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(,{^,6-
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i
O. W. Hufeland's
Journal
der
' practiischeii Heilkunde.
I
Fortges.etzt
T on
Br^ E. Osann^
K, Geh« Med« lUth» ordentL Professor der Medidn an der
UmyersUat und der med. cliimrg. Academie tat das Militair
znBerliiiy Director des K^Poliklin. Institots^ Ritter des rotben
Adler -Ordens dritter Klasse mit der Schleife nnd Mitglied
mdirerer gelehrten Gesellschaften,
18 4 1.
XCm. Band.
Berlin.
Gedruckt und ferlegt Ton G. Reimer.
C. W. Hufeland^s
Neaes Journal
d«r practiacheo
Arzneikunde
and
Wundarzneikunst.
Fortgesetzt
Ton
Dr. E. Osann,
R. Geh. Med. Ratb, ordentL Profeisor der Medicin an der
üniTersitat und der med. chimrg. Academie für das Militair
ZQ Berlin> Director des K. Poliklin. Insdtats, Ritter des rothen
Adler -Ordens dritter Klasse mit der Sclileife und Mitglied
mehrerer gelehrten Gesellschaften.
X» Band«
Berlin 1841.
Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.
C. W. Hufeland'»
J o Q r n a 1
der
practiischen Heilkunde.
Forlgesetgt
von
Dr. E. Osann^
K. Geb. Med. Ratb, ordentl. ProfeMor der Medidn aa der
CnWerntat ond der med. chirurg. Acadenüe für daa MÜitaIr
za Berlin» Direcior des K. Poliklin. Institati, Ritterdet rotheii
Adler -Ordens dritter Klasse mit der Schleife und Mitglied
mehrerer gelehrten Geseilsohaften.
Gfrm»; Frewid, ist atte Theorie,
Doch ffrün des Lebens goldner Baum*
Göihe.
L Stück. JulL
Berlin.
Gedruckt and verlegt bä G. Reimer»
L
Zur
Geschichte, Pathologie and The«
rapic des Wechselfiehers.
Voa
Dr. Bernhard Bitter,
\n9k$ß Ante se Rottenburg am Neckar, ni EwgWMh
Wurtemberg.
ji^ Zur Geschichte des fFe^seffiebtrs^
JUie physische Existenz des WcchseUicbeis auf
Erden durfte wohl so ak, als das Mensohen-
geschlecht selbst so erachten seini da diever*
anlassenden Ui^achen desselben gleich beim
«mten Auftritte des Menschen auf der Erde
axistirt und sich bis auf den heutigen Tag fori»
eriulten haben ^ auch das Wediselfieber die Ent-
wiekelong^gesetze des Lebens so in sich auf-
genommen hat j dab man bei diesem verschie-
ieiie Phasen , bei jenem verschiedene Periodeu
fatlich wahrnelinien fcanii, und es somit in
njnem Verlaufe dem Leben nahe venvmidl
[scheint. Auch erwähnt schon Bippokraies viel-
fikig deK Wechselfieber I und stellte über thr^
— 8 —
EntBtehtmgsweiae NaeI^oi9cliinigen an, was wir
bei diesem Aator nur von jenen Kraokheiten zu
finden pflegen, welche in ihrer Wirkung dem
Menschen sehr empfindlich sind; ja er erwähnt
schon des epidemischen Auftrittes dieser Krank-
heit — Aretäus von Kappadocien ^) thut
das Wechselfieber zwar nur im Vorbeigehen,
Behufs der Versinnlichung des aussetzenden
Kopfwehes, Erwähnung, allein eben dadurch
f'ibt er deutlich zu erkennen, dals zu seiner
eit das Wechselfieber eine allgemein bekannte
Knuikheit dargestellt habe, da man nur durcl:
kiare Thatsachen weniger klare durch Gegen-
überstellung zu eri&utem pflegt. Diokles, Archi*
genes, Asklepiades machen dieses Fieber eben-
falls namhaft. Ebenso CeUus '}, welcher nocl
die Behapdlungs^eise von KUophantus anfuhi
und in einem geordnetep Vortrage die verschie
denen Arten des Wechselfiebers in Betract
zieht. Galen behandelt diese Krankheit mit zien
lieber Ausführlichkeit, und erwähnt unter ai
derm, dais Archigenes dieselbe zwar gekannt,
aber schlecht beschrieben '), dals Agaihinua
sich mit Bearbeitung derselben befalst habe ^),
nnd endlich dals in Rom die fruchtbarste Zeu-«
gungsstätte für dieses Fieber sei ^), — r eine
Beobachtung, die bis auf den I^utigen Tag in
Wahrheit fortbestanden bat Cälius AureUanus ^)
nennt dieses Fieber nur im Vorbeigehen und legt
ihm den Namen : „Pebris defedivpL* beL Diese
kurze 8ki:^e möge genügen,- das hohe Alter
der in Rede stehenden Krankheit darzuthun,
') De (au9, et sign, dioturn. morbor. lib« L cap. 2^
') Opera de re medica lib. III. cap. 3, 13. n« 14. if.
*) OttUni Opera omnia ed. Kühn, Vol. VII. pag. 365.
^) Ibid. V0I.XVIL A. p. 944. «) Ibid. pag, 121,
^) Opera edit Jimdov^en» p. 97.
- « -
Die geographiiehe VerbmUiog des Wcch«
Beifiebers betreffend , so kennen wir dasselbe^
naeh Schönlein *), Mob auf der ndrdliohen He*
mispbärei und zwar mehr auf dem ösiliehm,
als westlidion Tbeile derselben. Die Verbrei-
tung der Krankheit hat, in dieser BesGhr&nkung,
eine deutliche Polargrense; sie reicht nur bis
zu gewissen Punkten nördlicher Breite , die aber
nicht in allen Ländern gleich sind. 80 gi|l|^ z. B.
die Krankheit, im Westen Europa^s, mi zu
den Shetlandinseln ; etwas westlicher auf dem
europäischen Continente aber finden wir sie
schon etwas höher steigend. Noch mehr ge*
gen Osten hin sehen wir sie wieder auf nie-
derere Grade beschränkt, und in Mittelasien
scheint sie gar nicht über den 56^67^ nörd-
licher Breite hinauszureichen, so dafs die Ver-
bretiuugslinie so ziemlich eine Curve bildet,
welche mit v. HumholdVs isothermischer Curve
fast zusaromenfalk. Eiue Aequatorial- Grenze
scheint diese Krankheit nicht zu haben; denn
wir finden sie auch in* der heifscn 2#one bis
unter die Linie hin. Was^ die Elevationsgrenze
betrifft, 80 hält sich das Wechsolfieber mehr
an die Tiefe; daher beobachtet man Wechsel^
fieber hauptsächlich an den Ufcni des Meeres,
in der Nähe von Sämpfen, Seen und Teichen.
80 herrscht es auf eine epidomische Weise an
den Ufern des adriatischen Meeres, von dem
Golf von Lepanto an, längs der Laffunen Ve-
nedigs, der Sümpfe Mantua^, dos uolfes von
Taren t, der pontinischen Sümpfe, des Golfes
von Terracina, der Mündung der Tiber; fernps
längs der Goli'o von Genua und Lyon, in IfaK
laga, Gibraltar, Kadix, Lissabon, Bayonne, W
s) Ajlgf^nieine \\t\i\ spftoielle PaUiologie und TlMra|
Uisrban 1834. B<1. IV. 8. 16 i\.
-- 10 —
ctiefort, Vliefeingen, inHoflaBd^ UDgamu.8.w.
AUein lucht nuc im Groüsen, sondern auch im
Kleinen bewährt sich der Bestand der hier be-
zeichneten £levati(m; so kann man A.B» iii^om,
wo man im Erdgeschosse schlafend gewifs vom
Wechselfieber befallen wird, schon im zweiten
StocKe desselben Hauses von ihm verschon!
bleiben ; ja sogar in einem und demselben Ge?
mache Jutim der Mensch dieser Krankheit ent*^
gehen j^Mvenn er die Nacht sitzend darin zu-
bringt. Diefis gehört jedoch mehr zu den Aus-
nahmen, Hieraus erklärt es sich audi> dafs die
Römer zur Zeit einer herrschenden Wechsel-^
fieborepidßmie sich nach höhern Gegenden be-
gaben und von der Krankheit verschont blieben.
Indessen erleidet die Vorliebe der Wechselfie-r
ber für Niederungen auch ihre Ausnahmen. Zur
^it und in Gegemien nämlich, wo diese Krank-
heit endemisch vorkommt, erhebt sie sich oft
plötzlich aus der Tiefe, weiin sie bis auf einen
gewissen Grad von Heftigkeit gekommen ist,
WP sich sodann ihre Zunahme an Intensität
durch Zunahme ihrei: EUevationsgrenze bekun-?
det. INese Zunahme hat maii in der Schweiz,
sowie in aHen Gebirgsländern Europa's beob-»
achtet.
In Beziehung auf den Gang der Verbrei-
tung von Wechselfieberepidemieen sei hier nur
frwähnt, dafs sie, wie die meisten andern Epi-^
demieen, von Westen her beginnen, und sich
von hieraus Schritt für Schritt in ihrem Weiter-
scbreiten verfolgen lassen. — Auch die Be-
. schaffenbeit des Bodens scheint zu dem Wech-
selfleber in einiger Qeziehuug zu stehen , in so-
fern man das Vorkommen desselben häufiger
in Gegenden beobachtet, wo der Boden thon-
artig ist, — einUmstMid, welchen Linn^ durch
-* II ~
die Gegenwart des Thoiies im Waiseri wek
dies mau ata Getr&ak benutzt, erklärt, aber
wahraeheinlicher und eher von der Feuehtigkeit
abKuhaugen aelieint, welche das Waaaery dos«
sen Filtration schwor vor sieh geht, nothwen*
dig aii der Oberfläehe untorhalten maflk — In
Indien I auf dem Vorgebirge der guten Hoff««
nung» in Island und Grönland, in (Schottland,
kl vielen Gegenden Schwedens, in (oipplaMl
und Bum Theil in den obem nördlichen Provin«
Ben kommt, nach Myrray *), das Wedisolfle-
ber nur höchst selten vor.
Was nun die Verbreitung des Wochsoli«
fiebere im Thierreiclio, odör mit andern VVorten
die Boatitwortung der Frage betriffl, ob diese
Krankheit nur ausscliliefsliches Eigeuthum der
menschlichen Species sei, oder ob dieselbe auch
andern Thierarlen zukomme V — sp äuüsort sich
Schön/ein ') in dieser Beziehung folffenderma-«
fsen: „Das innere Moment des WecTiselflebers
ist das menschliche Geschlecht. Intermittens
findet sich nicht bei Thieren, und so gut man
die Menstruation als ein charakteristisches Merk«
mal des Menschengeschlechts aufgestellt hat^
so gut könnte auch das ausschliefslicho Befal-
lenwerden von Intermittens als solches gelten^
Es zeigt sich aucli in dieser Beziehung wieder
der Satz wahr, dafs, je gröfser die Aehnlicb«
keit zwischen dem Gefüfssysteme der Men-
schen und Thiore, desto gröfser die Verschieb
denheit zwischen dem Nervensysteme beider
sei; defshalb lassen sich für alle Krankheiteni
welche im GefarHsysteme halten, so ziemlich
analoge Krankheiten nachweisen. Mit den Ner-
venkrankheiten ist CS ganz anders; es beginnt
I) Medidn. Bibliothek. Bd. III. S. 40 (f. *) a. a. O. S. 0.
~ I« —
hier ein gans neues Gebiet von Krankheiteii,
def^i Zahl eia Privilegium ies Menschenge-
eehledites ist; so ist 'es 4enn auch mit der In-
termittens* Reil will den Grund dafür , dalsdie
Thiere nur von xemittirenden, nicht aber von
intenniltirendeu Fiebern beiallen werden, in
dem Gange auf vier FüiSsien gefunden haben.
Sei dem, wie ihm wolle, Intermiitentes finden
Mich nur beim MenschehV — K. R. Haffmann ^)
druckt sich auf ahnliche Weise aus, wenn er
sagt: „Das Wechselfieber kommt nicht aHein
blols dem Menschen zu, sondern im Menschen-
geschlechte vorzugsweise nur der europäischen
ia^e." — Auch Schnurrer *) spricht dieser An-
sicht das Wort, und hält die Eigenschaft der
europäischen Rafe, von dem Wechselfieber be-
fallen werden zu können, für den Grund, dafs
sie allein über die ganze Erde verpflanzbar ist,
indem sich durch das Wcchselfieber die Natur
des Menschen mit der des Planeten ausgleicht.
Dieser ^twas absprechend gefafsten Be-
hauptung lassen sich indessen andere Autoritäten
entgegenstellen. So sagt yeith ^), dals es bei den
Hausthieron, zumal bei dem Pferde, auch aussez-'
zende oder fVechselfieber gebe, deren wesentliche
Zufälle zu gewissen Zeiten ganz aufhören, aber
nach gröüsem oder geringem, oft sehr bestimm-
ten Zwischenzeiten wiederkehren, sei keinem
Zweifel unterworfen, obgleich wenige Beob-
achtungen darüber bis jetzt bekannt seien. —
Schon Wqldinger hat solche regelmälsig aus-
setzende Fieber, deren Zufalle in der fieber-
<) Vergleichende Idealpatbologie. Staltg. 1S34. S. 581.
•) Allgemeine Krankheitslelire, S. 205. *) VeitKs
ilandbacb der Veterinärkande. Wien 1841. Bd. II.
S, X7% Anm,
— 18 —
freien Zeil voUkonuMB vemehwaadaBi bei de«
Pferde gesehen, allein er geUnnle eieh noeh
nicht, au8 diesen wenigen Killen Sehlosse nu
sieben und seine Ideen hierüber bekennt nnnF«
chen, theils wegen der Neuheit dieser Beob«
nehtung, theils wegen des Stillschweigens, wel-
ches alle thierftrstliehen Schriftsteller bis dahia
über diesen Gegenstand beebachteten. Setldea
sind* mehrere P&Ue von dentlidi anssetsendea
Fiebern am Wiener thier&rstlichen Institute be*
obachtet worden, obgleich auch dieser Beob-
achtungen noch viel su wenige sind , und selbst
diese wenigen nicht sorgftitig und lange genug
angestellt werden konnten, um ein bestimmtes
Resultat daraus xu entnehmen. Auch in an«
dem Ländern , auber Deutschland , wurden ihn-
liehe Beobachtungen gemacht. La Guerini^re
und Ruini erwähnen der aussetsenden Fieber,
welche sie drei- und viertägige nennen. Pozzi
und Mislei 0 haben ähnliche aussetzende Fie-
ber bei dem Pferde beobachtet Selbst unter
den ncucrn fk'ansösischen Thierärzten, welche
nach Broussais' Ansichten jedes Fieber für
symptomatisch und als die Wirkung eines schon
früher bestandenen örtlichen Hcizungs- und
Eutzündungszustandes anerkennen, das Vor-
kommen eines wesoutlichen oder selbststäudi-«
gen Fiebers aber gänzlich läugnen, gibt es den-
noch einige, welche, durch Beobachtungen von
Krankheitsfällen geleitet, das Dasein eines aus-
setzenden t^iebers bei dem Pferde zuzugeben
sich bewogen finden ^). — Damoiaeau ^)y woU
chem wir genaue Beobachtungen über Fieber
I) aiov. Pozsiy U Zoojatria Milan. 180«). Tom. III. |». 356.
*) Correspond. de Froinago do Fcmjrd, Tom. IV.
p. 28. ') Journ« ^irat. do mvdic. v^turint i»ar|)a-
f»wy an. 1828. p. 527.
— 14 —
in der Veterinärkiinde verdanken ^ beobachtete
bei einem Hengste, in Folge ailzufruher Befrie-^
digong des Geschlechtstriebes , ein sehr regel«
näfsigeSy viertägiges Wechselfieber, welches
«päter in ^ ein dreitäg^es und endlich in ein all-*
tägliches mit ^ofser Schwäche überging. —
LUgmrd sah ein deutlich ausgebildetes Wech-
selfieber mit täglichen, 9ehr unregelmäüsig ein-*
tretenden Paroxysmen, ohne Spur irgend einer
2H1 Grunde liegenden Entzündung , welches sie«
benzehu Anfälle machte, nach welchen sich
erst Zeichen eicier Brustaffection einstellten, an
deren Folge das Thier acht Tage später zu
Grunde ging. Erst vor l^urzem hat Clichy ^)
ein Quotidianficber bei einem Pferde beobach-
tet, in welchem die Anfälle zwanzig Tage hin-«
durch sehr regelmäfsig eintraten, und welches
endlich durch den Gebrauch der Chinarinde ge-
heilt wurde. Unter den Tfaierärzten bestehen
indessen über diesen Punkt noch manche Öon-
troversen; so nimmt z. B. Solhysel die Unter-
scheidungen in Quotidian-, Tertian- etc. Fie-
ber nicht an; Huzard der Sohn dagegen er-
kennt bei den grofsen Hausthioren dieselben
Arten von Fieber an, welche, in Bezug auf das
]!^en8chengeschlecht , allgemeüi angenommen
werden, gesteht aber, dafs die Geschichte des
Schleim-, Magen r, adyuamischen und atakti-
sdien Fiebers noch zu dunkel sei, als dafs er
darüber seine Meinung auss^usprechen wage.
Vorhalte sich nun die Sache wie sie wolle, so
ist doch soviel als ausgemacht zu erachten,
dafs wir, nach den gegenwärtigen Erfahrungen,
noch keineswegs berechtigt sind, das Wech-
9elfieber als ausschliefsliches Eigentbum des
X) Clichy, observat. de fi^vre intermitt. a type qaotidien
dans le cheval, in : Recucil de med« ?6tor. Juillet 1830.
— 15 —
Meoschengesehleohies zn ertehten^ da wir des«
jen Vorkommen , auch abgesehen von den oben
anfgefohrten Beobaehiungen, beim PferdeM*
•ehlethte um so eher annunehmen Gnmd ha-
ben^ als wir bei demselben eine periodisehe
Krankheit mit vollkommener Intermission nieht
selten na beobachten Gelegenheit haben, welohe»
wenn auch in der Regel fleberios, dennoch mit
4em Weohselfleber, in Besug auf den Typus,
die grSIste Anatogie neigt — iph meine die
periodische Aug€Hent tändung y Ophthalmia iuter*
miUens. Der Grund des seltenen Vorkommens
des Weehselflebers bei den Thieren durfte fai
der geringem Isolirung des Gangliensystems
vom Cerebral ^ und Spinalsystem ku suchen sein,
wodurch aber keine absolute Unmöglichkeit der
Bntwickelung dieser Krankheit begrändet ist
B. Zur Pathologie des TFechselfieberi,
Es gehört wirklich zu den interessantesten
Erscheinungen In der menschlichen Pathologie^
dars das Wechselfieber in der neuesten Zeit
viel h&uflger und sein Vorkommen nicht selten
in Gegenden beobachtet wird , wo es in frähoreir
Zeit weit seltener, wo nicht wohl gar nie zur
Entwickelung kam — ein Umstand, welcher
die Aufmerksamkeit der Aerzte schon vielfältig
angeregt und in der neuesten Zeit den wfir-
temberffischen ärztlichen Verein zur Stellung
einer diefiBfallsigon Preisaufgabe bestimmt hat,
die aber bis heute, meines Wissens, noch nicht
gelöst wurde. Auch wir wollen diese Fraffe
mit in den Kreis unserer Untersuchung aufueii-
meu; um aber in dieser Angelegenheit etwas
wissenschaftlich zu verfahren, so wollen wir
zunächst die Gelegenheitsursaohen des Weeb-
— 16 —
flelfiebers in Erwigung ziehen, sodann in Kur2e>
die äufsern Erscheinungen desselben anffuhren,
ids Produkt der vorausgegangenen Einwirkung,
und zwar sowohl im lebenden y als im todten
Zustande, hierauf die nächste Ursache dieser
Krankheit zu erforschen suchen , und endlich
auf diesen Grund hin in Untersuchung ziehen, ob
das häufigere Vorkommen des Wechselfiebers ivü
neuerer Zeit in einer Veränderung äuüscrer kos-
mischer und tellurischer Einflüsse, oder in ei««
ner Statt gefundenen Umänderung des mensch«-^
lidien Organismus und dadurch bedingter ver«
mehrter Empfänglichkeit, oder in sonst etwas
Anderm begründet sei. -^
1« Gelegenheiisursachen.
o) Atmosphärische Verhältnisse. Bei der
Entwickelung des Wechselfiebers nehmen die
äulisetn Einflüsse und unter diesen namentlich
wieder die durch die Jahreszeiten bedingten
Umänderungen in der Atmosphäre den ersten
Rang ein. Eine häufige Geleffenheitsursache
zum Wechselfieber, sagt Reil ^j, ist die epi-
- 'demische Constitution — die Wechselfieber
herrschen daher bisweilen epidemisch. Am häu-
^figsten grassiren sie im Frühling und Herbst,
daher man sie auch in Frühlings - und Herbst-
fleber eingetheilt hat; doch scheint der Herbst
der Entwickelunff des Wechselfiebcrs am mei-
sten zu entsprechen ; denn dieser bringt sie am
reinsten und deutlichsten hervor. Die Fruh-
lingsfieber fangen im Februar an, und dauern
bis in den August hinein; die Herbstfieber da-*
Segen beginnen mit dem August und dauern
bis in Januar und Februar. Die Fruhlingsfieber
>) Ftebetlebre. HaUe 1820. Bd. II. S. 16K
— 17 —
nebmen gegen den Junius* und Jalius hin all*
mählig ab, und das Gleiche geschieht mit den
Herbstfiebcm im Januar. Jqio haben grorsten-*
theils den Tertian - 'und Quoüdiaiitypns ; diese
dagegen sind mcistcntheils tägliche oder vier*
tagige; defshalb nennt auch Sydenham *) die
Quartanfiebcr ^^wahrt Kinder des Herbstes.^' In*
dessen gibt es doch auch Jahrgange ^ die fast
frei von Wechselfleber siud^ während sie ein
andermal so h&ufig beobachtet werden , dals
fast kein Individuum hievon verschont bleibt.
Allein die eigentliche BeschaiTeiiheit der At*
mosphäre und der Witterung, welche die Ent»
Wickelung des Wechselfiebers begünstigt^ scheint
bis heute uns noch uubekannt. Ifan hat der*
gleichen Epidemieen bei nasser, aber auch bei
heilser und trockener, bei veränderlicher, aber
auch bei ganz gowöhnliciier Witterung beob-
achtet. Indessen scheint es doch, dafs nicht
leicht ein gaus rciuer, sondern mehr ein ge-
mischter Zustand der Atmosphäre WechseUie-
ber hervorzurufen vermöge; je veränderlicher
daher das Wetter ist, desto leichter entstehen
sie, und verlieren sich, wenn starke Frostkälte
im Winter, oder anhaltende Hitze im Sommer
eintreten. Der Zustand der Atmosphäre scheint
im Herbste und Frühlingo auf das vegetative
Leben des Menschen und der Thiere ebenso
einzuwirken, wie auf die entsprechenden Le-
benszusläude der Pflanzen ; dieser sucht das in
Schlummer versunkene Leben wieder aufzu-
wecken und jener das erwachte wieder aUmäh-
Ug in Schlummerzustand zurückzuversetzen, und
so entstehen, in Folge der Reaction, abwech-
') S'ammtl. medizin. Schrillten^ iibert. Ton Kraft. Ulm
1838. Bd. I. S. 68.
JoarD.XCIII.B.St.]. B
— 18 —
#
Beiungsweise bald Brficheinongcn des Unterließ
gcDS bald jene des Wiederauftaachens , von
dieser oder jener Seite ans^ und innerhalb die*
ser Grenzen liegt der Wirkungskreis des Wech-
selfiebers. Sydenkam ^) sagt in dieser Bezie*
hung: da(s die Wechselfieber ungefähr auf fol«
Jreude Art ihren Ursprung nehmen : ^^Heim An-»
aiige und weitem Fortgange des Jahres wird
nämlich auch das Geblüt nach Verhältnifs'er«
höht (nicht anders^ als wie die Pflanzen
bei ihrem Wachsen und Vergehen sich nach
dem Laufe des ^Jahres richten)^ bis es seine
Starke und höchste Kraft erreicht hat; daher
ninuut es mit dem Laufe des Jahres gieichzei^
iig ab, und wenn dieses zu Ende geht, fängt
es von selbst au läCsiger zu werden und vor*
zäglich dann, wenn solches eine zufällige Ur-
sache befördert. Sobald aber das Blut schon
in diesem Abnahmszustande begriffen, so ist
ihm jeder krankhafte Eindruck schädlich, wet-
eben irgend eine Luftbeschaffenheit auf ihn ma-
chen wird, die um diese Zeit besagte Wedi-
nelfieber epidemisch erzeugen kann." Und an
einem andern Orte *) in Bezug auf die Froln
Ungsfieber: „durch die Winterkälte weiden die
Lebensgeister concentrirt und Kräfte kommen
in sie zurück, welche hernach durch die ein-
tretende Sommerhitze, da sie schon belebt sind^
hervergelockt werden."
b) Sumpf luft. — „Ubi bonae sunt aquae^
ibi bonus; ubi malac, ibi malus itidcm est aer/'
ist ein von deü Alten schon aufgestellter und
von uns oft wiederliolter Satz. Die schädli-
chen Wirkungen der Sämpfe sind schon im
I) SSmintl. medizin. Schriften, üben« von KrttfU Ulm
1S38. Bd. I. S. 69. >) Ebendu« S. 63.
— 19 —
rnihe8(cn AltGriham cnväliot worden. Hippo"
Iratts gibt cino ebenso genaue^ al» Icbcndigo
Schilderung bievon, iudeni er dio AflTectionen
bebchreibt^ denen dio Rewoluier von Phasef»
preisgegeben warcn^ und seine Beobachtungen
sind von allen denen, die seither sio zu piii-
fen Gelegenheit liatten, bestätigt worden. Ue-
brigens sei hier nur erwähnt, dafs die Lachen,
manchmal dio Teiche, immer die Keirsfelder und
die Wasser, worin man den Hanf rosten lüCst,
als Sümpfe von einer vorfibcrgdienden Existenz
und cVic beinahe zu den nämliclicn Zufullcn
Veranlassung geben, angesehen werden niüs-
sen. Damit das Wasser eine üble Beschafren-
heit annehmen und so dio Luft verunreinigen
kann, nnifs es stagnircn, weil sonst die darin
enthaltenen, der Cuhrung fähigen Stoffe so-
gleich, nachdem die Zersetzung vor sich ge-
gangen ist, und selbst noch früher fortgeführt
werden, und nur eine unvollständige, oder gar
keine Faulnifs eintritt. Eine ebenso notliwen-
digc Bedingung ist die Wärme, durch ihren
Eiiiflufs wird jede Guhrung aufgehalten, ganz
aufgehoben, oder beschleunigt. So hören ge-
wöhnlich die srhadilrhen Ausdünstungen der
Sümpfe während des Winters , welcher xur An-
häufung dazu . geeigneter Materialien bestimmt
zu sein schehit, auf, sich in der Luil zu ver-
breiten. Ihre Entwickelung beginnt mit der
Somnierwärme, und dauert bis gegen das Ende
des Herbstes, llicmit hängen zusammen die gro-
fscn Modilicationen , welche die Einwirkungen
der Sümpfe, je nach versclüedenen Klimaten,
erleiden. In den sehr kalten Ländern bleiben
dio Sümpfe einen grofsen Theil des Jahres über
ohne Einwirkung auf die Bewohner, und haben
hierauf wahrend der warmen Jahreszeit nur eine
B 2
— 20 —
sehr schwache und kunsdauernde. Hiersus er-
klärt es sich auch, wie uttseiie Vorfahren in
ihrem mit Sumpfen und Äorästen angefullt^i
Hercynia gesund bleiben, und zu einem star-
ken und robusten Volksstamme sich heranbil-
den konnten. In den gemaJGsigten Ländern macht
sich die Einwirkung das ganze Jahr hindurch
auf mehr oder weniger beträchtliche Weise
fühlbar, nimmt aber mit der Wärme bedeutend
zu. Endlich dauert sie in den Warmen Ländern
mit einer beinahe immer gleichen Intensität fort.
Es folgt hieraus, da& der sumpfige Boden der
kalten Gegenden beinahe ohne Nachtheil be-
wohnt werden kann, dals die Gefahr in den
gemä&igten Gegenden zunimmt, und dafis end*
lieh manche sumpfige Gegenden der heifsen
Xiänder durchaus unbewohnbar sind , was schon
für einige Particen der pontinischen Sämpfe
gilt. Die ludiAnduen, welche gezwungen sind,
mitten unter den Effluvien der Sumpfe zu le-
ben, sind gewöhnlich klein, haben constant
eine livide, bleiche Gesichtsfarbe, und eine
rauhe Stunme; der Bauch ist dick, die Unter-
achenkel sind^ angeschwollen, und die obem
Extremitäten dünn; das Gesicht ist frühzeitig
Sefurcht^ hat gleich von den ersten Jahren an
as Ansehen des Greisenalters und das Ge-
präge der Traurigkeit und des Leidens. Sind
ihre Muskelkräfte schon bedeutend reducirt, so
ist es ihre moralische Energie noch mehr. Ein
habitueller Zustand vo^ Sorglosigkeit, vonApa^
thie und kaltem Egoismus^ fajsche und be-
schränkte Ideen, Mangel au Empfindung, Hang
zu dem Verbrechen, zu welchem die Rachsucht
in Verbindung mit der Feigheit fuhrt, bilden
ihren Charakter. Das Leben ist in den sum-
pfigen Gegenden kurz; die Bevölkerung erhält
— «1 —
üdi dtselbst mit Mühe, oder nimnil ab. Allein
der Bewohner der jsumpfigen Gegenden koramt
daait nicht weg, da£s er sein Leben in einem
fortii'ährenden Zustande von Kränklichkeit zu-
bringt, sondern er leickt noch aufserdem zu
gewissen Zeiten an mehr oder weniger acuten
Aflectioneo. In der Regel sind es Wechsel-
leber; allein durch die Erschöpfiing der Sub-
jecte gehen sie von Zeit zu Zeit zu dem an-
haltenden Typus über» Sie entwickeln oder
coraplieircn sich dann, wenn sie schon vorhan-
den aindy mit schlimmen ZuföUen, unter denen
sidi die Diarriioo oder die Dysenterie befindet,
&e gewohnlich tödtUche Folgen haben. Selbst
wenn das Fieber den intermittirenden Charak-
ter behih, steigert es inmierdie schlechte phy-
siscfae Beschaffenheit,^ die ihm vorausgegangen
war, und bereitet so die ungünstigen Resultate
vor, die ein zweiter oder £itter Anfall haben
wird. Unter der Wiederkehr dieser Fieber sMii
■an die tiefen Störungen der Eingeweide des
Unterleibs sich entwickehi. — Bis jetzt haben
wir die Emanationen der Sümpfe nur in ihren
allgemeinen Wirkungen betrachtet, nun wollen
wir einige von den merkwürdigsten Besonder-
heüen, die von ihrer Em Wirkung abhängen,
ciortem. Die Erfahrung hat nämlich gelehrt,
dafs die Emanationen der Sümpfe , in ihrer Aus-
iehnnng und Verdichtung, den täglichen Ver-
änderungen der atmosphänsdieu Wärme folgen«
Hieraus folgt, da(s ilire Einwirkung, die in der
Hüte des Tages nicht sehr beträchtlich, des
Abends, in der Nacht bis zum Morgen sehr zu
lorditen ist. Der bewegte Zustand der At-
BKisphäre, in sofern dadurch die Miasmen zer-
streut, oder nach eiuem bestimmten Orte hin-
geführt werden, ihre Ruhe, die ihnen gewis«
- «» -
/
sennafisen gestattot^ sich an den nämlich«!
Steilen anzuhäufen, modificiren ebenfalls gans
besonders diese nämliche Wirkung. Allein die
Bedingung^ die sie gewissermafsen ' unter ihre
Abhängigkeit stellt , ist^ genau betrachtet^ die
Wärme ; ohne die es keine faulige Gährung in
den . sumpfigen Wassern geben würde. Auch
ist es eine wichtige Thatsache, die durch die
Untersuchungen von Vülermi festgestellt woiw
den ist, daü» in den sumpfigen Ländern die
Kinder unter vier Jahren dem Sterben mehr
ausgesetzt sind, als die mannbaren Individuen^
die selbst wieder mehr als die Greise leiden«
Während des Herbsttrimesters erreicht die Sterb-
lichkeit unter diesen Kindern das Doppelte von
der anderer Trimester , was für/ die bejahrten
Subjecte bei weitem nicht der Fall ist. DiesMi
EfBuvien der Sümpfe müssen, nach den vor-
ausgeschickten Erörterungen, eine eigenthüm-
liehe Beschaffenheit der atmosphärischen Luft
bedingen, die abhängig ist und hervorgerufen
wird von terrestrischen Einflüssen, die also
eigenthümlichen Vorgängen in dem Boden, über
.welchem sie sich befindet, ihr Entstehen ver-
dankt Diese eigenthümliche , dem Entstehen
der Intermittens günstige Luft wird ohne Zweip-
fel erzeugt durch Beimischung von eigentbünn-
lichen Gasarten, oder wenigstens von gas- und
dampfförmigen, der atmotphärischen Luft sonst
fremden Stoffen; ja man hat behauptet, dafses
grö&tentheils irrespirable Gasarten, geschwe-
feltes, gekohltes, gephosphortes Wasserstoff
gas sei; allein die hierüber angestellten eudio-
metrischen Versuche haben bis jetzt noch keine
befriedigenden Resultate geliefert. Soviel ist aber
als ausgemacht zu erachten, daCs die Verwe«»
8ung organischer Stoffe mit der Wirkung der
Sunpfluft in der ciigston Besicliung slehi, wor-
aus hcrvorzugolien scheint, dafii es weniger die
4»ben erwähuteu gasförmigen, als vielmehr or^a-
fliach - dampflormig der Luft bcigemischleii 8ton*e
8ind^ die das oigcnthuniliche Miasma der Sumpf-
luft erseugcn. Gationi will die ülier den Sunt-
pFen des Vort Fuentes gesammelte Lult ebenso
reiu goAiudeu haben, als die LnlH auf dem (ii-
pfel dos Berges Legnono; doch liaben spätere
UDtersuGhungeu hievon etwas abweichende Ko-
sultato geliefert. Thtnard und Dupuytren ha-
ben sich nämKch überseugt, dafs das Kohlen-
wasseistolTgas, welches sich aus Sümpfen eiit^
bindet , beim Durchstreiclien durch Wasser eine
eigenthümiiche, sehr fiiulnilsfühige Materie darin
zurücklafst, was nicht der Fall ist, wenn mau
das durch gewöhidiches Verfahren entbundene
Koldeuwasserstoflgas durch Wasser pfeheu läfst.
Julia hat ebenfalls nachgewiesen, dafs der, in
der Umgebung der Sümpfe gesammelte Thau
gulirungstuhige Materie enthüll. Kndlich hat
der nämliche Chemiker gefunden, dufs, wenn
er Fleisch zum Faulen unter Glocken legte, von
denen einige mit reiner atmosphurischor, andere
mit über Schwindgruben oder Kloaken aufge-
(angcDer Luft angefüllt worden waren, die Faul-
niis weit schnellere Fortschritte unter den mit
nephi tischer Lull gefüllten Glocken machte.
Obgleich selbst in diesem Falle das verderbliche
Prinoip unerreichbar blieb, so hatte sich doch,
wie man sieht, sein Dasein durch sichtbare
Wirkung dargelhan.
Die Entbindung von mehr oder weniger
wirksamen Efliuvien aus dem Wasser der Süm-
pfe und ihre Vermengung mit der Luft ist nach
den seitherigen Beobachtungen eine Thatsachc,
über deren Hiciitigkeit man gegenwärtig keinen
— «4 —
gegründeten Zweifel hegen, und die uns bei der
Intdeckung einiger der rein physischen Eigen-
schaften dieser Stoffe behülflich sein kann. Zu-
erst leitet sie uns zu dem Schluüs, daCs sie,
welches auch ihre Natur sein mag, eine Ex-
pansiouskraft besitzen. Wäre diese aber eine
vollkommene, so würden sie bei ihrer Verbrei-
tung die Gesetze befolgen , nach denen sich
der fühlbare Wärmestoff, die Gerüche u. 8.'W.
verbreiten. Nach den Berechnungen von Cham*
eesme nimmt die Menge der in der Luft en^
alteneu Emanationen und folglich ihre Wirk-
samkeit im geraden icubischen Verhältnisse der
Entfernungen von ihrem Heerde ab. Dieses Ge-
setz ist jedoch nur streng auf imponderable Kör-
per anwendbar. Nun lehrt aber die Erfahrung,
dais 'die Miasmen, zu welcher Kategorie auch
die Effluvien der Sümpfe gehören, gewöhnUch
schwerer, und selten leichter als die atmosphä-
rische Luft sind. Daher kommt es, dals ihre
Wirkung gewöhnlich nur auf eine sehr geringe
Höhe über das Niveau des Ortes, wo sie ent«^
stehen, sicherstreckt Eine Folge ihrer Schwere
ist es ebenfalls, dafs sie nicht blois an der
Oberfläche der Erde stehen bleiben, sondern
sich auch nach tiefer gelegenen Orten hinab-
9iehen. Jedermann kennt das Ungesunde der
jirdgeschosse in der Nähe von Sümpfen. Alle
diese Umstände beweisen, dals die miasmati»
sehen Emanationen, bei ihrer Verbreitung, nicht
genau das Gesetz des Kubus der Entfernungen
befolgen, sondern eine abnehmende, zwischen
dem Kubus und Quadrat in der Mitte stehende
Progression, die noch durch eine Menge Um-»
stände, z.B. die hygrometrische Beschaffenheit
der Luft, ihre Temperatur, ihre Ruhe oderBe«»
wegung, durch die Hindernisse, welche ihrer
— «6 —
tttMk Circulation hohe Oeblade, l^nge^ ge-
wundene und enge Straften, vcraehiedene, vom
Boden abhängige Zufälle u. a. w. entgegcnatel-
len y modiOcirt wird. In allen diesen Fällen kann
man achr wichtige Erscheinungen , in Bosug
auf die, duroh die Lokalitäten abgeänderte Ein-
wirkung der Miasmen im Allgemeinen und des
Sumpfmiaamas insbesondere beobachten. Ein
Stadtquartter, eine Strafse, ein Theil eines Hau*
ses erfahren specicil ihre Wirkung , während
ganz nahe dabeistehende Stelleu gänzlich vor
ihnen geschützt sind, wie dieses Lancisi sehr
gut beobachtet hat
e) Contagium. Ob unter Einwirkung gun-
stiger Umstände .wirklich ein Wechseliieber-
CODtagium sich entwickeln könne, ist bis jetzt
keine so ganz ausgemachte, noch auch ganz
leicht zu entscheidende Frage. Meibom^ Bianchi^
Cleghorn, Lautier y Fr. Hojfmanny van Hovertf
Greg* BannareZf Jint. Cibat. Bailly, Audouard^
Heil u. A. sprechen die Behauptung aus, dafs
das Wecliselfiober unter Umständen wirklich
contagiös sei, d. h,, dafs es sich von einem
Individuum im krouken Zustande, auf ein ge-
pundes, aufserhalb des Gebietes der Epidemie,
wo das erstero es sich zugezogen hat, über-
tragen könne. Von allen Wechselfiebern , sagt
Reit *), kaim man diels nicht wohl behaupten,
doch aber von einigen, und besonders von dem
Gefafsficber mit diesem Typus das den Cha-
rakter dos Typhus hat. Allein hicdurch wird
nicht behauptet, dafs es in dem tirade, wie
die Pocken, Masern, Krätze u. s. w. ansteckend
sei, besonders glaubt Reil^ dafs das Wcchsel-
fieber der Gcfäfso leicht durch dea Schweifii
>) a. a. O. S. 164.
— » --
des Kranken anstecke, und daher die Gefahr
der Ansteckung am gröfsten sei, wenn man
während des Fiebers mit dem Palicnten unter
einer Decke schläft, oder Wäsche und Klei-
dungsstücke desselben, welche mit seinem
Schweifse getränkt sind , anzieht. Bailly macht
uns in dieser Besuehung folgende interessante
llittheilung: „Eine Dame kam mit dem Wech«
selfieber nach Paris, welches sie sich auf dem
LAude, in einer sumpfigen Gegend augeaogen
hatte. Diesea Fiejber wurde von heftigem Er-
brechen und andern gefährlichen Symptomen
begleitet, welche sich bei jedem Anfalle ein-
stellten und Baüly nöthigton, die China zuge-
ben. Sie war kaum hergestellt, als ihr Mann,
welcher Paris nicht verlassen hatte, aber so
unvorsichtig gewesen war, sich während ihrer
Krankheit nicht von ihr zu trennen, von den
Dämlichen Symptomen und auf eine ganz gleiche
Weise ergriffen wurde." — Uebrigeus ist von
all diesen Beobachtern zugegeben,, daüs die Ge-
fahr der Ansteckung uni sogröfsersei, je mehr
die Candidaten durch die epidemische Consti-
tution, durch Diätfehler und andere innere und
äufsere Ursachen für das Fieber empfanglich
gemacht sind« Auch fehlt es nicht an Beispie-
len^ wo Schwangere, welche von dem Wech-
selfieber befallen , dasselbe auf die* Frucht über-
trugen, und stillende Mütter dasselbe ihren
Säuglingen mittheilen , wovon M^r hier einige
Beispiele speciell erwähnen wollen.
Schon Fernelius hat die Behauptung auf-
festellt, dafs Kinder, ohne Unordnungen in der
ebensart, von Seiten ihrer Mütter ein eintägi-
ges Fieber bekommen haben, führt aber kein
Beispiel einer solchen Beobachtung an. Chr.
— « —
Fr. PauUini ^) dageg;en erwähnt einen Fall von
einer Soldatenfrau ^ welehe zum dritten Male
sehwangerivor 9 und gicieli im zweiten MQnate
ihrer Schwangerschaft ein hartnäckigeii Quar-
tanfteber bekam. In den letzten Monaten spürte
mOf dafs ihre Frucht in und vor dem Anfalle
sehr unruhig war, zitterte, und sich von der
einen Seite nach der andern wälzte, so, dab
sie sich oft einen sehr betrübten Ausgang vor»
stellte. Endlich kam fiie an einem Tage^ an
welchem sie einen heftigen Anfall ausgestan-
den hatte, Abends gegen 10 Uhr mit einer
Tochter nieder, welche zu ebenderselben Stunde
mit der Mutter das Fieber bekam. Das Kind
hielt die Anfalle sieben Wochen lang aus. -^
Geyer '} machte folgende Beobachtung: Ein
leichter Reiter hatte seit vielen Monaten das
dreitägige Fieber, zeugte ober in der Zeit ei-
nen Sohn, der, da er vier Wochen alt war, an
eben dem Tage, und in demselben Augenblicke,
in welchem der Vater das Fieber bekam , auch
den Anfall erlitt. — Auch Dr. Brüggemann *),
theilt uns aus der neuern Zeit folgende hieher
gehörige Beobachtung mit. Eine 38jährige Frau
hatte schon sieben gesunde Kinder leicht und nop-
mal geboren , als sie , in der Mitte ihrer achten
Schwangerschaft, 6 — 7 Wochen lang ihre an
Tertianflober schwer erkrankte Schwester zur
Wartung übernahm. Dieses Fieber machte seine
Paroxysmen mit Erbrechen einer schwarzen
Masse , wovor sich die Wärterin so ekelte, dafs
sie oft gleichzeitig sich miterbrach, und zur fer-
nem Pflege unfällig wurde. Schon damals hegte
<) Abliandltingen der Kaiserl« Akadüinie der Natiirfor«
forscher. Bd. XV. S. 461. >) Kbcndas. S. 418.
S) Snmmariiim. Ud. H. Ilft. 3. — Schiuidt'ii Jahrbü-
cher. Bd. Vin. Uil 1. 8. 17.
— 28 —
sie die Furcht , dieses Alles könne ihr und ih-
rer Leibesfrucht nachtheilig werden. DieSdiwan-
gerschaft verlief indefs nun, ohne weitere Stö-
rung, und eiTeichte den 23. August 1828 ihr
normales Ende. Der. gebome Knabe war dem <
Anscheine nach gesund, allein alsbald erbrach
er täglich unci noch, al^s ihn Brüggemann in
der sechsten Woche darnach in Behandlung
liekani. Durch das Erbrechen, welches nicht
idlemal nach dem Essen, sondern zu unbestimm-
ten Zeiten eintrat, ward eine bald schleimige,
bald milchige, später sehr sauer riechende Masse
entleert. Gleich von den ersten Tagen an be-
merkte man .an dem Kinde, von hiihe 4-9 Uhr,
eine Brennhitase. Nach sechsmal beendigtem
Cyklus trat noch eine Ophthalmie hinzu, und
' vom vierten Tage an nahm man gewahr, Anis
der Hitze Frost vorhergehe. Ob dieser früher
übersehen wurde, diels liefs sich nicht ganz,
genau entscheiden. Jetzt war er aber offenbar
und wurde taglich intensiver. Das Augenleiden
heilte die Natur; zu dem Fieber gesellte sich
aber, in der vierten Woche, auch noch Schweifs.
Im tmberufenen und fruchtlosen Behandeln wa-
ren nun sechs Wochen verstrichen, als Brüg-'
gemann den 5. Nov. 1828. das Kind übernahm.
Er fand es mit lividem Gesicht, abgezehrtem
Körper, aufgetriebenem, jedoch weichem und
scheinbar schiperzlosem Unterleibe. Aufser dem
Obenerwähnten hatte das Kind vier bis fünf
hefige Stühle. Die Zunge war mit gelblich-
wei^m Schleime bedeckt ; Muttermilch war die
alleinige Nahrung. Wegen der Indigestion ein
^ Tränkchen mit Anima rhei, Magnesia etc., wo-
" durch die Säure und Diarrhöe gestillt wurden.
Die Zun^e blieb unverändert. Sülse Extracte
mit Salmiak verwandelten die Quotidiana, bin-
nen zehn Tagen, in eine Tertiana. Da sich
— » •-
der Znstand aber dureh bittere Extracte nieht
beasorte, lielis Brüggemann in einer Intonnis»
sion 1 Gran Chinin mit 1 Unee Chinasymp
verbrauchen. Obschon viel hieven weggebro-
chen wurde, war der nächste Anfall doch schon
schwächer. Die nächste Itopetitiou hob das
Fieber , allein das Erbrechen trotzte allen Mit-
teln. Sechs Tajge hatte das Fieber geschwie-
gen, als es plötzlich mit erneuerter Wuth nw
rückkebrte, drei Tage hinter einander drei An-
falle machte und tödtete. — Auch Schupmann ^)
beobachtete Fälle von augebornem Wechselfle-
ber, wovon die Mütter im siebenten und ach-
ten Monate der Schwangerschaft selbst befal-
len waren. Bei dem ersten Kinde verscheuchte
eine Chininauflfisung mit Rhabarbertinctur das
Fieber, im letztem Falle starb das Kind, da za
spät Hülfe gesucht wurde. —
Eine Statt gefundene Uebertragung des
Wechselflebers von einer Muttor auf don Säug*
ling beobachtete Dr. Toit ^). Eine SSjübrige
Predi^erfrau, welche eine |-jälirige Tochter
(Ersthng) säugte, bekam droi Nachmittage hin-
ter einander kurzen Schauder mit nachfolgender
Hitze, ohne Schweifs. Am vierten Tage blie«
ben diose unverkennbaren Wechselflebersymp-
tome aus, und zeigten sich bei dem Säuglinge,
ja vermehrten und steigerten sich noch in der
folgenden Nacht. Dieses mittelst Muttermilch
gleichsam metastatisch übertragene Wechsel-
fieber wich einer Auflösung von schwefelsau-
rem Chinin in einem Infus. Valerian. sogleich. —
d) Sympathische Reizungen, Jede etwas
lebhafte örtliche Iflcizung, ihr Sitz mag sein,
>) Weifenweber's Beiträge. B(f. U. Heft 3. >) Allgem.
mediz. Zeitung. Nr. 89. 1834. — Si^midV» Jahrbü-
cher. Bd. VII. ilft. 2. 8. 129.
— 30 —
weleher er wolle, kunn durch ihren sympathi-
schen Einflufs auf das Nervensystem die Eöt-
wickelung eines Wechsclficbcrsi veranlassen.
Alexander ^) beobachtete jedesmal den Aus-
Inruch eines dreitägigen Fiebers am zweiten oder
dritten Tage nach Vornahme eines Aderlasses;
Gockel ^) in Folge des Zahnens; Pauliini ') ein
^ertagiges in Folge vom Wurmreiz; Low ^)
«m gleiches durch Blähungen entstanden; Torti *'^
vom Genüsse der Pharapnsfeige; Riccmi von
einem Steatom der Oebärmutter, welches das
Fieber stets unterhielt und nicht zur Heilung
kommen lieüs; Tralles *) von verursachtem
Schrecken; A. Richard ''} berichtet einen merk-
würdigen Fall 9 wo ein Wechselfieber durcli ein
Vesicator veranlafkt worden , und- jedem Anfalle
ein lebhafter Schmerz in der entzündeten. Haut
vorausgegangen war. Er liefs, da er auch
schon Wechselfiebcr^ welche sich durch schmerz-
hafte syphilitische Geschwüre entwickelt hat-
ten und unterhalten worden waren , mit der
Heilung dieser Geschwfire hatte auflioren se-
hen j ein mit Laudanum benetztes Kataplasma
mf die entzündete Haut legen ^ und von die-
sem Augenblicke an kamen der Schmerz und
das Fieber nicht wieder zum Vorschein. Hier-
her gehören auch noch Flechten und Krätze.
Pouparf^} erzählt von einer Person , bei wel-
cher Flechten, womit sie lange Zeit geplagt
war und ein Wechselfieber mit einander ab-
X) Abhandlangen d. rom. kaiserl. Akademie der Natnr-
forscher. Bd. XIV. S. 147. <) Bbendas. S. 56.
«) Kbendas. Bd. XV. S. 451. ^) Kbendas. Bd.
XVm. S. 240. ') Tberajieutice specialis ad fe-
bres pernidosas periodicas. Mut. 1712. ') Usot
opii sect II. cap. 2. §• 4. p. 70. ') Annal. de I.
ni6decine pbysiolog. ^) Abhandl. t« d. Flechten.
A. d. Franz. ▼• Joh. Xomwcl. Strafsburg 1784. 8. 76.
— 31 -^
weeliRoltcn, so darfl^ wenn jcno vcrj;in);cii, die-
ses snin Vorschein kam, nnd wenniiiesen wie-
der vorbei war, die Flechten wieder erschie-
nen; und van Hoven ') sagt von einem epide-
mischen Wedisülfleber, welches er beohach-
iote, dafs selten einer von dem WechselHeber
Arei blieb, der die Krätze hatte.
e) Schwächende Potenzen. In Kol^e von
Einwirkung aller schwächenden Kinflüsse ent*
stehen gern Wechselfieber, als da sind : Kulte,
schlechtü Bekleidung, Hunger, fade nahrungs-
loso Speison, Gcnufs von Gurken, Melonen,
Obst, Nachtwachen, Anstrengungen des Gei-
stes und des Körpers, heftige Leidenschaften,
starker Saamenverlust, Schwücliung durch Ab-
ICbimitlel und Aderlässe u. s. w.
Soviel in Beziehung auf die äufsern ätiolo^
gischen Momente ; was nun die , in der Beschaf-
foDhoit dos Organismus begründeten Verhältnisse
betrifft, so können wir uns im Allgemeinen daliia
ausspredien : „cfiv/ir zwar alte Menacüien der Mog^
Uchkeii ausgesetzt sind, unter heatimmten Vtr^
haltnissen vom Wechseißeher befallen zu werden^
dafs Jedoch diese Möglichkeit nicht in allen in
gleichem Verhältnisse ausgesprochen , sondern
von besondern Umständen abhängig ist, und
awar nach Söhönlein *):
a) von der stetigen Evolution. Am häufige
sten ist die AfTection in den Blüthenjahren etc.,
bei Kindern bis gegen das Eohnte, eilfte Jahr
hb ist sie selten, ebenso bei alten Leuten;
/9) von der cyl tischen Evolution. Zu jener
Zeit, wo das äuAero Nervensystem, sei es je-
nes der Haut, oder jenes des Darmkauals, am
thatigsten ist, also beim Uebergango aus der
'} Vennch Ob. daa Woclisclflülivr ii. icinc Heilung.
Tbl. I. f. 78. ') 0. a. O. 8. U If.
1
— 38 ~
Isalten in die warme Jahreszeit — im Fruh-
linge; oder beim Ueber^ange der warmen in die
kalte — im Herbste, ist die Möglichkeit des
Erkrankens am stärksten;
y) von der Individuahiät Individuen mit
reizbarem, initablem Nervensysteme, sind ge^
rade dem Wechselfieber so häufig ausgesetzt,
als Individuen mit reizbarem, irritablem Gefäls-
fiysteme den Entzündungen. Besonders sind In-
dividuen mit verstimmtem, reizbarem llauch-
uervensysteme gefährdet;
ä) von der Häufigkeit der Krankheit im
Individuum. Es verhält sich in dieser Bezie-*
bung nicht, wie bei andern Krankheiten, wo
die einmalige Gegenwart die Möglichkeit des
Befallenwerdens tilgt, oder wenigstens schwächt^
sondern hier tritt gerade das GegentheU ein, — ^
die Möglichkeit des Erkrankens steigert sich
mit der Wiederkehr der Krankheit, so dafs
viele Aerzte, und namentlich Üei7, behaupte-»
ten, jedes spätere ^efallenwerden sei nichts
Anderes, als ein Recidiv der ursprünglichen
Krankheit, welche nie vollkommen geheilt, son-
dern nur «uf kürzere oder längere Zeit zum
Stillstand gebracht worden scL
Aus der seitherigen Darstellungsweise durfte
zur Genüge hervorgegangen sein, dab den
Wechselfieber ein gewisses pandemisches Ver-
hältniü» zu Grunde liegt, vermöge dessen das-
selbe jeden Menschen, unter Eimvirkung der
hiezu günstigen Aufsenverhältuisse zu befallen
vermag. Indessen erfolgt der Ausbruch der
Krankheit selbst nicht auf einen Schlag, son-
dern es finden gewisse Uebergänge Statl^ wel-
che man besonders deutlich in jenen FäUea
bemerken kann, wo sich das Wechselfieber epi-
demisch zu bilden beginnt In diesem Falle
-. 33 —
nehmeD nimlich andere Krankheiten, selbst die
EoLwodoiigen auch etwas Periodisches an, und
eise alhnählich, nachdem die Krankheit eine Zeit
lang in unvollständiger fragnieutarer Form be-
standeu hat, tritt sie in ihrer wahren Gestalt auf.
8. BÜd der Krankheit.
Vm über das Wesen des Wechselfiebers ge«^
höriges Licht verbreiten zukönnen, scheint es uns
Toreist nothwendig, die äufsern Erscheinungen,
wekhe die vorangeschickten ätiologischen Mo*
Bcnte, als Produkt ihrer Wirkung 9 darbieten, in
ihicfli Neben- und Nacheinandersein in Betracht
m liehen, und uns so ein allgemeines Bild der
Kiankbeit zu verschaffen. In dieser Absicht
mosOeo wir das Wechselfieber in drei besonderen
Fhateo betrachten, welche es in seiner reinen,
ausgeprägten Gestalt stets zu durchlaufen
pflegt, nämlich im Fro5/-, Hitze-" und Schweifs^
ümdnan.
a) Froststadivm, Nach vorausgegangenem
Schauder und Ziehen im Rückgrathe mit Gäh-
nen mid Recken kommt der Frost^ welcher beim
Wediselfieber sowohl seinem Grade , als seiner
Dauer nach, selbst bei einem und demselben
Fieber verschieden, jedoch mit ihm in reinem
Zustande wesentlich verbunden ist, bald früher,
bald später zum Vorschein.^ Der Eintritt der
Anfälle macht sich nämlich durch eine Art Com-
pressiou, welche rasch' oder stufenweise die
ganze Oberfläche des Körpers befällt, bemerk-
iich. Der Frost stellt sich mit Blässe des Ge-
lidiles, Dehnen der Glieder und krampfhaftem
ZoMBiaieuziehen der Hautporen ein. Manche
Weehselfleberkranke fühlen nur ein leichtes
Fidatdn, bei andern ist die Kälte heftiger, so
dab die Haarzwiebeln hervortreten und die Haut
J««s.XCIILBd.l.8t C
- 34 -
gewissennalseii erzittert. Gänsehaut (faorripi-
latio); Oft ist sie gleich von Anfang an sehr
intensiv^ dauert einige Z^it im nämlichen Grade
fort^ oder sie findet nnr voräbergeheud Statt.
Am gewöhnlichsten beginnt sie an den Händen,
an den Füfsen, auf dem Rücken, in dem Ge-
sichte, den Lenden, an den Knieeu u. s. w.,
und verbreitet sich von da aus schnell über die
andern Theile. Manchmal ergreift sie gleich-
seitig die ganze Oberfläche des Körpers. In
den meisten Fällen wird sie, aufweiche Weise
sie auch angefangen haben mag, endlich all-
gemein, oder sie macht sich, wenn sie auch
nicht zu gleicher Zeit alle Theile einnimmt,
endUch nach und nach in jedem von ihnen fühl-
bar. Mehrere Kranken finden in dieser krank-
haften Kälte etwas Stechendes; andern scheint
es, als ob man Eisstücke auf den Körper ap-
plicirte. Die Kälte ist gewöhnlich iur das Ge-
fühl wahrnehmbar; in manchen Fällen aber, wo
der Kranke über eine sehr starke Kälte klagt,
bemerkt man gar keine Verminderung in der
Hautwärme. Mehrere Aerzte haben einstimmig
bezeugt, dals das Thermometer, in dem stärk-
sten Fieberfroste an den Körper gebracht, —
unter den Achseln , in dem Munde — keine
verminderte Wärme anzeige , sonderii wohl gar
um einige Grade Erhöhung derselben. Allein
Burserius hat durch wiederholte Versucbe,i in
Gegenwart vieler Schüler dargethan, dafs bei
einem wahren Froste , wo die Extremitäten kalt
an2sufuhlen und blafs sind, das Thermometer
verminderte Temperatur anzeige. Die stärk-
sten, auf die Haut angebrachten Grade von
Wanne sind nicht im Stande, diese Kälte zu
vermindern. Durchgehends pflegt der Beobach-
ter diese Znfiüle des Frostes eher an dem Kran-
ken EU benorkeiiy als er sie selbst gewahr
wird. Andere bef^leitondc KrscheiDungen des
Frostes sind: Bleich- oder liividwerden der
Haut, besonders an den Nasenflüf^eln ^ in der
Wangeugegend und an den Fingempitsen. Bei
manchen Kranken ist die Haut marmorirt^ mit
röthlichen und bläulichen Flecken bedeckt» wei-
che jenen ähnlich sind, die man im Winter an
den Händen gesunder frierender Personen wahr-
nimmt. Senao sah im Ficberfroste die ganso
Nase blau werden , und Stärk hat blaue Flecke
bemerkt, welche ganz die Haut wie Petechien
beaetsten. Wenn der Frost mit grofser Inten*
•ität auftritt y so wird der Kopf gegen die Spitse
des Brustkastens hingezogen, die Augen sind
veistort, die Kinnladen gegen einander gepreist,
die Brust tritt hervor, der Bauch ist eingezo-
gen und die geraden Bauchmuskeln machen
sieh unter der Haut bemerkbar , die Gliedma-
fsen sind gebeugt und dem Stamme genähert,
um sich zu erwärmen , und den convulsiviHclien
Brschätterungen, welelie sie erleiden, Wider-
stand zu leisten. Dieses Zittern, welches manch-
mal null, oder ganz unbedoutrnd ist, kann in
andern Fällen einen solchen Grad von Intensi-
tät erreichen, dafs es für den Kranken unmög-
lich wird, sich aufrecht zu halten, oder zu sitzen ;
es erzittert das Bctt^ auf welchem er liegt;
manchmal hört man ein Krachen in den Gelen-
ken, und die Zähne schlugen, unter grofsem
Geräusche mit einer so grofnen Gewalt auf ein-
ander, dafs einzelne zerbrechen, oder auMfullen.
In andern Fällen befhiden sich die Krauken in
einem Zustande von beinahe tetanischer Stei-
figkeit, und man bemerkt nur ein leises Zittern.
Die Stimme ist krankhaft verändert und vermag
nur schwer zu artikuliren; der Kranke beklagt
CS
— 36 —
sich aber contusivo Schmerzen iu den Glied-
mafsen^ über ein unerträgliches Gefühl von
Zerreißungen^ oder von Stichen in den Len-
den oder in den Unterschenkel^, und oft fiber
ein lästiges Prickeln in einer Partie, oder in der
ganzen Ausdehnung der Haut. Die Respiration
ist kurz, schnell, bange, oft mit einem trocknen
Husten verbunden; die arteriellen Pulsationen
sind klein, häufig und ungleich, bisweilen so
schwach, dafs man den Puls kaum fühlen kann.
Brendel ^} behauptet dagegen, dafs ihm der
Puls, wenn ihn nicht alle ErfaJirung betrogen,
im Froststadinm immer langsamer, als im nar
türlichen Zustande geschienen habe. Die unter
der Haut liegenden Venen entleeren sich zum
Theil, die Hauttranspiration ist aufgehoben, be-
stehende Geschwülste und Hautausschläge ver-
schwinden und zeigen sich erst während der
Hitze wieder, vorhandene Geschwüre werden
trocken und sondern kcineukBiiter mehr ab; der
ausgesonderte Harn ist hell und selten, ohne
eine Wolke oder Bodensatz zu bilden. Der
Hund trocken, Durst grois. Die mittlere Dauer
des Froststadiums beträgt eine halbe bis ganze
Stunde, seltener fünf bis sechs Stunden; indes-
ren will de Haen ^) den Frost zwölf Stunden
andauernd beobachtet haben. Während des Be-
standes vom Froste wird die Peripherie des
Körpers wirklich kleiner, daher Halsbänder, Arm-
bänder, Ringe und andere dem Körper knapp
anliegende Kleidungsstücke zu weit werden.
Der f'rost nimmt nach und nach ab, und es tritt
sodann Hitze an seine Stelle. Dieser Ueber-
gang von Frost in Hitze, welcher meistentheils
') Programma de ijuIs. fcbr. Comment. L, in desie»
opusc roath. et med. arg:^ eur. Wrisherg P. I. p« 143.
9) Ratio medendi. P. XI. \», 10.
— 37 —
nur allmählich und unvermerkt vor sich ffoht,
geschieht manchmal schnell. Am gewöhnlich-
sten findet zwischen beiden Stadien ein Zwi-
schenraum .von einigen Minuten bis einer Vier-
telstunde und darüber Statte während welcher
Zeit der Kranke weder warm noch kalt ist«
b) Hitzestadium» Die Hitze ^ als Haupt-
symptom dieses Stadiums , bietet sich wie der
Frost unier verschiedenen Modificationeo 2ur
Beobachtung dar. Gewöhnlich macht sie sich
am Kopfe, oder im Epigastrium, manchmal auch
in den FäCsen zuerst fühlbar-, von da erstreckt
sie sich nach und nach mit gröberer oder ge-
ringerer Schnelligkeit über die andern Theilej
sie ergreift in einem Augenblick den ganzen
Körper, oder verbreitet sich nur langsam über
die andern Gegenden. Anfangs schwach, er^
langt sie stufenweise mehr Intensität und wirdi
beinahe immer allgemein; doch fühlen manche
Kranke selbst dann, wenn die Wärme in der
Haut sc1k>u beträchtlich ist, noch einen Innern
Frost. Hinsichtlich der Intensität der Hitze, so
bietet sie alle Grade zwischen einem leichten
Gefühle von Wärme und einer brennenden Hitze
dar; oft ist sie nur für den Kranken fühlbar,
so dafs der Arzt sie nicht wahrnehmen kann.
Diese Wärme kann gelinde, scharf, lästig, oder
von einer bedeutenden Erleichterung begleitet
sein; zu Anfange dieses Stadiums oft trocken,
wild sie zu Ende desselben feucht. In dem
Maafee, als die Hitze sich entwickelt, verschwin-
det das Hervortreten der Haarzwiebeln, das Zit-
tern hört auf, die Haut nimmt im Gesichte eine
iebhaflere Farbe an, der Umfang der Glieder
nimmt zu, die Adern werden strotzend von
Blut. Die Kranken, welche bis dahin ruhig lie-
gen geblieben waren, drehen und wenden sich,
— 38 —
um cino bequemere Lage bsu finden , oder um
das Unbehagen oder die Hitze /welche sie fuh«
len, zu vermindern. Der Durst nimmt mit der
Hitze zu, oder kommt zum Vorschein, wenn er
während des Froststadiums fehlte; der Mond
und Schlund sind gewöhnlich der Sitz eiaes
Gefühles von Trockenheit; die Respiration hört
auf, beschwerlich zu sein, der Athem wird bmfii;
inanchmal ist die Hitze schon beträchtlich, ohne
dftfs der Puls schon voller und häufi^r gewor-
den ist; die Schläge der Schläfeartene sind oft
sehr deutlich, der Kranke klagt über furchteiw
liehe klopfende Schmerzen im Kopfe, die er
mit Hammerschlägen zu vergleichen pflegt; der
Puls wird regelmälsig, hart, stark und häuflff,
jn der stärksten Fieberhitze zählt man mandS--
mal 180 und mehr Pulsschläge in der Miniite.
Die Haut fühlt sich weich, manchmal etwae
feucht an, der während dieses Stadiums abge^
sonderte Harn ist dunkelroth , aber ohne Wolke^
und um so röther, je längere Zeit die Hitise
bestanden hat. Die meisten Kranken bekoqif»
men Kopfschmerz, andere heftige Rücken-p
^hmerpen und Schmerzen luden Gliedern; an-
dere verfi^Uen in Irrereden, in eine Betäubung,
oder haben Sucht zum Schlafen, Die Empfln^
lichkeit des Körpers ist während der Hitze ebenso
vermehrt, als sie im Froststadium vermindert
ist; ein kaltes Lüftchen, kaltes Getränk, liuf*
ten der Bettdecke, erregt augenblicklich ein
Frösteln« Das Ohr verträgt kein Geräusch» das
Auge kein Licht, und die VorsteUpngen weob-
seln schnell und nicht ganz nach der Normal«?
regel der Association. In der Hitze wie in
Froste bemerkt man gewisse Stufen; sie fuhr
gen mäisig an, steigen allmählig und, wenn
sie den höchsten Gipfel erreicht haben, so (äU
— 39 —
leo sie nach und nach wieder. Die Dauer die«-
ses Stadiums dauert a&wiachen 15 und 20 Jlli-
noten^ oder bia au mehreren Stunden. Indessen
beobachtet die Hitze nicht immer ein solches
\'erhältnifs, dals auf einen heftigen und langen
Frost stets eine heftige Hitze erfolgt, obgleich
dieses der gewöhnlichste Fall ist^ denn biswei-
len erfolgt auf einen kurzen Frost eine lang
anhaltende Hitze und umgekehrt.
c) Schweifsstadium. Sobald die Hitze sich
vermindert hat^ kommt Schweils zum Aus-
bruch, und es wird der Uebergang vom Sta-
dium der Hitze in jenes des Scliweifses einge^
leitet. Dieses Stadium kann sich ofl blofs durch
einen schwachen Duft manifesliren ; oft stellt
sich aber so reichlicher Schweifs ein, dafs er
zum grofsen Thcil das Bett, auf welchem der
Kranke liegt, befeuchtet. Der Anfangs ge-^
ringe Schweifs nimmt allmählig zu uiul hört
nach und nach mit dem Aufalle auf. Er kommt
zuerst am Kopfe ^ hiernach auf der Brust, auf
dem Rücken, an der obern und iuncrn Partie
der Oberschenkel zum Vorsclieiu, und nimmt
Dach uiid nach die gauz^e Oberfläche des Kör-
pers ein. In einfachen Wechselilebern ist er
beinahe immer allgemein. Im Beginne ist er
warm, dünn oder farblos, manchmal jedoch
klebricht und gelblicht, sehr selten kalt. Sein
beinahe immer saurer und dem des Sauerteigs
ahnlicher, manchmal süfslicher und dem des
gesunden gleicher, selten übel riechender Ge-«
ruch ist niemals charakteristisch. Oft verfallen
die Kranken während desselben in einen er-
quickenden Schlaf, während dessen Dauer das
Schwitzen allmählig aufhört. Wenn der Schweifs
beginnt, so verlieren die meisten krankhaften
Erscheinungen an ihrer Intensität ^ die Respira-*
— 40 —
tion wird freier, indem die Beklemmung der
Brust verschwindet und der Kranke mhiger,
der Durst y die Hilse und der Kopfschmers
vermindern sich; der Puls ist geschmeidiger^
weicher und regelmärsiger; der sehr dodde
Harn lagert beim Erkalten einen dicken , aser-
stoCsenem Ziegelsteine ähnlichen Bodensatz ab,
welchen mehrere Aerzte für ein pathognomoni-
^ches Zeichen des Wechselfiebers gehalten ha-
ben. Zu Ende des Anfalls wird der Urin h&o-
flg etwas schleimig 9 zeigt , wenn er gelassen
wird, vielen Schaum , den er so lange behili,
als er warm bleibt, und auf seiner Oberfl&ehe
erzeugt sich wohl eine Haut , die re^enbogen-
ikrben spielt, und beim Ausgiefsen emen blAu-
lichen Ueberzug an dem Gefäfse zurnckltUkt
Die Dauer dieses Stadiums, welche, wie jene
des Frostes und der Hitze, veränderlich ist^
währt selten über drei bis vier Stunden.
Ist der Anfall überstanden , so bleiben keine
der wesentlichen Zufalle übrig. Der Kranke
fühlt sich entweder vollkommen gesund und
wohl, oder er beschwert sich nur überHattig»
keit, Zerschlageuheit der Glieder, Reiüsen in
denselben, Empfindlichkeit gegen Berührung der
Luft, vorzüglich aber über fortwährenden me*
talHschen Geschmack im Munde, welcher fiuC
nie auszubleiben pflegt, so lange das Wech«
selfieber noch geneigt ist wiederzukehrenw Im-
mer hat der Kranke noch Abscheu vor gewis-
sen Speisen und klagt über Schwindel und
S^were des Kopfes, über Völle in der Hers»*
grübe, über Durst und Neigung zum Schwitzen
bei der geringsten Bewegung. Der Puls ist
immer noch etwas gereizt, leicht beweglich,
hart und schnell, der Urin roth, schaumicht und
bypostatisch. Diese Zufälle pflegen zwar bis^
— 41 —
weilen sehr unmerklich eu sein*, allein schwer-
lich fehlen sie jemals gänzlich , wenigstens fehlt
nicht leicht der metallische Geschmack im
Munde, und die Abneigung gegen gewisse
Speisen.
Dieb sind die allgemeinen Erscheinungen
des WechselOeberSy allein nicht immer spre-
chen sie sich in einer solchen Breite aus, und
nicht immer bekunden' sie sich auf eine so of-
fenbare Weise I sondern bisweilen finden wir
dasselbe sich blofs auf einzelne Theiie be-
schränken, und bisweilen sich unter der Form
einer andern Krankheit mehr verborgen halten.
80 führen Jakobäua ^^^ Bergius *) und SwU^
Un *} Beispiele an , dais blols das eine Bein,
das Hypogastrium, oder die eine Hälfte des
Kfirpers afficirt war. Cnöffel ^) erzählt von
einem Manne, dessen rechter Arm früh um 7 Uhr
Fnwt bekam; um 8 Uhr ging der Frost in Er-
starrung und in ein Zittern der Hand und der
Fmger über^ nach drei Stunden errolgte Hitze,
bei welcher der ganze Arm glühend heifs wurde;
der übrige Körper beharrte aber in seinem ge-
sunden Zustande. Senac *^ l:at gesehen, dab
nur die untern Theiie des Körpers froren, in-
. defii die obem vor Hitze brannten. Ebender-
selbe erzählt von einem Kranken, den an der
einen Seite fror und der an der andern Hitze hatte,
und von einem andern, der nur an einem Arme
von Frost befallen wurde. Auch Sauvages hat
ein solches Fieber bemerkt, wo der Frost und
die darauf folgende Hitze nur einen Arm ein-
nahm, CoUin ^) beobachtete einen Kranken, bei
>) Act. Hafn. Vol. 1. Obs, 119. ») Act. Suecic.
VqI. XVI. ») Comment. $. 757. ,♦) Kpbera.
nat. cur. Dcc. 1. ann. 3. Obaerv. 205. *) Von d.
Wechselticber etc. S. 46. ^) Ann. med. II. p. 167.
— 4« —
welchem der Frost eine Stelle des Uqterleibs
auf beiden Seiten des Nabels eine Hand breit
einnahm. Dieses sind offenbare iopisehe Wech->
selßeber, im Gegensatze zu den allgemeinen.
Anders verhält es sich aber^ wenn das. Fieber
, die Gestalt einer andern Krankheit simulirt^ und
keine andern^ das Wechselfieber charakterisi-
reuden Symptome beibehält, als jene desinter-
mitliieuden Typus, — dieses sind die sogenann-
ten larvirten Wechselfieber , welche wieder all-
gemein und topisch sein können.
Interessant ist in Beziehung auf den Ty-
pus des Wechselfiebers, dafs dieser mit dea
erregenden Momenten in einem gewissen Ver-
hältnisse steht. So beobachten z. B. jene Fie-
ber, deren Entstehung mit dem Frühliugsäqui-
noctium zusammenfallt, einen, der Zunahme de«
Tages entsprechenden Verlauf, haben den be-
schleunigten Typus, sind tagige oAes dreiiagige^
während jene dagegen, welche mit dem Herbst-
äquinoctium zusammenfallen, der Verkürzung
des Tages folgen, und den retardirten Verlauf
h^ben — viertägige sind — eine Erscheinung,
welche in Beziehung auf die Ausprägung der
Formen auf einen bestehenden Solareinflufs hin-
zuweisen scheint.
Obductionserscheinungen,
Wenig bekannt und äufserst dunkel sind
zur Zeit noch die Veränderungen , die als Norm
in den Leichen der an Wechselfieber Verstor-
benen nachgewiesen wurden. Die bis jc^tzt durch
anatomische Untersuchungen gelieferten Resul-
tate sind daher sehr verschieden ausgefallen,
und zum Theil schlecht erklärt worden« Man
darf zur Bestärkung dieses Ausspruches nur
mit einiger Aufmerksamkeit die Schriftsteller,
— 4» —
wddia uImt Abb Weohflelfieber geschrieben ha-
ben ^ durchlesen, um sich su überzeugen, dalb
kein Kranker an einem einfachen und primiti-
ven Wechaelßeber sbu Grunde gehl. In den
tödüieh abgelaufenen Fällen sind jeder Zeit in
einer, von den eraten Anf&llen mehr oder we-
niger entfernten Epoche neue Erscheinungen
eingetreten 9 die immer eine oder mehrere con-
secutive Affeetionen voraussetKen. Ebenso wird
der Erfand modificirt durch den Eintritt dos To-
des 4n diesem oder jenem Stadium der Krank-
heit. Naoh den meisten Angaben finden sich
Verandernngen im Drüsensystemey welche im
Stromgebiete der Arteria coeliaca liegen; voi^
mglich ist es die Milz, seltener die Leber^
welche im Zustande der Erweichung und Auf-
lockerung begriffen sind. Ob diese Verfindo-
rung auch im Pankreas vorkommt , ist zur Zeit
noch problematisch. Dieses sind die sogenann-
ten Fieberkucheu. In der Hegel ist hiebei das
Volumen des Orgaus vermehrt, dabei aber gleich-
zeitig auch das Parenchym derselben in seiner
Consistenz verändert; es tritt Erweichung ein«
Dieser Zustand ist, wie es scheint, Folge va-
ricoser Ausdehnung der Venen und dadurch be-
dingter passiver Congestion. Selten geschieht
es, dafs das betreflende Organ fester, com-
pacter und zugleich saftloser wird *— dafs Ver-
härtung eintritt. Die Bildung dos Fieberku-
chens findet sich am häufigsten bei Quartan-
fiebern, besonders solchen, die endemisch sind
und durch den Gebrauch der China, ohne ge-
heilt zu sein, unterdrückt wurden. Die Milz
erreicht bisweilen ein Gewicht von fünf Pfund,
und bewährt sich hiebei so weich, dafs sie
viel mehr geronnenes , in eine Haut eingeschlos-
senes Geblüt m sein scheint, als ein organi-
— 44 —
sdier Theil. Schou Aetius 0 bat bemerkt, ddli
die Milz bisweilen so anschwelle , > dafk sie bis
mnf die Weichen hinabreiche; Monro ^) gedenkt
sogar einer Milz von 40 Pfund und Strack ')
sah eine Milz, welche ihrer Länge nach den
ganzen Raum zwischen dem Zwerchfelle, dem
Räckgrathe und der weiisen Linie einnahm.
Cleghorn, welcher die Leichen von beinahe 800
Personen, welche an Wechselfieber gestorben
waren, untersuchte, fand bei allen den einen
oder den andern Theil des Unterleibs > — da^
Netz, das Gekröse, den Giimmdarm u. s. w.
von einer dunkeln, schwarzen Farbe, oder ganz
verdorben; die Gallenblase voll und aufge-
schwollen, und in dem Magen und den Ge&--
men eine Menge von einer gallichten Materie.
Maillot ^) fand in den Leichen von Personen,
die am Wechselfieber gestorben waren, theils
starke Injectionen der Pia mater des Rücken-
Buurks, theils Erweichungen des letztem.
(Fortsetzung folgt)
>) Tetrab. III. serm. 2. c. 16. p. 530. ') Kriega«
arzneiwisseiischaft. A. d. Engl. v. Presie. Bd. II.
S. 418. ^) Observat. mectic. de febre intermitt
L. III. c, !• ^) Trait^ des ühyveB oa imUttoai
cerebro- spinales intermitteotes. Paris 1836«
— 4S ~
II.
Krankheiten L ü n e b o r g'a.
Vom
Mefficiiialrathey Landphysikus Dn Fiacberi
sa Lün«barf.
Das Jahr 1840.
Januar.
BantMfer. Bit zam 16. lebr hoch 28' 10" T*' (10.) u.
tpSter niedrig 2T 2' 9'^'. (26.).
TWmom^er. Bit zum 17, Frost (12® am 11.) i ^aub
Warme bis zu 8<> (24.).
Hygrometer, Zuerst und zuletzt 02 — 04*. Keim Frost«
67* (13.) und meist gegen 80®.
Winde, Beim Froste 8.0. u. S.W. (N. 3 mal)» dann ouf
S.W. Regen Tom 1. bis 3. mit Olnileiä, dann olt
Nebel und etwas Schnee, Vom 17* an wieder Tiel
Regen , Schnee o« (6 mal) Hagel, OewUier am 26*
u. 26. SlendneUe 8 mal bis zom 16. ond mielüier
1 oiaL
Uli dem V.U. (19.) Barometer Immer niedriger^ Ue
4 Tage oacb 4em L V. (26.).
Häufige kaUrrhaiisehe , innere und ftufiMre,
KrankheitsfonDeiiy €reihisch''gntzundiichery leicbl
nervöser Alt. Viel Kepf - und Hab - , aber aoeh
Brost- omI UnterleilMffectioneo. Nicbl aelteii
— 46 —
Nevenßeber. (Eine Frau auF dein Lande, Vor
einem Jahre mit Placeuta praevia (schon ein
pathologisc)ier Lebensproccfs) künstlich entbun-
den, starb an letzterer Krankheit schnell *).
In Feiersburg waren in den letzten Tagen
des vorigen Jahres 35 Menschen erfroren {Hamb,
BbrsenL v. 9. Jau.)> — In Neapel trat erst mit
der ersten Woche dieses Jahres Frost ein.
(Hamb, Correspond. v. 28. Jan.}. In Aalborg
schon am 12. Jan. Thauwetter {BörähiL vom
17. Jan.), — bei uns erst am 17.
Unter den plötzlich sich entwickelnden Ge-
hiruleiden, sicher mit mehr chronischer Anlage
in der feineren Organisation dieses Orgaus, wat
der Fall eines 31jährigen hageren, sonst ge-
sunden , thätigeu Kaufmanns , traurig merkwür-
dig und, wegen des Erfundes in dieser don-^
kein pathologischen Region, etwas umständli-
cher zu bezeichnen. Starkes Rechnen, Anstren-
gung und Erkältung in einem grofsen Geschäfte,
zumal gegen und während der beschäftigten
Weihnachtszeit, mitunter etwas nicht ganz
«liätetische Abendessen u. dgl., einem weniger
Disponirteu sonst doch nicht verderbliche Um-
stände; hatten wohl länger schon eine Gehirn-
congestion herbeigeführt, die sich, charakteri«^
Btisch genug, nicht durch heftigere Reaction,
sondern nur durch unruhige, mitunter phantasi-
rende Nächte, Steifheit im Nacken, Klingen
vor den Ohren, Schmerz in den Schläfen und
Augäpfeln, wenig Efslust mit trpckner Zunge,
Dorst u. s. w. merklich machte, und nur nach
vollendetem Neujahrsgeschäfte die Sorgsamkeit
•) Vargl. Dawj a. Brandes (Froriep's Notizen. 1839^
Nr. 246. „über das Blut wiä dessen Feränderung durdk
die Respiration" (and also ancb durcü die terändertt
Luft).
— 47 —
des nuHloflen jungen Mannes noweit wenigfdtensi
in Anspruch nahm, dafa er eine Abrühning
gegen seine einigermafscn störenden Uebel for-
derte. Als diese aber nichts leistete, und der
Kranke sich noch^ anfser Bette, den verivickelt-
sten Rechnungen unterzog, wandte man reich-
lich blutige Schrdpfköpfe und Vesicatorien swi-
sehen den Schultern und im Nacken, und nach«
her ein Brechmittel, aus Ipccac. an (was aber
nur nach unten gut wirkte). Demnächst Pot
River, mit Inf. Arnie., bis am 9ten Morgens
ein immer verwiriteres und heftigeres Reden
begann, ohne Hitze und eigentliches Fieber. -—
Jetzt, KU Bette gebracht, schlief der Kranke,
naoh einer kühlend abfuhrenden Mixtur mit Brech-
weinstein versetzt, und bei einem Vesicator
auf der Bmst, einige Stunden lang, erwachte
aber dann mit zitternd unduhrendem, schwachem,
tehnellem Pulse; und fing nun an, in einem fort
Alles lächerlich durcheinander zu reden. Noch-
malige zehn Blutegel an den Kursen, nachher
einige, nur zur Lösung des Haut- und Hirn-
kvmn^tisB versuchte^ kleine Gaben von Moschus und
Opium mit Calomel , demnächst laue Bäder, mit
kaltem Sturzbad über den Kopf, nichts konnte
dem, bald L&cherlichos, bald mehr Heftiges,
immer aber viele Krinncrungcn durcheinander,
vorbringendem Irrereden wehren, und nur eini-
germafscn die Ruhe herbeiführen. Die Prostra^
tion der Kr&fte nahm immer zu (da aufser Was-
ser auch eben nichts genossen wurde) und am
15. Nachts starb der Kranke , nachdem er etwa
anderthalb Stunden vorher ruhiger geworden.
Mau bemerkte gleich ein sehr eingefallenes (üe-
iicht, und dunkelblaue Vihices^ zumal auf den
Lenden und Schienbeinen. -— Bei der Section
am andern Tage, fand man den Sch&del seh
— 48 —
hart, die Gcbirnhäute aber nicht sehr^ mehr die
Sinus von Blut überfällt, eben so wenig das
Gehirn 9 sondern eher, besonders die Medulla
oblongata und die Glanddlapituitar., mehr Aar/.
Der Plexus choroideus war in eine Schnur klei"
ner Hydatiden (bis zur Gröfse einer Linse)
ausgedehnt. Kein Wasser in den Gehirnhöh«-
len j so wie auch nicht m der Brusthöhle , die
man.y um den Zusammenhang der Circulation
im Gehirn mit der Quelle derselben £a erfor-
sohen, genau untersuchte. Das Herz war klein,
welkj mehr blutleer, so wie die Lungen eben-
*falls, an der linken Seite leicht mit der Pleura
verwachsen.
Mein würdiger Onkel, Hr. Ober-Medici-
nalrath Lodemann in Hannover, schrieb mir
über diesen Fall, nachdem er ßaily und 5öm-
mering angeführt, daüs er von Hydatiden des
Plexus choroideus wohl, selbst das aufTallend--
8te Exemplar bei einer Frau gesehen, die
von Kopfschmerzen zum Stumpfsinn, zur Ge-
dächtnifelosigkeit» alles ohne Fieber, endlich
ZQ apoplektischen Anfällen, gänzlicher Apho«
nie und Brutalität, bei fortdauernder guter Ve-
getation, überging, bis Convulsionen ihrem Le-
ben ein Ende machten. Nicht blofs der Plexus
choroideus, sondern sämmtliche ^eröse. Häute
des Gehirns, waren mit tausenden von Hyda-
tiden besetzt, die bei genauerer Untersuchung
als Blasenbandwürmer sich auswiesen. Auch
der Meister in dergleichen Untersuchungen, Hr.
Dr. Bergmann in Hildesheim , war so gütige mich
hierüber aus seiner grofsen Erfahrung durch
ausgeführte Beispiele ferner zu belehren, dafii
diese Hydatiden an diesem wichtigen Sitze der
Intelligenz, wie auch der Bewegkraft des Or«*
ganismus (Plex. choroid. Fomix, Com. Ammou.)^
— 49 —
boi verschiedenen^ cluonisrhen und acuten, StS-/
nin^u der körperlichen und pfcisti^cn Incolu«
inifüCy und verschiedenen Altem sich öller fän««
den. — Auiser den liydatiden küinen manche
■
Auswüchse im Gehirne vor, nameiillich kalk-
arti^o Concremento; womit nicht zu verwech«
sein der daran befindliche »Sand, ähnlich dem
der Zirbel (von ihm zuerst entdeckt und be«
schrieben) y der natürlich sei, und zum norma«
len Leben gehöre. In der Mitte jener sei eio
markartiger Körper (nucleus), der bei Irre»
meistens nicht reichlich sich Hnde. Hier sei
ein mächtiger licbons- und Scolrncontact. — Der
8and könne sich übrigens im Plexus (*.lior. krank-
haft anliAufen, da ct bei einem Kpileptisch-
Maniakalischen einen Klumpen von der Gröise
einer Kastanie gefunden u. s. w.
Noch war unter den chronischen , von den
äufseren atmosphUriscIien und sonstigen Kin-
flüssen aber participirenden , Kranken ein ple-
thorischer Sedentarius am Schreibtische, etliche
r>0 Jahre alt, und mit doppeltem Bruche seit
lange behaftet, interessant, bei welchem^ von
Ueberfüllung der BIntgerülse, und atonischem
Druck davon auf die der Lymphe, wie so häu-
fig, starke äui'sere und innere wassersüchtige
Erscheinungen , mit Dyspnoe und fticlileimhusten,
mitunter mit Blut gemischt, sich zeigten, und
dem, bei mäisigcn, oll wiederholten Blutaus-
leerungen und nachherigem oberfiächlichem Auf-
ritzen der Füfso (das Oeflnen derselben durch
tiefer eingestofsene Nadeln, leert nicht so lange
und so viel Wasser aus^ du es (von stärkerem
Entzundungsreiz?) sich leichter wieder zu-
schliefst), nichts so wohlthätig war (und noch
bleibt), als Pillen auN Salmiak, etwas Extr.
Squill.; Extr. Panchyni. Croll., und später mit
Joiirn.XCIII.ncl.l.St. I>
— 50 —
Pidv. Fol. Senn, versetzt (und um das Feucht-
werden der Pillen zu verhüten, mit dickem
lUudh Gumm. arab, angemacht).
Ein diasoluter Landbader, der vor mehre-
ren Jahren eine alte Frau, und damit sein Ge-
werbe geheirathet, verfiel in diesem traben Un-
gluchunonate auf eine sonderbare (klassische)
Art, seinem Leben ein Ende zu machen. Er
öffnete sidi in einem Gasthause auf einer Reise,
wo er sich unter dem Verwände einer Erkran-
kung ein Nachtquartier (aber auch noch ein gu*
ies Abendbrod nebst geistigem Getränk) hatte
geben lassen, mit seinem Schnepper beide Me-
dianen, und. nachdem er dies, auch ab und zu
nach IS Stunden von der Aufwartung besucht,
immer noch geheim gehalten, auch noch ein
Glas Bier getrunken hatte, fand man ihn in
Agone und bald darauf todt, zugleich nun das
aufgedeckte Bett mit Blut fiberfallt, so wie das
unter demselben stehende, als Folge von Na-
senbluten angegeben, erklärlich. —
Aulser den häufigen katarrhalisch-erethisch-
nervösen Uebeln, welche dieser erste Jahres-
monat brachte, zeigten sich noch hie und da,
und besonders in einem nicht entfernten Dorfs,
wahre Typhus^ hier , wenn auch zuerst nur ein-
zeln gebildet, durch Zusammenliegen mehrerer
Kranken in dunstigen, feuchten, heifsen, klei-
neu Gemächern (es starben zuerst drei in ei-
nem Hause), bis zur wahren Coniagiosität ge-
steigert (mit Durchfall, Nasenbluten, Irrere-
den u. s. w.) und gleich Anfai^ mit einem
Brechmittel (aus Ipecac» vorzüglich), so wie,
nach Umständen, mit mäfsigen und einigermli-
fscn kühlenden, und die Secretionen u. s. w.
unterhaltenden, Reizmitteln (Amica mit etwas
Hitteisalz u. dgl.), äul^em Gegenreizen für das
— 51 —
Gehirn u. ■. w. noch am besten r.u behanMtt.
l-ud nun weiter in unserm Jahre! —
Februar»
Baromficr. 29' (25.) n. 27' 7" 7"' (4.). (Voui 10. M
hoch über 28').
y^iTMOfiirfn-. + 6 (bii cum 13. ofier) und «- 0 (22.).
Hyffrometer. 90* (bii lum 18. ufter) und 63* (23.).
%$'i9ide. Bis com 12. SO. q. $W. Dann NO. ^ Nur tm
27. W. Nehel biulifr. Heffen 6. Sdkiicf (mEüiig) 6.
(vom 15. an). Sienhelle 12.
Mit dem crtt V. (10.) Barometer dauernd pctt — * Mit
d. V.M. (17.) u. LV. (25.) nocb iiiebr. »
Mit den Gehirucongestionen und Reactio*
nen, Schwindel, Ohnmächten, schweren Träu-
men^ selbst Irrereden (wie beim Delirium tre*
mensy und namentlich hervorstechend bei den
Candidaten dazu)^ ist es jetzt arg genug! —
Dabei oft mehr Appetit unti Ausleerungrny wie
Jewöhnlich^ als' Folge pathologischer Heizung
BS Gehirns y besonders dessen Basis *). —
Diese atmosphärische Heizung aur Nerven und
Gefä/se, vermittelt zuerstund hauptsächlich durch
Athmunßsorgane und Gehirn^ und sowohl von
Druck j Temperatur und Bewegung des Luft-
kreises (und deren stärkeren oder geringeren
Con1ra$ien)y so wie von den chctmschen und
*) Wenn auch durcli die Brohaclitungen und Theorieen
in der uathologUdien Uirnlubre, x. B. von gelber
und rolher Uimenvcichuny u. dgl. von Fardel^ Ho-
ehWHf Moniin ^ Ürtweilhier n. A. in.) »o wie in A|K)-
plexia oapillarit ipecioll von Fittitonelti nacb uHilire-
ren Andern, nucti iiber die Heilbarkeit der llinier-
weichungen von Dechamhre (iäinintUHi in SchmUW*
Jabrbücbern 1839. Heft 3. S. 290—300 nacbxuiolien)
mancbea Intereiiante gi'Rngt ist, so bleibt dorb nocb
manolie theoretiwhe und iiraktiacbe Lücke bier ubrif ,
die, bis and da, Pucha docb nodi beeeer CuUt.
D S
. — 5« —
impMuderahlen Potenzen uud Einflüssen des-
selben abhängend , brachte nun bald diese, bald
jene' pathologische Reaction hervor, je nach
der Empfänglichkeit der Systeme und Organe.
Namentlich traten hie und da Nesselfieber in
kaum noch gesehener Heftigkeit, Inteusion
und Dauer des lästigen, Tag und Nacht ^ren-
nenden und alle Functionen störenden Aus-
schlages, auch wohl mit Seitenstechen und Hu-
sten verbunden, auf, die nur mit stärkeren
Säfteausleerungen , namentlich durch den Stuhl-
gang, durch Säuren u. dgl. in einigen, aber
den unruhigen Kranken, die sich wohl in kal-
tes Wasser zu werfen wünschten, doch zu lange
dauernden, Tagen gedämpft werden konnten.
Um so mehr steigerten sich diese und ähn-
liche Erscheinungen, die, zumal bei Kindern,
(den für Reaction empfänglichsten Organismen),
oft einen hohen, erethisch ^ nervösen Charakter
annahmen, wo dann häufiges wohlthätiges Na^
senhluten schon einen Fingerzeig der Behand-
lung abgab, als nach der ersten lauen Hälft«
des Monates (wo die Stachelbeeren und der
Art Sträucher schon auszuschlagen anfingen)
bedeutende Kälte wieder eintrat. Jetzt litten
auch die Podagrisien viel, denen, nach gehö-
rigen Deplctionen des Gefa&systemes, nicht
wohl ohne Opium Erträglichkeit ihrer Lage zu
verschaffen war.
Auch die Hausthiere, besonders die Pferde^
litten von dieser Constitution. — Ein tüchtiges
Thier der letzteren Art, waf», wahrscheinlich
unruhiger als sonst im Stalle, beim Aubpriu-
gcn vom Lager die etwas lange Halfter un-
ter den Vorderfuls verwickelt, und, hiedurck
erschreckt, desto heftiger mit dem Kopfe ge-
gen die Mauer gestolsen hatte > davon ansohei-
— M —
nond nar ein gesohwoUenes Auge bokommcni
und damit ohne Arg g;loich wieder mit auf eine
entfernte Reise zum Kieheii gesandt war, 8 bis
JO Tage aber naeh der Verwundung Zu Alle
von lliruleideni Unbesinnlichkeit und Convul-
•ionen, seigte, verrieth nach dem bald, trotn
Adorlafs u. s. w. nun erfolgendon Tode, die
tiefer liegende Ursaehe in einer Sprengung der
Hirnschale am Osse Bygomatico bin in die Fossn
miTiealaris der obem reehten Kinnlade , sanimt
allen laugsamen Folgen davon« —
März^
nanmuler, 28' 11'' (f) »• 27' 11' 10"' (nur am 29).
nermometer. -(-8<* (31.) u. — 6» (1.). (Doch 17 Kroate
Hygrometer. 94<> (10.) u. 60<> (220- (Meiit iwiiohoo
60— 80«).
WMe (»tark). Vorberrtohend N. mit W. u. 0. (mit O.
13, mal), mit S. 7 mtl. A^vbel anfangs häufig. Ae-
tfcn nar 3 mal« iin$ei u. Schnee (am 23. stark). Stern-'
Mle 13.
Barometer immer hoch; nur mit dem I. Y« (23.) merkU^
eher und dauernder gef.
Dieser kalte Monat hatte auch im höheren
Norden (Petersburg und Island) noch 16 - SO*
Frost und viel Schnee (Ilamh. BörsenL v. SO.
M\m u. Hamb. Corresp. v. 8. — 9. Apr.). —
Doch war er fiir unsere Constitution, die g»»
wohnlichen katarrhaHschen Un4 rheumatiaohen
AflTectionon abgerechnet , nicht übol, vielmehr
miaamatiscbßn Einflüssen und deren Folgen vor-
theilhail entgegen. — Auch in Italien Nach-
winter, und \ti Neapel viel Schnee (Hamb. Cor-
respond. v. 9. Apr.).
fi/f4^>IÜMe und ^^#U5 hftufig ! — Bei einer
Neuvermählten (einer jungen blutreichen lebhaf-
— Ö4 —
len und zarten Frau israelitischen Glaubens)
war bei dem durch Schreck angeregten BlutF»
fluls im dritten Monate der Schwangerschaft
ffugleicb Durchfall, und konnte diese Verwicke-
lung nur mit der mäfsigen Verbindung des Lau-
danum mit dem Elix. acid. H. zweckmalsig
behandelt werden, und brauchte man nicht zu
der franzosischen Bereitwilligkeit zum AderlaCe^
zugleich (der wohl nützen, aber, bei delicatu*»
lis, auch schaden kann) seine Zuflucht zu neh*^
men. (Dr. ChaiUyi ^.Uinßuenee de V Opium if
4e la saign^€ sur les contractians uterinaires*
Paris 1838." Fricke u. Oppenheim's Zeitschrift«
»d, III. Heft 2. S. 805.) —
Aber um eine andere, ^icbt minder wich*
tige Seite der Geburtskunde, in staatswis«-
scnachfiftlicher I|insicht, zu berühren, — ist es
ganz so gegründet, was Blanau {Annaies de
la Societi de Medicine de Gand. 1837. VoL 8,
fel2. tl. Schmidi's Jahrbücher 1839, Heft 3. S.
i) schreibt, dals in Gent seit dem ändert*
halbjährigen häufigen Gebrauch von Seeale cor^
nutum bei 'Geburten (der auch bei uns hierin,
nachahmungs- und scblendriansmäüsig, über-
hand zu nehmen anfangt), die doppelte Anzah)
TodigeboTditr sic^ finden soll? -^
Aprih
ßaromBter. 9S* 6'' 9''' (23.) a. 27' 10'' (7.). (Nw ■!■
7. — & fmier 2S% (Alles ganz wie in Berlin (•«
d. Joarnal April ▼. J.).
f%ermQmeter. + 18® (25.) n. — 2« (4 — 6-).
Bygrometer. 91"^ (4.) d. 41 <> (19). Meist 40— 60^
Wi^de» Herrschend q^ meist stark N« d. 0. Vom 22» an
NW. -- S. 12 mal (9 mal mit 0.). NeM (Morgens)
im Anfang Öfter* Regen 4, Hof^J ((>.)• SternMU (MijL
Aacb In diesem Monate ein höherer Barometer mit dem
k Y« (9.) «Mgeod, mit dem V.M. (16.) follendk ^
— &5 —
Alles voriiereiteluiidfreeiftuety um die Kftp«
mitie der I^eurosen und Neuraffiien herbeizufiih«
leo, Mimiiit allen Voigen und Furmeo deneU
beo im auf$em und imntrn Organismus , s. B.
Rheumatiamua, Podagra, Gicht (mit Fiffrrr häu-
fig). Auberdem Mensiruations - und llimor«
rhoidalbescbwerdeo (Verbaltungen oder BefSSr-
deniogeo, ein neunjähriges Uädcheu menstniirieX
Mictua cniontus, llimcongestionen (und ionor*
male physische and psjxhischo Reactionen da*
von), Affecüonen der Respirations- und Schling-
Organe, Ausachlage (a.B. Urticaria, hie und da
für ScAiir/ocA genommen, Windblattem u. dgl.)*
Aber auch die nunmehr wieder, besonders
ab Tertianen erscheinenden fFerhselfieher mnlste
man cur obigen Kategorie sählen, da sowohl
ihre Erscheinungen (vorwaltende Hitse, mit oft
wenig SchMoeißi)^ als auch ihre glücklichste und
sicIierBte Karmethode (entweder suerst Emetic.
oder Purgant., oder wenigstens eine m einiger
Ausleenmg hinreichende Verbindung von küh-
lenden Mittelsalzen (Salmiak), Rhabarber u. dgU
»nr China) auf Störung der Nerven, auch durah
relativ plethorischo Ueborfullung der GeflUMi
hinauweiseu schien« — Auch jetst seigten sieh
die kalten Fieber zuerst und hauptsiichlich in
einer an feuchten Wiesen und Gräben gelegen
nen Gartengegend vor der Stadt, so wie in
feuchtgelegeuen Dörfern, und es mag dahin
.stehen, ob dieses (gewöhnliche) Pliftnomen sei-
nen Grund in einem durch die steigende Son-
nenwarme hier entwickelten schädlichen Gas,
(Miasma) und dessen Inhalation durch die Ath-
mungsorgane, oder mehr in einer blofsen Ex«v
paiision der Säfte, zumal in den Unterleibsor**
ganen oder den NfervtH überhaupt , unter diesen
— 86 --
focalen Bedingungen, oder in beiden seinen
Gnind habe. —
So wie nun die kalten Fieber diesei Mo-»
nates aller Beobaditung nach, eb gutes Schema
atonischer Ueberfullueg (Plethora) der Gefidisie,
Eumal des Digestiousapparates und aller davon
ausgehenden Folgen und Formen der patholo«
gischen Rückwirkung, die, wo nicht an ei-
gentliche Entzündung^ doch an Erethismus^ grenzt,
abgaben, indem durch Unterdrückung derselben
durch zu stark (für die Contraction der Faser)
und ohne Ausleerungszusätze gereichte China
(und also auch ähnlicher hittern Mittel), leicht
mancherlei Störungen, so wie Geneigtheit zu
öfteren Hüekfallen nachblieb (wodurch aber kei-
nesweges eingeschärft werden soll, dais man
nach alter Weise diese Fieber sich selbst,
langweilig und störend für den Organismus^
überlassen,' oder durch eine eigentlidi auslee^
rende und schwächende Behandlung in die Länge
ziehen möge): so stellte auch die Unterleibs-^
krankheit des nun fünfzehnjährigen jungen Men-
schen, den wir vor zwei Jahren, als an einem ver-p
wickelten sogenannten Nervenfieher leidend, hier
vorführten (Journal 1837, September. S. 28), eine
noch allgemeinere Nach Weisung der jetzigen ver-v
wickelten Constitution dar, welche, auch in den
innem organischen Gebilden^ 9i]sNeurO''Phlogose
ZU bezeichnen und> diese Bezeichnung riphtig
practisch angewandt, in der Anschauung und
Behandlung manches pathologischen Vorganges
ein Schritt klarer und weiter vorwärts getban
zu sein scheint. — Doch ist hiebei zu b^neiv
ken, dafs wir auch diesen Begriff, nach der,
begreiflich langsamen, Vervollkonunnung unse^
rer Physiologie und Pathologie, und insbeson-
dere der Ahnung oder Entdeckung des näheren
— 57 —
VerbftItntssGB der Imponderabilien ea den Ner»
ven und dem gansen OrganisniuAy immer deitt'^
iicher und practiseher aufiBiislellen , su erwei-
tern oder SU raodificiren haben ^ wenn wirnieht
vtrmeintesj hochtönendes WiMen, statt Wahr-
heit, bimdcs Umhertappen y statt ruhiger natura
gemä/Bwr Handlungsweise ergreifen, und uns so,
wenn die verblendete Nachsprecherei und die
anmafsliche Täuschung vorüber sind , selbst das
Forschen verleiden wollen. *)
Unser Kranker hatte wieder nach Erhitzung
sowohl sich erkUtet, als auch durch eine un-
richtige und SU kühlende Diiit (Kuchen und
Milcheis) y zugleich die Tunica nervea seines
sopst so geduldigen getreuen Magens und Darm^
kaoals in krankhaften Zustand versetzt^ wovon
Anorexie I Würgen und Uebelkcit, starker
Sehleimdrang im Halse , Verstopfung und Leib- -
schmerz^ Durst und Fieber bald die Folgen wa-
ren« Nachdem dieser Zustand (wohl nicht ganz
zutreflcnd)^ mit einigen Firsloireln vonHicinus-
olemulpion mit Mittelsalz und etwas Liq. anod.
und 3yf* Cort. Aurant. angegriffen worden war^
entstand nun am andern Morgen häufiges und
länger fortdauerndes Erbrechen von allem Ge-
nossenen. Pot. Hiver.; und ein Vcsicator auf
die Magengegend stillte dies wohl pinigerma-
fsen, konnte aber, bei der ungeduldigen Diät
dos Kranken y auch im Erlaubten ^ den Zustand
*} »M^enn nnier Geist licb leiner Starke freut, lopriir
er^ forsche dann im Abgrund doir Mysterien/* sogt
Ftiedrick der Orofso (hinterl. Werke. Ansgubo von
1788.)* — * Ach wenn doch bier roobt Reforsrlit würde,
und geforscht werden könnte! — Al>er diu Ueber-
Bcbrift des Temiiels der /«*« hicfs: „Ich bin die M^it-
tcr dessen, was Istj und meinen bchieicr hat noch
kein Sterblicher aufgedeckt!" —
— 68 —
.nicht dauernd bessern^ wobei die Kolikodynie,
treta eröffiienden milden Klystieren, eher zu-
als abnahm. — Warme anodyne Umschlage
von Sem. Lini, Cicuta, Hyoscyamus und etwas
Belladonna auf den Unterleib waren allerdings
von Nutzen y beförderten Schweifs und Stuhl«
gang, welcher mehr nur eine Art von Schleim-
absondening krampfhaft ausleerte. Da aber alle
diese Mittel, die abwechselnd mit Saämenemot*
sionen und gelinden Opiaten untermischt wur-
den, doch nichts Pauemdes und Grundliches
leisteten, muCste man , auch nach den hier mehr
palpablen Zeichen eines volleren und lebhafte-
ren Pulses, einen hervorstechenden Reiz auf
die Nerven der Magen- und Darmkanalober-
fläche von überfüllten Gef&fsen annehmen, und
wirklich that die ansehnliche Blutung aus Ma-
ß6n- und Lebergegend durch augesetzte und
inge in Nachblutung unterhaltene zehn grolse
Blutegel so gut, daiGs sowohl die ZufUle ge-
ringer, und die palslichen Mittel wirksamer, die
Ausleerungen des, sonst immer noch mehr schlei-
migen und grau gefärbten Stuhlganges, freier, als
auch die nachherige, zwar vorsichtig, und nur
mit verspätetem und geringem Gebrauche von
sogenannten Roboraniibiis (mehr zusammenzie-
henden Steifen, welche hier so leicht eine zn
lebhafte nervöse und sensitive Reaction, so
wie die Hemmung der freieren Circulation in
den Gefäisen der secemirenden Oberflächen be-
thätigen) erreichte und bewahrte Genesung
desto dauernder und beruhigender wurde. —
Sollte man hier, bei dieser pathologischen
combinirten Blut- und Nervenaction (um es nur
allgemein so auszudrücken) nun wohl mit so-
genannten Coutrastimulantibus und Alterantibus
(oder wie die Homöopathie es noch, näher be«*
— ae -
scichnan will, mit Specificis norvints), welche
aber dio freie Cireulatioii auf alle aeiisiüven
und accemirciideii Oberflftclien (wie das Opium)
durch Erlahmung nicht hemmen raüfHten , z. B.
mit dem jlrstnik (aber in pafdiicheiiy und mdg«
lieh doch wirksamen Gaben , welche vom Ma*
gen oder der Haut aua, dio ganse Ntrvencir^
cuiation und Action umändern können) direct
ausgekommtn sein ? Sollte dieses, so wie man-
ches andere 9 dio nervöse , und dadurch auch
die andere organische , Sphäre eindringlich um-
stimmende Mittel, nicht eine weitere Anwen-
dung, B.B. in profusen, auch oft vomNerven-
reiB abhängigen, Blutflussen (üfM/if, mcdic. chi*
nirg. Traosact. Vol. III. — Med. chirurg. Zeit
1830. No.5». S.46) finden, und so uiwerHeil-
Erocefii oft gesichert und abgekürzt werden
önnenV Diese Frage (so wie andere wich-
tige der Art) mag dieKcit, durch unbefangene
Beobachtung (in Hospitälern und umsichtig wohl
Wierst) und freie und scharfe Naturforschung,
gründlicher erledigen! Wir aber müssen su-
chen, so viel an uns ist, und wir ohne Voiw
lelBong des griechischen practischen Wahl-
spruches: jjHeifeny nicht schauen*^ vermögeUi
dazu theoretisch und practisch beizutragen! —
Uebrigens findet sich eine gute Ueborsicht
des vergangenen abwecliselnden, im tiauzen
gelinderen Winters (und des zurückhaltenden
Frühjahres, welches uns z. B. auch dio Xug^
vägei des März erst später im April brachte)
in der Hamburger Neuen Zeitung v. 85. April.
Dafs dieser Monat auch nicht zu den go-
sondesten gehöre, bewies unser Kircheurcgister,
nach welchem darin noch einmal so viel gc-^
storben, als geboren waren. —
- 60 -
Mai.
Barometer. 28' 6" 3'" (3. u. 30. — 31.) u. 2T' 7" 9'"
(11.) (15 mal unter 290-
Thermometer. 18^ (10.) 0 (oder draufiien wohl — 1) am
4ten.
Hygrometer, Bii zam 6. bb zu 36®. Nachher 50 — 70*,
einigemal 90®.
Winde (sCarii). Bit zam 16. S. u. NO. Nachher W., mel^r
mit N. als mit S. Regen 18. Httgel mit etwas iScAim«
(am 21.) Blitze am 3. Donner am 16. Sternhelle 15.
Mit dem L V. (240 Barometer gef,, — mit dem N.M.
(31.) gest.
Bndlich ward die Kählo und Dürre, die
bei uns^ und auch in Frankreich , Achon vom
Herbst her^ geherrscht {Hamh» Correspond» v.
4. Mai), und welche mit der mitunter stark
treibenden y Mittagshitze des Frühlings (am
ühein bis ZU S5^) fiir vegetabilische und ani-
malische Organismen lästig und drohend ge*
worden 9 durch öftere , aber sanfte Ergässevon
Regen und Wärme , einigermaisen abgelöst
Die Folgen aber tlieser Nerven- und Safte^
Spannung , und der bisherigen congelirendes
Nord- und Ostperiode des Frühjahrs, blieben
aber noch vorerst in mancherlei congestiv-efe-
thischen Erscheinungen, welche auf den, den
Einflüssen der Atmosphäre unmittelbar ausge-
setzten Gebilden, der Haut und den Respira^
tionsorganen , sich am meisten bervorthateiL
Letztere kamen doch im Ganzen mit Mola lä-
stigem Husten und KehlkopfeafFectionen ab*
AiS die Haut, oder zunächst unier dieselbe^
aber warf sich eine grölsere Menge oft läjsti-
ger und langwieriger Affectionen, Erysipelas,
Drüsengeschwülste^ Ausschläge^ besonders Fleck»
ten u. dgl. Bei jenen, wenn sie als Kopf rotem
das Gehirn, uad dadurch den ganzen Organia-
- 61 —
mus in< noch wicbtigero patholoj^ischo Sympt«
thio zogen, war swar eine muglicIiHt scbncUei
doch vorsieht ige y und niclit eu starke allge-
meine und örtliche Depletion der Säfte (ver-
mittelt durch Entleerungen des Blnt- oder des
gastrischen und Lymph -Systems durch Brech-
und Purgiermittel) y dann aber bald eine küh-
lend mehr erregende Methode nöthigy mit spe«
cieller Hinsicht des zu bewirkenden Metasche-
matismus der mehr örtlichcu Ueberfullung des
Centralorganes durch äulsere und entfenitere
Gegons&tse. —
Die Drüsengeschwülste waren so arg, da£s
z. B. mehrere junge Mädchen, zum grorsen
Schrecken der lieben Mütter, ordentliche tom-«
porire Kröpfe bekamen. —
Am meisten aber machten die Flechten^ in
mancherlei Form, zu schafTen. Bei einer ple-
thorisch-kräftigen Funiündfunfzigerin , die über
vier Jahr schon an einem solchen borkigen,
trocknen, unerträglich juckenden, fast die gan-
zen Arme, und mehrere Stellen des Körpers
einnahmenden Ausschlag litt, wogegen alle mög-
liche abstergirende Mittel, milde und reizende
Salben (die letzteren, z. B. die oft so hülfrei-
chen Hercnrialsalben, in auch milderer Vermi-
schung angewandt, vermehrten das Uebel), dann
örtUche und allgemeine Ausleerungen der kräf-
tigsten Art, selbst durch Kräuter- und Zitt-
nann'sche Deooct- Kuren, doch nie gründlich
wirksam gewesen waren, hair endUch folgende,
m der practischen Verzweiflung extemporirte
Salbe auffallend, und, nur einige Monate Ibrt-
; gesetat, nach länger als Jahresfrist noch grfiad-
• lieh. Reo. Herb. Conii drachra./V, ilyoscyam.,
Belladonn. ana drachm. ij. F. Decoct. Colatt
I une. iv, adde Extr. Bellad. dr. i^ — dr. ij, Ungt.
1
— 6« —
Linar. vnc ij^ Extr. Satarn. une \ß. If . D. I
von täglich 8 — 3 Mal aufiBUStreiehen. «^
nun die^ die excossive Thätigkeit der C
und Nerven der Haut d&mpfende Eigei
der narkotischen (wohl nicht zu dreist' oi
bedingt auch hier anzuwendenden?) und
verbundenen Bleimittel, oder was sonst I
ersehnte Hülfe gebracht? Später habe fa
nigstens eine Verbindung von Ceraf Satni
Ung. praedp. alb. zu gleichen Theilen i
nem Zusätze von Blausäure, gegen dieL
Flechte angewandt gefunden. {TmnsucU'
provincial medic, and surgic. assoeiaiion» }
Salzb. med. chir, Zeitung. 1838. Nr. 91. S
— - Sicher ist wohl, dafsjede Familie 4er 1
jten eine, dem Character der Faser- uni
f&fsspannung gomäfs, modificirte, audi 6]
Behandlung bedarf, um Abhülfe oder weni|
Linderung von diesem oft so hartnäckige!
bei zu erlangen. (Vergl. Wind in Rbsch 1
suchungen auf dem Gebiete derpract. Heia
wo, wenn ich nicht irre^ Äehuiiches eingefl
wird).
Der niedere jetzige Wasserstand dtf
(es sind unterhalb Hamburg im vierzc
Jahrhunderte versenkte Schiffe zu sehen,
sehr selten ist), so wie der nasse Mai i
soll ein gutes Kornjahr bedeuten. (Das
hat aber schon vom Blutenstecher (Cuculio
ohites^ Fabric) y dieser an einigen (uiedeitt
teu jetzt, wie es scheint, auf Jahre eingei
ten schädlichen Raupe, sehr gelitten, i
jetzt, wo Laub und Blfithe sich so spä*
langsam entwickelt, und auch das Kalken
Theeren der Baumstämme nichts dagege
autzea scheint«
I
— «3 —
Nach Bemaikungen in Manchest^ soll
seit fonfeig Jahren der Barometer y und seit
1797 wurde der Thermometer in den Monaten
April und Mai nicht eine solche Höhe erreicht
haben! — (Ilamb. N. Zeitg. v. 13. Juni}. —
Junius»
Barometer. 28' 4'' u. 27' 9' 8''' (24.). (Nor 5 mal im-
ter 28').
nermameter. + 23* (2.) n. + 6 (Morg.) (mebt 14—18*
MItt).
Bygrometer. 85* (13.) u. 46« (7.). (Meitt &0— 70«).
WMe (lUrk). Herrichend W. Bit tarn 13. noch 4 mal
mit O. abweobselnd ; dann mit N. u. 8. gemilcht.
Hegen 19. (mit Hagel am 26. Qewitter (stark) nur
am 2. Bntfernt am 16. u. 23. Uöhernuch am 9.— IL
o. 23. Sternhelle bii zum 16. 7 mal» naobbar nar
1 maL
MU dem 1. Y. (23.) Barometer gef.
Jetst trat die Nässe fortwährend an die
SteDe der Dürre j wobei aber die nach Innen
oongeäiive Kühle blieb. Solch eines Frühjahrs
und Vorsommers von Aufregung (a//^fmei/t und
ortUch) eriniiert man sich nicht. (Auch in Ber^
Un starben in diesem Monate 27S mehr als im
vorigen Jalire* Am Schlagflusse allein 115.
(Journal. 1841. Jun.)).
Zur Bezeichnung dieser allgemeinen und
örtlichen Aufregung mit Ueberfüilung an einem
lehrreichen Beispiele, diene die kurze Geschichte
der ZtUgewebeeiterung des rechten Beines des
janmn plethorisch- robusten , aber blonden und
woiehfaserigeu Kanoniers Bi. in B. (bei seinen
wiÄlhabencbn Eltern auf dem Lande auf Ur-
bmb). Bei der Arbeit sowohl , wie beim Tanz
stariL erhitzt 9 und gleich darauf durch Schlafen
t im feuchten Grase erkühlt, darauf mit lebhaf«
i
— 64 —
•
tpn Schmerzeil im ganzen Beine, namentlich
im Knie, befallen, halte mau, auf uuvolikonH*
menen Bericht, mit einigen Abführungen und
Blutegeln das Uebel zu heben gehofft. Nach
einigen Tagen aber erfolgte unter starken Fie-«
berbewegungen an der iuuern Seite der eben-
falls sehr geschwollenen und schmerzhaften
Wade der Durchbruch eines an sich blanden
und gutartigen Eiters, aber in solcher Menge,
dafs binnen drei Tagen wenigstens sechs bis
acht Quart und noch mehr, wenn man die er-
gossene dünnere Lymphe dazu rechnet, aus
noch zwei hinzugekommenen Oeflnungen aus-«
geleert wurden. Dieses dauerte verhättnilsmä-
iisig und ziemlich copiös, sechs Wochen fort;
begreiflich mit einigem Zehrfieber, SchweiDs,
rother Zunge (aber nicht mit Durchfall). Injectio-
nen aus Mel. Rosar. und etwas Myrrhentiuctur
und Borax, schienen doch Schmerz, Geschwulst
und Eiterung nur zu vermehren, Gegenöffnun-
gen aber und besohders Einwickelungen erleich-*
terten am meisten. Bei der guten Constitu-^
tion und Pflege des Kranken (Milch-, Fleisch -
und Obstdiät) ward derselbe, unter dem Ge-
brauch von bald Arnica, China, Säuren, bald
gelind eröfinenden Mitteln, nach länger als zehn
Wochen, mit einiger Steifheit des Beines im
besonders angegriffenen Kniegelenke, völlig wie-
der hergestellt. Im späterem Zeiträume der Hei«'
lung bildete sich ein borkiger Ausschlag ziem-
lich reichlich aus, den der Kranke für nach fast
zwei Jahren erneuerte Krätze hielt, die aber
sicher wohl nichts Anderes, als ein Gieichge-«--
wichtsbestreben der Natur in organischen K^«*
teu und Säften war, auch mit mäfsiff auslee-
renden Mitteln (Calomel und Jalappe) ausge*«
glichen wurde. — «
- 65 -
Sieber ein lehrreicher Beitrag sa dieser
GaUtuig von Uebeln^ in Ansicht und Behtnd-
lung noch ritheelhaft! — Han hiitte auf der eiw
8teu Höhe der Abscersabaonderungen glauben
•ollen (oder war esso^)^ dab ordentlicher Chy«
Ins, oder ein anderer mehr aus Decompoaition
des Bhitea hervorgegangener StofT^ sich ordent-
lich trgie/se, — so stark und umfangreich war die
Ab- und Aussonderung! — bei diesem Uebel,
was sicher zur Sippschaft der Phlegmasia alba
dolens, oder noch mehr^ der Phlebitis gehört,
und wobei auf den Zustand der Säfte beson-
ders Rücksicht genommen werden soll. (Con-
sfatt in V. Gräfe und v. JFaliher Journal. Bd.
XXIV. St. 4. — S. auch St. 3. und Summarium
(bei Sieinacker) 1840. Mai No. 108. KarH
Wahrnehmungen auf d. Gebiete der Pathologie
u. der pätholog, Anatomie. — Bog. Arzt Ber^
ger in : Medicin. Zeitung d, Vereins für HeiU
kundt in Preufsen. 1839. No. 89. (wo abor doch
wohl zu viel blofs von der reizenden und Pu-
rulenz hervorrufenden Wirkung der Adcrlafs-
lanzette abgeleitet wird)! Hier zwei tödtliche
F&Ue (in einem hatte sich Eiter in den Lungen
äebildet) und ein geheilter Fall (bei einem Schnei-
er). — ^ In ähnlichen Fällen möchte ich doch,
wenn die Umstände darnach sind, und man gleich
von der Entstehung des Uebels an es beur-
theilen kann, im Anfange eine kräftigere all-
gemeinere jintiphhgose, nachher freilich, bei
dem greisen Säfte- und Substanzverlustc, eine
eben so entschiedene, mehr antihectischo Be-
handlung anempfohlen haben, wenn nicht zur
Verhütung oder Dämpfung dieser Art von Knt-
zondong direct contrastiniulirende, oder die über-
müGuge Erregung des Nerveneinflusses (auf
Slflle und Functionen des Organismus) direct
Joiira.XCI(I.B.8t.l. E
— 66 —
glciehsam neutralisirende, Gegenmittel (Bella-
donnay Quecksilber^ Arsenik u.dgl.), ihre mehr
bestimmte und sichere Anwendung als bis-
her finden sollten! —
Den Contrast der jugendlichen , kräftig und
ubersäfltig reagirenden Natur mit der mehr er-
schöpften, dafür convulsiveren (beide von der
jetzigen Constitution zur langwierigen krank-
haften Reaction bestimmt), müssen wir jetzt
noch^ an dem 35jährigen Förster 8. zeigen, der,
von Geburt mehr mager und reizbar, und durch
manche Umstände, langwierige kalte Fieber, Sa-
menergüsse, und jetzt durch schlechte, stets
trockne Kost bei beschwerlichem Forstdienst,
Tag und Nacht, das Bild der höchsten Erschö-
pfung (mit Brustbeklemmung, Herzklopfen und
fast kataleptisckem Luftmangel) darstellte (so
dafs der Kranke oft, bei stärkerem AnfaU,
keinen Schritt sich von der Stelle bewegen
konnte, sondern viertel und halbe Stunden ste-
hen bleiben mufsto, wo und wie er stand).
Leibesöffnung dabei träge, und mit Pillen aus
Asa fo€t,y Sapo und Rheuniy mit einigem Zu-
sätze von Extr, panchym. CrolL zu befördern«
Puls nur schwach, nicht sehr schnell, Durst
mäfsig , und immer noch ziemlich lebhafte Eis-
lust, jetzt auf normalere und doch reichlichere
Weise befriedigt! — Flüchtige und mäfsige
permanente Reizmittel, und gegen die Nacht,
wo mehr Herzklopfen und beschwertes Nieder^
legen zum Schlafe eintrat, EUoc. acid. H. a.
dgl. thateu wohl etwas, dem Kranken aber nicht
genug , der für den Gebrauch des Arseniks (in
der Foii;Zer'schen Tinctur), der ihm schon vor
einem Jahre in einer ähnlichen Lage genütäty
stimmte. Der Erfolg aber davon war, beijetst
noch gesunkeneren Actien der Lebenskraft^ kei-
— 67 —
nctweges befriedigend y und der Kranke naflito
dich wieder mehr an eine allgemeine reatauri«
rende^ das Gleiehgewicht zwischen Säften und
Nerven iiorraaliairende Kur halten, wobei dann
auch der durch Schmerz und Mastdanndrang
sich kund gebenden Ueberfullung der GefAIsa
des Ruckenmarkes und des Unterleibes durch
eine nicht schwache blutige Schrdpfüng auf
diesen Theilen 'abgeholfen wurde. VorEÜglich
thaten nun, neben zugleich sogenannten krampf-*
widrigen Mitteln, z. B. dem Sirammon.^ selbst
dem Opium ^ laue Seifenbäder grofte Dienste,
und so machte sich der Kranke, der allm&hlich
immer besser zum Schlafe sich niederlegen
konnte, und von schreckhaften Bildern freier
ward, mit dem Herbste, wider^ Aller Erwarten^
immer mehr heraus^ so dafs er den Winter^ bei
Schonung vom Dienst (den er aber nun längst
wieder versieht) täglich eine Viertelstunde weit
zur Stadt, zu einem wohlbcsetzten Tische ge»
hen konnte. — Also ein Es^mplar eingewur-
zelter spasmodischcr Heizbärkoit, und feiner
nervöser atonischcr Ueberfullung, der Unter-
leibs- und Brustsphäre zumal, nebst psychi-
scher Abspannung, auch bei Männern jetzt lei-
der nicht selten! —
Die angewachsene Nachgehuri bei einer voll-
safUgeu robusten jungen Frau auf dem Lande,
die schon einmal sehr j^Iücklich geboren, wurde
Von einem erfahrnen (jeburtsholfer mit greiser
Mühe und Schmerz binnen wohl einer Stunde
gelöst, nachdem das mehrmal zu fünf Gran
gereichte Seeale cornut. so wenig die zö-
gernde Geburt als Nachgeburt ' zu befördern
schien. Dieser Fall von abartiger langwieri-
ger Lösung der Placenta lief, bei d« t trefflicheih
B 2
- 68 -^
CoDBtitatioii der Kranken, in sofern gut ab,
dab nur das Säugen in der fünften Wodie
(wegen Uebelbefindens im Unterleibe zumal)
eingestellt wurde (wornach aber langwierige
Brustabscesse erfolgten). Die Fragö aber über
eine solche Lösung oder Nichtlösong ist jedoch
noch keinesweges entschieden, oder vielmehr
noch nicht wie es sein sollte, conditioneU und
bedingungsweise aufgestellt. — Busch, Zeü^
Schrift f. d. Geburtskunde. Bd. VII. St 3. £r-
gebnisse dm neuesten Journalistik d. Geburts-^
hülfe ^ von Dr. Simon. Es genasen und star-
. ben nach jeder Methode! — Das Einspritzen
von ein halb Quart kalten Wassers in die Na-
belvene der Placeuta soll sehr lösen helfen
(wenn dieselbe nicht verwachsen ist, und es
blob an Atonie der betreifenden Theile liegt?).
Ob wohl die Compression der Aorta durch
die Höhle des Uterus und die Inguinalgegend,
bei starken Blutflussen nach der Geburt, oder
nachher schwere Sandkissen daraufgelegt {Eh-,
renreichy medicin. Zeiig, rf. Vereins f H. inPreu-
fsen. 1839. Nr. 37. — Summarium. 1839. Nr. SO.
S.8&8) zuverlässiger ist? — S. auch: Facis
and cases in obsteirio medicine etc, by J. T.
Ingleby, London 1837. (auch über Hervorru-
fung von Frähgeburt) oder, ob die Bewirkung
der lang ersehnten Schwangerschaft mittelst
känstlicher Erweiterung des Muttermundes durch
immer dickere Bougies {London medic, and
surgic. JournaL — Proriep's Notizen, 1837.
Bd.n.S. 3S0) wirkUch halfreich? — Jeder Bei-
trag zur Aufhellung ' dieser dunkeln Region
' mäbte willkommen sein! —
Bei, der Section eines jungen, aber etwas
schw&ch^qh aussehenden, übrigens arbeitsameta
liEDdiBidchens y welches beim SohaafWaaeliea
und Sch&kern dabei an einem verfAnglieheii
(seitdem verpönten) Orte ertrunken war, fand
man im Colon transversum eine atarlce Ve»-
Schiebung des Darms (wie ein lateinisches V),
wie auch starke^ fast scirrhöse Rugae im Fun-
dus des Magens. — Wahrscheinlich war also
bei diesen Anlagen das Schicksal nicht so grau-
I —
(Fortseisung folgt)
- 70 -
I
m.
Bemerkungen
über eine
im October un4 November 1834
epidemisch herrsche
Dysenterie.
Vom
Oberamts^rzte Dr.Bodenmülh
in Scbw. Gmünd. '
1. Geschichtliche Darstellung dieser Epidi
VVährend vom Moptite Juli an bei sei
iteutencler Hitz^ und atmosphärischer
kenheit die Unterleibs -Ex^retionea krai
vermehrt wurden, und unter der Form voa
rhöen^ ruh^artigen Durchfällen, sporadische
fallen von weifser, und dem genannten
puncto näher, von rother Ruhr nicht seile
in der Oberamts- Stadt und auf -dem Amt
verbreiteten, die, wie das Wetterleuchte!
Vorboten eines nahen Ausbruchs zu betra
waren; entlud sich im October endlich, i
dem die atmosphänscheii upd Temperatur«
I
— 71 —
hältnissa passend , die Lebensweise giinstig,
die einseinen Fälle pradisponirten^ und so durch
das Zusammenwirken dieser Potenzen die Udh
pfänglichkeit in der Atmosphäre und bei ein*
meinen Individuen gegeben war, plötzlich die
pathologische GowittorAVolke in der Schultheis
flserei Strarsdorfi insbesondere den Orten Strafsv
dorf und Rcitprochts, während bereits das in
der Mitte liegende Muthlangen nur sporadische
Fälle hatte.
Wenn die Ruhr hier auch nicht mit grö*
liserer Bösartigkeit auftrat, als in einzelnen an«
dem Orten , so erreichte sie dagegen in diesen
Orten die gröfste Ausdehnung , und wirkte so
wieder rückwärts , die Intensität der Krankheit
steigernd, die Atmosphäre und Menschen em«
pfängUcber machend. Die Epidemie trat zwar
gleich bei ihrem Entstehen mit sehr belligem
Character auf , und hatte mehrere sehr rapide
Fälle, allein die Leute waren noch mit dem
neuen Feinde nicht vertraut , wufsten sich nicht
zu rathen and zu helfen , und so geschah e^
dafs ich erst, durch die ersten Todesfälle , die
in drei bis fünf Taffon erfolgten, von der Krank-r
heit Kenntnifs und Anzeige erhielt, und die
Kranken bei der ersten Untersuchung der Krank«^
heit durch den Tod bereits quintirt waren.
Nur wenige Tage später verbreitete sich
diese Krankheit über noch neun Schultheifse^
reien, nämlich: Muthlangen, Lindach, Iggin-
geO| Leiuzell, Spraitbach, Hechberg, WaldsteUr
tan. Oberbettringen und Winzingen. Am hef«
tigsten wüthete sie in den Orten Strabdorf und
Leinzeil I weniger intensiv, und am wenigsten
bösartig erschien sie in den durch ihre hoh^
Lage aosgeiieichiieten Orten Vorder- und Htor
— 7« -^
terweiler Rechberg, wenn sie auch hier keine
oiibedeutende Ausdehnung erreichte. Sämmt-
hche übrigen Orte haben mit Ausnahme von
Leinzell , Waldstetten und Winzingen eine hohe
Lage.
Die Dauer der Epidemie erstreckte sich
über die zwei Monate October und November,
die in ihrem Character und in ihrer Tempera-
tur sehr verschieden waren, was auf die Epi-
demie einen wesentlichen Einflufs ausübte; denn,
nachdeni die Epidemie bei der sehr warmen,
sie begünstigenden Temperatur des October sich
verbreitet hatte, konnte sie durch die verän-
derte Witterungs- Constitution und kalte Tem-
peratur im November zwar nicht vertilgt wer-
den, wo sie bestand, aber die Ausdehnung
wurde beschränkt, und insbesondere der Cha*
rakter der Krankheit vollkommen verändert, was
iur die Therapie von wesentlichem Interesse
und von höchster Wichtigkeit war.
Die Orte, in welchen die Epidemie aus-
brach, hatten eine Gesammt -Bevölkerung von
6,334 Seelen; die Zahl der — aus Staats -Für-
sorge Aufgenommeneu und ärztlich Besorgten
in diesen Orten betrug 409, in welches Ver-
zeichnifs nur bedeutende Kranke aufgenommen
sind. Es läfst sich übrigens mit Sicherheit an-
nehmen, dafs bei weitem nicht alle Kranke
zur amtlichen Kenntnifs kamen, denn vor Ein-
tritt der Staatsfürsorge sind mehrere erkrankt
und sogar gestorben, mehrere suchten keine
Hülfe, und insbesondere erlitten viele Perso-
nen so leichte Anfälle, dafs sie keine ärztliche
Hülfe nöthig hatten, daher auch keine Anzeige
von ihrem Unwohlsein machten. Ich habe über-
haupt wahrgenommen, dafs in denjenigen Op-
— 78 —
ten , in welchen die Epidemie die grSfliie Ans«
dehnung hatte, bereits Jedermann ven leieh-
(en AnfiUlen berührt wurde, die indessen mei-
stens die Leute nicht einmal von ihrer ge-
wöhnlichen Beschäftigung abhielten, *utad die
durch Hausmittel, oder oft auch von selbst
wieder gehoben wurden.
Die Verhältnisse nach verschiedenen Or-
ten, nach Zahlen, Alter, Geschlecht und Sterb-
lichkeit sind folgende:
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— 7ö —
Das Krankheits- und Lothtlitäts^VerhUl-
ailii ist daher folgendes:
Unter 6834 Menschen erkrankten 409| da*
von starben 46^ und zwar SC m&nnlichen, und
SS weibUoheu Geschlechts; mithin starb un-
ter 10 =: ilirv do' Erkrankten und amtlich Aut-
genommen.
In Beziehung auf das Alter hatte das Ju-
gendliche Alter von •}>— 10 Jahren die meisten
ErkrankungsfallC; und deswegen und besonders,
weil dies Alter selten zum Arzneigebrauch zu
vermögen war^ auch die meisten Sterbef&lle.
Ersteres Ergebnifii dürfte als natürliche Folge
der starken Bevölkerung dieser Altersklasse an-*
gesehen worden.
So erkrankten, vom j. bis 10. Jahre, mit-
hin in emem Zeitraum von 10 Jahren — 96 In-
dividuen, ebenso vom 10 — SO., mithin wieder
in einem Decennium, 89 Personen; während in
einem Zeitraum von SO Jahren, vom SO. — 40.
Jahre nur 115^ und vom 40. bis 80., mithin in
40 Jahren, nur 109 Personen erkrankten. Frei-
lich ist die letzte Bevölkerung auch die ge-
ringste.
Die gröfste Gefahr hatte die Krankheit für
arme, schlecht genährte Personen, dann für
das schwache — hohe und jugendliche Alter.
S, Beschreibung der Krankheit.
Selten kam das Stadium prodromorum vor,
welches sich durch ein Gefühl von Mattigkeit
und Frösteln, Schwere^ und Ziehen der Glieder
zu erkennen giebt. Die Krankheit befiel den
Menschen zu verschiedenen Tageszeiten , mei-
stens aber nach Mitternacht im schlafenden Zu-
stande, als dem der grölsten Passivität nach
Aulseo — ^ dem expansiven Loben —- mit
— 76 —
likartigem Reifsen und Schneiden in der Ma-
geugegend; öfters mit Uebelkeiten.; seltner Er-
brechen von Schleim und Galle , was äbrigens
oft nur consensuell zu sein schien, und mit
Krampfanfällen aber den ganzen Körper ^ vor-
zugsweise der Extremitäten y und unter diesen
am meisten der unteren. Diese verbreiteten
sich dann auch über den ganzen Unterleib bis
in die Magengegend, wo sie sehr schmerzhaft
wurden, ohne indessen hier ihre Grenze ge-
funden zu haben.
Das Schneiden und Reifsen erhielt sich oft
beständig, oft stellte es sich nur vor, während
und nach den Ausleerungen ein, und war mei^
stens so heftig, dafs die Kranken winselten
und schrieen ; besonders wurden im Monat No-
vember die Schmerzen so heftig, und der Stuhl-
zwang so unausstehlich, dafs die Kranken da-
durch zur förmlichen Raserei gebracht wurden,
schrieen und weinten, sich im Bette herum-
warfen, aus dem Bette sprangen, mit einem
Worte, tobten vor unausstehlichen Schmers^en,
oder in hoffnungslose Verzweiflung verfielen.
In mildem Graden aber blieb das fatale Rei-
fsen und Schneiden hie und da auch aus, na-
mentlich in Rechberg, wo die Krankheit einen
gutartigen Verlauf hatte, blieben viele Kranke
davon frei.
Es folgten nun schnell häufige Ausleerun-
gen, anfangs von gewöhnlichen Excrementen,
dann aber von zähen Schleimmassen, blutigen
Sehleimmassen, von Blut, schaumichtem Blute,
gallenartigen Stoffen , und gegen das Ende dei
Krankheit, von häutigen Massen; in mildem
Fällen aber nur molkeoartige Ausleerungen mit
zähem schleimlchiem Bodensatz , beides anfangt
- 77 —
in mifdlieiireii Qtantit&ten, später iogeringeni,
und soletzt bestand es h\ob noch im Draogen.
Meistens stellte sich gleich anfangs der
Krankheil Tenennus ein^ der sich im ganaen
Verlauf derselben erhielt, und die Kranken in
der Art bel&stigte , dab sie den Nachtstuhl be-^
reits nicht mehr verlassen konnten , und oft da-
bei marmorkalt wurden ; namentlich wollten Kin-
der das Nachtgeschirr gar nicht mehr verlas-
sen, was oft Bu der schlimmen Folge mitwirkte,
dad der After herausgetrieben und ganz wund
wurde* In hohen Schw&chegraden aber konn-
ten die Kranken su diesem Behufe das Bett
gBS nicht mehr verlassen, wodurch die Lofk
verpestet wurde.
Von weitem konnte man bei solchen Kran-
ken nur aus dem Geruch auf die Krankheit
noUiefiMn. Zu dem Tcnesmus gesellten sich
öfters unerträgliche Kreuzschmerzen. Oeftcrs
verminderten sich mit diesen Ausleerungen die
Uebelkeiten und der Brechreiz, öfters aber
blieben sie dauernd; aber bei allen Kranken
stellte sich mit diesen Anfallen sehr schnell und
bald eine — für die kurze Dauer unbegreifliche
und unbeschreibliche Mattigkeit und Erschlaf-
fung der' Kräfte ein , was die Heftigkeit der
Krankheit und das Leiden der Basis der Le-
benskraft zu beurkunden schien.
Mit diesem Eintritt der allgemeinen Schwa-
che und Entkräftung stellte sich oft ein schnel-
les Sinken des Pulses ein, er wurde in den er-
nten S4 Stunden ganz klein, schwach, faden-
fSrmig, aber nicht beschleunigt, und blieb end-
hdk ganz aus, während der Herzschlag noch
kaum fühlbar war. Dieb war ein sehr schlim-
mes Zeichen, und wenn nicht schnell Hälfe
folgte, namentlich Wärme und Puls nicht wie-*
— 78 —
derkehrte , so erfblgte der Tod ganis bestimm
10 den uächsten 24 Stunden, weutfi auch dai
nbrige Befinden nicht zu so schlimmer Prognose
berechtigte.
Im Monat November war der Puls mei<
stens härtlich gespannt, mäfsig voll bei vor
herrschendem Eutzüudungs-Charakter; bei hef-
tigen Schmerzen im Bauche wurde er auch da-
mals klein, härtlich und schnell.
Der Durchfall dauert während des Tagei
und der Nacht gleich fort, wiederholt sich voe
fünf zu fünf Minuten in der Regel, mitontei
aber nur zu gewissen Zeiten, z. B. nach Mit-
ternacht, wo er dann schnell mehreremal aui
einander folgt uud dann wieder aussetzt. Diefs
ist der mildere Gittd. Immer wiederholten sicti
die Ausleerungen auf der Stelle unter Kollern
und Schmerzen im Bauche, so wie der Kranke
etwas genossen hatte; setzten die DurchföUe
hie und da auch ein Paar Stunden aus , so ka-
men sie später bestimmt um so heftiger; nui
bei zunehmender Besserung wurden sie allmäh*
lig seltener. Oft gingen die Excremente abei
auch empfindungslos ab.
Im Verlauf der Krankheit blieben sich oft
die Ausleerungen gleich, waren oft nur blutig
von hell- oder braunrothem oder schanmichtem
Blute, oft aber grüngelb, braun, weifs, pech«
artig, gallicht, gteronnen, wie gehackte Eier,
schaumichte ganz leichte auf dem Wasser
schwimmende, breiartige, broncefarbige Maaseo,
und diese Ausleerungen erfolgten oft bei eiuem
und demselben Kranken. Bei längerer Dauer
der Krankheit wurden sie eiterartig, mit häu^^
tigen Massen untermischt, aber immer war aocb
damit Blut und blutiger Schleim verbunden.
Wurden 'endlich die Ausleerungen gelb und
— 79 —
braun 9 m war diols ein sicheres Zeichen äet
nahen Besserung.
Es kam aber auch die sogenannte ^ wenn
ich sie so nennen darf, trockene lluhr vor.
die in einem immerwährenden Pressen und
Drangen im After , auf den Stuhl bestand; ohne
dalii indessen etwas entleert wurde»
Eine wesentliche Eigenthümlichkeit im gan-
zen Verlauf der Krankheit war eine immerwäh'«
rende Indination, kalt zu werden , die beson-
ders die Extremitäten, die Stirn, die Wangen^
die Nase und Ohren zuerst befiel, die kalt wie
Maimor anzufühlen waren; und diefs beurkuiH*
dete immerhin die Heftigkeit der Krankheit uim
ibe groise Gefahr. \
In geringem Krankheitsgraden, oder bei
luigsamem Verlauf, wurde die Temperatur in
sj^Sem Stadien erhöht, die Haut trocken, bren-
nend lieilis, spröde und unthätig. Manche konn-*
ten schwitzen, und dies gab immef Veranlas-
sung zu einer günstigen Prognose, nur durften
die Schweilse nicht colliquativ werden, wenn
nicfat durch sie der entschiedene schlimme Aus^
gang ausgesprochen werden wollte» Eben so
wenig günstige Wirkung hatten die kalten
Schweifse.
. Meistens stellte sich Fieber ein, oft aber
war die Lebenskraft so schnell , und in solchem
Grade untergraben, dafs die Natur nicht mehr
Kimft genug hatte, eine solche Reaction her-^
Toizornfen, widerstandlos starben die Kranken
dahin, es war ein Erkalten, ein Erlöschen der
Kräfte und schnelles Absterben , die Kräfte und
der Pols sanken immer mehr und mehr, letzte-
rer hörte auf) die Kälte vermehrte sich immet
und meiir, verbreitete sich endlich über
Körper, und das Leben erlosch bei
— 80 —
voUer Geistesgi^genwart. Mitunter war^ wie
bemerkt 9 die Krankheit, besonders im Monate
November, von intensivem Fieber begleitet mit
deutlichen Exacerbationen, wo der Character
jliei eintretender Kälte und anhaltenden Ost-
winden entschieden inflammatorisch wurde. In
leichtem Graden war das Fieber auch ztt die-
ser Zeit unbedeutend, man konnte oft kaum
ein solches bemerken*
Der Kopf war meistens frei , öfters einge-
liommen, mitunter schmerzhaft ; in höhernKrank-
heitsgraden war das Gesicht blab, spitzig, erd-
fithl, tiefes Leiden ausdrückend, die Augen ein-
gefiülen , mit schwarzem Hof umgeben, die Lip-
pen welk, öfters war indessen das Gesicht un-
gewöhnlich geröthet, bei grofser Schwäche
und in den spätem Perioden mit umschriebener
Rothe der Wangen versehen. — Die Sinne
und psychischen Verrichtungen waren in un-
verkfimmertem Zustande, nur in höhern Graden
war ein gewisses Angstgefühl nicht zu verken-
nen, das auch im Gesichte auffallend ausge-
prägt war. Es stellten sich indessen auch De-
lirien ein, nämlich in höhern Fiebergradeu und
deren Exacerbationen, und bei nervösem Chai;ak-
tcr, oder selbst bei solcher Tendenz. — Der
Schlaf fehlte meistens ganz, oder bestand in
Schlummersucht, öfters aber stellte sich Schlaf-
sucht ein.
Die Zunge war meistens belegt, weifsgelb,
braun und schwarz, der Rachen trocken und
öfters die Halsparthieen so geschwollen, dafs
das Schlucken sehr erschwert wurde. Bei län-
gerer Dauer der Krankheit aber löste sich die.
Haut im Mund, Schlund und der RachenhGhle.
ab, es bildeten sich Löcher auf der Zunge^:
und diese Tbeile wurden daher entsetzlich wuißA
— 81 —
und scbnierzliaft. Auch geschah es öfters, dafli
die Kranken in spatem Perioden an Aphthen
mit sehr heftigem Speichelflafs litten, welcher
Zustand immer eine ungünstige Prognose be«
gründete, und die allgemeine Verbreitung des
eigenthämlichen Krankheitsprozesses, und den
vollständigen Sieg der Krankheit verkändete.
In diesem Zustande konnten die Kranken theils
wegen Schmerzen und Brennen im Munde, theils
wegen Erstickungsanfalle, Brechreiz und wirk«-
lichcn Erbrechens, wodurch immer eine grofse
Menge Schleim aus Mund und Magen, durch
Mond und Nase entleert wurde, welche An-
&Ue sich bei jedem Versuch zu schlinge«) eiii^
stdken, nichts nehmen, daher dann die Kräfte
imer sehr gesunken waren.
Idi halte dafür, dals in diesen Fällen die
nbnutige Entzündung des Darmkanals sich über
den Magen, die Speiseröhre, die Rachen- und
Mondhohle erstreckt, und dafs wir hier einen
BlidL ihun können auf das eigentbümlicheWe«
sen ond die Natur der Ruhr.
Der Appetit fehlte meistens, in geringem
nd mittlem Graden erhielt er sich indessen
immer etwas. Der Geschmack war immer fade
md pappig. Der Durst war meistens unerträg-
lich, und es zeigte sich überall, bei allen For-
men und in allen Stadien eine grolse Sehn-
sucht nach kalten und sauren Getränken. Der
Athnunngsprozcls ging in der Regel ohne äu«^
Iserlich wahrzunehmende Störungen vor sich,
aar mit heftigen Schmerzen im Bauche stell-
ten sich Bangigkeiten ein. Oefters klagten die
Kranken über Drücken in der Mitte der Brust,
ond die Stimme wurde immer schwach (vox
djsenterica). Der Baoch war leer, meistens
kian^fbaft angezogen, häufig aber auch, be^-
l0iirB.XCDLBiLl.8t. F
— 8« —
sonders im zweiten Monftt der Epidenue , wo
sich der ent2saiidlidbe Ck^akter derselbeo enU
schiedener aussprach, mfgetriebe», empfind*
lieh, aber öfter auch wenig oder gäx nicht
schmerzhaft bei der Berührung.
Die Kranken bekamen auch häufig wegen
krampfhafter Blas^besdiwerden Urinverhaltimg,
welche sie in hohem Grade beschwerte; sie
Uelsen immer wenig Urin, der theils jumentös,
theils von branner, dunkebother und bksser
Farbe war« Die Ausleerungen hatten einen ei-
g^Qthämlich aashaften Geruch. Aufstofiien dauerte
während des ganzen Verlaufs der Krankheit,
Erbrechen, gewöhnlich von Schleim, wenn
es sich auch einstellte, verlor sich bald ^wie-
der, und scheint überhaupt mehr consensueD
gewesen zu sein, in Folge des Darmkanallei-
dens» In hohem Graden stellte sich Singultus
immer ein, so wie ein hohles Kollern beim
Trinken.
Die eintretende Menstruation brachte in
kräftigem Zustande und bei der entzündlichen
Ruhr Jlrleichterung, bei groCser Schwäche und
nervösem Charakter Verschlimmerung* Oefteis
kam auch frieselartiger Ausschlag im Gesidite
vor, ohne übrigens im Verlauf der Krankhmt
etwas zu ändern.
Auch nach der Krankheit dauerte die Er-
schöpfung der Kräfl;e fort; wie Schatten schli-
chen Reconvalescenten herum, und erhotten
sich nur äulserst langsam. Auch fühlten 810
noch ein VoUsein im Magen, und erst alhnlh-
lig stellte sich der Appetit wieder ein.
Bei langer Dauer waren die Kranken mu-
mienartig vertrocknet, und die Fübe geschwol-
len. Es bildeten sich auch Furunkel, Abscessfl^
und eigentliche Eiterablagerungen. Wenn ik
Rulir.gaiiB gehoben war, sah ich Nervenfleber
nach ihr entsteheo, Nervenkopftchmerz^ Schlagt"
fläaae, Broatentsfindangi Friesel und Waaseiw
aachten. Meiatena war in dieser Krankheit die
untere Parthie der Schleimhaut des Darmkanala
der vorzuglich ergriffene Theil, deaaen apeci-*
flacher KrankheitaproceÜB thoila von einer ört-
lichen, eigenthfimlichon Entzändung, der Ruhr-
. entzfindung , mit mehr oder weniger entzund-
Hdiem oder nervöaem Fieber im Gefolge be-
|deitet| theila krampfhaft afHcirtwan Letztere
ZufUle beachrinkten aich indessen nicht auf
den Darmkanal , aondern aie theilten aich der
Blaae mit| verbreiteten aich über den gauzei^
Unterleib, und zogen sich fiber die Extremitä-
ten. Erstere waren mehr lokal, und sie zeich-
neten aich durch sehr gesteigerte und gereizte
Th&ügkeit aus, wodurch alle Säfte und Kr&fle
dahin, und von der Peripherie sich zurückzogen.
Oft beschränkte sich aber der Schmerz biola
auf die Nabelgegend, auf die linke Seite, nach
dem Verlaut des Colon descendens und dem
After. Die Heftigkeit der Schmerzen war übri-
gens auch bei aufgetriebenem Unterleib in kei-
nem Verhältnils mit der Spannung. Ich fand
zwischen dieser Krankheit und einem sehr acu-
ten Catanh die ffröfiito Analogie.
Die gewöhnliche Dauer der Krankheit war
11—14 Tage, in rapiden Fällen 8—4 Tage,
ich aah aie sich aber auch, meistens aber nur
in Folge von Vernacblässiffung, auf 3 — 6 Wo-
chen und noch länger ausdehnen, in welchem
Falle gewöhnlich Nachkraukheiten folgten.
Im Anfang der Epidemie war der nervöse
Charakter bei weitem am meisten ausgespro-
chen , daher litten auch die Kranken häufig an
Krampficufällen, die indeaaen bei dem im No-
F m
— M —
vembor mehr hervortretenden rein ruhrentzänd-
Kchen Charakter verschwanden. — Der Tod er-
folgte meistentheiltr'jaus Erschöpfong der Kräfte,
selten in Folge von Brand.
' 3. Therapie.
Aus diesen Krankheitserscheinungen ist klar
zu ersehen, dafs diese Krankheit an und für
sich, aber auch nach Individualität, Lokalität,
Jahreszeit, Temperatur und Witterungs- Con-
stitution sehr verschieden war; allein im All-
gemeinen war ihr Charakter im October schlim-
mer^ immer ins Nervöse spielend , im Novem-
ber waren die Anfalle zwar heftiger, aber für
den Kundigen weniger gefahrlich. ' Bei der
Therapie war nun hauptsächlich zu berücksich-
tigen, cinestheils der Charakter der Krankheit^
der sich mehr oder weniger entschieden aus-
sprach, und entw€)der entzündlich, seltener ent-
zündlich gastrisch - gallicht oder nervös war,
und anderntheils die Stadien ^ iu welchen man
die Kranken in Behandlung bekam; denn das
erste Stadium war, wenn auch noch so kurz
und oft kaum merklich, immer mehr oder we-
niger entzündlich, was sich im Verlauf dann
entweder rein ruhrentzündllch aussprach , oder
ein schnelles Sinken und Auslöschen der Le-
benskräfte mit nervöser Tendenz zur Folge
hatte, oder gallicb t- gastrisch sich complicirte«
Die Haupt- Indication war, anfangs auf die
Ausleerungen zu wirken , wenn man nämlich
zeitig genug zu den Kranken kam, nämlich
so lange die Krankheit noch zu den ruhrent-
«ündlichen zu rechnen war, die Blut- und Schleim-
Erpressungen in wahre Excrementen-Auslee*
rungen zu verwandeln, die Wärme nach der
— 85 —
Peripherie des Körpers za leiten^ und die Kräm-
pfe so beschwichtigen. Gelingt diefs, was bei
der Kürze des ffir dieses Stadiums 2aigemcsse^
Den Zeitraums oft 8ch\iierig ist, so wird die
sweite Hälfte der Kar eine leichte Aufgabe,
nämlich die bereits nach Qualität normalen Aus-
leeroDgen zoermäisigen undzo reguliren, wenn
dieses nicht die Natur nach erßillter erster In-*
dieation schon selbst that. Finden aufserdem ga-*
slrisdie oder gallichte Complicationen Statt, so
tnb vor Allem diese Zugabe beseitigt wer-
den, spricht sich die Ruhrentzundung in ho-
hem Gradiön aus, oder hat man es mit eine^
nervösen Dysenterie zu thun, so müssen diese
Qianciere vorzugsweise berücksichtiget werden«
Die erstgenannte Aufgabe löst sich bei ge-^
n^geltem und mäisigem Verlauf und Form, durch
anliphlogistische und geliode eröffnende Mittel^
■id ich wendete oft mit bestem Erfolge fol-
gende Composition an : Potion. River, unc j,
Aq. Ceras. nigr. unc. iij , Extr. Tarax. drachm.
ij — iij, Tinct Rhci aquos. seu vinos. unc. /?,
Symp. Alth. unc.j, M. D« S. Stündlich 1 ETs*
üiTel voll za nehmen. Diese Mittel hatten
Verminderung des Fiebers und der Entzündung
nnd des damit verbundenen Schneidens und
Reiisens im Bauche, Nachlafs des Tencsmus,
Abnahme der Krämpfe , Nachlafs der Uebel-
keiten nnd de^ Erbrechens, und. nach Umstän-
den Umänderung «Ind Correction der Auslee-
nuigen zu Folge.
Ist dieser erste Zweck erreicht, so sucht
man mehr Thätigkeit der Haut zu erregen, und
Miält zu diesem Behufe obige Composition,
«ad setzt nur statt der Tinct. Rhei , Spir. Min-
der- und ein Paar Drachmen Vin. Autim. H.
welche Mittel hinlänglich sind, bei refracter
— 86 —
vtoA corrigirter Krankheit mit emUSsigter Ent-
zündung und solchem Fieber wohlthätige Schweiz
bef zu bewirken, und so die abnorme Thätig-
keit des Darmkanals, auf Kosten der Haut um-
zuändern, und die Aetivität letzterer hervorzu-
rufen. Den Uebergang von diesen eröflhenden,
die Secretionen befördernden Mittehi zu den die
Ausleerungen ermä&igenden und regulirenden
bilden schleimichte und dlichte Stoffe , ab
Emulsionen mit und ohneNitrum, GumBLarab.^
Salepdecoct etc.
Das ausgezeichnetste Mittel in der zwei-
ten Periode der Krankheit ^ wenn die Entzün-
dung gehoben ist und die Ausleerungen ermlSb»
Esigt und geregelt werden müssen, ist unbe-
dingt das Opium sowohl innerlich als iulser-
lich in Einreibungen und Klystieren. Dieses
vermindert die Ausleerungen, gewährt Ruhe
und Schlaff lindert die Schmerzen und den Te-*
nesmus; wo diell9 nicht bewirkt wird, da ist
das Opium nicht angezeigt, so wie es auch in
entzündlichen Graden durchaus nicht ertragen
wird. An dieses Mittel reihen sich und unter-
stützen seine Wirkung: Emulsionen, schlei-
michte Mittel, als Gumm. mimosa, Salep, dann
Rad. Colombo, Extr. Ratanhiae, Cascarill», rother
Wein , und in hartnäckigen Fällen Nux vomica«
Ich wendete das Opium entweder als Laudan.
liquid. S., oder als Extract. Op. aquos. in Emul-
sionen an, ausgezeichnet fand ich seine Wii^
kung in diesem Stadium in diaphoretischer Form,
in Verbindung mit der Ipecacuanha^ z.B. ^ Opium
und eben so viel Ipecacuanha.
Das zweite Hauptmittel in dieser Krank-
heit während aller Stadien ist und war die
Wärme über den ganzen Körper und auf alle
Art, innerlich und änlserlich angewendet» Bei
- 8» —
der dieser Foim beeonderti eigeDthümlichen bH
oUnation kalt aa werden , bei wirlüicher KMie,
lud dem damit verbuidenen Atifhöreo des Pul»-
eehlages, wendete ieh innerlich und ftuberiieh
die Wärme auf folgende Art an : ich liefii alle
Viertelstonde eine Taiee voll heiben Zimmt-
oder PfeflTermunsthoe nehmen, mit oder ohne
Liquor anod« m. H., und tulterlich warme Ue-
benchl&ge, warme Tücher, warme Kruge an
alle Theile des Ktfrpere appliciren und damit
fortfahren, bis Wftrme und Pulsschlag wieder-
kehrten. Die Wirkung der W&rme liela ich
durch Reiben unterstützen. Auch die Anord^-
nung der Dampfb&der bew&hrte sich in diesen
FftUen wohlthfttig, denn da der Darmkanal auf
Kostea der allgemeinen Bedeckungen abnorm
thktig war, daher die Haut oft iranE unth&tig
und welk wurde, konnte die Erregung und
HersteUnng der normalen Hautth&tigkeit, und
die darc£ die Dampfb&der bewirkte Transpira-
tion nur höchst günstig auf den Krankheitspro-
ceb einwirken. Sind aber einmal die Kr&fie zu
sehr erschöpft, treten von freien Stücken Schwei-
üe ein, oder bildet sich sogar eine Colliqua-
tion, dann können dieselben keine Hülfe mehr
ffew&hren und dürfen nicht angewendet wer-
den. Auch andere Bäder gewähren vorzugli-
chen Nutzen in genannten Zufällon; auf dem
Lande mufs mau iudossen sehr vorsichtig mit
ihrer Anwendung sein, und Jahreszeit, Tem-
peratur und Witterung ja recht berücksichti-
Sen. Die Wirkung lul dieser Bf ittel liefe sich
urch weitere äuüsere Mittel unterstützen, als
warme Ueberschlä^e über den Bauch von Spe-
cies emoll., Specios narcoticae und Fl. Cha-
momilL, Einreibungen in denselben von Liui-
Diment volat., Laudanum und Camphor, OL
^ '88 —
Hyoscyami^ von Spiritus Serpylli mit Salmiak-
geist oder Tmct. Oetiitharidam; durch warme
Dämpfe an den After , indem ich in denNacht«-
Btufal warmes Wässer giefsen, oder fleublu-
itaen-Aufgufs in denselben stellen liefs,. durch
Klystiere und Injectionen von Emulsionen,
Kleien- und Gersten- Absud mit Amylon (St&rk-
mehl) mit oder Mine Opiat, die ich nach Um-
istanden alle drei bis vier Stunden mit au&er-
ordentlicher Erleichterung für den Kranken wie-
derholen liefs. Gegen wunden After oder Pro-
lapsns desselben lieis ich Oel, Fett, Eibisch -
Salbe und Mastix -Räucherungen anwenden,
^uch wärme schleimichte Abkochungen auf den-
selben legen. Indessen halfen alle diese Mittel
nur für den Augenblick, und der Prdlapi^ ver-
lor sich meistens erst mit der Krankheit oder
i^efnigstens mit dem Aufhören des Tenesmns,
«her auf jeden Fall wirkten sie lindernd. Auch
Si^nfpflaster und andere Hautreize wurden nicht
ohne Nutzen angewendet.
Die Diät in Beziehung auf Speisen und
Getränke, regulirte ich auf folgende Art: in
milder, entzündlicher Form und geregeltem Ver-
laufe liefs ich anfangs Zuckerwasser, Limonade,
Salep oder andere schleimichte Abkochungen,
Fliederthee und säuerliche Getränke, spä-
ter Quittenschleime und Mandelmilch nehmen.
Auch heifse und kuhwarme Milch, mit oder
ohne Eigelb, wurde mit Erfolg getrunken.
Wein und Bier, sowohl weifses als braunes,
wurden in der entzündlichen Form nicht er^
tragen, und Excesse hierin mufsten immer
theuer bezahlt werden. Seltener' wareA in
dieser Form Excesse mit gestandener Milch
zu bereuen, einige Personen heilten sidi so-
gar mit dieser, die aber nur in geringen Gra-
den litten. War der entsundlicho Cliarakter
•iMgeBeiohiiet aoagesprochen , wie im Monat
November, so iiors ich nineraliacho Säuren, mit
Wasser verdünnt mit Nutzen nehmen. In der
biliösen Form wendete ich vegetabilische Säu-
ren an, E. B. eine Graswurzcf- Abkochung mit
Zitronensaft und Zucker. Sanken schnell die
Kräfte, worden die Patienten kalt, war mithin
das entzündliche Stadium vorüber, oder drohte
eine nervöse Dysenterie, so liefs ich Limonade
mit Wein , Waiser mit Wein und Zucker, und
endlich reinen Wein nehmen. — Viel Unheil
stiftete aber der unmäTsige Gennfs von Kir^
Schöngeist, womit die Leute sich helfen W0II7
ten , und wovon Einzelne einen ganzen Schop«»^
pen hintereinander tranken. Hingegen wird
IPunsch zu rechter Zeit gut vertragen, und wird
mit Nutzen angewendet.
Zur Kost lieis ich Fleischbrühe mit Ei-
gelb, Gersten- und Heisschleim, Sago, ein-
gebrannte Suppe, mit und ohne Kicr, Wasser*^
snppe mit Eier, weiche Eier, Gersten- und
Eichel -KafToe nehmen. Auch Chokolate, ge-
wöhnlicher Kaffee, schwarzer KafTee, mit und
ohne etwas liirschgeist, wurden nach Umstän-
den erlaubt; endlich Kttlbcrfürse und bei sin-
kenden Kräften Weinspeisen. Bei entzündlichen
Graden wurde gekochtes Obst gut vertragen.
War eine gastrisch -gallichte Coroplication
vorhanden, oder war der Gastricismus wirklich
vorherrschend, wozu durch Störung des Assi-
milations « und Digestionsgeschäfts Veranlas-
sung gegeben war, indem die ihr angehörenden
Theile leidend waren, so gebührte der Ipeca-
cuauha als Brechmittel der erste Hang; sie ent-
fernte die gastrisch -gallichte Coroplication, er-
nUUiiigte die Ausleerungen, verminderte die Krim-
— 90 -
. pfe^ und wirkte so nicht nur als Heilmittek soih
dem kfiizte den Verlauf der Krankheit sehr ab.
