Skip to main content

Full text of "Hufeland's journal der practischen Heilkunde"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  prcscrvod  for  gcncrations  on  library  shclvcs  bcforc  it  was  carcfully  scannod  by  Google  as  pari  of  a  projcct 

to  make  the  world's  books  discoverablc  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  cultuie  and  knowledge  that's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  maiginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  flle  -  a  reminder  of  this  book's  long  journcy  from  the 

publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prcvcnt  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  lechnical  restrictions  on  automated  querying. 
We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  ofthefiles  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  fivm  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machinc 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  laige  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encouragc  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attributionTht  GoogXt  "watermark"  you  see  on  each  flle  is essential  for  informingpcoplcabout  this  projcct  and  hclping  them  lind 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  lesponsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can'l  offer  guidance  on  whether  any  speciflc  use  of 
any  speciflc  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  mcans  it  can  bc  used  in  any  manner 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringement  liabili^  can  be  quite  severe. 

Äbout  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organizc  the  world's  Information  and  to  make  it  univcrsally  accessible  and  uscful.   Google  Book  Search  hclps  rcadcrs 
discover  the  world's  books  while  hclping  authors  and  publishers  rcach  ncw  audicnccs.  You  can  search  through  the  füll  icxi  of  ihis  book  on  the  web 

at|http: //books.  google  .com/l 


Google 


IJber  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Realen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfugbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 
Das  Buch  hat  das  Uiheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nu  tzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  Partnerschaft  lieber  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.     Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.     Nie htsdesto trotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  veihindem.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  Tür  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  fürdieseZwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google-MarkenelementenDas  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppcn  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter|http:  //books  .  google  .coiril  durchsuchen. 


(,{^,6- 

\\-%^ 


i 


O.  W.  Hufeland's 


Journal 


der 


'  practiischeii    Heilkunde. 


I 


Fortges.etzt 


T  on 


Br^  E.  Osann^ 

K,  Geh«  Med«  lUth»  ordentL  Professor  der  Medidn  an  der 
UmyersUat  und  der  med.  cliimrg.  Academie  tat  das  Militair 
znBerliiiy  Director  des  K^Poliklin.  Institots^  Ritter  des  rotben 
Adler -Ordens  dritter  Klasse  mit  der  Schleife  nnd  Mitglied 
mdirerer  gelehrten  Gesellschaften, 


18    4    1. 


XCm.  Band. 

Berlin. 

Gedruckt  und  ferlegt  Ton  G.  Reimer. 


C.  W.  Hufeland^s 


Neaes    Journal 

d«r  practiacheo 

Arzneikunde 

and 

Wundarzneikunst. 

Fortgesetzt 
Ton 

Dr.  E.  Osann, 

R.  Geh.  Med.  Ratb,  ordentL  Profeisor  der  Medicin  an  der 
üniTersitat  und  der  med.  chimrg.  Academie  für  das  Militair 
ZQ  Berlin>  Director  des  K.  Poliklin.  Insdtats,  Ritter  des  rothen 
Adler -Ordens  dritter  Klasse  mit  der  Sclileife  und  Mitglied 
mehrerer  gelehrten  Gesellschaften. 


X»   Band« 


Berlin     1841. 
Gedruckt  und  verlegt  bei  G.  Reimer. 


C.  W.  Hufeland'» 


J  o  Q  r  n  a  1 


der 


practiischen    Heilkunde. 

Forlgesetgt 
von 

Dr.  E.  Osann^ 

K.  Geb.  Med.  Ratb,  ordentl.  ProfeMor  der  Medidn  aa  der 
CnWerntat  ond  der  med.  chirurg.  Acadenüe  für  daa  MÜitaIr 
za Berlin»  Direcior  des K.  Poliklin. Institati,  Ritterdet  rotheii 
Adler -Ordens  dritter  Klasse  mit  der  Schleife  und  Mitglied 
mehrerer  gelehrten  Geseilsohaften. 


Gfrm»;  Frewid,  ist  atte  Theorie, 
Doch  ffrün  des  Lebens  goldner  Baum* 

Göihe. 


L  Stück.     JulL 


Berlin. 

Gedruckt  and  verlegt  bä  G.  Reimer» 


L 

Zur 

Geschichte,  Pathologie  and  The« 
rapic  des  Wechselfiehers. 

Voa 

Dr.  Bernhard  Bitter, 

\n9k$ß  Ante  se  Rottenburg  am  Neckar,  ni  EwgWMh 

Wurtemberg. 


ji^  Zur  Geschichte  des  fFe^seffiebtrs^ 

JUie  physische  Existenz  des  WcchseUicbeis  auf 
Erden  durfte  wohl  so  ak,  als  das  Mensohen- 
geschlecht  selbst  so  erachten  seini  da  diever* 
anlassenden  Ui^achen   desselben    gleich    beim 
«mten    Auftritte    des  Menschen  auf  der  Erde 
axistirt  und  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  fori» 
eriulten  haben  ^  auch  das  Wediselfieber  die  Ent- 
wiekelong^gesetze  des  Lebens  so  in  sich  auf- 
genommen hat  j  dab  man  bei  diesem  verschie- 
ieiie  Phasen ,  bei  jenem  verschiedene  Periodeu 
fatlich   wahrnelinien  fcanii,    und   es  somit  in 
njnem    Verlaufe    dem    Leben   nahe  venvmidl 
[scheint.     Auch  erwähnt  schon  Bippokraies  viel- 
fikig  deK  Wechselfieber  I  und  stellte  über  thr^ 


—      8      — 

EntBtehtmgsweiae  NaeI^oi9cliinigen  an,  was  wir 
bei  diesem  Aator  nur  von  jenen  Kraokheiten  zu 
finden  pflegen,  welche  in  ihrer  Wirkung  dem 
Menschen  sehr  empfindlich  sind;  ja  er  erwähnt 
schon  des  epidemischen  Auftrittes  dieser  Krank- 
heit —  Aretäus  von  Kappadocien  ^)  thut 
das  Wechselfieber  zwar  nur  im  Vorbeigehen, 
Behufs  der  Versinnlichung  des  aussetzenden 
Kopfwehes,  Erwähnung,    allein  eben   dadurch 

f'ibt   er  deutlich  zu  erkennen,  dals  zu  seiner 
eit  das  Wechselfieber  eine  allgemein  bekannte 
Knuikheit  dargestellt  habe,  da  man  nur  durcl: 
kiare  Thatsachen  weniger  klare  durch  Gegen- 
überstellung zu  eri&utem  pflegt.    Diokles,  Archi* 
genes,  Asklepiades  machen  dieses  Fieber  eben- 
falls namhaft.    Ebenso  CeUus  '},  welcher  nocl 
die  Behapdlungs^eise  von  KUophantus  anfuhi 
und  in  einem  geordnetep  Vortrage  die  verschie 
denen  Arten   des  Wechselfiebers  in  Betract 
zieht.  Galen  behandelt  diese  Krankheit  mit  zien 
lieber  Ausführlichkeit,   und  erwähnt  unter  ai 
derm,  dais  Archigenes  dieselbe  zwar  gekannt, 
aber  schlecht  beschrieben  '),  dals  Agaihinua 
sich  mit  Bearbeitung  derselben  befalst  habe  ^), 
nnd  endlich  dals  in  Rom  die  fruchtbarste  Zeu-« 
gungsstätte  für  dieses  Fieber  sei  ^),  — r   eine 
Beobachtung,  die  bis  auf  den  I^utigen  Tag  in 
Wahrheit  fortbestanden  bat  Cälius  AureUanus  ^) 
nennt  dieses  Fieber  nur  im  Vorbeigehen  und  legt 
ihm  den  Namen :  „Pebris  defedivpL*  beL    Diese 
kurze  8ki:^e  möge  genügen,-  das  hohe  Alter 
der  in  Rede  stehenden  Krankheit  darzuthun, 

')  De  (au9,  et  sign,  dioturn.  morbor.  lib«  L  cap.  2^ 
')  Opera  de  re  medica  lib.  III.  cap.  3,  13.  n«  14.  if. 
*)  OttUni  Opera  omnia  ed.  Kühn,  Vol.  VII.  pag.  365. 
^)  Ibid.  V0I.XVIL  A.  p.  944.  «)  Ibid.  pag,  121, 

^)  Opera  edit  Jimdov^en»  p.  97. 


-    «    - 

Die  geographiiehe  VerbmUiog  des  Wcch« 
Beifiebers  betreffend ,  so  kennen  wir  dasselbe^ 
naeh  Schönlein  *),  Mob  auf  der  ndrdliohen  He* 
mispbärei  und  zwar  mehr  auf  dem  ösiliehm, 
als  westlidion  Tbeile  derselben.  Die  Verbrei- 
tung der  Krankheit  hat,  in  dieser  BesGhr&nkung, 
eine  deutliche  Polargrense;  sie  reicht  nur  bis 
zu  gewissen  Punkten  nördlicher  Breite ,  die  aber 
nicht  in  allen  Ländern  gleich  sind.  80  gi|l|^  z.  B. 
die  Krankheit,  im  Westen  Europa^s,  mi  zu 
den  Shetlandinseln ;  etwas  westlicher  auf  dem 
europäischen  Continente  aber  finden  wir  sie 
schon  etwas  höher  steigend.  Noch  mehr  ge* 
gen  Osten  hin  sehen  wir  sie  wieder  auf  nie- 
derere Grade  beschränkt,  und  in  Mittelasien 
scheint  sie  gar  nicht  über  den  56^67^  nörd- 
licher Breite  hinauszureichen,  so  dafs  die  Ver- 
bretiuugslinie  so  ziemlich  eine  Curve  bildet, 
welche  mit  v.  HumholdVs  isothermischer  Curve 
fast  zusaromenfalk.  Eiue  Aequatorial- Grenze 
scheint  diese  Krankheit  nicht  zu  haben;  denn 
wir  finden  sie  auch  in*  der  heifscn  2#one  bis 
unter  die  Linie  hin.  Was^  die  Elevationsgrenze 
betrifft,  80  hält  sich  das  Wechsolfieber  mehr 
an  die  Tiefe;  daher  beobachtet  man  Wechsel^ 
fieber  hauptsächlich  an  den  Ufcni  des  Meeres, 
in  der  Nähe  von  Sämpfen,  Seen  und  Teichen. 
80  herrscht  es  auf  eine  epidomische  Weise  an 
den  Ufern  des  adriatischen  Meeres,  von  dem 
Golf  von  Lepanto  an,  längs  der  Laffunen  Ve- 
nedigs, der  Sümpfe  Mantua^,  dos  uolfes  von 
Taren t,  der  pontinischen  Sümpfe,  des  Golfes 
von  Terracina,  der  Mündung  der  Tiber;  fernps 
längs  der  Goli'o  von  Genua  und  Lyon,  in  IfaK 
laga,  Gibraltar,  Kadix,  Lissabon,  Bayonne,  W 

s)  Ajlgf^nieine  \\t\i\  spftoielle  PaUiologie  und  TlMra| 
Uisrban  1834.  B<1.  IV.  8.  16  i\. 


--     10     — 

ctiefort,  Vliefeingen,  inHoflaBd^  UDgamu.8.w. 
AUein  lucht  nuc  im  Groüsen,  sondern  auch  im 
Kleinen  bewährt  sich  der  Bestand  der  hier  be- 
zeichneten £levati(m;  so  kann  man  A.B»  iii^om, 
wo  man  im  Erdgeschosse  schlafend  gewifs  vom 
Wechselfieber  befallen  wird,  schon  im  zweiten 
StocKe  desselben  Hauses   von  ihm  verschon! 
bleiben ;  ja  sogar  in  einem  und  demselben  Ge? 
mache  Jutim  der  Mensch  dieser  Krankheit  ent*^ 
gehen  j^Mvenn  er  die  Nacht  sitzend  darin  zu- 
bringt.   Diefis  gehört  jedoch  mehr  zu  den  Aus- 
nahmen,   Hieraus  erklärt  es  sich  audi>  dafs  die 
Römer  zur  Zeit  einer  herrschenden  Wechsel-^ 
fieborepidßmie  sich  nach  höhern  Gegenden  be- 
gaben und  von  der  Krankheit  verschont  blieben. 
Indessen  erleidet  die  Vorliebe  der  Wechselfie-r 
ber  für  Niederungen  auch  ihre  Ausnahmen.    Zur 
^it  und  in  Gegemien  nämlich,  wo  diese  Krank- 
heit endemisch  vorkommt,  erhebt  sie  sich  oft 
plötzlich  aus  der  Tiefe,  weiin  sie  bis  auf  einen 
gewissen  Grad  von  Heftigkeit  gekommen  ist, 
WP  sich   sodann    ihre  Zunahme    an  Intensität 
durch  Zunahme  ihrei:  EUevationsgrenze  bekun-? 
det.    INese  Zunahme  hat  maii  in  der  Schweiz, 
sowie  in  aHen  Gebirgsländern  Europa's  beob-» 
achtet. 

In  Beziehung  auf  den  Gang  der  Verbrei- 
tung von  Wechselfieberepidemieen  sei  hier  nur 
frwähnt,  dafs  sie,  wie  die  meisten  andern  Epi-^ 
demieen,  von  Westen  her  beginnen,  und  sich 
von  hieraus  Schritt  für  Schritt  in  ihrem  Weiter- 
scbreiten  verfolgen  lassen.  —  Auch  die  Be- 
.  schaffenbeit  des  Bodens  scheint  zu  dem  Wech- 
selfleber in  einiger  Qeziehuug  zu  stehen ,  in  so- 
fern man  das  Vorkommen  desselben  häufiger 
in  Gegenden  beobachtet,  wo  der  Boden  thon- 
artig  ist,  —  einUmstMid,  welchen  Linn^  durch 


-*    II    ~ 

die  Gegenwart  des  Thoiies  im  Waiseri  wek 
dies  mau  ata  Getr&ak  benutzt,  erklärt,  aber 
wahraeheinlicher  und  eher  von  der  Feuehtigkeit 
abKuhaugen  aelieint,  welche  das  Waaaery  dos« 
sen  Filtration  schwor  vor  sieh  geht,  nothwen* 
dig  aii  der  Oberfläehe  untorhalten  maflk  —  In 
Indien  I  auf  dem  Vorgebirge  der  guten  Hoff«« 
nung»  in  Island  und  Grönland,  in  (Schottland, 
kl  vielen  Gegenden  Schwedens,  in  (oipplaMl 
und  Bum  Theil  in  den  obem  nördlichen  Provin« 
Ben  kommt,  nach  Myrray  *),  das  Wedisolfle- 
ber  nur  höchst  selten  vor. 

Was  nun  die  Verbreitung  des  Wochsoli« 
fiebere  im  Thierreiclio,  odör  mit  andern  VVorten 
die  Boatitwortung  der  Frage  betriffl,  ob  diese 
Krankheit  nur  ausscliliefsliches  Eigeuthum  der 
menschlichen  Species  sei,  oder  ob  dieselbe  auch 
andern  Thierarlen  zukomme  V  —  sp  äuüsort  sich 
Schön/ein  ')  in  dieser  Beziehung  folffenderma-« 
fsen:  „Das  innere  Moment  des  WecTiselflebers 
ist  das  menschliche  Geschlecht.  Intermittens 
findet  sich  nicht  bei  Thieren,  und  so  gut  man 
die  Menstruation  als  ein  charakteristisches  Merk« 
mal  des  Menschengeschlechts  aufgestellt  hat^ 
so  gut  könnte  auch  das  ausschliefslicho  Befal- 
lenwerden von  Intermittens  als  solches  gelten^ 
Es  zeigt  sich  aucli  in  dieser  Beziehung  wieder 
der  Satz  wahr,  dafs,  je  gröfser  die  Aehnlicb« 
keit  zwischen  dem  Gefüfssysteme  der  Men- 
schen und  Thiore,  desto  gröfser  die  Verschieb 
denheit  zwischen  dem  Nervensysteme  beider 
sei;  defshalb  lassen  sich  für  alle  Krankheiteni 
welche  im  GefarHsysteme  halten,  so  ziemlich 
analoge  Krankheiten  nachweisen.  Mit  den  Ner- 
venkrankheiten ist  CS  ganz  anders;  es  beginnt 

I)  Medidn.  Bibliothek.  Bd.  III.  S.  40  (f.    *)  a.  a.  O.  S.  0. 


~    I«  — 

hier  ein  gans  neues  Gebiet  von  Krankheiteii, 
def^i  Zahl  eia  Privilegium  ies  Menschenge- 
eehledites  ist;  so  ist  'es  4enn  auch  mit  der  In- 
termittens*  Reil  will  den  Grund  dafür ,  dalsdie 
Thiere  nur  von  xemittirenden,  nicht  aber  von 
intenniltirendeu  Fiebern  beiallen  werden,  in 
dem  Gange  auf  vier  FüiSsien  gefunden  haben. 
Sei  dem,  wie  ihm  wolle,  Intermiitentes  finden 
Mich  nur  beim  MenschehV  —  K.  R.  Haffmann  ^) 
druckt  sich  auf  ahnliche  Weise  aus,  wenn  er 
sagt:  „Das  Wechselfieber  kommt  nicht  aHein 
blols  dem  Menschen  zu,  sondern  im  Menschen- 

geschlechte  vorzugsweise  nur  der  europäischen 
ia^e."  —  Auch  Schnurrer  *)  spricht  dieser  An- 
sicht das  Wort,  und  hält  die  Eigenschaft  der 
europäischen  Rafe,  von  dem  Wechselfieber  be- 
fallen werden  zu  können,  für  den  Grund,  dafs 
sie  allein  über  die  ganze  Erde  verpflanzbar  ist, 
indem  sich  durch  das  Wcchselfieber  die  Natur 
des  Menschen  mit  der  des  Planeten  ausgleicht. 

Dieser  ^twas  absprechend  gefafsten  Be- 
hauptung lassen  sich  indessen  andere  Autoritäten 
entgegenstellen.  So  sagt  yeith  ^),  dals  es  bei  den 
Hausthieron,  zumal  bei  dem  Pferde,  auch  aussez-' 
zende  oder  fVechselfieber  gebe,  deren  wesentliche 
Zufälle  zu  gewissen  Zeiten  ganz  aufhören,  aber 
nach  gröüsem  oder  geringem,  oft  sehr  bestimm- 
ten Zwischenzeiten  wiederkehren,  sei  keinem 
Zweifel  unterworfen,  obgleich  wenige  Beob- 
achtungen darüber  bis  jetzt  bekannt  seien.  — 
Schon  Wqldinger  hat  solche  regelmälsig  aus- 
setzende Fieber,  deren  Zufalle  in  der  fieber- 

<)  Vergleichende  Idealpatbologie.  Staltg.  1S34.  S.  581. 
•)  Allgemeine  Krankheitslelire,  S.  205.  *)  VeitKs 
ilandbacb  der  Veterinärkande.  Wien  1841.  Bd.  II. 
S,  X7%  Anm, 


—     18     — 

freien  Zeil  voUkonuMB  vemehwaadaBi  bei  de« 
Pferde  gesehen,  allein  er  geUnnle  eieh  noeh 
nicht,  au8  diesen  wenigen  Killen  Sehlosse  nu 
sieben  und  seine  Ideen  hierüber  bekennt  nnnF« 
chen,  theils  wegen  der  Neuheit  dieser  Beob« 
nehtung,  theils  wegen  des  Stillschweigens,  wel- 
ches alle  thierftrstliehen  Schriftsteller  bis  dahia 
über  diesen  Gegenstand  beebachteten.  Setldea 
sind*  mehrere  P&Ue  von  dentlidi  anssetsendea 
Fiebern  am  Wiener  thier&rstlichen  Institute  be* 
obachtet  worden,  obgleich  auch  dieser  Beob- 
achtungen noch  viel  su  wenige  sind ,  und  selbst 
diese  wenigen  nicht  sorgftitig  und  lange  genug 
angestellt  werden  konnten,  um  ein  bestimmtes 
Resultat  daraus  xu  entnehmen.  Auch  in  an« 
dem  Ländern ,  auber  Deutschland ,  wurden  ihn- 
liehe  Beobachtungen  gemacht.  La  Guerini^re 
und  Ruini  erwähnen  der  aussetsenden  Fieber, 
welche  sie  drei-  und  viertägige  nennen.  Pozzi 
und  Mislei  0  haben  ähnliche  aussetzende  Fie- 
ber bei  dem  Pferde  beobachtet  Selbst  unter 
den  ncucrn  fk'ansösischen  Thierärzten,  welche 
nach  Broussais'  Ansichten  jedes  Fieber  für 
symptomatisch  und  als  die  Wirkung  eines  schon 
früher  bestandenen  örtlichen  Hcizungs-  und 
Eutzündungszustandes  anerkennen,  das  Vor- 
kommen eines  wesoutlichen  oder  selbststäudi-« 
gen  Fiebers  aber  gänzlich  läugnen,  gibt  es  den- 
noch einige,  welche,  durch  Beobachtungen  von 
Krankheitsfällen  geleitet,  das  Dasein  eines  aus- 
setzenden t^iebers  bei  dem  Pferde  zuzugeben 
sich  bewogen  finden  ^).  —  Damoiaeau  ^)y  woU 
chem  wir  genaue  Beobachtungen  über  Fieber 

I)  aiov.  Pozsiy  U  Zoojatria  Milan.  180«).  Tom.  III.  |».  356. 
*)  Correspond.  de  Froinago  do  Fcmjrd,  Tom.  IV. 
p.  28.  ')  Journ«  ^irat.  do  mvdic.  v^turint  i»ar|)a- 

f»wy  an.  1828.  p.  527. 


—     14     — 

in  der  Veterinärkiinde  verdanken  ^  beobachtete 
bei  einem  Hengste,  in  Folge  ailzufruher  Befrie-^ 
digong  des  Geschlechtstriebes ,  ein  sehr  regel« 
näfsigeSy  viertägiges  Wechselfieber,  welches 
«päter  in  ^  ein  dreitäg^es  und  endlich  in  ein  all-* 
tägliches  mit  ^ofser  Schwäche  überging.  — 
LUgmrd  sah  ein  deutlich  ausgebildetes  Wech- 
selfieber mit  täglichen,  9ehr  unregelmäüsig  ein-* 
tretenden  Paroxysmen,  ohne  Spur  irgend  einer 
2H1  Grunde  liegenden  Entzündung ,  welches  sie« 
benzehu  Anfälle  machte,  nach  welchen  sich 
erst  Zeichen  eicier  Brustaffection  einstellten,  an 
deren  Folge  das  Thier  acht  Tage  später  zu 
Grunde  ging.  Erst  vor  l^urzem  hat  Clichy  ^) 
ein  Quotidianficber  bei  einem  Pferde  beobach- 
tet, in  welchem  die  Anfälle  zwanzig  Tage  hin-« 
durch  sehr  regelmäfsig  eintraten,  und  welches 
endlich  durch  den  Gebrauch  der  Chinarinde  ge- 
heilt wurde.  Unter  den  Tfaierärzten  bestehen 
indessen  über  diesen  Punkt  noch  manche  Öon- 
troversen;  so  nimmt  z.  B.  Solhysel  die  Unter- 
scheidungen in  Quotidian-,  Tertian-  etc.  Fie- 
ber nicht  an;  Huzard  der  Sohn  dagegen  er- 
kennt bei  den  grofsen  Hausthioren  dieselben 
Arten  von  Fieber  an,  welche,  in  Bezug  auf  das 
]!^en8chengeschlecht ,  allgemeüi  angenommen 
werden,  gesteht  aber,  dafs  die  Geschichte  des 
Schleim-,  Magen r,  adyuamischen  und  atakti- 
sdien  Fiebers  noch  zu  dunkel  sei,  als  dafs  er 
darüber  seine  Meinung  auss^usprechen  wage. 
Vorhalte  sich  nun  die  Sache  wie  sie  wolle,  so 
ist  doch  soviel  als  ausgemacht  zu  erachten, 
dafs  wir,  nach  den  gegenwärtigen  Erfahrungen, 
noch  keineswegs  berechtigt  sind,  das  Wech- 
9elfieber    als   ausschliefsliches  Eigentbum    des 

X)  Clichy,  observat.  de  fi^vre  intermitt.  a  type  qaotidien 
dans  le  cheval,  in :  Recucil  de  med«  ?6tor.  Juillet  1830. 


—     15     — 

Meoschengesehleohies  zn  ertehten^  da  wir  des« 
jen  Vorkommen ,  auch  abgesehen  von  den  oben 
anfgefohrten   Beobaehiungen,    beim  PferdeM* 
•ehlethte  um  so  eher  annunehmen  Gnmd  ha- 
ben^   als   wir  bei  demselben  eine  periodisehe 
Krankheit  mit  vollkommener  Intermission  nieht 
selten  na  beobachten  Gelegenheit  haben,  welohe» 
wenn  auch  in  der  Regel  fleberios,  dennoch  mit 
4em  Weohselfleber,  in  Besug  auf  den  Typus, 
die  grSIste  Anatogie  neigt  —   iph  meine  die 
periodische  Aug€Hent tändung  y  Ophthalmia  iuter* 
miUens.    Der  Grund  des  seltenen  Vorkommens 
des  Weehselflebers  bei  den  Thieren  durfte  fai 
der  geringem  Isolirung    des   Gangliensystems 
vom  Cerebral  ^  und  Spinalsystem  ku  suchen  sein, 
wodurch  aber  keine  absolute  Unmöglichkeit  der 
Bntwickelung  dieser  Krankheit  begrändet  ist 

B.  Zur  Pathologie  des  TFechselfieberi, 

Es  gehört  wirklich  zu  den  interessantesten 
Erscheinungen  In  der  menschlichen  Pathologie^ 
dars  das  Wechselfieber  in  der  neuesten  Zeit 
viel  h&uflger  und  sein  Vorkommen  nicht  selten 
in  Gegenden  beobachtet  wird ,  wo  es  in  frähoreir 
Zeit  weit  seltener,  wo  nicht  wohl  gar  nie  zur 
Entwickelung  kam  —  ein  Umstand,  welcher 
die  Aufmerksamkeit  der  Aerzte  schon  vielfältig 
angeregt  und  in  der  neuesten  Zeit  den  wfir- 
temberffischen  ärztlichen  Verein  zur  Stellung 
einer  diefiBfallsigon  Preisaufgabe  bestimmt  hat, 
die  aber  bis  heute,  meines  Wissens,  noch  nicht 
gelöst  wurde.  Auch  wir  wollen  diese  Fraffe 
mit  in  den  Kreis  unserer  Untersuchung  aufueii- 
meu;  um  aber  in  dieser  Angelegenheit  etwas 
wissenschaftlich  zu  verfahren,  so  wollen  wir 
zunächst  die  Gelegenheitsursaohen  des  Weeb- 


—      16      — 

flelfiebers  in  Erwigung  ziehen,  sodann  in  Kur2e> 
die  äufsern  Erscheinungen  desselben  anffuhren, 
ids  Produkt  der  vorausgegangenen  Einwirkung, 
und  zwar  sowohl  im  lebenden  y  als  im  todten 
Zustande,  hierauf  die  nächste  Ursache  dieser 
Krankheit  zu  erforschen  suchen ,  und  endlich 
auf  diesen  Grund  hin  in  Untersuchung  ziehen,  ob 
das  häufigere  Vorkommen  des  Wechselfiebers  ivü 
neuerer  Zeit  in  einer  Veränderung  äuüscrer  kos- 
mischer und  tellurischer  Einflüsse,  oder  in  ei«« 
ner  Statt  gefundenen  Umänderung  des  mensch«-^ 
lidien  Organismus  und  dadurch  bedingter  ver« 
mehrter  Empfänglichkeit,  oder  in  sonst  etwas 
Anderm  begründet  sei.  -^ 

1«  Gelegenheiisursachen. 

o)  Atmosphärische  Verhältnisse.  Bei  der 
Entwickelung  des  Wechselfiebers  nehmen  die 
äulisetn  Einflüsse  und  unter  diesen  namentlich 
wieder  die  durch  die  Jahreszeiten  bedingten 
Umänderungen  in  der  Atmosphäre  den  ersten 
Rang  ein.  Eine  häufige  Geleffenheitsursache 
zum  Wechselfieber,  sagt  Reil  ^j,  ist  die  epi- 
- 'demische  Constitution  —  die  Wechselfieber 
herrschen  daher  bisweilen  epidemisch.  Am  häu- 
^figsten  grassiren  sie  im  Frühling  und  Herbst, 
daher  man  sie  auch  in  Frühlings  -  und  Herbst- 
fleber eingetheilt  hat;  doch  scheint  der  Herbst 
der  Entwickelunff  des  Wechselfiebcrs  am  mei- 
sten zu  entsprechen ;  denn  dieser  bringt  sie  am 
reinsten  und  deutlichsten  hervor.  Die  Fruh- 
lingsfieber  fangen  im  Februar  an,  und  dauern 
bis  in  den  August  hinein;  die  Herbstfieber  da-* 
Segen  beginnen  mit  dem  August  und  dauern 
bis  in  Januar  und  Februar.    Die  Fruhlingsfieber 

>)  Ftebetlebre.  HaUe  1820.  Bd.  II.  S.  16K 


—     17     — 

nebmen  gegen  den  Junius*  und  Jalius  hin  all* 
mählig  ab,  und  das  Gleiche  geschieht  mit  den 
Herbstfiebcm  im  Januar.  Jqio  haben  grorsten-* 
theils  den  Tertian  -  'und  Quoüdiaiitypns ;  diese 
dagegen  sind  mcistcntheils  tägliche  oder  vier* 
tagige;  defshalb  nennt  auch  Sydenham  *)  die 
Quartanfiebcr  ^^wahrt  Kinder  des  Herbstes.^'  In* 
dessen  gibt  es  doch  auch  Jahrgange  ^  die  fast 
frei  von  Wechselfleber  siud^  während  sie  ein 
andermal  so  h&ufig  beobachtet  werden ,  dals 
fast  kein  Individuum  hievon  verschont  bleibt. 
Allein  die  eigentliche  BeschaiTeiiheit  der  At* 
mosphäre  und  der  Witterung,  welche  die  Ent» 
Wickelung  des  Wechselfiebers  begünstigt^  scheint 
bis  heute  uns  noch  uubekannt.  Ifan  hat  der* 
gleichen  Epidemieen  bei  nasser,  aber  auch  bei 
heilser  und  trockener,  bei  veränderlicher,  aber 
auch  bei  ganz  gowöhnliciier  Witterung  beob- 
achtet. Indessen  scheint  es  doch,  dafs  nicht 
leicht  ein  gaus  rciuer,  sondern  mehr  ein  ge- 
mischter Zustand  der  Atmosphäre  WechseUie- 
ber  hervorzurufen  vermöge;  je  veränderlicher 
daher  das  Wetter  ist,  desto  leichter  entstehen 
sie,  und  verlieren  sich,  wenn  starke  Frostkälte 
im  Winter,  oder  anhaltende  Hitze  im  Sommer 
eintreten.  Der  Zustand  der  Atmosphäre  scheint 
im  Herbste  und  Frühlingo  auf  das  vegetative 
Leben  des  Menschen  und  der  Thiere  ebenso 
einzuwirken,  wie  auf  die  entsprechenden  Le- 
benszusläude  der  Pflanzen ;  dieser  sucht  das  in 
Schlummer  versunkene  Leben  wieder  aufzu- 
wecken und  jener  das  erwachte  wieder  aUmäh- 
Ug  in  Schlummerzustand  zurückzuversetzen,  und 
so  entstehen,  in  Folge  der  Reaction,  abwech- 

')  S'ammtl.  medizin.  Schrillten^  iibert.  Ton  Kraft.  Ulm 
1838.  Bd.  I.  S.  68. 

JoarD.XCIII.B.St.].  B 


—     18     — 

# 

Beiungsweise  bald  Brficheinongcn  des  Unterließ 
gcDS  bald  jene  des  Wiederauftaachens ,  von 
dieser  oder  jener  Seite  ans^  und  innerhalb  die* 
ser  Grenzen  liegt  der  Wirkungskreis  des  Wech- 
selfiebers. Sydenkam  ^)  sagt  in  dieser  Bezie* 
hung:  da(s  die  Wechselfieber  ungefähr  auf  fol« 

Jreude  Art  ihren  Ursprung  nehmen :  ^^Heim  An-» 
aiige  und  weitem  Fortgange  des  Jahres  wird 
nämlich  auch  das  Geblüt  nach  Verhältnifs'er« 
höht  (nicht  anders^  als  wie  die  Pflanzen 
bei  ihrem  Wachsen  und  Vergehen  sich  nach 
dem  Laufe  des  ^Jahres  richten)^  bis  es  seine 
Starke  und  höchste  Kraft  erreicht  hat;  daher 
ninuut  es  mit  dem  Laufe  des  Jahres  gieichzei^ 
iig  ab,  und  wenn  dieses  zu  Ende  geht,  fängt 
es  von  selbst  au  läCsiger  zu  werden  und  vor* 
zäglich  dann,  wenn  solches  eine  zufällige  Ur- 
sache befördert.  Sobald  aber  das  Blut  schon 
in  diesem  Abnahmszustande  begriffen,  so  ist 
ihm  jeder  krankhafte  Eindruck  schädlich,  wet- 
eben  irgend  eine  Luftbeschaffenheit  auf  ihn  ma- 
chen wird,  die  um  diese  Zeit  besagte  Wedi- 
nelfieber  epidemisch  erzeugen  kann."  Und  an 
einem  andern  Orte  *)  in  Bezug  auf  die  Froln 
Ungsfieber:  „durch  die  Winterkälte  weiden  die 
Lebensgeister  concentrirt  und  Kräfte  kommen 
in  sie  zurück,  welche  hernach  durch  die  ein- 
tretende Sommerhitze,  da  sie  schon  belebt  sind^ 
hervergelockt  werden." 

b)  Sumpf luft.  —  „Ubi  bonae  sunt  aquae^ 
ibi  bonus;  ubi  malac,  ibi  malus  itidcm  est  aer/' 
ist  ein  von  deü  Alten  schon  aufgestellter  und 
von  uns  oft  wiederliolter  Satz.  Die  schädli- 
chen Wirkungen  der  Sämpfe   sind   schon  im 

I)  SSmintl.  medizin.  Schriften,  üben«  von  KrttfU  Ulm 
1S38.  Bd.  I.  S.  69.  >)  Ebendu«  S.  63. 


