischen Akzent oder Ton. 

Akzent und Ton können gleichzeitig innerhalb der- 
selben Sprache existieren. Das war der Fall im vorlite- 
rarischen Latein, wo sich unabhängig von dem Wechsel 
höherer und tieferer Silben, den diese Sprache aus dem 



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Die lateiniBche Betonung. 18 

Indogermanischen ererbt hatte, ein scharf geschnitte- 
ner Intensitätsakzent auf der Anfangssilbe der Wörter 
herausgebildet hatte. Zu Beginn der literarischen Periode 
aber schwand dieser Intensitätsakzent, der schlecht für 
eine Sprache paßte, in der die Quantität der Silben 
streng beobachtet wurde, und seit dem zweiten Jahrhun- 
dert V. Chr. bis etwa ins vierte Jahrhundert unserer Zeit- 
rechnung besaß das Lateinische nur noch einen musika- 
lischen Akzent oder Ton, dessen Stelle durch die Quan- 
tität der vorletzten Silbe geregelt wurde (Pänultimagesetz). 

Es läßt sich nicht nachweisen, daß der Ton irgend- 
einen Einfluß auf das Lautsystem des Lateinischen gehabt 
hätte. Dagegen hat der Intensitätsakzent durch Schwächung 
der zweiten Silbe der Wörter zufolge Verstärkung der ersten 
tiefgreifende Änderungen im Vokalismus hervorgerufen. 
£s ist indessen bemerkenswert, daß nur die kurzen Vo- 
kale dieser Schwächung unterlegen sind. Die langen 
Vokale haben nicht allein trotz des Intensitätsakzents 
stets Klangfarbe und Dauer unverändert bewahrt, sondern 
gerade der Widerstreit zwischen langen und intensivbeton- 
ten Silben, die zwei entgegengesetzte Rhythmen bedingten, 
ist es vermutlich gewesen, der schließlich den Intensitäts- 
akzent zum Schwinden gebracht hat. 

Anmerkung. — Die hier vorgetragene Auffassung vom 
Wesen der lateinischen Betonung ist von jeher von den französi- 
schen Sprachforschern vertreten worden. Die deutschen Sprach- 
forscher behaupten fast ausnahmslos, daß auch in historischer 
Zeit das exspiratorische Moment das musikalische bei weitem 
aberwogen habe, und erklären die Zeugnisse der römischen 
Nationalgrammatiker, die nur auf einen musikalischen Akzent 
passen, als gedankenlose Übertragung griechischer Akzenttheorien 
auf die lateinischen Verhältnisse. Dagegen ist zu bemerken, daß, 
während, wie eben bemerkt, die römischen Grammatikerberichte 
bis zum Ende des 4. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung deutlich 
auf eine musikalische Betonung hinweisen, von da ab, d. h. also 
seit dem Beginn der romanischen Periode, mit einem Male An- 
gaben auftauchen, die auf einen exspiratorischen Akzent bezogen 
werden müssen (z. B. Pompeius V, p. 126, 31 K.: illa syllaba plus 
Bonat in toto verbo quae accentum habet 'diejenige Silbe klingt 
am stärksten im ganzen Wort, die den Akzent trägt'). Diese 



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14 Geschichte der lateinischen Vokale. 

Tatsache ist um so bemerkenswerter, als Grammatikern wie Pom- 
pejus sonst so gnt wie jede Selbständigkeit abgeht, und sie ist 
nar daraus zu erklären, daß eben tatsächlich um jene Zeit ein 
Wandel in der Natur der lateinischen Betonung vor sich ging. 
Da nun der romanische Akzent unbestrittenermaßen exspiratorisch 
war, so folgt mit Notwendigkeit, daß die lateinische Betonung in 
der vorromanischen Periode seit dem Schwinden des exspirato- 
rischen Anfangeakzents musikalisch war. 



Geschichte der lateinischen Vokale. 



Durch den Intensitätsakzent der Anfangssilbe 
bedingte Veränderungen. 

§ 9. — Die Wirkungen der exspiratorischen Anfangs- 
betonung lassen sich auf zwei Haupterscheinungen zurück- 
führen: 

1. Änderung der Klangfarbe der kurzen Vokale in 
Mittelsilben oder Umlaut und 

2. ihr Schwund oder Synkope. 

Es ist bisher noch nicht gelungen, eine scharfe 
Grenze zwischen Umlaut und Synkope zu ziehen, d. h. zu 
ermitteln, warum in einem Wort der Vokal geschwunden 
ist, statt nur in seiner Klangfarbe verändert zu werden, 
und umgekehrt. Alles was man sagen kann, ist, daß 
überall da umgelautet wurde, wo die Synkope nicht ein- 
getreten ist. 

Umlaut« 

§ 10. — Das Ergebnis des durch den Intensitäts- 
akzent der Anfangssilbe bewirkten Umlauts der kurzen 
Vokale in Mittelsilben war verschieden, je nachdem sich 
diese Vokale in offner oder geschlossener Silbe befanden, 
d. h. je nachdem auf sie nur ein Konsonant folgte 
oder mehrere. Wir haben demnach die Behandlung der 
Vokalkürzen in jeder dieser beiden Stellungen getrennt 
zu prüfen. 



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Geflchicbte der lateiniscben Vokale. 15 

A. ümlant in offener Mittelsilbe. 
§ 11. — In offener Mittelsilbe außer vor r und nach 
i sind alle kurzen Vokale ohne Rücksicht auf die ur- 
sprüngliche Klangfarbe zu einem der beiden am meisten 
geschlossenen Vokale % oder ü geworden. Das Auftreten 
von K oder ü war von der Natur der Nachbarlaute ab- 
hängig. So hat man: 

1. I vor £?, ty n, g, c; 

2. I vor palatalem Z, aber ü vor velarem Z (siehe § 7, 
Anm. I); 

3. bald I, bald ü (ohne daß es bisher gelungen wäre, 
die Gründe genau festzustellen, welche für die Wahl der 
einen oder der andern Klangfarbe maßgebend waren) vor 
den Lippenlauten &, p, /, w. 

Beispiele: 

1. a) « bleibt: 

pervldäo, etüdBns, pröMus. 
cito Hch setze in Bewegung' 

exctiOj suselto, 
mlnüo 

comnOnüo, immlMÜo. 
rtgo 

irrigo^ irrtgüos. 
m%co 

dtmlco, emlco, 
xUcis Gen. (Nom. ungebräuchlich) 'Wechsel' 

invlcem Adv. 'abwechselnd'. 

b) e>i: 



öbsideo, praesiäeo, r^düos 'rückständig', tn^fae, 
dm 

reddidi, trädldi. 
mSdlus 

d^mldtus. 
stSti 

desiüti, restlti. 



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16 Geschichte der lateinischen Vokale. 

8t%pe8 Nom. (aus ^sifpSt-s, siehe §§ 69 und 57, 4) 
*Stamm' 

st^pltis Gen. 
pSto 'ich strebe nach etwas' 

compitum 'Ort, wo mehrere Wege zusammenstreben, 
Kreuzweg'. 
iSnSo 

äbsffmo, susitn^o, coniXnüoSi perilnax, 
flamßn Nom. 

ßamlnis Gen. 
ISgo 

colUgOj dellgo^ selige, 
rigo 

dirlgo, Srigo^ porrtgo, 
auspSx (aus *äv(t)-sp6c'$, siehe § 16 b) Nom. 'Vogel- 
schauer, Weissager' 

ausplcis Gen. 

c) Ä > «: 
cddo 

cecUdi^ dBcHdo, in(X4o, succMüos 'herabsinkend'. 

m 

itldem 'ebenso'. 
fäU(yr 

cdnfltear, difftt^j pröjtteor, 
stdtüo 

fnstltüo, resdtüo, substitüo, 
dätus 

Bdlttis, prödlttis. 
rdtus 'berechnet, rechtskräftig' 
. irrltus 'unberechnet, nicht rechtskräftig, vergeblich'. 
cämo 

c^cfmi, coucImo, praedno^ Wb%e(mXum 'Flötenspiel' 
(vgl. die Wendung tibXis cänire). 
dgo 

äVlgo^ franko, prödlgiis 'wer (sein Geld) fortwirft, 
verschwenderisch'. 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 17 

pängo (Wurzel pdg) 

tängo (Wurzel tag) 

mlgi. 
facto 

cönJ%€$o, offtc^j difflcüis, aedlflcium. 
Utc^o 

condcesco, r^^ld^, 
fdc€tus 'fein, geistreich' 

mj%cetm ^unfein, plump\ 

d) Ä > I: 

Ukus (altlateiniscb süöcus nach Quintilian, Instit. 
Orot. I, 4, 16) 
Hicö aus *Xn stlöcöd 'auf der Stelle' (siehe § 39,2 a). 
növös (seit dem Beginn der Kaiserzeit novus ge- 
schrieben; siehe § 30) 
növitäs aus *növötäs, 

e) « > «: 
eäpüt Nom. 

cäpttis Qen. 
comü (Stamm cornür) 

camiger *Hörner tragend, gehörnt'. 
mänüs (Stamm mänü') 

mänlca 1. 'über die Hand reichender Ärmel der 
Tunica', 2. 'Handfessel'. 
2. exsU^m, aber exsüläns. 

fämlUa 'Gesamtheit der Bewohner des Hauses', spe- 
zieller 'Gesamtheit der unter einem Herrn stehen- 
den Sklavenschaft', aber fämüHus, 
Si(XMa, aber Stcülus, 
similis^ aber simülo, 'ich mache ähnlich, gebe mir 

den Anschein'. 
Vergleiche auch noch: 
ds^Uo^ Zusammensetzung von säMo und 
sBdülö 'mit wirklicher Hingabe, eifrig', aus *se dölöd 

'ohne Falsch' (siehe § 39, 2 a). 
Smo ursprünglich 'ich nehme' (vgl. Paulus Diaconus 

Niedermann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 2 



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18 Geschichte der lateinischen Vokale. 

p. 53, 26 Th.: emere, quod nunc est mercari, antiqui 
dicebant pro accipere) 

ädlmo, redimo, eoi^tmius 'ausnehmend, hervorragend'. 
hdbeo 

ädhiMo, pröhlheo, r^dhtbeo, 
tdbema 

contühermlis Ver dieselbe Bude bewohnt, Ge- 
fährte'. 
lübet 

cpiodlthet (aus Zusammensetzungen dieser Art ist 
ein Vfibet verselbständigt worden, das mit der 
ursprünglichen Form VSibet in Konkurrenz trat 
und sie schließlich verdrängt hat). 
arcf&s Nom. Sing. 

ardtbus Dat. Abi. Plur. 
mänüs Nom. Sing. 

mänlhus Dat. Abi. Plur. 
Vergleiche weiterhin: 
indhum und intäibum 'Zichorie'. 
aucSps Nom. 

aueä/pis Gen. 
mancßps Nom. 'dem etwas durch Anfassen mit der 
Hand gerichtlich zuerkannt ist, Käufer' 
mancüpis archaischer und manc^lpis klassischer Gen. 
cdp^o 

rec^pero und recüpero; aoAp^, aber occüpo. 
rdpio 'ich raube' 

surripio, aber im Perfektum mrrüpüi bei Plautus. 
aurlfex und aurüfex, 

mänlfestas (klassische Schreibweise) und män/üfestus 
(archaische Schreibweise) 'handgreiflich, augen- 
scheinlich'. 
ßfimus, legimuSy aber po^sümus, völümus, 
sp^dfmeny aber docümmtum. 

Von den Superlativen auf -imusj -ümus wie opUmus 
optümus lehrt Quintilian, daß der Umlautvokal darin ein 
Mittelding zwischen % und ü darstellte (Instit. orat I, 4, 8 : 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 19 

medius est quidam u et i litterae sonus: non enim ap- 
iumum dicimus aut opHmum ^Es gibt einen Laut, der 
die Mitte hält zwischen u und i; denn wir sagen weder 
optumum noch opiimuin) und daß u die archaische und i die 
klassische Schreibweise für diesen Zwitterlaut y?Skr\ibid, I, 7, 
21 : jam optimus maximus^ ut mediana i litteram, quae vete- 
ribus u fuerat, acciperent, Gai primum Caesaris inscrip- 
tione traditur factum 'Ferner soll die Schreibung optimtis 
maximus mit einem t in der Mittelsilbe statt mit u, wie 
man früher schrieb, zuerst in einer Inschrift des Oaius 
Caesar gebraucht und dadurch in Aufnahme gekommen 
sein'). Diese letztere Beobachtung wird durch die Ortho- 
graphie der Inschriften und der besten Handschriften all- 
gemein bestätigt. Sie läßt sich übrigens auf eine Anzahl 
anderer Wörter dieser dritten Gruppe ausdehnen (vgl. z. B. 
die weiter oben genannten Genitive mancupis, manctpis 
und femer mänitfesttiSy mänlfestus). Immerhin ist es be- 
merkenswert, daß für min^m die Form auf -ümm nir- 
gends bezeugt ist, und diese Tatsache, zusammengehalten 
mit dem Gegensatz von ßvimtis, legtmm gegenüber pos- 
sümuSj völämm und dem von sp^clmm gegenüber döcär 
mentum scheint einen Einfluß des Vokals der ersten auf 
die Klangfarbe des Vokals der zweiten Silbe zu verraten. 
In anderen Fällen wie in accXpto gegenüber occüpo sieht 
€s freilich vielmehr so aus, als ob die Klangfarbe des 
umgelauteten Vokales durch den Vokalismus der folgen- 
den Silbe bestimmt worden wäre. 

§ 12. — Vor r hat jeder kurze Vokal im Inlaut die 
Klangfarbe S. 
Beispiele: 

ctnls Nom. 

clnßris Gen. aus *c^ni8is, *ctwfris (siehe § 42). 

pulvis Nom. 
pulvSris Gen. 

Fällsci 

FäierXi aus *Fällsri * Fällrii {&iehe § 42). 

Ugifer 'Gesetzgeber' 

2» 



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20 Geschichte der lateinischen Vokale. 

legSrüpa Velcher die Gesetze verletzt' (durch die 
besten Plautushandschriften bezeugt im Persa 
68). 
fßrus 

effßrus Verwildert' 
verhSr Nom. 

verbSris Gen. 
dä/re 

reddSrCy trOdSre, 
pär^ 

p^pSriy repSrto 'ich bringe wieder zum Vorschein > 
finde'. 
Vergleiche ferner: 

Jegßre, nümSrus, NümSvius als Eigenname aus Nur 
mäsXos {Numasioi 'Nümferiö' auf einer aus dem 
sechsten Jahrhundert v. Chr. stammenden Spange- 
aus Präneste, CLL, XIV, 4123; wegen des Rho- 
tazismus 5 > r vgl. § 42), volnSriSy Gen. von voliv&s^ 
§ 13. — Schließlich ist ß die Klangfarbe des üm- 
lautvokals hinter t. 
Beispiele: 

p^tas, värXStäs (abgeleitet von pius und värXus, älter 
ptösy värtösy wie növitäs von növö$\ siehe § 11, 1 d). 
äb^Süs, ärtSHSy pärlßtis, Gen. von ähtes, ärtes, pärHea^ 
(der lange Vokal im Nominativ dieser drei Wörter 
ist genau zu vergleichen mit dem von pes Nom. 
gegenüber pSdü Gen.). 

B. ümlant in geschlossener Hittelsilbe. 
§ 14. — In geschlossener Mittelsilbe ist d ohne 
Bücksicht auf die Nachbarlaute zu 6 geworden, ö ist seit 
dem Ende des dritten Jahrhunderts v. Chr. in ü über- 
gegangen, aber hinter vokalischem und konsonantischem 
u in der Schrift bis zum Beginn des augusteischen 
Zeitalters beibehalten worden, ofifenbar weil die Buchstaben- 
folge tttt mehrdeutig war. Die andern Vokale sind un- 
verändert geblieben. 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 21 

Beispiele: 

1. a>g: 

ärc^o 

cöSrcio, exSrd^. 
cdrpo 

discßrpo, excSrpo. 
scdndo 

ascSndo, cönscSndo, dsscßndo, 
irdcio 'ich schleppe, ich bearbeite, ich behandle' 

d^tt'ßcto 'ich ziehe herunter, ich setze herab, oh- 

trScto 'ich arbeite entgegen, ich verkleinere'. 
fäcim 

effßctus, r^fßchis. 
jdctus 

ahßctuSy subjSdus, 
fdlh 

ßfölli, refölh. 
pdrco 

p^pSrd, 
dnnus 

MSnntum, 
härba 

inibSrhis, 
äptus 

inßptus, 

2. ö:>Ü: 

altlat. endöstrüos 'betriebsam, fleißig' (eigentlich 'wel- 
cher in seinem Kopf baut', von endo 'innen' und 
strüo 'ich baue' ; vgl. Paulus Diaconus p. 76, 28 Th. : 
indmtrium antiqui dicebant endostruom quasi qui, 
quidquid ageret, intro strueret et studeret 
domi 'Wen wir heute indmtrium heißen, den 
nannten die Alten endostruom^ gleichsam einen, der, 
was er immer tut, im Kopfe drin baut und daheim 
eifrig daran sitzt'), 
klaesischlat. indüstrius 



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22 Geschiebte der lateinischen Vokale. 

mönt-, Stamm von möns (mit ö zufolge Ersatzdeh- 
nuDg nach § 26, 2) 
prömUntüriüm (dieses und nicht Promontorium ist 
die inschriftlich und handschriftlich am besten 
beglaubigte Schreibung), 
altlat. v^ös, '^rü 'Anmut, Liebreiz'. (Die Schreibung 
Venös findet sich inschriftlich auf zwei sehr alten 
Spiegeln) 
vänikstus. 
Dagegen wurde in republikanischer Zeit nie anders 
BiQfrüäntur, s^uöntur geschrieben, trotzdem, wie aus §§18 
und 30 hervorgeht, unzweifelhaft früimiur, siquüntur ge- 
sprochen wurde. 

3. I, S, ü bleiben: 



dedlsco, perdisco. 
flrmiis 
m/lrmus. 



cmsintio, dissintlo, 
sSrvos 

cönsßrvos. 
fündo 

efündo, fransf&ndo. 
cürvos 

r^cärvos, 

Analogiewirkungen und besondere Fälle. 

§ 15. — Der gesetzmäßige Verlauf der im vorher- 
gehenden behandelten Vokalschwächungen ist vielfach von 
der Analogie durchkreuzt worden. So sind die Komposita 
cömSdOy dedScus, posthdMo^ perfdctlis^ conv^o, htföris^ du- 
pütOy impüdmis, üläcrhnor, sübrdnddus^ ddöpto usw. ein- 
fachem ßdo, dScus, hdbiOy fäctliSy vöco, föris (gewöhnlich 
im Plural föres\ püto, püduus, UtcrXmo, ränMus, öpto 
angeglichen. Die lautgesetzliche, umgelautete Form ist 
bisweilen in der Volkssprache erhalten geblieben. So 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 23 

kennt, um nur ein Beispiel anzufüfaren, die Schriftsprache 
ausschließlich analogisch rekomponiertes sepäro 'ich trenne' 
(eigentlich 'ich entpaare', aus sed^ einem Präfix, das die 
Trennung bezeichnet + *päro 'ich gleiche an, paare'; siehe 
§58), gewisse vulgäre Texte dagegen bieten sepSro mit 
dem durch § 12 geforderten Ablaut, und ihr Zeugnis 
findet eine Bestätigung in den romanischen Sprachen (frz. 
sevrer 'entwöhnen'; sBpärare würde frz. *severer ergeben 
haben). 

In corporis^ Gen. von corpus^ dBcörü, Gen. von decus, 
tempöri$. Gen. von tempuSy die für * corporis, *dSc6ris, 
*tempSri8 stehen, wo das e vor r nach § 12 hätte erhalten 
bleiben sollen, stammt ö aus den alten Nominativen *cor' 
pÖ8, *decös, *tempös her; der regebechte Vokalismus hat 
sich in dem Adverbium tempSri 'zur rechten Zeit' erhalten, 
das dadurch vor analogischen Einflüssen geschützt war, 
daß es nicht mehr als zum Paradigma gehörig empfun- 
den wurde. 

In anderen Fällen ist der durch die Umlautsgesetze 
geschafiene Lautstand durch vom Intensitätsakzent unab- 
hängige spätere Veränderungen verdunkelt worden. Auf 
diese Weise sind' zu erklären z. B. atHi^go statt *attSngo 
gegenüber td/ngo (siehe § 17), insülstcs 'fade' statt *imilsiis 
gegenüber sdlsus (siehe § 18), seclüdo statt ^seclSudo gegen- 
über cläudo (siehe § 23). Zu dem letzten Beispiel ist zu 
bemerken, daß von den beiden Elementen des Diphthongs 
au in claudo das erste das intensivere war, wodurch das 
zweite, m, konsonantische Geltung hatte (siehe § 7, An- 
merkung IV, 2). Das ä von cläudo stand somit vor zwei 
Konsonanten (vd), und die Komposita dieses Verbums 
nahmen daher regelrecht die Form *'cl6udo an, die, wie 
bereits erwähnt, später gemäß § 23 in -clüdo überging. 
Genau so sind weiterhin zu beurteilen: 
caus(s)a 

accüs(s)o; Mittelstufe *acceus(s)o, 
cdedo (altlateinisch *caidOy siehe § 21) 

c^cidi; Mittelstufe *c^ce{di (ei'^ i nach § 20). 



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24 Geschichte der lateinischen Vokale. 

laedo (altlateinisch *laido) 
mdo\ Mittelstufe *üleiäo. 

Synkope. 

§ 16. — Im Gegensatz zum Umlaut scheint die Syn- 
kope nicht durch den Intensitätsakzent der Anfangssilbe 
allein bedingt worden zu sein, wenn achon dieser zweifel- 
los dabei die Hauptrolle gespielt hat. Die sogleich auf- 
zuzählenden Beispiele zeigen in der Tat, daß der Ausfall 
des kurzen Vokals einer Mittelsilbe oftmals an die Länge 
der folgenden Silbe gebunden war. Aber es genügt nicht, 
die Quantität mitverantwortlich zu machen, um alle Er- 
scheinungen der Synkope zu erklären. Es muß noch an- 
dere mitbestimmende Ursachen gegeben haben, über deren 
Natur sich allerdings bei dem heutigen Stand der Wissen- 
schaft nichts Sicheres aussagen läßt. 

Die Synkope hat nicht immer den Verlust einer Silbe 
zur Folge gehabt. In den Wörtern nämlich, in denen 
sie in unmittelbarer Nähe eines j oder v stattfand, sind 
diese letzteren Laute vokalisch geworden und haben da- 
durch, außer in der Stellung hinter einem Vokal, mit 
dem sie Kontraktion eingehen konnten (siehe das Beispiel 
jünXor weiter unten), die ursprüngliche Silbenzahl bewahrt. 
Beispiele: 

a) Die Synkope ist das Resultat des Zusammenwirkens 
des Intensitätsakzents der vorausgehenden und der Länge 
der folgenden Silbe: 

ardere gegenüber aridm. 

discipUna gegenüber discipülus, 

infra gegenüber mfßrus (z. B. in mare inferum *das 

untere, d. h. das Tyrrhenische Meer'.) 
suprä gegenüber süpSrus (z. B. in mare superum ^das 

obere, d h. das Adriatische Meer'). 
valde gegenüber väfldus. 

Das Paradigma eines Wortes wie caUdus lautet also 
anfangs: 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 25 

Nom. cätidus 
Akk. caUdum 
Gen. caJdj 
Dat. caldö 
Abi. ccUdo. 
Aber dieser ursprüngliche Zustand ist nicht unver 
ändert erhalten geblieben. Einerseits nämlich hat die 
Analogie die synkopierte Form auch auf den Nominativ 
und den Akkusativ ausgedehnt und so die Nebenform 
(^Dublette' mit dem sprachwissenschaftlichen terminus tech* 
nicus) ccUdus geschaffen, deren sich nach Quintilian der 
Kaiser Augustus mit Vorliebe bediente, weil er cähdus 
als pedantisch und geziert ansah (InsHt, orat. I, 6, 19: 
sed Augustus quoque in epistulis ad C. Gaesarem scriptis 
emendat quod is calidum dicere quam caldum malit, non 
quia id non sit latinum, sed quia sit otiosum 'Aber auch 
Augustus rügt es in seinen Briefen an C. Gäsar^, daß 
dieser lieber calidus als caldus spreche, nicht als ob calidus 
unlateinisch wäre, sondern weil es pedantisch sei^), ander- 
seits hat sie den synkopierten Vokal im Genitiv, Dativ 
und Ablativ wiederhei^estellt. Die soeben für caldus ge- 
gebene Erklärung gilt in gleicher Weise für soldtis 'ge- 
diegen, massiv' (z. B. bei Horaz, Sat. I, 2, 113 und II, 5, 65) 
neben söUdm, raucus 'heiser' aus *räv(l)cu8, abgeleitet 
von rävü 'Heiserkeit' usw. 

b) Die Synkope ist das Resultat des Zusammen- 
wirkens des Intensitätsakzents der Anfangssilbe und eines 
vorläufig nicht näher zu bestimmenden andern Faktors: 
äb^o aus *dbj(d)dio, 
auceps aus *äv(t)cap8 (siehe § 30 c) 
concütio aus *conqu(ä)tlo, 

jünXor aus *jüv(S)niar^ *jüiinXor (wegen der Kontrak- 
tion von *jüüntor zu junior siehe § 33). 
reccfdi, repperi, repptUiy rettiäi, Perfekta von r^ctdOy 
rSp^to^ r^pello^ rSßro, aus *rec(6)(M% *rSp(ß)peri, 



Sohn des M. Vipsanias Agrippa, Enkel des Angustus. 

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26 Geschichte der lateinischen Vokale. 

*rep(S)pÜli, *ret(S)tüli (tetüli als Perfektum zu 
ßro ist im Altlateinischen oft bezeugt). 
In den Zusammensetzungen von jäcio ist die laut- 
gesetzliche Form 'tao seit der klassischen Zeit durch -jidk) 
ersetzt worden, zwar nicht in der Orthographie, wohl aber 
in der Aussprache, wie das die metrische Messung von 
ahicio, adido, conido, obicio, suhicio bezeugt, deren Präfix 
in der Lyrik und im Epos der klassischen Zeit immer 
positionslang ist. Vergil z. B. beginnt in der Äeneis VI, 
421 und VU, 480 einen Hexameter mit obicit, und Aulus 
Gellius, Nocies Ätticae IV, 17, 8 bemerkt ausdrücklich von 
sübicity daß das i der Wurzelsilbe konsonantisohe Geltung 
bekomme und daß daher diese Silbe länger und gedehnter 
gesprochen werde und so die ihr vorausgehende «durch 
Position» länge (i vim consonantis capit et idciroo ea syl- 
laba productius latiusque paulo pronuntiata priorem syl- 
labam brevem esse non patitur, sed reddit eam positu 
longam; über den Ausdruck positu longam ^durch Po- 
sition lang' vgl. § 96). Diese Neuerung ist auf dem Wege 
der Analogie entstanden: canjido für contc^o z. B. dürfte 
oönftdlo nachgebildet sein auf Grund der Proportions- 
gleichung cött/cci, c(mfec(!wn:cönf%c^^=^c(mjeci^ canjectumix. 

Vom Intensitätsakzent der Anfangssilbe 
unabhängige Veränderungen. 

A. Verändenmgen der Klangfarbe in nielit wortseUießenden 

SUben. 

§ 17. — S vor gutturalem Nasal ist zu I geworden: 
Beispiele: 

sepHngenti aus * septimcenti. 
cönfrlngo aus *cönfrSngo, das seinerseits auf älteres 

*confrdngo zurückgeht (siehe § 15). 
suppingq Ich schlage unten an' aus *subp6ngo^ älter 

suhpdngo (siehe § 15). 
dlgnus aus *dSgno8y *dScno8 (gehört zu der Wurzel 
von dScet *es ziemt sich'; c> ^ nach § 63). 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 27 

Vtgnum aus *ISgnom (zu Wgo 'ich lese zusammen'; 
lignum bedeutete also ursprünglich 'zusammen- 
gelesenes Holz, Leseholz'). 
Wegen der Bezeichnung des gutturalen Nasals durch 
g in den beiden letzten Beispielen siehe § 7, Anm. III 
und § 70. 

§ 18. — ^ ist zu ö geworden vor velarem Z, d. h. 
vor einem Z, auf das einer der Vokale e, ä, d, ü oder ein 
Konsonant folgte (NB. die Geminata U^ die nicht aus zwei 
Konsonanten, sondern aus einem einzigen langen Konso- 
nanten bestand, war palatal; siehe §§ 55 und 7, Anm. I). 
Vor l + Konsonant ist dieses ö weiterhin in ü über- 
gegangen (siehe den folgenden Paragraphen), aber, wo ihm 
ein V voranging, in der Schrift bis zum Beginn der 
Kaiserzeit beibehalten worden (siehe auch §§ 14, 2 und 30). 
Beispiele: 
hölm, '^ris, altlateinisch hSlus. 
Verbum vßUe (aus *t;^&c, siehe § 75), Wurzel vSl-: 
völo^ völeham, völam^ völüiy ferner vOlt, voliis^ die 
letzteren beiden gesprochen vMlt^ vultis, aber vS- 
lim, vSllem, vSUe. 
exsülto aus *exsSlto, das auf ursprünglichem *exsdUo 

beruht (siehe § 15). 
pSblsvLS, Part. perf. pass. von piUo. 
Daß sich hinter den Schreibungen volt^ voltis die 
Aussprache vult, vtUHs verbirgt, geht zur Evidenz aus 
Varro, De lingua Latina in, fr. S. 148 Wilm. hervor, wo 
als Beispiele für anlautendes v vor den fünf Vokalen a, e, 
t, 0, u die Wörter vafer ^pfiffig\ velum, vinum, vomis (Neben- 
form von vomer 'Pflugschar'), vulnus genannt werden. Zu 
Varros Zeit sprach man also vulnus, trotzdem durchwegs volnus 
geschrieben wurde, und was von der Aussprache von vol- 
nus gilt, gilt natürlich ebenso von derjenigen von volt 
und voltis. 