Bei allgemeiuem und schnellem Sinken der
Kihftey wo die Kranken kalt und blafs werden,
der Bauch leer und eingesogen ist, die Haut
unthätig, welk, kalt wird, sich heftige Kräm-
pfe einstellen y der Puls langsam, klein und
schwach wird; endlich gar ausbleibt, die Le-
benskräfte immer mehr sinken und endlich zu
erlöschen drohen; oder, wo die Krankheit einen
wirklich nervösen Charakter angenommen und
ein solches Fieber in seiner Begleitung hat,
wenn der Kopf eingenommen wird, und die
Kranken zu deliriren anfangen, eine trockne,
lederartige oder schwarze Zunge und solchen
Rachen und Nase haben, die Haut brennend
beils und trocken, der Puls klein, schnell und
zitternd wird, die Krauken alle Haltung verlie-
lien, zittern, die Excremcnte bewuistlos abge-
ben, das Gehör Noth leidet, und die Kranken
entweder ein stieres oder gestörtes Aussehen
bekommen, mit einem Worte, wenn sich bei
der Ruhr alle nervösen Symptome ausbilden; in
diesen Fällen verband ich mit der Colombo, oder
gab statt dieser, Serpentaria, Valeriana, und
besonders Fl. Arnicae mit Spiritus Minder., und
nach Umständen mit Naphtha acct. eder Liquor
C. C. succ. mit schleimichten Verbindungen.
Auch der Camphor spielte in der nervösen Dy-
senterie eine grofse Rolle , den ich in allen For-
men und Modulationen nach Krankheit und Inp>
dividualität, aber meistens in schleimichtem Ve-
hikel gab. — Das ausgezeichnetste Mittel in
dieser Form war indessen der Moschus. Be-
sonders empfahl sich auch Wärme, und aus-
gezeichnete Dienste leistete Opium mit Cam-
phor« Dabei wurden auch in diesen Formen
— 91 -
bief ptMendeiii obongentniiteii , iaÜMMi
Büttel, als Klystiere, UebersohlAge, Haatreiseeiei
angewendet, und von den oben beneiehneien
Oetr&nken und Speisen die geeignetsten an*
gerathen. — - Man mnflite aber anch in diesen
Formen mit den Reimnitteln höchst vorsichtig
sein; wurden diese ffleieh anfangs in greisen
Dosen gegeben , so brachten sie die luranken
in die gröfiite Lebensgefthr«
Bei der entschieden entsündlichen Ruhr im
Monate November, bei heftigen Entsündungs»
l^raden und Stnhkwang, und bei voUsidtiffen,
irritablen Subjecten, in Anf&llen, in welchen
alte Mftnner vor Schmerz schrieen und jammer«
ten, sieh herumwarfen und aus dem Bette spran-
gen; die Schmerzen im Bauche und After un«
ertr&glieh waren, wo alle bis jetzt genannten
Mittel erfolglos blieben, und insbesondere Opium
nur VerschUmmerung bewirkte , wurde ich durch
die Nothwendigkeit der Umst&nde zu folgen-
dem Versuche gebracht; ich wollte auf den
Unterleib wirken und keine krankhafte, son-
dern Oeffnung durch das Abführmittel erhalten;
ich gab daher Aq. Laxat. V. unc. iii/9, Bxtr.
Tarax. liquid, unc. ß. M. D. S. Alle Stunden
so lange 1 Löffel voll zu geben, bis in Folge
dieses Mittels Ausleeruoffen erfolgen , dann aber
auszusetzen. Ich kann dieses Mittel in solchen
Fällen aus voller Ueberzeugung nicht genug
empfehlen, da es nicht nur Lebensrettung, son-
dern Abkürzung der Krankheit bewirkt. Kranke,
die unter heftigstem Stuhlzwang nur etwas
Schleim und Blut entleerten, fSrderten braune
und gelbe Excrcmente zu Tage, was als Wir-
kung des Mittels und als erster Anfang zur
Besserung anzusehen war, denn die Ruhr ist
•ine Entzündung, und daher mit eigentlicher
— 9t —
Verstopfung verbunden, wie andere- wahre Darm*
•eAtzündungen; folgen nun wahre Ausleerungen,
so smd diese hier wie dort günstige Zeidien
einer wahren Besserung. Diese gute Wirkung
wird wohlthätig durch örtliche Blutentzüehungen
unterstützt. Allgemeine Bluteutziehiingen muls-
ten immer mit Vorsicht angewendet, .werden,
einerseits wegen des schnellen- Sinkens der
Kräfte, andererseits weil man in der Regel emt
dann. zum Kranken gerufen wurde, wenn der
•geeignete Zeitpunkt hiefür verstrichen. war. Im
Monat October waren sie nirgends angezeigt.
' Sehr mufste man sich, wie oben schon er-
wähnt, vor Stopfungsmitteln vor' der: geeigne-
ten Zeit hüten, da diese in den ersten vier-
undzwanzig Stunden Meteorismus, gesteigerte
Entzündung, und in deren Folge vertnöhrte
Schmerzen erzeugten. Diese Zufalle konnten
immer durch Abführmittel gehoben werden.
Wenn aber auch kein Meteorismus eintrat, äu-
fserlich gar keine Auftreibung zu fühlen war,
der Unterleib noch eingezogen blieb, so klag-
ten die Kranken doch sehr, als wenn ihnen der
'Magen und Bauch zu zerplatzen drohe.
Bei Urinverhaltungen wendete ich mit gro-
fs^m Nutzen das Linimentum dioreticum aus
Eigelb , Terpenthinöl und Pfeffermünzwässer an,
und liefs seine Wirkung durch Cataplasroen
und warme Dämpfe unterstützen. Auch habe
ich obigem Linimeut Laudanum liquid. S. bei-
gemischt. Den Katheter durfte ich nie anwen-
den, wie es anderwärts geschah.
Gegen den lästigen und immerwährenden
Singultus bewiesen sich spirituöse Mittel, Wein,
und selbst Laudanum hülfreich. — • Gegen die
Aphthen ynd den SpeichelfluCs lieüs ich Qait-
tenschleim mit Eibischsafb und Borax anwen-
den 9 und wenn sich die grobe Empfindlichkeit
etwas vennindert httte, Salbei -Abkochung mit
Milch in den Mund nehmen. Später ging ich
sur Tormentilla und endlich 2ur Ratanhia mit
Spiritus Cochlear. über. Um letztere Compo-
sition anwenden zu können, muÜBte die Em*«
pflndlichkeit sehr heruntergestiitomt seiu^ Kaltes
Wasser mit Milch wendete ich vielfältig an, es
leistet^ mir aber nirgends besondere Wirkung;
hingegen in Fällen , wo Entzündung mit Krampf
gepaart war, wo man Schwcirao bewirken wollte
und muffte y leistete, folgende Composition aus-
gezeichnete Dienste: Roc. Op. pur., Calomely Rad.
Ipecacuanhae ana gr. ß — gr. j , Sacchar. alb.
gr. X. m. f. pulv. D. S. Abends zu nehmen«
Neigt sich die Ruhr zum Nervösen y so kann man
noch Camphor hinzusetzen. Ich liofs Fiie-
derthee dazu trinken , und hatte öfters das Ver-
gnügen, die Krankheit schnell durch dies Mit-
tel abgeschnitten zu sehen. Ucbcrhaupt fand
ich an dem Caloracl und Opium eine zweck-
mälsige Verbindung.
Zu Hebung der sehr gesunkenen Lebens-
kräfte in der Reconvalescenz , gab ich mit aus-'
gezeichnetem Nutzen ein Infus. Rad. Calam.
aromat, oder Decoct. Caryophyll. mit Spiritus
Nitri dulc. und China.
Eines Umstandes mufs ich noch erwähnen,
daff nämlich mehrere Kranke Arzneien und Al-
les, was sie nahmen, erbrechen mufRten, wo-
durch sie einen solchen Widerwillen gegen alle
Medicamentc bekamen, dafs oft längere Zeit
mit diesen ausgesetzt werden muliste, bis die
Patienten selbst durch Zunahme der Krankheit
wieder hiefür bestimmt wurden. Ich suchte
diesem Uebelstande durch die Potio River, mit
Exiract. Tarax. und Tinct. Rhei zu begegnen^
— M —
denn diese Mixtur wird nicht nor hSdist Seite
erbrochen, sondern bebt meistens das Erbrc
ehen gastrischer Veranlassung, wo es besteht
aber auch diese wurde ausgebrochen wie di
Luftpulver, und konnte auch nicht in allen Foi
men und Stadien angewendet werden. Ichbc
gnügte mich daher Ueber, ein Paar Tage m
diätetischen Haus-- und äuüsem Bütteln, un
iqh hatte öfters den Gewinn, später wieder dd
Nehmen der Arzneien QiögUch zu machen.
4. lieber die Ursachen der KrankheU und
ihre ContagiositäU
Das Entstehen der Krankheit durfte seine
Grund haben in dem damaligen Genius epidc
nücus, gegeben durch siderische, tellurische un
atmosphärische Einflüsse, fortgepflanzt und od
terhaltcn durch grofse Hitze und Trockenhei
Jahreszeit und Temperatur -Wechsel, begän
stigt durch, in Beziehung auf die groCse Hitz«
unzweckmäfsige Diät, wodurch die Mensche
sich für die Ansteckung empfanglicher machtet
Auch im Jahre 1811 kamen a^bnliche Rühre
vor, offenbar unter denselben begünstiffende
Verhältnissen. Es wurde zwar vielfaltig be
tiauptet, diese Seuche rühre vom Obstgenuss«
besonders dem unmäüsigen und dem des unrei-
fen Obstes her; es mögen einzelne Fälle de
Art vorgekommen sein, allein bei weitem di
Mehrzahl der Erkrankten in unserer Gegen<
hatte gar kein Obst genossen.
Die ersten ErkrankungsfäHe wurden offen
bar durch miasmatische Einflüsse bedingt, in
Verlaufe der Krankheit aber entwickelte sid
das Contagium, welches dann die Krankhei
verbreitete und so eme Epidemie bildete. ^'
— w —
I
CoDtap[iotitlt8->BiitwiokeIinig war offeniMt be-
rftnfüget doroh Umeinliolikeit ^ Aflh&iifliiiff von
Exeramenten nit eiffenthämliohem abtcnenli»
diem Geraeh, und doroh das Zusammenwolh-
neu der MenBchen in engen, mit diesen Ans*
dfinstnngen gesebwftngerten, mitunter verschlos-
senen Loealit&ten. Dieser Erfolg durfte gar
nicht befremden, wenn man sah, wie in man«
chem Hause schwache Kranke den ^nsen
Tag ihre Excremente ins Bett, oder insmOe»
flUb gehen liefiien, das mit denselben dengan-
«en Tag gefüllt im Zimmer blieb. Krankheits-
anf&Ue durch Ekel erzeugt beweisen nur^ dafb
der Körper Bur Aufnahme der Krankheit ge-
schickt war, oder Empfänglichkeit hatte, und
können hier nichts entscheiden. Personen, die
keine Reeeptivität fär die Krankheit hatten^^ er^
hielten sich längere Zeit selbst im Umgang mit
Kranken gesund, bei längerer Dauer der Krank-
heit aber wurde diese endlich erzeugt, und sie
unterlagen doch der Ansteckung.
Für die Contagiosität sprachen: dafs die
Krankheit einmal in einem Hause eingekehrt,
meistens den Durchgang durch alle Familien-
glieder hielt, freilich, verschieden in Formund
Charakter nach der Individualität etc. Auffal-
lend war, um nur ein Beispiel anzuführen, daüi
B&mmtliche ^Bewohner eines Hauses, sieben an
der Zahl , von dieser Krankheit in gröbter Hef-
tigkeit befrdlen wurden, ohne dau vorher im
Orte selbst eine Spur von Ruhr war, nachdem
eine Tochter des Hauses, von einem andern
Orte her mit dieser Krankheit in sehr hohem
Grade ins Haus gebracht wurde, welche Per^
son schon lange vorher an einer, wenn ich so
sagen darf, Dysenteria neglecta, eigentlich ner-
vosa, litt Es dauerte indessen lange, bis Alle
«^ 96 —
Ang^tfiCkt waren, und es schien, dab die Em«-
pi%ngliehke|( einzelner FamjUienglieder, oder das
jContagium sich nur nach und nach gebildet
hatte, durch die oben berührten Potenzen und
atmosphärischen Umänderungen.
Insbesondere zeigte sich die Contagiosit&t
bei längerer Dauer der Krankheit und ihrer gröfs-
ten Intensität, der Dysenteria nervosa; begün-
stigt wurde sie, wie bemerkt, durch enges Bei-
sammenwohpen und Unreinlichkeit. Erkrankte
in einem engen Lokal eine Person in höherem
Grade , so durfte man der Ansteckung und Wei*
terverbreitung gewifs sein.
In geringen Graden war sie bei weitem
weniger ansteckend, als in höheren, heftigern
und bösartigen, z.B. nach rapiden Fällen, oder
der nervösen Dysenterie. So starben, in Folge
der Höhe des Uebels in einigen Häusern die
ersten Kranken, und schnell erkrankten in den-
selben Häusern zwei, drei bis vier Personen.
Der Grad der Krankheit bei den durch An-
steckung Erkrankten war meistens sehr ver-
schieden, wahrscheinlich nach dem Grade der
Perceptivität; mithin pflanzte sich die Krank-
heit nicht nach demselben Grade fort: öfters
bekamen von sehr heftig Erkrankten Ange^
steckte die Krankheit nur im geringen Grade.
Im Rückblick auf das im letzten Kapitel
Abgehandelte erliefs ich folgende Belehrungen
über das Verhalten der Leute während jener
Zeit
1) Das beste Mittel, sich gegen die Krank*
heit zu schützen, ist Entfernung aller Furcht
und Angst, und die Ueberzeugung, dafs man
nicht angesteckt werde, wenn mau keine Em-
pfänglichkeit habe, die aber durch Furcht und
Angst ve/mehrt oder erzeugt wird.
— w —
f) Reinlielikeiti und besondere fleiOrigef
Bnifeinen der Ezcremente. Man hüte sich auch
vor mmSthigem ZuetnmieDdr&Dgeii in engen
Wohnun£en.
3) neinigun£ der Luft durch Lofleroeoe*
mng, Oeffiien der Fenster, Besprengen der Zinn
mer mit Essig , Rftucherung mit Wachholder^
beeren.
4) Man sorge für warme Bekleidung, be«
sondere des Unterleibs^ ein sorgßütiges Bedek-
ken des KSrpere und Schlieben der Fenster
wfthrend der Nacht.
6) Han hfite sich; sich auf die Erde sa
legen, oder gar auf dereelben zu schlafen.
6) Man vermeide bu kühlende Di&t, den
Gennb von isu viel, oder nicht gehörig reifem
Obste, Most, Gurken etc.
V) Man trinke nach grofser Erhitsung ja
mcht la schnell kalte Getrftnke.
8) Man trinke kein weiüies, kein saures
und wenig breunes Bier, lieber Wasser, Wein
und Wasser 9 oder Wein.
9) Beim ereten Anfalle nehme man Flie-
der-, PfeffermüDz - oder Zimmtthee, schwarfeon
Kaffee, mache warme Ueberechlftge über den
Baudi, suche sich warm zu erhalten, und et-,
was Ausdunstung zu erzielen.
10) Höchst gewagt und geeignet, die||;röf)ite
Lebensgefifthr zu erzeugen , vSt sowohl die Me-
thode, zu der Kranke öftere ihre Zuflucht neh-
men, Kirschgeist in enormen Quaatit&ten zu
trinken, als auch nachDuret saure, gestandene
ICIch zu nebmen.
JoBni.XCIII.B.8t.l. 6
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Alte». ifn4 Neuea aus der Praxis.
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1 <
k9ieit Beim JFahren ohngefähr hat mich der Qer
brauch des Calömel hi entzünjdKdien Kraplchd-
te.ti)"'2unial in Hepatitis , . Metritis, PeritohitiSy
PneniDonie etc., nicht nur nie gereut, solidem
mir überdieüs ein fi^st untrügliches . prognosti-
sches Zeichen yers(^ii,frt — die.Sidivation; wo
diese eifttritty geneset der Kranke. wohl imm^^
Sei'^s, dab die Salivätion al^ Crisis, oder als
nkthder bedenklicher, in günstigeres Terrain ffe-
spi^lter Metaschematisintis betrachtet woraM
wolle, als ein prognostisches l^egesselobea
darf sie antlcipirt werden.
'• lltil Vergnügen ' begegnete ich einer Um^
licb^ Ansicht in dem gehaltvollen An&atz von;
Dr; Anielung (Journal d. prakt Heilk. Bd XCL
St 4. S.78).
Das LeonAard^'sche Mittel gegen Scabies
(Schie&pulver mit Kochsalz in Fruchtbrannt-
wein aufgeltet) kann ich nur loben. Mit allem
Erfolg habe ich es in mehr als hundert FUlen
angewandt Durch Zweierlei empfiehlt es sich
heSondetB, 1) riecht es nicht nach Schwefel,
und t) enthält es doch Schwefel. In den Au-
J^en des genuinen Mannes degradirt der Schwe«
elgerudi das ärstliche Mittel , weil er sich mit
Schwefel auch allein kuriron kann; und dann
ist dadurch der Patient gleich als r&udig vcp-
rufen. Um jedoch.*aufrichtig zu sein j mufs ich
gesteben, Recidive kamen mir häufig vor; auch
habe ich innerhalb acht Tage keinen mit je-
nem Mittel kuriren können. Um es porfanter
zu machen, habe ich meist zu zehn bis fünf-
zehn Gran Merc. praecip. alb. zugemischt, und
dann keine Rückfälle bemerkt. Ohagofahr eine
Stunde nach dem Einreiben, weim Alles getrock-
net, lieft ich mit einer sehr gesättigton Auflösung
vonSapo viridis, die schwarzen Hände etc. abwa^
sehen. Die Krätze gehört zu den verbroitot-
sten Krankheiten, und eher könnte man mit
einem Neueren fast die ganze Welt far pso-
risoh, als mit Sanchez die halbe dt venerisch
erklären.
Das Verfhhten Bieft, das ich im Hdpital
St. Louis in t^aris geraume Zeit beobachtete,
richtet sieh in Beziehung auf Hautausschläge
vorzugsweise nach deni pathologischen Cha-
rakter der Haut; benicksichtigt mehr die Lc-
bensthätigkeit des Bodens, als das Exanthem
selbst. Ob die Haut trocken oder feucht, ent-
zündet oder welk, beschäftigte und bestimmte
ihü mehr, als die Aetiologie sogar, oder die
Complication mit anderen Leiden. Ort, Form
und Farbe werden zwar Behufs der Benennung
G«
_ 100 —
des Uebels berücksichtigt ^ und Biet wie. Ans-
bert verfuhren dabei selbst minutiös. Ihre Be-
handlung aber nahm von diesen Distinctionea
unü Classificationen, zu welchen die Btrf*8chen
SUe 80 schöne und vielfältige Belege aufwei-
sen, kaum Notiz. Aloepillen, Cremor Tartari,
Cataplasmenvon Chamillen, Dampfbäder, Jod-
Schwefel'- Quecksilbersalbe, Malvendecoct^ Ci-
euta, Saponaria, Calamuswein, waren im Ge-
brauch ; nicht minder Klystiere. Ueberhaupt ge-
braucht man in Frankreich Umschläge, Bäder,
Halbbäder und Klystiere häufiger, als bei uns. —
Wassersuchten, die sich nicht blofis auf
das Zellgewebe beschränken , oder auf die Ex-
tremitäten, werden schwerlich radical geheilt;
ohne Drastica zwischendurch noch seltener ab
ohne Diuretica. Anfanger in der Praxis dfirften
dies besonders beherzigen.
Ebenso dieFufsgeschwure; auch diese wei-
chen selten, ohne auf Abführungen. Gegen
hartnäckige Anasarca, auch Ascites selbst, Fol-
gen unterdrückter Transpiration und der He-
patitis, hat mir öfters die Mischung von Massa
pill. pukg. mit Terpenthin ana in Pillen von
zwei Gran , achtzehn Stück im Tag gereicht,
schnell und vorzuglich gedient. Es ge^t Öfters
am ersten Tage schon der Urin zu einem bis
zwei Schoppen ab, und mit deutlichem Veil-
chengeruch. Leucophlegmatischen schien die-
ses am besten zu bekommen. Sopor bei be-
deutendem Hydrops zeigt den baldigen Tod am
— 101 —
In ifaeomatischenOtalgien, wenn nicht Me-
tasiuen der Menses , oder anderweitige conge--
0tive Affectionen des Gehörganges, Syringi-
tis etc. voranssQsetzen sind, der Gehör ^[ang und
die Concha nicht roth, noch bleanorrfaoisch sind,
wirkt Eintropfelang vom Ol. Cajeput, worin ei«
nige Grane Kampher gelöst wurden, auf Baum-
wolle ins Ohr gebracht, bisweilen Erstaunliches.
Der Schmerz vergeht oft binnen einer Viertel- '
Stande. Ohngefaihr in acht Fällen habe ich
dies gefunden; freilich wenig, um eine Erfah-
rung aus diesen Beobachtungen zu abstrahiren,
immerhin aber genug, um Andere zu gleicher
Beobachtung einzuladen.
Opiumrauchen ä la Chinoise , war dem gro-
ben Kanzler Baco schon bekannt. (Historia vit.
et mort. operat. sup. spirit 33.)
Auch wufste er vou dem oft schnellen Tode,
der nach Entleörungen des Ascites durch die
Operation der Paracentese folgt. (Atriol.mort.l3.)
Welches ist wohl die acerriroa aqua , dio
laut Bacoj aus dem 'Bienenhonig bereitet, Me-
talle auflöst? (Hist. vit. et mort. sup. succ. 82.)
Einige Worte wären wohl noch dem lehr-
reichen Aufsätze über Ablactations- Krankhei-
ten, von Dr. Hirsch in Königsberg (Journal d.
prakt Heilk. Bd.XC. 4. St.) beizufügen, theils um
ihn zu bestätigen , theils um das dortige weiter
fortzuspinnen. Vor Allem werden wohl die mei*
sten Aerzte nicht minder als ich dies bestäti-
gen, dafs Durchfälle, wie die dort berührten,
und welche Rush Cholera infantum, nennt, fast
— iOSt ~
immer bei schnell entwöhnten Kindern^ oder 8oI-
ehen, die gar keine Muttermilch erhielten ,. und
kn Monat Augast am häufigsten ^ und auch mit
ongöttstigeren Folgen als in anderen Monaten
vorzukommen pflegen. In manchen Jahren star^
ben daran selbst £e Mehrzahl der Kinder, die
ich in Behandlung hatte, so im Jahr 1834. Die
damaligen Cholerine- Kranken verloren zuerst
den Appetit, einige Stuhlgänge, dünner als ge--
wöhnlich, stellten sich ein, die Fieberbewe-
gungen sind noch unmerklich, der Puls 90 bis
100 in der Minute ; die Kinder werden etwas
blafi», die Lippen furchen sich leicht; der Blick
zeigt sich öfters starr, geht aber bald wieder
in die gewöhnliche Art des Ausdrucks über;
der Schlaf ist unruhig. So dauerte es oft, na-
mentlich bei Kindern, in 'der Zahnperiode selbst
Wochen durch. Bald aber wurden sie nun dur-
stig, scheuten die Speisen, die Stühle sehen wie
gehackte Eier oder wässerig gelb aus. Die Bett-
decke wird ungern getragen , ohne dafs der Leib
gespannt oder beim Zufälen schmerzhaft wäre.
Die Nase der Kinder ist bald trocken, bald
auch feucht, um die Nasenflügel aber scharf
gezeichnet und von weifslicher Nuance. Die
Augen fixiren sich länger und öfter, die Wan-
gen werden blafs und kühl, nehmen aber beim
Berühren auf Augenblicke einen röthlichen An-
flug. Auch die Ohren fahlen sich kühl an ; oft
schrr^atzen die Kinder und ziehen den Mund
queer, schlafen selten mit ganz geschlossenen
Augen (ein gewöhnliches Zeichen bei schwe-
ruren Krankheiten der Kinder). Die Gliedma-
fsen welken, und nun stellt sich auch Erbre-
chen ein; das auf ungern geschluckte Arzneien,
vor Allem aber und am beständigsten auf den
Genufs von Milch folgt. Die Kinder werden
— 108 —
BtiUy ihr Lachen und ihr Weinen dauert kurßy
sie sind wie in Gedanken, zupfen mit den Häur
den, was sie bekommen*, werden schläfriger
ohne Beschwerden der Respiration, trinken
hastig und legen sich wieder hastig, dabei flie^
hen sie weder das Licht, noch zeigen sie Kopfi*
schmerz; die Zunge war bei diesem Durchfall
und in diesem Jahre meist blals, nur hie und da
und hinten weifs belegt. Eine Eigenthümlicb-
keit des Zungenbeleges war eine Menge holl-
krystallinischer Frieselblaschen. Das Brechen
tritt würgend ein, halt an, macht die Kleinen
FOth im Gesicht, und dann sehr matt Es ent-
leeren - sich geronnene Speisen , oft zäher Far
denschleim; der Puls ISP bis 130, etwas. voU,
die Haut fanctionirt wenig, der Mund öffnet
sich im Schlaf, die Zunge zuckt, die Äugen
mit einigen leicht röthlichen Aederchen darin,
rollen weh unter die oberu Deckel, die Augen-
lieder werden violett, um die Thr&nenkarunkel
scharf markirt und weils. Die Stuhlentleerunp-
gen sind wie Mehlbrei, und gehen bei jedem
Husten und Erbrechen stofeweise ab. Der Purst
vermehrt sich, die Unthätigkeit der Haut bleibt;
nun treten die nervösen Erscheinungen mehr
auf. Die Gesichtsmuskeln zucken, die Kinder
lassen den Kopf zurückfallen, ohngefahr wie
beim Hydrocephalus , die Augen drehen sich im
Kopfe herum, und nach oben über die Augen
zieht ein Unschlittglanz, über die Lippen Llla-
iarbe; die Zunge bleich, feucht, zur Seite auch
gelblich belegt, bewegt sich selten, und so wird
auch beim Husten nur noch geschluckt Er-
brechen, und Durchfall mindern sich und enden,
die Gliedmafsen folgen dem Gesetz der Schwere,
Schlafsucht tritt ein und endet die Scene ge-
räuschlos. So war die damalige CholeriM der
— 104 —
Kinder, die Zeit her aber selten mehr ganz so
und so gefahrlich. Auf Brechmittel anfanglich
und dannTonica, sah ich einigen Erfolg. Wenn
die oft ffrünen, oft serösen ^^ oft eiergehackten
DurchfaUe, aber nicht mit jedem Anfalle, und
wie ruckweise die Kinder herunterbringen, die
Augen nicht gleich einsinken, weder spitziges
Naschen, noch matte Stimme da ist, so laXist
itic herwarten, dals es ein gutartiger Durchfall,
durch Klee- oder Räbenfutter, überhaupt gräne
Fätterung der Kühe veranlaist, sei, dafis ent-
weder das Zahngeschäft oder aber der Mangel
an Müttermilch diese Secretion einleitete; 'na-
mentUch wenn sich noch Erbrechen dazu ge-
sellt, verbiete ich far^s Erste die Milch« Am
allerwenigsten vertragen die Kinder dies Ge-
tränk. Dafür verordne ich Gummiwasser oder
Thee von Spec. pro Infant. Sodann Reismehl-
brei (Arrow -root- Brei erregt mehr Durehfidl,
als dalis er ihn mindert). Innerlich lasse ich ein
Decoct von Rad. Columbo mit Saiep, Tinct
Rhei und einigen Tropfen Laudanum, stündlich
geben, und entweder Chamillensäckchen über
den ganzen Leib binden, oder ein breites wol-
lenes Tuch fest über ihn herwickeln. (Dieses
Einwickeln lasse ich auch Erwachsene vorneh-
men und bei jedem Durchfall.)
Bei Complication mit Erbrechen lege ich
oft ein Tacamahakpflaster mit Ol. Nucistae ver-
setzt auf die Herzgrube. So mindert sich der
DurchfaU bald, und wenn er auch gegen vierzehn
Tage dauert, so l&üst er sich doch hierdutdi
beseitigen.
Eine andere Art aber hat mit der oben
beschriebenen Cholerine vom Jahre 1834 weit
_ 105 —
grSDMiü AehoHdikeit, ist sdmeD, mit BndiS-
pfiuig mid AbBa^iuiig Yerbiuden, seigt. aber
■msteiui eine heiilse und hochroihe Zunge, wie
der TyphuB miidoiiL Der DurchAül ist bald geH»,
gtSny brano, weils^ kommt seehs bis sehn und
mehreranale im Tage, aber last blols bei Ent-
wöhnten und als F'orläufer von Tabes mesa^
raica, bald gleich anfaoglich mit Convubionen,
stets mit schnell verändertem, sdmell altern-
dem Gesidite vor, und zu jeder Jahresseit.
BBer kann ich mit voller und vollster Uebeneo-
gnng empfehlen : — ein weinigtes Chamiitenbadf
ein bis dreimal im Tage genommen; innerlieh
dabm das Colombodecoct mit Tinct Ferr. mn-
riat nebst einigen Tropfen Laudanum, je nach
Umstindmi auch mit weinigter Rhabarbertinctor.
Desgleichen verordnete ich bisweilen Klystiere
von Stärkemehl. Vor Gummi hat man sich in
wddien Fällen bei Kindern sehr zu hüten, bei
gsaa kleinen durchaus. Dupuytren (Lebens ora-
les de Clinique Chirurg. Tom. I. pag. 167) machte
sdion aufmerksam, wie sehr vom Rectum aus
der Mohnsaft wirke, und Convulsionen so wie
ErsticküBgszufalle können auf solche Klystiere
leicht bei Kindern ^folgen. Die Morphine ist für
kleine Kinder noch viel mehr untersagt. Das
angegebene Chamillenbad aber scheint mir
das Vorzüglichste zu leisten. Während näm-
lich die Durchfalle wie gefärbtes Wasser vor-
her durch die Windeln liefen, oder als eine
kleine Lache in einer Falle sich sammelten,
werden sie im Bad, oder bald nach dem Bad,
in soweit anders , als in dem gleichförmig dün-
nen Excremente sich einige Streifchen, ohn-
£efähr wie eine leichte, grüne oder gelblichte
Oelfarbe, auf die Windel niederschlagen, fest-
ee^n und darauf haften. Nun mindern sich dlQ
— 106 —
Stuhlgänge 9 das Ceratartige darin mehrt «ich,
das Ganze wird bald wie ein, an Farbe und
Cousistenz noch etwas ungleiches Sälbdben^
und der Urin geht nun in gröfserer Menge ab, und
ohne, wie vorher, stark gefärbte Ringe im WeUs-
zeuge liervorzubringen. Sobald dies geschehen^
ist der Patient der grojsten Gefahr enthöben
und auf dem Wege der Heilung. Dieaes Ver-
fahren an meinem eigenen Kinde zuerst zwei-
mal mit.Glüek durchgeführt, hat mich seit drei
Jahren kaum je im Stiche gelassen. ,
Wie oben berührt wurde,, ist dieser Durch-
fall, der mit Abdominal typhus viel AehnUches
hat, gern der Vorläufer einer, ich möchte sa-
gen acuten, wo nicht secundären Atrophia mc-
saraica. So hat auch Barkhausen die lieber-
gange der Enteritis und Gastromalacie und
Scropheln in einander aufgefafst, und vor hun-
dert Jahren schon Fr. Hoff mann diese. Durch-
fälle als die Vorläufer der Atrophie geschildert,
wie er auch vor Autenrieth schon Eisensalze,
namentlich das schwefelsaure Eisen dagegen
anwandte {Hoffmanns Abhandlung von den vor-
nehmsten Kinderkrankheiten« S. 110 — 180). In
diesem Falle, und gleichfalls meist bei schnell
entwöhnten Kindern, entsteht die Atrophie
schnell, in zwölf bis zwanzig Tagen ist sie
entwickelt, fast wie ein Product typhöser Uu-
terleibsentzündung sich gestaltend. So tritt sie
aber dann etwas anders als gewöhnlich auf.
Nämlich zuerst geht entzündliches Fieber und
der angegebene Durchfall ihr voran; wendet
sich dieser zum Guten, so wechselt er einen
Tag um den andern , mit Verstopfung und kit-
tigen Kothbröckcheu. Die Zunge, die während
des Durchfalls schon dunkelroth gefärbt woTj
bleibt es^ wird sogar oft aphthös, die Kinder
— 1«7 —
aber, moK noch meht drei Monate aiij seitai
unter sechs Wschen nach der Gebort (neiiies
Wissens nie vorherX vertieren den Appetit gleidk
anfangs y sdilafen mit beweglicheD , selten gum
g^edkten Angiprehi, schreien leicht, besoo-
ders bei Berahrung, und die Abmageiung des
ganzen Kdrpers, das bestandige Aatsiehen der
fiütigen Beinchen au die breit niid dickgeschw^
leneo Bauche, ist viel schneller auffallend, als
bei der gewöhnlichen Atrophie. In dieser tra-
ten die meisten Erscheinungen stiller und lang^
samer auf, seltener bei Kindern unter einem
Jahr, welche dann meistens, gern und viei,
besonders Mehlspeisen, essen ^ einen trocknen,
fensterkitt- oder hundekothartigen Stuhlgang
mit Mühe von sich drücken, und deren hecti»
softes Fieber, gegen Ende der Krankheit, sich
mehr und mehr ausbildet Gegen beide Atro-
phien lasse ich stets Ung. Rorismarin. comp,
unc. dimid., Ung. Cicutae drachm. ij, Kali hy^
drojodin. drachm. dimid. — j. M. D. S. Zwei bis
dreimal täglich über den ganzen Bauch einrei-
ben, bis ein Frieselexanthem auf rother Flache
sich zeigt. Nun mindere ich die Einreibung
und lasse hie und da ein Chamillenbad geben.
Innerlich, besonders gesen die erstere Varietät,
die acute, gebe ich Kheum in Tinctur, bald
etwas Columbo, mit fortwährendem Zusatz von
Tinct Ferri muriat, als Getränk EichelkaflPee,
Eigelb mit Fleischbrühe. Die Eicheln zum Ka^
fee aber müssen zuerst stark abgebrüht, und
diese Brühe weggeschüttet werden, sonst ma-
chen sie Durchfall. Einige Tage nach dem Ge^
brauche färbt sich der Stuhlgang , von weils-
frau in graubraun, und wird sogar, je nach
er Menge des Eisensalzes, öfters selbst wie
Dinte gefärbt. Zugleich nimmt die Schleimhf
_ 108 _
der Zange, und ihre Fortsetzung nach inwen-
dig an Uirer dunkeln Röthe ab, und wird, je
länger'das Eisensalz gebraucht wird, desto blas-
iser. Diese Wirkung 'dieses Eisensalzes auf
die Schleimhaut des Darms, wie der Luftwege
bietet, nameptlich bei Phthisikem, viel Interes-
santes dar; doch davon an einem andern Orte.
Dalis die Leber besonders als die grölste Bauch-
drfise, so wie die übrigen Drüsen des Unter-'
leibs, Nieren-, Darm- und Mesenterialdrüsen,
ingleiichem die Schleimbälge des Magens und
des Dai^es an dieser , ursprünglich wohl scro-
phulös -"^entzündlichen Krankheit des Darmkana-
les tiefgehenden Antheil nimmt, kann sowohl
änlserlich durch Gefühl, als an der Gesichts-
farbe erkannt werden. Das Speciellere hier^
über überlasse ich, aus Mangel an dgeoen
Sectionen, Anderen zu sagen. Bei der ange-
führten Behandlung mufs man jedoch die Ge-
duld vor zwei bis drei Monaten nicht verlieren,
fleifsig Klystiere aus Seife geben, und frische
und warme Luft sind dabei nothwendig oder
doch förderlich. Wie oft mit dieser Krankheit,
vor- oder rückwärts, sich Gastromalacie zu-
sammenfand, wie oft namentlich die angeführ-
ten Durchfalle, auf eine solche zurückgeführt
werden möchten, ob wirklich Gastromalacie eine
häufige und unangefochtene Existenz anzuspre-
chen habe, lasse ich auf sich beruhen. Hat
doch der zu seiner Zeit berühmte JVeikard den
Hydrocephalus wie die Brustbräune rund weg-
geläugnet (S. Medicinische Fragmente und Er-
innerungen. S. 113) und fViohmann das Wurm-
fieber und den Wurmschleim, so wie die Deif-
titio difBcilis, „den pathologischen Roman'', wie
er sie nennt (Ideen zur Diagnostik. Bd..II. S. Sl
— 109 ^
B), aus der Diagnostik
B.
lei einer einzigen Section, vor sieben Jah-
and ich im Fondus ventnculi einen Eiem»
I Grad von Erweiehnng und Verdfinnung,
Pyloms aber ftust ganz verschlossen und
verknorpelt. Les extremit^s se touchent
— lio ~
■ » m ■ '» ■ I ^ < »■■iP*P*w^i^i^WBiPMMMiPMMi^WWBP"i'<i^»*^
l J ' • • • 4 . »
K u rze Nachrichten
and
. A a s z ü g e.
1.
Die herrtcAende Krait^^eitocon«fif»fion in inefi«
(Briefliche Mittheilung. Fortsetzung.)
Wien, den 11. Aogast 1841«
Ueber die im letzlyerflosBenen halben Jahre yom Jaoaar
\a% Bnde Jani d. J. hier herrschend gewesene Wittemogs-'
. nnd Krankheits-Constitotion kann ich Ihnen folgende Br-
gebnisse mittheilen. MitStorm und nngewöhnliä mildem
netter begann das Jahr 1841, dieses wechselte nach eini-
gen Tagen, die Kalte stieg am 9ten bis — 10® R«, lieft
jedoch bald nach, von trübem, mildem Regenwetter ver-
drängt» welchem gegen Bnde des Monats gleichförmige
jedoch nicht strenge Kalte ond anhaltende Schneefalle^ folg-
ten. Das Maximum des Thermo- und Barometera war
«f 10,40 R« am 18ten, 28,071, P.M. am^2sten, das Mini-^
mam war — 11,1<>R. am 228ten, 26,742 P.M. aita 4teii)
das Medinm war 0,89oR. 27,435 P.M. Der catarrbose
Lateral -Character, welcher im vorigen Monat begonBen
hatte, hielt sich anfangs aof gleicher Hohe, gegen Ende
des Monats erhielt der stationäre gastrisch - nervöse dai
— 111 —
tele l^afig CaCirriiftl- Fieber, «lie ontfr Derrofea Bncbet«
aangea oft so nimiKb »«ftmea. Mm maa da tcbweres
Erknakea bewrftc, «ihread sieh das Fieber ia weai^
Tagea bvacb. üaregelmäiisi^ Tertänfieber oiic paeamo-
nischea Zefiflea» riieunisdscbe Fieber mit f^ptscLem Ver-
lange, nad bei Kiadera hitzige Kopifieber kamen oft ror.
Der Abdominal -Typhos ward sekener beobachtet, und
entwici[dte sich meist onter eatarrbafiscfaea Rrsdieiaaagea,
die aodi im Veriaofe so Torvaketea. dals die Diagnose
mitoater sehr erschweit warde, wenn aieht die schmerz*
hafte Aaichwellnng der Milzgegend sie in mehreren Fal-
lea feststdlte. Im Gaazea war der Terlaof des TTphot
Im allgeaaeiaeB Krankenhaase gunstig. Doch hatte man
ancb da mit metastatischen Parotitiden meist anf der On-
ken Seite ^ mit Gesichtsrosen und Otonhoeen manchmal
zn kämpfen. Einzelne Falle begannen ab atjpSche Wechsel*
fieber. Eine seltene Complicatioa war die bis zur Apboaia
gesteigerte im Verlaufe hinzukommende Heiserkeit, in an-
deren Pillen entwiekdte sich wahrend des Verlaufe eine
tödtlidie Djseaterie, nad die Section wies dann nebst den
im Riickscfareiten begriffenen typhösen Infiltrationen, Ent«
znndnng des Dick- nnd des gröberen Tbeiles des Düna-
darms, nebst eiterig zerfliefsenden Lymph -Ablagerungen
in der Mdz nach. Der tjpböse Procefs bot aber heuer
dne Merkwurdigkdt dar^ die man bisher an ihm nicht
wahrgenommen hatte. Er verlief nämlich häufig durch
mehrere Stadien, ähnlich dem Tjpbus contagiosus der frfi-
heren Zdt, das Exantbema morbilliforme oft ganz deutlich
entwickelt darstellend, nnd mit einer früher nicht beobadi-
teten Ck>ntagiositat begabt In der Nähe Wiens > in dam
Dorfe Spitz herrschte dne solche Tjpbns - Epidemie mit
starker MortaÜtSt diesen Monat hindurch. Man ftind fn
solohen-^mien kdne Metamorphose im Darmkanale, son-
dern bloCi acute Blotentmisdiung in allen Tbdlen; ein
Umstand,' der den oft (erhobenen und noch nicht entschie-
denen Strdt Qber die Identität des Abdominal- Typhus
und des Typhus contagiosus wieder lebhaft anregte. Unter
den Entziindnngen waren Lungen - Entzündungen durch
ihre HSufigkeit und Milde (24 nn^er 172 ambulatorisch
behandelten kranken Kindern) und Anginen durch ihre
Seltenheit nnd MaHgnitSt ausgezeichnet« Wahrend erstem
meist catarrhalischer Art und leicht ohne grofsen Anlwan'^
der Antiphlogose xu heben waren, neigten letztere id
cor Bildung yon Pseudomembranen, ond sowohl die d
— 11t —
Luft- wie ancb die der Speisewege tödteten trotz aller ad«
gewandten Kunstbilfek Nebst den baofig yorgekommenen
Catarriien wollen auch einige Aerzte im Laufe dieses Mo«
nats schon Grippe- Fälle beobachtet haben ^ bei Kindern
hatten die Hostenanfalle meist etwas Spastisches^ and die
dagegen gerichteten Mittel leisteten meist gute Dienste.
Unter den Ausschlägen waren echte Blattern häofig — mir
selbst sind im Janaar 6Fälleyorgekommen — Erysipelata^
Morbillen, and einzelne Fälle von Röthein worden Öfters
beobachtet) Aphthen im Mande^ am dön Aftei', mitBcthyma'
infantile war häofig, eben so häofig Furunkeln nnd bei
Kindern fast allgemein wunde Lippen« Von den Profla-
Tien beobachtete man sehr oft Kpistaxis, profuse Menstraa-
tiort und Diarrhöen. Unter den Neuralgieen ragten bei
Kindern asthmatische Zufalle, bei Erwachs^en Sdiwiadel^
iotermittirende Prosopalgie und periodische Schmerzen in
anderen Theilen hervor. Mehrere Fälle von Hydrophobie
bei Hunden wurden ruchbar. Aufiallend war die groise
Menge Siechender aller Art, welche im Laufe dieses Mo-
nats Hilfe suchten, unter denen wie gewöhnlich Drosen-
scropheln bei Kindern, und Lungentuberculose bei Er-
wachsenen die Mehrzahl bildeten. *
Der Februar brachte viel Schnee^ strenge anhakende
Kälte bis zum 17ten, von da an Thauwetter mit Schnee-
gestÖber wechselnd. Das Maximum des Thermo- aod
Barometers war «fö^lO^^R. am 19ten, 27^878 P.M. am
Isten, das Minimum war — 13,00*^ R. am 4ten nnd 27^065
am 27sten, das Medium war — 2,60^R. und 27>10P.M.
^ie unabhängig Weltseuchen, und die von ihnen ausge-
benden Scbattirungen aller Krankheiten, als welche sich
der stationäre Genius darstellt, von der Wittemng »ud,
erwies sich wieder im Laufe dieses Monats, dena trotf
4er anhaltenden Kälte hatten wir kdne phlegnoaösea»
sondern catarrhös-rheumatbcbe Formen, und mehr aoge->
nannte nervöse Fieber als im vorigen Monate. Das reinera.
Hervortreten des gastrisch-nervösen Characters erwies lidi
aus dem Umstände, dafs nach den Tabellen des allgemel*
nen Krankenhauses beinahe jeder vierte Kranke am' Ty-
phus litt, dafs nervöse Symptome die meisten Fieber be-
gleiteten, und dafs sich in einem anderen entfemtena
Orte, nämlich in Brock a. d. Mur, eine bedeutende Typhös -
Epidemie entwickelte. Ueberall bemerkte man aufiallend die
Exanthem -Bildung^ und zugleich den Umstand, dafs dte
mit ^canthem verlaufenden Typhus -Fälle regelmälsigtf
und günstiger sich gestalteten denn jene, bei welchen da»-
* 113 —
Mfta niclit zom Vorsehein kam« Entere waren »och nicht
Mlten TOD to heftigen Brastaffectionen begleitet, da(s mehr-
Mlige AderUkSBe mit gutem Krfolg gemacht werden kenn«
en. R«n entzündliche (phlegmonöse) Formen waren
;n>lse Seltenhdten^ dagegen catarrhös- rheumatische nn-
(enein banfig« Diese beiden begannen mit Schnupfen,
([opfwehy Mattigkeit^ reifsenden Schmerzen in den Glie->
lan, dabei heftiges Fieber, oft Delirien, oft pneumonische
Sofille. Alle diese Fieber yerliefen schleppend mit lan-
;ea Nach weben , welche sich besonders in gestörter Di*
;estion anlserten. Im Publicum nannte man diese Fieber
irippe, doch waren sie bei weitem nicht so allgemein
efbreite^ wie dieses bei Grippe -Bpidemieen der Fall ist.
lachst diesen Fiebern herrschten Diarrhöen oft mit wast-
igen, oft mit biliösen Abgängen, meist mit ■ colikartigen
Leibschmerzen yerbunden. Unter den Entzündungen wik-
en Bfonohial- Leiden (Bronchitis, Bronchiopneomonie)
aofig, sie hatten stets eine gastrische Complication, bei
jodero oft mit Soor begleitet. Es kamen im Ambola-
irio nnter 170 Kindern 26 Pneumonieen und Bronchio*
nenmonieen Yor. Auch Entzündungen der serösen Haute,
amentlich Pleuritis, Peritonitis und Gelenkentzündungen
amen zahlreich Yor. Im Ganzen entschieden sich die
CntBondnogen nicht durch solenne Criien, es sprach sich
aehr Neigung zur Sepsis aus, und man mulste deshalb
üt den ßlutentziehungen vorsichtiger sein. Trotz den
äafig vorkommenden Gelenkrheumatismen blieben Herz
nd Pericardium von Metastasen freier als. in frühern Mo-
aten« -* Unter den Exanthemen bemerkte man viele jedoch
sichte Scharlachfalle, Rothladf, Urticaria, einzelne Falle
OB Röthein, nnd andere flüchtige Hautausschläge von un-^
«stimmbarer Form. Variolae verae blieben wie iita vori-
;ea Monate herrschend, hatten Neigung zu Metastasen,
«sonders zu Driisengeschwülsten, namentlich der Parotiden.
Ss bestätigte sich vielfältig, dafs Form nnd Heftigkeit der
^ooken vom Erfolg der Impfung bestimmt werden, denn
«i 13 Individuen, wovon 9 keine, 4 undeutliche Impfnar-
«B hatten , traten sie in ihrer bösartigsten Gestalt auf,
Id anderen dagegen, wo deutliche Spuren der Vaccination
u sehen waren, erschien das Varioloid in gutartiger milder
^orm. Von Ekrisen war Bluthusten sehr häufig, blutige
!zcretionen aus dem Mastdarm, Metrorrhagien und Epi-
taxis .nicht selten. Plötzliche Todesfälle in Folge von
poplexie bei Alten und Convulsionen bei Kindern kamen
iafig vor.
Joura. XCUI. B; St. 1. II
— 114 «
Untef den chroniscben Krankheiten bebtnpteteii i
Gicht and giohtische Knochensobmerzeo den obertten
diesen zunächst die Tnbercnlosen nnd Hydropet« Ti
tisdie Verletzungen der Gelenke in Folge des Falk
den mit Eis bedeckten Strafen waren häufig« De
Inngsprocefs ging träge Yon Statten y und es zeig!
bei allen Verwandangen offenbare Neigung dei^ orgai
Masse zur Golliqnation« Der yorherrscbende typhös
racter äofserte sich du roh mehrere tödtlicbe Falle y(
trophlegbymenitis septica, obgleich im Ganzen der Q«
beitszastand unter den Wöchnerinnen nicht nngunsti
Bin interessanter Fall Yon Heiserkeit bei einer Sohl
ren ist mir im Ambnlatorio yorgekommen. Dies«
in mittleren Jahren ,wird zwei Monate Tor ihrer Bntbl
jedesmal heiser^ welcherZustand sich bald bis zur A
steigert) allen Mitteln trotzt nnd nach derEntblndn
selbst Yersch windet. Zwei traurige Fälle yon'Hydi
bie bei Menschen wurden im Laufe dieses Monats hu
unter den Hunden kam diese Krankheit aber öfters
Die Witterung im März war im Ganzen raub| !
Regen in Strömen wechselte mit Sonnenschein, ad
wirkte schnelles Zerfliefsen der im yprigen Monate
häuften Schnee- und Eismassen. Das Maximal
Baro- und Thermom'eters war 28,156 P*M. am Uta
,-f 12,700 R. am 238ten, das Minimum war 27,101
am 3ten, and — 5,30^ R. am Isten, das Medium^
sich auf 27,616 P.M. und -(-4,49^R. Standhaft befaa
sich derselbe Cbaracter der Krankheiten auch in i
Monate, woduroD alle intercurrirenden Krankheitei
nervösen Symptomen begleite erschienen. Der Li
Character blieb auch ziemlich derselbe, doch neigte \
was ^ehr zum inflammatorischen. Unter den Fiebei
ren gastrisch-nervöse die häufigsten« Man madite dl
merknng, dafs wenn sich^ bei ihnen im Beginne dei
TÖsen Stadiums das sogenannte Typhos -Exantheoi
and reichlich entwickelte, die Krankheit schnell and
stig verlief, entwickelte sich das Fieber in der Reei
lescenz von andern acuten Leiden, dann war der ¥<
schleppend, und oft bösartig;. Der Reizvertrag war in
sem Monate bei den Typhuskrmnken auffallend gering
schon auf schwache Stimulantia erfolgten blutige 91
Im allgemeinen Krankeahanse sind mehre FjUle von B
Perforation nnd von Oedema Bpiglottidis in Folg«
Geschwüren am Kehlkopfe an den Typhös -Leichen
befanden worden. Die vorgekommenen Entzündongen
_ 115 —
icbieden lidi Betten darch lucoleote Crisen^ doch waren
geaoioe Pbtogosen des Langenparencbjo» mehr aasge-
aprocben and erforderten kräftige Blatentziebangen und
grolia Gaben von Brechweinitein erwiesen sieb meiit aebr
SaUaam. So bebandelte ein College eine Fraa, die zum 17ten
Male aohwanger war, nnd wahrend der Schwangenchaft Ton
eioer ao heftigen Pneumonie befiülen wurde, dafa er 8 Ader«
liaae machen mufate nnd zwar mit dem besten Erfolge«
Daa Blut bildete jedesmal eine Kntzundongsbaut* Bei Kin-
dern- waren die Pnenmonieen häufig, 40 unter 263 Ambo-
lanten, meist in Form von BronGhopneumonie, und ver-*
tragen ebenfalla die Aderlässe sehr gut In der Mitte
Bwlaehen diesen zwei Kranlsheitsformen — dem Typhus
■imlieh ood der Pneumonie — ragte ein Heer gastrisch*
caterrböaer nnd catarrhös- rheumatischer Leiden berror,
die nadi Verschiedenheit der Individualität bald ?on der
einen bald von der andern mehr zu participiren schien.
Die kidte fenchte Luft begünstigte sehr die Entwicklung
der im Torigen Monate bereits ?orgekommenen Grippe-
Formen, welche nicht selten sehr stürmisch auftraten^ nnd
wenn der Patient durch zu frühes Ausgeben sich eine Re*
cidira ansog, schwere Folgen nach sich zog. Diese Ca»
laivhe hatten oft einen nerrösen Anstrich, waren manch-
. aud mk einem allgemeinem Haoterythem begleitet, der Hu-
•ton hatte meist etwas Spastisches, war sehr hartnäckig und
anhaltend. Dabei Leiden in allen fibrösen Gebilden, Mus«
kelscbmerzen^ groOie Abgescblagenbeit. Nicht selten war
anob der Fall, dafs dieses Catarrhalfieber ganz leicht
auftrat^ nnd plötzlich im Verlaufe irgend ein gelishnrolles
Sjmptom entwickelte. Dies beobachtete ich namentlich
cü bei Kindern, wo asthmatische Zufälle, cyanotische Pa-
rozysmen, ConTulsionen und drohende Lungen -Apoplexie
im Verhiufe torkamen, trotz dem, dafs die Krankheit an-
aebeinend sehr gelinde anfangs aufgetreten war. Diese
MnÜgnitat beobachtete ich namentlich in der zweiten Hälfte
dea Monats, wo die Epidemie schon sehr im Abnehmen
war nnd Ton den allgemein werdenden Diarrhoen Yer*
dringt zu werden schien. Ueberbaupt bat die Epidemie
nie jenen Grad der allgemeinen Ausbreitung erreicht, weK
ober frühem Grippe -Epidemieen eigenthümlich war. Un-
ter den Torgekommenen Entzündungen yerdient auch die
BronobitiB einen Platz, sie kam häufig als Bronchitis con-
Tiilai?n vor, öfters Ton Asthma begleitet. Und nicht selten
so aturmiscb auftretend, dafs eine Venaeaection gemacht
H S
- 116 —
werden mafste; anter 253 Ambalanten sind mir 19 Falle
dieser Art Yorgekommen. Rbeamat'rscbe Afifectionen wa-
ren nicbt Selten^ besonders Plearitis mit grofser Neigang
zar Bxsadatbildangy auob die Anginen waren zur Bildang
Von Apbtben und Pseudomembranen sebr geneigt^ . und
tödteten of). Unter den gastriscben Krankbeitsformen wa-
ren gastrisobe Fieber mit biliöser Complication^ Apbtben^
Stomacace und Ascariden bei Kindern, Diarrhoen and Dys-
pepsieen sehr häufig^ tbeils selbstständig, theils die Beglei-
ter anderer Krankheiten. Hydrocepbalas war selten, 7 un-
ter 253 Ambulanten und meist in der Form von Menin-
gitis. Die Diarrhöen, ?orzügÜcb unter dem Militair herr-
schend, arteten mitunter in Dysenterieen aus, anoh einige
Cbolera-tälle worden beobachtet. Doch kam es im Gan-
zen selten zo einem erschöpfenden blutigen Durchfall,
und zur Entwicklung eines Abdominaltyphus aus diesen
Diarrhöen. Unter den Exanthemen behaupteten Masern
von gutartigem Verlaufe den obersten Rang, Scharlach
and Rotblauf waren etwas seltener, Blattern noch ziemlich
häufig. Qnter letzteren verdient der Fall einer 35jäbri-
gen Frau erwähnt zu werden, die in ihrem 2ten Lebens-
jahre mit Kuhpocken geimpft, wovon die Narben deutlich
zu sehen waren« Im 4ten Jahre wurde sie von echten
Blattern befallen, und von dem seligen Dr. Gölis beban«
delt. In diesem Monate bekam sie wieder die Variola
Vera der genuinsten Art^ woran ich und mein Assistent
sie bebandelten. — Nebst diesen essentiellen Exanthe-
men kamen auch andere zufallige häutig vor, namentlich
Urticaria, Miliarien und Erytheme verschiedener Art. Aach
Rubeolae wurden wieder mehremale beobachtet Vier aus-
gesprochene Fälle von Peliosis rheumatica^ wovon 2. ins
Kinderspital aufgenommen, alle aber gebeilt wurden, ver-
dienen hier noch erwähnt zu werden. Die chroniscbes
Leiden waren meist durch entzündliche Verscblimmeron-
gen aufgeregt Am ärgsten war dies bei Brustkrankes
der Fall, wo nicht selten pnenmoniscbe und pleuritische
Zufalle ohne alle Veranlassung auftraten. Die Scrofolou
war ebenfalls mit erethischen Zufällen begleitet and kam
in Unzahl zur ärztlichen Behandlung. Unter den KiibeB
herrschte in einem Orte der Umgebung Milzbrand. IHa
Hundswuth erregt noch immer ihres häufigeren Vorkom-
mens wegen gerechte BesorgniOs. Die Sterblichkeit war
im Durchschnitt wie I zu 8 und stand mit der grofaea
Zahl von Brkrankangen, so wie mit dem waltenden tj^
— 117 —
|ihofCB Geain ob'I des Tiden fbroandica Ladca tbt«
in kciam MiiswfailiiiiMe.
(FortseCzaBf folgt)
t.
Peritonitis rkeumatic
ViiijfeikeUt
Dr. A, Clemen«,
%m Frtmkfwrt «. If.
Fiaolein F.... groOi, tUrk, wohlgewacbten, einige
20 Jahre alt^ blond, ?on weifkem Teint, sanguinischem
Tempenunente und lymphatischer Constitution hatte schon
öfters nn Koliken, Koipfindlichkeit des Unterleibs, Unregcl-
mäfsigkeiten im Stuhlgange , bald an Verstopfung , bald
an Diarrhöe gelitten. Am 13. Januar 1837 besuchte sie
einen Ball, tanzte Tiel, mufste aber beim Nachhau»efahien
lange auf ihren Wagen warten, der nicht gleich vorfahren
konnte, und klagte auf dem Wege nach Hause über Kälte
und Ziehen in den FQfsen. Am 15. trat ein drückender
Kopfschmerz ein^ doch ging sie Abends, sich zu zerstreuen
in Gesellschaft. Nach Hause gekommen hatten sich zwar
die Kopfschmerzen verloren, doch trieb sie ein Gefühl von
Mattigkeit und innerem Mifsbchagen früh zu Bette. Kaum
lag sie in demselben, so trat ein heftiger Schüttelfrost mit
penetranten Leibschmerzen ein. Ks wurde nun von die-
ser Zeit an und in den nächsten Tagen alles Zweckdien-
liche verordnet, Klystiere, warme Ueberschläge, Bäder, ölige
Emulsionen, Blotigel auf den Leib, Calomel mit: Opium
wurden bis zum 21. Januar angewendet.' Oeffnung er-
folgte zwar, doch blieb sich das Fieber gleich, der Leib
war gedunsen ond schmerzhaft, die Nächte ohne Schlaf,
Durst grofs, Zunge beifs und trocken. Am ganzen Kör-
per zeigte sich ein frieselartiger Aussclilag. Am leUtefr
Tage Nachmittags ward ich zur ConiultAtloB •olfr'
— 118 —
leb fand die Kranke seit dem vorigen Tage ohne Oeffnoi
den Unterleib gespannt^ aufgetrieben , bei der Berübni
schmerzhaft; Gefiibl von Yollheit in den HypQchondri
beim tiefen Athemholen Drock and Stiche daselbit. 1
Leibschmerzen traten noch zuweilen, wiewohl im mindi
Grade^ ein. Besonders quälte aber ein Krampf im Ur
lassen. Puls 116. Haut feucht. Urin trübe und molkig ol
Sediment, Kopf frei, Blick hell. Ich rietb zu einer }
naeseotion von 8 ^nzen. Alle 2 Stunden 1 Efislöffel Ole
Ridni abwechselnd mit gr. i. Calomel.
22. Januar 1837. Morgens 9 Uhr. Die Nacht ^
unruhig. Oeftere Leibschmerzen unterbrachen den Seh
Auf drei EfslÖfiel Oleum Ricini und 2 gr. Calomel ^a
seit gestern Abend vier Stühle erfolgt, der erste faculc
die drei andern flüssig. Der Puls war auf 90 berabj
stimmt. Das Sensorium frei. Der Leib in den Hypocbi
drien zwar nicht mehr so ausgedehnt, aber über der Scha
beinfuge und nach dem rechten 0?arium bin gespannt i
schmerzhaft. Das gestern Abend aus der Ader gelassi
Blut zeigte eine leichte Entzündungshaut und yiel Seri
Es werden 30 Blutigel an die schmerzhafte Stelle des \
terleibs gesetzt, das Calomel weggelassen und alle St
den 1 E&Iöffel Ricinusöl gereicht.
Abends 5 Uhr finden wir Patientin ruhiger. I
weich und voll. Oeffnung war noch dreimal erfolgt.
Haut feucht. Der Unterleib zwar weich, doch in der<
gend des rechten Ovariums immer noch schmerzhaft
der Berührung. Krampf im Urinlassen noch zugeg
Wir lassen um 6 Uhr noch einen Efslöffel Ricinusöl i
Abends ^ gr. Opium mit i gr^ Ipecacuanha reichen.
23. Januar 1837. Morgens 9 Uhr. Patientin hatte
was geschlafen^ und wiederum einigemal Oeffnung geh;
Die Haut war feucht. Der Puls 90. Krampf beim Ui
lassen noch zugegen. Der Leib war über dem Nabel
in den Hypochondrien eingefallen und weich. Ueber
Symphyse aber noch etwas gespannt und scbmerzfa
Beim tiefen Hineinfühlen bemerkt man deutlich den F
dos uteri etwas angeschwollen und schmerzhaft. Gescbw
und Schmerz erstrecken sich rechts und links und sol
lien sich den Ovarien mitzutheilen. Ich diagnosticirte
noch immer entzündliches Ergriffensein des Peritonei
in dieser Gegend und rieth , um rein topisch dnzowir
und ohne sich durch den noch vorhandenen Krampf b
Uriniren irren zu lassen, ein breites und langes Yesio
dum «uf die schmerzhajte Stelle zu legen. Innerlich i
%.
— 119 —
ae Bi—liio papaTerina von ünciv. mit Drachm. iij Tar-
lari ntriolsti ood üoc. {• Syr. emolslvi, stundlich zu
1 Btsloffel verordnet Abends wird das Do versehe Pulver
fortgenommen.
AhendM 5 Vhr, Das Yesicatoritmi hatte zwar gewirkt,
doch nach unierer Ansicht nicht beträchtlich genug. Wir
fiefren es daher noch bis 9 Chr liegen. Der Leibschmerz
war ganz gewichen. Stühle wären noch zwei erfolgt.
24. Janoar 1837. Die Nacht war mhig nnd sdimerz-
lot. Der Leib ist welch. Die Arznei wird fortgenommen.
Das Vesicatoriom offen erhalten. ^
26. Januar 1837. Ruhiger Schlaf die ganze Nacht
Undorcb. Leib dorchaos frei und schmerzlos* Puls noirmat.
lYotz der Grölse des eiternden Blasenpflasters haben sich
& Schmerzen im Urinlassen verloren. Der Harn ist co-
ß'os and strohgelb. Die Oeffnung weich, zweimal im Tage.
ie Kranke bleibt ohne Arznei. Bios das Vesicatorium wird
bis tnm 28. offen erhalten, an welchem Tage wir die Ge-
•eaene verlassen.
3.
VAer die Wyhuig de$ Olewn Copawae aeüiereum.
Vom
Dr. F. S. Wolffshfim,
praktischem Arzte u» Braunschweig.
Bei einer nicht nnbedeutenden, sogenannten galanten»
Praxis habe ich vielfach Gelegenbeit gehabt, mich von der
beilsameo Wirkung dieses von DManc zuerst empfohlenen
Arzneimittels bei Medorrboe und Fluor albus benignus
IB uberzeogen, daher ich nicht verfehle, meine Beobacb-
lasgen darüber dem ärztlichen Publice mitzutheilen.
Wir erbalten dieses Mittel durch mehrmalige Destilla-
tion des Balsamos Copaivae^ wobei ein bedeutenHer Rück-
•taad eines zähen grünlichen Harzes zurückbleibt. Das
mk ber^tetete Ol. Copaiv. ist von weifser durchsichtiger
rarlie, gleicht im Gerüche dem gereinigten Terpentinöl,
— 180 —
hat Dicht den nnangenehmen harzigen Geschm»
Bi|Ia. CopaW., sondern scbmeokt etwas bitter aromä
Die von DübUinc angegebene Formel iit fo^
Rec Ol. copai?. aether. Aq. nientb. ana anc. tres. Oj
gran. nnam. Syr. de Tolo nncij. M. S. taglich 3 bii
löffel voll zn nehmen. — Doch ist hier die Doi
Ol. copaiv. offenbar zu stark, da ich schon nad
IJnze dieses Mittels anf vier Unzen eines schleimin
bikels üebelkeil, Leibschmerz and heftige DiarrhiM
entstehen sehen. Ich fange daher gewöhnlich mit drafl
in nnc. qaataor Emols. Amygd. an, wozn ich Tino
iimpl. gatt.xx. setze, lasse hiervon alle drei Stande!
Efslqffel voll nehmen and steige alsdann bis za eini
ben Unze, Bei veralteten Fällen gebe ich das OLC
in Yerbindang mit Piper Cubebar. in der schon]
von mir angegebenen Pilleoform. Nachdem ich «41
dorrhöe einige Tage antiphlogistisch behandelt habe^
ich zn diesem Mittel, and habe bei «meiner angej.
Anwendongskrt bis jetzt nie anangenebme ZofSUi
gen sehen. Selbst bei einem noch geringen Reizzi
, bei nicht za reizbaren Subjecten, wird dieses Mi<
gut vertragen. '<
Im Ganzen wirkt das Ol. Copaiv. kräftiger äj
Bals. Copaiv., hat, da es von dem Harze befreit ii '
die anangenehmen Neben wirkongen des Bals. Co|
Haot, Urinwerkzeage and Parmkanal, nnd heilt
dorrhöe, wenn keine Nebenzofälle eintreten, in eim
von vierzehn Tagen bis 3 Wochen gänzlich^ in m|
Fällen selbst noch früher. Die Angabe von Dvbl
diesem Mittel binnen 6 Tagen förmlich aasgebildeli
dorrhÖen gbheilt za haben, scheint mir sehr zweifd^
. Ö
■ ^ .1
•-!|
•(
— m —
Pro&fifcfce MtModUn und Lesefrückte aus der audän-»
dimihen LUeratur.
MitgeÜmlt
vom 1
Med.Raih Dr. Buae.
(FortietzQog.)
Lage des Herzens nufterhalb der Brusihähle, Beobaek^
itimgen über die Bewegungen und Geräusche des Herzens'^
vom Prot. Cruveilhier zu Paris. — Am 9ten Joli 1841
Mittag! 1 Ubr ward ein soost gesondes and lebentkrafdget
Madcben mit diesem höcbit merkwürdigen Orgaoisaüonsfebler
geboren* Dai Herz lag, obne Pericardium, ganz aofier-
balb dea Thorax, aai welchem es, durch eine kreisrunde,
im obem Tbeile des Sternams befindliche Oeifnang ber-
vorgedrongen war^ deren Ränder die sammtlicheo grolsen
Gefäfse des Herzens genaa -umschlossen. Es war blaii
▼on Farbe und trocken an seiner Oberflache. Versetzte
man das Rind in eine aufrechte Stellung , so sank das
Herz herab^ die Gefafse wurden hervorgezogen und mehr
sichtbar, die Contractionen nahmen zu und das Kind gab
durch heftiges Schreien Schmerz und Unbehagen zu ep-
kennen, beruhigte sich aber wieder, sobald man es auf den
Rücken legte. Berührung und selbst ein mäfsiges Drük-
ken des Herzens schien keine Sclimcrzen zu erregen.
Herr C. sah das Kind zuerst Abends 10 Uhr; es lebte bis
zum andern Morgen. Folgendes sind in nuce die Resul-
tate seiner Beobachtungen. Ausführlichem Bericht wird
später Herr Monod (Chirurg der Maisoo royale de Santö^
woselbst das Kind geboren wurde) erstatten. Zuerst von
den Bewegungen des Herzens, Die Contraction beider
Ventrikeln erfolgt zu gleicher Zeit, eben so die der bei-
den Herzohren. Ziehen jene sich zusammen, so erweitern
sich die VorhÖfe und das Blut dringt in die Arterien. Br-
weitern sich aber die Ventrikel, so erfolgt die Contraction
der Atrien und der Gefafse. Beide Bewegungen gesche-
hen in zwei Zeiten. (Ein Moment der Ruhe, wie maii||i6
Autoren haben annehmen wollen, findet nicht Statt od«'*
von einer Priorität der einen oder der andern Bewegui
~ ISS —
konnte nichts wahrgenommen werden.) Die Contraction
(Systole) der Ventrikeln dauert doppelt so lange als ibra
Erweiterung. Bei den Atrien dagegen geben zwei Zeit-
mafse auf die Dilatation und eins auf die Contraction.
IVäbrend der Systole der Ventrikel werden diese bleich,
ronzlicb und zusammengeschrumpft; ihre Zusammenue-
bong erfolgt ?on allen Seiten gleicbmäfsig und die Basis
des Herzens beschreibt dabei eine Spiralbewegung von
rechts nach links und von hinten nach vorn. Durch- diese
langsame, so zu sagen, gradweise fortschreitende Bewe-
gung wird die Basis des Herzens gegen die Wandungen
dfes Thorax gedrängt, ohne, dafs dabei eine eigentliche
Projection nach yorn Statt fände. Dadurch entsteht der
Sofseriich fühlbare Herzschlag. Die Diastole der Ventrikei
erfolgt in einem Moment plötzlich und mit solcher Ener-
gie, dafs, wenn man das Herz mit der geschlossenen Hand
nmfafst, diese mit einiger Vehemenz geöfinet wird. Sie ist
mit einer Projectionsbewegung des Herzens nach tmien
yerbunden und diese zeigte sich ean stärksten in der anl^
Techten Stellung des Kindes. — Eben so rasch erfolgt
die Erweiterung der Atrien ; ihre Dauer wird bestimmt
durch die Dauer der Zusammenziebung der Ventrikel, da^
gegen ihre Contraction eßen so kurz ist als die Diastole
der Kammern. Das rechte Herzohr wird durch die Er«
weiterung so gespannt, dafs es bei der Dönnheit seiner
Wände scheint, als ob es platzen sollte.
In. Betreff der Herzgeräusche , berichtet Herr CrwoeH-
hier Folgendes. Legt man das Ohr gegen das blofse Hers
öder auch gegen ein feines Leinentuch, womit man es be-
deckt hatte, so hört man zwar beide Herzgeräusche, aber
^el schwächer als man sie durch die Wandungen des Brust-
kastens vernehmen würde; letztere tragen also unbedingt snr
Verstärkung derselben und namentlich des ersten Herz^erao-
sches bedeutend bei* Das Geräusch wird hörbarer, je mehr
man mit dem Ohre von der Spitze des Herzens nach der
Basis aufsteigt und so umgekehrt. Der Sitz desselben kt
also in der Oasis zu soeben, r— Das Gefühl lehrt dar-
ober Folgendes: Legt man einen Finger aut den Ursprung
der Arteria jiulmonalis, welche bekanntlich der Anfang der
Aorta vollkommen bedeckt, so fühlt man sehr genau eine
vibrirende Reibung (Fr^missement vibratoire), welche im
Moment der Verengerung der Arterie (also während der
DIastoie des Ventrikels) am stärksten ist, dagegen viel
schwächer während der Dilatation der Gefafse und Contra-
ction der Ventrikel wahrgenommen wird. — Um Qefuhl mid ^
— its —
OMr ^flMaMgünd im Verein anzn wenden, settte Herr
C. üe 8pltie seinee aotgettrecktea Zeigefingers auf ^
Arterie ond legte danM dai Ohr wie gegen ein Stetbotcop
gege« die ente Pbalnnz des Index« So überzeugte er
ricA, daOi der Sitz hMer Herzgeriusche Migtidk an der
UraprongstteDe der Arteria )^ulmonalit and der Aorta ta
Neben sei ond da(s sie dnrcb ein ZuMmmcHicblagen (Cla-
qtlement) der Sygmoidalldappen bewirlit werden. Sonach
wSre dai erste Geraoscb (bei der Systole Tentriculorani
und Dyastole der Geßfse) Folge des AufHchtent der ge-
nannten Klappen ; das zweite jber (welches mit der Dia«
stole der Ventrikel and der Contraction der Arterien cor-
r0apondirt)Wirkang desWiderstandes der Klappen, die durob
^ rockflielsende Blat herabgedrfingt werden, welcher Mo-
ment darcb das Gefühl deutlich wahrgenommen werdet
kann. — An den Mitral- und Tricuspidal-VaUeln konnte
Herr C» weder durch das Ohr noch durch das Crefühil eine
Vibration entdecken. (Gazette m6d, de Paris. 1841. No. 32»
pag. 498, 09.)
Mercurial- Cachexie, — Gegen diese empfiehlt Herr
Mailiewrat, besonders wenn sie sehr heftig iit und lange
dauert, die Milchdiät Man soll den Kranken nur Milch-
speisen und Milch als Getränk geniefien laison. — SubU"
nuit wird ohne Verdauungsbeichwerden ertragen und leich-
ter absorbirt, wenn man bei seinem Gehrauch den Kranken
▼iel Milch trinken l&fit. (Journal des Conn. med. Chirurg*
April. 1841.)
Keuchhutien* — Dr. Hannay behauptet, kalte Waschun-
gen der Bruit mit dem grÖlsten Nutzen gegen Tnss. con-
Tuls. angewendet zu haben* Br nimmt dazu kaltes Was«
aer mit einem kleinen Zusatz Ton Essig, Alcohol oder Ead
de Cologne. Die Wascboftgen werden* 3 •*- 4 Mal tfiglioh
wifderholt und unmittelbar nachher der Kranke aorgfSltig
getrocknet. (Gazette m^d. 1841. p.528.)
Camphor^ dat uHchUgtte Mittel im ganzen Jrtidl
schätz, — Herr Raepail, in der litterarischen Welt dal;
— 184 — •
seine Natargescbicbte des Acaras scabiei hinreichend be
fcannt, hat in Paris eine Proclamation an das ärztlich
Poblicam erlassen (denn so mals man seinen Aufsatz be
zeichnen), worin er den Camphory wir mochten beinab
sagen als ein UniversdlmUtel preiset und die Aerzte za eine
eigenen, von ihm erfundenen Anwendungsart desselben aui
fordert. Die meisten Leser dieses Journals werden gewiJ
mit uns in mancher Behauptung des Hrn. Raspail ds
Spiel einer lebhaften Einbildungskraft erkennen, nichts de
Stoweniger glauben wir jedoch die Sache nicht ganz m
Stillschweigen übergeben zu dürfen^ und der besonnen
Praktiker wird das Goldkörnchen auch aus der Spreu hei
-vorzuziehen wissen. Da&l}ulletin g^neral de Tberapes
tique herausgegeben von Miguel^ welches den Aufsatz Rtu
paiVs enthält,' ist uns nicht zu Gesicht gekommen, wir enl
lehnen nachstehende Notiz aus einer brieflichen Mittheilun]
A. giebt seinen Fat. kleine Tabatieren mit doppe;
tem Boden. In der einen Abtheilong befindet sich fei
gepulverter Camphor zum Schnupfen ; in der andern kleii
Camphor-Cigarren. Letztere bestehen aus feinen, m
Stückchen Camphor angefüllten und mit Papierstöpselche
verschlossenen Federposen^ welche man in den Mund nimm
und kalt und trocken raucht^ wobei man den Speich
sorgfaltig verschluckt, so dafs das, was von dem Camph<
in Dunstgestalt in den Mund kommt, mit herabgescbluc
wird. Bine zweite, gleichzeitig anzuwendende Applic;
tionsmethode besteh^ darin: dafs man auf den leidende
Theil eine, mit Camphorspiritus benetzte Compresse leg
und diese wiederum mit einem dichten Ueberzug vc
Pergament, Blase oder Steifleinen bedeckt, wodurch di
Verdunsten des Mittels nach aufsen möglichst verhütet ur
der Theil in einer perpetuirlichen Camphoratmosphäi
erhalten wird.
Diese zwiefache Art, den Camphor einwirken zu lai
sen, soll nach Herrn A/s Behauptung in vielen oft schw(
heilbaren Krankheitszuständen, theils grofse Brleichterun,
theils wirkliche , vollständige Heilung und zwar in kurz«
Zeit und gleichsap auf eine magische Weise bewirkt bi
ben. So namenthch bei Husten, Schnupfen, Grippe, Brusi
katarrh und Asthma, — ja bei Keuchhusten und Croup! -
In diesen Krankheiten rühmt Herr R. vorzugsweise d:
Camphorcigarren , und der Kranke soll wo möglich d
iMift gar nicht anders als durch sie, also stets mit Canr
phor geschwängert, einathmen!
— 1S5 —
Dafii auch in der PhtLisit palmonum, wie Hr. A. gUobt^
dasselbe Verfahren von grobem Nutzen sein werde, mut-
aen wir freilieb bezweifeln und ein Gleiches gilt wohl toii
der Ton ihm gepriesenen Anwendung seiner Methode bei
gaatriscben Krankheiten, wie Vomiius matutinus (wo die
Campborcigarre ein wahres Diaeteticum und Prophylacti-
com sein soll), ferner bei Bnteritis, Febr. interm. und Ty-
phus, endlich bei allen Arten von Leber -^ Milz-, Nieren-
und Gebärmutter -Krankheiten, ja bei der Cholera and
dorn gelben Fieber! — Bei den letztgenannten Krank-
heiten soll man den ganzen Unterleib mit einer stets feudil
zo erhaltenden campborirten Compresse belegen und lt.
behauptet gesehen zu haben, dafii Wediselfieber durch daa
blofse Tragen eines auf die Magengegend gelegton Stück-
chens Camphor gehellt wurden. Im Allgemeinen empüehlt
er aber, besonders -bei liautkrankheiten, nie das Mittel
blofs Örtlich, sondern immer gleichzeitig auch innerlich
(durch (die Cigarren oder einen oamphorhaltigen Saft) ia
Anwendung zu bringen. Bei Kopfaffectionen Qnd nanient«
lieh beim Schwindel^ soll man den ganzen Kopf mit einer
camphorirten Compresse belegen und zugleich den Cam-
phor als ScbnupfpuWer in die Nase bringen; bei Gehör*
krankheiten Camphor im Ohre tragen, bei Augenübeln ihn
als Pulver einblasen und gegen Zahnschmerzen ein Stück-
chen in den cariöscn Zahn legen.
lieber künstliche Frühgeburt durch Seeale cornutum. —
In der Lond. möd. Gazette Septbr. 1838. erzählt Herr Pat^
terson einen Fall, wo wegen zu grofser Knge des Beokena
(nicht voll 3 Zoll Durchmesser) die künstliche Frühge-
burt, im 7. Monate, ohne Function der Kihäute nach An-
-wendung der Dilatatorien des Muttermundes blofs duicb
grofse Dosen des Mutterkorns bewirkt und ein lebendea
Kind zur Welt befördert wurde. Kr gab zucr«t : Kec. Sc-
calia cornuti pulv. Unc. /?; inf. Aqua fer?. unc, xxiv. ool.
add. Syr. spl. unc. i. S. Alle 3 Stunden 2 Unzen (Infus.
von 20 Granen pro dosi), dann nach 27 Stunden noch
Drachme j. auf 4 Unzen im Zeitraum von einer halben
Stunde und spater noch einmal eine solche Dosis. Ktwa
39 Stunden nach dem Beginnen dieser Behandlungsart
ward die Geburt vollendet. *
(Fortsetzung folgt.)
5.
Monatlicher Bericht
über
den Oeeundheilstuitand, Cfehurten und Todeefätte von Berlin»
Mhgetheilt
au$ den Akten der Hufeland, med, chvrwrg, OeeeUschaft.
Mit der dazu gehörigen Witterungs - TaheUe,
Monat Juli,
üeber die TVittornng Terwdsen wir auf die beigefügte TafeL
Es wurden geboren: 415 Knaben,
384 Mäddien,
799 Kinder.
Es starben: 137 männlichen,
' . '^ 114 weiblicben Geschlechts ober,
nnd 415 Kinder anter 10 Jahren.
666 Personen.
Mehr geboren 133. .
Im Juli des vorigen Jahres worden
geboren: 405 Knaben,
406 Mädchen,
811 Kinder.
Ks starben: 161 männlichen,
133 weiblicben Geschlechts Sber,
nnd 385 Kinder anter 10 Jahren.
679 Personen.
Mehr geboren 132,
.^ Im Verhältnifs zam Monat Juli ?or. J. worden im
^oli dieses Jahres 12 weniger geboren, nnd starben we«
liger 13 Personen« '
■MmIm dMiakttr te KiukbotM Jet hmiefcwai^
ihauMliubt Mfciifljthi AfMÜMM, larf Cmm.
.. BMb 4tm Kopf Md d«r BraM, dihw ■■Wwi
TboU dM Kiste HU dumik WockMlMtOT «w-
■r «nige bcote^tet. Yo« mbIm AouafcBcn
Mb TarieellM, HaMn, 8<tailMb, NMabTAck
«isMlMi ElUn, u dia PmAm «ufe Mmt ia
Sftttttlt Krmmthttttu.
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C. W. Hufeland'«
J o a r na 1
d*r
practiscben Heilkunde.
P«rt§68eCsC
TOM
Dn E. Osann,
K. Geb. Med. Ratb , ordenU. Proienor der Medlebi «i der
UniTenitlt ond der meil. chirorg. Acidemie IBr das Müitiir
%u Berlin, Director des K. PoUklin. lettitatiy Ritter des rothen
Adler -Ordeni dritter Klaue mit der Schleife und Bütgtteil
mehrerer gelehrten Getdlaehaften.
Doch f^rdn du Libem geldner Baum^
Göihi.
II. Stück. August
Berlin.
Gedruckt nod yeriegt bei G. Reimer.
** \
I.
Ein Beitrag
cor
eiehiehte der herrichenden
Krankheitsconstitntion.
Von
Dr. Bohrend,
IQ GreyifmBblen , in Mecklenburg -8ohw«rin.
w ie weithin in Deutschland erstreckt sich die
iränderung^ welche die Krankheiten in den
2ten fünfzehn Jahren erlitten haben — und
t eine solche Veränderung überall Statt me-
iden? Es sollte die Aufgabe Ärztlicher Jani^
Dher seiUy genauere Kunde von solchen Ver-
lerungen zu geben , als man wohl in ihnen
det von allen Seiten gelieferte Materialien
Irden so dazu beitragen, ein geschichtliches
»mUde zu entwerfen , das gleich wichtig (Br
I. Pathologie y wie für. die Therapie werden
ante. Die folgende Skizze macht nur darauf
•pruch, höchstens nnen Punkt in einsimsol-
m Gem&lde auszufallen.
A2
Als ich vor vierzehn Jahren am hiesi.
Orte meine practische Laufbahn begann , f
ich snr Winterzeit viele Longedentzündon
I vor^ die alle den energischen Eingriff einer st
' I antiphlogistischen Methode verlangten^ und gri
^ tentheils durch dieselbe glücklich geheilt iii
den. Der erste starke Aderlafs schaffite
.gleich Erleichterung in der Respiration und gr<
tentheils NachlaCs des Schmerzes oder des Dj
kes in der Brust. Die stärkere Wiederkehr <
. ser Symptome lud dann zur zweiten^ dril
vierten Veuaesection ein. — Allgemeine B
entziehnngen in Verbindung mit örtlichen ,
terstotzt durch die zweckmälsigen bekam
Antiphlogistica, bewirkten, man konnte
mit Sicherheit darauf rechnen, die Heilung
Seit der Zeit beobachte ich fast in i
Jahreszeiten die Pleuritis als stationäre Kn
heit, und behandle sie, belehrt und gewarnt di
treue Beobachtung, seit einer Reihe von «
ren auf ganz entgegengesetzte Weise di
die antigastrische Methode mit eben so g
stigem Erfolge, als in den ersten Jahren i
ner Praxis durch die antiphlogistische. Dei
ste Fall, in dem ich der sieggewohnten W
dem Aderlafs c. p. seine Lorbeeren entwni
sah, betraf einen Schuster, dem, als er im
cember 1830 von einer heiligen Pleuritis
fallen, trotz mehrmaliger Venaesection k
dauernde Erleichterung zu schaffen war^
^ bei dem sich keine Anzeigen einer Criais
stellten. Durch einzelne Umstände aufinerfc
gemacht, verordnete ich demselben unter än^
lieber Spannung ein Brechmittel ans Tart
emeticus mit so glänzendem Erfolge, dabi
erfolgten heftigen Ausleerungen die gH
Erleichterung und eine gluckliche Crisis
— 6 —
■
trat Sek dieser Zeit mehr und mehr die ga«
atriaohe Natur der Pleuresieen uud Pneumo«
nieen kenpen lernend, habe ich stets eine
dagegen gerichtete Methode, — - vorzugsweise
den Tartarus emeticus in ^rorscn, oft in kleinen
Gaben bei jenen Krankheitsformen, mit g&ns-
lioher Ausschlielsung des Aderlasses in' den
mthrsUn F&llen , — unter Berücksichtigung be«
sonderer individueller Verhaltnisse, mit Zusie-
hung eines leichten Aderlasses in einsolnen VU^
len angewendet, und bin bei solcher Behand-
lung 80 glücklich gewesen, als unter andern
Umstlnden bei wirklich echten Entsündungen
duroh die Anwendung eines ausgedehnten anti«
pbloffistischen Apparates. Drei F&llo , in denen
wiederholt ein starker Aderlafs in Verbindung
mit st&rkeren Antiphlogisticis angewendet wur«
de, — sind die einzigen Lungenentzündungen
seit mehreren Jahren , die ich einen tödtliohen
Ausgang nehmen sah. Der erste Fall betraf
einen kr&fligen Vierziger, der plötzlich nach
einer Erkältung bei scharfem Ostwinde von hef-
tigem Froste mit nachfolgender Hitze und Sei-
tenstechen befallen wurde, und der in Abwe«
senheit seines Hausarztes von mir eine Sal-
miakauflösung mit einigen Granen Tartar. eme-
tio. erhielt. Als indefs auf ein am nächsten
Morgen von seinem zurückgekehrten Arzte ge-
f ebenes Emeticum keine Erleichterung in dem
iankheitszustande erfolgt war, setzte dieser
sein Vertrauen in die antiphlogistische Heilart,
bei der indefii der Fat. am ' siebenten Tage, wo
ich ihn wieder besuchte, starb. — Der zweit«
FiJl ereignete sich bei einer sechszigjährigen,
kr&ftigen , durch ihre Lebensweise aufscrordent-
lich abgehärteten Frau. Diese war vor mehp*
reren Jahren von einer Leberentzüudung durch
starke Blutentziehungen glucldioh geheilt, Kit
jetzt an einer weit verbreiteten Bruetentzändimgy
und die äberaus kräftige Constitution bei faSt
gänadichem Mangel gastrischer Krankheitsaei»
chen schien mir bei genauer Erwägung des
ganzen Krankheitszustandes Blutentziehungen
und die stärkere antiphlogistische Methode so
nothwendig zu machen, dafs ich von meinen
bisherigen Erfahrungen aber die gastrische Na-
tur der Lungenentzündungen absehend^ jenen
Mitteln mein Vertrauen zu schenken für unum-
gänglich hielt. Die Kranke starb indeÜBi ani
sechsten Tage, — Den dritten Fall erlebte idi
im Januar 1840. Ein kräftiger, korpulenter
Sechsziger, ein Mann, der bei nahrhafter Kost
nie bedeutend erkrankt war, wurde plötdidi
von einer heftigen Lungenentzündung beftülon^
und ich fand mich, abgesehen von der robusten
Constitution, durch den Auswurf einer nidit
unbeträchtlichen Menge reinen, hellrothen Blu-
tes zu einem starken Eingriff durch Blutentzie-
hungen berechtigt. — Schon nach wenigen Ta-
gen machte eine Lungenlähmung dem Leben
ein Ende* — Aeholiche Behandlung wie die
Pneumonieen und Pleuresieen erforderten seil
Umgerer Zeit die entzündlichen Krankheiti^Sur*
men in andern Organen. Augenentzündon-
gen anscheinend entzündliche Affectionen des
Gehirnes, so wie der Unterleibseingeweide
und ihrer Ueberzüge, die häufig vorkommen-
den Gesichtsrosen und Pseudoerysipeln fan-
den in der gastrischen Methode, als der Fun-
damentalbehandlung, ihre Heilung.
Die evidente gastrische Natur dieser ent-
zündlichen Krankheiten wurde bei uns durck
den Eintritt einer Krankheit bezeichnet, die
— 7 —
wUirend einer langen Reihe von Jahren in hie-
siger Gegend nicht mehr gekannt war, diiroh
den Eintritt des Wechaetflebers. Im Jahre 161 1,
nachdem schon hin und wieder sur gtöüien
Freude (bald sum Ueberdrulb!) jängerer Aeraste
dnMbe Weehselfleber erschienen , fiberraschte
die grobe Menge dieser KrankheitsflUle die in
diesem wie in dem n&chsten Jahre als Epide-
mie auftraten. Seit dieser Zeit erscheint^ wenn
gleich nur in oinseluea FUlen, diese Krankheit
sporadisch als deutlichc^^ Intermittens fbrtw&h-
fend, und durch eine Menge anderer Krank-
heiten sieht sich als Grundcharakter die Inter-
mittens 9 in dem poriodischen Typus der Krank-
heitssymptome und in der sicheren Ileilbariceit
durch China die wesentlichsten Kennneichen
tragend. Wird diese Natur verkannt, so
entstehen Ueborg&ngo in bteo Gallen- und
^ervenSeber, — die verschiedenartigsten For-
men periodischer fleberhaflcr und fieberloser
Krankheiten treten oft Jahre lang in einem und
demselben Körper bei allmählig sunehmender
Schw&che bis sum hectischeu Fieber und sur
Tabes fortschreitend, auf — dagegen werden
durch zeitiges und kräftiges Einffreiren durch
Clüna die mehrsten dieser Krankheiten in ih-
rem Auftreten unterdrückt, abgekärst, in vie-
len Fillen durch fhiha&eitige und reichliche An-
wendung jenes Mittels in ihrer Heiligkeit ge-
mildert. Viele Jahre hindurch bin ich durch
Erfahrung am Krankenbette su dieser Heil-
maxime gelangt; es ist mir namentlich gelun-
gen, in vielen Fällen die Ausbildung wahrer
Nervenfieber , deren Symptome sich nur 2U deut^
Kch einstellten , verhindern zu können. Andere
Aente von dieser Ansicht zu fiberzeugen | habe
— 8 —
ich in mancher Consuitation vergeblich ver*
sacht, bis ich doch endlich die Freude gehabt
habe, durch das Urtheil des Hm, Geh. Medi-
dnal-Haths Sachse y der diese besondere Na-
tur der Krankheiten schon seit Jahren beobadi-
tet hat, aber die Wahrheit meiner Elrfahnmgen
ein günstiges Zeugnilis zu vernehmen.
Unter acwei Formen hauptsachlich habe ich
Krankheitszustände dieser Art beobachtet Es
zeigt sich nämlich einmal das leiseste Rudi-
ment einer wirklichen Intermittens, es sind von
den bekannten Symptomen die allerleisesten An-
deutungen; der Frost ist so unbedeutend leise
voräber gehend, die Hitze so gering, derSchweifis,
der gar oft gänzlich fehlt, ist so partiell, viel-
leicht nur in den Handflächen, vor der Stirn,
an denFuiSsen erscheinend, da& selbst bei vier-
zehnt&giger Dauer und bei schon bedeutender
Abnahme der Kräfte, aufmerksame Kranke eine
Menge Klagen auffuhren und kaum eine An-
deutung von dem Vorhandensein eines Fieber-
zustandes geben , ja selten gelingt es dem Arzte,
etwas Anderes, als eine leichte Gänsehaut, spä-
terhin einen ausgedehnteren und scl^leUeren
Puls, ein etwas verstärktes Pulsiren der Tem-
poralarterien im Vergleich zu dem Stadium der
Intermission zu fahlen. — Oder zweitens, es
zeigt sich in ziemlich bestimmten Perioden wie-
derkehrend ein einziges Krankheitssymptom, eme
Febris larvata mit nachfolgender deutlich freier
Zeit. Fast nie fehlt indels bei beiden Zustän^
den die Unna lateritia, die indeib in dem er-
sten Falle bei den anomalen, CryptointermitF-
tenten keine entschiedene diagnostische Widn
tigkeit hat, da die mehrsten mit ihnen zugleich
vorkommenden gastrischen, catarrhalischen, rheu»
— 9 —
Mtischen Fieber sehr hkuflg denselben Urin
Beigen.
I. HfimUohe Intermitttntes.
Die nachstehenden Fälle, zum Theil der
jfingsten Zeit entnommen, bieten vielleicht nichts
Neues dar. Und doch bleibt für den practischen
ArsBt in einer Zeit der schneidendsten Coutraste
in der Medicin, die Wahrheit, sollte sie noch
so ^alt sein und Manchem noch so allt&glich er^
scheinen, wichtiger als so manches blendende
Neue!
Im Monat Juli dos letzten Sommers er^
krankte auf einem Gute , in welchem vor neun
Jahren ein Nervenßeber in ziemlich grolser Aus-
breitung geherrscht hatte und wo seit der Zeit
in einzelnen Jahren sporadische FUle dieser
Krankheit , vorkamen , die Tochter des Besitzers
gleich nach ihrer Hückkehr von einer sechs-
wöehentlichen Heise, während deren die junge
Dame mancherlei Gomüthsoindrucko gohi^bt
hatte, — nach mehrtftffigcu Kopfschmersen,
die sie durch kalte B&der in der nahe ge«
legenen Ostsee zu vertreiben gesucht hatte,
mft starkem Froste und nachfolgender Hitze.
Als ich am folgenden Morgen die Patientin
besuchte, vormochte sie nur noch mit der gröfs-
ten Anstrengung das Bett zu verlassen. Der
sehr eingenommene Kopf, die stark belegte brauu-
i^elbe Zunge, die n Gesichtsfarbe, die Boschaf-
önheit der Präcordien, bestimmten mich so-
gleich zur^ Anwendung eines kräftigen Breche
mittels I das eine grofse Menge gallichter Stoffe
entleerte, anscheinend zwar mit grolser E**
terung der Kranken, ohne jedoch verhör
können, daüi ein gastrisch nervöses Fk
grofser Unruhe, Schlaflosigkeit, Zuokii
— 10 —
\
I
Händen und Füfsen^ Unbesinnlichkeit mitDelirieii
sich ausbildete. Auffallend war es, daüs mit Aus-
nahme des heiüsen Unterleibes die trockne, nie sehr
warme Haut des Körpers in den Morgenstunden
fast kahl war, und dals dann die. schmutzig blasse
Gesichtsfarbe, während dieselbe in denNachmitp*
tagsstunden sehr roth war, so wie die ruhigere
Lage, eine gröfsere Besinnlichkeit und nicht
so beschleunigte Respiration eine so deutliche
Remission äes Fiebers andeuteten, dalis ich cur
Anwendung der China geschritten wäre, hatte
ich nicht befürchtet, den Eintritt einer günsti-
gen Crisis dadurch zu stören. Am vierzehnten
Tage stellte sich nach starker Exacerbation «des
Fiebers eine vollständige Crisis durch Scbweifii
und Frieselausschlag ein. Die Patientin trat in
das Stadium convalescentiae, bei dem Nachmit-
tags kleine Fieberbewegungen sich fortsetzten.
Am einundzwanzigsten Tage erfolgte ein An-
fall einer genuinen Intermittens mit Schüttel-
frost, Hitze, Schweifs, dessen Wiederkehr durch
starke Gaben Chinin verhütet ward. Wie ich
bei der eigenthümlichen Art der geschilderten
Remissionen im Laufe der Krankheit vermuthet,
der Ausgang der Krankheit zeigte, dals eine
Intermittens den Grundcharakter der Krankheit
gebildet habe. Bald hatte ich Gelegenheit, die
Wahrheit meiner Ansicht zu erproben.
Das Dienstmädchen nämlich, das gröfeten-
theils die Wartung der Kranken übernommen
hatte, erlitt an drei Nachmittagen hintereinan-
der einen sehr gelinden Frost, unbedeutende
Hitze, und nur in den Händen etwas Schweilk
Die ganze Procedur dauerte etwa nur zwei Stun-
den. Wiewohl die Fieberanfälle so wenig be-
deutend waren, dals das kräftige Mädchen nicht
einmal das Bett deshalb suchte, so fühlte es
- 11 —
iieh dodi scboii naeh diesen drei Tagen eo an«»
Ikeroidendidi angegriffen, der Appetit versehwand
so g&nzlieh, und der Schlaf war so unruhige
dnreb Ingstliche Träume gestört , dais die Kranke
ftratUche Hälfe wünschte. Ein starkes Emeti-
eum nnd die rasche Anwendung grofser Gaben
Chinin waren nwar nicht mehr im Stande , den
Ausbruch der Krankheit eu hemmen, aber diese
vermochten doch su bewirken, dafs die Krank-
heit, deren Symptome die Idcntit&t mit der Krank*
heil der Tochter vollkommen nachwiesen, so
gelinde verlief, dais das nervöse Stadium nur
gans leicht näancirt war, und ohne heftige
ZofiUle auch ohne deutliche Crisis nach vier-
sehn Tagen sich allmählig verlor. Hier hatte
das Chinin, ohne die Ausbildung der Krankheit
verhöten su köonen, den Charakter derselben
gfinstiff verändert und den Verlauf gefahrlos
gemacht.
Gunstiger noch und schlagender war die
Wirkung der China im dritten Fall. Der Herr
des Hauses, ein kräftiger Mann im Ausgang;
der Vierziger, empfand am Sl. August nacn
mehrtägigem Unwohlsein und greiser Abge«
spanntheit gegen Abend ein leichtes Frösteln,
in der schlaflosen Nacht Hitze und sehr unbe-
deutenden Schweifs. Am 88. Morgens erhielt
der allen Erscheinungen nach ganz fieberfreie
Kranke ein Emeticum, und als sich am Nachir
mittags aber noch leiser, fast unmerklich, dio
Zeichen der anomalen intermittcns wie am
Sestrigen Tage eingestellt hatten, sogleich
as Chinin in kräftigen Gaben und so in dei|
.nächsten Tagen bei stark belegter Zunge die
China und das Chinin mit fluchtigen Mitteln
unausgesetzt mit dem Erfolge, daSs der in so
wenigen Tagen auf beunruhigende Weise ^^\^
— 12 —
kräfteto Kranke, dessen schmutzig gelbe Ge-
sichtsfarbe in Verbindung mit Appetitlosigkeit,
Eingenommenheit des Kopfes, Schwindel, ei-
nem unruhigen durch ängstliche Träume gestör-
ten Schlaf, und durch partiellen und nur immer
einige Secunden anhaltenden Subsultus tendi-
num — wie die Tochter, die zuerst erkrankte,
während des Verlaufes der Krankheit in höhe-
rem Grade nur anhaltend hatte — also bei so
vielen Symptomep, welche die Ausbildung ei-
ner Febris nervosa gastrica erwarten liefsen , —
bald eine frische Gesichtsfarbe, teinere Zunge,
ruhigem Schlaf, einen kräftigern ^leichmä£ai-
gen Puls erhielt, und so nach einem Zeitraum
von 14 Tagen, ohne dem Krankenbette zu ver-
fallen, sich der Gefahr der befürchteten Krapk-
heit entzogen sah, wiewohl erst eine mehr-
wöchentliche Nachkur die allgemeine^ Schwä-
che zu heben im Stande war.
, Anders dagegen verhielt es sich mit zwei
andern Dienstmädchen des Hauses, welche zwar
die leisen Andeutungen einer lutermittens ge-
fühlt, dieselbe aber nicht hatten beachten wol-
len und erst dann sich der ärztlichen Behand^
lung übergaben, als bei der gröfsten Kraftan-
atrengung, über die beginnende Krankheit zu
siegen, sie nicht mehr auf den Beinen stehen
konnten und dem Krankenbette verfallen waren.
Die leisen Symptome der Intermittens waren
nicht mehr zugegen , und wenn ich gleich durch
die sichtlichen Remissionen in den Morgenstun^-
den veranlafst war, den Versuch, durch China
energisch einzugreifen , auszuführen , so mufste
ich doch bald von der Absicht, jetzt noch die
Krankheit zu hemmen, abstehen, als das Bild
der nervosa gastrica sich immer deutlicher aus-
prägte. Bei dem einen Mädchen dauerte die
— 18 —
Krankheit bis in die vierte Woche ohne be«
eondera hervorstechende Symptome; bei der
andern bildete sich die Krankheit als Nervosa
torpida aus, zu der sich in der vierten Woche
die Symptome entzündlicher AfFectiou des Co-
lon gesellten, bis dennoch nach einigen und
dreiw^ Tagen die Krankheit per Lysin schwand,
und die Kranke hergestellt wurde. L&Ilit es
sich nicht fast mit Bestimmtheit annehmen, daCs
auch in diesen beiden Fällen der zeitige und
kriftige Gebrauch der China die Krankheit in
ihrer Ausübung beschränkt haben würde ?
Der Sohn des Hauses, ein zweiundzwan-
ligjlhriger rasch aufgewachsener junger Mann
wai während dieser Zeit erkrankt. Derselbe
hatte euie grofse Furcht vor Ansteckung bei
den obenerwähnten Krankheitsfällen gehegt, und
war unglücklicherweise in seinem längst ge-
hegten Plane, um diese Zeit eine Reise ins
Ausland zu machen, durch unerwartete Um-
stände abgehalten. Acht Tage vor seinem Er-
kranken hatte er bei einem heftigem Sturze
vom Pferde den Oberarm verrenkt. Auch er
war unter den leisesten Zeichen eines perio-
disdi eintretenden Fiebers erkrankt, ohne je-
dodi| in der festen Ueberzeugung, durch kräf-
tigen Willen den Ausbruch der Krankheit ver^
hüten zu können, seinen Angehörigen sein Un-
wohlsein zu entdecken, und erst dann gezwun-
gen, sich ärztlicher Behandlung zu vertrauen^
als die Eltern bei dem gänzlichen Mangel an
Appetit, bei seiner veränderten Gesichtsfarbe
und der grofiien bald eintretenden Hinfälligkeil
den Ausbruch der Krankheit fürchteten. Hier
schien das Chinin im Anfang noch günstig zu
wiricen. Vierzehn Tage lang verlief die Krank-
heit bei leichter Eingenommenheit des Kopfes
— 14 —
ohne ir^nd ein gefahrdrohendes Symptom. Am
vierzehnten Tage zeigte sich eine leichte Bin-
tung ex ano, ohne dafs jedoch durch dieselbe
der Zustand im Geringsten verschlimmert würde.
Aber am 17ten Tage in der rechten Seite des
fräher stets untersuchten und nie schmorzhalt
ten Unterleibes ein beunruhigender Schmens.
Am ISten Tage unter deutlichen Zeichen einer
Darmentzändung mit heftigen Delirien profiise
Blutungen ex ano; am Slsten der Tod. Stan-
den die Blutungen in diesem Falle mit einer
Erschätterung des Körpers als organischer Ver-
änderung einzelner Theile durch den heftigen
Sturz vom Pferdein Zusammenhang? Vielleicht
lifitte das Ergebnifs der von den Eltern nicht
gestatteten Section diese Vermuthung Sachsens,
der den Kranken in den letzten Tagen sah^ b^-
flt&tifft — woran ich jedoch aus dem Grande
zweifle, weil ein während der Dauer des Ner-
venfiebers auf dem Gute arbeitender auswärti-
ger Tagelöhner mehrere Wochen später in
seinem Dorfe von der Krankheit ergriffen wurde,
und laut des mir zugestellten Berichtes seines
Arztes nach mehnnaligen starken Blutungen ex
ano gestorben war.
Um diese Zeit beobachtete ich, wie schon
in aUen vorhergehenden Jahren einzelne, jetzt
mehrere Krankheitsfälle eines gastrischen Fie-
bers, bei denen nach hinreichenden Ausleerun- "'
gen so wenig die reine Zunge, als die Hebung j
der Kräfte, welche nach ausleerenden Mitteln '
in solchen Zuständen sonst so bestimmt erfolgt, ^
sich einstellten, bis die China rasch den ei^ ^
wünschten Erfolg hatte. Der folgende Fall na^ '^
mentlich — war gleich der Ausgang unglädK- ^
lieh — scheint mir für die Wirkungsart der China 1
in solchen' Zuständen lehrreidi zu sein. Bin ^
— 15 —
Tischlenneister hierselbst, ein riistigfor, urbeiU
umn Mann ^ wünschte am 7. August in Ab«
waMnIieit seines auf mehrere Wochen verrei-
teten Antes meine Hülfe. Mit Staunen fand
ich den Kranken, den ich noch vor mehreren
Wochen als einen kräftigen , blühenden Mann
bei seiner Arbeit gesehen hatte , im Bette lie-
gend. Die sehmutsig gelbe Farbe dos abge-
oiBgerten hohlen Gesichtes , die tief liegenden
Augen 9 der übelriechende Athem, die loderar-
tige, trockne Haut, die grobe Abmagerung des
gaaaen Köripers, seugton beim ersten Anblicke
von einem tiefen Leiden und der teigige Unter-
r Mb, die braungelbo mit einer Borke belosfte
\ Zunge, die Verstopfung in Verbindung mit den
1 andern Symptomen, deuteten auf das vorhan-
dene abdominelle Leiden. Der Kranke war fibri-
gena fieberfrei. Als ich ihn jedoch am Abend
sah, hatte er starkes Fieber mit hochrother 6e-
nehtslhrbe^ heftigem Kopfschmerz, starkem Dur^
8(0 und gecen Morgen copiösem Schweifs. Oans
in dieser Art soUto der Zustand schon vierzehn
Tage gedauert haben. — Bin starkes Broch-
aiUel entleerte eine Masse galligt- schleimiger
Btofflb mit grofser Erleichterung des Kranken^
ahne dafs jedoch die Zunge reiner, der Appe-
tt im Geringsten besser, die Farbe frischer
libr das Fieber sohw&eher geworden war. Auf
ias Anersorglichste aufinerksam gemacht, em-
jetat der Kranke vor Anfang des Fie-
em fluchtiges Frösteln und ein Ziehen im
^ «-««ekgrathe. Dennoch wagte ich nicht, von
*^ idsr imanq^esetzten ausleerenden Methode ab-
^^ feogeben. Als aber dieselbe nach acht Tagen
^ ilme allen Erfolg blieb, der Kranke von Tage
^ ta Tage in gröuere Gefahr gerieth, erhielt er
lin T ^^ Morgenstunden sechszehn Gran Chinin.
\
— 16 —
^ Wunderbar war die Wirkung des Mittels, i
Fieber war am selbigen Abend unmerklioi
ziemlich ruhiger Schlaf ^ — kräftigeres Äeoi
und ein Gefühl der zunehmenden Kraft am dl
sten Morgen I eine auffallend reinere Zi
zeugten von der Natur der Krankheit undij
Werthe der China. Die fortgesetzte Behi
lung durch China in Verbindung mit Bid
und eine passende Diät bei starkem App^
stellten den Krauken so weit her, dals er|
vierzehn Tagen Bett und Zimmer verfall
konnte, bei Häckkehr seines Hausarztei
Convalescent betrachtet wurde und ohne i
tere Medicamente einer passenden Diit .
noch fortwährend bequemen sollte. — Ata
den Kranken am 8. October wieder sah -4
hatte sich während der Zeit jeder äiztlii
Behandlung entzogen, — fand ich denaaj
in einem hoffnungslosen Zustande, ineinem^
haltenden Fieber mit deutlichen Zeichen fi
entzündlichen Leberleidens, dem er am 24. Oi
ber unterlag. i,
Noch bis jetzt (Mitte Januar 1841) h
men solche Krankheitsfälle in meine Beobf
tung, denen die heimliche IntermittenszaGn
liegt, und auf welche die China so fibei
S:unstig wirkt. Catarrhalfieber herrschen:,
er Mitte December, eine Menge Menschen o
Unterschied der Jahre und Constitution bc
lend. Ein Fünfziger, der sich in den Wi
nachtstagen erkältet hatte, erkrankte an .
gewöhnlichen Catarrhalzufällen, gegen die
am -89. Decbr. meine Hülfe nachsuchte. 1
stm, ein Druck in der Stimgegend, Appeti
■^eit, unruhiger Schlaf > waren seine ha«
■MJichsten Klagen. Bin periodisches FröS!
b^gbiteta diese Beschwerden. Der Kranke
üjanke unlustig und kaum im Stande su
la .aitst während des ganzen Taffes unb»-
dl auf seinem Stuhle nahe dem Ofen. Ger
Ibend empfindet er regclmärsis ein loicli-
röstelu, und des Morgens nach der schlaflo«
faeht unbedeutenden SchweiCsu Urin dick
iegelrothem Bodensatze. Den Puls finde
leute Morgen ungleich ^ unterdruckt, ein-
schlage aussetzend, die Zunge rein. Das
tß Ansehen des Kranken ist sehr yer&ndert
dfiekt grobe Niedergeschlagenheit aus;
ist ohne alle sonstige Veranlassung gans
I seine Gewohnheit zum Weinen geneigt*
it der Complex aller dieser nun schon vicr^
Tage anhaltenden Symptome nicht auf die
prarteude Ausbildung einer Febris nervosa
Jiin? -— Das leise Frösteln des.Abends^
pi^ge Schweifs , die Urina lateritia geben
hier die Anzeige zur China. Der Pat er^
leehszehn Gran Chinin bis heute Abend
«brauchen , dabei eine Mischung von Spir.
> aeth. mit Opiumtinctur. Am folgenden
bh sah ich ihn wieder. Die Nacht ist seht
— 18 —
Appetit» Chinin und eb Chinadecoet w
fortgesetEt. Am 8ten Nachmittags Anfall
regelmibigen IntermittenSy Fiost, ECtse
Schweib zusammen dauern etwa 2swei I
den (die Beobachtung habe ich mehrfius
machen Gelegenheit gehabt • dafs bei unr
m&bigen Intermittonten auf den mehrtib
Gebrauch der China sich ein regelm&fsigerl/V
selfieber-AnfiJI einstellte). Bei fortgesel
Gebrauche der China finde ich am ll. Jl
den Kranken sehr munter, er hat gut gesi
fen, ibt mit Appetit, seine Kr&fte sind |
ben und in der Mittagsstunde verläflit er
Zimmer Mit den nächsten Tagen vollkomi
Besserung.
Eine kräftige [Dame in den Dreilsiffen^ '
blutig, von außerordentlich blühender Gesü
Ikrbe, hatte, nachdem sie seit längerer ^
an periodischen Kop&chmerzen gelitten ^^
Stadt verlassen, um die Pflege eines am GW
lach erkrankten Kindes einer nahen Verwid
zu übernehmen, und kehrte nach acht V|
mit starken Halsschmerzen und fiebeiüdt
ruck. Es hatte sich ein bedeutendes Geadl
im Halse gebildet, und die Kranke fohltet
nach dessen Aufbruch sehr erleichtert Kai
Weges besserte sidi aber die Kranke sa i
als dies nach Beseitigung scrfcher Affeotii
sonst der Fall zu sem pflegt So wenig ;i
petit als der irähere Kräftezustand stellt»^
ein, und die Kranke hatte in kurzer 2kM
§o leidendes Ansehen, als sei sie von einer!
MB Krankheit erstanden. Bei der genaoei
Beobachtung, wekdie die sehr verstän£geKni
auf rieh wandte^ und bei der täglichen i
iriokl^ die ich ihr widmen konnte, ergab es i
iHlr/iiM Tertiana mit dem heimlidistra C
— 19 —
nkter sich in den Nachmittagsstunden auf gans
kmze Zeit regelmäfsig einstellte. Der gute
Erfolg der China rechtfertigte unsere Beobach-
tang vollkommen. Nach eilf Tagen erfolgte ein
Reeidiv, und die Dame hatte mit manchen fru*
her nie gekannten Beschwerden su kämpfen,
bis sie durch den fortgesetzten Gebrauch der
China vollkommen hergestellt war. Nachmeh-
lereo Wochen entstand späterhin eine Desqua--
nation der Oberhaut, fast des ganzen Körpers^
mchtrftglich den Beweis führend > dals eine
Schmriachansteckung ohne den Ausbruch des
Ausschlages Statt gefunden hatte«
Der nftohste Fall und der letzte, den ich
hier etwas umständlicher mittheilen werde , ist
gewissermalsen ein Musterfall, dessen genaue
BeolNichtung meine schon früher erworbene
Ansicht, diese täuschende Krankheitsfbrm der
hflimliehen, intermittirenden Fieber, wie sie
Mit dem Auftreten der wirklichen Wechsel«
Mierepidemie im Jahre 18|{- noch fbrtbeste-
bn, bei anscheinend galliger Natur und trots
aller Symptome, die sonst die Anwendung der
CUiMi ontersagen, namentlich trotz der stark
belegten Zunge und aller &;astri8chen Compli-
CBlioD, rasch und sicher durch grofse Gaben
China nnd Chinin zu heilen, befestigt hat
Mt dem Hai im Jahre 1838 bis zu diesem
Aii^0iibIieke (Januar 1841) habe ich einen und
deBMlhen Patienten fünf Mal von derselben
Krankheit befallen gesehen. Der Kranke, einer
iir aoagezeicbnetsten Männer unseres Landes,
ria Mann von 85 Jahren, dessen Lebenstage
onnnterbrochene , nach den verschieden-
Seiten hin wirksame geistige Thätigkeit,
1 nur an oft durch ein Uebermaals dersel-
beamßhnet isl, erfreute sich seit Jahren
BS
- 20 - ,
der besten Gesundheit^ bis ein onglucklicher
Fall aus dem Wagen ihm eine Bntzändnng im
Hüftgelenke verursachte y die von seinem Anete
durchaus verkannt^ erst dann zur Beurtheilung
urtheilsfahiger Aerzte kam, als schon organi-
sche Veränderungen in der Nähe des Gelenkes
eine Verkürzung des Fufses herbeigeführt hat-
ten, und es sich nur darum Jbandelte, das Le-
ben des Kranken sicher zu stellen. Dies ge^
lang bei der vorzüglichen Naturkraft des Kran-
ken, der später bei dem Gebrauche der Bäder
in Töplitz sich so kräftig erholte, dals er seine
Krudke ablegen und an einem Stocke rascher
und kräftiger, als man je erwartet, nviedernm-
hergehen konnte. Seit der Zeit seines Falles
litt dieser Herr noch viel öfter an einem Ca-
tarrhalfieber, als dies schon früher der Fall
gewesen sein und auch da ihn befiülen ha-
ben sollte, als ich am 6. Mai 1838 von ihn
zu Rathe gezogen wurde* Seit drei Wochen
war der Pat unwohl , ohne ein anderes hervor-
stechendes Symptom angeben zu können, ab
dals er nach dem leisesten, nur Secunden, höch-
stens eine Minute lang anhaltenden sSrösteln,
einer Eingenommenheit des Kopfes und einem
Gefühle greiser Mattigkeit schon gegen Aboid
sein Lager zu suchen gezwungen war, auf dem*
selben die Nacht in unruhigem nicht erquicken«
dem Schlafe' zubrachte und dasselbe am näch-
sten Morgen wieder verlassen konnte. Am Tage
war das Befinden so lange gut, bis die Scene
sich gegen Abend wiederholte. Seit wenigen
Tagen hatte der Kranke den Appetit verhire%
eine belegte Zunge bekommen, war verstimmt
und so angegriffen, daüs er seine tägliche Spa-
zierfahrt ins Freie unterlassen hatte. Der ih»
behandelnde Arzt hatte theils durdi Diaphoia-
— 21 —
ticAy theils durch ein Breeh- nnd gelinde Ab-
iuhfmittel vergeblich diesen Zustand zu besei-
tigen gesucht y ohne dafs er etwas Anderes er-
reidit hatte, als dafs der Kranke während der
drei Wodien einzelne ganz gute Tage hatte.
Bedachte ich analoge Fälle, so zweifelte ich
keinen Augenblick an der Natur der Krankheit
und rieth dringend (unter feierlichem Protest
seines Arztes) zum Chinin, nach dessen Anwen-
dung der Kranke in vier Tagen vollkommen
wieder hergestellt war.
Bßchts desto weniger lieb ich selbst mich
dordi das Auftreten der Krankheit im nädisten
Augittt täuschen, -als das plötzlich^ Auftreten
eines galligen Fiebers meine Anwesenheit bei
dem Kranken nothwendig machte. Ein kräftiges
Kwtfifmn entleerte eine auiserordentliche Menge
Galle und fortgesetzte gelinde Ausleerungen
nach unten hoben nach wenigen Tagen den
Krankheitszustand vollkommen. Durch eine un-
angenehme Gemüthsbewegung, vielleicht auch
dnich eine Erhitzung und eine Indigestion bei
einea nicht zu umgehenden Diner, trat von
Neoen Unwohlsein ein. Pat. klagte über ei-
sen Druck auf dem Kopfe, bekam eine gdbe
Gesichtsfarbe, Appetitküugkeit, von Tage zu
Tage eine mehr belegte braungelbe Zunge, ein
Gefühl von Spannung im Unterleibe, unirulugen
Sdhiafy bald beunruhigende Träume, und bei
gOHUier Beobachtung gegen Abend ein gelin^
des momentanes Frösteln, dem Arzte kaum wahr-
nehmbar, von dem Kranken bezeichnet durch
des Oeiuhl eines augenblicklichen Verlassens der
naiirlidien Wärme. Diesem Znstande folgte
eine wenige Stunden unlialtende gelind erhöhte
HaullomperaUir, zuweilen ein gelinder SchweÜs.
Im Laufe dez Tages war die Hauttemperatur
— «e —
noimal. Bf^dadite ich den fräheren deuüidiea
Status bUioaus, der so schleunig auf Anwen-
dung ausleerender Mittel sich verloren hatte, —
den kursen Zwischenraum seit jenem Elrkran-
ken y die Ursachen der augenblicklichen Krank-
heit, so mu&te ich ausleerenden, die abee*
sonderten krankhaften Stoffe ansführencbn^
Mitteln die Heilung anvertrauen. Ohne daOl
indeis dadurch auch nur die geringste Bosasi
fang in den nidisten Tagen herbeigeführt wprdi^
gewann das Fieber nicht nur des Abends be»
•timmter sein Terram auf eme viel deatU«di0ie
Wrae, sondern es stellte sich am siebentet
Tage auch des Morgens acht Uhr ein dnroh
leirai Frost und nachfolgende Hitiie benidi»
neter Fiebersustand ein. Dabei war der Knipks
so entkräftet und sein Aeufseres so vwfUHi^
dab ich die Ausbildung einer subintranS| W9
nichl contmua erwarten durfte 9 wenn es weht
gelang, durch sofortige Anwendung der China die
KranUieit su bezwingen. Sofort nach den
Gebrauche derselben besserte sich der Zustand^
und bei längerer Fortsetsung des Mittels io
vollkommen, dab der Genesene während dfli
folgenden gans&en Jahres ärztliche HvOfe nicht
in Anspruch zu nehmen brauchte. ImSeptesH
ber 1839 und 1840 erschien die Krankheit wie^
der und ward sofort durch Chinin gehoben, üb
November 1840 bereisete dieser Hen in seiM
Eigenschaft als Landstaud den Landtag, osd
war 80 rüstig und munter, als seine viehn
Freunde ihn seit Jahren nicht gesehen hiUtasb
Am 14. December verlieis er dieVersamnkM
erklUtete sich bei der Reise von vierzehn Ms»"
len, die er an diesem Tage machte, hatte m
löten mehrere Confereuzen mit versohiedeoiBf
9ehdrden, uad reisete noch gegen Ab«ttd fid
I Mdm Meilen entlegenes Lendgut. Dort an-
koBunen, mnlete er die Hülfe eines Anten
sbsuchen. Undeutlich wie stete ^ erschien
dl diesmal die Krankheit, erst in Form eines
ArAalisehen, dann eines gastrischen Klebers
isdiend, und als solches behandelt wie vor
1 im Au^t 1838. Als dabei der Zustand
h veisehlunmerte , der Appetit gännlich ver-
iwunden, die Abnahme der Krme auffalleod
i erschreckend war, die Nidite immer scUaf-
tf und unruhiger wurden, lieb man midi
19. December sn dem Paiienten holen. Ich
d den Krankon elender als je vorher, das
Aar so schleichend und heimlich, und alle
»gen Zeichen wie früher, die gelbe dickbe*
;te Zunge, die graugelbe Geaiätsfhrbe, den
idk auf dem Kopfe , den dicken Urin mit dem
gekothem Satne , den ungleichen schwachen
W$ ddiei aber den in früheren KrankheitsflU-
atets lebhaften und geistig bewegten Mann,
ilnalunlos und mit dem Ausdrucke eines gro-
n Leidens in allen seinen Mienen. Die so-
ige energische Anwendung der China hatte
ih diesesmal den gl&nKonden Brfolg, daüi,
ich am 3. Januar den Krauken wiedersah,
Zunge gann rein war, der Schlaf ruhig eu
rden anfing, der Appetit sich einstellte und
\ heimliche Fieber sich nur gegen Abend
eh ein viertelstundiges Pulsiren in der Schlä*
gegend andeutete. In der Folge verlor sich
dem Gebrauch der China, wie stets in den
boren Krankheitsfällen, der geringe Schweifli
fßü Morgen, und der dicke ZUegelurin wurde
ab und nach klarer, floüs reichlicher, so dsAi
L nach zwanzig Tagen auf sein Gut zurück-
bren konnte und sioi g&nzlich wieder erholt
L Was würde aus diesem Kranken gewer-»
~ «4 -
«den sein, wenn die deutlich als gastrisch-
giüligt erscheinenden Fieber durch ausleerende
Mittel hätten behandelt werden sollen ? So sehr
bedeutend die Menge China und Chinin ist,
weldie derselbe in dem Zeiträume voii mehre-
ren Jahren genommen hat, und zwar unter Um-
St&nden, die nach den Lehren der Schule des-
sen Anwendung verbieten; so hat dies Mittel
nicht nur gunstig auf den Kräftezustand des da«
mit Behandelten gewirkt, sondern es hat anch
namentlich nicht die germgste störende Einwir-
kung auf die Secretionen des Körpers gehabt
Manche Wöchnerin habe ich durch Fieber
dieser Art in einen gefährlichen Zustand ver-
ftdlen gesehen. Eine junge Frau ver0el nach
ihrer ersten leichten Entbindung bei fortgesetz-
ten fruchtlosen Anstrengungen, ihr Kind selbst
zu säugen und dadurch bewirkter schmendiaf-
ter Entzündung und Eiterbildung in der fttist^
ganz allmählig in diese, lapge Zeit unbeachtete,
Intermittens , verbunden mit starkem Husten,
einer so verdächtigen Haltung der Lungen und
einem so raschen Verfall der Kräfte ^ dafii die
Furcht vor Ausbildung einer Phthisis setiff be-
gründet erscheinen muCste, eine Sachlage, die
um so verzweifelter zu werden drohte, als an-
scheinend eine schleichende Darmentzändung
mit profusen Ausleerungen hinzutrat. Als M
auch hier unter Protest eines dissentirendea
Collagen die China anwenden lie£9, und zwar
China und das Chinin in sehr grofsen Gabeo^
brachte ich nicht nur das Fieber mit sraie«
Anhange, dem Husten und der I^aRhöe, zum
Schwelgen, sondern ich konnte auch durch die
Anwendung des kalten Seebades die nach «*
uem Jahre noch zuweilen bervortaudiende Diar-
— £5 —
riite und die fibriggebliebene SdiwSche des
Körpers g&ndieh besoitigen.
Wunderbar \f$x die Wirkung dor China bei ei-
ner andern nach der Entbindung erkrankten Frau.
Diese mit dem Habitus phthisicus bezeichnete
Ungluddiche, der mehrere Geschwister an der
Lungenschwindsucht gestorben waren, schon
nach ihrer ersten Entbindung hi die Atria je-
ner sdirecklichon Kranklieit gelangt, lag nun
in einem weit vorgerückten Stadium. Die b»-
stimmten regclrnftbigen Erscheinungen einer
iieimlidien Intormittens , die taglich eine Inter-
nussion, euwoilen nur eine Remission von sechs
bis acht Stunden machte, bewogen den Haus-
ant| nach unter uns genommener Berathung,
zur Anwendung der China und dos Chinins in
starHen Gfiben, wodurch es nicht nur gelang,
das Fieber, das alle sechs bis sieben Tage von
jetzt erschien, fast zu unterdrücken, sbndern
auch den Hosten und Auswurf so bedeutend zu
mildem und die Kräfte der Kranken so zu he-
ben, da(s sie das Bett, bald ihr Haus zukloi-^
nen Spatzierg&ngen verlassen und nach eim'gen
Monaten eine Reise von über acht Meilen aub
liand machen konnte. Im Herbste trat die Phthi-
ßiB mit erneuerter Heftigkeit hervor und im näch-
sten Januar erlag die Kranke.
//• IntemditenUi larvaiaef
So leicht es ist, mit der Diagnose und The-
rapie solcher Zustände ins Klare zu kommen,
wenn Wediselepidemiecn herrschen, so schwer
ist oft die Aufgabe, wenn diese Fälle, wie seit
Jahren , als Folgekrankheiten einer Kpidomio
sporadisch vorkommen. Kino eigenthijmtichc
Blässe des Gesichts , m vielen Fällen eine auf-
_ 26 —
fallend blasse Zunge ^ die Urina lateritia unter-
stützen zuweilen die Diagnose. Oft ist aulser
dem periodischen Symptom nichts Krankhaftes;
der Blick des Arztes mu^hier« wie in so man-
chen andern Fällen , zu entscheiden wissen über
die Anwendung der China , die — • giebt es un-
umstöfsliche Erfahmngssatze in der Medizin —
in solchen Fällen unbedingt Hülfe schafft^ un-
bedingt schadet 9 wenn ein anderer Krankheits-
zustand als eine Intermittens zu Chrunde «lieffL
Die Zahl der von mir beobachteten Fllle ist
f
nicht unbedeutend. Namentlich habe idi man-
die Fälle von Gesichtsschmerz gesehen, dii^
alle rasch und sicher durch China gehob«i wor-
den, die aber verkannt und schwankend b^.
handelt, sich bald mit Stockungen im Unter-
leibe complicirten und dann eine langwittwo
von der ursprunglich erforderlichen ganz ab-^.
weichende Behandlung erforderten, — Cephai-
laeen, Gastrodynien, Ohnmächten, Herzklopfea
des heftigsten Grades mit begleitenden Symp-
tomen ^ welche eine organische Herzkrankheit
furchten lieisen. Nur einige Fälle von, wie
mich dünkt, ungewöhnlichem Interesse mögen
hier aufgeführt werden.
Am 28. Februar 1837 erkrankte eine Frau
von sechszig Jahren, die schon seit längerer Zeit
an Neigung zur Verstopfung, zuweilen an ko-
likartigeu Schmerzen im Unterleibe, an Flatu»
lenz gelitten hatte,' plötzlich an einer' heftigen
Kolik, die augenscheinlich durch Erkältung ent-
standen, nach etwa zwölf Stunden gröfisten-
theils gewichen war, so doch, dals am näch-
sten Tage noch eine gelinde antiphlogistische
ausleerende Methode nöthig wurde. Die Pa-
tientin war dadurch so angegriffen, dafs sie, als
alle Schmen&en längst verschwimdea waren^
— » -p
dolsh das Bett nicht verlasBCD konnte , nnd
fortwährend belegter Zunge und gafltrisehen
Symptomen durch gelinde ausleerende Mittel
beliandelt werden mubte. Mit gröfster Behu^•
samkeit wurde gegen diesen Zustand mit ge-
linden stftrkendeu Mittehi verfahren, wodurch
sich das Befinden auch bessern su wollen sdiien.
In der Nacht vom 16ten auf den 17ten M&re
wurde ich unerwartet su der Kranken gerufen.
lUgungslos lag dieselbe mit entstellten Hippo-
kiatischen Gesichtszügen sorfliefsend in kaltem
Schweifse, mit kaum fühlbarem Pulse, anlGMr
Stande cm. Wort 2U sprechen oder ein Glied «i
rühren, — in einem Zustande , dalk ich, nach
dMi Infbem Habitus der Kranken und allen
Efstbeinungen , den Tod in der NiÄhe glauben
Oiulkier. Aeulsere und innere Mittel brschten
die Kranke allmählig so weit, dalii sie mit der
grölsten Kiaflanstrcngung angeben konnte, dafh
sie eine Stunde nach dem ersten Schlaf unter
dem Gefühl einer groGsen Angst und bei all-
in&hligem Vergehen ihrer Sinne, uuter Aus«
1 bruch eines kiüten SchweiilMss in den beschrie-
benen Zustand verfallen sei. Gegen Morgen
hatte die Kranke sich ziemlich erholt und er-
hielt starke Gaben Chinin mit Opium. — Ge«
nau um dieselbe Zeit in der nächsten Nacht
derselbe Zufall, die Kranke blieb bis gegen
Morgen mibesiiinlich , regungslos in einem so-
porösen Zustande. — Sobald sich der Zustand
gegen Morgen zu verlieren anfing, erhielt die
Pat. zweistündlich eine Drachme Pulv. cortic.
Peruv., Klystiore von China, Umschläge von
Spir. aromat mit China. In der nächsten Nacht
ein gelinder Schweifs und ein Anflug einer leich-
ten Ohnmacht^ bei fortgcHotztem Gebrauche der
Chma kein neuer Zufall; jedoch bedurfte es
— 88 —
einer langen Nachkur durch passende Anmei«
mittel und Bader^ bevor sich die Kraniale erho-
len konnte« — Die Unterleibsbeschwerden, an
denen die Kranke viele Jahre vorher gelitten
hatte, gegen die wohl kein Arzt Chinin ver-
sucht haben möchte, waren mit der Krankheit
gänzlich geschwunden und haben sich bisher
nur äufserst selten und gelinde wieder einge-
stellt. — Uebrigens habe ich in manchen Fäl-
len dieser Art die Unsicherheit des Chinins und
die sichere Wirkung der China in Substanz
erfahren, und vielleicht erinnern sich manche
meiner academischen Commilitonen bei diesw
Gelegenheit der Warnung unsers Lehrers, des
unvergefslichen Berends, der das Chinin ans
eigener Erfahrung gegen Wechseifieber nicht
kannte, und bei der sicheren Wirkung der China
in Substanz gegen Febres iutermittentes eomi-
tatas ermahnte, nur dieser zu vertrauen, um
nicht durch Vernachlässigung dieses Mittels ein
Menschenleben aufs Spiel zu setzen.
Ein junges ]||dädchen von 15 Jahren war
in seinem dritten Lebensjahre von einem scro*
phulösen Knieschwamm befallen, und un-
ter unsäglichen Leiden bei Jahre lang anhal-
tender Entzündung und Eiterung in der Nähe
des (Sclenkes auf wunderbare Weise dem Tode
entgangen. Aufser an jener Stelle hatte über-
dies die Dyscrasie an verschiedenen Theilen
des Körper« Ablagerungen gebildet und Verein
terungen unterhalten. Seit einem halben Jahre
waren auch die letzten eiternden Wunden aus-
geheilt, und die so nothwendige Anlegung künst-
licher^ ableitender Geschwüre hatte bei der
entschiedenen Abneigung der Angehörigen un-
terbleiben müssen. Dies junge, jetzt starke
iwd blühende Mädchen, verk>r nach und nach
— 29 —
Mino Muhende Gesichtsfarbe, klajB^e zuweilen
über periodische Schmerlen im Kopfe j die sich
im December 1839 und dem folgenden Januar
regelmäfsig gleich nach dem Rrwachen einsteli-
ien, stärker wurden , sobald die Pat. ihr Bett
verlieb. Daim konnte sie vor Schwindel kaum
gehen , oft trat eui sehr hcfLiges Erbrechen ein,
und dann wälirte der etwas gelindere Kopf-
schmenB bis gegen Nachmittag. Abends war
sie Arei und munter. Von Tage bu Tage wurde
das Mädchen bleicher , der Appetit verminderte
sich 9 die Kr&fte schwanden so sehr, dafs es
jede Bewegung ängstlich vermied und am lieb-
sten liegen mochte. War es nicht natürlich,
unter diesen Kischeinungon an eine Wasserer-
giebung in Cerebro zu denken , wenn man an-
nahm, dab nach dem Auiliören einer Jahre
lang bestandenen Eitersocretion in einem scro-
phinfisen Subjecte ein innerer edlerer Tlieil der
Ablagerungspunct geworden sei? ^ Dann war
die Therapie , aber mit welchem Anscheine von
Erfolg gegeben ! Wie gefährlich aber war daiui
die China. Und doch bestimmten mich analoge
FMlO) der Habitus der Kranken , die Urina la-
teritia, auch diesen Fall durch kräftige Gaben
China su behandeln., die daim auch schon nach
wenigen Tagen durch ihre günstige Wirkung
die Natur der Krankheit documcntirte. Ware
die Krankheit sich überlassen geblieben oder
auf andere Weise behaudelt, so i»t es
wahrscheinlich, dafs in einem solchen Falle,
wie sonst so häufig nach Wechsollieborn im
Unterleibe Wasseransammlungen entstehen, sich
hier dergleichen unter der Uirnschaule auHge-
bildet hätten, und wie würde dann bei schlinn
mem Ausgange die Kpicribis das Krgebnifs der
Section beurtheilt haben ! — Gewifs würde mau
^ 30 -«
den Hydrops als Ausgang eintr schleichenden
Entzündung angesehen haben.
Eine Frau, die in der Mitte des Novem-'
bers 1840 entbunden war, erhielt acht Tage
nach ihrer Entbindung bei einem durch Diftt-
fehler hervorgebrachten gastrischen Zustand ein
Bmeticnm, worauf sie sich ganz wohl befand«
Nach acht Tagen wurde ich wieder au dersel«
ben genifen und fand sie in einem gans auf-
lUlenden Zustande. Die Kranke luttte eine
fOrchteiliche HerzensMigst, ihr Auge einen so
mist&ten, fremdartigen Blick , dais ich schon
«US demselben den Ausbruch eines heftigen De-
liriums erwarten durfte« Mit aller Mfihe sndite
diese Frau sich selbst su beruhigen , da sie
keinen Grund für ihre Angst auffinden konnte;
dessen ohngeachtet aber sprang sie alle Au-
genblicke ans dem Bett, in der Absicht, ans dem
Hanse zu fliehen, sprach immerwährend von
dem sich ihr gewaltsam aufdrängenden €redan-
ken, sich das Leben zu nehmen, und mochte
80 wenig ihren Mann als ihr Kind sehen. Da-
bei starkes Herzklopfen, einen aufgeregten nicht
sehr beschleunigten Puls, keine besondere Hitze
des ganzen Körpers oder auch nur des Kopfes.
Am gestrigen Tage sollte ein ähnlicher Zustand
Statt gefunden und sich in der Nacht unter
heftigem Schweifse verloren haben. Die Kranke
hatte dann einige Stunden ruhig geschlafen, war
ganz munter erwacht , hatte mit Appetit Etwas
genossen , als um 10 Uhr die Angst von Neuem
eintrat Ich verordnete ein temperirendes Mit^
tel, jedoch am folgenden Morgen, als nach
mehrstündigem ruhigem Schlafe und Schweißig
unter mehrmaligem Gähnen und Ziehen im Buk«
ken der Zufall sich wieder einstellte, eine die
aufgeregte Kranke aufscrordentlich beruhigende
— 31 —
Xifldiiuig aus Tinct Opii mit Spir. sulph. aeth.,
und sogleich mit Eintritt des Schweifses Chi-
nin wahrend der ganzen Nacht zu nehmen^ Wo-
doreh dieselbe für den folgenden Tag ganz frei
bUeb, und bei dessen Fortgebrauch sich bald
ginslieh erholte.
Ein fünfzigjähriger^ corpulenter Herr mit
Habitus apoplecücas, der eine kräftige nahr-
hafte Di&t führt, seit Jahren an heftigen Au-
genentsändungen, flechtenartiger Rothe des Ge-
nidit68 und an manchen rheumatischen Be-
sdiwarden leidet, Zustände, gegen die er jähr-
lieh prophylactische Aderlässe, Sdiropfkopfe und
Blutegel anzuwenden gewöhnt ist, wurde schon
seit Jahren hin uud wieder von einem schwin«
dolartjgen Zufalle helmgesucht, der in uuregel-
■ilsiffen Zwischenräumen wiederkehrend unter
den Gefühle, als ziehe sich ein festes Band um
■eine Stirn, ihn plötzlich befällt. Der Ergriffene
mnkt in einen ohnmächtigen Zustand mit fast
ginzlicher Aufhebung des Bewufstseins, kommt
aber sehr rasch nach Anwendung fluchtiger
Biechmitlel wieder zu sich, mit dem nachblei-
benden Gefühle grofser Ermattung und Ab-
spannung. Eingenommen gegen ärztlidie Hälfii-
luisüingen, und stets von der Ueberzeugung ei-
baldigen Todes durchdrungen, versclunä-
er jede ArzneL Im December war er aber^
Bebrwochentlicher Abwesenheit von Hause,
mandier unangenehmen Gemäthsbewcgung
gelieffui| und kehrte so elend zurück, dafser
■ieh sdur nach ärztlicher Hülfe sehnte. Zum
Ktodnecken veiftndert fand ich diesen Mann. —
AvflUlend abgemagert, hatte er keinen Appe-
lit| eine gelbe Gesiehtsfarbo und eine so hef-
tig Angenentsnndung, dals die von einem blul-
üümn GeA^vnlste umschlossene, trübe Cor-.
— 38 —
nea^ seit der vierw5chentlichen Abwesenheit
des Patienten, zwei Flecke bekommen hatte.
Dabei fröstelte der Kranke häufig, schlief sehr
unruhig, war im höchsten Grade mifismuthig
nnd verstinmit, und litt öfter als je an dem vor-
übergehenden Schwindel. Nach Feststellnng
und Einleitung einer strengen Diät erhielt der
Kranke ein Emeticum, intercurrent Blutegel in .
der Schläfengegend (einen Aderlais hatte er
wie gewöhnlich sich selbst verordnet) und un-
ausgesetzt abfuhrende Mittel« So war nach drei
Wochen das Auge merkUch gebessert, aber
dieselbe Verstimmung, dieselbe cachectische
Gesichtsfarbe, fortwärendes Frösteki, Unbe-*
haglichkeit, unruhiger Schlaf und fast regel-
mlUbig an jedem Tage ein Anfall von Schwin-
del. Als mir nun plötzlich bei der regelnia(si-r
gen Wiederkehr des AnÜEÜIes in den Naöhmit-^
tagsstunden zwischen 3 und 4 Uhr (die Um-«
gebnng und der Patient erinnern sich auf mein
Befragen 9 daä seit Jahren dieser Zufall nie
des Morgens, sondern stets in den Nachmit-
tagsstunden erschienen sei) , in Verbindung mit
dem ganzen Habitus der Krankheit die Natur
einer Intermittens larvata vorschwebte, griff ich,
obgleich in diesem Falle Alles die China zu
contraindiciren schien, doch sogleich ssü diesem
Mittel, dessen gute Wirkung unmittelbar folgte^
indem nicht nur am folgenden Tage der Schwin-
del ausblieb und bis heute, nach vollen acht
Wodien , auch nicht ein Mal wiedergekehrt ist,
sondern der Kranke hatte nach vierundzwan-
zigständigem Gebrauch der China seit einem
Monate zum ersten Male warme Hände ^ da sie
sonst immer kalt und feucht waren. Leider!
hat^ obgleich der Körper sich verhäitnllsmäfsig
wieder recht erholt hat> das Auge fast ganz
- 83 --
gut ist y doch der Gesammt£ust«nd sich nicht aa
gänzlich gebessert , als bei fortgesetztem Ge-
brauche der China — wozu der Kranke nicht
länger aiu bewegen war — gewifs der Fall ge-
wesen wäre. Wie mancher, dem bcschricbcneD
ähnliche, Krankheitsziisland ist von jedem be-
schäFügteu Arzte |>lücklicli durch cinf^reifonde
brastlca behandelt? — und die Behandlung ei«
ues solchen Falles durch China würde roan^
chen Arzt^ der nicht sehen kann^ oder nicht se«
hen will, wie merkwürdig die durch Witten
rungsconstitution bedingten Veränderungen in
dem Charakter der Krankheiten sind, und wie
viel mehr Gewinn die Therapie iil einzelheb
Fällen von der genauen Beachtung solcher Vet-
änderuttgen der Krankheiten, als oft von dta
glähzendsten pathologischen Wahrheiten und
Dichtungen über Krankheiten ziehen kandi —
hier den krassesten obsoleten Brownianismus ha«
beu finden lassen ! — Die Iblgeddeu Fällö dtt-
tiren aus derselben Zeit.
Eitie Dame im Anfange der DrdUsigei^ die
oft und stark an rheumatischen Schmerzen, na-
mentlich des Gesichtes, leidet, wurde im An-
fimge des Decembers von einem heftigen
Schmerz in der Lumbargegend, der hach den be-
f leitenden Symptomen von einer PsQitis herrührte,
efallcn^ diö Schmerzen, so heftig, dafs sie oe-
teris päribus zu allgemeinen lind firtlich^n Blut-
entziehungen bestimmt hätten, entstahden re-
gelmäfsig am Nachmittage und währten bis in
die Nacht. In Folge derselben war die über-
haupt sehr lebhafte Kranke so aufgeregt, dafs
me nAch mehrered schlaflos zugebrachten Näch-
ten bei offnen Augen beunruhigende Bilder sah,
und nur noch mit der gröfsten Anstrengung die
f^rscheinondeu Spuren eines Deliriums untere
Jouni.XCni.Rd.2.St. C
» 34 ~
drücken konnte. Die sofortige Anwendung der
China hob augenblicklich den Zustand, der schon
acht Tage oluie ärztliche Aufsicht gewährt hatte.
Die beiden Töchter dieser Frau, resp. von
dreizehn und vierzehn Jahren, litten nicht lange
nachher einen Tag um den andern an Ko^-
schmerzen mit Erbrechen, phne dagegen Etwas
zu gebrauchen. Als am 10. Februar die jfin-
gere während eines solchen Schmerzes in einen
wahrhaft eataleptischen Zustand verfiel , ver»
hütete die China jeden fernem RückfalL
Interessant ist folgende Beobachtung* Ein
vierjähriges « sehr liebliches Kind , stets gesund,
erwacht in der Nacht, weint und schreit hef-
tig und spricht eine greise Angst aus über g^
spensterhafte Gesichter, die ihr von allen A»-
tcn im Zimmer erschienen. Diese Scene wie-
derholt sich um dieselbe Zeit allmählich und so
heftig , dais das sonst do fromme und toliige
Kind nicht im Bette zu halten ist, bis es nach
der gröfsten Angst nach Verlauf einiger Stun-
den unter starkem Schweilse in S<älaf ver-
{«illt — Während des Tages nicht die gering-
ste Spur von Unwohlsein. — Als ich, naohdea
die Anfalle sich sechsmal wiederholt hatten, die
Kleine sah, erhielt dieselbe 10 Gran Cluniii,
auf welche die ruhigste Nacht folgte, ohnedilb
bisher auch nur der geringste Zufall der Art
wieder eingetreten wäre.
Ich schliefse diese Mittheilungen mit dtf
Bemerkung, dafs sich seit dem Januar diesd '
Jahres die Fälle der heimlichen Intermittantes
80 wie der larvirten Form zu mehren adieineft
— 85 —
Tn Folge einos allgemein verbreitet gewesenen
CatarrhQlflebers treten diese Ziist&nde ein und
erachöpren die Ergrifleneny wenn niciit gleich
die China angewandt lyivAy so sehr, dal's aio
sich sehr langsam erholen. la einem Falle ent-
standen bei einem jungen fünfzehnjährigen, kräf-
tigen Mädchen y in Folge des Fiebers , bei im«
raer gröfsercr Schwäche , Pctccliien. Tödtlich
wurde* die Krankheit bei einem Anifxigj&hrigen,
robusten Landroann, der von dem Calarrhalfie-
ber mit den dasselbe in allen dicHcn Fällen beglel-
tendeu angiiiösen Beschwerden crgrifTen^ von
Acinem Arste zweimal zur Ader gelassen war.
Beim Veivchwinden der ratarrhulischen Zufdlie
blieb die heimliche Intcrmiitcns^ ohne dab die-*
selbe erkannt und in ihrer Bedeutung gewuiw
digt wäre« Als ich am tochszehnten Tage der
Krankheit den Befallenen sah, erkannte ich so*
fort eine duplicata mit den noch deutlichsten
Intorroissionen , während welcher derselbe bei
vollkommner Besinnung über sein Befinden mit
Klarheit sprechen konnte« Unter vielen , den
schlimmen Ausgang vcrkfaidendcn SymptomeUi
war auch eine den ganzen Schenkel ergreilende
schmerzhafte erysipelatöse Entzündung. Die
China achien im Anfange auch hier nicht ihre
Dienste versagen zu wollen, aber nach acht
Tagen erlag der Kranke, vielleicht weil die
Gaben der China nicht grofs genug, denn lei-
der gab ich sie nur in der kurzen Intermission
drachmenweise pro dosi, da doch Torti (aber
wer denkt in jetziger Zeit noch an Torti !) mit
seinen halben Unzen pro dosi mir hätte zum
Uaster dienen sollen!
Eben so habe ich in einer Familie, deren
vier Töchter vom Scharlach befallen, nicht nur
die heimliche Intermittens nach normalem Ver-
C 2
- 85 -
schmndeii des AüsflM^hlags (wie bc^i der Dämd
Sil8) bei dreien dersell^n beobachtet; sondern
die vierte^ ein Kind von sieben Jahren > erlitt
am dritten Tage nach der Eniption des Aus-
schlages den ersten Anfall um Mittag , dessen
Ende mit starkem Schweifse in der Nacht er^
folgte, und nach einem freien durchaus guten
Befinden am nächsten Mittag den zweiten mit
dem heftigsten Kopfschmerz ^ bald mit tJnbe->
Sinnlichkeit und Irrereden und einer Menge sehr
beunruhigender Symptome. Noch in derselben
Nacht wurde die China gegeben m^t dem et^
warteten gänstigen Erfolg ; wie würde derselbe
gewesen sein, Wenn hier die Annahme einer
Gehirnentzündung, woßir die Bjrmptome deut«
lieh sprachen, dieBehandlung bestimmt hätte? —
-^ a? —
IL
Zur
Oeschiolite, Pathologie und The^
rapie des Wecluielfieberli,
Von
Dr. Berubard Rilter^
ynjkU Ante lu R^Uenbarg tm Neckar, im Könlgcrioli
MfUrtemberg.
(FortieUong. S, von St 8. 3»)
y 8. Nächstf Ursache c{ej Wichselfifher»»
MßtM, Wesen dos Wechselfiobers hat von Awk
Utesten Zeilen bis auf uns den Forsohungsceist
der Aente vielfältig beschäftigt y und dodi kön-
nen wir uns bis heute noch nioht rühmen, das-
selbe gehörig erfaüit su haben. Hipp&kraies
leitete die dit&gigen Fieber und die dreitägi-
gen von in eu grofser Menge in die ersten
Wege ergossener Galle ab, und schrieb das
vierUgtge der schwanen Galle su. BiokUs
legte das Vorhandensein von in den ernten We-
gen angesammelten Säften sum Grunde ; Askle^
piadfs besehuM^te Unterleibaverstopfimgei^;
— 38 —
Galen nnd seine Anhänger verlegten den Sits
der Krankheit in den Magen, das Gekröse und
die Gedärme; FerneliuSy Th. Bartholin ^ Baillou,
Deshois beschränken denselben auf den Zwölf-
fingerdarm und die Leber , während Höffmanny
Fizesy Haxhanty SenaCj Medicus ihn auf allo
Eingeweide des Unterleibes ausdehnen, weil sie
dieselben bei der Leichenöffnung mehr oder we-
niger krankhaft verändert gefunden haben ; Syl*
viusy Dippely Trnkay Stoll u. A, nehmen eine
Schärfe, eine Verdickung der Galle und des
Bauchspeioheldrüsensaftes an; van Swieten be-
schuldigt eine gewisse periodische Verstinn-
mung des Nervensystems; Brown Asthenie;
Cuüen Atonie und Krampf der MuskeUasem;
Marcus glaubt, dais das Wesen der Wechsel-
fieber in einem entzündlichen Znstand der Lymph-
gefäbe; Broussais in einer Entzündung der Ma-
genschleimhaut; Sprengel in verhinderter Zulei-
tung und Verbrauch von Imponderabilien im
splanohnischen System; Baumgärtner im Gang*
liensystcm; Hüdenbrand im reprodactiven Sy-
stem begründet sei u. s. w. Von diesen Hy«
pothesen wollen wir einige einer besondera Er-f
örterung würdigen und noch einige andere hin*
sufugen,
a) Broussais' Theorie. Unter allen Schrift-
stellern, welche den Sitz des Wecbselfiebem
in die Verdauungsorgane gelegt haben, ist
Broussais^ derjenige, welcher diese BehauptUQg
auf eine gröfsere Zahl von Beweisen zu stütsen
gesucht hku Nach der Ansicht dieses Sdirift-
steilere ist das Wechselfieber eine periodiaoks
Magendarmentzündung. Er nimmt aufseidefll
an , dalis das Gehirn und die andern Eingewetde
sympathiscb, sowie in den anhaltenden Fieben
gereist sind, und der Haupftuts der Reinnf
ii'0iden kdonen. Er stfilat diese Behauptung
auf folgende Satse : 1) Pinel hält die gewöhn-
lichen Wechaelfieber für gana gleicher Natur
mit den wesentlichen, und durch diese scharf-
sinnige Zusammenstellung hat er die Entdeckung
ihres Sitsos vorbereitet. S) Die meisten Schrift-
steller verlegen einstimmig den 8it2 ie% Wech-
selftebers in die Verdauungsorgane und ihre
Anhinge. 8) Man sieht oft Wechselfieber bi-
lifis« «lynamiseh und anhaltend werden , und
umgekehrt gallige und schleimige Fieber sich
in periodische umwandeln. 4) Die meisten deri
voa den Schriftstellern für die Wcchselfleber
angegebenen Ursachen wirken direct oder sym-
pathisch auf den Magen. 5) Ein Wechsel-
flebeimufall bietet alle Erscheinungen eines an-
Iwltenden Fiebers dar. 6) Die Anorexie, der
Widerwille vor den Speisen, die Neigung lom
Erbrechen, die Empfindlichkeit ond manchmal
der Schmers im Epigastrlum sind die Vorl&ufiBr
des Anfalles. Diese niimlicheu Symptome, so-
wie Ibmer der Durst, die Hdthe der Zunge^
die Abneigung vor reizenden Getränken, das
Verlangen nach kalten und wftsserigen, und
manchmal das Erbrechen, finden während der
Periode der Hitze Statt, und sind dieses be«
kanntlich die Symptome der MagendarmentEun-
düng. 7) Die Praktiker haben die Nothwen-
digkeit der antiphlogistischen Mittel und die G»«
fihr der reizenden, während des Anfalls, a»-
eikannt 8) Sie haben ebenfalls gefunden, datb
die China, wenn sie verordnet wurde, bevov
man die Kranken auf eine strenge Diät gesetsi
und sie einige Zeitlang einer antiphlogistisohen
Behandlung unterworfen hatte, sehr dl die
Krankheit verachlimmerte, das Fieber anhaltend
machte , indem ^s manchmal dadurch in den
— 40 —
«
■
^dynamischen und atactischen Zustand über*
S* lg. Broussais versichert ssu gleicher Zeit,
b er oft diese Zufälle in Spanien und Ita-
lien, wo er diese Wechselfieber gleich von
ihrem Beginne an mit Tart emet. und der
China angrifi^, beobachtet hat 9) Eine grolse
Menge Wechselfieber lassen, wenn sie durch
die stimulirenden Mittel behandelt worden sind,
und vorzüglich wenn man die oben angegebe-
neu Vorsichtsmaalsregehi nicht angewendet'hat,
Pyspepsien, Hypochoodrieen und andere krank-
jiafto Erscheinungen , die bekanntlich der chro-
nischen Gastritis angehören, und chronische Le-
berentBündungen, die immer auch an diese lets-
tere gebunden sind, aurfick. 10) Eine grobe
MenffoWeohselfieber, nach Broussais die Hüfte,
werden durch Blutentziehungen im Epigastrium,
durch Diät und kählende Getränke besritigt
}1) Da nun die IntenAission der Reizung und
die vollkommene Identität der anhaltenden Fie-
ber mit den intermittironden därgethan ist, so
geht daraus nothwendig hervor, dals, da die ge-
wöhnlichen wesentlichen Fieber Magendarment-
zündungen sind, die Wechselfieber dadurch auch
zu intermittironden Magen darmentzündungen wer-
den. 12) So wie die Reizung aller Organe ein
anhaltendes Fieber veranlassen kann, so kann
sie auch ein einfaches oder ein bösartiges in-
termittirendes Fieber hervorrufen; es ist aber
constant, dafs der Magen sehr oft an der Rei*
zung Theil nimmt. 13) Man darf sich nicht
wunderp, dafs die Magendarmentzüudung öfter
unter dem intermittirenden Typus Statt finde^
als die andern Reizungen, weil sie unter allen
Entzündungen die häufigste und der Magen ei-
nes von denjenigen Organen ist^ die der Intermis-
■ .»
— 41 —
sion' ihrer Thatigkoit im gesunden Zustaade
am meisten ausgesetst sind^ und daCs übrigens
die meisten von den erzeugenden Ursachen der
Wechselfieber auf dieses Eingeweide einwirken.
— Durch diese Sätze, welche Irrthümer, Wider-
spruche und Wahriieitcn bunt durcheinander ge-
worfen enthalten 9 glaubt Aro//55ai5 die Existenz
dos Wechselfiebers nach seinem System, welches
ein Anstofs für dasselbe war, begründet eu
haben.
6) Piorry's Theorie *). P. stellte in neue-
rer Zeit über das Wesen des Wechselfiebeis
interessante Untersuchungen an , welche wir im
Wesentlichen hier roittheilen wollen. Er legt
siebenundzwanzig Beobachtungen von Wechsel-
fiebern seinen Untersuchungeä zum Grunde, und
stellt die Resultate seiner Beobachtungen in der
Beantwortung folgender neun Fragen zusammen:
1) Welcher Natur ist die Anschwellung
der Milz in den Wechselfiehern'i Sie besteht
in einer Blutcongestion des Organs. Dieses hat
etwas Eigenthümlichcs, was ohne Zweifel von
der anatomischen BeschafTeiihcit der Milz her-
rührt. Wohl findet man zuweilen, in Folge al-
ter Wechselfieber, organische Störungen der
Milz; allein dieses zeigt sich in allen Geweben,
welche lange Zeit einer Congcation ausgesetzt
waren. Blutentleerungon und Diät vermindern
sehr schnell eine angeschwollene Leber; diese
Mittel aber haben gar keinen Einflufs auf den
Umfang der Milz, und das Chinin, welches gar
keine Wirkung auf die Lober hat, äufscrteine
I) Memoire lur fetat de la rate danii lus ficvrei inter-
miUentes. Pur. 1833. — ScAifttdl'« Ji^lirli. Dd* (,
Hft. 1. 8. 135 if.
— 4S —
1
sehr auffallende auf die Milz. 8) Durch weU
tfhts Hülfsmiitel läfst sich die Anschwellung der
ü/üiU 'erkennen i Piorry empfiehlt zu diesem
Zwecke die Perkussioa mittelst einer Elfenbein«
platte. Die Untersuchung mittelst der Finger
ist sehr unzureichend zur Beurtheilung des
Durchmessers der Milz; sie lälst das Hervor«
lagen ihres Umfanges unter den Rippen erken*
Den, gibt aber keine Auskunft fiber die Dicke
des Organs. - 3) Ist die Anschwellung der Milz
in den fVechselfiehern beständig^ Unter den sie-
benundzwanzig angeführten Fällen war in zwei-
und zwanzig FöUen die Milz hypertrophisch^ in
einem krankhaft ohne Hypertronhie ; indreiFäl*
len fanden sich Krankheiten der Mite benaeh»
barter Organe und Wechselfieber. Demnach
möchte es scheinen , dals alle regelmälsige^nnd
einfache Wechselfieber mit einem Leiden der
Milz eusammenfielen. 4) Geht die Anschwü»
lung der Milz dem fVechselfieher voraus y fre-
gleitet sie dasselbe ^ oder folgt sie ihm nacA?
Ist schwierig zu beantworten , da in derRegd
der Arzt selten gerufen wird, bevor sich das
Fieber entwickelt hat. In einem Falle beob-
achtete man sie vom vierten Anfalle,, in swei
andern vom achten Tage, und in noch swei
andern vom zehnten Tage an; hier hatte die
Milz bereits ein solches Volumen erlangt, als
das, welches sie in Folge alter Fieber hatte.
Es lälist sich daher glauben, dals das Organ,
von den ersten Anfällen des Wechselfieben
au hypertrophisch ist Bei mehreren der äuge«
führten Kranken beobachtete man vor dem Bin«»
tritte des Fiebers während einiger Tage Un-
wohlsein, und in gewissen Fällen Schmerzen
in der linken Seite. Sicher ist , daÜB das Fie-
ber weichen und die Auschwellung nicht Uofii
— 43 —
Tage, sondern Monate, selbst Jahre lang fort»
bestehen kann. Hieraus liofiio sich schlieben^
dals die Mils nicht die Ursache der Krankheit
sei. Man mufs jedoch berücksichtigen, dab
bei Personen, die eine gröfso Milz haben,
sehr eil des Abends Frost vorkommt, dalii
diese Kranken den Teint der mit WecbseJfie-
her behafteten Personen behalten und häufig
Rückfalle haben. 6) Entspricht die AnschiveU
hmg der WliU Fiebern von dem oder jenem Ty^
pus? Ist die Leber mehr in der Tertiana afß^
cirt^ In den angerührten Fällen hatte der Ty«
pus des Fiebers keinen BiuHurs auf die An-
schwellung der MÜB. Die Hypertrophie Eeigt#
sieh sowohl in der Tertiana , als (^uotidiana und
Quartana. Die Leber kann nur in Folge der
Wechselfieber anschwellen, aber keineswegs
als beständig und in Beziehung mit dem Fie-
ber augesehen werden. 6) IFeiches ist die Na*
tur der H^echselßeber^ Die Periodicität UUst
an ein Mitleiden der Nerven 'im Wechselfleber
glauben. Was ist aber die Ursache der An-
fälle? Wir haben zwei Hcihcn von Thatsa-
chen: a) eine Hypertrophie der Milz, die sich
nicht bezweifeln lälst, da sie physische UuUsi«
mittel constaliren; — 6) eine Umänderung des
Blutes (eine Entfärbung desselben , fast wie bei
der Chlorose), welche ebenso uiibozweifelt wäh-
rend der Dauer der Krankheit besteht. Wel-
cher von beiden Zuständen geht aber voraus?
Hier fehlen Thatsachen, und es bedarf neuer
Forschungen mitU^lst der Perkussion. Es iäfst
sich diese Frage daher nicht beantworten. Mdcb*
ten Aerzte,«die in Gegenden practiciren, wa
Wechselfieber epidcmisdi herrschen, dieses zur
Autklärung des Gegenstandes thun ! Man könnte
sagen , dab die Sumpimiasmen zuerst auf das
— 44 —
« <
Blut wirkten, um Fieber zu eraseugen; allein
eben so gut könnte auch die Wirkung auf das
Nervensystem gelien. Man könnte die prompte
Wirkung von China durch die ven ihr herbei-
geführte Umwandlung des Blutes erklären; al-
lein auch die Neuralgieen, wo sicher das Blut
nicht verändert ist , weichen suweilen der China.
Und wie kann* man glauben, dalüs eine Verän^
derung des Blutes die Fieberanfalle verursache,
wenn man sieht, daCs das Binden von Glied-
malsen, oder ebenso einfache Mittel, die auf
das Nervensystem wirken, das Fieber schnell
unterdräcken ? — Alles, was sich sagen läfist ist :
dafs die Hypertrophie der Milz zuweilen ohne Fie*
berdaist; dafs das regehnäisige, einfache Wedi-
selfieber nie ohne diesa vorkommt; dafs die gimo«-
liehe Farbe der Haut sich nie verliert, so lange
die Milz angeschwollen bleibt, und verschwind
det, sobald sie zu ihrem normalen Umfange zu-
rückkehrt Dieses giebt wenigstens einiges
Licht 7} Ist das Wechsel/leb er eine einfkche^
"besondere Affeciiony oder gehört es zu verschie^
denen Fiebern? Nach den Erfahrungen JKor-
ry*3 ist nicht anzunehmen, dafs die Wechsel*
fieber denjenigen Krankheiten analog sind, wel-
che die Pathologen unter dem Namen „schlei-
mige, gallige" Fieber u. s. w. aufgezeichnet
haben, nie hat er in diesen Hypertrophieeil der
Milz gesehen, welche in den Wechselfiebem
constant sind. 8) fVelche Mittel sind anzu-
wenden y um die Hypertrophie der Milz zu 6e-
kämpfen? Aderlafs leistete iu Fällen von Hy«>
pertrophio der Milz, welche Piorry beobachtete,
nie eine schnelle Wirkung auf das Volumen
des Organs, wohl aber Chinin. Die angefühlt
ten Fälle bestätigen dieses. Zuweilen vermin-
vderte sich die Anschwellung der Milz schon in
— 45 —
vietnndswanKig Stunden. In manchen F&llea
reichten mäbige Gaben dieses Mittels hni; an«
dera Male mniste es in sehr grofsen Dosen g9^
reicht werden. Im Allgemeinen miifs das Chi«
nin y bei Hypertrophie der Milas y sehr stark ge-^
geben werden^ man kann es ohne Furcht su
16 bis 80 Gran reichen , und selbst bis auf
80 Gran steigen. In einem Falle hat ein Kran*
ker, aus Versehen^ 216 Gran genommen, ohne
irgend einen Nachtheil. Es bedarf vor der An«
Wendung des Chinins keiner Ausleerung; Piorry
hat keinen einzigen Fall gesehen , wo das Fie-
ber nicht sogleidi dem Chinin gewichen wäre,
ohne ausleerende Mittel vorangoschickt zw lia«
beui Dr. Vaidy will sogar gesehen haben, dafs
solche Kranke, welche aurch das Chinin geheilt
waren j durch ausleerende Mittel , welche andere
Aerate verordnet hatten, Rückfälle bekamen.
9) Kann ein JFechselfieber ali geheilt an-
gesthifn werden f so lange die Milz hyperiro»
phisch bleibt 1 Nach den gemachten Beobach«
tungen darf man das Chinin , wenn die Fieber^
anfille beseitigt sind, nicht aussetsen, im Oo«
gentheil mufs damit fortgefahren und selbst die
Dosen vermehrt werden, wenn die Hypertro-
phie der Hils fortdauert. Durch dieses Heil-
verfahren macht man die Heilung sicherer und
verhütet sowohl Hückfälle, als die schweren
chronischen Störungen, deren Silx die Mils
werden kann.
Seitdem dieser Punkt in der Pathologie dos
Wechselflebers in Anregung gebracht wurde,
wurde er mchrfallig aufgegriH'en und wiodor
9sur Sprache gebracht. Mo macht Dr. jiudnw^
ard * ) die Prioriiät in BcKUg auf die AuHicht
') G:iz. inöci. de I*ari» No. 48. 1834. — Sihmitlf't
Jalirb. Ud. VII. Ilft. 1. S. 5e.