—      19     — 

rnihe8(cn  AltGriham  cnväliot  worden.  Hippo" 
Iratts  gibt  cino  ebenso  genaue^  al»  Icbcndigo 
Schilderung  bievon,  iudeni  er  dio  AflTectionen 
bebchreibt^  denen  dio  Rewoluier  von  Phasef» 
preisgegeben  warcn^  und  seine  Beobachtungen 
sind  von  allen  denen,  die  seither  sio  zu  piii- 
fen  Gelegenheit  liatten,  bestätigt  worden.  Ue- 
brigens  sei  hier  nur  erwähnt,  dafs  die  Lachen, 
manchmal  dio  Teiche,  immer  die  Keirsfelder  und 
die  Wasser,  worin  man  den  Hanf  rosten  lüCst, 
als  Sümpfe  von  einer  vorfibcrgdienden  Existenz 
und  cVic  beinahe  zu  den  nämliclicn  Zufullcn 
Veranlassung  geben,  angesehen  werden  niüs- 
sen.  Damit  das  Wasser  eine  üble  Beschafren- 
heit  annehmen  und  so  dio  Luft  verunreinigen 
kann,  nnifs  es  stagnircn,  weil  sonst  die  darin 
enthaltenen,  der  Cuhrung  fähigen  Stoffe  so- 
gleich, nachdem  die  Zersetzung  vor  sich  ge- 
gangen ist,  und  selbst  noch  früher  fortgeführt 
werden,  und  nur  eine  unvollständige,  oder  gar 
keine  Faulnifs  eintritt.  Eine  ebenso  notliwen- 
digc  Bedingung  ist  die  Wärme,  durch  ihren 
Eiiiflufs  wird  jede  Guhrung  aufgehalten,  ganz 
aufgehoben,  oder  beschleunigt.  So  hören  ge- 
wöhnlich die  srhadilrhen  Ausdünstungen  der 
Sümpfe  während  des  Winters ,  welcher  xur  An- 
häufung dazu .  geeigneter  Materialien  bestimmt 
zu  sein  schehit,  auf,  sich  in  der  Luil  zu  ver- 
breiten. Ihre  Entwickelung  beginnt  mit  der 
Somnierwärme,  und  dauert  bis  gegen  das  Ende 
des  Herbstes,  llicmit  hängen  zusammen  die  gro- 
fscn  Modilicationen ,  welche  die  Einwirkungen 
der  Sümpfe,  je  nach  versclüedenen  Klimaten, 
erleiden.  In  den  sehr  kalten  Ländern  bleiben 
dio  Sümpfe  einen  grofsen  Theil  des  Jahres  über 
ohne  Einwirkung  auf  die  Bewohner,  und  haben 
hierauf  wahrend  der  warmen  Jahreszeit  nur  eine 

B  2 


—     20     — 

sehr  schwache  und  kunsdauernde.  Hiersus  er- 
klärt es  sich  auch,  wie  uttseiie  Vorfahren  in 
ihrem  mit  Sumpfen  und  Äorästen  angefullt^i 
Hercynia  gesund  bleiben,  und  zu  einem  star- 
ken und  robusten  Volksstamme  sich  heranbil- 
den konnten.  In  den  gemaJGsigten  Ländern  macht 
sich  die  Einwirkung  das  ganze  Jahr  hindurch 
auf  mehr  oder  weniger  beträchtliche  Weise 
fühlbar,  nimmt  aber  mit  der  Wärme  bedeutend 
zu.  Endlich  dauert  sie  in  den  Warmen  Ländern 
mit  einer  beinahe  immer  gleichen  Intensität  fort. 
Es  folgt  hieraus,  da&  der  sumpfige  Boden  der 
kalten  Gegenden  beinahe  ohne  Nachtheil  be- 
wohnt werden  kann,  dals  die  Gefahr  in  den 
gemä&igten  Gegenden  zunimmt,  und  dafis  end* 
lieh  manche  sumpfige  Gegenden  der  heifsen 
Xiänder  durchaus  unbewohnbar  sind ,  was  schon 
für  einige  Particen  der  pontinischen  Sämpfe 
gilt.  Die  ludiAnduen,  welche  gezwungen  sind, 
mitten  unter  den  Effluvien  der  Sumpfe  zu  le- 
ben, sind  gewöhnlich  klein,  haben  constant 
eine  livide,  bleiche  Gesichtsfarbe,  und  eine 
rauhe  Stunme;  der  Bauch  ist  dick,  die  Unter- 
achenkel sind^  angeschwollen,  und  die  obem 
Extremitäten  dünn;  das  Gesicht  ist  frühzeitig 

Sefurcht^  hat  gleich  von  den  ersten  Jahren  an 
as  Ansehen  des  Greisenalters  und  das  Ge- 
präge der  Traurigkeit  und  des  Leidens.  Sind 
ihre  Muskelkräfte  schon  bedeutend  reducirt,  so 
ist  es  ihre  moralische  Energie  noch  mehr.  Ein 
habitueller  Zustand  vo^  Sorglosigkeit,  vonApa^ 
thie  und  kaltem  Egoismus^  fajsche  und  be- 
schränkte Ideen,  Mangel  au  Empfindung,  Hang 
zu  dem  Verbrechen,  zu  welchem  die  Rachsucht 
in  Verbindung  mit  der  Feigheit  fuhrt,  bilden 
ihren  Charakter.  Das  Leben  ist  in  den  sum- 
pfigen Gegenden  kurz;  die  Bevölkerung  erhält 


—  «1   — 

üdi  dtselbst  mit  Mühe,  oder  nimnil  ab.  Allein 
der  Bewohner  der  jsumpfigen  Gegenden  koramt 
daait  nicht  weg,  da£s  er  sein  Leben  in  einem 
fortii'ährenden  Zustande  von  Kränklichkeit  zu- 
bringt, sondern  er  leickt  noch  aufserdem  zu 
gewissen  Zeiten  an  mehr  oder  weniger  acuten 
Aflectioneo.  In  der  Regel  sind  es  Wechsel- 
leber; allein  durch  die  Erschöpfiing  der  Sub- 
jecte  gehen  sie  von  Zeit  zu  Zeit  zu  dem  an- 
haltenden Typus  über»  Sie  entwickeln  oder 
coraplieircn  sich  dann,  wenn  sie  schon  vorhan- 
den aindy  mit  schlimmen  ZuföUen,  unter  denen 
sidi  die  Diarriioo  oder  die  Dysenterie  befindet, 
&e  gewohnlich  tödtUche  Folgen  haben.  Selbst 
wenn  das  Fieber  den  intermittirenden  Charak- 
ter behih,  steigert  es  inmierdie  schlechte  phy- 
siscfae  Beschaffenheit,^  die  ihm  vorausgegangen 
war,  und  bereitet  so  die  ungünstigen  Resultate 
vor,  die  ein  zweiter  oder  £itter  Anfall  haben 
wird.  Unter  der  Wiederkehr  dieser  Fieber  sMii 
■an  die  tiefen  Störungen  der  Eingeweide  des 
Unterleibs  sich  entwickehi.  —  Bis  jetzt  haben 
wir  die  Emanationen  der  Sümpfe  nur  in  ihren 
allgemeinen  Wirkungen  betrachtet,  nun  wollen 
wir  einige  von  den  merkwürdigsten  Besonder- 
heüen,  die  von  ihrer  Em  Wirkung  abhängen, 
ciortem.  Die  Erfahrung  hat  nämlich  gelehrt, 
dafs  die  Emanationen  der  Sümpfe ,  in  ihrer  Aus- 
iehnnng  und  Verdichtung,  den  täglichen  Ver- 
änderungen der  atmosphänsdieu  Wärme  folgen« 
Hieraus  folgt,  da(s  ilire  Einwirkung,  die  in  der 
Hüte  des  Tages  nicht  sehr  beträchtlich,  des 
Abends,  in  der  Nacht  bis  zum  Morgen  sehr  zu 
lorditen  ist.  Der  bewegte  Zustand  der  At- 
BKisphäre,  in  sofern  dadurch  die  Miasmen  zer- 
streut,  oder  nach  eiuem  bestimmten  Orte  hin- 
geführt werden,  ihre  Ruhe,  die  ihnen  gewis« 


-   «»  - 

/ 

sennafisen  gestattot^  sich  an  den  nämlich«! 
Steilen  anzuhäufen,  modificiren  ebenfalls  gans 
besonders  diese  nämliche  Wirkung.  Allein  die 
Bedingung^  die  sie  gewissermafsen '  unter  ihre 
Abhängigkeit  stellt ,  ist^  genau  betrachtet^  die 
Wärme ;  ohne  die  es  keine  faulige  Gährung  in 
den .  sumpfigen  Wassern  geben  würde.  Auch 
ist  es  eine  wichtige  Thatsache,  die  durch  die 
Untersuchungen  von  Vülermi  festgestellt  woiw 
den  ist,  daü»  in  den  sumpfigen  Ländern  die 
Kinder  unter  vier  Jahren  dem  Sterben  mehr 
ausgesetzt  sind,  als  die  mannbaren  Individuen^ 
die  selbst  wieder  mehr  als  die  Greise  leiden« 
Während  des  Herbsttrimesters  erreicht  die  Sterb- 
lichkeit unter  diesen  Kindern  das  Doppelte  von 
der  anderer  Trimester ,  was  für/  die  bejahrten 
Subjecte  bei  weitem  nicht  der  Fall  ist.  DiesMi 
EfBuvien  der  Sümpfe  müssen,  nach  den  vor- 
ausgeschickten Erörterungen,  eine  eigenthüm- 
liehe  Beschaffenheit  der  atmosphärischen  Luft 
bedingen,  die  abhängig  ist  und  hervorgerufen 
wird  von  terrestrischen  Einflüssen,  die  also 
eigenthümlichen  Vorgängen  in  dem  Boden,  über 
.welchem  sie  sich  befindet,  ihr  Entstehen  ver- 
dankt Diese  eigenthümliche ,  dem  Entstehen 
der  Intermittens  günstige  Luft  wird  ohne  Zweip- 
fel  erzeugt  durch  Beimischung  von  eigentbünn- 
lichen  Gasarten,  oder  wenigstens  von  gas- und 
dampfförmigen,  der  atmotphärischen  Luft  sonst 
fremden  Stoffen;  ja  man  hat  behauptet,  dafses 
grö&tentheils  irrespirable  Gasarten,  geschwe- 
feltes, gekohltes,  gephosphortes  Wasserstoff 
gas  sei;  allein  die  hierüber  angestellten  eudio- 
metrischen  Versuche  haben  bis  jetzt  noch  keine 
befriedigenden  Resultate  geliefert.  Soviel  ist  aber 
als  ausgemacht  zu  erachten,  daCs  die  Verwe«» 
8ung  organischer  Stoffe  mit  der  Wirkung  der 


Sunpfluft  in  der  ciigston  Besicliung  slehi,  wor- 
aus hcrvorzugolien  scheint,  dafii  es  weniger  die 
4»ben  erwähuteu  gasförmigen,  als  vielmehr  or^a- 
fliach  -  dampflormig  der  Luft  bcigemischleii  8ton*e 
8ind^  die  das  oigcnthuniliche  Miasma  der  Sumpf- 
luft  erseugcn.  Gationi  will  die  ülier  den  Sunt- 
pFen  des  Vort  Fuentes  gesammelte  Lult  ebenso 
reiu  goAiudeu  haben,  als  die  LnlH  auf  dem  (ii- 
pfel  dos  Berges  Legnono;  doch  liaben  spätere 
UDtersuGhungeu  hievon  etwas  abweichende  Ko- 
sultato  geliefert.  Thtnard  und  Dupuytren  ha- 
ben sich  nämKch  überseugt,  dafs  das  Kohlen- 
wasseistolTgas,  welches  sich  aus  Sümpfen  eiit^ 
bindet ,  beim  Durchstreiclien  durch  Wasser  eine 
eigenthümiiche,  sehr  fiiulnilsfühige  Materie  darin 
zurücklafst,  was  nicht  der  Fall  ist,  wenn  mau 
das  durch  gewöhidiches  Verfahren  entbundene 
Koldeuwasserstoflgas  durch  Wasser  pfeheu  läfst. 
Julia  hat  ebenfalls  nachgewiesen,  dafs  der,  in 
der  Umgebung  der  Sümpfe  gesammelte  Thau 
gulirungstuhige  Materie  enthüll.  Kndlich  hat 
der  nämliche  Chemiker  gefunden,  dufs,  wenn 
er  Fleisch  zum  Faulen  unter  Glocken  legte,  von 
denen  einige  mit  reiner  atmosphurischor,  andere 
mit  über  Schwindgruben  oder  Kloaken  aufge- 
(angcDer  Luft  angefüllt  worden  waren,  die  Faul- 
niis  weit  schnellere  Fortschritte  unter  den  mit 
nephi tischer  Lull  gefüllten  Glocken  machte. 
Obgleich  selbst  in  diesem  Falle  das  verderbliche 
Prinoip  unerreichbar  blieb,  so  hatte  sich  doch, 
wie  man  sieht,  sein  Dasein  durch  sichtbare 
Wirkung  dargelhan. 

Die  Entbindung  von  mehr  oder  weniger 
wirksamen  Efliuvien  aus  dem  Wasser  der  Süm- 
pfe und  ihre  Vermengung  mit  der  Luft  ist  nach 
den  seitherigen  Beobachtungen  eine  Thatsachc, 
über  deren  Hiciitigkeit  man  gegenwärtig  keinen 


—     «4     — 

gegründeten  Zweifel  hegen,  und  die  uns  bei  der 
Intdeckung  einiger  der  rein  physischen  Eigen- 
schaften dieser  Stoffe  behülflich  sein  kann.  Zu- 
erst leitet  sie  uns  zu  dem  Schluüs,  daCs  sie, 
welches  auch  ihre  Natur  sein  mag,  eine  Ex- 
pansiouskraft  besitzen.  Wäre  diese  aber  eine 
vollkommene,  so  würden  sie  bei  ihrer  Verbrei- 
tung die  Gesetze  befolgen ,  nach  denen  sich 
der  fühlbare  Wärmestoff,  die  Gerüche  u.  8.'W. 
verbreiten.    Nach  den  Berechnungen  von  Cham* 

eesme  nimmt  die  Menge  der  in  der  Luft  en^ 
alteneu  Emanationen  und  folglich  ihre  Wirk- 
samkeit im  geraden  icubischen  Verhältnisse  der 
Entfernungen  von  ihrem  Heerde  ab.  Dieses  Ge- 
setz ist  jedoch  nur  streng  auf  imponderable  Kör- 
per anwendbar.  Nun  lehrt  aber  die  Erfahrung, 
dais  'die  Miasmen,  zu  welcher  Kategorie  auch 
die  Effluvien  der  Sümpfe  gehören,  gewöhnUch 
schwerer,  und  selten  leichter  als  die  atmosphä- 
rische Luft  sind.  Daher  kommt  es,  dals  ihre 
Wirkung  gewöhnlich  nur  auf  eine  sehr  geringe 
Höhe  über  das  Niveau  des  Ortes,  wo  sie  ent«^ 
stehen,  sicherstreckt  Eine  Folge  ihrer  Schwere 
ist  es  ebenfalls,  dafs  sie  nicht  blois  an  der 
Oberfläche  der  Erde  stehen  bleiben,  sondern 
sich  auch  nach  tiefer  gelegenen  Orten  hinab- 
9iehen.  Jedermann  kennt  das  Ungesunde  der 
jirdgeschosse  in  der  Nähe  von  Sümpfen.  Alle 
diese  Umstände  beweisen,  dals  die  miasmati» 
sehen  Emanationen,  bei  ihrer  Verbreitung,  nicht 
genau  das  Gesetz  des  Kubus  der  Entfernungen 
befolgen,  sondern  eine  abnehmende,  zwischen 
dem  Kubus  und  Quadrat  in  der  Mitte  stehende 
Progression,  die  noch  durch  eine  Menge  Um-» 
stände,  z.B.  die  hygrometrische  Beschaffenheit 
der  Luft,  ihre  Temperatur,  ihre  Ruhe  oderBe«» 
wegung,  durch  die  Hindernisse,  welche  ihrer 


—     «6     — 

tttMk  Circulation  hohe  Oeblade,  l^nge^  ge- 
wundene und  enge  Straften,  vcraehiedene,  vom 
Boden  abhängige  Zufälle  u.  a.  w.  entgegcnatel- 
len  y  modiOcirt  wird.  In  allen  diesen  Fällen  kann 
man  achr  wichtige  Erscheinungen ,  in  Bosug 
auf  die,  duroh  die  Lokalitäten  abgeänderte  Ein- 
wirkung der  Miasmen  im  Allgemeinen  und  des 
Sumpfmiaamas  insbesondere  beobachten.  Ein 
Stadtquartter,  eine  Strafse,  ein  Theil  eines  Hau* 
ses  erfahren  specicil  ihre  Wirkung ,  während 
ganz  nahe  dabeistehende  Stelleu  gänzlich  vor 
ihnen  geschützt  sind,  wie  dieses  Lancisi  sehr 
gut  beobachtet  hat 

e)  Contagium.  Ob  unter  Einwirkung  gun- 
stiger Umstände  .wirklich  ein  Wechseliieber- 
CODtagium  sich  entwickeln  könne,  ist  bis  jetzt 
keine  so  ganz  ausgemachte,  noch  auch  ganz 
leicht  zu  entscheidende  Frage.  Meibom^  Bianchi^ 
Cleghorn,  Lautier y  Fr.  Hojfmanny  van  Hovertf 
Greg*  BannareZf  Jint.  Cibat.  Bailly,  Audouard^ 
Heil  u.  A.  sprechen  die  Behauptung  aus,  dafs 
das  Wecliselfiober  unter  Umständen  wirklich 
contagiös  sei,  d.  h,,  dafs  es  sich  von  einem 
Individuum  im  krouken  Zustande,  auf  ein  ge- 
pundes,  aufserhalb  des  Gebietes  der  Epidemie, 
wo  das  erstero  es  sich  zugezogen  hat,  über- 
tragen könne.  Von  allen  Wechselfiebern ,  sagt 
Reit  *),  kaim  man  diels  nicht  wohl  behaupten, 
doch  aber  von  einigen,  und  besonders  von  dem 
Gefafsficber  mit  diesem  Typus  das  den  Cha- 
rakter dos  Typhus  hat.  Allein  hicdurch  wird 
nicht  behauptet,  dafs  es  in  dem  tirade,  wie 
die  Pocken,  Masern,  Krätze  u. s.  w.  ansteckend 
sei,  besonders  glaubt  Reil^  dafs  das  Wcchsel- 
fieber  der  Gcfäfso  leicht  durch  dea  Schweifii 

>)  a.  a.  O.  S.  164. 


—   »   -- 

des  Kranken  anstecke,  und  daher  die  Gefahr 
der  Ansteckung  am  gröfsten  sei,  wenn  man 
während  des  Fiebers  mit  dem  Palicnten  unter 
einer  Decke  schläft,  oder  Wäsche  und  Klei- 
dungsstücke desselben,  welche  mit  seinem 
Schweifse  getränkt  sind ,  anzieht.  Bailly  macht 
uns  in  dieser  Besuehung  folgende  interessante 
llittheilung:  „Eine  Dame  kam  mit  dem  Wech« 
selfieber  nach  Paris,  welches  sie  sich  auf  dem 
LAude,  in  einer  sumpfigen  Gegend  augeaogen 
hatte.  Diesea  Fiejber  wurde  von  heftigem  Er- 
brechen und  andern  gefährlichen  Symptomen 
begleitet,  welche  sich  bei  jedem  Anfalle  ein- 
stellten und  Baüly  nöthigton,  die  China  zuge- 
ben. Sie  war  kaum  hergestellt,  als  ihr  Mann, 
welcher  Paris  nicht  verlassen  hatte,  aber  so 
unvorsichtig  gewesen  war,  sich  während  ihrer 
Krankheit  nicht  von  ihr  zu  trennen,  von  den 
Dämlichen  Symptomen  und  auf  eine  ganz  gleiche 
Weise  ergriffen  wurde."  —  Uebrigeus  ist  von 
all  diesen  Beobachtern  zugegeben,,  daüs  die  Ge- 
fahr der  Ansteckung  uni  sogröfsersei,  je  mehr 
die  Candidaten  durch  die  epidemische  Consti- 
tution, durch  Diätfehler  und  andere  innere  und 
äufsere  Ursachen  für  das  Fieber  empfanglich 
gemacht  sind«  Auch  fehlt  es  nicht  an  Beispie- 
len^ wo  Schwangere,  welche  von  dem  Wech- 
selfieber befallen ,  dasselbe  auf  die*  Frucht  über- 
trugen, und  stillende  Mütter  dasselbe  ihren 
Säuglingen  mittheilen ,  wovon  M^r  hier  einige 
Beispiele  speciell  erwähnen  wollen. 

Schon  Fernelius  hat  die  Behauptung  auf- 

festellt,  dafs  Kinder,  ohne  Unordnungen  in  der 
ebensart,  von  Seiten  ihrer  Mütter  ein  eintägi- 
ges Fieber  bekommen  haben,  führt  aber  kein 
Beispiel   einer  solchen  Beobachtung  an.    Chr. 


—   «   — 

Fr.  PauUini  ^)  dageg;en  erwähnt  einen  Fall  von 
einer  Soldatenfrau  ^    welehe   zum  dritten  Male 
sehwangerivor 9  und  gicieli  im  zweiten  MQnate 
ihrer  Schwangerschaft  ein  hartnäckigeii  Quar- 
tanfteber  bekam.    In  den  letzten  Monaten  spürte 
mOf  dafs  ihre  Frucht  in  und  vor  dem  Anfalle 
sehr  unruhig  war,  zitterte,   und  sich  von  der 
einen  Seite  nach  der  andern  wälzte,  so,   dab 
sie  sich  oft  einen  sehr  betrübten  Ausgang  vor» 
stellte.     Endlich  kam  fiie  an  einem  Tage^  an 
welchem  sie  einen  heftigen  Anfall  ausgestan- 
den hatte,    Abends    gegen   10  Uhr  mit  einer 
Tochter  nieder,  welche  zu  ebenderselben  Stunde 
mit  der  Mutter  das  Fieber  bekam.    Das  Kind 
hielt  die  Anfalle  sieben  Wochen  lang  aus.  -^ 
Geyer  '}  machte   folgende    Beobachtung:    Ein 
leichter  Reiter  hatte   seit  vielen  Monaten  das 
dreitägige  Fieber,  zeugte  ober  in  der  Zeit  ei- 
nen Sohn,  der,  da  er  vier  Wochen  alt  war,  an 
eben  dem  Tage,  und  in  demselben  Augenblicke, 
in  welchem  der  Vater  das  Fieber  bekam ,  auch 
den  Anfall  erlitt.  —   Auch  Dr.  Brüggemann  *), 
theilt  uns  aus  der  neuern  Zeit  folgende  hieher 
gehörige  Beobachtung  mit.    Eine  38jährige  Frau 
hatte  schon  sieben  gesunde  Kinder  leicht  und  nop- 
mal  geboren ,  als  sie ,  in  der  Mitte  ihrer  achten 
Schwangerschaft,  6 — 7  Wochen  lang  ihre  an 
Tertianflober  schwer  erkrankte  Schwester  zur 
Wartung  übernahm.  Dieses  Fieber  machte  seine 
Paroxysmen    mit    Erbrechen   einer   schwarzen 
Masse ,  wovor  sich  die  Wärterin  so  ekelte,  dafs 
sie  oft  gleichzeitig  sich  miterbrach,  und  zur  fer- 
nem Pflege  unfällig  wurde.    Schon  damals  hegte 

<)  Abliandltingen  der  Kaiserl«  Akadüinie  der  Natiirfor« 
forscher.  Bd.  XV.  S.  461.  >)  Kbcndas.  S.  418. 

S)  Snmmariiim.  Ud.  H.  Ilft.  3.  —    Schiuidt'ii  Jahrbü- 
cher. Bd.  Vin.  Uil  1.  8. 17. 


—     28     — 

sie  die  Furcht ,  dieses  Alles  könne  ihr  und  ih- 
rer Leibesfrucht  nachtheilig  werden.  DieSdiwan- 
gerschaft  verlief  indefs  nun,  ohne  weitere  Stö- 
rung, und  eiTeichte  den  23.  August  1828  ihr 
normales  Ende.  Der.  gebome  Knabe  war  dem  < 
Anscheine  nach  gesund,  allein  alsbald  erbrach 
er  täglich  unci  noch,  al^s  ihn  Brüggemann  in 
der  sechsten  Woche  darnach  in  Behandlung 
liekani.  Durch  das  Erbrechen,  welches  nicht 
idlemal  nach  dem  Essen,  sondern  zu  unbestimm- 
ten Zeiten  eintrat,  ward  eine  bald  schleimige, 
bald  milchige,  später  sehr  sauer  riechende  Masse 
entleert.  Gleich  von  den  ersten  Tagen  an  be- 
merkte man  .an  dem  Kinde,  von  hiihe  4-9  Uhr, 
eine  Brennhitase.  Nach  sechsmal  beendigtem 
Cyklus  trat  noch  eine  Ophthalmie  hinzu,  und 
'  vom  vierten  Tage  an  nahm  man  gewahr,  Anis 
der  Hitze  Frost  vorhergehe.  Ob  dieser  früher 
übersehen  wurde,  diels  liefs  sich  nicht  ganz, 
genau  entscheiden.  Jetzt  war  er  aber  offenbar 
und  wurde  taglich  intensiver.  Das  Augenleiden 
heilte  die  Natur;  zu  dem  Fieber  gesellte  sich 
aber,  in  der  vierten  Woche,  auch  noch  Schweifs. 
Im  tmberufenen  und  fruchtlosen  Behandeln  wa- 
ren nun  sechs  Wochen  verstrichen,  als  Brüg-' 
gemann  den  5.  Nov.  1828.  das  Kind  übernahm. 
Er  fand  es  mit  lividem  Gesicht,  abgezehrtem 
Körper,  aufgetriebenem,  jedoch  weichem  und 
scheinbar  schiperzlosem  Unterleibe.  Aufser  dem 
Obenerwähnten  hatte  das  Kind  vier  bis  fünf 
hefige  Stühle.  Die  Zunge  war  mit  gelblich- 
wei^m  Schleime  bedeckt ;  Muttermilch  war  die 
alleinige  Nahrung.  Wegen  der  Indigestion  ein 
^  Tränkchen  mit  Anima  rhei,  Magnesia  etc.,  wo- 
"  durch  die  Säure  und  Diarrhöe  gestillt  wurden. 
Die  Zun^e  blieb  unverändert.  Sülse  Extracte 
mit  Salmiak  verwandelten  die  Quotidiana,  bin- 
nen zehn  Tagen,   in  eine  Tertiana.    Da  sich 


—    »    •- 

der  Znstand  aber  dureh  bittere  Extracte  nieht 
beasorte,  lielis  Brüggemann  in  einer  Intonnis» 
sion  1  Gran  Chinin  mit  1  Unee  Chinasymp 
verbrauchen.  Obschon  viel  hieven  weggebro- 
chen wurde,  war  der  nächste  Anfall  doch  schon 
schwächer.  Die  nächste  Itopetitiou  hob  das 
Fieber ,  allein  das  Erbrechen  trotzte  allen  Mit- 
teln. Sechs  Tajge  hatte  das  Fieber  geschwie- 
gen, als  es  plötzlich  mit  erneuerter  Wuth  nw 
rückkebrte,  drei  Tage  hinter  einander  drei  An- 
falle machte  und  tödtete.  —  Auch  Schupmann  ^) 
beobachtete  Fälle  von  augebornem  Wechselfle- 
ber, wovon  die  Mütter  im  siebenten  und  ach- 
ten Monate  der  Schwangerschaft  selbst  befal- 
len waren.  Bei  dem  ersten  Kinde  verscheuchte 
eine  Chininauflfisung  mit  Rhabarbertinctur  das 
Fieber,  im  letztem  Falle  starb  das  Kind,  da  za 
spät  Hülfe  gesucht  wurde.  — 

Eine  Statt  gefundene  Uebertragung  des 
Wechselflebers  von  einer  Muttor  auf  don  Säug* 
ling  beobachtete  Dr.  Toit  ^).  Eine  SSjübrige 
Predi^erfrau,  welche  eine  |-jälirige  Tochter 
(Ersthng)  säugte,  bekam  droi  Nachmittage  hin- 
ter einander  kurzen  Schauder  mit  nachfolgender 
Hitze,  ohne  Schweifs.  Am  vierten  Tage  blie« 
ben  diose  unverkennbaren  Wechselflebersymp- 
tome  aus,  und  zeigten  sich  bei  dem  Säuglinge, 
ja  vermehrten  und  steigerten  sich  noch  in  der 
folgenden  Nacht.  Dieses  mittelst  Muttermilch 
gleichsam  metastatisch  übertragene  Wechsel- 
fieber wich  einer  Auflösung  von  schwefelsau- 
rem Chinin  in  einem  Infus.  Valerian.  sogleich.  — 

d)  Sympathische  Reizungen,  Jede  etwas 
lebhafte  örtliche  Iflcizung,  ihr  Sitz  mag  sein, 

>)  Weifenweber's  Beiträge.  B(f.  U.  Heft  3.  >)  Allgem. 
mediz.  Zeitung.  Nr.  89.  1834.  —  Si^midV»  Jahrbü- 
cher. Bd.  VII.  ilft.  2.  8. 129. 


—     30     — 

weleher  er  wolle,  kunn  durch  ihren  sympathi- 
schen Einflufs  auf  das  Nervensystem  die  Eöt- 
wickelung  eines  Wechsclficbcrsi  veranlassen. 
Alexander  ^)  beobachtete  jedesmal  den  Aus- 
Inruch  eines  dreitägigen  Fiebers  am  zweiten  oder 
dritten  Tage  nach  Vornahme  eines  Aderlasses; 
Gockel  ^)  in  Folge  des  Zahnens;  Pauliini  ')  ein 
^ertagiges  in  Folge  vom  Wurmreiz;  Low  ^) 
«m  gleiches  durch  Blähungen  entstanden;  Torti  *'^ 
vom  Genüsse  der  Pharapnsfeige;  Riccmi  von 
einem  Steatom  der  Oebärmutter,  welches  das 
Fieber  stets  unterhielt  und  nicht  zur  Heilung 
kommen  lieüs;  Tralles  *)  von  verursachtem 
Schrecken;  A.  Richard  ''}  berichtet  einen  merk- 
würdigen Fall  9  wo  ein  Wechselfieber  durcli  ein 
Vesicator  veranlafkt  worden ,  und- jedem  Anfalle 
ein  lebhafter  Schmerz  in  der  entzündeten.  Haut 
vorausgegangen  war.  Er  liefs,  da  er  auch 
schon  Wechselfiebcr^  welche  sich  durch  schmerz- 
hafte syphilitische  Geschwüre  entwickelt  hat- 
ten und  unterhalten  worden  waren ,  mit  der 
Heilung  dieser  Geschwfire  hatte  auflioren  se- 
hen j  ein  mit  Laudanum  benetztes  Kataplasma 
mf  die  entzündete  Haut  legen  ^  und  von  die- 
sem Augenblicke  an  kamen  der  Schmerz  und 
das  Fieber  nicht  wieder  zum  Vorschein.  Hier- 
her gehören  auch  noch  Flechten  und  Krätze. 
Pouparf^}  erzählt  von  einer  Person ,  bei  wel- 
cher Flechten,  womit  sie  lange  Zeit  geplagt 
war  und  ein  Wechselfieber  mit  einander  ab- 

X)  Abhandlangen  d.  rom.  kaiserl.  Akademie  der  Natnr- 
forscher.  Bd.  XIV.  S.  147.  <)  Bbendas.  S.  56. 

«)  Kbendas.  Bd.  XV.  S.  451.  ^)  Kbendas.  Bd. 

XVm.  S.  240.  ')   Tberajieutice  specialis  ad  fe- 

bres  pernidosas  periodicas.  Mut.  1712.  ')  Usot 

opii  sect  II.  cap.  2.  §•  4.  p.  70.  ')  Annal.  de  I. 

ni6decine  pbysiolog.  ^)  Abhandl.  t«  d.  Flechten. 

A.  d.  Franz.  ▼•  Joh.  Xomwcl.  Strafsburg  1784.  8. 76. 


—     31     -^ 

weeliRoltcn,  so  darfl^  wenn  jcno  vcrj;in);cii,  die- 
ses snin  Vorschein  kam,  nnd  wenniiiesen  wie- 
der vorbei  war,  die  Flechten  wieder  erschie- 
nen; und  van  Hoven  ')  sagt  von  einem  epide- 
mischen Wedisülfleber,  welches  er  beohach- 
iote,  dafs  selten  einer  von  dem  WechselHeber 
Arei  blieb,  der  die  Krätze  hatte. 

e)  Schwächende  Potenzen.  In  Kol^e  von 
Einwirkung  aller  schwächenden  Kinflüsse  ent* 
stehen  gern  Wechselfieber,  als  da  sind :  Kulte, 
schlechtü  Bekleidung,  Hunger,  fade  nahrungs- 
loso  Speison,  Gcnufs  von  Gurken,  Melonen, 
Obst,  Nachtwachen,  Anstrengungen  des  Gei- 
stes und  des  Körpers,  heftige  Leidenschaften, 
starker  Saamenverlust,  Schwücliung  durch  Ab- 
ICbimitlel  und  Aderlässe  u.  s.  w. 

Soviel  in  Beziehung  auf  die  äufsern  ätiolo^ 
gischen  Momente ;  was  nun  die ,  in  der  Beschaf- 
foDhoit  dos  Organismus  begründeten  Verhältnisse 
betrifft,  so  können  wir  uns  im  Allgemeinen  daliia 
ausspredien :  „cfiv/ir  zwar  alte  Menacüien  der  Mog^ 
Uchkeii  ausgesetzt  sind,  unter  heatimmten  Vtr^ 
haltnissen  vom  Wechseißeher  befallen  zu  werden^ 
dafs  Jedoch  diese  Möglichkeit  nicht  in  allen  in 
gleichem  Verhältnisse  ausgesprochen ,  sondern 
von  besondern  Umständen  abhängig  ist,  und 
awar  nach  Söhönlein  *): 

a)  von  der  stetigen  Evolution.  Am  häufige 
sten  ist  die  AfTection  in  den  Blüthenjahren  etc., 
bei  Kindern  bis  gegen  das  Eohnte,  eilfte  Jahr 
hb  ist  sie  selten,  ebenso  bei  alten  Leuten; 

/9)  von  der  cyl  tischen  Evolution.  Zu  jener 
Zeit,  wo  das  äuAero  Nervensystem,  sei  es  je- 
nes der  Haut,  oder  jenes  des  Darmkauals,  am 
thatigsten  ist,  also  beim  Uebergango  aus  der 

'}  Vennch  Ob.   daa  Woclisclflülivr   ii.  icinc  Heilung. 
Tbl.  I.  f.  78.  ')  0.  a.  O.  8.  U  If. 


