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Full text of "Homer: Dichtung und Sage"

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ERICH BETHE 



H O M 





DICHTUNG UND SAGE 
ZWEITER BAND: ODYSSEE 

KYKLOS . ZEITBESTIMMUNG 



NEBST DEN RESTEN DES TROISCHEN KYKLOS 
UND EINEM BEITRAG VON FRANZ STUDNICZKA 



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VERLAG B.G.TEUBNER • LEIPZIG • BERLIN 1922 



301764 



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COPYRIGHT i9st BT B.O.TBUBNER IN LEIPZIG 



Frifittd lu vrerinu^C 



AIXB RBCHTB» BINSCHIJISRIJCH imB OBBKSBTZUlf GSRBCHTS, TORBBHALTEN 



VORWORT 

Dem ersten« Sommer 191 4 erschienenen Bande meines yHomer* 
sollte der zweite im Winter folgen. Der unerwartete Kriegsaasbruch 
veranlafite den Verlag, den Druck aufzuschieben, mich, nach fSnf- 
undzwanzigjähriger Pause ins Heer wieder einzutreten. Nach zwei- 
jährigem Dienst von der Universität zurückgefordert, arbeitete ich 
im Hungerwinter 19 16/17 das Manuskript noch einmal durch. Das 
hat ihm gut getan. Dann schlunmierte es wie so manches deutsche 
Werk, bis 1921 die Bereitstellunjf ^ineT bedeutenden Sunune durch 
verständnisvolle Freunde der Wissenschaft, die weder genannt noch 
bedankt zu werden wünschen, dem Verlag die Drucklegung ermög- 
lichte. Ich glaubte noch einiges hinzufagen zu sollen. Leider ist 
dadurch hier und da Breite, auch Wiederholung entstanden. Der 
Raub Oberschlesiens und die Unmöglichkeit, Goldmilliarden zu 
zahlen und gleichzeitig Ententekommissionen und ein zweckloses 
Okkupationsheer zu besolden, dessen gemeine Soldaten das Dop- 
pelte und Dreifache von dem Gehalt der höchsten Richter und der 
ersten Gelehrten Deutschlands erhalten — imd unter ihnen sind die 
ersten der Welt — , hat inzwischen eine Teuerung herbeigeführt, die 
dies Unternehmen zu einem Opfer für den Verlag macht und den 
Preis des Buches bedenklich steigert. 

Auch diesmal hatte ich mich der stets bereiten Hilfe Jacob 
Wackemagels zu erfreuen, der meiner Bearbeitung der Reste des 
Kyklos eindringende Revision angedeihen ließ. Franz Studniczka 
unterstfitzte mich mit archaiologischen Nachweisen und hat einen 
Beitrag zur Datirung der Odysseusspange t 226 gespendet Alfred 
Koerte las die ganze Korrektur. Ich spreche ihnen wie dem Ver- 
leger Dr. Giesecke auch hier warmen Dank aus. 

Ob und wann der dritte Band, die Analyse der Sage, erscheinen 
wird, der nun seit mehr als zehn Jahren der Schlußredaktion harrt, 
das kann bei dem Wahnsinn und Haß, die heute mit den Geschicken 
nicht nur Deutschlands frevles Spiel treiben, niemand sagen. Es ist 
Wichtigeres in Gefahr als stille Gelehrtenarbeit 



a* 



V Vorwort 

Nach langer Versandung sind die Homerfragen wieder in FluA 
gekommen. Aber der Fluß nimmt neue Richtung. Die Umstellung 
unseres geistigen Lebens mußte auch hier einmal wirksam werden. 
Die nur verstandesmäßige Kritik, so notwendig sie für den wissen- 
schaftlichen Fortschritt war, hatte durch die Vorherrschaft, zu der 
sie Lachmann und sein Gefolge gefuhrt, die humanistische Idee des 
Altertumsstudiimis überhaupt schwer geschädigt, so auch die Auf- 
fassung Homers und die Homerforschung auf ziellose Bahn und un* 
fruchtbare Steppe geleitet Gregen das Zerstückeln und 2^rfetzen der 
großen Epen erhebt sich immer stärker die Behauptung ihrer Ein- 
heit Ekel vor der unübersehbaren Verwirrung führte dazu vielleicht 
noch mehr als künstlerische Ahnimg oder Einsicht Nur schade, daß 
die neuen Unitarier zmneist gleich wieder ins andere Extrem fallen 
und wähnen, durch einfache Ablehnung oder Entschuldigung aller 
Anstoße die andere Wagschale, welche Arbeiten eines Gottfried Her- 
mann, Lachmann, Kirchhoff und so mancher anderer doch recht 
kluger Männer beschweren, in die Luft schnellen zu können. 

In der Behauptung der künstlerischen Einheitlichkeit der Uias 
wie der Odyssee bin ich mit ihnen ganz einverstanden, dehne sie 
sogar auf den troischen Kyklos und die Nosten aus imd fasse sie 
schärfer und umfassender noch als Rothe. Denn ich erkenne über- 
haupt nicht andere Interpolationen bei Homer an, als in allen 
anderen antiken Texten. Aber ebenso fest wie diese Erkenntnis 
steht mir die nicht weniger schwer erarbeitete Überzeugung, daß 
nicht ein original schaffender Dichter diese Fülle der Gesichte 
in übermächtigem Drange zur Uias geformt habe, sondern ein 
später Homeride das berühmteste und schönste Gedicht vom Zorne 
Achills mit anderen Kleinepen, die teils sich an dies angesetzt 
hatten, teils neben ihm ganz frei entstanden waren, zu einer rechten 
Uias mit umsichtiger Compositionskunst und beträchtlichen Zutaten 
zusammengedichtet und so das erste große Epos der Literatur ge- 
schaffen hat in jenem monumentalen Sinne, der plötzlich seit Ende 
des VL Jahrhunderts Tempel und Götterbilder in mächtigen Maßen 
entstehen ließ. Merkwürdig genug hat sich auch Wilamowitz, so 
weit unsere Wege auseinandergehen, zu einer analogen Folgerung 
gedrängt gesehen, daß nämlich Homer, kein Originalgenie, seine 
Uias aus fremden älteren Stücken und eigener Dichtung geformt 
und gerade durch diese umfassende Composition sich ewigen Ruhm 
erworben habe. Aber diese von ihm reconstruirte, noch Achills Tod 
umfassende Ilias des VUL Jahrhunderts steht an Umgrenzimg des 
Stoffes imd Klarheit der Composition so weit hinter unserer Ilias 



Vorwort V 

zurück, daß ich gut verstehen würde, warum jene zugrunde ge- 
gangen und diese erhalten wäre — sie ist aber niemals gewesen« 
Cranz und gar nicht aber vermag ich zu verstehen, wie denn im- 
sere Uias mit ihrer gfroßen Gliederung durch diie Ruhepausen 
der Presbeia, des Botenganges imd der Versohnimg, ihrer voll- 
endeten Rundung durch Achills Groll mit seinem tragischen Aus- 
grang und der mild ausklingenden Losimg Hektors durch Aus- 
und Eindichtungen, Verschlechterung und Verschändung jener 
h3rpothetischen Uias also zufallig ohne Plan und Sinn entstanden 
sein könne. 

Ich habe die eigentlich selbstverständlichen, aber bis da nie ge- 
machten, jedenfalls nie beachteten Forderungen gestellt, daß die 
erste Pflicht jedes Homerforschers ist» zu fragen, ob unsere Ilias so 
gut wie unsere Odyssee eine Einheit sein will, mit anderen Worten, 
ob sie nach festem Plan, also von einem Kfinstlerwillen, aufgebaut 
und disponirt ist, daß es weitere Pflicht ist, zu zeigen, welchem Zwecke 
ihre einzelnen Teile dienen, warum sie aneinander gefag^ sind. Darin 
unterscheidet sich meine Analyse von allen früheren. Ich habe damit 
nicht, wie mir die Unitarier vorwerfen, die Ilias zerrissen. Vielmehr 
habe ich getan, was sie hätten tun sollen, zum erstenmal ihre ein- 
heitliche künstlerische Composition nachgewiesen. Und weiter habe 
ich überall die Verbindungslinien des ungeheuren Werkes im gfroßen 
und kleinen aufgedeckt, andererseits die Motive der Dichtung im 
einzelnen verfolgt Gerade dadurch ergab sich mir wie die Einheit 
unserer Bias, so die Vielheit ihrer Werkstücke. Das ist etwas sehr 
anderes als die übliche Art der Homeranalyse, ist eine neue, metho- 
dischere Betrachtungsweise. Sie wünsche ich anerkannt zu sehen 
in der Oberzeugung, daß erst sie dem homerischen Epos als Kunst- 
werk gerecht wird und sein Wesen und seine Entstehung aufzu- 
klaren vermag, daß in ihr die einzig mögliche Synthese der 
beiden sich so lange bekämpfenden Anschauimgen gegeben ist Ihr 
gehört die Zukunft, wenn wissenschaftliches Erkennen überhaupt 
noch Zukunft hat und philologische Kritik nicht schleimigem Ästhe- 
tisiren und wahllosem Bewundem Platz machen muß. Es ist doch 
nötig, das einmal zu sagen. Denn von meinen Kritikern haben es 
nicht viele gemerkt, auch mancher, von dem ich gelesen zu werden 
wünschte, hat nach flüchtigem Blick geseufzt: ,nach hundert Ana- 
lysen wieder noch eine'. Doch ich habe wenig HoflFnung, daß jetzt 
mein Buch verständnisvoller betrachtet wird. Man ist ja überhaupt 
des trockenen Tones satt 

Mit zweien meiner Kritiker muß ich mich aber auseinandersetzen. 



Vorwart VII 

daB alle, die nach ihm über Homer schreibeiii ohne ihn zu loben, 
entweder ihn bestohlen oder Unsinn gefordert haben. 



Meinen Ergebnissen aber wie allem Glauben an die Einheit der 
Dias und Odyssee würde der feste Grund fehlen, wenn der Ober- 
lieferung dieser Epen das Vertrauen versagt würde. StiUschwei« 
gend haben das alle g^tan, die sie nach Belieben zerschnitten und 
ergänzten, ausdrücklich haben sich dazu noch jüngst Männer wie 
V« Wilamowitz und Eduard Meyer bekannt. Wllamowitz sagt (D. u. 
H. yC), |Vor Zenodot liege eine Masse ganz gewaltig abweichender 
Homerhandschriften'y und er zweifelt nicht (S. 12), daß wir über- 
raschende Aufklarung finden würden, wenn wir das Material der 
alexandrinischen Bibliothek benutzen könnten« Daß er nicht bloß 
sprachliche Einzelheiten meint, sondern starke stoffliche Varianten, 
das zeigt sein Hinweis auf Eduard Meyers Behauptung (Hermes 
XXIX [1894] 478 und im [1918] 334), die er sich zu eigen macht, 
daß nicht nur Gelehrte wie Aristophanes, Aristarch und der Rhodier 
ApoUonios, sogar noch dessen Zeitgenossen eine andere .ältere* 
Odysseeredaktion gelesen hätten, die mit i|i 296 geschlossen habe. 
Aber haltlos ist diese Hypothese. Weder hat ApoUonios im Schluß- 
verse seiner Argonautika auf i|i 296 angespielt, wie Meyer meinte, 
noch will das Scholion i|i 296 toOto t^Xoc Tf)c "Obucceiac <piidv 'Apicropxoc 
«d 'ApiCToq>dvnc sagen, dies sei das Ende des Epos, sondern: die 
Wiedervereinigung der so lange getrennten Gatten sei das Ziel 
dieser Dichtung« Hermes IUI (19 18) 444 habe ich das dargelegt, 
zugleich daß unsere Od}rssee nie einen andern Schluß gehabt hat 
Vid haben konnte, als den wir lesen. 

Wenn v. Wilamowitz nun weiter den gefahrlichen Grundsatz 
an&tellt, die Alexandriner hätten sich bei der Auswahl ihrer Hand- 
schriften und Lesarten vom unbedingten Glauben an die Einheit der 
homerischen Gedichte und des Dichters leiten lassen und hätten 
vieles verworfen, das uns von höchstem Wert sein könnte, so muß 
gegen diese Unterstellung mit aller Entschiedenheit protestirt wer- 
den. Wir sehen ja aus den Schollen, von Lehrs Aristarch* 26 zu- 
sammei^estellt, daß sie Handschriften aus entlegensten griechischen 
Städten aufgetrieben und verglichen haben, wir wissen, daß auch 
absonderliche Raritäten wie die Varianten des Iliasprooimions und 
die andere Fassung des Schlußverses von Grammatikern wert be- 
fimden sind, notirt zu werden; wir erfieüiren, daß die Glaukosepisode 
umgestellt (SchoL Z 1 19 A), die Dolonie als Einschub des Peisistratos 



Vorwort IX 

Ich betone es wieder als unwiderlegliche und grundlegende Tat- 
sache: alle Iliashandschriften gehen auf eine einzige zurück, 
d.h. auf das einheitliche und geschlossene Werk ihres Ver- 
fassers. Ebenso steht es mit der Odyssee. Damit ist auch der 
Homerkritik das Ziel gesteckt Sie kann und darf nur den Text 
herstellen, den diese Verfasser der Ilias und Odyssee im 
VL Jahrhundert geschrieben haben. Jeder Versuch, über ihn 
hinauszukommen, ist gescheitert und mußte scheitern. Es lassen sich 
alte Formen, obwohl sie sicher im Homer nachgewiesen sind, nicht 
gleichmäßig ohne Gewaltsamkeiten durchfahren, und wo dies möglich 
ist, wäre im Einzelfalle zu prüfen, ob wir berechtiget sind, sie einzu- 
setzen« Die Aufgabe der Textrecension liegt bei Homer nicht anders 
als bei Hesiod, IHndar, Piaton. So haben die Alexandriner sie an- 
ge&Bt, und so ist denn die Herstellung ihrer Recensio, wenn auch 
nicht gerade der aristarchischen, die nie ganz durchgednmgen ist, 
wirklich die Aufgabe, mit keiner anderen Bedingung als der, die 
wir an alle ihre Texte stellen, daß wir uns das Recht nehmen, im 
einselnen ihre Entscheidung zu verwerfen und eine wissenschaftlich 
«iluumte bessere Lesart einzusetzen. 

Jene Vorstellung von der chaotischen Homerüberlieferung, die 
den Alexandrinern noch Einblick in eine anders schließende Odys- 
see und vielleicht auch in anders redigirte Iliaden oder gar noch 
V o i alufeh unserer Ilias ermöglicht hätte, ist durch nichts bewiesen. 
Sie beruht im Grunde auf der falschen Voraussetzung, daß unsere 
Ilias ein Grebilde des Zufalls sei, zusammengeweht aus mißhandelten 
alteren und spät zugedichteten Stücken, und kommt schließlich 
darauf hinaus, daß zwar nicht Peisistratos und seine Commission, 
sondern die Alexandriner den homerischen Epen ihre letzte Gestalt 
gegeben haben. Nein, im VL Jahrhundert sind diese großartigen 
Compositionen geschaffen, Sammlimg in künstlerischer Form und 
Abschluß der homerischen Dichtung nicht eigentlich zum Zwecke 
mündlichen Vortrages — dem entsprechen besser die Kleinepen, 
wie sie noch Hesiod und Nachfolger oder z. B. der Dichter der 
Dokmie gemacht haben — , sondern als Literaturwerke, Lesebücher. 
Buchhandel gab es da freilich noch nicht, aber Bücher gab es ge- 
rn^. Oder wie hätten sich sonst Homer, Hesiod, Archilochos, Solon 
und alle die alten Dichter erhalten können? Und glaubt wirklich 
jemand, alle Athener hätten die Gesetze des Drakon oder Solon 
nur auf den Kyrbeis und nicht häufiger in bequemen SchrÜtrollen 
gelesen? Heliand, Eneit, Nibelungen, Parcival, um nur einiges 
Deutsche zu nennen, sind alle Lesebücher in demselben Sinne wie 



X Vorwort 

die homerischen Epen, selbstverständlich abschnittweise vorgetra- 
gen wie jene auch, aber durch ihren Umfang über die Bedingungea 
und Forderungen des Vortrages hinausgewachsen zu großen kfinst- 
lerischen Einheiten, die als solche nur dem sich darstellen, der sie 
im Buche liest und als Ganzes überschaut Wie viel und gern im 
1 2« imd 1 3. Jahrhimdert gelesen wurde und wie weit sich solche um* 
fangreichen Lesebücher damals verbreiteten, zeigen zur Grenüge die 
kostlich geschmückten Abschriften und z. B. die Tatsache, dafi in 
der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts große französische !^>e& 
und Romane dort in allen Händen waren und daß sich den umfeuDig- 
reichen allegorisch-erotischen Roman von der Rose die Gesellschaft 
Oberitaliens zum lieblingsbuch gewählt hat Ähnlich waren die Ver- 
hältnisse im VL Jahrhundert, wohl schon im VIL Die Erhaltung und 
rasche Verbreitung der ältesten Literatur — hat doch Alkaios He- 
siod gelesen — fordern diesen Schluß, die mittelalterliche Analogie 
bestätigt ihn. 

Homer kann für uns nie etwas anderes sein als unsere Ilias^ 
unsere Odyssee und was wir vom Kyklos noch erreichen können. 
Jedes dieser Gedichte als ein Ganzes nach Plan, Absicht und Tedw 
nik zu verstehen, ist und bleibt die Aufgabe. Das ist aber nicht mög- 
lich, ohne sie in die 2^it und den Ort zu versetzen, wo sie so, wie 
wir sie lesen, entstanden sind. Es ist aber auch nicht möglich, ohne 
zu prüfen, ob und was sie von älterer Dichtung aufgenommen und 
wie sie's sich angeeignet haben. Da kann man bei Ilias imd Odyssee 
nicht stehen bleiben, man wird in den ganzen Kreis der troischen 
Sagendichtung gedrängt Sie galt ganz imd gar bis ins V. Jahrhun- 
dert für homerisch. So kann Homer zu verstehen nur hoffen, wer 
ihn ganz zu erfassen strebt Welcker hat das erkannt und er hat es 
versucht Seinem VorbUd folge ich, auf anderen Wegen zwar, aber 
in seinem Geist 

Leipzig, 27. Dezember 1921. 

E. BETHE 



INHALTSÜBERSICHT 
DRITTES BUCH. DIE ODYSSEE 



I. DAS PKOBLEH !_; 

Dk Od j M CL ctBkdtHchc COnponliaa, aber Mi raneUedeBCD Stöcken — 
Onmäo^Miht WMa^nche 3 — Die dici Teile der Odjrwee 4. 

L TELE1CA.CHS REISE UND IHRE VERKNOFFUNGEN . . 7—47 
S. TELKMACHS REtSEVORBERETTUNGEN UND DIE VOLKS- 

TERSAMMLUNG 7_i8 

Die TolknerMnunloBK f itiBi) nnpiöni^ieh in kdnetn Zonrnmcnliaiic 
■b da Reite Telemsdu (ji), Mmdeni itminnit mu dnem Gedicht 
von dei HetmfcAr nnd Ruhe dei Odyneni, die ß 165 prophei^ 
vird 13 — Ent der Vetbucr wueicr Odysiee hat de mit der Reiie 
Uhrriff''-''''' ««rt>iiadai 16. 

^ TELEUACHS REISE UND DIE FREIER iS 18 

Ikr SeUnS t9 — IMe rier Stellea in t b, die die Freier erwUmoi, (ind 
BiMcUebad aa — Mentor 37. 

4. DIE TKLEMACHREBE ALS SELBSTÄNDIGES GEDICHT . , . 19—17 
«ia ia aich £e*chli>iienei RshneaKedlcht 30 — Zur Enlhlnng der 
Noetea. die mnf Nector 31 tud Uenelaoi 33 Tcrteüt iit — Odrueni' 
MMtot cotikhea 34. 

5. DIE VERKNOFFDNGEN DER TELEUACHREISE 37—40 

■il den Sbricm Teilen nuerer Odrwee lind etM von Ihrem Verftuer 



,. THEOKLYMENOS 40—43 

(dcitte nicht inm Gedicht von der Telemachrcite 40 — vom Ver&uer 
rinfeführt, nm doreh tetne drd Piopbeieiiugcn die TeSe de* Epo* n 



7. HORDANSCHLAG DER FREIER. . . ; 43—47 

Voa den drei Stellen iit nar w 385—447 orifluler Beitandleil dnei 
Rachegedkhti 45 — Tarn Ver&ncr eingearbeitet oad iweimal wieder- 

bolL 

n. VERKNÜPFUNG VON IRRFAHRT UND RACHE. . , 48—73 
t. ODTSSECS' VERWANDLUNG. ZWECK UND WIRKUNG. . . 4»— S9 
OdTneni nicht nräckTemadell 48 — Iit nnr im v and ir verwan- 
den St. 
9. ODYSSEUS' VERWANDLUNG. ATHEKE IM v UND t) . . . . $9— 6» 
Die VerwandlnDt im v, nnr nm iwiachen dem Helden der Phaiakii nnd 
dem Bettler der Tidi $9 " Termitteln, itammt vom Ver&uer nncerer 
OdjMee 54 — Aaalrte *ob v*: 60 — v 311 rcrwelit anf t| 14 n- 



XIV Inhaltsübersicht 

DL PLAN UND AUEBAU DES TROISCHEN KYKLOS a8l-^393 

Einheitliche Anlaufe der Kyprien und der Kleinen Hirns 381 — Ihr 
Ver&sser componirte ältere Kleinepen nach festem Pltn 3S7 — Seine 
Arbeitsweise 290 — Sittlich religiöse Weltanschaunng 291* 

FÜNFTES BUCH. ZEITBESTIMMUNG 

1. METHODE 394— JOS 

Unsere Ilias enthält chronologische Anzeichen yom II. Jahrtausend bis 

ins VI. Jahrhundert 295 — Nicht imaginäre Iliaden, allein unsere 
nias gilt es zu datiren und unsere Odyssee 296 — Beide sind fest- 
geformte, planvoll angelegte und durchgeführte Kunstwerke 297 — 
Anklänge yon Versen Hesiods und der Lyriker beweisen nicht die 
Existenz unserer Ilias und Odyssee 299 — Ebensowenig bfldlicfae 
Darstellungen einzelner Scenen 301. 

2. DAS ALTER UNSERER ILIAS 303—51! 

Sie ist jünger als Hesiod, da M 20 ff., Theog. 34 und Op. D. 159 (fjiai- 

Ocoi): 303 — Gi3ff. und =204 ff. Theog. 720 (Tartaros): 307 — 
H371, O37, 8369 (Styx), die Theogonie benutzen: 309 — Sie ist 
nicht älter als VI. Jahrhundert, da der Bittgang der Troerinnen, un- 
löslich fest in der Blas, Z 302 ein lebensgroßes Götterbild voraussetzt, 
solche erst seit frühestens 650 in griechischer Kunst erscheinen: 310 — 
Singularitäten in Z237: 315 — Der Athenetempel in Neu-Ilion und 
die Antenoriden: 316 — Das Athenebild: 319 — Der Maler des 
Euphorbostellers um 600 kannte den Kampf des Menelaos und Euphor- 
bos als selbständiges Gedicht: 320 — Gorgoneion 323 — Dolonie 325 

— h^lA 325 — Kyklisches in der Ilias 326 — Erst in die Zeit der 
monumentalen Kunst, die nach 650 anhebt, passen die monumentalen 
Epen 328. 

3. ZEIT UND ORT UNSERER ODYSSEE 3^9—33 

Sie ist jünger als Hesiod, da 6 171 ff. Theog. 86 ff. benutzt: 329 — Jünger 

als die das: 331 — Unsere Odyssee ist in Athen gemacht: 332 — 
auch schon das von ihr angenommene erweiterte Nostosgedicht: 333 

— Marathon und Athen x\ 80: 333 — Nekyia: 335 — So wird der 
Nestorsohn Pdsistratos in der späten Telemachrdse nach dem Tyrannen 
genannt sein: 337. 

4. ZEIT UND ORT DER KYPRIEN UND KLEINEN ILIAS . . . 339—3^ 
Erst in zweiter Hälfte oder Ende des VI. Jahrhunderts: 339 — und 

zwar in Athen componirti 340. 

5. ENTSTEHÜNGSORT UNSERER ILIAS 341—3! 

Nachblüte des Epos im Mutterlande seit VII. Jahrhundert: 341 — 

Die Zeichen attischer Herkunft in der Ilias: 343 — Menestheus von 
Athen annektirt: 344 — setzen attische Redaktion des ganzen ^>os 
voraus: 344 — B 546— 558: 345 — Der Einwand, Athen müsse dann 
öfter gerühmt worden sein, unberechtigt: 346 — Der Telamonier Aias 
galt den Athenern um 600 als attischer Heros: 348 — Die Athener 
seit Ende des VL Jahrhunderts in der Troas: 350 — Allein Athener 
hatten um 600 aktuelles Interesse an Troia: 351 — wo späthomerische 



Inhaltsübtrsickt XV 



Diehton^ bei Aindaden nnd Antenoriden blühte: 352 — Unberech- 
ti^ Attioitmen in attischer HIm sn fordern, da anch Solon &st keine 
hat: 353 — Wackemagel: 354. 

6. DIE PEISISTRATISCHE RECENSION 355— 360 

Seit dem IV. oder V. Jahrhundert geglaubt: 355 — Die attiichen 
Stellen in Iliaa und Odyssee nicht durch attische Beeinflussung des 
Buchhandels £u erklaren: 356 — Neben Peisistiatos auch Solon und 
Hipparch genannt: 357 — Kern dieser Überlieferungen ist das Pan- 
athmaiengesete, Homers Gedichte nach der Reihe su redtiren: 358 — 
Diese Bestimmung neu, setzt die fertig gestalteten Epen voraus: 359. 

7. ZEIT DER EINGEARBEITETEN UXASGEDICHTE 360—367 

Bittgang im Z nicht vor 630: 36 X — Jung und schlecht, alt und 
gut/ yeraltetes Vorurteil: 363 — Tdchoskopie : 362 — Aufruhr im 
B: 362 — Aineias: 363 — Glaukos Diomedes: 363 — Dolonie: 363 — 
Menis alt: 365 — Ihre Umwandlung unter EinfluA des erwachenden 
Nationalismus: 366 — Originale Menis im VIIL Jahrhundert das 
Weik Homers: 367. 

8. DAHRUNG der in die ODYSSEE EINGEARBEITETEN GE- 
DICHTE 367—371 

Telemachreise: 367 — Erweitertes Nostosgedicht: 368 — Fufiwaschungs- 

gedicht um 700: 369 — Melanthoepos: 369 — Eumaiosepos: 370 — 
Telemach in der Ilias: 370. 

9. ZEIT UND ENTWICKELUNG DES KYKLOS 371—383 

Sein Kern die Menis: 371 — Unsere Ilias der älteste troische Kyklos: 372 

— Irrfahrten des Odysseus alt: 372 — Der Kern der Nosten: 373 — 
Die Nosten älter als unsere Odyssee: 373 — aus der ersten Hälfte 
des VI. Jahrhunderts: 374 — Unsere Odyssee kennt nicht die Kleine 
sondern Kleinepen , die cum T«dl von dieser aufgenommen 
375 — Ebenso kennt die Ilias nur Kleinepen, die später zum 
Teil in Kyprien und Kleiner Bias verarbeitet sind: 376 — Ilias und 
Odyssee componirt, als schon die sogenannte Kyklische Dichtung im 
Gange war: 377. 

Kyprien, Dias, Kleine Bias eine Einheit: 379 — Wie die Kleine 
IHas mit Ausschaltung ihres Prooimions an 12 804: 379 — so war 
auch die Bias mit Ausschaltung von A l — 9 an die Kjrprien an- 
geschlossen (3clihonische Bias*): 380 — Einen zweiten Kreis bil- 
deten Nosten und Odyssee: 381 — deren Anfang nur durch engsten 
Anschluß an die Nosten Terständlich wird: 382. 

Die Kyklischen Epen tragen Homers Namen mit demselben Recht 
wie Bias und Odyssee: 383. 

10. ERGEBNISSE 383—385 

ANHANG: DDE FIBULA DES ODYSSEUS VON FRANZ STUD- 
NICZKA 385—388 



f/ 



2 Drittes Buch, i. Das Problem 

hinweisen« Daneben hat er noch manche andere Fäden durch das 
Ganze hingesponnen. Vor allem^ Athenes Ifilfe« Sie g^bt a 45 den 
Anstoß zu Odysseus' Heiniföhrung^ sie leitet Telemach and schützt 
ihn» sie schickt Nansikaa^ «A/^*n Strand und gesellt sich dem Odys- 
seus bei den Phaiaken^*'sie 'zeiget dem Heimgekehrten die GrefiBihren 
und führt ihn zu ^H^alos, sie ermöglicht seine Erkenanng' durch 
Telemach, sie hilft b^kn Freierkampf, sie versöhnt endlich Odysseus 
mit den Frei^rräch^m. So hält Athene, zimi Leiter der doi^>eltai 
Handlung jpenila^ht, das Ganze von der ersten bis zur letzten Scene 
zusammea,'*99ie der Puppenspieler die Fäden seiner Figuren. Ek 
anderesr Mittel ist der Poseidonzom: sogleich 020 eingeführt^ wird 
er JifnH& aktiv, im i motivirt, Teiresias begründet X 103 durch ihn alke 
.Leitf\des Odysseus, seine Irrfahrten wie seine unselige Heimkebr 
U3ld verlangt Sühnung, die Odysseus, kaum mit der Grattin vereiiiigt^ 
ip 252 in Aussicht stellt Auch die Contrastirung des Odysseussöhicb 
sals mit dem Agamenmons geht durch das ganze Epos hindurch (a y^ 
T235, 255, 5512, X405, U120), wirkt so mit zur VereinheitHchnng 
seiner Teile. Die gewollte und fleißig ausgearbeitete Einheitlichkeit 
der Od3rssee steht mit Recht über jedem ZweifeL 

So konnte es denn, als gegen die Unfruchtbarkeit der zersetzen- 
den Klritiky die schließlich die göttlichen Gedichte in einen wirres 
Kehrichthaufen verwandelt hatte, sich endlich der Widerstand des 
gesunden Menschenverstandes und der Freude an den Herrlichkeites 
Homerischer Poesie schüchtern erhob, nicht ausbleiben, daß auch die 
Odyssee wieder als ein Werk aus einem Gusse gepriesen wurde^ 
das von a bis ui ein einziger Dichter entworfen, gestaltet, ausg^ 
arbeitet habe. Doch das ist auch als Reaktion nur mit Mühe zu be- 
greifen. Weder wissenschaftlich noch ästhetisch hat solches Urteil 
nach den Arbeiten eines Kirchhoff, Hennings, Niese» Kammeri 
Wilamowitz noch Berechtigung. Wer es über sich gewinnt zu 
glauben, daß ein und derselbe Mensch den Wurf des £ur]anachos 
(<T349 — 428) und den des Ktesippos (u 287 — 328), das erste Zusam- 
mentreffen der Gatten (t 103 — 316) und Athenes Erscheinen beim 
Freiermord (x 205 — 250), die Nausikaascene und den Götterrat 
(c I — 27) gedichtet habe, der wird auch keinen Stilunterschied zwi- 
schen Neßlers Trompeterlied ,es war so schon gewesen' und Mozarts 
Gräfinarie im Figaro merken und Hodlers Frühling mit Botticellis 
Primavera verwechseln. Beneidenswerte Genügsamkeit I 

Wie erklärt der Unitarier wohl, daß ein Dichter mutwillig ver- 
wirre, was er klarlegen möchte? Wer harmlos unsere Odyssee liest» 
hat den Eindruck, daß Telemachs Reise nach Pylos und Sparta zu 



Tagerechnung der Odyssee % 

gleicher Zeit stattfindet wie Odysseus' Abfahrt von Kalypso und sem 
Aufenthalt bei den Phaiaken. Denn in derselben Gotterversammlung 
des o wird die Erlösung des Odysseus angeregt, und sogleich g^ibt 
Athene dem Telemach den Reiseplan ein. Seine Reise wird erzahlt 
bis zur Vorbereitung seiner Rückkehr von Sparta (b). Dann wird 
berichtet, wie Odysseus nach zweitem Götterrat von Ksdypso entlassen 
wird, zu den Phaiaken kommt und dort bewirtet wird (c — y). Nach- 
dem er in Ithaka gelandet (v) und von Eumaios aufgenommen ist (E), 
nimmt Telemach Abschied von Menelaos, trifft in Ithaka ein (o) und 
findet bei Eumaios seinen Vater (it). Aber die Tagerechnung dieser 
beiden so deutlich wie möglich als gleichzeitige Ereignisse hinge- 
stellten Reisen differirt erstaimlich.^ Odysseus braucht 4 Tage, um 
sein Floß zu bauen (€262), am 6. fahrt er ab, 17 Tage dauert seine 
Fahrt (c 278), bis Scheria in Sicht kommt, 2 Tage treibt ihn der Sturm 
(€388), am 25. wird er angespült bei den Phaiaken, bleibt 2 Tage 
und landet am 28. in Ithaka. Telemach will höchstens 1 1 oder 1 2 Tage 
fortbleiben (ß 374)', er braucht sie nicht einmal: am 3. ist er in Pylos, 
am 5. tmd 6. in Sparta, da drängt er sehr zum Aufbruch b 599, ob- 
wohl ihn Menelaos einladet, noch i j, 12 Tage zu bleiben (b 588) oder 
auf weitere Reisen zu begleiten (0 80). Gewiß soll man dem Dichter 
nicht nachrechnen, aber weshalb gibt er denn diese genauen Zeit- 
angaben? Warum setzt er für die Fahrt von Pylos nach Ithaka nur 
eine Nacht an? Warum begnügt er sich nicht bei ungefähren An- 
gaben ,da fuhr Odysseus viele Tage und viele Nächte'? Wollte er 
das nicht, warum glich er die Zahlen nicht ungefähr aus? Warum 
muAte er uns denn zu dem Glauben verfuhren, daß diese Reisen von 
Vater imd Sohn gleichzeitig seien? Für die Composition des ganzen 

* W. M. Winter, G.-Prognunm, Leipzig 1913, Nr. 774 9 f. bat eine analoge Dif- 
IcKSs der Zeitangaben zwiscben ß T ^> ^ — v ermittelt: Menelaos ist im 18. Jabre 
ff 306 ff.) bdmgekebrt nnd zwar erst kürzlicb (vtov T3i^)» ^s Telemacb ibn besncbt. 
BcstCB&Ils sind wir also im 19. Jabr. Aber nacb wenigen Tagen kebrt Telemacb zn- 
Tick «nd trifft Odyssens, der, wie immer wieder yersicbert wird, 30 Jabre von der 
Heimat entfernt war. 

* Wamm gerade 11 oder 12 Tage? Das ist eine erstaonlicb genaue Berecbnang. 
Fir die Landreise braucbt er 4 Tage von Pylos nacb Sparta nnd zurück, Anfentbalt 
bd Menelaos a Tage, bei Nestor i auf der Hinfabrt Wie konnte er auf Beförderung 
mit toleber Sicberbeit reebnen, als ob er einen deutseben Eisenbabnfabrplan bStte? 
Wer einmal obne Dampf auf griecbiscben Meeren gefabren ist, weiß, daß aucb kleine 
Obcr&biten wegen der bfiufigen plotzlicb eintretenden Windstillen unberecbenbar sind. — 
I>as Rftlsel löst sieb sebr einfacb: ß374 ist aus b 588 entlebnt Den Beweis, daß 
Acser Teil des ß nicbt zu dem übernommenen Gedicbt Ton Telemacbs Reise gebort, 
•OBdem Tom Verfasser unserer Odyssee zur Verbindung gefertigt ist, wird das a. Stück 



Dreiteilung der Odyssee e 

sener .Einheit planvoll gestaltet, das Werk eines umsichtigen Künst- 
lers, der bunte Vielheit und langes Nacheinander zahlreicher Aben- 
teuer in eine einzige kurze und spannende Handlung zusammen- 
zu&ssen wußte. Es ist weithin die glänzendste Compositionsleistung. 
So unmittelbar imd stark ist der Eindruck der Geschlossenheit, daß 
der erste, der die Odyssee zu zerlegen wagte^ den einfachen Nostos 
ohne Wiedersehen der Gatten und ohne Freiemot als Epenthema 
faßte. Dennoch konnte man sie verkennen, konnte die Erzählung der 
weiteren Schicksale des Odysseus fordern. Das heißt nichts anderes, 
als an den Parthenon anbauen. Jede Fortsetzung wäre der Ruin 
des reinen Konturs dieses Gedichtes. So fest und klar ist es um- 
rissen, daß es sich auch aus unserer Odyssee, trotzdem es in ihre 
g^ße G^samthandlung mitten hineingestellt ist, heraushebt und sich 
sicherer als alles andere dem Gedächtnis als geschlossenes Bild ein- 
prägt Weder mit der Telemachreise noch mit der Rache ist dies 
Irrfieüirtengedicht € — v^ verbunden. Jene mußte natürlich ignorirt 
werden, auch mit dieser war eine Verbindung nur durch Propheten- 
wort möglich. Das wird nun freilich in der Tat zweimal benutzt: 
i 535 weist der geblendete Kyklop dunkel auf ,Leiden' hin, die 
Odysseus zu Hause finden solle, und X 115 — 120 prophezeit ihm 
Teiresias, dies Wort wiederholend, deutlicher die Freiemot Aber 
beide Stellen machen, jede aus sich heraus, der Erklärung des Zu- 
sammenhanges Schwierigkeiten und stehen schon lange unter dem 
Verdachte, Zusätze zu sein. Es wird sich bestätigen, wenn sie im 
i6. Stficke genau geprüft werden. 

Wenn Philologen erklären, kein Dichter habe die Irrfahrten des 
Odysseus erzählen können oder dürfen ohne sein Wiedersehen mit 
der Gattin, ohne seine Rache an den Freiem zu schildern, so ist 
das gleichgültig. Es ist eben geschehen. Die Composition der Bücher 
€ — v^ lehrt es. Hätte der Dichter mehr als die Irrfahrten imd die 
Landung des schlafenden Helden in seiner Heimat erzählen wollen, 
so hätte er sein Gedicht anders angelegt Schon der Glanz ruhiger 
Heiterkeit, der über der ganzen Phaiakengeschichte ausgegossen ist, 
und zwischen der Mühsal der Fahrt nach Scheria imd all den Schrecken 
seiner längst überstandenen Abenteuer wie Erlösung und schwer 
verdienter Lohn wirkt und wirken soll, weist auf endliche Errettung 
des Dulders aus langer Qual und glückliche Heimkehr. Das Märchen- 
hafte der Wunderfahrt des ruhig Schlummernden ist der rechte Ab- 
schluß des schönen Gedichts. Unmöglich, daß der so Heimgeführte 
von neuem in Not und Gefahr gestürzt werde. Doch das ist nur 
denen ein Argument, die für künstlerische Stimmung empfanglich 



Abgremtung der Teiemachie j 

ser Umgebung rein ablost und sie in künstlerischer Geschlossenheit 
darstellt? Dann wäre die Möglichkeit gegeben, dafi unsere Odjrssee 
aus den drei großen sich von selbst darbietenden TeileUi Lrfi^irten 
(c — v^, Rache (v*— ui), Telemachreise (tög^), aufgebaut sei, und es 
müßte untersucht werden, ob nicht gerade der Verfasser unserer 
Odyssee sein Werk aus diesen drei Gedichten zusammengestellt 
habe. Das wäre die einfachste und deshalb eine überzeugende 
Losung. Ich glaube, den Beweis fahren zu können. Der Angel- 
punkt des Problems liegt in der Telemachreise. Ihre Analyse muß 
den Ghrund legen. 



I. TELEMACHS REISE 
UND IHRE VERKNÜPFUNGEN 

2. TELEMACHS REISEVORBEREITUNGEN 
UND DIE VOLKSVERSAMMLUNG'* 

Athene besucht in Mentors Gestalt den Telemach inmitten der 
Freier und gibt ihm praktischen Rat, wie er das Haus von den 
Freiem befireien könne (a 270). Er solle i. morgen eine Volksver- 
sammlung berufen und dort die Freier öffentlich auffordern, sich zu 
zerstreuen (274), 2. ein gutes Schiff rüsten, um nach seinem Vater 



* Lange nAch AbichloA dieses Bandes erschien das während knrser Unterbrechungen 
Frontdienstes niedergeschriebene Werk von RndolfDahms «Odyssee nnd Tele- 
■>*^i>*^ Untersnchnngen über die Composition der Odyssee', Berlin 19 19. Zn mdner 
Fivode hat sich der Ver&sser ohne Kenntnis meines ersten Bandes durch Stodiiim der 
Cooqpoaition der Odyssee ebenso wie ich dasa gedringt gefohlt, anstatt willkürlicher 
Znaitiie dnes penrersns interpolator vielmehr die einheitliche Tendenz eines ,£nd- 
mdaktftrs* anznerkennen and Ton dieser aus die Gestaltung des großen Epos zn be- 
greifen. Nvn scheint er mir freilich zn weit zu gehen, wenn er diesen ,£ndredaktor* 
sbH den Verfasser der Telemachie gleichsetzt. Ich hoffe ihn vor anderen zu überzeugen, 
dnS iBese Telemachie ein Phantom ist, daß vielmehr Telemachs Reise allein ein selb- 
sündiges Gedicht war und die Volksversammlung des ß nicht zu ihr, sondern zu einem 
Racb^gedicht und zwar zum Eumaiosepos gehört Wichtiger als solche Differenzen ist 
die VerilindiguDg über die Methode. Wir beide sind über sie einig und dürfen so 
vcttrasen, daft sie sich einmal durchsetzen wird. Aber auch in der Beurteilung mancher 
dirlnm Stdlen, so des c und t, berühren wir uns. Besonders freudig begrüße ich 
als Bes t ätigung meiner Anschauung, daß auch Dahms die Erkennungsscene von Odysseus 
■ad Peadope im t nur ohne Telemach für möglich erklirt und klar ausspricht, 
Tdcmach sei überhaupt erst spät in die Odyssee aufgenommen. 

Daß ich nur selten Verweise auf dies Buch, nie Polemik nachgetragen habe, wird 
•da Vci&sser verstehen und entschuldigen. 



8 Drittes Buch, L 2. TtUmacks Reisevorbtreüungen und äU Vaiknftrsammhmg 

zu forschen (280) und zwar erst in Pylos bei Nestor, dann bei Mene- 
laos in Sparta (285). Heimgekehrt aber solle Telemach auf den 
Tod der Freier sinnen. Das ß erzählt nun die Volksversammlung 
nach ihrem wider Erwarten ergebnislosen Verlan! Denn weder 
weichen die Freier, noch nimmt das Volk gegen sie Partei, und 
schließlich wird auch Telemachs Bitte um ein Schiff zur Reise nach 
Pylos und Sparta (ß 214) kaum beachtet, nicht erfüllt Das in der 
Versammlung zu fordern hatte Athene ihn a 280 nicht geheifien. 
Sie greift nun aber ß 267 auf sein Gebet hin ein, verspricht ihm in 
Mentors Gestalt, des väterlichen Freundes, der sich in der Versamm> 
luDg seiner angenommen hatte (225), mit ihm zu reisen (281), und in 
Telemachs Gestalt besorgt sie Mannschaft und von Noemon ein 
Schiff (386). 

Heimlich vor den Freiem wie vor Penelope — nur die alte Schaff- 
nerin ist eingeweiht — wird die Reise nach Pylos (t) und Sparta (b) 
ausgeführt 

Telemachs Besuch bei Nestor ist ergebnislos. Der Alte weiß 
nur zu berichten, daß Odysseus nicht mit ihm von Troia abgefahren 
ist (x 163). Aber er gibt ihm wenigstens einen Rat: Er solle nach 
Sparta zu Menelaos reisen (t 317)» der erst jüngst heimgekehrt sei 
Der Rat bewährt sich, Menelaos hat wirklich etwas von Odysseus 
gehört 

Hier ist der Punkt, den Hebel einzusetzen. Daß der unberatene 
Telemach sich an den nächsten Nachbar Nestor zuerst wendet imd 
dann von ihm sich weiter leiten läßt, ist verständlich und natürlich. 
Was aber soll man dazu sagen, daß Athene vom Ol3rmp herabbemüht 
wird, um den guten Jungen, dessen Anwesenheit zu Hause wahrlich 
nötig ist und der in drängender Eile die Reise tun soll, auf einem 
vergeblichen Weg zu Nestor zu schicken (a 280), statt ihn sogleich 
an die richtige Schmiede zu Menelaos zu lenken? Hat sich schon 
ihr anderer Rat, vor dem Volk die Freier zu verklagen, ganz und gar 
nicht bewährt, dies zwecklose Herumschicken ist unbegreiflich. Die 
Reise Telemachs wird im yb so natürlich entwickelt und so anmutig 
geschildert, daß es ausgeschlossen erscheint, ihrem Dichter jene Un- 
gereimtheit zuzumuten. Freilich ist Athene im y Telemachs Be- 
gleiterin, aber sie leitet nur seine ersten Schritte in die Welt, nimmt 
ihm die Schüchternheit imd läßt ihn dann, eine gute Erzieherin, sich 
selber weiterhelfen, ohne ihm seinen Weg vorzuschreiben. Das ist 
eine andere Rolle, als sie im a spielt, wo sie sich als ebenso schlech- 
ter Erzieher wie Ratgeber erweist, wo ihre Rolle nur begreiflich 
wird, wenn man sich eingesteht, daß sie einfach das, was in ß y t> ge- 



TtUmacks Reüeoorbereitumgtn o 

scfaehen wird, unter der Maske eines Ratgebers dem Telemach, 
nelmehr dem Leser ankündigt. Mit andern Worten, in t & haben 
wir einen frei schaffenden Dichter vor ims, im a einen Mann, der 
sich bemüht, schon fertig vorliegende Dichtung einzuleiten. Von 
diesem Gesichtspunkte aus allein kann ich die übel beleumdete 
Rede Athenes a 27o£ 28ofF. verstehen. 

Ober das Wesen dieser AÜteoerede ist nun seit A. Kirchhoff im 
Ernst ein Zweifel nicht mehr mögUch. Er hat sie im ersten Exkurs 
seiner Odyssee S. 238 als eine lockere Aneinanderstückelung von 
Stellen aas andern Zusammenhängen des ß erwiesen. Das wird sogar 
von Unitariem zugegeben, wenn sie sich auch den Folgerungen 
^rchhofis zu eotziehen suchen.' Selbstverständlich hat jener Mann 
nch etwas bei seiner Arbeit gedacht, darin haben Kirchhofs Geg- 
ner recht Es kann nichts anderes sein, darin werden die streiten- 
den Parteien übereinkommen, als der Wunsch, Volksversammlung (ß). 
Reise (t b), Freiermord (x) vorzubereiten. Das muß deijenige gemacht 
haben, der die Telemachreise und die Rache zusammenfaßte, und, da 
er sogleich im Anfang des a auch Odysseus' Erlösung von der Ka- 
typso anlcündigt, noch Odysseus' Irrfahrten einbezog, also derjenige, 
der unsere Odyssee aus älteren Teilen aufgebaut hat. Wenn nun 
Telemach ß z 1 4 bei seiner Bitte um ein Schiff vor der Volksversamm- 
lung denselben Unverstand aus a284f. wiederholt und erklärt, er werde 
nach Pylos und Sparta gehen, so kann man der Folgerung nicht 
en^ehen, dafl auch ß 2i4ff. von demselben letzten Bearbeiter stam- 
men. In der Tat wird das durch Vergleichung dieser Verse mit 
a zZiS. bewiesen. Hier rät Athene dem Telemach, ,er solle nach 
Pylos und Sparta gehen, sich nach seinem Vater zu erkundigen*. 

a 281 fpxEO neucö)iEvoc narpöc bf|v otxo^^voio, 
fiv TIC TOI elirgci ßpOTÜiv ^ äccav äkoOcijc 
i< Aide, f\ T€ liäXicra 9^pei kA^oc dv6püinoiciv. 
npiIiTa \ily ic TTOXov £Xefe kqI eTpeo N^cropa btov, 
Kciecv bi ZitäpTT^vbc nopd Eav6öv Mev^Xaov. 



* So Hast Nuck, (j.-Ptoktuud, Chu-loltenbiirs 1898, ReiiiiiD£i Odyi*ee (1903) 65, 
K. Bdncr, Homer. Probleme n (191a) sff., C. Rothe, Die Odjwiee als DidUnuc (1914) 
34C Der teilte vu ein la eründlieher Foncher, als daS er dch KiTcbhoOi Beweii 
fiM hiUe TciaclüicSeii können. S. 30 lagt er: ,ei iit ohne weitere* eintenchlend, 
drf 4k Buie Rede (n ijoff.) im Hinblick anf ß improTiiirt itt, ja et bindert 
yflili. ■Bcmielimcn , daB der Dichter, nachdem «r den Plan entworfcD, ß 1 — 359 vor 
dkacr Rede auccarbeitct habe.' Belnver bat richtig {ciehen, daB Kircbhoff In Tele- 

*■- Bitte an die VoIktTenamwlatte nm ein Schiff p aijff. nnberec]iti£t einen Ge- 

didkcs »pplirt bat, aber er bebandelt dieie Rede nniicbtic: darüber nntcn. 



lO Drittes Buch. L 2, TeUmtuhs Reisevarbeniitmgm und dk Voüksfftnmmmhmg 
In der Volksversammlung aber sag^ Telemach 

ß 2 1 4 el^i Tap de Zirdp-niv t€ kqI £c TTuXov i^^a6Ö€VTa 
vöcTOV ireucö^evoc iraTpöc bf|v otxofuidvoio» 
j\v TIC ^01 eiinjci ktX.* 

Das ist falsch: denn nicht nach der Heimkehr kann und will 
er sich erkundigen, sondern ob jemand etwas von Odyssens 
zu sagen wisse, ob Odysseus überhaupt noch lebt Da die 
beiden Stellen voneinander nicht unabhängig sein können, muß not- 
wendig die klar und treffend ausgedrückte das Original, die schiefe 
die Nachahmung sein. Folglich ist unweigerlich ß 214 schlecht auis 
a 281 übertragen. Es ist dasselbe Verhältnis, wie es Kirchhoff zwi- 
schen dieser Stelle und ß 263 festgestellt hat, die denselben Fehler 
macht. 

Weit gefehlt also, dafi der letzte Bearbeiter in der Mentor-Aüiene- 
rede a 281 — 5 aus ß 214-— 7 entlehnt hätte, er hat vielmehr a 281—5 
selbst gemacht eben für diese Stelle und diese Verse dann spater 
mit leichter, aber schlechter Änderung für den Antrag Telemachs 
in der Volksversammlung ß 214 und für dessen Gebet ß 263 ver- 
wendet Damit fallt aber jede Erwähnung von Telemachs Reise in 
der Volksversammlung aus; denn die anschließenden Verse ß2i8 — 23 
— a 287 — 92 sind natürlich auch aus a hierher versetzt Die Volks- 
versammlung hatte also ursprünglich keine Verbindung mit Tele- 
machs Reise, erst der letzte Bearbeiter hat sie ungeschickt genug 
hineingesetzt 

Dies Ergebnis bewährt sich von beiden Seiten h£r. Zunächst 
zeigt T b eine andere Charakterzeichnung Telemachs als ß. Hier ist 
er zwar auch kaum ein erwachsener Jüngling, der noch nicht die 
Kraft hat, sein Hausrecht selbst anzuwenden (ß 60) und dem die zor- 
nige Erregung Tränen in die Augen treibt (ß 81), aber er wächst 
rasch der Mannheit entgegen: er beruft eine Volksversammlung, 
sagt den Freiem in zwei großen Reden vor allem Volk ihre Schänd- 
lichkeit ins Gresicht und weist sie aus seinem Hause, t b &l>er schU- 
dem ihn mit feinem Humor als schüchternen Knaben, der zunächst 
überhaupt nicht zu reden sich getraut Bei der Ankimft in Pylos 
genirt er sich trotz Athene-Mentors Zureden t 14 — 20 so sehr (21 — 23), 



' £<L SchwarU (Stnfiburger Festschrift s. Philolg. -Versig. 1901, 27), der die Un- 
möglichkeit der Ankündigung der Reise nach Pylos und Sparta erkennt und durch 
Hinweb auf die bewußte und sichere Kunst des y h begründet hat, athetitt jene Stel- 
len» um die Einheitlichkeit der Telemachie, wie sie Wllamowitz reconstruirt hatte, su 
retten, statt sie zu sersprengen. VgL Anm. 7. 



Ttltmafki Rtütvwtirtiitmgm \ l 

daß er hinter seinen göttlichen Begleiter tritt und auf diese Webe 
Athene 51 zuerst begrüßt wird. Seine Worte zu t 23 

oöt)^ t( thu )i)>6ota irCTTcEpTmai, mncivotciv. * 

aibilK b'aC v^ov fivbpa TEpa^fEpov ^Ep^ecOat 
wider^rechen direkt dem ß, das ihn gewandt und ohne Scheu tapfer 
hat reden lassen. In dies Bild des weltfremd schüchternen Jungen 
fugt sich hübsch der niedliche Zi^ ein, dafi Telemach von der Pracht 
des Menelaospalastes überwältigt, unter den Augen seines könig- 
lichen Wirtes heimlich seinem nun schon vertrauten Reisegefährten 
Pmsistratos seine Bewunderung zuraunt (669 — 75), aber schlecht paßt 
das zu dem seiner ererbten Würde bewußten Jüngling des % der sich 
in der von ihm berufenen Volksversammlung auf den königlichen 
Thron seines Vaters setzt 

Ebenso führt die Betrachtung der Volksversammlung des ß selbst 
dam, äe von Telemachs Reise Tb loszulösen. Mir hat gerade sie 
zuerst diese Erkenntnis aufgedrungen. Die Anlage dieser Versamm- 
hmgsscene schließt die Reise Telemachs aus und weist mit allen 
Linien nach ganz anderer Richtung.* Aigyptios, der Alterspräsident, 
eröffiiet, wie sich's gebührt, die Versammltmg mit der Frage, wer 
das Volk berufen habe zum ersten Male seit Odysseus' Abfahrt und 
weshalb. Wir fühlen, der Dichter will uns eine Wendung des Schick- 

* Alfypdot kommt nur hier vor, lit td(o fBi ^ckii einen Zweck eifnnden, di« 
Vokaadlaae la ciöBhen, demgemU idne Rede ß 35 — 34 rein fonnklen Ch*T>kter 
k>L Srin Recht dacn mnBte motlTieit werden. Du tat p 16 ,cr wu dorch Alter fe- 
b «f t snd wnlte fchr rielei', nuhdem i; uigcknodlgt bitte f|px' <lTt>pe6(iv. Sdue 
Rade wwd« »Uo mit i; — 34 gnt mnf 15/6 folgen. Duwliclien iber enlhlen 17 — 34 
*«■ Bcsidinngen dei AlgTpÜoi i. in Odyiwat — er g>b llim leinen Sohn Antiphoi 
ait — 3. ta den Frdern — ein uiderct Sohn Enijnomoi gehörte in Ihnen — um 
diBB tn 34 die ichOD IJ genachte Angabe ,er redete* m wtederholes mit dem Znuti 
.Tktoen vergidend'. Dieie Veree 17—34 itöreB: denn Aigyptioi' Rede enthUt nichti 
w» alleden, vedcr etwu Ton Antiphoi nnd den Frdera, noch itt lie irgendwie wei- 
■—**** Aolerdem lind diese grfindllcbcn Penonalaktcn liier nicht uigebncht, weil 
Ai|yptioi nicht «J* Perioii vortritt, Aneh i*t durch lie lelnc Vorstellnng verdoppelt; 
A« erste ß 16, die ihn car »li Alteraprlildenten vorgeitellt hktte, genügte völlig dem 
Zwecke. Folglich tind ß 17—34 dngeKhoben. 

Dieter SchlnB iit bündig, weil er mi der AnalfM dieaei ZDiunmenhanges not- 
weadif folgt. Henning! Od. 3a hat ihn gezogen, Rothe, der daa Verdienit hat, inent 
4ss Unpaaaende von ß 17 — 14 geieigt *u haben, bitte dch Iliai 44 ibm nicht wider- 
Mttea »ollen. Die vod Ihm beobachtete Ähnlichkeit von ß 17 — 34 mit uj 413—18 
d 34 ^ ui 415, wo er bcuer) beatitlgt den SchlnB nnr. Aber richtig opponirt Rothe 
ifegm, ß 17—14 inr interpoUK m erUiren. Sie tind vielmehr vom VerEttter ouerec 
Odjnaes. Der wollte den Aig^ptioa dtireh Beitehongen au Odjttent nnd den Freiem 
«■(CT mit den Peraoaen dei Epo* verblöden nnd ttellte ihn alt nnpaiteilichcn Mhtcb- 
■Mm awiaclten beide Failelen. 



Die Volksversammlung im ^ le 

DaS in meiner Wiedergabe eine Stelle weggelassen sei, wird nie- 
mand ahnen, der nicht genau den Text verfolgt Es fehlen zwischen den 
Reden des Eurymachos und des Mentor die vorhin als Zusatz des letzten 
Bearbeiters mit Benutzung von a 281 — 3 erwiesenen Verse ß 208 — 23, 
die den Antrag Telemachs, ihm ein Schiff zur Reise nach Sparta 
mid Pylos zu geben, enthalten.^ Sie sind hier nicht nur überflüssig, 
sie stören sogar die Erzählung, weil sie plötzlich und ohne jede Vor- 
bereitung die bisher innegehaltene und sogleich nachher wieder 
▼erfolgte Richtung der Erzählung auf die unmittelbar bevorstehende 
Katastrophe verlassen. Was soll jetzt in dieser so gut vorbereiteten 
und so eindrücklich vergegenwärtigten Situation eine Reise Tele- 
machs in die Feme zur Erkundung» ob sein Vater lebe oder nicht? 
Wir wissen ja, er lebt, er ist auf Ithaka, unerkannt noch, aber er ist 
da. Sollen wir Telemach etwa für ebenso ungläubig halten geg^n 
Vogelzeichen und Prophezeiung wie seine Feinde, die Freier? Hatte 
nicht etwa für ihn und auf sein Grebet ß 145 Zeus die beiden Adler 
gesandt? Unbegreiflich ist auch, daß Mentor, der unmittelbar nach 
Telemach 2 24 spricht, trotz seiner Treue mit keinem Wortchen auf 
dessen Rede sich bezieht und seinen Antrag imterstützt Seine Ent- 
rostung und sein Aufiruf ans Volk, sich wider die Freier zu erheben, 
waren wenig klug, nachdem Telemach solchen Vermittelungsantrag 
gestellt Aber durchaus verständlich, trefflich motiviert ist das alles, 
wenn Mentor so auf die Frechheiten des Eurymachos 177 — 207 ant- 
wortet Unmittelbar passen 2 24 ff an 207 an.^ Dem Mentor erwidert 

* Schon Hennmgt »Homers Odyssee« 17 hat aa ß 214—33, 255, 306—8 AnstoS 
fcaoBimeii und sie seiner Liedertheorie gemäß als Zusatz eines späteren Rhapsoden 
bcidehaet VgL auch W. M. Winter, G.-Prgr. Leipzig 19 13, No. 774 21, der sie rieh- 
tif dem letzten Bearbeiter gibt. 

' Allein hier ß 224 in der ganzen Erzählung wird gesagt: ,So sprach er und setste 
iddi, oad es erhob sich Mentor.' Sonst hält sich dieser Dichter mit diesen selbstrer- 
•liadlichen ÄnSerlichkeiten nicht anf. Nor zu Anfang ß 36 schildert er den Moment, 
wie skh sein Held, der jooge Telemach, zur ersten Volksrede seines Lebens erhebt, 
nad aach dieser Rede ß 80 den knabenhaften Zomansbmch — beides mit klnger künst- 
lerischer Absicht Die Erregung nach Antinoos' Rede und nach dem Vogelzeichen 
spiegelt sich in der Hast der kurzen Übergangsformeln t6v 6' aO . . . dvnov r\iiha 
1^9, 177, 241. Jene allein 224 angewandte breitere Formel ist auch mit Absicht ge- 
wihJt: anf die freche Rede des Eurymachos folgt ein kurzes Schweigen, erst als Tele- 
aach nicht das Wort ergreift, erhebt sich Mentor, ß 224 ist in diesem Zusammenhange 
ebenso yortreflflich, wie er zwecklos und hohle Formel wird, wenn Telemachs Bitte um 
da Schiff geschehen ist. 

Beizner, Homer. Probleme TL 9, der den Dichter besser zu verstehen glaubt als 
seine Vorginger, zieht daraus, daß erst nach Telemachs dritter Rede, in der er um 
das Schiff bittet, ß 224 gesagt wird ,er setzte sich', vielmehr den erstaunlichen SchluS, 
Teleaiach sei nach seiner ersten Rede stehen geblieben und habe eigentlich weiter- 



1 6 Drittes Buch, I, 2. TeUmachs ReisevorhereUungen und die Volksuenamunbmg 

dann Leiokritos 241 und lost die Versammlung auf (252). Am Schlüsse 
dieser Rede steht allerdings 253 — 56 eine hohnische Antwort auf 
Telemachs Antrag 208 — 23. Sie ist nicht übel, verbindet sie doch 
den Einschub, Telemachs Bitte lun ein Schiff, mit der Nennung des 
Mentor und Halitherses aus dem ursprünglichen Gredicht Hier ist 
einmal dem letzten Bearbeiter etwas besser gelungen — eine War- 
nungy der Qualität der Zusätze zu großes Gewicht beizumessen. Denn 
nach den vorgelegten, von verschiedenen Seiten her selbständig ge- 
führteni wie mir scheint, zwingenden Beweisen muß 253 — 6 unbe> 
dingt von der Originalscene ausgeschieden werden* Sie gehört dem- 
jenigen, der jenen Antrag Telemachs eingefügt hatte imd ihn doch 
irgendwie beantworten lassen mußte. 

Erst der Verfasser der uns vorliegenden Odyssee hat also die 
Volksversammlungsscene ß i — 207 + 224 — 52 ihrer ursprünglichen 
Bestimmung, den Freiermord einzuleiten, entfremdet und hat sie be- 
nutzt, um die Spannimg zwischen Telemach imd den Freiem zu 
offener Feindschaft zu steigern. Damit hat er den Mordanschlag der 
Freier auf ihn motiviert, der ihm zugleich dazu diente, das hübsche 
Gedicht von Telemachs Reise nach Pylos und Sparta enger mit der 
folgenden Erzählung zu verbinden, als sonst möglich gewesen wäre: 
vgl. b 625 — 847, o 27ff., 90 f., TT 342 ff. Daß aber Telemachs Reise nicht 
ursprünglich mit der Volksversammlung des ß zusammenhängen kann, 
wird durch den inneren Widerspruch zur Gewißheit erhoben, in dem 
diese zu jener steht: wenn Halitherses die nahe Rache des Odysseus 
prophezeit, ja Odysseus' Gegenwart schon verkündet, so kann un- 
möglich Telemach auf Reisen gehen. Übrigens ist dem letzten Be- 
arbeiter seine Arbeit im ß bemerkenswert gut gelungen: haben doch 
seine schärfsten Kritiker gerade ß — b für ein einheitliches Gedicht 
gehalten. Nicht zum wenigsten verdankt er diesen Erfolg seiner 
sorgfaltigen Vorbereitung durch a. 



Durch die vorgelegte Untersuchung ist die Volksversammlung 
d es ß nicht nur von der Reise Telemachs, auch vom a gelöst, desto 
enger ist sie mit der Rache verbunden. Sie gibt für diese die Ex- 

sprechen ond sogleich, wie Athene a 272 — 83 ihm aolgetragen, den Antrag rnnf Aiu- 
rüstung eines Schiffes stellen wollen. — Die andern Redner bleiben nun aber anch 
aUe stehen, da nicht gesagt wird, daß sie sich setxen; sollen die nun anch aUe die Ab- 
sicht haben, weiterzoreden? (W. M. Winter, G.-Prgr., Leipzig 1913, No. 774 i ver- 
gleicht gut das A.) Damit lallen Beizners weitere Folgerungen samtlich hin. Richtig 
ist daran nur, da0 Beizner in ß ao8 — 24 (Telemachs BiUe um ein Schiff) und a 27a — 83 
(Athenerede) denselben Verfasser und dieselbe Absicht erkannt hat. 



DU Volksversammlung als Exposition des Rachegedichts ' i n 

Position in wahrhaft künstlerischer Form. Wir erfahren hier alles 
Notige nicht durch Erzählung, sondern durch dramatische Reden 
handelnder Personen. Telemach wird uns zu Anfang gezeigt We- 
nige Verse bringen die Versammlung in Gang. Sogleich spricht der 
erste Redner von Odysseus imd seiner langen Abwesenheit, dann 
zeichnet Telemach die traurigen Verhältnisse seines Hauses. Anti- 
noos vervollständigt das Bild vom Standpunkt der Freier, erzählt 
von Penelopes hinhaltender List und der eigenen gewaltsamen Gegen- 
maßregeL Dann beginnt die Handlimg mit Telemachs Aufforderung 
an die Freier, sein Haus zu verlassen, der prophetischen Verkündi- 
gung der unmittelbar bevorstehenden Rache durch den heimlich 
zurückgekehrten Odysseus. In diesen Reden charakterisiren sich 
die Personen selbst: der zur Tatkraft erwachte Telemach, die we- 
nigen Getreuen, die frechen Häupter der Freier. Es ist also die 
Volksversammlung ganz aus sich verständlich, sie bedarf keiner Vor- 
bereitung; sie war die erste Scene, die Exposition eines Rache- 
gedichtes, orig^ale Poesie von hohem künstlerischen Können. 

Breit und kümmerlich steht daneben das a, strotzend von entlehnten 
Versen. Für unsere Odyssee ist es nicht entbehrlich, denn es gibt 
für die Rache nicht bloß, auch für die Telemachreise und für die 
Irrfahrten des Od3rsseus durch Erzählung seiner Gefangenschaft bei 
Kalypso und des Zornes Poseidons die Exposition. Man mag über 
seine Fähigkeiten verschiedener Meinung sein, aber nur frommer 
Glaube kann an Kirchhoffs Nachweis zweifeln, daß a auf Grrund 
älterer Gedichte und um sie zusanunenzufassen verfertigt ist, daß 
der Mann, der unsere Odyssee gemacht hat, der Verfasser des a ist 



Auch der Rest des ß fällt nun diesem letzten Bearbeiter zu.* Nie- 
mand wird behaupten, er sei zu poetisch für ihn. Der Hohn der 
Freier über Telemachs Reisepläne ß 296—336 im Hause des Odys- 
seus ist ein Nachtrag, der notwendig erscheinen konnte, weil sein 
Antrag in der Versammlung selbst doch gar zu kurz nur beantwortet 
war 253 — 6. Telemachs Antwort 309 — 20 erinnert so lebhaft in 314 
und 316 an die Ermahnung von Athene-Mentor a 295 — 7, daß man 
schon deshalb denselben Verfasser vermuten dürfte, ß 326f. nennen 
die Freier Pylos und Sparta als Reiseziele: das stammt also auch 
von ihm; von Ephyre und seinem Gifte ß 328 steht in seiner Arbeit 
a 259 zu lesen. Die Heimlichkeit der Reise Vorbereitungen, die ß 33 7 ff* 
gar zu ausfuhrlich geschildert werden, muß Plan haben. Ich finde 

• VgL W. M. Winter, G.-Prgr., Leiprfg 191 3, N. 774 21. 
Betk«, HoaMr. n 2 



Schluß der Teiemachreise iq 

lieh abgebrochene Abschied Telemachs von Menelaos im o fortge- 
setzt, nachdem der letzte Bearbeiter im Anfang des o Athene, wie 
sie V 412, 439 ankündigte, dem Telemach im Traum hatte befehlen 
lassen, eilends von Sparta aufzubrechen usw. Strittig ist nur, mit 
welchem Verse des o das Reisegedicht wieder beginnt KirchhofF 
schloß o 75 an 5 61 2, V. Wilamowitz, H. Ü. 93, der den von Menelaos 
angebotenen Hephaistischen Krater b 613— 619 beibehält, schließt 
an b 619 unmittelbar 80, wo Menelaos sich bereit erklärt^ den Tele- 
mach weiter zu geleiten, um Gastgeschenke zu sammeln. Mir scheint 
auch dies nicht richtig. Denn da Telemach b 598 dem Menelaos ge- 
sagt hat ,ich kann nicht bleiben, meine Gefährten in Pylos werden 
unwillig', so kann dieser nicht erwidern 80 ,wenn du dich noch in 
Hellas umtun willst, so will ich dich begleiten«. Zudem ist in der 
o 86 folgenden Antwort Telemachs die Hand des letzten Bearbei- 
ters in dem Hinweis auf den Hinterhalt der Freier 90 f. deutlich 
(6. Stück), den er die Athene eben 027 dem träumenden Telemach 
hatte verraten lassen. Erst o 93, der an b 619 nicht mehr unmittelbar 
anschließt, wird dies Gedicht der Telemachreise wieder beginnen. 
Darauf rüstet Menelaos das Abschiedsmahl, holt die Gastgeschenke^ 
überreicht selbst den b 591 verheißenen Becher und läßt seinen Sohn 
den b6i5 statt der abgelehnten Rosse angebotenen Krater herbei- 
bringen. Dil 3 — 119 sind wohl absichtlich, aber störend aus b 6 1 3 — 6 1 9 
wiederholt, wo das Futurunr buicu) paßt. Menelaos hat sich mit dem 
kurzen Segenswunsch begnügt. Darauf schenkt Helena mit freimd- 
lichen, kaum längeren Worten ein prächtiges Gewebe für Telemachs 
Hochzeit, das bis dahin seine Mutter bewahren möge. Das ist ein 
feiner Zug liebenswürdigen Zartsinnes und mütterlicher Freundschaft, 
würdig der Anmut, die der Dichter des b über Helena ausgegossen 
hat Diese Gleichheit nicht gewöhnlichen Stiles imd hoher gesell- 
schaftlicher Kultur und die Uberreichimg der im b angekündigten 
Geschenke verbürgt die Zusanmiengehörigkeit dieser Stelle des 
mit b, also der Telemachreise. Weiter wird nun gepackt, gegessen, 
angespannt, vorgefahren, Abschied genommen, wobei Menelaos 
einen freundlichen Grruß an Nestor bestellt (o 151). Als Telemach 
verspricht, den auszurichten, drängt sich ihm der Wimsch auf die 
Lippen: ,Fänd' ich doch Odysseus in Ithaka und könnte ihm erzählen 
— wie Peisistratos dem Nestor — , wieviel Freundschaft ich von dir 

* o 99 i-i Z 288 und 105— -109 — Z 289 -f 393—396. Ob sie hier, ob sie 
doit /original' nnd, wußte ich nicht sa unterscheiden, and will ich auch nicht nach 
C RoCbes Wamnng. Übrigens ist der Bittgsng der Troerinnen vor dem Ende des 
Vn. JnhikttDderts nicht möglich, Telemachs Reise ist noch jünger, s. mein V. Bach. 

2* 



Anstückung des -Bearbeiters im o 21 

Aber das £v6a&€ durfte Helena nicht sagen. Auch ist o 1 72 f. » a 2oof^ 
o 176 — 044» 178 — p 159. 

Es ist eine schlechte Erfindung und schlechte Technik, sie 
stechen gegen die Klarheit und Zielsicherheit des Erzählers der 
Telemachreise sichtbar ab; sie können nicht von demselben Dich- 
ter sein. Dies Urteil findet seine Bestätigung in der Beobachtung, 
daß dies Vogelzeichen und seine Deutung den aus der Situation 
hübsch sich ergebenden natürlichen Wunsch Telemachs ,hätte ich 
doch auch meinen Vater zu Hause* zu einem guten Omen umbiegt 
^ein Vater ist zu HauseS das mit der Prophezeiung des Halitherses 
ß 165 correspondirt Dies brauchte der Verfasser unserer Odyssee, 
der jetzt gerade Vater und Sohn zusammenfuhren will und Odysseus 
sicher zu Eumaios gebracht hat Um das inzwischen zu bewerk- 
stelligen, hatte er die letzten Abschiedsworte Telemachs von Mene- 
laos b 6 1 9 abgeschnitten und erst 80 fortgesetzt Folglich ist das 
Vogelzeichen und Helenas Deutung ein Verbindungsstück des Ver- 
fkssers unserer Odyssee. Er hat das Gedicht von der Telemach- 
reise in o nur 80 — 159 benutzt 



In unserer Odyssee geht freilich Telemachs Reise weiten Das 
war notwendig, sobald sie in den großen Zusammenhang einer 
Odyssee gesetzt wurde. Ich habe gezeigt, wie xö mit der ihnen 
finemden Volksversammlung ß vom Verfasser unserer Odyssee ver- 
klammert sind. Habe ich richtig den Schluß des Reisegedichts bei 
o 159 angesetzt, so muß sich die Hand des letzten Bearbeiters in 
der folgenden Partie zeigen« Und ich meine sie zu erkennen, o 155 
hatte Telemach dem Menelaos hoflich versprochen, dessen (xrüße 
an Nestor auszurichten; auch davon abgesehen hatte er vielen Grund 
das zweite Nachtquartier wie auf der Hinreise bei Nestor zu nehmen; 
mußte er ihm doch danken für seine Aufnahme, seinen Rat, für die 
Überlassung seines Sohnes und Gespannes. Aber in unserem Ge- 
dicht begeht Telemach hier eine noch größere Ungezogenheit, als 
er 046 — im Verbindungsstück des Bearbeiters — beinahe begangen 
bitte. Er bestimmt den Peisistratos, ihn am Abend des zweiten Reise- 
tages sogleich an sein Schiff zu fahren, damit er ja nicht noch bei 
Nestor aufgehalten werde. Diese Hast hat in unserer Odyssee aller- 
dings einen guten Grund. Athene hatte ihn 10 ff. zur Eile getrie- 
ben und ihm 34 befohlen, bei Nacht zu fahren, damit er dem Hinter- 
halt der Freier entgehe. Aber weder dieser Hinterhalt noch die Er- 
•cheittung Athenes hat mit der ursprünglichen Gestalt der Telemach- 



Nestors ErȊhhmg9H 23 

ÄDgelegenheit nur ganz nebenher berührt und ihrer nicht weiter 
gedacht Hier liegt ein innerer Widerspruch innerhalb der Bücher 
Yb selbst vor. Es sind die Freierstellen in yb zu prüfen. 

Auf. Telemachs Bitte um Auskimft über seinen Vater spricht 
Nestor ß 103 in seiner g^reisenhaften Geschwätzigkeit zunächst von 
den Mühen und Helden des Krieges , um dann Odysseus vor 
allen zu loben« Dann erzählt er, wie nach der Eroberung Ilions 
sich die Atriden getrennt, und wie er selber heimgekommen, daß 
auch Diomedy Neoptolemos, Philoktet, Idomeneus glücklich zurück- 
gekehrt seien; ,aber von Agamemnons Ermordung durch Aigisth 
habt ihr wohl gehört (194), und den tötete Orest' (200). Telemach 
gibt keine Antwort, er interessirt sich 202 nur für Orests Rache 
und wünscht, die Grötter möchten ihm selbst doch die Macht geben, 
sich an den ,Freiem< zu rächen (206). Nach einem kleinen Zwischen- 
gespräch über sie fragt Telemach aber 249: ,Wo war Menelaos? 
welche List wandte Aigisth an?< Hier sagt er von Orests Rache 
kein Wort Kennt er sie so genau, daß er keine Sehnsucht hat, von 
seinem bewunderten Vorbilde und dessen Tat Genaueres zu erfah- 
ren? Verraten hat er das mit keinem Wort ,Der Dichter wollte 
davon eben nicht erzählen*, werden die modernen Homererklärer 
sagen. Aber warum lenkt er uns denn gerade auf das hin, was er 
nicht erzählen will, und von dem ab, was er alsbald erzählt, von 
Aigisths List und Menelaos' Heimkehr? Auch der Unitarier würde 
hier nicht mit dem Hinweis auf a 40 helfen können, weil da Orests 
Rache auch nur angedeutet, aber nicht erzählt ist, während Aga- 
memnons Tod schon ausführlicher behandelt b 518 ff. noch einmal, 
X410 zum drittenmal besprochen wird. 

Nestor gibt, nachdem er versichert hat, daß es dem Aigisth 
schlimm geg^gen wäre, wenn Menelaos ihn lebend getroffen hätte, 
(255 — 261) auf Telemachs beide Fragen ausführlichen Bescheid« Er 
erzählt i. 262 — 275, wie Aigisth die Klytaimestra verfahrt hat — 
das ist die list, durch die er dem Agamemnon den Tod bereitete, 
2. erzählt er, 276 — 312, wie Menelaos mit ihm bis Sunion zusammen- 
gefahren, dann nach Aigypten verschlagen und erst nach der Er- 
mordung des Aigisth durch Orest zurückgekehrt ist Dieser Bericht 
ergänzt einerseits seinen ersten über die Heimfahrt, wo er von 
Menelaos seit ihrem Zusammensein in Lesbos (169) nichts erwähnt 
hatte, andererseits wird er vervollständigt durch Menelaos' Erzäh- 
lung über die Ermordung Agamemnons b 518 ff. Die engste Zusam- 
mengehörigkeit der Erzählungen in tb zeigt sich ebenso deutlich 
wie die Untrennbarkeit der beiden Berichte Nestors. Es bt also 



Die Erwähnung der Freier im x auszuscheiden 25 

das ausgedruckt! ,Da du mich daran erinnert hast (211* vgL 103*), 
so sag^ man, daß viele Freier deiner Mutter wegen wider deinen 
Willen in deinem Hause Böses sinnen/ 

Es folgt eine aus ir 95 f. übernommene, dort ir 114 beantwortete 
Frage, ob Telemach dem Volke verhaßt sei, auf die sich hier aber 
Telemach ausschweigt 

Unverstandlich ist auch mir die weitere Frage 216 f. ,wer weiß, 
ob er (wer?) nicht rächen wird, allein oder alle Achaier?' Und ge- 
scheit ist auch der Schluß nicht ^iebte dich Athene, wie sie Odys- 
seus liebte, so vergäße mancher die Hochzeit^ Der arme Junge hat 
ganz recht, wenn er an der Möglichkeit zweifelt, und hat Athenes 
Scheltrede wirklich nicht verdient, die 231 ff. wieder an ir 100 an- 
klingt, aber wieder, nicht nur mir, unverständlich endet Von diesen 
Versen hat Zenodot 231 nicht geschrieben, Aristarch hat 232 — 238 
athetirt Und ebenso ist von Telemachs Antwort, die endlich zu 
seinen Fragen nach Menelaos und Aigisth überleitet (249) und mit 
ihnen wieder den Anschluß an die Vorlage gewinnt, die dick auf- 
getragene Schmeichelei für Nestor 244 — 246 athetirt Diese Stelle 
195 — 248 ist eines der kümmerlichsten Stücke unserer Odyssee, um 
so empfindlicher in seiner geringen Qualität, als sie das feine Ge- 
dicht von Telemachs Reise unterbricht Dennoch hat es Zweck und 
Sinn for den Gresam^lan unserer Odyssee. Von ihrem Verfasser ist 
es gemacht. 

Er hat auch t 313 — 316 ii^ cUe zweite Nestorrede eingefugt als 
zweite Klammer: ,Gehe du nicht lange von Hause fort und von den 
frechen Freiemi' Widersprechen sie doch den folgenden Worten: 
^aber zu Menelaos heiß' ich dich gehend 

Auch beim Menelaosbesuche wird zweimal die Freiemot erwähnt 
Zunächst weist Peisistratos auf sie hin, als er Menelaos' stille Ver- 
mutung und Helenas ausgesprochene Überzeugung über die Person 
des jungen Gastes b 156 bestätigt: ja, er ist der Sohn des Odysseus^ 

158 — 160 entschuldigt er ihn dann, er sei verständig, aber schüch- 
tern, stellt 161 sich selbst vor, und kommt endlich auf Telemachs 
Zweck: ,er wollte dich sehen,' 

163 i<ppa ol ft Ti jiroc ÖTToOificeai 1^^ ti £pTOv, 
denn ein Sohn habe in Vaters Abwesenheit ohne Helfer viele Sorgen, 
so auch Telemach, dem niemand die Kaxönic abwehre (167). Düntzer 
^Kirchho£^ Koechly u. d. Odyssee* 35) hat mit schlagenden Grründen 
ans dieser Rede sowohl 158—160, die Rhianos gestrichen hatte, auch 
Aristarch athetirt zu haben scheint, als auch 163 — 167 verworfen. 
Li jenen sei die Entschuldigung Telemachs, daß er sidii noch nicht 



Die Freier auch im h a$iSMUscheiden 2 7 

und kommt nicht wieder, auch beim Abschied nicht, wo's doch an- 
gebracht gewesen wäre, auf seines Gastes häusliche Not zurück. 
Diese einzige noch übrige Erwähnung der Freier in der Telemach- 
reise ist also ebenso unvermittelt herbeigezerrt und bricht ebenso 
jäh ab wie die anderen , und sie alle haben für die Erzählung im 
TÖ gar keinen Wert, sie unterbrechen sie vielmehr und verschieben 
ihre sonst durchaus gleichgerichteten Linien, die alle ausschließlich 
auf die Erkundung nach Odysseus hinzielen. Dies ist für die poe- 
tische Analyse der entscheidende Grund, sie auszuheben. Er wird 
aber an jeder dieser Freierstellen bestätigt durch formale Anstöße 
und Störung des Zusammenhangs, die an sich schon geeignet sind, 
sie zu verdächtigen und zu entfernen. Freilich geht das nicht immer 
mit dem bisher beliebten Mittel des scharfen Schnittes, so daß beide 
Schnittflächen glatt aufeinander passen. Denn es sind ja nicht Inter- 
polationen von irgendwem aus unverständlichem Vergnügen an Ver- 
unzierungen, sondern es sind zweckbewußte Einarbeitungen des 
Mannes, der die Telemachreise mit anderen fertigen Epen verband 
und zu einem neuen umfassenden Epos, zu unserer Odyssee, zusam- 
menarbeitete. 

Hier hat er b 318 — 346 sicher eingeschoben, vielleicht auch die 
Übergangsverse 347 f. gemacht und vermutlich ein kleines Gespräch 
ausgeschaltet. 

Damit sind sämtliche Freiererwähnungen in der Telemachreise 
ausgeschieden und als Zusätze des letzten Bearbeiters unserer 
Odyssee zum Zwecke der Verklammerung mit aß wie mit der Rache 
erwiesen. 



Noch freier steht jetzt die Telemachreise unserer Odyssee und 
ihren Teilen gegenüber. Aber zwei, wenn auch noch so leichte Bän- 
der verbinden sie doch noch mit ihr: i. mit ^22$ die Person des 
Mentor» in dessen Gestalt Athene den Telemach nach Pylos geleitet, 
2. mit a 14, 50 imd € die Haft des Odysseus auf Kalypsos Insel, die der 
Meergreis dem Menelaos verraten hat und dieser b 555 dem Tele- 
mach mitteilt Sind sie ursprünglich oder hat auch sie erst der Ver- 
fasser unserer Odyssee angebracht? 

In der Volksversammlung des ß spielt Mentor, der Genosse des 
Odysseus, als iiriTpoiroc seines ganzen Hauswesens von ihm einge- 
setzt (226), eine Rolle. Er schilt die Ithakesier wegen ihrer Untreue 
gegen Odysseus, der ihnen gütig wie ein Vater war, und wegen ihrer 
Feigheit, die gegen diese wenigen Freier nichts wagen. Dieser 
Dichter hatte Veranlassung, die Gestalt zu schaffen. Er wird ihr 



Verschiedene Chronologie, Das Telemachgedicht ohne Freier 29 

4. DIE TELEMACHREISE 
ALS SELBSTÄNDIGES GEDICHT 

Die wenigen Verbindungsfäden , die in der Erzählung von 
Telemachs Reise t i — 6619 + 093 — 156 über sie hinauffuhren, 
sind, wie sich herausgestellt hat, erst vom letzten Bearbeiter unserer 
Odyssee eingeknüpft. Hat man dies feine, nicht genug gewürdigte 
Stück schon längst fiir eine, wenn auch angelehnte Dichtung eigener 
Art angesprochen, so ergibt sich jetzt seine vollkommene Selbständig- 
keit Es paßt auch wirklich schlecht in imsere Odyssee. Die breiten 
Erzählungen von Nestor, Helena, Menelaos fuhren gar zu weit ab und 
die Charakterisirung Telemachs als eines halb knabenhaften schüch- 
ternen Jünglings ist mit seinen mannhaften Auftreten in der Volks- 
versanmüung des ß nicht ganz zu vereinigen. Vor allem ist die Chrono- 
logie verschieden. Odysseus kehrt im zehnten Jahr nach Uions Fall 
heim, die Telemachreise ist aber ins achte Jahr gesetzt Denn im 
achten Jahre nach Agamemnons Tod ist Menelaos heimgekehrt y 306, 
311 und zwar eben erst (y 318), als Telemach zu ihm konmit Der 
Verfasser unserer Odyssee freilich bemüht sich in Rücksicht auf tb 
das auszugleichen und setzt a 3offl Orests Rache mit Odysseus' Heim- 
kehr in dieselbe Zeit 

Freilich ist's ein überraschendes Ergebnis, ein Telemachgedicht 
ohne Freier, um so überraschender, als es nach Anlage und Stil 
zweifellos der Spätzeit epischer Kunst angehört Viele werden es 
deshalb ablehnen. Aber sie sollten erst den Beweis fuhren, daß die 
Freierstellen in yb und löofiF. ursprünglich sind. Daß die Freier 
unerläßlich seien, muß als unbewiesenes Dogma aus dem Spiel bleiben« 
Tatsächlich steht die Telemachreise damit nicht allein. Auch X 185 
schließt unbedingt die Freier aus: wie der Schatten der Antikleia 
dem Odysseus sagt, hat noch kein andrer das schöne t^pac, sondern 
sein Sohn genießt die Krongüter und speist die gebührenden Mähler 
— selbstverständlich doch nicht als Kind.^ Auch die Apologe 1— p, 
sogar der ganze Nostos e— v^ sind ohne Kenntnis der Freier gedichtet: 
ihre Analyse im 1 5. und 1 6. Stück wird es beweisen. Erst durch die 
letzte Formung, nämlich durch unsere Odyssee — das müssen wir 

' Canen Venoch (Grdfg.* 459), dieser Stelle dadarch die Beweitkralt su nehmen 
and tie mit der GeMmtanschmaong unterer Odyssee in Einklang zu bringen, dafi er 
beransrecbnet, die Nekyia liege 7 J^re vor Odysseas' Rückkehr, aber erst 3 Jahre 
iror ihr seien nach ß 89-«t 153, v 377 die Freier aufgetreten, dieser Versnch schei- 
tert daran, dai X 185 Telemach bereits erwachsen nnd in demselben Alter geschildeit 
wird, ia dem wir ihn bei der Rückkehr des Odysseas za denken haben. 



Nestor der Patriarch, Menelaos det Weltmann 3 1 

und alltäglich fast sind die Erlebnisse Telemachs auf seiner Reise! 
Sie geht von Anfang bis zu Ende glatt, ohne Unfälle und Abenteuer 
vonstatten. 

Als er in Pylos landet, sitzt Nestor mit seinem Volk am Strande 
bei einem feierlich stattlichen Opferschmaus für Poseidon. Telemach 
genirt sich trotz Athene-Mentors Aufforderung, den Alten anzureden. 
So muß sie denn vorangehen, den ersten Gruß und den ersten Becher 
entgegennehmen, dem Poseidon zu spenden. Telemach folg^ imd tut 
ihr verlegen schweigend nach. Als nun aber Nestor nach ihrem Be- 
gehr fragt, da legt die Gottin ihm Mut in die Seele — ohne ihr Ein- 
greifen hatte er es auch jetzt noch nicht fertig gebracht — , imd mm end- 
lich wagt er zu reden, stellt sich vor und kommt mit seiner Bitte, vom 
Schicksal seines Vaters zu hören. Nestor weiß eigentlich nichts da^ 
von, erzahlt aber breit behaglich vom Aufbruch der Achaier zur 
Heimfahrt von Troia, was er selbst erlebt und gehört, und empfiehlt 
ihm zu Menelaos nach Sparta zu reisen, der jüngst als letzter zurück- 
grekehrt seL Inzwischen ist der Abend gekommen, Athene will mit 
Telemach zurück aufs Schiff — die Göttin muß ihm wieder zeigen, 
was sich schickt — , aber Nestor läßt das nicht zu, und auf seine 
dringende Einladung geht Telemach mit ihm in sein gastlich Haus, 
während Athene in Vogelgestalt entschwebt. Im Saal zimi Abend- 
essen läßt der Alte einen Extrawein kommen, den Gast zu feiern, 
und bettet ihn dann neben seinem Sohne Peisistratos in der Halle. 
Am andern Morgen spendirt Nestor eine Kuh sogar mit vergol- 
deten Hörnern zum Opfer für Athene, an dem nun auch die Frauen 
seines Hauses teilnehmen. Dann schickt er Telemach mit seinem 
Sohne nach Sparta. 

Bei Menelaos geht's ganz anders her. Dort angekommen, werden 
sie dem Herrn gemeldet; der sendet ihnen Diener, abziischirren 
und sie ins Bad zu führen. Dann erst erscheinen sie im Saal, der, 
wie Sonne imd Mond strahlend, sie mit Staunen erfüllt, vor dem hohen 
Herrn, der sie freundlich zu Speis und Trank einlädt. Da kann sich 
Telemach nicht mehr halten und flüstert dem Gefährten seine Be- 
wunderung über all die Herrlichkeiten zu, unter denen er sich wie 
in 2^U8' Palast fühlt Amüsirt imd liebenswürdig knüpft der Welt- 
mann daran an und erzählt von seinen weiten Fahrten und den 
Schätzen, die er in fremden Landen gesammelt, um mit eleganter 
Wendung auf Odysseus zu kommen, da er in Telemach den Sohn 
ericennt Doch der schluchzt nur, bis Helena, von drei Mägden be- 
gleitet, die ihre köstliche Handarbeit tragen, hereintritt, ihn als 
Odysseus' Sohn begrüßt und Peisistratos dies statt des Verwirrten 



Staffverteilung ^^ 

fahrt von Anfang an. Dabei rühmt der Alte den Odysseus, aber nur 
angremein als den Listigen und Redegewandten und spendet ihm 
als höchstes Lob die Anerkennung, daß er im Rate stets die klügste 
Meinung, nämlich seine, Nestors eigene, vertreten habe. Gesteigert 
wird das Interesse durch Telemachs erregte Fragen y 249, durch 
welche List Aigisth den soviel gewaltigeren Agamemnon habe töten 
können und wo denn Menelaos damals gewesen sei. Durch die erste 
Frage verschafft sich der Dichter die Gelegenheit, den Nestor die 
Verfuhrung Ellytaimestras erzählen zu lassen, während er den Be- 
richt über Ag^amemnons Ermordung dem Menelaos vorbehält, um 
die erschütternde Wirkung auf diesen schildern zu können (b 538). 
So hat er klug den Stoff zwischen die zwei Erzähler verteilt Denn 
dem ari8tokrati9chen Menelaos stand es nicht an, die höchst pein- 
lichen Intima der Familiengeschichte indiskret zu verbreiten. Auf 
ihn aber wird schon durch Nestors zweite Rede die Aufmerksamkeit 
gerichtet und gespannt Als letzter ist er zurückgekehrt über Meere 
80 weit und furchtbar, daß selbst die Vögel nicht hinüberfliegen (t 3 2 1 ). 
Und diese Spannung wird weiter gesteigert durch Menelaos' Andeu- 
tongen über seine Fahrten in Kypros, Phoinike^ Aigypten, Libyen 
md zu den Aithiopen, Sidoniem, Erembern, durch Helenas feinen 
Nähkorb aus Aigypten (b 126) xmd das Zaubertränklein, das ihr die 
Gattin des Aigypters Thon verehrt (b 228), bis dann endlich Menelaos 
seine Abenteuer in Aigypten selbst erzählt und berichtet, was der 
überlistete Seegreis ihm eröffnet 

Auf diese letzte große Erzählung des Menelaos werden wir von 
weit her und mit großer Kunst vorbereitet, sie wird ims also als das 
Hauptstück des Gedichtes vom Dichter selbst hingestellt und noch 
dadurch hervorgehoben, daß vor ihr durch Abend, Nacht und Mor- 
gen ein Abschnitt gemacht (b 294 — 310) und sie noch besonders ein- 
geleitet wird (b 3i2ff. vgl. 214). Auch ist sie durch die Phantastik 
des Abenteuers und die erzwungenen Prophezeiungen dieses Meer- 
gottes vor allen andern Teilen des Gedichtes ausgezeichnet Nun 
ist die Erzählung von der Oberlistung des Proteus gewiß auch mit 
soviel Behagen und Humor erzählt, daß man sie als Selbstzweck 
ansehen dürfte. Aber der Rahmen des Ganzen, Telemachs Erkim- 
dusg, ist ebenso behandelt Und wirklich ist doch auch jene nur der 
Rahmen und die Einleitung für die göttlichen Offenbarungen. Diese 
sind eben die Hauptsache. Sie beziehen sich auf Menelaos' Zukunft, 
Aias* Tod durch Götterzom, Agamemnons Ermordung und Odysseus. 
Klarlich sind diese Berichte bis auf den letzten nur Ergänzungen 
der Nostenerzählung durch Nestor. Nicht aber der letzte über Od3r8- 



\ 



Odysseus in Proteus^ Weissaß^ung je 

Wie in der Proteusoffenbarung des Telemachgedichts die Odys- 
seusfahrten angeordnet gewesen waren, welche Abenteuer sie ent- 
halten, wo sie geendet haben mag, darüber ist nichts zu vermuten, 
aber daß sie hier einst vorhanden waren, dieser Schluß ist nicht 
kühner und nicht weniger sicher, als der, daß eine kopflose Antike 
einst einen Kopf gehabt habe. 



Das Gedicht von der Telemachreise war ein Kleinepos wie alle 
lebendige Epik der älteren Zeit Es gab eine Darstellung der dem 
Publicum bekannten Kosten der Achaierhelden in einer neuen, an- 
mutigen und geschickten Einkleidung als Berichte des Nestor und 
Menelaos und als Offenbarung des Meergreises Proteus, derart an- 
geordnet, daß sie alle gekrönt werden sollten von einer Erzählung 
des reichsten und abenteuerlichsten aller Nosten, der Irrfahrt des 
Odysseus, dessen Sohn Telemach, sehnsüchtig, von seinem Vater 
Kunde zu erhalten, durch seine Fragen Nestor und Menelaos zu 
diesen Erzählungen veranlaßt Berechnung des Umfanges des ge- 
strichenen Berichts über Odysseus ist kaum möglich. Selbstverständ- 
lich war er nicht in der Ausführlichkeit der Apologie i— ^ gegeben« 
Das machte schon seine Einkleidung als Wahrsage des Proteus un- 
möglich. Den Maßstab kann man nur aus dem Gedicht selbst ent- 
nehmen, zu dessen Teilen dieser letzte im Verhältnis gestanden ha- 
ben muß. Wie die einzelnen Nosten in diesem Gedicht sich vom 
einfach Alltäglichen zum Grausigen und Abenteuerlichen immer mehr 
steigern, so nehmen sie auch immer größern Umfang an. Auf Ne- 
stors Heimkehr werden 20, auf Klytaimestras Verfuhrung und Aga- 
memnons Mord etwa 60, auf Menelaos' Abenteuer etwa 150 Verse 
verwendet. Da es dem Dichter nun der ganzen Anlage seines Klein- 
epos nach nur auf eine mehr andeutende Zusammenfassung der sei- 
nen Hörern bekannten Odysseusfahrten angekommen sein wird, so 
kann ihr Umfang hier nur beschränkt gewesen sein, wird aber, da 
sie das Ziel imd die Krone des ganzen Werkes waren, nicht gar 
kurz gewesen sein. Andrerseits durfte sie nicht so lang sein und 
mußte so gestaltet werden, daß man nicht vergaß, Menelaos erzähle, 
was Proteus ihm offenbart hatte. Demnach würde das Gedicht von 
der Telenoutchreise etwa an 1300 Verse gehabt haben, also etwa so 



vie P md Ol «och das 6 geploDdert. Das ist möglich. Aber da wir nun gerade aucli 
bd h SSS'^S^ *^ ^^^ Verdacht eines Eingriffs desselben Mannes gefahrt sind, so 
in ndb das andere möglich, dafl er selbst diese Verse gemacht and zweimal bald 
hiBterdnaader angewandt habe, um seine grofie Odyssee straffer zosammenzohaltcn. 

3* 



SchachUltechnik 9^ 

loSy und in i— ^ Odysseus den Phaiaken seine Irrfahrten. Auch von 
der prophetischen Abart ist da schon ein wenn auch nur bescheidener 
Gebrauch gemacht in Kirkes und Teiresias* OfiFenbarungen. Die 
glänzendste Ausbildung aber hat der Dichter der Telemachreise die- 
ser Technik gegeben : hat er sein Gedicht doch ganz auf sie ange* 
legt und in Menelaos' Bericht von der Überlistung des Proteus und 
seinen Offenbarungen sich selbst übertroffen. 

Wir stehen hier vor einer erstaunlich hochentwickelten Kunst 
und einer bewunderungswürdigen complicirten Erzählungstechnik, 
die ein feingebildetes Publicum voraussetzen. Das ist aristokratische 
Kunsty die vom Volk so wenig wie von Kindern je geschätzt und 
verstanden wird. Hat sie doch auch bei den modernen Homerkritikem, 
unter denen es auch einige geschmackvolle gab imd gibt, nur we- 
nig Liebe gefunden. Ähnliches finden wir erst bei alexandrinischen 
Dichtem und ihren römischen Nachahmern wieder, wie manches, das 
wir allein aus der Odyssee kennen. Kein Wunder: auch sie wandten 
sich nur an einen engen Kreis von Kennern. Und wie diese stand 
auch jener Dichter am Ende einer langen Kunstübimg. Der feine 
Humor, der über Telemach wie über Nestor, über Menelaos und den 
duftigen Seegreis gebreitet ist, zeigt an, daß es zu Ende geht mit 
der Sagenherrlichkeit im heroischen Stil. Die Telemachreise ist einer 
der letzten, in seiner Art aber der feinste Sproß am Baume des Epos. 
Es war Zeit, daß ein Mann kam, der die Ernte barg und aus diesen 
Einzelgedichten von Odysseus unsere große Odyssee baute, die sie 
alle erhielt Denn diese humoristische, leicht ironisirende Behandlung 
wäre der Tod der heroischen Sage geworden. 

5. DIE VERKNÜPFUNGEN DER TELEMACHREISE 

FOLGERUNGEN 

Ich fasse die bisherigen Ergebnisse zusammen und verfolge ihre 
Tragweite. Die Volksversammlung des ß ist dem Zusammenhange, 
der sie uns erhalten hat, ursprünglich fremd. Sie leitete vielmehr 
den Freiermord exponirend ein, setzt die Anwesenheit des Odys- 
seus in Ithaka bereits voraus, ist also ein Stück aus einem Epos, 
das die Rache des Odysseus behandelte und neben dem Vater auch 
dem Sohn eine bedeutende Rolle zugewiesen hatte. 

Ganz unabhängig davon ist die Erzählung von der Telemach- 
reise, die uns fast ganz in tb^ 0^ vorliegt, einst ein in sich abge- 
schlossenes Kleinepos. Sie ist mit ß durch wenige locker eingesetzte 
Hinweise auf die Freier verbunden, die sie ursprünglich durchaus 



Campantionstechnik des Vetftusers der Odyssee 3q 

in den Büchern v — p und im Abschluß \\^. Und wirklich sind es ge- 
rade diese Stücke, in denen sich vornehmlich Hinweise auf die Tele- 
machreise finden. Es ist die Probe aufs Exempel. Daß diese Ver- 
bindungsstücke nun alle aus der Hand desselben Mannes hervor- 
gegangen sind, daran ist nicht zu zweifeln. Das a ist von 88 an fiir 
die Volksversammlung des ß ebenso wie für die Fahrt Telemachs 
unbedingt notwendig, das Ende des ß 2 60 ff. vermittelt beide durch 
abermalige Intervention der Athene, nicht ohne ß 262 ausdrücklich 
an ihre Erscheinung im a zu erinnern. Die Erfindung und Ausführung 
dieses Stückes stehen nicht hoher als das a. Dem unglücklichsten 
Stücke» der Athenerede a 272 ff. ist ähnlich die nachlässige und con- 
fuse Freiereinlage des Verfassers unserer Odyssee in das Nestor- 
gespräch Y 195 — 248. Die zweite Gotterversammlung, welche im An- 
fang des e (üe a 84 angeregte Sendung des Hermes zur Kaljrpso 
noch einmal anregt und zur Ausfuhrung bringt und € 18 — 20 auch 
Telemachs Reise erwähnt, ist längst als sein Werk erwiesen, und 
ebenso die zweite Nekyia, in der beim weit ausholenden Bericht 
Amphimedons über die Freier imd ihre Ermordung ui 151 f. auch 
Telemachs Rückkehr aus Pylos gestreift wird. 

Nicht so einfach aber liegen die Verhältnisse am Schlüsse des b 
und in den Mittelbüchem v — p. Hier ist sicherlich die hübsche Er- 
zählung S von Odysseus bei Eumaios aus einer älteren Vorlage 
herübergenommen, aber o bringt erst Telemachs Abschied von Sparta, 
der, wie gezeigt, zum größeren Teil dem Reisegedicht entlehnt ist, 
imd seine Rückkehr nach Ithaka, während eine Fortsetzung der 
Eumaiosidylle dazwischengeschoben ist Das von Athene herbei- 
geführte Zusammentreffen von Vater und Sohn bei Eumaios zum 
Zwecke ihrer Erkennimg und gemeinsamer Verabredung in ir ist 
nur so ermöglicht Das aber erregt den Verdacht, daß der Verfasser 
unserer Odyssee in ir zum wenigsten seine Hand im Spiel gehabt 
habe. Andrerseits aber ist Odysseus in v von Athene zu Eiunaios ge- 
schickt und zugleich ihm die Herbeiholung seines Sohnes aus Sparta 
angekündigt. Da ist wieder dieselbe Technik. Verquickt ist damit die 
Verwandlung des Odysseus durch seine Göttin. Es ist also auch 
diese zugleich in die Untersuchung zu ziehen. So müssen denn diese 
ganzen Bücher v— ir und b* analysirt werden, um festzustellen, wie 
weit nch die in ihnen zweifelsohne nachgewiesene Arbeit des Ver- 
fassers unserer Odyssee erstreckt, welcher Art sie war, ob und was 
für Vorlagen er vielleicht benutzt hat 

Nachdem Kirchhoff die Beziehungen auf die Telemachreise vom 
Schluß des b an im allgemeinen richtig ausgeschieden hat, darf ich 



^o Drittes Buch. L 6. Theoklymenos 

mich auf einige wichtige Stücke beschränken« Ich behandle zu- 
nächst Telemachs Rückreise , auf der er Theoklymenos aufliest, 
und den Mordplan der Freier. 

6. THEOKLYMENOS 

Das Gedicht von der Telemachreise hat der Verfasser unserer 
Odyssee bis o 159 sich zu eigen gemacht, dann aber selbständig das 
Vogelzeichen mit Helenas Prophezeiung angedichtet und Telemachs 
Rückfahrt. Telemach beeilt sie so, daß er trotz seines Versprechens 
155t des Menelaos Grüße an Nestor auszurichten, den Alten gar 
nicht mehr besucht, sondern sogleich an Bord geht 0221. Aber die 
nächtliche Seefahrt wird erst 287 angetreten. Dazwischen ist erzählt, 
wie Theoklymenos, aus Argos wegen Mordes flüchtig, von Telemach 
die Erlaubnis erbittet, mit ihm nach Ithaka fahren zu dürfen. Er ist 
o 225—255 sehr breit als Seher aus dem berühmten Wahrsagerhause 
der Melampodiden vorgestellt Darauf also kommt es an. Und wirk- 
lich bewährt sich Theoklymenos nach dieser Richtung bereits bei 
der Landung in Ithaka 495 durch Deutung eines Vogelzeichens 0525. 

Kirchhoff und v. Wilamowitz geben die erste Theoklymenosscene 
ihrer ,Telemachie', während sich über die nächste 495 ff. ihre An- 
sichten trennen. Nun kann, wenn anders meine Darlegungen richtig 
sind, nicht mehr davon die Rede sein, die Gestalt des Theoklymenos 
dem Gedicht der Telemachreise zuzusprechen. Nur das steht zur 
Entscheidung, ob der Verfasser unserer Odyssee ihn und seine Tätig- 
keit aus irgendeinem andern Odysseusepos übemonunen oder sie 
selbst erfunden habe. Ich halte mit Kayser^ das letzte für wahr- 
scheinlicher. Denn nirgends greift Theoklymenos in die Handlung 
ein, nirgends ist er mit einer Partie fest verbunden, dagegen zeigen 
alle Scenen, in denen er auftritt, die Hand des Verfassers unserer 
Odyssee und stehen untereinander in Beziehimg. 

Theoklymenos' sogleich sehr hervorgehobene Aufgabe ist zu pro- 
phezeien. In der Tat ist das auch das einzige, was er tut Er erfüllt 
seinen Beruf drei oder eigentlich nur zwei Mal: 0530, p 150, U350. 
Als Telemach, nach nächtlicher Fahrt am Morgen in Ithaka gelandet, 
gemäß der Anweisimg Athenes 36 zunächst aufs Land geht und 
Schiff und Gefährten in die Stadt schickt, rät er dem Theoklymenos, 
die Gastlichkeit des Eurjrmachos in Anspruch zu nehmen, der seine 
Mutter heiraten und Odysseus' Herrschaft erhalten werde. Aber ein 

' K. L. ICAyser, Homer Abhdlg. 39 Ton 1835 »InserU est . . a recensiore tcriplore 
Theocljmeni persona carmini Tetosdori ^~1r. 



Zweck der Theokfymenasgestali ai 

Habicht fliegt, eine Taube rupfend, herbei, und Theoklymenos erkennt 
den Sinn des Zeichens: ,Kein Geschlecht in Ithaka ist königlicher als 
eures, ihr werdet immer mächtig bleiben/ Der erfreute Telemach 
übergibt ihn nun seinem Gefährten Peiraios als Gast und geht, wie 
Athene ihm o 38 befohlen hatte, zu Eumaios. Anfang (0495—504) 
und Schluß (0 547—57) dieser Scene gehören dem Verfasser unserer 
Odyssee, da sie Ausflihrungen der Athenebefehle sind, die er, um 
die eingelegte Telemachreise mit dem Eumaiosgedicht g und weiter 
mit der Tisis zu verbinden, erfunden hat Aber auch Telemachs An- 
deutungen über die Hoffnungen des Eurymachos, Penelope heimzu- 
fuhren und das Königtum des Odysseus zu erwerben, sind zur Hälfte 
nur Wiedergabe der Mitteilungen, die ihm Athene zu Sparta im Traum 
o isff. gemacht hätte, zur andern Hälfte eine fast selbstverständliche 
Folgerung daraus, stammen also auch notwendigerweise von dem- 
selben Manne. Das Vogelzeichen ist endlich so eng damit verbun- 
den, daß man es nicht trennen kann. Es ist auch billig genug. Be- 
merkenswert aber ist, daß Theoklymenos p 1 57 fiE, als er, von Telemach 
zu Penelope gefuhrt, ihr seine Deutung dieses Zeichens (p 160) mit- 
teilt, falsch referirt, indem er Helenas Prophezeiung 178 z. B. wört- 
lich wiederholt. Der Verfasser imserer Odyssee hat beide gemacht, 
hier hat er sie verwirrt. Penelope antwortet darauf p 163—165 mit 
denselben Worten, wie Telemach 0536—538 dem Theoklymenos ge- 
antwortet hatte. Die Versicherungsformel aber, mit welcher der 
Seher seine Prophezeiimg p i55f.* einleitet, ist aus t 303 f. entnommen, 
wie sie auch E i58f. benutzt ist 

Hier ist die Arbeitsweise des Verfassers unserer Odyssee so deut- 
lich wie in der ganzen vorgehenden Partie des p von 28 an, die Tele- 
machs Heimkehr, Begrüßung durch Eurykleia (vgl. ß 348) und Pene- 
lope, die Einholung des Theoklymenos von Peiraios — p 80 ein Hin- 
weis auf den Mordanschlag der Freier — und Telemachs Reisebericht 
an Penelope (52—149) erzählt. Es ist dies ein notwendiges Verbin- 
dungsstück, um die Reise» die Mordanschläge der Freier, Penelopes 
Angst um ihren Sohn zusammenzufügen mit Telemachs Besuch bei 
Eumaios und der Tisis. Derselbe letzte Bearbeiter hat also auch die 
Theoklymenosscene o 507—46 gemacht. 

Theoklymenos' letztes Auftreten u 345—86 gilt der grellen Ver- 
kfindig^g des unmittelbar bevorstehenden Freiermordes. Er ist da 
unter den Freiem als Telemachs Gast zu denken — genannt war er 



* Die antike Athetete von p 150—65 ist offenkundig falsch, weil Theoklymenot 
p 53 ff. doch deshalb so ansf&hrlich eingeholt wird, damit er prophezeie. 



Theoklynunas vom Verfasser der Odyssee eingefügt 43 

wähnungen sind hier wie da gegeneinander gesteigert und für die 
Spannung und Stimmung der Leser geschickt verwendet 

Theoklymenos wird uns durch seinen Stammbaimi als ein Seher 
vorgestellt, von dem man unfehlbare Weissagungen erwarten darf 
— dieser ist also nicht ohne Bedacht eingelegt Sein erster Spruch 
o 532 ist allgemein: ykein Geschlecht in Ithaka ist königlicher als 
das des Odysseus, und ihr werdet immer gewaltig sein'. Vor Pene- 
lope sagt er p 157 deutlicher: ,Odysseus ist hier und schon am 
Werke/ Im u aber sieht er schon den Tod über den Häuptern der 
Freier und Blut an den Wänden, die Halle voll von Schatten. Mich 
schauert's noch heute, denke ich an den Eindruck, den mir diese 
Scene machte, als ich — ein fünQähriger Junge glaub' ich — zum 
erstenmal meine Mutter die Odyssee vorlesen hörte. Kindliches 
Empfinden soll man beachten, wenn man sich die Wirkung der 
homerischen Greschichten vorstellen will. Der Verfasser imserer 
Odyssee hat, als er diese Scene einlegte, gewußt, was er tat; so sehr 
sie den Tadel, den sie gefunden, vom künstlerischen Standpunkt 
verdient^ auf den" naiven Hörer wirkt sie. 

7. DER MORDANSCHLAG DER FREIER 

Die Erzählung von Telemachs Reise nach Pylos und Sparta wird 
6 625 mitten in seinem Abschiede von Menelaos unterbrochen, damit 
wir hören, was sich inzwischen in Ithaka zugetragen. Die Freier er- 
fehreo zu ihrer Oberraschung von Telemachs Reise erst durch Noe- 
mons Frage, wann er wohl zurückkehre. Sie senden auf Antinoos' 
Antrag ein Schi£F, ihn auf der Heimreise abzufangen und umzubringen 
(672). Weiter wird Penelopes Ang^t bis b 847 geschildert Erst das 
o kehrt wieder zu Telemach zurück, der trotz seiner Weigerung 
(ß594 v?!« T313) doch in Sparta geblieben, nun durch Athene im 
Traum ermahnt und von der Gefahr unterrichtet, eiligst aufbricht 
und sich zum zweitenmal von Menelaos verabschiedet Daß hier ein 
anderer das Gedicht von Telemachs Reise rücksichtslos zerschnitten 
hat, ist unmittelbar überzeugend.^ Kirchhoff hat deshalb den Mord- 

* KircUioff» Od. 190, y. Wilmmowitz, H. U. 93, Hennings Od. 100 und wms er an- 
fohit. C RoUie, Gegengründe Od. 48 sind i) Kehrte T. 6617 heim, so müßte er in 
dacr Volksrenammlimg über seine Reise berichten, 2) solche unmittelbaren Wieder- 
iMifanigai meide der Dichter. Beide Grründe fallen dahin durch den Nachweis, dafi die 
VoOnvcmmmlnng des ß mit der Telemachreise ursprünglich nichts su tun hat und erst 
der VcrfiMser vnserer Od. ß 208—223 den Antrag Telemachs auf Stellung eines Schiffes 
dafdcfl hat Aber auch in unserer Od. schuldet T. der VolksTersammlung keine 
Ktchmtchalt über seine Reise, da sie ihm das erbetene Schiff nicht gestellt hat. 