§ 19. — d, und zwar sowohl ursprüngliches ö als 
nach § 18 auf S beruhendes, ist vor l -{- Konsonant (aber 
nicht in der Verbindung -öll-) zu ü geworden. Der Über- 



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28 Geschichte der lateinischen Vokale. 

gang von e über o zu t< ist im vorigen Paragraphen be- 
handelt worden, wir haben uns also hier nur noch mit 
dem Übergang von ursprünglichem o in u in der eben 
genannten Stellung zu befassen. 
Beispiele: 

cülmen 'Gipfel' gegenüber gleichbedeutendem cölümen. 
pülSf -Hs ^dicker Brei aus Speltmehl' gegenüber pö- 

lenta 'Gerstengraupen'. 
pulvis gegenüber pöüen ^Staubmehl'. 
stültus gegenüber stöMtM. 

In völgus, völpes, völtur u. ä. ist der Übergang von 
ö zu ü durch das Schriftbild verdunkelt. Geschrieben 
wurde nämlich während der ganzen republikanischen Pe- 
riode ausschließlich vdgus^ volpes, völtur^ gesprochen 
aber, wie soeben § 18 gezeigt worden ist, vulguSy viUpes, 
vuliur. In der Kaiserzeit sprach und schrieb man 
vulguSy vulpes, vultur. 

§ 20. — ei ist seit dem zweiten Jahrhundert vor 
Christus zu l geworden. 
Beispiele: 

dlco aus deico (deicerent findet sich in einer Inschrift 
aus dem Jahre 186 v. Chr., dem Senatusconsul- 
tum de Bacchanalibus, C. I. L. I, 196)^. 
diffldo aus diffeido (difeidens steht auf einer die Kon« 
sonanten Verdoppelung noch nicht kennenden Weih- 
inschrift aus dem Anfang des zweiten Jahrhun- 
derts V. Chr., 0. 1. L. I, 1175). 
incldo aus inceido (inceideretis im Senatusconsultum 

de Bacchanalibus). 
§ 21. — al ist seit dem Anfang des zweiten Jahr- 
hunderts V. Chr. zu ae geworden, d. h. zu dem Diphthong, 
der in den meisten Teilen Deutschlands für das geschriebene 
ei und ai gesprochen wird. 
Beispiele: 

aedes 'Tempel' aus aides (aide = uedem ist durch 
eine dem dritten vorchristlichen Jahrhundert an- 

1 Im Anhang abgedruckt. 

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Geschichte der lateiDischen Vokale. 29 

gehörige Grabschrift des L. Cornelius Scipio, Kon- 
sul 259 V. Chr., bezeugt [C. I. L. I, S2]\ während 
das Senatusconsultum de Bacchanalibus vom Jahr 
186 V. Chr. bereits aeäem bietet). 
qua^ro aus quairo {qttaif'atis als Archaismus neben 
aetatem auf der etwa um 130 v. Chr. anzusetzen- 
den Grabschrift eines Scipio, 0. L L. I, 34). 
Auf dem platten Lande um Rom hörte ae verhält- 
nismäßig früh auf, Diphthong zu sein. Varro berichtet 
uns in der Tat, daß die Bauern zu seiner Zeit Mesius und 
edm für Maesius und haedm sprachen {De lingua Latina 
VIT, 96: rustici pappum Mesium non Miiesium 'Die Bauern 
sagen: der alte Mesius statt IfaestW; ibid. V, 97 : in Latio 
rure edus qui in urbe, ut in multis, a addito aedus 'In 
Latium heißt es auf dem Lande edus, in der Stadt da- 
gegen wie so oft mit Hinzusetzung eines a aedus^). In 
der Kaiserzeit gewann diese Aussprache allmählich an 
Boden und wurde schließlich allgemein. Das aus altem 
ae entstandene B war offen [f], im Gegensatz zu dem ur- 
sprünglichen g, das einen geschlossenen Vokal darstellte [^]. 
Daher ist, als gegen Ende der Kaiserzeit das Lateinische 
die Unterscheidung der Quantität der Vokale aufgab, ae 
ganz mit e (d. h. ^) zusammengefallen, während dagegen 
ursprüngliches B (d. h. e) immer scharf davon getrennt 
blieb. Das bezeugen die romanischen Sprachen, in denen ae 
und ^ zu demselben Resultat geführt haben, während g ganz 
anders behandelt worden ist; vgl. lat. qu€ierit > frz. (ac)- 
qidertj lat. hSri > frz. hier, gegenüber lat. cera > frz. Hre. 
§ 22. — oi ist zu Anfang des zweiten Jahrhunderts 
V. Chr. zunächst zu oe und bald darauf zu u geworden. 
Durch einen anlautenden labialen Verschlußlaut oder 
Spirant ist die Zwischenstufe oe gehalten worden, wofern 
nicht in der folgenden Silbe ein % stand. 
Beispiele: 
üntis aus oinos {oino = unum in der Grabschrift 



^ Im Anhang abgedruckt. 

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80 Geschichte der lateinischen Vokale. 

des L. Cornelius Scipio, Konsul 259 v. Chr., O.L L. 

I, 32; oenm bei Plautus, Truculentus 104). 
communis aus commoinis {comoinem im Senatusconsul- 

tum de Bacchanalibus von 186 v. Chr.). 
usus aus oisos (vgl. Martianus Capella III, 236: 

aism etiam diciiur; sie mim veteres üsum dixere 

^Es existiert auch eine Form oisus; so sagte man 

nämlich ehedem für üsus^). 
Die Erhaltung von oe durch anlautenden labialen 
Verschlußlaut oder Spirant, wenn nicht in der nächsten 
Silbe ein i folgte, wird erhärtet durch poena gegenüber 
pümre, Poenus gegenüber Fünicus^ femer durch foedtis, 
-eris ^Vertrag' und foedus, -a, -um ^häßlich', foetor ^Ge- 
stank'. 

Kein sicherer Erklärungsgrund ist bisher gefunden 
worden für das oe von moenia gegenüber dem ü des 
offenbar zur gleichen Wurzel gehörenden müms. Viel- 
leicht ist moenia eine Rückbildung aus lautgesetzlichen 
*miJbiia nach der Proportionsformel püMre : pöena 
= miln%re:x. Die oft in den Vergilhandschriften auf- 
tretende Form nioerus statt murus ist eine mit der im 
Zeitalter Vergils herrschenden Aussprache im Widerspruch 
stehende archaisierende Schreibung. 

In coepi handelt es sich nicht um den zu oe gewor- 
denen indogermanischen Diphthong oi, sondern um eine 
spätere Kontraktion von ö -{- e. coepi aus cö-epi (die drei- 
Bilbige Messung ^ _ ^ z. B. bei Lucrez, De verum natura 
IV, 619; vgl. auch die zweimalige Silbentrennung co-^tus 
in der besten Liviushandschrift) enthält das Perfektum 
eines Verbums äp^ 'ich verknüpfe', das frühzeitig außer 
Gebrauch gekommen zu sein scheint. 

§ 23. — eu ist zu ou und weiterhin zu ü geworden 
(siehe § 24). Da der Übergang von eu zu ou vor dem 
Beginn der schriftlichen Überlieferung stattgefunden hat, 
bietet uns das Lateinische selbst kein Beispiel des ur- 
sprünglichen Diphthongs eu mehr. Aber einerseits ge- 
stattet die Vergleichung der verwandten Sprachen den 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 81 

Schluß, daß z. B. das ü von dÜGo auf ein altes eu zurück- 
geht (die Zwischenstufe ou ist durch die dem Beginn 
des zweiten Jahrhunderts v. Chr. angehörende Grabschrift 
des L. Cornelius Scipio Barbatus, Konsul 298 v. Chr. 
[C. I. L. I, 30], bezeugt, wo man abdoucit liest)^, und 
anderseits berechtigen uns die im Vorhergehenden for- 
mulierten ümlautgesetze z. B. accits(s)o auf *adceti8(8)o 
zurückzuführen, das seinerseits regelrecht aus *adcafU8(8)o^ 
einer Ableitung von caus(8)a ^Rechtssa<;he' entstanden ist 
(siehe § 15). 

Für C6W, Adv. und Konj., 'wie', neu, Dublette von 
nBve^ seu Dublette von s%ve und neuter gilt das oben über 
coepi Bemerkte. In all diesen Wörtern beruht eu auf 
einer späteren Kontraktion von e -{- u. Was im beson- 
deren neuter angeht, so ist es nicht einmal sicher, daß es 
jemals anders als dreisilbig ne-uter gesprochen wurde. 

§ 24. — OU ist gegen Ende des dritten Jahrhunderte 
V. Chr. zu ü geworden. 

Beispiele: 

lücus 'Hain' eigentlich 'Lichtung in einem Gehölz' 

(zu lüceo) aus loucos, das in einer alten Inschrift 

von Spoletium, CLL. XL, 4766, steht. 

nüirix 'Amme' aus noutrix. Die ursprüngliche 

Form liefert uns eine alte Weihinschrift aus Nemi. 

§ 25. — aw hat sich im Schriftlatein Roms gehalten. 
In den Dialekten des benachbarten platten Landes dagegen 
und in der Volkssprache der Hauptstadt selbst ist es früh- 
zeitig in ö verwandelt worden. Diese doppelte Behand- 
lung hat insofern Verwirrung hervorgerufen, als man bei 
einzelnen Wörtern mit ö gelegentlich im unklaren darüber 
war, ob man es mit einem alten ö oder vielmehr mit 
einem au, das in der Sprache des Volkes zu ö geworden 



^ Dieser L. Cornelius Scipio Barbatus war der Vater des 
Konsuls von 259 v. Chr., dessen Grabschrift im Anhang abge- 
druckt ist. Die Grabschrift des Vaters ist aber, nach den Schrift- 
zeichen und dem sprachlichen Habitus zu schließen, unzweifel- 
iiaft jüngeren Datums als die des Sohnes. 



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32 Geschichte der lateiDiscben Vokale. 

war, zu tun hatte. Sueton erzählt uns in seiner Biogra- 
phie, des Kaisers Vespasian § 22 folgende hierfür bezeich* 
nende Anekdote: Vespasianus Mestrium Flörum consularem 
admonitus ab eo, plaustra potius quam plöstra dioenda, 
postero die FliM/urum salutavit (^Als Vespasianus von dem 
Konsular Mestrius Flöms darauf aufmerksam gemacht 
worden war, die Aussprache platutra sei besser als plöstray 
nannte er ihn am folgenden Tag bei der Begrüßung 
Flaums*), In solchen zweifelhaften Fällen wählten die- 
jenigen, welche sich auf ihre vornehme Sprache etwas 
zugute taten, zumeist au, auch auf die Gefahr hin, diesen 
Diphthong in Wörter hineinzutragen , denen er von 
Rechts wegen nicht zukam. Auf diese Weise gewöhnte 
man sich, platldo statt plödo zu sprechen, obwohl letzteres 
ein ursprüngliches ö enthielt, wie die Komposita complödOy 
displödo, explödo beweisen. In der Tat würden wir, wenn 
in platldo ein altes au steckte, nach § 15 *complüdo^ *diS' 
plüdo, *explildo zu erwarten haben. 

B. VerSndenuigen der Qnantitfit in niclit wortsehließenden 
SUben. 

a) Dehnung kurzer Vokale. 

§ 26. — Ein kurzer Vokal hat Ersatzdehnung er- 
fahren: 

1. Infolge Verstummens eines $ vor stimmhaftem 
Konsonanten (siehe § 87). 

Beispiele: 

ä/lmösco aus *dlsnösco, edüco aus *ixdüco (x = es), 
Idem aus *lsd€m (is + dem), päno aus '^pös(t)no; 
vergleiche das Participium pösttus = pÖ (Präfix) 
+ sUus, Part. perf. pass. von stnOy sSdecim aus 
*sixd^cim. 

2. Vor -n/- und -ws-, indem in dieser Verbindung der 
Nasal seinen Mundverschluß aufgab und seine Stimmband- 
schwingungen zum vorausgehenden Vokal gezogen wurden 
(siehe § 88). 

Cicero, Oraior 48, 159: quid vero hoc elegantius, 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 33 

quod non fit natura, sed quodam instituto, indodus dici- 
mus brevi prima littera, l/nsanus producta, %nhumanus brevi, 
mfelix longa et, ne multis, quibus in verbus eae primae 
litterae sunt quae in sapienie atque felice producte dicitur 
in, in ceteris omnibus breviter; itemqne cönposuit, cönsuevit^ 
cöncrepuity cönfecit. consule veritatem, reprehendet: refer 
ad aures, probabunt ^Gibt es etwas Zierlicheres als Folgen- 
des, was nicht auf einem Naturgesetz, sondern auf einer 
bestimmten Vereinbarung beruht? Wir sprechen Indoctm 
mit kurzem i im Anlaut, dagegen vnsanus mit langem i, 
hihumanus wieder mit kurzem, aber tnfelix mit langem; 
kurz, sobald ein Wort gleich anlautet wie sapiens oder 
felix, wird das Präfix in- davor gelängt, in allen andern 
Fällen bleibt es kurz, und genau so verhält es sich 
mit cönposuit, cönsuevit, cöncrepuit, cönfecit Vom Stand- 
punkt der Sprachrichtigkeit aus wird man das tadeln, 
sobald man indessen nur auf das Gehör Rücksicht nimmt, 
muß man es billigen'. Diese Bemerkung wird durch die 
Inschriften bestätigt, welche zugleich zeigen, daß die in 
Frage stehende Dehnung nicht auf das i des Präfixes tn- 
und auf das ö des Präfixes cön- beschränkt war. In den 
lateinischen epigraphischen Denkmälern ist in der Tat 
jede Art von Vokal vor den beiden Gruppen -nf- und -ws- 
oft durch ein besonderes Zeichen, den sogenannten Apex, 
als lang bezeichnet. Da ferner das griechische Alphabet 
zwei verschiedene Buchstaben für e und e und ebenso für 
ö und ö besaß, so kann uns auch die griechische Tran- 
skription lateinischer Wörter in Inschriften und bei Schrift- 
stellern einigermaßen über die Quantität des Vokals vor 
-»/- oder -ns' belehren, und dieses Zeugnis spricht eben- 
falls unbedingt für die Länge. 

Daß es sich im vorliegenden Falle wirklich um eine 
Ersatzdehnung handelt, beweist unter anderem eine Notiz 
bei Quintilian, Instit, orat, I, 7, 29, die besagt, daß in 
dem Worte cönsüles der Nasal n nicht ausgesprochen 
wurde (. . . consules exempta n littera legimus ^consules 
lesen wir mit Auslassung des n'). 

Niedermann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 3 



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34 Geschichte der lateiDischen Vokale. 

§ 27. — Abgesehen von der Ersatzdehnuog ist ein 
kurzer Vokal gelängt worden in den Participia perfeoti 
passivi, deren Wurzel auf einen stimmhaften Konsonanten 
ausging, und in den von diesen Partizipien abgeleiteten 
Verbal- und Nominalformen (siehe § 63, 1). 
Beispiele: 

dctusy lectus, Part, von ägo^ ISgo. Die Länge des 
Wurzelvokals in diesen beiden Partizipien ist durch 
das ausdrückliche Zeugnis des Aulus Gellius, Noc- 
tes ÄtHcae IX, 6 und XII, 3 sowie durch den 
Apex in zahlreichen Inschriften gewährleistet 
casus, Visus, Part, von cddo^ vid^o (vgl. zu diesen 

Beispielen § 84), aber 
fäctus und mSssus (über welch letzteres § 84 zu ver- 
gleichen ist), Part, von fäc^o und mSto 'ich mähe, 
ich ernte\ Wenn das a von factus lang wäre, 
so müßten die Komposita *cönfactuSy *eff actus usf. 
lauten statt, wie es tatsächlich der Fall ist, cön- 
fectuSy effectus; vgl. ääactus. Die Kürze des e von 
messus erhellt aus dem Umstand, daß gegen Ende 
des ersten Jahrhunderts v. Chr. -ss- hinter langem 
Vokal zu 'S' vereinfacht wurde und daß dem- 
zufolge messusy wenn es ein langes e enthalten 
hätte, damals zu *mesu8 geworden wäre, was nicht 
geschehen ist (siehe § 59). 
Ebenso hat man äctito (Prequentativum zu dgo\ 
prötedor (zu prötSgo) gegenüber fäctUo (zu fd<$io\ sScUo 
(zu s6co\ 

Ausnahmen wie sSssus, Part, von sßäeo, fössus, Part, 
von föäXo sind wahrscheinlich auf dem Wege der Analogie 
entstanden. 

b) Kürzung langer Vokale. 
§ 28. — Im klassischen Latein wurde jeder lange 
Vokal, auf den ein anderer Vokal folgte, dem aber nicht 
zugleich auch ein Vokal voranging, gekürzt. Diese Kür- 
zung wurde durch die in der Schrift meist nicht ange- 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 35 

deuteten parasitifichen Übergangslaute j und t;, die sich in 
der Aussprache zwischen i + Yokal und u + Vokal ein- 
schoben (siehe § 48), nicht gehemmt, woraus auf eine 
sehr schwache Artikulation dieser Laute geschlossen wer- 
den darf. 

Beispiele: 

/fnSo gegenüber dem Infinitiv /rnfre; plu«, im alten 
Latein ^m (ein Hexameter des Ennius fängt mit 
den Worten an: pectora pia tenet desiderium). 
fivHo und plu5 aus *ßnlOj *pfu5, trotzdem diese 
letztem *ßn%jo und *p^jus gesprochen wurden. 
rSi, Gen. von res (aber diei, Gen. von dies^ gläciei, 
Gen. von gläcies, weil in diesen Wörtern das e 
nicht nur vor, sondern auch hinter einem Vokal 
stand); ßSo gegenüber dem Imperfektum flebam. 
gr&is^ Gen. von grüs ^Kranich'; sÄo *ich nahe, 
gegenüber süior 'Schuhflicker'. grüis und süo 
aus *grüis und *$üo trotz der Aussprache * gravis 
und *süvo. 
Die klassischen Dichter skandieren in der Regel illlus, 
tpslti«, «»Im«, aber in Prosa sprach man — wenigstens zur 
Zeit Quintilians — ilHus, ipslus, ünlus (Instii. arat I, 5, 18: 
unlm . . . extra carmen non deprendas 'unlus dürfte man 
nur in der Poesie antreffen'). Die Ursachen der Wiederher- 
stellung der Länge in diesen pronominalen Genitiven sind 
noch nicht recht aufgeklärt. (Länge des l in den Dativen 
HH, ipsly ümf) Wenn dagegen Servius, der Kommen- 
lÄtor Vergils, lehrt, daß im Perfektum von audire und 
iBnire die Prosa audlit, kmit der Messung audüt, lenUt 
der Dichter entgegenstellte, so liegt die Analogiewirkung 
a,uf der Hand: aud^it, Umit sind nach den Dubletten 
audlvit, lenlvit gebildet, wo dem i kein Vokal folgte und 
wo es daher nicht verkürzt werden konnte. Ebenso ist 
'*/fo (für *fl6) nach fls, flmm wiederhergestellt, denn daß 
nicht etwa Erhaltung der Länge zufolge der Aussprache 
fijo (§ 48) angenommen werden darf, ergibt sich aus dem 
Vorhergehenden ohne weiteres. 

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36 Geschichte der lateinischen Vokale. 

Wegen eines andern übrigens ziemlich dunklen Falles 
von Kürzung eines langen Vokals in nicht wortschließender 
Silbe siehe unten § 56. 

C. Verändemiigen der Klangfarbe in Schliißsilben« 

§ 29. — In absolutem Auslaut ist d unverändert ge- 
blieben. Vergleiche : 

generd, frigörd, Nom. Akk. Plur. von g^nus^ frlgus; 
Ud W, wo die Kürze des auslautenden Or 
durch das Zeugnis der übrigen indogermanischen 
Sprachen als ursprünglich erwiesen wird (in an- 
deren Fällen ist auslautendes ä sekundär, d. h. es 
stammt von der Kürzung eines ä her; siehe pülä 
unten § 32, 3). 
Was die anderen ursprünglichen Kürzen im absoluten 
Auslaut anlangt, so scheint es, daß sie unterschiedslos die 
Klangfarbe e angenommen haben. Die Spärlichkeit der 
sprachlichen Zeugnisse gestattet einen positiven Beweis 
allerdings nur für I. Vergleiche: 

märS Nom. Akk. Sing, gegenüber märt-a Nom. Akk. 
Plur., lenS Neutrum gegenüber Unl-s Maskulinum 
und Femininum. 
§ 30. — In nicht absolutem d. h. gedecktem Aus- 
laut sind die kurzen Vokale sehr verschieden behandelt 
worden. In einsilbigen Wörtern haben sie keinerlei Ver- 
änderung erfahren. In zwei- und mehrsilbigen sind i 
und Ä geblieben, 6 ebenfalls außer vor s, wo es zu I ge- 
worden ist. d vor zwei Konsonanten hat dieselbe Ent- 
wicklung durchgemacht wie in einer geschlossenen Mittel- 
silbe, d. h. es ist in S übergegangen; über seine Behand- 
lung vor einem einzigen Konsonanten läßt sich bei dem 
Mangel an beweiskräftigen Beispielen nichts Sicheres aus- 
machen, ö endlich ist zu ü geworden im Nominativ und 
im Akkusativ des Singulars der zweiten Deklination, im 
Nominativ und Akkusativ des Singulars der Substantiva 
sächlichen Geschlechts der dritten Deklination und in 
der dritten Person des Plurals des Indikativs des Präsens 



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Geschichte der iateioischexi Vokale. 37 

und des Perfektums der Verba. Dieser letztere Laut- 
wandel geht ins Ende des dritten Jährhunderts v. Chr. 
zurück, doch hielt sich ö hinter u und v in der Schrift 
bis zu Beginn der Kaiserzeit (siehe auch §§ 14, 2 und 18). 
Beispiele: 
Einsilbige Wörter: 

»lar, nlvis; pixy ptcin; mßl, mSüis; nSx^ nids; Idc, 
Idctis; fax, fdcis; ös, össis; nöx, noctis; nüx, 
nücis; trüxj trücis Vild'. 
Zwei- und mehrsilbige Wörter: 

a) 1. cwsls (Stamm ensl-; vergleiche den Gen. Plur. Bnsl-um); 

cälix, -Icis; ägtlts (Stamm ägXtir), 
2, turtür, 'üris 'Turteltaube'; mägisträtüs, -üs (Stamm 
mägistratü')] redüx, -ücis 'zurückführend' und 
'zurückgekommen'. 

b) flümSn, 4nis ; forfSx, -Ids 'Schere' ; MSms, Mimis; häru- 

apSXf -%cis 'Wahrsager, der aus den Eingeweiden 
der Opfertiere Bescheid gibt' (spScio im Altlatei- 
nischen 'ich beschaue'), aber 
genirls aus *generSs^ Gen. von genus^ ordtnls aus 
*ordinSs, Gen. von ordo, wie aus den durch alte 
Inschriften bezeugten Genitiven Apolones = Äpol- 
hnlsj CererSs = Cererlsy Salutes = Sälütls, Vene- 
res = V^nSris hervorgeht. 
Fälle wie desSs, -sldis 'müßig', dwSSy -Itis bilden nur 
scheinbar eine Ausnahme. In Wirklichkeit geht ersteries 
auf *desSd-s, letzteres auf *d%vit-s zurück (siehe § 69); 
das c der Wörter dieser Art stand also nicht wie in den 
ebengenannten Beispielen von Anfang an vor s, und daraus 
erklärt sich seine Erhaltung. 

c) aucSps aus *ävß)'cdp'S (ävis + capto); remSx aus 

*remdg'S (remus -\- ägo); am^fSx aus "^ auri-fdc-s 
(aurum + fäcio). 

d) fiUüs axxsßltös Nom. Sing.; vtrüm aus viröm, Akk. 

Sing, von vir; dönüm aus dönöm Nom, Akk. 
Sing.; opus aus öpös Nom. Akk. Sing. 
cönsentiHnt aus cötisenttönty dritte Person Plur. des 



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38 Geschichte der lateinischen Vokale. 

Indikativs des Präsens von cönsentlo, dederwnt aus 

dedBront, dritte Person des Plurals des Indikativs 

des Perfektums von da. 
Die Formen fiDlös^ vtröm, dönöm, öpös, cöCn)8enÜÖnt, 
dMerönt sind teils durch Inschriften, teils durch Zitate 
bei Schriftstellern bezeugt (vgl. z. B. Quintilian, Imtit 
orat. I, 4, 16). 

In Wörtern wie h%dü6m, ^uös, vivönt war die Erhal- 
tung des d bis zu Beginn der Kaiserzeit rein graphischer 
Natur; gesprochen wurde auch hier seit dem dritten vor- 
christlichen Jahrhundert ü. Das bezeugt ausdrücklich 
Velius Longus VII, p. 58, 4 K., indem er beifugt, daß es 
offenbar die Scheu vor der nicht hinreichend unmißver- 
ständlichen Buchstabenfolge uu gewesen sei, die die Römer 
veranlaßt habe, in dergleichen Fällen solange Zeit hindurch 
anders zu schreiben, als sie sprachen (siehe auch §§14, 2 
18 und 19). Da dieser Grund für die modernen Heraus- 
geber lateinischer Texte des republikanischen Zeitalters 
zufolge der Einführung eines besonderen Zeichens für 
konsonantisches u (siehe § 7, Anm. IV, 2) in Wegfall 
kommt, so wird heute z. B. in Gäsarausgaben vielfach 
bidutim^ equuSj vivunt usf. gedruckt. 

§ 31. — Die langen Vokale haben im Auslaut keine 
qualitativen Veränderungen erlitten, weder im absoluten 
noch im gedeckten. Die Diphthonge dagegen, die sich in 
einer dieser Stellungen befanden, sind in lange Vokale 
übergegangen. Es handelt sich im besonderen um e€, 
ai, oi, die zu l geworden sind, und um ou^ an dessen 
Stelle ü getreten ist. 
Beispiele: 
slbl, Dat. Sing, des Reflexivpronomens, aus stbei; 

äJns^ zweite Person Sing, des Präsens von äbeo^ 

aus *äbeis, 
tütüdl, Perfektum von tundo, aus *twtuäai; rom. Dat. 

Abi. Plur. von rösa^ aus *rösai8. 
vXrl, Nom. Vok. Plur. von vir, aus *vtrOi; dönls, 

Dat. Abi. Plur. von dönum, aus *dönots. 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 39 

currüSy Gen. Sing, von currus^ aus *currOUs. 

Bisweilen ist ans der ursprüngliche Diphthong in- 
sehrifüich (das ist der Fall bei sibei, vgl. z. B. das Senatus- 
consultum de Bacchanalibus von 186 v. Chr., G. L L. I, 
196) oder durch Grammatikerzitate bezeugt (Paulus Dia- 
Conus p. 14, 17 Th.: ab oloes dicebant pro ab ilUs)^ meistens 
aber wird uns seine Existenz erst durch die Vergleichung 
mit den entsprechenden Formen der anderen indogerma- 
nischen Sprachen enthüllt. 

Da also auslautendes ai l ergeben hat, kann die 
Endung ae im Gen. Dat. Sing, und im Nom. Vok. Plur. 
der Wörter der ersten Deklination nicht aus ai herstam- 
men. In der Tat vertritt sie vielmehr älteres al\ vgl. 
den altertümlichen Genitiv aulä/l bei Vergil, Äeneis III, 354: 
auldl medio libabant pocula Bacchi. 

Ebenfalls bei Vergil findet man piddl, Äeneis, IX, 26; 
auräl, ibid. VI, 747; äqual VII, 464, alles Genitive Sing. 

D. Vdrändemngen der Quantitfit in Schliißsilben. 

§ 32. — Der vokalische Bestandteil der Schlußsilben 
zeigte eine Tendenz zur Verkürzung, die in folgenden 
Fällen deutlich zutage tritt: 

1. Jeder in absolutem Auslaut stehende kurze Vokal 
erlitt eine Einbuße an seiner Quantität und strebte dem- 
gemäß dem gänzlichen Schwund zu. 
Beispiele: 
die Imperative rffc, düc, fäc, ßr neben cäpSj mütS, 

tundS usw. 
die Dubletten äc (siehe § 83) und atquSy nee (siehe 
§ 83) und nSquS (man beachte, daß ac und nee 
die vor konsonantischem Anlaut des folgenden 
Wortes gebräuchlichen Formen waren und daß 
daher der Schwund des auslautenden e nicht etwa 
auf Rechnung der Elision gesetzt werden kann), 
neu und nevS, 
tot aus *töiH; vgl. töddem. 



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40 Geschichte der lateinischen Vokale. 

2. Jeder lange Vokal vor einem anderen Konsonanten 
als 8 wurde gekürzt. 

Beispiele: 
änXmäl, Gqti. änlmdlis] calcdr *^Sporn', Gen. calcäris\ 

lictör, Gen. liciöris. 
cantäbdm aber cantähds, pünit aber panls, spSm Akk. 

von spes. 

3. In absolutem Auslaut zweisilbiger jambischer Wör- 
ter konnten die altlateinischen Dramatiker jeden langen 
Vokal als Kürze verwenden, und es unterliegt keinem 
Zweifel, daß diese metrische Regel die allgemeine Aus- 
sprache jener Zeit widerspiegelt. Der klassische Sprach- 
gebrauch dagegen ließ die Messung ^ ^ nur noch zu in 
einigen Zweisilblern, in denen infolge besonders häufigen 
Gebrauchs das sinnliche Element im Laufe der Zeit stark 
vor dem rein formellen zurückgetreten war und die aus 
eben diesem Grund weniger vollständig artikuliert wurden 
als die Wörter mit vollerem Bedeutungsinhalt. 