1 


—     38     ~ 

Isalten  in  die  warme  Jahreszeit  —  im  Fruh- 
linge;  oder  beim  Ueber^ange  der  warmen  in  die 
kalte  —  im  Herbste,  ist  die  Möglichkeit  des 
Erkrankens  am  stärksten; 

y)  von  der  Individuahiät  Individuen  mit 
reizbarem,  initablem  Nervensysteme,  sind  ge^ 
rade  dem  Wechselfieber  so  häufig  ausgesetzt, 
als  Individuen  mit  reizbarem,  irritablem  Gefäls- 
fiysteme  den  Entzündungen.  Besonders  sind  In- 
dividuen mit  verstimmtem,  reizbarem  llauch- 
uervensysteme  gefährdet; 

ä)  von  der  Häufigkeit  der  Krankheit  im 
Individuum.  Es  verhält  sich  in  dieser  Bezie-* 
bung  nicht,  wie  bei  andern  Krankheiten,  wo 
die  einmalige  Gegenwart  die  Möglichkeit  des 
Befallenwerdens  tilgt,  oder  wenigstens  schwächt^ 
sondern  hier  tritt  gerade  das  GegentheU  ein,  — ^ 
die  Möglichkeit  des  Erkrankens  steigert  sich 
mit  der  Wiederkehr  der  Krankheit,  so  dafs 
viele  Aerzte,  und  namentlich  Üei7,  behaupte-» 
ten,  jedes  spätere  ^efallenwerden  sei  nichts 
Anderes,  als  ein  Recidiv  der  ursprünglichen 
Krankheit,  welche  nie  vollkommen  geheilt,  son- 
dern nur  «uf  kürzere  oder  längere  Zeit  zum 
Stillstand  gebracht  worden  scL 

Aus  der  seitherigen  Darstellungsweise  durfte 
zur  Genüge  hervorgegangen  sein,  dab  den 
Wechselfieber  ein  gewisses  pandemisches  Ver- 
hältniü»  zu  Grunde  liegt,  vermöge  dessen  das- 
selbe jeden  Menschen,  unter  Eimvirkung  der 
hiezu  günstigen  Aufsenverhältuisse  zu  befallen 
vermag.  Indessen  erfolgt  der  Ausbruch  der 
Krankheit  selbst  nicht  auf  einen  Schlag,  son- 
dern es  finden  gewisse  Uebergänge  Statl^  wel- 
che man  besonders  deutlich  in  jenen  FäUea 
bemerken  kann,  wo  sich  das  Wechselfieber  epi- 
demisch zu   bilden  beginnt    In  diesem  Falle 


-.     33     — 

nehmeD  nimlich  andere  Krankheiten,  selbst  die 
EoLwodoiigen  auch  etwas  Periodisches  an,  und 
eise  alhnählich,  nachdem  die  Krankheit  eine  Zeit 
lang  in  unvollständiger  fragnieutarer  Form  be- 
standeu  hat,  tritt  sie  in  ihrer  wahren  Gestalt  auf. 

8.    BÜd  der  Krankheit. 

Vm  über  das  Wesen  des  Wechselfiebers  ge«^ 
höriges  Licht  verbreiten  zukönnen,  scheint  es  uns 
Toreist  nothwendig,  die  äufsern  Erscheinungen, 
wekhe  die  vorangeschickten  ätiologischen  Mo* 
Bcnte,  als  Produkt  ihrer  Wirkung  9  darbieten,  in 
ihicfli Neben-  und  Nacheinandersein  in  Betracht 
m  liehen,  und  uns  so  ein  allgemeines  Bild  der 
Kiankbeit  zu  verschaffen.  In  dieser  Absicht 
mosOeo  wir  das  Wechselfieber  in  drei  besonderen 
Fhateo  betrachten,  welche  es  in  seiner  reinen, 
ausgeprägten  Gestalt  stets  zu  durchlaufen 
pflegt,  nämlich  im Fro5/-,  Hitze-"  und  Schweifs^ 
ümdnan. 

a)  Froststadivm,  Nach  vorausgegangenem 
Schauder  und  Ziehen  im  Rückgrathe  mit  Gäh- 
nen mid  Recken  kommt  der  Frost^  welcher  beim 
Wediselfieber  sowohl  seinem  Grade ,  als  seiner 
Dauer  nach,  selbst  bei  einem  und  demselben 
Fieber  verschieden,  jedoch  mit  ihm  in  reinem 
Zustande  wesentlich  verbunden  ist,  bald  früher, 
bald  später  zum  Vorschein.^  Der  Eintritt  der 
Anfälle  macht  sich  nämlich  durch  eine  Art  Com- 
pressiou,  welche  rasch'  oder  stufenweise  die 
ganze  Oberfläche  des  Körpers  befällt,  bemerk- 
iich.  Der  Frost  stellt  sich  mit  Blässe  des  Ge- 
lidiles,  Dehnen  der  Glieder  und  krampfhaftem 
ZoMBiaieuziehen  der  Hautporen  ein.  Manche 
Weehselfleberkranke  fühlen  nur  ein  leichtes 
Fidatdn,  bei  andern  ist  die  Kälte  heftiger,  so 
dab  die  Haarzwiebeln  hervortreten  und  die  Haut 
J««s.XCIILBd.l.8t  C 


-     34     - 

gewissennalseii  erzittert.  Gänsehaut  (faorripi- 
latio);  Oft  ist  sie  gleich  von  Anfang  an  sehr 
intensiv^  dauert  einige  Z^it  im  nämlichen  Grade 
fort^  oder  sie  findet  nnr  voräbergeheud  Statt. 
Am  gewöhnlichsten  beginnt  sie  an  den  Händen, 
an  den  Füfsen,  auf  dem  Rücken,  in  dem  Ge- 
sichte, den  Lenden,  an  den  Knieeu  u.  s.  w., 
und  verbreitet  sich  von  da  aus  schnell  über  die 
andern  Theile.  Manchmal  ergreift  sie  gleich- 
seitig die  ganze  Oberfläche  des  Körpers.  In 
den  meisten  Fällen  wird  sie,  aufweiche  Weise 
sie  auch  angefangen  haben  mag,  endlich  all- 
gemein, oder  sie  macht  sich,  wenn  sie  auch 
nicht  zu  gleicher  Zeit  alle  Theile  einnimmt, 
endUch  nach  und  nach  in  jedem  von  ihnen  fühl- 
bar. Mehrere  Kranken  finden  in  dieser  krank- 
haften Kälte  etwas  Stechendes;  andern  scheint 
es,  als  ob  man  Eisstücke  auf  den  Körper  ap- 
plicirte.  Die  Kälte  ist  gewöhnlich  iur  das  Ge- 
fühl wahrnehmbar;  in  manchen  Fällen  aber,  wo 
der  Kranke  über  eine  sehr  starke  Kälte  klagt, 
bemerkt  man  gar  keine  Verminderung  in  der 
Hautwärme.  Mehrere  Aerzte  haben  einstimmig 
bezeugt,  dals  das  Thermometer,  in  dem  stärk- 
sten Fieberfroste  an  den  Körper  gebracht,  — 
unter  den  Achseln ,  in  dem  Munde  —  keine 
verminderte  Wärme  anzeige ,  sonderii  wohl  gar 
um  einige  Grade  Erhöhung  derselben.  Allein 
Burserius  hat  durch  wiederholte  Versucbe,i  in 
Gegenwart  vieler  Schüler  dargethan,  dafs  bei 
einem  wahren  Froste ,  wo  die  Extremitäten  kalt 
an2sufuhlen  und  blafs  sind,  das  Thermometer 
verminderte  Temperatur  anzeige.  Die  stärk- 
sten, auf  die  Haut  angebrachten  Grade  von 
Wanne  sind  nicht  im  Stande,  diese  Kälte  zu 
vermindern.  Durchgehends  pflegt  der  Beobach- 
ter diese  Znfiüle  des  Frostes  eher  an  dem  Kran- 


ken  EU  benorkeiiy  als  er  sie  selbst  gewahr 
wird.  Andere  bef^leitondc  KrscheiDungen  des 
Frostes  sind:  Bleich-  oder  liividwerden  der 
Haut,  besonders  an  den  Nasenflüf^eln ^  in  der 
Wangeugegend  und  an  den  Fingempitsen.  Bei 
manchen  Kranken  ist  die  Haut  marmorirt^  mit 
röthlichen  und  bläulichen  Flecken  bedeckt»  wei- 
che jenen  ähnlich  sind,  die  man  im  Winter  an 
den  Händen  gesunder  frierender  Personen  wahr- 
nimmt. Senao  sah  im  Ficberfroste  die  ganso 
Nase  blau  werden ,  und  Stärk  hat  blaue  Flecke 
bemerkt,  welche  ganz  die  Haut  wie  Petechien 
beaetsten.  Wenn  der  Frost  mit  grofser  Inten* 
•ität  auftritt  y  so  wird  der  Kopf  gegen  die  Spitse 
des  Brustkastens  hingezogen,  die  Augen  sind 
veistort,  die  Kinnladen  gegen  einander  gepreist, 
die  Brust  tritt  hervor,  der  Bauch  ist  eingezo- 
gen und  die  geraden  Bauchmuskeln  machen 
sieh  unter  der  Haut  bemerkbar ,  die  Gliedma- 
fsen  sind  gebeugt  und  dem  Stamme  genähert, 
um  sich  zu  erwärmen ,  und  den  convulsiviHclien 
Brschätterungen,  welelie  sie  erleiden,  Wider- 
stand zu  leisten.  Dieses  Zittern,  welches  manch- 
mal null,  oder  ganz  unbedoutrnd  ist,  kann  in 
andern  Fällen  einen  solchen  Grad  von  Intensi- 
tät erreichen,  dafs  es  für  den  Kranken  unmög- 
lich wird,  sich  aufrecht  zu  halten,  oder  zu  sitzen ; 
es  erzittert  das  Bctt^  auf  welchem  er  liegt; 
manchmal  hört  man  ein  Krachen  in  den  Gelen- 
ken, und  die  Zähne  schlugen,  unter  grofsem 
Geräusche  mit  einer  so  grofnen  Gewalt  auf  ein- 
ander, dafs  einzelne  zerbrechen,  oder  auMfullen. 
In  andern  Fällen  befhiden  sich  die  Krauken  in 
einem  Zustande  von  beinahe  tetanischer  Stei- 
figkeit, und  man  bemerkt  nur  ein  leises  Zittern. 
Die  Stimme  ist  krankhaft  verändert  und  vermag 
nur  schwer  zu  artikuliren;   der  Kranke  beklagt 

CS 


—     36     — 

sich  aber  contusivo  Schmerzen  iu  den  Glied- 
mafsen^    über  ein    unerträgliches    Gefühl    von 
Zerreißungen^  oder  von  Stichen  in  den  Len- 
den oder  in  den  Unterschenkel^,   und  oft  fiber 
ein  lästiges  Prickeln  in  einer  Partie,  oder  in  der 
ganzen  Ausdehnung  der  Haut.    Die  Respiration 
ist  kurz,  schnell,  bange,  oft  mit  einem  trocknen 
Husten  verbunden;  die  arteriellen  Pulsationen 
sind  klein,   häufig  und  ungleich,  bisweilen  so 
schwach,  dafs  man  den  Puls  kaum  fühlen  kann. 
Brendel  ^}  behauptet  dagegen,    dafs  ihm  der 
Puls,  wenn  ihn  nicht  alle  ErfaJirung  betrogen, 
im  Froststadinm  immer  langsamer,  als  im  nar 
türlichen  Zustande  geschienen  habe.    Die  unter 
der  Haut  liegenden  Venen  entleeren  sich  zum 
Theil,  die  Hauttranspiration  ist  aufgehoben,  be- 
stehende Geschwülste  und  Hautausschläge  ver- 
schwinden und  zeigen  sich  erst  während  der 
Hitze  wieder,  vorhandene  Geschwüre  werden 
trocken  und  sondern  kcineukBiiter  mehr  ab;  der 
ausgesonderte  Harn  ist  hell  und  selten,  ohne 
eine  Wolke   oder  Bodensatz  zu  bilden.     Der 
Hund  trocken,  Durst  grois.   Die  mittlere  Dauer 
des  Froststadiums  beträgt  eine  halbe  bis  ganze 
Stunde,  seltener  fünf  bis  sechs  Stunden;  indes- 
ren  will  de  Haen  ^)  den  Frost  zwölf  Stunden 
andauernd  beobachtet  haben.    Während  des  Be- 
standes vom  Froste  wird    die   Peripherie  des 
Körpers  wirklich  kleiner,  daher  Halsbänder,  Arm- 
bänder,  Ringe  und  andere  dem  Körper  knapp 
anliegende   Kleidungsstücke   zu    weit  werden. 
Der  f'rost  nimmt  nach  und  nach  ab,  und  es  tritt 
sodann  Hitze  an  seine  Stelle.    Dieser  Ueber- 
gang  von  Frost  in  Hitze,  welcher  meistentheils 

')  Programma  de  ijuIs.  fcbr.  Comment.  L,  in  desie» 
opusc  roath.  et  med.  arg:^  eur.  Wrisherg  P.  I.  p«  143. 
9)  Ratio  medendi.  P.  XI.  \»,  10. 


—     37     — 

nur  allmählich  und  unvermerkt  vor  sich  ffoht, 
geschieht  manchmal  schnell.  Am  gewöhnlich- 
sten findet  zwischen  beiden  Stadien  ein  Zwi- 
schenraum .von  einigen  Minuten  bis  einer  Vier- 
telstunde und  darüber  Statte  während  welcher 
Zeit  der  Kranke  weder  warm  noch  kalt  ist« 

b)  Hitzestadium»  Die  Hitze  ^  als  Haupt- 
symptom dieses  Stadiums ,  bietet  sich  wie  der 
Frost  unier  verschiedenen  Modificationeo  2ur 
Beobachtung  dar.  Gewöhnlich  macht  sie  sich 
am  Kopfe,  oder  im  Epigastrium,  manchmal  auch 
in  den  FäCsen  zuerst  fühlbar-,  von  da  erstreckt 
sie  sich  nach  und  nach  mit  gröberer  oder  ge- 
ringerer Schnelligkeit  über  die  andern  Theilej 
sie  ergreift  in  einem  Augenblick  den  ganzen 
Körper,  oder  verbreitet  sich  nur  langsam  über 
die  andern  Gegenden.  Anfangs  schwach,  er^ 
langt  sie  stufenweise  mehr  Intensität  und  wirdi 
beinahe  immer  allgemein;  doch  fühlen  manche 
Kranke  selbst  dann,  wenn  die  Wärme  in  der 
Haut  sc1k>u  beträchtlich  ist,  noch  einen  Innern 
Frost.  Hinsichtlich  der  Intensität  der  Hitze,  so 
bietet  sie  alle  Grade  zwischen  einem  leichten 
Gefühle  von  Wärme  und  einer  brennenden  Hitze 
dar;  oft  ist  sie  nur  für  den  Kranken  fühlbar, 
so  dafs  der  Arzt  sie  nicht  wahrnehmen  kann. 
Diese  Wärme  kann  gelinde,  scharf,  lästig,  oder 
von  einer  bedeutenden  Erleichterung  begleitet 
sein;  zu  Anfange  dieses  Stadiums  oft  trocken, 
wild  sie  zu  Ende  desselben  feucht.  In  dem 
Maafee,  als  die  Hitze  sich  entwickelt,  verschwin- 
det das  Hervortreten  der  Haarzwiebeln,  das  Zit- 
tern hört  auf,  die  Haut  nimmt  im  Gesichte  eine 
iebhaflere  Farbe  an,  der  Umfang  der  Glieder 
nimmt  zu,  die  Adern  werden  strotzend  von 
Blut.  Die  Kranken,  welche  bis  dahin  ruhig  lie- 
gen geblieben  waren,  drehen  und  wenden  sich, 


—     38     — 

um  cino  bequemere  Lage  bsu  finden ,  oder  um 
das  Unbehagen  oder  die  Hitze /welche  sie  fuh« 
len,  zu  vermindern.  Der  Durst  nimmt  mit  der 
Hitze  zu,  oder  kommt  zum  Vorschein,  wenn  er 
während  des  Froststadiums  fehlte;  der  Mond 
und  Schlund  sind  gewöhnlich  der  Sitz  eiaes 
Gefühles  von  Trockenheit;  die  Respiration  hört 
auf,  beschwerlich  zu  sein,  der  Athem  wird  bmfii; 
inanchmal  ist  die  Hitze  schon  beträchtlich,  ohne 
dftfs  der  Puls  schon  voller  und  häufi^r  gewor- 
den ist;  die  Schläge  der  Schläfeartene  sind  oft 
sehr  deutlich,  der  Kranke  klagt  über  furchteiw 
liehe  klopfende  Schmerzen  im  Kopfe,  die  er 
mit  Hammerschlägen  zu  vergleichen  pflegt;  der 
Puls  wird  regelmälsig,  hart,  stark  und  häuflff, 
jn  der  stärksten  Fieberhitze  zählt  man  mandS-- 
mal  180  und  mehr  Pulsschläge  in  der  Miniite. 
Die  Haut  fühlt  sich  weich,  manchmal  etwae 
feucht  an,  der  während  dieses  Stadiums  abge^ 
sonderte  Harn  ist  dunkelroth ,  aber  ohne  Wolke^ 
und  um  so  röther,  je  längere  Zeit  die  Hitise 
bestanden  hat.  Die  meisten  Kranken  bekoqif» 
men  Kopfschmerz,  andere  heftige  Rücken-p 
^hmerpen  und  Schmerzen  luden  Gliedern;  an- 
dere verfi^Uen  in  Irrereden,  in  eine  Betäubung, 
oder  haben  Sucht  zum  Schlafen,  Die  Empfln^ 
lichkeit  des  Körpers  ist  während  der  Hitze  ebenso 
vermehrt,  als  sie  im  Froststadium  vermindert 
ist;  ein  kaltes  Lüftchen,  kaltes  Getränk,  liuf* 
ten  der  Bettdecke,  erregt  augenblicklich  ein 
Frösteln«  Das  Ohr  verträgt  kein  Geräusch»  das 
Auge  kein  Licht,  und  die  VorsteUpngen  weob- 
seln  schnell  und  nicht  ganz  nach  der  Normal«? 
regel  der  Association.  In  der  Hitze  wie  in 
Froste  bemerkt  man  gewisse  Stufen;  sie  fuhr 
gen  mäisig  an,  steigen  allmählig  und,  wenn 
sie  den  höchsten  Gipfel  erreicht  haben,  so  (äU 


—     39     — 

leo  sie  nach  und  nach  wieder.  Die  Dauer  die«- 
ses  Stadiums  dauert  a&wiachen  15  und  20  Jlli- 
noten^  oder  bia  au  mehreren  Stunden.  Indessen 
beobachtet  die  Hitze  nicht  immer  ein  solches 
\'erhältnifs,  dals  auf  einen  heftigen  und  langen 
Frost  stets  eine  heftige  Hitze  erfolgt,  obgleich 
dieses  der  gewöhnlichste  Fall  ist^  denn  biswei- 
len erfolgt  auf  einen  kurzen  Frost  eine  lang 
anhaltende  Hitze  und  umgekehrt. 

c)  Schweifsstadium.  Sobald  die  Hitze  sich 
vermindert  hat^  kommt  Schweils  zum  Aus- 
bruch, und  es  wird  der  Uebergang  vom  Sta- 
dium der  Hitze  in  jenes  des  Scliweifses  einge^ 
leitet.  Dieses  Stadium  kann  sich  ofl  blofs  durch 
einen  schwachen  Duft  manifesliren ;  oft  stellt 
sich  aber  so  reichlicher  Schweifs  ein,  dafs  er 
zum  grofsen  Thcil  das  Bett,  auf  welchem  der 
Kranke  liegt,  befeuchtet.  Der  Anfangs  ge-^ 
ringe  Schweifs  nimmt  allmählig  zu  uiul  hört 
nach  und  nach  mit  dem  Aufalle  auf.  Er  kommt 
zuerst  am  Kopfe ^  hiernach  auf  der  Brust,  auf 
dem  Rücken,  an  der  obern  und  iuncrn  Partie 
der  Oberschenkel  zum  Vorsclieiu,  und  nimmt 
Dach  uiid  nach  die  gauz^e  Oberfläche  des  Kör- 
pers ein.  In  einfachen  Wechselilebern  ist  er 
beinahe  immer  allgemein.  Im  Beginne  ist  er 
warm,  dünn  oder  farblos,  manchmal  jedoch 
klebricht  und  gelblicht,  sehr  selten  kalt.  Sein 
beinahe  immer  saurer  und  dem  des  Sauerteigs 
ahnlicher,  manchmal  süfslicher  und  dem  des 
gesunden  gleicher,  selten  übel  riechender  Ge-« 
ruch  ist  niemals  charakteristisch.  Oft  verfallen 
die  Kranken  während  desselben  in  einen  er- 
quickenden Schlaf,  während  dessen  Dauer  das 
Schwitzen  allmählig  aufhört.  Wenn  der  Schweifs 
beginnt,  so  verlieren  die  meisten  krankhaften 
Erscheinungen  an  ihrer  Intensität  ^  die  Respira-* 


—     40     — 

tion  wird  freier,  indem  die  Beklemmung  der 
Brust  verschwindet  und  der  Kranke  mhiger, 
der  Durst  y  die  Hilse  und  der  Kopfschmers 
vermindern  sich;  der  Puls  ist  geschmeidiger^ 
weicher  und  regelmärsiger;  der  sehr  dodde 
Harn  lagert  beim  Erkalten  einen  dicken ,  aser- 
stoCsenem  Ziegelsteine  ähnlichen  Bodensatz  ab, 
welchen  mehrere  Aerzte  für  ein  pathognomoni- 
^ches  Zeichen  des  Wechselfiebers  gehalten  ha- 
ben. Zu  Ende  des  Anfalls  wird  der  Urin  h&o- 
flg  etwas  schleimig  9  zeigt ,  wenn  er  gelassen 
wird,  vielen  Schaum ,  den  er  so  lange  behili, 
als  er  warm  bleibt,  und  auf  seiner  Oberfl&ehe 
erzeugt  sich  wohl  eine  Haut ,  die  re^enbogen- 
ikrben  spielt,  und  beim  Ausgiefsen  emen  blAu- 
lichen  Ueberzug  an  dem  Gefäfse  zurnckltUkt 
Die  Dauer  dieses  Stadiums,  welche,  wie  jene 
des  Frostes  und  der  Hitze,  veränderlich  ist^ 
währt  selten  über  drei  bis  vier  Stunden. 

Ist  der  Anfall  überstanden ,  so  bleiben  keine 
der  wesentlichen  Zufalle  übrig.  Der  Kranke 
fühlt  sich  entweder  vollkommen  gesund  und 
wohl,  oder  er  beschwert  sich  nur  überHattig» 
keit,  Zerschlageuheit  der  Glieder,  Reiüsen  in 
denselben,  Empfindlichkeit  gegen  Berührung  der 
Luft,  vorzüglich  aber  über  fortwährenden  me* 
talHschen  Geschmack  im  Munde,  welcher  fiuC 
nie  auszubleiben  pflegt,  so  lange  das  Wech« 
selfieber  noch  geneigt  ist  wiederzukehrenw  Im- 
mer hat  der  Kranke  noch  Abscheu  vor  gewis- 
sen Speisen  und  klagt  über  Schwindel  und 
S^were  des  Kopfes,  über  Völle  in  der  Hers»* 
grübe,  über  Durst  und  Neigung  zum  Schwitzen 
bei  der  geringsten  Bewegung.  Der  Puls  ist 
immer  noch  etwas  gereizt,  leicht  beweglich, 
hart  und  schnell,  der  Urin  roth,  schaumicht  und 
bypostatisch.    Diese  Zufälle  pflegen  zwar  bis^ 


—     41     — 

weilen  sehr  unmerklich  eu  sein*,  allein  schwer- 
lich fehlen  sie  jemals  gänzlich ,  wenigstens  fehlt 
nicht  leicht  der  metallische  Geschmack  im 
Munde,  und  die  Abneigung  gegen  gewisse 
Speisen. 

Dieb  sind  die  allgemeinen  Erscheinungen 
des  WechselOeberSy  allein  nicht  immer  spre- 
chen sie  sich  in  einer  solchen  Breite  aus,  und 
nicht  immer  bekunden'  sie  sich  auf  eine  so  of- 
fenbare Weise  I    sondern  bisweilen  finden  wir 
dasselbe    sich   blofs   auf  einzelne    Theiie   be- 
schränken,  und  bisweilen  sich  unter  der  Form 
einer  andern  Krankheit  mehr  verborgen  halten. 
80  führen  Jakobäua  ^^^   Bergius  *)  und  SwU^ 
Un  *}  Beispiele  an ,  dais  blols  das  eine  Bein, 
das  Hypogastrium,    oder  die  eine  Hälfte  des 
Kfirpers    afficirt   war.     Cnöffel  ^)    erzählt  von 
einem  Manne,  dessen  rechter  Arm  früh  um  7  Uhr 
Fnwt  bekam;  um  8  Uhr  ging  der  Frost  in  Er- 
starrung und  in  ein  Zittern  der  Hand  und  der 
Fmger  über^  nach  drei  Stunden  errolgte  Hitze, 
bei  welcher  der  ganze  Arm  glühend  heifs  wurde; 
der  übrige  Körper  beharrte  aber  in  seinem  ge- 
sunden Zustande.    Senac  *^  l:at  gesehen,  dab 
nur  die  untern  Theiie  des  Körpers  froren,   in- 
.  defii  die  obem  vor  Hitze  brannten.    Ebender- 
selbe erzählt  von  einem  Kranken,  den  an  der 
einen  Seite  fror  und  der  an  der  andern  Hitze  hatte, 
und  von  einem  andern,  der  nur  an  einem  Arme 
von  Frost  befallen  wurde.    Auch  Sauvages  hat 
ein  solches  Fieber  bemerkt,  wo  der  Frost  und 
die  darauf  folgende  Hitze  nur  einen  Arm  ein- 
nahm,    CoUin  ^)  beobachtete  einen  Kranken,  bei 

>)  Act.  Hafn.  Vol.  1.   Obs,  119.  »)  Act.  Suecic. 

VqI.  XVI.  »)  Comment.  $.  757.         ,♦)  Kpbera. 

nat.  cur.  Dcc.  1.  ann.  3.  Obaerv.  205.        *)  Von  d. 
Wechselticber  etc.  S.  46.         ^)  Ann.  med.  II.  p.  167. 


—      4«     — 

welchem  der  Frost  eine  Stelle  des  Uqterleibs 
auf  beiden  Seiten  des  Nabels  eine  Hand  breit 
einnahm.  Dieses  sind  offenbare  iopisehe  Wech-> 
selßeber,  im  Gegensatze  zu  den  allgemeinen. 
Anders  verhält  es  sich  aber^  wenn  das.  Fieber 
,  die  Gestalt  einer  andern  Krankheit  simulirt^  und 
keine  andern^  das  Wechselfieber  charakterisi- 
reuden  Symptome  beibehält,  als  jene  desinter- 
mitliieuden  Typus,  —  dieses  sind  die  sogenann- 
ten larvirten  Wechselfieber ,  welche  wieder  all- 
gemein und  topisch  sein  können. 

Interessant  ist  in  Beziehung  auf  den  Ty- 
pus des  Wechselfiebers,  dafs  dieser  mit  dea 
erregenden  Momenten  in  einem  gewissen  Ver- 
hältnisse steht.  So  beobachten  z.  B.  jene  Fie- 
ber, deren  Entstehung  mit  dem  Frühliugsäqui- 
noctium  zusammenfallt,  einen,  der  Zunahme  de« 
Tages  entsprechenden  Verlauf,  haben  den  be- 
schleunigten Typus,  sind  tagige  oAes  dreiiagige^ 
während  jene  dagegen,  welche  mit  dem  Herbst- 
äquinoctium  zusammenfallen,  der  Verkürzung 
des  Tages  folgen,  und  den  retardirten  Verlauf 
h^ben  —  viertägige  sind  —  eine  Erscheinung, 
welche  in  Beziehung  auf  die  Ausprägung  der 
Formen  auf  einen  bestehenden  Solareinflufs  hin- 
zuweisen scheint. 

Obductionserscheinungen, 

Wenig  bekannt  und  äufserst  dunkel  sind 
zur  Zeit  noch  die  Veränderungen ,  die  als  Norm 
in  den  Leichen  der  an  Wechselfieber  Verstor- 
benen nachgewiesen  wurden.  Die  bis  jc^tzt  durch 
anatomische  Untersuchungen  gelieferten  Resul- 
tate sind  daher  sehr  verschieden  ausgefallen, 
und  zum  Theil  schlecht  erklärt  worden«  Man 
darf  zur  Bestärkung  dieses  Ausspruches  nur 
mit  einiger  Aufmerksamkeit  die  Schriftsteller, 


—     4»     — 

wddia  uImt  Abb  Weohflelfieber  geschrieben  ha- 
ben ^  durchlesen,  um  sich  su  überzeugen,  dalb 
kein  Kranker  an  einem  einfachen  und  primiti- 
ven Wechaelßeber  sbu  Grunde  gehl.  In  den 
tödüieh  abgelaufenen  Fällen  sind  jeder  Zeit  in 
einer,  von  den  eraten  Anf&llen  mehr  oder  we- 
niger entfernten  Epoche  neue  Erscheinungen 
eingetreten  9  die  immer  eine  oder  mehrere  con- 
secutive  Affeetionen  voraussetKen.  Ebenso  wird 
der  Erfand  modificirt  durch  den  Eintritt  dos  To- 
des 4n  diesem  oder  jenem  Stadium  der  Krank- 
heit. Naoh  den  meisten  Angaben  finden  sich 
Verandernngen  im  Drüsensystemey  welche  im 
Stromgebiete  der  Arteria  coeliaca  liegen;  voi^ 
mglich  ist  es  die  Milz,  seltener  die  Leber^ 
welche  im  Zustande  der  Erweichung  und  Auf- 
lockerung begriffen  sind.  Ob  diese  Verfindo- 
rung  auch  im  Pankreas  vorkommt ,  ist  zur  Zeit 
noch  problematisch.  Dieses  sind  die  sogenann- 
ten Fieberkucheu.  In  der  Hegel  ist  hiebei  das 
Volumen  des  Orgaus  vermehrt,  dabei  aber  gleich- 
zeitig auch  das  Parenchym  derselben  in  seiner 
Consistenz  verändert;  es  tritt  Erweichung  ein« 
Dieser  Zustand  ist,  wie  es  scheint,  Folge  va- 
ricoser  Ausdehnung  der  Venen  und  dadurch  be- 
dingter passiver  Congestion.  Selten  geschieht 
es,  dafs  das  betreflende  Organ  fester,  com- 
pacter und  zugleich  saftloser  wird  *—  dafs  Ver- 
härtung eintritt.  Die  Bildung  dos  Fieberku- 
chens findet  sich  am  häufigsten  bei  Quartan- 
fiebern,  besonders  solchen,  die  endemisch  sind 
und  durch  den  Gebrauch  der  China,  ohne  ge- 
heilt zu  sein,  unterdrückt  wurden.  Die  Milz 
erreicht  bisweilen  ein  Gewicht  von  fünf  Pfund, 
und  bewährt  sich  hiebei  so  weich,  dafs  sie 
viel  mehr  geronnenes ,  in  eine  Haut  eingeschlos- 
senes Geblüt  m  sein  scheint,  als  ein  organi- 


—     44     — 

sdier  Theil.  Schou  Aetius  0  bat  bemerkt,  ddli 
die  Milz  bisweilen  so  anschwelle ,  >  dafk  sie  bis 
mnf  die  Weichen  hinabreiche;  Monro  ^)  gedenkt 
sogar  einer  Milz  von  40  Pfund  und  Strack  ') 
sah  eine  Milz,  welche  ihrer  Länge  nach  den 
ganzen  Raum  zwischen  dem  Zwerchfelle,  dem 
Räckgrathe  und  der  weiisen  Linie  einnahm. 
Cleghorn,  welcher  die  Leichen  von  beinahe  800 
Personen,  welche  an  Wechselfieber  gestorben 
waren,  untersuchte,  fand  bei  allen  den  einen 
oder  den  andern  Theil  des  Unterleibs  >  —  da^ 
Netz,  das  Gekröse,  den  Giimmdarm  u.  s.  w. 
von  einer  dunkeln,  schwarzen  Farbe,  oder  ganz 
verdorben;  die  Gallenblase  voll  und  aufge- 
schwollen, und  in  dem  Magen  und  den  Ge&-- 
men  eine  Menge  von  einer  gallichten  Materie. 
Maillot  ^)  fand  in  den  Leichen  von  Personen, 
die  am  Wechselfieber  gestorben  waren,  theils 
starke  Injectionen  der  Pia  mater  des  Rücken- 
Buurks,  theils  Erweichungen  des  letztem. 

(Fortsetzung  folgt) 

>)  Tetrab.  III.  serm.  2.  c.  16.  p.  530.  ')  Kriega« 

arzneiwisseiischaft.     A.  d.  Engl.    v.  Presie.    Bd.  II. 
S.  418.  ^)  Observat.  mectic.  de  febre  intermitt 

L.  III.  c,  !•  ^)  Trait^  des  ühyveB  oa  imUttoai 

cerebro- spinales  intermitteotes.  Paris  1836« 


—     4S     ~ 


II. 

Krankheiten    L  ü n e  b o r g'a. 

Vom 

Mefficiiialrathey  Landphysikus  Dn  Fiacberi 

sa    Lün«barf. 


Das    Jahr    1840. 

Januar. 

BantMfer.  Bit  zam  16.  lebr  hoch  28'  10"  T*'  (10.)  u. 
tpSter  niedrig  2T  2'  9'^'.  (26.). 

TWmom^er.  Bit  zum  17,  Frost  (12®  am  11.)  i  ^aub 
Warme  bis  zu  8<>  (24.). 

Hygrometer,  Zuerst  und  zuletzt  02 — 04*.  Keim  Frost« 
67*  (13.)  und  meist  gegen  80®. 

Winde,  Beim  Froste  8.0.  u.  S.W.  (N.  3 mal)»  dann  ouf 
S.W.  Regen  Tom  1.  bis  3.  mit  Olnileiä,  dann  olt 
Nebel  und  etwas  Schnee,  Vom  17*  an  wieder  Tiel 
Regen ,  Schnee  o«  (6  mal)  Hagel,  OewUier  am  26* 
u.  26.  SlendneUe  8  mal  bis  zom  16.  ond  mielüier 
1  oiaL 

Uli  dem  V.U.  (19.)  Barometer  Immer  niedriger^  Ue 
4  Tage  oacb  4em  L  V.  (26.). 

Häufige  kaUrrhaiisehe ,  innere  und  ftufiMre, 
KrankheitsfonDeiiy  €reihisch''gntzundiichery  leicbl 
nervöser  Alt.  Viel  Kepf  -  und  Hab  - ,  aber  aoeh 
Brost-  omI  UnterleilMffectioneo.    Nicbl  aelteii 


—     46     — 

Nevenßeber.  (Eine  Frau  auF  dein  Lande,  Vor 
einem  Jahre  mit  Placeuta  praevia  (schon  ein 
pathologisc)ier  Lebensproccfs)  künstlich  entbun- 
den, starb  an  letzterer  Krankheit  schnell  *). 

In  Feiersburg  waren  in  den  letzten  Tagen 
des  vorigen  Jahres  35  Menschen  erfroren  {Hamb, 
BbrsenL  v.  9.  Jau.)>  —  In  Neapel  trat  erst  mit 
der  ersten  Woche  dieses  Jahres  Frost  ein. 
(Hamb,  Correspond.  v.  28.  Jan.}.  In  Aalborg 
schon  am  12.  Jan.  Thauwetter  {BörähiL  vom 
17.  Jan.),  —  bei  uns  erst  am  17. 