Dreimal wiederholt ^e 

Mord beschlossen und versucht hatten. So hat denn v. Wilamowitz 
ir für original, b für Copie erklärt und Kirchho£f gibt die Stelle im b 
dem letzten Bearbeiter. 

Aber der Mordplan ir 342—451 kann unmöglich in dieser Form 
aus einem älteren Epos übernommen sein, denn die Telemachreise 
hat sich als ein selbständiges Kleinepos herausgestellt, in dem der 
Freier überhaupt nicht Erwähnung geschehen war. Höchstens könnte 
der Verfasser unserer Odyssee, der diese Verbindung hergestellt hat, 
den Mordplan selbst irgendwoher entnommen haben« Die Analyse 
der Scene, die mehr als einen Anstoß bietet, gibt den Beweis. 

Als das TelemachschifF eingelaufen ist, gehen die Freier rr 343 
vor die Hofmauer zur Beratung, da sieht schon Amphinomos, bisher 
gänzlich imbekannt, aber alsbald 395—399 weitläufig vorgestellt, das 
Schiff des Antinoos im Hafen. Er wird geholt, und sie setzen sich 
auf den Markt (36 1) und hören unter Ausschluß aller andern Antinoos' 
Bericht und die Erneuerung seines Antrages auf Ermordung Tele- 
machs, nehmen aber ohne Debatte den Antrag des hier als Liebling 
Penelopes vorgestellten Amphinomos an (402), erst den Götterwillen 
in so heikler Angelegenheit zu erforschen. Dann ins Haus gegangen, 
empfangen sie Penelopes Strafpredigt (4 1 8—433). Ihr antwortet Eury- 
machos, er stehe dafür ein, daß ihrem Sohne kein Leid geschehe, 
worauf sich Penelope zurückzieht und Athene ihr Schlaf gibt (451). 

Daß hier kein einheitliches Originalstück vorliegt, zeigt schon 
Amphinomos. Wird eine Person überhaupt vorgestellt, so wird sie 
beim ersten Auftreten vorgestellt, aber nicht in der zweiten Scene. 
Also 394 £ muß das erste Auftreten des Amphinomos gewesen sein, 
ist also original, 351 secimdär: gerade hier liegt nun die Verbindung 
mit der Telemachreise, hier also hat der Verfasser unserer Odyssee 
zugedichtet. Die Beratung über den Mordplan aber hat er über- 
nommen, sicher 324—406. Wieviel von der vorangehenden Rede 
des Antinoos, die besonders zu Anfang von entlehnten Versen wim- 
melt, bleibt zweifelhaft. Wahrscheinlich von 385 an mit dem Doppel- 
vorschlag: ,entweder Mord und Teilimg, oder wenn ihr das nicht 
wollt, soll jeder sich in sein Haus zurückziehen und von da aus wer- 
ben.* Denn diese Alternative paßt ganz und gar nicht dazu, daß 
der Mord schon beschlossen und versucht war, sondern gehört offen- 
sichtlich in ein Stück, das erzählt hatte, wie Antinoos zum ersten- 
mal den verwegenen Mordvorschlag macht Amphinomos und die 
Freier lehnen ihn ab: der Mord war also in dieser Erzählung nur 
Gedanke geblieben, er sollte den Frevelsinn des Antinoos zeichnen, 
versucht war er nicht Wir haben noch eine Spur, die uns diese vom 



Der Kern des Mcrdanschlags fx 38^^447 47 

im h wieder einzufuhren und zwar als handelnde Personen. Große 
Unkosten hat er sich nicht gemacht Er hat einfach die Meldung 
Medons und die Penelopescene verdoppelt Im tt steht das Original, 
im h des Bearbeiters eigenes Produkt. Er benutzte es zugleich, um 
wie a 289, 430 wieder mal an Laertes zu erinnern, auch bringt er das 
ß345£ angesponnene Eurykleiamotiv hier zu Ende. Es ist ebenso 
verdrießlich, jene Scenen in tt und b zu vergleichen, wie den Schluß 
des h zu analysiren. 

Aber gescholten ist der Mann genug. Ich will seinen Absichten 
nachgehen: da wird das Urteil gerechter und milder werden. Mit 
einer Überlegung, der wir nachrechnen können, läßt er ö 675 ff. Pene- 
lope nur weinen und beten und erst im tt sie entschlossen den Freiem 
entgegentreten. Denn den Hinterhalt zu Wasser brauchte er für 
seine Composition, den zweiten Plan aber, ihm auf dem Wege von 
Emnaios zur Stadt aufzulauern, durfte er nicht ausführen lassen. Zu- 
dem konnte er so b 742 Eurykleia gestehen lassen, daß sie von Tele- 
machs Reise gewußt, aber ihm Stillschweigen geschworen habe, und 
durch Athene der Penelope im Traum sagen lassen (b825), daß sie 
den Telemach geleite: so gewann er neue Verknüpfungen mit ßyb 
und überhob sich der Mühe zu erzählen, wie Telemach dem Hinter- 
halt entgehen werde. Der Leser weiß ihn ja in Athenes sicherem 
Schutz. Andrerseits war dem Bearbeiter die mutige Penelopescene 
erst im n wertvoll Da erzählt Penelope 11424 von der Guttat des 
Odjrsseos an Antinoos' Vater, und Eurymachos rühmt ir 443 selbst, wie 
ihn als Knaben Odysseus väterlich freundlich behandelt habe. Hätte 
er das im b angebracht, wir würden es über der bunten Herrlichkeit 
der Odysseusabenteuer längst vergessen haben, wie es Mentors Er- 
innerung an Odysseus' Güte ß 233 in der Tat ergeht Aber hier 
prägt sich das ein, und unser Haß gegen die Freier wird noch ge- 
steigert, da wir erfahren, wie sie dem Hause des Odysseus durch die 
Pflichten der Clientel und Pietät verbunden sind. So mißlungen also 
auch die Wiederholung des vorgefundenen Mordmotivs ist, für die 
Zwecke der Composition seines großen Werkes hat der Verfasser 
unserer Odyssee es bewußt und mit Erfolg angewandt. 



IVo erscheint Odysseus veruMmdelt? ^] 

kehren sie wieder, die vor langer Zeit stolz ausgezogen waren. 
Keinem dieser Dichter ist es eingefallen, die Unkenntlichkeit durch 
Zauber zu motiviren. Das würde die Wirkung ja nur beeinträch- 
tigen und die Schwierigkeit schaffen, den Verzauberten wieder zu 
entzaubern« 

Die natürliche Unkenntlichkeit des spät und elend keimkehren- 
den Herrn ist allein das Echte und Ursprüngliche. Mit vollem 
Rjecht hat das Kirchhoff 539 ausgesprochen. Schon deshalb darf man, 
nein muß man es auch in der Odyssee suchen. Es wäre ein wunder- 
lich Dingy wenn die griechische Poesie diesen realistischen Zug ver- 
mieden hätte, die doch wie jede andere rechte Kunst durch das ehr- 
liche Bestreben, die Wirklichkeit zu sehen und nachzubilden trieb- 
kräftig und tief und groß geworden ist Freilich eines ist zu be- 
achten: die Odyssee in der uns vorliegenden Form, die auf die 
Phaiakentage unmittelbar die Abenteuer des Heimgekehrten in 
Ithaka folgen läßt, setzte dem Realismus des durch Not und Jahre 
gealtert heimkehrenden Helden eine Schwierigkeit entgegen. Eben 
noch war Odysseus bei den Phaiaken in männlicher Schönheit und 
Kraft aufgetreten, hatte einem jungen Weibe Wohlgefallen, und war 
in prächtigen Kleidern und reich beschenkt schlafend in seiner Hei- 
mat gelandet worden. Wie konnte der Dichter seinem Publikum 
nun zumuten zu glauben, daß unmittelbar darauf derselbe Mann als 
Bettler unerkannt imter den Seinen wandelt? Kirchhoff 542 hat 
scharfsichtig auch auf diesen Punkt hingewiesen und Antwort ge- 
geben: um diesen Anstoß zu beseitigen, habe der Mann, der das 
Phaiakengedicht und die Heimkehr zu einer Einheit verband, die 
Verwandlung des Odysseus in Bettlergestalt durch seine Schütze- 
rin Athene eingedichtet Diese Bemerkung ist so treffend und un- 
mittelbar überzeugend, daß das Problem schon fast erledigt gelten 
darf, wenn sich zeigen läßt, daß die Verwandlung des Odysseus 
nur in dem Verbindimgsstück zwischen Irrfahrt (e — v^) und Rache, 
die im E vorbereitet, im p recht in Gang kommt, Geltung hat. Das 
laßt sich in der Tat beweisen. 



So sicher wie Odysseus am Ende des v und im ir verwandelt 
wird, so sicher ist er t 380 in seiner natürlichen Gestalt Ober alle 
Zweifel hebt das Eurykleiawort, als sie sich anschickt, ihrem 
Herrn, dem vermeintlichen fremden Bettler (T327 Kaxd clfi^voc) die 
Füße zu waschen: ,unter den vielen Fremden sah ich nie jemanden, 
der so wie du dem Odysseus gleich an Gestalt und Stimme und 

4* 



Odysseus im c eq 

hier nicht vemandelt: staunen doch die Freier und zittert doch Iros, 
als sein Gegner aus seinen Lumpen ,die schonen starken Schenkel 
und die breiten Schultern entblößt und die Brust und die musket 
festen Arme* ((t68). Das ist der Held, den die Lumpen nur dürftig 
verstecken, nicht ein kläglicher Bettlergreis, zu dem Athenes Zau- 
berstab ihn gemacht Aber was soll der Zusatz 

auT&p 'AGVivn 
<y 70 Syx» Trapiciaji^vii )ki\€ fJXbave ttgijli^vi Xauiv? 

Dieser Gewaltige bedarf wahrlich nicht gottlicher Stärkung, um 
einen feigen Schwächling wie Iros niederzuschlagen ^ furchtet 
er ja doch, er könne ihn mit einem Schlage tot hinstrecken, wenn 
er seinem Zorn und seiner Kraft nicht Zügel anlegt. Nun stehen die 
ausgeschriebenen Worte auch 01367^ Da haben sie Sinn, denn da 
stärkt Athene dem greisen Laertes die Glieder zum längst entwöhn- 
ten Kampf. Hier stehen sie in krassem Widerspruch zu ihrer Um- 
gebung. Kein Zweifel, sie sind hier aus ui, das, wie Wilamowitz H. U. 73 
zeigte, schon dem letzten Bearbeiter vorgelegen hat, von eben diesem 
eingesetzt, der den ursprünglichen Versschluß a 69 dafür strich, und 
so durch Wiederholung des Versschlusses aurdp 'AGVivT] 60 f^ aurdp 
'Obucc€uc66 eine Häßlichkeit hineinbrachte. Seinen Gnmd hatKirch- 
hoff's20 erkannt: er empfand den Widerspruch dieser Schilderung 
der staunenerregenden Gliederpracht des Odysseus gegen seine 
im V und ir geschilderte Verwandlimg in einen alten kläglichen Bett- 
ler. Diese Vorstellung hielt er fest imd wünschte sie auch von seinen 
Hörern festgehalten; deshalb fügte er als Begründimg diese Worte 
aus dem u) ein, ohne sich um den so entstandenen Widersinn zu 
grämen. Er rechnete auf die Macht der einmal suggerirten Vor- 
stellung des verwandelten Odysseus, und er hat richtig gerechnet, 
wie sein Erfolg zeigt Um so sicherer ist, daß seine Vorlage, die er 
im a verarbeitet hat, sie nicht kannte. 

An diesem gefesteten Ergebnis dürfen wir durch (T3S5 nicht irre 
werden. Da macht Eurymachos, als er den Bettler Odysseus beim 
Lampenanzünden helfen sieht, den Witz: ,ein Gottessegen, daß der 
Mann ins Haus kam; denn heller Glanz leuchtet von seinem Kopf, 
auf dem kein Härchen sitzt' Die Glatze galt imd gilt als Beweis, 



* So Sceck Quellen der Odyuee 94 Aber weon er daraat ichließt, daß Odysseoi 
hier verwandelt war nnd »Athene erst einen Teil des Zaubers vcn ihm nehmen mußte, 
vn Mine Kraft anch sichtbar sn machen*, so yerstehe ich weder diesen Schloß noch 
& der G6ctfai nnteri^legte Absicht Er folgt darin r. Wilamowitz H. U. 35, der behauptet, 
Ar den Dichter des o sei die Verwandlung Voraussetsung seiner Eifindung gewesen. 



Archaiscker Reaiismus ec 

biedere Semonides eine Klasse von Weibern, von einer andern rühmt 
er, dafi sie nicht Mühle und Sieb anrühren noch den Unrat aus dem 
Hause kehren mag, und er genirt sich nicht zu sagen, daß ein er- 
zürnter Mann seiner schlimmen Ehehälfte die Zähne mit einem Stein 
einschlagt (VU 2, 58, 17). Auch die homerischen Gedichte sind reich 
an Zügen, die an grausigem und derbem Realismus ihresgleichen 
suchen. Ich erinnere an Achill, der den totwimden, um Bestattung 
flehenden Hektor zuruft: ,Du Hund, könnt' ich doch dein Fleisch dir 
von den Knochen schneiden und blutend essen I' (X 346), an die Kö- 
nigin Hekabe, die dem Mörder ihres Sohnes die Leber aus dem 
Leibe nagen möchte (Q 213), an die Schilderung des Schicksals deß 
Grreisen in der eroberten Stadt (X 71 ^ Tjrrtaios X 25), an Priamos, 
der sich in wilder Trauer im Staube wälzt, Haupthaar und Nacken 
voll Dreck (Q 164). Das Krasseste ist bei der Darstellung des Ky- 
klopenmahles und seiner Folgen und der Blendimg geleistet, nur 
erträglich durch den derben Humor, mit dem das wüste Ungetüm 
behandelt wird. Doch selbst vor den Gröttem machte der Realismus 
der Homeriden weder in Scherz noch Ernst halt: die herrlichen 
Hyphaistosscenen in AZ und die nur Boccaccio vergleichbare köst- 
liche Erzählung von Ares und Aphrodite in Hephaistos' Ehebette 
(9 267) sind ja aller Freude, während der die Götter mit Prügeln be- 
drohende Zeus (6 12) und die die Artemis ohrfeigende Hera (<t>49t) 
in jedem Falle auf uns abstoßend wirken, ob sie nun humoristisch 
genommen werden oder nicht. Auch dem Dichter des (Tt fehlt es 
wahrlich nicht an Realismus. Blökend fällt Lros und blutspeiend, 
zähneklappernd, strampelnd, dann schleift ihn Odysseus am Fuß in 
den Hof, setzt den armen Schacher an die Wand zwischen Schweine 
und Hunde imd steckt ihm seinen Stab in die Hand (a 97). Odysseus 
bedient mit den Mägden die Lampen, Melantho keift, Eurymachos 
wirft mit der Fußbank nach ihm. Zu alledem paßt vortrefiflich sein 
alberner Witz über den Glatzkopf. Lrgendwie mußte doch schließ- 
lich Odysseus verändert sein gegen die Zeit, als er ausgezogen war, 
da ihn niemand erkennt Er mußte, da er seine Heldenkraft für den 
Freiermord imbedingt brauchte, seine Glieder also stark wie früher 
waren, an Gesicht und Haar verändert erscheinen. Der edle Morin- 
ger hat einen grauen Bart, als er heimkehrt, sich sein Weib zu 
retten, und König Karl setzt sich, ein greiser Mann, auf seinen 
Thron am Tage, da seine Gattin einem andern getraut werden soll. 
Weißhaar und Haarausfall sind die auffallendsten Zeichen des Alters 
und verändern am stärksten das Aussehen. Deshalb wählen sie die 
Dichten Der unsrige fand die Glatze passend — weil er so Gele- 



^6 Drittes Buch, IL 8, Odysseus* Verwandlung, Zweck und Wirkung 

genheit fand, den übermütigen Junker den billigen Witz machen zu 
lassen. Öfter erwähnt er sie nicht. Das eine Mal genügte vollauf 
seinen Zwecken. Die Hörer verstanden nim, daß niemand den Hel- 
den erkannte. Er vermied es aber klug, an die Glatze weiter zu er- 
innern, und ich wette, daß kein Naiver mehr an sie denkt, wenn ihm 
bald darauf erzählt wird, wie Odysseus vor seinem Weibe sitzt und 
Eurykleia ihm die Füße wäscht So halte ich mich zur Behauptung 
berechtigt, daß weder dieser realistische Zug dem Dichter abgespro- 
chen werden darf, der den Odysseus nur als gealterten Mann in 
seiner natürlichen Gestalt einführte, noch auch diese Glatze irgend- 
wie die ernste Hoheit der Penelopescene jemals hat beeinträchtigen 
können falls sie noch jemand im Gedächtnis hatte. Einen scharfen 
chronologischen Maßstab an solche Poesie anzulegen, ist unrecht 
Dichter ig^noriren oder benutzen oder steigern je nach dem augen- 
blicklichen Bedürfnis ihrer Erzählimg das Lebensalter ihrer Helden 
und dessen Anzeichen. Weder den König Karl noch den edlen Mo- 
ringer denkt sich jemand alt, als sie auf die Reise gehen, aber nach 
zehn \md nach sieben Jahren kehren sie greis zurück. Da hat auch 
Odysseus nach zwanzigjähriger Abwesenheit schon mehr Recht dar- 
au£ Und solchen Mann in der Mitte der Vierzig, Vater eines er- 
wachsenen Sohnes nennt auch die Komödie t^pujv und stellt ihn 
so dar, gewisse Tjrpen auch mit Glatze.^ In demselben Alter soll 
man sich etwa den Odysseus hier vorstellen, und dem ist es ganz 
entsprechend, daß er (T 9 von Iros T^pov angeredet wird. 

Das p enthält nirgend ein deuüiches Zeichen, daß Odysseus in 
verwandelter Gestalt zu denken sei. Wer freilich die Vorstellung 
der Verwandlimg aus vir festhält, findet natürlich eine Bestätigung in 

p 202 f. — 337^* 'Obucc€Öc 

Trruixuj XcutaX^ui ^vaXiTKioc i^\ T^povTi 
CKTiTTTÖfievoc- TOI bfe XuTpd trepl xpot d^aia &to. 

Aber ohne vir würde niemand aus diesen Worten eine Verwandlimg 
des Helden herausinterpretiren, auch nicht, wenn Odysseus bei den 
Freiem bettelt die ei tttuixö^ iräXai eTr] (p 366) oder ihn der Fußtritt des 
Melanthios (p 235) nicht von der Stelle rückt, oder er dem Schemel- 
wurf des Antinoos gegen seinen Rücken (p 463) ,unbeweglich wie 
ein Fels< standhält Und ganz gewiß ist er nicht verzaubert, als er 
neben Eumaios vor seinem alten Hunde Argos steht, der allein von 



' VgL Pollux IV 143 und den Nachweit der Tfpen in noch Torhmndenen Masken 
bei C Robert ,Die Masken der neueren attischen KomodieS Halle 191 1, iSff. 



Odysseus nur m yjt verwandelt ^j 

allen ihn wiedererkennt (pzgi — 327).^ Also auch im p ist Odysseus 
nicht verwandelt 

Ebensowenig kann man es aus H herauslesen, auch nicht aus £ 31. 
Da setzt sich Odysseus auf den Boden und legt den Stock weg, als 
an der Hürde des Eumaios dessen Hunde bellend auf ihn los- 
fahren. Die Stelle ist richtig erklärt durch den Hinweis auf Plinius 
H. N. Vn 61 yimpetus (canum) et saevitia mitigatur ab homine 
considente humi', auch hat der Dichter durch den Zusatz IZieTO Kcp- 
bocuvi] jeden Zweifel an dieser Absicht ausgeschlossen. Der kluge 
Odysseus weiß mit den Hunden umzugehen; aus Schwäche oder 
Ang^ purzelt er jedenfalls nicht. Und liegt denn nicht gerade darin 
das Rührende dieses Gedichtes, daß Eumaios seinem alten Herrn» 
von dessen Andenken alle seine Gedanken erfüllt sind, fortwährend 
von ihm selbst erzählt, ohne zu ahnen und zu merken, daß der neben 
ihm sitzt und ihm ins Auge sieht? und wird diese fein erfundene und 
hübsch durchgeführte Situation etwa dadurch ergreifender oder wird 
sie beeinträchtig^ daß er den Odysseus gar nicht erkennen kann, 
weil ein Zauber seine Augen betrügt? 

Odysseus ist überall in der Odyssee bis allein auf vtt in seiner 
natürlichen, nur durch Lumpen verhüllten und durch die Jahre ver- 
änderten Gestalt gedacht Spät und allein kehrt er heim und nie- 
mand erkennt ihn. So hatte Halitherses ihm bei seiner Ausfahrt ge- 
wahrsagt (ß 1 75) und das ist der springende Pimkt in allen Variationen 
dieser Novelle bei den verschiedenen Völkern. Keine einzige weiß 
etwas von Verzauberung so wenig wie ursprünglich die Odyssee. 
Und ist denn eigentlich die Verzauberung des Odysseus in unserer 
Odyssee eine wirkliche Verzauberung? Was Athene V398 ihrem 
Liebling angekündigt hat, bewirkt V430 ihr Zauberstab: seine schone 
Haut schrumpft greisenhaft ein, seine blonden Haare fallen aus dem 
Kopf, seine wunderschönen Augen werden blöde, sie kleidet ihn in 
schmutzige Lumpen und ein schäbiges Hirschfell, gibt ihm Stock 
und Ranzen. Für diese Kostümirung bedurfte es keines göttlichen 
Wunders, bleiben also als Wirkung des Zaubers bloß die Zeichen 



* T. Wflmmowitz H. U. 88 (daher Seeck 95) mit Berafaiig aaf Grimm Mytholg* 623. 
Seeck 95 meint freilich, man solle glauben, der Zauber binde den Argos nicht, weil ir 163 
die Hnade des Enmaios sich vor Athene verkrochen hätten statt sie anznbellen. Aber 
der Unterschied ist doch stark. Hier naht ein Wunder, vor dem sie sich furchten, wie 
Hnade eben tun, wenn sie etwas nicht begreifen, dort steht ein Alter vor seinem ster* 
Hnnde, der seinen Herrn wittert — Ich kenne aus dem Altertum keinen Be- 
daB Zauber die Hunde nicht binde, wohl aber einen für das Gegenteil. Artemis 
rtnmad^ den Aktaion, damit ihn seine Hunde zeireiBen. 



^ Vtrwamäbmg des Odysseus Erfindung des Verfassers der Odyssee 59 

Fhaiaken wieder konnte er ihn so nicht brauchen, also mußte er ihn 
plötzlich altem lassen: da gab's nur ein Mittel, aber eins, das den 
spateren Homeriden sehr nahe lag, göttlichen Eingriff. Die Rettun- 
gen des Aineias und Paris (€313 Y320 r38o), die Heilung Hektors 
(O240) und besonders die Ausgießung himmlischen Glanzes über 
Achill und Beschirmung des Waffenlosen durch Athenes Aigis (£ 203) 
veranschaulichen die Art, wie sich diese Dichter in derartigen Ver- 
legfenheiten zu helfen wußten. Die Troer brechen abermals nach 
Patroklos Tod ins wehrlose Achaierlager ein und, da Achill ohne 
Schild und Helm nicht kämpfen kann, würden sie wieder die Schiffe 
angezündet haben, wenn er nicht auf göttlichen Befehl wie eine 
Himmelserscheinung auf den Wall getreten wäre wie Ares brüllend^ 
imd wenn nicht Hera schleunigst den Helios in die Fluten hinabge- 
sandt hatte (Z 240). Diese Fuge in der Erzählung der Ilias war für 
den, der ihre jetzige Gestalt schuf, ebenso peinlich wie die im v für 
den Bearbeiter der Odyssee: sie haben beide zu demselben Mittel 
gegriffen. Die Götter halfen ihnen wie ihren Helden. 

Die Verzauberung des Odysseus will also nichts anderes sein als 
ein Obergang. So soll sie denn aber auch betrachtet werden und 
man darf sich nicht wundem, daß am Schlüsse von ihr keine Rede 
mehr ist. 

9. ODYSSEUS' VERWANDLUNG. ATHENE IN v UND n 

Hat die Verwandlung des Odysseus, auf vir beschränkt, nur Sinn 
und Wert einer Vermittelung zwischen dem strahlenden Helden der 
Phaiakis und dem alten Bettler der Rache, so ist mm im einzelnen 
za prüfen, ob dies einzige Scharnier, das beide Teile zusammenhält, 
wirklich erst vom letzten Bearbeiter angebracht ist Für die Beur- 
teünng von Art und Stil seiner Arbeit ist bereits genügender Stoff 
gesammelt. Entscheidend aber sind für ihn hier Nachweise von Fä- 
den» die über Irrfahrt und Rache hinaus auf die Telemachie und 
den Zusammenhalt des ganzen Epos reichen. 

Seine Hand ist unverkennbar und längst erkannt am Schlüsse 
des Buches v 412 — 28, 439 f. Athene teilt dem Odysseus mit, daß sie 
den Telemach aus Lakedaimon holen will, und gesteht ihm auf seine 
erstaunte Frage, daß sie selbst den Jüngling zu dieser Reise veran* 
laAt habe, ihn nun aber trotz eines Hinterhaltes der Freier glücklich 
heimbringen werde. Es ist eine der Klammem, mit denen dieser 
Ifaim die Telemachnovelle mit seiner Odyssee verbindet Seine Tä- 
tigkeit hier aber auf diese Verse zu beschränken, und ihm von dem 



Analyse von v* 6 1 

sage ich in vollem Bewußtsein der Schwere des Tadels und in fri- 
scher Erinnerung an das ihr oft gespendete Lob. Daß der mißtraui- 
sche Odysseus sich freue (225), als ihn mit seinen Kostbarkeiten ein 
SpeerbewafiEneter überrascht, ist schon eine starke Zumutung des Ver- 
iasserSf der in seiner gutgemeinten Vorstellimg befangen, er schicke 
dem Helden seine göttliche Helferin, sich nicht in die Lage des hilf- 
losen Reichen am unbekannten Strande zu versetzen vermag, der 
doch nichts anderes als Beraubung erwarten kann. Seine Kleider 
und sein Schwert, das er bestenfalls zur Hand hat (6 403), konnten 
ihn gegen die Lanze nicht schützen und hinter dem einen Jüngling 
mußte er mehr Männer argwöhnen. Daß er den Schutz des Fremden 
anfleht, entspricht der Situation, aber ganz und gar nicht, daß er die 
Bitte nicht dringlicher wiederholt, als Schutz ihm nicht zugesagt, 
sondern statt dessen überflüssiges und unwahrscheinliches Zeug er- 
zählt wird. Es folgt ein Knalleffekt: Athene verwandelt die Lanze 
offenbar in Luft und sich (288) in ,ein schönes, großes, kunstreiches 
Weib' — wie stellt sich die letzte Eigenschaft äußerlich dar? Doch 
Odysseus scheint das Wunder nicht aufzuregen. Nun lobt sie ihn 
ob seiner Klugheit (!), gibt sich zu erkennen als seine Schützerin in 
allen Gefahren, renonmiirt, daß sie ihm auch die Geschenke der 
verschafft habe, und eröffnet ihm, sie sei gekommen, ihm 
zu verstecken und ihm zu sagen, was er für Leiden zu Hause 
zu erdulden habe; er aber solle niemandem sagen, daß er von der 
Irr&hrt heimgekehrt sei, und schweigend die Gewalttaten der Män- 
ner ertragen. Wieder dieselbe impotente Naivität, bei denPersonender 
Dichtung Kenntnisse vorauszusetzen, die nur der Leser hat. Wieder 
dieselbe Unfähigkeit, sich in die Situation zu denken. Unmöglich 
konnte Odysseus das verstehen, aber ahnen konnte er wenigstens, 
daß es schlimm in seinem Hause stehe, und dann hätte er fragen 
müssen: um aller Götter willen, was gibt es denn? Er aber sagt: 
J>u bist schwer zu erkennen, übrigens warst du mir zwar in Troia 
oft erschienen, aber seitdem nur einmal r| 19, als du mich in die 
Phaiakenstadt führtest Aber bin ich denn wirklich in Ithaka?* Statt 
dem Armen nach zwanzig Jahren nun endlich seine Heimat zu zei- 
gen, behauptet sie v 335, er wolle statt nach Weib und Kind zu fra- 
gen erst seine Gattin prüfen 1 Wie die Göttin darauf kommt, ist un- 
erfindlich. Begreiflich, daß 333 — 338 schon von den Alten athetirt 
sind. Dann entschuldigt sie sich, sie habe auf Onkel Poseidon Rück- 
ncht nehmen müssen, habe übrigens immer gewußt, daß Odysseus 
— ohne Gefährten heimkehren würde. Welche Nachlässigkeit, hier 
V 340 die gewohnte Formel öX^cag diro ndvra^ iratpouc (— i 534y 



Analyse van v' 5« 

seiiier Klugheit würdig, noch ist sie Originalerfindung für diese 
SteDe^ sondern nach dem Vorbilde der fingirten Erzählung des 
Odysseus an Eumaios 1 199 — 359 gedichtet, die dort vortreflFlich am 
Platze ist Die wärmste Anerkennung aber hat V352f. gefunden. 
Odysseus, der endlich sein Ithaka erkennt^ küßt da die heimatliche 
Erde und begrüßt die Nymphen, an deren Grotte er steht: er habe 
nicht gemeint, sie je wiederzusehen; jetzt nur dies Gebet, später wolle 
er schenken wie früher, wenn Athene ihn leben und seinen Sohn 
gedeihen lasse. Aber hohe Kunst oder tiefes Gemüt verrät sich auch 
hier nicht. Oder ehrlich gestanden, viel dürftiger kann kaimi die 
Freude des nach so viel Jahren, so viel Leiden heimkehrenden Dul- 
ders geschildert, kürzer kaum das Wiedererkennen der so lang und 
heifiersehnten Berge abgemacht werden. Odysseus hat den Nymphen 
nichts weiter zu sagen, als einen Gruß und Anweisung auf künftige 
Opfer. Und noch dazu ist es mit abgeg^ffenen, nicht immer den 
Kern trefifenden Wendungen gesagt. 

353 Kuc€ hk 2:€ibuipov äpoupav. 

Nein! nicht die »Nahrung spendende' Erde, sondern seine liebe Hei- 
materde küßt er — aber diesen Halbvers bot €463, da paßt jedes 
Wort: Odysseus nach langem Schwimmen aus dem »unfruchtbaren' 
Meer ans Land geworfen, ,küßt die Nahrung spendende Erde*. 
355 Xöpo^ dvacxi&v — p 239 usw., 356/7 oö nox' dtui T€ ömiccG* ö^m* 
£(p6^i)V ist eine dem Bearbeiter geläufige Wendung leicht modificirt 
vgL 1124 P42 oö CT' ir' dtiö T^ övpcceai dqpdjüiiiv. Wie anders klingen 
die Worte des heimkehrenden Herolds in Aischylos' Agamemnon : 

Idi Trarpiijov oObac *ApT€(ac xöovöc 
bcKdrou (T€ (p^TTCi Tijjb' dq)lKÖ^1lV £touc, 
505 TToXXuüv ^aTCicdiv dXiribujv, fiiäc xuxiwv. 
oö T^P TTÖT* Tiöxouv T^b* dv 'ApT€i<)i xöovi 
6avu)V ^€6d£€lv qpiXidTOu Tdqpou \kipoc, 
vOv x^^PC f^^v x^v, x^^P^ fiXiou 9doc . . . 

Auch diese im Verhältnis beste Stelle der ganzen Scene (V353) 
ist nicht derart, daß man sie dem Verfasser dieser Dürftigkeit ab- 
sprechen und sie als Beweis einer besseren Vorlage hinstellen 



^ Bcrgky Gr. Lit-Getch. I 699: ,Wenn der Dichter der alten Odyssee schildert, wie 
<Bchter Nebel die Landschaft bedeckt, als Odysseus am Morgen erwacht, so daB . . er 
die Hdmat.. nicht wiedererkennt, bis endlich Athene den Nebel terstrent, so hat der 
Bearbeiter diesen wunderbar schönen Zag durch einen nnverst&ndigen Zasatx gründlich 
veidorben, indem er den natürlichen Vorgang in ein göttliches Wunder Terwandelt*. 
,Die Fofftsetaung des Gespriehes enthilt manches Unpassende und Befremdliche.' 



Rückverweisung in yj22 auf ^14 5y 

T| 14 mit V 322 f. wie auf jene Entschuldigrung für Athenes Ausbleiben 
bei Odysseus' Fahrten Z329 mit V341 deutlichsten Bezug nimmt 

Für den engen Zusammenhang dieser beiden Stellen im v' und 
2323 — ij8i sind zwei Erklärungen möglich: entweder stammen sie 
beide von demselben Verfasser, oder der des v* hat jene schon vor- 
gefunden imd benutzt. Aber diese ganzen Scenen sind sehr ähnlich 
angelegt. 

Hier wie dort gießt Athene Nebel aus und tritt dann in mensch- 
Hoher Grestalt ihrem Liebling hilfsbereit entgegen. Hier wie dort 
redet er sie hoflich an und sie antwortet freundlich aus ihrer Maske 
heraus. Wie sie ihm hier Ithaka weist, ihn über die Verhältnisse 
seines Hauses belehrt tmd ihm guten Rat gibt, so fuhrt sie ihn dort 
durch die Phaiakenstadt, schildert ihm das Königspaar und rät ihm, 
sich vor allem das Wohlwollen der Konigin zu erwerben. Zweifel- 
los ist diese Scene zu Scheria das Vorbild für die in Itbaka v22of. 
Denn hier hat der Nebel Zweck : er soll Odysseus vor den Blicken 
der fremdenfeindlichen Phaiaken schützen (r| 15, 32), durch die er zu 
Andnoos' Palast gehen muß, während der Nebel im v nur eine Spie- 
lerei ist Das bestätigt sich von anderer Seite. 

Wie ich im 1 5. Stücke zeigen werde, war die Atheneepisode des 
Ii| ein Teil des Nostosgedichtes € — v* schon in der Form, in der sie 
der Verfasser unserer Odyssee in sein großes Epos aufnahm. 

Damit ist für die Geschichte unserer Odyssee ein wichtiges Er- 
gebnis gewonnen. Hier soll es nicht verfolgt werden. Ich hebe nur 
hervor, was sich für v* ergibt. Sein Verfasser ist sichtlich bemüht, 
hier, wo das Nostosgedicht mit der Rache verbunden werden 
muß» die wenigen Fäden, die eine Anknüpfung ermöglichen, aufzu- 
greifen. Athene, schon bei den Phaiaken seine aufmerksame Gelei- 
terin, bot sich als bequemste Vermittlerin kraft ihrer gottlichen 
Eigenschaften, die das Wunder nur selbstverständlich erscheinen 
lassen. Da sie nun aber in den eben erzählten Irrfahrten, die den 
Leser noch erfüllen, überhaupt nicht vorkommt, so ist sie als Schutz- 
gottin des Odysseus ihm nicht mehr vertraut Ihre schon in Scheria 
ihm geleisteten Dienste mußten daher in Erinnerung gerufen, und 
es mußte erklärt werden, warum sie ihm bei seinen schwersten Nö- 
ten nicht beigestanden hatte. Diesen Zweck erfüllen v 300 fiF., zugleich 
aber wird die Gelegenheit benutzt, zwei Fäden aus dem Nostosge- 
dicht wieder aufzunehmen. Dessen Verfasser war am Ende des l 
auf dieselbe Schwierigkeit gestoßen, und hatte Ü329 — 31 Athenes 
Fehlen bei den Irrfahrten durch den Hinweis erklärt, sie habe auf 
Poseidons Zorn Rücksicht nehmen müssen. Durch die Verweise auf 



Entzauberung 69 

bar nach Abgang des Eumaios ihm seine eigentliche Gestalt zurück- 
gegeben, damit er sich dem Telemach zu erkennen gebe — und 
nun holt er schleunigst nach, was er versäumt, und läßt ihn trotz 
der Gegenwart des Eimiaics, der ihn doch, sollte man meinen, schon 
gesehen haben müßte, rasch wieder verwandeln« Diese Verse ir 452 
— 457 kann niemand anders gemacht haben als der, der denEumaios 
fortgeschickt hatte, der die Reise nach Pylos eingearbeitet hat, also 
der Verfasser unserer Odyssee. 

Um nichts hoher an künstlerischem Wert steht Odysseus' Ent- 
zauberung (TTissff.), damit ihn Telemach erkenne. Anerkannter- 
maßen gehört sie mit dem folgenden Gespräch zwischen Vater und 
Sohn zu den geringsten Stücken der Odyssee. Sie schließt an die 
vom letzten Bearbeiter gemachte Entfernung des Eiunaios tt 155 
unmittelbar an. Athene erscheint an seiner Hütte in Gestalt eines 
schonen Weibes, nur von Odysseus gesehen und merkwürdigerweise 
als Göttin erkannt Wozu nimmt sie dann Menschengestalt an? Weil 
sie das v 288 f. auch getan: diese Verse sind nämlich ir 157 f. wie- 
derholt^ auch 161 — 8 538 + j\ 201, 164 — 9 431 + tt 5. Dem zu ihr 
Getretenen sagt sie 167 — 171: , Jetzt sage deinem Sohn ein Wort, 
wie ihr den Freiem Verderben zu bringen zur Stadt gehet, ich 
werde auch nicht lange fem sein, begierig zu kämpf en.< Für diese 
leeren Phrasen war es nicht notig, eine Göttin zu dem klügsten 
aller Sterblichen zu bemühen. Dann berührt sie ihn mit goldenem 
Stabe (v 429), zieht ihm schöne Kleider an und macht ihn jung und 
dunkelbärtig.' So geht er zu Telemach, der natürlich erstaimt. 
Vater belehrt ihn, für Götter sei derartiges leicht, und der gute 
Junge glaubt nun, der Wundermann sei sein Vater. Hier hat wahr- 
lich der göttliche Homer geschlafen. Diese an Erfindung und Aus- 
führung gleich arme Poesie wirkt doppelt elend zwischen der 
Eumaiosidylle, nach dem Anfang des ir und der rührenden Argos- 
scene. Es ist die oberflächliche Arbeit eines Mannes, der, nicht mit 
dem Herzen dabei, wohl oder übel die Erkennung von Vater und 
Sohn gerade an dieser Stelle möglichst einfach herbeifuhren wollte, 
wohl mußte, nicht frei scha£fender Dichter, sondern Redaktor. Er 
hat sich wirklich in fatale Lage durch die Verzauberung des Odys- 



* V 28811 herantwerfen, wie v. Wilamowitz 89, 2 tut, hilft nichts: hier ist alles 
fai fldcher Verdammnis — bis auf die hübsche Hondebeobachtnng v 162 f. Die wird 
ans dem Enmalosfedicht hernbergenommen sein. 

' Kimvto Tcvcidbcc ir 176, aber v 431 ■■ 399 SotvGdc 6* ^k K€(paXf)c ÖXcccv 
Tpixoc Das ist nicht gerade ein Widerspruch, aber ich glanbe gern, dafl der Verfasser 
■Icht anfgepaSt hat 



Der größere Teil des ir vom letzten Bearbeiter 7 1 

Einwenduiig (z. B. KLirchhoff, Od.* 560) gegen diese Art von Poesie 
schliefllich 1873 Kammer (Einheit der Odyssee 603) ehrlich ausge- 
sprochen hat Er glaubt an »starke Überarbeitimg*, d. h. Verhunzung 
einer älteren Vorlage — leider ist aber auch, was er von dieser Vor- 
lage S. 609 hypothetisch herstellt, nur eine inhaltlose Unterhaltung. 
Er muß das von seinem Standpunkt aus, da ihm die Odyssee ein 
einheitliches, aber durch Ausdichter und böse Interpolatoren ge- 
schädigtes Gedicht ist. Wer auf diesem Standpunkt nicht steht imd 
nicht begreift, wie denn zweck- und sinnlose Ersatzverse blöder Ver- 
schlechterer statt der schönen originalen in das Epos eingedrungen 
und allein überliefert sein können, der braucht nicht zu so unwahr- 
scheinlicher H3rpothese zu greifen, sondern wird diese Künmierlich- 
keit für die Arbeit eines Spätlings halten, der, so gut er vermochte, 
eine Verbindung zwischen der Telemachreise und dem Eumaios- 
gedicht schuf. Ist tt für den Dichter des a zu gut oder zu schlecht?^ 

Übrigens ist die ganze Partie ir 155 — 220 reich an entlehnten 
Versen, wie o, und die anderen dem Verfasser unserer Odyssee im 
Laufe der Untersuchung zugewiesenen Partien; denn auch die wegen 
ihrer Beziehung zur Telemachreise imd zum Freiermordanschlag aus- 
gesonderten Stucke des oirp winmieln von Entlehnungen. Sein Werk 
ts^s ja auch, dafi Telemach von Pylos aus von Athene zu Eumaios 
gefuhrt wurde. 

Demnach gehört der größere Teil des ir dem letzten Bearbeiter 
unserer Odyssee von 130 bis zum Schlüsse 481. Er hat dafür kaum 
etwas aus älteren Gredichten verwendet. Solche Herkunft möchte man 
vermuten für die hübsche Bemerkung, daß die Hunde sich vor der 

* KifchhoflP, Od.' 544 hatte die Verwandlang des Odyssens v 397 ff. ohne weiteres 
denselben Manne angesprochen, der die entsprechenden Scenen im ir geschaffen hatte. 
Das ist anch meine Oberzengong. Aber während ich diesen Mann für den Ver&sser 
unserer Odyssee halten zu dürfen glaube, sieht Kirchhoff in ihm vielmehr den ,sehr 
alten' (49^ ,Ordner', der die ,FortsetziingS d. h. etwa die zweite Hälfte unserer Odyssee, 
mit dem «alten Nostos' zu einer Einheit verbunden hatte, einem Gedichte, das dann 
vom letzten Bearbeiter darch Einfügmig der ,Telemachie' und aller Ruckweise auf sie 
in V413 — 428, S 171 — 184, oirp so umgestaltet sei, wie wir die Odyssee lesen. 

V. l^niamowitz hat auf Kirchhoflfs Hypothese weiterbauend sie erheblich complidrt. 
Auch er gibt die Verwandlung des Odysseus v 397 ff. nicht dem Verfasser unserer 
Odyssee, sondern dem Dichter einer ,Slteren Odyssee* (H. U. 239), die c— E(pcT) um* 
ia8t habe, deren letzter Teil per vom Verfasser der von ihm sehr umfassend recon* 
struirten ,Telemachie< ßxboirpCT benutzt sei. Ein klares Bild von diesen verwickelten 
hypothetischen Constructionen zu machen, sie im einzelnen als wahrscheinlich gelten 
zn lassen, ist mir nie gelungen, so gern ich auch die Möglichkeit einer derartigen Ent- 
stehung unserer Odjrssee zugebe. Dafi die Reconstruction seiner Telemachie sowohl 
wie der Klrchhoffschen unrichtig ist, habe ich im 2. Stück bereits gezeigt. 



Nastas und Rache erst vom letzten Bearbeiter verbunden ^x 

dere fireien wollen, auf nichts vertrauend als auf sich selbst, seine 
List und seine Kraft. Darin liegt die wuchtige Große, die packende 
Tragik dieser Geschichte, daß der Mann nach schweren Jaiiren voll 
Arbeit und Mühen nichts mehr von alledem hat, was einst ihm Ho- 
heit und Ansehen gab, die zu mehren er in die Welt gegangen war, 
and daß er dennoch allein durch die unverlierbare Macht seiner 
Persönlichkeit sich alles wieder zurückgewinnt Der Odysseus des 
Nostos ist ein anderer als der Odysseus der Rache. 



Sind nun wirklich diese beiden Teile ursprünglich selbständig 
und erst spät zu dem uns vorliegenden großen Epos vereinigt, so 
darf sich weder im echten Nostos eine Beziehung auf die Rache 
noch umgekehrt in der Rache eine auf den Nostos finden. In der 
Tat hoffe ich im 15. Stücke zeigen zu können, daß die einzigen bei- 
den Andeutungen auf die Freiemot in 1 535 und X 115 — 120 erst vom 
Verfasser unserer Odyssee eingeschoben sind. Andererseits gibt es 
aber in den letzten Büchern p~u) doch eine Stelle, in der auf e — ^v 
zurückgrewiesen wird, nämlich ip 241 — 347, wo Odysseus seiner glück- 
lich wiedererrungenen Gattin seine Schicksale erzählt. Es ist die ein- 
z^re, an der das überhaupt möglich war; sie muß also erst von letz- 
ter Hand stammen. Nun ist Odysseus' Bericht über das Teiresias- 
orakel 111268 — 284 einfach aus X 121 — 137 entnommen, auch die Er- 
zählung seiner Irrfahrten ip 310 — 341 vom Nostos sklavisch abhängig, 
beide aber sind durch Athenes überflüssig freundliche Sorge um die 
Unterhaltung des Ehepaares zusammengehalten. i|i 241 wird ihr Ein- 
greifen mit dem trivialen Verlegenheitsübergang, den der Verfasser 
z. B. auch IT 220 angewandt hat, eingeleitet ,nun wäre über ihr Kla^ 
gen der Morgen gekommen, wenn nicht Athene die Nacht verlängert 
und Eos zurückgehalten hätte', und ip 347 erhebt sich endlich Eos, 
als Athene meint, das Paar habe genug geschlafen, v. Wilamowitz, 
H. U. 68 hat die Zusammengehörigkeit dieser Episode erkannt, zu- 
gleich hat er sie mit Ausnahme von 289 — 296 dem letzten Bearbei- 
ter mit Recht zugeteilt Die gehen aber den Nostos nichts an. 
Nostos und Tisis standen also wirklich ursprünglich imabhängig 
nebeneinander, erst der Verfasser unserer Od3rssee hat sie zu einem 
großen Odysseusepos zusammengearbeitet. 



Eumaios und PhüoUios im (^ y c 

Dann soll das Melanthoepos in cu^ besprochen werden und 
schliefilich das erst vom Bearbeiter mit ihm verbundene schöne erste 
Gespräch von Odysseus imd Penelope im t^. 

II. DAS EUMAIOSEPOS 

Mit u beginnt ein neuer Tag. Dies Buch ist zusammengestoppelt 
ans Wiederholungen des Mordanschlages gegen Telemach, Theokly- 
menos' Prophezeiung u 350 und aus Stücken, die im zweiten Teil des 
Freierkampfes ihre Fortsetzung finden, den Kuhhirten Philoitios 
u 185 und den frechen Freier Ktesippos 288 einführen« Beide aber 
spielen in der töEou 6^cic und im ersten Teil des Freierkampfes keine 
Rolle. Ktesippos kommt überhaupt hier nicht vor, Philoitios wird 
zwar erwähnt, ist aber doch nur schattenhafter Doppelgänger des 
Eomaios, während er im zweiten Teil des x bei Fesselung des Melan- 
tiieus und im Kampf als Besieger des Ktesippos x ^^5 unentbehr- 
lich ist Die Erzählung von den Versuchen der Freier, Odysseus' 
Bogen zu spannen, wird zweimal unterbrochen: 9 188 — 244 und 
9380 — 391. Beidemale verlassen Eumaios und Philoitios, trotzdem 
aach sie auf die Weiterentwicklung gespannt sein müßten, den Saal, 
das erstemal ganz immotivirt. Sie sollen den Odysseus, der ihnen 
folgt, erkennen und Anweisungen von ihm erhalten: die Hoftür soll 
Philoitios schließen — das tut er 9388 — 391 — Eumaios aber, ihm 
den Bogen zureichen und ,den Weibern* (235) befehlen, die Saaltür 
zu schließen und sich nicht zu mucksen« 380 fuhrt er den Auftrag 
an Eurykleia aus, aber in Telemachs Namen. Er gibt auch den Bo- 
gen 359 seinem Herrn, nachdem die Freier, Penelope und Telemach 
aber d^e Zulässigkeit verhandelt haben. Da ihn aber die Freier 
schelten, bedarf es schärfster Drohung Telemachs 369 — 375» um ihn 
zu veranlassen, den Bogen wirklich Odysseus zu geben. Eumaios 
wäre doch nicht der seinem alten Herrn blind ergebene Knecht, das 
Musterbild der Treue, wenn er sich im Augenblick der Entscheidung 
so leicht abschrecken läßt, seinem Herrn das Werkzeug der Rache 
in die Hand zu legen. Wohl aber steht diese Ängstlichkeit dem Gre- 
horsam gewohnten Sclaven an, der nicht ahnt, wer der Bettler ist 
und um was es sich handelt Es ist klar: der Dichter dieser Stelle 
hat nichts von jenem Befehl des Odysseus an Eumaios gewußt, er 
hat also q> 188 — 244 nicht gemacht Sie stechen auch stark ab von 
ihrer Umgebung, fast nur entlehnte Verse. Sie verwenden bei der 
Erkennung des Helden durch die Hirten die Ebemarbe aus T391. 
Da dies Fußwaschimgsgedicht, wie oft ausgesprochen ist und im 



9 «»^x 77 

schelten kann, diesen Vers 83 hinterherhumpeln zu lassen, das hat 
weder für die Handlung noch für die Stimmung den geringsten Wert 
Der Zweck liegt offenbar wo anders: Philoitios, u 185 eingeführt und 
X '73 — 3^9 ^ötig, soll wieder in Erinnerung gebracht werden. Nur 
wer verschiedene Stücke zusammenarbeitet, verfolgt solchen Zweck. 
Der Bearbeiter also hat 9 83 eingeschoben und 85 — 90 umgearbeitet, 
und — wie das zu gehen pflegt — den Anschluß an 91 nicht gerade 
glacklich getroffen. Philoitios war der Bogenprobe cp ursprünglich 
firemdy alle drei Stellen, die ihn erwähnen, sind Zusätze, um den Zu- 
sammenhang von u zu X herzustellen. 



Durch ihre Ausscheidung gewinnt die Erzählung des q> bedeutend 
und rundet sich mit dem Anfang des Freierkampfes x zu einem ein- 
heitlichen Bilde. Penelope übergibt, die Gegenwart ihres Gatten 
nicht ahnend, seinen Bogen zmn Wettkampf um ihre Hand dem 
treuen Eumaios als Kampfwart Auf der Schwelle des Saales wird 
angetreten (cp 124, 164, x 2), wo dem Bettler Stuhl und Tisch ange- 
wiesen war (u 258, 9414, 420). Telemach allein ist im Einverständ- 
nis mit dem Vater (cp 129, 344, 431, XQ^)» ^^^ ^^ch ihm also schon zu 
erkemioi gegeben hatte. Vergeblich erproben die Freier ihre Kräfte 
am Bogen. Der Ziegenhirt macht das vertrocknete Hom mit Fett 
wieder geschmeidig — hübsch, daß der schlimme Knecht seinem 
Herrn unbewußt in die Hand arbeitet Leodes der Maßvolle, Eury- 
machos und Antinoos werden namentlich vorgeführt. Vergeblich 
verbieten sie dem Fremden, sich am Bogen zu versuchen. Telemach 
setzt es durch, nachdem er die Mutter entfernt, und zwingt den ein- 
geschüchterten Eumaios, dem Odysseus die Waffe zu reichen. Der 
spannt und erprobt sie und tut den Meisterschuß, ruhig auf seinem 
Stahle sitzend (420). Telemach greift auf seinen Wink nach dem 
Schwert, das er (q> 119, 431)» wie die Freier auch (x 79, 9Q>, bei sich 
hat und faßt die Lanze, die an seinem Stuhl lehnte (9 433), bleibt 
aber dort auf seinem Platz, mitten unter den schmausenden Freiem, 
wie aus x 9h 99 hervorgeht. Da springt Odysseus auf die Schwelle 
(X 2), erlegt mit dem ersten Pfeil den Antinoos, mit dem zweiten den 
Eorymachos (x ^O» ^^^ nach vergeblichem Unterhandlungs versuch 
die Genossen zum Schwertangriff gegen ihn aufgerufen hatte. Den 
nächsten Anstürmenden, Amphinomos, ersticht Telemach, der noch 
zwischen ihnen steht, von hinten mit seiner Lanze, und in der 
Furcht, bei ihrem Herausziehen sich in Gefahr zu bringen, läßt er 
sie stecken und läuft zum Vater (x 99) — eine hübsche Charaktexi- 



Kampf mit den Freiem yg 

thios holt nun für die Freier Waffen. Der Sauhirt, der ihn bemerkt, 
meldet dem Odysseus und erbittet Entscheidung 

X 167 fj mv diTOKT€(vui, et K€V Kpctccuiv T^ T^VUJjLiai, 
t\t col fvOab' ÖTW. 

Der antwortet (171 f.): ,ich und Telemach werden die Freier hier 
festhalten^ 

173 C9UJ1 b' dirocTp^iliavTe iröbac xat x^^P^c ÖTrepOev 
de 6dXa)iOV ßoXdeiv . . . 

Nur der aufmerksame Leser weiß, daß auch Philoitios gemeint 
ist, obgleich er bisher nichts getan hat, nicht einmal Waffen ge- 
holt» sich nur vom Herrensohne hat rüsten lassen und neben Odys- 
seus getreten ist Dagegen war Eumaios an der Xaupii von Odysseus 
postirt (129) und hatte da den Melanthios ertappt Der Nachweis, 
daß X 1^3/4 ^^^ ^^9 — ^^5 eingeschoben sind^ hat Philoitios auch 
dies Statistenamt genommen. Hier 173 wird der Grrund ihres Ein- 
schubs klar: x i73 — 3^9 ist eine zusammenhängende Schilderung, 
in der Philoitios eine wichtige Rolle spielt Er fesselt und foltert 
mit Eumaios zusammen den Melanthios in der Waffenkammer, stellt 
sich dann gerfistet mit ihm und den beiden Herren in Reih und 
Glied zum Hoplitenkampf und tötet den Ktesippos 2 85 ff. Dies Stück 
gehört zusammen mit der Einfuhrung dieses Freiers und des Kuh- 
hirten u 160—240+287 ff. Wir haben hier zwei Teile einer einheit- 
lichen, anschaulichen Schildenmg, die sich nach jeder Richtung als 
spates, die frfiheren benutzendes und steigerndes Gedicht erweist 
Es ist erst vom Bearbeiter mit der in qpx breit vorliegenden, hier 
analjrsirten Parallelerzahlung zusa^miengeschoben.' 

Die Composition von u 160 bis zum Ende des Freierkampfes 
X 389 stellt sich nun einfach und klar heraus. Der letzte Bearbeiter 
hat diesen Teil seiner Odyssee aus jenem späten Philoitiosgedicht 
und demEimmiosepos aufgebaut indem er sie ineinanderschachtelte, 
von beiden einiges wegschnitt, hauptsachlich vom geringwertigen 
Philoitiosgedicht, und in das meist benutzte Eumaiosgedicht einige 
KJammem und kleine Umarbeitungen einlegte. Es sind diese: 
983 — 90, 188—244, 380—391; x23— 25» I03N 104», 109 — 125, 205 
— 240, 249 f. 



* "^elleicht könnte die in C244 — 303 eingeschobene (v. WiUunowitx, H. U. 33) 
Ef^iode, In der Penelope cur Freude des bettelnden Odysseus die Freier yeranlaßt, 
mit Geschenken nm sie sn werben, noch zn diesem Philoitiosepos gehören. Doch wird 
diese Vermutung nur dmdurch nthegelegt, daß im zweiten Tdl der Odyssee, von der 
HomiHe abgesehen, kein anderes Gedicht außer diesem, dem Eumaios- und dem Me- 
lmiiÜM>epos nachweisbar ist. 



Entfernung der Waffen g j 

siing hatte hängen lassen, naturlich nicht dahinten, wo die Freier 
saßen. Verstandlich wird auch Odysseus' Vermutung x i5ii ^^^ 
Magd habe den Waffenversteck im Thalamos verraten, die nach 
unserem Text angesichts der eingeschobenen Verse 9 2 30 ff. = 38 2 ff. 
unwahrscheinlich ist 

Jetzt ist dieser Teil des Eumaiosepos zu voller Anschaulichkeit 
hergestellt Er gab ein combinirtes Bild. Telemach entfernt auf 
Odysseus' Wink bis auf zwei die Rüstungen mitten aus den schmau- 
senden Freiem, da übergibt Penelope Bogen und Pfeile Eumaios 
für den Wettkampf der Freier, die Melanthios unterstützt Als 
Odysseus ihn begehrt, wird Penelope entfernt Antinoos, Eury- 
machos fallen von seinen Pfeilen, den dritten ersticht Telemach, 
spring^ zum Vater und bringt die zurückgebliebenen Rüstungen. 
Eumaios, der hier als Nebenperson mit verstandiger Kürze behan- 
delt ist, hat sich zu seinen Herren gesellt und den Auftrag erhalten, 
die Laure zu bewachen (x 129); da sieht er den Melanthios zum 
zweitenmal zum Thalamos schleichen, erbittet sich die Erlaubnis, ihn 
zu fesseln« [Das tut er, während Vater und Sohn allein im gefahr- 
vollen Kampf die nun doch einigermaßen bewa&eten übrigen Freier 
töten, auch Agelaos] schließlich noch den flehenden Leodes, trotz- 
dem er seine Genossen von Freveltaten abgemahnt hatte. Begnadigt 
werden nur der Sänger und der Herold. Noch einmal späht Odys- 
seus fiberall umher, ob auch niemand seiner Rache entgangen (x 389).' 



Nim mußte Odysseus' imd Penelopes Wiedersehen folgen. Die 
Erzählung läuft auch x 381 ohne Anstoß weiter. Als Odysseus sich 
überzeugt hat, daß kein Freier entronnen ist, läßt er seine Amme 
Eurykleia rufen. Sie will aufjubeln, als sie ihn imter den Freier- 
leichen wie einen Löwen mit Blut und Schmutz besudelt stehen 
sieht — ein Gleichnis von packender Wirkung -— , doch er wehrt 
fronun bescheiden ab. Nun folgt X4i7 ^^^ grausame Strafgericht 
an den bösen Mägden, die erst auifräumen müssen, imd an Melan- 
thios. Dann (480) befiehlt Odysseus der Eurykleia, ihm Schwefel zur 
Reinigung des Mordsaales zu bringen und Penelope mit ihren 
Frauen zu ihm zu schicken. Vergeblich bietet sie ihm reine Kleider 

' Direkt bewdien läßt sich die Zugehörigkeit von X330 — 3^9 ^^^ Eamaiosepos 
nichts aber nichts spricht dagegen. Für das Philoitiosepos scheinen sie mir sn gnt. 
X 3$7 1 wBren dann Zosatx. Aus dem Enmaiosepos hätte der Bearbeiter Terpiades und 
Medon, die er besonders im a benutzt; um so wahrscheinlicher, als er, wie sich zn- 
gleich zeigen wird, die Volksversammlung des ß ans ihm entnommen hat. 
B«tbe. HouMT. n 6 



Wiedererkennung des GatUn g ? 

i|i 29 langes Mitwissen ausdrücklich bezeugt, zunächst auch Zeuge 
des Wiedersehens der Eltern und er wird in seinem jugendlichen 
Ungestüm (96), dem die mütterliche Zurückhaltung unbegreiflich 
kalt erscheint, hübsch charakterisirt Dann aber folgt i|f 115 — 170, 
wie KirchhoflF 553 ff. treffend erläutert, eine in manchem Sinne ärger- 
liche Unterbrechung der stinunungsvoUen Scene. Eingerahmt wer- 
den diese Verse von dem durch v. Wilamowitz 76 erledigten Bade 
des Odysseus. Dazwischen steht seine »Beratung* (117) mit dem Sohn, 
an der sich dieser freilich nur passiv beteiligt (125), wie sie in Be- 
sorgnis vor der Rache der Freiersippen zunächst das Ruchbarwerden 
des Mordes durch eine fingirte Hochzeitsfeier hinausschieben konn- 
ten, bis sie selbst in den Baumgarten gegangen wären. Dies letzte 
(137 — 140) ist heller Unsinn. Denn nichts könnte doch den Rächern 
der Freier willkommener sein, als wenn Odysseus ihnen sein Hab 
und Gut und Weib preisgäbe, ihre Wut zu kühlen; und er selbst 
würde sich im offenen Garten schwerlich lange gegen sie verteidi- 
gen können. Diese Verse sollen die dort spielende Laertesepisode, 
und die gunze Stelle die rasch erledigte Rache für die Freier 
(Parodie eines Heldenkampfes I) vorbereiten, die er an jene an- 
schließt Kirchhoff hatte also recht, i|i 115 — 170 dem letzten Be- 
arbeiter zuzuweisen. Das befreit das schone Eumaiosgedicht von der 
Zumutung, auch nur einen der drei Teile des iw, Nekyia, Laertes- 
episode, Rächerkampf, die alle durchaus von seinem Stil abweichen, 
sds Schluß anzunehmen.^ 



Mit dieser einfachklaren Herstellung, die zugleich die Com- 
position von u 160 — x 3^9 ^^^ zwei Parallelepen aufhellt, ist auch 
das Wesentliche für den vorhergehenden Teil des Eumaiosepos ge- 

* Von den drei Teilen des ui hat Kirchhoff die zweite Nekyia richtig dem Be- 
arbeiter gegeben, wie besonders ui 152 (Pylosreise) beweisen. Ihm gehören auch die 
zweite VolksTersammlnng, ein überaus dürftiger Abklatsch der im ß, und die kleine 
Kampischildening nebst Gotterversammlong und Versöhnung: der Rückweis U1445 auf 
die Atbeneerscheinnng beim Freiermord X^^S ^^^ ^^ Bezdchnong der Ithakesier als 
Kephallenen (439 n. ö.) bestätigen das. Die Laertesepisode aber ist ein zwar junget, 
doch, wie ▼. Wilamowitz 73 gezeigt, vom letzten Bearbeiter bereits vorgefundenes Stück. 
Es hatte mit dem Blcherkampf nichts zu tun: seine friedliche, sentimentale Stimmung 
widerstreitet durchaus der Weiterführung, wie sie ui gibt, die auch an poetischer Qua- 
Htit weit hinter ihrer doch hübschen Schilderung zurücksteht Dies selbständige, sinnig 
erfundene Stück einznflechten, daran hat dem letzten Bearbeiter so yiel gelegen, dai er 
yf 117— 152 und den leUten Kampf selbst fabrizirte, womit er zugleich die Möglichkeit 
gewann y durch die zweite Nekyia seinem großen Epos noch einen zusammenhaltenden 
ejndrftckliclien Abschluß zu geben. 

6» 



Eumaias und Melanthios ge 

lieh erscheint, daß man sie für selbstverständlich und eine andere 
kaum für möglich hält. Eumaios, zunächst nur erfunden, um Vater 
und Sohn ins Einvernehmen zu setzen, ist schon für dies Epos über- 
raschend fruchtbar geworden, erweiterte seine Scenerie, schuf Ge- 
gensatze in Licht und Schatten, bereicherte imd vertiefte den Ge- 
fuhlsinhalt. Später ist er das Vorbild geworden für eine lange Reihe 
idyllischer Schilderungen des gastfreien Armen, und immer wird der 
gottliche Sauhirt Liebling der Dichter und ihrer Freunde bleiben. 

Die Bücher Http gehören also mit cpx* zusammen. Das p fuhrt 
Odysseus, von Eimiaios geleitet, zur Stadt (182 ff.). Der böse Melan- 
thios beschimpft Odysseus und verhöhnt den braven Sauhirten. Auf 
dem Hof begrüßt den Heimgekehrten nur ein einziger, sein sterben- 
der Hund, imd treibt ihm die Träne ins Auge. Dann bettelt er bei 
den Freiem herum und erfahrt an seinem Leibe ihren Übermut In 
gutem Zusammenhange und passend zu den gewonnenen Zügen gibt 
die Erzählung die notwendigen Voraussetzungen für 9x* ^^^ P ^^ 
— 182 und d^r Schluß 71492 — 606 sind Zusätze des letzten Bearbei- 
ters, um die Pylosreise abzuschließen und um er aus einem anderen 
Rachegedicht vorzubereiten.* Odysseus' Ankimft und Bewirtung bei 
Eumaios hat in 158 — 164 =« T303 — 307 und 171 — 184 Zusätze durch 
den letzten Bearbeiter erhalten*, der Verbindung mit der Telemach- 
reise und der Homilia (t) herstellen wollte. Zu diesem Zwecke hat 
er auch E 299—338 eingeleg^t, von denen H 323 — 335 aus t 292 ff. her- 
übergenommen sind: er hat hier die beiden Lügenerzählungen des 
Odysseus vor Eumaios (H) und vor Penelope (t) vermischt und so 
freÜich eine nicht gerade wahrscheinliche Geschichte zusammenge- 
bracht, die dem Listenreichen wenig Ehre macht^ Sonst läuft das 

* Von Kirchhoff erwiesen. 

* Vgt Niese 161, Kirchhoff 50, v. WiUmowitz 67. 

* Odytient' Lügenerzählang E 199 — 359 gibt Anstöße: i. der Phoinikier, der ihn 
ans AfgTpten nach Phoinikien und weiter ßhrt, wird als Gauner Tp<iiKTr)C 289 nnd Lagner 
196 b«*selchnet, der ihn habe verkaufen wollen (297); das geschieht aber nicht — 3. aus 
dem bei Kreta gescheiterten Schiffe (299) nach Thesprotien(I) verschlagen und von dort 
nach Dnlichion verschifft, erleidet er von diesen Schiffern, was der Phoinikier geplant 
(33S): er wird geplündert nnd gefesselt, um verkauft zu werden; da entflieht er aus 
dem Schiffe, als es vor Ithaka liegt Diese Inhaltsangabe beweist durch sich selbst 
schlagend, daB der Schluß des zweiten Abenteuers ursprünglich den Schluß des ersten 
geWldet hat — der phoinikische Gauner hat ihn gefesselt, ihm ist er vor Ithaka 
entflohen — , daß also 299 — 338 interpolirt sind: tadellos schließen die Schnittflachen 
wffani'nyiiT Die Interpolation beginnt mit Entlehnungen aus ^ 403 — 406 ■« E301 — 304, 
M4«S~4I9 — 6305— 309, M425— 5313. M447— ^314. dazu E273*— 310*, p 13^ 
— €310*, 111853 ■•£311, E448*— 3'2*, €296 — E315, K 542 — 5320. I>«in folgen 
( 331 — 335 •■ T 185 -f- 293 — 399, die als entlehnt zu bezeichnen die Berechtigung nun 



Odysseus und Telemach bei Eumaios 3^ 

bescheiden Platz machen will, der aber sich freundlich vornehm 
einen andern Platz bereiten läßt (tt 44), weiter, wie der Bettler ihm 
vorgestellt wird und Telemach ihm Kleider herauszuschicken sich 
erbietet, damit er nicht von den übermütigen Freiem gekränkt 
werde. Sofort ergreift Odysseus die Gelegenheit, seinem Sohn den 
Rücken zu steifen, ihn gegen die Freier zur Abwehr und Rache 
aufzuhetzen. Er sei wohl bei seinem Volke oder seinen Brüdern ver- 
haßt, daß er sich solche Ungebühr gefallen lasse. ,Wäre ich so jung 
oder Odysseus' Sohn oder er selber, man sollte mich köpfen, wenn 
ich ihnen nicht allen Verderben brächte' (100). Telemach berichtigt 
die falschen Vermutungen und entschuldigt sich, er sei allein gegen 
die zahlreichen Freier aus Dulichion, Same, Zak}nith und Ithaka 
(112 — 129). Leider bricht das vielversprechende Gespräch ab. Der 
letzte Bearbeiter setzt wieder ein, schickt den Eumaios, Telemachs 
glückliche Rückkehr von Pylos der Mutter zu melden, fort, läßt 
Athene den Odysseus entzaubern, und Vater und Sohn ein inhalt- 
loses Grepräch föhren, das mit einer übertreibenden Wiederholung 
des Freierkatalog ir 245fiF. r^ 122 an das frühere ursprüngliche Ge- 
S]>rach anknüpft Der ganze Rest des tt gehört ihm, wie S. 7 1 ge- 
zeigt ist 

Mit p* sind wir aber wieder im Eumaiosepos: Telemach verab- 
schiedet sich am andern Morgen vom Sauhirten und gibt ihm fast 
barsch Anweisung, den Bettler in die Stadt zu führen. Der Wechsel 
des Tons gegenüber der Leutseligkeit Telemachs im tt zeigt ebenso 
wie das spätere Einverständnis zwischen Vater und Sohn, daß sie 
inzwischen einen geheimen Plan geschmiedet haben, daß also ihre 
Erkennung in Abwesenheit des Eumaios' erfolgt sein muß. Warum 
der letzte Bearbeiter das gestrichen und durch seine Dürftigkeit er- 
setzt hat, entzieht sich der Vermutung. Daß er's getan, ist durch 
den Wechsel des Stils und die Entzauberung gesichert Auch läßt 
sich wenig über den ursprünglichen Gang dieser Scene vermuten. 
Schon TT 100 hatte Odysseus die Maske gelüftet, ,wäre ich Odysseus' 
Sohn oder er selber*. Aber es war schwer, dem Junker einen Bett- 
ler als Vater aufzureden. Eumaios konnte er als Zeugen nicht auf- 
rufen, der allen seinen Versicherungen gegenüber, Odysseus lebe 
und werde bald eintreffen, mit treuem Herzen und hartem Sclaven- 
Schädel starren Unglauben entgegengesetzt hatte. Erkennungszeichen 
konnten wenig bei dem Epheben wirken, der Odysseus mit Bewußt- 
sein nie gesehen. Da ist wohl möglich, daß auch der Dichter des 
Eumaiosepos seine Zuflucht zu Athene genommen hatte. Darauf 
fuhrt die einzig gute Stelle in der kläglichen Entzauberungsscene: 



und die Volksversammlung im ß 89 

sadtky das Volk gegen die Freier zu gewinnen, die offen von ihm an- 
gekündigte Fehde wird dem Antinoos die Veranlassmig gegeben 
haben, seine Ermordung vorzuschlagen, als er zu Eumaios aufs Land 
gegangen war. Und wenn die Freier x 77 ui^d 132 aus dem Saal 
Kunde in die Stadt zu bringen streben, gewiß, daß dann ,Odysseus 
seinen letzten Schuß getanS so ist das für den naiven Leser kaum 
verständlich, der an die Treue des Volkes zu seinem alten Herrn 
fnt glaubt, weil er selbst ihn liebt; erst durch die Schilderung der 
Volksstimmung im ß erhält es Resonanz.^ 

Die Linien schließen sich von hüben und drüben zu einem fest 
umrissenen Bilde zusammen. 



12. DAS MELANTHOEPOS 

In das Eumaiosepos sind die Bücher aru eingelegt. Von ihnen 
vermittelt u, mit dem ein neuer Tag beginnt, den Obergang zu sei- 
nem zweiten Teil, Bogenprobe 9, Freierkampf x und Erkennung ip. 
Die beiden anderen ai werden p 492 — 606 vorbereitet, sowohl durch 
die Entfernung des Eumaios, weil er für (Tt nicht existirt sowenig 
wie der übrigens vergessene Melanthios, als auch durch die Bestel- 
lung des Bettlers (P544) zu einer Zusammenkimft mit Penelope, die 
T 100 stattfindet 

Die Erzählung läuft von p 492 bis ziun Schlüsse des t wohlge- 
ordnet fort Odysseus tut den Iros ab und gewinnt sich das Wohl- 
wollen des Amphinomos, das er durch eine kaum verhüllte Mah- 
nung, sich zu retten, lohnt. Beim Lichtanzünden muß er sich der 
frechen Magd Melantho erwehren, erfahrt dann Spott und Schimpf 
durch Eurymachos. Vor dessen Schemelwurf sucht er Schutz bei 
seinem Gönner Amphinomos, der nun seine Genossen heimzugehen 
veranlaßt Odysseus nutzt die Gelegenheit, mit Telemach die Waffen 
aus dem verlassenen Megaron zu schaffen, den er dann zu Bett 
schickt (t 44). Nun kommt Penelope mit den Mägden herein, die auf- 
räumen, Feuer und Lampen anfachen« Wieder fällt Melantho den 
Bettler an, von ihm und Penelope zurückgewiesen. Die lädt ihn jetzt 



* Aacb die Hände sind ß 11 wieder da. — Wenn der dritte Freierredner der 
Vf^ktTertammlnng Leokritos ß 242 weder in irp9 noch x' vorkommt, so ist das kein 
GegeBpnnd. Anch Agelaos (x 131» 321) war vorher nicht genannt. Leokritos wird 
aber im Freterkampf des PhUoitiosepos x ^94 erschlagen, seine einzige Erwähnong 
aoBer ß 342. Da dies Epos sich dnrdi die KampfschUderung, die Fignr des Philoitios 
imd den Wnrf des Ktedppos als Nachbildang des Enmaiosepos darsteUt, so ist wahr- 
tchfinlifth, daA et den Leokritos auch ans dessen Freierkampf übernommen hat. 



Die »weite Melanthascene Ol 

von der fein und sorgfaltig vorbereiteten, mit atemloser Spannung 
erwarteten Erkennung durch Eurykleia beginnt t 389, der ganze 
Schluß des Buches gehört also dem Bearbeiter, was der Hinweis 
auf die aus dem Eumaiosepos genommene Bogenprobe (7573) be- 
stätigt Mit dem er aber ist die Homilia doppelt verknüpft: i. durch 
die EntwafFhung des Megarons und die notwendige Entfernung Tele- 
machs t i — 58, 2. durch die zweite Melanthoscene in Penelopes Ge- 
genwart T53 — 95. Jene aus dem Eumaiosepos übertragen und dem 
veränderten Plane dürftig angepaßt, hat schon Kirchhoff dem letzten 
Bearbeiter mit schlagenden Gründen zugesprochen; es hat sich neu 
bestätigt (S. 80). Aber auch x 53 — 95 gehören ihm. Das beweist 
nnwidersprechlich der Rückweis t 93 auf p 508, 582 in seiner Ein- 
lage p 492 — 6o6y durch die er den ersten Teil des Eumaiosgedichts 
abschnitt und die Homilia vorbereitete. Niese 158 hat das richtig 
beurteilt, v. Wilamowitz hätte nicht dies Urteil auf t 93 — 95 beschrän- 
ken und nicht diese zweite Melanthoscene loben sollen, um sie für 
das alte Gedicht retten zu können. Sie ist ja doch nur eine matte 
und zwecklose Wiederholung der frischen, in die Handlung und 
Umgebung trefflich passenden Scene (T 307 — 345, die das durch die 
liederliche Freierwirtschaft verlotterte und frech gewordene Gesinde 
scharf charakterisirt. Wenn Odysseus in Gegenwart der Freier das 
£ur]rmachosliebchen mit kurzem Wort so anbläst, daß sie sich ver- 
ängstigt mitsamt ihren Genossinnen schleunigst von dannen macht, 
so versteht man schon nicht recht, wie sie sich nach kurzer Zeit 
ohne den Schutz ihres Buhlen in Gegenwart ihrer Herrin eine noch 
größere Frechheit gegen den vermeintlichen Bettler erlauben mag: 
denkt sie doch 769, ihn mit einem Feuerbrand zur Tür hinauszu- 
jagen. Und das vergilt ihr Odysseus wie ein Stadtmissionar mit 
einer längeren Predigt über die Vergänglichkeit des Irdischen etwa 
in dem Tone, wie er o 1 30 zum gütigen Amphinomos gesprochen 
hatte. Übrigens ist von dieser Predigt ein Drittel aus Odysseus' 
Antwort an Antinoos p 419 — 42 entnommen S auch 72-=ijiii5, 73b — 
Z85, 81 a — N441, 85 — ai66 + U333, 88b — a 297. Das ist doch 
nicht Herrenarty mit frechen Dirnen umzugehen. Sollte Odysseus 
nicht mit einem Kemwort antworten aus Rücksicht auf die anwe- 
sende Penelope, so hätte er angemessener und wirkungsvoller durch 



* Von iDterpoUtion der Vene t 7S— 80 (Kircbhoff) kaon freilich nicht die Rede 
sciiiy wohl aber davon, daß diese Odysseasrede mit Benntsung von p 419—42 gemacht 
ist In der Rede an Antinoos kann ich Anstößiges nicht finden. Die Bitte des Bett- 
IcfB mn eine Gabe ist doch notwendig. Allein der Hinweis t 86 aaf den in AppoUos 
Schnts heranwachsenden Telemach ist gnt, aber sie lag doch wahrlich nicht fem. 



Iros, Anfang des u g 3 

Scene (T304 — 428 ist als Parallele zur ersten gedacht Das kommt, 
soviel ich sehe, in unserer Odyssee sonst kaum vor, in den altem 
niasliedem ist aber solch symmetrischer Bau eine öfters beobach- 
tete Erscheinung. Dem Zank der Bettler entspricht das Keifen der 
Magd Melantho, dem Kampf der Schemelwurf des Eurymachos, und 
wie dort Amphinomos sich des Odysseus annimmt, so sucht dieser 
hier und findet Schutz zu den Füßen dieses Gütigen. Der Anfang 
des u zeigt denselben symmetrischen Aufbau. Voll von Kummer 
und Sorgen wälzt sich schlaflos Odysseus auf seinem Lager im Pro- 
doInos^ während sein Weib einsam im halbleeren Bette wacht und 
weint und zu Artemis betet, seine Nähe ahnend. Und ihm, der 
drunten ihre Seufzer hört, kommt die Vision, sie trete zu ihm und 
erkenne ihn (u 54 — 94). Dann steht er auf, betet um ein doppeltes 
Zeichen: es donnert Zeus am hellen Himmel und eine alte Magd, 
die bis an den Morgen hatte mahlen müssen, verflucht die Freier 
(yQj — 121). Auch im Stil steht diese herrliche Poesie dem Melan- 
thoepos nahe. Die tiefe Innerlichkeit des Dichters kommt natürlich 
am Seelenleiden der langgetrennten Gatten ergreifender zum Aus- 
druckt aber auch in der Amphinomosscene hat sie sich gezeigt An- 
drerseits kommt ein kräftiger Realismus, der dort stark hervortritt, 
auch hier zu voller Geltung, in beiden Stücken mit plastischer An- 
schaulichkeit der gezeichneten Bilder verbunden. Während unheil- 
brütend Odysseus in der Vorhalle seine Hauses liegt, gehen seine 
Mägde kichernd und scherzend an ihm vorbei zu ihren Buhlen, und 
er schlagt an sein bellendes Herz: ,Trag auch dies, Herz I' Ein Muster- 
stück realistischer Poesie ist das berühmte Bild der sorglich am 
Feuer hin und hergewendeten Bratwurst u 25, das die Unruhe des 
in Sorgen sich schlaflos herumwälzenden Mannes unvergleichlich 
anschaulich vergegenwärtigt. Dazu das schwache alte Weib, das 
die ganze Nacht durch arbeiten muß, das zugemessene Korn fertig 
zu mahlen, und sich mit ohnmächtigem Haß gegen ihre Bedrücker 
rächt. 

Mehr Beweiskraft wird für die meisten haben, daß dies Stück 
allein mit den Voraussetzimgen des Melanthoepos übereinstimmt 
Das aber tut es durchaus. Es schließt unmittelbar an das Ende des 
<y an: die Freier haben das Haus verlassen, Odysseus bereitet sein 
Lager in der Vorhalle, Penelope hat er noch nicht gesehen — sein 
Gespräch im t ist ja als nicht zugehörig erkannt. Wenn nun u6 



* u 41 — 43, KUmmer zum ui hin, und die Pandareostöchter u 66 ff., eine Erweiterang, 
hat Kirohhoff aasgehoben, Tgl. ▼. WilamowiU 64. 



g^ Drilles Buch, II L J2, Das Melanthoepos 

Mägde frech und fröhlich den Freiem nach in ihre Häuser gehen, 
nüt denen sie ,auch früher« buhlten, so ist das geradezu ein Rück- 
weis auf (T 325, wo erzählt war, daß Melantho Eurymachos' Liebchen 
ist und (T 340 angedeutet war, dafi eine ganze Schar auf demselben 
Wege wandelte. Das entscheidet; denn im Eumaiosepos spielten 
Mägde keine Rolle, und das Philoitiosepos, aus dem das Strafge- 
richt über sie X455 erhalten ist, steht so tief imter der Hoheit des 
li- Anfanges, daß niemand daran denken kann, beide zu verbinden; 
auch wird da Melantho nicht genannt 

Weiter war im Eumaiosepos Telemach vom Anfang an mit dem 
Vater im Einverständnis, ebenso wird es im Philoitiosepos gewesen 
sein, da es sich an dies anlehnte. Aber u 30 wird lebhaft hervorge- 
hoben, daß Odysseus ganz allein den Freiem gegenübersteht und 
allein mit ihnen kämpfen muß. Daß Telemach ihm helfen könne, 
daran denkt er nicht Wirklich tritt im a Telemach, abgesehen von 
der nicht zugehörigen Penelopeepisode er 1 58 — 303, auffallig zurück. 
Aber auch diese wenigen Stellen erregen Bedenken.' Vor seinem 
Kampf mit Iros macht Odysseus die Bedingung, die Freier sollen 
schworen, ihn nicht zu stoßen. 

djc fqpaO' ol b'fipa irdvrec diri(i)Livuov u)C dx^Xeuev 

fahrt 58 gut fort Dann aber geht es 59 schwerfallig weiter ,als 
sie aber geschworen und den Eid vollendet hatten, sprach Tele- 
mach: ,Fremder, wenn dich dein Herz treibt zu kämpfen, so fürchte 
keinen der andern Achaier, da, wer dich schlägt, mit mehreren zu 
tun haben wird: 

EetvobÖKOC jüitv ixuiv, dirl b'alvciTOv ßaciXf]€C, 

*AvTivoo? T€ Kttl €upu)üiaxoc 7r€TTVU|Li^viü fificpui. 

djc ?q)a9', o\ b'äpa TtävTCC dTnJvcov auräp 'Obucceuc . . . 

Nachdem alle geschworen (58), ist Telemachs Versicherung, er als 
Wirt werde dafür sorgen, daß keiner den Odysseus stoße, und An- 
tinoos und Eurymachos hätten das gebilligt (65), nicht nur über- 
flüssig, sondern auch ein Widerspruch und unwahr, da Eurymachos 
bisher kein Wort gesagt hat. Dafür ein Aufwand von acht Versen I 
Von ihnen ist 66 a — 58a. Einschub und Fuge sind deutlich. Ur- 
sprünglich ging es von 58 a sogleich auf 66b über 

58 die ?<pa9', ol b'fipa irdvTCC dTTaijiVuov aörop 'Obucceuc 
67 ZiuicaTo ^^v ^dxeciv Trepl ^rjbea, 9aTv€ h\ |iTH>oik. 



' Die Aaslosong des Telemach aus dem a ist mir so wichtig, dmA ich mit Freude 
notire, daß jetzt auch R. Dahms (Odyssee und Telemachie 1919) 23 ^ gddstet hat. 



Telemach im a nicht ursprüngiich ge 

Zum zweitenmal wird Telemach er 155/6 erwähnt Als Amphi- 
nomoSy von Odysseus gewarnt, nachdenklich auf seinen Platz zurück- 
Sfeht, heißt es: ,Aber auch so entfloh er seinem Geschick nicht, denn 
Athene band ihn, um ihn durch Telemachs Speer zu fallen'. So ge- 
schieht es wirklich x92. Aber hier wird mit keinem Worte auf den 
Schutz ztuückgewiesen, den Amphinomos (T3951 416 dem Odysseus 
angedeihen läfit und der einen tragischen Conflikt erwarten läßt So 
zwecklos verpufft kein Dichter seine Motive. Nun ist der Anfang 
des X bereits für das Eumaiosepos sichergestellt; also sind (T 155/6 
eine vom Bearbeiter eingelegte Klammer. 

Auch a405 — 411 sind von ihm eingeschoben. Eurymachos hat 
seinen Fußschemel nach Odysseus geworfen, der sich schnell zu den 
Füßen des Amphinomos duckt (395), so daß ein Schenk getroffen 
wird. Die Freier lärmen und sagen: »Wär* doch der Fremde anders- 
wo crepirt, dann hätte er uns nicht so viel Lärm verursacht; nun 
zanken wir über Bettler, und vorbei ist das Vergnügen des Mahles.' 
Da legt sich Amphinomos (413) ins Mittel, wie es von dem jidXa 
Treirvu^^voc (125) erwartet werden durfte. »Freunde, man soll nicht 
über ein gerechtes Wort zürnen: mißhandelt nicht den Fremden und 
die Knechte des Hauses; wir wollen jetzt spenden und nach Hause 
gehen, zu schlafen.' Aber in unserem Texte schiebt sich eine Rede 
Telemachs 405 dazwischen: »Seid ihr verrückt und betrunken? ein 
Gott regt euch auf! Geht nach Hause und schlaft, wenn ihr wollt; 
ich dränge niemanden (409).' Zu seiner aufgeregten Keckheit steht 
der Schluß seiner Rede 409 in auffallendem Gegensatz. Deshalb 
hat V. Wilamowitz 376 Vers 409 athetirt Das genügt aber nicht, 
denn erst auf Amphinomos' Aufforderung (419) gehen die Freier 
nach Hause (428). 409 soll also zu der Wiederholung der Aufforde- 
rung, nach Hause zu gehen, durch Amphinomos überleiten. Die 
ganze kleine Rede Telemachs ist eingeschoben, (T410 schließt besser 
an 404 an. Wenn dann Amphinomos am Schlüsse noch 4 20 f. vor- 
schlägt, den Bettler im Hause bei Telemach zu lassen, so ist auch 
das unangebracht, da weder jemand verlangt hatte, ihn zu entfernen, 
noch Telemach ihn hier als seinen Gast in Anspruch nimmt Es ist 
eine Klanmier zum t hin« 

So bleibt von Telemacherwähnungen im cy nur noch o 338 übrig. 
Da erwidert Odysseus der Magd Melantho, die ihn hinausweist, 
finster blickend: ,Ich werde dem Telemach sagen, was du redest, er 
wird dich gliedweise zerschneiden.' Damit scheucht er die Weiber, 
die ängstlich weglaufen, ,denn sie meinten, er spreche die Wahrheit** 
Wovor furchten sie sich eigentlich? So freche Dirnen glauben doch 



T ijy—JÖJ aus ^^4—Jio entnommen oo 

T 137 — 161 ist gemach ty um die nicht mehr zu diesem Stücke gehö- 
rige' Ankündigung Penelopes 7571, morgen wolle sie einen Gatten 
wählen, und weiter die töEou 6toc im cp vorzubereiten. Der letzte 
Bearbeiter der Odyssee muß es also gewesen sein, der auch diese 
Verse, wie den zweiten Teil des t, gemacht hat. Dieser Beweis 
scheint voir genügend. Aber er findet noch gewichtige Verstärkung 
durch die Beobachtimg, daß die Erzählung der Penelopelist t 137 — 
156 aus ß94 — HO herübergenommen ist' Im ß spricht Antinoos, 
im T Penelope selbst Aus der Verschiedenheit des Erzählers ergab 
sich die Notwendigkeit, einiges zu ändern, bei sonst völliger Ober- 
einstimmung.* Die auffallendste Abweichung liegt in der Angabe 
der Verräter. Antinoos nennt ß 108 eine Magd, Penelope t 154 eine 
Mehrheit von Weibern. Eine genügt, und daß mehrere Dienerinnen 
ihre Herrin, noch dazu zu gleicher Zeit verraten hätten, entbehrt der 
Wahrscheinlichkeit, vergeblich sieht man sich nach poetischer Nö- 
tigung um. ß 108 gibt also die bessere Fassung. Die Veranlassung 
zur Änderung gab vermutlich die Unmöglichkeit, den folgenden Vers 

ß 109 Kttl TTiv (TTnvcXoTrdav) i dXXuoucocv dqpeOpofiev (ol fiYTicrflpcc) 

dTXctöv \cTdv 

in die dritte Person umzusetzen. Er ist t 155 wiedergegeben durch 
elXov £Tr€XOövT€c Kai ö^öicXiicav ^Tr^ecciv, mit dem 

154 Kai TÖT€ brj fi€ biä bjüiwd^, Kuvac ouk äXetoucoc 

syntaktisch zusammengeschlossen ist Aber ß 109 ist besser als t 155, 
weil er erzählt, wie die Freier die Penelope gerade beim Auftren- 
nen fanden, während T155 diese Hauptsache nicht erwähnt, und 
ihm der Zusatz Kai öfiÖKXncav iniiccx (^^ V 3 1 3) zum wenigsten keine 
Schönheit hinzufugt. Entscheidend aber ist die Vergleichung folgen- 
der Verse: 

ß 106 £>c Tpierec )khf €kx\^ böXifj Kai ^ireiOev 'Axaiouc 
T 151 Sk Tpi€T€c )Ay €kx\Qov i'X^ Kai £it€i8ov 'Axaiouc. 

Das böXi{i dort ist ebenso vorzüglich, wie das dyiA hier überflüssig ist 
Nur aus gemeiner Versnot ist dies dytl» entstanden, da ööXip nach 

• VgL Niese, E. H. P. 163 — v. Wilamowitz, H. U. 60. 

* Seit Kirchkoff Od.* 178 iit das umgekehrte Verh&ltnis angenommen bis anf 
A« Gercke, Telegonie vnd Odyssee, N. Jahrb. XV (1905) 321 mit Anm. i. — Richtig 
bemerkt er, T 137 sei b6Xou( toXuitcOui falsch: sagt sie doch selbst 158 oÖTC Tiv' 
AXXr|v |Af)Tiv 16* cöpicxui. Richtig auch, daft ,die Geschichte t 139—156 besser in 
p 93— 107 pafif. Weitere Beweise bringt er nicht 

^ T 153 ist gans bedeutungslos, wahrscheinlich eine Interpolation, da er hier nicht 
In allen Handschriften steht und hinter ß 107 sowohl wie hinter ui 14a fehlt 



lOo DriUa BmJL III. ij. Dm 

{Xtidov metrisch unmöglich war. Unwe^neilkfa ist also ß io6 das Ori- 
ginal für TI5I. Schon Hennings 500 schien das ijih »verdachtig«, 
doch scheute er vor dem notwendigen Sdilnsse zmück, da er Kirch- 
hofs Beweis der Unabhängigkeit des ß vom x vertrante.^ 

Ursprünglich hat also Penelope hier weder von den Freiem 
noch von ihrer List noch von ihrer bevorstdienden Wiedervermah- 
lung gesprochen, sondern sie hat ihre Frage nach Herkunft des 
Fremden wiederholt, nachdem sie ihm gestanden, auch äe sei un- 
glücklich wie er. Nun antwortet er und erzählt, er sei in Kreta zu 
Hause, Sohn des Deukalion und Bruder des nach Ilion gezogenen 
Idomeneus und habe den Odjrsseus, der auf seiner Troiafahrt nach 
Kreta verschlagen war, zwölf Tage bewirtet. Da schmilzt Penelope 
wie der Bergschnee im Frühlingswinde, und er starrt, nur mit Mühe 
die Tränen unterdrückend, vor sich hin. Endlich firagt ae prü- 
fend nach Kleid, Aussehen und Grefahrten des Gratten. Er gibt die 
genaueste Auskunft, indem er ihr geflissentlich vorhält, wie unge- 
heuerlich ihr Verlangen ist, daß ein Fremder nach zwanzig Jahren 
noch sich solcher Kleinigkeiten erinnere. Das fiberwältigt sie und 
nun erzählt sie, dafi sie jenes Kleid gewebt und dem Scheidenden 
jene Spange angesteckt habe, den sie niemals wiedersehen werde.* 
Diese verzweifelte Stimmung seiner Grattin zu überwinden, spinnt 
Odysseus, der ihr so nahe gelegt hatte, daß doch nur Odysseus 
selbst wissen könne, was er ihr eben gesagt, und der sie nun doch 
wieder sich so fem und fremd gegenüber sieht wie zu Anfemg, gfe- 
duldig einen neuen Faden an und versichert sie, er habe kürzlich 
beim Thespro tenkönig von ihm gehört und wisse bestimmt^, daß er 

* Vgl. a. Stflok Anm. 4 Seite 12. Der Ton ui 128 sinnlos wiederholte Vers 

ß 93 ^^A böXov t6v6* dXXov Ivl q>peci ^€p^f|plS€v 
konnte in Penelopei Rede t 138 keine Stelle finden, er ist ersetst dnreh 

q»Apoc \kk>i füiot irpdrrov ^v^irvcuccv qpp^a ba(j;iuiv, 
an dem die nageiohiokte Verk&nnng des bUdllchen Ansdmcks anfifSUt 

* Nach T 259 ist Odysseus mit einem Sehiflfe nach Troia gefahren. Daan stimmt 274. 
V Odysseus will Penelope übertengen, ihr Gatte sd nahe, weide bald kommen, 

mOsii gleloh da sein. Dasn dient seine Versichentng, er habe jfingst gehört, dafi Odys« 
seus, ftreilloh allein, Im Naohbarlande weile. Begründen mnfite er nnn i^ wie Odytsens 
dahingekommen und wo seine Gefährten geblieben: er hat Schiff bmeh geHtten, ans 
dem er allein gerettet; 2. wie er, der Fremde, vor Odjrssens nach Ithaka gekommen: 
Odysseus war bei den Thesproten noch besohiftigt icci|Af|Xia alriZuiv dv& ÖQfiov. Das 
genttgt. Alles Weitere konnte die GUnbwürdigkeit seines Berichtes, auf die es ihm aUeia 
ankommt, nur sohwAohen. Folglich sind t27S-*286 nicht nnpranglich — so schon 
KIrehhoff. 

Abgesehen von den WnndeHkhiten, die sie berichten, vermindern t 27$ — 386 auch 
d«duroh die Obeneugangskraft fftr Penelope, dafi sie (280) von leleheB Geschenken 



Einschübe des Verfa^frs unserer Odyssee lOi 

mit reichen Geschenken noch 4iesen selben Monat heimkehren 
werde und deutet rätsehid den heut?^4n Tag an.^ Aber so tief hat 
sich der Gram in ihr Herz gefressen", rdafi-jsie das Rätsel nicht löst 
und die Kimde nicht glaubt. Sie furchtet B<^rug, den sie so oft er- 
fahren, und schließt sich wieder zu. Aber'daikbar nimmt die hohe 
Frau den Fremden als Gast auf und befiehlt^-Öen Mägden, ihn zu 
waschen und zu betten, damit er die Nacht warm sdÜafe. Das wird 
von ihr knapp, wie es sich für die Herrin ziemti*-ii>'*zwei Versen 
T 317/8 gesagt. Odysseus antwortet t 336 ff.: ^Mäntel und^^sCliimmemde 
Decken sind mir verhaßt, seit ich aus der Heimat schied i* ruhen 
möchte ich wie sonst auf dem Boden, der ich so oft schla'Bos'.den 
Morgen erwartete; auch soll kein Weib meine Füße wasch^iv*«^ 
es müßte denn eine Alte sein, die so viel geduldet hat wie ich.'' 

In unserem Text aber stehen zwischen Penelopes Befehl t 308 
und Odysseus' Ablehnimg t 335 noch sechzehn Verse. In den letzten 
sieben g^bt Penelope breit ausgeführt die Trivialität zum besten, daß 
harte Menschen üblen Leumund haben und freundliche guten. Das 
ist nicht der Stil dieses Stückes. Sie sollen die in den vorhergehen- 
den Versen 325 — 328 ausgesprochene Befürchtung begründen, was 
der Fremde von ihr, der klugen Frau, wohl denken werde, wenn 
sie dulde, daß er ,ungesalbt und in schlechten Kleidern' (327) ,bei 
Telemach im Saale sitzend speise' (321). Dieser kleinliche Gedanke 
wirkt störend in dem Bilde der gramerfüUten, tiefbewegten Fürstin, 
die in ihre schmerzlichen Gedanken versinkend noch gerade der 
Pflicht der Wirtin durch den kurzen Befehl (3 1 7/8), den Fremden als 
Gast zu behandeln, genügt. Daß der so vorsichtige, kluge Odysseus 
mit keinem Worte auf dies Bedenken erwidert, macht es schon ver- 
dächtig. Ebensowenig berührt er ihre Sorge um seine Behandlung 



der Phaiaken bericbteii, logar yon ihrem Angebot, ihn nach Ithaka sa bringen« Das 
Fehlen von 275 — 277 in einigen Handschriften ist vielleicht von Bedentnog. 

DaB diese interpolirten Verse T275 — 286 den Verlauf der Irrfahrten in extenso 
angeben mfifiten, ist eine willkürliche Annahme. So gut wie aUe früheren Abenteuer 
könnte auch Kaiypso fehlen. Daraus Folgerungen auf verschollene ältere OdysseefiM- 
sungen xu ziehen oder Bestätigung für solche zu finden (Niese, £. H. P. 185 — v. Wi« 
lamowitz, H. U. 128), ist unzulässig. Das ungenaue Referat über die Handlung der 
Sias £444 — 461 gibt ein warnendes Beispiel, auch 6 474 ff. O64 — 77, aus denen man 
auf verschollene Biaden einst glaubte schliefien zu dürfen. Der Nachweis der Interpo- 
lation von T 275—286 hebt jede Vermutung ganz auf. 

T289 — 299 hat der Verfasser unserer Odyssee in die Eumaioirede eingeschoben 
(E 299 ff.), über die oben S. 85. 

* T306f. gedeutet von v. WOamowits, H. U. 53. 

* T 346— 348 sind troU des SchoUons unbedingt echt VgL zuletzt CauerGrtfg.* 472. 



koftHte weder TeUnuuh noch Freier 103 

klären aus der in unserer Odyssee unmittelbar voraufgehenden 
Scene t ösff^ wo Melantho den Helden in Gegenwart der Herrin be- 
schimpft. Schon von Niese von der Homilia geschieden, ist sie S. 91 
als ein Verbindungsstück des Bearbeiters erkannt Folglich ist auch 
der Rückweis auf sie in Eurykleias Rede (t 370 — 374) von ihm zuge- 
setzt, der auch hier eine Klammer nach t 64^ und (T320 hinein- 
zulegen far gut hielt Auch 374/5 gehört ihm, da sie nur 376 vor- 
wegnehmen. Freilich schließt 376 an 369 nicht unmittelbar an: der 
eingelegten Klammer hat ein Stück des Originals weichen müssen« 
Odysseus bestätigt gewichtig 383 die Aussage der beiden Frauen, 
alle hatten seine Ähnlichkeit mit Odysseus bemerkt Nun muß die 
Erkennung folgen. Die Fußwaschung beginnt 388 — 391 bereiten 
aber schon das Abschwenken vor: Odysseus rückt in das Dunkel 
ab; sie sind also vom Bearbeiter eingelegt Ebenso, wie längst an- 
erkannt ist 395 — 468 die Greschichte der Ebemarbe. Ursprünglich 
folgte 469 — 475 die Erkennung durch Eurykleia. Da bricht das 
schöne Gedicht ab. Der Schluß kann nur gewesen sein, daß auch 
Penelope, unter deren Augen alles geschah, im Doppelgänger ihres 
Gatten nun endlich ihn selbst erkannte. 



Blicken wir noch einmal auf dies feine, von den eingelegten 
Klanunem befreite Gedicht ^^ zurück und machen uns seine Voraus- 
setzungen klar. Odysseus ist nicht verwandelt. Als gealterter Mann 
kommt er nach zwanzig Jahren zurück, niemand erkennt den Tot^ 
geglaubten. Nicht als Bettler kommt er, aber doch als Heimatioser. 
Penelope empfangt ihn im Kreise ihrer Frauen. Telemach wird nir- 
gend erwähnt t 368 schließt eher einen Sohn aus, als daß er sein 
Dasein bezeuge. Jedenfalls ist seine Gegenwart unmöglich, und eine 
Rolle kann er hier nie gespielt haben*^^ Aber auch von den Freiem 
ist nirgend die Rede.^' Ja, sie sind fSr diese Erkennungscene kaum 
denkbar. Wie sollten sonst die Gatten so ruhig reden mitten in der 
Gefahr? Wie sollte Odysseus sonst vor den Mägden sein Geheimnis 
preisgeben? Das Gredidht, soweit es uns vorliegt gibt, ohne Vor- 
urteil betrachtet, nicht mehr imd nicht weniger als die Rückkehr 
und Wiedererkennung eines lange verloren gegebenen Gatten ohne 
jede andere Voraussetzung. 



»• Ihm gehören T 96, 136, 162—274, 287—318, 335—369... 37^— 3«7. 469— 475- 

<i So auch Dahms, Odyssee und Telemachie 3$. 

>* Dm hatte schon A. Gereke, N. Jahrb. XV (190$) 33i erkannt 



Ergebnisse 105 

14. VIER ERKENNUNGS- UND RACHEGEDICHTE 

Ich fasse die Ergebnisse der Untersuchungen des zweiten Teiles 
unserer Odyssee zusammen. Ihr Verfasser hat ihm ein Epos zu- 
grunde gelegt, in dem Telemach neben seinem Vater im Kampf 
gegen die Freier trat, die wie seine Mutter auch ihn bedrängten« 
Er hatte erzählt, wie der sich seiner Mannheit bewußt werdende 
Ephebe in seiner Not an das Volk sich wandte, von ihm im Stich 
gelassen zimi einzig treuen Knechte Eumaios aufe Land ging, dort 
Odysseus traf, erkannte imd mit ihm den Racheplan entwarf; wie 
dieser dann, vom ahnungslosen Eumaios geführt, bei den Freiem als 
Bettler eingeführt, die Gelegenheit erspäht, Telemach anstiftet, vor 
ihren Augen alle Waffen bis auf zwei Paare aus dem Saale zu ent- 
fernen, als Penelope den Bogen des Odysseus den Freiem zum Wett- 
bewerbe um ihre Hand bringt; wie er, nachdem sie vergeblich sich 
versucht, die Waffe gegen sie wendet und sie teils mit den Pfeilen, 
teils im Nahkampf an Telemachs Seite ermordet, während Eumaios 
den bösen Ziegenhirten abtut, der den Freiem Waffen zuträgt; wie 
schließlich Odysseus von der zögernden Penelope im gesühnten 
Hause erkannt und innig empfangen wird. Aus diesem Eumaiosepos 
sind ß^Eir^pqpx^H' entnommen. 

Eingeschoben hat der Bearbeiter als c und u^ zwei Paar Parallel- 
scenen aus einem andern Epos, das Telemach nicht kannte und eine 
ungetreue Magd Melantho einführte. Aus ihm stammt der Kampf 
mit Iros, der Zank mit Melantho, Eurymachos' Übermut und AmpÜ- 
nomos' Grüte (0), femer die Schilderung der ahnungschweren Nacht 
vor der Entscheidung, die Odysseus schlaflos und sorgenvoll, Pene- 
lope weinend und sehnsüchtig verbringt (u^). 

Diese beiden Scenen trennt die Begegnung von Odysseus und 
Penelope (t). Dies Gedicht, ohne Verbindung mit irgendeinem der 
sonst benutzten, wußte nichts von Freiem, nichts von einem Sohne. 
Es stellte ohne andere Voraussetzung als die langer Trennung das 
Wiedersehen der beiden Gatten dar, das schließlich durch die Fuß- 
waschung zur Erkemnmg gefuhrt haben muß. 

Endlich sind noch in u' imd x' zwei kleine Stücke eines dritten 
Rachegedichtes eingearbeitet: der Wurf Ktesipps mit dem Kuh- 
fuß nach dem bettelnden Odysseus, die Einführung des Kuhhirten 
Philoitios neben Eumaios und Melanthios, dessen und der treu- 
losen Mägde grausame Bestrafung, und eine regelrechte Schlacht 
zwischen den Freiem und Odysseus mit seinen drei Getreuen. 



und ihn Zeitfolge 107 

Dolios' Tochter (c 322), benannt und geformt, und für seine Hohnrede 
an Odysseus (P217) ist die des Eurymachos (C365) benutzt^ Auch 
Namen und Charaktere der Häupter der Freier hat das Eumaiosepos 
herubergenommen: Antinoos, Eurymachos, Amphinomos, der seinem 
Namen und der im Melanthoepos ihm zugewiesenen Rolle (c 1 20, 
395) gemäß als rechtschaffener Mann dargestellt wird (ir 405). Bei 
solcher Abhängigkeit ist es sehr wahrscheinlich, daß der Eumaios- 
dichter auch in der weiteren Erzählimg sich an ihn angelehnt hat, 
in Bogenprobe und Freiermord. Da fallt auf, daß er den Odysseus 
neben dem Bogen noch Lanze und Schwert brauchen läßt Die Ver- 
anlassung dafür liegt klar zutage: wollte er seinen zweiten Helden 
Telemach am Ruhme des Freierkampfes beteiligen, so mußte er zu 
einer neuen Erfindung greifen. Der plötzliche Oberfall der Freier 
im waffenlosen Saal mit den zwei allein zurückgelassenen Waffen- 
paaren (11265, X 1^0 l^ätte an sich genügt. Wenn er trotzdem die 
Bogenprobe und die Pfeilschüsse des rächenden Odysseus erzählt, 
so darf man schließen, daß diese ihm gegeben waren und sich so 
mächtig der Phantasie eingepräg^t hatten, daß sie nicht unterdrückt 
werden durften. Das Melanthoepos wird also auch diese prachtvollen 
Scenen zuerst gestaltet haben: ihm hätte dann das Eumaiosepos sie 
ebenso nachgedichtet wie die Freierscenen. 

Der große Erfolg des Eumaiosepos ist begründet in der Ein- 
führung Telemachs. Ihn hat sein Dichter erst geschaffen, den in 
der Not rasch zum Manne reifenden Knaben.' Hier schuf er frei, 
imd das erklärt die Frische und Feinheit dieses Teiles, die auch in 
der Schlußscene, der Erkennung der Gatten, wieder schon zur Grel- 
tung kommt. Der Plan, Telemach an der Rache zu beteiligen, stellte 
neue Aufgaben, und sie löste dieser Dichter mit bewundernswerter 
Kunst: er zeigte ihn in der Volksversammlung, ließ die Wut der 
Freier, des schlimmen Antinoos gegen ihn bis zum Mordplan sich 
steigern, er führte ihn zu Eumaios und bei ihm, den er für diesen 
Zweck erfand, mit Odysseus zusammen. So gestaltete er ein Epos, 
das an Reichtum der Gestalten und Scenen, an Abwechslung imd 
Spannung dem Melanthoepos überlegen war. 



* Nachgewiesen Ton ▼• Wilamowits H. U. 46. 

' y. Wilamowitz, Sias uod Homer 480, betont anf Grand einer Beobachtung von 
W. Scholze das Alter des Namens Telemachos. Der ,Femk&mpfer' stammt natürlich 
ans einer Zeit, in der Fernkampf mit Bogen oder Schleuder noch keine Schande war. 
Aber das Alter der uns bekannten Person Telemach ist damit nicht bewiesen. 



Entwicklung dir Heimkehmoveüe 109 

denn niemals wird er im e — fi erwähnt bis auf die Stelle der Nekyia 
X 185. Die aber schildert die Verhältnisse in Ithaka anders, als wir 
sie aus einem der Heimkehrgedichte kennen. Sie weiß nichts von den 
Freiem, wohl aber schildert sie die trauernde Penelope, den sich 
härmenden Laertes und den jungen Sohn, der schon des totge- 
glaubten Vaters Konigsehren genießt Man darf daraus natürlich 
nicht auf ein besonderes, auf diesen Voraussetzungen aufgebautes 
Heimkehrgedicht schließen. Was wäre aus ihnen denn zu entwickeln 
gewesen? Vielmehr hat der Dichter dieser Nekyia aus freier Macht- 
vollkommenheit Gattin, Sohn und Eltern des Odysseus gezeichnet, wie 
er sie for seinen Zweck brauchte. Bemerkenswert ist freilich, daß 
damals noch kein Epos die Freier Penelopes eingeführt oder doch 
nicht zur Geltung gebracht hatte. Er selbst aber erfindet ein neues 
Motiv neben der trauernden Gattin: die trostlosen Eltern. Das hat 
ein Späterer aufgenommen und im hübschen Laertesgedicht (ui) die 
gegebenen Linien ausgezeichnet Der Dichter des Eumaiosepos aber 
g^fF nun das Heimkehrmotiv von der letzten Seite her an und stellte 
den Telemach in den Vorderg^rund: wie wird sich ein heranwachsen- 
der Jüngling benehmen, um das Königserbe eines totgeglaubten 
Vaters sich zu sichern, wenn zudringliche Freier um die Hand seiner 
Mutter werben und mit ihr die Herrschaft zu erlangen hoffen? Auf 
Telemach hat er sein Augenmerk vor allem gerichtet, er erst hat 
ihm Leben gegeben. Seitdem erst ist Telemach nicht mehr aus der 
Odyssee fortzudenken noch bei der Heimkehr zu umgehen. 

Die Entwicklung der Dichtung von Odysseus' Heimkehr lieg^ vor 
unsem Augen. Die Analyse des überlieferten Textes und die Ver- 
folgung der Motive haben die einzelnen Gedichte abgesondert Von 
selbst stellen sie sich in eine Reihe. Und so stät und organisch 
entfaltet vom einfachsten Vorwurf an immer reicher ein Gedicht 
nach dem andern den Stoff, daß dies nicht gesuchte Ergebnis durch 
seine einfache Wahrheit for sich selber zeugt und zugleich die Ana- 
lyse neu bestätigt 

IV. DIE IRRFAHRT 
15. DAS NOSTOSGEDICHT 

In die Bücher voir sind die breiten Schamire eingesenkt, die 
den Nostos € — v^ mit der Rache und beide mit Telemachs Reise 
verbinden. Sie sind das Werk des Verfassers der uns vorliegenden 
Odyssee. Folglich hat erst er diese drei Teile miteinander vereinigt 



wußte nichts von Frtiemot 1 1 1 

den Freiem erzählen konnte er freilich unmöglich der ganzen An- 
lage seines Gredichtes nach, wohl aber hätte er, wenn er Spannung 
und Bangen für Penelopes Ergehen und Odysseus' Schicksal nach 
der Heimkehr erregen wollte, die Gelegenheiten nutzen können und 
müssen, ihn sich sorgen zu lassen, ob sein Weib ihm die Treue 
halte, ob nicht nach ihr und seiner Habe und seinem Königtum 
Lüsterne ihre gierigen Hände ausstreckten, ob sein Sohn die Kraft 
habe, Haus imd Mutter zu schützen — Gedanken, die dem Listen- 
reichen nahe genug liegen mußten« Aber nichts von alledem, weder 
bei Kalypso noch bei den Phaiaken. Verschmähte der Dichter den 
Götterapparat, der ihm leicht solche Hinweise ermöglicht hätte, 
warum ließ er nicht wenigstens Kalypso, die heiß ihren Helden be- 
gehrt, ihm sagen, sein Weib sei im Begriffe, ihm die Treue zu bre- 
chen, sein Haus sei voll von trotzigen Freiem, er dränge in sein 
Verderben, er komme zu spät? Er begnügt sich, sie sagen zu lassen : 
,Du würdest bei uns bleiben, wüßtest du, wieviel Leiden dir noch 
bevorstehen, bis du ins Vaterland kommst* (€2o6). Der Dichter 
konnte es nicht deutlicher machen, daß er von Freiem und Gefahren 
in Ithaka nichts weiß oder nichts wissen will, daß er wünscht, seinem 
Helden mit der Heimkehr Ruhe und Frieden zu geben. Das Nostos- 
epos € — v^ schloß mit der glücklichen Heimkehr. 