Beispiele: 

benS, mälS neben cäte 'schlau', fere, 

cUö 'schneir, mödö 'nur, soeben' neben eö 'dahin', 
retrö. 

püid 'zum Beispiel', eigentlich 'setz in Rechnung' 
(Imperativ von pütäre), hävS Grußformel, eigent- 
lich 'sei gesegnet' (Imperativ von (h)ävere; die 
Aussprache äve wird von Quintilian als pedan- 
tisch bezeichnet InstU. orat I, 6, 21), aber aiwä, 
döce, 

quasi, Adv. und Konj. aus qtiäsH (quasei findet sich 
mehrfach auf Inschriften des zweiten Jahrhunderts 
v. Chr.; ei > l nach § 20). 

E. Eontraktion von Vokalen. 

§ 33. — Wenn durch Verstummen eines Konsonanten 
(in Betracht kommen hauptsächlich h und v; siehe §§ 45, 
50 und 51) oder in der Fuge von Wortzusammensetzungen 
zwei Vokale aufeinanderstießen, so wurden sie in der 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 41 

Regel kontrahiert, d. h. sie flössen in einen langen Vokal 
oder in einen Diphthong zusammen. Unkontrahiert blieben 
die Lautfolgen i + und anderer Vokal als i und u -|- an- 
derer Vokal als u, da sich hier hiatustilgende Übergangs- 
laute eingestellt hatten (siehe § 48). Ebenso trat aus nooh 
unbekannten Gründen keine Kontraktion ein beim Zu- 
sammentreffen von S und ä und von S und ö. 

Die geläufigsten und am meisten charakteristischen 
Beispiele für diesen Hergang sind die folgenden: 
I + I == f : 

wll aus nl(h)tl; ml aus ml(h)t, 
1 + 1=6: 

nemo aus *nS'(h)SM>o (Mmo = hömo wird durch 
Paulus Diaconus p. 71, 18 Th. bezeugt); demo aus 
*de'Smo; degi^ Perfektum von dego (kontrahiert 
aus *de'äg0f siehe unten), aus *de-egi, 
d -]- ä = ä: 

lätrma: 1. 'Baderaum', 2. 'Abtritt' aus lä(v)ätrTna, 
ö + ö = ö: 

capia aus *cö'öpia (vgl. in-öpta); cäram Adv. und 

(seit Cicero) Präp. aus *cö-öram (der zweite Teil 

des Kompositums schließt sich an ös, örü an; 

wegen der Endung vgl. clam und pälam). 

Ü -{- Ü = Ü: 

junior, Komparativ von jüvenis, aus ^jü/ünlor (siehe 

§16b). 
6 + d5 = e: 
dego aus ^de-dgo, 
ö + I = oei 

coetus 'Zusammenkunft' aus cö-ltus, 
6 + S = ö: 

cömo aus *cö-Smo\ cöntio aus c6Cv)6nUo (siehe § 51). 
6 + e = oe: 
coepi aus cö-epi (siehe § 22). 
ö + a = ö: 
cögo aus *cö-ägo; cöpw/a 'Verknüpfungsmittel, Band' 



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42 GeBchichte der lateinischen Vokale. 

aus *cö — äpüla {apere bedeutete im AlÜatei- 
nlBchen Verknüpfen'; siehe § 22). 

nthfll und mXhl lebten auch nach erfolgter Kon- 
traktion im Schriftbild weiter und drangen von da aus 
allmählich wieder in die Aussprache ein, zuerst offenbar 
mlM, bei dem die Wiederherstellung der zweisilbigen 
Form durch das Danebenstehen des stets zweisilbig ge- 
bliebenen tibi und sWt besonders begünstigt wurde. 

Die Analogie erklärt dSSsse neben desse^ dßdmo gegen- 
über dego, cödlesco gegenüber cögo usw. Der Gegensatz 
zwischen dem Präsens cögo und dem Perfektum cö-egi^ 
von denen das letztere analogisch wiederhergestellt ist, 
während das erstere der Wiederherstellung entging, kommt 
vielleicht daher, daß in cögo die Kontraktion offenbar in 
sehr alte Zeit zurückgeht, während die Verschmelzung von 
ö + 6 in oe verhältnismäßig jung zu sein scheint, und 
daß infolgedessen das Perfektum analogischen Einflüssen 
leichter zugänglich war als das Präsens. Im übrigen sei 
darauf hingewiesen, daß die Chronologie der lateinischen 
Kontraktionsgesetze im allgemeinen ein sehr dunkles Ka- 
pitel bildet, das man aller Wahrscheinlichkeit nach nie- 
mals genügend wird aufhellen können. 

NB, Keine Kontraktion liegt vor im Auslaut der Vo- 
kative von -to-Stämmen der zweiten Deklination wie fiU^ 
Välerl u. ä., was auf Grund folgender Erwägung ohne 
weiteres einleuchtet. Der sicher aus VälerU kontrahierte 
Genitiv Väleri wurde nach der übereinstimmenden Aus- 
sage der römischen Grammatiker VäUri betont. Wäre 
nun der Vokativ Faßfrf, wie das gemeinhin angenommen 
wird, aus * Välerte kontrahiert, so müßte auch er den Ton 
auf der Pänultima tragen. Nun war aber nach dem durch- 
aus unverdächtigen Zeugnis des Nigidius Figulus, das uns 
Aulus Gellius, Noctes ÄtHcae XIII, 26 überliefert hat, die 
richtige Betonung des Vokativs VäUri, woraus folgt, daß 
die Endung dieses Kasus bei den -io-Stämmen nicht auf 
Kontraktion beruht. 



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Geschichte der lateinischen Vokale. 48 

Mit der Kontraktion darf man die Synizese nicht 
vermengen, d. h. die prosodische Freiheit, nach der zwei 
benachbarte Vokale im Versmaß als eine einzige Silbe 
zahlen können; vergleiche: 
Vergil, Oearfficu IV, 34: 
seu lento fuerint alvearia vimine texta 
VergU, Äeneis VII, 190: 
aurea percussum virga versumque venenis 
Ovid, Metamorphosen IX, 143: 
diffudit miseranda suom; mox äeinde quid autem 
Vergil, Äeneis I, 131: 

Eurum ad se Zephyrumque vocat, dehinc talia fatur 
aber z. B. 

Vergil, Oeorgica III, 167: 
cervici subnecte; dehinc^ ubi libera colla. 
In Fällen wie deinde, dehinc entstand durch die Sy- 
nizese ein Diphthong wie bei der Kontraktion, in alvearia 
und aurea dagegen flössen e und a nicht in eine Vokal- 
länge zusammen, sondern man glitt beim Rezitieren sehr 
rasch aber das e weg dem a zu, so daß ersteres beinahe 
konsonantische Geltung bekam. 

Ablaut 

§ 34. — Außer den in fä(^o : cönftcto, salto : exsuUOj 
vSlim : völo^ %nförus : infra, res : rSm usw. zutage tretenden 
Vokalabstufungen, die, wie wir weiter oben gesehen haben, 
ihren Ursprung in der Sonderentwicklung des Lateinischen 
haben und die infolgedessen dieser Sprache allein an- 
gehören, gibt es andere, die sich in den verwandten 
Sprachen wiederfinden und von denen daher anzunehmen 
ist, daß sie in die gemeinsame Grundsprache, das Indo- 
germanische, zurückreichen. In der Tat konnte seit vor- 
einzelsprachlicher Zeit jeder der drei oben S.XVI definierten 
Wortbestandteile zum Ausdruck verschiedener Bildungs- 
typen verschiedenen Vokalismus annehmen. Dieser ur- 



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44 Geschichte der lateinischen Vokale. 

sprünglich streng geregelte morphologische Vorgang ist 
unter dem Namen Ablaut bekannt. 

Der Ablaut ist noch sehr lebenskräftig im Griechischen 
und nicht viel weniger im Germanischen. Im Lateinischen 
dagegen spielt er nur noch eine sehr untergeordnete 
Rolle. Infolge von Umständen, die wir hier nicht unter- 
suchen können, hat der ursprüngliche Zustand in diesem 
Zweig des Indogermanischen so tiefgreifende Störungen 
erlitten, daß das System der Verteilung der verschiedenen 
Vokalabstufungen völlig unkenntlich geworden ist. Wir 
müssen uns daher mit der bloßen Aufzählung einiger 
der am meisten charakteristischen Beispiele begnügen. 
Beispiele: 

Die Stufe S im Wechsel mit der Stufe ö: 
pSndo 'ich wäge': pöndo indekl. 'an Gewicht' (er- 
starrter Abi. eines ungebräuchlichen Substantivs 
*pondus^ -i); tSgo:töga\ ^uS Vok. : equö-s Nom. 
Die Stufe S im Wechsel mit der JTt^Mstufe: 
Sd-o 'ich esse' : d-ens 'Zahn' (ursprünglich Participium 
praesentis von edo); Ss't:S'unt; ^f^w-m Perfektum : 
gi-gn-o Präsens. 
^- Stufe, ö-Stufe und ^wWstufe wechseln ab in: 
Altlateinisch fßido (klassischlatein. fldo\ siehe § 20): 
altlateinisch föidos (klassischlatein. foedus; foi- 
deratei im Senatusconsultum de Bacchanalibus 
von 186 V. Chr., G. L L. I, 196): ßdes. 
Die Stufe e im Wechsel mit der Stufe S: 
emi Perfektum: Smo Präsens; tegüla 'Ziegel': tSgo. 
Die ^-Stufe, e-Stufe, tf-Stufe und Nulhinfe wechseln 
ab in sSdeo : sed€s : söUum 'erhöhter Sitz, Thron' (wegen 
des l für d siehe § 38): sido aus *si'sd-o (einer Bildung 
wie gi-gn-o oben; "^sisdo > *sizdo > sjdo nach §§ 26, 1 
und 87). 

Die Stufe ö im Wechsel mit der Stufe ii 
Altlateinisch majösem (klassischlateinisch itiajöi^em) 
Akk. Sing, des Mask. und Fem. des Komparativs 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 45 

von magnus : majSstas (die Stufe ö steckt in dem 
Neutrum majus, alt *majös). 
Altlateinisch *hönöseni (klassischlateinisch honorem) 

Akk. Sing, von hönor : hönSstus. 
Die Stufe ö im Wechsel mit der Stufe ö: 
födi Perfektum: födXo Präsens; ödi ^ich hasse': 

ödlum. 
Die Stufe ö im Wechsel mit der JV-uHstufe: 
ne-pöt-em Akk. Sing, von nepös '^Enkel, Neffe' : ne-pt-em 
Akk. Sing, von neptis ^Enkelin, Nichte'; g^nl- 
tör-em Akk. Sing, von gSnltor : gene-fr-icem Akk. 
Sing, von genetrix. 
Die Stufe e im Wechsel mit der Stufe d: 
feci Perfektum: fdclo Präsens; semen:sdtus. 
Die Stufe ö im Wechsel mit der Stufe ä: 
cös ^Wetzstein': cdtus eigentlich ^gewetzt', daher 

'schlau' ; dövum : ddtus. 
Anmerkung. — Im Deutschen hat sich der aus der indo- 
germanischen Vorzeit ererbte Ablaut am besten bewahrt in den 
Präteritopräsentien wie ich weiß: wir wissen, ich kann: wir kön- 
nenj ich darf : wir dürfen, ich mag: wir mögen und im starken 
Verbum, wo er geradezu der Träger des gesamten Flexions- 
systems ist, z. B. Hnde : band : gebunden, helfe : half : geholfen, 
schlage : schlug : geschlagen, blase : blies : geblasen, schere : schar : ge- 
schoren; vergleiche weiterhin tum, : Tat, Kern : Korn, verdorren : 
dürr : Barre. 



Geschichte der lateinischen Konsonanten. 



Einfache Konsonanten. 

Verschlnßlante. 

§ 35. — In der Stellung zwischen zwei Vokalen 
haben die lateinischen Verschlußlaute, besonders die stimm- 
losen, wenig Veränderungen erlitten. Zu merken sind 
folgende: 



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46 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

Stimmlose Verschlußlaute. 
§ 36. — Seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts 
V. Chr. verbreitete sich die Mode, die Aspiration der stimm- 
losen Verschlußlaute c, jp, t^ die zuerst auf Lehnwörter aus 
dem Griechischen beschränkt war (siehe § 7, Anm. IV, 4), 
auch in eine Anzahl echtlateinischer Wörter hineinzutragen. 
Als die griechische Kultur nach Rom verpflanzt wurde 
und hier immer mehr Fortschritte machte, hielten es 
nämlich manche römische Familien für fein, ihren Namen 
griechisches Gepräge zu verleihen, indem sie dieselben mit 
der Aspiration ausstaffierten. So änderte Sempronius seinen 
Beinamen Qraccus ^Häher' ab in Oracchu^, um ihn mit 
Bacchus reimen zu lassen; auf Münzen des Jahres 103 
V. Chr. findet man Pulcher; Cetegus, Oto, Törius wurden 
CetheguSy OtJlo, ThörUs. Von den Eigennamen dehnte 
sich diese Aussprache auf Appellativa aus. So fing man 
an statt ancöra, laCrima, pulcer, sepulcrum, sulpur usw. 
anchöra, lachrima, pulcher, sepulehrum, sulphur zu sagen. 
Wir besitzen für diese sprachliche Erscheinung mehrere 
sehr lehrreiche Zeugnisse antiker Schriftsteller, von denen 
hier die zwei wichtigsten genannt seien: Cicero, Orator 
48, 160: quin ego ipse, cum scirem, ita majores locutos 
esse, ut nusquam nisi in vocali aspiratione uterentur, lo- 
quebar sie, ut pulcros, Getegos^ triumpos^ Kartaginem dice- 
rem, aliquando idque sero convicio aurium cum extorta 
mihi veritas esset, usum loquendi populo concessi, scien- 
tiam mihi reservavi. Orcivios tamen et Matones, Otones, 
Caepiones, sepulcra, Coronas, lacrimas dicimus quia per 
aurium Judicium licet 'Ja ich selbst pflegte, da, wie ich 
wußte, unsere Vorfahren nur Vokale aspirierten, pulcer, 
Getegus, triumpus, Kartago zu sagen. Eines Tages aber 
gab ich schließlich wohl oder übel die richtige Aussprache 
auf, weil ich es immer anders hörte, und bequemte mich 
der im Volke üblichen Sprechweise an, wobei ich mir 
indessen stets bewußt blieb, daß dieselbe theoretisch falsch 
sei. Immerhin aspirieren wir Wörter wie Orcivms, Mato, 
OtOy Caepio, sepulcrum, Corona, lact^ma nicht, weil uns 



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Geschichte der lateiDischen EoDsonanten. 47 

unsere Ohren belehren, daß man hier die Aspiration 
vorläufig noch weglassen kann, ohne sich in Gegensatz 
zu einer allgemein üblich gewordenen Sprechweise zu 
setzen'. Quintilian, Instit orat I, 5, 20: diu deinde 
servatum, ne consonantibus [veteres] adspirarent, ut in 
Chraccis et in triumpis. erupit brevi tempore nimius usus, 
ut oharonaef chenturiones, praechones adhuc quibusdam 
in inscriptionibus maneant, qua de re CatuUi nobile 
epigramma est 'Unsere Vorfahren blieben ferner lange 
dabei, in Wörtern wie Graccus und triumpus die Konso- 
nanten (d. h. die stimmlosen Verschluülaute) nicht zu 
aspirieren, aber auf einmal wurde eine ganz maßlose Ver- 
wendung der Aspiration Mode, so daß Schreibungen wie 
ehxirona^ chenturio, praecho auf einzelnen Inschriften bis 
heute üblich geblieben sind, ein Mißbrauch, auf den sich 
ein bekanntes Epigramm CatuUs bezieht'. Das Epigramm 
Catulls, auf das Quintilian anspielt, ist das Carmen 84, 
das mit den Worten anfängt: 

chommoda dicebat si quando commoda vellet 
dicere et insidias Arrius hinsidias. 

Die romanischen Sprachen haben keine Spur von dieser 
Modetorheit bewahrt; man darf daher wohl annehmen, 
daß sie, nachdem sie in eine Manie ausgeartet war, schließ- 
lich von selbst verschwand, wie sie gekommen war. 

Wichtige Anmerkung: Der Lautwert von latei- 
nisch chj ph^ th war genau derselbe wie der von deutsch 
ky Pj t vor Vokalen. Aussprachen wie ftUrum, limfa, sul- 
für u. ä. sind also unbedingt zu verwerfen (vgl. auch § 7, 
Anm. IV, 4). 

Stimmhafte Verschlußlaute. 
b. 

§ 37. — & ist seit der zweiten Hälfte des ersten 
Jahrhunderts n. Chr. zu einem Spiranten geworden, der 
denselben Klang hatte wie norddeutsches w in Wörtern 
wie Wein, und zwar hat sich dieser Wandel zuerst im 
Inlaut zwischen zwei Vokalen und dann (aber nur in einem 
Teil des römischen Reiches) auch im Anlaut vollzogen. 



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48 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

Infolgedessen kommen auf Inschriften zahlreiche Verwechs- 
lungen von b und v (d. h. konsonantischem u) vor, das 
um dieselbe Zeit ebenfalls in einen Spiranten übergegangen 
war (siehe § 53). So findet man beispielsweise geschrieben: 
incomparavilis für incompäräbilis^ libertavus für Uher- 
tübus, Dat. Abi. Piur von liherta 'die Freigelassene', 
Vene für bene 
und umgekehrt 

beni für vm% bixi für viod, lebare für leväre. 
Diese Vervmrung nahm je länger, desto mehr über- 
hand, so daß sich im fünften Jahrhundert unserer Zeit- 
rechnung ein Grammatiker veranlaßt fand, ihr unter dem 
Titel De h vocali et v voccUi eine Spezialuntersuchung zu 
widmen. Sie spiegelt sich auch in den romanischen 
Sprachen wider; vergleiche: 

französich JSesangon aus lateinisch Vesuntlönem, devoir 
aus lat. debere, feve aus lat. fäba, 

d, 

§ 38. — d ist durch l ersetzt worden in: 

altlat. dacr^ma > klassischlat. lacrima (vgl. Paulus 
Diaconus p. 48, 15Th.: dacrimas pro lacrimas 
Livius [Andronicus] saepe posuit). 

altlat. dautia^ -Xörum ^Bewirtung, die in Rom fremden 
Gesandten gewährt wurde und die in der Sorge 
für Tisch, Bad und andere Bedürfnisse bestand' 
>> klassischlat. lautla (vgl. Paulus Diaconus 
p. 48, 16Th.: dautia [Livius Andronicus saepe 
posuit] quae lautia dicimus, et dantur legatis ho- 
spitii causa; laui^a z. B. bei Livius XXX, 17, 14). 

altlat. dingua > klassischlat. lingua (vgl. Marius Vic- 
torinus VI, p. 9, 17 K.: nos nunc . . . linguam per 
l potius quam per d [scribamus]). 
Manchmal wechseln d und l in Formen, die zu der- 
selben Wurzel gehören, z. B. 

ödor : ölere; sedeo : sol^um ^erhöhter Sitz, Thron' 
(wegen des Ablautes siehe § 34). 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 49 

Die Bedingungen, unter denen sich dieser Wandel 
von d z\x l vollzogen bat, sind noch nicht genügend auf- 
geklärt. Der Übergang von dingua in Ungua beruht viel- 
leicht auf einer Volksetymologie; das Volk wollte dem ihm 
etymologisch unklaren dingua einen Sinn geben durch 
Umformung im Anschluß an lingere 'lecken'. Man hat 
auch an einen Einfluß der ländlichen Dialekte der Um- 
gebung Roms auf die Sprache der Hauptstadt gedacht, 
aber diese Hypothese bedarf erst noch der Bestätigung. 

§ 89. — d im Auslaut ist hinter kurzem Vokal ge- 
blieben, hinter langem Vokal dagegen seit Beginn des 
zweiten Jahrhunderts v. Chr. abgefallen. 

Beispiele: 

1. äd Präp., aliud Neutrum von äütts; iUüd Neutrum 

von üle; sed Konj. 

2. Die Ablative Singularis der fünf Deklinationen, die 

zweite und dritte Person Singularis und Pluralis 
des Imperativs Futuri der Verba: 

a) praedäj Abi. Sing, von praeda^ alt praidäd, C I. L, 

I, 63 und 64; meritö Adv., Abi. Sing, von meritum, 
alt märttödy C. L L. I, 190; aeri (frühzeitig durch 
aere ersetzt, das wie alle Ablative der dritten 
Deklination auf -6 ein alter Instrumentalis ist), 
Abi. Sing, von ae8, alt aind^ C, I.iy. I, 61; mä- 
gisträiüy Abi. Sing, von mägisträtus^ alt mägisträiad, 
G. I. L, 1, 196 (Senatusconsultum de Bacchanalibus 
von 186 V. Chr.); Äc, Abi. Sing, von dies, alt 
*died (für dieses letztere fehlt ein epigraphischer 
Beleg). 
Vergleiche ferner Naevius, Bellum Punicum 7 M. : 
Noctu Troiäd exibant capitibus opertis. 

b) dato zweite und dritte Person Singularis des Impera- 

tivs Futuri von däre^ hervorgegangen aus dätod; 

suntö dritte Person Pluralis des Imperativs Futuri 

von esse^ hervorgegangen aus mnt^, 

datöd und suntöd sind überliefert auf einer schon früher 

zitierten alten Inschrift aus Spoletium, G. L L. XI, 4766. 

Niedermann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 4 



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50 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

Man beachte auch das Zeugnis des Quintilian, Instif. 
erat I, 7, 12: ut a Latinis veteribus d plurimis in verbis 
adjectam, quod manifestum est etiam ex columna rostrata 
quae est Duilio in foro posita ^So wurde im alten Latein 
sehr vielen Wörtern ein schließendes d angehängt, wie 
das unter anderem aus der Columna rostrata erhellt, die 
dem Duilius auf dem Forum errichtet worden ist'. Von 
der Inschrift dieser Columna rostrata ist uns eine aus 
der ersten Kaiserzeit stammende Restauration erhalten 
(siehe 0. 1. L. I, 195), auf der in der Tat eine Reihe von 
Ablativen auf -d begegnen, leider aber auch solche, die in 
der lebenden Sprache nie existiert haben können, sondern 
irrtümlich erschlossene Archaismen sind, wie dictatored, 
wodurch natürlich der sprachgeschichtliche Wert der Ur- 
kunde sehr beeinträchtigt wird. 

Die Negation haud hat ihr d bewahrt, obwohl der 
vorausgehende Diphthong au in bezug auf die Sprech- 
dauer einem langen Vokal gleich kam, weil sie proklitisch 
war, d. h. zum folgenden Wort gezogen wurde und damit 
eine phonetische Einheit bildete, so daß also ihr d nicht 
im Auslaut stand. 

§ 40. — Der reine stimmhafte Guttural g hat keine 
Veränderungen erlitten. Dagegen wurde der labialisierte 
stimmhafte Guttural, den wir mit g^ umschreiben und 
den die lateinische Orthographie mit ffU bezeichnete, in 
der Stellung zwischen zwei Vokalen durch v ersetzt. 
Beispiele: 

nWis, Gen. von nix (das auf eine Grundform *niff^8 
zurückgebt; siehe § 83) gegenüber ninffUit ^es 
schneit' ; strüvo, auf Grund von § 48 sirüo ge- 
schrieben, Präsens, neben structum Supinum, das 
nach § 83 aus *stru>g^tum entstanden ist. 
Wichtige Anmerkung: Man muß sich davor hüten, 
g^ und ebenso q^ auf Grund der in der landläufigen 
Orthographie üblichen Schreibungen gu und qu als Kon- 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 51 

sonantengrnppen zu betrachten. Es handelt sich nicht 
um die Verbindung eines gutturalen Verschlußlautes mit 
dem Halbvokal v oder gar mit einem labialen Spiranten 
wie im deutschen qu, sondern um gutturale Verschluß- 
laute mit einem labialen Nachklang, der viel schwächer 
artikuliert wurde als der Halbvokal v. 

Das geht unter anderem daraus hervor, daß qu für 
sich allein nicht genügt, um eine Silbe «durch Position» 
(wegen dieses Ausdrucks siehe § 96) lang zu machen, was 
der Fall wäre, wenn es sich um die Verbindung zweier 
selbständiger Konsonanten handelte; vgl. Vergil, Aeneis 
n, 15: 

instar montis equom divina Palladis arte 

Spiranten. 

/. 

§ 41. — / war im Wortinnern nicht geduldet, da 
das Lateinische für inlautendes / der anderen italischen 
Dialekte h oder d hatte. Dennoch fehlen Beispiele, in 
denen sich lateinisches / in dieser Stellung findet, nicht; 
vgl. z. B. 

fefelli Perfektum von faUo^ dEfero, reftclo^ rufus 
'rötlich', scTö/a 'Mutterschwein', väfer Verschmitzt'. 

Die Erklärung dieser Ausnahmen ist sehr einfach. 
In Fällen wie ßfellu deßro, reftdlo handelt es sich um 
analogische Rückbildung und rüfus^ scröfa^ väfer sind 
ländlichen Dialekten entnommene Lehnwörter, die im 
Lateinischen der Stadt Rom Bürgerrecht erworben haben. 
Solche Lehnwörter finden wir häufig in der Volkssprache, 
die mit Vorliebe aus den Nachbardialekten schöpfte, da 
wo die Schriftsprache die echtlateinische Form bewahrt 
hat. So geht aus einer Stelle bei Nonius Marcellus her- 
vor, daß die gebildeten Römer slbüäre sprachen, das Volk 
aber sifllare (Nonius p. 531, 2 M: sifüare quod nos, vili- 
tatem verbi vitantes, sibilare dicimus ^sifilare, wofür wir, 
d. h. die Gebildeten, sibilare sagen, weil die Form mit / 

4* 



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52 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

unfein ist'), und auf dieser letzteren Form beruht franz. 
siffler. Ebenso nennen die lateinischen Schriftsteller die 
Trüffel Wber^ die romanischen Sprachen dagegen setzen^ 
wie das französische tnifffe beweist, eine vulgäre Nebenform 
*to/e»- voraus. 



§ 42. — Der stimmlose dentale Spirant s ist im 
Anlaut unverändert geblieben, dagegen im Inlaut zwischen 
zwei Vokalen zunächst stimmhaft geworden und dann in 
r übergegangen. Die Beispiele für diesen Vorgang, den 
man gemeinhin mit dem Namen Rhotazismus bezeichnet 
(abgeleitet von rhö^ dem griechischen Namen für den 
Laut und Buchstaben r), sind sehr zahlreich. Man ver~ 
gleiche: 

aeris Gen. von aes^ juris Gen. von jü8^ öperis Gen. 

von opus, 
fölHae^ -iarum ^Feiertage' gegenüber festus Adj. ^fest- 
lich'; heri Adv. gegenüber Jiestemus Adj.; haur^ 
Präsens gegenüber dem Supinum haustum; querar 
Präsens gegenüber qmsim sum Perfektum; erlt 
Futurum gegenüber est Präsens. 
dinmo 'ich trenne' aus *äX8emo, ämare^ dsUre^ leger e^ 

audire gegenüber esse. 
Vergleiche auch Varro, De lingua Laiina VII, 26: in 
multis verbis, in quo antiqui dicebant s, postea dicunt 
r , . . foedesum foederum, plusima plurima, meliosem meluh 
rem, asenam arenam; Quintilian, InstiL orat I, 4, 13: 
nam ut Valesii Fusii in Valerios Furiosque venerunt,. 
ita . . . loses et asa fuerunt; Paulus Diaconus p. 859, 1 Th. r 
s pro r littera saepe antiqui posuerunt, ut majosibusy tue- 
liosibus^ lasihus^ fesiis. 

Für die Chronologie des Rhotazismus besitzen wir 
zwei Zeugnisse, auf Grund deren wir ihr Datum mit ge* 
nügender Sicherheit bestimmen können. Cicero, Ad fami- 
liäres IX, 21, 2 berichtet, daß L. Papirius Cursor, der im 
Jahre 339 v. Chr. Diktator war, zuerst aufhörte, sich Ta- 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 53 

pisius zu nennen, und die Digesten I, 2, 2, 36 erwähnen, 
daß Appius Claudius Caecus (Censor im Jahre 312, Kon- 
sul in den Jahren 307 und 296 v. Chr.), die Schreibung 
Valesii, Fusii durch Vakrii, Furii ersetzte (r litteram in- 
venit, ut pro Valesiis Valerii essent, pro Fusiis Furii). 
Bedenken wir nun, daß aus leicht begreiflichen Gründen 
von allen Wörtern einer Sprache die Eigennamen sich 
am langsamsten umgestalten, so werden wir kaum stark 
fehlgehen, wenn wir behaupten, daß der Rhotazismus in 
den Appellativen etwa um das Jahr 350 v. Chr. ab- 
geschlossen war. . 