Unter  den  plötzlich  sich  entwickelnden  Ge- 
hiruleiden,  sicher  mit  mehr  chronischer  Anlage 
in  der  feineren  Organisation  dieses  Orgaus,  wat 
der  Fall  eines  31jährigen  hageren,  sonst  ge- 
sunden ,  thätigeu  Kaufmanns ,  traurig  merkwür- 
dig und,  wegen  des  Erfundes  in  dieser  don-^ 
kein  pathologischen  Region,  etwas  umständli- 
cher zu  bezeichnen.  Starkes  Rechnen,  Anstren- 
gung und  Erkältung  in  einem  grofsen  Geschäfte, 
zumal  gegen  und  während  der  beschäftigten 
Weihnachtszeit,  mitunter  etwas  nicht  ganz 
«liätetische  Abendessen  u.  dgl.,  einem  weniger 
Disponirteu  sonst  doch  nicht  verderbliche  Um- 
stände; hatten  wohl  länger  schon  eine  Gehirn- 
congestion  herbeigeführt,  die  sich,  charakteri«^ 
Btisch  genug,  nicht  durch  heftigere  Reaction, 
sondern  nur  durch  unruhige,  mitunter  phantasi- 
rende  Nächte,  Steifheit  im  Nacken,  Klingen 
vor  den  Ohren,  Schmerz  in  den  Schläfen  und 
Augäpfeln,  wenig  Efslust  mit  trpckner  Zunge, 
Dorst  u.  s.  w.  merklich  machte,  und  nur  nach 
vollendetem  Neujahrsgeschäfte  die  Sorgsamkeit 

•)  Vargl.  Dawj  a.  Brandes  (Froriep's  Notizen.  1839^ 
Nr.  246.  „über  das  Blut  wiä  dessen  Feränderung  durdk 
die  Respiration"  (and  also  ancb  durcü  die  terändertt 
Luft). 


—     47     — 

des  nuHloflen  jungen  Mannes  noweit  wenigfdtensi 
in  Anspruch  nahm,  dafa  er  eine  Abrühning 
gegen  seine  einigermafscn  störenden  Uebel  for- 
derte.  Als  diese  aber  nichts  leistete,  und  der 
Kranke  sich  noch^  anfser  Bette,  den  verivickelt- 
sten  Rechnungen  unterzog,  wandte  man  reich- 
lich blutige  Schrdpfköpfe  und  Vesicatorien  swi- 
sehen  den  Schultern  und  im  Nacken,  und  nach« 
her  ein  Brechmittel,  aus  Ipccac.  an  (was  aber 
nur  nach  unten  gut  wirkte).  Demnächst  Pot 
River,  mit  Inf.  Arnie.,  bis  am  9ten  Morgens 
ein  immer  verwiriteres  und  heftigeres  Reden 
begann,  ohne  Hitze  und  eigentliches  Fieber.  -— 
Jetzt,  KU  Bette  gebracht,  schlief  der  Kranke, 
naoh  einer  kühlend  abfuhrenden  Mixtur  mit  Brech- 
weinstein versetzt,  und  bei  einem  Vesicator 
auf  der  Bmst,  einige  Stunden  lang,  erwachte 
aber  dann  mit  zitternd  unduhrendem,  schwachem, 
tehnellem  Pulse;  und  fing  nun  an,  in  einem  fort 
Alles  lächerlich  durcheinander  zu  reden.  Noch- 
malige zehn  Blutegel  an  den  Kursen,  nachher 
einige,  nur  zur  Lösung  des  Haut-  und  Hirn- 
kvmn^tisB  versuchte^  kleine  Gaben  von  Moschus  und 
Opium  mit  Calomel ,  demnächst  laue  Bäder,  mit 
kaltem  Sturzbad  über  den  Kopf,  nichts  konnte 
dem,  bald  L&cherlichos,  bald  mehr  Heftiges, 
immer  aber  viele  Krinncrungcn  durcheinander, 
vorbringendem  Irrereden  wehren,  und  nur  eini- 
germafscn die  Ruhe  herbeiführen.  Die  Prostra^ 
tion  der  Kr&fte  nahm  immer  zu  (da  aufser  Was- 
ser auch  eben  nichts  genossen  wurde)  und  am 
15.  Nachts  starb  der  Kranke ,  nachdem  er  etwa 
anderthalb  Stunden  vorher  ruhiger  geworden. 
Mau  bemerkte  gleich  ein  sehr  eingefallenes  (üe- 
iicht,  und  dunkelblaue  Vihices^  zumal  auf  den 
Lenden  und  Schienbeinen.  -—  Bei  der  Section 
am  andern  Tage,  fand  man  den  Sch&del  seh 


—     48     — 

hart,  die  Gcbirnhäute  aber  nicht  sehr^  mehr  die 
Sinus  von  Blut  überfällt,  eben  so  wenig  das 
Gehirn  9  sondern  eher,  besonders  die  Medulla 
oblongata  und  die  Glanddlapituitar.,  mehr  Aar/. 
Der  Plexus  choroideus  war  in  eine  Schnur  klei" 
ner  Hydatiden  (bis  zur  Gröfse  einer  Linse) 
ausgedehnt.  Kein  Wasser  in  den  Gehirnhöh«- 
len  j  so  wie  auch  nicht  m  der  Brusthöhle ,  die 
man.y  um  den  Zusammenhang  der  Circulation 
im  Gehirn  mit  der  Quelle  derselben  £a  erfor- 
sohen,  genau  untersuchte.  Das  Herz  war  klein, 
welkj  mehr  blutleer,  so  wie  die  Lungen  eben- 
*falls,  an  der  linken  Seite  leicht  mit  der  Pleura 
verwachsen. 

Mein  würdiger  Onkel,  Hr.  Ober-Medici- 
nalrath  Lodemann  in  Hannover,  schrieb  mir 
über  diesen  Fall,  nachdem  er  ßaily  und  5öm- 
mering  angeführt,  daüs  er  von  Hydatiden  des 
Plexus  choroideus  wohl,  selbst  das  aufTallend-- 
8te  Exemplar  bei  einer  Frau  gesehen,  die 
von  Kopfschmerzen  zum  Stumpfsinn,  zur  Ge- 
dächtnifelosigkeit»  alles  ohne  Fieber,  endlich 
ZQ  apoplektischen  Anfällen,  gänzlicher  Apho« 
nie  und  Brutalität,  bei  fortdauernder  guter  Ve- 
getation, überging,  bis  Convulsionen  ihrem  Le- 
ben ein  Ende  machten.  Nicht  blofs  der  Plexus 
choroideus,  sondern  sämmtliche  ^eröse.  Häute 
des  Gehirns,  waren  mit  tausenden  von  Hyda- 
tiden besetzt,  die  bei  genauerer  Untersuchung 
als  Blasenbandwürmer  sich  auswiesen.  Auch 
der  Meister  in  dergleichen  Untersuchungen,  Hr. 
Dr.  Bergmann  in  Hildesheim ,  war  so  gütige  mich 
hierüber  aus  seiner  grofsen  Erfahrung  durch 
ausgeführte  Beispiele  ferner  zu  belehren,  dafii 
diese  Hydatiden  an  diesem  wichtigen  Sitze  der 
Intelligenz,  wie  auch  der  Bewegkraft  des  Or«* 
ganismus  (Plex.  choroid.  Fomix,  Com.  Ammou.)^ 


—     49     — 

boi  verschiedenen^  cluonisrhen  und  acuten,  StS-/ 
nin^u  der  körperlichen  und  pfcisti^cn  Incolu« 
inifüCy  und  verschiedenen  Altem  sich  öller  fän«« 
den.  —    Auiser  den  liydatiden  küinen  manche 

■ 

Auswüchse  im  Gehirne  vor,  nameiillich  kalk- 
arti^o  Concremento;  womit  nicht  zu  verwech« 
sein  der  daran  befindliche  »Sand,  ähnlich  dem 
der  Zirbel  (von  ihm  zuerst  entdeckt  und  be« 
schrieben) y  der  natürlich  sei,  und  zum  norma« 
len  Leben  gehöre.  In  der  Mitte  jener  sei  eio 
markartiger  Körper  (nucleus),  der  bei  Irre» 
meistens  nicht  reichlich  sich  Hnde.  Hier  sei 
ein  mächtiger  licbons- und  Scolrncontact.  —  Der 
8and  könne  sich  übrigens  im  Plexus  (*.lior.  krank- 
haft anliAufen,  da  ct  bei  einem  Kpileptisch- 
Maniakalischen  einen  Klumpen  von  der  Gröise 
einer  Kastanie  gefunden  u.  s.  w. 

Noch  war  unter  den  chronischen ,  von  den 
äufseren  atmosphUriscIien  und  sonstigen  Kin- 
flüssen  aber  participirenden ,  Kranken  ein  ple- 
thorischer Sedentarius  am  Schreibtische,  etliche 
r>0  Jahre  alt,  und  mit  doppeltem  Bruche  seit 
lange  behaftet,  interessant,  bei  welchem^  von 
Ueberfüllung  der  BIntgerülse,  und  atonischem 
Druck  davon  auf  die  der  Lymphe,  wie  so  häu- 
fig, starke  äui'sere  und  innere  wassersüchtige 
Erscheinungen ,  mit  Dyspnoe  und  fticlileimhusten, 
mitunter  mit  Blut  gemischt,  sich  zeigten,  und 
dem,  bei  mäisigcn,  oll  wiederholten  Blutaus- 
leerungen und  nachherigem  oberfiächlichem  Auf- 
ritzen der  Füfso  (das  Oeflnen  derselben  durch 
tiefer  eingestofsene  Nadeln,  leert  nicht  so  lange 
und  so  viel  Wasser  aus^  du  es  (von  stärkerem 
Entzundungsreiz?)  sich  leichter  wieder  zu- 
schliefst),  nichts  so  wohlthätig  war  (und  noch 
bleibt),  als  Pillen  auN  Salmiak,  etwas  Extr. 
Squill.;   Extr.  Panchyni.  Croll.,  und  später  mit 

Joiirn.XCIII.ncl.l.St.  I> 


—     50     — 

Pidv.  Fol.  Senn,  versetzt  (und  um  das  Feucht- 
werden der  Pillen  zu  verhüten,  mit  dickem 
lUudh  Gumm.  arab,  angemacht). 

Ein  diasoluter  Landbader,  der  vor  mehre- 
ren Jahren  eine  alte  Frau,  und  damit  sein  Ge- 
werbe geheirathet,  verfiel  in  diesem  traben  Un- 
gluchunonate  auf  eine  sonderbare  (klassische) 
Art,  seinem  Leben  ein  Ende  zu  machen.  Er 
öffnete  sidi  in  einem  Gasthause  auf  einer  Reise, 
wo  er  sich  unter  dem  Verwände  einer  Erkran- 
kung ein  Nachtquartier  (aber  auch  noch  ein  gu* 
ies  Abendbrod  nebst  geistigem  Getränk)  hatte 
geben  lassen,  mit  seinem  Schnepper  beide  Me- 
dianen, und.  nachdem  er  dies,  auch  ab  und  zu 
nach  IS  Stunden  von  der  Aufwartung  besucht, 
immer  noch  geheim  gehalten,  auch  noch  ein 
Glas  Bier  getrunken  hatte,  fand  man  ihn  in 
Agone  und  bald  darauf  todt,  zugleich  nun  das 
aufgedeckte  Bett  mit  Blut  fiberfallt,  so  wie  das 
unter  demselben  stehende,  als  Folge  von  Na- 
senbluten angegeben,  erklärlich.  — 

Aulser  den  häufigen  katarrhalisch-erethisch- 
nervösen  Uebeln,  welche  dieser  erste  Jahres- 
monat brachte,  zeigten  sich  noch  hie  und  da, 
und  besonders  in  einem  nicht  entfernten  Dorfs, 
wahre  Typhus^  hier ,  wenn  auch  zuerst  nur  ein- 
zeln gebildet,  durch  Zusammenliegen  mehrerer 
Kranken  in  dunstigen,  feuchten,  heifsen,  klei- 
neu Gemächern  (es  starben  zuerst  drei  in  ei- 
nem Hause),  bis  zur  wahren  Coniagiosität  ge- 
steigert (mit  Durchfall,  Nasenbluten,  Irrere- 
den u.  s.  w.)  und  gleich  Anfai^  mit  einem 
Brechmittel  (aus  Ipecac»  vorzüglich),  so  wie, 
nach  Umständen,  mit  mäfsigen  und  einigermli- 
fscn  kühlenden,  und  die  Secretionen  u.  s.  w. 
unterhaltenden,  Reizmitteln  (Amica  mit  etwas 
Hitteisalz  u.  dgl.),  äul^em  Gegenreizen  für  das 


—     51      — 

Gehirn  u.  ■.  w.  noch  am  besten  r.u  behanMtt. 
l-ud  nun  weiter  in  unserm  Jahre!  — 

Februar» 

Baromficr.    29'  (25.)  n.  27'  7"  7"'  (4.).     (Voui  10.  M 

hoch  über  28'). 
y^iTMOfiirfn-.  +  6  (bii  cum  13.  ofier)  und  «-  0  (22.). 
Hyffrometer.  90*  (bii  lum  18.  ufter)  und  63*  (23.). 

%$'i9ide.  Bis  com  12.  SO.  q.  $W.  Dann  NO.  ^  Nur  tm 
27.  W.  Nehel  biulifr.  Heffen  6.  Sdkiicf  (mEüiig)  6. 
(vom  15.  an).    Sienhelle  12. 

Mit  dem  crtt  V.  (10.)  Barometer  dauernd  pctt  — *  Mit 
d.  V.M.  (17.)  u.  LV.  (25.)  nocb  iiiebr.  » 

Mit  den  Gehirucongestionen  und  Reactio* 
nen,  Schwindel,  Ohnmächten,  schweren  Träu- 
men^ selbst  Irrereden  (wie  beim  Delirium  tre* 
mensy  und  namentlich  hervorstechend  bei  den 
Candidaten  dazu)^  ist  es  jetzt  arg  genug!  — 
Dabei  oft  mehr  Appetit  unti  Ausleerungrny  wie 

Jewöhnlich^  als' Folge  pathologischer  Heizung 
BS  Gehirns  y  besonders  dessen  Basis  *).  — 
Diese  atmosphärische  Heizung  aur  Nerven  und 
Gefä/se,  vermittelt  zuerstund  hauptsächlich  durch 
Athmunßsorgane  und  Gehirn^  und  sowohl  von 
Druck  j  Temperatur  und  Bewegung  des  Luft- 
kreises  (und  deren  stärkeren  oder  geringeren 
Con1ra$ien)y  so  wie   von   den   chctmschen  und 

*)  Wenn  auch  durcli  die  Brohaclitungen  und  Theorieen 
in  der  uathologUdien  Uirnlubre,  x.  B.  von  gelber 
und  rolher  Uimenvcichuny  u.  dgl.  von  Fardel^  Ho- 
ehWHf  Moniin ^  Ürtweilhier  n.  A.  in.)  »o  wie  in  A|K)- 
plexia  oapillarit  ipecioll  von  Fittitonelti  nacb  uHilire- 
ren  Andern,  nucti  iiber  die  Heilbarkeit  der  llinier- 
weichungen  von  Dechamhre  (iäinintUHi  in  SchmUW* 
Jabrbücbern  1839.  Heft  3.  S.  290—300  nacbxuiolien) 
mancbea  Intereiiante  gi'Rngt  ist,  so  bleibt  dorb  nocb 
manolie  theoretiwhe  und  iiraktiacbe  Lücke  bier  ubrif , 
die,  bis  and  da,  Pucha  docb  nodi  beeeer  CuUt. 

D  S 


.     —     5«     — 

impMuderahlen  Potenzen  uud  Einflüssen  des- 
selben abhängend ,  brachte  nun  bald  diese,  bald 
jene'  pathologische  Reaction  hervor,  je  nach 
der  Empfänglichkeit  der  Systeme  und  Organe. 
Namentlich  traten  hie  und  da  Nesselfieber  in 
kaum  noch  gesehener  Heftigkeit,  Inteusion 
und  Dauer  des  lästigen,  Tag  und  Nacht  ^ren- 
nenden  und  alle  Functionen  störenden  Aus- 
schlages, auch  wohl  mit  Seitenstechen  und  Hu- 
sten verbunden,  auf,  die  nur  mit  stärkeren 
Säfteausleerungen ,  namentlich  durch  den  Stuhl- 
gang, durch  Säuren  u.  dgl.  in  einigen,  aber 
den  unruhigen  Kranken,  die  sich  wohl  in  kal- 
tes Wasser  zu  werfen  wünschten,  doch  zu  lange 
dauernden,  Tagen  gedämpft  werden  konnten. 

Um  so  mehr  steigerten  sich  diese  und  ähn- 
liche Erscheinungen,  die,  zumal  bei  Kindern, 
(den  für  Reaction  empfänglichsten  Organismen), 
oft  einen  hohen,  erethisch ^ nervösen  Charakter 
annahmen,  wo  dann  häufiges  wohlthätiges  Na^ 
senhluten  schon  einen  Fingerzeig  der  Behand- 
lung abgab,  als  nach  der  ersten  lauen  Hälft« 
des  Monates  (wo  die  Stachelbeeren  und  der 
Art  Sträucher  schon  auszuschlagen  anfingen) 
bedeutende  Kälte  wieder  eintrat.  Jetzt  litten 
auch  die  Podagrisien  viel,  denen,  nach  gehö- 
rigen Deplctionen  des  Gefa&systemes,  nicht 
wohl  ohne  Opium  Erträglichkeit  ihrer  Lage  zu 
verschaffen  war. 

Auch  die  Hausthiere,  besonders  die  Pferde^ 
litten  von  dieser  Constitution.  —  Ein  tüchtiges 
Thier  der  letzteren  Art,  waf»,  wahrscheinlich 
unruhiger  als  sonst  im  Stalle,  beim  Aubpriu- 
gcn  vom  Lager  die  etwas  lange  Halfter  un- 
ter den  Vorderfuls  verwickelt,  und,  hiedurck 
erschreckt,  desto  heftiger  mit  dem  Kopfe  ge- 
gen die  Mauer  gestolsen  hatte  >  davon  ansohei- 


—     M     — 

nond  nar  ein  gesohwoUenes  Auge  bokommcni 
und  damit  ohne  Arg  g;loich  wieder  mit  auf  eine 
entfernte  Reise  zum  Kieheii  gesandt  war,  8  bis 
JO  Tage  aber  naeh  der  Verwundung  Zu  Alle 
von  lliruleideni  Unbesinnlichkeit  und  Convul- 
•ionen,  seigte,  verrieth  nach  dem  bald,  trotn 
Adorlafs  u.  s.  w.  nun  erfolgendon  Tode,  die 
tiefer  liegende  Ursaehe  in  einer  Sprengung  der 
Hirnschale  am  Osse  Bygomatico  bin  in  die  Fossn 
miTiealaris  der  obem  reehten  Kinnlade ,  sanimt 
allen  laugsamen  Folgen  davon«  — 

März^ 

nanmuler,  28'  11''  (f)  »•  27'  11'  10"'  (nur  am  29). 
nermometer.  -(-8<*  (31.)  u.  — 6»  (1.).  (Doch  17  Kroate 

Hygrometer.  94<>  (10.)  u.  60<>  (220-  (Meiit  iwiiohoo 
60— 80«). 

WMe  (»tark).  Vorberrtohend  N.  mit  W.  u.  0.  (mit  O. 
13, mal),  mit  S.  7  mtl.  A^vbel  anfangs  häufig.  Ae- 
tfcn  nar  3  mal«  iin$ei  u.  Schnee  (am  23.  stark).  Stern-' 
Mle  13. 

Barometer  immer  hoch;  nur  mit  dem  I.  Y«  (23.)  merkU^ 
eher  und  dauernder  gef. 

Dieser  kalte  Monat  hatte  auch  im  höheren 
Norden  (Petersburg  und  Island)  noch  16  -  SO* 
Frost  und  viel  Schnee  (Ilamh.  BörsenL  v.  SO. 
M\m  u.  Hamb.  Corresp.  v.  8.  —  9.  Apr.).  — 
Doch  war  er  fiir  unsere  Constitution,  die  g»» 
wohnlichen  katarrhaHschen  Un4  rheumatiaohen 
AflTectionon  abgerechnet ,  nicht  übol,  vielmehr 
miaamatiscbßn  Einflüssen  und  deren  Folgen  vor- 
theilhail  entgegen.  —  Auch  in  Italien  Nach- 
winter, und  \ti  Neapel  viel  Schnee  (Hamb.  Cor- 
respond.  v.  9.  Apr.). 

fi/f4^>IÜMe  und  ^^#U5  hftufig !  —  Bei  einer 
Neuvermählten  (einer  jungen  blutreichen  lebhaf- 


—     Ö4     — 

len  und  zarten  Frau  israelitischen  Glaubens) 
war  bei  dem  durch  Schreck  angeregten  BlutF» 
fluls  im  dritten  Monate  der  Schwangerschaft 
ffugleicb  Durchfall,  und  konnte  diese  Verwicke- 
lung nur  mit  der  mäfsigen  Verbindung  des  Lau- 
danum  mit  dem  Elix.  acid.  H.  zweckmalsig 
behandelt  werden,  und  brauchte  man  nicht  zu 
der  franzosischen  Bereitwilligkeit  zum  AderlaCe^ 
zugleich  (der  wohl  nützen,  aber,  bei  delicatu*» 
lis,  auch  schaden  kann)  seine  Zuflucht  zu  neh*^ 
men.  (Dr.  ChaiUyi  ^.Uinßuenee  de  V  Opium  if 
4e  la  saign^€  sur  les  contractians  uterinaires* 
Paris  1838."  Fricke  u.  Oppenheim's  Zeitschrift« 
»d,  III.  Heft  2.  S.  805.)  — 

Aber  um  eine  andere,  ^icbt  minder  wich* 
tige  Seite  der  Geburtskunde,  in  staatswis«- 
scnachfiftlicher  I|insicht,  zu  berühren,  —  ist  es 
ganz  so  gegründet,  was  Blanau  {Annaies  de 
la  Societi  de  Medicine  de  Gand.  1837.  VoL  8, 

fel2.  tl.  Schmidi's  Jahrbücher  1839,  Heft  3.  S. 
i)  schreibt,  dals  in  Gent  seit  dem  ändert* 
halbjährigen  häufigen  Gebrauch  von  Seeale  cor^ 
nutum  bei 'Geburten  (der  auch  bei  uns  hierin, 
nachahmungs-  und  scblendriansmäüsig,  über- 
hand zu  nehmen  anfangt),  die  doppelte  Anzah) 
TodigeboTditr  sic^  finden  soll?  -^ 

Aprih 

ßaromBter.  9S*  6''  9'''  (23.)  a.  27'  10''  (7.).  (Nw  ■!■ 
7. — &  fmier  2S%  (Alles  ganz  wie  in  Berlin  (•« 
d.  Joarnal  April  ▼.  J.). 

f%ermQmeter.   + 18®  (25.)  n.  —  2«  (4  —  6-). 

Bygrometer.  91"^  (4.)  d.  41  <>  (19).    Meist  40— 60^ 

Wi^de»  Herrschend  q^  meist  stark  N«  d.  0.  Vom  22»  an 
NW.  --  S.  12  mal  (9  mal  mit  0.).  NeM  (Morgens) 
im  Anfang  Öfter*  Regen  4,  Hof^J  ((>.)•  SternMU  (MijL 

Aacb  In  diesem  Monate  ein  höherer  Barometer  mit  dem 
k  Y«  (9.)  «Mgeod,  mit  dem  V.M.  (16.)  follendk  ^ 


—      &5     — 

Alles  voriiereiteluiidfreeiftuety  um  die  Kftp« 
mitie  der  I^eurosen  und  Neuraffiien  herbeizufiih« 
leo,  Mimiiit  allen  Voigen  und  Furmeo  deneU 
beo  im  auf$em  und  imntrn  Organismus ,  s.  B. 
Rheumatiamua,  Podagra,  Gicht  (mit  Fiffrrr  häu- 
fig). Auberdem  Mensiruations  -  und  llimor« 
rhoidalbescbwerdeo  (Verbaltungen  oder  BefSSr- 
deniogeo,  ein  neunjähriges  Uädcheu  menstniirieX 
Mictua  cniontus,  llimcongestionen  (und  ionor* 
male  physische  and  psjxhischo  Reactionen  da* 
von),  Affecüonen  der  Respirations-  und  Schling- 
Organe,  Ausachlage  (a.B.  Urticaria,  hie  und  da 
für  ScAiir/ocA  genommen,  Windblattem  u.  dgl.)* 

Aber  auch  die  nunmehr  wieder,  besonders 
ab  Tertianen  erscheinenden  fFerhselfieher  mnlste 
man  cur  obigen  Kategorie  sählen,  da  sowohl 
ihre  Erscheinungen  (vorwaltende  Hitse,  mit  oft 
wenig  SchMoeißi)^  als  auch  ihre  glücklichste  und 
sicIierBte  Karmethode  (entweder  suerst  Emetic. 
oder  Purgant.,  oder  wenigstens  eine  m  einiger 
Ausleenmg  hinreichende  Verbindung  von  küh- 
lenden Mittelsalzen  (Salmiak),  Rhabarber  u.  dgU 
»nr  China)  auf  Störung  der  Nerven,  auch  durah 
relativ  plethorischo  Ueborfullung  der  GeflUMi 
hinauweiseu  schien«  —  Auch  jetst  seigten  sieh 
die  kalten  Fieber  zuerst  und  hauptsiichlich  in 
einer  an  feuchten  Wiesen  und  Gräben  gelegen 
nen  Gartengegend  vor  der  Stadt,  so  wie  in 
feuchtgelegeuen  Dörfern,  und  es  mag  dahin 
.stehen,  ob  dieses  (gewöhnliche) Pliftnomen  sei- 
nen Grund  in  einem  durch  die  steigende  Son- 
nenwarme hier  entwickelten  schädlichen  Gas, 
(Miasma)  und  dessen  Inhalation  durch  die  Ath- 
mungsorgane,  oder  mehr  in  einer  blofsen  Ex«v 
paiision  der  Säfte,  zumal  in  den  Unterleibsor** 
ganen  oder  den  NfervtH  überhaupt ,  unter  diesen 


—     86     -- 

focalen  Bedingungen,    oder  in  beiden  seinen 
Gnind  habe.  — 

So  wie  nun  die  kalten  Fieber  diesei  Mo-» 
nates  aller  Beobaditung  nach,  eb  gutes  Schema 
atonischer  Ueberfullueg  (Plethora)  der  Gefidisie, 
Eumal  des  Digestiousapparates  und  aller  davon 
ausgehenden  Folgen  und  Formen  der  patholo« 
gischen  Rückwirkung,  die,  wo  nicht  an  ei- 
gentliche Entzündung^  doch  an  Erethismus^  grenzt, 
abgaben,  indem  durch  Unterdrückung  derselben 
durch  zu  stark  (für  die  Contraction  der  Faser) 
und  ohne  Ausleerungszusätze  gereichte  China 
(und  also  auch  ähnlicher  hittern  Mittel),  leicht 
mancherlei  Störungen,  so  wie  Geneigtheit  zu 
öfteren  Hüekfallen  nachblieb  (wodurch  aber  kei- 
nesweges  eingeschärft  werden  soll,  dais  man 
nach  alter  Weise  diese  Fieber  sich  selbst, 
langweilig  und  störend  für  den  Organismus^ 
überlassen,'  oder  durch  eine  eigentlidi  auslee^ 
rende  und  schwächende  Behandlung  in  die  Länge 
ziehen  möge):  so  stellte  auch  die  Unterleibs-^ 
krankheit  des  nun  fünfzehnjährigen  jungen  Men- 
schen, den  wir  vor  zwei  Jahren,  als  an  einem  ver-p 
wickelten  sogenannten  Nervenfieher  leidend,  hier 
vorführten  (Journal  1837,  September.  S.  28),  eine 
noch  allgemeinere  Nach  Weisung  der  jetzigen  ver-v 
wickelten  Constitution  dar,  welche,  auch  in  den 
innem  organischen  Gebilden^  9i]sNeurO''Phlogose 
ZU  bezeichnen  und>  diese  Bezeichnung  riphtig 
practisch  angewandt,  in  der  Anschauung  und 
Behandlung  manches  pathologischen  Vorganges 
ein  Schritt  klarer  und  weiter  vorwärts  getban 
zu  sein  scheint.  —  Doch  ist  hiebei  zu  b^neiv 
ken,  dafs  wir  auch  diesen  Begriff,  nach  der, 
begreiflich  langsamen,  Vervollkonunnung  unse^ 
rer  Physiologie  und  Pathologie,  und  insbeson- 
dere der  Ahnung  oder  Entdeckung  des  näheren 


—     57     — 

VerbftItntssGB  der  Imponderabilien  ea  den  Ner» 
ven  und  dem  gansen  OrganisniuAy  immer  deitt'^ 
iicher  und  practiseher  aufiBiislellen ,  su  erwei- 
tern oder  SU  raodificiren  haben  ^  wenn  wirnieht 
vtrmeintesj  hochtönendes  WiMen,  statt  Wahr- 
heit, bimdcs  Umhertappen  y  statt  ruhiger  natura 
gemä/Bwr  Handlungsweise  ergreifen,  und  uns  so, 
wenn  die  verblendete  Nachsprecherei  und  die 
anmafsliche  Täuschung  vorüber  sind ,  selbst  das 
Forschen  verleiden  wollen.  *) 

Unser  Kranker  hatte  wieder  nach  Erhitzung 
sowohl  sich  erkUtet,  als  auch  durch  eine  un- 
richtige und  SU  kühlende  Diiit  (Kuchen  und 
Milcheis)  y  zugleich  die  Tunica  nervea  seines 
sopst  so  geduldigen  getreuen  Magens  und  Darm^ 
kaoals  in  krankhaften  Zustand  versetzt^  wovon 
Anorexie  I  Würgen  und  Uebelkcit,  starker 
Sehleimdrang  im  Halse ,  Verstopfung  und  Leib-  - 
schmerz^  Durst  und  Fieber  bald  die  Folgen  wa- 
ren« Nachdem  dieser  Zustand  (wohl  nicht  ganz 
zutreflcnd)^  mit  einigen  Firsloireln  vonHicinus- 
olemulpion  mit  Mittelsalz  und  etwas  Liq.  anod. 
und  3yf*  Cort.  Aurant.  angegriffen  worden  war^ 
entstand  nun  am  andern  Morgen  häufiges  und 
länger  fortdauerndes  Erbrechen  von  allem  Ge- 
nossenen. Pot.  Hiver.;  und  ein  Vcsicator  auf 
die  Magengegend  stillte  dies  wohl  pinigerma- 
fsen,  konnte  aber,  bei  der  ungeduldigen  Diät 
dos  Kranken  y  auch  im  Erlaubten  ^  den  Zustand 

*}  »M^enn  nnier  Geist  licb  leiner  Starke  freut,  lopriir 
er^  forsche  dann  im  Abgrund  doir  Mysterien/*  sogt 
Ftiedrick  der  Orofso  (hinterl.  Werke.  Ansgubo  von 
1788.)*  — *  Ach  wenn  doch  bier  roobt  Reforsrlit  würde, 
und  geforscht  werden  könnte!  —  Al>er  diu  Ueber- 
Bcbrift  des  Temiiels  der  /«*«  hicfs:  „Ich  bin  die  M^it- 
tcr  dessen,  was  Istj  und  meinen  bchieicr  hat  noch 
kein  Sterblicher  aufgedeckt!"  — 


—     68     — 

.nicht  dauernd  bessern^  wobei  die  Kolikodynie, 
treta  eröffiienden  milden  Klystieren,  eher  zu- 
als  abnahm.  —  Warme  anodyne  Umschlage 
von  Sem.  Lini,  Cicuta,  Hyoscyamus  und  etwas 
Belladonna  auf  den  Unterleib  waren  allerdings 
von  Nutzen  y  beförderten  Schweifs  und  Stuhl« 
gang,  welcher  mehr  nur  eine  Art  von  Schleim- 
absondening  krampfhaft  ausleerte.  Da  aber  alle 
diese  Mittel,  die  abwechselnd  mit  Saämenemot* 
sionen  und  gelinden  Opiaten  untermischt  wur- 
den, doch  nichts  Pauemdes  und  Grundliches 
leisteten,  muCste  man ,  auch  nach  den  hier  mehr 
palpablen  Zeichen  eines  volleren  und  lebhafte- 
ren Pulses,  einen  hervorstechenden  Reiz  auf 
die  Nerven  der  Magen-  und  Darmkanalober- 
fläche von  überfüllten  Gef&fsen  annehmen,  und 
wirklich  that  die  ansehnliche  Blutung  aus  Ma- 

ß6n-  und  Lebergegend  durch  augesetzte  und 
inge  in  Nachblutung  unterhaltene  zehn  grolse 
Blutegel  so  gut,  daiGs  sowohl  die  ZufUle  ge- 
ringer, und  die  palslichen  Mittel  wirksamer,  die 
Ausleerungen  des,  sonst  immer  noch  mehr  schlei- 
migen und  grau  gefärbten  Stuhlganges,  freier,  als 
auch  die  nachherige,  zwar  vorsichtig,  und  nur 
mit  verspätetem  und  geringem  Gebrauche  von 
sogenannten  Roboraniibiis  (mehr  zusammenzie- 
henden Steifen,  welche  hier  so  leicht  eine  zn 
lebhafte  nervöse  und  sensitive  Reaction,  so 
wie  die  Hemmung  der  freieren  Circulation  in 
den  Gefäisen  der  secemirenden  Oberflächen  be- 
thätigen)  erreichte  und  bewahrte  Genesung 
desto  dauernder  und  beruhigender  wurde.  — 

Sollte  man  hier,  bei  dieser  pathologischen 
combinirten  Blut-  und  Nervenaction  (um  es  nur 
allgemein  so  auszudrücken)  nun  wohl  mit  so- 
genannten Coutrastimulantibus  und  Alterantibus 
(oder  wie  die  Homöopathie  es  noch,  näher  be«* 


—    ae    - 

scichnan  will,  mit  Specificis  norvints),  welche 
aber  dio  freie  Cireulatioii  auf  alle  aeiisiüven 
und  accemirciideii  Oberflftclien  (wie  das  Opium) 
durch  Erlahmung  nicht  hemmen  raüfHten ,  z.  B. 
mit  dem  jlrstnik  (aber  in  pafdiicheiiy  und  mdg« 
lieh  doch  wirksamen  Gaben ,  welche  vom  Ma* 
gen  oder  der  Haut  aua,  dio  ganse  Ntrvencir^ 
cuiation  und  Action  umändern  können)  direct 
ausgekommtn  sein  ?  Sollte  dieses,  so  wie  man- 
ches andere  9  dio  nervöse ,  und  dadurch  auch 
die  andere  organische ,  Sphäre  eindringlich  um- 
stimmende Mittel,  nicht  eine  weitere  Anwen- 
dung, B.B.  in  profusen,  auch  oft  vomNerven- 
reiB  abhängigen,  Blutflussen  (üfM/if,  mcdic.  chi* 
nirg.  Traosact.  Vol.  III.  —  Med.  chirurg.  Zeit 
1830.  No.5».  S.46)  finden,  und  so  uiwerHeil- 

Erocefii  oft  gesichert  und  abgekürzt  werden 
önnenV  Diese  Frage  (so  wie  andere  wich- 
tige der  Art)  mag  dieKcit,  durch  unbefangene 
Beobachtung  (in  Hospitälern  und  umsichtig  wohl 
Wierst)  und  freie  und  scharfe  Naturforschung, 
gründlicher  erledigen!  Wir  aber  müssen  su- 
chen, so  viel  an  uns  ist,  und  wir  ohne  Voiw 
lelBong  des  griechischen  practischen  Wahl- 
spruches: jjHeifeny  nicht  schauen*^  vermögeUi 
dazu  theoretisch  und  practisch  beizutragen!  — 
Uebrigens  findet  sich  eine  gute  Ueborsicht 
des  vergangenen  abwecliselnden,  im  tiauzen 
gelinderen  Winters  (und  des  zurückhaltenden 
Frühjahres,  welches  uns  z.  B.  auch  dio  Xug^ 
vägei  des  März  erst  später  im  April  brachte) 
in  der  Hamburger  Neuen  Zeitung  v.  85.  April. 
Dafs  dieser  Monat  auch  nicht  zu  den  go- 
sondesten  gehöre,  bewies  unser Kircheurcgister, 
nach  welchem  darin  noch  einmal  so  viel  gc-^ 
storben,  als  geboren  waren.  — 


-     60     - 

Mai. 