- :te -
geltend, nach welcher man die Blatkongeation,
die sich in der Milz bildet, als die von WochseU
fiebem onzertrennliehe physiologische Störung
ansehen müsse, welche, wenn sie einen hohen
Grad erreicht » dieselben gefahrlich und tddtlich
mache,. dafs folglich die Blutkongestion die Ursa-
che des Wechselfiebers sei. — Femer verbreitet
sich auch Nonat^') über den Antheil der; Mite
am Wechselfieber und spricht sich hierüber foi-
gendermafsen aus: Ob die Anschwellung der
Milz die Ursache oder die Folge eines Wechsel«-
fiebers ist, ist unbekannt ; immer jedoch ist die-*
selbe beim Wediselfieber zugegen, und ihre
Ausdehnung richtet sich nach der Dauer des
Fiebers, welches auch ohne den Gebranch von
Antiiypicis verschwinden kann, aber dum dauert
die Hypertrophie der Milz fort, und so lange
diese nicht gehoben ist, ist auch der Kranke
nicht radikal ^heilt« Die Verdauung des Kran-
ken liegt darnieder, seine Gesichtsfarbe ist bleich,
mit einem Worte, es ist eine verborgene Ur-
sache vorhanden, weiche die Harmouie der
Funktionen stört; hört aber diese Ursache — die
Hypertrophie der Milz — auf, so werden alle
Functionen wieder regelmäfsig. Man kann hier-
nach zwar nicht behaupten, dals die Hyper^
trophie der Milz die Intcrmittens erzeugt, aber
man kann doch nicht leugnen, dafs sie eine
Gelegenheitsuisache ist, welche den Organis-
mus unter dem Einflüsse eines unbekannten pri-
mären Agens hält. *— Auch Nasse ^) tritt der
von Piorry ausgesprochenen Behauptung ^ dafis
die Wechselfieber stets mit. Milzleiden zusam-
menhängen, bei, indem er bei seinen Bonner
Wechselfieberkranken, wenn er das linke Hy-
s) Laocette franc. No. 139. 1839. «) Ctisper's Wo-
cbeoschrift No. 4. 1836.
— 47 —
pochondriaa^ durch Auflegen der flachen Hand,
mit dem rechten verglich^ jenes wenigstes ebenso
voll und oft voller, als dieses geAinden haben
wiU. —
c) C. Kremers's Theorie 0. — Nach Kre-
mersy der bei dem Wechselfleber eine schmerz-
hafte Empfindung beim Drucke von hinten nach
vom, auf den ersten Rückenwirbel, constant
gefiinden haben w*ill, besteht dasselbe in einer
Irritatio spinaHs, Hyperämie des Rückenmarkes
und seiner Häute. Je leichter der Rücken-
schmeni ist, desto leichter soll auch das Fie-
ber sein, und umgekehrt, je stärker der Rük-
kenschmerz, desto heftiger die Intormittens.
Empfinde der Kranke nur beim Drucke auf den
ersten, oder die beiden ersten Rückenwirbel
Schmerz, sei dieser Schmerz nicht heftig, müsse
der Arzt stark auf diese Wirbel drücken, um
denselben hervorzurufen, so sei das Wechsel-
fleber leicht, höchst wahrscheinlich eine Ter-
tiana» eidfoch, rein, und werde dem Chinin bald
weichen. Sei aber der Rückenschmerz auf drei
bis vier und mehr Wirbel ausgedehnt, sei er
heftig, reiche der Druck eines Fingers nicht
hin, denselben hervorzurufen, so sei das Fie-
ber auch heftig, eine Quotidiaua, Quartana, oder
die Anfälle haben irgend etwas Unregelmäfsi-
ges, und werden hartnäckig dem Heilverfahren
widerstehen. Sowio aber der Rückenschmeras
an Heftigkeit und Ausdehnung abnehme, ebenso
und in dem nämlichen Grade werden auch die
nächsten Fieberanfälle an Heftigkeit verlieren^
jene regelmäßig werden, wo irgeiM etwas Un-
regelmälsiges in ihnen vorkäme. Rccidive des
Fiebers erfolgen nicht mehr, wenn die letzten
>) UotenucboDgeB über du Weobielfiebcr. äachsa 1637«
— 48 —'
Spuren des Schmerzes völlig beseltigft seien»
Früher aber dürfe die Kur der Krankl^it nicht
als beendigt angesehen werden. — Maillofs
oben erwähnte SectionserAinde können gewis-*
sermaüsen zur festern Begründung des diagno-
stischen Fundes von Kremers dienen. — Pau^
li's ^) diesfallsige Untersuchungen ergaben da-
gegen, dafs nicht einmal der vierte Thtil der
Intermittens- Kranken die angegebenen Schmer-
zen erleiden. — Grofsheim in Berlin fand Ab.-*
gegen bei fünf Individuen die Empfindlichkeit
einiger Wirbel allerdings jedesmal^ aber nur
einmal die der zwei obem Rückenwirbel, zwei-
mal dagegen im vierten bis achten, einmal im
siebenten bis neunten, und einmal in den uih
tern Rückenwirbeln und allen Lendenwirbeln.
d) Aug, BonneVs Theorie ^). Nach ihn!
ist das Wechselfieber eine krankhafte Irritatiod
(inittftiön morbide), und zwar in seiner einfa-
chen Form ^iner Irritation des Herzens und
seiner Anhänge. Er bekämpft die Ansicht Rayer\
nach welcher der Sitz des Wechsclficfbers iii
einer Irritation des Hirnes und Rückenmarkes
besteht ; eben so wenig will er als bMnder An-
hänger des Broussiauismus gelten, und sucht
auch diese Theorie zu widerlegen, obgleich er
zugiebt, dafs, weil die Gastroenteritis die häu-
figste aller Entzündungen sei, auch die Irrita-
tion gastrique die häufigste Ursache des Wech"
selfiebers sei, welches doch zuweilen Von blo-
fser Herzentzündung bedingt werde.
Ich begnüge mich, von den vielfältig beste-
henden, diese wenigen Theorieen hier besonders
erwähnt zu haben , und beschränke mich iii Be-"
Ziehung auf ihre praktische Wichtigkeit, auf die
») Hei<^elberger Annalen. Bd. It. Hft. 3. «) traite
des fi^Tres intermittentes. Paris 1835.
— 49 —
kflierkaog, daCs sie sämmtlich die Natur des
Hebers in zu geringe Grenzen eingeschränkt
litben; denn das Fieber ist keine blos örtliche
lürnnkheit, nicht auf ein bestimmtes System
»der Organ beschränkt, sondern eine allgemeine,
iber den ganzen Organismus gleichsam ausge-
[Tossene AfTcction, mit einem Worte eine Re-
letion des individuellen Organismus gegen die
BeschafTenheiten des Planeten, welche seiner
Eotwicklong ungünstig sind. Bei dieser Ro-
icüoD tritt der menschliche Organismus auf die
LebeDSZUStände zurück, welche in Beziehung
luf ihn in abstracto zwar ungewöhnlich und ab-
norm, für andere Wesen aber gewöhnlich und
Dormal sind. Von dieser Seite aus betrachtet,
erscheint uns das Fieber als ein tieferer in dem
Wesen de« Lebens wurzelnder Prozeis, und
Biiiilt eine viel höhere Bedeutung. Um unsere
Ansichten zur Klarheit entwickeln zu können,
iü die Vorausschickung der nachfolgenden all-
paeinen Sätze nothwendig.
~ Pathologie des Menschen ist die Phy-
der Thiere, sagt Oken und giebt da-
durch klar zu erkennen, daüs er Krankheit über-
haupt als die Hinneigung des afficiren Orga-
sismus zu einem niedem, irgend einer unterge-
ndneten Thierreihe eigenthümlichen Bildungs-
tvpus betrachtet, aus welchem ersieh erst wie-
m durch verschiedene Entwickelungsvorgänge
-» Krankheitsverlauf, Naturheilung — zu sei-
ner frühem Höhe emporzuschwingen ver-
DMg. Den menschlichen Organismus können
nrir nämlich als ein Aggregat mehrerer Indivi-
duen, als einen Zusammenfluls mehrerer beson-
dem Leben, zu einem gemeinsamen greisen Le-
bensprozesse — als ein wahrhaft organisch le-
bendes Netzwerk betrachten. Qer menschliche
looni.XCm.Bd.2.St. D
— '50 4-
Organismus stellt daher en miniature ein gein
Abbild der gesammten äuüsem N^tur dar, c
seu einzelne Theilo un3 Organe , so zu sa{
die Repräsentanten der übrigen in der Nt
«erstreut liegenden Schöpfungen bilden,
unter diesen Verhältnissen entwickelt sich (
unendliche Reihe von Beziehungen, sowohl
einzelnen den Organismus koustituirenden Th
unter sich als zum Ganzen und wiederum
einzelnen Theile, wie des Ganzen zur AuA
weit, wobei bald diese, bald jene Seite vorht
sehend entwickelt hervortritt und einerseits^
der Aufsenwelt verschieden angesprochen, \
dererseits aber auch von jenen verschieden •
diese zurückgewirkt wird; denn die AuIsenK
pafet gleichsam als ergänzender Theil zum]
ben und verkehrt mit ihm wie ein organisd
Glied mit dem andern. Wir können daher !
Recht sagen, dab jeder krankhafte Zustand -
normaler, unter dem Mikroskope )ietracht«j|
oder mit andern Worten überhaupt nur die
gerung irgend eines entsprechenden
sei. Diese allgemeinen pathologischen S9
wollen wir nun speziell auf das Wechselfiil
anwenden, und zi^ diesem Zwecke seine fl
schichte in gedrängter Kurze durchgehen. ^
Beirder Erörterung der Aetiologie des WiM
selfiebers erwähnten wir, dafs der Frühling^
Herbst, oder überhaupt eine Witterungsbesclll
fenheit, welche diesen beiden Jahreszeiten I
meisten entspricht, der Entwicklung des Wed
selfiebers am günstigsten sind. Im wahi
Grunde genommen giebt es aber nur zwei M
reszeiten, nämlich Sommer und Winter i ddi
der Frühling und der Herbst stellen nur die d
mähligen Ucbergaugsformen von der einen '
die andere dar, ja sind gleichsam nur die vA
— 61 —
den ProportioDRlglietlcr EWeicr verscliie-
Srfilken. Kbcnflo glebt ee im thioriachon
smua strenff genommen nar zwei Gruad-
le, nlmlich au Gefil/t- und Serven»yattm\
ille übrigen UsseD sieh von diesen sb-
Dnd auf diese Kurückluhien. Wie Som-
Bd Winter auf unsonn Planetenaystemo
jiandei gerade entgegengesetzte Polo dar»
, so auch im lebenden thicrisclicn Ova-
das Nerven- und Gcrärasystcm. Lieht
iTlime sind die ersten Triebräder des or-
henlicbens, daher onlspricht der IS immer
hralirender Liclit- und Wiannueiitwicko-
tem Nervensystem als dem lebendigen
i^eich belebenden Agens in der thieri-
D^amisation. Luft in ihrer Heinbeit, be-
hnch K<o, wirkt aber am unmittelbu^
if das Blut, in Bezug auf die Erhaltung
nonnaleii Üiscliungsverhftltnisses, daher
obt doiWintcr, mit vorliorTscliondor KUte-
klung, dem tjerarssyelem , dessen Inhalt
id und Eugluich bulebbar ist. Hieraus
t DDn, dalis unter den obwaltenden Um-
0, im Sommer das Nervensystem unit im
r dasGofürssystem sich von den übrigen
len mehr heransEubilden streben und auf
Vaise gcwisacrmal^cn bestimmte Gegcn-
iin Gcbielo des lebenden Orgenimnus be-
Wenn gleich die Aurseneinflüsse im
■einen am wenigsten Macht auf den Hon-
ftufsem, 80 entspiicht ilnch das KrüHe-
jiilh »eines Leben», wie jenes jeder an-
Irganisation der B<iHrhaflcnlieit ihres Va-
loa und den mit ihm gegebenen Zeit-
', iuBorern die Aurscnwelt so bestimmeitd
m Leben einwirkt, data gerado die ihr
Bebenden Seiten dos Organismus, sich dem
|A»-
— 58 —
BubjuDCtiven Verbände entziehend, mehr e
wickelt hervortreten. Hieraus erklärt sich^
80 häufige Erscheinung, dafs gewisse Thäf
keiten, ja sogar ganze Krankheitsfamilien j
cyklischen (rang der Natur so in sich au^
nommen haben, dafs sie nur zu gewissen«!
reszeiten zum Vorschein zutreten, und wie,
Verbreitung und die Blüthezeit der Pflani
und das Erwachen des Begattungstriebes
Thiere an bestimmte äufsere Einflüsse und ?,
atmosphärischen Conjuncturen mehr oder 1
niger abhängige Perioden sich zu binden |i|
gen, und die Uebergangsglieder dieser pea
dischen Erscheinungen werden besonders dq
den Frühling und Herbst bedingt Im Fv
Unge finden wir nämlich das besondere Best
ben ausgedrückt, das durch .Prävalenz des (
fäfslebens mehr in den Hintergrund getrelj
Nerveuleben während der bestehenden WUi|
kälte wieder mehr hervorzubilden, und di|
allmählig sich steigernde Wärme demselben Yf
der die organische Prädominanz zu verseif
fen. Diesem innern Vorgange eutsprechii
ist von aufsen, in der äuJbern Natur, allaij
liges Auflösen des gefromen tropfbar Fläsail
in den flüssigen Zustand und mit steigen
Wärme theilweises Ueberführen desselbeq
den dampfförmigen. Gerade das umgek^
VerhältniTs finden wir im Herbste ausgesui
eben, wo in der äufsern Natur deUtUch i
Bestreben ausgedrückt ist, das Verflüssigte V9,
der in den festen Zustand zurückzuführen,.!
welchem Vorgänge zuerst die in der Ata
Sphäre aufgelösten Flüssigkeiten als Nebel q
dergeschlagen, endlich zu Reif, Schnee i
mngebildet werden. Unter diesen Verhältq
sen wird also ein Luftstand mit Wasser u
— 63 —
dativ ohne Wärme hervorgerufen, eine solche
iuft ist also feucht und kalt, unter allen aU
losphärischen Luflzuttänden die schIochtefltC|
pd besonders Sumpfländern eigen. Unter die-
Bm Vorgänge wird in den Thätigkeiten des
lef&b- und Nervensystems eine gewisse Ebbe
nd Fluth eingeleitet; gewissermaßen ein Streit
m die Prädominirung zwischen beiden ent-
wickelt, und indem bald dieses, bald jenes sich
OB dem Hintergründe auftaucht, sinken end-
ch beide im Streite erschöpft in sich selbst
iirück. Der Organismus tritt nun in ganz an-
era Verhältnisse mit der Aufsenwelt; die Le-
eosthätigkeit tritt aus ihrer centrifugaler Bahn
I die centripetalo über, die Aufsenwelt sucht
m Organismus auf den engsten Raum zurfiok-
adräDgen. Die Folge hie von ist, dafs alle
nrgescenz sich nach innen wirft, die Blut-
Mse sich in den innern Organen anhäuft,
innh&utige Venenstämme varikös erweitert wer^
m, blutreiche Organe von lockerm Baue au
infting zunehmen, und hieraus erklärt sich hin-
tohend die Bildung von Milzanschoppangen,
»genannte Fieberkuchen, und die übrigen auf
ritation des betreifenden Organs hindeutenden
racheinungen , die in Leichen vorgefunden wei^
Ml, welche dem Wechselfleber unterlegen sind,
- welcher Brfund um so häufiger sich bewährt,
8, in der Regel der Tod beim Wechselfieber
B Froststadium fällt Durch dieses Zurfick-
ieheu der Lebensthätigkeit von auben nach
inen wird nun der Aufsenwelt ein gröfserer
pielraum in dem Gebiete des betreffenden Or-
anismus eingeräumt, sie sucht dem Individuum
»ine Individualität zu rauben und sein ange-
ignetes besonderes Leben wieder in - den Kreis
BS allgemeinen hineinzuziehen und dem AU
— 54 —
1
wieder eiftzuverleibenu Unter diesen Verhalt»
nissen stellt sich uun der Organismus zur Ge-
genwehr und leitet nun gewisse Entwickelungs-
Vorgänge wieder ein^ um zu seiner frühem bn
tegritat zu gelangen. Diese Reaction gehtso-
nächst vom Nervensysteme, als der lebendigeä
und zugleich belebenden Potenz aus und in
Folge hievon erwacht der Kampf zwischen
Nerven- und Gefafssystem um die Oberhw-
Schaft aufs Neue wieder ^ daher erleidet der ge-
sanunte Organismus Schütteln und StöÜBe, wie
es sich im Froste deutlich manifestirt. Das
CSeiäfisHsystem entwickelt bei diesem Vorgange
seine höchste Kraft und ubehvindet endlich die
beengenden Bande , strömt rasch seinen Inhalt
nach aulisen mit beschleunigter und verstiricter
Bewegung', und nun hat sich die früher nadi
innen gekehrte Turgescenz nach auüsen gewoi^
fra, wie wir dieses deutlich im Hitsestadimi
erblicken. Endlich werden auch dieser Expan-
sibflitat des Blutes Schranken gesetzt, es wird
eine Ausgleichung eingeleitet, welche nun dordi
Zurückfuhrung gasförmiger Stoffe in den trop^
bar flüssigen zu Stande kommt, wie dieses das
Schweüsstadium auf eine augenfällige Weise
bewährt. Der Mensch durchläuft also im Wecb-
selfieber gleichsam gewisse Phasen, welche anf
unseriem Planeteusystem den vier Jahreszeiteo
entsprechen, nämhch der Frost dem Winter,
sein allmähtiger Uebergang in die Hitze dett
Frühliuge, die Hitze dem Sommer, und die
Ausgleichung durch Schweifs dem Herbste ; oder
den vier obem Thierklassen, nämlich der Frost
dem Fische, der iß einem steten Fieberfrosta
lebt, sein iJlmähliger Uebergang in die Hitse
den Amphibien, welche weder warm noch kaK
sind, die Hitze selbst den Vögehi, welche ia
— 55 —
immerwährenden Fieberhitze sich bcfin-^
doiy und die kritische Entscheidung durch
Schweifis etc. den Säugethieren, weiche die er-
wihnten Extreme zur Einheit vereinigt in sich
enthalten. Um diese Vergleichung bündig durch-
nfohien^ wollen wir die aufikllendsten organi-
schen Abweichungen dieser verschiedenen Thier-
klmven durchgehen und sie dem Zustande des
Wechselfieberkranken gegenüber stellen und*
sodum nutersuchen, ob sich von hieraus keine
AnfkUuruDg über das Wesen des.Wechselfie«
beiB herausstelle.
Bei den Fischen finden wir die Respiration
nur nnvollkommen von Statte^ gehen, der Un-
teischied zwischen venösem und arteriösem Blute '
ist daher nur gering, die Radien des Gefals-
syslentti sind verkürzt, insofern die Gefafsver-
inldiungen in die Organe nur gering sind ; die
Mawr des Blutes ist im Verhältnisse zur Kör-
ponnasse nur gering, die peripherischen Organe
daiUialb blutarm, die Blutbewegung langsam,
dw peripherische Ausdünstung haben grö&ten- .
theils die greisen vorhandenen Nieren übernom-
■en. Die Rückenmarksnerven verzweigen sich,
wie die Blutgefäfse, nur einfach und sparsam
in die Organe, deren Substanz deshalb noch
wenig sensibel ist, während die Geflechte des
sympathischen Nerven sich vielmehr ausstrahlen.
Bei den Amphibien ist die Respiration zwar
ebenfalls noch unvollkommen , doch dadurch dem
entsprechenden Lebensacte höherer Thiere sich
■ehr annähernd, da£s freie Luft eingeathmot
wird, der Unterschied der beiden Blutadern tritt
daher mehr augennillig hervor, obgleich noch
■ichi vollkommen unterschieden. Die Radien
des Gefäfssystems veriängern sich mehr, in so-
t
— 56 —
ferne mehr GePafse gegen peripherische Orgin»
verlaufen y als bei den Fischen; die Menge des
Blutes steht zur Masse des Körpers mehr in
geradem Verhältnifs, die Blutbewegung etwas
beschleunigter, die Haut mehr ausdünstend ; das
Ruckenmark ist in seiner Entwickelung mehr
vorgeschritten und dem hohem Typus mehr ge-
nähert, die Verzweigung seiner Nerven ausge-
breiteter, das Ganglieusystem stark entwickelt
und viele Geflechte bildend.
Bei den Vögeln haben die Respirationsor-
gane' den höchsten Grad ihrer Ausdehnung er-
langt, in sofern man von einem Vogel sagen
kanp, dafs sein Körper gewissermalsen nichts
als lauter Lunge sei; beide Blutarten Stehen in
schroffen Gegensätzen einander gegenüber, das
arteriöse Blut erhält eine hochrothe, das venöse
eine dunkelrothe Farbe, die Radien des Ge-
fSfssystems treten sehr verlängert hervor; zwi-
schen Blut- und Körpermasse ist jedes HiCs-
yerhältnifs ausgeglichen, die Blutbewegung geht
rasch von Statten, die Temperatur des Blutes
ist z. B. nach Davy beim Sperling = 34® R«
und nach Schultz beim Finken = 35^ R. ; die
Haut ist dunstabsondernd; das Rückenmark hat
den höchsten Grad seiner Ausbildung erlangt,
in sofern es den Versuch macht, ein zweites
Gehirn zu entwickeln; denn durch rautenfor-
mige Auseinanderwe^hung der obem Längs-
stränge kommt die Bildung des sogenannten
Sinus rhomboidalis in den Kreuzwirbelh SQ
Stande — eine blasenförmige Anschwellnng^
welche bei keiner andern Thierklasse sich wie«
der findet; der sympathische Nerve ist durch«
aus vollkommen entwickelt.
Endlich bei den Sa'ugethieren sind alle Mift*
Verhältnisse, welche bei den andern Thierkla»-
. — Ö7 —
MD noch aufTallend hervortraten ^ ausgeglichen
und ein gewisses Ebenmaafs hergestellt. Die
Lungen sind von den übrigen Organen mehr
abgeschlossen, und ihr Umfang, im Verhält-
nisse zum Vogel, als Luftorgane beschränkt,
beide Blutarten sind durch sinnliche Merk-
male von einander verschieden, die lllutbowe-
guug langsamer, als beim V^ogol, und die
Wärme um einige Grade geringer, als bei je-
nem; die Verthcilung des Blutes in den Orga-
nen ist ihren Functionen angemessen , die Haut
stark absondernd, sowohl dunstfiirmige, als gas-
förmige Stoflc, die sich als Schweifs nieder-
schlagen^ das Rückenmark wird zur Masse des
Gehinis kleiner, als bei den übrigen Thie-
ren, der sympathische Nerv gleicht jenem der
Vögel.
Wir finden also die Lebenszustände vei^
schiedener Thiere an eine bestimmte Organisa-
tion gebunden, welche der Mensch im Wech-
selfleberanfalle gcwisscrmafscn nachahmt. Wir
finden Verkürzung der Hadicu des GefäCssy-
stems, einfache und sparsame Verzweigungen
der Rückenmarksncrvcu und Ueberwiegen der
Ausstrahlungen der Geflechte des sympathischen
Nerven mit Verminderung der Temperatur glei-
chen Schritt halten, und mit Veränderung die-
ser Verhältnisse dieselbe im nämlichen Grade
steigern , so dafs wir in einer gewissen Bezie»
hung sagen können, das Wesen des Wechsel-
flebersist in einer Polarisation dieser Systeme
und zwar des sympathischen Nerven -Ganglien-
systems überhaupt einerseits — und der Rücken-
marksnerven-Spinalsystem andererseits — be-
gründet, mit gegenseitigem Ueberspringen der
polarischen Tliätigkeiten, aus welchen Ver-
hältnissen sich auch alle beim Wechselfleber
— 58 —
sich einstellende Erscheinungen naturgem&tb deu-
ten lassen, deren specielle Durchführung unse-
rer Arbeit aber eine zu grofse Breite verleihen
würde.
4. Untersuchung des Grundes von dem neuerer
Zeit häufigen Forkommen des Wechsetfiehers.
Es gehört wirklich zu den interessantesten
Erscheinungen in der Pathologie, dafs gewisse
Krankheitsarten bald aussterben, oder doch we-
nigstens in ganz andern Formen zum Vorschein
treten, oder sich, früher ausgebreitet, ^auf ihr
ursprüngliches Vaterland zurückziehen, bald
Krankheiten in Gegenden zum Ausbruche kom-
men, welche seither för dieselben keinen trag-
baren Boden lieferten. Diese abweichenden Ver-
hältnisse können nun entweder in einer Verän-
derung tellurischer und kosnuscher Verhältnisse,
oder m einer, im lebenden Organismus selbst
entwickelten Umänderung, oder in beiden zu-
gleich begründet sein. Diese Verhältnisse wol-
len wir nun, in Bezug auf das Wechselfieber,
^ welches neuerer Zeit viel häufiger und in Ge-
genden aufzutreten pflegt, wo es früher nur zu
den seltensten Erscheinungen gehörte, einer
besondern Erörterung untenverfen.
Bei keiner endemischen Krankheit sind die
klimatischen Verhältnisse, von denen sie abhän-
gen, offenbarer, als bei dem Wechselfieber,
daher ^ich auch von dieser Seite aus für spo-
radische Fälle Aufschlufs erwarten läüst Es
sind besondere Effiuvien, Emanationen, die im
gewissen Orten dem Planeten entsteigen, sich
dem Luftkreise beigesellen und in dem Men-
schen, der sich in sie eintaucht, das Wech-
sclfieber hervorrufen, wie wir beim Durchgelpen
— 69 —
der Ätiologischen Momente näher erörtert haben«
Diese Dünste haben ^ nach den seitherigen Br^
fifthningen, einen vierfachen Ursprung , nämlich:
a) Sie entwickeln sich aus stehendem, sich
zersetzendem y süfsem Wasser, besonders ans
Sümpfen. Aber auch aus allen Flüssen nnd
Strdmen, wo das Wasser einen geringen Fall
hat, wo die Ufer niedrig und deüshalb häufigen
Ueberschwemmungen ausgesetzt sind, wo sich
sogenannte Altwasser bilden, daher besonders
an den Ausmündungen der Ströme in das Meer,
in den sogenannten Deltaländern.
&) Sie entstehen aus stagnirendem See-^
Wasser, insbesondere aus einer Vermischung des
Seewassers mit süfsem Wasser — sogenann-
tem Brackwasser — , wenn es in Zersetzung über<»
geht, namentlich durch den Einflufs der Wärme.
Daher sind die Wechselfieber einheimisch in
Kästengegenden, besonders wenn diese flach
und niedrig und dadurch häufigen Ejinbruchen
des Meeres ausgesetzt sind.
c) Als eine dritte Quelle des Wechselfie-
bermiasma's ist die Zersetzung organischer Sub-
stanzen zu betracliten, besonders vegetabilischer.
Ddier henschen sie im Erühliuge and Herbste;
bei jenen, weil beim Schmelzen der Schnee-
decke ein VerwesungsproceCs eingeleitet wird,
und in diesem, wvil mit ihm ein allgemeiner
G&hmngs- nnd Fäulni&procelis in der vegeta«
tiven Welt beginnt. Nach t;. Humboldt sind
gewisse Pflanzen, namentlich faulende Was-
serpflanzen, welche viel Sauerstoff einschlucken
und Stickgas und kohlensaures Gas entwickeln,
z. B. Rhizophora mangle, Hippomane manci-
nella o. a. besonders zu beschuldigen. Das
Sumpimiasma scheint eben so sehr den zer-
setfiten Pflanzcntbeilen , wie dem zersetzten
— 60 —
Wasser seinen .Ursprung zu verdanken, in
unsem Breiten sind vorzüglich jene Sumpfe
gefährlich, welche viel Pflanzentbeile von Ty-
pha latifolia, Sparganium und Irisarten, beson-
ders vom Calamus enthalten. Nach Savi upd
Pqfserini entwickelt sich das Miasma zum Theil.
von mehreren in den Morästen zahlreich wach«'
senden giftigen Pflanzen , namentlich der Chava,
die in den Monaten, während deren das Miasma
am empfindlichsten ist, eineq stinkenden Ge-
ruch um sich verbreitet.
c/) Eüdlich gehören auch die dem vulka-
nischen Boden , wo das vulkanische Leben noch
rege,, wenigstens noch nicht ganz erloschea
ist, entströmenden Dünste hierher. Wecbsel-
fieber kommen endemisch vor in Gegenden, die
sich diirch ihr vulkanisches Veriiältnifs aus»
zeichnen.
Ueberall also, wo Auflösungs-, Zerset-
zungs- und Gähruugsprozesse in der äuCseni
Natur rege sind, wo ein gleichsam vorweltli-
ches, oder urweltliches, chaotisches, ii>fuso-
rielles Leben waltet, herrschen die intermitti-
renden Fieber. Wenden wir nun diese allge-
mein auf das Wechselfieber sich beziehenden
Sätze speciell auf die Gegend meines Wir-
kungskreises an, so finden wir mehrere Ver-
hältnisse neuerer Zeit künstlich herbeige-
führt, von welchen man früherer Zeit nichts
wufste. Ich lebe nämlich in einer Gegend, wo
der Feldbau — Landwirthschaft überhaupt — zu
den ersten und wichtigsten Erwerbsquellen ge-
hört, und defehalb auch in grofser Ausdehnung
betrieben wird. Da unter diesen Verhältnissen
alle Stucke urbar gemacht wurden, und mai»
auf alle mögliche Weise dem Boden einen Er-
trag abzugewinnen sucht, so wurde auch eine
— 61 —
Behandlungswelse eiogesclilagen, welche un-
sern Vorfahren weniger bekannt^ oder wenig-
stens von ihnen veruachläfsigt wurde — ich
meine nämlich die Verwendung der Mistjauche
fiur Düngung. Um nun dieses Düngungsmittel
in möglichster Quantität zu erhalten , werden
bereits vor jedem Hause künstliche Pfötzen ^ in
gröfserm oder geringerm Umfange, oder künst-
hche Zisternen angelegt und so zur Entwicko-
lung von EfBuvien , aus einem eingeleiteten Zer-
setzungsprozesse thierischer und vegetabilischer
Theile entsprungen, Anlafs gegeben, welche
besonders während starker Regengüsse, Schnee*
fluls u. dgl. , durch Zufuhr neuer Stoffe und Aus-
fluls der Mistjauche gesteigert und so zur Bil-
dung einer Luftbeschaffenheit Anlafii gegeben
wird, welche ein Analogen der Sumpfluft sein
dürfte. Diese Umstände erkläre ich als den ei-
nen Grund von dem häufigern Auftreten deai
Wecbselfiebers in unserer Zeit und in Gegenden^
wo dasselbe entweder nur als eingeschleppt^
oder fast nie beobachtet wurde.
Ein weiterer Grund scheint aber auch ia
der Organisation und in der Lebensweise un-
serer gegenwärtigen Bevölkerung zu liegen«
Wir leben nämlich gegenwärtig in einer ZeiU*
periode, wo mit grofser Sorge und Aengstlich-
keit auf die Bildung des Geistes, schon von
früher Jugend an, hingewirkt wird, während
auf körperliche Bildung gar keine Rücksicht ge-
nommen wird. Unter diesen Verhältnissen wird
ein gewisses Müsverhältnifs zwischen der
psychischen und somatischen Sphäre her-
vorgebracht, in sofern die Bildung des Gei-
stes der Entwickelung des Körpers voraneilt,
dadurch letztere in ihrer vollen Ausbildong
stört und so eine krankhafte Reizbarkeit^ oder
— 6« —
mit andern Worten andere Verhältnisse zwi-
schen dem Individuum und der Au£senwelt zur
Entstehung bringt, wodurch sämmtliche Ent-
wicl^elungsvorgäige zu krankhaften Thätigke^-
ten umgewandelt werden. Nehmen wir femer
noch ai3 die Lebensweise unserer gegenwärtH>
gen Generation gehörige Rücksicht, und brin-
gen wir in Erwägung ,' da(s uns ^gegenwärtig
Umstände zum Bedurfnifs geworden/ weldbe
uisem Vorfahren fremd geblieben sind, so kön-
nen wir, mit voUeni Rechtesagen, dafe der ge-
genwärtige Lebenszustand von dem der Natur
angemessenen möglichst weit entrückt sei, dafis
wir wirklich ein mehr künstliches Leben führen,
innerhalb dessen Breite das Heer der Krank-
heiten sein Lager aufgeschlagen hat Hierin
wurzeln die neuerer Zeit so häufigen Hamor-
iboiden, Infarkten, die verschiedenen Nerven»
zufölle, und mit diesen auch die so häufigen
Wechselfieber in Orten , wo sie früher nur sri-
ten beobachtet wurden u. s. w. Diese beiden
Momente dürften zur Aufklärung dieser in Rede
stehenden Angelegenheit hinreichend sein.
In meinem Wohnorte Rottenburg, welcher
unter dem S6<> 36' 30'' östlicher Länge und 48«
S8' 35" nördlicher Breite 1048 JPariser Fufs über
der Meeresfläche in einer schönen ebenen Aus-
weitung des Neckarthaies liegt, welches mit den
schönsten Gegenden unsers Landes wetteifert,
habe ich in neuerer Zeit die Entwickelung von
Wechselfiebem beobachtet, welche mit gewis-
sen Lokalveränderungen im engsten Verbände
standen. Durch Versetzung der städtischen.
Mühlen wurde nämlich ein Arm des Neckars,
welcher den Theil eines Stadtviertels doppett
durchschnitt, abgeleitet, und die betroffenden
Kanäle der Austrocknuug überlassen. Zweiln-
. — 63 —
dividnen^ welche an vorschiedenen Theilendes
Kanäle« ^hre Wohnung hatten, erkrankten in
einem Zwischenräume von etwa drei Wochen
an einem larvirten Wechselfieber, welches sich
durch einen äufserst heftigen, vollkommen in-
termittirenden Schmerz, in dem einen Falle
längs des N* supraorbitalis und bei dem an-
dern den infraorbitalis entlang verbreitete und
in beiden Fällen über sechs Stunden anhielt.
Beide wurden durch Chinin geheilt Der Ty-
pus war der dreitägige. Aulser diesen beobach-
tete ich, unabhängig von diesem Verhältnisse,
noch einige emfache Tertianfieber in hiesiger
Stadt» Hehrere ähnliche Fälle beobachtete ich
in meiner oächsten Umgebung auf dem Lande,
in Obemau, Niedemau, Schwalldorf, Dettin-
gen u. a. Orten, wovon rch zum Schlüsse ei-
nige interessante Fälle speciell mittheilen werde.
C Zur Therapie des Wechselfiehers»
Ohne hier die verschiedenen Methoden
.durchzugehen, nach denen früher das Wech-
selfieber behandelt wurde, werde ich gleich zu
dessen Behandlung mit der China und ihren Prä^
paraten übergehen, welchen insgesammt die
gröiflte fiebervertreibende Kraft einverleibt ist.
Nach einer alten Sage soll die Wirksamkeit
der China gegen das Wechselfieber durch cf-
nen Zufall entdeckt worden sein. Ein mit Wech-
selfieber Behafteter in Peru soll nämlich durch
Zuteil von einem See getrunken haben , in des-
sen Wasser mehrere Chinastämme eingefiedlen
waren und von dem Fieber befreit worden sein,
oder wie Andere wollen, soll in den See ge-
fallen sein, dadurch von dem Wasser verschluckt
und sofort das Fieber verloren haben. Verhalte
— 64 —
sich die Sache, wie sie wolle ^ soviel steht i
ausgemachte Thatsache fest, daJGs die Bcwol
Der Peru's die Wirksamkeit der China gegi
das Wechselfieber kannten, ehe ihr Vaterlai
von den Europäern entdeckt wurde, welcl
erst lange Zeit nachher davon Kunde erhielt«
lieber das erste Bekanntwerden der China <
Europa wird Folgendes berichtet : Der Correg
der der Provinz Loxa, fisLtnens Canizaves, we
eher wechselfieberkrauk, auf den Rath eini
Eingebornen die Chinarinde mit heilsamem B
folge gebraucht, empfahl sie 1638 der, an de
selben Krankheit leidenden Gattin ^des Vi«
königs von Peru, Grafen von Chinchony wfl
ehe bald nachher genas, obgleich ihre Kranl
heit allen früher angewandten Mitteln hartu&cki
Trotz geboten, woher der Name Cortex Cii
chonae, — eine Corruption des Namens „CAii
chonaeJ' Die Indianer nennen den Chinabaal
yyKiukina\ die Spanier j^Palo de Calenturas
gleichsam Fieberholz. Von diesem gluckliche
Erfolge schreibt sich der Ruf der China in Eq
ropa her, welche Anfangs Pulvis Comtissae d«
Chinchon genannt wurde. Die Gräfin del Chifl
chon nahm bei ihrer Rückkehr nach Spanie
im Jahre 1640 eine grofse Menge davon m
und vertheilte sie daselbst; so wurde diese
Mittel in diesem Lande Europa's zuerst be
kanut. Am meisten trugen jedoch zu ihrei
Rufe in Europa die Jesuiten in Rom, im Jahi
1649 und namentlich der Kardinal Juan de Lug
bei^ welche starke Quantitäten der Rind
aus Südamerika theils mitbrachten, theils voi
dort kommen liefsen und in ganz Italien ver
breiteten, so daCs diese lange Zeit hindurol
Jesuiten" oder Kardinalpulver — Pulvis jesuiti«
GUB, F. Patrum, P. cardinalis hielis. Allein die*
~ 66 —
86S köstliche y blots voo einigen Individuen ge^
kannte Heilmittel war für die Masse der Aerzte
ein Geheimnüis geblieben. Gegen das Ende
des siebenzehnten Jahrhunderts — 1679 kaufte
Ludwig XIV. das als fiebervertreibendes Ar-
kanum von Robert Talbor y einem Zeitffenos-
sen Sydenham'Sf für einen enormen Preis vei^
kaufte Pulver (1 Pfund kostete 100 Louisd'ors)
für 8000 Louisd'ors und eine Leibrente von 8000
Idvres ab , nachdem Talbor damit die glänzend-
sten Kuren gemacht und sowohl die Heilung
der Harscbälle Colbert und Cond^y nach An-
dern selbst des Dauphin's bewirkt hatte, und
madite es öffentlich bekannt. Durch diese Ver-
öffentlichung wurde die China wirklich bekannt,
tmd ihr Gebrauch als sicheres Febriibgum in
Frankreich^ Deutschland und fast ganz Europa
allgemein. Soviel zur Geschichte der China im
Allgemeinen.
Was die Präparate dieser Rinde betriffity
so sei hier nur des Chinins erwähnt, welches
im Jahre 1820 Pelletier und Caventou als Ai-
kaloid entdeckten , und in Verbindung mit
Schwefelsäure als schwefelsaures Chinin von
Double y Chomel u. A. in seiner Wirksamkeit
geprfift und alle Wirksamkeit der Chinarinde
in ihm vereint gefunden wurde. Seit dieser
Zeit wird diesem Präparate ^ als leichter und
angenehmer zu nehmen, dec Vorzug eingeräumt^
Nun sei einiger besondem Methoden Erwäh-*
nnng gethan.
o) Die Methode von Reich. — Reich be-
hauptet^ das Wechselfieber, welches er für eine
Art Brustentzündung erklärt, sei durch Ader-
lässe und Tartarus emeticus in starken Gaben
von zehn bis zwanzig Gran auf acht Unzen
JoQrD.XCIlI.B.St.2. B
— 66 —
Wasser zur Heilung zu briugen. Stenherg i)
wandte diese Methode in 109 Fällen folgen-
dermalsen an: er lieJGs wo möglich während des
Fieberparoxysmus Blut, am liebsten im Frost-
stadium, öder so kurz vor dem Anfalle, wie
möglich. Er machte nie mehr als drei^ und
selten mehr als zweimal Blutentleerungen. Wäh-
rend des Paroxysmus gab er keine Arznei, aber
in der fieberfreien Zeit 2 Drachmen Salmiak, mit
8*- 12 Gran Brechweinstein auf 8 Unzen Waih
ser, alle 2 Stunden 1 EfslöfPel voll. Bei Kin-
dern setzte er Blutegel an die Regio cardiaea
und gab innerlich Tartar. emet. in Saft Die
Periode der Hitze verminderte sich bei dieser
Behandlungsweise bedeutend, das erste 'Hai
zeigte das Blut keine Entzündungshaut, woU
aber öfters beim zweiten und auch nicht selten
beim dritten Male. In mehreren Fällen blieb
das Fieber gleich nach dem ersten Aderlaft
und einer tüchtigen Ausleerung, sowohl nach
unten, als oben fort; öfters bedurfte es zwei
bis drei Aderlässe, bevor es aufhörte-, etwa die
Hälfte der Patienten behielt das Fieber, aber
in einem geringern Grade, uud konnte fast ohne
Ausnahme mit einer geringen Gabe von China
oder Chinin geheilt werden* Stenherg beob«
achtete eine lange andauernde Mattigkeit nach
dem Fieber auf diese Behandlungsmethode. Er
litt selbst an dem Fieber und schildert es als
ein außerordentlich behagliches Gefühl während
der Hitze zur Ader zu lassen. ^ Westergacard
machte dieselben Erfahrungen. Er liels Blut,
so oft ein Fieberanfall kam, und zwar jedes-
mal, soweit es die Umstände zuliefsen, im Sta-
dium der Hitze 4 — 8 Unzen. Nach dem er«'
>) nust'8 Magazin. Bd. LXIV. Hft. 3. S. 470 &
~ «7 -
en Aderlasse und nach Beendigung des Pa*
xysmus erhielieti die Krank^i eine Auflösung
m 8 Gran Tartar. emetic. in 8 Unzen Was-
ir^ alle 9 Stunden i—t Ellslöffel voll zu neb-
en y was auch nach dem Aufhören der Krank-
itt noch mehrere Tage fortgesetzt wurde. Die
ranken muJGsten auberdem im Bette bleiben
id strengst Diät halten. Westergaard wili*aber
Iten eine bedeutende Mattigkeit beobachtet
hea. Auch in diesen Fällen blieb das Fie-
V zum Theil nach dem zweiten, öfter aber
ich dem dritten und fast immer nach dem
erleu Anfalle aus. Towsend, Law und Kreba
küren diese Methode als unwirksam, Stokes
meMbnet sie als ein höchst zweideutiges Mit-
I, und Neumann sagt von ihr, sie befördere
O Tod. Um bei diesen Coutroversen durc|i
;;eDe Erfahrung ins Reine zu kommen, stellte
li selbst mit erforderlicher Vorsicht zwei
enrmiche damit an, Mets bei dem einen Kran-
n zweimal, kurz vor Eintritt des Froststa-
Ulis, und bei dem andern nur einmal ^ur Ader,
ichte hierauf eine Solution von 10 Gran Brech-
nnstein in 6 Unzen Wasser, und fand imer-
nn Falle den Fieberanfall sich bedeutend ver-
tuen, den darauf folgenden vorsetzen und
n dritten unter einem zurückbleibenden Ge-
bt von Mattigkeit gänzlich aussetzen; allein
eh 10 — 14 Tagen stellte sich das Fieber
leder ein und wurde sodann mit einer gerin-
m Gabe schwefelsauren Chinins bleibend ge^
iben. Im zweiten Falle beobachtete ich zwar
nderung des Fiebers, sonst aber keine an-
>te Wirkung auf dasselbe und es erheischte dad
liwefelsaure Chinin zu seiner IIeilun|^. Mit
esen zwei Versuchen begnägte ich mich, dm
e mich hinreichend überzeugten, dab dieM
E «
- 68 -
Methode durchaus nicht zuverlässig und al
Norm durchaus nicht zu empfehlen sei, da w
selbst in desperaten. Fällen , ohne Blotentzie
hung, mit andern Medicamenten auszureidic
pflegen.
h) Die Methode von Luigi Confami ^
Um die Gefahr, das schwefelsaure Chinin ge
gen Wechselfieber, auf gewöhnliche Weise, i
8 — 10 Gran . zu ' umgehen , hat dieser Arzt ein
eigene Anwendungsart desselben ansgedad
und sie im Observatore medico mitgetheilt B
liefs nämlich davon einen Pfefferkorn grols (ah
ungefähr 1 Gran) in einem Tropfen Schwefel
säure auflösen, und diefs sodann mit l-j^Unzc
Wasser verdünnen. Bei Kranken unter fa
Jahren war 1 Gran selbst mit 4 Unzen Wai
ser verdünnt hinreichend ; bei Erwachsenen gl
er gewöhnlich 7 Gran, und in den schwerste
Fällen das Doppelte, indem er sie in einer vei
hältnifsmäfsigen M^nge Wassers auflösen uii
das Ganze in 8 Dosen binnen 2 Stunden vei
brauchen liefs. Allein auch diese Methode hat!
ihre Unbequemlichkeit, und er bediente sie
daher im Jahre 1832 der folgenden, mittet
welcher er Wechselfieber jeder Art geheilt hl
ben will. Er läfst 'nämlich die Auflösung d<
Chinasalzes in den angegebenen Dosen al
drei Stunden nehmen, wobei der Kranke d
Flüssigkeit einige Zeit im Munde behalten moi!
der erste Löffel bewirkt gewöhnlich eine Ri
action, und so lange diese fortdauert, darf kd
neuer genommen werden. Dadurch nun, dal
die Reaction in ihren gehörigen Grenzen erhal
ten wird, werden alle diejenigen Symptoa
verhütet, die nach dem unmäfsigen Gebraadi
«) Froriep's Notizen. 1836. Nr. 1086.
— 69 —
des in Rede stehenden Mittels einzutreten pfle«
gen. Was die Dosen der einzelnen Fieberfor-
men anlangt, so bestimmte sie C. bei dreitägi-
gen Fiebern ohne' Complication auf 5 Löffel
binnen 24 Stunden, während der Apyrexie, in
schwerern Fällen auf 8, in perniciösen auf 12,
und in Quartanfiebern auf 8 Löffel in 48 Stun-
den, in Fiebern mit doppeltem Typus gibt er
die Hälfte der angezeigten Dosis mehr, und die
Subcontinuae behandelt er wie doppelte Quar-
tanfiober mit der ganzen Dosis, indem er drei
oder vier Löffel täglich reicht. Convalescenten
von einem gutartigen Fieber nehmen noch zwei
oder drei Tage hinter einander nüchtern täg-
lich einen Löffel voll, die von einem schweren
Fieber Genesenden drei Löffel in 24 Stunden
4 — 6 Tage.
c) Die Methode von Schneider *).. In. 4er
ersten Apyrexie erhält Patient ein £meticum,
oder ein kräftig erregendes Laxans, je nach der
Tqrgescenz, am andern Tage ebenfalls in der
Apyrexie folgende Mischung: Rec. Chin. sul-
phur* gr« 48, Tart emet. gr. j in Aq. Laurooer.
q. 8. solut. adde Opii puri gr. ij, Extr. Valer»
q. 8. ut f. pilul. ^0. 36. Consp. pulv. cinam. D»
:8. Alle 2— 2^ Stunden eine Pille. — Neben-
her läfst er einen Thoe aus Flor. Chapi. vulg« ;
Rad. Caryophyll., Sumitat centaur. min., zu glei-
chen Theilen, täglich zu einigen Tassen neh-
men und strenge Diät und warme Bekleideug
damit verbinden. Leidet der Kranke fM^on
längere Zeit am Wechselfieber, so gestattet
Seh, gutes Bier, oder lieber guten alten Wein
mit Wasser vermischt, zum Getränk. Bei die-
ser Behandlung nun tritt der nächste Anfall
I) Uufeland's Journal Bd. LXXXIV.- St '4.
— 70 —
entweder auffaHend starker oder gelinder
der zweite Paroxysmus dagegen bleibt {
aue, und der Kranke ist geheilt. Um Ri
fälle za verhindern , labt Seh. noch eine
lonmasse verbrauchen« Treten dennoch Rd
fiUle ein 9 und wird das Chinin nicht mehri
tragen, oder für unbemittelte Leute zu b
spielig f so bedient sich Seh. mit dem b
Erfolge folgender Mischung: Rec. Kali
drachm. ij, solve in Aq. rubid. uncvj,
Syr. ruh. id. unc. j. M. D. S. Stündlich 1
fei voll in der fieberfareien Zeit zu nehme
d) Endermatische Methode, Thomas
siian ^) legt ein kleines Blasenpflaster au£
Regio epigastrica, wenn die Blase gebildet J
Oberhaut weggenommen ist, bestreut er^
wunde Hautstelle mit Chinin, und verbindet
einer einfachen Salbe. Da jedoch zuweileiu
nige Stunden lang nicht unbedeutende Lof
schmerzen sich einstellen , so empfiehlt er, i
diese Schmerzen zu vermeiden, das Chinbij
Salbe in Verbindung mit Opium anzuwendeaS
Kosack ^) zu Greifenberg liefs gegen Wi
selfleber eine Losung von 4 — 6 Uran
in 1 Drachme Spirit sulph. aether. einr<
Der nächste Anfall blieb aus, und bei den
sten wurde das Fieber dauernd beseitigt,
einmal muiste die Dosis wiederholt angeweiil
werden. — Dr. Dominico Gola'^} rühmt 4
Brechweiustein als passenden Zusatz des sohvj
feisauren Chinins in folgender Formel: Rec Ti
emet. gr. iij , Chinin, sulphur. gr. x. H. ezi
et divid. in part. sex aequal. Gola Uefs da^
alle X Stunden in der Apyrexie eine Prise ni
X) Pmiep'8 Notizen Bd. XXXVI. S. 288. ^) H
eiiiBzeitang. 1834. No. 5. ') Proriep*s Notfi
Bd.XUn. S.186.
— 71 —
t
men. Die erste Gabe bringt bald Erbrechen
bitterer Stoffe, bald Stuhlausleerungeo zuwege;
zuweflen erfolgt weder das eine noch das an^
dere^ aber das Fieber verschwindet gleichwohl
eben so schnell.
e) Nonafs Methode *). Dr. Nonat, wel-
cher, wie wir früher bei Erwähnung der Actio-
logie des Wechselfiebers ausgeführt haben, diese
Krankheit von der Anschwellung der Milz "afir
leitet, bedient sich ebenfalls des schwefblsau-*»
Ten Chinins. Zum Coupiren des Fiebers, toagt
er, seien zwar 4 — 6 Gran dieses Mittels ge-
öfigeiid, aber man müsse ein Mittel suchen, um
den Recidiven vorzubeugen und die Hypertro-
plue der Milz zu heilen. Dieses sei, nach sei-
nen vielen Versuchen, das schwefelsaure Chi-
nin zu 12 — 40 — 50 ^ran täglich. An&e'fdem
mfilste man die Dosis noch nach der Ve^grci-
fkiening der Milz richten, und gibt zu dessen
Beortheilung folgende Norm: Nimmt man 'di6
normale Gröfse der Milz = 3^^ bis 4 Zöll^ odeir
vielmehr den matten Ton der Milzgegenii p:t S^
bis 3 Zoll, im vertikalen Durchmesser, zum
HaaCsstab, so ergeben sich folgende Dosen:
Mattheit der Milzge^ Dosis des schwefelsauren
' gend: Chinins:
3— 4ZoU .... 1« — 156ran/
4—6 — . .
. . 16—18
6—8 — . . .
, . 18— «4
8_10— . . .
, . «4—30
10—18— . . ,
80— 'oo
IS — 15— . . .
. 36—40
Meine Methode, welche ich schon seit ei-
ner Reihe von Jahren stets mit dem besten und
») a. a. O.
— 7« —
gleichbleibenden Erfolge anwende^ besteht in Fol-
gendem : Der Kranke erhält gleich anfangs eine
starke Gabe Brechweinstein , 10 — 12 Gran in
i Unzen Wasser, ganz einfach mit Althaesy-
rnp, wovon er bis einige Stunden vor dem Fie-*
beranfalle alle zwei Stunden einen Efslöffel voll
zu nehmen hat. Die ersten Dosen erregen
Eckel} seltener wirkliches Erbrechen, als viel-
mehr einen Znstand, welcher gleichsam das
Mittel zwischen Wohl- und Unwohlsein häl^
in der Regel unter vermehrten Stuhlentleerun-
gen 5 es sei denn, dafs zuvor schon Turgescenz
nach oben ausgesprochen ist. Nach Erhohlung
von dem erstandenen Aufalle wird wieder alle
zwei Stunden ein Efslöffel voll verbraucht^ wie
vorbin. So werden zwei Aufalle ganz ruhig
abgewartet, wovon der zweite öfters schon et-
was leichter zu werden pflegt, und dann erst
zur Heilung des Fiebers geschritten, zu wel-
chem Zwecke ich mich ganz einfach des schwe-
. feisauren Chinins in f(»Igeuder Formel bediene:
Rec. Chinini sulphurici gr. ij, Opii puri gr. ^f
Sacch. alb. gr. vj. M. f. pulvis dentur tales do-
ses No. Xn. Von diesen Pulvern lasse ich
6 — 8 Stunden vor dem zu erwartenden An-
falle vier Stück verbrauchen, so zwar, daiii
das letzte wenigstens eine halbe Stunde vor
dem Eintritte des Anfalls genommen wird. Der
Erfolg hieven ist eine bedeutende Verkärzung
des Anfalls. Nachdem dieser vorüber ist, nimmt
der Kranke in der fieberfreien Zeit wieder wie
vorhin seine Brechweinsteinsolution bis 6 — 8
Stunden vor dem Anfall , wo mit dem Verbranch
von vier weitem Chinapulvern in der nämlicheb
Zeitfolge begonnen wird, und unter zehn Fäl-
len bleibt der zu erwartende Aufall neun Hai
aus. Zur gröfsem Sicherheit wird nadi gehe-
— 78 —
y^;em Veilauf des Anfalles wieder mit d^r Mix-
tar begonnen 9 and zuletzt noch die vier letz-
ten Cbinapulver wie vorhin gereicht. Niemals
habe ich ein Recidiv in Folge dieser Be-
handlnngsmethode beobachtet, und kann sie
deshalb als dorchaus sicher hiemit ö£Pent-
lich empfehlen. iQh will den geneigten Leser
nicht mehr lange durch Mittheilung von Kranken-
l^eschichten ermüden, deren ich einige sehr in-
teressante hier mittheilen könnte, z. B. einen
Fall von Wechselfieber mit bedeutender Milz-
anschwellung; einen andern, der mit einer be-
deutenden Hypertrophie der Leber und beglei-
tender Gelbsucht complicirt war, welche nach
ineiner Methode schnell ubd sicher geheilt wur-
den, uebst noch einigen andern minder wichti-
gen, sondern ich will hier nur noch kurz er-
wähnen, wie sich meine Behandlungsmethode
mit meiner oben mitgetheilten Ansicht über das
Wesen des Wechselfiebers verträgt.
Wenn wir die Wirkungen des Brechwein-
steins in ihrem ganzen VerlauFe verfolgen, so
finden wir überall eine fluidisirende Tendenz
itasgesprochen, Stockungen hebend, die Ve-
nencirculation beschleunigend, die transpirato-^
rische Thätigkeit durch Anregung des peri-
pherischen Capillargefäfssystcms bethätigend.
Krampfzustand durch Beseitigung organischer
Coustruction hebend u. s. w. Die Turgcscenz
wird bei dieser Wirkungsweise von den äufsern
Theilen mehr nach den innern versetzt und
durch Erregung von^ Eckel , wie im beginnen-
den Fieberfroste, Schütteln des Körpers be-
dingt, es wird also dadurch en Miniature ein
künstliches Froststadium, ein Mittelding zwi-
schen Wohl- und Unwohlsein hervorgerufen,
welchem dieselbe Polarisation der oben erwähn-
— 74 — .
ten Systeme zain Grande liegt, und so wird
der Körper aufdeukänftigen Fieberanfall gleich«
mm vorbereitet und für die Fieber erregenden
Potenzen weniger empfanglich; daher erklärt es
sich auch, wie nach diesem Vorgange das Fie-
ber leicht zur Heilung gebracht werden kanui
durch Mittel, welche eine potente Kraft gegen
jdasselbe in sich vereinen, wie das Chinin.
— 76 —
IM.
Krankheiten Lüneburg^s«
Vom
Medicioalrathe^ Landphysikus DnFischer,
zu Lüneburg.
(ForUeUang. S. Tor. St. 8. 45.)
Das Jahr 184 0.
Julius,
Barometer. 28' 5" (15. o. 16.) o. 27' 9" 3'" (7.). (10
mal unier 28').
nehnometer. 20<» (nur 4 mal Mitt.). a. 1—5* (dften
Morg.) meist 13— 15» Mitt. —
Hygrometer. 88<> (28.) Morg. o. 58^ Mitt. desselben Ta-
ges, und äbniicbe Differenzen öfters.
Winde (stark), W. mit S., nnr 7 mal mit N. — O. mit 8.
n.N. T. 26.-28. — Regen die ersten 14 Tage, and
dann noch 13. — Oemtter nur am 5. o. 22. Donner
nocb 2 mal (auf dem Brocken entladen sieb viele Ge-
witter schon im Jani nnd in der nördiicben Bbene
nicht). Sternhelle nur 0 m^\.
Mit dem V.M. (14.), LV. (22.) n. N.M. (28.) ein Stei-
gen des Barometers um einige Linien.
Der häufige, fast tägliche. Regen von der
Mitte Juni an, der auch in England und Ir^
— 76 —
land (Himb. Correspond. v. 13. Jul.)> auch in
Ri^fslandy weniger im Süden von Deutschland
herrscht (da z. B. die Elbe von ihrem Ursprünge
an stets niedrig bleibt, und dort erst mit dem
Juli erwünschte Regen eintraten (Hamb. Zeit.
V. 23. Jul.) führt begreiflich manche Erkühlung^
z. B« bei der so sehr erschwerten Heugewin-
nüng^ herbei, deren Folgen besonders als Ko-
liken und sogenannte falsche Pneumonieen auf-
treten^ wo erstere, je nachdem sie mit J^er"
siopfung" oder Durchfall sich arteten, dem Öl.
Riciui oder Opium, letztere, nach mäfsigen Au«-
4^enipgea9 Calomel mit Opium, - in .kJe^pe^i.Ga-
'ben schnell hintereinander bis zur Diaphorese
gereicht, einem Vesicator u. dgl. wichen. Bei
Kindern aber erregte dieser nafekalte Coagula^-
tionsprocefs , durch die warmen contrasiirenden
Sonneublicke und die vorherige organische Er-
hitzung durch Laufen und Spielen noch erhöht,
gegen Ende des Monates zumal , eine so inten-
sive Reaction der Schleimhäute der Respira-
tionsorgane, dafs (wie auch aus Berlin brief-
;Mcb gemeldet wurde, dafs in der Charite viel
, pneumonische und Croupkranke, wie im Winter,
lagen) häufige und hartnäckige Brustaffectionen
und Husten, bis zum Croup ^ isich einfanden,
an welchem letzteren am 21sten ein lebhafter,
aber etwas vollsaftig weicher Kuabe auf dem
Lande (aus dessen einige Tage zuvor, nach
angegebener Art , . zugezogenem Husten die
übrigens sorgsamen Eltern kein Arg gehabt,
und erst am dritten Tage dagegen Hülfe such-
ten) erlag. — Es wat auch ganz die atmosphä-
rische Constitution zu einer abnormen, wenn
auch nicht gerade stark ^materiellen Plastik
(Hautbildung) der Bronchialhaut doch zu einer
feineren^ dem blofsen Auge unsichtbaren Ob^
f — 77 —
Kteraiion oder auch baldiger Erlahmung der
äuDsersten Nerven- und Gefalsenden derselben,
wodurch die (electrisch - gasartige) Wechsel-
wirkung mit dem Luflkreise unterhalten wird,
und welche den Croup eigentlich begründet« —
Die Athmungsorgane litten jetzt überhaupt, bei
Anlage dazu, viel durch Mangel au kräftigem
Umlauf, und daherrührender Brustbeklemmung^
und die constiiuüo caerulea (dunkelrothe Wan-
gen, überfüllte blaue Venen u. s. w., «Sc^b'ii-
lein^s Cyanosis pulmonuniy Fuchs* pneumatO"
electasis) klagte am meisten. Neben allgemein
und örtlich (für die Brustsphare zumal) beU'»
henden Mitteln, z. B. höchst geistigen Einrei-
bungen , mit Salmiakgeist und ätherischen Oelen
(Bals. vitae ext. Hoffm.) versetzt, deren innerer
Gebrauch nur nicht bis zur Erhitzung und U»*.
berreizung getrieben werden durfte, thaten auch
schonend ausleerende, die Circulation und den
organischen Stoffwechsel befördernde Mittel, z.
B. Pillen^ aus Asa foet. Sapo, Rheum, und
selbst mit mäfsigen Zusätze^ von Chinin, Cam-
pher und dem Extr. panchymag. Croll. oder
dergl., besonders bei plethorischen und dabei ,
gefäfsschwächeren, nicht gerade fieberhaften,
Subjecten, oft vorzüglich gute Dienste. —
Unter den jetzt häufigen Ausschlagskrank-
heiten tauchte, nach zweijähriger Immunität,
das Scharlach y aber dfbch nur sehr sporadisch
und gutartig, wieder auf. —
Bei dem Nasenkrebs , bei einer alten säft»-
reichen Frau auf dem Lande (entweder von ve-
nerischer, oder wohl mehr von Radesyge- An-
lage, was, wie wir schon öfter im Laufe die-
ser Verhandlungen gesehen haben, die ernste-
sten practischeu Verwechslungen nach sich zie-
hen kann) that, nach manchen anderh Kuren^
/ , — SB' -.
hei der 8ch%vtuniiiig*fires8radeD AflTectum der
jieiclit blatenden Oberfläche, das Eisen, ioneih-
lidi- und anfiserHch (Md. rosar. un^ ß, F«k*
Bxtiv^lladooii. sorop.j bis drachoh/Q nodidia
besten Dienste^ und ist za rathen , statt dess4»i
nicbt bei dem mehr dissolvirenden QaedcsOber
0R1 sdbr ma beharren und wenigstens einem Pol
nach einander (aueh dem bindenden) sich bo
B&heml *-?
^ August,
28' 4" 8'" (31.) und 27' 8" (19.-). (Nor
6 mal mtüer 28S and doch lo viel Regen f)»
^BhtrMMMfM*. 20«» (28. n. 31.) o. 8—6* öfter Mofgeas
, ijmm^ U— 17« Mitt).
BteffMifffr. 03® (mebmialt Morg. a. Abeadt. and meifC
- 4fr«*50 MHt.).
yi'We (itarky snm Glock f&r die Erodte) znerat NW. n.
MO. Vom 11.— 19. mehr SW., dann wieder NW. and
mitunter O« J^gen 12, am 12. mit OewUter. NebeH
(Moigens) häufig , zumal später dm Monate. — Stem^
helle doch 19 mal.
Unbedeutende Veränderungen des Barometera mit den
Mondwechseln.
Die Ertidie durch die anhaltende Nässe
mehr gefährdet, als die Gesundheit: nach der
schon dfter in diesen Jahrbüchern gemachten
Erfthning, dals zumal kühle Nässe im Gan->
zen nur wenig, und mehr blofs catarriialische^
besonders etwa Uebel derRespirations-, Sdiling-
und Hautorgane, erzeugt, tfieils weil kein zu
reizendes Extrem der Temperatur besteht, die
Organisationen sich auch besser und vorsichti*
8^ ' gogen äu&ere Einwirkungen verwahren,
duui auch manche Hauptquelle heftiger schade
— 79 —
lieber Einflüsse (höher potenzirte Ausdunstung
aus sumpfigem Boden z. B.) fehlt. ^)
Der seit einigen Jahren uns beschäftigende,
im August 1839 vergeblich von Ems zurück-
kehrende, abzehrende , aber doch bisher immer
noch pathologisch sehr räthselhafte zwölfjähiige
Knabe (Jouf^al 1840. Aug. S. 71) starb jetzt
erschöpft 9 ui^d die Darlegung der in seinen
Hauptorganeb gefundeneh krankhaften Verän-
derungen soll uns interessanter sein, als die
der wenigen intercurrirenden Krankheiten dieses
Monates. — Der Kranke hatte sich seit einem
Jahre, bei Milch und Obstdiät, dem Genub
der freien Luft und passender Mittel, eiuiffer-
malsen erholt, so dafs er oft munter umher-
ging oder auf einem Esel ritt, magerte aber,
obgleich keine Neigung so wenig zu Durch-
fall als zu Schweifs da war, mit fortwähren-
dem Husten und Auswurf, auch Fieber, immer
mehr ab, und starb am 19. d. M. — Der Kör-
per sehr abgezehrt, die Haut wie ganz rauhy
das Herz fest und grofs, mit einem Gu& gleich-
sam verhärteter Lymphe, die hie und da Fleisch-
fasem ähnelte, überzogen, und damit sowohl an
die Pleura und die Lungen, als auch mit dem
Herzbeutel fest verwachsen. Am rechten Herz-
ohre ein speckiger Auswuchs. Die Lungen fest
*) Doch soU biemit keinesweges geleagnet werden, daff,
wie Hecker richtig bemerkt, eine sehr anhaltende
Nässe, durch beschränkte Blutentkohlang in den Lon-
gen und dorch Hinderung der Haotthätigkeit, so wie
durch Erkrankung des Pfortadersystenis and des sym-
pathischen Nerven insbesondere, ^nsfriscAm Zustand,
Wechselfieher n. s. w« erzeogen könne (Qeschiehte
der Wiener Schule), Aach in der gleich folgendea
Section des Lungensüchtigen scheinen beweise Ton
za negativer Wirkung der jetzigen Nässe auf die Ath-
niangsorgane zu liegen. -^
— 80 —
an die Pleura gewachsen (daher wohl so we«
nig im Brustkasten als im Herzbeutel Wasser?).
Die Oberfläche der Lungen war verhärtet, in
der obern Spitze der linken einige ausgeleerte
Eiterhöhien, in welche man bequem den Dau-
men stecken konnte (wie ausgebrannte Crater,
auf der innern Oberfläche hart, und mit Ossi-
fication an den Gefäfswänden). Auch in der
rechten Lunge Aehnliches im Kleinen. Das
Princip der Verdichtung y neben dem der Er*
weichung und Schmelzung y war bei diesem,
sicher von der Nerven- und ganzen Lebens-
krafttendenz abhängenden chronischen iuherew
lösen Entzündungsprocessej gleich vorherrschend,
und diese Hypertrophie und Stockung offen-
barte sich auch in den Bronchialdrüsen, deren
einige vergröDsert, schwach gebratenen Hasen-
nieren sehr ähnelten. Die grofse und harte
Leber mit dem Zwerchfell und der Bauchhaut
verwachsen. Magen und Eingeweide äbrigens
bei aller Abmagerung gesund, und erklärte sich
dadurch die kaum je gestörte Verdauung und
Reproduction des so langsam, leider, aufgerie-
benen Kranken! — Vergl. über Cirrhose der
Lungen Corigan (Med. and surgic. Joum. of
Edinburgh 1838. Mai. — Salzb. medic. Chirurg.
Zeit. 1840. No. 23. S. 375). — So auch von
Abscessen, die sich durch Leber und Lunge
zugleich öfihen. — Dr. Sporer in Fricke u. Op-
penheim n. Zeitschrift. Bd. XIV. St. 1. S. 85. —
Bei dieser Gelegenheit (wobei auch dieser
Kranke interessirt war), die pharmazeutische
Einschaltung, dals, wenn mau den, wegen zu
langsamer Unsicherheit der Wirkung und zu-
gleich der Beschwerde wegen, es Kindern so
lange beizubringen, nur hypermodernen und oft
entbehrlichen und durch bessere Mittel zu er-
- 81 -
Betsenden, Leberthran doch durchaus glaubt,
gegen derartige Beschwerden oder Anlagen ge-
brauchen zu mfissen, ich bei diesem oft über-
Bälsig langwierigen practischen Experimente,
Bur &leichterung der armen Competenten, doch
oft wenigstens die Benutzung der Liehig*schen
Symps -Formel (^Pharmazeut Joum. Bd« XXV.
SL 1.) anrathen möchte. — Reo. Öl. Jecor.
' aselL unc. xiv, Gumm. arabic. unc. /?, Aq. fon-
tan. unc xij, Syr. commun. unc. iv, Sacch. al-*
biss. unc xxiv, Aq. Flor. Naph. unc. ij. (Erst
eine Emulsion gemacht und den aufgelösten
Zocker und die Aq. Flor. Naphae zugesetzt !)
Unsere nordischen Bäder waren in diesem
Jahre schlecht besucht, und noch schlechter
warn Theil bekommen, auch fräh verlassen. (Im
wimeren und regeren Süden war dies besser}.
^ Doch bekam unser Soolbady bei der Kühle,
und der Bequemlichkeit und Nähe seiner An«
wendoDg recht geleitet, grade aufTallend gut,
Aach die Vaccination (in Masse, imPhysicats-
disUicte) gelang vorzüglich, schon weil, beider
mcht übermälsigen Hitze , die Blattern , zumal
n Schlafe, nicht so stark abgekratzt wurden ! —
Am 17. — 19. d. M. auf dem Brocken schoD
fMdineit (Hannöv. Zeit v. lt. Septbr.).
■
Septemher,
Mmrameter. 28' 4" 9"' (1.) u. 27' 4'' 4''' (16.) (Nor ?odi
17. — 2a imfer 280.
ter. 23«' (3.) n. 10"» (16. Mitt.). (Morgeni in
der zweiten Hälfte öfter 4%
ter. 05® Morg. (26. o. 29.) o. 50<> (MTittags im
▲■fuige öfters).
(sUrk). An den ersten drd heilsen Tagen SO.,
8. a. NW. Vom 21.— 25. wieder S. ti. NO.
(aber meist tcbwacb) 18. Starkes Gewitter am
10: IMd (firnIO Dvr am 9., 15« o. 26. Sternhelhl&.
.XClILBd.2.8t F
— 8« —
Mit dem V. M. (11.) Barometer gef* and mit dem I. V.
(18.) gest.
Dieser Monat lind der Herbst überhaupt
glich den nafskalten Sommer noch eiuigerma-
Jsen wieder aus, so dals wenigstens die un-
gewöhnlich, selbst auf unserm Sandboden^ ver-
zögerte und erschwerte Emdte, einigermafiMn
weiter gefördert werden konnte. — Jetzt wa-
ren auch 9 in den ersten heilsen Tagen des Mo-
nates wenigstens, die Flufs- und Seebäder er-
quicklicher als in dem bisherigen Sommer.
Cholera nationalis zeigte sich häufig, doch
befiel sie, bei der mehr warmen und gleidt-
m|f]sigen .atmosphärischen Temperatur, nur mehr
d^e, welche es durch innere oder äulsere Er-
kuhlungen der Darm- oder Hautfläche verse-
hen hatten. War dabei starkes und anhalteii-
des Erbrechen (als Beweis der erethischen Af-
fectipn der Magenhäute), so war Pot. River,
(und etwa örtliche Epispastica) meist schnell
hälßreich — bei mehr Tenesmus Ol. Ricini —
und bei copiösem wirklichem Durchfall — ge-
linde Opiate mit schwachen Gaben der wäfsri-
gen Rhabarbertinctur, Aether u. dgl. Umso
mehr mulste man sich hüten, aus Furcht vor
Erschöpfung, oder aus sonstigen Gründen, diese
Ausleerungen unbedingt und zu schnell zu hem-
men, da sie mitunter auch Folgen der jähen
stärkeren ^Expansion der Faser und Säfte y so
wie dadurch hervorgerufener lebhafterer und oft
wohlthätiger Reaction der edleren Eingeweide,
besonders des Centraiorgans y waren, um die
sogenannte Plethora commota^ welche durch
zu starke Einwirkung auf den Gesammtorgi^
nismus oder auf einzelne schwächere Organe
Krankheit erzeugen konnte, durch Säftevermin-
derung wieder auszugleichen. — Das chlore-
- 83 —
tische etliche zwanzigjährige Mädchen, was
wir 9 als früher mit dem stärksten Luftmangel
und Herzklopfen bei einiger Bewegung geplagt,
und eines Herzfehlers (der auch, in der An-
lage, wenigstens wohl nicht fem sein mag)
verdächtig, so wie durch stärkere und fortg^-
setste Verminderung der Säfte, namentlich durch
Abführnngen, der freien Bewegung, wie der
Kraft und dem Leben wiedergegeben, schon
■ehreie Jahre kennen (s. Joum. 1839. October
8.64), litt jetzt schon länger an einem frei-
willigen Durchfall, den man gern eine Zeitlang
gehen liells, und nur ganz allmählig einschränkte,
ab man ein Ueberschlagen in den negativen
Pol der zu grofisen Abspannung und Erschö-
füong befiirchten muiste. Auch den an lieber-
ffinoDg der Athmungsorgane Leidenden bekam
doch dieser Monat, wie der Sommer überhaupt,
m Ganzen gut; indefs für die Gesunden oder
sehr von belebenden äufseren Reizen Abhän-
gigen die Trauer, jetzt schon, gerecht war,
dals wieder der Winter (und was für einer?)
bald eintreten solle, nachdem man vom Sommer
etwas Erkleckliches nicht gesehen. — Die
Franzosen waren äbrigens auf unsere, eben-
faÜB durch diesen Sommer etwas in den Schat-
ten gestellte, sonst gewifs, vernünftig ausge-
wählt und geleilet, sehr oft heilsame, Wasser^
keilkundej jetzt auch nicht gut zu reden, und
behaupteten (nach den Zeitungen) in ihren aka-
demischeb Pariser Sitzungen , als über die Ein-
führung dieser neuen Methode in Frankreich
die Frage war: Dafs Deutschland eben noch
nichts gescheutes Praktisches ihnen zugesandt,
wie an dem Mesmerismusy der Hahnemann%fAiea
Homoapaihie so wie auch an der Hydropathie
SU sehen, da der Nutzen eines vernünftigen
F2
— 84 —
fVassergebrauches längst bekannt sey ^\ Nan
ist aber auch von einem solchen vemfinftigen
nar erweiterten and kräftigere^ Gebraudie
die Rede, und eine in diesem Spätherbste in
Lauterberß am Harz begonnene , und, nadk
Unterbrechungen erst im Frühjahre und Som-
mer 1841 fortgesetzte und glänzend vollen-
dete Kur der Art in des Verfassers eigenem
Kreise wird auch demnächst beweisen, daGs^
durch vernünftige j beharrliche und wohlwollende
Anwendung der Wasserkur auch in der Sphäre
der Nerven und der Psychik Zerrütteten^ durch
einen Leiter wie Dr. Riischer daselbst , Gro-
*) Wandern mufs man sich übrigens, dafs die JFVinis*-
sen^ die mit Yoreiliger praktischer Spiegelfechterei oh
voran zu sein pflegen, solche unbedingt uiber ofii ab-
sprechende Sprache führen mögen, da wir docb JJI^
so viel onser Menschen sind, in den wichtigsten theo-
retischen, samal aber pracHschen Krkenntnissen £e
Wahrheit zu erforschen mannichfaltig versuchen moi-
sen. So auch mit der Lebrc von der Schwere and
der EleciricitiUy beide Hauptlehren ansers kiaturfaistO'
rischen und auch heilkundigen Wissens^ und am Rade
doch wahrscheinlich zusammenhängend. Der Vf. er-
innert sich der Erklärung des Franzosen Le Sagt
davon (Kntgegenstreben eines alle körperliche Atome
(nach dem Quadrat der Entfernung) zusammenhattei-
den Aethers), welche unser geniale Lichtenberg bei-
fällig (Göttingen 1790) vortrug^ während der mehr
rigorose mathematische Kästner darüber skeptiicb
lächejte. Und doch mufs eine solche oder abnlidie
antipolarische Circolation, neben attractiven mid ri'
jmlsiven Kräften (Kantus metaphys, Anfangsgrituit
der Naturwissenschaft) in den .Körpern CMetalleOi
Nerven, Blut ii. s. w.) Statt finden, weil wir soiit
so manche Erscheinungen der nwgnetisch - eledrir
sehen f physiologischen und pathologisch -therapeM'
schan Sphäre, auch nor äufserlich, nicht begreÜM
könnten , und das Zurückgehen za den Wirhän 6m
Cartesius n. dgl. die Dinge noch weniger begreÜM
roaebt.
— 86 —
«
es and sons(t kaum Erreichbares geleistet wcr-
\n kann.
Selbst die so zweideutige Temperatur auch
Mtes Monates, hinderte nichts dafs nicht das
»iere Landleben mit einem mehrfach eiqge-
hränkteren Stadtleben vertauscht, grofse Dinge
i einem zweiundzwanzigjährigen scrophulö-
n Drechslerburscheu leistete, der seit sieben
hren durch perpetuirliche Entzündung und
sschwulst der rothen thränenden Augen uud
r Augenlieder (Phlyctänen)^ Lichtscheue, so
jb er immer die Augen fest zukneifen mufste,
>tz aller angewandten Mittel , so gut. wie blind
brigens sonst kräftig und gesund) gewesen,
tzt, einem in mehren Punkten liberaleren Auf-
ithalte an einem schattigen Walde übergeben,
id, nebenbei Salmiak, Calomel uud Opium,
impbor, Tinct. Colchici (mit Extr. panchym.
loll., bis zur, schwer zu erregenden, Stuhl-
sleeniug, oft verstärkt), Vesicatore u. dgl. ge-
inchend, binnen acht Wochen schon gut, je-
ieh noch lichtscheu y wieder sehend gemacht,
der Folge aber ganz wieder hergestellt wurde,
dais er dafür auch die Oekonomie als sein
inftiges Fach beibehalten hat. —
Sind nun die diesjährigen (wohl alljährli-
len ?) Sonnenflecke (Hanno v. Zeit. v. 12. Sept.)
[er dias Erdbeben in Italien und Illyrien (^Hamb.
jrrespond, v. 14. Sept.) oder was (Erkeun-
les^ ist an dem diesjährigen Schlechten im
immer ) was noch gar nicht recht aufhören
31, Schuld? Was die Nässe übrigens anbe-
Dgt, so muls es z« B. in ItaUeh damit anders
iSBehen, weil der heil. Vater nicht eher nach
om (im September) zurück sollte, bis nicht
frischender Regen gefallen sein wurde (Zei-
ngen).
i1
r
5
- 86 -
Bei uns aber starb manches mit krft
ter Anlage innerer Organe begabte S
eben durch den von schnell abwechselnder
ter und trockner^ kühler und warmer Tem]
hervorgerufenen 9 contractiven und expa
Prpceb der morbiden Säfte und Nervei
mentlich waren davon Beispiele: einesec
jährige Frau auf dem Lande , die binnen
gen Stunden an einem Lungenblutauswur
und ein vierzigjähriger Handlungscommi
seiner Jugend her, von einem l^ochens
am rechten Schenkel hinkend, und dess<
1 sdiwister alle nicht alt geworden warei
[J Gründe des ihn wegraffendenhartnäckigen
^"^ falls erwiesen sich durch die Section gam
farbige, an manchen Stellen zusami
schrumpfte Eingeweide, Verhärtung dei
ten Leberlobus, besonders an der untei
che, Verwachsung des Magens mit dem Z
feile u. s. w.
Die schlimmste Einleitung aber für
Spätherbst- und Winterkrankheiten, n
lieh für unsere ansehnliche Masernep
machten uns nicht allein schon jetzt anfa
Vorboten der letzteren (fieberhafte Ausfl
die eben so aussahen und mit manche:
liehen Zufalle begleitet, die Krankheit ab
nicht waren, indem mehrere Subjecte ni
bis sechs Wochen erst ordentlich davor
len wurden), sondern hauptsächlich der
husten, der auch in Dresden heftig h<
(Hannöv. Zeit. v. 8. Sept.) und sich i
mit den Masern höchst lästig und ge
verband« — Von Varioloiden wurde ö
eine Mecklenburgische Nachbargegend, Z'
in einem beschjlnkten Kreise der Mitt
1 ;
— 87 —
übrigens aber von Berlin eiugcscbleppt^ arg heim«
gesucht —
Octoher.
Bartmeier. 2S' 9" (13.) u. 27' 6 ' 6" (24.). (Nur 8 mal
unter 28')'
nermometer. + 11<» (13.) a. — l«» (22«) Abends.
Ujfgrometer. 93^ (mehrmals im Anfange (Morg. a. Ab«)
und meist 60 — 70^ Mitt.
Winde (stark) N. a. NW. bis zam 26., nachher S« u.
NO. — Regen die ersten 9 Tage, und nachher noch
13 mal. Sdinee am 26. Nebel mehrmals. SternkeUe
doch 16 mal.
Mit dem V.M. (11.) Baromet 3Tago sehr geet. Mit dem
L ¥• (8.) gef. Mit dem N. M. (25.) niedrig geblieben.
Witterung, sowohl hier als in einem gro-
ben Umkreise, z. B« Berlin (Journal, October)
noch immer die verspätete Brndte störend und
gefährdend, auch die bisherigen Einwirkungen
auf Faser und Säfte fortsetzend. Die in dieser
Zeitschrift neuerdings ausHirlicher aufgestellten
practischcn Sätze über die jetzt als obsolet, fast
in Verruf gekommene Plethora (Journal 1835.
Septbr. S. 56 u. f ) fanden auch jetzt noch
ihre deutliche und nützliche Anwendung, indem
die übermälsig angefüllten und ausgedehnten Ge-
flÜjse leicht die Nerven drücken und reizen, wel-
che den Functionen auch der Circulation und
der Absonderung vorstehen, so wie dann die
EU schnell abwechselnde und stark potenzfarte
Heizung derselben von den atmosphärischen
Einwirkungen auf die Respirationsorgane aus
wie in einem Cirkel wieder zu lebhaft auf die
Erregung der Gcfäise hinwirkt —
Diescmnach gab es jetzt auch viele Lu/t-
g«/i- und GehirnkranJce^ und wo es nicht zu
ernsthaften Reactiouen des ganzen überfTültcn
-^ Aft ..
S&fte- und Nervensystenifit kam^ da herrschte
häufiger als sonst Drack uud Ermattung, oder
eine störende Aufregung, woran auch die Sphäre
des Unterleibes oft Theit nahm, besonders bei
Frauenzimmern, zumal Dienstmädchen, und vor
allen bei Köchinnen y wo die Expansion der
Säfte noch durch die nahe Berfibrung mit dem
Feuer vermehrt wurde ^). — Hier nützten nur
zuvörderst erst paCslich ausleerende und käh-
lende Mittel« . — Einen ernsteren und länger
anhaltenden Character nahmen aber die jetzi-
gen Ge^V/ireactionen leicht an, auch in psy*
chischer Hinsicht (wie auch die Physihftts-
regster zeigten). — Bei den Fällen von jw
gendUcher Melancholie, dergleichen einer jetzt
in eigenem Kreise vorkam, möchte ich doch
rathen, die jetzigen Grundsätze des Zeitalten
der gar zu müden ^ und blofs zerstreuenden
nachgiebigen Behandlung (der jetzt besonders
durch zu einseitige Aufsätze in viel gelesenen
Blättern, z. B, Treatment of insanity in Eng"
land etc, hy Percivaly — Blätter für litber.
Unterhaltung. 1840. Nr. 46 — 47., wo ein wie-
dergenesender Irre die Eindrücke seiner här-
teren Behandlung beschreibt, gar zu sehr das
Wort geredet wird) nicht gar zu unbedingt za
befolgen, und mehr nur auf die Fälle zu be-
schränken , wo wahre Schwäche und Reizbar-
keit, nebst Anlage zum philosophischen Nacln
denken bei der Jugend > oder Müsmuth und
Kränkung beim stumpferen Alter keine Auflas-
sung oder beharrliehe Verfolgung eines ernsten
Lebensplanes oder einer ruhigeren Handlungs-
weise in dem zweideutigen Leben zulassen;
da aber, wo Mangel an Aufsicht upd Führung
*) Oefter trat vomtfti« cruentu» ein, den auch Hokdkr
in. Hanno?er jetzt häufig im Hospitale bemerkte.
— 89 —
des empfindenden und denkenden Princips bei
jener eine Verwirrung der Lebensansichten und
der Begriffe, mit immer dunkel zunehmender
Praetension^ und mit erschlaffender träumen-
der Nachgiebigkeit gegen sich selbst , herbei-
geführt hat, dem verwirrten und mehr fixen
Gehirn - und Nervensysteme eine ernsthaftere
und positive, selbst zwahgvolle und mitunter so-
gar schmerzhafte (ältere) Behandlung, stets aber
mit der grölsten Gute und Geduld ^ angedeihen
EU lassen. Wird damit bei solchen, aber in den
innem Organen und in der Vegetation nicht
lädirtetif Subjecten eine Wasserkur, wie die
schon auch psychisch und moralisch vorthcil-
haft erwähnte in Lauterberg am Harze, ver-
bunden, so kann durch dadurch hervorge-
rufenen kräftigeren und conceutrirteren Um-
satz der organischen Masse und Faser, durch
chemische und imponderable Einwirkung darauf
(oft in grellen Contrasten für die gefesselte
Psyche ,% so wie durch Normalisiruug der Haupt-
fonctionen und Triebe , durch Entspannung der
klonisch -krampfhaft gleichsam afficirten Ge-
Um-, Ruckenmarks-, Brust- und Unterleibs-
orgmne, welche einem normaleren Empfindungs-,
Denk- und Handluugsyermögen Platz macht,
sicher Vieles und Grofses geschehen, was so
triebt durch keine andere Kurmethode erreicht
werden kann, da hier Natur, Ruhe und Kraft-
übm^ im wechselseitigen Bunde stehen! —
Wenn dann hiedurch oder sonst nicht zu
helfen sein möchte, dann mag in eine Heiland
tiaä im höheren Sinne, in ein Asyly wie das
in Htidesheim unter dem würdigen Bergmann,
geflfiditet werden, dessen höchst interessante
Abhildoiiffen kranker Gehirne, nebst Betrach-
taugen urüber, der gelehrten Welt und der
- 90 -
i
Menschheit hoffentlich nicht lange mehr wer-
den vorenthalten werden, aus welchen z. B.
hervorgeht, dafs, wenn der Winkel , unter wel-
chem die sogenannten Ammonshörner zusam-
menstofsen^ nicht ein spitzer (etwa wie ein
lateinisches V.), sondern mehr oder weniger
verwachsen und ausgefüllt ist^ immer eine Stö-
rung der Geistesfunctfonen Statt finde, da die
Comua Ammon. und das Psalierium Dav. die
hauptsächlichsten Willensorgane abgäben u. dgl.
Auch fär die Lehre vod den oft räthsel-
haften, oft dann schnell tödtlichen Gehirofeh-
lem gab es jetzt Mehreres, in Auffassung der
Verdächtigkeit wenigstens, zu lernen, da un-
ter andern ein vierzigjähriger Kaufmann, wegen
heftiger Kopfschmerzen, die sich besonders von
dem obem Kinnbacken der rechten Seite an-
fingen, sich schon, vergeblich, drei ohnehin
schadhafte Zähne derselben Seite hatte aus-
ziehen lassen, die Section aber, nicht lange
darauf, dio Glandula pituitar. vereitert, die
Sella turcica cariös, und den Eiter aus dem
untern Gehirn bis in die untere Kinnlade durch-
gesenkt zeigte. —
Noch ein Beispiel der jetzigen Uebcrfui-
luugs- Constitution und zugleich der Richtig-
keit der JFaltherscheu Bezeichnung einer con-
gesiiven Amaurose ^), stellte ein achtzehnjäh-
riges, robustes, brünettes Mädchen dar, was
bei seinem schon Jahre laug mit ziemlicher
Unbeweglichkeit der Pupille und geschwächter
Sehkraft auftretenden Augenleiden sonst eher
wohl vertragene Reizmittel jetzt gar nicht ver-
trug, am wenigsten expansiv^congestivej z.B*
*) V. Gräfe u. v. Walther JournaL Bd. XXX« Stl.
— 91 —
wanne Bäder , sondern am meisten durch kühr
Wnde und ausleerende Mittel gebessert wurde.
Neben der noch immer ^ aufsergewöhnlich^
selbst bei uns auf trockncm Boden nicht voll-
endeten .Erndte, sogar am Schlüsse dieses Mo-
nates, die nicht einmal, namentlich in der un-
entbehrlichsten Frucht, der Kartoffel y aller Or-
ten gut und gedeihlich ausfiel, hatten wir uns
noch mit allen Folgen oder verstärkten Com-,
plicationen (jplethorischer ^ rheumatisch" biliöser
Form hauptsächlich) einer so langwierigen und
abnormen atmosphärischen Constellation zu pla-
gen, namentlich auch mit hie und da auftau-
chenden gern anticipireuden Tertianen. -^
Mit den Thierkrankheiten blieb es auf un-
serm mehr trocknen Boden hauptsächlich bei '
der Maul" und Klauenseuche des Rindviehes.
In manchen schwereren und nasseren Gegen-
den ward aber bei dem stetigen nassen Futter,
wahre Lungenfäule daraus, welche sich epide-
misch und contagiös verbreitete, ohne daä Sliu-
schleppung Statt fand. —
Novemherm
Barometer. 28' 9" 10'" (26.) a. 27' 6" 4'" (14.). (Fast
ganz so in Berlin. Journal 1840. Nov.). 16 mal un-
ter 28'. —
Thermometer. + 11® (6.) a. — 3* (26.). Noch immer
milde ^ und nur am 25.-26. (wie 'in Berlin) NacH"
frost,
Hygrometer. Ol® (bis z. 16. baafig Morg.). — Mittag!
meist 60—70®. —
Winde (meist (gliicklicb) starlel) berrscbend S.' mit W.^
6 mal mit O. Nur 4 mal NW. Nchel häufig. Re-
gen 14. Reif (25. u. 26.). Sternhelle 9.
Nach dem V. M. (9.) u. !. Y. (16.) Baromet. niedrig ge«
blieben. ^>* ^ N.M. (24.) sehr n. dauernd gest.
- 9« -
4
Glücklich genug half die erste wanne and
meist doch trockne erste Hälfte des Monates
der Emdte noch sehr nach. Auch zögerte der
schlimme Winter, und die Zugvögel lieüsen
sich noch anscheinend Zeit. —
Bevor wir aber in den Einzelnheiten der
constitutionellen Plethora expansiva^ atonica,
welche oft, länger schon, bei schädlichen Rei-
zen, durch zu lebhafte Reaction, oder auch
Mangel derselben , in bestimmte Krankheit aus-
artete^ practisch fortfahren, und besonders den
Zusammenflufs dieser Anlage mit den jetzt
noch immer stärker auftretenden Mas^/t schil-
dern, müssen wir eine kurze Krankengeschichte
und Section vom Ende des vorigen Monates *
nachhohlen, welche in ihrer Veranlassung mit
den pathologischen Einflüssen der Zeit sicher
znsammenhäugt, und von , naher freundlicher
Hand brieflich mitgetheilt wurde. — Unser
Stieglitz starb in Hannover y nachdem er sei-
nem alten Collegen, Freunde und Arzte, zwei
Stunden vorher munter erklärt, er wolle nun
nicht länger träge sein , sondern in einigen Ta-
gen seine Geschäfte wieder übernehmen. Zwei
Stunden später fand ihn dieser als Leiche. Die
Untersuchung des Körpers ergab Verknöche»
Tung der halbmondförmigen Klappen des linken
Herzventrikels, ein grofses mit Fett bewach-,
senes, ganz schlaffes Herz, und in der abstei-
genden Aorta eine sechs Zoll lange Strecke
fast ganz verknöchert, aber doch mit offenem
Lumen. — Das auffallendste Symptom seiner .
Krankheit war Ermattung, für die man keinen
echten Grund kannte; denn der Catarrh, wo-
ait, sie sich eiilftihrte, war geliud, ohne alles
rieber, nicht ohne Eislust, die, abgerechnet
üe zwei bis drei ersten Tage^ mit
— »8 -
Kost und selbst Wein, befriedigt wurde. —
Man kann also nur auf Atonie des Herzens, die
manchen Tag nur 60 Pulse in der Minute lie-
ferte, zurückkommen, und den Tod als plötz-
liche Adynamie desselben betrachten, denn das
Gehirn hat sich in momento morbis in seiner
vollen Klarheit, durch helles Bewufstsein und
durch das eigene Urtheil über seinen Zustand
„TifTVOÄ** behauptet. — Havel pia animal —
Gehirncongestioneny besonders bei jungen
Kindern, nahmen jetzt überhand, bei denen ja
ohnehin,, nach Tiedemanfty gegen das Ende des
ersten Lebensjahres die Scheidung der weifsen
^imsubstanz von der grauen , uud also ein grö-
berer Säftezußufs dahin vorgehen, und da-
durch, nicht aber durch erschwerten mechani-
schen Durchbruch, das schwere Zahnen erklär-
lich werden soll. (Hey/elder, Studien im
Gebiete der Heilwissenschaft, Also doch eine^
wenigstens rationeller versuchte Ehrenrettung
des, als blolsen Durchbruch durch den genia-
len Wichmann mit Recht verpönten Zahnge^
Schaftes y oder wie die armen Mütter, die mit
aller Sorge und Gewalt nicht nachhelfen kön-
nen, es gewöhnlich nennen, derZahnar^ei/!} — -
Um 80 mehr erforderten diese Hirnconge^
stionen Aufmerksamkeit, und ausleerende y ge-
genreizende Mittel, als auch mancherlei Aus-
scblagsformen, Nesselny Rbtheln u. d^l., vor Al-
len aber der Stickhusten den jetzt immer sich
mehrenden Masern vorangingen, oder, wie der
letztere, mit ihnen vereinigt blieben.
Dafe die Masern in den hoher gelegenen
Theilen der Stadt vorzugsweise sich eher zei-
gen sollen, als in den niedem, wie in Würz-»
hurg (llecension von Prioke n. Oppenheim
Zeitschrift Bi. XU. H^l. Nr. V. JIB /»4rf P«?-
— 94 —
chir. Zeit. 1840. Bd. UI. Nr. 57. S. 66), ist hier
Die bemerkt, stimmte aber zu der, von dem
Recens. ebenfalls behaupteten, mdhr katarrha-
lischen und nordlicheren Natur derselben, im
Gegensatz zu den mehr südlichen und erysi-
pelatösen Scharlach und Pocken. «^ In der
Regel reichten wenigstens gelinde eröffiiende
und kühlend diaphoretische Mittel hin, um den
Verlauf des Uebels gutartig unil keine beson-
ders anhaltend hervortretende Reaction von ein-
aselnen innem oder äufsern Gebilden bemerklich
9SU machen. — Doch werden noch einzelne
Beispiele, wo die Sache schwieriger und ver*
wi<dLelter wurde, im nächsten Monate vorkom-
men. *)
Das auffallendste Phänomen vor dem Aus-
bruche der Epidemie, was bei drei, nachher
desto stärker von Masern befallenen y vollsafti-
gen Individuen, namentlich im diesseitigen Kreise
bemerkt wurde, war eine sehr ähnliche Aus-
schlagskrankheit (mit Fieber, auch wohl Hals-
weh, Hasten u. dgl.) vier bis sechs Wochen
vorher (als wenn die jetzige specifische Reaction
und Bildung auf der Haut, von den Respira'
tiansorganen und der Blutbildung darin y aus,
in einem male nicht erschöpft werden konnte?},
wie auch Dr. Marcus in Hadersleben dieses
vorgekommen ist. (Berliner medic. Central 'Zei-^
tung. 1840. Nr. 40. S. 800).
") Dafs übrigens eine solche Kpidemie mit der Zeit im*
mer bösartiger werden soll, ist aber schon ein na-
türliches Rrgebnifs theils sowohl der durch ihreffio-
. fung Immer mehr allarmirenden Krankheits - dimI
Sterbefalle, als auch der Folgen und Nachkrankhei-
ten, welche mit in die laufende Reihe treten, obae
die Ansicht \on Vermehrung nnd Concentration <tei
Krankenstoffes nnd andere Umstände hier ganz aoi-
scbliefseo zn wollen. —
— 95 —
Wie sehr übrigens jetzt dergleichen Aas-
schlagskrankheiten, in den, sicher oft, selbst
80 ftrn^ zusammenhangenden oder analog af-
ficirten Atmosphären und Organismen sich aus-
prägen (wo dann Oertlichkeiten u. dgl. oft die
höheren Formen, die Contagion u. s. w. ver-
mehren), ^koiuite maa häufig gewahren, z. B.
an dem schlimmen Scharlach in Oldenburg^ noch
mehr aber an dem in Florenz, wodurch, wie
durch die bösartigen Blattern in Hom, ein Va-
ter, der Prinz Borghescy vielfältigen bedauern-
den Zeitungsnachrichten zu Fol^e, drei Söhne
einbülste. (In Italien war übrigens ein sehr
trockener Sommer, und in Ancona z. B. in sie-
ben Monaten fast kein Regen. — Hamburger
Zeitungen v. 19. Dec.)-
Das Wetter blieb bei uns noch mild, und
um die Mitte des Monats fanden sich noch viele
Zugvögel. So auch in TFien (Börsenl. von
25. Nov.). Die achtgradige Kälte aber in P«-
teraburg am 16. d. M. mufste uns auf die An-
iwherung, und, unter Umständen, Mittheilung
eines strengen Winters aufmerksam machen,
der auch nicht ausblieb. —
December.
Barometer. 28' 11" 11'" (27.) and 27' d" (31.) SoDtC
immer bocb über 28'. —
Thermometer. + 6« (2. u. 31.) ond — 14® (15. a. 27.).
(20 Tage Frost.)
Hygrometer. 67« (13.) u. 9^"" (l. u. 2.). Meiit in die 009.
Winde. Bis zum 5. S. u. NW. , dann O. mit N. u. S. —
Vom 28. wieder SW. — Regen am 1. Nehel häufig,
nie auch Reif d. Ravhfroet, Schnee 6. Sternhelle 16.
Barometer mit allen MondwanUmigen (am2. — 9. — 15. —
23. Q. 31. (wieder erst. V.) gef.
— 96 -
Der nach einem (zweiten) kühlen und nas-
sen Sommerjetzt eintretende lange Winter (von
15 — 16 Wochen ohne eine andere als ein Paar
Mal eine zweitägige mildere Unterbrechnng),
der auch im Süden von Deutschland, z; B« in
Wien sich zu 20^ Frost in diesem Monate stei-
gerte (Hamh. Correspond. v. 7. Jan. 1841.),
in Ruüsland noch höher stieg (Hamh. Börsen^
liste v. 83. Dec), in Italien eine lange Darre
mit vielem Schnee ablöste (Hannöv. Zeit, v.
86. Dec.)^ drängte die sogenannten Schleim^
nad' Nervenfieber , die besonders noch anf dem
Lande herrschten, ziemlich zurück, und brachte
uns aullser den gewöhnlichen eatarrhalischen
Uebeln, auch eben keine hervorstechende, am
wenigsten epidemische Krankheitsform, als eben
die Masern in ihrer ausgedehntesten Fortsetzung
und Complication ; von welcher letzterer, Bron»
ehitis und Stickhusten die schlimmsten waren«
Meist kam in Rücksicht des ersten gefurchte»
ten* Namens und Tones der Kranke, der sieb,
wenn auch, nur im Bette, erkältet, oder auch
nur eine plethorische Kehldisposition hatte, mit
einem rauhen, oft bellenden Husten, der küh-
lend lösenden Mitteln bald wich, davon, mitun-
ter abei^ ging der Zustand in einen wahres
Croup y früher oder später, und auch in den
tödtlichen Ausgang desselben über, in wahre
(specifische) Entzündung der ganzen BronchidU
haut und in eine, AienoxmiXe Luftzersetzung stö-
rende oder aufhebende Erlahmung. — Den Stick*
husten und dessen Complication anlangend, so
war diese, schon nach dem warnenden Aus-
spruche meines würdigen verstorbenen Freun-
des und Universitätsgenossen , des Doctor £ra>
leben in Laueüburg, an seinen Schwiegersohn^
den hiesigen Dr. Lindenberg , die allerlaatigsle
— 97 —
und IaDgwierig;8te, und es beruhte dies auch
besonders darauf^ dafs die stärkeren narkoti'-
sehen Mittel ^ welche dabei etwa wirksam sein
konnten, namentlich das Opium, durch Störung
der ebenfalls sehr darjiieder liegenden Function
der Digestion^ so wie der nöthigen freien Ab-
sonderungen und Ausleerungen 'leicht uachthei«
lig wurden. Auch gingen daraus manche spä-
tere Todesfalle hervor, wo dann die Section
meist fehlerhafte Anlagen in den Respirations-
organen nachwies. In solchen Fällen, oder wo
arge Diätfehler vorhergegangen waren, mufsten
mitunter Brechmittel interponirt werden, um
nicht, wie doch öfters geschah, Monate lang
gelangweilt zu werden! —
Ais minder wichtig freilich mufsten aber
doch auch die äufseren örtlichen Affectionen,
nameotlich die schnell oft sich bildenden Au-
gen- und Obrentzündungen (in der Tiefe des
äufBem Gehörganges) angemessen beräcksicb-
tigt, und letztere vorzüglich durch eine mäüsig
wanne und egale Temperatur und durch pais-
lidie ausleerende ableitende Mittel, gleich von
Aafüng an, möglichst verhütet, oder durch
milde Eingieüsungen vonOelen, später mit Blei-
ttitteln {Aqua satumina) baldmöglichst geheilt
werden. Dafis die buchten Mittel, beim Husten,
namentlich bei der rauheren Art beim Ausbru-
che der Krankheit, mit Salmiak u. dgl.' ver-
banden, sehr hülfreich sein. konnten, dafs ein
hpehst schmerzhaftes Wangenreiüsen bei reiz-
baren ^Frauenzimmern durch Calomel und Opium
un Zaum gehalten werden muiiste, dies und
inehr dergleichen braucht hier nicht mit Meb-
rerem erwähnt zu werden ,' da hier überhaupt
der Raum nicht sein kann, weitläuftiger über
practische Behandlung der Masern sich aus-
Joiim.XCIII.Bd.2.St. 6
-. 98 —
ssulassen, welche ja ebenfalls nach der a
meinen und brtUehen Reaciion y mit einigen
benrücksichten, eingerichtet werden muis.
Im Ganzen war diese Epidemie eine
artige. Von des Verfassers Klienten (die
über 70 betragen) starb ein Eweijähiiger
thorischer Knabe an bronchitisartiger Coi
cation (bei der streiigen Kälte and meh
Kranken im Hause nicht gut za verhüten
zu heilen). Der stark ausgeprägte, breite^
marmorirte Aussdilag sah mehrdunkelroth-
lett aus (die verdächtigste Art!). — DieKi
heit hielt übrigens nur in unserer Stadt
drei. Monate an, und zeigte sich nur hie
da und gering in den umliegenden Orten,
brach sie noch ganz spät (im Mai des i
sten Jahres) in Bardewiekj einem alterthu
berühmten grofsen Dorfe von lOOOKinwot
ans und tödtete dort ärger als bei uns
4>h&ehin manchen Eltern dort noch der G
an heraustreibende hitzige Mittel und Diäl
B[^sl wohnte.
1 1 1*41
güj So endigte also auch dieses verwic
IH;:! und gespannte Jahr wenigstens in Weltfn
0^ uud konnte Humanilät und Wissenschafi
kTJl verhältnifsmäfsig doch einer leidlichen I
j^i|; erfreuen! — Auch die Hygieine^ sofern si
rltS den atmosphärischen Einflüssen enge sv
" menhängt, steht jetzt in einer interess
Reihe, wo ein sehr langer Winter bis in den
des folgenden Jahres hinein , nach einen
gewöhnlich frühen und warmen Frühling i
Ueo wieder kühlen und nassen Sommer
dritten nacheinander) hineinführt , und dun
rauhen und abwechselnden Einflüsse, so
durch Verlegenheit für die Erndten, und
dadurch eingeführte, noch mehr angedro
— 99 —
Kiankheiten davon^ den grofsen Strich des nord-
europäischen Coniinents auf mehr denn -faon-
dert deutsche Heilen einwärts von den Kü-
8tea (die groIseD westlichen und nördlichen In-
sdn , England u. s. w. , und (nach Hamb. Cor-
lespond. v. 1. Aar.) auch sogar WesHndien
Uttt eingeschlossen^ irre macht und ängstigt
(Geschrieben d. 3. Aug. 1841.)- —
In der Landdroatei Lüneburg waren 1840
gehören 9393, 4854 Knaben und 4539 Mädchen.
— Gestorben 6038 (ii;f/ti^er gegen 1839: 150).
Todt geboren 361. — Mehr gestorben Vf. Mehr
todigeb. 14. — Weniger unehlich geb. 9S. —
WerAger confirmirt 4. Mehr copulirt 92.
' Es aiai^>en an natürlichen Blattern 7 M. a.
8 W. (mehr S). An Masern und Röthein (sicher
nur zu allgemeine Bezeichnung für mehre der-
artige Ausschlagskrankheiten !) 84 M. u. 75 W.
(weniger 58). Am Nervenfieber 165 M.u. 169W.
(meJir 8). Au der Lungensucht 481 M. u. 431 W.
(mehr 18). Bei der Niederkunft und im Kind»
bette 60 (weniger 9). — Durch Selbstentleibung
tlM.u.bW. (weniger 12'). — Verunglückt: im
Wasser 38 M. IS W. , bei Feuersbrunsten 1 M.
(wie 1639). — An sonstigen Unglücksfällen
S5H.U.7W. (weniger 6). — (DerÜeberschufs
der Gebomen gegen voriges Jahr geringer um
191.)
In der Stadt Lüneburg waren geboren 159
Knaben und 184 Mädchen, Summa 343 (ge-
rm vor. Jahr plus 7) , unter ihnen todtgeboren
Kn. u. 4M., unehlich 27 Kn. u. 31 M. — Es
starben 248 (worunter 3 Frauen zwischen 90
bis 100 Jahr).
An natürlichen Blattern Starb Niemand. An
Masern und Rothein nur 3 Knaben und 1 Mäd-
dien« (da die eigentliche Epidemie sich erst
G 2
_ 100 —
mit dem Anfange des andern Jahres concei
trirte, übrigens in diesen, wie in andern de
'gleichen Angaben,, sicher manche Unstatthi
tigkeit wieder vorkommt, da k. B. an der Lq
gensucht von jedem Gcschlechte nur 3, an d
unbestimmten, innern hitzigen, imiemlangwi)
rigen und innern schnell tödtlichen Krankheit!
die Meisten gestorben sein sollen). — Bei dl
Niederkunft und im Kindbette starben nui
An Entkräftung und im Alter 38 M. u. 31 W. ':
Durch Selbstentleibung (Ertrinken) 1 H. Doip
UnglücJcsfälle 6 M. u. 1 W. —
Uebrigens hatte das ganze Reich audi
diesem Jahre einen Ueberschufs der GeborH
gegen die Gestorbenen von 16446. —
.1
J
— 101 —
IV.
Mediciiiisch- praktische und theo-
retische Erörterungen
YOD
Aug. Wilh. Neuber,
Doctor der Medizin, Chirurgie and Philosophie zu
Apenrade«
1.
IJeber die nachtheilige Wirkung des Schweiiie-
Aeiflcbes, beobachtet von Diviit (Edinburgh
medic. and surgic. Journ. Oct. 1836. vergl. Frp-
riep's Notizen 1837. Bd. I. Nr. 17.)^ wird be-
•eriit, dafs frisches Schweinefleisch nicht sel-
ten Diarrhöe veranlasse, zuweilen aber auch
von einem ^giftigen Einflufs auf den Verdauungs-
apparat sei. In einem Falle bekam der Kranke,
wdben Stunden nach dem Genüsse des Flei-
sches, einen heftig brennenden Schmerz in der
Magen- und Nabelgegend, der von einem be-
ständigen Erbrechen einer duukelgefarbten Flüs-
sigkeit, in der einzelne, halb verdaute Fleisch-
stücke sich vorfanden, begleitet war. Der Un-
terleib war nicht aufgetrieben, die Oberfläche
iß$ Körpers kalt, die Stirn mit kaltem Schweife
— IM —
bedeckt; der Pols schwach und zitternd. Aber
diese Symptome verschwanden nach einem ge-
nommenen Brechmittel. — Ein plethoriseher
und starker Manu, der Mittags Schweinefleisch
genossen hatte y wurde um drei Uhr von einem
solchen krampßiaften Schmerz befallen ^ daiii
selbst die Respirationsmuskeln, namentUch das
Zwerchfell y von ihm gleichsam fixirt waren,
wodurch das Athmen erschwert und äulserst
schmerzhaft wurde. Auf der kalten Stirn stan-
den Schweifstropfen, der Puls war schwach
und intermittirend. Ein Brechmittel bewirkte
auch hier baldige Genesung. — Ebenso ge-
schah es in einem dritten Falle. — In einem
vierten, wo ein junger Landmaun in der Stadt
Schweinefleisch genossen hatte, wurde derselbe
auf dem Heimwege von heftigen Leibschmerzen
und Erbrechen befallen. Beide Symptome wa-
ren auch am andern Morgen auf eine beunru-
higende Weise zugegen; dabei war der Un-
terleib leicht aufgetrieben und sehr empfindlich,
das Gesicht und besonders die Augenheder wa^
ren dick geschwollen , der ganze Körper mit
Urticaria bedeckt, und der Puls schnell und ge-
reizt. ' Nach einem Emetico - cathartico aus
Brechweinstein und Bittersalz erfolgten Auslee-
rungen nach oben und unten, und der Kranke
war, bis auf die Urticaria, vollkommen geneseo.
Letztere wich auf wiederholte Abfuhrungsmit-
tel. — In einem andern Falle entstanden auf den
Genüfs des gekochten Schweinefleisches nach
28 Stunden heftige Schmerzen im Colon; aodi
hier halfen, wie in mehreren dergleichen Fällen, .
Abführungsmittel. — Bemerkenswerth ist es^ j
heifst es ferner, dals ähnliche nachtheilige Wip*
kuugen noch nie vom Geniisso des Schinkens
oder von eingesalzenem Fleische beobachtet
^los-
wurden ; tiio sclieiucu mehr vom Fetlo des Flei-
sches abzuhängen, und werden deshalb auch
mehr in den niedem Volksklassen beobachtet.
Entstehen übele Zufalle in den ersten Stunden
nach dem Genüsse , so leidet beiiouders der
Vhgen, später ist es das Duodenum und der
Dänndarm, und noch spater, sieben und meh-
reie Stunden nach dem Essen, das Cöcum,
oder irgend ein anderer Theil des Dickdarms;
im «ersten Falle helfen Brech-, im andern Ab-
iohrungsmittel. An dem Fleische, das entwe-
der gekocht oder gebraten (meist das letztere),
war, hat man nie etwas Besonderes entdecken
kfinnen. —
Es gehört zu den Eigcuthümlichkciten der
Zeit, überall Neues und Aufserordentliches zu
sehen y selbst in den bekanntesten Dingen. Dafii
mau sich durch den reichlichen, vielleicht übor-
luUsigen Genufs von frischem, fettem, nament-
lieh gebratenem Schweinefleische leicht Unver^
daalichkeiteu zuzieht, ist seit Abrahams ZeL-
tan bekannt, und ein Grund mit, weshalb schon
damals der Urahn der Juden kein Schweine-
leisGli genofs, nicht etwa, weil dasSchweine-
Iflisch eine eigenthfimliche giftige Eigenschaft;
hall, sondern weil es, obgleich an sich nicht
«ben schwer verdaulich, doch beziehungsweise,
wegen seiner grofsen Menge von Nahrunff»-
stoff, eine sehr lebhafte und kräftige Thätig^
keii der Verdauungsorgane voraussetzt, um m
gesunden Nahrungssaft verwandelt zu werden^
Denn sind der Magen und der Darmkanal, trotz
der besten Verdauungskraft, nicht im Stande,
die ganze ihnen dargebotene Masse des zu-
Verarbeitcndcn bis auf einen gewissen Grad
SU assiroilii'cn , so gewinnt der Chemismus das
Uebergewicht , und im Cbymus entstehen Vcr-
_ 104 —
binduDgen^ z. B. giftartige Säare^ (me schon
Sertürner nachgewiesen hat), die dem Orga^
nismus und zunächst dem Magen und Darmkanale
schädlich sind und sehr gefährhcheZufalle ver-
anlassen können. Betrachten wir aber alle obi-
gen Fälle , so ist es wohl kaum einem Zweifel
unterworfen 9 dafs wir es hier einzig und alleia
mit einer solcheil Ueberladung und Unverdao-
lichkeit^ nicht aber mit einer ^ durch Schweine-
fleisch geschehenen Vergiftung (etwa wie durch
Wurstgift) zu thun haben ^ mit Zufallen, wie
si6 durch jedes andere Nahrungsmittel, im Ue-
bermaafse, oder zur ungelegenen Zeit genos-
sen, herbeigeführt werden können. Denn was
den vierten FaU betrifft, so waren die 6e«
flichtsgeschwulst und die Urticaria gewiis nidit
die nothwepdigen Folgen des Genusses vom
Schweinefleisch, sondern mehr abhängig von
d^r Individualität der Personen , die es genos-
sen, auch blieb die Urticaria zurück ^ nachdem
die Unverdaulichkeit bereits gehoben war; sie
würde, da sie ohnehin nur kurze Zeit dauert,
gewifs auch ohne wiederholte abfuhrende Mit-
tel von selbst verschwunden sein. — Ich lebe
in einer Gegend, wo sehr viel Schweinefleisch
in jefflicher Gestalt gegessen wird , alleia ich
habe von dem Genüsse desselben nicht häufiger
Magenbeschwerden entstehen sehen, als voo
den anderen, sehr nahrhaften, oder schwer
verdaulichen Nahrungsmitteln. — Dafs der Verf.
es hier allein mit Unverdaulichkeit zu thmi
hatte, ergiebt sich auch aus der richtigen Be-
merkung, dafs in den ersten Stunden nach doD
Genüsse Brechmittel, später Abführungsmittel
die beste Wirkung thateu , und dafs nach deo*
selben die Herstellung unmittelbar erfolgte. -*
Wie leicht der Verf. geneigt ist, sich über die
— 105 —
cinfiMlisten Dinge za venrandem, erhellt noch
besonders daraus, dafs er es bemerkenswerth
findet y das Schinken und gesalzenes Schweine-
fleiseh minder leicht Unverdaulichkciten erregen,
ata das frische. Jeder weifs, dals durch die
Kinwirkung des Rauches und Salzes das Fleisch
iberhaupt, und namentlich das Schweinefleisch,
m einen Zustand versetzt wird, in welchem es
leichter und besser vertragen wird.
2.
In Kleinerfs Repcrt. (1837. MaL & 119),
wird ein neues Verfahren zur Einrichtung der
Luxation des Oberschenkels auf das Foramen
obturatorium von J^eiu (in seiner These Paris
1835) mitgetheilt : „Ohne Extension bringt ndan
die Extremität in doppelte Beugung, in wel-
cher sie ein Gehülfe erhält, während ein an-
derer das Becken fixirt. Der Wundarzt um-
falst mit beiden Händen den hintern und obern
Theil des Schenkels, erhebt ihn ein wenig und
lieht ihn nach hinten und aufsen, hierbei fühlt
man die Muskeln auseinanderweichen, so dafs
man zwischen ihnen, bis auf das Femur ein-
dringen kann. Bei der beschriebenen Bewe-
gung verlaust der Schenkelkopf das Foramen
obturatorium, gelangt über die Gclenkhöhle
mid sinkt mit ueräusch in sie ein.'' — Schon
seit dem Jahre 1819 habe ich auf ähnliche
Weise Verrenkungen des Oberschenkels ein-
gerichtet, wie die beiden folgenden Fälle be-
weisen :
Erster Fall Den 17. Juni 1819, Abends
am 7 Uhr, gerieth em grofser, sehr starker,
MOBkulöscr Bauer im vorgerückteren Alter zwi-
schen einen herabstürzenden Balken und einen
— 106 —
Granitblock y so dab der erstere ihm auf dml
Rucken zu Uegeu kam. Ich langte zwischen
9- und 10 Uhr bei ihm an. Der Unke Ober-
schenkel war nach oben und hinten verrenkti
und das Glied 3 bis 4 ZoD kurzer, als der
rechte SchenkeL Ich lieb den li^rletzten auf
einen festen Tisch legen, und' versuchte auf
die gewöhn)}che Weise die Einriehtung, aber
vergebens. . Iffjim wurde derselbe flach auf den
Fufeboden gelegt, indem ihm nur ein dünnes
Kissen zur Unterlage diente. Die Schultern
und dasr Becken liefs ich dadurch befestigen,
isJfl sie durch Gehulfen gegen den Fuisbodea
gedräckt wurden. Hierauf mulste ein anderer
Gehfilfe den linken Schenkel allmählig, bis zo
eitlem fast rechten Winkel, in die Hohe he-
bn, während auch der Unterschenkel mäbig
gebogen war. Gleichzeitig wurde eine mög-
lichst starke Ausdehnung in derselben Richtung,
in der sich solchergestalt der Oberschenkel ge-
gen das Becken befand, angewandt, und jener
rotireud nach rechts und innen gedreht, wor-
auf der Schenkelkopf unter hörbareiki Geräusche
in die Pfanne glitt
Zweiter Fall. Den 16. December 1822 warf
ein 29 Jahr alter, stark und gedruugen gebau-
ter, muskelreicher Fuhrmann von mittlerer Gro-
fse mit einem Fuder Hanf um , auf welchem er
saus, wobei er ebenfalls den linken Oberschen-
kel nach oben und hinten verrenkte. Die Ver-
kürzung betrug gegen sechs Zoll. Das Knie
war nach innen gedreht, befand sich in mälsi-
ger Beugung, und konnte weder freiwillig noch
künstlich bewegt werden. Der grofse Rollhu-
gel stand hoch oben nach hinten, das Gesafo
war rund, prall und geschwollen. Nach auDseo
— 107 —
Eefii mdk das Glied aaF keine Weise drehen.
Der Schmerz bei jeder versuchten Bewegung
war sehr grofs« Nachdem der Verletzte ent-
kleidet worden^ wurde er auf den Fofsboden
|[elegt Ein Handtuch wurde um Schultern und
Rücken gescli^ngen, um die Gegenausdehnung
m machen^ oder vielmehr eine grössere Be-
festigung zu eriangen^ und zweien Männern zu
diesem Zwecke übergeben. Ein dritter mufste
die Schultern und ein vierter das Backen ge-
gen den Fufsboden drücken; um das Knie
wurde ebenfalls ein Handtuch gelegt^ vermit-
t^it dessen zwei Männer^ nebst zwei andern^
wdphe den Unterschenkel falsten^ dieAusdeh-
nitfig machten. Zuerst liels ich mit gebote-
nem Knie den Oberschenkel in einen Wimctfl
von 45^ beugen^ und zugleich vom Becketf
wegwärts ziehen, gleichzeitig aber, um den
Schenkelkopf beweglicher zu machen, das Glied
wechselswcise etwas senken und wieder he-,
ben, indem ich selbst den Rollhügel herunter
m drücken mich bemühte. Nach einigen Mi-
nuten rückte dieser merUich nach unten. Nun-
mehr liefe ich das Glied senken und in mehr
gerader Richtung ziehn, bis dafs beide Schen-
kel an Länge fast gleich waren. Der Gelenk-
kopF stand jetzt unter dem hintern Rande der
Pfanne. Nachdem ich dem Kranken und den
Gebülfen einige Minuten Erholung verstattet^
Beb ich von Neuem anziehen, und dabei den-
Oberschenkel nach und nach, bis fast zum
rechten Winkel, beugen, während ich memo
rechte Hand von hinten her gegen den Tro-
chanter stemmte, um den Gelenkkopf gegen-
die Pfanne zu leiten. Als der Schenkel nun
fast einen rechten Winkel mit dem Rumpfe bil-
dete, sprang der Gelonkkopf plötzlich mit ei-
— 108 —
nem, erst roUendeD, dann krachenden Geräusch
in die Pfanne.
3.
j^Dab der Arsenik in Berührung mit fou-
lenden organischen Stoffen sich nicht Veifluch^
tigt/^ glaubt Dr. Wiggers dadurch beweisen
9SU können, dafs in einem Bfunde Ochsenbhit|
welches er mit 1 Centigramme arseniger Sfture
vermischt hatte, und dann mit stetem Ersatz
der verdunsteten Flüssigkeit, ein Jahr lang
foulen liefs, dor Arsenik nach dieser Zeit mit
Bestimmtheit nachgewiesen werden konnte. Al-
lein meines Wissens hat Niemand behauptet,
dalii die arsenige. Säure sich in einem solchen
Wärmegrade, in welchem das Blut in Fäulnils
übergeht, und welcher den der Atmosphäre
nicht übersteigt, gänzlich verflüchtigt, überdies
hat TFiggers nicht nachgewiesen, ob die ganase
Centigramme wieder gefunden wurde.
4.
Zur Behandlung der Scarlatina anginosa
(das ist in der Regel jeder Scharlachfieberiall)
empfiehlt Hamilton (Edinb. medic. and surgic
Jouru. Froriep's Notiz. 1837. Bd. I. Nr. «1.)
das Aetzen der Mandeln mit Höllenstein. Zwar
werde dadurch nicht die Entzündung gehoben,
wohl aber die Eiterung verhindert, welche ai*
lein (?) die Krankheit gefährlich mache (das.
S. 121). Dieser. Rath dürfte nur mit greiser
Einschränkung zu benutzen sein. Der Vf. scheint
anzunehmen , daCs die Entzündung beim Schai^
lach stets von einerlei Beschaffenheit sei, und
immer nur allein die Mandeln befalle. Dein ist
aber nicht so, denn, je nachdem das mit de«
— 109 —
Scharlach verbundone Fieber bcschaffeii^ je nach-
dem ist auch die BcschaifeDhcit der Ilalsent-
zundang verschieden, und sie kann sich über
all^ Theile der Rachenhöhle verbreiten. Ge-
wöhnlich gebraucht man bei Entzündungen erst
dann Aetzmittel, wenn bereits Vereiterung und
deren Folgen entstanden. — Dafs bei noch nicht
vorhandener Eiterung und Versohwärung die
Aetzung diese in jedem Falle verhüten könne,
ist kaum glaublich, da gewöhnlich schon dann,
nach dem Abfallen des Schorfes , Eiterung ent-
steht, wenn man nicht entzündete Flächen
ätfit Auch sagt der Verfasser selbst, dafs die
Entzündung nicht beschränkt werde, folglich
wird auch die Neigung zur Eiterung kaum auf-
gehoben werden können, wenn sie überall vor-
handen war, was bei dem Scharlachfieber sel-
ten der Fall ist, wo die Entzündung häufig
sich zum Brandigwerden hinneigt. Ich meiner-
seits würde erst dann zum Höllenstein greifen,
wenn eine solche brandige, schwammige oder
callöse Entartung der entzündeten Theile ein-
zutreten droht, der Character der Entzündung
also entschieden asthenisch ist; bei sthenischer
Disposition würde ich durch das Aetzen den
Bntzündungsreiz zu vermehren furchten. Es
ist möglich, dals Hamilton vorzugsweise sol-
che asthenische Scharlachfieber zu behandeln
gehabt, oder dafs ihm in dieser Krankheit häufig
der Rachencroup vorgekommen, wie er bei ein-
zelnen Scharlachfiebercpidemieen vorkommt, bei
dem das Aetzen mit Höllenstein sich sehr heil-
sam, ja allein lebensrettend, beweisen soll. In
Bezug auf die Behandlung exanthematischer
Krankheiten kann nicht oft genug daran erin-
nert werden, dafs es für dieselben keine alh;e*
mein gültige BehandlimmRitgiebt, sondern dafii
— 110 —
in dieser Hinsicht Alles von der Besehafienbeit
des Fiebers und der^ mit demselben etwa gleich-
seitig Toiiumdenen örtlichen Entsändung ab-
hangt.
In Buckner'8 Repertoriam (1837. Bd. IX.
EL 8.) wird erzählt^ dals Buchanan das Jod in
ungeheuren Gaben giebt, nämlich als Jodatär-
kemehl dreimal täglich zu 1 Unze (=72 Gran
Jod), als Hydrojodsäure bis zu einer Unze in
24 Stunden (=8 Drachm. Jod), und hydrojod-
saures Kali bis zu einer halben Unze auf die
Grabe, und das Alles ohne Nachtheil! Vergleicht
man damit die Gaben der homöopathischen
Aerzte, so muDs man gestehen, dals beide die
grölsten Elxtreme darbieten! — Hieran schlieAt
sich eine andere, an demselben Ort erzählte
Geschichte, nach welcher ein junger Mensch
im Höpital de med. zu Paris, aus Versehen,
statt einer Abführung, eine Bouteille Jodflus-
sigkeit, die 28 Drachmen Jodtinctur (=2^ Dr.
Jod) enthielt, ohne Nachtheil, verschluckt ha-
ben soll. — Ich selbst hatte Gelegenheit zu
sehen, dals eine Mixtur, welcher statt zwei
Drachmen Carduibenedicten-Extract, aus Ver-
sehen eben so viel Bilsenextract zugesetzt wor-
den war, von dem Kranken Efslöffelweise, ohne
Nachtheil, verbraucht worden war.
6.
Boudin {Buchner*s Repert. 1837. Bd. VIII.
1836.) empfiehlt das salpetersaure Silber in
Klystieren, so wie auch innerlich gegen Phlo-
gose der Darmschleimhaut (Dothienteritis)^
und behauptet, von dessen Anwendung gro*
Isen Nutzen gesehen zu haben, dafii dadordi
^ 111 —
der DorehlAur gemindert und der ubele GSemeh
der Ausleeningen verbessert worden sei« Diese
Beobachtungen erinnern abermals^ wie traurig
es noch immer um unsere Ansichten über den
Begriff der Entzündung steht Je mehr über
diesen Gegenstand geschrieben wird, je grA-
Iker scheint die Begriffsverwirrung zu werden.
Sollte wirlilich anzunehmen sein, dafs das
ätzende salpetersaure Silber , als entzündungs-
widriges Mittel, im Sinne der alten hippokra*
tischen Schule, sich gelto^ machen und ab
«hl solches betrachtet werden könne? Hat es
sich in der angeblichen Darmphlogose heibrin-
gend gezeigt I so scheint eben hierin der Be-
weis zu liegen, dafs die sogenannte typhffse
Dothienteritis ganz etwas Anderes sein mfifiite,'
dafs hier gerade das Oegentheil, n&mlich der
Zustand einer eigenthümlich gearteten Auflö-
sung der organischen Gewebe, eine sogenannte
iUsehe Entzündung, oder ein faulichter Zustand
im Sinne der Alten, vorhanden gewesen sei;
oder aber , dafs das Salpetersäure Silber zersetzt
worden, und nicht als solches, sondern als
Chlorsilber, worauf auch Buchner auftnerksam
macht, zur Wirksamkeit kommt
7.
Dombtiiih (jCasfer\8 Wochenschr. f. d. ges.
Heilk. 1837. St 11.) gicbt einen Verband zur
Befestigung des Bruchs des Schlüsselbeins an,
der Aehnlichkeit mit einem von mir in Ge-
brauch gezogenen hat, nur dab der meinige
noch einfacher ist Ich lasse n&mlich ein voi
feinem, doch festem und weqlg dehnbarem Le*
der verfertigtes und mit Parchent gefQtterlil
Halbleibchen anlegen, welches vom gesehnfiit
— 112 —
i;^rd. Dasselbe ist mit genau anschliefseuden
Halbärmeln versehen^ von welchen der auf der
beschädigten Seite ebenfalls geschnürt wird^
um beim An- und Ablegen den Arm nicht be-
wegen zu dürfen. Mitten auf beiden Schulter-
blättern sind auf einer hier augebrachten Un-
terlage von festem Leder ^ um das Ausreüaen
zu verhüten^ Ringe befestigt, durch die ein
Riemen 9 mit einer Schnalle versehen , gezogen
wird. Wenn das Leibchen fest angelegt woi^
den, werden durch diesen Riemen die Schul-
tern nach hinten gegen einander gezogen und
so befestigt. Das Leibchen geht sp weit hin-
auf, dafs durch dasselbe zugleich die auf das
ScUüsselbein gelegten Druckpflaster festgehal-
ten werden. Der Arm wird alsdann am Kör-
per befestigt.
8.
Berger (Berliner Vereins - Zeitung. 1889.
Nr. 26. S. 132) macht darauf aufmerksam, dafs
bei der Behandlung der Verstauchungen und
Quetschungen die, überall im Gebrauch ste-
hende Ansetzung von Blutegeln unnöthig, ja in
vielen Fällen schädlich sei, daher er sich der-
selben nicht mehr bediene. Mir ist eine solche
allgemeine Anwendung der Blutegel bei den
gedachten Verletzungen unbekannt, und nie-
mals setze ich Blutegel an , wenn nicht bereits
vorhandene Zeichen der eintretenden Entzün-
dung sie nöthig machen, was aber in der Mehr-
zahl der Fälle, bei zeitiger Anwendung kaltcf
Umschläge, nicht zu besorgen steht. VomBe^
ginne meiner Praxis an habe ich dieselben, ge-
rade wie Berger y durch Ruhe, kalte UmschUgp
mit späterm Zusätze von essigsaurem Blei. uafL^
wenn Fieber befürchtet wurde, oder wuUSi J
'C
— 113 —
eintnt , den innem Gebrauch abführender Sal««
niztiiren (gewöhnlich Nati^om solphor. und Natr.
nitric) behandelt Ich kann mich kaum eines
Fidlea erinnern , wo ich das Anselsen von Blut»
egeln für nöthig erachtet hätte. Gans dasselbe
gilt von Verrenkungen und Knochenbrüchen;
auch bei diesen ist mir nur wirklich eintretende
Entaefindung die Anzeige für die Anwendung
allgemeinerund örtlicher Blutentziehungen; durch
voreilige Herabstimmung der Lebensth&tigkeit
xmd die Heilung unnöthigerweise venögert
Die nothwendige Ruhe und die strengere Di&t^
welche anfan^ beobachtet wird, wirken an sieh
fldion herabstunmend genug.
9.
Von jeher haben einzelne^ neuentdeckte
oder besser begründete Thatsachen Ideen er^
aeogt, welche y einseitig aufgefiaÜBt, hftufig ei-
nen zu überwiegenden Einfluils auf die Wis-
scoschaft ausübten, und sich eine zu allgemeine
Geltung zu verschaffen suchten. Diese Wahi^
heit stellt sich gegenwärtig bei Feststellung
und Anwendung der sogenannten Endosmose
und Ezosmose heraus, welche halb lebendige.
halb mechanische Vorgänge sich vorherrschend
anmaisen, das Räthsel der orgfmischen Bil-
dong lösen zu wollen. Davon zeigt unter an»
dem ein Aufsatz des Dr. Steifensand in Cre-
feldt über Secretion und Resorption in der Ver»
cinsseitung (1839. Nr. 30. S. 147). Der Verf.
griit von Joh. Mütter' B (Dessen Handb. A. Phy-
Moiogie Bd. I. S. 416 der ersten AufL) Bemerkung
aasy dab eins der grölsten Räthsel der Phy*
iMogie die Erscheinung sei, dafo absondernde
Ofgane nur an der innem Fläche ihrer Kanäle
alwodem, und nicht audi (durch Exosmoee)
lowfl.XCUI.D.St2. H
~ 114 .
an ihier äuüetn. St'dfensmd sacht dieses R&ih*
sd dadurch zu lösen, daCi er eine solche Ab-
sonderung auch an der äufsem Flache allep-
dings annimmt, dafs aber das Abgesonderte
ninrchgeschwitzte) gleich im At^enbliöke der
Absonderung durch einsaugende GefäHse i^^icH
der aufgenommen werde. Auch ^ ist er sehr ge-
peigt, aUe Absonderungs^enichtongen, z. B. die
der Nieren und der Leber, bei dem Geschlfie
der Absonderung selbst (ganz wie es der Geirt
der Zeit mit sich bringt) eine sehr passive RoDe
spielen zu lassen, indem er im Allgemeinen an^
nimmt, dalis der Absonderungsstoff , alssoleber,
nicht erst in diesen Orjgänen gebildet werfle^
sondern , wie z. B. die Galle und der Harnstoff,
bereits im Blute vorhanden seien. Der ganze
Vorgang soll sich ^auz mechanisch (gleichsam l'
nach Art einer Filtrirmaschine) nicht sowohl *
ddrch den verschiedenen Bau und die yersdue-
denartige Belebung der Nieren und der Lober,
sondern vorzugsweise durch die gröfisere Haaee
Bluts erklären lassen, die gegen den einen oder
andern Theil andrängt. So leitet er aus die-
sem verschiedenen Andrang den Unterschied
zwischen der Harnabsonderung in den Nieien,
tind der Thranenabsonderung in den Thrän^
drusen her. — Die schwache Seite solcher me-
chanischen Ansichten und Erhlärungsweisen
leuchtet von selbst ein, wenn man der Idee der
Zweckmäfsigkeit, ohne die nun einmal weder
das Leben noch die Einrichtung des Organis-
mus im Ganzen, wie in seinen einzelneu Thei^
len, verstandlich sind, sich deutlich bewufist ist,
und dieselbe bei der Betrachtung der Vorgänge
in dem Gebiete der orgauischen Lebensthätig^
keiteki unbefangen festhält. Wenn der ganze
Hergang der lebendigen Entwickelung, Fortbil-
dung und Erhaltung sogar einfach und hand-
— 115 —
greulich wäre, dann erwiese sich die so sehr
nflammengesetzte and kunstreiche Einrichtung
des ganzen Organismus und der einzelnen Or-
gane als schlechthin unbegreiflich und stände
mit der sonstigen Einfachheit der Wirkungs«
weise der Natur in einem schneidenden Wi-
denpmche. Schon nach dem Bau der äuüsem
Theile, der genau dem Zwecke, dem sie die-
nea^ entspricht, dürfen wir wohl voraussetzen,
dafs sie, z. B. die Nieren und die Leber, keine
bloisen Filtra sind, welche durch Exosmose, in
diesem Falle ganz einerlei mit mechanischer
Dnrchschwitzung, den schon fertigen Harn und
fie schon fertige Galle, aus dem Blute, gleich-
ssa wie ein Sieb, durchlaufen lassen, wäh-
mid alles Uebrige zuräckbleibt; vielmehr dürfen
wir annehmen, dals sie bei dem Absondcrungs*
gesch&fte wirklich eine lebendig active Rolle
sa fibemehmen haben, welche durch die Ei-
genthämlichkeit des ihnen zugewiesenen Ner-
veneinflusses vorzugsweise bestimmt wird. Sol-
len wir bildlich reden, so können wir jedes
Atsondemngsorgan als einen lebendig electrisch-
chemischen Bildungs- (Mischungs- und Ent-
■iechungs-) Apparat ansehen, welcher durdh
eine Nervenloitung , die unter der Grundidee
des Gesammtorganismus steht, in beständiger
Wirksamkeit erhalten wird. — Was insbeson-
dere den von Müller räthselhaft, von Steifen''
mmd aber leicht erklärlich befundenen Vorgang
bei der Ausscheidung des Abgesonderten durch
die Fuhrungsgänge der Absondemngsorgane be»
tiiA, 80 dürfen wir annehmen, dafs hier, wie
hei der Absonderung selbst, das Gesetz der
Eweekmäbigkeit vorzugsweise in Betracht kom-
werde, und dafis der Bau dieser Gänge,
das ihnen inwohnonde eigenthumlich mo-
H %
— 116 —
dificirte Leben sich wohl so beschafTen denk^
lä&t, dafs eine blofs mechanische Exosmosi
nicht in einem sehr bedeutenden Grade, na^
jedenfalls nicht auf eine solche Art Statt find«
werde, dafs das Abgesonderte, seiner ganssei
Masse und Zusammensetzung nach, dieWändi
der Ffihrungsgänge durchdringe. Fände eil
solcher Vorgang, wie Steifensand will, wirk!
lieh Statt, so würde dadurch einerseits eiflj|
unverständige Verschwendung der abgesoudevj
ten Stoffe gesetzt, andererseits aber mufstei
auch andere Säfte, ja das Blut selbst, ein<|
solchen Durchschwitzung unterworfen sein, wo
von wir doch im Zustande der Gesundheit nidif
wahrnehmen. Däfs eine theilweise Durdi
schwitzung, vielleicht schon im Leben, nod
mehr aber im Tode Statt finde, ist im erste!
Falle glaublich, im andern gewiik, weiiigsteiij
zeigt dies die Färbung der Umgegend der GftI
lenblase, allein im Leben ist dieselbe, als reij
mechanisch gedacht, gewifs unbedeutend, uni
hängt nächst der Beschaflenheit des Gewebt
wohl gröfstentheils von der Beschaffenheit de
Abgesonderten ab, indem nur die flüssigste!
Theile einen Durchgang finden können; im Tod
dagegen hat auf diesen Vorgang die Beschal
fenheit des Ganges oder Behälters den bedeii
tendsten Eiuflufs, und kann hinsichtlich de
Gallenblase nicht befremden, da dieselbe «a
einer verhältnifsmäfsig dünnen Haut besteht
die frei von allen Muskelfasern zu sein schein!
Anders verhält es sich schon mit der Hamblas
und den Gedärmen, in deren Nachbarschaft wi
auch nach dem Tode keine Durchschwitzuii|
ihfes eigentlichen Inhalts finden. Einsaugend
Gefafise anzunehmen, die das Ausgeschwitsti
soglQich wieder aufnehme]) sollen, scheint eini
— 117 —
sclir unwahrscheiuliche uud wenigstens unbe-
wieseue Voraussetzung. Auch fühlt man sich
wohl versucht^ zu fragen ^ warum schwitzen
die einsaugenden Gefalisc ihren Inhalt nicht
wieder aus? oder sind wir «gezwungen Ordnun-
gen derselben bis ins Unendliche anzunehmen?
Wenn es in der Endosmose und Exosmoso wirk-
lidi so rein mechanisch erfolgt, so kann das
Bxosmirto ja wieder endosmirt worden, ohne
Dazwischenkunft von einsaugenden Gefufsen;
zuletzt würden sich freilich auf diese Weise
alle flussigen Theilo des Organismus zu einer
gleichartigen Flüssigkeit vermischen. — Uebri-
ems sind gerade diejenigen, welche der En-
dosmose und Exosmose eine so grofse Bedeu-
tung in der thierischeu Oeconomie einräumen,
geneigtesten, Alles aus diesen Vorgängen
erklären, und namentlich das Vorhandensein
VOD Saugadern in vielen Füllen ganz zu laug-
neiL Was noch insbesondere die Meinung be-
trifft^ dafe die Absonderungsstofl'e , namentlich
Hamstofl' und Galle, schon im Blute gefunden
werden, und also nicht erst in den Nieren und
der Leber sich bilden, so ist das, was davon
Blute gefunden wird, so unbedeutend, dafs
eher annehmen kann, es sei aus den Harn-
werkzeugen und der Gallenblase durch Einsau-
gong aufgenommen. BerzelfiiSy welcher ent-
Hchieden gegen Jene Ansicht ist, sagt (Lehr-
iNich der Chemie, übersetzt von fFöhter^ dritte
Aufl. Bd. I. litt. 2. S. 168) : „Mau hat es zwar
wahrscheinlich zu machen gesucht, dafs alle
in den secernlrten Flüssigkeiten enthaltene Stofle
■dion vorher im Blute enthalten seien, und
in den Meciclionsorgancn nur daraus abgeschie-
den würden. Mtm hat diese Meinung auf den
Umstand gegründet, dafs man einen der Be-
' - 118 —
standtheile dos Harns, den Harnstoff in, dem
Blute der Thiere* fand, denen die Nieren mit
Vorsicht weggenommen waren, dafs die Thirae
noch einige Tage leben blieben; allein dieser
Körper gehört zu denjenigen , welche in mdi-
reren Fällen Producte der Metamorphosen thie-
rischer Körper sind, und der aus dieser interes-
santen Beobachtung gezogene Schlaüs ist wahr-
flcheinlich unrichtig. Er würde nicht anwend-
bar sein zur Erklärung der Milchsecretion bei
den weiblichen Säugethieren, wenn man ilidit
annehmen will, dals Käsestoff, Butterund Uilcb-
supker beständig in dem Blute des weiblichei
Geschlechts enthalten seien, aber nur während
des Säugens abgesondert wurden , eine Schlnfih
weise, die wohl eben so wenig zu billigen ist,
als sie durch die Analyse des Blutes bewieses
werden kann. — '' Und dann ist doch nodi
ein grofser Unterschied zwischen Harnstoff und
Harn; was ist für dessen Dasein im Blute durch
die Anwesenheit eines Stoffes desselben ge-
wonnen? wäre der Harn schon im Blute vor-
handen, so mfifste bei der bedeutenden relati-
ven Menge desselben, die oft in sehr kurzer
Zeit abgesondert wird, die ganze Blutmasse za
jeder Zeit nach Harn riechen. — Wie aber
daraus, dafs ein gröfserer Andrang des Blu-
tes gegen die Nieren Statt findet, als ge-
gen die Thränendrüsen eine verschiedene Be-
schaffenheit des Harns von den Thränen be-
dingt werden kann, ist schwer zu begreifen,
weil es mit den bekanntesten Naturgesetzen
im Widerspruche steht; denn niemals kann ein
quantitatives Mehr oder Minder an und far sidi
eine verschiedenartige Qualität setzen. Der
gröfsere oder geringere Andrang derselben Fios-
sigkeit gegen zwei Filtra, ffir welche nach
i
I
— 119 —
Sieifensand's Ansicht die Niereu und die ThriU-
nendrüsen geltend gemacht werden^ könnte im-
laer nur ein Mehr oder Weniger des in glei*-
eben Zeiträumen Abgeschiedenen bedingen, nidit
aber hier Harn und dort Thränen liefern. -^
Genug, wir würden nun und nimmer die Vor-
gänge im lebenden Organismus verstehen lei^
nen, wenn wir Alles aus dem anatomischen
Bane und der mechanischen Einrichtung der
Organe begreifen und nicht ssugestehen wollen,
dafs bei also gebauten und eingerichteten Or-
ganen in ihrem belebten Zustande, eben weil
■ie belebt und keine hydraulischen Maschinen
Bind, ganz andere Erscheinungen darbieten
■ülsten, als wenn sie nicht durch lebendige,
flondern durch mechanische Kräfte in Thätig-
keit gesetzt würden. Kein auch noch so fei-
nes und geschickt geführtes anatomisches Mes-
ser, kein auch noch so kräftiges und umsich-
tig angewendetes Mikroskop vermag die letz-
ten Gründe der lebendigen organischen Vor-
gänge siuneuiällig darzulegen; sie werden nim-
nermchr die philosophische Betrachtung über
das, was sie nicht zu ergrüudcn vermögen,
minöthig machen. Darum Jedem das Seine! —
Das Leben kann nur in und durch sich selbst
verstanden werden.
10.
In Casper*s Wochenschrift (Jahrg. 1837.
Nr. 32.) wird vom Hrn. Dr. Thorer zu Görlitz ein
Fall erzählt, dafs mehrere Personen und ein
Hund von dem Genüsse wenigen rohen Schin-
kens, der einen unangenehmen Geruch hatte,
nnd etwas weicher, als gewöhnlich gewesen
sei, Zufälle bekamen, die von einem scharfen
-• IM —
G^ heizarfihreii flehieneiL K5niite es mit
Belli' Schinken nicht gegangen sein^ wie nut
dnem^ von dem icb^ als durch Raacherang mit
Anenik vergiftet, in PfirgTs tfittheilöngra
CKTene Folge. 1835. Heft 3. n. 4 S. 44) erzählte?
— Dajls dieser Fall nichts mit denen gemein
lialy d|e nnter No. 1. dieser Erorteningen er-
9SMt wurden y leuchtet von sdbst ein.
(Fortsetsong folgt.)
— l«l
V.
Kurze Nacb richte 11
ond
A u s z ft g e.
1.
Beobachtungen über den Bandwurm,
MitgethelU '
vom
Dr. BicJsmg,
pract. ArztQ in Erfurt.
Dflh doiger Zeit behandele ich viele am Bandworme,
4er Taenia soliom, * leidende Kranke ond heile sie gluck-
Beb* Dieffl veranlalst mich, einige, vielleicht nicht immer
berackticbtigte Umstände hier hervorzuheben, welche in
Beng auf die Krankheit und Kar nicht unwichtig scheinen.
Anf welche Weise, ob durch generatio primaria, oder
Moondaria der Bandwarm erzeugt werde, ist ungewifii.
Die an seiner Brzeugong günsügen Umstände beruhten
Meis in den von mir behandelten Fällen vorzugsweise
Schwache and mannichfachen Störungen der Ver-
, die jedoch oft nur wenig bemerkbar waren ^ so
disr Bandwurm bestand und erst nach seiner Bntfer-
anganflGsUender hervortraten. Diefs kommt daher ^ weil
ivWarm in vielen Fällen das Bedurfnils ^der Nahmog
-r t«« -
vermehrt and sehr oft nar dne gelinde Reiznng des Darm-
kanals bewirkt» trodarch die Function desselben bb za
einem. gewissen Grade erhobt wird.
Vorzüglich waren solche Menschen mit dem Band-
wurm behaftet, welche durch eine gelbliche Gresichts&rbe
die Anlage zu Leberkrankheiten verriethen, oder weiche
schon früher an mangelhafter Absonderung der Galle , die
zugleich febleihaft gemischt war, gelitten hatten. Es sphebt
daher, als wenn der Bandwurm in einer gewissen Bezie-
hung zu Leberkrankbeiten stehe. Dafür spricht besonders
folgend er Fall: Ein Mann hatte sich den Bandwurm dwcb
das gewöhnliche Kurverfabren so oft vertreiben lassen,' als
derselbe wieder entstanden war. Als diefs achtmal gesche-
hen war, bildete sich ungefähr in derselben Zeit, in wel-
cher der Wurm sich immer wieder gezeigt hatte, statt
dessen eine Hypertrophie der Leber aus. Sollte man hier
nicht annehmen können, dafs sich die krankhafte Thatig-
keit der Verdauungsorgane, welche der WurmerzeuguDg
zu Grunde lag, nur in einer veränderten Richtung deshalb
geädfsert habe, weil die Krankheit durch die specifiscben
Wurmmittel nicht aufgehoben und gebeilt, sondern nnr
verbindert worden war, in der früheren Art sich za offen-
baren ?
Bei robusten Personen, die bei ursprünglich guter
Verdauung eine gröfsere Menge Speisen zu sich nehmen,
als zur Ernährung verbraucht wird, scheint der Bandwurm
zuweilen dadurch zu entstehen, dafs durch den Ueberschnls
halb assimiiirter Stoffe, unter Begünstigung der tbierischen
Wärme, diejenigen Bedingnisse auftreten, von welchen die
generatio primaria des Parasiten abhängt. Wurden diese
Bedingnisse durch eine geregelte Lebensart wieder geho-
ben, ehe sich das Uebel fester begründete, so ging der
Wurm, ohne dafs ein Arzneimittel gegen ihn gebranebt
worden war, in zwei Fällen von selbst ab und erzeogle
sich nicht wieder, konnte wenigstens nach einem Jahre bei
ungestörtem Wohlsein des früheren Kranken anf keiae
Weise ermittelt werden. Diese Fälle sind mm so m>erk-
würdiger, weil ich in beiden entdeckt hatte, dafs der Kopf
des Bandwurms znrükgebiieben war. Bei dem einen Kran-
ken war der Wurm sogar, ungefähr 20 Ellen grofs, leben-
dig abgegangen und dann abgerissen worden.
Die Symptome, welche der Bandwurm erzeugt, sind
selir verschieden, oft entstehen gar keine, bis sich einzelne
Glieder von ihm zeigen. Im Allgemeinen sind die Be-
schwerden bei kräftigen Menseben geringer, als bei scbwäcb-
— 1«3 —
I
Gobeo. Bei diesen besteben dieselben aafser den orsprQng-
Bcben Zeichen des Uebels in einer Menge unbestipimter
tympatbiscber Erregungen , wodurch jene oft Terdeckt
werden. Die Beschwerde, die ich für die pathognomo-
ntche der von mir beobachteten Form des Bandwurms
balte, bestand in einem eigenthümlichen Schmerze in der
mittleren Gegend der Leber, der nur selten auch in der
Unken Seite des Unterleibes erschien. Der Schmerz war
driickend, saugend, von innen nach anfsen bohrend ond
oft so, ab hinge ein Grewicht an der Leber, oder als
dehnte sie sich nach ihrer Oberfläche hin aus. Er er-
schien intermittirend zu unbestimmten Zeiten, yorziiglich
gegen Mittag, weifn das Bed'urfnifs nach Speisen auftrat;
er Terschwand nach eingenommener Mahlzeit, am sicher-
ften aber nach dem Genüsse von schwarzem Kafifee ond
■ach dem Anlegen eines etwas grofsen Magneten, wel-
cher gleich den electrischen Erschütterungen einen lah-
menden Einflufs auf den Wurm hat Vermehrt wurde
der Schmerz durch das Fahren, vorzüglich aber durch
eine anhaltende, aufrechte Stellung, wenn sie erzwungen
worde. Die Kranken suchten sich in derselben nach der
fechten Seite Qberznbiegen und geriethen, wenn sie dies
Bicbt durften, in eine gro£ie Schwäche, wurden blafs,
bekamen Zittern und selbst Anwandelungen von Ohnmadw
ten. Vor dem Abgange des Bandwurms, oder einzelner
Stocke desselben wurden die Schmerzen starker und ver-
icbwanden darauf einige Zeit lang. Auch unter dem
Gebrauche eines specifischen Mittels gegen den Bandwurm
vermehrte sich der Schmerz und dauerte oft einige Zeit
fort, wenn auch der Wurm entfernt war. Waren diese
Schmerzen bei dem ersten Bandwurme vorhanden gewe-
aeo, so zeigten sich die späteren Würmer durch dieselben
wieder an.
Hatte der Bandwurm eine bedeutende GrÖfse erreicht,
•o sonderte er, vorzüglich wenn der Kranke eine reiche
Hche Mahlzeit genossen hatte, einzelne Glieder von sich
ob, die ein volisaftiges, glänzend weifses Aussehen hat-
ten nnd sich stark bewegten. Hatte diefs eine Zeitlang
gedauert, so war der Zeitpunkt da, wo der Bandwurm
mm leichtesten abgetrieben werden konnte, unter günsti-
gen. Umständen wohl auch von selbst abging, nachdem,
wie es scheint, ein, oder mehrere neue gebildet worden
waren.
Die Indication jeder Kur gegen den Bandwurm kann
mnr tetn, denselben zu tödten ood zu entfernen, ohne
_ 1«4 —
die. VerdanoDgseingeweide za schwächen, und dann d[a
Bedingnisse za meiner Wiedererzeugung aufzubeben. Da
dieselben nun in Schwache und einer darauf beruhenden
Verstimmung jener Theile bestehen, so mufs man die
Wiederherstellung^ einer normalen Verdauung stets vor
'Augen haben. Ist es auch nur in einem geringeren Grade
gelungen, dieselbe wieder herbeizuführen, so haben die
specüischen Wurmmittel eine desto gröfsere Wirkung.
Viele Vertilgungskuren gegen den Bandwurm bleiben da-
tier blofs aus dem Grunde ohne Erfolg, weil der Darm-
banal noch nicht diejenige Kräftigung erreicht bat> welche
dem Fortbestehen des Parasiten hinderlich i^. Manche
dieser Kuren, die in der Anwendung sehr angreifender
Büttel bestehen, yermehren die krankhafte Anlage der
Gedarkne. Wird daher auch ein Bandwurm , durch diesel-
ben abgetrieben, so erzeugt sich ein anderer leicht yoa
f^euem« Auch die specifiscben Mittel allein sind zurYÖll-
kommenen Heilung des Bandwurms nicht hinlänglich;
denn sie stehen nur in Beziehung gegen den vorhande-
nen Wurm, vermögen aber den krankhaften Zustand der
Gedärme^ . worauf er beruht, nicht zu beseitigen. Daher
erzeugt sich der Parasit selbst unter dem fortgesetzten
Gebranche dieser Mittel immer von Neuem wieder. Der
normale Zustand der Gedärme kann nur durch eine an-
'gemessene stärkende Lebensweise herbeigeführt werden.
Mit dieser verbinde man die Anwendung specifiscbcr
Mittel.
Folgende Lebensweise habe ich bei meinen Band-
^urmkranken, die im Allgemeinen noch eine gute Con-
fititution hatten, sowohl vor, als nach der Vertreibung
des Bandwurms eingeführt: Früh nach dem Aufstehen
trinken sie ungefähr ein halbes Quart kalten Wassers,
schluckweise, so dafs jeder Schluck einige Zeitlang im*
Munde zurückgehalten und mit dem Speichel gehörig ver-
mengt wird. Dieses hat seinen grofsen Vorthei^, denn
das so genossene Wasser wird von den schwächsten Per-
sonen vertragen und erregt auch bei stärkeren weniger
schnell die Nierenthätigkeit, bleibt also länger in dem
Darmkanale zurück. Darauf suchen die Kranken ihres
Stahlganges sich zu entledigen, nehmen darauf ein Kly-
stier von ungefähr ^ bis ^ Nösel kalten Wassers. Das-
. selbe mufs in dem Darmkanale zuiückgchalten werden,
bis CS resorbirt ist, ^was nach zwei bis drei Stunden ge-
schieht Der Drang zum Stuhlgange, welcher nach den
ersten Klystieren sehr stark hervortritt, wird durch Spa-
— 125 —
tiereDgefaen am leichtesten überwanden; späterbin irer-
scbwindet er von selbst.
Ich rathe das kalte Wasser überbaapt nur mäfsig;» in
dem Grade zn gebraacheit^ dafs der Körper dadarcb ge-
stärkt wird. Das Wassertrinken in übermäfsigeir Menge^
wie es yiele Wasserärzte anrathen, leistet keine Dienste,
schadet Tielmebr darch seinen schwächenden Einflufs. Ein
Mann, der aas eigenem Antriebe so viel Wasser getran-
ken hatte, dafs es anyerändert darch den Darmkanal wie-
der abging, verlor weder den Eandworm ganz, noch
einzelne Stückchen desselben.
Gegen 7 Chr lasse ich ein einfaches Frühstück ge^
■ielaen.
Die Kost sei uberbaapt leicht verdaulich, aber nar'
maisig nährend. Sie kann bei gelegener Zeit aas fri-
•cbem Gemüse, Spinat, Möhren, Carotten, Spargel, Brun-
nenkresse. Obste, weifsem Brote, Butter, leichten Fleisch-
speisen, vorzüglich rohem Schinken bestehen. Solche Speisen
werden am besten kalt, oder nur lauwarm in drei Mahlzei-'
teo, von denen jede sechs Stunden nach der andern Statt
§ndet, in dem Mafse genossen, daCs der Appetit nur mä-
Isig befriedigt wird. Knoblauch, viele Heringe, Zwiebeln
und andere Genüsse dieser Art, welchen man eine be*
sondere Wirkung gegen den Wurm zuschreibt, habe ich
gar nicht gebraucht, um durch ihre reizende Eigenschaft die
Verdauung nicht zu schwächen.
Nach einer angemessenen Bewegung wurde gegen
Mittag vneder Wasser in kleiner Menge getrunken, um
dadorch den Magen zur Aufnahme der Mittagsmahlzeit
vorzubereiten and zu kräftigen.
Gegen Abend lasse ich kalt baden. Diefs geschiebt
bei kalter Jahreszeit in der geheizten Stube anter man- =
cberlei Vorrichtungen, unter denen jedoch eine gegen den
Unterleib und die Leber gerichtete Douche, oder das
Drücken und Kneten dieser Theile im Wasser vorgenom-
men werden mufs. Im Sommer benutzte ich in Müblhau-
sea zum Baiie ein von mir angelegtes Sturzbad, welches
bei gewöhnlichem Wasserstande eine sechs Zoll breite und
einen Zoll dicke Wassersaule, 14 Fnfs hoch, in schräger
Richtung herabgiefst. Nachdem die Kranken erst den
glänzen Körper dem Wasserstorze ausgesetzt haben, legen
sie sicli ungefähr drei Minuten lang quecr unter densel-
l»en so, dafs der Unterleib von ihm getroffen wird. Nach
diesem Bade wird tine angemessene Bewegung, bis der
Körper gelinde tr&nspirirt , vorgenommen und darauf die
— 1(6 ~
Abendmahlzeit, drei Standen vor dem Schlafengehen, ge-
nossen. — Bei heftigen Beschwerden, die der Band'
worm erregt, wende ich mit sehr gutem Brlolge eatwe-
der den mineralischen Magnetismus, oder nach Un^stan-;
den Umschläge von kaltem Wasser auf den Unterleib aa«
Unter dieser Diät habe ich als spedfischea Mittd ge-
gen den Bandwarm , wenn er die angegebenen Beschwer-
den erregte, eine gesättigte Abkochang der Farnkraot-
vmrzely von welcher ich eine halbe Unze far den Tag
im Allgemeinen bestimme , gebraachen lassen. Diese Ab-
|(Ochang, welche mit Zacker versiifst, einen dem KaffiM
{ähnlichen, nicht unangenehmen Greschmack hat, lasse ick
'kalt nach jeder Speise <geniefsen, so da(s sich dieselbe
damit vermengt and eine dem Bandworme, nicht aber
dem Körper selbst widrige Beschaffenheit annimmt Das
Famkrant belästigt fast nie den Magen, erregt namentfidi
keinen Durchfall, und hinterläfst keine Nacfabeacbwerdea«
Zdgt sich za weilen auch leichte Uebelkeit, so entsteht
dieselbe aus Ekel, oder ist ein Zeichen, dafs der Wem
hM abgeht. Im nächsten Stnblgange nach dem Grebran*
vhe des Mittels zeigten sich gewöhnlich keine Stückchen
vom Band wurme, wenn dieselben auch gerade vorher «m
deutlichsten achtbar gewesen waren. Dies geschieht d^
halb nicht, weil der Parasit seine Selbstständigkeit gegen
Üaa feindliche Mittel za erbalten socht und reagirend sich
s.asammenzieht, so dafs seine einzelnen Theile abhängi-
|j;er von einander werden. An dem folgenden Tage, oder
einige Tage spater gingen mehrere Tb eile vom Bandwann
ab, als früher, dieselben waren weniger vollsaftig, sebr
matt und träge, hatten eine schmutzig gelbe Farbe mit
grünlichen Flecken an ihren Rändern. Selten hingen
mehrere Stücke zusammen. Bndlich kamen dieselben todt
zum Vorschein. Darauf ging der Wurm selbst vollkom-
men mit seinem Kopfe ab , ohne dafs ich jemals auch nur
das gelindeste Abfnbrnngsmittel gebraucht hätte. In drei
Fällen gingen zwei Würmer zugleich ab. Der Abgang
erfolgte nach drei, sechs, acht bis vierzehn Tagen nacli
Anfang der Kur, in dem Verbältnisse schneller, als der Kranke
kräftiger war und der Wurm sich weniger festgesetzt hatte.
Man' darf durchaus nicht darauf ausgehen, den Bandwurm
früher abzufüliren, als der Körper dazu gehörig vorberei-
tet worden ist. Viele der stärksten Bandwurmkuren ge-
lingen deshalb nicht, weil dies Verhältnifs aoiser Acht
gelassen wird»
— If7 —
Obgleich Mch der Rntfernong: ilet Binilwonnt die
faMiiafte Verdaoang bei scbwaoblicben Menicben nicht
MUliy mehr herrortriü» lo wird doch im Allgemeinen der
Mier weiche and oft diarrlioeartige StoMgang mehr re-
lolhtf oft logar su hart und verliert rieh der fr&ber »iiuke
A|petfl«
Naeh dieaer Kor siod die Kranken keinetwegt for
tbwr neeen Brzeogong dea Bandwormi lidier ; nach nei-
Mt Bj^hmng haben lie, wenige ausgenommen, deniel*
M wiederbekommen. In sehr Tielen Fallen ging ef
Ml and Tiermal) ton einem Kranken sogar dreiaehnnial
ik» Dna Zeichen, dafs sich wieder ein neuer Bandworm
«Mögt hatte, bestand anfser dem Wiedererscheinen sel-
aer eigi^nthomlichen Beschwerden Torzüglich darin, dafa
te fr&h#r harte Stuhlgang wieder weich ond fsolichtzer-
Nlit wurde. Die Zeit, in welcher der neue Bandworm
giwSbiiliCb wieder die Gröfse erreicht, dafs er Theile fon
Ml' alMOiidert, ist zwei bis drei Monate. Bei der Fort-*
Mli«ag der früher angegebenen Diät wurden jedoch die
■nÜBfi Bandwürmer nidit halb so grofs, wie die ersten
■M' wnrzelten weniger fest im Körper, weshalb frnhseiti-
ßStfickdien von ihnen abgingen. Die Vertreibung def
Jwnrms gelang daher bei immer grÖfserem Wohlsein
las Kranken durch das Farnkraut in immer kürzerer Zdt^
taletzt schon nach 24 und 12 Stunden. Nach TOllkomme-
ner Kräftigung des Körpers war jede Spur des Uebels
f&r immer verschwunden.
Ueber die Anwendung der Aqua oxymurialica im
Scharlachfieber.
Von
Dr. Clemens,
praht, Arzte zu Frankfurt a.M.
N Die auffallend antipblogistisclio Wirkung der Aqua
nxymuriatical'harmacopoeaeBorussicae, die ich schon lang«
im Nervenfieber erprobt und bereits im mcdjcinischen
— 1«8 —
* - \
/
Convenationiblatt Yon Jalm ond BdHinbamm. No. 15. April
1832. bekannt gemacht habe, ireranlafste midi» dieselb«
aach im Scharlachfieber anzuwenden, ia welohef Krank-^
heit das Blutgelafssystem so häufig in starmische Wallmig
yersetzt, ein so kräftiges Mittel za erfordern scheint, des
Orgasmos des Blatej zu dampfen und seine Krasit nm«
zustimmen. Bei allen Bpidemieen dieser Krankheit in hie-^
■iger Stadt und Gegend, wie bei allen intercarrirendea
Fallen derselben, habe ich von der streng antiphlogisti-
•oben Behandlung derselben immer die erfrenliohsten Re«
soltate .gesehen. .Ein Brechmittel, gleich zo An&ng aad
selbst bei den milderen Formen der Krankheit gegeben
minderte gewöhnlich die Hateentzondung, die Schmerzett»
die Congestionen nach dem Kopfe, stimmte die Fre^neiu
des Pnlses herab und hatte überhaupt anf den ganzen Vef-
Itof des Uebels heilsame Folgen. Aber aach- bei den
Djrasenanschwellungen am Halse, die sich oft in der Ab<^
•chuppungsperiode zeigten, habe ich Brechmittel, in liii*
gern und kürzern Zwischenräumen wiederholt gegabtti
nnd als die besten Zertheilungsmittel ?drken ge^ehao^
Nach dem Brechmittel gebe ich mehrere Tage hindonh,
gelinde AbfübrungsmiCtel, meist die Aqua laxat. YienneBk
äs mit Tartarus tjirtarisatus , kleinern Kindern gern dai-
Blectuarium lenitivum Pharmacopoeae Bornssicae in
drachm. vj mit Syr. Althaeae unc ß, stündUcb 1 Tbee-
lÖffel. Zu den Sal anglicanum mit Oxymel simple'x, wie
es Stieglitz in seinem trefflichen Werke über das Sehar-
lachfieber empfiehlt, habe ich wenig Kinder bringe^ kön-
nen. Drei' bis yier Stühle täglich minderten die ionere
Hitze, stimmten die Frequenz des Pulses herab und wor-
den durchaus von keinen schädlichen Wirkungen auf dat
Exanthem begleitet. Linderten sich aber bei dieser Be-
handlung die Halsschmerzen nicht, blieb der Kopf noch
sehr eingenommen, so wurden Blutegel an den Yerlanf
der Carotiden gesetzt, anf diese Weise Kopf nnd Ebls
zugleich befreit, bei schweren Gebirnsymptomen diese
wiederholt an die Schläfen und hinter die Ohren gesetzt.