Die scheinbaren Ausnahmen von der Gesetzmäßigkeit 
des Rhotazismus lassen mehrere Erklärungen zu. Die 
Komposita wie desüper, nXsi Adv. und Konj., resedo sind 
augenscheinlich nach super, 8%, 8Bdo wiederhergestellt. In 
anderen Fällen, wo intervokalisches s unverändert erscheint, 
haben wir es mit einem alten -ss- zu tun, das nach langem 
Vokal oder Diphthong zu -s- vereinfacht worden war (siehe 
§ 59). So wurden causa, casus, äivisio bis zur Zeit Cice- 
ro8 und teilweise sogar noch später caussa, cässus, d%vtssio 
gesprochen und geschrieben (Quintilian, Instit orat I, 7, 20: 
quid? quod Ciceronis temporibus paulumque infra fere 
quoties s littera media vocalium longorum vel subjecta 
longis esset, geminabatur? ut caussae, cassus, divissiones: 
quomodo et ipsum et Vergilium quoque scripsisse manus 
eorum docent ^Wurde nicht zu Ciceros Zeiten und sogar 
noch ein wenig später beinahe jedes s zwischen langen 
Vokalen oder hinter langem Vokal in Fällen wie caussae^ 
cassuSj divissiones verdoppelt? Daß Cicero selbst und auch 
Vergil so schrieben, geht aus den Originalhandschriften 
ihrer Werke hervor'). Endlich begegnen wir s zwischen 
Vokalen in einer Anzahl von nach 350 v. Chr. einge- 
drungenen Lehnwörtern, die aus diesem Grunde vom 
Rhotazismus nicht mehr betroffen worden sind; vgl. z. B. 
cUfium 'leichter zweirädriger Wagen', gaesum 'schwerer eiser- 
ner Wurfspieß', die aus dem Gallischen stammen, häsis 
'Grundlage', nausea 'Seekrankheit', pauSa 'Pause', die 



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54 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

griechischen Ursprungs sind, und ästnus, das durch Ver- 
mittlung thrakischer Stämme aus Kleinasien gekommen 
zu sein scheint. 

Anmerkung. — Auch das Deutsche kennt den Rhotazis- 
mus, vergleiche ich erkiese neben erJcoren, ich verliere neben Ver- 
lust, aber unter anderen Bedingungen als das Lateinische. Das 
Eintreten oder Unterbleiben dieser Erscheinung war hier ursprüng- 
lich an bestimmte Betonungsverhältnisse gebunden. 

§ 43. — Wenn wir von Wörtern vom Typus m^leSy 
ÖS 'Knochen' u. dgl., für die § 57, 4 verglichen werden 
muß, absehen, so gilt das Gesetz, daß auslautendes s im 
alten Latein verstummte, wenn es hinter kurzem Vokal 
stand und das folgende Wort konsonantisch anlautete; 
vgl. Cicero, Orätor 48, 161: quin etiam quod jam sub- 
rusticum videtur, olim autem politius, eorum verborum 
quorum eaedem erant postremae duae litterae quae sunt 
in opümics, postremam litteram detrahebant, nisi vocalis 
insequebatur 'Ja, was nachgerade einen etwas bäurischen 
Anstrich hat, früher aber im Gegenteil als recht fein galt, 
bei Wörtern, die auf die zwei nämlichen Laute ausgingen 
wie optimus, ließ man den letzten Laut weg, außer wenn ein 
VokaJ darauf folgte'. In der Tat ist der dentale Spirant 
in der angegebenen Stellung in den alten inschriftlichen 
Texten häufig nicht geschrieben. Desgleichen ließen ihn 
die altlateinischen Dichter in prosodischer Beziehung ge- 
wöhnlich unberücksichtigt, so daß bei ihnen Messungen 
wie Äncu(s) reliquit (Ennius), Ae$erninu(s) fuit (Lucilius) 
ganz geläufig sind. Wenn dagegen das folgende Wort mit 
einem Vokal begann, trat wie im Französischen Bindung 
ein, d. h. das auslautende s löste sich vom vorhergehenden 
Worte los, um sich mit dem anlautenden Vokal des fol- 
genden zu verbinden, wodurch es vor dem Verstummen 
bewahrt blieb (z, B. optimusomnium wie frz. mauvai-s^esprit). 
Allmählich aber hat die Analogie die Behandlung des 
auslautenden s gleichmäßig gestaltet, indem sie es überall 
wiederherstellte. Nach statistischen Zusammenstellungen 
überwiegen schon bei Lukrez die Fälle, wo es mit folgen- 
dem konsonantisch anlautendem Worte «Position bildet», 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 55 

die, wo es vernachlässigt ist, und CatuU bietet nur noch 
ein einziges Beispiel eines auslautenden s, das vor einem 
konsonantisch anlautenden Wort nicht Längung der Schluß- 
silbe € durch Position» veranlaßt hat. Dieses Beispiel, das 
besonders verzeichnet zu werden verdient, findet sich Car- 
men 116,8: 

At fixus nostris tu dabi(s) supplicium 

Der Schwund des auslautenden s im alten Latein, 
von dem soeben die Rede war, liefert uns die Erklärung 
für Dubletten wie mägis und mäge Adv., ämäris und ämäre 
zweite Person Sing, des Präsens Passivi von ämäre. In der 
Tat sprach man ursprünglich z.B. mägis eUganSy aber mägV 
compos und da, wie wir gesehen haben (§ 29), jedes i in 
absolutem Auslaut zu e wurde, so trat für *magi mäge ein. 
Nachdem diese letztere Umgestaltung einmal vollzogen 
war, konnte natürlich von einer Wiederherstellung des 
auslautenden s nicht mehr die Rede sein; man hatte also 
fortan zwei parallele Formen mägis und mäge, und genau 
so verhält es sich mit ämäris und äm^re. Nur hat die 
Analogie den ursprünglichen Stand der Dinge insofern 
gestört, als bald der Gebrauch von mägis und ämäris nicht 
mehr an die antevokalische Stellung gebunden war und 
ebensowenig der von mäge und ämäre an die antekonso- 
nautische, sondern der Anlaut des folgenden Wortes bei 
der Wahl der einen oder der andern der beiden Dubletten 
keine Rolle mehr spielte. 

§ 44. — In manchen Fällen erscheint auslautendes 
s durch r ersetzt. So ist im klassischen Latein läbör an 
die Stelle der altertümlichen Form läbös getreten (wegen 
der Verkürzung des ö in läbör siehe § 32, 2), desgleichen 
väpör an Stelle von väpös usf. (vgl. Quintilian, Instit. orat. 
I, 4, 13: nam ut Valesii Ftisii in Valerios Furiosque vene- 
runt, ita arbos, labos, vapos etiam . . . fuerunt). In diesem 
Wechsel darf man nicht das Ergebnis eines regelrechten 
Lautwandelserblicken; das auslautende r der Nominative 
W>(>r, väpar usw. ist ganz einfach das r der obliquen 



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56 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

Kasus, das durch den analogischen Einfluß der Nomina 
agentis wie dätor, tömor "^Barbier", die seit indogermanischer 
Zeit r hatten, über sein anfangliches Gebiet hinaus ver- 
schleppt worden ist. Es verdient übrigens Erwähnung, 
daß, obwohl der Nominativ hönSr schon auf einer Inschrift 
vom Jahre 130 v. Chr. (C. I. L. I, 38) steht, hönö8 in den 
besten Cicero-, Horaz-, und Liviushandschriften unbedingt 
vorwiegt und daß Vergil ausschließlich die Form arhös 
gebraucht. 

h. 
§ 45. — Seit Beginn der literarischen Periode war 
der stimmlose gutturale Spirant h (deutschem ch in 
Fach, Loeh^ Buch entsprechend) nur noch ein Kehlkopf- 
hauchlaut, der durch das Reiben des Luftstroms an den 
Rändern der Stimmbänder hervorgebracht wurde. Die 
lateinischen Grammatiker nennen denn auch das Zeichen 
h niemals eine ^littera', sondern lediglich eine 'nota aapi- 
rationis'. Sehr schwach im Anlaut und fast unhörbar im 
Inlaut verlor sich dieser Hauch in der einen und anderen 
Stellung frühzeitig ganz. Man weiß in der Tat, daß die 
mit h beginnenden Wörter prosodisch genau so behandelt 
wurden wie die Wörter mit vokalischem Anlaut, und daß 
inlautendes h weder den Rhotazismus des s in *dt8htbeo 
'ich sondere', das zu diriMo wurde (siehe § 42), noch die 
Kontraktion von n^Ml, *n^hemo zu nlly nemo (siehe § 33) 
verhindert hat. Indessen führte die gebildete Gesellschaft 
die Aspiration unter dem Einfluß der Orthographie bald 
wieder ein^ und Vernachlässigung eines h wurde in der 
klassischen Zeit geradezu als Zeichen schlechter Erziehung 
oder niedriger Herkunft betrachtet. Das hatte weiterhin 
zur Folge, daß manche Leute, um nur ja nicht gegen die 
feine Sprechweise zu verstoßen, h mißbräuchlich auch in 
Wörter hineintrugen, in denen es etymologisch gar keine 
Berechtigung hatte, wofür beispielsweise das schon zitierte 
Epigramm Catulls Zeugnis ablegt, in dem sich der Dichter 
über einen gewissen Arrius lustig macht, der statt insidias 
himidias sagte (siehe § 36). Genau so verrät sich be- 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 57 

kanntlicb heutzutage der ungebildete Engländer dadurch, 
daß er oft h wegläßt, wo es gesprochen werden müßte 
(to drop Ölte's h*s) und umgekehrt. Begreiflicherweise machte 
sich unter diesen Umständen allmählich auch in der Or- 
thographie eine unliebsame Unsicherheit geltend, da es 
in vielen Fällen an sicheren Kriterien mangelte, um die 
Wörter, welche die Aspiration verlangten, von denen, wo 
sie nicht stehen durfte, zu scheiden. So setzte sich die 
Gewohnheit fest, statt des richtigen hämer zu schreiben 
änser, wie das Wort in der Volkssprache und auf dem 
Lande lautete (wofür vielleicht das sinnverwandte änäSy das 
nie ein h gehabt hat, bis zu einem gewissen Grade mit- 
verantwortlich gemacht werden darf), während umgekehrt 
die landläufige Orthographie ümerus mit einem h versah, 
das ihm nicht zukam. Daher erklärt sich auch das 
Schwanken der antiken Texte und infolgedessen der mo- 
dernen Ausgaben zwischen irpex und hirpex 'Egge\ ertis 
und herus 'Herr', ärundo und hänindo ^^Rohr', ölus und 
hölus 'Gemüse' usw. 

Kein Wunder also, daß die römischen Grammatiker 
von jeher eine ihrer vomehmlichsten Aufgaben darin er- 
blickt haben, die genauen Grenzen der Aspiration fest- 
zulegen. Ihre meist fruchtlosen Anstrengungen lassen sich 
mit denen französischer Lehrer vergleichen, die sich ab- 
mühen, ihren Schülern den Unterschied zwischen h aspir^e 
und h mueUe beizubringen, obgleich h aspir4e seit wenigstens 
zwei Jahrhunderten im Französischen, abgesehen von den 
Lokaldialekten einiger Provinzen wie der Normandie und 
Lothringens, nicht mehr existiert. 

Zitterlant und Laterallaiit. 
§ 46. — Wenn zwei r oder zwei l in kurzer Ent- 
fernung aufeinander folgen, so streben sie danach, sich zu 
differenzieren, d. h. die Artikulation des einen der beiden 
Laute wird unter dem Einfluß des anderen von ihrer 
Stelle verschoben oder sogar ganz unterdrückt Diese Er- 
scheinung, die unter dem Namen Dissimilation bekannt 



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58 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

ist, folgt Gesetzen, die zwar den anderen Lautgesetzen 
analog, aber viel schwieriger genau zu formulieren sind. 
Es erscheint daher am Platze, sich auf eine Aufzählung 
der historisch bezeugten Möglichkeiten zu beschränken. 

1. U > In 

Das Suffix -öZw wurde durch -üris ersetzt, so oft der 
Stamm, an den es sich anschloß, schon ein l enthielt; 
vergleiche: 

auxtUariSy cönstUaris, lanaris^ mtlltaris 
gegenüber 

mortälis, nävöUs^ regälis, vSnölis 
und ebenso 

pulvinär ^^Polster, auf dem während der Zeremonie 
des lectisternium die Götterbilder ruhten' 
gegenüber 

cervicäl ^Kopfkissen^ cübXtäl ^Polster, auf das man 

die Ellbogen stützte\ 
NB. Diese Substantiva sind substantivierte Neutra 
von Adjektiven auf -alis; wegen des Abfalls des aus- 
lautenden ^ siehe § 32, 1, wegen der Kürzung des ä § 32, 2. 
Aus demselben Grund ist das Suffix -ei-um an die 
Stelle von -dum getreten in: 

fulcrum *Bettgestell', lucrum, sepulcrum 
neben 

periclum^ pöclumy vindum, 

2. l-l > r-l: 

caeriUeiis ^blau' aus *caeliileuSy von caelum 'Himmel' 
abgeleitet; PäriHa, -Um 'Pest der Hirtengöttin 
PaW aus PaMa. 

3. rr > l-r: 

Idm/arla, -lörum 'römisches Fest, das am 9. Mai ge- 
feiert wurde, um die Seelen der Toten und die 
bösen Geister zu versöhnen' aus *Memüria nach 
Ovid Fasten V, 479 ff.; vulgärlat. pelegrinus aus 
peregnnus (vgl. deutsch Fügrim); ßagräre 'einen 
starken Geruch verbreiten' aus fragrare (vgl. franz. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 59 

flairer^ heutzutage ^^wittern', ehemals ^einen Ge- 
ruch verbreiten'). 

4. r-r >> r-nvU: 

crehesco, crehüi aus crshresco, cr^rüi; praesUgiae, 
Xärum ^Blendwerk', das zu praestringo *^ich blende' 
gehört; vulgärlat. pröpXus und pröpletas aus \pro- 
pTlus und propTUtäs (vgl. franz. propi4taire, das 
man in der Volkssprache oft für proprUtaire 
^Eigentümer' hört). 

5. r-r > null-r: 

Fäbäris 'Nebenfluß des Tiber im Sabinischen' (Vergil, 
Äeneis VII, 715), von den Oskern Farfärus ge- 
nannt (Ovid, Metamorphosen XIV, 330; wegen des 
lateinischen h gegenüber oskischem / siehe § 41). 

Nasale. 

§ 47. — Nur die Behandlung des auslautenden m 
gibt zu einigen Bemerkungen Anlajß. 

Um den Lautwert des auslautenden m im Latei- 
nischen zu bestimmen, haben wir vier Aufschlußquellen : 

1. Die Angaben der lateinischen Grammatiker, 2. die 
Orthographie der Inschriften, 3. die Metrik, 4. das Zeug- 
nis der romanischen Sprachen. 

1. Unter den Grammatikerstellen, an denen eine 
Definition der Natur des auslautenden m versucht ist, ver- 
dienen vor allem die drei folgenden Erwähnung: Quin- 
tilian, Instit orat IX, 4, 40: atqui eadem illa littera (sc. m), 
quotiens ultima est et vocalem verbi sequentis ita con- 
tingit, ut in eam transire possit, etiam si scribitur, tarnen 
parum exprimitur, ut multum ilU et quantum erat, adeo 
ut paene cuiusdam novae litterae sonum reddat; neque 
enim eximitur, sed obscuratur et tantum in hoc aliqua 
inter duas vocales velut nota est, ne ipsae coeant 'So oft 
eben jener Laut (nämlich m) in den Auslaut tritt und sich 
so mit dem anlautenden Vokal des folgenden Wortes be- 
rührt, daß er in ihn übergehen kann, wird er kaum aus- 
gesprochen, wenn er auch geschrieben wird, wie z. B. in 



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60 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

multum iUe und quantum erat In solchen Verbindungen 
klingt m geradezu wie ein neuer Laut; denn es fallt nicht 
ab, sondern wird undeutlich artikuliert und ist gewisser- 
maßen nur ein Zeichen dafür, daß die beiden Vokale 
nicht kontrahiert werden sollen'. Velius Longus VII p. 78, 
19 K.: cum dico etiam nunc, quam vis per m scribam, nes- 
cio quomodo tarnen exprimere non possum *Wenn ich 
etiam nunc spreche, so kann ich die Aussprache nicht 
recht angeben, wenn ich auch ein m schreibe'. Priscian 
IIp. 29, 15K.: m obscurum in extremitate dictionum 
sonat, ut templum; apertum in principio, utmagnm; me- 
diocre in mediis, ut umbra "^m klingt im Auslaut der 
Wörter undeutlich, Beispiel templum, im Anlaut deutlich, 
Beispiel nuignus, im Inlaut halbwegs deutlich, Beispiel 
umhra, 

2. In den altlateinischen Inschriften ist auslautendes 
m sehr oft weggelassen. So lesen wir auf der schon mehr- 
mals zitierten, in Saturniern abgefaßten Grabinschrift des 
L. Cornelius L. f. Scipio (Konsul im Jahre 269 v. Chr.) 
oino für oinom (= ünum), dvonoro für dvonorom (=^ bono- 
rum), viro für virom (= vtrum), aide für aidem r= aedem), 
daneben aber Luciam (= Lücium). Diese Weglassung 
dauert während der folgenden Jahrhunderte auf den ple- 
beischen Inschriften fort und wird sogar immer häufiger, 
während in der Orthographie der ofl&ziellen Inschriften die 
Setzung des auslautenden m seit der zweiten Hälfte des 
zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung sozusagen nie 
mehr vernachlässigt wird. Ausnahmsweise findet sich 
schließendes -m durch -n ersetzt (z. B. salvon 0. L L. VI, 
2120 für salvom, tan C. L L. XII, 2926 für tarn). 

3. Wenn im Vers ein Wort auf -im, -em, -am, -om, 
-um ausgeht und das folgende Wort mit einem Vokal be- 
ginnt, so tritt stets Elision ein; dagegen werden diese 
Silben als lang gemessen, wenn das folgende Wort kon- 
sonantischen Anlaut hat; vgl. z. B. Vergil, Äeneis II, 101: 

sed quid ego haec autem nequicqu***" ingrata revolvo. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 61 

4. Die romanischen Sprachen zeigen keine Spur von 
auslautendem -m außer in einer kleinen Zahl betonter 
Einsilber wie frz. rien aus lat. rem. 

Diese verschiedenen Zeugnisse lassen sich nur durch 
die Annahme miteinander in Einklang bringen, daJß schon 
in vorliterarischer Zeit auslautendes m zu einer bloßen 
Nasalierung des vorhergehenden Vokals herabgesunken 
war. Da das lateinische Alphabet ebensowenig wie z. B. 
das französische ein besonderes Zeichen für nasalierte 
Vokale kannte^, so liegen offenbar in Schreibungen wie 
vtro, equam und saJvon drei verschiedene Versuche vor, 
die Nasalierung in der Schrift zum Ausdruck zu bringen. 
Man würde sich dann auch erklären können, daß Velius 
Longus den fraglichen Laut undefinierbar nennt und 
daß Quintilian von einem geradezu neuen Laut spricht. 
Da Nasalvokale vor Konsonant immer lang sind, so ist es 
femer vollkommen verständlich, daß Messungen wie bei 
Vergil, Bucolica I, 19: 

Vibem quam dicunt Romam, Meliboee putavi 

die regelmäßige Behandlung der Gruppen -em, -am usw. 
vor konsonantischem Anlaut des folgenden Wortes in der 
Metrik darstellen. Ebensogut begreift man endlich die 
Elision dieser selben Gruppen vor folgendem Vokal, denn 
da bei den Nasalvokalen die Nasalierung während des 
Verlaufs der Artikulation, und nicht nachher stattfand, 
so konnten die Dichter nicht anders als sie in bezug auf 
die Elision den reinen Mundvokalen gleichstellen. 

Halbvokale. 

§ 48. — In den zwei Silben bildenden Lautgruppen 
t + anderer Vokal als i und u + anderer Vokal als w* 
haben sich hinter i und u die entsprechenden Halbvokale 
J und V als Übergangslaute entwickelt. Die Schrift be- 



1 Über die Art der Bezeichnung der Nasalvokale in pho- 
netischer Umschrift vergleiche S. XV. 

^ i + i wurde zu f und u'^ u tu ü kontrahiert; siehe § 33. 



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62 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

zeichnete für gewöhnlich diese parasitischen Laute nicht. 
Man schrieb also pXus, via^ düo, plüii ^es regnet^ obwohl 
man pt-J-tis, vt-j-a, dü-v-o^ plü-vit sprach. Die Unter- 
drückung des V nach u in der Schrift wurde sogar auf 
organisches v von Wörtern wie flüvere 'fließen' (aus * flüggere 
nach § 40; conflovont steht auf einer Inschrift aus dem 
Jahrll? V. Chr., CLL. 1,199), /ruvor 'ich genieße' (aus 
*früg^or; siehe ebenda) ausgedehnt, also fluere, fruor ge- 
schrieben. Immerhin hat, da das lateinische Alphabet für 
i und j und für u und v nur je ein Zeichen besaß (siehe 
§ 7, Anm. IV, 2), die Zweideutigkeit von Schreibungen wie 
IVENTA 'Jugend' (das man juventa und *iventa lesen 
konnte), PLVIÄ 'Regen' (das die Deutungen pluvia und 
*pluja zuließ), dazu Veranlassung gegeben, das v (natür- 
lich unter der Form V) in diesen Wörtern und in einigen 
andern, gleich gearteten wie fluiHtis seit dem Ende der 
Republik in der Schrift zum Ausdruck zu bringen. 

Anmerkung. — Das Auftreten des parasitischen Halb- 
vokales j nach antevokalischem i läßt sich auch in süddeutschen 
Mundarten (in Norddeutscbland ist es ein spirantisches j) be- 
obachten, z. B. bei dreisilbiger Aussprache in Äkti-j-e = Aktie. 
Man vergleiche ferner französisch plierj gesprochen pU-y-et' und 
hou-vard ^marteau ä boiMr* (Prägehatnmer). 

§ 49. — Intervokalisches J hatte in der Aussprache 
den Lautwert -JJ-, Daher schrieb Cicero, im Bestreben 
die Orthographie mit der Aussprache in Einklang zu 
bringen, aHo, Aiiax, Maiia statt aio, ÄiaXy Maia, was 
die gewöhnliche Schreibung dieser Wörter war (vgl. Quin- 
tilian, Instit. orat. I, 4, 11: sciat etiam, Ciceroni placuisse 
aiio Maiiamque geminata t scribere, und Velius Longus 
VII p. 54, 16 K.: in plerisque Cicero videtur auditu emen- 
sus scriptionem, qui et Aiiacem et Maiiam per duo i scri- 
benda existimavit 'Meistens scheint sich Cicero beim 
Schreiben vom Gehör haben leiten zu lassen, wie er denn 
beispielsweise Äiiax und Maiia mit Doppelt geschrieben 
wissen wollte'). Schreibungen wie aiiunt, eütiSy maiiorem 
finden sich auch in Inschriften und in einer Anzahl un- 
serer ältesten Handschriften. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 63 

§ 50. — V zwischen zwei Vokalen von im wesent- 
lichen gleicher Klangfarbe fiel regelmäßig aus, und die 
beiden Vokale wurden nach den oben § 33 formulierten 
Regeln kontrahiert. 
Beispiele: 

ditüy Gen. von dwes, aus divitü; ebenso hat man 
dUlor Komparativ und dUissimm Superlativ aus 
d%viUor und dTVitis&mus] sls ^bitte' aus si vis 
Venn du willst'; latr%na: 1. 'Badezimmer', 2. 'Ab- 
tritt' aus lävatnna; intrörsum 'hinein', reträrsum 
'rückwärts', dextrörsum 'nach rechts' usw. aus *w- 
trövörsam^ *retröVörsomy *(fex^röi?orsom(t;orsom alter- 
tümliche Form von versum). 
Die Dubletten divitis^ dlvXtXor, divltiss^mm^ Uvatrina 
verdanken ihr Dasein der Analogie. So ist der Genitiv 
dwUis augenscheinlich nach dem Nominativ dives, wo das 
V bewahrt bleiben mußte, neu gebildet. Umgekehrt haben 
die obliquen Kasus dftis^ d%ti, dUem^ dite einen Nominativ 
di8 neben dwes ins Leben gerufen. 

§ 51. — Desgleichen ist v ausgefallen in den Grup- 
pen 'öve' und -Ivö- vor Konsonant, aber unter der Be- 
dingung, daß der zweite der beiden Vokale nicht in der 
Endsilbe stand, ö -{-e sind darauf zu ö kontrahiert worden, 
während e -\' ö nach dem oben § 33 Gesagten keine Kon- 
traktion erlitten haben. 

cönUo aus *cöv^nV[o {coventio ist inschriftlich bezeugt 
im Senatusconsultum de Bacchanalibus vom Jahr 
186 V. Chr., 0. L L, I, 196); tumus 'neunter' aus 
*növenos {növ^m das für *wot;en steht, verdankt 
sein -m decem). 
deörsum 'abwärts', seörsum 'abgesondert' aus ^devör- 
som^ *sevörsom (wegen der Kürzung des S nach 
dem Ausfall des v siehe § 28); 
aber 
fövea 'Grube' und növem mit Erhaltung des v, da 
in dem einen die Gruppe -öv^" nicht vor Kon- 
sonant, sondern vor Vokal steht, und in dem an- 



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64 Geschichte der lateisischen KonBOnanten. 

dern der zweite der beiden Vokale der Endsilbe 
angehört. 

§ 52. — Im Vulgärlateinißchen scheint der Schwund 
von intervokalischem v die soeben für die Schriftsprache 
festgelegten Grenzen beträchtlich überschritten zu haben. 
In der Tat teilen uns die alten Grammatiker mit, daJß 
das Volk sagte faiUa ^Asche', paor 'Angst', probat Perfek- 
tum von prohare, während die gebildete Gesellschaft nie 
anders als fävüla^ pävor, pröbavi aussprach. Die Inschrif- 
ten haben uns Formen erhalten wie paimentum 'Estrich' 
für pävfmentum^ dedicait Perfektum von dedfcäre. Endlich 
spricht auch das Zeugnis der romanischen Sprachen für 
Schwund von intervokalischem v in weitem Umfang; ver- 
gleiche französisch p<ion 'Pfau', peur, die auf *p(wnem^ 
paorem beruhen, und Passes d^finis wie chantm, prouvai, 
die lateinisches cantai, prohai voraussetzen. 

§ 53. — Seit der zweiten Hälfte des ersten Jahr- 
hunderts unserer Zeitrechnung ist der Halbvokal V in einen 
Spiranten übergegangen. Infolgedessen wechselt er seit 
dieser Zeit In den Inschriften häufig mit b, das selbst um 
eben jene Zeit spirantische Geltung bekommen hat. Ver- 
gleiche hierzu die oben § 37 angeführten inschriftlichen 
Zeugnisse. 

§ 54. — Das wohl gleichzeitig mit v spirantisch gewordene 
J bat sich ungefähr vierhundert Jahre später zu der stimmhaften 
Affrikata di weiterentwickelt, die uns noch heute im Italienischen 
in Wörtern wie ffiungere aus lat. Jungire entgegentritt Da das 
lateinische Alphabet keinen besonderen Buchstaben besaß, um 
diesen neuen Laut wiedersugeben, findet man in den Inschriften 
der späteren Latinität dafür nicht weniger als vier verschiedene 
Bezeichnungen, nämlich Zf 8, gif di ; vergleiche Formen wie Zulia 
=JuKa, Zanuarius und Gianuarius = Jänüäritu, Sustus = Justtu, 
CHove = e7iöt?e, Abi. von JuppHer, codiux = cofnjjux, die in den 
Inschriften des beginnenden Mittelalters auftreten. 

Doppelkonsonanten oder Geminaten. 

§ 55. — Wenn bei der Artikulation eines Konsonan- 
ten der Verschluß oder die Enge durch besonders euer- 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 65 

gischen Muskeldruck hergestellt und die normalerweise 
zwischen der Einstellung und der Abspannung der Sprach- 
organe verfließende Zeit etwas verlängert wird, so glaubt 
das Ohr das Geräusch der Schließ- und der öflfnungs- 
bewegung gesondert zu hören. Wir sprechen alsdann von 
einem Doppelkonsonanten oder einer Geminata. In der 
Schrift- stellte man Doppelkonsonanten im Lateinischen 
seit dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert wie heut- 
zutage im Deutschen durch Wiederholung des Zeichens 
für den einfachen Konsonanten dar. Es ist aber aus- 
drücklich zu betonen, daß es sich physiologisch betrachtet 
nicht um zwei geschiedene Laute handelt, sondern daß 
die lateinische Geminata nur in einer einzigen verstärk- 
.ten und verlängerten Artikulation bestand, genau so wie 
im Deutschen. Wenn also die römischen Grammatiker 
lehren, daß man in Wörtern wie aastdüos^ siecus, currUy 
/Mit die zur Erzeugung der Konsonanten «, c, r, l er- 
forderlichen Bewegungen der Sprachorgane zweimal nach- 
einander ausführte, so haben sie sich zweifelsohne durch 
den Gehöreindruck und die Schreibgewohnheiten ihrer 
Zeitgenossen irreführen lassen. 

Nach diesen Auseinandersetzungen brauchen wir nicht 
zu befürchten, zu Mißverständnissen Anlaß zu geben, wenn 
wir im Folgenden fortfahren, uns des ungenauen, aber 
bequemen und allgemein üblichen Ausdrucks Doppel- 
konsonant oder Geminata zu bedienen. 

Die Doppelschreibung der Konsonantenzeichen soll 
nach Festus p. 412 Th. durch den Dichter Ennius ein- 
geführt worden sein, eine Notiz, die wohl nur soviel be- 
sagen will, daß diese Schreibgepflogenheit zur Zeit des 
Ennius aufkam. Das früheste inschriftliche Beispiel bietet 
uns ein Dekret des L. Aemilius Paulus vom Jahr 189 v. Chr., 
C. I. L, II, 5041, doch sind bemerkenswerterweise in dem 
drei Jahre später abgefaßten Senatusconsultum de Baccha- 
nalibus die Geminaten ausnahmslos durch einfachen 
Buchstaben wiedergegeben. Ständig wurde die Kon- 

* Niedeimann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 5 



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66 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

sonantengemination in der Schrift erst seit der Zeit der 
Gracchen. 