Das bedarf keiner Bestätigung, weil Anlage und Führung des 
Gedichtes es als Überzeugung aufdrängt. Aber sie ist ihm bereits 
geworden durch den Nachweis der späten und allmählichen Ent- 
stehung der Odysseusrache aus dem alten Novellenmotiv des spät 
und unerkannt heimkehrenden Gatten, den die Analyse der zweiten 
Hälfte unserer Odyssee erbracht hat Zweitens bestätigen es die 
beiden einzigen kleinen Stellen in € — vS die auf die Freiemot hin- 
deuten, 1 53 1 — 535 im Fluch des Kyklopen imd X 104 — 1 20 in der Pro- 
phezeiung des Teiresias; denn beide heben sich deutlich als Zu- 
sätze ab. 

Der geblendete Kyklop betet: »Höre mich, Poseidon; bin ich 
wirklich dein Sohn, so gib, daß Odysseus nicht nach Hause komme 
(530); bestimmte ihm aber das Schicksal die Heimkehr, so möge er 
spät und allein auf fremdem SchifiTe in sein Vaterland kommen und 
Leid in seinem Hause finden (531 — 535).' Wie wunderlich bedächtig 
ist der wüste Riese in wildester Wutl So flucht der Haß nicht 
Achill wünscht, als der sterbende Hektor ihn um Bestattung anfleht, 
daß er ihm das Fleisch von den Knochen schneiden und es fressen 
konnte (X 346). Noch auf der attischen Bühne konnte Euripides den 
geblendeten Thrakerkonig nach den Troerinnen springen, tappen 



112 Drittes Buch, IV. /j. Das Nostosgedicht 

und wünschen lassen, dafi er sie packe, zerreiße und fresse (Hekabe 
1072). Und der maulfaule Menschenfresser sollte, statt Tod und Ver- 
derben auf seinen Feind kurz und gut herabzuflehen, trotz Schmerz 
und Wut die Möglichkeit erwägen, daß sein göttlicher Vater doch 
nicht so könnte, wie er wollte, imd für diese Möglichkeit vorsichtig 
wenigstens doch noch eine, wenn auch nur bescheidene Strafe er- 
bitten? Der Dichter wäre aus der Rolle gefallen, hätte er so ge- 
dichtet Doch man sag^t: der Epiker ist noch nicht Dramatiker, er 
läßt seine Personen auch das sagen, was seine Hörer wissen müssen. 
G^lt, doch der Nostosdichter wollte gar nicht auf die Freiemot hin- 
führen, hat er doch sonst jede Andeutung vermieden. Nun steht 
1534 aber ohne 535 viiöc ^tt* dXXoTpiiic, cupoi V bt TTrifiaTa oTkuj auch 
in Kirkes Prophezeihung 11141, und ein drittes Mal stehen beide, 
aber mit einem erläuternden Zusatz über die Freier in Teiresias' 
Wahrspruch Xii4f. So ist 1535 schon äußerlich verdächtig imd 
von Kayser H. Abh. 14 • 36 dem Diaskenasten gegeben. Das genügt 
nicht Die ganzen vier Verse 531 — 535 sind Zusatz des Verfassers un- 
serer Odyssee', der, über die Absicht des Nostosgedichtes € — v^ 
hinaus, hier einen, wenn auch noch so dünnen Faden einzuspinnen, 
die seltene Grelegenheit sich nicht entgehen ließ, um es mit der 
Rache zu verbinden. Nur für die Gesamtodyssee haben sie Wert, 
nur von ihr aus sind sie auch erst verstäncÜich. Im selbständigen 
Nostosepos, das von den Freiem nichts weiß oder nichts wissen 
will, sind sie sinnlos und zwecklos. Andrerseits gewinnt der Fluch 
des wütenden Riesen durch die Streichungen von 531 — 535 ; erst ohne 
sie hat er Saft und Kraft und bleibt im Ethos. 

Die andere Freierstelle des Nostos X 104 — 120 ist längst als stö- 
render Zusatz zu Teiresias' Prophezeiung ausgesondert Aufs engste 
mit Antikleias Erscheinen verbunden, kann Teiresias unmöglich von 
den Freiem gewußt haben, während ihre Aussage die Freier aus- 
schließt^ Schwerer noch wieget die aus Teiresias' eigener Rede sich 
ergebende Unmöglichkeit, daß er von Odysseus' Heimkehr vor Ver- 
söhnung Poseidons (132) gesprochen habe könne. Doch darüber 
mehr im XVI. Stücke. Einen so gröblichen Einbruch, wie diese 



* D. Mfilder, Hermes 38 (1903) 439. ^ 

* Wer mit Cauer (s. Anm. 2) Chronologie treibt, mußte doch vom Seher so hören 
Terkngen, dafi swar Penelope noch nicht belästigt werde, 3 Jahre aber yor Odysseus' 
Heimkehr Freier sich ehisteUen würden asw. Sonst müßten die widersprechenden Aus- 
sagen der Beiden Odysseus um das Vertrauen auf die Glaubwürdigkeit der Schatten 
bringen und ebenso confus wie den Leser machen. Mit der Poesie freilich würde <^ 
nicht snm besten bestellt sein. 



Umkreis und Ziele \\x 

Verse X 104 — 120 darstellen, nimmt nur vor, wer seinem Plan Zu- 
widerlaufendes tilgen imd Gemäßes einsetzen will. Der Hinweis auf 
Freiemot und Freiermord verrät den Verfasser unserer Odyssee. 
Er hat ebenso diese Klammer eingelegt wie jene eben besprochene 
1 531—5. Die Identität der Verse 1 534f. und X i i4f. zeig% daß beide 
Stellen im Zusammenhang stehen. 



Nun gilt es, dies ausgeloste Nostosgedicht in seinen Voraus- 
setzimgen, Zielen imd Mitteln zu erfassen. 

Wenn Odysseus, freundlich aufgenommen, den Phaiaken seine 
Abenteuer erzählt, so steht er am Ende seiner Irrfahrten und seiner 
Leiden. Demgemäß ist der Schluß dieses Gedichtes, daß er in präch- 
tigen Kleidern reich beschenkt in seiner Heimat schlafend gelandet 
wird. Wie am Schluß die Heimkehr, steht am Anfang die Ver- 
sicherung, daß ihm das Schicksal bestimmt habe, sein Vaterland 
wiederzusehen (€115, 144, 168). Odysseus erzählt seine Irrfahrten 
von der Abfahrt von Troia bis zur Ankunft bei Kal3rpso i — \iu Wie 
er von Kalypso zu den Phaiaken gekommen, berichtet er selbst 
kurz auf Aretes Frage x\ 244, der Dichter erzählt es ausführlich im 
€. Der Kreis ist geschlossen. Kalypso gehört mit den Phaiaken far 
dies Nostosgedicht unlösbar zusammen.^ Haben wir Odysseus' Prü- 
fungen auf seiner Leidenfahrt von Kalypso zu den Phaiaken miter- 
lebt, so genießen wir doppelt seine Aufnahme imd Rettung durch 
die Gastfreundlichen, blicken behaglich vom sicheren Hafen aus zu- 
rück auf die wilden Stürme und bunten Abenteuer seiner Vergan- 
genheit imd freuen uns, daß der gottliche Dulder ebenso süß und 
stille von Scheria entfuhrt wird, wie er mühselig imd stürmisch da- 
hin hatte dringen müssen. 

Der Anfang des Nostosgedichtes ist freilich abgeschnitten.* Aber 
nur wenig kann fehlen, denn die Exposition wird von €55 an ge- 
geben. Weitab von Göttern imd Menschen im weltfernen Ocean 
(100) wird Odysseus von Kalypso wider Willen zurückgehalten, der 
sich in Sehnsucht nach Weib und Heimat verzehrt (151 — 8), der 
unglücklichste von allen Troiakämpfem (105). Er hatte große Taten 



* Als Einzelgedicht wüßte ich mir c nicht vorzustellen. Freilich ist es ein Wider- 
spruch, dafl Odysseus bei Kirke ruhig ein Jahr yerweilt, bis seine Gefährten zur Ab- 
fahrt drängen, und daß er aus Heimweh der Kal3rpso nicht froh wird, aber die drin- 
gende Sehnsucht nach der Heimat beherrscht auch die Schilderung seines Aufenthaltes 
bei den Phaiaken x\ 151 134. 

• V. WUamowitz, R U. 21. 

B«tbe, Homer. H 8 



1 1^ DriUes Buch. IV. ij. Das NaUngidUht 

dort getan, Achills Leiche gerettet (300). Aber als die Sieger von 
dannen fuhren, hatten sie gegen Athene grefrevelt und die hatte 
ihnen Sturm gesandt (108). (Die Posthomerica sind im e so lebendig 
wie in Demodokos' Gesängen 0.) Ihm selbst hatte schließlich Zeus 
mit dem Blitz das Schiff zerschmettert und die Gefährten ertränkt 

(i3if. -11415). 

Nun aber bestimmte sein Schicksal (i 13), daß er nicht dort sterbe, 

sondern in seine Heimat zurückkehre. So entläßt ihn denn Klalypso 

auf Zeus' von Hermes überbrachten Befehl mit der Versicherung, 

er werde heil (juaX' dcKnOric 144» 168) in sein Vaterland konmien. 

Aber erst nachdem sie beim Styx geschworen, daß sie nichts Böses 

sinne, imtemimmt er das ungeheure Wagnis (175), das auch sie als 

solches anerkennt (141)1 auf einem Floße ohne Gefährten den Ocean 

ostwärts (277) zu durchqueren, obgleich sie ihm viel Leiden auf der 

Fahrt voraussagt (207), wie er sie selbst ahnt (173). Sturm und 

Schiffbruch werden als selbstverständlich von vornherein hingestellt 

Zeus kann nicht anderer Meinung gewesen sein. Für die Führung 

des Gedichtes sind sie notwendig, damit Nausikaa sich des hilflos 

Angespülten annehmen kann. Ist von Anfang an beton^ daß die 

Heimkehr ihm jetzt bestimmt ist, so wird das wiederholt, sobald 

Scheria in Sicht kommt (289, 345), und was Nausikaa in Aussicht 

stellt, verspricht Alkinoos imd vollenden die Phaiaken mit ihrem 

WimderschiflFe. 

Nach diesen unzweideutigen Angaben des Dichters kann man 
unmöglich vermuten, daß einer der Gotter Odysseus mit seinem 
Hasse verfolge imd ihm aus Rache die Heimkehr hindere. Und doch 
beherrscht Poseidons Zorn das Nostosgedicht, ja die ganze Odyssee. 
Denn als leitendes Motiv ist Poseidons Zorn mit starker Betonung 
an den Anfang des Epos gestellt imd dadurch so sehr unserer Vor- 
stellung eingeprägt, daß wir ihn überall wirksam sehen. Aber merk- 
würdig selten ist von ihm die Rede. Um so mehr ist über ihn ge- 
schrieben. Er bietet in der Tat vielleicht das schwierigste Problem 
der Odyssee. 

Zunächst ist es wichtig festzustellen, daß Poseidons Zorn — von 
a II — 87 abgesehen, über die das Urteil sich nachher ergeben wird 
— ausschließlich auf € — vS d. h. auf das Nostosgedicht beschränkt 
ist Auch dies ein weiteres Zeichen einstiger Selbständigkeit Die 
Telemachie yb erwähnt ihn nicht, obwohl ein Vers genügt hätte, um 
den Seegreis ihn als Grund für die langen Irrfahrten des Odysseus 
nennen zu lassen; er sagt aber nur, Kal3rpso hält ihn (b 557). Eben- 
sowenig spürt man in a 88ffl ß und im zweiten Teil der Odyssee 



Poseidons Zorn 1 1 e 

.seine Wirkung. Nur ip 241 — 88 erzählt Odysseus seiner Frau als 
Erstes, daß er bald wieder fort müsse, um Poseidon zu versöhnen. 
Aber dies zweck- und seelenlose Gerede zerstört die Stimmung der 
schonen Scene, und seine Streichung hinterläßt keine Lücke.^ Es 
hat nur Sinn als Verklammerung des Schlusses mit dem Mittelteil 
unserer Odyssee, ist also von ihrem Verfasser eingeschoben, wie er 
auch im selbstverfertigten Verbindungsstücke V341 '-^1328 solchen 
Hinweis anzubringen nicht versäumt hat Der Verfasser imserer 
Odyssee kann also unmöglich der Erfinder des Poseidonzomes sein, 
da dieser für sein Gesamtwerk nichts bedeutet, es auch nicht zusam- 
menhalten kann. Wie wenig er ihn interessirt, zeigt seine Einlage 
(s. S. 100 A. 7) in den Lügenbericht des Odysseus an Penelope t 2 75 ff.: 
da erwähnt er ihn gar nicht Er hat ihn also im Nostosepos vor- 
gefunden, das er in seiner geschlossenen Einheit übernahm. 

Aber auch hier wird er nur selten erwähnt Der Kyklop ruft 
ihn auf seinen Blender herab, und Teiresias' Schatten offenbart 
ihn als den Grund seiner imendlichen Irrfahrten. Um so auffallender, 
daß er nicht als Motiv verwendet ist, die ganze Handlung zu be- 
stimmen und zu beherrschen. Im Gegenteil. In der Selbsterzählimg 
seiner Irrfahrten i— ^ gibt Odysseus niemals dem Poseidon die 
Schuld an seinem Unglück, sondern Zeus, oder ein Daimon erregt 
ihm die Stürme, Helios erwirkt für den Frevel seiner Gefährten den 
letzten Schiffbruch. Diese Tatsache bringt kein Deuteln aus der 
Welt, nie wird und kann der Unbefangene anders verstehen. 

Zu dieser Einhelligkeit der ganzen Apologe stehen in grellem 
Widerspruch allein zwei kleine Stellen, die einzigen zugleich, die 
im ganzen Nostos von Poseidons Zorn imd seinem Grunde reden: 
Teiresias' Aussage X 103 ,Poseidon erschwert dir die Rückkehr, weil 
du seinen Sohn geblendet, ihn mußt du versöhnen' und die ent- 
sprechende Stelle 1526, wo der geblendete Kyklop die Rache Po- 
seidons auf Odysseus herabflucht Nun ist aber die Prophezeiung 
des Teiresias, derentwegen Odysseus die Hadesfahrt unternimmt, 
eine Dublette zu Kirkes Weg^eisung )üi 39, die klar und genau ihm 
dienlicher ist als das Prophetenwort und Punkt für Punkt befolgt 
wird. Die Folgerung ist längst gezogen und das sicherste Ergebnis 
der Odysseeanalyse von unmittelbarer Überzeugungskraft^: die Ne- 



* V. WUamowitz, H. U. 68. 

* Zuerst hat das Lauer ausgesprochen Qaaest Hom. I de andecimi libri forma 
geanina et patria, Berlin, Diss. 184a, 46. Dagegen Düntxer, Hom. Abh. 139. Nen er* 
wiesen von Kirchhoff, Od.* 221 n. a. Selbst Rohde, Psych. 47, erklirt die Unnrsprüng- 
Bdikcit der Nf kyia lür sicher. 

8* 



1 1 6 DritUs Buch, IV. /j. Das Nastosgedicht 

kyia ist ein Zusatz, der aber mit beträchtlichem Aufwände k 490— 
fji 38 eingearbeitet ist Daß sie erst vom letzten Bearbeiter unserer 
Odyssee eingeschoben sei, wird nicht behauptet; ich werde im XVL 
Stücke zeigen, daß die Nekyia bereits einen Bestandteil des Nostos- 
gedichtes bildete, als dies, ein abgerundetes Werk, unserer Odyssee 
einverleibt wurde. So stehen wir vor der Überraschung: im Nostos- 
gedichty das allein Poseidons Zorn verwertet^ ist die Hauptstelle 
X 103 nicht ursprünglich. Daraus ergibt sich der dringende Verdacht, 
daß auch die einzige andere Stelle 1518 eingeschoben, und zwar 
ihretwegen eingeschoben seL 

Daß 1518 — 536 wirklich nicht zur ursprünglichen Kyklopie ge- 
hören, diesen Beweis hat schon 1862 Düntzer, Hom. Abhdg. 420 ge- 
führt. Nur darin irrte er, daß er sie für Interpolation in die fertige 
Odyssee hielt. So handg^reiflich der Einschub ist, so ist er doch zu 
wenig anerkannt, als daß ich mir ersparen konnte, den Beweis von 
neuem aus der Erklärung der Stelle selbst zu fuhren. 

Nachdem der geblendete Polyphem vom entschlüpften Odysseus 
den Namen erfahren, sag^t er 

1517 äXX' äT€ öeOp', 'ObuceO, !va toi irop Eelvia Oeiui. 

Das kann nichts anderes sein als die Ankündigung des gewaltigen 
Felsblocks, mit dem er Odysseus' SchifiF zerschmettern will. Jedoch 
erst 537 schleudert er ihn. Wechselrede und Grebet (518 — 536) hal- 
ten den Hörer ärgerlich hin und zerreißen den Zusammenhang. An 
517 ,komm her, daß ich dir Gastgeschenke gebe< schließt 518 fol- 
gendermaßen an: ,und daß ich meinen Vater Poseidon veranlasse, dir 
Heimkehr zu gewähren; denn ich bin sein Sohn^ ÖTpOvui 518 ist, 
neben Oeiui 517 geordnet, von !va abhängig. Es soll also ScCvia Oeiui 
erklärt werden durch Tröjiiiniv t* ÖTpuvu) bÖM€vai kXutöv dvoclTaiov, toO 
TÄp l'i^ itAic €l^(, d. h. also, wie weiterhin das Gebet an Poseidon 
528 — 535 lehrt, die Gastgeschenke sollen darin bestehen, daß er den 
Odysseus dem Zorn des Meergottes empfiehlt Aber bei dieser Auf- 
fassung wird die Aufforderung an den abfahrenden Odysseus, näher 
heranzukommen, xmi die Gastgeschenke in Empfang zu nehmen 
(517 dXX' äT€ b€Öp* *Obuc€G, fva toi irctp Seivta Oeiu)), unverständlich: 
die Flüche treffen auch den Femen. Die Verse 517 und 518 — 536 
sind nicht in demselben Atem gedichtet Vorzüglich aber paßt das 
äT€ beCpo zu dem Kyklopenwitz, den Fels, den er nach dem Schiffe 
wirft, als Gastgeschenk anzukündigen, um so mehr, als es nach sei- 
nem ersten Wurf sich doppelt so weit entfernt hatte (491). Das ist 
durch die Einschaltimg von 518 — 536 zerstört Was die Interpreta- 



Poseidons Zorn den Apologen ursprünglich fremd nj 

tion erwiesen hat, bestätigt die Charakterzeichnung. Als Götterver- 
ächter 1275 ist, wie sich's gehört, der Menschenfresser und Frevler 
am heiligsten Gesetz gezeichnet, nur auf sich vertrauend und seine 
eigene Kraft. Dem entspricht es, daß er sich selbst die Rache zu 
nehmen und mit dem abgerissenen Felsen das Schiff seines Feindes 
zu zermalmen versucht Das steht unversehrt in unserem Text, 
scheiden wir die sinnstörenden Verse 1518 — 536 aus.' Nim war 
auch Polyphem hier ursprünglich nicht als Poseidonsohn hingestellt 
Nur noch 1412 wird Poseidons Vaterschaft erwähnt, aber auch die- 
ser Vers ist ein späterer Zusatz. 395 ist der Riese geblendet Auf 
sein Wehgeschrei eilen die Nachbarn herbei und erfahren, daß 
,Niemand< ihm das angetan. Sie antworten: ,Wenn dir niemand Ge- 
walt antut, so ist's also eine Krankheit von Zeus gesandt, und der 
kann man nicht entrinnen; 

412 dXXd cu T* €Öx€0 TTaTp\ TToceibduivt dvaicri. 

Was soll dieser Zusatz? Was kann ein G^bet an Poseidon helfen, 
wenn man der von Zeus gesandten Krankheit nicht entrinnen kann? 
Sinnlos in diesem Zusammenhange, hat der Vers offenkundig den 
Zweck, durch Nennung des Vaters Poseidon das Gebet an ihn 528 
vorzubereiten. Schließlich noch dies: Wenn ein Dichter den Odys- 
seus erzählen ließe, Zeus habe sich um seine nach glücklich bestan- 
denem Kyklopenabenteuer gebrachten Opfer nicht gekümmert, son- 
dern auf Vernichtung seiner Schiffe und Gefährten gesonnen 
(553 — 55S)f ohne daß irgendwie auf die eben erflehte Rache Posei- 
dons hingedeutet wird, so hieße das den Hörer absichtlich und 
zwecklos irreführen. Aber dieser wie die anderen Anstöße sind ver- 
schwtmden, denkt man 1518 — 536 fort, und auch der Schluß paßt 
vortrefflich zur einheitlichen Auffassung der Apologe und des gan- 
zen Nostosgedichtes, daß das Schicksal Odysseus lange Irrfahrten 
bestimmte und Zeus (€132, 304) vor andern (eioS) sie ebenso ins 
Werk setzt, wie er sie beendet (e 1 1 3). 

Die Apologe hatten also Poseidons Zorn überhaupt nicht gekannt, 
er war erst, und nur äußerlich, durch gleichzeitige Einfügung der 
Nekyia und der mit ihrer Teiresiasprophezeiung X loi correspondi- 
renden, also von ihr abhängigen Verse 1518 — 536 von einem Erwei- 
terer äußerlich genug hineingetragen. Doch auch € — 6 wissen von 



* Außer Dfintxer, Hom. Abhdlg. 420, vgl. n. a. Adam, Anfbaa der Od. (1911) 18, 
liilder, Herrn. 38 (1903) 414, N. Jahrb. 17 (1906) 4a mit dem lUnweif, wie wenig 
tom naiven Menicbenfrettermärchen die hineingetragene Vontellnng einer moralischen 
Verichnldnng des Odyisens pasie, ans der seine Leiden hergeleitet würden. 



Der Sturm im t 1 1 q 

losgefahren, so müssen und dürfen wir darin die Begründung sowohl 
fiir sein Eingreifen trotz Zeus wie für seinen Ärger sehen; er will 
nicht übergangen werden zumal, wo es sich um sein eigenes Reich 
handelt Das ist ganz sicher: keine Erklärung kann aus diesen Ver- 
sen herauspressen, daß Poseidon fiir seinen Kyklopensohn Rache 
begehre, und noch weniger, daß der so motivirte Zorn Poseidons 
der einzige und Urgrund von allem Unglück des Odysseus sei; wie 
das in den eingeschobenen Versen 1 530 von Poljrphem erbeten, und 
in der Nekyia X loi von der Seele des Teiresias bestätigt wird. 
Das Gegenteil sagt Poseidon selbst 

€ 286 fj )idXa bf) |i€TeßouX€ucav 9€ol äXXujc 

djLKp" 'Obucfji i)iöo ^ei' Al9i67r€cciv dövroc: 

haben die Götter ihren Beschluß geändert, so waren sie es eben, die 
ihm früher lange Irrfahrten bestimmt hatten, nicht aber hatte Posei- 
don allein auf Polyphems Gebet ihm die Heimfahrt so furchtbar ge- 
macht, wie Teiresias X loi offenbart mit dem Gebot, Poseidon durch 
Buße und Opfer zu versöhnen (X121 — 132). €282 ff. sind also den 
Voraussetzungen des Nostosgedichtes angemessen. Doch fragt sich, 
ob aus ihnen etwas für seinen fehlenden Anfang notwendig entnom- 
men werden muß. Zu entscheiden ist das nicht, aber ich sollte 
meinen, verständlich wäre doch diese Erzählung: Odysseus, auf Zeus' 
Befehl von Kal3rpso entlassen, fuhr auf Scheria zu, da ersah ihn Po- 
seidon, der aus weiter Feme heimkehrte, und wütend, daß dieser 
ohne sein Wissen sein Element durchqueren dürfe, zerschmetterte 
er ihm sein Floß. Nur das eine ö b' dx((icaTO loipödi ^äXXov (284) 
fordert, daß schon erzählt war, Poseidon zürne. Aber auch Zeus, 
haben wir gehört €132 imd Athene 108 hatten ihm und allen 
Achaiem Sturm und Schiffbruch bereitet, also konnte kaum anderes 
gesagt gewesen sein, als daß ,die Götter' gezürnt hatten; wenn er 
mm ,mehr erzürnt wurde', so liegt darin der Grund, daß er nun 
selbst Odysseus tüchtig eintaucht, ehe er sich nach Schicksalsschluß 
zum nahen Scheria aus diesem Unglück rettet (289). Auch dieser 
Hinweis auf Poseidons Wissen, Odysseus solle einmal heimkehren, 
zeig^ daß diesem Dichter die Anschauung des X ganz fremd war, 
nur von Poseidon hänge es ab, ob und wann Odysseus heimkehre; 
denn das ist der Sinn der echten Teiresiasrede X 100 — 103 + i2iffl" 
Poseidons Rache für die Blendung des Kyklopen als beherrschen- 
des Motiv für Odysseus' Irrfahrten, wie sie an dieser Stelle und der 
correspondirenden 1 530 hingestellt wird, ist mit den Angaben und 



11 



Siehe XVI. Stück S. 130. 



1 20 Drittes Buch, IV, /j. Das Nastosgedickt 

der ganzen Anlage des Nostosgedichtes, in das sie eingeschaltet 
sind, schlechterdings nicht vereinbar. 

Ganz anders aber als im Rahmen des Nostosgedichtes, wie sie 
hier dargelegt ist, stellt sich die Auffassung von €282fF., betrachtet 
man sie im Zusammenhange der uns vorliegenden Odyssee. Der 
Leser kann gar nicht anders, er muß sie auf das Prooimion be- 
ziehen und aus ihm erklären. Denn hier und nur hier war gesag^t, 
dafi Poseidon allein von allen Göttern, die Odysseus bemitleiden 
(ai9)y ihm zürne und umtreibe, weil er seinen Kyklopensohn ge- 
blendet hatte (69), und daß Athene seine Reise zu den Aithiopen 
(li) benutzt habjs, von Zeus den Befehl zu Odysseus' Heimkehr zu 
erbitten. Diese Verse an — 87 sind mm aber so ungewandt, imselb- 
ständig und kümmerlich — Bekker, Hom. Blätter I 102, Niese, £. 
H. P. 195, V. Wilamowitz, tt U. 12 haben das schlagend dargelegt 
— , daß die von Kirchhoff empfohlene nächstliegende Vermutung, 
sie stammten von demselben Manne wie das frische, vollsaftige und 
selbständige e und seien der ursprüngliche Eingang des Nostosge- 
dichtes, für jeden Philologen, ich meine Menschen von Stilgefühl, 
vollkommen ausgeschlossen ist. Sie widersprechen ihm auch inhalt- 
lich. Denn sie behaupten ja alles das, was erwiesenermaßen dem 
Nostosgedicht ursprünglich fremd war: daß Poseidon Vater des Ky- 
klopen war, für seine Blendung Rache von Odysseus nehmen wollte, 
daß er allein ihm zürnte, er allein ihm die Heimkehr verwehrte, und 
schließlich, daß Athene seine Helferin wie Poseidon sein Feind ist. 
So unmöglich a 11—87 ^^d das Nostosgedicht e— K489 +^4off. 
von demselben Dichter geschaffen sein können, so unbe- 
dingt notwendig ist ihre Beziehung aufeinander: folglich 
muß jener Anfang des a in Rücksicht auf das Nostosge- 
dicht gemacht sein. 

Denn falsch ist die Annahme, jener Eingang a 1 1 — 87 sei erst 
vom letzten Bearbeiter für die ganze uns vorliegende Odyssee ge- 
fertigt Er nimmt ja weder auf die Rache noch auf die Telemach- 
reise irgend Rücksicht Von Penelopes Harren, von Telemachs Sor- 
gen, vom Übermut und Drängen der Freier kein Wort bis 087, 
und doch hätte es der Dichter so leicht gehabt, von ihnen zu er- 
zählen oder die Götter über sie sich unterhalten zu lassen. Er redet 
nur von Odysseus, Kalypso, Poseidons Rachezom, Athenes Eingrei- 
fen und Zeus' Bereitwilligkeit Mitten in ihrer Rede a 88 springt 
Athene plötzlich ab und, ohne den ersehnten Befehl zu Odysseus* 
Heimfahrt abzuwarten, wendet sie sich plötzlich Telemach zu und 
fliegt nach Ithaka, tun ihn auf die Reise zu bringen. Hier erst be- 



und a 11^87 I2i 

ginnt der Verfasser unserer Odyssee seine Arbeit, um yö 
vorzubereiten, und kümmert sich so wenig um das Nostosgedicht, 
wie sich an — 87 um Telemach und Freier gekümmert hatten. Er 
hat — darin hatte Kirchhofif recht — jene Einleitung zum Nostos- 
gedicht ebenso jäh und rücksichtslos abgeschnitten, wie er b 619 das 
Gedicht von der Telemachreise unterbricht, um es erst im wieder 
aufzunehmen.^' Sie bot ihm für seinen Helden und dessen Heimkehr, 
um die sich sein ganzes Epos dreht, eine bequeme Exposition; so hat 
er sie einfach übernommen. Um nun den Nostos € — \i anzubringen, 
wiederholt er die Götterversammlung des a in richtiger Erkenntnis, 
daß sie der Leser vergessen hat, imd stoppelt den Anfang von e aus 
erborgten Flicken zusammen.*' 

Diese einfache und der Arbeitsweise unseres Odysseeverfassers 
entsprechende Lösung hat man sich dadurch unmöglich gemacht, 
daß man a 29?. die Erwähnung der Orestesrache als Anspielung auf 
Telemach und seine Pflicht auffaßte. Dazu gibt nichts ein Recht 
Telemach hat seinen Vater nicht zu rächen, am wenigsten an den 
Freiem, er hat sein Hausrecht zu wahren, Orestes aber hatte dazu 
nie die Möglichkeit Man kann keine Parallele ziehen. Der Dichter 
dieser Stelle hat sie auch nicht mit dem leisesten Winke angedeu- 
tet** Was aber sollen Agamemnon, Aigisth imd Orestes hier? Wie 
fem liegt Agamemnons Tod, da ihn der Mordstahl traf, als Orest 
noch Kind war (41), der ihn jetzt schon gerächt hat! Wie lange 
schon ist Ilios zerstört I So wird dem Leser das Gefühl einer lange 
seitdem verflossenen Zeit eingeflößt Das und nicht anderes war die 
Absicht des Dichters, der deutlich machen will, wie lange Jahre 
Odysseus schon der Heimat femgehalten wird, er allein, während 
alle andern Iliossieger schon längst zu Hause waren (a 12). Das ist 
nicht imgeschickt, zumal Agamemnons Schicksal in der Nekyia des 
Nostosgedichtes wieder aufgenommen wird, imd auch € und 6 auf 
die Taten vor Dion zurückweisen und so das ganze Gedicht eng an 
diesen Kreis schließen, wie das der Übergang a i i/i 2 selbst anzu- 
streben scheint 



" Siehe VIL Stück S. 43. 

>• GemoU, Herrn. 18 (1883) 91, v. WilamowiU, H. U. 21. Ob auch € 28C vom Ver- 
fiuser unserer Odyssee oder vom Erweiterer des Nostosgedichtes gemacht sind, laßt 
sich nicht entscheiden. 

^^ Das geschieht freilich 1 306, aber diese ungeschickte Unterbrechong der Nostos- 
eiinneningen hat der Verfasser muerer Odyssee gemacht — wieder nm eine Verbindang 
«wischen den einander fremden Teilen seines Epos sn schaffen, wie S. 24 gezeigt. 



122 Drittes Buch, IV. 13, Das Nostosgedicht 

Ich fasse zusammen: Poseidons Zorn über die Blendung des Ky- 
klopen und seine Rache dafür an Odysseus waren den Apologen 
fremd, fremd auch dem Nostosgedicht Dies benutzte nur den Meer- 
gott, um Odysseus auf seiner Fahrt von Kalypso zu den Phaiaken 
schiffbrüchig zu machen imd nackt auf Scheria anspülen zu lassen, 
damit ihn Nausikaa finde. Daraus hat ein Späterer das Motiv des 
Poseidonzomes entwickelt imd um ihn zu begründen, den Poseidon 
zum Vater des Kyklopen gemacht, wie ihm die Sage so viele Un- 
geheuer zu Kindern gab. Der Dichter der Nekyia hat es aufge- 
griffen. Der Mann, der durch Aufnahme der Nekyia das Nostos- 
gedicht erweiterte, mußte seinetwegen die Kyklopenblendung ent- 
sprechend umgestalten: er setzte einfach 1412,518 — 530 + 536 
zu.^* Femer setzte er €421 — 423, 446 und 1328—331 ein, die sich 
alle leicht auslösen, ohne eine Lücke zu hinterlassen. Seine be- 
deutendste Tat aber ist das neue Prooimion, das er dem so erwei- 
terten Nostosgedicht gab. Der Verfasser unserer Odyssee hat es bis 
087 übernommen. Dadurch machte er Poseidons Rachehafi zum 
beherrschenden Motiv des ganzen Gedichtes. 



Die erste Scene unserer Odyssee stellt dem Hasser Poseidon 
Athene gegenüber, und sie ist wirklich Odysseus' immer hilfs- 
bereite Freundin in dem erweiterten, uns überlieferten Nostosgedicht 
€ — vS für das die Scene gemacht ist Da liegt die Vermutung nahe, 
dafi erst der Erweiterer wie den Poseidon so auch Athene eingearbei- 
tet habe. Sie konnte sich bestärkt fühlen durch die Beobachtung, 
daß den Apologen Athene ebenso fremd ist, wie es Poseidon ur- 
sprünglich war.** 

Aber Athene ist im Anfang des I*^, wo sie der Nausikaa im 
Traume eingibt, an den Strand zur Wäsche zu fahren, vortrefflich 



** 1531 — 534 sind erst Yom Verfasser unserer Odyssee hinsagefagt, mn Verbin- 
dung mit dem zweiten Teil der Odyssee zn schaffen. Vgl. S. 117. 

^' Jörgensen, Hermes 39 (1904) 357, hat, um diese Aporie zu losen, ein Stilgesetz 
ausgeklügelt: nur der Dichter wisse die strafende Gottheit, seine Personen aber lasse 
er nur allgemein die Götter oder Zeus oder einen Daimon Terantwortlich machen. Aber 
Gott Aiolos sollte billig Bescheid wissen, doch erklärt er sich Odysseus* Unglück aus 
Feindschaft »der Gotter« k 73. Nach Teiredas' Offenbarung weiB Odysseus Bescheid, 
trotzdem nennt er auch im |li nicht Poseidon als seinen Feind. Jorgensen mutet dem 
Dichter ein Versteckspielen zu. Seine Zusammenstellung der Apologe mit sonstigen 
homerischen Reden macht den Unterschied deutlich: für sie stimmt sein ,GeietzS aber 
da ist es selbstverständlich. 

*' Unzertrennlich gehören dazu €491 — 493. 



Athene 123 

am Platze und wirkt hier wirklich als gottliche Vorsehung, da nur 
so Nausikaas Begegnung mit Odysseus ermöglicht wird. So zier- 
lich und anmutig ist Erfindung imd Ausfuhrung dieses Mädchen- 
traumes von naher Hochzeit und zeitiger Zurüstung durch reichliche 
Wäsche, und wie sie dem Vater nur von der Wäsche spricht, die 
HochzeitshoShung aber verschweigt, und dieser verständnisvoll gütig 
lächelt, das ist so ganz auf der Höhe des Stils der übrigen Nausikaa^ 
scenen, daß an ein Abtrennen nicht gedacht werden darf. Zu der 
Oberflächlichkeit des Einschiebens und der Geringwertigkeit der 
Verse, durch die der Erweiterer Poseidons Rachezom in den Nostos 
drängte, steht diese Kunst in augenfälligem Gegensatz. Die Hand- 
lung in Bewegung zu setzen hat der Nostosdichter wie hier Athene, 
so im Anfang Hermes bei der Kalypso und dann Poseidon auf der 
Fahrt nach Scheria verwendet Bedarf aber dieser als Meergott, 
jener als Götterbote keiner weiteren Begründung für seine Rolle, so 
würde Athene einer solchen bedürfen, wäre sie nicht als Odysseus' 
Freundin und Helferin dem Dichter wie seinen Hörern schon ver- 
traut gewesen. Das war sie ohne Zweifel. Denn dieselbe Rolle spielt 
die Göttin gelegentlich in der Ilias wie B i66£, ^ ^bgf[^ und häufi- 
ger wohl noch spielte sie sie in der »Kleinen Ilias^. In diesem Kreise 
ist Athene Odysseus' Freimdin geworden, nicht in der Odyssee, die 
sie ja gerade in seinen schwersten Gefahren, wo er ihrer am meisten 
bedurft hätte, nie erwähnt (i — ^). So kann es nicht befremden, Athene 
im Phaiakenlande auch weiter um ihren Liebling bemüht zu sehen. 
Wenn sie 1 1 1 2 Odysseus durch Nausikaas Ball erwecken läfit, so ist 
das die rechte Fortsetzung ihrer Sorge, ihn mit dem Mädchen zu- 
sammenzubringen. Andere Male tut die Göttin noch Oberflüssigeres, 
so wenn sie 2; 229 — 234 imd 18 — 23 den Odysseus mit Schönheit 
übergießt, 6 7 — 2^ als Herold, 6 193 — 200 als Sportsdiener ftmgirt 
So äußerlich das alles ist, es entbehrt doch nicht einer gewissen 
Anmut, und wie ein heiteres Spiel wirkt die zwecklose Emsigkeit 
der Göttin in den lebensfröhlichen, sorgenentlasteten Tagen im 
Phaiakenlande» So nimmt der Leser auch das ohne Anstoß hin, zu- 
mal auch in B 280 Athene dem Odysseus als Herold zur Seite tritt 
Immerhin mag diese oder jene Stelle mit Recht beanstandet sein, 
da sie sich glatt aussondern lassen und Z230 — 235 aus i|i 157 — 162 
übernommen ist,^^ etwa vom Erweiterer des Nostos oder vom letzten 
Bearbeiter unserer Odyssee herrühren. Auch nicht gerade notwen- 



** Vgl Düntzer in seiner Aasgabe, Haider, N. Jahrb. 1906, 18 and Scoüand, Philg. 
XXXXIV 618. 



Athene 125 

es Athene, fesselt die Winde bis auf Boreas, der den Schwimmen- 
den ans Land treiben soll(!), und bricht die Wogen» bis er es er- 
reiche. Der Erfolg? Zwei Tage imd zwei Nächte wird er umher- 
getrieben, bis sich am dritten der Wind legt So überflüssig wie 
382 — 387 ist Athenes Beistand 426 f. und 436 f.: sie gibt ihm ein, 
als er von einer großen Woge ans Felsgestade gespült wird, mit 
beiden Händen einen Fels zu packen, und >als er von ihm zurück- 
gerissen wird, gibt sie ihm Besonnenheit und er schwimmt zur 
Flußmündung. Diese drei Athenestellen sondern sich glatt ab und 
sind längst athetirt Man soll aber nicht verkennen, daß sie mit Ab- 
sicht und Consequenz eingefugt sind: sie sind von einer Hand. 

Mit ihnen zusammen gehören 2:328 — 331. Man hat sie fast all- 
gemein athetirt und als späten Rhapsodenzusatz verdächtigt, um 
abzuschließen. Wie könnten sie das? Aber v 3 18 ff. werden diese 
Verse geradezu citirt^^, sie sind also unantastbar. In det Tat sind 
sie durchaus verständlich, auch im Zusammenhange mit der folgen- 
den Erzählung, wenn man nur aörip V oö irui cpaCvex' ivavriiT aTbero 
Tdp ^a als Plusquamperfekte faßt: das fordert auch die Umschrei- 
bung dieses Verses v 3 1 8.*® Ihr Zweck ist einleuchtend. Sie sollen 
den Widerspruch heben, der zwischen der Hilfsbereitschaft der 
Grottin hier und Odysseus' Gottverlassenheit bei den Irrfahrten klafft. 
Zugleich erinnern sie an Poseidons dauernden Zorn, nehmen also das 
Motiv seiner Rache für Polyphems Blendung auf. Das alles ent- 
spricht dem Plane des Verfassers unserer Odyssee, wie ich an sei- 
nem far die Erkenntnis seiner Arbeitsweise wichtigsten Vermitte- 
lungsstück V 318 ff. S. 65 gezeigt habe. Es entspricht aber auch dem 
Plane des Mannes, der den Nostos durch Poseidons Rachezom er- 
weitert und motivirt hat Wir haben gesehen, wie er durch kleine 
Einschübe auch im € (423, 446) diese Beziehimg hergestellt hat Daß 
er gerade dort das Bedürfnis empfand, auch Poseidons Gegenpart 
Athene anzubringen, ist nach seiner Gegenüberstellimg dieser beiden 
Götter a 1 1 ff. begreiflich, ebenso begreiflich, daß er einen Hinweis 
auf Poseidons Zorn bei Athenes Eingreifen 2^ 330 anbrachte als der 
letzten Gelegenheit auf langhin« So möchte ich glauben, daß schon 
er, nicht erst der Verfasser unserer Odyssee, der diese Motive 
übernahm, die zuletzt besprochenen Stellen eingefügt hat, seinem 
Epos Halt und Rundung zu geben» 



'* Ober den plasqnamperfectischen Gebraach des Imperfectt t. oben IX. Stfick, 
Anm« 7. 



und seine Erweiterung 127 

denn v 187 wird die Geschichte mitten im Verse abgebrochen. Vom 
Verfasser unserer Odyssee kann sie also nicht sein.^^ Es ergibt sich 
aus dem einfachen Tatbestand vielmehr sicher, daß er sie übernom- 
men \m& in seiner aus 087, 5620 bekannten rücksichtslosen Manier 
plötzlich abgeschnitten hat. Daß sie dem ursprünglichen Nostosge- 
dicht zugesprochen werde, ist bei ihrer Dürftigkeit keine Aussicht 
Sie widerspricht seinem Plane, kann auch nicht zum Sturm € 282 in 
Beziehung gesetzt werden, da dort ja Poseidon selbst sagt (289), es 
sei Odysseus in Scheria dem Leid zu entfliehen bestimmt Doch die 
Arbeit des Erweiterers beg^innt schon vi. Es wird hier an das 
Zwischengespräch X 328 — 387 angeknüpft, das wie im XVL Stück sich 
zeigen wird, ihm gehört: Odysseus gibt einen Tag zu und erhält nun 
Geschenke. Auch die Erwähnung Athenes v 121, die ihr wieder ein 
Verdienst zuschreibt, das sie sich nicht erworben hatte, entspricht 
seiner Tendenz und die Langweiligkeit seinem Stil. 

So haben wir am Anfang imd Schluß des Nostosgedichtes eine 
Gotterscene. Beiden gibt Poseidons Zorn das Thema. Seinetwegen 
wird a 11 — 87 hinter seinem Rücken Odysseus' Heimsendung be- 
schlossen imd eingeleitet, v 125 — 187 ist sie vollendet und Poseidon 
wütet Unverkennbar ist die Absicht, beide Scenen parallel und als 
Anfang und Abschluß des erweiterten Nostosgedichtes zu gestalten, 
das €282 Poseidon von den Aithiopen {aiz) zurückkehren läßt, um 
Odysseus vor Scheria noch zu schütteln, seinen Zorn motivirte 
(1530), durch Propheten wort offenbarte (X 104) und wiederholt er- 
wähnte (€446, 2:330, 11271). Auch der Stil beider Götterscenen ist 
derselbe: üblicher Apparat, viel Gerede, erborgfte Verse." 

Obrigens soll nicht verkannt werden, daß dieser Erweiterer des 
Nostosgedichtes trotz geringer poetischer Begabung und trotzdem 
er ihm im Poseidonzom ein widerstrebendes Motiv aufzwang, nicht 
nur ein streng geschlossenes, auch ein effektvolles Werk sammelnd 
und redigirend zustande gebracht hat Wenn auch seine ewige 
Wirkimg jenem^großen Dichter verdankt wird, der die Einkleidung 
der selbsterzählten Irrfahrten in das Phaiakenabenteuer erfand und 
die Gestalten der Nausikaa, Arete, des Alkinoos, Demodokos und 
den beim Lauschen auf die seine Taten preisenden Gesänge in 



'* Dafi der Dichter den Ausgang absichtlich im nngewissen gelassen habe, daraof 
kann nnr verfallen, wer die ganze Partie demselben Ver&sser zaschreibt 

** Diese Stilkriterien treffen anch anf den letzten Bearbeiter unserer Odyssee zu, 
der denn auch far diese Partien verantwortlich gemacht ist Sie sind aber durch 
sichere Beweise anderer Art voneinander geschieden. So geringe Dichter, Nachtreter» 
Kykliker kann man nicht allein nach dem Stil scheiden, weil sie keinen haben. 



\ 



128 DritUs Buch. IV, i6. Nekyia 

Wehmut schmelzenden Odysseus schuf, so hat er es doch durch köst^ 
liehe Zutaten bereichert Niemand möchte die Nekyia missen wollen 
imd die Kampfspiele und den Sang von Ares und Aphrodite, selbst 
den grimmen göttlichen Feind des Helden und Athene, seine ge- 
fallige Helferin, sind doch durch ihn allen tief eingeprägt, lieb und 
wert gemacht. Auch gibt die Bestrafung der Phaiaken dem Nostos- 
gedieht einen guten Abschluß, einen rechten Märchenschluß, wie er 
zu diesem Märchen paßt: längst vorüber ist die Zeit, wo Menschen 
aus dem Phaiakenlande mit dem Wunderschiff über Nacht zur Hei- 
mat gebracht werden und von seiner Herrlichkeit erzählen konnten; 
jetzt kommt niemand mehr dahin, sicher niemand wieder zurück« 
So steht der Engel mit dem feurigen Schwert vor dem Paradies, 
so deckt der Rhein den Nibelungenhort, und nie wieder findet der 
Glückliche, der einmal ins Wunderschloß oder in die Höhle der 
unendlichen Schätze kam, den Weg zurück. 

i6. NEKYIA 

Poseidons Rache für seinen Kyklopensohn, im Nostosgedicht 
ohne Wirkung, ist ihm, wie gezeigt, erst nachträglich aufgedrängt 
durch Einfügung der Nekyia.^ Hier sitzt sie fest, hier dreht sich 
alles um Poseidons Zorn imd seine Beschwichtigung. Als fremd- 
artiges Stück wird sie doppelt interessant und wichtig. Die Unter- 
suchung ihrer Absichten imd Voraussetzungen muß zeigen, ob sie 
einem größeren Zusammenhange angehörte und welcher Art dieser 
war. 

vöcTOV h{tx\a\ ^eXir^b^a, q)a(bi|üi* 'ObucceG, so beginnt Teiresias X loo 
seine Offenbarung. Also heimkehren will Odysseus, folglich hat er 
schon lange Irrfahrten hinter sich und sieht kein Ende. Denn die 
letzte Verzweiflungstat hat er gewagt: er ist zu den Toten gedrun- 
gen, die Untrügliches künden (X 94, 148). So muß ihm denn die Seele 
des Teiresias sagen, was er nirgend sonst erfahren konnte, und was 
ihm die Heimkehr sichert. Die Anlage der Scene, ihre Conception 
schon zeigt über jeden Zweifel, daß dies die Absicht des Dichters 
war. Aber die Teiresiasrede erfüllt sie nicht, weder im Zusammen- 
hange unserer Odyssee, noch für sich selbst betrachtet Denn Kirke 
\mterrichtet Odysseus 1U139 über seine Weiterfahrt, und zwar genauer 
und brauchbarer als Teiresias. Dieser kommt ihm X 105 mit Wenn 



^ Laaer Qaaest Hom. (Diss. Berlin 1843) 5^* ~ Robde Psyche 46. Vgl. oben 
S. 115. 



Die Teiresiasrede I2q 

and mit Aber, statt ihm klar und deutlich zu sagen, was er tun soll, 
um sich die Heimkehr zu verschaffen. In jedem Falle also ist in der 
Teiresiasrede etwas nicht im Lote. Das hat man längst erkannt. 

Es läßt sich der ursprüngliche Inhalt der Teiresiasrede aus ihrem 
einwandfreien Anfang mit Sicherheit erraten. Heimkehr suchst du, 
Odysseus: ein Gott wird sie dir schwer machen, denn der Erder- 
schütterer wird nicht seinen Groll vergessen, weil du ihm seinen 
Sohn geblendet hast (X loo — 104) — also wirst du nicht eher heim- 
kehren, bis du ihn versöhnt hast/ Das ist die einzig mögliche Fol- 
gerung. Sie steht wirklich X 121 — 137: »Spricht in einem Lande, wo 
man nicht Schiff, nicht Salz kennt, jemand dein Ruder für eine 
Wurfschaufel an, so opfere dem Poseidon Widder, Stier und Eber 
imd dann kehre heim und bringe allen Göttern Hekatomben darl' 
Dies ist der richtige Schluß zu jenem Anfang, sie gehören ziisam- 
men. Alles, was dazwischen steht, X 104 — 120, paßt weder zum einen 
noch zimi andern. ,Trotz Poseidons Zorn könntet ihr zurückkonmien, 
wenn ihr Helios' Rinder schont; sonst verlierst du Schiff und Ge- 
fährten und kehrst spät und elend heim^ (104 — 114). Entweder ist's 
Poseidon, der dem Odysseus die Heimat versperrt, oder Helios; 
beide nebeneinander heben sich auf. Es ist eine Klitterung: Nur von 
Helios berichtet Odysseus der Penelope t 275, kein Wort von Posei- 
dons 2^m. Ebenso Kirke ^ 127 — 140. In ihrem Munde aber klingt's 
anders: da hängt alles davon ab, ob es Odysseus gelingt, seine Ge- 
fährten von den Heliosrindem fernzuhalten; wenn nicht, so ist's um 
Schiff und Gefährten geschehen. Hier stehen nun dieselben Verse 
^ 137 — 141 gut und klar, die X 1 10 — 1 14 anstößig sind. Sie sind also 
nebst X 108 aa füi 1 28 aus dem \i entlehnt. Das bestätigen die folgende 
X115 — 120, in denen Teiresias die Freiemot und den Freiermord 
verkündet. Denn auch sie sind Flickverse a-ii534f., v 356, 378, 
Y2i6«»Tr25S, a295f. Sie sind hier durchaus unerträglich: denn es 
bt ein krasser Widersinn, dafi Odysseus trotz Poseidon heimkehrt, 
sein Weib und Gut wiedererobert und dann erst Poseidon versöhnen 
soll, der ihm doch die Heimkehr nicht gönnt. 

Von welcher Seite man auch die Teiresiasrede ansieht, stets fallen 
X 104— 120 heraus. So klar und sicher wie dies ist die Veranlassung 
zu ihrer Einschaltung. Die Verse X 104 — 114 sollen die trotz der 
Kirkeprophezeihung |li 39 — 141 in das Nostosgedicht eingefugte Ne- 
kyia mit diesem in Übereinstimmung setzen: hier ist es ja Helios, 
der das Verderben über Schiff und Gefährten bringt (^127 — 141, 
316 — 425). Das kann nur von dem Manne gemacht sein, der beide 
Gedichte vereinigte. Die folgenden Verse aber 115—120 über die 



Teiresias und Antikieia I 9| 

Das bestätigt mir die selbst in unserem Text merkwürdig kurze Er- 
widerung des Odysseus X 139 ,das haben mir die Grotter also zuge- 
sponnenS imi so merkwürdiger, als er sofort im breitepischen Stil 
Auskunft über seine Mutter verlangt, als läge ihm diese Frage 
mehr am Herzen als die ganze Offenbarung, derentwegen er doch 
zu den Toten ging. Weniger der Gleichmut oder die Gleichgültig- 
keit ist mir anstößig, als das stilistische Unbehagen, eine lange und 
inhaltschwere Offenbarung so knapp abgeschlossen zu sehen. Ob 
nicht eine oder die andere Frage oder Äußerung des Odysseus zwi- 
schen Teiresias' Verkündigungen zu denken ist? Die Scene würde 
dann mehr einen Gesprächscharakter erhalten und der folgenden 
mit Antikieia nur ähnlicher werden. 

Denn sie war ihr Gegenstück. Untrennbar hängt sie mit ihr zu- 
sanmien. Erscheint doch zuerst Antikieia X 85 noch vor Teiresias, 
und gibt doch dieser erst Odysseus die Möglichkeit, mit ihr zu reden 
146, und auf ihre Frage, wie er, der Lebende, zu den Toten konmie, 
antwortet er 165 ,Die Not führte mich herab, Teiresias' Orakel ein- 
zuholen'. Sie ergänzt seine Aussagen durch wichtige Mitteilimgen, 
wie es in Ithaka aussieht: Sein Vater \md sein Weib harren sein in 
Gram und Treue, Telemach, herangewachsen, waltet über dem Be- 
sitz und genießt die Ehrenrechte des Vaters (181 — 197). Stimmungs- 
vollen Abschluß gibt das rührende Bild, wie der Sohn den zerflie- 
ßenden Schatten der Mutter vergeblich zu umarmen strebt, und ihre 
Mahnung (223): ,Schnell jetzt zum Licht I' 

Durch ihre ineinandergreifende Anordnung und ihre inhaltliche 
Ergänzung bilden die Teiresias- und die Antikleiascene eine künstle- 
risch geschlossene Einheit. Und was Odysseus von Teiresias — er- 
gänzt man den fehlenden Mittelteil — und Antikieia erfährt, lohnt 
die Befragung der Toten: jetzt weiß er, wer seine Heimkehr ver- 
hindert hat, er weiß, wie er sie doch erreichen kann, er weiß, daß 
zu Hause ihn Glück und Freude erwarten, er weiß, daß er, heim- 
gekehrt, seinem Volke Segen bringen wird.' 

Teiresias wie Antikieia trinken Blut aus einer Grube, über die 
Odysseus sein Schwert hält X 25. Ihre Herstellung und die Schlach- 
tung eines Paares schwarzer Schafe erzählt X 24 — 42 -|- 44 — 48 (^^s 
Kirkes Anweisungen K527f. zu ergänzen): Der Elpenorepisode we- 
gen (Xsi — 83) sind 49 f. aus 88 f. vorweggenommen. Eingelegt hat 

* Gercket Versuch (N. Jahrb. XV 1905. 320) Teiresiat und Antikieia mit der 
Fnfiwaschnng t xq Terbinden, kann ich trota meinet Nachweiset, daß diete tod den 
Freiem wirklich nichU wnfite (Xin. Stück) nicht annehmen, da T268 anch Telemach 
mttchlieflt. 

9* 



Das Nekyiae^ iji 

X 100—103 + 121 — 137 erfahren. Aber wichtige Folgerungen erge- 
ben sich noch aus seinen sicheren Resten. Es hat eine ganz andere 
Abgrenzung gehabt als imsere Odyssee. Da Poseidons Rachezom 
hier alles beherrschte, stand das Kyklopenabenteuer im Anfang, 
alles Vorhergegangene war nebensächlich. Am Ende standen die Ver- 
söhnung des Gottes und Odysseus' glückliche Heimkehr. Was man 
aus Teiresias' Schweigen unbedingt schließen muß, bestätigt Anti«* 
kleia. Dies Gedicht wußte nichts von Freiem und Not und Rache. 
Ausdrücklich heißt es 185 ,Telemach ist herangewachsen und waltet 
der Konigsehren.' Damit wird für das Nekyiaepos urkundlich bc 
stätigt, was for das Nostosgedicht € — k)ui aus seiner Anlage erschlossen 
isty und worauf auch die Analyse des t geführt hat (s. 13. Stück). 
So wenig fest war noch für die Zeitgenossen des Sophokles die 
Freiemovelle mit Odysseus verbimden, daß dieser Dichter in seiner 
Tragödie Niirrpa ^ 'Oöucceuc dKavOcnXt^E sie ausschalten und an die 
glückliche Heimkehr des Helden und seinen Tod durch Telegonos^ 
Rochenstachel schließen konnte.^ Das Nekyiaepos aber hatte auf 
die Telegonie keine Rücksicht genommen, wußte wohl auch nichts 
davon, daß auch dies Novellenmotiv auf Odysseus einst übertragen 
werde. Dies also war der Umfang der in ihm erzählten Geschichten. 
Eingekleidet waren sie auch hier in die Selbsterzählung, die doch 
wie im Nostosgedicht e — Kfi erst nach Vollendung der Abenteuer 
stattfinden konnte. Damit scheidet die Möglichkeit aus, daß von 
Heimkehr und Tod weiter die Rede hätte sein können; die Pro- 
phezeihung des Teiresias genügte. Wem kann mm Odysseus be- 
richtet haben? Den Phaiaken sicher nicht Sie hatten im Nekyia- 
epos keinen Platz. Die beherrschende Stellung, die Poseidons Zorn 
als allein wirkendes und zusammenhaltendes Motiv hier einnahm, 
schließt ihre uns geläufige Rolle aus. Der Schluß der Teiresias- 
prophezeihung zeigt ja, wie er heimgekehrt ist: sie ist natürlich 
wörtlich erfüllt worden. Wahrscheinlich war sein Bericht an seine 
Gattin gerichtet (X 223), aber beweisen läßt sich das nicht. Auch 
das wird man sagen dürfen: Athene kann im Nekyiaepos keine 
Rolle gespielt haben, ja ihr Auftreten ist überhaupt da kaum 
denkbar. Da von Poseidons Zorn imd seiner Versöhnung Odys- 
seus' Irrfahrt und Heimkehr ausschließlich abhängt, imd Wande- 
rung und Opfer erst Gottes Gnade erwirken werden, so ist für 
Hilfe oder Vermittlimg irgendeiner anderen Gottheit schlechter- 
dings kein Raum« 



^ Reconstniirt von t. WilunowiU H. U. 197, vgL IUm und Homer 4S9. 



Frauenkatalog, HekUnsehau, Büßet 13 j 

schildert Bestätigt doch Agamemnon 449, was sie über Telemach 
185 gesagt* An Ethopoie und Hoheit steht dies Heldengespräch 
ebenbürtig neben Teiresias und Antikleia. Ich halte es für eine alte 
Ausdichtung. So früh hat die Nekyia ihre anregende Wirkung ge- 
zeigty der weniges in der Weltliteratur sich gleichen kann. Getrennt 
sind die beiden Teile durch ein Zwischengespräch X328 — 387 , in 
dem Alkinoos und Arete die Fortsetzung der abgebrochenen Erzäh- 
lung erbitten. Das stammt natürlich von dem, der die Nekyia in das 
Nostosgedicht eingearbeitet hat, zumal es mit dem Anfang des v 
correspondirt Er wird es auch gewesen sein, der jedem TeU emen 
Katalog angefugt hat, der ersten Scene den der Frauen, den Helden- 
gesprächen den der Büßer. Beide wird der Erweiterer des Nostos- 
gedichts bereits vorgefunden haben, oder mag er auch etwas selbst 
angedichtet haben, jedenfalls verbietet es die in die Augen sprin- 
gende, also beabsichtigte Correspondenz der beiden Teile (Teiresias- 
Antikleiascene und Frauenkatalog, Heldengespräch und Büßerkata- 
log), die Büßer als Interpolation in die fertige Odyssee zu betrachten« 



V. ABSCHLUSS 

17. DIE ENTSTEHUNG UNSERER ODYSSEE 

Unsere Odyssee ist nach einheitlichem, wohldurchdachtem Plane 
von einem Verfasser zusammengeschweißt aus älteren Bearbeitun- 
gen von drei verschiedenen Stoffkreisen, die unabhängig nebenein- 
ander gestanden hatten: i. Odysseus' Irrfahrten, 2. Heimkehr und 
Rache, 3. Telemachs Reise. Diese letzte war eine freie novellisti- 
sche Erfindung, um einen Rahmen zu schaffen für eine fein ausge- 
dachte neue Erzählung der Nosten einschließlich dem des Odysseus; 
Altbekanntes in neuer Form darzustellen war die Aufgabe, natürlich 
ist sie in dieser Art nur einmal gelöst worden. Im dritten Stück 
habe ich das interessante, seinem Werte nach nicht entsprechend 
gewürdigfte kleine Epos charakterisirt Die beiden anderen Stoffe 
waren öfter behandelt Für Heimkehr und Rache hat der Verfasser 



*▼. Wilamowitz H. U. i$S.i6 hat die doppelte Fattang von 434 — 460 erident ge* 
schieden; 434—443 + 454—456 + 457—460 stehen neben 434 +444— 453+457— 46o. 
Die letste ist die nrsprfingliche: sie stimmt in der Aussage über Telemach mit X 185 
überein. Die sp&tere Dnblette weist 455 auf die heimliche Heimkehr nnd 44a wohl 
anch auf Odysseus' Verstecktheit Tor Penelope im swdten Teil unserer Odyssee: sie 
dürfte Ton Ihrem Verfiuser stammen. — Die Kunst der Heldenschau nnterschltst 
▼. Wilamowitz bedauerlich. X 433 sind eben nicht In Ordnung. 



Das Nostosgtdicht und die Nekyia l ^y 

ihr ^ I und durch die Elpenorepisode k 531 — 560 + X 51 — 83 -f- ^ 10 
sorgffaltig nach vom und hinten ein und ordnete ihre losen Bilder 
durch das Zwischengespräch des Odysseus mit den Phaiaken \ 328 
— 386, durch das er zugleich auch die langen Apologe gliederte und 
eine Masche schlang, in die er seinen Abschluß des Ganzen (An- 
&ng v) einhängen konnte. Die Teiresiasoffenbarung der Nekyia aber 
zwang ihn, Poseidons Rache für die Kyklopenblendung nun auch 
seiner ganzen Bearbeitung als beherrschendes Motiv aufzuzwingen. 
Er führte das mit geringstem Aufwand und doch eindrücklich da- 
durch aus, daß er sie in einer vorangestellten olympischen Scene 
von den Grottem selbst als einziges Hindernis für Odysseus' Heim- 
kehr hinstellen ließ und sie in der Mitte 6564 und 1518 und am 
Schluß des Ganzen noch einmal anbrachte (v 125 — 187). So hat er 
es fertig gebracht, daß sie die Vorstellung des Lesers beherrschti 
trotzdem das von ihm erweiterte Grundepos e — Kfi von ihr nichts 
wußte. 

Die von dem Überarbeiter des Nostosepos eingefugte Nekyia 
hat es ermöglicht, an ihr ein zweites Nostosgedicht nachzuweisen, 
jenem ersten parallel sowohl im Abschluß mit glücklicher Heim- 
kehr ohne Freiemot und Rache, wie darin, daß es Odysseus selbst 
erzählen ließ. Es war aber anders geartet durch einen religiösen 
Zog: Götterzom hatte Odysseus erregt Poseidon lag am nächsten 
bei seinen Irrfahrten über die Meere. Sübnimg zu finden, befragt er 
das Totenorakel und führt natürlich aus, was Teiresias' Seele ihm 
geraten« Gerade diese Totenbefragung hat eingeschlagen. Ihre große 
Beliebtheit, der wir ihre Erhaltimg verdanken, wird Veranlassung 
gewesen sein, daß sie alsbald durch neue Scenen erweitert und 
schließlich zu einem umfassenden Unterweltsbilde ausgestaltet wurde, 
das nun unwiderstehlich alle Zuhörer packte. Odysseus selbst war 
dabei freilich immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Dem ur- 
sprünglichen Totenorakel des Teiresias, das von Anfang an zur Er- 
gänzung Antikleia hatte, war ein Heldengespräch angefügt worden, 
das in der fein entwickelten Technik indirekter Erzählungen altbe- 
kannte troische Geschichten reizvoll neu geformt darbot; Frauen- 
kataloge in Hesiodischer Art und schließlich noch die Grauenbilder 
der Verdammten und das Bild des seligen Herakles hatten sich an- 
gesetzt« Diese für jede Odyssee anorganischen Zutaten legen die Ver- 
mutung nahe, daß die Nekyia schon vor Aufnahme in das Nostos- 
gedicht € — K ^ aus ihrem ursprünglichen Zusammenhange gelöst und 
verselbständigt, was leicht zu machen war, so erweitert worden ist 
Freilich war naturgemäß die Anreihung der Scenen so lose, daß der 



Du vier GtdichU des MweiUn Teils i jq 

zurückgekehrt ist Die Erlebnisse dieser Jenseitsfahrt erhalten erst 
die rechte Kraft der Wahrheit, wenn wir sie ans dem Munde des 
Mannes selber hören» dem die Grenzen der Menschheit zu über- 
schreiten vergönnt war. Allezeit ist die Icherzählung die Form der 
Apokalypse, weil sie die einzig mögliche ist für Mitteilung von Din- 
gen, die nur der Auserwählte schauen darf. Piatons Pamphylier Er 
so gut wie der Kilikier Aridaios bei Plutarch 563 D und der Erzähler 
der wahren Geschichten Lukians berichten Selbstgesehenes» Orpheus' 
xaTdßacic eic ^'Aibou war nicht anders als die Homers, Vergils und 
Dantes gestellt, und ebenso redet Petrus in der Apokalypse von 
Akhmin. Der Inhalt hat die Form bestimmt. 



Die Analyse des zweiten Teils der Odyssee hat vier Gedichte zu- 
tage gefördert, von denen eines nur das Wiedersehen von Odysseus 
und Penelope (t s. XIIL Stück), die andern die Novelle des zur Hoch- 
zeit seines umfreiten Weibes heimkehrenden Gatten weiter und wei- 
ter ausladend behandelt hatten. Traten in der ältesten der g^^eif- 
baren Formungen, dem Melanthoepos (c -f- ^^ s* ^^H. Stück) nur Odjrs- 
seus, Penelope, von den Freiem der freche Eurymachos und der gute 
Amphinomos, der Bettler Iros und die ungetreue Magd Melantho 
scharf charakterisirt hervor, so hatte ein folgender Epiker (s. 
XI. Stück: Eumaiosepos) nach guter Handwerkersitte das Werk des 
Vorgängers ausnutzend Personal und Handlung bereichert, indem 
er dem schlimmen Knecht Melanthios den treuen Eumaios gegen- 
überstellte, mehr Freier vorstellte, das Volk von Ithaka hereinzog 
und vor allem neben Odysseus seinen Sohn zur selbständigen han- 
delnden Persönlichkeit machte, der gegen die Freier das Volk auf- 
zurufen versucht (ß), von ihnen mit Mord bedroht, zu Eumaios geht, 
dort den Vater trifft imd nun mit ihm zusammen die Freier besiegt 
Ein dritter Bearbeiter hat vielleicht nur einzelne Scenen an jenes 
Eumaiosepos angedichtet (s. S. 105), den Kuhhirten Philoitios, den 
frechen Freier Ktesipp, beide schlechte Doppelungen, und einiges 
Häßliche zur Rache hinzufugt. 

Aus diesen vier Gedichten hat der Verfasser imserer Odyssee 
Heimkehr und Rache zusammengearbeitet Die Aufgabe war wie- 
der, die beliebtesten Behandlungen des Sto£fes möglichst imifassend 
zu sammeln, was damals nicht anders anging, als sie in einer ge- 
schlossenen Composition zu vereinigen. So hat auch er dieselbe 
Methode wie der Verfasser der Ilias und der Erweiterer des Nostos- 
gedichts befolgt; er legte ein Gedicht zugrunde und arbeitete die 



Arbeitsweise des Verfassers unserer Odyssee i^^l 

bunten Nostos € — v^ gelesen hatte, und so wacker sich auch Tele- 
mach hier benimmti die Erinnerung an ihn wäre durch die Macht 
und Pracht der Taten und Erlebnisse seines Vaters doch erdrückt 
worden. Das durfte nicht sein, weil Telemach im zweiten Teile ne- 
ben Odysseus eine große Rolle spielt, sollte anders das Eumaiosepos 
zugrunde gelegt werden. Und es mußte auch, um dem Odysseus- 
nostos in der Mitte zu balanciren, für die im letzten Teil breit aus- 
ladende Rache hier zu Anfang ein Gegengewicht geschaffen wer- 
den: Telemach mußte mehr zu tun bekommen. Diese Forderungen 
hat der Verfasser unserer Odyssee mit einem glücklichen Grriffe be- 
friedigt: er fügte das kleine zierliche Epos von Telemachs Reise 
nach Pylos und Sparta ein (yö), dem er nur einige Verse wie dem 
Nostosgedicht einfügte, um auf die Freier hinzuweisen, womit er 
freilich ebenso wie dort dem Werke ein ihm ursprünglich fremdes, 
ja widersprechendes Motiv aufzwang (s. S. 25 ff.). Damit befestigt er uns 
in der Vorstellung des selbständig und energisch handelnden Jüng- 
lings und beschäftigt imsere Phantasie mit Telemach so sehr, daß er 
uns dauernd gegenwärtig und wert bleibt, mag seine Leistung noch so 
gering sein und die weitere Erzählung noch so weit und lange von 
ihm abschweifen. Und leicht ließ sich das kleine Reiseepos einfügen, 
das mit seiner raffinirten Neuerzählung verschiedener Nosten zu den 
Gesängen des Demodokos und den Heldengesprächen der Nekyia 
auch inhaltlich und stilistisch trefflich paßt, wie diese ein Werk der 
kostlichen Nachblüte epischer Kunst Denn das Eumaiosepos hatte 
nach der unerwartet verlaufenen Volksversammlung (ß) Telemach aus 
der Stadt zum Sauhirten gehen und indes die Freier Mordanschläge 
gegen ihn schmieden lassen (s. S. 43ff.). Statt dessen schickt ihn 
nun der Bearbeiter nach Pylos und Sparta, füg^ jählings h 620 den 
Mordplan der Freier umgearbeitet ein und läßt uns dann in gespann- 
ter Erwartung über sein Schicksal, sicher, daß wir ihn nun auch 
über Odysseus' Abenteuer nicht mehr vergessen und begierig auf- 
horchen werden, wenn er endlich im wieder zu ihm zurückkehrt 
und ihn glücklich zu Eumaios bringt, um den Vater zu treffen. Da ist 
nun der Anschluß an das Eumaiosepos wieder erreicht, das er ß 259 
verlassen und bereits in g wieder aufgenommen hatte. So ist Tele- 
mach als zweite Hauptperson der Handlung neben Odysseus gestellt, 
die Freiersnot ist an den Anfang gerückt und eingeprägt, und indem 
dadurch ein genügend breiter erster Teil (a — V) geschaffen wurde, 
ist der Nostos des Odysseus in die Mitte gerückt (€ — v^). Und doch 
sind über diese neun Bücher hin unzerreißbar feste Fäden des In- 
teresses und der Erwartung gespannt: wie wird es Telemach ergehen? 



Arbeitsweise des Vwf assers unserer Odyssee i^t 

abgeändert und eingearbeitet werden mußte. Durch die dankens- 
werte Aufnahme dieser hohen Poesie war nun aber nicht nur die 
Schilderung des Freiertreibens verdoppelt (p c), sie war auch durch 
die Fußwaschung aus der frischen Erinnerung zurückgedräng^t und 
Telemach war, da weder dies Gedicht noch c von ihm gewußt, trotz 
kleiner Versuche des Bearbeiters, ihn durch Einlagen ins Gedächt- 
nis zu rufen, ganz zurückgetreten: so sah sich der Bearbeiter ver- 
anlaßt, vor Bogenprobe und Kampf noch einmal im u die Freierfrech- 
heit darzustellen und Telemach als selbstbewußten Wahrer des Haus- 
rechts vorzufahren« Das ist schlecht gelungen, weil er neben der 
eigenen unzureichenden Kraft nur noch eine kläglich verbreiternde 
Nachdichtung des Eumaiosepos benutzen konnte, durch Ktesipp imd 
Fhiloitios charakterisirt Sie bot ihm zugleich die Möglichkeit, die 
Mordscene zu einer breiten Schlachtschilderung auszugestalten, er- 
wünscht, um den rittermäßigen Hoplitenkampf neben dem verpön- 
ten Bogenschießen noch mehr zur Geltung zu bringen und um der 
Katastrophe, auf die der ganze zweite Teil seines großen Epos hin- 
drängt, eine den breiten Vorbereitungen einigermaßen entsprechende 
Fülle zu geben. Das machte dann noch einige Ausgleichungen 
nötig, um den Anagnorismos anzuschließen. Die glückliche Wieder- 
vereinigung der Gatten hat er als einzige Gelegenheit benutzt, um 
die Heimkehr mit den Irrfahrten zu verbinden: er läßt Odysseus 
derPenelope von Teiresias i|i 248 und weiter seine ganzen Abenteuer 
berichten« Noch aber ist unsere Odyssee nicht zu Ende. Ihr Verfasser 
hat sie noch weitergeführt bb zum Wiedersehen mit Laertes, Rache- 
versuch der Freierverwandten und zu ihrer Versöhnung. Daran ist 
kein Zweifel. Denn .in dem aus dem Eumaiosepos übernommenen 
Anagnorismos hat er i|i 117 — 152 eine Klammer eingelegt, um den 
Racheversuch und den Gang zu Laertes' Garten vorzubereiten (XI 
S. 19), und auf den draußen sich härmenden Laertes hat er von An- 
fang her (a 189) öfter hingewiesen: E 173 o 353 tr 302, besonders 5 735, 
wo auch sein Garten und Knecht Dolios' vorbereitend erwähnt 
werden. Er wollte das hübsche Laertesidyll anbringen, das eine 
Ausführung des X 1 87 gegebenen Themas, gewissermaßen ein Sonder- 
dasein in Anlehnung an das Nekyiaepos geführt hatte, wie etwa die 



' Der Name paflt far den wackeren Knecht dei alten Herrn achlecht, got aber 
för den Vater der frechen Melantho C32a und des nngetreuen Melantheoa paza. Vom 
Dichter des Melanthoepos erfonden, ist er von dem Enmaiosepiker nebst der ins HSnn« 
Hebe übersetzten Figur der Melantho übernommen. Der Dichter des Laertesidylls hat 
ihn allein Ton den benamsten Dienern des Hanses für seine Zwecke branchen können, 
snmal Böses von ihm nicht gesagt war. 



Qualität der Zutaten des Verfasurs I^^ 

dachtnis, Greschick, Geduld stellt, das kann sich nur klarmachen, 
wer dieselbe oder eine ähnliche Aufgabe zu lösen unternimmt; es 
ahnt es schon leise, wer eine eigene, in größeren Zwischenräumen 
und mit gewandelten Anschauungen ausgearbeitete umfassende 
Untersuchung einheitlich zusammenzufassen sich bemüht. Unwill- 
kürlich ist dem grimmigsten Kritiker des ,Flickpoeten' doch das 
Grestandnis entschlüpft, das a sei als Exposition so übel schließlich 
nicht, so blödsinnig auch die von Kirchhoff Odyssee' treffend ana* 
lysirte Athenerede (a 175) seL Beides ist richtig. Die Athenerede 
ist nicht zu retten, aber gewiß war auch ihrem Verfasser dabei 
nicht wohl: mußte er hier doch das Unvereinbare vereinen, wenn 
er an die Volksversammlung die Pylosreise anschließen und beides 
durch Athene vorausbestimmen lassen wollte. Bei derartigen Auf- 
gaben stellt sich leicht ein solcher Punkt ein, wo Widersprechendes 
unvermeidlich zusammenstößt Auch dem Iliasverfasser ist das nicht 
erspart geblieben: die Achillrede TT 54 — 80 ist nicht besser als jene 
berüchtigte Odysseestelle. Wenn die Kritik beliebt, solche Stellen 
ebenso wie frei gedichtete zu behandeln, so tut sie damit leichtfertig 
Unrecht und verdunkelt den Sachverhalt, statt ihn aufzuhellen. Die 
Aufgabe des Verfassers muß klargelegt werden; damit wird das 
Verständnis des Unverständlichen gegeben. Ob es besser gemacht 
werden konnte, ist eine andere Frage; es sollte sie aber niemand 
bejahen dürfen, ohne zu zeigen, wie es hätte besser gemacht werden 
können« Doch ich will den Verfasser unserer Odyssee nicht weiß- 
waschen. Ungeschickt, ja gelegentlich roh sind seine Flickereien 
und Einschübe, wie z. B. in den straffen Verhandlungen der Volks- 
versanunlung Telemachs Antrag auf Stellung eines Schiffes ,nach 
Pylos und Sparta' (ß 208 — 223) oder die Freiererwähnungen in Pylos 
und Sparta Y^oifil, 315, Ö3i8ff. (S. 22ffl), öde und langweilig sind 
seine Zusätze, um die einzelnen Stücke zu vermitteln und Übergänge 
zu schaffen. Leidlich ist ihm noch das a gelungen; ß', Schluß ö, 
v' o tt' u', Schluß uj sind keine Zierden seines Werkes. 

Trotzdem sind seine Zutaten nicht ohne Wirkung geblieben. Das 
liegt daran, daß auch er, wie spätere Epiker, gferade für solche Sammel- 
aufgaben den Götterapparat ausgiebig angewandt und durch ihn 
berühmte Effekte erreicht hat Ohne Athene ist xmsere Odyssee 
nicht denkbar. Sie veranlaßt die Erlösung ihres Lieblings von Ka- 
lypso, sie fahrt nach Ithaka, um im Crespräch mit Telemach ims die 
Exposition zu geben und Telemach zum Appell ans Volk und zu- 
gleich zur Reise zu veranlassen, sie rüstet ihm das Schiff, sie fuhrt 
ihn bei Nestor ein; sie steht Odysseus im Sturm bei und führt ihn 

B*tba, Homer. II 10 



Athene in unserer Odyssee l^y 

Vater und Sohn war auf natürliche Weise nicht wohl zu bewerk- 
stelligen, nachdem an die Volksversammlung statt Telemachs Ganges 
zu Eumaios seine Reise nach Pylos und Sparta angeschlossen war. 
Der dritte Punkt lag in der Schwierigkeit, glaublich zu machen» dafi 
Odysseus, eben noch in blühender Schönheit bei den Phaiaken, in 
Ithaka nicht einmal von seinen Nächsten wegen seiner von Alter, 
Gram und Not entstellten Gestalt erkannt wird. Hier konnte nur 
ein Wunder helfen. Wenn irgendwo, so ist hier der G^tterapparat 
mit Recht und Erfolg angebracht Die Ausfuhrung ist nun freilich 
nicht glänzend, \mA noch schlimmer war die unumgängliche Folge, 
für die Erkennung von Vater und Sohn wieder Athenes Zauberstab 
zu Hilfe rufen und dann abermals die Bettlerverwandlung vornehmen 
lassen zu müssen. Im übrigen aber leistet Athene eigentlich nur 
noch am Schlüsse etwas, sonst ist ihre hilfsbereite Dienstfertigkeit 
im zweiten Teil der Odyssee so überflüssig wie im Nostosgedicht 
und doch ist sie nicht ohne Wirkimg: der naive Leser freut sich des 
gottlichen Schutzes für seinen Helden, es ist ihm ein Ausdruck 
seiner eigenen Sympathie. 



Woher aber stammt denn das nahe Patronatsverhältnis der Athene 
zu Odysseus? Im alten Odysseusmythos hat es keine Wurzeln: in 
seinen Irrfahrten steht sie ihm niemals beL Auch in den ersten Heim- 
kehmovellen wird ihre Hilfe nicht gebraucht, weder um die Erken- 
nung der Gatten zu ermöglichen noch um die Freier zu strafen. 
Ebensowenig fand die Ilias dazu Veranlassung, in der er überhaupt 
nur eine bescheidene Rolle spielt Daß sie ihm den Tod A 438 ab- 
wehrt, ist keine Auszeichnimg gerade für ihn. Desto auffallender 
sind zwei junge Stellen. K 279 erinnert Odysseus bei Antritt seines 
Patrouillenganges Athene: alel iv irdvTecci irövoici iropkracai. Und 
V 783 sagt der Oileussohn Aias, als er im Wettlauf mit Odysseus 
ausgeglitten und gestürzt war: f\ \x* £ßXai|i€ Oed iröbac, f\ tö irdpoc irep 
MiVniP iic 'Oöucfli irapicTorrat i^ö' dirap^T^t Aus der Odyssee können 
die beiden Dichter diese Vorstellung nicht haben, da sie, wie eben 
gezeigt, erst in ihre spätesten attischen Fassungen Eingang gefun- 
den hat So bleibt nur die späte troische Sagenbildung. In ihr tritt 
Odysseus vor allen andern Helden hervor, und da genießt er Athenes 
Schutz. Ohne den hätte er ihr Bild, das Palladion, nicht aus Ilion rau- 
ben können. Für Menschen jener Zeit, der die Religion noch leben- 
dig war, ist es selbstverständlich, daß die Stadtgöttin nur von Män- 
nern sich entfuhren läßt, die ihr lieber sind als alle Bürger ihrer 

10* 



I^g DriUa Buch. V. //. Du Entstehung unserer Odyssee 

Stadt Diomed ist schon im E ihr Liebling, auch Odysseus ist es 
nun hier. Das ist ein fester Punkt, der einzige, den ich sehe. Von 
ihm aus wird die hilfsbereite Freundschaft der Gottin fiir alle Achaier- 
helden auf Odysseus besonders gewandt sein, imd je mehr er der 
Listigste, der Träger kuhner Streiche und Listen gegen Ilion und 
der irroXtiröp6oc wurde, desto häufiger werden die Dichter ihm Athe- 
nes Schutz haben angedeihen lassen, vgL b 289 8520. 



Der Grötterapparat ist in seiner überreichen Ausbildung und An- 
wendung den Odysseusgedichten ebenso fremd gewesen wie den 
älteren Iliasgedichten. Erst for die Vereinigung ursprünglich selb- 
ständiger Epen oder auseinanderstrebender Stücke wird er aus be- 
scheidenen Ansätzen üppig entwickelt, ein Werk jener spätesten 
epischen Kunst, die nicht selbst frisch erschuf, sondern aus der 
quellenden Fülle früherer Poesie die berühmtesten Gedichte sam- 
melte und, in g^fien geschlossenen Ringen schriftlich fixirend, fest 
vereinigte und so der Mitwelt neu schenkte und der Nachwelt rettete. 



VIERTES BUCH 
DER TROISCHE EPENKREIS 

I. DIE ZEUGNISSE UND RESTE 
I. EIUKOS KTKAOS 

1. Schol. zu Clemens Alexandr. Protreptic. 11 30 p. 9 S »b 26 P 'irpodTtti bk Kai 
6 Td Kuirptaxd iroififioiTa -xpd^^ac* [folgt Frg. 6] p. 305. 33 Stählin: Kövpia irotf|MOtd 
cictv Td ToO kOkXou . n€püx€\ bi äpnaf^y '€X^vf)C . 6 hi iroiiiTf|C aönZiv d^T)Xoc* 
de tdp icTi vS)v KUKXticOjv . kukXikoI bi KoXoOvrai iroiiiTai oi t& kOkXi|i 
Tf^c IXidboc fi Tä irpiSiTa f\ t& (icTaTCvIcTcpa aÖTiSiv tüliv *OMV|ptKi&v 

DUtTP<&H'<XVTCC 

2. Schol. zu Horas A P 132 'si non drca TÜem patulumque moraberis orbem*] des 
Porphyrio: in eos dizit, qni qnia a fine Iliados Homeri scripsenint, kukXikoI appd* 
]antar ideo et 'patnlnm orbem' dixit — Schol. zn Horaa A P 136 'nee de indpiei nt 
scriptor cyclicns'] des Psendoacro: Cyclicos poeta est qni ordinem Tariare nesdt, Tel 
qni carmina sna circnmfert qnasi drcnmforanns. 

3. Ans Proklos xpilcrofidOcia tP<3iM^(3t^icf) I in Photios' BibL p. 319 A 17: t^T^ 
vaci bi ToO ^iTouc iToiiiTai KpdTiCTOi ^bf ''0^1lpoc, *Hc(oftoc, TTckavbpoc, TTavOaac, 
*AvT(^axoc . . . ^taXa^ßdv€l bi Kai ircpl roO Xctom^ou IitikoO kOkXou, 8c dp- 
XCTai ^dv ^K Tf)c OöpavoO Kai Tf^c ^uOcXoto^m^c ^ftctuc, IS fic atrrol Kai rp^ 
irdlbac ^KaTovrdxctpac xai rp^c tcwdici KÜKXumac' fttairopcOcTai M rd t€ dXXiuc 
ircpl Ociliv Tolc "EXXrici ^uOoXoYoO^€va, Kai et tro6 ti koI irpöc icropiav £EaXii6(2cTar 
Kai ircpaToüTai 6 ^itiköc Kt}KXoc, Ik bia<p6piuv iroiirnirv cu^irXripoOMevoc, ^ü%pi Tf)c 
diroßdccujc *Obucc^u)c rf^c €lc *l6dKnv, Iv 4 Kai ^^ toO irai66c Tr^Xcrdvou dTvooOv* 
Toc KTdverai. X^ei bi die toO lirtKoO kOkXou Td irotfmora biaabtexax Kai cnouM- 
terax toIc iroXXolc oOx oötuj 6td Tf)v dpcT^v die bid tV|v dKoXouOiav ti&v ty ainif 
irpaTMdTuiv. X^ci bi Kai Td övdfiaTa Kai xdc irarpibac Tdiv 1rpOT^aTeuca^lvulv töv 
lirtKÖv kOkXov. X^TCi bi Kai ircpl tivuiv Kuirpiurv iroii^dTurv . . . 

4. TTpÖKXou xpT1CT0^a6€{ac . . t6 a' (Cod. Marcian. 454) a. £.: yijpat^ bi 
("O^iipoc) irot/|C€tc 6O0 IXidöa xal *060cc€tav . . oi ^Ivrot f€ dpxatot Kai t6v KOkXov 
dvacp^pouciv de aöröv . irpocriSlaa bi a<m|) Kai iralyvid nva . . 

5. Snidas ans Hesych "OmtiPoc . . . iroir^aTa b* atrroO dva^ipiXerra iXidc Koi 
'06vicc€ia . . dvaqi^pcTai b' de ai^öv Kai dXXa Tivd iroi/maTa* *A^al(Ma, *lXidc ^iKpd, 
NdcTOi, *€inKtxX(6€c . . irairvta, OixaXCac dXuicic, ImOaXd^ia, KOkXoc, OfAvoi, KOirpia. 

6. Qemens Alexandr. Stromat. I 13a p.1398 P «■ 144 S. Kai TaOra ^Iv irpof|x- 
Oimcv dirdv &n ^dXtCTa iy toIc irdvu iraXaotc toOc toO KÖKXouiroiT)Tdc nOIaav. 

7. Ajristoteles Soph. £1. 10 p. 171 A' 10 über den oiXXoTiCMdc: Ö16 f| Iv Ti|> 
cuXXoTtc^4i Icrai tö alrtov f| Iv Tf] dvnqKicci . . . (ni b* iy d^<potv, dv 1} cpaivd- 
Mcvoc IXcTXOc . Icn bi 6 \iiy toO ciTdrvra X^civ iv Ti] dvTupdcct, oök iy t^ cuXXo- 



1 50 Vurtis Buch, L i. O EHIKOI KTKAOI 

TiQA^'f ö ö^ & M^ ^ot TIC, 6o0vaiy bi dfi<potv, 6 b^ 6n f| *0^f|pou iroliiac qcf)Ma h\ä 
ToO kÖkXou tt r^ cuXXotiqm|>. t h* bt ^1lÖ€T^p^l dXii6y|c ojXXoticmöc Vgl. Analyt. 
posU I la p. 77 B 3a? 

8. Johannes Pküoponos zn dieser Stelle Icn hi Kai dXXo n kOkXoc Ibiuic ovo- 
fio26fA€vov, 6 irodifia nvk )kbf cic Mpouc, tiv^c hk cic 'O^npov dvaqpdpouciv. 

9. KaUimachos Epigr. a8 — AP Xn 43 

^X^^ui t6 iro(f)^a t6 kukXiköv, oöb^ xeXcOOqj 

XQip\u Tic froXXoOc lübe ical iDbe (p^pci, 
^loD Kai «cpupöpirrov ^pdificvov, oöb' dir6 xp^vric 

idvui ' aicxaivui irdvra rd 6T)^6aa . 
Aucaviv) cd hi vatxl koX^c koXöc — dXXA irplv clir^ 

toOto caqNiK, *Hxüi 9iic( nc *dXXo€ ^x^i*. 

10. IG n 99a. Bibliothekskatalog i. Jahrhunderts v. Chr. A 19 . . 01 Co<poicX^- 
[ouc] . . . <ppOvi)C Ik T I . . . i]K ToO kökXou I ... V *A^9idpaoc | . . . *HX]^icTpa *Hpa 
[icXf»cl 

1 1. Athenaios Vn a77 £ CoqMxXtouc €liröVT0C bt ATavn ^acTlT096p^l toOc Ix^c 
iXXodc (u ia97) . . ttf|Tnc^ Tic et xal lühr irpö aöroO nc Tip öv6fiaTi K^xp^^ai . 
«p6c 8v 6 ZuiÜoc €<pn • ^T^ ^ * • ^^^ ^ ^ '^^^ Tiravo^axiav irotficac, ctr' €ö^v)Xöc 
Icnv 6 Kop(v6ioc f\ *Apicitvoc f\ öcnc 6f)icoTC x«^^ 6vo^a2l6|icvoc, bt t4» ^€UT^p^f 
oOtuic ctpHKCv (Frg. 4 K) . . Cxatpc hi GMpoicXf)c t^i ^irtKifi KOxXip, d>c Kai ÖXa 
bpdfiora iroif)cat xaTaicDXouOiIhf nQ bt ToOnp fAuOoicot(i;i. VgL ▼. Wilamowitz Hom. 
Unters. 336, Bethe Herrn. XXVI (i 891) 631. VgL Athen. Vm 347 E: (AlcxOXoc) tAc 
o6to0 Tporppblac tcm^xt) clvai GLcrtv Tilhf 'O^fipou ^erdXuiv fteiirvujv. VgL Aristoteles 
Poet 33 p. 1459 ^ 30* 



Als ^kyklisch' werden ausdrücklich nnr citirt: 

I. 0nMc: SchoL Pindar. 0. VI ao (Asklepiades)» SchoL Sophokl. C 1375, 
Athenaios XT 465 E. 

a. KOirpta: SchoL Clem. Alex. Protept II 30. 

3. *IXidc luiiicpd: SchoL Enrip. Andromache 10 (Lysimachos) ■■ Frg. as, SchoL 
Aristophan. Eq. 1056 » Frg. 3, SchoL Enrip. Orest 139X -f- SchoL Enrip. Troad. 
8aa » Frg. 6. 

BILDWERKE 

des troischen Kreises sind gesammelt von: Johannes OTerbeck: Die Bildwerke snm 
thebanischen nnd troischen Heldenkreise nebst Atlas. Halle 18.5 1 — 3. Erglnsnng von Arthur 
Schneider: Der troi^che Sagenkreis in der ältesten griechischen Kunst. Leipzig 1886. 
Luckenbach: Verbältnisse d. griech. Vasenbilder zu den Gedichten des epischen 
Kyklos. Jahrb. f. kl. PhiL SuppL XI (1880). Max Schmidt: Troika Götting. Diss. 
191 7. Carl Robert: Griechische Mythologie yon Preller, neu bearbeitet n. Bd. i. a. 
3. Berlin 1920 f. 

Griechische Sarkophage, hrg. von C. Robert II (1890). Urne Etrusche I, hrg. 
von H. Brunn, dazu Schlie: Darstellungen des troischen Sagenkreises auf etrus- 
kischen Aschenkisten. Stuttgart 1868. Etruskische Spiegel, hrg. von Gustav Koerte. 
Homerische Becher von C. Robert: 50. Berliner Winckelmannsprogramm 1890, 
dazu Nachträge im Archäolog. Jahrb. [XXIH (1908) 184. Taf. 5f.], XXXIV (1919) 
65, Taf. sf* Revue des £tudes Grecques XXn. 1909. 304. 'ApxatoXoTticf| ^(pr)^cp(c 
1910, Taf. 2. 

Antike Bilderchroniken von Jahn-Michaelis, Bonn 1873. Dazu U. Mancuso: 
Memorie della R. Academia dei Lincei 191 1, 661 ff. nnd Stuart Jones: Catalogue of 



Kyprien ,51 

the indent Scolptures in the Capitoline Museum. Oxford 191 2. i65f mit voUftSndiger 
litermtnr und Tafel 41. Sc^es du Cycle 6pique Troyen sur les sarcophages de 
Clazomines: Charles Picard, Revue arch^ologique XXTTT (19 14) 223 ff. Das Herooa 
▼on Gjolbascbi-Trysa: O. Benndorf, Wien 1889. Wichtigere Einzelveröffentlichungen 
etva: Pol lack: Zwei Vasen aus der Werkstatt des Hieron (Telephos) 1900. To/i: 
Ntove rappresentanze dell' Uiuperis in Stndi e materiali di archeologia m 1905. 177. 
Gabriel: Vasi Greci archaici della necrepoli di Cnma (Dlupersis). 
Rom. Mitth. XXVn (1912) 124 ff. Pottier: Vases peinU \ snjets Homiriques in 
MoaumenU Piot XVI (1909) Qff. Taf. Ijf. Galli Sarcofago Etrusco (Polyzena). 
in Monumenti antichi della R. Academia dei Lincei XXIV (1917) i f. Fröhner: 
Troiinische Vasenbilder. Archäolog. Jahrb. Vn (1892) 28 Taf. 1 , 2 (2 »- De Ridder 
Catalogue des Vases peints de la biblloth^ue Nationale Nr. 186. Paris 1901). 

Anleitung zur methodischen Verwertung der Bildwerke geben insbesondere: 
C. Robert: Bild und Lied » Philolog. Untersuch., hrg. von KleßUng und ¥. "Vnia- 
mowitz, Berlin 1881. Archaeolog. Hermeneutik 191 9. G. Loeschcke: ^Bildliche Tra- 
dition' — Bonner Studien für Keknl6 (1890) 248. 

Bruniag: über die bildlichen Vorlagen der ilischen Tafeln. Archäolog. Jahrb. IX 
1894. 136 ff. 

2. KTnPIA 

A . ZEUGNISSE 

1. Herodot n 117 kotA raOra \A t& Circa xal tö6€ [t6 xuipCov streicht Val- 
ckenaer] (Z 289 — 292) oök fixicra dXXA fidXtcra hrfsxA ön oök 'OMf|jpou rd Köirpia 
Circd icTi dXX* dXXou tivöc* bf v^ T^p toIo Kimpiota cTpirrai iIk s. Frg. 10. 

2. Schol. Londin. zu Dionysios Thraz Gramm. § i S. 472. i Hilgard ■>■ Gramer 
An. Oz. IV 315 KpCac iroifi^TUiv] . . iroXXd ydp voOcuöficvd kcvN d>c i\ OnpoicX^ouc 
*AvTiTÖvT) — X^crai t^p ctvat 1o<pO[ivToc toO GnpoidUouc uioO ~ '0^/|pou tA 
Kuirpiaxd kqI 6 MapfiTnc . . 

3. Schol. zu Qemens Alezandr. Protreptikos n 30. 5 p. 26 P 6 rd Ktmpiaicd 
iroifmaTQ TpdHioc (Frg. 6) O. Stihlin I S. 305 f.: Köirpta 1rot^^oTd dav rd toO 
kOkXou * TTCpt^ct hk. dpiray^ 'Q^vr^c * ö b^ froiirrfic a(M>v dbT)Xoc * cic ydp Icn nbv 

KUXXlKdlV . . . 

4. Athenaios XV 682 D E: 'Av6dfv \ik crcqxivumicdiv ^^^vT|Tal ö ^^ rd Köirpta kwi\ 
irnroiiiKdic 'MTi1ct<>c (so) f| CTaclvoc * AimoM^ac t^ ^ 'AXtKOpvacccOc f\ MiXf|- 
cioc kyt T^f ircpl 'AXiicapvaccoO (FHS II 444) KuirpCa 'AXtKapvacc^tuc [6* tilgt 
Hecker] aötd ctvaC (pi^a iroifmora. 

5. Athenaios VIU 334 SC: xal (ki 6 Td Küirpta irotf)cac ha\ cItc Küirptdc 
TIC f| Cxaclvoc fj ÖCTtc bV) iroTC x<>^^ övo^a2:d^€voc . . 

6. Suidas s. y. '0^1lpoc (ans Hesychios) ■■ Vitae Hom. et Hes. ed. Wilamowits 
1916 p. 33. 31 T^Mac b* iv Xiqi "Apci9Övnv ('Apiic. Cdd. verb. Wackemagel) . . {q(€ 
. . OuTOT^pa ^\a>t^ fjv CipiMC Cxattvoc ö K<>irptoc . . p. 34. 7. dvaq>4pCTat hk de aÖT6v 
COfiilpov) Kai dXXa nvd iroifmara . . kOkXoc, 0^vo^ KOirpta. 

7. Aelian Var. Hist. IX 15 X^ycTat hk. xdic^lvo irpdc toOtoic 0ti dpa diropdfv 
COmiipoc) ^KboOvai t^v OuTOiT^pa £6uik€v aOrQ irpoUa Iffxy rd ha\ Td KOirpia. 
Kai ö^oXoT^ toOto TTCvbapoc (? Frg. 265 Sehr.). 

8. Tzetzes Chiliad. XIII 636— 640 : CcpUpuiv Kai GcöXaoc uiol hk ToO 'OMf|pou | 
OiFTdTiip *Apciq>dvii hk f^v ^PIMC CTadvoc, | CTactvoc ö Td Ki^irpta arrTPdMMOTa 
iroi/icac, I dtrcp ol irXctouc X^ouav 'Ofif|pou ireqniK^ai | clc irpotxa hk cCrv xp^^oct 
boOfjvat xQ^ CTacivtv. 



Zeugnisse und Frg, i l e ^ 

^^vunr o(mIhr 0iXoicTf|TT|C <Mp* Obpou irXritclc 6i& Tf|v öllCOC^(av iv Afmvifi KaTcX€iq>Ov|. 
Kai 'AxtXXeüc Ocrcpoc kXiiOcIc bia9^€Tai irp6c 'ATaM^Mvovo. Ciretra diroßaivovTOC 
aÖTOÖc de nXiov dpxKxociy oi Tpdiec, icai Ovfiocei ITpwTcdXaoc ö<p' 'Cicropoc Circira 
'AxiAXcOc a^oOc rp^ircTai dvcXdiv KOkvov t6v TTocci^iIrvoc, koI toOc vexpodc dvai- 
poOvrat. Kol ^lanpccßcOovrai irp6c toOc Tpdiac Tf|v '€X^v kqI rd icrfmara diroi- 
ToOvTCC* idc hi oisx {mf|KOucav ^x^vot, ivraOOa bf| TCtxo^axoOav' {irctTO Tf|v x^pov 
ivcBXOövTCC, iropOoOci xal Tdc ircptokouc iröXeic* xal ^€Td toOtq *AxtXXeOc *€X^vt|v 
4in6u^^ 6€dcac6ai xai cuv^itotcv aöroOc eic t6 aörö *A9pob(Tii xal Gtoc * ctra dno- 
vocT^v liipiiTm^vouc ToOc 'AxatoOc *AxtXXe{)C xar^xct * Kdirctra dircXaOvct toOc Alveiou 
pöac xal AupvTicöv xal TTy|6acov iropdd xal oixvdc ti&v ircpioixiöuiv iröXciuv. xal 
TpuitXov <pov€iki ' Auxdovd t6 TTdTpoxXoc eic Af)^vov drairibv dTrc^1roX^. xal ix titiv 
Xfiupöpurv *AxtXXe<)c ^^ Bpioitba T^pac Xafüipdvci, XpucT|tba hi 'ATa^^^vulv. liretTd 
icn TTaXa^^bouc Odvoroc xal At6c ßouXi^ öiruic iinxouq>(c€t toOc TpdKic *AxiXXia 
Tftc cufi^axüxc Tfjc *£XXiivixftc dirocn^cac* xal xaTdXoToi Tdiv rote Tpuid cufifia- 
Xncdmuv. VgL Apollodor Bibl. Epit. III -f- Bibl. III 126—137. Hygin. Fab. 91—989 
loi— 105. 



Td KOirpia ijtnt^ werden zweimal ans gelehrter Qnelle rd Kuicptaxd dtirt (A a, 
B 6. 12). Bedenklich ist das gleiche Qtat B 25. Zunächst als homerisch bezeichnet (B 10, 
Aa, 6, 9), Ton Gelehrten meist namenlos dtirt (B2y 3, 6—9, 10 — ai), wird dies 
Epos mehreren Dichtem zweifelnd beigelegt: Stasinos, Hegesias, Hegeslnos, Kyprias 
(A 4, 6, 8, 9), ausschließlich dem Stasinos wohl durch Nachllssigkdt nur in SchoL 
Hom. A 5 (»- B i) im Gegensatz zu Schol. TT 140, 57, Eustath. A 366 (« B 3, 18, 19), 
und in SchoL PUt. (-» B 33). 

B . BRUCHSTÜCKE 

i[iK] 

I. Schol. A D (Gramer, An Paris m 370 [P], EscorL, $2 I la Rh. Mus. XLVm 
1893. 363 ^« ^* unleserlich, Vindob. phil. Gr. 61 Jenaer Allg. Lit Zeitg. 1840. 516 [V] 
ao Homer A 5 'At6c 6'^t€X€(€to ßouXfi'] Aide ßouXiP)v oi yibt Tf|v €l^ap^^v dir£6o- 
cov* dXXot hk kUhilayno bpOv Updv ^avnxi)v toO Atdc bf Aui6urva(qi dpct Tf)c 
6€CvpuiT<ac, üic aÖTÖc "O^iipoc Xdrct iv 'Obuccc^ (E 327) . . dXXot b*dirö IcTopiac 
Ttvdc clirov cipT^x^ai töv ''O\ky\pov. 9acl ydp Tf|v t^v ßapou^^niv 6ir* dvOpiinnuv 
iroXuirXr|6(ac, ^n^M^dc dvOpdnnuv oöct|c cOccßciac, alTf|cai t6v Aia xoiMptc6f)vai toO 
dx9ouc. Tdv hi A(a irpiXrrov \xbt cöOOc irotftcai töv Giißaixöv 1r6Xc^ov, bi* oO iroXXoOc 
«dvu dmbXccav. Ocrcpov bf| irdXiv [töv IXiaxöv om. edd.], cu^poOXip '^ Ml(l^^l 
XpT|cd^€vo€, f\y Atöc ßouXf|v "0^r)pöc 911CIV, ^ir€ibf| otöc tc fjv xcpauvolc f\ xara- 
xXuc^otc irdvTac biaq>6€!pat. ^ircp toO MdiMOU xuiXikavToc, 61ro8€^6fOU hi aCrrCp TiPjv 
O^nboc 6vi|T0Ta^(av xal OuTOTpöc xaXf^c T^vvav, U drv d^90T^pluv 1r6X€^oc '€XXr|c( 
T€ xal papßdpotc 4t^v€to, d9' oö CDv^ßn xou9iceftvai Tf|v yflv iroXXOtiv dvatpcO^vruiv. 
fj hi IcTopia irapd CTacivijj TCp Td KOirpia irciroiiixöTi clirövTi oihxuc- 'fjv 
(^ — ßouX^)'. xal Td )xiy trapd toIc vctuT^poic lcTopoO^€va ircpl Tf^c toö Aiöc 
ßouXf)c icTl Tdbc. i\\iAc hi I 9a^€V . . . Kürzer ohne CiUt -Verse aus Cd. Barocc. 162 
bd Gramer An. Ox. IV 405 f. — Vgl. Schol. Euripid. Orest. 1641 IcTOpmai ÖTt f| Tfl 
ßopou^^vT) Ti|i irXifect vSri dvept(nru)v (vgl. Euripid. Orest 1642) /|E{u)CC töv A{a 
4Xa9|K)vai aörflc tö ßdpoc. töv hi A(a €lc xdpiv aÖTf^c cuTxpoTf)cai töv t€ GT)ßai- 
xdv iröXciiov xal töv 'IXtaxöv, Tva tiIiv iroXXuiv dvatpcO^vTUJv xou9tc^öc T^v^Tau 



Frg.1^4 155 

2 [neu] 

X. Volnmmam HercnUnentiam coUectio altera Vm Taf. 105 yon Rdtienstein Ind. 
lect Rostock 1891/3. 15, Herrn. XXXV (1900) 73 hergestellt, TgL Lippolt, Pbilolog. 
LXVm (1909) 152: b^ Ka[l cuvoi|ic{c]ai iHn n[TiX^ | (b) Iv TT]fK>^^ec[l hk \ tOH] 

AuoM<v]uii [ . . I (5) 0^] töoc ^ I . .] paav [ | (c) 6 64 t]4 Kö- 

irfpta irot^lcac *H]pat x<^p[^o^4|v^]v «pcOreiv aö[ToO | (10) t6]v t<^^ov, A[(a 64 
ö]fi6cai xoXu)[e4{vT]a, 6t6n OvT|[TiI»t | cu]votic{c€i' Ka[l iraji^ *H]a66ui^i> 64 Kcftrai | 
(15) t]6 irapairXf)c[iov. 

2. Apollodor bibl.in 168 f.: a06ic 64 T<x^^ (TTt)Xcöc) 64tiv Tf)v Niip4uic, trcpl f^c 
ToO T<iMou ZeOc xal TToc€i6itrv fiptcav, 64Mt6oc 64 6€Cinq»6oöa|C focOai t6v 4k xaö- 
TTfc T€vvn04vTa KpeiTTova toO iraxpöc dir4q(ovTO. 169 (b) 4vioi 64 q>aa, Atöc öpMi&v* 
Toc 4ici Tf)v Tatmic cuvoudav, €lpr)ic4vai TTpo^T)64a t6v 4k toOttic a(^ T€vvn64vTa 
oöpavoO 6uvacTCÖcctv. (c) tiv4c 64 X4touci 64Ttv ^f| ßouXr)Of)vai All cuv€X6^ öirft 
*Hpac Tpa9^cav, A(a 64 6pTic64vTa 6vr)Ti|> 464X€tv aÜTf|v cuvoiKicai. 

3. Apollonios Rhod. Argonaat. IV contaminirt die KsrprienTersion mit der bei Apol- 
lodor bibl. m 168 Tom Themisorakel (799 — 804). Hera spricht sn Thetis: 

790 . . . dXXd C€ tdp 6f) 

4E4ti vTjiruT(Tic aörVi Tp49ov yj6' drdmica 
ßoxov dXXduiv, oTt* civ &Xl vatCTdouav, 
o(W€K€v oÜK 4tXt^c €&vi] At6c l€^4voto 
X^actet . Kctvqi t^ Act Td6€ 4pTa M4fiiiX€v, 

795 1^4 div dOavdTatc i\k Ovnrtjav iaOctv. 

dXX* 4^4 T* al6o^4vT) xal 4vi q)pecl bci^aivouca 
/jXcOui. ö 6* 4ir€iTa ircXiiipiov dpKOv ö^occ€v, 

798 ^/|1roT4 c* dOavdroio OcoO KaX4€c6ai Äkoitiv . . . 

80s aC^dp 4tüi t6v dpicrov 4inx^v(uiv iröav cTvai 
6iZiKd TOI, Ö9pa T<&^ou 6u^T^64oc dvndcciac 
T4Kvd TC 9rri!icaio' OcoOc 6* de 6ctlT' 4KdXccca 
irdvrac ö^idic* aör^i 64 c4Xac x^^cav dv4q(ov 
vu^9(6lov, KeivTic dTav69povoc cTvcko Tl^f)c 

VgL Homer fi S9— ^i* 

3[2K] 

1. Schol. ADB ' zu Hom. TT 140 : '4txoc . • . TTiiXid6a ^€X(1lv, tP|v irarpl 9(Xip Td^c 
X(ptuv TT11XC0U 4k K0pu9ftc'] . . . KOTd T&p t6v TTiiX4uk kqI 84n6oc t^^Mov ol 6€ol 
cuvax64vT€C de t6 TTf)Xiov 4ir' €Öuix^ 4KÖ^t£ov TTiiXd 6d)pa, Xipuiv 64 ^cXUxv 6Ö6oXf| 
TCMÜiv de 66pu irap4qc€v. (q>od 64 'AOiivAv ^4v E4cai aörö, nH9atCT0v 64 KorracKCU- 
dcm.) Toi^nii 64 t^i 6dpaTi xal TTiiXetic 4v ralc Mdxatc yip(crcuc€ kqI lüierd raOra 
*Axi^üc . 1^ IcTopia irapd t<{i rd Küirpia iroiV^cavTi (irciroiiiKdn B*). 

2. Apollodor bibL III 170. . . fa^d 64 4v t^i TTr)X(qi, KdKd Scol t6v T<iMOv c^xoO- 
Mcvoi KaOO^vTicav. xal 6{6uia XCpurv TTr)Xd 6öpu ^ciXivov (»■ TT 140 — T 390), TTo- 
cci6ilhf 64 Tinrouc BoXiov xal £dv6ov (»TT 149 T 400). dOdvatoi 64 f(cav oörot 

(— V «77). 

4[3K] 

Athensjos XV 682 E dvOdrv 64 CT€9avunnxiI»v ^4^VT)Tal ö ^4v rd KOirpia 4irii 
irciroiT)xdjc *HTi1c(ac f\ Zractvoc • . X4tci 6* oOv öcnc 4cTiv 6 iroif|cac aörd 4v 
x^ a' oirruKi* 



I j6 VierUs Buch. L 2, KYTTPIA 

eVora >ifev xpot ?cto, xd ol XdpiT& t€ kci *Qpai 
noincav xal ^ßai^iav dv ävGectv elaptvoTciv, 
ola ipopouc' dipat, ^v t€ KpÖKip fv 6' uaKivOui 
^v T€ Tqi eaX^eovT! ^65ou x' dvi ävOei KoXtp 
5 f)b6 vcKxop^t)!, £v x' d^ßpociaic koXukccci 
+ fivOect vapK(ccou xoXXtppöou b" oia 'Aippobixii 
4- iJLipaic iravxoiatc xeOuuifi^va ef^axa Scxo 

I l^dxla fiiv ed., Terb. Canter. xpoiAc xdrc ol cd. verb. Meineke. 3 öcca 

<pdpouc' tlipai Hecker. q>^uc* aörai Meineke. 91X0OC* dipat Wilamowits. 6 cöov- 
Ödoc vapidccou . . Kaibel. icaXXtpöou] xal Xciplou Meineke, dann nach Lacke oV 
*A<ppob(xii — Ccxai vapidccou . . | . . icaXXixpoa xot* (Koechly) 'A<ppoöiTii 

KaibeL 6t' 'Aqppobhf) Casanbonas. 7 (Kpatc — atc] dvOea — otc Koechly. 

Vgl. e 364 ff. Hetiod Op. D. 73 ff. HH V sff. i Xdptr^c t€ Koi e<i9pov€C *Qpat 
HH I 194. 2 dvOcav eiapivotav B 89 Hesiod Op. D. 75 HH IV 401 3 H 348 
Vbk xpÖKOv Vjb* ödKivSov 3—6 HH V 426—8 KpdKOv . . i\V {idKivGov Kai ^dUac 
KdXuKac Kai Xclpia . . vdpKtccov 7 cf^ara Icto p 338 tu 158. 

Schmücknng der Aphrodite znm Parisnrteil: Welcker, £p. CykL TP 88. 

5[4K] 

Athenaios XV 682 F unmittelbar an Frg. 4 cf^ara {cto anschließend oOroc 6 
iroiirrf|c Kai t^v xiDv CT€9dvtuv XP^ctv cibdjc 9a{v€Tai bi* lüv X^cu 

f| bi CUV ä^cpmöXoici (piXo)üi)yi€ibf|C 'A9pobixii 



TrXeEdfievai cxecpdvouc eöiObeac dvOea '\air\Q 
dv KeqmXatciv fOevxo Oeal XiTrapoKprjbejivoi 
Nuficpat xal Xdpixec, SL}xa hk. XP^^ 'Acppobixii, 
5 KoXöv d€{boucai xax' 6poc iroXumbdKou ''Ibiic 

1/2 Lücke Meineke. 

1 Vj b^ cOv d^9t1r. Tgl. t 109, 217, 260. I 9tX. 'A9p. T 40 362. 3 K€9a- 
Xatciv attischer Dativ: Wackemagel, Forsch, z. griech.-lat. Gramm. IV (19 16) 183. — vgL 
£ 382 Xdptc XtirapoKp^be^voc HH IV 25, 438, 459. 4 xpvcir) *A9p. X 470. 
5 KaXöv delbovTCC iratf|ova A 473 iroXimibaKoc 'lbr)c £ 157 ö. «oXumbdKou Hb. 
▼. 1. zu £ 157, Y 59, V 117 (vgL Ludwich Arist Hom. Textkr. 370 f.) HH Xu 54. 