Eis in Blasen auf den Kopf und ein Yesioans in den
Nacken gelegt. So konnte gewöhnlich zwischen dem fanf->
ten ond achten Tage zur Aqua oxymuriatioa gegriffen
werden, die ich von einer Drachme bis zu einer bal^
hen Unze Kindern yon acht bis zwölf Jahren mit
nno. iij bis unc iy Aq. destill. in yferundz wanzig Stun-
den nehmen liefs. Gut ist es, dieser Mischung gar kei-
nen Syrop zuznmischen, der nur die Aqua oxymuriatica
— 189 —
teneteen worde and dieselbe in ichwarz umkleideten Gla-
tem so ^enobreiben. Dabei wurde zum Getränke kaltes
Brannenwaaser, zur Nabrung nur Hafergrützsuppe in Waai«r
gekocht gereicht Selbst während der Abschuppungiperiode
Uels ioh aof diese Weise die Säure, nur langsamer, fort-
bnadieni zuweilen einen Tag ganz aussetzen^ die Kin-
der nur etwas wärmer zudecken und Morgens und Abends
eine Tasse Wachholderbeerenthee's trinken. Von entscbie*
deoem Nutzen fand ich auch in dieser Perio<le hin und
wMer leichte Abführungen einzuschieben, und ja keine
LelbesTerstopfuBg einreifsen zu lassen. Besonders fand ich
diaa todicirty wenn der Urin übelriechender, sparsamer, sa»
tarirter wurde. Ueberhaupt erfordert jeder Scharlach,
selbst die leichtesten Fälle, die ungetheilteste Aufmerk-
stnkelt des Arztes« Auch bei dem regelmäfingsten Ver-
laiifB des Exanthems können noch Zufälle Yon Wichtig«
kelt eintreten, und ich glaube nicht, dafs es gut gethan
sein möchte^ selbst beim normalen Scharlach gar nicht
intlich einzuschreiten und sich gänzlich passiv zu yer-
Uten. Bin Brechmittel im Anfange der Krankheit, leichte
llUende Abführungen während derselben gereicht, dndl
von entschiedenem Nutzen auf den Verlauf der Krankheit
ond wirken gewifs nicht störend ein. Während man Yon
der negativen Behandlungsart das nicht immer sagen kanq.
— Kin dreijähriger, blonder, lebhafter, gesunder Knabe
wurde in den letzten Tagen des März 1839 vom Schar-
lach befallen*, das Exanthem machte seinen ri6htigeo
Yeriauf und aufscr einer kühlenden Diät war nichts ver-
ordnet worden. Als am 8. April meine Zuziehung zur
Behandlung verlangt wurde, fand ich den kleinen Kran-
ken sehr erregt und unruhig; mit einem Puls von 119
Schlägen; trockner, spröder Haut, trühglänzenden Aogen,
starker Hitze im ganzen Körper > besonders im Kopfe und
der Regio epigastrica. Diese, wie der Leib überhaupt, war
leicht aufgetrieben und beim tiefen Befühlen sdimerzhalt
Die Zunge war belegt, ihre Ränder, wie die brennenden
Lippen aber hochroth. Seit dem 7ten war keine Oeffnnng
ertolgt. Der Urin war übelriechend und dunkel. Es wurde
nun zuerst ein eröffnendes Klystier applidrt« Auf die
sdimerzhafte Stelle des Unterleibes Blutegel gesetzt und
dorob warme Ueberscbläge die Nachblutung befördert, in-
nerlich die Aqua oxymuriatica verordnet. So minderte
sich schon in den ersten Tagen das Fieber, der Kopf
wurde frei, die Haut feucht. Die Absohuppung verfolgte^
Journ.XCIlI.B.St.2. I
: *
- 1» -
ibroii Dormalen Gang, und die Krankheit endete oboe
loffitigte Zafälie.
3.
MonatUther Beriefa
über .
dihOf^mmdheiUxutimid, ChhmienundTodeißtkwmBmilk»
Blitgetheih
inU ifiM AÜm derHwfOand: med. chkvrg. OmtUadmft.
HÜ der dax/it pehOrig^ ftUterungs * idbdk*
Mama dügueU
■'■■ * ' -■ ■ . : . ■
üilber die Wittenuig^ verweisen wir auf de bidfMgtiB TirfÜi
Ss irorden gdlxyreti: S9p Knaben,
497 Mäddien,
1027 Kinder.
Ee Marben: 214 männlichen,
181 weiblichen Geachlechts ober»
ond 491 Kinder anter 10 Jahren.
886 Personen.
Mehr geboren l4l.
Im Aogait des vorigen Jahres worden
geboren: 395 Knaben,
592 Mädchen,
787 Kinder.
Es itätbeo: 150 mannlichen,
117 weiblichen GeschlechU ober,
ond 465 Kinder onter 10 Jibreii.
722 Personen.
Mehr geboren 65«
■■ Tidahib >«■ MoMi AatHt nct|w Uns ntaM
Ml äagm fiMa Jikw MO md» siboR«, nU itMtea
KMb ^MT Ueba & gMbiMsba KiukbeUoi die
huiM*iipJf DK«kSBe, ■üudobMErtmdw«, biaOf
4« «tdb« wwdca, ddicr dUodret «»d wf dwMlAate
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Au ubicfar^nden Fieb«.
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An der- JinlsieJi'windiuch'
An (1er DnUrlEiblBohKiiiiu
An ij<!t UaruisdiH'Iailsiiolit
An HTdroM.
An Brdroflioru,
Ab B^dropi perieardÜ,
Au Blulb[«ah«u
Au Sdilig- und Stickfli
An du Tranluudil.
An orgouiKitien Felilern
An KBOsbcDCDiobirüKn.
Am Kttbt ^ , .
An Bnnd. . ,
An BnokeDBUtktdRrre
An &?i.-rM"tÄ
Ilürcli'selblhSoJd ■"?
An nicht bPniHuKen Rrm
Dutcb Ungldcktfille
^1
Ui ^■
C. W. Hufeland^s
Journal
der
ractischen Heilkunde.
Forigeteiit
*
Dr. E. Osann,
Geb. Med. Ratb, ordentl« Profeieor der Medida an der
Tenrität ond der med. chimrg. Aoademie für du MUitair
lerlin, Direotor desK.PoliUin.Inititnta, Ritter dee rotfaen
er -Ordern dritter Kluie mit der Sebleife und Mitglied
mehrerer gelehrten Geiellf ehaften.
fShrau, Freund, ifl dlU 1%tari§,
Doch gr^ des Lebem goJdmr Bamn.
Qöihi.
»
IIL Stflck. September.
B e r M n.
Gedruckt and Teilegt bei 6. Bei mar«
- • ■• I. .-
,' *.
r i
r !• I-.'
I.
Zur
Geschichte der Krankheiten,
welche
Bich von den Thieren auf den Menschen
überpflanzen lassen.
Von
Dr. Bernhard Ritter,
prakt Arzte zn Rottenbarg am Neckar^ im Königrdeh
Wörtemberg.
Wenn es gleich als allgemein leitendes Prin-
lip für die getanunten Naturwissenschaften an-
saericennen ist, daiSst wir, entsprechend dem
EntwickeluDgsgange der Natur selbst, überall
Boerst das Niedere, Einfachere, Unvollendete
betrachten, und von diesem sofort zu demHd-
hem. Zusammengesetztem und Vollkommenem
Ibrtscbreiten müssen, wenn wir einen bin-
denden Zusammenhang in unser Wissen brin-
E wollten; so erlaubte sich doch die Arznei-
de seither eine mehr oder wemger aufTal-
leiide Ausnahme von diesem allgemein aner-
kannten Grandsatze, obgleich sie einen Tbeil
der NaUnrwissensdiaften sich einverleibt hat
A«
— 4 —
Dio Arzncikuiide hat zwar neuerer Zeitbegmi-r
nen, diesen natärlichen Entwickelungßgang mehr
in sich aufzunehmen, in sofern sie die verglei-
chende Anatomie als integrirenden Theil sidi
einverleibte und zur Grundlage der menschli-
chen Physiologie benutzte; allein' die' Sache
wurde zu einseitig aufgefafst und dadurch
schwankend zum Ziele geführt, dalis sie dio
Veterinärkunde nicht mit in ihren Bereich auf-
nahm, und auf die vergleichende Physiologie
keine vergleichende Pathologie stützte , sondern
dieses bindende Mittelglied — die Betrachtung
der Thiere im kranken Zustande — gänzKcta
umgehend, sogleich den kühnen Sprang auf den
erkrankten Menschen machte und unter diesen
Verhältnissen die Gesetze des kranken Lebens
im zusammengesetztesten Organismus er&ssen
wollte, ohne dieselben in ihrer einfachen Fonoi
jmd Gestalt — bei den Thieren zuvor kennen
gelernt zu haben.
im Thiere erblicken wir den Gang des er-
krankten Lebens in seiner reinsten, ungetrüb-
testen Gestalt^ die Natur gibt dem genauen
Beobachter, durch streng markirte Zeichen, die
Art der erlittenen Ausgleituug von der norma-
len Bahn getreu zu erkennen, und gibt ihm so
einen sichern Schlüssel zur Eröffnung ihrer ge-
heimniisvollen Sprache und verschlungenen Wege
in die Hand, welcher stets zum verläfsigen
Leitfaden dienen kann; während beim erkrank-
ten Menschen Erziehung, Bildung, Verzärte-
lung, Verstellung, Schamhaftigkeit, Aufreizung,
Eigensinn, Furcht, Angst und eine grofse Reihe
anderweitiger Verhältnisse die klare Sache stets
in gröfseres oder geringes Dunkel zu hallen
und so die läutern Ausdrücke der Natur soni
schaöden Bastardgebilde umzuwandeln vermS-
— 5 —
gen. Aliein auch abgesehen hiervon , dafs die
Aizneikunde durch Ausschliefsung der Veteri-
narkoDde in formeller Beziehung eine bedeu-
tende Lücke in ihrem Entwickelungsgauge er-
leidet, 80 err^'ächst hieraus für sie , auch in ma-
terieller Beziehung, der nicht minder bedeutende
Nachtbeil, dafs ihr, bei diesem Stande der Sache,
die Objecto zu unbedingten Versuchen mit dem
kranken Leben mangeln, und sie so ein wich-
tiges Mittel zum Zwecke entbehren muls, wel-
chem sie ohne Zweifel manche Aufklärung zu
verdanken hätte. Die Veterinävkunde leistet
somit der menschlichen Pathologie und Thera«^
E ebendenselben Vorschub, welchen die mensch-
le Physiologie der vergleichenden Anatomie
sa verdanken hat, und dieses durfte genügen,
den Werth dieser vom ärztlichen Stande so.
verlassenen Doctrin nach Gebühr zu gründen und
vielleicht Männer, mit den erforderlichen Kennt-
nissen ausgerüstet, auffordern, diesen verlasse-
nen Zweig zu ergreifen und ihn dem Mutter-
stamme wieder einzupfropfen, um so ein enge-
res Band um sämmtliche Theile der Arznei-
konde zu ziehen, welche, zu einem harmoni-
schen Glänzen vereinigt, die yyGesammtarznei"
hmde^^ constituireu würde.
Gleichwie bei der grofsen Mannigfaltigkeit
thierischerOrganismen eine auffallende und durch-
greifende Aehnlichkeit sich nicht verkennen
fiftl, ebenso finden sich auch dieselben Ver-
hUtnrsse ausgesprochen in den durch sie be-
dSogten Lebensformen, und dieses sowohl im
J;e8unden , als kranken Zustande : denn auch bei
er gröfsten Verschiedenheit blicken doch immer
die Grundzüge eines gemeinsamen Urbildes mehr
oder weniger deutlich hervor. Nur Schritt für
Schritt und gleichsam »tufeuweise scheint die
- 6 -
Ni^tur, hier wie dort, im gesunden wie in
kranken Zustande, von der einfocben Grundr
gestalt sich entfernt zu haben, um sie in ver-
schlungenem und bedeutendem Zügen wieder
zu geben. Selbst Organismen und Lebenszo«
Stande, welche, im vollendeten Zustande ^ aia
weitesten von ebander entfernt und am ver-
schiedensten gestaltet zu sein scheinen, zeigen
äoch in ihrer Entwickelung die grölisten Aehn«
lichkeiten, und wir müssen uns deshalb öfteis
bis zur beginnenden Entstehung zurückversetzen,
um uns durch aufsteigende Vergleichung über
diesen Punkt gehörigen Aufschli& zu verschaf-
fen, und dieses findet namentlich in jenen Fat*
len Statt, wo die Lebensau&erungen , an eine
frolse Zahl verschiedenartiger Organe gebun-
en, so mannichialtigen Modificationen onte»-
worfen sind> wie sich dieses beim Mensdien
so allgemein bewährt. Die Veterinärkunde dient
somit auch von dieser Seite aus betrachtet,
wissenschaftlich betrieben, in verwickelten Fäl-
len von Lebenszuständen zu einem sichern
Schlüssel für die Pathologie und Therapie des
Menschen.
Das thierische Leben reagirt, seinem We-
sen nach, im Allgemeinen zwar auf gleichartige,
der Erscheinung nach aber auf verschiedene,
theils an individuelle , theils generische Ver-
hältnisse gebundene Weise auf die Aufsenwelt
zurück, und bringt so die verschiedenen Da-
seinsformen zu Stande, wie vn\ sie, im ge-
sunden und kranken Zustande, durch die ge-
sammte Thierreihe hindurch erblicken. Thiere
und Menschen können daher, unter denselben
Einflüssen, jede in ihrer Art ihren besondem,
ihnen von Natur aus einverleibten Lebenstypus
entwickeln, und je nachdem die äufeern Ver-
— 7 —
hihniflse ihrer Organisation mehr oder weniger
eotiprechen^ sich als gesund oder krank be-
wihreB. Die Krankheiten der Thiere haben so-
mit mit den Krankheiten des Menschen einen
gemeinsamen Entstehuugsgrund in den Einflüs*
seil der Auüsienwelt^ £iher wir nicht selten
Epidemieen und Epizootien gleichaieitig, oder
aacheinander auftreten sehen. Dagegen gibt es
aber wieder eine gewisse Reihe von Krank-
heiten, welche im thierischen Organismus selbst
»machst ihren Grund haben, in sofern dieser
ein eigcnthümliches Product erzeugt, welches
die Evolution des Lebens so in sich aufgenom-
mm hat, dals es gleichwie dieses von einem
gewissen Punkte ausgeht, sich entwickelt, fort-
pflanst und individuell zwar stirbt, aber insei-
nea Nachkommen längere oder kürzere Zeit
fortlebt, und dieses sind die Ansteckungsstoffe
— ContagUny welche sich von einem Indivi«
dmuB auf das andere übertragen lassen, und
ihr. Lieben parasitisch auf Kosten fremden Le-
bens führen. Diese Contagien bewähren sich
aomit gleichsam als eine unsichtbare organi-
sche Welt, welche als Parasit auf die sicht-
biren Organismen eingepfropft sind. Wenn da-
her von einer Uebertragung einer Krankheit von
einem Individuum auf das andere, oder von ei-
■er Gattung auf die andere im engem Smne
des Wortes die Rede ist, so kann diese nur
dnich Ansteckungsstoffe bewirkt werden; denn
hei der Uebertragung setzt das eine Individuum
Bestimmungen in dem andern, durch die Ver-
■Mlldung eines Produktes, welches es in sich
fliaMgt hat.
Der ProceCs der Ansteckung gleicht, in
gewissen Beziehung, dem Zeugungsacte —
Contagium bildet d^ männliebe Principe der
— 8 ~
inficirte Organismns dagegen den weiblichen Bo-*
den, welcher jenem ganz eigene Richtogen
zu Entwickelungsvorgängen mittheilt. Jen^
das rontagiöse Gift auf Organisationen tiifl^
welche ihm entsprechen , desto mehr erhalt es
sich in seiner eigenthämlichen Qualität; hinge-
Jen verwandelt es sich in lauter Baeftardpro-
uctionen, wenn es auf Individuen fällt, deren
Constitution seiner Entwickelung nicht gunstig
ist, oder die unter eigenen AufseüverhältnisseD
leben. Der Ansteckungqirocels setzt daher eine
gewisse Receptivität , d. h. eine besondere Em-
pfänglichkeit for das Contagium voraus, die er
Wurzel schlagen und ins Entstehen gerufen
werden kann. Diese Receptivität bildet den
innem oder subjectiven y das Contagium dage»
gen den aufserh oder ohjectiven Grund der An-
stellung. Jedes dieser beiden Verhältnisse mob
in dem Wirkungskreise des andern liegen, wenn
das Product derselben — die Ansteckung —
auftauchen soll. Da aber diese Receptivität so
verschiedenartig, als die Individuen und ihre
N wechselnden Zustände sind, und auch die Coj)-
tagien sich in einer weiten Sphäre darbieten^
so ergiebt sich hieraus die greise Mannichfal-
tigkeit der organischen Evolutionen und der mit
ihnen in Verbindung stehenden Lebenszustände
einerseits, und die grofse Mannigfaltigkeit des
Erkrankens, als Wirkung der contagiösen Mo-
mente, andererseits. Diese beiden Verhältnisse
I müssen sich von Moment zu Moment, der Zeit
und dem Räume , der Intensität und der Exten-
sität nach, proportional bestimmen, wenn An-
f steckung im wahren Sinne des Wortes über-
haupt Statt finden soll.
Nicht jede organische Spezies ist aber fä-
hig, jeden Anstec^ungsstoff aufzunehmen ; die
_ 9 -
menschliche ist jedoch fiar die meisten mehr
oder weniger empf&nglich^ und anch von dieser
Seite aus bew&hrt sich der menschliche Orga-
nismus als ein Aggregat mehrerer, in der Na-
tur allgemein verbreiteter Individuen, oder meh-
rerer besonderer Leben su einem gemeinsamen
grofiien Le)bensproceIk Indessen gibt es doch
ganze Familien und einzelne Individuen , wel-
ehe für gewisse Ansteckungsstoife g&nzlich un-
empfänglich sind, und letztere sind es wiederum
oft nur zu gewissen Zeiten, in bestimmten Le-
bensaltem und unter besondem Verhältnissen.
Auch ist nicht jedes Organ fähig, einen An-
•leckungsstofF auizunehmen, und daher kommt
es auch, daft jede, durch Ansteckung hervor-
gebrachte Krankheit in eigenen Organen, oft *
mit besonderer Vorliebe ihren Heerd aufeuschla-
gen pflegt, von wo aus sie sodann die Reaction
entweder auf einmal über den ganzen Körper
verbreitet, oder der Ansteckungsprocels sich
nur nach und nach über die verschiedenen Or-
gane ausbreitet. Dort wird die Krankheit all-
gemein und mit Fieber verbunden, hört aber auch
auf einmal und zu bestimmter Zeit auf, und
dieses ist namentlich der Fall, wenn das Con-
tagium unmittelbar auf das Organ wirkt, zu
welchem es besondere Beziehung hat; hier da-
gegen dauert die Krankheit, ohne allgemeine
Reaction, eine unbestimmte Zeitlang fort, was
namentlich dann Statt findet, wenn das Conta-
gium seine Wirkung auf ein, 'für die eigen-
thümliche Krankheit nicht empfängliches Organ
wirft, in welchem Falle es zuerst eine andere
Krankheitsform erregt, die sich erst allmählig
zu dem empfänglichen Organe fortpflanzt und
. hier erst die oigenthümliche Krankheit Hervor-
bringt. Die Contagien wirken somit als ent-
— 10 —
fernte Ursachen, und erregen als solche, einen
ahnormen Lebensprocels , der entweder aknl
oder chronisch, örtlich oder allgemein ist. bMH
besondere sind es die Schleimhäute und daH
MalpighisQhe Schleimnetz, welche aur AufiiahBie
der Contagien vorzugsweise geeignet, sind.
Aus der seitherigen allgemeinen Darstel-
huig dürfte sich nun zur Genäge ergeben haben:
1) dafs der Mensch nicht nur für Ccj^Q"
gun seiner SpecieSj sondern Qüch für Aristek^
kungsstoffe empfänglich sei, welche sich ursprüi^»
lieh in andern Thiergeschlechtern entwickeln^
2) dafs es ausschlief sungsweise nur conta^
giose Krankheiten sein können , welche siüh vom
Thieren auf den Menschen im Wahren Sc/tne
des Wortes übertragen lassen*^
3) dafs die übertragbaren Krankheiten stets
einen y der menschlichen Organisation enispre^
chenden Typus an sich tragen und wenn auch
ihrem Wesen nach gleich y doch formelle Ver^
schiedenheiten zeigen ;
4) dafs die übertragbaren Krankheiten, je
nach Umständen, bald mit allgemeiner Reaction
— Fieber verbunden sind, bald nicht 'j bald «'*
nen acuten y bald chronischen Verlauf nehmen^
und endlich sich bald als allgemein , bald als
örtlich bewähren;
5) dafs wir in den Schleimhäuten und dem
Malpighischen Schleimnetze vorzugsweise den pn«
mären Sitz der übertragenen Krankheiten zu ««-
chen haben.
Wenn es nun im Allgemeinen iiir die Wis-
senschaft von grofsem Belange ist, die ver-
gleichende Pathologie überhaupt zu kultiviren,
in sofern man bei andern Disciplinen der Arz-
neikunde aus der Verglcichung der Vorgange
bei den Thieren mit jenen des Menschen eine
— 11 —
grolse VervollkommDung orlangt hat; so durfte
dieses nicht minder der Fall sein bei der spe-
ciellen Erörterung der Frage : j^welche' Krank'-
heiitn lassen sich von den Thieren ai^ den
Menschen übertragen i'* su weleher \virnununi
so eher den Uebergang machen wollen, als wir
diesen Stoif zum besondern Gegenstand unse-
rer Abhandlung gewählt haben.
Dafs sich einige Krankheiten unter be-
stimmton Verhältnissen urspränglich nur bei
Thieren entwickeln^ einmal entwickelt sich aber
auch auf den Menschen überpflanzen, dürfte
sich als eine schon alte Erfahrung bew&hreni
in sofern sich die Geschichte dieser Angele-
genheit weit hinauf ins graue Alterthum er-
streckt. Schon Homer gedenkt in seiner Uiade
einer sehr verheerenden Seuche, welche wäh-
rend der trojanischen Belagerung fast alle Thier-
Sittungen befiel und zuletzt selbst auch den
enschen ergriiT. Später gedenkt Pluiarohy daGl
unter Romuhis Hegieruug eine höchst verderb-
liche Seuche unter Thieren und Menschen ge-
herrscht habe. Ferner beschreibt Ovid in sei-
nen Metamorphosen eine Pest, welche beinahe
alle Menschen und Thiere auf der Insel Aegina
hinwegrafTte. Ebenso erwähnt Dionysius von
Halicarnassus einer Seuche, welche zuerst Pferde
und Ilindvieh befiel, hernach aber auch andere
Thiere und endlich selbst Menschen hinweg-
rafllte. Auch meldet Livius von einer Seuche,
welche sehr verheerend gewesen , dafs sie dem
Menschen von den Thieren mitgetheilt worden
sei. Silius Italicus gibt Nachricht von einer
pestartigen Seuche, welche mehrere Thierge-
schlechter und zuletzt auch den Menschen er-
griflen habe. Auch Herodoty Tacitus und Sue^
ionius geben Nachrichten von sehr verderUi-
— 1» —
eben Viehseuchen^ welche endlich auch Sfen*
sehen ergriffen haben. Die Hondswuth und Kar-
bunkelkutnkheit nicht einmal zu erwähnen, de-
ren Geschichte sich noch weit höher lunaof
in längst verklungeno Zeiten zieht. Dessen
ungeachtet blieb es aber dennoch erst der neuem
Zeit vorbehalten, in diesem noch dunkeln Felde*
strahlendes Licht zu verbreiten und durch au-
thentische Beobachtungen nachzuweisen, wel-
che Krankheiten sich von den Thieren auf den
Menschen speciell übertragen lassen.
Unter den Krankheiten unserer Hausthiere,
welche sich durch ein besonderes Miasma an-
dern Individuen mittheilen, ist bis jetzt, meines
Wissens, noch keine auf den Menschen über-
gegangen', und selbst von den eigentlichen con-
tagiösen Leiden sind es nur einzelne, welche
sich, unter hiezu gunstigen Umständen, dem
Menschen mittheilen« Nach den seitherigen Be-
obachtungen in verschiedenen Ländern gehö-
ren unter die letztere Kategorie folgende Krauk-
beitsformen: Wuth^ Kuhpocke, Mauke ^ RoiZy
Wurm,, Jiäudey Flechten ^ Maul'^ und Klauen*'
Seuche, Karbunkelkrankheit ^ Hundestaupe und
Dasselbeulen,
Werfen wir nun einen vergleichenden Ue-
berblick auf die hier aufgeführten Krankheiten,
und richten wir unser besonderes Augenmerk
auf ihre Natur und ihr gegenseitiges Verhält-
nifs zu einander, so finden wir, dafs es theils
Krankheitszustände sind, welche sich nur bei
gewissen Thiergeschlechtern ausschliefiBungs-
weise zu entwickeln vermögen, wie der Rotz
und Wurm bei den Einhufern, die Wuth und
gewissermafsen auch die Staupe beim Hunds-
geschlechte, und die Klauenseuche bei den
— 13 —
«
Wiederkäuern,, theils Krankheiten; welche in
verschiedenen Thiergeschleohtem Analoga bil-
den, wie die Knhpocken einerseits und die
Pferdemauke andererseits, und endlich theils
Krankheiten , welche sich über mehrere Thier-
Seschlechter verbreitet finden, als da sind: die
L&ude, die Karbunkelkrankheit, die Flechten,
die Maulseuche und die Passelbeulen, und wir
erhielten somit folgendes Schema, welches wir ,
hier zu Grunde legen wollen:
/• Krankheiten y deren ursprüngliche EnU
Wickelung an eine bestimmte Organisation aus»*
schlief stich gebunden ist: 1) RotZf 2) Wurm^
3)Hundswuthy 4:) Hundestaupe^ b) Klauenseuche»
IL Krankheiten^ welche in verschiedenen^
Thiergeschlechtern Analoga darstellen: 1) Kuh*
Specken y 2) Pferdemauke.
HL Krankheiten y welche mehrem Thierge*
schlechUern gemeinschaftlich zukommen: 1) ÜCor-
bunkelkrankheity 2) Räude^ 3) Flechten^ 4) Maul-^
Seuche^ 5) Dasselbeulen.
Wir wollen nun jede dieser Krankheiten
einer speciellen Erörterung würdigen, und von *
ihnen, in der hier bezeichneten Itoihenfolge, in
gedrängter Kürze die wichtigsten Momente her-
vorheben.
/• Krankheiten y derßn ursprüngliche Entwicke^
lung an eine bestimmte Organisation ausschli^s*
lieh gebunden ist.
Wir können , von der rein empirischen Seite
aus betrachtet, durch die gesammto Natur uns
keine Kraft ohne Materie, und keine Materlb
— 14 —
ohne Kraft denken , sondern diese beiden Mo-
mente scheinen, bei aUem schaffenden Walten
in allen Räumen des Alls , stets bedingend und
modificirend auf einander einzuwirken, und so
Torschiedene Wirkungen und Daseinsformen ins
Entstehen zu rufen. So im Allgemeinen, wie
im Besondem. Allein nicht alle Kräfte gehen
mit allen Materien diese gegenseitigen Bedin-
gungen ein, sondern manchmal wird eine ge-
wisse Auswahl bei diesem Vorgange beobach-
tet, und so bei äbrigens gleichen Umständen,
bei verschiedene^ Materien verschiedene Thä-
tigkeitsäu&erungen hervorgerufen, entsprechend
dra gerade bestehenden, vorherrschenden gegen-
seitigen Beziehungen« Aus diesen Verhältnis-
sen erklärt es sich nun, dafs bei dem Einwir-
ken der nämlichen Einflüsse auf Thiere ver-
schiedener Gattungen nur bei einzelnen der letz-
tem ein vom Normal abweichender Lebenspro-
cels angeregt wird, während Thiere anderer
Gattungen unbeschädigt durchkommen, wie wir
dieses augenfällig bei der hier zu erörternden
Krankheitsreihe beobachten können* Wenn
aber die ursprüngliche Kraft, durch die Verei-
nigung mit der Materie — dem Organismus,
Trübungen und Modificationen erlitten hat, und
unter diesen Einflüssen mehr assimilirt worden
ist, so vermag sie, in dieser erneuerten Ge«
stalt mit anderweitigen Materien Verbindungen
einzugehen und entsprechende Wirkungen her-
vorzurufen, wie wir dieses namentlich bei
der ursprünglichen Entwickelung und spätem
Mittheilung contagiöser Krankheiten beobach-
ten können, wobei jedes Genus seine eigen-
thämlichen Gesetze befolgt, wie dieses beson-
ders bei der hier zu erörternden Krankheitsreihe
sich bekundet.
— 16 —
1. Ratz.
Ob der Rots sich boim Pfordcgeschleebto
nicht früher eotwickelt habo^ als bis dasselbe
ven seinem ursprünglichen Mutterlande entfuhrt
und unter ganz andere Ilimmelsstriehe versetst
wurde 9 wie RicJuird Fintj *)y als wahrschein-
lich vermuthet • kann bis jetzt mit Bestimmtheit
nicht entschieden werden. Verhalte sieh aber
die Sache wie sie wolle , soviel ist doch zur
unumstSfslichen Gewifsheit erhoben^ daüs der
Rotz schon als eine uralte Krankheit in dem
Buche der Gcschichie erscheint Wir finden
den Rotz C/idXio) schon in den pseudohippokra»
tischen Schriften unter den Krankheiten des
Pferdegeschlechtes aufgeführty und daselbst schon
die Versicherung ausgesprochen^ dals er, ein-
mal ausgebildet 9 unheilbar sei. Audi erw&hnt
AristoUUs dieser Krankheit als der einzi£on^
welche den Esel befallen soll. Nur wenig Ge-
nügendes finden wir dagegen bei den frühesten
lateinischen Autoren , bis zum vierten Jahrhunr
dort nach Christus , wo Vegetius ^ uns diese
Krankheit unler dem Namen ^^malUus humidus"
wieder beschreibt und zugleich auch erwähnt^
dato sie von den Alten yjprqfluvium atiioynC*
genannt worden sei. In spätem Jahrhunderten
wurde der Rotz vielfaltig zum Gegenstande be-
sonderer Versuche und Untersuchungen gewählt^
deren Resultate in bald gröfisern^ bald kleinem
Blonographieen und Abhandlungen niedergelegt
wurden« Längere Zeit wurde aber dessenun-
geachtet übersehen, dafs diese Krankheit sich
vom Pferdegeschledite auf den Menschen über-
*) A practical trcatiie on Glaoderi and Farcy in tlie
Hone. London 1830. Im Deuticbo Cberietzt Yon
WagmfeUU Danzig 1833. Kinleitang 8. XXIII.
') An yeterloaria. Lib. I. Cap. 3.
•- 16 —
I
tragen lasse. Oslander i) scheint der Erste
gewesen zu sein^ welcher im Jahre 1803 einen
Fall aufführt 9 wo eine diesfallsige Anstedrang
vnm Menschen durch Pferde Statt fand. Im
Jahre 1816 deutete tFaldinger ') auf die fibeln
Folgen der Ansteckung von Menschen durch
Rotzeiter hin^ indem er sagt: ^^Bei Leichen*
Cflbun^en rotziger und wurmiger Pferde muAi
man sich sehr hfiten^ bei einer Verletzung Ei-
ter in die Wunde zu bringen, weil man die
traurigsten Folgen und den Tod zu furditea
hat", und seit dieser Zeit wurde die Aufinerk-
samkeit der Aerzte mehr auf diesen Gegenstand
hingelenkt, und mehrere Fälle von Statt ge-
fundener Ansteckung von Menschen durch Pfeide
in Deutschland, Frankreich, Italien, Holland^
Amerika u. a. Ländern beobachtet
Der Rotz bewährt sich , in genetischer Be-
ziehung, als eine besondere Krankheitsform,
welche zu der Organisation des Pferdegeschlech-
tes in sofern in einer engern Beziehung zu
stehen scheint, als derselbe, nach den seit*
hörigen Erfahrungen, sich ausschliefslich nur
bei den Einhufern ursprünglich zu entwickeln,
einmal entstanden aber auch auf andere Thiere^
z. B. den Hund, das Schaf und das Rind, und
unter Umständen selbst auch auf den Menschen
sich fiberzupflanzen vermag. Nach Breschefs
und Rayer's Bericht vom 10. Febr. 1840 an die
Akademie der Wissenschaften, soll sich diese
Krankheit der Ziege und dem Schafe leicht
einimpfen lassen, und dieses soll auch bei ei-
nem Fleischfresser — dem Hunde der Fall sein,
welcher jedoch, wie es scheint, ohne angestedEt
^) Abhandlung aber die Kabpocken. 1803«
>) Wabrnebmoogen an Pferden. Zweite Auf!« Wieo ISIO*
S. 95.
— 17 —
so werden I sieh in StUIen aufhalten kann^ wo
lieh rotskranke Pferde befinden. Beim Men«
leben ist die spontane Entwiekelung dieser
bukheit noeh nie beobaehtet^ die Mflglichkeil
lievon jedoeh neoerer Zeit von Magendw in
(einer Erwiderung auf den von Br§$chet und
Rayer ^emaehton Berieht in Anregung p;ebraeht|
Jbex keineswegs auf eine bündige Weise dureb
nthentisehe Beobaohtungen erwiesen worden,
ndessen kann diese Krankheit beim Mensehen
lieht nur dureh suf&llige EinimpAing in eine
rande Stelle^ sondern höchst wahrscheinlieh
neb dadurch ins Entstehen gerufen werden,
Alb Rotseiter vom Pferde oder Esel mit einer
loUeimhaut in Beriihrunff kommt, ja vielleicht
elbst durch l&ogern Aufenthalt in Stftllen, wo
leh TOtEkranke Pferde befinden, was jedoch
oob nicht znt entschiedenen tiewüsheit erbe*
0D ist Alle Individuen, bei denen man, bis
)lBt wenigstens, den Hots beobachtet hat, wa-
»1 entweder Thierärzte oder Stallknechte, kurs
eote, welche ihr Beruf für gewöhnlich, odw
Durch Gelegenheit mit Pferden in Berührung
rächte.
Obgleich eine grofse Anzahl von F&llen
Milehen, wo sich der Hots sowohl Thieren
\B Menschen mitgetheilt hat, so wurden doeb
egen seino Ansteckungsf&higkeit vielfUUg
iweifol erhoben. Nach Uodinef dem jungem,
;t das Rotzcontagium ein luftiges Phantom «—
in leeres Ilimgespenst ; Krüger ^ Hamen will
ich von dem Bestände eines Rotzcootagiums
iemals überzeugt haben, auch Camper ^ Du"
uy% Delaguette^ Bourgelai^ Crejpin^ Bouchardf
ägerj Bracken u. m. A. leugnen die Ansteck-
arkeit dos Rotzes; überhaupt herrscht unter
en französischen Thier&rzten die pöfiite Zwei-
Joum.XCIII.Bd.3.8t. B
•- 18 -
fels'icht über cVie Contagiosität des Rötz^fUiB
Vervier spricht sich dahin aus^ dals die Rotsi
krankheit öfters durch sclbststandige ErBeogubÄ
als durch Ansteckung sich fortpflanze, welchS
Ansicht auch Colemany Delabere y Blaine unl
Dutz sehr das Wort sprechen. Morel leiignel
«war die Möglichkeit einer durecten Fortpflan«^
feung des Rotzes nicht , behauptet aber, dafli
dieselbe selten sei, indem ihre Ursache nidit
kräftig wirke und nur unter gewissen Dmat&n^
den eine merkliche Stärke erhalte. Nach Bour^
ßtlat zeigt sich der Rotz bald contagiös, baU
ilieht, und Thomas Smith scheint si<m zu deiUi
selben Ansicht zu bekennen. Dagegen spro»
eben sich Chahert ^ ^Wolstein j Vibatg^
rardy Vatel, Hurtrel (VArhovalj Huzard^
wnoTij TscheuUfig,Veiihy Volpi^ GuiUaume^ Soik'
heiß Lauhentl'-'i Dietrichs, LehlanCj der VeP»
fasser u. m. A. entschieden für die Contagio^
sität des Rotzes aus. Nach Viborg soll-sor
wohl der Nasenschleim, als auch die Thräneo^
der Harn , der Speichel , der Schweifis und selbal
das Blut mit dem Contagium geschwängert mka^
und diese Stofle sowolü durch Einreibung iä
die Nasenschleimhaut gesunder Pferde, als
auch durch Einspritzungen in die Venen vmdi
durch Einstreichen in eine Arisch verwoadeto
Hautstellc Ansteckung bewirken ; jedoch sollet
rte, gleich dein Rotzeiter, durch Einwirining
der Wärme oder der freien Luft alles An-*
Bteckungsvermö^n verlieren. Lehlanc hat es
sich in neuerer Zeil zur Aufgabe gemacht, smi0
Landsleute über ihren geßihrlichen Irrthum in
dieser Angelegenheit au^uklären und die Frage
über die Ansleckungsfähi^keit dieser Krankheit
durch Versuche aui' das Befriedigendste zu lö-
sen, deren Beobachtungen er in seinem neue-
— 19 —
«tan Werke: y^Recherciiei expvnniontales et
comparatives mir les efTets de rinoculation «u
cheval et k Täno du pus et du mueua morveux
et d'humeurs morbides d'autre naturo. A Paria
chez S. B. Bailkcre 1839'^ niedergelegt hat. Ana
diMen mit gruDdlicher Umsicht geführt^) Vor^
suchen geht hervor, AaSs der Eiter und Schleim,
welcher von rotzigen und wurmigen Thiemi
auf gesunde eingeimpft wird, bei diesen Fots
oder Wurm erzeugt; dafs aber Impfungen von
Bitor oder andern Flüssigkeiten, welche nicht
von rotzigen oder wurmigen Thieren kommen,
wader Rotz noch Wurm hervorzurufen im Stande
sind.
Die Hotzkrankheit tritt bei den Thieren, ia
nach der Art ihrer Bntwickelung, dem Gimde
ihrer Ausbildung , der BeschafTeiiheit ihres Vep*
lanfes, den vorauagegangenen und begleitenden
Umat&nden , der Constitution des befallenen In-
dividuums und nach ihrer Er- und Intensit&t
unter ziemlich mannichfaltigen Zufällen auf. Da-
her man sie bald in gewisse Stadien eingetheilt,
bald als acuten, catarrhalisclien und chronischen,
bald als spontanen und erworbenen, bald als
gutartigen und bösartigen u. s. w. Rotz be-
sehrieben hat ; — Unterschiede, welche nicht so-
wohl der Art nach , als vielmehr der Succespion
und der hitensität der Erscheinungen nach be-
stehen. Der Rotz, er mag sich ursprünglich
entwickelt haben , oder in Folge Statt gefun-
dener Ansteckung zum Vorschein gekommen,
acut oder chronisch sein, spricht sich beim
Pferde im Allgemeinen durch folgende Erschei-
nungen aus: Absonderung einer wftsaerigen»
weiben, später dicklichen, gelblichen, mifiT-
farbigen Materie, aus emem oder beiden Na-
senlöchern bei gleichzeitig veränderter Beschaf-
BS
- 80 —
fenheit der Nasenschleimhaiit und mehr oder
weniger ausgeprägtem geschwfirigem Zustand
dersdben, AnschweUong der Kehlgangn-Dro-
sen, auf einer oder beiden Seiten, je nachdem
der Nasenausfihifis Statt findet u. s. w.
Wenn wir bei Erwähnung der Contagio-
aität oder Nichtcontagiosität des Rotzes unta
den Thieren selbst auf eine groüse Meinungs-
verschiedenheit gestolsen sind, und Autoritätiai
gegen Autoritäten einander gegenüber stdiend
gefunden haben, so findet dieses in einem noch
hohem Grade Statt bei der Frage: „oft dUu
Krankheit sich von den Einhufern iOich auf dm
Menschen übertragen lasse?*' da in dieser Be-
ziehung selbst Männer, welche für die Con-
tagiosität im Allgemeinen sich aussprediefl^
hierin eine verneinende Stimme abgeben. Fi»
borg, welcher durch seine trefFlichen Versadie
an rotzkranken Pferden die Existenz eines, an
eine papable Materie gebundenen Rotzgifles
aufiser Zweifel setzte, stellte den festen Grund-
satz auf, dafs das Rotzgift auf andere Thiere^
aufser demPferdegeschlechte, seine specifisdie
Wirkung nicht mehr ausübe, und T^eith ^) spricht
sich über diesenPunct mit folgenden Worten aus:
„Das Rotzcontagium äulisert seine specifische
Wirkung lediglich bei Thieren aus dem Pfei^
degeschlechte , und wirkt auf andere Ham-
thiere höchstens nur als thieri^che Schärfe; beim
Menschen bringt die Impfung der Rotzmaterie
(welche z. B. dann Statt findet , wenn man bei
der Behandlung oder Seclion kranker Thiere
einen wunden Finger damit verunreinigt, wenn
sie, während das Thier sich ausschnaubt, und
eine Menge dieser Materie mit einer gewissen
') Handboch der Veterinarkande. Dritte Auflage. Wies
1831. Bd. II. S. ^3 ff.
^ Sl —
Gewalt auswirft y ins Auge sprit£t u. dgl. m.),
heftige EDlzündungen der getroffenen Stelle,
E. B. des Fingers, des Augenliedes am innem
Winkel etc. hervori die sehr schmerslicbund hart-
Dickig sind, benachbarte Lymphdrüsen, z. B.
der Achsel, in Mitleidenschaft ziehen und den
arthritischen Entzündungen fthneln. Ein tigent^
Ucher Uebergang des Rotzgiftes auf den Mtn"
sehen findet aber eben so wenig als ai{f andere
Hausthiere Statt y indem die zufUlige Einim-
pAmg doch nur ein drüiches Leiden veranlafst"
Die ersten Beobachtungen Statt gefunde-
ner Ansteckung des Menschen durch rotzkranke
Thiere wurden m Deutschland gemacht, und seit-
dem in diesem Felde gangbare Bahn gebrochen
und die Aufmerksamkeit der Aerzte auf diesen
interessanten Punct hingelenkt wurde, hat sich
eme ziemliche Reihe Uinlicher Beobachtungen
anffeh&uft. Osiander gebührt, wie bereits er-
wUint, die Ehre, den in Hede stehenden Punct
zuerst in Anregung gebracht zu haben; auf ihn
folgte Waldinger. In England warf FoW ^) die
Fr^p auf: ob jenes Rotzgift, wie bei d^ Esel,
nicht auch bei einem Menschen, welchem es
durch Unachtsamkeit, oder überhaupt zufällig
auf die Schleimhaut der Nase gebracht würde,
wenn auch nicht die eigentlifimliche Rotzkrank-
heit, doch wenigstens ein modiflcirtes ähnliches
Uebel zu erzeugen im Stande sein möchte.
Diese ausgesprochene Vermuthung erhielt schon
sehr viel Wahrscheinlichkeit, als ein Jahr dar-
auf (1821) Schilling «) in JBerlin eine hiehor ge-
hörige Beobachtung machte. Ein 34jähriger Ka-
nonier hatte nämuch, nach seinem Austritte
1) Pract. Rcotmchtnngen der gewöbni. Pferdekrankhei-
ten. A. d. Knglitcben Oben, von ifaUin, Hannover
1820.. >) AMfff« Magaiin. 1821. Bd. XL S. 480.
— w —
aus dem Militär die Stelle eines W&rten an
der Thierarzneischulo erhalten, w6 seine tig-
liehe Beschäftigung in der Wartung rotzkran-
ker Pferde bestand. Doch kaum hatte der stets
gesunde und kräftige Mann diesen Dienst Ter-
aehen, als er nach sechswöchentlichem Un-
wohlsein, welches sich durch catarrhalisch- rheu-
matische Symptome charakterisirte , ohne anf-
aulende Verletzung an irgend einer Stelle der KSut^
peroberflächC; an Rotzsymptomen erkrankte, und
am ächten Tage nach völligem Ausbruch der
Krankheit starb.
Ein anderer hieher gehöriger Fall wurde
von Dr. fFei/s beobachtet ^), wo ein 19jihriger,
schwächlicher y skrophulöser Pferdewärter^ wel-
cher mit stetem Widerwillen rotzige Pferde
mehrere Wochen ununterbrochen wartete^ an
Rotzsymptomen erkrankte und unterlag.
Einen ähnlichen Fall theilt uns auch Dr» Re-
mer ^), Professor zu Breslau, mit.
Hr. Professor Heriwig in Berlin ^) erzählt
uns die interessantesten Beobachtungen von der
Uebertragung des Rotzgiftes von Pferden auf
den Menschen, welche zugleich auch eine na-
turgemäße Schilderung des Krankheitsbildes
beim Menschen liefern, die wahrhaft musterhaft
genannt werden kann. Diese Mittheilung be-
faist sich mit sieben ihm bekannt gewordenen
Infectionsfallen , deren er noch eine grölsere
Anzahl beobachtet zu haben versichert. Nach
Hertwig's Beobachtungen scheint ein Unter-
schied in der Symptomenreihe Statt zu finden,
je nachdem die wirkliche materielle Uebertra-
gung des fixen Rotzgiftes auf irgend eine be-
»} Rust's Magazin. 1821. Bd. XI. S. 504. ') Hvfe-
landT» Journal Bd. LIV. St. 3. S. 62. *) Medizin.
Verdoszeitang. 1834. No. 46 u. 47.
- «3 -
stimmle Stelle des Körpers y oder eine mehr all-
Eemeiiie, ohne Lokalübertragung^ Statt findet,
nter den mitgetheilten sieben Fällen waren
nur aweiy welche höchst walirschemlicb auf die
letztere Weise die Uebertragiuig hatten zu
Stande kommen lassen, beide nahmen einen
relativ acuten Verlauf, begannen mit bedeuten-
den Störungen im Allgemeinbefinden, zu denen
^nt consecutiv örtliche Kraukhoitsphänomene
hinzutraten, und endigten tödlliclu In den übri-
gen fünf Fällen war eine lokale Uebertragqng
unzweifelhaft ermittelt, und zwar bei rier auf
eine wunde Hautstelle, und bei dem fünften
auf die unverletzte Haut Bei allen diesen be-
gann die Krankheit mit örtlidien Symptomen^
anagehend von der Stelle, wo die erste Ein-*,
wiriiung Statt gefunden halte; erst später traten^
Störungen des Allgemeinbefindens hinzu, und die,
Wiederherstellung mifsglückte nur in einem Falle,
welcher ein sehr schwächliches, skrophulöses In-
dividuum betraf, welches schon früher an mehr-
fiichen Brustbeschwerden gelitten hatte.
Woiff ^) beobachtete in der Charite zu
Berlin drei hieher gehörige Kraiücheitsfälle. In
simmtlichen drei Fällen war keine örtliche Ue-
benraguug des Rotzgiftes, wie etwa durch
Wunden,, wunde Hautstellen u. dgl» zu ermit-
teln: dagegen aber warep die l|^etieflenden In-
dividuen mit rotzigen Pferden in nähere Be-
tuhrong gekommen. In ^Qwei Fällen erfolgte
mm sediszehnten und in .einem am zwanzigsten
Tage der Krankheit der Tpd. Krüger^Hansen ^}
iviu diese Fälle aufserhalb der Grenze der Be-
obachtungen von erfolgter Hotzansteckung gc-
*) Medizin. Vercinszeitung. 18.)5. No. 1. u« 2*
>) V. Griife'M und v. H^aUhers Journal für Cliiruii^ic
und Augcuheilk. 1836. S. bS.
— w —
setzt wissen, welche er conseqaent auch in
Abrede stellen mufis, da er den Bestand eines
RotscoDtagiums gänzlich leugnet
Alexander ^), Professor in Utrecht| -madite
zwei hieher gehörige Beobachtungen , deren Biit-
theilung wegen ihrer allseitigen Genauigkeit als
ein interessanter Beitrag zu dem in Hede ste-
henden Gegenstande zu betrachten ist Beide
FftUe waren ohne bekannt gewordene örtliche
Uebertragung entstanden, betrafen Individuen^
welche mit der Pflege rotziger Pferde erst seit
kurzer Zeit beschäftigt waren , und beide be-
fanden sich nicht in den besten Gesundheits-
nmstftnden^ indem der eine sogar schon vinbOT
Ersdieinungen eines Lungenubels zeigte. Im
ersten Falle erfrigte der Tod durch Entkrkf-
tung nach vier Monaten, im zweiten Falle ihea
uiglei^ früher. — Einen andehi Fall berichtet
er ferner '), w;o ein einundzwanzigjährigw Dra-
goner in Folge von Abledern und Pflegen roto-
ger Pferde sich den Rotz zugezogen hatte und
unterlag.
Eck ') sammelte sieben hieher gehörige
Fälle, welche bis auf einen mit dem Tode en-
digten, in welchem die Symptome von durch
Rotzansteckung erzeugter Krankheit nicht deut*
lieh genug hervortraten, und daher Grenesnng
eintrat In dem einen dieser sieben Fälle hatte
höchst wahrscheinlich eine allgemeine Ueber-
tragung Statt gefunden.
Brunzlow ^) theilt ebenfalls eine diesfall-
sige Beobachtung mit, wo bloIS» eine örtliche
Verletzung Statt fand, und mit dem Tode endigte.
>) HufdandTs Joarnal, Bd. LXXXI. St. 2. S. 99.
tt) Ebeodas. XCI. St. 8. S. 3 ff* ^ Schmidt's Jahrb.
ßd. XXXI. S. 156. 3) Medizin. Vereinszeitaog.
ia37. No. 18. u. 19. «) Ebendas. No. 33.
-. C6 —
Professor Pommer 0 ^ Zürich theflt eine
BeobaehtoDgy entnomaien aos amtlichen Berich-
ten, mit, wo sich ein Zögling der Thierarznei-
•drale, bei der Section eines am Rots gefalle-
nen Pferdes, air einem Finger yerletst hatte^
nnd sich dadurch mehr lokale Rotsssufftlle zn»
BOg, welche übrigens unter Anwendung sweek-
mäliiiger Mittel zur Heilung gebracht wurden.
Diese Auswahl mehr oder weniger eviden-
ter Beobachtungen von Statt gefundener Ueber-
tragung des Rotzes vom Pferde auf den Hen-
•dien, welche auf deutschem Boden gemadht
worden, und welchen wir noch die fiber diesen
Gegenstand in Berlin erschienenen Inaugural-
dissertationen von Krüff *), Grab *), Lange ^)
imd Barth ^) hinzufügen könnten, mögen ge-
niimn. um zu zeigen, welchen Vorsdub der
in Hede stehende Gegenstand deutschen Beob-
Mhtem zu verdanken hat, und nun wollen wir
auch die fibrigen Nationen in dieser Beziehung
durch Mittheilung der .wichtigsten von ihnen
gemachten Beobachtungen einer Durchsicht un-
terwerfen.
Nächst den Deutschen sind es die Italiener,
welche ihre besondere Auhnorksamkeit auf den
in Rede stehenden Gegenstand hinlenkten, und
hieher gehörige Beobachtungen zur OefTentlich-
') Mittheilaogen übei den Geiiindheitszuatand Im Kan-
ton Zürich im J. 1836« aos den amtl. Deriobten der
pract, Aerzte. — Schmidt'*§ Jabrbüobcr, Supplement-
band Ih S. 256.
*) De typbo malioide (/ica^, der Roti) 1829.
*) DisBert. inaugnraL tiBtens cat« siogult morb. oontagio
mallei humidi in bominem tranBlato orti. 1829*
*} DIbb. inaugaral. tiBt. oasat daoa morb. contag. mal-
lei hamid. in bomin. transl. ortl. 1830.
*) De nonnuUiB epidemilt et epizootÜB Bimul regnant«
earumquc mutua indole ooBtagiosa« 1835.
- 26 ~
keit brachten, wovon wir den wichtigsten, ssu
nnserer Kenntnifs gekommenen, eine Stelle hier
einräumen wollen.
Thomaso Tarrozzi *), Physikus, ens&hlt,
dab in dem italienischen Dorfe Ostiano im Jahre
1815, innerhalb des kurzen Zeitraums von vier-
asehn Tagen, von 47 Personen, welche mehr
oder weniger ein^n nicht gelüftetien Stall be-
suchten, in welchem ein rotziges Pferd durch
seine bestandig aus der Nase fliefsende stin-
kende Jauche die Luft verpestet hatte , eilf an
einer Febris pestiformis erkrankten, welche mit
synochischem Fieber, Muskelschmers, Gelenk-
entzündung, Ecchymosen, Eiterbeulen n. bJ w.
begann, und spater in Eruption von Brandbla-
sen, Delirien, grofste Schwäche, abundante
Schweilse u. s. w. überging, und mit Ausnahme
eines einzigen Falles tödSich ablief. Aus dem
ITmstande, da(s nach Tödtung der zwei im
Stalle gestandenen Pferde, wovon das eine ent-
schieden rotzig war, die Krankheit aufhörte,
zieht nun Tarrozzi den Schlufs, dals letztere
sich in Folge der in jenem Stalle sich ange-
häuften Schädlichkeiten und insbesondere durch
Hotzmaterie entwickelt habe.
Brera ^) berichtet über eine andere, eben-
falls zu Ostiano Statt gefundene, von Profes-
sor Tinelli beobachtete, Erkrankung von meh-
reren Personen , in Folge einer Ansteckung durch
Rotzgift. Die Krankheit begann auch hier mit
allgemeinen Fiebererscheinungen und roseuar-
*) Anali aniversali di inedicina dal Omodei. Ag08tol822«
p, 220. — In einem Ausziigc und mit Anmerkangeii
mitgietheiU von Dr. Sommer in RusVs Magazin. 1823.
Bd. XIV. S. 487 ff.
') Antologia medica Sept. et Oct. 1834. — SchmidCt
Jahrbücher. Bd. IX. S. 284.
- «7 -
tigen Hautentzfindungen 9 2su welchen sich Ex-
aothem and Geschwurbildung hinzugesellto und
der Krankheit einen besondern Charakter ein-
Terleibte, welche tödtlich ablief.
Hieran reihen sich die von Brera i) selbst,
im Winter 1833 za StBenedetto, in der Pro-
vinz Mantaa beobachteten Fälle, welche sich
auf vier Individuen bezogen, die längere Zeit mit
fünf rotzigen Thicren (drei Pferden , einen Maul-
esel und einen Esel), bei denen die Kranklieit
bereits sehr chronisch geworden und schon weit
vorgeschritten war, in vielfältige Berührung ka-
men , indem sie theils mit ilmen in einem Stalle
schliefen, theils sich viel mit ihrer Reinigung und
Pflege beschäftigten. Bei allen vier Individuen
fahrte die Krankheit zu einem tödtlichen Ende.
Brera nannte diese Krankheit „Typhus carbun«
0010808"', weil der typhusartige Ftoceüs bei al-
len Kranken zu deutlich ausgeprägt war, um
ihn unbeachtet lassen zu können; das Exan«
Aem dagegen wich zu sehr von den bis jetzt
beobachteten ab, und war in seiner Form nicht
constant genug, um nach ihm vorzugsweise die
Krankheit bestimmen zn können.
Rossi ^), Professor ui Turin, erstattet Be-
ridit von einem Falle, wo ein Metzger, wel-
dier einem rptzkranken Ochsen die Haut ab-
gezogen Hätte, an den Symptomen der Rotz-
krankbei^ starb ; ja selbst auf die Blutegel, wel-
che dem Kranken angesetzt wurden , erstreckte
sich noch die Wirksamkeit des Giftes, indem
ne fnitee Zeit nach ihrer Anwendung krepir-
teu. Auch Personen, welche das Fleisch von
Wl^kranken Ochsen zerschnitten und alsen, seien
der Krankheit befallen worden.
' «> ScftfüMir« iaiirbucber. Bd. IX. S. 286.
**^) Anali univeriati dl Mediana.« 1838.
— «8 —
Nachdem nun einmal in Deutschland die»
ses Feld der Beobachtung» eröffiiet^ und auch
in Italien schon ziemliche Bahn gebrochen war^
fingen auch französische Aerzte an^ ihre Auf-
merksamkeit auf diesen Gegenstand hinzulen-
ken und sich für die Sache zu interessiren,
wie aus den nachfolgenden Mittheilungen sidi
deuüich ergeben wird.
Im Jahre 1825 machte Vogeli ^) in Lyon
einige Beobachtungen von localer Uebertragung
des iRotzgiftes auf Menschen , mittdst wunder
EUiutstellen, bekannt Sie ereigneten sich sammt- .
lieh bei jungen kräftigen Männern während der
Section rotziger Pferde; drei von ihnen erhol-
ten sich wieder y obschon langsam; bei zweien
hingegen trat ein tödtlicher Ausgang ein.
Im Jahre 1837 legte Rayer ^) zuerst ei-
nen von ihm beobachteten Fall vonMorveaigne
der Academie de medicbe vor, er fand abe^ an
den Veterinärärzten in Paris bedeutende Geg-
ner, und unter den Aerzten war es besonders
Barihdlemy, welcher die Unzulänglichkeit man-
cher von üayer ausgesprochenen Ansichten dai^
zuthun suchte. Rayer entwickelte seine dies-
fallsigen Ansichten in einer besondern Abhand-
lung ^).
>) Joarna! de med. y/6i6nn. Janv. 1835. — Behrendts
Repertoriom. 1835. S. 180.
2) Recoei! de m^dicine de veterin. 1837. p. 266. —
Presse m^dicale. No. 14. — Schmidfs Jahrbucher.
1838. Bd. XVII. S, 175.
9) De laMorve et du Farcin, cbez rHomme par P. Rayer.
Avec deux plancbes. A Paris 1837. — Im Auszuge
mitgetbeilt in Fehsemeyer^s u. Kurtz's medizin. Jahrb.
Bd. in. Heft 1. S. 1 ff. » Ccber die Einwirkung des
Rotz-, Wurm- und Anthraxgiftes der Thiere auf d(>n
menschl. Körper. Nach Rayer und nach eigenen Br-
fahrungen bearbeitet Ton Karl Schwabe, Weimar 1839*
I
Im Oetobor 1838 kamen 'swei F&lle von
MOtem Rotze im Hdtel Dieu vor '), wovon
der ente einen Stallkneoht betraf ^ welcher 11^
Iheila an acutem^ theila ohrooisohem Rotse lei-
dende Pferde su besorgen hatte^ and eich anf
der Abtheilunff von Husion befand; der andere
dagegen wurde voh Breschet behandelt.
bk der jüngst verflose 3nen Zeit haben noch
DevlUt ^), Andral ') und Roux ^) ihre diea-
fallsigen Beobachtungen der Academie mitge-
theilt so dals jetzt nur noch wenige Aeademi-
ker der allgomeinen Ansicht , dafs der Umgang
mit rotzkranken Pferden eine oigenthfimiiche
Krankheit hervorrufen könne ^ nicht beigetreten
sind. Wie sehr sich Frankreich fSr diesen Ge-
gMiatand interessirt^ geht schon aus dem Um-
stände hervor y dafs die Soci6te de m&dicine zu
Paris eine hierauf bezügliche Preisaufgabe für
das Jahr 1840 gestellt hat ^), nachdem die me-
didnische Facult&t zu Berlin schon im Jahre
1887 durch eine &hnlicho Proisaufgabe voran-
gogfmgen ist. ^)
Soit EUiotson ') durch seine Untersuchun-
{en über die Uebertragung des Pferderotzes auf
[ansehen die Aufmerksamkeit der brittischen
Aerzte auf diesen Gegenstand hingelenkt hat,
fehlt es auch in England nicht an derartigen
*) Gaiette m^dioale. 1838. p. 053.
•) Reoaeil de möd, v^törin. 1838. p. 656.
*) Gazette mödic. 1839. p.97. ^) Bbend. 1838. p.750.
•) Snchs modizln. Almanaoh. 1840. 8. 266.
^) LevkC§ Vergleichende Darstellang der von den Haui-
tbieren auf den Menschen übertragbaren Krankheiten,
gekrönte PreiMolirift. Berlin 1839.
') On the glandert in the human tubject, in mod.obir.
Transact. publiihed by the med. and chir. sodety of
London. Vol. XVI. 1830. pag. 171.
— 80 —
BeobaditungeD) wovon wir hier Folgendes spe-
eiell herausheben wollen:
Bei den zwei ersten Fällen , welche ElHot^
■9on zur Beobachtung kamen, schien ihm der
Krankheitscharakter zu wenig ausgedräckt, um
eine Uebertragung des Rotzgiftes von Thieren
annehmen zu können^ und er vermuthete bkifs,
dafii die Krankheit die Wirkung Irgend eines
-krankhaften Productes von einem lebenden We-
Ben sei^ wefshalb er sie auch ganz efaiftidi,
nach den am meisten in die Augen fällenden
Svmptomen , mit /^Gangraena nasi" bezeichnete,
bis kurz nachher eine Reihe von Fällen, wel*
che von ihm selbst und von andern englischen
Aeizten beobachtet wurden, ihn fXL einer soig-
fältigen Vergleichung der einzelnen Symptome
mit dem Rotze der Pferde aufforderte mA ihn
von der Identität beider Krankheiten immer mehr
und mehr überzeugte.
Schröder ^) berichtet einen Fall, wo sich
ein Thierarzt bei der Section eines rotzigen
Pferdes, als er die Nasenbeine abreilisen wollte,
unbedeutend am rechten Mittelfinger verletzte,
Erscheinungen von iSrtlichcr Uebertragung des
Rotzgiftes zuzog,
Travers ^) machte die Beobachtung, dab
ein junger Mensch sich bei der Section des
Kopfes eines rotzigen Pferdes in die Hand ge-
stochen hatte, und nach der Bildung von Ab-
scessen am Arme, Knie und in den Lungen,
starb; eine vorgenommene Impfung von der
Materie des Armabscesses auf einen Esel er-
<) Hambnrger Mag:azin für die ausländische Literatur
der gesainmten Heilkunde Ton Gerson u» Julius, BJ.
V. Jan. u. Fehr. 1823. S. 168.
^) Inquiry into constituUonal Irritation. London 1827.
— 81 ~
mtngie bei domsolben deutlicho Symptome dee
Rotscs und nach Kwölf Tagen den Tod. .
Letnson >) berichtet voa. einem Kutscher,
welcher dicht am Feuerhuerdo Hchlafend aich
das entblAiMte Knie verbrannte , und die in Folge
hieven entstandene Brandblase mit einer Lau«*
ceite öffnete, deren er sich bei einem seiner,
wahrscheinlich an Hotz leidenden ITordo bedient
hatte, dafs er einige Tage nachher von hefii-
geu ticliirii£urallcn ergriil'en worden sei, wel-
che endlich in den Tod übergingen. Simpson *)
spricht sich gegen die Annahme eines Kausal-
verbandes Ewischen der Kntstefiung der Krank-
heit und der Lancette aus.'
Andreas Brown ^) theilt uns folgende Be»
öbachtung mit : Ein früher stets gesunder Mann,
welcher eine Zeit lang ein rotziges Pferd war-
tete, und sich besonders vielfach bei desHeo
TAdtung beschäftigte, ihm die Haut abzog, ver»
scharrte u. s. w., erkrankte noch an demselben
Tage an gastrisch -rheumatischen Beschwerden,
zu welchen sich später GcHchwülste und Ab-
scesse gesellten, die den Tod nach sich zogen.
Von London ging auch folgende Bepbach-
Uuig aus^): Ein kralliger Pferdeknecht, dem
die Reinigung eines rotzigen Pferdes übertrat
gen war, während er selbst an einem Ge»
adiwüre auf dem Handrücken litt , auf welches
• M The Lancet ta^^BI. Vol. IL 24. Sept. p. 805.
•4 KiM'ndai. 1831 >- 32. Vol. I. 1({. Oct. p. 99.
*)' London meHiral GazeÜi;. Vol. IV, p. 134.
^) Dieser Fall wnr«le von WiUinm» im St. Tlioniai-'
ftpilal licoliaolilrt und von KllhUtm rontrollirt, liebe:
Mtulical anil diinirg. Journal. I^ondon 1833. Nr. r»7.
p. irj(i. — - Jii!ivif*n \u UernufiC* M»(*:i7.ii) 1833. IM,
XXV. S. 472. — l'roriep» Noii/en. IM. XXXIX.
No. 843. S. 108 ir. — ; Mndixin, Zeihint* dei Auilan-.
ilfs. 1833. Nn. 3.1. K. 131.
— 3« —
hiufig der Nasenschleim des Pferdes flofi»^ be-
kam RotzzufSUe und starb ki Folge hieven.
Graves ^) theilt folgende zwei Beobachtun-
gen mit: Ein zwanzigjähriger Mensch, weldier
einige Zeit ein rotziges Pferd gepflegt hatte
und mit ihm aus demselben Gefaise trank, auch
eine leichte Verletzung an dem einen Obre ge-
habt zu haben schien, erkrankte an den Er-
scheinungen einer Mandelbräune, zu welcher
sich Anschwellung des Gesichtes, Ausbruch ro-
ther Flecke an verschiedenen KorpersteOen und
Eruption von Pusteln gesellten, welche Ersdiei-
nungen sich immer mehr und mehr steigerten
und zum Tode führten. — Der andere FaD
ereignete sich bei einem Pferdebesitzer, welcher
in seinem Gestfite einige rotzige und wurmige
Pferde besafis, die er sehr sorgsam pflegte»
Auch dieser Fall endigte mit dem Tode.
Hardimoke ^) beobachtete folgenden FaD
von Uebertragung des Rotzes: Ein siebenzehn-
jähriger Stallbursche hatte unter seiner Au^
sieht fünf rotzige Pferde, von denen auch zwei
in Folge des Rotzes darauf gingen. Er hatte,
kurz vor seinem Erkranken, einmal lange ge-
wacht, um einem dieser Thiere Fomente zu
machen, und nach ungefähr zwei Tagen er-
krankte er unter den gewöhnlichen Erschei-
nungen einer erfolgten Rotzansteckung, welche
vier Monate nach dem Beginne der Krankheit
zum Tode führte. —
Jones ^) theilte in einem Briefe folgende,
an seinem Sohne gemachte Beobachtung mit
') London medic Gazette. Tom. XIX.
^) British Annais of medecine. No. 7. d. 17. Febn 1837.
p. 196.
') Ans einem Briefe Jones des Vaters, an den Heraut-
geber des „Tbe Veterinaiian^ 1839. 4. Mitgetbeitt
— 38 —
Sein Sohn antcrauchto, als er gerade eine kleine
Ilautwande am rechten Nasenflügel hatte, ein
rotsiges Pferd , welches ihm bei diesem Akte
ins Gesicht schnaubte und mit Nasenschleim be-
deckte; er wischte sich ab, und dachte nicht
weiter daran. Allein kurze Zeit nachher er»
krankte er an den gewöhnlichen Erscheinuu-*
gen einer vor sich gegangenen Hotacansteckung.
Auch von den Niederlanden aus wird uns
von zwei hiehor gehörigen Fällen durch JYu-
man ^) Bericht erstattet. Bin junger, kr&ftiffer
Veterinär -Eleve hatte sich nämlich bei der
Section eines rotzigen Pferdes zwei leichte
Verletzungen an der Hand zugezogen, die er
nur wenig beachtete und deshalb seine Hand
auch blofs mit Seifen wasser reinigte. Schoa
nach drei Tagen bekundeten sich aber die ei^
sten Erscheinungen einer Statt geAindenen ört-
lichen Ansteckung mit Rotzgift, welche allraUi^
lig zu einer gröfsern Höhe gelangten. — Der
zweite Fall betraf ebenfalls einen jungen Blann,
der bei der Section eines rotzigen Pferdes sioli
eine geringe Verletzung am kleinen Finger der
rechten Hand zufügte. Fünf Tage nachher
zeigten sich die ersten Erscheinungen einer to-
pischen Affoction, die sich mehr und mehr aus-
breitete, und erst fast nach neun Monaten seit
Beginn der Krankheit Heilung zuliefs.
Auch von Amerika aus erhalten wir durch
Dr. f^iggins *) die Mittheilung eines hieher ge-
in OurWs n. HertuHy^t Magazin für die geiammte
Tliierhmlkunde. Jalirg. Vf. Hft. 1. 1840. «- Schmide»
Jahrbücher. Bd. XXVII. S. 164.
*) Voe'artienijkiindig magatin. Groningen 1830. p. !•
<) The amcrican Journal of tlie tnedioine. 1837. — Ga-
zette ni6dic. 1838. No. 50. — Proriep*» Neae Nod-
zen. Bd. V. No. 92. 8. 62.
Joiirn.XCIII.ßd.3,St. C
— 34 —
horigeu Falles. Der zwölfjährigGi Sohn eines
Fleischers, hatte vier rotzige Pferde, die alle
an dieser Krankheit au Grunde gingen, ge« .
pflegt und bei dem Abledern des einen Hülfe
gelieistet Einige Tage nachher stellte sich Un-
wohlsein und die allgemeinen Syihptome riner
örtlichen Ansteckung mit Allgemeinleiden ein, die
nach zehn Monaten mit dem Tode endigten.
Aus mehrem angestellten Versuchen ging
deutlich hervor, dafs die von dem Pferde auf
den Menschen übertragene Rotzkrankheit sich
von 'diesem wieder durch Impfung auf Thiere
übertragen lasse, so z. B. in dem von Schilling
beobachteten 'Falle auf Kaninchen, in dem von
WiUiams und Travers auf Esel ; allein es fehlt
auch nicht an Beobachtungen, dals sich der
einmal beim Menschen zum Ausbruche gekoo-
mene Rotz wieder andern Menschen mittheilte.
So erzählt der irländische Chirurg Ferau ^) ei-
nen Fall, wo sich die Krankheit von dem Va-
ter auf den Sohn, der ihn abwartete, fortver-
erbte, und nach ElUotson erkrankte eine Frau^
welche die Effecten eines durch Rotz ange-
steckten Kutschers trug, an demselben Uebel.
Indessen stehen diese Beobachtungen noch zu
vereinzelt da, um ihnen unbedingten Glauben
schenken und auf sie mit Zuverlässigkeit bauen
zu können.
Trotz der vielen hier mitgctheilten , gröb-
tentheils auf genaue Beobachtungen gegründeten
und überzeugenden Erfahrungen von glaubwür-
digen Männern über den wirklichen Bestand
der Rotzkrankheit beim Menschen, fand die
Annahme derselben dennoch keinen allgemeinen
Eingang, sondern wurde, namentlich in Deutsch- '
I) Gazette medicale. 18iS. p. 674.
— 85 —
land and Fraiikroicli^ in Zweifel gesogen, ja so«
gar zum Theil entschieden geleugnet. Hall''
bach »)> Krüger ^ Hansen «) und ^eith ») wa-
ren 08 namentlich in Deutschland, und in Frank-
reich die Veteriuärärzte Barthelemyy Parent Du-
chaieUi *), Bouley^ Delanfond u. A. — Hall'*
bach ist von der Nichtcontagiosität des Rotzes
bei lebenden Tbiercn so sehr überzeugt, dafs
ef sich anheischig machte, mit Rotzeiter sich
einimpfen zu lassen. Da aber seit diesem Aus-
qiniche eine Reihe von Jahren verflossen ist,
und seit dieser Zeit die Erfahrung manche Bei-
epiele au die Hand gegeben hat, welche ent-
•chieden für die Uebertragbarkeit des Rotzee
▼pm Pferde auf den Menschen sprechen, so
möchte sehr in Zweifel zu ziehen sein , ob nun
miter diesen Verhältnissen Hallhaoh der Auf-
forderung noch entsprochen wurde, seinen Arm
oder irgend einen andern Körperthcil zu einem
diesfallsigen Impfversuch darzubieten und sich
seinem Schicksale zu überlassen. Auch Krü*
ger - Hansen ging in dieser Beziehung zu weit,
wenn er, um seiner Lieblingsidee — - der Ab-
. leugiiung der Contagiosität des Rotzes über-
haupt — noch ferner das Wort sprechen zu kön-
nen, die von JFofff* beobachteten Fälle nicht
für wirklichen Rotz anerkennt, sondern sammt
and' sonders alle für die Folge der schädlichen
Einwirkung des Rotzcontagiums erachteten To-
desfälle geradezu der schlechten Diagnose und
Therapie der betreflcnden Aerzte zur Last legte.
Wie Krüger ' Hansen in Deutschland, so
suchte Barthelemy j der hartnäckigste Gegner
') HtisVs Magazin für die gcisammte Heilkunde* Bdt XI.
8. 609. ') PnüifsiBclie niediziniiclie Zeit. 1S37«
No, 18. ') a. a. (). ^) Gazette in^dieaie.
Uecemb. 1832. Tom. III. No. 118.
c «
— 36 — •
der menschlichen Rotzkrankheit in Frankreich^
die Unzuläfsigkcit mancher von Rayer ausgespro-
chenen Ansichten darzuthun, ohne sich auf ge-
gründete Erfahrung zn stützen. Hier möchte der
Ausspruch des Paracelsus ganz an seinem Platze
sein, wenn er jsagt: ,,SpekuUrQn ohne Erfah-
rung und Naturbeobachtung heifet phantasiren,
, und phantasiren erzeugt Phantasten/* d. h. Uinde
Anhänger vorgefafster Meinungen. Indessen
scheint Barthelemy schon viel von seinem blin-
den Starrsinn verloren zu haben, insofern er in
den neuesten l§itzungen d^r Academie die früher
von ihm aufgestellten Unterschiede^ zwischen
den Krankheitserscheinungen bei rotzigen Mein
sehen und Thiereu nicht nur weniger schroff
fand, sondern sogar eine bedeutende Analogie
beider Krankheiten zugesteht, was mehr ab
alle Gegenbeweise in dieser streitigen Angele-
genheit leisten heifst.
Nachdem wir nun in bündiger Kürze durch
die seitherige Betrachtung unseres Gegenstan-
des' dargcthan haben, dals die Rotzkraukheit
beim Pferdegeschlechte ansteckender Natur sei
und durch eine Reihe mehr oder weniger au-
thentischer Beobachtungen die Uebertragbarkeit
derselben von Thieren auf den Menschen erör-
tert haben, so bleibt uns nun zunächst zu zeigen
übrig, auf welche Weise das bestehende Kon-
tagium von den Thieren auf den Menschen sich
fortpflanzt, wozu wir nun den Uebergang ma-!*
chen wollen.
Nach den seitherigen Beobachtungen, wel-
che von verschiedenen Aerztcn in verschiede-
nen Ländern gemacht wurden, geht hervor, daCs
sich das Kontagium auf zweierlei Weise Ein-
gang in den ^Organismus verschafft, nämlich
entwieder durch Lokalreizung — Inokulation
— 37 —
oder darch allofcmeinc UobcHrafl^iiiifi; — In/ekiioa»
Unter den oben cnvuliiiten, von Hertivig bcob«
achtoton Bieben Fällen waren zwei durch In-
fection und fünf durch Inokulation entstanden;
bei den von Alexander niitp;et heilten zwei Fäl-
len wurde keine örtliche Uebertragung erwiesen ;
bei den von ff^olff zur Mittheilung gebrachten
drei Fällen war durchaus keine ortliche Ueber-
tragung des Kontagiums nachzuweisen u. h. w«
Die Inokulation wurde entweder durch eine
wunde Ilautsteile oder durch Ausschnauben von
Kotzeiter ins Gesicht etc. vermittelt. Diese
letztere Ansteckungsart dürfte wenigem Ein-
reden unterworren sein als diejenige durch In-
fektion , welche durch die Luft vermittelt wird.
Die Annahme dieser letztem Mitthoilungtart
•ehcint zwar mit der fixen Natur des Hotzkon-
Ugiums in direktem Widerspruche zu ste-
hen, scheint aber weniger auffüllend, wenn
wir diesen Hergang mit der Mittheilung an-
^ derer fixer Koutagieii vergleichen, z. B. mit
dem Pockengift, welches ebenfalls auf eine ge-
wisse Distanz auf beiderlei Weise Ansteckung
herbeizuführen vermag, ja sogar die Schwind-
Hiucht scheint, einmal auf eine gewif^o H6he
gekommen, durch KffUivien einen nachtheiligen
Snflufs auf die Hespirationsorgane gesunder
enschen zu äufsern. Die DifTusibilität der
kontagiösen Ktoffe überhaupt sieht in einem
genauen Verhältnisse mit der Dauer der Krank-
heit, dem tirade ihrer Ausbildung und den Or-
ganen, welche die Absonulerung vermitteln, so
daß} es unter diesen Unisländen kaum in Zwei-
fel zu ziehen ist, duls die so scharfe liotzma-
terie, welche uuf di;r höcbHlen Slufe-der Krank-
heit in dnr Nasenhöhle abgesondert und von
der warmen uusgeutlimelen Lull beständig be-
— 38 —
spült wird, letzterer einen eigenthumlichen Ge-
ruch und zugleich auch ein ihr eigenthündi-
ches ansteckendes Prinzip mittheilt. Für diese
Ansicht sprechen auch die von Rössi ') ange-
stellten Versuche. Rossiy von der Imponderabili-
tät des Rotzkontagiums überzeugt, suchte das
Wesen desselben zu enträthseln und bediente
sich zu diesem Zwecke des Galvanismus. Er
konstruirte sich eine galvanische Säule von fünf-
zig Plattenpaaren; zwischen jedes einzelne Plat-
tenpaar legte er ein Leinwandläppchen, welches
mit Eiter aus der Nase eines rotzigen Pferdes
getränkt war, und führte die beiden Pole der
Seite mit zwei metallenen Konduktoren (Gold-
fäden) in Verbindung, welche er in destillirtes
Wasser, welches in einem Eudiometer enthal-
ten war, führte^ Kaum waren zwei Standen
verstrichen, dals der Apparat in Wirksamkeit
getreten war, so verbreitete sich ein stinkender
und unerträglicher Geruch in der Nähe dessel-
ben, selbst bis in die benachbarten Häuser.
Rossi berührte die Konduktoren der Säule, fühlte
aber dadurch einen solchen betäubenden Ein-
druck, dafs seine Kniee zu wanken anfingen
und er zu Boden fiel.. Kalmni selbst, welcher
Rossi zu Hilfe sprang, empfand Schwindel.
Diese Einwirkung, sagt Rossi. rührt nicht ein-
fach von dem galvanischen Strome her, denn
noch nie will er, bei dieser Säule, wenn sie
keine Rotzmaterie enthielt, eine solche Wirkung
verspürt haben. Achtzehn Stunden nach der
Einwirkung der Säule auf das Gift sähe man
kleine Blasen von schwärzlichem Gase aus dem
Wasser des Eudiometers steigen, welche sich
an den Wandungen des Instrumentes anhäng-
ten. Das im Eudiometer enthaltene Wasser
I) Gazette medicale. Decemi). 1832. Tom. III. No. 118.
— 39 —
Beigte donscibon starkeu Geruch ^ wiedieduroh
die Säule zersetzte Rotzmaierie, uad nach einer
genauen Untersuchung der in dem Instrumente
befindlichen Gase glaubte sich Rossi au dem
Schlüsse berechtigt^ dasK^a/i als das vorherr^
sehende Prinzip anzunehmen , welchem ejr auch
die heftigen Zufälle, welche er bei der Beruh*
ru'ng der Konduktoren erfahren hatte^ suschrieb«
Eben so leitet er davon die schädliche Wirkung
ab, welche sich nach der Ansteckung durcS
Hotz bei Menschen und Thieren kund |;abeny
indem das Kyan, durch was immer für em Or-
gan es in die Blutmasse übergeht , dort mit
dem Wasserstoffe des Veuenblutes Blausäure
bildet Die Ansteckung des Rotzes ohne un^»
mittelbare Berührung, wie z. B. bei längerati
Verweilen in Ställen, wo rotzige Pferde untof^
gebracht sind, Schlafen während der Naoht itt
denselben u. dgl. dürfte somit nicht mehr se
räthselhaft sein, indem die feinern BestandtbeU«
des Rotzgiftes steh mit der ausgeathmeten Luft
vermengen, von Gesunden eiugeathmet in di#
Respirationsorgaue und die gesammte Blutmasse
übergehen, und so durch aligemeine Infektiila
Ansteckung bedingen. Hieraus erklärt sidbi
zugleich auch der abweichende Verlauf der
Krankheit, je nachdem sie durch Inokulation
oder Infektion zu Stande kam, wie wir gleich
nachher, nachdem wir das allgemeine Bild der
Krankheit dargestellt haben ^ näher erörtern
werden.
Allgemeines Bild der RotzTcrankheit behn
Menschen.
Die Krankheit kündigt sich immer, früher
oder später, durch ullgemeino Ansteckungs^
— 40 —
Symptome, unter der Form von fieberhafter
Aufregung an, welcher, nach den bisherigen
Beobachtungen, bald locale Symptome vorange^
hen, bald nachfolgen. Der Blick wird matt, die
Verdauung ist gestört^ groise Mattigkeit und
Niedergeschlagenheit stellt sich ein, der Puls
ist gespannt und firequent, kurz die allgemei-
nen Chahüitere der Synocha sprechen sich den(p-
lieh aus. In den ersten Tagen beobachtet das
Fieber noch Remissionen und selbst latermis-
sionen^ bald aber nimmt es einen anhaltenden
Typus an, unter dem Auftritte von lebhaften
herumsiehenden Schmerzen^ welche sich ge-
wöhnlich auf die Gelenke, namentlich die Kniee,
die Schulter und die Ellenbogen zu fixiren pfl^
gen, und Anschwellung des entsprechenden
Theils, Steifigkeit und Unbeweglichkeit cur
Folge haben* Letztere Erscheinungen sind con-
Btant, compliciren sich aber hie und da mit
näditlichen Schweifsen und leichtem Frösteln.
Das aus der Ader gelassene Blut zeigt mehr
oder weniger deutlich eine Crusta phlogistica, —
lauter Erscheinungen , welche diesem Zustande
die gröfste Aehnlichkeit mit einem Rheuma-
tismus acutus verleihen. Auf diesem Punkte
der Ausbildung kann sich die Krankheit meh-
rere Tage , ja oft einige Wochen erhalten , bis
der gesammte Zustand mehr oder weniger deut-
lich das Gepräge eines typhösen Charakters
annimmt» Nur selten zeigen sich gleich an-
fangs heftigere Erscheinungen, welche an den
Rotz der Pferde erinnern, wenn keine nach-
weisbare deutliche lufectiousstelle vorhanden ist,
durch welche der Krankheitskeim in den Orga-
nismus aufgenommen wurde, die sich entzün-
det, mehr oder weniger schmerzhaft wird, mit
deutlicher Röthe umzogen, mit vermehrter Wärme
— 41 —
und mehr oder weniger starker Anschwellung
Verbunden ist, früher oder später eitert, und
ein mifsfarbiges Secret absondert, unter gleich-
zeitiger Anschwellung der benachbarten Lymph-
drüsen und Lymphgefüfse. Zu gleicher Zeit
mit den luletzt aufgeführten Krscheinuugen, oft
aber auch etwas später, fangt die Nase, oder
irgend ein anderer Theil, namentlich die Au-
genlieder, ein Arm oder Fufs roth zu werden
und anzuschwellen an, die Schleimhaut der Nase
sondert eine eigenthümliche Vlüssigkeit ab, wel-
che Anfangs etwas blutig, später mehr serös,
schleimig, endlich eiterähnlich wird. Gewöhn-
lich zugleich, oft aber auch etwas später, kom-
men im Gesichte, in der Nase, dem Halse,
cder irgend an einem andern Theile des Rum*
pfes exanthematische Erscheinungen vor, welche
sich bald in Form von Papeln , welche von leb-
liafter Röthe kleine Partieen der Haut, welche
auf ihrer obersten Hellichte verdickt erscheint,
bedecken, bald als kloine. Blasen -Phlyktäneir von
uuregelmäfsiger Form und verschiedener Gröfse,
welche theils mit blutseröser Flüssigkeit gefüllt
sind, und dann eine röthliche Farbe zeigen,
theils eine gelblich eiterige Materie enthalten,
weiche sich nach dem Aufbruche der Bl&achen
entleert, endlich bald als Pusteln auf einer er-
härteten Basis, ohne Nabel, bekunden, auf de-
ren Spitze ein Schorf sich beOndet , nach des-
sen Kntfernung sich Kiter aus der l^ustel er-
giefst. Breschet ') will eine auflallende Aehn-
lichkeit zwischen diesen llauteruptionen und der
.Vaccinia und Framboesia gefunden haben. Die
zwischen den Bläschen und Pusteln gelegene
Haut zeigt erysipolatüse llöthe und wird in deu<
1) GazüUc iiiudiculc. 1838. p, 653. .
— 42 —
höhern Graden selbst mifsfarbig und gangränös.
Statt aller dieser Eruptionen beobachtete Brera '}
bei einer Frau blofs livide Flecken über den
ganzen Körper verbreitet. Neben diesen mehr
oberflächlichen Erscheinungen auf der Haut ent-
stehen nun auch mehr in der Tiefe wurzelnde
Zerstörungen in derselben^ und iq dem unter-
der Haut und zwischen den Muskeln gelege-
nen ZeHgewebe; es bilden sich, meist zaerst
an den untern Extremitäten , gröfsere oder klei-
nere Abscesse, welche die Haut in Beulen er-
heben. Diese Geschwülste sind entweder mehr
ausgebreitet y roth, statk entzündet , schmerz*
■haft, und gehen schnell in brandige Zerstörung
über, in deren Folge übel aussehende Geschwüre
ins Entstehen kommen, welche eine stinkende
Brandjauche secemiren , oder sie sind mehr be-
grenzt, ohne deutUche Entzündungserscheinun-
gen, etwas hart, bis zur GröJGse einer Wall-
nufs und darüber, oder unmittelbar unter der
nur schwach gerötheten Haut liegend. Sie be-
stehen einige Zeit lang fort, ohne sich beson-
ders zu verändern, und enthalten einen grau-
lichweifsen, eiweifsartigen, zäheti Eiter. Auch
die lymphatischen Drüsen unter den Achseln,
an den Lenden und am Halse schwellen häufig
an und gehen in Eiterung über, und selbst die
Gelenke werden von Entzündung und Eiterung
befallen. Alle diese Eruptionen der Haut kön-
nen aufbrechen und in Geschwürbildung über-
gehen. Während sich diese bedeutenden De-
structioiien der Haut und des unterliegenden
Zellgewebes ausbildeu, verschlimmert sich der
AUgemeinzustaiid des Kranken bedeutend; die
Fiebersymptome nehmen immer mehr und mehr
») SchmidVs Jahrbücljer. üd. XV. St. 286.
_ 43 —
cinoo norvösoii Cliaractor an^ der Puls wird
0ohr frequent^ klein, Soliauder und Frösteln ab-
we'toliselnd mit nicht erleichternden profusen,
oft stinkenden Schweifsen, die Zunge trocken,
oft rissig und bräunlich belegt, wie sie im Ty-
phus zu sein pHegt; die Mattigkeit steigert sich
zum völligen Unvermögen, sich zu bewegen,
und die meist eintretende bedeutende Kurzath-
migkcit läist auf eine Affection der Lungen
schliefsen. Andral ') hat die Brust eines sol-
chen Kranken untersucht; die Percussion zeigte
au einigen umgrenzten Stellen einen matten
Ton, welchem entsprechend auch ein schwaches
Hespirationsgerüusch gehört wurde. Bei tiefer
Inspiration entdeckte er ein schnarrendos und
pfeifendes Geräusch, welches an ehizelnenStel-'
leo mit 8chleinigorassel untermischt war. Auch
die sensorielle Th&tigkeit wird jetzt mehr in
den Kreis der Mitleidenschaft gezogen; die frü-
her nur zcitenweiso sich einstellenden Delirien
werden nun anhaltend und gehen in völlige Be-
wufstlosigkeit über, aus welcher der Kranke
oft nur schwer geweckt werden kann. War
Ausflufs der Nase vorhanden, so wird dieser
jauchig, so wie auch der Kiter, welchen die
Eruptionen auf der Haut absondern, und am
ganzen Körper entstehen übel aussehende Flek-
ke; es treten übelriechende Diarrhöen ein, and
unter kalten Schweii^en, Zittern und Zuckun*
gen der Glieder tritt ni der Kegel der Tod ein.
Die Krankheit dauert selten länger als drei bis
vier Wochen, doch werden einzelne Fullo bo*^
schrieben, wo der Kranke erst am sechszigston
Tage, ja nach einem noch weit längern Kran-^
kcniagcr starb.
») Gazitlt' iiu'<ru:ilc. 1839. p. 99.
— 44 —
Das so eben geschilderte allgemeine Krank-
faeiisbild erleidet, namentlich you iornehereio
manche Modificationen , je nachdem das Uebel
durch örtliche Inoculation oder durch allgemeine
Infeciion zur Entstehung gerufen wurde, zu de-
ren besondern Erwähnung nun sofort äberge-
gangen werden soll.
a) RotZy in Folge von allgemeiner Injektion.
Wenn der Hotz beim Menschen durch allge-
' meine Infection zum Ausbruche kommt, so be-
kundet sich dieser Vorgang im AUgemoineD
durch Fieber- Frost und Frequenz des Pulses,
zuweilen durch gastrische Symptome, zuweilen
durch Diarrhöe und Gliederreilsen. Nach diesen
Symptomen folgen am gewöhnlichsten Schmerzen
längs den Glicdmafsen oder in den Gelenken,
welche oft rheumatischen Schmerzen ziemlich
ähnlich sind und defshalb leicht zur Vcrweehse-
lungAnlafs geb^n. ^ach einigen Tagen bemerkt
man bei genauer Untersuchung der schmerzhaf-
ten Theile unter der Haut einzelne umschrie-
bene Verhärtungen und eine Art von bei der
Berührung mehr oder weniger schmerzenden
phlegmonösen Entzündungen. Seltener erschei-
nen erysipelatöse Entzündungen, besonders ao
den Unterschenkeln, am Knie und den untern
Theilen des Oberschenkels; auch ist die Farbe
dieser Entzündungen weniger eine lebhaft ery-
sipelatöse, sondern vielmehr eine liviie und nie
erfolgt kritische Entscheidung durch Desqua-
mation, sondern stets Abscedirung, wie bei dem
sogenannten Pseudoerysipclas. Noch später
nimmt die Haut über diesen Geschwülsten, we-
nigstens über meiirereii (Icrsclben eine rothe oder
violette Farbe an, und wird zuweilen sogar
brandig, häufiger aber bilden sich diese Gc-
— 45 —
Bchwulfito in wirkliche AbHcessc um, die man
bcsonderN in der Nähe der (ieleuke an den
Schultern, Armen und Beinen und auch am
llumpfe anirifrt , und deren Keifo sich Kuwoilen
durch das Krscheinen rother Flecke auf der
über ihnen liegenden Haut ankündigt. Der
Eiter in diesen AbscesHcn ist zuweilen gutartig, ,
üderB aber jauchig oder blutig. Bisweilen tre-
ten diese (leschwülHte allerdings zurück und
vertheilen sich; allein diefs ist stets von schlim-
mer Vorbedeutung; detui alsbuld iiach ihrem
Verschwinden brechen noch zuhlreichere Ge-
sohwillste über den Körper hervor, und der
Kranke eilt um ho schneller seiner AuHösung
entgegen, woraus gewissermarsen hervorzuge-
hen scheint, dafs die zur Aussonderung be-
stimmte Materie von den Lyniphgerarsen auf-
genommen und sofort in die allgemeine Sfifte-
roasse übergeführt wird. Bei fernem Beobachtun-
gen wird man zusehen mÜKsen, ob diese Ge^
schwülste und kleine Abscessc nicht vielleicht
das Hesultat tiefer Lymphgefülsentzündungen
sind, wodurch die Analogie mit den Verände-
rungen unter der Haut, wie wir sie bei, von
wurmigem Rotze ergriffenen Pferden finden,
noch gröfser würde. Ist die Krankheit schon
soweit vorgeschritten, so nimmt sie einen völ-
lig typhös -nervösen Character an; der Kranke
delirirt, mit lichten Zwischenräumen, sein Puls
wird klein und schwach, die Hunt schwitzt
übermäfsig und verbreitet einen Übeln Geruch,
der Darmkanal neigt sehr zur Diarrhöe hin, und
der Stuhlabgang erfolgt oft ohne Wissen und
Willen des Kranken; der Dur^t ist heflig, Zunge
und Zähne mit dunkelm zähem Schleim be-
deckt. Nun tritt meistens noch eine eigen-
thümliehe Exanthembildung hinzu , bestehend in
' J
— 46 —
IdeineD; hirsekorngrofsen , rothen Hauterhebon-
gen, welche sich entweder bald in pockenähn-
liche Pusteln umwandeln^ oder in furuhkelähn-
liche Erhabenheiten übergehen, auf deren Mitte
mit gelber Lynophe gefällte Bläschen entstehen,
nach deren Ausbruch der Tod sehr bald einssilh'
treten pflegt.
h) Rotz in Folge von örtlicher Inoculation.
Bei eingeimpftem Rotze bekommen die Kran-
ken erst nach zwei bis acht Tagen bemerkei»-
werthe Zufalle, und zwar zuerst an der afS-
cirten Stelle selbst, als da sind:, zuerst Schmens,
Hitze nnd Geschwulst; später schmerzhafte
Stiche, eine rothe Linie, oder eine wiridieh
gtrickartige Geschwulst im Verlaufe der Lymph-
gefäfse, Verhärtung der benachbarten Lympb-
drfisen, besonders am Ellenbogen und im Adi-
selgelenke, wenn die Inoculation von einem
Theile der Hand ausging, ähnlich wie bei ei-
nem Pauaritium, oder bei Verletzungen wäh-
rend Leichensektionen; ferner ausgebreitete Ent-
zündung des Zellgewebes unter der Haut, um
die afficirte Stelle herum, zu welchen Erschei-
nungen sich erst Fieber, Kopfschmerzen, Nei-
gung zum Brechen u. s. w. gesellen, — kuiz
Erscheinungen , wie sie überhaupt in Folge von
Einimpfungen gewisser krankhafter oder fauli-
ger Stofl^e zum Vorschein zu kommen pflegen.
In einigen Fällen waren die Lokalsymptorae
undeutlich, oder wurden bald beseitigt, so dafs
der Kranke geheilt zu sein schien ; aber plötzlich
brachen die besoudern und eigenthümlichen Er-
scheinungen einer vorsichgcgangenen Rotzan-
steckung aus, welche den betrefienden Fall
von allen übrigen Ansteckungen streng unter-
schieden. Nun kommen die eigenthümlicheD
— 47 —
Ilautornptioncii iiiul die oben erwähnten allgo-»
inoincn Erscheinungen der Rotzkrankhoit beim
Menschen zuiti Vorschein.
Besondere Erwähnung verdienen noch die
auffallenden Erscheinungen auf der Nasenschleim-
haut und den angrenzenden Schleimhäuten. Nach
Rayer fand sicli bei allen von ihm aufgefiihrten
Fällen des acuten Kotzes^ während dos Lebens^
Ausflufs aus der Nase, oder nach dem Tode
geschwüriger Zustand in den Nasenhöhlen. Uu-
ter den fünfzehn von ihm aufgeführten Beob-
achtungen hat man während des Lebens Aus-
flüb aus der Nase, oder Vorhandensein eines
dicken, krankhaften Stoffes beobachtet, und in
deu von uns hier mitgctheilten Fällen wird
eechszehn n al eines Ausflusses aus der Nase,
oder Voränderungen in der Nasenschleimhaat
erwähnt. Der ausfliefsendo Stoff war entweder
eine scharfe, stinkende und ätzende Jauche^
oder eine eiterähnliche Alaterie, oder es be-
deckte ein zäher und grauer Schleim die Na-
aenschleimhaut. Nur zweimal wird ausdrück-
lich der Abwesenheit jeden Ausflusses und jo-
der Abnormität in der Nase erwähnt. Die Zeit
des Eintrittes dieses Nasenausflusses scheint
sehr verschieden zu sein; sie schwankt in den
Beobachtungen zwischen dem vierton und soolis-
Bohnten Tage, kann jedoch nicht immer genau
angegeben werden. Auch hat man einen Ausflufs
■US Mund und Nase zugleich, und ebenso das
Ausfiiefsen einer dicken, dem Nasenschleime
ähnlichen Feuchtigkeit aus den Augenliedorn be-
obachtet. — Die Stimme ist früher oder später,
bei dieser Krankheit verändert, zuweilen gauB
erloschen.
— 48 —
Sectionshefun d.
Die bis jetzt vorgcnommeneD Leichenöff-
nungen verbreiten nur wenig Licht über das
Wesep der Hotzkrankheit beim Menschen, auch
sind dieselben, mit wenigen Ausnahmen, fast
nie vollständig augestellt worden. Indessen ha-
ben dieselben doch, mehr oder weniger ton-'
stant, das Vorhandensein von mehreren, den
Rotze eigenthümlichen Abnormitäten in der
Uaut, der Nase und in den Luftwegen darge^
than. Aeufserlich bemerkt man immer die Ei^
scheinungen eines, während des Lebens b^
standenen Pnstelausschlags , und ziemlich b^
ständig Brandblasen und brandige Stellen der
Haut utad der tiefer liegenden Theile. Allein
nicht alle pustulöse Erhebungen zeigen eine
und dieselbe Structur. In erst kürzlich entp
standenen , von der Gröfse einer kleinen Erbse,
fand man uuter der Epidermis einen plastischen
Stoff, welcher nach deren Wegnahme nicht
ausflofs und nicht die geringste Menge Feuch-
tigkeit aus sich hervorpressen liefs. Er be-
feuchtete selbst nicht einmal die Glasplatte, auf
der man ihn ausbreitete. Die Betrachtung des-
selben unter dem Mikroskope ergab, dafs er kein
Eiter, sondern eine wirkliche Pseudomembran
sei, in der man veränderte , aber noch ihre Fonn
und gelbliche Farbe bewahrende Blutkugelchen
erkennen konnte. Unter dieser Ablagerang von
plastischer Lymphe zeigte die Lederhaut kleine
rothe Punkte, ihre Dicke war um f vermin-
dert, und ihre Oberfläche erschien nicht blob
eingedrückt, sondern excoriirt. Es verhält sich also
ähnlich , wie bei einer Pockenpustel, aber jene
plastische Ablagerung ist weder kreisförmig;
noch in der Mitte eingedrückt, wie die pscudo«
— 49 —
membraDose Scheibe bei den Pocken y anch ist
die Rotzpustel nicht nabelfönnig. Bei der Un-
tersnchung einer andern ^ gröfSsem und altem
Pustel fand sich, dafs sie, wie die vorieei aus
einem plastischen Stoffe bestand. Auuerdem
saÜB diese, über die Haut hervorragende Pustel
ebenfalls in der Dicke der Ledcraaut, deren
Gewebe wie getrennt erschien. Wo jene kleine
pseudomembranöse und citrige Massesais, war
dieselbe zerstört und man fand in ihren Zellen
keine Spur mehr. Diese ganz eigenthumliche
Bescnaffenheit findet sich in keinem andern pu*
rulenten Hautausschlage wieder. Eine andere^
'der Rupia Simplex vergleichbare dritte Pustel
war wieder von der vorigen verschieden. Auf
der Mitte derselben safs ein platter, gelblicher
Schorf, an dessen Umfang flüssiger^ weils-röth»
lieber Biter hervorquoll. Nach der Entfernung
des Schorfes, der Epidermis und des Eiters er-
schien die bloCsgelegte Lederhaut dunkelroth,
und zeigte unter der Loupe eine uugleiche, mit
Blat imbibirte Oberfläche. Unter Wasser er-
schien dieses Stück Haut etwas zottig. Bei
der mikroskopischen Untersuchung der Materie^
ans einer der am wenigsten ausgebildeten HauU
postel, fand Donn^ 0 gleichfalls nicht die ChSf-
ractere des Eiters. Er spricht sich hierüber
fdgenderroalsen aus: „Die von mir untersuchte
Poslel enthielt einen plastischen Stoff, der nach
der Entfernung der Epidermis nicht ausflols. Ich
glaubte daher, dab die Pustel nur in Zelleo.
eingeschlossene Flüssigkeit enthalte ; aber aqch
nadi der Zerreifsung dieses Stoffes, mittelst
einer Nadel, konnte ich nicht die geringste
Moige Flüssigkeit daraus erhalten. Unter dem
Mikroskope zeigte eine sehr dünne Schiobts
>) B«i Bayer a. a. O.
loeni.XCni.Dd. 9. St D
— 50 —
dieses' StoJGTes kein einziges von den gewohn-
lichen Merkmalen des Eiters; ich fand keine
Eiterkügcichen, sondern nur eine Masse, wel-
che hie und da ähnliche Fäden zeigte , wie das
Zellgewebe. Anlserdem bemerkte ich eine An-
audil Kugelchen ; offenbar wirkliche Blutkfigel-
cheiij. welche zwar verändert waren , aber doch
noch ihre gelbliche Farbe behalten hatten."
Bei der Untersuchung älterer Pusteln dansh
Dr. Gluge ^), zeigte sich in jener llaterie eine
sehr geringe Menge Eiterkägelchen, welche in
einer zähen festen Masse eingescUossen wa-
ren,, die den gröfiiten Theil jener Substanz amh
machte. Die Oberfläche derselben erschien sehr
fejiiykfimig.
~ Die Abscesse, welche sich namentlich an
den -Extremitäten befinden^ sitzen nicht blob
in dein Ünterhautzellgewebe, sondern erstreck-
ten sich oft sehr in die Tiefe, zwischen die
Muskeln, welch letztere dann breiartig erweicht,
oder zum Theil zerstört gefunden werden. Die
Nase und Nasenhöhlen zeigen in der Regel,
wo man sie einer Untersuchung unterwarf, ei-
genthfimliche Veränderungen, als da sind: zu-
weilen Ecchymosen und Gangrän, wie man sie
mitunter bei rotzigen Pferden findet. Statt die-
ser hat man aber auch zuweilen UIceratiooeff
an der Nasenscheidenwand und kleine Ulcera-
tionen in den Nasenhöhlen gefunden. Die
Schleimhaut fand man verdickt, und wo sie die
Stirnhöhlen auskleidet, infiltrirt, auch in der
Stirnhöhle ein Haufen eiternder Tuberkeln. BaU
fand man wieder die Stirn- und NasenhöUeo
mit eineim bräunlichen eiterartigem Schleime er-
füllt, und in ihren Wänden bemerkte man nock
>) Bei üffyer a. a. O.
— 51 —
hüte, oder schon enveichtc Tuberkel. Endlich
fand man die Schleimhaut mit einem graulichen
zähen Schleime überzogen.
Der Kehlkopf zeigte zuweilen einen sehr
merkwürdigen Ausschlag. Elliotsony AUxan^
der u. A. beobachteten Geschwüre im Kehl^
köpfe y eine theihveise Zerstörung des Velum
palatiunm, der U^ila undEpiglottis; Ra^'^r be-
merkte eine granulöse Stelle auf der hintern
Fläche der Epiglottis und auf der vordem und
obem Partie des Kehlkopfs; Graves fand die
Schleimhaut des Kehlkopfe sehr entzündet, und
von livider Farbe. In den meisten Fällen wurde
jedoch dieses Organ keiner Untersuchung un-
terworfen, was sehr zu bedauern ist
Die Schleijnhaut der Luftröhre bot bald
Bläschen dar, bald war sie an der Theilungs-
stelle geröthet, bald war sie mit einem klebri*
gen Schleime überzogen. — Die Langen be-
währten sich bald als gesund , bald zeigten die-
selben eine lobuläre Pneumonie in verschiede-
nen Graden, bald die Erscheinungen einer be-
standenen Pleuropneumonie, bald enthielten sie.
Vomicae, bald Tuberkeln, bald zahlreiche Pu-
steln und Granulationen, wie im Larynx, wel-
die einen eitrigen Keim enthielten, auch fand
nmi sie mit schwarzem Blute überfällt und Er^
gols von Flüssigkeit in die Pleurasäcke.
Das Blut umd man flussig und schwars!
und in einem zersetzten Zustande. — Das Herz
zeigte keine constante Abnormitäten.
Auch in den Unterleihsorganen fand man
keine bestimmte und beständige Ab weichun^ei|.
^hscander fand rothe Flecke auf der Schleim-
luiat des Oesophagus, des Magens und Darra-^
kanals; Williams Tuberkeln in der Nähe der
VahrQteBauhini ; Graves fand die M agenschleim-
D«
— 5t —
haut roth und mit Ecchymosen besetzt; ElUoi"
son fand rothbranne Flecke auf derselben* —
Die Leber wurde h;Ud sehr mürbe^ bald er-
weich«^ bald in normalem Zustande gefundeD,
ebenso die übrigen Unterleibseingeweide; da^
gegen fand man die Gekrösdrüsen häufig vei^
gröCsert.
In der Schädelhöhle findet man gewöhnlich
Ueberfullung der venösen Gebilde; die Gehim-
hihlen, so wie die Röckenmarkshöhle biswei-
len mit blutigem S^rum erfällt. — Die Lymphe
gefä/se der Extremitäten fand Alexander ans»
£ »dehnt, andere dagegen von normaler BesehilF-
nheit Husson fand die Lymphdrüsen am-
Halse und in der Umgegend der Abscesse an-
geschwollen und erweicht Kurz die Nasen^
hohUf iet ICehlkop/ und die Lungtn, AitLymfkr
drüaen und Lymphgefäfse (in Fällen , wo der
Rotz eingeimpft war), das Zellgewehe Und di«
Haut haben eigenthümliche Abnormitäten ge-
zeigt, dio denen ganz analog sind, welche man
beim wurmigen Rotze der Pferde findet.
Werfen wir nun einen vergleichenden Rück-
blick auf das allgemeine Bild der Rotzkrankheit,
wie es sich beim Menschen und Pferde bewährt,
so kann uns nicht wohl entgehen, dafis.in den
wesentlichen Erscheinungen, wenn auch nicht
eine durchgreifende Gleichheit, doch wenig-
stens eine höchste Aehnlichkeit ausgesprochen
ist, und dafs die bestehenden Abweichungen
nur in der verschiedenen Organisation und den
verschiedenen Lebensverhältnibsen beim Men-
schen und beim Thiere ihren zureichenden
Grund haben. Gehen wir nun zur speciellen
Vergleichung der einzelnen, mehr oder weni-
ger eigenthümiichen Symptome der Krankheit
über, so finden wir:
- 68 -
1) dafs der Nasenausflufs ^ welcher bei dem
Rotz der Thiere eine so constanie Erscheinung
isty beim Menschen nicht in allen Fällen beob^
achtet wurde j was aber seineo hinreioheDden
Erklärnngsgrund darin flndon durfte ^ dars der
Mensch y von der Hotzkrankheit befallen ^ sehr
hinf&IIIg und in der Hegel an eine horizontale
Lage im Bette gebunden ist , daher das Secre-
tum der Nasenschloimhaut durch die hiotem
Kammern in die Raehenhöhle gelangt und dureh
Ausspucken entfernt wird, woher es auch kommt,
dafs man^ beim Menschen, einen Ausflufsiaua
Mund und Nase schon gleichzeitig neben ein-
mnder bestehend beobachtet hat;
2) da/s die Mi/sfarbe und sonstige abwei'
chtnde Beschaffenheit der Nasenschleimhaut beim
Menschen y wie beim P/erde beobachtet wurde^
und dieses übereinstimmende Kerhältnifs noch
viel häufiger aufgefunden werden dürft ep wenn
man grofsere Aufmerksamkeit auf diesen Punkt
gewendet und darnach gesucht hätte \
3) dafs die Nasenhautgeiohwüre -— diese so
eharacteristische Erscheinung^ beim Rotze des
Pferdes y öfters auch beim Menschen aufgefun^
den werden j bei diesem aber sich weit weniger
kund geben, als bei jenem \ was uns aber um
80 Weniger wundern darf, als der Geruchsap-
parat bei den Einhufern eine so ' bedeutend grö-
iaere Ausdehnung besitzt, als beim Menschen ;
4) dafs das Anschwellen der Lymphdrüsen
am Unterkiefer y welches man beim rotzkranken
Thiere so oft bemerkt ^ beim Mensihen nur sel^
ten beobachtet ivird; was sich aber theilweise
aus dem XJmstande erklärt, dafs beim Men-
schen die lymphatischen Unterkieferganglien von
der Nasenhöhle verhältnirsmäfsig viel weiter
— 54. —
entferot liegea^ als beim Pferde. Ueberden ha-
ben bei dieser Thierspecies die Ganglien mit den
Lymphgefafisen und Ganglien des Untern Theils
der Nasenhöhlen einen weit mehr unmittelbaren
' Zusammenhang y und diese Gefafise und Ganglien
werden, wegen der gröfisern Ausdehnung der
Entzündung in den Nasenhöhlen beim Prerde,
auch häufiger in pathologische Mitleidenschaft
gezogen;
5) dafs ferner in Beireff deSj durch den
Rotz erzeugten Hautleidens — einer bis jetzt
heim Menschen stets beobachteten Erscheinung^ im
y&rgleiche mit dem diesfallsigen Zustande der
Ff erde ein bedeutender Unterschied sich darbietet*
Wenn sich nämlich die Rotzkrankheit beim
Menschen einmal gehörig entwickelt hat, so
nimmt sie, nach den seitherigen Erfahrungen,
fast durchgiehends eine dem Wurme des Pfer-
des entsprechende Form an, d. h. der Rotz-
ausschlag zeigt sich nicht nur in den Nasen-
höhlen, sondern auch auf der Haut, indem sich
in dem unter der Haut befindlichen Zdigewebe
Wurmbculen entwickeln. Allerdings bemerkt
man zwar auch beim Pferde Knoten auf
der Haut, sowie in dem zwischen den Hos-
keln] liegenden Zellgewebe; allein dieser Fall
^ kommt seltener vor, und wenn er bei den Ein-
hufern ja auftritt, so zeigen sich die Benleo
meist unten am Schlauche, oder um das Maul
* herum, kurz an haarlosen Stellen, Während beim
Menschen der Rotzausschlag ohne Unterschied
an allen Körpertheilen, wenn gleich am stärk-
sten und gewöhnlichsten im Gesichte sich ent-
wickelt Dieser Unterschied erklärt sich übri-
gens aus der Verschiedenheit, welche zwischen
der Haut des Menschen und den Einhufern aus-
gesprochen ist, die bei erstcrm sich weit mehr
— 65 —
dem Charactor der Schleimhäute nähert. Al-
lein auch abgesehen hieven , so fohlen bei den
Einhufern eigentliche Ilautveränderungeu auch
bei jener Form des Rotzes nicht, weichen man
insgemein als wurmigen Rotz zu bezeiclineu
pflegt;
6) da/s die im Verlaufe der Krankheit sich
hinzugeaellenden Symptome sowohl heim iUen-
tohen-f als bei Thieren mit einander übereinstimr^
mend sind^ und in der Mehrzahl der Fälle ^uin
Tode Jühren; endlich
7) dafs auch die Obductionserscheinungen
beim Menschen mit jenen bei den Einhufern
übereinstimmend si/ic/; die Pneumonie lobulaire,
welche nach Rayer beim ^Menschen erzeugt
m werden pflegt, hat man neuerlich auoh beim
Pferde beobachtet, und diese Aehnlichkeit der
Kranliheit ist gegenwärtig bei beiden Species
festgestellt. Die krankhaften Veränderungen der
Unterleibsorgane sind weder beim Menschen,
noch beim Pferde erheblich und constantu. s.w.
— lauter Verhältnisse, welche aufs Entschie-
denste die Identität des Wesens der Krankheit
bei Menschen und Thieren nachweisen, deren
formelle Verschiedenheit nur in der Verschie-
denheit der belebten Organisation begründet ist.
Diagnose.
Durch seine Natur, seine Ursache, seinen
Verlauf und seine Dauer nähert sich der durch
Inoculation entstandene Rotz beim Menschen
jenen Krankheiten, welche durch Aufsaugung
von Eiter, oder krankhaften Stoffen überhaupt
erzeugt werden. Es scheint beim Rotze, wie
bei den fiobcrhuften Exanthemen, ein Stadium
der Incubation Statt zu finden, dessen Dauer
- 56 -
zwar unbestimmt, aber doch innerhalb gewis-
ser Grenzen eingeschlossen ist. Dals de; Rots
beim Menschen nicht mit den Folgen von Sti-
chen und Vergiftungen mit Eiter oder andern
krankhaften Stoffen, wie sie öfters nach Sectio-
nen vorkommen , verwechselt werden kann ^ ist
leicht ersichtlich, wenn wir erwähnen, dafii
unter beinahe hundert Fällen solcher Verwun-
dungen, welche verschiedene Schriftsteller auf-
IQhren, bei keinem einzigen weder ein Nasen-
ausflub, noch ein Ausschlag auf der Haut, in
der Nase oder im Kehlkopfe erwähnt wird, wie
er beim Rotz sich findet. Selbst eine umschrie-
bene phlegmonöse Entzündung an einem an-
dern Theik, als wo die Verwundung und Ein-
impfimg geschehen war, hat. man in diesen
Fällen nur selten beobachtet.
Der eingeimpfte und mit Phlebitis veriNm-
dene Rotz unterscheidet sich von der Phlebi-
tis in Folge von Eiteraufsaugung oder andern
Ursachen dadurch , dafs bei jenem der Eiter aus
den Venen und aus dem Zellgewebe, wenn er
einem Einhufer eingeimpft wird, den Rotz wie-
der erzeugen kann , so wie ihm der Ausschlag
in der Nase und im Kehlkopfe und die Brand-
blasen eigenthümlich sind.
In den Lymphgefafsentzundungen (Angio-
leucitis), welche in Folge einer Wunde eines
Geschwüres, oder eines Eiterherdes u. s. w.
sich einstellen, sind die Symptome der allge-
meinen Ansteckung weit seltener, als nach der
Phlebitis , und man beobachtet auch seltener
metastatische. Abscesse in der Leber, den Lun-
gen u. s. w. Zu bemerken ist hier, dafs man
nach einer gewöhnlichen Angioleucitis niemals
den Nasen- und Hautausschlag, wie beim Rots
— 57 —
beobftditet hat, die Angioleadtis bei diesem
■iiils daher einen specifischen Character haben.
Von der durch Ansteckong entstandenen
Pustula maligna unteischeidet sieb der Rots da*
durch, dais bei ihm den characterbtischen Symp*
tomen allgemeine Symptome vorangehen, was
bei ersterer nicht der Fall ist. Bei ihr finde!
sich Gangrän zuerst an der Stelle, wo die Elin*
impfung des Giftes geschehen ist, beim Rotse
dagegen sind die localen primären Symptome
an der Einimpfuugsstelle, wenn je eine sol-
che überhaupt vorhanden ist, nicht charak»
teristisch. Erst pach den allgemeinen Sympto-
men Beigen sich der pustulöse und gangr&nöso
Ausschlag auf der Haut, der Ausschlag auf der
Nasenschleimhaut und der Nasenausflufs , wel»
che beide in der Pustula maligna nicht vor-
kommen. Der localen Affection folgt bei der
Pustula maligna, wenn sie nicht bek&mpft, oder
durch die Natur beschrankt wird , meist ein all-
gemeines Leiden mit hämorrhagischen und gan*
gränösen Lungenentzündungen, wie dieses bei
der gangränösen Form des Rotzes beim Pferde
und Menschen ebenfalls der Fall ist Dana
sind die beiden Krankheiten rücksichtlich ih-
rer Symptome zwar ähnlich bleibend, aber den*
noch verschieden, denn bei der Pustula map-
ligna sieht man niemals den Rotzausschlag und
den Nasenausflufs.
Wenn der Rotz zu dem Gradewon Schwä-
che gekommen ist, welcher die letzten Mo-
mente des Lebens des Kranken bezeichnet, oder
selbst schon bald nach der allgemeinen An-i
steckung, findet zwischen den Symptomen des
Rotzes und denen des Typhus mit Petechieo
und Brandflecken einige Aehnlichkeit Statt)
— 58 —
bald aber mufs man bemerken, daüs auch der
Typhua nicht von pustulösen Eruptionen y Ab«
iscefsbildong unter der Haut und von Nasen-
ausflufs begleitet wird.' Aufiserdem findet man
nach dem Tode unterscheidende Abnormit&len;
nämlich beim Rotsse eine Afibction der Hau^
der Nasenhöhlen und zuweilen des Kehlkopfes;
beim Typhus dagegen besteht immer eine ei-
gehthämliche Veränderung in den Gedärmen
unter der Form eines besondern Exanthems«
Gewisse bösartige und putride Pocken ha-
ben einige Achnlichkeit mit der Rotzkrankheit
des. Menschen. In beiden Krankheiten findet
man nämlich einen Pustelausschlag auf der Haut,
welcher aber im Baue bei beiden verschieden
ist*' Uebrigens ist derselbe beim Rotze öfters
yon Brandblasen begleitet. Die ' Nasenhöhlen
und der Kehlkopf zeigen bei gewissen Pocken
einen Ausschlag, welcher aus kleinen Sdiei-
ben oder Platten plastischer Lymphe besteht,
' welche auf der mehr oder weniger gerötheten
Oberfläche der Schleimhaut aufsitzen. Beim
Rotze dagegen befindet sich der Eiter oder die
Lymphe in der Schleimhaut oder unter dersel-
ben. Endlich erzeugt der Poekeneiter, wenn
jer einem Pferde eingeimpft wird , keinen Aus-
schlag, der Rotzstofi" dagegen, von Menschen
wieder auf ein Pferd äbertrageu, bringt den Rotz
hervor.
Die Schmerzen, welche oft im Anfange
der Rotzkrankheit beobachtet werden , und jene,
welche die Ausbildung der zerstreuten Phleg-
monen bezeichnen, haben öfters mit einer rheu-
matischen ACfection grofse Achnlichkeit; aber
die Ursache der Krankheit, wo diese bekannt
ist, das Erscheinen der Phlegmonen, der Ab-
— 69 —
80988e| de8 Pustelausschlags und NasenaiUH
flusses und die Abwesenheit der eigentlich rheu-
matischen Symptome, werden leicht jeden Irr-
thum entfernen. Kurz es ist bis jetzt in den
Handbüchern der Pathologie noch keine Krank-
heit beschrieben, welche mit dem ausgeprägten
Rotze verwechselt werden könnte.
Behandlung.
Ist die Krankheit einmal bis auf einen ge-
wissen Grad gestiegen und zur völligcu Aus-
bildung gelangt, oder ist sie durch allgemeine
lofection ins Entstehen gekommen, so haben
wir, nach den seitherigen Erfahrungen, nur
geringe Hoffnung zur Wiederherstellung des
Kranken , in sol'erne bis jetzt fast alle , sowohl
rationell als empirisch angewandte Mittel, ver«
schiedcnartigsteu Substanzen, in der Mehrzahl der
Falle fehlgeschlagen haben, und wir überhaupt
bei den gelungeneu Heilversuchen noch nicht
mit Bestimmtheit sagen können, welchen An-
theil die in Anwendung gezogenen Mittel an
der Heilung der Kranken hatten. Die Aerzte
schlugen, in dieser Beziehung, die verschie-
denartigsten Wege ein, um zu ihrem Ziele zu
gelangen: emige suchten in Aderlässen, Blut-
egeln und dem übrigen antiphlogistischen Ap-
parat ihr Glück; andere nahmen zu schweifii-
ireibenden Mitteln und warmen Bädern ihre Zu-
flucht, und noch andere empfahlen dringend die
Anwendung von Reizmitteln u. s. w., und so
kam es, dafis Brechmittel, Abführmittel, Queck-
■ilber, Jod, Terpenthinöl, Diaphoretica, Toiiica,
Siuren, Kreosot n. s. w. in Anwendung ka-
meuj und nur gleichsam ausnahmsweise eini-
gen Erfolg gewährten. Nehmen wir aber auf
— 60 —
den Verlauf der Krankheit^ sie mag dardi In-
fection oder Inoculation ins Entstehen gemfea
worden sein, gehörige Rücksicht /so zeigt sich
in beiden Fällen, deutlich ein erethischer Zu-
stand ausgesprochen, nur mit dem Unterschiede,
dab er im erstem Falle einen allgemeinen, nn
letztern dagegen einen mehr localen Ursprang
nimmt. Diesem entsprechend wäre also im er-
sten Anfange, unter steter Berücksichtigung der
übrigen ausgesprochenen Complicationeu , eine
herabstimmende und temporisirende Behandlungs-
methode ganz an ihrem Platze, wie allgemeine
und örtliche Blutentleeruugen, und innerlich ver-
, dünnte Mineralsäuren , oder was vielleicht deo
Vorzug verdienen dürfte, /Aqua oxymuriätiea,
welche neben ihrer antiphlogistischen Wirkung
zugleich auch so zu sagen eine desinficirende
in sich vereint. Hat sich aber einmal deutlich
der typhöse Character ausgebildet, so durfte
die Behandlung sich nach den allgemeinen Grund-
sätzen der Therapie typhöser Fieber überhaupt
zu richten haben. ElUoison hat in der neue-
sten Zeit, gestützt auf den günstigen Erfolg,
welchen das Terpenthinöl auf die Krankheit
beim Pferde äuDsert, das dieser Substanz ver-
wandte Kreosot in Anwendung gezogen. Bei
dem einen applicirte er dasselbe nur örtlich,
während er es bei dem andern zugleich
auch innerlich gab , und erhielt dadurch in al-
len drei Fällen günstige Resultate. Auch Jo-
nes Versuch bestätigt die Wirkung dieses Mit-
tels; er wandte es blofs ^ufserlich an zu In-
jectionen in die Nase, in einer Mischung von
zwei Tropfen auf eine Unze Wassers. Diesa
Erfahrungen dürften hinreichen, das Kreosot
in vorkommenden Fällen zu Versuchen zu em-
pfehlen.
— 61 —
Die inlserlieha Behandlung der Inoeola«
lieMüeOe nnierschoidet eich von der Behand-
lauf vergifteter VerleUnngen im Allgemeinen
lueht In dem vom Prof. Pommtr milgeiheil-
len Falle leistete eine Solution von Chlorkalk
gute DiMiate.
(FortaetBung folgt.)
— 6t
MMi*i
II.
Beilrag zu dem guten Erfolg
von der
Anwendung der Aqua saiwnina
in Klystieren bei eiDgeklemmten Brächen^
von
Dr. Em s man D,
za Eckartsberga.
Auch ich habe den guten Erfolg von der An-
wendung der Aqua saturnina in Klystieren bei
eingeklemmten Brüchen erfahren , wie dies fro-
Jier die DDr. Neuber, Haxthauseriy Rennert^ Sich
und Preu/s in der medicinischen Zeitung des
Vereins für Heilkunde in Preufsen, Jahrgang
1838 und 1839, bekannt gemacht haben.
Es war am 17. August 1839, als ich za
der hiesigen Böttgers Frau, Friederike L., zu
Hülfe gerufen ward. Ich hatte dieselbe schon
mehreremale ärztlich behandelt, nie aber hatte
sie mich davon in Kenntnifs gesetzt, dafs sie
mit einem doppelten Leistenbruche behaftet sei.
Die Frau stand im fünfundvierzigsten Jahre
ihres Lebens,^ war zart gebaut, und im Allge-
meinen von schwächlicher Constitution.
- 63 —
Seit dem zwölfton gedachten Monats^ also
schon seit fünf Tagen, war sie krank und bett-
lägerig; am genannten Tage habe sie Kohlrabi
Segessen y Gcmüthsaffecte gehabt, und sei seit
iesor Zeit krank gewesen; so erzählte sie mir.
Ihr Zustand war folgender: Stuhlverato-
pfung, verhaltene Winde, aufgetriebener Un-^
terleib, Schmerz in demselben, schmerzhaftes
Ziehen in der Präcordialgcgcnd, übles AufMo^
fsen, Ekel, namenlose Angst über den gan-
zen Körper, Schlaflosigkeit, Flehen um Ilülfey
nichts als Todesgedanken und der Wunsch,
dals sie der liebe Gott zu sich nehmen und
von ihren Schmerzen befreien möge; Durst be«i
deutend. Puls schnell^ kraftlos und comprimirt.
, Unter diesen Umständen, und bei solcheiir
heftigen sichtbaren Symptomen, mufste natSr-
lieh die erste Frage sein, ob sie einen Bruch-
schaden an sich trage? — Worauf sie , denn^'
die Schaam bei Seite legend , mir dies gestand.
Sie war aber nicht nur mit einem doppelten
Leistenbruche behaftet , sondern der linker Seits
war so aus dem Unterleibe herausgetreten^ dab
er^ wie eine harte Wurst oder Wulst von der
Gröfso einer zusammengelegten erwachsenen
Mannes Hand, eingeklemmt, vorlag.
Ob ich nun gleich einigemal, und zu ver-
schiedenen Zeiten die Reposition versuchte, latige
und ausdauernd damit anhielt und manövrirte, —
denn die Erfahrung hat mich gelelirt , daft man
hier keine Mühe sparen darf, und das Ver-
fahren Stundenlang fortsetzen roulste, — so war
doch dadurch nicht zum Zweck zu gelangen.
Mit Hintansetzung des früher von mir in
solchen Fällen nach Umständen zur Anwendung
gebrachten verschiedenartigen Verfahrens,- ver-
schrieb ich, ohne vorgängige Blutentziehung
— 64 —
dnrch Blutegel u. s. w. , was ich bei der schw&ch-.
liehen Frau nicht iiir nötbig erachtete,» sogleich
sechszehn Unzen Aqua satumioa, wovon ich
ihr am 17. August Abends ein Klystier von
sechs Unzen .geben ^ eine Eisblase über den
Bauch legen, und einen EiGslöffel voll Ridnusöl
nehmen lielk
Den 18. August früh 6 Uhr: die vergan-
gene Nacht war leidlicher und besser als -die
vorherigen verbracht worden, die hpftigen Symp-
tome waren wenigstens nicht schlimmer ge-
worden^ vielmehr schien das Uebel fixirt m
sein; jedoch gelang auch heute di^ Zurndt-
bringung noch nicht. Ein zweites Klystier von
abermals sechs Unzen Bleiwasser wurde apfdi-
eirty die eiskfdten Umschläge fortgebraodit und
noch ein Blklöffel voll Ol. Ricini gegeben.
Um 10 Uhr Vormittags gedachten Tages:
die Reposition gelang noch nicht. Un^ swei Uhr
Nachmittags aber hatte ich, obgleich durchaus
nichts weiter, als was vorsteht, angewendet war,
die äberraschonde Freude, daüs der Bruch, die
Darmschlinge, welche ziemlich schlüpfrig und
weich geworden war , bei einem leisen Druck der
Finger mit deutlich hörbarem Geräusch durch
den Bauchring zurückschläpfto. Die Frau klagte
dabei gar nicht über Schmerzen, schrie al^r,
als dies geschah , freudig auf: „mein Gott, was
war das?" — „Der Bruch ist zurück, das Uebel
gehoben, Sic sind für diesmal gerettet," — ent-
gegnete ich ihr.
Als wenn Jemand vom Tode neu erwacht,
so mufs das Gefühl der Frau gewesen sem;
sie betete still vor sich hin, dankte Gott für
ihre Rettung und drückte mir mit Thränen im
Auge, den Blick himmelwärts gerichtet, innigst
gerührt die Hand. Der Mann und die Kiorder
— 65 —
I
eilten herbei^ fielen auf ihre Knie und dank-
ten und lobten Gott für die Erhaltung ihrer
geliebten Mutter, deren Tod sie für auagemacht
hielten.
Solche Augenblicke sind es, welche die
Brust des Arztes bei den häufigen und schwe-
ren Mühseligkeiten seines Berufs freudig be-
wegen, und Empfindungen in ihm hervor-
bringen, die kein anderer Stand, welcher es
anoh sei, mit sich fuhrt Ja, es ist und
bleibt eine ausgemachte Wahrheit, was der
von mir von jeher, stets und immerfort so hoch-
geachtete Hufeland j dem ich so gern nachzu-
ahmen und nachzueifern mich bestrebe, in sei*
nem Schwancngesange sagt: „der erhabenste
Beruf des Menschen , nach dem Gottesdienste,
bleibt doch der, Priester der heiligen Flamme
des Lebens und Verwalter der häästeu €tabe
Gottes und der geheimsten Kräfte der Natnr
ffir das Menschengesdilecht zu sein, d. i. —
AiBt SBU sein"; — und „Wem die Heilkunst
nicht zur Beligion wird, dem ist sie die trost-
loseste, muhseUgste und undankbarste Kunst
auf Erden, ja, sie mufis ihm zur grölbten Fri-
volität, zur Sünde werden. Denn, nur was in
Gott gethan ist", — und, setze ich hinzu, wie
Vieles mufs heut zu Tage, bei der Bedfirfüg-
keit und Hüllsbedürftigkeit der so sehr über-
hand nehmenden Armuth, von dem Arzte in
Gott gethan werden ? — „ist heilig und be-
glückend!" —
So ward die Frau bene, brevi ac jucunde
ans der Gefahr befreit, gerettet und beim Le-
ben erhalten; sie erholte sich bald wieder.
Ich gestehe offen, dafis, so oft ich auch
früher Gelegenheit hatte, bei eingeklemniten
JoorD.XCIILBd.3.St* B
— 66 ^
Brüchen tiiätig zu sein, und so verflchieden*
artig ich, nach den vorliegenden Umstanden
von mancherlei Methoden, — wobei ich der
von Stark y mit Einreibung der ätherischen Oele:
Ol. Pini, Juniper. u. s. w., die neuerlich wie-
der von Dr. Schneider in Fulda gerühmt woi^
den, den Vorzug gab, — Gebrauch machte,
mich doch keine so überraschend gut und schnell
zum Ziele führte, als eben diese, mitdemUei-
wasser in Klystieren.
Sollte sich mir ein ähnlicher Fall darbie-
ten, so würde ich nicht Anstand nehmen, un-
ter Berücksichtigung der sonstigen anderweitig
vorhandenen Umstände, dasselbe Verfahren zur
Anwendung zu bringen, das sich auch wegen
seiner Einfachheit ganz besonders noch em-
pfiehlt.
Von den in . ähnlichen Fällen von den
DDr. Stannius und Steinitz in der allgem. me-
dicin. Zeitung (Jahrgang 1839. No. 29. S. 146)
empfohlnen Belladonna -Klystieren, so wie von
der Methode des Dr. Warnecke in Colin (ibid.
No. 38. S. 189), habe ich bis jetzt keinen Ge-
brauch machen können, des Letztem Verfah-
rungsart scheint mir jedoch berücksichtigens-
werth, und spricht sehr an.
Noch scheint es mir hier am passenden
Orte zu sein, der Methode des Dr. Hesselbacb,
eingeklemmte Bräche zu reponiren, ErwähnUD|[
zu Üiun; sie findet sich in Casper*s Wocheii-
schrift für die gesammte Heilkunde (Jahrgang
1839. No. 26. S. 426) abgedruckt vor, und lau-
tet wörtlich also : „Ein starker Mann stellt sieh
an das Fufsende des Bettes, bückt sich nie-
der, zieht den Kranken an sich und legt Jes-
sen beide Beine dergestalt auf seine Schpltem,
dafs gerade auf einer jeden derselben ein Knie-
- ff
— 67 —
gelenk des Kranken zu liegen kommt, die Fufte
aber an seinem Rücken herunterhängen. Als-
dann hebt er sich langsam wieder auf^ zieht
£e Schenkel des Kranken mit sich in die Höhe,
so, dals an der Brast des Mannes der Körper
des Kranken herabhängt, dessen Brust und Kopf
aber auf dem Bette ruhen. Nun wird die Taxis
von Neuem wiederholt, und — gelingt*'
Mag dies dahin gestellt sein, soviel steht
fest: die in Frage seienden Klystiere von Aq.
saturnin» haben, in desperaten Fällen, auliser
meinem Falle, schon mehreren Aerzten gute
und sehr erwünschte Dienste geleistet, dies
Factum ist nicht zu leugnen; dürfte es daher
woU erlaubt sein, auch nach dem fFie und
Wmrumy und sonach nach dem nächsten Grunde
davon zu fragen, — obschou über die Wirki»
samkeit der Arzneimittel im Allgemeinen noch
ein ziemlich hoher Grad von Dunkelheit :ob-
waltet, und dem Naturforscher hier noch ein
weites, weites Feld zum ernsten Nachden-
kenvorliegt. Denn z^ sagen: dies Medicament
wirkt reizend, erregend, deprimirend, schwär
ehend, sthenisirend, asthenisirend, potenzirend|
depoteuzirend u. s. w. auf den Organismus und
die Erregung der Lebensthätigkeit desselben;
was* ist und wird dadurch gewonnen? — In
Wahrheit wenig, sehr wenig; die Ausdrucke
sind zu allgemein, halten sich zu sehr im Oe-
nerellen^ ohne ins Spccielle, in die besondere,
spedfike Wirkungsart der Mittel einzugehen;
mit einem Worte, es wird dadurch ein blofiies
plus und minus, eine Addition und Subtraction
bezeichnet, ohne alle Rficksichtsnahme auf das
iQuale, das Eigenleben, das speciflke krank-
hafte Ergriffensein des Organs sowohl, als die
Qualität des Mittels selbst u. s. w., was um-
E S
- 68 -
Standlich zu erörtern , hier der Ort nidit ist ; —
obschon demnach, wie gesagt, die Wirkung
der Arzneimittel y in Gruppen, im Allfi^emeinen
besonders, weit weniger aber die specifike Wif-
\ kung der einzelnen Mittel, noch lango nicht
klar vorliegt und einzusehen ist: so wollen wir
doch die von dem Bleiwasser, im vorliegen-
deo Falle, aufzuklären und nachzuweisen ver-
suchen. Mifsräth dieser Versuch, so mfissen
wir uns damit trösten, dafs schon so mancher
ähnliche in unsrer Wissenschaft gescheitert ist;
wo nicht, und findet er auch nur einen leisen
Anklang zur Nacheiferung in ähnlicher Bezie-*
hung: so würde unsere dabei gehabte beson-
dere Absicht dadurch aufs vollkommensta erreieht
werden. Denn ausgesprochen sei es hiermit:
durch das sich Bewegen, Hemmdrehen und
Aufhalten im Allgemeinen und bei allgemrinen
Sätzen, wird wenig bezweckt und erzwediC,
wenn nicht dabei zugleich in das speciellste
Detail mit eingegangen wird, und die allge-
mein ausgesprochenen Ansichten und Grund-
sätze sich dadurch bethätigen und verificireD;
genug hiervon.
Die beilsame Wirkung des Bleiwassers
scheint uns, um kurz von der Sache zu kom-
men, darin zu liegen: wie es Mittel giebt (die
rein kohlenstoffhaltigen), die hauptsächlich auf
das sensible; Mittel (die stickstofflialtigen), die
auf das irrilabic-, und indifferente Mittel, die
auf das reproductive System wirken, das re-
productive System aber selbst wieder zunächst
in Assimilation und Secretion zerfällt, welcher
letztem Function die Meiallkalke entsprechen;
so wirkt dipsem nach das Blei im oxydirten
Zustande innerlich hauptsächlich auf das Diu-
sensystem, und ganz besonders auf die Cre-
— 69 —
krösedrüsen, so dafs es diese , und in seiner
allmähligett Verbreitung, weil es zusamnieuzie-
bend und austrocknend wirkt , auch die übri-
gen Drusen im Körper« nach und nach, völlig
verstopren und verhärten kann ; daher die schreck-
lichen Folgen bei den Arbeitern auf den Blei-
hütten, die an der sogenannten Hütteukatze
leiden, und welche zuletzt gleichsam zu Mu-
mien einschrumpfen.
Diese seine zusammenziehende, zurück-
treibende, kühlende und austrocknende, der
Fäulnifis widerstehende Kraft, legt das Blei
ganz besonders in Form der Auflösung in Was-
ser (Aq. saturnin.) bei seiner äußerlichen An-
wendung au den Tag, und darum empfohlen
schon Boerhaave und Heister dessen äufserliche
Benutzung bei Verbrennung , Entzündung u. s.w.
^Bei ausgetretenen Brächen, um das Zurfiek-
„bringen zu erleichtern, und überhaupt in allen
„Fällen, wo man ohne Gefahr zurücktreibende
„und austrocknende Mittel anwenden darf," sagt
Piderit im Dispensatorio Hassiaco(1807. p. 161),
„ist das Bleiwasser y äufserlich angewendet, ein
^^unvergleichliches Mittel." In Klyatieren ange-
wendet, wird dasselbe daher auch gleiehe Wir^
knng &ufsem , da bei dieser Anwendung le-
diglich nur die grbfsere Fläche^ welche das
Mittel berührt, der Tractus intestinorum, in
Frage kommt.
Kühlend , zusammenziehend , zurücktrei-
bend und austrocknend : dies sind also die Ei-
genschaften, die eine gesunde Erfahrung dem
Bleiwasser zuschreibt und beilegt; wobei kein
Zweifel, zulässig ist. Die specifike Wirkung
desselben aber bezieht sich, nach Obigem, auf
das Drüsen- und Saugadersystem, die söge-
- 70 -
DAimten Capillargefafse , indem es diese aar./
vermehrten Contraction reizt and antreibt.
Worin besteht nan das Wesen des einge- ^
klemmten Bruches, welches ist die wahre, ein-
sige and letzte Ursache davon? — . -i
In der Lösung dieser Frage ist die aofge^- 1
worfene Hauptfrage zugleich mitbedingt und -.
gegeben; zur Beantwortung derselben gehen -j
wir nunmehr über.
Bei der Hernia inguinal, complet. tritt per j
annulum abdominalem bald Netz, bald Darm, ^
bald beides zugleich, aus dem Unterleibe (Epi-*
ploocele, Enterocele, Enterocpiploocele) hervor,
und senkt sich , bei Mannspersonen in den Ho- /
densack, bei Frauenzimmern aber in die Scham- .*'.
lefzen; je beträchtlicher nun das vorgefkUne
Darmstfick ist, und je mehr sich in ihm ver-- >
härtete Faeces befinden, desto mehr wird auch .
die äuisere Geschwulst vergröbert and die Za-
ruckbringung erschwert, weil dadareh- auf die ; ,
kleine Oeifuung des Ringes selbst ein Drack,
and vermöge dieses mechanischen Druckes der '
Zuflulis der Säfte (irritatio attrahit) und mithin .
eine gröüsere Zusammenschnürung der MaskelOi
d. i Krampf in ihm verursacht und herbeige-
führt wird. Die Zuruckbringung des Bracbes
wird dann unmöglich.
Beiläufig sei es bemerkt, dafs in diesem
Falle, und wenn das Ucbel noch nicht lange
angedauert hat^ auch die sogenannten erwei-
chenden und krampfstillenden Mittel ihre heil-
same Wirkung äufsern werden; wodurch so-
gleich der gute Erfolg einer solchen Verfal^-
rongsart mit bedingt und gegeben ist.
Im hohen Grade und bei längerer Daner
des Uebels aber mufs nothweudig dieser ört-
liche Krampf, bei fortwährender Vermehrung
— 71 —
des S&fteandrangs 9 Blutcongestioncn a. 8. w.;
EntzfinduDg der Theile selbst herbeifuhren ^ quo-
niam summus gradus spasmi initium inflamma-
tionis est, daher nao Röthe, Geschwulst, er-
höhtere Temperatur und Schmerz sich einstel-
len und sichtbar werden (höher gesteigert, en-
det allemfil dieser Zustand, hier gerade so recht '
sichtbar in die Augen springena, mit Mortifi«
cation, Gangrän, weil smnmus gradus inflamma-
tionis initium putredinis est); antiphlogistische
Mittel, BlutentsiehuDg u. s. w.. Alles nntor
gehöriger Berücksichtigung des Grades der Ent-
zündung, müssen daher nun auch von den heil-
samsten und erspriefslich^ten Folgen sein.
Da nun feststeht , dals die Aqua saturnina
nicht nur kühlend, zusammefiziehend; zurück-
treibend und austrocknend , sondern specifik, als
Bleikalk, noch ganz besonders auf das Saug-
adorsystem, und im vorliegenden Falle auf die
Capillargefifse des entzündetet Theils wirkt,
und diese zu mehrerer Contraction und Re-
sorption antreibt: die Kälte aber, ähnliche Wir-
" kung hervorbringend , als das eigentliche Antk-
phlögistieidn , örtlich angewendet, zugleich io
und mit dem Wasser, der Aqua saturnido^ vei^
bunden ist; so folgt: dafii in jedem betil«hl»
lich<m Entzündungsgrade, bei eingeklemmten
Brüchen, von der Anwendung des Bleiwasser«
in lüystieren und Ueberschlägen, gewilll .ria
günstiger Erfolg sich hoffen lälst.
— 7« —
m^'^^mm'
ffl.
Medicmiisch-praklischeimdfheo-> l
retische Erörtprangen
▼ on '
Aog. Wilh. Nenber,
Doctor der Medizio, Chirargie ond Philosophie id f
Apenradct
(Fortsetznng. VergU Toriges Stück' S. lOU)
11.
Hr. Dr. Weiße in Petersburg berichtel ia
den Mittheilungen aus dem Archiv der Cleselt-
Schaft correspondironder Aerzte zu St Peter»«
bürg (Zeitschrift für die gesammte Hediein,.
von Diefffnbach, Fricke und Oppenheim 1837.
Bd. V. Hft. 1. S. 97) von einem Leberkranken,
bei dem er den Auswurf eigenthämlioh fim^
indem sich derselbe an der Oberfläche des Was-
sers, in das er geworfen, verbreitete, und von
derselben, nach Art einer Wasserhose, kegel-
förmig herunterhing, ohne dafisi das Wasser,
selbst bjBim Schütteln, getrabt wurde. — ^ Bin
Auswurf dieser Art kommt indefe wohl nicht
selten, auch bei Leiden der Lunge und der
— 73 —
Luftröhre vor^ ohne VcrbinduDg mit Leberkrank-
heiten, und besagt wohl nur, dab derselbe sehr
zähe, und theils specifisQh schwerer, theils leich-
ter, als das Wasser ist, das letztere häufig
durch beigemischte, oft sehr kleine Luftblasen.
Läfst man es nicht bloüs beim Schütteln be-
wenden, sondern rührt man denselben fleüsig
mit dem Wasser zusammen, so sondern sich
die leichten Theile, und enthielt der Auswurf
Luftbläschen, auch diese nach und nach ab,
und der eine Theil desselben fallt zu Boden,
während ein anderer, wahrscheinlich mehr aus
gewöhnlichem Schleim bestehend, an der Ober-
fläche schwimmen bleibt« Nicht aber bildet ein
solcher Auswurf immer nur eine einzige kegel-
JTörmige Senkung, sondern nicht selten deren
mehrere. Jenes mag dann der Fall sein, wenn
sein Zusammenhang bedeutend ist; indelis kommt
auch viel darauf an, wie man denselben auf das
Wasser wirft: geschieht dies auf einmal, Iang>-^
sam und mit einiger Vorsicht, so bildet sich
gewöhnlich nur eine kegelförmige Senkung, ge-
schieht es aber unterbrochen, öder auf eine
mehr stürmische Art, so erscheinen in der Re-
gel deren mehrere.
1«.
Derselbe Hr. Dr. Weifst (a« a« O.) macht
Bemerkungen zu einem Aufsatze vom Profes-
sor Otto in Kopenhagen über einige bemer-
kenswerthe Eigenthümlichkeiten der Gefäng-
niüskrankheiten (soll wohl heiüsen, der Krank-
heiten der Gefangenen), der im Hamb. Magazin
der gesammt. Heilk. 1837, Mai u. Jtini, S. 396
enthalten ist. Er ist zwar darin mit Oitö ein-
verstanden, dais die entzündliche Form selten
sei, dagegen widerspricht er Oiio darin, dals
— 74 —
der Gastricismas in den Gefängnissen eine sel-
tene Erscheinung sei , indem in Petersburg we-
nigstens der sechste Theil aller Gefangenen
an gastrischen Fiebern leide. Gegen das Ende
des Aufsatzes kommt auch die in den Ropeffei-
hagener Geföngnissen eingeführte Pferdefleisdi-
Diät asur Sprache. Hr. Prof. Otto mag allerdings
seinen Erfahrungen eine zu allgemeine Geltung
geben, aus dem Ganzen geht offenbar aucfa
hier hervor, daft die Ergebnisse von Beobach-
tungen oft nur durch örtliche Verhältnisse be-
dingt werden« Gewifs haben Beide Recht, und
es mag wahr sein, dals in den Kopenhagener
Gefängnissen weniger, in den Petersburffem
mehr Fälle von Gastricismus vorkonftinen. Viel-
leicht rührt dieser Unterschied daher, dab die
Gefangenen in Kopenhagen keine Versudiang
sparen, sich an dem Pferdefleisdie dta Magen
2U überladen (was in der That eine Empfth-
lung für diese Art der Diät wäre), während
dagegen die Gefangenen in Petersburg sich da-
mit den Magen leichter verderben sollen, da sie
nach der dortigen Sitte von dem strengen Fasten
oft zu schnell zu einer nahrhafteren, kräftigeren
Kost übergehen.
13.
In dem Berichte über die chirurgische Ab-
theilung des Hamburger Krankenhauses von
zweiten Quartale des Jahres 1836, vom Dr.
Fricke (Zcitschr. f. d. ges. Medic. 1837. B. V.
H. 2. — a. a. 0. S. 139), wird ein Fall von
Phlegmone des Oberarms erzählt, der tödtlich
endete« — Dieser Fall bringt mir zwei Fälle der-*
selben Krankheit , welche gleich bedeutend mit
Busfs Pseudoerysipelas zu sein schienen, ins
Gedächtnifs, von denen der eine, ebenfalls den
— 76 —
Oberarm betreffend, gleicherweise todilich en-
dete, der andere aber, in welchem der Unter-
schenkel ergriffen war, hergestellt wurde. Da
beide- Fälle nicht ohne Interesse sind, theile ich
dieselben in der Kürze mit:
,,C. H., ein dreifsig Jahr alter Tagelöhner
von ziemlich starkem Körperbau und wohlge-
nährt, war, als ich am 30. März 1834 zu mm
gerufen wurde, seit fünf Tagen krank. An-
fangs bekam er Fieberfrost mit Brustschmerz
und Husten , und demnächst vermehrte Wärme
und Schweifs. Dann stellte sich Erbrechen^
Durchfall und vorübergehendes Irrereden, gre-
ise Unruhe und Schlaflosigkeit ein. Als ich
ihn Nachmittags sähe, dauerte die Unruhe fort.
Er safs aufrecht im Bette, entblöfste sich, sprach
doch aber verständig, und gelobte auf meine
Ermahnung, sich ruhig verhalten zu wollen.
Er hustete häufig, klagte über Kopfechmerz,
der Athem war knisternd, das Gesicht nicht
eingefallen und nicht besonders bleich, der
Blick des Auges und die Wärme natürlich,
die Haut roth gesprenkelt; auf dem rechten
Arm lag er beständig, daher war die rechte
Hand blanroth. Die Röthe wich dem Finger-
druck, kehrte aber, wenn dieser aufhörte, so-
gleich wieder. Indefs war dieser Arm weder
gelähmt, noch gefuhVos. Der Puls hatte hun-
dert Schläge in der Minute und war gefüllt,
welch und etwas ungleich. Das Erbrechen hatte
aufgehört. Die Zunge war lebhaft rosenroth
und feucht, kein übler Geschmack, kein Druck
in der Herzgrube vorhanden. Oelfnung hatte
er am vorigen Tage gehabt; «Hein die Brust
war sehr beengt, und der Husten mit Schleim-
auswurf verbunden, aber ohne alle Beimischung
von Blut. Dagegen hatte ihm, während der
- 76 -
Krankheit 9 die, Nase mebnuals geblutet, doch
nicht bedeutend« Vor acht Tagen, also drei
bis vier Tage bevor er ernsthaft erkrankte, hatte
er sich zur Ader gelassen, weil er seit länge-
rer Zeit allgemeines Jucken in der Häuf ver-
spürte. Bald nach dem Aderlassen nprde er A
krank. Der Durst war ziemlich stark ; den Harn %
sah ich nicht. — Der Zustand des Kranken *
war allerdings ein sehr complicirter. Wenn an-
fanglich das Leiden sich zwar als ein mehr
entzündliches , auszusprechen schien , so war T
doch jetzt ein Uebergang zum Nervösen, ein ^
Sinken der Kräfte, ja selbst eine Hinneigung "■'.
zur Entmischung nicht zu verkennen. — ludeb -^
hielt sich der Pu)s^ d. h. die Herzthaügkeity. ^
noch auf der Höhe eines Gefäisfiebers, von der .:
freilich das Herabsinken zum Nerven- on^Bnt^ J
mischnngsfieber nur zu leicht geschehen konnte, k
besonders unter Umständen und Vorzeichen, wie '^^'^■
sie hier vorhanden waren. Das Erbrechen schien
bei der feuchten reinen Zunge mehr die Folge '.
der Rückwirkung eines entfernten Nervenreises,
als einer krankhaften Thätigkeit der Verdauf-
ungsorgane selbst, zu sein. — Dieser Ansieht
gemäls richtete ich mein Verfahren ffln, ver-.
ordnete Umschläge von kaltem Wasser auf den
Kopf, liels innerlich alle Stunden ein Polv«»
nehmen von einem halben Gran Calomel,
viel Opium, einem Viertelgran IpekakoanluL
nem Achtelgran Sulph. aurat. Antimon, und
nem halben Skrupel Zucker, — ferner auf jede
Wade eine handgrolse spanische Fliege legen
und die ZugstcUe mit einer Mischung aus zwei
Unzen Königssalbc und einer Drachme Kam«
phor verbinden. Zum Getränk erhielt der Kranke
einen Aufgufs von Brustkräutern«
— 77 —
Am 31. März, als am scchstcp Tage der
Krankheit, hörte ich, da(s er erst Morgens um
vier Uhr ruhig geworden; bis dahin sprang er
mehreremalo aus dem Bette und lief mit dem
Betttuche in der Stube amher; nur mit Mühe
konnte man ihn beruhigen. Hierauf schlief er
ununterbrochen drei Viertelstunden | und später
öfters in kleinen Zeiträumen , Vormittags sogar
einmal zwei Stunden lang. Von den Pulvern
waren eilf verbraucht, die kalten Umschläge
ihm angenehm; ich liefs sie daher fleiCsig und
mögUchst kalt fortsetzen. Bei meinem Be-
imche Vormittags eilf Uhr fand ich ihn völlig.
bei Verstände, doch hatte er noch grofse Nei-
gung zum Irrereden. Ueber Schmerz klagte
er nicht mehr; der Puls war weniger gefSlt^
sonst ganz wie Tages vorher, ebenso die Wärme
der Haut, letztere war feucht, die rechte Hand
weniger blau, die Zunge leigte an der Wur-
ssel einen kleinen Anflug; der Husten hatte sich
gemindert. — Ich liefs die Pulver erneuern,
aber nur jede andere Stunde eines nehmen,
wechselte eben so oft mit einem Efslöffel voll
von einem Aufgusse von einer Drachme Ar-
nikablumen zu sechs und einer halben Unze
Colatur, mit. einer halben Unze Scnegasyrap^
einer Drachme Liq. Ammon. anifkt. und einer
halben Drachme Salmiak.
Die Nacht zum 1. April, dem siebenten
Tage, verging ziemlich ruhig, indefs dauerte
das Irrereden zwischendurch fort. Mit mir sprach
er verständig. Der Athem war kurz und be-
schleunigt, die Luftröhre voll losen Schleims.
Der Aussage seiner Umgebungen nach, warf
er faulige Stoffe aus. Er klagte jetzt über
Schmerzen in allen Gliedern, besonders in djBu
Knieen. Das linke fand ich etwas geschwol-
— 78 —
len^ noch mehr aber den rechten Vorderarm.
An diesem Arme war er zur Ader . gelassen
worden, und zwar von einem gemeinen Men-
Bch/en; jedoch hatte er keine Schmerzen oder
sonstige Unbehaglichkeiten in demselben • bis-
her verspürt Hand und Vorderarm waren, wie
schon bemerkt, stets etwas blauroth; jedoch
der Puls nicht schwächer, als an der andern
Hand. Jetzt hatte sich an der hintern Seite
des Vorderarms, in der Gegend der Bäuche
der Streckmuskeln eine bedeutend weiche Ge-
fidiwulst gebildet. Die darüber liegende Haut
war rosenartig geröthet, schmerzte aber bei
der Untersuchung sehr wenig; die Warme war
etwas höher, als die des übrigen Körpers, ob-
gleich auch diese um ein Weniges gesteigert
war. Die Haut fand ich feucht; den Pulshun-
dertschlägig, weich, gefüllt, schnell; dieZnnge^
die bisher rein gewesen, hatte sich stark gelb-
weils belegt, wie beim eintretenden Spei-
chelflufs, doch fehlte der Geruch desselben.
Oeffnung war erfolgt. — Da ich den Zustand
der Zunge dennoch der Einwirkung des Queck-
silbers zuschrieb, so liefs ich die Pulver, von
denen von s^wölf noch vier Stück übrig, abo
in AUdm zwanzig Stück, oder zehn Gran Ct-
lomel verbralcht waren, aussetzen, dagegen
aber den Aufgufs der Arnica erneuern, lieber
den Arm wurden Bähungen von einer halben
Unze essigsauren Blei's und einem Quart (56 Loth)
Brunnenwasser gemacht.
Am 2. April^ demachten Tage, waren' wi-
der meine Vorschrift noch zwei von den zu-
rückgesetzten Pulvern gegeben worden. Pat
hatte wenig geschlafen und sein Zustand zeigte
sich gleich beim ersten Blick als sehr bedeu«
lieh. Er lag im beständigen Faseln, kannte
— 79 -r
mich aber und beantwortete meine Fragen rich-
tig. Die Schmerzen in allen Gliedern dauei^
ten fort/ und verhinderten ihn, sich zu bew»-
Sm. Die Wärme war noch mehr gesteigert,
e Haut trocken, der Puls etwas hart, sonst
wie Tages zuvor. Die Zunge war trocken ge-
worden, er .hatte starken Durst, einen kurzen
beengten Athem, die Brust war sehr leidend,
dreimal war Oeffnung erfolgt. Die Gegend des
rechten Schlüsselbeins war aufgetrieben, um*
die Geschwulst am Vorderarme hatte jetzt gan&
^e Beschaffenheit des Rust^sehen Pseudoery-
sipelas. Sie war härtlich , der Fiugerdruck hin-
teriieÜB Gruben, und in der Tiefe sqhien Schwap-
Siong vorhanden. — So richtig ich auch an-
angs den Zustand gewürdigt zu haben glaubte,
liels ich mich gleichwohl durch diesen trüge-
rischen Schein einer Entzündung, zu dem ich
dasUebelsein gesteigert wähnte, zu einem Ader-
lals von zwei Tassenköpfen voll (etwa zehn
bis zwölf Unzen) verleiten, und statt desAr-
nicaaufgusses, der bis auf ein Viertheil ver-
braucht war, stündlich einen E&löffel voll von
einer Mischung aus zwei Gran Brechweinstein,
sieben Unzen Fliederwasser und einer Unze
Sauerhonig geben. Zum Getränka aber erhielt
er Essiglimonade, statt des jungen Weins, mit
Wasser vermischt, den man ihm, ohne mein
Wissen, gegeben hatte. —
Den £ April , den nennten Tag. Der Ader-
lafs war bis diesen Morgen verschoben wor-
den. AI4 ich das Blut einige Stunden später
sah, war es zu einer gleichmälsigen Masse ge-
ronnen , ohne Absonderung von Blutwasser, und
mit einem gelben schleimig -gallertartigen Ue-
bersQg bedeckt Der Kranke war mehr zu-
SMmnenge&llen , und von einem allgemeinen
— 80 —
Ziitcm ergriffen. Geschlafen hatte er nicht,
der Athem indefs war etwas leichter und die
Bmst freier. Er hatte stark geschwitzt und
die Haut war noch feucht, die Wärme natürUcher^
die Gliederschmerzen weniger stark , der Pute |
zahlte luindert Schläge, war mäfsi^ gefüllt, '-'^
schnell und weich. Oefihung war einmal er- '!
folgt; die Geschwutet am rechten Arme etwas
vermindert. —
Den 4. April , den zehnten Tag. Abermals ^
kein Schlaf. DieKräfte sinken. Der Pute klein, '
schnell, häufig, weich, die Zunge dunkeboth
und feucht, der Athem kurz und beengt, Stuhl- ^
gang und Harn gingen unwillkührUch ab. Ich «
kehrte zur Amica zurück, die ich nie h&tte /.,
aussetzen sollen, indem ich einen Aufgub d«»
Blumen von einer Drachme auf sechs Unzen
Colatur, mit einer Drachme Salmiak jede Stunde
zu einem Efslöffel voll, daneben zweiständlidi
ein Pulver aus einem Gran Mohnsaft, einem
Viertclgran Brcchwurzel und zehn Gran Zocker
fab, allein, wie vorauszusehen war, umsonst,
enn der Kranke starb am Morgen des 5. Apnl, •
also des cilften Tages der Krankheit — Die ■
Oeffnung der Leiche wurde, leider, wie es in -
meinem Wirkungskreise fast immer der Fall,
nicht gestattet —
Der zweite Kranke war ein 56 Jahr alter
Seefahrer von ziemlich starkem Knochenbau,
grols, mäfsig genährt und von einer starken,
mifefarheuen Gesichtsröthe, welche auf einen
fehlerhaften Kreislauf im Uuterleibe deutete. Ob
er dem Trünke ergeben, ist mir nicht bekannt
geworden, doch glaube ich es kaum. An Be-
schwerden im Unterlcibe, namentlich an Schmer-
zen in der Lebergegeud , wollte er schon lauge
— 81 —
gtüiien haben. — Als ich am 16. April ihn
BUBI eislenmale besuchte, war er seit xwei Ta-
gen (seit dem 14ten) krank, klag^ über ste-
chende Schmelzen in der Ldliergegend , Nei-
gung som Erbrechen, Dmck in der Hersgrube^
vennehrte Wärme und beschwerlichen Athem;
der Puls war hart, voll und beschleunigt, die
Zonge gelbweils belegt. — Ichschlolsauf eut-
snndüche Reizung der Leber, lieis am rech-
ten Arm drei Tassen Blut, legte eine band-
grolse spanische Fliege auf die schmerzhafte
Gegend und lieTs alle zwei Stunden ein Pulver
nehmen, deren jedes einen Gran Calomel und
fnnfiEebn Gran Salpeter enthielt, verordnete da-
bei eine antiphlogistische Diät, zum Getränk
kaltes Wasser. — Den 17. April fand ich das
Bhit in einem weichen Blutkuchen geronnen^
ohne BntzünduDgshaut; das woiige Blutwasser
hatte eine grünliche Färbung. Die Schmeraeo
hatten sich vermindert, die Wärme und G»-
aichtsröthe vermehrt; der Puls hatte die Härte
verioren, machte achtzig Schläge in der Mi-
uute und war nicht besonders schnell, aber
noch immer gefüllt. — Die beiden ersten Pul-
ver hatte er weggebrochen, die übrigen aber
behalten und mehrere reichliche Quecksilber-
ztähle gehabt — Den 18. April, den vierten
Tag. Am vorigen Abend hatte er noch eine
starke, braunrothe, ganz dünne Oeffhung ge-
bäht, die ihm Erleichterung verschaffte, doch
ohne Nachhalt, denn die Nacht war schlafloa^
Patient hatte sogar mitunter vorübergehend de-
lirirt, wobei er aber frei von Kopfschmerz war.
Der Schmerz in der Lebergegend hatte wieder
zugenommen, vermehrte Wärme und Gesichts-
röüie dauerten fort. • Der Pub hatte neunzig
Schläge und zeigte wieder mehr Härte » der
Joani.X€m.Bd.3.8t F
— 8« —
Aihem war kurz und schmerzhaft. — Die spa-
nische Fliege hatte nur unbedeutend gezogen,
sie wurde mit einem Gemische aus zwei Un-
zen brauner Königssalbe und einer Drachme
Campher verbunden. — In die Lebergegend
wurden sechszehn Blutegel gesetzt und aber-
ttials acht Pulver, jedes zu einem Gran Calo-
mel und zehn Gran Salpeter verschrieben, von
denen er zweistündlich ein Stück erhielt. —
Den 19. April, den fünften Tag. Die Blutegel
hatten stark gesogen und Patient fühlte sich
sehr erleichtert. Abends hatte derselbe pMHdi
eine braune, dünne Oeffiaung, doch der Siihlaf
blieb aus, und erst Vormittags schlief er ei-
nige Stunden. Der Schmerz war weniger stark,
allein der Puls härter und voller, der Adien
indefs freier. Der rothgelbe Harn blieb Idat.
Er selbst wünschtedenAderlals erneuert; auch
trug ich kein Bedenken, noch zwei Tassen
Blut, und zwar vom linken Arme, zu entzie-
hen, weil er über Schmerz in der linken Seite
des Brustkastens klagte. — Den '80. April,
den sechsten Tag. Das Blut verhielt «ioh, wie
das vom vorigen Aderlafs, bildete eine gleidi-
formige, dünne breiige Masse ohne Entzia-
dungshaut, und die wenigen Tropfini BlutwHS-
ser waren grünlich gefärbt. Am verwicheBen
Abend hatte sich eine breiartige, sehr dunkle,
zum Theil theerartigo (schwarz gallige)' OefT-
nung eingestellt. Patient hatte nur wonig ge-
schlafen und mitunter leicht irre geredet. Schmer-
zen hatte er nur im geringen Grade, und jetzt
mehr in der Brust und in der rechten Schul-
ter, als in der Lebergegend. In der Gesichts-
röthe,'der Wärme und dem Pulse war keine
wesentliche Veränderung bemerkbar, als dafii
letzterer weniger hart war. Als neue Beschwerde
— 83 —
hfttte sich ctivas Hasten mit dickem Schleim-
answiirfe eingestellt , und die ü^hne hatten
ein wenig geschmerzt, auch war die Zunge
dunkelröther und in der Mitte etwas trocken
geworden. Jener Auswurf, so wie die von der
spanischen Fliege abgesonderte Lymphe waren
ebenfalls, wie das Blutwasser, grünlich. — Die
Pulver wurden erneuert. — Den 21. April,
den neunten Tag. Pat hatte etwas mehr ge-
schlafen, flicht irregeredet und der Schmerz in
der Schulter hatte ihn verlassen , dagegen hat-
ten ihm dann und wann die Zahne geschmerzt;
der Puls hatte alte Harte verloren, die Zunge
war wieder feucht geworden, hatte einen weüs-
Uchen Anflug, an Umfong gewonnen, und es
hatte sich eine grünbraune schleimige Oeffnung
eingestellt. — Die Pulver wurden abermals er-
neuert. — Den S2. April, den achten Tag.