A. Verdoppelimff einfacher Konsonanten. 

§ 56. — In einer ganzen Zahl lateinischer Wörter 
ist ein stimmloser intervokalischer Verschlußlaut am Ende 
der Anfangssilbe nach langem Vokal verdoppelt worden 
unter gleichzeitiger Verkürzung des vorhergehenden Vokals. 
Es darf als wahrscheinlich gelten, daß diese Verdoppelung 
in erster Linie durch den Intensitätsakzent des vorlite- 
rarischen Lateins hervorgerufen ist, aber was die Beur- 
teilung der Erscheinung erschwert, ist erstens der Umstand, 
daß sie ganz sporadisch zu sein scheint, und zweitens, 
daß fast immer die ursprüngliche Form mit langem Vokal 
und einfachem Konsonanten neben der späteren Form 
mit kurzem Vokal und Geminata im Gebrauch geblieben 
ist. Es liegt hier ein äußerst subtiles und kompliziertes 
Problem vor, das zweifellos noch lange auf seine Lösung 
warten wird. Wir stellen im Folgenden einige sprach- 
liche Tatsachen zur Erhärtung dieses Lautwandels zu^ 
sammen : 

cüppa ^Tonne' neben cüpa (die beiden Dubletten 

finden sich im Französischen wieder; cüppa ergab 

hier coupe 'Trinkschale', cüpa cuve 'Kufe'); Jüppiter 

neben Jupiter. 
Mtera neben Utera\ Mtus, -öris neben Iftus. 
häcca 'Beere' neben baca; mücüus 'Nasenschleim' 

neben müCus. 

B. Vereinfachung von DoppeUconsonanten. 

§ 57. — Jeder Doppelkonsonant ist in folgenden 
Fällen auf einen einfachen Konsonanten reduziert worden: 
1. Nach kurzem Vokal der Anfangssilbe in mehr- 
silbigen Wörtern, deren zweite Silbe von Natur oder 
«durch Position» lang war. 
Beispiele: 

cänalis 'Röhre', abgeleitet von cänna 'Schilfrohr'. 
cürülü Adj., abgeleitet von cürrus. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 67 

cUsertus 1. Vohlgesetzt' (von der Rede), 2. 'geschickt, 
eine Sache auseinanderzusetzen, beredt', Part. perf. 
pass. von äXss^ro. 

öfella 'kleiner Bissen', Diminutivum von öffa. 

säcellus 'Säckchen', Diminutivum von säecus. 

Wie von vornherein zu erwarten stand, hat die Ana- 
logie die Geminata in einer Menge solcher Wörter wieder 
eingeführt; vgl. z. B. gälUna 'Huhn' statt * gäUna nach 
gällus 'Hahn', tnnoocius 'unschädlich' statt *^noxius nach 
dem gleichbedeutenden mnöcüos, serratus 'gezackt' statt 
*8irätu8 nach sirra 'Säge'. 

2. Vor einem Konsonanten. 
Beispiele: 

pergo aus ^perrgo, *perr(e)go (per + rego; wegen 
der Synkope siehe § 16); vergleiche das Perfektum 
perrexL 
aspiro aus *a89p%ro^ das selbst für atspuro^ adspxro 

steht {ad + spno^ siehe § 69). 
discindo aus *disscindo (dis -(- scindo), 
disptcto aus *di88ptcio {dis + sp^c^o] wegen des Um- 
lautes siehe § 11, Ib). 
disto aus *di8Sto (du -\- sto); 

aber 
perrögo 'ich frage der Reihe nach', diaaXmXUs^ dis- 
södto. 

Analogische Bildungen sind: accresco, atträko, op- 
prlmo nach Verben wie accümülo, attenüo, oppito. Die 
Schreibungen dissdndo^ di88pidlo^ die von gewissen latei- 
nischen Grammatikern gelehrt werden, sind künstlich und 
beruhen nicht sowohl auf der landläufigen Aussprache als 
vielmehr auf etymologischen Erwägungen ; vergleiche hier- 
zu Cassiodor VH p. 205, 18 flF. K.r disspicio verbum . . . 
per duo s scribendum est, non per unum, quoniam ex 
praepositione et verbo constat esse compositum, quemadmo- 
dum et conspido, aspido^ despicio, ac per hoc per duo s disspi- 
do scribi debet et ita dividi, dis et spido 'Das Verbum dis- 

6* 



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68 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

spido ist mit zwei s zu schreiben und nicht mit einem, 
weil feststeht, daß es aus einer Präposition und einem 
Verbum zusammengesetzt ist gleichwie conftpkio, aspiciOy 
despicio; darum muß disspicio mit zwei s geschrieben und 
in dis und spido zerlegt werden". 

3. Nach einem Konsonanten. 
Beispiele: 

corcuLum ^Herzchen' (besonders als Zärtlichkeitsaus- 
druck) aus *corccülom\ Grundform *cordcvlom (vgl. 
den Genitiv cord'is\ woraus zunächst *cortcülom 
nach § 63 und dann *corcculom nach § 77. 

sarmenium 'das Reis' aus * sarmmentom'^ die ur- 
sprüngliche Form war *sarpmentom (zur Wurzel 
des Verbums sarpere 'abschneiteln'), woher * sarb- 
mentom nach § 63 und *8armmentom nach § 71. 

arsiy Perfektum von ard^o^ aus *ar8si, das seiner- 
seits aus *artsi, *ardsi hervorgegangen ist; siehe 
§69. 

sBnsiy Perfektum von sentlo, aus *senS8i, seinerseits 
hervorgegangen aus *sentsi nach § 69; 
aber 

siccus^ summus, peaalmus. 

Die Geminata ist durch das Bedürfnis nach etymo- 
logischer Klarheit in den Fällen wiederhergestellt worden, 
wo sich das Präfix ex- mit einem Worte verband, das 
mit 8 anfing. So haben exsätXo 'ich stelle ganz zufrieden', 
exsolvo, exsomnis 'schlaflos' regelrecht ^exäftOy *exolvo, 
*€Xomnis ergeben, aber da die Vereinfachung der Gemi- 
nata dazu angetan war, den etymologischen Aufbau dieser 
Wörter zu verdunkeln, so ist man, wenigstens in der 
Orthographie auf eocsäUo, exsolvo, exsomnis zurückgegangen. 
Aus demselben Grund finden sich exculpo 'ich meißle aus', 
expÖUo 'ich beraube vollständig', extrüo, welche die nach 
den oben unter 2 und 3 formulierten Gesetzen zu fordern- 
den korrekten Formen darstellen, meistens durch exsculpoy 
exspölio, exstrüo ersetzt. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 69 

4. Im Auslaut. 
Beispiele: 

es 'du bist' aus *eS8 {*e8-8 zweite Person Singul. 
des Indik. Präs. von esse wie ämä-s zweite Person 
Singul. des Indik. Präs. von ämä-re). 
fei 'Galle' aus *fell (vgl. den Gen. fell-ü). 
höe Nom. Akk. Sing, des Neutrums von h^, aus 
*hocc (Grundform *hodcey woraus *hocc nach 
§ 32, 1 und § 77). 
miles aus *mileS8, das seinerseits nach § 69 aus 

*mjlets entstanden ist. 
öS 'Knochen' aus *oss (vgl. den Gen. oss-is). 
Es ist jedoch zu bemerken, daß, wenn auch die Ortho- 
graphie in den Wörtern dieser Gattung keine Spuren mehr 
von auslautender Geminata aufweist, die Metrik uns noch 
mehrfach solche liefert. So mißt nicht allein Plautus es 
als lange Silbe und miles als einen Spondeus, sondern 
noch Vergil beginnt ganz gewöhnlich Hexameter mit Wort- 
folgen wie hoc erat {Aeneis II, 664), hoc illud (ebendaselbst 
IV, 675), hoc opus (ebendaselbst VI, 129), Messungen, die 
unbedingt die Aussprache ess, milesSj hocc voraussetzen. 
Anderseits bildet freilich miles schon bei Ennius einen 
Trochäus, und Terenz verwendet die letzte Silbe von Wör- 
tern wie ades, potes niemals als Länge, wofern nicht das 
folgende Wort mit einem Konsonanten beginnt. 

Für diese sich scheinbar widersprechenden Zeugnisse 
läßt sich folgende Erklärung geltend machen. Ursprüng- 
lich wurden Geminaten im Auslaut im allgemeinen nur 
in Pausa (d. h. am Ende eines Satzes) und vor konsonan- 
tischem Anlaut des folgenden Wortes vereinfacht, während 
sie vor vokalisch anlautenden Wörtern regelrecht erhalten 
blieben. Messungen wie es.s, miless, hocc sind die letzten 
Spuren dieses ursprünglichen Zustandes, den die Analogie 
verwischt hat, indem sie allmählich die Vereinfachung 
der auslautenden Geminaten ohne Rücksicht auf die Stel- 
lung im Satz verallgemeinerte. Daher die Messungen müeSj 
ades, potes mit kurzer Endsilbe. Was wir hier unter Nr. 4 



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70 Gefichichte der lateiniachen KonsoDanten. 

gesondert betrachten, gehört demnach streng genommen 
mit unter Nr. 2, denn *eÄ« päter > es päter steht auf der- 
selben Stufe wie *asspiro'^a8ptro. 

Wichtige Anmerkung: Das auslautende s der 
Wörter wie es, miliSy ös ist im alten Latein niemals ver- 
stummt wie das von äm%cus, civis^ mänus usw. (siehe 
oben § 43) und wurde daher prosodisch nie vernach- 
lässigt, sondern bildete mit folgendem Konsonanten immer 
«Position». 

§ 58. — Die geminierten Verschlußlaute sind hinter 
langem Vokal vereinfacht worden. 
Beispiele: 

secübo ^ich liege gesondert, ich schlafe allein', aus 
*sSCCübo, welches seinerseits auf *.«fö<m6o, *sedcubo 
zurückgeht; siehe § 77. 
sepäro aus *seppäro^ älter ^setpäro, *sedpäro; siehe 
§§15 und 77. 

§ 59. S8- ist bis zum Ende des ersten Jahr- 
hunderts v. Chr. überall erhalten geblieben, dann aber 
hinter langem Vokal oder Diphthong zu -«- vereinfacht 
worden; siehe Quintilian, Instit, orat. I, 7, 20 (die oben 
§ 42 zitierte Stelle). Die Aussprache Ciceros und selbst 
noch Vergils war also, wie dies nicht nur das Zeugnis 
Quintilians, sondern auch die zeitgenössischen Inschriften 
und die besten Handschriften dieser Schriftsteller dartun : 
clässis, Ssse, gSssi, Perfektum von gSro (aus *geso; 
siehe § 42), mlssus^ Part. perf. pass. von mitto 
(siehe § 84). 
ca88us, 'üs 'Fair (aus *cädtus nach §§27 und 84), 
dw%S8Xo (aus *d%vldt%o\ siehe §§ 27 und 84), caussa. 
Dagegen sprach man zur Zeit Quintilians zwar 
clässis, esse, gessi, mlssus; 

aber 
casus, divislo, causa. 

Was übrigens das letzte dieser Beispiele anlangt, so 
scheint caussa neben cavisa während des ganzen ersten 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 71 

Jahrhundert? n. Chr. im Gebrauch geblieben zu sein. 
Diese scheinbare Anomalie erklärt sich daraus, daß es 
sich um einen Ausdruck handelt, der besonders in der 
zu Archaismen neigenden Sprache der Juristen üblich war. 
Im Hinblick auf die eben dargelegten Sprachtatsachen 
y/äxe es ^wünschenswert, daß die modernen Herausgeber 
sich entschlössen, aus den Texten Ciceros, Cäsars, Vergils 
usw. Schreibungen. wie casus, äivisXOy causa (das ist die 
heute allgemein übliche Orthographie) auszumerzen, da 
wie gesagt cässus^ divisSlo, caussa die für das republika- 
nische Zeitalter und die ersten Jahrzehnte der Kaiserzeit 
allein nachzuweisenden Formen darstellen. 

§ 60. — 'U- ist zu 'l' vereinfacht worden: 

1. Nach langem Vokal, wenn die folgende Silbe ein 
i enthält. 

2. Nach einem Diphthong. 
Beispiele : 

1. milia Nom. Akk. Plur. von mille. 

stüMdXum ^Träufeln' gegenüber siüla ^Tropfen' (aus 
*8Hr'la neich § 74; vgl. stlrta ^Tropfen, Eiszapfen*). 
viUcus 'Meier, Verwalter' gegenüber vUIa. 
sUUo 'gesternte Eidechsenart' gegenüber stüla, 
(Die Länge des Wurzelvokals in mille, viHa, sUUa 
ist durch die romanischen Fortsetzer dieser 
Wörter gewährleistet.) 

2. aula 'Topf aus aulla (durch die älteste Plautus- 

handscbrift bezeugt) neben der vulgären Dublette 
olla (siehe § 25). 
caelum 'Grabstichel' aus *caellum, *caedlom (zu caedo; 
siehe § 72) gegenüber räUum 'Pflugschar' aus 
*rädlom (zu rädo 'ich scharre'; siehe § 72). 

§ 61. — -mm- ist nach langem Vokal oder Diph- 
thong zu -fn- vereinfacht worden. 
Beispiele: 

glütna 'Hülse, Balg des Getreides' aus ^glümtna^ 
*glühma (zu glaho 'ich schäle ab'; siehe § 71). 



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72 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

ranuntum "Schabser aus ^rämmentumy *radmentom 

(zu rado\ siehe § 71). 
caewimtum 'Bruchstein' aus "^ caemmentum, ^caeämm- 

tom (zu caedo; siehe § 71). 

Konsonantengruppen. 

A. Orappen yon zwei Konsonanten. 

I. Assimilation. 

§ 62. — Wenn in irgendeiner Sprache zwei unter 
sich verschiedene Konsonanten miteinander in Berührung 
treten, so besteht die Neigung, den Übergang vom einen 
zum andern durch vollständige oder teilweise Ausgleichung 
ihrer artikulatorischen Besonderheiten zu verwischen oder 
wenigstens zu erleichtern. Diese sprachliche Erscheinung 
ist unter dem Namen Assimilation bekannt. Die Assi- 
milation kann sich auf den Stimmton, die Artikulations- 
art oder die Artikulationsstelle erstrecken. Sie ist pro- 
gressiv oder regressiv, je nachdem der erste oder der 
zweite der beiden zusammenstoßenden Konsonaten als 
assimilierender Konsonant wirkt. Im Lateinischen war 
die regressive Assimilation viel häufiger als die progressive. 

a) Assimilation des Stimmtons. 
Begressive Assimilation. 

§ 63. — Jeder Verschlußlaut oder Spirant war vor 
stimmlosem Verschlußlaut oder Spiranten stimmlos und 
vor stimmhaftem Verschlußlaut oder Spiranten stimmhaft. 

Beispiele: 

1. achis (wegen der Längung des a siehe § 27), Part. 

perf. pass. von dgo] rexi (das heißt recsi), Per- 
fektum von r^o, 
nüpsi, Perfektum von nübo; scriptus, Part. perf. 
pass. von scr^o. 

2. abdüco gegenüber äp^rio; obdo 'ich setze davor, ich 

verschließe' gegenüber öp^rio. 
segmentum 'Abschnitt', zur selben Wurzel wie säeo. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 73 

§ 64. — In anderen Fällen sind die Wirkungen 
dieses ^Gesetzes latent, das heißt durch spätere Verände- 
rungen verdunkelt; vergleiche: 

*clautsiy Perfektum von claudo, nach § 69 zu claussi 
und fernerhin seit dem Zeitalter des Augustus 
nach § 59 zu clausi geworden. 
*sübmos, Superlativ aus *supmos (vgl. den Kompara- 
tiv süperior), zu summus geworden nach § 71. 
*izdem ^ebenderselbe' aus *i8dein, zu %dem geworden 

gemäß §§ 26, 1 und 87. 
Weitere Beispiele finden sich in den Kapiteln, welche 
die Assimilation der Artikulationsart (§ 67 und folg.) und 
das Verstummen eines s in Berührung mit einem darauf 
folgenden stimmhaften Konsonanten (§ 87) behandeln. 

§ 65. — Wenn in der gewöhnlichen Orthographie 
manchmal ein stimmhafter Konsonant vor einem stimm- 
losen auftritt, wie z. B. in obtineo, subHlia, plebSy urbs, so 
liegt hier eine Ausnahme nur für das Auge vor; denn 
zahlreiche Zeugnisse römischer Grammatiker tun in un- 
zweideutiger Weise dar, daß man nie anders als optln^o^ 
suptilis, pieps, urps sprach. Vergleiche z. B. Quintilian, 
Instit orat I, 7, 7: quaeri solet in scribendo praepositiones 
sonum quem junctae efiiciunt, an quem separatae obser- 
vare conveniat, ut cum dico obtinuit (secundam enim b 
litteram ratio poscit, aures magis audiunt p) ^Man fragt 
oft, ob man die Präpositionen so schreiben soll, wie sie 
in Zusammensetzungen ausgesprochen werden, oder so, wie 
sie für sich allein klingen. Nehmen wir beispielsweise ein 
Wort wie obtinuit, so fordert zwar die ratio ein b als 
zweiten Buchstaben, gehört wird aber vielmehr ein p\ 
Es braucht kaum ausdrücklich bemerkt zu werden, daß 
man unter ratio an dieser Stelle Quintilians die Analogie 
zu verstehen hat. Man schrieb obtlmo, subtHis nach ob- 
daro Hch harre aus', subdölus ^hinterlistig' und plebs, urbs 
nach den obliquen Kasus pUbis, plebi, urbis, urbi usw. 



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74 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

ProgressiTO Assimilation. 

§ 66. — Ihre Wirkungen sind stets latent. 
Unter dem Einfluß eines vorausgehenden Zitterlautes 
oder eines Laterals trat ein stimmhafter Spirant an die 
Stelle eines stimmlosen. 
Beispiele : 

*feri^e aus * ferse (vgl. es8e\ zu ferre geworden ge- 
mäß § 75. 
*veli^e aus *vel8e^ zu velle geworden gemäß § 75. 
*fer»e und *velze sind nicht bezeugt, aber die phy- 
siologische Sprachanalyse beweist, daß die Gruppen -r«- 
und -&- nicht zu -rr- und -11- werden konnten ohne vor- 
herige Umwandlung des stimmlosen s in stimmhaftes z. 

Anmerkung. — Assimilation benachbarter Konsonanten 
in bezug auf den Stimmton findet sich auch im Deutschen und 
im Französischen, obwohl ebenfalls oft durch die Orthographie 
verdeckt. Man vergleiche z. B. norddeutsch er schapte zu scfMÖen, 
französisch obtenir, gesprochen optenir, auhsister, gesprochen 
snbziste. 

b) Assimilation der Artikulationsart. 

§ 67. — Die Assimilation der Artikulationsart war 
im Lateinischen außerordentlich häufig. Wir können daher 
nur eine Auswahl der charakteristischsten Beispiele geben , 
indem wir es dem Leser überlassen, deren Zahl auf Grund 
eigener Lektüre zu vergrößern. Übrigens muß darauf hin- 
gewiesen werden, daß es vielfach unmöglich ist, die ur- 
sprünglichen Bestandteile einer in bezug auf die Artiku- 
lationsart assimilierten Konsonantengruppe ohne Heran- 
ziehung der übrigen indogermanischen Sprachen zu be- 
stimmen. So kann -11- an und für sich aus -dl-, •w^, -W-, 
-W-, -In-, -Is- entstanden sein, und erst die Vergleichung 
mit deutsch Hals läßt erkennen, daß lat. collum auf *colsom 
beruht. 

Wenn von den beiden zusammentreflTenden Konsonan- 
ten der erste stimmhaft, der zweite stimmlos war oder um- 
gekishrt, so ging der Assimilation der Artikulationsart die 
des Stimmtons voraus, entsprechend dem in § 63 formulier- 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 75 

ten Gesetze. Die Geminata, die sich aus der Assimilation 
der Artikulationsart ergab, wurde in den durch § 57 ff. 
vorgesehenen Fällen vereinfacht. Immerbin ist der nach 
§ 57, 1 hinter kurzem Vokal der Anfangssilbe in mehr- 
silbigen Wörtern mit langer zweiter Silbe vereinfachte 
Doppelkonsonant mit ganz wenigen Ausnahmen auf ana- 
logischem Wege wiederhergestellt worden. 

Begressive Assimilation. 

Verschlußlaut 4- Spirant. 
§ 68. — In den aus einem labialen, dentalen oder 
gutturalen Verschlußlaut und folgendem / bestehenden 
Konsonantengruppen hat sich der Verschlußlaut in den 
Spiranten / gewandelt. Die Assimilation der Artikulations- 
art ist hier also verbunden mit der der Artikulationsstelle, 
da die Verschlußlaute nicht jeder durch den entsprechen- 
den Spiranten ersetzt wurden, sondern ohne Unterschied 
/ ergaben. 

Praktisch kommen nur Beispiele für die Gruppen -^/-, 
"4/**» *^/" in Betracht: 

Pf- \ 
'df^ > *-tf- > .//. 

Beispiele: 

ofßcma 'Werkstätte' aus öpCl)flcma {öpißcfna steht 
bei Plautus, Miles 880; vgl. auch öpxfex 'Hand- 
werker'); offero aus *opßro, 
afßro aus adßro\ Zwischenstufe *atßro. 
efßro aus *eeßro (ecßret findet sich bei Plautus, 
Aulularia 664, ecfari 'heraussagen' in einem Zitat 
aus Ennius bei Cicero, De legihtis III, 9; die drei- 
fache Form des Präfixes g-, ec-, ex- hat ein genau 
vergleichbares Gegenstück in a-^ äh-, äbs-). 
Auf analogischem Wege wiederhergestellt sind obßro, 
adßro^ obfundo, adfigo, Dubletten von ofßro, afßro, of- 
fundo, afßgo. offundo und afßgo ihrerseits sind auf Grund 
von offen'o^ afßro und andern Verben desselben Typus 



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76 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

rückgebildet, da die lautgesetzlichen Formen nach § 57, 1 
*öfundo^ *äßgo lauten mußten. Die Ausprache von ohßro, 
adßro, ohfundo^ adftgo war wohlgemerkt opßrOj atßrOy 
opfundo, atßgo, so wie in norddeutscher Aussprache ap- 
finden = abfinden-, die Schreibungen ohßrOj adfiro, obfiindo, 
adfigo sind genau vergleichbar mit ohUnSo^ mbtüis usw., 
für deren Erklärung man sich an das in § 65 Gresagte 
erinnern möge. 

§ 69. — Die Gruppe dentaler Verschlußlaut + s ist 
zu 88 geworden. 

Beispiele: 
cxmaissi, Perfektum von concütto, aus *concut8i] messüi, 

Perfektum von m^töy aus *met8üi. 
assequor aus *adsequor^ Zwischenstufe *afs^uor; aS- 

8um aus adsunij Zwischenstufe *atsufn. 
Die Geminata -ss- ist zu einfachem -s- geworden: 

1. Nach kurzem Vokal der Anfangssilbe in mehr- 
silbigen Wörtern, deren zweite Silbe von Natur oder «durch 
Position» lang war, gemäß § 57, 1. 

Beispiele fehlen, da die Wirkungen dieses Verein- 
fachungsprozesses durch die Analogie, die überall die 
Geminata wieder eingeführt hat, zerstört worden sind 
(siehe unten). 

2. Im Auslaut, gemäß § 57, 4. 
Beispiele': 

mf/& aus *milet8 (vgl. den Genitiv iniMi8 aus *fntletis 

nach § 11, 1 b), miless. 
pS8 aus *p^s (vgl. den Genitiv p^dvi\ "^pBts, *p^s 

(wegen des langen Vokals des Nominativs pes 

siehe § 13). 

3. Nach langem Vokal oder Diphthong seit dem Ende 
des ersten Jahrhunderts v. Chr. auf Grund von § 59. 

Beispiele: 
Um, Perfektum von lüdo, aus *hidsi, *J«fot, lassL 



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Geschichte der lateinisches Konsonanten. 77 

plausifTeiiQktxim von plaudo, aus *plaud$i, *plautsij 

plaussi. 
Analogische Rückbildungen: adsequor, adsum, Dublet- 
ten von asseguoTy aSsum; assigno, assisto, welche die 
regelrechten Formen ^asigno, *a8isto (siehe oben 1) ver- 
drängt haben. 

Verschlußlaut + Nasal. 
§ 70. — Unter dem Einfluß eines folgenden n sind 
alle Verschlußlaute in die entsprechenden Nasale ver- 
wandelt worden. Also; 

'bn- > -Wiw- 

'Pn- >> -mn- über -bn- 

-dn- > -nn- 

tn- >> -nn- über -dn- 
-gn- > -»n- 
-en- > -»n- über -gn-, 
Beispiele: 

scammum 'Schemel' aus *scabnom (vgl. das Diminu- 
tivum 8cäbellum)\ Samntum aus *Sabntom (gehört 
zu derselben Wurzel wie Säbm, Säbellt). 
somnm aus *8opno8 (vgl. söpor Hiefer Schlaf'), 

Zwischenstufe *8obnos, 
annöto aus "^adnöto, 

penna aus ^petna (gehört zur Wurzel von p^o 'ich 
strebe nach', dessen älteste Bedeutung 'ich fliege' 
war); Zwischenstufe *pedna. 
Was die Gruppe -gn- anlangt (die zum Teil auf -cn- 
zurückgeht, siehe § 63), so hat die Schrift deren Wandel 
zu »n nicht darstellen können, weil, wie wir gesehen haben 
(§ 7 Anm. III), das Lateinische kein besonderes Zeichen 
zur Wiedergabe des gutturalen Nasals besaß. Man behielt 
daher die Schreibung -gn- mit dem Lautwert »n bei. 
Vergleiche: 
liwnum, geschrieben lignum, Grundform *legnom (siehe 

§17). 
dimius, geschrieben dignus, Grundform *decno8 (siehe 
§§17 und 63); Zwischenstufe *degnos. 



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78 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

Den Beweis dafür, daß in lignum nnd dignus -gn- als 
"Wn- gesprochen wurde, liefert das wurzelhafte i dieser 
Wörter, das aus altem e herstammt. In der Tat war, 
wie wir oben (§ 17) gesehen haben, der Obei^ng von e 
in i in geschlossener Silbe auf die Stellung vor gutturalem 
Nasal beschränkt. 

Analogische Rückbildungen sind: abnüo, abnigOy vor 
denen die regelrechten Formen amnüo, amnego fast gänz- 
lich das Feld geräumt haben; adnöto^ Dublette von an- 
nöto; aflnecto, aflnUor für ^änecto, *änftor (siehe § 57, 1). 

§ 71. — Mit Ausnahme der Gruppe gutturaler Ver- 
schlußlaut -|~ ^^ deren Behandlung noch nicht hin- 
reichend klargestellt ist, sind sämtliche Verschlußlaute vor 
folgendem m zu m geworden. Dieser Lautwandel setzt 
den vorherigen Übergang von d und t inh und p zufolge 
Assimilation der Artikulationstelle voraus (siehe § 79). 
Also: 

-dm- > -&m- f 

^ i Z> -W.W- über -&m-. 

-fm- j> 'pni' ) 

Beispiele: 

ammöveo aus admöv^o. 
summm aus *8upmos\ Zwischenstufe *submos (siehe 

§§ 63 und 64). 
Für -fm- fehlen Beispiele. Indessen unterliegt es 
keinem Zweifel, daß diese Gruppe überall, wo sie sich 
gezeigt hätte, auf die angegebene Weise behandelt wor- 
den wäre. 

Gemäß §§ 57, 1 und 71 ist die Geminata -wim- weiter- 
hin zu -tw- vereinfacht worden nach kurzem Vokal der 
Anfangssilbe mehrsilbiger Wörter, deren zweite Silbe von 
Natur oder «durch Position» lang war, und hinter langem 
Vokal oder Diphthong. 
Beispiele : 

ömitto aus *opmitto (pp ursprüngliche Form der Prä- 
position oh; siehe § 63,2), *obmitto, *ofninitto. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 79 

glama aus *glübma (glübo), *glümma, 
caementum aus *caedmenfam (caedo)^ '^caemmentom. 
Analogische Rückbildungen: admövio, Dublette von 
ammöveo (siehe oben); submitto, Dublette von summitto, 
das selbst analogischen Ursprungs ist, da die korrekte 
Form *sumitto lauten müßte (siehe oben ömitfo), 

Verschlußlaut + Laterallaut. 
§ 72. — Der stimmhafte dentale Verschlußlaut d hat 
eich folgendem Laterallaut assimiliert 

dl > K . 

Beispiele : 

allöquor aus adlöquor; grallae, -ärum ^Stelzen' aus 
*gradlae (grädXor '^ich schreite'); rällum "^Pflug- 
schar' aus *radlom (rado ^ich scharre'); sdla aus 
*8edla (sedeo). 
Nach einem Diphthong ist die Geminata -ß- verein- 
facht worden, in Übereinstimmung mit § 60, 2. 
Beispiel : 

caelum ^Grabstichel' aus *caedloni (caedo), *caellum. 

Analogische Rückbildungen: adlöquor^ Dublette von 

allöquor (siehe oben), adlatus, Part. perf. pass. von adfero, 

affero (§ 68), Dublette von allatus, das seinerseits an Stelle 

von lautgesetzlichem *älätus getreten ist (siehe § 57, 1). 

Nasal + Zitterlaut oder Laterallaut. 
§ 73. — Der Nasal n hat sich folgendem Zitterlaut 
oder Laterallaut assimiliert 

nr- > -rr- 
nl' > H. 

Beispiele: 

1. corr^pto aus "^conräplo (mit Umlaut nach § 11, 1 c); 

irrevöcahtlis aus inrevöcabtlis. 