6[5K] 

I. Qemens Alexandr. Protrept II 30. 5, p. 26 P: dvOpibitui Tivi toOtui tüi Aioc- 
KoOpu) iiriKifipui ^xcv^cOiiv, cl np Ikovöc irtcnbcacOai *'O^T)poc tö XcXctm^vov (f 243): 

xoOc b* fibr) Kdrexev qniciZooc ata 
^v AaK€bai^ovt aOOi, 9(Xi] ^v iraxplbi 'xair^, 

irpocirui hk. Kai ö rd Kuirptaxd iroifmara tP<&M'<ic 'Kdcruip — "Aprioc* toOto 

\kbi irotiiTiKtlic ^vicOcaTO* "O^iipoc hi dStoiriCTÖrcpoc aOroO cIttüiv ircpl d^qx>tv Totv 

AiocKoOpoiv. 

Kdcxuüp jifev GvTixöc, Oavdxou hi ol aica Tr^irpijüxar 

auxdp 8 t' dedvaxoc TToXubeuKTic 6loc "Apnoe. 

2 aördp ö t' r 328 ö. 2 ö2oc 'Apnoe B 540, M 188, Y 841, Ö 474- Roß- 
bach schließt unmittelbar Frg. 7 an. 



Prfr.4—7 157 

2. Pindar Nem. X 55: 

^6Ta^€lß6^€vol ö* ^vaXXdS &^^pav täv m^ irapd iraxpi qpfXqi 

AI v^^ovTa^ rdv 6* öirö kcOOcci to^c iv yudXoic Ocpdnvoc, 

irÖT^ov d^1n1rVdvT€C ö^otov . iird 

toOtov f^ 1rd^1rav Ocöc C^^€val olic^tv t* oöpavif» 

ctXcr" aiuiva q>8iM^ou TToXubc^icnc Kdcropoc hi iroX^^iti. 

3. Homer X 300 : Sohne der Leda und des Tyndareos: 

KdcTOpa 6* i1^r6ba^ov ical iriiE dxaOöv TToXubcOKca, 
ToOc dM<ptu S^uioOc KQT^ei (pucfilooc ata. 
ot Kol v^pOev T^c Ti^f|v irp6c Zt^vöc Cxovtcc 
dXXoT€ ^^ 2^(iiouc' ^Tcpfmcpoi, dXXoTC 6* aOrc 
TcOvÄciv Ti>if|v b^ XcXÖTxaci ^c« 6€o1av. 

4. Schol. Homer A 300 ön oö irapabiöiuav ^k Ai6c Kdcropa xal TToXuöcukiiv, dXX* 
4ctI vcujTcpiKd TaOrou 

5. Lactantias div. instit. I 10. 5. Kastor et Pollax dum aUenas sponias rapiunt 
esse gemini desiemnt. nam dolore ininriae concitatas Idas altenim gladio transverbera- 
▼it: et eosdem poetae alterais vivere, altemis mori narrant, ut iam sint non deomm 
tantam, sed omnium mortalinm miserrimi, qnibüs semel mori non licet hos tamen 
Homems ambos simplidter, non ut poetae (ol v€UiT€pot) solent, mortoos esse testatur 

(r 243). 

7[6K] 

Athenaios VHI 334 B— D: ö xd KOirpia iroi/)cac {ttt), cTtc KOirpiöc t(c icnv 
f\ Zradvoc, f\ öcnc hi\ irorc x^^^ övofAa2:6ficvoc, tViv N^mcciv irot^ biuiKo^^v 6ir6 
At6c Kai clc (xOOv |ui€Tafiop<poufi^v 6id toOtuiv ,Totc — viv\ 

Touc h\ fi^xa Tpirdniv *EX^vtiv t^kc OoO^a ßporoici . . . 

TTJV TTOTC KOXXlKO^OC N^M€CIC (ptXÖTIlTl jüHTClCC 

ZtivI Gcoiv ßaciXf\i t^k€ Kparepf^c öir* dvdTKfic" 
q)€OT€ Topi ouö' fOcXev iiiixOiiMevai dv 91XÖT11T1 
5 irarpl All Kpoviiuvr ircipcTo TÄp cpp^voc alboi 
KQi ve^^cer xard t^v h\ xal drpuTCTOV fyt^Xav ubuip 
q)€OT€, Zeuc b* dbiuiKe* Xaßciv 6* iXiXaicTO eujüWfj- 
dXXoT€ ^iv Kard KO)Lia iroXuqpXoicßoio eaXdcaic 
ixOui eiöo^^viiv TTÖVTOv iroXOv dSopöduvcv, 
10 dXXoT* dv* djK€av6v iroTafiöv xal ireipara Tctiiic, 
dXXoT' dv' flireipov iroXußuiXaKa * t'tvcto b* al€( 
0ilpi\ ^C fiTTCipoc alvd Tp^cpei, dqppa qputoi viv. 

I TOtc 6^ ed., Terb. Koechly. t6cc] Tp^cpc Ahrens. Cx^ Hecker — Lacke hinter 
I Welcher. 6 KOTainiv ed., Terb. Janias. 9 UopoOOvufv? Kaibel. ii f^vcTO cd. 
12 ^p(a 6cc' cd. Terb. Schneidewin. alvd] bctvd Welcher» dbivd? Kaib^ 

I ToOc 6^ MCTd Hesiod Frg. iio. 5 Rz.' t^kc 6a0^ ßporoici X 287, Tgl. ^ 125 
HH I 25. 2 9iXdTiTn MiT^ca t 266 HH VI 57 Hesiod Th. 375 ö. 3 dir* dvdr- 
KTic u) 146. 4 ^iT^mcvai ^v (ptXdTT)Ti Hesiod Th. 306, Tgl. B 232. 5 al6ot mit nicht 
aafzahebender Contraction jang: t. Wllamowitz H. U. 367. 4$. 6 Nor irövrov iiC 
dTpOtCTOv, dX6c dTpuT^io (H 204 auch d. OaXdcciic) bei Homer, d. dbuip jang: 
T. Wilamowiu a. a. O. 7 XiXaicTO Y 76. 8 icard KO^a noXiMpXoicß. 6aX. (v 85 o.) 
HH V 4. IG Vgl Hesiod Theog. 242 — 959 *QKcavolo t€X/|Cvtoc iroTafioto. 10 ical 
iTclpora Toinc (H 200. 301) b $63. 12 Hesiod Th. 582 icvtiibaX' 5c' flirctpoc iroXXd Tp^q^i. 



Ff g. 8-^11 159 

bß Toth-otct Totct Cirect bn^ot to fiiricraro Tf)v ic Alinnrrov 'AXcSdvbpou irXdvT)v* 
ö^oup^ci T&p Vj £up{T) AlTOirrqj, oi hi <t>o(viK€C, vSmt icn fj Itbdrv, ^ TiJ[ Zup(g 
olK^oua. (117) Karä toOtq b^ rd firea ical TÖ6e [tö xu'piov streicht Valckenaer] oök 
fimcra dXXd ^dXtcra hr\\o\ ön oOk *OfA/|pou rd KOirpia (ired icn, dXX* dXXou tivöc. 
ti )ki\ T^P 'fotc KuiTp(oict €Tpif)Tai die TpiTottoc ix Iirdprric 'AX^Eavbpoc diciKcro 
^c TÖ 'IXiov dTUJv 'EX^rfv, eöaii tc 1^v€0^aTl xP^^dficvoc icai BoXdcci] Xciig. ^ 6^ 
IXidbi Xdrci d)C 4irXd2[€T0 druiv a(hV|v. 

II [9K] 

1. SchoL Pindmr. Nem. X 114 -b 62: dird TaOy^ou] ö }kky 'Apicrapxoc ^lot f^- 
q>€iv ff^€vov, dxoXoOOuic tiJ ^v Totc Kuirp{oic Xctom^ lcTOp((]i* ö t^P fd Kö- 
trpta cuTTP<iM'<xc (pncl t6v Kdcropa bt Ti) öput Kpuq>6^vTa d<p0ftvat ^ird Autk^uic 
t4 hi a(rriQ TPa<P4 k<x^ 'AiroXX66ujpoc KaTT|KoXo06iice. irpdc odc 9iict ACbu^oc: djLupor^- 
puiv (nrd tQ bput XoxUrvruiv, toO tc KdcTopoc ical toO TToXubcOicouc, ^övov 6 Aur- 
Kciic t6v Kdcropa ctbc . . . irapaT(6evTai hi xal t6v Td KOirpta TP^M^^^vTa oOtui 
X^TovTQ yAl^fa — ^erdXav bpOv' xal Td Uf|c* 6 ^^ oOv Kdcniip (fierdXav — 
KdcTuip nvr D) ^öxa t6v 'Ibav, 9iidv, ^v koÜi] bput Kpu<pO€lc ical töv Autk^* 6 
hk AupceOc ÖEu6€pKf|c drv, d!icT€ xal 6td X(8uiv xai btd titc Td Ttvö^eva ßXdirctv, 
(bdiv btd Tf^c bpudc t6v KdcTOpa ^rpuicc Xdrx?- ' — ^ ausgeschrieben Ton Tzeties zu 
JLykophron 5x1 S. 185. 23 Scheer: Tf|v 6* Icropiav Ti&v AiocKoOpuiv xal ZtocIvoc 
ö Td KOtrpta ircirotiiiabc TP<i9€t* 'at^ia — TToXubeOKca', auch Chiliad. 7x1 — 7x6: Kai 
TC ZTactvoc cOv aÖTotc oCkui Td Citt) Tp<i<puiv, VjpunKOlc Iv Circci X^tufv 'ati|»a — 
TToXvöcikia'. * .. A ' 

aiipa b€ AuTKCuc 
TaÜTCTOV npoc^ßaivc iroclv lax^ccci ircnoiGtiic. 
dKpÖTQTOV V dvaßdc bicb^pKcro vf)cov äiracav 
TavTaXibou TT^Xottoc" Tdxa b' eictbe Kubtjioc f^plüc 
5 beivotc ö<p9aX^oiciv &ui ko{Xt)C bpu&c d^cpui 

KdcTopd 8' limöba^ov xal deOXcxpöpov TToXubcikea' 
vuSe b* dp* dxxi erde ^cxdXTiv bpOv . . 

2 Tr|i>TCTOv Boeckh. 4 TavTaXCbcui W. Ribbeck. 1cObl^oc] 6^ßpt|yu>c Tsetz. ChiL 
5 bcivolc ö. D, Tzetzes; dv ö. andere Find. Hdftt. bpudc d^qptu icoUi|C edd. (vgL 
K 299, S74)« ▼erb. Gerhard Lect Apollon. 1x5. Nach 6 Lücke: W. Ribbeck. 
7 drxtcra ^cydXav 6pOv D drx^CTUip ^dxa (» drx^ • • [Ka]cTUip iXöxa Wackemagel) 
andere Hdftt, verb. T. Mommsen. 

2 irodv Tax^cca bttiiKuiv X 8. 173. 230. 339. 3/4 vf)cov TT^Xoiroc jung: 

T. Wilamowitz H. U. 367. 45. 4 Tdxa 6* dccai ir 246. icObtMOC 'CpMfJc HH 

m 46 o. Hesiod. Theog. 938 6 «- Hedod. Frg. 94. 3X., ^1. T 237. X 300. 

HH XXXni. 3. 7 vOJc A 252 o. 

2. Pindar Nem. X 59: 

. . q>6i^6fou . . KdcTopoc ^ iroX^^qi. 

60 t6v ydp 'I6ac d^9l ßoudv muc xoXuiOdc CTpuiccv xaXiö^ac Xd^X^c dK|i^ 
dnö TaOy^TOu ircöaurdZuiv tbcv AutkcCic bpudc bf crcX^ci 
IImcvov. Kcivou T^p ^inx6ov(uiv irdvTUiv f^vcT* ÖEiVraTOv 
t\i\ia, Xatiin^potc hi ir66ccav dqnxp 
^EiK^cOav, xal )itia Cprov ^f|cavT* dix^uic 

65 xai irdOov 6civ6v 1raXd^alc 'A<papi|T(6ai Aide* aMxa t^ 

1^X6^ Af|bac irotc öiiimuiv* toI b* Cvovto crdOcv T^Mßqi cxcbdv iniTpuiiqi* 



Frg. 11-^17 l6i 

<piiclv öirö AuKo^/|6ouc ^iv TTOppov, N€01TT6X£^ov hi övo^a imb <t>o(vtia>c aöri)» 
TcOf^voi, ön *AxiXX€(»c fjXiK^ lx\ v^oc iroXc^^v ftpHoro. 

3. SchoL zu Homer T 326: ^/j^ t6v öc ZicOpqi ^oi ^ Tp^<p€Tai <p(Xoc uiöc'] B 
Twl D: a) rtWc m^ ^^ ^KTcOf^vat aöröv (md G^tiöoc, b) d hi Tf|v ^ixpdv iXtdöa 
(Frg. 5) . . . c) NconTÖXe^oc hk dirö toO irarpöc ii»v6|üuiCTai ön v^oc iXiv ^1roXd^1lC€v . . 
B* fügt hinzu i\ hk kxipa icTopia ötanfcOberai . . . B* »» D: 1^ bk t^ipa Icropia l\€\ 
oOtuic. (a) Achill unter die Töchter des Lykomedes in Skyros gesteckt und durch 
Odysseus' List entdeckt. irpÖTcpov hk TCtlc irapO^oic cuvbtaTpißuiv €<p6€tp€ Ar|l^d^€uxv 
Tf|v AuKO^/ibouc, flnc iH aöroO ir^vviicc (c) TTOppov, t6v ÖcT€pov NcoirröXe^ov KXr|- 
OivTQ, ÖCTic Totc '€XXiia v^oc div cuvccrpareOcaTo ^erd OdvaTov toO irarpdc Vj 
icTOpCa irapd toIc kukXikoIc (D, fehlt in B*). Vgl. SchoL Paris. Gramer An. 
Par. m 26. 

14 [12 K] 

Schol. zu Sophokles' Elektra 157 (Chor zu Elektra) ,oTa Xpuc60€|yiic 2I((i€i kqI 
l^idvacca*] f\ *0\ii\f^ dKoXouOet elpiiKÖn t&c rpdc OutaT^pac toO 'ATafi^Mvovoc 
(I 144: *XpucdO€^ic Kai AaoMioi icai Icpidvacca*), f\ die (fiy rd KOirpia rtoapac 
q)r)clv 1q>iT^veiav xal *lq>idvaccav. Vgl* Schol. D Hom. I 145: AaobCicii M^<> 'nl^v 
'AtaM^Mvovoc OuTOTpOiiv, f|v ol TpaTiKol *HX^icTpav clirov, die xal Tf|v Iqiidvaccav Iqpi- 
T^cidv <pr|av €öpiir(biic « Schol. zu Euripid. Orest. 22: ,«}i (*ATa^^^vovt) irap8dvoi 
\kb/ Tp€lc f(pu|i€v Ik inidc I XpucöO€^tc *l<piT^€U& t' *HX^pa t' irdi.' | Die Kyprien 
hatten also wie Homer I 144 Chrysothemis Laodike Iphianassa genannt und dasu 
Iphigeneia. 

15C14K] 

Pausanias IV 2. 7 in der Greschichte Messeniens, Aphareus' Nachkommen: Auf- 
tc^uK \xbt bi\ iralba oük Tcmcv T€v6^€vov, '15a hi KXcoirdxpav Ourar^pa btL Mapir/|ca)C, 
fi M€XcdTP4i aivi[iiciic€v. ö 5^ rd Cirii iroi^cac Td KOirpta TTpuircctXdou 9r|civ, 
de dT€ Kard Tf|v Tpipdba fqcov *€XXr)V€c, diroßf|vai irpdlroc iröX^iice, TTpuircciXidou 
To^Tou Tf|v TwatKa TToXubdipav \kbf t6 övo^a, Outar^a hk McXcdypou 911 clv 
ctvai ToO Olv^uic. et Toivuv icrlv dXriO^c, al yvvdlKCC aörat rp^c oOcat rdv dpieiiiöv 
dir6 Mapih)caic dpHdfi€vai irpoairoOavoOo irdcat Totc dvöpdav ^aurdc imKar^cqKxEav. 

i6[l8K] 

Pausanias X 31. 2 Beschreibung des Unterweltsbildes Polygnots: Ccnv k<p&f\Q 
Tip 'Aicraiujvi ATac ö kK ZaXa^lvoc xal TTaXa^f|^1lC t€ xal GepdTTic icOßotc xpdiMCvot 
iraibt^, ToO TTaXa^46ouc Tifi eöpfmaii, ATac hk 6 Ixepoc kc aöroOc dp^ irafZovrac . . . 
kc bk TÖ aÖTÖ diriTTibcc toO *Obucc^uic toOc ^x^poOc fiTOTCv ö TToXOtvuitoc . . TTaXa- 
ykixhry^ hk diroirviTffvai irpocXOdvra M ixBOuiv Ofipav, AiOfifibTiv hi t6v diroKTeivavra 
clvat xal 'Obuccto iiriXcEdfievoc ky Cireciv ol6a xotc Kuirpioic 

I7[I7K] 

Schol. zu Lykophron 5 70 : 'drv oW 6 *Poioöc Tvic. cOvdl^uiv ^^voc | qc^cci, xdv 
iw^uipov ky vi^Cip xp<^vov I fi^Mvciv dvdiruiv OccqniToic ir€ir€ic^4vouc, | Tpo9f|v 6' 
dfi€Mq>f^ irdci TpiirrOxouc xöpac | tcxuiv irap^Ectv'] IraqiOXou toO uloO AiovOcou Ou- 
Tdnip Ttv€Tai Toidi* raOnj i^dpi'AirdXXuiv aicOdficvoc hk ö IrdqiuXoc fßaXcv aÖTf|v 
de Xdpvaxa- xal d(pftx€ xaxd iViv adXaccov* Vi hi irpoccircXdcOri rij &^oiq. xal dy^- 
vTiccv aOrdOi ircpi n dvxpov ira15a, öv 'Aviov ixdXccc bid t6 dvtaOffvai aÖTf|v 6i* 
aÖTÖv toOtov hk •AiröXXuiv y|v€irK€v clc Af)Xov' (k T^moc Auipdrmiv ir^vviicc 

Beche, Homer, n II 



l62 

T&c Oivorpöirouc , Olvid, 
Z1l€p^(il, "EXatba * otc ö Ai6- 
vucoc txßpicaro öirÖT€ ßoO- 
Xovrai cirdp^a Xa^ßdv€lv. 



O€P€1c06t)C (FHG I 94) bi 
9T|av ön *Avioc ^cicc toOc 
"CXXnvac trapaTcvo^dvouc 
irp6c aih^v oiHnDO \itv€xy 
rä 6 Ctti* 6€6dceai bi aö- 
Totc irapd vSjv Octlhr Tip 6c- 
icdTi|i €t€i iropef)co( Tf|V 
IXiov' tniqueto bi oörotc 
<nr6 vSty Ouror^pujv aCrroO 
Tpa(p/|C6c6au 

Ccn hi toOto Kai irapd 
Totc T& KOirpta irciroi- 
TiK6a. (S. S.* Tzetset.) 

|i^^vf)Tal 6i Kai KaXXi- 
Maxoc TiSnf 'AvCou Outot^ 
piuv iv TOtc AItIoic (S. S.*). 



F^fÄ* 5«Ä*. /. ^. KYTTPIA 

Schol. 580: AI Oivorpö- 
irot iKoXoOvTO Olvdi, Zircp- 
^lii, 'EXatc aOrat fXaßov 
irapd AiovOcou bdipov, Yva 
6t€ OcXfjcoua xapiröv rpu- 
Ti£»ct. (S. S.*) Kai i\ \iky OivOi 
t6v oTvov ^irokt, i\ bi Zircp- 
^lb Td C1r^p^aTa, t6 CXaiov 
bd i\ *exatc (S.) aOrat xal 
ToOc *€XXr)vac XiMtOrrovrac 
^OoOcat de TpoCav ÖUcui- 
cov. (S. S.») 



MopTVpd 6^ toOto koI 
KoXXCmoxoc (S). 



i8[i5K] 



Schol. 581 : 'Atafi^^vuiv 
T^p vSjv '€XXif|vtuv Xl^(|» 

a)V€XO^^VUIV fA€T€Tr^^^laTO 

aOrdc 6td toO TTaXa^f|6ouc 
(S.' TseUes) kqI aOoOcai 
de TÖ *Po(t€iov Crpccpov 
aCiToOc (Tzetzes). 



SchoL TwL Hom. TT 57 Brise»' Vmtentadt] Tf|v TTf|bacov ol TiBv KuirpCiuv 
iroiTirai (vgL Y 92), aCrröc bi Aupvifccöv (B 690). 

I9[I6K] 

I. Engtathlos Hom. A 366 p. 119, 4 tqq. Rom. 89 Bas.) Chiyseis aas der Beute 
des eroberten Thebens.] 'IcropoOa bi nvcc 0n ^k vSty {nroicXaidkuv 8nßOi^ 1^ Xpu- 
ciilc iXf|<p6ii oOtc KaTa<puToOca ^€t oW Itrl Oudav 'Apr^Mtboc ^OoOca, ibc 6 rä 
KÖirpia Tpc^vc^c Cqni, dXXd icoXtnc firoi a>MiroXlnc 'AvbpOMdxiic oOca. 

a. Schol. Hom. AD: Cvtot bi <paav ün Kai /j Xpua|ic bc OiißiXhf IX/|q)6ii' Tffc jap 
Xpücric, (padv, oöcf)c iroXtxvCou dreixicrou Kai cötcXoOc, die iy dc9aXccTlp<]i Kai ^d- 
2[ovi tQ Öfißi] ol dir' aörf^c irpoccppuiiKdrcc {(cav 6id töv iröXc^ov. SchoL Xwl.: de 
6f|ßac bi f)Kouca Xpuoiic irpdc 1<ptv6iiv tV|v 'Hcriuivoc db€X<p/|v, 'AKTopoc bi Oura- 
T^pa, ^oucav 'ApT^^t6l, f^Xui imö 'Ax^^uic. 



2o[i9K] 

Pansanias X 26. i Beschreibung des Üinpersisbildes des Polygnot: aixMdXuiroi 
Kai aOrat KXu^^vt) tc Kai Kp^ouca . . M 6^ tQ KpcoOcg X^rovciv dK i\ Bcdrv MAmp 



Frg.n—22 163 

Kai 'A9poM'ni bouXcCac dirö '€XX/|vuiv aÖTiP|v ippOcavro, clvai t^ ^ Kai Aivctou 
rffv Kp^oucav nwdtKa. A^q(6ujc (Pen. 6) b^ xal CirT) rd KOirpta biööaav 6öpubiKT|v 
TUVOftKa Alv€(4;t. Auch in Polygnots Quelle ym Krensa nicht Aineias Weib. 

21 [21 K] 

Herodian. irepi ^ov. X^E. p. 9 (ü 914 Lentz) oOb^ de bujv Xflyov ÖSiivö^cvov 
{m^p 60o cuXXaßdc qniXdTTCt t6 iü xard Tf|v Tcvticf|v . . . ical Vj vf)coc (ZapinibiOv) 
iMuic Iv liiKcavCji fopTÖvuiv olKi^Tfipiov oOca, ilic 6 Td KOirpia 9iid: 

Tip V uiTOKuca)i^vii T^KC fopTÖvac, alvä ir^uipa, 
di Zapmiböva vaiov dv d)K€av«:p ßaOub(vq, 
vficov Tr€Tpyi€ccav. 

I OiroKUCca^^vT) . . öeivd ed., verb. Dindorf. 2 ical cd. dl Heinrichsen« ^ir* ed., 
ht Lehn. 

I T<p 6' <nroicucajü^ t^€ Z 26 X 254, Hesiod Frg. 76. 5. iio. i alvd ir^Xuipo 
K 219, vgl. B 321. 2 B 511 ol 6' *AcirXTi6öva votlov. 2 kjC dnccav^i ßaOuöivQ 
K 511, Hesiod Theo. 133, Op. 171. 3 vf^coc. . . ircrpViccca 6 844 ircTp. B 496 5. 
H H I 40. 

12 [20 K] 

1. Piaton Eathyphron 12 A—C: \kx^ T&p hi\ t6 ivovriov f\ 6 iioir|Tf|C inoiiiccv 
6 irotVicac *Zf|va — albtiic'. k\^ oOv toOti|i 5iaq>^po^ai r^ irotr|T4 . . . oö 6oKd 
|ioi ctvai 'tva 6^oc {v6a xai albiiic'. iroXXol T<ip ^oi boicoOa icai vöcouc ical frcvioc 
ical dXXa iroXXd TOtaOra bcöiörcc bcbidvat ^^, oiMcdat 6^ ^t)6^ TaOra ft bcbia- 
civ . . o(iK dp' öpOdic Cxct X^ctv. 'Iva T&p 6^oc, h^fx ical aibdic', dXX* fva ^ albdK 
<vea Kai 6^oc. Anigeschrieben bei Stob. Floril. XXXI 18 (11 29 Meineke). 

2. Schol. Piaton 12 A (Schanz, Platocodez MarkmbibL 1877. 6) »- Gramer, An. Par. 
I 399 f*): '^^^ ^cp b^oc, ^fba Kai albUic' M tOtv xard qidpov ^mciKOhr. dpnrai hi 
bk Ttfnf iTacivou Kuirpiuiv 'Zfjva — aibuk'. 

3. Proverbior. Mantista I 71 (Paroemiogr. Gr. 11 7SS Lentich): Tvo T^p hkXK. IvOa 
Kai ai6(6c. Ixacivou Vi Tvtb^1l toO irotT)ToO, 8c oOrui qnf)d. 'Zf)va — albiiic'. TTXdtuiv 
b^ biaqp^pcrai to!>ti4i lip irotf^T^ X^ru^v. oihc dpa öpMc Cxct X^v Hfva — albtdc'. 
Iirl irX^ov T^p ol^ai b4oc alboOc* fidpiov T^p aibdic b^ouc <&circp dptO^oO ircprrrdv . . . 

Znva bi TÖv + OcpEavra xal Sc rdbe ndvr' i9!}T€uc€V 
+ ouKe6€Xeiv€metv* fva top ^^oc £vte xal aibidc 

B^pEavra und cr^pEavra Plat. edd. ^^vra Stob. Paroem. Schol. Mardan. 

Gramer An. Par. 6' {pSavra Tnlgo. t6v CpEavra W. Ribbeck. 3 iMlctc dir^ 

(Stob.) und le^iv clir^N Plat edd., iO^Xciv vcbcccov SchoL Mardan. — iO^Xctv dxctv 
Gramer An. Par., Schol. ~ iO^tv dxoiktv ^alter Mardanns* (^benkei) — ^Mlci 
vctKdv Bnmet tva ircp Kaibel. 

Vgl 657f. tcxe T^p aibtiic | Kai b^oc HH IV 190 Tf|v b* albOic tc c^ßac tc 
i b^ x^P^ ^oc cDiev. 

4. Diogenian V 30 (Paroemiogr. Gr. I 257) Tva b^oc, IvOa Kai aibtbc Apostolios 
IX 6 (Paroemiogr. Gr. I 463) tva T^ ^oc £v6a Kai albilrc (Anenios Violet XXXL 50). 

5. Plutarch De cohibenda ira 459 D: oö ydp, Uic 6 iroiiiTf|C clircv 'Iva — a(bdK\ 
dXXd To(rvavT(ov albou^^votc ö cu»9pov(£uiv tTT^TvcTai 96P0C 

6. Plutarch Agis nnd Kleomenea (9) 30: Kai Tf|v dvbpcCav hk, ^oi boKoOav oök dqpopiav 
dXXd 96ßov MfÖTOu Kai b^oc dboSiac ot iraXatol vo|iG^iv. ol 1^ bciXdraToi npdc tchic 



i 



104 Vürtes Buch. L 2. KYnPIA 

v6^ouc OappoXeidraTot trpöc toöc iroXcfiCouc cid* Kai t6 iraO^v f^Ktcra bcbCaav ol 
^dXtCTa qK>ßo0^cvol tö icaicCbc dicoOcai. 6i6 xal KoXdic ö elirtiiv ^tva — albidc' kqI 
'Ofinpoc (r 172) . . Kai (A 43() . . 

7. Sophokles Aias 1073 (Menelaos): oO T^p iroT* oöt' äv 4v iröXci vöfioi KoXutic 
q)^potvT* Av, ^6a ^f| KaBccr^Ki) 6doc, | otW* Av crpaTÖc T€ auqppövuic dpxoir* It\ 
^rfiks 96P0U irpößXf^^a ^t^6* aiboOc ^x^fv. Schol. 1074: Kai 'Eirixapiioc (221 Kaibel) 
{vOa 6^oc, ivTaOOa Kai alötiic. 

23 [22 K] 

1. Clemens Alexandrinus Strom. VI. 2. 19. i, p. 747 P in der Liste der 11t. Dieb- 
stähle: irdXiv Zracivou iroif|cavTOC 'vfimoc — KaraXchrci' £€vo90Eiv (vielmehr 
Herodot I IS5) X^€t *6^o(ulC T<&p ^ol vOv <pa(vo^ai irciroiiiK^vai, idc cT Tic irar^pa 
diroKTcCvac ti&v ira(5uiv aöroO 9€(caiT0.' 

2. Aristoteles Rhetorik I 1376 A 6: £ti Kai al 1rapot^ial, d}circp etpT^rai, 
fiaprOpid icTtv* olov ... xal tö toOc uloöc dvatp^v div Kai toOc iraT^pac ^vf)inoi 
— KOTaXdirct'. 

3. Aristoteles Rhetorik II 1395 A 16: XP^cOai hk 6d Kai Täte T€8puXr)|Li^vatc 
Kai Kotvottc Tvtb^aic, £dv ilia xpi^ci^ot ... Kai ^irl tö dvaipetv tiIiv ^x^pOjv tö 
T^Kva Kai \kTfibi döiKoOvTa 'vf|inoc — KaTaXcCirci (-iroi)'. \t\ fviai Ttliv trapoifiiiXiv 
Kai T^MCit €lav . . 

4. Polybios XXm 10. 10 Philipp von Makedonien d^a hk toOtoic cufiTrcpi^Xaße 
«al ToOc dXXouc diravTac . . . £inq>6eifd^€voc, ißc <paa, töv ct(xov toOtov 'vf|Tnoc — 
KoraXciirei*. Ausgeschrieben bei Snidas s. v. <t>{Xitnroc und vf)moc, Arsenios Violet 
366 Wak. 

Nifjmoc, Sc iraT^pa KTcivoc iraibac KaToXemei. 

KT€(vuiv I (3) irdlöac] uioOc (2) 4 KaToXcdrct nnd -Xeiiroi (2) (3). W)inoc öc X 44 s. 

C ZWEIFELHAFT 

24 [25 K] 

SchoL Enripides Hekabe 41: TToXuE6niv] imb N€OTTToX^^ou 9aclv aÖTf)v cqnxTiac- 
Offvai €öptiT(ör|c Kai 'IßuKoc (Frg. 36), ö hk tö KuirptaKÖ iroif|cac q)iidv öirö 
*Oöucc^uic Kai Aio^f)6ouc bt tQ Tf)c iröXctJC dXubcet Tpau^aTlc6dcav diroX^cGai, 
Taq)fjvai hk öirö N€01^ToX^^ou, die fXaOKOC xpdqpci. Welcker Ep. Cykl. II* 164 sprach 
es den Kyprien ab, weil sie die Iliapersis nicht enthielten, und vermutete statt des Epos 
eine gelehrte Schrift KuirptaKd, wie Schol Eurip. Andromache 898 ö TÖc KuirpiaKdc 
(CTOpiac cuvTdSac für Helenas Sohne Pleisthenes und Agauos, dem sie dem Alezandros 
auf K3rpros geboren, dtirt werden. Doch werden die Kyprien auch A 2, B 6, 12 
KuirpiaKd dtirt 

GEFÄLSCHT 

25 [23 K] 

S>chol. Homer B 671 in Gramer Anecd. Oxon. I 277: MoOca] dirö ^ldc al irdcat 
X^ovTar Mvac^ac (FHGin 153. 25a) 6^ q>iiav ön al irdcat Tp€tc dciv, MoOca, 
8€d, Tjivtii* bi M^v oöv IXidöi M€Mvf)ceai Tfjc Gcdc* »Mflvtv dciöc Gcd*, ky hl *Oöuc- 
cdqi Tfjc Moöaic- ,dvbpa moi ^weirc MoOca*, 4v 6^ Tfl TTaXaMviÖ€((;i Tf)c T^ivoOc. 
Amobius adversus gentes UI 16 p. 121, III 37 fReifferscheid) Musas Mna^eas auctor 
est filias esse Telluris et Coeli . . Ephorus bas igitnr nnmero esse tres effert, Mnaseas 



AMAZONIA . AieiOTTH 165 

qoem diximus quattuor, Mynilns indncit sq^tem, octo asseverat Grates. Weder Pala- 
medeia noch Hynmo (I) werden sonst erwähnt. Sie sind Fälschungen des Mnaseas, als 
Schwindler längst anerkannt Vgl. Frg. 2. 4. 7. 15. 17. 29. 33. 43 usw. 

Za den Kyprien gehören vielleicht noch die Bruchstücke unter 8 A 4. 6 (?), 
B 2, C 2, D I. 2. 3. 

3. AMAZONIA • Aieionrs 

A. ZEUGNISSE 

1. Jahn- Michaelis, Griech. Bilderchroniken Tau I u. 11; Tabula Iliaca A des G€6- 
buipoc im Capitolin. Museum (St. Jones Catal. 165 Taf. 41). Die unten a — h wieder- 
gegebenen Inschriften (S. 67, 151 — 161) stehen unter den yerscheuerten Relieft des 
oberen der zwei Bildstreifen am unteren Rande der Tafelmitte, während 

AtOioirlc KOTÄ *Apictlvov töv MtXf|aov 
mit anderen Titeln zusammen im Mittelbilde zwischen den Schiffen und den ZcCyoiiov steht 
a) TToödpJKiic (vgl. S. 27. 52: Quintus Smym. I 233, 815), Relief weggebrochen, 
b) TT€v6€dX€io • 'AxtXXcOc (Kampf), c) 'AxiXXcOc • GcpdTTic d) 'AxtXXcOc • M^^vuiv • 
'AvriXoxoc. e) *AxtXXci!ic • Atac • 'Obucc€Öc (Kampf am Tor um Achills Leiche), f) *AxtX- 
Xiwc c<Xl^a Ton Aias fortgetragen, g) MoOca • Gtoc • *AxtXX^[uic . . ygL S. 28. 59 Be- 
stattung Achills, h) Alac ^avtuübi^c sitzt gebeugt, vgL »Kleine Ilias'. 

2. Homerischer Becher D bei Robert, 50. Berlin. Winckelmannsprogr. 1890 S. 26: 
a) Vor dem im Zelte thronenden AXIAAEYI kniet TTPIAMOI. b) TTPIAMOI begruflt 
am TA<t)OZ EKTOPOI die nENGEZIAEIA. c) AXIAAEYI im Kampf gegen TTEN- 
GEIIAEIA. 

3. Jahn -Michaelis, Griech. Bilderchroniken D i S. 27, 67 u. Taf. m in Paris: all- 
seitig gebrochenes Frgm. mit zwei verwischten Reliefstidfen je rechts daneben, weiter 
rechts Rest des Mittelbildes der Üiupersis. I. Columne: a) TT€v6€c(Xr)a *A^a£drv 
fraporivcTai. b) 'AxiXXcuc TTcvöcciXnav diroKTcivci. c) M^^vuiv *Avt{Xoxov diroKTcivci. 
d) 'AxtXXeOc M^^vova diroicTcivet. e) iy rotlc Iicaid!c irOXaic *AxtXXc{»[c (mö TTdpiboc 
dvatp^Tai]. 2. Columne s. ,Kleine Blas* A S- 

4. Eusebios Chron. Ol. i *ApKTtvoc MiXif|aoc iiroiroiöc fiic^aZev. 

5. — 01.4 Eumelus poeta qui Bugoniam et Europiam et Arctinus qui Aethio- 
pidem composuit et Iliipersin agnoscitur. 

6. Soidas (Hesych) *ApicTlvoc T/)V€UJ toO NgOtcui diroTÖvou, MtXf|aoc ^iroiroidc, 
^a6r)Tf)c '0)Liif)pou, die Xtfei 6 KkaZo^ivioc 'Apr^^uiv ky t^ ircpl '0)i/|pou, tctovüic 
Kord Tf|v 6' ÖXu^mdba ^CTd TCTpaKÖaa (tvr\ Tilrv Tpuiticdiv. VgL Eusebios, Ol. 9, i 
(Armen) ; 9, 3 (Hieronymos), wo Eumelos noch einmal notirt ist. 

7. Qeroens Alexandr. Strom. I 21, 131,6 p. 144S, 398 P 0av(ac (^F.RG.II 299>l8) 
hi iTp6 T€pirdv6pou TiBcic A^qcf^v fdv Alcßiov, *ApxiXdxou v€iibT€pov 9^p€i t6v T^ 
irav6pov, btimiXXftcOai bk t6v A^cxnv *ApKTivip Kai v€viicT)K^ai. 

8. Athenaios 277 D ö Tf|v TlTavo^ax(av iroi/|cac cIt' €0^y)Xöc icny 6 KopCvOtoc 
f) *ApKTlvoc 1^ . . 22 C €ö^iiXoc bi 6 KopCvOtoc fi 'ApxTtvoc töv Aia öpxoOficvöv 
irou irapdxci X^xuiv . . 

9. Proklos (Jahn -Michaelis, Griech. Bilderchroniken S. iil): TTpdxXou XPHCTO- 
MaOciac TpoMMaTiKf^c tö ß'. 'CmßdXXct bi rote irpocipim^oic iv rf) irp6 tqO- 
THC ^i^Xi\i Uidc 'Om4pou' ^€6* ffv kriv AiBtoirihoc ßtpXia c' *ApKT(vou MtXr|- 
ciou, ntpiix^yra rdöc. 'A^aZdrv ITcvOcdXeia iroporivcTai Tptud oifi^ax/icouca, 



106 ^^^^«» Bmäh /. h AMUQIM • AieNHIS: 

'MfimtK M^ 0VTATf|p^ q pfccci öi Td Y^vo<r^ Hak Rtiivti a^r^ 
dl M Tp«cr odnfh^ Mrvovci. miI AkOAm« ^sftmdnm dvnpü, 
«Ol dvttdicMc tAv M 'ril T T i » ti cUi l » httm^mm IpMro* koI te 
ttn tt^ 'AxoMlt iffpl ToO ü ip c i to » ^i^mm^ hm^ 64 rodra 'Afiilit 
«Bt 06cac 'AiröAMiw moI 'Ap f < n i> i m»! Af|««i > lüaipiiMi rod 

ßon^onv' KOt ainc tl^ ifttiM T« MM^ i4i« NHliw«« irpoAirti. 
filvric 'Avtitoxoc (m0 M 4 >i i»> i w n - < l» i u »i if i K 6tHiM. AntJüU^ 
rü&n^ ^ 'Hibc m^ ^i^ ciJTma^fciM ü MN umi ait 6ttiiict. 
TD^ TpdDxic Nttl ffk tf^ hAMv <.i i ¥»i i{ < Ki i» i>«* mWMöoc A w upri i m 
loH tr«pl ToO imMmc rt » <li <» 1 < («tMii«!» MÄHUt Aloe <WrtA»Mvoc iii 

}f0Cp&¥ TOO AHlAMlWr 1fp6TiM¥<Vi* UM Vfflt' ti||MM8|iWI| COV MoteOK IHi 
^tflC 6pf|Vil TbV' lliMS* NM ^i^iV fMfH 11^ '^H' MlfMit' ^ ivflC (kMIpHlACBOl 
ifC tiftv A€IHff|l^ I^CP» ftMMpCDM» *^ ö# A)||MiA T#l> Tll|MV XJi^IVTK Afli 

iHrt if«|H 1^ *A)tiiÜb4lMr MlM^ XHmcM miI Minm crtor ^iMmkanu V^ 

C» ROOCrtj SÖ^MHI AMT UMv MM aNMO^B 

melml TfMtwhK (1$. H lii MMt M 





fH# AltlitoiH« wM ha GifMiM tm JCMmi nhr mv elMul dilrt 

J m 3$ (ftg. 9). MtimiMfl Affotf«, ••# dl0 dM TM aBda piJi, liUi Trfcnl. 

H Vr In itif »KltfalM THtf' (Prf. f). A3§o wm AfcUo|>ii TefltHci der IHrlw 

fifollt ftlldtft «If AmtMttf« Af PMClMflilelM Arfida^ iU tmr AHbiapif bei ProUos (A 9I 
flfid auf Tftbol« fÜMt (A f) (rMdiliMr«if ^ ^^^^ (He§fch.) •. t. 'Omi^hk criuailni 
4»rf«fiHii(} dvaf^pltdt 6' de aMnf na\ ähXa rtvA «m^^ara' 'AfioZovia, iXidc mp4« 

ArklffiOR ^fÄchelfit äff Verftuim der AlOiiopii A l, 5, der Ulapcnli («. d.), der 
IltHMftmiirhle Ai, ohne Titel In Perrif Frf. 1. 

B. BRUCHSTÜCKE 

I. [I K] 

Ypd^uctv ,Ac — dvftpofJövmoV 

''Apnoe eVTÄTTIp M€TttXl^tX)pOC Av^«>OfH^VlHiN 

MfTüXVitTHKH: dv^fM)f)dTt)io. - dvÄpoip*v«o VmscWMif^ V H- ^\. '^ 

Eben» verWttdft A 1 d«i Sek!«« der IMk» «Ä l>f»«fc#*^V^ V\-i^^ 
d!e Was mft den KvpTfea wbtmdefi: Atiecdot. v>»»w K^-i^ wv ^>t^ -» 
.Kleine nsw F>f. t. -^ •.•, 

Stbol. «i Pmdtr ritbni. Ht TV* 5^ <55> -^ ^ *^ ^f^i^v *%vK ,,ksVk^ ^^ .^ 




lAIAZ MIKPA 167 

t6 fi^v^ hf vuktI' rpxxSK vo^ai* f) y&p rifv öi|iiav rf^c i\iilpac . . . f) icot& t6 öipi 
Tf|c vuict6c . . . f| t6 irp6c €u), örc icü rffc vuktöc öi|ii irp6 toO 6|>0pou. toIc bi t6v 
6p6pov dxoOouci Kai rd dir6 Ti)c IcropCac aiv<ji6€i* ö t^ "^ Ai6ioir(5a fpdtpmy 
ircpl t6v öpOpov q>Tici t6v Alovra touröv dvcJUlv. 

Pindar gibt die Zeitangabe öpOpoc der Aithiopis gem&fi dem Sprachgebzmuch seiner 
Zeit mit 6i|Ka iv vuicri wieder; die Unsicherheit der Scholien rührt z. T. daher, dafi au 
ihrer Zeit und der ihrer Gewährsmänner 6p6poc den beginnenden Tag bezeichnete: 
Wackemagel, Spracht Unters, s. Hom. ^Forsch, s. griech.-lat Gram. IV (19 16) 193 
nebst Ankg. 

C. ZWEIFELHAFT 
3. [neu] 

Ozjrhynchos Papyr. XTTT (1919) i6ii: Exeerpte zur Literatargeschichte u. Helden- 
sage. Frg. 3 irev6€[aXcia ? . . . . | 1. 140 iroc iroT[ | Oopcct iT[€v6cciXcta ? . . | oc 

€m[ I €E€[. . . 

Frg. 4 1« 145 ^P • • T I fCtif P^t, t(voc Cttov[oc | ciVxcat cTvat* ical t[ä l|Sf|c 

Kai die iicTiO€t[ai 'Ap|KTt?]yoc 6Xov aOTf)[c | t6v] Odvorov ical o..|...(i)c bi xdv 
Tpl. . I . . . . ^^] i[w] € . «u 

ircv6€[dXcta 139, 141 nnd 148 *Apicttvoc Allen. ,B«t oc (probablj 0c) cm[ in L 142 
does not snit this hypothesis, and the colour of Frg. 3 and 4 is different so fhal a 
connexion between is anlikelj.' Grenfell. 



4. IAIA2 MIKPA 

A, ZEUGNISSE 

1. Aristoteles Poetik 23 p. i459\ 30 bt6 . . xal rwim} OcciNcioc dv «povcd) 'O^f^- 
poc irapd toOc dXXovc, r^ }vi]ti Tdv iröXc^ov, Kttiircp Ixovra dpx^v Kai t^c, im- 
Xcipf^cai iroi^v 6Xov' Xiav y&p dv ^i^ac xal oök €(kövoirroc CficXXev £cec0ar fj v^ 
MCT^Oci ^€Tpid2:ovTa KorairctrXcT^i^ov t^ iroiiaX(<]i. vOv b* bf (i^poc diroXaßdiv ^nci- 
coMoic K^xPH'^ci^ aitvSrv iroXXolc, otov veCtw KaToXdrip Kai dXXoic lircico&ioic, otc 5ta- 
Xa^ßdvci Tf)v irodiciv. ol 5' dXXoi ircpl £va iroioOa Kai ircpl (sva xpövov, Kai ^lav 
irpdEiv iroXuiLicpf), olov 6 Td KOirpia (KuirpiKd A*) irot/)cac Kai Tfjv fiiKpdv 
IXidba. ToiTapoOv ^k }ikv IXidöoc xal 'Obvccdac ^(a rpotipMa iroidTai ^Kor^pac 
f\ bvo ^6val, iK bi Kuirplurv (sie edd.) iroXXai, xal 4k (om. A**) xf^c ^lxpdc 1Xid- 
boc ÖKTib xal TrX^ov (vera. Arab., irXdov öktU) A"), otov dirXuiv xpictc, 0iXokt/|- 
T11C, NcoirTÖXcfiOCf EOpOiruXoc (om.yers.Arab.), irTUix^ia, Adxatvai (om.vers. 
Anb.), *lX(ou ir^pcic xal dirdirXouc xal Civiuv xal Tpqidbcc. VgL Gndeman, 
PhUolog. LXXVI (1920) 260. 

Achills Sieg über Memnon bezeugt aus der »Kleinen Ilias* SchoL Pind. N VI 85 
(Frg. 2). — Für Astyanax* Tod durch Neoptolemos (Frg. 12) wird sowohl dtirt A^CXH^ 
6 Ti^v ^lxpdv IXidba irciroirixubc als auch 6 Tf|v TT^pciba cuvrcraxüic xuxXixdc itoitit^c. 
Als Teil der »Kleinen Dias' kannten die »Iliupersis' der gelehrte Exeget von Polygnots 
delphischem Leschebilde bei Pausanias X25ff. (C. Robert, 50. Berl. Winckelmanns- 
progr. [1890] 66), Lysimachos in Frg. ii und 6 (C. Robert, Bild n. Lied 228) und 
ein Homerischer Becher A4. 

2. Jahn-Michaelis, Griech. Bilderchroniken (Bonn 1873) Taf. I u. II. Tabula Iliaca A 
des Bcööujpoc im Capitolin. Museum (St Jones Catal. 165 Taf. 41). Die Inschriften 



l68 Viertes Buch. L 4, lAlAI MIKPA 

S. 67, 162 — 168 stehen unter den Reliefs des unteren der zwei Bildstreifen am nnlerai 
Rande der Tafelmitte, während 

IXt&c Vj ^iKpd XcTO^^ KQTä A^cxnv TTuppOtov 
mit andern Titeln zusammen im Mittelbilde zwischen den Schiffen und dem CcfTQUOV stdit 
a) Inschrift yerloschen: Tod des Paris (vgl. S. 30, 61). b) . . . aa . . Eurypylos' An- 
kunft?? (vgL S. 30, 62). c) CöpOiruXoc • NcoirröXe^oc (Kampf), d) 'Oöucccik • Aio- 
^f|^T1C • TTaX(X)dc (Entführung des Palladions), e) boOprioc Yinroc • Tp(jj(i)d6€c ical <^|i6- 
T€C dvdtouci Töv tinrov. f) TTpCa^oc • Civuiv. g) Kaccdv6pa • Cxaid itOXti. 

3. Homerischer Becher £ bei C. Robert, 50. Berliner Winckelmannsprogr. (1890) 30. 
Zwei Kampferpaare, zwischen dem einen liegt eine Rüstung, r. von demselben schleppt 
ein jugendlicher Krieger einen zusammensinkenden Gerüsteten nach r. Zwischen diesem 
und dem folgenden Kampferpaar Aufschrift: xaxd ironiTf)v A^cx^v | ^k Tf^c ^lKp&c 
nXidöoc I EN TfilN (oder AI?) fiOlirMA[xoi] | ^ciHavTCC irpöc | toOc *AxatoOc | 

M^xnv. 

Homerischer Becher F ebenda 3 1 : Widder wird von Aias (?) nach 1. gezerrt, nach 
r. eilt Frau (Athene?) auf einen nach L schreitenden Mann (Odysseus?) za. Die Reste 
der Aufschrift unverständlich. 

4. Homerischer Becher, Arch. Jahrb. XTTT (1898) 80 Taf. V (Winter), vgl. C. Robert, 
50. Berl. Winckelmannsprogr. (1890) 42, 1: xard iroir|Tf|v Adcxiiv | ^k xf^c ^lKpAc 
'IXidöoc: I KaracpirfövTOC toO | TTpid^ou iiri t6v ßu)^6|v toO '€pK€(ou Aide djiro- 
cirdcac N€oirr6|X€^oc dir6 toO Pu)|fioO irpöc tQ olic(|<ji KaT^cqpaSev. Vgl. Frg. 18. 

5. s. Biupersis A 3 — 5. 

6. [Herodot] Vita Homeri 15 — 16: dv 6^ tQ OuiKoii] toOtov töv xP^vov 0€CTO- 
piÖTfc TIC fjv TP<&^^aTa öibdocuiv to{ic iralöoc, dvf|p oö Kp/|TDoc* Karovoficac hi toO 
'O^fipou Tf|v iroiTfciv XÖTOuc TOtoOcöc aOnjfi irpodivcTKC, (pdc frot^oc cTvat Oepaireüctv 
Kai Tpdq>€tv a(hröv dvaXaßdiv, ci kW<Q\ d T€ (t€ edd., verb. v.Wilam.) irciroiim^a 
cIt) aiyx^ tiSiv iir^uiv dvaTp<iHfac6ai xal dXXa iroiilkv irpöc ^uajtöv dvacp^iv aiei. 
(16) Ti|» hi *0^/|pqi dKoOcavn IboiU, irotitr^a clvai raOra* iv6€f|C x^p fiv tiStv dvoTKaiunf 
Kai Oepairciric. biarpißiuv hi irapd T(p G€CTop(6i} iroi^ *lXtdöa tV)v iXdccu) . . 

Frg. i) Kai Tf)v KaXou^^v <t>uiKat6a . . iirci hk Tf|v t€ OuiKatba Kai TdXXa irdvra 
irapd ToO '0|yi/)pou ö Oecxopiöric i'xp&i^a'zo^ bievo^iOr) bn Tfjc <t>u)Ka(ric diraXXdccccBai, 
Tf)v iroiiiciv Ö^Xuiv toO '0|Li/|pou ^Ei6i(iicac6ai* Kai oOk^ti bf km\iOiti^ €lx€ 
t6v "OfiYipov . . . ö \xk>f öf) G€CT0pi6r)C Ik Tf)c <t>uiKa{nc dirnXXdipfi ic Tf|v Xiov koI 
öibacKaX^ov (öibaacaXir^v edd., verb. Laskaris) KaTCOceudcaro Kai rd Circa CmöciKvO- 
^cvoc ibc iuiuToO iövra Ciraivöv rc iroXX6v ctxe Kai üxpcX^TO. 

7. Suidas s. v. ^'O^Tfpoc . . dvacp^perat 6' cic aöröv Kai dXXa nvd iroi/)|LUiTa ' *A^a- 
Zovia, 1Xidc MiKpd, Ndcroi . . 

8. Schol. Euripides Troad. 822: . . t4) Tf|v ^tKpdv IXidba (Frg. 6) ireiroiTiKÖn, 
öv ol )khi OccTOpibTiv <t>uiKaUa (Ed. Schwartz, 0uiK^a cd.) cpadv, ol hi KivaiBuiva 
AaK€bal^övlov idc *€XXdviKOC (G. Hermann, ^cXdvtKOC ed.), ol hi Aiööuipov *€pu6pdlov. 
Tzetzes Ezeg. in Iliad. p. 45. 

9. Qemens Alezandr. Stromata I 21, 131, 6 p. 144 S, 398 P: Kai ^f|v Kai T^pirav- 
bpov dpxatZouc( nvcc '6XXdviK0C (Frg. 123 F. H. G. I 61) foOv toOtov Icropct Kord 
Mibov T^Tov^vai, <t>av(ac (F. H. G. II 299, 18) bi irp6 Tcpirdvbpou nOclc A^cx^v töv 
A^cpiov, *ApxiXöxo\i vciiiTCpov cp^pci t6v T^piravöpov, 6iTmtXXffc6ai bi t6v A^cxnv 
*ApKTivip Kai vcviKiiK^ai ... 132, i Kai raOra )kt^ npofixOrmcv, dri fidXicra ^v rote 
irdvu iraXaiotc toOc toO KOkXou iroiirrdc nOtoav. 

10. Eusebins Chron. Ol. 31: A^cxiic 6 Tf|v ^tKpdv IXidöa irotVicac Kai 'AXKpaiuiv 
VlK^a2I€v. 



Zeugnisse 1 69 

II. Proklos ChrestomaUiie II (Jahn-lificliaelis, Griech. Bilderchroniken S. Iii): *€(f)c 
6* ^ctIv *IXid6oc ^ixpAc ßißXia T^ccapa A^x^ui MtruXTivaiou ircpi^ovra Tdb€. 

1^ tOliv öirXurv Kpictc t^verat xal *O6uccc0c xard ßoi3Xr)av *AOr)v&c Xafißdvci, Alac 
6' l^^avfjc Tcvö^cvoc n^v tc Xeiav v3n *Axaid)v Xu^aCverai xal touröv dvaip^. ^eTd 
ToOra 'oSucccOc Xoxi^cac ''EXevov Xa^ßdvci xal xp^cavToc irepl Tf^c dXdiccuic toOtou 
Aiom/)6tic Ik AV^vou <t>iXoicTf|Tiiv dvdtei. iaOcic hi oOtoc öirö Maxdovoc xal ^ovo- 
^axi^cac 'AXeEdvbpqi icreivci. xai t6v vcxpöv {iirö MevcXdou KaTaiKtcB^vra dvcXd^evoi 
Odirrouct oi Tpdicc. ^€Td hi raOra Arficpoßoc *€X^v "^aya/^, ical NeoirröXcMOv 'Obuc- 
ceiic ^K CicOpou dTorul'v rd öirXa biöuici rd toO irarpöc xai 'AxiXXeOc aCm|» (pavrd- 
tezax. €()pi!nnjXoc hi ö TiiX^cpou iirixoupoc rote Tpuicl irapairivcTai, xai dpicreOcvra 
aÖTÖv dirotcT€(v€i N€01lTÖX€^oc. xai oi Tpdiec iroXtopxoOvrar xai *€iret6c xar* 'AOnvdc 
npoaipcctv töv 5o0p€tov Yinrov xaTacxevd2^€r 'OöucccOc t€ aixicd^cvoc ^auröv xard- 
CKOTTOC clc 'IXiov iTapaTiv€Tai , xai dva^vuiptcOclc dqp' *€X^c ircpi Tffc dXi/iccuic Tf|c 
vöXeujc a)VT(6€Tai, xrcivac t^ rtvac tOliv Tpdiurv inX rdc vaOc dcpixv^rai. xai fiCTd 
Taüra ciiv Ato^/i&ci tö iroXXd&tov ^xxo^i2!€i Ik Tf\c *lX(ou. Circixa clc t6v 6oOp€tov 
Tinrov toOc dpicrouc ^Mßißdcavrcc rdc t€ cxr|vdc xaracpX^Havrcc oi Xoiiroi tiXiv '€X- 
X/)vuiv clc T^vcöov dvdxovrar oi hi Tpuicc tuliv xaxdiv CnroXaßövrcc dtrnXXdxOai töv 
T€ 6o0pctov Yinrov clc Tf|v iröXiv clcö^xovrat, btcXövrcc ^^poc Ti xoO Tcixouc, xai 
cöuJXoOvrai Ujc vcvikiixötcc toOc "EXXiivac. Vgl. ApoUodor Bibl. EpitV6 — 15, Hygin. 
fab. 107, Rylands Papyrus 21. 

Die yKldne IliasS zuerst auch sie unter Homers Namen (A 6, 7) , dann namenlos 
dtirt, so von Aristoteles (A i) und hellenistischen Gelehrten (Frg. 3*, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 
9, 11'*'), dann vermutungsweise dem Thestorides, Kinaithon, Diodoros beigelegt (A 6, 8), 
wird schliefilich dem schon im V. Jahrhundert wohl von Hellanikos (W. Schmid, Rhein. 
Mus. 48 [1893] 627) hervorgezogenen, vom Lesbier Phanias dtirten Lesches an- 
gesprochen (Frg. 2^ 11', 12 ff., 25). Pausanias nennt ihn in der Beschreibung des Poly- 
gnotbildes der Delphischen Lesche stets A^cxcuic (ö Alcxv^^vou TTuppctloc), mit falsch 
aus dem Genetiv A^cxcu) gebildeter Nominativform (v.Wilamowitz, H* U. 341. W. Schmid, 
Rhein. Mus. XL VIII [1893] 626. Wackemagel, UmTer8.-Progr. Basel 1894, 31, i; da- 
gegen Immisch, Rhein. Mus. XLVIII [1893] 290). Nach C Robert (50^ Berlin. Winckel- 
maunsprogr. [1890] 66) erst von Pausanias zugesetzt, w&hrend seine Quelle ein gelehrter 
Kommentar der Polygnotbilder die ,Kleine Ilias' namenlos (X 26, i) dtirt habe. 

B. BRUCHSTÜCKE 

I [iK] 

I. Pseudo-Herodot, Viu Homeri 16: biarpißwv hi (ö 'O^iipoc) Trapd Tif» OccTopibi) 
iroicl 1Xid6a Tf|v ^Xdccui, fjc 1^ dpxf|* 

''IXiov deibui xai Aotpbaviiiv ^üttuiXov, 

fjc TT^pi TToXX' fTraOov Aavao\ OepdTrovrec "'Apnoe. 

I dciöuj steu in 11. Od. Hymn. Hesiod, ^cibu) nur HH XI i. XVH i. XXVI i; 
vgl. W. Schulze, Quaest. epic. 384. — Die anderen Hom. £p. bitten die Muse zu singen. 
. . ^OmuXov €551. TT 576. ß 18 ö. 2 irdXX' €ira6ov b 95 ö. ecpdirovTCC 'Apnoe 

6 79. K 228 ö. 

Vgl. zu Aithiopis Frg. i und 7C1. 



I70 Vürüs Buch. I. 4. lAIAZ MIKPA 

I. SchoL zu Pindiur Nem. VI 85 [Achill tötete den Memnon ,dx^^ ^TX^oc tOK^- 
TOto*]: OÖK bfi irapabpo^f|c hi SldicoTOv cTire t6 6öpu toO 'AxtXV^uic, libcavci ^€{Xtvov 
f\ Ti toioOtov a(Hrö €97) bi koivöthti, dXX' to ibtUrrcpov irapd t& dXXa KaTCCiceOacTO. 
bkpouv T<^f (bct^ bOo dK|uidc ^ctv xai |uit(Jt ßoXiJ (diCT€ tilgt Nauck) btccd rd TpaO- 
liora dir€pT<i^€cOau %a\ AlcxOXoc bt Niip€ta (is^)' ,icd|LiaKoc + cta xdfiaKOC T^ilKOiMa 
biirXdaov 4*' (k*» <piic(» T^ MiroXrov ▼. WiUmowitz, Gott. Nachr. 1894. ^ Ankg.). ical 
GxpoicXflc bt *AxiXX^c ipacrcAc (156)' ,ft bopöc 5lx6cTo^ov irXdicTpov' bdmixoi t^ 
öbövat ^lv fipiKOV *AxtXXii(ou böparoc' ^erdroua 6^ x^v Icropiov dirö rffc A^cxou 
^lKpAc IXtdboc X^vTOC oönuc ,dMq>l — alxM^'- 

3. Schol. Tw. tu Hom. TT 142 ,dXXd \k\y otoc Mcroro irf^Xat 'AxtXXcüc TTr^Xidba 
^cX{T)v'] . . oi 6^ irXdtTOvrat X^vrec ük: TTt^XcOc fiiv irapd XcCpuivoc f^aOc Tf|v xp^k- 
av a(h:f|c, 'AxiXXctic 6^ irapd TTf)X^uK:, ö 6^ oiib^a 4b(6aE€. xai 6 Tfjc fitxpAc IXtdboc 
iroinrfic ,d»A9i - «IXM^*. d^<pl hl iröpKTic 

XpOceoc äcrpäirrei Ka\ itC aurip blxpooc alxjuiifi 

Ans Aehüli Kanpf gegen Memnon O. Schroeder, Henn. XX (1885) 494. 

2 bücpoc alxiif|c 2, Micpo(ond u)oc b(i| i, Micpooc alxfif| Heyne, 6. dpbic ScaUger. 

Vgl. Z320 ircpl 5i xpvccöc 64€ iröpic7)c 

3[2K] 

1. Schol. sn Ariftophanet' Rittern 1056: 

,Ka{ KC Twfl (p4poi dx9oc, iirei kcv dW|p dvaedi). dXX' oök dv ^axkatT0* x^- 
catTO iiipt ^ Mox^catTo.*] *H Icropia toOtov t^v Tpönov Ifßx. dn 5i€<p^povTo ircpl 
Tdbv dptcrduiv ö tc Atac kqI 6 'Obucccik, dk qpriav d tV|v ^lKpdv IXidba trc- 
«otTiKiOc Töv N^CTopa 54 cu|AßouXcOcat rote *ÖXT)a ir^^Miai Tivdc 4S o^rdhf 6ird 
Td Tcixn 'nflOv Tpiduiv UiraKoucTficovroc ircpl Tf)c dv6pc(ac Tdrv irpoctpim^mrv i^pUmiv. 
ToOc 6<l ircfiq>6ivTac dxoOcat iropB^vuiv 6ta<pcpoM6miv irpöc dXX/|Xac, drv Tf|v ^^ 
X^iv ük: d Alac iroXO Kpcirriuv icrl toO *0b\icc4u)C, btcpxoM^rnv oühruic ,Atac — 
•ObucccOc* (I, 2). Tf|v h* Ir^pav dvTcmöv 'AOnvdc irpovoC^* ,inöc — Cctircd (3), ^icOboc. 

'AXXuic'toOto 4k toO KOkXou dcpcUicucTOi. X^rcrat hk kfd (dirö cd.) Tdhf Tp«f>döurv 
KptvouaXrv TÖV Alavra xal töv 'Oöucc^o. X^tctoi ö4 dTi oö tö toO AIovtoc CpTov, 
dXXd TÖ ToO 'Oöucc^uic 

2. Platarch in Alezandri fort, et virtote 11 $ p. 337 £: ÖOcv oök 4v tQ icTf|CCt vSjy 
draOCtiv dXX* bt Tt] XP^cci tö )xtf icdy . . . 'Apibdlov hi t(c dv iiroiricc M^rav, dv 
oi}hbt vr)ir(ou öiaq>4povTa ^ovovoO ciraproviiicac tQ irop<pOp<]i McX^orpoc de töv 
'AXcEdvbpou Opdvov 40r|KCv; cO t^ irotdrv, Tv* öqpOi] irap* fj^^pac ÖXirac inS»c dperQ 
ßaciXcuouav dvOpunroi xai tvSiC tOxi] * druivicrl) y^P i^T^MOviac öirokpiTf|v 4ircid|TaTCf 
fidXXov 6' ^bc 4iri cxiivf)c tö bidör^a xunpöv 6tcHf)X6c Tf)c olxoufi^viic ,xa( xc — 

dvaecin' (4). A!ac \xbt t^P äeipc xai ftccpcpc bnioifiTOC 

fjpuj TTriXetbiiv, oäb' fjOeXe bioc *Obucc€uc. 



TToic £Tr€9uiviicu); iroic ou Kard xöcjuiov fciirec; 
Kai K€ T^vfi (p^poi äx^oc, iirei k€v dvf|p dvaOciii* 

3 t{ C9* 41rc^ul^/)CUJ G. Hermann. 

I vgl. P 587! TT 678 f. vgl, ^xuCi^eed önioTfVroc = 129 »sw. 2 vgl flpuK 

'ATpcibiic A 102. o $2 ö. 6toc 'Obuccei3c A 145. a 396 ö. 3 oö xord köcmov 

8 12. e 179 ö. 



Frg.2^5 171 

3. Homer XS43: 

otii 6' AlavToc M'vx^ T€Xa^ulvtd^ao 

v6cq>iv dq>€CTf|icci K€xoXu)^^V1l cTvcxa v(icr)C, 
(545) '^v fitv ^n^ v(icT)ca 5tlca2:6^€voc irap& vnudv 

Tei^cav d)iq>* *AxiXfloc* CBi^kc b^ irörvia fi/tnip. 

ircAöcc hk. Tptduiv biicacav ical TToXXdc *A6f|VTi. 

ilic 5f) fif| 6q>€Xov vikAv Totitib* 4ir' d^Xi|»' 

Toiiiv ifdp KcqMxXi^v ^K* aÖTÜkv tctla Kor^qccv, 
(550) Alav6\ öc irepi fiiv ctöoc, ircpl 6* €pTa t^tukto 

Td»v dXXiuv Aavadiv |ui€T* d^0^lova TTnXetuiva. 

4. Schol. Hom. X 547 irotlbcc TpUiuiv dvrl toO Tpd»cc ibc ,ut€C 'Axaiibv* ical ,bucTf|- 
vuiv 6^ T€ ircrtbcc* (Z 127). oi q>ov€u6ivT€C 6ir6 "Obucc^uic Örc Atac t6 1r^I»^a 'AxiX- 
X^iuc ^CTa2:€v. — dOcTCt *Ap(cTapxoc. fj 5^ Icropia bn Tidv kukXiki&v. Vgl 
Ariitarch in Schol P719 (1. unten Nr. 5). 

5. Homer c 306: 

Tplc ^dicopcc Aavaoi xal Tcrpdiac, ot tot* ÖXovto 
Tpoiq hl cOpcdg "ifi^x^ *ATpd&qa <p^povTcc 
liic hi\ kf^ t' 69€Xov 6av^€iv ical itötmov tocic€lv 
flfiom Tiji drc ^oi irXdcroi x<>^K/|p€a boOpa 
(310) Tp<l>€C iir^ppii|fav ircpl TTiiXcTuivt OovövTt. 

6. SchoL Hom. €310: Oti öircpc^dxTlcav toO ci6)yurroc 'AxtXX^UK "Obucccöc xal 
Aloe Kol d yJbt IßdcTQcev, ö 6^ Atac Oir€pf|Cinccv die ical M TTaTpdicXip. Irrtam. 

7. SchoL A zn Homer P719, wo Aias den MeneUos avfTordert, Patroklot* Ldche 
foitiQtngen, während er selbst kämpfend sie decken wolle] Vj 5mXf) ÖTi ivTcOOcv toYc 
vcttiT^potcö ßacraZd^cvoc 'AxtXXcOc Oir* AIovtoc, 6ir€pacir(2Iury hk *Obucc€Üc irapf|icTat. 
d hk. '0^1lpoc ^TP<xp€ t6v 'AxtXX^uic OdvaTov, oök dv iiTo{nce töv vcxpöv 6ir 'AIovtoc 
pocToId^cvov, die ol vcdiTcpoi. 

8. AIA$ mit der Leiche des A+ll^l^^EVS aof der Schalter auf beiden Henkeln der 
Vase des Klitias und Ergotimos, FurtwSngler-Reichold Taf. L a. 

4[3K] 

1. Eustathios suB 5S7p. 285, 34R. 216B (aus Porphjrrios; Schrader, Herm. XIV 
331): Cti Kai TaOra toO TTop<pup(ou (iv Totc clc t6v ''0^r1pov) . . . (ki ö tiP)v fiiKpdv 
IXtdba TPdvac icrop^l ^rfik KauOf^vai cuvf)0uic töv AtavTa, Te6f)vat hk oOtujc bt 
copCp bid Tf|v öpT^v ToO paciXduic 

2. Sophokles Aias 1047 ff. 

3. Apollodor BibL Epit V 7: 'Ata^^Mvuiv hk. kuiXOci t6 a£i^a aÖToO (AlavTOC) 
Kaf)vat, Kai ^dvoc oOtoc tiXiv ^v 'IXtqi diroOavövTuiv ^v copip KdTar ö hk TdqxK 
^crlv ^ *PoiT€(ip. 

5[4K] 

SchoL B Tw. D EusUth. p. 1187, 16 R, vgL Schol. Cod. Parisin. 2679 (Gramer, 
An. Par. m 26) zu Homer T326: Achill beklagt Patroklos 

,o(^ \tJb9 T<ip Ti KOKiIrrepov dXXo irdOoi^i | oOb' cT kcv toO iraTpöc dmxpOi^ivoio 
iiu6o{^]r)v, I , . . i\k. t6v 8c CxOpip ^ot hi\ Tp^9€Tai cpiXoc uidc | cT irou £ti Sldici yc 

NCOWTÖXC^OC 6€0€tb/|C.'] 



Frg.9—'3 175 

4. Plntmrch CamÜliis 19, 7 p. 138C: £vf|vox€ 6^ Kai ö 8apiT|Xiüii¥ ^i^ toIc ßopßdpoic 
iinft/|Xouc druxioc' icai t^ *AXäav6poc M Tpavtirtll toOc ßaciXtoc crpcmiTOÖc 6ap- 
TnXuihfoc Mxa xal Kapxn^^^vtoi trcpi OiccXiav <m6 Ti^oX^ovtoc ^^m&vro Tf ißböiiQ 
^vovToc, ffcpl f\v boKd Kai t6 IX10V &Xdhmi, toO 6o|iinf)^^i*S^voc, Uk *€90poc (F. H. G. 
I 335) Kai KaJÜUc^B^c (Frg. 15 Script. Alex. M 16) Kai AaMdcrric (F.H.G. n 66) koI 
MdXaKOC (F. H. G. I 354). V^L Dionys. Halle A. R. I 63 Eoripides TftMd. 547 C 
Hckai>e 914. 

12 [19K] 

Pawtinim X 26, 2 ans dem gelehrten Kommentmr des Polygnotbildes JQnpenls* 
in der Lesche za Delphi, vgL 5. ninpenis Frg. 4 — 14: T^TpaMM^vat ^ M KXivi|C 
^«^ TO^TOC AT)tv6^n '^ xai Mirnöxil Kai TTddc Icn Kai KXeo6CKr|' to^tuiv Iv 
IXtdöt KaXouM^vi] M^Kpi^ lidvnc icri tö övoiia Tfjc Afitvöfiiic, Ttfhr b* dXXunf i^ol 
boK^ cuW6tikc Td övöfiara ö TToXOrvurroc 

13 [18K] 

1. Tzetzes SchoLzn Lykophron 1268: A^cx^ic 5' ö Ti^v ^tKpdv IXtdbo «c«(Nr|- 
Kd>c 'Av6pO|idxi1v Kai Aivdav (ebenio xn t. 1232 p. 352, 28 Aivdöc alxfuiXurroc kfiidc 
te6 NcowToX^ou, dk <pr)av ö Tf|v ^ucpdv iXtdöa ire«otf|Ki(K, aber Irftam des TseCtes» 
der an die 5 Vene des Lesches 6 weitere aus SchoL Enrip. Andronu 14 unpassend ash 
schloft, wo de filschlich anter Simmias Namen [Herm. Fiaenkelt Gotting. Diss. 1915. 37 t] 
stellen). VgL Max Schmidt, Tftnka (Gott Diss. 1917) 45ff olxMaXiirTOUC 9f|ci bo6ftvai 
t4i *AxiXA^uk uUfi NcoKToX^qi Kai dvax^vai cOv a^r^k de ^opcaXiov Tfjv 'AxiXIwc 
«oTpCba. 9iid hk oÖTUKi 

ouTop *AxiXXf)oc ^€TaOt}^ou 9a(5i^oc ul6c 
'€ktop^i1V dXoxov Kdrorrev KotXdc £irl vf^oc, 
iraiöa V ^div äc köXitou iOirXoKd^oio TtOifjviic 
^Ti|i€ iroböc Terornbv dirö irupTOu* töv \k ir^covra 
S AXaße nopqpupcoc Odvorroc Kai ^otpa Kpotrat^. 

bn b' CXct' 'Avöpoiidxnv /iiMUirvov irapdKOtnv 
*6KTOpoc, ifv T€ ol aÖToi dpiCTf)€C TTovaxaidhr 
bdiKav ^x€tv Miipov d|i€tßd^€vot i^pac h?i^^ 
a^TÖv t' *ATX^cao kXut6v 'fövov iimoM^oto 
10 Aivcüiv bi vT|uciv ^^f|caTO novrovöpolciv 

^K irdvnuv Aavadrv dy^^cv y^pac Soxov dXXiw. 

I oCrrdp 'AxiAXcüc A 348 'Ax. Mcr* 9016. viöc T i^ 2 kot. KOiXdc M v. € 26 

32 TgL H 78. u) so o. 3 TgL irp6c KÖXirov iu&ibvoio Ti6f|vnc Z 467 4 ^ «066c 
TCT. dwö A 591, VgL Q 735 t6v 64 ir^covr A 4^3 o. 5 — € 82. TT 333. Y 476. 

2. SchoL sn Eoripides Andromache 10: ,«otl6a 6' 6v tixTUi ic6cci ^^pd^vra «üpxuiv 
*AcTudvoKT' dir* öpOüuv, iird t6 Tpoiac ctXov *€XXi|v€C ir46ov^ Aucaviac KOTTfrop^l 
€dpt«(6ou KttKilK: X^TUfv aöröv ^€iXi|q>4vat t6 irap* 'OM/|pqi (fi 735) XcxO^* ,^ nc 
'Axatdiv ^HP€i x^^P^ 4^^^ ^^ irOpTou* oöx ^ mlmuc tcvömcvov, dXX* dKaZdiACvov 
ÜKci CXcTC KOTOKoniOyicccOat t6v iraiöa f\ Tt dXXo. HdvOov 64 t6v t& Au6tKd tp^&vovra 
(Lücke T. Wilamowitz, vgL Strabo XIV 680) . . . CTi^dxopov (20) )li4v T&p (cropdv 
6n TcOWiKot, Kai t6v t^jv TT€pc(6a cuvTcraxöra kukXiköv iroiT)Tfiv 6n md 
dv6 ToO Tcixouc ^KpOcin ' ip f|KoXou6iiK4vat €6ptir(6r|v. AkK t€ m4v oI «paov aöröv Kai 
irdXctc oiKicat Kai ßaciXeOcai, dirv rdc 66Eac Audpaxoc bf ti|i öcvr^ptp Tdrv Nöcruiv 
dWrpasfCV (Frg. VII, vgL S. 30 Radtke) . . . 



ircpi TTobaXetptou xal Maxdovoc üic A^<pui fiiv TTocci^i&voc ficav, (a) ,^r€pov 5*iTdpou 
icub(ov' l6t)K€v*, ö TToccibdiv övtXabV), (3) ^ \Jikt Kouip, — ^ (8) yönMO*. 

AÖTÖc TÄp cq)iv Ö>uiK€ traxfip +*€voctTaioc 7r€C€iv+ 

ä^q>OT^pOlC, {T€pOV V ilipOX) KUb(OV* £6llK€V' 

Ti|i )Ay KOu<poT^pac tj^ojc nöp€V £k t€ ß^Cjiiva 
copKÖc dXeiv TfifiSai T€ kqI EXxea Trdvr' dKdcacOai, 
5 1^ V dp' dxpiß^a TidvTa dvl cr/jOecciv £diiK€V 
dcKond T€ Tvu^vai xal dvoXOto IdcacOat* 
öc ^a Ka\ ATavToc irpurroc ^dOe xufOfi^voio 
^^^aTd T* dcipdiTTOvra ßopuvöjüievöv tc vöimo. 

I irorVlp vouaf)Xta iroidv Welcker, Heyne verb. iraiciv und erkl&rte es als Zusatz 
SU d^q[>OT. ▼. 2, schrieb in i iraTfjp kXut6c *6voc, Daebner irarfip t^pa *€voc 
2 Kubtov* Enst., k06iov T 5 iravT* €vl T Enst., verb. Schneidewin crfiOcav T 

6 Kai k' T dvaXe^* ökacOat East (/|cacOat Kinkel 8 öfi^crr' der. Enst. 

I ainhc t&p C(ptv Ibunce B 612 kXutöc "Ew. I 363. G 440. 1423 o. 5 M 

crfieccciv Wtikc HH I 519. vgl. tj 258 6. u 328, M er. r63 o. 6 ificacOai € 899 
8 vöiiMa fi40 Hesiod Theog. 656 Op. 129 Scut 88, 222 

3 (3K] 

SchoL sn Enripides Troades 31: ,ical rdc )iJbf (Tpipdöac) 'Apicdc, rdc hi OccccüUk 
\L\hc clXfix' 'AOiivaiujv xe Onc^öat irpd^oi*] €vioi raOrd 900 trpöc x&pxyf cipf)cOot' 
^TfO^ (Cobet, ^f) cd.) ydp €iXii<p^at [bn tilgte Cobet] toOc ircpl 'Alcd^avTa icai Af)- 
^(KpdhrTa k.K Tiliv XacpOptuv dXXd fidvrrv Tf|v AYdpov, 6i* f\v Kai d9(K0VT0 clc IXtov 
M€V€c66uc fJTouM^u. Audfiaxoc (Frg.VI Radtke) hk töv Tf|v TT^pctba ir€iroir|- 
Kdra 911CI irpd<p€iv oi^ruic . 

Oriceibaic b' firopev bi&pa Kpeiuiv /Ata^^^vuiv 
i\hi. MevecOf^i ^eTGtXif|Topi npi^^vi Xauiv 

I 8r)ce(6iga hi b«£ipa irdpc Koechly 

I (€ÄpO) Kpctuiv *At. A 102. T248 o. 2 iroificvt XaiHv B85 ö. 

Da Lysimachos in Schol. Eorip. Andromache 10 (Frg. Vn Radtke) mit dem Qtat 
6 Tf)v TT^pciöa aivTcraxtifC denselben Epiker beseichnet, der fnr dieselbe Tatsache bei 
Tsetzes A^qc^l^ 6 Tf)v ^lKpdv 1Xid6a genannt ist (Frg. 12), so ist anch hier diese 
Gleichung gesichert. 

4— »5 

ans dem gelehrten Kommentar des Polygnotbildes ,Ilinpersis* in der Lesche zn Delphi 
bei Pansanias X 25 ff. Das Citat 25, 5: A^qc^iuc iy *!X(ou ir^po6i wird stets mit 
A^q(€U)C wieder aufgenommen, nur 26, 2 steht ohne Dichtemamen lv lXid6i fiiKp^l 
(Frg. 12). 

4 [KL II. 12K] 

Pausanias X 25, 5 f.: T^Tpuirai hi TÖv ßpax(ova 6 fAtriyc, Ka6& bf| Kai A^cxcuic 
6 AicxuX(vou TTuppatoc £v IXiou ir^pcibt iiroincc* Tpu)Of)voi hk im6 Tf|v \käxn[f 
toOtov, f^v ^v tQ vuKTi ^^ax^cavTO ol Tpdicc, im6 'A^^y|TOU 9iici toO Aöt€(ou. 

12* 



l8o Vi^rUs Buch. I. 5. lAlOY TTEPZII 

5paiLi2K] 

Pansanias X 2S»6: rdTpoirrai hk ical AuKOfifj^nc iropÄ t6v M^ra 6 Kptovroc, 
^uiv rpaO^a M ttp Ka(m(|i' A^cxcuicb' oOtui 9iiclv aOröv 6ir6 'Affivopoc Tpu>6f)vat. 
bfjXa oOv ilic dXXuic t^ oök Av ö TToXiyTvuiTOC CrpoH'^ oOnu rd €^xll C9(av, cl fi^ 
iircX^Earo xijv ito(T)civyroO A^cxcu). 

6 [KLD. 19K] 

Pausanias X 26, i : tiXhf 6^ TUvatKdhf nSiv ^eroEO rf^c t€ AlOpcu: Kai N^cropoc 
ddv dvuiOcv TOÖTUiv aixMdXurrot koI adroi KXuridvT) t€ Kai Kptouca Kai *AplCTo^dx^ 
Kai HcvobiKT). KXu^iviiv \kt^ oOv Crr^cixopoc k^ IXiou irlpoöi . . . dicaOruic 6^ Kai 
*ApiCTOfidxriv iirodicev bi Nöctoic . . . Hevo5(Kr)c hk \kyr\\Loyel)Cwna oük oTba oötc 
noiirr^v oÖTC öcoi X6tuiv cuv6^at. kxA hk tQ Kpeoüagi' X^ouav d>c Vi 6€dFv ^xiynxp 
Kai 'Aq>pob(TT) bouXdac dir6 *€XXf|vuiv aÖTf|v IppOcavro, elvat ydp hi\ Kai Aiv€(ou 
Tf|v Kp^oucav luvdtKa* Aicxcuic &£ Kai Im] rd KOirpta (Frg. 20) 6i56actv €Opu- 
ftCimv t^votlKa Alvda. 

7 [Kl. II. 14 K] 

Pantanias X 26,4: 'AcrOvoov hi^ oö bV| iiroificaro Kai A^cxcuic (uiWiiuinv, ir€irnjj- 
Köra 4c T^vu ö N€01rTdX€^oc SC<pei iriUl 

8 [KIIL13K] 

Pamanias X 26,7. 8: *O^Y)poc (r205) |i^ t^ 46f|Xuicev ^ IXtdbi A^cveXdou Kai 
*0bucc4uic E€v(av irapd *AvTf|vopt (r 205), Kai die *€XiKdovi /j AaobiKf] cuvoiKodi v^ 
*AvTf|vopoc (F 123)' A4cx€Uic 64 rerpuipivov töv '€XiKdova 4v tQ vuKTOMaxüjt Tvtu- 
ptc8f)va( T€ 6ir6 *06ucc4uic Kai iSoxO^ai &£rvTa 4k Tf)c |yi<&xiic <piic(v. 

9[KlILx5K] 

Paosaniai X 27, i : NcKpol 64 6 m4v y^^vöc TFfiXtc övofia 4irl t6v vd»Töv 4cnv 
4pptiyi^4voc, 6ir6 64 t6v TTf^Xiv TlioveOc t€ Kdrai Kai 'A6^?)toc 4v6€6uk6t€c 4n toöc 
BdipaKac Kai aöntrv A4cx€iuc *Hiov4a 6ir6 N€oirroX4Mou, t6v 64 6ir6 0iXoKTf|Tou 
9iiclv diToOavdv t6v ''A6|üinT0v. 

10 [KLn. 15K] 

Pansanias X 27, i : *A9(k€to \xbt 6f| 4irl t6v Kaccdv6pac ö Kdpoißoc T<&|uiov, dir4- 
6av€ 64, ük: |üi4v ö irXduiv Xöroc, 6ir6 N€oirroX4fuiou, A4cx€uic 64 6ir6 Ätof&]^6ouc 

4ll0(]lC€V. 

11 [KLIL15K] 

Pansanias X 27, 2: TTpla^ov 64 oOk diroOavdv l<px\ A4cx€iuc 4id tQ 4qc<^ toO 
'GpKcCou, dXXd dirociTac04vTa dir6 toO ßw^oO irdpcprov ti^i N€oirToX4^qi irp6c rate 
Tfjc ohdac T€v4cOai OOpaic (ygU 4 A 4). 

12 [Kl.n. 15K] 

Pausanias X 27,2: *Agiova 64 ird!6a cTvai TTptd^ou A4cx€Uic Kol dnoOavdv aördv 
imb EöpumiXou toO €öa(^ovöc (p^a. 

13 [KLIL15K] 

Pansanias X 27, 2: ToO *AT^vopoc 64 Kard töv aÖTÖv 170111x^1 v NcoirrdXc^oc 
a(rr6x€tp 4ct(' Kai o(hiu <pa(voiTO dv "ExckXoc |üi4v ipoveuMc 6 *AT^vopoc öir6 *AxiX- 
X4uk:, 'At^vuip 64 airröc 6ir6 toO N€OT^roX4^ou. 



14 [KLU. 17K] 

Pansanias X 25, 8: Adcx€iuc hi ic Tf|v AlBpav iiroiTfcev, i^vfaca V^Xiocero "IXiov, 
(nreScXOoOcav kc t6 crpoTdirebov a(nrf|v dcpm^ctei tö '€XX/|vuiv Kai öirö nSiv tia(6uiv 
TvuipicOf)vai ToO Giic^iuc, xal ibc irap' 'ATa^^^vovoc ahficat ATmoqNliv aÖTf|v. ö hi 
iKdvifi ^^v iB^civ x^P^ccSai, iroif|C€iv 6^ oö irp^epov CqpT) irplv '€X^v irdcau 
dvocreiXavn bk a(m|) xfipuKO CötuKCv '€X^ Tf|v x<&piv. 

Apollodor bibl. epitom. V 22. Vasenbilder bei Wernicke bei Panly-Wissowa, R.-E. 

I 1109,21. 

l5[Kl.ILl8K] 

Paasanias X 25, 9: f^po'irrai ^^v 'Avöpo^dxil Kai 6 iroAc oi irpo<J^CTr|Kev iXöjiC- 
voc ToO ^acToO. ToOTip A^cx€U)c ^t<p^vTi dirö toO icOptou cu^ßf^vat X^ci Tf|v tc- 
Xeun^v, oö fif|v (mö bÖTMQTÖc T€ *€XXf|vu)v, dXX* Ib^ NconröXc^ov aÖTÖxctpa 18c- 
Xfjcai T^^cOai — Kl. D. Frg. 12. 

Schol. zu Euripides Andromache 10: ,iron6a 6* 8v tIictui iröcci ^iq>0^a nOpttuv 
'AcTudvaKT* dir' 6p6iu!v, iircl t6 Tpoiac elXov 'exXTjvcc ir^öov*] Aucavfoc KoniTOp^ 
€öpiirti)ou KaKUfC X^inuv aOröv ig€iXTi9^at t6 irap' 'O^^qi (fi 735) X€xO^' 1^ Tic 
*Axai(£rv ^(^lei x^^P^c ^Xdiv drrö iruprou* oöx die irdvnüc x^vö^evov, dXX' clicaZö^evov 
il»c€l CXcre KaTaKau6/|C€c6ai töv ircA6a f) n dXXo. EdvOov hk töv Td Aubticd TP<lMKtVTa 
(Lücke ▼. Wilamowitz, vgl. Strabo XIV 680) . . . CTT)dxopov (20) \it^ f^ kropelv 
An reOvi^Koi xal töv Tf)v TTcpciba cuvrcraxöra [kukXiköv iroir)Tf|v fln Kai 
dirö ToO Tcixouc ^tq>6e{ir) * ip fjxoXouOiiK^ai 6öpiir(6T|v. dci yc M^ oT <paav aöröv koI 
iröXcic olxicat xal ßaciXcOcat, ilrv rdc ÖÖHac Aud^axoc bi t4» bcur^pqi Tilrv Nöcrunr 
dv^TpaV€v (Frg. Vn, Tgl. S. 30 Radtke) . . . VgL Kl. Ilias Frg. 13. 

C. ZWEIFELHAFT 
16 [4 K] 

1. Diomedet Gramm. Lat 1 477 Keil: alii a Marte ortnm lambom ttrenmim dncem 
tiadnnt, qni com crebriter pugnas iniret et telom com damore tor q aeret , dirö ToO clfii 
Kai ßa(vui (Ladwicht apo tu dm Kat ban edd.) lambut appeUatnr: iddieo ez brevi et 
longa pedem hanc esae compotitum, qaod hi qni iacnlentur ez brevi accestn in eztensiim 
passam profenntar, at promptiore nisa teils ictom confirment Aactor hoint vibratkmii 
(Ubrationis edd.) Arctinas Graecos bis yersibos perhibetor: 

6 'la^ßoc 
il öXiTOu biaßdc irpiKpöpip nobl 6q)pa^ o\ Tvia 
T€ivÖM€va ^(IioiTO Kai cöcOevic clboc Ix^cx. 

2 ofra oi gya (gria) edd., ö<pp' oi Keil, TÖ<pp* Ixx Naeke, iroö(, KOtkpa hk p^ 
TCtvop^vqi ^UiovTO K. c. €l6oc ^xovTi Peppmoller, Jahrb. 133 (18S6) 466 ö<pp*, 09i 
V^a . . . ^otTO, Kai . . . Ladwich, Berl. phil. Wochenschrift XXTT (1902) 962 Allein X 
442 ist bei Homer vor dem o( der 3. Person EUrion eingetreten (pa\h* of), die lonier 
behandelten oi wie das h aspiri im Franzosischen: Wackemagel, Sprachl. Unters, sa 
Homer 108 3 f|6o€ Ladwich, Tgl. A 576. C80, Hesych. f(boc i\boyt{j Kai öq)€Xoc. 

2. Hesych. 'la^ßoc övo^a tröXeuic ircpi Tpoiav. Zar Iliapersis Wdcker, £p. CykL 

II 529. Radermacher, SiU.-Ber. Wien. Akad. 187, 3 (1918) 82, oder zor Titanomachie? 
Vgl. Aithiopis A 8. 

Zar Iliapersis gehört wohl noeb das Bmehitück natcr 8 C 3. 4. 



l8f Viertes Buch. L 6, NOITOI 

6. NÖSTOI 
A. ZEUGNISSE 

1. Saidas (Hesych.) s. r. *0^i)poc . . dva9^p€Tai bi de aöröv Kai dXXa tM 
iroif||LiaTOU *A^aZov(a, *IXt&c fiiicpd, N6ctoi . . 

2. Proklos Chrestomathie II (Jahn-Michaelis, Griech. BUderchroniken ii2): cuvduret 
hk toOtoic (Totc Tffc IXiou ir^paöoc) t& ntiv Nöctuiv ßißXia ir^vre 'Aylou Tpoi- 
2Iiiv(ou ircpi^ovra Tdbc. 'AOr|vA 'Atafi^vova Kai Mev^aov €ic Cpiv KaOicnia «^ 
ToO iKirXou. 'Ara^^^vuiv \kt^ oOv töv Tf)c 'AOiivdc dEtXac6^evoc x^^v Imii^vcL 
Aio)yi/|br)c hk taX N^cnup dvaxO^rrec cic Tf|v olxciav biacifiZovrai. )ui€6' oOc iicicXcöcoc 
ö McWXaoc ^eT& irdvre vcd^v clc ATtuhtov traponivcTai, Tdrv XoiTn£»v biaq>6ap€ici&v 
vctfhf bf x<^ ii€XdT€i. oi 6^ iccpl KdXxavra ical Aeovr^a Kai TToXuiro(TT)v irc^Q iropciH 
66rrec de KoXoq>d»va KdXxovra (Tetpcdov edd.) ^vraOOa TcXEun^cavra Mirroua. 
Til^ (Tbv edd.) hk trcpi t6v 'Axa^^vova diroirXedvruyv *AxiXX^u)c dbuiXov ^mqfNxv^ 
ireipftrai biaicuiXtov npoX^ov tÄ cu^ß1lc6^eva. cTB* ö ircpl tAc Kaqnip(6ac ir^rpoc 
btlXoOrat x^^t^ Kai i[ Afdvroc <p^d toO AoicpoO. NeoirröXc^oc hk O^nboc öno- 
6€fi^c tpeC^ irot^lrai Tf|v iropdav. Kai iropaTcvöficvoc de 6p^KT)v *Obuccda Kora- 
Xofipdvei bß t4 Mapuivc^i, xai t6 Xoiir&v dviki Tf)c öboO icai TeXcur/icavra Ooivucd 
Odirrci' aörbc hk de MoXoccoöc dq>tic6fievoc dvorvuipCZerai TTiiXct ^€tTa (tr^. Heyne) 
*ATafid^vovoc im6 AiricOou toii KXurai^ficrpac dvaipeO^vroc öir' 'Op^crou ical TTuXd- 
bou Ti|Mup(a Kai MevcXdou de t^v oticdäv dvoico^tbf|. VgL ApoUodor BibL Epit. 
V 25— VI 12; Hygin. &b. 116. 

3. 'Atiac Kai A€pKOXoc SchoL Enripid. Troad. 16 (TgL Paosan. II 24, 3), Qemens 
Alezandr. Strom. I 21. 104. i (— ,K1. Dias« Frg. il) nnd Athenaios III 86 F {bi 'ApTO- 
XiKOtc) ist nicht mit dem bei Proklos far die Kosten genannten Epiker zu identifidrea 
F. H. G. IV 292 nnd 387, anch nicht A^Tcfac fAriac Müller) ^v a' 'AproXtKOhf in 
SchoL Twl. (-■ EnsUth.) A 690. S. Iliapersis A 3. 

4. Homer. Becher, C. Robert, Areh. Jahrb. XXXIV (1919) 7^^- Taf. 6: [KOTd t^ 
icoiiTrf|v] *A[TCav] ^k tiäv [N6]ctwv 'AxCaiJdhf. Odvaroc 'Atqm^^vovoc Der auf dem 
Speisesofa bekränzt liegende 'AtQIU^MVIUV wird ton Aigisth mit dem Schwerte ange« 
griffen. Auf drd neben ihm liegende Gef&hrten, im Begriff za entfliehen, 'H[v(oxoc?], 
*AXK^^Ulv, Mf|CTUip AtdvTOC zacken beschildete Genossen des Aigisth *AvT(axoc nnd 
'Aptdoc Lanzen. KXuratfificrpa schwingt über der Ldche des *ATa|ui^^vulv das Schwert; 
anf die hinsinkende Kaccdv[bpa. 



Die Kosten, dem Homer beigdegt (K l), werden bd Proklos (A 2), vielldcht auch 
auf A 4 dem Agias von Troizen gegeben, der auch in der Liste der Diebstähle bd 
Qemens Alex. (Frg. 7) als VC dieses Epos gemdnt schefait, während Hegias bd Paar 
sanias I 2, i (Frg. 9 über der Amazone Antiope liebe nnd Verrat) mit ihm nicht 
identificirt werden darf (v. Wilamowitz, Honu Unters. 342). Sonst steU namenlos citiit 
(Frg. 1—6). 

B. BRUCHSTÜCKE 
i[iK] 

ApoUodor BibL H 23 : 'k\k\}yabvr\ U ^k TTocabOhfOC txtnn\ct NaöirXiov. oötoc 
fiaKpößioc T€vöfi€VQC, irX^v Tf|v edXaccav, 4|iir(irrouav . *irt eovä-np imipco^öpci 



Frg. /— ^ 



183 



(Kuhn 4&ucq>6p€i cd.) . . CrnMC i^^ ^ M^ oi tporucoi X^oua KXu^dviiv n^v Karp^uic, 
die hk ö ToOc NöcTouc TP<&HfOC 0iX«)pav, die 6i KipKunti 'Haövr)v, xal ^r^vviicc 
TTaXafAi)bT)v Olaxa Naiiafi^bovTa. 

2[2K] 

I. Schol. Hom. 6 12 [Megfapenthes, des MeneUos Sohn hti 6oiiXr)c]: a(hii die ^hi 
*AX€H(uiv tTCtple (auch Tf)pia oder i(f|pi), die hk £vtoi f ^T^nipie 6uTdTr)p Z€uH(irm|e 

(ZcuHiinrou Eustath.), ^c hk ö Td)v Nöeruiv irot?)Tf|e fy^ (auch y^ 'ne). [tiv^ 
5^ erg. Dindorf.] AoOXf^e K0pi6v <paa bi& tö ^r)6diroT€ oOrui Xdrciv t^ irotiiTf|v 
Tfpf 6€pd'natvav' 5i6 ical t6 ,€lc 6 kc e' f| dXoxov irot/jeerai ft ö t^ ^oi^Xitv' (r409) 
dOcToOciv. Vgl. Stephan. Byz. reria . . f^e tö 46vtKÖv, oö t6 xOptov. £en b^ Gpf- 
KiKÖv £Ovoc, Icn Kai OriXuKdie ftoe. 

Andere Fassung: oi \kk>t icOptov t6 AoOXiie, oi 6^ Ti]pi6dT)e' Tripibdr) (auch ropib. 
und CT€tpiib.) T^ TÖ KOpiov aörf^e 6vo|yux. 

a. Apollodor BibL m 133: Mev^Xaoe ^iv oOv iE *€X^e *€pfii6viiv iT^wr^ec koI 
Kord Ttvae NiKÖcrpaTOv (Hesiod Frg. 122, Kinaith 3), 4k 5oöXT)e (64) TTtcpCboe T^voe 
AlTuiXiboe, f\ KoOdircp 'AKOueiXaöe ^r\^\ (28) Tr^priiöoe McrairivOri, 4k Kvuieeiac 64 
vO^qnie Kard €Ö)uit)Xov Zcvöbafüiov. 

b 3 — 19 sind interpolirt (Atöbuipoe ö 'ApiCToq>dv€toe bei Athenaiot V 180 E, 
Hennings Odyssee 86), Schlüsse daraus auf das zeitliche VerhUtnis der Nosten zur 
Odyssee also unstatthaft. 

3-4-5[3— 5K] 

Pausanias aus gelehrter Beschreibung der Polygnotgem&lde in der Lesche zu Delphi: 
Odysseus im Hades. 

3. X 28, 7: ba(^ova cTvat rdlv 4v 'Aibou q>adv oi A€Xq>d»v 4£TnilTai t6v €öpO- 
vo^ov Kai ^ Tde edpKae ircpiceOict ti&v vcKpdiv, ^öva e9(eiv diroXeCnuiv rd öcrft. 
^ b4 'Ofi/ipou iroiiioe 4e *0buee4a Kai 1^ Mivude tc KaXou^i4vii Kai oi N der 01 — 
\kyi\\kr\ xdp bf) 4v raöraie Kai 'Aibou Kai Tühf 4k^ bciiidruiv 4eTiv — Icaav oöb4va 
€öpövojLiov bai^ova. 

4. X 29, 6: 4eTi b4 ireiroiT^iva 4v Nöerote MtvOou |üi4v tV|v KXum^vhv Ouroripa 
etvai, T^m^eOat hi oOrfiv KcqidXiii t^i Aiiiovoe Kai T€v4eOai C9iav 'kpucXov «alba. 

5. X 30, $: irepi hl (Ma^e) ireirotim4vo 4cTiv 4v Nöerote diccXMv ^4v icope4r 
vov 4x1 4E dvOpdmurv, Ouroripa \A aÖTf|v cTvai TTpofrou toO Ocpedvbpou, töv 64 
clvat IieÖ90U. Vgl. ApoUod. Bibl. H 29. 

6 [6K] 
Liste der Alten, die Medea verjüngte, erhalten in 



I . Hjrpothesis zu Euripid. Medea p. 1 37. 
IG Ed. Schwartz: 

1. ig: 0€p€KÖbiie b4 Kai Zi^uivibiie 
qNxciv die i\ M/)b€ia dvcMii^eaea töv Idcova 
v4ov iroifiectc. p. 138, i: AiexöXoe b* 4v 
Tode AiovOeou Tpo<pote ierop^l, ön Kai 
TÖc Aiovöcou Tpo9oOe ficrd Tdiv dvbpdrv 
aOrdiv dvc^i^caca 4veoiro(nc€. 

p. 137, 12: ircpi b4 ToO irarpöe aöroO 
Alcovoe ö ToOe Nöeroue iroif)eae 97)- 
elv oOTuie 



2. SchoL Aristophan. Ritter 1321: 



i\ Mfjbcia Xirerat, ^^ ^4v AicxöXoe 
ieTop€l, TÖe Tpo9oiie toO Aiovtkou d9€- 
Hii^eaea dvavcdeai iroif|eat juiCTd rdw dv- 
bpdiv aÖTdiv. 

die b* ö Toöe NöeTOue irotficac 
Kai TÖV Aleova X4tuiv oÖTuie 



l84 Viertes Buch, L 6, NOITOI. 7. ATPEIAÖN KAGOAOI 

aÖTiKa b' ATcova 8fiK€ q>iXov KÖpov fißubovra 
Tf)pac äizoEAcaca ibudjct TrpaTribecct 
9dp)LiaKa ttöXX' Sqiouca dvl xpuc^oici X^ßticiv. 

I q>{Xov] trdXtv oder koXöv (Aristoph. R. 132 1) Koechly 2 diroSOcac' clö. edd., 
verb. Elmsley 3 C^ouc* edd. itd edd., verb. Schneidewin. 

1/2 T^pac diroEOcac 6f|C€iv vdov i^ß(6ovTa I 446 ,K6pov statt KoOpov ist ebenso 
auffällig wie KCvUiceicv statt KCividcctcv in Kyprien Frg. i. 6* Wackernagel 2 Ibudga 
npoiribccciv A 608 Z 380. 482 rj 92 3 qpdpfuiaKO, noXkh \xiy/ ^cOAd 6 230. 

7 [8K] 

Qemens Alezandr. Stromat. VI 2. 12. 8 p. 743 P in der Liste der literarischen 
Diebstahle: 'AvTi^dxou tc toO Tr)(ou clirövroc (in den *€ir{ToVoi? vgl. Schol. Aristoph. 
Frieden 1270) 'iK T&p biiipuiv troXXd xdK* dvOpiimoia ir^ovrai* 'Ayiac (Thiersch, 
airxiac corr. aus aÖT^iac cd.) dno{T)C€v 

buüpa Toip dv6pu)Tru)v voöv fiTTaq)€v i^bi xal fpxa. 

dvOpuütruiv] dOovdTUiv Nanck zu Tragic. Frg. anonym. 434 S. 932 : öilipa kqI Ocoöc 
(y. 1. co<poOc) iTapif)Tra9€v. VgL Hesiod Frg. 272 bOCipa OeoOc irciOct, 6dip* alöoCouc 
ßactXf)ac, Euripid. Med. 964 ireCBciv bdipa %a\ OcoOc Xöroc, Ovid A. am. III 653 mn- 
nei«, crede mihi, capiunt hominesque deosqne, Proverb. Coisl, 117 (Leutsch I 235). 

C. FALSCHES 
8[9K] 

Eustathios zu Homer irii8 ungenau und confus über Telegonie (s. S. 188), Lysi- 
machos und Sophokles (vgL Parthenios 3, ApoUodor Bibl. Epitom Vn 40), hat also 
auch das Nostencitat falsch zu einer Telegonienotiz gesetzt: . . 6 b^ toOc Nöctouc 
ivotf|cac KoXo<ptiivtoc TrjX^Maxov \ki)f <piia Tfjv K(pKT)v Oercpov T^fiai, Tr|A^ovov hk 
t6v bn Kipicric dvxiTflMOi TTTpfcAdiniv. 

Vgl. Proklos Telegonie Schluß Kai cuvoixd Tfl yiiy TTiivcXdiq) TtjX^ovoc, Kipicij 
hi Tr)X^^axoc. Alb. Hartmann: Tod des Odysseus (19 12) 97. 

9[7K] 

Pausanias I 2, i : toOttiv Tf|v 'AvTidiniv TT(vbapoc )xbi 0ir6 TTcipCOou xal 0ticdu>c 
dpirac6ftvai, TpoiZiiviifi bd*HTi<]i Totdbe ic aörfjv ireiro{r)Tat* *HpoicX^a Gc^tocupav 
TToXtopKoOvra Tf|v ^iri 6€p)uii6bovTi ^€lv ^1^ bi^vacOai, Giidujc hk ipacO^cav 'Avn6iiT)v 
— CTpaT€Ocat T^p d^a 'HpaxX^ xal Br\cia — iropaöoOvat [tc] t6 x^P^ov. Vgl. 
V. Wilamowitz Hom. Unters. 342. 



Frg. 6—9 + i-i. THAErONIA 185 



7. ATREIAiiN KA0OAO2 

Nur bei Athenaios dtirt. Wenigstens 3 Bücher (Frg. 2}. 



Athenaios IX 399 A: ^lOar ö Tf|v vSjy 'Arpeibdiv xdOobov ir€iroiT)Kdic iv 
Ttj> TpiTip 9y|dv. 

'Icov b* '€p|Liiov€uc TTOcl KopTrotXi^oici ^eracinliv 
Miüac ^TX^* vuEc 

«;n>ac ed., \poiac Kaibel; vgl. Phot. L. s. ▼., Phrynicb. p. 300 Lo. irod KOpira- 
Xi^otci TT 342 H. H. m 225 TTOcl KpaiTTvotci ^€Tocta(lv P 190 E 33 ftxxa viJEc 
E 579 n 404. Vgl. b 535 X 412. 

2[Nost 10 K] 

Athenaens Vn p. 281 B C: q>iX/|6ovov b* oi iroiT^Tal xai töv dpxcAöv q>aa 
TCv^cOat TdvToXov. 6 toOv Tf|v tuiv 'ArpeibOCiv noiVicac xdOobov dq>iKÖ|bievov 
airröv X^ct irpöc touc Ocoüc kqI cuvöiarpißovra iSoucloc tux^v irapd roO At6c 
alTf^cacOat ötou ^friOufict. t6v bk Trp6c Tdc diroXaOccic dirXf|cnuc biaKcfiievov öir^p 
airrSiy t€ toOtuiv ^v€(av iroiif)cac6ai xal toO tf^v töv aOröv xpöirov Totc 6€otc l<p* 
olc dravamficavTa töv Akt Tfjv \iiy cöxfjv diroTcX^cai 6id Tf|v (nröqceav, ömuc bi 
^rybiy diroXaOri tüjv TrapaKCivi^vujv dXXd biorcXQ TaparrÖMCvoc, imip Tf[c K€qKiXf|c 
tiE/jpniccv aÖT$ ir^Tpov, bi* 5v oö bOvaTat rCty 1rapaKet^^vulv tvx^v oö6cvöc. Die 
Rache des Thyestes erforderte Erklärung durch Geschichte des Geschlechts. 

ZWEIFELHAFT 



Servius in Vergil Aen. XI 267: secimdiiin Homemni Qytemest» Agamemnoni 
occnrit ad litus et ilüc eum sosceptum cum adoltero inter epnlas interemit 



8. THAETONIA . ©ESÜPÄTE 
A. ZEUGNISSE 

1. Easebios Chronik Ol. 4 . . Gnaethus Lacedaemonius poeta qui Telegoniam 
scripsit agDoscitnr. 

2. Ol. 53: EöydM^wv Kupr)va1oc ö tV|v TT^XcToviav iroif)cac ^yviupiZcTO. 

3. Qemens Alezandr. StromaU VI 2. 25. 2 p. 751 P 267 S (^ Eosebios Praep. 
Evang. X 2, p. 462 D) über literar. Diebstähle aÖTOTcXdic ydp Td ^^puiv 0<p€Xö^€voi 
\bc \b\a ^£f)V€TKav KoOdtrcp €ÖTdM^ulv ö Kupffvatoc ^k Moucaiou tö ircpi Occ- 
iTpiüTuüv ßtßXiov ÖXÖKXnpov. Vgl B I GccirptuTk. 



i36 



VierUs Buch, L 8. THAETONIA • GEinPÖTIZ 



4. Proklot ChrettomatheU n (Jahn- 
Michaelii, Griech. BUdcrchroniken 121). 

firetra Tr)XeTov(ac ßißXta Mo €ö-> 
Td^fiuivoc KuprivaCou, ireptixovra rdbc. 

a) ot juivf|CTop€C intö vSxy irpocriKöv- 
TUiv Odirrovrau 

b) Kai X)6uccc0c OOcac NO^qMllc clc 
*HXiv diroirX^ hnace«|iö^evoc t& ßouKÖXta 
Käl levitffTai Jtapä 1ToXuSdv(|i M>p6v tc 
Xa^ßdvct KpoTf^pa xal M ToOrqi rä 
ircpl TpoqHlivtov Kai *ATa^f|br)v Kai A^ov. 

c) CireiTO elc 'lOdKnv KarairXeikac t&c 
incö Teipcdou ^T^Odcac tcX^ Oudac. 



Kai ^ctA ToOra clc OeorpurroOc 
dqptKvdrai koI to^^ KaXXtöixnv ßaciX(6a 
Titiv OcciiptUTdhr. 

iireiTa irdXcfioc cuvCcTorai Totc 6€c- 
npuiTOtc icp6c Bpt&TOuc *0&ucc6iic ftTOv- 
fiivou. 

ivroOda 'Apr|c toOc iicpl t6v *0bucc6i 
Tp^ncToi, Kai oöt4» de ^uixnv *AOr)vft ko- 
Bkrarar toOtouc fi^ *Air6XXiuv biaXöci. 

^erd Tf)c KaXXtbbdic TcXcurfiv Tf|v ^^ 
ßaciXdav btab^ctai TToXuirofTT)c "Obuc- 
c^uic uiöc, aörbc b* clc *IOdKr|v d9tKv^Tat. 

(Dies ans der SecnpuirCc bezeugt bei 
Pausan. Vm la, 5 1. B i. 

d) Kdv TOi>n|i Tt)X^voc 

M £f|TT|av ToO iRiTpbc irX^uiv dirößdc 

€lc Tf|V l6dKI|V li^VCt T^IV vflCOV 

lKßonOf|cac b* "Obucccöc (mö toO irai- 
bbc dvaipdrai kot' dtvotav. 



TnX^voc b* iiriTvoCic t9\v dfüiapriav 
t6 t€ toO inrrpöc cdi^a Kai rbv Ti^X^^a- 
xov Kai Tf|v TTiiv€Xöin)v itpbc Tf|v ^n- 
T^a ^eO(cTT1a. 

Vi bk aÖToOc dOavdrouc iroid. 

Kai cuvoiK^ Tf) |üi^ TTrivcXöni) Tr^X^ovoc 



Vgl. Tsetzes Schol. Lykoph. 815, S. 
262. 20. 



KipKQ bi TnX^fiaxoc. 



Apollodor Bibl. Epitome Vn 34 — 37: 
CObucccOc) OOcac b^'^Aibq Kai TTcpccqpdvq 
Kai T€tp€c(<][ ireZq bid Tf)c 'Hircipou ßabC- 
luiv elc OecirpurroOc irapafiverai Kai Kard 
tdc Tetpedou |yiavT€(ac 6ucidcac iSiXdc- 
Kerai TToceibdiva. 

i\ bä ßaciXeüouca t6t€ Oecirpuinlrv 
KaXXib(KT) KarafA^civ aörbv yjflou Tf|v 
ßactXctav a<n(p boOca . • . ji\nac bi KaX- 
Xib(Kf)v B€cnpwvSjy ißadXcuce 

Kai iiidxQ vS/y irepiolKunf vik^I toOc 
^mcrpoTcOcavTac 



KaXXib(KT)c bi dnoOavoOcnc r^ iratbi 
(TToXutro(Tigi 34) Tf|v ßaciXelav dirobiboiic 
de l6dKr)v irapaTivcraiy 

Kai c6p(cK€i ^K TTnveXöirnc TTroXtiröpOnv 
a{mfi TCTcviiiLidvov. 

TtiX^ovoc bi irapd K(pKT)c fiaddiv dn 
werte 'Obucc^uic icrCv, 

tax Tf|v toOtou tftrrjav ^KirX^ iropa- 
1rev6^evoc bi de 'lOdKi^v ti?|v vflcov dir€- 
XaOvci Ttvd TiDv ßoe»i|LidTuiv, 

Kai *Obuee^a ßoiiOoOvra Tili fierd x^- 
pae bdpan TnX^oyoc <TpuT6voc erg. 
Bücbeler^ K^pov rVjv alxjuii^v Cxovn n- 
TpUiCKct, Kai 'ObucecOe OvfiCKei. 

dvaYvuiptcd^evoc bi aördv Kai troXXd 
KaTobupdjicvoc, t6v V€Kp6v ^Kal^ Tf|V 
TTrivcXdmiv npde KlpKiiv drei, 



KdK^ Ti\y TTiivcX6in)v yoMd. 
KipKf) bi ^Kar^poue aCrroOe de Maxd- 
puiv W|cpvc dnocr^XXci. 