Barometer.  28'  6"  3'"  (3.  u.  30.  —  31.)  u.  2T'  7"  9'" 
(11.)   (15  mal  unter  290- 

Thermometer.  18^  (10.)  0  (oder  draufiien  wohl  —  1)  am 
4ten. 

Hygrometer,  Bii  zam  6.  bb  zu  36®.  Nachher  50  —  70*, 
einigemal  90®. 

Winde  (sCarii).  Bit  zam  16.  S.  u.  NO.  Nachher  W.,  mel^r 
mit  N.  als  mit  S.  Regen  18.  Httgel  mit  etwas  iScAim« 
(am  21.)  Blitze  am  3.  Donner  am  16.  Sternhelle  15. 

Mit  dem  L  V.  (240  Barometer  gef,,  —  mit  dem  N.M. 
(31.)  gest. 

Bndlich  ward  die  Kählo  und  Dürre,  die 
bei  uns^  und  auch  in  Frankreich ,  Achon  vom 
Herbst  her^  geherrscht  {Hamh»  Correspond»  v. 
4.  Mai),  und  welche  mit  der  mitunter  stark 
treibenden  y  Mittagshitze  des  Frühlings  (am 
ühein  bis  ZU  S5^)  fiir  vegetabilische  und  ani- 
malische Organismen  lästig  und  drohend  ge* 
worden  9  durch  öftere ,  aber  sanfte  Ergässevon 
Regen  und  Wärme ,  einigermaisen  abgelöst 
Die  Folgen  aber  tlieser  Nerven-  und  Safte^ 
Spannung ,  und  der  bisherigen  congelirendes 
Nord-  und  Ostperiode  des  Frühjahrs,  blieben 
aber  noch  vorerst  in  mancherlei  congestiv-efe- 
thischen  Erscheinungen,  welche  auf  den,  den 
Einflüssen  der  Atmosphäre  unmittelbar  ausge- 
setzten Gebilden,  der  Haut  und  den  Respira^ 
tionsorganen ,  sich  am  meisten  bervorthateiL 
Letztere  kamen  doch  im  Ganzen  mit  Mola  lä- 
stigem Husten  und  KehlkopfeafFectionen  ab* 
AiS  die  Haut,  oder  zunächst  unier  dieselbe^ 
aber  warf  sich  eine  grölsere  Menge  oft  läjsti- 
ger  und  langwieriger  Affectionen,  Erysipelas, 
Drüsengeschwülste^  Ausschläge^  besonders  Fleck» 
ten  u.  dgl.  Bei  jenen,  wenn  sie  als  Kopf  rotem 
das  Gehirn,  uad  dadurch  den  ganzen  Organia- 


-     61    — 

mus  in<  noch  wicbtigero  patholoj^ischo  Sympt« 
thio  zogen,  war  swar  eine  muglicIiHt  scbncUei 
doch  vorsieht  ige  y  und  niclit  eu  starke  allge- 
meine und  örtliche  Depletion  der  Säfte  (ver- 
mittelt durch  Entleerungen  des  Blnt-  oder  des 
gastrischen  und  Lymph -Systems  durch  Brech- 
und  Purgiermittel)  y  dann  aber  bald  eine  küh- 
lend mehr  erregende  Methode  nöthigy  mit  spe« 
cieller  Hinsicht  des  zu  bewirkenden  Metasche- 
matismus  der  mehr  örtlichcu  Ueberfullung  des 
Centralorganes  durch  äulsere  und  entfenitere 
Gegons&tse.  — 

Die  Drüsengeschwülste  waren  so  arg,  da£s 
z.  B.  mehrere  junge  Mädchen,  zum  grorsen 
Schrecken  der  lieben  Mütter,  ordentliche  tom-« 
porire  Kröpfe  bekamen.  — 

Am  meisten  aber  machten  die  Flechten^  in 
mancherlei  Form,  zu  schafTen.  Bei  einer  ple- 
thorisch-kräftigen  Funiündfunfzigerin ,  die  über 
vier  Jahr  schon  an  einem  solchen  borkigen, 
trocknen,  unerträglich  juckenden,  fast  die  gan- 
zen Arme,  und  mehrere  Stellen  des  Körpers 
einnahmenden  Ausschlag  litt,  wogegen  alle  mög- 
liche abstergirende  Mittel,  milde  und  reizende 
Salben  (die  letzteren,  z.  B.  die  oft  so  hülfrei- 
chen Hercnrialsalben,  in  auch  milderer  Vermi- 
schung angewandt,  vermehrten  das  Uebel),  dann 
örtUche  und  allgemeine  Ausleerungen  der  kräf- 
tigsten Art,  selbst  durch  Kräuter-  und  Zitt- 
nann'sche  Deooct- Kuren,  doch  nie  gründlich 
wirksam  gewesen  waren,  hair  endUch  folgende, 
m  der  practischen  Verzweiflung  extemporirte 
Salbe  auffallend,  und,  nur  einige  Monate  Ibrt- 
;  gesetat,  nach  länger  als  Jahresfrist  noch  grfiad- 
•  lieh.  Reo.  Herb.  Conii  drachra./V,  ilyoscyam., 
Belladonn.  ana  drachm.  ij.  F.  Decoct.  Colatt 
I    une.  iv,  adde  Extr.  Bellad.  dr.  i^  —  dr.  ij,  Ungt. 


1 


—     6«     — 

Linar.  vnc  ij^  Extr.  Satarn.  une  \ß.  If .  D.  I 
von  täglich  8  —  3  Mal  aufiBUStreiehen.  «^ 
nun  die^  die  excossive  Thätigkeit  der  C 
und  Nerven  der  Haut  d&mpfende  Eigei 
der  narkotischen  (wohl  nicht  zu  dreist'  oi 
bedingt  auch  hier  anzuwendenden?)  und 
verbundenen  Bleimittel,  oder  was  sonst  I 
ersehnte  Hülfe  gebracht?  Später  habe  fa 
nigstens  eine  Verbindung  von  Ceraf  Satni 
Ung.  praedp.  alb.  zu  gleichen  Theilen  i 
nem  Zusätze  von  Blausäure,  gegen  dieL 
Flechte  angewandt  gefunden.  {TmnsucU' 
provincial  medic,  and  surgic.  assoeiaiion»  } 
Salzb.  med.  chir,  Zeitung.  1838.  Nr.  91.  S 
— -  Sicher  ist  wohl,  dafsjede  Familie 4er  1 
jten  eine,  dem  Character  der  Faser-  uni 
f&fsspannung  gomäfs,  modificirte,  audi  6] 
Behandlung  bedarf,  um  Abhülfe  oder  weni| 
Linderung  von  diesem  oft  so  hartnäckige! 
bei  zu  erlangen.  (Vergl.  Wind  in  Rbsch  1 
suchungen  auf  dem  Gebiete  derpract.  Heia 
wo,  wenn  ich  nicht  irre^  Äehuiiches  eingefl 
wird). 

Der  niedere  jetzige  Wasserstand  dtf 
(es  sind  unterhalb  Hamburg  im  vierzc 
Jahrhunderte  versenkte  Schiffe  zu  sehen, 
sehr  selten  ist),  so  wie  der  nasse  Mai  i 
soll  ein  gutes  Kornjahr  bedeuten.  (Das 
hat  aber  schon  vom  Blutenstecher  (Cuculio 
ohites^  Fabric)  y  dieser  an  einigen  (uiedeitt 
teu  jetzt,  wie  es  scheint,  auf  Jahre  eingei 
ten  schädlichen  Raupe,  sehr  gelitten,  i 
jetzt,  wo  Laub  und  Blfithe  sich  so  spä* 
langsam  entwickelt,  und  auch  das  Kalken 
Theeren  der  Baumstämme  nichts  dagege 
autzea  scheint« 


I 


—     «3     — 

Nach  Bemaikungen  in  Manchest^  soll 
seit  fonfeig  Jahren  der  Barometer  y  und  seit 
1797  wurde  der  Thermometer  in  den  Monaten 
April  und  Mai  nicht  eine  solche  Höhe  erreicht 
haben!  —  (Ilamb.  N.  Zeitg.  v.  13.  Juni}.  — 

Junius» 

Barometer.    28'  4''  u.  27'  9'  8'''  (24.).  (Nor  5  mal  im- 

ter  28'). 
nermameter.  +  23*  (2.)  n.  +  6  (Morg.)  (mebt  14—18* 

MItt). 

Bygrometer.  85*  (13.)  u.  46«  (7.).   (Meitt  &0— 70«). 

WMe  (lUrk).  Herrichend  W.  Bit  tarn  13.  noch  4  mal 
mit  O.  abweobselnd ;  dann  mit  N.  u.  8.  gemilcht. 
Hegen  19.  (mit  Hagel  am  26.  Qewitter  (stark)  nur 
am  2.  Bntfernt  am  16.  u.  23.  Uöhernuch  am  9.— IL 
o.  23.  Sternhelle  bii  zum  16.  7  mal»  naobbar  nar 
1  maL 

MU  dem  1.  Y.  (23.)  Barometer  gef. 

Jetst  trat  die  Nässe  fortwährend  an  die 
SteDe  der  Dürre  j  wobei  aber  die  nach  Innen 
oongeäiive  Kühle  blieb.  Solch  eines  Frühjahrs 
und  Vorsommers  von  Aufregung  (a//^fmei/t  und 
ortUch)  eriniiert  man  sich  nicht.  (Auch  in  Ber^ 
Un  starben  in  diesem  Monate  27S  mehr  als  im 
vorigen  Jalire*  Am  Schlagflusse  allein  115. 
(Journal.  1841.  Jun.)). 

Zur  Bezeichnung  dieser  allgemeinen  und 
örtlichen  Aufregung  mit  Ueberfüilung  an  einem 
lehrreichen  Beispiele,  diene  die  kurze  Geschichte 
der  ZtUgewebeeiterung  des  rechten  Beines  des 
janmn  plethorisch- robusten ,  aber  blonden  und 
woiehfaserigeu  Kanoniers  Bi.  in  B.  (bei  seinen 
wiÄlhabencbn  Eltern  auf  dem  Lande  auf  Ur- 
bmb).  Bei  der  Arbeit  sowohl ,  wie  beim  Tanz 
stariL  erhitzt  9  und  gleich  darauf  durch  Schlafen 


t  im  feuchten  Grase  erkühlt,  darauf  mit  lebhaf« 

i 


—     64     — 

• 

tpn  Schmerzeil  im  ganzen  Beine,  namentlich 
im  Knie,  befallen,  halte  mau,  auf  uuvolikonH* 
menen  Bericht,  mit  einigen  Abführungen  und 
Blutegeln  das  Uebel  zu  heben  gehofft.  Nach 
einigen  Tagen  aber  erfolgte  unter  starken  Fie-« 
berbewegungen  an  der  iuuern  Seite  der  eben- 
falls sehr  geschwollenen  und  schmerzhaften 
Wade  der  Durchbruch  eines  an  sich  blanden 
und  gutartigen  Eiters,  aber  in  solcher  Menge, 
dafs  binnen  drei  Tagen  wenigstens  sechs  bis 
acht  Quart  und  noch  mehr,  wenn  man  die  er- 
gossene dünnere  Lymphe  dazu  rechnet,  aus 
noch  zwei  hinzugekommenen  Oeflnungen  aus-« 
geleert  wurden.  Dieses  dauerte  verhättnilsmä- 
iisig  und  ziemlich  copiös,  sechs  Wochen  fort; 
begreiflich  mit  einigem  Zehrfieber,  SchweiDs, 
rother  Zunge  (aber  nicht  mit  Durchfall).  Injectio- 
nen  aus  Mel.  Rosar.  und  etwas  Myrrhentiuctur 
und  Borax,  schienen  doch  Schmerz,  Geschwulst 
und  Eiterung  nur  zu  vermehren,  Gegenöffnun- 
gen  aber  und  besohders  Einwickelungen  erleich-* 
terten  am  meisten.  Bei  der  guten  Constitu-^ 
tion  und  Pflege  des  Kranken  (Milch-,  Fleisch - 
und  Obstdiät)  ward  derselbe,  unter  dem  Ge- 
brauch von  bald  Arnica,  China,  Säuren,  bald 
gelind  eröfinenden  Mitteln,  nach  länger  als  zehn 
Wochen,  mit  einiger  Steifheit  des  Beines  im 
besonders  angegriffenen  Kniegelenke,  völlig  wie- 
der hergestellt.  Im  späterem  Zeiträume  der  Hei«' 
lung  bildete  sich  ein  borkiger  Ausschlag  ziem- 
lich reichlich  aus,  den  der  Kranke  für  nach  fast 
zwei  Jahren  erneuerte  Krätze  hielt,  die  aber 
sicher  wohl  nichts  Anderes,  als  ein  Gieichge-«-- 
wichtsbestreben  der  Natur  in  organischen  K^«* 
teu  und  Säften  war,  auch  mit  mäfsiff  auslee- 
renden Mitteln  (Calomel  und  Jalappe)  ausge*« 
glichen  wurde.  — « 


-     65     - 

Sieber  ein  lehrreicher  Beitrag  sa  dieser 
GaUtuig  von  Uebeln^  in  Ansicht  und  Behtnd- 
lung  noch  ritheelhaft!  —  Han  hiitte  auf  der  eiw 
8teu  Höhe  der  Abscersabaonderungen  glauben 
•ollen  (oder  war  esso^)^  dab  ordentlicher  Chy« 
Ins,  oder  ein  anderer  mehr  aus  Decompoaition 
des  Bhitea  hervorgegangener  StofT^  sich  ordent- 
lich trgie/se,  —  so  stark  und  umfangreich  war  die 
Ab-  und  Aussonderung!  —  bei  diesem  Uebel, 
was  sicher  zur  Sippschaft  der  Phlegmasia  alba 
dolens,  oder  noch  mehr^  der  Phlebitis  gehört, 
und  wobei  auf  den  Zustand  der  Säfte  beson- 
ders Rücksicht  genommen  werden  soll.  (Con- 
sfatt  in  V.  Gräfe  und  v.  JFaliher  Journal.  Bd. 
XXIV.  St.  4.  —  S.  auch  St.  3.  und  Summarium 
(bei  Sieinacker)  1840.  Mai  No.  108.  KarH 
Wahrnehmungen  auf  d.  Gebiete  der  Pathologie 
u.  der  pätholog,  Anatomie.  —  Bog.  Arzt  Ber^ 
ger  in :  Medicin.  Zeitung  d,  Vereins  für  HeiU 
kundt  in  Preufsen.  1839.  No.  89.  (wo  abor  doch 
wohl  zu  viel  blofs  von  der  reizenden  und  Pu- 
rulenz  hervorrufenden  Wirkung  der  Adcrlafs- 
lanzette  abgeleitet  wird)!  Hier  zwei  tödtliche 
F&Ue  (in  einem  hatte  sich  Eiter  in  den  Lungen 

äebildet)  und  ein  geheilter  Fall  (bei  einem  Schnei- 
er). — ^  In  ähnlichen  Fällen  möchte  ich  doch, 
wenn  die  Umstände  darnach  sind,  und  man  gleich 
von  der  Entstehung  des  Uebels  an  es  beur- 
theilen  kann,  im  Anfange  eine  kräftigere  all- 
gemeinere jintiphhgose,  nachher  freilich,  bei 
dem  greisen  Säfte-  und  Substanzverlustc,  eine 
eben  so  entschiedene,  mehr  antihectischo  Be- 
handlung anempfohlen  haben,  wenn  nicht  zur 
Verhütung  oder  Dämpfung  dieser  Art  von  Knt- 
zondong  direct  contrastiniulirende,  oder  die  über- 
müGuge  Erregung  des  Nerveneinflusses  (auf 
Slflle  und  Functionen  des  Organismus)  direct 
Joiira.XCI(I.B.8t.l.  E 


—     66     — 

glciehsam  neutralisirende,  Gegenmittel  (Bella- 
donnay  Quecksilber^  Arsenik  u.dgl.),  ihre  mehr 
bestimmte  und  sichere  Anwendung  als  bis- 
her finden  sollten!  — 

Den  Contrast  der  jugendlichen ,  kräftig  und 
ubersäfltig  reagirenden  Natur  mit  der  mehr  er- 
schöpften, dafür  convulsiveren  (beide  von  der 
jetzigen  Constitution  zur  langwierigen  krank- 
haften Reaction  bestimmt),  müssen  wir  jetzt 
noch^  an  dem  35jährigen  Förster  8.  zeigen,  der, 
von  Geburt  mehr  mager  und  reizbar,  und  durch 
manche  Umstände,  langwierige  kalte  Fieber,  Sa- 
menergüsse, und  jetzt  durch  schlechte,  stets 
trockne  Kost  bei  beschwerlichem  Forstdienst, 
Tag  und  Nacht,  das  Bild  der  höchsten  Erschö- 
pfung (mit  Brustbeklemmung,  Herzklopfen  und 
fast  kataleptisckem  Luftmangel)  darstellte  (so 
dafs  der  Kranke  oft,  bei  stärkerem  AnfaU, 
keinen  Schritt  sich  von  der  Stelle  bewegen 
konnte,  sondern  viertel  und  halbe  Stunden  ste- 
hen bleiben  mufsto,  wo  und  wie  er  stand). 
Leibesöffnung  dabei  träge,  und  mit  Pillen  aus 
Asa  fo€t,y  Sapo  und  Rheuniy  mit  einigem  Zu- 
sätze von  Extr,  panchym.  CrolL  zu  befördern« 
Puls  nur  schwach,  nicht  sehr  schnell,  Durst 
mäfsig ,  und  immer  noch  ziemlich  lebhafte  Eis- 
lust, jetzt  auf  normalere  und  doch  reichlichere 
Weise  befriedigt!  —  Flüchtige  und  mäfsige 
permanente  Reizmittel,  und  gegen  die  Nacht, 
wo  mehr  Herzklopfen  und  beschwertes  Nieder^ 
legen  zum  Schlafe  eintrat,  EUoc.  acid.  H.  a. 
dgl.  thateu  wohl  etwas,  dem  Kranken  aber  nicht 
genug ,  der  für  den  Gebrauch  des  Arseniks  (in 
der  Foii;Zer'schen  Tinctur),  der  ihm  schon  vor 
einem  Jahre  in  einer  ähnlichen  Lage  genütäty 
stimmte.  Der  Erfolg  aber  davon  war,  beijetst 
noch  gesunkeneren  Actien  der  Lebenskraft^  kei- 


—     67     — 

nctweges  befriedigend  y  und  der  Kranke  naflito 
dich  wieder  mehr  an  eine  allgemeine  reatauri« 
rende^  das  Gleiehgewicht  zwischen  Säften  und 
Nerven  iiorraaliairende  Kur  halten,  wobei  dann 
auch  der  durch  Schmerz  und  Mastdanndrang 
sich  kund  gebenden  Ueberfullung  der  GefAIsa 
des  Ruckenmarkes  und  des  Unterleibes  durch 
eine  nicht  schwache  blutige  Schrdpfüng  auf 
diesen  Theilen  'abgeholfen  wurde.  VorEÜglich 
thaten  nun,  neben  zugleich  sogenannten  krampf-* 
widrigen  Mitteln,  z.  B.  dem  Sirammon.^  selbst 
dem  Opium  ^  laue  Seifenbäder  grofte  Dienste, 
und  so  machte  sich  der  Kranke,  der  allm&hlich 
immer  besser  zum  Schlafe  sich  niederlegen 
konnte,  und  von  schreckhaften  Bildern  freier 
ward,  mit  dem  Herbste,  wider^  Aller  Erwarten^ 
immer  mehr  heraus^  so  dafs  er  den  Winter^  bei 
Schonung  vom  Dienst  (den  er  aber  nun  längst 
wieder  versieht)  täglich  eine  Viertelstunde  weit 
zur  Stadt,  zu  einem  wohlbcsetzten  Tische  ge» 
hen  konnte.  —  Also  ein  Es^mplar  eingewur- 
zelter spasmodischcr  Heizbärkoit,  und  feiner 
nervöser  atonischcr  Ueberfullung,  der  Unter- 
leibs- und  Brustsphäre  zumal,  nebst  psychi- 
scher Abspannung,  auch  bei  Männern  jetzt  lei- 
der nicht  selten!  — 

Die  angewachsene  Nachgehuri  bei  einer  voll- 
safUgeu  robusten  jungen  Frau  auf  dem  Lande, 
die  schon  einmal  sehr  j^Iücklich  geboren,  wurde 
Von  einem  erfahrnen  (jeburtsholfer  mit  greiser 
Mühe  und  Schmerz  binnen  wohl  einer  Stunde 
gelöst,  nachdem  das  mehrmal  zu  fünf  Gran 
gereichte  Seeale  cornut.  so  wenig  die  zö- 
gernde Geburt  als  Nachgeburt '  zu  befördern 
schien.  Dieser  Fall  von  abartiger  langwieri- 
ger Lösung  der  Placenta  lief,  bei  d«  t  trefflicheih 

B  2 


-     68     -^ 

CoDBtitatioii  der  Kranken,  in  sofern  gut  ab, 
dab  nur  das  Säugen  in  der  fünften  Wodie 
(wegen  Uebelbefindens  im  Unterleibe  zumal) 
eingestellt  wurde  (wornach  aber  langwierige 
Brustabscesse  erfolgten).  Die  Fragö  aber  über 
eine  solche  Lösung  oder  Nichtlösong  ist  jedoch 
noch  keinesweges  entschieden,  oder  vielmehr 
noch  nicht  wie  es  sein  sollte,  conditioneU  und 
bedingungsweise  aufgestellt.  —  Busch,  Zeü^ 
Schrift  f.  d.  Geburtskunde.  Bd.  VII.  St  3.  £r- 
gebnisse  dm  neuesten  Journalistik  d.  Geburts-^ 
hülfe  ^  von  Dr.  Simon.  Es  genasen  und  star- 
.  ben  nach  jeder  Methode!  —  Das  Einspritzen 
von  ein  halb  Quart  kalten  Wassers  in  die  Na- 
belvene der  Placeuta  soll  sehr  lösen  helfen 
(wenn  dieselbe  nicht  verwachsen  ist,  und  es 
blob  an  Atonie  der  betreifenden  Theile  liegt?). 

Ob  wohl  die  Compression  der  Aorta  durch 
die  Höhle  des  Uterus  und  die  Inguinalgegend, 
bei  starken  Blutflussen  nach  der  Geburt,  oder 
nachher  schwere  Sandkissen  daraufgelegt  {Eh-, 
renreichy  medicin.  Zeiig,  rf.  Vereins  f  H.  inPreu- 
fsen.  1839.  Nr.  37.  —  Summarium.  1839.  Nr.  SO. 
S.8&8)  zuverlässiger  ist?  —  S.  auch:  Facis 
and  cases  in  obsteirio  medicine  etc,  by  J.  T. 
Ingleby,  London  1837.  (auch  über  Hervorru- 
fung von  Frähgeburt)  oder,  ob  die  Bewirkung 
der  lang  ersehnten  Schwangerschaft  mittelst 
känstlicher  Erweiterung  des  Muttermundes  durch 
immer  dickere  Bougies  {London  medic,  and 
surgic.  JournaL  —  Proriep's  Notizen,  1837. 
Bd.n.S.  3S0)  wirkUch  halfreich?  —  Jeder  Bei- 
trag zur  Aufhellung '  dieser  dunkeln  Region 
'  mäbte  willkommen  sein!  — 

Bei,  der  Section  eines  jungen,  aber  etwas 
schw&ch^qh  aussehenden,  übrigens  arbeitsameta 


liEDdiBidchens  y  welches  beim  SohaafWaaeliea 
und  Sch&kern  dabei  an  einem  verfAnglieheii 
(seitdem  verpönten)  Orte  ertrunken  war,  fand 
man  im  Colon  transversum  eine  atarlce  Ve»- 
Schiebung  des  Darms  (wie  ein  lateinisches  V), 
wie  auch  starke^  fast  scirrhöse  Rugae  im  Fun- 
dus des  Magens.  —  Wahrscheinlich  war  also 
bei  diesen  Anlagen  das  Schicksal  nicht  so  grau- 
I  — 

(Fortseisung  folgt) 


-     70     - 


I 


m. 

Bemerkungen 

über  eine 

im  October  un4  November  1834 

epidemisch    herrsche 
Dysenterie. 

Vom 

Oberamts^rzte  Dr.Bodenmülh 

in  Scbw.  Gmünd.    ' 


1.  Geschichtliche  Darstellung  dieser  Epidi 

VVährend  vom  Moptite  Juli  an  bei  sei 
iteutencler  Hitz^  und  atmosphärischer 
kenheit  die  Unterleibs -Ex^retionea  krai 
vermehrt  wurden,  und  unter  der  Form  voa 
rhöen^  ruh^artigen  Durchfällen,  sporadische 
fallen  von  weifser,  und  dem  genannten 
puncto  näher,  von  rother  Ruhr  nicht  seile 
in  der  Oberamts- Stadt  und  auf -dem  Amt 
verbreiteten,  die,  wie  das  Wetterleuchte! 
Vorboten  eines  nahen  Ausbruchs  zu  betra 
waren;  entlud  sich  im  October  endlich,  i 
dem  die  atmosphänscheii  upd  Temperatur« 


I 


—     71     — 

hältnissa  passend ,  die  Lebensweise  giinstig, 
die  einseinen  Fälle  pradisponirten^  und  so  durch 
das  Zusammenwirken  dieser  Potenzen  die  Udh 
pfänglichkeit  in  der  Atmosphäre  und  bei  ein* 
meinen  Individuen  gegeben  war,  plötzlich  die 
pathologische  GowittorAVolke  in  der  Schultheis 
flserei  Strarsdorfi  insbesondere  den  Orten  Strafsv 
dorf  und  Rcitprochts,  während  bereits  das  in 
der  Mitte  liegende  Muthlangen  nur  sporadische 
Fälle  hatte. 

Wenn  die  Ruhr  hier  auch  nicht  mit  grö* 
liserer  Bösartigkeit  auftrat,  als  in  einzelnen  an« 
dem  Orten ,  so  erreichte  sie  dagegen  in  diesen 
Orten  die  gröfste  Ausdehnung ,  und  wirkte  so 
wieder  rückwärts ,  die  Intensität  der  Krankheit 
steigernd,  die  Atmosphäre  und  Menschen  em« 
pfängUcber  machend.  Die  Epidemie  trat  zwar 
gleich  bei  ihrem  Entstehen  mit  sehr  belligem 
Character  auf ,  und  hatte  mehrere  sehr  rapide 
Fälle,  allein  die  Leute  waren  noch  mit  dem 
neuen  Feinde  nicht  vertraut ,  wufsten  sich  nicht 
zu  rathen  and  zu  helfen ,  und  so  geschah  e^ 
dafs  ich  erst,  durch  die  ersten  Todesfälle ,  die 
in  drei  bis  fünf  Taffon  erfolgten,  von  der  Krank-r 
heit  Kenntnifs  und  Anzeige  erhielt,  und  die 
Kranken  bei  der  ersten  Untersuchung  der  Krank«^ 
heit  durch  den  Tod  bereits  quintirt  waren. 

Nur  wenige  Tage  später  verbreitete  sich 
diese  Krankheit  über  noch  neun  Schultheifse^ 
reien,  nämlich:  Muthlangen,  Lindach,  Iggin- 
geO|  Leiuzell,  Spraitbach,  Hechberg,  WaldsteUr 
tan.  Oberbettringen  und  Winzingen.  Am  hef« 
tigsten  wüthete  sie  in  den  Orten  Strabdorf  und 
Leinzeil I  weniger  intensiv,  und  am  wenigsten 
bösartig  erschien  sie  in  den  durch  ihre  hoh^ 
Lage  aosgeiieichiieten  Orten  Vorder-  und  Htor 


—     7«     -^ 

terweiler  Rechberg,  wenn  sie  auch  hier  keine 
oiibedeutende  Ausdehnung  erreichte.  Sämmt- 
hche  übrigen  Orte  haben  mit  Ausnahme  von 
Leinzell ,  Waldstetten  und  Winzingen  eine  hohe 
Lage. 

Die  Dauer  der  Epidemie  erstreckte  sich 
über  die  zwei  Monate  October  und  November, 
die  in  ihrem  Character  und  in  ihrer  Tempera- 
tur sehr  verschieden  waren,  was  auf  die  Epi- 
demie einen  wesentlichen  Einflufs  ausübte;  denn, 
nachdeni  die  Epidemie  bei  der  sehr  warmen, 
sie  begünstigenden  Temperatur  des  October  sich 
verbreitet  hatte,  konnte  sie  durch  die  verän- 
derte Witterungs- Constitution  und  kalte  Tem- 
peratur im  November  zwar  nicht  vertilgt  wer- 
den, wo  sie  bestand,  aber  die  Ausdehnung 
wurde  beschränkt,  und  insbesondere  der  Cha* 
rakter  der  Krankheit  vollkommen  verändert,  was 
iur  die  Therapie  von  wesentlichem  Interesse 
und  von  höchster  Wichtigkeit  war. 

Die  Orte,  in  welchen  die  Epidemie  aus- 
brach, hatten  eine  Gesammt -Bevölkerung  von 
6,334  Seelen;  die  Zahl  der  —  aus  Staats -Für- 
sorge Aufgenommeneu  und  ärztlich  Besorgten 
in  diesen  Orten  betrug  409,  in  welches  Ver- 
zeichnifs  nur  bedeutende  Kranke  aufgenommen 
sind.  Es  läfst  sich  übrigens  mit  Sicherheit  an- 
nehmen, dafs  bei  weitem  nicht  alle  Kranke 
zur  amtlichen  Kenntnifs  kamen,  denn  vor  Ein- 
tritt der  Staatsfürsorge  sind  mehrere  erkrankt 
und  sogar  gestorben,  mehrere  suchten  keine 
Hülfe,  und  insbesondere  erlitten  viele  Perso- 
nen so  leichte  Anfälle,  dafs  sie  keine  ärztliche 
Hülfe  nöthig  hatten,  daher  auch  keine  Anzeige 
von  ihrem  Unwohlsein  machten.  Ich  habe  über- 
haupt wahrgenommen,  dafs  in  denjenigen  Op- 


—     78     — 

ten ,  in  welchen  die  Epidemie  die  grSfliie  Ans« 
dehnung  hatte,  bereits  Jedermann  ven  leieh- 
(en  AnfiUlen  berührt  wurde,  die  indessen  mei- 
stens die  Leute  nicht  einmal  von  ihrer  ge- 
wöhnlichen Beschäftigung  abhielten,  *utad  die 
durch  Hausmittel,  oder  oft  auch  von  selbst 
wieder  gehoben  wurden. 

Die  Verhältnisse  nach  verschiedenen  Or- 
ten, nach  Zahlen,  Alter,  Geschlecht  und  Sterb- 
lichkeit sind  folgende: 


•3 ä 

f  ä. 

^jS      r„Sa.SSE!SE£ 

Manul. 

1 

"js    s«s5s;sssss 

Weihi. 

M 

s    scsgsssses 

Summa. 

'? 

1  s 

SIC'M*-—  fO)WO>*-Ci 

p 

f 

■    o 

N 

ffl|h-hs*.htöifaj*l  E 

=: 

l<_ 

"1  — 

S 

^ 

s. 

1 

Sjwh3(*4-vt4BfaDU'SÖ 

s. 

S[«'— -JW«a-hjffi«o 

n 

1  _ 

»]  *•    1     CJi  1    <7>tet«lfcM^ 

» 

aD|i31MM4>'W<K>'C»^(M 

F 

.i 

E<.,S»gECSE3 

Minnl. 

o 

Ü^stSasiSStüS-*» 

Weibl. 

p 

nI   u^.-mI  »I  oa 

Mannt. 

«  i 

M»&»»»»l     MV.M 

W 

,a 

?■ 

—     7ö     — 

Das  Krankheits-  und  Lothtlitäts^VerhUl- 
ailii  ist  daher  folgendes: 

Unter  6834  Menschen  erkrankten  409|  da* 
von  starben  46^  und  zwar  SC  m&nnlichen,  und 
SS  weibUoheu  Geschlechts;  mithin  starb  un- 
ter 10  =:  ilirv  do'  Erkrankten  und  amtlich  Aut- 
genommen. 

In  Beziehung  auf  das  Alter  hatte  das  Ju- 
gendliche Alter  von  •}>— 10  Jahren  die  meisten 
ErkrankungsfallC;  und  deswegen  und  besonders, 
weil  dies  Alter  selten  zum  Arzneigebrauch  zu 
vermögen  war^  auch  die  meisten  Sterbef&lle. 
Ersteres  Ergebnifii  dürfte  als  natürliche  Folge 
der  starken  Bevölkerung  dieser  Altersklasse  an-* 
gesehen  worden. 

So  erkrankten,  vom  j.  bis  10.  Jahre,  mit- 
hin in  emem  Zeitraum  von  10  Jahren  —  96  In- 
dividuen, ebenso  vom  10  — SO.,  mithin  wieder 
in  einem  Decennium,  89  Personen;  während  in 
einem  Zeitraum  von  SO  Jahren,  vom  SO.  —  40. 
Jahre  nur  115^  und  vom  40.  bis  80.,  mithin  in 
40  Jahren,  nur  109  Personen  erkrankten.  Frei- 
lich ist  die  letzte  Bevölkerung  auch  die  ge- 
ringste. 

Die  gröfste  Gefahr  hatte  die  Krankheit  für 
arme,  schlecht  genährte  Personen,  dann  für 
das  schwache  —  hohe  und  jugendliche  Alter. 

S,  Beschreibung  der  Krankheit. 