Ohne irre zu reden hatte er ruhig geschlafen
und zum erstenmale während der Krankheit
geschwitzt, bei dem Stuhlgange war reine, klare
ualle, ohne alle Beimischung von Koth entleert
worden, der Harn war mittelgelb und zeigte ei-
nen leichten Bodensatz. Das Zahnfleisch war
etwas angeschwollen; ein Druck, den er schon
seit längerer Zeit in der, Lebergegend , und
auch wäirend der Krankheit gefühlt hatte, war
für den Augenblick verschwunden. Der Puls
hatte siebenzig Schlage, war völlig weich uad
wie gewöhnlich gefüllt — Es war also mit
dem siebenten Tage unverkennbar eine krki^
sehe Reactiou eingetreten. — Ich liels die noch
vorhandenen vier Pulver verbrauchen. — Den
S3. April , den neunten Tag. Am verwichenen
Abend hatte sich nochmate eine ganz dunkel-
grüne schleimige Calomel-Oeflnung, und di«-
aen Uorgen eine ganz wisserige, galligCj
P t
— 84 —
>
gestellt. Der Mund war stärker angegriffeO;
der Athem sehr übelriechend. -^ Die Pulver
\iraren verbraucht, und in Allem zweiunddreilsig
Gran Calomel genommen, und gegen achtund-
vierzig Unzen Blut entzogen worden. Nun-
mehr lieffl ich eine Sättigung von zwei Drach-
men kohlensauren Kali mit rohem Weinessig,
Chamillenwasser, zwei Drachmen Hellago Ta-
raxaci und ebensoviel Mellago Graminis^ drei-
stündlich zu einen Elislöffel voll nehmen. —
Den 24. April, den zehnten Tag. Am Nach-
mittage des vorigen Tages hatte sich eine zweite
Oeflhung eingestellt, welche der des VormitF-
tags ganz ähnlich war. Auf Anwendung ei-
nes Aufgusses von Salbei mit Essig und Ho-
nig, als Mundwasser, hatte sich der Zustand
des Mundes bereits merklich gebessert bi
Verlaufe des Tages hatte Pat eine dunkelbraune
Oeffiiung,' Abends vorübergehenden Schmerz in
der Lebergegend gehabt. — Den 25. April,
den eilften Tag. Die erwähnte Saturation wurde
erneuert. — Am 26. April war abermals Schmerz
in der Lebergegend vorhanden. — Den 27« April,
den dreizehnten Tag. Ohne Schmerz, eine
dickbreiige dunkelbraune Oefliiung, mit fast
schwarzen Stellen; Harn rothgelb. — Die Sa-
turation wurde erneuert; Patient fing an auf-
zusitzen. — Den 28. April, den vierzehnten
Tag. Krampf in der linken Wade , eine kleine
dunkelbraune, mit schwarzen Theilen vermischte,
harte Oeffnung. — Die Nachkrise durch den
Stuhl hatte also bis zum vierzehnten Tage fort-
gedauert. Bei einiger Entkräftung, gegen wel-
che ich täglich viermal sechszig Tropfen einer
Mischung aus zusammengesetztem Pomeran-
zen-Elixir und essigsaurer Kaliauflösung, neh-
men Uefs, und eintretender Stuhl Vorhaltung,
-. 8S —
welche durch die eroflheude Sennesblätier-Lat-
werge beseitigt wurde, schien nun diese, mit
venöser (schwarzgalliger} Blutanhäufang ver-
bondene, entzündliche Leberreizung gehoben zu
sein.
Allein schon am 4. Mai, gegen den ein-
undzwanzigsteu Tag, stellte sieh ein neuer
Krankheilszustand ein, der Kranke klagte näoH-
lich über Schmerzen in dem rechten Unter-
schenkel, wogegen ich Einreibungen von OL
ChamomUl. coct empfahl. — Am 7. Mai, dem
vienindzwanzigsten Tage, entzündete sich der
Fub, besonders in der Gegend der Knöchel,
ödeaatös und rosenartig. — Am 9. Mai, dem
•echsundzwanzigsten Tage, wo ich ihn wieder
besuchte, dauerte diese Geschwulst und Ent-
zündung fort. Der Schmerz war nicht bedeu-
tend und die Wärme nicht besonders gestei-
sert Man hatte Bleiweilspapier aufgelegt; statt
dessen verordnete ich ein Kissen aus zerthei-
lenden Kräntem und Kampher in rohe Schaf-
wolle gestreut und in Leinewand eingen&ht.
Innerlich erhielt er eine Unze gereinigten WeilH
stein, in zwei Tagen zu verbrauchen. — Das
Verhalten sollte entzündungswidrig sein und
strenge Ruhe beobachtet werden. — Am ll.Mai,
dem siebenundzwanzigsten Tage, waren Ge-
schwulst und Schmerz fast verschwunden, der
Fuls hatte in den beiden letztem Tagen stark
geschwitzt. — Am 13. Mai, dem neunund-
swanzigsten Tage, war der rechte Fuls zwar
hergestellt, allein seit dem vorigen Tage hat^
ten sich heftige Schmerzen in der linken Wade
und Kniekehle eingestellt. Die Hautvenen wa-
ren stark angelaufen, aber Röthe und Härte
fehlten. — Ich wandte auch hier die ebeng»-
nanoten Kräuterkissen an, und empfobl mhiges
— 86 — •
Verhalten im Bette. — Am 14. Mai^ dem drei- \
faigstenTage, dauerte der Sehmerz in der Wade
fort) EQ beiden Seiten des Schienbeins ee^te
sich einige Rölhe und etwas ödematose Ge^
schwulst. — Am 15. Mai, dem einunddreüsig*
sten Tage, verbreitete sich die Röthe mit Stei- -|
Sprung der Schmerzen auch über die Wade^ 3
e Adern schwollen noch stärker an, nnd es '^'
fesellte sich vermehrte Wäime hinzu. — Das
''orhandensein einer galligen Bntzfindung im
ZieUgewebe (Phlegmone) schien jetzt anÜMr'
Zweifel, es wurden daher zwölf Blutegel ge-
setzt und zweistündlich ein Pulver von einen
Grfui Calomel, einem Viertelgran BfeChpulver^
einem Viertelgran Opium und fiinfiBehn Oian
Kali sulphuric. , und wegen Mangel an Oeff- '
nüng wurde abermals ein TheelöflG^ voll des
Electuar. e Senn, composit. gereicht — Ded
16u Mai, den zweiunddreifsigsten Tag. Die
Blutegelstiche hatten bis tief in die Nacht ge-
bhjitet, die Blutung hatte gfofse Erleiehtenmg
verschafft, und Schmerz, Höthe und Hitze hat*
ten sich merklich gemindert Die ' Latwerge
hatte gewirkt, der Harn vom vorigen Abend
war rothgelb , und bildete einen rothen Nieder^
schlag. — Die verordneten Mittel wurden Ibtt-
gesetzt, und in das Bein zweistündlich BinreH
bungen von grauer Quecksilbersalbe genadlt
— Den 17. Mai, den dreiunddreiftigsten Tag. '
Gleich nachdem Pat. das erstemal mit der Salba .
sich eingerieben hatte, bekam er von Neuem
heftige Schmerzen^ 'welche sich über die ganze
linke Körperhälfte, selbst bis zum Ohre^ ver^
breiteten. Die Adern waren stärker, die Wade '
elastisch ,und der untere Theil des Beins öd^
matös angeschwollen. Es hatte sich eine grone
schleimige Ocliiiung eingestellt, die Zunge blicfb ^
- 87 -
feucht und rein, und Fieber war bis jetzt nicht
bemerkbar. -- Obgleich Patienten die Pulver
wwider waren , so bestand ich dennoch auf
ihren Fortgebrauch und verschrieb demnach
sechs Stuck, jedes zu zwei Gran Calomel, ei-
nem Grau Sulph. aurat Antimon, und zehil Gran
Kali nitric«; davon sollte PaL an diesem Tage
zwei, die andern vier des folgenden Tages
nehmen« Auch wurden die Krauter zu dem lUs-
sen erneuert. *— Den 18. Mai, den vienuid-
dreifsigsten Tag. Am vorigen Nachmittag
wen^, und Nachts bis Mitternacht fast keine
Schmerzen, dann stellten sich aber diesel-
ben,^' bald mehr, bald weniger stark, wieder
eio,;::Und gingen auch auf dop Oberschenkel
über^ lieisen aber Vprmittags wieder etwas
nach. Der Zustand des Beins war dei:selbe>
nur war die Wärme etwas gesteigert; Druck
irermehrte den Schmerz nicht, das Bein vejr^
uilaJbte dem Kranken das Gefühl . grofyof
Skdiwere. Der Puls war beschleunigt, hart und
iToU,. Biso fieberhaft geworden, auch hatten sich
aebrere halbflqssige, gelbbrau9e, schleimijre
Stubigimge eingestellt. Die Zunge war weim-
icb belegt, der Harn blutroth. — Eis war;un-
^^rikennbar, dalis mit dem Herannaheu d^siunf«-
loddreüsigst^n Tages der ganzen Krankheit^
uid des. siebenten der phlegmonösen Entzün*
lung das Uebelbefinden sjich steigerte ^^ upd dei^
B«mmmtorganismus zur Theilnahme anregt^. — ?
Ss '.sollten zwei Tassen Blut vo^ linken Arm
mtzegea> und die Einreibopgen, die man, seil
ler Schmerz von Neuem eingetreten war, un*»
gelassen hatte, regelmäbig fortgesetzt werden,
^ei\ ich diesen ZuM der Einwirkung der Queck-
lilbersalbo nicht zusehreibein konnte. — Man
hatte mir einen Viertoltasseakopf v(dl Bhit be^
— 88 —
kommen ) welcbed za einer gleichförmigen Mass«
geronnen war, und nur wenige Tropfen einei
grünlichen Blutwassers hatte. — Der Knmka
war in einen starken Schweifs gefallen ^ den
ich durch Trinken von Fliederthee nnterstfitsen
KefisL Die Schmerzen hatten sich Abends sehr
Semindert. — Den 19. Mai, den fünfimddrei-
ligsten Tag. Kaum hatte er den Fliederthee
Setrunken, als die Hitze sich steigerte, und
er Schmerz wieder die vorige Hohe und Aus-
breitung aber die ganze Unke KörperhäUte, bis
zum Ohre, erreichte, jedoch dauerte diesef
Sturm nur einige Zeit, und der Schmerz kam
wieder auf einen leidlichen Grad zurück. WUh
rend der ganzen Nacht lag der Kranke in ei-
nem starken Schweifs , auch hatte derselbe eine
formirte gelbbraune Oefliiung gehabt. - Die
Pulver wurden erneuert. — Um den Fab und
die Kndchel lietis ich das Kräuterkissen beibe-
halten, die Wade aber mit einer Mischung aus
zwei Drachmen essigs. Blei, einer halben Unze
Salmiak und einei^ halben Kanne Wasser bä-
hen, dabei aber die Einreibungen mit der Queck-
silbersalbe fortsetzen. — Den Tag über hatte
er wenig Schmerz, und da sich keine Oeflhung
einstellte, nahm er Abends einen Theeldffel
voll der Sennesblätter -Latwerge. — Sollteo
die Schmerzen sich abermals steigern, so soll-
ten jedem Pulver zehn Tropfen der mit Weio
bereiteten Mohnsafttinctur zugesetzt werden
(Diese Tinctur lasse ich ganz nach dem Ver-
hältnisse der mit. Safran bereiteten Mohnsaft-
tinctur, doch ohne Safran und Gewürze, aa*
fertigen, weil diese Zusätze nicht immer an-
gemessen erscheinen). — Den 80. Mai, des
sechsunddreilsigsten Tag. Da der SchoMH
wieder zunahm, so hatte man die Pulver tA
— 89 —
Zusats der Mohnsafttinctur gegeben, und eine
•erti&gUche Nacht war die Folge davon gewe-
ien, indem Pat. nurseiir wenig Schmers gehabt,
auch das Fieber sich wieder verloren hatte.
Der Zustand des Beins war derselbe, und die
bisher angewandten Mittel wurden daher fort-
gesetzt , die graue Quecksilbersalbe erneuert —
Am 81. Mai, dem siebenunddreifsigsten Tage,
hatte der Schmerz sich gegeben, der Kranke
w&hrend der Nacht gelinde geschwitzt und konnte
das Bein, das bisher ganz steif und unbeholfen
war, wieder heben und bewegen. Indeb war
die ddematdse Geschwulst bedeutend » doch
konnte er einen starken Druck, ohne Schmerz
^ empfinden, ertragen. Um die Ausdünstung
BU befördern, und überhaupt um mehr Th&tig-
keit und Stofiwechsel in den leidendev Theilen
hervorzurufen, verordnete ich eine Waschung
des Beins mit einer Weizenklei- Abkochung mit
Mnem Zusätze von weifser Seife. Die tr&ger
gewordene Oeflfunng zu fördern, wurden sechs
Pulver, jedes zu zwei Gran Calomel, einem
Gran Sulph. aurat. Antimon., fünf Gran Jalap-
penwurzel und gleichviel Magnesia usta ver-
sdirieben, von welchen er täglich viermal ein
Stuck nehmen sollte. — Bald nach dem Wa-
schen stellten sich von Neuem heftige Schmer-
zen in dem Beine em, die aber schnell vor-
übergingen. — Den SS. Mai, den achtund-
dreilsigsten Tag. Pat hatte emige Stunden
ruhig geschlafen. Die Haut war feucht, Oeflf-
nung erfolgt , der Harn vom vorigen Tage roth
mit weilsem Bodensatze, der von diesem Mor-
gen roth, ohne Niederschlag, die Wade we-
niger geschwollen, aber schmerzhaft, derFub,
besonders um die Knöchel herum, stark öde-
matös, die Haut roth gesprenkelt Das essig-*
— 90 —
saare Blei zu den Bähungen wurde erneuert -r-
Den 83. Mai^ den neununddreifsigsten Tag«
Die Wade weich und schmerzlos, überall kein
Schmerz, die Geschwulst dieselbe, das Beiu
voll von kleinen rothen Pusteln, eine reichli^e,
aber harte Ofeffnung war erfolgt, — die Pulver
wurden erneuert. — Den 24« Mai, den vier-
zigsten Tag. Geschlafen ohne Schmerz, keine
Oeffiiung , der Zustand des Unterschenkels der-
selbe. Um die ödematosen Theile wurde nach
peinier Anordnung unter das Kräuterki^sen Blei-
weifspapier gelegt, am übrigen Beine die Bä-
hungen fortgesetzt , zur Beförderung des Stuhl-
gangs ein Th^elöffel voll Senne^blätter-Ijat-
werge empfohlen. — .Den 2& ^^lai^ den ein-
undvierzigsten Tag. Oeffnung war erfolgt, die
Wade ganz natürlich beschaJbn, die Pusteln
verschwunden. Keine Bähungep wetiter, da-
gegen ein Fuüsbad .von Weize^ei- Abkochung
mit weiüser Seife. — Den 26. Mai, den vier-
zehnten Tag der Rose. OeiFuung, auch die
Fulsgeschwulst nimmt ab, — die Pulver wur-
den erneuert. — In den folgenden Tagen ver-
lor sich die Geschwulst ganz, und die Haut
fing an abzuschilfern. — Die gröisern Venen-
stämme erschienen wie harte Stränge, beson-
ders in der Kniekehle, und es schien sich jetzt
immer mehr herauszustellen, daüs das örtliche
Jjeidcn , anscheinend ein Pseudoerysipelas, wohl
eine Venenentzündung gewesen sein möge. —
Am 29. Mai wurde aller Arzneigebrauch aus-
gesetzt; nur die verhärteten Venen sollten noch
viermal täglich mit der grauen Quecksilbersalbe
eingerieben werden. Dann und wann.veispurte
er nur noch einen augenblicklichen fluchtigen
Schmerz durch das ganze Bein. — Bemerkeus-
wertb war es, da& er auf dem linken Ohre^
- 91 —
seit der Schmens sich bis asu diesem hinauf
verbreitet hatte, noch immer an einem ge-
ringen Grade von Taubheit litt Ich empfahl
Fliederdämpfe und das Einlegen von, mit auf-
gegossenem Chamillenöle getränkter Baumwolio.
— Nur sehr langsam minderte sich die Härte
der Venen, und in dem leidenden Cufse hatte
et häufig das Gefühl des sogenannten Binge*^
schlafenseius.
. Allein auch diese Freude über abermalige
Genesung dauerte nicht lange, denn bereits am
7* Juni, also etwa vierzehn Tage nach dem
lotsten kritischen Abschnitt der ganzen Krank«
heit, wurde Patient Nachmittags von stechen-
den Schmerzen in der linken Unterrippenge«
gend befallen, die gegen die Nacht so heftig
worden, dafs sie ihn an freiem Athmen hinder-
ten, bis am achten Juni gegen ein Uhr Mor-
gens ein starker Schweifs ausbrach, der noch
bei meinem Besuche Nachmittags fünf Uhr fort*
dauerte, worauf sich der Schmerz mehr und
mehr legte; doch war immer noch eine Spur
desselben vorhanden. Wärme und Gesichts-
rötbe waren vermehrt, der achtzig- bis neunzig-
sehlägige Puls schnell, voll und härtlich. Oeff-
noiig hatte der Kranke Tages vorher gehabt«
Am Beine waren alle Spuren des UebelbefiiH
dens verschwunden, bis auf etwas Härte der
Venen und das Gefühl von Verlähmung.. —
Am 9. Juni hatten die Schmerzen sich mehr
gegen die linke Achsel gezogen, und es wur-
den zwei Tassen Blut vom ' linken Arme mit
Erfolg gelassen. — Am 10. Juni fehlte zwar
der Brustschmerz, aber Pat. klagte über ein
Strammendes Gefühl in beiden Waden ; — ver-
oidnet wurde ein Fufsbad Von BranntweinsspuL
— Das Blut war zu einem balbweicben, dlUH
kelrothen Kochen geroDoen, ohne Eotzfindong»*
haat und nur wenig Blutwasser war bemeik-'
Bck — Am 19. Juni war das rechte Bein et-
was angeschwollen 9 und am 14. Juni eiMgto
abermals ein Rückfall , von Neuem stedienda
Schmerzen unter den kurzen Rippen der Un-
ken Seite. Stark entzündlich ödematoae 6e- |
schwulst des linken Unterschenkels mit ver- :
mehrter Wärme. Das Sitzen wurde ihmleidi-^i
ter, als das Liegen, die Stiche vermehrten sich, J
wenn das Bein wagrecht lag* Der Puls ¥mr :
unterdrückt, noch an diesem Tage OeSnong t
erfolgt, die Zunge rein und feucht — Pat.
nahm stündlich ein Pulver von zwei Gran Cfr-
lomel, zehn Gran Salpeter, abwedisefaid mit
einem Efslöifel einer Emulsion von einer halben
Unze Mandelöl, acht Gran Campher, zehnGhan
Akonitextract, einer halben Unze Opiumsymp und
einer Drachme Salpeter; in der Seite und am
Beine wurden Einreibungen von einer Miadmng
von grauer Quecksilbersalbe und Kampher ge-
macht. — Den 15. Juni. Von den Pulvern wa-
ren fünf verbraucht, und Pat hatte einmal Oeff-
nung gehabt, auch sehr viel klaren Harn ge-
lassen. Der Schmerz in der Brust war vow
schwunden, die Geschwulst im Beine gr5fii<--
tentheils. — Den 16. Juni. . Pat war viermal
XU Stuhle gewesen, das erstemal natürlich^ die
letzternmale ging ein dicker, galliger ScUanun
ab. Ohne Schmerz. Erquickender Schlaf. Nur
um die Knöchel herum noch etwas ödemattae
(Geschwulst — Es wurden nun keine Arzneien
weiter verordnet, nur die graue Quecksilber^
salbe, welche am 89. Juni erneuert wurde, sollte
noch tAglich ein - bis zweimal in den Unter-
schenkel eingerieben werden. — Indeis hielt ^
Mb. dieser (der linke) Schenkel fortwährend
— 93 —
bald mehr, bald weniger geschwollen, und das
Gefühl von Verlähmung wollte, in demselben
nicht weichen. Ich lieb ihn deshalb vom 3. Juli
an hl eine Flanellbinde wickeln und diese mit
einem Gemisch aus Benzoe, Bernstein und
Kampher durchräuchern. — Am 19. Juli wte
wieder mehr Härte und vermehrte Wärme vor-
handen, weshalb die Räucherungen weggelas-
sen und allein die Einreibungen fortgesetzt wur-
den, worauf Härte und Geschwulst sich wie-
der minderten. Bis zum 17. August wurde die
Salbe noch zweimal erneuert, und am 89. Au-
gust nochmals zwei Tassen Blut gelassen, weil
sich wieder stechende Schmerzen in der rech-
ten Unterrippengegend, einstellten. Von da an
bis jetzt (den 27. Januar 1840) ist er gesund
gebheben. 7—
Ungeachtet der Achnlichkeit der äufsem
örtlichen Erscheinungen in diesen beiden Fäl-
len, sind dieselben, ihrem Grunde und Wesen
nach , gleichwohl gänzlich verschieden. In dem
ersten war von Anfang an ein gesunkener, in
dem letztern ein gesteigerter Lebenszustand,
dort das Fieber nervös und Hinneigung zur
Entmischung der Säfte, hier das Fieber ent-
zündlich und die Säftemischung äberbildet (hy-
perpotenzirt) ; dort war die Entzündung eine
scheinbare (passive), hier eine wirkliche, active,
doch war sie auch in diesem letztern Falle
keine, nach älterm Sprachgebrauch, wahre Ent-
zündung, sondern mehr eine gallige, rosen-
artige. In jenem Falle hatte sie ihren Sitz an-
scheinend im Zellgewebe, in diesem ursprünglich
in den Venen. Es geht aber hieraus zur Ge-
nüge hervor, dals mit dem Namen falscher
Rose (Pseudoerysipelas) ein sehr verschiedener
Krankheitszustand häufig bezeichnet wird, der
— 94 —
von entgegengesetzter Beschaffenheit sein kann^
und daher auch eine gan£ entgegengesetzte
Behandlungsweise erfordert.
Hinsichtlich der Behandlung kann ich nicht
unterlassen zu bemerken^ dals im erstem Falle
der Verlust von etwa zwanzig Unzen Blut und
die Gabe von eilf Grau Calomel^ vorzüglich er-
sterer, einen sehr nachtbeiligen Einflulls auszu-
üben schienen, während in dem letzteren nach
und nach achtzig bis vierundachtzig Unzen Blat
entzogen y 180 Gran Calomel gereicht und zwei
und eine halbe Uuze graue Quecksilbersalbe
eingerieben wurden, nicht nur mit günstigein
Erfolge, sondern auch ohne alle bedeut^e
Einwirkung auf die Speicheldrüsen.
14.
An demselben Orte spricht Hr. Dr. Fncke
von Entzündung der Lymphgefäfse und der
Lymphdrüsen, die im Gefolge von Geschwü-
ren oder absichtlich hervorgerufoncn eiternden
Flächen entstehen , und die er nicht durch R^
Sorption der angewendeten reizenden Mittel, z.
B. spanischer Fliegen, sondern durch einen
rein dynamischen Procefs erklärt wissen will.
Dafs dergleichen Entzündungen nicht inner
von blofs resorbirten scharfen Stofibn, senden
auch ohne Anwendung derselben entstehen und
einen sehr unglücklichen Ausgang nehmen kön-
nen, hatte ich selber sehr früh schon als Prak-
tikant, im Friedrichs -Krankenhause in Kiel m
erfahren Gelegenheit. — Einem Kranken VM
vorgerückterm Alter wurde ein Haarseil in dei
Nacken gelegt; nach wenigen Tagen . bildete
sich eine rosenartige Entzündung aus, die skl
bald über den, Kopf und einen grofiseii Thd
— 96 —
das Oborkdrpors verbreitete , und ungeaelitet
aller KiiusUiülfe in kurzer Zeit den Tod her-
beiführte. Da der Fall mir nicht in seinen Kin-
selnheiten gans gegenwörtig ist^ so kann ich
auch nicht unbedingt behaupten^ da£s hier von
einer Kotzündung der Lyrophgcfäfse und Lymph-
drüsen, in Fridce's Sinne die Rede ist; indefs
ist es wohl überall fraglich, ob, wenn auf sei«
che Weise Entzündungen entstehen, es immer
vorzugsweise nur die lArmphgefafse sind, die
davon befallen werden; können nicht ebenso-
wohl die Blutgefäfso Theil daran nehmen? Und
dann, welch einen Unterschied macht der Vf.
zwischen einer Bntzündung der Lyrophgofäfse,,
die durch Kinsaugung, und der, welche rein
dynamisch entsteht? Beide Verhältnisse stellen
durchaus in keinem logischen Gegensätze.
Wahrscheinlich will er sagen: um eine Ent-
zündung in den Lymphgcfüfsen zu veranlassen
und zu bedingen , i»! es nicht erforderlich, dafs
der reizende Gegenstand in die Lymphgefafse
aufgenommen und den Drüsen zugeführt werde,
die Heizung der Mündungen dieser Gefafse ge-
nügt schon. — Nur zu häufig wird der Dy-
namik (dem WirlcungHvcrmö^en , der Krafl),
die Materie (das Substrat des Offenbarwerdens
der Kraft) entgegengesetzt, ohne hierbei zu
bedenken, dafs beides Eines und dasselbe, nur
aus zwei verschiedenen Gesichtspunkten be-
trachtet ist. Ewig und immer niufs daher der
alte Satz wiederholt worden, dafs Kraft ohne
Materie, und Materie ohne Kraft Undinge sind.
In dem organischen Leibe ist, wie in der Na-
tur überhaupt, Alles dynamisch. Alles ein Wech-
Belkampf entgegengesetzter Kräfle, welche sich
in ihrem räumlichen Erscheinen, in ihrem schein-
bar beharrenden Zustande^ als Materie, und in
— 96 —
ihrer Thätigkeit aLs materielle Regsamkeit kund
geben. Daraus folgt demi^, daCs^ wenn ein in
die Saugadem and in die Saugaderdräsen auf-
genommener Stoff Entasündung in ihnen veran-
laist, dies eben so gewifs ein dynamischer
Vorgang ist, als weiln die Entzündung durch
blolse Einwirkung auf die Nerven hervorgeru-
fen wird, welche den Mündungen der Saug-
adem beigegeben sind, und die vielleicht das
schärfete Mikroskop nicht entdeckt Dafo ein
solcher Vorgang häufig Statt findet, leidet kei-
nen Zweifel, denn wie oft sehen wir die Saug-
adem und Saugaderdrasen , besonders an Aea
obem und untern Gliedmali»en , ohne vorhan-
dene Geschwüre oder absondernde Flächen,
entzündet, allein in Folge eines fremden Rei-
zes, z. B. eines Splitters, oder anderer örtln
eher Reize.
15.
Bei der ebenfalls a. a. O. erzählten Kno-
chenhaut-Entzündung des Unterkiefers erinnere
ich mich eines ähnlichen ^ der Mittheilung nicht
unwerthen Falles. — Er ereignete sich bei
einem dreiundvierzig Jahre alten, greisen, stark
gebauten, mehr hageren Bauer. Als er mich
den 8. October 1831 um Hülfe ansprechen UeÜB,
war er bereits dreizehn Tage krank. Er be-
kam anfangs Fieberfrost, dreimal an einem
Tage, mit dem sich Zahnschmerz und Ge-
schwulst der linken Backe einstellten. Gleich
am ersten Tage liefs er zur Ader, und den
7. Oct. nahm er Jalappenpulver zum Abffihrea,
allein ohne Erfolg. Ich fand ihn aufsitzend;
aufser dem Schmerze in der stark entzündlich
geschwollenen Wange war er schmerzfim« Das
— 97 —
Schlacken war sehr gehindert, er warf viel
speichelartigen Schleim aus, die Zunge war
sehr stark mit Schleim belegt, der Geschmack
vbel, die Eislust fehlte, der Durst war gesteigert,
Druck in der Herzgrube, der Stuhlgang unge-
stört, der Harn weife getrübt, das Fieber lebhaft,
die Haut Ton erhöhter Temperatur, trocken, der
achtzig bis neunzig Schläge zählende Puls voll,
hart und schnell; Pat. litt an Schlaflosigkeit
und sah sehr elend aus. Der Hauptsitz der
Entzündung schien die Ohrenspeicheldrüse zu
sein, jedodi schien dieselbe von einer Entzün-
dung der Knochenhaut des Oberkiefers auszu-
gehen, und mit dem anfangs gehabten Zahn-
scfimerz in Verbindung zu stehen, wie auch
der Verlauf der Krankheit zeigte. — Da Eiters
Jnldung schon begonnen hatte, die Entzündung
aber noch sehr bedeutend war, so liefs ich zu-
vörderst acht Blutegel an die Wange setzen,
warme Umschläge von erweichenden Kräutern
und Leinsamen, in Milch gekocht, machen,
imd innerlich stündlich einen Elslöffel voll
von einem Aufgusse einer Dradune Flor. Ar-
ide, von sieben Loth Colatur, vermischt mit
einer halben Unze Sauerhonig, einer halben
Ihachme Salmiak und einem Gran Brecbwein»
stein nehmen; zum Getränk Gerstenwasser. —
Den 10. Oct. Die Blutegel hatten hinlänglich
gesogen. Das Fieber hatte sich verloren, mit
dem Schlucken ging es besser, allein die Ge-
sdiwolst hatte sich über die ganze Wange ver-
breitet, und auch über den obem Theil des
Halses — Pat. war noch inuner schUflos. — Die
Unsdittge wurden auf dieselbe Weise fortge-
sstat, und zu dmi Ende die Kräuter erneuert.
Innerüdi erhielt er jede andere Stunde einen
EflriAffel voll von einer Mkichung ans einem halben
Joiiro.XCm.B.8t3. O
- 98 -
QxueitA Salmiaki einem Gfaran Brecbweinstein, yier
Loth Fliederwasser und einem Loth SanerhÖBig.
-*- Am 11. Oct war ein sehr übler Gerueh de«
Alberne vorhanden, mis der Nase kam Biber.
— Die Umachl&ge und die Mixtur wuidooi er-^
neneitj *- statt des Gerstenwassers, -welohi
Pat auwider war, ein Aufguis von Malz verordnet.
-^ Den 18. Oct Der Eiter schien von der Mitte
der Oberkinnlade herzukommen, dem Kranken war
fibel gewesen; die Kräuter zu denUmsehlligeB
wurden erneuert, und auchasumEinathmenTon,
Dimpfen verwendet, — innerlich der schon er-
wähnte Aufgofii stündlich fortgesetzt. — Aai
14. Oct fand ich Pat sehr elend , die Gesdiwidet
Mir bedeutend, weich, schwappend, sie ei^
streckte sich vom Ohre bis zur Blitte des Hal^
ses; auch aus dem Munde quoll jetzt stjaken»
An Biter hervor ; das Schlucken war erträgüd^
behindert dagegen das Athmen* In del» obem
Theile der Mundhöhle, so wie in der Gtegend
der Kinnbackenhöhle, war keine besondere Ims-
lEorragende Stelle wahrzunehmen. Die Kgifte
sanken; ein weicher, häufiger Pul» entspfadl
diesem Zustande. ÜnglückUcher Weise halte
ich. vergessen, meine Verbindtasche miH mirn
nehmen. Um die Eitergeschwulst zA Ailieii^
wurde in der Mitte der OhrenspeioheldrBB» elmi
Inoision gemacht, allein erst in der Tiefe r6m
einigen Zollen traf ich Eiter , und dieser floft,
nicht wie aus einer gemeinsamen Eiteihötale^
sondern wie ans ZeUen oder Fistelgängen her-
vor, und hatte einen äafserst ünangenehmeo^
ftniigen Geruch. Das Athemholmi wntd» diH
dundi zwar nur wenig erleichtert, jedoch m-
higw und weniger hörbar. Auch konnte Pat den
Mond nun so weit öffnen , dafs die Zähne der
leidtaden Seite näher untersucht werden
— 99 —
ten, wobei Eiter gerade aus dem Winkel der
Vereinigung beider Kinnladen hervorflofis; die
Backenzähne waren zum Theil lose; und auoh
aus der Höhle derselben liefs sich Eiter hor^
ausdrücken. — Zu den Umschlägen aus glei-
chen Thoilen (von jedem acht Unzen) zerthei-
lender Kräuter und Leinsamen, in Milch ge*
kocht, wurden nun anderthalb Unzen essigsau*
res I31ci hinzugesetzt , dann und wann eine
Tasse Fleischbrühe genommen und der Aufguls
der Flor. Amic. fortgesetzt — Am 15. Oct.
zog ich zuvörderst den zweiten und dritten
obern Backenzahn aus, wobei viel Eiter hei^
vorquoll, und öffnete durch eine der Lücken die
obere Kinnbackenhöhle, allein dieselbe enthielt
keinen Eiter; letzterer roch noch immer höchst
übel und färbte die silberne Sonde schwarz.
Bin grofser Theil des Oberkiefers war von den
weichen Theilen entblölst. Die Geschwulst
minderte sich nach dieser Operation wenig, in«
de& waren Athem und Schlucken jetzt unge-
stört, die Zunge noch immer mit einem dicken,
gelben Schleim belegt, der Schmerz erträglich,
und der Kranke hatte iu den letzten Nächten
besser geschlafen. Die zertheilenden Kräuter
lie& ich jetzt in Branntwemspül kochen, durch-
seihen, mit etwas Essig vermischen, der Ab-
kochung essigsaures Blei zusetzen, und ab
kalte Umschläge anwenden. Mit derselben Ab-
kochung, doch ohne Beimischung von Blei,
wurde auch der Mund fleiCsig ausgespühlt In
die äulsere Oeffhung wurde niAr Charpie ein-
selegt. — Am 17. Oct. ms; ich aus derselben
Oefhung zwei nobe Bündel sentfirten ZeU-
ftBwebes/ worau eine Mrage sehr siinkenden
Biten au der ^Mm J Wfim hervor-
■trBate. Em IMm mi >>*^
— 100 —
unten y bis zm Mitte des Halses , verfolgen, an
dessen Grunde eine Gegenöflhung gemacht
wurde, gerade aber den groüsen Gefafisen; ans
Nase und Mnnd kam kein Eiter mehr. — Der
Mond wurde jetzt mit einer Mischung aus SaK-
beithee und Essig ausgespült , das' Geschwür
wurde des Morgens und Abends, nachdem es
vorher mit lauwarmem Wasser gereinigt wor-
den, mit einem Gemisch aus einer halben Unse
Myrrhenhonig, einem Skrupel essigsauren Bleis
und drei und einer halben Unze Kalkwasser
ausgespritzt und darüber Bähungen mit einer
Auflösung von essigsaurem Blei in Wasser ge*
macht; innerlich erhielt Pat. täglich eine Ab-
kochung von einer halben Unze Königschina,
der später Flor, Arnic. und Säuren zugesetst
wurden. — Am 81« Oct. war das allgemeine
Befinden besser, der Schlaf anhaltender, die
Zunge feucht, kaum noch weils belefft, die
Oeffnung hinreichend, dagegen die Eiterong
sehr stark, der Eiter aber weniger übelriechend;
um die untere Geschwürsöifnung herum war
die Haut wund und sehr schmerzhaft. — Die
Einspritzungen wurden beibehalten, nur statt
der bisher dazu gebrauchten Mischung ein Gre-
misch aus Myrrhen- und gereinigtem Honigs
Wasser und Phosphorsäure in Gebrauch g^
zogen, die wunde Stelle wurde mit gelber
Wachssalbe bedeckt, und für den innem Ge«
brauch die Chinaabkochung erneuert. — Am
86. Oct. war die Wange stärker geschwollen.
Da der Eiter sich bis zum Brustbeine gesenkt
hatte, wurde der Fistelgang von der Gegen-
ofinung am Halse 'aus in seiner ganzen Län«
ge durchschnitten und das offene Gesdiwur
mit Wachssalbe verbunden. Der vierte, obere,
gan« mit Eiter umgebene Backenzahn wurde
— 101 —
adsgczugoii ^ zum ferneren Verbinden c^in Ge-
misch aus gelber AVuclissulbc tuid Myrrlienho-
uig benutzt. — Da den 1. November keino
wesentliche Vemnderung erfolgt wur^ se be-
diente ich mich zum Einspritzen uinuN (Jomi*
sches aus Mimosen -Gummischlcim^ Kalkwas-
ser, JUyrrhenhonig und einigen Tropfen l'eru-
balsam, zum Verbinden gelber Wachssalbo mit
Myrrhenhonig. — Am 5. Novbr. war das Ge-
schwür voll von schwammigem Fleische, die
Einspritzungen kamen zum Theil durch dio
Nase zurück , als Beweis, dufs dieselben durch
die Kinnbackenhöhle gingen. Ich beabsichtigte,
das Geschwür in dieser llichtung zu erweitern,
allein Fat. erklärte, dafs er nicht mehr geschnit-
ten werden wolle. Der Mund konnte, noch im-
mer nur wenig geülfnet worden^ Schmers
hatte er nicht. Zu Einspritzungen gebrauchte
man die schon erwähnten Mittel, aufser diesen
gebrannten Alaun zum Einstreuen, Wachs-
schwamm zur Erweiterung des obern Fistel-
ganges. — - Am iß. Novbr. kam Fat. zur Stadt.
Die obere Oefl'nung halte sich geschlossen, die
Einspritzungen llurch die untere kamen unter
der Zunge wieder hervor, die Backe war noch
geschwollen, doch ohne Schwappung und Ent-
zündung. In der Gegend dosOlircs hörte man
efai eigenthümliches Geräusch, wie wenn Luil
durch eine Flüssigkeit dringt; die Wunde am
Halse hatte sich sehr verkleinert. — Ich iiefs
die Einspritzungen einstellen , nur mit der Salbe
vorbinden und einen Druckverband anlegen ;
die Salbe wurde erneuert. ^ Am 18.^ovbr.
war die obere Geschwürsöffiiung nauZi das
Geschwür im Mundo fast geheilt; doch kam
beim sUrken Druck auf jener goheiiteii Sidio
und längs des Fistcigaugcs noch%«lwaf Biter
— lOf —
und Blot zum Vorschein , auch aus der Höhle
des hintern Backenzahns kam eben&Us etwas
ISter, so wie aus der Nase noch dann und
wann. Der Druckverband wurde fortgesetEt,
zum Einspritzen und M undausspälen wurde '
Kalkwasser und Myrrhenhonig mit bmwarmem
Wasser verordnet , — am 30. Novbr. Ungt.
Alth. OL Hyoscyam. mit grauer Quecksilber*
salbe zum fiinreiben in die Wange , — gelbe
Wachssalbe, eingedickter Hyrrhenhouig zum
Verbinden. — Am 13. December war die ¥i^
stelöffnung schwammig , die Backe stärker ge-
schwollen, der Druck in der Gegend des Kinn-
backenwinkels empfindlich, beim starkem Schnau-
ben kam noch immer Eiter aus der Nase und
zugleich aus dem Munde; dasselbe war der
FaU beim Streichen längs der Kinnlade gegen
die FistelöffnuDg hin. — Ich liefisi die Fistel-
Öffnung mit einem Pulver aus gebranntem Alaun
und armenischem Bolus bestreuen, und dann mil
einem Bleipflaster bedecken; innerlich Schwe-
felsäure nehmen, den Druckverband fortsetzen
und später die Schwefelsäure mit dem Elix.
Vitriol« Myusicht. vertauschen. -— Seit dem
S4. Decbr. hatte alle Eiterung nach auften auf-
gehört und sämmtliche Geschwüre waren ge«
heilt. In den ersten Tagen bekam Pat. hefti-
gen Kopfschmerz, der sich aber nach und nach
verlor, nur in der Nase empfand er noch ein
wenig Schmerz, und nur mitunter kam beim
Schnauben aus derselben, so wie aus den Zahn-
höhlen der untern Kinnlade ein wenig Et»
tor^ doch war mittelst der Sonde nirgends
ein Gang zu entdecken. Die Geschwulst der
Wange hatte sich vermindert, auch konnte Fat.
de« Hpnd etwas besser öffiien. — Aulser ei-
— lOS -
nigen rheumatischen Sehmensen^ bosondera in
der linken Seite, war sein allgemeines Befliß-
den gut. — Aller weitere Arzneigebraueh wurde
nun eingestellt; den Mund und die Nase nur
noch fleifsig mit Salbeithee auszuspülen ange-
rathen, und so erfolgte in kurzer Zeit die Ge-
nesung vollständig und ist auch nicht wieder
gestört worden.
(FortselEung folgt.)
j^m^^^mttmtmtmMm^^
— 104 -
IV.
Memorabilien
aof
dem Gebiete der innern und äaTsern Heflknnde.
Vom
Obennedizioalrathe and Regnerangs - Medizinal -Referentai
Dn Schneider. ^
in Folda.
Pneumatose der Harnblase.
J.ch behandle gegenwärtig einen alten pernio-
nirten OfBcier^ welcher in den Feldzugea des
französischen Krieges viel ausgestanden und
bei seinem riesenhaften Körper und guter Con-
stitution im zweiundsiebenzigsten Jahre noch
ziemlich rüstig wäre, wenn ihn nicht wie-
der sein altes Ucbel plagte, von welchem or
schon vielmal schmerzlich heimgesucht wordel^
nämlich eine Pneumatose der Harnblase, wo
Oase durch die Harnröhre ausgeschieden wer-
den. Meistens ist dieses der Fall, wenn dio
Blase durch Fisteln mit dem Mastdarme od«
dar Miotteisdieide in Verbindung steht, wo dann
diA I^vAentwidcelung in der Urinblase Statt hat ;
GnfBhion des Catheteis, namentlicb
— 105 —
beim Zariicklassen elastischer Catheter in der
Blase, kann Luft in dieses Organ eindriiufen.
Es giebt aber auch, wiewohl seliuere Falle,
wo in der Blase — bei vollkommener Integri-
tät der Structur dieses Organs — Gase, wahr-
scheinlich durch eigenthümliche Secretion der
Blasenschleimhaut, sich entwickeln und durch
die Harnröhre ihren Ausweg nehmen; zu die-
sen gehört nun vorliegender. — Der alte ehr-
%vfirdige Kranke leidet schon seit vielen Jahren
an Abgang von Gries und mitunter auch von
Blasensteinen , nebst vielem Schleime ; dagegen
ist sein beruhigendes Mittel der Gebrauch der
sogenannten Pastilles d'Arcet: Hec. Carbonat.
Sodae, secundum pharmac. Edinburg. scrup.
quatuor, Sacchar. albiss. unc. quatuor, Ol. Menth,
pip. gutt tres, Mucilag. Gumm. Tragac. quan-
tom sufBcit, ut fiant tabulae contum. D. S. Oof-
ters zwei bis drei Stück zu nehmen. — Nicht
selten hat derselbe auch einige Zeit Ruhe, dann
aber verdickt sich nach und nach der Urin in
der Harnblase und wird so stark mit zähem
Schleime vermischt, daß» er am Blasenhalse
stockt und mit sehr schmerzhaftem Drange ent-
leert werden mufs; in und während dieses
Harnlassens strömt nun nicht selten aus der
Blase Luft mit einem eigenthumlichen Geräusch,
xwischen oder vor diesem Schleimhamen, und
■war ähnlich der Ejaculatio Seminis in Coitu.
Dieser Windabgang aus der Urethra scheint
sich durch den Schleim in der Blase zu bilden.
Der Kranke nennt dieses Ereignifs eine Pollu-
tion und ist froh , wenn es vorüber ist. Wenn
diese Gassecrotion eintritt, ist die Blase aus-
gedehnt und circomsGript hart anzufühlen. Hin-
siditlich der Behandlung ist wenig gegen dieses
Uebel auszurichten. DeUhoe Sylvius empfiehlt den
— 1€6 —
Catheterismus: Si qui latentes, sagt er, ob^^
Berventur ia vesica flatus ipsam distendentei^
possent commode immisso in eam calheteffa^
cxitam invenire, aat Syrioga elici. — Dieser ist
aber bei diesem Kranken nicht anwendbar^ we3
er eine auDserordentlich enge Harnröhre hal^
und diese überdies noch sehr reizbar ist. Ann
matische Bäder, Potio Riverii und Einrdbuih-
gen von Ol. Menth, pip. aether., Tinct. Opü
crocat mit Fett vermischt, lindem dieses pe«
riodische und auch von selbst wieder verschwiiH
dende Uebel.
Einen zweiten Fall von Pnenmatoae im,
Urinblase beobachtete ich an einem jungen Men-
schen, welcher das Unglück hatte, in Felga
eingewurzelter Syphilis ^ sieben nicht anbedeu^
tende Fisteln im Mittelfleische zu haben, die
in die Harnblase drangen und Tag und Nacht
unwillkuhrlich aashaft stinkenden Urin und Ja»-*
che entleerten. Das Schicksal dieses Kran«
ken war sehr traurig, da seine Nähe Gut Je-
dermann floh, wegen des unausstehlichen Ge«
ruchs, welchen er verbreitete, — nur die Sei-
nigeu verlieisen ihn nicht und suchten ihn an
trösten. Zuweilen verstopften sidi plötsdidl
die Fistelgänge, und es traten heftige Sduner-
zen ein ; dann half er sich dadurch, dafii er wA
einer Fischbeinsonde in die Fistelkanale du*
drang und die dieselben verstopfenden Eiter«
und Schleimpfröpfe zurückschob. Beim Her-
ausnehmen dieser Sonde strömte gleich hinter
ihr her Luft mit hörbarem Geräusdi aus der
Harnblase. — Mehrere Beispiele dieser Artmid
uberiiaupt über die Pneumatosen, finden wir in
der sehr gelungenen Monographie von fiad,
Jlffm Sz/orUcki (die Blähungskrankheiteny Ma-
— 107 —
nbtthangen , Emphjrsom, Windkolik^ Wind-
dit der Gedänne und Oebftrmatteri Gi»e im
Bto etc. Stattgart 1841).
K. D.f Ehefraa des Sehullehrors in J. war
rch eine UDgeachickte und gewaltsame Zan-
ogeburt von einem rohen Geburtshelfer der-
ilsen verletzt worden , daIS| als sie mich
1 Jahr darnach um Linderung ihrer grolisen
rfdeu anflehte, ich dieselbe bei der geburts*
Iflichen Untersuchung in folgendem traurigen
istande fand. 1) Der Urin ging Tag und
acht durch eine FistelSfTnung der Harnblase
id sehr oft mit Geräusch von Winden ab.
ittelfleisch, Mutterscheide und Mastdarm wa-
n eingerissen und die Winde des Darmkanals
»nnten nicht zurückgehalten werden, sondern
imen hclltönend aus den Geschlechtstheilen,
in Stuhl konnte sie, wenn er hart war, nur
nige Zeit zurückhcJten. Welches Unglück
»rbreitet nicht Unkunde, Unwissenheit und
»chtsinn eines Operateurs I Der Gatte der Oe-
ibhandelten vorklagte den Urheber dieser
erletzung, die Untersuchung fiel zu seinem
achtheile aus und er wurde hart gestraft. —
Noch einen Fall von Pneumatosis flatu-
Uta beobachtete ich an einer sehr stariceii,
«ist gesunden und auch wenig krank gewe-
men Frau ; diese verfiel , erst tief in den sechs«
ger Jahren, in das höchst unangenehme Ue«
Af dab sie stetes, stinkendes und in der
Uie sowohl, als noch weniger im geschlos«
men Zimmer zu ertragendes Aufstoßen, aus
Mtt Magen hatte. Die Ursache war nicht zu
rmitteln, Verdacht erregten: häufiger Genufs
»her, schwor verdaulicher Speisen, nament-
äk dea Schweinefleisches, und Trinken star«
— 108 —
ker Biere, für ein Frauenzimmer iu ziemlichem;!
UebermaaCse , nebst Säure im Magen. Ef8tera>
Diätfehler wurden eingeschränkt und die S&ore
hinweggeschaffty allein der aashafte Geruch
blieb, Morgens war nicht in dem Zimmer zu
bleiben, iu welchem die deshalb desperate
Kranke geschlafen hatte. Ich verordnete nun
viermal täglich ein Quentchen ganz fein go-
stoIseBes Lindenholzkohienpulver; worauf der
Gestank allmählig nachliefs, die Kranke sidi
von Zeit zu Zeit besserte und endlich, nach
ziemlich lange fortgesetzter Kur und dem allei-
nigen Gebrauche dieses Mittels, geheilt ward.
Fehlen der rechten Niere.
•
Im Jahre 1814 wurde ich eilig zu dem an
einer bedeutenden Harnverhaltung leidenden al-
ten vierundsiebenzigjährigeu II. G. in M. ge-
rufen, ich fand ihn in groCser Gefahr, pharma-
ceutische Mittel waren bereits erfolglos ange-
wendet worden und die Application eines Ka-
theters nicht möglich, ich war daher genöthigt
die Paracentesis vesicae urinariae zu macheD|
um den iu derselben schon seit dreifsig Stun-
den zurückgehaltenen Harn zu entleeren. Die
Function über der Symphysis ossium pubia fimd
ich deshalb nicht iudicirt, weil die Blase so
weit hinten lag, dafs sie kaum über der Sym-
physis gefühlt wurde, ich zog daher die Punk-
tion durch das Hectum vor, führte den Flü-
ranfschen Troikart hoch genug in das Rectum
hinauf, um weder die Prostata, noch die Saa-
menbläschen verletzen zu können. Die Ope-
ration gelang vollkommen, der Alte fand
— 109 —
ihr erleichtert y starb aber des Tages darauf
1 den Folgen der schon eingetretenen Blasen-
liefindung vor dem Ilamblasenstichey wie die
action sseigte. — Die Harnblase war ganz leer,
derselben fanden sich sechs Steine von der
Irdfte s^ker Erbsen, von welchen einer sich
st in den Blasenhals eingoklemnü hatte y wes-
üb auch weder olasUscho noch silberne Ka-
lter einzubringen gewesen waren. Merk-
firdig aber war noch bei diesem Kranken,
ifs derselbe nur eine und zwar die linke Niere
ktte, welche aber noch roelir als zweimal grö-
er, als im naturlichen Zustande und mit vie-
m Griese in den Nierenbecken versehen,
inst aber regelm&fsig gebildet war, nur einen
amleiter hatte, der sich linker Seits in die
amblase inserirto. Fast kein Organ* ist dem
>iele der Natur so h&uflg unterworfen, als die
ieren. Der Mangel der Nieren ist entweder
tal, oder partiell. Der erstere ist selten und
immt gewöhnlich nur in Verbindung mit an-
irweitiger unvollkommener Entwickelung der
iteren Körporhälfte vor. Jedoch fehlt es nioht
I Beispielen, dais gar keine Niere vorhanden
ar. Gilibert (Samml. pract. Beobachtungen,
»ersetzt von He&e/ts/rex7 und Plnsohmann)^ hat
ehre hierher gehfirige Fälle verzeichnet. Auch
Wstriegel (Mise. N. C. D. I. a II. Obs. SS.
86) sah bei einem achtmonatlichen Fötus,
0 zugleich der Afler fehlte und die Extremi-
ten verdreht waren, beide Nieren und Harn-
ter fehlen.
H&ufiger sind die Beispiele, wo nur eine
iere vorhanden ist, wie eben in dem oben
geführten Falle, eine Bedingung, die nieht
t der gleichzeitigen Verschmelzung und dem
— 110 —
auf dieselbe Seite Geworfensein beider Nm
verwechselt werden darf, allein davon
gewöhnliche Grölse dieser einfachen tuen
Anwesenheit eines einzigen Harnleiters
bestimmt anterschieden werden kann,
eine wirklich ein&che Niere allmahlig si<
grdüiem konnte, und nicht selten sehr graise^-
auf einer Seite liegende Nieren nur einen
Eigen Harnleiter luiben. Wo indeis die
fache Niere nicht grölser als gewöhnlidi isl^
kann man mit Sicherheit den Fall für den wah-
ren Mangel, nicht für Verschmefasung ansa-
hen. In der Reg^l aber ist die vorhandene
Niere gröCser, als sonst eine Niere sa sna
pflegt, und hegt bald an der gewöhnUchea
Stelle der Meren , bald in der Mitte auf deoi
Ruckgrath. Oftmals zeigt diese eine Bßeie
deutlich durch ihre doppelten NerenbeckeD and )
üamgänge, dafs hier nicht ein Mangel, i
dorn eine Milsbildung durch Verwachsung
ser Organe in Eins vorhanden ist
Blasius (Observ. anatom. p. 115) fuhrt zwei
Fälle an, wo in dem einen die linke, im zwei-
ten die rechte Niere mit ihren Geftlben and
Hamgängen fehlten.
Valsalva {Morgagni de causs» et aed.
morbor. Epist. XXXI. §. 25.) sah bei einer Fna
die linke Niere ganz und gar fehlen; die rechte
ersetzte sie aber, indem sie noch einmal se
grofii als gewöhnlich war, doppelte Bedkes
und doppelte Harngänge hatte, welche aicii
beide in die rechte Seite der Harnblase eiiK
senkten. In einem andern Falle (Epist. XXV.
^ 4) fehlte ebenfalls die eine Niere, die vor«
handtne hatte nur ihre Normaigr&fse oud ein-
fiisheii OefiifiM.
— 111 —
Albrechi (Mise. Nat Cur. Dec. II. Ann. I.
Obs. 78.) fand boi oinem neugebornen Kinde
nur eine Niere, welche auf der linken Seitei
nur ein Nierenbeeken und einen I|amleiter hattei
dabei aber ziemlieh grofs war.
In einem andern Falle (Jeumal des Seavans
1681. Bf art.) fand sich nur eine Niere, welche auf
den Lendenwirbeln lag und zwei Becken mit
den gehdrigen Ilarngängen hatte.
Guigneuae (Journal de M6dec 176(k Tom.
XIL Avril. Neue Samml. auserlea Wahmeh*
mangen. B. III. S. 883) fand bei einem Manne
nur die linke Niere, die zwar ein Drittheil grö*
Hier, als natürlich war^ aber nur ein Becken
mid einen Harngang hatte.
Kaltschmidt (Diss. de uno rene in eada^-
vere invonto. Jeuae 1765.) sah eine emzige
Niere, welche ihre NormalgröAie um Vieles
öberstieg, von einer Lende bis zur andern
reichte und doppelte Ilarngunge hatte.
Parkin (Journal de Modoc. 1760. XIII.
Nov.) sah die rechte Niere fehlen, die linke
aber von aufserordontlicher Gröfse.
Mohrenheim (Wiener Beiträge B.H. S.S97)
fand nur eine Niore, welche auf der reehten
Seite lag, noch einmal so grofs, als gewöhnlich
war und nur einen Harngang von auffallender
\^eite hatte.
S<o//(Heilungsmethodo Bd. II. ThI.II. S.179)
sah die rechte Niere mit der Nierondrüse, dem
Hamgange und allen Blutgefäüsen gänzlich feh-
len, die linke war nur etwas gröber, als ge-
wöhnlich. Einmal fehlte die linke Niere mit
ihren Geföfsen und dem Harnleiter, die rechte
hatte die Noi^algrölse; die Harnblase war klein.
Veisac (Verhandlungen Th. VII. S. 168)
fand femer auf der ganzen linken Seite nicht
— 11t —
eine Spur von einer Niere ; die rechte wai abi
etwas gröfiser, so wie auch der Harnleiter et»J
was weiter als gewöhnlich.
Pole (Memoirs of the Lond. med. Sodet
Vol. U. N. XXXIX. p. 319) öffnete ein neug^]
bomes Kind, bei dem nur die rechte Niere vor-
handen war.
^Vrisberg (in HaÜer*s Grundrils der Phy-
siologie, von Sommerins und MeckeL Berfin
1788. S. 160. Anm. 73 ff.) sah bei einer Fran
die eine Niere mit allen Gefafisen und dem Harn-
leiter gänzJich fehlen; die vorhandene war, wie
auch die Harnblase, ungewöhnlich klein.
Sandifort (Mus. anat Vol. I. pag. 250) fimd
bei einer Frau nur die rechte Niere, von der
linken war nur die Nierendruse vorhanden.
Vergl. VoigieVs Handbuch der patholog;
Anatomie. Bd. III. Halle 1805.S. 169; und MetMCt
Handb. der pathoL Anat. Leipz. 181S. BdL L
S. 610.
(Fortsetzung folgt)
^ 118 —
V.
urze Nachrichten
and
A u s z ä g e.
1.
ilMl und ahwtMhende BOiimg iu Hmtmi».
\§$t CManlbrlMtfmafitmtif und Anwmiiung cb» (M-
chiciim gegm datitelben.
rgetragen In einer Veriammlong Ton Aenteo m
Schwenningen
von
Dr. 0. JIdfoft, «u ScMMfinliven.
Uie M« entwickelte iloh bii tum dritten Leben^ahrt
gut, T09 da an aber kam dai Gedeiben, ile warni«
; aah gut aoii bekam 16 Jahre alt die Periodei wtl*
nun regelmfijGiig alle drei Wochen wiederkehrte und
•tark war, Uehrigeni erlangte aie die gehörige Fftlto
Stfirke des Körpen, hatte rothe Wangen, arbeitet«
hätte nur Ton Zeit tu Zelt heftigei Kopiweb, lontt
ile geiund. AU lie 21 Jahre alt war, fiel sie Ina
er und wäre beinahe ertrunken. Seit dieser Zeit
Ile oft beftigea Gliederreifien und mehreremale wa-
lte Gelenke, betondert die Handgelenke, geachwoUeB
übmershaft. Sie gebar In ihrem a2atei Jahre und
IT Im Sitten Tor drei Wochen. WIhrend der totHia
in.XCULBd.8.8(« H
— 114 —
Sdiwangerschaft besachte sie fliren Liebhaber über dem
Rhein, fiel dort in einem Hanse einen Stock hoch berab
uiid hatte auf dem Rückweg noch das UnglOck, tob
einer Wagendeichsel in die linke Seite gestoläen za wer«
den, so da(s sie genöthigt war, im Spital zu Freibmg
Hälfe ZQ suchen. Sie verweilte indessen dort nur swd
Tage and schleppte sich dann nach Hanse, wo de gau
erschöpft wenige Wochen Tor der Niederkunft ankam* Bis
zu dieser klagte sie fortwährend über Schmerzen In der
linken Seite, keuchte^ hostete und sah schlecht aas. Acht
Tage nach der Gebart fing sie an über Mattigkeit n Uh
gen, hatte Frieren, keuchte und hustete starker, schlief
nicht, afs nicht, die Füfse und Unterschenkel adiwoUet
odematos, der Pols war klein » Respirationsgeransdi kaam
hörbar, Gesicht blais, odematos, Lippen blafsblantiob, — *
ferner Verstopfung, wenig Urin, Bangigkdten, die sieh
von Zeit zu Zeit steigern, — zuletzt Halbschlommer, nr-
mchrte Bangigkeit^ einige flüssige Stahle, Tod« SiehitiB
zuerst einige Calomelpulver zu ^ Gran, dann Seaegi,
Digitalis, Laudanum erhalten.
Seotfon, 40 Standen nach dem Tode. Fgthdft n«!
. aübedeutend; die Gefäiibaat des Gehirns UdMtaiidiif&-
cirt, das G^rn selbst bat ntAe Blotponcte und da osd
dort selbst rothe Streifen, ist nicht erweicht. Im Dann-
kanal, aufser einiger Röthe der Schleimbaut des Magesi
keine abnorme und von Krankheit herrührende Verande'
rung; Milz weich zum Zerdrücken, grofs, die Leber eben&Ib
Tergröfsert^ mürbe und mit vielen weichen, weilsen fetti-
gen Körnern durchspickt^ die Gallenblase halb toU von dos-
kelgelber Galle, die Nieren von normaler Beschaffenheit, du
Zellgewebe allenthalben mit Wasser infiltrirt^ ebenso te
Mesenterium, welches dadurch wie macerirtiat. Derüli-
nis zeigt keine Abnormität, enthält einige braonrothe^ Ufr-
tige Flüssigkeit, der Muttermund bläulich, die ViglM
dunkelblau, übrigens von Entzündung keine Spar, Ak
Eierstöcke gesund, im rechten eine Narbe, im linken eist
kleine Höhle mit einiger blutig serösen Flüssigkeit^ In bi^
den mehrere Rieben. Die Schilddrüse vergrolsert, fliisei
artig, etwas hart, übrigens nicht degenerhrt ; Bronebäl-
Schleimhaut gegen die feineren Zweige hin zansbiBvl
streifig ond gleicbmafsig geröthet, die Langen £sat imd^
aus schwarzblan, dasGewtbe derselben fest ganz mill^
rösem Wasser erfdllt, nur die untersten Lappchen aonil
and rÖthKch gefärbt, die Lungen sind mit den fä^f^
dem Zwwcfafefll nnd dem Hersbeotel beinahe aUenthdba^
— 115 —
lüotan Dnd •eiCIich gröfsConilieih lelir feit verwaotuieii, auf
diff freien E^äche ohtiii vorno muhrarc empbytonialiMlie
tMeUeü 9 der noch offene Retim zwiichon Kippen - und Lun «
ftn -Pleura mit rötlilichcia Meruin KoHillt, der Herzbeutel
bl aebr anagedebnl^ enthält wenigitcni 1 Sohop|M*n Rolb-
liahes Beivini, und iit lohr verdickt, innen gnnz mit faser-
■loffigem Kuudat bedeckt, villöt. Auoh daa Merz hat
diwea weilaviUöae Anaehon von demselben faaeraloflifcen
Kieudatf mit welchem ea last durohana bedeckt Jit Der
Unke Ventrikel hat etwa« verdickte Wandungen. Beide
Ventrikel, noch mehr aber der rechte, und der rechte Vor-
hof enthalten^ welche übröie Geriniel , welche lioli in die
GafaCM fortziehen. Aua der abgeschnittenen untern Hohl>
ader stiint eine Menge ÜÜMigca ichwnrzbbues Hlut in
oinem dicken Strahl in die HniHtliöhle hinein, die mittlere
Valvel der Aorta blumcnkohlühnlich degenerirt. Die bei-
den Ventrikel communiciren mit einander durch eine di-
reale Oetfoung in der Scheidewand im untern Tlieil dei-
aelben, und die l'ulmonalnrterie entipringt aua dum liii<-
Icen Ventrikel links von der Aorta und unmittelbar nebi*B
ihr ; die Voriiöfe mit ihren Geiafsen haben die gewöhn»
Uohe Bildung.
Die Krankheit 9 an welcher die Frau atarb, ist ohne
Zweifel auf folgende Art zu Stand«? gekommen : Das Fal-
len in das Wasser legte den (vrund zu dem (lelenkiheu-
matismuiy von welchem die Veritorbene von nun an Man-
chen IQ leiden hatte , oliwohl er nie einen hitzigen Ver-
.laiif maolitew Uebermäriiign Anitrengungen, Widerwärtig-
keiten und ungliicklichu ZufüUu steigerten das Luiden
wahrend der letzten Seliwangerschaft, der Kheumatiimas
eoncentrirte liAh auf dai Herz, und es entwickelte sieh
BntartUBg einer iler Klappen der Aorta, Verdickung der
Habstans des linken Ventrikeli, Kniziindung des aerÖaen
Vebenngs des ll^izeni und des Herzbeuteb mit Aua»
aehwitzung von Foienttoir, mit welchem diene leröien
-Hiate bedeckt wurden, und von Serum, welchen im Hen-
bevtel in bedeutemler Menge sich ansammelte. Die Bron-
ebitis nnd das Wosser, welcties in so grofier Menge die
Lnogen anfüllte (Lungenödem), theilwciso Kmphysum nnd
der Brgufi von Serum tn die Höhlen der l'leura: dleU, so
wie die Anschwellung und fetti^ie Beschaffenheit der Le-
ber, die Benchaffenheit der Milz und der Krgufs von
Wasior in die Bauchhöhle waren ohne Zweifel Folgen der
immer weiter gediehenen Krhrnnknng des CHiilralorgaiis
des Blutsyntems und der dadurch gehummlün Circulalton
-. 116 —
des Blott. — Wie geneigt der RbeomaliBiBiis iil, te
Hen ZQ ergreifen and den Grand za organiaohen Krank-,
heiten dieses Organs nnd ebendamit za einer ReHie der
fiircbtbarsten Leiden za legen, Ton denen der Tod den
Daider meist spät genug erlöst, bt bekannt and beetlligt
nch mir alle Tage mehr in einer Gegend, in wefoberder
Bbenmatismos endemisch ist, and ohne Zwdfd haben
Sie, meine Herren, dieselbe Beobacbtang gemacht Vom
hitzigen Gelenkrbenmatismus sind mir in dem Terflosse^
nen Halbiabr sieben Fälle vorgekommen , die idi nach
unserer Besprechung in der letzten Yersammlong simml-
lich mit Viaam Colcbici innerlich and Einreibongen der
Gelenke mit OK campborat, Branntwein, Fomentationea
mh warmem Sublimat -Wasser« ({Gr. anfUnc« j, A«].
destill., je nach dem Grade der Untzundung) bdiaadett
habe, und die Krankheit verlief in allen dienen Fallea
gut, nnd kurzer als ich dieses meist froher bä anderer
Behandlung mit Biasenpflastern, Tartar. emetic n/St* doii|
Salzen u. s. w. erlebt habe. Ich gab den Wein tif-
lich zu zwei bis drei Drachmen, selbst bis za einer hal-
ben Unze, mit destillirtem Wasser und Bibiaohaaltt la
einem Fall, wo ich zuletzt nnciam ß tagtinh «reiohle^
entstand Schleimwargen, einigemale aoeh wirkliebes B^■
brechen von Schleim und eine Ait von Zuschnamag dei
Schlundes, hernach Diarrhöe. Sonst wurde durch den Weia
weder der Stahl noch der Schweifs befördert , wohl aber die
Absonderung des Urins , der seine rothe Farbe ond sein Se-
diment und seine auffallende saure Beschaffenheit yerlor and,
allmählig oder schneller, die normale Beschaffenheit wie-
der annahm, womit dann auch die Gelenke anschwolleo,
die Schmerzen sich verloren , und in zwei bis drei Wo-
chen, selbst noch früher, die Kranken Yollkommen bei^
gestellt waren. Ich brauche Ihnen kaum za bemerkes,
dafs ich biebei die Patienten in der Kost sehr kurz bsl-
ten, d. h« nur Wassersuppen, gekochtes Obst and WasKT
geniefsen, sie in gleichmäi'sig warmer Temperator znbrit-
gen und in Wolle kleiden lieOs, und man mag immerU
dieser diätetischen Behandlung einen bedeatenden Tbai
des Erfolgs zuschreiben. Die Tinctur wurde bereitet ans ei-
nem Theil des friscchen Samens mit acht Theilen Yin.msls-
cense. — Was nun die Anomalie des Ursprungs der
Lungenarterie mit der Commonication der Ventrikel be-
trifft^ so ist sie meines Wissens ziemlich selten« Mis
erwartete Kyanose, sie war hier nicht Torhandeo, die Mit-
- 117 —
Uolio ^Irbaog der Schleimbaot de» Mbtterbaliet ond
die tiefbltad der Soheide ftuigenommen« — * Die Ma^
ler der Verstorbenen ond ibre SUeren Geicbwiiter Ter-
doberteo micb wiederboU aaidrüokliob , dafs das Mädobeii
Tom dritten Jabr bis zam einundzwanzigsten stets gesund
gewesen sei, namentliob nicbt gekeacbt, keine Anfalle
Ton Herzbeklemmung oder Qbnmacht gehabt , gut, d« b.
bläbendy rotb ausgesehen, starke und kraftige Arme ge-
habt ond stets, von Zeit zu Zeit sich einstollendes, be^*
tiges Kopfweb ausgenommen, ohne Uindernifs oder Klage
gearbeitet habe. Erst von dem Fall ins Wosser an wordo
sie kränklich. Dafs die starke, alle.drei Wochen wieder-
kehrende, Menstruation ihit der Anouialie zusammenbfingt,
dait dieselbe vielleicht die durch diese Anomalie gestei-
Eerte Veoositüt ausgleichen sollte, wage ich nicht zu be-
aopten, doch vermuthe ich es, und mit der Oberm&Od-
Sen Menstruation steht dann wohl auch Jio erwähnte blaue
'Irbong der Schleimhaut der Scheide und des Ualses der
Gebirmutter in Verbindung. Dieser Fall ^beweist also,
daOi, wie Ferrui und Louia annehmen, Anomalieen dea
Herzens, wie die unsrige, welche eine Vermischung der
beiden Blutarten nothwendig mit sich bringen , nicht notb«
wendig mit Blaosucht verbunden sind^ eine Annabmei,
welche durch den von BreMchct beobachteten Fall von Ur-
iprang der linken Art. subclaviae aus dcr^Lungensohlag-
■der bei einem etwa einen Monat alt gewordenen Kinde^
wobei in den linken Arm nur Venenblut kommen konnte,
oboe dafs im Geringsten eine Abweichung in der Haut-
fturbe ond Untwicklung dieser Extremität zu bemerken war,
noch mehr unterstützt wird. Hasse gibt in seiner patbo-
logisobea Anatomie (Bd. I« S. 226) die Gründe an, wel-
che ZQ der Annahme *^zwingen, dafs die Kyanosa fdaa
Blauwerden) niclit von einer anderartigen Beschaffenneit
des in den GefSfsen ciroolirenden Bluts bei Abnormitltea
in den Organen des Kreislaufs überhaupt abbSngt; die
fcjanotische Färbung rührt vielmehr nur her von einer Std«
rang des Zuliusses des Blutes vom Herzen tu den Lon-
gen und von diesen zarGck zu dem Herzen, wie bereite
Krsysig und spater IamUs überzeugend dargetban babeo«
Bine Störung des Kreislaufs dieser Art, ein iiindenUfs
der Circulation war in unserem Fall ursprünglich . nicht
vorhanden, daher auob keine Kvanose; das Hindernifii
entwickelte sich erst spHter doroh Urkrankung des Her-
zens ond in Folge dieser entstand das Keuchen, das
— tl8 —
Oeltm der Lsegen, die blaoliobe Färbang detf Uppean.
i*.w« •» eia den kyaootiBcben Mihekommeader Zoalani»
2.
Monaüit^ter Berkhi
über
denOettmdheitszugtand, OebwrtentmdTodeaßltevtmBnUmm
flfitgetheUt
«fM dm Aktem derHufeHamd, med, cfttmr^ OitilMkafti,
Mit der dazu gehörigen Wiitervnge - TdbeUem
Monat Septemherm
Ceber die Witterung yerweisen wir aaf die beigelugle Talet
Es wurden geboren: 403 Knaben,
372 Madchen,
775 Kinder.
Ks starben: 170 mannlidien,
137 weiblichen Creedilediti über,
und 399 Kinder unter 10 Jahren.'
706 Personen«
Mehr geboren 69. ' , ' '
Im September des vorigen Jahres wurden
geboren: 546 Knaben,
461 Mädchen,
1007 Kinder.
Es starben: 203 männlichen,
199 weiblichen Gesdileobts ober,
nnd 597 Kinder unter 10 Jahren.
999 Personen.
Mehr geboren 8,
Ib TiitJlaifi tMM HoBil Septbr, Torigra lahm wm~
4^ im Stitoibcr düM« Jahrat wewga gebora 231, nad
Der gwh belle Chanetcr der Knnkbeiten bfieb tot-
bemcbend. Diuctifilla mit iwd ohoe Erbrecfaea, ueü
nItM näl bladgea Abgäii(eB » mna tn biufigMe«; d»-
bä (Mbbcfa-MTtäse Fieber nit kagavea^VeclKrf, ««d
ifc 'f -i" Be*chwtrdee. Wedudfieber bi daxdBiB
FÜteB. Der KeieUiiBlen brdtets tieft weiter ue. Daiec
dn A^wctl^ea fimdeo )idi HaMni and Sahirtnh, dtick
■idtt Mkr wetbtäut, ma(* »tuti keiaet u dea Pocke«.
Spteitllt Krmtiktittn.
^:s^
•^1
Kreakhelten.
1
1
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31
M
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S
u
u
4
iZa^gHSo^l^^SlS^-
s
!
SSäXT^-
1
*-^'S^^ : :
!
S
An der Hnlisohwiiiilini^l.
Ab der Dannaiiliirisdiuät
,&a Hulropt. ,
An Hrdroibocai.
iAki Bydrops petiurdü,
I An der LEberkruiklicit
An der Gtlbiucht .
Am DuroblKLI .
Am Brechdmclifnlt .
An der Rulir. . .
An oTEHnitoLvu F«hl«B
Am Krebs ' . .
Am B«uid. . .
Au der Gicht .
An dar Bnrnnihr
Ab RiiokEmnu'Judarr«
An Dumerweiobung »
jOucb UnglbckiÄlle
C. W. Hufeland'8
Jon r n a 1
der
racttechen Heilkunde.
> \
Fort geseilt'
Ton
Dr. E. O.sann,
Geh. Med« Ratb, ordentl« ProfoMor der Medleb aa dir
Tenität and der med^ chinifge Aeademie (Br die MQUyr
krliii, Director des K. PoÜklin. Inititoti, Rhler dee rotlien
fr-Ordenf dritter Klaue mit der Schleife und Mtglied
mehrerer gelehrten Geieiliehaften.
Qrau, Fremd, iif tOU n$mi§,
Doch grün dei Ii€bm$ gulUker Baum*
Göike.
IV. Stack. Ootober.
Berlin.
Gedmckt oncl Terlegt bef 6. Jteimer.
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I.
G e s c h i c.h t e
etnet
merkTmärdigen , tödtUch abgelaii-
fenen AbdominaUeldemu
Von
Dr. Steinthal,
prakdiohem Ante la Berlin«
(Vorgelesen in der Sitzong der Hnfeland. med.*€liiriiiv.
GeieUicbaft d. !• Oct 1841.)
Hiine Frau von sechsundzwanzig Jahren, die
als Kind und als Juofffrau niemals ernstlich krsink
gewesen war, und die, obwohl immer nur bleieh
aussehend und mager, doch gesund zu sein
schien, befand sich auch in den erstem Jahren
ihrer seit sieben Jahren bestehenden Ehe wohl
und überstand das erste und einzige Wochen-
bett vor sechs Jahren im Allgemeinen recht gut.
Nach jener Zeit fing sie indessen an, öfter «a
krftnkeln und litt namentlich hftuflg an KopfU
schmerzen, heftigen KreuzschnMrzen und kleir
•nen hysterischen Passionen, wogegen Bwei8oQ|-*
'S
— 4 —
mer hintereinander wiederholter Gebrauch
OfltBeebades sich wohlthatig zeigte. Im Früh- ;
linge 1839 klagte Patientin ab and ra ober
Kolikschmerzen y die mit Kollern im Leibe, Auf-
blähungen etc. verbunden waren und hat immer
mit dem Eintritt von Diarrhöe aufhörten. Dft j
die Kranke den gröfsten Theil des Tages ge-
nöthigt war, in einem kalten, nicht ganz Uoeke-
neu Geschäftslocal zu verweilen, so vermuthete *
man wohl mit Recht, dals dieser Umstand jene
Kolik veranlafst habe, so wie die frühem Kopf-
und Kreuzschmerzen aus derselben Quelle ent-
standen sein möchten. Die Euphorie des See«
bades in den beiden früheren Jahren bestimmte
den Hausarzt, auch in dem folgenden Sommer ]
(1839) zur Wiederholung desselben zu mthen« 1
Obgleich nun, wahrscheinlich in Folge unguis ]
stiger Wittenings -Verhaltnisse, die ersten See» |
bäder schlecht bekamen und sich öftere Kirii- i
ken einfanden, so bestand doch der Badeant *
darauf, die Kur fortzusetzen, diejelänger, deste ■
übler bekam, bis sie dann endlich unterbrodien
werden mulste. Patientin reiste offenbar kinn-
ker zurück, als sie hingekommen war, und an- -
terweges hatte sie das Mifsgeschick, von einer
heftigen choleraahnlichen Kolik heimgesodit m
werden, so dals sie, nach einer mit giolsen ^
Beschwerden und unter stets neuen Eikaltnn-
gen verbrachten Nacht, sehr krank und ange-
grifien hier ankam. Durch die fleilsigen Be»
muhungen ihres Hausarztes wurde sie bald wie-
der hergestellt und war nun eine Reihe von
Wochen hindurch wieder ziemlich munter , sah
indessen sehr bleich und elend aus und bot
stets den Ausdruck eines tieferen Abdominal-
leidens dar. Wahrend des Herbstes, wo es an
nenen Erkaltungen, kleinen Gemäthsbewegon-
gen und aach wohl an Diätfehlorn flicht fehlte,
erneuerten sich einzelne Anfälle von Brechko-
lik y obwohl in geringerem Grade, und Patientin
litt anhaltend an Kollern und Poltern im Leibe.
Die Anfalle gingen jedoch rasch vorüber, und
erreichten nie eine irgendwie bedenkliche Höhe.
Bald nach Neujahr (1840) indessen, nachdem
Patientin sich bei stürmischer, nafekalter Wit-
terung wiederholentlichen Erkältungen ausge-
setzt hatte, entstand ein ungewöhnlich heftiger
und hartnäckiger Anfall von Brechkolik, der
von allen frühern auf eine ganz eigenthümliche
Weise abwich und zuletzt eine bedenklich«
Höhe erreichte. Die vorwaltenden Erscheinun-
gen waren folgende: die sehr bleich und elend
aussehende Kranke versank jn eine Art voa
Apathie, ward, gegen ihre Gewohnheit, ver-
driefslich, unruhig, warf sich umher, bewegte
sich besonders viel mit den Händen, bekam
heftige , sich von Minute zu Minute steigernde,
endlich ganz unerträgliche Leibschmerzen, wo-
bei die Darmwindungen sich wie pralle, festge-.
stopfte Würste, krampfliaft zusammen und in
die Höhe ballten, sehr empfindlich wurden, bis
endlich, bald mit, bald ohne Würgen, und Auf-
stofsen ein gallichtes Erbrechen eintrat, das ei-
nige Erleichterung brachte , die aber nicht lange
andauerte und bald einem neuen, nicht minder
heftigen Anfall Platz machte. Sowohl während
desselben, als auch in der Remission, litt Pa-
tientin an vielem Kollern und Poltern im Leibe,
das sich ganz so anhörte, als ob eine halb mit
Wasser augefüllte Flasche heftig umherge-
schüttelt würde. Die Kranke blieb dabei harl-
nickig verstopft, und namentlich war ein Ab-
gang von Blähungen nach unten auf keine
Weise zu erzielen. Patientin brach zuletzt AI«
— 6 —
les^ was sie genob, bald firfiher, bald spateri^.
nach dem Genüsse wieder aus, oft unmittdbar
nachdem es eben in den Magen gelangt sdm
konnte, wurde unendlich leidend und magerte
bedeutend ab. Alle Bemühungen, durch koh-
lensaure Getränke und Arzneien, durch Ast
foetida, innerlich und in Klystieren, durch kräf-
tige Purganzen, durch Antispasmodica narco-
tica, durch starke Dosen Opium und Morphium,
innerlich und endermatisch angewandt, durch
B&der, Einreibungen, Fomentationen und Ca^-
taplasmen, den Brechreiz zu stillen, die hefti-
gen Kolikanfälle zu mildem und eine gehörige
Stuhlausleerung zu erzielen, blieben beinahe
vierzehn Tage hindurch ohne wesentlichen Er-
folg, und man erreichte mit allen diesen Mit- ^
teln fast nichts weiter, als eine unvollkommene ]
Darmausleerung, die aber keine dauemdo Lin- }.
derung zuwege brachte und wobei ofFenbarnnr •]
das abging, was sich nothdärflig bis zum Rectum
hindurchgezwängt hatte. In der dritten Woche
endlich gelanges, durch anhaltenden reichlichen
Gebrauch einer kräftigen Pillenmischung, durch
wiederholte geschärfte Klystiere und durch rät
eine volle Stunde fortgesetztes heitses Kleien-
bad, eine kräftigere Reaction hervorzubringen*
Es erfolgten mehrere, Anfangs bröcklichte, nadi-
her allmählig dünnere Sedes, die sich nun, bei ^
dem Fortgebrauch der Mittel , täglich unter Ab-
gang von Flatus, erneuerten. Der Leib wurde
von Tage zu Tage weicher und leerer, zuletzt
80 leer, dafs man, bei der bedeutenden Ma-
cies, das Rückgrath durch die Bauchdecken
durchfühlen konnte.
Bei der nun viel leichtem Untersuchung
des Leibes fand ich bestätigt, was ich schon
früher wiederbolentlich bemerkt hatte ^
— 7 —
die Gegend des Coeeuma etwas härtlich und
bei starker Berührung empfindlich y und die Be-
aorgniTsy dafs von einem hier Statt fiadenden
krankhaften Heerde aus die früheren Zufalle sich
demnächst erneuern würden, war c^m so be-
gründeter, als auch in den jetzt ruhigem und
schmerzensfreieru Zeiten das Poltern und Kol-
lern noch immer hin uiid wieder eintrat j wobei
einzelne Darmwindungen sich wurstförmig und
schmerzhaft zusammenballten , und auch die Nei-
gui^ zum Brechen sich häufig genug erneuerte.
Kaum waren drei bis vier einigermaßen er-
trägliche Tage vergangen, so steigerten sich
die Zufälle allmählig wieder. Es trat wieder
hartnäckige Verstopfung ein, und das Uebel
erreichte nun binnen achtundvierzig Stunden
wieder ganz die frühere Höhe. Wir liefsen nun
eine einfache Pillenmischung aus Crotonöl und
Sapo medicat. bereiten und gaben der Kranken
Anfangs alle zwei Stunden eine Pille aus gtt« ^
Ol. Croton., worauf, mit Hülfe eines Klystiers,
nach etwa zwölf Stunden eino gesunde ^ breiar^
iige Oeffnung erfolgte. Die Kranke hatte zwar
in der Nacht noch Schmerzen und Brechreiz
gehabt, aber doch ruhiger gelegen und sich
im Ganzen erträglicher befunden. Patientin er-
hielt nun alle zwei Stunden zwei Pillen. Es
erfolgten jetzt in den nächsten zwölf Stunden
vier bis fünf Sedes. Der Brechreiz hörte fast
ganz auf, das Kollern dauerte zwar noch fort,
aber die Schmerzen waren dabei äufserst ge-
ring, und nachdem die Kranke eioe Nacht zum
erstenmale seit mehreren Wochen ruhig ge-
»chlafen hatte, regte sich am folgenden Tage
0Ogar ehiige Efslust, die mit greiser Vorsicht
befriedigt wurde. Nachdem in den nächsten
Tagen mehrere reichliche Sedes erfolgt waren.
— 8 —
wordo die Dosis der Pillen allmihlig
▼enninderti und, da das Befinden sich i
mehr und mehr besserte, die Eislost sich
Seite y die Kräfte sich, obwohl langsam ,
er hoben y nach einem etwa viensehntigigcn]
Gebranch ganz eingestellt
Dais £e Kranke von nun an anf eine^ idi
mSchte sagen peinlich vorsichtige Diät geselat
ward, bedarf wohl kaum der Erwähnung; ihr
ganzes Verhalten wurde mit der grölsten Vor-
sicht und Strenge bewacht. So verstridi bei-
nahe der ganze Februar, ohne da(s irgend eh
Besorgnifs erregender Zufall sich einstellte; die ';
Kranke erholte sich bei angemessener Pflege
immer mehr, die Leibesöflhnng erfolgte tiglidi
ohne künstliche Beihülfe , Patientin nahm an '
Fleisch und Kräften zu, und man würde mm j
den besten Hoffnungen haben Raum geben dfii^ 1
fen, wenn nicht jene Härte in der Gegend des ;
Coeeums geblieben und eher zu-, als abg^ .
nommen und das mit Empfindlichkeit und Bredn -•
reiz verbundene Kollern im Leibe sich ab und
an erneuert hätte. Nach einer beinahe viw-
wöchentlichen Remission nahm zu Anfange des
Harz die Empfindlichkeit des Lieibes, das Pol«
tem und Kollern wieder zu und ich lielh nun
die £rä'ivip/*schen Klystiere, jeden Abend ein%
methodisch in Gebrauch ziehen. Eine Unze
Tarazaci totius plantae und je zwei Drachmen '
Herb, saponariae et fümariae wurden mit einer
Handvoll Weizenkleie zwölf Stunden lang in
einem Quart Wasser macerirt, dann bis auf
zwei Tassen eingekocht und Abends vor Sehla-
fmigehen in den Mastdarm injieirt Die Kly-
stiere sehimien ganz vortrefflich zu bekommen;
PfttiMrtin bdiielt dieselben m der Nacht, bä
^ UBgBtOn und fu^tte am nidmien
- 9 —
Morgen zwei bis drei weiche , breiartige Stuhl-
aasleerungen. Der Leib beruhigte sich immer
mehr und mehr, aber die harte Stelle blieb im
Ganzen unverändert. Das Allgemeinbefinden
der Kranken hatte sich indessen wesentlich ver-
bessert; Patientin war I aller Warnungen unge-
achtet, hinsichts ihrer Diät und Lebensordnung
nun schon dreister geworden und beging in der
letzten Hälfte des Mai, da sie sich ganz wohl
fühlte, die Unvorsichtigkeit, selbst schon Bfor-
genpartien im Freien mitzumachen und bei naCs-
kalter Witterung in dünner Fufsbekleidung
Abends im Freien zu essen« Der üble Erfolg
davon licfs leider! nicht lange auf sich warten.
Nachdem Patientin seit einigen Tagen wieder
auflallend bleich ausgesehen, die Gesichtsfarbe
häufig gewechselt und sich unbehaglich gefühlt
hatte, fing sie gegen Ende des Monats an^
über kalte Füfse, Ziehen in der rechten Seite,
Aufblähung und Empfindlichkeit des ganzen Lei-
bes, Aufstofsen und Appetitmangel zu klagen,
und der Schlaf wurde wieder durch kleine Ko-
likanfälle gestört, die nach dem Eintritt einiger
diarrhöeartigen Evacuationen sich minderten.
Nach Anwendung einiger Klystiere, so wie
beim Gebrauch erweichender Breiumschläge und
sanft diaphoretischer Arzneien nahm nun zwar
die Spannung des Leibes merklich ab, die Nächte
wurden ruhiger, aber die ganze rechte Seite des
Unterleibes nahm an Empfindlichkeit dergestalt zu,
dafs die leiseste Berührung , das Umdrehen, das
Heben des rechten Beines, das tiefere Einathmen,
kuiz jede Anregung der Bauchmuskeln mit gestei-
gerter Empfindlichkeit verbunden war, und man
zur Anwendung von Blutegeln schreiten mulste,
deren Nachblutung durch warme Breiumschläge
unterhalten wurde und|die dann auch bald wesent*
V
— 10 -
liehe Linderung schafften. Patientin war durah
diesen letzten Anfall wieder sehr angegriffeD,
erholte sich aber so rasch , dafs nach etwa drei
Wochen das Befinden der Kranken , den Um-
standen nach^ ganz erwünscht erscheinen nmifl»
te. Sie sah allerdings noch immer auffallend
bleich aus ; die Härte im Unterleibe hatte merk«
lieh an Umfang zugenommen , zeigte sich aber '^
jetzt gar nicht mehr empfindlich, störte die ^
Verdauung in keiner Beziehung, Patientin konnte i
mit Leichtigkeit kleine Fufspromenaden unter- ',
nehmen, schlief sehr gut und fühlte sich zu*
letzt so gestärkt, dafs man die schon früher be-
absichtigte Carlsbader Brunnenkur nicht nur anbe-
sorgt, sondern selbst mit reellen Hoffiiungen
auf die Zukunft unternehmen konnte. Dieselbe
wurde sechs ^Vochen lang so durchgeführt, dafg
Patientin stets bei sehr kleinen Portionen ver-
blieb, und es sich bald herausstellte, daCs drei
bis vier halbe Becher MühU und Neubrunnen
am besten vertragen wurden und hinreichend
waren, um taglich zwei bis drei bequeme Aus-
leerungen zu erzielen. In der dritten Woche
wurde ein vorsichtiger Versuch mit dem Spru-
del gemacht, der jedoch, da er selbst in den
kleinsten Portionen zu viel purgirte , bald wie-
der ausgesetzt werden mufste. Die warmen
Umschläge, welche Patientin schon seit länge-
rer Zeit hatte in Anwendung ziehen müssen^
wurden auch während der Brunnenkur täglich
ein bis zwei Stunden auf die harte Stelle ap-
plicirt.
Obwohl nun die Witterung im Allgemei*-
nen nicht recht günstig war, und es namentlich in
den Morgenstunden oft regnete und kühl war,
so befand sich doch Patientin während der gan-
zen Dauer der Brunnenkur so wohl, wie man
— 11 —
/
68 kaum hätte erwarten dürfen. Der Brunnen
wurde sehr wohl vertragen , machte g^ir keine
Beschwerden , der Appetit nahm dabei zu, Pa-
tientin war sehr gut zu Fufs^ gewann ein et-
was besseres Aussehen^ und!die Nächte brach-
ten einen ungestörten erquickenden Schlaf. Be-
merkenswerth war es, dafs die Kranke das
Fahren selbst in den gewöhnlichen ^ oft stark
nittelnden Droschken, sehr gut ertrug, wäh-
rend sie, wenn sie nach längerem Sitzen auf-
stand, einige Beschwerden empfand und an der
kranken Stelle das Gefühl hatte, als ob ein
zusammengezogener Theil sich allmählig erst
wieder entfaltete.
Nach vollendeter Kur hatte Patientin täg-
lich zweimal freiwillige Oeffnung , ^uten Ap-
petit, ruhigen Schlaf und alle Functionen wa-
ren und blieben eine Reihe von Wochen hin-
durch in der besten Ordnung. Nur gegen die
Zeit der Regeln hin war der Leib ein bis zwei
Tage lang etwas gespannter und voller und
auch wohl einiges Kollern bemerkbar. Die Pe-
riode stellte sich jedoch stets regelmäfsig und
normal ein. Dennoch aber konnte ich von jetzt
ab nur einer trüben Prognose Raum geben, da
ungeachtet jener Euphorie der sechswöchent-
lichen Brunnenkur die Härte im Unterleibe, oline
dem Gefühl eine geringere Consistenz darzu*
bieten , merklich zugenommen hatte , und da es
SU auffallend war, um der Beachtung entgehen
zu können, dafs Patientin ab und an, ohne
evidente Veranlassung, plötzlich in denii chlo-
rotischen Teint, so wie in dem Totalausdruck
des Gesichts, im Gefühle der erschöpfendsten
Mattigkeit das Gepräge eines tiefen Abdomi-
nalleidens darbot, was zwar jetzt nbch ziem-
lich rasch voiüberging, aber sich doch von Zeit
— It —
m Zeit enieiiertei ohne sieb bei dem G
lauer Bäder mit Salz uod aromatisciier
und bei der Anwendong stärkender J
tel weteDtlich zu verbesserxL
Mitte Octobers stellten sidi zur
Zeit die Regeln ein und in der Nacht danaf
hatte Patientin wieder einen starkem Kolikaa&l
mit Kollern und Aufstocken, nii4 dies wieder-
holte sich sonderbarer Weise fast in regeloii- '
Cnigem Typus mehrere Xächte hinteronaBdcr
zwischen zwei und drei Uhr. Die harte Stcb
Hurde wieder empfindlicher und Patientio wuida
durch die gestörten Nächte TcrdrielsliGh
angegrifTen. Erkältung schien auchdieaaal
Veraulassung zu sein, da Patientin in deck
ten Zeit trotz Wind und Wetter i^usgegangca^ |
au&erdem aber im Genuis rohen Obstes niclift ,i|
vorsichtig gewesen war. Bäder und waime ^
Umschläge waren noch immer fortgesetzt war-. '
den, und ich hatte in der letzten Zeit das Kali
hydrojodicuro, eine Drachme auf eine Unze Ung.
rosat., Morgens und Abends wie eine Bohne
grofs einreiben lassen. Die Geschwulst war
nun bereits Faustgrofs,' ihre Basis fühhe äeh
kiiorpelhart an; bei stärkerer Berührung dend*
ben empfand Patientin Schmerzen, die andi
nach geschehener Untersuchung nodi eine Zeit-
lang andauerten. Die Leibesöflhung erfolgte
regelmäüsig , die Excreta alvi boten nichts Ab-
normes dar; der Urin flols frei, unbehuidert
und normal ab; die Menses traten bisher regel-
mälsig ein: der Appetit , der Schlaf waren au-
Iser der Zeit der Kolikanfalle vollkommen ge- *
sundy und so geringe Hoffnungen ich auch nadi
so vielen fruchtlosen Bemühungen noch hegte,
dab es gelingen wurde, eine Rückbildung zu *
■>! i^aobte ich doch nach den bish»- -
- 13 -
rigen Erscheinungen mit Bestimmtheit anneh-
men zu dürfen y dafs bisher kein Unterleibsor-
gan wesentlich crgrifTen sei, und dafs jenes
Chondroid zwischen den Platten des Mesoco-
lon mitten inne liege oder von aufsen her in der
Gegend des Coecums sich irgendwo angehef-
tet habe. Die der Reihe nach zu Rathe'gezo-
gencn altern Kollegen stimmten dieser Ansicht
vollkommen bei, und vermochten leider! meine
prognostischen Sorgen nicht zu verscheuchen.
In den ersten Tagen des Novembers wurde,
unter Beibehaltung der bisherigen Mittel, ein
sein: vorsichtiger Versuch mit einer Solut. ferri
hydrojodici gr. vj auf 2i Unzen alle zwei Stun-
den zu einem TheelöfTel voll, gemacht. Das
Mittel konnte aber nur vier Tage fortgesetzt
werden, da Alles viel schlimmer ward und die
Kranke nun ein Vorurtheil gegen das Bfittel
hatte, was ich um so weniger zu unterdrücken
mich angeregt fühlte, als ich selbst einigerma-
fsen zweifclhart war, ob nicht einige Sympto-
me von der Arznei herrührten und ich eine ent-
Bcheidende Wirkung von derselben nicht er-
warten konnte. Patientin bekam zum ersten-
male in ihrer Krankheit Fieber, Aufstolis^n,
Widerwillen gegen alle Genüsse, bedeutende
Mattigkeit, hin und wieder selbst kleine An-
flüge von Ohnmacht, gesteigerte Empfindlich-
keit in der kranken Stelle , Ziehen in den Schul-
tern und wurde so empfindlich, dafs das lei-
seste Geräusch ihr zuwider war. In der Nacht
konnte sie nicht nur keinen Schlaf gewkinen,
sondern war ungewöhnlich unruhig und auf]p;e-
regt. Blutegel, Breiumschläge mit Narcoticis
versetzt und innerlich beruhigende Arzneien,
brachten doch einige Linderung. Der Puls blieb
indessen noch immer gereiit^ die Abspannung
— 14 —
-.1 '
]
grob, die Stimmung verdricfslich. Die Gto»|
fliAwiiIst fing an weicher zu werden, und boli
einige wesentliche Merkmale von M arkisdiwunaj
dar. Der Leib war an der ganzen rechteal
Seite, Eumal vom Coecum nach der Inguinal--
gegend hin, prall, sah wie marmorirt aus. Die'
von Tage zu Tage weicher werdende Cto-
schwulst hob sich immer oehr und mehr, wäh-
rend ihre Basis wie von einem knorpelartigen
Hinge umfalst war, die weichere Partie fohlte
sich teigicht an , Fluctuation war nicht zo be-
merken, wohl aber von Zeit zu Zeit ein be-
deutendes Zurücksinken der Geschwulst, so
dab eine Kraterform sich an der kranken Stella^
bildete und man eine Windung des Dickdarms ■)
nadi unten hin so oberflächlich durchfühlt^ ata \
ob sie unmittelbar unter den Bauchdecken Ifige. i
Die Aussichten wurden von nun an immer tr^ '
ber; Patientin verlor immer mehr an Kräften,
hatte bei vollkommen fehlender Eislust stete
Neigung zur Diarrhöe, schwitzte viel, schlief
schlecht, wurde merklich magerer und hinfalli-
ger und fieberte anhaltend. Die Umgegend der
Geschwulst wurde immer praller, höckriditer
und varicöser; der Tumor selbst hob sieh im*
mer mehr und mehr, spitzte sich endlich .nadi
dem Os pubis hin an einer Stelle merklidi su
und schimmerte weifslich durch. Am & Jap*
nuar Nachmittags bekam Patientin plötzlich ei*
neu heftigen, fost unerträglichen Schmerz in
der kranken Stelle, der aber fast eben so plötz-
lich nachliefs, als er entstanden war und ein
Einsinken jener Spitze zur Folge hatte. Als
ich am Abend jene Stelle genau untersuchte^
bemerkte ich eine kleine Oeffhung, in der Grö-
fse eines Nadelknopfes, die einen Eitertropfen
enthielt. Ein behutsamer Druck an derselben
L.-.. \
— 15 —
entleerte eioeu dicklichen y gninliehen, stinken-»
den Eiter, in welchem zahlreiche schwarze
Pünktchen, wie angefeuchteter Schnnpftaback^
umherschwamroen. Die Kranke war darüber
sehr erfreut, obwohl sie, nachdem in kurzer
Zeit über vier Tassenköpfe voll jenes stinken-
den, nur zu deutlich mit Fäkalmasse unter-
mischten Eiters eptleert worden, in hohem
Grade matt und coUabirt war. |ch hatte alle
Mühe, meine mit 'der eigenen Stimmung der
unglücklichen Kranken nur zu sehr contrasti-
renden Gefühle zu unterdrücken, da ich von
nun an der Hoffnung eines endlich günstigen
Ausgangs keinen Raum mehr zu geben vor*
mochte. Die Wunde sonderte von jetzt an
sehr reichlich einen bald mehr, bald weniger
mit dianhoeartigen Flüssigkeiten gemischten
Eiter ab, hin und wieder kam auch reiner, gu-
ter Eiter zum Vorschein, und auCserdem hatte
Patientin täglich mehrere dünnflüssige , mit Eli-
ter und Blutstreifen gemischte Ausleerungen*
Der Appetit fehlte fast ganz; Patientin litt viel
an Aufstofsen, Würgen und Brechreiz und die
Kräfte nahmen in bedenklichem Grade ab. Bei
alle dem bot die Geschwulst durchaus kein bes-
seres Aussehen dar, und die Umgegend der
kraterformigen Oeifnung blieb noch immer knor-
pelhart. In der zweiten Hälfte des Januar bil-
deten sich in der Nähe der ersten Oeffnung
noch mehrere andere, so dafs die Bauchdecken
hier zuletzt ein siebförmiges Ansehen gewan-
nen. Am 18. Januar machte sich zum ersten-
male etwas Oedema pedum bemerkbar. Nichts
desto weniger schien sich in der letzten Hälfte
des Januar das Allgemeinbefinden der Kranken
SU verbessern und was bei dem noch immer
ab und an eintretenden Aufstofsen, Würgen,
— 16 —
K j
und reichlichem Erbrechen fast
begreiflich war, der Appetit wurde immer
ger. Patientin opponirte mit bisher ungewohn«,^
ter Entschiedenheit gegen den Fortgebraadt;
der nmi schon seit einer Reihe von Wochen
gebrauchten China* Abkochung, und war nidit
davon abzuhalten , ihren Appetit auf saure and
Baldige Genüsse, Gurken, Hering, Sarddlen^
BU befriedigen, nicht selten unmittelbar nach
eben erfolgtem Erbrechen, .ohne dals sie die
Seringsten Beschwerdon davon verspürte. Bei >\
er örtlichen Behandlung der kranken Stelle |
waltete die Indication, die Wunde rein ara hal- ■'
ten und die fernere Schmelzung der Hirten t
wenigstens nicht unversucht zu lassen. i
In den letzten Tagen des Januar ging viel :
Blut und Eiter mit dem Stuhlgang ab und andi
die Wunde eiterte stark; Patientin fiohlte mch *
hin und wieder sehr abgespannt, die Nidite
waren, ungeachtet des nun schon' seit länge-,
rer Zeit nicht mehr ausgesetzten Opiats, sehr
unruhig. Der Appetit aber erhielt sich fort-
während sehr rege und Patientin verlangte stets
am lebhaftesten nach derber Kost, wUurendsie
das für sie besonders Zubereitete verschmähte^
und recht verdrie&lich werden konnte, wenn
man ihr Manches versagen mulste. In d«
sweiten Woche des Februar wurde Patien-^
tin von der damals herrschenden Grippe heim-
gesucht, die nahe an vierzehn Tage anhielt
und sie sehr herunterbrachte. Blut- und Bitei^
abgang aus der Wunde und mit dem Stuhl-
gang dauerten dabei unverändert fort Die
Kranke wurde nun von Tage zu Tage elender
und hinfälliger; das Oedema pedum nahm im-
XM
- 17 —
noer mehr zu, auch dio Hände wurden bald
ödematös aufgetrieben ; der Durchfall war nicht
ganz zum Weichen zu bringen, Patientin
schwitzte sehr viel und dio Ma|;erkeit erreichte
den höchsten Grad. Der birfnr rege Appetit
verlor sich immer mehr und mehr und ging
endlich in einen wahren Ekel gegen alle Ge-
nüsse ohne Ausnahme über. Das Gesicht wurde
immer spitzer und eingefallener, die Hände im-
mer kühler, der Puls immer matter und dün-
ner; der Schweifs kalt, etwas klebrigt. Schon
am S6. März konnte ich an der ganz kalten,
stärker ödematösen rechten Hand den Puls gar
nicht mehr fühlen; das Gesicht war hippo-
kratisch, das Schlucken fing an schwer zu
werden; Patientin hatte häufiges Schluchsen;
die Wunde sonderte noch immer viele f&cu»
lente Fluida ab. Erstaunenswerth war es, wie
beinahe in gleichem Verhältnisse mit den von
Stunde zu Stunde immer mehr sinkenden Kör-
perkräften der Geist der Kranken einen immer
lebhaftem Aufschwung gewann, so dals die-
selbe nicht nur nicht das leiseste Vorgefühl des
80 nahen Todes hatto, sondern sich auffallend
gesprächig zeigte, und sich von den gewöha-
nchsten Dingen so lebhaft, so unbefangen un-
terhielt, dafs ich fast Mühe hatte, die aufkei-
nienden Hoffnungen der Umgebungen zu de-
primiren.
Noch am 26steu Abends erkundigte sich
die agonisirende Kranke mit lauter, lebhafter
Stimme nach den kleinsten Details einer in ih-
rer Bekanntschaft Statt gehabten Soiree, und
ich veritnochto kaum, die Unterhaltung abzu-
brechen. Am S9sten gegen Abend stellte sich
mehr Unruhe ein, Patientin verlangte häufig
Joam.XCIII.Bd.4.St. B
*
— 18 —
nach dem Slcckbecken^ wollte unaufliörlich eine
andere Lage eiuiiehinen, die Sprache, wurde
lallend y schwer verständlich, der Athem immer
mühsamer 9 bis endlich am SOsten März um
zwei Uhr MorgAis ein sanfter Tod eintrat.
Etwa dreifsig Stunden nach dem Tode un-
ternahm ich die LeichenöfTnung. Die Leiche
war im höchsten Grade abgemagert; Hände und
Ffilse ödemalös; die Gesichtszüge nicht auf-
fallend verändert.
Bei der EröfFnung des Unterleibes war an 1
der kranken Stelle die Bauchhaut überall adh&- 'j
rirt Nachdem die Hautdecken vorsichtig ge- .^
lost waren, liefs ich durch jede einzelne Haut- ^
Öffnung eine Sonde durchführen. Eine deräel-
ben bildete einen schrägen Fistelgang von unten
nach oben und führte unmittelbar in das Colon .■
ascendens, Hier lag nun ein noch fi|ustgroIfler,
unebner, höckrigter, härtlicher Tumor, nach oben
mit dem rechten Leberlappen, nach auCsen mit
dem lliacus internus fest verwachsen, nach
innen einen integrirenden Theil das Colon ascen—
dons bildend. Der Druck auf die benachbarten
Därme entleerte noch immer aus der Geschwulst
Fäkalflüssigkeit und bärmeartige Jauche.' Die
' Geschwulst selbst, mitten durchgeschnitten, btt- •
dete eine Höhle , deren eine Wandung das Co-
lon ascendcns einschlofs, so dafs man sowohl
nach oben als nach nutenden benachbarten ge-
sunden Darm über den untersuchenden -Finger
hinwegziehen konnte. Der Tumor selbst war
seiner Natur nach ein Chondroid, stellenweise
noch ganz knorpelhart, namentlich an der Pe-
ripherie , gröfstentheiis aber in eine Speckmasse
degenerirt. Die benachbarten, mit der Ge-
schwulst überall adhärirten Muskeln waren hat
— 19 —
livide und boten das Apsehen eines alten^ har-
ten, halbyerdorbenen Schinkens dar.
Alle übrigen Baucheingeweide innerhalb und
aufscrhalb des Peritonaei waren vollkommen ge-
sund und nur sehr blutleer und welk. —
Die Vorstehende Leichenöifnuug ist in so-
fern befriedigend, als si^ die Richtigkeit der
Diagnose und der darauf begründeten Prognose
in der Hauptsache bestätigt, während aus der
ganzen Krankengeschichte deutlich genug her-
vorgeht, dafs von Seiten der Therapie von
keinem andern Kurverfahren, namentlich aber
von keinem operativen Eingriff ein günskiges
Resultat zu erwarten war. — Schon im Winter
1839, mindestens sechszehn Monate vor dem
tddtlichon Ausgange, entdeckte ich in der' Ge-
gend des Coecums eine kleine Härte von hödi-
stens zwei Zoll Länge, doch zu dunkel, asa
unbestimmt, um darauf eine Diagnose begrün-
den zu können, und erst einige Wochen spä-
ter konnte ich, bei der dafpals eingetretenen
Leere des Leibes, die feste Ueberzeufi;untf ge-
winnen, dafs ich mich nicht getäuscht hatte.
Abgesehen davon, dafs es damals noch nicht
im Bereiche der Möglichkeit lag, die Natnr je-
ner Härte mit Bestimmtheit zu erkennen, so
würde es auch, wenn man schon jetzt ihren
bösartijgen Character klar durchschaut hätte, zu
nichts gefrommt haben, da der zweifelfreie^ tie-
fere Sitz des beginnenden Tumors in der Ge-*
gend des Coecums eine Radic'alkur auf opera-
tivem Wege unmöglich machte. Obwohl im
weitern Verläufe der Krankheit eine Reihe von
Ifonaten hindurch die flmctioneUen Erscheimm-
gen aller Unterleibseingeweide ohne Ausnahme
von der Art waren, dafs man zu der Annahme
B«
— «0 — 'i'
I ■
berechtigt war, dafe jener Tumor zwischen den
Därmen mitteninne läge, sich zwar muthmafis-
lich an einer Darmwindung in der Nähe seines
ursprünglichen Sitzes adhärirt, aber doch noch
keine wirkliche Desorganisation eines edlen
Baucheingevveides selbst herbeigeführt hätte, so
wurde doch die Prognose darum um nichts
günstiger , da ungeachtet der Euphorie bei den
angewandten innerlichen und äuTserlichen Mit-
tel, insbesondere auch der Karlsbader Kur,
jene Geschwulst an Umfang immer mehr zu-
nahm und hinsichts ihrer übrigen nur zu deut* 1
lieh palpabeln Eigenihühmlichkeit die oobst- '^
tigkeit ihres Characters nicht lange verken- l
nen lieb. ' i
a
Was endlich die Pathogenie der Krank- .
heit betrifft, so giebt weder der Verlauf der- #
selben, noch der Leichenbefund darüber einen ^.
befriedigenden Aufschlufs. Wie und wodurch . V
jene Härte ursprünglich entstanden, wo ihr er-
ster Keim zu suchen, was ihre Bösartigkeit
begründet, woran es liegt, dafs die so zei-^
tig erkannte und hoffentlich nicht unzweek-
mälsig behandelte Härte nicht zu schmelzen,
in ihrer schleunigen Entwickelung nicht ein-
mal zu hemmen war: das sind Zweifel, ,die
ich bei der reiflichsten Ervi'ägung aller Um-
Btlmde nicht genügend zu lösen vermochte.
Die Eltern der Verstorbenen sind gesund und
kräftig; von den Geschwistern der Letztem
haben zwar einige eine skrophulöse Diathe-
sis, fast Alle sehen mehr oder weniger bleich
aus« sind aber doch, die gewöhnlichen Kin-
derkrankheiten abgerechnet , bis jetzt nie ernst-
lich krank gewesen, und es ist folglich audi
/
— 21 —
t
von dieser Seite her die Entstehung jenes
Markschwammähnlichen Steatom's nicht befrie-
digend zu erklären.
«
So möge denn das vielseitige pathologi-
sche Interesse^ welches dieser Fall darbietet,
seine übrigen Mängel entschuldigen und die
Mittheilung desselben rechtfertigen! —
*■
ir.
Zur
Geschichte der Krankheiten,
welche I
sich von den Thieren auf den Menschen 1
überpflanzen lassen.
Von
Dr. Bernhard Ritter,
prtkt Ärzte zn Rottenbarg am Neckar ^ im Königrdoh -j
Wurtemberg. ' -■
(Fortsetzung. S. vor. St S. 610
2. TFurm.
Wenn wir gleich die von Vines ^) tas-
gesprochene Ansieht, dafs der Wurm, wie der'
Aotas , sich nicht früher bei dem Pferdege-
schlechte entwickelt habe, als bis diese Th£re
ihrem ursprünglichen Mutterlande entfuhrt.wor-
den s^nd, weder verbürgen, noch mit einer
Reihe zulänglicher Thatsachcu unterstfitzen kön-
nen ^ so dürften wir demselben doch ein ziem-
lich hohes Alter einräun^cn. Man will zwar
«) a. a. O. Vergl. voriges lieft S. 15.
M?.
— «3 -
schon die Beobachtung gemacht haben, dafs
wild erzogene Pferde zum Wurme geneigt wer-
den, wenn sie von ihrer frühern Lebensart ab«
geführt, in dunstige, warme Ställe eingeschlos-
sen und ihnen nur wenig Bewegung vergönnt
wurde ; doch dürfte sich dieses als hoch verein-
zelte Thatsachc nicht allgemein bewähren. In den
pseudohippokratischen Schriften findet der Wurm
eben so wenig Erwähnung, eAß bei Aristoteles \
hidessen gibt uns Vepelius ^) ein zu getreues
Bild von dieser Krankheit, als dafs wir glau-
ben könnten, sie sei von seinen Vorgängern
nicht gekannt noch beschrieben worden \^ ja er
erwähnt schon der ansteckenden Natur dieses
Uebels. Allein auch abgesehefi hieven, so
dürfte sich unsere Ansicht dadurch noch mehr
begründen, dafs der Uebergang von Rotz in
Wurm, und umgekelirt von Wurm in Hotz
nicht zu den seltenern B^rscheinungen gehört,
Virodurch die grofse Verwandtschaft und Ana-
logie beider Krankheitsweson deutlich bekundet
wird, was sich in frühern Zeiten ebenso verhal-
len haben dürfte, wie in der jüngsten Vergan-
genheit. Mit Berücksichtigung dieser Grund-
lage können wir also füglich dem Wurme ein
ebenso hohes Alter, als dem Rotze mit vollem
Rechte zugestehen.
Der Wurm ist , wie der Rotz , eine dem
Pferdegeschlechte eigenlhümliche KrankHeits-
form, welche sich,, wie dieser, von einem In-
dividuum* desselben Genus auf das andere, und
unter hiczu ^günstigen Umständen , selbst auf
den iVlcnschcn übertragen läfst. Uebrigens
wurde die ansteckende Natur des Wurmes
von Einigen noch mehr, als jene des Rotzös^
') Ars veterinaria. Lih. I. cap. 3.
— 24 —
in Zweifel gezogen, so dafs in dieser Bezie-
hung die gröfstcn Coatroverscn bei den Schrift- ,
stellern bestehen. Einige erklären den Wurm
unbedingt für ansteckend, andere nicht; einige
halten ihn für eine selbstständige Krankheit
andere für eine blofse Varietät des Rotzes. Nach
den Versuchen, welche an der Veterinärschule
zu Lyon und von Vihorg angestellt wurden,
geht offenbar hervor, dafs sich der Wurm als
ansteckende Krankheit bewährt. Uebrigens be-"
steht in Beziehung auf das Wesen des an-
steckenden Prinzipes des Wurmes und des
Rotzes eine so auflallende Uebereinstimmung,
dafs wir beide Krankheiten nur als verschie-
dene Formen eines und desselben Zustandes
erkennen, und den Rotz als örtliches, den Worm
aber als allgemeines Uebcl bezeichnen müssen.
Auch der Wurm stellt sich, in Beziehung auf
seine Entstehung, in doppelter Art dar, näm-
lich entweder als ursprünglich entwickelt, oder
durch Mittheilung des Contagiums hervorge-
bracht, in beiden Fällen aber stellt er, einmal
entwickelt, sich beim Pferdcgeschlechte unter
folgendem Bilde dar:
An verschiedenen Theilen des Körpers, b«>-
sonders aber an den Seiten des Gesichtes, an
den Lippen, am Halse, Rumpfe und verschie-
denen andern Stellen erscheinen einzelne runde,
erbsen- bis haselnufsgrofse Beulen in der Haut
und dem darunter liegenden Zellgewebe , wel-
che sich oft schnurförmig an einander reihen.
In kürzerer oder längerer Zeit brechen diese
einzelnen Beulen oder Stränge auf und gehen
in tief greifende, unreine, jauchige Geschwüre
über. Hat die Krankheit längere Zeit bestanden,
so gesellen sich die Symptome des Rotzes hinzu,
und es entwickelt sich Allgemeinleiden.
— «3 —
Gloichwic der Wurm sich beim Prerdege-
schlechte nur als eine Varietät des Rotzes be-
währt^ deren Verschiedenheit sichtlich von dem
Sitze der Krankheit abhängt; ebenso vor-
hält es sich auch beim Menschen^ ja die we-
sentliche Identität beider Krankheiten spricht
sich hier in einem noch höhern Grade aus^ in-
sofern Ansteckunp^ mit iiotzmaterie die Sympto-
me des Wurmes bei demselben viel mehr ent-
wickelt, als jene des Rotzes, wie das fräher
geschilderte Hild der Rotzkrankht)it beim Men-
schen auffallend darthun dürflo ; sei es nun, dafs
der menschliche Organismus' mehr zur Entwicke-
lung des Wurmes hinneigt^ oder dafs die An-
steckung in der Mehrzahl der Fälle bei ihm
durch die Haut erfolgt, oder dafs die Symptome
des Rotzes wegen der Beschränktheit der Aus-
breitung der Nasonschleimhaut mehr in den
Hintergrund treten, oder aus irgend einer an-
dern Ursache. Rayer (a. a. 0.) führt neunzehn
Fälle von Wurmkraiikheit beim Menschen auf^
wovon zwölf an acutem und sieben an chroni-
schem Rotze litten. Von jenen hatten es neun
mit rotzigen, zwei mit von Rotz und Wurm
zugleich behafleteu Pferden zu thun, der ein-
zige, bei dem diese Umstände unbekannt sind,
hatte Fuhrmannspferdo besorgt und in einem
Stalle geschlafen. In vier Fällen ist die Krank-
heit offenbar eingeimpft worden, in den übri-
gen Fällen ist die Art der Uebertragung nicht
angegeben, oder nicht bekannt.
Hardwicke (a. a. 0.) theilt einen Fall mit,
wo ein dreiuudvierzigjähriger Stallknecht zwei
Pferde zu besorgen hatte, welche an der in-
uern Fläche der Schenkel Wurmbeulen hatten,
und deshalb getödtet wurden. In Folge hie-
ven entwickelten sich bei, dem Kneclito iieifse,
scliinerzhafte Cicscliwülstc an .Arm
ueo, besoni^crs au der üiuom Fläcln
ke), welche allmählig in Abscease
welche den Tod herbeif'ghrteu.
Gras (ii. a. 0.) führt eineii E
ein Thieiarzt einen Wiirrnabscera
Pfertlc öiTucte, und hierauftief sein
iu die Abscefshöhle senkte, um di
zn erforschen. Nach einigen Ta
der Zeigeßiigcr dieser Hand an , wu
liaft iinil bedeckte sich mit Fungo.
zeigten sich auch schmerzhafte Ki
innern Seite des Annes, die in Ab
gingen u. s. w.
Altgemeines Bild der Kran
Die Wuinikronkheit spricht 8i(
sehen durch eine Eiilzundung de
fftlse und Lymphdrüsen, ziiweile
oberflächlich gelegenen Venen an
mafsen, durch viellahige Abscesse
denen Stellen des Körpers und dm
BtulÖHcn Ausschlag aus, ganz wie
des .Menschen, wie das nächste
Ray er cutnommone Kranklieitsbild
thun wird,
Wo die Krankheit in Folge ei
düng entstanden ist, hat man imm
Symptome einer Entzündung der L
und lymphatischen Drüsen und ein«
Zündung des Zellgewebes unter de:
genommen. In einem von Rayer ,
Falle war diese Entzündung nur
und die Wunde schon njich vier
narhtj aber nach wenigen Tagen
Heilung eine acute Entzündung de
gcre. Wenn die wurmige Entzü
— 27 —
so bildet sich zaweilen um dieselbe herum euie
wirkliche Pustel, welche in ein schlechtes Ge«
schwur übergeht. Vom verwundeteu Finger
aus gehen oft längs des Armes rothe kleine
Bänder oder Streifen, wie mehrentheils in der
acuten Lymphgefäfsentzündung und bei drei
von Rayer aufgeführten diesfallsigen Kranken war
die Entzündung der Lymphgefäfse und Lymph-
drüsen stark genug, um wirkliche Wurmstränge
zubilden. In einem Falle sah man diese Entzün-
dung auch die Submaxillardrüse ergreifen. Bald
schwillt der Arm an, wird gespannt und schmerz-
haft, besonders in der Nähe der Gelenke, es
bilden sich im Zellgewebe unter der Haut Ab-
scesse, das Fieber dauert fort, oder wird hef-
tiger. Die Kranken klagen zuweilen selbst sehr
bald nach der Einimpfung über Uebelkeit, Man-
gel an Appetit, schlechten Geschmack im
Munde u. s. w. Bis hieher sind die durch Ein-
impfung von Rotz- oder WurmstofF erzeugten
Zufälle nicht von denen zu unterscheiden, welr
che auf gewöhnliche Verletzungen bei Sectio-
nen zu folgen pflegen ; die Ursache allein, wenn
sie bekannt ist, vermag diese beiden patholo-
gischen Zustände von einander zu unterschei-
den. Wenn nun der Ansteckungsstoff nicht
tiefer in den Organismus eindringt, so kann
bei diesem Grade und Staude der Krankheit
oft noch Heilung erfolgen. Zwei andere Rei-
hen von Erscheinungen, nämlich der Pustel"
ausschlag und der Brand einerseits, und die
vieijältif^en Geschwülste und ^bscesse anderer-
seits kündigen die allgemeine Ansteckung und
mit wenigen Ausnahmen den Tod an. Diese
secuudüren Erscheinungen sondern den Wurm
genau von den blofscu SectionsYcrlctzungen ab,
— «8 — ,•?.'
bei welchen nie ein Ausschlag beobachtet Wff-|
den ist.
Seciionserfund.
Die Untersuchungen der Leichen an Warn
kranklieit verstorbener Mcnscheu sind bisjetitl
noch ziemlich mangelhaft. Von zehn von Raye
aufgeführten Kranken, welche der Krankheit
unterlagen, sind blols vier nach dem Tode un-
tersucht worden, und auch diese noch ziea-
Hch ungenau. Bei allen Sectionen hatmauAb-
scesse im Zellgewebe unter der Haut und zwi-
schen den Muskeln gefunden.
Die Diagnose f Prognose und Therapie Stil»
men ganz mit dem überein, wad wir bell
Rotze, in dieser Hinsicht, bereits erwähnt habek
3. JVuthlcrankheit.
Die Rolle, welche der Rotz und War»
beim Pferdegeschlechte spielen, übernimmt beim
Hundsgeschlechte die Wuthkrankheit , welche
ohne Zweifel mit zu den ältesten Krankheiten
gehören , ja vielleicht so alt , als das Hunds-
geschlccht selbst sein dürfte. Weil Hippokra-
tes dieser Krankheit keine specielle Erwähnung
thut, setzt Plutarch ihr erstes Erscheinen in
die Zeiten des Asklepiades von Bithynien, um
d. J. 80 vor Chr., und Comhes Brassard *), U
Clerk u. A. stimmen ihm, in dieser Hinsicht,
vollkommen bei. Dafs es aber schon vorher tolle
Hunde gegeben habe, und somit die Veranlas-
sung zur Entwickelung dieser Krankheit vor-
handen gewesen sei, beweist Aristoteles, wel-
cher die Wuth als eine der drei Krankheiten
') Journal compleuientaire du dictionnaire des science»
inedicalcs. Tom. V. 2. p. 179.
— 29 —
bezeichnet, welche den Hund befallen , wobei
auch nicht zu übersehen ist, worauf schon
Caelius Aurelianus ^) aufmerksam gemacht hat,
dftfs diese Krankheit nicht in allen Ländern,
und nicht zu allen Zeiten gleich gewöhnlich
ist. So waren im Alterthume Karlen und Kreta
durch das häufige Vorkommen von tollen Hun-
den berüchtigt. Auch erwähnt Marshall *), dafs,
obgleich die Krankheit hauptsächlich in Europa
beobachtet worden sei, doch keine Nachrich-
ten existiren, dafs sie jenseits des arktischen
Kreises vorgekommen sei, und wirklich hört
mau nach einigen Schriftstellern selten, wenn
jemals davon, in Archangel, Tobolsk, oder in
den Gegenden nördlich von Petersburg. Nie-
mals ist sie in Constantinopel, Syrien oder Ae-
gypten. Hillary ') gibt an, dafs er einige
Fälle dieser Krankheit in Barbadoes beobachtet
habe; sie ist indessen aufserordentlich selten
in Westindien , so dafs sie in manchen von den
Inseln niemals bemerkt worden ist. Nach F^a-
lenlin ^) ist diese Krankheit aufserordentlich
selten in den warmen Gegenden Amerika*», ge-
wöhnlich dagegen in dem nördhchen Theile
dieses Landes. Rabies kommt in Indien vor^
doch nur selten. Nach Barrow werden die
Hunde in der Nähe des Vorgebirges der guten
Hoffnung sehr selten toll. Endüch erwähnt De-
molrit , der Zeitgenosse von HippokrateSy nicht
nur dieser Krankheit im Allgemeinen, sondern gibt
zugleich auch ihre Entstehungsursache an, — ein
ofTenbarer Beweis, dafs das Stillschweigen des
<) De nioibis arucis. lib. III. cap. 15. eHit. Almeloveen,
paß. 229.
3) KaliscK's niedizin. Zeitung des Auslanilet. 1833.
Nr. 8. S. 62, Ziff. 24. *) Ebendas.
*) Kbendas.
— 30 — *
HippoJcrates über diesen Punct kein EdU
dungsmoment abgibt. Auch vergleicht Hom^r
Wuth des H€ktor''s mit der Raserei eines
Hundes. Indessen war Celsus der erste, welc
die Wasserscheu eines Menschen bescbriebeniil|
gegen diese schreckliche Krankheit Mittel ii"
gegeben hat. Bufus von Ephesus kannte v|
ebenfalls, allein Galen ') liefert uns hievonei
weitläufigere und mehr methodische BescbR^I
bung, und seit dieser Zeit wurde die Krank-
heit unzähligemal Gegenstand besonderer Ak-
handlungen.
Gleichwie die ursprüngliche Bntwickeloif
des Rotzes und Wurmes ausschliefsliches E-
genthum der Einhufer ist, so wird die spontav
Entwickelung der Wuthkrankheit nur bei dci
Arten des Ilundsgeschlechtcs : dem HwHk
Wolfe und Fuchse, beobachtet, und kann skk
von dieser Quelle aus, sowohl auf Individoea
desselben Genus, als auch auf andere \rariB-
blutige Thierc und selbst auf den Menschen
fortpflanzen. Bei den, von Pflanzennahning
lebenden Thieren entspringt diese Krankbeit
nie auf spontane Weise. Mehrere Schriftstel-
ler schreiben die spontane Entwickelung der
Wuthkrankheit auch den Katzen zu^ und schon
Caelius Aurelinmts ^) spricht von einer spontifl
entwickelten Wasserscheu bei Leoparden. Mor-
gagni ^) spricht sich in dieser Beziehung in
folgenden Worten aus: ,,aufser den Hunden er-
innere ich mich nicht, gelesen zu haben, dafs
die Wasserscheu, oder andere ihr gleichkom-
mende gcführliclie Zufalle öfters verursacht
worden seien , als durch Katzen." Wenn wir
*) De locis affect. cav. 5. ii. a. m. a. O.
2) I. r. 3) i)ß sedibiis et cans. niorb. coni. Ijub".
epistol. L\I. No. 10.
- 31 -
^; Übrigens in Anre<;iinji; bringen, dafs die Hunde
^: und dio zu diesem üenus {i^ehörigen Arien bei
'beginnender Wuth Rieh vorzü»[licli unvcrträj^lich
'gegen Katzen benehmen, und ihre Deifssueht
also bei vorhandener Gelegenheit zucrHt an die-
j Ben Thieron auHlassen , so wird man leicht ein-
' sehen ^ dafs eine Verwechselung des Grundes
^ mit der Folge jener Behauptung zu Grunde
liegt; denn man wird, hei genauerer Nachfor«'
Bchung, stets Ihiden, dals die wuthkranken
Katzen sich zuvor mit einem tollen Hunde oder
Fuchse herumgebalgt haben. Ob sich das Wuth-
g\ii auch auf Kaltblüter übertragen lasse, hier-
über ist mir wenigstens keine Beobachtung be-
kannt.
Anlangend die Frage, ob bei bestehc^ider
Wuthkrankheit ein eigenthümliches Krankheiis-
gift vorhanden sei, welchem man die Fortpflan*
Kung der Krankheit von einem Individuum auf
das andere zuschreiben müsse , oder nicht, sind
die Ansichten getheilt. Fiinige behaupten in
dieser Beziehung, dafs das Gift durch den Bifs
in die Wunde eingeimpft werde und so in dio
Circulation durch Absorption gelange, oderdab
es unmittetbar durch die Nerven absorbirt werde;
Andere dagegen wollen die nach dem Bisse ei-
nes wuthkranken Thieres zum A^orschein kom-
menden Symptome der starken Reizung des
Gehirnes und der erregenden Wirkung der da-
gegen angewandten Mittel zusehreiben, welche
durchgehends auf Hirnentzündung hinwirken
sollen. Uebrigens mhcit AristoteUs ^) eine so
sonderbare, als falsche Ansicht^ wenn er 'sagt:
„die Wuth macht Haserei, und alle gebissenen
Thiere, m/7 Ausnahme des Menschen, werden
toll. Diese Krankheit rafll die Hunde hin^ und
M Histor. animal. lih. VIII. oap. 22.
— 32 —
auch die gebissenen Thiere, mit Ausnahme dti
Menschen" — Dr. Bosquillon hat die Existens
eines Wuthgiftes ganz geleugnet und die Symp-
tome der ansgebrochenen Wuth nur als eine
Folge des Schreckens und der gesteigerten
Einbildungskraft erklärt. Marochetti ^) dage-
gen glaubt nicht nur an die Existenz eines
Wuthgiftes , sondern hat demselben auch einen
besondem Sitz in eigenthümlichen Bl&schen an-
ter de| 'Zunge angewiesen. Dupuy, Antonio
Soares u. A. haben das Bestehen der Wutly*
bläschen beobachtet; dagegen haben Fately
Brandt j Urban y jigostino CapeUo ^^ U.A. ver-
gebens darnach gesucht; auch wurde das Vor-
handensein derselben im Jahre 1824 vermilst,
wo die Wuthkrankheit in Augsburg gleichstn
einen epizootischenCharacter angenommen bitte.
Hieraus geht also hervor , dals die Wathbltf-
chen zwar in manchen, ja vielleicht vielen
Fällen vorhanden sein können y aber keine we-
sentliche und constante Erscheinung der Wu(h
ausmachen^ in sofern diese Krankheit auch ohne
das Bestehen derselben zum Ausbruch gelan-
gen kann, was Marochetti auch selbst zuge-
steht. Nach den Beobachtungen von Schottin,
JFhite u. V. A. bleibt es sehr wahrscheinlich,
dafs die sogenannten Wuthbläschen , avo sie
gefunden wurden, nichts Anderes gewesen sind,
als die angeschwollenen Glandulae sublingua-
les, oder in manchen Fällen auch gangränöse
Stellen dafür angesehen worden sind.
üebcr die Ansteckungsfähigkcit der Wuth-
krankheit, durch eine Art von Impfung mittelst
eines Bisses , dürfte im Allgemeinen kein Zwei-
') Observat. siir la rage, Recueil veter. 1828. j». 60.
^) Memoria suir idrofobia. Koma 1823. .
— 33 —
I
fei mehr bestehen^ wenn es gleich anerkann-
tes Factum ist, dafs nicht alle Bisse dieser
Art die Wuth erzeugen, sondern die Ausnah-
men sogar sehr gewöhnlich sind. Es ist wirk-
lich eine auffallende Erscheinung, dals der
Mensch weit weniger Empfänglichkeit för das
Wuthgift äufsert, als alle übrigen Thiere. John
Hunter ^) erwähnt, dafs ein toller Hund zwölf
Hunde und vier Menschen bifs und alle Hunde
der Wuthkrankheit unterlagen , ohne dafs einer
der gebissenen Menschen hievon ergriiTea wurde;'
ferner, dafs in einem andern Falle zwanzig
Menschen von einem tollen Hunde gebissen
wurden, und nur einer wasserscheu wurde, un-
erachtet alle nur solche Präservativmittel da^
gegen gebraucht hatten, deren Unzulänglich-
keit durch die Erfahrung nur zu sehr erwiesen
ist. Diese Verschiedenheit in den Folgen des
Bisses wuthkranker Thiere läfst sich vielleieht
dadurch auf eine naturgemäfse Weise erklären,
dafs sie, wie die Vipern, ihr Gift durch frühere
Bisse bereits erschöpft haben, oder dafiai das-
selbe an den Haaren, der Wolle, den Kleidern etc.^
beim Bisse hängen geblieben und nicht in dio
Wunde gelang sei, oder dafs diese Krankheit
nur in gewissen Stadien ihre ansteckende Na-
tur bewähre. Früherer Zeit glaubte man sogar,
dafs die blofse Anhauchung eines wuthkran-
ken Thieres schon hinreiche, die Ansteckung
zu bewirken; indessen fehlt es an authenti-
schen Beobachtungen, welche diese Ansicht
bestätigen, auch die Versuche Hertwig's, li^l-
cher gesunde Thiere in die Atmosphäre wuth-
kranker brachte und daselbst längere Zeit ver-
weilen liefs , ohne irgend eine nachtheilige Folge
^) Transactions of a sociüty for the improyement of
medical and chirargical knowledge 1793. p. 302.
Journ. XCIIL B. 4. $t. C
— 34 —
«
hievoD^ geschweige denn Ausbruch derWuth-
krankheit beobachtet zu haben, sprechen di-
rect gegen diese Annahme. Indessen fehlt e»
doch anch nicht an Beispielen, dafs das UoIIm
Anhieben von Speichel, oder das Lecken emM"
tollen Hundes an einer empfindlichen Hautstelle,
traorige Folgen nach sich zog. So enskUt
schon CaeUus AureUanus (a. a. 0.) von emer ^
N&hterin, dafs sie, als sie mit dem Ausbessem j
eines Kleides von einem durch einen wüthenden
Hund gebissenen Menschen beschäftigt war,
und hiebei mit ihren Lippen und Zunge maselbe \
berährte, schon am dritten Tage in Wuih ve^v- :
fieL Hildanus hat uns eine ähnliche Gesehiehte -i
anftewahrt, und CaUisen ^) hat zwei Beispieie ^
von Wasserscheu aufgeführt, welche dnreh das ;
blolse Lecken eines tollen Hundes zu Stande '
kamen. Eine ähnliche Beobachtung theileh audi .t.
Odhelius 2), Monrando '), Grüner ^) u. A. uiti
Uebrigens gehören diese Fälle mehr zu den
Ausnidimen , als zur Regel. Diese und ähnliebe
Thatsachen, deren sich leicht noch mebnere -
auffahren liefsen , sprechen ganz unzweidentig ^
aus, dafs das in der WuthkriEuikheit bestehende
Contagium fixer Natur sei und sich nur dmeh
unmittelbare Berührung mittheilen lasse.
Eine andere , «eowohl in theoretiseher als '
practischer Beziehung ' gleich wichtige Frage
wirft sich hier zur Beantwortung auf, nänn^
lieh: oh sich die hei den Hunden $0 cffinAare
eontagiöse Beschaffenheit der in Rede sithendni
') Collectan. societ. med. Hayniens. Vol. I. obs« S2.
*) Murrnyy n.ed. prakt. Bibliothek. Bd. 111. S. 372*
') Della !cura preservativa della rabbia canina. An-
cona 1755.
^) Almanach für Aerzte iar das Jabr 1786« 8, 148.
^ 35 —
Krankheit auch bei andern Thieren erhalte^ wenn
sie denselben mitgetheilt werde? — Huzard
scheint zuerst den Satz aufgestellt zu habeOi
daüs grasfressende Thiere die Wuth nicht weiter
fortzupflanzen vermdgen , und die später an der
Alforter Schule angestellten Versuche scheinen
diese Behauptung zu bestätigen. Dupuy eibt
an f er habe die Wuth bei Kühen und Pferden
nie hervorbringen können , wenn er in eine Haut^
wunde den, mittelst eines SchwammeSj in wel-
chen jene Thiere gebissen, aufgeftingenen Gei-
fer einrieb,, während auf eine ähnliehe Impfling
mit Geifer von einem wuthhranken Hunde die
Krankheit ausbrach. Aus den von Professor
Betti ^) zu Floredz angestellten Versuchen er«
gibt sich:
1) dab die Schafe und sämmtlicho Wie-
derkäuer die ihnen durch einen wfithenden Hund
mitgethoilte Krankheit nicht fortzupflanzen fä-
hig sind:
S) dafs das Wuthgift, indem es voa dem
einen Thiere auf das andere übergeht^ seine
contaffiöse Beschaffenheit verUere;
3) dals der Geifer eines wüthenden Thie-
res so wenig, wie ein anderer flässiger oder
fester Stoff desselben , die Wuthkraiddieit durch
Impfung mittheilen könne; ^ ^
4) da£9 das Fleisch dieser Thiere, selbst
wenn sie an der ächten Wuth gestorben mski,
durchaus ohne Schaden genossen werden könn^^
Auch Fothergill *) spricht sich in dieser
Beziehung, auf Versuche gestützt , dahin aus,
') Hurtrel tfArbovnly WÖiterbiicb der^ Tbierheilkuode,
überK. von Renner. Bd. IV. 8. 290.
') Abhandlung über die Natur der Krankheit, die
durch den Bifs eines toHen Handea veranlafiit wird.
A. d. Bnelischen Ton Werner* Wien 1810. 8. 16 ff.
— 36 —
V.
V.
dafo diese Krankheit vom Menschen dem Hen-
flehen und vom Menschen den Thieren nicht
mitgetheilt werden könne. Der Recensent >)
seiner Schrift. setzt diesem Ausspruche bei, dafo
dieses in der That ein Gegenstand sei , der bis
jetBt, zu unserer Schande, noch nicht hinläng-
lich ausgemittelt wurde; indessen will er selbst
im Wiener allgemeinen Civilspitale eine alte
Frau, welche sich vorzüglich mit der Wartung
Wuthkranker beschäftigte und öfters, ohne al-
len NaglUheil, mit dem Geifer dieser Kranken
über und über besudelt wurde, gesehen haben. .
Mehrere Aerzte, als: Vaughan, Babingtortj CHne .
u. A impften llunde und andere Thiere mit dem h
Speichel wuthkranker Personen, ohne allen ESr- \
folg. Vaughan hat einen Hund mit dem Speichel Ji
eines ai^der Wuthkrankheit verstorbenen Kindes *-'
geimpft, und binnen zwei Monaten, während '
deren das Thier beobachtet wurde, blieb das- ■'■
selbe vollkommen gesund. Trotz diesen hier ■'"
aufgeführten Thatsachen ist die in Rede ste- "
hende Frage dennoch noch nidit mit völliger «
Zuverlässigkeit entschieden, da eine andere
Reihe von Versuchen und Beobachtungeu zu
gerade entgegengesetzten Resultaten führte.
Magendie und Breschet ^) impften zwei Hunde
mit dem Speichel eines von der Wuth befalle-
nen Menschen, welcher noch an demselben Tage
starb. Eines dieser Thiere wurde am achten
Tage nach vollbrachter Impfimg wüthend and
the|Ite die Krankheit andern Hunden und Scha- '
fen mit, welche man von ihm beüsen lieAu
Femer versichern Enaiar und Chaussier, dab
verschiedene Personen von der Wuthkrankheit
') Medicinisch - cLirurgiscbe Zeitong. ISII. Bd. IV.
S. 131.
') Jotirnal general de mediane, Vol. 52.
!^'
— 37 —
ergriffen worden sind, welclio sich mit leine-
nen Tüchern, die mit dem Geifer eines wüthi-
geu Thicres besudelt waren, geschueua&t hat-
ten. Schenkius erwähnt, dafs die Krankheit
Folge einer Verwundung des Fingers mit ei-
nem Säbel, welcher mehrere Jahre zuvor zum
Tödtcn eines tollen Hundes gedient hatte, ge-
wesen sei.
Wenn auch mitten unter diesen Wider-
sprüchen die Ansteckungsfähigkeit wdüikran-
ker Hunde im Allgemeinen festgestellt 1)leibt,
so ist es doch noch keineswegs zur apodicti«
sehen Gowifsheit erhoben, wie viele Genera-
tionen das Wuthgift bei den Hunden durchlau-
fen könne, ohne an der Anstockungsfahigkeit
zu verlieren. Dafs in manchen Fällefl sogar
der llifs eines wuthkranken Hundes, selbst wo
der Geifer in die Wunde gelangt, die Wuth
nicht zur Folge hatte , während zu andern Zei-
ten die gelindeste Aufschürfung der Haut diese
schreckliche Krankheit nach sich zog , lehrt die
Erfahrung. Aßostino CapeJlo ^) hat die Ansicht
ausgesprochen, dafs das Wuthgift, wenn es
von dem Körper, in welchem es ursprünglich
erzeugt wurde, in einen andern übergeffangen
sei, nun in diesem zu Grunde gehe, und nicht
weiter fortgepflanzt werden könne, und die
vielfachen Erfahrungen von Dr. Schottin schei-
nen dieser Ansicht nicht ungünstig, indem ihm
unter mehr als sechszig, meist von selbst erst
angestockten Hunden gebissenen, Pattenten kei-
ner starb, während unter ähnlichen Umständen
viele Gebissene, ohne alle ärztliche Hülfe,
von der Wuth verschont blieben. Indessen
sind doch auch nicht wenige Fälle bekannt,
I) a. a. O.
- 38 -
welche beweisen , dab CapelWs Meinung doieh»
aus nicht allgemein gältig ist, und auchSoAol-
tin fuhrt mehrere an , wovon der folgende gau
beweisend ist: Einer von mehreren Hunde%
welche von einem primitiv toll gewordenn
Hunde gebissen worden waren, und deshalb
auf obrigkeitlichen Befehl erschlagen werden
sollte y wurde aus besondern Rücksichten $b
Leben gelassen. Er verwundete eine Ziege^
welche gleichfalls etliche Wochen darnach 2le
Symptome der Wasserscheu bekam und des-
halb erschossen werden mulste.
Zu den auffallendsten Erscheinungen ge-
hört das Auftreten der Symptome dieser Krank-
heit, in Folge eines Bisses ersfimter Thien^
was zwar vielfaltig in Zweifel gezogen^ aOein
durch mehrere Thatsachen nachgewiesen ist,
welchen , wenn auch nicht gerade bändige hiei
doch eine Stelle eingeräumt werden mufs. Dab
der Bilis heftig erzürnter Thiere, bei empfind-
lichen Subjecten, der in Rede stehenden Krank-
heit ähnliche Symptome hervorzubringen iai
Stande sein dürfte, verdient um so eher unsere
Beachtung, als es Erfahrungssache ist, daCs
selbst der Stich aufgereizter Wespen und. Bie-
nen viel schmerzhafter ist, als wenn sie in ru-
higer Stimmung verletzen; ohne übrigens der
von Caelius Aurelianus und Lecat mitgetheÜ-
ten Beobachtung von einem aufgereizten Hahne,
so wie von einem Entrich, dem sein Weibchen
entrissen wurde, auf deren Bils vollige Wuth
eingetreten sein soll, Glauben zu schenken;
denn die Vögel scheinen, da sie im 'Allgemei-
nen wenig Speichel haben, wenn deren Schna-
bel auch stark genug wäre, um die Haut zn
verletzen, nur schwer den giftigen Stoff in die
gemachte Wunde einführen zu köimen, und
-. 39 —
sind deshalb auch nicht geeignet, die Wuth-
krankheit mitBUtheilen. Dagegen theilt uns
AUter von Berk$ ^) folgenden interessanten Fall
mit: Mehrere Lohnkutscher und dergleichen
Leute fingen in St. Petersburg auf der Straüie
einen Hund auf^ und unterhielten sich damit,
einen Kreis um ihn zu bilden und ihn herum-
zupeitschen. Der höchst aufgereizte Hund ent-
sprang, und bifiai ein eben vorübergehendes
Frauenzimmer, welches binnen sechs Wochen
von den Erscheinungen der Wasserecht be-
fallen wurde und starb; an dem in Verwahrung
genommenen Hunde ward dagegen keine Spur
von Wuth bemerkt. So erzählen auch 5oaro-
mucd und Gmelin >) ein Beispiel, wo ein &tt«
fserst erzürnter Jüngling' sich in den Finger'
bifs, nach vierundzwanzig Stunden in die Was^
serscheu verfiel und in kurzer Zeit- als ein Ra-
sender starb. Auch erinnere ich mich, in der
jüngsten Zeit in einem öffentlichen Blatte ge->'
lesen zu haben , wo ein verzweifelt Verliebter,
wegen hartnäckiger Zurückweisung seiner Bit-
ten und kalter BeharrKcbkeit seiner Geliebten
auf ' dem Entschlüsse, ihr seitheriges VerhUt«
nifs mit ihm aufzugeben, plötzlich von heftigem
Zorne ergriffen , sich in den Finger bifs und in
Folge hievon starb. Uebrigens bleibt es hier
zweifelhaft, ob mehr die allgemeine Äufirelzung,
oder die örtliche Verletzung zu dem Tode bei*
getragen habe.
Was endlich die Ansicht derer betrifft, wel-
che die in Rede stehende Krankheit mehr auf
eine psychische Ursache — aufgewecktes Vor-
tttellungsvermögen, Furcht und Angst — zurück-
<} Wörterbuch der Tbiürbtfilkiinde yon Hurird ttÄrbo-^
valy iibcrs. von Rentier. Bd. IV. S. 244.
^) Gescbicbte der Gifte. S. 327.
_ 40 —
gefuhrt wissen wollen , so fehlt es aach von
dieser Seite her nicht an Thatsachen, welche
für diese Ansicht zu sprechen scheinen. Dr.
Feiice Asti ^) berichtet von einem Manne, wel^-'
eher, nachdem ihn ein Hund gebissen hatte^
den er für wüthig hielt, lange Zeit alle Zo-
falle einer vollkommenen Wasserschea editt; i
nach einigen Monaten ward er aber überfuhrt,
dafis der beschuldigte Hund nicht toll war, und
nun verschwand seine Wasserscheu. Der Aizt '
Themison^ welcher seinem Freunde in einer
Wuth bis an sein Ende beigestanden hatte^
glaubte endlich selbst augesteckt asu sein und
flieh geheilt zu haben; so oft er aber hieven
schreiben wollte, so kam ihm immer der qual-
volle Gedanke ein, dais er noch an jenem Ue-
bei leide. Dr. Jäger ^) sagt in dieser Besie-
hung: „Es sind mir Beispiele bekannt, wo «ine j
Person aus blofser Angst, der Hund, vonwd- '^\
chem sie gebissen worden, möchte doch, gegen
alle übrigens zuverlässige und bestätigte Zeug-
nisse von seiner Gesundheit, wüthig gewesen
sein, gegen sechs Wochen lang in eine Melan-
cholie, — und eine andere, auf etliche Tage •
in einen wirklichen Furor maniacua veifleL'* *
— Pet, Frank ^) läüst sich hierüber fblgeit-
dermafsen vernehmen: ,J[ch kenne einen ge-
schickten Lehrer der practischen Argneitalnde
und Leibarzt eines deutschen Fürsten, der, weil
er einem Kranken , welcher später an der Wnth
starb, seinen Finger in den Hals gesteckt halten
*
>) Compendio di notizie iiiteressanti circa U teleBO
de rabbiosi animali.
^) Medicinische Anweisung wegen der (ollen Hundt-
watb. Stattgart 1782.
^) System einer vollständigen medidn. Polizd. Wien
1790. Bd. IV. S. 259.
- 41 -
80 heftig in seinem Gemütho beängstigt wurde^
dafs er in einem • beinahe unheilbaren Tiefsinn
verfiel und fast zu allen Verrichtungen unbrauch-
bar wurde, bis sich endlich, nach ungefähr zwei
Jahren^ dieser würdige Mann wieder ganz er-
holte. Ich selbst habe, setzt er hinzu, mehrere
Menschen gesehen, welche der Verdacht einer
bei den Thieren, von welched sie gebissen
wurden , versteckten Wuth so be&ngstigt hatte,
dafs sie in eine wirkliche Melancholie verfielen,
obschon die befürchtete Krankheit nie ausge-
brochen ist. Frank will selbst einem, den ntoi-
lichen Abend, wp er ihn zum erstenmale sab,
verstorbeneu Wasserscheuen eine ziemliche
Zeitlang den Puls gefühlt haben, da dessen
Haut schon mit einem klebrigen kalten Schweifi^
überzogen war. Ich bin nicht ängstlich bei
Krankenbesuchen, sagt er, aber ich spürte doch
gegen fünf Wochen lang ein «lich sehr beäng-
stigendes, brennendes Beilseu in der Spitze
zweier Finger, mit welchen ich den Puls ge-
fühlt hatte; ich wusch diese öfters bald mit
Essig, bald mit Seifenwasser und machte sie
dadurch immer noch empfindlicher, \m endlich
meine Einbildungskraft, deren Ungrund ich mir
lange umsonst vordemonstrirt hatte, besänftigt
ward.'
Nachdem wir nun in der seitherigen Dar-
stellung durch authentische Beobachtungen
mehr oder weniger bündig bewiesen haben, dafs,
obwohl die Wuthkrankheit entschieden von an-
steckender Natur ist, doch auch durch ander-
weitige Anlässe ihr ähnliche Erscheinungen
ins Entstehen gerufen werden können, so wirft
sich hier noch laut die wichtige Frage auf:
,y Welches ist der palpable Träger dieses Art"
yySieckungsstoffes?*' — Genau gcnonunon^ hcr»
— 4f —
sitzen wir, in Bezug auf den Menschen , nur
darüber sichere Erfahrungen, daGs der Speichel
des*^ Thieres bei jenen die Krankheit erzeuge^
da Bilswunden^ mitunter auch Lecken die re-
wohnlichsten Veranlassungsursachen darBtema.
Nach Heriwig's verdienstvollen Beobachtungen
und Versuchen ; im Verlaufe von zehn Jahren
an dreihundert Thieren gewonnen, haftet der
Ansteckungsstofif nicht nur an dem Schieine
und dem Speichel wuthkranker Thiere, sondern
auch an den Speicheldrüsen selbst und an d«r i
ganzen Blutmasse ; Nervensubstauz ist dagegen y
nicht als Träger desselben zu betrachten. In- X
dessen sollen nach Prof. Rossi ^) in Turin die i,
Nerven, ehe sie erkaltet sind, gleich dem Spei- '
chel die Eigenthümliehkeit besitzen, die Wath ^
mitzutheilen. Er erzählt, dafs er einst die ' :
Krankheit dadurch mittheilte, daCsi er ein Stuck .
des ischiadischen Nervens unmittelbar dtt^ ^'
auf, nachdem er es von einer lebenden tollen
Katze ausgeschnitten hatte, in eine Wunde ;
brachte. Dagegen wollen Dupuytren^ Breschet
und Magendie ^) niemals im Stande gewesen
sein, die Hundswuth andern Thieren dadundi
mitzutheilen , dafs sie in Wunden derselben Bhit
von tollen Hunden brachten ; sie injicirten ndbet
. mehreremal solches Blut in die Venen gemm*
der Hunde, keines dieser Thiere wurde aber
von dieser Krankheit befallen, ungeachtet man
sie eine gehörig lange Zeit beobachtet hat So •
henschen denn auch, von dieser Seite her,
nicht wenige Controversen, deren Ausgleidiang
aber hier nicht unsere Aufgabe sein kann; nur
, <) Mem. de l'Acad. imp. de Turin, Sdencei , Pbyi. tl
Mathem. de 1805. ä 1808. pars 93. de la notico dei ,
Trayaux.
') Dict. des Sciences m^dic T. 47. p. 63. - *
— 43 -
soviel «oi hier erwähnt, dafs es vielleicht , da
nach dem Seitherigen das inficirende Princip
der Wuthkrankheit mehr oder weniger diurcn
die festen und flüssigen Theile eines wuthkrau-
kcn Thieres verbreitet und nicht blofs auf den
Speichel beschränkt zu sein scheint , am vor-
sichtigsten und vernfinftigsten ist, wenn man
diese Meinung nicht ganz verwirft, sondern sis
mit der Einschränkung annimmt, dafis sie noch
fernerer Beweise bedürfe.
■
Fasson wir nun aus den seither erwähn«
ten Beobachtungen und Versuchen das We-
sentliche kurz zusammen, so erhalten wir fol-
gende Resultate:
1) Die Wuth bewährt sich als eine toirk»
lieh contagiose Krankheit y welche ihre anstek»
kende Natur um so sicherer und energischer 6#-
währtj je näher sie sich ihrer ursprünglichen
EntWickelung befindet \
2) "Der Speichel ist das sicherste und an«
gemessenste Vehikel des inficirenden Principes
— des fixen Contagiums^ welches sich im Fer-
laufe der Krankheit entwickelt , wenn auch gleich
nicht ganz stricte in Abrede gestellt werden
kann^ dafs das Blut und andere Stoffe eines
wuthkranken Thieres keine ganz unschuldigt
Rolle spielen]
3) dafs beim Menschen y unier dem Ein'*
flusse hygienischer Umstände und moralischer
Aff'eciionen, allerdings einige y bei der wahren
fVuthkrankheit verkommende Nervenaffectionenf
z, B. Wasserscheu y Convulsionen u. dgU her^^
vorgeri^en werden können, dafs sich aber »«•
ter keinen Umständen die eigentliche Hunds*
wuth bei ihm spontan zu entwickeln vermag v
— 44 —
i
4) dafs die JFuthkrankheit eine bestimmte^
aber noch nicht gehörig quantitativ ermittelt«
Incuhationsperiode beobachtet \ uud endlich
5) da/s die ursprüngliche Entwickelung die^
8er so furchtbaren Krankheit ausschliefsliches Ei-
genthum des Genus y^Canis** und ganz besonders
€tes Hundes ist,
allgemeines Bild der Krankheit beim Hunde,
Dafs die Wuthkrankhcit beim Hunde bald
durch ursprüngliche Entwickelung , bald durch
Mittheilung des Contagium^ zum Ausbruche
kommt, dürfte aus der seitherigen Darstellong
mehr als zur Genüge hervorgegangen sein, und
wir hätten somit auch hier , wie beim Rotze und
Wurme, eine ursprüngliche und abgeleitete Form
der Krankheit in Betracht zu ziehen. In so-
fern wir aber von dem geheimnilsvollen Gange
dieser ursprünglichen Entwickelung beifflllundi>-
geschlechte noch nicht hinreichend unterrichtet
sind j wir noch nichts . Gewisses wissen über
die Verhältnisse und den Zeitpunct, wie. und
wann das Wuthgift zur Entstehung kommt, und
die Krankheit, einmal ausgesprochen, sowohl
bei diesem, als bei jenem Ursprünge dieselbe
wesentliche Symptomengruppe zeigt, so haben
wir weniger auf dieses genetische Verh&Itnils
Rücksicht zu nehmen, als vielmehr auf die vei^
schiedeue Form, wie sie sich hier wie dort in
der Erfahrung darstellt. Da diese Angelegen-
heit zu tief mit in das Gemeinwohl des Men-
schen eingreift, so wollen wir hier etwas um-
ständlicher verfahren, und die Wuthkrankheit
als rasende und stille in besondem Betracht rie-
hen. Beide Formen sind zwar innig mit ein-
ander verwandt, und erstcre geht nicht selten
— 45 —
in letztere über; dessen ungeachtet aber bieten
beide Arten so chäracterlstische Erscheinungen
dar, dafs jede für sich einer speciellen Betrach-
tung unterworfen werden mufs.
a) Rasende Wuth. Sie kommt häufiger vor,
als die stille Form dieser Krankheit und cha-
racterisirt sich durch folgende Erscheinungen:
Die eikrankenden Hunde ändern zuvörderst auf
irgend eine Weise die Art ihres Benehmens.
Die meisten verlieren ihre bisherige FreundUch-
keit, werden vcrdriefslich, mürrisch, gegen har-
tes Anfahren und Drohen empfindlich, so daüsi
sie leicht knurren, ja selbst beifsen; sie bellen
und heulen viel und zeigen einen besondem
Trieb zum Fortlaufen; andere werden dagegen
mehr träge, selbst traurig, liegen gern un-
gestört an dunkeln Orten, und beim Gehea
schleichen sie langsam von einer Stelle zur
andern. Die meisten Hunde zeigen schon vom
Beginn der Krankheit an eine ungewöhnliche
Unruhe: sie laufen ohne Veranlassung umher,
veni'eilen nirgends lange, und wechseln selbst
beim Liegen oft den Ort ; diese Unruhe ist aber
nicht anhaltend in gleicher Art zu bemerken,
sondern wechselt mit ganz ruhigen Zwischen*
räumen ab. Bei der Zunahme der Krankheit,
etwa den zweiten bis vierten Tag, artet sie
hänfig so aus, dals die Hunde das Haas ihres
Herrn verlassen und gleichsam bewufstlos in
neilenweiter Entfernung umherschweifen, wenn
aber hiemach der ruhige Moment wieder ein-
getreten ist (was zuweilen in vier bis adit
Stunden • mitunter aber auch erst nach %'ienind-
zwauzig Stunden geschieht), so suchen sie mei-
stens doch wieder ihren frühern gewöhniichen
Aufenthaltsort zu erreichen, und hier angekom-
men, sind ^ie gegen ganz bekannte Personen
— 46 —
■
meisteniheils sehr freundlich, nur einzehe be-
nehmen sich etwas scheu und fiirchtaam, ab
ob sie Strafe besorgten. Die Freüslust verfielt
sich meist schon beim Eintritte der Krankheit;
bestinmit aber am Tage derselben. Namendich
nehmen tolle Hunde keine feste NahsungsiiutF
tel mehr zu sich; etwas Suppe und dal^i ei-
nige Brocken Fleisch oder Brod verschlucken
manche wohl noch zu Anfang der Krankhdt,
doch auch nur in sehr geringer Menge. Dage-
gen zeigen die meisten tollen Hunde einen Ap-
petit auf Dinge y welche ihnen sonst zur Nah-
rung nicht dienen und verschlucken sie wirk-
liehy wie z. B. Holz, Steine, Federn, Stroh,
Torf, Leder, Lumpen u. dgl., welche Stoffe
man bei der Section im Magen angehäuft fin-
det; manche lecken auch ihren eigenen Urin
und fressen sogar ihren Koth. Dergleichen Hoode
leiden gewöhnlich an Verstopfung, oder nor
zuweilen während zwei bis drei Tage, ja nach
Slaine ist dieses gleich von Anfang das erste
constante Symptom, wobei das Thier ängstlich
auf den Leib hinblickt, als ob es den Sitz sei-
nes Leidens andeuten wollte. Nach dieser Zeit
geht der Koth , und zwar bei manchen in der
gewöhnlichen BeschafTenheit ab, bei andern da-
gegen erscheint er dänuflüssig und sehr übel-
riechend. Die meisten zeigen eine grobe Nei-
gung, sich an kalte Gegenstände hinzulegen
und sie zu belecken, wie z.B. Steine, Wände,
Ketten^ Nagelköpfe in den Dielen u. dgl. Ebenso
werden die meisten von starkem Durste ge-
quält; sie stecken daher sehr häufig das Hanl
ins Wasser, lecken viel davon üna versuchen
es hinunterzuschlucken; manchen gelingt sol-
ches auch wirklich , wenigstens zum Theil, an-
dern läuft jedoch alles Wasser wieder aus dem
— 47 —
Maulo heraus. Weil bei vielen wuthkranken
Hunden, im hohem Grade der Krankheit , das
Hinunterschlucken von Flüssigkeit nur mit gro-
fser Beschwerde oder gar nicht möglich ist,
wegen der Anschwellung der Schlingwerkzeuge,
80 hat dieses zu der allgemein verbreiteten Mei-
nung, dafs tolle Hunde durchaus wasserscheu
sein müssen, Anlafs gegeben. Wirkliche Was-
serscheu ist aber, wie schon Blaine versichert
und Meynely Greve, Hertivig u. A. bekräftigen,
bei der Wuthkrankheit niemals zugegen, und
die tagliche Erfahrung lehrt, dals die meisten
wuthigen Hunde mit Begierde Wasser auflek-
ken, nur lassen sie es im hoben Grade der
Krankheit, wenn ihr Schlund schon entzündet
und krampfhaft zusammengezogen ist, wieder
aus dem Maule herauslaufen, ohne einen Tro-
pfen hieven niederzuschlucken, so dals das
Wasser , sie mögen auch noch so lange davon
lecken , nicht vermindert erscheint. Auch sieht
man sie nicht selten über Flusse oder Bäche
schwimmen oder laufen, ohne da£B Furcht vor
dem Wasser — Wasserscheu bemerklich wäxe.
Wenn man sie mit Wasser besprengt, luigen
sie wohl stäiker zu toben an, aber nur, weil
sie dadorch, wie dnrch jede andere äofiiere Vor-
anlassong, xom Zorn aufgereizt werden; so
beiben sie andi, wenn das Wasser mit rinor
Spritxe anf sie geleitet wird, mit wahrem lo-
gnmm in den WasserstraliL Auch die Lieht -
und Glanzschea ist nicht als deutlielies Symptom
vorhanden ; einzelne wuthende Hunde Scheines
swar «ne grölsere Empfindlichkeit gegen hel-
leres Licht zo haben, nnd dadurch ihre Augen
halb so schliefsen , oder sich in dunkle Orte zu
verkriechen; allein sehr viele tolle Hunde hal-
ten mch beun hellsten Sonnonseheio im FreioB
— 48 —
auf. Durch vorgehaltene Spiegel^ oder and<
glfinzende Gegenstände werden sie daher ei
nicht mehr aufgereizt^ als durch alles Andei
was in ihre Nähe gebracht wird.
.Wenn die Krankheit in Folge eines
hem Bisses von einem tollen Hunde zum Eni
«tehen kam, so belecken die Thiere sehr
fig diejenigen Stellen ihres Leibes, an welche
eich die Bi&wundeu befinden, können sie aii
selben aber nicht mit der Zunge eneichen,
z. B. am Kopfe, so kratzen sie sich dort
den Pfoten. Manche tolle Hunde lecken d<
gleichen SteUen so heftig, dafis sie blutränsl
werden, und zuweilen beilsen sie dieselben
gar blutig. Fast bei allen an der rasent
Wuth leidenden Hunden zeigt sich Sei/ssuokii
diese tritt früher oder später ein und
sich abwechselnd in verschiedenen Zeiten
verschiedenen Graden, wobei auch die
das Temperament und die frühere Bescl
gung des Hundes groüsen Einfluls haben,
dals sie bei Hunden, die früher phlegmatisdij
und sehr gutmüthig waren, gewöhnlich nur sehr;
gering und unbedeutend ist, indem sie bloik^
nach den Füfsen der Vorübergehendcpti
schweigend schnappen, und sie nur kneippeüo^ i^
ohne wirklich zu beiüsen; sehr bedeatmid dsrij
gegen bewährt sie sich bei sonst schon bisalHi
gen und hitzigen Hunden. Diese ertragen
dann gar keine Zurechtweisung, und noch
niger Strafe; sind sie eingesperrt, so beiten\j
sie in die Kette, den Stock und Alles, was*!
man ihnen nur nähert, zerwühlen das Stnri^
worauf sie liegen, zerbeifsen dasselbe, schnap-
pen oftmals in die Luft, fallen mit den Zihnsö
von Zeit zu Zeit ihren eigenen Körper ui| ar« .
beiten gegen Thüre und Wände iluer BÄUt-
— 49 —
nisse mit Heftigkeit ^ so dafs sie sich zuweilen
die Zähne ausbrechen. Sind sie in, Freiheit ge-
setzt, so rennen sie auf den Gassen ui;id Land-
8trafsen fort, meistentheils und so lange ihnen
Dichts in den Weg tritt, gerade aus, mit ge-
strecktem Halse und halbgesenktem Kopfe, zu-
weilen mit hängendem Schweife, und oft sehr
bemerklichem Schwanken des hintern Körper-
theils, manchmal auch in wirklichen Absätzen
und selbst im Kreise herum, ohne übrigens an-
dere Hunde und Menschen aufeusuchen, ob-
gleich es gefährlich ist, ihnen zu drohen, da
sde in diesem Zustande von Furcht nichtai mehr
ivissen, sondern jedes lebende Wesen, wel-
ches sie erreichen können, beifsend anfallen,
^ivobei sie die Lippen grinsend verzerren und
die Augen einen eigenen, wie rothen Licht-
schein von sich geben : bisweilen verfolgen sie
auch mitunter andere Thiere mit wahrer Wutb,
Ulis in die Wohnhäuser und Ställe. Am frühe-*
Sien und heftigsten äufsert sich diese Beils-
jBUcbt gegen Katzen und Federvieh, dann ge-
^en Hui]3e und zuletzt gegen Menschen, we-
^en des Hundes eigenen Herrn scheint sie in
den meisten Fällen verhältniüsmäbig am we-'
nigsten heftig zu sein, obgleich sie aucli ge-
^en ihn oft genug ohnd alle sonstige Veran-
lassung eintritt, ^^on einem solchen Laufe er-
mattet, kriechen sie in irgend einen Winkel
oder sonstigen dunkeln Ort, abseits von der
Strafse, wo sie eine Zeitlang, auf den schwa-
chen schwankenden Hiuterfüben gekauert, still
sich verhalten, oder nur um sich schnappen,
bis sie sich wieder von Neuem in Lauf bege-
ben. Von Zeit zu Zeit hört man sie nochbel-
len, besonders während des Sitzens, und ein
sehr constantes und wichtiges KenD9&Q\c\!i«a\i\%-
Jo\in.XCni.Bd.4.8t 1>
VT.