Zeugnisse. Frg. i 



187 



5. Hygin. fab. 137: Telegonns Ulyssis et Circes filias missas a matre at genitorem 
qnmereret tempestate in Ithacam est delatas ibiqae fame coactus agros depopnlftri coepit, 
cum quo Ulysses et Telemachus ignari anna cofntnleiunt Uljrsses a Telegono filio est 
interfectas, qaod ei responsam faerat, at a filio caperet (Wilamowitz, careret cd.) mor- 
tem, quem postqnam cognovit, qni esset, inssu Minervae cam Telemacho et Penelope 
in patriam redienmt, in insulam Aeaeam ad Circem Ulyssem moitnnm deportaTenmt 
ibiqae sepaltarae tradidenmt . eiasdem Minervae monita Telegonns Penelopen, Tele- 
machns Circen daxenmt nzores (=» 4 d). 

6. Lykophron Alexandra 795 : Odyssens, endlich heimgekehrt, stirbt sehr alt icrcvd 
ht T^Hfac irX€up& XoCtioc ctövuE | K^vrpqi bucaXOf|c £XXoitoc Zapötuvticftc | K^uip bi 
miTpöc dpTa^oc KXii6/|C€Tat | *AxtXX^uic bdimoproc a(hrav6|iioc (»» 4 d). Paraphrasis : 
diroKTCvd hk t6v *0&'ucc^a TOvaca t& irXeupd i\ ÖX^ptoc aixjüi^ x^vrpov £xovca 6uc- 
OcpdireuTov Tf)c TpuTÖvoc ZapbuivtKf)c. ul6c 64 toO irarp^c qx>v€Oc 6vo^acOf|ceTai, 
Tf)c 'AxtXX^toc TUvaiKÖc Miibeiac dEdbeXcpoc, TnXirovoc. Tzetzes SchoL Lykophr. 815 
S. 262. 30 Scheer am Schlüsse einer Inhaltsangabe der Odyssee ol hk. Tdfv ^VT)CT/|pUlv 
cuTT^^c ^aOövTCc t6 y^TOvöc irpCErrov fi^v elc Tf|v *Ob\)cc^c olidav ^Oövrcc Od- 
mroua to{)c vcxpoüc (»14 a), £irciTa 64 ical aörol öirXic64vTcc 4S4pxovTai irp6c t6v 
dTp6v *06ucc^ iroX€fAf|COVT€C, *AOnvAc 64 ßouXl) q>iXioOvTat ical t6 vdicoc KaTairai^ 
ouov. *O6ucc€0c 64 elc €öpuTftvac (vgL Lykophr. 799) ^voc *Hirc{pou Kord xpilc^6v 
IXOdrv Oi>€i Td vevo^ic|Li4va (» 4 b) xal tTlP<^^c drav 6irocTpaq>€lc KTcivcroi irapd 
TtiXctövou, toO 4k Kipicric fxirtOf T€vvii04vtoc uioO. ical rd >4v Kord t6v *06ucc4a 
oflrwc tx^K. VgL Schol. 805 (»- 4 d). Sophokles 'O6ucc€0c dKavOoirXf|E f\ Ndrrpa 
f^ Pacnvins Niptra. 

Telegonie, nie far Homer besengt, Engammon, Kinaithos, Mosaios beigelegt, war 
also ebenso herrenlos wie die andern Epen. 



B. BRUCHSTÜCKE 



Pansanias Vm 12, 5. Beim arkadischen Orchomenos yf^c X^^MO ÖH'il^v' 1Tt)V€- 
Xömic 64 ctvai Tdq>ov qniciv, oOx ö^oXotoOvtcc Td 4c aörViv iroif|C€i ^tQ> 6cc- 
irpiuT(6i övoMaZo^4vi3. 4v raOng ^4v t^ 4cn tQ irotVicei 



4iraW|Kovn 4k Tpo(ac •06ücc^ T€köv Tf|v 
TTnvcXdvTiv TTToXiirdperiv iiat6a. 



MavTiv4uiv 64 6 4c aOr^v Xdtoc TTiiv€- 
Xdtrriv <pT)clv (iirö '06ucc4u)c Kaxcrrvui- 
cO^cav idc 4inciracToOc 4caT<iT0iT0 4c xöv 
oIkov, kqI diroir€|i<pertcav M aöroO, tö 
|i4v irapa\rr(Ka 4c AaK€6a{^ova dircX6dv, 

Xpövip 64 OcTcpov 4k Tffc ZndptT^c 4c 
Mavrivciav ^eroiKf^cai. 

Ka( ol Toö ßlou Tf|v TcXcuTfjv 4vTOöeo 
cu^ßf^vat. 



ApoUodor Bibl. Epit VH 3S ('ObucccOc 
4k tiDv 6€CTrpumI)v) cic IMki^v iropori- 
verai Kai €6p(cK€t 4k TTrpfcXömic TTtoXi- 
iröpÖTiv a(rr<{i T€T€vim4vov. TiiX4tovoc 
64 ... s. oben A 4 d. 

38 Tiv4c 64 TTr|V€XdirT|v (Mf6 'Avnvdou 
qpOapdcav X4Touav 6irö '06ucc4uic irp6c 
TÖv iraT4pa iKdpiov dirocroXf^vai, 



Tevo^4viiv 64 rf^c *ApKa6(ac Kord Mav- 
rivciav 
4S *€pfAoO TCK^v TTdva. 



i88 



Viertes Buch, I. g. Unsicheres 



EnsUthios zu Homer ir ii8: 6 hi Tf)V 
TT|X€TÖv€iav -xpäy^OiC KupT)vatoc 
^K Miv KaXu^foDc Tt|X^ovov ü16v "Obuc- 
c€t dvaTpd9et f\ Tr^X^öaiiov (TT)Xc5airöv? 
V. Wilamowitz). 

bn hi TTiTvcXömic TT|Xd|uiaxov kqI 'Ap- 
KCcCXaov. 

KaT& hi Aud^axov ui6c aÖTifi iH €(i(ir- 
m^c 6€CirptuT(6oc A€ovTÖq)pujv 8v dXXoi 
AöpuxXöv q>aa. Zo90KXf|c hk Ik Tffc 
atrrftc EOpOaXov, Sv dir^icreivc TT1X^^axoc. 



VonderKirke nach allen anderen Zeugen. 



Telemach d. Ptoliporthes nach Apollo- 
dor Q. Pansanias. 

Nach Parthenios 3 (Icropet Zo<poKXf)c 
EöpudXqi) zeugte Odysseus in Epirus mit 
Euippe den Euryalos, den Odysseus tötet; 
nach ApoUodor BibL Epit VII 40 mit der 
Tochter des Thoas in Aitolien den Leonto- 
phonos. 

Proklos am Schluß der Telegonie: cuv- 
oiKCt Tfl M^ TTiivcXöinj TiiXdrovoc, KipKig 
hi TiiX^^axoc. 



6 hk. ToOc NöcTouc iroif|cac KoXoqxd- 
vioc TnX^jiaxov ^dv t^a Tf|v KipKiiv 
öcT€pov T^fxai, T»]X^ovov hk t6v kx 
KfpKYic dvTiTf\|uiai TTiivcXdiniv. 

• 

Eustathios zu ir 118 confus: 6 hk Tf|v Tv)X€TOv{av Tpdi|fac KupnvoAoc ^k )kbf 
KaXuipoOc(!) TfiXdrovov ui6v 'Obucc^ dvorpdcpei fj TriX^&aiiovt, £k hk TTnvcXöinic 
TiiX^^axov Kai 'ApKedXaov. kotA hk Audfiaxov ul6c a(m{i kl. €ö(innic Gecirpwriöoc 
AeovTÖcppuiv 8v dXXot AöpuicXöv 900. CoipoxXftc hk (FTG. S. 178) ^k rf^c aOrf^c €(i- 
pOaXov icTop^ 6v dir^icT€iv€ Ti]X^^axoc. d hk rode Nöcrouc (Frg. 8) iroif|cac KoXo- 
qHibvtoc T1lX^^axov ^^v (pT)ci Tf|v KipKiiv {lcT€pov T^^at, TnX^ovov hk töv ^k K(pKr)c 
dvTiTftMai TTT|V€Xöirrjv. VgL ▼. Wilamowitz, Hom. Unters. 183. 

Zur Telegonie gehört noch das Bruckstuck unter 9 D 4. 



9. UNSICHERES 

A, HOMERCITATE, WOHL AUS KYKLISCHEN EPEN 



[Platon] Alkibiades n I49l>: €{)pif|C€ic hk xal irap' *0fAif|p4i Ircpa irapairX^cia 
ToOrotc cipii^^ct. qniciv f^p toüc TpüJac £irauXiv irotoufüi^uc £p6€iv dÖavdToici 
TcXii^ccac ^QTÖMßac, Tf|v b^ xvtcav kK toO trcbiou toOc dv^Mouc q>^pctv oOpovöv cTcui 
/|6€lav' Tf)c b* oö Ti OcoOc ^dKopac bar^ccOat, oö5' dO^ctv* 



4 lidXa T<ip C91V äinixOcTO ''IXioc Iprj 

5 Kai TTpta^oc Kai Xadc ^umiieXtu) TTpidfioio. 



Also: 



I ^pbov V dOavdTOict leXri^ccac ^Karöf^ißac 
KvicTiv b' Ik irebiou £v€^ot 9^pov oöpavdv cTcui 
f)b€tav. Tf]c h* oö Tt 8€o\ lidKapec baTtovro 

4 oöö' fOeXov \i&\a jAp C91V usw. 
I B. B 306 2 B G 549 3 6. M« a- A 127 ^ 61 o. 

^Z449 4VS — ß27f- 

Barnes setzte die Verse nach 6 547 ein. 



4^ Y216 



Frg, /— ^ 189 

2 

Plutarch de lera numiDii vindictA 557 D: ical fAf|v oö iioJlOc xp<^voc, (if^^* oO Aoicpol 
ir^irovT€C cic Tpo(av tr^rauvrat xbx. irapO^vouc 

a^i Kai dvajüiTT^xovot tu^voic ttocIv i^Gt€ boOXai 
i^otai caipecKov *A6T)vatiic ircpl ßu)fiöv 
vöccpt Kpiib^)ivoio Kai ci ßapu t^pac Ik6voi 

bid Tftc AlavToc dKoXadav. 

2»» vgl. A 448 

Seit Toupins ohne Grund dem Euphorien (Meineke, An. Alex. 165), von Herwerden 
der Ilinpersis zugeteilt VgL t. WllamowitZy Diu o. Homer 389. 

VgL Apollodor Bibl. E^rftome VI» 20 f. Lykophron 1141 mit SchoL (TImaiot, 
Kallimachos). 

3 [S. 47, 1 k] 

' Aischines Timarch. 138: X^yct T^p die Q^ihbt ^cnv dbiKiürepov q)f||Liiic ... 140 ircpi 
6^ Töv Tiliv dvdpdnrwv ßiov xal tAc irpdE€ic di|i€ubf|c nc dir6 TaÖTOfAdTou irXovdTai 
«pfmri ... xal O0TIUC ^apr^c ^cn xal oö trcTrXacfi^vov 8 X^rui dkO' cdpficerc xal Tf|v 
iröXiv fmdiv xal toöc irpOT^vouc <l>fmT)C die 6€o0 ^€T{cTr)C ßuifiöv I6pu^^uc xal t6v 
*0^1lpov iroXXdxic (v Ti} IXidbt X^ovra irp6 toO ti tClTv ^cXXövtuiv tcv^cOcu 

(pyjjuiil b' eic crpaTÖv fiXOe. 

Nicht in der Dias, die ^f\\ix\ nicht kennt Dies Wort nur ß 35. u 100. 105, Hesiod 
Op. 760. 761. 763, Frg. 93, 2. 

Vgl. Welcker, £p. CykL I 124 n. 153, der an die , Kleine Ilias« dachte, Hiller, 
Rhein. Mus. 42 (1887) 337. 

4 

Athenaios IV 137 E: CöXurv \Ä rote ^ irpuraveiqi arou^^voic )Msx^ irap^X^tv X€- 
X€Ö€t, dpTOv hk Tottc loprctlc irpociraponO^fai fAifAOÖ)yi€voc t6v '0^^pov' xal t^ 
ixdvoc ToOc dptcitlc cuvdruiv irp6c t6v 'AtaM^fivova 

9up€T0 b' äX9iTa 
<pildv. 

,Die Stelle steht nicht in unserer Ilias, weder B 404 noch H 3 1 1 oder I 89, wo sie 
erwartet werden könnte. Sie wird einem kykUschen Epos angehören, wahrscheinlich 
den Kyprien, in deren Composition ein Ton Agamemnon in Tenedos reranstaltetes 
Gastmahl von besonderer Bedeutung war, da Philoktet von demselben ausgestoßen wurde 
und Achill, durch die Art der Einladung beleidigt, in einen ersten yerhängnisYollen ZorU' 
ausbrach.' Benndorf, , Altgriechisches Brod', Eranos Vindobonensis 1893, 379* 

5 

[Dcmosthcncs] Epitaph. 29 ^füi^fiviivT* 'Axa^avribai Tiöv imZiv hi otc 'O^nP^c 
cYvcxa Tf^c ^iiTpöc 911CIV Al9pac 'Axd^avr* eic Tpoiav crdXai. 



Dio von Prusa LH. 14: oö ^övov iretroiT^xc (6 €öpiir{bT)c) t6v "Oöucc^a irapa- 
TiTv^MCvov (dv A/mvtp), dXXd fi€Td toO Au)^/|bouc, '0^iiptxd)C xal Toi^TO. 

Apollodor Bibl. Epit V 8: 'ObucccOc |üirr& Ato^f)bouc de AfJ^vov dq>ixvclTat 
irpöc OiXoxryiTiiv. 



t^ Viertes Btuk. ' L g. Unsicheres 

1 
Pünias N.H. XXXV 96: peritiöres Artit praefemnt omnibns eins (Apellis) operibns 
• . . Düuiam sacri/learUium virginiini choro mixtam, qnibas vidsieHomeri yertus videtar 
id iptnm defcribentif . 

Von Sillig: PUxüi pnefatio iet Über XXXV (1849) p. 62 und Welcker, £p. Cykl. II> 
517, 13 den Kyprien zugeschrieben. 

8 

Epiphanios adven. baer. Tom. n lib. i baeres. 21, 3: kqI toOtou Iv€K€V dvoipcd^^CTai 
aM\y (*€X^v) 5iorrp<&<p€tv 'O^ripoc hri miptou 4cTT|Kdvat ical b\ä Xa^1rd6oc (mo- 
qKifvciv Totc *GÜliia Tf|v Kord n&v 0pUTiXrv hnßouX/iv. 

Vgl. Hippolytos refnt omn. baerei. VI 19 p. 145, 8 Wendland: . . AXXvfrop^l Kai 
Ti^v '6X£viiv d^a tQ Xo^iirdöi. VergU Aen. VI 5x8: Scbwddewin-Knaack, Rhein. Mus. 
48 (1893) 632. Das Homerdtat ist irrtümlich. 

B. ANONYME, VIELLEICHT AUS KYKLISCHEN EPEN 

STAMMENDE VERSE 



Didymos zu Demosthen. XTTT 7 CoL 14. 18 (Berlin. Klassik.-Texte I 67) über bffxdc: 
T&c b* bpTf&bac dX^crrd t€ xal dXcri irpooiT^PCuov dir6 rf^c cic t6 \if\Koc dXc€uic 

£v6a Tpidiov S\}ia xa\ f)pia MouveiTOto (?) 

fipiov bd Homer nnr Y 126. dXfia nnr Lykophr. 319 über Laodike Ton der Erde 
▼erschlnngen da, wo des Ahnen (Tros) Hain nnd Killas Grab: 

^ Yv' dX|Lia irdinrou xal XQMCuvdboc ^6pot 

Tfjc Xa6pov0fiq>ou tröpnoc |üi€)üitTM^oi 
CKÜ^vtp K^x^rrrai (d. i. Mouvdnrqi Schol.) 
Daranfhin irerrontet Wackemagd im obigen Vers i\pia MoDviinroto. 
Schol. Lykophr. 319: dXfUi vOv t6 dXcoc irapd t6 dXXcc6ai ical aOEccOai Td q>UTd. 
ndimou bi toO Tpuiöc. bc^ce bk AaobCicf) 6iu)ko^^ (hnrö n&v *€XX^vuiv tcarciröOTi. 
■B Etymolog, genuin. dXfia. 

2 

Pariser Papyros Letronne irepl diro<poTtKOjv hrsg. von Bninet, Notices et extraits 
de ms. de la biblioth^ue imperiale XVUI (1865) 20 >» Stoiconim veter. firg.H S. 57. 
180. 20 ▼. Arnim: cl *ATa^^^vulv oOruic dir^qniCKCv ,oök — Hf}y (so)*., 

oÖK iq)d^rlv 'AxiXf^t xoXÜJCCiv fiXKipov f^Top 
i)b€ fuidX" dKirdiXuic, ttiü fi iiidXa ^ot (piXoc fi€V. 
I dXiüMOv firop € 129 o. 2 ^KirdrXuJC ö. ^ircl fj n&Xa A 156 K465 q>(Xoc f^cv 1 21 1. 

C. KYKAIKOI 

Horaz A. P. 136: ^ 

nec sie incipies ut scriptor cyclicus olim: 
,fortunam Priami cantabo et nobile bellum'. 

Schol. des Pseudoacro: Antimachus sie inchoavit Vgl SchoL des Porphyrio zu 
A. P. 146 ,ncc rcditum Diomedis ab inteiitu Mclcagri*] Antimachus fuit cyclicus poeta. 
hie adgressus est materiam, quam sie extendit, ut vigiuti quattuor volumina implereritt 
antequam septem duccs usque ad Thebas perducerct. Vgl. A 2 und KL lUas B i. 



Frg.y^S. Anonyme Frg. Kyklikir Frg. i — 6 igi 

2 [— Welcker, Ep. CykL I 49] 

i. Scbol. AD zu Hom. V 34a : *€X^ . . irpOT^puic Ovo 9r)c^c fk|mdci8f| . . 6id t^ 
Ti?|v tAtc tcvo^^v ApircrrAv "Aqiibva icAXtc *Amic^c iropO^ai xal TtTpi(»CKeTOt Kdcnup 
(ncö 'A<pfövou ToO t6t€ ßaciXiuic kotA töv öcEt^v ^f)pdv. ol \A Atöocoupoi 8r|C^uic 
M^l TUX^vTCC Xaq>upaTurroOa t&c *A9(bvac CAOfjvac A). i\ icropia trapA toVc TToXc- 
^uivioic (TcXa^uMotc Cd. Vatic9i5: Philg. XI 1856. 168) f\ toIc (firoi D) kukXikoIc 
Kai dirö ^^uc irap& *AXk^Avi lip XuptK<|i. ify icT. ir. kukXiicoIc cd. Lddcni. Voss. 64 
Valcknaer.) 

2. ApoUodor BibL m 128 unmittelbar nach Helenas Enengnng aas den Kyprien 
^VL* 7> ^) ^u^<^ ^P^^ I. 23: TCvo^^v 6^ a^Tf|v xdXXo bioirpciif) 6iiceöc Aptüdcac 
de 'A9(6vac (cd. i. Hand nnd Epit. S. 'A6if|vac die andern) dK6^lC€. TToXuftct&Kiic 6i 
Kai Kdcnup ^mcTparcOcavTCC hi 'Aibou 6t)c^uic 6vtoc alpoOa Tf|v tröXtv Kai Tf|v 
'€X^vT)v Xa^ßdvouct küI Tf|v Gt^c^oic MV|T^pa AlOpav difouav atxMdXurrov. 

3. Plutarch TheSeus 31. 32. 

4. Homer. Becher K bei C Robert, 50. Berlin. 'Wlnckelmannsprogr. (1890) 46: 
GiiccOc dpirdcac Tf|v '€X6niv irpiI^TOv ^bi aörfpf de K6piv6ov | cItcv de *Adf|vac . . 

3 [— Welcker, Ep. CykL I 51] 

SchoL zu Hom. h 248 — Eustath. p. X494, 56: ö kukXiköc t6 AäcTQ övo^onKdic 
dKOÖci irap* oO 9110 t6v 'Obuccto rd ^kt) Xaßövra ^€TT)|yupu&c6a^ 6c oök fjv iv TOtlc 
vaud toioOtoc otoc 'OöucceOc dxpdoc. VgL Kl. Ilias B 9« 

4 [- Welcker, Ep. CykL I 68] 

SchoL sn Homer h 285 — 289 (Menelaos enShlt, wie Helena in Ilion vor dem höl- 
zernen Pferde die Stimmen der Gattinnen der Achaierhelden nachgeahmt habe) : f'AvTUcXoc 
6^ dk t' oIoc d^diifücOai iir^ccav f^OcXcv* dXX* "ObuccOc M fidcraKO x€pcl idcZcV] 



'ApCcropxoc Toöc ir^vrc dOerd, iird ht 
IXtdöi oö ^vrmovciiet 'AvtCkXou ö irotr)- 

T/|C. HO 



ö 'AvtikXoc hu ToO KOkXou. oök 19^ 
povTO hk qcc^^ ^ ndcatc oi ir6rrc. td 
Tdp Tf^c btaO^ceuic 9uxpd. H 
(ApoUodor BibL Epit Y 14.) 



5 [* Telegonie i k] 

Zu Homer ß 120 ,Tvp€b t' AXK^f|VT) TC €ÖCTi9av6c tc MuKfiw)*] ist das Scholion 
doppdt erhalten in nnd bei 



Schol. zu Hom. ß 120: . . . MuKf|VT) 
Ivdxou OirrdTiiP xal McXiac Tfjc "QKcavoO, 
fic Kai 'Ap^CTOpoc (Buttmann, dpiCT€pdc 
codd.) *ApTOC, die iv T^i KOkXiv qp^perat. 



Pansan. H 16, 4: Tai>n|v (MuKf|Vf|v) 
dvat OirraT^pa Ivdxou, TwctlKa hl 'Ap^cro- 
poc Td kwt\ X^€i, d bf| *6XXi|vcc KaXoOav 
Tlotac ^^To^ac (146 Rz.*). 



6 [- Welcker, Ep. CykL I 61] 

SchoL ABD zu Homer V660: Oöpßac dvbpcidraTOC tiSiv Ka6* a(rröv tcvö^cvoc 
(nrcpfiqKtvoc hk itutmi^v VIckiiccv, Kai toOc mIv irapidvrac dvatKdZuiv dTuivi2;€c6at 
dv^pci, <)it6 hi Tf^c iroXXf)c (nr€pn9av(ac yißoOXcTO Kai irpdc toOc OcoOc t6 (cov 9p6- 
vrma €x€»v. bi6 *AiröXXuiv TlapaT€vö^€voc Kai cucrdc aönji dir^KTCtvcv aöröv. ÖSev 
iE ^Kcivou Kai Tf^c iruKTiKfJc £9opoc ivofiiceTi 6 ecöc. 

Vi icTOpCa irapd rote kukXikoIc. 



i^ Viertes Buch, IL Hyfotheiü bereinigt und etgänxt 

4 
Schol. TX88: oi v€(6T€pot t6v NcohtöXcmov €lc Tf|v ''Hirctpov ^6^ X^ODCt. 

5 
Sohol. Tw za V89: Patroklos flol^ zn Peleus ,öt€ irä!6a xaT^icravov 'A^qpiM^av- 
Toc*] ol v€(£iT€po( q>aa bid t6v 6(ipuT{uivoc toO *lpou q>6vov. 

6 

Schol. A zu Hom. A 46 ; Vj bmXf) Sn . « £v MuKi^vaic Td 'ATO^^^vovoc ßadXcia, 
oÖK ^ "ApTCi tbc oi vciiiTcpoi. 

7 

SchoL zü t307: COp^cnic) A^ ^'^* 'AOiivaiuiv, kotA b'licravc warpocpovfja*] 
Zr)vö5oTOC ^6f ,dt)i dirö 0uiic/|U)'/. 4k^ T&p KaTiiiicei ö ZTp69toc, 61* 6v dvcrp^qpcTO 
ö 'Op^crr)C KOTd vcuiT^pouc HMQ. 

8 

Schol. A zu Hom. B 722 ; ,0iXoKTy|Tr}C . . AXtco irdqcuiv Afmvip bi i^aO^i]'] . . . 
oi hk vcdiTCpoi ky vriaMip ^p/mHi. 

9 
Schol. A zQ A 683: 1^ hm\f\ (hn bia<puivoOav oi vetiiTCpoi, töv Hvjkia dvq- 
pf)c6at (19' 'HpaicX^ouc, ((t€ Tf|v TTOXov ^iröpOncev. 

10 

SchoL A za Hom. A 270: Nestor kommt den Lapithen zu Hufe jbn. TTOXou ^6U>v 
TT)X66€v kl dicir)C TadiC] ...oibivciliTCpoi kUb&aYto tiP|v TTeXoirdwncov. 

II 

SchoL AD zn A 709 : tcujc hi MdXXov MoXiovac aöroiic ctircv 1roX€^lK0!!ic, dir6 rf^c 
Kord Ti?|v Mdxriv ^oXOvc€U)c, o<s% ibc oi vcilirepoi, ön i\ m^ttip aCmliv dxoXctTO 
M0X1ÖV11. 

n. HYPOTHESIS BEREINIGT UND ERGÄNZT 

Die folgende Übersicht nimmt die Ergebnisse der nachfolgenden 
Untersuchimgen vorweg. Sie übersichtlich zusammenzustellen, der- 
art , daß die Herkunft der Berichte rasch festgestellt werden kann, 
schien mir unumgänglich, da die vielen Einzelheiten in den Unter- 
suchimgen schwer aufzufinden sind imd so sich verkrümeln. An diese 
Stelle ist die Obersicht nur zur Bequemlichkeit des Benutzers ge- 
setzt 

KTnPIA EN BIBAIOE lA' 

X. Schol. A4: *H T*l ßapoufi6ni 61t' dv6p((muiv iroXinrXr)6(ac olxd töv Aia kou- 
9ic0f)vai ToO dx6ouc (Frg. i). | Proklos: ö bk ßouXcOcrat fierd tt^c O^^iöoc. | 
SchoL A 4: /| 64 öiroxiecTai aörCj) Tf|v G^nöoc evnTOTaMiov xal 6uTaTp6c KoXf^c 
T^wav, kl drv d^cpor^puiv 6 TpuiiKÖc 1röX€^oc T€>''|C€toi. 



Kytrien r^jj 

[ircicOclc hk ö Z€Oc N€fi^C€i ireXdZerat]. Apollodor bibl. 3, 127: i\hk N^^cac 
nPlv Atdfc <p€i)Tovca cuvoudav clc x^va tV)v ^ojf>q>f|v fieraßdXXEi (Frg. 7), öfiotui- 
6dc 6^ Kdi ZcOc Tifi KÖKvqi cuvoiicfZci. /| b^ 4'^v 4k Tf)c cuvoudac diroriicTCt, toOto 
\A 4v Totc dXceav cöpdiv nc irotMf|v Ay)&<;t [tI) TuvMpcui TUvaiKi] lco^{cac Mbuict^ f^ 
\A KaTa6€^^ clc XdpvoKa (puXdccei xal xp^vtp ica9f)icovTi xcwnMcav *€Xdvnv <iic 
tt aÖTf^c öuTar^pa xp^q)«. | 

a. ApoUodor 3, 169: *H 64 G4t(c Uic (m6 IHpac Tpaq>dca Aü cuvcXOdv oök Ißou- 
X^iÖTi, biö Z€üc öpTicGclc Ti|i TTtiXct aÖTf|v cuvoiic(2:€u | Schol. TT 140 : icarA 64 töv 
fdMOv oi Ocol ajvax64vT€C clc tö TTy)Xiov 4Tr* cöuixü;^ TTriXct 6d»pa KO^iZoua, Xipuiv 
64 ji€X(av cöeoXf) rciiibv clc 66pu irap4xci. \ 

Proklos: "Cpic 64 'irapaT€vofi4vii vcticoc ircpi icdXXouc 4v(cTnov 'AOrivf 'Hpqi ical 
*A<ppo6{Ti3, dl iTp6c •AX4Eav6pov 4v ^61} icarA Atöc irpocTairf|v dq)* '€p^oO irp6c Tf|V 
xpiciv drovrat. | Apollodor Epit 3, a: ai 64 4iTorn'4XXovTai 6dipa 6€bcctv 'AXcSdv6pqi. 
*Hpa m4v oGv 4(pii irpoKpiB^lca 64iicciv atrrCp irdvruiv ßaciXciav, 'AeiivA 64 iroX4|iou 
vliaiv, *A<ppo6(Tn 64 x^^ov '€X4vt|c- d 64 Tf|v 'A<ppo6(Tiiv irpoicplvci. |* 

3. [ffv 64 *€X4vn /| Ai6c xal N€^4ccuic, e4cci 64 A/i6ac xal Tuv6dpcui roO Iirdprric 
ßactX4uüc, xdXXci 6iairpctrf|C xal t^ irpui0f|ßt|v] Apollodor 3, 128 (ScboL T 242) 
aÖTf|v GnccOc &pirdcac clc 'A<p{6vac 4xd^tcc. noXu6€0xiic 64 xal Kdcruip 4incTpOTc6- 
cavTCC 4v •A60U ÖTicduic övroc alpoOa Tf|v iröXiv xal ti^iv *€X4vitv Xafißdvoua, xal 
Tf|v Giic4u)c ^iiT4pa AtOpav dtouctv alxM<iXuiTOv. 129 irap€T4vovTO 64 de £irdpTT)v 
4irl Töv *€X4vr|c t^MOV ol ßaciXci^vrcc '€XXd6oc . . | 131 toötuiv öptfiv t6 irXftdoc 
Tuv6dpcu)c 46c6o(xct ^f| xpte4vT0C 4vöc cracidcuiav ol Xomot. | 132 6Trocxo^4vou 64 
ToO *06ucc4u)C, 4dv cuXXdßnrai itp6c t6v TTfivcXöirv)c afrnj> ini|uiov, 6iro6f|CCc8at Tp6- 
trov Ttvd 61* oO MTi6c^ia TCv/|CCTai crdac, die öir4cxeT0 aör^» cuXX/|i|f'cc6at d Tuv6d- 
pcuic, irdvrac ctircv 4Eopx(cat toCic ^vricrf^pac ßoT)6f|C€tv, 4dv ö irpoxpidclc vu^uploc 
(nt* dXXou Tivdc d6ixffTai ircpl töv T<iMov. dxoöcac 64 toOto Tuv6dpciuc toOc ^vv|- 
crffpac 4Sopx(£ct, xal Mcv^Xaov ^4v a(hrdc atpdrat vu^q>(ov, '06uccd 64 irapd Ixa- 
ploü fivTiCTcOcTai TTrivcXöunv. 

4« Proklos : CirciTO 64 'AX4Cav6poc 'Aq>po6(Tiic 6iroe€fi4viic vauirrfr^at xal 'GXevoc 
ircpl Tdrv ^cXXdvnuv icpoOccirÜlci. xal 1^ *A<ppo6(Tii Alvdav cu^irXdv aör^i xcXcöci . • 
4inßdc 64 Tf) Aaxc6at^ov{c|^ 'AX4£av6poc ScviJ^erat irapd rote Tuv6ap(6aic | Lykophr. 
540—9: xal 4v Ti) ciiiuxi? övct6tc64vTCC (»ird' Tdrv 'A<pap4uic ira<6ufv 16a tc xal Aur* 
x4uic Uic m^i 6c6uixdTCC 46va <iir4p Tdrv Acuxiinrou 6uTaT4puiv clc 6iaq>opdv xaOicravTai 
irpdc aCH'oOc. | Proklos n. Apollodor Epit 3, 2: '0 64 'AX4Eav6poc de Zicdprnv 4X- 
oiUv I 49* fm4pac 4w4a EcviZicrat irapd McvcXdqi. xal '€X4vq irapd tViv c(iuixCav 
6(6u)ti Sdipa. I tQ 6cxdTi] 64 | Mcv4Xaoc de Kpf|TT|v 4xirXd, xr|6€0cat rdv fniTpond- 
Topa KaTp4a, | xcXcdcac rfjv '6X4viiv toIc E4votc rd 4iRTy|6€ra irap4xciv luic dv diraX- 
Xar^civ. 4v toOt(4i 64 *Aq>po6(TTi cuvdtct Tfjv *€X4vr)v t4> 'AXcldv6pqi* xal ^crd Tf|v 
|AEiv Td irXdcra xr/mara 4v64)uiCvoi vuxrdc diroirX4ouci | Herodot n 117: xal TptTdtoi 
de TÖ IXtov d9(xovTat. | 

5. Proklos (Pindar N X 61, Lykophr. 550): *6v Todnp 64 Kdcruip ^CTd TToXu- 
öcdxouc Tdc 16a xal Autx4u)c ßoOe öipaipod^cvot | öicö AuTx4u)e dirö toO TauT4T0ii 
xaTacxoiroOvTOC 49U)pd6r|eav. xal töv KdcTopa m4v Tuvödpcui ulöv 16ae XTctvct, 
TToXuöcilxric 64 Atöc div uiöc, 16av xal AuTK4a ct/)Xiiv dirö toO Td^ßou 'Aq>ap4uic 
iroTpöc 4^ßaXdvTa dvaipct* | Zcdc 64 TOtc Tuv6ap(6atc 4T€pfmcpov v4^ci Tf|v 
dOavadav (Frg. 11) 

6. Proklos: xal ^CTd TttOTa Iptc drt^XXct t4» McvcXdqi Td TCTovöTa xaTd töv 
oTkov. ö 64 irapatcvÖMCvoc ircpl Tfjc 4ir* IXtov crpOTciac ßouXcderat ^rrd toO d6cX- 
q>oO, xol irpöc N4cTopa iraporivcTat Mcv4Xaoc' N4cTUip 64 4v irapcxßdcct ötirr^lTat 
oÖTtp, Uic 'Eirumcdc qiOdpac Tfjv Adxou 6uTcnp4pa 4l€iropOf|^, xal Td ircpl OlMirouv 

13* 



Iq6 Viertes Buch. IL Hypotkesis bereinigt und ergänzt 

Kai Tf|v 'HpaicX^ouc ^otviav ical rd irepl 6r)c^a koI 'ApidbvT|v. ^irctra toOc ifircM^voc 46poi- 
Zouciv ^ireXOövTCC Tf|v '6XXd6a { Apollodor Epit 3, 6: xai iKacrov nS^ ßaciX^uiv tühr 
dpicuiv öirofii|uiW|cicovTec «Bv di^ocav. övnuv hk iroXXdiv irpoBöfiurv iraporfivovTat «ol 
irp6c *Obucc^a clc lOdK^v. | Proklos : xai jüuxivccOat irpociroiiicd^€vov kvX rify ^ O^civ 
cucrpaTcOecOai ^qxiypacav, TTaXa^f|6ouc öiroOcM^ou t6v uI6v Tr^X^axov kvX xdkou- 
civ ^EapTrdcavTcc. | 

Proklos: xai fA€Td raOra cuv€X66vt€C de AöXiöa OOouci. xai t& ncpl töv bpd- 
Kovra xai toOc crpouBoOc x^vö^va &eiKvuTai, xai KdXxac xrepi Ttfrv dicoßy)a>|i6raiv 
irpoX^et aÖTOlc. 

7. firciTa dvaxOdvTCC T€v8pav(«y irpodqcouci xai Ta!>niv die "IXiov iiröpOouv. Tf|X€- 
<poc b^ ^xßoriOd I ApoUodor Epit 3, 17: xai M rdc vaOc cuvebCuixc löOc 'Gülv)vac 
«oKXoOc diroxreCvac, ^ ok xai Gdpcavbpov t6v TToXuveixoiic öirocrdvra. öp|ui/|cavTOC 
5^ 'AxtXX^c hiC aÖT6v oö fieivac ^budxcTO. xai 5tuix6|yievoc ^finXaxcic ck d^1rdAlw 
xXftiüUX t6v MT)p6v TiTpubcxcrai böpon. | 

Proklos: diroirX^oua 5f| aOrotc x^iM^X^v ^miHirrct xai btacx€6dwuvTat* *AxiXX€uc 
hk ZxOpqi irpoccxdiv ixi^^ Tf|v Auxciifibouc OuTardpa Alll6d^clav (Fr|:. 13). CirctTa 
T/iXcqpov xard ^avrciav irapaTCvöfyicvov idrai 'AxiXXeOc die ^TCfidva T€Vf)cö|ievoy 
ToO kxC "Uiov nXoO. 

8. xai t6 bctkepov /|6potC|üi^ou toO ctöXou Iv AöXiöt 'AtaM^Mvuiv £iri Of|pac ßoXüiv 
CXaqiov (nrepßdXXciv €q>iiC€ xai Tf|v 'ApTC|yiiv' fir|vkaca hk i\ 6€6c iir^qcev aöroOc toO 
nXoO x^^^divac imir^irouca. KdXxayroc hk clirövroc tP)v rf^c 6€o0 |uif)vtv xai *kpiT^- 
V€iav (Frg. 14) x€X€i)cavToc 6Ü€tv tQ *ApT^|uii6i, die M t<&MOv aÖTf|v *AxiXX^ fi€x«- 
ir€|Ai|id^€voi 80€tv ^xcipoOciv. "Aprc^ic ^ aör^v iSapndcaca dOdvarov iroi^, 6Ui- 
qiov hk dvri Tf)c xöpTic irapicnia Tili ßuifMp. 

9« Apollodor Epit 3. 36: oi bi dvat^^vTEC iE AOXiöoc irpocicxov T^öqi. xai 
irpocirXiovTac 6p<£rv Tdviic diräpT€ ftdXXuiv irirpouc, xai 6ir6 'Ax^XX^ak E(q>€i irXi|- 
T€ic xard tö cif^Boc OvVicxct, xatrot G^öoc irpoeiiroOciic *AxtXX^ ^^ xrdvai T^v* 
T€9vViE€c8ai T^p öird 'AiröXXuivoc aördv d xrdvia Tiviiv. TeXoOvruiv bi aOrüiv *AicöJL- 
Xuivt 6udav, ix toO ßui]uioO irpoceXOdiv Obpoc ödxvet 0iXoxt/)tt)v* (Proklos =»} dOc- 
paircOrou bi toO iXxouc xai öucdibouc tcvo^ivou Tf)c tc 66)biftc oöx dvcxo^ivou 
ToO crpoToO, *0&ucc€Oc a(iTÖv de AfUxvov mcO* div elxc töEuiv 'HpaicXduiv ixTiOfici 
xcXeOcavToc 'Ayaiiiiiivovoc. ö 6i ix^ rd irn)vd toEcOuiv itri Tf)c ipi^iac TpoqMp|v 
€txev. I Proklos: xai 'AxiXXcöc dcTEpoc xXv)0€ic öia<pip€Tai irpdc 'At^fiiMVGva. 

ZG. Apollodor Epit 3, 28 (Schot T 206): dvaxOivrec hk drrö rf^c Tcvibou irpoc- 
irXioua Tpo(<;i xai ici^irouav 'Obuccia xai McviXaov Tf)v '6Xiviiv xai rd XT/||uuiTa 
duaiToOvrac (Proklos ») cuvaOpoicOeicnc bi irapd TOtc Tpuiciv ixxXf)dac 0(1 ^övov 
n^v '6Xivr|v o(ix dircbibouv, dXXd xai toOtouc xrdvciv fiOcXov. dXXd toCic juiiv icuiccv 
'AvT^ivuip, oi hk ''CXXrivec dxBdficvoi iiri tQ '^^ ßapßdpuiv xaracppoWicei dvaXoßdv- 
T€C TiP)v iravoirXiav TrXiouctv iir* aCrroOc. *AxtXXä \Ä imcriXXei Ginc irpdirov ^ 
diroßf)vat Tdiv vcdrv* töv y^p diroßdvra irpdiTOv irpd>Tov ^iXX€lv TeXeur&v. | 

zz. Proklos: iirciTa diroßaivovrac a(rroOc cicTpoiav dprouav olTpdicc. | Apollo- 
dor Epit 3, 30: irpdrroc Toivuv dirißv| Tf^c vcdic TTpuircdXÖoc, xai xreivac oOk 6X(touc 
Tdiv ßapßdpuiv 6<p' 'Exropoc Ovficxci (Frg. is). | Proklos (Pind. II 91) iircira 'AxiX- 
XcOc aCrroOc Tpiirerat dvcXdiv KOxvov t6v TTocctbOlvoc. | Apollodor Epit 3, 31: die 6i 
toOtov v€xpdv €l5ov oi ßdpßapoi» q>ei)TOuav de Tf|v tröXiv, ol hk *'€XXi)v€C ixtniö^- 
cavT€C Tdiv vcdiv ... xai xaTaxXcCcavrcc toöc TpdMic iiroXiöpxouv. ^f| OappoOvruiv 
hk TÜiv ßapßdpuiv *AxtXXciic [irapd tQ Kp/|vq] ivcbpcOcoc TpuiCXov [(puTÖvra] bi ti|i 
ToO Ou^ßpaiou *AiröXXuivoc Icpip (povcOct («- Proklos) [xai |AdxT| ircpl toO cdi^atoc 
a(rroO]. Proklos » xai vuxrdc iX8div M Tf|v ndXtv Auxdova Xafißdvet | Proklos: 
TldTpoxXoc bi aÖTÖv de Af)fAvov dTordiv dircMiroX^t. | Proklos (vgl. t 105 f.): iireira 



KyprUn und Kleine Utas ign 

tV)v xxbpa^ lir€£€X66vT€C iropOoOci xal t&c ircpioticovc iröXetc . . . clra dirovocrdv 
üipfirm^vouc ToOc 'Axaiouc 'AxiXXeüc kot^xci« I "• Sehol. Lykophr. 581, 580, 570: 
Xt^i|» aiv€xofA4vouc* *Ato^^Jülvulv hi rdc Otvorpöirouc (Mvüii I1T€p^dl '€Xat6a (Frg. 17), 
al ^aßov trapd AiovOcou bd»pov, Yva drc OcX/icouct icapir6v Tpirn&a, ^CT€1r^^^laT0 
6id ToO TToXa^yiöouc xal £X6o0cai elc t6 'Potteiov £Tp€q>ov oKHroik. | 13. Pansanias X 
31, 2, Proklos: TTaXa^i^bTIv hk M IxO^)^'^ O^ipcrv irpocXBÖvra Ato^fibTfc tc ical 
'06ucc€(ic diroirviifouciv (Frg. 16). | Proklos n. ApoUodor Epit 3, 32 f.: 'AxtXXcOc 5^ 
irapaTivcrai clc 'löi^v M Tdc Alvctou xal TTpld^ou ß6ac, <putövTOC hi aöroO | toOc 
ßouKÖXouc KTcivac Kcti M^icTopa TÖv TTpt<ji^ou, | täc ßöac ^aOvct. kqI Aupvr)cc^ 
Kai TT^ibacov (Frg. 18) | ical 8/)ßac (Frg. 19) täc TtroirXaKiac nopOcl. kqI ^k Tdhr 
Xa<pOpiuv 'AxiXXeOc \xbf Bpioiiöa T^pac Xaiüißdvci, Xpuciiiöa hi 'AtaM^KtviDv (Frg. 19). | 
Kai Ai6c ßouXi^i 6iru)c £inKOuq>tc€i toOc Tpdiac *AxiXX^a Tf^c cu^MaxUic rf^c '6XXr)vticftc 
dtrocTVicac. 

IAIA2 MIKPA EN BIBAIOE lA' 

[i. AieiOniAOI BIBAIA cl 

14. Proklos: 'AMaZibv TTcvOcdXcta fraparivcTat TpuKl cu^^ax/|couca ''Apcuic |ui^v 
Outd-nip, (Frg. i) Gpfcca bk t6 t^oc | ApoUodor Epit. 5, i: dKOuduic 'hnroXOTiiv 
KTctvaca Kai 6irö TTptd^ou Ka6ap6^ca* | xai KTcivet aCrr^v dptcrcOoucav *AxtXX€tk. 
oi hi TpCCiec aön^v Odirroucv. | Schol. Sophokles PhiL 445: <povai6c(ciic hk aÖTf)c ö 
Ocpcirric böpan lnkr\t^ t6v öq>6aX^6v aOrf^c * 616 öpricOcic ö *AxtXXeOc KovöOXip aüiröv 
dvdXev. I Proklos: Kai £k toOtou erdete T^verai rote 'Axaiotc ircpi toO Ocpcirou 
<pdvou. ^€Td hi TaOra 'AxiXXcOc clc A^cßov nX^, xai 60cac *Air6XXu)vi xal 'ApT^^lbt 
Kol Ar|Tot KaOaipCTai toO qxWou ötr* *Obucc^u)C | 15. Proklos: M^^viuv hi 6 "HoOc ui6c 
^xuiv f)q>atCT6T€UKT0v iravoirXiav irapaxiveTai toIc Tpuid ßoT)8/|cuiv. xal 6toc r^ 
Traibl Td Kaxd t6v M^fivova irpoX^ci. xal cu^ßoXftc ycvo^^c | Pindar P. VI 32: 
N^CTiup )ibi^ oO TÖV ^rcpov tinrov TTdpic ^töEcuccv, *AvtIXoxov töv uI6v irapa- 
KaXd, I Proklos: 6 hk 6irö M^^vovoc dvatpdrau InvTa 'AxtXXcOc M^^vova ktcIvci | 

[Aischylos T. G. F. p. 88 und VascDbilder: Hiuxocradac T€vo^ivT)C. xal ToOnp \kk^ 
'Hd)c trapd Atöc ainica^^ dOavadav Mbujci.] 16. xpCHKi^icvoc ö* 'AxiXXeOc toOc TpdKic 
Kai clc Tf)v iröXiv cuvcicirccUiv (md TTdpiboc dvatp^rai xal 'AndXXuivoc. xal ircpl toO 
cdiMaroc tcvo^^vtjc Iqc^pdc Mdxnc | ApoUodor Epit 5, 3 : ATac fXaOxov dvaip^ xal td 
ÖirXa bibuiciv M rdc vaOc xoiiitctv, tö hk Cl£l^a ßacrdcac Alac ßaXXd^cvoc ß^a 
M^cov Tuiv 1roX€^(u)v bi/)v€Txcv, *0&ucc^u)C trpöc toOc iinq>€pOfi6fouc ^axo^^ou. | 
Proklos: Circira 'AvriXoxdv tc Bdirroua xal t6v vcxpöv toO 'AxiXX^uk irporiOevrau 
(ui 47—60) xal G^Tic d<piK0^^vii div MoOcaic xal toAc dbcXipatc 6pr|v^ t6v ircTIÖo . . 
oi hk *Axatol TÖV Td<pov x^cavTCC tfSiya TcO^acu | ApoUodor Epit 5, 5: ^v i(i 
vik(^ €ö^t)Xoc YiriToic, Äi0Mf|6iic CTaMqi» Alac ö(cx()i, TcOxpoc TÖEqi* t^v hk 'AxiXX^uk 
TravoirXiav TiBdci Tijp dpicTip viKr^TVipiov. 

[2. lAIAAOI MIKPAI BIBAIA h'] 

17. ApoUodor Epit. 5, 5: xal KaTaßaivouov de d^iXXav Alac xal 'Obucceik. xal 
xpivdvTtüv TUIV TpUiuiv (Frg. 3) 'Obucccdc TtpoxpivcTai. | Proklcs: xal Td öirXa Xa^- 
ßdvci xaTd ßoOXnciv 'AOtivAc. | ApoUodor Epit 5, 6: Alac hk imh \<mf\c TapaxOdc 
iirtßouXcOcTat vOxTuip Tip crpaTcO^aTt, xal aör^i Hoviav ^^ßaXoOca *AOr)vA de xd 
ßocxiff^aTa ^KTp^TTCi Et<pf)pr|. 6 hk ^x^avclc ciiv Totc v^^oua Td ßocxy)^aTa U»c *Axai- 
oOc «povcOct. xal cuM<ppovy)cac OcTcpov laurdv xTcivci | mpl t6v öpOpov (Aithiop. 
Frg. 2). I *ATa^^^vulv hk xtuXOci t6 ci&^a aöroO xaffvai (Frg. 4), xal ^6voc oOroc 
Turv ^v 'IXdfi diroBavövTwv bt cop<p xdTai. 



Kinne Ilias und Nasten - ■ ig^ 

6id Tf)c OaXdcaic ^k tiXiv irXiidov vf|auv | Proklos: t^v AaoKÖuivTa xal t6v €T€pov 
rSxyt iraiöuiv öiaqpOcipouciv. M 6i Ttl» Tdpart 6uc<pofyif)cavT€c Alvctoc [Frg. 6: cöv. 
€^u6{ici] TtJ ißivaiKl] Kai Totc ircpl aöröv tbircEf^XOcv de xfjv Ibiiv. 

13. Kai Zivunr [Kl. IL 1 1 : yLioj^ vuicrl rff c ccXi^vric dvaTcXXoOoic] toOc nupcodc 
dvkxei Tolc 'Axaiotc | ApoUodor: drrö toO *AxiAX£u)C rdqpou. die 6^ivö|uitcavKOt^dc6atTo6c 
iTo).€)Li(ouc oi ^K ToO öoupciou tiTiTOu Tdc irOXac dvoiSovTCC 6irob4xovTat toOc dir6 Tev^- 
bou KaTairXcOcavrac | Proklos: imirdTTOua hi Totc troX€^(olC xal iroXXoi^c dvcXdvTEC 

Tf)V YTÖXtV KQTd KpdTOC Xo^ßdvOUCl. 

24* Kai N€oirr6Xc)uu>c yibß diroKTcCvct | Frg. 4 — 15: *Actüvoov koI 'H'iovia xal 
'Afi^yopa, 8c AuK0|uii^biiv töv Kp^ovroc Irpuiccv, xal TTpCa^ov dirociracO^vra dtr6 
ßui^oO Atöc ToO '€pK€iou, Alo^lf|61lc 6^ Köpoißov, <l>tXoKTf|Tnc hk "Aö^T^TOv t6v AöreCou, 
Sc M^YH^^)^ Crpiucev, €öpi>iTuXoc hk 'AElova töv TTptd^ou. 

»5. *€XiKdova hk TÖV "Avrfivopoc TeTpui^^rov t^TvUkkci *ObucceOc Kai JCiXivTa kK Tf)c 

^dxiic ^Hdrci, I ApoUodor: fXaOKOv bk töv 'AvTf|vopoc 'OöucccOc Kai McvdXaoc de Tf|v 

[toO irtTpöc] olKiav q>€t^ovTa fvuipicavTCC m€6* 6irXuiv 6^vt€C alf2Io\)av. | Paasan. X 

27f 3: cf^MO T^ i^v bf aÖTQ irapbdXcuic Kp€^d)levov ö^pjLia Totc ^'EXXnav dir^ecOai 

cqpdc otiou ToO "AvT/|vopoc, öc öiaqpuyüiv clxcTai cCrv Totc touToO. | Proklos: Kaccdv- 

6pav bk Alac ö *IX^u)c irpöc ß(av dirocinliv cuv€q>iXK€Tai tö Tfjc *A6iivdc Eöovov* kfp* ^ 

iropoEuv6fvT€C ol "GXXrivcc xaTaXeOcai ßouXeOovTai töv AlavTa, ö hk iirl töv 'TfJc 

*A6T)vdc }pj}\xb^ KaTaq>€i>r€t Kai ötac4>2^eTai ^k toO 4inK€i|üiivou kivöövou. Mev^Xaoc bk 

An(<poßovu^v KTcivac, | KL H. Frg. 14: '€X6n) ö* £<popfidiv tö g(<poc diroßdXXct yv^voöc 

ToOc ^acTi6c aÖTf^c lödiv' Kai iiil töc vaOc KaTdT€i. | Kl. D. Frg. 13: NcoirröXc- 

^oc V 'Acndvaicra ^k Ti8f|viic KÖXTroo 4Xdiv dirö iröprou ^(Trr€i. | ApoUodor: KTcivavTCC 

bk ToOc Tpüac I Proklos: Kai ^irp^cavrcc Tf)v iröXtv TToXuE^v ctporidZouciv liri 

TÖV ToO *AxiXduic Tdqpov. Kai tö Xd<pupa ölav^^ovTal. | ApoUodor: Xajuißdvct bk 'Aya- 

^^^vuiv )xk>f xaT* iEalpcTOv Kaccdvöpav, N€OlrröX€^oc bk 'Avöpo^dxiiv, *Oöucc€Öc bk. 

'Exdßnv. I Frg 14: ATOpav bk de tö crpaTÖireöov dq>tKO|üi^r)v dvatiTvtiiCKOuciv ol 

Qr\ci\üc irotl6€cAimo<pdiv t€ Kai *AKd^ac Kai irap' 'ATa)ül^^vovoc alT/|cavT€C dirdroua 

^eO* touTutiv I Prg. 3: Kai dXXa öiXipa kK Tilrv Xaq>Opu)v Xaßövrcc. 



NOS'KiN BIBAIA F (ATREIAÄN KA0OAOS) 

a6. Proklos [* 136]: (*lX(ou dXoöaic) 'AOr|vA 'Ayafi^^vova Kai Mcv^aov de £ptv 
KaOlcTiia iT€pl ToO (KirXou | 6 502 : ^rfvlcaca öid Tf|v ATavroc dcdßetav. KaX€cd^€vol 
Y 138 f.] Y&P '^odc |€0uc6dvTac 'AxaioOc de dyopdv) <ptXov€iKoOav, | ApoUodor Epit. 
6, I [t*40 M€V€Xcou diTOiiX^v, 'ATajüi^jivovoe bk im^^civ KcXcOovToe aÖToOe Kai 
eOciv I Proklos [x 14? TÖV "Ae^vÄe x^Xov ^iXaeajui^oue. 1 1 '54: Kai öiieTaTtzt ö eTparöc 
ol \xky oOv M€Td MveXdou de Tiveöov dirotrX^ovTce tö bcOTcpov 4p(2Iouct, ol bk 
iT€pl *06uec^a [yi^Siirpöe 'ATa^^^vova KaT^pxovTat. | Proklos: Aio^f|ÖTie bi Kai 
N^eTUip dvaxO^vTce [1167] de t^iv olKdav ötae^iZovTat. | ApoUodor Epit. 6, 29 
[Y 278] Mev^Xaoe bk looeexdrv louviqi Tf|e 'AmKfJe dKpumipiifi | y 282 <t>pövnv 
Kußepvf\Tiiv diToOavövra edirrci | KdKdOcv kc Kp^iTTiv diropptqpcle irdXiv öirö dvd^iuv 
^aKpdv diTU)6€lTai | Prolios [t 299] Kai ^ctö it^€ vcillv de Ativirrov irapaTiverat, 
[X288] Tiliv XotmXiv öiaqXipcietDv vcdiv iv ti|) ireXdtci. 

37. Proklos, ApoUodorEpit 6, 2 : [Tibv bk ir€pl 'AYa^^^vova iv Tpo(<f diroX€t<p6^- 
Tujv KdXxae )ibi fvoOe öt *A6iivA ^r)vicoic<> o^k firauecv] |Kal AcovTcöe Kai TToöa- 
Xdpioe Kai TToXuiro(TT)e Iv %^ TÖe vaOe dtroXiirövree kvX KoXoqMtiva ircIQ irop€t!k>vTat 
KdKd edirrouei KdXxavTa tö jüuivTiv. | ApoUodor Epit. 6, 5: *ATa|üi^^vu)v bk OOeae 
dvdTCTai xal Tcv^öqi iTpodex\. NcoirröXe^ov bk ire(6€i O^Tie dq>lK0^^v1l ^jiclvai 



Zwei Definiiümen des Kyklas 20l 

Die Proklische verliert sich ins Unendliche, und wenn man auch mit 
Welcker alle Epen für diesen Kyklos in Anspruch nimmt, man füllt 
ihn nicht Als kyklisch bezeugt sind ausschließlich Thebais, Kyprien, 
Kleine Uias. Das kann nicht Zufall sein. Der Thebanische und 
Troische Krieg hängen au£s engste zusammen für Hestod Op. i6o 
so gut wie für die Ilias: die Epigonen von Theben kämpfen ja vor 
Uion. 

Proklos' Definition gilt nicht dem epischen Kyklos, sondern dem 
mythographischen Kyklos, der wirklich diesen Titel geführt hat 
(SchoL Find. N. IQ 104, SchoL Eurip. Phoen. 1 1 16, Herm. XXn 62 7 n). 
Was das im Auszuge ApoUodors erhaltene mjrthographische Hand- 
buch gibt, die gesamte Sage von der Hochzeit des Himmels und der 
Erde an bis zu Odysseus' Tod durch Telegonos, entspricht ihr voll- 
kommen. Den Beweis vervollständigt die schlagende Obereinstim- 
mung des Proklos mit Apollodor I i gegen Hesiod über die Hun- 
dertarme und die drei Kyklopen als Sprossen dieser Ehe.* 

Proklos' Epenexcerpte haben auch mit Apollodors entsprechen- 
den Abschnitten nicht wenig gemein. Beide lassen Paris mit der 
geraubten Helena nicht, wie Herodot 11 116 ausdrücklich für die 
Kyprien bezeuget, in drei Tagen glücklich von Sparta nach Dion 
kommen, sondern berichten wie Z 289, sie seien auf dieser Fahrt 
nach Sidon gekommen, und beide setzen über Homer hinaus noch 
hinzu, Hera habe sie durch einen Sturm verschlagen.^ Weiter stimmt 



* Ich habe dat alles aasgefuhrt Hermet XXVI (1891) 632. Trotzdem lebt natür- 
lich die alte Vorstellnng vom epischen Kykloi weiter. Sogar die TItanomachie wird 
noch als kyklisches Epos bezeichnet, obgleich ich die beiden angeblichen Zengniste 
dafür ro. £. übersengend eliminsrt habe Hemu XXVI 633. — Romagnolis Opposition 
gegen meinen Aofsats Stndi Italiani di filologia dass. IX (1901) 35 kann ich nnr in 
Einzelheiten nachgeben. 

In Proklos' Chrestomathie war, vermatlich, seinen Worten ^mßdXXei hk toOtoic tA 
XcTÖ^cva KOirpta eine Inhaltsangabe der Thebais n. Epigonoi vorausgegangen. 

* Woher das stammt, bleibt rätselhaft. Was bei Apollodor unmittelbar folgt, hat 
seine Parallele an den Schollen Z 291 , die aber weder Hera noch die Kjprienversion 
erwähnen. Das wird ausgefallen sein. Da die Diskrepanz, wie Herodot und die Mytho- 
graphie zeigt, seit dem V. Jahrhundert viel behandelt ist, kann sie in den Homercom- 
mentaren nicht übergangen sein. Apollodor Epit 3, 4: cöXaßoOMCvoc h^ *AX^Savbpoc 
M^l &IU0C64, iroXOv fti^pttpc xpövov ^ <t>otv(iag Kai KOrrpqi. die ht dirViXincc n^v bfuiktv, 
^K€v cic Tpoiav ^€Td '€Xivr)C Schol. Z391 BD: icX^ac n^v *€X6nTv dirö rf^c Aaxc- 
bai^ovoc, oOx f^v i^Xecv Ö56v oiihi töv kot* cöOctav irXoOv ^iropcOer), !va ^f| biuixOcIc 
KaTaXr)(peiJ, dXX* firXcuce 6i4 rf^c Altöirrou kqI Ootviioic . . kürzer ABTw. Die Wen- 
dung Z 291 ^mirXdic €Öp^a itövtov gab den Anlaß. Interessant dafi schon Herodot 
II 116 schloß: iv T0i>T0ict Totci liTCCi ftil^ol ÖTi /|iricTaT0 Tf|v Ic Afrwirrov 'AXcEdv- 
6pou irXdvrjv ö^oup^ci T^p i\ Zupir) Alt^i^mii. 



Proklas* EpemxcerpU 203 

verwickelter Handlung, recht unbequem werden. So läßt nicht nur 
die Hypothesis des A, auch die des A die Nestorgeschichten einfach 
fort« während die des I beide Erzählungen des Phoinix mitteilt 

Auch der Anfang von Proklos' Kyprienkapitel weist gerade bei 
Vergleichung mit Apollodor auf unmittelbare Benutzung einer Ky« 
prienhypothesis« Bei Apollodor Epit. 3« i heißt es aöOic bi *€X^viiv 
'AX^Eavbpoc äptrdZei, i&c Tivec X^touci xara ßoijXiiciv Aiöc, Iva Eöpdimic 
Ka\ 'Aciac elc iröXe^ov dXOouoic fi euTdxiip aÖToO fvboEoc T^VTjxai, \ Ka- 
ediTrep elTTOv fiXXoi öttiuc tö tuiv f|)ii0^uiv t^voc dpOQ. Das ist die rechte 
Mythographenarty die die verschiedenen Versionen vorlegt Proklos 
aber hebt an wie einer, der nichts als den Inhalt einer einzigen Gre- 
schichte wiedergeben will: Zeuc ßouX€U€Tai |Li€Tä Tf)c 6^)iiboc 7r€p\ toO 
TpuiiKoO TroX^pou. 

Die Verwandtschaft der Berichte des Proklos mit Apollodor ist 
also nicht daraus herzuleiten, daß jener sie aus einem mythographi- 
sehen Handbuch entnommen habe, vielmehr liegen beiden dieselben 
Epenexcerpte zugrunde. Ihre Eigenart und ihr Alter gilt es zu er- 
kennen. 

Die Kenntnis des ganzen troischen Sagenkreises war immer Vor- 
bedingung für das Verständnis der Ilias und Odyssee, also notwendig 
für die Schule. Für sie hat in Augustus' Zeit Theodoros seine Tafeln 
gefertigt, deren Hauptstück der TpiuiKÖc kukXoc war, für sie sind die 
»Homerischen Becher^ fabricirt und noch in mehreren Iliashand- 
schriften ist altem Schulgebrauch gemäß eine kurze Erzählung des 
ganzen Kreises vorangestellt Die Schultradition hat also uner- 
schüttert an der Einheitlichkeit des troischen Epenkreises festge- 
halten und nicht bloß seinen Inhalt, sondern auch die Titel der Epen 
von den Kyprien bis zur Telegonie in fester Reihenfolge überliefert 
Mochten auch die Gelehrten seit der Sophistik des V. Jahrhunderts 
Widersprüche zwischen den einzelnen Epen aufdecken und, auf sie 
gestützt, eines nach dem andern dem Homer absprechen, und mochten 
Aristarch und seine Schüler die Grenze zwischen Homer und den ved>- 
T€pot, den Dichtem der andern Epen außer Ilias und Odyssee, noch 
so sehr einschärfen, die Schule blieb dabei, die ganzen troischen 
Epen mit diesen beiden in eine Reihe zu stellen und sie wie diese 
als Teile einer einzigen Erzählung jenes großen Ereignisses zu be- 
trachten. Nur in der Verfasserfrage hat sie dem Einfluß der Wissen- 
schaft nachgegeben; die Kinder lernten statt den Namen Homers 
schon in hellenistischer Zeit z. B. Lesches als Verfasser der Kleinen 
Ilias, wie der Homerische Becher Arch. Jahrb. 1898 Taf. V, eine 
Schülerprämie, zeigt 



Zuveriässigkiii der Epenexcerpte 205 

anlassung, daraufhin alle Stellen, die sich in Ilias und Odyssee fin- 
den, für Interpolationen zu halten. Wie verkehrt das ist, zeigt der 
Anfang der Iliupersis. Er stinunt zwar mit 8 493 auffallend über- 
ein, weicht aber in Kleinigkeiten ab: den Göttern wird das h^zeme 
Roß 9 509 von den Troern geweiht, der Athene bei Proklos; dort 
ziehen sie es gleich auf die Burg, hier erst nach der Beratung; dort 
lautet ein Vorschlag auf Öfihung, hier auf Verbrennung des Pferdes. 
Da war also nicht die Odyssee zugrunde gelegt, sondern das ky- 
klische Epos. 

So kommt vorurteilsfreie Erwägung doch zu der alten Vorstellung 
zurück: Proklos' Epenberichte sind getreue Inhaltsangaben, für Schul- 
zwecke gemacht und dauernd mit Ilias und Odyssee in Beziehimg 
geblieben. Sie eigneten sich auch zur schnellen Orientirung für 
den Gelehrten. So sind sie dem von Apollodor epitomirten Hand- 
buch als Fadenerzählung zugrunde gelegt, so für die Homerischen 
Becher und die Schultafeln des Theodoros benutzt Sogar ein so 
gelehrter Mann wie der Erklärer der Polygnotischen Leschebilder 
in Delphi hat seine Epencitate aus solchen Auszügen, nicht aus den 
Epen selbst entnommen. Den Beweis gibt die wortliche Überein- 
stimmung des Textes des Homerischen Bechers J — Arch. Jahrb. 
(1898) 80 Taf. V mit Pausanias X 27, 2: Becher J: Karä TroiiiTf|v 
A^cxriv im Tf)c ^iicp&c IXiäboc xaTacpurövroc toO TTpidfüiou ird töv ßui)iöv 
ToC '€pK€iou Aiöc dirocTräcac 6 NcoTtröXeiiOC dirö toO ßu)|uioO irpdc t^ oidqi 
KttT^cqxxSev. Paus.: TTpia/yiov hk oök dTroBovcTv £911 A^cx€uic in\ t^ dcxdpf 
ToG *€pK€iou, dXXd dirociracO^vra dtrö toO ßuifioO irdpeptov 1^ NeoirroX^- 
\k\3f Trpöc rate rffc olK(ac T€v^c6ai Oupaic* Das ist eine unangenehme 
Überraschung, und man wird sich gegen sie sträuben. Das Arbeiten 
mit solchen knappen, aber die sächlichen Details der Epen getreu 
referirenden Auszügen macht Arbeiten wie die großen Sammel- 
werke eines Lysimachos, Aristodemos, Dionysios Kyklographos^ 

* Aus den späteren Excerpten ist diese Genauigkeit verschwunden, die gleiche Her- 
kunft aber deutlich: Proklos xal N€OirröX€)ioc m^v diroicTcivci TTp(a)yiov M töv toO 
Ai6c ToO ^pKcCou ßu)^öv KaTaq>UTÖvTa. ApoUod. Epit. 3, 21: xal NcoirröXc^oc \kbt 
M ToO ^pK€(ou Atöc ßuijLioO xaToupct&TOVTa TTpüx^ov dvdXcv. 

' Trotz Robert, Oidipus 511 und Alb. Hartmann, ,Tod des Odysseus* glaube ich 
an eine gemeinsame Quelle für Apollodor, Hygin, Diodor doch noch, weil sich die 
Analogien über alle Teile erstrecken und die ursprungliche Anlage des gesamten Stoffes 
die gleiche gewesen zu sein scheint — Praktisch ist die Frage gleichgültig. Das Wich- 
tige ist, wie Hartmann mit Recht betont, die Gleichartigkeit dieser ganzen mjtho- 
graphischen Überlieferung. Dafi Hjrpothescis zugrunde liegen, darüber bin ich mit ihnen 
weitgehend einverstanden. Dionys Skytbrachion aber hat phantastische Romane, keine 
wissenschaftlichen Werke geschrieben: das meine ich doch gegen Ed. Schwartz in meiner 
Dissertation Gottingen 1887 (vgt Herrn. XXV [i 890] 31 1) schlagend erwiesen zu haben. 



Du Epen. TiUl 207 

und Originale benutzt, wie Homer selbst und Prosaschriften wie 
Timaios.' 

Für die Reconstruction der kyklischen Epen sind natürlich in 
erster Linie die Bruchstücke selbst und unmittelbare Angaben zu 
verwenden. Aber ohne die H3rpotheseis bei Proklos würden wir den 
Zusammenhang nicht herzustellen vermögen. Sie sind aus der My- 
thog^aphie, besonders ApoUodor in Einzelheiten zu ergänzen, auch zu 
controlliren. Die Hauptaufgabe aber ist hier wie bei jedem Kimst- 
werky den Plan des Ganzen und den Aufbau seiner Teile zu er- 
fassen, van daraus die Dichtung verstehen und beurteilen zu können. 



IV. TITEL, VERFASSER, ABGRENZUNG 

Proklos leitet die einzelnen Teile seiner Inhaltsangaben des tro- 
ischen Kyklos mit Angaben über Titel, Verfasser, Buchzahl ein. 
Ober die Verfassemamen hat v. Wilamowitz, H. U. 344 das endgül- 
tige Urteil gesprochen. Ursprünglich imter Homers Namen gegangen, 
sind die kyklischen Epen ihm seit dem V. Jahrhundert genommen, 
dann haben die Gelehrten sie namenlos citirt oder zweifelnd diesen 
imd jenen Namen von alten Dichtem genannt, die ohne Gedichte 
wie jene Epen ohne Verfasser überliefert waren. Die Schule konnte 
das nicht brauchen, verlangte feste Angaben. So hat sich allmählich 
schon in hellenistischer Zeit für jedes Epos ein bestimmter Name 
eingebürgert Sind diese Dichtemamen also ganz ohne Gewähr, so 
sind Titel und Buchzahlen als sichere Oberlieferung anzuerkennen. 
Sie stammen aus der alexandrinischen Pinakographie. Die Buch- 
einteilung wird auch bei ihnen wie bei Ilias und Odyssee von 2^no- 
dot herrühren, die Titel sind viel älter, citirt doch Aristoteles die 
Kleine Bias, Herodot die Kyprien und EpigonoL 

In der Mitte des troischen Kyklos stand die Dias. Die Vorgeschichte 
reicht bis zum Zorn Achills. Unmittelbar ans Ende der Ilias schließen 



fortgepflmnzt, Ut einenidts ▼ermehrt tind verbettert, andererseits wieder und wieder ex- 
cerpirt worden wie Theophrasts Doxai otw. 

Die gleiche Herkunft for Proklot und die Homer-Becher-Beischriften hat inzwischen 
anch Alb. Hartmann, ,Tod des Odysseas* (19 17) 9ff. gesehen nnd über das Verhältnis 
iron Proklos zn Apollodor nnd beider zo den Originalen etwa so genrteilt, wie ich 
es jetzt sehe. 

* G. Walter, De Lyoophrone Homeri imitatore Diss. Basel 1903, Gasse 47, 
Job. Geffcken, Timaios' Geographie des Westens 1892, 



Die Kleine Ilias umfaßte auch Aithiopis und Iliupersis 209 

einzige neben dem der Kyprien — eignet sich allgemein, wie es ist, 
für solch umfassendes Epos: 

"IXiov deibu) Ka\ Aapbaviiiv durruüXov 

f|c TT^pi TToXXd iTÄGov AavQol GepdTTOvrec ''Apnoe. 

Auch ihr Titel paßt in seiner Allgemeinheit gut für diesen Anfang 
und für die Gesamtheit der Ereignisse» die Ilions Schicksal besiegeln. 
Ebenso citiren hellenistische Gelehrte Stücke sowohl der Diu- 
persis wie der Aithiopis imter dem Titel ,Kleine Ilias^ brauchen da- 
neben aber auch die genaueren EinzeltiteL SchoL Pindar N. VI 85 
citirt Memnons Kampf gegen Achill aus der ICleinen Ilias (Frg. 2)S 
während SchoL J HI 58 für Aias' Selbstmord die Aithiopis (Frg. 2) 
citirt, den Proklos unter die Überschrift »Kleine Ilias' verweist Und 
Schol. zu Lykophr. 1268 fuhrt aus der Kleinen Hias (Frg. 13) die 
Verse über Astyanax an, wie er vom Turm geschleudert wird: aber 
Schol. Euripid. Andrem. 10 citirt aus Lysimachos für dasselbe töv Tf|y 
TTepciba cuvrcTaxöra kukXiköv irouiTi'iv, und Pausanias X 25,9 (Poly- 
gnotbilder) den Lescheos. Ebenso führt Schol. zu Aristoph. Lysistr. 
155 (Frg. 14) imd ein Homerischer Becher Scenen der Persis aus der 
Kleinen Ilias an. Auch Pausanias braucht in seinem aus gelehrter 
Quelle geschöpften Commentar zu Polygnots delphischen Lesche- 
bilde Lescheos £v IXiou irepcibt (X i^^f^^ einfach Lescheos und Kleine 
Hias (26, i) gleichbedeutend.* Weit gefehlt, dafi hier Lesches Iliu- 
persis etwa von einer Iliupersis des Arktinos, wie man meint, unter- 
schieden werden solle, sie wird vielmehr der lyrischen Iliupersis des 
S tesichoros gegenübergestellt, die allein neben ihr citirt wird (X 2 6, i . 9. 
27, 2). So citirte dieser gelehrte Commentar also von Epen nur Ky- 
prien, Kleine Ilias, Kosten und Minyas. Es werden Persis und gar 
Aithiopis überhaupt auffallend selten citirt Jene nur noch im Schol. 
zu Eurip. Troad. 31 (Lysimachos) und Schol. A 515, dieser einzig im 
Schol. Pind. 7 HI 53*. Dagegen wird die Kleine Ilias 1 1 mal für 
Einzelheiten citirt Sie wird auch in den Listen der Werke Homers 
angeführt, nicht aber Aithiopis und Iliupersis. So nennt die sog. 
Herodoteische Homervita die Kleine Hias allein von allen I^ykli- 



^ O. Schroeder, Hermei XX (i8Ss) 494. Die Kleine niai hat von Achills doppel- 
tpiuiger Lanze gesprochen. Dies wird citirt, um Pindars Sats ui6v ivdptScv A60C diqif 
Itxcoc laKÖTOto zn erklären. Aber die Worte des Scholions ^crdroua tVjv icTOpiav 
dit6 Tf)c A. |i(icpAc *IXid6oc kann in der Tat nicht anf das eine Wort gehen. 

Wenn die Nekjia der Odyssee, die sicher der Kleinen Dias folgt (X 521 «-Frg. 6), 
in einem Atem Enrypylos nnd Memnon nennt (522), so legt anch dies nahe, dafi üir 
Dichter von beiden in demselben Epos gelesen hatte. 

' Erwiesen von C Robert« $0. BerL Winekelmanasprogr. (1890) 66. 
B«lhep HooMr. n I4 



// Bb, Kyprien und ii Bb, Kleine Utas bildeten eine Einheit 2 1 1 

lieh umfassenden Titel ^Kleine Ilias' for den Mittelteil belassen, der 
so ein köpf- und schwanzloses Ungeheuer geworden ist 

Die Dichtemamen dürfen nicht, wie Welcker das tat, benutzt 
werden, um die Epen zu sondern oder gar Parallelepen zu construiren. 
Allein schon die oben S. 209 angeführten Doppelcitate aus Aithiopis 
und Kleiner Ilias einerseits und aus Iliupersis und Kleiner Ilias 
andrerseits verbieten das. Ursprünglich unter Homers Namen, ist 
die Kleine Ilias namenlos von den Gelehrten citirt, vermutungs- 
weise dann dem Thestorides, Kinaithon, Diodoros beigelegt (A 6. 8), 
schließlich dem vom Lesbier Phainias hervorgezogenen Lesches zu- 
geschrieben, aber auch dem Arktinos. Denn unter seinem Namen 
steht sowohl die Aithiopis bei Proklos und die 'IXtou nöpOiicic in SchoL 
A 515, als auch wird Arktinos bei Dionys A. R. I 69 als Zeuge für 
die Herkunft des Palladions angeführt, über das nach Proklos die 
Kleine Ilias des Lesches berichtete. 

So ist denn das Ergebnis erhärtet, das allein schon die Zeugnisse 
des Aristoteles und der Gelehrten sichern, daß den einheitlichen 
Antehomerica unter dem Titel Kuirpia in 11 Büchern die Post- 
homerica ebenso einheitlich unter dem gemeinsamen Titel 
IXiäc liiKpd in II Büchern gegenüberstanden, zwischen denen 
die Ilias als Kern lag. Das kann so wenig Zufall sein wie die gleiche 
Bücherzahl 24 for Ilias und Odyssee, die doch nicht ohne Gewalt- 
samkeit erzielt ist. Derjenige, der diese Buchteilung gemacht hat 
— vermutlich Zenodot^ — , hat also auch für Kyprien und Kleine 
Ilias die gleiche Buchzahl 1 1 angesetzt und durchgeführt Wer aber 
auch dies tat, der hat diese Epen als einheitliche um die Dias herum 
gerundete Masse betrachtet, als einen Kyklos. Dubletten kann es 
in ihm deshalb nicht gegeben haben. Und daß sie wirklich nach ein- 
heitlichem Plane componirt waren, das hoffe ich durch ihre Recon^ 
struction zeigen zu können. Das Wirrnis des troischen Kyklos ist 
damit gelöst. Kunpia, IXidc und 1Xiäc ^ixpd bildeten eine Ein- 
heit, die epische Geschichte vom troischen Krieg. Das ist auch 
Aristoteles' Meinung: während Homer nur ein einziges Stück des 
Krieges statt den ganzen behandelt habe, hätten die anderen als 
Thema einen Helden wie Theseus oder Herakles (1451% 19) gewählt 
oder eine Zeit und eine Handlung wie der Dichter der Kyprien und 
Kleinen Ilias, otov 6 t& KuTrpta iroi/icac koI Tf|V Mucpäv *IXidte. Er 
nimmt denselben Verfasser für beide an und faßt sie als eine Einheit 
auf, in der der ganze Krieg behandelt war, was Homer klugerweise 



* V. WilaniowiU, H. U. 369 v. BerL Akad. Siti.*Ber. 1910, 377, 2. 

14* 



Keine cancurrirende Epen des Kyklas 213 

A der Ilias hervorgehoben, wo Zeus nur zögernd auf Thetis' Bitte 
seinen Entschluß faßt, wie die auch hier offenkundige Absicht des 
Kypriendichters, die Ilias vorzubereiten, und seinen Wunsch die 
Aiöc ßouXi^ in Ilias A 5 mit seinem eigenen großartigen Prooimion in 
Einklang zu setzen, das den ganzen troischen Krieg als Ratschluß 
des Zeus hinstellt, die Erde zu erleichtem, das Zeitalter der Heroen 
zu enden. Das Kjrprienepos nahm am Schluß noch einmal den Ge- 
danken seines Anfangs auf und leitete zugleich zur Ilias über. 

So löst sich die einzige schon deshalb verdächtige Spur einer 
Concurrenz auf. Mag auch Achills Zorn für den troischen Krieg 
keine entscheidende Bedeutung haben, so konnte er doch ohne Hek- 
tors Tod, Achills Großtat, nicht erzählt werden. Also haben die 
kyklischen Epen auf die Ilias Rücksicht genommen, sie war ihr 
Mittelpunkt, um den sie sich wie ein Kreis legten. Es ist das ja 
auch selbstverständlich. Denn der Verfasser unserer Ilias hat, wie 
ihre Analyse lehrt, aus älteren, reichen, vielfach concurrirenden Ge- 
dichten über diese Stoffe und Motive, was ihm als Schönstes und 
als brauchbar erschien, ausgewählt, zu einem großen Zusammen* 
hange vereinigt und so gerettet; aber dadurch hat er auch alles 
andere dieser Literatur um so sicherer dem Untergange preis- 
gegeben. Weiterleben konnte nur, was sich der Ilias anschloß, 
ihren Ring zu einem gprößeren Kreise erweiterte und so die Neu- 
gier der Leser imd Hörer befriedigte, indem es das Vorher imd 
Nachher vorführte. 

Daraus folgt unmittelbar und notwendig, daß weder die Ky- 
prien noch die Kleine Ilias selbständige Gedichte mit 
einem in sich geschlossenen Inhalte gewesen sein können. 
Ihre erhaltenen Prooimien konnten freilich zu solcher Annahme ver- 
führen. Aber das Kyprienprooimion gilt ja doch nicht bloß für die 
Kyprien, sondern auch für die Ilias und für ihre Fortsetzung bis zur 
Eroberung Uions. Die Kyprien selbst haben nichts weiter erzählt 
als die Vorgeschichte der Ilias, keines ihrer Bruchstücke zwingt 
über diese Grenze hinaus.^ Und wenn die Kleine Ilias begann: Jch 
singe Ilios, um die die Danaer viel Leides erduldet^, so paßt das auf 
einen Teil des troischen Krieges nicht schlechter als auf den ganzen. 
Nun findet sich unter den fast zwei Dutzend Anführungen aus der 



* S. unten III. Stück S. 241. ö tA KuirpiaicA iiot/|cac in ScboL Hekmbe 41 (ans 
Lytimachos) darf nicht mit dem Dichter der Kyprien identificirt werden, wie ich Herrn. 
XXVI (1891) 59S wieder Tenuchte. Richtig wies Cobet anf SchoL Androm. 898, wo 
6 TÄc KuirptaKdc icropiac cuvrdEac dtirt wird. Vgl. y. Wilamowits, H.U. 181,37. 



Nur eine Iliupersis 215 

stücke einer Iliaszerstörung überliefert sind aus den ßißXia T^ccapa 
MXiäboc MiKpäc A^cxeui MuriXiivaiouJ Aber das ist trügerischer Schein. 
Diese TT^pcic ist identisch mit dem letzten Teil der 'IXidc Miicpd. Das 
habe ich obenS. 209 durch die Gegenüberstellung von SchoL zu Euripid. 
Andrem. 10 (Frg. 16) aus Lysimachos und SchoL zu Lykophr. 1268 
(Frg. 13) bewiesen, von denen das eine für Astyanax'Tod durch Mauer- 
sturz die Persis, das andere die Kleine Ilias anfuhrt, wozu noch 
Pausanias tritt, der dafür X 25^ 9 aus dem gelehrten Polygnotcom- 
mentar den Lesches citiert. Das zweite Citat aus der Persis stammt 
von demselben Lysimachos wie jenes über Astyanax, dessen Iden- 
tität mit der Kleinen Ilias sicher ist Es heißt da zu Euripides' Vers: 
,von den gefangenen Troerinnen erlosen die einen Arkader, die 
anderen Thessaler imd die Athenerfursten des Theseus Sohne^; das 
sei nach einigen den Athenern zu Gefallen gesagt, denn die hätten 
einzig die Aitbra aus der Beute genommen, derentwegen sie gekom- 
men; Lysimachos aber sage, der Persisdichter habe geschrieben 
6T)C€ibaic V £irop€v bujpa Kpciujv *ATa)üi^)uivuiv i^bi Mev€c6f)i ^€TaX/iTopl 
TTOifLi^vi Xaüjv. Es handelt sich hier nur um die Gleichgültigkeit, ob 
die Theseiden außer Aithra noch andere Beute erhalten haben oder 
nicht; daß sie Aithra erhielten, stand fest und brauchte nicht erst 
belegt zu werden. Von einem Widerspruch gegen das Zeugnis des 
Polyg^oterklärers (Pausanias X 25, 8) kann also nicht die Rede sein, 
der sagt, nach Lesches sei Aithra bei der Eroberung Ilions ins 
Griechenlager gekommen und von den Theseiden erkannt, die sie 
von Agamemnon gefordert Wenn er hinzufugt, der habe es nur 
imter der Bedixigxmg der Zustimmung Helenas zugesagt, so ist das 
ein Zusatz, um eine Polygnotscene zu erklären; denn er fahrt fort: 
,Eurybates scheint auf dem Gemälde zur Helena der Aithra wegen 
gekommen zu sein und Agamemnons Auftrag auszurichten'.^ 

Noch ein Citat ist übrig: 'AptcrTvoc bi 'IXiou iropO/jcei, acht Verse 
über Machaon den Chirurgen und Podaleirios den inneren Mediciner, 
der auch zuerst den ausbrechenden Zorn und Kummer des Aias 
— von Wahnsinn steht da nichts — an seinen Augen erkannt habe 
(Frg. 2 - SchoL A 515 BTw). Es ist Willkür, die Verse in die Schil- 



' Einmal tteht dmneben bei Pausanias X 25, 5 in demselben Commentar der Polygnot- 
gemälde, ans dem er oft den eben genannten Utel anfuhrt, auch dieser andere: A^q(€Uic 
ö AlqcuXivou TTuppctloc bt 1X(ou ir^pci6t. 

' Anch Proklos und die beiden ApoUodorexcerpte ergeben keinen Widerspruch. 
Nur scheint es nach ihnen, als hätten die Theseiden die Grofimntter wahrend der Er- 
oberung erkannt Aber Pausanias' Parataxe Af8pav Ic t6 crparöircbov AqpiK^cOat Kai 
Ö116 TiS»v iraibuiv Tvuipic6f)vai t. 0. braucht nicht scharf als Zeitfolge gefaSt su werden. 



Priamos* Tod 219 

halten: ist er doch als Ebenbild des Vaters gezeichnet und Vollender 
dessen, was diesem das Schicksal versagt hatte. Ein Beweis aber 
lieg^ mir in der Einstimmigkeit der Oberlieferung, die nichts von 
Götterrache gegen Neoptolemos weiß, sondern ausschließlich Aias 
als den einzigen Götteiirevler bei der Nyktomachie darstellt, und 
allein von seiner Untat das Verderben der heimkehrenden Achaier- 
flotte ableitet, von dem Neoptolemos noch besonders durch Thetis' 
Rat, zu Lande heimzukehren, bewahrt bleibt. Selbst Euripides gibt 
in den Troerinnen nur den Aiasfrevel als Grund für die Vernichtung 
der Flotte an. 

Damit ist das letzte Argument Welckers erledigt In der litera- 
rischen Tradition gibt es nichts, das eine doppelte epische 
Bearbeitung der Iliupersis bezeugt Daneben steht freilich die 
bildliche Oberlieferung: sie stellt im VL und V. Jahrhundert einhellig 
Priamos auf dem Altare dar. Die Monumente sind zusammengestellt 
bei Luckenbach (Jahrb. f. PhiloL XL Suppl. [1880] 630), Arth. Schnei- 
der (Der troische Sagenkreis in der ältesten gr. Kunst [1886] 168) 
und Tosi in Milanis Studi e materiali di archeologia m (1905) 177. 
Entweder dringt Neoptolemos mit irgendeiner Waffe auf den Greis 
ein, der auf dem Altar sitzt, oder er schwingt statt der Waffe den 
kleinen Astyanax, den er am Bein gepackt hat In der zweiten 
Gruppe scheinen, wie richtig bemerkt ist, zwei verschiedene Dar- 
stellungen in eine zusammengezogen zu sein, der Tod des Priamos 
und der Tod des Astyanax. Robert (Bild imd Lied 74) hat an den 
Vers der Kleinen Dias (Frg. 13 SchoL Lykophr. 1268 Tzetzes) er- 
innert, Neoptolemos ^ii|i€ iroböc TCTaxdiv dirö TnjpTOu (den Astyanax). 
So gut der Gestus stimmt, so wenig das LocaL Da hat A. Schneider 
172) darauf hingewiesen, daß das Herabstürzen vom Turm für die 
archaischen Maler nicht darstellbar war; folglich haben wir keine 
Berechtigung, eine andere literarische Quelle für diese ihre Darstel- 
lung anzunehmen. Ebenso liegt es m. E. mit Priamos' Tod« Eine so 
complicirte Aufgabe wie die des Priamos Flucht zum Altar, sein 
Fortreißen und seine Ermordung nun gar in einem einzigen Bilde 
darzustellen, war für archaische Kunst nicht voll losbar. Man preßte 
die drei Scenen zu einer zusammen, indem man die wichtigsten Mo- 
mente zvmi Ausdruck brachte: die Flucht auf den Altar imd den Tod 
durch Neoptolemos. Wenn er nun gar auf dieser und jener Vase 
seine Hand an den Greis legt, so ist, wie Schneider mit Recht sagt, 
gar nicht zu entscheiden, ob der Maler die Ermordung auf dem 
Altar oder das Fortreißen und folgende Tötung gemeint habe. Be- 
stätigt wird mir diese Aufifassung durch die Beobachtung, daß die 



2 20 Viertes Buch, IV, Titel, Verfasser, Abgrensung 

älteste Kunst Fortreißen überhaupt nicht darstellt Aias' Untat an 
Kassandra vor dem Athenebild, für die erst das V. Jahrhundert den 
Typus des Fortreißens ausgebildet hat, wird im VL derart g^emalt, 
daß Aias und Athene sich in gleicher Größe in Kampfstellung gegen- 
überstehen und Kassandra halb so klein sich unter dem Schilde der 
Göttin kauert, oder in gleicher Größe auf sie zuläuft. So wird die 
Scene also auch an der Kypseloslade gebildet gewesen sein trotz 
der Inschrift (Paus. V 1 9, 5). In der Priamosscene ist der alte Typus 
von den Malern selbständig und schön weiterentwickelt Ursprüng- 
lich gewiß als Darstellung der durch das Epos bekannten Scene ge« 
meint, derart, daß Neoptolemos den Priamos fortreißen soU vom 
Altar, Msn ihn dann zu töten, hat die einmal geschaffene Form nun 
ihr eigenes Leben nach den Entwicklungsgesetzen der Malerei ge- 
lebt, und die folgenden Künstler haben sie weitergebildet, ohne sich 
um das Epos oder irgendeine andere literarische Quelle weiter zu 
kümmern. So stellen diese Bilder schließlich in der Tat etwas an- 
deres dar als das Epos, ihre letzte Quelle. Aber sie sind eben als 
Variationen bildender Künstler, nicht als Illustrationen irgendeiner 
Dichtung anzuerkennen. Merkwürdig und bezeichnend, daß es den 
Gelehrten so schwer ist, diese jedem bildenden Künstler selbstver- 
ständliche Tatsache sich zuzuführen und, ihrer eingedenk, die Con- 
sequenzen zu ziehen. 

Erst Polygnot hat mit der bildlichen Tradition in der Priamos- 
scene gebrochen, wohl im Bewußtsein der Differenz gegen das Epos, 
an das er sich sorgrfältig gehalten zu haben scheint Er legte nur 
einen Panzer auf den Altar, die Leiche des Priamos brachte er mit 
anderen an einer anderen Stelle an (Pausanias X 27, 2 und 26,4).^ 
Der hellenistische Verfertiger des Homerischen Bechers Arch. Jahrb. 
1 898 Taf. V aber wußte sich nicht anders zu helfen, als daß er zwei 

^^ Interessant ist das Relief PanciaticU Rom. Mitt m (1888) lOi und Arch. Jahrb. 
IX (1894) 161, das auf ein attisches Original des aasgebenden V. oder IV. Jahrhunderts 
zurückgeht; vgL Tosi a. a. O. 167: auf dem Altar sitzen eine Frau mit Gebärden des 
Entsetzens und Priamos, den Neoptolemos wegreißt — Auf dem von Tosi 162 er- 
wähnten Vasenbild steht Priamos neben dem Altar, N. packt ihn im Haar und schlägt 
auf ihn den Astyanax hinunter. — 177 publidrt Tosi einen Faliskischen Krater des 
IV. Jahrhunderts mit einer Iliupersis: Kein Altar, Priamos liegt auf der Erde, über 
ihm N., ein zweiter Krieger hat A. am Bein gepackt und schleudert ihn hinab. — Da- 
gegen sticht auf der apulischen Prachtamphora des IV. Jahrhunderts (Bullet. NapoL 
N. S. VI 9) N. dem Priamos am Altar das Schwert in die Seite. — Auf dem proto- 
korinthischen Väschen Rom. Mltt. XXVII (1912) Taf.V (1908 in Cumae gefanden) steht 
Priamos die Hände flehend erhebend 1. vom Altar, während von r. N. heranstürmt, den 
A. am Bein über sich schwenkend. Astyanax' Tod auf einer Lekythos von Eretria 
J. H. St. 1894 Taf. IX, archaisch Overbeck, Her. GalL XXV 33. 



Agios 221 

Scenen machte, i. Neoptolemos auf den den Altar umklammernden 
Priamos anstürmend und 2. Priamos von Neoptolemos niedergestochen. 
Man sieht, selbst dem hellenistischen Toreuten war die Aufgabe 
schwierig. 



So sind die beiden kyklischen Iliupersiden auf eine reducirt Aber 
ein drittes Epos dieses Inhalts spukt noch hie und da: die angebliche 
*IXiou TT^pcic des Argivers Agias. Sie verdankt ihre Existenz nur 
einer nicht gerechtfertigten, auch paläographisch nicht gerade be- 
stechenden Conjektur von C. F. Hermann, die v. Wilamowitz, H. U. 
180, 26 aufgenommen und zu stützen versucht hat unter Zustimmung 
von Kaibel und Robert, Homer. Becher 44, 16; dagegen sprach Tosi 
in Milanis Studi e Materiali di archeologia III (1905) 174. C. F. Her- 
man setzte nämlich jenen Namen ein in Athen. XIII 610 C. Die Stelle 
lautet: ,Namen von Helden im hölzernen Pferde wirst du kaum nennen 
können xal oöbt raOr* ^k tuiv Ciiicixöpou, cxoXQ T<iPf ÄXX' dx xflc ^caKa- 
Tou^ ('Atiou toO Herm.) 'ApTcicu IXiou TT^pciboc* oötoc t^P iro^iröXXouc 
Tivac KOTAc^ev.' Ob das zweite citirte Werk ein Epos war oder ein 
lyrisches oder überhaupt ein Gedicht, ist zweifelhaft; daß es ein kyk. 
lisches Epos war, kann niemand beweisen. Nirgend wird eine Persis 
des Agias angefahrt, die Veranlassung zur Conjectur gab, ausschließ- 
lich Proklos, der die Nosten einem "Axiac TpoiZifivioc zuschreibt, und 
die Combinatton, ein Nostenepos könne ja wohl auch noch die Persis 
miterzählt haben. Das schwebt alles in der Luft. Ebensowenig ver- 
mögen die von v.Wilamowitz angeführten Citate aus Agias *ApToXiKd 
zu erweisen, daß dies Werk ein Epos war. Wenn 'Atiac Kai AepxuXoc 
ty TpiTUi 'ApToXiKUJV bei Clemens Alex. Str. 1 104,1 p. 139S neben Dio- 
nysios von Argos, Hellanikos citirt werden für die Feststellung des 
Datums der Einnahme Ilions, so beweist mir das, daß hier ein ge- 
lehrtes Buch, keine Dichtung gemeint war. Daran werde ich auch 
nicht irre durch das Citat aus der Kleinen Ilias an derselben Stelle, 
das auch im Schol. Eurip. Hec. 910 aus gleicher Quelle erscheint. 
Dort wird aus Kallisthenes angeführt, Troia sei erobert im Tharge- 
lion, nach einigen ti' (iß' Clera. Alex.) IcTa^^vou, übe hk 6 Tf|v Miicpdv 
IXtäba Ti' (pOivovToc* biopilei yap axnöc Tf)v fiXuiciv q)dcKU)v cu^ßf^vai tötc 
Tfjv KaTdXTui/iv, f)viKa ,vüH jitv ir\v \iiccf\, Xaimirpä b* iTr^reXXe ccX/ivii*. 
^ecovuicTtoc bk ^övov t^ 6fh6t) q>8ivovTOC dvaT^XXei , iv dXXq b* ou. Li 
der Kleinen Ilias hat natürlich nicht dies Datum gestanden, sondern 
es ist aus dem angeführten Verse auf die angegebene Weise von 
den Gelehrten erschlossen. Clemens nennt mehrere derselben und 
gibt ihre abweichenden Resultate. Daß der unter ihnen genannte 



Palamedeia 223 

Hymno wird so wenig wie die Palamedeia sonst irgendwo citirt 
Und wer mag glauben, daß ein Epiker die Hymno angerufen habe? 
Mnaseas ist als sehr unzuverlässiger Zeuge bekannt Den Wortlaut 
hat er nicht beigebracht: er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, 
einen Vers zu dichten. Der Schwindel ist offenkundig. 



Das Ergebnis der notgedrungen weitschweifigen Untersuchung 
bestätiget den aufgestellten Satz: Dubletten sind im troischen Kyklos 
nicht nachweisbar, er stellte also eine einheitlich redigirte 
Sammlung von verschiedenen Epen dar, in derselben Weise ange- 
legt und durchgeführt wie in kleinerem Maßstabe die erste große 
Composition, der Kern und das Vorbild des ganzen Kyklos, die Uias 
selbst. Ihr voran war die Vorgeschichte gestellt, als Einleitung zum 
großen Kriege mit pompösem Prooimion eingeleitet und genau bis 
zum Anfang der Ilias selbst geführt Die Bedeutung des Titels 
Kypria war und ist dunkel. Ihre 1 1 Bücher entsprechen den 1 1 Büchern 
der Kleinen Ilias, für die Untertitel Amazonia, Aithiopis, Uiupersis 
in Gebrauch blieben wie für die Ilias Diomedie, Patroklie, Lytra usw. 
Sie begann als dritter Teil des troischen Epenkyklos billig mit einem 
Prooimion wie sein zweiter Teil, die Ilias, auch und führte die Er- 
zählung bis zur Zerstörung Uions und Abfahrt der Achaier. 

V. KTUPIA 

Die feierliche Begehung der Ehe, aus der Achill entsprießen 
soll, und das Parisurteil, das den großen Krieg entzündet — damit 
begann nach Proklos die Erzählung der Kyprien — , können nur von 
einem Dichter nebeneinandergestellt sein, der auf einen großen Zu- 
sammenhang hinarbeitete. Daß Achill auf diese Weise erst gezeugt 
wird, als Paris sich zum Raube der Helena anschickt, hat ihn nicht 
gegrämt, so wenig wie die Frage, ob denn Neoptolemos, im Anfang 
des Krieges geboren, kampffähig an seinem Ende sein könne, oder 
andere homerischen Dichter Sorge um Alter und Schönheit der 
Helena und Penelope oder die Jahre des Telemach bedrückt hat 
Pedanterien des Realismus lagen diesen Epikern wie ihrem Publi- 
kum noch fem. Die künstlerische Betätigung des naiven Sinnes für 
das Wesentliche hat hier wie so oft eine grandiose Wirkung erzielt. 
Und tief tmd nachhaltig ist der Eindruck dieser Scenen auch heute 
noch, trotzdem von der Dichtung nichts als die dürftigste Faden- 
erzählung übrig ist. 



ParisurUü 227 

in keiner Beziehung: hier wird die Hochzeit am Thetideion gefeiert, 
und Chiron bringt Jagdbeute dar. Die Peleus-Thetis-Sagen waren 
eben in mehreren berühmten Gedichten gefeiert Hat doch Reitzen- 
stein für die Hochzeit Hermes XXXV (1900) 79 (vgL BerL Akad« 
Sitz.-Ber. 1900. 849) ein neues Hesiodisches Bruchstück erschlossen« 

So wenig wie von den Verwandlungen der Thetis wußten die 
Kyprien von ihrem Versuche, Achill unsterblich zu brennen, und 
der durch Peleus' Dazwischenkunft verursachten Trennung der 
Gatten«^ Denn die Unverwundbarkeit Achills kennt der troische 
Kyklos noch nicht. Wie £ 434 Thetis noch mit dem gealterten 
Peleus zusammenlebt, so wird es auch in den Kyprien gewesen sein. 

Die Götterversammlung zuThetis' Hochzeit war vom Kyprien- 
dichter geschickt benutzt, um den Schönheitsstreit der drei Göttinnen 
und das Parisurteil anzuknüpfen« Eris, die ihn nach Proklos ent- 
zündet, wird, wie sie A 3 Botin des Zeus ist, auch hier mit seinem 
Willen und in seinem Auftrage aufgetreten sein, den Heilsplan in 
die Wege zu leiten. 

Zum Paris werden die streitenden Göttinnen auf Zeus' Befehl 
von Hermes geführt Das wird hervorgehoben und ist wichtig: Zeus 
leitet seinem Ratschluß gemäß die ganze Handlung. Auf dem Ida 
schmückt sich Aphrodite (Frg. 4), auch wohl die beiden andern 
(Eurip. Iph. Aul. 1296). Aus Vasenbildem ist die Scene der Kyprien 
gewonnen: Paris, der seine Herde weidete, entfloh entsetzt und 
wurde von Hermes zurückgeholt* Er entscheidet nach der Art der 
?>uipo<päTOi» wie sie Hesiod (W.T. 220) schildert Jede der Göttinnen 
bietet ihm ein Geschenk. Er wählt das schönste Weib und gibt 
Aphrodite den Preis. 

Bei der Abfahrt des Alexandros gibt Proklos eine Dublette: 
Helenos prophezeit, Kassandra prophezeit Mit welchem Rechte man 
das letzte als richtig annimmt, ist mir imerfindlich. Helenos als 

* Reitxenttein, Hermes XXXV (1900) 78 folgert das aar darmns, daß ApoUonios 
Rh. IV 812, 815—817, 866—879 die Brennung AchiUf enählt, der 770—779 Uts&ch- 
üch die Kyprien benatst hat Das genügt nicht som Beweise» da ApoUonios contami- 
idrt. Pindar J Vm 30 ff. wird yielmehr ans Hesiod stammen. — Im 3. Bnch des 
Aigimios (Schol. Apollon. Rh. lY 816) war erslhlt, daß Thetis ihre nnd des Pdens 
Kinder ins Wasser warf, nm zu prüfen, ob sie sterblich seien; so habe sie yide ge- 
tötet, bis Peleus endlich sie verhinderte, den Achill so an prüfen; der war also auch 
sterblich und yerwandbar. — UnTerwnndbarkeit ist nberaU sp&te Zntat, nie, soweit 
ich sehe, nrsprüngUcb, jedenfalls nicht in griechischer Sage. Verkehrt nrteilt darüber 
Yürtheim, De Aiads origine cnltn patria Leyden 1907, richtig Berthold: UnTerwnndbar- 
keit in Sage a. Aberglauben der Griechen. Ldpsig. Dias. 1911 ■■ Religionsgeschichtl. 
Vorarbeiten n. Versuche. XI. i. 

* Wentael a. a. O., Perdriset, Revne des ttndes andennes VU (1905) 109. 

«5* 



228 V*^^ ^^*ck. V. KYTTPIA 

Seher der Ilias und der Kleinen lUas hat mehr Anspruch, während 
Kassandras Sehergabe för die troischen Epen überhaupt nicht direkt 
bezeugt ist Im Alexandres des Euripides spielte Kassandra eine 
große Rolle; daher wird die Notiz bei Proklos stammen, ursprui^ 
lieh eine Variante in seiner mythographischen Quelle. Als Begleiter 
wird Aineias bei Proklos und auf der Schale des Makron (Gazette 
arch6oL 1880. Taf. 8) genannt, durchaus wahrscheinlich, da er in 
jüngeren Schichten der Ilias wie in der Iliupersis eine größere Rolle 
spielte als Stammvater eines lange blühenden troischen Fürstenge- 
schlechtes; aus den K)rprien citirt Pausanias X 26, i den Namen 
seiner Frau Eurydike, auch in der Kleinen Ilias habe sie so ge- 
heißen. Die gastliche Aufnahme der Troer bei den Tyndariden, d 1l 
den Dioskuren ist wahrscheinlich für die KyprieUi weil sie deren 
Kampf mit Idas und Lynkeus um die Leukippiden und Tod (Fig. 
9, 11) so angeknüpft haben werden. Wentzel hat aus Lyko- 
phron 538 — 560 und Pindar N. X iioff. die Kyprienerzählung mit 
vieler Wahrscheinlichkeit genauer hergestellt Beim Mahl der Dios- 
kuren mit Paris entspinnt sich zwischen ihnen und den anwesenden 
Apharetiden Streit aus deren Hohn, daß sie die Tochter des Leu- 
kippos ohne Brautgeschenke entfuhrt; die Dioskuren rauben ihnen 
nun Rinder» und um sie entbrennt der Kampf, der ihnen allen das 
Ende bringt; Zeus gfibt dem sterblichen Kastor und unsterblichen 
Polydeukes, unzertrennlich auch im Tode, beiden jeden zweiten Tag 
das Leben wieder. Mit ihren festen Zügen hebt sich diese Geschichte 
so geschlossen von ihrer Umgebung ab, daß man nicht zweifeln 
kann, der Kypriendichter habe hier ein altertümliches Gedicht seinem 
Werke eingearbeitet' 

Alexandres' Reise war also ähnlich wie Telemachs in y, b in zwei 
Stationen mit gastlicher Bewirtung geschildert Um im Hause des 

» G. Wentzel, Epiklescis Göttinnen 1890 V 18—25, *6meaXd|jiiov Gottingen T890. 
(v. Wilamowitz, Ttxtgeschichte der gnech. Bukoliker 1881) und daza Panly-Wissowa 
R.-E. VI. II 14 ff. Über Helena und Theseus s. unten S. 231. WentzeU Vennntinig^ 
auch die ganze Jugendgeschichte des Paris, seine Geburt, Hekabes Traum (jetat ans 
Pindar Päan Frg. »3 belegt), seine Ansseuung, Ruckkehr und Wiederaufiiahme troti 
Kassatiflra habe in den Kyprien gestanden, und daher habe Euripides den Stoff sciiies 
*AX^Hav6poc u. Ovid Heroid. XVI, kat n ich nicht annehmen. Besonderes Gewicht legt 
er auf Kassandra — aber dafi sie in den Kyprien vorkam, ist unbeweisbar und neben 
Helenes unwahrscheinlich — , femer darauf, daß Paris auf den älteren Bildern als Hixte^ 
auf den späteren als Prinz erscheine. Aber auch Aineias ist im Homerhynrnui nur 
Hirt auf der Alm und scheut sich vor der Gottheit. An das Parisurteil schliefit un- 
mittelbar seine Fahrt, den verheißenen Lohn zu holen: für seine Rückkehr nach Ilion 
u. Wiedererkennung ist da kein Raum. Ebenso v. Wilamowitz, Gr. Tragödien III 260, 
l; 271, 1; 281, I. 



Alexandros in Lakedaimon 22Q 

Menelaos die Entfuhrung der Helena zu ermöglichen, wird Menelaos 
am zehnten Tage (Apollod. Epit.) auf Reisen nach Kreta geschickt: 
der Kypriendichter liebte dies Motiv. Gewiß hat er für Menelaos' 
Reise wie für die der Chryseis nach Theben (Frg. 1 9) ein Motiv ange- 
geben; so wird auf ihn zurückgehen, was Apollodor sagt: ,um seinen 
Muttervater Katreus zu bestatten.*® So war nach Y 680 der Argiver 
£uryalos nach Theben gereist zur Bestattung des Oidipus und hatte 
bei den Kampfspielen alle Kadmeionen besiegt. Inzwischen Ehe- 
bruch» Raub, Flucht des Paris und glückliche Fahrt in drei Tagen 
(Herodot EL 117). Iris meldet dem Menelaos das Geschehene, wie sie 
B 786 den Troern den Abmarsch der Achaier kündet 

Die Mobilmachung muß von Agamemnon ausgegangen sein, 
weil er in der Ilias der Herzog ist. So Apollodor; Proklos läßt das 
aus. Dagegen erwähnt er den Besuch des Menelaos bei Nestor mit 
der Bemerkung y der habe ihm iy irapcKßdcei vier Geschichten er- 
zählt, deren Themen Welcker (Ep. Cykl. II 1 9) erläutert So erzählt 
Nestor A 668 — 762 sehr ausführlich die Geschichte einer seiner 
Jugendtaten ohne Zweck, Phoinix I 529 — 599 vom Zorn Meleagers, 
um Achill zu versöhnen, Achill Q 602 — 617 von Niobe, um Priamos 
zu trösten. Und in der Odysee ist das Erzählen noch beliebter. Nur 
das könnte man einwenden: vier Geschichten auf einmal sind etwas 
vieL Aber man braucht sie nicht alle so lang zu denken wie die 
des Phoinix: Zeus gibt E 317 der Hera sechs seiner Liebesabenteuer 
zum Besten, imd E 382 tröstet Dione die verwundete Aphrodite mit 
drei Geschichten vom Leiden des Ares, der Hera und des Hades. 
Nestor mußte für den Krieg gewonnen werden, weil er in der Ilias 
steht. 

Haben die Kyprien die Vereidigung der Helenafreier ge- 
kannt? Sie ist im 6. Jahrhundert bekannt, wie der Hesiodische Kata- 
log der Helenafreier zeigt (Berl. Klass.-Texte V i, S. 33, Z. 40). Bei 
der ausgesprochenen Neigung des K3rpriendichters, alles gründlich 
zu motiviren, würde man sie gern annehmen. Denn wenn irgend- 
wo, so war eine Motivirung notwendig für die Teilnahme so vieler 

* Wa^er, Epit. 175 vgl. gut Z 174. Die häßliche Geschichte von der Aussetznng 
der Aerope durch Katreus schafft kein Bedenken dagegen, weil sie erst von Euripides 
43S for seine Kpf^ccai erfanden zn sein scheint: Schol. Soph. AJos 1297, v. Wilamo- 
wits, Anal. Enrip. 255, Berl. Klassik.- Texte V a, 71. Bemerkenswert ist die ron Alki- 
damas Odyssens 1 7 verwendete Version, Menelaos sei von den Söhnen des Molos nach 
Kreta geholt, nm ihren Erbschaftsstreit zu schlichten, und habe der Helena und ihren 
Brüdern die Sorge für den Gast Alexandros aufgetragen. Wenn er § 7 n. 16 Telephos 
in nion denkt iJs Pflegling des Priamos, so knüpft er an Hesiod an, Ozjrrh. Pap. 
XI I3S9. 



r. KTIVM 




for die ge- 

sollte sftdi Genug- 

geht die 



voU Genossen 
Jahre vor 



Sage TDmKiiegeda 

des Ti d Lis «nd Aaphiaraos besooders moti- 
Tixt, jenes durch die Yeisc h w Sgci im g nnt PultneÜ Des» fieses durch 
seinen Eid oder Bestechnng seines Wctbes. Fir den K jpriendichter 
lag um so mdir Verudassang n einer Begxundnqg des allgemeinen 
Heeiesn^nes der Achaier tot, als solche schoo im A isjff. ange- 
deutet ist. Da erUait Ac^iülv er sei nicht der Troer w^en gekom- 



Fuibc noch die Fddfnicht zerstoft, s onde rn um den liendaos zu 
rädien fiege er ror Ilion. Die Veieidig ung der Hdenafreier gibt 
eine umfassende und befriedigende M<itiTining. Zweifellos würde 
jedermann sie inr die Kyprien aneiheu nen, stände sie bei Proklos. 
Ihr Fehlen ist aber kein Grund dagegen: fddt ja doch auch die 
liebe des Zeus m Thetis und das Ei der Xetnrm Wie diese an 
abgesonderter Strile im m% ihogia ph is rhen Handbnche standen und 
deatfialh bei Prokk» fbrtg^assen sind, so aach die Frnte um Helena 
und der Fieieieid: er steht bei .^poDoior DI iio — 132 mit Helenas 
ganzer Vorgesdichte in der Genealogie des AtSas, ¥on dem ihr 
Vater Tyndareos abgeleitet vind Nestor« veil zu ah. und AchilL 
weil zu jung — die IBas schildert ihn dvvh xl$ j lki^&teu Helden — , 
konnten nk^t zu ihren Fr»eni gehören» wie sie denn sowohl in der 
Liste ApoUodors m 120 als auch in dem Hesaodischen Katalog 
fehlen.* Deshalb entscheidet weder der BesSttch des Menelaos bei 
Nestor noch die Gesandtschaft» die den AchiD wn Skyros holt» die 
Frage, ob die Kyprien den Freiereid $:el»nnt haben. Mir sdieint 
sie aber mit Sicheiheit beiaht zu werden durch fo^fende Ober- 
legung. Na<ii Proklos sucht sich Odrsseas dem FekLiuge durch ge- 
heuchelten Wahnänn zu entziehen, den die List des Falamedes ent- 
lant. Daß dies wirklich den Kyprien gebort» beweist mir das Zeug- 
nis bei Pansamas X 3u 2, Palamedes m in den Kyprien ^Frg. 16) 



* Bcsfia. IHiMi^ Tnrr V 1« aS ▼. UMiuM^vte 3^« U* «idlrt 
ob dk Kjpfäem dem Fitacrad i rt i l lii kil«m ItSaMm. E^ 



Freierschwur, Helenas Vorgeschichte 231 

▼on Diomedes und Odysseus ertränkt ^^ Denn dieser Haß des Odys- 
seus wird durch jene Geschichte vortrefflich motivirt; also gehört 
beides zusammen. Die Verstellung des Odysseus wäre nun sinn- und 
zwecklos, wenn er nicht die Verpflichtung gehabt hätte, Heeresfolge 
zu leisten. Einzig sein Eid als Helenafreier legt sie ihm auf. Diese, 
wie mir scheint, notwendige Folgerung bestätigt mir noch der so 
entstehende Humor und der weit abzweckende Zusammenhang, die 
von einem Dichter erdacht sein müssen^ der den ganzen troischen 
Sagenkreis im Auge hatte. Odysseus, der, um Penelope zu gewinnen, 
dem ängstlichen Tyndareos geraten hatte, alle Freier schwören zu 
lassen, denjenigen, den sich Helena zum Gatten wählen werde, wider 
alle zu schützen, derselbe Odysseus wird nun in der eigenen Schlinge 
gre£euigen. So erhalten die Kyprien die rechte Rundung. Es wird 
sich kaum ein Gedicht finden lassen, das wie sie alle Bedingungen 
erfüllt, die man für die Erfindung dieser köstlichen Geschichte 
stellen muß, sicher keines, in das sie so genau, vieles gleichzeitig 
▼erbindend, hineinpaßt. 