Selten  kam  das  Stadium  prodromorum  vor, 
welches  sich  durch  ein  Gefühl  von  Mattigkeit 
und  Frösteln,  Schwere^  und  Ziehen  der  Glieder 
zu  erkennen  giebt.  Die  Krankheit  befiel  den 
Menschen  zu  verschiedenen  Tageszeiten ,  mei- 
stens aber  nach  Mitternacht  im  schlafenden  Zu- 
stande, als  dem  der  grölsten  Passivität  nach 
Aulseo  — ^  dem  expansiven  Loben  —-  mit 


—     76     — 

likartigem  Reifsen  und  Schneiden  in  der  Ma- 
geugegend;  öfters  mit  Uebelkeiten.;  seltner  Er- 
brechen von  Schleim  und  Galle ,  was  äbrigens 
oft  nur  consensuell  zu  sein  schien,  und  mit 
Krampfanfällen  aber  den  ganzen  Körper  ^  vor- 
zugsweise der  Extremitäten  y  und  unter  diesen 
am  meisten  der  unteren.  Diese  verbreiteten 
sich  dann  auch  über  den  ganzen  Unterleib  bis 
in  die  Magengegend,  wo  sie  sehr  schmerzhaft 
wurden,  ohne  indessen  hier  ihre  Grenze  ge- 
funden zu  haben. 

Das  Schneiden  und  Reifsen  erhielt  sich  oft 
beständig,  oft  stellte  es  sich  nur  vor,  während 
und  nach  den  Ausleerungen  ein,  und  war  mei^ 
stens  so  heftig,  dafs  die  Kranken  winselten 
und  schrieen ;  besonders  wurden  im  Monat  No- 
vember die  Schmerzen  so  heftig,  und  der  Stuhl- 
zwang so  unausstehlich,  dafs  die  Kranken  da- 
durch zur  förmlichen  Raserei  gebracht  wurden, 
schrieen  und  weinten,  sich  im  Bette  herum- 
warfen, aus  dem  Bette  sprangen,  mit  einem 
Worte,  tobten  vor  unausstehlichen  Schmers^en, 
oder  in  hoffnungslose  Verzweiflung  verfielen. 
In  mildem  Graden  aber  blieb  das  fatale  Rei- 
fsen und  Schneiden  hie  und  da  auch  aus,  na- 
mentlich in  Rechberg,  wo  die  Krankheit  einen 
gutartigen  Verlauf  hatte,  blieben  viele  Kranke 
davon  frei. 

Es  folgten  nun  schnell  häufige  Ausleerun- 
gen, anfangs  von  gewöhnlichen  Excrementen, 
dann  aber  von  zähen  Schleimmassen,  blutigen 
Sehleimmassen,  von  Blut,  schaumichtem  Blute, 
gallenartigen  Stoffen ,  und  gegen  das  Ende  dei 
Krankheit,  von  häutigen  Massen;  in  mildem 
Fällen  aber  nur  molkeoartige  Ausleerungen  mit 
zähem  schleimlchiem  Bodensatz ,  beides  anfangt 


-     77     — 

in  mifdlieiireii  Qtantit&ten,  später  iogeringeni, 
und  soletzt  bestand  es  h\ob  noch  im  Draogen. 
Meistens  stellte  sich  gleich  anfangs  der 
Krankheil  Tenennus  ein^  der  sich  im  ganaen 
Verlauf  derselben  erhielt,  und  die  Kranken  in 
der  Art  bel&stigte ,  dab  sie  den  Nachtstuhl  be-^ 
reits  nicht  mehr  verlassen  konnten ,  und  oft  da- 
bei marmorkalt  wurden ;  namentlich  wollten  Kin- 
der das  Nachtgeschirr  gar  nicht  mehr  verlas- 
sen, was  oft  Bu  der  schlimmen  Folge  mitwirkte, 
dad  der  After  herausgetrieben  und  ganz  wund 
wurde*  In  hohen  Schw&chegraden  aber  konn- 
ten die  Kranken  su  diesem  Behufe  das  Bett 
gBS  nicht  mehr  verlassen,  wodurch  die  Lofk 
verpestet  wurde. 

Von  weitem  konnte  man  bei  solchen  Kran- 
ken nur  aus  dem  Geruch  auf  die  Krankheit 
noUiefiMn.  Zu  dem  Tcnesmus  gesellten  sich 
öfters  unerträgliche  Kreuzschmerzen.  Oeftcrs 
verminderten  sich  mit  diesen  Ausleerungen  die 
Uebelkeiten  und  der  Brechreiz,  öfters  aber 
blieben  sie  dauernd;  aber  bei  allen  Kranken 
stellte  sich  mit  diesen  Anfallen  sehr  schnell  und 
bald  eine  —  für  die  kurze  Dauer  unbegreifliche 
und  unbeschreibliche  Mattigkeit  und  Erschlaf- 
fung der'  Kräfte  ein ,  was  die  Heftigkeit  der 
Krankheit  und  das  Leiden  der  Basis  der  Le- 
benskraft zu  beurkunden  schien. 

Mit  diesem  Eintritt  der  allgemeinen  Schwa- 
che und  Entkräftung  stellte  sich  oft  ein  schnel- 
les Sinken  des  Pulses  ein,  er  wurde  in  den  er- 
nten S4  Stunden  ganz  klein,  schwach,  faden- 
fSrmig,  aber  nicht  beschleunigt,  und  blieb  end- 
hdk  ganz  aus,  während  der  Herzschlag  noch 
kaum  fühlbar  war.  Dieb  war  ein  sehr  schlim- 
mes Zeichen,  und  wenn  nicht  schnell  Hälfe 
folgte,  namentlich  Wärme  und  Puls  nicht  wie-* 


—     78     — 

derkehrte ,  so  erfblgte  der  Tod  ganis  bestimm 
10  den  uächsten  24  Stunden,  weutfi  auch  dai 
nbrige  Befinden  nicht  zu  so  schlimmer  Prognose 
berechtigte. 

Im  Monat  November  war  der  Puls  mei< 
stens  härtlich  gespannt,  mäfsig  voll  bei  vor 
herrschendem  Eutzüudungs-Charakter;  bei  hef- 
tigen Schmerzen  im  Bauche  wurde  er  auch  da- 
mals klein,  härtlich  und  schnell. 

Der  Durchfall  dauert  während  des  Tagei 
und  der  Nacht  gleich  fort,  wiederholt  sich  voe 
fünf  zu  fünf  Minuten  in  der  Regel,  mitontei 
aber  nur  zu  gewissen  Zeiten,  z.  B.  nach  Mit- 
ternacht, wo  er  dann  schnell  mehreremal  aui 
einander  folgt  uud  dann  wieder  aussetzt.  Diefs 
ist  der  mildere  Gittd.  Immer  wiederholten  sicti 
die  Ausleerungen  auf  der  Stelle  unter  Kollern 
und  Schmerzen  im  Bauche,  so  wie  der  Kranke 
etwas  genossen  hatte;  setzten  die  DurchföUe 
hie  und  da  auch  ein  Paar  Stunden  aus ,  so  ka- 
men sie  später  bestimmt  um  so  heftiger;  nui 
bei  zunehmender  Besserung  wurden  sie  allmäh* 
lig  seltener.  Oft  gingen  die  Excremente  abei 
auch  empfindungslos  ab. 

Im  Verlauf  der  Krankheit  blieben  sich  oft 
die  Ausleerungen  gleich,  waren  oft  nur  blutig 
von  hell-  oder  braunrothem  oder  schanmichtem 
Blute,  oft  aber  grüngelb,  braun,  weifs,  pech« 
artig,  gallicht,  gteronnen,  wie  gehackte  Eier, 
schaumichte  ganz  leichte  auf  dem  Wasser 
schwimmende,  breiartige,  broncefarbige  Maaseo, 
und  diese  Ausleerungen  erfolgten  oft  bei  eiuem 
und  demselben  Kranken.  Bei  längerer  Dauer 
der  Krankheit  wurden  sie  eiterartig,  mit  häu^^ 
tigen  Massen  untermischt,  aber  immer  war  aocb 
damit  Blut  und  blutiger  Schleim  verbunden. 
Wurden  'endlich   die   Ausleerungen    gelb  und 


—     79     — 

braun  9  m   war  diols  ein  sicheres  Zeichen  äet 
nahen  Besserung. 

Es  kam  aber  auch  die  sogenannte  ^  wenn 
ich  sie  so  nennen  darf,  trockene  lluhr  vor. 
die  in  einem  immerwährenden  Pressen  und 
Drangen  im  After ,  auf  den  Stuhl  bestand;  ohne 
dalii  indessen  etwas  entleert  wurde» 

Eine  wesentliche  Eigenthümlichkeit  im  gan- 
zen Verlauf  der  Krankheit  war  eine  immerwäh'« 
rende  Indination,  kalt  zu  werden ,  die  beson- 
ders die  Extremitäten,  die  Stirn,  die  Wangen^ 
die  Nase  und  Ohren  zuerst  befiel,  die  kalt  wie 
Maimor  anzufühlen  waren;  und  diefs  beurkuiH* 
dete  immerhin  die  Heftigkeit  der  Krankheit  uim 
ibe  groise  Gefahr.  \ 

In  geringem  Krankheitsgraden,  oder  bei 
luigsamem  Verlauf,  wurde  die  Temperatur  in 
sj^Sem  Stadien  erhöht,  die  Haut  trocken,  bren- 
nend lieilis,  spröde  und  unthätig.  Manche  konn-* 
ten  schwitzen,  und  dies  gab  immef  Veranlas- 
sung zu  einer  günstigen  Prognose,  nur  durften 
die  Schweilse  nicht  colliquativ  werden,  wenn 
nicfat  durch  sie  der  entschiedene  schlimme  Aus^ 
gang  ausgesprochen  werden  wollte»  Eben  so 
wenig  günstige  Wirkung  hatten  die  kalten 
Schweifse. 

.  Meistens  stellte  sich  Fieber  ein,  oft  aber 
war  die  Lebenskraft  so  schnell ,  und  in  solchem 
Grade  untergraben,  dafs  die  Natur  nicht  mehr 
Kimft  genug  hatte,  eine  solche  Reaction  her-^ 
Toizornfen,  widerstandlos  starben  die  Kranken 
dahin,  es  war  ein  Erkalten,  ein  Erlöschen  der 
Kräfte  und  schnelles  Absterben ,  die  Kräfte  und 
der  Pols  sanken  immer  mehr  und  mehr,  letzte- 
rer hörte  auf)  die  Kälte  vermehrte  sich  immet 
und  meiir,  verbreitete  sich  endlich  über 
Körper,  und  das  Leben  erlosch  bei 


—     80     — 

voUer  Geistesgi^genwart.  Mitunter  war^  wie 
bemerkt 9  die  Krankheit,  besonders  im  Monate 
November,  von  intensivem  Fieber  begleitet  mit 
deutlichen  Exacerbationen,  wo  der  Character 
jliei  eintretender  Kälte  und  anhaltenden  Ost- 
winden entschieden  inflammatorisch  wurde.  In 
leichtem  Graden  war  das  Fieber  auch  ztt  die- 
ser Zeit  unbedeutend,  man  konnte  oft  kaum 
ein  solches  bemerken* 

Der  Kopf  war  meistens  frei ,  öfters  einge- 
liommen,  mitunter  schmerzhaft ;  in  höhernKrank- 
heitsgraden  war  das  Gesicht  blab,  spitzig,  erd- 
fithl,  tiefes  Leiden  ausdrückend,  die  Augen  ein- 
gefiülen ,  mit  schwarzem  Hof  umgeben,  die  Lip- 
pen welk,  öfters  war  indessen  das  Gesicht  un- 
gewöhnlich geröthet,  bei  grofser  Schwäche 
und  in  den  spätem  Perioden  mit  umschriebener 
Rothe  der  Wangen  versehen.  —  Die  Sinne 
und  psychischen  Verrichtungen  waren  in  un- 
verkfimmertem  Zustande,  nur  in  höhern  Graden 
war  ein  gewisses  Angstgefühl  nicht  zu  verken- 
nen, das  auch  im  Gesichte  auffallend  ausge- 
prägt war.  Es  stellten  sich  indessen  auch  De- 
lirien ein,  nämlich  in  höhern  Fiebergradeu  und 
deren  Exacerbationen,  und  bei  nervösem  Chai;ak- 
tcr,  oder  selbst  bei  solcher  Tendenz.  —  Der 
Schlaf  fehlte  meistens  ganz,  oder  bestand  in 
Schlummersucht,  öfters  aber  stellte  sich  Schlaf- 
sucht ein. 

Die  Zunge  war  meistens  belegt,  weifsgelb, 
braun  und  schwarz,  der  Rachen  trocken  und 
öfters  die  Halsparthieen  so  geschwollen,  dafs 
das  Schlucken  sehr  erschwert  wurde.  Bei  län- 
gerer Dauer  der  Krankheit  aber  löste  sich  die. 
Haut  im  Mund,  Schlund  und  der  RachenhGhle. 
ab,  es  bildeten  sich  Löcher  auf  der  Zunge^: 
und  diese  Tbeile  wurden  daher  entsetzlich  wuißA 


—     81     — 

und  scbnierzliaft.  Auch  geschah  es  öfters,  dafli 
die  Kranken  in  spatem  Perioden  an  Aphthen 
mit  sehr  heftigem  Speichelflafs  litten,  welcher 
Zustand  immer  eine  ungünstige  Prognose  be« 
gründete,  und  die  allgemeine  Verbreitung  des 
eigenthämlichen  Krankheitsprozesses,  und  den 
vollständigen  Sieg  der  Krankheit  verkändete. 
In  diesem  Zustande  konnten  die  Kranken  theils 
wegen  Schmerzen  und  Brennen  im  Munde,  theils 
wegen  Erstickungsanfalle,  Brechreiz  und  wirk«- 
lichcn  Erbrechens,  wodurch  immer  eine  grofse 
Menge  Schleim  aus  Mund  und  Magen,  durch 
Mond  und  Nase  entleert  wurde,  welche  An- 
&Ue  sich  bei  jedem  Versuch  zu  schlinge«)  eiii^ 
stdken,  nichts  nehmen,  daher  dann  die  Kräfte 
imer  sehr  gesunken  waren. 

Idi  halte  dafür,  dals  in  diesen  Fällen  die 
nbnutige  Entzündung  des  Darmkanals  sich  über 
den  Magen,  die  Speiseröhre,  die  Rachen-  und 
Mondhohle  erstreckt,  und  dafs  wir  hier  einen 
BlidL  ihun  können  auf  das  eigentbümlicheWe« 
sen  ond  die  Natur  der  Ruhr. 

Der  Appetit  fehlte  meistens,  in  geringem 
nd  mittlem  Graden  erhielt  er  sich  indessen 
immer  etwas.  Der  Geschmack  war  immer  fade 
md  pappig.  Der  Durst  war  meistens  unerträg- 
lich, und  es  zeigte  sich  überall,  bei  allen  For- 
men und  in  allen  Stadien  eine  grolse  Sehn- 
sucht nach  kalten  und  sauren  Getränken.  Der 
Athnunngsprozcls  ging  in  der  Regel  ohne  äu«^ 
Iserlich  wahrzunehmende  Störungen  vor  sich, 
aar  mit  heftigen  Schmerzen  im  Bauche  stell- 
ten sich  Bangigkeiten  ein.  Oefters  klagten  die 
Kranken  über  Drücken  in  der  Mitte  der  Brust, 
ond  die  Stimme  wurde  immer  schwach  (vox 
djsenterica).  Der  Baoch  war  leer,  meistens 
kian^fbaft  angezogen,  häufig  aber  auch,  be^- 
l0iirB.XCDLBiLl.8t.  F 


—     8«     — 

sonders  im  zweiten  Monftt  der  Epidenue ,  wo 
sich  der  ent2saiidlidbe  Ck^akter  derselbeo  enU 
schiedener  aussprach,  mfgetriebe»,  empfind* 
lieh,  aber  öfter  auch  wenig  oder  gäx  nicht 
schmerzhaft  bei  der  Berührung. 

Die  Kranken  bekamen  auch  häufig  wegen 
krampfhafter  Blas^besdiwerden  Urinverhaltimg, 
welche  sie  in  hohem  Grade  beschwerte;  sie 
Uelsen  immer  wenig  Urin,  der  theils  jumentös, 
theils  von  branner,  dunkebother  und  bksser 
Farbe  war«  Die  Ausleerungen  hatten  einen  ei- 
g^Qthämlich  aashaften  Geruch.  Aufstofiien  dauerte 
während  des  ganzen  Verlaufs  der  Krankheit, 
Erbrechen,  gewöhnlich  von  Schleim,  wenn 
es  sich  auch  einstellte,  verlor  sich  bald  ^wie- 
der, und  scheint  überhaupt  mehr  consensueD 
gewesen  zu  sein,  in  Folge  des  Darmkanallei- 
dens» In  hohem  Graden  stellte  sich  Singultus 
immer  ein,  so  wie  ein  hohles  Kollern  beim 
Trinken. 

Die  eintretende  Menstruation  brachte  in 
kräftigem  Zustande  und  bei  der  entzündlichen 
Ruhr  Jlrleichterung,  bei  groCser  Schwäche  und 
nervösem  Charakter  Verschlimmerung*  Oefteis 
kam  auch  frieselartiger  Ausschlag  im  Gesidite 
vor,  ohne  übrigens  im  Verlauf  der  Krankhmt 
etwas  zu  ändern. 

Auch  nach  der  Krankheit  dauerte  die  Er- 
schöpfung der  Kräfl;e  fort;  wie  Schatten  schli- 
chen Reconvalescenten  herum,  und  erhotten 
sich  nur  äulserst  langsam.  Auch  fühlten  810 
noch  ein  VoUsein  im  Magen,  und  erst  alhnlh- 
lig  stellte  sich  der  Appetit  wieder  ein. 

Bei  langer  Dauer  waren  die  Kranken  mu- 
mienartig  vertrocknet,  und  die  Fübe  geschwol- 
len. Es  bildeten  sich  auch  Furunkel,  Abscessfl^ 
und  eigentliche  Eiterablagerungen.    Wenn  ik 


Rulir.gaiiB  gehoben  war,  sah  ich  Nervenfleber 
nach  ihr  entsteheo,  Nervenkopftchmerz^  Schlagt" 
fläaae,  Broatentsfindangi  Friesel  und  Waaseiw 
aachten.  Meiatena  war  in  dieser  Krankheit  die 
untere  Parthie  der  Schleimhaut  des  Darmkanala 
der  vorzuglich  ergriffene  Theil,  deaaen  apeci-* 
flacher  KrankheitaproceÜB  thoila  von  einer  ört- 
lichen, eigenthfimlichon  Entzändung,  der  Ruhr- 
.  entzfindung ,  mit  mehr  oder  weniger  entzund- 
Hdiem  oder  nervöaem  Fieber  im  Gefolge  be- 
|deitet|  theila  krampfhaft  afHcirtwan  Letztere 
ZufUle  beachrinkten  aich  indessen  nicht  auf 
den  Darmkanal ,  aondern  aie  theilten  aich  der 
Blaae  mit|  verbreiteten  aich  über  den  gauzei^ 
Unterleib,  und  zogen  sich  fiber  die  Extremitä- 
ten. Erstere  waren  mehr  lokal,  und  sie  zeich- 
neten aich  durch  sehr  gesteigerte  und  gereizte 
Th&ügkeit  aus,  wodurch  alle  Säfte  und  Kr&fle 
dahin,  und  von  der  Peripherie  sich  zurückzogen. 
Oft  beschränkte  sich  aber  der  Schmerz  biola 
auf  die  Nabelgegend,  auf  die  linke  Seite,  nach 
dem  Verlaut  des  Colon  descendens  und  dem 
After.  Die  Heftigkeit  der  Schmerzen  war  übri- 
gens auch  bei  aufgetriebenem  Unterleib  in  kei- 
nem Verhältnils  mit  der  Spannung.  Ich  fand 
zwischen  dieser  Krankheit  und  einem  sehr  acu- 
ten Catanh  die  ffröfiito  Analogie. 

Die  gewöhnliche  Dauer  der  Krankheit  war 
11—14  Tage,  in  rapiden  Fällen  8—4  Tage, 
ich  aah  aie  sich  aber  auch,  meistens  aber  nur 
in  Folge  von  Vernacblässiffung,  auf  3 — 6  Wo- 
chen und  noch  länger  ausdehnen,  in  welchem 
Falle  gewöhnlich  Nachkraukheiten  folgten. 

Im  Anfang  der  Epidemie  war  der  nervöse 
Charakter  bei  weitem  am  meisten  ausgespro- 
chen ,  daher  litten  auch  die  Kranken  häufig  an 
Krampficufällen,  die  indeaaen  bei  dem  im  No- 

F  m 


—     M    — 

vembor  mehr  hervortretenden  rein  ruhrentzänd- 
Kchen  Charakter  verschwanden.  —  Der  Tod  er- 
folgte meistentheiltr'jaus  Erschöpfong  der  Kräfte, 
selten  in  Folge  von  Brand. 

'  3.  Therapie. 

Aus  diesen  Krankheitserscheinungen  ist  klar 
zu  ersehen,  dafs  diese  Krankheit  an  und  für 
sich,  aber  auch  nach  Individualität,  Lokalität, 
Jahreszeit,  Temperatur  und  Witterungs- Con- 
stitution sehr  verschieden  war;  allein  im  All- 
gemeinen war  ihr  Charakter  im  October  schlim- 
mer^ immer  ins  Nervöse  spielend ,  im  Novem- 
ber waren  die  Anfalle  zwar  heftiger,  aber  für 
den  Kundigen  weniger  gefahrlich.  '  Bei  der 
Therapie  war  nun  hauptsächlich  zu  berücksich- 
tigen, cinestheils  der  Charakter  der  Krankheit^ 
der  sich  mehr  oder  weniger  entschieden  aus- 
sprach, und  entw€)der  entzündlich,  seltener  ent- 
zündlich gastrisch  -  gallicht  oder  nervös  war, 
und  anderntheils  die  Stadien  ^  iu  welchen  man 
die  Kranken  in  Behandlung  bekam;  denn  das 
erste  Stadium  war,  wenn  auch  noch  so  kurz 
und  oft  kaum  merklich,  immer  mehr  oder  we- 
niger entzündlich,  was  sich  im  Verlauf  dann 
entweder  rein  ruhrentzündllch  aussprach ,  oder 
ein  schnelles  Sinken  und  Auslöschen  der  Le- 
benskräfte mit  nervöser  Tendenz  zur  Folge 
hatte,  oder  gallicb t- gastrisch  sich  complicirte« 

Die  Haupt- Indication  war,  anfangs  auf  die 
Ausleerungen  zu  wirken ,  wenn  man  nämlich 
zeitig  genug  zu  den  Kranken  kam,  nämlich 
so  lange  die  Krankheit  noch  zu  den  ruhrent- 
«ündlichen  zu  rechnen  war,  die  Blut-  und  Schleim- 
Erpressungen  in  wahre  Excrementen-Auslee* 
rungen  zu  verwandeln,  die  Wärme  nach  der 


—     85     — 

Peripherie  des  Körpers  za  leiten^  und  die  Kräm- 
pfe so  beschwichtigen.  Gelingt  diefs,  was  bei 
der  Kürze  des  ffir  dieses  Stadiums  2aigemcsse^ 
Den  Zeitraums  oft  8ch\iierig  ist,  so  wird  die 
sweite  Hälfte  der  Kar  eine  leichte  Aufgabe, 
nämlich  die  bereits  nach  Qualität  normalen  Aus- 
leeroDgen  zoermäisigen  undzo  reguliren,  wenn 
dieses  nicht  die  Natur  nach  erßillter  erster  In-* 
dieation  schon  selbst  that.  Finden  aufserdem  ga-* 
slrisdie  oder  gallichte  Complicationen  Statt,  so 
tnb  vor  Allem  diese  Zugabe  beseitigt  wer- 
den, spricht  sich  die  Ruhrentzundung  in  ho- 
hem Gradiön  aus,  oder  hat  man  es  mit  eine^ 
nervösen  Dysenterie  zu  thun,  so  müssen  diese 
Qianciere  vorzugsweise  berücksichtiget  werden« 

Die  erstgenannte  Aufgabe  löst  sich  bei  ge-^ 
n^geltem  und  mäisigem  Verlauf  und  Form,  durch 
anliphlogistische  und  geliode  eröffnende  Mittel^ 
■id  ich  wendete  oft  mit  bestem  Erfolge  fol- 
gende Composition  an :  Potion.  River,  unc  j, 
Aq.  Ceras.  nigr.  unc.  iij ,  Extr.  Tarax.  drachm. 
ij  —  iij,  Tinct  Rhci  aquos.  seu  vinos.  unc.  /?, 
Symp.  Alth.  unc.j,  M.  D«  S.  Stündlich  1  ETs* 
üiTel  voll  za  nehmen.  Diese  Mittel  hatten 
Verminderung  des  Fiebers  und  der  Entzündung 
nnd  des  damit  verbundenen  Schneidens  und 
Reiisens  im  Bauche,  Nachlafs  des  Tencsmus, 
Abnahme  der  Krämpfe ,  Nachlafs  der  Uebel- 
keiten  nnd  de^  Erbrechens,  und. nach  Umstän- 
den Umänderung  «Ind  Correction  der  Auslee- 
nuigen  zu  Folge. 

Ist  dieser  erste  Zweck  erreicht,  so  sucht 
man  mehr  Thätigkeit  der  Haut  zu  erregen,  und 
Miält  zu  diesem  Behufe  obige  Composition, 
«ad  setzt  nur  statt  der  Tinct.  Rhei ,  Spir.  Min- 
der- und  ein  Paar  Drachmen  Vin.  Autim.  H. 
welche  Mittel  hinlänglich  sind,  bei  refracter 


—     86     — 

vtoA  corrigirter  Krankheit  mit  emUSsigter  Ent- 
zündung und  solchem  Fieber  wohlthätige  Schweiz 
bef  zu  bewirken,  und  so  die  abnorme  Thätig- 
keit  des  Darmkanals,  auf  Kosten  der  Haut  um- 
zuändern,  und  die  Aetivität  letzterer  hervorzu- 
rufen. Den  Uebergang  von  diesen  eröflhenden, 
die  Secretionen  befördernden  Mittehi  zu  den  die 
Ausleerungen  ermä&igenden  und  regulirenden 
bilden  schleimichte  und  dlichte  Stoffe ,  ab 
Emulsionen  mit  und  ohneNitrum,  GumBLarab.^ 
Salepdecoct  etc. 

Das  ausgezeichnetste  Mittel  in  der  zwei- 
ten Periode  der  Krankheit  ^  wenn  die  Entzün- 
dung gehoben  ist  und  die  Ausleerungen  ermlSb» 
Esigt  und  geregelt  werden  müssen,  ist  unbe- 
dingt das  Opium  sowohl  innerlich  als  iulser- 
lich  in  Einreibungen  und  Klystieren.  Dieses 
vermindert  die  Ausleerungen,  gewährt  Ruhe 
und  Schlaff  lindert  die  Schmerzen  und  den  Te-* 
nesmus;  wo  diell9  nicht  bewirkt  wird,  da  ist 
das  Opium  nicht  angezeigt,  so  wie  es  auch  in 
entzündlichen  Graden  durchaus  nicht  ertragen 
wird.  An  dieses  Mittel  reihen  sich  und  unter- 
stützen seine  Wirkung:  Emulsionen,  schlei- 
michte Mittel,  als  Gumm.  mimosa,  Salep,  dann 
Rad.  Colombo,  Extr.  Ratanhiae,  Cascarill»,  rother 
Wein ,  und  in  hartnäckigen  Fällen  Nux  vomica« 
Ich  wendete  das  Opium  entweder  als  Laudan. 
liquid.  S.,  oder  als  Extract.  Op.  aquos.  in  Emul- 
sionen an,  ausgezeichnet  fand  ich  seine  Wii^ 
kung  in  diesem  Stadium  in  diaphoretischer  Form, 
in  Verbindung  mit  der  Ipecacuanha^  z.B.  ^  Opium 
und  eben  so  viel  Ipecacuanha. 

Das  zweite  Hauptmittel  in  dieser  Krank- 
heit während  aller  Stadien  ist  und  war  die 
Wärme  über  den  ganzen  Körper  und  auf  alle 
Art,  innerlich  und  änlserlich  angewendet»    Bei 


-     8»    — 

der  dieser  Foim  beeonderti  eigeDthümlichen  bH 
oUnation  kalt  aa  werden ,  bei  wirlüicher  KMie, 
lud  dem  damit  verbuidenen  Atifhöreo  des  Pul»- 
eehlages,  wendete  ieh  innerlich  und  ftuberiieh 
die  Wärme  auf  folgende  Art  an :  ich  liefii  alle 
Viertelstonde  eine  Taiee  voll  heiben  Zimmt- 
oder  PfeflTermunsthoe  nehmen,  mit  oder  ohne 
Liquor  anod«  m.  H.,  und  tulterlich  warme  Ue- 
benchl&ge,  warme  Tücher,  warme  Kruge  an 
alle  Theile  des  Ktfrpere  appliciren  und  damit 
fortfahren,  bis  Wftrme  und  Pulsschlag  wieder- 
kehrten. Die  Wirkung  der  W&rme  liela  ich 
durch  Reiben  unterstützen.  Auch  die  Anord^- 
nung  der  Dampfb&der  bew&hrte  sich  in  diesen 
FftUen  wohlthfttig,  denn  da  der  Darmkanal  auf 
Kostea  der  allgemeinen  Bedeckungen  abnorm 
thktig  war,  daher  die  Haut  oft  iranE  unth&tig 
und  welk  wurde,  konnte  die  Erregung  und 
HersteUnng  der  normalen  Hautth&tigkeit,  und 
die  darc£  die  Dampfb&der  bewirkte  Transpira- 
tion nur  höchst  günstig  auf  den  Krankheitspro- 
ceb  einwirken.  Sind  aber  einmal  die  Kr&fie  zu 
sehr  erschöpft,  treten  von  freien  Stücken  Schwei- 
üe  ein,  oder  bildet  sich  sogar  eine  Colliqua- 
tion,  dann  können  dieselben  keine  Hülfe  mehr 
ffew&hren  und  dürfen  nicht  angewendet  wer- 
den. Auch  andere  Bäder  gewähren  vorzugli- 
chen Nutzen  in  genannten  Zufällon;  auf  dem 
Lande  mufs  mau  iudossen  sehr  vorsichtig  mit 
ihrer  Anwendung  sein,  und  Jahreszeit,  Tem- 
peratur und  Witterung  ja  recht  berücksichti- 
Sen.  Die  Wirkung  lul  dieser  Bf  ittel  liefe  sich 
urch  weitere  äuüsere  Mittel  unterstützen,  als 
warme  Ueberschlä^e  über  den  Bauch  von  Spe- 
cies  emoll.,  Specios  narcoticae  und  Fl.  Cha- 
momilL,  Einreibungen  in  denselben  von  Liui- 
Diment  volat.,   Laudanum  und  Camphor,    OL 


^     '88     — 

Hyoscyami^  von  Spiritus  Serpylli  mit  Salmiak- 
geist oder  Tmct.  Oetiitharidam;  durch  warme 
Dämpfe  an  den  After ,  indem  ich  in  denNacht«- 
Btufal  warmes  Wässer  giefsen,  oder  fleublu- 
itaen-Aufgufs  in  denselben  stellen  liefs,.  durch 
Klystiere  und  Injectionen  von  Emulsionen, 
Kleien- und  Gersten-  Absud  mit  Amylon  (St&rk- 
mehl)  mit  oder  Mine  Opiat,  die  ich  nach  Um- 
istanden alle  drei  bis  vier  Stunden  mit  au&er- 
ordentlicher  Erleichterung  für  den  Kranken  wie- 
derholen liefs.  Gegen  wunden  After  oder  Pro- 
lapsns  desselben  lieis  ich  Oel,  Fett,  Eibisch - 
Salbe  und  Mastix -Räucherungen  anwenden, 
^uch  wärme  schleimichte  Abkochungen  auf  den- 
selben legen.  Indessen  halfen  alle  diese  Mittel 
nur  für  den  Augenblick,  und  der  Prdlapi^  ver- 
lor sich  meistens  erst  mit  der  Krankheit  oder 
i^efnigstens  mit  dem  Aufhören  des  Tenesmns, 
«her  auf  jeden  Fall  wirkten  sie  lindernd.  Auch 
Si^nfpflaster  und  andere  Hautreize  wurden  nicht 
ohne  Nutzen  angewendet. 

Die  Diät  in  Beziehung  auf  Speisen  und 
Getränke,  regulirte  ich  auf  folgende  Art:  in 
milder,  entzündlicher  Form  und  geregeltem  Ver- 
laufe liefs  ich  anfangs  Zuckerwasser,  Limonade, 
Salep  oder  andere  schleimichte  Abkochungen, 
Fliederthee  und  säuerliche  Getränke,  spä- 
ter Quittenschleime  und  Mandelmilch  nehmen. 
Auch  heifse  und  kuhwarme  Milch,  mit  oder 
ohne  Eigelb,  wurde  mit  Erfolg  getrunken. 
Wein  und  Bier,  sowohl  weifses  als  braunes, 
wurden  in  der  entzündlichen  Form  nicht  er^ 
tragen,  und  Excesse  hierin  mufsten  immer 
theuer  bezahlt  werden.  Seltener'  wareA  in 
dieser  Form  Excesse  mit  gestandener  Milch 
zu  bereuen,  einige  Personen  heilten  sidi  so- 
gar mit  dieser,  die  aber  nur  in  geringen  Gra- 


den  litten.  War  der  entsundlicho  Cliarakter 
•iMgeBeiohiiet  aoagesprochen ,  wie  im  Monat 
November,  so  iiors  ich  nineraliacho  Säuren,  mit 
Wasser  verdünnt  mit  Nutzen  nehmen.  In  der 
biliösen  Form  wendete  ich  vegetabilische  Säu- 
ren an,  E.  B.  eine  Graswurzcf- Abkochung  mit 
Zitronensaft  und  Zucker.  Sanken  schnell  die 
Kräfte,  worden  die  Patienten  kalt,  war  mithin 
das  entzündliche  Stadium  vorüber,  oder  drohte 
eine  nervöse  Dysenterie,  so  liefs  ich  Limonade 
mit  Wein ,  Waiser  mit  Wein  und  Zucker,  und 
endlich  reinen  Wein  nehmen.  —  Viel  Unheil 
stiftete  aber  der  unmäTsige  Gennfs  von  Kir^ 
Schöngeist,  womit  die  Leute  sich  helfen  W0II7 
ten ,  und  wovon  Einzelne  einen  ganzen  Schop«»^ 
pen  hintereinander  tranken.  Hingegen  wird 
IPunsch  zu  rechter  Zeit  gut  vertragen,  und  wird 
mit  Nutzen  angewendet. 

Zur  Kost  lieis  ich  Fleischbrühe  mit  Ei- 
gelb, Gersten-  und  Heisschleim,  Sago,  ein- 
gebrannte Suppe,  mit  und  ohne  Kicr,  Wasser*^ 
snppe  mit  Eier,  weiche  Eier,  Gersten-  und 
Eichel -KafToe  nehmen.  Auch  Chokolate,  ge- 
wöhnlicher Kaffee,  schwarzer  KafTee,  mit  und 
ohne  etwas  liirschgeist,  wurden  nach  Umstän- 
den erlaubt;  endlich  Kttlbcrfürse  und  bei  sin- 
kenden Kräften  Weinspeisen.  Bei  entzündlichen 
Graden  wurde  gekochtes  Obst  gut  vertragen. 