2. collöquium aus conlöqulum; villum ^ Weinchen, Krätzer' 

aus *vm(ö)lom (Diminutivum von vjnum, mit 
Synkope nach § 16 a). 



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80 Geschichte der Jateinischen Konsonanten. 

Analogische Rückbildungen : inrevöcähüü^ canlöguiumy 
Dubletten von irrevöcabXlis^ collöqufum (siehe, oben); cor- 
rumpOy Ulättis, part. perf. pass. von mßro, welche die 
nach § 57, 1 geforderten Formen cörumpo und *ildiu8 ver^ 
drängt haben. Von cörumpo liegt eine letzte Spur vor in 
dem Vers des Lukrez, De verum natura VI, 1135: 
An coelum nobis nitro natura coruptum, 

Zitterlaut + Laterallaut. 
§ 74. — Ein Zitterlaut, dem ein Laterrallaut folgte, 
ist durch diesen in einen Laterallaut verwandelt worden. 

-rl' > -«-. 
Beispiele: 

ägdlus aus *agerlo8 (Diminutivum zu äger); pelMdio 

'ich verlocke' aus ^perlMo (mit Umlaut gemäß 

§ 11,1c); sätullus 'satt' aus *säiurlo8 (Ableitung 

von sätur). 

Analogische Rückbildungen: perUc^Oy Dublette von 

pelUdo (siehe oben), perlüc^o, Dublette von pellacSOy das 

selbst für regelrechtes *p^lüc^o analogisch wiederhergestellt 

ist (siehe § 57, 1). 

Progressive Assimilation. 

Zitterlaut oder Laterallaut + Spirant. 
§ 75. — Ein Zitterlaut oder Laterallaut hat sich ein 
folgendes s assimiliert, nachdem dieses letztere vorher nach 
§ 66 in stimmhaftes z übergegangen war. 

rs '^ rr 

ls> U. 
Beispiele: 
ferre aus * ferse (vgl. esse 'sein'); Zwischenstufe 

*ferze. 
vette aus ^velse; Zwischenstufe *veUse. 
Zu derselben Kategorie gehören Wörter wie verres, 
torreOj coUum, die aus *versBs, *fors^Oy *colsom entstanden 
sind; den Beweis für diesen ümsprung liefert uns aber 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 81 

erst die Vergleichung anderer indogermanischer Sprachen 
(siehe oben § 67). 

An Ausnahmen, d. h. Wörtern, in denen die Gruppen 
-r«-, -&- nicht assimiliert sind, fehlt es nicht; vgl. z. B. 
arm, farsi, mulsi Perfekta von ardeo, far<$lo^ mulceo;pul8ti8 
Part. perf. pass. von pello. Wohlgemerkt bildet diese 
abweichende Behandlung derselben Eonsonantengruppen 
nur scheinbar eine Durchbrechung des Prinzips der Aus- 
nahmslosigkeit der Lautgesetze. Die Formeln dieser Ge- 
setze gelten eben nur für vollkommen identische Laute 
oder Lautgruppen. Nun beruht aber in arsi die Gruppe 
-rs' auf -rsS' (siehe § 90); farsi und mulsi stehen für 
*farcsi und ^mulcsi (siehe § 91) und die Reduktion der 
Konsonantengruppen -ixs-, -Ics- auf -rs-, -Is- durch Aus- 
stoßung des gutturalen Verschlußlauts ist späteren Datums 
als die Assimilation von ursprünglichem -rs-, -fe- zu -rr-^ 
'll'\ puhus endlich ist eine Analogiebildung, die regelrechtes 
*puUus (von welch letzterem in dem Verbum jmZ^äre '^klopfen, 
stoßen', z. B. bei Plautus, Gaptivi 832, eine letzte Spur 
bewahrt ist; vgl. auch Quintilian, InstiL orat I, 4, 14: nam 
mertare et pultare dicebant) zu einer Zeit verdrängt hat, 
wo die Assimilation von ursprünglichem -rs-, -&- ebenfalls 
schon eine vollendete Tatsache war. Keine dieser Formen 
ist also * ferse oder *velse genau vergleichbar. 

c) Assimilation der Artiknlationsstelle. 

§ 76. — Die Assimilation der Artikulationsstelle ist 
immer regressiv gewesen. Alle oben § 67 bezüglich der 
Assimilation der Artikulationsart gemachten Bemerkungen 
sind hier zu wiederholen; der I^eser wird also gut daran 
tun, sie nochmals zu durchgehen, bevor er sich an das 
Studium der im folgenden formulierten Gesetze macht. 

Assimilation zwischen Verschlußlauten. 
§ 77. — Vor einem gutturalen Verschlußlaut ist jeder 
dentale oder labiale Verschlußlaut in einen Guttural ver- 
wandelt worden; die dentalen Verschlußlaute haben sich 
auch folgendem labialem Verschlußlaut angeglichen. Diese 

Niedermann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 6 



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82 



Geschichte der lateinischen Konsonanten, 



Veränderungen lassen sich in folgendes Schema zusammen- 
fassen : 



> 99' 



2. 




> 'CC- 



> *-g^5«'-, zu C^' geworden ge- 
mäß § 83. 

> -6&- 



Einige der in diesem Schema angedeuteten Assimi- 
lationen beruhen allerdings nur auf Analogieschlüssen, 
da Beispiele dafür fehlen. Historisch bezeugt sind die 
folgenden: 

aggero aus adg€ro, 

oggero aus *opg^rOf obgero. 

siccus aus *sUCt)cos (zu derselben Wurzel wie Mis). 

sucdkb aus *supcädo (mit Umlaut gemäß § 11, 1 c). 

quicquam^ Nom. Akk. Sing, des Neutrums von quis- 
quam^ aus quidquamy *quitqnam. 

ocquXnisco '^ich bücke mich nieder' aus "^opquXnisco 
(vgl. conqutnisco in derselben Bedeutung; das ein- 
fache Verbum war ungebräuchlich). 

quippe 'allerdings' aus * quidpe (quid -{- pe^ Partikel, 
die sich auch in nempe gewiß, natürlich' wieder- 
findet; wegen der Bedeutung läßt sich die deutsche 
Wendung wie denn, mit Betonung des denn = 
'sicherlich' vergleichen), *quitpe. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 88 

Die Geminata wurde im Auslaut und im Inlaut hinter 
langem Vokal vereinfacht (siehe §§ 57, 4 und 58). 
Beispiele: 

hoc, Nom. Akk. Sing, des Neutrums von hie, aus *hodce 
(*hod Neutrum wie id + ce Demonstrativpartikel; 
auf alten Inschriften kommt vor honce = hunc 
G. I. L. XI, 4766 [Haininschrift von Spoleto], 
hance = hanc G. I. L. I, 197 [lex Bantina] usw.), 
*hotce, *hocce und, mit Abfall des Endvokals 
nach § 32, 1, *hoC€ (wegen dieser Form vergleiche 
man § 57, 4). 
secübo aus * s^dciibo (das die Trennung bezeichnende 
Präfix sed ist dasselbe wie in sedltio "^das Ab- 
seitsgehen, der Zwiespalt, die Empörung'), *se^- 
cüho, *8eccüho (siehe § 58), 
s^äro aus ^sedpärOj ^s^tpäro, *Äeßparo (siehe § 58). 
Analogische Rückbildungen: adgero, cbg^ro, quidquam^ 
Dubletten von aggero, oggero, quicquam (siehe oben); ad- 
hlbOy dem lautgesetzliches "^(Jbhlbo offenbar zufolge seiner 
Zweideutigkeit hat weichen müssen; iccircö ^um deswillen' 
für lautgesetzliches *tcircö (vgl. § 57, 1) aus ursprünglichem 
idcircö, welch letzteres ebenfalls auf analogischem Wege 
wiederhergestellt worden ist und als Dublette von iccircö 
neben diesem im Gebrauch war. 

Anmerkung: Denselben Assimilationen von Verschlußlau- 
ten begegnet man in deutschen Dialekten. So hört man in dem 
dialektisch gefärbten Hochdeutsch der Schweizer toggeschassen 
für totgeschossen, tnikkommen für mitkommen, Beppolster für Bett- 
polster u. dgl. 

Assimilation zwischen Verschlußlaut und nicht homorganem 

Spirant. 

§ 78. — Vor dem labialen Spiranten / ist jeder den- 
tale oder gutturale Verschlußlaut in einen labialen Ver- 
schlußlaut verwandelt worden. 

Diese Assimilation ist latent, weil der labiale Ver- 
schlußlaut infolge von Assimilation der Artikulationsart 
weiterhin in einen Spiranten umgewandelt worden ist. 

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84 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

Für diese ABsimilation der Artikulationsart ist § 68 nach- 
zusehen, wo die wichtigsten Beispiele zusammengestellt sind. 

Anmerkung. — Das Deutsche ist bei der Assimilation 
der Artikulationsstelle stehen geblieben; vergleiche empfangen, 
empfehlen, empfinden aus entf- (das Präfix ist dasselbe wie in 
entfernen^ entfesseln, in welch letztern die Assimilation durch 
analogiscbe Beeinflussung seitens verwandter Bildungen wie ent- 
rüekeriy enthüllen rückgängig gemacht erscheint, während empfan- 
gen, empfehlen, empfinden ihrer Bedeutung nach isoliert dastanden 
und darum die lautgesetztliche Form beibehalten haben). 

Assimilation zwischen Verschlußlaut und nicht homorganem 

Nasal. 

§ 79. — Vor dem labialen Nasal m ist jeder den- 
tale Verschlußlaut in einen labialen Verschlußlaut über- 
gegangen. 

Wie die im vorigen Paragraphen erwähnte ist auch 
diese Assimilation latent, da ihr Ergebnis durch nach- 
folgende Assimilation der Artikulationsart verdunkelt wor- 
den ist. Letztere haben wir oben § 71 behandelt, wo 
man die Beispiele vergleichen mag. 

Anmerkung. — Die Rekonstruktion der latenten Assimi- 
lation der dentalen Verschlußlaute in labiale vor m beruht in 
diesem Fall einesteils auf der physiologischen Un Wahrscheinlich- 
keit eines direkten Übergangs von -cfm- und tm- in -nitn- und 
andernteils darauf, daß sich in anderen Sprachen eine deutlich 
wahrnehmbare Tendenz nach Labialisierung der dentalen Ver- 
schlußlaute vor m zeigt. So klingen in der schweizerischen Aus- 
sprache des Schriftdeutschen Wörter wie Badmeister^ Mitmensch 
bei lässigem Sprechen gelegentlich Bapmeister, Mipmensch. 

Assimilation des dentalen Spiranten s an den labialen 
Spiranten /. 

§ 80. — Der dentale Spirant s des Präfixes dis- ist 
einem folgenden / assimiliert worden. Also : 

'Sf' > -ff'. 
Beispiele: 
di/ßro aus *di8ßro; difßctlis aus *disfäcUis (mit 

Umlaut nach § 11, Ic). 
Analogische Rückbildungen : difftdo^ diffundo, welche 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 85 

die nach § 57, 1 zu erwartenden Formen *d$ßdo, *difundo 
verdrängt haben. 

Assimilation zwischen Nasalen und Verschlußlauten. 
§ 81. — Jeder Verschlußlaut duldete nur den homor- 
ganen Nasal vor sich. 
Beispiele: 

Die Präfixe com- (z. B. in cömes), in- (z. B. in ineo) und 
die negierende Partikel ?«- (z. B. in inüUlis) gingen auf m 
aus vor labialem Verschlußlaut, auf n vor dentalem und 
auf « (geschrieben n infolge Mangels eines besonderen 
Buchstabens zur Bezeichnung des gutturalen Nasals; siehe 
§ 7, Anm. III) vor gutturalem; vergleiche: 

compmo, contexoj concenätio, in der Aussprache co»- 

cenöMo^ ^gemeinschaftliches Essen'. 
imbüo ^ich tauche ein, benetze, erfülle mit\ indüro 
'ich mache hart', ingenüos^ in der Aussprache 
ingenüos, 'angeboren, natürlich, edel'. 
itnhellis, intactus, inquUtus, gesprochen wquMm, 
Außerdem läßt sich der Übergang von m zu ^ vor 
dentalem Verschlußlaut und zu « vor gutturalem Ver- 
schlußlaut noch in folgenden Fällen beobachten: 

eundem, eandem (eum, ^am + dem)^ eörundem^ 
eärundein (eörutn^ Mrum + dem)\ quandiü (quam 
4- dtü)f septendedm (septetn + decem). 
altlateinisch chncülumj gesprochen clamülum^ Adv. 
'insgeheim' und Präp. 'heimlich vor' gegenüber 
clam\ tunCf gesprochen tunc (tum + enklitischem 
ce; siehe § 32, 1); fanquam, gesprochen taoguam 
(tarn + quam). 
Analogische Rückbildungen: eumdem, eamdem, ^rum- 
detn^ eärumdem, quatndlü^ septetndecim, iatnqtuim^ Dubletten 
von eundem, Sa^itdenty ^undem^ eärundem^ quandtü, sep- 
tendedm, taflquam (siehe oben); ^mpftis (mit parasitischem 
p gemäß § 86), Part. perf. pass. von sumo, für suntus, 
das übrigens im Vulgärlateinischen existiert hat und in 
einigen romanischen Formen fortlebt. Es ist indessen 



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86 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

wahrBcheinlich, daß die WiederherstelluDg der etymolo- 
gischen Formen ^i/me^em, eamdem, ^frumdem, Mrwmdem^ quam- 
(fta, septemdicim, tamguam rein graphischer Natur war, d. h. 
daß die Leute, die so schrieben, nichtsdestoweniger eww- 
dem, eandem usw. sprachen. 

Anmerkung. — Auch das Deutsche bietet Beispiele dieser 
Art von Assimilation; vergleiche empfangen neben efUfemeny 
umgern neben untief, Schande neben schämen, 

Assimilation des dentalen Nasals n an den labialen Nasal m. 
§ 82. — Der dentale Nasal n hat sich dem labialen 
Nasal m überall da angeglichen, wo die Präposition oder 
die negierende Partikel in- vor ein mit m beginnendes 
Wort zu stehen kam. 

'Um' >• -mm-, 
Beispiele: 

imminSo aus inmtneo (vgl. em^n^o); immölo 'ich opfere* 
aus inmölo (eigentlich 'ich bestreue [den Kopf des 
Opfertiers] mit Opferschrot', möla). 
immSmor aus inm^w^r; immöderätus aus intnö- 

derätus. 
Analogische Rückbildungen: inmtneo, inmölo, inmemor, 
inmöderotus^ Dubletten von immln^o, immölo, immemor^ 
immöderätus; immüto, immitis, die auf Grund von § 57, 1 
*imüto, *im%tis lauten müßten. 

II. Entwicklung von gr und ff* vor Konsonanten. 

§ 83. — Vor Konsonanten haben die labialisierten 
gutturalen Verschlußlaute ^^, q^ {gu, qu in der gewöhnlichen 
Orthographie ; siehe § 40) ihren labialen Nachschlag ein- 
gebüßt und sich in die reinen Gutturale g und c ver- 
wandelt. Außerdem ist, wenn der folgende Konsonant 
stimmlos war — und das ist in allen Beispielen, die man 
für die Gruppe g^ + Konsonant anführen kann, der Fall 
— das stimmhafte g nach § 63 in stimmloses c über- 
gegangen. Man hat somit: 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 87 

gr^, q^ + Konsonant > c + Konsonant 
Beispiele : 

extincsi, geschrieben exiinxi, Perfektum von eocHnguo] 
nies, geschrieben nix, Nom. gegenüber ntvis, Gen. 
aus *ntff^is (siehe § 40); unctio gegenüber unguen- 
tum. 
assecla ^Anhänger' gegenüber assequor] coctus Part, 
perf. pass. von coquo\ delictum gegenüber dB- 
linquo. 
Dieses Gesetz erklärt uns auch ac und nee, die vor 
konsonantischem Anlaut des folgenden Wortes gebräuch- 
lichen Dubletten von atqtu und neque. Nach dem Ab- 
fall des auslautenden e von at^e und neque auf Grund 
von § 32, 1 ist die Labialisation des qu unter dem Ein- 
fluß des folgenden Konsonanten geschwunden, was *atc 
und nee ergab; *atc ist daraufhin nach § 77 zu acc assi- 
miliert und schließlich die Geminata cc nach § 67, 4 ver- 
einfacht worden. 

III. Entwicklung der Gruppe denttüer 
Verschlußlaut + 1. 

§ 84. — Das ZusammentreflTen eines dentalen Ver- 
schlußlautes mit nachfolgendem t gab bereits in indoger- 
manischer Zeit Anlaß zur Entstehung eines parasitischen 
Zwischenlautes s. Die hieraus resultierende Gruppe ist hat 
sich alsdann auf italischem Boden zufolge einer Art bila- 
teraler Assimilation zu ss weiterverschoben. 

cJ, e + *>*** > «*• 

Beispiele: 

cässm, -üs aus *cädtus {cädo; wegen der Dehnung 
des Stammvokals in diesem Wort und in den 
zwei folgenden siehe § 27); divi88io aus *dMdÜo 
(divido); BS8U8, Part. perf. pass. von €do, aus 
*edtos\ plaussusy Part. perf. pass. von plaudo, 
aus *plaudtos; sessus, Part. perf. pass. von s^d^, 
aus * sedtos (wegen des mutmaßlichen Grundes 



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88 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

für das Fehlen der Dehnung des Stammvokals in 

sessus siehe § 27). 
messis 'Ernte' aus *mettis (rn^o); paasus sunt, Per- 

fektum von pätior, aus *pattos sum ; quaasfis, Adj. 

'zerrüttet, gebrochen', ursprünglich Part. perf. pass. 

von quätio, aus *quattos. 
Nach langem Vokal und Diphthong ist die Geminata 
SS seit dem Ende des ersten Jahrhunderts vor imserer 
Zeitrechnung zu $ vereinfacht worden. Cicero sprach und 
schrieb noch cässus, divissiOy &S8U8, plaussus, aber zur 
Zeit Quintilians lauteten diese Wörter cäsus^ divisio, esus, 
platisus (siehe § 59). 

§ 85. — In einer Anzahl von Fällen hat sich die 
Gruppe dentaler Verschlußlaut + t nach Abschluß des eben 
besprochenen Lautwandels, der schon lange vor der histo- 
rischen Periode des lateinischen Sprachlebens beendet war, 
von neuem gebildet. Das Ergebnis war in diesem Fall 
nicht mehr -ss-, sondern -tt-. Solch nachträgliches Zu- 
sammentreffen von dentalem Verschlußlaut und folgendem 
t fand insbesondere da statt, wo das Präfix ad- sich mit 
einem mit t anlautenden Verbum verband, also z. B. in 
attSnüo aus adtenüo; attüli^ Perfektum von affero 

(assimiliert aus adßro nach § 68), aus adtüli. 
Die Präverbien waren in der Tat zuerst selbständige 
Wörter (wie teilweise noch jetzt im Deutschen: ich gehe 
unter, ich lasse ab u. dgl.), und dieser ursprüngliche Zu- 
stand hatte noch zu Plautus' Zeiten nicht ganz aufgehört, 
wie daraus erhellt, daß es im Trinummus v. 833 heißt: 
distraxissent disque tulissent ... 
Die Gruppe -dt- in adtenuo, adtüli war also zu jung, 
um von dem Gesetze betroffen zu werden, das z. B. die 
Umbildung von * sedtos zu sessus (siehe oben) bewirkt hat; 
daher atUnüo^ attüli. Es sei hinzugefügt, daß man neben 
attenHo, attüli in Inschriften und Handschriften als Dublet- 
ten auch den analogischen Bückbildungen adtenüo, ad- 
tüli begegnet. 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten« 89 

IV. Einschiebung eines parasitischen Über- 
gangslautes in gewissen Konsonantengruppen. 

§ 86. — Zwischen den zwei Bestandteilen der Grup- 
pen sr (soweit aus dtr entstanden; siehe §§ 84 und 57, 2), 
ml, ms, mt hat sich ein parasitischer Übergangslaut ent- 
wickelt, der bei sr ein t, bei ml, ms, mt ein p war. 

1. sr > str 

2. wZ> mpl 
ms > mps 
mt > mpt. 

Beispiele: 

1. c/awsfrwm ^Verschluß' aus *cZaMsrom, *claudtrom (Clau- 

de)] rastrum '^Hacke' aus *rasrom, *rädtrom (rädo); 
tönstrix 'Schererin' aus *tonsrix, *tondirtx (ton- 
diSo). 

2. exemplum aus *exemlom (eigentlich '^was man heraus- 

greift', zu *ex^mo, das nach § 11, 1 b zu eximo 
geworden ist). 
compsi, dempsi, prompsi, sumpsi, Perfekta von cömo 
^ich schmücke', dSm^, prömo, sümo, aus *comsi, 
*dem$i, *promsij *sumsi (vgl. z. B. dixi, d. h. dicsi, 
Perfektum von dico). 
comptus, demptus, promptus, sumptus, Participia perf . 
pass. der obigen Verba, aus *comttis, *demius, 
*promtus, *sumtus (vgl. dicttis Part. perf. pass. von 
dtco). 
In der Volkssprache schob sich ein parasitisches p 
auch in der Gruppe -mn- ein; dafür zeugen Schreibungen 
wie autumpnm, contempno, sompnus, die man häufig in 
vulgären Texten antrifft. Die Leute von Bildung dagegen 
verwarfen diese Aussprache unbedingt. 

Anmerkung. — 1. *comtu8, *demtu8, *promtus, *sumtu8 
mußten nach § 81 *contti8, *denttM, *pr<mtu8t ^sunttM ergeben, doch 
war hier das m durch die Analogie wiederhergestellt worden. 

2. Übergangslaute ähnlicher Art wie die eben besprochenen 
finden sich in den verschiedensten Sprachen, im Deutschen be* 
sonders in Substantiven, die mit einem ^Suffix von Wurzeln auf 
m oder n abgeleitet sind, wie -Jcunft zu kommen, Vernunft zu ver- 



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90 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

nehmen^ Gun9t zu gönnen^ Kunst zu "können, femer in Bildungen 
wie Fähndru^, namentlich u. dgl., im Französischen z. B. in 
combler ^ausfüllen, überhäufen' aus lat. eum(ü)lärey nombre aus 
nüm(^)rum, pondre ^Eier legen' aus pön(ii)re. 

V. Verstummen des ersten Bestandteils einer 
Gruppe von zwei Konsonanten. 

§ 87. — Vor stimmhaftem Konsonanten ist s nach 
§ 64 in 2; übergegangen und dann unter Ersatzdehnung 
des vorhergehenden Vokals, wenn dieser kurz war, ver- 
stummt (siehe oben § 26, 1). 
Beispiele: 

%dem aus *t8dem (18 + dem) über *lzdem, 
judex aus *jüsdex Cquod jus dicat'; -dex für -dix 
nach Analogie des zweiten Bestandteils von Zu- 
sammensetzungen wie auspex, opUfex usw. auf 
Grund der Proportionsformel auspidis^ qptßcis: 
auspex, öpifex = jüdUcisix) über ^jüzdex. 
tredecim aus *tresdecim über *trB»decim, 
prelum 'Presse, Kelter' aus *presIom (vgl. pr^-siy 

Perfektum von premo) über *prS»lom. 
primus aus *pn8mo8 (vgl. priscus 'alt') über *pr%Z' 

mos, 
Igenus 'bedürftig' aus *$gesnos (vgl. eg^stas) über 

*egeznos, 
pöno aus *pö8(l)no (siehe § 26, 2) über *po»no, 
Vergleiche auch didüco, digero, dHäMo, dimitto, dfnöscOy 
gegenüber dXstorquSo, dl8cedo^ dispöno, dtssöc^o. 

Analogische Rückbildungen: ejusdem^ Gen. Sing, von 
^em, qutbusdam, Dat. Abi. Plur. von quldam, nach ejus 
und qvXhis, 

§ 88. — Vor / und s gab der dentale Nasal früh- 
zeitig seinen Mundverschluß auf, und seine Stimmband- 
schwingungen wurden zum vorausgehenden Vokal gezogen, 
was, wo es sich um eine Kürze handelte, deren Dehnung 
zur Folge hatte (siehe § 26, 2). 

Das Verstummen des n in dieser Stellung wird 
bezeugt: 1) durch auf archaischen Inschriften häufig 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 91 

begegnende Schreibungen wie iferos, cesor^ cosol; 2) durch 
die Abkürzung cos, für cönsul; 3) durch das oben § 26, 2 
erwähnte Zeugnis Quintilians; 4) durch ^umgekehrte 
Schreibungen' in vulgären Texten, wie z. B. occansio, ihen- 
saurus für occäsio, ihesaurus; 5) durch die romanischen 
Sprachen, z. B. französisch öpouse^ mois, toise '^Klafter', die 
auf spösa^ misem, tesa zurückgehen. Indessen haben bald 
etymologische Erwägungen das n zuerst in der Ortho- 
graphie und dann, zufolge des instinktiven Strebens des 
Volkes, die geschriebene und die gesprochene Sprache mit- 
einander in P^inklang zu bringen, wenigstens teilweise 
auch in der Aussprache wiederhergestellt. Das war nament- 
lich der Fall in den Zusammensetzungen mit con- und 
in-j wie beispielsweise französisch conseü, enfant^ ensemble 
zeigen, die auf lateinisch cönsiUum, mfaniem, fnsimül 
zurückgehen. 

B. Gruppen Ton drei Konsonanten. 

§ 89. — Gruppen von drei Konsonanten sind meistens 
auf zwei Konsonanten, oder sogar auf einen einzigen Kon- 
sonanten reduziert worden. Die Reduktion auf zwei Kon- 
sonanten wurde herbeigeführt: 

1. durch Assimilation zweier Konsonanten der Gruppe 
und Vereinfachung der hieraus entsprungenen Geminata; 

2. durch die Ausstoßung eines der drei Konsonan- 
ten unter den weiter unten zu nennenden Bedingungen. 

Die Reduktion auf einen einzigen Konsonanten wurde 
veranlaßt durch die eine oder die andere der beiden eben 
genannten Ursachen in Verbindung mit dem Verstummen 
eines s oder durch das Verstummen der Gruppe ns vor 
stimmhaftem Konsonanten. 

Assimilation und nachherige Vereinfachung der Geminata, 
allein oder in Verbindung mit dem Verstummen eines s. 

§ 90. — Beispiele: 
a) aspjro aus adspiro, *a8sp%ro (§§69 und 57,2); asto 
aus adsto, *assto (§§69 und 57,2); arsi, Per- 



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92 Geschichte der lateinischen Konsonanten. 

fektum von ardeo, aus *ardsi, *ar88i (§§ 69 und 
57, 3); s€nsi, Perfektum von sentto,, aus *sentsi, 
*senssi (§§ 69 und 57, 3); nox (d.h. nocs) aus 
*noct8 (vgl. den Gen. noctisX *nocSs (§§ 69 und 
57, 4). 
coi^cülum aus *cordcülom^ *coreculom (§§ 77 und 57, 3); 
sarmentum aus *sarpmentom, ^sartnmenfom (§§ 71 
und 57, 3). 
testiß aus *terstis (qui tertius stat 'der als Dritter 
dabeisteht'), *t€Sstis; tostus, Part. perf. pass. 
von totreo (alt *torseo; siehe § 75), aus *torst0s, 
*tosstos. 
Es könnte scheinen, als ob die beiden letztgenannten 
Beispiele mit dem weiter oben § 75 formulierten Gesetze 
in Widerspruch stünden. Dem ist aber nicht so, denn 
damit sich ein r nachfolgendes s assimilieren konnte, wie 
dies bei ferre aus *fer8e geschehen ist, mußte das s vor- 
erst stimmhaft werden, was in *ter8tis und *torstus wegen 
seiner Stellung vor stimmlosem t unmöglich war (siehe 
§ 63). Dies ist der Grund, weshalb hier die Assimilation 
im entgegengesetzten Sinne stattgefunden hat. 

süperstes '^überlebend' ist eine analogische Rückbil- 
dung; die lautgesetzliche Form supestes erscheint häufig in 
vulgären Inschriften. 

b) pöne Präpoe. 'hinter' und Adv. 'hinten' aus *postne 
(vgl. süperne Präp. 'über' und Adv. 'oberhalb'), 
"^posnne, *po8ne (§§ 70, 57, 3 und 87). 

Ausstoßung eines Konsonanten allein oder in Verbindung mit 
dem Verstummen eines «. 

§ 91. — Ein gutturaler Verschlußlaut ist zwischen 
r oder l einerseits und s, f, m anderseits und ebenso 
zwischen n und einem dentalen Verschlußlaut ausgestoßen 
worden. 

Beispiele: 

farsi Perfektum und fartus Part. perf. pass. von 
farc^ aus '^farcsi^ *farctos] sar^i Perfektum und 



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Geschichte der lateinischen Konsonanten. 93 

sartus Part. perf. pass. von sarcio 'ich flicke' 
aus *sarcsiy *sarCtos; fidsi Perfektum und fultus 
Part. perf. pass. von fulöto aus *fule8i, * fidetos; 
ultus Part. perf. von ulciscor aus *ulcto8. 
tormentum 1. 'Strick', 2. 'Folter', 3. 'Wurfmaschine' 
aus *torg(^mentom, *torcment(nn (§ 83; Ableitung 
von der Wurzel von iorqtUo 'ich drehe'); fiilmen 
aus *fulgmen (fulgeo): guemeus 'eichen' aus ^querc- 
neus (quercus), 
quindecim aus * quinqu(^)decim, *quincdecm, ^quing- 
decim (§§ 16, 83 und 63); quintus aus *quinq^tos, 
quinctos (§ 83). 
Die Gruppe -nct- ist auf analogischem Wege wieder- 
hergestellt worden in juncfus^ utictus, vinCttiSy Part. perf. 
pass. von jungo, unguo^ vintlo. Desgleichen findet man 
quinctus neben quintus^ besonders in den Eigennamen 
Quinctm, QuinCÜus, QuinCtJlis. 