Ich hole hier die Vorgeschichte der Helena nach, die aus 
dem angegebenen Grunde bei Proklos fehlt Das größte Kyprien- 
brachstück (7) belehrt uns über Helenas Abkunft. Es stammt aus 
einer Aufzählung der Kinder der Leda. Dem Dichter lag daran, 
Helena als Schwester des Kastor imd Polydeukes dem Leser ein- 
zuprägen. Sie ist ihm Tochter des Zeus, wie T und Odysee sie kennen, 
imd der Nemesis, mit der Zeus sie in Vogelgestalt zeugte. Philodem 
ircpl cöceßeiac bezeugt das letzte und das Ei direkt für die Kyprien 
(Frg. 8).^^ Bei Apollodor III 1 2 7 , also sicher aus diesem Epos, 
folgt unmittelbar Helene Raub durch Theseus nach Aphidna, 
ihre Befreiung während dessen Hadesfahrt durch ihre Brüder und 
die Gefangennahme seiner Mutter Aithra. Dann die Freite um 
Helena und die Vereidigung der Freier, die eben für die Kyprien 
erwiesen ist. Auch diese attische Zwischenerzählung wird nun für 
die Kyprien wenigstens wahrscheinlich gemacht durch SchoL f 242 
AD. Da steht die Entführung der Helena durch Theseus und ihre 
Rückgewinnung in dessen Abwesenheit aus Aphidna durch die Dios- 



** Dieter Kjrprienyenioii steht eine andere gegenüber, nach der Palamedes dorch 
di« Hinterlist des Odyssens in einen HochverratsproteB verwickelt nnd zn Tode ver- 
nrteilt wird. Die Vermutung, dies stamme aus einem besonderen Epos Palamedeia ist 
oben S. 222 durch den Nachweis erledigt, dall es ein solches Epos nicht gegeben hat 

*^ KckoH-Festsehrift Univers. Bonn. Rom. arch. Institut 1879 nnd Sits.-Ber. 
Bcri. Akad. 1908. 611 hat die zahlreichen Vasenbilder zusammengestellt. 



232 Vi^ries Buch. V. KYTTPIA 

koren nebst einigem Detail mit der merkwürdigen Unterschrift' 
f| \cTopta TTopä Totc TToXefiuivtotc t{ toi^ KuicXtKOtc xal änö }iipovc iropa 
"AXk^övi Tdi XupiKi^. Mit Evidenz hat Wentzel (Epithalamion Grottingen 
1890. 22) aus ihr geschlossen, daß wenigstens diese Greschichte selbst 
irgendwie in den Kyprien, dem einzig in Betracht kommenden ky- 
klischen Epos, gestanden haben müsse, ein Schluß, der durch Ver- 
gleichung mit ApoUodor gewinnt^' Dazu kommt folgende Erwägung. 
Der Kypriendichter wollte durch die breite Erzählung ihres letzten 
Straußes imd Endes erklären, warum die Dioskuren den Raub der 
Helena nicht verhindert und nicht einmal gerächt haben. Das ge- 
nügt gewiß, diese Episode verständlich zu machen. Aber noch viel 
stärker würde die Erwartung des Lesers, daß sie dem Alexandros 



'* Wir keimen diese Geschichte durch zwei selbständige Zeugen, Herodot IX 73 
nnd Isokrates X 14, und eine ganze Reihe Ton Benutzem mythologischer Handbücher, 
die zusammengenommen werden müssen. Das attische Aphidna ist der Ort dieser Sage 
(Toepffer, Beitrage 154), nicht Athen: Pausanias V 19, 3 hat das Epigramm der Ky- 
pseloslade sicher verlesen, wie es metrisch unmöglich ist. Auf Versehen beruht auch 
die Angabe Athen bei Pausanias I 41, 4, ApoUodor Epit I 23 gegen III 128 nnd 
SchoL r 242 A gegen D, da andere Benutzer mythologischer Handbücher Aphidna 
geben, ebenso Plutarch Theseus 32 aus reicherer Quelle, Herodot und Isokrates. £• 
Ist ausgeschlossen, daß eine ländliche Ortschaft Attikas eine stadtathenische Sage 
annectirt und diesen Raub zur Anerkennuug gebracht haben sollte. Herodot gibt ein 
afrtov für die Verschonung des Gebiets von Dekeleia durch die Lakedaimonier: Deke- 
leus habe nämlich den Dioskuren gesagt, daß Helena Ton Theseus in Aphidna ver- 
borgen seL Dies also ist der Kern, Dekeleus Zutat ad hoc; der Verrat von Aphidna 
durch Utakos aber wäre möglich für die Kyprien, wie ja auch Theseus entfernt ist, 
beides dem attischen Ruhm zuliebe. Von den Benutzem mythologischer Compendien 
macht Schol. f 144 AD ('Hellanikos') eine leicht erklärbare Confusion in Atöacoupoi 
fif| diroXofißdvovTCC Tf|v d6€Xq>/|v. Die übrigen geben den Rachezug der Dioskuren, 
die Eroberung von Aphidna und Wegführung der Helena und Aithra in Abwesenheit 
des Theseus. So auch Schol. f 242 AD mit der auf Polemone, Kykliker und z. T. 
Alkman verweisenden Subscription, nur daß es die Verwundung des Kastor durch 
Aphidnos hinzusetzt (seinen Tod geben erst Hygin. P.A. n22, Avien Aratea 372, Schol. 
Grerman. Arat), was wieder gut zur attischen Tendenz wie Theseus' Abwesenheit und 
Aphidnas Verrat durch Titakos paßt und den Kyprien zugesprochen werden muß, wenn 
jene Züge diesem Epos gehören. Pausanias I 41, 4 will beweisen, daß Tlmalkon, des 
Megareus Sohn, nicht von Theseus beim Zuge der Dioskuren nach Aphidna getötet sein 
könne, und fragt: wie ist das möglich, öirou xal'AXx^dv Troi/|cac (jiCfia ic toOc Atoc- 
KoOpouc ibc 'A6f|vac (so, obgleich vorher 'A9i6va) ^oi€v ical tV|v Gtic^ujc dTdxoicv 
Mi|T^pa alxMdXuiTOv, ö^ulc Gnc^a fpr\&^ aOröv dirCtvai; daß Pausanias das aus einem 
mythographischen Handbuch geschöpft hat, zeigt der wörtliche Anklang an ApoUodor 
ni 128, Epit. I 23 und die Vergleichung mit Schol. f 242, wo auch Alkman citirt, 
aber einschränkend: f| Icropfa irapd . . Kai dirö ^^pouc irap' 'AXK^dvt Ttfi Xuptia^. 
Damit ist Pausanias' Zeugnis entwertet Denn er gibt nur das Allgemeine. So muß ganz 
dahingestellt bleiben, was Alkman gesagt und ob er überhaupt von Aphidna oder 
bloß vom Theseusraube erzählt habe. 



TeUphos 233 

die Beute entreißen würden, wenn derselbe Dichter ihm kurz zuvor 
erzählt hatte, daß sie wirklich schon einmal die Schwester einem 
Räuber abgejagt hätten. So sicher das Verhältnis des Theseus zu 
Helena echte Sage ist, so bedenklich ist ihre Befreiung durch die 
Dioskuren (s. Bd. III). Sie verdankt ihre Erfindung einem Dichter, 
der den Theseusraul3 mit dem Parisraube verbinden wollte. Und 
dazu hatte der Kypriendichter in der Tat Veranlassung, weil Aithra 
im r 144 Helenas Sklavin ist und bei der Iliupersis von ihren Enkeln 
aus Bios zurückgeholt wird. 

Die Sammlung der Achaier in Aulis war durch die Blas ge- 
geben. Engsten Anschluß der Kyprien an sie bezeugen Frg. 18, 19. 
So ist auch gegen Kalchas' Spatzenorakel nach B 310, wie es Pro- 
klos gibt, Verdacht nicht berechtigt Es mußte da doch etwas ge- 
schehen« Um die zehn Jahre zu füllen^', hat der Kypriendichter 
die Telephosgeschichte eingefügt. 

Sie ist freilich durch kein namentliches Citat, nur durch Proklos 
bezeugt ergibt sich aber mit Sicherheit Achills Sohn, Pyrrhos von 
Lykomedes, Neoptolemos von Phoinix benannt, ist für die Kyprien 
im Polygnotcommentar bei Pausanias X 26, 4 (Frg. 13) bezeuget Seine 
Erwähnung konnte für die, die nur bis zur Blas die Handlung führen, 
keinen Wert haben, sie wies auf seine Aristie in der Kleinen Bias 
(Pers. 7, 9, 11) hin. So ist auch dies Epos, wie die Ilias selbst, in den 
Kyprien vorbereitet Das kann nicht wundernehmen; leitet doch 
ihr Prooimion und ihre Vorgeschichte mit Thetis' Hochzeit, Helena^ 
Zeugung, Parisurteil den ganzen Krieg ein und mit der Gefangen- 
nahme der Aithra in den Kyprien (S. 231) wird nicht nur für f 144, 



>* Der älteste datirbare Versach dieser Art ist der des Pherekydes (F. H. S. I 94 
Schol. Lykophr. 570): er ließ die Achaier 9 Jahre sich bei Anios durch die Oinotropen 
▼erpflegen, da sie ja doch erst im 10. Ilios erobern sollten. Andere Schwierigkeiten 
brachte Neoptolemos, der, im oder dicht vor Anfang des Krieges gexengt, am Schloß 
mitkämpft. Da dies bei zehnjähriger Dauer (B 329) unmöglich, so griff man fi 765 
auf, wo Helena bei Hektors Bestattung sagt, sie sei im 20. Jahre von der Heimat ent- 
fernt. Die Scholien ABT hier und Schol. T B zu T 326 geben einen Abhob der Dis- 
cnssionen darüber. Aus ihnen ist interessant die Angabe in Schol. T p. 484. 15, 
Neoptolemos sei im 18. Jahre in den Krieg gezogen. Sie setzt dieselbe Berechnung 
Toraus, die Apollod. Epit. m 18 vorliegt, und die auf der Venion der Kleinen Ilias 
aufgebaut ist, Achill sei von Telephos nach Skyros verschlagen und habe da den N. 
gezeugt Das ist nach Apollodor im 2. Jahre geschehen nach dem Raub der Helena, 
dann folgt achtjährige Pause, darauf Versammlung in Argos und Aulis und nun zehn 
Jahre Krieg. Vgl. Welcher, £p. Cykl. U 263 ff. Worauf die Angabe, Achill sei mit 
neun Jahren nach Skyros gebracht (Apollod. III 174), hinauswill , sehe ich nicht — 
Reiches Material for die Verbreitung der Neunzahl bei W. H. Röscher, Enneadlsche 
Studien, Sachs. Ges. d. Wiss. Abhdlg. XXVI 1907. 



234 ^^^^^ ^•«^- ^- KYnPIA 

sondern auch für ihre Befreiung bei der Iliupersis der Grrund gelegt 
Die Kleine Dias hat erzählty wie Priamos die Hilfe des Telephos- 
sohns Eurypylos, den dann Neoptolemos besiegt durch Bestechung 
seiner Mutter erkauft habe (Frg. 6). Das setzte die Geschichte vom 
Vater Telephos voraus: denn sein Vermächtnis , mit den Achaiem 
Freundschaft zu halten, muß das Hindernis gewesen sein, das die 
Bestechung aus dem Wege räumte. Ist doch auch der Kampf der 
Söhne Neoptolemos und Eurypylos nichts als ein "Wlderspiel des 
Kampfes der Väter Achill und Telephos. Dieser ist echte Sage, 
spiegelt das erst feindliche, dann freundliche Verhältnis der lesbi- 
schen Siedler zu den Bewohnern der gegenüberliegenden Küste; 
jener ist reine Dichtung. Die Kleine Uias hat die Telephossage 
aber nicht erzählt: Aristoteles Poet 1459* 3^ zählt unter den aus ihr 
geschöpften Tragodienstoffen Eurypylos, aber nicht den viel berühm- 
teren des Telephos auf. Folglich hat die Kleine Uias sie als be- 
kannt vorausgesetzt; Proklos gibt sie in der Kyprienhypothesis. Das 
schließt zusammen: wie die Kyprien die Klleine Uias vorbereitet 
haben, so hat diese sich auf die Kyprien bezogen. 

Nun citiren die Schollen zur Erwähnung des Achillsohnes Neo- 
ptolemos in Skjrros T 326 die Kleine Uias (5): Achill sei vom Tele- 
phoskampf nach Skyros durch Sturm verschlagen und habe — diese 
Ergänzung fordert der Sinn — dort den Sohn gezeugt^^ Dasselbe 
steht in Proklos' Kyprien: äiroTrX^ouci hk aÖToTc ix Tflc Mudac x^^Muiv 
imTriirrei xal biaacebdwuTau *AxiXX€uc bfc Zxupifi Trpoccxdiv töMcT t#|v 
AuKo^rj^ouc euTöT^pa Aiiib<i|i€iav, und Bruchstück 13 bezeugt für die 
Kyprien Pyrrhos- Neoptolemos. Entweder haben also beide Epen 
dasselbe erzählt — doch müßte man für die Kleine Uias nur kurzen 
Bericht annehmen, da sie ja nicht den TelephosstofiF geliefert hat — 
oder in Schol. T 326 ist irrtümlich Kleine Ilias statt Kyprien citirt, 



1* Daneben bringen sie die Creschichte von AchiU unter den Töchtern des Lyko- 
medes, drittens die Etymologie des Namens Neoptolemos. SchoL B^D hat die beiden 
letzten Tdle contaminirt und subscribirt 1^ icropia irapÄ toIc KUicXiKotc. Dies Citat 
hat Geltung nur für die Etymologie: diese wird im Leschecommentar bei Pausanias X 
36, 4 aus den Kyprien (Frg. 13) citirt, kehrt im Schol. Twl p. 304, 17 wieder und 
ist in BD nur durch den Scholiasten verändert Achill unter den Töchtern des Ly kö- 
rne des stand nicht in den Kyprien. Woher die allerliebste naive Geschichte stammt, 
weiß ich nicht zu sagen; ich vermute aus der Lyrik. Die Zeugung von Neoptolemos 
ist ihr nur schlecht von Mythographen angehingt Ihrem Erfinder kam es an auf die 
listige Entdeckung des Helden unter den Mftdchen. Die Pikanterie haben erst Sp&tere 
herausgeholt Polygnot hat Achill unter den MSdchen gemalt: Pausanias I 22, 6. 
SchoL A Hom. I 668 dtiit die v€i(rrepot Euripides gestaltete den Stoff in seinem 
Zicüpioi» dasn mit v.WQamowItz Frg. adesp. 9. 



\ 



TeUphos 235 

zumal auch die Etymologie des Namens Neoptolemos, die für die 
Kyprien Frg. 13 bezeugt ist, hier erscheint Für die Kyprien hat 
der Sturm, der Achill nach Skyros wirft, einen weiteren Zweck: er 
zersprengt die Achaier, die nach Erkenntnis, daß sie ihr Ziel Troia 
verfehlt haben, vom Lande des Telephos abgefahren sind, und treibt 
sie westwärts in die Heimat zurück, damit Telephos, der nur von 
Achill, der ihn verwundet, geheilt werden kann, sie dort aufsuche 
und sie geheilt nach Troia führe. Dieser versöhnliche Ausgang ist 
es, der die Telephosgeschichte in die Troiafahrt einzufügen gestattet. 
Nur deshalb ist Telephos' Führung nach Troia erfunden. Ihr Er- 
finder kann niemand anders sein als der, der dies Verbindungsglied 
brauchte: der K)rpriendichter. Er hat auch den Sturm erdichtet und 
Telephos' Reise nach Grriechenland. Die Reiserei ist charakteristisch 
für ihn (vgl. S. 228). Proklos gibt hier also die Kyprien richtig wieder. 

Nur in einem Punkte habe ich Zweifel: er nennt Argos als den 
Ort, wo Telephos Heilung findet und laßt dann erst zum zweiten 
Mal sich die Achaier in Aulis sanuneln. Dabei ist unverständlich, 
wie Achill nach Argos gekommen sei und Telephos ihn dort gesucht 
habe. Das Natürliche wäre, daß sich die Achaier nach dem Sturm, 
der sie auf Grriechenland zurückgeworfen hat, wieder in Aulis sam- 
meln. Aufklärung gibt die Vergleichung mit ApoUodor Eptt IH 19: 
*Als sie wiederum in Argos zusammenkamen, waren sie in großer 
Verlegenheit, da sie keinen Führer hatten, fähig, sie nach Troia zu 
weisen; da kam Telephos . . in Lumpen gehüllt nach Argos (rpu- 
Xcctv i^fi9i€Cfi^vo€). Telephos in Lumpen ist der Euripideische. Der 
gehört nach Argos, nur da kann er sich des kleinen Orest bemäch- 
tigen. Dies Motiv war dem Epos unbekannt Auf Pollacks Hieron- 
schale von 480/70 ist der am Schenkel verwundete Telephos auf dem 
Altar im Hofe, von Achaierfiirsten umgeben, dargestellt ohne das 
Orestesknäblein.^ Die Kyprien hatten also keine Veranlassung, den 
Schauplatz nach Argos zu legen, Aulis war für sie der gegebene 
Ort Der Euripideische Telephos hat die Epenhypothesis beeinflußt, 
begreiflich bei seinem Ruhm und der Macht, die er auf die Vor- 
stellung ausübte. 

Lose nur ist die Telephosgeschichte den Kyprien eingefügt, aber 
sie ist nicht einfach eingeschoben, sondern mit künstlerischem Ver- 
ständnis an die richtige Stelle gesetzt und umgestaltet, um die Ver- 
bindung herzustellen. Es ist dasselbe Verhältnis wie beim Kampf 
der Dioskuren mit den Apharetiden (S. 232): der Dichter hat ein 



^* PoUack, Zwei Vasen aus der Werkstatt des meron. 1900. 



236 Viertis Buch, V. KYTTPIA 

älteres fest gerundetes Kleinepos übemommeo, mufite aber seinen 
Schluß leicht umarbeiten. Dasselbe Verfahren ist an vielen Stücken 
der Dias beobachtet Das Origfinalepos von Telephos spielte natür- 
lich ganz und gar in Teuthranien: da landen die Achaier, Telephos 
verteidigt sein Land, treibt sie zu den Schiffen zurück (vgL Pindar 
O. IX 73), bis Achill ihm entgegentritt; da stolpert er (ApoUodor 
Epit in 17 gewiß nach den Kyprien^^ man bemerke die Entschul- 
digung), so daß Achill ihn verwunden kann, erreicht von ihm als- 
bald im eigenen Lande Heilung und Versöhnung. Telephos hat in 
Teuthranien Kult genossen , den die Könige von Pergamon gern 
aufnahmen; auch Thersandros, den er erschlägt, hatte in der Kaikos- 
ebene in Eleia ein Mnema, also Grabkult (Pausan. X 5, 14). Dies die 
Figuren der teuthranischen Ortssage , das Achaierheer ist unnütze 
Staffage, für die K3rprien aber nötig, den Zusammenhang herzu- 
stellen. Wie oft dieselbe Erscheinung in der Iliasl 

Die zweite Versammlung in Aulis hat sich für die Kyprien als 
wahrscheinlich bereits ergeben. Iphigeniens Opferung ist nicht 
zu bezweifeln: ihr Name wird neben drei Schwestern für die Kyprien 
direkt bezeugt (14); was sollte sonst von ihr erzählt sein? Daß ihre 
Opferung durch den Zorn der Artemis und dieser durch einen 
Frevel Agamemnons besonders begründet war, steht bei Proklos, 
wie in den mythographischen Handbüchern; Apollodor zeigt, daß 
der Zorn verschieden motivirt wurde. Am Anfang einer gefahrlichen 
Unternehmung ist ein Menschenopfer weithin und lange gebräuch- 
lich gewesen. Sollen doch noch 480 vor der Schlacht bei Salamis 
von den Athenern drei gefangene Perserpriester geopfert sein, wie 
der Aristotelesschüler Phanias von Eresos erzählte (Plutarch The- 
mistokL 13, Arist 9), ja noch 371 vor der Schlacht bei Leuktra soll 
von den Thebanem ein Jimgfrauenopfer beraten sein (Plutarch 
Pelopid. 20 — 22). Parallel war in den Kyprien der Tod des Protesi- 
laos erzählt, auch er ein Stück lebendigen Volksglaubens, daß der 
erste, der eine neue Schwelle, Brücke, ein neues Land betritt, dem 
Tode verfallen seL So hätte ein Menschenopfer ohne Weiterungen 
und Begründung als notwendige Gabe an die Götter bei Beginn der 
Fahrt, weil allen verständlich, einer besonderen Begründung kaum 
bedurft. Daß sie der Kypriendichter gab, zeigt ebenso wie seine 

»• Pindar J. Vni 49 (*AxtXXcOc) xal MOaov d^1reX6€v aX^ialc TtiX^<po'j ^^avl 
^(vurv q>6v«|i ircöiov, O IX 71 (McvotTiou) irdlc. . . Tciiepavroc ircöiov moXüiv Ikrta 
cOv *AxiXXd Mövoc ÖT* dXxdcvrac Aavaodc Tp^f|iaic AXiaiav itpü^yaic Ti^Xccpoc C^ßoXcv. 



Jphigenü. PhilokUt 237 

Prooimion tiefere Religiosität und feinere Gesittung. Noch mehr 
die Errettung der Jungfrau durch die versöhnte Gottin, die das 
Menschenopfer durch das Tieropfer ablöst Wieder hat der Dichter 
hier eine attische Ortssage von der im nahen Brauron verehrten 
Iphigenie verwendet, deren Kult wir aus Euripides J.T. 1463 kennen. 
Weiter wird bei Proklos wie in der Fadenerzählung Apollodors 
berichtet, daß Iphigenie xmter Vorspiegelung ihrer Hochzeit mit 
Achill aus Argos herbeigeholt, sie der Göttin dargebracht und von 
ihr zu den Taurem entrückt wurde, und von Artemis unsterblich ge- 
macht seL Beweisen läßt sich das nicht for die Kyprien, aber man 
kann es auch nicht für unmöglich erklären in einem späteren Epos. 
Nur die Entrückung zu den Taurem ist bedenklich. Die Inter- 
polation der aus Euripides allbekannten Sage lag zu nahe. Die fast 
moderne Reiserei ist uns schon mehrfach in den Kyprien aufgefallen. 
Auch das Hochzeitsmotiv würde mir nicht anstößig sein in einem 
Epos, das um Helena Freier aus ganz Griechenland versammelt hat 
Es folgte die Oberfahrt und Landung in Tenedos, Vergiftung 
des Philoktet durch einen Schlangenbiß und seine Aussetzung auf 
Lemnos. Kein unmittelbares Zeugnis bezeugt irgend etwas davon 
für die K3rprien. In der Kleinen Ilias kam die Geschichte von Phi- 
loktets Zurückfahrung aus Lemnos zum Achaierheer vor Ilion vor: 
Aristoteles (Poet 1459, 6) nennt unter den aus diesem Epos ge- 
schöpften Tragödienstoffen auch Philoktet Nun wäre zwar denk- 
bar, daß die Kleine Dias auch seine Aussetzimg erzählt habe und 
die Mythographen sie von da entnommen imd der zeitlichen Abfolge 
wegen in das Kyprienexcerpt gesetzt hätten; aber Proklos berichtet 
noch ein weiteres Ereignis auf Tenedos, und dies ist für jenen hypo- 
thetischen Excurs der Kleinen Ilias nicht denkbar. Nach Proklos 
ist Achill bereits hier in Zwist mit Agamemnon geraten wegen einer 
Ehrverletzung durch zu späte Einladung, was Welcker, Ep. CykL ü* 
103 durch Hinweis auf B 405 hübsch erläutert hat*^ Der Zweck 
dieser Geschichte kann kaum ein anderer gewesen sein, als dem 
A der Ilias zu präludiren. An Tenedos ist diese kleine Erfindung 
so wenig gebunden wie Philoktets Vergiftimg. Auf Lemnos wird er 



^^ VgL Aristoteles Rhetor. II 1401 B 19 in einer Beispielsmmmlang für nnlogische 
Schlüsse AXXoc (töitoc) h\b, cufißeßviKÖc . . fj et Ttc qniin t6 M ö^irvov icXnOftvai n- 
lAtdnroTov* hxb, T&p tö \ki\ icXr|6f)vai ö *AxtXXc{»c ^fif)vicc toIc *Axato1c bt Tcv^ötp* ö 
^' liic dn^aZd^€voc ^fif)viccv, cuv^ßr) \A toOto kvX toO fif| KXT)8ftvat. Wie gerade in 
einlachen Verhältnissen anf die genaae Einhaltung der Reihenfolge der Einladungen 
nach der Rangordnung geachtet wird, seigt s. B. Immermannt Sehildenmg des wett- 
lUiichen Hochseitsbitters in seinem Münohhaosen. 



240 Viertes Buch. V. KYOPIA 

*Axaiouc 'AxtXXcuc Kcrr^x^t verbunden und diese so begreiflich ge- 
macht werden. Die Lykophronscholien 570 und 580 f., die das Vor- 
kommen der Oinotropen in den Kyprien bezeugen, geben zwei Ver- 
sionen: nach Pherel^des wollte ihr Vater durch ihre Gaben das 
Heer neun Jahre in Delos nähren« damit sie diese Zeit nicht unnütz 
in Troia verbrächten; nach der andern (580t) wurden sie nach Troia 
auf Agamemnons Befehl von Palamedes geholt, als das Heer hun- 
gerte. Die Angabe 570 &ti hk toOto xal Trapd v^ xd Küirpia TrcTroin- 
k6ti, fA^)iVT)Tai öt Kttl KaXX(^axoc auf das voraufgehende Pherekydes- 
citat zu beziehen, liegt kein Zwang vor, denn die andere Version 
gehört doch demselben gelehrten Conunentator an, auch wenn sie 
zu Versen 580 f. verschlagen ist: bewiesen wird das durch die Wieder- 
holung fiaprupcT öf| tuötu xal KoXXi^axoc in SchoL 580 als Beleg für 
die zweite Version. Das Kypriencitat darf man auch hier vor dem 
Kallimachoscitat ergänzen. Bestätigt wird das dadurch, daß diese 
zweite Version mit jener Proklosnotiz aus den Kyprien ungezwungen 
ein gerundetes Ganze bildet: Die Griechen revoltiren aus Hunger, 
Achill hält sie und Agamemnon läßt die Oinotropen holen. 

Palamedes' Ermordung durch Diomedes und Odysseus beim 
Fischfang wird man besser hier anschließen, als mit Proklos zwischen 
die Zuteilung der Chryseis und Briseis an Agamenmon und Achill 
und an den Anfang der Dias setzen. 

Troilos' Tod und Lykaons Gefangennahme erzählt ApoUodor 
in verständlichem Zusammenhange, also wohl so, wie die Kyprien 
sie geben. Für Troilos lernen wir Detail aus den zahlreichen Vasen- 
bildem, die älter sind als Sophokles* und Phrynichos'(Frg. 13) Troilos- 
tragodien. Es ist längst für die Kyprien in Anspruch genommen. 
Alle Einzelzüge, die Apollodor gibt: 'AxiXXeuc ivebpeucac TpuiiXov 
Im Tifi ToO Ou^ßpaiou *ATr6XXu)V0C lepijj q>ov6U€i und die Sophokles be- 
kannt waren, Hinterhalt, Apolloheiligtum, Wasserholen (Frg. 564), 
Rossetummeln, bieten schon die Bilder, also gehört auch, was sie 
mehr geben, demselben Epos an. Troilos begleitet also zu Roß 
Polyxena zum Brunnen vor der Stadt, da sprang der dort lauernde 
Achill heraus, ereilte — wahrhaft iroöd)Kiic — den fort Gallopirenden, 
erschlug ihn am Apollonaltar; um seinen Leichnam kämpfte er mit 
den herbeigeeilten Brüdern. In der Ilias Q 257 ist Troilos ein er- 
wachsener Mann und fertiger Krieger, auch in den Kyprien wird 
er's gewesen sein. Denn bärtig stellt ihn im gleichen Bildtjrpus 
nicht bloß Timonidas (Athen. Mitt. 1 905. Taf. VIII) dar, und nur vom 
Maxme konnten die Wasserholerinnen geschützt werden. Nur so war 
seine Tötung eine Heldentat Das Ursprüngliche ist sicher dies ge- 



Palamedes, Troiios, Lykaon 241 

wesen. Wenn aber schon Klitias ihn als Knaben malt, und diese 
AufÜEissung so sehr die herrschende wird, dafi der Tragiker Phryni- 
chos (Frg. 13) das paiderastische Motiv auf Achill und Troilos an- 
wenden konnte, ihm nach vermutlich auch Sophokles^, so muß doch 
wohl eine ältere Dichtung den Anstoß gegeben haben. Aber zu 
welchem Zweck in den K3rprien diese Änderung vorgenommen sein 
sollte, weiß ich mir nicht zu denken. Vermutlich war diese Episode 
ein rundes Kleinepos gewesen, das fertig übernommen wurde, wie 
der Tod der Dioskuren, Telephos u. a« 

Mit der Eroberung des hypoplakischen Thebens und der Chryseis 
war der Anschluß an die Dias erreicht. Ihn durch Palamedes' Mord 
zu stören oder zu verschleiern, konnte nicht in der Absicht des 
Dichters liegen. Glaublich aber ist, daß auf den Eingang zurück- 
greifend der Dichter, wie Proklos angibt, den Ratschluß des Zeus 
erzählt habe, die Troer zu erleichtem, gleichzeitig Vorbereitung des 
Aide V £t€X€(€to ßouXfi (A 5). Der Katalog der troischen Bundes- 
genossen, den Proklos an den Schluß setzt, habe ich schon oben 
S. 212 erledigt 



Einen Schluß hatten die Kyprien nicht Ein selbständiges Werk 
batten sie niemals sein sollen. An die Ilias waren sie angelehnt, nur 
fb sie und mit ihr verständlich. Sie fordern aber unbedingt noch 
mdir als die Ilias, Achills Tod und Ilions Untergang. 

Stoff genug für elf Bücher ist vorhanden, seine Anordnung ist 
etwa sichergestellt, die Verteilung auf die Bücher aber unmöglich. 
Das einzige Buchcitat gibt für die Schmückung der Aphrodite zum 
Parisurteil das i . Buch an. Dies hat also Zeus' Ratschluß, die Hoch- 
zeit des Peleus, den Göttinnenstreit und seine Entscheidung, ver- 
mutlich schon vorher noch die Zeugimg der Helena enthalten. Mit 
dem zweiten Buch wird die Menschengeschichte begonnen haben, 
Paris Ausfahrt und Helenas Entfahrung. Weiter läßt sich nur spielen. 

VI. lAIASMIKPA 

Wie die elf Bücher der Kyprien die Ilias vorbereiten, so setzen sie 
die elf Bücher der Kleinen lUas fort, von Aristoteles Poet 1 459^ 30 
als Einheit gefaßt, bei Proklos in drei Teile, Aithiopis, Kleine Uias, 
Diupersis, zerlegt Die beiden ersten Verse ihres Prooimions sind so 



*' R. Bcfer, FabuUe Gntecae qnatenas qaare tetate paeromm amore commutatae 
iiat p. 55. Ldpdg. Disa. 19 10. 

B«th«, Vbammt, VL 16 



AmoM&nü. Aithwpis 243 

bei ApoUodor vielleicht noch selbst gestanden« Man sieht» wie aus 
der ersten, die Thersites als rohen Boshaken und Achill in edler 
Entrüstung über die Leichenschändung zeigt, die Liebesgeschichte 
entwickelt ist Jene paßt zum Charakter des späten Epos: Achill ist 
nach dem Stil des Q und Thersites nach dem Vorbilde des B ge- 
schildert Dafi der Edelste und der Gemeinste zusammenstoßen und 
Achill gerade an ihm unfreiwillig durch seine furchtbare Kraft zum 
Mörder wird, ist die Erfindung eines echten Dichters. Sie hat nach- 
haltig gewirkt, spät erst, aber dann desto mächtiger. Schade, daß 
wir die hellenistische Fassung nicht kennen. Das Motiv allein ge- 
nügte, xan bis in unsere Tage neue Dichtungen anzuregen. Die Sühp 
nung Achills, für die späte Liebesgeschichte ohne Bedeutung, hat 
Sinn nur für einen großen Zusammenhang, wie ihn das Epos for- 
derte. So wird auch von hier aus der Totschlag des Thersites we- 
gen Leichenschändung durch eine gewaltige Ohrfeige Achills wahr- 
scheinlich. 

Die Aithiopis, d. h. Memnons Aristie und Tod liegt in einheit- 
licher Oberlieferung vor. Sie bildet einen geschlossenen Ring, ein 
selbständiges Gedicht. Der Sohn der Eos in Hephaistosrüstung, den 
Troern zu Hilfe gekommen mit seinen Aithiopen — motivirt wohl 
durch seine Abkunft von Tithonos, dem Bruder des Priamos* — , er- 
acbl^^ Antilochos; den rächt Achill, Eos erbittet ihrem Sohne die 
Unsterblichkeit So Proklos. Daß Zeus die Seelen der Helden von 
Hermes wägen ließ, imd daß dann Eos den Leichnam entrückt hat, 
ist für das Epos auf Grund von Aischylos' Tragödie (PoUux IV 130) 
und älteren Vasenbildem gesichert^ Diese Züge und die ganze An- 
lage des Gedichts verraten deutlich die berühmten Muster der Ilias« 
Für den Kampf Memnons mit Antilochos, den schon b 188 kennt, 
haben bereits Boeckh (Pindar U 2, 299) und Welcker (Ep. Cykl. 11 366) 
schönes Detail aus Pindar P. VI 28 — 42 auf die Aithiopis zurückge- 
führt (vgl. Nem. VI 5 7 mit Schol.) : Nestor, dem Paris ein Pferd seines 
Wagens erschossen hat, ruft, von Memnons Lanze bedroht, seinen 
Sohn Antilochos zu Hilfe; der stellt sich dem Obermächtigen und 



* Y 237 Tithonos und Priamos Sohne LaomedonB, A i o. Gatte der Eos, ausge- 
lilut H. H. III 219, Hesiod. Theog. 984 Memnon beider Sohn. 

* Robert, Bild und Lied 144 und G. £. Long, Memnon, Archaiolog. Studien z. 
Aithiopis, Bonner Diss. 19 12. 49. Gegen die für dies Epos Termntete Entfabmng von 
Memnons Leiche dnrch Schlaf und Tod, S. 66. Auch Loewy, N. Jahrb. 33 (1914) 81 
•chcint sie mir nicht bewiesen zu haben. Auch die Zuruckfuhrung der Seelenwftgung 
mf das aigyptische Wägen der Herzen und Datirung nach 660 (Nankratis) leuchtet 
mir nicht ein. — Auch Terzaghis Ausonia IV (1909) a6ff. hat mich nicht überzeugt. 

i6* 



Achills Tod, dirXuiv icp(ac 245 

die öiiXuiv Kptctc* geknüpft. Sie wird der AnlaA zu Aias' Selbst- 
mord. Der ist es, auf den das alles abzielt; seinetwegen ist es er- 
funden. Hier haben wir den groß entworfenen Plan eines bedeuten* 
den Dichters, der diesen Stoff an Achills allbekannten Tod ange- 
achlossen, straff gUedemd, tief begründend, glatt in sich abrundete, 
ein vollkommenes Einzelgedicht Seine Zerreißung bei Proklos ist 
so unsinnig, daß sie allein genügt, die Unzuverlässigkeit, Unmögliche 
keit seiner Einteilung zu beweisen. Wie lebhaft und früh dies Aias- 
gedicht auf die bildende Kunst und Dichtung gewirkt hat, ist be- 
kannt Der Dichter der Heldenschau in der ersten Nek]ria (X541 ff) 
steht schon unter seinem Eindruck und durfte es bei seinen Hörern 
als bekannt voraussetzen. Mit uijöff verbindet sich die Stelle ohne 
Reibung, nur läßt jede fort, was nicht für ihren Zweck paßt Im ui 
ist nur von Achills Bestattung die Rede, an der Thetis zweimal tatig 
teilnimmt Das kennt auch schon X 546: da setzt Thetis Achills 
Waffen als Preis aus, um die Aias und Odysseus sich bewerben: 
X547 Traibec hk Tpwuiv biKacav kuI TTaXXäc *A6/ivr).'' Diese kurze An- 
deutung wurde verstanden, weil das Gedicht bekannt war, auf das 
Bezug genommen wird. Uns wird sie in Übereinstimmung mit allen 
Zügen imd vollkommen erläutert durch die Anführung aus der Klei- 
nen Ilias in SchoL Aristoph. Eq. 1056 (Frg. 3), wo der Komiker 
einen Hexameter aus ihr citirt: auf Nestors Rat habe man die Ent- 
scheidung den Troern überlassen, indem man ihre Gespräche be- 
lauschte ; da habe eine Jungfrau Aias gelobt, der Achill aufgehoben 
und fortgetragen, eine andere aber habe 'AOiivfic Trpovo(qi gesagt, eine 
Last kann auch ein Weib tragen, Odysseus habe durch Abwehr der 
Feinde das Beste zur Rettung getan. Proklos (xal 'Obucceöc Korri 
ßoiiXiictv 'AOnvöc Xa^ßdvei) stimmt dazu, auch ApoUodor icptvdvTuiv 
iSn Tpiduiv . . 'ObucceOc irpoxpivcTat würde man gewiß damit vereinigt 
haben, wenn nicht SchoL X 547 die Traibec Tpiduiv allzu scharf gefafit 
imd gefabelt hätte, Agamemnon habe troische Grefangene befragt 
und die hätten erklärt töv dpiCTOV elvai töv irXcicra XuTr/jcavra touc 
^XOpotk, d. i. dieselbe Entscheidung wie die der Troermädchen in 
der Kleinen Ilias, abgesehen davon, daß diese Geschichte ganz un- 
wahrscheinlich in sich und für ein heroisches Epos ist Später ist 
die öirXuiv xpicic umgebildet, eine herrliche Grelegenheit für rheto- 
rische Übungen. Direkt bezeugt ist aus der Kleinen Dias (Frg. 4) 
durch Porphyrios bei Eustathios IL B 557 p. 285, 34R Aias' Bestattung 

* Älteste Darttelliing der (hrXuiv Kpktc auf einer chmOdditchen Amphorm in Petert- 
bnrg. Loeichcke, Bonner Studien 257. 

* Über Aristarchs Athetese ▼. Wilamowitz, H. U. 153. 



^^ wmww^ BmdL VI. lAIAZ MIKPA 



ausdrücklicher Betonung, daß er nicht verbrannt 
•Den IHonkampfem, fugt Apollodor hinzu, der auch 
l^il^MM^ ^ StiUte seines Grabes angibt Hier ist wieder seine ge- 
^iiMM^ INiinHuinr der Epenexcerpte deutlich. Für die Geschichte 
«^ iMteliMi Sage ist dies epische Zeugnis für die Beerdigung der 
^«M^c^MiMtco Leiche des Aias wichtig. Der Epiker muß sie als 
XldiWirfcf und allbekannt vorausgesetzt haben. Da er sie hervorge- 
|i»fc#ii Imh^ muß von ihm auch die Begründimg dieser auffallenden 
^wrafthmti herstammen: Agamemnon habe die Verbrennung verhin- 
<|9dr<9agt Apollodor, weil Aias nächtlicherweile sich an seinen Kriegs- 
|;«MkS9en hatte vergreifen wollen; doch Athene hatte ihn wahnsinnig 
^cWAacht und auf die Herden abgelenkt; zur Besinnung gekommen, 
M>e er sich selbst entleibt So gehört auch dies Motiv dem Epos. 
]>« Dichter der Heldenschau im X hatte keine Veranlassung, es zu 
fnrUmen. 



Alle folgenden Geschichten sind nach der mythographischen 
Oberlieferung auf die Eroberung von Ilios eingestellt Die Herbei- 
aohaSung des Philoktet mit Herakles' Bogen imd des Neoptolemos, 
der Raub des Palladions aus Ilios werden als unerläßliche Bedin- 
gungen des Erfolges genannt Schließlich bringt die List des hölzer- 
nen Pferdes die Entscheidung. Eine Häufung einander beeinträchti- 
gender Motive.^ Aber alle diese Personen und Momente sind für 
die Kleine Dias direkt bezeugt So wird aus ihr auch ihre Ver- 
knüpfung stammen. Diese war notwendig für das zusammenfassende 
Gedicht und nur für dies.* Bei Proklos fehlt sie: da gibt Helenes, 
vcm Odysseus gefangen, nur Philoktets Hilfe an. Bei Apollodor tut 
dM Kalchas, auf seine Veranlassung wird dann nach Paris' Tod der 
y<UA Helena verschmähte Helenes gefangen und er fordert Herbei- 
IkQhl^ffung der Pelopsgebeine, des Neoptolemos und Entwendung des 
i^ladlons. Hier ist die Verknüpfung verschiedener Wendungen 

"^ Vgl F, Mmy, N. Jahrb. 1904, 676. Weitere Wachenm^ ist die Herbeischaffnng 
^ Ki^v>o¥ta dta Pelopi: Apollodor Epit V 10; Mmrz betrachtet so auch Plaut 
9^W ^\y TfoUoa' Tod. Er erklärt mit Recht das bölxeme Pferd als den ältesten 
VaA xsMA^mitfn Bestand der Sage, schon weil es wirklich entscheide. 

^ IHf HtfMiohaiTung des Philoktet mit dem Heraklesbogen und des Neoptolemos 
t^k ^(MM^'wdigf B^ingungen für die Eroberung Troias verbindet anch Sophokles 
VyJMkV M ji ffx lU Ist für ihn keine Veranlassung ersichtlich, dies so erfinden ; also hat 
<)K «a il^^^vomMfn, 

Vfi <H«^ wylbographlsohen Papyrus i. Jahrhundert n. Chr. in Rylands Papyri 
V U<^U> %^ \^ S (nur um Koroibos reicher), Pausan. X 27. i, Vergil Aen. II 425, 
SiuktfMA ilw^vvw XUl 168. 



PhOokUt 247 

deutlich. Das Prophetenmotiv ist verdoppelt (Kalchas und Helenos), 
und zwei sich ausschließende Motive sind für Helenos' Aussagen ver- 
bunden. Denn dies ist doch das Ursprüngliche: entweder wird er 
als Gefangener dazu gezwungen, oder er verrät freiwillig seine Hei- 
mat aus Wut und Eifersucht, weil dem Deiphobos, nicht ihm, Helena 
gregeben ist Bei Konon 34 ist dieselbe Contamination. Aber die 
Vergrilscholien Aen. 11 165 haben beide Wendungen aus derselben 
Tradition noch getrennt bewahrt: ^Helenus apud Arisbam captus a 
Graecis est et indicavit coactus fata Troiana, in quibus etiam de 
Palladio dixit . . . Alii dicunt, Helenum non captum, sed dolore quod 
post mortem Paridis Helena iudicio Priami non sibi, sed Deiphobo 
esset adiudicata, in Idam montem fugisse atque exinde monente Cal- 
chante productum de Palladio pro odio prodidisse.'^^ 

Nun wußte weder Euripides 431 noch Sophokles 409 etwas von 
Kalchas' Prophezeiimg, sondern bei beiden hat der von Odysseus 
gefangene Helenes die Einholung Philoktets veranlaßt, nach Sopho- 
kles Ph. 1335 auch die des Neoptolemos. Proklos hat also das Rich- 
tige bewahrt, nur hat er versäumt, den gefangenen Helenos auch 
gleich die anderen Bedingungen für Ilions Fall angeben zu lassen; 
die sind: Neoptolemos' Hilfe, die Sophokles Ph. 1335 sicherstellt, 
und gewiß auch der Palladionraub, den die VergilschoÜen geben. 

Mit der Erzählung von Philoktets Vergiftung in Tenedos und 
Aussetzung in Lemnos^^ hatten die Kyprien sein Fehlen in der Dias 
und seine Einholung in der Kleinen Ilias erklärt, einer der schla- 
genden Beweise für die Einheitlichkeit des troischen Epenkyklos. 
So geschickt wie diese Aufhebung des Widerspruchs zwischen dem 
Schweigen der Ilias über^Philoktet und seine Großtat, die Besiegung 
des Helenaräubers, ist auch seine Herbeischaffung nach Troia ange- 
knüpft und begründet Dem Heraklesbogen, den er besitzt, wird eine 
dämonische Kraft gegen Ilios beigelegt, die natürlich nur dem Seher 



^* BereiU von F. ChaTannes, De Palladii rapta, Berl. Dist. 1891, 46 — 50 darge- 
legt Vgl. auch Tzetzes Chil. VI 511: 6 ö' €(^piir(6iic X^€t, dv6* oOircp ö Ani^popoc 
IXaßc Tf|v '€X^v, 6 toOtou cOvaiiüioc 96ovdiv toIc "EXXriav M^XOc t6v b* Xiövcc^a 
GxpoicXftc (Ph. 608) X^€i 6v)pAcat toOtov, dKOvra bi Tfjv ir6p6iiav "CXXvia Tpolac 
9pdcai. Dion Prus. in der Paraphrase des Eoripid. Philoktet 59 ■■ 43/ v. Arnim § a 
(Odysseus spricht): ^i^XuOa de Af)^vov öiriuc 0iXoicTf)Tiiv xal rd 'HpaicX^ouc TÖEa 
KOfiiZoi^i Totc cu^^dxotc' ö T^p 5f| ^ovniaCrraTOC Optrplhr *6Xcvoc 6 TTpidMou koto- 
|i/|vuc€v, ÖT€ aixMdXurroc Xiiq)0€lc, dvcu toOtuiv Mf) iror' Av dXdrvat Tf|v ir6Xiv. 

'^ Der Hjrpothese ron F. Marx »Phiioktetes-Hephaistos% N. Jahrb. 1904, 673 ff. 
Philoktet sei ursprünglich der Gott Ton Lemnos Hephaistos, ist Ton Corssen, PhUolog. 66 
(1907) 348, der Boden entzogen. Trotsdem hat sie Pettaszoni, Rirista dl FUologia e 
d' istruzione dassica 37 (1909) 170 ff., weitergeführt. 



NeaptoUmas, Odysseus^ Späkergang 249 

mit Achill und den Achaiem versöhnt hatte. Die Kyprien hatten es 
erzahlt (S. 233 f.). Der Zusammenhang der Teile des großen troischen 
Kyklos ist deutlich. Die Kleine Uias berichtete , Priamos habe 
Eurypylos' Mutter Astyoche mit einem wunderbaren goldenen Wein- 
stock, einem Kunstwerk des Hephaistos, den Zeus seinem Ahnen 
Tros für den geraubten Ganymed geschenkt (Frg. 6), bestochen (X 52 1), 
und sie habe den Gatten in den Krieg gezwungen. Die Benutzung 
des Eriphylemotivs wie der enge Anschluß an das späte unserer 
Uias eingearbeitete (Y 232) Aineiadengedicht liegt auf der Hand. 

Die dritte von Helenes gestellte Bedingung für die Eroberung 
Ilions war der Raub des Palladions. Das einzige direkte Citat 
aus der Kleinen Dias (Frg. 9) läßt nur erkennen, daß sie Diomedes 
dabei beteiligt hat, und daß aus ihr eine Erklärung zum Sprichwort 
AioiA/jbouc ävdTKn entnommen ist Dadurch wird Proklos' Angabe 
gesichert 'Obucccuc . . cOv Aio^i^bci tö TToXXdbiov ^kkomUIci ix Tf)c IXiou. 
Voraus schickt er Odysseus' Spähergang. Die Trennung beider 
Abenteuer bezeugt auch Aristoteles Poet. 1459% 7, indem er unter 
den aus diesem Epos entnommenen Tragödienstoffen neben der 
tcTuix€(a die Adxaivai nennt, die, wie Welcker, (jr. Tragöd. I 146 ge- 
zeigt, den Palladionraub zum Gegenstand hatten. Der Kykliker hatte 
natürlich dies Wagestück des Odysseus als Vorbereitung des Pal- 
ladionraubes hingestellt Ob das ursprünglich so gemeint war, ist 
mir zweifelhaft Man kann sich dies dem Helden der Odyssee auf 
den Leib geschriebene Abenteuer so gut als Einzelgedicht vorstellen 
ohne anderen Zweck, als seine Kühnheit imd Verschlagenheit in hell^ 
Stern Licht zu zeigen, h 243 £ stellt es jedenfalls so dar. Das beliebte 
Stück dem Kyklos zu gewinnen, mußte es eingearbeitet werden. 
Jene Odysseestelle hat, wie das die Regel ist, Proklos' Referat be- 
einflußt 'Obucceüc alKicdfievoc ^auröv heißt es bei Proklos, auch Apol- 
lodor, wie b 244 auröv )iiv nXi^ir^^iv dciKcXiqci tayidccac, nach der 
Kleinen Uias aber hat er sich von Thoas verwunden lassen (Frg. 8). 
Schließt sich das auch vielleicht nicht ganz aus, so ist doch die An«» 
lehnung an die Odyssee sicher, und wenn nun Proklos ebenso wie 
sie weitererzählt, Odysseus habe, von Helena erkannt, sie über die 
Eroberung Ilions verständigt, so ist klar, daß er auch hier dem locus 
classicus folgt; über die Kleine Uias aber bleiben wir im unklaren. 
Die nächstliegende Annahme, dieser Odysseedichter sei ihr oder sie 
ihm gefolgt, ist aber unwahrscheinlich. So gut diese Erzählung, wie 
Helena den Helden erkannt, gebadet, gekleidet und ausgefragt habe, 
den Zwecken des b angemessen ist, das Telemachs freundliche Auf- 
nahme bei Menelaos berichtet und erzählt, wie er nicht nur den 



PaUaäianraub 2 5 1 

nahe, das Palladion sei nur zu diesem Zwecke verdoppelt, so daß 
Odysseus das falsche wegträgt Nun ist freilich nicht unmöglich, daß 
schon Neu-Bion den Anspruch gemacht habe, das echte Palladion 
noch zu besitzen, wie v. Wilamowitz, Uias und Homer 382 vermutet. 
Aber überliefert ist davon nichts, und wahrscheinlich ist es gewiß 
nicht, daß ein altes Epos nur das unechte Palladion hat rauben lassen 
imd das echte in Ilion bewahrte. Denn es mußte doch den Untergang 
des so lange unbezwingbaren Ilions derart begründen, daß ihm der 
Götterschutz genommen wurde, da sonst es unbegreiflich bliebe, 
warum Achill die Stadt nicht eroberte.^* So bleibt für Arktinos 
nichts als die Schenkung des Palladions an Dardanos übrig. Das ist 
recht glaublich, vgl. Y 219 u. o. — Schwieriger ist die Überlieferung 
über die Ato)iyjb€ioc ävätKil. Bei Hesych ist dies Sprichwort a) aus 
Kllearch erklärt, der Thraker Diomed habe Männer zu seinen liebes- 
tollen Töchtern gezwimgen, b) 6 hl xiiv fUKpäv 'IXiäba [cuvOdc] ^r\A, 
ln\ Tf^c ToO naXXabiou KXoTrffc T^v^^Oai (sc. Tf|v A. dvätxiiv)- Bei Suidas 
fehlt b), doch gibt er zwei weitere Sätze c) d), in SchoL Aristoph. 
Eccles. 1029 liegen a) \md d) vor. Indem man dies Scholion als 
Quelle betrachtete, auch im Platonscholion RpbL 493 D bei Erklär 
rung desselben Sprichworts durch die Geschichte d) Aristophanes 
citirt fand, so legte man nicht nur diese ganze Oberlieferung zusam- 
men, sondern identificirte auch vorschnell c) mit b) und schrieb also 
c) der Kleinen Ilias zu. Sonst noch mehrifach erhalten, auch zur 
Aeneis 11 166, gibt c) folgende Geschichte: Auf dem Rückmarsch 
zum Lager habe Odysseus den das Palladion tragenden Diomedes 
hinterlistig ermorden wollen, der aber sei ihm zuvorgekommen und 
habe ihn mit Schwerthieben vor sich her getrieben. Unmöglich 
kann die Kleine Ilias so erzählt haben. Denn sie hat, wie der 
Kyklos überhaupt, Odysseus neben Achill vor allen andern gefeiert 
Daß sie ihn nun gerade hier hätte prügeln lassen, nachdem sie eben 
berichtet, wie er selbst sich sogar hatte peitschen und verwunden 
lassen, um als Späher in Hion einzudringen und das PaUadion aus- 
zukundschaften, ist ganz und gar unglaublich. Wo gäbe es denn 
auch im Epos eine analoge Scene? Thersites wird von Achill zu 



"Es ist Terkehrt, dies zweite Pallmdion mit dem Athenmb&d gleichzusetzen, an 
das sich Kassandra klammert, sintemal es Ton Aineias nicht gerettet werden kann. 
Beide haben nichts miteinander zn tnn. Das Bild, zu dem Kassandra flieht, ist das 
Coltbild von Neu -Ilion, das Palladion aber ist, wie ChaTannes, BerL Diss. 1891, ge- 
zeigt, das argivische Heiligtum. Diese Sage ist in Argos, jene in Neu-nion entstan- 
den, jede ganz selbständig, wie auch die Gedichte, Kldnepen; erst der Kykliker hat sie 
Tereinigt, ohne einen Widerspruch zu empfinden. 



HöUemes Roß 253 

Beratung der befreiten Troer über das hölzerne Pferd beginnen. 
Nun wäre ja möglich, dafi der Kykliker, um die runde Iliupersis 
fester in seinem Sammelwerk zu verankern, die Erbauung des Rosses 
abgeschnitten imd, wie Proklos, zwischen Neoptolemos' Sieg und die 
Erfullimg der letzten Helenosforderung geschoben habe, denkbar 
auchf daß Zenodot, etwa um die Bücher des Kyklos ungefähr gleich 
lang zu machen, so abgeteilt habe, wie Proklos angibt, aber in der 
oft wörtlich übereinstimmenden Apollodorischen Bibliothek steht 
die richtige Reihenfolge und bei Proklos liegt im Schnittpunkt sei- 
ner Kleinen Ilias und seiner Iliupersis eine Dublette vor:^^ so wird 
auch hier wieder Confiision bei ihm und willkürliche Scheidimg an- 
zunehmen sein. 

In Apollodors Bericht ist Odysseus der Erfinder des hölzernen 
Rosses, er g^bt dem Epeios die Anleitung; bei Proklos macht es 
Epeios Kar' "AOriväc irpoaipeciv. Da ist wieder dem locus classicus, 
wie sich das für die Schule gehört, der Vorzug gegeben (0 493) : töv 
'67r€idc £iro(iic€v cuv 'AWjvq.** Aber weiter heißt es: öv irox* ic dicpö- 
iroXiv b6XovfiTaT€ bioc *Obucceöc ävbpi&v £|üiirX/icac 0I IXtov ££aXdTraEav. 
Also auch dieser Dichter kannte Odysseus als Urheber der List, und 
daß die Iliupersis Odysseus' Ruhm kündete, geht ja klar daraus her- 
vor, daß Odysseus sich dies Gedicht von Demodokos erbittet Die 
Eroberung Ilions ist seine Großtat, deshalb ist er der irroXmopOoc 
(B 278, K 363, (7356, ui 119). 

Mit 3000 Mann hat Odysseus das Roß in der Kleinen Ilias ge- 
füllt: beide Handschriften der Apollodorischen Epitome geben diese 
Zahl, und Tzetzes zu Lykophron 930 hat sie aus seinem Apollodor 
ebenso abgeschrieben. Ich sehe keinen Gnmd, an ihr zu zweifeln: 
sie soll ja gar nicht als ZifiFer der Besatzung genommen werden, die 
Phantastik ist nicht größer als die Ernährung des Heeres durch die 
Oinotropen. 



^* Zar ninpersis TgL aufter Welcker, Wagner (Apollodor) noch Robert, Bild and 
Lied 159, Noack, Gießen. Diss. 1890. Proklos gibt anter 

Uidc ^iicpd: I 1X(ou ir^cic: 



rd ircpl t6v (inrov oi Tpdicc (nrdimiK 
^XOvTcc ic€ptcrdvT€C ßouXci^vTai d n %pi\ 
iroi^v . . . TpairivT€C hi eic €Ö9pocOvnv 
cöuixoOvTai Uic dirnXXatM^voi toO 



oi 6i Tpuicc Ti&v Kaicdrv öiroXaßdvxcc 
dii?|XXdxOai TÖV T€ 6o0p€tov Tinrov cic 
Tif)v irdXtv cicb^ovrat, öicXövtcc ^^poc 
Ti Tcixouc, Kai cöuJXoOvTai liic v€vi- 
KfiKÖTCC ToOc '€XXnvac. I iroX^iAou. 

Apollodor Epit V 16 hat diese Dablette nicht 

>* V. Wilamowitz, Arch. Jahrb. XIV (1899} 55, 18 Termntet mit Schein, die Kleine 
Dias habe Epeios nicht ab Heros datgestellt, wie ihn anch V halbkomisch behandle. 



liiupersis, Antenariden 257 

Aber wie Aineias wurden auch die Antenoriden aus dem all- 
gemeinen Verderben gerettet Der G^mmentar zu Polygnots liiu- 
persis hat nämlich notirt, bei Lesches (Frg. 8) habe Odysseus in 
der Nyktomachie den verwundeten Antenorsohn Helikaon erkannt 
und lebend aus der Schlacht herausgeführt Nach Apollodor ist ein 
anderer Antenoride, Glaukos, von Odysseus und Menelaos in sein 
Haus verfolgt, erkannt und gerettet Auch das wird aus der Kleinen 
nias stammen. Denn Welckers Schluß (Ep. CykL U 247), daß in ihr 
Antenor und sein ganzes Haus von den Achaiem geschont wurdeq« 
ist schon aus Pausanias X 26, 7 so gut wie sicher. Es wird da die 
Darstellung der Laodike, der Gattin des Helikaon, als Gefangener, 
wie sie Polygnot gemalt hatte, als unbezeugt und unwahrscheinlich 
erwiesen: hätten doch Odysseus und Menelaos nach r203 Antenors 
Gastfreundschaft genossen und hätte doch Lesches erzählt, daß 
Helikaon geschont sei, folglich sei bei der Sorge des Menelaos und 
Odysseus um das Haus Antenors solche Mißhandlung seiner Schwie- 
gertochter undenkbar. Da nun Polygnot den friedlichen Abzug An- 
tenors und der Seinen aus seinem durch ein Pardellfell gekennzeich- 
neten Hause gemalt hat, so paßt das so gut zusammen, daß die schon 
von Heyne ausgesprochene, von Welcker begründete Vermutung 
kaum abzuweisen ist Es wird so auch verständlich, daß Glaukos 
als Antenoride erst erkannt wird, als er in das väterliche Haus flieht 
Polygnot hatte ihn da auf einem Panzer sitzend gemalt Die Scho- 
nung des Antenorgeschlechtes, durch das Leschescitat über Heli- 
kaons Rettung indicirt, ist aber auch eine notwendige Folgerung 
aus dem Priesteramte des Geschlechtes bei der Stadtgottin von 
Neu-Ilion, das schon Z 298 vorausgesetzt wird (darüber im V. Buche). 
Wie die Aineiaden, die spät noch im troischen Skepsis herrschten, 
sich retten, so mußten auch die Antenoriden, deren Frauen den 
Tempel der Stadtgöttin hüteten, bewahrt werden. Sie waren Gegen- 
stücke im Epos, und es ist hübsch, wie sie verschieden behandelt 
sind. Im letzten Grunde epische, tendenziös ausgestaltete Oberliefe- 
rung ist, was bei Livius I i vorliegt: ,iam primum omnium satis con- 
stat Troia capta in ceteros saevitum esse Troianos, duobus Aenea 
Antenoreque et vetusti iure hospitii et quia pacis reddendaeque 
Helenae semper auctores fuerant onme ius belli Archivos abstinuisse. 
Die ethische Tendenz des Kyklikers tritt am Schlüsse noch ein- 
mal hervor: Wie das Unrecht gesühnt wird, so wird die Guttat be- 
lohnt, der ehebrecherische Verächter des Grastrechts und die Seinen, 
die ihn geschützt, verderben, Antenor, der auch den Feinden das 
Gastrecht gewährte, wird gerettet 

Bethe, Homer. II I7 



Tb tiftd äü Nosten 250 

Sie setzt nun festgestaltete Gedichte nicht nur von der Heimkehr des 
Odysseus voraus, sondern auch der anderen Helden: denn sie ist auf 
der Voraussetzung gebaut, daß nur Odysseus allein noch nicht zurück- 
gekehrt ist Mithin sind die langen Geschichten dieser Art, die in y 
und b von Nestor imd Menelaos erzählt werden, nicht erst von ihrem 
Dichter erfunden oder zuerst gestaltet, sondern zweifellos lehnt er 
sich irgendwie genau oder frei, bewußt oder unbewußt an schon vor- 
handene und bekannte Gedichte an« Waren doch Nosten dazumal 
beliebt Das zeigt nicht nur a, wo 326 der Sänger 'Axaiißv vöcrov singt, 
das zeigt das Wiederkehren von Heimkehrgeschichten in orö» X, uiu 
Es ist demnach die Frage so zuzuspitzen: hat der Dichter der Tele- 
machreise (t b) eben jenes verlorene, als Einheit betrachtete Epos 
der Nosten benutzt, von dem wir so ungenügende Kunde haben, oder 
eines von dessen Vorstufen vor ihrer g^roßen Zusammenfassung, oder 
hat er vielleicht ein verschollenes Epos im Sinne gehabt, oder schließ- 
lich hat er auf einer von solchen Grundlagen frei weitergebildet? 
Ich glaube zeigen zu können, daß er seine Zuhörer an ein kunstvoll 
angelegtes, mehrere Einzelnosten zusammenfassendes, ihnen bekann- 
tes Gedicht erinnern wollte» daß er aber doch eine Episode selb- 
ständig dazu gedichtet hat, die reizende Erzählung von der Ober- 
listung des Proteus. Schon dies würde zur Wahrscheinlichkeit fuhren, 
daß hier das gesuchte Nostenepos vorlieget; aber auch von anderer 
Seite scheint mir das beweislich. Gelingt mir das, dann haben wir 
nicht bloß für die Reconstruction der Nosten und ihre Zeitbestim- 
mung viel gewonnen, wir tun dann auch Blicke in die Art des Schaf- 
fens dieser jüngeren Epiker, was vielleicht wichtiger ist als jenes. 
Der Dichter der Telemachreise hat die Rückkehr der Helden künst- 
lich zerlegt, imi den beiden Troiakämpfem, die Telemach besucht, 
Stoff zu Erzählungen zu geben. Wie er den Odysseus durch Nestor 
nur rühmen, von Helena und Menelaos aber Heldentaten und Wun- 
derdinge erzählen läßt, so weist er die Abfahrt von Troia, die Tren- 
nung der Flotte, den Sturm dem Nestor zu, der auch von der Heim- 
kehr des Diomedes, Neoptolemos, Philoktet, Idomeneus (x 190) be- 
richtet und schließlich noch, wie Menelaos verschlagen wurde (x 276 
bis 302); dagegen hat seine weiteren Schicksale Menelaos selbst zu 
beschreiben. Daß Menelaos Aias' Tod und Agamemnons Heimkehr 
erzählen kann, obgleich er nicht Augenzeuge war, ermögUcht ihm 
der Dichter durch seine Überwältigung des Meergreises Proteus und 
dessen erzwungenen Offenbarungen. Nichts ist natürlicher, als daß 
sich Menelaos auch nach seinem Bruder bei ihm erkundigt Über- 
aus geschickt wird so erreicht, daß Menelaos nur den Agamemnon- 



26o VUrtes Buch, VIL NOZTOI • ATPEIAQN KAOOAOZ 

mord erzählt, nichts aber von der Vorgeschichte. Sie zu berühren 
hatten dem vornehmen Menelaos Familienrücksichten verboten. Aber 
der Dichter hatte sie uns schon durch Nestor t 253 mitgeteilt Audi 
das wieder sehr geschickt Zunächst läßt er den Alten über sie als 
allbekannt hinweggehen (x 194) und erst auf Telemachs Drängen 
(250) sie berichten (254) nebst Orestes' Rache (305). Daß das alles 
aufs engste zusammengehört und erst vereinigt die rechte Wirkung 
macht, leuchtet unmittelbar ein. Nicht nur findet sich kein Wider- 
spruch, die mit bewußter Kunst getrennten Teile sind so aufeinander 
eingestellt daß sie wie die Scherben eines zerbrochenen Tellers an- 
einanderpassen. 

Ebenso zeigt sich die ganze Nostenerzählung in yb trotz raffi- 
nierter Verteilung imd 2^rlegung als ein einheitliches Gewächs, das 
sich sofort und ohne Mühe wieder zusammenbiegt, sobald man die 
Bänder löst, mit denen dieser Dichter seine einzelnen Zweige aus- 
einandergebunden hat Nicht nur die Reihenfolge, in der die Könige 
abgefahren sind, wird in beiden Erzählungen gewahrt, auch die Be- 
gründung des Unheils durch den Zorn Athenes ist einheitUch. Nestor 
sagt T 131 ff*» Zeus habe den Achaiem böse Heimfahrt bereitet, weil 
nicht alle verstandig und gerecht gewesen; deshalb haben viele 
schlimmes Geschick erduldet durch den Zorn der Athene. Ihn zu 
beschwichtigen, will Agamemnon noch verweilen y 145. Und Pro- 
teus offenbart dem Menelaos b 502, Aias sei der Athene verhaßt ge- 
wesen. Weshalb Athene den Achaiem und Aias besonders gezürnt, 
braucht der Dichter seinen Zuhörern nicht zu sagen; sie wissen's. 
Und wir brauchen uns nicht auf die Schollen und Vergil (Aen. I 41) 
zu berufen, Euripides sagt dasselbe und niemand kennt es anders: 
Aias' ungesühnter Frevel an Athenes Bilde hat auf ihn imd das ganze 
Heer den göttlichen Zorn herabgezogen.^ Auch die Irrfahrt des 
Menelaos ist unter die beiden Erzähler geteilt Zum größeren Teil 
berichtet sie Nestor y 276 — 302, 31 1 f., zum kleineren Menelaos selbst 
^ 3JI — 586. Wie genau sie übereinstimmen und sich ergänzen, zeigt 
am deutlichsten dies: nach y 301 f. hat sich Menelaos, in Ägypten 

^ Vürthdm de Aiads Origine (Leyden 1907) 81 lengnet das: da nach Proklos 
ninpersis Aias, an Athenes Altar geflohen, sich gerettet habe, könne seine Retterin 
nicht zürnen. Als ob das für Nosten- und Odyssee-Dichter bindend wäre! Der Wider- 
spruch cur Achaierfreundin der Sias hat schon zur Zeit des Euripides Schwierigkeiten 
gemacht» gelöst ist er längst durch die Erkenntnis, daß die Achaierfeindin die Stadt- 
göttin Yon Neu-nion ist, nur darf man nicht mit Vürtheim verlangen, daß die Home- 
rischen Dichter und ihr Publikum beide auseinander hielten. Sie dachten von den 
Göttern, wie es Euripides in den Troerinnen darstellt, vgL v. WUamowitz, Gr. Tragödie 

m 264. 



EinhiitHckkiit der NasUmerMählung m -xh 261 

mit 5 Schiffen gelandet, viel Geschenke gesammelt Menelaos aber 
sagt dazu nichts ausdrücklich, doch deutet er b 35 1, 482, 581 an, 
verstandlich nur für den, der sich an jene Stelle erinnert, daß er, 
bevor er Proteus auf der Pharosinsel bezwang, schon einmal in 
Ägypten gewesen war und zwar lange Zeit Daß dieser erste Aufent- 
halt lohnend gewesen war, hat Nestor t 311 gesagt Wie sehr loh- 
nend, illustrirt der Dichter geschickt nebenher beim Auftreten der 
Helena b 125: ihr silberner Nähkorb war ein Geschenk der Königin 
des ägyptischen Thebens, deren Gatte auch den Menelaos reich be- 
schenkt hatte mit zwei silbernen Wannen und Dreifußen imd zehn 
Talenten Goldes. 

Entscheidend aber ist für die Zurückfahrung dieser ganzen Nosten- 
erzählungen in t^ ^^f ein bestimmtes Gedicht die Beobachtung, daß 
vielfach erstaunlich kurz berichtet ist und nicht alles verständlich 
wird So muß der Zuhörer den Grund für den Götterzom wider die 
Achaier schon wissen, erst b 502 wird angedeutet, daß Aias der 
Schuldige ist. In ihrem Zorn, erzählt Nestor, erregte Athene Streit 
zwischen den beiden Atriden über die Abfahrt x 136 ff.: was sie dar 
mit bezweckt, ist aus Nestors Worten kaum zu ersehen. Der Erfolg 
ist, daß sich das Heer in mehrere Teile trennt und so einige wie 
Nestor, Diomed, Menelaos vorweg in Sicherheit gebracht werden. 
Dieser Art Unverständlichkeiten finden sich mehrfach, besonders in 
der Erzählung des Aigisthos t 273 ff, 303 ff., Agamemnons Heim- 
kehr und Menelaos' Rückkehr am selben Tage, an dem Orest das 
Leichenmahl für den eben ermordeten Aigisth — und Klytaimestra 
verteilt 

Nähere Betrachtung kann da einiges aufklären; zugleich schär- 
fere Vorstellung von dem zugfrunde liegenden Epos und der Kunst 
seines Dichters vermitteln« 

Während des Krieges um Troia versucht Aigisth Agamemnons 
einsames Weib, deren Obhut der scheidende König einem Sänger 
anvertraut hatte. Sie widersteht zuerst, dann erliegt sie: es war ihr 
Schicksal Aigisth fuhrt die Willige in sein Haus und den Sänger 
setzt er auf einem wüsten Eiland aus, den Vögeln zmn Fräße (t 262 
bis 272). Am Strande auf hoher Warte lauert sein Späher ein ganzes 
Jahr, zwei Talente Goldes hat ihm Aigisth dafür versprochen (b 524 ff). 
Endlich landet der siegreiche Heerkönig nach böser Fahrt Da ladet 
ihn imd seine Reisigen Aigisth in sein Haus. Beim Mahle brechen 
aus dem Hinterhalt seine zwanzig erlesenen Mannen: wie ein Stier 
an der Krippe wird Agamemnon erschlagen und im verzweifelten 
Kampfe erliegen im Männersaale seine Helden, aber auch von den 



Agamemmoms Mord 263 

Nun wird der Mordplan gefaßt, um zwei Talente Groldes ein Späher 
gekauft; der lauert ein ganzes Jahr am Strande auf der Warte (b 526). 
In Aigisthos' Haus, das auch das ihrige ist, wird ihr eben gelandeter 
Gemahl gemordet, ehe er den heimischen Herd berührt. Konnte 
das alles ohne ihr Wissen, ohne ihre Billigung g^eschehen? Deutlich 
genug hat auch noch die Telemachie das Gegenteil gemacht: sagt 
dochMenelaos b 92 geradezu: ,Agamemnon starb böXtfi ouXo^^viic &Xö- 
XOio.' Nun erzätüt Nestor, Orest habe im achten Jahr seinen Vater 
an Aig^th gerächt imd dann den Argivem ein Leichenmahl verteilt 
für seine entsetzliche Mutter imd den Feigling Aigisth (x 309, 310) 
an demselben Tage, als Menelaos heimkehrte. Klytaimestra ist also 
bis an ihr Ende bei Aigisth geblieben, sie ist mit ihm gestorben — 
wie, erfahren wir nicht; der Dichter der Telemachreise durfte die 
Kenntnis bei seinen Zuhörern voraussetzen, so gut wie er den Zu- 
sammenhang zwischen des Menelaos Heimkehr und jener Bestattung 
als allen bekannt angenommen hat; wir können nur aus Nestors 
entrüsteter Behauptung y 255£F., Menelaos wäre anders mit Aigisths 
Leiche verfahren, vielleicht vermuten, es habe einen Zusammenstoß 
zwischen Orest imd Menelaos gegeben, wie sie ja auch in Euripides' 
Orest doch gewifi nach dem verlorenen Nostenepos und nicht blofi 
dem Referat im x, wenn auch aus anderen Granden, aneinander ge- 
raten: die Situation ist doch dieselbe. Klytaimestras Ende aber, wie 
es T 310 dunkel andeutet, paßt doch wahrlich zu ihren Taten und 
Gedanken, wie Nestor sie geschildert: sie überlebt Aigisthos nicht 
Aber Wilamowitz H.U. 154 hat t 3io und damit die Erwähnung des 
Todes der Klytaimestra gestrichen, obwohl er sich nicht verhehlt 
hat, daß sie zum wenigsten als Mitwisserin des Agamemnonmordes 
betrachtet werden muß. Warum also? Weil Klytaimestras Erwäh- 
nung der Telemachie widerspreche. Ich habe mich bemüht, das 
Gegenteil zu erweisen. Anstößig war dieser Vers t 310 schon an- 
tiken Gelehrten, aber nicht er allein, sondern x 309 und 310 fehlten 
nach dem Scholion in einigen Ausgaben. 309 aber verteidigt Wila- 
mowitz richtig durch den Hinweis, daß ohne ihn die 311 erwähnte 
Rückkehr des Menelaos auf den Mordtag selbst (t 307) bezogen 
werden müsse, während auch nach b 547 Menelaos erst bei Aigisths 
Bestattung heimkehrt, wie y 309 und 311 ergibt. Wie schlagend 
müßten die Beweise sein, die ims veranlassen könnten, einen uns 
nicht ganz verständlichen Vers zu entfernen, nun gar in einer Erzäh- 
lung, die nur andeutet und auf ein damals bekanntes, uns gänzlich 
imbekanntes Gedicht anspielt! Schon aus dem Grunde allein, weil 
wir T 310 nicht voll erklären können, müßten wir ihn stehen lassen. 



264 Vürtes Buch. VII. NOITOI • ATPEIAfiN KA60A0Z 

Doch auch selbst, wenn wir ihn preisgeben, also die Erwähnung von 
Klytaimestras Tod, würde dann nicht jeden die Frage quälen: Was 
wurde aus Klytaimestra? Wie konnte sie denn überhaupt enden in 
diesem Gedichte mit dieser Exposition? Ihrer Sünden Lohn mußte 
sie haben, mit ihrem Buhlen sterben, mit dem sie in Schuld und 
Schande gelebt Gerade dies deutet der Vers t 3io ^^> ^^Iso ist er 
echt Freilich, wie sie in diesem Epos gestorben sei, das ist nicht zu 
entscheiden. Robert, Bild und Lied S. 163 erklärt ihre Ermordung 
durch Orest für unmöglich, weil über sie nicht in so wahrhaft firi- 
voler Weise hätte hinweggegangen werden können, wie es in der 
Odyssee geschehe. Ich möchte dies Urteil nicht ganz unterschreiben, 
gern aber eigne ich mir seine Vermutung zu, Klytaimestra habe in 
diesem Gedicht durch Selbstmord geendet Das ist der einzige Aui^ 
weg, der offen bleibt für den Erklärer wie für Klytaimestra selbst 
Sie kann doch nicht länger leben imter den Augen ihres Sohnes, 
dem sie den Vater betrog imd der seinen Mörder, ihren Buhlen, 
rächend schlug. Die ganze Anlage des Gedichtes verlangt gebiete- 
risch ihren Tod. Hat ihr den nicht Orest gegeben, so tat sie's selbst 

Der Dichter der Telemachreise (ipb) wußte mehr, als er sagte, und 
die Zuhörer wußten mehr, als sie von ihm zu hören bekamen, beide 
aus derselben Quelle, einem bekannten und großen Gredicht von den 
Kosten. Denn es sind ja nicht Einzelgeschichten von heimkehren- 
den Helden, sondern sie sind kunstvoll zusammengefaßt durch 
den Streit der Atriden über die Abfahrt in der trunkenen Volksver- 
sammlung unmittelbar nach der Zerstörung Troias, durch die Rache 
Athenas für Aias' Frevel und das Ineinandergreifen der Heimkehr 
des Menelaos und der Rache des Orest für den längst ermordeten 
Agamemnon. Auf den beiden Atriden liegt das Interesse, neben 
ihnen spielt Aias eine bedeutende Rolle, aber mehr als Erreger des 
Götterzomes, die anderen treten gegen sie ganz zurück. Der Dich- 
ter der Telemachreise hat dies Nostengedicht benutzt Das hat in- 
zwischen auch C. Robert Arch. Jahrb. XXXIV (19 19) 75 erkannt 
und kurz notirt Aber der Dichter hat es auf die geschickteste Art 
benutzt Er plündert es nicht, um seine eigene Blöße zu decken, 
sondern er gewinnt diesem Stoffe durch seine Behandlung neue 
Reize ab. 

Knapp sind diese Nostenberichte des yb alle bis auf einen, die 
Proteusgeschichte. Sie fließt breit und behaglich dahin, bis ins ein- 
zelne ist sie ausgemalt, kein Pünktchen bleibt in ihr unverständlich, 
auch nur unklar. Sie ist in ganz andrer Art erzählt als die Nosten. 
Sie stammt also nicht aus derselben Quelle. Menelaos überfallt und 



Du Proteusepisode 265 

bewältigt den Proteus, um zu erfahren, wie er selbst von der wüsten 
Insel in seine Heimat gelangen könne (b 381, 390, 424). Das macht 
der Seegreis aber erstaunlich rasch ab: nur neun Verse^ b 472 — 480, 
braucht er dazu — und ganze 256 Verse, b 351 — 587, nimmt doch die 
Proteusepisode in Anspruch! Er hat ihm weiter nichts zu sagen, als: 
,Kehre nach Ägjrpten zurück und bringe die versäumten Hekatomben 
dar I' Das tut dann Menelaos, erlebt nichts dabei, kommt glatt und gut 
nach Hause. Solcher Kleinigkeit, solchen selbstgeschafifenen Hinder- 
nisses wegen bietet ein Dichter, der so viel erzählen mußte wie der 
Nostendichter, schwerlich einen so großen Apparat auf. Und der 
kann das nicht g^etan haben, ja wir müssen billig bezweifeln, daß er 
überhaupt den Agyptenbesuch des Menelaos so zwecklos und nichts- 
sagend verdoppelt habe. Anders der Dichter der Telemachreise. 
Um von Odysseus etwas zu erfahren, schickte er Telemach zu Nestor 
und der ihn zu Menelaos. Aber da kein Mensch den Aufenthalt des 
Odysseus kannte, so mußte er einen übermenschlichen Mittler er- 
finden und so hat er, die Teiresiasbefragung des Odysseus (X 100) 
humoristisch imitirend, in Anlehnung an ein Schiffermärchen die 
allerliebste Proteusgeschichte erfunden. Das ist ihr Zweck, Menelaos' 
Wunsch nach Anweisimg zu seiner Heimkehr ist nur der Hebel. Als 
Muster der Schachtelerzählung zeigt sich dieser Dichter auch hier, 
indem er dem Proteus auch die Erzählung vom Untergang des Aias 
und vom Tod des Agamemnon in den Mund legt, des Menelaos be- 
greifliche Fragen zu beantworten. Der Nostendichter aber konnte 
unmöglich diese beiden Hauptstücke seines Stoffes, Aias' Tod und 
Agamemnons Ermordung, dem halbkomischen, Robben hütenden 
Meergreis in den Mund legen, auch keinem andern. Denn sie bilden 
die unmittelbare Fortsetzung des uns durch y 1 30 ff. erhaltenen An- 
fangs, sie bilden den Kern imd das Hauptstück der Nosten überhaupt 

Die Proteusepisode ist also für die Vorlage des Telemachie- 
dichters auszuscheiden, seine Nostenerzählung selbst dagegen ist ein 
kurzer und künstlich zerlegter Bericht nach einem allbekannten 
Epos. Sind dies nun die ,Nosten<, von denen wir Kunde 
haben? Ich glaube diese Frage mit einem glatten Ja beantworten 
zu dürfen. 

Das schwer verdorbene Zeugnis der SchoL b 12, daß in den 
Nosten die Mutter des Megapenthes, Menelaos' Kebse, vorkam, ist 
freilich nicht verwendbar, weil b 3 — 19 zweifellos interpolirt sind 
— die hier erzählte Doppelhochzeit der Menelaoskinder wird nicht 
weiter erwähnt und hat keinen poetischen Zweck — aber Proklos' 
Nostenexcerpt, so dürftig es ist, gibt unverächtliche Handhaben. Es 



ATPEIAQN KAeOAOZ 267 

beiden Brüder getrennt und, um sie zu trennen, ihren Streit wegen 
der Abfahrt erfunden; deshalb den Menelaos, von dessen IrrfUirten 
nichts zu erzählen war, in Ägypten weilen lassen, damit indes Aga- 
memnon gemordet und gerächt werden konnte. Aber schließlich als 
letzten bringt er Menelaos zurück, gerade als sich ohne ihn vollzogen 
hatte, was er als Bruder unter gewohnten Verhältnissen verhindert 
oder gestraft haben würde. Die Nostendichtung des fb hat eine 
strafFe, wohldurchdachte, von einem weithin berechnenden Dichter 
entworfene imd durchgeführte Einheit, und diese Einheit liegt eben 
in den beiden Atriden und ihren so verschiedenen Schicksalen. Für 
den Titel 'ATpeibiliv icdSoboc kann man einen besser passenden Inhalt 
nicht ersinnen, als ihn die Berichte des Nestor und Menelaos in fb 
und Proklos' Nosten vermitteln. 

Doppelten Titel für ein und dasselbe alte Epos anzunehmen ist 
ohne Bedenken, zumal da einzig Athenaios 'ATpeibi&v KdOoboc kennt 
Dafi er freilich seine beiden Citate daraus Vn 281 BC und IX 399 A 
demselben Gelehrten verdanke, ist nicht beweisbar, da dies aus einem 
Lexikon, jenes aus einer Liste der Schlemmer ((ptX/jbovot) stammt. 
' Aber wohl ist es möglich, daB Athenaios auf Grund irgendeines 
grelehrten Citates es für feiner hielt so statt in üblicher Weise ^Kosten* 
zu citiren. So hat Tzetzes Hesiods Kataloge und zwar er allein 
nur als f|puiiKf) T^veciXoTiot citirt in seinem Commentar zu Lykophron 
134— Frg.yRz*, 176— Frg.ysRz, 393— Frg. 1 16 und die erste undletzte 
Stelle ebenso auch in seiner Iliasexegese S. 134, 2 imd 126, 26 stets nur 
mit diesem Titel, nie nennt er sie Kataloge; vermutlich hat er das aus 
dem alten Lykophronscholion, vgl. zu 284^ wo jetzt freilich nur noch 
*Hdoboc steht Aber dieser Titel paßt vortrefflich auf dies Werk, 
besser als die üblichen tuvoikiBv KoräXoTO^ oder *Hoiat, denn diese 
bezeichnen nur den zweiten Teil des Gedichtes, jener charakterisirt 
den ersten und hauptsächlichen. Und daß dieser Titel f|fMAiticf| T^vea- 
Xot(o s^us altgelehrter Überlieferung stammt, zeigt das Epigramm 
des Asklepiades A. P. IX 64. 

Damit ist die Identität der Nosten und 'Arpeibuiv icdOoboc fester 
begründet, als schon Welcker Ep. CykL I* 261 es getan. Sie wird 
aber fast zur Gewißheit schon dadurch, daß der einzige aus der 
Jüeimkehr der Atriden' erhaltene Vers 

^Icov b' *Ep^iov€uc TTod KapTraXijüioici lütCTaciribv | ipoiac ^tx^i vvie, 
von Wilamowitz H. U. 1 56 mit offenbarem Recht ^ auf den Kampf bei 

* Sein Venoch aber, die *At. icddo^oc als zweites ^>os neben den Nosten zu er- 
weisen, ist nicht geglfickt DaB in den Nosten z. B. über Diomedes die in der oiytho« 



NOITOI » ATPEtAQN KA60A0I 269 

während Aigisth am Meere wohnt (b si;^), im X452 klagt Aga- 
memnon, nicht einmal seinen Sohn wiederzusehen sei ihm verstattet 
gewesen; in der einen (t 272) wie in der andern (X 422 ff.) Erzählung 
ist Klytaimestra im Hause des Aigisth; und wenn X 422 mit ihm 
Klassandra in Aigisths Hause ermordet wird, so ist klar, dafi Aga- 
memnon dort eingekehrt ist auf dem Wege nach Hause, denn un- 
denkbar ist der Gedanke, daß er zu einem Gastmahl seine Kebse 
aus seinem eigenen Hause mitgeführt habe. Das sind nicht zwei 
verschiedene Gedichte» das ist ein und dasselbe: denn alle diese 
Züge sind rein dichterische, frei und nur zu künstlerischen Zwecken 
erfundene Motive, kein einziges lag in der Sage oder war aus der 
Oberlieferung, Aigisth habe den Agamemnon umgebracht, mit Not- 
wendigkeit oder auch nur mit Leichtigkeit zu erschließen. Aber frei- 
lich Klytaimestra tritt im X nicht nur als Mitwisserin des Mordplanes, 
auch als tatige Teilnehmerin hervor. Sie mordet Kassandra, ihrem 
sterbenden Gatten erweist sie nicht einmal den letzten Dienst So 
viel ist sicher aus dem schwierigen, weil für Wissende gedichteten 
Versen X 424 f. zu entnehmen, die v. Wilamowitz, H. U. 157 f. erklart 
Dafi sie mitgemordet und den Gatten beschimpft, davon steht frei- 
lich nichts im yb, daß sie aber Mitwisserin des Mordplanes war, das 
geht, wie oben gezeigt ist, aus Andeutungen des tb deutlich hervor. 
Machen wir uns nun klar, daß im X Agamemnon selbst erzählt, im b 
aber Proteus dem Menelaos, und daß im y der Mord überhaupt nicht 
berichtet wird, so schwindet auch dieser einzige trotz so starker 
Übereinstimmungen von Robert und Wilamowitz lebhaft betonte 
Unterschied beider Darstellungen beträchtiich. Proteus gibt nur 
das Wichtige: Agamemnons Ermordung, Aigisth allein hat sie voll- 
bracht; daß Klytaimestra die Kassandra schlachtet, verschwindet 
dagegen, und bei dieser Kürze hätte die Erwähnung dieser Neben- 
sache den Eindruck zersplittert, nicht verstärkt Wenn aber Aga^ 
memnon, der sich so innig gefreut hatte, die Seinen wiederzusehen 
(X 431), selbst im Schattenreich sein Schicksal erzählt, dann muß sein 
Haß gegen Aigisth, dessen Verrat und Tat nicht unberechtigt war, 
verschwinden gegen den Schmerz und die Wut über sein Weib, das 
ihm die Ehe gebrochen, zu seinem Bluträcher aus seinem Hause ge- 
gangen, mit ihm den Mordplan ersonnen. Klytaimestra war nicht 
im Männersaal, als die Mörder einhieben, als Agamemnon totwund 
zusammenbrach; aber zu gleicher Zeit erschlägt sie draußen noch 
in Eifersucht gegen den betrogenen Gatten, froh des Vorwandes f&r 
ihren Verrat Kassandra; ihr Todesschrei dringt zu dem Sterbenden, 
er erkennt die Stimme seiner Kebse, da ahnt er, und nun tritt sie 



Argos oder Lakedtdmen? 271 

monides ermordet wurde (SchoL Eurip. Orest 46, ebenso bei Pindar 
P. XI 32 y vgL N. XI 34) und ein Mnema Agamemnons in Amyldai 
war, an das auch andere Gestalten seiner Sage geschlossen waren 
(Pausan. IQ 19,6), so liegt eine lakedämonische Überlieferung vor, 
die durch die argivischen Ortsbestinmiungen verwirrt ist Diese Ver- 
wirrung entsteht nicht bloß durch die Vereinig^g der Agamemnon- 
Erzählimgen in yb, sie lieg^ auch in x allein und 6 allein vor. Folg- 
lich ist sie, wenn nicht schon vom Nostendichter, so doch vom Dichter 
der Telemachreise angerichtet* Das pafit zu seiner unklaren Vor- 
stellung von der Verbindimg zwischen Pylos und Sparta, die er den 
Telemach imd Peisistratos in zweitägiger Wagenfahrt machen läfit 
Er denkt sich Menelaos ja auch als Beherrscher von Argos t 174» 
b 562. Ob das auf Unkenntnis beruht, oder ob er souverain die Greo- 
graphie behandelt, ist gleichgültig, jedenfalls muß für ihn Agamem- 
non als Herr Mykenes ebenso gegeben gewesen sein wie seine Fahrt 
imi Kap Malea. Jene steht aus der Ilias fest, sie war also jedem ge- 
läufig, diese dürfte er aus seiner Quelle, der 'Arpctbuliv KdOoboc, über- 
nommen haben« Die Schwierigkeit lost sich also für das Gedicht der 
Telemachreise von selbst: ihr Dichter contaminirt die durch die 
Ilias landläufige Vorstellung mit der eigenartigen des von ihm be- 
nutzten Nostenepos. Das ist gewiß oberflächlich, es wird aber seinem 
Publikum schwerlich zum Bewußtsein gekommen sein, wie auch wohl 
ihm selbst nicht Die Anmut seines Gredichtes stört es nicht Ob in 
seiner Quelle, den Nostoi, dieselbe Unklarheit herrschte, ist nicht 
zu entscheiden. Möglich ist es gewiß, daß dort Agamemnons und 
Menelaos' Herrschaft in Lakedaimon gedacht, wie ja auch der Dichter 
der Atrai, die unsere Ilias im I verarbeitet hat, Agamenmon dort als 
König kennt 



Somit ist die Identität der beiden Epen ,Nosten< und Jtückkehr 
der Atriden' nachgewiesen, zugleich ihre Benutzung durch den Dichter 
der Telemachreise (^b) nicht nur, sondern auch durch denjenigen, 
der die Nekyia durch die Heldenschau mit Verwertung audi ande- 
rer kyklischer Epen erweitert hat Auch die Gliederung des Ge- 
dichtes ist klar geworden imd sein Kernstück, die Geschichte der 
Atriden, hergestellt Habe ich mich bisher an die Odyssee, die Bruch- 



* Vgl. Ed. Schwartz, Straßborger Festschrift snr 46. Philog. Vers. (1901) 23. Sein 
Versuch, die der lakedämonischen Heimat eotgegeDstehenden SteUen in t^ >Q athetiien, 
mufite deshalb miSlingen. — Anch bei Aischylos Ag. 41 ff., 617, 674, Choeph. 1041 ist 
Menelaos neben Agamemnon König in Argos. 



NosUn der anderen Helden 271 

ZU Agamemnon nach Troia hatte zurückkehren lassen (y 164), doch 
gewiß, um ihn irgendwie noch besonders zu verwenden. Die Be- 
nutzung thrakischer Siedlungssagen, auf die Phoinix' Bestattung fuhrt, 
könnte auch wohl diese Odysseusepisode veranlaßt haben, vgl. Stra- 
bon Vn 331 Frg. 44, Eustathius Odyssee 161 5, 9. Nach Proklos 
kommt Neoptolemos zu den Molossem und wird von Peleus erkannt 
Also Confusion. Aufklärung gibt ApoUodors Epit VI 12. Er stimmt 
z. T. genau mit Proklos überein, z. T. weicht er ganz ab: er läßt wie 
Schol. T 188 Neoptolemos gleich zu den Molossem wandern, den 
Ahnen nicht lebend sehen und erst nach seinem Tode auch die thes- 
salische Herrschaft antreten. Zwei verschiedene Sagen sind hier 
contaminirt. Die Nosten dürften den Neoptolemos mit seiner Beute 
Andromache einfach zu Peleus haben heimkehren lassen; diese Ver- 
sion hat Euripides seiner Andromache zugrunde gelegt Andere 
Sagen wußten von Neoptolemos in Delphi (Pindar Paian VI 106), 
andere setzten ihn in Epirus zu den Molossem in Beziehung; Euri- 
pides hat auch sie benutzt Sie waren mehrfach, scheint's, ausgestaltet 
und an die Rückkehr von Troia geknüpft: vgL Vergil Aen. lU 295 £ 
mit Schollen und auch zu II 166, Justin 17, 3, Pausanias I 11, i; 
Pindar N. IV 82, Vn 54, Strabon VII 326. Durch Confusion ist aus 
dieser zweiten Version des Handbuches der Name MoXoccoi falsch- 
lich in das Nostenexcerpt geraten. Ob die Nosten von Helenes er- 
zählt haben, bleibt zweÜfelhaft. 

Auch Kalchas' Schicksal war nach Proklos in den Nosten er- 
zählt: er sei mit Leonteus und Polypoites zu Fuß nach EColophon 
gewandert und dort begraben.^^ Sein Fehlen in der Odyssee spricht 
nicht dagegen. Hatte doch weder Nestor noch Menelaos<^och eine 
der Seelen im Hades Veranlassung, von ihm zu berichten. Nestor 
und Menelaos konnten es auch nicht, da er in Asien geblieben war. 
Meine S. 272 vorgetragene Vermutung, daß Kalchas bei dem Atriden- 
zwist zu Anfang des Nostenepos eine Rolle gespielt habe, wird ge- 
stützt durch diesen Bericht von seinem Ende. Der Seher sieht Un- 
heil voraus und weiß, daß trotz Agamemnons Opfer Athenes Zorn 
nicht besänftigt ist: so verzichtet er auf die Heimfahrt und geht süd- 
wärts. Sein Tod und Bestattung entsprechen dem, was die Nosten 
nach Proklos von Phoinix erzählt hatten. Wie Kalchas geendet ist, 
erfahren wir nicht Sein Seherwettstreit mit Mopsos bei ApoUodor 

'^ So richtig Apollodor Epit. VI 2, bei Prokloi fklich Tcipcdav statt KdXxovro. — 
Ober den Seherwettitreit TgL auch Immisch Klaroi 161 XVII SappL Jahrb. C kl Philolof. 
1889. — Meine Vermutung über diesen Teil der Nosten Real-Encykl. I 2 1939 ist 
nicht wahrscheinlich. 

B«the, Homer. II 18 



Aia^ Tod 2y$ 

Weg an der Inselkette entlang , können aber doch dem Gotterzom 
nicht entgehen. Dort also mufi das Schicksal sie ereilt haben« Dem 
entspricht die Überlieferung über Aias' Untergang. Die fupai tr^rpai 
Homers werden vom SchoL b 500 (— Hesych s. v. fupflci) bei Myko- 
nos angesetzt, Euripides Troad. 89 spricht von den dicral Mukövou 
A/jXioi T€ xoipdbcc, ApoUodor Epit VI 5 sagt irepl Tflvov xctM^Iovrat, 
Aias Grab setzt er nach Mykonos (ebenso das Epigramm 16 des 
Aristotelischen Peplos), Lykophron 400 nach Tremon bei Delos, 
Schol. N 66 AD xard Af)Xov. Denn auch seine Bestattung durch 
Thetis gehörte dem Nostenepos. Lykophron, ApoUodor, Schol. N 66, 
d. h. also die von ihnen allen benutzte Schulerzählung der Troika, 
der Homer imd der Kyklos zugrunde lag, gibt sie in unmittelbarem 
Anschluß an den mit b 500 übereinstinmienden Bericht über Aias' 
Tod Daß Proklos nichts von ihr sagt, kann bei seiner skeletthaften 
Dürftigkeit hier nicht erstaunen. Empfohlen wird ihre Aufnahme in 
die Nostenhypothesis dadurch, daß dies Epos auch Phoinix' und Kal- 
chas' Grabstätte genannt hatte, also wohl auf Heroenkulte ausge- 
gfangen war. Ein Aianteion ist mithin in dieser Gegend gewesen — 
wahrscheinlich macht Lykophron die genaueste Angabe: Tremon bei 
Delos^' — und dies wird den Anlaß zu dieser Sage gegeben haben, 
wie Kalchas' und Phoinix' Heroa zu den Sagen ihres Todes in Kolo- 
phon imd Thrakien. 

Proklos setzt den Sturm und Aias* Tod irepl t&c Ka<piipibac ir^rpac, 
also an die Südspitze Euboias, ein offenbarer Irrtum, entstanden durch 
Contamination mit einer anderen Version, die wir bei ApoUodor Epit 
VI 7 gleich nach Aias' Untergang lesen: töv bi dXXujv £ußo(qi Tipoc- 
q)€pofi^vuAf vuKTÖc NquiiXioc irA ToO Ka9r)p^uic öpouc irupcöv dvdirr€t. 
Gegen ihre Zugehörigkeit zum Nostenepos erheben sich schwere 
Bedenken. Scharf dagegen spricht schon die Scheidung der beiden 
Flottenhälften: gerade die glücklichfahrende steuert ja auf das Kla^ 
pherische Kap zu; ihr soll nichts zustoßen und stößt nichts zu, Nestor, 
Diomed kehren wohlbehalten heim. Die andere Hälfte, die südlich 
die Inselkette entlang fährt, trifft Athenes Zorn. Sie ist die Räche- 
rin, sie allein. Eine zweite Rache, gar eine menschliche, die noch 
größeres Unheil anrichtet, wäre eine üble Verdoppelung des Motivs, 
wie Kirchhoff (Odyssee 331) richtig empfand. So würde der Schiff- 
bruch am Kapherischen Berge durch Nauplios' Hinterlist für dies 
Nostenepos nicht in Betracht kommen, wenn nicht bei ApoUodor 

>' Nach Kiepertl groBer Karte kfime für Tremon nur das nordwestlich von Delot 
nach Rbenaia hin Kegende Inselchen in Betracht, nahe genng an Mykonos. Die Töpai 
ir^Tpat identificirt Kiepert mit den zwei Klippen tüdHch Ton Tenos. 

i8* 



276 Viertes Buch. VIL NOZTOI • ATPEIAQN KASOAOZ 

n 23 gelegentlich der Danaostochter Amymone für ihren Sohn Nau- 
plios drei verschiedene Frauennamen citirt wären, eine Philyra, ibc 
ö Touc NöcTOuc TP<iM^<zc. Aber es ist unstatthaft, daraus zu schließen, 
dies Epos habe Nauplios' Rache für Palamedes erzählt Das wäre 
nicht anders, als wenn bei Verlust der Ilias jemand aus einer Notiz, 
Philoktet sei nach der Dias in Lemnos ausgesetzt worden (B 721), 
schließen würde, Philoktets Rückführung und sein Sieg über Paris 
müsse in der Ilias erzählt gewesen sein. Es ist mit solchem Citat 
gar nichts anzufangen. Niemand kann ahnen, welchem Zusammen- 
hang es entnommen ist; es kann eine ganz nebensächliche Notiz ge- 
wesen sein. Eine Vermutung, wie mir scheint, recht wahrscheinliche, 
ergibt sich aus Pausanias' Notiz I 22, 6, der eines der Tafelbilder in 
der Pinakothek so beschreibt ivraOSa £v rak TP<x<patc 'Op^cnic kriv 
AIticOov cpoveuuiv Kai TTuXdbnc touc iraibac toOc NauirXiou ßoridoOc äl- 
Oövrac AlTic6t(i. Einen Naupliossohn verwendet auch Euripides im 
Orest 432 als Feind desselben.^' Das ist bedeutsam, da er die Grnmd- 
lage für diese Tragödie aus den Nosten entnimmt: nur da kehrt 
Menelaos nach Aigisths Ermordung durch Orest von seinen Irrfahrten 
zurück und trifft Orest: so Proklos, so t 31 Ii 250 ff. und Proklos 
nennt auch Pylades als Orests Helfer. Bei Aigisths Ermordung also 
war in den Nosten von Nauplios die Rede, dahin gehört die Apol- 
lodomotiz. Die, wie sich herausgestellt hat, klare und einheitliche 
Composition des Nostenepos schließt Nauplios' Untat am Kapheri- 
schen Berge aus. Diese Version hat einen anderen Ursprung. Zuerst 
erscheint sie bei Euripides Troad. 80, der sie mit der der Nosten (80) 
vereinig^** 



" Die Athetese von Euripides Orest 431—438 wird Robert (Bild und Lied 240) 
inzwischen selbst aufgegeben haben. — Dafi Pylades auf älteren Vasen nicht als Helfer 
Orests erscheint (Robert 161), spricht nicht dagegen, da sie einer anderen Version 
folgen. 

*^ Helena 1126 spricht nur von Nauplios, ebenso 767, wo er Menelaos sogar da- 
von erzählen läßt, der in den Nosten vorweg gefahren war. Es verdrängt die Nauplios- 
tat, mit der Rache für Palamedes motivirt, schon hier die ursprüngliche Erzählung 
von Athenes Zorn, zugleich das kapherische Vorgebirge die andere Lokalisation bei 
Mjkonos v^ Properz m 7, 31, Ovid, Trist. I I, 83, Quintus Smym. XTV 570, 
Dictys. VI X. 

Dieser Nauplios hat mit dem Eponymen des argivischen Nauplia ursprunglich wohl 
nichts zu tun. Er gehört nach Euboia: nach Chalkis setzt ihn eine Tradition bei 
Plutarch Quaest Gr. 33, p. 298 D, Palamedes' Tod SchoL Euripid. Orest 432 u. a. auch 
nach Geraistos. Philyrö, Nauplios' Gattin in den Nosten, erinnert nicht umsonst an Chi- 
rons Gattin. Denn nach Giiron soll das Euboiische Karystos auch Chironia geheißen 
haben (Theodoridas bei Stephan. Byz. s. v.), dessen Eponjrm in SchoL Pindar. P.IV 180 
sein Sohn heißt Vgl. ZdpiiS KapOcrou ui6c toO XCpuivoc SchoL Lykophr. 580. 



Nauplios, Hadis 27 7 

Ein Rätsel bleibt für mich das Hadesbild derNosten, das der 
Erklärer der Polygnotbilder in der delphischen Lesche bei Pausanias 
X 28, 7; 29, 6; 30, 5 bezeugt Auch die Verse über Aisons Ver- 
jüngung durch Medea können aus ihr stammen. Anmutend erscheint 
auf den ersten Blick F. Dümmlers Vermutung (Rhein« Mus. XLV 
[1890] 189 — Kl. Schrift 11 390), die Nekyia des ui sei den Nosten 
nachgebildet y die statt der Freier den Agamemnon mit seinen er- 
mordeten Mannen imHades ankommen und von Achill hätten befragen 
lassen. Aber doch nur auf den ersten Blick. Denn was soll Aga- 
memnon wohl dem Achill erzählt haben? Seine Ermordung, wie 
Dümmler will, doch sicher nicht; denn sie ist das Kernstück seines 
NostoSy also des ganzen Gedichtes gewesen, wie dessen Anordnung 
und der starke Nachhall in der Odyssee zeigen: also ist sie breit und 
direkt erzählt worden und nicht eingeschachtelt worden. Die Apo- 
logie des Odysseus wird man nicht als Stütze der Dümmlerschen 
Vermutung anfuhren wollen. Unmöglich ist auch die offene Annahme, 
daB zweimal dasselbe erzählt sei. Bliebe als Unterhaltung^sstoff im 
Hades die Bestattung Achills wie im ui ; deswegen erfindet kein Dichter 
eine Nekyia. Ich kann von Dümmlers Voraussetzungen aus weder 
einen Inhalt noch einen künstlerischen Zweck für die Nekyia der 
Nosten erkennen. 

Dafi ein Mensch in den Hades gfedrungen sei, wird für die Nosten 
nicht bezeug^, nur Erwähnung des Hades und seiner Schreckbilder. 
Verlaß ist freilich darauf nicht Es ist zwecklos, zu raten. 



Bleibt manche Einzelheit unklar, der Umriß des ganzen Nosten- 
epos stellt sich deutlich dar. Es war so wenig wie die Ilias oder ein 
anderes homerisches Epos ein Zufallsprodukt, weder ein auseinander- 
gedichtetes Epos noch eine wirre Ansammlung von Gedichten des- 
selben Stoffkreises, sondern es war ein Epos, das viele verschieden- 
artige auseinanderstrebende Geschichten durch eine kluge, in festen 
Linien durchgeführte Disposition unter Hervorhebung der beiden 
Atriden und Concentrirung des Interesses auf ihr Schicksal zu- 
sammenzuhalten wußte und so doch eine künstlerische Einheit dar- 
stellte. Gewiß hat auch sein Dichter so wenig wie der Verfasser der 
Dias, der Odyssee, der Kyprien und der Kleinen Ilias von Grund aus 
neu gedichtet Auch er wird schon fertige Kleinepen vorgefunden 
haben von der Heimkehr der Helden. Deutlich zeichnet sich der 
Untergang des Aias ab; von Kalchas' Tod in Klares bei Kolophon 
hat nach Strabo XIV 668 schon Kallinos erzählt, und von seinem 



Compositum der NosUn und die Odyssee 279 

den vorsichtigeren Weg über die Inselkette zu meiden sucht; 
denn bei ihr ist Aias, der Frevler an Athene. Ihn trifft die Rache 
der Grottin. Aus dem Sturm wird Agamemnon gerettet, nur um noch 
schlimmeren Tod zu finden. Ihn rächt Orest an Aigisth, während 
Pylades die ihm zu Hilfe eilenden Naupliossöhne abwehrt (s. oben 
S. 276). Da endlich, im achten Jahre ^^ läßt der Dichter auch Menelaos 
zurückkehren und fuhrt so am Schlüsse die Atriden wieder zusammen. 
Den Titel 'Arpeibuiv KdOoboc trägt das Epos mit dem gleichen Recht 
wie den der Nosten. 

Die erhaltenen Bruchstücke würden demnach sich etwa so ordnen: 
Aus den beiden ersten Büchern scheint sich keins erhalten zu haben« 
Das dritte erzählte die Ermordung Agamemnons und seiner Grefahrten 
CArpcibuiv Kä^boc Frg. 1) und hatte vorher vermutlich, um Thyestes' 
Rache zu motiviren, die Geschichte des Geschlechts und seines 
Stammvaters Tantalos (AT. K. Frg. 2) berichtet Das vierte wäre 
dann die Nekyia, aus der N. Frg. 3— -6 stammen. Dem fünften etwa 
gehört N. Frg. 2 Menelaos' Descendenz an. 



Vm. 0ESIIPßTIS THAErONIA 

Die Telegonie umfaßte nach Proklos in zwei Büchern drei allein 
durch die Person des Odysseus verbundene , locker nebeneinander 
gestellte Teile. Von ihnen haben nur der zweite und dritte eine ge- 
schlossene Erzählung gebildet , jener Odysseus' Abenteuer bei den 
Thesproten, dieser seinen Tod durch den eigenen Sohn. Sie waren 
beide gewiß als selbständige Kleinepen entstanden und haben ihre 
Selbständigkeit doch bewahrt, da jenes als Thesprotis bei Pausanias 
und Clemens citirt wird, dieser der Namen Telegonie allein eignet^ 

Da wird doch Zweifel rege, ob die zusammenhanglosen Geschicht- 
chen, die Proklos vorweg unter dem Titel Telegonie gibt, Bestattung 



'* Vgl. Enripides Helena 112, 776: sieben Jahre dauert Menelaos' Irrfahrt, im 8. 
kehrt er mit Helena snrock. Wie Enripides aas den .Nosten' die Gnindlage seines 
^Orestes* entnommen hat, nämlich die Gleichzeitigkeit der Rückkehr des Menelaos mit 
Aigisths Ermordung, so hat er auch jene siebenjährige Dauer der Irrfishrt daher; Tgl. 
y 305. Übrigens vermengt er in der Helena Versionen der Kyprien (35 — 30, 37 — 40) 
mit Heslodischen (90), lehnt sich 100 — 102 an die Aithiopis, 124 — 132 an die Notten, 
führt aber 767 Nauplios ein, d. h. er nimmt selbstverständlich, was ihm gerade paSt, aas 
dem noch lebendigen Flusse der »Sage* ohne Bewußtsein, welches für jeden Zug die 
Quelle sei. 

' Die Telegonie ist inzwischen neu bearbeitet von Albert Hartmann, Untersachungen 
über die Sage vom Tode des Odysseus (1917) 44 ff. 



Drei KUhupen 281 

spitzbübischen Schatzbaumeistem Trophonios und Agämedes und 
ihrem Auftraggeber Augias. Vermutlich war das nur ein kurzes 
Gedichtchen, und so ist es möglich, dafi es mit Thesprotis und Tele- 
gonie zusammengeschrieben y vielleicht auch durch ein Paar Verse 
verbunden war. Darauf führt freilich nur Proklos' Satz jireira €ic 
Iddidiv KarairXeucac, der zum Anfang der Thesprotis nicht ohne Con- 
fiision überleitet 

Ob die Telegonie ein einheitliches Epos gewesen war, ist nicht zu 
sagen, Sie umfaßte, wenn wir Proklos' Notiz glauben, wie wir doch bis 
zum Beweise des Gegenteils tun müssen, zwei selbständige Odysseus- 
epen, Thesprotis und Telegonie, und vorweg eine vermutlich kurze 
Erzählung in Form der Ekphrasis, zu der Odysseus' Inspektionsreise 
nach Elis den Rahmen geliefert hatte. Wenn Thesprotis imd Tele- 
gonie als selbständige Werke citirt werden, so darf man wohl das- 
selbe Verhältnis annehmen wie zwischen Amazonie, Aithiopis, Iliu- 
persis und Kleiner Ilias. Jene drei waren abgerundete Erzählungen 
und fertig ausgebildet, als sie der Verfasser des troischenEpexdLyklos 
zusammenstellte und verband. So werden wir denn auch glauben, dafi 
jene drei Stücke spätester Epik eben in der Zeit der Kyklenbildung 
zur ,Telegonie< vereinigt sind. 

IX. PLAN UND AUFBAU DES TROISCHEN 

KYKLOS 

In zwei Gruppen scheiden sich die Epen des troischen Kyklos, 
rechnet man zu ihm auch Nosten und Telegonie, obgleich sie nie 
ausdrücklich kyklisch genannt werden. Kyprien und Kleine Ilias 
geben mit der Ilias inmitten die Greschichte des Krieges; die Nosten 
aber gehören mit der Odyssee zusammen, die selber eine der vielen 
Nosten ist, imd sie wird fortgesetzt durch die Thesprotis und Tele- 
gonie. Jene fordert eingehendere Behandlung. Ich stelle sie voran, 
ohne die zweite Gruppe zunächst zu berücksichtigen. 



Die Kyprien waren aufs engste an die Ilias angeschlossen« Atifler- 
lich: sie führten die Erzählung genau bis dahin, wo diese einsetzt 
Inhaltlich: sie entwickelten die Voraussetzungen, auf denen diese 
aufgebaut ist, imd gaben die Motivirung for das, was sie erzählt. 

Es gibt unter den fast zwei Dutzend Bruchstücken und unmittel- 
baren 21eugnissen der Kyprien, die meist unbezweifelbar auf Anfang 



Kyprien und KUifu Utas van ginem Vetfasser 283 

dichter sogleich im Anfang über alle anderen hoch hinaus, indem er 
von weit her die Geschichte seiner Zeugmig erzahlte. 