War  eine  gastrisch -gallichte  Coroplication 
vorhanden,  oder  war  der  Gastricismus  wirklich 
vorherrschend,  wozu  durch  Störung  des  Assi- 
milations  «  und  Digestionsgeschäfts  Veranlas- 
sung gegeben  war,  indem  die  ihr  angehörenden 
Theile  leidend  waren,  so  gebührte  der  Ipeca- 
cuauha  als  Brechmittel  der  erste  Hang;  sie  ent- 
fernte die  gastrisch -gallichte  Coroplication,  er- 
nUUiiigte  die  Ausleerungen,  verminderte  die  Krim- 


—     90     - 

.  pfe^  und  wirkte  so  nicht  nur  als  Heilmittek  soih 
dem  kfiizte  den  Verlauf  der  Krankheit  sehr  ab. 
Bei  allgemeiuem  und  schnellem  Sinken  der 
Kihftey  wo  die  Kranken  kalt  und  blafs  werden, 
der  Bauch  leer  und  eingesogen  ist,  die  Haut 
unthätig,  welk,  kalt  wird,  sich  heftige  Kräm- 
pfe einstellen y  der  Puls  langsam,  klein  und 
schwach  wird;  endlich  gar  ausbleibt,  die  Le- 
benskräfte immer  mehr  sinken  und  endlich  zu 
erlöschen  drohen;  oder,  wo  die  Krankheit  einen 
wirklich  nervösen  Charakter  angenommen  und 
ein  solches  Fieber  in  seiner  Begleitung  hat, 
wenn  der  Kopf  eingenommen  wird,  und  die 
Kranken  zu  deliriren  anfangen,  eine  trockne, 
lederartige  oder  schwarze  Zunge  und  solchen 
Rachen  und  Nase  haben,  die  Haut  brennend 
beils  und  trocken,  der  Puls  klein,  schnell  und 
zitternd  wird,  die  Krauken  alle  Haltung  verlie- 
lien,  zittern,  die  Excremcnte  bewuistlos  abge- 
ben, das  Gehör  Noth  leidet,  und  die  Kranken 
entweder  ein  stieres  oder  gestörtes  Aussehen 
bekommen,  mit  einem  Worte,  wenn  sich  bei 
der  Ruhr  alle  nervösen  Symptome  ausbilden;  in 
diesen  Fällen  verband  ich  mit  der  Colombo,  oder 
gab  statt  dieser,  Serpentaria,  Valeriana,  und 
besonders  Fl.  Arnicae  mit  Spiritus  Minder.,  und 
nach  Umständen  mit  Naphtha  acct.  eder  Liquor 
C.  C.  succ.  mit  schleimichten  Verbindungen. 
Auch  der  Camphor  spielte  in  der  nervösen  Dy- 
senterie eine  grofse  Rolle ,  den  ich  in  allen  For- 
men und  Modulationen  nach  Krankheit  und  Inp> 
dividualität,  aber  meistens  in  schleimichtem  Ve- 
hikel gab.  —  Das  ausgezeichnetste  Mittel  in 
dieser  Form  war  indessen  der  Moschus.  Be- 
sonders empfahl  sich  auch  Wärme,  und  aus- 
gezeichnete Dienste  leistete  Opium  mit  Cam- 
phor«    Dabei  wurden  auch  in  diesen  Formen 


—    91     - 

bief  ptMendeiii  obongentniiteii ,  iaÜMMi 
Büttel,  als  Klystiere,  UebersohlAge,  Haatreiseeiei 
angewendet,  und  von  den  oben  beneiehneien 
Oetr&nken  und  Speisen  die  geeignetsten  an* 
gerathen.  — -  Man  mnflite  aber  anch  in  diesen 
Formen  mit  den  Reimnitteln  höchst  vorsichtig 
sein;  wurden  diese  ffleieh  anfangs  in  greisen 
Dosen  gegeben ,  so  brachten  sie  die  luranken 
in  die  gröfiite  Lebensgefthr« 

Bei  der  entschieden  entsündlichen  Ruhr  im 
Monate  November,  bei  heftigen  Entsündungs» 
l^raden  und  Stnhkwang,  und  bei  voUsidtiffen, 
irritablen  Subjecten,  in  Anf&llen,  in  welchen 
alte  Mftnner  vor  Schmerz  schrieen  und  jammer« 
ten,  sieh  herumwarfen  und  aus  dem  Bette  spran- 
gen; die  Schmerzen  im  Bauche  und  After  un« 
ertr&glieh  waren,  wo  alle  bis  jetzt  genannten 
Mittel  erfolglos  blieben,  und  insbesondere  Opium 
nur  VerschUmmerung  bewirkte ,  wurde  ich  durch 
die  Nothwendigkeit  der  Umst&nde  zu  folgen- 
dem Versuche  gebracht;  ich  wollte  auf  den 
Unterleib  wirken  und  keine  krankhafte,  son- 
dern Oeffnung  durch  das  Abführmittel  erhalten; 
ich  gab  daher  Aq.  Laxat.  V.  unc.  iii/9,  Bxtr. 
Tarax.  liquid,  unc.  ß.  M.  D.  S.  Alle  Stunden 
so  lange  1  Löffel  voll  zu  geben,  bis  in  Folge 
dieses  Mittels  Ausleeruoffen  erfolgen ,  dann  aber 
auszusetzen.  Ich  kann  dieses  Mittel  in  solchen 
Fällen  aus  voller  Ueberzeugung  nicht  genug 
empfehlen,  da  es  nicht  nur  Lebensrettung,  son- 
dern Abkürzung  der  Krankheit  bewirkt.  Kranke, 
die  unter  heftigstem  Stuhlzwang  nur  etwas 
Schleim  und  Blut  entleerten,  fSrderten  braune 
und  gelbe  Excrcmente  zu  Tage,  was  als  Wir- 
kung des  Mittels  und  als  erster  Anfang  zur 
Besserung  anzusehen  war,  denn  die  Ruhr  ist 
•ine  Entzündung,   und  daher  mit  eigentlicher 


—     9t     — 

Verstopfung  verbunden,  wie  andere- wahre  Darm* 
•eAtzündungen;  folgen  nun  wahre  Ausleerungen, 
so  smd  diese  hier  wie  dort  günstige  Zeidien 
einer  wahren  Besserung.  Diese  gute  Wirkung 
wird  wohlthätig  durch  örtliche  Blutentzüehungen 
unterstützt.  Allgemeine  Bluteutziehiingen  muls- 
ten  immer  mit  Vorsicht  angewendet,  .werden, 
einerseits  wegen  des  schnellen-  Sinkens  der 
Kräfte,  andererseits  weil  man  in  der  Regel  emt 
dann. zum  Kranken  gerufen  wurde,  wenn  der 
•geeignete  Zeitpunkt  hiefür  verstrichen. war.  Im 
Monat  October  waren  sie  nirgends  angezeigt. 
'  Sehr  mufste  man  sich,  wie  oben  schon  er- 
wähnt, vor  Stopfungsmitteln  vor' der:  geeigne- 
ten Zeit  hüten,  da  diese  in  den  ersten  vier- 
undzwanzig Stunden  Meteorismus,  gesteigerte 
Entzündung,  und  in  deren  Folge  vertnöhrte 
Schmerzen  erzeugten.  Diese  Zufalle  konnten 
immer  durch  Abführmittel  gehoben  werden. 
Wenn  aber  auch  kein  Meteorismus  eintrat,  äu- 
fserlich  gar  keine  Auftreibung  zu  fühlen  war, 
der  Unterleib  noch  eingezogen  blieb,  so  klag- 
ten die  Kranken  doch  sehr,  als  wenn  ihnen  der 
'Magen  und  Bauch  zu  zerplatzen  drohe. 

Bei  Urinverhaltungen  wendete  ich  mit  gro- 
fs^m  Nutzen  das  Linimentum  dioreticum  aus 
Eigelb ,  Terpenthinöl  und  Pfeffermünzwässer  an, 
und  liefs  seine  Wirkung  durch  Cataplasroen 
und  warme  Dämpfe  unterstützen.  Auch  habe 
ich  obigem  Linimeut  Laudanum  liquid.  S.  bei- 
gemischt. Den  Katheter  durfte  ich  nie  anwen- 
den, wie  es  anderwärts  geschah. 

Gegen  den  lästigen  und  immerwährenden 
Singultus  bewiesen  sich  spirituöse  Mittel,  Wein, 
und  selbst  Laudanum  hülfreich.  — •  Gegen  die 
Aphthen  ynd  den  SpeichelfluCs  lieüs  ich  Qait- 
tenschleim  mit  Eibischsafb  und  Borax  anwen- 


den  9  und  wenn  sich  die  grobe  Empfindlichkeit 
etwas  vennindert  httte,  Salbei -Abkochung  mit 
Milch  in  den  Mund  nehmen.  Später  ging  ich 
sur  Tormentilla  und  endlich  2ur  Ratanhia  mit 
Spiritus  Cochlear.  über.  Um  letztere  Compo- 
sition  anwenden  zu  können,  muÜBte  die  Em*« 
pflndlichkeit  sehr  heruntergestiitomt  seiu^  Kaltes 
Wasser  mit  Milch  wendete  ich  vielfältig  an,  es 
leistet^  mir  aber  nirgends  besondere  Wirkung; 
hingegen  in  Fällen ,  wo  Entzündung  mit  Krampf 
gepaart  war,  wo  man  Schwcirao  bewirken  wollte 
und  muffte  y  leistete,  folgende  Composition  aus- 
gezeichnete Dienste:  Roc.  Op.  pur.,  Calomely  Rad. 
Ipecacuanhae  ana  gr.  ß  —  gr.  j ,  Sacchar.  alb. 
gr.  X.  m.  f.  pulv.  D.  S.  Abends  zu  nehmen« 
Neigt  sich  die  Ruhr  zum  Nervösen  y  so  kann  man 
noch  Camphor  hinzusetzen.  Ich  liofs  Fiie- 
derthee  dazu  trinken ,  und  hatte  öfters  das  Ver- 
gnügen, die  Krankheit  schnell  durch  dies  Mit- 
tel abgeschnitten  zu  sehen.  Ucbcrhaupt  fand 
ich  an  dem  Caloracl  und  Opium  eine  zweck- 
mälsige  Verbindung. 

Zu  Hebung  der  sehr  gesunkenen  Lebens- 
kräfte in  der  Reconvalescenz ,  gab  ich  mit  aus-' 
gezeichnetem  Nutzen    ein  Infus.  Rad.  Calam. 
aromat,   oder  Decoct.  Caryophyll.  mit  Spiritus 
Nitri  dulc.  und  China. 

Eines  Umstandes  mufs  ich  noch  erwähnen, 
daff  nämlich  mehrere  Kranke  Arzneien  und  Al- 
les,  was  sie  nahmen,  erbrechen  mufRten,  wo- 
durch sie  einen  solchen  Widerwillen  gegen  alle 
Medicamentc  bekamen,  dafs  oft  längere  Zeit 
mit  diesen  ausgesetzt  werden  muliste,  bis  die 
Patienten  selbst  durch  Zunahme  der  Krankheit 
wieder  hiefür  bestimmt  wurden.  Ich  suchte 
diesem  Uebelstande  durch  die  Potio  River,  mit 
Exiract.  Tarax.  und  Tinct.  Rhei  zu  begegnen^ 


—     M     — 

denn  diese  Mixtur  wird  nicht  nor  hSdist  Seite 
erbrochen,  sondern  bebt  meistens  das  Erbrc 
ehen  gastrischer  Veranlassung,  wo  es  besteht 
aber  auch  diese  wurde  ausgebrochen  wie  di 
Luftpulver,  und  konnte  auch  nicht  in  allen  Foi 
men  und  Stadien  angewendet  werden.  Ichbc 
gnügte  mich  daher  Ueber,  ein  Paar  Tage  m 
diätetischen  Haus--  und  äuüsem  Bütteln,  un 
iqh  hatte  öfters  den  Gewinn,  später  wieder  dd 
Nehmen  der  Arzneien  QiögUch  zu  machen. 

4.   lieber  die  Ursachen  der  KrankheU  und 

ihre  ContagiositäU 

Das  Entstehen  der  Krankheit  durfte  seine 
Grund  haben  in  dem  damaligen  Genius  epidc 
nücus,  gegeben  durch  siderische,  tellurische  un 
atmosphärische  Einflüsse,  fortgepflanzt  und  od 
terhaltcn  durch  grofse  Hitze  und  Trockenhei 
Jahreszeit  und  Temperatur -Wechsel,  begän 
stigt  durch,  in  Beziehung  auf  die  groCse  Hitz« 
unzweckmäfsige  Diät,  wodurch  die  Mensche 
sich  für  die  Ansteckung  empfanglicher  machtet 
Auch  im  Jahre  1811  kamen  a^bnliche  Rühre 
vor,  offenbar  unter  denselben  begünstiffende 
Verhältnissen.  Es  wurde  zwar  vielfaltig  be 
tiauptet,  diese  Seuche  rühre  vom  Obstgenuss« 
besonders  dem  unmäüsigen  und  dem  des  unrei- 
fen Obstes  her;  es  mögen  einzelne  Fälle  de 
Art  vorgekommen  sein,  allein  bei  weitem  di 
Mehrzahl  der  Erkrankten  in  unserer  Gegen< 
hatte  gar  kein  Obst  genossen. 

Die  ersten  ErkrankungsfäHe  wurden  offen 
bar  durch  miasmatische  Einflüsse  bedingt,  in 
Verlaufe  der  Krankheit  aber  entwickelte  sid 
das  Contagium,  welches  dann  die  Krankhei 
verbreitete  und  so  eme  Epidemie  bildete.    ^' 


—   w   — 

I 

CoDtap[iotitlt8->BiitwiokeIinig  war  offeniMt  be- 
rftnfüget  doroh  Umeinliolikeit  ^  Aflh&iifliiiff  von 
Exeramenten  nit  eiffenthämliohem  abtcnenli» 
diem  Geraeh,  und  doroh  das  Zusammenwolh- 
neu  der  MenBchen  in  engen,  mit  diesen  Ans* 
dfinstnngen  gesebwftngerten,  mitunter  verschlos- 
senen Loealit&ten.  Dieser  Erfolg  durfte  gar 
nicht  befremden,  wenn  man  sah,  wie  in  man« 
chem  Hause  schwache  Kranke  den  ^nsen 
Tag  ihre  Excremente  ins  Bett,  oder  insmOe» 
flUb  gehen  liefiien,  das  mit  denselben  dengan- 
«en  Tag  gefüllt  im  Zimmer  blieb.  Krankheits- 
anf&Ue  durch  Ekel  erzeugt  beweisen  nur^  dafb 
der  Körper  Bur  Aufnahme  der  Krankheit  ge- 
schickt war,  oder  Empfänglichkeit  hatte,  und 
können  hier  nichts  entscheiden.  Personen,  die 
keine  Reeeptivität  fär  die  Krankheit  hatten^^  er^ 
hielten  sich  längere  Zeit  selbst  im  Umgang  mit 
Kranken  gesund,  bei  längerer  Dauer  der  Krank- 
heit aber  wurde  diese  endlich  erzeugt,  und  sie 
unterlagen  doch  der  Ansteckung. 

Für  die  Contagiosität  sprachen:  dafs  die 
Krankheit  einmal  in  einem  Hause  eingekehrt, 
meistens  den  Durchgang  durch  alle  Familien- 
glieder hielt,  freilich,  verschieden  in  Formund 
Charakter  nach  der  Individualität  etc.  Auffal- 
lend war,  um  nur  ein  Beispiel  anzuführen,  daüi 
B&mmtliche ^Bewohner  eines  Hauses,  sieben  an 
der  Zahl ,  von  dieser  Krankheit  in  gröbter  Hef- 
tigkeit befrdlen  wurden,  ohne  dau  vorher  im 
Orte  selbst  eine  Spur  von  Ruhr  war,  nachdem 
eine  Tochter  des  Hauses,  von  einem  andern 
Orte  her  mit  dieser  Krankheit  in  sehr  hohem 
Grade  ins  Haus  gebracht  wurde,  welche  Per^ 
son  schon  lange  vorher  an  einer,  wenn  ich  so 
sagen  darf,  Dysenteria  neglecta,  eigentlich  ner- 
vosa, litt    Es  dauerte  indessen  lange,  bis  Alle 


«^     96     — 

Ang^tfiCkt  waren,  und  es  schien,  dab  die  Em«- 
pi%ngliehke|(  einzelner  FamjUienglieder,  oder  das 
jContagium  sich  nur  nach  und  nach  gebildet 
hatte,  durch  die  oben  berührten  Potenzen  und 
atmosphärischen  Umänderungen. 

Insbesondere  zeigte  sich  die  Contagiosit&t 
bei  längerer  Dauer  der  Krankheit  und  ihrer  gröfs- 
ten  Intensität,  der  Dysenteria  nervosa;  begün- 
stigt wurde  sie,  wie  bemerkt,  durch  enges  Bei- 
sammenwohpen  und  Unreinlichkeit.  Erkrankte 
in  einem  engen  Lokal  eine  Person  in  höherem 
Grade ,  so  durfte  man  der  Ansteckung  und  Wei* 
terverbreitung  gewifs  sein. 

In  geringen  Graden  war  sie  bei  weitem 
weniger  ansteckend,  als  in  höheren,  heftigern 
und  bösartigen,  z.B.  nach  rapiden  Fällen,  oder 
der  nervösen  Dysenterie.  So  starben,  in  Folge 
der  Höhe  des  Uebels  in  einigen  Häusern  die 
ersten  Kranken,  und  schnell  erkrankten  in  den- 
selben Häusern  zwei,  drei  bis  vier  Personen. 

Der  Grad  der  Krankheit  bei  den  durch  An- 
steckung Erkrankten  war  meistens  sehr  ver- 
schieden, wahrscheinlich  nach  dem  Grade  der 
Perceptivität;  mithin  pflanzte  sich  die  Krank- 
heit nicht  nach  demselben  Grade  fort:  öfters 
bekamen  von  sehr  heftig  Erkrankten  Ange^ 
steckte  die  Krankheit  nur  im  geringen  Grade. 

Im  Rückblick  auf  das  im  letzten  Kapitel 
Abgehandelte  erliefs  ich  folgende  Belehrungen 
über  das  Verhalten  der  Leute  während  jener 
Zeit 

1)  Das  beste  Mittel,  sich  gegen  die  Krank* 
heit  zu  schützen,  ist  Entfernung  aller  Furcht 
und  Angst,  und  die  Ueberzeugung,  dafs  man 
nicht  angesteckt  werde,  wenn  mau  keine  Em- 
pfänglichkeit habe,  die  aber  durch  Furcht  und 
Angst  ve/mehrt  oder  erzeugt  wird. 


—    w    — 

f)  Reinlielikeiti  und  besondere  fleiOrigef 
Bnifeinen  der  Ezcremente.  Man  hüte  sich  auch 
vor  mmSthigem  ZuetnmieDdr&Dgeii  in  engen 
Wohnun£en. 

3)  neinigun£  der  Luft  durch  Lofleroeoe* 
mng,  Oeffiien  der  Fenster,  Besprengen  der  Zinn 
mer  mit  Essig ,  Rftucherung  mit  Wachholder^ 
beeren. 

4)  Man  sorge  für  warme  Bekleidung,  be« 
sondere  des  Unterleibs^  ein  sorgßütiges  Bedek- 
ken  des  KSrpere  und  Schlieben  der  Fenster 
wfthrend  der  Nacht. 

6)  Han  hfite  sich;  sich  auf  die  Erde  sa 
legen,  oder  gar  auf  dereelben  zu  schlafen. 

6)  Man  vermeide  bu  kühlende  Di&t,  den 
Gennb  von  isu  viel,  oder  nicht  gehörig  reifem 
Obste,  Most,  Gurken  etc. 

V)  Man  trinke  nach  grofser  Erhitsung  ja 
mcht  la  schnell  kalte  Getrftnke. 

8)  Man  trinke  kein  weiüies,  kein  saures 
und  wenig  breunes  Bier,  lieber  Wasser,  Wein 
und  Wasser  9  oder  Wein. 

9)  Beim  ereten  Anfalle  nehme  man  Flie- 
der-, PfeffermüDz  -  oder  Zimmtthee,  schwarfeon 
Kaffee,  mache  warme  Ueberechlftge  über  den 
Baudi,  suche  sich  warm  zu  erhalten,  und  et-, 
was  Ausdunstung  zu  erzielen. 

10)  Höchst  gewagt  und  geeignet,  die||;röf)ite 
Lebensgefifthr  zu  erzeugen ,  vSt  sowohl  die  Me- 
thode, zu  der  Kranke  öftere  ihre  Zuflucht  neh- 
men, Kirschgeist  in  enormen  Quaatit&ten  zu 
trinken,  als  auch  nachDuret  saure,  gestandene 
ICIch  zu  nebmen. 


JoBni.XCIII.B.8t.l.  6 


—     9&     — 


»-■■■  ■  T 


:i    ■  ■ .  .    . 


»■■ 


•    ■    .    ' 


,• -::•••   ^-        -       IV. 

r 

Alte».  ifn4  Neuea  aus  der  Praxis. 

Von    ■ 

Dn    Eiduard    Kaiser«       . 


»•  :i 


t.: 


•  ■  •    ■  I 


1  < 


k9ieit  Beim  JFahren  ohngefähr  hat  mich  der  Qer 
brauch  des  Calömel  hi  entzünjdKdien  Kraplchd- 
te.ti)"'2unial  in  Hepatitis , .  Metritis,  PeritohitiSy 
PneniDonie  etc.,  nicht  nur  nie  gereut,  solidem 
mir  überdieüs  ein  fi^st  untrügliches .  prognosti- 
sches Zeichen  yers(^ii,frt  —  die.Sidivation;  wo 
diese  eifttritty  geneset  der  Kranke. wohl  imm^^ 
Sei'^s,  dab  die  Salivätion  al^  Crisis,  oder  als 
nkthder  bedenklicher,  in  günstigeres  Terrain  ffe- 
spi^lter  Metaschematisintis  betrachtet  woraM 
wolle,  als  ein  prognostisches  l^egesselobea 
darf  sie  antlcipirt  werden. 

'•  lltil  Vergnügen '  begegnete  ich  einer  Um^ 
licb^  Ansicht  in  dem  gehaltvollen  An&atz  von; 
Dr;  Anielung  (Journal  d.  prakt  Heilk.  Bd  XCL 
St  4.  S.78). 


Das  LeonAard^'sche  Mittel   gegen  Scabies 
(Schie&pulver  mit  Kochsalz   in  Fruchtbrannt- 


wein  aufgeltet)  kann  ich  nur  loben.  Mit  allem 
Erfolg  habe  ich  es  in  mehr  als  hundert  FUlen 
angewandt  Durch  Zweierlei  empfiehlt  es  sich 
heSondetB,  1)  riecht  es  nicht  nach  Schwefel, 
und  t)  enthält  es  doch  Schwefel.    In  den  Au- 

J^en  des  genuinen  Mannes  degradirt  der  Schwe« 
elgerudi  das  ärstliche  Mittel ,  weil  er  sich  mit 
Schwefel  auch  allein  kuriron  kann;  und  dann 
ist  dadurch  der  Patient  gleich  als  r&udig  vcp- 
rufen.  Um  jedoch.*aufrichtig  zu  sein  j  mufs  ich 
gesteben,  Recidive  kamen  mir  häufig  vor;  auch 
habe  ich  innerhalb  acht  Tage  keinen  mit  je- 
nem Mittel  kuriren  können.  Um  es  porfanter 
zu  machen,  habe  ich  meist  zu  zehn  bis  fünf- 
zehn Gran  Merc.  praecip.  alb.  zugemischt,  und 
dann  keine  Rückfälle  bemerkt.  Ohagofahr  eine 
Stunde  nach  dem  Einreiben,  weim  Alles  getrock- 
net, lieft  ich  mit  einer  sehr  gesättigton  Auflösung 
vonSapo  viridis,  die  schwarzen  Hände  etc.  abwa^ 
sehen.  Die  Krätze  gehört  zu  den  verbroitot- 
sten  Krankheiten,  und  eher  könnte  man  mit 
einem  Neueren  fast  die  ganze  Welt  far  pso- 
risoh,  als  mit  Sanchez  die  halbe  dt  venerisch 
erklären. 


Das  Verfhhten  Bieft,  das  ich  im  Hdpital 
St.  Louis  in  t^aris  geraume  Zeit  beobachtete, 
richtet  sieh  in  Beziehung  auf  Hautausschläge 
vorzugsweise  nach  deni  pathologischen  Cha- 
rakter der  Haut;  benicksichtigt  mehr  die  Lc- 
bensthätigkeit  des  Bodens,  als  das  Exanthem 
selbst.  Ob  die  Haut  trocken  oder  feucht,  ent- 
zündet oder  welk,  beschäftigte  und  bestimmte 
ihü  mehr,  als  die  Aetiologie  sogar,  oder  die 
Complication  mit  anderen  Leiden.  Ort,  Form 
und  Farbe  werden  zwar  Behufs  der  Benennung 

G« 


_    100    — 

des  Uebels  berücksichtigt  ^  und  Biet  wie.  Ans- 
bert verfuhren  dabei  selbst  minutiös.  Ihre  Be- 
handlung aber  nahm  von  diesen  Distinctionea 
unü  Classificationen,  zu  welchen  die  Btrf*8chen 
SUe  80  schöne  und  vielfältige  Belege  aufwei- 
sen, kaum  Notiz.  Aloepillen,  Cremor  Tartari, 
Cataplasmenvon  Chamillen,  Dampfbäder,  Jod- 
Schwefel'- Quecksilbersalbe,  Malvendecoct^  Ci- 
euta,  Saponaria,  Calamuswein,  waren  im  Ge- 
brauch ;  nicht  minder  Klystiere.  Ueberhaupt  ge- 
braucht man  in  Frankreich  Umschläge,  Bäder, 
Halbbäder  und  Klystiere  häufiger,  als  bei  uns.  — 


Wassersuchten,  die  sich  nicht  blofis  auf 
das  Zellgewebe  beschränken ,  oder  auf  die  Ex- 
tremitäten, werden  schwerlich  radical  geheilt; 
ohne  Drastica  zwischendurch  noch  seltener  ab 
ohne  Diuretica.  Anfanger  in  der  Praxis  dfirften 
dies  besonders  beherzigen. 

Ebenso  dieFufsgeschwure;  auch  diese  wei- 
chen selten,  ohne  auf  Abführungen.  Gegen 
hartnäckige  Anasarca,  auch  Ascites  selbst,  Fol- 
gen unterdrückter  Transpiration  und  der  He- 
patitis, hat  mir  öfters  die  Mischung  von  Massa 
pill.  pukg.  mit  Terpenthin  ana  in  Pillen  von 
zwei  Gran ,  achtzehn  Stück  im  Tag  gereicht, 
schnell  und  vorzuglich  gedient.  Es  ge^t  Öfters 
am  ersten  Tage  schon  der  Urin  zu  einem  bis 
zwei  Schoppen  ab,  und  mit  deutlichem  Veil- 
chengeruch. Leucophlegmatischen  schien  die- 
ses am  besten  zu  bekommen.  Sopor  bei  be- 
deutendem Hydrops  zeigt  den  baldigen  Tod  am 


—    101    — 

In  ifaeomatischenOtalgien,  wenn  nicht  Me- 
tasiuen  der  Menses ,  oder  anderweitige  conge-- 
0tive  Affectionen  des  Gehörganges,  Syringi- 
tis  etc.  voranssQsetzen  sind,  der  Gehör ^[ang und 
die  Concha  nicht  roth,  noch  bleanorrfaoisch  sind, 
wirkt  Eintropfelang  vom  Ol.  Cajeput,  worin  ei« 
nige  Grane  Kampher  gelöst  wurden,  auf  Baum- 
wolle ins  Ohr  gebracht,  bisweilen  Erstaunliches. 
Der  Schmerz  vergeht  oft  binnen  einer  Viertel-  ' 
Stande.  Ohngefaihr  in  acht  Fällen  habe  ich 
dies  gefunden;  freilich  wenig,  um  eine  Erfah- 
rung aus  diesen  Beobachtungen  zu  abstrahiren, 
immerhin  aber  genug,  um  Andere  zu  gleicher 
Beobachtung  einzuladen. 


Opiumrauchen  ä  la  Chinoise ,  war  dem  gro- 
ben Kanzler  Baco  schon  bekannt.  (Historia  vit. 
et  mort.  operat.  sup.  spirit  33.) 

Auch  wufste  er  vou  dem  oft  schnellen  Tode, 
der  nach  Entleörungen  des  Ascites  durch  die 
Operation  der  Paracentese  folgt.  (Atriol.mort.l3.) 

Welches  ist  wohl  die  acerriroa  aqua ,  dio 
laut  Bacoj  aus  dem  'Bienenhonig  bereitet,  Me- 
talle auflöst?  (Hist.  vit.  et  mort.  sup.  succ.  82.) 


Einige  Worte  wären  wohl  noch  dem  lehr- 
reichen Aufsätze  über  Ablactations- Krankhei- 
ten, von  Dr.  Hirsch  in  Königsberg  (Journal  d. 
prakt  Heilk.  Bd.XC.  4.  St.)  beizufügen,  theils  um 
ihn  zu  bestätigen ,  theils  um  das  dortige  weiter 
fortzuspinnen.  Vor  Allem  werden  wohl  die  mei* 
sten  Aerzte  nicht  minder  als  ich  dies  bestäti- 
gen, dafs  Durchfälle,  wie  die  dort  berührten, 
und  welche  Rush  Cholera  infantum, nennt,  fast 


—    iOSt    ~ 

immer  bei  schnell  entwöhnten  Kindern^  oder  8oI- 
ehen,  die  gar  keine  Muttermilch  erhielten ,.  und 
kn  Monat  Augast  am  häufigsten  ^  und  auch  mit 
ongöttstigeren  Folgen  als  in  anderen  Monaten 
vorzukommen  pflegen.  In  manchen  Jahren  star^ 
ben  daran  selbst  £e  Mehrzahl  der  Kinder,  die 
ich  in  Behandlung  hatte,  so  im  Jahr  1834.  Die 
damaligen  Cholerine- Kranken  verloren  zuerst 
den  Appetit,  einige  Stuhlgänge,  dünner  als  ge-- 
wöhnlich,  stellten  sich  ein,  die  Fieberbewe- 
gungen sind  noch  unmerklich,  der  Puls  90  bis 
100  in  der  Minute ;  die  Kinder  werden  etwas 
blafi»,  die  Lippen  furchen  sich  leicht;  der  Blick 
zeigt  sich  öfters  starr,  geht  aber  bald  wieder 
in  die  gewöhnliche  Art  des  Ausdrucks  über; 
der  Schlaf  ist  unruhig.  So  dauerte  es  oft,  na- 
mentlich bei  Kindern,  in 'der  Zahnperiode  selbst 
Wochen  durch.  Bald  aber  wurden  sie  nun  dur- 
stig, scheuten  die  Speisen,  die  Stühle  sehen  wie 
gehackte  Eier  oder  wässerig  gelb  aus.  Die  Bett- 
decke wird  ungern  getragen ,  ohne  dafs  der  Leib 
gespannt  oder  beim  Zufälen  schmerzhaft  wäre. 
Die  Nase  der  Kinder  ist  bald  trocken,  bald 
auch  feucht,  um  die  Nasenflügel  aber  scharf 
gezeichnet  und  von  weifslicher  Nuance.  Die 
Augen  fixiren  sich  länger  und  öfter,  die  Wan- 
gen werden  blafs  und  kühl,  nehmen  aber  beim 
Berühren  auf  Augenblicke  einen  röthlichen  An- 
flug. Auch  die  Ohren  fahlen  sich  kühl  an ;  oft 
schrr^atzen  die  Kinder  und  ziehen  den  Mund 
queer,  schlafen  selten  mit  ganz  geschlossenen 
Augen  (ein  gewöhnliches  Zeichen  bei  schwe- 
ruren  Krankheiten  der  Kinder).  Die  Gliedma- 
fsen  welken,  und  nun  stellt  sich  auch  Erbre- 
chen ein;  das  auf  ungern  geschluckte  Arzneien, 
vor  Allem  aber  und  am  beständigsten  auf  den 
Genufs  von  Milch  folgt.     Die  Kinder  werden 


—    108    — 

BtiUy  ihr  Lachen  und  ihr  Weinen  dauert  kurßy 
sie  sind  wie  in  Gedanken,  zupfen  mit  den  Häur 
den,  was  sie  bekommen*,  werden  schläfriger 
ohne  Beschwerden  der  Respiration,  trinken 
hastig  und  legen  sich  wieder  hastig,  dabei  flie^ 
hen  sie  weder  das  Licht,  noch  zeigen  sie  Kopfi* 
schmerz;  die  Zunge  war  bei  diesem  Durchfall 
und  in  diesem  Jahre  meist  blals,  nur  hie  und  da 
und  hinten  weifs  belegt.  Eine  Eigenthümlicb- 
keit  des  Zungenbeleges  war  eine  Menge  holl- 
krystallinischer  Frieselblaschen.  Das  Brechen 
tritt  würgend  ein,  halt  an,  macht  die  Kleinen 
FOth  im  Gesicht,  und  dann  sehr  matt  Es  ent- 
leeren -  sich  geronnene  Speisen ,  oft  zäher  Far 
denschleim;  der  Puls  ISP  bis  130,  etwas.  voU, 
die  Haut  fanctionirt  wenig,  der  Mund  öffnet 
sich  im  Schlaf,  die  Zunge  zuckt,  die  Äugen 
mit  einigen  leicht  röthlichen  Aederchen  darin, 
rollen  weh  unter  die  oberu  Deckel,  die  Augen- 
lieder werden  violett,  um  die  Thr&nenkarunkel 
scharf  markirt  und  weils.  Die  Stuhlentleerunp- 
gen  sind  wie  Mehlbrei,  und  gehen  bei  jedem 
Husten  und  Erbrechen  stofeweise  ab.  Der  Purst 
vermehrt  sich,  die  Unthätigkeit  der  Haut  bleibt; 
nun  treten  die  nervösen  Erscheinungen  mehr 
auf.  Die  Gesichtsmuskeln  zucken,  die  Kinder 
lassen  den  Kopf  zurückfallen,  ohngefahr  wie 
beim  Hydrocephalus ,  die  Augen  drehen  sich  im 
Kopfe  herum,  und  nach  oben  über  die  Augen 
zieht  ein  Unschlittglanz,  über  die  Lippen  Llla- 
iarbe;  die  Zunge  bleich,  feucht,  zur  Seite  auch 
gelblich  belegt,  bewegt  sich  selten,  und  so  wird 
auch  beim  Husten  nur  noch  geschluckt  Er- 
brechen, und  Durchfall  mindern  sich  und  enden, 
die  Gliedmafsen  folgen  dem  Gesetz  der  Schwere, 
Schlafsucht  tritt  ein  und  endet  die  Scene  ge- 
räuschlos.   So  war  die  damalige  CholeriM  der 


—    104    — 

Kinder,  die  Zeit  her  aber  selten  mehr  ganz  so 
und  so  gefahrlich.    Auf  Brechmittel  anfanglich 
und  dannTonica,  sah  ich  einigen  Erfolg.  Wenn 
die  oft  ffrünen,   oft  serösen  ^^  oft  eiergehackten 
DurchfaUe,  aber  nicht  mit  jedem  Anfalle,  und 
wie  ruckweise  die  Kinder  herunterbringen,  die 
Augen  nicht  gleich  einsinken,  weder  spitziges 
Naschen,  noch  matte  Stimme  da  ist,   so  laXist 
itic herwarten,  dals  es  ein  gutartiger  Durchfall, 
durch  Klee-  oder  Räbenfutter,  überhaupt  gräne 
Fätterung  der  Kühe  veranlaist,  sei,  dafis  ent- 
weder das  Zahngeschäft  oder  aber  der  Mangel 
an  Müttermilch  diese  Secretion  einleitete;  'na- 
mentUch  wenn  sich  noch  Erbrechen  dazu  ge- 
sellt, verbiete  ich  far^s  Erste  die  Milch«    Am 
allerwenigsten  vertragen  die  Kinder  dies  Ge- 
tränk.   Dafür  verordne  ich  Gummiwasser  oder 
Thee  von  Spec.  pro  Infant.    Sodann  Reismehl- 
brei (Arrow -root- Brei  erregt  mehr  Durehfidl, 
als  dalis  er  ihn  mindert).    Innerlich  lasse  ich  ein 
Decoct  von  Rad.  Columbo  mit  Saiep,   Tinct 
Rhei  und  einigen  Tropfen  Laudanum,  stündlich 
geben,  und  entweder  Chamillensäckchen  über 
den  ganzen  Leib  binden,  oder  ein  breites  wol- 
lenes Tuch  fest  über  ihn  herwickeln.    (Dieses 
Einwickeln  lasse  ich  auch  Erwachsene  vorneh- 
men und  bei  jedem  Durchfall.) 