- 30 —
bei ist eine ganz eigenthümliche VeiändeniDg
der Slimme. Das Bellen geschieht nämlick
nichts wie bei gesunden Hunden^ in mehren
einzelnen y kurz auf einander folgenden, aba
doch deutlich von einander getrennten LaoUa
oder Schlägen, sondern der tolle Hund stöürt
nur immer einen Laut aus, welcher zuerst bel-
lend ist, dann aber in ein kurzes, klagendei
G^eheol übergeht, wie es Waldinger trefflidi
schildert, so dals das Ganze gleichsam eii
Mittelding zwischen Bellen und Heulen darstellt;
an welcher Erscheinung eine gtoSs» Troekeor
heit des Schlund- und Kehlkopfes und eio0
krampfhafte Verschnfirung ihrer Muskeln flidi
m ericennen gibt Mit Recht bemeriit Meynti
ganz richtig, daüs, wer einmal dieses höchst
tranrige oder klagende Geheul gehört ha^ das-
selbe nie vergossen werde, und dals man «b
diesem Geheul auf die Gegenwart eines tollen
Hundes schliefsen könne , wenn man iho auch
nicht sehe. Die Stimme ist dabei bald etwas
tiefer, bald etwas hoher, als im gesunden Zu-
stande, zugleich aber auch rauh, etwas heiser
und widerlich. Dabei hält der bellende Haod
das Maul mehr in die Höhe, als in gesnuden
Tagen, wie Hunde, welche durch Blasinstm- I
mente zum Heulen gereizt werden. Manchef
tolle Hund bellt und heult übrigens viel, ein
anderer nur wenig, oil wechselt dieses im Ver-
laufe der Krankheit, je länger aber dieselbe
dauert, desto heiserer wird die Stimme. Sehr
häufig sieht man tolle Hunde in die Luft schnap-
pen , als ob sie herumfliegende Insecten fangen
wollten, \venn auch dergleichen nicht wiiklicb
vorhanden sind. Manche suchen Papierstäcke,
Stroh u. dgl. fortwährend unter ihren Leib zu
scharren, als ob sie diesem dadurch eine wei-
— Ol —
che Unterlage bereiten woUten. Ueberhaupt ist
das Bewnlstsein und die Sinnesthätigkeit sol-
cher Hunde gestört und unterdrückt, wiewohl
immer nur periodisch' und bei den einzelnen
Thieren in sehr verschiedenem Grade. Manche
sind zu Anfang, und selbst während desgröfs-
ten Theils der Krankheit noch ziemlich mun-
ter, andere dagegen liegen viel -mit geschh
senen Augen und hören auf den Zuruf nur we-
nig; zuweilen scheinen diese wie aus dem
Schlafe zu erwachen , sehen sich stier und lang-
sam nach allen Seiten um und laufen daim ohne
bestimmten Zweck umher; werden siegeschla-*
gen, so schreien sie wenig oder gar nicht.
Alle tollen Hunde aber erkennei;! die Stimme
ihres Herrn und bemühen sich derselben ara
folgen, so dafs sie selbst ihren Dienst, z. B«
bei der Jagd, beim Viehtreiben, oder erlernte
Kunststücke u. dgl. noch häufig einige Zeit hin-
durch verrichten, wobei sie indessen abwech-
selnd immer wieder in Abstumpfung verfallen.
Letztere nimmt, der Stärke und Dauer nadi,
gegen das Ende der Krankheit immer mehr zu.
Was endlich das äufsere Aussehen des tol-
len Hundes betrifit, so ist dieses in der aller-
ersten Zeit der Krankheit nur sehr wenig ver-
ändert. Das Weifse im Auge erscheint bei ei-
nigen etwas stärker geröthet, bei andern da-
gegen nicht. Ebenso ist bei einigen die Pa-
pille auch im Lichte erweitert und starr, und
während einiger Zeit das Auge glänzender und
der Blick etwas feuriger , als im gesunden Zu-
stande, und verräth etwas Abschreckendes,
was sich nicht wohl beschreiben läHst, bei an-
dern aber wird , besonders in der letztem Zeit
der Krankheit, das Auge matt und trübe. Vom
zweiten bis dritten Tase an werden ^^ K»l«
— 5« —
genlider sehr häufig währeud ciuiger Secandea
geschlossen und abwechselnd wieder geöffnet^
wodurch die Hunde ein schläfriges Aussehea
erhalteu. Bei manchen zieht sich die Haut, an
der Stirne faltig zusammen, oder sie schwillt
hier und au den Augenlidern etwas an, wo«
durch der Ausdruck des Gesichtes sehr finster
und mürrisch wird. An den Ohren bemerkt >
man keine bestimmte Veränderung, manche ^
tolle Hunde richten sie mehr in die Höh^ |
andere lassen sie mehr hängen, als im ge« J
Sunden Zustande. Die Schnauze ist warm, .?
trocken, dabei aber wie schmutzig und miÜEH jj
farbig; die Vorderlippe aufgedunsen; das Maul „ll
fallt sich selten mit Geifer, vielmehr ist es b&o- >
figer trocken, als feucht, ja zuweilen wird die A
Oberfläche der Lippen und Zunge ganz ausge- i
trocknet, wie bei acuten Fiebern; die Mond- «
ha,ut ist dunkelroth, gewöhnlich hängt die ^f*
schmutzige und angeschwollene Zunge etwas i
hervor, ohne dafs Geifer oder Schaum siditbar t
wäre, welches nur zuweilen bei starker An- -
Schwellung des Schlundes bemerklich wird. Bei <■
den meisten wird das Haar am gansen Körper 'i
sehr struppig und alle magern .in kunser sSeit .
bedeutend ab. Den Schwanz tragen die tollen >;
Hunde, so lange sie noch etwas bei KriUten *
sind, und wenn sie nicht etwa verfolgt wer- i
den, ganz so wie sonst, und keiner zieht den- ;
selben auf eine besondere Weise unter den ^
Leib, was nur geängstigte Hunde zu thun pfle- -.
gen, sondern Gegentheils hängt er, wenn sie
ihn nicht aufrecht tragen, gerade herab, seUwt
etwas vom After entfernt. Ebenso gehen der^ •
gleichen Hunde, in der ersten Zeit der Krank-
heit, ganz wie gesunde; je länger aber letztere
dauert^ desto schwächer werden sie, so dafil
— 53 — .
sie dann beim Gehen taumeln, von Zeit %a
Zeit bald mit den Vorder-, bald mit den Hin-
terfüfsen zusammenknicken. Zuletzt werden sie
völlig gelähmt, besonders im Ilintertheile des
Körpers — im Kreuze, und es tritt der Tod
unter Convulsionen ein.
h) Siille JFuth. Bei dieser Form der Krank-
heit lassen die Hunde im Wesentlichen die so
eben crwlihnten Erscheinungen' wahrnehmen,
wie bei der rasenden Wuth, namentlich macht
sich ein verändertes Betragen des Hundes be-
mcrklich, welcher aber in der Regel weniger
lebhaft und weniger munter als sonst, sondern
viel ruhiger, still, ja sogar ganz traurig wird.
Die wichtigsten Unterschiede stellen folgende
Erscheinungen dar: der Unterkiefer hängt hier
gelähmt herab, und das Maul steht daher be>«
ständig mehr oder weniger offen. In Folge
diei^es lähmungsartigen Zustandes kann der an
stiller Wuth leidende Hund fast gar nichts,
selbst nichts Flüssiges geniefsen. Zwar grei-
fen sie zuweilen mit einer gewissen Heftigkeit,
gleichsam stofsend in das Futter; doch können
sie mehre ntheils nichts davon ins Maul bekom-
men, und wenn dies auch einmal fi^eschieht,
so vermögen sie doch das Kauen und das Hin« -
unterschlingeu nicht auszuführen , behalten vieP
mehr das Futter einige Zeit hindurch im Maule
und lassen es aus demselben sodann wieder
herausfallen. Solche Hunde geifern und spei-
cheln fast während der ganzen Dauer der Krank-
heit, besonders aber in der ersten Zeit, stark
aus dem Maule, weil sie den Speichel und
Schleim nicht zu verschlucken vermögen. Letz-
terer scheint aufserdem iu der Rachenhöhle sich
anzuhäufen und dadurch das Athmen zu be-
hindern; wenigstens ist das Ausathmen d^t
— 54 — .
Haode sehr oft mit einem eigenüifimfielieii
schnarchenden oder räuspernden Geräasch ver-
bunden. Die Zunge hängt diesen Huoden et«
was aus dem Maule heraus, wenigstens so-
weit, dab ihre Spitze zwischen den Zahnrei-
hen hervorsteht, zuweilen ist letztere an ihrer
Oberfläche stark geröthet, oder selbst bläulich
gefärbt. Die meisten stilltollen Hunde alnd
weit ruhigibr und weit weniger zum Beiüsen ge-
neigt, als die rasendtollen, indessen tritt auch bei
ihnen toweilen die Beifssucht dennoch ein, und
wenn sie durch irgend eine Veranlassung sehr
gereizt werden, so verschwindet in einzdoen
Momenten der lähmungsartige Zustand der Kie-
fermuskeln, und sie können daim wirklich bei-
Isen und verletzen. — Mit öfterm Wedisel voo
erneuerten Wuthanfallen und ruhigen Zwiscbeo-
zeiten dauert dieses Leiden, vom ofTenbaren
Ausbruch an, zwei bis drei Tage fort, nach
Verlauf dieser Zeit aber nimmt die ErmaUung
80 überhand, dafs die ruhigen Intervallen immer
länger werden und die Wuthanfälle an ihrer
Heftigkeit verlieren. Die Abmagerung nimmt
sehr schnell überhand, die Thiere kennen sich
nicht mehr aufrecht erhalten, sie wanken im
Schritte hin und her, zittern oft, besonders an
den Hinterschenkeln, heulen immer seltener,
schwach und sehr heiser, die Augen sind trube^
flach oder eingesunken, und wie das ganze
Antlitz häfslich entstellt, meistens ohne Licht-
empfindung; das Maul geifert wenig, wird in-
nen , sowie die Lippen dürr und bleifarben ; die
Thiere werden noch einigemal von würgenden
Krämpfen und Zuckungen befallen und endeo
ganz still, gewöhnlich sechs bis acht Tage
nach dem ersten Erkranken, zuweilen tritt der
Tod schon früher ein, und die Thiere sterben
— '55 — .
dann plötzlich , wie durch Schlagflufs. Dem
Tode pflegt ein eigener matter Lichtschein in
den Augen vorauszugehen, welchen Waldinger
treffend dem electrischen Leuchten vergleicht.
Es wäre von der, höchsten Wichtigkeit,^
wenn wir im Stande wären, die in Rede ste-
hende furchtbare Krankheit gleich bei ihrem
ersten Beginn — im Anfange ihrer Entwicke-
lung, aus dem Ausbruche gewisser Erscheinun-
gen zu erkennen und ihren Verlauf voraus
zu bestimmen; allein die seitherigen Bemop*
hungen ausgezeichneter Beobachter führten biiK
her noch zu keinem diesfallsigen günstigen Re-
sultate. Wir finden zwar in verschiedenen
Schriften den Verlauf der Hundswuth auf sehr
verschiedene Art beschrieben, in Grade und
Perioden eingetheilt, und eine Menge von Pre-
dromen, oder Zeichen des zu befürchtenden
Wuthausbruches aufgeführt; allein alles dieses'
ist nicht characteristisch genug, indofern es
auf viele andere Krankheiten ebensogut pafst.
In der That müssen jedem Ausbruche der Wuth
gewisse Veränderungen im thierischen Organis-
mus, namentlich in den Functionen des Ner-
vensystems vorausgehen, welche sich allmählig
über die übrigen untergeordneten Systeme ver-
breiten, und endlich sich so hoch steigern, daÜB
die dadurch ^eingeleitete Disharmonie der ver-
schiedenen Lebensakkorde durch die Aeulse-
rung der Thiere sich kenntlich darstellen muls.
Allein diese Aeufserungcn können nur bei sol-
chen Hunden mit Bestimmtheit als Vorzeichen
des Ausbruches der Wuth anerkannt werden,
von denen man weifs, dafs sie von einem wü-
thigen oder wuthverdächtigen Hunde gebissen
worden sind , oder überhaupt zu solchen Zeiten,,
wo man von dem gerade gegenwärtigen Gras-
.vT:--
— 56 —
'fiiren der Krankheit unterrichtet ist. Äl8 8o]eh0
Vorzeichen bezeichnet man gewöhnlich: dab
die Hunde sich märrisch, ungeduldig , unruhig
zeigen^ was sie früher nicht zu thun pflegten;
da£B sie^ gegen ihre Gewohnheit, in der Fut-.
terwahl eckel suid, zögernd und nur wie mit
Mühe fressen, von Zeit zu Zeit knurren, mit
andern Hunden gern Handel anfangen, von
Zeit zu Zeit sich in einen abgelegenen Ort oder
Winkel verkriechen u. s. w. ; allein alle diese
Merkmale sind zum TheH zu geringfügig, als
dafis wir mit Bestimmtheit auf sie bauen,
und zum Theil zu wenig constant, als dafii
wir uns auf sie verlassen könnten. Von weit
gröfserem Belange sind dagegen gewisse pa-
thologische, eben das wirkliche Erkranktsein
selbst schon bezeichnende Aeufsernngen des
Thieres, als da sind: eine aufTallende Verftnde-
ning im Gesichte, ungewöhnliche, selbst im
Lichte bemerkliche Erweiterung der Papille,
scheuer, fremdartiger, starrer Blick, ohne alle
Lebhaftigkeit, aber keine wilden und fankeln-
den, sondern vielmehr matte und schlänge Au-
gen; Trockenheit der Schnauze; femer das ganz
veränderte Benehmen des Hundes, mfiniMhes
Trotzigthun, oder auch heimtückische Freund-
lichkeit, Unachtsamkeit auf den Zuruf des Hem,
selbst fremdes und feindschaftliches Benehmen
gegen denselben, eine gewisse Unruhe, BodaGai
die Hunde nirgends lange verweilen, stets ei^
Den andern Ort zum Lager aufsuchen, ohne
Zweck hin und her laufen u. s. w. Diese hier
aufgeführten Abänderungen, welche das wirk-
liche Dasein der Wuth schon bekunden, pfle-
gen in allmähliger Steigerung mehrere' Tage
fortzudauern , ehe der offenbare Ausbruch der-
selben erfolgt. Ist nun einmal die Krankheit
— 57 —
förmlich zum Ausbruche gekommen, so läfst
sich die Dauer derselben , nach zahlreichen Be-
obachtungen, auf vier Tage nach vollkommen
entwickelter Krankheit, oder auf sieben bis acht
Tage seit den ersten deutlichen Anzeichen des
wirklichen Erkrankens angeben, nur sehr selten
virährt sie einen oder zwei Tage länger, und
über zehn Tage bleibt kein wuthkranker Hund
am Leben.
Auf gleiche Weise äufsert sich die Krank-
heit bei andern Arten des Ilundsgeschlechts,
namentlich den Füchsen und Wölfen , nur fallen
hier begreiflicher Weise diejenigen Erscheinun-
gen weg, welche sich auf den Zustand der
Zähmung und die Gewohnheit an Menschen be-
ziehen. Dagegen findet man, als eine sehr
auffallende Erscheinung, dafs dergleichen Füchs0
und Wölfe ohne Scheu auf den belebtesten
Landstrafsen einhergehen , ja sogar selbst Dör-
fer und Städte besuchen , in Vieh^tälle und die
Wohnungen der Menschen eindringen, dort eine
grofse Beifssucht zeigen und sich, ohne der
Verfolgung zu entfliehen, an einer solchen Steife
todtschlagen lassen.
Die Mittheilung des Wuthgiftes bietet in
sofern grofses Interesse dar, als die Krankheit
nicht sogleich nach erfolgter Inokulation zum
Ausbruche kommt, sondern längere oder kür-
zere Zeit im Körper gleichsam schlummert, und
erst nach einer gewissen Incubatiousperiode seine
Wirksamkeit bekundet, deren längste und kär-
zeste Dauer sich nicht genau bestimmen läfst.
Indessen scheint aus mehrern Beobachtungen
doch hervorzugehen , dafs das dem Hunde mit-
gethellte Wuthgift sich meist gegen den zwei-
undvierzigsten Tag hin zu äufsern beginnt,
und deshalb hat man auch die der Wuth ver-
— 58 —
dächtigen Hunde, in den Ställen der Veterinär-
schule zu Alfort, wenigstens fünfzig Tage lang
eingesperrt. Bardsley gibt zwar zu, dafs die
Wuth beim Hunde gewöhnlich binnen vier bis
sechs Wochen nach dem Bisse zum Ausbruche
komme, führt zugleich aber auch authentische
Beispiele an, die den Zeitraum der Incubation
der Krankheit zu zwei Wochen und acht Mo-
naten bestimmen. Auch zu Alfort bat man in
neuerer Zeit beobachtet, dals die Wuthkrank-
heit bei zwei gebissenen Hunden am sechs-
zigsten und zweiundsechssägsten Tage erst aus-
brach. GiäUmau erzählt, er habe .voi| meh-
reren Personen erfahren, die Wuth könne noch
nach sechs bis acht Monaten nach dem Bisse,
ja sogar erst nach einem Jahre zum Ausbruche
kommen. Berndt gibt zu, dafs die Zeit des
Ausbruches der Wuth nach dem Bisse zwar
unbestimmt sei, will aber denselben nie vorder
Vernarbung der Wunden beobachtet haben.
Wenn junge und alte Subjecte zu gleicher Zeit
gebissen werden, so tritt nach Berndt die
Krankheit bei den erstem weit früher ein. Bei
jungen Kälbern kommt dieselbe, nach ihm, nach
drei bis vier Wochen, bei alten Kindern selten
vor der sechsten bis neunten Woche, oft aber
noch weit später zum Ausbruch. Die Bedin-
gungen, welche die Incubationsperiode verkür-
zen oder verlangern, sind uns unbekannt. Veith
will das Wechseln der Incubationsperiode da-
durch erklären, dafs er das Gangliennerven-
system als Leiter des Contagiums ansieht, wel-
ches solange die LocalafTection isolirt , bis ir-
gend eine Gelegenheitsursache — meistens Re-
gungen des Geschlechtstriebes , Erhitzungen u.
s. w., eine stärkere Leitungsverbindung zwi-
schen dem uiedern und höhern Nervensystem
— 59 —
bewirkt. Ehemals war die Meinung geltend,
dafs die Incubatiousperiode einen neuntägigen
Typus halte y was aber spätere Erscheinungen
nicht so bewährt gefunden haben. Was nun
die Inoculationsstelle betrifft, so tritt, sich selbst
überlassen, in der Regel bald Vernarbung ein.
Früher oder später wird^ die Narbe der Biüs-
wunde schmerzhaft, heifs, geschwollen, roth
oder bläulich uud bricht zuwöilen wieder auf;
zuweilen öffnet sich aber auch eine Stelle in
der Nähe der vernarbten Wunde, und einige
Zeit darauf kommt die Wuthkrankheit zum
Ausbruche. Geht die Narbe entweder von selbst,-
oder durch Benagen des Thieres auf, so ,stdl-
pen sich die Ränder derselben um. Indessen
finden diese Erscheinungen nicht imiher Statt,
sondern man hat sie bei den Thi^ren eher zu
den Ausnahmen, als zur Regel gezählt, so dafs
man sie für eine Eigenthümlichkoit der Men-
schenspecies erklärt hat.
Ob ductionser scheinungen hdm Hunde»
Aus den Resultaten der Leichenuntersu-
chungen gefallener oder getödteter wuthkHil-
ker Hunde hat man bis jetzt über die NatUB
und den Sitz der Verletzungen , welche die Er-
scheinungen der Wuthkrankheit veranlassen, -
noch nichts folgern können. Kein Organ ist
als constanter Sitz irgend einer wesentlichen
pathologischen Veränderung erschienen ; die vor-«
gefundenen Abweichungen sind gröfstcntheils
weder auffallend noch constant genug , als dafs
sich viele derselben für characteristische Merk-»
male der vorausgegangenen Krankheit angeben
licfsen. Beim Hunde findet man das Maul häufig
an den Lippen etwas angeschwollen , so aucb
- 60 —
zuweilen die Zunge und die innere Maulhaut
-stark geröthet, gewöhnlich mehr trocken ^ ab
feucht. Der Schlund und Kehlkopf ist gewöhn-
lich an seiner innern Fläche entzündet, we-
nigstens zeigen sich im letztern , unter den
Bändern der Stimmritze und am Grunde des
Kehldeckels, dann auch im obern Theile der
Luftröhre schwärzliche oder bleigraue Flecke,
zuweilen auch schwarze sphacelirte Puncte.
Auch im Rachen sieht man Spuren von Ent-
zündung. Alles dieses ist aber keineswegs con-
stant, und besonders ist der Schlundkopf oft
auch ohne alle Röthe; so fand Heriwig den
Schlund, die Speiseröhre und den Kehlkopf.,'
meistens unverändert, weder entzündet, noch
krankhaft verengt , dagegen oft etwas gelblidi,
aber weder angeschwollen, noch sehr blutreich.
Die Augen findet man oft aus ihren Höhlen
hervorgetrieben und mit Blut unterlaufen. Der
Magen ist oft von ganz normaler Beschaffen-
heit, oft findet mau ihn nur von Luft aufge- 'X
bläht, sowie auch die Gedärme, oder er ent-
hält zugleich viele grüne und zähe Galle, oder '
einen zähen bleifarbenen , schwarzen , oft
schwarzgraueu Schleim, oder eine safrangelbe ;
Feuchtigkeit. Bei Hunden, welche i^el um
sich gebissen haben, pflegt der Magen mit ser- ^
bisseuen Iloizspänen, Stroh, Gras, Knochen- ^
splittern, selbst Steinen, Sand u. a. unverdan- ^
liehen Dingen vollgestopft zu sein, und in die-
sem Falle sind sodann seine Wandungen auch ;
sehr entzündet , äufserlich schon von sehr ge-
röthctem Ansehen , die innere gerunzelte Haut
sehr verdickt, dunkel gcröthet oder schwärz-
lich roth und mit lividen Brandstellen besetzt,
oder auch nur liocinoth. Prof. Prinz hebt, ruck-
sichtlich der Scctionsbcfunde, besonders spha-
^ _ 61 —
cclösc Stellen an der Schleimhaut des Magens^
namentlich aber Spuren von Braivd am Schlünde^
in der Ilachenhöhle oder in der Lunge hervor.
Faneau de la Cour ^) fand in dem grofsen Sacke
des Magens tief violette Flecke , welche nach
dem Pförtner zu immer häufiger wurden^ und
die Schleimhaut so weich, dafs sie sich in eine
Art Brei zerdrücken liefs. Der Zwölffingerdarm,
war von Gasen ausgedehnt , welche, wenn man
ihn scarificirte, mit Geräusch entwichen, die
Schleimhaut desselben war ringsherum wie ec-
chymotisch. Der an zwei Stellen vereiterte
Grimmdarm enthielt ein Gemisch von schwärz-
lichem Blute und Galle, welches einen aashaf-
ten Geruch verbreitete, und sich im Reste des
Dickdarms in noch weit gröfserer Quantität be-
fand. — Die Leber ist manchmal sehr aufge-
laufen , grofs , von Blut strotzend. Indessen ist
die Leber seltener der Sitz krankhafter Verän-
derungen. Die Milz fand man ebenfalls von
Blut strotzend, ihr Parencbym von einem krank-
haften meergrünen Aussehen; in andern Fällen
nur mifsfarbig oder gar nicht verändert. Lo-
cher ^) will bei allen tollen Hunden auf der'
Oberfläche der Milz Bläschen von verschiede-
ner Gröfse und Form, welche eine hellgelbe
lymphatische Feuchtigkeit enthalten, und die
ganze Oberfläche der Milz bedecken, mit gleich-
zeitigen Spuren von Entzündung in diesem Or-
gane gefunden haben. Die Lungen findet man
entzündet, oft mit Brandflecken besetzt, auch
wohl den einen oder den andern Lappen von
schwarzem Blute strotzend. Das Herz pflegt
') Journal universel des iciences m^dicales. V. 65. — *
Hurtrel (VArbovtit a. a. O. S. 260.
^) Dissertatio exiiibens magnaui iienis in hydrophobia
momenluui. Gottlngae,
■.•"1
- 6« —
sehr schlaff, ausgedehnt und mit
geronnenem Blute , selbst mit poljrpenähnlichen
Massen, welche bis in die Geialisstämme reichen,
erfüllt zu sein. Die Hirnhäute findet man oft
von strotzenden Gefafsen durchzogen; die Hirn-
Substanz manchmal etwas weicher, als im ge-
wdhnUchen Zustande, in den Ventrikeln Was»
serergufs, das Adergeflecht dunkel geförbt. Im
Rfickenmarke findet man bisweilen geringe lyn«
phatischeErgiefsungen, seine einbauenden Mem-
branen häufig geröthet; übrigens konnte man in
allen Fällen weder im Gehkne noch am Rä-
kenmarke noch an den Rückenmarksnerven eine
constanto Veränderung wahrnehmen. In Be-
ziehung auf die BeschafTenheit des JNutes j
sind die Ansichten getheilt. Während Bemdi <
das Blut von natürlicher Farbß und weder quan- i
titativ, noch qualitativ verändert gefanden hiH >
ben will, schreibt Schottin >) zu Kostris ihm ;
auffallende Abweichungen zu. „Soviel jd^ !
sagt er, am Blute wuthkrankerThierasa beob- !
achten im Stande war, so schien es uch an- ;
fänglich dem des Embryo, oder dem eines ent«
zündeten Theiles zu nähern, d« h. es wmde -
zersetzt oder trennbar, dünnflüssig, en Itete '|
dabei die Ader, zeigte Cohärenz gegen die' '
Wände derselben, drang durch diesdben hin*
durch, füllte dabei die Lymphgefäfm ndt sei- .
nem Serum, veranlafiste dadurch bleifarbige Ki>'
chymosen, verlor späterhin, wie gstödtetas
Quecksilber, seine laufende Eigenschaft ^
gulirte und stand endlich wie ein Brei stille*
Blutströme wuthkranker Thiere schienen ndetzt
wie electrische, von gleichnamiger Electiidtät
gebildete Ströme, in Stocken zu gerathen, weil
I) Prwriep's Notizen. Bd. XL No. 6. S. 04.
— 68 -
•
Sich dio niuikügclchcn einander nicht mehr an-
ziehen f sondern abslofsen und von einander ent-
fernen. Was bei dem Viperngifle in wenigen
Minuten erfolgt , das wird bei dem Hundswuth-*
gifte erst nach mehreren Tagen ^ Wochen und
Monaten sichtbar; es tritt nämlich hier^ wie
dort, an dio Stelle der gegenseitigen licht-
schnell wechselnden Anziehung und Abstobung
der Kägelchon, lediglich eine Abstofsung der^
selben y wie bei gleichnamig clectrisirten Kör-
pern ein , und so erlischt des Blutes Leben und
mit demselben auch das des Gehnrnes, Rücken-
markes und der Nerven. Kurz, während das
gesunde Blut wie feinkörniger Sand unter be-
ständigen Rotationen durch den arteriösen and
venösen Gefiifsbaum hindurch rollt, macht das
von Wuthgift angesteckte Blut die Ader naibi
und bleibt an den Wandungen derselben kle-
ben.'^ — Die grofsen Gefäfsstämme, der herum-
schweifende, sympathische und Zwerchfells-
ncrve zeigen keine besondern Abweichungen,
bisweilen findet man jedoch erwähnte Nerven
an einzelnen Punkten etwas geröthet. Das Fett
bewährt sich oft sulzig und gelb. Berndt konntei
bei sorgfältiger Untersuchung vernarbter Wun-
den und der benachbarten Theile, mittelst dos
Skalpells, durchaus keine organische Verände-
rungen entdecken, sowie er auch in der Farbe
und Consistenz der Muskelsubstanz weder eine
Veränderung noch Blutcongestion vorfond.
Wiähkrankheit heim Menschen.
Das Stillschweigen des HippoJcrates y das
Unerwähntlassen der Krankheit in der Bibel,
und der Ausspruch des Aristoteles ^ dafs der
Mensch für das Wuthgift unempfänglich sei^
— 64 —
durften zur Genüge darauf hindeuten , 6&ts die
Wuthkrankheit beim Menschen (und folglich
auch bei den Thieren) in Griechenland und in den
heilsen Zonen der Erde^ welche von den He-
bräern bewohnt wurden/ zur damaligen Zeit
nicht so gewöhnlich gewesen sein müsse, wie
in unsern Tagen und in unsem Zonen. Uebri-
gens deutet doch der Umstand^ dals schon
Demokrity der Zeitgenosse des HippokraieSf
diese Krankheit kannte und ihren Sitz im Ner-
vensystem suchte, sowie auch der Umstand,
dals zu Argos jährlich zur Zeit der Hundstage
ein besonderes Fest — ^^CynocephantesT oder
„O^/ioc^pÄio/iV' genannt, — gefeiert wurde, wo
alle Hunde y welche man antraf, getödtet wur-
den, auf das hohe Alter der Beobachtung die-
ser Krankheit beim Menschen hin, deren wirk-
licher Bestand, von Celsus h\& auf uns, durch
eine Menge von Beobachtungen und Thatsa-
chen nicht nur er^viesen, sondern auch dorcJi
vorgenommene Rückimpfungen von Dupuytren^
Magendiej Breschet u. A. zur völligen Gewilis-
heit erhoben ist, dafs der Wuthkrankheit beim
Menschen sowie der Hunde und anderer Thiere
ein und dasselbe Ansteckungsgift zu Grunde
liegt, wodurch zugleich auch die contagiöse
Natur der Krankheit constatirt wird. Indessen
ist aber doch keineswegs zu leugnen, da& die
Hunde weit empfänglicher für die Ansteckung
dieses Contagiums sind, als das Menschenge-
schlecht. Wenn gleich dadurch das wirkliche
Vorkommen der Hundswuth beim Menschen au-
fser allem Zweifel gesetzt ist, so weichen doch
die Ansichten der Schriftsteller in dem Puncte
der Entwickelungsart derselben sehr von ein-
ander ab, und jede Partei hat Männer von Au-
— 65 —
torität on ihrer Spitze, wie wir gleich n&her
erörtern wollen.
Dais mehrere Schriftsteller auch eine spon^
tane Entwickelung der Wuthkrankheit beim
Menschen annahmen und ihre Ansicht mit Bei-
spielen zu belegen suchten , wurde bereits M-
her schon angedeutet ; allein wenn wir die Sa-
che genauer beobachten und sämmtlicha hieher
gehörige Fälle einer tiefern Prüfling unterwer^
fen, so ergibt sich^ dafs diesem Ausspruche
eine falsche Beobachtung zu Grunde liege , in
sofern hier ofTenbar eine Verwechselung der
eigentlichen Wuthkrankheit mit der sogenannt
ten Hydrophobie, im eigentlichen Sinne des
Wortes, sich hier eingeschlichen hat, welche
letztere Krankheit man wohl in Folge von hef-
tigen Gemuthsaffecten, Zorn, Furcht u. •• w.
bisweilen entstehen sieht, oder in sofern vor^
ausgegangene kleinere Verwundungen duroli
tolle Hunde unberücksichtigt bleiben.
Man hat in der neuern Zeit die Mordmo-
nomanie als eine momentane Entzweiung der
thierischen und geistigen Natur des Menschen
mit der Huudswuth verfflichen und sie als
ein Analogen derselben dargestellt und wollte
hiebei folgende Aehnlichkeiten auffinden:
1) In beiden gehen als Vorl&ufer (stadiuin
prodromorum s. melancholicum) Trübsinn, Trau*
rigkeit, Hang zur Einsamkeit, unruhiger Schlaf
und schreckhafte Tr&ume mit gestei|;erter Reis«
barkeit voran, nebst dem Anffs^efuhle der Ah-
nung eines bevorstehenden Unglückes.
2) In der weitern Entwickelung der Krank-
heit, im Stadium hydrophobicum, fühlt der
Wuthkranke beim unauslöschlichsten Durste den-
noch einen Abscheu vor allen tropfbaren Flüs-
sigkeiten, wobei grobe Angst und Widerwille
JoQrD.XCIU.B.4.8t. E
— 66 —
m
\
empfunden wird, was auf psychischen, den
Schlundkrampf erzeugenden Einfluß) -schlielkeB
läfst, und woraus ein qualvoller Kampf zwi-
schen dem naturlichen Triebe zur Stillong'des
Durstes und dem Abscheu vor allem Flüssigen
entsteht. *^ Ebenso befindet sich der von der
Mordbttonomanie Befallene * in einem heftigen
Kampfe zwischen dem Antriebe zur verbreche-
rischen That und der noch sich regenden Stimme
des Gewissens. Er iiihlt dunkel die Uebermacht
des thierischen Triebes, und seiner moralischen
Schwäche bewuCst, sucht er noch Hilfe. Fallt
nun noch die letzte Schranke, welche sididem
unwiderstehlichen Ausbruche entgegenstemmt,
so tritt
S) das dritte Stadium , was bei den Wuth-
kranken das Stadium der allgemeinen Krämpfe
(Stadium spasticum) genannt wird^ ein, wel-
dies sich nun in der wildesten Zerstörnngs-
wuth, die ihre Richtung von den fieberhaf-
ten Zuckungen der verirrten Phantasie erhält,
äufsert. Diese besteht immer in scheublich
dämonischen Visionen und Hallucinationen, wel-
che die innern Sinne umgaukeln und Furcht
nebst Verzweifelung zur Folge haben. Auch
das Aeufsere zeigt den Ausdruck eines allge-
meinen Hautkrampfes durch die gespenstische
Leichenfarbe und die völlige Entstellung der
Gesichtszüge. Nicht anders bei der Hunds-
wuth, wo die hievon Befallenen noch in den
letzten Augenblicken ihres Lebens, bei fürch-
terlich verzerrten Gesichtszügen, mit heisern
durchschneidenden Tonen öfters von nichts, als
von teufelischen Gestalten phantasiren nnd Alles
um sich herum zerstören. Endlich leuchtet
4) die grofse Verwandtschaft beider Zu-
stände noch daraus hervor, dafs in beiden die
— 67 —
Besinnung oder das Bewufstsein nicht. verloren
gebt 9 und solche Unglüoklicho sich oft der
kleinsten Umstände während ihrer Paroxysmen
zu erinnern wissen , die Wothkranken sogar
nicht selten die Umstehenden bei Annäherung
der Paroxysmen vor der Gefahr, welche sie
ihnen bringen könnten ^ zu warnen pflegen, und
die von mordsüchtigen Gedanken Gequälten
öfters alle Werkzeuge von sich entfernen und
verstecken, um sich der marternden Triebe zu
erwehren.
Auch fehlt es nicht an Gläubigen, dalli ein
\iDthkranker Mensch einem gesunden die Krank-
heit miitheilen könne, und diesfallsigo Beob*
achtungen anführen , , welche man vielleioht zu '
leichtfertig zum Beweise dieser Ansicht aufge-
stellt hat. Weder das Beispiel, dab eine Magd
blofs dadurch, dafs sie ihre au der Wasser-
scheu leidende Herrin brechen sah, starb, waa
Michael EttmüUer 0 anfuhrt, noch der Fall,
wo alle Kinder eines Bauern am siebenten Tage
darauf starben, als sie ihren au Wasserschea
sterbenden Vater umarmt hatten; noch dM
Beispiel, dals eine Frau die Wasserscheu von
ihrem Manne bekommen habe, welches Man"
gor *) erzählt, noch andere Fälle ähnliehen In-
halts beweisen etwas Anderes, als dab die Pa-
tienten, welche durch Contagium die Krankheit
erhalten haben sollten, entweder als Opfer ei-
ner heftigen Gemüths-undNervenafTection fie-
len , oder dafis ihre Krankheit ganz zufällig bald
nach dem Tode eines nahen Anverwandten,
oder ihrer Herrschaft entstand. Es liegt auch
ganz klar auf der Hand^ dalll einige dieser
^) Opera media Vol. II.
*) Acta societ. reg. Hafoieni. Vol. II. Obi. 33. p.408.
E t
— 68 —
F&lle blof« Beispiele symptomatischer Wasser-
scheu gewesen sind. Es werden auch Fälle
erzählt, welche darthuu sollen ; daCs das Wuth-
gift durch eine gesunde Schleimhaut seine Wir-
kung zu äufsern vermöge, so z. B. von Pal''
mariuSf Portal j Matihieu u. A.] dafs dieses^ aber
beim Menschen nicht der Fall sei, ist ziemlich
vollständig durch den Umstand erwiesen, dafe
es früherer Zeit Leute gab, welche yyPsyllf*
genannt wurden und sich damit beschäftigten,
vergiftete Wunden auszusaugen. — Nach al-
ten Schriftstellern wird auch die Krankheit durch
Essen des Fleisches wuthkranker Thiere mit-
getheilt Allein die hierauf bezüglichen Erz&h-^
lungen verdienen keinen grolisen Ulauben, denn
es ist eine völlig ausgemachte Thatsache , dab
die Wuth nie in wenigen Stunden nach erfolg-
ter Infection ausbricht, wie es in den hieher
bezfiglichen Fällen geschehen ist. Auch vei^
tragen sich diese Erzählungen nicht mit dem
Heilverfahren der Alten; so fuhrt Pliniua an,
dafis sie die Leber des tollen Wolfes oder Hun-
des als ein Heilmittel anwendeten; auch lieb
Palmarius ^) seine Patienten drei Tage lang
das getrocknete Blut des tollen Thieres neh^
men. Häufig wird das Fleisch toller Thiere
ohne Nachtheil gegessen. Indessen sind die
Acten in dieser Angelegenheit noch nicht als
geschlossen zu betrachten, sondern es sind
noch mehrere Versuche und Beobachtungen iiiesa
erforderlich, um die Sache zur völligen Oe-
vnfsheit zu erheben. So erzählt Andry *), dab
das Fleisch eines Ochsen, der von einem
tollen Hunde gebissen worden und an der Wuth
1) M^m. de la Soc. de m^d. p. 138. No. 178.
*) Recbercbes aor la Rage. p. 30.
- 69 —
gestorben war, den Binwohnorn von Medola
bei Mautua vorkauft y und keiner von ihnen vod
der Wuthkrankheit berallen wurde. Dr. Lt Ca^
mus theilto Lorry mit, dafs er dai Fleisoh
von Thieren gegessen , die an der Wasser^
scheu gestorben waren , aber nicht das gering-
ste Unangenehme hieven verspürt habe. In ei-
nem Briefe des Dr. Lt Valentin ^) wird die
Nachricht mitgetheilt, dafs die Indianer in den
vereinigten Staaten von Nordamerika das Fleisch
der an der Tollheit verstorbenen Schwoiue,
ohne die geringste nachtheilige Folge, su essen
pflegen. Ebenso verhält es sich auch mit dem
Genufs der Milch von wuthkranken Thieren^
welcher bald entsprechende Erscheinungen hier«
vorbrachte, bald nicht. Hoffmann und Chahtfit
nehmen sogar eine Infoction durch den m&nuU-
clien Samen an, was indessen schon vielfiÜtig
sattsam widerlegt worden ist.
Allgemeines Bild der Wuihkrankheii beim
Menschen.
Die Symptome der Wuthkrankheit beim
Menschen kommen niemals plötzlich zum Vor-
schein , sondern tauchen gewöhnlich sehr lang-
sam auf, so dafs in der Hegel ein be-
trächtlicher, aber sehr abwechselnder Zeitraum
zwischen ihrem Ausbruche und dem empfan»
genen Bisse verstreicht. Es scheint swar keine
bestimmte Zeit für den Ausbruch der Krank-
heit nach dem Bisse zu geben, indessen hat
man doch annähernd gefunden, dafs diese Ka<»
iastrophe zwischen den dreifsigsten und vier-
zigsten Tag fällt. Die Kennzeichen, durch mit-
getheiltes Wuthgift angesteckt worden su sein,
>) Journ. g^o« de jn^d. T. XXX. p.4I7,
— 70 —
srnd im AUgemeiDen folgende : Nach einem nn-
bestimmten Zeiträume^ und nachdem die ge-
bissene Stelle ganz gnt ausgesehen hat, fühlt
auf einmal der Kraiäe an dieser Stelle, eu-
weilen auch nur in der Umgegend derselben,
einen leichten Schmerz, der hin und wieder
niit einem Jucken verbunden ist, aber in der
Regel mit rheumatischen Beschwerden Aehn-
hc&eit hat« War der Kranke in den Finger
gebissen, so Ymbreiten sich die Schmerzen all-
m&hlig ans der Hand in den Vorderarm und bis
zur Schulter, ohne dab Höthe oder Geschwulst,
ja nicht einmal eine Vermehrung des Schmer-
ms an diesem Theile wahrgenommen wird,
wenn man sie druckt, oder das Glied bewegt
b einer greisen Menge von Fällen schieÜBt der
Schmerz hauptsadiUch in den Musculus trape-
aius und an den Hals, auf der Seite des Kdi^
pers, wo der Kranke gebissen worden ist.
Mittlerweile fingt die Vernarbung an zu schwel-
len und sich zu entzünden, sie geht oft ia
Schwärung über und setzt einen jauchigen Ei-
ter ab. Diese unbehaglichen schmerzvollen Ent-
zündungen kehren von Zeit zu Zeit meder
und gehen in der Regel d^ Wasserscheu meh-
rere Tage voraus; sie verursachen gerechte
Besorgnisse. Auf die einfache n Reizung der
Wunde folgen bald wie electrische Ausstrah-
lungen» welche immer näher auf einander fol-
gen und sich bis zum Schlünde und zur Brust
erstrecken. Statt des Schmerzes findet* anch
manchmal ein Gefühl von Hitze, eine Art Juk-
ken, oder ein Gefühl von Kälte Statt. Dr. Mar*
cet will insbesondere beobachtet haben, dafis
der Schmerz eher dem Laufe der Nerven, als
dem Laufe der absorbirenden Gefafse folgt. Zu-
weilen bemerkt man gar keine örtlichen Symp-
— 71 —
tome. Zu gleicher Zeit zeigt der Verletzte eine
merkliche Veräuderung in seiner Gemuthflfttiin-
mung; er ist entweder ungewöhnlich heiter,
fröhlich 9 leichtshinig, fühlt auch wohl zuweilen
einen ungewöhnlich starken Begattungstrieb,
oder ist unruhig, verdrossen zur Arbeil, trau-
rig , seufzt u. s. w. Es fühlt der Kranke Schmerz
und Schwere im Kopfe. Zuweilen ist das Kopf-
weh Anfangs sehr heftig, zuweilen nur unbe-
deutend ; aber in letztenn Falle wird es oft sehr
heftig, allgemein und mit einer EmpGndung von
Druck in der Gegend der Schläfe begleitet. In
gewissen Füllen hat der Kranke eine lange Zeit
einen guten Schlaf, obgleich er durch Tr&ume
gestört wird: noch häuGger aber sind die Fälle^
wo er fortwährend keinen Schlaf hat. Die gei-
stigen Fähigkeiten scheinen in der Regel an
Schärfe zuzunehmen, das Gedäcbtnifs stärker
zu wcrrden, der Verstand leichter zu begreifen,
die EinbildunsTskraft fruchtbarer zu sein und
die Unterhaltung mehr Leben zu bekommen.
Manche Kranken dagegen verfaanen in Slili*
schweigen, sind niedergeschlagen und antwor-
ten. w*enn man Fragen an sie richtet, Uun
und mürrisch. Aber die meisten sind aufser-
ordenillcfa beweghch. lebhaft und gespräcfotg.
Zugleich verrathen die Sinnesorgane eine gi»-
«stesgerte Sen^;bi'ität. nr.A die Augen, welche
wctt offen stehen und glänzend sind, rtrmti^
den fiaikes L.cht. Manchmal bemerkt man,
dais üe Pc;pi2ie M;h/ erweitert isC Der Kranke
fühJt E.aDr^.xBai a:ilser«riieri>üche Hcfamerzeaam
Ha.s. H'^mp: f:z4 an den Glmdenu fU Mt
aucn nirtit fi«!*en. CikiA ^tr Krar^ke e^ne grobe
Anru zetr.. '''!«? .'^ <«;.:. «ra Znaund jttm^ttt
Xtzs'xtrJ.^LZ «52rd M : *.\r,:.o.^ rerfallt. I^ete^
tere &tie.^v.&c. Jkt.tzt v<&ti alle« fiekfrflü«!-'
— 72 —
lora angeführt werden , sind bauptsadilidi ab
Wirirangeu der Furcht zu betrachten. Der
krankhafte Zustand der Verdauungsorgane gibt
aioh manchmal auf verschiedene Weise kund;
doch ist er nicht so häufig und so aufiaUend,
ab die AfFectionen des Kopfes. Die gastri-
schen Erscheinungen beginnen mit Verlast des
Appetits, Eckel, Erbrechen; alsdann folgt Ver-
stopfung und manchmal Kolik. In diesem Zeit-
raum pflegt der Pub häufiger und stärker m
sein, ab im gesunden Zustande, auch die 6^«
sichtsikrbe wird belebter. Oeftera fnhlt der
Kranke plötzlich eine Art Frost, ein tiefes in-
neres, allgemeines Frösteln, was allein sdion
ein schmerzliches Leiden ausmacht Er ffiUt
in der Gegend des Zwerchfells eine schmeis-
bafte Zusammenschnurung, wodurch seme Re-
spiration peinlich, keuchend und unterbrodm
wird, oder die ihm von Zeit zuZeittic^ Seuf-
zer oder plötzliches Schluchzen entreibt. Oft
beklagt er sich aber ein Gefahl von Erstiekiinff
und schreit laut nach Luft. Sein spasmodisiä
zusammengezogener Schlund verhindert zoglmch '
dioDeglutition und sein ganzer Körper wird za ,
gleicher Zeit von Convnlsionon, oder vieLnehr
von dem heftigsten allgemeinen Zittern «rmf-
fen. In diesem Zustande färbt sidi das Ge-
sicht, die Haut wird heib, der Pute bt ge-
wöhnlich voll, stark und häufig, der Mond
trocken , der Durst brennend, und doch werden
die Getränke mit einem gewissen Absdien m-
räckgestofsen, weüshalb man auch dieser Krank-
heit den Namen ^^Wasser scheu y Hydrophobie^
beigelegt hat. Dieser Abscheu vor Getr&nken
spricht sich am frühesten und heftigsten nur
fifeeen Wasser und andere helle Flüssigkeiten
aus , während der Kranke dunkel gefärbte^ s. B.
j
— 78 —
Bier zuweilen noch verschlucken kann; mit Za-
nähme der Krankheit wird aber auch das Schluk-
ken der letztern unmöglich; und später ist die-
ses auch bei trocknen^ festen Sachen der Fall;
der bloijsie Anblick von Flüssigkeiten reizt oder
empört schon oft den Patienten; verdoppelt die
Heftigkeit der Anf&Ue und reicht sogar ofthin^
um sie wieder hervorzubringen, wenn sie auf-
gehört hatten. Bei manchen Subjecten bringt
ein lauter Ton, eine lebhafte Farbe ; die Be-
wegung der Luft; der Glanz dos Lichtes u,
8. w. die nämlichen Wirkungen hervor; Alles
wird für diese Unglücklichen zur Pein. Es ist
nichts Ungewöhnliches, dafs manchmal eine Pe-
riode eintritt; wo die Abneigung gegen Flüs-
sigkeiten beträchtlich abnimmt; oder gänzlich
aufhört; der Kranke löscht alsdann seinen Durst;
als wäre er vollkommen gesund; so dab man
fast zu zweifeln anfängt; ob er noch mit der
Wuth behaftet sei. Aber nach wenigen Stun-
den kehrt der Abscheu vor Flüssigkeiten zu-
rück; es treten wieder convulsivische Paroxys-
nien ein, die allgemein werden und mit der grOfis-
ten Heftigkeit fortdauern. Uebrigens ist es sekr
Bclteu; dafis die Wasserscheu gänzlich fbhit.
Alle; oder beinahe Alle fühlen ; während de»
AnfaJIeS; Bewegungen von Wuth; deren sie
beinahe immer Herr werden. Die einen ver-
langen; indem sie den Wuthausbruch zum Vor-
aus fahlen ; daüs sie gefesselt werden; damit es
ihnen unmöglich werde; Schaden zuthuu; oder
sie fordern die Umstehenden auf, die Flucht
zu ergreifen; andere dagegen überlassen sich
ihrer blinden Wuth mit vollem Willen; sie
schwören; schreien und stoÜBon manchmal ein
fürchterliches Geheul aus. was man hin und
wieder abergläubischer Weise mit dem Gebelle
— 74 — ■ .?. ;
eines Hundes verglichen hat, sie schlagen,' bei-
Isen nin sich, reifsen an Kleider .und Betleny
benehmen sich überhaupt wie Rasende. IMe
Speichelabsonderung wird vermehrt, der Spei-
ohel wird zähe, und da der Kranke denselben!
nidit hinunterzuschlucken vermag^ so speit er'
ihn mit Heftigkeit aus und schleudert ihn nioht'
selten auf die Umstehenden, oder der Speichel
sammelt sich reichlich im Hunde an und tritt
in Form eines weiüsschaumigen Geüei» vor dra
Hund.
Dergleichen Paroxysmen danem eme Vier» {
tel- bis halbe Stunde, während deren der
Kranke sein Bewufstsein nicht ver&erty olini'
jedoch im Stande zu sein, sieh seibsl nd'b^
herrschen, und er bereut und schämt sieh dla>fc
ber, während der freien Zwischenzeit , dDr^ni^
übten Handlungen. Nach Beendigung eines j^
den Anfalles fühlen sich die Kranken änlsmt
matt, ihre Kräfte nehmen fortwährend ab^ wIIh
rend die Intermissionen immer kurzer w^rden^
die frühem tonischen Krampfeufälle verwandeln,
sich in stete Zuckungen, und die WathanfUe
in blande Delirien. Der Puls wird klein, nehwach^
ungleich, aussetzend, Lippen nnd Zange Irek-
ken, Stimme äufsersjt schwach, Hespiratkfn nnh*
sam; endlich bedeckt ein zäher^ Uehigttr
Schweifs den ganzen Körper, and anter Coft^
vulsionen, meistens zwischen dem dritten und
vierten Tage , höchst selten erst nadi dem-vier-
ten Tage , erfolgt der Tod. Bisweilen tritt das-
selbe sehr rasch und früh ein , gleichsam dareh
eine nervöse Apoplexie; in andern Fällen wi^
derum tritt einige Zeit vor dem Tode schein-
barer Nachlafs aller Symptome ein nnd der
Kranke verscheidet plötzlich bei vollem B6-
wulstsein.
- 76 -
I Obductionserscheinungen.
'. Die Resultate der Untersuchungen an die-
' Krankheit verstorbener Menschen sind so
^DDichfaltig, dafs kein diesfallsiger Bericht noit
b aifderu völlig übereinstimmt^ und keiner der-
ben den rasch und eigenthümlich horbeige-
uteu Tod zu erklären vermag, so dafs wir
-t behaupten möchten, ^ie inn^ßm organischen
xftnderungen, welche in Folge der Wuth-
i^nkheit sich einstellen, seien so feiner Art,
Zül sie sich unscrn gröbern Sinnen entziehen
3 durch das anatomische Messer nicht ent«
3kt werden können. Die Leichen sollen, nach
Kivages ^), sehr rasch und selbst zur Wmters-^
t schon nach fünfzehn Stunden in Verwe«
^g übergehen, was aber Rust ^) nicht beob-
Met haben will. Das Gesicht fand Mor^
gni (a. a. 0.) und Gorry ^) die ganze Ober-
che des Körpers fast blauroth, die Oberhaut
MX trocken, alle Muskeln, und besonders die
Kinen, steif, dan Gesicht wie beim sardoni«
neu Lächeln verzerrt und den ganzen Körper
Snehmend steif. Das Blut wird gemeiniglich
% so dünn und aufgelöst angegeben, dafs es
der Luft kaum zum Gerinnen komme; das
eisch als mürbe und der ganze Körper über-
tipt als sehr trocken beschrieben, und iu ei- '
tn Falle fand ihn Brechtfeld in dem Zustande,
I sei der Kranke an einem auszehrenden Fie^
it gestorben, so dafs selbst das Fett und 4m
X) Pe la rage p. 4.
*) Uebcr die durch den Bifs eines Hundei Teranlaftte
Waiserscbeu und ihre Behandlung ; in dessen Maga-
zin 1816. Bd. I. 8. 171.
*) 8ar la rage ^ im Journ. de medecine. T. XIII. p#
83 ff. — und in den Abhandlungen für prakt. Aerzte.
Bd. XXIV, S. 400.
MnakeMIdsdi venchrt sa sein sdhieB
er vor dem Anabrache des Uebels
gesund gewesen war. In andern FUka
Bum aber wieder in allen Venen einen
nutrdehthnm, wobei das Blat eine
bene, dnnkelrolhe Beschaffienhaä se^fita
im dnes enUsfindlidmi Znstandes nad
Ausginge fiuid man fi»t imunnr nnd in im
sehiedensten T1ieil«i> und ziAmr am
■wisdmi dem niaiynx nod swisdien
;^ dei^ Magens; fomeir im Hagen
yien lAügen .^im Adogefledite und in den
Iranen des udiiines. Aus den BeobaobI
▼on Mignot dW Genetr (tu «. O. & 6I)|
go^ O, Darlue •), Buäh »), Ihtp$tr *},
gdit henror:
1) dab der Mund^ im engeren flmMi
die Speicheldrüsen ohne aUeVeründeraag«
, f ) dab die Schleimhant dar LnfliAff
einer Entzundang befallen ist^ welefae;
sie den höchsten Grad erreicht, sich voo
Thoiluog der Bronchien bis 2um Phaiyu 4
streckt. Hat sich die Entzfindung nodi nif
soweit verbreitet, so hat d^r Pharynx mp
Sundes Aussehen; ist sie in noch engenG^
zen eingeschlossen, so kann man ede mcktan
mal im Larynx erkennen. Am unten 1M'
der Trachea, oder in den Bronchien sdieiit4
ihren Anfang zu nehmen, und sie kann discM
am deutlichsten bemerkt werden, ist eofii
keiner dieser Theile entzündet, so bieUftS
Lungen selbst Spuren der Entzündung du*
1) De ledib. et caos. morb. epist. Till. Art2l.flA
S) Joorn. de ni^decine de Vandermonde. T. IV. ^^
s) In Transactions of the Amerioan philosopfalM^
dety. Voh II.
*) Obsenrat in^dites. No. 13S.
— 77 —
TroIHet 0 f^^^ unter sechs Fällen in drei
Emphysem der Lungen , nämlich die Inter-
dlarsubstanz war mit Luft aufgetrieben ^ und
Pleura pulmonalis stieg, auf der Oberfläche
Lungen y in Gestalt zahlloser durchsichtiger
sehen y in die Höhe. In einem vierten Falle
i man zwaj in den Lungen selbst kein Em-
"sem, wohf aber in der Zellsubstanz zwi-
en den beiden Blättern des Mediastinum
unter den Muskeln des Halses. Auch Mor-»
iii ^) wurde Luftbläschen auf der Oberflä«
der Lungen bei einer Person geiwahr, wel«
an Wasserscheu starb. Trolltet vermutbet,
1 das Emphysem durch die Zerreilsung ei-
der Luftzellen, bei den convulsivischen An-
ngungen des Athemhohlens, wie mau sie
ichmd wahrnimmt y wenn sich ein fremder
Sier im Larynx befindet > entstanden sei. —
rei Fällen TroUiet's strömte eine ziemliche
uitität Luft aus dem Herzen imd aus der
ta. Morgagni ') ist, SO viel bekannt, der
siffo Schriftsteller, der ein ähnliches Ereig^
beobachtet hat, und der auch in andern
ten ^) Luft unter der harten Hirnhaut ent-
chen sab. In zwei von Trolliefs Fällen
rden einige gallertartige Pfropfe im Hetrzen
den grofsen Blutgefi&en angetroffen^ aber.
gröfste Theil des Blutes wfir schwarz und
bei Personen, welche an Asphvxie ge-
rben sind, in den Arterien und den Blut-
ni sehr flüssig. In allen sechs Fällen zeig-
sich Spuren von Entzündung im Gehirn
»r seinen Häuten. Die Höhlen des Gehirns
) Noayeau Trait^ de la Rage eto.
) a. a. O. Art. 30. ') Bbendaa.
) Ebendai. No. 23.
— 78 —
waren mit schwarzgefSrbtem flfissigem
gefüllt und die weiche Hirnhaut sehr
und von bräunlicher Farbe, Die nämKchoi
scheinungen fand man über dem Cerebel
und die Blutgefä&e der Bekleidung deA
kenmarkes waren sehr erweitert. Die Ol
fl&che des Gehirnes war auch mit rothen
bedeckt, die aus Blut, welches sich aas
kleinen Gefäfsen der weichen Hirnhaat in
Zellhaut ergossi&n hatte, entstanden sa
schienen. Bei zwei Subjecten war gegen
Basis des Gehirnes eine gröfsere Menge
ausgetreten. Das Adergeflecht war mit
angefüllt und von brauner Farbe. AnÜMir die^
sen und andern Veränderungen bemerkte TVol'
liet in zweien dieser Fälle eine Verdiekmf
der weichen Hirnhaut. Die Hirnsabstans Wt
durchgehends weicher, als gewöhnlieh, aber
die Flüssigkeit in den Seitenventrikeln war niett
reichlich vorhanden, hatte aber in Bwei FUta
eine blutige Färbung. — Nach den Angab«
mehrerer Beobachter sind die VerdairangBorgaM
der Sitz bedeutender krankhafter Brseheimu- .
gen, welche aber eben so wenig iooiiBtant (rind^
als die Abweichungen in andern KOtpetfaShlHi
Einige fanden die Schleimhaut des Mondei
trocken und blafs; andere Hund- \mi RaÜbelH
höhle entzündet, desgleichen wurde die imiM
Fläche des Magens und der GeOime MtM
entzündet, erweicht, exulcerirt,' selbst brlmdi|g
gefunden. Manchmal findet sieh auf der fiel^dih-
haut des Pharynx oder Oesophagus. eine dänjla
Lage gerinnbarer Lymphe. Leber imd
waren bisweilen sehr blutreich und fest,
weilen mürbe und brandig; die Gallenblase Wir
meistens mit schwarzer, zäher GaDe nbcvflidt
— 79 —
Wenn wir nun einen vergleichenden Blick
auf das allgemeine Bild der Krankheit bei Thie«
ren und Menschen werfen, so kann uns nicht
wohl entgehen 9 dafs eine auffallende lieber- ^
einst immung in den wesentlichen Characteren '
durchgehends deutlich ausgeprägt ist, obgleich
in den einzelnen Erscbeinuugeh sich Unter-
schiede darstellen, welchen aber nur eine an-
tergeordnetc, mehr formelle Bedeutung zukommt.
Dafs bei der Verschiedenheit des anatomischen
Baues der verschiedenen Thiere im Verhältnifs
zum Menschen, bei den verschiedenartigen Be-
ziehungen der einzelnen Organe und organi-
schen Systeme zu einander, bei der Verschie-
denheit der Lebensweise, der Geisteskräfte,
der Temperamente u. s. w. sich Modificationen
im Verlaufe der Krankheit ausgesprochen fin-
den, dürfte uns um so weniger verwundern,
wenn wir in Betracht ziehen, dafs bei einer
imd derselben Krankheit, bei Thieren eines Ge-
nus, wie beim Menschen einzelne individuelle
Verhältnisse Abänderungen in den einzelnen
Erscheinungen bedingen und oft mehr oder we-
niger starke Trübungen in dem allgemeinen
Krankheitscharacter hervorrufen.
Gleich von vorneherein stofsen wir auf
eine augenfällige grolse formelle Verschieden-
heit in dem Ausdrucke des Krankheitsbildes
beim Menschen und bei den Thieren, in sofern
sich die Wuth beim Hunde unter der Gestalt
der rasenden und stillen Wuth darstellt, was
weder bei andern Thieren, noch beim Men-
0ehen beobachtet wird, wenn wir nicht die ver-
schiedenen, von dem individuellen Character
des Kranken abhängigen Nuanfen mit diesen
Formen vergleichen wollen. Ziehen wir aber
in Erwägung, dafis Brinz diese beiden FfmnwBL
— 81 —
der gröfsern Uoborwiegonhoit der Ccniralorgane
und der daran gebundönen ffeistiffen Vermögen
iMineii Grund haben. — Was die BeilÜMUcht
betrifft, so ist dieselbe auch bei Hunden nur
eine sehr relative Erscheinung , in sofern Alter,
Temperament^ frühere Beschäftigung u. dgl. ei-
nen augenrälligen Einflufs auf die Entwioke-
hing derselben äufaern. Auch ist es ganz na-
turgem&fs, dafs die Thiere, im bewulbtlosen
Zustande wie im normalen , sich jener Verthei-
digungsmlttel bedienen , welche ihnen von Na-
tur aus zu diesem Zwecke verliehen sind.
Der gegen das Ende der Krankheit sieh
stets cutwickelnde L&hmungszustand^ besonders
der hintern Körpertheile beim Hunde, hat beim
Bfenschen kein Analogen , eine Verschiedenheit,
ivelclie in der vorherrschenden Entwiokelung
des Rückenmarkes und seiner Nerven im Ver-
b<nisse zum Gehirne bei den Thieren seinen
hinreichenden Erklärungsgrund findet, während
clor Mensch in dieser Beziehung gerade den
entgegengesetzten Typus entwickelt.
Endlich anlaugend die Hauptversehieden-
beit — die ursprüngliche Entwickelung dieser
Krankheit beim Huiidsgeschlehte, so wurzelt
diese zu tief in der eiffenthümlichen Organisa-
tion des Hundes und der daran gebundenen Le-
bensverhältnisse, als dafs sie auf eine erscbfi-
pfende VTeise entwickelt werden könnte. Wenn
wir indessen in Betracht ziehen die grofse
Herrschaft des Räckenmarkssystems, die greise
Schärfe der Ausdünstung und anderer secep-
nirten Stoffe, die Sohnelliffkeit der Verdaoung,
welche auch eine lebhatlere Tlfätigkeit der
Speicheldrüsen voraussetzt, die ungemeine Hef-
tigkeit des Begattungstriebes und die vorwal-
tende Leidenschaft des Grimmes, beim Hunde,
Journ. XCIU. B. 4. St. F
flo haben wir alle Momento, welche die
wtckelUDg det'Wuth begünstigen dürfteo, und
gerade diese Verhältnisse ßndeu sich beii
HenBchen nicht auagesprocheo.
Gehen wir eudiich die übereiiistirnmeDda
Verhältnisse durch, so Baden wir hierwiedoil:
eine unbestimmte Zeit der liicubation; cineun-
bestimmte Beihe von Krankheitserscheiiiung^D,
a]s Vorläufer; Störangcn in den vomGehimes^
hlDgigen VertichluQgeu; Appetitlosigkeit, Thit
und StuhlvcTStopfuiig ; Paroxysmen von mehi
odei weniger deutlicheu Wuthanrälleu, mit
KWecklosem Toben, unter Abwechselung vod
ruhigen Zwischenräumen; häußg aafge weckten
Geschlechtstrieb, der auch beim Menschen scbon
beobachtet wurde; convulsivische Bewegungen
des Körpers ; beängstigendes Gefühl , bei Bun-
den durch Heulen, beim Menschen durch Seuf-
zen und Schluchzen sich äufsernd ; veräaderte
Stimme; verändertes äufscres Aussehen; fp-
bereinstimniung des Leichenbefuudes, wenn er
gleich nichts Coustantes gewährt u. s. w. SetMn
wir endlich noch zu all diesem hinzu , die Mög-
lichkeit der hioculation der Krankheit von Heo-
schen auf Thiere, so haben wir alle Verbäli"
nisse, welche uns aufs Vollkommenste öctech-
ti^en, auf Identität dieser Krankheit beimJUen-
schen und beim Hunde, sowie bei dea übrigen
Thieren zu erkennen.
Diagnose.
Die Erkenntnirs der einmal auBgf brocheoea
Wuthkraukheit beim Menschen scheint, nadi
der so eben gegebenen Beschreibung, keiue
Schwierigkeiten zu haben. Indessen ist doch
fise Verwechselung mit der ajiuptomatischen
— 88 ^
Wasserscheu möglich ^ welche als Symptom sieh
BU eiuer Monge von Krankheiten gesellt . Was
aber auch immer die Aehnlichkeit sein magi, lüfi
man zwischen der eigentlichen Wuth «^ nablet'
— und der Wasserscheu — Hydrophöbia — .
hinsichtlich ihres raschen Verlaufes y ihier Oii»
Bachen und einiger ihrer Symptome au%eftm-
den hat, so kann man doch immer, wi^.eisi
neuerer Schriftsteller 0 bemerkt, sie an fSöl-
genden Kennzeichen unterscheiden. Der Teta^
nus ergreift die Muskeln des KinnbackenS| |3ie«
ser wird bewegungslos ; bei der Wuthkranktieit
dagegen ist er nicht allein beweglich, londmi
auch unaufhörlich in Bewegung, und swaf jn
Folge der Anstrengung, welche der JEniiM
ohne Unterlafs macht, seinen Mund von dem.
dicken 9 ihn ausfüllenden Speichel su befreien«
In letzterer Krankheit sind die Muskeln i&«
wechselnd contrahirt und abgespannt; aber bei
dem Tetanus bleiben sie immer starr. Der ITe-
tanus ist selten mit Abscheu gegen FifiBsig-
keiten verbunden, und der Kranke kann lange
Zeit im Bade zubringen, ohne die geringste
Unbehaglichkeit; auch werden die Parozysmen
dnrch l^iles Licht, Gerftusch, QerQhmng des
Patienten, Anblick des Wassers oder gRhiMa^
der Oegenst&nde weder aufgeregt Hoch gesUNk
gert. AuAier diesen VersdtiieTOnheiCett * iMiBl
noch anfgefuihrt werden, dab der Tetanni faM^
flger in warmen Himmelsstrioheü Statt flndtM,
gewöhnlich einige Tage nach dner Mltoheh
Verwundung eintritt und als Complioation Ir-
gend eiller Wunde, selbst einer solchen, die
bei einer chirurgischen Operation gemacht witd,
sich einstellen kann.
*) Dict. des Scieno. mMt. T. XLYIL p. 86.
F t
I
— 84 — »1^» 1
Bttiandktng äer WutKkrankheit beim Memcha-
Wenn gleich die Kraukheit, einmal auf eint
gewisse Höhe gekommen, hartnäckig allen BCt-
felu der Kunst Widerstand leistet, so hat di»-^
ees doch nicht seinen Grund in der geringa
Zahl der Miltct, welche dagegen in Aawezr
düng gezoger) wurden, in sorern bereits die ganze
Materia medica dagegen nicht unvcrsncht bliei,
und noch weniger in der allgemeinen Sud-
gegen die furchtbare Krankheit Specifica ii
eutaecken, da bereits ans allen Ländern a^
von allen Ständen der Menschheit solche .^■
caua angeboten und nicht selten mit bedeuten-
den Kosten von Regierungen angekauft wil-
den. Indessen darf dadurch unser Beätrebu
noch nicht erlahmen, sondern Gegentheils m
doppelt auffordern , unsere Kräfte an dicMi
Klippe zu versuchen, und in das wirre Darrh-
einander bei dieser Angelegenheit eini^rerma-
fsen Ordnung zu bringen. Wir wollen liierei-
nige dcT wichtigsten Methoden in Erwägung
ziehen.
Cf!sus ') empfiehlt zur Behandlung der
Büswunde eines tollen Hundes folgendes Ver-
fahren: Man roufs mittelst eines Schröpfkopfea
das Gilt ausziehen, und hernach, wenn die
gabissene Stelle weder nervös noch rouskulüe
ist, die Wunde ausbrenneu; ist dieses abei
nicht möglich, so bekommt ein Aderlafs den
Kranken nicht übel. Auf die gebrannte Wunde
mufs mau sodann solche Mittet auflegen, «ei-
che man bei andern Vcibrennungeo in Anwen-
dung zu ziehen pücgt. Ist die Bifswunde abef
nicht gebrannt worden, so müssen solche Hit-
') De re medica. lib. V. cap. 27. — Nach meinet B«-
bereelinng. 5. 33Ö.
S '1
•> 85 —
tel iii Anwohdung kommeii , welche stark ftteend
wirken. Ist die Woth wirklich aasgebrocheii,
mö räth er, als das noch einzige Mittel >dM
Schreckbad y wobei man den Kranken unver*^
muthet in einen Teich wirft , und wenn e# nicht
Bu schwimmen versteht , bald untertancheoi büd
sich wieder erheben läfst ; wenn er aber schlMm«'
nen kann, ihn biswellen untertauchen tauA,'
damit er gogen seinen Willen reichlich Was«
ser trinke 9 wodurch zu gleicher Zeit der Durst
gestillt j und die Furcht vor dem Wasser jfe-
hoben werde. ' • ' •
Galen ^) führt verschiedene Mittel geffen
diese Krankheit auf^ als: wirkliche Anthfotk
theils in Tränkchen «), theils als Pillpn •)y thsils
als Pflaster *) y welche Mittel theils gebrannte
Vlufskrobse, theils Castoreum^ theils Gentiani^
theils andere Mittel enthalten, sowie auch den
Genufs der gebratenen Lober eines wuthkranken.
Hundes^ und endlich den Theriak.
Caelius AureUanus ^) führt ebenfalls ver^
schiodene Mittel und Methoden auf» deren be-
sondere Erwähnung hier füglich umgangen wer«'
den kann, da es nicht in unserem Plane Hegt»
hier eine vollständige Aufieählung derselben! «u
liefern. Wir wollen nun emige Methoden der
neuern Zeit hier aufführen.
1. Methode von Moneta^). Obschon tl-
tere Aerzte, wie Boerhavey Benevenutif Brpfn»
X) Opera omnia ed. Kühm. Leios. 1S21'1S33* VoL
1 — XX.
3) Ibid. Vol. XIV. p. 105 ff. u. p. 207.
•) IbM. VoL XIV. p. 20S.
«) Ibid. Vol. XIII. p. 4SI.
•) I. 0. Üb. III. oap. 16.
*) 8|)08oli judyny ratowania Liidti, btorxyod w Scitk-
l>ch ptow, wUkow eto* -— Voo der elosig tuyer-
r
— 86 -
btcki Leonifia u. A. den Gebrauch dea Essigi
nicht oui: als ProphylacticDin , BOiidem sudi
Mlbst in dei ausgebrochenen Wuth ausnehmeBii
rühmteu, so machte doch die Methode tob
Jijoneta, welche iu der aurserlichen und innen
Anwendung dca Essigs besieht, viel Au&ehen,
df^ er dadurch in hundert von ihm beobachte-
ten Fällen den Ausbruch der Wuthkrankbeil
verhütet, ja selbst solche, bei denen der Aa^
bi^cb der Krankheit schon eingetreten war, nie-
der hergestellt haben will. Diese Methode bf
Bteht in der Erfüllung folgender Puncte:
a) Sobald Jemand von einem tollen, odn
stark gereizten Thiere gebissen n'ird, soll a
sogleich aut die verwundete Stelle frbche Eide,
Sand , Koth oder Taback schüttco , was er nuc
im Angenblicke geschwind haben kann, damit
das Speichelgill gleich von einem andern Kör-
per eingesogen wird, ehe sich dasselbe dm
Säften beimischt; nachher kann er die Wunde
mit Wasser auswaschen,
b) Dann wird in einem Gefaiäe Bierfssig
erwärmt und auf ein Quart ein halbes Pfand
Butter genommen, und mit solchem Essig die
Wunde einige Tage beständig belegtj sollte
qim dieselbe innerhalb neun Tagen nicht völlig
unter diesem Umschlage heilen, so kann aaa
sieb der Bleiweifssalbe , und darüber des Nürn-
berger Pflasters bedienen.
c) Innerlich soll der Kranke drei L^tth Bier-
essig mit etwas frischer Butter drei bis viei-
mal des Tages trinken. Das gewöhnliche Ge-
tränk kann auch Wasser mit etwas Essig,
lassigen nnJ durch viele Erfahrnngen bestätigten Beil-
kur dei Btaaei lotJer Honile, Wulfe, Katzen u. i. '*■
Leipz. u. HurKcliau 1780. — Medicinjich-diiruw-
acb<! Zeitung. 17W. Bd. IV. S. 3ti9.
— 87 ~
LÄnonade, Bier, Wasser mit sehr wenigmi
Weine seiii.
d) In der Diät mols man sorgfältige einige
Zeit das Fleisch vermeiden y und nur von Früeh-
ieUf Gemüse und Hülsenfrüehten leben. Fer-
ner ist alles starke Bier, Wein allein, und aber-
haupt alles hitzige Getrau^ zu vermeiden. Kum-
mer , Aergernifs und Zorn können auf der Stelle
tödteu.
e) Bei starken, vollblutigen Personen kann
das Aderlassen wohl nützlich sein^ obgleich es
bei vielen, sowie das Skarificiren, unterlassen
wurde , die dennoch geheilt worden seien. Al-
les Ausschneiden, Brennen der Wunden und
Vesicatorien seien unnütz.
•
Chirurg Kle/ser ^) hatte kurz nach der
VeröfTentlichung dieser Methode Gelegenheit,
ihren Werth am Krankenbette zu prüfen. Iq
der Gegend von Warschau wurde ein zwölf-
jähriger Junge von einem tollen Wolfe ange-
^ fallen und auf der linken Seite ihm das äufsere
Ohr quer durchrissen, die Ohrdrüse so zerbis-
sen, dals die Wunde die Gröfse eines Gulden-
stückes hatte und an mehreren anderen Stellen
Verletzungen, im Ganzen mehr als dreifiug
Wunden .beigebracht. Ein Bauer wurde von
demselben Wolfe in die Hände gebissen, da er '
Hilfe leisten wollte, und ebenso ein dritter. Diese
Kranken wurden naeh Moneta*» Methode be-
handelt und wurden vollkommen hergestellt
Diesezog auch in Wien die AufmeriLsamkeit auf
sich und wurde einer genauen Untersuchung un-
') Gazety slaskie, dia lodo pospolitego« Hartka IX. 1700»
S. 179— 216. — Medidiiiacb-cbinirg.Zeitaiig. 1790.
Bd. IV. S. 374.
_ «8 —
tanroffcn.')— ^rümdh äauURit *) Btellie
die Anfrage, ob bei des Va^nm'scMn Metbodt,
den lollen Hondsbirs m htAm, gctade Biere»-
mg ^eDOnunen werden ntönc^ ■der «b es mA
Weij>eflsig sein dürre 1 bei v^cfccr VenaluBan;
S<Aaffer *) ftus eioem engUscfaea Zeiton^UU')
foJgcDden Fall mitlbeili: Eü uiB«f Uuin, An
an den scbrecklichaien S>-iDptomen der Wasser-
scben daniiederl&g, wurde neniicfa durch elwis
Weinessig geheilt, der ihm iiriget Weise sWll
eUies anderen Tiankes gereictit wurde. Gral
Lifoni/sa >), ein Arzi äu Padaa, welcher tou
diesem Falle Nachricht eihielL. vetsudite ehei
dieses Uittel an einem Krankea in dasigeo
Spilale, den er Morgens, Hittags und Abends
jedesmal ein Pümd Weinessig verordnete, nai
ancb dieser Mann wurde in kurzer Zeit »'i^
der völlig hergestellt. Im Jahre 1791. heilU
Moneta •) anter Anwesenheit des Minislera i!'
Cache Kinder von vier Müttern, welche durch
einen tollen Hund gebissen worden waren, durch
seine Methode von dem Ausbruch der Wulb-
kranhheit. Ludivig Frank ') drückt seine Zivei-
fei über die Wirksamkeit der Moneta'schm Me-
thode aus und erklärt die Nachrichten fiir h\söi-
welche aus Italien hierüber ausgebreitet wuidea
und machte bekannt, dafs die günstigen Nicli-
richten über den vortheilhaften Gcbraucb d«
Essigs weder mit seiner Erfahrung noch nt'
>) Mediciniich-obirufgUcbe Zeit. 1791. Bd. II. S.lA
»} Bbendftt. 1791. Bei. KI. S. 448.
■) Ebendai. 1791. Bd. IV. S. 48.
*) Tbe hritiili Merciiry. Vol. XVII. p. 375.
•) MediciniBcli-cliirurg. Zrit. fJ^l. Bd. [V. S.fS.
*) Kbendas. 1792. 8d. II. S. 381.
') Eberdss. 1791. Bil. IV. S. 284.
den an ihn eingolaufenen Nachrichten überein«
stimmten. Das Journal der Erfindungen, Theo-
rien und Widerspräche in der Natur und Ars»
neiwissenschaft ^ drückt sich hierüber folgen«
dermaÜH^n aus : y^^'h hätte gleich nach Brsdiei«*
oung von Moneta*s Schrift aus Mvatbriefen
von Warschau und Schlesien bekannt machen
können^ was nun Lafontaine ^) öffentlich gesagt
hat. Auch schien mir Monetd's Schrift selbst
von dem Slompel der Charlatanerie und Quack--
salberei so durchdrungen^ dafs man sich wundem
rouffei; wie manoho deutsche Rocensonten sie
und das darin gepriesene Mittel so dringend
empfehlen und dem Charakter des Verfassers
eine Lobrede halten konnten ; wundern über die
ganze Art, wie man hin und wieder dieses Mit-
tel in Deutschland aufnahm ! U. s. w." Robert
White ') sagt: was Moneta u. A. über die grolbe
Wirkung der Vorbauungsmittel geprahlt habeui
hfttte leider dio Erfahrung nicht bestätigt. Die-
ses dürfte genügen^ um diese Methode gehörig
nach ihrem Werthe zu würdigen, wobei wir
es übrigens dem Leser überlassen zu urtheilen,
ob Moneta ein Betrüger oder selbst Betroge-
ner war?
S) HubertusJcur. In den Ardennen liejgt ein
von seinep Stifter benanntes Kloster St Hb«
>) Dd. I. St. 1. 1793. S. 65.
•) Cbirorgiioh-tnediolniiche AbbaniHungeo Ter^ohleda»
nen Tnbalti, Polen betreffend. Mit Kupfern and Ta-
bellen. Breilao n. Leipz. 1792. ,
*) Tbe nie and abaie of lea water, Impartiany oonii-
dered and exempliäed in leteral caiei and remarki:
witb many neoeiiary hinti and oautioni tbo tboie
wbo batb in and trink it; incloding tlie most ap-
.provüd moani for preventing tbe dreadftil effectii of
tlic bito of mad animah. 1793. — Mcdioinlich - obl-
rurgiicbe Zeitung. 1794. Bd. IV. 8. 12.
— 90 —
berl. In ilim siud die Gehoiinnisso der sichern
Prtteeivalivkiir gegen die liuudsniith auibe-
wabTt, und dortlüa wallfahrea die von einem
wutbkranken Tliiere Gebissenen, wenn sie es
irgend möglich machen künuen. Zu St. Ua-
beit angekommen wird dem Gebisse neu ein
kleiner iSchnitt auf die Stirne gemacht uud ein
Stückchen von ilera dort aufbewahrten Mantel
des Heiligen hiucingelegt. Darauf wird der
Kopf verbunden und dem Operirten , der nun-
mehr enllasEen wird, aufgegeben, den Kopf
mehrere Tage verbunden au lassen, eine Zeit
lang von dem zu St. Hubert gesegneten Brode
EU essen, sich eine Zeit lang nicht zu n-asehen
nnd sich verschiedener Speisen zu euthallen.
Darauf mufs er an gewissen Tagen zur Beichte
gehen und andere religiÖHO Verpflichtungen er-
füllen. Ein Gebissener, der diesen Vorschriflea
pünklKch nachgekommen ist, kann später an-
dere Gebissene, welche nicht gleich nach Si.
Hubert wallfahren können, einen, sogentnaten
^nastand aut längere Zeit geben, der stete ver-
längert worden kann, und interimistisch eben
.80 viel wirkt, als die Wallfahrt nach St. Hu-
bert selbst. Auch für die Tliiere ist hierbei
gesorgt; sie werden durch das BreHuen mit ei-
nem in St. Hubert geweihten Schlüssel nad dia
Verabreichung von geweihtem Brode und ge-
weihtem Wasser unempfauglich gegen das Gift
wuthkranker Thiere gemacht. Daher hat man
in manchen Orten den Gebrauch, die Hunde,
wen^ sie einige Wochen alt sind, mit dem Hu-
bertusschlüssel zu brennen , dabei neun volle
l'age lang mit grofser SorgPalt zd wartea,
und ihnen während dieser Zeit gesegnetes Brod
zu geben. Es herrscht der Glaube, dals wenn
dieses Alles püncthch geschehen ist, die Hunde
-r »I —
nicht toll werden können. Der Glaube an diese
Kur hat in manchen Orten so tiefe Wurzeln
geschlagen , und Ewar nicht nur beim gemei-
nes Mann 9 sondern auch bei höhern Ständen,
dafs er fast wie ein Glaubensartikel behandelt
wird ; ja nichts im Stande ist, ihn zu erschfit-
tern, selbst nicht das Erkranken Geweihter an
der Wuthkrankheit. Gewöhnlich wird in die-
sem Falle die Schuld auf nicht pünctlich ver-
richtete Vorschriften, Mangel an Glauben und
dgl. geschoben, oder die Existenz der ausge-
brochenen Wuthkrankheit geradezu abgeloug-*
uet. Man trieb die Sache sogar so weit, dafo
man glaubte, der Name yyHuhertus'% einem Kinde
bei der Taufe beigelegt, schütze vor der Wuthr
krankheit. So t heilt tins Dr. Zitterland ^) ei-
nen Bericht des Bürgermeisters von Isisnbrüch'y
im Kreise Heiusberg, mit, über den TodesfUl
eines an der Wuth Erkrankten , worin es heifsti
dafs der Verstorbene , als er in seinem zwölf-
ten Jahre von einem tollen Hunde gebissen
worden, in dem Kloster zu St. Hubert gewe-
sen sei, und dort die geistige Kur durchge-
macht habe, dafs er damals mit einem gedruck-
ten Zettel versehen worden, auf welchem zehn
zu verrichtende Bufsübungen verzeichnet ge-
wesen seien. Nach dem Ausweis dieses' Zet-
tels habe er, wenn er wieder von einem tollen
Hunde gebissen würde, während dreier Tage
gewisse Bufswerke zu thun gehabt. Der Ver-
storbene habe indessen gezaudert, die Hub-
werke zu verrichten, endlich sich zwar dazu
verstanden, jedoch ohne das ei^ste Gebot des
Zettels zu verrichten, welches Beicht und Com-
munion verlangte. Er habe sich daher seinen Tod
>) RusVs Magazin, Bd. XXXV. Uft. i. S. 485.
- w —
lediglich selbst zuzuschreiben. Mehrere solche Üd-
glücksfiille gaben daher dem ErKbisctiof zu Kölu,
im Jahre 1826, V'erftulassuug, den Geistlichen
seines Episkopats die Pflicht aufzuerlegeo, den
von einem wulhkranken Thiere Gebissenen
erst dann die geistlichen Mittet zu verabrei-
chen, wenn sie sich zuvor ärztlicher Hilti!
bedient hätten, und der Oberpräsideut der
Hheinprovinz belegte die Abweichung von die-
ser Vorschrift mit einer Poliaeistrafe. Terras ')
crwahut vom Huberlusschlüssel , dafs drei Men-
schen, welche sich durch das Brcnneu mit dein-
selben gesichert glaubten, das Opfer ihrerLeicbl-
gläubigkeit wurden, welswegeo derselbe ia
Vorschlag brachte, die Bischöfe aufaufordcni,
ihre nntergebeiieu Pfarrer aufzufordern, üb«
die Sache Buf7.uklären und ihnen das uageoügenda
Benehmen ganzlich zu untersagen, was mm io
neuerer Zeit, wie bereits eiwühut, gescheheu ist
Uebrigens irrt Terras sehr, «ena er •'laubt, liala
der Ilubcrtusschlüssel auch bei Jlcusclien in
Anwendung komme. Sein Receosent, >) wel-
cher aus der ehemaligen berühmten Abtei eUien
schön gefaisten Hubertusschlüssel besitzt und
sammt dem gedruckten, acht alterthümlicben
Gebr&uchszettel vor sitA liegen hat^ kann ans
diesem beweisen, dals dieser Scblöss«! gvnt
gtgtn die Meinung der geistlichen Obarbelärde,
welche ihn anstheilt, bei Menschen gebrmukt
wird, und dab sein Gebrauch einzig für das
Vieh bestimmt sei, wie aus dem . gteiefa Ei^
gongs erwähnten Kultds in dieser Angelegeo-
>) Joornat de Medeclne, Cbirargleet Pharmadeetcr«
Lenmx elc. Tom. XXXIV. SepL — MediciDi(cb-<i^
targ. Zeitung. 1810. Bd. II. S. 200. Nu. 39.
I) MeilizinUcb - cbirurgiscbe Zeitung 1816. Bd. IL
SL 210. tt.
^ m ^
heil 2U ersehen ist Als Bewejs führt derRe-'
censent nur den Titel des Gebrauchszettels an.
was denjenigen^ der sich cUescs Instrumentes bei
seines Gleichen bedient, sum Vieh herabsetzt;
er heirst: ,, Gründlicher Bericht zum Gebrauch
der Schlusselchen des heiligen Huberti. Die
eisernen Schlfisselchön oder Hörnte, so die W-
Uge Steht des Heiligen Huberti berührt «^ lind
unter gewöhnlichem Gebett gesiegnet worden,
haben Krafft, das Viehe, so damit bezeichnet,
von allem Wüten zu beschüzen, das Viehe
aber, so mit rasender Sucht oder Zufall be-
haut, also gleich zu heilen, oder wenn cfs
stirbt, nachdem es damit bezeichnet, geschehet
solches ohne Schaden. Folget wie man sieh
dieses Schlüssels bedienen soll ti. s. w.** Zu-
letzt liest man biet noch: „Solche Wirkung
angesehen ist geii(ugsam kundbahr, in welcher,
Ehr der gemelte Schlüssel gehalten werden
soll, wird auch hierneben angezeigt, dafs nichts
anders damit zu brennen als allerley Vieh, da-
in selbiger Schlüsse) allein ist verordinirl worr
den.*' Derselbe Recensent schaltet hier, ifceh
die Bemerkung ein, dafs in der= ganzen Ai
sung nichts davon stehe, dafs man den' Söl
sei auch beim Menschen anwenden sotle/
dem einzig und allein vom Viehe die RedeViei,
obschon der Hubertusschlüssel, den er vor sich
bat, einen schönen Stiel von Ebenholz hat, und
nicht nur niedlich und klein, sondern auch mit
feinem Silber stark beschlagen ist. Die Form der
ge wöhnlichenHubertusschlüssel ist die einesJagd-
horns, dessen gröhter Durchmesser bei f Zoll hat ;
der Schlüssel welchen der obige Recensent auf-
bewahrt, hat nur 4 — 5 Linien im Durchmesser
und nicht die Form eines Post- oder Jagd-
horns, sondern gfibt auf seinen beiden End-
-- 96 —
täte aber keinen Zweirel über die Unzulänglich«
keit dieses vorgeblichen Heilmittels zulassen«
Der Fall; in welchem er den Versuch machte,
ist kurz folgender: Ein neunjähriger Knabd
wurde am 26. August 1835 von einem tolleu
Hunde in den Vorderarm gebissen^ die Wunde
Hiirde mit kaustischem Kali ausgebrannt , sie
vernarbte und das Kind befand sich S|- Monate
gesund. Am 30. October zeigten sich die Symp*
tome der Wasserscheu;, die gerötheten und
schmerzhaften Narben ^Vurden tief skarifleirl
und mit Chlorwasser ausgewaschen; hierauf
wurde das in einem sehr aufgeregten Zustande
befindliche und vollkommen wassersohede Kind
dem Bisse einer grofsen Viper aus Bergamo
ausgesetzt. Die Viper wurde hinter dem Kopfb
mit einer Polypenzange gefafst, fibrigens in ein
Tuch eingewickelt und auf ' diese Weise dem
Arme des Kindes^ dessen Aufmerksamkeit auf
eine andere Seite abgezogen worden war, -ge>«
nähert, worauf sie sieh sogleich mit Wuth ein««
bifs und das ausfliefsende Blut nicht ab^ewa««
sehen wurde. Als das Thier &sum zweitemnale
dem Arme genähert wurde , schien es rilohb
mehr beifsen zu wollen^ wurde aber sogleieh
dazu gebracht, als man dem Schwänze dessel-
ben eine LichtQamme näherte. Detr kleine Kranke
merkte dieses altes nicht und hatte keine Sohmep»
zen von den Bissen. Eine Viertelstunde daianf
stellte sich wässerig- gallichtes Erbrechen und-
erdfahtes todtenarliges Aussehen des Gesichtes'
ein, es zeigte sich Neigung zum Schlafe , der*
Patient klagte aber ein Stechen im Bisse, aber'
nicht in den skariflcirten Narben, er vermochte
mit Anstrengung einen Schluck Wasser himm«
ter zu bringen ; bald aber folgte ein Anfall von
Wuth mit Starrkrampf, t^ Stunden nach der
- «7 —
ken sechs Wochen long das Decoctum Gonistae
uud alle blieben von der Wasserscheu veisohont
Nach Beobachtungen von Schottin, White und
vielen Andern bleibt es indefli sehr wahrschein-
lich^ dafs die sogenannten WuthbIMcben in
manchen Fällen nichts Anderes gewesen sind,
als die angeschwollenen Glandulae subÜngaa-
les, oder in manchen F&Ilen mögen auch gan-
ffränöse Stellen für dieselben angesehen wor*
den sein. Magendie^ West und mehrere engli-
sche Aerzte haben diese Bläschen unter der
Zunge nicht finden können, vielleicht weil sie
zu spät darnach sahen , d. h., nach dem BIup-
tritte des allgemeinen Leidens, Magistel hat
dagegen solche Bläschen bei mehreren Pa-
tienten gesehen. Von 10 gebissenen Personen^
welche Magistel behandelte, starben 5. unge-
achtet der genauen Befolgung von Maroohet*
ti*s Heilverfahren; — Umstände, Welche auch
diese Methode eben so wenig, als die seither
erwähnten, allgemein bewährt darstellen.
5. Injektionen. Magendie ^') mMhto hei Snl^
nen Versuchen mehrmals die Bemerkung, daft
eine kunstliche Plethora durch Wasser offbÜH
bar alle Functionen der Thiere schwächt, Ke-
sonders die Functionen des Nervensvfitem|i.
Er kam dadurch auf den Gedanken, da» die^e
Plethora vortheilhaft wirken könne, wo die Thl-
tigkeit des Nervensystems bis zum höchstcfn
Grade gesteigert ist. Seine Ansicht gewafttn
durch den Umstand an Gewicht, dafs der Hv-
drophobische kein Getränk aubimmt, um me
mittelst des Kreislaufes durch die Lungen- und
Hautausdänstung ausgeschiedene FIfissigkeit va
ersetzen, und dafs das Blut nach dem Aderlasse
' ) Journal de Phyiiologis Tom. I. p. 44. aq.
louro. XCITI. B. 4. St. O
kaum durcli Serum zusammcngehnltcii ku wet-
<leu pcliciiit. Den ersten Veraach machte er
AU cinoni tollen HuikIc. Kr entzog ihm vage-
fälir ciu Pfuud Blut und spnlzte dsirn 6OI11'
aen Wasser in die liukeVeiia jiigularis, indem
fur bei der tcizteii Operation absichtlich 10 —
.12 Uri^eu mit Wasser gemischtes Blut Busllif-
tsea l^s. Das vorher ganz wütbende Vha
wurde ruJiig; aber nach f'iiuf Stutideu trslui
Athmungsbeschiverdcii ein, die binaen ein»
halben iÄlutiüe dag Thici dtelcu. Am I5.0ct.
1823 spritzte Magendie n Paris ciaejn Alauu
eine Pinto Wassers vc (0" R. in die Aioitc-
aeu. per Mensch litt ' lydrophobie in einen
8^r hpAigen Grade. dch nach der Opera-
tion ging d'ß Wulh i Palieutco in Rubf
Über, der Pnls fiel >0 Schlägen auf 1%,
dann auf 100 u"-i . tliuulen auf 80. Die
konvulsivischen |;cn lieisen oadi und
der Kranke tra.,.. Beschwerde ein Gl«
Wasser. Gs trat eine Blutung im l}äiaiktüa.\f
ein; er besserte sich aber dabei foitwühteiiii
to zum fünften Tage. Jetzt traten heftige
Si^nierzen und Geschwulst sm Uandgeleuke,
an den ünioen und Ellcubogea ein und ein be-
denklicher Abscefs am Fufsc, der durch sn'^i
Lonzetlstichc veraidafst worden war, welcl»
boi einem walirenil eines hertigon Parosvanv
im vorigen Stadium der Krankheit vorycjn)»-
meneu Aderlässe gemacht Avorden waren. 6
traten wieder Kleinmuth und Aufregung d«
Geistes ein und dci Patient starb am neuaui
Tage nacli dem Versuche. Magendie achW
diesen Fall im Ganzen als günstig für Wiede^
holung der Versuche, und erwägt man, dafs da
Patient gleich nach dem Versuche, sich plötKÜfi
nnd sehr merklich besserte, dafs er die Injet-
iion acht Tage fiberlebte und dann vielleieht
mehr doroh andere sEuflUlige Uebel starb , so
nrafii man geateheni dab dieeea Verikhren fer»
Derer Versuche wfirdig ist
6. Dampfbäder. Buisson^} wurde m et-
iler Frau gerufen^ welehe seit drei Tagen an«
GbKch an Hydrophobie litt. Sie sehne laa<|
klagte sich über ein Oef&hl von Zusammen-
Mhnurung im Schlünde^ schäumte und spuckte
fortwährend aus. Nach der Aussage der Naoli-
iNuren war sie viersig Tage Torher von' einem
wfithenden Hunde gebissen worden. Sie selbst
Sab nidit eu^ daßi sie hydrophobisch sei, son^
em behauptete, 4iese KufMIe huigen von Oh
rer kritischen Epoche ab. Auf ihr inständigst
Bitten wurde ihr cur Ader gelassen, allein sie
starb zwei Stunden später. Buisson^ dessen
Hände mit Blut bedeckt waren, reinigte rieh
mit einem leinenen Tuche, womit man den Mund
der Kranken abgetrocknet hatte. Er hatte jn-
rade an dem einen Finger ein, von einer Ka-
ries abhängiges Geschwfir, glaubte jedoch die
Folgen seiner Unvorsichtigkeit durch sofort^j^
Waschen mit reinem Wasser beseitigen Bli
können. Am neunten Tage, als ersieh geijide
im Wagen beiknd, fühlte er einen Schmer« 'im
Schlunm und einen nodi grOberen in den Au-
gen; sein Körper erschien ihm so leicht, ftb
könne er auberordentlich hoch springen: die
behaarte Kopfhaut war so empBndnch, da» iMr,
wie es ihm damab schien, alle seine Kopfbaitfe
sählen EU können glaubte, ohne sie an sehen.
Es kam ihm fortwUirend der Speichel in 'dem
"Mund, der Eindruck der Luft, der Anblick gläti-
sender Körper verursachten %m eine sehr pebi-
^) Gtzette m^dloale d« Paria. Sept. laSS, No. 0S. —
Schmi4$ JabrbQober Bd. I. S. 74.
o t
— 100 —
liehe Gmpßutlun^. Er fühlte, wie er sagt, ein
Bedürfnirs zu lautea und zu belTsen, nicht die
Mepscheii, sondeTQ die Thiere und die lebloseu
Körper. Endlich gelang ihm das Triakoa nur
mit Mühe, und der Aublick des Wassers be<
l&stigte ihD weit mehr als der Schluudschmeiz.
Die Zufälle kehrten alle Tünf Minuten wiedei,
und es schien ihm , als ob die Schmerzen im
kranken Finger begännen und sich von da bis
£Df Schulter erstreckten. Aus der Geaamml-
p.eH dieftcr Symptome erkannte er, daEs er van
der Hundswuth bel'allen sei , welshalb er deo
Entschlufs faCsle, durch Erstickung in einen
Dampfbade seinem Leben ein Ende zu macbep.
Er steigerte die Hitze bis aul 42*> R., und war
ebenso erstaunt als vergnügt, als er bemerkt«,
dais alle Zufalle aufhörten. Seitdem will er
durch das nämliche Mittel mehr als achtzig
Gebissene geheilt haben, you denen bei viere»
die Wuth völlig auagebrocheH war. Alle sind
uach seiner Versicherung geheilt wordeu, bis
auf ein Kiud von sieben Jahren, \ve\ches im
Bade starb. Seine Behandlung besteht darin,
dals er die Gebissenen eine gewisse AnMhl
nissischer Dampfbäder nehmen, und alleNadiie
unter einer wollenen Decke und einem Feder-
bette tüchtig schwitzen läfst. Die Transpira-
tion Wird durch reichhchos Trinken eines wu-
men Sassaparilldekoktes beiordert. Buuson
hält diese seine Methode für so sicher, dafs er
das Anerbieten macht, sich die in Rede slc
hende Krankheit einimpfen zu lassen. Schlieü-
lich macht er beracrktich, dafs die Thiere, b«
denen sich am öttersten die Hundswnth spoD-
tan entwickelt, nämlich Hunde, Wölfe anil
Füchse, solche sind, die nicht schwitzen.
7) jip^Tsohet Sp€Oifioum ^). Deii Sbliif^
meister Aptl und' dessen beide ^Ohiie' aü Bfstttf
sollen soUon mehrere Kuren iih gebissenen' It^a^
sehen und Vieh äbernomnien haben' '^ nnlt^kMtf
einziges Beispiel sei . bekannt, wo* die Kür 'ibifil«^
gluckt w&re. Seine Befaaildlun|g;sniethMe be^
steht iii Folgendem : Mäh schabt vda'^et'Wu^^
zel der wilden Rose rmiff wotilrioohesdeii MM^
tern — Rosa caoina s.eglafiteria/Welclh'eia4nMi-^
cheii Gegenden auch Muttergöttesrose'gMattlit
wird, — die schwärze Oberhaut ab ^od ^rft
sie als unnütz weg. Von der drunter liegen-
den gelben Rinde wird mit Milch ein möglichst
concentrirter Absud bereitet und von mesem
trinkt der Gebissene alle \ — ^ Stunde eine
Obertasse voll. Acht solche Gaben sollen für
den Menschen hinreichend sein, bei Hunden
sollen schon zwei Gaben die beabsichtigte Wir^
kung hervorbringen, und diese Thiere den Trank
sogar noch im ersten Stadium der Wuth mit
Begierde saufen und hernach genesen. Zu be-
merken list jedoch, daft die Rinde nur flriseh
angewendet werden darf. —
Aulser den hier erwähnten Mitteln und Me-
thoden wurden, wie allgemein bekannt^ eine
noch sehr grofse Reihe anderweitiger aufge-
zählt, welche wir nur dem Namen nach auf«
führen wollen, da es aufserhalb unseres Planes
liegt, hier eine vollständige Therapie der* Wnth-
kraukheit zu liefern, als da sind: Belladonna^
auf deren Anwendung schon von Plinius hin-
gedeutet wurde, Opiunty BlauMÜurt^ Moschus^
Quecksilber^ Maiwürmer^ fiüchtiges Ammoniak^
Oely GalvanismuSf Magnetismus j Krähenaugen^
Stechapfel^ das Blut eines wuihkranken Thieres
') Hertwig^B und Gfurll*« Magazin für geiamnita Tbier-
• beükund« 18^6. Uft. 4. S. 432.
— toi —
und noch eine Menge anderer Mittel, sowohl
ans dem Thier- als Pflanzenreich, von derea
Wirkung sich im Allgemeinen aageo läist, daä
wir Dach den seitherigen Beobachtungen und
Erfahrungen noch kein untriigliches Specificum
gegen diese furchtbare Krankheit besitzen. IHe
Bweckmäfsigste Behandlung ist, gleichzeitig so-
wohl innerlich als äufserlich dem Ausbniclie
der Krankheit ihiei N'ulur entsprechend eulge-
gen zu wirken, deren speziellere Erörterung hiu
nicht mehr Raum finden kann.
(Fortsetzung folgt.)
- im ~r
mifmmmmtmimmtmmm»mm*^f
. ■ . . i • . ■ .»
■ ]■ 0 >!• •
I» ■
• i .
I
III.
Metlicini(Mrfk- praktiMke imd- the«
retiiäebe Erörteic^ngeÄ
Ton
Aug. Wilh; Ndüber, • '
Doctor der MeHizia, CliirurgU oi<f PbUoioyb|f.i^.,i,
Apenrade^
'• ■ . ■••).!,
• .• ,^ ". « * ■ I
(ForUetzuog. Vergl. forigts StUiok 8.7a«).. .,
16-
Jeder neue Aufliats^ den iiiaQ in otit^rtrtr
Zeit über Typhus liest ^ macht ea imnlerKlmi^
dara, obgleich durch manche berühmte Abtiflri^
t&ten y namentlich durch SohpnMn ^ nnd awMhcJH
nend rein praktisches Diagnosticiren , die Sk^e
für immer abgethan und map mit dem MiMM
dieser Krankheitsform im Reinen feu aefiirsroien,
wir in der That noch weit vom Ziele enrnrat
sindy und bis diesen Augenblick Aist j^eif
solbsibeobachtende und selbstdeqjkende Anstbei
dem Worte „Typhus" sich etwas Anderes denkt*
Dies bestätigt wieder Malin's Bericht (Vereins-
Zeitung. 1839. No. 81.) von einem auffebUbben
Bronchialtyphus. Gewifli hat derseme' Ai
— 108 -r
.V> . ■:
I » • i
t ■ . .
III.
- praktische und the#
reüsehe Erörterqiigeii
▼ on
Aug. Wilh. Neüber, '
Doctor der Medizin, Chirurgie ond PbiloiiOfb|e zä/. !'
Apenrade.
j • •
(FortseUuDg. Vergl. voriget Stack S. 720;
16.
Jeder neue Aufeatz, den qiaQ in nnser^Bfkr
Zeit aber Typhus liest ^ macht es immer klarei;^
daby obgleich durch manche berühmte Autori-
täten f namentlich durch Schonlein , und anschei-
nend rein praktisches Diag^osticiren, die Sache
für immer abgethan und man mit dem BiBgrifR
dieser Krankheitsform im Reinen ^u sein siSiien,
wir in der That noch weit vom Ziele entüiemt
sind^ und bis diesen AugenbKck fiist jeder
selbstbeobachtende und selbstdeq^ende Arzt )i€ti
dem Worte ^^Typhus" sich etwas Anderes denkt.
Dies bestätigt wieder Malin's Bericht (Vereins-
zeitung. 1839. No. 31.) von einem augeblichen
Bronchialiyphus. Gewifb hat derselbe darin
- lÖB -
ITugestaltiiDZ und Neubildung voraussetzoD,
wfildie im Gebiete des Organismus als etwas
-Frcmdarliges erscheinen, wie z.B. alle Erzcug-
aisse der sogenannten specifischcD Krankheiteu,
der Exantheme, des Krebses, der Schwamm-
gewnchse u. a- w. — Wenden wir das Ge-
sagte nun auf iniscre Fieberlehro an , so eTgt-
hetf sich tiir das gestörte Gleichgewicht der
Altschnng, wie sie, ohne Mitwirkung eigenai^
iiger Einflüsse, im 0''''°"'8inus vorhanden ist,
zoD&chst zwei allgein< Störungen, nämlirii
die tJebersteigcTung l... ' rganischcn Bildua^,
die man auch wob) , weuij er passend , Hyper-
animalisation genar«* hat, und die Berabsun-
inung oder Entbili : '^'"-seiben, sonst aucli
wohl, eben sount o, Fäulnifsgeuiuat.
Da beide Zuslant.^ glich in der be\tb-
teu Klasse, also vo eise im Blute, ias
selbst belebte Masse i d ans dem die ganze
übrige belebte Masse entspringt, wurzefo, so
ergiebt sich hieraus von selbst, dafs die Ue-
Bersteigeruug im Allgemeinen nur beimGeßlS'
lieber, die Herabstimraung nur beim Nervenfie-
ber statt linden könne. Jener Xustand be-
dingt das reine oder eigentliche Entziindungs-
ißeber, dieser das eigentliche Entmiscliuaga-
oder sogenannte Faulfieber. Ans meiner D»t-
stellung des gesunden Lebens (Pfaff's Mitthei-
Inngen 1838, Jahrg. 2, Hft. 1, S. 47 —95. \aA
Wh. 3. und 4. S.42t —70, wo ich statt „phi*
loBophische" „physiologische Grandlegung" zu
lesen bitte) ist bekannt, dafs ich den Gmnd-
satz aufgestellt habe, es seien die vier Gniat^
Stoffe, die wir jetzt, unpassend genug, Sauer*,
Stick-, Wasser- und Kohlenstoff nennen, in
Organismus ebenfalls, aber im belebten, im or-
ganischen Zustande vorhandeu, und ihnen dei
— KW —
ScUoMD*, Speichel-, Lebeirganen- and KSs-
galten -Sloff entsprechend. Ist dem dUr'iro,
und ist bei dem EntBondangefleber die G^Mamt^ .
beit des belebten 6nin£tofl!i, * Am '^on der
Lunge duTdi den Athmungi^rozels gebildeten
LebeiMathers vorzugeweise foetheiligt, n6 dab
man diese Fieberfonn sehr wohl anch das fttbe-
riflche Fieber nennen kdnnte: so .i^firden lieben
und unter demselben noch vier andere beson-
dere Fieberarten gegeben sein, je nachdem
einer von jenen vier Grundstoffen vorwaltety
nimlich ein Schleim-, Speichel -> Lebergallen-
and Milsnllen* Fieber, so, daAi sowohl das
G^ßSh^ & das Nervenfieber, sowohl das Ihii-
aandungs- als das Entmischungsfieber sieb mit
dem einen oder dem andern jener untergeotd-
Beten Zmtinde verbinden kann. Was nun die
Verbindung derselben mit eigenartigen Einfifii^
sen betnift, so ist die Zahl derselben, da sie
etilem Gebiete angehören, dessen Eigenthflm-
hdikeit und^-Umfang wir kaum su ahnen ver-^
mdgen, and das wahischeinlich, wie die Ver^ .
binonngsart der Dinge selber^ unendlich ist, nicht
m beetimmmL Ab«r ionner werden sich diese ^
eigenartigen Znstftnde, wenn sie sdber ein Fie*
ber eiBeagen, oder sich mi einem sdion vox-'
handeaen geseUen, mit ^er von jenen Hebeir^
foimen Tereinigen müssen. — • Kommen wir
nun, nach dieser Abschwriftang, wieder auf don
sogenannten Typhos suroek« so leuchtet es
aUbald ein, daib alle Begrilliverwiuuag fiber
denselben dadaroh entstaaden ist, daft matt
binmcbtlich der anprunglicbmi 9^s<Aaffenheit
der Fieber nidit im Klaren nut sieh war, und
dab gamv versdiiedene Fiebensustände den Na-
men ^TyfhoB" erhalten haben, indem nmn bald
ein Nervenfieber, bald ein solches, welches
- 106 —
fangs entzüudlicb, dann nervös wurde, bald eio
Nerveulicbcr mit EntniiBchuageii , bald eiu e^
geiitliümlichea Auaschlagsfieber, kurz imcoer «-
neu mehr oder weniger bösarligen Fiebenn-
Staod daiiinter verstand. Ich selber vetatelw
ilarunicr ciae eigenthiimliche exautbematisciii
Krfiukheit, die von vielen Seh rittstel lern, n^
meiilLicb von Schönlein der Petechialtyphw,
von frühem Aerzten aber PUckfieher gesanni
wurde, wenngleich ihre HrgriffsbestimraungJw-
selben sehr schwaiikeud war, und auf verschie-
dene Fieberarlea ausgedehnt wurde, die eben
nichts als mii'sf'arbeue llautflecke mit einander
gemein halten. Mir scheint es angemessener, ät
letztere Benennung beizn beb alten, weil die entere
gar zu schreckhaft klingt, indem man dib«
gleich an Petechiei:, Pest und allgemeiue Anf-
jösnng denkt, als deren Vorboten man sie an-
zusehen pflegt, die doch bei dorn cigeoilicheu
Typhus gleichwohl in der Mehrzahl der Fälle
picht vorhanden ist. Denn obgleich derselbe vor
allen Exanthemen das Eigen thiim liehe hat, iii»
er sich vorzugsweise mit einer gewissen Fie-
berform verbindet , dem XervenÖeber, und in
manchen Epidemien dem GntioischungsSeber,
ßo kann er doch im Verein mit jeder aadciQ
Ficberarl, selbst mit dem reineo Eulzüaduogs-
lieber, vorkommen, woraus dann erhellt, dils
es keine fcsibcstimmte Behandlungsart dessel-
ben geben kann, indem es bei ihm, wie bei
allen E-vanthemen , lediglich auf die Beschil-
fenheit des mit ihm verbundenen Fiebers an-
kommt, mit besonderer Berücksichtigung dei
örtlich angegriffenen Gexvebe oder Theile.
— 109 -
17.
Die Beobachtungen über das Puerperalfie-
ber von Gruber in St. Petersburg (a. a. 0.)
liefern abermals den Beweis^ wie unter dieseifi
Namen noch immer vielerlei, theils verwandte,
theils entgegengesetzte Zust&nde vereinigt wer-
den, indem der Hr. Vf. sagt, der Character
des örtlichen Krankheitsprocesses beruhe iehr
oft auf Entzündung , oft aber auch auf einem ,
der Entzündung ganz entgegengesetzten Zustand,
ja auf L&hmung und Fäulnifs. Aus diesem Äiif^-
satz erhellt, dafs der Hr. Vf. das eigentlichp
Puerperalfieber, die specifische Entzündung defi
Bauchfells der Wöchnerinnen, welche ' 9tf^D|^
genommen allein diesen Namen verdient, mit
der Geb&rmutterentzündung , welche selbst auch
Neumann (von den Krankheiten ' der BIensc)i6ii.
Bd. I. S. 383) niciit streng zu unterscheiden
scheint, und mit der sogenannten Gebärmutter-
f&ulnifs (Brand der Gebärmutter) verwechselt,
•nachdem so manche. wissenschaftlich gebildete
und tüchtige Praktiker , und namentlich ScMn^
leiny vor dieser Verwechselung so verschiedener
Zustände gewarnt und den rediten Weg geneigt
haben.
18.
Die englische Behandlungsart der Kranken
ist doch oft von der unsrigen sehr abweichend,
das bezeugt unter andern der Bericht des Dr.
Graves (London medic. GasB. Jan. and FlQbr.
1887. — Frioke*s Zeitschr. 1837. Bd. V. St. t.)
über die Behandlung einer allgemein ftich ver-
breitenden Rose bei einem Kräftigen junp;en
Manne von 18 Jahren, der dieselbe in emer
Zeit i;;^o Hosen epidemisch waren, durch Än-
stedcttiig, bei der Pflege seinev Mutter, erhak-
)
— 110 —
ten haben soll, Blutegel, Purganzen (vrifit-
scheiulich drastischer Art), Quecksilber, Mohn-
BBft, Brechweinsteiu , Höilettstein warea dii
filittel, welche gcgca einen Zustand angewen-
det wurden, der oÜcnbar gallig*- eutzÜDdlic]«
Natur war, später selbst nervös wurde und«
Tod durch Brand cndela Ein besonneDer ii-
tioDeller deutscher Arzt würde sich auf dieii^
Wendung eines kühlenden Verhaltens und eiw
Brechmittels gleich anfangs beschrankt, spiUi
aber kühlende gelinde abführeode Mitt«l, dm
geeignete Salze, iu Verbindung mit Tantuii^
den und, wenn dennoch ein nervöser Zustu!
eingetreten wäre, die Arnica, den Baldriui, i)
Verbindung mit essigsaurem Ammonium, Sil-
miak oder Mincralsünre, äufserlich aber jii
iiichls, oder aromatische Kräuterkisaeo togt-
wendet haben.
19.
Dr. Dorsey (Americ. Journ, of the medic,
Scienc. Nr. 36. Aug. 1836. — FrtcAe'j aeilsclii
1837. Bd. V. St. 2.) heilte eine Negeiio m
fünfzehn Jahren , die in Folge einer seit leb
Tagen verbeilten Verletzung am Fufse am St»n-
kranpfc litt , in fünf Tagen durch ungeheure Gl-
ben Opium; daneben wurden Aderlafs, Schlüpf-
köpfe, spanische Fliegen, Einreibungen vod
Terpenlhinöl und Abführungen von Calomel diu'
Jalappe angewendet — Bei einer Negerin läl»
sieb so Etwas wohl versuchen. — \'iel!eidil
hätte ich durch dieselbe Dreistigkeit eiMD
Kranken gerettet , mit dessen Verletzujig eswi
auf gleiche Weise verhielt :
DoB 36. Juoc 1819 verlangt« «in
- Bwanzig Jahr alMr Tabacbspiiuiet
— 111 —
Der Mann tvar von mittlerer Grofse und star*-
kem Muskel- und linochenbau, früher wohl-
beleibt, jetzt aber abgezehrt. Seit acht Ta-
ften ^ hiefs eS; befinde er sich unwohl^ habe
keine Elslust, Schmerz in der Stirne, bitteru
Geschmack und leide an Uebelkeit. Die Zunge
fand ich gelbweiüs belegt und auch die Ger
sichtsrarbe war etwas gelb. Ich schlofs jaus
diesem Allen auf gallige Sordes und verord-
nete ein Brechmittel aus vier Gran Brecl^wein-
«tein, zwei Skrupeln Brechwurzel, einer halben
Unze Meerzwiebelhonig und anderthalb Unzep
Chamillenwasser , viertelstündlich 1 l^f^löffel
voll , bis zur Wirkung. Das JBrechmitteJ wirkte
hinlänglich und veranlafste auch eioeOaifmiiig.
Er schien hergestellt und wufde am 3. Julitder
Behandlung entlassen. Allein schon am llien
nahm er meine Hülfe von Neuem in Anspnu^b.
Ich hud ihn auffallend blals und noch mehr nbt-
g^ehrt. Was ihn aber am meisten beuvru-
bigte, war, dafs seit einigen Tagen sich einid
mehr und mehr zunehqnende Mondkleomie Mk
gestellt hatte, die beim Schlucken und w^m
er den Mund weit zu öffnen versuchte, '.kaift
Schmerz in der Zunge und in der Gegend «bs
Magens verbunden war. Die Zunge w«t iMt
kleinen Bläschen besetzt, und er kooKte fiuit
nichts hinunterbringen, obgleich es ihm lAttHL
ganz an Neigung zum Essen fehlte. — Den
Zufall für krampfhaft haltend, verordnete kdi
ein Pulver von Opium und Breehwurzel, vön
jedem einen halben Gran, schwefelsaures Kali
zehn Gr., liefs Uervou täglich vier Stuck nehh
men, und äuiserlieh Einreibungen von grauer
Qijbicksilbersalbe mit Opium machen. — Deb
lt. Juli. Nicht achlinuaer, auch konnte er elwitti
sisbliiigen, wenn ea mr Bwisehen d^ ZahMi
- 11« —
Unda^ war. -7 Nun. eist erfnlir ioh, M
geiiaiierer Nachfrage^ dab er ekh tot M
Wodien einen rostigen Nagel tief in dh
redite FaÜMohle getreten hwe. Sdim'sfMl
einigen Tagen verheilte ' die Wiinde imter te
Hittden einer Quacksalberin mid er luitte Sni^
dem kone weitere Beschwerden iii SennAm
▼erspart. Sofort lieb ich die SteDe der Naik^
die nichts Besonderes wahrnehmen Ueb^ lleiGv
nrit der obigen Salbe einreiben luld t&gKeh vi^-
üud eine halbe Stunde lang ein Fnfsbad v«
'€hanultonaufgu& mit einer halben Umce fttm-
•den KaUs ncSmen, so swar, dafii jedes Atm
WÜtor viermd gebraucht wurde. Dtm 13Ui
Jidu Obgleich er Nadits etwas gesehlifiB%
. hatte sich doch das Uebe! merklich TeiscUn-
nert. Er konnte den Mund kaam noeh tttm
IBUte Ziehen im Naclieta und Rfidkgrafbj wd
-dW 'Sohmerz in der Hagenge£fend war stlik«*
Verordnet worden: Aetseiider SubGmat lini
Opium von jed. zwei Drachmen, eine Unze Rosen-
salbe zum fleifsigen Einreiben im Rucken, me
grofse spanische Fliege auf die redite Fnb-
«ohle, innerlich einen Gran Herb. Belladomiae^
einen halben Gran Brechwurzel und einen Skru-
pel Zucker und liefs ich vom letzten Pulver alle
zwei Stunden ein Stück nehmen. — Abends
befand sich Pat. viel schlimmer. Die Pulver
wurden erneuert und längs dem Rückgrath eine
spanische Fliege anderthalb Fufs lang und drei
Zoll breit gelegt. — Gegen Mittemacht erinek
er einen Skrupel Tinct. Opii crocat auf einmal.—
Den 14ten Nachts wenig Schlaf Die Bekkih
mnng in der Herzgrube hatte sich verloren^ dte
Zähne aber waren fest zusammengeklevat
Nach dem Aufstehen zeigte sidi Neigung zda
Erbrechen^ die spanische Fliege im Rücken hatte
~ 113 -
'fast gar nicht gesogen, beide wurden mit K6-
nigssaibe Terbundeu; von den Fubbädem wa*
4^6B acht', und dazu eine Unze ätzendes Kali
verbraucht worden. Nun wurde ein ganzM Bad
mit zwei Unzen ätzenden Kalis verordnet, in
"dem Pat. eine Stunde zubringen tnufste. V0r-
-her aber wurde, da die Oeffnudg^'seit drei Tai-
gen fehlte y ein Klystier aus Asa foetida, Ol.
Hyoscyami coct., Liq. Ammon. suooin., S^ife und
Aq.Flor.Chamomill., — aufserdem innerlich Pul-
ver von Hb. Belladonu/, Flor. Zinc.^Magues. eaiv
bonic. und Zucker (alle 2 Stunden 1 Stack) — und
unmittelbar nach dem Bade eine Gabe von einer
halben Drachme Tiuct. Opii erocat. verordneit^-*-
Am 15ten Juli war nach einer meist schlaflosen
Nacht Alles unverändert Das Klystier war
DOch nicht abgegangene Pat. wurde an dieseai
Tage wieder Vormittags und Abends in das
Kalibad gebracht, welches zwei Unzen KäU
enthielt und zum zweiten Bade das Wässer
-des erstem mit verwendet, so dafs das letztere
vier Unzen Aetzkali enthielt. Nach dem Bade
in wollene Decken gewickelt, 'sebwitate 9$^^
stark. — Die Verwundung des Fufoes hatte
mm äurseren Rande desselben zwisched'-der
Wurzel des kleinen und nachfolgenden Zekes
Statt gefunden. Die Narbe war nur von: -der
Oröfse eines Stecknadelköpfe, beim stärkte
Drucke auf dieselbe empfand Pat. in der 'ViMb
einen dumpfen Schmerz. Ich durchschnitt die
:Narbe in der Länge eines Viertelzolles ^ bis
darch die Sehnenbinde, wobei aus einer klei-
nen Vene eine ziemlich starke Blutung erfolgte./
?fach der Blutung wurde Charpie^ mit gleichen
Theileu spanischen Fliegenpulvers und Aete-
Icalis bestreut, eingelegt. Irrthumlieh ' wären
Tages vorher auch die zuerst versdnieliMtn
Jonrn.XCIILBd.4.St. H
— 114 — TP
Beiladonnapulvcf erneuert wordoa, lUa
balte aifl H'ecliBcläwciae mit den Kulet
•fdnet«n gegeben. Einige Stunden smi
ficbuitte befand sich Pat. etwas besser
JDund konnte etwa einen Vicrtelzoll w
öffnet werden. Aucli Ualte et nicht so
■SflhmeieeB in„der Herzgrube, die sich i
VftTtgeu Tage in eineni hohem Grade
eingestellt halten. Da das Klyslier aa
4d«fchmitt&gA nicht abgegangen war, ei
-das vorige. (nit einem Zusatz von Infus,
luud Mogoes. sulphurica wiederholt appüi
flöich unmittelbar zuvor das erstere, al
tuhlgang, entleert wurde. Dieses zw
wirkte nach sehr kurzer Zeit nur geririj
inung. Nach dem Bade Abends wurde t
ibvid mit dem Aetzkati und den api
tiliiegenpulver emeuerl, ohne dem Kraul
iStlinera zu verursachen. Nach äei
•dllief er viel, von 5 bis 10 Uhr unm
oben, auch nachher blieb er schlärri^.
.«teilte eich Würgen ein, und dBr Ath«
dMi 'G^nNb-^des b«gMiiend«n SpokM
vDtePul^Wiliefe ich wibwad der Nad
^■»taen. Den .l&teu Juli. Die BlM
: MhlaOM, AH«9 v«80Uiinineit. Bs ha
OorohUtd' «ingMtellt. Pat wur4B f&n
itota teng ioDin -kaltes Bad gebiaofat »ai
BUSltidbeh : jetzt ein Palver t«b 1 ^Qr..^
4 Glr. -Kampfer, 5 Cr. ArawiDn. pym-^
80 Or. I&uckecj &u : jedem Pulver wwdeo
~4mi -M Trepfen von einer BSiscÄftiog ■
. dtm Tbetloa UoedMuhaltigof Ambrali«
. VEnet Op. cieMt. gesetzt. — Untaittdl
Atta Bade bobrtd aiehPAL odtecirteE.
ifMft^^itie.el^riscfae SeU&g^ Mf^"
iMM'ftfllHiliMde^ Geräuneha >v*n i4ta
, — 115 —
durch den ganzen Körper, dabei war Ziehen
und Dehnen durch alle Glieder, Zusammenächnü-
reo des Halses und Scjhlui^^^es', Würgen, fast
ganz gehindertes Schlucken, Abneigung gegen
Alles vorhanden. Bis gegen Abend waren acht
Pulver verbraucht, Pat. vermochte nicht mehr zu
oelupaen upd erhielt nur den Rest der Tropfen ym
10 nud um 12 Uhr. — Er muiste nuu fast fort-
wä^ead in halb aufrechter Stellung von zwei
Personen gehalten werden, weil ihn sonst die
^t^lse in der Herzgrube zu ersticken drohten. —
Morgens legte ich ein Stuck Aetzkali von be-
trfi/chtli(^er .Gröfse in die Wunde, und lieißs,
von Mittag an, dieselbe mit warmen Umschja*
gen aus erweichenden in Milch gekochten Kräu-
tern kataplasmiren. Der Puls warum diese Z^it
sehr schnell, häufig kaum zu fühlen und sehr
ungleich* Pat. schwitzte fast heständig, doch
ohne besoniders warm zu sein. — Denl6tenJqli.
(der siebente Tag nach Ausbruch der Mund-
klemme}. Wider Erwartung hatte Pat mehrere
Stunden auf einem Lehnstiude sitzend geschla-
fen. Seinem Gefühle .nach befand er sich yiel
Jiesser, hatte wieder Lebensmu^h^ und äijfi^xte
Yeriangen nach Wein und Fleischbrühe. Cjie
Z|dme konnte er einen halben 2!ipll weit i5fl[i[iep;
ai|ch trank er, ohne besondere Beschwiwden,
eine halbe Tasse Qluhwfin. De^r Durohlauf
hatte sich n seit 19 Uhr Nachts verloren. J^s
Stplsen in der Herz^rabe war weniger ^ heftig,
ond nöthigte ihn nicht mehr zum Aufsitf^n,
4ie Extremitäten konnte er besser bewegen,
die Stimme war deutUcher und lebhfifter^ 4as
A^ge munterer, der Puls gehobener, voller, wi^-
•leMonnig^ schnell und weich. .Sr U^ if^.^^m
f^Wdiel^a warmen. Schweifiie»' — Dj^c^pfen
wiudm .aroenert, und stun^lMi Wff^ ^. J^^
pi
IL
■ohwert. Die Wunde zeigte kei
weshalb von neuem Aetzkali oinj
wonnf diesmal eine starke Bin
Der Puls war fieberhaft, die Ha
ter Temperatur und roth, anhält
vorhanden. Verordnet wurde:
Ol. Cajeput, BrechweinsteiD ui
Kam Binreibeo in . die Herz^ru
xeu Aetzkali zum Bade-, und f
' rotbem Piäeipitat zum VerbiniJi
' und dabei die erweichenden V
die nnomehr stark entzündete ''
Mtzt.' — Abeodfi wurde Fat. eu
giebtdeL Pat. fühlte steh im Badi
httte gleichwohl diesen Tag viel
nnd getrunken als die vorigen Ta|
fortwährend an Beine Genesung,
sicherte, sich viel besser eu b<
wollte es noch immer mit dem S
recht gehen ; im Liegen konnte <
feo, denn wollte sich der Schlaf
'fiifar er unwUlkührlich iu die Höh«
wurden während der Nacht fortff
— 117 —
«
)ii fortwährend steif, und das Stofsen im Iq-
ern dauerte fort. Pat fiel gänzlich zusammen,
»ip Pub. war klein, schnell, häufig und unor-
mtlicli. -^ Von den zuletzt verschriebenen
[(michuspulvern liefs ich jede Stünde ein hal- /
m nehmen, mit 10 von den bisher gebrauch-«
n Tropfen, ifnd zwar in 1 Efslöffell voll von
ner Abko^liung der Königschina, mit Syrup.
oft. AMra^t., Ext. Chiuae und Schwefelätber ;
Ipindas sehr erschwerte Schlingen verl^inderte .
öilstenthells die Anwendung. Vormittags ^ be-
im er noch ein warmes Bad^ welches nichts an-
irte. Voip;nun an redete er fast beständig irre/
le Ärixieie.n wurden ausgesetzt, und Pat»
hieJLt iiur poch dann und wann etwas Fleisich-
ufaie mit £ji|[elb. Unter einem heflifcu ,Tp^
skampfa ui)d häufigem lauten AufschrlElieii
irb er en^licii am 18ten Morgens um 5 Uhr. . «^
e Oeffnung der Leiche wurde nicht gestattet,^
Eirde aber auch, wie fast in allen ähnliche!^'
ill^n , wahrscheinlich keinen befriedigenden
ifschlufs gegeben haben — Die 22eit von
r Verletzung bis zum Tode betrug 28 Tag<i,
) des Ausbruches läfst sich auf den vierzehn-^
s. Tag setzen.
«0.
Hr. Dr. Lange theilt in der Berliner Vereins-
itung (1839. No.31.) mehrere Fälle von un-
Scklich abgelaufenen Aderlässen mit, und macht
rauf aufmerksam, dafs der Schnepper der
rnzette vorzuziehen sein möchte, weil in allen,
n bekannt gewordenen Fällen, die letztere
»braucht wurde. Er bebt als muthmafslichen:
*und dieser Erscheinung hervor, dafs man sei-
n auf die BeschafFenhcit der Aderlafslanzette
die geliörige Sorgfalt vem'ende, roden
tbeils sie nicht gehörig scharf hatte (w
gewöhnlich nicht öfter als dreimal geb
wei'den könne, und sie daher eine gei
Wunde und ein Zerren der Vene bedinge),
sie auch n-oht zu anderen Geschäften (C
von Geschwüren, Impfen u. s. w.) geb
und sie daher, wenn sie nicht gehörig ge
worden, eine Vergiftung der Wunde veran
könne. — Ich unterschreibe diese Ans!
und habe mich deshalb noch immer deaS^
pers zum Aderlassen bedient, ohne jemi
Den Nacfathei'l davon erfahren zu haben,
finde ich, dafs derAderlafs mit dem Sehe
nicht nur leichter und sicherer, ssadero
für den Kranken bei weitem weniger seh
bafl als der mit der Lanzette verneblet
Freilich habe ich zweimal in der Noth, n
mangelung eines jeden andern tauglichen ff
zeugs, unter dringenden Umständen nijini
Federmesser zur Ader lassen müsseo, ''
glucklicher Weise ohne alle übele FaljA
Dafs rndefs auch hei uns, und in Fo'^
ues ungeschickten Gebrauchs des Schaep!
schlimme Zufälle nacJi dem Aderlässen voii
men können, mögen fujgende Fälle bciveü
1. Der erste Fall betraf eine 65 Jtit
Frau vom Lande, der ein Bauer am At*
Ader geöffnet, aber'zugleich auch die Bni
ajterio getroffen hatte. Durch einea f
0TUckverband war zwar die Blutnng g
worden, allein der Brand in' allea Fingen
die Folge davon. Nur Trümmer derstUw
Ausnahme, des Daumen, den sie behieV
ten erhalten werden. Nach und nkch
sieb der Blutlouf durch Seitengeßbe ^
her-.
m der WiUiwe eine« CUotwi Abs • MtiMfei^
Gilb 74 J«hr alt^ stMli iin!Ri€li|niiMi^Mu:
b/iöiAUgeiMiien ftiQtie# tehv'ge«iHMliiIs«fl'
iVkgen moh uttwohI':^irfGbk'«iidi JN^iidkM<
9ehwiiid«l Mlitti»o dird^itedhirQh'tNwifaiNi
teil lüimis ^h^ «im Ad«r !iuii^link«iii)Aniie '
baiuto wieder auf, Plitl. veilw d«4iit«b>''i*
kett wohl direi ToBBen Bliif, ' Ifkhke stell ttttiik * .
üni iiieht bedeüteiidbii' lldtveilttite-^idMrattn
Mf^biifich eitttIdAfteiV dDeh- behkwitlnii^
eiubefiodeci gto» fceft4edi)!:ett4y' Mr>4ftll4^1
die Aderlafiy«hinde' ettt»äitdel düd^der YaniMn
wiir eufk iliig&adiwellM'iiM eetriitemMfy/
SMweUlipattieV daMaf/tt dmUaiMmv^fliMs
^ber einen Betitid • Air ge WKrewtey lli%|Mw"»
h». Di* (Mteimg üatte iril^M^vjtfMidiil'^fo ^
[Äjbll^age aueg49%1iebeb,'Mv'diee«*i TagedtMU'^^
»t 'Wieder eingeetelU^ w%ii atfeii etweiPluMt''
Kranke war M 8ftamMMeiik (tai''ifiMS^
»igt und konnte deaiwbgeil>iiiehtii SdMlMl«^
ragem/ibn) Zengefäed idh^ifM'^ ^laif4&»^v
let)er gelkid. -— ieti hielt de« KaU;Mi(r#ei%.
yntKttndung^ verordnete euar «Hafiifdltf tfiNH^''
es Verhalten^ ntld lieft FonseiilatieMiw vdtt'i
Mi Geknisebe aus eeeigit; ttei und WaaMr-
ilren. — Den ftten Pebr« Wie eehdin'>4aeÜi^j
Nächte, hätte sie aneh in' «ter 'T^erwicheii'i
nicht gesdklafen ;. der^^mfawg dinr^IinwAiViUii
g war Vormindert, die AderljKftet^- edfMuf^
, Klie Wunde eiterte eift>weüig^ derlSttiitbt»ii
erändert. -^ Am 0teu Febr^ h««te iMifidA'^
U^ mehr verbreitet^ dRe EiterttHg MgedotfvMH
ly Sfshlaflosigkeit afich i«i der teteten NttcMP^
jesteHt« loh verordnete^ etweieheodie 1t)lul^)>
— iÄO —
tef, in Mildi gekocht und mit easigsauiem BUi,
zu warmen Umschlägen und liefs Abends ein
Dower'sches Pulver nehmen. — Dcq 7tenFeb[,
war hierauf eine erträgliche Nacht gefolgt. Die
bishei stecheDdcti Schmerzen im Arme hatteo
sich gegeben, gleichwohl war die Röthe stit-
ker und ea lief» sicli Eiter aus der Tiefe diük-
ken j statt der bisheiigen Umschläge wurde blofii
Blejwasser angewendet. — Den 8te« Febr.
Schon am vcrwiclieneo Nachmittage war PW.
uinvohler geworden und hatte sich einmal gi^
lig .erbrochen, gleichzeitig bekam sie OeRnuDf-
Ein Fulver, welches sie gegen die Nacht genom-
nien, vcrechpfFle ihr wenig Ruhe. Am Moigei
wiederholten sich Erbrechen und Ocffnung. I<!^
fand sie sehr angegriffen. Die Eiterung bäioi
zuzunehmen nud die Aderlafswundc war wbr
emp&i^iUch; die Zunge blieb rein und derG«-
schmack unverdorben, das Pieber war et«»
starker. — Sie erhielt jede Stunde 1 Eftlöffcl
voll von einer Sättigung aus kohlen&Ka/J, mit
Citronensaft, Krausemünzeiiwasser und Aether.
muriaL Die Bähungen mit dem BleiwasBet
wurden fortgesetzt und der Arm in eine Biode
gewickelt; gegen die Nacht erhielt sie wie-
der ein Dower'sches Pulver. — Den 9len Febr
Fat. hatte eine gute Nacht gehabt, i«
Sctuneni war unbedeutend, Krlirechea balt«
sich nicht wiederholt, das Fieber sich v«ti>-
reo. — Die Saturation wurde erneuert, ib«
nur zweistündlich gereicht, das Geschwür nit
Wadissalbe verbunden. Allein diese auadiei*
n«nd« tBcBsening war nur täuscfaeod, d«»
B<dion «in Abend fand ich Pat. in deo befti|-
sten SotuneTzen , EntsünduDg und H&rte bit-
ten sehr zugenommen, und Pat. fieberte wi^
der lebhaft , , mit hartem scbnellea Pols«. V*
-- 121 -
Binde würde entfernt , die Umschläge mit Blei-*
Wasser kalt augewendet, und jede Stunde ein
Pulver. gereicht 9 welches aus 1 Gr. Calomßl|
j^ Gr. Opium und 10 .Gr.. Zucker bestand. —
Am 10. Febn waren acht Pulver verbraucht^
hatten aber keinen Schlaf bewirkt^indefs Schmerz ,
und Entzündung sich vermindert , das Fiel^er
sich vetloren^ lUe.Eiterungaber ver^iehrt ha^^e.
— Die Pulver wurden erneuert und den Tag
über vier Stück gereicht. — Den 11. Febr.:
Die Härte hatte ;fiugenommen , . und ich ver-
tauschte das .bisher Angewandte mit Umschla-
gen von Hafergrütze mit Bleiwasser. . — Al^pods
hatte sie wieder mehr l^chmerz und F^eJtNMr«
Es hatte sich, eine Oef&iung eingestellt^ -7: Die:
Umschläge wurdea weggelassen, und wieder.
mit -kaltea' > Umschlägen von Bleiwasser verr
tfuscht. — . Den .12. Febr. Kein Schlaf, sehf.:
unruhig, lebhaftes Gefäfsfieber, n^it hartem Pulsei
g«lbbelegter, halbtrockener Zunge, Beklommen-
heit, Uebelkeit,. trockner, heifäier Haut. Aus
dem Geschwüre kam kein ßiter mehr; dage-.
gegen bildete sich eine empfindliche, aiisctiei-^
neud schwapi^ende .Geschwulst am obem ^-
nern Theil des Unterarms. Da ich .hier die Bil-
dung eines Eiterherdes voraussetzte, lieis ich
gleiche Theile von erweichen.den Kräutern und
und Hafergrütze . in Milch kochen, Bleizucker
zusetzen , und als warme Umschläge verwen-
den, innerlich aber alle zwei Stunden t Efs-
löfFel voll infus. Fol. Sennae compos. nehmen.
— Den 13. Febr. Pat. hatte sechsmal OeiTnung
gehabt, von denen erst die letzte flüssig war.
Die Schwappung hatte nicht zugenommen. Aus
der Wunde flofs aufgelöstes Blut. Die Kranke
hatte etwas geschlafen , Schmerz und Fieber
waren weniger stark, die Zunge etwas feüch-
^K - * 1« —
tei. '■^' Der SennaRR%ufs wurde xatvckgcE^ü
UDd statt BeineT alle Kwei Stunden t Sfslöffel
von einer Solulion von Kali nitric, Vin, stib,
Synip. Hub. Id. und ^Aq. Flor. Sarabuci ge-'
reicht. — Abends. Steigerung des Piebers mW
trockner Zunge , der Arm eehr empfindlidL
NAch der Arznei wurde ihr öbcl, sie solha
nährend der Nacht einigemal mit 10 Tropfea
Tinct. Opii orocat. gegeben werden. — Den
14. Febr. Fat. bekam nnr einmal von den Tro-
pfen und hatte eine gute Nacht. Die Gcschuiilst
wvr weicher nnd weniger empßndijch, aus den
Geschwüre Hofs fortwährend blatige Jauche.
Bekimnmenhcjt. trockne Zunge, märsig starltM
Fieber. Keine Oeffnung. Daher der Sennaao^
gufs mit der Salpeterioiachung wcchselswelse.
Umschläge von Brodkrumen in Milch gekorkt
mit essigsanreni Blei. — Aliends Iratten Sehnen,
HSthe und Geschwulst wieder sehr imgenotB-
meii, daher ich die Umschlage mit einem Kräu-
terkissen aus zcrlheilenden KtüntorD veriau-
bchen liefs. Stündlich wurde ein Efsieffel vom
ScnnaaufguTs mit Pulp. Tamarindor. g;ereicht. —
Den 15. Febr. Etwas Schlaf. Fünfmal warOeff-
nUng erfolgt, die lelztoro ganz flüssig, llet-
tigft Schmerzen, der ganze Unterarm phleg-
monös entzündet, die (leschvvnlst oIasti><ch,
stellenweise hart und gespannt. Fieber lebhilt,
Zunge trocken, Gesichtsfarbe gelblich. — Jede
Stunde 1 EfslöfTel von einer MandelemalsiDO,
Atthaeasynip, und einem sehr niäfsigen ZusatE
Opiumextract. — Abends. Die Härte und Rö-
the verbreiten sich gegen das llandgeleok,
grofse Empfindlichkeit. Das Fieber tebhan, die
/trage trocken. — Den Ifi. Febr. Wonig Schilf.
EEitweiliges Irrereden, Schmerz, Fieber und
Trockenheit der Zunge geringer. Ilürte iiad
— in —
R6tk^ unverändert. Aus der Oeffnang kaift;
mehr Eiter t\ä hktüge Janche.«— DieMandäln.
mil^b M^nrde emeuett. — Den 17. Feim Pitt ^
hätte einige Standen geseUafen, aber viel .
Schmers im Arme. Der Zustand hatte ■, sich
ganfc Sil Rusfs faUoher Rose ausgebildet;, dia
OeschWillst war jetzt duttkelroth und teigigi^
in de^ Tiefe vennekdte': idi Eiter wahnsttne£^
men , wagte aber doch noch keine tiefen Ein-^
schnitte^ welche die Kranke und ihre UmgcM«.
bang sehr fürchteten^ und für deren Erfolg ieh,
unter den obwaltenden Umständen^ ohnehin nicht
einstehen konnte. Nach der* Arenei hatte sie
einmal gebrochen. Aenfberlioh Umscbiige von
lauwarmem Bleiwas^er» ^ Abende zeigte 'sich
viel Schmerz, aber keine bestimmt fluotuifend»
Stelle. — Zweistündlich wurden zehn Tropfen
der Tinct Opii crocat mit der Mandelmilch ver««
ordnet. — Den 18. Febr. Pat. hatte zweimal
die Tropfen bekonfiaiett und ziemlich geschlSf»
fen; die Hand schwoll stark an, der Schmeto
mft&ig, keine deutliche Fluctnation vorhanden« .
— Verordnet wurde: innerlich ein Aufgnlk
der Flot. Amic. mit söhwefelsanrer Bitter-
erde, Brechwein und Oxym. simpl., -^ &q*
berlich Einreibungen von grauer Quecksilber«»
salbe, abwechselnd mit lauwanAen UmschliM
gen von einem Infus.- Flon Chadioimllae mil
Bleiessig und Tinct. Opii sirapL — Am 19. W(^
bmar sah der Arm mifsfarben ans, und der'
Uebergang in Brand schien bevorznstehenw
Pat. hatte fünfmal Oeffnung gehabt ,^ der Pals
begann zu sinken, die trockne Zunge etwas
schwärzlich zu werden. Abends fand ich me
schwächer und verordnete 15 Tropfen OpiuoH*
tinctur.' — Den 90. Febr. Kein Schlaf. Ich
machte nach oben, unfern vom Ellenbogen, ei<^
nen tiefen Kitischnilt , aber ohne Biter antn-
treffen. Alle Umaläade schJeneu aiizudeutqii,
dafB, wenn Eiter in der Tiefe vorhanden, die-
ser sich au der iimern Seile des Arms, diohl
an dcnKnorheii, und zwiiclien den grafse» Ge-
fa&eD befinden werde, und hier wagte ich
aiebt emzuschneiden. ~~ Unmittelbar nacli
dem Einschneiden erbrach sie sich. Da der
Einschnitt seinen Zweck verfelilt hatte, so zog
ieb ihn mit Hefl|)(lasler wieder zusam vea. —
Den Tag Ober wiederhohe , sieh das Erbredieo
Docli mehreremale. — Den 21. Febr. Pat. ball«
fast ununlcrbrociieu geschlafen, keinen Schmitz,
wiederholt gebrochen, eir ml ßüssigc Oelfaung
gehabt; der Arm schien f st -abgestorben , war
Hehr mil'sfarbon , die Haut gerunzelt, bleifarbeo,
der Puls hundcrtschlagig, weieh, schnell, ioeb
nicht leer, die Zunge weniger trocken. — Ver-
t&änet wurdeilein Aufguls der Rad. Serpeott-
riao mit Syrup. Cort. Auraut. und SdinefeJ-
äther. — Abends klagte sie über Beklommen-
heit, der Puls war sehr schnell und häufig, die
Baut mit Schweifs bedeckt, dabei hatte Pn.
fortwährend viel geschlummert, — DenSS.Febi.
£ine ruhige Nacht, kein Scbmerz, die Ge-
schwulst welk, nicht empfindlich, dio B^qb-
nebheit dauerte fort, die Zunge war troekoi,
die Temperatur der Haut vermehrt. Pub wie
oben.. — Bei dem Gebrauch einer berubigen-
ilen MandelemulsioD mit Aqua Amygdal. ainai.
lud einem kleinen Zusatz von Schwefelälher,
hatte Pat. wider »lies Erwarten Abends wie-
der heftige Schmerzen in der Lendengegend,
an denen sie schon soust litt, auch sich ein-
mal erbrochen; die Temperatur der Haut wu
vermehrt, die Zunge braun und trocken, der
Puls jagend, das Gesicht sehr roth, der Athen
— It5 -r
beklommen, der Arm ohn« Schmerz, Die
delemolsiou liefs ich mit einigen Tropfen Opium-
' tinktur nehmen, und anr Beruhigung der Pst«
auf die schmerzhafte Stelle der Lende Emplast«
diachyl. mit oineri Zusatz von Opium legen. •-^
Den SSsten Febr. Kein Schlaf, Schmerz weni-
ger stark , Zunge ganz trock^' und dunkel-
, braun, die Haut trocken, ihre Temperatut te-
höht, Durst, Beklommenheit; der Arm ohne
Schmerz von normaler Temperatur, ganz weich,
nicht mehr ödematös, die Geschwulst nimmt ab,
Pat. kann den Arm wieder bewegen. Beisoheipba-
rem Nachlafii des bisherigen Hauptleideus machte
ihr aber der Lendenschmerz nm so mehr zu schaf-
fen, der den Tag über wieder zunahm und ihr ganz
unerträglich wurde. — Ich lief« d^her Abends
eine Saturation von Kali carbonic. mit Citro-
nensaft nehmen und zu jeder Gabe einige Tro-
pfen Tiuct Opii crocat. hinzufugen, -* und &a-
fserlich eine Einreibung mit Opium gebrauchen.
Am 24sten Febr. hatte Pat. ziemlich |;eschla-
fen, und der Schmerz hatte sich mehr im gan-
- Ken Kdrper vertheilt. — Der Arm wurde mit
einer Abkochung von Weizenkleie und weifiier
Seife gewaschen. — Abends klagte. sie wie-
der mehr über den Arm, sie hatte wahrscheinlich
auf demselben gelegen. — Den SSsten Febr.
Pat. hatte zweimal während der Nacht die
Tropfen bekommen. Bis ein Uhr war sie un-
ruhig, von da an aber hatte sie ganz still ge-
legen ohne über Etwas zu klagen. Der Atheln
war regelmälsig und kaum hdrbar, die Augto
fest geschlossen, das Gesicht geröthet,':tdie
Wärme natürlich, der Puls bundertschlägig,
weich, schnell, mäfsig gefüllt, der Harn ging
unwillkührlich ab^^'nur mit Mühe konnte mtfn
der Pat Etwas beibriiigeD. Anfang der Nacht
- 118 —
hfttte sie irregeredet, später aber war sie nifr-
der ganz bei sich goweseu. Den Abend klagtt
lie von neuem über die Lendenscbnaerseo obiI
ich liefs daber zweistündlich 15 Tropfen Opium-
tinkt'jr in Zuclierwasser nehmeu. — - Den 2&alen
Febr. PaL hatte die TtopFen dreimal genomaen
und eine recht ruhige Nacht gehabt. Sic lag
still hin, wie wenn sie scbhefe, allein das Ge-
sicht wsr sehr catstellt, eingefallen , spitz, itKi
Kiemlich geröthet, die Wärme natürlich, ifi
Puls von hundert und zwanzig^ Schlägeo, wticfi
schnell und klein. Die Haut klebrig. £a konnte
ihr uichls mehr beigebracht werden. — £ri
MU 37stcu Morgens um 7 Uhr endete ein suf-
tes Tod ihre Leiden.
Dafs ich es hier mit einer VeneneotaÜHfosg
zu thun halte, leidet keinen Zweifel ; ilifr F'c
entstand dieselbe? Gleich nach dem Adeiluie
hatte die Kranke keinen Schmerz empfiwicnt
man konnte also nicht annehmen, daTs dieVei-
letzUDg der Ader, einer Sehne oder einesNef
ven Veranlassuag hiervon g^ewesen sei ^^
> «m Schnepper ein schädlicher StolT sich ti«fii>-
den, liefs sich nicht ermitteln, eben so wenig*
-ob hierbei irgend eine Dyskrasie niitgewiili'
ihobe.
Die Kranke befand sich gleich nach dff
Verletzung, und auch nachdem die Entzüodu!
bereits begounen, im Allgemeinen wohl und nu
fieberfrei. Erat mit der Zunahme und Verbiet-
taug der Entzündung stellten sich allgemünert
Zufälle: Stärnugeo im Verdau ungsgeschaft, sf
letzt ein nervöser Zustand und jener eigw
jlhümliche Lendenschmerz ein, der deu üiW-
lauf der krankhaften Erscheinungen zu beschul
itfeen schien. Alle diese Zustände konnten alw
keine Ursachen der Eutzundung, sondern viel-
— 187 —
mehr erst Folgcm derselbeu sem. Was diese
iwsprunglieh heryorgerufoiiy bleibt völlig uner-
;4iU&ri. -— Aber aueh die eigentliche BesqhaffiM-
.^^Mit der fiDtsuodiiiig selbst ist üweifelhaft Eioe
'?tegenaiuite reine Bntzündung war es nicht,
(denn senst wurde viel früher eioe lebhaftere
V.fihegenwiEkiMig, und entwedef bald völlige Zer-
-tiieilaog oder guturiige Eiterbildung in- Form
toiner mehr umschriebenen Eitersammlnug eiit-
' --standeu .sein. Die lUjBifite Venvandtschaft hatte
-nie noch mit der xosenartigen (galligen) Eolsoii-
idung , der mdk sp&ter , noch die Neigung cum
fichwarsgaUigen zugesellte; wie dieses «ich
nvch anderweitig dürdi Brechreiz , braunbelegte
•Konge und g|6lhlicbe.Ge8iehtsfarbeheraus6tdtoe.
Allem aufser diesen schien :gleichwohl noch et-
.:was Eigenaoliges (Specifischues) mit im Spiele
-«u sein, dessen wahre Beschaffenheit mir räth-
•eelfaaft bleibt. Genug, ioh haue es, nachdem ,
jsaeh die driliche Krankheit: vollständig entwik-
-kelt, mit der Krankheitsform su tban, der
JRust den unlogischen N&men y^falsohe Aotr"
rgiebt.
. I Was die Behandlung hetrifit, so war die-
selbe vom An£ange. an zu unbestimmt, zaghaft
«ind schwankend, als da(s sie ein gänstiges
Srgebaifs hätte haben können. Wiederholte
Blutentsiehungen, namentlich durch Blutegel,
kritftige Einreibungen der grauen Quecksilber-
salbe und der entschiedene innere Gebrauch
das Calomel, selbst bis zum Speichelflusse, wa-
ren die (Mittel, welche hier angezeigt waren.
Die wannen Bühnngen, besonders die Breium-
schläge, die fast jedesmal den Sehmerz Und
den gan:&en Entzänduugszustand steigerten, wa-
ren dben auch nicht an ihrem Orte. Auch ha-
-ken die zu leieUich gegebenen Salzalifübrun-
r
gen sicherlich den Eintritt dos nervösen '£a-
Btfindes beschleunigt. Jedenfalls wäre neben
der ADweoduug des Quecksilbers, besonders
damals, als sich der nervöse Zustand ubtct-
kemibar entwickelte , die* Arnica , kräftig und ^
anhaltend in (Gebrauch gezogen, bei weit«
heilsamer gewesen, besonders in VerbhiduDg
mit Chlor-, Salz-, Schwefel- oder Phospbor-
säurc, von deren Anwendung ich mich abhal-
ten licfs durch die, vielleicht vorgefafste Mei-
nung der Kronken, dafs sie keine Säuren ver-
tragen könne. — Angehend endlich die von
Jlust so sehr empfohlenen dreisten tiefen ond
langen Einschnitte, so will ich nicht laugneo,
daiis dieselben hier sehr zweckmäfsig, möglicber
Weise sogar lehensreitend gewesen sein köim-
teu ; allein es hat mit dergleichen OpcratioaeD
in der l'rivatpraxis , besonders an kleinen Or-
ten und auf dem Lande, seine eigene Bewandt-
nifs. In der Hegel scheuen die KraiikcD und
ihre Umgebungen so gewaltsame blutige Ein-
griffe, und wird der'gewänschte Ausgang nicht
erzielt, stirbt der Kranke wohl gar, dann ist
~«ll um den Kuf des kühnen Arztes ^fetchehen
nnd seine Wirksamkeit geßhrdet.' Ohnehin
.,h&tte man in unserm Falle, um nicht wichtige
Nerven und Geräfse zu verletzen, gewissermi-
Isen präpariren müsseo, da weder beisLiaiiiite
Fluktuation, noch sehr deutlich ausgesprochne
erweichte Stellen den Sitz des Elters deal-
tich nachwiesen. Ueberdies tat in dieser Be-
ziehung den erweichten Stellen, Avenn sie auch
wirklich unzweideutig , vorhanden , in Bntzäi- 1
düngen dieser Art nicht immer so anbedingt !
zu trauen.
Zum Schluls noch ein Wort ober den Len- .
deoscbmen, der sich gegen däkB^de der Krank-
heit so unerwartet einstellte. Ich kann densel«
ben nicht als ein unmittelbares und ungemisch-
tes Ergebnils der Venenentzändung^ der sich
höchst wahrscheinlich im spatem Verlauf auch
Nervenentzündung beigesellte, ansehen. Die
Neigung dazu war, wie wir bereits gesehen,
schon von früherer Zeit her vorhanden, der
Schmerz selber hatte wohl seinen Sitz in den
Hauten des Ruckenmarks und der Lendenneiw
ven; ob derselbe gichtisch oder rheumatisch war,
bleibt dahin gestellt Dafs indeCs die veran-
lassende Ursache in dem Entzfindungszustande
des Armes, und dem' nachher hinzugetretenen
Allgemeinleiden zu suchen sei, ist wahrschein-
lich und zugleich bemerkenswerth, dalli dieses
Leiden erst dann eintrat, als der Brand im
kranken Arme bereits erkrachen war. Es fimd
also eine eigenthumliche Art von Uebertragung
statt, keine eigentliche Metastase, sondern nur
ein anderweitiger Ausbruch der Flamme, die
auf dem alten Heerde keine Nahrung mdbr
fand, und nun den für sie empfIngUchsten Ort
sudite. —
(Fortsetzung folgt.)
. .1
lMra.XCIII.B.4.St.
\
I
K>«'k<iiB? e N a c h r i o fi I en
und
A u S Ä ti g c.
'*'.'!' Dr. Fr. Xussc,
,ßtS,, M*J. finiA iiiiii Direclor der turdiciM»rirn Klmi
M> <•
M^Bmkf ■
Seit der Rrsclieinnng meiner kleinen Scbrifl üi>«t Sv
Dnterscheiiliing des Soheintode« vom wirklichen Tode, hiif
ich die Onlennctiungen der Magennärnie dar Gtitor-
benen, wo icli Gelegenheit dazu batte, unabtäni^ Id"-
geaelzt. Das Krgebnifi nar da« aucb bei den frölietii
HesiDngen gefundene, dafs die Warme in einer Cmje-
bung, die kälter isl, als die KÖriier, von dem Auftöro
des Albemtiolcns an forlEcbreilend sinkt. £g Ut bief »'
Nachweisong des in diesem Sinken Statt findenden Vti-
hültniiiea genügend , nur inei der luletzt angestdUa
MeMingen nachstehend aniurilbren:
A. 1« die Leiche eines nenn uod iwanzig Jihr w
gewordenen Lungcnsc[i«indsüclilig«n,
il. Die eines in demselben LebenMlIer aa Meni>r'
lis cerebralii erstorbenen Mannea.
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Anab venn "An Aiflfaaten i^ 4lbntlW TW 'Indfaw
her bewirkt w, nebm Am Sdiirindan der WlniB .de«- .
' (elben Ging. Necbdeman eloerFno, dieeUi iniTibB"
■ime en fbrem RilitmhB erbeat^ alfer nur ehdg« lUBnj
ten gebangen bMe, tuti Btaoden lug, wSbrrad ■it'lln
HHtel nicht idt Bud «aRn^ eftwediMlndat DiSefce^ M
die horten RippMi aid wif dM oberei - • - -
wobei i)t3i mit JeBem Itnikt ii die E
- ' I Matad edROUM FlaonMdek
I S
)bem Tb^ der BnÜL
die BjpoAoiUdi ibw
Mek iMWsgtk i W 1^
^ — 13« —
Reiben und iet »d! die Mtgengegenä grätete SUiU ei-
ner KerzenSamme ebne eine äaber« Spur des mriet-
IcHiteadeD Letiena uigea-andl worden, vac die Wiima
im Innen) det Magetii. ungeaeliiet jener tod anfiM
gekommenen HariDemföhrang dm SUmden oacl) dem
Texte bei einer Zimmerwärme ton 14' aal 28" und i«n
Standen danuf idion aul 25° gesonken.
TetMche an Tliieren gkbea rän gleidea Renillat.
Halte bei Kaninchen, die an Ptar Mimutea lang mit deot
Kopfe uQter Wauer ^tlsurlil «orden , dai Albemholen
ftofiebÖrl, und waren sie dann lane Zeil lang aicfa oiM
iberlauen geblieben, lo sank ibre innere Wärme, «ab-
rend kdoe andere Zetcben Tefrieiben , dals «ie ticb Bie-
der eitglten, in Kiaem (ort von Grad ^d Grad. Ebeau
mhn dia Wärme forttdireilend ab, wenn ilinea, aia>
dsb lie wieder Zeicben von Leben gaben, LoA ei*'
Cebluen wsrde.
Dm iD lelien , ob nicbt Tielläclil VeHampfiing im
Higeo die Wärmeabnabme in ihm betrScbUirJi bcsdilro-
njge , ward einem Kaninchen eine PortiOB Weiogoil in
den Magen ge«|irlut, und dann die Wärme in dieaeo §*■
■neuen. Vor der EinE[>riUung betrug diese 30*, Mix"
Minuten nacb der Einipritzong 31Jo. acht Mianlea ifÄ-
ter, nacbdem dai TLier gettoiben. A0°, (üof MiiiBfeo du-
Ulf, ebenfalU 30°, dann nach 5 Minolen Z&J", tcbo Mi-
nuten ipnler 29° und eben ao viel drei Viertelumide sach
■1er Binipritzung:.
tti wurde ein Kaninchen, gleich nacbdent ei dorcli
Zuichniitung dei Haltet geiödlet worden, Ut an den
Kopf in sin durch Biislüde bti auf I bia j ■ erkalielf)
Tt'auer getaucbl. In der erden halben Stunde aant die
Uagennäcme bei ihm um 6J°, in der zweiten um llj°,
in der Uiilten um 7°.
Ein ohne Wiederbeginn eine« deatlicbeR Albemliokni
bei einem Kaninchen dadurch bewerkatelligiea Klettriiim
dea Zwerchfell*, dafs auf zwei, lom Bauche her blofi gdegle
Stellen von diesem kleine clettri^cbe Faokrn geleitcl
wurden, binderte das fortschreitende Sinken der Warn'
Um zu «eben , wie weil die MagenwÜrtnc abnebm:n
könne, wahrend das Leben noch dauert, wnrde diecelW
bei einem Kaninchen gemessen, das sieb bis an den Kopt.
so dafs es ongehinderl Aihembolen konnte, in einem durdi
Kisslücke bis auf 1" bis } " erkalteten Waaserbade betanJ
Die Vi'irtne im Mageo ging binnen zwei Stunden bis »f
— 138 —
15^ R. berab; dann erfolgte aber der Tod. Dieses Kr-
gebnifs stimmt mit demjenigen, welches Chauisat {Mleckeit
Archiv für die Physiologie Bd. 7« S. 283^ ai^ einem Bunde
erhielt^ der Verschiedenheit befder Thierarteii ungeachtet,
bis auf einen nur geringen -Unterschied iibertin.
Bei ungeschwachter, oder nnr wenig geschwächter
Kraft des Magens sinkt die Wärme in diesem dorch Ter-
scblacktes Biswasser nur am einige Grade and blofs ?or*
übergehend. Obichon die Ttiermometerkugel bei einem
an ein^r Schlnndverengeiung leidenden Manne» bei wel*
cbem das Hinbringen einer Sonde' durch {den Schlund zo
seiner Kur angewendet ward^ ganz von dem halben Maafs
Wasser von 10^ Wärme, das er eben getrunken, tn seineih
Magen umgeben war, so zeigte doch das Quecksilber,
2 Minuten nachdem das Wasser verschluckt worden, noch
262 ®, worauf es alsbald wieder zu steigen anfing, so dals
es in einer Stunde wieder auf 29^ stand.
Gewifs kann der Tod eingetreten sein, ohne dafs 4i*
innere Warme, weil sie von aufsen her unterhalten vftrd,
sinkt; sobald aber die Magenwärme sich selbst überlassen
wird, geht sie in einem fort bis zu der WSrme der At^
mosphäre herab. Bei jener durch Selbstmord G«storbe^
nen stand sie im Magen durch die auf das Kpigastriom
geleitete Kerzenfiamme ]| Stunde nach den^ Auibören des
Athemholens zwar auf 35" in drei Stnndcn,''aber schon
auf 28®, in fünf auf 26®. Es war nicht nöthig, diese»
Yerhäknifs durch einen Versuch an einem Thiere noch
weiter zu erforschen ; als indefs in anderer Absicht die-
ser Versuch angestellt . wurde, ergab sich das intfereiMinte
Krgebnifs^ dafs das Sinken der Wärme in einem HanSn*
chen, das einige Stunden lang nach dem Aufhören des
Athemholens in einem Behälter von 30® bis auf 31® ge-
wesen und dann an die Atmosphäre von 16® gebrächt
worden war, schneller sank als die eioeil zweiten von' glei-
cher GrÖfse, das bei dieser äuftteren Wärme von 16® mich
getödtet worden, was dann mit anderen Krscheifiungien
dafür spricht, dafs tn der ersten Zeit nach dem Aufhören
des Athemholens noch etwas Wärme im •Körper erc«u(^t
werde • ■
■ I
— 186 ~
Die Frau beiiatigte was der Mapn mir berichtet balU-:
kaum eine halbe Stande nach dem Genufii der yerdaebti*
gen 8ubi(taaz, die sie lur Zuckerbrod gehalten urtd des-
halb, jedoch nur Jeder ein kleio wenig davon genosaea
hätten^ hab^ sie insgesammt Würgen, Erbrechen , Lei^
schneiden und grofse Angst überfalleiiy lind diee. daure
bei ihr noch iDimer fort K. habe ihnen solches ?etii ge-
strigen Buttstädter Markte« wo er gewese« wäre, milge«-
bradit, selbst davoQ gegessen und eiaem Jeden ; ab el*
was Seltenes, ein weaig davon mitgelbeiltb Sie habe be*
reits Kiweifs mit Vasser vermischt nad andere acblei-
migc Getränke xa sich genominen, es helle ihr aber aUea
nichts.
Dafs hier die Wirkung einer heftig wirkendes S«Ih-
stanx vorliege, war nicht zu veckennen; was es aber far
»in Gift sein oiÖge» darüber war nicht sofort ins Reine
zu kooHnen , aumal der K, nicht gegenwärtig wat , und
deshalb weitere Nachfojrschangen bei ihm nidit veranstal"
tet werden konnten. Da es in Form ven ZuckeqilSti^-
clien gegeben war, so vermuthete ich ein corrosiv wir-
kendes Gift, eine ätzende Säure.