>*-c 



Wer den Inhalt der Kyprien erwägt, kann sich in keinem Falle 
der Einsicht entziehen, daß dies Epos zwar einen gfrandiosen Anfang, 
aber keinen Schluß hatte, daß es vielmehr auf die Ilias zustrebte und 
für sie die Voraussetzimgen durch Erzählung ihrer Vorgeschichte 
gegeben hat Es war also niemals ein selbständiges Werk, hat 
es auch nie sein wollen, sondern war von Anfang her geplant und 
ausgeführt im Hinblick auf die Ilias, es ist die Einleitung zur Ilias, 
die selbst als unentbehrliche Fortsetzung hinterher gelesen werden 
sollte. Die Kyprien waren wirklich ein kyklisches Epos, nach der 
Ilias und für sie gedichtet Aber in noch eigentlicherem Sinne war 
es kyklisch. Denn nicht nur die Ilias leitet es ein, sondern für den 
ganzen troischen Krieg hat es den stolzen Eingang und die Vorge- 
schichte aufgebaut. ,Die Erde, von unzähligen Menschen bedrückt, 
bemitleidet Zeus und wirft unter sie den großen Hader des ilischen 
Kriegs, auf daß der Tod die Last hebe: es sterben in Troia die 
Heroen.' Damit ist der weiteste Rahmen gespannt; je mehr Kämpfe 
imd Tote, desto besser. Es kündet den ganzen Krieg an; mit Hek- 
tors Tode darf nicht schließen, wer so begonnen. Sollte Paris so 
ganz verschwinden, der über die größten Göttinnen zu Grericht ge- 
sessen? sollte er ungestraft das Bett des Gastfreundes geschändet, 
Weib und Schätze geraubt haben? Sollten Helenos' Prophezeiungen 
nicht erfüllt werden, der bei Paris' Ausfahrt Tod und Verderben 
ganz nion gekündet hatte? Wer erzählte, daß Helena von 2^us und 
Nemesis gezeugt war, der hat das Walten der Nemesis durch sie 
darstellen wollen, die Strafe für den Bruch des Gastrechts. Wer um 
Helena alle Fürsten Griechenlands freien und sie eidlich verpflich- 
ten ließ, die Schönste dem Gatten zu schützen, der wollte auch den 
Erfolg ihrer Eidestreue berichten. Wer den Odysseus als den 
Schlauesten so hervorhob, der wollte von seinen Listen erzählen. 
Die erzählt aber die Ilias so wenig wie all das andere. Die Post- 
homerica werden hier verlangt, die Kleine Ilias im aristotelischen 
Sinne wird von den Kyprien ebenso eingeleitet wie die große Uias. 
Die Kyprien setzen diesen ganzen Kyklos voraus. Durch- 
gehende Fäden verbinden die Ante- und Posthomerica. Neoptolemos' 
Erwähnung (13) hat weder für die Kyprien noch für die Ilias, sondern 
nur für die Nachgeschichte Zweck. Ebenso ist die Aussetzung Phi- 
loktets, unsinnig für die Kyprien als Einzelgedicht oder Einleitung 



EntsUkumg des Kykias 285 

Rahmen, ohne daß man einen größeren Zusammenhang ahnen könnte. 
Sie haben den auch ursprünglich nicht gehabt, sondern sind von 
Dichtem einzehi erfunden oder geformt, deren Phantasie den troi- 
schen Krieg durch Aufiiahme auch fremder Heldenpaare und Kampf- 
scenen und durch Schöpfung immer neuer Scenen, die seine Ur- 
sachen imd Folgen darstellten, weiter imd weiter dehnten. 

So hatte sich eine reiche Dichtung um Troia gebildet In freiem 
Schaffen war sie aufgesproßt, den augenblicklichen Bedürfhissen des 
Rhapsodenvortrages genügend: ganz selbständig jedes Gedicht, auch 
wenn einmal eines an ein anderes bekanntes anknüpfte. Diese Dich- 
ter dachten nicht daran, einen einheitlichen Kreis zu schaffen, aber 
unwillkürlich arbeiteten sie darauf hin. Wie die Vemichtimg des 
Wormser Burgundenreiches durch die Hunnen, vom Sänger gefeiert, 
hinreißend gestaltet, in Gedichten fortlebte und nun neue Dich- 
tungen zeugend imd fremde Stoffe an sich ziehend Mittelpunkt eines 
gproflen Sagenkreises wurde, so ist es auch hier geschehen. Durch 
eindrucksvolle Poesie einmal berühmt gemacht, ist Troia der Kry- 
stallisationsponkt geworden, um den sich immer neue und neue Kry- 
stalle legten. Der Dichter der AiTa( hat sich von unserer Ilias nicht 
träumen lassen, aber indem er das Motiv des grollend sich fern- 
haltenden Achill und der hartbedrängten Achaier aufnahm und das 
Bild entwarf, wie sie um Hilfe flehten und er ihre Bitte abschlug, 
hat er einen neuen Akt zur Menis hinzugedichtet, ihren Kreis ge- 
sprengt, aber zugleich auch den Antrieb gegeben, ihn weiter zu 
ziehen und wieder zu schließen, was dann durch den Dichter der 
Versöhnung (T) geschehen ist — Längst stand fest, daß Paris Helena 
geraubt, Menelaos ihr rechtmäßiger Gatte seL Das verlangte Erklär 
rung: wie kam Paris zur Helena? So wurde das Parisurteil erdich- 
tet, das zugleich den Haß der Hera und Athena gegen Troia er- 
klärte. Eine geniale Erfindung, gewiß nicht alt, denn sie setzt schon 
reich ausgebildete troische Dichtung voraus. Aber schwerlich erst 
vom Verfasser der Kyprien. Leicht kann man es sich als rundes 
KJeinepos vorstellen. Als solches wird es geschaffen sein, für jeden 
verständlich und erfreulich. Aber der Zusammenschluß, den es nicht 
verlangte, konnte gar nicht ausbleiben; wir sehen an Q 28, wie er 
sich unwillkürlich durch Anspielungen anderer Dichter bei ganz an- 
deren Gelegenheiten vorbereitete. — Ähnlich ist der Schwur der 
Helenafreier entstanden: warum kämpften diese vielen Helden alle 
mit Menelaos, statt ihn allein sich rächen zu lassen? Auch dies eine 
runde Geschichte, eine selbständige Erzählung. So wurde Helena, 
zunächst eine Nebenfigur, mehr und mehr in den Vordergrund ge- 



Zusammenfassung der KUinepen 287 

sichtete und ordnete die Fülle ganz wie der Verfasser der Hias, in- 
dem er einen festen Plan zugrunde legte, die Uias in die Mitte setzte 
und vorhandene Gedichte nach ihrem Inhalt vor sie oder hinter sie 
schobf sie aneinanderpaßte, beschnitt oder anstückte und durch 
Füllsel, verklanmiemde Vor- und Rückweise, zusammenschließende 
Motive miteinander verband. Daß auch er dies Geschäft mit Um- 
sicht geführt haty zeigen Aithras Gefangennahme, Neoptolemos' Ge- 
burt, Philoktets Aussetzung, Chryseis' Reise nach Theben in den 
Kyprien, wodurch sie die Ilias, Kleine Ilias imd Persis vorbereitete. 
Im einzelnen können wir's, wie in Ilias und Odyssee, bei dem kläg- 
lichen Zustand unserer Oberlieferung natürlich nicht verfolgen. Aber 
jene wenigen sicheren Spuren genügen. Seine Arbeitsleistung war 
unter diesen Umständen keineswegs eine imgeheure. Sie war eher 
geringer als die des Verfassers unserer Ilias. 

Die Schwierigkeiten lagen hauptsächlich in der Anlage der 
Kyprien, da sie das Ganze einleiten, begründen, in seinen Einzel- 
heiten vorbereiten und den Anschluß an die fertige Ilias gewinnen 
mußten. Allein das Studium dieses Epos eröffnet das Verständnis 
des Ganzen. Die Doppelaufgabe prägt sich deutlich in seinem Auf- 
bau aus. Großartig beginnt es mit dem machtvollen Prooimion, mit 
der Zeugung der Helena, mit den prächtigen Bildern der gotter- 
begnadeten Hochzeit des Peleus und der Thetis, mit dem Paris- 
urteil, an das sich Helenas Entführung, die Sammlung des Heeres, 
Aufbruch, Landung und erste Schlachten eng anschließen. So ver- 
schieden die Abenteuer und Kämpfe sind, sie sind doch als Ursache 
und Wirkung miteinander zu einer ineinandergreifenden Kette ver- 
bunden. Iphigeniens Opferung erö&et das Meer, Telephos' Heilung 
gewinnt einen Führer nach Troia. Philoktets Vergiftung und Aus- 
setzimg und die Antenors Rettung motivirende Gesandtschaft waren 
geschickt dazwischengeschoben. Troilos' Tod, Lykaons Gefangen- 
nahme mußten angebracht werden, aber sie waren doch in wahr- 
scheinlichen Zusammenhang der Gesamthandlung eingefügt Auch 
für die Oinotropen ergab sich eine probable Combination. 3o wird 
denn auch für Palamedes' Ermordung irgendeine Veranlassung er- 
dacht worden sein. Dann folgten Achills Untemehmimgen in die 
weitere Umgebung, mit denen durch die Eroberung von Pedasos 
und Theben der unmittelbare Anschluß an die Ilias gewonnen wer- 
den mußte. 

Für die Posthomerica konnte der Kykliker größere und kleinere 
Epen: Amazonia, Aithiopis und Achills Tod, SirXuiv Kpicic, Aias Selbst- 
mord, aneinanderrücken und weiterhin die Iliupersis verwenden« 



Reisen. Ptvdmion. Hauptperscmn 289 

helden und ihrer Hochzeit und beim Ei der Nemesis begonnen; es 
muß endlich einmal gesagft werden, daß das doch nicht pedantisches 
Ungeschick war, sondern künstlerischer Plan. Hoch über alle wird 
sogleich Achill herausgehoben, der gewaltigste Held, wenn um seine 
göttliche Mutter Zeus gefreit hat imd alle Grötter zu ihrer Hochzeit 
Geschenke brachten. Die Ilias hatte ihn so hoch gestellt, ihretwegen 
ist dieser Anfang gewählt Und es ist doch wahrlich keine Stüm- 
perei, wenn der Dichter bei diesem Feste den Schönheitsstreit der 
drei großen Göttinnen entfacht imd sich so die Gelegenheit schafit, 
sogleich die zweite Hauptperson, Paris, vorzufahren und auf die dritte, 
Helena, als das schönste aller Weiber hinzuweisen, den Preis seines 
Urteilspruches. Es ist doch wohl der Verfasser der Kyprien selbst 
gewesen, der Peleus' Hochzeit imd Paris' Urteil so verband, der also 
den Erisapfel erfunden hat Das ist des Prooimions würdig. 

Paris und Helena sind die Hauptpersonen des troischen Krieges, 
des ganzen Kyklos; denn ihr Verhältnis, seine Schürzung und Lö- 
sung, bildet die Angel, um die sich das Ganze dreht Die Ilias hatte 
das bereits vorbereitet; aber sie bedenkt die beiden nur nebenher. 
Der Verfasser der Kyprien mit jenem künstlerischen, auf die Com- 
position im großen gerichteten Blicke, der auch dem Verfietsser un- 
serer Bias eignet, hat die Folgerungen gezogen, und sie mit sicherer 
Hand in den Vordergrund gestellt Selten ist eine geschicktere Er- 
findung gemacht Was mußte das für ein Mann sein, dessen Urteil 
sich die drei höchsten Göttinnen unterwarfen I So wird Paris sofort 
in ein eigentümliches Licht gestellt, in dem wir Achill oder über- 
haupt einen anderen nicht denken können. Bfit seinem Schiedsspruch 
entscheidet er auch sein und seines Volkes Schicksal: wie könnte 
Aphrodite sie gegen den Haß ihrer Nebenbuhlerinnen schützen, die 
kriegsgewaltige Athena und die mächtige G^tterkönigin Hera? Zu- 
gleich wird durch das Versprechen der Liebesgöttin, ihm das schönste 
aller Weiber zuzuführen, Helena hoch über alle Frauen gehoben. So 
stehen sie beide da von überirdischem Glänze umstrahlt Mit wahr- 
haft künstlerischen Mitteln ist das erreicht Aber ein unheimliches 
Leuchten ist auf Helena gelegt: ihre Eltern sind Zeus und Nemesis, 
sie ist das Mittel, durch das Zeus seinen Ratschluß vollenden wird, 
die Erde zu erleichtem von der Menschenüberlast durch Krieg 
und Mord. 

Seitdem Kallimachos sein Verdikt über die Kykliker ausge- 
sprochen und Horaz es auch für die Neuzeit populär gemacht hat, 
obgleich er selbst schwerlich jemals eines ihrer Gredichte in der 
Hand gehabt, spricht die gemeine Meinung verächtlich von den 

Bethe, Homer. U 19 



Falsehi BiurUUung der Kykliktf 201 

der Menis ein knapp zusammengedrängtes Bild des ganzes Ejrieges 
gibt Nachdem diese Aufgabe gelost war, blieb für den weiteren 
Kyklos kein anderer Weg als der gewählte. Und dafi der Kykliker 
ihn mit Bedacht und Verstand durchschritten hat, das meine ich ge- 
zeigt zu haben. Er hat doch nicht nur ein wobJgefugtes, klar ge- 
ordnetes Bild des troischen Krieges gerundet, er hat an ihm auch ge- 
zeigt, wie Schuld auf Schuld gehäuft der Strafe verfallt, er hat einen 
göttlichen Heilsplan in ihm aufgewiesen. Man könnte ihn den ersten 
großen Historiker nennen: denn er stellt eine verwirrende Fülle von 
Ereignissen unter diesen einen beherrschenden Gesichtspunkt Hero- 
dot fahrt in ähnlichem Geleise. 

Dieser Kykliker war kein geringer Mann« Von allen Musen ver- 
lassen, religiösen Gefühles bar muß doch der sein, der die Macht 
des Kyprienanfanges nicht zu empfinden vermag. Mutter Erde, 
seufzend unter der schweren Last unzähliger Menschen, Zeus mit- 
leidig sinnend, mit Themis beratend und den großen Streit des 
troischen Krieges unter die Menschen schleudernd. — Das sind un- 
vergeßliche Bilder machtvoller Phantasie eines denkenden Dichters, 
ehrfürchtig vor Gott, der mit starker Hand gerecht das Welten- 
schicksal lenkt Da steht etwas von Hesiodischem Geiste drin, es 
bereitet sich Aischyleische Tiefe vor. Die Einfuhrung der Themis 
als Beraterin des Zeus \md der Nemesis als Mutter der Helena be- 
weisen, daß dieser Dichter wie Hesiod und Aischylos Zeus' Rat- 
schlüsse als Ausflüsse höherer Sittlichkeit auf&ssen und darstellen 
wollte — Gedanken, die dem lonier Homer, dem Dichter der Menis, 
noch ganz fem gelegen hatten, der Zeus Tod und Verderben über 
die Achaier verhängen ließ, nur um Thetis zu befriedigen, die ihren 
Sohn geehrt sehen wollte. Wahrscheinlich hat der Kypriendichter 
den troischen Krieg sogar als Strafe für die Ungerechtigkeit der 
Menschen auffassen wollen. Da Euripides' Orest 1642 sagt, durch 
Helenas Schönheit hätten die Götter den Krieg entzündet, um die 
Erde zu entlasten vom Übermut der Menschenmassen (die dTrovrXoUv 
XOoYÖc fißplc^a GvriTi&v dKpOövou 7TXr)pdl^aT0c), und die freilich nicht 
reine Kyprienhistoria des Schol. A 5 berichtet, es sei keine Fröm- 
migkeit unter den Menschen gewesen, die die Erde bedrückten (qMxd 
T&p Tf|v T^v ßopou^^VTiv iiiC dvOpidTruiv iroXuTrXT]6iac, ^iib€M(ac ävOpib- 
nuiv oCcTic €ÖC€ß€(ac), so weist schon die Art der Oberlieferung 
dieses Zuges auf die Kyprien, imd so vortrefflich paßt er zur sitt- 
lichen Anschauungsweise ihres Dichters, daß ich nicht daran zweifle. 
Aus seinem geläuterten Gottesbegriff müssen wir doch auch wohl 
seine Iphigenienerzählung auffassen: das altübliche und noch spater 

19* 



Ethische TendenM 2^3 

von hoher Bedeutung für die Kunst und Zeugnis nicht geringer 
Fähigkeit großzügigen Gruppierens und Auf bauens. Selbstverständ- 
lich ging es nicht ohne kleine Widersprüche im einzelnen ab. Sie 
konnten, mußten bei den großen StofiEmassen unterlaufen, zumal 
wenn ältere Gedichte möglichst unversehrt aufgenommen wurden. 
Aber was wollen solche Kleinigkeiten gegen die grandiose Einheit- 
lichkeit besagen, die den Kyklos beherrscht? Seinen festen Ring 
haben auch alle die reichen jüngeren Dichtungen der Lyrik und 
Tragödie nicht zu sprengen vermocht Die Menschheit hat sich den 
troischen Krieg nie wieder anders als in dieser Folge und Ge- 
schlossenheit vorzustellen vermocht, wie ihn der Kykliker gefaßt 
hat Das ist wahrlich nichts Geringes. 



VertckUdtne Schickten 205 

selbst bezeugt, aus Gresang entwickelt, und gewisse Eigentümlich- 
keiten finden in der aiolischen Lyrik nächste Analogien« So weisen 
Sprache, Form, Inhalt und erste Anfange des homerischen Stiles 
fiber Lesbos nach Thessalien in die Fruhzeit der Einwanderung grie- 
chischer Stamme zurück. 

Ins Ende des zweiten Jahrtausends gehören auch die ehernen 
Wa£fen und noch mancher Zug und manche Formel mag in hohes 
Altertum hinaufreichen. 

Aber unsere Uias und Odyssee sind später. Leichenverbrennung 
ist ihnen selbstverständlich und Eisen kennen sie auch für Waffen, 
trotz der üblichen Formeln für eherne: beides kommt erst nach 1000 
au£ Homer kennt den Turmschild« Er ist mykenisch, aber er konunt 
auch auf geometrischen Vasen noch vor. Daneben kennt Homer den 
Rundschild mit einem Griff in der Mitte, Tragriemen und Buckel, 
wie ihn eben jene Vasen zeigen, und Agamemnons Schild (A 24—40) 
ist rein geometrisch.^ Nicht in Thessalien, nicht in Lesbos, sondern 
in Troia kämpfen die homerischen Helden. Nicht aiolisch ist die 
Sprachform Homers, sondern ionisch, so sehr, daß das Aiolische da- 
gegen fast verschwindet Mildere Sitte legt sich versöhnend über 
das Grrauen urtümlicher Wildheit Die Dolonie und einzelne Stellen 
mit der Hoplitenphalanx setzt man längst schon ins VIL Jahrhundert 
und der Preis Athens im Schiffskatalog, dem Salamis wie selbstver- 
ständliches Zubehör angeschlossen ist, gehört gar erst ins VI. Jahr- 
hundert Mehr als ein halbes Jahrtausend hat an unserer Ilias ge- 
arbeitet Freilich, die Blüte dieser Kunst mufl vor dem VIL Jahr- 
hundert sich entfaltet haben, denn Hesiod, Archilochos, die ältesten 
Elegiker und Lyriker setzen die vollendete homerische Technik und 
Sprache voraus. Das ist gewiß, kein Verständiger mag daran rütteln. 

Damit ist aber das Problem nicht gelöst. Es ist nicht einmal klar 
hingestellt imd richtig angefaßt Deshalb ist auch heute nach so viel 
Arbeit homerische Chronologie immer noch ein dunkles KapiteL 

Den wimmelnden Hypothesen fehlt die Grundlage. Statt un- 
serer Ilias und unserer Odyssee will man ,Homer< datiren. Aber 
was ist ,Homer*? Ein schwankendes Idealgebilde klassischer Epik, 



* Tormichilde sind mykenisch (Reichel, Homeriiche Waffen), aber noch auf Oipylon- 
nMCD steht gegen ihn der auch schon in mykenischer Zeit nachweisbare Rmidschild 
snriek: Lippold, Manch. Archlol. Stndien f. Fnrtwingler 449. Homer scigt diese Enl- 
wicklnng noch fortgeschrittener: Lippold 461 ff. Stodnicska hat mich genauer ontar- 
wiesen. Vgl. M. S. Thompson, Some notes of Homeric armonr (Annais of Archaeology 
and Anthropology V [1913] i* ÜTerpool). — Über Bronce und Eisen im Epos handelt 
cingehcDd nnd treffend Beloch, Aosonia IV (1910) 313 ■- Griech. Geschichte* I a, 109. 



296 Fünf US Buch. /. Methode 

das jedem seine Phantasie anders malt So viel Diasanalysen, so viel 
Homere. Ephemere Gebilde sie alle, wenn auch einmad Einem der 
Chorgesang andächtiger Schüler »aÖTÖc fcpo' den Schein zweitägigen 
Daseins verleiht Wie sollte auch je die Analyse eines so complicir- 
ten, ungeheuren und einsamen Gedichtes, wie die Ilias ist, zu einem 
reinlichen, von allen anerkannten Ergebnis fuhren? Wer darüber 
lacht, daß sie trotzdem immer wieder versucht wird, lacht im Grrunde 
über alle Wissenschaft Er mag in Frieden seinen Rettich verzehreo. 
Was erreicht werden kann, aber auch erreicht werden muB, ist Eini- 
gung über Art und Wesen der uns erhaltenen Ilias und Odyssee, 
ob sie Zufallsgebilde, Naturgewächse, oder ob sie von einem WUlen 
in diese Form gebracht sind. Denn sie allein, die uns überlieferten 
Texte der beiden Epen in diesem ihren Umfang und in dieser ihrer 
Form, kennen die Grundlage bilden. Sie allein sind ims ,Homer'. 
Diesen leibhaftigen Homer an Zeit und Ort zu binden, das ist die 
erste und dringendste Aufgabe. An jeden anderen Homer glaubt 
doch nur sein Vater. 

Oft ist es notwendig, Selbstverständliches zu predigen« Es wird 
wie in Kunst Sitte, Religion auch in der Wissenschaft gelegentlich 
verschüttet von Vorurteilen, die aus einem einst befreienden Gre- 
danken aufgewuchert, deshalb so breit sich lagern und so zäh sich 
halten, weil sie ihre Berechtigung bei dem eingewurzelten Dog^ma 
nicht nachzuweisen brauchen. 

Ich nehme unsere Ilias und unsere Odyssee als feste und so, wie 
wir sie lesen, gewollte Gedichte, und halte jede Forschimg für ver- 
fehlt, die diese uns vorliegende Form als corpus vile behandelt, sie 
zerstört, um das Echte zu finden, ohne zu erklären, wie sie entstan- 
den sei imd wie sich allgemein habe durchsetzen imd so fest be- 
haupten können. Selbstverständlich gibt es Interpolationen in diesen 
beiden Epen wie in jedem Gedicht, das lange in lebendigem Ge- 
brauch geblieben ist Die Tragödien geben das beste Beispiel. Wie 
hier die Schauspieler, so haben dort die Rhapsoden zugesetzt und 

geändert Die älteren Homercitate und die Papyri lehren es zum 
Überdruß. Man mag das ein Chaos nennen, und gewiß soll man die 
Alexandrinischen Gelehrten preisen, dafi sie dem ein Ende machten. 
Aber alle diese Varianten ändern an der runden Form der Gedichte, 
an ihrem Aufbau, ihrer Composition nicht das geringste. Die beiden 
famosen anderen Anfänge der Ilias sind längst als schlechte Um- 
formungen der unsrigen erwiesen.^ Und wenn einmal ein Rhapsode 



' Kircbhoff, Bei]. Akad. SiU.-Ber. 1893, 897. 



Ilüu imd Odyssee festgefcrmU Gedichte 20*7 

mit Benutzung des letzten Uiasverses an Hektors Bestattung das 
Penthesileiaabenteuer angescMossen hat, so zeigt das doch nur, daß 
die Ilias damals schon eben diesen Schluß hatte. Die Umstellung 
der Glaukosepisode (Schol. Z 119) und die Behauptung der — übri- 
gens unmöglichen — ursprünglichen Selbständigkeit des K sind nichts 
als Hypothesen und geben sich auch als solche. Aber auch Zusätze, 
wie die von Aristarch athetirten, in keiner Uiashandschrift überlie- 
ferten Verse 1 458 — 461, bei denen man mit Recht fragt, ob sie nicht 
echt sein konnten, sind doch eben nur Kleinigkeiten, nicht einmal 
für die eine Stelle von entscheidender Bedeutung; geschweige denn 
daß sie am Ganzen auch nur das gering^ste änderten. Ebenso steht 
es mit der Odyssee, v. Wilamowitz (Dias 1 2) freilich glaubt, es habe 
Handschriften gegeben, die nur bis i|i 296 reichten, wo Aristophanes 
von Byzanz das t^Xoc "Obucceiac fand; denn auch ApoUonios setze 
in seiner Nachahmung diesen Schluß voraus. Im Ernst kann aber 
keine Rede davon sein, daß der letzte Vers der Argonautika an 
^^ 296 anklinge, und Aristophanes hat mit tiXoc 'Obuccciac nicht den 
Schluß des Gedichts gemeint, sondern er wollte sagen, die Vereini- 
gung der Gatten sei das Ziel, auf das die Odyssee eingestellt sei«* 
Ganz unwahrscheinlich wird doch diese Annahme einer solchen 
i^x>kryphen Odyssee dadurch, daß sie, wie v. Wilamowitz natürlich 
nicht verkennt, dazu zwingt, sämtliche Partien in unserer Odyssee 
zu streichen, die von dem noch lebendigen Laertes reden, also auf 
das ui vorbereiten. Gewiß sind sie ,an sich gleichgültig', aber sie 
ziehen sich von Anfang bis Ende hindurch und sind keineswegs 
durch kleine und leichte Athetesen zu entfernen. Hätte also irgend- 
wer das UI zugesetzt, so hätte er mit Fleiß und Umsicht nur seinet- 
wegen eine neue Redaction der ganzen Odyssee gemacht. Das kann 
und darf man selbst einem Wilamowitz nicht glauben. 

Nein, Ilias und Odyssee sind, soweit unsere Oberlieferung zurück- 
geht, fest geformte Gedichte gewesen, nicht anders wie jede Tra- 
gödie.' Weder politischer Haß noch gelehrte Forschung haben je- 
mals, soweit wir sehen können, eine andere Ilias, eine andere Odys- 
see auch nur in kleinsten Fetzen zutage fördern können, so viele 
Exemplare und gewiß doch auch recht alte aus allen Griechenstädten 
die Gelehrten in Alexandreia und schon frühere gesammelt hatten, 
und so viele Varianten zu einzelnen Stellen imd Dubletten und Er- 
weiterungen sie ihnen gaben. Mag man die Textüberlieferung nicht 
einheitlich nennen, obgleich ich auch das nicht anerkennen kann, in 



* Dai habe ich ausgeführt Hermes LITT (19 18) 444. 



Ungtr^ditftrHgU frükert Datinmgm unserer Ilias 299 

Wieder und wieder wird eingeschärft, unsere Dias sei um 700 
fertig gewesen, Verständige setzen wenigstens hinzu ,im grofien und 
ganzen^ Was kann man dafür anfuhren? ^Hesiodos hat doch die Ilias 
gelesen' — daß er um 700 gelebt habe, ist ein unbewiesener Glaube — , 
»Axchilochos, Alkman, die Lyriker kannten sie^ Aber wie will man 
beweisen, dafi das unsere Ilias war, die ihnen vorlag? Gewiß ist 
Hesiod voll von Reminiscenzen an Homer, 83 von 100 seiner Worte, 
hat man berechnet, stammen aus Homer,' viele Wendungen, halbe 
und ganze Verse der Dias und Odyssee, und zwar aus allen ihren 
Teilen, alten und jungen finden wir bei ihm, und so eigenartig 
er sie auffafit, seine Grotterwelt ist ohne das Vorbild Homers nicht 
denkbar. Hesiod setzt die ausgebildete homerische Poesie vor- 
aus. Man darf sogar behaupten, er habe zusammenfassende Klein- 
epen gekannt, denn auch darin wird er wohl Vorgängern nach- 
streben, dafi er grofiere Massen geordnet und übersichtlich darstellt 
Aber für Riesengedichte wie tmsere Ilias und Odyssee zeugt er ge- 
wifi nicht; hält er sich doch ganz im G^enteil in den Grrenzen, die 
in einem einzigen Vortrage bequem bewältigt werden konnten: die 
Theogonie kann man sich gar nicht mit Unterbrechungen recitirt 
vorstellen. Ich will mich auf dies Bedenken nicht versteifen. Unbe- 
greiflich bleibt mir doch, wie aus alledem gefolgert werden kann, 
Hesiod habe unsere Ilias auch jim grofien und ganzen' so gelesen, 
wie wir sie lesen. Wenn wir Versteile aus K Q Z H 6 V bei Hesiod 
finden, so beweist das nicht mehr als Wendungen aus dem aui oder 
Schlufi des b.* Hesiod beherrschte als gelernter Rhapsode den ho- 
merischen Sprach- und Formenschatz. Ist es schon, wie Rothe ge- 
lehrt,^ unrichtig, innerhalb der Ilias und Odyssee nur aus der Wie- 
derholung von Versen aus einer anderen Stelle auf Entlehnung zu 
schliefien, so ist es ganz ungerechtfertigt, aus halben und viertel 
Versen bei Hesiod auf Benutzung gerade derjenigen Stellen zu 
schliefien, an denen wir sie bei Homer lesen. Aber auch wenn es 
ein oder das andere Mal wahrscheinlich sein mag, so ist damit immer 
noch nicht bewiesen, dafi Hesiod diese Stellen auch nur in demsel- 
ben Zusammenhange gelesen habe wie wir, geschweige denn, dafi 



* John Adams Scott, A compantiTe stady of H«tiod mad Piadv. Diitcrt. John- 
HopUnt-UniTertity, Baltimore 1S9S. 

* Einige Beispiele ans Rsachs reichen Sammlungen and Geratewohl o 84 rx/ OD 68, 
a 197 fx^ OD 507, b 69s «^ OD 190, ui 64 fx/ OD 108, ui 35a r^ OD 134. 

** Carl Rothe, Die Bedeutung der Wiederholvngen Ar die Homer. F^^p, Fett- 
ichiUt d. Frans. Gymn., Berlin 1890, Die Dins als Dichtung, Pnderbora 1910. VgL 
Caner, Grdfg." 485. 



300 Fünft§s Buch, /. M$thotU 

er die betreffende Erzählung fest gefugt in einer großen Compo- 
sition, nun gar die ganze Ilias in unserer Form gekannt habe* Drei 
größere Stellen Hesiods, Theog. 90, 340, 720, stimmen allerdings mit 
Homer G 170, M 22, 615 so äberein, daß auf die Kenntnis des einen 
bei dem andern unbedingt geschlossen werden muß. In beiden ist 
die Abhängigkeit der Homerischen Verse von Hesiod so einleuch- 
tend, daß man über die Macht des Vorurteils staunen muß, die bis- 
her auch erste Philologen zur Behauptung des Gegenteils verfahren 
konnte. VgLS. 303 — 310. Nur das nie bewiesene Dogma: ^omer 
ist älter als Hesiod' konnte die Kritik das verkennen lassen. 

Ebenso unmöglich ist der Beweis der Benutztmg imserer Ilias 
durch die anderen ältesten Dichter.^ Mögen wirklich Archilochos 64 
(X4i2), T)rrtaios 10. 21 — 30 (X71), 11. 31 — 33 (N 131), Minmermos 2 
(Z 146) Gedanken und Form aus jenen Homerstellen entnommen 
haben — neuerlich ist der Spieß umgedreht worden^* — , mag auch 
der Dichter, der bei Z 146 den ,Chier« citirt, Semonides von Amorgos, 
nicht der Keer Simonides sein^', hat gewiß Alkman 40 Auciropic aus 
r39 (— N 769) entnommen und von Alexandres (53) und Aias (56 B) 
nach Homer gesungen» Minmermos {^ii) die Verwundung der Aphro- 
dite durch Diomedes gekannt ^^ all das beweist nur, was nicht 
bewiesen zu werden braucht, daß es damals homerische Gedichte 
gaby aber es beweist gewiß nicht, daß es damals schon unsere Ilias 



" Einige Anklänge bat Volkmann, Gesch. n. Kritik der Wolfschen Proleg., Leip- 
zig 1878, 241 geiammelt, von Naber, Quaest. Homer. 75, mit Zutaten wiederholt Ihm 
genügen sie znm Beweise, daß Ilias und Odyssee im VUI. Jahrhundert fertig waren. 
Der Schluß ist für die Odyssee nicht weniger berechtigt als für die Ilias, und für diese 
ebenso falsch wie für jene. 

Meist werden Anklänge angeführt wie Archiloch 55 . . viioic 6* 4v 6€oto ircipcrro 
«^ H 102 viKiic ircipaT* Cx^vrai ^v dOavdTOtct Ocotciv, Archiloch 62 . . ^t/itu^ov t^ 
Euv6c dvOpdmoic "Apiic r^ 1 309 Euvöc '€vudXioc Selbst wenn die Ankl&nge sehr viel 
st&rker sind, wie u B. Archiloch. 70 <^ a 136 f., folgt aus ihnen noch nicht einmal, daß 
der Dichter gerade diese Stelle der Ilias oder Odyssee im Sinne gehabt habe, geschweige 
denn die ganze Scene: das sind ja doch sprichwörtliche Wendungen. 

" Dieterich Mülder, Homer und die altionische Elegie. G.-Programm, Hildesheim 
1906. Dazu Rothe, Zeitschrift f. G.- Wesen, Jahres-Ber. 1907, 294, Ilias als Dichtung 31, 
Cauer, Grdfg.* 526. Principicll halte ich die Fragestellung für berechtigt 

" So Bergk, P. L. G. III ^^l^ Frg. 85, vgl. v. WilamowiU, H. U. 352, Textgesch. 
d. griech. Lyriker (Abhdlg. Gott Ges. d. Wiss. N.F. N. 1900) 58, 1. 

'^ Naber, Quaest. Hom. 76 legt den stärksten Nachdruck darauf, daß bereits Hesiod 
(Schol. I 119 + Schol. 0281, Twl) und Archilochos (SchoL Z 507 und SchoL A 786) 
Homerische Glossen mißverstanden und Worte falsch abgeteilt haben (ö *IXf)oc sUtt X>iXftoc, 
Hesiod: SchoL B 527, dazu Lehrs, Aristarch. 176). Dies ist unrichtig (s. N. Jahrb. VU 
[1904] 7), bei den anderen Stellen handelt es sich um interessante älteste Erklärung 
nicht mehr gebräuchlicher Worte. 



Falsche Schlüsse 301 

oder überhaupt eine Ilias gab. Hat wirklich der alte Semonides Z 146 
citirt, so würde sich daraus nur der wertvolle Schluß ergeben, dafi 
die in unsere Ilias aufgenommene Begegnung des Glaukos xmd Dio- 
medes damals schon gedichtet war; aber gerade sie ist so rund ge- 
schlossen, dafi ihre einstige Selbständigkeit evident ist, imd so locker 
ist sie eingefugt, daß antike Gelehrte sie umzustellen gewagt haben. 
Nicht weniger sicher ist, daß die Airal, deren Halbvers 1 124 von 
Alkman 23. 48 benutzt ist, einst ein eigenes Gedicht war. Die 
Monomachie des Menelaos und Alexandros gehört allerdings zu 
einem Eidbruchgedicht; aber wenn Alkman 40 und 53 wirklich un- 
ser r vor Augen gehabt hat, so ist kein anderer Schluß erlaubt als 
der, daß es eben ein Kleinepos war, das ihm vorlag, ob diese Mono- 
machie allein oder schon in der Verbindung mit f A E» bleibe dahin- 
gestellt 

Alkman, die Stesichoreischen Gedichte, Alkaios, Sappho, die 
Hesiodeischen Kataloge kennen mehr troische Sagen als Dias und 
Odyssee, manche haben in den kyklischen Epen gestanden. Aber 
daß diese Werke damals ihre letzte Form schon erreicht, daß der 
ganze Kyklos fertig war, ist ein Schluß, der mit Büchern rechnet 
statt mit lebendiger Dichtung und dem allmählichen Aufwuchem 
immer neuer Sagenbildungen und leichter Erfindungen, wovon Sap- 
phos Lied vom Einzug der neuvermählten Andromache ein anmuti- 
ges Beispiel g^bt 

Nicht mehr lehrt die bildliche Oberlieferung, da auch sie nur 
einzelne Scenen gibt Da ist eine bemerkenswerte Beobachtung zu 
machen. Die Keramik loniens, wo das Epos entstand, ist auffallig 
arm an mythologischen Bildern, die wenigen sicheren sind nicht 
alt Außer dem nichtionischen Euphorbosteller gehören sie in die 
Mitte des VL Jahrhunderts oder gar noch später, wie die Schleifung 
Hektors auf der Schulter eines klazomenischen Hydria und die 
Ereilung Dolons auf dem Sarkophag derselben Herkunft^ Viel 
häufiger sind Scenen aus Dias und Odyssee und andere troische in 
der mutterländischen Kunst, ganz besonders aber auf den attischen 
Vasen. Kann das anderen Grund haben als den, dafi im VL Jahr- 
hundert das Interesse für das Epos in Kleinasien gering war, im 
Mutterlande, ganz besonders in Athen, sich zu voller Blüte ent- 
wickelte? Vor Anfang des sechsten Jahrhunderts wird auch die 

^* Jene glücklich ▼on Zahn erkanot Athen. Mitt XXIII (1898) 44, Taf. VI 3, der 
Sarkophag AnL Denkm. I 44 ««^ <lie Dolonie gedeutet Aroh. Jahib. V (1890) 143 iF. 
mit der Amphora Sieveking, Manch. Vaaenaammlong I, Nr. 586. Vgl. £. Schmidt, 
Hfinch. Areh. Stad. t Fnrtwlngler 306. Weiteres Material Anm. 7 snm 8. Stück. 



i^fiiecoi 305 

nidtt Das ist überhaupt eine singulare Bezeichnung. Hesiod wen- 
det sie für das vierte Menschenalter an 

Op.D. 159 dvöpuiv fipdiujv Oeiov t^voc, di KoX^ovTat 

f||ii6€0i, TrpoT^pii T€V€f| KttT* diTCipova TCiTav. 

Sie ist begreiflich bei ihm aus dem Heroenglauben: ein zweites 
scn^loses Leben leben die Helden von Theben und Troia auf den 
Inselii der Seligen, öXßioi ^puicc (167 — 173). Mag Hesiod diese Be- 
leichnung fmOcoi nun selber, wie ich glaube , erfunden — es ist ja 
ein hafiliches Wort, unanschaulich und ohne Hoheit, so ganz im- 
poetisch, lehrhaft, wie Hesiod überhaupt ist — oder schon über- 
nommen haben, wie manche mit Betonung des KaX^ovrai meinen, die 
ganze Anschauung ist der Ilias sonst ganz fremd — nur in einem 
jüngsten Teil der Odyssee ^561 erscheint sie noch, aber auf Mene- 
laos und Helena beschränkt — , sie beweist Spätzeit imd in Ver- 
bindung mit jenen Flußnamen die Entlehnung aus Hesiod. Und das 
am so mehr, als das Wort fifiiOeoi in älterer Zeit recht selten ge- 
blieben ist Alkaios (Oxyrh. Pap. X 1233 — Diehl* 8, 13) nennt 
Achill al^t6^luv KpÄiicTov. Wenn er fortf^irt 0I b' dTiidXovT* djutcp* 
*Q6p9, so erinnert das an jene Stelle Hesiods, dessen Werke und 
Tage (582 ff.) er ja auch Frg. 39 vor Augen gehabt hat An dieselbe 
Stelle dachte Simonides, Frg. 36. Aus Hesiod hat natürlich auch 
Pindar dies Wort, der es aber nur Pyth. IV 12 und 211 auf die 
Argonauten anwendet (bedenklich ist Frg. 280). Auch Korinnas 
Vers (n 61) Tfi ttok' €\piliu)v jcv^OXav dcTCwdcovO' dfiiO^uiv klingt an 
die hesiodische Wendung an. Bakchylides nennt Xu 155 die Achaier- 
helden im Kampf gegen Hektor f)^i8€0t, Vm 10 die Sieben gegen 
Theben q>oivticdcirib€c fifiiOeoi; aber X 62 braucht er xa^Kdciribcc f|M(- 
Ocoi — es wird ihm Formel — ganz allgemein von Männern der 
Vorzeit als Synonym von {(puiec, wie 81 lehrt. Weiter finde ich 
fmiOcoi noch im delphischen Orakel über Zurückberufung des ver- 
bannten SpartanerkSnigsPleistoanax von Herakles (Thukyd. V 16, 5). 
Bei den Tragikern fehlt es ganz. Von Elegikem haben es nur Me- 
lanthioSy der Dichter Kimons (Plutarch, Kim. 4) und — Kallinos I 1 9. 
Aber daB dies kraftvolle Stück ohne greifbare Beziehungen, ohne 
Lokalkolorit wirklich diesem ältesten Elegiker gehöre, ist angesichts 
dieser Statistik und bei der Unsicherheit seiner Überlieferung — 
Thiersch und Ottfr. Müller sprachen ihm den größten Teil dieser 
Verse ab — und bei der Unsicherheit der Überlieferung der alten 
Elepe überhaupt doch sehr zweifelhaft: der zweite Teil des Bruch- 
stücks klingt stark an mehrere Stellen des Tyrtaios an. 

Bethd, Homer. II 20 



Tartaros 307 

dXlTiXoa 26 als fiTiaS Äpf\)xiya, und ßodTpta 22 kommt nur noch 11296 
und als boiotischer Flußname B533, dT<ippooc 'EXXyjciTOVTOc 30 nur 
noch B 845 vor. Darüber kann jedenfalls nicht gestritten werden, 
daß die Mauerzerstorung M lexikalisch eine Sonderstellung in der 
nias einnimmt und Hesiod voraussetzt, ebensowenig darüber, daß 
dieser Anfang des M für den Zusammenhang A M unentbehrlich ist, 
also vom Verfasser unserer Ilias stammt. 



Unsere Ilias ist jünger als Hesiod. Das beweist auch 6. 
Hier beginnt der Ratschluß des Zeus wirksam zu werden: die 
Achaier werden geschlagen. Diesen Wendepunkt recht deutlich zu 
machen, hat der Verfasser unmittelbar vorher den ersten Schlacht- 
tag beendet; feierlich hebt nach unheilkündenden Vorzeichen der 
neue Tag 6 i mit einer Götterversammlung an.' Zeus verbietet, den 
Troern oder Danaem zu helfen. ,Welchen Grott ich dabei ertappe, 
den werde ich zurückprügeln.' 

f\ fiiv ^Xu)v ^t^lUJ Iq TdpTopov i^cpöevra 
Tf^Xc ^äX", fjxi ßdOicTOV tjirö x^ovöc icri ßdpaOpov, 
15 {vOa cibripciai t€ iruXai xal x<S^k€oc oöböc, 

TÖccov ?v€p6' 'Aibeu) öcov cöpavöc der' dird -^okryc. 

In ein tiefes Verlies will Zeus den Ungehorsamen sperren. Aber 
man fühlt, es hat mit diesem Tartaros eine besondere Bewandtnis, 
die der Dichter nur anzudeuten brauchte. Auch passen die Tore 
des Tartaros nicht recht zum Hineinwerfen, das man gerade hier in 
Erinnerung an A 592 recht wörtlich nehmen und den Tartaros sich 
also als tiefe Schlucht vorstellen möchte. Bei Homer suchen wir ver- 
geblich Aufklärung. Überaus spärlich sind die Möglichkeiten. Unbe> 
zweifelt derselbe Dichter jener Zeusdrohung, nach meiner Bd. I 107 
dargelegten Überzeugung der Verfasser unserer Dias, läßt 6 480 
den Zeus der widerspenstigen Hera sagen, er kümmere sich nicht 
um sie, auch nicht, wenn sie zu den tiefsten Enden von Erde und 



* Wie kann man hier die Absicht, sn gliedern, also bewoBte Composition des 
fanien Epot nach knnsüerischen Gesichtspunkten Terkennen? Die Unmöglichkeit 6 — K 
anssQscheiden, wie v. Wilamowitz, H. o. Ü. a6ff. will, habe ich L Bd. 106, 58 gesdgt. 
Allein schon Rothes Bemerknng genagt daffir, dafl das Verbot des Zeus an die Gotter, 
tich in den Kampf xu mischen, 67 die Grandlage far die folgenden Bücher bildet, in 
denen es im Gegensatz za f — H befolgt wird. Ebenso entscheidend ist der Anfiuig 0, 
wo swar kein direkter Hinweis auf jenes Verbot gegeben ist, dies aber anbedingt vor- 
ansgesetxt wird, wie Finsler, Homer II' 151 gut darlegt 

ao* 



^o8 Fünftes Btuk, 2, Das Alter unserer Ilias 

Meer komme, wo lapetos und Kronos sitzen , sich nicht an Sonne 
und Wind erfreuen, rings der tiefe Tartaros ist Was Hera da wollen 
kann, wie lapetos und Kronos dorthin gekommen sind, ob sie dort 
als kraftlose Wesen wie die Schatten im Hades leben, alles bleibt 
unklar. Und wenn E 204 Hera erzahlt von der Zeit, 5t€ Kpövov 
eöpuöira Zeuc ^axtyc v^e KaO€Tc€ Kai ärpur^oio OaXdca)c und auf 
Hypnos' Verlangen (274) als Schwurzeugen anruft fiiravTac touc utto- 
TOpTOpiGuc 0*1 TiTf\v€c KaXfovTtti (279), so ahnen wir höchstens den rich- 
tigen Sachverhalt, aber eine klare Antwort erhalten wir nicht So 
oft Homer von den Grottem spricht imd Kronos nennt, Titanen und 
Tartaros werden niu* im 6 und Z erwähnt, d« h. vom Ver&sser unserer 
nias und vomDichter des rund geschlossenen, freilich sorgfältig einge- 
arbeiteten Zeusbetruges (Bd.1 288), das ich ebenso wie Robert (Stud. 
z. n. 561) nach seiner anmutig spielerischen, jeder Religiosität und 
Ehrfurcht baren Art für eines der jüngsten Stücke halte. Daraufhin 
dürfte man mit Fug behaupten, die jenen Stellen zugrunde liegende 
Vorstellung vom Kampf und Sturz der Titanen und ihrer Einschlie- 
ßung im Tartaros sei unhomerisch. Jene beiden späten Dichter aber 
kennen sie nicht niu*, sie setzen sie auch bei ihren Horem voraus, 
durften sich deshalb mit Andeutungen begnügen. Uns ist sie allein 
aus Hesiods Theogonie bekannt Stünde nicht der Glaube fest, Ho- 
mer sei älter als Hesiod, so würde man wohl längst glauben, auch 
jene beiden Homeriden kennten sie aus Hesiod. Allein Robert (Stud« 
z. IL 168, 561) hat es gewagt und v. Wilamowitz (H. u. II. 57, i) ihm 
wenigstens für 6 zugestimmt. Da ist die Abhängigkeit von Hesiod 
augenscheinlich. 

Hesiod erzählt den Kampf der Titanen Kronos, lapetos usw. 
(134, 207) gegen die Gotter und schildert, wie Zeus die Besiegten 
tief unter der Erde im dunkeln Tartaros einschließt, diesen Kerker 
mit Ring und Toren sichert und seine Helfer Kottos, Gyes und 
Briareos als Wächter setzt. Da ist alles am Platze, klar imd ver- 
ständlich bis ins einzelne. Wenn sich nun breite wortliche Oberein- 
stimmungen zwischen dieser anschaulichen Schilderung und den 
dunklen Versen des Anfanges von 6 zeigen, so leuchtet ein, daß 
Hesiod der Geber ist und nicht umgekehrt. 9 13 ic Tdpxopov i^epö- 
€VTa steht in Theog. 721*, 9 16 in Theog. 720, 9 15 in Theog. 811 
mit der Variante ^appdpeai für cib/jpeiai. Auch 9 1 6 hat eine Vari* 
ante und sie macht, wie v. Wilamowitz gesehen, die Abhängigkeit 



^ Der Vers ist nicht mit Rnhnken sa streichen: die Stelle hat v. WiUmowits, H. n. 
n. 57, T in Ordnung gebracht. 



Styx 309 

von Hesiod noch deutlicher. Denn Hesiods Angaben über die Tiefe 
des Tartaros 720 

TÖccov fvepO' UTTÖ tflc 8cov oupavöc ici' dnö Töiiic 
hat 616 überboten 

TÖCCOV ?v€p6' 'Aibcuj 8cov oöpavöc dcx' dirö Tctinc* 
Einen weiteren Beweis, daß der Dichter des 9 die hesiodische 
Theogonie gekannt hat, gibt 6 443. Da setzt sich Zeus, nachdem er 
Athene und Hera, die ihm zum Trotz aufs Schlachtfeld fahren woll- 
ten, zurückgetrieben, auf seinen Thron im Olymp 

TIJJ b' UirÖ TTOCCl ^^TCtC TTCXC^ICCT* ''OXu^lTOC. 

Auch das ist aus Hesiods Theogonie 842 entnonunen. Denn ist's 
dort ein leeres Gepolter, so ist's bei Hesiod wie in dem grandiosen 
Vorbild A 530 der Ausdruck der übermächtigen Gewalt des stärk- 
sten aller Gotter. Fürchterlich stürmte Typhoeus an und hätte die 
Weltherrschaft gewonnen, hätte ihn nicht der Vater der Gotter imd 
Menschen mit ungeheurem Donner und Blitz getroffen, daß Himmel 
und Erde, Meer und Tartaros dröhnten: 

TCOccl b' urr' &6avdT0ici ^^TCtc xreXc^ilCT' ''OXufinoc 
öpvu^^volo dvaxTOc, £Tr€CT0vdxiZ€ bi Taf<x« 

Den Götterschwur beim Styx verwendet die Ilias nur zweimal. 
£271 fordert ihn Hypnos von der Hera, die ihn zum Betrüge des 
Zeus verleitet, zugleich mit Anrufung der uiropTapTdpioi TiTf)v€C ol 
^vcpOc ©€oi Kpövov d^q)ic fovxcc, und O37 (— € 184 — 186 Schwur der 
Kalypso) läßt der Verfasser unserer Ilias Hera beim Styx schworen» 
nicht auf ihre Veranlassung habe Poseidon den Achaiem geholfen. 
Bei beiden Dichtem ist eben die Kenntnis Hesiods festgestellt 
Kein Zweifel mehr, daß sie auch den Styxschwur aus ihm haben, 
der ihn Theog. 400 als Ehrengabe für die Styx für ihre Hilfe beim 
Titanenkampf hinstellt und 775 — 806 den unheimlichen Sitz der Styx 
und die Furchtbarkeit dieses Göttereides großartig schildert Styx, 
in Arkadien localisirt, lebt ausschließlich in der Vorstellung des 
Mutterlandes, allein durch Hesiod ist sie und der Götterschwur be- 
rühmt geworden. So ist auch B 755 von Hesiod abhängig, der thes- 



* FiBsler, Homer n' 84 hat widenprochen: ,woUte Homer von der Unterwelt 
sprechen, so konnte er den Hmdet nicht fibergehen.* Aber wollte er denn das? fvcfiO* 
'Aiftcui ist doch weiter nichts als eine gleichbedeutende Variante snm hesiodischen 
Cvcpe* 6ir6 T^c. Was F. 16 schlicht nnd einfiurh findet, steht doch aoch bei Hesiod, 
nnr sncht der die ongehenre Entfemong noch dentlicher so machen durch den Amboi, 
der nenn Tage fällt vom Himmel xnr Erde. An Anschanlichkeit li0t dies doch wahr- 
lich nichts sn wünschen übrig. 



3IO Fün/ies Buch. 2. Das Alier unserer Ilims 

salische Titaresios mische nicht sein Wasser mit dem Peneios 
5pK0u Totp beivoO Ztut&c öbardc den diroppdiE (-^ K514 vom Kokytos). 
Schließlich hat die hesiodische Vorstellung noch der Verfasser im- 
serer Dias 6 369 im Grespräch der Hera und Athene angebracht, die 
an Herakles erinnert, der ohne ihren Schutz oök &v öireE^q>uTev ZtutAc 
Sbaroc alTT& ^eOpo. 



Unsere Ilias ist nicht älter als das VL Jahrhundert.* Das 
beweist der Bittgang der Troerinnen zu Athene im Z. Dies Stück 
auszulosen ist unmöglich« Mit ihm würden Helenes' Aufforderung 
zur Procession» Hektors Abschied und sein Besuch bei AleiLandros 
fallen, das ganze Z. Aber noch weiter reichen die Fäden. Siegten 
im E die Achaier so gewaltig, daß sie bis unter Ilions Mauern vor- 
dringen und die Troer in äußerster Not zur Stadtgottin beten, so 
wendet sich im H die Schlacht so rasch und scharf, daß Athene ein- 
greift imd mit Apoll eine Unterbrechung herbeiführt Dieser Um- 
schwung des Kriegsglücks wird herbeigeführt durch den Eintritt 
der vor Kampflust glühenden und frischen Helden Hektor und 
Alexandres, den jener im Z aus seinem Hause in die Schlacht ge- 
holt hatte.^ Also auch H müßte fallen, und da der Waffenstillstand 
zur Totenbestattung Ende H nicht an Diomedes' Siege im E ange- 
schlossen werden kann, fallt alles auseinander. Dieser Aufbau ist 



* Etwa za demselben Ansatz kommt Mülder, Homer nnd die ahion. El^e, Pro- 
gramm Hildesheim 1906; Jahresberichte 1912, 197 und K. £. IX i, 1043, mit dem ich 
auch in der Abweisung der Interpolationstheorie übereinstimme, doch sind seine Be- 
weise zu allgemein, als daß sie hätten zwingen können. Erst recht die Erwignngen 
von M. Br^l, Pour mieux connaitre Hom&re, Paris 1906, der glaubt, schliefien su dür- 
fen, die Utas sei ein Werk des VI. Jahrhunderts — gedichtet am Hof etwa des Aljattes 
oder Kroisos für lydische Feste und Spiele, ygl. 112, 84, 75. VgL auch Gemoll, Herrn. 
XV (1880) 5S7, XVm (1883) 34 und 308, Cauer, Grundfragen* 524. S. Mnrray, Rise 
of Hom. Epik' 319, Oxford Magazin 191 1, 156. Verral, Quaterly Review 1908, July: 
The first Homer. 

7 Vgl. I 220. So unentbehrlich ist der Bittgang der Frauen, daB auch v. Wüamo- 
witz sich gezwungen sieht, ihn in seine echte Altilias aufeunehmen, obwohl er noch 
Gr. Tragödien m (1906} 264, I ihn als ein .junges Gedicht« bezeichnet hat Da auch 
er natürlich die Einarbeitung desselben mittels der Helenosepisode anerkennt, so nimmt 
er an, dafi sein Homer im VIH. Jahrhundert sie schon vorgefunden habe; er datirt den 
Bittgang nach Paris' Sidonfahrt Z 290 auf die Zeit, wo durch viele orientalische An- 
regungen der geometrische Stil dem orientalisirenden weicht Das w&re aber kaum vor 
Ende des VIIL Jahrhunderte. •— Mit meinem Beweis, dafi dies alles nicht viel filter als 600 
sein kann, HUlt nicht nur seine Datirung, zugleich auch seine Reconstruction der echt- 
homerischen Dias und schließlich seine Vorstellung, Homer sei berühmt geworden, nicht 
so sehr durch Schaffen als durch Componiren eines grofien Epos, dessen beste Teile 
ihm bereits vorgelegen bitten. 



Z 303 .- Lebensgroßes Sitebild der Athene ^ 1 1 

SO klug bedacht, daß kein Glied fehlen kann, ohne das Ganze zu 
gefährden. Wird also eines datirt, so ist für den ersten Teil der 
nias, ja für unsere ganze Ilias ein fester Punkt gewonnen: sie kann 
nicht vor 600 in vorliegender Form verfaßt sein. 

Die Troerfrauen gehen in Procession zum Tempel der Athene 
auf den Gipfel der Burg (Z297), den ihre Priesterin Theano, An- 
tenors Gattin, öffnet, und sie legt imter dem Geheul der Weiber 
den grroßten und kostlichsten Peplos aus Hekabes Besitz der Gt>ttin 
auf die Kniee. 

302 {) b* fipa Tr^irXov ^XoOca 6€avüb KoXXiTrdpqoc 
Of^KCV 'AGiivaiiic ixrl ToOvaciv 1^uK6^0lo. 

Dieser Dichter hat sich also im Tempel ein Sitzbild der Athene 
gedacht y wie schon die Alten geschlossen (Strabo XTTT 601) und 
zwar ein lebensgroßes Sitzbild. Denn ein Kleid wird einer un- 
sichtbaren Gottheit nicht geschenkt, ein Menschenkleid nicht einer 
kleinen Puppe, und wenn es der Gottin ,auf die Kniee gelegt wird% 
so war sie eben leibhaft und als Sitzbild dargestellt Dieser selbst- 
verständlichen Erklärung des sonnenklaren Sachverhalts sich zu ent- 
ziehen, können nur Männer den verzweifelten Versuch wagen, denen 
tun ihre Datirung und Auffassung Homers bangt* 

Es ist ihm und seinen Zuhörern selbstverständlich, daß auf der 
höchsten Spitze der Stadt ein Tempel steht und in ihm ein lebens- 
großes BUd der Göttin. Keine leise Andeutung, daß das etwas Be- 
sonderes, ein Wunderwerk der Kunst sei, ein lebensgroßes Bild 
scheint diesem Dichter etwas Alltägliches, Gewohntes. In den ho- 
merischen Gredichten aber ist das sehr auffallend. Werden schon 



* Drerups Einwendiiiigen, Philolog. Wochenschrift IXL (19 19) Nr. 51/52 habe ich 
ebenda XL (1920) 332 eriedigt Dann hat noch Th. Birt XLI (1921) 238 in Unger 
Darlegnng tn zeigen versncht, dafi Z 294 if. nicht an eine Statue zn denken sei, sondern 
die Gottin nar gedacht sei. Sie winke ja ab: »das sollte einer Holzfigar wohl schwer 
fidlen*. »Das Gewand werde ron Theano vielmehr in den Tempelschatz gelegt; die 
Göttin aber habe es nach Ansicht der Gläubigen zuvor auf ihren Knien von ihr in 
Empfimg genommen.' Und dieser Interpret klagt mich an, daß ich in die Stelle hinein* 
ittterpietire, was nicht drin stehe! Birt geht von der Voraussetzung aus, daß in der 
ganzen Bias — scheinbar auch in der Odyssee — dieselben Vorstellungen herrschen, 
alle ihre Teile also gleichzeitig entstanden seien. Sie zu beweisen hilt er nicht für 
nötig, und es stört ihn auch nicht, daß es schon mit den Tempeln, geschweige denn mit 
Waffen, Leichenschändung usw. nicht stimmt. Daß bei Aias' Frevel an Kassandra tö 
Cöavov cic oöpovöv CßXcMic (ApoUodor bibl. V 22, SchoL N 56 A, Strabo VI 264}, daß 
mittelalterliche Legenden vom Winken der Muttergottesbilder erslhlen, genirt ihn nicht 
Eigenartigen Reiz gibt der Beweisführung Birts seine Verwendung des Processions* 
liedes für Demetrios PoUorketes als ,volkstttmliches Gedicht' (nach Hiller-Cmtius eitirt). 



312 Fünftes Buch. 2, Das Alter unserer Jlüu 

Tempel selten im Epos erwähnt imd findet der Grottesdienst viel- 
mehr meist an Altaren im Freien statt', so ist die Erwähnung eines 
Bildes ganz einzig. Seit wann die Griechen Tempel und Götter- 
bilder machten, ist schwer zu sagen, aber seit wann sie lebens- 
große Statuen schufen, das wissen wir. Um die Mitte des VIL Jahr- 
hunderts beginnen die ersten Anfange. Als älteste Stücke gelten 
der Oberteil einer noch ein wenig unterlebensgroßen Sitzstatue 
von Eleuthema auf Kreta, die frühestens um 630 gesetzt wird, 
die Sitzstatue von Tegea aus fremdem Tu£P, der Kolossalkopf der 
Hera aus dem olympischen Heraion.^* E. Loewy, der diese Kunst 
auf Kreta zurückfuhrt imd mit der Daidalidenüberlieferung zusam- 
menbringt, setzt ihren ersten Anfang auf etwa 650. Die flache, 
unplastische, stehende Artemis der Nikandre von Delos, beinahe 
überlebensgroß, könnte vielleicht älter sein, aber niemand denkt 
daran, sie über das VIL Jahrhundert hinaufzusetzen. Im VL Jahr- 
hundert erst blüht die Entwickelung der griechischen Rundplastik 
kräftig auf Aus dieser Zeit haben wir eine reiche Auswahl lebens- 
großer stehender nackter männlicher Statuen und bekleideter Sitz- 
figuren, wie z. B. an der Feststraße nach Didyma. Damals waren 
auch solche Kultbilder nichts Ungewöhnliches, so wenig wie Tem- 
pel, damals, aber erst damals, konnte ein Dichter so reden wie Z 302, 
vor Ende des VII. Jahrhunderts ist das nicht denkbar.^^ G^wiß hat 
es vor imd neben den steinernen auch hölzerne Bilder gegeben, aber 
daß Jahrhunderte früher aus Holz in Lebensgröße geschnitzt sei, das 
kann niemand beweisen, ist nicht wahrscheinlich. Wo wären ihre 
Spuren? Wo die Tempel für solche Götterbilder, wo ihre Basen? 
Im Gegenteil wissen wir, daß die ältesten Xoana klein waren. Das 
aus Tiryns ins argivische Heraion überführte Herabild aus Birn- 
baum nennt Pausanias 11 17, 5 ausdrücklich od \kiia?^ Das troische 

* Heibig, Hom. Epos ans den Denkm. eriantert' 417 ff. 

'^ Gesammelt und erläutert von £. Loewy, österr. Jahreshefte Xn (1909) 244: Reme 
archiol. 3. S. XXI (1893) 12, B. C. H. XIV (1890) 382 Tfl. XI, Athen. Mit XXm 
(1898) ISS* Dasu F. Poiüsen, Der Orient und die frnhgriech. Kunst (1912) 162. 

Die sitzende Gottin Yon Prini4 ist klein, war Architekturstütse: Annnario della 
Scuola Italiana I (1914) 90. — Die Zeit der olympischen Hera ist durch die sichere 
Datirung des Heraions noch ins VII. Jahrhundert (s. unten Anm. 16) festgelegt. 

11 Dümmler hat das schon ausgesprochen in seinem Artikel Athena in Pauly- 
Wissowas R.-E. II 1946 und dies StüdL des Z deshalb ins VL Jahrhundert gesetzt. 
Philologen haben es nicht beachtet oder nicht bedacht 

^' Die Basis im Tempel zu TSxfoa ist der alte Hochsitz des mykenischen Palastes, 
wie die Pläne Tiryns H Tfl. 19 zeigen. Aus ihr darf also nicht auf die Gr6fle des dort 
aufgestellten Bildes geschlossen werden. Pausanias* Zeugnis kann so nicht erschüttert 
werden (Studnicika). 



L^ensgrofit Statuen nicht vor Mweiter Hälfte des VIL Jahrhunderts 3 1 j 

PalladioD, das Argos zu besitzen sich rühmte, hat Diomedes im Arm 
weggetragen, und stets wird es als kleine Puppe dargestellt Ebenso 
klein war das Bild der Tauropolos im Tempel zu Halai bei Brauron» 
das Orest und Iphigenia aus dem Taurerlande gebracht haben soll- 
ten.^' Das Xoanon des Artemis Orthia zu Sparta hielt die Priesterin 
auf dem Arm, wenn aus den Knaben Blut gepeitscht wurde.^^ Dazu 
paßt, was wir von Tempeln wissen: je älter, desto kleiner waren sie. 
Das Artemision bei Ephesos lehrt augenfällig die allmähliche Ver- 
größerung von bescheidenster Kapelle her. Dahin gehören kleine 
Bildchen, und wirklich haben in Ephesos so gut wie in Sparta die 
älteren Schichten nur solche geliefert.^* Vor dem VLL Jahrhimdert 
gibt es keine Tempel, die diesen Namen verdienen, Gotteshäuser 
für wenigstens lebensgroße Kultbilder. Erst die Berührung mit dem 
nun sich den Griechen öffnenden Aigypten gab ihrem herangereif- 
ten Können den Anstoß zimi Streben nach monumentaler Architek- 
tur imd Plastik, und wimderbar rasch entstanden nun Tempel und 
Götterbilder, bald sogar in riesigem Ausmaß.^* 

>• Enripides I. T. 1455. 

^^ Pansan. III 16, 10. Die AatöoXa am Herafest auf dem Kitbairon Pausan. IX 3 
sind freilich wohl lebensgiofl und werden bekleidet Aber sie worden jedes Jahr neu 
getchnitzt (§ 4). Brückners Deutung einer Dipylonschale (Athen. Mitt XVm [1893] "S) 
mnf einen Chortanz vor sitzendem Götterbilde bedurfte bei der Singularität solcher Dar- 
steDong in so alier Zeit des Beweises eher, als daß sie als Beweis dienen könnte. Ge- 
hort die Sitzfignr wirklich zum Chor, wie es allerdings scheint, so könnte sie den Preis- 
richter oder König darstellen. 

** Ich verdanke den Hinweis F. Studniczka. Vgl. Hogarth, Ezcavations at Ephesos, 
London 1908. Die Pigürchen sind von Cedl Smith 155, 170 in das VIIL Jahrhundert 
datirt mit Zustimmung von Ponlsen, ,Der Orient und die frühgriechische Kunst' (191 2) 
100, freilich nur unter der unwahrscheinlichen Voraussetzung, dafi die altere Gruppe 
der altrhodischen Vasen ins VIIL Jahrhundert hinaufgeht Poulsens Schluß S. 106 anf 
Großplastik aus Holz und Elfenbein um 700 hat keine Grundlage. Wie er selbst Stein- 
plastik ausschließt, da die Tempelausgrabungen in Ephesos und Sparta nicht einmal 
Bruchstücke Ton großen Statuen zutage gefördert haben, ist auch andere (xroßplastik 
unwahrscheinlich: denn wo waren die Tempel, wo die Bathren für sie? Die müßten 
sich doch erhalten haben, um vom hypothetischen Elfenbeinbelag der Statuen ganz an 
schweigen. VgL Rodcnwaldt, Athen. Mitt XLIV (1919) 178: »Die frühere Annahme, daß 
der monumentalen Plastik in Stein und Erz eine solche in Holz irorausgegangen sei» 
wird jetzt aUgemein abgelehnt. Es gibt dafür weder literarische noch monumentale 
Zeugnisse, sowohl die Stilanalyse der ältesten Denkmäler der Plastik wie aUgemeine 
Enrignn^en sprechen dagegen.' 

^* VgL A. ▼. Salis, Kunst der Griechen (19 19) 25 f.: ,Das Entstehen der Monn- 
mentalkunst in engster Anlehnung an Aigypten und den alten Orient gehört zu den 
ftmdamentalen Tatsachen der griechischen Stilgeschichte. Ungefähr gleichzeitig im 
VIL Jahrhundert treten der selbständige Kultbau sowohl wie das große Rundbild als 
fertige Gestalten in die Erscheinung . . . Dann hält fast unvermittelt und sieghaft rasch 



314 Füftftes Buch. 2. Das Alter umerer liku 

Es heißt die Tatsachen der Kunstgeschichte verneinen, wenn 
man ein lebensgroßes Sitzbild vor der zweiten Hälfte des Vn. Jahr- 
hunderts allein auf Grund von Z 303 annimmt Die Chronologie der 
Kunstgeschichte steht in dieser Hinsicht genügend fest, die Dati- 
rung der Ilias aber wird erst gesucht. Nur von Einzelheiten aus 
kann sie gefunden werden. Hier ist ein fester Punkt und an 
ihm steht die Ziffer 630. Das ist der Terminus post quem 
für den Bittgang der Frauen und damit für unsere ganze 
Ilias, so wie sie ist und wie sie seit dem VL Jahrhundert 
immer gewesen ist 



Wie der Anfang des M zeigt auch der Bittgang der Troerinnen 
eine Reihe anderer Eigenheiten in Anschauung, Wortwahl imd Form 
gegenüber der Ilias. Schon früh ist dies Stück dadurch aui^efallen, 



die SUtne ihren Einsog in eine Welt, die so lange Zeit nnr iron bescheidenen Gotter- 
bildchen nnd Votivfigürchen gewaßt hat. Nach Zwischengliedern sehen wir ans ver- 
gebens am, gleich wird zu Versuchen im bedeutendsten MaOe angesetzt' Rodenwaldt, 
Athen. Mitt XLTV (1919) 178: »Die geometrische Kunst kennt nur die Kleinkunst und 
das Kunstgewerbe, bis im VII. Jahrhundert die Monumentalkunst entsteht . . . Der 
monumentale Tempelbau ist gleichzeitig mit der monumentalen Plastik im VIL Jahr- 
hundert entstanden. Die Datirung des ältesten Tempels der Orthia in Sparta in das 
Vni. Jahrhundert beruht auf ganz ungeßhrer Sch&tzung (Dawkins, B. A. S. XVI [1909/10] 
52), er kann ebensogut ins VII. gehören.' 

Das Heraion in Olympia hat Wolters in Springers Hdb. d. Kunst I^® (1915) 167 
kurz, mit eingehender Begründung Philolog. Wochenschrift XL (1920) Nr. 14, S. 334 f. 
datirt. Unter seinen Fundamenten haben sich protokorinthische Scherben (Weege, Athen. 
Mitt XXXVI [191 1] 192), sogar noch unter dem Bau, über dem es selber steht, hat 
sich eine stattliche Broncestatuette aus der ersten Hälfte des Vn. Jahrhunderts (Athen. 
Mitt XXXI [1906] Tfl. 18, S. 219) gefunden. Das Heraion und sein Kultbild können 
also nicht vor der zweiten Hfilfte oder gar dem Ende des VIL Jahrhunderts 
geschaffen sein, was Wolters auch durch bauliche Eigentümlichkeiten (S. 335) beweist. 

In der Zeitschrift Hellas I, Nr. 2 berichtet Ziebarth nach griechischen Zeitungen 
Ton einem in Velestino (Thessalien) entdeckten Tempel des Zeus Thaleios, der angeb- 
lich an Stelle eines filteren neu im Vn. Jahrhundert erbaut ist. 

V. Wilamowitz, Ilias 286 will auch den E 446 erwähnten Tempel Apollons für 
das Vin. Jahrhundert annehmbar machen. ,Hatte er Tempel etwa nicht in Klaros und 
Didyma und Delos, schon ehe die Griechen hinkamen? Damals brauchten die helleni- 
schen Siedlungen noch keine Gotteshäuser zu besitzen.' Zweifle ich schon stark an der 
Richtigkeit der These, daß Apoll ursprünglich ein Asiatengott gewesen sei, so kann 
ich diese Beweisführung so lange nicht anerkennen, bis nicht ein großer Tempel des 
Vm. Jahrhunderts an der kleinasiatischen Küste ausgegraben ist. Bisher ist keine 
Spur belcannt Im Gegenteil zeigen die Ausgrabungen in Ephesos, daß damals nur 
kleine Kapellen dem Kulte dienten. E 448 redet aber von einem ^€T(&Xov d6uT0v. Das 
weist früheatens in die Mitte des VII. Jahrhunderts. 



BesonderheiUn des BütgangsgedichUs 315 

daß es allein im Gregensatz zur ganzen Ilias Athene als Stadtgottin 
nions darstellt I während sonst Apoll, der E446 seinen Tempel auf 
der Peigamos hat, und Aphrodite die Schutzgötter der Troer sind, 
Athene aber mit Hera in erbitterter Feindschaft gegen sie mit den 
Achaiem steht So klar und fest und so früh war dies Verhältnis 
ausgeprägt, dafi schon vor der Schöpfung des Q das Parisurteil er- 
funden wurde, den Haß dieser beiden Göttinnen wie die Liebe 
Aphroditens zu erklären. Denn Q 29f. spielt schon darauf an« Breit 
und fein ist dann das Parisurteil in den Kyprien ausgearbeitet Der 
Schluß war nach dieser Erkenntnis notwendig und ist imentrinnbar: 
der Bittgang der Troerinnen zur Stadtgöttin Athene Z237 — 278 
-f 286 — 310 gehört einer späteren Schicht an als die Hauptteile der 
nias, auch als das Q.^' 

Untrügliche Anzeichen in Sprache, Vorstellung, Sage ziehen diese 
Stelle tief hinab. Der Vers Z289 

£vO* &av o\ ir^TrXot TrapiroiKiXoi fpta t^vqikuiv 
Ctboviuiv 

wegen der doppelten Vernachlässigung des F^ seit Bentley viel ge- 
mißhandelt von Usener, Altgriech. Versbau 1 2 siegreich verteidigt 
hat seinesgleichen in der Ilias nie, auch sonst kaum im alten Epos. 
Vergleichbares kenne ich nur t 5 ^ "^ Thebais 2, 4 hinac f|b^oc oTvou. 
Jener Vers Z 289 ist um so auffallender, als er richtiger o 105 er- 
scheint, wo auch vier Neben verse wörtlich vorkommen: 

£yO* £cav o\ ir^irXoi ira^iroiKiXoi oOc Kdjüiev aimfj. 

Da wird doch die früher selbstverständliche Meinung, der Odyssee- 
dichter habe die Verse des Z übernommen, bedenklich.^* Dazu kom- 
men in diesen 70 Versen des Bittganges zwei Worte, die Ilias und 
Odyssee überhaupt nicht kennen, i^^^ax^Ac 287 — so statt xcpatdc zu 
schreiben, wie W. Schulze, Quaest Epicae 501, gesehen — und 



^* Z 279—285 dienen der Verbindung mit dem folgenden Stücke, gehören also 
d«m Verlasser unserer Sias, der alles xosammenarbeitete, ebenso wie die Helenosrede 
Zjbf^ wie Z90 die schlechte Umsetzong des Verses Z 271 ans der 2. in die 3. Person 
bestätigt. Vgl. I 226. 

^* Die PositionsTemachlässigang vor ol bei schließender knrser Silbe in der Sen- 
kung ist Regel: Hartl, Homer. Stnd. III 46, Glotta I 171, Anm. t. Vgl. über ol auch 
Wackemagel, Sprachl. Untersuehg. sn Homer 108 f. (^ Forschung z. griech. u. lat 
Grammatik 4. Heft). 

'* o 104 nennt Truhen, in denen Helena ihre Gew&nder Terwahrt. Im Z steht 
nichts davon, doch sind sie selbstTerstftndlich und nach Z 29s ■■ o 108 Toraussusetsen. 
Daraus die Entstehung der Z- Verse aus o su folgern, scheint mir nicht erlaubt: beide 
Sielkn werden Ton einem Uteren Stücke abhingig sein. 



PrUsUr und König, Die AnUnoriden 3 1 ^ 

von Hekabe oder zum wenigsten durch eine ihrer Töchter priester- 
lich bedient werden. Dies Amt den Priamiden zu nehmen, konnte 
einen freischaffenden Dichter nichts veranlassen, weder die Rück- 
sicht auf wirkliche Verhältnisse, die vielmehr die alten Pflichten 
und Rechte der Königsgeschlechter auch nach ihrem Sturz den 
Göttern gegenüber wahrten, noch die homerische Dichtung. Immer 
steht in ihr Priamosf und der Seinen Herrschaft, von patriarcha- 
lischer Ehrfurcht umgeben, hoch über allen Troern. Folglich steht 
der Dichter des Bittganges, der gar nicht daran denkt, diese Stel- 
lung der Priamiden anzutasten, unter der anderswoher ihm aufge- 
drungenen Vorstellung, daß die Antenoriden die Priesterin für Ilions 
Stadtgöttin Athene stellen. Er kann sie nur aus Neu-Ilion erhalten 
haben. Da stand ja wirklich ein Tempel der Athene auf dem Gipfel 
der Burg, wie er ihn schildert (Z297), wirklich war Athene Stadt- 
göttin von Neu-Ilion, wie er es darstellt (Z 305). Ich wüßte nicht, wie 
dem Schluß zu entfliehen wäre: damals gab es wirklich Antenoriden 
in Dion und sie stellten damals wirklich der Stadtgöttin Athene die 
Priesterin. Der Dichter des Bittganges schildert Ilion, seine Göttin 
und ihre Priesterin so, wie sie um 600 waren. Die Antenoriden 
waren damals also das Königsgeschlecht von Ilion oder waren es 
doch gewesen und hatten noch die priesterlichen Ehren: das folgt 
unmittelbar aus der Stellimg einer Antenoridenfrau zur stadtschir- 
menden Göttin. Jetzt lichtet sich das Dunkel, das über diesem rätsel- 
haften Geschlecht liegt, jetzt begreifen wir, warum es oft und eifrig 
hervorgehoben wird in nebensächlichen Kampfscenen und bei Be- 
ratungen, wo der alte Antenor stets maßvoll und freundlich zur Ver- 
söhnung mit den Achaiem redet, verstehen, daß gerade in den jüng- 
sten Stücken der Dias und in den Kyprien und der Kleinen Dias An- 
tenor und seine Freundschaft für die Achaier so lebhaft betont wird. 
Wie die Aineiaden, deren Herrschaft in der Troas uns durch Y 307 
und den homerischen Aphroditehymnos sicher bezeugt ist imd deren 
Weiterleben in Skepsis mit königlichen Ehren noch Demetrios (bei 
Strabo XIII 607) bestätigt, so hat auch das Troergeschlecht der 
Antenoriden geschichtliche Wirklichkeit und Bedeutung gehabt. 
Schon Robert hat das ausgesprochen und bewiesen.'^ Sie saßen in 



Batet im Erechtheion, und der 'AOffva TToXtdc. (Toepffer, Attische Genealogie laSff.) 
Sie waren an den uralten Festen der Errhephorien und Skiropborien beteiligt, die Ton 
der Akropolis den Ausgang nahmen. Sie müssen einst die Herren der Barg ge- 
wesen sein. 

>^ Robert, Stadien zar Dias (1901 382 ff. Sein Beweis hält Stich, obwohl ich 
•eine Analyse der Was nicht anerkennen kann. In der Tat sind es nur jüngste Teile, 



NtU'Ilian und sein Atkenetemfel ^ i q 

lag Demetrios daran, Neiullion möglichst tief herabzurucken, da er 
im Gregensatz zu Hellanikos, der diesen Ort als Fortsetzimg des ho- 
merischen Uions ansah, dies an einem anderen Platze suchte und 
sein gänzliches Verschwinden behauptete. Aus welcher Überliefe- 
rung er die Nichtexistenz des kleinen Plätzchens im VIL Jahrhundert 
hatte beweisen können, ist nicht auszudenken. Durch Dörpfelds Aus- 
grabungen wissen wir aber, daß die Stätte des alten Ilion seit etwa 
looo stets bewohnt gewesen ist, wissen auch, daß die Ausdehnung 
der hier in Betracht kommenden VIII. Schicht nicht festgestellt 
werden kann, da ihr Kern und Hauptteil mit dem Atheneheiligtum 
auf der Höhe in römischer Zeit fär die Anlage des neuen großen 
Athenetempels abgetragen ist'* Schließlich handelt es sich hier 
nicht um das Städtchen oder Dorf, sondern um den Athenetempel, 
und über den sagt Demetrios nichts. Wenn mm das Gedicht vom 
Bittgang der Troerinnen (Z), die Kleine Ilias, insbesondere die Per- 
sis und die Nosten Athene als Stadtgöttin Uions kennen und von 
ihrem Tempel reden und ganze Sagen darauf bauen, so bezeugen 
sie eben diesen Kult für Ilion zu ihrer 2^it Sie ist für Z 303 frühe- 
stens auf Ende des VIL Jahrhunderts fixirt, Kleine Ilias und Nosten 
sind, wie ich zeigen werde, nicht älter. Ihre Zeit auf Ghrund der den 
Athenetempel gar nicht betreffenden Äußenmg des Demetrios noch 
weiter herabzusetzen, zwingt nichts und wird v. Wilamowitz am 
wenigsten befarworten. 

Der Dichter des Bittganges Z und die anderen kannten Neu- 
Ilion mit seinem Athenekult oder wußten wenigstens, daß auf der 
Barghöhe der Tempel der stadtschirmenden Göttin stand und die 
Antenoriden ihn verwalteten. Desto auffallender erscheint dann der 
Widerspruch zwischen seiner Angabe, daß die Kultstatue der ilischen 
Athene ein Sitzbild war (Z 303), imd der Tatsache, daß die Münzen von 
Bion ein stehendes Kultbild bezeugen.** Aber sie beginnen erst nach 



** Dörpfeld, Troja und Ilion 1902 I 30 ff., 199, aoi. 

*^ Zniammengestdlt und erliotert von H. ▼. FriUe in Dörpfelds Troj« und nion 

n 477 ff. 

Der Widerspruch zwischen Z 303 und dem stehenden Athenebild in Nen-Ulon ist 
schon Ton den Alten aufgestochen und behandelt: Strabon XIII 601. 41, wo bemerkt 
wird iroXXd 6i Tdrv dpxaiuiv Tf)c *AOiivdc Eodvuiv Ka6i^|ui€va bcdcvurai KaOdircp iv 
^unca^f MaccaX^, 'Pid^iQ, Xiip, dXXaic iröXcciv. Auch Athen hatte archaische Siu- 
bUder der Athene. Anders v. Wilamowitz, Ilias und Homer 31a und 380 ff. 

Frickenhaus, Athen. MitL XXXIU (1908) 17 ff. kommt wieder zu dem SchluA, daß auf 
der Akropolis Athens das Sitzbild der Athene älter gewesen sei als das Palladion, das 
erst sdt etwa 570 mit und durch Peisistratos beginne, aus dem Kult 4irt TTaXXob(i|i 
entwickelt. Da aber durfte ein Palladion schon gestanden haben. Studniczka wdst 



GargoHüm 323 

bos besiegen und mit Hektor über dessen Leiche kämpfen lassen* 
Das ist die Scene, die der Eupliorbosteller darstellt** 

Dem Maler lag also nicht unsere Ilias vor, sondern ein yon ihrem 
Verfasser beschnittenes Gedicht in seiner ursprünglichen Gestalt 
Am Ende des VIL Jahrhimderts waren also Kurzepen noch lebei^ 
dig, die später neben der stra£f zusammenfassenden, grofl geglieder- 
ten nias verschwanden. Wann das geschehen ist, kann man nicht 
sagen« Darin aber trifft das Ergebnis dieser Untersuchung mit der 
Datirung des Anfangs von M und des Bittganges im Z gut zusam- 
men: einerseits hat imsere Ilias wenigstens den erst um 600 gedich- 
teten Bittgang für ihre große Composition verarbeitet, andererseits 
ist jene Menelaosaristie, von der sie nur die Euphorbosepisode auf- 
genommen hat, noch um etwa dieselbe Zeit als lebendiges Einzel- 
gedicht nachgewiesen.** 



Noch eine Reihe anderer Stellen fuhrt darauf, unsere Ilias nach 
600 zu setzen. Sie sind längst bemerkt, aber nie ist der notwendige 
Schluß gezogen, weil ihn die unglückliche Vorstellung von der zu- 
fälligen Entstehung dieses Epos' aus kleineren Bestandteilen unmög- 
lich machte. 

Das Gorgoneion, dem geometrischen Stil, auch noch den unter 
phoinikischem Einfluß stehenden griechischen Werken des VIEL Jahr- 
hunderts fremd, wird im prophylaktischen, zugleich dekorativen 
Sinne erst seit dem VIL Jahrhundert angewandt Zu dieser seiner 



** Vgl. Kekül6, Rhein. Mns. XUn (1888) 48a und wm dort dtirt. 

** Die Euphorbosepisode ist sicher erst ganz spftt in die Uias eingearbeitet Denn 
ihre Auibahme setzt folgende Entwicklung der PatrokUe als abgeschlossen Torans. 
(Vgl. H. Jordan, Der Erzählungssül in den Kampfscenen der Uias, Diss. Zürich 1904.) 
Ursprünglich wnrde PatroUor Ton Hektor Mann gegen Mann erschlagen. So waren 
die alten Heldenkänipfe überhaupt angelegt, und das fordert Achills Haß gegen Hektor. 
Um die Leiche des Kebriones war ihr Streit entbrannt. Die schöne Schilderoog, in 
aiehitektonischem Gleichmaß gebaut, ist TT 726 — 776 wohl erhalten. Die Fortsetzung 
hat der Einschub TT 777 — 817 Tcrdr&ngt, aber 818 ff. gehört zur alten Patroklie: das 
Bild des mit dem Eber um die Quelle kämpfenden Löwen gewinnt erst Leben, wenn 
Hektor und Patroklos um Kebriones stritten. Dann hat man dem Hektor den Ruhm 
durch Apolls Eingreifen geschmfilert TT 788 — 803. Damit nicht genug, ließ man noch 
einen namenlosen Dardaner ihn in den entblößten Rücken stoßen TT 806, 7 -f- 812 — 817. 
In diesen so vielfach überarbeiteten Text der Patroklie ist dann erst Euphorbos TT 808 
— 811 eingeseut. Das kam nur der letzte Bearbeiter getan haben, wie wir schon vor- 
her aus andern Gründen den Verlasser unserer Ilias als den erkannt hatten, der die 
Euphorbosepisode eingefügt hat 

Die Schlußfolgerung hat viel Wahrscheinlichkeit, mehie ich: unsere Ilias ist jünger 
als der Euphorbosteller. 

2I* 



DoUmü, Athla 3^j 

Ilias verklammert ist (Bd. I 273), und da Gorgo als gelaufige Fig^ 
auch im 6 349 erscheint^ das von K I untrennbar und, wie ich gezeig^t 
zu haben glaube, mit diesem für Aufbau und Gliederung unserer 
nias unentbehrlich ist, so wird man auch aus dieser archaiologischen 
Beobachtung den Schluß ziehen: unsere Lias kann so, wie sie vor- 
liegt, frühestens erst im VIL Jahrhimdert gemacht sein. 

Die Dolonie, in Sitte, Stil, Sprache von der Ilias abweichend, 
von einem Dichter, der ,die heroische Epik so fortbildet, daß er da- 
bei die Kampfe der Kolonisten seiner Zeit an irgendeiner thraki- 
schen Küste vor Augen hat', ist ,schwerlich älter als Archilochos^*^ 

Die &6Xa dm TTarpöicXui sind die epische Parallele zu Stesichoros' 
86Xa dul TTeX(q^ imd die Bestattungsfeier dieses Heroen dürfte früher 
poetische Behandlung erfahren haben als die des Genossen Achills. 
Die Vasen des VL Jahrhunderts illustriren sie gem. Damals erst wer- 
den sie üblich geworden sein. Die Dipylonvasen stellen große Lei- 
chenparaden, aber noch nicht Leichenspiele dar. Erst im VIL Jahr- 
hundert werden wohlorganisirte regelmäßige Spiele an vielen 
Orten begründet; ihr Ursprung wird in Leichenspielen gesucht 
Dahin verweist die S6Xa auch ihre Mannigfaltigkeit: gab es doch in 
Olympia, deren Siegerliste nun durch Brinkmann, Rhein. Mus. XX 
(1915) 2, als echt erwiesen ist, bis 724 nur Stadionlauf, 708 setzt der 
Ringkampf, 688 der Faustkampf, 680 erst das Rennen mit Vier- 
gespannen ein. Dazu kennt y unsere ganze Ilias, kennt auch die 
Iliupersis. Athenes Bosheit gegen den Oiliden Aias V 774 hat in 
ihrem Haß gegen ihn wegen Schändung ihres Bildes bei der Zer- 
störung ihren Grund. Auch V ist nicht älter als das VIL Jahr- 
hundert 

So auffallend sich KV abheben, so sind sie doch nicht aus un- 
serer Ilias leichter Hand auszidosen. An K hängt 1 6, und die Strei- 
chung von y nimmt dem Schluß unserer Ilias die Hälfte seines feier- 
lichen Akkordes, das helle Gegenstück zum schwermütigen Q, das 
dem B entspricht, wie Q dem A. 

Durch unsere Uias hin zieht sich, nur hie und da hervortretend, 
sehen der alten Vorstellung der entscheidenden Einzelgefechte der 
Vorkämpfer eine andere der geschlossenen Schlachtreihe. Heibig, 
der ihr eine besondere Abhandlung widmete, kam, gestützt auf 
Archilochos imd Tyrtaios und archaiologisches Material, zu dem^ 
Schlüsse, die Hoplitenphalanx sei nicht vor Mitte des VII. Jahr- 



** So V. WiUmowitz, Iliai 63 f. Dolonie Yon der Odyitec beeinflußt: Gemoll, Herrn. 
XV (1880) 557, XVm (J883) 308. 



Kykiisekes in der Utas 327 

waren, zusammenfassen wollte. Der Dichter der Volksversammlung 
B aber hatte dazu keine Veranlassung, muß es also übernommen 
haben. Nur die Teichoskopie weifi von Aithra f 144 und den Dios- 
kuren r237, wie die Kyprien und die Iliupersis von ihrer Befreiung 
durch ihre Enkel erzählt haben: der Schluß liegt auf der Hand, daß 
solche Gedichte — ich will nicht sagen diese zusammenfassenden 
Epen — schon vorhanden waren , und daß ihretwegen sie hier an- 
gebracht sind : far das VL Jahrhundert ist das ebenso wahrscheinlich 
wie far das VHI. Jahrhundert unwahrscheinlich« Antenor, der freund- 
liche Wirt der Gesandten Odysseus und Menelaos f 206, ist doch 
dazu gemacht, weil er in der Iliupersis gerettet wurde, und gerettet 
wurde er, weil sein Geschlecht im geschichtlichen Hion die Konigs- 
wfirde hatte und den Athenekult versah.'^ Das paßt zum Bittgang 
der Troerinnen, und der ist nicht älter als 600. 

Diese Anzeichen der späten Abfassung unserer Ilias sind nicht 
vereinzelt Durch das ganze Werk sich hinziehend, von verschiede- 
ner Beweiskraft, die vorangestellten entscheidend, stimmen sie gxit 
zusammen und geben einander mehr Gewicht"* 

Rund das Jahr 600 Ist als Terminus post quem für unsere Ilias 
durch diese Nachweise sichergestellt Einen Terminus ante quem hat 
der Hesiodische Katalog der Helenafeier (BerL klass. Texte V i) ge- 
liefert Er setzt die Verse B 546—558 und Salamis als Besitz des Aias 
voraus, wie v. Wilamowitz hervorgehoben hat, der ihn ins Ende des 
VL Jahrhunderts eben deshalb setzt In den Anfang des VL Jahrhun- 
derts gehört unsere Dias. Denn die Odyssee ist jünger, erst recht Ky- 
prien imd Kleine Ilias: der Nachweis wird sogleich erbracht werden. 

Diese Datirung der homerischen Epen ins VL Jahrhundert steht 
in scharfem Gegensatz zur altüblichen Vorstellung von ihrem hohen 

•• S. oben S. 317. 

** Noch manches könnte man anfahren. So Br. Keilt Bemerkong, S.-Ber. Lps. Get. 
d. Wiss. 68 (1916), 34 und 10 f., daS B339 cuvOcdai tc ical fipKia . . cirov6a( t* 
Aicpffrot Kai bcEiai auf jüngere demokratische Zeit weisen, in der die (ursprünglich vom 
König gültig) im Felde abgeschlossenen Verträge von ßouXf| nnd 6f)|Aoc ratificirt wer^ 
den mnftten» was die Doppellong cirovbal Kai öpicoi oder cuv6fticai Kai öpKOi bedingt 

Die strenge S3rmmetrie, die m. E. im Menisgedicht geherrscht hat, entspricht dem 
geometrischen Stil. Die nachfolgende JjAx. behält swar Sinn für Composition, ▼erlieft 
aber die Strenge (vgl. Lanm, Entwickelnng der Metopenbilder, N. Jahrb. XXIX [1913] 
637): diesen Znstand zeigt unsere Dias. 

Der Bogen wird in unserer Blas mit derselben Verachtung wie alle anderen Fem« 
Waffen behandelt im Gegensatz zur hohen Schätzung dieser Waffe in den Sagen Ton 
Herakles, Odjsseus, Iphitos, Paris. Der Bogenschütze Apoll ist doch auch nicht ver- 
ichtlich. Die Ausbildung der Ritterehre hat diesen Wandel verursacht. Wir kennen 
fle ans Archilochos. Viel älter wird er kaum sein. 



^28 Fünftes Buch, 2. Das AlUr unserer Utas 

Alter. Aber in dieser Allgemeinheit ist sie längst von der Wissen- 
schaft: abgelehnt Die Odyssee, von Kirchhoff ins VIL Jahrhundert 
gesetzt, ist seitdem schon ins VL geglitten. Die Abfassung des Ky- 
klos in dieser Zeit ist schon öfter behauptet. Aber auch in der Ilias 
sind seit Jahrzehnten gewisse Stellen ins VIL und VI. Jahrhundert 
gesetzt Die ganze Ilias dahin zu rücken, ergibt sich mit Notwendig- 
keit, sobald sie als einheitliches Kunstwerk anerkannt und die Un- 
möglichkeit begriffen wird, jene jungen Partien auszusondern. So 
ist auch ihre Datirung ins VL Jahrhundert eigentlich niu: der letzte, 
längst vorbereitete Schritt. 

nias und Odyssee sind Riesenwerke, Compositionen von staunens- 
werter Größe und Kühnheit Welch griechisches Werk kann sich 
mit ihnen messen, nun gar mit dem troischen Kyklos, der die Blas 
durch systematisch ergänzende Vor- und Andichtung der Kyprien 
und Kleinen Ilias zu einem einzigen ungeheuren, aber wohlgeordne- 
ten imd übersichtlichen Epos vom troischen Kriege erweiterte? 
Piatons Staat steht an Klarheit der Disposition weit hinter ihnen 
zurück. Nur Herodots Historie könnte man vergleichen, wenn ihm 
nicht der Schluß und damit die letzte Rundung fehlte. Aber die bil- 
dende Kunst gibt Parallelen, und diese gehören demselben Zeitalter* 
Seit der zweiten Hälfte des VII. Jahrhimderts haben die Griechen 
wie mit ausbrechender Leidenschaft ziun Monumentalen hingen 
drängrt.*^ Statt der Kapellen und kleinen Idole begannen sie damals 
stattliche Tempel mit menschengroßen Götterbildern zu bauen und 
bald schufen sie Tempel und Bilder in Riesendimensionen. Damals 
haben sich die Griechenstädte mit Tempeln geschmückt: in Pästum 
imd Sicilien stehen noch heute erhaltene Zeugen des monumentalen 
Sinnes des VL Jahrhunderts. Das Heraion in Olympia mit seinem 
übermenschlichen Herakopf, das Heraion von Samos, der Artemis- 
tempel in Ephesos, das Olympieion in Athen, sie alle stammen aus 
dieser Zeit, zum Teil in so img^heuren Maßen angelegt, daß Jahr- 
hunderte an ihrer Vollendung arbeiten mußten, wie an den Riesen- 
domen des Mittelalters. Die Schöpfung der großen Epen ist das 
literarische Gegenstück dazu. Sie sind wie die Tempel und Götter- 
bilder Zeugnisse dieses monumentalen Schaffenstriebes. In die Zeit 
der Kapellen und Kultbildchen passen die ICleinepen für den Vor- 
trag an einem Abend bequem abgerundet. Die Großepen gehören 
in das Riesenhaftes imtemehmende erste Jahrhundert der monumen- 
talen Kirnst 



97 



A. T. Salis, Kunst der Griechen 25C, Rodenwaldt, AUien. Mitt XUV (19 19) 17S. 



Hesiod und die Odyssee 329 

3. ZEIT UND ORT UNSERER ODYSSEE 

Für die Odyssee ist im Gegensatz zur Ilias ein methodischer 
Datirungsversuch schon vor 50 Jahren durch A, Kirchhoff gemacht, 
der sich überhaupt um die Förderung der wissenschafüichen Homer- 
probleme gerade durch seine nüchterne Verständigkeit wie wenige 
verdient gemacht hat Er tat das Richtige und Wichtigste: er ver- 
suchte die letzte Bearbeitung der Odyssee zeitlich festzulegen. 
Gelungen ist ihm das nicht So zweifellos sein Nachweis ist, daß die 
Hesiodfragmente 17, 66 — 69, 71, 120 von y 464, r\ 54 f^ i — p abhängen, 
so wenig wieg^ seine Behauptung, dies Gedicht sei gleichzeitig mit 
der Kyreneeoie, und ebenso unbewiesen ist deren Datirung bald 
nach Kyrenes Gründung 632.^ v. Wilamowitz interessirte sich für 
unsere Odyssee nicht, die er für eine durch attische Interpolationen 
entstellte geringwertige Leistung eines Flickpoeten hielt Aber da- 
tirt hat er sie. Sie sei jünger als der echte Hesiod (H. U. 23). Der 
sablte in der Theogonie 359 Kalypso unter den vielen Meermädchen, 
den Töchtern der Okeanos und der Tethys, auf, während a 52 und 
f| 245 sie zur Atlastochter mache. 

Auch sonst läßt sich zeigen, daß xmsere Odyssee jünger als 
Hesiod ist 6 171 ff. benutzen Hesiods Theogonie 86 — 92. Hesiod 
schildert ,die heilige Gabe der Musen an die Menschen'. Wen von 
den Königen sie ehren, dem gießen sie süßen Tau auf die Zunge. 
ToO V 6r€' ^K CTÖ^ttToc ^€1 ^ciXtxcu Alle blicken auf ihn, der mit ge- 
radem Spruche Recht spricht; ohne Wanken redend (6 b' icqMxX^uic 
dTO(i€i}ttiv)i beendet er rasch auch einen großen Streit verständig, 
und wenn er zur Versammlung gebt, ehren sie ihn wie einen Grott mit 
rücksichtsvoller Scheu, er sticht hervor unter den sich Sanmielnden 
(91 ^XÖMCVOV V ävd äcTu 6€Öv £ic IXdcKOvrai | aiböi ^eiXixiq, M^^ä bi 
np^irci dTpop^voiciv). 8 1 7 1 antwortet Odysseus auf die freche Heraus- 
forderung des Phaiaken Euryalos ziun Wettkampf: ,nicht allen geben 
die Götter Gleiches, der eine ist imansehnlich von Gestalt aber ein 
Gott füllt sie mit Worten (^op9f)v fireci CT^qKi), sie blicken erfreut auf 
ihn, er redet ohne Wanken mit rücksichtsvoller Scheu und sticht 
hervor unter den sich Sammelnden, wie auf einen Gott blicken sie 



* Wie Rxoch, Hesiod' gesehen, bt die Zuteilung aller dieser Fragmente an die- 
•dbe Odyssenseoie keineswegs sicher; er setzt mit Schein das Telemachfragment 17 in 
das Nelidenstemma des i. Katalogbnches (Steph. B. rcpT)v(a)» das von den grofien 
Eokn an sondern ist; Leo, Gott. Progr. 1894, 11. Ist das richtig, dann steht nichts 
der Annahme entgegen, dafi der Eoiendichter das Phaiakenepos noch isolirt, vor seiner 
Einarbeitung in unsere Odyssee benutzt habe. 



332 Fünftes Buch, j, Zeü tmä Ort umertr Odyssee 

Seit Klirchhofiis Analyse des a steht unerschüttlich fest, dafl sie 
auf Grnmd schriftlicher Vorlagen» YOri einem Spätling homerischer 
Kunst mit der Feder in der Hand zusammengearbeitet ist Je 
später er angesetzt werden kann, desto wahrscheinlicher wird er. 
Nach festem Plan hat er fertige, vollständige Epen mit z. T. wider- 
sprechenden Voraussetzungen im buchstäblichen Sinne mit Athenes 
Hilfe zum vorliegenden Epos vereinigt Interpolationen größeren 
Umfanges gibt es in ihr so wenig wie in der Ilias. Freilich hat 
man die nach Athen weisenden Stellen als Interpolationen ver- 
dächtigt* Sie zu erklären, hat v. Wilamowitz IL U. dargelegt, daß 
Athen früh das Centrum des Buchhandels geworden ist, sich dort 
naturgemäß ein Attikisirungfsproceß der homerischen Epen voll- 
zogen habe und so attische Homerexemplare allgemein geworden 
seien. Das wäre nur bei einer Alleinherrschaft des attischen Buch- 
handels denkbar, von der aber kann nicht die Rede sein. Sein Ober- 
gewicht aber hätte immoglich bei allen andern Grriechen die epi- 
chorischen oder originalen Fassungen Homers so gänzlich ausrotten 
können, daß schon im TV. Jahrhundert Dieuchidas von Megara keine 
Dias ohne die Athen verherrlichenden Verse B 546 ff. oder die alexan- 
drinische Bibliothek, die Homerbücher aus Massilia, Argos, Kreta 
besaß, keinen Text weder der Ilias noch der Odyssee mit irgend- 
welchen wesentlichen Abweichungen hätte auftreiben können« Es 
bleibt kein anderer Weg offen, um die attischen Stellen im Homer 
zu erklären, als daß sie von Anfang her in den uns erhaltenen und 
dem Altertum von wenigstens dem V. Jahrhundert an allein be- 
kannten Epen gestanden haben, daß sie also von den Verfassern der 
nias, Odyssee, der kyklischen Epen selbst zugleich mit der Com- 
position und Niederschrift dieser Gredichte gemacht sind. Daß dem 
wirklich so ist, ergibt der Nachweis, daß es unmöglich ist, die ent- 
scheidenden Stellen glatt auszulösen, daß sie vielmehr gut verzahnt 
im Text festsitzen. Das soll für die Odyssee jetzt bewiesen werden. 

Auszugehen ist vom Anfang des r|. Athene, die Odysseus in 
Nebel gehüllt durch die Phaiakenstadt zum Hause des AUdnoos ge- 
fuhrt und über dessen Gattin und Stammbaum belehrt hat, geht 
f| 80 nach Marathon und ins weitstraßige Athen und schlüpft ins 



Kngeres Leben im Monde der Rhapsoden dnrcbcemachL »Wie «Bdets steht es in den 
Wericen Henods: die Jmgend unserer Odyssee springt in die Anfen.* 

* Wenn t. Wilamowitz» Hom. Unt Tom letzten Bearbeiter, winun •FVckpocten*, 
einen attischen Interpolator sa sooden vntemahm, so seift sidi das IVikntlii hc des 
Untenehmens schon darin, dafl er bei der 2. Kekyia a. Bw sdbst R U. to nkht in 

ob 



Odyssee und Athen 333 

Haus des Erechtheus: Tkcto b' k MapaOuiva xai eupudr^^iav 'A9iivt)v, 
U)v€ V 'EpcxOf^oc TTUKivöv böjLiov. Das kann nur in Athen für Athener 
geschrieben sein. Der Unitarier muß auf Grund dieser Stelle seinen 
Dichter der Odyssee, dies Mixtum compositum aus hoher Poesie 
und kläglichem Unvermögen, nach Athen setzen. So hat folgerichtig 
Aristarch Homer für einen Athener erklart Der Analytiker be- 
schränkt die attische Herkunft auf den Teil des Epos, dem dies 
Stück angehört Wie weit aber erstrecken sich seine Grenzen? Das 
ist die Frage, von deren Beantwortung die Entscheidung abhängt. 
Die Erwähnungen von Marathon, von Athen, dem Hause des 
Erechtheus, jede ist ein Unicum. So hat man natürlich seit alters 
(SchoL 1) 81) bis in neueste Zeit die Stelle verdächtigt Aber aus- 
scheiden lassen sich t] 8 1 f. nicht, sie sind der organische und natür- 
liche Abschluß der Atheneepisode. Auch von Poseidon, heifit es, 
nachdem er Odysseus vor Scheria das Flofi zertrümmert hat, €381 
Tkcto V etc AiT<ic, 50i oi xXurä ^({|^aT' fociv. So ist denn diese ganze 
Athenescene x\ 14—81 attisch und mit ihr der Schluß des 21 323 — 331, 
der untrennbar mit ihr zusammengehört Freilich ein Originalstück 
des Nostosgedichtes sind sie in der Tat nicht (S. 66, 125), aber das 
ist für unsere Frage ohne Belang. Denn aus unserer Odyssee, 
ihrer letzten uns erhaltenen Gestalt, ist die Scene auszulösen un- 
möglich. Es ist kaum begreiflich, daß man sie isoliren zu können 
glaubte. Es genügt allein schon und beweist besser als alles andere 
der Hinweis auf v 316 — 323 und 341 — 343. Da sagt der in Ithaka ge- 
gelandete Odysseus zu Athene: ,Ich habe dich seit Ilions Zerstörung 
nicht gesehen, bis du mich bei den Phaiaken tröstetest und fuhrtesf, 
und sie antwortet: ,ich wollte mit Poseidon nicht streiten, der dir 
•eines Sohnes wegen zürnte.' Wie man auch die erste Stelle beur- 
teilen mag, sie gibt in jedem Falle unweigerlich die deutlichste Be- 
ziehung auf Athenes Führung ziun Alkinooshause x\ 14 — 81, imd die 
andere citirt geradezu t 329—331 (S. 66 f.). Wie kann man angesichts 
dieser klar vor Augen liegenden Tatsache die Athenescene im 11 
als Interpolation in die fertige Odyssee behandeln? Wie wäre es 
denkbar, daß der ,unvermeidliche und selbstverständliche^ Attiki- 
sirungsproceß der Odyssee an zwei correspondirenden Stellen Er- 
folg haben konnte? Es handelt sich ja hier nicht umEinschub einiger 
Verse, auch nicht einer ganzen Scene, sondern es ist klar und zweifel- 
los, daß diese Scene des ri fest im Epos verankert ist Folglich ist 
jener „Attikisirungsproceß** nicht eine imwillkürliche Wandlung 
der Form des Gedichts gewesen mit gelegentlichen Interpolationen, 
um Athen zu Ehren zu bringen, wie v. Wilamowitz ihn auffaßte, 



^'^^ 335 

interpolirt Jenes hat Rohde in Zweifel gezogen, auch ist für Minos 
und gewiß für Orion keine Beziehung zur Orphik zu finden. Aber 
mit Theseus und Peirithoos X 631 werden wir nach Athen, mit dem 
goldenen Tierstreifen-Kocherbande* des Herakles frühestens 
ins VIL Jahrhundert gewiesen. Das ist schon im Altertume erkannt, 
wie die Behauptungen von Interpolationen des Peisistratos und 
Onomakritos gerade hier Anhalt zu finden glaubten (Plutarch, Ther 
seus 20y Schol. X 604). 

Freilich widerspricht dieser letzte Teil den Voraussetzungen der 
Nekyia in mehr als einem Sinne und kein Verständiger zweifelt, daß 
er später zugesetzt ist. Aber in die fertige Odyssee ist er sicher 
nicht interpolirt. Das zeigt die Disposition. Dem Gespräch des 
Odysseus mit Teiresias und Antikleia entspricht seine Unterhaltung 
mit den troischen Helden 385 — 564, auf jenes folgt der Heroinen- 
katalog 225 — 327, auf dies der Büfierkatalog 566 — 631, geschieden 
werden die beiden gut abgewogenen Gruppen und zugleich jede in 
sich geschlossen durch das Zwischengespräch des Odysseus mit den 
Phaiaken 327 — 384. Interpolatoren pflegen die Anordnung zu zer- 
stören, eine feine Gliederung schafifen können sie nicht Das wäre 
hier der Fall. Jenes Intermezzo hängt nun, wie v. Wilamowitz H. U. 
143 gezeigt hat» mit dem Frauenkatalog ebenso fest wie mit den 
Heldengesprächen zusammen. Sein Dichter ist also der Gestalter 
der ganzen Nekyia in der uns vorliegenden Form, er hat die Frauen 
so gut wie die Büßer aufgenommen und diese beiden Kataloge, die 
auch an derselben Formel aufgereiht sind, diesen beiden Toten- 
gesprächen folgen lassen, die auch er doch wohl erst als Gegen- 
stücke gestellt hat (S. i34f.). Dieser Mann kann kein anderer sein 
als derjenige, der die Nekyia in das Nostosgedicht eingefugt und es 
folgerichtig unter das Motiv des Poseidonzomes gestellt hat Er 
wird so noch von einer zweiten Seite als Attiker erwiesen. G«m 
wird man ihm nun auch X 32 1 — 325 mit Phaidon Prokne und Ariadne 
zuerkennen, wo die Form Aiovucou 324 die attische Herkunft be- 
stätigt 



Athen hat also den Odysseusepen lebhaftes und 
Interesse entgegengebracht Hier ist zunächst das schöne, die Irr- 
fahrten in genialer Composition umfassende Nostosgedicht mit seinen 
Andichtungen, die es zu sprengen drohten, und bereichert durch die 



* X 61 2 öc^lvai TC ^dxoi tc <pdvoi x* dvbpoKradai tc — Hedod Theog. 228 pafit 
aber weder hier noch da recht 



KyfrUn und Kkine Ilias jüngtr als du IHas 3jq 

gesetzt habe, darauf fuhrt keine Spur. Es wäre ein sonderbarer Zu- 
fall» wenn er außerhalb Athens ohne Absicht dem Nestorsohne ge- 
geben wäre zu einer Zeit, die schwerlich viel früher gelegen haben 
kann. Ein Zufall, an den ich nicht glaube. Ich werde so zur Über- 
zeugung gebracht, daß die Telemachreise im Athen des Peisistratos 
gedichtet ist imd daß ihr Dichter geschickt unauffällig dem Tyrannen 
so das Anrecht auf den Stammbaum der Neliden gegeben hat Un- 
widerleglich beweisen läßt es sich nicht Aber das ist bewiesen, 
daß unsere Odyssee im peisistratischen Athen entstanden ist, und 
damit ist das zum wenigsten sichergestellt, daß ihr Bearbeiter mit 
Aufnahme der Telemachreise und des nestorischen Peisistratos dem 
Tyrannen mit vollem Bewußtsein einen Dienst erweisen wollte. 

4. ZEIT UND ORT DER KYPRIEN UND KLEINEN ILIAS 

Die Kyprien und die Kleine Ilias im aristotelischen Sinne, also 
Aithiopis und Iliupersis inbegriffen, sind um die fertige Dias so, wie 
wir sie lesen, nach einheitlichem Plane unter steter Berücksichtigung 
ihrer Motive herumgelegt, zusammengearbeitet wie jene aus älteren 
imd jüngeren einst selbständigen Kleinepen. Das hat die Recon- 
struction dieses engeren troischen Kyklos und seine Analyse er- 
geben (S. 2 8 1 fL). Er ist also jünger als die Ilias. Dem entspricht die 
ethische Tendenz, die diese beiden Epen im Gregensatz zur Ilias 
charakterisirt Das ist hesiodischer Geist Anklänge hat zwar auch 
die Ilias an Hesiod, aber nicht im ethischen Sinne. Den Kyprien 
aber und somit dem ganzen troischen Kriege hat der Dichter nach 
hesiodischem Vorbild als Leitmotiv das sinnvolle Walten des Zeus 
vorangestellt, und im Beginn der Kyprien wie in der Iliupersis die 
Strafe des Unrechts, den Sieg der Gerechtigkeit gefeiert Ist nur 
einmal in einem spätem Stück der Ilias (Z) Athene Ilions Stadt- 
gottin, so ist sie das für die Klleine Ilias durchaus: am Palladion 
hängt Ilions Schicksal, an ihr Bild flüchtet Klassandra, ihre Grottheit 
verletzt Aias' Frevel, sie zu versöhnen halten die Achaier über ihn 
Grericht Neu-Ilion und sein Athenekult sind diesem Dichter bekannt 

Unsere Ilias kann nicht vor 600 etwa gemacht sein. Der Dichter 
der Kyprien und Kleinen Ilias rückt also noch tiefer ins VL Jahr- 
hundert herab. Dieser Ansatz ist schon von v. Wilamowitz und 
Wackemagel gefordert^ Grerade im Prooimion der Kyprien hat 

> ▼. WiUmowitx, H. U. 367, 45 vad S.-B. BerL Akad. 1908, 351, a: »die UinportU 
dei Leiches entbllt Stücke kaum älter alt Pindar«. 