§ 92. — Jeder labiale oder gutturale Verschlußlaut 
fiel vor 8, wenn auf dieses noch ein anderer Konsonant 
folgte. War der auslautende Konsonant der Gruppe stimm- 
haft, so verstummte s seinerseits unter Ersatzdehnung 
eines vorhergehenden kurzen Vokals in Übereinstimmung 
mit § 87. 

Beispiele: 
a) asporfo aus *apsporto; ostendo aus *opstendo (eigent- 
lich 'ich spanne davor aus'); stisc^pio aus *supscä' 
pio (mit Umlaut nach § 11, Ic). 
Die Präverbien ops- und sups- sind aps- nachgebildet 
auf Grund der Proportionsformel ap- (ab-):ap8 = 
op' Coh-)j 8up' (8ub->:x, 
sescenti aus *8excenti (x = es). 
Analogische Rückbildungen: abstüli, Perfektum von 
außro (die lautgesetzliche Form astuli ist uns durch den 
Grammatiker Charisius I, p. 237, 2 K. bezeugt), dexter, 
juxta, sexhis usw. Übrigens gehörten diese Rückbildungen 
ausschließlich der Schriftsprache an ; das Volk kannte nur 
dester, jtisia, sestm, wie dies zahlreiche vulgäre Inschriften 



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94 Die Silbe. 

und handschriftlich überlieferte Texte und besonders auch 
die romanischen Sprachen (vgl. altfranzösisch destre, jouste, 
sütes) beweisen. 

Anmerkang. — Derselben Redaktion der Gruppe gutturaler 
Verschlußlaut + s + stimmloser Konsonant zu ä -f stimmlosem 
Konsoncmt begegnet man heutzutage im volkstümlichen Fran- 
zösisch, wo man exclure, expUquer, extraire u. ä. häufig esclure^ 
espliquer, estraire aussprechen hört. 

b) ämitto aus *ap8mitto\ ^bibo aus *exUho\ sffmo aus 
*sup8(l)mo (mit Synkope gemäß § 16). 
jümentum ^Zugtier' aus jouXmentom (durch die im 
Jahre 1899 auf dem Forum von Rom gefundene 
älteste lateinische Inschrift bezeugt; ow Wonach 
§ 24); s^ecim aus *8eQCdecim; tela 'Gewebe' aus 
*texla (teoco 'ich webe'). 

Verstummen der Gruppe -na- vor stimmhaftem Konsonanten. 

§ 93. — Die Beispiele für diese Reduktion, die auf 
der Kombination der oben in §§ 87 und 88 formulierten 
Gesetze beruht, werden uns fast ausschließlich durch das 
Präverbium trans- vor stimmhaftem Konsonant geUefert, 
wie z. B. 

irädaco aus *tränsdüco; trämeo aus transmSo; träno 
'ich schwimme hinüber' aus transno. 

Neben diesen lautgesetzlichen Formen blieben stets 
auch die rekomponierten transdüco, tränsmeo, transno 
usw. im Gebrauch. 



Die Silbe. 

Silbentrennung. 

§ 94. — Die Artikulationsgruppen, die wir Wörter 
nennen, zerfallen in ebensoviele Teilstücke, als sie Vokale 
(oder Diphthonge) enthalten. Diese Teilstücke, die durch 
eine vollständige oder teilweise Verschlußbewegung der 
Mundorgane oder aber lediglich durch eine Unterbrechung 
der Stimmbandschwingungen voneinander getrennt sind, 
führen den Namen Silben. 



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Die Silbe. 95 

Im Lateinischen lag die Silbengrenze unmittelbar hin- 
ter dem Vokal (oder Diphthong), wenn auf diesen ein 
anderer Vokal oder ein einziger Konsonant folgte. Folgten 
dagegen auf den Vokal (oder Diphthong) zwei Konsonanten 
oder ein geminierter Konsonant, so wurde das konsonan- 
tieche Element regelmäßig unter die vorausgehende und 
die folgende Silbe verteilt. Eine Ausnahme wurde nur 
für die Gruppe Verschlußlaut + Zitterlaut oder Laterallaut 
(muta cum liquida) gemacht, wo beide Konsonanten zur 
folgenden Silbe gezogen wurden. Von drei Konsonanten 
endlich gehörten der erste und zweite zur vorausgehenden 
Silbe, wenn die Gruppe nicht auf Verschlußlaut mit 
folgendem Zitterlaut oder Laterallaut ausging. Im letzteren 
Falle lag der Silbeneinschnitt hinter dem ersten der 
drei Konsonanten. 

Man trennte also: 

1. a) rn^-us, gui-eSj quö-äd, 

b) cä'do, pau'pef% cae-cus, rö-sa, dö-mus, si-nus^ ä-ra^ cae- 
lum, 
Anmerkung. — Im Deutschen kennen wir keine offenen 
Silben mit kurzem Vokal wie dö-mus, si-nus; wir müssen uns 
daher hüten, den folgenden Konsonanten in solchen Wörtern zu 
der vorausgehenden und ssur folgenden Silbe zu ziehen wie bei 
der Geminata. 

2. a) ag-men, prop-ter, tectum^ ip-se, aes-täs, pis-cis am-bo^ 

ani-nis^ pug-na (g = i90, inSn-sa, or-do^ pul-vis; 
aber 
gua-drans, a-trox, fe-bris^ su-prä^ ae-grB^ lucf-um, locu- 

ples. 
Besonderer Art waren Zusammen Setzungen wie dbrumpOy 
sublätuSy in denen die Verbindung zwischen dem Verschlußlaut 
und dem Zitterlaut oder Laterallaut viel weniger fest war als in 
den eben aufgezählten Fällen, weil, wie oben (§ 85) dargelegt 
worden ist, die Präverbien sehr lange selbständige Wörter waren 
und wo man daher etymologisierend ab-rumpo, sub-lätus abteilte, 
b) ag-ger, gib-bics, sic-cuSj pos-sum, an-nus, il-le. 

3. dex'ter^ ins-tar, temp-to^ sanc-tus; 

aber 
spec-trum, plaus-trum, membrum, tem-plum. 



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96 Die Silbe. 

Die vorstehenden Regeln beruhen auf der in unsern 
besten Texten, inschriftlichen sowohl wie handschriftlichen, 
befolgten Praxis, die zweifellos die in der Aussprache üb- 
liche Silbentrennung getreu widerspiegelt. Die von den 
römischen Nationalgrammatikern seit dem 5. Jahrhundert 
unserer Zeitrechnung kodifizierte Methode schreibt in teil- 
weisem Gegensatz dazu vor, alle diejenigen Konsonanten- 
gruppen zur zweiten Silbe zu ziehen, die im Wortanlaut 
stehen können, also z. B. abzuteilen a-sptce, a-mnis, ca-sira, 
doch sind das rein theoretisierende Klügeleien, die keinen 
Anspruch auf sprachwissenschaftliches Interesse erheben 
dürfen. 

Quantität der Silben. 

§ 95. — Eine Silbe war kurz, wenn sie einen kurzen 
Vokal enthielt und darauf nur ein einfacher Konsonant 
folgte, wie z. B. die erste Silbe von cädo, cöquo {qu war 
ein einfacher Laut, siehe § 40). 

Eine Silbe war lang: 

1. Wenn sie einen langen Vokal oder einen Diph- 
thong enthielt, welches auch immer die Beschafienheit der 
nachfolgenden Konsonanz sein mochte, wie z. B. die erste 
Silbe von nimiSy paenCy actus (§ 26), fatistm. 

2. Wenn sie einen kurzen Vokal enthielt, auf den 
eine Geminata oder Konsonantengruppe folgte, wie z. B. 
die erste Silbe von messis (zu meto\ siehe § 84), sella (zu 
sed^o\ siehe § 72), neptis (vgl. nepös^ § 34), tango (Wurzel 
tag, vgl. tetigi aus *tetägi nach § 11, 1 c). Eine Ausnahme 
machten die Silben mit kurzem Vokal, auf den die Kon- 
sonantenverbindung Verschlußlaut + Zitterlaut oder Lateral- 
laut folgte. Diese galten bei den alten lateinischen Dra- 
matikern immer als kurz, z. B. patrem ^ ^, locuples ^ ^ — . 
Die Dichter der klassischen Zeit verwenden sie zwar bald 
als Kürzen, bald als Längen, wie der Vers Ovids {Meta- 
morphosen XIII, 607) 

Et primo similis volucri, mox vera volucris 



■I- --1^ -wl- 



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Die Silbe. 97 

beweist, aber man ist heute darüber einig, daß die Mes* 
sung als Länge in diesem Fall auf gelehrter Nachahmung 
der griechischen Prosodie beruht. 

§ 96. — Nach den römischen Grammatikern sind die 
Silben, die prosodisch als Längen gelten, obwohl sie einen 
kurzen Vokal enthalten, poaitione oder positu lang. 
Vergleiche Quintilian, Instit orat ES, 4, 86: certe in di- 
mensione pedum syllaba quae est brevis insequente vel 
brevi alia, quae tamen duas priores consonantes habeat, 
fit longa ut: agrestem tenui musam . . . a brevis, gres 
brevis, faciet tamen longam priorem, dat igitur illi aliquid 
ex suo tempore, quo modo, nisi habet plus quam quae 
brevissima, qualis ipsa esset detractis consonantibus? nunc 
unum tempus accomodat priori et unum accipit a sequente; 
ita duae natura breves positione sunt temporum quat- 
tuor "^Zweifellos wird bei der Messung der Versfüße eine 
kurze Silbe, wenn auf sie eine zwar ebenfalls kurze, aber 
mit zwei Konsonanten anlautende andere folgt, lang. So 
ist in agrestem tenui musam ... a an sich kurz, gres 
auch, längt aber doch die vorausgehende Silbe, gibt also 
etwas von seiner Zeitdauer an jene ab. Wie sollen wir 
uns nun das anders erklären als durch die Annahme, 
daß dieses gres eben länger ist als eine wirkh'che Kürze, 
was es ohne die Konsonanten wäre (d. h. wenn die Silbe 
nur aus einem vokalischen Element bestünde). So (d. h. 
so wie die Silbe gres tatsächlich beschaffen ist) gibt sie 
eine Zeiteinheit an die vorausgehende Silbe ab und er- 
hält ihrerseits eine solche von der folgenden; auf diese 
Weise bekommen zwei von Natur kurze Silben «durch 
Position» vier Moren'.^ Ebenso sagt Aulus Gellius, Noctes 
AUicae IV, 17, 8 von subiät, daß das wurzelhafte i: vim 
consonantis capit et idcirco ea syllaba productius latiusque 
paulo pronuntiata priorem syllabam brevem esse non pa- 



1 Man beachte, daß Quintilian als zweite Silbe -gres-, nicht 
-gre- nennt, was der Grammatikertheorie a-gre-atis abzuteilen zu- 
widerläuft. 

Niedermann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 7 



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98 Die SUbe. 

titur, sed reddit eam positu longam "... die Geltung 
eines Konsonanten bekomme und daß infolgedessen diese 
Silbe (d. h. die Wurzelsilbe) länger und gedehnter klinge, 
was weiterhin zur Folge habe, daß die ihr vorausgehende 
Silbe nicht kurz bleiben könne, sondern «durch Position» 
lang werde'. Die Ausdrücke positione oder positu, die 
wie die meisten technischen Ausdrücke der lateinischen 
Grammatik aus dem Griechischen übersetzt sind, bedeu- 
teten eigentlich ^durch Übereinkunft'. Die griechischen 
Rh3rthmiker stellten sich in der Tat vor, daß die Silben, 
die einen langen Vokal enthielten, durch sich selbst, zu- 
folge ihrer natürlichen Beschaffenheit lang seien, daß da- 
gegen diejenigen, die einen kurzen Vokal enthielten, auf 
den eine Geminata oder eine Konsonantengruppe folgte, 
durch eine besondere willkürliche Festsetzung als Längen 
gemessen würden. Da man indessen in Rom gegenüber der 
von den griechischen Philosophen viel erörterten Frage, ob 
den Dingen ihre Namen mit Naturnotwendigkeit zukämen 
oder ob sie ihnen vielmehr durch eine künstliche Verein- 
barung verliehen worden seien, sich gleichgültig verhielt, 
so mißverstand man hier bald die eigentliche Bedeutung 
von positione oder positu und brauchte diese Ausdrücke 
im Sinne von «durch die Stellung», d. h. durch die Stel- 
lung des Vokals vor einer Geminata oder einer Konsonan- 
tengruppe. 

Die Erklärung für die Längung der Silben ^durch 
Position' liegt in der Silbentrennung beim Sprechen. Eine 
auf zwei Silben verteilte Konsonanz längte die erste der- 
selben, weil eine geschlossene Silbe im Lateinischen immer 
lang war. 

Wichtige Anmerkung. — Man hüte sich vor 
dem weitverbreiteten Irrtum, der darin besteht, von posi- 
tionslangen Vokalen zu sprechen. 'Durch Position' wird 
die Silbe gelängt, aber niemals ihr Vokal. 



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Anhang. 99 



Anhang. 

Zwei inschriftliche Proben alten Lateins. 

I. 
In satarnischem Versmaß abgefaßte Grabschrift des 

L. Cornelius L. f(ilius) Seipio, Konsul 259, Censor 258 

v.Chr.; CLL,!, 32. 

hone oino ploirome cosentiont Romai 
duonpro optumo fuise niro 
Luciom Scipione. filios Barbati 
consol censor aidilis hie fuet apud uos 
hec cepit Corsica Aleriaque urbe 
dedet Tempestatebus aide meretod. 

hunc unum plurimi consentiunt Romae 
bonorum Optimum fuisse virum 
Ludum Sdpionem. filius Barbati 
comul, censor^ aedilis hie fuit apud vos; 
hie eepit Corsicam Äleriamqm urbem, 
dedit Tempestatibus aedem merito. 



II. 

Senatusconsultum de ßacchanalibus vom Jahr 186 
v.Chr.; CLL. I, 196. 

Q. Marcius L. f. S. Postumius L. f. cos. senatum 
consoluerunt N. Octob. apud aedem Duelonai. Sc. arf. M. 
Claudi M. f. L. Valeri P. f. Q. Minuci C. f. de Bacana- 
libus quei foideratei esent ita exdeicendum censuere. 
neiquis eorum Bacanal habuise uelet. seiques esent quei 
sibei deicerent necesus ese Bacanal habere eeis utei ad 
pr. urbanimi Romam uenirent deque eeis rebus ubei 

7* 



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100 Anhang. 

eomm uerba audita esent utei senatus noster decemeret 
dum ne miims senatoribus C adesent quom ea res coso- 
leretur. Bacas uir neqnis adiese uelet ceiuis Romanus 
neue nominus Latini neue socium quisquam nisei pr. 
urbanum adiesent isque de senatuos sententiad dum ne 
minus senatoribus C adesent quom ea res cosoleretur 
iousiset. censuere. sacerdos nequis uir eset. magister 
neque uir neque mulier quisquam eset. neue pecuniam 
quisquam eorum comoinem habuise uelet neue magistra- 
tum neue pro magistratud neque uirum neque mulierem 
quisquam fecise uelet. neue post hac inter sed coniou* 
rase neue comouise neue conspondise neue conpromesise 
uelet neue quisquam fidem inter sed dedise uelet. sacra 
in oquoltod ne quisquam fecise uelet neue in poplicod 
neue in preiuatod neue exstrad urbem sacra quisquam 
fecise uelet nisei pr. urbanum adieset isque de senatuos 
sententiad dum ne minus senatoribus C adesent quom 
ea res cosolereretur iousiset. censuere. homines plous 
y oinuorsei uirei atque mulieres sacra ne quisquam 
fecise uelet neue inter ibei uirei plous duobus mulieri- 
bus plous tribus arfiiise uelent nisei de pr. urbani sena* 
tuosque sententiad utei suprad scriptum est. haice utei 
in couentionid exdeicatis ne minus trinum noundinum 
senatuosque sententiam utei scientes esetis. eorum 
sententia ita fuit sei ques esent quei aruorsum ead fe> 
cisent quam suprad scriptum est eeis rem caputalem 
faciendam censuere. atque utei hoce in tabolam ahenam 
inceideretis ita senatus aiquom censuit uteique eam figier 
ioubeatis ubei facilumed gnoscier potisit atque utei ea 
Bacanalia sei qua sunt exstrad quam sei quid ibei sacri 
est ita utei suprad scriptum est in diebus X quibus 
uobeis tabelai datai erunt faciatis utei dismota sient. 

Q. Marcitis L, f(ilius), S(purius) Postumius L, /(ilius} 
consCules) senatum consuluerunt N(onis) Octob(ribus) apud 
aedem Bellonae, Sc(ribendo) adf(uerunt) M. Claudi(us) M^ 
f (ilius), L. ValeriCus) P. f (ilius), Q. Mimci(us) C. f (ilius). 



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Anhang. 101 

de Bacchanalihibs qui foederati essent ita edicendum c^nsuere, 
nequis eorum Bacchanal hdbuisse vellet siqui essent qui sibi 
dicerent necesse esse BaccJianal habere, ei uti ad pr(aetorem) 
urbanum Bomam venirent^ deque eius rebus, ubi emiim verba 
audita essent, uti senatus noster decerneret, dum ne minus se- 
natoribm G adessent cum ea res consvXeretur, Bacchas vir 
nequis adiisse vellet civis BomanuSy neve nominis Latini, neve 
sodorum quisquam, nisi prCaetorem) urbanum adiissent, isque 
de senatus sententia, dum ne minus senatoribus C adessent cum 
ea res consuleretur, jussisset. censuere. sacerdos nequis vir esset, 
magister neque vir neque mulier quaequam esset, neve pecu- 
niam quisquam eorum communem häbuisse vellet, neve magistra- 
tum, neve pro magisiratu neque virum neque mulierem quisquam 
fedsse vellet. neve posthac inter se conjurasse neve convovisse 
neve conspondisse neve compromisisse vellet neve quisquam fidem 
inter se dedisse vellet. sacra in occulto ne quisquam fedsse vellet, 
neve in publico neve in privato, neve extra urbem sacra quis- 
quam fecisse vellet, nisi pr(aetorem) urbanum adiisset, isque 
de senatus sententia, dum ne minus senatoribus G adessent cum 
ea res consulef^etur, jussisset. Gensuere. homines plus V uni- 
versi, viH atque mulieres, sacra ne quisquam fecisse vellet, 
neve interibi viri plus duobus mulierihis plus tribus adfuisse 
vellent, nisi de pr(aetoris) urbani senatusque sententia, uti 
supra scriptum est. haec uti in conüone edicatis ne minus 
trinum nundinum, senatusque sentenUam uti scientes essetis. 
eorum sententia ita fuit: siqui essent qui adversum ea feds- 
sent, quam supra scriptum est^ eis rem capitalem fadendam 
censuere. atque uti hoc in tabulam ahenam indderetis, ita 
senatus aequum censuit, utigue eamfigi jübeatis, ubi fadllime 
nosd possit, atque uti ea Bacchanalia, siqua sunt, extra quam 
siquid ibi sacri est, in diebus X quibus vobis tabellae datae 
erunt fadatis uti dimota sint. 



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102 Bibliographie. 

Biblio^aphie.^ 



A. Meulet, Introäuetion ä THude eomparaUve des langues indo- 

eurapSennes, Paris 1903. 
K. BauoicAinr, Cfrundriß der vergleichenden Grammatik der indo- 
germanischen Sprachen, I. Band (Einleitung and Lautlehre)» 

2. Auflage, Straßbarg 1897. 
K. Bbüoicavx, Kurze vergleichende Grammatik der indogermanischen 

Sprachen, Erste Liefemng (Einleitung und Lautlehre)^ 

Straßburg 1902. 
£. Sievers, Grundsüge der Phonetik^ zur Einführung in daa 

Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. 

5. Aufl., Leipzig 1901. 
0. Jespebseh, Lehrhudi der Phonetik. Deutsche Übersetzung von 

H. Dayidsen, Leipzig 1904. 
V. Hevby, Prieis de grammaire comparie du grec et du latin, 

5. Aufl., Paris 1894. 
P. GiLEs, VergleicTiende Grammatik der klassisehen Sprachen. 

Deutsche Ausgabe von J. Hertel, Leipzig 1904. 
F. Skütbch, Die hxteinische Sprache, in: Die Kultur der Gegen- 

wart; herausgegeben von P. Hinneberg, Teil I, Abteilung 

Vm, S. 412—451, Berlin und Leipzig 1905. 
F. Stolz, Historische Grammatik der lateinischen Sprache. Leipzig 

1894. 
F. Stolz, Lateinische Grammatik. 8. Aufl., München 1900 (Iwan 

von Müllers Handbuch der klassischen Altertums- 
wissenschaft, n. Band, 2. Abteilung). 
W. M. LiNDSAY, Die lateinische Sprache, Deutsche Übersetzung 

des englischen Originals von H. Nohl, Leipzig 1897. 
F. SoMMBB, Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre. 

Heidelberg 1902. 
M. Bb^al und A. Baillt, Dictionnaire etymölogique latin. 6. Aufl., 

Paris 1906. 
A. Walde, Lateinisches etymologisches Wörterbuch. Heidelberg 

1906. 



^ Diese Bibliographie will nicht etwa als ein Verzeichnis 
der vom Verfasser benutzten Quellen, sondern lediglich als eine 
Wegleitung für den Benutzer zu tieferem Eindringen in den be- 
handelten Stoff aufgefaßt sein. 



-<>-?^-e>- 



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103 



Verzeichnis der zitierten lateinischen 
Autoren. 

(Die in Klammern beigefügten Zahlen beziehen sich auf die Seite.) 



Accius (11), 170 — ungefähr 86 v. Chr. 

Alkuin (2), ungefähr 785—804 n. Ohr. 

Caesar (38,71), 100—44 v. Chr. 

Cassiodor (67), ungefähr 490 — ungefähr 585 n. Chr.; zitiert nach 
den Seitenzahlen der Grammatici IcUini ex recensione 
H. Keilii (K.). 

Catull (47,56), 87—54 v. Chr. 

Cato (2), 234—139 v. Chr. 

Charisius (93), 4. Jh. n.Chr.; zitiert nach den Seitenzahlen der 
GrammcUid Itxtini ex recensione H. Keilii (K.). 

Cicero (2, 12, 32, 41, 46, 52, 54, 62, 70, 71, 75, 88), 106-43 v. Chr. 

Ennius (2, 35, 54, 65, 69, 75), 239-169 v. Chr. 

Fes tu 8 (65), Anfang des 3. Jh. n. Chr.?; zitiert nach den Seiten- 
zahlen der Ausgabe von £. Thewrewk de Ponor (Th.). 

Gellius (34,42,97,98), unter Mark Aurel. 

Horaz (25), 65—8 v. Chr. 

Livins Andronicus (2,48), ungefähr 284— ungefähr 204 v.Chr. 

Livius (ffistoriker; 48), 59 v. Chr. — 17 n. Chr. 

Lucilius (54), 180-102/101 v. Chr. 

Lucrez (30,80), 98—55 v. Chr. 

Martianus Capeila (30), um 420 n. Chr. 

Marius Victorinus (48), 4. Jh. n.Chr.; zitiert nach den Seiten- 
zahlen der Grammatici latini ex recensione H. Keilii (K.). 

Naevius (2,49), ungefähr 265 — ungefähr 200 v. Chr.; die Vers- 
zahlen nach Lucian Müller (M.). 

!Nigidius Figulus (42), gestorben 45 v. Chr. 

Nonius Marcellus (51), I.Hälfte des 4. Jh. n. Chr.; zitiert nach 
den Seitenzahlen der Ausgabe von J.Mercier, Paris 1583 (M.). 

Ovid (43, 58, 59, 96), 43 v. Chr. — 17 n. Chr. 



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104 Verzeichnis der zitierten lateinischen Autoren. 

Paulus Diaconus (17/18,21,39,41,48,52), ungef&hr 725—797 

n. Ohr. ; zitiert nach den Seitenzahlen der Festusausgabe 

von E. Thewrewk de Ponor (Th.). 
Plautus (2,20,80,69,71,75,81,88), ungefähr 254—184 v. Ohr. 
Pompejus (13), 2. Hälfte des 5. Jh. n. Ohr.?; zitiert nach den 

Seitenzahlen der Grammatid latvni ex recensione H. Kei- 

lii (K.). 
Priscian (60), um 520 n.Ohr.; zitiert nach den Seitenzahlen der 

Grammatid latini ex recensione H. Keilii (K.). 
Quintilian (11, 17, 18/19, 19, 25, 33, 35, 38, 47, 50, 52, 53, 55, 59, 61, 

62, 70, 73, 81, 88, 91, 97), ungefähr 35 — ungefähr 95 n. Ohr. 
S er vi US (35), geboren um 355 n. Ohr. 
Sueton (32), ungefähr 75 — ungefähr 160 n.Ohr. 
Terenz (69), ungefähr 200—159 v. Ohr. 
Varro (27,29,52), 116—27 v. Ohr.; die Fragmente zitiert nach 

G. Wilmanns, De M. Terentii Varronis libris grammaticis 

(Wilm.). 
Velius Longus (38,60, 61, 62),. unter Hadrian; zitiert nach den 

Seitenzahlen der Grammatid latini ex recensione H. Kei- 

lü (K.). 
Vergil (26,39,43,51,60,61,69,70,71), 70-19 v. Ohr. 

Oorpus inscriptionum latinarum ((7. 1. L.; 20, 28, 29, 30, 
31, 39, 44, 49, 50, 56, 60, 62, 63, 65, 83). 



--^fh- 



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105 



Wortverzeichnis. 

(Die Zahlen beziehen sich auf die Seite. Aufgenommen sind die 
Wörter auf den SS. 1—94.) 



A. 

a 75 

ab 75, 93 
abdoucit 31 
ahduco 72 
äbeis 38 
dbeo 38 
abicio 25, 26 
äbiea 20 
abietis 20 
a&t^o 16 
äbis 38 
abjectus 21 
€i5n6</o 78 
a&ntio 78 
II&« 75 
abstineo 16 
a5«tt«2t 93 
ac 39, 87 
accipio 18, 19 
aceresco 67 
accumuZo 67 
accu8(8)o 23, 31 
octtto 34 
oceus 34, 72 
ad 49, 67 
<idacttt8 34 
a(26i&o 83 
a(?e9 69 
adfero 75, 76, 
a(2/i^o 75, 76 
adgero 82, 83 
adhibeo 18 
a(2tcto 26 
a<2imo 18 
adlatus 79 



79 



a(22ojt«or 79 
admoveo 78, 79 
flkiwoto 77, 78 
adopto 22 
adsequor 77 
adspiro 67, 91 
a(28«o 91 
a(29um 76, 77 
adtenuo 88 
adtuli 88 
aec^em 28, 29, 60 
aedea 28 
aedißdum 17 
a«(iu8 29 
acr« 49 
aeri 49 
oem 52 
ae8 49, 52 
Ae8erninu(8) 54 
aetatem 29 
a/f«ro 75, 79, 88 
affigo 75 
ageeps 11 
agcora 11 
agdlus 80 
a^er 80 
a^^ero 82, 83 
aggulus 11 
ei^iJis 37 

(1^0 16, 34, 37, 72 
aic^e 28, 60 
aidea 28 
^fYi^aa; 62 
atYt> 62 
aiiunt 62 
amd 49 



aliud 49 
a{it<« 49 
aZZaeu« 79 
cUloquor 79 
aJt^earia 43 
ama 40 

amare 52, 55, 69 
amaria 55 
ama« 69 
amitto 94 
ammoveo 78, 79 
amit«^o 78 
amntio 78 
anas 57 
ancepa 11 
anc/iora 46 
ancora 11, 46 
^ncii(V 54 
angulua 11 
antmaZ 40 
ammalt« 40, 52 
annecto 78 
awnüor 78 
annoto 77, 78 
atmu« 21 
anaer 57 
ai>- 93 
apere 42 
opcno 72 
opio 30 
ApcAUnia 37 
Apolonea 37 
apjpefo 3, 4 
op«- 93 
aptua 21 
o^uat 39 



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106 



Wortverzeichnis. 



arhoa 55 
areeo 21 
arcubus 18 
arcM 18 
ardeo 68, 81, 92 
ardere 24 
arenam 52 
aru^tf a 24 
aries 20 
amt»9 20 
am 68, 81, 91 
arundo 57 
asa 52 
a«c«9u2o 21 
osma 52 
asinua 54 
flwptVo 67, 70, 91 
asporto 93 
a<8ec2a 87 
assequor 76, 77, 87 
assigno 11 
assisto 11 
aasum 76, 77 
asto 91 
osfu^t 93 
atfero 76 
flrf/?^o 76 
atque 39, 87 
atoptVo 67 
attendo 67 
aUeniM 88 
cUtingo 23 
attHhuo 67 
o^uJft 88 

aticep« 18, 25, 37 
aticupM 18 
audtf^ 35 
audire 35, 52 
audivit 35 
aufero 93 
aiiZa 71 
otfZat 39 
auZZa 71 
aurai 39 
aMfea 43 
aurifex 18, 37 
aurufex 18 
aurMm 37 
auapea; 3, 16, 90 
auspicia 3, 16, 90 
atUumpnua 89 



aiia»7«am 58 
ave 40 
avere 40 
avi9 37. 



B. 

bac(c)a 65 
foccAu« 46 
barha 21 
5a«f 8 53 
&en« 40, 48 
heni 48 
&u2iiom 38 
biduum 38 
btenmum 21 
biforis 22 
&m48 
bonorum 60. 