Ich verschrieb daher in der Geschwindigkeit eine
halbe Unze Liquor Kali carbooici mit zwei On«en Althaa*
«yrup vermischt^ alle } — | Stunden, dem Kinde eine«
reichlichen Theelötfel, der Prao einen Klsipffel voll an
geben* Das StiJckchen überkommenes auf Papier gekieb«-
(ev, ohngefähr 6 — 8 Gran wiegendes Plätzchen, übergab
ich dem Apotheker, um sein Urtlieil darüber zn äafsens
der mir eine Stunde später sagte ,. es sei Kiwas . dn»
von durch seinen Gehülfßn vor dem Lptlirohm gepnift
worden, und man habe den Knoblauchsgerocb dnntUok
dabei wahrgenommen.
VJixe nun die Arznei zubereitet^ md-AUai auwelt.gtfK
diehen war, dafs die Frau davon einnehmen könnt)»-, wav
uxhs Uhr herangekommen. Dem Kinde haAte. man . z,wav
(•(was von der Arznei einziiflÖfsen gesucli^,, esr Jiaile nJlicr.
nicht mehr geschlackt» und war ipfo.' aqUi eratarrti und
verschieden. -7- Das zweiti^ K^nd, wall iph nicht bftbnnd^e^
ein Mädchen von 7 Jiahcen, hatte in^ deinselben Momente
ebenfalls auch seinen. Geist aR^fgegßben. . D^a^ Z, aber, ala
sie nur den ersten Klsloffel voll von der Ar;inni «ingenom^
men, war sofort gerettet. Alle gefährlichen Symptome
waren mit diesem einemmalc Kinnchmen, -— es ist die
leinste und trockenste Wahrheit, und wahrlich nicht das
mindeste Ucbcitricbcne in dieser Kede, — wabchnit win
wtMfWinhcft Das Efbraebea
LflSichaeidefl legte neb, die kmpji w
Dntil tofleicliea, der Pak hob neh ■■
mmi knuDpflot, aad eis wtigemtmer Schwilir
htim^jMm Winne aad Woblbcfindei fcrti ~
de« pasen Körper.
Bei Fortgebraocb der fenchriebeaea
feraoer Asweadang ?ob Kafiea, ohi^gfibr 4^
fafaidncb, geut die Fnm ia kwier Zeil •»
delf eia idtdeai wieder eia folikoiawa gl
dea Klad zor Weit geborea» oad da icb
itali im Aoge behielt, nie die aiaderte B
der Vergiftaog ia ihren Körper leiipirt hat^
baate aiditsdavoa fenport 8ia irt vieiawhrM
frlMb, alt wäre ihr aiehts begegnet, ne ubial
so ▼ollkomoiaen GeeaadheiCnarttades ah aatar, abgjhM
(daf Biseaoxidbjdrat, ab Gcgeagift des wcifiiaa
oder der aneaigea Saure Toa Bmmtem aad
AaÜaga 1837. S. 63.) bebaoptet wird: „toI
•aadbeitfzastand kehrte ?or der BekaaatBadM^g
GcgeagiftB nor selten wieder zoracfc.**
Die ttattgefondene geriehtUebe Sectioa, dfe iA akbt
geauMbt habe, lo wie weitere Nachferaebaagca habea
apücrlda ergeben, daCi die Tergütong mk weymm Arm-
aft aBTorMtzlicb geschehea war. K1 warda aiadMb in
Battitidt auf dem Jahrmärkte arretirt and iai Gcfiagatfa
gebracht; datelbtt fand er diefi Znckerplitacbaa; «aa ab
yertiigangtmittel gegen Ratten aad Minw daUa gelegt
war, ateckte es ein, ab da?oa and theille, in der Mdh-
aaag Zackerbrod gelbnden za habea, sdaea gatea Pkaaa-
dea ebenbHs mit. Da er seibat, boaa ide^ davoa geaaa-
aea, die öblen Wirkongea ebeafalb aaeh aoüart vmpirt;
ab ein wahrer 3€jihriger Athlet aber aichta ib^cgoa ge-
brandrt oder hat braochenwoHea, ao isl er, in dvNa^
▼oai 8len zom 9ten Tage nach dem Geaabi^ cleadi^licb
daiaa gestorbea.
Ich halte die korze Bekaantaiachnag dieser Baobacb-
tang aicht far uberflössig, da sie mit der voa deai Hra.
Madidaalrath Pr. EhttM in Brerian Ia Mm^a Magana
Ar d. gaaammte Heilkoade (Jahrg. 1837. Bd. Sa HB. 3.
8* 613.) ▼eröffeRtlicbten , genaa zBaanuaeatrifll, aad aat
ihr Hand in Hand gebt
Dort hat nämlich Eberg gegen VergiBaag nut Scbwa-
felsaare, wogegen Ton OrfUm CkriMiison aad Aadara (Uai-
▼ersal-LezIeoa von 1835. 8. 155. Addoai) ■
— 1»7 —
Magnesia mit Wasser vermischt und concentrirtes Seifen-
wasser nebst örtlichen Blotentziehnngen, schleimichter
Diät 0. B« w. empföhle! worden, ähnliche schone Resohate
dnrch die Anwendung des LIq. Kali carbonie. erhalten.
Neon. Stunden spater, als die Vergiftang Statt gefun-
den hatte ) erhielt Ich dies nberraschend gute Resultat ;
wie viel Gift die Frau bekommen hatte, lifst sich nicht
sagen, es mu(s aber wohl schon von Bedeutung gewesen
sein, da es solche heftige Vergiftungs-ZufSlIe herbeifah-
ren konnte, die, wenn nicht schnelle Hülfe gebracht worden,
das Leben der Frau, so wie bei den übrigen dreien, ein-,
sieben- und dreifsigjahrigen Personen , gewifs zu Tertil*
gen im Stande gewesen wSren.
Von dem Bisen- Oxyd -Hydrate konnte ieh Im Torlfe-
genden Falle pm defswillen keinen Grehrauch machen,
weil es au der in Rede stehenden Zeit hier nicht ?orrathig
war, und unterm 22. Aug. y. J« von der bocfalöbl. Regle*
rnng in Merseburg die Beschaffung ond Vorrathighaltong
desselben in den Apotheken, so wie dessen Anwendung
In sich ereignenden Fällen, erst angeordnet und empfoh-
len worden ist.
3.
Praktische MisceUen und Lesefrüchle am der aiiuilan'
disAen Literatur.
MiigeikeiU
vom
Med.Rath Dr. Busse,
(Fortsetzung.)
Lähtming heider Nervi facialeSf dwrchMeetro -iMagne-
iismus geheilt, — E^ne höchst seftene Beobachtung der
Art machte Herr CoosfimlMi Jamet in der Praxis Mofen-
die's zu Paris. Gegenstand derselben war ein sohwach-
li<^hes, aber vorher gesundes Madchen von 22 Jahren. Zu-
erst verminderte sich, ohne bestimmte Veranlassung, die
Beveglicbkeil der Augunliadei äeß linben Augu,
wurden Sliin- und Scblüfe-MusLeln anil endUcli Kina 1
md Liften ei'läbfiil unri mcti redils gezogen. Bieri°
ee«e|[|e aicli alsliald ain Gcrübl von Bingesclifafaiigei* der I
Ziingu und eine geaieigertB Kio[ifindlichkeit des Obn. |
' Beides duuerle alier nDr24Slandtn und vencliwKnd, ob»
Sil) rang der Zungenbenpeangen zu rück zu lauen, lu
zeigte «icti al«o eine Veriieüung der liiilieH Gesicbtgliällic
nadi recUs : Oniermügen, Kinn und Mund gerade zd rii^'
(en, die Slirn zu runzeln und die Augenlieder gani w
icblicrsen. DetSpeicbel flurs ms dem tialb uflenenMniiJt
herab, die linke Backe lag sr.lilalF auf den Zahnen u ati
wurde btim Aiiasthinen aiifgeblülit. Pie Seosibilitll i"
gsiueii Seite enchien aber ungelrütit. — Herr Mageti^
vecordnele dia Anwendung des GakanisninG nitt Acuiian-
dHr> ßine Nade) nnrde in die linke Paroti« , «ine X'rilt
aikcceuiie in die Gegend des. FeraminiB !U|irqDrU)U^
iafraarbilalis und niaxillaris eingebraobl iKid luii JenCun-
dq«toren der Clarke'schen Mnidiine in Verbindung gMciii.
deren Kad Anfan^B langiamei;, dainu. sclineller gedielil
wurde. Jeiiegsivantscbe Cuminutton erregle in den tni-
ben Tfaeilen lancinirende Scfamerzen; e« erfolglei ibi.''
wenig MuskelcatitrACtlonen. Täglich wurde du An-
wendung äei, Galvaniiinius wiederlioll uiit iler Tariiliun.
Hat» zuweilen statt der zweiten Nadel der Knopf dei eiien
Coniiucroia auf ,ti.- Sdileimiiaut des Miindej a|j|>lmf(
wurde. In den ersten neun Tagen zeigte sich veoii Ver-
änderung; dann aber scliien fifii die Siellurtg der Ttieik
zu TerbesBern, ungetchtei die elAielnen Bewegungei locb
teineiwegei dem Willen gehorctiCn 1*plllen, — Nd* ibec
»teilten licb allmShtig die^lben Symiitome aucb aal da
bis dahin ganz geiunderi rechten .Seite ein und die Pu>-
l;ie erreicble daaelbst in wenigen Tagen denselben Gnd
der Ausbildung, obgleiob inan lofdrt'den Galvanitmu i»
Anwendung -brachte. Du Gesicht war nun nicht m^'
nach einer Seile hin »erzogen, sondern schlaff, ohne An»-
druek und ohne Bewegung, Difl §anze PbTsiugnani'
hatte etwas Tudte«. Die Augen waren halb geöffnet, ^
Augenbrauen hetobgesunken , dit Nasenllügel eroiangellen
der nÜthigen S^iannung und legten «ich dergestalt srblaff
an das Seplum nariiim an, dafs das Athemhoten dailurdi
erschwert wurde. Wegen unbeweglich teil der Lippen
war dos Reden undeutlich und die LabialbnChs laben kuan-
len gar nicht ausgesprnchen werden. Beim Re>|iirifen
wurden die Lippen auf- und abgeblasen und beim Kauen
— IM —
seridben die «Speisen swboben' Bad^en ood Zahnficiseb,
10 daüi Pai. sie mit des Fingern Wieder anter die 2Shne
bringen mafate.
Dm Allgemeinbefinden blieb ganz ungetrübt; der
Kopf war frei, Appetit ond. Schlaf normal.
Beim Fortgebraach des Galvanismus erfolgte die Be»-
lemng und zwar zuerst liftker Sefts* Sie zeigte sieb da-
dnrcb, dafs die afficirten Theile jetzt nacb lUiks verzogen
wurden und Pat. mit federn Tage mehr willkuhrliche Be-
wegongeii Tornehmen konnte« Auf der rechten Seite er-
folgte die Besserung viel spater. Man erkannte sie daran,
daU die Verzerrung des Gesichts sich allmahlig ansglibb,
und die davon 'abhängige Störung der Functionen nach
und nach verschwand, die Kur war nach 30 Tagen volU
endet —
Dieser Krankheitsgeschichte fugt ^er Hr. Verf. noch
einige allgemeine Bemerkungen hinzu. Die LShmung des
7ten Nervenpaars ist viel häufiger als die des fiten. Sie
ist aber auch von geringerer Wichtigkeit, weil sie
blofs die Bewegungen der Gesicbtsmuskeln beeinträchti-
get, diese aber zugleich die Sensibilität derselben und
die Functionen der Sinnesorgane (des Gesichts, Geschmacks,
Gerochs und Gehörs) aufhebt. — Die Paralyse des N.
fodalis stört die Nutrition auf keine Weise, wogegen die
des 5teo Paars selbst Gangrän zur Folge haben kann. —
Die Lähmung der N. faciales auf beiden Seiten zugleich ge-
bort zu den gtofsen Seltenheiten. — Die Ursach dieser
Paralyse kann im Gehirn oder in einer blofsen A£fectlon
des Nerven liegen. Cerebralaffectionen, welche Gesichts*
läbmung mit sich fuhren, sind namentlich Hirnblutung,*
Brwerchnng, Krebs, Hydati.len und Tuberkeln; sie wer?
den ans den ihnen eigenthumlichen Symptomen erkannt.
Bemerkenswerth ist es, dals bei Hirnblutung zwar in der
Regel mit der Gesichtslähmung zugleich Paralyse der Rx*
tremitäten verbunden zu sein pflegt , dies aber auch- zu-
weilen fehlt, wie es namentlich bei Ihi§myfren beobachtet
wurde.
Um dies lu oaterscheiden mids man danuif nebten,
daüh wenn in Folge einer Himblotong Pamiyae desN. facia-
lis eintritt, diese nie ganz vollständig ist, vielmehr immer
noch einige Bewegkraft in den Augenliedern ^ der Stim
und dem Munde zuriickbieibt, wogegen die Lähmung din-
— 140
Kt Tbeile eine gans follttüniliee isl, wehn m« aui m
blofaen Affection dea Nervui facialis ohne aUe* Cenbnl'
leiden hervorging.
Der von Herrn Mageadie angewanille Ctarke'ri»
electr» - mignetiichi: Apparat, an welchem Herc Jim
einige ftlodificationen ungebractit hal, ist in Parit bcm
Mecbanicus Breton zu 'erhallen.
Eni) hyilrMiaan. — Diesea Millel wird Ton ttfi
■oben Aerzlen aeuerdings gegen Tbeumatiaclie AfltctIoaB
all ein eben so spezifisch nirkendea Mitt«! «te Hen>
g^en $j|ibllii empfofalen. Namentlich soll ilaa höii.
in Verbindang mil Liq. Potassae bei rheumaliKlier Irib
und Bronchitis (wie Herr Henry Ret» sieb aDtdrörtll
„gleich einem Zauber den Forlgang der K ran Lh eil lu hem-
men veroiögen." Bei Bronchitis iat ein Zuaali iler l^f
cacnanliB als Bxpcciorans von weaentlicti guter Vakang. —
It|.'i scbwüeLbchifn leucotiblegmatiscliea Subjadea (i'lH
loan giNcbzeitIg Cbinin oder ECUen. — GlettJuut ipeii-
fiaeh ist die Wirkung dea Jodkaü'i auf das LjiiipIii)tteB
bei solchen Entzündungen, welche mil ErgieCninE '»<
toagolnbler Lymplie enden, wie bei Pmcardilii, ibeuini-
liadier Hjpetirophiö de» Heriena oder anderer Orp"-
Man läfit alsdann gleichzeitig das Mittel ionertidi nctmcB
uod die Jodaalbe äufserlicb einieiben. Jädkali in Veibit-
dung mil Liq. Potaaaae sied ferner überaus nötilicb bei
aCatem Tiipper. Das Kali hydrojodicuiii iat bei ■eli'aiii-
Itdien Sabjecten derbeste Probienlein, wenn wir in i>e>- 1
felbalten Fällen (ürcbten Quecksilber anzuwend», nie I
wenn achon viel Mercnr gebtaacbt wurde und eiae Mei-
curialkachexie entstanden ist. Auch in Fällen von Torgt-
scbriltenen Lungentiiberkeln bei jungen schwächlicbn
leo CO phlegmatischen Subjecten selbst wo schon Tuberlel-
bühlen und Kilerdepols »ich gebildet haben , bat R. fun
Wirkung \om Jodkali mit Chinin und Bisen gesehen und
glaubt, dafs dasselbe in allfrt rbeumatianlien Krankhdlcn
der Scbleinihänle angraeigt lei, und al* otne der aoige-
leichnetaten unter den neuentdeckten Bejlmltldn betrach-
tet'werden müsse- Oft entstehen Anfitnga nach demGt-
hnrach des Mittels Kopf* und Augenaämerzen , starte
Abiandening der Nasenscbleimhaul und Oedem der Aa-
— 141 —
:enlieder. Dieae UnbeqaenilichkeSten sind (nach II ) Be-
reise von der Wirksamkeil des Mittels und cessiren beim
^ortgebraecb desselben bald. (TbeLanoet 16.NoTbr. 1839.
«g. ^81. 282.)
HöUentiein gegen Bletmorhöe lier Harwöhire und der
Scheide, — Ricard tegft einen 'elastischen Katheter in die
9arnröbre; bringt dann in diese, mittelst einer Sonde,
srelohe noch einmal so lang ist als die Röbre selbst, ei-,
Ben Leinwandstreifen * ein , welcher zuvor mit HÖUen-
Meinsalbe bestrichen woifden, zieht zuerst ^ie Sonde
mid dann die Röhre aus und ISTst die Leinwand liegen,
oder aber er bestreicht ein elastisches Bongie mk dem
Dnguent und fuhrt dieses, eiiy
Auf die Scheideiiivinde kann das Mittel mit HBIfe
eines auseinander zu nel^menden j^peculum uteri in Sob«
stanz oder in Solution mit eineih^ Ubarpiepinsel aufgetra-
gen werden. Salbe aa^^Aufldimig jind möglichst frisoh
bereitet aozuwend^n. Die Lttsnng dt^s Hölleostelns er-
folgt leiobt.und aobtieU.and miNl'.faiae die Solution eaeh
Gefallen verdännen. Auch die Salbe lafst sich am besten
bereiten, wenn man auf einem Stuck Papier den Höllen-
stein mit einem Spatel oder Hammer lerdriokt und mit
dem Fette mischt* Das VerhSltnifs ist: 1 — 4 Gran Böl-
lenstein auf 1 Unze Wasser, 5 — 10 Graii auf eide Draehme
Fett. Diese allerdings grois^D Gttbea werde« erfahrungs-
mifsig von den SobleimbSotee. lehr gut ertragen. (Gat*
m^d, 1857. p. 693.).
(Fortsetkung folgt)
^ta
- IM -
Gaitriicbe LeISin mit grofaer Hinneigung 'innrifer-
«b*en blieben fortdauern il tlie herrscbenden, besonder» in
Pwn'ien Darcbfälle* und gHatritch nerTÖism Fieber.
Wciiger bäitSg leistln ticb f beumatftFjJ -.eBUrrhalUeha
llfttb «erden,' Sir K jicbhuaten blieb in gleiclier Verbrei-
tung wie bn vergkntefcen Monnte. Von nkiileD Auiuhlä-
geo ztA^eo gi<± die und da Maiero.
Spcciiflie
Kranhk
eil
71,
■'
"ui
;;{
Krankbeittn.
1
oll-,
i
1 ■
1
i
in £äÄei,fd"^*cirsfr"ü
Unmiilig «"t-jt«» gebo«.
Unter Krimpfen. . .
An Skronbafn. .
Au Kbüdiilii. .
Lur
1
]
S
:^
Am Croup.
Ad der Kost,
An dar (iebirnenlliindBne.
l"n3:'.Är.srÄdn,s
Am FleokReber
Au> KiDdbelltleber . .
Am abzehrenden FJiber,
7-i
1
C. W. HufelandC^s
Jo u r n a l
der
practischen Heilkunde.
Fortgesettt
▼ on
Dr. E. Osann,
K. Geb. Med. Ratb , ordentl. Profeitor der Medidn an der
UniTenitat ond der med. cfaimrg. AcademSe lur dit Mittiidr
zu Beriin» Director desK.PoliUiD.Institati, Ritter des wthm
Adler- Ordens dritter Rlatte mit der Scbleiis und Mitglied
mehrerer gelehrten Greiellsehaften.
(Jhrau, Freund j ist alle neorie.
Doch grürn dee Lebene goUker Baum.
Q6tke.
V. Stack. NoTember.
Berlin.
Gedruckt nod feilegt bei G. Reimer,
• \
. , '
I.
Ueber
Schleim und Eiter.
«
Von
Dr. Franz Simon,
so Berlin.
Jlrer practische Ant wird nicht leicht m Ao
Veriegenheit kommen , reinen Schleim mh rei»
nem Eiter zu verwechsehiy dagegen ist es ihm
oft von Wichtigkeit y eine beginnende lätenmg
auf Schleimhäuten durch die erste und jraing-
ste dem Schleime beigemengte Menge Biter mi
entdecken. Es ist braannt, wie nmn sidi vei^
geblich bemüht hat, in dem moiphdogisdien
Verhalten der Sddeim - und Biterkfcperehen
die ndthigen AnhaltqNmete nn finden^ da Un»
reichend diaraeteristische Unterschiede nichc
existiren^ und es ist sicher, dafii, ^/mm bwIp
sdien Elter und Sddeim VertehiedeiDheiten Statt
finden, diese in dem Schleim- midBiteisafte mi
sncbeosind. AnoEitsqmbeD, dfowirbesHaeo,;
mnd gami vortreffBdi, wmak die Qmmtitil dei^
Eiteis im Schleime ansehnlidi isl, aber sie sind
— ^ -7
Uengen Eiter; auch die GälerbocK'sclxe Ptobci
welche mit Recht zu den besten gezähU wird
ist unaicher ; denn ich selbst habe im patholin
gisch veränderten Schleim , deT in dickea Bal-
len auB der Nbsc secerairt wurde, und, mit dem
Hikroekop betrachtet, eine ungewöhnlich grofäe
Bloage Pflasterepithelien mit wenig Schlelm-
körperchen gemengt erkennen tiefe , also durch-
aus nicht Eiter genannt werden duriXe, eine seht
UBehnliche Quantität Fett gefunden. Dieser
Schleim enthielt nämlich in 1000 Theilen:»)
CholestcrinbaltigeB Fett .... 6,0
Kaseinartige Materie mit SchleimstofF 13,2
Extiaclive Materien mit milchsauien
Salzen und Kochsalz 12,0
Albumin , Kellen - und cnagulitten
Schleimstoff 84,0
In dem Eiter, der mit dem Harne bei Phthiai)
vesioae entleert wurde, fand ich dagegen nur
0,5 Proc Fett. Hüntfetd »•) hat kürzlich eine
neue Eiterprobe angegeben, welche sich uif
das eigen ihümli che Verhallen des Eiters qih!
Schleims zur Gälte gründet. Reibt man v&!^
hch Eiter oder citrige Sputa mit vom Schleime
befreiter Galle zusammen, so erhält man eine
gallertartige fadenzichcude zähe Flüssigkeit, die
beim Erwärmen dünn und trübe wird. Seu'
man in reictdicher Mengn Alcoliol hinzu und
•rhit^t, 80 findet nur eine geringe CoaguLalio"
und Fällung Statt, von dem Albumin des Ei-
tersaft^a herrührend; denn der Eiterabsatz (Gilec-
körpercticn) selbst, ähnlich behandelt, giebt keine
Coagujatian; wird dagegen Schleim (^Hünt/tld
haftici^te sich des MundfichlcimB, äeß JU^aadiea
■■Ji-FK SinUn, MEdtdnischa Chemie. Bd.«. ti> 30S.
'•^ -Cbunife und Mecliiin. B^.ll. S.M, v<. ' ,
— 5 —
und des Magenschleifus des Schweins) mit Galle
behandelt, so .wird auch er zu einer fadeuzie*
.henden Flüssigkeit aufgelöst, aud welcher aber
»ach Hinzufügen von Alcohol und Erhitzen der
Schleim wieder abgeschieden wird. Auch dkM
Probe wird^ geringe Medgen Eiter im Schlemie
schwerlich nachweisen ,' da gerade dem Eiter
die negative Reaction zukommt.
I
Betrachtet man den Schleim mit dem Mi-
kroskop^ so findet man, daDs die Schleimkör-
perchen und Epitholiumzellen in einer klaten
Flüssigkeit schwimmen, in weicher tfan mr
bei sehr guter Beleuchtung eine schwach grM«^
iiulöse Materie wie einen leichten Hauch •▼(tt«ik
breitet findet. ^ Bringt man zu dem Schleimsafte
Wusser, so findet man, dafs eine Gerinnung
Statt findet und sich ein feinkörniger Nieder-^
schlag bddet, der viel starker und zusainni^etH
hängender wird, wenn man eine scbwi^eSäate
hinzufügt. Es ist also ein Stoff im Schleime
aufgelöst, der durch Wasser und Säuren ge«
fällt wird. Um diesen Stoff, der für den Scfaleim
80 characteristisch ist, näher kennen zu leiMli';
schied ich ihn auf folgende Weiser ab: 'Die
Schleimballen, welche von einem mit Liingeii-
katarrh behafteten Manne ausgeworfen w^deo
waren, wusch ich mit destillirtem Wasser und
digerirte sie dann mit durch kohlensaures Na*
tron schwach alkalisch gemachtem Wasser bei
4- 30— 40<» C; die Schleimbalien gab«n^toach
einiger Zeit ein« sich verflüssigende Iräbe liö^
sung, in der durch das Mikroskop no6h 'eins-
zahlreiche Menge Schleimkörpcrchen i»nd viefei
wahrscheinlich durch Zerstörung von Scfalsim-^
körperchen entstandene Partikeln erkannt' wot^
den; sie wurde durch graues Löschpäpisir fil-
\ . ■ ■ ' #
\
— 7 —
/
verdankt dieser. Rine grflfif^ro ^er glNringeMr
CoQsislene, Koimit «^leiiii in Wm*«»; .to
Sintit gleiob d^ ThtM des ifräMc gddsMI
ileimatolEi» deif mit didm WMrar jnimiMttib
bare B0ffubniilg kommt imd t^rUMerlilM Wmk
0er ti^Aü euumdikigeti ; dtdotcli ..werdi^Q dUl
LoftUMeo/ welche in dein ade den lUaplfiH
tionewerkneugen abgeaenddtlSeB fichltf mo fiM
immer enthalten aind, verhindert anactatMeo^
und der an sieh wegen seiner apeeÜaelMI
Schwere im Wasser «ntergehende Sobteim U^bl
lange Zeit obenauf acbwiinniieni Ich habe. BMip* ^
chialschleim von llenaidieny dkMo ReaprktjaiifliA
Werkzeuge, wenn änob citarriMlinek g^reiitj
doch gewiili nicht Eiterhfihfen oder erweicliiitfi
Tnberkeh) enthidteni im Waceer achnell mIBöp
den sinken sehen> aber diese . fichlhimmanüfc
behielten dann ein homogenes Aniidien' und leif
schienen nicht Wie der citerhaltigeL fiddaim
granolds oder kdmig. Atidi diese#. yeirballtaa
des Schleims ist Folge, des vdm Wasser InM
wirkten Gerinnens desSchMmstslfeS) deiMlda«»
durch können die Tbeile, durcdk i^elebs in ~
Schleimballen die einzelnen KArperchen
mengehaken sind, nicht vem Wasset.eztAihirt
werden, was im^i so leiditer ^Mchislii^je,«|4
terhaltiger der Schirm ist. Das SchwiilHilsii
der Sputa auf dem^ Wastfer ^ ! 'cfder ihr zu Bo^
deufallen hat für sich aHein bei der Brmitlfaiqig '
der Frage I ob EIcer zugegen, heiden VÄTsraii
allein in Verbindung srit andern Bnebebaagtfa
ist es von Wichtigkeil.
Der Uebergatog aus dnsi iMmaibin filddeim
in pathologisch vsMndsrlCB «nd aM.diesas«;!!
Eiter ist, glaube i<di,e|nM aibMhÜgar^ dalbfirinpf
9^en, wo derSchleim beginntt palhsk^Wek vt
— 9 —
Boden und bildet dort nach und nach eine Schicht
von purulentem Ausehn. Aber' auch hier* darf
HMtii keinen voreiligen SchluDs macheu^ da bis-
weilen sich in dem Schleime Partikeln genos-
sener Nahrung befinden^ die während des Aus-
hustens mit eingeschlossen worden sind, im
Wasser sich loslösen und senken. Ich habe
einigemal gefunden, dafs die Partikeln , welche
sich an einem Schleimfaden von der oben- auf-
schwimmenden Masse zu Boden senkten, Stück-
chen Semmel waren, denn man erkannte mit
dem Mikroskop deutlich die Amylonkc^rnchen,
welche sich mit Jodtinktur blau färbten. Solche
Partikeln habe ich selbst in sehr dichten mit
Blut tiugirten Sputis gefunden und hätte sie
ohne mikroskopische Prüfung ohne weiteres für
Tuberkelmassen erklärt.
V
Mit Berücksichtigung der gegebenen, kurr»
zen Andeutungen dürften bei der Beurtheihing,
ob ein, aus den Respirationsorganen abgeson-
derter Schleim Eiter enthält, folgende Punkte, die
zumeist auf der Eigenthüknlichkeit des Schleim-
und Eitersaftes beruhen, von Wichtigkeit seip.
1. Reiner Schleim schwimmt^ wenn erhuft^
blasen enthält^ längere Zeit auf dem Wasser y •<-
reiner Eiter sinkt im fV asser schnell zu Boden ; -^.
eiierhaltiger Schleim schwimmt ^ wenn er Luft"
glasen enthält^ auf dem Wasser, läfst aber, jf^n
Eiter als purulenie Masse oft in langen heruu^
terhängenden Fäden zu Boden fallen -y enthält
reiner Schleim keine Luftblasen, so sinkt er im
Wasser zu Boden.
2. Reiner Schleim erscheint, wenn er im
Wasser liegt, als gleichförmige, nicht feinkbr*
nige, sondern streifige oder kugliche, weifsliohe
oder weifsgelbliche, schlüpfrige, Zusammenhang
— 11 —
. Der eiterhaltige Urio eDth< stets Eiweii%
es wäre aber ein voreiliger SohlpHii wollte mso
den Urin, in deßsep Sediment man die Sdileim-
kdrperchen .findet on^ der Albumin gelöst ent^
jb<^ für eiterhaltig rasgeben , da das Albuniin,
unabhängig von der Schleimsekretioni dem Uam
beigemischt sein kann. Bei der PräAmg des
Harns auf Eiweils,,.. die immer in solchen SV-
ien vorgenommen werden muls, wo man Eiter
in demselben vermuthet, müssen einige Voirsichts^
maüsregeln beobachtet werden; reagirt der Harm
sauer, so erkennt man dis Gegenwart des Al-
bumins am besten durchs ErhUzsea; die erste
Trübung findet dicht an der Oberfläche der Plus-
sigkeilssäule Statt , weil die heüsere leichtere
Flüssigkeit nach oben steigt
■ . *
Reagirt der Ham alkalisch, so erkennt
man die Gegenwart des Albumisa besser dQiejb
Zusatz von starker Salpetersäure^ da in sokhen.
Fällen beim Elrhitzen geringe Mengen von Al-
bumin durch das Amniopium in Auflösung er^
halten werden können^ .oder sich wohl, gar, ^c^
Trübung zeigt, die nicht voi^ geronnenem ^-
bumiuy sondern von sich • aiisscheideiKlem pbgjr
phorsaurem Kalk herrührt Um mit gi^liMrer ^ih
cherheit die Gegenwaft des Biters im Harua
zu erkennen I mu^fs man ib^> ^o wie er Ikisfähi
entleert wird j. untersuchen: Eiterhalti^r Hslrb
wird schoQ trübe f ntleert| ist gewöhnlich ^ifill
gefärbt und vpn si^hwacb saiurer Reaktion; w
bildet in gans korser Zeit ein gelbweifiieSy gelb-
liches^ schmutiigesy. bisweilen blutig ting^os,
dem unbewaffneted Auge kömig erscheinendef
Sediment, ohne sich dabei vollkommen zu klä-
ren, was erst nach längerer Zeit geschieht*
Wenn man etwas des flltrirCen Harns erbilatiso
— 13 —
Beschreibung nach den ausgeworfeneu Tuber-
kefanassen ähnliche Partikeln gefunden, die un-r
ter dem Mikroskope ähnliche Körperohen, wie
Hie Gruby beschreibt, jn grofser Mßuge sergtooi
welche aber ohne Mühe durch Behandlung mit
Jodtinktur als Amylonkörner erkannt^wur den, aucl|
ihr chemisches , Verhalten gegen kaustisches
Kali, Salpetersäure und salpetersaures Silber
stimmte mit dem, was Gruby von den Corpori-
bus lenticularibus sagt, überein. Die wahre Tu-
bcrkelmassc fand ich immer als eine feinkörnige,
oft viel Fettkügelchcn , bisWeilen gefäfsartige
Fäden enthaltende Masse.
Durch Hrn. Geh. Rath Schönlein aufmerk-
sam gemacht untersuchte ich, mittelst der von
Hrn. Trommer in Berlin angegebenen Methode,
die Sputa Schwindsüchtiger auf Zuckergehalt.
Zu dem Ende wurden die Sputa eingedampft,
der Rückstand mit Alkohol extrahirt, die alko-
holische Lösung, etwas durch Verdampfen ein-
geengt, mit trocknem kohlensauren Kali und einer
geringen Menge schwefeis. Kupferoxydlösong
erhitzt. Ist Trauben- oder Milchzucker zugegen^
so färbt sich die kohlensaure Kaltlösung, die
unter der alkoholischen Flüssigkeit ruht, geib-
roth, ist kein Zucker zugegen, so bleibt sie
blau gefärbt. Bei drei Versuchen, die ich an-^
stellte, erhielt ich jedesmal eine Reaktion, die
auf die Gegenwart von Zucker deutete. In
dem einen Falle konnte man einwenden, dafs
der Patient mit seiner Arznei eine kleine Monge
Rohrzucker zu sich nahro^ was von diesem zu-
fällig in die Rachenhöhle zuruckblieb und mit
ausge8i>uckt wurde, konnte in Traubenzucker
verwandelt worden sein und Veranlassung zu
— 14 —
der beobacbteten Reaktion gegeben haben,- in
einem anderen Falle aber nahm der Patient nui
Leberthran zu sieb, wo also dieser Einwurf
wegfallt. Sollte die Erfahrung lehren, daä der
Lungeneiter Zucker enthalt, der im Schleim«
fehlt, 80 wäre die Aussicht. für eine gute Ei-
terprobe bei UnterSDChung der LmngenqHili
gegeben.
yv:
!ii'
— 15 —
II.
Memorabilieii
aui
dem Gebiete der innern und äufeern Heilkunde.
Vom
Obcrmedizinalratbe und Regierangs- Medizinal- Referentoii
Dr. Schneider,
in Fnlda.
(Fortsetzung. Vergl. September -Heft 8. 104*)
Nutzen des Camphora und der Radf HelU^ori
gegen Wahminn,
B. G. in W., 5t Jahre alt, schwft(()|ifiGh,
i^ber doch zugleich auch vou einer torpiden K5r-
perconstitution, sehrjähzornig, von exaltirten re-
ligiösen Ansichten ; autit einer Familie stammend/
in welcher eine erbliche Aulage zu Gdmfiths-
krmnkheiten hemchta, litt schon seit sedNi Wo-
chen an einem Anfall von religiösem Wahnsinn«
Ak ich zu ihr am 90l Novenmer gerufen wurde,
fand ich sie in einer sehr grofiwn Auflregun|[»
Der Grund ihrer Stömng schien rehi psvdu-
scher Natur; — ihrev eignen Angabe nadi hattt:
^
I
— 16 —
sie sich schwer versündigt, weil sie &d üera
ersten Pfiitgstfelertage mit ihrer Tochter allein
zu Hause uad die übrigen iii der Kirche gewe-
sen; sie aber nicht auf ihre Tochter Obacbt
genommen und dieselbe an diesem hohen Fest-
tage von einem Knechte auf dem Heuboden ge-
schwäugerl worden sei ! —
Es wurde verordnet: Rec. Pul v. Herb. Gn-
tiolao officin. gr. xij, Campbor. Liquor, anodya.
8. q. subact. gr. ij , Sacchar. alb. scnipul. M.
f. pulv. dentur dos. tnl. Nr. VIII. Alle vier
Stunden ein Pulver zu nehmen. Dazwischeu
gab ich noch alle zwei Stunden sechs Tiopfen
Eckardischer Opiumtinctur, bis Beruhigung udij
Schlaf erfolgte, und liefs aulserdem zor Be-
Bchlcuniguiig der Kur auch durch den tre-
treffenden Pfarrer psychisch auf sie wirken;
dieser nahm alleSüDden und VerautwortungemaT
sich, absolvirto sie, bemühte sich sie mögliclui
zu beruhigen und ihat, was ifui immer ein ga-
ter Seelsorger in solcher Lage au thuu im
Stande ist. Aber Alles umsonst : eiitmal lebte
sie, zur Strafe ihrer Sünden, auf einem brea-
nenden und sie nicht Verbrennenden Scbeitei-
haufe» ewig auf der WcH; das auderemal braonte
sie verdammt in der Hölle. — Nach eingegebe-
nen 60 Tropfen obgenannter Opiumtinctur in-
nerhalb 10 Stunden, folgte ein Schlaf vonzwei
Stunden, nach welchem zwar das Toben uoil
VVülhen, nicht aber die Mantc nachlieis.
Am 26. Dec. setzte ich ihr , nacii kabigt-
schorncm Kopfe, ein noch mit C'antharidenpu^
ver geschärftes Vesicatorpllaster auf denscibei,
und zwar namentlich auf Gall'a Organ der The»-
muiie, welches zwölf Stunden lang liegen blieb.
Der Tag ging ziemlich ruhig vorüber, desl«
— 17 —
schlimmer aber war die Nacht, sie tobte 8ol-
chermafsen, dafs man sie, ^m sie für sich und
Andere unschädlich zu machen, binden muiste.
Am 27. Nov. erhielt ich ^en Bescheid, dafs
die Medizin ohne bemerklichen Erfolg verbrauoht
sei und verordnete daher: Rec. Pulv. Herb.
Gratiolae ofBc. gr. xv., Camph. Liq. anod. sub»
act. gr. iij. , Sacch. albi scrupl. j. HL f. p. d.
doses viij. S. Wie die vorigen Pulver zu nehmen.
Am 29. Novbr. noch keine anhaltende Bes«
serung. Da die Kranke eine sehr belegte Zunge,
Uebelkeit und Neigung zum Erbrechen hatta^
verordnete ich heute Rec: Pulv. rad. IpacM»
gr.xv.y Tart. stibiat. gr. ij. m. f.p. d; doses tales
Nr. iv. : S. Alle Stunden ein Pulver zu neh-
men bis mehremal Erbrechen folgt. Sie nahm
diese vier Pulver und erst des Nachmittags er«
folgte viermaliges Erbrechen und Ausleerung
dicker Galle und einige Stuhlausleerungen, nna
die Raserei liefs etwas nach.
Am 30. Novbr. wurden folgende Pillen ver»
ordnet: Rec. : Gum. asae foetidae, Extr.Chamom.
ana drachm.j., Hellebori nigri scrupl. iv., Cam-
pliorae ffr. xv, Pulv. Rad. Valer. q. s. ut flaol
pil. gr. ij. Consp. P. Cinnam. D^S. Smal des Ta-
ges 6 Stück.
Nach dreimaligem Gebrauche dieser PiDea
erfolgte eb auffallender Nachlals der hefti-
gen Raserei; dieselbe nahm einen periodisdieii
Charakter und erschien nur m Paroxysmen. Sie
begann am Tage wieder zu spinnen, und war
ganze Stunden wie zuvor. Nur des Nachts
molste noch ein Licht gebrannt werden > weO
sie sich vor Hexen, Gespenstern und dem Teu-
fel fürchtete. Auch war sie noch, namentlich
aber gegen mich, sehr mißtrauisch, ich durfte
ihr kein Medicament reichen, ohne dab sie vor
Jonrii.XCIILBd.&.St. B
-:l- 16 —
(ifertl Einnehmeu einige Tropfen Wcihwasaetud
felUlgb Kreuze daritber gemacht hätte.
Am 10. Dezember trat völlige Klarheit ia
BölVUJstBeins eiii^ nachdem man sie Dun yoq
AWt zeithcrigen Hergänge ihrer KiaEtkheit uaii
ihren heftigen Rasereien in Kenutiiifs gcsetu
hstle, bat sie Alle um VerKeihiiiig , besoadeiä
aber mich bei dem Kesuche am 15. Dccbr, nä'.
der Versicherung, dafs sie vou Allem dem diüI
wie sie mich gescholten, gar nichts wisse. Sie
blieb von ilieserZeit angeheilt und lebto noct
g«fluud und veriiünriig 12 Jahre.
Der Campher ist bei Blöd- nnd Wahnsim
ilibifa lange und mit Recht von Aereteo lis
l^tifTliches mittel cmprohleii und scheint mir bo
flieser Krankheit vorzügTich intlicirtj wenn sie
vbn' rheamatiächei;! oder andern Metastasen cnt-
ktandbn ist. Bei dieser allen Kranken pafslf
er iosbesondere deshalb, weil bei ihr etoe "ink'
ScfHwächc, ja fast Zerrüttung des ganzen Ncr-
\^ensysteirts, und namentlich des Gehirns um!
Rückenmarks, vorhanden war. Der Caraphei
Y^Urde schon von Paraeplsus, Ettm&lUr, Smnrr!,
D6idi^us, WerlhofJöräens, SchBnheyder, Wälm-
sen, I^ocher, Percival, Herz und jiueni>rux:f
ita der Manie empfbhten und ich habe (ioHoriu
Archiv für medizinische Erfahrung 6Bd. S.I1^
Wn S. 378 — 396) von ihm in Verbindung irii
Opium bereits zwei inerktrördige Fälle mitfe-
theilt'j wo durch diese Mittel zwei an einea
hohen Grad von Wahnsinn leidende Kranh
geheilt worden sind. Die hilfreiche Wirknn;
des Camphers und Opiums im Delirium tremetv
Jat'^ti bekannt mid ich benutze diese Verbin-
dUüg ^chon seit 40 Jahren mit dem lie.il«
Rrfolgc.' ,,
- 19 -
Der Helleborus niger war bei den Alten das
einzige Mittel in Geisteakrankheiten, aber auch
die Neueren verfehlten nicht', denselben in der
Manie anzuwenden (5. Berends^ Diss. observa«
tiones miscellae de morbis mentis cum subjuneta
historia maoiae, hellebori uigri efScaciam novo
exemplo confirmante. Francf. 1801. Berliner
Sammlung. III. Bd. S. 411. Greding, sämmü.
Schriften I. No. 6.).
Dr. Häuf in Besigheim theilt uns nach-
stehende zwei Fälle von Wahnsinn mit CWur^
temb. med. Correspondenzblatt 1884. No« 18«)^
von Welchen der eme durch die schwanke Nies-
wurz ganz geheilt und der andere gebessert
wurde. — Eine 25 Jahre alte, Wohlgebaute^ übri^
gens gesunde und regelm&big menstruirte Fiaiiy
litt seit ihrer Jugend, an nach kurzen Interyalr
len immer wiederkehrendem, KopfsohmefE^gsgiül
den die verschiedensten Mittel gebraucht wer«
den waren. Seit dem Eintritte der Pnbortftt
hatte sich das Uebel verschlimmert, ihre Oe-
müthsstimmung war stets trüb und trautig, der
drückende Kopfschmerz nahm den ganzen K^ip^
besonders aber die Ge^nd des Sdieit^ls ein,
hielt in der letzten Zeit gleiohm&flrig m iw4
verursachte eine unerklärliche Angst und tPsn^
gigkeit ; sie vormied alle Gesellschaft, ubii^geiis
war aber ihr Zustand ganz ungetrübt und sis
versah ihr Hauswesen mit PünktlichhüSit« Da
nach Bitterwasser und Blutegeln an den Kopf
keine Besserung erfolgte, blieb Patientin eine
Zeit lang ohne aJle Arznei. Während dem
verschlimmerte sich indeb ihr Uebel immer mehr
und steigerte sich so, dafo sie in ihrer Anffst
sich das Leben nehmen wollte, woran sie aoer
verhindert ward. — Hauff glaubte nun, da alle
bisher angewandten Mittel keine Besserun|^ be-
B t
— 20 —
witkt hfttlcn, das Uebel für eine reiuo Neuiose
ansehen zu mÜBsen, und gab Fulv. Rad. Helleb.
njgr. gr. j., anfangs Smal täglich, und stieg all-
mählig bis auf xxiv. täglich. Andere Arznei
erhielt sie nicht. Nach 54tägigem Gebrauche
war schon eine bedeutende Besserung einge-
troten, die Kranke hatte ihre Angst verloreo,
der Kopfschmerz war ganz verschwunden und
kehrte nur einigermarsen wieder, wenn sie sich
anstrengte. Andere Wirkungen äufserte der
Helleborus nicht, als ein Rngeuebmes Gefühl
von Wärme in der Magengegcnd, bewirkte nicht
. einmal vernsehrten Schmerz.
Ein Uaun von 33 Jahren litt seit 7 Jahren,
ohne besonders in die Augen fallende Ursachea,
anMonomonia daeraonica, von der sich biaiveilen
Monate lang keine Spur zeigte , die dauo ab«'
immer heni|:er wiederkehrte. Zuletzt erhtt der
Kranke selbst einen Anfall von Tobsucht. Hauff
sah ihn mehre Tage nachher, er war ruhiy und
hatte nur die fixe Iilee, daf» ihn des Nachts
Wunderbare Erscheinungen und Oestaltea be-
uuruhigten. Er erhielt dreimal Pulv. Rad. Hel-
lebori nigri gr. vj., Calomel gr. iv. Diese Pol-
ver bewirkten starke Sliihlausleeruugen, nach-
her auch Salivation, und als diese vorüber war,
wurde ihm noch einige Zeil Helleboras zu gr.iv.
gereicht; Besserung war unverkennbar, bis
gleichwohl spater einige Anfälle von Tobsucht
wiederkehrten, welche nöthig machten, dafs
der Kranke in die Irrenanstalt zu Winnonlhal
abgegeben wurde.
tu
— 21 —
Herzpolypen. i
H. K. E.^ ein zehnjähriger Knabe t^n.ier^
uem aufgedunsenen, blassen^ 8crophuld8eh:Ha^
bitus, wurde von Fieber liVit Engbrüstigkeit. iundl
Husten befallen. Da er sich erkältel hatte,
verordnete ieh ihm Liq. Amnion, acet.. mit ei-
nem aromatischen Wasser lind S|jrn^ nebst
Fliederthee. Des Abends wurde ich veiläg.ge«-
rufen, mit dem Bemerken, dafs er Jßriirechen
bekommen und unter dem Ausgebrocheaen' sich
etwas Blut und Eiter befinde.' Bei nieiner^ ob*
gleich sehr baldigen Ankunft fand ich deal Kna-
ben schon todt. — Die Sectibn zeigte dierisdit^
Lunge normal, auch den oberen Lobus der lin-
ken Lunge, dagegen aber den unter^nt'.gans
steinhart, mit verschiedenen Geschwüren 'ver-
sehen, welche bei dessen Durchschneidnügiiabdl
riechende Jauche entleerten. Der Herzbeutiol
war voll Wasser, das Herz ungowöhnliclh gra£i
lind in dem linken V^entrikel fand ieh .«inen
gelblich -weifsen, aus ausgeschiedenem: JFaMU^
8toffe bestehenden Polypen, von der Grd£iiB'<eii^
nes Taubeneies, mehr länglich als dieses^i'Wek
eher wahrscheinlich beim Heben während.- des
Erbrechens losgerissen und in das OstiomiMK
teriosum aortae so eingedrnngen war, dalstider
augenblickliche Tod erfolgen mubte! ^-r < ;
Derselbe Fall ereiguete sich bpi dem.^jä^-
ligen Sohne des Wirthes L. 0,, der |ibcr.o|c)i1»
weniger als krank, sondern anscheineuil"8eljr
gesund war , im Muthwillcu über einen zipA^
lieh breiten Wassergraben springen wollte, aber
in demselben Augenblick todt in denselben fiel. —
Die Leichenöffnung ergab ebenfalls einen in die .
Aorta getretenen und sie verstopfenden Polypen.
Merkwürdig war indefs noch, dafs bei beiden
— «t —
Knaben diese Polypen schon so bedeutend wa-
ren. Beide zeichneten sieb auch durch ihre feste,
faseriohe, fast flechsenattige Bildung von deo
nicht seltenen Blulschleimpfropfen , Blutgeiin-
seln und Ccncremeoten aus, welche häufig in
den Herzliammern und den Arterien, uamenUidi
in dei Aorta bei Erwachsenen und Alten ge-
funden werden.
Herzpolypen dieser Art siud weit seltener
als Blutpolypen; einen hierher gehörigen glei-
chen Fall finde ich in den ftlittheilungen des
Würtemberger ärztlichen Vereins (Bd. III. 1834.J
beschrieben vom Dr. Faber in Schorndorf..
Am 18. August 1825 5 Uhr Abends nahm
ein 6jähriger, sehr lebhafter, robuster und ge-
sunder Knabe, der zuvor nie an der Brust ge-
litten hatte, eine halbmaafsige Bouteille, in der
sich noch ein Rest von ungelabr eioer L'oze
conoentrirter Schwerelsäure befand, in der Mei-
nung, es sei Wasser, an den Mund und traok.
Auf das Geschrei, das er im Augenblick erhob,
wurden die Mutter und ein Diciier das Unglück
gewahr. Der Koabc wurde sogleich in die Apo-
theke geführt, wohin er wegen Alteration darcli
Schmerz und durch das Jammern der Seiuigeii
mehr geschleppt als geführt werden mufste nnd
wo er fast athemlos ankam. In der Apotheke
liels man ihn, da er von der Schwefelsäure
nichts verschluckt haben wollte, mit Kalknas-
ser gurgeln, gab ihm auch Gummiwasser zum
Trinken, worauf man ihn mit der Weisung, den
Arzt sogleich holen zu lassen, nach Hause
schickte. Nach einer Viertelstunde vom Au-
genblicke des Verschluck eng der Säure sah
Faber den Knaben, der eben eine Menge kura
zuvor genossenen Obstes und das Mittagessen,
in dem mau vorzüglich Klöfsc unterscheideu
— «3 —
konuto, erbrach. Er wolHe schou nicht meji^
schlucken, Mundhöhle, Zunge und Lippen w%n
ren weifs und der Knabe klagte über Schmer-t,
2Ben in der Magengegend, doch war weder Hu«
sten noch beBchwerlicher Athom zugegen,. Jffu
Puls war sehr klein, nicht frequent. Es Vfi^l
den im Augenblick dem Knaben einige StucH«)
frische Butter in don Mund gesteckt, und. j(«üi;|a
Milch nait gereinigtem Kali oder Magnesia .d^j^
auf zu trinken gegeben ; doch wurde Alles, wi^
der weggebrochen, Anfangs nur das Eing^beM^
nach einer Stunde aber auch ikchw^r^ibi^f^imf
Stoflb. Um i^lO Uhr hörte daf Ai^sl^re^^ifNI
dieser gefärbten Stoffe un4 eine halbe Stui)^
später alles Erbrechen auf, obgleich n^ap • d^ffl
Knaben noch alle 5 Minuten eLoe - hfal^, Tf|fi9i9
Gerstenschleim, Milch, oder eha^Emi^lsiqfi m)S
Ol. Amygd. und Gum» arab. ga/^, \felobeB^JI|Ii(>T
lein man, als nach mehrmaligem Erbr^ohoil fHfft
im Ausgeworfenen nichts Saures mffi]}f.zfig^
kein« Absorbentia mehr zusetzte. . Es^ . f^^f^tÜff
»ich nun groise Neigung zun> Schlaff ein.qnd
der Kranke klagte weder übe^ Scbg^i^rz. iq^
Magen noch im Munde, hustete auÄ^)ii>^ii|;j)tr
Der Puls war klein, langsai^, der Athen^ iifsli^^Sy
chend, der Bauch nicht ^vtfgetrieben,: diOfgüiml^
Mündhöhle aber mit dickem, weiJ^M^ ÜfbWr
zuge ausgekleidet. Zwischen l.und :9i:RIi^f
wurde das Athmen schneller und es ^Ufiiq[J^j(4^
inerkliches Fieber ein, um 6 Uhr wi|( 4ai|. 4Ä.)>f
inen mehr rasselnd und schnarchend 'W^/M^
accelerirt; das Erbrechen war peit lOUlvr.'^Utr
geblieben; der Kranke hatte in der H^^gfiÜf^
keine Schmerzen, wohl aber bei etwas, ^ÜifkW
Berührung im Kehlkopfe, er hustete bisvfe^^
mit gelblich weifsem Auswurf^ und die l^tiop^
war rein. Man setzte 8 Blutegel an dtu l|f|U
und fomcDtirte, nachdem sie abgefallen waien,
unaufhörlicb mit wärmet Milch. Die ölig-schiei-
migen Mittel gab man fort. Auf ein öliges
Klyatier erfolgte starke Ausleerung nach unten,
woiauf das Athmea Tubiger wurde und du
FiebeT sieb verminderte. Als nach einigen Stan-
den das Athnen wieder bescbleunigter werde.
setzte man noch Blutegel oben auf die BmS,
nbcbte den öligschleimigen Mitteln Extr. Hyo«'
cyami su, und wendete Reize auf Extremit^
ten und Brnst, so wie iviystiere wie zuvor «
Doch wurde das Atbmen immer laogsamer, Aa
Puls immer kleine' ^3 zeigten sich Deliiien,
der Knabe schwit sehr stark und husieLE
bisweilen etwas ge! i-wftifse Sputa aus. Ge-
gen Abend wurde f piration etwas ruhi-
ger und der Puls w frequent. Diede^
nerirte Schieimmemo aer Zunge und der
Hondhöhle löste sich ae , und der Knabe ug
selbst ganze Stücke mit den Fingern aus dem
Munde, warf auch bei ziemlich freiem, g»"^
schmerzlosem Husten grofse Stücken 4»voii
aus. Um 10 Uhr Abends waren schon Lippen
und Zunge ganz und der Gaumen gröfsteotheils
gereinigt, der Bauch war nicht aufgetrieben und
es fand sich selbst beim Druck kciu Schmeiz ifl
den Präcordien. Dieser MofFnungsschinimer hielt
jedoch nicht lange an. Schou gegen 12 Uhi
wurde der Athem geschwinder, rasselud, der
Puls kleiuer, die Delirien merklicher, der Knoke
schwitzte noch immer sehr stark und wollte
durehaus nicht mehr schlucken , wovon jedoch
mehr Widerwillen gegen die vielen IVlittel, ils
wirkliebes Hiudernifs die Ursache zu sein schien,
der Bauch war nicht aufgetrieben und nicht
schmerzhaft, der Puls wurde immer kleiner, so
dafs er fast gar nicht mehr gefühlt wurde, dis
Athmen geschwinder; schiirächer und Morgeog
7 Uhr starb der Knabe, wie es schien anLiui-*
ffenlähmung; ^drei Stunden nachher war sdiou
der Unterleib hoch aufgeldebeu und die Vor««
denchenkel blau. Bei. der Seciion, 84 Stun-
den nach dem Tode, waren I) Zunge, Gao-
men, Lippen uud die ganse Mundhöhle bereits
von der durch die Schwefelsl^ure verdickten de*
generirten Schlcimmembran befreit und seigten
die natürliche Farbe. 8) Die Epiglottis war
susammengcschrumpft und mit einer dicken,
gelben Membran übersogen. 3) Der obere Th^
der Trachea und der Larylix war nomud, < der
untere dagegen stark entzändet, noch st&rker
aber die Bronchien , die rosenroth und mit rdth-
lichem, schaumigem, gränlicb dunu^uflsigem
Schleime angef&lH waren« 4) Der^ganse hin»
tere membrandse Theil der Trachea, mil dem
"Oesophagus, war nicht st&rker entzündet^ als
die übrige Trachea. 5) Did ffanze innere FIft*
che des Oesophagus war mit derselben schmuE^
ziggelben Membran, wie die Epiglottis überzo-
gen, sie war nicht leicht abzutrennen und die
Speiseröhre der Länge nach faltig zusammen-
gezogen. 6) Die Cardia war nur wenig* ent-
zündet, die sie bekleidende Haut aber verdkdit.
7) In der grolisen Cnrvatur des Magens Amd
sich eine hühuereigrofse Stelle degenerirt. .Die
Magenhdute waren nämlich bedeotend verdickt^
in unregelmäfsige R^inzeln zuiBiammengezogen,
nicht von einander zu trennen und die ganze
Stelle noch mit einem Walle umgeben, inner-
halb dessen der ganze Raom mit schwärzlichrai
Pulver, wie Schnuj^ftaback, bestreut war, das
sich leicht wegwischen lielk Pyloros und Darm-
kanal waren normaU 9) Die Lungen waren auf
ihrer Oberfläche , so wie in ihrer Substanz auf-
fallend entzündet 10) Das ^anze Herz erschien
normal, nur fand sich im linken Veutrikel eii
bis in die Aorta und ihre iiüehstcn Acste hin-
einreichender Polyp , der Farbe und Consisleni
einer festen Crusta injtammatoiia hatte, mitdeB
Wandungen des Ventrikels fest verwachsen ifK
nud auf seiner mit aufserst zarter Membran ^
kleideten OberHächeelu von der mit dem Ventnhd
verwachsenen ftasis anstehendes und gegetiik
Spitze des Folypen, doch nicht übei den Ven-
trikel hinausgehendes, sehr feines helliothu
Bhitgefars zeigte, das einigte sich seiwärtä
vom Polypen verbreitende Hamuli hatte. 11)1"
der rechten Ilerzhälfte und in den grüj^eHn
BlutgefafscQ sah man nur wenig Blut , alleüfui-
gen Tlieile waren normal. —
l'ngeaclitet der Untersuchungen von JM^
»ig, Burns, Corvisari, Bichat, ffichmann.Fil',
Morgagni, Senac u, A., mnd doch die AeW
"über die Herzpolypen noch nicht gescWossfo.
Die Zeichen der Polypen sind uni»e»üs, von
den Ausgängen, von Knizündung abhiugeiMl,
deren Folge und Begleiter sie sind - dei ^vahie
Polyp, Product entzündlicher Ausschwilmagi
ist meistens (durch Ligamente) fest angenid^
Ben, organisch, oft vielgestaltig , weift od«
gelblich, meist sehr fest und hart, ohne iUei
Blut. Der unächte Polyp in den I lerz kämmen
und GelaTsstämmen ist dagegen nur eia 6e-
rinse), unorganisch, oft blutrolh, oder kein»
Blutklumpen Kum Kern habend, gar nicht u^
gewachsen, weich, im Wasser auflöshck \
entsteht häufig in oder nach dem Tode- fasl
allen Leichen findet man eine mit Blut um^
bene geronnene Lymphe. Toip^iel (Handboii
der palhol. Anatomie. L BH. Halle 1804.) g*
uns über die Herzpolypen schon sehr schö«
— 17 —
AubdiKsse. Blan hat fange geairitteB/ sagt
er S. 407 , ob es wahre PoTypen des Hem^dSÄ
d. h. feste elastische , fleisohartige^ nit Geflp*
fisen versehene^ organisirte and mit dem Her-
ren durch eme^ oder mehre Wunsein verwadl^
sene Körper, wie wir sie häoBg in der Nas^
Gebärmutter u. s. w. antreffen, gebe; oder ob
diese fremdartigen Bildungen nicht blelshlflif^
phatische Coucretionen oder geronnene Wut^
klumpen, die erst nach dem Tode entständeil
und Folgen der Krankheit, nicht aber deren
Ursache gewesen wären. Schon ältere Anato^
men , z. B. Morgagni (Ep. XXIV. tS. Bd. if.
S. 87Q) und Andreas Pasta (epistplae dnae, $1^
tera de motu sanguinis, altera de cördis po-
lypo in dubium revocato. Bergami 1789) leug-
ueten sie ab und hielten sie nur für zufUMge
nach dem Tode entstehende lymphatische Con*^
cretioncn. In neueren Zeiten vertheidigte Jo»
seph Pasta (de sanguine et sanguineis conere^
tionibos per anatomen indagatis. Berg. 17B0.}
diese Meinung mit sehr sinnreichen Gründen.
Doch sind die Grunde für die Annahme de^
Herzpolypen fiberwiegend. Denn, wären dift
vorgefundenen Concremente allemid nur gefa-
llene Lymphe oder Blut gewesen, sohättoor^
sich leicht in Wasser müssen aufMseh lasMii^
sie wären nicht hart und flechsenartig, nieht
mit dem Herzen innig verwachsen gewesen,
die Kranken hätten nicht vorher, oft lange vor-
her, an stufenweia steigenden Zufallen gelit-
ten. Es gibt aber freilich auchblolbe Schleltti-
oder BIutpfr6pfe, welche ein Ungeübter für
wahre Polypen halten könnte. Um ganz sicher
zu gehen und der Wahrheit am nächsten' zu
kommen, mufs mnn wie Maincourt (de san-
guineis lymphäticisque, male polypis dictis, con-
— 29 —
riiigste Bewegung vornehmen künn, es erfol-
gen Ohnmächten, Stickflufs, Scblagflufs, Tod
Beide Arten von Polypen, im Herzen und
den grofsen Arterien, haben sicher nur einen
Grund ihrer Entstehung und werden von der
gerinnburen Lymphe des Bluts gebildet. Wir
bemerken sie bei Entzündungen auf dem abge-
lassenen Blute, wie auch nach entzündungsar-
tigen Krankheiten in den Höhlen und auf den
Flächen der entzündeten Theile. Nur der Un-
terschied findet zwischen beider Entstehung
statt, dafs dieser gerinnbare lymphatische Stoff
beim wahren Polypen nach und nach, lange
vor dem Tode ausschwitzt, sich langsam an-
sammelt, verhärtet, und sich zu einem organi-
schen Körper bildet^ also mehr Folge einer chro-
nischen, als einer acuten Entmischung ist. Beim
falschen Polypen entsteht diese Ansammlung im
Gegentheile kurz vor dem Tode, oder in dem
Tode erst, wegen schwacher und endlich auf-
hörender Bewegung des Herzens.
Boerhaave erwähnt eines Menschen, in des-
sen hinterer Herzkammer man einen Polypen
fand, welcher deren ganze Höhlung ausßUlte
und in seiner Mitte ein Loch zeigte, durch wel-
ches das Blut seinen Durchgang zur Lungen- .
arterie hatte. Derselbe erzählt ferner auch den
Fall von einem Matrosen, welchen ein anhal-
tendes Fieber befiel, wobei sich ein beschwer-
liches Atbemholen einfand, welches ihm nach
und nach solche Beängstigungen verursachte^
dab er nur stehend athmen konnte; nach sei-
nem Tode fand man einen so greisen Herzpo-
lypen, dals er die Fasern des Herzens gewis-
sermalsen auseinander getrieben hatte. Morand
sah das rechte Herzohr von einem Polypen gan^
ausgefüllt Greding fand bei zwölf I^sen^en
— 31 —
einem Wasenmeieter , welcher aber ihm nieht
«Hein nichts gab, sondern rieth, gegen dieses
•unheilbare Uebel nichts sa gebrauchen, weH
«onst das Aage ganz sserspriugen wid noch
unscheinbarer werden würde als ' gegenwärtig.
Pat. kam hierauf zu mir. Ich löste auf einer
Glasplatte ein wenig Höllensteitt in Speichel
auf und bestrich ganz dünn den Vorfoll damit
•Der Schmerz war anfangs sehr heftig, beinahe
bis zur Ohnmacht, und verbreitete sich nicht allein
in den Kopf, sondern auch in den Oberkiefer.
Einige Minuten darnach tröptelte ich einen Tr^
pfen Oleum Nucum Juglanc). in das Auge,' und
liefs ihn dieses einigemal des Tages zu- Haust
ebenfalls thun, worauf ich ihn wieder besdiie&
Bei seiner Ankunft nach zwei Tagen war der
Vorfall fast ganz verschwunden und schon :et-
W«s Sehkraft vorhanden. Die Anwendung dür
Salpetersäuren Silberauflösung wurde wieder-
holt, die Schmerzen waren jetzt weit geringer
und nach achttägigem Eintröpfeln des JWiittöls
Morgens und Abends war das Auge und die
volle Sehkraft wieder hergestellt 'und <in d«r
Cornea nur noch eine ganz kleine und 1Mb6
Narbe, welche sidi in der Felge immer*' mebt
verler und nach Jahrenikaom mehr sichtlwrww
. 1 . -
.« .
Nutzen des Elix» paregoric. Pharm, Edwhurg.
bei Ththisis pulmonum.
Am 94. April starb Ph. S., eh von Kind-
heit schon zu Verwachsungen durch HbKi^,
Iritis geneigt eeweeenes Weib, von 60 Jiln
iren. Ihrganzezljebctaihindurehimm^scliVrliiitt
lieh, gdbar sie doch im Ehestände 'Mir «Kfiidet
das Elixir paregorieom Pharm. Edinburgena. so/
wovon Morgona and Abenda jedeamal M Tro«
Sfen nnonunen nnd anob wohl yerlragen wur*
en; mdeaaon mappnrte die Kranke immer mdir
ab y bekam dann heotiadiea Fieber und mollrto
non das Bett bäten, ea erachien endlieh am
13. April dea Abenda plötsliidier Auswurf von
Blut und Eiter j naohher von reinem und ao oo->
piösem gelbem Eiter , dalii er -unter Sehmen
in der rechten Lunge, aus dem Halae gleich-
aam sprang nnd unverkennbar auf eine gebor-
stene Vomica achlielten liefii. Dieaer Auawurf
dauerte aechs Tage lang noch häufig finri und
drohte manchmal der todtachwachen Kranken
den Erstickungstod, welchen jedoch das mm
alle zwei Stunden mi sehn Tropfen in eineoi
eoncentrirten Decocte von Liehen Island, gege-
bene Elix. paregor. noch abssuhalten adiien. Am
siebenten Tage hfirte ^ieaer Eiterauawurf a»(
es erfolgte em achaumiger, nach Annbe der
Kranken aahsig achmeidiender Speichel, cue Krifta
sanken mehr und mehr und die arme Leidende
entachlief aanft am M. April.
Die von mir in Ge{[;enwart einiger junmi
Aerzte angeateUte Section lieferte folgende lU-
sultate : Daa Aeuiaere der Verstorbenen veniMi
schon die' sonderbarsten und auffallendaten Ver-
wachsungen. Die Rfickeilwirbel hatten die Form
eines römischen 8 , ao daili die obere Krflai»
mung diesea Budiataben von den HafnrtaMhi
bis zum 6ten Rfickenwirbel gans einwIrts nack
den Lungen nu gdbogeti , dann jnach den Ver-
tebria Lumborum bu wieder eine Kifinummg'
machten, ao dab die Figur wies umgekehrten
lateinischen 2 gebildet wurde. Die neben die-
ser ff ekrfimmten Spina liegenden Sehulteiblitter
standen weit nach Unten hinaus und dioRippso«
Joum.XCIIl.B.ft.St C
. — 34 —
krümmunger. blldcleii eine etwas kouiüchc, sptlzi|;
den Kücken aufn'äils laufeiiile Figur. Der Bru«i-
kaslen war eiiigedrückl, platt, auf der liukec
Seite Btanöcn die üalgchcu Hippen mit ihren be-
wegliolieu EniIntigeD eiiiwärla nacli der Herz-
grube lind dem Zwerchfelle zu ; so waren gc-
geulheUig die der rechten Seite auawäct^ in
die Höhe getrieben. Der Kamm des linken
Hürikuoclieua war in seinem Maafäo zweiFiu-
gel V^'l' 'lühei und doti Kippen uäher steheud
als der audere, und \ itereni bia zm Cn-
StA OHsie lliiiin kaum ^ot breit Raum, üic
Eiagaw^ide waicn daliüi m ch diese Veischie-
bmig ganz »ach rechter it« gedrückt. Dii;
Extremitäten übrigena no Ü.
Die Kojiniöhle wurde, weil die Kranke in
ihrem Lehen nie daselhst etwas KraDkhtf-
t«B verspürt hatte, nicht geöflhet. — Bei
EiöfTuuiig der Bnisthähle Tand sirh eior, Bf
den engen Brustkasten überuaiürlich giöi>o,
■alt liuft aufgeblasene, aschgraue Lunge, in
deren reclilem giofsen Flügel nahe an der laser-
tion der Bi'onrhiai-Curvatur sich eine gröfslen-
theila entlecno, und nur noch ein weutgSchaam
enthaltende Vomica vaa der Grörse eines Ginae-
eies vorfand. Beide Lungen lag^on allenthalbeu
fe%t und ganz verwachsen in den spitzigen unii
konischen Vertiefungen, welche oben erwähnte
RippouBus»-ürhso nach den 8chulterbl altern za
gebildet halten. Der rechte Lobus war au die-
ser Verwachsung hraudig und d^stniirl. der
linke Kieiulich normal, nur sehr durch Luft aus-
gedehnt. Das Herz war sehr klein und die
beiden Ventrikeln voll geronnenen Blutes. Der
Magen war in der. Gegend derCardia und de»
PylorsB sebE weit, in der Mitto aber so vet-
— 35 —
engt, dafs er wahrscheinlich^ bei längerem Le-
ben der Verblichenen, noch zusainmengewachsen
seiy würde. Die Milz war gröfser und härter
als im natürlichen Zustande, der rechte Lebei^
lappen über die Hälfte gröfser als im natütU-
eben Zustande, und der linke kaum anderthaib
Finger breite das Gekrös entzündet, die Einge-
weide normal, aber sehr von Luft aufgetrieben
und dislocirt. Die Nieren hatten die gewöhn-
liche Gröfse, in ihren Becken aber fand sich
beiderseits ebenfalls Eiter, ebenso war die Harri-
blase bis zur Hälfte mit Eiter gefüllt. Der ir6yk
mir, wie oben schon bemerkt worden^ repb-
nirte, vorgefallene Uterus, hatte noch fiieiäe
ganz gute Lage und war im gesunden Zustandd«
Das Elixir paregoricum Pharm. Edinburgen-
sis habe ich im Asthma, in der tuberculöseD^
auch sogenannten steinigten Luugensucht, dfr
Phthisis pituitosa , so wie nach geborstenen Vo-
miken, mit sehr gutem Erfolge stets abgewen-
det; wenn es auch diese, ohnehin selten nur
beilbaren Uebel nicht zu heilen vermochte , so
wurden dadurch doch die Kranken immer ge-
bessert, in ihren tiefen Leiden erleichtert und
lange erhalten. Seine Composition ist : Reo. F|0r.
Benzocs, Croci austriac. ana drachm. tretj 0|ii
puri drachm. duas, Ol. destillat, Anisi draehSp«
dimid., Spir. Salis ammon.viuos. libr.UDMBy dA-
gere quatuor dies in phiola clausa et eola. t>o-
sis 10— 15— 20 — 30 Tropfen, ^ . .; : .. ^
Folgende Krankengeschichte möge iaMh
zur Bestätigung des Gesagten dienen:*
H. P. V. T., ein äufserst heftiger und jäb-
zorniger Staatsbeamter, von phthisi'scher Archi-
tectur, hatte sich als Kavallerie -OtBcier mehr-
mals Blutspeien zugezogen ündverflel, in Folge
I
/
» .
' ■ ■ . •
— '87 —
der Grobe eines Ganseeies, ÜftUeo eine Kalk«
sleinkmste und enthielten in ihrer Schale dich-
ten gelbgrfinen Eiter (Phthiais lapidea). Das
Herz war sehr grots^ beide Ventrikel hatten
polypöse Concremente, welche sich bis in die
Aorti^ descendens erstreckten. Herzbeutel und
Brusthöhle enthielten Wasser.
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hilt^ und vou die^r Seite, «qs gebührt ihr da«
her mit Reelit eine Stdle:iii diMer Kritikll«iUK
nihe; denn nach den «cithewgwi BeoiMuihla»-
gen komme diese Krankheit bkife beim Honde,
dem Wolfe, dem Foebse: und der 'KalM»:jror,
so dals wir wohl eine eigene, in der OigMi-
sation dieser Tbiere 'jj^gröndcCe Anlage su tiie-
ser Krankheit annehmen können.
In Beziehung auf das Alter dieser Krank«
beit, 80 dürfte sich dasselbe, da eine Mgc^
meine Anlage zu diesem Uebel bei den s&yor
erwähnten Fleischfressern aufi;enfallig ausge-
sprochen ist, ziemlich weit hinauf in der Ge-
schichte erstrecken, und diese Krankheit viel-
leicht so alt, oder mindestens nicht viel junger,
als die Existenz dieser Thtere auf EIrden selbst
sein. Mauche behaupten, dafs sie in Europa noch
nicht sehr Isoge bekannt sei, sondern sieh',Ea-
erst in der Mitte des verßossenen Jahrhunderts
gezeigt habe. Eini«re Schriftsteller behaupten
sogar, sie sei im Jahre 1769 aus England nach
Frankreich eingeschleppt worden. Auch >¥ge-'
sehen hie von, so lä&t sich doch soviel Imn
über nachweisen, dafs sie im März 171-1^
pficirt mit brandiger Bräune, in Siidfiri
grassirte. — Eduard Jenner behauptet, d%m^
in der Mitte des vorigen JaHrbunderts vom-BWi-^'
lande aus nach England hinüber gebracht wof-.,
den sei. — Diese Krankheit stammt fibrigtew
ohne Zweifel aus Asien — der Geburtsstiita der ,
meisten verheerenden Seuchen — , war vordem
Aufange des vorigen Jahrhunderts in Europa
•inbekaunt. und ist erst s^it dem Jahre 17My
ja im nörillichen Eofidand erst sait dorn Jafainv
1783, recht eiuheimisdi geworden. ')
•
^ ) tfarlrrf d.irboent ^. a. O. BJ. |V. p. 3ä9.
[
_ 40 — W
In Beziehung auf die ansteckende und aicbt
aoBteckende Natur der Krankheit, so sind die
Ansichten noch getheilt. Während Barrier '),
Hiirtrel d'Arbovat *) u. A. die Ansteckbatkeit
entschieden leugneten, hahen sie die meisteii
andern Beobachter für ansteckend erklärt, ond
wenn wir wirklich erwägen, dals diese Kiaok-
beit sich selten und nur ausnahmsweise mehr
ais einmal an einem und demselben Sabjcde
zeigt, wenn es sich auch den gewöhnlicben
Ursachen ihrer Eutwickelung und selbst wie-
derholter Ansteckung aussetzt; dals diese Kiaok-
heit ferner plötzlich oder atlmählig die säniiDt-
liehen Hunde einer Ortschaft befällt, daä sie
vorzüglich in den Zwingern der Parforcehuode
fast kein Stück verschont, und dafs eniUth,
wenn die Krankheit schon einige Zeit ins den
Zwingern verschwunden und dieselben mitgiöls-
ter Sorgfalt gereinigt worden siod, nicht seilen
in dieselben gebrachic Hunde erkranken, stach
iu Anschlag bringen, dafs man das Emimpfeo
der Seuche versucht hat , um sie gutartiger m
machen, ja dafs unter audern Sacco u. a.Aenie
behauptet haben, dafs sich die Hundeseacbe
durch Einimpfung der Kuhpocken verhiDdeni
lasse : so haben wir allen Grund, der Ansieck-
barkeit dieser Krankheit das Wort zu spreebco.
Sacco impfte 230 Hunde mit der Vaccine und
will beobachtet haben, dafs später nur einein-
ziger von der Slaupe befallen worden sei, wüh-
rend die Impfungen, welche Stiiz am Wien«
Institute mit Schutzpockengift an jungen Hun-
I) a. 3. O. S. 360.
»)1 De la maladie Aei chiena. Inslract. et Ohserf«.
anr les malailiei dea anim. dumeBt. Pari« 18J3. Vol
V. 11. 134. — Chnmbtrt, Plamlritt, Hasard Hmii.
Bd. III. S.I47.
— 41 —
den vornahm, gröfstentheils erfolglos blieben.
Int Allgemeinen gehört der Ansteckttngsstoif
dieser Krankheit zu jener Klasse von Conta-
gien, welche einige Zeit kng aussterben und
unter dem Einflüsse gunstiger kosmischer und
telluriscber Verhältnisse sich von Neuem wie-
der zu entwickeln vermögen.
Allgemeines Bild der Krankheit beim Hunde.
Es hält in der That schwer ^ ein allgemei-
nes Bild von dieser Krankheit zu entwerfen^ da
keine Krankheit bei dem Hunde, oder aachbei
d^n übrigen Hausthiercn so mannigfaltige Symp-
tome und emen so verschiedenartigen Verlauf
darbietet, auch keine von so vielfaltigen Nach-
krankheiten begleitet wird, als eerade diese,
woher es auch kommt, dafs wir in keiner der
Schriften, iii welchen diese Krankheit abgehan-
delt wird, auch nur eine leidliche Beschrei-
bung derselben finden. Obgleich in ihrem Ver-
laufe häufig sehr abweichend, so läfist die Krank-
heit doch fast jedesmal mehrere deutlich ver-
schiedene Perioden nachweisen, in welchoQsich
wesentlichci Veränderungen ergeben.
In der ersten Periode zeigt der Hund Trig-
heit, Traurigkeit, Abgeschlagenheit, Unachtsam-
keit auf seinen Herrn, folgt ihm nur nachlässig
und ist weniger gehorsam, die Körperwärme
ist vermehrt und doch immer frieren die Hunde
abwechselnd und suchen warme Plätze auf, vor-
züglich ist die Nase warm und trocken, die
Schleimhaut geröthet, das Thier niefst oft, braust
sich aus und strengt sich heftig an, um tief
aus der Kehle Etwas herauszubringen. Es scheint
von einem Stockschnupfen geplagt zu sein, dessen
es sich durch Sdiütteln mit dem Kopfe, Bewegun-
— 4« -
gen itcT Schnauze, kratzen mit der Pfote u
derselben zu entledigen sucht. Das Athnten
geschieht schnell, die ausgeathiticte Luft i£l
heifa, der Heiz.schlag beiderseits deutlich ent-
wickelt, der Pulsschlag nach Verschiedenheit
der Gröfse des Hundes auf 80- — 100 in ein«
Minute. Die Frefslusf^ist sehr vetmiHdeit, die
Zunge trocken, der Durst stark und nicht is
Btilleu, daher sich das Tliier des Anblicks du
Wassers cifient, der Koth wird seilen, uitsUr-
kem Zwange, fest uuil trecken euLlecrt, auch
iet Harn wird in geringer Metige schi düuu-
ßüssig und von brauiigelber Farbe ubgesetzl.
Die zweite Periode, welche mit -dem 3 -
4. Tage der Krankheit beginnt, küudigt sich
durch stärkern Husten, vermehrte Verslopfung
der Nase und grölseie .Unruhe an. Aus da
nun wieder kalt und feucht gewordenen Nue
und zuweilen auch aus dem Rachen flierst ein
teichJicUcr Schleim, weicher Aiifaiin-s klar und
flüTsig ist, später aber dicklich wird, gich gräi
oAer gelblich färbt und zuweilen die NaäeDlö-
flher verstopft, indem er sich krusienartigeibäi-
tet, an deren Runder ansetzt, wodurch das
Athemholeuerschwcrl wird. Ein ähnlicher Aus-
flnfo zeigt sich aus den Augen, w'obei diese
tröb werden, vud die Augenlicder sehr zusBa-
menkleben. In diesem Zeiträume wird das Tfaiei
von Ekel und Erbrechen geplagt, das Niesen
kommt sehr häullg zum Vorschein mit hefliget
Anstrengung und Schnauben, um den Naseu*
aohleim auszuwerfen. Es wird iiumer schwä-
cher, schwankt fortwährend und kenn sich uirht
lüebr auf den Hinlerbeinen aufrecht erhallen.
In der tiritlen Periode sind die Symplome
je nach dem Ausgange, zu «'elcheni die Krank-
heit sich liinncigl, verschieden. ^Vcnn die-
— 48 —
8er nicht gänstig ist, oder die Heikmg sich
wenigstens lange hinauszieht und ihren Ver-
lauf innerhalb 6 — 8 Tage nicht vollendet, so
wird der Blick trübe, unsicher und das Auge
thränend, der Ekel und die Abneigung vor
Lebensmitteln jeder Art treten immer deutlicher
iiervor, der Speichel wird zähe, klebrig, übel-
riechend, der Harn stinkend; bald ist hartnäk-
kige Verstopjfling, bald Durchfall zugegen, die
Exkremente verbreiten im letzteren Falle einen
unausstehlichen Gestank. Das Athmen geschieht
sehr schnell, der Herzschlag ist pochend und
auf beiden Seiten fahlbar, der Puls unregelmä-
fsig und um so schneller, je weitere Fortschritte
das Uebel gemacht hat. Konvulsivische Be-
wegungen der Gesichtsmuskeln, so wie auch
der GliedmaCsen gesellen sich nun schon hinzu.
Diese Zufalle sind nicht immer in ihrer
Gesammtheit zugegen, manche Hunde leiden
nur au einigen derselben, und das Uebel geht
bald und leicht vorüber. , Oft aber ist gleich im
Anfange schon ein heftiger Durchfall vorhan-
den und zuweilen beginnt die Krankheit sogac.
plötzlich mit' Krämpfen und lähmungsartiger
Schwäche des Kreuzes. Nicht selten gesellen
sich aber Komplikationen hinzu, welche die
Krankheit mehr oder weniget verwickeln; als
Ophthalmie, besonders in der zweiten Periode^
eine Reizung der Schleimhaut der Verdauungs-
und zuweilen auch der Harnwege; frieselar-
tige und pustulöse Hautausschläge, sogenannte
Hundeblattern y u. S.w., deren Uebertragung auf
Menschen in drei Fällen Langenbacher ^') be-
obachtet hat.
') Die von den Tbieren auf den Menschen übertrage-
nen Krankheiten ; Inauguraldissertation. Wien 1840. — <
AHeemfines Bild der Krankheit beim Mi
Von der Hundestaupe ging in den
ncten BcobaclituDgen nur der, diese KrioUitl
manchmal begleitende, pockenartige Aussdil^
auf mehrere l'ersouen über. Ks bildeten vA
bei derselben, theils blols an der Hand, (halt
auch an anderen Stellen, ja selbst übet da
ganzen Küiper verbreitet, rethe Erhabenheita
von der Grörso eines Stecknadelknopfes bii a
der einer Erbse, di inigen Stunden setm
in, mit gelblicher L gefüllte Pusteln übs-
gJDgen, welche mit besonders des Naditi
vermehrten Juck ndeu waren. Bei es-
pOndlichen zarti d zeigten sich leichu
Fieberbewegunt^ )u am 2 — 3ten Tajc
vertrockneten dl^ und bildeten Soiket.
welche wie bei d ren 8 — 14 Ttge haf-
teten und bis zum en Jucken verorMctc
ten. Von den übrigen, die Staupe begleitea-
den Symptomen zeigte sich an den angesteck-
ten Personen nichts. Hierdurch ist also eioc
auffallende Aehnlicbkeit mit den HundebUUeni
ausgesprochen.
5. Klauenseuche.
Insofern es zu den alltäglichen ErMuBH
gen gehört, dafs dem Menschen selten btsä»
den ist, sich des ruhigen ungestörten Bentiei
irgend eines irdischen Gutes erfreuen zu dm-
fen, sondern er von Natur gleichsam daza be-
stimmt zu sein scheint, als freies vemünfUg«)
Wesen Alks zu erkämpfen und im Kampfe oii
~ 45 —
den Elementen die Unholde zorfickzutreiben,
welehe ihn in seinem Genüsse stören, därften
wir auch die Klauenseuche zu jenen liebeln
zahlen, welche unsere Heerden mit einem em-
pfindlichen Verluste bedroht und schon seit
langer Zeit bedroht zu haben scheint. Zu die-
sem Ausspruche fühlen wir uns um so eher
berechtigt, als es zu den ausgemachten Erfah-
rungen gehört, dals die Gesundheit eines Thie*
res um so vielßtltigeren und gröüseren Störungen
ausgesetzt wird, je mehr das Thier von seinem
natürlichen Zustande entfuhrt und unter mehr
ungewohnte und künstliche Verhältnisse gesetzt
wird; dieses finden wir beim Schafe auf eine
sehr sprechende Weise bewährt. Dieses nutz-
liche Thier dürfte nämlich allem Anscheine
nach zu den ersten gehört haben, welches der
Mensch seinem natürlichen Zustande entfahrt|
zum Ilausthiere umgewandelt, und dadurch un«
ter Verhältnisse gesetzt und auf verschiedene
Strecken der Erde verbreitet hat, welche sei-
ner Natur im Allgemeinen und seinen Fulsen,
den Klauen insbesondere, nicht zusagten, und
so das Klauenübel schon sehr früb^tig zu
Stande gekommen sem. Dasselbe dürfte beim
Rindviehe der Fall fein. Diese kurzen Sätze
dürften genügen, um das hohe Alter dieser Krank-
heit eiiiigerma(isen zu begründen.
Wie der Roz und der Wurm ausschliefisH
liches Eigenthum der Einhufer ist, so ist die
Klauenseuche den Zweihufern eigenthümlich.
Ueber die Natur dieser Krankheit herrschen
unter den thierärztlichen Schriftstellern verschie-
dene Ansichten. Französische Thierärzte und
mit ihnen Ribbey stellen die Klauenseuche un-
ter die Antbraxkrankheiten, so wie sie auch
mehre deutsche Thierärzte für eine Metastase
— 47 — ,
der Maulseuche vor. — Ebenso finden wir nur
selten ausgeprägte Formen der ubergegange« ,
neu Krankheit beim Menschen, sondern blofs
Eruptionen von Bläschen au Händen und Fü-
fsen, welche einigermalsei\ ein Analogen die-
ser Krankheit beim Mensdien darstellen dürf-
ten. Etwas ausföhrlicher hierubef bei Betrach-
tung der Maulseuche.
//. Ktankheiterij welche in verschiedenen Thiev
geschlecht ern Analoga darstellen.
In der seitherigen Darstellung haben wir
der Krankheiten erwähnt, deren ursprüngliche
spontane Entwicklung vorznigsweise an eine
bestimmte Organisation gel|unden ist; nun aber
hätten wir jene Krankheitsformen in Betracht
aa Eieaen, welche ihrem Wesen nach zwar
identisch, in Beziehung auf ihre äufsere Form
aber verschieden sind, und so bei verschiede-
nen Thieren Analoga darstellen. Auch bei die-
ser Reihe von Krankheiten äufsert die natür-
liche Beschaffenheit der betreffenden Thier-
spezics einen so bedeutenden modifizirenden
Einflufe, dafs es bei einer nur oberflächlichen
Betrachtung scheinen könnte, als kämen sie in
dieser Beziehung mit den seither abgehandelten
Krankheiten überein ; allein neuere Nachforschun-
gen haben aufs Bestimmteste nachgewiesen,
dafs dieser äufserlichen formellen Verschieden-
heit eine wesentliche innere Aehnlichkeit, ja
(iHeichheit zu Grunde liegt, wie wir dieses bei
der Kiihpocke und der Mauke darthun werden.
— 48 —
Es gehört wirklich zu den wicbügsten und
inttH'eseaD testen ErscheinungeD der veigleicbcn-
deo Pathologie, die wesentlipho Uebereinalim-
mung zweier veiachiedeo scheinender Krank-
heiten auszumittelo, und von dieser Seite ans be-
trachtet wirft sich daher hier laut die Frage iif;
„tat das lUaulie- und Kuhpockenkontagium wl
einandrr verwandt oder identisch'"?
deren Beautwortuog nnr durch Tbatsacliea ge-
hörig ftuegefüihrt werden kann, zu deren Auf-
z&bluDg wir nun übi en wollen.
Schon Je/iner '1 der Ansicht, dafs iIk
Hauke und die :en identische Leides
der Thicre seien, er' glaubte, isSe ä«
KubpockcD von r 'nken Pferden auf die
Kühe durch Lei tragen worden seien,
welche die Pferd zen und die Kübe eu
melken gehabt , . iieäem Geschifle daa
Euter der Kühe im ikestoff in Beiübnuig
gebracht hätten, wuuurch dann die Kubpol'-
ken vnlstaudeu wären. fF. Simmon«)) auchle
I) An ioquiry inio Ihe causes and effecU iJ ibe >i-
riolat: vaccinae, a diaeaee diacovereil in gaine ol >!>(
western counlieB of Knglanil , [larlicularly Gloo«-
itershire, and Known by Iba name of Ihe cow-p»''
London 1798. Mit Atibitd. — Deberielzt TOBfift.
ßnJfflorti unter dem Tilel: „Eduard Jefatefl fiaK-
siichQngen über die Crsaclien und Wirkungen (M
KQh|iof,ken'' etc. Hannover 1799. — Furtüi
valions on tbe Varioiae
;. Jainer. London 1799. — Ediuinti Jeraen
ciDsii el effclibuB Varioiarum vaccinaniiD. —
glico In iBtinumcnnTersBBbJfoi/noCnrCTio. Vindol»*
1799, nmfafsl tiiesc beiden .fennrr'schen ScbriBf
— Continualion of facta and Observation^ relatiTe
tbe Varioiae Tacdnae or <Mv-pox by E. Jp"-
London ISOO.
•) Reflection» on the proprlel; of tlie Caiarean Op
ration, (o vitiicti are added obaervationj on mdc«
— 49 -
durch überzeugende Versuche darssuthun, idalii
diese von Jenner ausgesprochene Meinung in
Betreff der ursprünglichen Entstehung der Kuh-
pocken völlig ungegruiidet sei. Simmons in-
oculirte nämlich drei Kühe mit Maukestoff^ ohne
gunstigen Erfolg. Ebenso widersprach Pearson ^}
der Jenner*schen Ansicht, nachdem er Auf meh-
rern Gütern Kufapocken entstehen sah, wiewohl
daselbst keine Pferde gehalten wurden, und auf
andern, wiewohl die dort gestandenen Pferde
die Mauke nicht hatten, und der Knecht, wel-
cher die Kühe molk, mit den Pferden nie in
Berührung kam. IVilHam Woodvüle *) wider-
legte, gestützt auf entscheidende Versuche, die
Jenner*sc\ke Meinung über die Abstammung' der
Kuhpocken von der Mauke der Pferde. Co/c-
man *) hat auf Ansuchen von Dr. Jenner meh-:
rero Versuche über den Ursprung der Kuhpok-
ken angestellt und ist dadurch zu der Bdiaup-
and experiments on tbe lopposed origin of cow-
pox. London 1798.
I) An inquiry concerning tbe history of the oow-pox'
principally witb a Htm to superaede and ezCingoitli
tbe amall -poz. London 1796. — - O* PeweotC» Un-
teraocbong aber die Gescbicbte der Kobpocken, in
besonderer Hinaicbt auf die Aatrottong 'der Kinder-
pocken. A. d. Engl. Ton J. Fr, Euhtinger. Nfirnb*
1800.
>) Raporta of a teriea of Inocohtiont for tbeTariola«
Taccinae or cow-poz; witb remarki änd obeerrationt
on tbis diaeaie, conüdered as a sobsUtote for tbe
small-poZy London 1799. -^ Deataob: Betobreibung
einer Reibe Ton Kobpockenimpfongen , nebel Bemer*
kongen und Beobaobtungen ober Seie Krankheit, ab
Subttitot der Kinderpocken beCracbtet A. d. Bngl.
Ton F. G. Prieee. Brealao 1800.
*) JoM. fVYink*« Reite nach Parii, London etc. Wien
1806. Tbl. II. — Medidn. cbirorg. Zdtg. 1806. Bd.L
•9« 298.
Joum.XCin.ßd.&.St. D
— 51 —
der Mauke und Schutzpocke zu vernichten
scheint^ ist die von Hurtrel d* Arboval ^) an-
gefuhre. Ein Kutscher nämlich, welcher die
Menschenblattern nicht gehabt und ein seit we-
nigen Tagen von Mauke befallenes Pferd zu
putzen hatte, zog einen Pariser Wundarz^ we-
gen Blattern am Faustgelenke, welche denen
der Vaccine durchaus ähnlich waren , zuRathe.
Dieser Aehnlichkeit wegen machte man den
Versuch, die in diesen Pocken enthaltene Lym-
phe zwei Kindern einzuimpfen , und diese beide
bekamen die Kuhpocken vollkommen regelmä-
fsig, und von diesen wurde die Krankheit in
mehreren Generationen weiter geimpft. Anfser-
dem impfte man noch ein Kind mit dem Grande
der Pusteln des KutEtchers, und dieses bekam
regelmäfsige Kuhpocken , welche nach acht Ta-
gen zu einer lange fortgesetzten Reihe von Im-
pflingen dienten. So beweisend' indefii diese
Thatsache auch scheint, sagt Hurtrel ^tAriovtd,
so lassen sich doch daran manche AusstelkiB«
gen 'machen. Ohne Zweifel hatte der Kutscher
die Kuhpocken, weil die aus dessen Postein
herrührende Materie den damit geimpften Kin-
dern die Kuhpocken mittheilte; allein wonut
will man strenge beweisen, daiii die Vacine
bei ihm von Maukestoff henrährte, und er mobt
auf eine andere Weise angesteckt warde? Um
dieser Thatsache volle Beweiskraft za geben,
mülste man die Impfung mit Maakestotf mit
Erfolg vorgenommen haben, denn dieCs ist hif^
her schon so häufig ohne Erfolg gescdieben. In
der neuesten Zeit hat auch Dr. Steinheck *)
>) a. a. O. Art Mauke. Bd. III. A. 164.
3) Caapera Wochenschrift. 1S39. No. M. o. 22. --
Schmidfu Jahrbücher. Bd. XXVf. 8. 1S9 ff.
Difc
— 33 —
Allgemeiuleideii geblieben. — Desgleichen impfte
Steinbeck eine 16jährige Stute mit Lyinphe
von durch Uebertragung auf Schafe erhaltenen
Kuhpocken. Der Erfolg war ganz der UAmUche,
nur dafs die aus den in gröfserer Anzahl in
den Fesselgelenken emporgeschossenen Bläs-
chen sich entwickelnden Geschwüre weit laug-
samer heilten als im ersten Falle. Beide FäUe
beweisen, dafs sowohl die ächte Vaccine, als
auch die schon durch den Schaforganismus
hindurch gegangene ganz gleich, ja letztere
sogar noch stärker und heftiger wirke und auf
Pferde übertragen, Pusteln und Geschwüre zu
erzeugen vermöge, welche mit denen übereiu-
kommpn, welche die aus unbekannten Ursachen
cutstehende Mauke characterisiren. F'tUh *)
erzählt, dafs, nachdem einem Pferde Vaccine
in die Nasenschleimhaut eingeimpft worden,
an den Impfstellen Pusteifi entstanden, welche
die gröCste Aehnlichkeit mit Kuhpocken hatten.
Steinbeck sammelte auch die Resultate absiclit-
licher oder zufalliger Uebertragung der Mauke
auf Thiere und Menschen. Aus Mangel an
achter Equine, entnommen aus genuinen Mau-
kenbläschen, bediente sich derselbe zu seinen
Versuchen der Lymplie, welche er ituft deb
Pusteln der beiden mit Vaccine geimpften, oben
schon erwähnten Pferde erhalten hatte, welche
Pusteln indefs mit denen der ächten, prufeiiti«*
vcn, genuinen Mauke gänzlich ubereiukaaien.
Er impfte einer Kuh» am Euter mit IS Stichen
secundäre Equine ein — ohne Erfolg. Btei ei-
ner anderen Kuh, die. er eben auch mit secun*
därer Equine durch 12 Einstiche in das fiut^t
eingeimpft hatte, stellten sich erst zwisduui
dem 4. und 5. Tage Mangel an Frefslust, Fie«
' ) Handbuch der Veterinärkiinde* Bd. 11. 8. 315*
— 54 —
ker u. 8. w. ein — Zafftlle, die indefiT nur U
SUmden anhielten^ worauf sieh s&maitliohe lap^ 1
ittehe er hoben, eine blanlidit •* gtme Farbe »-
nahmnn und aioh in ganz normale PiKdceopoBtoh
▼eiwandelten. Spiter hatte. Stetnbeek CMs-
Cheit bei einem an invieterirt«»T Hanke leidet»
Pferde von deir in den Oeieehwfiren aip-
Midetten lymphatisch^terigeD FloMigkeit ene
Partie in Haarröhrchen aofiaftfangmi. flfil ifr-
■er niffke' er eine Knh; aehön am sweitenlig?
aehieD dia Thier seine gewOhiriiche Hnnteiinit
^ voBiA PrelUiMt verlor^i so haben, ohne jedock
an fiebern. Hieranf 8ei]|ten sieh am S4. Tageva
dia geäiaohten sw6lf Ematiirtieit' aiebea in Ce-
itab von erhobenen Knöteheo, die HantderUa-
gegen dabj^ ganz glatt, nieh^ge8Ghwlltal^ m^
, aiäl roaenartig geröthet. Indefa Uetoa t»
Paalefai sehr kbin, lielben von der^mbdRnn-
gen Grube kaum etwas bemerken / trocknetn
schon am 4. Tage nach ihrem KrscheioeD zo- |
sammen und bildeten einen Schorf, der bereis
in 8 Tagten abfiel und eine kleiue Narbe hü-
terlieb. Aus dem oben erwähnten VetSQche
zog nun Steinbeck mit Recht den SchhiCs, difs
die von dem mit inveterirter Mauke bebifte-
ten Pferde entnommene eiterige Lymphe otff
noch einen sehr geringen Autheil der firähera
Ansteckongskraft behalten hatte, überhaupt ai^
ergibt sich aus den bisher mitgetheilten Ver-
suchen die höchst wichtige Thatsache, di6
frische Equine, wenn sie auf das Euter vob
Kühen übertragen wird, Pocken bervorzubrit-
gen vermag, welche in allen Stücken mit da
lichten Kubpocken übereinkommen^ sowie, dtb
dieses Vermögen der Maukenlymphe nur e»e
gewisse Zeit in gleicher Stärke verbleibt, iodef
es \i«^cYk \i\i4 vkOich immer an Kraft verliert -^
— oo —
Verhältuisse, deren Nichtbeaditung ohne Zwei-
fel zu den so verschiedenartigen Erfolgen bei
diefsfallsigen Impfversuchen die meiste Veran-
lassung gegeben haben. .
Während man die Möglichkeit einer wirk-
samen Uebertraguug von anderen thierischen
Krankheitsstoffen auf Menschen längst ssugege-
ben haty hegt man vielfaltig noch Zweifel hin-
sichtlich der Erzeugung der Kuhpocken durch
Infektion mit Maukestoff beim Menschen, welche
jedoch durch nachstehende Beobachtungen und
Versuche widerlegt werden dürften. Schon
Jenner und Loy beobachteten , dafs mehrere
Menschen 9 welche mit maukekranken Pferden
zu thun hatten, in Folge des Verkehrs mit die-
sen einen den Kuhpocken ganz ähnlichen Aus-
schlag bekamen. Sacco ') führt zwei Fälle api
in denen nach Uebertragung der Equine auf
den Menschen sich die Kuhpocken entwickdU
ten. Dieselbe Erfahrung machte Greve ^) an sich
Hclbst. Als im März 1830 in Berlin und der
Umgegend y so wie im ganzen nördlichen und
östlichen Deutschland die Mauke epizootisch
unter den Pferden herrschte^ wurden IS Per-
sonen und unter diesen Heriwig ') selbsti weU
che mit der Pflege und Behandlung mauke-
kranker Pferde zu thun hatten, augesteckt. Sie
litten zwei bis vier Tage hindurch au mäfisigem
Fieber, wobei ein, bei manchen auch zwei bis
drei Finger schmerzhaft anschwollen, DieCre»
>) a. a. O. S. 133 a. 134.
>) Krfahrungen nnd Beobachtungen ober die Krankhei-
ten der Haiisthiere im Vergleiche mit den Krankbei*
ten der Menschen. Bd. 1. S. 79.
») Berliner inedi/in. Veroinszeitong. 1834. No.48. —
Verhandlungen der vereinigten arztl. Ge.^ellsrliaften
der Schweiz. 1830. Zweite USIfte. Zürich 1831.
No. 10. — Hitfcland's Journal Se^t. 1830. S.VI'l.«
F
B Hhwu
J Vorde
56 —
i
schwubt verbreitete sich über die Hand, den
Votderarm uud erstreckte sich bis zu deaAchsel-
drüeeD. Am 4 — 5. Tage nach der muthmil'»-
lichen Inrektioii entstand meistens an der Spitne
des befallenen FiugerB, seitlich vom Nagel, «k
rotfaes, märaig über die IlautHächß hervorra^-
des Kuötchcn, welches im Aufaage ganz t^
war, spater gröfser und weicher wurde, und
sich bis zum neunten oder eilften Tage ia tian
Weifsblaue Pustel von dem Umt'angc einer Cibse
verwandelte, welche im Innern eine zellige Stnih-
tur zeigte, und eine ivasserhelle, seröse Feuch-
tigkeit aussickern liefs, welche allmälilig «>a(
mehr eilerartige BeschatTenheit aunahm. Di^
Pusteln vertrockneten von der Mitte aus m
einem braunen Schorfe, der nach etwa iiei \yo-
eben abfiel , mit Hinterlaasuog einer Sibe,
welche mehrere JUenate hindurch sicbtbiT bb'^-
Bei drei von den Eleven der Thierarzneischrit
beschränkte sich oben erwähnte PiistelbiW""?
nicht auf die Finger, sondern ergriff >uch den
Rücken der Hand und den Vorderarm, wo vh-
einzelle gröfaere, den Kuhpocken ganz ähnUflie
Pusteln entstanden. Von den zwölf Erltrsntlen
waren eilf früher vaccinirt worden , nnd eine
hatte die Menschenpocken gehabt; achtumi-
zwanzig andere Eleven und neun Slallnin^'
welche sämmtlich ebenfalls mit maukekraiikK
Pferden zu thun hatten, blieben völlig gwiw« \
wahrscheinlich nur, weil die frühere gehönir|
Schutzpocken Impfung ihnen jede Emptängüflf
keil für daa Pocken- und so auch für dasMiu''^
kontagium •renommen hatte.
Aehnlicho Beobachtungen unter ähulictt"
Umständen machte Rosmdahl '). Er imp*
e Fofge. JahrB-'l. ü^"
— -67. — .
nämlich deu f jährigen jkräftigen und gesunden
Sohn eines Arbeitsmannes, mit ausdrucklicher
Bewilligung der Eltern auf dem rechten Arme ,mit
guter Vaccine^ und auf dem linken mit Equine
von einem maukekranken Pferde. Bis zum
zweiten Tage blieb der Knabe ganz munter,
am dritten aber wurde er sehr weinerlich, nahm
die Brust nicht und verfiel in Fieber, welches
sich von Tage zu Tage steigerte. Gleich-
zeitig fühlten sich die Impfstelleu des rechten
Armes, noch mehr aber die des linken, wie .
feine geröthete Knötchen. an. Am 4. Tage er-
schieneq die Pusteln des linken Armes unglaub-«
lieh entwickelt, um das Doppelte vergröfßert, .
von einem sehr rothen Hofe umgeben, die Um-
gebung noch mehr geschwollen ; aufserdem wa^«
ren in der Nachbarschaft der Impfstellen noch
sieben neue Pusteln hervorgebrochen, welche
sich eben so rasch wie die geimpften entwic-
kelten. Die Impfstellen des rechten Armes zeig-
ten sich weniger, jedoch normal entwickelt,
der Arm minder geschwollen. Im Allgemeinen
verliefen die Eqjuinepusteln weit schneller als
die Vaccinepusteln; denn während letztere am
siebenten und achten Tage noch in schönster
Blüthe Stauden, bildeten erstere bereits einen
braunen Schorf, der am nennten Taffe abfiel
und ausgehöhlte Narben hinterliefs, welche weit
tiefer, breiter und röther waren, auch viel län-
ger markirt blieben, als die von der Vaccine.
Nachdem das Kind einige Tage hindurch einen
entsetzlich stinkenden Urin entleert hatte, ge-
nas es vollkommen. — ' -
Derselbe Beobachter impfte ferner fanf Jahre
später ein fünf Monate altes, gesundes Mädchen
am rechten Arme mit guter Vaccine, am linken
mit sekundärer Equine , oder vielmehr Vaccine,
die von einer Kuh, nach Impfung dersclbcu mii
Maiikostotr, cntiiDitimen war. Sämmtliche Impr-
sliche beider Anne eiit wickelte» sich und zwii
auf beiden Annen ganz gleich zu schönen gro-
r»en Pocken, welche am achten und neuiilai
Tage von gelindem Fieber begleitet wnrden.
Nach vorstehenden Versuchen und BmIk
aohlungeu diitric also wohl &ts ausgemEclit sd-
«usehcn sein, dafs die primiiiv^j genuine Equiiie
für sich utiein im Stande ist , sowohl bei Rb-
hcii als bei Menschen Ausschläge zu erre^Oi
welche in Form und Verlan fj)ichta,vou den äcblm
Ku[<orken Vcrschiedenea haben, jedoch wem
ai* HDiniiieibtii auf den Mensoheu übertraeeo
wird, wahrscheinlich wegen der »röfscren Vi-
ralenx des Stoffes, eine heftigere Gebeihab-
ranündlictie Heaktion erregt, selbst wenn der
St9lC von veralteten Maukege schwären genom-
men worden ist; endlich dalä dor Durch^nj
der E<itiiiic durch den KuhorgaDismiis ihr vn''
von ihrer Heftigkeit raubt, so dafs der secan-
diro Equine-Vaccinesloff in sejnea Wirkungen
ganKlich der genuinen Vaccine analog ereebeinl-
■ Dessenungeachtet ist, aber die Meiaung keines-
weges richtig, dafs die Kuhpocken immer von
der Mauke hervorgebracht wetden, oder der-
selben ihren Ursprung zu verdanken hätten; d»
jene gar oft sich zeigen , Wenn die Hauke g«
nicht vorkoinml, daher sie auch nicht als Folge
der lelztercn betrachtet werden können.
1. Kuhpock^n, yaccine.
Es ivutde auf eine unzweifelhafte An nadi-
gcwicseii, bemerkt John Baron ^), dafs Binrf-
') Bericht dir für die Unlerauchung de« g«geDHäiligtP
— 59 —
Vieh und andere Thiere schon seit JahrhundeHen
mit Pocken oder Variola befallen, bekannt waren.
Diese letztere Benennung wurde dieser Krank-
heit unbedenklich von jedem Schriftsteller ge-
geben, der sie gesehen hat, von Dr. Layarä in
England und lange vor ihm von FracastoriuSy
Lancisij Lanzoniy Ramäzzini u. A. in Italien.
Die Kenntnifs dieser Angelegenheit wurde so-
gar schon Livius zugeschrieben. Ein Mann,
der sich einen yjVieJ jährigen Hauswirth " nennt,
ohne seinen Namen und Wohnort anzugeben,
machte nämlich unter der Aufschrift: ^yJ^on der
Seuche unter den Kindern'^ über Stellen aus
dem Livius eine Abhandlung bekannt, in wel-
cher der höchst merkwürdige §. 3. folgender-
mafsen lautet *): „Doch hiervon nehme ich mir
nicht recht heraus zu urtheilen. Was aber
meuie ganze Aufmerksamkeit erregt, ist der
Umstand, daf^s nach Livius eine solche Pest
sehr oft den Thieren und Menschen gemein ist,
welches sich heutigen Tages nicht so befindet.
Ich sagte vorher, es möchte vielleicht manche
Pest nur irgend ein hitziges ' Ausschlagfieber
gewesen sein, da sie oft den Thieren und Men»
sehen gemein war, und Livius sie einmal aus-
drücklich Scabiem nennt, so werde ich an die
hier im Lande nicht unbekannten Kuhpocken
denken, welche für Milchdirnen und andere
Leute, die liiit Kühen gmgehen, noch heutiges
Tages ansteckend sind. Es ist wahr, es star-
ben weniger Menschen als Thiere daran. Aber
krank genug sollen die Leute doch dabei wer«*
Zustande! der Vaccination bestimmten Sektiou. Ans
d. Kngl. Ton F. Q, Gmclin. Stiittg. o. Tübing. 1840.
^) Allgemeine Unterhaltungen vom Jahr 1769. Gottin-
gen 1709. St. 39. S. 306 n. 307. — Medicin. Chi-
rurg. Zeitg. 1802. Bd. h S. 473.
»
I
— 60
den küuiicn, uiid vielleicht ist «las hiesige heir«
Klima Ursache, A&is das Gift niclil heiliger
ist Im Vorboigeheu raufs ich doch ssgeo,
dafs hier za Lande die Leute , die die Kub-
pockeu gehabt habcu, sich gauzhch schni»-
cheln, vor aller AnBleckuitg; von uiisero p-
wohnlichen Blatteru gesichert zu seLu, wk'nii
selhstj wenn ich mich genau nach dieser SicIk
fiikundigt, mehrciualc von gar repulirlicheuFer-
soncn ihres Mittels gehört habe." E G.Smn-
beck, hat dieses so schöne Ehren denk roxi ia
Deutscheu zuerst wiedergefiiuden und soll m
iu sciuer MoDatschrift „der deulache Painci"
(vom Jahr l^Oi. Januar S. 40 —46.) heUm
^[vntarht haben. Da nun diese Abhaudluug <Jt^ii
• «4. Mai 17fiy. zur Oeffeuiljchkeit gelao^lc
\rBhrcDd Jenner erst 1798 seino diels/iJs/jeii
Beobachtungen bekannt machte, so gdil du-
aus hervor, dar» in Deutschland schon Vi hh^
zuvor die Kuhpockeii und ihre VVirkuiij bf-
schrichen wurden. Hannover oder DenUädavd
hat also, diesem nach, die Ehre in dieser .An-
gelegenheit zuerst Beobaclitungeu angesielll»
haben.
Andere versetzen die erste Beobflclituns
der Kuhpocken ins sechste Jahrhundert zurück ').
In der bekannten Stelle, wo Marius, der eßle
Bischof zu Lausanne, in den Jahrbüchern sei-
ner Zeit die Pockeokrankheit Variolain, fa ve-
röle (denn es war damals nur eine) zuerst er-
wähnt, meldet er, dafs besonders Rmdvieh <)■-
von betroffen würde; ja sie scheint eigenllict
erst im folgenden Jahre 571 die AIcnschcD er*
griffen zu haben. Es heifst daselbst An. 5/0
„Hoc aniio morbus validira cum proHuvio vei>-
■J Medicinibdi-diinJig, Zeilg. 1801. BJ. IV. S. 1S2.
— 61 —
tris et Variola Italiam Galliamque valde afHixit.
Et aiiiäialia bubula per ea loca raaxime interie-
runt. An. 571. Hoc anno infanda infirmitas et
glandula, cujus noniinis est pustuIa, in supra-
scriptis regionibus iunumerabilem populum de-
vastavif Hiemit verbindet MS//er^) eine Stelle
Paul Warnefried's von glandulis in modum nu-
cis^ quas sequebatur febrium aestus, und Ana-
stasiuSy des Bibliothekars in Rom, von ^ercus-
«ione scabierum, ut nemo posset mortuum suum
iuternoscere, welches, seiner Meinung nach^
allerdings auf die Pocken paTst. Es zeigt sich
aus der obifi;en Stelle, dafs die Kühe für jene
Krankheit Empfänglichkeit haben, aber sonder-
bar wäre, dafs die Menschen durch das Thier, .
welches zuerst damit befallen wurde, nun das
leichteste Gegenmittel erhielten. Dafs die Krank-
heit von jener alten Zeit her nie oder selten
an Kühen bemerkt wurde, scheint besonders
auffallend.
Im Jahre 1745 und wiederum 1770 wdrdo'
eine ähnliche Pockenkrankheit unter dem Rind-
vieh in England beobachtet, welche letztere sehr
verheerend gewesen sein muDste, insofern Kd*-"^ •
nig Georg IIL den 9. Januar 1770 das Parla-
ment mit folgenden Worten eröffnete:^} ^it
grofser Besorgnifs finde ich mich verpflichtet,
Jiese Sitzung des Parlaments mit der Nach-
richt zu erömien, dafs kürzlich die Seuche un-
ter dem iHornvieh in diesem Köpigreiche aus-
gebrochen ist, ungeachtet alle Vorsichtsmaafs-
regeln angewendet wurden, um die Einsohlep-
pung von fremden Ländern zu verhindern. Bei
der ersten Nachricht von ihrem wirklichen Er-
scheinen war meine Aufmerksamkeit darauf ge-
') Geschichte der Schweiz. Tbl. I. », 132 ff.
2) John Btiron a. a. O. 8. 9.
I
richtet, ihre weiteren Fortschrilto za liiodeni.
uud da ikr Erfolg dieser Bemülimigen cacb
aller VVahrscheiDlichkeit durcli den geringHicn
Aufschub der geeigoetcD Maafsregeln veieiicit
wird, 80 hielt ich es für unerlafslich, mit Zu-
Blimmuiig meines Geheimen Haths, unmiltclbvt
Befehle zum Vollxu^ von Maafsregehi zu |t-
ben, welche die geeignetsten scliienen, um iln
diahenden Gefahr der Verbreitung derAniH-
kung zu begegnen, bie ich Gelegenheit btkm,
mich mit meinem Parlament über foTtdauendere
Slaarsregeln bcvathen zu können, unnr^a ge-
gen eine so grofse Kalamität zu sichern. >ad
ich empfehle einen so höchst wichtigen Gegen-
stand mit Nachdruck Eurer unmitteibaiea )iQ<'
ernsthaften Beralhung." — Diese Seuche, vm
der hier die Rede war, wurde mit mbi »dei
«{etiiger Ueltigkott bis zum Jahr 1780 bei dem
Hindvieb beobachtet. Um iliese Zeit betiitb
Dr. Jenner Seine UnteTsuchuDgen , und es "är
gerade in demselben Jahre, dafs Dr. Laynrd
seine zweite ALhaiidhmg iif den Transaciions
of the Hoyal sociely bekannt machte, in «si-
cher er unter Auderm erwähnt, dafs diclnoku-
lalion von einer Kuh auf eiiie andere mit £'•
folg ausgeübt wurde, um die HeRigkeit in
Krankheit zu mä&igcn. Diese Kette "»
Thatsachen, wenngleich noch kurz und un-
vollkommen festgestellt, führt dennoch zu J«
Folgerung, dafs es die Ueberbleibsel dit*et
hcfligen Sonche waren, welche Dr. J^wrn- in
Gloucestersbire vorfand, und welche zuRDij
auf Melker übergetragen, diese vor den PMkM
achiitzten. Es ist hieJiir eine starke Besiali-
g'nig, dafs die milde Form der Krankheil, »1»
um die nämliche Zeit unter dem R in d riebe d«
ricardie vorkommend , von ^ie d'^zyr eniiaii
— 63 «-
wird. Er sagt, dafs einige derselben blofs ih-
ren Nacken mit Pusteln (boutons) bedeckt ha-
llen, und dafs, wenn die Krankheit |iuf diese
Art örtlich war, sie gewöhnlich einen günstir*
^eu Ausgang nahm.
Eduard Jenner, Sohn eines Predigers in
Berkeley, wurde im Jahre 1749 gßboren, erhielt .
eine gute Erziehung und bestimmte sich frühe
sclran für die Medizin. Ungefähr im Jahre 1768
hörte er, dafs die Kühe in den grofsen If^er«
den von Gloucestcrshire nicht selten au einem
Ausschlage am Euter litten, der die Hände der
Melker anstecke, und dafs man glaube^ diese
werden bisweilen dadurch vor den Mensohen-
blatteru geschützt Diese Menschen kamen häu-
fig zu Jenner j um die auf diese Weise erhal-
tenden Geschwüre verbinden zu lassen und da-
durch erhielt er Gelegenheit, die Krankheit ge-
hörig zu beobachten. Zugleich war es eine
notorische Thatsache, dafs manche Bauern in '
der Grafschaft, trotz der mehrmaligen Impfung,
der Ansteckung der Menschenblatteru widör-
standeii. Alles dieses machte einen tieften Ein-
druck auf Jenner. Zwei Jahre darauf ging er
»ach London um sich weiter auszubilden, ovd
wurd Schüler von John Hunier. Diesem theilte er
•^ine Bemerkungen über die Kuhpocken jnit, .
da sie aber sehr unvollständig ujid unwahr-
scheinlich waren, so wurden sie unbeachtet
gelassen. Als Jenner seine» Studien in London
beendigt hatte, kehrte er zurück und liefs sich
als Chirurg in seinem Geburtsorte niedfer, und
nun fing er ernstlich an, über die Kuhpocken
weitere Nachforschungen anzustellen. Er fand
bald mehrere Personen, welche trotz der mehr-
fachen Einimpfung niemals die wahren Pocken
gehabt hatten. Alle schoben diese Unempfäpg-
_ &4 —
lichkcit darauf, dab sie früher die Kuhpocken
gehabt halten. Zugleich bemerkte er jedoch
aach viele AusHahmeB von dieser Meintiiig;
denu mehrere glaubwürdige Personeu veisi-
cheilen ihm , dufa sie die KuhpockeD gehibl,
aber dcoiioch apatcr von den Menschenblatlem
ergriffen worden waten. Diese für seine Hoff-
RBflgeu ungünstigen Erzählungen hielten ihn
indessen nicht ab, weiter nachzuforschen, 500
dem er beschlofs nun selbst, in die Kiih«I>lle
zu gehen und die Krankheit selbst an den Thie*
rcn zu beobachten. Hier faud er nun, daib die
Kühe verschiedenartigen Ausschlagskrankbeil»
am Euter ausgesetzt seien , von denco eini^
ansteckend waren, andere aber nicht, uuddiö
man jeden Ausschlag der Kühe, weichet Ge-
schwüre an den Händen der Melker ham-
brachte, ohne Unterschied Kuhpockca ntuoie-
linner vermuthete, dafs nur ein beBlimnUt
Ausschlag die Schutzktuttvnr den Blattern bi''^'
und faud auch bald dei)jcnigcn, dem diese Ei-
genschaft gebührte. Mehrere Hindernisse Bleu-
ten sich ihm noch entgegen, die einen mxit\
eifrigen und unermüdeten Forscher gewife »b-
geschreckt hätten, bis er endlich, nach vidtu
Beobachtungen und Versuchen, die Id^efa/sit.
dafs es eine Möglichkeit sei, die SchutzbUltem
nicht blofs von der Kuh auf den Menschen zu
verpflanzen , sondern dafs sie auch wohl ihre
schützende Kraft behielten , wenn sie von ffem
einen Subjecte auf das andere übertrafen wüi-
den. Am 14. Mai 1796 öffnete er daher eiw
Blatter an der Hand eines MelknindcheDS, Nt-
meoB Sara Nrlmts, mit etuer Lanzette, uu^
machte darauf mit demselben Instrumente u
dem Arme eines Knaben — Namens FAtpp»,
zwei kleine Hautvettetzungen. Zu seiner un-
N
-r- 65 —
aussprechliclien Freude verlief die Krankheit
ebenso, wie bei dem Mädchen; es blieb also
nichts übrig, als zu entscheiden, ob der Knabe
dadurch nun auch vor den Blattern geschätzt
g.ei. Er impfte ihu zu zwei verschiedenen Ma-
len mit Menschenblatternmaterie, aber beide
Male erfolgte keine Krankheit darauf. Erst
im Jahre 1708 konnte Jenner wieder impfen,
weil früher die Kuhpocken sich nicht bei den
Küheu zeigten, fand nun aber seine Hoffnung
bestätigt, dafs die Schutzkraft der Kuhpocken
in einer laugen Reihe von Individuen sich er-
halten würde. Zugleich forschte er nach dem
Ursprünge der Blattemkrankheit bei den Kühen,
wovon er v^rmuthete, dafs sie nicht ursprüng-
lich bei diesen Thieren entstehe, und fand,
nach vielfältigen Nachforschungen, dafs sie
nur sich zeigte, wenn die Pferde an der Mauke
litten, dafs sie nur da entstand, wo die Knechte,
welche die Pferde warteten, zugleich die Kühe
melkten, dafs also die Mauke der Pferde die
Blatternkrankheit der Kühe hervorbringe, und
dafs wahrscheinlich die Lymphe aus den Bläs-
chen der Mauke eben so schütze , wie die ans
den Kuhblattern; Alles dieses fand er später
völlig bestätigt, ßr impfte einen Knaben Von
einem Geschwüre, welches durch das Mauke-
gift an der Hand eines Mannes entstanden war,
und der Verlauf war ganz wie bei den Kuh-
pockeu. Die Pächter in Gloucestershire ver-
mieden deshalb diese Ursachen, und die Pok-
ken der Kühe sollen daher dort eine sehr sel-
tene Krankheit geworden sein. Im Juni 1798
entschlofs sich Jenner ^ seine wichtigen Beob-
achtungen der Welt bekannt zu machen und
als Mitglied der Royal Society in London glaubte
er keinen bessern Weg wählen zu können, als
Jouro. XCIII. B. 5. St. E
%^44i%» \Mi«iiUluii|t üottimlb an den
«Mki^ «HM« (Hu>}uv% or wmrii« di
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-. «7 —
schrieben wissen, nnd zwar, wie er sagt, viel-
leicht nicht ohne Grund. Im Jahre 1781 er-"
wähnte nämlich Rabaut^'Fommier, protestan-
tischer Prediger in Montpellier, welcher sich
mit dem Dr. Pew und einem andern Engländer;
Velche seinß Freunde waren, in Gesellachafk
befand, während der Unterhaltung, da/s es
wahrscheinlich vorthrilhqft sein dürfte^ dem Meh'
sehen die Kuhpocken einzuimpfen y weil sie stets
gefahrlos wären. Man unterhielt sich lange fibeir
diesen Gegenstand und Dr. Pew versprach,
dafs er gleich nach seiner Ruckkehr nach Btijr-
land diese neue Impfungsweise seinem Freöndfö,
dem Dr. Jenner^ vorschlagen wolle. Man hat
sswar niemals bestimmt erfahren, ob diese ftiCr
theilung Statt gefunden hat, allein wenn aUeJr
darüber kein Zweifel Statt fände, so wurde
nichts destoweniger der ganze Rohm Jenner,
wenn auch nicht als Erfinder, doch wenigstens
als erstem Verbreiter der Kuhpocken verblei»
ben. Es scheint übrigens, als ob die Kuhpok-
kenimpfung schon seit dem frühesten Alter-
thume in Indien verrichtet worden ist, wie m
eine Stelle des Sacteya Grantham, eineb Ita-
nuscriptes , welches man Danwanthary ' %ii{
schrieben hat, beweist. William Bruce *},
zu Bushire, schrieb nämlich unter dem 26. Mki%
1813 an William Erskine^ Esq. in Bombay, dafisi
in Persien die Eliaats, oder die wandernden
Stämme die Kuhpocken sehr gut kennen^ and
wissen, dafs die Menschen, welche die Köhe
melken, sie davon bekommen und dadurch vor
den andern Blattern geschätzt . werden , dab
sie aber dieselben noch häufiger von denScha-
1) The Gdinburgh medical and targical Joarnal. I, April
1815. — Medicio. - chinirg. Zeitg. 1816. Bd. IL S. 61-
-— Annales de Chimie et de Pbysiqae. 1819.
BS
feil bekomineR, wflclii: selir häufig diese Kiank-
li«it baben. Endlich hutteu nach Humholä'}
die Bewohner auf den Gebirgen von Neusfi- .
iiien die schützende Wirkung der Kuhpocke
früher keiuieit gelernt, als sie in Europa be-
kauHt wurde.
L'oter der Aufschrift: „wo sind die erHa
KHi'otatlern inokulirt worden ?" enthalten in
Schleswig - HolsteinschcD Provinzialbericlile ' )
■ «pe merk würdige, hinreichend beglaubiguEi-
«ihtuag, welche auch die Vaccine als eine
d^ulAche Gi-findung, aul welche nur nicht wei-
ttf fortgebaiU wurde, darthut. Der Merlträ-
digkeit wegen möge hier einem gedrängte
A,u«EUge der dort mitgetheilten Erzählung des
Schul'.ehrcrs Fielt zu Stackendorif im Kircb-
Miel Schonberg, unweit Kiel im Hetzogtham
Holstein, eine Stelle vergönnt sein.
?)*f( war als junger Mensch, von rtwi
20 Jahren, bei einem Holländer (Pachlw des
Viehstaiides) zu SehÖnweide , IVamens fi«',
1790 als Hauslehrer engagjrt. Zu diesem ki-
rnen oft mehrere Holländer aus der Nachbu-
Bchafi, und in ihren gesellschaftlichen UnUt-
haltungen war vielfältig auch von den Rat
blättern die Rede. Die Schwiegermutter d«
Holländers Wiese, eine verheiratete Volki't.
erzahlte bei der Gelegenheit unter Anderem
öfter, wie sie in ihrer Jugend die Kuhb!»lt«ii
gehabt, und nachher in ihrem ganzen Lebw,
obgleich ihre Kinder die natürhchen Blalieit
bekommen, von den Kiuderblatteru befreit ge-
blieben wäre. Mehrere aus der Verwaadlschii'
I) Bissy polilique siir Ic rojaiime de la noinelle &"
pagne.
') JshifianE 1815. S.77 ff. — M-iilicin.- clürarE- Z-it
1816. Bd. III. S. 28.
»s
— 69 —
und viefe bei diesen|IIolI&ndem dienende Mäd-
chen hatten dieselbe Erfahrung gemacht^ und
nie wäre es fehlgeschlagen: wenn sie'cidmal
die Kuhblattem gehabt hätten^ so wären sie
vor den Menschenblattern gescbätst gebliebciA.
Diese Erfahrung war überhaupt nnter dies^ü Leu-
ten so allgemein, dafs keiner sie bezWeifcdte,
und Phii wurde durch Alles, was er gehöht, ' fest
überzeugt, dafs die Kuhblattern vor Menschen«*
blättern^ schützten. '•*'*'[
Im Jahre 1791 wechselte PUtt seine Sielle ,
und kam als Hauslehrbr zu dem Pächter MUT
Hassciburg, Namens Martini. Hier bekam er
eine Reihe von Kindern zu unterrichten^ iwör«-
unter aucli ein Paar l^ädchen von 11 -^ 18 Jäb^
rcn. Alle Kinder hatten noch nicht die Bm^-
tem gehabt und besonders die Mädchen befüreb-^
tetcn duroh dieselben * einmal ihre glatten 6e-* ;
siebter zu verlieren und zur Impfung der Kid«^
derblatteni, welche Plett nicht lange vorher 411 -
Preeiz (einem Flecken zwei Meilen von* KUil)
gesehen hatte , waren die Eltern nicht zu %6*^
wegen. Jetzt trat der Fall ein^ dafs die Kflfte^
zu Ilasselburg die gewohnlichen Blattern er^
hielten, die dieselben nüilcheudea Mädchen wwf^
dcp auch damit befolled und schätzten si^
glücklich, vor den Menschenblatterh < dadurdi
geschützt za werden. Durch das Beispiel #er
Mädchen angesprochen, liefen nun die ÜtcistM
Töchter auch nach dem Viehstall uhd West^obeei
sich mit den Kuhblattern, ucü sie zu Mialtenj
allein sie wollten nicht anschlagen.* PleUkiM^
binirte nun was er erfahren und schlofb: „dUf
Kuhblattern schützen gegen die MähschenbMIlii^ ^
lern, gelingt es dir deshalb, den Kiiidem'idkl
Kuhblattern beizubringen, ' wie du inViettk tt%^
sehen hast , dafs man mit den Meus^ihMilml^
— 72 —
veranlarsteu Berichte des Komite's des bnti-
achen Unterhauses ') wird die letztere Sunme
erwähnt) hätte houoriten können, — aber Pld)
Mite es auch wohlfeiler gcthan.
Nachdem nun von verschiedeneu S«lo
aus Errehrtiogeo über die Wirksamkeit der Kd^
pockenimplung gemacht und Jenner ihre Vit-
gtitigkeit durch mehrere direkte Versuche in-
gelban hatte, wurde bald allgemeiu die AuriHf&-
samkeit auf diese wichtige Entdeckung pwfli-
fen und trotz den vielen Widersachern wi
Widerstreiteru allmahlig auf der ganzen Eidf.
unter dem Schutze der Regierungen Büsgefahit,
80 dafs in gegenwärtiger Xeit die Schutzpt-
kenimpruug zu einer förmlicheu Stastuistill
in allen kultivirten liändern erhoben wiaie.
Allgemeines Bild der originären KuhpoiAr-
Diese Krankheit, welche einzig nud »Hein
sich bei den Kühen zeigt , und zwar cntwcilei
Sporadisch, was meistens der Fall ist, wnb«
lÄer doch stets gleichzeitig mehrere Stückf
Aus einer Heerde erkranken , oder episooüui.
yie sie Luders "^y, Neergard ^) a. A. seiw"
'J Honltlj magazine for Aiieiisl 1802. p. 9 fi. - Bf
I richl Jer Cüoiaiine des BriUiscIien Dnterliani« ä»
die Bitiaclirifl Hes Dr. Jenner, in Betreff seinerwtct-
tlgen Kntilecliung der Kulipochbnimpi'ung. A<aic*
Eneliscben iiberselii von Dr. C. S, Kramir. M-
beritadt 1803. — MB.Iiein.-cliiruro-. Zeile. 1»
Bd. 11. S. 5 ff. "f.
') RemattiuHB sur la »accine de» vaches daas i'HoUW
im Jouca. comi>tem. des scieiic. medical. Tom. SE
p. 53.
») Rmjer, Traile lh6otctitiue et »ractinne des mali*=
de 1ü peau. Paris 1835. T. IIT. p. 915,
^
— 73 —
beobachtet haben,, giebt ihre Entstehung durch
manche, auch bei anderen fieberhaften Leiden
gewöhnliche allgemeine Störungen zuerkennen,
als da sind: Müdigkeit, mangelnde Frefslust,
stetes Wiederkauen, ohne dafs die Speiseklum-
pen in den Mund zurücksteigen. Schnauben,
wobei die Thiere eine besondere Bewegung
mit den Lippen machen, welche Sacco ^) mit
dem Blasen der Menschen beim Tabacksrauchen
vergleicht — eine Erscheinung, welche nicht
selten auch beim Menschen in nervöse^ Fie-
bern beobachtet wird. Gleichzeitig erleidet auch
die Milchsekretion nicht allein eine quantitative,
sondern auch qualitative Veränderung — sie wird
nämlich nicht nur in geringerer Menge, son-
dern auch von dünnerer und wässeriger Be-
schaffenheit abgesondert; der Blick ist getrübt,
der Pulsschlag beschleunigt und die Entwick-
lung des Ausschlagsfiebers beginnt. Nach drei
bis vier oder mehreren Tagen (bei geschehener
Impfung meistens am vierten oder zu Anfang
des fünften Tages) erscheinen an dem Euter
etwas erhabene wunde, härtliche rothe Stellen,
welche allmählig an Umfang zunehmend, län-
gstens in 48 Stunden, also bis zum sechsten
bis siebeuten Tage, in kleine, flache, rundliche,
in der Mitte etwas vertiefte Pusteln sich um-
wandeln, welche von einem schmalen, rothen
Kreise umgeben sind, welcher während der
Vergröfserung der Pusteln, nach und nach an
den Strichen, zumal nach dem dickeren Theile
des Euters zu sich erweitert, und wobei auch
Höthe, Hitze und Schmerz zunehmen. Derglei-
chen Pusteln erscheinen auch, obwohl selten,
an den Nasenlöchern und Augenliedcrn. Diese
Pusteln entwickeln sich binnen \ier oder fünf
») a. a. O. S. 28.
— 74 — '
Tagen uach crlolgtctn Ausbruche oder bis
achten 'lagc vou .Aufang der Krauklicll an ge-j
icchnet vollkommen, und sowie sie gröfeeruer*
den, nimmt die Uiirulie des Thiers zu, "
vollkommen ausgebildete Pustel ist durclii
nend, von bläulicher oder silbergraucr Fik
von wasserhcllei Lymphe erfüllt, in dei SIW
aber immer eingesenkt. Der früher rolhc
nimmt eine livide Farbe an, das Euter wirdal
den Stellen, wo die P"«tcln sitzen, sehr liiil|
die Uniulie des Thioi immt zu. Der Inbilf
[ trübe, weifslieh. 1*1
..il hat sich
beu Kitcr timgewiniic'^
.Aiiuduiig des Vmbjeii^
ind duukclroth war, eciv
lelbat trockuet vomt''!
und bedeckt aidiW
mit einem dunkelbriaü/
;iidcu Schorfe, welchcfi!!
11 immer noch einigen Schs^j
der Pusteln wird allm
durchsichtig , dick
zehnten Tage in ^
Dabei nimmt t
welcher breit, vv
etwas ab, die 1..
telpuukte nach
zum vierzchuten
flachen, fest anhe
Kuben bcimMclkei
verursacht, erst nach 10 bis 14~Tag(
gänzlich löst, und eine tiefe, rundliche Poet';
narbe zurückläfst.
Von solcher Beschalfciihcit ist nurderV»
lauf der ächten Kuhpocktn oder ScJiuHpi^,
(Variolae vaccinac verae) , welcher nur J»
einige Abweichungen zeigt, wenn die PtW
in ihrer Ausbildung gestört worden, nameml*
wenn beim Melken ein Bersten derselben *■
lolgt, wo sie sich alsdann in mehr odei n".
get bösaitige Geschwüre umzuwandeln pfiff.
AuCserdem giebt es auch noch einige amt"
von der ächten kuhpocke wescnllicb vccscii*'
dcnc pustulösc Ausschläge au den Eiilctn ^ fi»ai
Viü\\C, welche .schon Jenner als falsche Koi^
rierj
an,.,
chen
grofs
^.
— . 76 — •
pocken bezeichnet hat Sacco^')^ beschieibi
810 ids kleine, weiMche Bläschen^ welche picht
samnitlich gleichzeitig ausbrechen^ spudern von
denen einige schon völlig, reif sind, während
die anderen ebeuerst aufblühen. Innerhalb drei
Tage gestalten sich dieselben zu kleinen Pn-*
stein mit unregdmäCsiger Basis und kegelför-
miger Spitze, letztere zeigt einen leichten brau-?»
neu Schorf und die Basis ist von einer bläuli-
chen Röthe umgeben. Wenn dieselben eine
gewisse Ausdehnung erlangt haben, so brechen
sie von selbst auf, und trocknen bald ab, so
dals ihr ganzer Verlauf in 5 — 6 Tagen vott^
endet ist, worauf indels wieder neue Pusteln
hervorbrechen, was die Dauer der Krankheit
wieder in die Länge zieht. Diese falschen
Kuhpocken zeigen keine Centraldepression, son«
dem sind kegelförmig und wejrden durch Ab*
fichuppung losgestofsen. Das Allgemeinbefin-
den der Thiere ist hierbei wenig gestört, und
sie empfinden in der l^egel nur dann SchdierB,
wenn die Pusteln ^eim Melken gedräckt w^-
den. — Von unächten Kuhpocken unterschei-
det man nodi insbesondere folgende besondere
Abarten :
1. Die ^e/töcAeit Kohpocken (Variolae vao-
cinae succineae), auch Seedorf er Kuhpocken
genannt, von Dr. Nifsen beobachtet : gelbbraun,
durchsichtig, bohnengröfs, widrig, oft aashaft
riechend, leicht iir firessende Gesdiwure aus-
artend, ansteckend für den Menschen, bei wel«
chem sie Geschwüre, heftige FieberzuftHe und
grofise Schmerzen verursachen.
S. Die 5cAi<;ar««ii Kuhpo<^en (Variolae vao-
cinae uigrae), von Dr. Nifsen auch Wennener
') Bbeiidat. 8. 64.
— 77 —
Beide Arien scheinen ein und dieselben
Windpocken, nur durch Verhältnisse die eine
Art bösartiger als die andere zu sein — sie
kommen auch beim Euterausschlag vor.
6. Die rothen Kuhpocken (Variolae vacci-
nae rubrae nach Heinze^ sind flach, erbsengrofs,
von röthlicher Farbe, meist an den Strichen
des Euters, sind sehr gutartige bersten leicht
beim Melken, bilden einen schwärzlichen Schorf
und sind für den Menschen ansteckend.
7. Die warzigen Kuhpocken (Variolae vac«
cinae verrucosae nach Fiborg) gleichen flachen
Warzen, sind anfangs weifslich, dann röthlich,
mit Absatz gelbficher Materie und dann mit einem
bräunlichen Schorfe sich abschuppend, verhär-
ten leicht, kommen an den Strichen der Eiiter
vor, haben einen langwierigen Verhiuf, lassen
verhärtete Knoten zurück, sind nicht gefährlich
und für den Menschen nicht ansteckend.
Kuhpocken beim Menschen.
Es ist allgemeine Erfahrungssache, dab
Personen, welche sich mit dem Melken pok-
kenkranker Kühe beschäftigen, nicht selten ei-
nen ähnlichen Ausschlag an den Händen er-
halten, denn diese Krankheit entwickelt sich
nie primär beim Menschen; hernach wird aber
auch, seit Jenner* s höchst wichtiger Entdek-
kung, durch Inoculation mit Absicht diese Krank-
heit auf den Menschen übertragen, und in
beiden Fällen befolgt die Krankheit denselben
Verlauf. Die Uebertragung mag nun durch ge-
pflogenen Umgang mit pockenkranken Kühen,
oder durch Inoculation zu Stande gekommen
f
— 79 —
gleitet 9 öfters auch mit Anschwelltuig^ dier AcIh
seldfäsen. Am achten Tage n&bert ciieh die
Pustel ihrer Reife , der Wiibt erweitert sich,
die iD der Pustel enthaltene Haterie wird reich-
licher, und hebt ihre Rander empor; die in
ihr enthaltene lymphatische Flfissigkeit wird
trübe , saher and dickej, und eben weir dadurch
ihre Einsaugong erschwert wird, vermag sie
sich in gröberer Menge anzuhäufen. Die cen-
trale grubenfdrmige Vertiefung nimmt eine dunk-
lere Färbung an und behält die nämliche Farbe,
wie der Wulst Die Pustel erhebt sich unter
einem rechten Winkel von dfer Haut, fuhll sich
elastisch gespannt an, ist etwas glänzend, wird
dunkler und perlfarbig und ffleicht an Gestalt
und Grdliie einer halben Brose, ist indessen
mehr HnsenfSrmig; denn indem sie sich voll-
Btändiff ausdehnt , wurd sie . mehr abgeplattet
so da» ihre Delle, welche den dritten Theu
der Höhe des abgestumpften und gewölbten
Randes betrug , grölSitentheils verstrichen wer-
den kann. Zugleich yirird von einem Tage zum
andern die Decke der Pustel verdfinnt. Der
sehr schmale toihß Kreis, der bisher die Pu-
steln umschrieben hat, erlangt eine wenigeir
lebhafte Farbe ond schemt sich wie durch Ans-.
Strahlung in das benachbarte Zellgewebe za
verbreiten. Am neunten Tage * verflacht sich
der erhabene Wulst immer mehr, um} i$$
Ganze nimmt einen grölsem Grad von Inten-
sität an 9 die Pustel wird von einem schönen
hochrothen Hofe umgeben. Am zehnten Tage
bemerkt man keihe sehr merkliche Veränderung,
es erweitert sieh hUA^ der kreisförmige Wolirt,
der Hof gewinnt an Ausdehnung, nimmt dafm
r wohnlich einen Krms mit einem' Radius von
— 10 Linien ein, dringt in die Tiefe bis
— 8i --
>vclcher sie umgibt, wird schmäler und nimmt
in dem Verhältnisse ab, in welchem die Kob^
pockengeschwulst sich vermindert. Der Schoif
ist anfangs glatt, wird erst später bruchig,
ziemlich rund und von lichtbrauner Farbe; der
unterliegenden Haut hängt derselbe so iest ao,
dals diese, bei gewaltsam versuchter Trennung,
leicht zu bluten anfängt; bisweilen ist der Sdiorf
schwärzlich gefärbt, beinahe homartig und bie-
tet eine unebene Oberfläche dar. Vom fünf-
zehnten bis funfundzwanzigsten Tage erlangt,
die feste , glatte und weich anzufühlende Borke
eine dunkelrothe Farbe, und behält beinahe im-
mer die genabelte Form. In dem Mafte, ab
die Kuhpockengeschwulst zusammensinkt, tritt
diese Borke mehr über das Niveau der Haut
hervor. — Vom sechsundzwanzigsten bis nean-
undzwanzigsten Tage fallt die Bori^e ab und
labt eine tiefe mit kleinen Vertiefimgoi besäete
Narbe zurück. Manchmal tritt auch an ihre
Stelle eine Borke von gelblidier Farbe.
Zur Bildung der Kuhpockenbbrken ist die
Berfihrung der Luft nothwendig. Sacco hat diese
Thatsache dadurch konstatirt, dals er Paitehi
mit Uhrgläsem bedeckte, während er andere,
an dem nämlichen Subjecte, der Luft ansre-^
setzt liefs, um als Vergleichnugspuncte za &»
nen. Die bedeckten Pusteln bekamen Risse
und die Haut löste sich in kleinen Stucken los,
ohne dafs sich wahrnehmbare Borken oder Nar-
ben bildeten. Dr. Gendrin will auch die Eil-
düng der Borken dadurch gehindert haben, dab
er den Arm am neunten oder zehnten Tage
des Ausschlages mit erweichenden Kataplas-
nen oder Fomentationen bedeckta
Die bei den Negern und Mulatten einge-
impfte Kuhpocke bietet beinahe gar keinen Ün-
Jonro.XCIILß(l.6.8t F
■ — 88 . -^
gemacht hat. Nachdeoi man voreiehtif ver-*
mittelst der SpiisB» eioer Nadel die Kuhpoeken«
pustelvon diesem kleineD Aposteme be^it bat,
ist tie gleichförmig, silbern und giftnsend; man
sieht, dafs -das] Häutchen, welches sie umgiebt,
aus einem wahrscheinlich epidermischen unem-
pfindlichen Blatte besteht, welches dichter und
schwerer 2u trennen ist als die bei den Phlyk-
tänen emporgehobene Oberhaut. Wenn man
dieses weilse Häutchen durch einen horisBontaF*
len Schnitt hinweggenommen hat, so tritt die
Kuhpockentymphe in kleinen klaren Tröpfchen
aus den kleinen Fächern, welche sie enthalten,
hervor. Aus der Disposition dieser. Tröpfchea
erkennt man jene der Fächer oder Zellen der
Pustel; sie scheinen kreisfiMnmig^tn swei koMen»
trische Reihen geordnet £u sein. Man onter*
scheidet leicht mit der Lonpe die niebt sebt
regelmälsigen , strahligen Scheidewände,, awi*
sehen welchen sich die Art Fäcb«r, wddis dis
Kuhpockenlymphe enthalten, befinden. Wena
man diese weiüMU Scheidewände mit einet La»*
sette trennt so vermischt sich etwas Blnl ttk
der Kuhpockenlässigkeit, welche daraus ksi^
vortritt.
Die mikroekopisdien und chsmiiiihea Uok
tersnchungen der KubpockeAlymphe haben m
keinem genaueren Anlbddolb Aber die Natar
derselben gefuhrt. Saooo fluid unter de« Mi*
kroskope in derselben eine Menge KfigoMwa
von verschiedener Grdibe, wdÄ bei Sniata
von Bsftig und anderen Säuren veiaebwaadea,
nicht so bei der Behandlung mit Wasser. Ebenso
verhielt es sich bei Anwendung von stariier
Wärme. So fand man weniger Kngeldien, wenn
man Materie ans einer Pustel in der letaten
Zeit der Reife, oder solche, welche aeliaavA^-
F %
— 85 —
steht, soll kaum mehr als einen Tropfen^ betra-
gen. Indessen gelangte Sacco zn der Ueber-**
Zeugung, dals jene falsche Lymphe fehle, wenn
die Impfung äuCserst vorsichtig mit eitier seht
feinen und spitzigen Nadel vorgenommen wurde ;
denn wenn durch einen sehr behutsam gemach-
ten Einstich die Entstehung j^nes vorzeitigen
Schorfes unmöglich gemacht worden war, so
fielen auch die Bedingungen zur Bildung des^
die unächte Lym][^he enthaltenen Balge^r 'odör
Schlauches weg, was mit den oben erwähnten
Beobachtungen von Gendrin übereinstimmt.
Bei keiner von den Krankheiten^ welche
sich von den Thieren auf den HlenschlNi ubei^
tragen lassen, zeigen sich so aulTallende Ife^
bereinstimmungen und sprechende Aehnliehk^i-
ten, wie bei der Kuhpocke. Sowohl bei Thie^
ren aU beim Menschen ist der Verlauf der
Krankheit an gewisse Zeitverhältnisse gebun-
den, so dafs man denselben sehr genau naeh
Tagen in bestimmte Perioden oder Stadien ein*
theilen könnte; in beiden Fällen stellt sich ex-
anthematische Eruption in ganz analogeni Bilde
dar — als Pustel mit centraler Depression ittit
peripherischem Entzundongshofe und geffillt im
Anfange mit einer durchsichtigen, ins Bläuliehe
schimmernden Flüssigkeit. Nicht nnindere Ue-
bereinstimmung findet sich im spätem Verlaufe
ausgesprochen, sowohl in Beziehung auf die
allgemeinen als örtlichen Erscheinungen ^— 'hier
wie dort fieberhafte Aufregung bei verstärkter
Entzündung und beginnender Eiterung, und kb
beiden Fällen Schorfbildung mit Hinterlassuitjgf,
einer unvcrtilgbaren Narbe. Der einzige we-
sentliche Unterschied bestellt also blos in deC
— 87 —
chen die zerkratzten Pusteln Miene in JSiterunj^
überzugehen^ oder bleiben in Folffe bievonOcj-
schwüre zurück, welche oft die fmtie des Ober-
armes einnehmen können , vvie .ich einmal- bm
einem scrophulösep Kinde zu beobachten Ge*^
legenheit hatte , so hat man da3 IJn^uentum
Hydrargyri citrinum empfohlen.
2. Mauke.
*l . ■
Die Mauke ist ein schon ziemlich -lätig^^
bekanntes Uebel, welches meist beHnt Phrne^
seltener beim Esel oder Maulthierey tfnd iitklk
der Meinung mancher Tfaierärzte zulreilea-'Mleli
beim Rinde vorkommt, wie die gnechifi/cKeBe^
nennung ^^Kgicooi" schon bedenlet Gettetiie.
LandpFerde j welche in sumpfigen Oeg^ndcMi
gezüchtet werden , und deren Hofe sehr' Mek
und flach sind, werden am h&uflgisten Vbn'^^
Mauke befallen. Sie kann sich swar io'jMetai
Lebensalter zeigen, kommt aber gewöhnlich- ImA
ausgewachsenen Pferden vor. Huztxrd^yiiki
behauptet, dafs die Mauke zwar allerdings
allen Geschlechtem eigen se}, aber do5h
vorzugsweise bei Stuten und Wallaefhen utid
nur selten bei Henkten vorkomme, Wb^
durch gewissermafsen eine weitere Analogie
mit der Kuhpocke hergestellt wftre. De Oarro
glaubt , dafs Arabien die Heimath der ei^etitK^
eben Schutzmauke sei, und als solche bez^Mi^
net werden könne.
Ueber die Natur der eigentlidien Sehuts-'
mauke bestehen unter den Schriftstellerir uaeh
manche Kontroversen, und es herrscht wiiMfeh
') Esaai sur les Jambet de cbevauz. Paris 1784.
— 89 —
andere liinzugcfiigt werden könnten^ wenn «s
nothwendig wäre.
Die Maukekrankheit der Thiere,
Im gemeinen Leben wird unter Manko
jede Entzündung der Haut am Fesselgelenke^
oder an der Krone des Hufes vorstanden, wel-
che, CS sei nun stellenweise oder im ganzen
Umfange dieser Theile, zu einem nässenden oder
geschwurigen Zustande fuhrt — ein Irrthum,
den wir nicht selten vom gemeinen Leben in
die thierärztliche Sprache übertragen finden^
woher es auch gekommen ist, dafs man, nach
der äufserenForm, verschiedene Arten der Mauke
angenommen hat. Schon Jenner nahm zwei
Hauptarteu an, deren eine ein Mos örtliches
Uebel darstellt, während die andere eine allge-
meine mit Fieber verbundene Krankheit bildet|
und diese letztere ist es, welche man SchüiZ"
mauke — Equina — genannt hat, und sich un-
ter folgendem allgemeinen Bilde darstellt.
Fast immer zeigt sich vor dem Ausbruche
der Mauke ein leichtes Fieber, welches aber
eben wegen seiner geringen Heftigkeit öfters
ganz übersehen wird und sich durch kurzen
Frost, darauf folgende Hitze, aufgehobene Freüs-
lust, Verstopfung, Harnverhaltung, schnelles,
Athmcn mit Flankenschlage, beschleunigten
vollen Puls und einige Stumpfheit zu erkennen
giebt; dagegen bemerkt man, wenn das Pferd
aus dem Stalle genommen wird, dafs es auf
einem der Hinterfüfse, oder auf beiden zugleich
hinkt. Mit der Abnahme oder dem Verschwin-
den des Fiebers, was oft schon in weniger als
24 Stunden Statt findet, zeigt sich eine anfangs
— 91 —
durch die Geschwulst Querfalten in der Beuge-
seite des Fesseis 9 und in der Folge entstehen
unter diesen Krusten , durch anhaltende Ein-
wirkung der jauchigen Feuchtigkeit , in den
Falten und Vertiefungen der Rötbe querlau-
fende schrundenartige Geschwüre mit eiternder
Oberfläche, die sich oft so ausbreiten und tief
eingreifen, dafe ganze Stellen der Haut verlo-
ren gehen und wie weggeätzt zu sein schein
nen. Bei Vernachlässigung dieser Geschwüre
und fortdauernder Einwirkung äuCserer Schäd-
lichkeiten auf die kranken Theile^ verwandelt
sich das Uebel endlich in jene oft unheilbare
chronische Form der Krankheit, welche man
vtraltttt Maukey Strauhfufa und Igtlsfiifs nennt
In diesem Falle wird die Absonderung grau,
bläulicht, grünlich oder bräunlich, nimmt einen
äufserst scharfen und ätzenden Charact^r ao^
und verbreitet einen unerträglich stinkenden
Geruch mit solcher Flüchtigkeit, dafs dadurch
in den Augen ein beiisendes Gefühl hervorge'<>
bracht wird. Zugleich wird der AusBufo von
Tag zu Tag häufiger, immer dicker, schmieri-
ger und verklebt durch Bildung fester Borkon
die Haare, welche in ganzen Partien stachel-
förmig hervorragen. Der ganze UoterAib ist
dabei ödematos, kalt, schmerzlos und verbreitet
einen höchst widrigen Geruch; oft fällt aucb
ein Theil der harten Borken von selbst ab und
hinterläfst eine geheilte Haut, während die dar-
angrenzenden tieferen Geschwüre und Spalten
noch immer fort näfiien und mit noch dickem
Borken und Krusten sich bedecken* Endlich
treten auch zwischen diesen und den Gescfawür-
flächeu^ afterorganische, warzenartige oder po-
lypöse Gewädhse gruppenweise hervor, Welche
bald röthlich - grau, sdiwammig, wie Feigwar-»
— 98 —
diese 9 unter Bildung eines productiven Eiters,
und die Krankheit kann unter diesen Verhält-
nissen oft schon in vierzehn bis zwanzig Ta-
gen zur Heilung geführt werden. Dies ist der
Verlauf der nässenden Mauke.
Was die Dauer der Krankheit betrifft, so
ist sie, je nach dem Temperamente der beson-
dern Disposition, den äufsern Umständen, der
Jahreszeit und den Ursachen verschieden. Ihr
letztes Stadium erreicht die Mauke gewöhn-
lich binnen drei bis neun Monaten, zuweilen
erst nach einem oder mehreren Jahren. Zu-
weilen ist die Krankheit wirklich aussetzend,
und in diesem Falle verschwindet sie im Som-
mer, zumal auf der Weide ^ und zeigt sich im
Winter wieder.
Gleichwie die Mauke sich als nässende
einstellt, so kann sie auch als trockene ^ und
2war entweder als ein Schorfausschlag (Crusta),
Schmutzflechte (Rupia equorum) oder als ein
Kleiengrii^d (Porrigo) sich darstellen. Auch bei
dieser Art der Mauke geht die Hautentzfinr»
düng, aber im leichtem Grade, stets voran; al-
lein es entstehen keine förmlichen Bläschen,
dagegen aber ist das Jucken lebhafter, und is
bilden sich im erstem Falle (als Crusta) zn-
nädist graugelbliche, selbst etwas bräunliehe
Schorfe, welche sieh leicht ablösen lassen, su-
erst noch eine wunde Grandfläche darbieten,
bald aber eine grauliche Farbe, bedeutende
Dicke, und einen den Hornwarzen oder Kactta^
nien ähnlichen, nur etwas widerlichem Gerach
annehmen und keineswegs eine gesunde, sondern
warzige Grundfläche darbieten, auf welcher sich
auch keine Spur mehr von Haarwuchs zeigt,
und ein zerstörtes dermatischcs Gewebe nie
mehr wieder in Ordnung gebracht werden kann.
— 94 -
pie andere Art dagvgen, als Porrigo,
weniger, und es schilfern sich in einem fertl
dünne und ein bis zwei selbst drei Linien f%-
cbe enthaltende Kleien ab, tvelch« allni^ I
lig über die nicht ausgehenden Haare, sie»
fassend , herabrutscheo. Bisweilen eDtwii^ {
sich die trockene Foim aus der n^asendcE i
Aüßemtines Bild de inkheit beim Mtnidn
Die Fälle von z"'^ %eT Üebertragnng da
Alaukekrankheit v"" len auf den Ueninitü
sind, wenngleich selten, doch nocbnici'
mit erforderlicher isrkeit beobacbtel ^"^ \
den, da die in evon zum Vnw^ |
IwramendeD Ersc i wegen ihr« geriif ^
gen Bedeutung niedem Volksli^
wenig beachtet uno Eilb der Beobacbioi'?
der Aeizic häufig entzogen werden. Auchie'f*
sich die Erscheinungen keineswegs vodsu^)
gleichbleibender Beschail'enheit , entweder ii
Folge der veränderten Beschaffenheit deslHuke-
Stoffes, oder in ungünstigen Verhältnissen ii
Organismus des Inßcirten begründet. EnM
führten auch absichtlich vorgenommene Impf'
versuche nicht immer zu dem gleichen RcseI-
late, so dafs es bei dem Vorwalten dieser Ve(-
haltniase, schwer wird, ein allgemein gültip*
Bild der Krankheit beim Menschen zu enlwH-
fen. Nach den von Hrrtwig mitgetheilten Be-
obachtungen litten die Kranken, nach Stalt ge-
fundener zutalliger Ansteckung, zwei bis vier Tip ■
au m&fsigem Fieber, wobei ein oder melirere Fio- j
ger schmerzhaft anschwollen, und die GeschwuW
hierauf sich weiter über die Hand, selbsC ä^i
deo Vorderarm bis zu den AchseldräseD ef\
— 95 —
streckte. Am vierten bis fanften Tage^ nacl|
der muthmafslichen Ansteckung^ entstand an den
geschwollenen Fingern ^ meistens an der Spitze
neben den Nägeln, ein rothes, anfangs ^iem«
lieh hartes Knötehen, welches später gröfsec
und weicher wurde, und bis zum neunton bici
eilften Tage in eine weilsblaue, erbsengrofsa
Pustel überging. Schnitt man die Pusteln eiq^
so sickerte eine wasserbelle, seröse Flüssig«^
keit aus, welche später eiterartig wurde; liefii
man die Pusteln ungestört, so vertrocknetem
sie von der Mitte aus zu einem braunen Schorfe^
der nach etwa drei Wochen abfiel und dann
eine mehrere Monate hindurch sichtbare Narbo
hinterliefs.
Aehnliche Erscheinungen beobachtete man
nach absichtlich vorgenommener Inoculation. Ain
dritten Tage nach der Inoculation zeigten sich
die ersten Erscheinungen von Fieber, welche-
sich von Tag zu Tag immer mehr steigerten^
unter' gleichzeitiger Entwickelang feiner gerö-
theter Knötchen, welche am vierten Tage un-«
glaublich entwickelt, um das Doppelte vergrö«
isert und zu wahren Pusteln herangebildet zeig-»
ten, umgeben von einem rothen Hofe undGe^
schwultfl der angrenzenden Thiriie. An sie--
beuten bäi achten Tage erreichten die fSistelii
ihre schönste Biuthe, bildeten nachher einen
braunen Schorf, der am neunten bis zehnten
Tage abfiel und ausgehöhlte tiefe Narben hitw
terliefe. — Vergleichen wir nun diese der inoku-
Hrten B<|uine eigenthumlicben Erscbeinungen
ma jenen der V«oeiiie, so finden wir zwischen
beiden die sprechendste Aehnlichkeit , nur mit
der einzigen Ausnahm^ , da(ii die Equine einen
weit raschem Verlauf zeigte.
. V. ■ .
~ 96 —
Wenngleich bei einer Mob oberfl&clilidieB
Vergleichong der M ankekranklieit beim Pfe; *
und dem Menschen, keine Uebereiiistiv
SUtt zu finden scheint, so Immen wiA
bei genauerer Betrachtang Umstände anfflndo^
wriche auf eine nicht verkennbare AehnlieUBBit
beider Krankheiten hindeuten. Abgesehen na
der Verschiedenheit und Beanehiing auf die Stda'
der genuinen .Entwickelang der Mauke beiii
Pferde , so sprechen sich in Beauehan^jr «nf die
allgemeinen and örtlichen Erscheinongen sowohl
beim Pferde, als beim Menschen ubereinstiiiH
mende Momente aus. In beiden Fillen gebt
dem Ausbruche des materiellen Snbstrates der
Krankheit, den Knötchen und BlftsiAen, mehr
eder weniger deutliches Fieber voran; luOr wie
dort ist der Ausbruch der Haateraption an be-
stimmte Tage gebunden; beim Meoadien wie
beim Pferde findet eine Metamorphose der an^
fangs serösen Flüssigkeit in Eiterbildong Stat^
nur mit dem Unterschiede, dab hier 6e-
schwürsbildung, dort PustelbOdung Statt fin-
det, was seinen hinreichenden Brkl&rangi-
. grund in dem verschiedenen anatom. Bfane der
Haut beim Menschen und Pferde Jiat , — lau-
ter Umstände , welche auf eine auffallende Co-
bereinistimmung hinweisen. Die Verseliiedaa-
beit, dafs die Mauke beim Pferde meht sdten
in den chronischen Zustand, ja bei Vernach-
lässigung sogar in den Tod übergeht ^ wUinad
die Mauke beim Menschen eine unbedeatendc^
in wenigen Tagen vorübergehende Krankhfit
darstellt, liegt in den allgemeinen organisehe^
Eigeuthümlichkeiten begründet, dorch wdehe
eben die Mauke eine dem Pferde fast anaaddieb-
liehe Krankheit wird , — Umstände, weldiesioh
beim Menschen nicht ausgesprochen finden.
— 97 —
Behandiung,
Die durch Uebertragnn^ des Haukestoffes
auf den Mensehen entstandene Krankheit stellt
sich in der Regel in so gutartiger und mifder
Form dar, dais die sie begleitenden Erschei-
nungen keiner ärztlichen HnVe bedfirfeu. Sollte
übrigens das begleitende Fieber zu heftig, die
örtliche Entzündung zu intensiv und ausgebrei-
tet sein , und die Pusteln später Neigung zum
Uebergang in geschwfirigen Zustand machen,
80 tritt dieselbe Behandlung ein> wie wir bei
den Kuhpocken der Menschen näher erörtert
haben.
(Fortsetzung folgt)
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Jouni.XCllKB.6.St. 6
- 09 -
lieh wieder hergestellt wurde. So vortheilhaft
das Schwefelsaare Kupfer hier auch wirkte,
würden indefs ' doch gfeichKeitig andere sehr
wirksame Mittel angewendet. — Aufser diesem
nur kurz' angedeuteten Falle, erlaube ich mir
ausführlicher noch folgende mitzutheilen:
1) Den 13. März 1835, NachmitUgs 3 Uhr,
wurde ich zu der ein Jahr alten Tochter eines
hiesigen Schiffscapitains gerufen, einem starken,
wohlgenährten Mädchen. Sie hatte seit Mor-
gens Husten mit Croupton, beschränkten, pfei-
fenden Athem, Schleimrasseln, erhöhte Tempe- '
ratur der äufsern Haut, vermehrte Gesichts-
röthe und grofse Unruhe. Nachmittags 4 Uhr
war nach zwei Gaben eines Brechmittels aus
Breohweinstein und Rad. Ipecacuanhae reichli-
ches Erbrechen erfolgt, dor Athem freier, Wärme
und Gesicbtsröthe weniger gesteigert, der Ha-
sten aber hatte noch den Croupton. — Nach-
dem das Erbrechen seit zwei Stunden aufge-
hört hatte , verordnete ich jede andere Stande
vier Pulver aus \ Gr. schwefelsauren Kupfers,
l Gr. Fol. Digital, und 10 Gr. Zucker. — Um
fünf Uhr Nadimittags hatte sie zum letzten-
male gebrochen, um sieben Uhr schlief sie nAt
schnarchendem Tone. - Das Aasgebrochene war
gTofilelitheils -dicker nndurchfflchtiger Schleim. —
Abends zehn'Vhr 'hatte sie nochmals gebro-
chen and bcKlief nun ohne b'emerklich beeng-
ten Athem, die"' Haut war feucht, der Hasten
zwar selten, doch noch croupartig, nur weni-
ger klingend. * Noch war keines von den Pul-
vern gegeben' wordoq. Ich lieiSi nun. mit ei*
nem halben anfangen, and erfolgte kein Br^
brechen, so isoUte ein ganzes gegeben werden.
— Den 14. Novbr. fanq ich sie nach einer ga-
ten Nacht noch schlafend : der Athem war hör»
G ff
— 101 —
res Erbrechen erfolgt, die Milch wurde mit be-
soDderer Begierde gc^noiDmen und behalten, da-
her die Umschläge nicht länger fortgesetzt.
Pat. war wie neu belebt. — Den 17. Novbr.
Eine gute Nacht, kein Erbrechen, der Hii*
sten siemlich häufig, etwas trocken, wogegen
noch einige beruhigende Mittel gereicht und
nach diesen Pat. als geheilt entlassen werden
konnte.
t) Abends 11 Uhr den SOten Juni wurde
ich EU einem | Jahr alten , bisher starken und
gesunden Knaben wohlhabender Eltern gerufen,
der, noch an der Mutter Bhist liegend, plötz*
lieh vom Luftröhren - Kroop befallen worden
war, und der sich, durch die bekannten Zufälle,
in eiuem ziemlich heftigen Grade kund gabV —
Sofort liefiB ich jede l Stunde 1 Theelo&l toU
von einer Auflösung von % Gr. schwefelsiiuer^mi
Kupfer in i Unze Fliederwasser und i Unze
einfachen Zuckersaft geben. Nachdem er zwei-
mal bekommen, stellte sich reichliches Erbre-
chen ein, welches durch FHederthee unterstätzt
wurde. — Der Zustand besserte sich hierauf merk-
lich und die Auflösung wurde nun, zweistünd-
lich zu einem TheelöfTel voll, fortgesetzt —
D« sich indefs gegen den Morgen des Isten
"Juli die Zufälle verschlimmerten, so wurden
6 kleine Blutegel längs dem Schlüsselbeine
gesetzt, von denen einige Stiche besonders langfe
nachbluteten, und eine spanische Fliege auf cie
Brust gelegt. — Bei meinem Morgeubesucfae
hatte der Husten den Kroupion noch nicht ganz
verloren, die Stimme war heiser, der Athem
aber frei. Der tUeiue schwitzte und war gante
munter. — Neben der Matterbrust erhielt er
Milchwclling. — Da er nach der Auflösung
— 103 —
zum Erbrechen, dann jede Stunde ^ Gr., im
zweiten Falle aber 3 Gr. auf einmal. Vorher
war Calomel und Qoldschwefol gebr%|ichV wor-
den. — Neben dem schwerels. Kupfer wende
ich, nach Umstanden, Blutegel und spanische
Fliegen, aber niemal» einen Schw&nun mit hei-
fisem Wasser an, weil ici| bisher den Erfolg
auch ohne denselben erreicht,' und ich einige
Scheu vor der Anwendung der Wärme habe,
die ja offenbar den Blutandrang vermehren mufs.