Wackemagel, Sprachl. Unten. 1. Homer ■■ Fonch. i. griech. n. lat Gram« IV 
(1916) 182. 



Kytrkn und Kinm lUas m Atktn campamirt 341 

Priamostochter Laodike zeigt, wie sie die troische Sage weiter- 
webten.* 

Der Schluß ist unentfliehbar: Kyprien und Kleine Ilias sind 
ebenso wie unsere Odyssee im Athen des VL Jahrhunderts compo- 
nirt, diese zur Zeit der Peisistratiden, jene nicht vor seinem Ende» 
aber doch wohl noch, so möchte ich glauben, imter ihrer Sicherheit 
und Ruhe gewährenden, Dichter anlockenden Herrschaft. Mit diesen 
gesicherten Ergebnissen treten wir an die Frage heran: wo ist 
unsere Ilias entstanden? 



5. ENTSTEHUNGSORT UNSERER lUAS 

Unsere Ilias^ nicht älter als etwa 600, kann kaum noch in lonien 
ihre Form erhalten haben. Zwar wissen wir so wenig von lonien, 
daß die Behauptung, es sei damals epische Kunst dort nicht mehr 
geübt worden, in solcher Allgemeinheit und Bestinuntheit mir keines- 
wegs sicher ist Im Mutterlande aber erlebt seit dem VIL Jahr- 
hundert — älter ist Hesiod nicht — die Epik eine reiche Nachblüte, 
leicht producirend in der ausgebildeten Technik imd der festge- 
formten Sprache, die aus Asien die Rhapsoden herübergebracht 
hatten. Neben den registrirenden Katalogen ist eine Fülle selbstän- 
diger Kleinepen entstanden. Nur der Kampf des Herakles und Kyk- 
nos mit eingelegter Schildbeschreibung ist erhalten, angearbeitet 
an ein Katalogstück.^ Eoien, die die Zeugung eines Heroen durch 
einen Grott feierten, auch dessen Taten oder die seiner Nach- 
kommen sind aus Bruchstücken zahlreich nachwebbar. Wie lange 
die Katalogdichter weiterarbeiteten, zeigt das sicher erst am Ende 
des VL Jahrhunderts entstandene Bruchstück der Helenafreier.' Die 
ahnenlüstemen Geschlechter stellten ihren Rhapsoden immer neue 
Aufgaben. Daneben aber gab es im Mutterlande Grrofiepen. Unsere 
Odyssee, die Kyprien und Kleine Dias sind hier und zwar im 
VL Jahrhundert erst entstanden. Danais mit 6500 Versen, also etwa 
gleich 12 Iliasbüchem, Phoronis, die Naupaktia, Korinthiaka, zeit- 
lich nicht festzulegen, aber gewiß nicht alt, weisen durch Inhalt und 
Titel ebenso ins Mutterland wie durch ihre, wenn auch gewährlose 
Verbindung mit Dichtemamen wie Eumelos von Korinth, Kinaithon 



* Ober die Zeit der Noften unten im 9. Stack. S. 373. 

> T. Wilamowits, Herrn. XL (190$) 116. 

> T. WUamowiti, Berl KUtfiker-Tezte V i, 38. 



Mnustkius 343 

neben Kleonai und andern kleinen Nestern als Herrschaftsteilchen 
des Königs von Mykenai zu figuriren, nur daß es N 664 eine kurze 
Erwähnung findet, als Paris den Sohn des korinthischen Sehers 
Polyidos nebenher tötet Menestheus aber und die Athener sind 
N 195, 689 und besonders M 330 — 74 ohne Nötigung mit desto offene 
kundigerer Absicht hineingezwängt. Man kann die Stellen jede ein- 
zeln athetiren, ebenso wie die berüchtigten attischen Katklogverse 
B 546fiEl Aber zweifellos sind diese doch jener wegen da, es wäre 
also wenigstens ein einheitliches System attischer Stellen anzu- 
erkennen und damit wäre schon die Interpolation der einzelnen mehr 
als bedenklich. Aber aus der Epipolesis ist Menestheus A jaöfl, 
338 mit keinen Mitteln zu entfernen. Er steht mit seinen Athenern 
neben Odysseus; Agamemnon nennt ihn mit Namen vor (Uesem und 
redet dauernd zu beiden. Auch die synmietrische Anordnung der 
ganzen Epipolesis bezeugt, daß ihr Dichter an dieser Stelle zwei 
Helden hatte ansprechen lassen: Nestor steht in der Mitte allein, je 
zwei Paare stehen vor ihm, Idomeneus Meriones und die beiden 
Alanten, nach ihm Menestheus Odysseus, Diomedes Sthenelos. Vom 
ersten und vom letzten Paar wird nur je der König, Idomeneus und 
Diomedes, ang^prochen, die beiden mittleren Paare werden als 
solche im Dual angeredet, sind also von einander Gleichstehenden 
gebildet: das sind die Alanten wirklich, und auch Menesäieus steht 
als König neben dem Könige Odysseus.^ Auch diese Nennung des 
Athenerkönigs ist nur im Zusanunenhange mit seinen übrigen 
Erwähnungen begreiflich« Das Problem ist noch nie in se^er 
Schwierigkeit scharf erfetfit: entweder ist die Epipolesb eine späte 
Dichtung unter attischem Einfluß — dafür spricht nichts — , oder 
Menestheus ist statt eines andern Kameraden des Odysseus im atti- 
schen Interesse eingesetzt Aber einen solchen zu finden, ist un- 
möglich: weder die Ilias noch die Sage gibt ihm einen anderen als 
Diomedes, der aber hier von ihm getrennt ist. Vielleicht gibt es 
eine dritte Möglichkeit: Wie, wenn dieser Genosse des Odysseus ur- 
sprünglich nicht Athener war, sondern Boioter? Wer vom Athener 
nichts weiß, kann den 331 neben dem Boioterkönig Arkesilaos 
(B 495) genannten Menestheus nur als Boioter verstehen, und TTiTCidc 
sein Vater in der Ilias ist doch untrennbar von der boiotischen 



* Deshalb ist es unrichtig, wenn v. WUamowitz Ulms 273, i sagt, die Ladung too 
Nestor, Idomenens, den 2 Aiuiten, Diomedes, Odysseus ,als sechstem* durch Agamem- 
non zum Mahl B 405 seige, daft Menestheus A 326 interpolirt sei, da eben jene die 
Helden der Epipolesis seien. Da diese aber stets sieben Helden gehabt haben muS, 
kann ein Zusammenhang nrischen ihr und B 405 nie bestanden haben. 



B S46-5S« 345 

dieser Sachlage von attischen Interpolationen' reden? Wo gäbe es 
Analogien dafür? Nicht attische Interpolation, sondern ^attische 
Redaction' liegt hier von Es erklärt sich die allgemeine Auf- 
nahme dieser attisch gefärbten Stellen nur, wenn unsere ganze 
Ilias aus attischem Interesse, also in Athen diese ihre 
letzte Form erhalten hat 

Die Hauptbeweisstelle B 546—558 pflegt als sicherstes Beispiel 
später Interpolation zu gelten, eben weil sie attisch ist imd weil sie 
aus dem VL Jahrhundert stammt^ Nachdem nun 'aber ganz imab- 
hängig von ihr und Athen und jeder Rücksicht auf die ,Peisistra^ 
tische Redaction' sich eben diese Datirung für unsere ganze Ilias 
aus ihr selbst ergeben hat, so fällt dieser Grund der Verdächtigung 
gegen sie dahin. Im Gegenteil könnte sie als weitere Bestätigung 
des sicheren Ergebnisses gelten. In einem nach 600 gescha£Fenen 
Sammelwerke sind trotz aller Schulimg und fester Tradition unwillkür- 
liche Spiegelungen von Verhältnissen des VL Jahrhunderts ebenso 
selbstverständlich wie leise Annäherungen an die Sprachform dieser 
Zeit Der Bittgang zu Athene imZ, der sie als Stadtgottin von Ilion mit 
einer Priesterin der Antenoriden und in einem lebensgroßem Sitzbild 
voraussetzt, die mehrfache Darstellung einer geschlossenen Hopliten- 
phalanx sind der attischen Katalogstelle vergleichbar als Entglei- 
sungen aus dem künsüichen Archaismus des heroischen Stiles imd 
unbewußte Einmischimgen modemer Erfindungen. Es ist sehr wichtig 
und kann nicht stark genug betont werden, daß die Katalogverse 
über Athen und Aias sehr früh zu allgemeiner Anerkennung ge- 
kommen sind; sind sie doch schon vom Dichter des Katalogs der 
Helenafreier Ende des VL Jahrhunderts benutzt und konnte doch 
kein Gelehrter auch nicht im IV. Jahrhundert die Fassung nach- 
weisen, die sie angeblich verdrängt hatten.* 

Man hat sich den Kopf zerbrochen, was die von den attischen 



zu Athen. Dm f^voc 'AO^vna fJtouaKÖv der Eaneidai wird sich Um nun Stammvater 
ans Homer geholt haben, wie die Philaiden den Aias, die Pdtistratiden den Neator. 
Die Ton Toepffer, Attische Genealogie 185 — 205 mit Gelehrsamkeit nnd Sptoinn ge- 
suchten Beziehnngen sind mir recht ängstlich. 

* T. Wilamowitz, H. U. 247 ff. Dafl freilich gerade die Panathenaien gemeint sein 
müssen, lenchtet nicht ein. — Heibig, Manch. Akad. Sits.-Ber. 191 1. Nr. la, 14 will 
B SS6 sogar erst in die Zeit des Kleisthenes rocken, da dieser erst die attischen Nan- 
krarien anf 50 erhöht habe, die vorher 48 waren nnd jener Vers 50 attische Schiffe 
nennL Das ist anrichtig. Denn von den a6 Zahlangaben des Katalogs sind alle von 
30 an rond, nnr 6 geben genanere Ziffern (la, 9, 3, 11, 7, aa). 40 ist die Normalaakl 
(9X)» 50 Schiffe senden die Boioter, die Athener natarHch ebensoviel. 

* V. Wilamowits, BerL Klassiker-Teite V I, 38, H. U. a43. 



UmdickiungsmöglichkeUem sum RuMms AtiUms 3^j 

schwerlich mehr im wogenden Flusse, wie er es auch nur im be- 
schrankten MaSe gewesen sein kann, seitdem jene mächtig packen- 
den Kunstwerke g^chaffen waren und sich durchgesetzt hatten« 
Nur unter dieser Annahme sind die großen Stilverschiedenheiten 
begreiflich. Die schriftliche Fixierung, die zweifellos für alle er- 
haltenen von Anfang her anzunehmen ist, und ihre schriftliche Ober- 
lieferung wenigstens in Rhapsodenkreisen hat zur Bewahrung der 
originalen Form viel beigetragen, dazu die gegenseitige Controlle 
der concurrirenden Rhapsoden. Freilich sind einige Teile der älteren 
wie der Menis umgestaltet worden, aber nicht im leichten Spiel d^ 
Variationen, sondern um veränderten Anschauungen zu genügen. 
Am deutlichsten zeigt sich das beim Tode des Patroklos und bei 
der Verfolgung Rektors durch AchilL Der durch die Kämpfe der 
Griechen gegen die Asiaten geweckte und aufgestachelte National- 
stolz setzte diesen Barbaren die Troer gleich, und die durch die 
Poesie hochgesteigerte Bewunderung der eigenen Helden wollte sie 
noch höher heben und dem Feinde große Ruhmestaten nicht gönnen« 
Aber auch dies Stadium hatten die Gredichte schon durchlaufen und 
sich in der neuen Form festgesetzt, als sie im VL Jahrhundert in 
Athen zusammengefietßt wurden. Zusätze fireiUch waren und wurden 
dauernd wohl an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten 
je nach Bedürfnis gemacht, aber durchsetzen konnten sie sich 
schwerlich allgemein. Nur als Masse waren diese Gredichte noch im 
Flusse, weU sie nicht in einer festen Form zusammengefaßt waren. 
Das zu leisten forderte das Bedürfnis der Zeit Der Verfasser unserer 
nias hat es geleistet, ohne mehr zu wollen, als zu sanmieln, zu ver- 
binden, zu ordnen, was er als Erbe empfangen hatte: das zeigt sein 
Werk" 

Auch die andere Voraussetzimg ist unrichtig, Menestheus sei für 
die Athener des VL Jahrhunderts der einzige Vertreter Attikas vor 
nion gewesea Das Gregenteil lehrt schon die zweifellos attische 
Katalogstelle, die Aias Salaminier nennt und neben die Athener 
stellt Die Athetese von B 558, die das letzte aussagt, und der zu- 
folge er im Venetus A fehlt, hUft nichts; allein die Nennung des 
Aias von Salamis hinter Athen machte für jeden Athener damals 
imd alle späteren Grriechen Aias zum Nachbarn und Genossen der 
Athener. Das war natürlich der Sinn und Zweck dieser Stelle wie 
der correspondirenden H 199. 

Es sollte dem in der Ilias heimatlosen Aias ein Vaterland ge- 



»•Vgl. I.Bd. 353ff. 



Aüu aUiscker Heros 3^q 

Sache den Schiedsrichtern über Salamis als Beweis für Athens Recht 
an der Insel vorgetragen (Plutarch, Solon lo). Ganz ohne Zweifel 
stand dieser Stammbaum der Philaiden zur Zeit der Eroberung von 
Salamis längst bei allen fest. Denn nicht auf Grrund von B 557/558 
nach dem Erwerb der Insel haben sie ihn zu ihrem Ahnen gemacht, 
sondern weil sie einen hochgefeierten Troiakampfer zum Ahnen 
haben wollten, sie ihn in Salamis altbeheimatet wußten und sie Sa^ 
lamis für Attika in Anspruch nahmen. Als sie diese Sage in Umlauf 
setzten, gedachten sie vermutlich selbst das Erbe ihrer Väter für 
den Staat zu erwerben und mit ihm vielleicht gar die Herrschaft 
über AttiluL Daß ihr Feind Peisistratos Salamis eroberte, das haben 
sie sicher nicht verbreiten wollen, imd ebenso unwahrscheinlich ist, 
daß sie, deren Haupt Miltiades die Heimat verließ, um sich in der 
Chersonnes eine Herrschaft zu gründen, an die salaminische Großtat 
ihres Nebenbuhlers Peisistratos ihre Geschlechtssage angeknüpft 
hätten. So kann mit Fug behauptet werden: um 600, zur Zeit, als 
unsere Utas ihre Form in Athen erhielt, war den Athenern Aias 
selbstverständlich Salaminier und wenn nicht als solcher, so als 
Stammvater des erlauchten Philaidengeschlechtes der Ihre. Ihrer 
Ruhmsucht war also in den troischen Epen Genüge getan durch 
diesen ersten Helden neben Achill. Nur die Namen von Athen imd 
Salamis mußten noch in der Ilias angebracht werden. Und wenn 
ein König von Athen sich unter den Helden fand, so war das natür-. 
lieh ein neuer Stolz, auch wenn er nicht weiter hervortrat Aber 
das Verhältnis des herrschenden Athen zum beherrschten Salamis 
spiegelt sich trotz der bescheidenen Stellung des Menestheus und 
des gewaltigen Heldentums des Aias doch ganz naiv und überaus 
bezeichnend in der einzigen Stelle, die von Menestheus etwas breiter 
erzählt: M 331 — 373. Da commandirt der König von Athen die 
beiden Aianten und Teukros. Durch seinen Herold läßt er sie holen 
und der bestellt M 355 

1^VI&T€l TTCTCAO ölOTp€9^0C (piXoC U\6C K€Tc* \\kVi . • • 

364 oäb' dmOiice \ki'\ox. TeXofidivioc ATac. 

Er und Teukros, der zum attischen Xypete irgendeine Verbin- 
dung gehabt haben muß (Strabo XIII 604) — Pandion trägt ihm 
den Bogen 372 — , kommen gehorsam zum McvccMfoc ^craOu^ou 
irupTOV (374)« Die Stelle gewinnt erst ihre rechte Beleuchtung, 
wenn wir sie unter diesem Augenwinkel ansehen. Auch sie zeigt, 
wie die At'iener die Aianten als die ihrigen betrachteten« Sie 
ist aus demselben Geiste geflossen wie die naive Nebeneinander« 



Athen und du Troas 3^1 

Stadt und je eine Zeit, die für Troia und troische Sage aktuelles 
Interesse hatte, so war es das damalige Athen. Keine andere Stadt 
des Mutterlandes hatte politische Beziehungen zu Troia, auch keine 
in Asien bis auf Mytilene. Aber von lesbischen Einflüssen ist keine 
Spur im jüngeren Epos, nun g^ar in der letzten Formung um 600. 
Wir vernehmen den Widerhall aus Athens Kunst Nirgends sind 
so fleißig die troischen Sagen auf Vasen gemalt worden als von 
den attischen Meistern seit Ende des VIL Jahrhimderts. Laut und 
fröhlich spricht der naive Stolz des Atheners auf die Teilnahme 
seines Königs am Zuge wider Uios aus der Beischrift MevecOeOc öb( 
auf einem schwarzfigurigen Kantharos, wo er neben Olyteus, Pa- 
troklos, Achill, Thetis, Menelaos dargestellt ist^ 

In Troia hörten die Athener auch Rhapsoden singen. Die kleinen 
Herren dort hielten sich so gut wie anderswo ihre Aoiden, und 
diese sangen natürlich auch ihren Ruhm und dichteten ihn älteren 
Gedichten an und ein. Der homerische Aphroditehymnus ist nicht 
älter, sicher far die Aineiaden gedichtet Ihm entspricht das Gedicht 
vom Zweikampf ihres Ahnherrn mit Achill und der göttlichen Ver- 
kündigrung der Herrschaft seiner Nachfahren in der Troas, das wir 
im Y lesen. Die Antenoriden, die mit Recht schon von Robert für ein 
geschichtliches Herrengeschlecht der Troas erklärt sind, sorgten 
nicht weniger für ihren Ruhm« Sie werden in Hion selbst Königs- 
rechte geübt haben, da Theano, Antenors Gattin, Z 299 zur Priesterin 
der Stadtgöttin Athene gemacht ist Die troische Landschaft wurde 
den Athenern anschaulich und auf der Höhe von Ilion fanden sie 
den Kult ihrer Göttin Athene. Wie sollten sie sich nicht darüber 
freuen? Wie sollte das nicht ihre Phantasie erregen? Selbstverständ- 
lich hatte sie schon zur Zeit des großen troischen Krieges ihren 
Tempel dort auf der Burgspitze gehabt, wo er jetzt stand. Aber sie 
hafite ja die Troer. Deshalb wandte sie die Augen ab von ihrem 
Gebet Der Bittgang der Troerinnen im Z ist nicht vor dem Ende 
des VIL Jahrhunderts gedichtet Er schildert Athenes Bild als Sitz- 
bild, wie die Athener solche Athenebilder damals kannten ^^ er läBt 
ihm einen Peplos darbringen, wie es in Athen geschah, er laßt T€patpa( 
den Gottesdienst versehen, die im attischen Cultus gebrauchlich 
waren, er weifi Laodike anzubringen, ,die schönste der Töchter He- 

>' Fnrtwftiiglcr, Berl. Vftteii-KaUlog Nr. 1737, Gerhard, Etniik.-CaiiipaB. Vatea- 
bilder Tat XIII a. Er wird anf Mitte des VI. Jahrhunderts oder noch ilter all die 
Fraa^oii-Vase feiehitst. Ich verdanke den Hinweif Stndnicska. 

*^ So das Bild im Tempd der Athena Polias in Athen: Friekenhans» Ath«D. Ifitt. 
XXXin (1908) 17. 



Troisdu Lokalkenninis nur in jüngeren Teilen der Ilias 3^3 

i3t das Achaierlager von Aias und Achill doch zweifellos deshalb 
flankirty weil ihre beiden Grabstätten feste Punkte waren« Die mäch- 
tigen Grabhügel eigneten sich ja vorzüglich als Stützpunkte für Be- 
festigungen und das Achilleion ist doch von den Mitylenaiem im 
Kriege gegen Athen zur Festung ausgebaut worden. Deshalb war 
es auch den Athenern selbstverständlich^ wenn ihnen der Verfasser 
unserer Ilias H 435 erzählte, dafi die Achaier an das große Massen- 
grab des ersten Schlachttages ihre Mauer bauten. Ihnen aber, die 
hier kämpften, mußte es unbegreiflich erscheinen, daß diese einst so 
heiß umstrittene Mauer verschwunden war, die sie so gut hätten 
brauchen können, während die Mauern Uions noch Steine zur Be- 
festigung von Sigeion lieferten.^^ Deshalb bemüht sich der Verfasser 
unserer Dias, das Verschwinden der Achaiermauer durch den Neid 
der Troergötter Poseidon und ApoUon zu erklären H 445, M i. 

Ein firischer Strom politischen Interesses floß damals von Athen 
aus in die troische Sage, belebte Altes imd zeugte Neues zu der- 
selben Zeit, als das Epos im Mutterlande warme Au&ahme und 
weite Verbreitung gefunden hatte. Es war nicht Zufall, nicht Laune 
eines Rhapsoden oder gar eines Tyrannen, daß die troische Sage 
in Athen ihre letzte Gestalt erhielt Es war eine Fügung der Ge- 
schichte. In keiner Stadt Griechenlands waren die Gedichte des 
troischen Krieges so Leben und Wirklichkeit, so Anschauung und 
Vorbild wie in Athen, das selbst in Troia kämpfte. Auch ohne die 
bescheidenen Zeichen attischer Herkunft müßte man Athen als den 
Ort vermuten, in dem um 600 die Dias ihre letzte, der Folgezeit 
allein bekannte Gestalt erhalten hat 



Erwünscht wäre, wenn sich auch in der Sprache Homers Spuren 
attischen Dialekts nachweisen ließen. Aristarch glaubte das zu 
können: hielt er doch Homer für einen Athener. Doch halten seine 
einschlägigen Beobachtungen, soweit sie bekannt sind, nicht stand. 
Jüngst hat Wackemagel nach Vorgang anderer Atticismen nachzu- 
weisen gesucht Aber er hat lebhaften Widerspruch namentlich bei 
v. Wilamowitz geftinden.^ Darin freilich stimmen alle, auch v. WiUi- 
mowitz, überein, daß der vorliegende Text attische Spuren enthalte. 

" stTÄb. 599» 38. 39. 

^* Wackernagel« SprachL Unten, sn Homer ■■ Fonch. t. griech. n. Ut. Grammatik, 
hrg. Ton Kretachmer und Kroll IV (1916), wo I, l die Literatur. Dagegen t. Wila* 
mowiti, niaa and Homer (1916) 506 nnd K. lielster: die homerische Knnataprache 
HPreinchrift. d. Jabkmowtki-Get. 49 (1921). 

Betha, Hmmt. n aj 



355 



6. DIE PEISISTRATISCHE RECENSION 



Die moderne Homerforschimg ist ausgegangen von der Über« 
liefenmg, Peisistratos habe die homerischen Gedichte gesammelt^ 
und geordnet Sie ist für den Abbi d'Aubignac und F. A.Wolf eben« 
so Voraussetzung wie far G. Hermann und Lachmann. Die Haltbar« 
keit dieses Fundaments zu prüfen ist der angeblich voraussetzungs« 
losen Wissenschaft nicht eingefallen, bis endlich 1862 Lehrs und 
1 884 V. Wilamowitz dazu gefuhrt wurden.* Auch sie nicht etwa durch 
methodische Bedenken beim Aufbau ihrer Untersuchungen, sondern, 
wie das so zu gehen pflegt, durch den Widerspruch, in den ihre auf 
anderem Wege gewonnenen Anschauungen zu dieser Oberlieferung 
geraten waren. Lehrs wollte Aristarch retten, der Homer für einen 
Athener lange vor Pebistratos gehalten hat; v. Wilamowitz wollte 
seinen Glauben, die Uias sei schon vor Archilochos undHesiod fertig 
gewesen, auch gegen Angriffe von dieser Seite her sicherstellen. 
Sie haben beide die peisistratische Recension verworfen: ist doch 
eine Kommission von vier Homerordnem so unmöglich wie die 70 
Obersetzer des Alten Testaments und solche philologische Unter- 
nehmung im VL Jahrhundert überhaupt undenkbar. Trotzdem ist der 
Glaube an Peisistratos' Sammlung homerischer Gedichte niemals 
ganz verschwunden« Ja, so sehr ist die zugrunde liegende Vorstellung 
gefestet, dafi selbst ihr heftigster Angreifer heute noch unter ihrem 
Banne steht: konnte er doch 19 16 eine üiasanalyse vorlegen, ohne 
auch nur mit einem Worte zu erwägen , ob dies Epos nicht das ist, 
wofor es sich gibt, ein einheitliche^ G^cht, und wofür die Alten 
es stets gehalten haben: Cv ci&iia cuvex^c öiöXou ical eödp^ocrov; sie 
stammt ja auch nicht von 191 6, sondern aus den Anschauungen 
seiner Jugendzeit 



nUi stehen mit Aammhme der rhoditchen Tlepolemosepisode E628, 638 fiut nur in 
Stocken, die anch sni anderen Gründen f&r rnntterUndiich ^ten müiten: in Atdc 
&K&n\ (i. S. 308) £266, 324, im Schiffikatalog (i. S. 345) B653, 658» 666, 679, ia 
Nestors Epcierksmpf A 690, in Zudichtungen des Yerliusers unserer Sias 25, 630 Q% 

1117, T98, Yi45(?)- 

> Die Zeugnisse bei F. A.Wolf, Prolegomena 33, Ritschi, Opnsc I, snletst bei 
T.W. Allen, Classical Qnaterlj VII (1713) 33, der mit Lebensdaten des Arktinos nsw. 
operirt In neue Bahnen hat die Frage gdenkt ▼. Wilamowits, H. U. 243. Vgl. Matth. 
Yaleton, Memosyne N. S. XXIY (1896) 405, Caner, Grundfragen' (1909) 125 und Gott 
Gel Ans. 1917, 596 ff. 

' Lehrs, Rhein. Mus. XVII (1862) — de Aristarchi stud. Hom.* 437. v. Wilamo- 
wits, H. U. 236. 

23* 



9 «5 Fünftes Buch, 6, Die pemstraHsche RecemUm 

V. Wilamowitz hatte mit seinem Scharfsimi selbst die Handhabe 
geboten, den bekämpften Glauben zu verteidigen. Denn gleichzeitig 
hatte er etwas sehr viel Wichtigeres geleistet: den Nachweis, daB 
sicher schon das IV. Jahrhundert, wohl schon das V. überzeugt war, 
Peisistratos habe den Iliastext in attischem Interesse beeinflußt Ifit 
vollstem Recht Denn der Preis Athens und seines Menestheus 
B 546 — 556 und die Annexion von Salamis mit dem Telamonier Aias 
B 557/558 bezeugen das um -so klarer, als sie im schreienden Gegen- 
satz zur Unwichtigkeit jenes und zur überragenden Bedeutung des 
Aias stehen, der noch dazu in der Ilias ohne Vaterland ist und 
nicht neben den Athenern in der Schlachtreihe steht (f 230). Und 
weiter hat er selbst bewiesen, daß diese zweifellos attischen Verse 
des VL Jahrhimderts nicht nur Herodot VII 161, 163 imd der ionische 
Epig^ammendichter der Hermenstoa (Aischines m 185), sogar schon 
der Verfasser des ,hesiodischen< Helenafreie rkatalogs (Berlin JEClassiker- 
texte V 1 , 38) im VT. Jahrhundert selbst gekannt haben. Daneben 
steht eine noch viel merkwürdigere Tatsache: weder die Alexan- 
driner, die an ihnen schweren Anstoß genommen haben — Zenodot 
athetirte B 553 £, Aristarch B 558 — , noch Dieuchidas von Megara 
im IV. Jahrhundert haben eine Variante oder gar die lu-sprüngliche 
Lesart für Salamis und Aias statt B 557/558 zu geben vermocht^ 
mit andern Worten: es gab schon damals keine andere als die 
attische Fassung. 

Die Überlieferung von der peisistratischen Recension ist nicht 
glaubwürdig, die Tatsache aber der Textgestaltung unter attischem 
Einfluß seiner Zeit und ihre Alleinherrschaft schon seit dem V. Jahr- 
hundert steht fest, ihre Wirktmg bereits Ende des VL Jahrhunderts. 
Wie ist das zu erklären? v. Wilamowitz hat es versucht durch den 
Hinweis auf die Centralisation des Buchhandels in Athen, der alle 
nichtattischen Homerexemplare ausgeschaltet und ersetzt habe.* 
Das habe ich ihm nie geglaubt Denn niemals ist der Buchhandel» 
geschweige denn das Buchwesen überhaupt, in Athen centralisirt 
gewesen, imd wäre er's gewesen, so hätte er doch nicht alle ab- 
weichenden Homertexte so vernichten können, daß die Bücherjäger 
der Ptolemaier imd Pergamener, die gewiß mit nicht geringerem E^er 
als Poggio und Consorten gesucht haben, kein einziges Exemplar 
hätten auftreiben können. Ist doch z. B. Korinna sicher nicht durch 
attischen Buchhandel erhalten. Oder war etwa in Athen für ,Kalli- 
nos' Elegien oder Semonides von Amorgos auf einen Leserkreis zu 



' V. Wilamowitz, H. U. 243. ^ H. U. 257, Dias und Homer 14. 



Vorherrschtet des attischtn Buchhandils? 3jy 

rechnen, daß ein attischer Buchhändler die Kosten einer Abschrift 
riskirt hätte? Ein andermal^ mißt v. Wilamowitz den Rhapsoden- 
preisen an den Panathenaien die Wirkung zu, daß sie in attischem 
Interesse interpolirt hätten. An sich ist das denkbar, aber ganz un- 
denkbar, daß diese Interpolationen sich so ganz allgemein auch 
außerhalb Athens durchgesetzt und das Echte spurlos verdrängt 
hätten; undenkbar auch, daß einzelne zu verschiedenen Zeiten so 
systematisch interpolirt hätten, daß sich die Stellen gegenseitig 
stützen« 

Nun habe ich ater bewiesen,daß die Uias nicht vor 600, die 
Odyssee noch später, die Kyprien und Kleine Ilias am Ende des 
VL Jahrhunderts und alle diese in Athen entstanden sind, bewiesen 
durch die eigenen Aussagen dieser Epen« Die Überlieferung über 
Peisistratos' Sanunlung weist in dieselbe Zeit und dieselbe Stadt. 
Jetzt hat die Frage nach ihrer Glaubwürdigkeit einen andern Klang 
als früher. Hat sie nicht doch wenigstens einen richtigen Kern? 
Was besagt sie denn eigentlich? Das zu beantworten, muß man sich 
natürlich nicht an die 8i>ätesten und genauesten Ausmalungen halten, 
sondern an die ältesten Zeugen und alles Beiwerk wegschneiden. 
TTeictcTpaToc lnr\ id 'Ofyiifipou bieoracM^va t€ koI äXXaxou )yivimov€u6|i€va 
fiOpotle heißt es bei Pausanias VII 26, 13 und fast mit denselben 
Worten, aber noch schärfer sagt Cicero de oratore lU 34: ^isistratus 
primus Homeri libros, confiisos antea, sie disposuisse dicitur, ut 
nunc habemus.' Das heißt doch nichts anderes, als was wir so aus- 
drücken würden : die homerischen Gedichte sind im VL Jahrhundert 
zu Athen in die vorliegende Form gebracht. Also eben das besagt 
diese Überlieferung, was die Gedichte selbst bezeugen. Die Alten 
haben das nicht aus ihnen geschlossen, konnten es gar nicht Wo- 
her also stammt sie? 

Die Parallelüberlieferung hilft weiter. Wie Dieuchidas von Me- 
gara im 5. Buche seiner Megarika* dem Peisistratos die Jnter- 
polation^ der Athenerverse im Schiffskatalog B 5468! zugeschrieben 
hatte, so heißt es bei Plutarch Solon 10, dieser habe, um den Streit 
um Salamis zugunsten Athens vor den lakonischen Schiedsrichtern 



* Griecb. Lit. Gesch.* 69. Ober leine Behiuiptiiog, der Text der Ilias und Odyssee 
habe bis in die AlezaDdrinerzeit geschwankt, s. das Vorwort zu diesem n. Bde. 

* Bei Diogenes Laert. I a, 9, 57 ergSnst von RJtsehl, Op. I, ygl ▼. Wilamowita, 
Hom. Unt. 240. 

Ober das Alter des Glaubens an die peisistratische Recension Kohl: ,die home- 
rische Frage und die Chorisonten*. N. Jahrb. XLVII (1921) 204ff. SeU in Saggi di 
storia ant. a Beloch (Roma 1910) 332 fordert nicht 



Das PanatksmaünguetM jjq 

ist für die dreigespaltene Überlieferuog über die Sammlung der ho- 
merischen Gredichte damals in Athen«^ 

Dies Panathenaiengesetz muß etwas Besonderes, etwas Neues 
von den Rhapsoden gefordert haben. Sonst wäre es nicht gegeben, 
auch nicht als besonderer Ruhmestitel den großen Athenern des 
VL Jahrhunderts beigelegt worden. Die Rhapsoden trugen vordem 
in Athen wie überall selbstverständlich nur Stücke vor, mit denen 
sie größten Erfolg zu erringen hofften. Das sind also abgerundete 
Gedichte, Kleinepen gewesen, wie die Oime von Achills und Odys- 
seus' Zaiik, deren Ruhm damals zum Himmel stieg (6 74), oder die 
Hiupersis (8 500), kurze Dichtungen, von denen die Hörer gern 
mehrere hintereinander hörten (0 90), oder wie Hesiods Gedichte 
oder der »Schild des Herakles', oder die ,Hynmen<. Die Spielereien, 
wie sie der ,Agon< schildert, sind Auswüchse des Virtuosentums. 
Wenn nun die Athener verlangten , die homerischen Gedichte in 
fester Reihenfolge zu hören, so kannten sie nicht nur die großen 
Epen in festem G^fiige, sie legten auch Wert auf sie, waren stolz 
auf sie. Ich habe S. 351 gezeigt, wie lebhaft die Anteilnahme der 
Athener an dem troischen Sagenkreise war, seitdem sie, politisch 
erstarkend, in der Troas von ihrem Sigeion aus und gegenüber in 
der Chersonnes kampiften, da, wo die Helden einst mn Ilion ge- 
rungen hatten, wie dort in der Troas selbst die troische Sage im 
Epos neu auflebte und weitergedichtet wurde, und daß gerade im 
damaligen Athen, wenn irgendwo, alles zum Zusammenschluß des 
weit ausgewachsenen Stoffes drängte. Er ist wirklich in Athen im 
VL Jahrhundert geleistet: das lehren die Gedichte selber. So hatten 
die Athener wahrlich Gnmd, stolz darauf zu sein und darauf zu 
halten, daß diese mächtigen Gedichte auch gewahrt blieben und als 
solche ihnen festlich vorgetragen wurden. Haben sie im V. Jahr- 
hundert an einem einzigen Feste außer den Männer- und Knaben- 
chören und fünf Komödien noch drei tragische Tetralogien genuß- 
freudig aufzunehmen vermocht, so wird man gern glauben, daß sie, 
als es das alles noch nicht gab, gern die ganze Dias und noch mehr 

* Es ■chdnt fiut, all ob v. WUamowiU, Uias und Homer 14 anerkemit , «US die 
ÜberUefenuig über Petiittratos mit dem PanatheiiaieiigeteU soMmmenhlnge. 

Mit Schol. Pindar N. II i ist nichti anzofangen: KyDaithot von Chios und andere 
Rhapaoden iroXXd «nlrv Imliv noiyicovTCC Im^oXcIv de t^v *Ofif|pou iro(f)av. Damit 
kdontca die Tiden leeren Zutaten und Varianten gemeint sein. Auch Lyküg kann alt 
Concnrrent für Peisistratos nicht im Ernst gelten. 

Der Übertiefcrvngsgllabige konnte auf Gnmd meiner Datinmg der Blas, Odjrssee, 
KykUka sagen, Solon habe für die lUas, Peisistratos aach für die Odyssee, Hipparck 
Ar den gansen troischen Kyklos diese Bestimmimg getroffen. 



360 Füftftes Buch. 7. Znt der eingtarbeiitUn Jliasgulickie 

hintereinanderweg, allerdings wohl auf mehrere Tage verteilt, mit 
Vergnügen anhörten, wie heute noch oder vor kurzem doch Serben, 
Albanesen, Montenegriner uns unbegreifliche Massen von HeldcD- 
liedem hintereinander anzuhören begierig sind oder waren.* 

Die Überlieferung ist also ganz in Ordnung, wenn man sie nur 
recht versteht Von einer ,Recension' der homerischen Gredichte 
durch Peisistratos ist nicht die Rede, aber das Panathenaiengesetz 
hatte dem Gedächtnis bewahrt, dafi nicht wie früher beliebige Klein- 
epen oder Einzelscenen am Rhapsodenagon vorgetragen werden 
durften, sondern die festen Gebilde der homerischen Gedichte in 
der Form, in der wir heute noch wenigstens Ilias und Odyssee 
lesen. Und wenn man nicht nur dies Gesetz, sondern auch die 
Schaffung dieser abschließenden Form der homerischen Poesie in 
diesen planvoll umfassenden GroBepen dem Solon, Peisistratos oder 
Hipparch zuschrieb, so tat man nichts anderes, als was tausendmal 
geschehen ist Die Grundlage aber, das Panathenaiengesetz, ist ein 
urkundliches Zeugnis und dies bestätigt das Ergebnis, das die Prü- 
fung der Gedichte geliefert hat. 



7. ZEIT DER EINGEARBEITETEN lUASGEDICHTR 

Wie die Oberzeugimg von der gewollten künstlerischen Einheit 
unserer Ilias, so wie sie ist, gewonnen durch das Verstehen ihrer 
Composition, deren Absichten und Mittel \ den Weg zu ihrer metho- 
dischen Analyse öffnet, so schafft ihre zeitliche und örtliche Fest- 
legung den festen Grnmd, auf dem die Chronologie ihrer Teile ge- 
baut werden kann und ihre wissenschaftliche Verwertung für Lite- 
ratur, Geschichte, Sprache mit etwas größerer Sicherheit und Ge- 
nauigkeit, als bisher möglich war. Die Sprachforschung hat die 
Ausbildung des Epos nach lonien verwiesen und aiolische Elemente 
in ihr aufgezeig^t, die Vergleichung mit den ältesten nichtepischen 
Dichtem hat ergeben, dafi sie bereits Sprache, Vers, Technik des 
Epos voraussetzen. So glaubte man, die Ilias ganz oder doch zum 
größten Teil wenigstens ins VIIL Jahrhundert setzen zu müssen« Es 
ist für das Ganze der Ilias ein Irrtum. Zu allgemeiner Anerkennimg 
war dieser Ansatz auch so wenig durchgedrungen, dafi Schwan- 
kungen um einige Jahrhunderte hinauf und herab nicht nur für 



* Marko, Neoes über südslawische Volksepik. N. Jabrb 1919» 273. S.-B. d. Wiener 
Akad. Bd. 173, 3 und 176, 2 (1913/5). 
> Bd. I 359flf., 56ff. 



,Alt und gut, jung und schUckt 361 

Teile, auch fürs Ganze möglich blieben. Jetzt ist das VL Jahr- 
hundert festgelegt und Athen als der Ort bestimmt, an dem unsere 
Dias ISO, wie wir sie lesen, aus älteren Gedichten in großer Com- 
position zusammengestellt ist, eine Sammlung beliebtester Stücke 
um das berühmteste, die Menis. Alles, was ihr Verfasser, um die ver- 
schiedenen Teile zusammenzuschweißen, hinzugetan hat, ist also so 
jung. Ich habe die Auslösung im L Bande versucht imd S. 36off. 
zusammengefaßt. Da andrerseits anschauungslos gewordene Vor- 
stellungen wie der thessalische Ol3rmp als Götterberg, aiolische 
Worte und Formeln, urtümlich rohe Anschauungen, langst über- 
wundene eherne Bewaffnung sicherlich hohes Altertum bis ins zweite 
Jahrtausend hinauf bezeugen, so ist in unserer Dias poetische Arbeit 
von etwa sechs Jahrhunderten beschlossen. Von homerischer Welt- 
anschauimg, homerischer Religion, Staat und Kultur im Sinne ge- 
schichtlicher Wirklichkeit zu reden, ist unerlaubt; es hat nicht ein- 
mal Geltung als conventionelle poetische Anschauimg, da auch sie 
im Flusse blieb. Denn so gewiß diese Dichter bemüht waren, den 
Stil zu halten, mit den alten Geschichten veraltete Sitten und Vor- 
stellungen zu bewahren, so ist doch selbstverständlich und längst 
beobachtet, daß ihnen das nicht immer gelungen ist und daß sie ge- 
legentlich auch bewußt mildere Bräuche geläuterter Sittlichkeit, so 
in der Behandlung der Feindesleichen, eingeführt haben. Zu ge- 
schichtlich verwendbaren Ergebnissen kann man deshalb überhaupt 
kaum gelangen. Vorsichtige Zurückhaltung ist unbedingt geboten. 
Die Schichten zu scheiden ist die Aufgabe. Nur die Analyse kann 
ihre Lösung versuchen und zugleich den Aufbau einer relativen 
Chronologie von unserer Ilias des VL Jahrhunderts an aufvrärts. Sie 
rückt eine Reihe der eingearbeiteten Stücke dicht an diese Zeit 
heran. 

Ein glücklicher Zufall hat es ermöglicht, wenigstens einen der 
jüngsten Bestandteile der Ilias, den Bittgang der Troerinnen im Z 
um 600 mit unanfechtbarer Sicherheit zu datiren, auch konnte für 
seinen Dichter die Kenntnis von Neu-Uion, seines Kultus und seiner 
Priesterfamilie nachgewiesen werden (S. 3 1 1 ff.). Also nicht nur alte 
Gedichte hat der attische Verfasser der Ilias gesammelt, die Pro- 
duktion war bis auf seine Zeit lebendig geblieben. 

Niemand wird dies junge Stück für elendes Machwerk erklären. 
Die üblichen Urteile ,alt und gut^ jung und schlecht^, die doch nur 
eine andere Wendung der oft verdammten aristarchischen Gegen- 
überstellung von Homer und den vciirrepoi darstellen, sind eben 
falsch. Gewiß steht die Menis mit ihrer Wucht und Tiefe über allen 



Tkersites, Glattkas und Dianudes. DoUmU 35^ 

lebensfrische Schilderung paßt trefflich ins VIL Jahrhundert und 
besser in die zweite als in die erste Hälfte. 

Auf dieselbe Zeit, das Ende des VIL Jahrhunderts, wo die Ante- 
noriden in Neu-Ilion safien und das Interesse sich von neuem Troia 
und den troischen Sagen zuwandte, weist auch das Y 156 aufgenom- 
mene Gredicht vom Zweikampf des Aineias mit Achill durch die 
Weissagung der Herrschaft der Aineiaden in Troia, auf die es aus- 
läuft (Y 307). Sie hat im ganz jungen Aphroditehynmus* ihre Paral- 
lele und entspricht der geschichtlich beglaubigten Tatsache der an- 
dauernden Herrschaft der Aineiaden in der Troas. Der Stolz auf 
heroische, von der Sage gefeierte Ahnen und die Liebhaberei für 

Sofie Stammbäume setzen ja auch alteingesessenen Adel imd alte 
>erlieferung und Übung solcher Herrenpoesie voraus. 
Dieselben Eigentümlichkeiten hat die auch in der Anlage fast 
gleiche Begegnung des Glaukos und Diomedes Z 119 — 236, 
auch dies ein geschlossenes Gedicht Es gehört auch derselben Zeit 
an. Es preist das erlauchte lykische Fürstengeschlecht, das sich von 
Bellerophon ableitete und wie das der Aineiaden geschichtlich be- 
zeugt ist' Das Natürliche ist also, es an ihrem Hofe entstanden zu 
denken, und nach dem, was wir vom Vordringen griechischer Kul- 
tur in dieser Zeit zu den Barbaren Kleinasiens wissen, ist es durch- 
aus wahrscheinlich, dafi auch die lykischen Fürsten wie die Ainei- 
aden Troias sich ionische Rhapsoden hielten« Dafi sie's taten, be- 
weist der in € 627 eingearbeitete (I. Bd. 275) Sieg Sarpedons über 
seinen Nachbar, den Herakliden Tlepolemos von Rhodos (B 655), 
der nur für Lykier Sinn und Interesse haben konnte. Er trägt (Ue 
Zeichen der Jugend an der Stirn. 

Auch die Dolonie wird ins VIL Jahrhundert gehören, von 
V. Wilamowitz (Dias 6 2 ff.) treffend charakterisirt als heroisches 
Spiegelbild griechischer Kolonistenkämpfe in Thrakien. ,Wenn 
vieles mehr nach der Welt des Archilochos klingt, so wird es dieser 
auch zeitlich näher stehen als der alten heroischen Heldendichtung*, 
schliefit er, belegt seine Jugend auch lexikalisch und doch hält er 
es nach einer Notiz im Index 517 (vgl 57) für älter als Hesiod. Aber 
die paar Anklänge bei ihm an das K beweisen das nicht Und selbst 
wenn für eine oder die andere der correspondirenden Stellen, was 
ich nicht zugeben kann, Abhängigkeit bestünde, so bliebe die Frage 



* Trüber, Diisert HaUeni. XV 7903. 

* Benndorf, Dm Heroon von GjöUMtohi Tryia, Wien 18S9, 61 ff.» meineii Artikel 
in Real^Eiicjkl. m 247. 



364 Fünflis Buch. 7. 2M der emgearMUiem lUatgedickU 

offen, ob nicht vielmehr K von Hesiod geborgt hätte. Ich sehe 
keinen Grund, die Dolonie über Archilochos' Zeit hinauf zuschieben. 

So sind fünf oder sechs Gedichte der Ilias mit ziemlicher Sicher- 
heit auf das VIL Jahrhimdert, Mitte oder zweite Hälfte datirt Die 
epische Kunst hat also auch in Kleinasien noch in dieser Zeit 
munter fortgeblüht und schöne und eingenartige Früchte getragen. 
Daß sie gestockt oder gar eine jähe Unterbrechung erlitten habe, 
ist unwahrscheinlich. Vielmehr wird sie sich in ununterbrochener 
Entwickelung fortgeflanzt haben. Aber sie stufenweise weiter hin- 
auf zu verfolgen, ist überaus schwierig, da diese Aufgabe fast aus- 
schließlich dem Stilgefühl zufallt Jeder weiß, wie leicht das trügt 
Erschwert wird sie noch dadurch, daß eine Reihe von Gredichten, 
zumal aus dem ersten Drittel der Ilias, selbständig nur auf den all- 
gemeinen Voraussetzungen der troischen Sage gebaut, nicht die 
Möglichkeit gewähren, auf gegenseitige Abhängigkeit zu schließen. 
So das Eidbruchsgedicht TA, die Epipolesis A, die Diomedie E, Aias' 
und Hektors Zweikampf. Nur vom Siege des Menelaos über Euphor- 
bos P ist so viel sicher, daß dies Stück am Ende des VIL Jahr- 
hunderts noch für sich bestand (S. 32 1 f.), vielleicht war es nicht viel 
älter. Auch die anderen möchte ich nicht hoch hinaufsetzen. Die 
Diomedie nicht, weil sie die thebanische Sage bis auf die Epigonen 
ausgebildet voraussetzt. Doch hat sie eine längere Entwickelung 
hinter sich (I. Bd. 277 f.). 

Andere kann man wenigstens nach der Monis ansetzen. Denn 
die XÜTpa Q, sicher ein ionisches Gedicht (615), die Xirai l, die xei- 
XOfiaxia M, Patroklos' Bestattung V — die iOXa gehören zum jüng- 
sten Bestände — setzen alle jenes mächtige Gedicht voraus, ebenso 
Hektors Begegnung mit Paris und sein Abschied von Andromache 
Z (I. Bd. 349), vielleicht auch Agamemnons Aristie A, während das 
bei der Hoplopoiie T zweifelhaft bleibt. Ihr zeitliches Verhältnis 
gegeneinander abzuwägen, sehe ich keinen Anhalt Agamenmons 
Buckelschild A 36 imd Streifenpanzer verweist die Archäologie in 
die geometrische Zeit des VIEL Jahrhunderts.* 



>•< 



Entscheidendes aber würde gewonnen, wenn die Monis auch 
nur annähernd datirt werden könnte. Der poetische Nachwuchs, 
der um das Menisgedicht^ und auch an ihm selbst gewuchert hat, 

^ Ober Agamemnons Rnstnng oben S. 334. 

^ Das älteste aoßerhomerische Zengnis für die Existenz der Menis ist Alkaios 
Oxyrh. Pap. X 1233, Frg. 3 — Nr. 10, Diebl, Snppl. lyr.' 



Menü 365 

und die Tatsache, daß der Verfasser unserer Elias es seinem großen 
Epos zugrunde legte, beweist unzweideutig, daß es dauernd be- 
rühmt und stets lebendig geblieben war. Das war keine kurze 
Spanne Zeit Zwischen der Menis und der Dias liegen nicht nur die 
kleinen Um- und Ausdichtungen, sondern auch all jene von ihrem 
Verfasser eingearbeiteten Einzelgedichte, die in engerer oder freierer 
Anlehnung an Achills Zorn und Hache frei erfunden und selbständig 
gestaltet waren. Sie zeigen der Menis gegenüber sehr bemerklichen 
Wandel der Anschauungen. Behandelte ihr Dichter Achaier und 
Troer, Achill und Hektor mit gleicher Liebe ohne Parteilichkeit, so 
hatte ein bis zum Chauvinismus gesteigerter Nationalstolz Patroklos' 
Sieg bei den Schiffen durch den Sarpedonkampf bereichert und 
seinen Tod zu einem ungeheuren Ereignis umgestaltet, an dem 
Apoll beteiligt wurde und Hektor als feiger Schwächling erschien, 
hatte auch wohl die Niederlage der Achaier durch Einzelsiege ihrer 
Helden gemildert und Hektors mutigen Todeskampf durch seine 
Flucht und göttliches Eingreifen umgestaltet Noch auffallender ist 
die Milderung der Sitten. In der Menis wurde die Schändung des 
getöteten Feindes selbstverständlich ohne jede Einschränkung ge- 
übt So sagt Diomedes A 395: ,Melir Vögel werden um seine Leiche 
sein als Weiber zur Klage*, so Odysseus A 452 , Vater imd Mutter 
werden dir nicht die Augen zudrücken, sondern gefräßige Vögel 
werden dich zerreißen^ so wünscht sich Achill X 345 gar, er könne 
Hektors Fleisch von den Knochen reißen und fressen, wenigstens 
sollen Hunde und Vögel ihn zerreißen. Diesem geschlossenen Bilde 
roher Grausamkeit gegenüber steht die Milde der Lytra. Und gar 
dem Verfasser unserer Ilias ist die Auslieferung der Gefallenen an 
die ihrigen (H 375, 42 3 ff.) ebenso selbstverständlich wie dem Mtois- 
dichter die Schändung. Beides, das Aufkommen des Nationalismus 
wie die Verfeinerung der Cultur, setzt einen größeren 2^itraum vor- 
aus, der die Menis von unserer Dias trennte. 

Aber diesen Abstand mit Zahlen auszumessen, wird man nicht 
leicht wagen. Es gibt Perioden, in denen die Cultur mit Riesen- 
schritten voranschreitet Daß in Goethes Weimar 1786 ein Brand- 
stifter von Rechts wegen öffentlich verbrannt wurde , daß damals 
noch Folter und Spießruten geläufig waren und deutsche Fürsten 
ihre Landeskinder als Soldaten verkauften, dünkt uns ungeheuer- 
lich und war schon nach fünfzig Jahren in Deutschland unmöglich« 
Weltenfern liegt andererseits auch dem Dichter des Q jene Vor- 
stellung noch nicht: Hekabe versteit^t sich Q 212 in ihrem Haß 
gegen Achill zum Wunsche, ihm die Leber aus dem Leibe zu reißen. 



Hmma^ 367 

wickeln aus den Charakteren herans, die er Urnen gq^eben, ihr tra- 
gisches Schicksal Und gewiA g^anbte der Verfasser der Sias nur 
das Werk Homers xn voUenden, wenn er die Gedichte, die sich um 
und an sie geschlossen hatten, und deren viele wohl schon mit ihm 
oder Teilen von ihm verbunden waren und unter seinem Namen wie 
auch viele andere umliefen, zu einer neuen groAen Einheit künst- 
lerisch zusammenfügte. 

Die Überliefierung über Homers Persönlichkeit aber hat v. Wila- 
mowitz (Dias 372) nach Smyma und Chios und bis ins VIIL Jahr- 
hundert hinau%efuhrt. Die ältesten Elegiker, lambographen und 
Lyriker kennen die homerische Verskunst» Sprache und Technik, 
kennen homerische Wendungen, Götter, Gestalten und Greschichten. 
Auch sie beweisen, daB diese Kunst damals fertig ausgestaltet war, 
sie ihre HSie schon erreicht hatte. Das trifft alles zusammen. Noch 
weiter hinauf zu s t eigen, scheint mir weder notwendig noch wahr- 
scheinlich. Die Kunst freilich, die Homer vollendet, ist viel älter. 
Nicht unsere Ilias, wohl aber ihr Bestes, die Menis, die ihr Anfang, 
Mitte und Ende, die ewigen Gestalten, die Handlung und die ge- 
waltige Tragik gab, sie ist im VID. Jahriiundert gedichtet, das Werk 
Homers. 

8. DATIRUNG 
DER IN DIE ODYSSEE EINGEARBEITETEN GEDICHTE 

Als Ganzes ist unsere Odyssee erst im VL Jahrhundert ent- 
standen. Hat die ihr eii^earbeitete Telemachreise y & wirklich un- 
mittelbare Beziehung zu Peisbtratos, so gehört die Odyssee erst der 
Mitte oder gar der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts an. Das wäre 
das richtige Verhältnis zur Dias. Einen Terminus ante gibt vielleicht 
die Basis des Amyklaischen Thrones. Nach Pausanias lU 18, 11, 16 
hat sie unter anderen Demodokos mit dem Phaiakenchor und Mene- 
laos mit Proteus dargestellt Aber ihr Künstler Bathykles ist nicht 
genauer datirbar, jetzt wird er bis ins V. Jahrhundert hinabgedräckt. 
AuBer der anmutigen Novelle von Telemachs Reise (jb) gehört 
also noch ein quantitativ bedeutender Teil unserer Odyssee erst 
der Peisistratidenzeit an. Auch das Nostosgedicht (c — v') ist in der 
übernommenen attischen Bearbeitung (S. 333) schwerlich viel älter. 
Wo und wann aber seine erste geniale Composition gemacht ist, die 
Odysseus' ganze Irrfohrten in seiner Icherzahlung bei den Phaiaken 
zusammenfaßte, ist schwer zu sagen. Einen sicheren Terminus ante 
gibt die Kypseloslade, die bereits Nausikaa zur Wäsche fahrend 



Kykhsbüdung jyi 

Dichtung überhaupt, ganz berechnet nur auf die Wirkung durch die 
neue Form, in der sie die schon bekannten Nosten der Helden von 
Troia reizvoll gruppirt und anmutig verbrämt noch einmal erzählt, 
ein Meisterwerk vollendeter Kunst Es ist nicht wahr, daS das Epos 
seit dem VIIL Jahrhundert, in das man seine Blüte zu setzen pflegt, 
henmtergekommen sei und die beiden nächsten Jahrhimderte — 
voll aufstrebenden Lebens — unfähig gewesen seien, ein hohes Epos 
zu dichten und sich vielmehr die alte Pracht nur verlumpt und ver- 
schandelt hätten. Auch sie haben noch Schönes geleistet in epischer 
Form, nur waren ihre Ziele andere, nachdem die größten Stoffe 
durch größte Meister ihre ewige Form geftmden hatten. 



9. ZEIT UND ENTWICKELUNG DES KYKLOS 

Jede Kyklosbildung steht am Ende der Entwicklung. Erst müssen 
die Reiser da sein, ehe der Kranz geflochten werden kann. Dies 
Bild genügt nicht Ein Krystallisationspunkt muß da sein. Der Trieb 
zur Kyklosbildung tritt auf, wenn eine Sage, die weite Perspektiven 
bietet, von einem Dichtergenie zum Liebling gemacht, mit ihrem 
seiner Kunst verdankten Ansehen sie selbst und ihre Grestalten zu 
zu immer höherem Ruhme emporhebt Wieder und wieder fühlen 
sich Dichter gereizt, sich an diesem dankbaren Stoffe zu versuchen: 
sie arbeiten noch ungenutzte Nebenmotive aus, fugen neue hinzu. 
So schwillt der Stoff an und rundet sich aus. Noch weiter wächst 
er an durch Aufnahme ursprünglich fremder Geschichten und Gre- 
stalten, die anderen Anlässen Dasein und dichterische Verklärung 
verdankten. Sie sollten nun auch des Ruhmes jener über alle an- 
dern erhobenen Grroßtaten teilhaftig werden. So ist, um nur ein 
Beispiel der deutschen Sage^ zu nennen , Dieterich von Beme in 
das Nibelungenlied gekommen. So Herakles in die Argonauten- 
sage , so OdysseuSy Nestor, Sarpedon und von Herakles wenigstens 
sein Bogen in Philoktets Hand in die troische. 

Ein solcher Kern, aus dem immer neue Motive aufwuchsen, war 
die Menis. Andere Geschichten schlössen sich an. Der Verfasser 
unserer Ilias machte den ersten Versuch einer Kyklosbildung: in 
seinem Epos faßte er eine reiche Fülle von Kleinepen verschiedener 
Herkunft zusanunen zu einem geschlossenen Bilde des troischen 



^ über die Kyklotbildong der fransötischeii Sa^ vgl. Morf , Kultur der Gegen- 
wart I, XI 147, Aug. Becker, Altfraas. Literatur 62. — Über nordiiche A. Hcmler, 
S.-B. d. Berl. Akad. 1919, 192. 



372 FüfrfUs Buch, Q. Zeit tmd Entwkkelung des Kyklos 

KriegeSi das er, voll Verständnis für die hohe Kunst des 
dichtersy ihm folgend in wenige Tagen zusammendrängte. Aber 
viele Gedichte blieben außerhalb und wuchsen noch nach. So wirkte 
sich der kyklische Trieb weiter aus. Die Vorgeschichte der Bias 
imd das Ende Ilions traten hinzu: es entstand sozusagen eine Gre- 
schichte des troischen Krieges. Damit hätte die Entwicklung ihr 
Ende gefunden, wenn nicht schon Odysseus in den troischen Helden- 
kreis aufgenommen wäre. Dessen Sage war längst ausgebildet, aber 
ganz anders geartet Seine Irrfahrten waren ihr Kern. Mit Odysseus' 
Einreihung in die Troiakämpfer ergab sich von selbst der Anschluß 
seiner Irrfahrten an den troischen Krieg. Nur auf der Heimfahrt 
konnte er diese Abenteuer erlebt haben. Der Nostos des Odysseus 
erzeugrte den Antrieb, auch die Nosten der anderen Helden zu er- 
zählen. So wuchs dem Kyklos des troischen Krieges ein zweiter 
Kyklos der Nosten zu. Naturnotwendig mußten sie sich beide zu 
dem riesenhaften Gebilde des TpuiiKÖc kukXoc vereinigen. Aber nur 
dem Stoffe nach ist er eine Einheit Deutlich scheiden sich seine 
zwei Teile : der troische Krieg um die Ilias gruppirt und die Nosten 
an die Odyssee gelehnt 

>♦< 

Das hohe Alter der Irrfahrten wird niemand leugnen, der die 
Monumente kennt, noch weniger, wer Verständnis für echte Sage 
hat Im in. Bande werde ich die Odysseussage analysiren. Es 
leuchtet aber schon an sich ein, daß Odysseus der troischen Sage 
nicht ursprünglich angehört Er hat keinen Feind unter den Troern, 
mit dem er auf Tod und Leben kämpfte, wie Achill und Aias den 
Hektor, Menelaos den Alexandres. Noch in der Ilias spielt er 
eigentlich nur eine Nebenrolle. Nicht einmal der kluge Ratgeber 
ist er, sondern Nestor. Erst in ihren jüngsten Teilen Dolonie, Athla 
tritt er recht hervor, überstrahlend in der ,Kleinen Ilias', auch 
den Kjrprien. Er ist der troischen Sage erst angeschlossen, als sie 
durch die Menis imd andere herrliche Gedichte sich höchsten Ruhm 
erworben hatte, um an ihm teilzunehmen, und deshalb war das er- 
wünscht, weil er selbst schon hohen Ruhm genoß durch seine wunder- 
baren Irrfahrten, die Märchenerzähler imd Dichter inuner neu vari- 
irten und weiterführten. Zur abenteuerlichen Heimfahrt von Troia 
gemacht, erhielten sie neuen Glanz. Die Nosten der übrigen Helden 
dagegen sind durchsichtige Erfindungen, die nur hier und da eine 
oder die andere Ortssage eingewebt haben. Auch Agamenmons 
Heimkehr ist nicht anders zu beurteilen. Seine Ermordung hat nichts 



NosUn äliir als unsere Odyssee ytx 

mit dem troischen Kriege 2U tun, ist die Rachetat seines Erbfeindes 
Aigisthos, eine peloponnesische Ortssage. Bei Odysseus dagegen 
liegt der Sagenkem» das Interesse in seinen Irrfahrten selbst , sie 
sind echter Mythos und nachweislich hat sich an ihn erst spat aus 
rein dichterischer Erfindung heraus Heimkehr und Freiersnot an- 
geschlossen. 

Danach mußten die Nosten jünger sein als die Odyssee. 
Das sind sie auch. Denn des Odysseus Heimkehr war in diesem 
Epos ausgeschaltet Nebenher war er selbst ein- oder das andere 
Mal erwähnt» seine Fahrten aber waren nicht erzählt Nur so konnte 
dem bunten Stoff wenigstens eine gewisse Einheitlichkeit und Ge** 
schlossenheit dadurch gegeben werden, dafi die beiden Atriden und 
ihre Schicksale dominirten. Proklos' Bericht gibt das unzweideutig, 
meine Reconstruction des Nostenepos aus xbX hat es bestätigt 
(S. 26off.). Als es gedichtet wurde, gab es also schon eine Odyssee. 
Nur so ist seine Anlage verständlich. Auf sie nahm es Rücksicht, 
an sie lehnte es sich an. 

Trotzdem aber ist das Nostenepos älter als die uns vor- 
liegende letzte Fassung der Odyssee. Nestor und Menelaos 
erzählen t b die ganzen Nosten und zwar nach jenem Epos, wie ich 
S. 260 ff. gezeigt habe. Der Reiz dieser Telemachdichtung liegt nicht 
zum wenigsten in der neuen Formung des bekannten Stoffes, dessen 
groß angelegte Composition und Einheitlichkeit trotz der künstlichen 
Verteilung zwischen Nestor und Menelaos noch deutlich sichtbar 
ist (S. 264). Ebenso folgt die Nekyia X 385 £ dem Nostenepos, und 
ui 96, a 35» € 108 kennen es. Es war also nicht nur älter als unsere 
Odyssee, sondern auch älter als die in dieser verarbeiteten Gedichte 
von der Telemachreise und dem Odysseusnostos, der die Nekyia 
aufgenommen und ihn unter Poseidonzom und Athenehilfe gestellt 
hatte (S. 128). Dieser ist attisch (S. 333), die Telemachreise wahrschein- 
lich auch und erst peisistraiisch (S. 337). Der Anfang unserer Odyssee 
a 1 1 «alle andern waren schon heimgekehrt' wird doch erst recht 
verständlich, wenn das Gedicht vorausgesetzt wird, das alle diese 
Nosten erzählt hatte.' Danach würde das Nostenepos über 550 etwa 
hinaufrücken« 

Gegen diese Beobachtungen und Schlüsse kann die Notiz des 
Scholions b 12 nicht aufkommen, der Nostendichter habe die hier 
namenlose Sdavin, mit der Menelaos den Megapenthes gezeugt, 



* Du hat icbon Friedrich Schlegel, Geich. d. Poede d. Griechen n. Römer (1798) 
I loi bemerkt VgL J. Bekker, Hom. Blitter I loa und QDtea S. 3S1. 



jy^ Fünftes Buch, g, Zeit und Eniwick§i$mg des Kykhs 

irgendwie benannt — Rnc ist eine schlechte Konjektur Dindorbi 
die trotzdem wie Überlieferung weitergegeben wird — woraus 
Kirchhoff (Odyssee' 333) gefolgert hat, der Kykliker habe einmal 
wieder diese Andeutung des Epos weitergeführt Ist freilich der 
namenlose Dardaner TT 807, der den Patroklos zuerst ansticht spater 
Euphorbos genannt TT 808, und der andere B 701» der den Protesi- 
laos erlegt, in den Kyprien Hektor getauft, so folgt daraus noch 
nicht, daß ein Späterer verpflichtet gewesen wäre, den Namen einer 
nebenher erwähnten Sclavin zu nennen. Es kommt b 12 gar nidit 
auf den Namen an, sondern nur darauf, daß Menelaos dem Sohn 
eine prächtige Hochzeit ausrichtet, obgleich er nur ein Bastard ist 
Aber man hätte diese Notiz überhaupt niemals für das Altersver- 
hältnis der beiden Epen verwenden dürfen. Denn b 3 — 19 sind inter- 
polirt, wenn es überhaupt Interpolationen gibt Das hat der Aristo- 
phaneer Diodoros schon richtig erkannt (Athen. V 1 80 E) : die Doppel- 
hochzeit der Menelaoskinder, von der sie allein berichten , wird nie 
wieder erwähnt in der weiteren Erzählung, obgleich Telemacfa und 
Peisistratos noch bei währendem Hochzeitsmahl (b 3) eintre£Pen, sie 
also wenigstens die Gäste, wenn nicht das eine Paar noch vorfinden» 
also begrüßen mußten. Sie hat auch keinen Zweck für die Stinmiung 
des Gedichts oder die Oikonomie der ganzen Odyssee. Sie stören 
in jeder Hinsicht Also sind sie, wie längst anerkannt', in unsere 
fertige Odyssee eingesetzt und für sie wertlos. 

So wird das Nostenepos in die erste Hälfte des VL Jahrhunderts 
verwiesen. Dazu paßt das Interesse für Aigypten, wohin es Mene* 
laos mit Helena verschlagen läßt, ein Interesse, das dann in der 
Telemachreise (ö 126, 228, 351) noch stärker hervortritt. Man ist 
versucht, es daraus zu erklären, daß die Griindung von Naukratis 
um 650 die Verbindung mit Ägypten eröffnet hatte. 

Ober den Entstehungsort der Nosten etwas zu ermitteln, sehe 
ich keine Möglichkeit Doch bemerkt mir Wackemagel, daß KÖpov 
in Frg. 6 attisch aussieht. 



>•< 



Dies Ergebnis widerspricht den üblichen Vorstellungen über den 
epischen Kyklos. Bewiesen sind sie zwar nie, und wie schlecht sie 
fimdirt sind, weiß nur, wer die Fragen von Grrund aus behandelt hat, und 
deren sind sehr wenige. Trotzdem sitzen sie fest und es wird lange 
dauern, bis sie überwunden sind. Das Nostenepos und die von ihm 



* Ch. Hexmingt, Homers Odyssee (1903) 86. 



Odyss§e und Kyprien, Kleine Utas 3jj 

vorausgesetzte feste Formung des Odysseusnostos sind also älter 
als Kyprien und Kleine Dias, die in die zweite Hälfte und gar ans 
Ende des VL Jahrhunderts gehören (S. 340). Es ist ja auch wohl ver- 
ständlich, dafi die längst vorhandenen, reich ausgestalteten Odysseus- 
fahrten die Phantasie der Dichter frfih anregten, auch den übrigen 
Troiakämpfem gefahrvolle Heimkehr zu ersinnen, während die Dias 
trotz Beschränkimg ihrer Handlimg auf wenige Tage dennoch durch 
kunstvoll angelegte Andeutungen den ganzen zehnjährigen Krieg 
mit seinen Ursachen und seinem Ende befriedigend hingestellt hatte. 
Der Odysseusnostos forderte dazu als notwendige Parallele und Er- 
gänzung die übrigen Nosten, die sich gleichberechtigt neben ihn 
stellten imd so mit ihm zusammen erst die Heimkehr der Helden 
ausmachten. Die Dias forderte weder Vorgeschichte noch Ende des 
Kriegfes, da sie beides gibt. Sammeltrieb und Kyklosbildung, das 
gleiche Bestreben, wirken sich zur letzten umfassenden Gestaltung 
in Kyprien imd Kleiner Uias aus, die nun mit Nosten und Odyssee 
zusammen eine Geschichte des troischen Krieges in weitestem Um- 
fang gaben. Thesprotis und Telegx>nie wurden nicht mehr erfaßt: 
sie blieben einzeln und wurden einfach angehängt Auch die letzte 
vorliegende Odysseeform, die nach dem Nostenepos liegt, ist noch 
älter als Kyprien und Kleine Uias. Denn solche sprachlichen Neue- 
rungen, wie diese in IXidKOto, ßäpoc, irXäTOc, acibui zeigen (S. 340), 
hat auch der letzte Bearbeiter der Odyssee nicht aufzuweisen. Da- 
zu stimmt gut, daB AgamemnonsTod und Orestes' Rache, ein Haupt- 
stück des Nostenepos, zwar durch die Heldenschau des X und des u) 
und die Telemachreise x ö als damals hochberühmte Poesie erwiesen 
wird, seit dem Ende des VI. Jahrhunderts aber in anderer Form und 
mit stärkerer Hervorhebung der Klytaimestra auf Vasenbildem und 
in der Dichtung erscheinen. 

Aber setzt nicht unsere Odyssee schon Kyprien und Kleine Dias 
voraus? In der Tat kennt sie den Tod des Achill und Antilochos 
(t 108, X 468), den Kampf um Achills Leiche (c 310), Achills Be- 
stattung (ui 36), Aias'Zom und Tod (X S43f T 108), Neoptolemos' Ein- 
holung aus Skyros und seinen Kampf mit Eurypylos (X 506), das höl- 
zerne Pferd und die Nyktomachie (6 500, x ^^5)» ^^^^ Geschichten, 
die die Kleine Dias gab und zwar ebenso oder nur wenig abweichend 
wie die Odyssee. Nicht erst unsere Odyssee, sondern schon die von 
ihr verarbeiteten Stücke, die Heldenschau, Telemachreise, Odysseus- 
nostos, kannten das alles schon. Und nicht nur das, sie kannten so- 
gar mehr, als die Kleine Uias enthielt Offenbare Weiterdichtungen 
für den augenblicklichen Bedarf des Gedichts sind natürlich die Er- 



Ilias und Kykias ^jj 

choskopie mit Helenas Dienerin Aithra, ihren Brüdern und dem 
gastlichen Antenor» der erst in der Persis recht zur Geltung kommt; 
der Bittgang der Troerinnen im Z, der Schififskatalog mit Protesi- 
lao8^ Philoktet, Eumelos und mehreren Helden, die in der Dias über- 
haupt nicht vorkommen, die Leichenspiele des Patroklos, alle einst 
selbständige Kleinepen, und alle junger Zeit, sind ja eigentlich ky« 
klische Gedichte. Standen sie nicht in der Ilias, wären sie uns nur 
in Auszügen überliefert, niemand würde zweifeln, sie den Kyprien 
und der Kleinen Ilias zuzusprechen. Die Ansätze zu solchen Aus* 
dichtungen reichen viel höher hinauf, wie Q 28 schon von Alexan* 
dros und den Göttinnen weifi^ und vom Ende des Hektorsohnes 
(735)9 ^^d Helena als Anlaß und Preis des Krieges doch schon der 
Menis angehört. Wie geläufig dem Verfasser unserer Ilias kyklische 
Geschichten sind, zeigen gelegentliche Andeutungen. So erwähnt 
er Neoptolemos auf Skyros T 326, den troischen Mauerbau durch 
Apoll und Pos'^idon (H 452, 440). das hölzerne Roß (0 71), er fahrt 
Antilochos (P 1) aus der Aithiopis ein (L Bd. 1 00) und ahmt deren 
Nestorscene im 6 80 nach (L Bd. 109). H 345 fuhrt er Antenor ein 
als den milden, gerechten Rater, wie ihn ,kyklische' Dichter ge* 
zeichnet haben, den Stammvater der troischen Antenoriden zu 
ehren, die den Athenetempel in Neu-Bion betreuten (Z298, oben 
S. 317), und seine Söhne hebt er, wo es möglich ist, heraus*, am auf- 
fallendsten 545» um Achill von der Verfolgung der Troer abzu* 
ziehen. 

Es kann nicht genug eingeschärft werden: Odyssee und Dias sind 
in die letzte Form gebracht zu einer Zeit, als das, was wir kyklische 
Dichtung nennen, schon in lebhaftem Gange war. Wir müssen uns 
energisch von dem längst als falsch erkannten Satze Aristarchs be» 
freien, daß allein Bias und Odxssee von Homer und alle anderen 
Epen unecht und jünger sind. Schon Kirchhoffs späte Datirung der 
Odyssee, die noch bis etwa Mitte des VL Jahrhunderts hinab- 
gerückt werden muß, hat diese künstliche Kluft verschüttet v. Wila» 
mowitz hat sie mit der Ansetzung seiner reconstruirten ,echten' 
Dias ins VH Jahrhundert uni der kyklischen Epen ins VL, ja bis 
nahe an pindarische Zeit wieder geöffnet So richtig sich letzteres er- 
wiesen hat und so gewiß der Grundstock der Ilias — nach meiner 
Analyse die Menis — etwa ins VIIL Jahrhundert gehört, so unrichtig 

^ Vgl* Valeton, Mnemo^yne XL (1913) 4. 

* Der VerfftHter unserer Ilias benutzt dies oder gar schon das ParisnrteU f 400 
(L Bd. 259): J. Bruns, VorträKe 74. 

* Vgl. Robert, Stadien t. Ilias. 



Ilias als Teil des Kyklos 379 

sonders in Athen ist das Interesse an den kyklischen Sagen voll 
entwickelt 

'0 TTOiTiTific und ol veu)T€poi — KuicXiKoi ist eine falsche Antithese. 
Die Verfasser unserer Ilias und unserer Odyssee gehören zu den 
v€uiTepoi, sind selbst KUicXiKoi. Sie haben ja auch diese Epen aus 
älteren Kleinepen aufgebaut, wie der Dichter der Nosten und der, 
welcher Kyprien und Kleine Ilias in geschlossenem Ringe um die 
nias legte. Und wahrhaftig, es gibt in beiden Gedichten nur zu 
viel Beispiele des ,kyklischen Stils*. 



Die engste Zusammengehörigkeit von Kyprien, Ilias imd Kleiner 
Ilias ist dargetan. Sie bildeten eine Einheit um die Ilias als Rumpf 
und Hauptstuck mit ihren 24 Büchern. Die K3rprien geben die Ein- 
leitung zum Ganzen und die Vorgeschichte der Dias mit 1 1 Büchern, 
die Kleine Ilias mit ebenso vielen die Fortsetzung der Ilias und 
den Schluß des Ganzen. Die Ilias war schon rund und fertig vor- 
handen, als der Kykliker sie nach vom und hinten erweiterte, und 
sie hat trotz dieser Andichtungen ihre abgeschlossene Selbständig- 
keit immer bewahrt, so fest imd sicher war sie aufgebaut und ab- 
gerundet Daß die Kleine Ilias ein eigenes Prooimion hatte, kann 
also nicht auffallen, da ja die Ilias ihres auch hatte und sogar an 
einzelnen Abschnitten in ihr neu angehoben wird wie B 484, TT 1 1 2. 
Aber so einheitlich ist der Epenkreis des troischen Krieges emp- 
funden, daß diese besonderen Prooimien anstößig erschienen. Man 
hat sie gestrichen und den unmittelbaren Zusammenhang zwischen 
Kyprien, Ilias und Kleiner Ilias so eng gestaltet, daß die Erzählung 
ununterbrochen fortfloß, nicht anders wie innerhalb der Ilias selbst 
Überliefert ist das für den Ausschluß der Kleinen Ilias an Q 804. 
Da gibt das Scholion die Variante: dk oT t' &Mq>(€iu>v rd^pov 'Eicropoc - 
fiX6€ b'^ApoZdivI "'Apnoe Outdr^p M^T^tX^Topoc äv6poq>6voio.* Entsprechend 
stellt ein Homerischer Becher (Aithiopis A 2) Priamos vor Achill 
knieend, Hektors Grab und Penthesileas Tod zusammen, als wäre 
das ein und dasselbe Gedicht Es gab nicht nur eine Variante zum 

V 1 Aninkg. 1$. — TVoiloi Gerhard A. V. HI 185 (vgl. Ath. Bfitt. XXIII 44). — Kirke, 
Arch. Jahrb. X (1895) S. 41, Frg. 5 mm TeU-Defenneh, gedeutet von Petenen, Arch. 
Jahrb. Xu (1897) 55. — Parirarteil auf ionifch-etnukischer Amphora. Fortwftngler-- 
Reichhold» Taf. 11» Text I 93, Troilot anf ionitch-etmtk. Waadgemilde. Ant Denkm. 
n 41. Vgl. Prins, Kilo SoppL VII (1910). 

* £• ist daf eine ilbUche Übergangiformel, vgl. I i: dk ol ^iv TfNl^cc 9uXaKdc 
€xov * aOrdp *Axoioöc | Occircdf) Ixe 9ÖC0 oder Q 1^4. 



380 Fünftes Buch, g. Zeit uptd Eniwickelu$ig des Kyktos 

letzten Iliasverse, sondern auch zum ersten der Kleinen Dias. Denn 
ihr feierliches Prooimion 

IXiov deibui xal AapbavlT)v iurruiXov 

fjc ir^pi iroXXa Trddov Aavao\ Oepdirovrec ""Ap^oc 

mußte ja fortfallen, sobald ihr erstes Abenteuer unmittelbar an 
Hektors Bestattung geschlossen wurde. 

Ich spreche das mit voller Zuversicht aus, weil mit dem Anfang 
der Ilias ebenso verfahren ist Die Einleitung der sogenannten Didy- 
mosscholien, aus denen Osann seine famose helikonische Ilias ge- 
holt hatte, geben als Variante zu A i — 9 aus Aristoxenos* 

£ciT€T€ vOv |ioi MoGcai 'OXuMiria buiiiar* £xo^tt^ 

öiruDC bf| |if)vic T€ xdXoc t' SXe TTT)Xeiuiva 

Ar)ToOc t' dxXaöv ulöv* 8 rdp ßaciXfti xoXuiOeic (»- A9) 

Das ist kein Anfang, sondern eine Fortsetzung, wie am klarsten die 
Anwendung derselben Formel im Brennpunkt der Patroklie TT 1 1 2 
lehrt^ Wie hier, so dort wird ein Abschnitt von besonderer Wichtig- 
keit, aber doch eben nur ein Abschnitt, der Teil eines größeren 
Ganzen hervorgehoben. Die scharfe Abgrenzung der Ilias wird 
durch diesen, ihr Prooimion beseitigenden Obergang aufgehoben, 
sie wird als Fortsetzung der Kyprien, als Teil des Epen- 
kreises vom troischen Kriege charakterisirt 

Diese Anfang^variante der Dias ist ebenso schlecht wie jene 
Schlußvariante. Sie sind beide ein Hohn auf die Geschlosseidieit 
unserer Ilias. Mit Recht sind sie von den antiken Kritikern ein- 
stimmig abgelehnt Modernen blieb es vorbehalten, aus ihnen Schlüsse 
zu ziehen, um ihre Theorien zu stützen, die die erste Tatsache über- 
sehen, daß die Ilias e^ie geschlossene, festgefugte Einheit sein will 
und ist und immer dafür gegolten hat Jene Varianten sind nach- 
trägliche Änderungen. Der Wunsch einer dKoXotiOia irpOTMäruiv hat 
sie veranlaßt Der wurde nicht erst bei den Mythographen lebendig, 
er gab ja schon der Schöpfung des Kyklos den Antrieb. Sein Ver- 
fasser freilich hat die Posthomerica noch mit einem besonderen Pro- 
oimion begoimen — denn wer sollte es sonst gemacht haben? — 

* Anecdoton Osaimi Gissae 1851 «» Nanck, Lex. Vindob. 273 und 374 f. sehr 
▼erkürzt aus anderen Codd., interessant durch den hier so lautenden Schlnßsatx: Icrdov 
An at 0ai|fttib(ai 'O^i^pou irapA Tdrv troXaidiv xard cuvdq)€iav T)ö6dkvto (/|vi&vto ood. 
Os.). Der dritte Iliasanfang MoOcac JeiNu xal *AiröXXurva kXutötoEov ist ebenso an 
beurteilen. Vgl. Kirchhoff, Bcrl. Akad. Sitz.-Ber. 1893. 2, 897. 

*• TT U2 IcncTC vOv |ioi MoOcai 'O. b. Ix- I ^^w^c bf| irpdrrov nOp C^uccc vi)uctv 
•Axaidhf. VgL B484» Aai8, £508. 



Odyss§e als FortsetMung dtr NosUn jgl 

aber der Drang zur Vereinheitlichung war so stark, daß auch diese 
wohlbegrundete Teilung durch besondere Prooimien getilgt wurde. 
Wenn die KuicXiicfi ^xbocic Sinn hatte, so gehören ihr diese die Fugen 
verwischenden Varianten. Das hat schon Lehrs, Aristarch' 26, 9 
ausgesprochen, obwohl sie nur zu ir 195, p 25 und zwar für Lappa- 
lien citirt wird. 

Ist sie in diesem Sinne zu verstehen, so gibt sie 2^ugnis, dafi 
auch die Odyssee, folglich auch die Kosten und Telegonie zum Ky- 
klos gerechnet wurden. In der Tat steht unsere Odyssee ja unlös- 
bar in dem g^roßen Kreise, nimmt sie doch aus dem Kriege nicht 
nur, auch aus den Nosten ihre Voraussetzungen; sie ist ohne sie nicht 
voll verstandlich. t> ^ ^^id ganz aufgebaut auf dem Nostenepos, das, 
eben weil es bekannt war, in einer neuen Form von Erzählungen 
des Nestor und Menelaos wiedergegeben und kunstvoll zerlegt wird« 
Ebenso basirt die Heldenschau der Nekyia auf diesem Epos wie 
auf der Kleinen Uias, und die zweite Nekyia nicht anders. Hat der 
Verfasser unserer Odyssee diese Gredichte schon fertig übernommen, 
so hat er den Anfisuig selbst gedichtet und der läßt, ungeschickt, wie 
er ist, die Anlehnung an die Nosten noch deutlicher erkennen. 
Bekker (Hom. Blätter I 99) hat mit schneidender Schärfe seine Uiw 
Verständlichkeit dargetan. *£s fehlt jeder Anfang der Erzählung: sie 
bricht herein mit einem Relativum ohne Relation. Denn wenn es 
an heißt £v6' dXXoi piv irdvrcc, öcoi q>uTOV aliruv dXeOpov , oIkoi &av, 
woran soll sich dies ^vOa anknäpfen? • • Wer die andern seien, sind 
wir gar nicht gehalten zu verstehen . . es ist ja bloße Grutmütigkeit, 
wenn wir das allgemeine alirdc ÖXedpoc auf den speciellen Untergang 
vor Troia oder auf der Heimfahrt beziehen.' In der Grötterversamm- 
lung rede dann endlich 2^us statt von Odysseus, wie jeder erwarte, 
von Aigisthos' Untat und Orestens Rache. So groß die Verworren« 
heit und Ungeschicktheit dieser Verse, fär sich allein betrachtet, 
auch sein mag, so ist doch mit solcher Constatirung dieser An- 
fang noch nicht erklärt Wie kommt ihr Verfasser dazu, die Kennt- 
nis der Heimkehr *aller andern* imd ihrer Leiden vorauszusetzen? 
Wie kommt er dazu, von Aigisth und Orest zu reden statt von 
Odysseus? Sein Publicum hat es willig angenommen und der Nach- 
welt vererbt Das hat es also verstanden. Fr. Schlegel (Gresch. d. 
Poesie d. Griechen u. R. 1798 I loi)^ hat schon den richtigen Weg 
betreten: der Anfang unserer Odyssee deutet auf das Nostenepos 

^^ ,Der Anfang der Odyssee ist gleichsam ein NacbsaU. Er steht nimlich in 
sichtbarer und nnmittelbarster Besiehung auf eine Geschichte Ton der Rückkehr aUer 
fibrigen Helden, wo die Ermordnng Agamemnons etwa die letste Stelle einnahm.' 



Dir tfüisehe Kyklos 383 

Eine Einheit bildete der troische Kyklos: Kyprien, Ilias, Kleine 
Ilias; ein Einheit die Heimkehrgedichte: Nosten, Odyssee, Telegonie, 
Beide schlössen sich leicht zusammen«^' Dias und Odyssee galten als 
integrirende Bestandteile. Sie haben dauernd Homers Namen ge- 
tragen« Dafi auch ihre Kranzgedichte als Homerisch g^ten, begreift 
man leicht Sie waren es mit ebensoviel Recht und Unrecht wie 
Bias und Odyssee selbst. Wer aber von Homer wie Aristarch als 
dem Dichter nur der Bias und der Odyssee redet imd nicht dieses 
ganzen Kyklos, der zeig^, daß er sich um unsere Wissenschaft so 
wenig gekümmert hat wie um den Kyklos. 

IG. ERGEBNISSE 

Ich fasse die Ergebnisse kurz zusammen. Die Monis ist ein ioni- 
sches Gedicht etwa des VÜL Jahrhunderts, ihr Dichter ist es, der, 
wenn einer, Anspruch auf den Namen Homers hat In lonien ist im 
Anschluß an dies berühmteste Kleinepos weitergedichtet (z. B. Q) 
und es selbst ist in der Zeit des durch die Lyderkriege entzündeten 
griechischen Nationalgefuhls dort in diesem Sinne umgewandelt 
Wann und wo z. B. die Diomedie entstanden ist, entzieht sich noch 
der Wahrnehmung. Rhapsoden verbreiteten diese Kleinepen nach 
Süden, Norden, Westen. In Lykien fanden sie bei den reichen 
Herren, die sich von Bellerophon ableiteten, freundliches Gehör 
und neue Stoffe, in einer thrakischen Kolonie dichteten sie die 
Dolonie, in der Troas haben sie den Aineiaden und Antenoriden 
gesungen. Dort wuchs der Dichtung neue Anregung und neuer 
Stoff zu aus der Berührung mit dem klassischen Boden, auf dem 
sicher seit dem VIL Jahrhundert die Athener Fuß gefaßt hatten, 
wie bald auch drüben auf der thrakischen Chersonnes. Die franzo- 
sischen Ausgrabungen in Elaius haben erwiesen, daß dort schon im 
VL Jahrhundert attische Keramik den Markt beherrschte (BCH 
1915). Neu-Ilion mit seinem Athenekult wirkte stark ein. Von da 
floß der lebendige Strom dieser Poesien, getragen von politischen 
Interessen und brennendem Ehrgeiz, nach Athen« Hier wie im ganzen 
östlichen Hellas seit dem VIL Jahrhundert fand die homerische 

" Eine dritte Ebhdt bUdcten Onßak und 'CidTovoi, die natarUch den Tpunicd 
▼cmiigestellt wurde. Obgleich sie nar ideellen Zutammenhang mit diesen gehabt haben 
kann, ist et doch begreiflieh, daß anch tie alt Teil det Imxöc kMIoc betrachtet wurde. 
Denn auch diese thebanischen Epen gelten als homerisch (Herodot IV 32, Certam. Hom. 
Hes. 32. 30 ▼. Wilamowitz), und schon Hesiod Op. 160 stellt den thebanischen and den 
troischen Krieg sasammen« 



DoHrung tUs t 38^ 

aus diesen beiden Gedichten und vier einander überbietenden Fas- 
sungen der Heimkehmovelle. Sie hatten den gealterten Helden 
fremd der Gattin, ihren Freiem, seinem Sohne, seinen Dienern 
gegenübergestellt und diese Motive reich ausgebildet; die älteste, 
im T erhaltene, ist auf Anfang des VIL Jahrhunderts archaiologisch 
datirt In der zweiten Hälfte des VI. Jahrhunderts endlich ist dann 
in Athen noch die Vorgeschichte und der Ausgang des Klrieges aus 
meist schon in der Odyssee nachweisbaren, z. T. auch in der Ilias 
angedeuteten Kleinepen in groß angelegter einheitlicher Composition 
um die Ilias herumgelegt, so daß sie mit den K3rprien und der 
Kleinen Ilias zu je elf Büchern eine mächtige Einheit bildete, be- 
herrscht von dem Gedanken göttlicher Weltordnung und Ver- 
geltung. 

DIE FIBULA DES ODYSSEUS 

von Franz Studniczka 

Die Gewandnadel, mit der Odysseus t 226 — 231 seine doppelt ge- 
legte Chlaina zusammengesteckt trägt, versuchten mit zureichender 
Kenntnis der damals bekannten einschlägigen Fundstücke genauer 
zu veranschaulichen Heibig, Das homer. Epos' 277 f., 386 f. und 
Hadaczek in den Jahresheften d. österr. arch. Inst. VI (1903) 109 ff. 
Heute kommt einiges neue Material in Betracht 

In dem vor der Nadel, irdpoiOcv, angebrachten baiboXov sah der 
Dichter einen Hund, der mit seinen Vorderbeinen ein geflecktes 
Hirschkalb gepackt hielt und würgte, das sich zappelnd zu befreien 
strebte. Wie Heibig darlegte, finden sich ähnliche Gruppen von 
Löwen, Panthern und Greifen (niemals Himden) über schwächerem 
Getier schon in der kretisch-mykenischen Kunst, eine z. B. auf der 
Dolchklinge mit gejagten und jagenden Löwen. ^ Aber die Sicher- 
heitsnadel kommt erst in der Spätzeit dieser Kunst auf.' Erst nach- 
dem sie sich mehrere Jahrhunderte hindurch reich fortentwickelt hatte, 
brachte die Kunsteinfuhr der von Homer öfter erwähnten phöniki- 
schen Seefahrer, deren uns erhaltene Metall wäre kaum viel über 
das Vm. Jahrhimdert zurückreicht,' wieder solche Tiergruppen zu 
den Griechen.^ Sie sind dann auch in den homerischen Gleichnissen 



1 KttDstg. in BUdem*, Heft 3, Taf. bei 84. 

' Literttor Jahrbuch d. d. arch. Inst. XXVII (X912) 47, ölmann. 

* Athen. Mitt. XLV 1920, 150, Karo. 

* Poulien, Orient 177. 

Bothe, Hom«r. 11 3$ 



386 Fünftes Buch, Die Fibula des Odysseus von Franz Studniatka 

wirksam. Dem baiboXov der Odysseusnadel am oächsten kommt der 
Lowe, der einem wegstrebenden , gefleckten Reh oder Hirschkalb 
auf die Kruppe springt, am Halse der fruhattischen Amphora in 
Neuyork,^ und etwa noch die Löwin, die einen rücklings gestürzten 
Hirsch in den Hals beißt, auf der inselgriechischen Kanne mit grei- 
fenkopfformigem Hals aus Aigina im Britischen Museum*, beides 
wohl nicht später als in der ersten Hälfte des VII. Jahrhunderts ent- 
standen. Doch schon in der spätem geometrischen Kunst taucht, 
gleichzeitig mit den frühesten Darstellungen aus der griechischen 
Heldensage, wenigstens Ahnliches, in Erz eingerissen, auf, besonders 
auf den großen, annähernd quadratischen Fußblechen der Fibeln: 
himdeähnliche Löwen, denen Kopf und Vorderbein oder ein Hinter- 
bein des verschlungenen Rehs aus dem Maule hängt (Beilage Abb. 2).' 
Daß dieser Kunst neben dem noch so mangelhaft erlernten Löwen auch 
der einem Reh nachsetzende Himd (den an der Odysseusfibel Heibig 
388 unglaubwürdig in einen Grreifen umdeuten wollte) bekannt war, 
lehrt das thebanische Bronzeband.^ Ein complicirtes Gruppengefuge 
von Mensch, Hirsch und anderem Tier zeigt die Fibula mit dem 
ältesten Hydrakampf.* So könnte man nicht abgeneigt sein, die 
Homerstelle auf diesen geometrischen Fibeltypus zu beziehen, den 
zwar die ältesten griechischen Siedler in der zweiten Hälfte des 
VUI. Jahrhunderts nicht mehr nach Italien mitbrachten, der aber 
anderswo, besonders in Boiotien, wo sich die meisten und reichsten 
Stücke finden, noch länger gedauert zu haben scheint ^^ Allein das 
meist beiderseits bildgeschmückte Fußblech steht rechts oder links, 
nicht irdpoiOev der Nadeln, und an ihnen findet sich nichts, was den 
aöXoi bibufiioi der Odysseusfibel entspricht. 

AöXöc ist die Flöte oder Röhre. Mit knapper Not möchte das 
Wort auf den langen offenen Kanal am untern Rande des Fußblechs 
passen, der das Nadelende festhält Zwei solche Kanäle, für zwei 
parallele' Nadeln, zeigen bisher nur ganz wenige nachgeometrische 
Fibeln ungriechischer Herkimft, die eine aus Vulci.^^ Doch nennt die 

* Joum. helL stud. XXXIT (1912) 372, 378, Taf. ii, Gis. Richter. 

* Brazm, Gr. Kunstgesch. I 136; Buschor, Gr. Vasenmalerei' 69 ff. Zur Zeit* 
besÜmmuDg zuletzt Athen. Mitteil. XLV (1920) 142, Karo. 

' Jahrbuch III (1888) 362, Bohlan (wiederholt Perrot-Chipiez, Hist. de Tait VII 
251) und XXXI (19 16) 297, Reisinger. 

B Aus Annali LII (1880) 129, Taf. G bei Furtwängler, Kl. Schriften I, 440, Tat 13. 

* Amer. Joum. of archaeoL 191 1* 7» Bates. 
^^ Vgl. zuletzt Reisinger a. a. 0. 298. 

^^ Daremberg, Saglio, Pottier, Dict d. antiq. II 2, 1106, Abb. 2995, ^g^ Hadaczek 
a. a. O. 119. 



KUinasiatische Fidein 387 

Odyssee er 294 die Verschlußhaken vielmehr KXri'ibec ^tvo/litttoi. Zwei 
wirkliche auXoi, röhrenförmige Scheiden, haben nur die von Heibig 
277 (mit dem hier auf Beilage Abb. i wiederholten Bilde) hierher ge- 
zogenen Doppelnadeln, etwa wie SchiebkarrengriflFe gepaart, die mit 
den ebenso gekuppelten zwei Scheiden erst durch Hafteln fest ver- 
bunden werden." Dieses künstliche Schmuckgerät gehört indes aus- 
schließlich der üppigen etruskischen Edelmetallkunst des VTL Jahr- 
hunderts an und ist zudem immer nur mit den dort üblichen Reihen 
von rundplastischen Löwen oder Sphingen besetzt, in einer Anord- 
nung, welche die erforderliche Gruppenbildung ausschließt 

Da nun auf jeden Fall den aöXol bibujLioi der Odysseusfibel zwei Na^- 
dein entsprochen haben müssen, drängt sich die Frage auf, ob der ganze 
Ausdruck nicht diesen selbst gilt, also die Doppelnadel nur gleich- 
nisweise nach der in Griechenland uralten Doppelflöte bezeichnet 
Eine vollgültige, wenn auch bisher, wie es scheint, nicht erkannte 
Parallele bietet die feststehende Bezeichnung des Doppellaufs im 
Stadion als biauXoc; denn daß man die Rennbahn selbst auXöc ge- 
nannt habe, ist offenbar nur aus jenem alten Fachwort erschlossen.^' 
Eine sich ähnlich über große Maßunterschiede hinwegsetzende Über- 
tragung ist die Bezeichnung der bekannten Schriftanordnimg als 
ßoucTpo9Tib6v.^^ Bedeutet unser Ausdruck wirklich nur die Doppel- 
nadel der Fibula, dann entsprechen ihm nicht wenige Stücke des 
Kulturbereiches, in dem das Epos wurzelte: Fibeln der kleinasiati- 
schen Arten. *^ Dem einfachen Typus mit hochgewölbtem Bügel, den 
schon die sitzende Gestalt einer hethitischen Stele aus der Zeit Bar- 
rekubs** (IX. Jahrhundert?) an der Schulter trägt, gehört ein Stück 
mit Doppelnadel aus Gordion*' an, gefunden im III. Tumulus, dessen 
Inhalt ich etwas höher ins VIII. Jahrhundert hinaufrücken möchte 
als der Herausgeber. Die verkünstelte Form, wo den halbrunden 
Bügel eine gerade Schiene abschließt imd erst an dieser die Nadel 
mit Scharnier und Häkchen angesetzt ist, abgebildet an dem^ wie 
ich immer noch glaube, phrygischen König im ,hethitischen« Fels- 
relief von Ibris imweit Tyana, lieferte mit Doppelnadel ein Grrab- 
fund der Troas neben spätgeometrischen Fibeln wohl des VIIL Jahr- 

^' M. Rosenberg, Gesch. d. Goldschmiedekanst , GranaUitioD 51; Curtis, The Ber- 
nardini tomb Nr. 16, 17, TaC 9. 

>' Athen. 5, 189c; Etjrm. magn. unter aöXöc. VgL Daremberg a. a. O. la, 1643 rechts. 

^* Vgl. im allgemeinen Fr. Fischer, Technische Metaphern. 

'^ Literatur bei Hogarth, Excavat in Ephesus, the archaic Artemisia 148. 

** F. V. Lnschan, Ausgr. in Sendschirli IV 335, Taf. 54. 

'* G. u. A. Körte, Gordion (Jahrbuch, Ergänznngsheft V) 77, Abb. 62; vgL 
S. 95 f. 

35* 



388 Fünftes Buch, Du Fibula des Oäysseus von Franst Studmatka 

hiinderts.^ Und drei solche Doppelnadeln aus Gold oder Blaßgold er* 
gab der reiche Schatz von kleinen Weihgeschenken, die um 700 v. Chr. 
als noch nicht alte Füllung in den damals erbauten Kern des ephe- 
sischen Artemistempely die ^Basis A', kamen.^' Die zwei vollständig er- 
haltenen (Abb. 3 der Beilage) haben iräpoidev noch ihre Schmuckplattei 
den ausgeschnitten gearbeiteten Sperber der Artemis mit ausgebrei- 
teten Flügeln. Ähnliche Vögel, darunter der von Haus aus asiatische 
mit zwei Köpfen, in Elfenbeinplatten ausgeschnitten, haften noch an 
einfachsten Bronzefibeln, nach Dawkins des frühen VIEL Jahrhunderts» 
aus dem Heiligtum der Orthia zu Sparta. Derselbe Platz lieferte meh- 
rere rechteckige Elfenbeinplatten gleicher Bestimmung» zum Teil 
von beträchtlicher Größe, unter deren mannigfachem Reliefbildwerk 
sich auch ein Löwe befindet'^ In Goldplatten ausgeschnittene ein- 
zelne Bestien in einem barbarischen, aber dem griechisch-geometr^ 
sehen nicht so ganz fernen Stil verkleiden zwei Fibeln aus Michat 
kow in Galizien.*^ Ähnlich könnte die Tiergruppe der Odysseusfibel 
ausgeführt gewesen sein. Doch kommt auch rundplastische Arbeit 
in Frage, wofür Hadaczek a. a. O. 118 einige italische Fibeln des 
Vn. Jahrhunderts heranzog. Vielleicht gibt es jetzt entsprechende 
Nadelbügel auch aus dem Orthiaheiligtum'', die sich nach den Ab- 
bildungen sogar mit zwei Nadeln ergänzen zu lassen scheinen. Die 
eingangs verglichenen Tiergruppen des VUL und VII. Jahrhunderts 
gehören freilich durchaus dem phoinikischen und dem von dort 
aus am stärksten beeinflußten inselgriechisch-attischen Bereiche an, 
im griechischen Osten tauchen sie nach unserem bisherigen Wissen 
erst später auf.** Aber die in Kleinasien beliebte Doppelnadel 
könnte y gleich dem, wie erwähnt, mit ihr zusammen auftretenden 
T3rpus der Bogenfibel, der z. B. auch in Thera nicht selten ist, bis 
in den Bereich jener Tiergruppen gewandert sein. 

Nach allem Beigebrachten darf als wahrscheinlichste Zeitbestim- 
mung der Odysseusfibula die Zeit gegen 700 v. Chr. geltexL 

*^ Literatur bei Körte a. a. O. 97, Anm. 35; Wichtiges daraas übersah Ed. Meyer, 
Reich und Kultur der Chetiter 117 1 zu der guten Taf. 15 des Felsreliefs, auch Athen. 
Mitteil. XII(i 887) 1 1 mit Abb. der Fibula aus derXroas. O.Weber, Kunst d. Hethiter Abb. 5. 

^^ Hogarth a. a. O. 97, Taf. 4, 22; 28; 29; Taf. 10, 35; 40; zur Zeitbestimmung 
232 fr. Unsere Abbildungen nach Taf. 4, 28 und 10, 40. S. auch F. H« MarshaU, 
CataL of jewellery, gr. etr. rom., in the Brit Mus. Nr. 1037. 

" Annual of the Brit School XIII (1906/7) 85 und 78. 

>^ Abg. Hadaczek a. a. O. iio; vgl. dieselben Jahreshefle IX (1906) 32. 

*' Annual XIII (1906/7) 114, Droop. 

" Die Belege meist bei Furtwängler, Kl. Sehr. I 485 f., dort freilich noch mehr 
im Sinne kleinasiatisch-ionischen Ursprungs dieser Gruppen angefahrt 



STELLEN- UND SACHREGISTER 



AcUU* Tod 544 


OÖtleibUder 31 il^- 




Homer 






Gölteihilfe 65 




P334 


IS» 


Acamemnoiif SehUd 334 






396 ff. 


»7 


— Tod 363 






T33 


II 


Aiu mtUidier Heroi 34« f. 




34 


195-348 


»4 


— Tod 14S. 374''- 




313—316 


33 


AlBTptio. lu 


1S4 




Tb 


358 ff. 


AigUlh 36i ff. 


— 0. DIoikDien »3a 




b 158-160 


>sf. 


3° 


33 




353 


355 


9S 


- im ElyilDB 337 




38S-389 


356.4 




_■ Gebort 131 




318-346 


36 f. 


AatiUdm 131 


— n. Theie«» 331 




333 ff. 


368 f. 


Anünoot 11 


HeraUei im X: 134 




SSS-560 


34 




Heiiod und Homer 399. 


619 


18 


«5 


303ff-. 339. 337. 340 


C 1—30 


39 




— Theog. 34 ff. '^- 


M 3of.: 


z 339-33" 


66 


AriitoIeUt Poet. 1459 A 31 : 


304 




f| 14—81 


66 


aoS 


86ff.'>.ei7i 


ff.: 339 


80 


333 


Aatyanu' Tod 317 


jMt ~ e 14 


:308t 


e I7iff.'>' Heiiod 




Athea und Homer 33*», 340, 


77Sff.! 309 




Theog. 86 0-. 


339 


343 ff. 


»ar-^ei?! 


ff.! 339 


l 413 


117 


— und TroM 350 ff. 






518-536 


116 


Albene 147 


Homer 




531-535 




- im v; 6S 


B 546-558 


345 


i lOOff. 


139 


— and Neu-nioD 319 f' 


Z389 


315 


104-110 


113 


Attikitinuigtprocefi 333 


3031- 


3>i 


•85 


39 




H 449 ff- 

e I4f- -^ Hedod 


306 


409—434 
M 137-146 


368 f. 
139 


Blpenor 131 


Theog. 730 f. 


380 f. 


V 135-187 


»37 


i^^iecoi 304 f. 


A 36 


334 


316 ff. 65 


333 


Epra, Titel der E. und Ihrer 


= 371 


309 


340 


«1 




037 


307 


34« 


66 


36 


M3Qr. -^ Heiiod 




35» ff. 


63 


331 ff. 


Theog. 34 r. 


304 


413 ff. 


59 




Q S04 


379 


1 199 ff. 


85' 


81 


a 11-87 


130 


38s 


867 


4 


J9ff- 


131 


309 ff. 


55 


im X: 134 


370ff., 380 ff. 


9 


lOff. 


11 


'^ HomilUgS 


p 17-34 


llj 


75 ff- 


19 


- nicht im NMto. in 


94- "O 


134 


161 


10 


— nicht in der Teiredmt- 


139- MS 


133 


301-435 


86 




163—166 


13 


K 50 


86> 


— nicht in der Telemich- 


30S— 133 


"5 


163 


88 


reiK 34 ff. 


314 




330 


70 



390 

IT 181—398 80 

342— 4S> 4S, 86 

383-447 84 

4S4f- 68 

p 434 ff. 86 7 

C 58-67 94 

70 53 

155 f- 9S 

338 95 

405—4" 95 

T I— 5a 78 

53—95 9« 

137— 161, ftOt 

p 94— 110 12 4, 98 

138 160 s 
iSi*^ßio6 99 

MS 369, 385 

275-386 101, 
29iff.'^E3i3ff. 85 

309-334 »0"'^^ 

370-375 '02 

536 30 

u iff. 93 

30 ff. 96 



SttlUti- und Sackngitter 



9 82 f. 


76 


188-344 


70. 75 


380-391 


75 


X 23-25 


So 


99 


77 


101-107 


So 


103 ff. 


78 


129 


81 


X 167-309 


79 


285 


75 


330-389 


81 


V 117-152 


83 



iS'f. 



297 

39 



Homer und Athen 336, 340, 

342 ff. 
Hom«rrwH«iod 399, 303?., 

31'». 337. 34° 
Homcriscbe Becber 303ff. 

Idyll, attestei 84 
Ilis>»l>TeUdc*K.ykloi 379f. 



nion, Neu- 319 
[ DinpeniB ItJ ff. 



IphigenU 236 
Iros 92 
Kacsandr« 355 l 

ff. 

326 f. 
285 

— Bochteilaiig 211, 384 

— Definitionen 301 

— Hfpotheteii 304 f. 

— sein Dichter 389 

— und Odyiiee 375 t 
Kyprien Prooiniion 234 
LMrtei 894 
Leiokrilos 14 

Leodet 77 
Leakothea 1 18 10 
Lykophron nnd der Kyklo« 

206 
HachaoD 315 
Marathon 332 
Memnon 243 
MenesIheuB 34 3 f 
Menis, ihre Zeit 364 ff. 
Mentor 14, 37 
Ninplioii 376 14 
Nekyia, ilir Ort 133 
Neoptolemos 334, 248 f. 
Odystee, Fortsetznne der 

NoBten 381 f. 

— Homilj* 90 

— Nekyia U. 83 4 

— Orphiiche Interpolation 
335 

Odyssee, Tages tählang 3 

— nie mit 14» 396 beendet 197 
OdysseuB und Athene 147 

— Ebemarbe 5 1 4 

— He[mkelir, Novellenmotiv 
loS 

— Irrfahrten ohne Gölter- 
bilfe 6s 



Odyssen*' Kahlkopf 54 

— Lügenenihlaogen 85 

— SpShergtmg: 249 f. 
Oiootropen 339 f. 
Oreat 363, 378 

Palamedeia 22: 
Palladion 349 ff. 
Panathenaieneeteti 356 
Pansaniaa, Leschebescbrd- 

bong 205 
Peisistratot 337 ff., 35Sff. 
Pentbesileia 343 f. 

326 
Pbiloitios 75, 79 
Pbiloktet 337, 246 f. 

129 f., 137 

Noitos ii6ff, 

318 ff. 
Priester nj König 3t6f. 
Prokloa 300 ff. 
ProtenB 33, 165 

Reisen der Heroen 288 

SchoL Hom. b 248 : ajo 
Schnltradition 303 ff. 
Sigdon 350, 359 
Sinon 354 
Solon 357 f. 
Sophokles NtitTpo 133 
Stichioa 344 s 
Strabon XHI S93: 318 
Siyi 309 f. 

Tartaros 307?. 

Teireslu 139 

Telemach späte DichteterfiD- 

dnng 97 
Telemach im pr 10 

— im \: 133 

— im c: 94 

— nicht in der Homilia 104 
Telegonos 133 

Telepho» 333 ff. 
Tempel 313 
Tbeano 316 ff. 
Tbeoklymenos 40 ff. 
Tbelis' Hochielt 335 ff. 
Troiloi 340 
Tii«! 316, 



RESTE DES KYKLOS 
I. FUNDSTELLEN. 



Aitchm«! TimMtch. 138 


S. 189.3 


Paasu. X 36. 3 




KL D. 13 


ApoUodor Bibl. Eplt V 14 


Kl. 11. 10 


— X 36.4 




Ky. 13 


U13 


NosC I 


-X 31.3 




Ky. 16 


AmloteUi IX 399 A 


'ATp. K06. 1 


— X 38 7, 19.6, 


30.5 


No.U 3-5 


- VII 381 B 


•Atp. koB 3 


P»pyr. Oiych. X 




Ailh. 3 


AthdLÜoi III 73 £ 


Kill. 10 






S. 190. 3 


~ IV 137 E 


S. 189. 4 


Phylodem. tt. eö«pefac 


Ky. 8 


— XV 681 E 


Ky. 4 


PUniu. N. H. XXXV 96 


S. 190. 7 


- XV 683 F 


Ky. s 


PlutmTdi Conviv. 1 


4A 


Kl. 11. 16 


- VIII 334 B 


Ky. 7 


— «n nnm. yind 


557 D- 


S. 189. 1 


-nssc 


Ky. 13 


Piaton EDthyphr. 


3 A 


Ky.33 


Clemeni AI. Protr. 11 30. 5 


Ky.6 


— Alkib. 149 D 




S. 18S. 1 


Strom. VI 3. 19 


Ky.33 


Sehol. Ariitoph Ritt. 1056 


Kl. r. 3 


I 11.104 


Kl. 11. tt 


Lyu.tr. 155 




Kl. n. 14 


VI 3. 13.8 


Noit. 7 


Rltl. 1311 




Hoste 


Demoith. Fpilh. 39 


S. 189. 5 


— Eorip. Hekab« 




Ky. 14 


Diomedei Gr. Lit. I 477 


Per«. 16 


Troad. 831 




Kl. n. 6 


Arcb. B, I 68 


rm. 1 


31 




Per.. 3 


'4 


S. 189.6 


— Hom. A 370 




S. 194. 10 


Didrmoi Demotib. XUI 7 


S. 19a B 1 


As 




Ky. I 




5. 190. 8 


A 59 

A 108 




S. I9>- 1 
S. 193. 3 
Ky.JS 
S. 144.« 
S. 191.3 
Pen. 3 


Etymol. M. 600. 8 
EuUtbiD« Hom. A 3^6 

- - P SS7 

- - T 316 


S. 193. 8 
Ky. 19 
Kl. n.4 
Kl. ILs 


- - B 671 
B 7» 

r 341 




«IIS 


NMt.8 


A 46 




S. 194 6 


HcrcnlttL Vol. Vm 105 


Ky.3 


A 683 




S. 194-9 


Herodiu ir. (lov. X. p. 9 


Ky... 


A 709 




S. 194. II 


Herodot U ti6 


Ky. .0 


n S7 




Ky. iS 


— Vlu HotD. 16 


KLQ. 1 


TT 140 




Ky. 3 




Kl. 11. 9 


TT 574 




S. 193.1 


HofM A.P. 136 


S. 190 C I 


n 175 




S. 193- 3 


Hypoth. Eorip. Mede. 


NDtL6 


Z 486 




S. 19». 7 


PauMii. I 3. 1 


Nort.9 


I 434 




S. 193. 1 


— n 16. 1 


Ky.9 


T 336 




Kl. IL s 


- III 16. 9 


Kl. n.7 


V 660 




S. 191.6 


- IV 3.7 


Ky. IS 


--f89 




S. 194- S 


- vra 11.S 


Td. 1 


«804 




Aitb. I 


- X 3S-a7 


Per», 4—15 


fl 357 




S. 193. 3 


— X 16. 1 


Ky.30 


b 13 




No«. 3