C. 

eado 16, 34, 87 
caedo 23, 71, 72, 78 
caelum 58, 71, 79 
coementum 72, 78 
Caepio 46 
eaeruleus 58 
calcar 40 
cdlcaris 40 
caZdtt« 25 
caJioM 37 
ealtdtM 24, 25 
caltx 37 
canali8 66 
canna 66 
cono 16 
cantabam 40 
eatUdbcu 40 
cantoi 64 
cope 39 
ca|>to 18, 37 
capitis 17 
capu^ 17 
carpo 21 
ca«r«^u« 34, 53, 70, 

71, 87, 88 
ca^« 40 
catus 45 



catf8f>;a 23, 31, 53» 

70, 71 
-ce 83, 85 
ceeidi 16 
c«eü2t 23 
cecini 16 
O0na 9 
cera 29 
Cereres 37 
Cercm 37 
ctfTvicoZ 58 
c«««r 91 
Cetegua 46 
CeeT^t» 46 
ceu 31 
chenturio 47 
cAommoeZa 47 
diorona 47 
c^oru« 11 
cinerM 19 
cinia 19 
cmum 53 
dGiara 11 
cJto 15, 40 
dma 9 
dam 41, 85 
clanctüivin 85 
daa(a)i8 70 
claiMio 23, 73, 89 
cfatMt 73 
clauatrum 89 
coaleaco 42 
coc^Ma 87 
codiux 64 
co«^i 42 
coepi 30, 31, 41 
coerceo 21 
coetua 41 
co^o 41, 42 

OOi^M« 41 

colZt^o 3, 4, 16 
eölloquium 79, 80 
Collum 74, 80 
oolum^n 28 
com- 85 

come<2o 3, 4, 22 
Cornea 85 
commlnuo 15 
commoda 47 
commotnia 30 
communis 30 



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Wortverzeichnis. 



107 



como 41, 89 
eomoinem 30 
compitum 16 
complodo 32 
compono 85 
compsi 89 
comptus 89 
ccm- 33 
concenatio 85 
concino 16 
concrepuit 33 
concMÄM 76 
coneutio 25, 76 
cow/cci 26 
canfedt 33 
con/€cttim 26 
confectus 34 
coN/icto 17, 26, 43 
eonfiteor 16 
conflovont 62 
confringo 26 
eanicio 26 
conjeci 26 
conjectMm 26 
conjido 26 
cof«>i;tia; 64 
can2o^M«t<m 79, 80 
comminuo 15 
eonposuit 33 
con^utmsco 82 
con9C€n(2o 21 
consentio 22, 38 
co(^»>cw^w)nt 37, 38 
cansentitint 37 
conservos 22 
con5t7tt<m 91 
conspicio 67 
constüi 3 
consuevit 33 
con«t4Z 91 
cotwtttoria 58 
consüles 33 
contempno 89 
contexo 85 
c(m<tcc«co 17 
continuos 16 
contto 41, 63 
contübernalia 18 
conwco 22 
copia 41 
eopüla 41 



63 



cogiio 87 
coram 41 
cotcmZwi» 68, 92 
cor^t« 68 
comiger 17 
comit 17 
corotia 46 
corporis 23 
corpt« 23 
corripio 79 
corrumpo 80 
corumpo 80 
cortfp^ttö 80 
coa 45 
coÄoi 91 
coventio 41, 
crebesco 59 
crefercsco 59 
cr«5rwt 59 
cre&ut 59 
cübital 58 
cuZmen 28 
cumM^are 90 
cifp^p^a 66 
CMrr«5 39, 66 
ct«rttZi8 66 
ct«rvo8 22. 

D. 

däbifsj 55 
eZacnma 48 
dare 20, 49 
dato 49 
datod 49 
dcUor 56 
datiM 16, 45 
dautia 48 
d^amo 42 
debere 48 
<fec€m 63, 85 
decet 26 
dectdo 16 
decoris 23 
(tectw 22, 23 
dedecus 22 
dcderowt 38 
dederunt 38 
d^di 15 
dediaco 22 
cfee»«« 42 



defero 51 
(2«^i 41 
dego 41, 42 
dehinc 43 
d^tceren^ 28 
deico 28 
de»itd^ 43 
delere 52 
(ieZfcfwm 87 
deligo 16 
dßZmguo 87 
-dem 85, 90 
demo 41, 89 
dempsi 89 
demptus 89 
den« 44 
deoraum 63 
desoendo 21 
deses 37 
desidis 37 
dmZto 17 
despicio 67 
deaae 42 
dester 93 
de^^iti 15 
destfper 53 
detreeto 21 
dftrier 93 
dextrorsum 63 
die 39 
dtco 28, 89 
dictatored 50 
dtc^MS 89 
dtdttoo 90 
die 49 
diei 35 
dtes 35, 49 
difeidens 28 
dt/feido 28 
dt/fero 84 
dißcüis 17, 84 
dtZ-Zido 28, 84 
difßteor 16 
diffundo 84 
dij^ero 90 

dt^ntw 11,26,77,78 
düanio 90 
dimico 15 
dimtdtti« 15 
dimitto 90 
dinpua 48, 49 



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108 



Wortverzeichnis. 



dimsco 3% 90 
diribeo 56 
dirigo 16 
dirimo 52 
du 63 
dis- 67 
discerpo 21 
düdndo 67 
(2i8cip{ina 24 
(2i«ciptiZt<« 24 
d«9C0 22 
disertua 67 
<2i8pu;to 67 
displodo 32 
diapono 90 
(lisputo 22 
(2t«^«i6 <ti2is«0n< 88 
(imettulo 67 
diaseco 3, 4 
(7i9den^to 22 
dissero 67 
(2»Mtnit2td 67 
diasocio 67, 90 
dt^^ptcio 67 
d«*o 67 
distorqueo 90 
<2»fe 63 
diu 63 
(Wttor 63 
({»eis 63 
ditiaaimua 63 
(2tt« 85 
dwea 37, 63 
(2»vt<2o 87 
dm8(8jio 53, 70, 71, 

87, 88 
dimtior 63 
dmiid 37, 63 
divitiaaimua 63 
(2oc« 40 

documentum 18, 19 
dont« 38 
dowm 37, 38 
donum 37, 38, 45 
duc 39 
cfwco 30 
ät«o62 
(Itivo 62 
dvonoro(m) 62. 



£. 

e- 75 

eam 85 fg. 

eamdem 85 fg. 

eanefem 85 fg. 

earum 85 fg. 

earufiK^em 85 fg. 

eart(n(2«nt 85 fg. 

ebibo 94 

cc- 75 

ecfari 75 

ecferet 75 

e(2t^t<^ 16 

e(2o 4, 22, 44, 87 

educo 32 

edMS 29 

effectua 21, 34 

ejfero 75 

efferua 20 

e/fundo 22 

«^«nti« 90 

egestaa 90 

eüttö 62 

ejus 90 

6ju5(2em 90 

emi 44 

tmico 15 

eminßo 86 

emo 17, 44 

en(2o 21 

endoatruos 21 

en«ti«m 37 

en«»s 37 

eo 40 

eorum 85 fg. 

eorumdem 85 fg. 

eamneZem 85 fg. 

eQ[ii« 44 

equom 51, 61 

equoa 38, 44 

equtia 38 

m^o 16 

erit 52 

enw 57 

CÄ 69, 70 

esae 49, 52, 69, 70, 74 

est 44, 52 

essua 87, 88 

eeiam nunc 60 

gww 85 fg. 

eumdein 85 fg. 



«Mtkltfm 85 fg. 
eoidena 15 
ftr- 68, 75 
excerpo 21 
ea;c»eo 15 
exemplum 89 
exerceo 21 
eximitia 18 
eximo 89 
explodo 32 
exaatio 68 
e^(^^cu2po 68 
exaüium 17 
exaolvo 68 
exaomnis 68 
ex{8)polio 68 
«a:(^«,)<rtio 68 
ea;8tt2an8 17 
eovtiZto 27, 43 
eo^em^o 87 
tfo^eifm 87. 

F. 

/■o&a 48 

Fdbaria 59 

/oc 39 

/accti« 17 

/aciZi^ 22 

/acto 17,34,37,43,45 

/act« 37 

/acftVo 34 

/VictM« 21, 34 

/atZ^a 64 

2^aZ«rM 19 

Faliaci 19 

/alto 21, 51 

famüia 17 

famülua 17 

/arcio 81, 92 

Farfarus 59 

/am 81, 92 

/artu« 92 

/ateor 16 

/aw/Za 64 

fax 37 

/•«Ji 45 

fefeUi 21, 51 

/ctdo 44 

fei 69 

/"«»i« 69 



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Wortverzeichnis. 



109 



fer 39 

fere 40 

ftriae 52 

ferimus 18, 19 

fero 26 

ferre 74, 80, 92 

fwus 20 

/e8Ü8 52 

ftstus 52 

/¥(2o 44 

/^» 42 

filioa 37, 38 

/Utf<8 37 

fimus 35 

/?nto 35 

finire 35 

/lo 35 

^ 35 

firmus 22 

flagrare 58 

Flaums 32 

/Ze&am 35 

/2«o 35 

FZoriM 32 

/^werc 62 

flumen 16, 37 

fluminis 16, 37 

/^«t^er« 62 

/Ztitnus 62 

fodi 45 

/b(2to 34, 45 

foederum 52 

fotdesum 52 

/bßdiM 'häßlich' 30 

/ocdti« 'Vertrag' 30, 

44 
/"oetor 30 
foidertxtei 44 
foidos 44 
/brc« 22 
/br/ßc 37 
/btyScis 37 
/brw 22 
fossas 34 
/büea 63 
frctgrare 58 
frigora 36 
/ri^i«« 36 
frmntwr 22 
/rtior 62 
fruuntur 22 



fruvor 62 
/WZcio 93 
fülerum 58 
/W^«o 93 
fuZM 93 
fu^men 93 
/t«2^ti« 93 
ftituio 22 
i^'tin» 52, 53 
Fusii 52, 53. 

gaesum 53 
gaUina 67 
^aZZtid 67 
genera 36 
^eneri« 37 
p«netru;em 45 . 
genetrix 45 
genitor 45 
genitorem 45 
^enui 44 
^enti« 37 
pcro 70 
gf««s* 70 
^t^no 44 
G^iaHt(ar»t4« 64 
Giove 64 
glacies 35 
gladei 35 
pZtifto 71, 78 
pZtima 71, 78 
G^raccAu« 46 
Graceus 46, 47 
gradior 79 
^raZio« 79 
^rut8 35 
^rt« 35. 

H. 

haheo 18, 22 
ftaedtts 29 
hanc 83 
Äan-c 83 
harundo 57 
haruspex 37 
haruspicis 37 
^atid 50 
^urio 52 
%at<8tiim 52 



^ve 40 
havere 40 
%emo 41 
Am 29, 52 
herus 57 
hesterniis 52 
Äic 69, 83 
^temts 37 
hiems 37 
ftin^icfioa 47; 56 
hirpex 57 
^c 69, 83 
holus 27, 57 
%omo 41 
honce 83 
Aonestu« 45 
Aonor 45, 56 
honorem 45 
^ono3 56 
humerua 57 
Aunc 83. 

I. 

iccireo 83 
m2 83 
iddrco 83 
»<2em 32, 73, 90 
ifero» 91 
««CO 17 
ülacrimor 22 
i22a/ie5 80 
iZZe 49 
iUi 35 
tUi(2o 24 
Ulis 39 
t72ti^ 35 
iZ^iid 49 
imbellis 85 
imberhis 21 
tm&t«o 85 
immemor 86 
imtnineo 86 
»mmintio 15 
tmmttis 86 
immoeZtfra^us 86 
immo2o 86 
immuto 86 
tmpiieZicttö 22 
in- 33, 85 
ineeideretia 28 



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110 



Wortverzeichnis. 



inceido 28 
inctdo 16 
incido 28 
incomparahilis 48 
incomparavüis 48 
indoctus 33 
induro 85 
tn(7t««^nt«8 21 
tneo 85 
ineptus 21 
tnfatttem 91 
tn/aia; 33 
infero 80 
in/feni« 24, 43 
inficetus 17 
infirmus 22 
t«/ra 24, 43 
ingenuos 85 
tn^Mmanttö 33 
tnmctnor 86 
inmineo 86 
inmoderatus 86 
inmo2o 86 
tnnoctfo^ 87 
»nnoa?tii« 87 
inopia 41 
inquietfM 85 
tnrevoca&i^iff 79, 80 
tn^antis 33 
insidiae 15 
tn^idtas 47, 56 
tn^tmuZ 91 
insulms 23 
intactua 85 
tnt»5i«m 18 
in^ror^um 63 
«n^M&um 18 
inutüis 85 
invioem 15 
tp9» 35 
ipsius 35 
irpcrc 57 

irrevocabüis 79, 80 
trri^o 15 
irriguo8 15 
trn^M« 16 
t» 90 
ita 16 
ieidem 16. 



J. 

jaeio 26 
joctitö 21 
Januarius 64 
jauxmentam 94 
cTot^e 64 
itiieo; 90 
judicia 90 
«/tfZt'a 64 
jftiift^ntuni 94 
junctus 93 
jüngere 64 
jungo 93 
junior 24, 25, 41 
Jupfpjiter 64, 66 
yum 52 
itw 52 
itwto 93 
Jmtus 64 
juvenia 41 
juventa 62 
jMir^a 93. 



ä: = Äakwo 9 

£: oder ÄoZ = Za- 

lendae 9 
Z*^ = capitaZi« 9 
kaput 9 
Ä^arus 9 
Kartago 46 
^-ff = castrorum 9. 



L. 

Za&or 55 
{a&os 55 
lae 37 
lachrima 46 
/acrima 46, 48 
lacrimo 22 
kiceia 37 
;a6(2o 24 
^36« 52 
lasibus 52 
Zaenna 41, 63 
lautia 48 
lavatrina 41, 63 



2e&are 48 
fecfua 34 
legere 20, 52 
legerupa 20 
/c^/(ßr 19 
legimus 18, 19 
/«^o 3, 4, 16, 27, 34 
Lemuria 58 
Jen« 36 
Imiit 35 
2m»re 35 
Jent« 36 
lenivit 35 
26f7ar« 48 
liherta 48 
Zi&erfa&u8 48 
2t&ertovu« 48 
libet 18 
if ctor 40 
lictaris 40 
it^n«m 27, 77, 78 
limpha 12 
Ungere 49 
lin^tca 48, 49 
lü(t)era 66 
Zi^rtlti« 66 
Zocttö 17 
20MC09 31 
ltd)et 18 
£i«cu>m 60 
Lucium 60 
ZucfMiii 58 
ZtictM 31 
ludo 76 
2tinam 58 
lusi 76. 

M. 

machina 11 
Jlfaeatu« 29 
ma^e 55 
ma^ts 55 
magistratu 49 
magistrcUud 49 
ma(jrtstratu« 37, 49 
mcu^us 45, 60 
Maia 62 
^aiia 62 
maiiorem 62 
majestas 45 



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Wortverzeichnis. 



111 



majorem 44 
majosem 44 
majosibus 52 
majus 45 
manceps 18 
mancipis 18, 19 
mancupis 18, 19 
fnani2m8 18 
manica 17 
manifestus 18, 19 
manu/V«fu8 18, 19 
tftantM 17, 18 
mare 36 
mofia 36 
Jlfato 46 
maximua 19 
medius 15 
me{ 37 
meliorem 52 
meliosem 52 
«leZiost&tM 52 
meZZi» 37 
merito 49 
meritod 49 
mmtum 49 
mcrtar« 81 
titeaem 91 
Mesitu 29 
me8«i8 88 
mea^ 76 
mM«i«9 34 
«ie<o 34, 76, 88 
mi 41 
iitteo 15 
mihi 41, 42 
mÜM 54, 69, 70, 76 
milia 71 
militaris 58 
miZieis 76 
miUe 71 
mtmmu« 19 
mtntio 15 
missua 70 
mttc 39 
mitto 70 
mo(2o 40 
moenia 30 
moeru8 30 
utola 86 
mo>t9 22 
mortoZi« 58 



muc(c)u8 65 
miüceo 81 
mtiZ^' 81 * 
muZeum fZZ« 59, 60 
munire 30 
murua 30. 



natisea 53 
navoZi« 58 
«ec 39, 87 
necia 37 
netno 41, 56 
nempe 82 
n«po« 45 
n^otem 45 
neptem 45 
nepHa 45 
ncgwe 39, 87 
neu 31, 39 
neu^er 31 
neve 31, 39 
nco: 37 

nihil 41, 42, 56 
mZ 41 
ninguit 50 
ttisi 53 

nivis 37, 50, 87 
wia; 37, 50, 87 
noctis 37, 92 
nonus 63 
noutrix 31 
novem 63 
«ovttoÄ 17, 20 
novos 17, 20 
noru« 17 
nox 37, 92 
nu&o 72 
nucis 37 
Numasid 20 
JVtima9to8 20 
MMmertim 90 
Numerius 20 
num^n«« 20 
nt<j7s» 72 
nutrix 31 
wwä; 37. 



0. 

06- 78, 93 
(Mo 72 
o&(Zuro 73 
6bfero 75, 76 
obfundo 75, 76 
o6^ero 82, 83 
obido 26> 
oftici^ 26 
obtideo 15 
o&t^o 3, 4 
o&^tti^o 73, 76 
öbtrecto 21 
occa(n)8io 91 
occupo 18, 19 
oc^ittMCO 82 
odi 45 
(xZtiim 45 
0(ior 48 
oenus 30 
ofeZZa 67 
offa 67 
o/fero 75 
officina 75 
o/i(«cto 17 
offundo 75 
o^^ero 82, 83 
otnort»; 29 
oinos 29 
oi808 30 
oZerc 48 
oUa 71 
oZoes 39 
olu8 57 
omt«*o 78, 79 
op' 78, 93 
02>€rto 72 
operis 52 
op/ero 76 
opfundo 76 
opi/ea; 75, 90 
opificina 75 
opifids 90 
opoa 37, 38 
oppefo 67 
opprimo 67 
02» 93 

optimus 18, 19, 54 
opftneo 73 
pp^o 22 



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112 



Wortverzeichnis. 



qptumus 18, 19 

opus 37, 52 

Orcivius 46 

ordinis 37 

ordo 37 

oris 41 

08 37, 54, 69, 70 

Ö8 41 

08M8 37, 69 
ostendo 93 
OfAo 46 
Ofo 46. 



P. 

paimentum 64 
j)a2am 41 
Palüia 58 
j>aM^o 17 
paar 64 
paorem 64 
Popmu« 53 
iwrco 21 
jMirtes 20 
parietis 20 
PortZta 58 
j9ario 20 
PC188US 8um 88 
potior 88 
pawa 53 
pat;«men(t«m 64 
pavor 64 
-2)c 82 

i)«<fi8 20, 76 
pelegrinus 58 
pelUcio 80 
i)c«o 27, 81 
pellttceo 80 
pendo 44 
penna 77 
peperei 21 
peperi 20 

p^- 67 
perdisco 22 
pere^nnttö 58 
perfacilis 22 
j)er^o 67 
periclum 58 
perlicio 80 



per^ttceo 80 
perreoci 67 
perrogo tS7 
perfinoa: 16 
pervuieo 15 
|)es 20, 76 
pessimus 68 
peto 4, 16, 77 
j9At7irtim 11 
ptctoi 39 
jHcts 37 
pietas 20 
jn;u8 62 
jpto« 20 

piu8 20, 35, 62 
pix 37 

pZautlo 32, 77, 87 
plau8i 77 
plau8(8)u8 87, 88 
pZau«tra 32 
p?cW 73 
|)Ze&t9 73 
pleb8 73 
|)2e|)« 73 
plodo 32 
plostra 32 
|)Ziiit 62 
pZitnma 52 
pZtt«ima 52 
pluvia 62 
pZt«tnt 62 
po- 32 
poclum 58 
|)0«na 30 
Poenu8 30 
pölenta 28 
jt>o72en 28 
pando 44 
pone 92 
ponere 90 
i^ono 32, 90 
porrigo 16 
po«itus 32 
posAKmud 18, 19 
posthaheo 22 
poees 69 
praecho 47 
pra^cino 16 
praedd 49 
praesideo 3, 4f, 15 
praestigiae 59 



praestringo 59 
praidad 49 
prelum 90 
premo 90 
j>re8M 90 
j>nmiw 90 
j!>rt«cu9 90 
probai 64 
probavi 64 
pradigus 16 
prodütM 16 
profiteor 16 
prohiheo 18 
promo 89 
j^romontortum 22 
prompsi 89 
j>roffiptt«8 89 
j^romtentunum 22 
propietas 59 
propitid 59 
proprietas 59 
propriiu 59 
|)fotector 34 
protego 34 
pro&täi» 15 
pudicus 22 
|)w?c«r 12, 46 
pulcfter 12, 46 
PuZcīr 46 
puls 28 
imZ8U8 27, 81 
ptUtare 81 
pulverü 19 
piiZinnar 58 
piiZm 19, 28 
P«in«cus 30 
pumVe 30 
pt«nt8 40 
ptint^ 40 
pw<a 36, 40 
j9utore 40 
ptifo 22. 



^ome» 9 
quaerit 29 
guoero 29 
^tuiira^M 29 
jttatVo 29 



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Wortvenseichnis. 



113 



qttam 85 
quamdiu 85 
quandiu 85 
qucmtum erat 59/60 
quasei 40 
qtuMi 40 
quassus 88 
guotto 88 
quercus 93 
giiemeus 93 
gticror 52 
questuR 8um 52 
^i«i 9 
quibtia 90 
^i6u«<2am 90 
gmcgtMim 82, 83 
quid 82 
quidam 90 
guid^tcam 82, 83 
Qtimc^»7M 93 
Quinctia» 93 
Qt^mc^us 93 
quindeeim 93 
quifUiM 93 
gfutppe 82 
quodltbel 18 
gwra 9. 



rado 71, 72, 79, 88 
rällum 71, 79 
ram^ntum 72 
rancidu8 22 
rajpto 18 
raatrum 88 
ratua 16 
raticus 25 
ravis 25 
reecidi 25 
recicio 25 
recipero 18 
recupero 18 
recurvos 22 
re<yere 20 
reddidi 15 
rcdÄiftco 18 
re(2»mo 18 
redueis 37 
re^Ma; 37 



refectua 21 
re/ello 21 
r«f<ßro 25 
r«/?cto 51 
regalü 58 
r«5fO 16, 67, 72 
m 35 
rem 43, 60 
reffteo; 37 
remua 37 
repello 25 
reperio 20, 25 
repperi 25 
reppuli 25 
re« 35, 43 
r««e(to 53 
re^iduo« 15 
r««tt'tt 15 
rettceo 17 
retro 40 
retrorsum 63 
re/ewZi 25 
fftc» 72 
tigo 15 
rompAaea U 
rosa 38 
ro«i8 38 
rufii« 51. 



8. 

iSafedK 77 
5a6tm 77 
Saccus 67 
saceUus 67 
«a^io 17 
8a28U8 23 
«a2^o 43 
Salutes 37 
iSfa^titis 37 
salvom 60 
«aJvon 60, 61 
Samnium 77 
sorcio 93 
«armenttfm 68, 
sarpere 68 
«am 92 
sartus 93 
«aiu22t<8 80 
aa^Mf 80 



scUus 45 
scabellum 77 
acamnum 77 
«can(2o 21 
«cifu^o 67 
scribo 72 
scriptus 72 
«croA» 51 
«e- 17 
secludo 23 
«eco 34, 72 
«ectt'o 34 
secuho 70, 83 
<^<2 49 
sed 23, 83 
sedecim 32, 94 
»cd«o 3,4,15,34,44, 

48,79,87 
sedes 44 
aedieio 83 
86(20 53 
sedulo 17 
segmentum 72 
aeltpo 16 
se^Za 79 
aemen 45 
sensi 68, 92 
aentto 22, 68, 92 
seorsum 63 
separate 23 
«eparo 23, 70, 83 
sepero 23 
86ij7tem 85 
septemdedm 85 
aep^endectm 85 
septingenti 26 
MiwZcÄrwm 12, 46 
«epuJcrum 46, 58 
sequontur 22 
sequuntur 22 
scrra 67 
serratus 67 
derro« 22 
sescenti 93 
«es«u« 34, 87, 88 

868^148 93 

seoctus 93 
8» 53 

stfeet 38, 39 
sibi 38, 42 
stbüare 51 



Niedermann, Hist. Lautlehre des Lateinischen. 



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114 



Wortverzeichnis. 



siccus 68, 8'2 
Sicüia 17 
Sieülu8 17 
sido 44 
sißare 51 
»'m«Zt8 17 
simulo 17 
«i« (^= «I 'oia) 63 
W^i9 82 

8oldu8 25 
«olftitfs 25 
8oUum 44, 48 
«omnt«8 37 
sompnus 89 
^i>or 77 
»pe^'men 18, 19 
apecio 37, 67 
spem 40 
spes 40 
-»13^ujfO 67 
Spiro 67 
5jM>8a 91 
Storno 16 
Stella 71 
^«Zto 71 
steti 3, 15 
«tt{tct(2tum 71 
stilla 71 
8ttpe8 16 
8tipt^id 16 
stiria 71 
st^oct^a 17 
sto 67 
«eoltdttö 28 
struc^um 50 
struo 21, 50 
sifMro 50 
stidtus 28 
««5- 93 
suhdolus 73 
«ttitcio 26 
«u&tct« 26 
svbjectus 21 
suhmitto 79 
subpango 26 
8t^rancu2ti8 22 
^ti^d^t^uo 16 
8M2»«tZi8 73, 76 
suhvenio 3, 4 
wccteZo 82 



^ccu2tt08 16 
sulphur 12, 46 
«uZptir 46 
summitto 79 
«Mmmt« 68, 73, 78 
sumo 85, 89, 94 
sumpsi 89 
^timptt«^ 85, 89 
sunto 49 
5t«n<0(2 49 
suntus 85 
«uo 35 
««2?- 93 
super 53 
«uperne 92 
superstes 92 
«wpcrior 73 
^pertca 24 
supesies 92 
suppingo 26 
^pra 24 
«Mps- 93 
«ifpttlw 73 
surripio 18 
surnfput 18 
stMcito 15 
sustendo 93 
sustineo 3, 4, 16 
Sustus 64 
SM^or 35. 

T. 

täbema 18 
tac€0 17 
*am 60, 85 
tamquam 85 
ton 60 
tow^o 17, 23 
ton^uam 85 
tc^o 4, 44 
<e^u2a 44 
«fto 94 
temperi 23 
tempitiw 60 
temporis 23 
Tempus 23 
*enco 3, 4, 16 
f««a 91 
testis 92 
teft^t 17 



^efuZt 26 
texo 94 
^efwawrti« 91 
ihesaurus 91 
Thorius 46 
«Oh 42 
tt&ictntuifi 16 
^'6it8 can^re 16 
toga 44 # 
eon({60 89 
tonsor 56 
ton^^rio; 89 
Tarius 46 
tormentum 93 
tor^tieo 93 
eorr«) 80, 92 
toseti8 92 
tot 39 
to^uiem 39 
tracto 21 
«raicrc 20 
tradtdt 15 
traduco 94 
trameo 94 
trano 94 
transduco 94 
<ran«/un(2o 22 
transigo 16 
tranam60 94 
iransno 94 
tredecim 90 
triumpus 46, 47 
rrotod 49 
*r«cw 37 
*rMa; 37 
tw6er 52 
tum 85 
^unc 85 
tMtuIe 39 
tundo 38 
*Mr<wm 37 
turtur 37 
^titudi 38. 

U. 

ulciscor 93 
tiZet» 93 
tim&ra 60 
umerus 57 
Mnctto 87 



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Wortverzeichnis. 




unctus 93 


vdkm 27 


wtwi* 38 


unguentum 87 


velum 27 


vivunt 38 


unguo 93 


t^enoZis 58 


vm 48 


uni 35 


Vena 48 


voeo 22 


uniu8 85 


Veneres 37 


wZam 27 


unum 29, 60 


Fewm 37 


po2e&am 27 


t«nu9 29 


veni 48 


volgus 28 


urhi 73 


veno5 22 


volneris 20 


Mr5M 73 


venustus 22 


voünu« 20, 27 


wr&s 73 


wr6er 20 


t?o2o 27, 43 


urps 73 


i?cr6«n« 20 


volpes 28 


t^tis 30. 


verres 80 


loZ* 27 




Fßsuwtwmcw 48 


völtis 27 


V. 


m'a 62 


witur 28 


vafer 27, 51 


vicia 15 


twiui 27 


t7a2<2e 24 


tJidco 15, 34 


Volumen 18, 19 


F<iZm Voc. 8g. 42 


vija 62 


romer 27 


Valiri Gen. sg. 42 


tH7icMÄ 71 


vomis 27 


Fa2ent Gen. sg. 42 


Villa 71 


iH«^ 28 


Faferi» Nom.pl. 52, 


tHMtim 79 


vulnus 27 


53 


vtncto 93 


i^u^jpes 28 


Valesii 52, 53 


vinclum 58 


im« 27 


t7a;iiti.s 24 


«mc^MS 93 


vultis 27 


vapor 55 


vinum 27, 79 


«t^Zewr 28. 


i?a2>o« 55 


wr 37, 38 




varietas 20 


viri 38 


Z. 


vario» 20 


vifo 61 


Zanuanus 64 


ijantts 20 


viro(m) 37, 38, 60 


zephyrm 11 


velim 27, 43 


vtrum 37, 60 


zophyrus 11 


«jrfZc 27, 74, 80 


Visus 34 


ZwZta 11. 



115 



^ »1K< »- 



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^ ^^-^ <;^to-^^jg^^ 



C. F. Wintersche Buchdruckerei. 



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^♦'. v;..;^. 






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iffinitt 




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V^ 



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