Was Müller über die Wirkungsart des
schwefeis. Kupfers sagt , um sich zu erklären,
dafs gröfsere Gaben nicht nachtheilig wirken,
scheint mir zu gezwungen Ich habe ziemlich
bedeutende Gaben nehmen lassen, ohne dafs sie
wieder ausgebrochen wurden, uiid denüodi eut-*
standen keine nachtheiligen Folgen , wohl aber
grüne, gallertartige Stähle, wie beim Gebrauche
des Calomel Diese Erscheinung findet wohl ihre
Erklärung auf antihomöopathische Weise in dem
Gesetze, dafs, wenn ein Mittel dem krankhaf-
ten Bildungsprocesso entgegenwirkt, d. h., wenn
das Mittel im Körper gerade den entgegen-
giesetzten Procefe bedingt, den die Krankheit
hervorzurufen strebt,' so erschöpft es sich in
der Vernichtung desselben, woraus zugleich
eine zweite antihomöopafthiscbe Lehre 'folg^'
Dämlich die, dalh die AeufiMron^rt der Ar^
neimittel nicht am gesunden Organismus erprobt
werden kann. ^
Schlicfslich kann ich nicht umhin, meine
Fiebertheorie, wie ich sie oben (No. 16.) dar-
gelegt, auf den Kroup anzuwenden, vielleicht
dab Miillery wenn ihm diese Zeilen zu G^
siebt kommen sollton, sich angesprochen fiililt.
. 105 —
das Binathmen der Dämpfe und die Einreibim-*
gen mit Sentdi fortgesetzt wurden. In der.
Nacht zum Slsten erhielt die Kranke^ wegen
drohender Erstickuugsnoth , ein drittes Brech-
mittel aus Brechweinstein und schwefelsaurem
Zink. Um Mittemacht trat der lang ersehnte
feuchte Husten ein, allein ein kühler Trank (?)
am Morgen machte denselben wieder kurz, hart
und selten. — Nun endlich, am Morgen des
Slsten, also am 9ten Tage der Krankheit, wurde
Schwefels. Kupfer, allein nur zu ^ 6r. und zwar
mit -^ Gr. Moschus zweistündlich (es wird nicht
f gesagt, wie lange) angewendet, doch ohne Er-
oig. — MittlerweUe hatte der Lähmungszustand
den böchstenGrad erreicht, die Lunge war un weg^
sam, der Husten hatte aufgehört. — Als letz^
tes verzweifeltes Mittel wurde nun von den
Eltern die Anwendung des kalten Wassers
(das sie drei Tage lang verweigert haben sol-'
len) erlaubt und wiederholt ein iBngerdicker
Strahl aus einer Hdhe von 5 bis 6 Fufisi auf
den Kehlkopf und die Brust geleitet. Die Kranke
schien sich erleichtert zu fühlen, allein nur For<^
übergehend, sie verschied am Sten JuH Mit-
Die Idee, das kalte Wasser und die Kältä
im Kroup anzuwenden, liegt sehTsnahe, da es
ja kein kräftigeres Mittel, um eine gesteieerte
Vegetation zu unterdrücken, giebt, als die Kälte,
und es ist^ zu verwundern, diüb man nicht schon
viel früher auf ihre Anwendung in dieser Krank-*
heit gefallen ist — Ich selber habe schon im
Anfange meiner Praxis allerdings mich mit die-
ser Idee beschäftigt,, allein nur zweimal deü
Mttth gehabt, davon Gebrauch zu machen : das
erstemal zu einer Zeit, wo noch nichts von
dem Harder^sehen Versuche bekannt war, und
- IW —
aus über keinen Schmeiz, auch nicht auf meine
ausdrückliche Frage, und beim Betasten der
Luftröhre, des Kehlkopfe und des ganzen Hal-
ses. Eine Geschwulst war äufserlich, weder
durchs Gesicht, noch durchs Gefühl zu bemer-
ken • Die Sprache war sehr heiser, schwaqb
und kaum verständlich. Die Oeffnung war bis-
her natürlich gewesen. Ich Hels ihn aus dem
Bette und auf den Schoolisi seiner Mutter neb«
men, auch sogleich an jeder Seite des Kehl-
kopfs zwei Blutegel setzen, welche stark so-
gen und stark nachbluteten. Noch während des
Nachblutens gab ich ihm von einer Mischung
aus 3 Gr. Brechweinstein, 20 Gr. Brechwurzel,
eine halbe Unze Meerzwiebelhonig, und eben-
soviel Cbamillenblumenwasser viertelstündlich
1 Theelöffel voll. Er nahm es» bis auf S Thee-
löifel voll, ehe Erbrechen erfolgte, dann aber
erbrach er sechsmal vielen eiwei&artigenSchldm,
der mit häutigen Stücken von faserigem, schnee-
weilsem Ansehen, doch von unbeträchtlicher
Gröise, vennengt war« Weder das Brechen,
noch die Blutegel bewirkten einen augenbhck-
lichen Erfolg, das Uebel dauerte unverändert
obgleich ohne sich verschlimmert zu haben,
Da!cb ihrer Anwendung, fort Ich lieb nun stark
reizenden Senfteig unter die Fuüssohlen legen
und die Beine bis an die Kniee in leinene Tü-
cher wickeln, welche in einem hei(sen Oemengo
von einem halben Eimer Wasser und sechs
Unzen gequetschtem weifsem Senf fleiisig ge-
tränkt, und stets wann erhalten wurden. Zwi-
schen die Schultern wurde eine spanische Fliege
von der Grobe meiner Handfläche, stark mit
spanischem Fliegenpulver und Kampfer bestreut,
gelegt, und längs der Luftröhre und auf der
Brust viertelstündlich mehrere TheclöfFol voll
-- 10» —
das Gesicht war noch sehr roth ; die ganze Haut
opch mit einem reichlichen warmen Schweifso
liedeckU Der Puls hatte 140 Schl&ge, warwei*
cher^ müfsig gefüUt, nicht mehr gespannt. .Die
Skhwefelleber war bisher gut vertragen worden^
alle Mittel wurden ununterbrochen fortgesetzt|
nur Abends wegen Mangel an 0effnung ein
einfaches Klystier gesetzt, welches gut wirkte.
Abends um 10 Uhr war der Athem etwas mehr
röchelnd, die starke Gesichtsrothe und der starke
Schweifs hielten an, der Puls war voller^ h&r*
ter, häufiger, schneller. Ich lielis eine spanisoha
Fliege von 4 Zoll Länge und S Zoll Breite ttiogs
der Luftröhre legen, die kalten Umschläge auch
über einen Theil der Brust a\isdehnen, und die
Einreibungen xu beiden Seiten der spanisidMO
Fliege fortsetzen. Die Einreibung wurde wie»
der gemacht. Zum inneren Gebrauch verord»
nete ich einen Saft von einer Drachme Schwe*
folleber und zwei Unzen Senegasyrup« und lieüi
auüs^er diesem eine Mischung von Calomel^ Mh
seralkermes und einem kleinen Zusatz von Garn*
phor nehmen.
Als ich ihn am tSsten April Morgena jvub
7 Uhr (zweitem Tag) besuchte^ hörte ich| dalk
Fat. sieh während der Nacht erträglich beJfioB»
den und viel geschlafen habe, zuweilen > v'Qnd
besonders im Schlafe, sei der Athem ganz, frei
gfwesen^ Von drei Uhr an seil er etwas. uii^
ruhig und eigensinnig gewesen sein, viel.;Wi^
derwillen gegen die Schwefblleber gezeigt und'
daher davon nicht . so pänctlich eingenommen
haben. Die kalten Umschläge versicherte man
onunterbroehen fortgesetzten haben. Der Athem
WBar zwar freiet als am vorigen Abend, doch
immer noch nicht ganz frei, mehr hohl und
nudi. Die Athemis^go waren tiefer, das Ar**
— , 113 —
I ich erlaubte alle Arten von schleimigeii Suppen«
I — Am 28. April (dem funfiten Tag) war Aach
einer guten Nacht Alles besser^ der Athein und
\ die Sprache ganz rein und frei^ der Husten un-
bedeutend. Die Haut war nun vermehrt feucht.
Abends zuvor bekam Pat wieder ein einfaches
Klystier, welches erst eine dünne unbedeutende^
dann eine sehr starke, schleimigte Oeffnung
bewirkte, welche aus grofsen Stücken eines
zähen Schleims, der sich sehr lang ziehen lieüs,
bestanden haben sollte. Der strohgelbe Harn
hatte einen starken, weifsen- Bodensatz. Die
genannten innem Mittel wurden fortgebraucht,
zum Essen nun auch leichte Milchspeisen und
Butterbrod von altem, feinem Weizenbrod er-
laubt. — Am 29. April (dem sechsten Tag)
hatte der immer mehr abnehmende Husten den
Ton eines gewöhnlichen katarrhalischen Hu-
stens. Das ganze Befinden des Kranken war
das eines Gesunden. Die durch die spanischen
Fliegen veranlafsten eiternden Flächen auf dem
Rücken waren geheilt, die auf der Brust fingen
an zu heilen, die auf den Armen waren vom
Anfang an unbedeutend gewesen. Die ver-
mehrte Thätigkeit der ävSsem Haut dauerte
fort Die genannten Blittel wurden ohne Ca«
lomel fortgesetzt, die Einreibungen waren seit
Reinigung des Bettes schon ausgesetzt wor-
den. — Am 30. April (dem siebenten Tag)
war auch das Geschwür auf der iBrust Cast ge-
heilt. Abends vorher hatte Pat. eine starke Oeff-
nung gehabt. Der Husten schien ganz aufge^
hört zu haben. Der geUnde Schweifs hielt noch
an. — Am 1. Mai Imtte er wieder ptwas Ho^
steu, daher die frühem Blittel, doch ohne .Queek^
Silber, gemacht wurden. — Am 7. Mai hatte
Pat Heiserkeit, und die Mandeln waren etwas
Joiim.XCIILBd.6.8t H
QeschinAcks wegen, wieder auf. — -leh Hefli
RQch das, mit lääig aas ihr entbimdene Sehwe«
Mwasserstoffgas von den Kranken, wie iss
lehien, mit Nutzen, in mehreren FUlen ein»
ithmen. Bei einer andern Gelegenheit deidce
ieh mehrere hieher gehdrige FUIe i^tsii-
dieilen.
^
• •
\1L
nt
'[■■'■. ■ — U7 —
ticbkeh auf dae oft Bbettriabene Weist) gefröbnl. DuMäd-,
eben «Dcba indoMen krÜflig und blähend beran, obns
*on dieteo kteinen Uebeln ganai verarbont 10 bleibeo.
Hit dem Bintreten der Memtroation natimen aber dieia
krankbaften Symptome du Huulorgani eine etnslerc, be-,
. unrnbigender« Geitalt an. E» leigle sieb nebmlicb znw
■eben dem 14. and 16' Jabr», zuerst im Winter, eine mnd^
•cboppige, bU&rotbe, «Ich abscliilfernde FIccble am Etlen-
bogengelenk dei linken Arnifs. Bald itarsuf erscbienen
mehrere und empfindlicb jackende in den Kni^elenkeif
beider Fübe. Nacb Verlauf Ton einigen Hon|fai| 'wkiei'
Arme und Füfte von oben bis aiiien damit bedeckt. Dia
dagegen gebraucblen Mitlrl beitanden in Büdem und
blnlTerdünnenden Gelränken. Die riecblen niinderlen
aich bei forlwabrender Haolpflege,. besonilers im darauf .
folgenden Sommer, obne jedoch ganz zu verscbninden.
Mit erneaerlei Kraft kebrlen lie aber im lolgenden Win-
ter zorück. Aafier den Armen ward jetzt Brust nnd Un-
terleib davon ergoffen, tm darauf folgenden Sommer
braclite der erntUicbe Gebraocfa Wieibadeni eine merk-
liebe Beuerung zuirege. Auch der darauf iotgande Wii)~-'
(er war leidlidier. Die Flecbt^n erscbienen zwar nift<
der, doch waren lie nfctit mebr so juckend, nicbt
mehr lO rund nnd roth, aondern blsfsgel blich. Schwe-
felbäder icbienen Tortheilbaft zb wiriien. So herrachie
«eit Jahren Hbbe nnd Flolh in dlrii«r hartnltUften'
Hautkrankheit, alt im Hin IS24 san enten HaM
mein Rath begehrt wurde. Die Flechlen , an IntanaitiH
twar vermindert, bitten im Angenelnen' noch den ob«i'
beichriebenen Charakter. Aber ein Omatand hatte dib
dazD geaelll, der Tochter and HuUer iaat znr Venwdl^iuf
brachte. Die Krankbeit begann daa bKbeade Gedohl tS
ergreifen. Der Saum beider OjireB, dec SBakea 'inSvUi
die Seit^oBäohcD dea Habet bede^tae dch mit Itnlriwi'
UStcfaen (Herpet miliar)«), die enpoi^^ftoMea, ((m m>
rStr Fenditigkeh an«a(ib Vitien, tlcn diiii Uefaurdg ab^
•chilfeiteB, einl(4 Zeil aoabUebea und daaa lUbdar tm
Nenem emporwocbetten. Doch blieb Irihil |s dar ftal«a
ZwiicheDwit die Haut blabrfitbUch, ruh,. 'MMb« fcSr-
niohl anzufühlen. Idl lieb die nnterlaMeneff MwbM^
Üder wieder in Gebraneb neben , aebrleb elna Hilelidtt
vor nnd gab inneiliob den StMimiat-tm folgeader Fonadir
Rec. Hjdrargjri tublimati eorroiivi gr.j. Aqnu daUfllitaa
Dnc iv. U. 8. ItforgeH and Ab«adt 1 BliUifrel 1. «.
nnd jedcamal Toriwr et« Taue HafencUdmt n tri»>
— . 119 -
M odification dieser hartnäckigen Haatkrankbeit ein« Scho«
im November 1825 ging die blobende Farbe desGesicbts
in eine donklere, drcumscripte RÖtbc der Warigen ober,
die besonders gegen Abend heftig brannten* . l^s war ihr,
als wolle das Blat zom Kopfe heraus springen, , Adcb
litt sie an Kopfschmerzen^ die sie firqber nie gekannt. Sie
setzte sich selbst aof eine schmale Diät, trank viel Wal^
ser und nahm Morgens Glaubersalz ein. So dauerte die-
ser Zustand, bald zu- bald abnehmend, bis zum obenan-
gegebenen Monate^ wo die ersten Flechten wieder mit
grofser Schnelligkeit und Ausbreitung das Gresicbt, mit
Verschonung des übrigen Körpers, ganz allein befieleOt
and endlich gegen Ende März in wahren He^pek crüiitn'-
ceus ausarteten. Wangen, Stime^ Ntise uhtf Kinn aber-
zogen sich mit einer wahren knorrigen Baumrinde^ die
mit der Weifse des Halses und übrigen Körpers auffal- -
lend conti astirte. Das Gesicht, mit dieser heillosen Maske
bedeckt, war in Wahrheit abschreckend« Die verzweiflungt-
Yolie Kranke floh das Tageslicht, die Menschen, und brü-
tete in der finstersten Kcke ihres Zimineri über ihr Un-
glück. Trotz den erschienenen Flechten blieben die Gon-
gestionen nach dem Kopfe nicht aus und die Risse zwi-
schen den herpetischen Borken schmerzteiii trstäinlich.
Der Fall war zu merkwürdig, um ihn nichts ineUreferee Gdl-
legen zu zeigen« Insbesondere führte idi' dta •i^er^ib-'
renen Geheimenrath Dr. WenzH za derEraokeaeie ond
folgender Heilplan wurde eingeschlagen. Wegen der fortdaö-
erndeo Congestionen ward in. den ersten Ta^e« deis Aprils
1626 eine Venaesection von zwölf Unzen am reeUtdn Arnie
veranstaltet und ein durchgreifendes Abfühnfngsmitttl ge-
reicht. Die Milchdiät wieder hervorgeholt UiniTge Ta^
ipSter wurden an jeder Seite des Ualiei sechs Blutige!
gesetzt und die Blutung lange unterhalten. New huQ-
derten sich zwar die Congestionen, doch trat in dem Am-
seben des Herpes nicht die geringste ¥erandeniog eie.
Jetzt wurde ein grobes Blasenpflaste^ in den Nacken und
eine Fontanelle anf den linken Oberarm |;elegt Rrstefe
blieb 3 Wochen in Zog. Die Fontanelle Hefa loh erst
naeh zwei Jahren zugehen.. So gegen jedes Sur&ek^
treten des Herpes hinlänglich gesichert, ward getrost
folgende Salbe Morgens und Abends in da* eAtsteHto G^
siebt eingerieben: Rec. Cerati satumi Und /9, Gaäphd-
rae Scrup. ß — Drachm./?. Dabei alle 2 — S Tagb üio
Laxans gereicht. Der Krfolg übertraf onsete kühnsten
Erwartungen. Die braonen Krasten fielen ab. -' Di» Hnnt
."*•
Ü - »1 -
welchen er grofse pelohnini^eo yenpracb , wenn sie' ihn
beUee worden. Man schrieb ihm nan eine strenge Diät
▼or, verbot alle spiritnösen Getränke, setate nach Umstan-
den Blutegel, machte umschlage, rieb graue Safbe aof
die leidende Stelle ein und verordnete zum inneren Ge-
brauche specifische Mittel gegen die Syphilis^ als Mercur,
Gold, SalpetersSnre. Diese Behandlung hatte einestbeils
die Wirkung, da(s die Resistenzkraft des Körpers durch
die Entziehung seiner gewohnten Reize geschwächt und
dadurch die Krankheit stirker entwickelt; anderntheils daft
der Körper durch die specifischen Mittel angeregt worden
Reactionen gegen den hervorgetretenen Feind zu entwik-
kein. Dadurch konnte jedoch nur der Tod, nicht aber,
die Genesung herbeigeführt werden^ weil der alte^ ver-
lebte Körper unter schwächenden KinÜQssen nicht im Stande
war, diesen Kampf zn bestehen. Als endhob noch ein
entfernter Arzt hinzugemfen werden sollte, um über die
vorzunehmende Eröffnung des Abscesses zu entscheiden»
wurde mir die Behandlung der Krankheit übertragen. Ich
suchte vor allen Dingen den latenten Zustand &rselbeii
und eine relative Gesundheit dadurch- herbeizufuhren, dafs
ich die frühere reizende Lebensart des Kranken in dem
Maafse, als sie ihm entzogen worden war, wieder gestat-
tete, ferner jede innere Arznei aussetzte, den leidenden
Theil insbesondere von jedem äufseren Einflüsse der Kunst
befreite und eine hoffnungsvolle, fröhliche Gemüthsstim-
mung herbeiführte. Darnach trat mit zunehmender Kräf-
tigung des Körpers eine auffallend schnelle Besserung ein ;
der Schmerz und die entzündliche RÖthe des Beines liefii
soetst nach, dann wurde die flnctuirende Geschwulst klei-
ner und ver|;ing vollständig wieder. An ihrer Stelle sank
die Haut in einem Kreise von \ Zoll Durchmesser, unge-
fähr 2 Linien tief ein, bekam eine bläuliche FSrbiing und
wurde nur beim Drucke ein heftiger Schmerz in der Tiefe
des Knochens erweckt. Der Mann ist bis jetzt, 3 Jahre
nach seiner Krankheit, gesund geblieben und so rostig,
dafs er anscheinend noeh lange leben wird, bis Sein Or-
ganismus jenen Feind nicht langer niederzuhalten ver-
mag. ^ In mehreren Ffillen dieser Art wurde der Tod
endlich dadurch Iierbeigeführt, dafs bei immer mehr sin-
kender Lebenskraft der schlummernde Keim der Syphilis
in Folge irgend einer leichten, fieberhaften Krankheit, die
zufällig eintrat, wieder entwickelt wurde. Dadurch bildete
sich sehr schnell ein nervöser Zustand aus, welcher sich
auf der einen Seite durch grofse Entmischung der Safte
^ _ 188 —
Ks 'starben: 198^iiianiilidien,
178 weiblichen Geschlecbte über
und' ^67 Kinder unter 10 Jahren.
743 Personen.
Mehr geboren 216«
Im November des vorigen Jahres wurden
geboren: 424 Knaben,
414 Mädchen,
838 Kinder.
Ks starben: 161 männlichen,
181 weiblichen Geschlechts über,
und 324 Kinder unter 10 Jahren.
666 Personen.
Mehr geboren 172.
Im November dieses Jahres wurden im Vot^ältnils
zum November des vergangenen Jahres 121 Kinder mehr
geboren^ und starben mehr 77 Personen.
Wenngleich gastrisch - nervöse Fieber sich noch öf-
ter zeigten, so war doch der katarrhalische Charakter
der Krankheiten der herrschende, besonders wurden die
Respirations- Organe ergriffen, Anginen waren nicht sel-
ten. Viele Kinder litten am Stickhusten, in einzelnen Fal-
len erschien Kroup, Masern verbreiteten sich, Scharlatsh
wurde nur in wenigen Fällen beobachtet. An den Pok-
ken starb nur ein Knabe.
^
• Einladnne zur Pränumeration
^ttf den Jahrgang 184S der medicinischen Jahr^
hfficher des kaiserl. königl. dsterr. Staates und
jSer damit verbundenen dsterreichiscben medi-
siuischen Wcehenschrift. Herausgegeben von
4>r. Joh/ Nep, Ritter v. Raimanny redigirt von
IProf. Dr. A. Edl. v. Rosas y Prof. Dr. S. C.
bischer und Prof: Dr. J. Wissgrill Preis des
Jahrganges von 18 Monatsheften und 58 Num-*
mern der Wochenschrift 15 fl. C. M.
* Lfiet Jonrnal erhielt im Jahre lS4i eine wesentKcbe Um^
itsitaltong durch Hinzofagyng der medicinischen WoobM^
Vicbrift und wird nun auch, im kommenden Jahre aof dic^
l'elbe Weise fortgesetzt, da der Beifall des medicinisoheit
l'abHcnms sich so entschieden für diese zweckmässige
j^Cinriobtung ausgesprochen bat.
|. Für diejenigen, welche bereits das Blatt besitz^i
IjjBrfen wir nur Yersichern, dass es dmrcbaas keine Pm&n-
. ierdng erleiden wird, sowohl was den inneren Gehalt ddr
i^riginalaufsätze, der sorgfaltigen npd doch bandigen Aas-
l sage fremder Jonrnale Deutschlands, Englands, Frankreichs
.* jind Italiens, als anch, was die schöne Ausstattung and diis
.'egetmäfsige punctliche Auiigabe betrifilt. ' - >f .
Für diejenigen aber, welche sich noch nicht Tötf des
'wesentlichen Vorzügen, welche dies Journal vor allen an-
«lern medicinischen auszeichnet, überzeugten, wird et niebt
iberflässig erscheinen, die Tendenz des Blattes, nach, dem,
jRras bereits vor dem Auge d^ Publicums liegt, to'ent-
irickeln; . -•
^' Die l2monailichen Hefte, jedesmal am Ende
«d6f Monats erscheinend, bringen;
j I. Beobachtungen und Abhandlungen aoa
Idem Gebiete der Natur- und Heilkunde. Diese
Irfnd Ton grösserem tJmlange, füllen gewöhnlich 2 und
B 'Bogen und wurden daher, um die Aufmerksamkeit der
^'^r nicht allzusehr zu zersplittern, in den Heften abge-
lidrockt. Sämrotlich Originalaufsatze.
^ II. Studium der Heilkunde undöffentllohea
jS'anitälswesen. AaVsSCze,- welche Yorzugswdie Oe^
•tcrreich beröbren, ohne deshalb für den aoslindiiebeti
^> ' — • 3 —
Bebaqptang bestitigM; defSelbe enthalt namliob as 209
grötiere ond Ideiii^re OrigiaalTioftStze«
Der ganze Jahrgang auf das tol^öiute MaschfiieB-
Yelinpapier gedroekt, betteht aai 172 Bogen iir S.* nnd
hottet nur 15 fl. C, M,$ durch die Postämter &e-
so<;en in allen Th^ilen der Monarchie 15 fl»
d6hr..C.M.
Jeden Samstag ersoheini eine Noma^fr der -Wochen-
sehrift Yon 1^ Bogen , jeden letzten des Monats ein Heft
Ton 8 Bogen.
Das Yerzeichnifs der Herren P. T. Prannmeranten
wird jedes Jahr mit dem Decemberheft aosgegeben, daa
Tom Jahre 1841 wird zugleich den Beleg liefern, welche
Theilnsbme das Sntliche PobÜeam diesem unternehmen
geschenkt hat.
Om dasselbe auch für das Jahr 1842 mit der grpfs-
ten Genauigkeit sn liefern , werden die Herren Abnehmer
um deotliche Angabe des Namens ond Charakters ersucht
Wien im Dec^mber 18(1.
Braumüll0r und SeideU
am Graben im Hanse der^Sparkasse«
iViffc^fff^ ttttd Berichtigungi
zu meiner Broihüre: „'J. PI pieffenhach'* e ckbrwrgi^
uhe /Leitungen in Wien:^ {Wien 1^11, hei BramMer
und SeidH),
Gehört es zn den gerechten Anforderungen, die mm
an jedes Bach machen darf, getreoe Wahrheit ond kr*
thunlosigkeit darin zo finden, so kann eineSchrifti deran
alleiniger Zweck jener ist, die Brfolge gesebebener 'LiÄ*
stnngen darzustellen, einzig nnr in ingstlicher Belolgang
dieser Ricbtsehanr Wertfa haben, ~ bestehea. In diesem
Betracht 'war aoch bei Znsammenstellang mdnef BcMIl
mein eifrigstes Bestreben dahin gerichtet, die Leistnngen
Bte0enba^*e in Oastreichs Hauptstadt mit größter UBJI>e-
fangenheit zo erzaUea, and setzte ich iä das Gel&gea
dieses meines Vorsatzes ainigea Werth m^aer Broch&ra,
so hat es mich nm so naangenehm^ bernhrt, einfge Ua^
ricbtigkeitea in dersetbaa aatdaekt za babea. Es ist so«
mit wohl meine Pflicht, ia alaam der galesenstea Blattat
berichtigend mich zn SoCmtb:
Der erste Fehler findet sich glelcb auf der arsten
Seite und aal mabraran der folgenden, indem dM von
a,* %s 3<y 27 3i»' ■j^.jc\
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C. W: Ilufeland'«
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der
»ractiischeii Heilkunde.
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Dr. E. Osann,
. Geh. Med. Rath, erdend. ProieMor der Medkln «i te
■hendt&t ond der med. dkim^. Aoedeaiie Ar du WMi
I Berlin, Direelor des K. Poliklin. Inirtitoti» RHterdei mUmii
dlfr-Ordeni dritter KhuMe mit der Seblellb und MHgttedl;
mehrerer gdehrtin Geieliiehailen.
imm
Qtam, Premiä, ift «Rf Tfteoritj
JDocft grUm da Libmu gMm&r Bmmu
6f«fAe.
VI. Stflck» Decenber.
Berlin«.
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Gedruckt lutd wkfjt M ß. Btiatr.
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C. W: Äufeland'«
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der
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practischen Heilkunde.
Fortgeaetit
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Dr. E. Osann,
K. Geb. Med. Ratb, ordeBfl. ProiBMor der Mediefai «i Am
UairenltiU and der med. diinnji. Aeedearfe Ar das mWiiii
m BcrBB, Direelor des K. PoliUiB. Iiiirtitel% Ritte dM 10^
Adler-Ordeiie dritter KkMe mit der Sebleife «ad Ifitgfied
meiiferer geiehrtüi GeieilMliaileiL
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VI. Stflek» Deceaber.
Berlin.
Gedruckt nad feil^ bei G. Reioien
■ ■ • . ' ■ • ■ . ■■ ■ . i • ■
• ■ • • ■ • • •
I.
Zur
reschichte der Krankheiten,
welche
sich von den Thieren auf den HeiiiMiheii \
überpflanzen lassen! ?'
VOB . ■: ■ •
Dr. Bernhard Ritter,
»rakt. Arzte zn Rbttenburg am Neckar, Im Könijlrciipir,
W&rtemberg.
(Fortietzuog. S. vor« $1. 8. 97.).
Im Krankheittny welohe m^m'en 2%p#^g>i^
schlechtem gemeinsehafllieh «ttXwmm^« • ^^-i
Es gibt eine gewisse Reihe, von Kritp^
Uten, deren genuines Auftreten bei mehrere«
aaergeschlechtem beobachtet wird, so 4füb ,i|i^
iter diesen Verhältnissen gewi^e, menr m
)r Natur verbreitete Bedingungen zu ihrer Ent^
icHelung annehmen könneiii solche, iins abef
ich eben so wenig.' i^ jene dervbrigeoiCoaT
igien' yollstäpdig bekannt sind. Stomtli^he
ranfcheiten tragen bii/efa itaehr ..^ilii^tt^afW
479— 8S uiid498— 51& Iiuiß6«et) beforle' ei^
im !?• Jahrhundert Rama^izj^ di^iersiegtii^ub
Biirsleilung dieser Krankheit, im '18. JabrhuiM>
der! war sie allgemein Vterjbreitjet ui^i herrschU
ipit der verheerenden Rindßrpe^t wg\e\chy m\i
der sie hajvfig genug verwechselt, .wurde. Vea
dieser Zeit an wurde die Seuche. allgem^iA mit
gföfserer Aufmerksamkeit S^ei^badit^^ :Uod-.ba
verging kein Jahrzehend, wo aie nipht ia mßhff
reren Landern mit auffallender Heftigkeit gCH
/ lierrscht und von Aerzten und Niohtärftt^n.:M>v
fentliche Berichte darüber bekannt gemüfht wor<r
den wären«
Ueber die Ansteckungsfahigkeit der Kiaab«
beit herrschen verschiedene Stimme»,, la^elobo
yielfaltigo Beobachtungen angeregt haben, rOiid
wirklich kann man in. der That nicht in Abti^dö
stellen, da£s der Milzbrand so^weilen an .'und
für sich epizootisch auftreten und eine. mildere
.Natur annehmen kann, woraus sich ergibt^ dafil
diese Krankheit nicht in allen Fallen ^ und. W#
^ie es ist, nur auf bestimmte Weise und iin-p
lex besondern Bedingung^ ansteckend sei, ol^
gleich es auf der andern Seite auch als bewiesen
dasteht I dab die Uitebrandmeterie eine so di^
ferente, giflartige Natur annehmen kann,, dafr
sie bei gesunden Thieren, auch ven andern iSal*
tungen, und selbst beim Menschen, durch an*
mittelbaren und genauen Coutakt ein gan^ glei-
ches, oder doch ähnliches, höchsjb gefabrvolr
les Leiden erzeugt. Es gibt also milde und
gutartige, und heftige oder bösartige Fälle Von
Carbunkelkrankheit , woher die entgegengesetz-
ten Meinungen, welche rucksichtlish des Pünctes
der Ansteckungsfahigkeit von gleich glaubwür-
digen Beobachtern aufgestellt werden. Ada-
-- 7 —
letzterer Gelegenkeit fanden mebßB Mäim6^Mi,
durch Fleischgenufo von einem erkJrftnkten (idkr
sen, den Tod. Die im Jabre 17 Vi in.itarllmf-
gegend von Augsburg beebaeht^t« Cmrbuabel«
krankheit der Herde theihe sich von' diese«
demRindviehe, den Schafen, fichweiuei^y Qhkt
sen, Hühnern u. s. w. mit, untl wurde auch 4ea
Menschen häufig tödtlich. !Die AnthraxseuiohQ,
welche 1757 in der Umgegend von Paris heit schie^
befiel nach Chaignebrun^s Schilderung Schivr^iae,
Hunde und Hühner, welche von dem. Aderläfa*
Muto, Fleische u. dgl. der kranken Thicce irä«-
feen. Audi viele Mensdien starben durch deii
Genub des Fleisches. Unter den Rindern schrill
hie und da in den Ställen die Krankheit von
einem Stücke Eum andern fort» Nech*iverUee»
render war, nach Harimann*s Bcridli die 8ra^
che vom Jahre 1758 in Finnland ,- "#sl si»*lMif
eine . fast unglaubliche Weise durch, die. Haut
eines vom Milzbrände angesteckten und gefal-
lenen Bären auf mehrere Measchen sich fort*
pflanzte. Gleich ausgezeichnet ist die von Bdr^
baret 1763 in Frankreich beobachtete, mord^ier^
sehe Seuche, welche, nach seinem Berichte,
nur bei pflanzenfaressenden Thidren epizootisch
entstanden und zu den fleischfressenden durcli
Infection übergegangen ist; zu den merkwür-
digsten aber gehört jene, welche B^r/in ') 1774
auf Guadeloupe in Amerika beobachtet hat; sie
griff schnell durch Ansteckung um sich; sehr
viele Neger, welche die Carbunkeln geöffnet
und dabei, oder bei sonstiger Behandlung der
Kranken, Abledern der Aeser u. dgl. mit den
Säften derselben sich besudelt, oder das Fleisch
davon genossen hatten^ erkrankten mit Car-
bunkeln, brandigen Geschwulsten, heiligem
>) Faulet a. a. O. Tb. II. S. 66.
— 9 —
Wesen waren. WaU sah bei der Seuche^ die
1797 im Würtembergischen grassirte, mehrere
.Menschen von der blofsen nähern Berührung
einer, einem gefallenen. Thiere abgezogenen
Haut erkranken und sterben. Aehiiliche Be-
obachtungen wurden von Winterihalery Dr. Creut»
wiesery LuXj Kopp, Wolfy Redicer^ Deheid u. Ä.
aufgezeichnet« Diese hier aufgeführten That^
. Sachen dürften genügen^ die Ansteckungsfähig-
keit der Karbunkelkrankheit darzuthun. Allein
die Fälle, wo sich die Krankheit dem Menschen
anitgetheilt hat, verhalten sich nach Laubender
zu den entgegengesetzten wie 1 : 10, daher die
Ansteckung nur bedingtermafsen bei Menschen
und auch Thieren geschieht. Aber gerade diese
bedingte Mittbeilung ist ein Beweis ihrer konta-
giösen Natur. Sie wird beim Menschen z. B.
begünstigt durch niederdrückende Affecte und
kränkliche Dispositionen, dann durch zarte Ober-
haut, gequetschte oder verwundete Berfihrungs-
stelleu u. dgl.
Büd der Krankheit bei Thieren,
Die sogenannte Karbunkelkrankheit zeij^t
sich sowohl hinsichtlich der Schnelligkeit des
Verlaufet als der Art des fieberhaften Allge-
meinleidens unter bedeutend verschiedenen For-
men, so dafs es schwer hält, ein, alle diese
Abweichungen umfassendes, allgemeines Bild
hievon anzugeben. Wir beobachten, wie die
Krankheit in einigen Fällen plötzlich upd ohne
leicht bemerkbare Vorboten die Thiere ergreift
und sie auch, wie vom Blitze getroffen, nieder-
fallen und aushauchen. Alles in wenigen Minu-
ten; in andern Fällen aber bemerken wir, wie
die Krankheit unter weniger ungestümen Er-
scheinungen und bei weniger schneller Tödt*
— 11 —
Anfälle verlängern sich wohl auf 14*— 24 —
86 Stunden^ und dann erst nimmt das Uebel ei-
nen noch raschern und reifsendem Verlauf; die
Thicrc werden auf eine eben so unerwarte Weise
von grofscr Angst ergriffen, sie wenden sich
hin und her, taumeln, setzen die zitternden
Füsse weit aus einander, stehen abwechselnd
ganz stille, traurig und wie betäubt, oder ge-
ratheu in eine tobende Wuth, wobei sie brül-
len, sinnlos eine kleine Strecke fortrennen und
dann niederfallen, oder stürzen gleich Anfangs
zu Boden, schäumen ans dem Maule und der
Nase, wo der hervortretende schaumige Schleim
oft sohpn mit Blut gemengt ist; bald stellen
sich heftige Zuckungen und Verdrehung des
Halses ein. Puls und Athem verschwinden, die
Au£en, die bei vielen- starr, glotzend, geröthet
und mit einem eigenthümlichen Funkeln aus
ihren Höhlen hervorstehen, brechen, und es er-
folgt der Tod. Mit dem Eintritte des Todes,
oder gleich nach demselben pflegt Blut aus dem
Maule und dem After zu flielsen, auch wird
der Hinterleib in sehr kurzer Zeit von Luft
stark aufgetrieben und in dem Kadaver nimmt
die Fäuluifs schnell überhand. Fälle der Art,
zu welchen sich auch dianchmal schnell auffah^
rcnde Beulen oder Karbunkeln gesellen, werden
von den Landleuten bald Schlagflufs oder Blut-
schlagy bald Erdsturz genannt;' sie ereignen sich
am häufigsten beim Hornviehe, aber auch bei
Schweinen und Schafen, und vorzugsweise bei
starken wohlgenährten Thieren von bedeuten-
der Lebensenergie, welche so ungemein schnell
zu Grunde gehen, dafs es oft nicht einmal zur
Bildung einer Anthraxbeule kommt.
b) Asthenische Form. Auch hier beginnt
das Leiden ohne werth- oder bedeutungsvolle
— 13 —
9
mehr dem Rfickeu zu;, auf den Rippen dage-
gen ent8tehen emphysemätdse GeschTVülste^
welche nach ihrer eigenthumlichen Art beim
Berühren ein knisterndes Rauschen hören las-
sen. Diese Geschwuli^te fieweiseii hinlänglich,
wie grofs die Desorganisation in der Blutmasso
selber, wie tief die Materie an dlis Anolrgani-
sche herabgesunken sei.; auch wird id deu Wind-
und Wassergeschwürsten von freien Stücken
nie^ weder eine gute Eiterung noch Brand ein-
treten, sondern, da sie gleichsam schon im Gäh-
rungsprocesse begriffeq sind, faulen sie isogleicb,
wenn nicht, was selten der Fall ist, die stärk-
sten innerlichen und äuTserlichen Reizmittel noch
im Stande sind, eine Veränderung in der Ma-
terie hervorzubringen. Ueberhaupt beweist sich
dieser Gähningszustand durch und durch auch
darin, daüs, nach Verhältnifs der Grölse der
Krankheit und ihrer Dauer, die Thiere nicht ver-
hältnifsmäfsig abmagern, sondern stets noch ei-
nen Grad von Lebensfülle behalten; allein es
ist blofser Meteorismus im Gewebe, und yfM
suweilen als vorübergehende Trommelsucht «Er-
scheint, ist nichts Anderes als Gasentwickelüng
in der Bauchhöhle außerhalb der Gedärme. Die
Fortschritte der Krankheit sind immer mächti-
ger; der faulige Zustand stellt sich als FäülT-
nils am lebenden Thiere immer unverkennba-
rer ein, alle Absonderungen sind nichts Weite-
res mehr als eine Durchsickerung von zersetz-
tem Blute; denn so offenbart es sich im Schleim
der Nase, im Urin, im Schleim der Bindehaut
nnd in den Thränen, und der aashaft riechende,
bräunliche Darmkoth läfst auch hinlänglich die
ihnitcb'en Vorgänge im Darmkanale vermuthen,
wenn nicht die kolUqnativeu Durchfälle äs noch
deutlicher beweisen, und es erfolgt unter fort-
— 15 —
und neben den dunkeln Gcfafsen, einen gelb-
lichen Schimmer; das in demselben angesam-
melte Fett hat einen gewissen Grad von Auf-
lösung, Schmelzung erlitten^ und ist ebenfalls
gelblichweils. Die Muskeln sind dunkel ge-
färbt, derb und haben einen eigenthfimlichen
violetten Schimmer, in den Gegeudeu^ an wel-
chen die gröüseren Nervenstränge in die Sub-
stanz der Muskeln dringen, findet sich häufig
das Muskeifleisch mürber, manchmal auch blasf
ser, wie halbgckocht Die Bauchwandungen
sind regelmälsig mifsfarbig grünlich. Die An-.
Seu sind schon nach 12 — 84 Stunden nach
em Ableben ganz trübe , und in ihrem Jnnerd
der gänzlichen Auflösung nahe. Bei der Er-
öffiiung der stark von Luft aufgetriebenea
Bauchhöhle findet es sich, dab die faule Luft,
mehr in der Bauchhöhle selbst, als in den Ge«
därmen sich entwickelt hatte. Regelmälsig fin- «
det man eine gelblichrötMiche Flüssigkeit» zu-
weilen zu einigen Mafsen, in der Bauchhöhle
ergossen, auf welcher eine Menge Fettaugen
schwimmen. Wenn auch diese blutige Flüssig-
keit noch so dunkelroth, ja schwarzroth sein
sollte 9 so hat sie dennoch immer dencharaete-
risirenden gelben Schimmer und die gelben Fett-
augen. Den Vcrdauungskanal findet man.mei-
stens, aufser der Uebcrffillung seiner Gef&fse;
mit schwarzbraunem Blute, der gelben Sulze
in der Umgebung der Gekrösdrüsen und grö-
fsemGefälsen, von normaler Beschaffenheit und.
mit normal beschaffener Futtermasse« mehr oder *
weniger angefüllt. Nicht selten findet man in-
desaea doch auch, besonders auf der äufsern
Oberfläche der Magenwandungen, gröbere oder^
kleinere Blutsugillationen, mit gelber Sulze uni<-'
geben, ähnlich den Karbunkelbeulen ionter djfr^
— 17 -
lod wieder mit einzelnen Blutsugillationen von
rorschiedonem Umfange und verschiedener Farbe
rersehen. Das Herz ist in seiner Substanz derb
ind dunkelviolett gefärbt ; das Fett^ in woldiem
lio Kranzgeräfse verlaufen , ist, gelblich gef&rbt
ind weich; die Herzkammern ^ besonders die
echte und dieLungenschlagader^ sind mit sohwar-
lein Blute angefüllt, in der linken Herakammer
nd der Aorta finden sich oft so|3;onannte fal*
che Polypen vor. Die Lungen smd meist sui-
ammengefalleny mit schwarzem Blute überfüllt^
9st anzufühlen, wie wenn sie fleischig gewor*
on wären; öfters ^ findet man indessen auch
leinere oder gröfsere Stellen von derselben
leschaffcnheiti wie bei der Leber und Milz an^
eg^eben worden ist, d. h. es finden sich «i-
roilen kleinere oder gröfsere Stellen in den
lUDgen,- an welchen das Gewebe dieses Or»
ans gänzlich aufgelöst zu sein scheint^ mid
ine Masse schwarzen, zähflüssigen Blutes dar»
teilt« An der Schleimhaut der Luftröhre ^ der
Lachen -und Nasenhöhle findet man im Allge-
lein^n die gelblich -röthliche Farbe , Blulaui»
Dh>vitzungen und Blutsugillationen.
Bei Eröffnung der Sch&delhöhle findet man
BS Gehirn bald wie im gesunden Zustande^
ald auch etwas weicher, und seine Gefl^
on Blut strotzend ; bei jählinffs gefallenen Stuk-
eu Ergufs seröser Feuchtigkeit in seinen Kam->
leru. Auch die Gefäfse des Rückenmarkes zei^
;en sich mit Blut fiberfallt« Auch hier finden sieh
of den Häuten jene Blutsugillationen und die
•eiblich -röthliche eigenthumliche Färbung.
Bei der asthenischen Form der Krankheit
iad die Kadaver verhältnifsmäfsiff ma^er, aber
iennoch aufgedunsen; die Fäulnifs, die bereits
eben während des Lebens ^einz^treten^beginnt,
Journ. XCIII. B. Ö. St. B
- 19 —
CarbunJcelkranJcheit beim Menschen,
Wenn eine lokale Einwirkung des Carbun-
^Igiftes Statt gefunden hat; so treten selten
leich Anfangs Erscheinungen ein, welche aof
Lde Störung des Allgemeinbefindens hindenten^
>iidern das örtliche Ucbel tritt in unbestimm-
iW Zeit beschränkt als solches auf. Der Ver*
uf ist nicht in allen Fällen gleich, im AU-
^meinen aber folgender: Gewöhnlich am ersten
8 dritten Tage nach geschehener Infectioo, sei-
ner erst ajn achten Tage entwickelt sich an
|rend einer Stelle des Körpers ein uuaiige-
shmes Jucken und Prickeln, ähnlich dem durch
Kien Insectenstich verursachten Gefühle ^ und
feter diesen Erscheinungen bildet sich ein ro-
«)r, bisweilen schon schwärzlicher Punkt, wel-
. er kaum fühlbar über die llautoberDäche sich»
bebt; innerhalb weniger Stunden vergröfisert
sh derselbe etwas, wird hart und von einem
-tzündeten und geschwollenen Hofe umgeben^
welchem nicht sowohl acuter Schmerz, son-
■rn ein spannendes Gefühl rege wird, so dafs
m Ganze, beim ersten Anblicke, einem In-
cteustiolie ähnlich sieht. Nachdem der harte
kAüCi sich in seitlicher Richtung weiter ausr
l)reitet hat, erhebt sich daselbst die Bpider-
« in Form eines mifsfarbigen Bläscbefid, durch
Elches man im Anfange die Flärte noch durch-
^It; diese ist entweder mit bedeutender Ger.
tiwulst verbunden {pustula prominens), ode^
Xie dieselbe, ja in seltenen Fällen mit einem
^sinken der Haut verbun^len (pustula depressa).
a.s im Anfange oft der Hydroa ähnliche Bläsri
mn nimmt endlich eine schwärzliche Farbe
and wird zuletzt in einen Brandschorf ver^
modelt. Nach dem Aufkratzen dec Phlykti^
B S
\ ■
— «I —
.fühlen sich teigig und ödematös an; auch die
^onächst gelegenen Lymphdrüsen, in der Axil--
lar- und Inguinalgegend, schwellen unter leb-
haften Schmerzen an. Das begleitende Allge-
meinleiden kündigt sich durch die immer be-
stimmter auftietenden Symptome des nervösen
Faulfiebers an, welches schon in den ersten
Tagen vollständig au^ebildet werden kann.
Es zeichnet sich dasselbe durch grofse Angst,
Schmerz in der Präcordialgegend/ wozu bis-
weilen heftige Schmerzen im Unterleibe kom-
men, und durch colliquative Schweifse, Erbre-
chen und aashaft ritchendo Darmausleerungen
besonders aus. Der Puls wird immer kleiner
und unregelmälsiger, nach der geringsten Ver-
anlassung erfolgen Ohnmächten; endlich treten
Delirien ein, und innerhalb sieben Tage, in
sehr bösartigen Fällen schon am zweiten oder
dritten Tage, macht der Tod dem Leiden ein
Ende. Bei weiblichen Individuen soll der Veir-
lauf vorzugsweise rapid sein. Einige Aerzte
haben behauptet, dafs durch die Aumahme der
bedingenden Schädlichkeit in den Körper der-
selbe Grad von Allgemeinleiden entstehen könnet
ohne dafs örtliche Bildung der schwarzen Blat-
ter Statt findet.
Die bei der Carbunkelkrankheit zum Vor-
schein tretende Symptomengnippe wird, wie
leicht einzusehen, sehr natürlich^ je nach dem
verschiedenen Sitze der Pustel, modificirt^ in
sofern die Nähe wichtiger Organe hiebe! einen
grofsen EiufluJs äulsert. Besonders gefahrlich
ist der Sitz« derselben im Gesichte, wobei eine
sehr bedeutende Anschwellung desselben, na-
mentlich der Augenlieder erfolgt, die Entzün-
dung sich auch sehr leicht auf das Gehirn und
dessen Häute fortpQanzt, wodurch Exsudation
— 2$ —
luDg.dps Ertlichen LeideivB sich staluire. — ^
Nacb ßenedikVs 0 BeobachtungeD siud^ wena
das Uebel ia seiaer ganzeu B(^saitigkei( aiif-
trlit) folgende Erscheinungpn gaiKschaia^terir
stisch; Fiebert welches gleich Aofangs einen
typhösen Charactec aeigV. dafi höher^: St^diiltVi
auszeichnende BrustbekJeainiung , gerdthetes;
dabcij benommenes^ stupides Qesicht^ iQlejcbgüW
tigkejt der Kranken gegen ihren Zu$tai)d wA
Langsamkeit ihrer Antworten« - Sobald der Zu-
stand sich besserte y verschwapd zu^jrfift die Be-
engung beim Athmen, spater verloren ^si^h'dj^
Röthe und die Dummheit i^ de^ Cpei^idlta^^
gen, und sobald , die brandigen Stellen durch
entstandene gutartige Eiterung abgesondert wor-
den waren, hörte auch das l^ebe^ gäiüBlieh auf.
Die Ers(sheinuugeiiy Wielchö hadii deni'Ge-
nnsse von Theilen mi1zbrai?ifkrahker^Hiere ^in-
antreten pflegen^ sind grofsen Modificfttioheii
Dfitenvprfen, audh abgesehen hieyon, dalli' die
Blöglichkeit der Infection «of diesc^ Wege
von Vielen, und zum Theil nicht ohue GruM
geleugnet wird. In der Belehrung über an-
steckende Krankheiten für Prenfsen *)i vntA
folgende Symptomengtuppe bet der in R6d^
stehenden Infection aufgeführt: Bald na^ deiü
Crenusse jener Substanzen treten SyroptöfaieVi^
Indigestion ein, die betreffenden In^i\ndtieti v<i^r^
spuren bald Uebelkeit und ähnliche ga9tri#6h)d
Erscheinungen, erbrechen sicih iinter' heffi^elte
Würgen, wobei sie, außier dem GenoSsi^cfn,
noch eine gdbe odi^r schwärzliche yisuiv^en
mit Blut vermengte Materie xim sich' §;ebfelÄ';
») Kbend. Bd. XLIV. Heft 3. S. 344. ' V'*
*) Ans dem , dem 27. Stück der Preuft. Gesetzessamm-
lung vom Jabre 1835. beigeg^behen Aifhtnge ent*
nommen. S. 106. '. '■% ^ .
- «5 —
0
\
bald wieder. Bertin^) bemerkte auf den Ge-
nab milzbraDdigeD Fleisches weit gefahrlichero
Erscheinungen zunoi Vorschein treten; es zeigte
sich meistens noch mehreren Fieberanfällen rheu-
matischer Art, eine heftige Kolik mit beson-
derm Schmerze am Nabel, welcher nicht sel-
ten der Tod unter den Erscheinungen grofser
Entkräftung nachfolgte; auch ^igten sich an
vielen Theilen des Körpers Carbunkein. von
verschiedener Form und Dauer, unter denen
die am Kopfe und Unterleibe die gefährlichsten
waren. Merkwürdig ist, dafs hiebei in einigen
Fällen ganz besonders die Parotis afficirt war.
Auch Deheid *) beobachtete nach dem Fleisch-
fenusse Geschwulst der rechten Parotis, die in
er Mitte eingesunken und mit blauen, dünne
Jauche enthaltenden Brandblasen bedeckt er-
schien, während bei andern Individuen darnach
brandige Beulen an Armen und Händen sich eiii-
stellten« «Nach Dr. Waser ') nimmt die Car-
bunkelkraukheit in Folge von äufserer Berfih-
rung einen viel raschem Verlauf , als jene durch
Fleischgenufs herbeigeführte. Während im er-^
Stern Falle der Tod spätestens am fünften Tage
erfolgtQ, soll im letztern Falle erst am vierten
Tage der Ausbruch der Krankheit sich einstel-
len und meistens am neunten Tage ohne fühl-
bare Krise nachlassen. Neuerdings wurde, nach
Naumann ^) in Sachsen beobachtet, dafs, bei
schwachen Verdauungskräften, auch nach dem
Geuufii des gekochten Fleisches Erbrechen,
Diarrhöe, selbst entzündliche Anschwellung der
') Futt/ef a. a..O. 8. 66.
«) Oetterr. Jahrb. Bd. III. St 3.
*) Bbendas. Neaette Folge. Bd. I. St. 4. S. 102.
^) Handbuch der mediciniioben Klinik. Bd. III. S. 66.
— J7 —
•
Po^la maligna gestorben war, gegen welche
ftolserlich Aetzmittel angewendet wurden, au*
Iser den andern gewöhnlichen EIrscheinungen,
eine deutlich ausgebildete Pustel im Kolon.
Nach Bertin ^) finden sich stets in den Lei-
chen Spuren von Entzüodung und Brand, meist
in den Gedärmen, mit gleichzeitiger Verdickung
des Bauchfells und Wasserergiefsung im Un-
terleibe. Meyer ^) liefert eineii genauem Sek-
tiousbericht über eine Frau, welche durch das
Tragen eines Stücks Fleisches auf dem Arme
sich diese Krankheit zugezogen hatte, und in
Folge hievoh starb. Nebst Brand des afficirten
Armes fand sich eine ähnliche Beschafieuheit
der Lungen; die Milz war zerflossen, wie ge-
ronnene Blutklumpen aussehend, in sämmtlichen
Gefäfsen des Körpers fand sich schwarzes,
theerartiges Blut, und auf dem Brustbeine und
in der Nähe der Achselhöhle des kranken Ar-
mes Ergufs einer gallertartigen Masse, ähnlich
wie beim Milzbrande der Thiere. Auch Bö/d-
Ttus ') gibt als characterisch an: ungewöhn-
liche Schwärze des Blutes, Entzündung der
Eingeweide des Unterleibs, Blutunterlaufiingen
an verschiedenen Stellen des Körpecs, eadlioh
sulzige AuHaramlungen in delr Gegend der Brösi-
einge weide. . ' */
Bei einer angestellten VergleichuÄ^ ' der
Carbunkelkrankheit des Menschen mit jeii6r
der Thiöre zeigen sich sprechehde Aehnlich-
keiten, neben auffallenden Verschiedenheiten in
den Erscheinungen und dem Verlaufe des Ue-
») Bei rauht a. a. O.
*) Preiifs. Vereinszeitong. 1835. No.34. S. 154.
*) Anleitung znr Kenntnifs der wichtigsten Seacben der
Hausthiere. Wilna und Leipzig 1820. S 108.
^S*•..
- W -
behn Manschen and dem Tbiere zaruckfuhren
liefiBe. Ber beiden entwickelt sich im Verlaufe
ein typhöses Fieber, mit den Erscheinungen
von Colliquatiouen und allgemeiner Zersetzung
der Säftemasse, und führen unter Erschöpfung
der Kräfte in der Regel den Tod herbei« Auch
stimmen die Sectionserscheinungen in beiden
Fälleii mit einander im Wesentlichen überein,
so dafs wir keinen Anstand nehmen dürfen, eine
essentielle Uebereinstimmung beider Krankhei-
ten anzunehmen«
Behandlung ' der Carhunketkrahkheit heim
Menschen.
Die Behandlung der Carbunkelkrankheit ist
je nach der Art ihres Entstehens — in Folge
von Infection durch Fleischgenufs, oderlnocu-
lation, nach dem Sitze und der Dauer des ört^
liehen Leidens und andern Nebenumständen eine
verschiedene, daher auch nicht jede dagegen
empfohlene Methode immer und unter jeden Ver-
hältnissen Anwendung finden kann; im Allge-
meinen aber zerfallt sie in die innerliche ond
äu/serliche.
a) Aeu/serliche Behandlung. Wenn der
Carbunkel durch eine äufserliche Ansteckung ent-
Btanden und erst in seinem Entwicklungssta-
dium begriffen ist, so ist als das wirksamste
Mittel Ausschneiden und Zerstören desselben
durch Aetzmittel empfohlen worden. Hof mann
sehneidet die Pustel ganz aus und läfst darauf
wobi auch noch ein Zugglas wirken. Nach-
dem die Wunde ikiit Höllenstein oder concen-
trirter Salzsäure betupft worden ist, wh-d Char-
, - 81 -
und Sehlangenbifs , die inAcirte Stelle sogleich
vorliegt, und die Zerstörung des Krankheits-
keines sofort vorgenommen werden kann, ehe
dasselbe noch überhaupt in Thätigkeit getreten,
da ist jenes Verfahren sicher. Wo aber der
Moment der eigentlichen Infection seiner Natur
nach unbemerkt vorüfiergeht, und erst der Be-
ginn der krankhaften Metamorphose jene In-
fection und deren Sitz verräth, da ist in dei<
Regel die eigentliche Grenze, innerhalb wel-
cher die Krankheit noch enthalten, nicht mehr
genau zu bestimmen, da letztere nicht mehr
absolut örtlich und es somit zu spät, der gan-^
zen Krankheitsentwicklung, durch Entfernung
des inßcirenden Stoffes, noch vorzubeugen.
Diefs wird aber um so mehr der Fall sein, wo,
wie bei der Carbünkel, der erste Anfang der
Krankheit höchst unbedeutend erscheint, und
in der Regel erst bei einem gewissen Fort-
schritte derselben, und wenn schon mehr eine
mehr oder weniger allgemeine Reaction einge-
treten ist. Hülfe gesucht wird. Hieraus geht
also hervor, dafs die Ausführung dieser ludica^
tion durchweg auf ein ganz kurzes, allererstes
Stadium beschränkt ist, in welchem aber di6
Krankheit selten vom Arzte gesehen und noch
viel seltener richtig dia||V)osticrit wird. Dr.SchrÖr
der setzt für die Krankheit im Gesiclite 36,
und an den Extremitäten 42 Stunden als Ter-
rain fest, innerhalb dessen sich der Versu6h
der Ausschälong des beginnenden Uebels noch
lohne, was aber Carganico für zu weit ausge-
dehnt erklärt, und auf höchstens 24 Stunden
beschränkt wissen will.
Andere suchten auf eine mildere Weise
durch einige Mittel, denen sie eine specifische
chemische Zersetznngskraft für den betreffen-
- 8Ji -
* tt .
\ von Kampheressig ; und das Mittel so un*-
|resetzt vom Beginn des Uebels bis zu dem
tpuncte, wo eine reichliche Eiterung den
[idschorf auch von unten her locker zu ma-»
Q beginnt. In der Regel bewirkt' dieses
fahren einen baldigen Nachlafs aller Sym-
ne, besonders der Schmerzen und der Ue-
milsty die Sistirung der sphacelösen Abster-
^ pflegt auch bald zu lolgen'und die Bil»
g der Eiterung rasch von Statten zu gehen^
»ei sich das Aligemeinleiden mit entspre-
ader Schnelligkeit bessert* Auch Schwan ^)
SS Fälle ganz allein und einfach mit Et-
nirindedekoct behandelt und bei allen diesen
nken Sistirung des Brandes und schnelle
lung, ohne alle innerliche Medicamente,
irkt, nbr einmal wurde Skarification und
ischneiden der brandigen Partie versucht,
r kein günstiger Erfolg hiebei beobachtet. —
Kreosot dürfte seine «wohlthatige Wirkung
nicht versagen.
h) Innerliche Behandlung. Soll die äüfser^
e Behandlung guten Fortgang haben und
Krankheit überhaupt zum guten Ende ge-
ll werden 9 so ist die gleichzeitige innerliche
Sendung von passenden innerlichen Mitteln
shaus erforderlich« Es erfordert nicht nur
immer bedeutende fieberhafte AUgemeiqlei-
an sich kräftigen Beistand znt Beschwich-.
mg von Seiten der Kunst, sondern es kai^i,
mufs auch durch innere Mittel auf das örtr
e Leiden und dessen Entscheidung hingen
kt wc^rden. In dieser Beziehung ivurde die
irendung incitirender, aualeptischer undanti- ^
lischer Mittel empfohlen, um die sinkende
Kleinert^s Repertoriom. 1827. Novbr. S. 21.
D.XCmfB.6.St. C
— 85 —
2. Räude.
Dafis Hautkrankheiten im Allgemeinen, und
i\ide insbesondere zu den ältesten pathologi-
aen Zuständen unserer Hausthiere gehöreui
rfte wohl aufser Zweifel gesetzt sein , inso-
n ihre erregenden Einflässe in der gesanun-
1 Natur verbreitet und in jeder Zeitpe-
ide auf der Erde in Wirksamkeit begriffen
iveseii sind und daher ihren nachtheiligen
iflufs auf die Ileerden der frühern Nomaden
»nso bekundet haben dürften , als in unselrer
^enwärtigen Zeitperiode. Hieraus erklärt es
n auch, dafs die Räude noch heutigen Ta«-
durch alle Zonen der Erde bei unsem Haus-
ven beobachtet wird. Wir finden daher diese
«ikheit bei mehrern alten Klassikern, von
ältesten bis zur jüngsten Zeit aufgeführt^
^a sind: M. P. Cato 0, M. T. rarrq *),.
Sil^), Livius *), A. C. Celsus^^, Cl. Ga-
US •), Columella '), Vegetius *) u. A., wo-
wir übrigens nicht übersehen dürfen, dab
«Iten Thierärzte und die Schriftsteller, wel-
ihnen gefolgt sind, den Ausdruck: „Räude"
Scabies , Psora — als Gattupgsbegriff be-
lltet haben , welcher neben der Krätze oder
ide auch alte Hautausschläge, als Arten, in
• De re rnstica. Cap. 5*
\ De re rastica.
> Geof^icon Lib. III. yeri. 440 if.
) 8priebt in seiner rötn« GreBobiohte voit einer epi()e-
t roitebeii Räude, als einer bÖolist verderblichen Krank-
i heiU .\
) De re medica Lib. VI. Cap. 28.
) Opera omina edit. XfiAn. Tom. XII, p. 19«
) De re rastica. Lib. VIII. Cap*4.
) Ars TeCerinaria« LiU 1. Cap. 5. o« Lib. IIL Cap. 72,
C2
— 37 —
n dieser Beziehung bezogen wissen wol*
Nach dieser ZusammcnstcHinig wurde bi»*
iie Uebertragung der Räude von Pferden,
bn, dena Rihde, den Schweinen, den Hun-
den Katzen y dem Löwen und dem Ka-
auf den Menschen beobachtet Wir wol-
Herst das allgemeine Bild der Krankheit
en betreffenden Thieren vorausschioken,
n die beobachteten Ucbertragungen so-
nachfolgen lassen , hieraus ein allgemei-«
ild der übertragenen Krankheit beim Mete-
entwerfen, und endhch die Kurregeln nach
Ditherigen Beobachtungen angeben , wenn
ßsultat hieraus gewonnen werden kana.
. Allgemeines Bild der Pferderaude^
dieses Leiden nimmt, je nach Umständen
ler • Dauer des Uebels , mehr oder minder
Stellen auf der Hautoberfläche des Kör«
sin, wobei sich folgende Erscheinungen
den: Bei der Entstehung des Uebels be-
man, dafs die Haare an einigen Stellen
Glanz verlieren, sich entfärben und wie
torben. aussehen, und entweder von selbst
en, oder sich Wenigstens sehr leicht aus-
lassen. Ehe noch viel von dem sich
feinden Krätzausschlage sichtbar wird,
nan die Pferde fortwährend voh einem beisr*
1 und juckenden Gefühle geplagt, so oft und
) nur immer können, sich an Standsaulen,
bäumen, Barren, Wänden, 'Krippen, Deichr-
nd andern harten Gegenständen, so wie
in nebenstehenden Pferden mit sichtiichem
behagen reiben, einzelne Siellen, zu wel'r:
sie mit dem Maule geliilgen können, kneii*
htOß^Sit Sliru, unter d'dh M&hne»^ an und
stv Bitte der Nase, an den Sbbultern «bd der
iiiii<^ Seitd d^r Schenkel, 1^0 mehr oder we-
vigpf gtoüey nleist kreisförmige, auch l&ng;li^he
kahle Flecke auf der Haut ersöheiiien. Bei
längerer Dauer des Uebels^ b^i VemäcMassi«
gung frühzeitiger Anwendung aweckmälkiger
Heilmittel und bei Mangel an sorgfahigör Re^
lichkeiit breitet sich dasselbe allmähHg übier beidc'
Seiten des Halses, über de» Rücken, dieLen^
dei» 0. s.w. aufii, und kann si^hSO', mter däii;
flifigegebenen Umständen, nach-Md nach äfeM'
den gamzeii Körper verbreiten. So länge die
Räude nicht weit ausgebreitet, dne Mob ört«-
licfae, durch einen äufeem Krankheitskeinl^ her-
vorgerufene- Hautkrankheit darsteHC, bemerkt
inaii kcfin Allgemeiuleiden; -w^enu aber eidmäl
die enthaarten, trocknen, schäbigen cAei gar
geschwürigen. Stellen sich weit über einen gro-
fj»en Theil der Hautoberfläche ^U9gebneitct.ivid
geraume Zeit schon bestanden haben^ so wird
endlich die Constitution angegriffen , und bald
ein Allgemeioleiden bemerklieh, bei welchem,
wegen der gestörten Thätigkeit des Hautor-
gains, der Unruhe des Thieres bei Tag und
Naeht u. s. w.. trotz des starken Fresseos , Ab-
magerung, Fieber, wäisderige A'nschweUung^er
Füfiie, ja selbst gefährliche' Leii^en sicii ein-
Blellen , wie verdächtige Druse, HiuCwarni, oder
Faulfieber, welche zun Tode .f6hi^n könneiB.
BeispieU von Uebertragung dfr Pferderäude
auf den Menschen*
Es finden sich mehrere Bekpiele von beobach-
teter Uebertraguug der Pferdttude auf den Men-
— 41 —
TagM^ waren aber dreifsigvPersonea uud meh--
lüt^cyrde, welcbie theiie mittelbar , theils nn-
Brittalbar ' mit dem raodigeki in Berührung^ ge-
l^Mmneo waren, angesteckt Nachdem diesei^
rftiidige Pferd später an einen Müller verkauft
wvrde , so steckte es denselben saromt, seinen
Knechten über und aber mit Räude an, weil
er das Thier mit seinen Händen auf dem Rücken
angerührt hatte. Auch eine Kuh, welche sich
an der Krippe des Pferdes gerieben hatte, wurde
angesteckt. Bemerkenswerth ist bei diesen \Je^
bertragungen, dafs bei sämmtlich angesteckten:
Personen das juckende Gefühl schon 24 — 36'
Stunden nach geschehener Berührung sidi auiK
sprach, was um so mehr zu bewundern ist, aU
es gerade Winter war. Aerzte und Chirurgen'
erklärten 4ias Uebel für Krätze.
Greve fand bei einem Bauern, welcher im:
Sommer bei schwüler Witterung ein stark krä!^
ziges Pferd, und zwar mit einer blolsen leinew
nen Hose angethan, ein Paar Stunden geritte»
hatte, die ganze innere Fläche der Schenkel,
mit Krätzpusteln bedeckt, welche, besonders
des Nachts im Bette , heftig juckten, aber nach
drei Wochen wieder verschwanden, ohne dafii
Etwas dagegen gebraucht wurde.
Grognier theilt uns eine ähnliche Beobäch-^
tnng mit, wo ein räudiges Pferd, ehe es in
den* Krankenstall der Veterinärschule aufgenom-
■Mn wurde, zwei neben ihm atehende Kühe
und mehrere Leute, welche mit dessen War^
tung sich abgegeben haben, angesteckt hatte.
Hertwig beobachtete bei einem Gutsbesitzer
bei. Berlin, dessen Pferde an einem hohen Grade
von Krätze litten, und wo auch die Schafe diese
Krankheit ganz ohne bekannte Ursache bekamen^
dab zuletzt alle Glied^er betreffenden Fa«
i
I
r
— 43 ~
I BeiKmf Vluerarzneisehule, jdie von einem Pferde
^ ^«lüniei . Krankheit seiDM Fran mittheäte; in
^ ^em andern Falle dagegen erfolgte keine der-
artige Mitttieilung, obwohl hiezi^ vielfältige Ge-
legenheit l^att^ gefunden hat.
Stannius lieobaditete ebenfalls einen Fall
von Stattgefiindener Uebertragung der Pferde-
rande auf den Menschen.
Hurtrel d'Arhoval theilt uns folgende hie^
her gehörige Beobachtung mit : Ein Mann kaufte
2wei schöne y aber räudige Kutscbpferde. Der
Knecht, welcher dieselben ku behandeln hatte^
bekam die Räude am Kinn, welches er sieh
häufig mit den Händen zu reiben pflegte ; aber
merkwürdiger Weise an keinem andern Kör-^
pertheile, selbst nicht einmal an den Händeni
einen Ausschlag, und dennoch wntde die Krank-
heit entschieden fär psorisch von erfahrnen Leu-^
ten erklärt 9 welche, trotz der Anwendung der
kräftigsten Mittel, erst nadi Jahresfrist 2stir Hei^
lung gebracht werden konnte. Uebrigena wavdl^
auf dem ganzen Gute weder ein anderer Mensch^
noch ein Stück Vieh angesteckt.
Allgemeines Bild der Pferderüv^de hiimM^i^nifikftu,
Die vom Pferde dem Menschen mit^efbeilte
Räude stellt sich in der Form von- gelblichen
Bläschen dar, welche gröfstentheils gröfeer, älsr
Pusteln der menschlichen Krätze und sehr oft'
von etwas Rothe in ihrer Um^ebun^ umzogen
sind. Sie zeigen sich über den ganzen Körper
mehr oder weniger verbreitet, selbst das Ge-
sicht und den Kopf nicht ausgenommen^ wel-
che Theile bekanntlich bei der gewöhnlichen
menschlichen Krätze in 4er Regel völlig ver-
- 45 -
'- ti Allgemeines Bild der. Schaf räude ^).
UebeAlickt man mit gehöriger Anfmerk«
iamkeit eineSehafbeerde, in welcher sieh räu-
iige Stücke überhaupt befinden , so wird man
bald gewahr werden^ dals einselne Stücke der-
selben öfters qiit den Füfsen nach dem Leibe
schlagen — aufspielen, wie es die Schäfer nen-
nen, oder sich bald da, bald dort mit den Pu-
lsen kratzen, oder ihren Körper scheuern und
an allen harten und Widerstand gebenden Ge-
genständen mit sichtbarem Wohlbehagen und
[>ft in der Art zu reiben suchen, als ob sie die-
selben niederstofsen wollten, wobei sie auch
wohl mit den Füfsen stampfen, oder i;oit dem
Maule nach einzelnen Körperstellen hastig hin«
fkh'ren und besonders am Halse, den Schultern,
am Rücken und Schweife, gleichsam im Zorne
die Haut benagen , wobei sie in die Wolle eiu-
beilsen, als ob sie dieselbe mit Gewalt ausrau-
fen wollten; oder dafs sich die Thiere gegen-
seitig diesen Dienst erweisen, und. namentlich
sieht man, dais andere Schafe die verworrenen
Wollflocken, besonders am Schweife benagen
und zupfen, wobei die räudigen Stücke ganz
stille stehen ; oder dais sie sich auf die Erde
legen und auf dem Bauche umherrutsdien; oder
auf den Hinterbeinen hinkend einhergefaen, auf
welche letztere Erscheinung B. Lautender ^) ein
solches Gewicht legt, dafs er sie als ein si-
cheres Zeichen von dem Anmärsche der Räude
erklärt. Fängt man ein solches Thier von der
Heerde heraus und unterwirft es einer genauen
<) Dr. Bernhard Ritter, die Scbafräode io pathologi-
scher, therapeilitdrar^ polizeilicher and gericSdicIler
Beziehung. Stuttgart 1841. S.10ff.
*) Tbeoret prakt Handbuch <fer Thierheilkuode. Br-
fart 1S07. Bd. IV. S. 90 f. 2.
— 47 -
1 .cwischeu den Uüiterschenkelii die Haut ge-
ler^ sa findet man den Zustand derselben^
Mchdem das Uebel erst neu entstadden, oder
•einem Verlaufe schon Fortschritte gemacht
tf von verschiedenem Aussehen; bald zeigt
sich entfärbt 9 blafs,>mit weifslichen Schiip-
ly und nebst dem auch mit härtlichen Erha-
iheiten bedeckt, welche dem Drucke des
tgerswidersteheU; und wenn sie etwas gekratzt
■den 9 sich als kleine röthliche Knötchen zei«
■ , welche häufig von den Klauen der Schafe
gekratzt erscheinen und ebenfalls bald in
puppen sich verwandeln , bald zeigen sich
einem blassen, welken oder grünlichen Grunde
Kcbe, ödematöse, umgrenzte Anschwellungen^
^ i sehr verdickte härtliche Stellen^ welche
^veder geröthet oder mifsfarbig erscheinen,
und da in Schrunden aufbrechen, und eine
^urfe Flüssigkeit aussickern lassen, welche
Wolle fiizartig verklebt; bald ist die SteHe
trocknet und borkig, und diese Borken bo-
cken gröfsere oder kleinere Geschwüre. An
L Stellen, welche zwar nicht aufgebrochen,
'or räudig sind, zeigt sich die Haut perga-
otartig hart, und oft bis auf einen Viertel-
L verdickt. Auch hier beobachtet man bei
ersten Entwickelung der Räude Knötchen,
-«eben utid Pusteln.
l^iele von Uehertragung der Schafräude auf
den Menschen,
Ueber diesen Punkt bestehen zur Zeit noch
neebiedene Controversen, insofern einige Be-
^hter und zwar b<pi weitem die Mehizahl
rselben, die Möglichkeit einer solchen Ueber-
— 49 —
tSs der in mancheu Gegenden vielfaltigen Ge-
;enheit hiezu, kein Beispiel bekannt sei, und
Mbnt auch, dafs von ihm hierüber ange-
Mte Versuche ohne positiven Erfolg gebUd*
ti seien. Soviel im Allgemeinen«
* Eitmüller ^) erw&hnt schon eines Falles,
I ein Mädchen sich dadurch einen krät^arti-»
Q Ausschlag zugezogen haben soll, dafs sie
h der Schafwolle statt eines Bettes bedie-
1 mufste, wobei präsumirt wurde, dals di6
^iche Wolle von r)iudigen Schafen herstam»
. Aehnliche Beobachtungen mögen auch
^rlhof^') zu der Frage bewogen haben: „ob
a vielleicht die Krätze nicht ursprünglich bei
i' Schafen erzeugt, und durch den Gebrauch
i wollenen Kleidern dem Menschen mitge*
Jt haber
\Friese ') thellt uns aus der neuern Zeit
I hieher gehörige Beobachtung mit, w0
' Schäferknechte, welche zur Wäsche von
räudigen Schfifen mit WaU'schet Lauge
syendet wurden, zehn Tage nachher an der
tze erkrankten, und ffinf Tage später auch
Vrau des einen Knechts durch ihn ange-
3lct wurde. Der Ausschlag stellte sich ate
ibies pustulosa dar, und verbreitete sich haupt-
blich an den oberu Extremitäten, kam aoer
oh a|fn Bauche und an den Fulsgelenken zum
nchein.
. • . •
} Programms de soabie. L{p8!ael73L — JSfAlfer^t Bei-
trüge zur Befördemiig der Geacbicbte und Heilang
der Krankbeitea von Crell. Berlin and Stettin 1782.
. Dd. III. 8* ad. -h SoAflMidcr^f AoBalep a. a. O. S. äSO.
») a. a. O.
») CMper'i Woobentcbrift. 1856. No. 46. — SdmMir't
. Aanaleo &• a. O« S. 3S7*
— «I —
agfcn von Uebertragiin^ dieser Thierklran}ÜMk
f JUenscheu. Mir ist der Zeit blols ein von
Ernst ^} beobachteter Fall bekannt^ wo die
bertragung der Räude vom Rindviehe auf
hrere Kinder Statt hatte.
^Ogemeines Bild der Räude bei Sohwnnefif
An gröfsem oder kleinem Stellen der Haut*
ÜMy namentlich aber an den Achselgrubeni
innern Fläche der Schenkel entstehen eine
■Ige kleiner, röthlicher und harter Knötchen^
sich bald zu Bläschen erheben^ welche
einer gelblichen Flüssigkeit gefüllt shift
Thiere werden von Jucken und Beilison ge-^
g;t, reiben und scheuem sich daher an hat^
Gegenständen^ wodurch die Bläschen au9*
ieben werden^ wo sich sodann die in ihnen
nalteue Materie (Lymphe) mit den,.untet,der
arhaüt hervorquellenden ^ Blutsttopfen mengt^
trocknet und gelbbräunliche Schorfe bildet^
fliel^t ddr lohalt mehrerer Bläschen in eiqs
■mimen ^ wodurch grdfsere Pustefai geBildt^
*den, welche nach ihrer Berstung zu be^
shtlich groften Krasten Verlu^Mssung gebeii.
nn diese Bläschen^ sich selbst dboilasseir.
Ihrer Heilung trockneü und abfallen y so neiilit
^ dieses die trockne Räude. Nicht selten
■mt aber der Inhalt dieser Bläschen eine ge-
K4ie 'Schärfe. an I die yoter ihr liegopd^ ,I^attt
2et sich, und es bilden sich -nässende. jBohran-
^ und Gesohwfire.^ wobei die Haut im Um«*
ise dick und sehwielfg wird.
^ - . ■ ' ■'. I ■ I ^
' ■ ' . ■• ■ ■;(
SUJebeF die RSodekrankbeit dM RindfiAhtk ioi-ArebiT
lor TbierbeOknadf. Zug. 1920« Bd«a HfUS. St 40.
~ 83 >-
\jiügtmm98 Bild der Krankheit beim Mensphtn.
Bel'sammtlicheii Perdonon, auf weldie die
Schweiusraüde überging, ging ein lästiges und
heftiges Jucken, welches Sich bcjsonmrs des
Nachts in der Bettwärme vermehrte , dem Aus«*
bruche kleiner, den menschlichen Kratzpustelii^
Shnlicher Knötchen voran, welche mit vermehr«
ter Rdthe begleitet waren. Der Ausschlag z^glo
ilich besonders an der Innenseite der Schenkel,
in der Kniekehle und an den Armen. Bei ¥&'•
nigen verlor sich das Uebel von selbst inner-
halb 14 — 18 Tagen, bei Andern dagegen d^verle
es längere Zeit fort, und bedurfte der An-
inrendung kräftiger Mittel zur Heilung, wie
Schwefel mit grüner Seife und etwas Bauo^oI,
oder Waschungen mil Seifenlauge, in welclier
etwas Pottasche aufgelöst war.
& Attgmteines Bild der Räude bei Hunden^
Bei Hunden kommt die Räude in mdire-*
len Formen vor, welche su verschiedenen Be-p
vennongen Veraulassong gegeben haben, als:
trockene, feuchte, kleine, rothe, gro£iie,.8chwarsBd
WUide, Speckräude u. dgl., welche sidi aber
0ammt und sonders auf die 2»nrei surrst ge^
nannten zuräckfiihren lassen. Die trockene Räude
oder Schabe ist die häufigste; sie kommt bo«
sonders am Rücken^ an der Krappe und biw
fveilen an den Ohryn vor, wo das Haar vei^
worren, entfärbt ist und allmählig ausßült; un-
ter demselben ist die Haut mit Schuppen be-
deckt, unter welchen Feuchtigkeit aussickert;
wo diese Schuppen fehlen, ist die Haut bis-
weilen geröthet, trecken und überaus heils
(rotbe Räude). An den Ohren zeigt sieb die
— 56; —
hiUfeii mit. Er : empfind . nach einigen Tageii'
Jucken an den Beinen null Oesohwulst^ Flecken
imd BlntergieÜMingen, welehe, ähnlich wie bei
dem Hunde, in offene Geschwäre übergingen.
Auf die gewöhnliche Erätzsalbe heilten letztere,
dagegen erschien ein trockner Krätzausschlag
an den Händen, Armen und dem Oberleibe.
Auch dieser wich nach einiger Zeit den ge-
bräuchUchen Mittein.
--• A jiBgemeines Bild dtr Räude bei Katzen,
' Die Räude der Katzen ist mehr flechtet^'
•
artig, zeigt sich Anfangs um die Ohren her,'
Veribreitet sich von da über die andern -Theile
des Kopfs und zeigt sich auch an den Pfbtbn,-
^as sehr natärlich zugeht, da sich die Thiere
Ml den letztem an den kranken Theilen kratzen;
Miten verbreitet sich die Räude bei den Katzen
teeiter. Sie hat das Eigene, dal!» sie bald, in
ZcSt von 4 — 6 Wochen, durch Zehrfieber und
Dorchfiill tödtlich werden kann, und in def Blehrw
sahl der Fälle tödtlich wird.
Beispiele von Uehertragung der Katzenrifäde
auf den Menschen, • * ■
Berthold ') theilt die Beobachtung mit w6
ein achtjähriges Mädchen durch eine kri^tzige
Katze, welche zu ihm ins Bett gekrochen-war,
angesteckt wurde.
Zuck ^) beobachtete eine ähnliche Ueber^
s) Casper'i Wochenschrift. 1834. No. 20. — Schneiderte
Annalen a. a. O. S. 342.
a) Bbendas. 1S36. No. 14. — Schmides Jahrbücher.
Bd. XV. Hft 2. S. 184. — Schneider'e Annalen a. a»
O, 8. 343.
— 57" —
> von Bieit ^)y wo sie von einem Kam6eF
don Menschen fibergiog.
8. Flechten.
Die Fleehfcen durfte^ mit der Rande gleich
BS Alter haben; alle Hausthiere sind ihnea
)rworfen, doch trifft man sie häufiger beim
'de, Schafe und Hunde, als be^im Rinde und?
Ziege. Dessenungeachtet beeieben ffioh;
' die bisherigen Beobachtungen doch :niiir
Uebertragong der Flechten vom Rindvieh»,
den Menschen, wie folgende Fälle lehren c ^
Oberamtsthierarzt Epple ') in Kannstadlc
tit folgende Mittheilung: Im Februar 1889l
E^nkte die Dienstroagd A. in W. an einer
cnen Schuppenflechte, welche die Stirn-,
E^m; sie hatte neben den Kühen ihres^
stherm, d^s Weingärtners E. in W«, anch
Kuh und ein Rind des Heinrich P. daselbsli
^Msorgen. An dem Rinde haUe man bim
^ . und zwar am Halse und den Seiteuth^
des Bauches einen trocknen Ausschlag be->
c.t ^ der sich durch ^ Ausfallen der Haare^
«imentartige Beschaffenheit der Haut, die
granrothe Farbe hatte, und Ueionartige«
chuppen der Oberbaut mit Jucken und Rei-;
. zu erkennen gab. Die kranken Stellen
BA scharf begrenzt Ohne Zweifel berfihrte
die Magd, beim Melken der Kühe, mit des
Qe die kranken Stellen der Flanken des
ers» und zog sich dadurch den flechtenarti-
. Ausschlag auf der Stirne zu« Gegen Ende
^ a. a. O. — Sehneider'if Annalen a. a. O.
) Herh^e Repertorium derTbierbeilkande. 18M.HfiL2.
8, 1S9.
— '89 —
t in clKdieb Wocbeti iBt dkr Körper »tif . eiM
^ Mal sUurk damit besetet. Dabeiist io ißi fto-»
g gel* das AllgemeiDbefindeä nlchfcigestörl^^aber
I das Jucken belästigt den Körper Tag uod NachU
^ Der Aaasdilag ist an sieb nicht bösartig, abev
^ viel ansteckender als die Krätze , nnd Dr.FeA/
^ eah iin knraer Zeit einen grofsen Theil derBe-9
i srofaner Ton Dorükon davon befallen werdeih
j Bei schon ^was längerer Dauer derselben- lieft
«r aof die grölsten lallen Bsoplast. perp^L Jä^
, Mii legen, und drei bis vier Tage liegen. "JM
gröfserem Anssehlagie thut weilse Prft(^tal4
0albe^ Morgens pnd Abcaids eingeriefceo^ giit4
Dienste, buierhch verordnete er mit gutem Br^
folge: Holstrank mit Gruajäk^.und später Scbw»»
fei mit Ooajak undSpiebglanxnuftelnidä Nacfe
kur. — Besiiksthierarst HinUrmülhr 'sah! bei
einem Knaben» welcher einen mit'flechtenarlii
gern AuBscblage- befaafteUn '^' Ochsen wiwelii^
dasselbe Uebel entstehen." ! : • " '
Auch bei einer am 1. Bfai 1696 gehaltsi*
nen Versammlung den wundäintUchen Verieinn
im Oberamte I^nberg erM(ähnte Wundanst
Köllreider ^) solcher Fälle, in denen FledkUw
vom Rindvieh auf die dasselbe besorgende: Pwi
sonen übertragen worden waren.
Im Monate Februar 1841 wurde ateb.iinü
Gelegenheit, die Ucbertragung der Fledhte^
von einer Kuh auf die dasselbe behandelnde
Mädchen na beobachten. Ein 2wansigjährige%
, nAust gebautes und sonst gesundes Mädchen
I auf dem Lande, welches die Kühe im Stalle
ihres elterlichen Hauses zu besorgen hatte, be^
kam an der rechten Seite des Gesichtes, < in
der Gegend des Mondwinketa und an der lin*
>) Medizinisches Correspoocienzblatt des W&iieoibergi*
•obee änUicbea Verelss. 183S. No. 26.
~ 61 ^
Beinern Melkstnhle safej dem Seitentheiln
flalses B^it dem AuBschlaj^ei und nun er-
e sich sehr leicht die Mittheilung der Flech-
lus demGe/ständttiÄdes angesteckten Mäd-
s, dafs sie beim Melken die Gewohnheit
f ihre oberen Körpertheile an den Körper
betreffenden Tliieres anzustemmen/ — Eia
k aus Stipit. dulcam. innerlich, und die äu-
che Anwendung der weifsen Präcipitatsalbo
rkten in kurzer Zeit bleibende Heilung.
4« MauUtuche.
Die Mauiseuciie befallt sowohl Hinder ab
afe, Pferde und Schweine und gehört zu
1 Krankheiten, welche epizootisch aufzu-
n pflegen. Nicht nur unsere Hausthiere^
ern auch das Wild im Walde — Hirsche
flehe — werden von diesem Uebel befallen.
Umstand, der einen Wink auf das hohe
r dieser Krankheit w/^rfen durfte. In Be««
mg auf die Frage, ob die in Rede ste«
e Krankheit ansteckend sei, oder nicht t
die Antworten verschieden und einander
dezu widersprechend ausgefallen. Einige)
n die Maulseucbe für contagiös gehaltea,
diese Ausicht zumal in den Fällen aufg»*
t, wo sich an den Zitzen der Stuten und
ß, deren Fohlen und Kalber an Ap^ithen
1, ebensolche Geschwäre zeigten. Das*-
) behauptete man in Ansehung der epizoo^r
ien Maiilseuche, bei welcher man den
läusschlag far die Haupt krankheit ansdu
li Sacar^y und PUnk soll die MUch, dejd,
ken kfihe auf alle äausthii^re und fl;elbst
LiUUut dft apbtbw pioorinü« TienÖM 176&. jf* t/tk
i noch mehr und bersteten endlich ^ wobei
» Epithelium steh loslöste und dunkelrotb^,
t allmählig wieder verschwindende Fleete
fickblieben ; hiermit waren brennende SchmeV'^
im Mnnde beim Kauen^ Sprechen und Schluk'L
verbunden^ auch war heftiger Durst zuge^
Die Bläschen an den Lippen vertrock*-
Mk zu dünnen bräunlichen Schorfen, die am
Mten Tage uaeh dem Erscheinen der ersten
»len. Gleichzeitig mit dem Ausschlage im
^e hatten sich an Häpden und Fingern
> Bläschen entwickelt. Anfangs von der
lee eines Hirsekorns, ziemlich derb und gelb*
s, in ihrem späteren Verlaufe dene^ ins
^e fast gleich, nur etwas träger, indem ihre
"^ung und Vertrocknung sich weiter hiiians-
--*- Die anderen beiden Aerzte, welche
gleiche Weise den Genufs der Milch ver-
X hatten, bekamen ebenfalls unmittelbar
^f, unter gelinden Fieberzufälien, Bläschen
Lande, indefs keiner von ihnen bekam Bläs^
^ in den Händen. Nach dem Abtrocknet
Bläschen befanden sich alle drei fortwfib^
ganz wohl. ' ' ■
Schneider intHiIda^ theilt uns aus |sel^
3£rfahrungen über diesen Gegenstand' t6\^
le^Välle mit ' ' - ^
jBün amier Itfann in Fulda, welcher die MUch
seuohekranken Kühen umsonst bekamt ge^
dieselbe kaum vier Tage -lang, so stellte
ein fürchterliches Muudweh ein ; er bekam
i^es Heber mit enormen .Magenschmerzen
. blutigem^ Ikst unstillbarem Durchfalle, und
ide nur mit Vieler BJtühe gerettef; »
\ 8chneider% Sthwrmn^er's tmd Het^i^ kuti^^ der
«teäuartndkanae 1810. Hft. 1. S.B8. -
r dem Rindvieh zuerst ausbrach^ und dann
lem sehr hohen Grade hemohtei MUebvon
ler Seuche befiülenen Käben, weldw geren*
var^ geben. Kanm eine halbe Stande naeb
Genosse derselben steltte sieh bei den
ehen Hunde heftiger Dorehfsll ein, wel»
aber nwei Stunden anhielt iind den Hnsü
igriff, dafs er kaum laufen konnte,
[m Orte Bromxell hatte man einer KatM
I von einer mit der Seuche befallenen Kok
lufen gegeben; dieselbe starb bald danmf
onvulsionen. *— Diese Beispiele,^ wdiAe
; noch vermehrt werden kfinnten. mdgeii:
^en, die Uebertragbarkeit dieser baoklieil-
f enschen damthwL
. . ./ ■
'tmeines Bild det Ktßnkheä hn Thwrm.
Die von der Krankhdt ergiiffenen ThMV
n im Anfiinge sftmmtlich die Erse)iekini*
lea FieberfrosteS) wie Kilte der KdrpeiUr:
.&che, besonders der Fnisenden^ Ohren «mI'
dt, schwachen unregehnifiiteen PnlSy gif^
He Haare u. & w.; dieser frestanfUl hllt
Bt eine. Stunde an, nnd es tritt Bwi|.eknb'
•0 Erscheinungen an ssfne Stelle, IBtns^^.
mäxBt und am stftrkslen in Kongestionen
Kopfe sich daiitellt Die Hötnes iffeB^?
rann und isuner wftrmer, eo aneb die Ohraiii;
ogenröthen sidi nnd am hmbesten und |6^
OD wird dasFkMunaul onddaiflläid «dbst
beige Kdipeifl&ehe verhJUt sieh «ehr indüBi**'
ist weder besonders warm noch lädt, db»'
h der Kreislauf siteh besehleonigt und: der*
kr&ftiger mrd.- Die TUeire IsiSB» vom
ien ab, und weim sie anek getade niehi'^
rB.XCIII.B.e.8t. E
— 66 —
Uiok^il^! tfo , noboien ^aie doch geni kiU ^^
VJäsmfktiteii inft.-Manl« sowie, da der A»
gpr .kpuMBiveges drloseäen ist, sie gcoM ^
SkdUeidpei KMcngeachlapp n. dergfJ. aofiM^i (j^
m^ 'gäschieht daa Wiederkäaen b^AM ^^
s#llflDQiv «od «M dem heifkei^ gerotheUiJM ^.^
IMH iDiuflidrliclL Anfangs dünu^r, spittr^ ^^^^
ker Schleim.- imd' Speichel aus, der msi ^^^
wmnier sich •sehr ansammeJt und zumIM^ ^
ftenl SiftUtii^ nbeliieoiiend wird. DasJU«' Schj
inmer sdutoetahafter und die Kiankeiiri' ^^^^^
tfaurig. mit: geseilkteni Kopfe von. (ierif ^^^
ak : • Zur Hitae im Manie gesellt sich Mf* s^I H^,
imd! fin£ Zeit von 6 — S '— 10 Stnodefl li ^^^1^
man auf der Zunge, neben' deiselbei; iü' an c
verschiedenen Steilen im Maulo weilseli* 1^ ^
Anfangs von der Grdlse einer Bote.f^ q,,^
Haselnulk- bis Baumnolisgrors, deren iM' d^^^^
nocii menrere zusaminenfliefsen. V\üf pij^j^
solche; Blase, so fliefst eine klare lympfc^
Feuchtigkeit aus, und es lösen sich r-"^ y\*^I^
Stttcke der Oberhaut ab, unter welch« ic^ sich
röthlidier, etwas erhabener, ein klein ?^ Hellt
sd^wammiger Grund liegt. In häufigeoF^ ^.^^.^^
findet! man jedoch nichts von diesen i^ u^l^l^^
sondern es sind sogleich bei der ersten (i^ xwei<
sttchung abgestorbene Stellen der Scfal^ Hau«
vorhanden, indem die bald uach ihrer b^ d^rs
hung geborstenen Blasen durch die Bewt{t ^^^^,
gen. d^ Zunge von der Maulhaut losgt«* w^^t
weiden» Die Krankheit verliert oft von sA i^^ ^
von ihrer' Höhe, nimmt ab und geht inB<^ und
rung über, soidals die Entstehung derKnl ff^^
"^ heit, und die Wiedergenesung oft zosimae' \^^^^
y einen 2^it3raum von 5 — 8 Tagen fallen. >vii\^
I. Bei dem ebenerwähnten fieberhaften ^ in .
fange der Krankheit und Hervortteten dsii^ äov
- 67 —
dent der MaulhöUe tritt nicht selten nodi ein
anderes Lokalleiden auf; die gewöhnliehe Mat-
tigkeit beim FieberfVoste verändert sich in ein
|}iiTemidgen zu stehen, die Fufse versagen ih-
san Dienst y oder es hinken die Kranken von
einer Stelle auf die andere, wobei man bei Ün^
tersuchung der Klauen die nämlichen Erschei*
Dungen, wie am Maule, mit geringer Abände-
rung finden wird, nämlich vermehrte Hitae,
JSchmerz, Röthe bei weüser Haut, dann sich
erhebende Blasen am Saume und meistens in
der Klauenspalte, die alsbald platzen und die-
aelben Grundflächen zeigen wie iqi Manie, je-
doch mit dem Unterschiede, dafe die Pustetn
an den Fufiien mehr zur Eiterung geneigt sind;
Iit diesem Zustande liegen die Thiere meistens
ond sind nur mit Muhe zum Stehen zu bringen.
DSeCs ist das Bild der mitKlanenseoche conh-
plicirten Maulseuche.
Dieb sind die allgemeinen Brscheinangen,
welche die Maulseuche darbietet, obgleich sie
sich nicht immer auf die gleiche Weise dar-'
atelit Vorzuglich bietet sie räcksichtlicih der
Tarsohiedenen Thierarten besondere Bijgenthum-
liebkeiten dar. Beim Schafe ist die Manlhaut am
sweitea oder dritten Tage an deni^aahnlosett
Haada des Vorderkiefers dergestalt ergriffi»,
dals sieh ganze abgestorbene Stucke derselben
erlieben, ohne dals die Bildung der Blasen deut-'
lieb- geworden wäre^ bei geringenn Geifern'
iat doch durch einige Tage die V^tterinfnaMhe'
und das Kauen sehr bemcbwerlich. — -Beiifei
Ffwrdej bei weloheai' '«diese Krankheit seltefl^
beobachtet wird, breltsM sich 'die ^ftbfaien ge^^
wohnlich mehr aus und VsrumacUen^ el^lteidi-
in geringerer Anzahl vorhandeii, den Thforeiii
soviel Schmerz, dafs sie die FuttefMdlK aM
1£%
— ©9 —
Bin oberflächlicher Blick wird genügen; ciua
Ulende Aehniichkeit dieser Krankheit bei
Thieren und dem Menschen zu erkeiineOi
in wir absehen von den Erscheinungen/ wel-
das Leiden bei seiner ursprünglichen. Eni-
dong seigt, und von der Individualität der
ftnisation, an die es gebunden ist, so däb wir
^ei nichr l&nger zu verweilen brauchen.
5. Üasstlbeultn.
Vekanntemiafiien sind die DasselbeuTeil ein«
se Plage des Viehes ^ welche dadurch su
de kommt, dals lebendige Bewohner den
lt. ihrer Höhlen ausmachen. Das Weibchen
Bremse (Oestrus) legt n&mlich seine Bier,
dlst eines löffelförmigen Legestachels, untcür
Haut verschiedener Thiere, namentlich des
Iviehes, der Hirsche und Rehe, und ewair
smal nur eines auf einmak Durch die Wfirme
Thieres werden nun die Bier ausgebrütet,
die hieraus entstehenden Larven bringen
V oder weniger grofse Geschwälste hervor,
she gewöhnlich die Gröfse eines Tauben-
haben, und Dasstlheufen oder Bosseibnden
%Dni werden. Diese Larven leben von der
chtigkeit, welche durch den Reiz, den sie
ih ihre Anwesenheit veranlassen, fortwfth-
I herbeigezogen , und welche spfiter durch
kren Biter ersetzt wird, indem die Fl&che'der
lIo, in welcher die Larven leben , sidi mit
n eiterabsondemden Haut bedeckt ; auch
erhalten sie in der Mitte der Oeschwulst
während eine kleine Oeffnung. Diese Li^r\'e
wie alle übrigen, fuCülos, die bei Hirschen
i(ommendep aber Roth durch zwei hornartige,
I «a:doBi iÜmkcoi(!äl9t^tti^in.i«räoiBiBd^'>Kdti»C
I ii|ider ßeule^ diiti^^'^udtMrmM^imelkMmmmi
I Hbataea ^iNre^e ^ imar/ ib»: hsdriBUiclirfatadiUL
von . übiei^. laUalMI'iiMiille^iMi'Bishltfjiiii oifednA
«etj^t68:Aimhcbibiid:infdwi^Ureittd['£l
-Odffhviigluillk, darehrdMIaiaii «irfmkAi «diiml»
dtoii>€lraQdMih; ; )Z>a/iA«ifdf,maq|il0mt4<V't^M^
«Bett» emca! UeiBeB'>BittstioHIiiuaikvdr6Q|Dte^tiff
^w CMoMruist-! rifDdufcU):e«vhis UUitiger; Mtinr
ein brauiier^rlitigesartigxfrKdi^parijtiifbldkirl^
hardt mit der Pinzette fafste, doch mit dem
Skalpell ausschälen mufste, weil starkes Zie-
hen Zerreifsen der etwas weich anzufühlenden
Masse befürchten lieDs. Die genaue Untersuchung
ergab nun, dafs jener Körper eine Made von
Oestrus cervi war, welche während der Zube-
reitung des HirschfelLea dem Kranken zufällig
auf den Bauch gekommen sein , sich in die Haut
gefressen und so die Dasselbeule erzeugt ha-
ben mufste. Die durch Entfernung der Made
entstandene Wunde eiterte auch nur einige Tage
und vernarbte dann ganz, die Beule verdankte
also jenem Thiere allein den Ursprung. '
Dieik sind nun die Krankheiten, welche sich
von den Thieren auf den Menschen überpflanzen
lassen, wie ich deren Beobachtungen in verschie-
denen' Journalen zerstreut liegend vorfand ; eine
ausführliche Abhandlung hierüber mit Binflech-
tung des therapeutischen, prophylaktischen, po-
lizeilichen Theils etc. als Beitrag zur verglei-
chenden Nosologie habe ich mir für spätere
— n —
■ Pn»
II.
aber die Harnsedimente.
Von
Dr. Franz Simon,
in Berlin.
e richtige Beuriheiltmg der Harnsedimeiite
lür den Mediziner von Wichtigkeit und wird
den Praktiker um so werthvoUer, je ein-r
ler die Mittel sind, durch welche man dazu
angt Die Alten erkaunten deu Nutzen die-
Bwurtheilung bei der Diagnose sehr wohl
ersetzten &Bj was ihnen Mangel an che-
Bhen und mikroskopischen Hulfsmitteln vor-
sielt, durch aufinerksames und fleilsiges Beob-
ten der Harnsedimente in ihrem Auftreten
allgemein physikalischen Verhalten. In der
<ren Zeit haben zwar Viele geglaubt, sol-
Beobacbtungen gänzlich vernachlässigen zu
tnen, ihre grorse Unkenntnils mit der schnell
a entwickeuden medizinischen Chemie und
uroskopie hinter übel angebrachtem Dunkel
bergend; Viele haben den Harn der Kran-
I wohl angesehen, ohne aber dabei etwas
deres im Sinne zu haben, als einem alt her-
irachten und zum Theil dem Publikum be-»
Sie serfallt sehr .pasMüd in 2wei"UotolrabtbeH>
klugen, nämlich: a) in Sedimente, weloMuuf
in sauer reagirendem Harn vodKOmmeny ond
by iin solche , die in «Iksli^hem ond saurem tJrin
verkommen. .
a) Sedimente y tuelohe nuf in sauer reägi-
rendem Harn vorkommen. Die gröfste Ans&ahl
Von Sedimenten gehört zu dieser* Abtbeilung^
and zwar sind es die aus Harnsäure ^ harnsaur^m
uimmoniok und harnsaurem Natron bestehenden^
Alle Sedimente, die man als kritische be^
zeichnet, ferner das sogenannte Sedimeutum
latericium, oder die rbeutfnatisohen Sedimente,
die arthritischen ^dimente, oder, um es mit
einem Worte auszudrücken: alle Sedimente^
die sich in Folge vorhergegangener Gefafiiauf-
regung nach kurzer oder längerer Zeit im Harne
zeigen (mit Aosnahme gewisser AfFectionen des
Gehirns, Rückenmarks, der Nieren und der
Blase), gehören hierher.
Man erkennt diese Sedimente an folgenden
Merkmalen : Sie sind sehr selten weifs, gewöhn-
lich macht die Färbung alle Nüan9en doreh^
von hell Isabellfarben in Orange bis Nelken-
braun, oder von Blafsroth in Zinnoberreth bis
Braunroth. Sie sind entweder nur krystallinisdi
und erscheinen dann dem Auge besonders bei
reflectirtem Lichte ats glänzende feine Schup-
pen, glinunerartige Blättchen, oder sie sind nur
amorph ond bilden dann Ablagerungen , in wel-
dien sich bei zurückgeworfenem Lichte keine
|[länzendem Pünktchen zeigen, oder sie sind ge-
mischt aus krystallinischem und amorphem Se-
diment, von denen das erstere stets die un-
terste Schicht ausmacht
Das Sediment aus Harnsäure ist stets ge-
färbt, gelb bis zionoberrotli^ und in den meU<A^
-76-1
Fallen krystalliubch , unter dem Miktosltiik
tlAChtel, als gelbe rhombisclie Tafeln oder (^
peo von laBcettrörmtgen Krystallen eiacbiä,
viel Beiteuer erscheint das Sedimeot mit
säure als amorpher Niederschlag' oder In I*
TOD opaken, auch gelblich dorchscheineniai»
geln. Auf /asat2 vou Sauren verattt*
das Sediment nicht, beim Erhitzen loA«
das in amorpher Fonn abgescbiedeoe i<^
Flüssigkeit, das kr^'stalliiiische löst sä»
Reibt man das auf eiuem Filtruin gmmS
uud mit deetillirtcni Wasser gewaschent J^
ment rai( freiem Kah zusammen, soesnitf
sich kein Ammouiak; übergiefst maneanl^
petersäure itnri erhitzt es in einer ?ii!'^
schale, so erscheint eine schone pn^'ii^
Färbung, die noch intensiver wiid,»!«*"
mit eitlem Glasstab etwas freies Ammiili^
zufügt; durch diese purpuirothe Färbiui|tM'
sich noch sehr geringe Mengen Hariw"
Leichtigkeit erkennen.
Das SedimenU aus harnsaurem A«<t^
ist dasjenige, welches am häu&gsleo ia 9*
beobachtet wird. Es erscheint stein il»»
amorpher Niederschlag, der nufserslsBlWii«*
gewöhnlich gelb, orange, gelbbraun, ttw*
xinuoberroth , [othbrauu gefärbt ist*). DieV
•) Omvenne und nadi ilim Alf. Btc^aera «iti*»"
ricbl , dafi der amorplie Niedericlilag im tw*
Harne in den meiilen Fällen freii^ Bu^"'
dieser Meinung kann ich mich nicht unlxill'
schliefsen, icb glaube vietmehr, dab Äie :H»
phei Palver licli atucbeldende Harnsäure MiMf
gewöhnlicb ist Wenn man das so (ehi i«»*
imor|ihe Beßrbte Sediment im Harne iMKn"*
mit Ireieni Kali anreibt, .o beobacbtel miii •«•
Kniwicklang »on Ammoniat. pöol min Ctte*.
«tMoffiinre hinzu, to heobschtel man il»l. «'■'=■
dl« rbombiadien Krjsullcben d„ Freiea Hl
\l0*t
- 77 —
tur dieses Sediroentes ist sehr leicht darsn zu
•rkeDnen, dsfs es naeh Hiiu&uffigen von freier
Chlorwasserstoffis&ure 'nicht verschwindet, sich
aber beim Erhitzen der Flüssigkeit leicht nnd
ToUst&ndig aaflösfry und beim Erkalten wieder
taerausAUt. Wenn man das hamsaure Ammoniak
mit freiem Kali anreibt^ so entwickelt sich^der
Gemch nach Ammoniak; wenn man auf dem
Objectträger Etwas davon mit Chlorwasserstoff-
säure versetzt 9 so findet man, daft sich in kur«-
ser Zeit au der Stelle des amorphen Nieder*
Schlags kleine gelbliche Rhomben bilden; wenn
man das hamsaiire Ammoniak durch Erhitzeir
löst und der noch heifsen Lösung Chlorwasser-
stoffsäure zusetzt, so fällt beim Erkalten kry-^
stallisirte Harnsäure heraus, wenn man die Ver-
bindung in einer Porcellanschale mit Salpeter-
säure erhitzt, so zeigt sich die purpnrrothe
Färbung, welche die Harnsäure characterisirt;
beim Erhitzen des harnsauren Ammoniaks* aof
Platinblech verbrennt es ohne Rockstand. In
der Art und Weise, wie sich das harnsanre
Ammoniak aus dem Harne abscheidet, finden
sehr grofse Verschiedenheiten Statt, die fiit
den Arzt wichtig sind. In dem frisch gelas-
senen noch warmen Harne ist es stets gelöst^
erst beim Erkalten sondert es sich ab, und
zwar 1) als ein aufiierordentlich feiner, langet
Zeit suspendirt bleibeinder Niederschlag (Urin»
jumentosa), t) als ein sehrkicker aufgeschwemm-
«
bilden ^ indem, die ttirkere Chlorwattäl-ttoidfore dem
bernsMren Amnoniak die Base eiitreif|t. Senr tehnelV
f eht dieae UaivanilUng - dea aoiofpbtii barnaaorefr
ABUBoniaka in kryaMiairta Hamaäare'vof aiqb, wenüi
nan eraterea dordl KrtuUen in Waster lost ond der
noeh beilaen LÖaong Cbloi;waaaeiratoffaaore hiiiaiifogt»
wo dann sehr bald bocbgefirbtar rbombta'Hl^ ,Ta(tlii'
iBt der erkaltenden Flaangkeit beraiusfiillen.'
— 7» —
wohnlich röther gefärbte , besteht am Harn-
saure y die obere aus der Ammpniakverbindong;
In den arthütischen Sedimenten herrscht die
krystalliairte Harnsäure vor, in den rheunoati-
sehen das hocbgeiärbte harnsaure Ai|)moniak(Se-
dimentum latencium); einige Mal sah ich in dem
weit vorgerücktem Stadium der Resolution bei
Pqeumouie ganz unerwartet ausgezeichnet schone
Sedimente von Harnsäure sich bilden zugleich
ipit harnsaurem Ammoniak. Die Lösungsfähig-
keit des Harns für harnsaures Ammouiak^mufs
sehr verschieden . sein ; man beobachtet Harn
mit Sediment von harusaurem Ammoniak, wel-
cher durch Hinzufügen von freier Säure ent-
weder gar nicht getrübt wird^ oder doch ei^t
nach einiger Zeit ein Sediment von Harnsäure
absetzt; dagegen habe ich auch Harn gesehen^
der selbst von den schwachen Säuren (Essig-
saure, Weinsteiusäure) aufserordentlich stark
weifs gefallt wurde, so dals man im ersten
Augenblick auf die Gegenwart einer grofsen
Menge Kasein schliefst, wovon bei genauerer
Untersuchung sich keine Spur zeigt, sondern
der Harn enthält eine so grolse Menge haru-
saures Ammoniak gelöst, dafs durch Zusatz von
Areier Säure so|;leich die schweridsKchte Ham-
sftnre gefällt wird.
Das Sediment ans harnsaurem Natron kommt
nie allein vor, sondern ist bisweilen dem aus harn-
saurem Ammnoniak und Harnsäure beigemischt.
Wie das hamsaofe Ammoniak löst es sich beim
Erhitzen auf md ersehebt- behn Erkalten wie-
der, auch in seinem Verhalten^ gegen Salpeter-
saure beim Erhitzen gleicht es diesem; unter
dem Mikroskop erscheiot es gewöhnlich als
groOie opake fcvgeki ^) ; auf t^;I^Ui\blech erhitzt,
*} Solche Kogeln erhalt mani wean man tich kiinst-
— 81 -
eht. . Dieses : Sediment ist niieht sehr häufige
Erkennung der Natur desselben ist ohne
Gierigkeit. Man isammell es auf ein Fil-
an£ unftersucht es auf folgende Weise:
biifii sich ohne Aufbrausen in Salpetersäure
sen (Untersehied von kohlensaurer Erde);
' die- salpetersaure Lösung in einem Porcel«
üftldien verdampft 9 so zeigt sich keine
nrfmrbe, sondern es bleibt ein weifser er*
Rückstand (Unterschied von harnsauren
indungen). Wird das Sediment auf Pia-
ich geglüht 9 so wird es vorübergebend
arsy dann wieder wei<s und nun braust
it Säuren übergössen^ da nämlich aus dem
Auren Kalk beim Glühen kohlensaurer Kalk
Hierin unterscheidet sich der oxalsaure
-vom phosphorsauren ) der nach dem Glü-
mit Säuren nicht braust. Die Gegenwart
fexalsäure ist hierdurch aulser Zweifel ge-
Löst man den geglühten Rückstand des
Miren Kalkes in Salpetersäure, sättigt die,
■g mit freiem Ammoniak und fügt sodann
fc Tropfen oxalsaure Ammoniaklösung hinzu,
Ihält man den starken Niederschlag von
Aurem Kalk, womit die Gegenwart des
»s bewiesen ist.
^ufiier diesen Sedimenten, welche die Harn-
lind die Oxalsäure zum Bestandtheil ha-
Icann im sauren Harne noch ein Stoff vor-
aen, dessen Auftreten aber zu den Selten-
^ gehört, nämlich das Cystin. Ich habe
B Stoff noch nie zu beobachten Gelegen-
g;ehabt, er ist jedoch sehr leicht durch
Krystallform zu erkennen, die nach den
ben von Mandlj Donn^ u. Andern die
^leitige Tafel ist ; durch diese Krystallform
ftdieidet sich das Cystin hinreichend sicher
■1. XCIII.B.6.8t F
— 88 -
leils dichte ■m Boden lagernde Sedimente,
eiohtftafgeschweinnite, die der Un^öbte
ibewaffntjtem Ange wohl ffir pnrnlenten
m oder Eitor balten kuia. Die pbotpbof-
Erden oharRcterisireo sich besonder« di-
'dab sie nicht, wie die hamsawen Ver-
tS^B, sieh beim Erhitzen lösen, wehl aber,
die harnsauieo Verbindungen nicht Ihan,
■Draifügen einer freien S&nre (Cblorwas-
■s&ure) verschwinden ; war die Henge das
lauren Ammoniaks im Harne bedeutend, so
lit dieses Lösen im lebhaften Anfbran-
Venn man xa diesem geaftuertm Ham,
■I er filtrirt worden ist, Ammoniak im Vo-
Mb setzt, dann fUten die Erdpbesphat«
■ieder. Es sind diese gewdhniioh du G«*
«n phosphorsauTer Ammoniak -Magnesia
Äpeläalz) und von phosphorsanrem Kalk.
Kere Verbindung ist sehr ansgezetebnet
Jhrer schönen Krystallform, an welcher
9 mit Hülfe des Mikroskopes sogleich
■I kann; sie bildet H&mlich grofee seht'
^gebildete und regelroälsige dreiseitige
r-mige) Prismen , die man h&uflg schon
K unbewaffneten Auge erkennen kann,
»Dtweder als eine feine Krystallhaut den
■ decken, oder sich an die Wftnde des
a«8 anlegen oder mit dem weifseo Se-
▼ermisoht sind. Ein Sediment, Welches
feod allein aus diesem gat kryvtnfliBirtem
Jse besteht, wird nur selten beobach-
% fluid es einmal in einem Harne bei
QeniDonie, der vollkommen klar und bem-
Vl von sehr, schwach alkalisoherlleBction
■4 ein bedeutendes , schön krystalllsiite^
mmn aas Bhosphorsanrem Magnesla-Am-
ÜMtehendes Sedimeot gebilM hatte.
F S
— 85 —
I ausgewaschen sind; hat man aus depsau«
Lösung die Erdphosphate durch Ammo-
L gefällt, 80 wird man, wenn kohlensaurejf
k sugegen war, finden, dafe in der abfil«»
BD Flüssigkeit oxalsaurcs Ammoniak noeh
Fällung bewirkt als Zeichen von 4er Ge*
^rart des Kalkes.
Dem Sedimente aus Brdphosphaten kön-
wie ich schon bemerkte, harnsaure Ver-
■jngen beigemischt sein; kocht nian das
«nent mit Wasser aus und filtrirt die noch
fce Flüssigkeit, so gehen die hanisauren Ver-
zügen gelöst durch das Filter, und schla--
sich beim Erkalten der Flüssigkeit nie-
die Erdphosphate bleiben' auf dem Pil^
Solche Gemische ansErdphosphatekl ub4
Bauren Verbindungen sind nicht weift», wie
^rdphosphate für sich, s<ondem gewöhn«-
jrnehr oder weniger gefärbt.
Krystalle aus phosphorsaurem Natron - Am-
Lakwird man im Harne bei Krankheiten kaum
^obaehten Gelegehheit haben ; bei der Leicht«
:3bkeit dieser Verbindung pflegt sie nur aus
durch Verdunstung concontrirten Harn her-
krystalllsiren.
J^tarnsedimente aus organischen Gebilden
bestehend.
Zu diesen Sedimenten gehören hauptsäoh»
- Schleim, Eiter und Blut. Der Schleim bil»
8io normalen Harn nach dem Erkalten schwa»
'Trübungen oder Wolken, bei katarrhal!-
^ji Zuständen der Blase giebt er bisweilen
k^hr massenhaften Sedimenten Veranlassung.
« sind selten so dicht und derb gelagert,
etwa die Sedimente aus Erdphqspliaten
" aus Uraten (es läfst vielmel» ein derbes^
— «7 —
Hier oder, iriierholiifiem Sthhim besteht ^
in vielen Punkten dem Schleitnsedimeat , wel-
ches bei BlsstinkätMTh «ich avs dem ikm ab«
mmietiy aber -der ' Bitenirin 'eiHhUt immer Ah-
bmräi, das.Sisdilnesfc fi»t gewobalich. sehnitttaft|;
gdb) bisweilen mit ftlut untemiseht und senkt
steh aus dem friach golassenea Urin in gnnz
kuraer Zeit^ eine scharf foegr^ztc Sidiidht
Muf dem Boden des Uringefaises bildend, in
einem froheren AiatnAUL habe ieh bereits über
die hauptsächlichsten Unterscheidudgspuncte de*
Eitemrins von dem Sphleimuringesp rochen ruod
bemerkt, dafs In denü aunpholdg^idien Verbal«
4en der Eiter- und Schleimkorperehen bestimmte
Unterschiede nicht aufgefuiideo worden sind.
Enthiit der Eiter im Hanu»ediment geringe Mmm
gen 8chieim> se kann, besonders wenn der Harn
siHuni ammoDiakaliseh reagirt, tdies gar nickt
ermittelt werden, es ist auch darauf wenig
Werth zu legen ; viel wichtiger ist es im Schleim^
Sediment geringe Menged Eiter nachzuweisen}
idi btsiebe midi auf &s, «ras ich ubdr diesen
Gegenstand im vorigen 'Heft difeseS JouroaU
(«*3ft) angefuhn kab^ I>em Eiteraedhneit
können eben so Wie dem ScUeimsediment karn«
sanre^ oder, reagirt der Harn alkalisck, phospher^
saure Verbindungen beigemischt seki; mta er^
kennt sie ebed so ^ie im SchleiniBedioentw
Wenn ein Sediment im Hatne aus Blul«-
körperchen besteht, so ist die Natur d^selben
durch das Mikroskop augenblicklich zu erken-
nen, da die scheibenförmigen, oft aber stark
aufgequollenen, gelb gefärbten Blutkörperchen
nicht leicht mit andern Formen verwechselt^
werden können. Solcher Harn ist auch, wenn
sich das Sediment abgelagert hat, noch blut-
roth geförbt , enthält Albumin und Haematoglo«
— 8» —
III.
Die Panction
des
Hydrops ovarii durch die Scheide.
Von
Dr. Carl Schwabe.
Pbyiikut in Gr. Rnofcstedt, im Gro&berzogtbum Weimir«
W ie selten es uns gelingt, hydropischen Kran^
ken wesentliciie Hälfe oder gar Genesung durch
Anwendung pharmaceutisoher oder mecnauiseh
wirkender Mittel zu verschaffiäi, ist leider eine
allgemein bekannte, durch die Erfahrung tau-«
sendßütig bestätigte Tbatsache. Keine Krank-
heit wird deshalb mit grölserm Rechte als eine
Crux medicorum betrachtet, als die unter den
mannigfachsten Modificationen sich erzeugende
und die Thätigke^t der edelsten Organe hem-
mende Wassersucht Ohne mit Aufzahlung der
bekannten Hypothesen ditr altem und neuern
Zeit über die Theorie derselben den Lesjor ifk
ermäden, erlaube ich mir, die Aufmerksamkeit
desselben für eine ziemlich häufig vorkommende
Art, ich meine den Hydrops ovarii , in Anspruch
zu nehmen. Es ist nameutlich die Function
-^ »1 —
f tMOüf bildet 8i€h an einer beetimmten Stelle,
i Mwdhulich unter druckenden Sehmerzen, eine
i GeechwttlBt; der Leib wird durch sie nach und
! nach st&rker, aber «cfaief*, gegen die Rippen
nnd die gesunde Seite hin ist er leer, die ge*
Bunde Regio hypogastrica ist frei, die kranke
angetrieben. Untersucht map durch den M ast^
dann, so fühlt nan ia der Beckenhöhle eine
begrenzte (Beschwulst, die nicht ihrer Schwere
folgt, wenn die Kranke ihre Lage verändert
und sich namentlich hierdurch von der freien
Bauchwassersucht unterscheidet Durch die
Scheide gelang es mir oft, namentlich bei ei-
nem auf der Höhe der Geschwulst iufserlidi
nnd zwar in der Richtung von vom nach hin-
ten und gleichzeitig von oben nach unt^n an*
gebrachten Druck, an der leidenden Seite über
dem Scheidengewölbe ebe pralle Geschwulst
zu fahlen, die bei kräftigem Anschlagen gegen
die Bauchdecken dem untersuchenden Finger
fluctuireode Bewegung wahrnehmen liels. Die
Vaginal -Portion verändert gewöhnlich ihren
. Stand in sofern, als sie gewöhnlich nach einer
Seite hin gedrängt ist Bei bedeutender Aus-
dehnung des hydrepischen Ovarium habe ich
stets gefunden, dab die abgehenden Fäceseine
längliche und platte Form, ähnlich den Schmink -
oder Vice -Bohnen haben, was offenbar in Zu-
sammenpreaseng des untern Theils. des Colon,
oder des obern des Mastdarms deinen Grund
hat — Zur Diagnose der verschiedenen For-
nen der Bierstockswassersucht bemerke ich
noch, dab bei Hydatiden die Fluctuation ent-
weder gar nicht, oder doch in viel geringerm
Maabe, als man bei 'der oft enormen Ausdeh«*
nung des Leibes erwarten kann, wahrzunelw
men ist.
— 98 —
,s
an der Stelle der Scheide einzustofiien, wo die
I%ietiiation am deutlicbslen zn fühlen ist; er
schlägt eogar .vor> : bei an Ascites leidenden
Männern durch de^rHastdarm su pnnetiren. —
Ziang spricht für die . Function durch die Va«*
gna, während Co2/t>eii und Sedülot niB heftige
egner der Operation auftraten. .
Während man in der neuern Zeit radicale
Heilung der Eierstocks -Wassersucht nur in der
Exstirpation der Ovarien zu finden hoffte, weil
durch die pathologische Anatomie fast stets mit
ihr bestehende Degenerationen und Productio-
tten der Ovarien, steatomatöse und sarcomatose
Entartungen derselben nachgewiesen worden
waren, scheint die Paracenthese durch die Scheide
ganz in Vergessenheit gekommen zu sein, denn
in Hfrnsiein's chirurgisch -medicinischer BibUo-
tbek findp ich keinen einzigen Fall erwi^nt. .
Die Operation an sich ist höchst einfach,
und leicht; man bedarf dazu eines leicht ge-
krümmten Troikarts von etwas starkem Kaliber
und eines 6 — 8 Zoll langen Gummi- Catheters
mit etwas weiten Oeflbungen und von so star-
kem Umfang, dafis er durch die Canüle des
Troikart leicht eingeführt werden kann.
Die Kranke wird in halbsitzender Lage auf
ein Wendungslager gebracht, die Schenkel wer-
den durch einen Gehülfen von einander gehal-
ten , die FuCse stellt die Kranke auf zwei Stühle.
Ein zweiter Gehülfe hinter der Kranken stehend,
drängt die mittelst einer Leibbinde zusammen-
geprefiste Geschwulst, indem er sie mit beiden
Händen umfalst, in das Becken hinab) während:
der Operateur zwischen den Schenkeln der Fraa
sitzend auf dem Zeige- und Mittelfinger der
linken Hand den Troikart mit der Canule in die
Scheide einbringt, an der am meisten hervor-
— «J -^
iiefeteu gelegenen Stelle des Ovariums vor*
^Hunen wird. Ejii um so wiobtig^r«^ Pu^ct»
uns die Erfahrmif .lehrt, dafs nur df^nn V^r"^
ähsung einer mit Fldssigkßit gefullliffi Höl^le
Li .finden kaiui^ wenn der lobali^ dfliselbeil
a^lich entleert wird y so dafs die ionem Wand«
■MluAofallen^y sich t^erübren und iiii| einaiM»
»Verwachsen;
St) dals wir bei ersterer das Eindringender
■>sphärischen Liuft in die Peritoneal -Höhlo
.die dadoreh bedingten ^acbtheüe vermet*
^ welches beim Baiichsticb imminr Sutt= fipr
B sobald die oberhalb der gemachten Oeffr
-g befindliche Flüssigkeit abgeflossen ist;
4) dafs ein Extravasat in. die PerltaMWln
nlö die 8Uit findis« kann > wi^ «s ^^H bei
■^ Baucbstich fast jedesmal tbi^ils watomd
, Ausfiielseos aus der Canüle durch etwaigfi
•«nöffnungen derselben, Ui^üs ciach Eotfsii^
kg der Caufile durch die in den Sack ge^
■Site Oelfnung vprkomml;.
. Wendet man mir gegen die erste hier auf«
■teilte Behauptung ein, dafs man der Qefabfi
Epigastrica su verletzen , durch Pnnctioq in
Looea alba leieht entgehen könne » so mvfi^
:die Wahtbeit dieser Einwendnog %w4ir eio<*-
stehen y dagegen aufmerksam mi^chen^ daDs e9
3n nicht mehr in der Wahl des Operateurs
{t, au der ihm sweekmälsigst gelegenen ^teUei^
> die Geschwulst s. B. am deutlicbsteii . her?*'
nritty die Fluctuatiou am bemerkbaxsteu is^
operiren.
Glaubt man dem Uebelstande, nicht an der
I tie&ten gelegenen Stelle des Sacks einste^
an zukonneiiy dpreh zweckmafsigp Lagerung:
r Kranken ahlmhAlfen, so gebe ich die AfaiTT«
hkcit zwar w, ghMibe aber nicht, dafs di<^:
_ «7 —
uhn, iaSk 4niÜiohe Hülfe gesucht ww-
niüste. Mit iuaern nod i^eni. lÜHslii
e die Kranke eb^e illea Erfolg vQO.Aei»-
Ghinirgen und Quicksclbero Ina nufi
lar 1836t wo man mich bo IUUi« i|og,
>de)t. Idi fand die Kruk» im.Jiöo^ltea
) abgezehrt, über hefUge B«|ui|i(igiii|g,
Bisen im Leibe, Taat glialieh ijolardiüi^te
• nod Stuhl -AuBlMiung klagei^ .ip ihren
Der PuIb war klein und ■«bnfill, .dip
brennend heila nnd trooken; ^ Stiaune
Temebmbar, kuns ein beotisdie^ Jlsber
len denwelban eigenthimhchen Synpptoaen
da« baldige B^e der Leidenden, w bfs-
nn. Di« Bl«iatnutiqa war naeli dea
Vocbenbette nicht «wder erachinwo.
Dicen.
ibung {
TmA i«h> daüi derselbe an? der redit^i
bedeutend aofgatrieben war : lod.^-eiiiaD
g eneiolit hatte, wie bei aaefitß,»i^tfia
B Sflhwaogem. Darob die,B*«<4ideel^Bii
■Dan eine nind«, der «diwamemQvhii^
le, pralle KugejL,
rend erluri
di« Nabalgegend erlurii. FlaotaMioo
». Ml nicht denuieh wabrnehnen.' Durch
.Heb aieh die Oeachwiilit etvtw nach
maohieben, Bod hob man aie, Bit bei-
liaden aogleieh tuiAuaend, nach «bqn
inten , 10 wurde ea der Kranken mfigUch,
io laeaeq; die nur mit l|ühe ond.naeb
«tion von Klyatieren abgebenden j&ee*
•ine UnglielM, platt soaamnengedrüflkt»
— B« der innem Uotenuouug laad
bMi 4wiwchreofauundabwirtsceariii|T-
'pginaliPnrtioa 'eine gegen da* Sdiw-
ivOlba bervenagende,., Jwi«! Aniddafeu
>.XCin.Bd.«.8t. G
klagte tiber Biehende und düäokande Sohnef-
MtUnUrldlM, der Urin gibgii kleine! Peiu
ui «titer ikrtuBpthaftBD und drfiekendea
ntaven ab, der SUiiiligaiig war hart nnd «b
len iutA 'denaelbea. tän^iofae and flwchgi
kteFtoes in Ueineii'OaaDtiUton,'
Uitferleib wtar Hemlicb g1eidiin&ii^|)V'
r- nadi' der linken S«te 'hia aufgetrieben,
unan flibtte bei knfiienn Dnieke in der lin-
Unterbaudigflgeiid '^ne aoegebrCTtdta^ dv*
ke-Oenohwabt, Flactnation wunurioMbr
igett Grade tand undeutlirii vorhanden.
Bin noimaler BeBObaffeabeit der talbem
Htslbetle iaad lefa die Vagioalportfon etwas
ig- iaoh Üoks and bintea gedranot; dpatkca
fagfia äiiaetbp vea lidw tind hinlea aneh
» mud vtHii, so apiang sie bei anftAMB*
iDra4ke lait'eiiHger Gewalt wieder ihibra
iTS Lagft la dw Tiefia nach linke filhlM
liie'. Widematwliebe Oeaohwalst, -die ,'iah
it'iat danH. mreioiieD konnte., wenn Mt
iMr..iUidem .HandfäeaUatarMb eoiapiitiirtei
mtenmohte deahalb : dotök den ASM, fünd
Uaatdam leer und iudw Hdhe !ven'«twii ■
KoU M verMgeri, dab nsiiie vArtMIta ^
knf 4ei bintoin Waad lig. Der (aA^einii^
akanOt koa&te iefa weilei: fatBHariDit'dem
*^¥brdtia4Bea, viMeiitii «iaige faah^ iMM
HAofftdrtckte Und aitlnl»|GbtlatfirtutkeU
(. Naak vom Aodttiüu-betferkteiMi'eM
aiBtr^ a»igiels.Lwiri,idalb«ie:dailtfei«»
tf .Us in dM inttlen A^Mnr aaMilll»,'
^üwliligeii pgmn dt» iniMml BaiaMMwb'
Mail der — teitodttndli;ghigMipllil'Wil
ledadi liitr *tmif. flaeUBteadeafiavaubml»
G t
— IMI —
hs äuliserst copidse Stuhleutleeruogen ein^
Bh welche gegen 5 Maafs derselben gränlicben
Bsigkeit, wie durch das Erbrechen abgingen.
;dem befindet sich die Kranke wohl, alle
.ctionen sind normal, der Unterleib ist swar
MB aufgetrieben, aber' man fühlt weder bei
ftubern, noch innern Untersuchung eine
<)hwul8t oder Fluctuation.
So gern ich mich bescheide, irgend et-
•» zur JHeilung der Krank^it gethan zu ha-
9' so bi^wundernswerth and iAteresAnk- ist
nbar der hier von der Natur eingeleitete
procels! Offenbar fand eine Verwacbsunf
kranken Ovarium mit dem lleum sowohl,,
dem Colon und Perforation beider Statt, denn
dem ersten Anfall trat Erbrechen , beim zwei*
Durchfall ein, auf beiden Wegen aber wurde
<Ibe Flüssigkeit entleert. Beim ersten An-
■, muÜBte also der Inhalt defli\ Ovarium ober-,
*' der Valvula coli in den, .Darmkanal gelan-
, sonst konnte er durch Erbrechen nicht
zeschieden werden. Dab aber die zweite
reening iint«rii«lb der Oriimii<}ar»kltppe SUtt
1, ist mir deshalb 'Wahrscheinlich, weil trotz
bedeutend gröfsern Monge der durch den
9r entleerten Flüssigkeit nicht einmal Brecfan,
^ viel Iveiiieer Erbrechen iTtelbst eintrat IhA'
*ii)ntleerte Masse itv beiden FUlen ganzdie^
ne Beschaffenheit hÄtt€(, datt nach ihrer Kn^
"^ng die deutlich währffenomibene Geschwulst
^prand, und die. durch sie veranlaisten Be-.
"idreiden eessirten , beweist mir deutlicbj dafli .
AuMcheidunsen durch Entkerong der krank-'
■en Geschwulst .veranlafst worden sind.
~ tQ8 —
dtE KnnUieit Dicht yerkürzt^ niebi leltei «to dialSal«*
"^siinduDgszofölle gesteigert haben. .
. Der Nutzen der QueckfiL^nalbe.i in; alle«- Kottimr:
dangakrankheiten iat bekannt. Aach in dieier Krankheit
iai dieselbe schon von verschiedenen Aeraien as^ewandt
worden. Lallemamd läfst längs der hint^tm Seile du»
Gliedes eine leichte Uinreibung mit QqeckailbersaiW nui^'
chen« Neumann läfst^ nachdem er im Anfange^ zMCi'Adea
gelassea hat, den Penis in Charpie, aiii «etcliA^eobr
silbersalbe aufgestrichen ist, einwickeln. Wm^ußhßievrd
mit Recht sagt: ^ist es deutlich, dafs» wen» maniiSti dem
knuiken Tüeil kommen kann^ die, örtliche MediMtioD.>di«
wirksamste ist und um so mehr in einem Uebel, dasi» der
I Meisten Meinung nach, reia örtlich isL** Ich J^am da«*
ber auf den Gedanken, die Quecksilbersalbe imdiifteUlMB
auf dieti kranke Schleimhaut anauwemden., m^ die.; Ast
Schwellung, sdimerzhafte S|>annung und Secretion: «lisptf
•elbea zu vermindern, und der Erfolg hat meine iSswar-
Cung nicht getäuscht» Zu diesem Zweck bedifuMiich. niiclft
sehr dünner Bougiea, die ich seligst verfertige.^ kukm iolfe
ein Läppchen Leinwand seiner Laniie nach tmit>.Jbcid«Ü
lüinden so «isammenroUe, dafs ea abenU ejbengleicbett
Umfang bekommt, wahrend ich, um. dnsstlb» .zusamhMSa**
aubalten, zwischen de« verschiedenen Lag'*iii..ein:weni|i
Qjuecksi'.benialbe streidie. Die Lange dct ikiugleai ist «A
Ubitom ; da gewöhnlich der Sitz dea üebels inideii Fossa
naviculaiis ist, so reichen sehr kurze bin. Man-Ksstfeiehi
dieselben mit einer Lage Quecksilberaalbe, wÜhntnA' mn»
die Spiue abstumpft und mit der Salbe xo einer Art'Kovr
gel £Ö«mt. Darauf zieht man dieseU^ durch :die Elngier,
um sin abzuglätten. Nachdem der Kranke mlnijrt; tand
man den Kanal leise zusammengedriickt hat, umwdinietz^
ten Urintropfen fortzuschaffen» führt man die Bonglejbin
zur Proatata ein , während man leise rotirt« Maa tttM
sie 6 Miauten langliegea und zieht sie dann.rotirend wiedw
heraus, während man mit den Fingera der linken HaaA
die Bougin Vdcbt mit dem Kanal zusammendröckt^ danü
die Salbe besser zur&ckbleibe. Ka wird 3— 4 mal täg-
lich Kinn eingeführt. Die ersten Male ist die Kinlüluriiag
am soUmerzhaitesten, nach und nach, aber nimmt, dieser
Schmerz ab. Abends vor dem Schlafengehen lifsl maa
eine einführen und etwa eine Stunde liegen« Bei einem
Kranken, der seiner Anssage nach niemals näoht4ieha.Pol-
lutionen halte, Uefs,ich sie sogar die Nnnht über liegen, und
eben bei diesem dauerte die Krankl|Bit am kürzesten, la
— leB ^
UifPtUai ohne bgOMl eine BabinaiMif MÜ;' dt MMr
■Mhie> BthandiM^ »iy auf liemliob totfUer >BMb sä lubai^
MhtiBt, hielt iob et l&r aatiKob^' dieielbe KooitfsiifhMo
vofniefeii, ond dieselbe ihrem euf Prifahmg geettete»
IMieil so DBterwerimu •
.1'
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-TT
■ I
. »
f > {f .
ditehen Lifaroltrr.
MMII
Jlted.Balh Dr. Butte.
1.
■ •
(Forttet^ang.)
O^htr dii |rfbyifalHp<idbtii md ttoriipiitHidfcfiiiyiHhieyiii
det dtfcMciMW nefiiwiigli, htC IM«rf Leio<»)iiii. «äne Ah-
haidhiaf getehrlebee, weiche vo^ der HanreitB Society dea
Jehreipr^i eihalten bet. Wir behda Bfeigee aoi. — Dm
?iau« SeaineiD Colchfcl wird von ttai meitteB eeglltcfaeii
Aenteo ie ao groiäeB Doeen Terordnet, defii nacbdieüige^
ja leheaagefibftiche Potgea daraoa henrorgehen köaeea«
Herr L. aab tob daer Drachme tigHcb, wochenlang fori-
gahraaehl. die gröüite 8cbwiche, heftige Diarrhöe aad
aiae Palanreqeena ?oa 170 in der MIaate eatatehcn, oad
der Pat konnte nur mit Habe gerettet werden. Bine
Dame ?oa 2& labren Tcrgiftele aich abfichtHcb mit Vin.
Celch., indem tie eis Weioglaa ' foll dä?oa aostrank. Ka
aatalaadeii aofttrt heftige Magentchmersen , KrhrecbcB,
ZaaamBMBscfaaining der Braat aad Dyipnoe, aber k«n
DweUhll; Haot und Zoage worden kalt» der PuU schwach
und Cidenformig; die Fat behielt dabei ihr vollkommeaea
Bewo(ätaeio ond klagte fiel über quilenden Durst. Krst
am lalgeaden Tage stellten sich Krämpfe in den Uei^
nea, häufiges Anfstoisen und grofse Prostratio Yirium dn,
und der Tod erlolgle i2 iiftunden nachdem daa Gift ?cr*
^ov geibeff F4ri»e imi4 proAiM l^tB^äoiü nfnei treibt»
Urini. Aof Herz and Arterien, wirkt ^diit Colcbia direot»
Kft . beschwichtigt die Scbmecze» io deof Geleokeii. Letz-
tem Wirkong wi^ tcbon d«» {Smi/tM. 4^egmeta bekAnaty
wenigstem scheint das von. ihm iqit d^m äamen Hermo«
dactylon bezeichnete Medicameat «Ine-. Zeitlose < gewesen
zn sein.
■
Nach Herrn XetHn verdankt das Goicbionm seino.
iuImI. Wirksamkeit der „ColdUcin*\ tdntm Alcaloid, wei-
ches der Veratrine y dem eigentUebe» Agens des Holle-'
beros, abnh'ch ist, und siebt er es als sebr wabracbein«
lieh an: dafii die berühmte Kau medicinale d'Hosson ans.
fliiner weioichten- Tinct. Hellebori oder Colchici mit Opinrnp
bestehe. Die Colcbicia sei jedoch nicht identisch mit der
Veratrine und ihre Wirksamkeit gegen Gicht liege (nach.
QheUuM in Heidelberg, den der Vraf. als s^in.en Lehrer
hoch verehrt) lediglich darin, da(s sie die Anssoheidang.
des Harnstoffs in hohem Grrade vermehre, in 12 Tagen
beinahe verdoppele. Diese Hrfabrnng hat der Verf. diu-cb
eigene Erfohrung bestätigt gefunden, tn einem Falle von
Gicht wurde nach zweitägigem Gebranch des Vin. Col«
chic, (zweimal 40 Tropfen, welche Brechen und Laxiren
erregten), da» kpecifitihe Gewicht des trübe», ilem KaUf
was9er Hhntiche» Urin» wm 1014 mtf 1034 vermehrt (eine
Höhe, die kaum beim Diabetes- mellites vorkommt). Bei.
erfolgender Besserung des Pat. ging dasselbe witder auC
1013 zurück. Die chemische Untersuchung ergab in 1000
Theilen Drin 00,79 feste Theüc, und davon 00,35 Harn-
stoff. In einem andern FaUe ward das spedfiscbe Ge-
wicht des Urins, wenige Stunden nach dem Gebrauch
des Coleb., von 1009 ani 1033, und des andern Tagen
auf 1036 gesteigert. Die Trübung desselben war ledig-
lieh durch harnsaiires Ammonium bewirkt. Herr L. ist
nun der Ansicht, da(s ein Deberschols von.Hajmsaore.in
dem Blute giebtischer Perneiien Stajtt fnde , und dafs die«
ser durch das Colchicum o^ttelst des pi;i|is ausgeschieden
werde. Das Colchicum sei nicht bloU wahrend der An-
ßlle einer acuten und regelmafiigen Gicht, mit erofsem
Nutzee anzuwenden, sondern zeige sich euch, in der Ai^
thritis anpmela: nnd bei gicbtischen Affectionen des Hei^
zens und der greisen Gefabe als ein unscbatsbares Mittel^
ja Herr X«. glauU, indem er mehrere Fälle der, 4rt als
Belege beibringt , dafs selbst schon bestehende evganMcb^
Verbiblungen, welche au# Diathesis ertbritica hervoitoiBn
- m -
Mto in Witm and 2. If qnntn • ia Pnrin> kann nch nber
«Mi «jiiMnni, dnik w •dw^d^rtfgnn KnnkenbSosern aooli
■or ein cinziget Mal dM CiJdiio« angewendet worden
wire. — Möge ihm sein Voriiaben gelingen, möge et
aber aneh bei ttrenger Pertidhafig lieb nidU heraantoUen/
da6 Herr L. telbft im Vorortbeile so Guniten seinet
üitteli bebngen ist! — . *
(FybeCznRg folft) ''^
• I
■ ■ tili
• •
. . . .;,. I*'. V ■ yber,, ■ i* . i. ■ ■ 'im*»
:iiMi tfüwiidlgltojMwfälirfy' Cfei«rtfli fNMi ndMfiffiriMNi BirlML
n'ir , . . ..1, •• . • j i'ffri*^^. . .t-i!i'h; ■• »' /!,•
j'' . 1 • ' ': .. • * '::;.' •»!.
Cebar die Wiltenuig verweilen wir aof die beigefügte TafcL
. I <
El wurden gebeiwn: d<l3 Knaben,
aaeiWdchen,
742 Kinder.
Rt alarbea: 142 mlantteben,
' 143 weibUcben Geschleebu &ber
nnd 297 Kinder anter 10 Jabren.
Mebf geboren 140.
Im Deeeolber dei vorigen Jabret worden
Tjjbboreii: 540 Knnben,
p Z 456IBddi#n,
' * ' : j .1008 Kisder.
i
1. 1.
*** — »■'haAktt:' «S8 männlichen,
■diMII«
neliT Bubaren 134. l
Im Verbältnib zum December dei IfDriE»*
1 261 «entger geboren, aod •(acb«ii icopfl
Rlieamaliacbe catarrbalisclic Leiden bÜcbw ><
Monate ilid Torlierrsclienilcfi , die be«onden |<p)^
Itndu des Monaia, in etllzündticbe Afbclioneu la'~
gen und dpa Balses übergingen. SiicIiliDst
Kindern nidil acUen.. so wie Ourcbfille uid S^
bei ihnen vorkamen. ZoveUea zeigten ilch avi^-
lebe und gastrisch - nervöse F'ieber. Dnler <4a i*
AaMeUEeen vari-n Maaeni am faSufigsien, SdiM»
in aebr lellenen Fällen, an den Pocken itaitiiltf
Monate ein erwBchsener Mann.
SpicielU Kranihei
en.
Erw,cl.-
Ki-ii
J
Krankbeilen.
1
1
1
An EiKkräflung Allen vrgrn. ' .
An Sdiwücl.^ B.;d o»nh der »ieburt
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Ain SHckJiaileii. . . . :
An dM Pock-n
Ab Mii»n> '
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An d« binligcB Brlu«.
Ab der Ueluniantiifdi^i
SS336&I',' ■■.:'
An HdttntxtudiHig. . ^
An der BiiftfiwbtzfiAditu
Ab dtr Hcnnt»— ■
Am Hinb'otelCBli
An PIfutitli . . _ .
Jun'f.n Iziiutlun ei£(bf r
Am ncnaifi.l>TE, ... .
Am Sclilfiinflebrr . . .
Au UIIMVbcr. . ' .> ■;
ttin Kindbt'LUleber. . . .
Am abielirendcn Ficbsc.
Ad d*^7.^eFnHln>äid>uinit. .
An d» Il^iluchwiDdiiKihk .. I
An iltf Unl*[|«iliuc)i«üiilMclit .,
An d« LgbencbwindiDchl, .
Aü Hjdio^nx.
Am BrecliduTchfiU .
Av Shllilni^ * ' '
An HiBaBCmochi
— 113 —
« •
Seit«
IL Zur Geschichte, Pathologie and TlierapiedeeWecb« -
gelfieben. Ton Dr. Bernhard Ritter zo Rotten-
borg am Neckar. (Fortsetsnag.) • . • 37
III. Krankheiten Luneborgs. Vom Medicinalratbe,
LandphyiikniDr.Fttcft^zQ Lüneburg. (Portsetzang) 75
IV. MediciniBcIi- praktische und theoretische Brorte«
rangen von Dt* Aug. Wilh, Netiher za Apenrade. 101
y. Korze Nachrichten and Aoszöge.
I.Beobachtangen über den Band warm, Mitgetheilt
▼om Dr. Bicking za Erfurt. • « • 121
2. Üeber die Anwendung der Aqoa oxymuriatica im
Scharlachfieber. Tom Dr. Clemens zaFrankf.a«M. 127
3. Monatlicher Bericht über den Gesandheitszostand,
Geborten and Todesfalle von Berlin. Nebst der
Witterangstabelle« Monat Augast. • • . 130
Drittes S t & e k.
I. Zar Geschichte der Krankheiten^ welche sich von
den Thieren aaf den Menschen überpflanzen las*
sen. Von Dr. Bernhard Ritter zu Rottenbarg am
Neckar im Königreich TVQrtemberg. . . . S
II. Beitrag zo dem gaten Erfolg von der Anwendung
der Aqua satomina in Klystleren bei eingeklemmt
' ten Briichen. Von Dr. Emsmanny zu Eckartsberga. 62
in. Medidnisch -praktische und theoretische ErÖrte-
rangen von Dr« Aug. WiXh. Neuber zä Apenrade.
(Fortsetzong.) . . * . . . • 72
lY. Memorabilien aus dem Gebiete der Innern ond
aolserii Heilkunde. Tom Ober -Medidnalrathe and
Regierbngs-Medidnal- Referenten Dr. Sthneider
in Fnlda. * 104
T. Kurze Nachrichten ond Ausziige.
1. Krankheiten und abweichende Bildung des Her-
zens. Hitziger Gelenkrheamatiimus an,d Anwen-
dung des Colchicum gegen denselben. Von Dr.
C. Rösdi zu Schwenningen. ... • 113
3* Monatlicher Bericht über den Gesundhdtszostand,
Geburten und Todesfalle von Berlin. Nebst der
Wittemngstabdle. Monat September. . 118
Viertes Stück.
). Geschichte eines merkwürdigen, todtUcb übgelaofe-
ncB AbdominaÜeidens. Vom Dr. Steinthal^ prakti-
schem Arzte zu Berlin 3^
Jeurn. XCIU.B.6.St. H
~ II. Zni fiesdiictilB Av
den Thieren ■□( i
■en. Von Dr. Bcr
Neckat im Konign
tll. MeiTidnisrh - jirak
(Fortsetzung.)-
IV. Kane Nmcbiklite
1. Warmemessiinge
Dr. Fr. Nasse,
der medicinUcbei
2. Liquor Kali ci:
!*eoi Arteoik m:
TOD Dr. Emtman
n. Prtitlittlie Mis.
Buslandiacben Lii
Rslb. Dr. Eiiste
4. MonatUnbei Be
iitinij, Gebitrlen
der Witter
II. Mcmoraliilien aui
aufiern Ilcilkande
Regierungs-Mariii
in Fuld». (Farlt
III. Zur Gescbichle li
den Tliier
Von Dr. Äemfcnri
im Königreich W
IT. Mertidniich-pra)
rnngcn von Dr. .
(FortseUung,)
y. Kurzä Nacliricbtei
eilung einei
Ton Dr. Clfmena
2. Zwei Fälle, in
Kiankbeit den ^
liehen war. Mitg
i. Monatlicher Bei
Geburten nnd 1
Wittfrungtlabelli
\
I
— 115 -^
SechtC«t StSck.
MC«
I. Zar Getchfclrte der Knnkbeiten , welch« sich tob
den Tbierea «nf den Menschen aberpflanzen Baitea.
Ton Dr. i^mkard RUter zn Rottenbnrg am Nedmr '
im Königreich Wnrtemberg. (Fortietzong.) . 3
IL üeber die Hamsedimente. Von Dr. Pnmz Simon
zu Berlin. 73
III. Die Pancdon des Hydro|it oTarii durch die Scheide.
Von Dr. Cari Sk^wake, PhyiilLoa in Gr« Rockttedt,
im Grolsberzogthom Wrimar. • • • 8CI
IV. Kurze Nachriditen und Autzuge.
1. Üebor eine neue Behandlung der Blennorrhagio
im acuten Sftadio. Von Dr. jPfinco^t in BrQaael. 103
2. Praktiache Ifiacdlen und Letefruchte aoa der aua*
landiache» LiCenitar. Mtgetheilt Tom Medldaal*
nlh Dr. 9mm In BaHn. (Fortsetzung.) .105
3. Monatttcber BerfchtoberdenGesundheitszailnnd»
Gebufea vadT Todissfliae von Berlia. Nebsi 4er
WittenMgstibeQe. Honät Deoember* IM
Inhalt d«b mi und neenzigsten Bandes 112
Namanriglyter deMdbeiB 110
^ncbreg^slgr denenicn • • • ^ • •
Ht
hrm, III, H. tJ. K.
BisictM. III, 16. n. 19. tl.
117. IV, 16. «1.6»,
Brelon, IV, 1«J.
Broiuuii, 1, 1% U, M. fUl 41.
ünwn, n, iS: HI, 31,
Biuc*, V, «7.
Biiig£«iiuin, I IT, n, M,
thD^H'"«. lU. VI, t.
MOD, IV. OT.
UT>, V, SU. VI, m.
UM, IV-, 13«.
ai, V, ie.
-Hriut, I, 31,
«h, 1,0».
M, i BL IV, «7. VI, IM.
de Udi«, IV, 88.
Catliu AhrIuiiiu, I,«. IV,».
3U. J4. 38. 8S. „ „
(üin»B, IV, 14. VI, 91.
C^»r,'lU, 1^.
-CuiuTM. II, M.
CüitnU, 1, t».
CumIId. >y, II. IT. SS.
CSgmuV VI. M. St. n. St.
de &r", V, 87.
c^^TUi Iu.'iM. ni, OL
-""' m'. U' 6S.
,_f^« IV, 30t «. »t
V,fi9, v»,a.
CuM II, OS,
Confimi, 11, «.
Corricu, 11, SU,
Camtui, V, 56. ■
Cropüi, ni, IT,
CniniltuH, I, il, tiV, m.
U.ckie, IV, lit , ■ •
DUTT, il, SB,
Dekeid, Vfj 6. M.' ,' ' '
Ddabice, 111. U.
Deiulbiit, IV, 94.
DEmakdb IV, Kl, «t..
DMboiiVlii j6, ■ ■■
DfTDIi, lir, 29
DL.Iriob. »1, J8. Vt M,
DioU«, I, S. IL Ä
D..iH.'ii,'i(ji.
DaJieui, V Ja.
UoiiT»>, III, 49. VI, BL'
Dori.bruih,ll, Ui/. ;
Dorser, IT, Uli: ■..'■'
Doubli II. <iS. ■ ', ■
lo Dnin, VI, K.
Dahi.nc, 1, na.»»,-' ■
Dati, III, 18.
',r^^.
Eb>H, IV, 116.
Eoli, III. t4.
KlirFDreioh, I, GS
Kiwif, VI, si.
30,3t.SI,SI.
. IV, IJ».
Krmrnbni, IV, SJ.
Enlfh™, II, W>.
"^vi""»' ■■ ^ w- >T. ». «t n
«■[•V»'. VI, ». g
Genid, Hl, 1
pol«, 4 71/. ■
Gorrj, iV, 76.
Grub, IJI, as,
G™, IV, 2ö.
feJliSä '".«»■
«"u ' "• ■ *•• "• *•■
Griff«, T, SO,
Grornier, VJ
Groubeün, IT
embM, IV, lua.
Öiüb/, V, is. II.
Omneni, T.'fie". ' j"l
*:»"Äi;ji7 111, "t 51"^'l> ^- \>
Kalriiu 111 JA M«iiuio«t, V, 3J-
Miiiciu', IIj'm.'!»^. •
H«ocl.«ltr; IV. 32.110- BT.
X,.l, .11, Ä , Sl'de bj;.;.^'; IV, Jfi.
MiSui^T, 1, IM.
!,.h.rTAqae, V], 31 MohrenllijiiV "'. !"•
I..foi.t, V, 60. ■ MoneW, IV; 84-89.
].atl(iBUiJ, VI, IUI. . Monrnndo, iV, 34.
Ij.BEi.i, l7lS.'v.S9. Mo"ri,4». ■■ ■
J.w,|pnb8ct.r, ». «- Momna, V, W. VI-, «.
I::;ESä.^'iit-i«. vi, *. •. 9. ssE^ik IS»; ilJ^*fv, ». 7..
**. 76. ft. 'v, 16, 2).
Li«, 11, m. Hmnräl, VI, 34.
I„i,,',d, V, SS, 6S, JtXr, V, 6I*»I. HO. ««.
Lttlimc, III, IB. MUllirr: ]., V, 113. HS-
Leonmus, IV, 60. Muir«, I, II.
L^'Z^..i/lä. VI, Tu. 71.
L*onisM, IV, 86, »8. M,«», U, 46. IV, IM. '
•«9i, IV, M. Nimuu, VI, 2i.
™"b ''''S'' » ' "*■ 5™S;''^fiJ'"'"0. «a..". IV.
ei'iS,",^«.' ' Nn^uin'lI,'M. IV, 11». VI,
Titu. llC'l- ^i"». VI,-t.3S, NiBBuinn, VI, M.
jditE, IV, 61. V, 18. NLeyordt, V 'm.
ud'inum,!, «e. Kbien, V, 7S. TO,
orry, IV, 6Ö. NonM. II, *e, 71.
Lou», U!, IIV. Nölhig, Vi, M.
««, 1, 30. Niiiaan, lU, S3.
Mdcn, V, 7l Odhtlini, IV, Sl.
■U^L^, tl, M.
Munndic, III, 17,
(rt. 97, W. 131. 13t
OdhFlinl, IV
IadIdui V, M). Okrn, II, 40.
dl LvE«, tl, M, OrAU, IV, 136.
ii*nä«, 'tu, i<
SKinlbil, IV, ].
SlfihFre, II, ti6. '«m, i, u. ji.
Sti<-gUtf ' II, «I. lU. i&. V, SJ. 88.
, IIJ, III.
■tg: II, Iß. VeiH,, I, Ü. tu, 18. 3U. U, IT,
1, ii, ie. ■ vm!«! ui, 18.
Jheir. n, 38, 111, 111. vw„ i! lua.
Stöc£, ll SS. Vibc're, III, 18. M. IV, M. ▼,
~ ' * - 5U, ft. 9tf VI.« --
«11,1, 41. 11, H. Villvra«, r, .
•j h ".18. 11, OS. yine«j Ul" '*■- ^Vj *'•
ft. O^ VI, *u
l^zyr^ V,Til,
Srdnih*!!!, I, 17. 18. JI, U. TiD«, III, IS. t
s'jlTiin, if, äs. 111, K». VirEil", Tß 4. SS.
S«rl=eti, in, 106. Vi.Tcal, Vi, ».
Vogrli, in, JB.
V<n'alcL IIL 11
Tolpi. 111,18.
1, Vi, ifl
I. V, Mb
r'^eo. WiED», VI, M.
Tumwi, nijJG» WofdiiiEcr, I, 11. tlt, 10,
T«u«cker, tt, 38. IV, «T. S5. VI, 8.
Tctru, IV, 9S. Wall, VI, 9.
TLir, VI, «8. Warnrdip, III, CO.
Thcmiton; IV, W. W««r, VI. 3»'
ThiBMti,!, Ui. Waluä, Vt, Vt.
Tbom, II, U9. Weikard, I, lUH.
X»tl«BUB,Tl, Dl. -Weinrich, IV. 88.
Tin^iii, irr, sj. wrifi, iir, «.
Toggio, V, au. Wei&B. in, Tl. 73
ToÄ, 1, 3llL II, ». Werliof, V^ 18. VI, 4& M.
Totl, I, », W^Hergiaid. ", 6e, 67.
Tnlfet, I, KK Widwinn, I, lUS, V, M,
TrelliM, IT, 77. TBL WiflMH™, V, lg,
TKbnlu, III, IB. Wi,.tiTlbilFr, Vi, 9.
Wohler, 11, 117,
Wolf, VI. 9.
Vibw, IV, » WQlff, III, 33. M. 17.
Wdllfih»iin, t, 119.
Woir>lneE*1, lit, iin,
V.i(l7, U, 48. Wolilein, 111, 18. V, 81.
ValaoliB, IV, 19. M. WoDdvill*, V, 40. tb.
V.I«It5 Ul. »10. Wriiberg/iu; IIJ.
V»m., VI, a, "'
V.lel,'lll,*18. IV, 12.
Van^baB, IV, 3«. Zue, VI, ».
V«*liu>, Ut, U. IV, U. VI, Zinffta«/, IV, 91. M.
31. Zaeb, VI, SS.
- t» -
Cidomel, Natzen des C. in entzändKebeD Krankbeiiik,
I, 98.
Camphor. Nene Anwendongsart des C. I, 123. Natua
des C. gegen Wahnsinn. V. 15.
Carbwnikely vergl. Thierhrankkeiten*
ChamiUen. Wirksamkeit des weinigten Cbamiilenbades bom
Darcbfall der Kinder^ I^ 105.
China. GescbiohfSiobet über dieEbfubrongderCbimirittie
in Earopa. II, 63« Metboden der Anwendung d^NTsel-^
ben gegen Wecbselfieber«' 65.
Colchicum. Anwendung des C. gegen bitzigen Ge-
lenkrbenmatisraas. III, 113. Ueber die pbysiologiseben
and tberapeatiscben .Wirkongen des C. autnmnale, VI,
105.
Copaiva. Wirkung des- OK Cotonivae aetbereum. I, 119*
Cuprutn. Eoipfebiung des scbwefehauren Kupfers gegen
Croup. V, 98.
D.
••.■ '. ■ ■
Dämuehieinihmti, Salpetersanres Silber gegen Pbibgose
der D. n, 110. '
Dauelbeuienf Tergl. I%ierkrankheiten.
MhirchfaU^ Sber den D. der Kinder. I^ 101.
Hysaiterle. Geschichte einer im J. 1834 epidemiscl^ herr-
schenden D. I, 70. Beschreibung der Krankheit; 75;
Therapie. 84; Ursachen der Itrankheit and ihre Con-
tagiositat. 94«
E.
BÜer, über Biter und Schleim. V, 3.
ßlektro^Magnetinnut heilt Lähmung beider Nerri fadaies.
IV, 137.
Elia, paregoric. Pharm. Kdihb., Nutzen desselben bei
Phthisis pulmonum. V, 31.
Endosmose. Ueber die Feststellung und Anwendung der
B. und Exosmoic. II, 113«
K.
KiUte, Anwendung ludter Wasehongen gegen Tqmis eon-
▼nlsiva. ly 123. Kaltes Wasse^ gegen Cronp. V, 104.
KeuMutten. Empfeblong kalter Wascbnngen^ gege* K*
I, 123. Schwefelsaures Kopfer gegen K. V, d8. An- ,
wendong des kalten Wassers gegen K. 104.
KJauenutK^y vergl. • ThierkramkheUen.
Knodtenhavisenizündung des 'Oberkiefers. III, 96.
KrnfJüieits-Cimstitutumy ein Beitrag, zur Getcbi«;btc dm
berrscheaden K. 11, 3 — 30. . •
KräHe. Empfehlung des Leoqbardi'icben Mittels gegen
K. I, 98.
Knhpockenf vergl. nierhrankhHien,
.- ■ > • ■
Latenitnaehen der Krankheit ttatt ihre Heilang. V^ 120« ■'
Leber, Bigenthüroliche Beschaffenheit des Auswurfs bei
Leberkranken, III, 72.
Liquor Kali earbimici mit gunstigem Erfolg bei Vergiftung
mit weifoem Arsenik angewendet IV, 134.
lAimeburg. Wltterungs- und Krankheitsconstitution L/s im
I. 1840. I, «. U, 75.
LuToHon des Oberaehenkels, . neues Veifabreh ^ur Ein-
richtung derselben« II, 105. *
Jtmiftc, vergL TMarhraMHiitu • '
MmUseitdiep Tergl. ThieHantMeiNnt
Mercwriid- Kachexie. Empfehlung der MilchdiSt gegen die-
selbe. I, 123.
Aft7M. Empfeblong der Afilchdiät gegen Mercnrial-Ca-
chexie. I. 123.
Nervmu Labmöng beider Nervi faciales gebeilt doreb
Blcktro-Magpetismns. IV« 137.
Amtm. FeMer der rechten N. III, 108.
— It7 —
krankheit beim Menschen, 39. Sectionsbefand^ 48. Dia-
gnose^ 65. Hebandlung, 69. 2) Wurm^ IV, 22. Allge-
meines Bild der Krankheit^ 26. 3) Wuihkrankheity }2S.
Allgemeines Bild der Krankheit beim Hände, 44. Ob^
d actio nscrsobeinongen beim Hqnde^ 59«: Wuthkrankheit
beim Menschen, 63. Allgemeines Bild der Wothkrank-
beit beim Menschen, 6l9* ObdaRtionsersebeinongen, 75.
Diagnose, 82. Bebandinng, 84. 4) Hwndegtavpe, Y^BS.
Allgemeines Bild der Krankheit beim Honde, 41 ; beim
Menschen, 44. 5) Klauenseuche ^ 44. II. KfcitilbMfM,
welche in verschiedene^ ThiergeschlecHiern Analoga dof
stellen^ 47: Identität des. Mauke -ond Kohpockencon-
tagium, 48. 1) Ktihipocken^ Vaccine ^ 58. Allgeinei-
nes Bild der originären Kabpocke, 72. Kohpocken beim
Menschen, 77. anatomischer Ban der achten Kobpok-
ken, 82. Behandlung, der Kabpocke, 86. 2) Jlfafi]te,87.
Die Maakekrankheit der Thiefe, 89. Allgemeines Bild
der Krankheit beim Menscben, 94. -III. JTrimJÜU^Mt,
welche mehreren J%iergeschlechtem gemeinsdkaftlidk zu^
kommen. VI, 3: 1) KarhwikelkranMeitj 4. Bild der
Krankheit bei Thieren, 9. Obdoctionscrscheinongen, 14.
Carbunkelkrankheit beim Menschen, 19. Obductionser-
scheinongen, 26. Behandlang der Karbankelkrankheit
beim Menschen, 29. 2) Räude, 35. Allgemeines Bil^
der Fferderäude, 37. Beispiele von Uebertragung der
Pferderäode aof den Menschen, 39. Allgemeines Bild
der Pferderäode beim Menseben. 43. Allgemeines Bild
detSchafräude,4b, Beispiele von Üebertragang derSchaf-
raude auf den Menschen, 47. Allgemeines Bild der
Rindviehräudej 50. Schweineräude, 51. Hunderäude, 53.
Katzenräude, 55. 3) Flechten, 57. 4) Maulseuche, 61.
Allgemeines Bild der Krankheit bei Thieren, 65. All-
gemeines Bild der aof den Menschen obergegangenen
Krankheit, 68. 5) Dasselheulen, 69. '
TypAttff. Ueber das Wesen des T. IV, 102.
TL
Vnterleib. Geschichte eines merkwürdigen, tödtlich abge-
laufenen Abdominalleidens. IV, 3.
Vaccine, Tcrgl< Thierkranifheiten.
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