Bei  Complication  mit  Erbrechen  lege  ich 
oft  ein  Tacamahakpflaster  mit  Ol.  Nucistae  ver- 
setzt auf  die  Herzgrube.  So  mindert  sich  der 
DurchfaU  bald,  und  wenn  er  auch  gegen  vierzehn 
Tage  dauert,  so  l&üst  er  sich  doch  hierdutdi 
beseitigen. 

Eine  andere  Art  aber  hat  mit  der  oben 
beschriebenen  Cholerine  vom  Jahre  1834  weit 


_    105    — 

grSDMiü  AehoHdikeit,  ist  sdmeD,  mit  BndiS- 
pfiuig  mid  AbBa^iuiig  Yerbiuden,  seigt.  aber 
■msteiui  eine  heiilse  und  hochroihe  Zunge,  wie 
der  TyphuB  miidoiiL    Der  DurchAül  ist  bald  geH», 
gtSny  brano,  weils^  kommt  seehs  bis  sehn  und 
mehreranale  im  Tage,  aber  last  blols  bei  Ent- 
wöhnten und  als  F'orläufer   von  Tabes  mesa^ 
raica,  bald  gleich  anfaoglich  mit  Convubionen, 
stets  mit  schnell  verändertem,  sdmell  altern- 
dem  Gesidite   vor,   und  zu  jeder  Jahresseit. 
BBer  kann  ich  mit  voller  und  vollster  Uebeneo- 
gnng  empfehlen :  —  ein  weinigtes  Chamiitenbadf 
ein  bis  dreimal  im  Tage  genommen;  innerlieh 
dabm  das  Colombodecoct  mit  Tinct  Ferr.  mn- 
riat  nebst  einigen  Tropfen  Laudanum,  je  nach 
Umstindmi  auch  mit  weinigter  Rhabarbertinctor. 
Desgleichen   verordnete  ich  bisweilen  Klystiere 
von  Stärkemehl.    Vor  Gummi  hat  man  sich  in 
wddien  Fällen  bei  Kindern  sehr  zu  hüten,  bei 
gsaa  kleinen  durchaus.    Dupuytren  (Lebens  ora- 
les de  Clinique  Chirurg.  Tom.  I.  pag.  167)  machte 
sdion  aufmerksam,  wie  sehr  vom  Rectum  aus 
der  Mohnsaft  wirke,  und  Convulsionen  so  wie 
ErsticküBgszufalle  können  auf  solche  Klystiere 
leicht  bei  Kindern  ^folgen.    Die  Morphine  ist  für 
kleine  Kinder  noch  viel  mehr  untersagt.    Das 
angegebene    Chamillenbad    aber    scheint   mir 
das  Vorzüglichste  zu  leisten.    Während  näm- 
lich die  Durchfalle  wie  gefärbtes  Wasser  vor- 
her durch  die  Windeln  liefen,    oder  als  eine 
kleine  Lache  in   einer  Falle    sich  sammelten, 
werden  sie  im  Bad,  oder  bald  nach  dem  Bad, 
in  soweit  anders ,  als  in  dem  gleichförmig  dün- 
nen Excremente   sich  einige   Streifchen,  ohn- 
£efähr  wie  eine  leichte,  grüne  oder  gelblichte 
Oelfarbe,  auf  die  Windel  niederschlagen,  fest- 
ee^n  und  darauf  haften.     Nun  mindern  sich  dlQ 


—    106    — 

Stuhlgänge  9  das  Ceratartige  darin  mehrt  «ich, 
das  Ganze  wird  bald  wie  ein,  an  Farbe  und 
Cousistenz  noch  etwas  ungleiches  Sälbdben^ 
und  der  Urin  geht  nun  in  gröfserer  Menge  ab,  und 
ohne,  wie  vorher,  stark  gefärbte  Ringe  im  WeUs- 
zeuge  liervorzubringen.  Sobald  dies  geschehen^ 
ist  der  Patient  der  grojsten  Gefahr  enthöben 
und  auf  dem  Wege  der  Heilung.  Dieaes  Ver- 
fahren an  meinem  eigenen  Kinde  zuerst  zwei- 
mal mit.Glüek  durchgeführt,  hat  mich  seit  drei 
Jahren  kaum  je  im  Stiche  gelassen. , 

Wie  oben  berührt  wurde,,  ist  dieser  Durch- 
fall, der  mit  Abdominal typhus  viel  AehnUches 
hat,  gern  der  Vorläufer  einer,  ich  möchte  sa- 
gen acuten,  wo  nicht  secundären  Atrophia  mc- 
saraica.  So  hat  auch  Barkhausen  die  lieber- 
gange  der  Enteritis  und  Gastromalacie  und 
Scropheln  in  einander  aufgefafst,  und  vor  hun- 
dert Jahren  schon  Fr.  Hoff  mann  diese.  Durch- 
fälle als  die  Vorläufer  der  Atrophie  geschildert, 
wie  er  auch  vor  Autenrieth  schon  Eisensalze, 
namentlich  das  schwefelsaure  Eisen  dagegen 
anwandte  {Hoffmanns  Abhandlung  von  den  vor- 
nehmsten Kinderkrankheiten«  S.  110  — 180).  In 
diesem  Falle,  und  gleichfalls  meist  bei  schnell 
entwöhnten  Kindern,  entsteht  die  Atrophie 
schnell,  in  zwölf  bis  zwanzig  Tagen  ist  sie 
entwickelt,  fast  wie  ein  Product  typhöser  Uu- 
terleibsentzündung  sich  gestaltend.  So  tritt  sie 
aber  dann  etwas  anders  als  gewöhnlich  auf. 
Nämlich  zuerst  geht  entzündliches  Fieber  und 
der  angegebene  Durchfall  ihr  voran;  wendet 
sich  dieser  zum  Guten,  so  wechselt  er  einen 
Tag  um  den  andern ,  mit  Verstopfung  und  kit- 
tigen Kothbröckcheu.  Die  Zunge,  die  während 
des  Durchfalls  schon  dunkelroth  gefärbt  woTj 
bleibt  es^  wird   sogar  oft  aphthös,   die  Kinder 


—    1«7    — 

aber,  moK  noch  meht  drei  Monate  aiij  seitai 
unter  sechs  Wschen  nach  der  Gebort  (neiiies 
Wissens  nie  vorherX  vertieren  den  Appetit  gleidk 
anfangs  y  sdilafen  mit  beweglicheD ,  selten  gum 
g^edkten  Angiprehi,  schreien  leicht,  besoo- 
ders  bei  Berahrung,  und  die  Abmageiung  des 
ganzen  Kdrpers,  das  bestandige  Aatsiehen  der 
fiütigen  Beinchen  au  die  breit  niid  dickgeschw^ 
leneo  Bauche,  ist  viel  schneller  auffallend,  als 
bei  der  gewöhnlichen  Atrophie.  In  dieser  tra- 
ten die  meisten  Erscheinungen  stiller  und  lang^ 
samer  auf,  seltener  bei  Kindern  unter  einem 
Jahr,  welche  dann  meistens,  gern  und  viei, 
besonders  Mehlspeisen,  essen ^  einen  trocknen, 
fensterkitt-  oder  hundekothartigen  Stuhlgang 
mit  Mühe  von  sich  drücken,  und  deren  hecti» 
softes  Fieber,  gegen  Ende  der  Krankheit,  sich 
mehr  und  mehr  ausbildet  Gegen  beide  Atro- 
phien lasse  ich  stets  Ung.  Rorismarin.  comp, 
unc.  dimid.,  Ung.  Cicutae  drachm.  ij,  Kali  hy^ 
drojodin.  drachm.  dimid.  —  j.  M.  D.  S.  Zwei  bis 
dreimal  täglich  über  den  ganzen  Bauch  einrei- 
ben, bis  ein  Frieselexanthem  auf  rother  Flache 
sich  zeigt.  Nun  mindere  ich  die  Einreibung 
und  lasse  hie  und  da  ein  Chamillenbad  geben. 
Innerlich,  besonders  gesen  die  erstere Varietät, 
die  acute,  gebe  ich  Kheum  in  Tinctur,  bald 
etwas  Columbo,  mit  fortwährendem  Zusatz  von 
Tinct  Ferri  muriat,  als  Getränk  EichelkaflPee, 
Eigelb  mit  Fleischbrühe.  Die  Eicheln  zum  Ka^ 
fee  aber  müssen  zuerst  stark  abgebrüht,  und 
diese  Brühe  weggeschüttet  werden,  sonst  ma- 
chen sie  Durchfall.  Einige  Tage  nach  dem  Ge^ 
brauche   färbt  sich  der  Stuhlgang ,    von  weils- 

frau  in  graubraun,  und  wird  sogar,  je  nach 
er  Menge  des  Eisensalzes,  öfters  selbst  wie 
Dinte  gefärbt.    Zugleich  nimmt  die  Schleimhf 


_    108    _ 

der  Zange,  und  ihre  Fortsetzung  nach  inwen- 
dig an  Uirer  dunkeln  Röthe  ab,  und  wird,  je 
länger'das  Eisensalz  gebraucht  wird,  desto  blas- 
iser.  Diese  Wirkung  'dieses  Eisensalzes  auf 
die  Schleimhaut  des  Darms,  wie  der  Luftwege 
bietet,  nameptlich  bei  Phthisikem,  viel  Interes- 
santes dar;  doch  davon  an  einem  andern  Orte. 
Dalis  die  Leber  besonders  als  die  grölste  Bauch- 
drfise,  so  wie  die  übrigen  Drüsen  des  Unter-' 
leibs,  Nieren-,  Darm-  und  Mesenterialdrüsen, 
ingleiichem  die  Schleimbälge  des  Magens  und 
des  Dai^es  an  dieser ,  ursprünglich  wohl  scro- 
phulös -"^entzündlichen  Krankheit  des  Darmkana- 
les  tiefgehenden  Antheil  nimmt,  kann  sowohl 
änlserlich  durch  Gefühl,  als  an  der  Gesichts- 
farbe erkannt  werden.  Das  Speciellere  hier^ 
über  überlasse  ich,  aus  Mangel  an  dgeoen 
Sectionen,  Anderen  zu  sagen.  Bei  der  ange- 
führten Behandlung  mufs  man  jedoch  die  Ge- 
duld vor  zwei  bis  drei  Monaten  nicht  verlieren, 
fleifsig  Klystiere  aus  Seife  geben,  und  frische 
und  warme  Luft  sind  dabei  nothwendig  oder 
doch  förderlich.  Wie  oft  mit  dieser  Krankheit, 
vor-  oder  rückwärts,  sich  Gastromalacie  zu- 
sammenfand, wie  oft  namentlich  die  angeführ- 
ten Durchfalle,  auf  eine  solche  zurückgeführt 
werden  möchten,  ob  wirklich  Gastromalacie  eine 
häufige  und  unangefochtene  Existenz  anzuspre- 
chen habe,  lasse  ich  auf  sich  beruhen.  Hat 
doch  der  zu  seiner  Zeit  berühmte  JVeikard  den 
Hydrocephalus  wie  die  Brustbräune  rund  weg- 
geläugnet  (S.  Medicinische  Fragmente  und  Er- 
innerungen. S.  113)  und  fViohmann  das  Wurm- 
fieber  und  den  Wurmschleim,  so  wie  die  Deif- 
titio  difBcilis,  „den  pathologischen  Roman'',  wie 
er  sie  nennt  (Ideen  zur  Diagnostik.  Bd..II.  S.  Sl 


—    109    ^ 

B),   aus   der   Diagnostik 


B. 


lei  einer  einzigen  Section,  vor  sieben  Jah- 
and  ich  im  Fondus  ventnculi  einen  Eiem» 
I  Grad  von  Erweiehnng  und  Verdfinnung, 
Pyloms  aber  ftust  ganz  verschlossen  und 
verknorpelt.     Les  extremit^s  se  touchent 


—  lio  ~ 


■  »  m       ■  '» ■  I  ^  <  »■■iP*P*w^i^i^WBiPMMMiPMMi^WWBP"i'<i^»*^ 


l   J         '      •   •  •        4  .  » 


K  u  rze     Nachrichten 

and 

.   A  a  s  z  ü  g  e. 


1. 

Die  herrtcAende  Krait^^eitocon«fif»fion  in  inefi« 

(Briefliche  Mittheilung.    Fortsetzung.) 


Wien,  den  11.  Aogast  1841« 

Ueber  die  im  letzlyerflosBenen  halben  Jahre  yom  Jaoaar 
\a%  Bnde  Jani  d.  J.  hier  herrschend  gewesene  Wittemogs-' 
.  nnd  Krankheits-Constitotion  kann  ich  Ihnen  folgende  Br- 
gebnisse  mittheilen.  MitStorm  und  nngewöhnliä  mildem 
netter  begann  das  Jahr  1841,  dieses  wechselte  nach  eini- 
gen Tagen,  die  Kalte  stieg  am  9ten  bis  — 10®  R«,  lieft 
jedoch  bald  nach,  von  trübem,  mildem  Regenwetter  ver- 
drängt»  welchem  gegen  Bnde  des  Monats  gleichförmige 
jedoch  nicht  strenge  Kalte  ond  anhaltende  Schneefalle^  folg- 
ten. Das  Maximum  des  Thermo-  und  Barometera  war 
«f  10,40 R«  am  18ten,  28,071, P.M.  am^2sten,  das  Mini-^ 
mam  war  —  11,1<>R.  am  228ten,  26,742 P.M.  aita  4teii) 
das  Medinm  war  0,89oR.  27,435  P.M.  Der  catarrbose 
Lateral -Character,  welcher  im  vorigen  Monat  begonBen 
hatte,  hielt  sich  anfangs  aof  gleicher  Hohe,  gegen  Ende 
des  Monats  erhielt   der  stationäre  gastrisch  -  nervöse  dai 


—  111  — 

tele  l^afig  CaCirriiftl- Fieber,  «lie  ontfr  Derrofea  Bncbet« 
aangea  oft  so  nimiKb  »«ftmea.  Mm  maa  da  tcbweres 
Erknakea  bewrftc,  «ihread  sieh   das  Fieber  ia  weai^ 
Tagea  bvacb.    üaregelmäiisi^  Tertänfieber  oiic  paeamo- 
nischea  Zefiflea»  riieunisdscbe  Fieber  mit  f^ptscLem  Ver- 
lange, nad  bei  Kiadera  hitzige  Kopifieber  kamen  oft  ror. 
Der  Abdominal -Typhos  ward   sekener  beobachtet,    und 
entwici[dte  sich  meist  onter  eatarrbafiscfaea  Rrsdieiaaagea, 
die  aodi  im  Veriaofe  so  Torvaketea.  dals  die  Diagnose 
mitoater  sehr  erschweit  warde,  wenn  aieht  die  schmerz* 
hafte  Aaichwellnng  der  Milzgegend  sie  in  mehreren  Fal- 
lea  feststdlte.    Im  Gaazea  war  der  Terlaof  des  TTphot 
Im  allgeaaeiaeB  Krankenhaase  gunstig.    Doch   hatte  man 
ancb  da  mit  metastatischen  Parotitiden  meist  anf  der  On- 
ken  Seite ^   mit  Gesichtsrosen  und  Otonhoeen  manchmal 
zn  kämpfen.  Einzelne  Falle  begannen  ab  atjpSche  Wechsel* 
fieber.    Eine  seltene  Complicatioa  war  die  bis  zur  Apboaia 
gesteigerte  im  Verlaufe  hinzukommende  Heiserkeit,  in  an- 
deren Pillen  entwiekdte  sich  wahrend  des  Verlaufe  eine 
tödtlidie  Djseaterie,  nad  die  Section  wies  dann  nebst  den 
im  Riickscfareiten  begriffenen  typhösen  Infiltrationen,  Ent« 
znndnng  des  Dick-  nnd  des  gröberen  Tbeiles  des  Düna- 
darms,  nebst  eiterig  zerfliefsenden  Lymph -Ablagerungen 
in   der  Mdz  nach.    Der  tjpböse  Procefs   bot  aber  heuer 
dne  Merkwurdigkdt  dar^  die  man   bisher  an   ihm   nicht 
wahrgenommen  hatte.      Er  verlief  nämlich  häufig  durch 
mehrere  Stadien,  ähnlich  dem  Tjpbus  contagiosus  der  frfi- 
heren  Zdt,  das  Exantbema  morbilliforme  oft  ganz  deutlich 
entwickelt  darstellend,  nnd  mit  einer  früher  nicht  beobadi- 
teten  Ck>ntagiositat  begabt    In   der  Nähe  Wiens  >  in  dam 
Dorfe  Spitz  herrschte  dne  solche  Tjpbns  -  Epidemie  mit 
starker  MortaÜtSt  diesen  Monat  hindurch.    Man  ftind  fn 
solohen-^mien  kdne  Metamorphose  im  Darmkanale,  son- 
dern  bloCi  acute  Blotentmisdiung  in  allen  Tbdlen;  ein 
Umstand,'  der  den  oft  (erhobenen  und  noch  nicht  entschie- 
denen  Strdt  Qber  die  Identität  des  Abdominal- Typhus 
und  des  Typhus  contagiosus  wieder  lebhaft  anregte.    Unter 
den  Entziindnngen    waren  Lungen  -  Entzündungen  durch 
ihre  HSufigkeit  und  Milde  (24  nn^er  172  ambulatorisch 
behandelten  kranken  Kindern)  und  Anginen   durch    ihre 
Seltenheit  nnd  MaHgnitSt  ausgezeichnet«    Wahrend  erstem 
meist  catarrhalischer  Art  und  leicht  ohne  grofsen  Anlwan'^ 
der  Antiphlogose  xu  heben  waren,  neigten  letztere  id 
cor  Bildung  yon  Pseudomembranen,  ond  sowohl  die  d 


—  11t  — 

Luft-  wie  ancb  die  der  Speisewege  tödteten  trotz  aller  ad« 
gewandten  Kunstbilfek  Nebst  den  baofig  yorgekommenen 
Catarriien  wollen  auch  einige  Aerzte  im  Laufe  dieses  Mo« 
nats  schon  Grippe- Fälle  beobachtet  haben ^  bei  Kindern 
hatten  die  Hostenanfalle  meist  etwas  Spastisches^  and  die 
dagegen  gerichteten  Mittel  leisteten  meist  gute  Dienste. 
Unter  den  Ausschlägen  waren  echte  Blattern  häofig  —  mir 
selbst  sind  im  Janaar  6Fälleyorgekommen —  Erysipelata^ 
Morbillen,  and  einzelne  Fälle  von  Röthein  worden  Öfters 
beobachtet)  Aphthen  im  Mande^  am  dön  Aftei',  mitBcthyma' 
infantile  war  häofig,  eben  so  häofig  Furunkeln  nnd  bei 
Kindern  fast  allgemein  wunde  Lippen«  Von  den  Profla- 
Tien  beobachtete  man  sehr  oft  Kpistaxis,  profuse  Menstraa- 
tiort  und  Diarrhöen.  Unter  den  Neuralgieen  ragten  bei 
Kindern  asthmatische  Zufalle,  bei  Erwachs^en  Sdiwiadel^ 
iotermittirende  Prosopalgie  und  periodische  Schmerzen  in 
anderen  Theilen  hervor.  Mehrere  Fälle  von  Hydrophobie 
bei  Hunden  wurden  ruchbar.  Aufiallend  war  die  groise 
Menge  Siechender  aller  Art,  welche  im  Laufe  dieses  Mo- 
nats Hilfe  suchten,  unter  denen  wie  gewöhnlich  Drosen- 
scropheln  bei  Kindern,  und  Lungentuberculose  bei  Er- 
wachsenen die  Mehrzahl  bildeten.  * 

Der  Februar  brachte  viel  Schnee^  strenge  anhakende 
Kälte  bis  zum  17ten,  von  da  an  Thauwetter  mit  Schnee- 
gestÖber  wechselnd.  Das  Maximum  des  Thermo-  aod 
Barometers  war  «fö^lO^^R.  am  19ten,  27^878  P.M.  am 
Isten,  das  Minimum  war  — 13,00*^  R.  am  4ten  nnd  27^065 
am  27sten,  das  Medium  war  —  2,60^R.  und  27>10P.M. 
^ie  unabhängig  Weltseuchen,  und  die  von  ihnen  ausge- 
benden Scbattirungen  aller  Krankheiten,  als  welche  sich 
der  stationäre  Genius  darstellt,  von  der  Wittemng  »ud, 
erwies  sich  wieder  im  Laufe  dieses  Monats,  dena  trotf 
4er  anhaltenden  Kälte  hatten  wir  kdne  phlegnoaösea» 
sondern  catarrhös-rheumatbcbe  Formen,  und  mehr  aoge-> 
nannte  nervöse  Fieber  als  im  vorigen  Monate.  Das  reinera. 
Hervortreten  des  gastrisch-nervösen  Characters  erwies  lidi 
aus  dem  Umstände,  dafs  nach  den  Tabellen  des  allgemel* 
nen  Krankenhauses  beinahe  jeder  vierte  Kranke  am' Ty- 
phus litt,  dafs  nervöse  Symptome  die  meisten  Fieber  be- 
gleiteten, und  dafs  sich  in  einem  anderen  entfemtena 
Orte,  nämlich  in  Brock  a.  d.  Mur,  eine  bedeutende  Typhös - 
Epidemie  entwickelte.  Ueberall  bemerkte  man  aufiallend  die 
Exanthem -Bildung^  und  zugleich  den  Umstand,  dafs  dte 
mit  ^canthem  verlaufenden  Typhus -Fälle  regelmälsigtf 
und  günstiger  sich  gestalteten  denn  jene,  bei  welchen  da»- 


*    113    — 

Mfta  niclit  zom  Vorsehein  kam«  Entere  waren  »och  nicht 
Mlten  TOD  to  heftigen  Brastaffectionen  begleitet,  da(s  mehr- 
Mlige  AderUkSBe  mit  gutem  Krfolg  gemacht  werden  kenn« 
en.  R«n  entzündliche  (phlegmonöse)  Formen  waren 
;n>lse  Seltenhdten^  dagegen  catarrhös- rheumatische  nn- 
(enein  banfig«  Diese  beiden  begannen  mit  Schnupfen, 
([opfwehy  Mattigkeit^  reifsenden  Schmerzen  in  den  Glie-> 
lan,  dabei  heftiges  Fieber,  oft  Delirien,  oft  pneumonische 
Sofille.  Alle  diese  Fieber  yerliefen  schleppend  mit  lan- 
;ea  Nach  weben ,  welche  sich  besonders  in  gestörter  Di* 
;estion  anlserten.  Im  Publicum  nannte  man  diese  Fieber 
irippe,  doch  waren  sie  bei  weitem  nicht  so  allgemein 
efbreite^  wie  dieses  bei  Grippe -Bpidemieen  der  Fall  ist. 
lachst  diesen  Fiebern  herrschten  Diarrhöen  oft  mit  wast- 
igen,  oft  mit  biliösen  Abgängen,  meist  mit ■  colikartigen 
Leibschmerzen  yerbunden.  Unter  den  Entzündungen  wik- 
en  Bfonohial- Leiden  (Bronchitis,  Bronchiopneomonie) 
aofig,  sie  hatten  stets  eine  gastrische  Complication,  bei 
jodero  oft  mit  Soor  begleitet.  Es  kamen  im  Ambola- 
irio  nnter  170  Kindern  26  Pneumonieen  und  Bronchio* 
nenmonieen  Yor.  Auch  Entzündungen  der  serösen  Haute, 
amentlich  Pleuritis,  Peritonitis  und  Gelenkentzündungen 
amen  zahlreich  Yor.  Im  Ganzen  entschieden  sich  die 
CntBondnogen  nicht  durch  solenne  Criien,  es  sprach  sich 
aehr  Neigung  zur  Sepsis  aus,  und  man  mulste  deshalb 
üt  den  ßlutentziehungen  vorsichtiger  sein.  Trotz  den 
äafig  vorkommenden  Gelenkrheumatismen  blieben  Herz 
nd  Pericardium  von  Metastasen  freier  als.  in  frühern  Mo- 
aten«  -*  Unter  den  Exanthemen  bemerkte  man  viele  jedoch 
sichte  Scharlachfalle,  Rothladf,  Urticaria,  einzelne  Falle 
OB  Röthein,  nnd  andere  flüchtige  Hautausschläge  von  un-^ 
«stimmbarer  Form.  Variolae  verae  blieben  wie  iita  vori- 
;ea  Monate  herrschend,  hatten  Neigung  zu  Metastasen, 
«sonders  zu  Driisengeschwülsten,  namentlich  der  Parotiden. 
Ss  bestätigte  sich  vielfältig,  dafs  Form  nnd  Heftigkeit  der 
^ooken  vom  Erfolg  der  Impfung  bestimmt  werden,  denn 
«i  13  Individuen,  wovon  9  keine,  4  undeutliche  Impfnar- 
«B  hatten ,  traten  sie  in  ihrer  bösartigsten  Gestalt  auf, 
Id  anderen  dagegen,  wo  deutliche  Spuren  der  Vaccination 
u  sehen  waren,  erschien  das  Varioloid  in  gutartiger  milder 
^orm.  Von  Ekrisen  war  Bluthusten  sehr  häufig,  blutige 
!zcretionen  aus  dem  Mastdarm,  Metrorrhagien  und  Epi- 
taxis  .nicht  selten.  Plötzliche  Todesfälle  in  Folge  von 
poplexie  bei  Alten  und  Convulsionen  bei  Kindern  kamen 
iafig  vor. 

Joura.  XCUI.  B;  St.  1.  II 


—    114    « 

Untef  den  chroniscben  Krankheiten  bebtnpteteii  i 
Gicht  and  giohtische  Knochensobmerzeo  den  obertten 
diesen  zunächst  die  Tnbercnlosen  nnd  Hydropet«  Ti 
tisdie  Verletzungen  der  Gelenke  in  Folge  des  Falk 
den  mit  Eis  bedeckten  Strafen  waren  häufig«  De 
Inngsprocefs  ging  träge  Yon  Statten  y  und  es  zeig! 
bei  allen  Verwandangen  offenbare  Neigung  dei^  orgai 
Masse  zur  Golliqnation«  Der  yorherrscbende  typhös 
racter  äofserte  sich  du  roh  mehrere  tödtlicbe  Falle  y( 
trophlegbymenitis  septica,  obgleich  im  Ganzen  der  Q« 
beitszastand  unter  den  Wöchnerinnen  nicht  nngunsti 
Bin  interessanter  Fall  Yon  Heiserkeit  bei  einer  Sohl 
ren  ist  mir  im  Ambnlatorio  yorgekommen.  Dies« 
in  mittleren  Jahren  ,wird  zwei  Monate  Tor  ihrer  Bntbl 
jedesmal  heiser^  welcherZustand  sich  bald  bis  zur  A 
steigert)  allen  Mitteln  trotzt  nnd  nach  derEntblndn 
selbst  Yersch windet.  Zwei  traurige  Fälle  yon'Hydi 
bie  bei  Menschen  wurden  im  Laufe  dieses  Monats  hu 
unter  den  Hunden  kam  diese  Krankheit  aber  öfters 

Die  Witterung  im  März  war  im  Ganzen  raub|  ! 
Regen  in  Strömen  wechselte  mit  Sonnenschein,  ad 
wirkte  schnelles  Zerfliefsen  der  im  yprigen  Monate 
häuften   Schnee-   und   Eismassen.      Das    Maximal 
Baro-  und  Thermom'eters  war  28,156  P*M.  am  Uta 
,-f  12,700  R.  am  238ten,  das  Minimum  war  27,101 
am  3ten,  and  — 5,30^ R.   am   Isten,  das  Medium^ 
sich  auf  27,616 P.M.  und  -(-4,49^R.  Standhaft  befaa 
sich  derselbe  Cbaracter  der  Krankheiten  auch  in  i 
Monate,  woduroD  alle   intercurrirenden  Krankheitei 
nervösen  Symptomen  begleite  erschienen.     Der  Li 
Character  blieb  auch  ziemlich  derselbe,  doch  neigte  \ 
was  ^ehr  zum  inflammatorischen.    Unter  den  Fiebei 
ren  gastrisch-nervöse  die  häufigsten«    Man  madite  dl 
merknng,  dafs  wenn  sich^  bei  ihnen  im  Beginne  dei 
TÖsen  Stadiums  das  sogenannte  Typhos -Exantheoi 
and  reichlich  entwickelte,  die  Krankheit  schnell  and 
stig  verlief,  entwickelte  sich  das  Fieber  in  der  Reei 
lescenz  von  andern  acuten  Leiden,  dann  war  der  ¥< 
schleppend,  und  oft  bösartig;.    Der  Reizvertrag  war  in 
sem  Monate  bei  den  Typhuskrmnken  auffallend  gering 
schon  auf  schwache  Stimulantia   erfolgten  blutige  91 
Im  allgemeinen  Krankeahanse  sind  mehre  FjUle  von  B 
Perforation  nnd   von  Oedema  Bpiglottidis  in  Folg« 
Geschwüren  am  Kehlkopfe  an  den  Typhös -Leichen 
befanden  worden.  Die  vorgekommenen  Entzündongen 


_    115    — 

icbieden  lidi  Betten  darch  lucoleote  Crisen^  doch  waren 
geaoioe  Pbtogosen  des  Langenparencbjo»  mehr  aasge- 
aprocben  and  erforderten  kräftige  Blatentziebangen  und 
grolia  Gaben  von  Brechweinitein  erwiesen  sieb  meiit  aebr 
SaUaam.  So  bebandelte  ein  College  eine  Fraa,  die  zum  17ten 
Male  aohwanger  war,  nnd  wahrend  der  Schwangenchaft  Ton 
eioer  ao  heftigen  Pneumonie  befiülen  wurde,  dafa  er  8  Ader« 
liaae  machen  mufate  nnd  zwar  mit  dem  besten  Erfolge« 
Daa  Blut  bildete  jedesmal  eine  Kntzundongsbaut*  Bei  Kin- 
dern- waren  die  Pnenmonieen  häufig,  40  unter  263  Ambo- 
lanten,  meist  in  Form  von  BronGhopneumonie,  und  ver-* 
tragen  ebenfalla  die  Aderlässe  sehr  gut  In  der  Mitte 
Bwlaehen  diesen  zwei  Kranlsheitsformen  —  dem  Typhus 
■imlieh  ood  der  Pneumonie  —  ragte  ein  Heer  gastrisch* 
caterrböaer  nnd  catarrhös- rheumatischer  Leiden  berror, 
die  nadi  Verschiedenheit  der  Individualität  bald  ?on  der 
einen  bald  von  der  andern  mehr  zu  participiren  schien. 
Die  kidte  fenchte  Luft  begünstigte  sehr  die  Entwicklung 
der  im  Torigen  Monate  bereits  ?orgekommenen  Grippe- 
Formen,  welche  nicht  selten  sehr  stürmisch  auftraten^  nnd 
wenn  der  Patient  durch  zu  frühes  Ausgeben  sich  eine  Re* 
cidira  ansog,  schwere  Folgen  nach  sich  zog.  Diese  Ca» 
laivhe  hatten  oft  einen  nerrösen  Anstrich,  waren  manch- 
.  aud  mk  einem  allgemeinem  Haoterythem  begleitet,  der  Hu- 
•ton  hatte  meist  etwas  Spastisches,  war  sehr  hartnäckig  und 
anhaltend.  Dabei  Leiden  in  allen  fibrösen  Gebilden,  Mus« 
kelscbmerzen^  groOie  Abgescblagenbeit.  Nicht  selten  war 
anob  der  Fall,  dafs  dieses  Catarrhalfieber  ganz  leicht 
auftrat^  nnd  plötzlich  im  Verlaufe  irgend  ein  gelishnrolles 
Sjmptom  entwickelte.  Dies  beobachtete  ich  namentlich 
cü  bei  Kindern,  wo  asthmatische  Zufälle,  cyanotische  Pa- 
rozysmen,  ConTulsionen  und  drohende  Lungen -Apoplexie 
im  Verhiufe  torkamen,  trotz  dem,  dafs  die  Krankheit  an- 
aebeinend  sehr  gelinde  anfangs  aufgetreten  war.  Diese 
MnÜgnitat  beobachtete  ich  namentlich  in  der  zweiten  Hälfte 
dea  Monats,  wo  die  Epidemie  schon  sehr  im  Abnehmen 
war  nnd  Ton  den  allgemein  werdenden  Diarrhoen  Yer* 
dringt  zu  werden  schien.  Ueberbaupt  bat  die  Epidemie 
nie  jenen  Grad  der  allgemeinen  Ausbreitung  erreicht,  weK 
ober  frühem  Grippe -Epidemieen  eigenthümlich  war.  Un- 
ter den  Torgekommenen  Entzündungen  yerdient  auch  die 
BronobitiB  einen  Platz,  sie  kam  häufig  als  Bronchitis  con- 
Tiilai?n  vor,  öfters  Ton  Asthma  begleitet.  Und  nicht  selten 
so  aturmiscb  auftretend,  dafs  eine  Venaeaection  gemacht 

H  S 


-    116    — 

werden  mafste;  anter  253  Ambalanten  sind  mir  19  Falle 
dieser  Art  Yorgekommen.     Rbeamat'rscbe  Afifectionen  wa- 
ren nicbt  Selten^  besonders  Plearitis  mit  grofser  Neigang 
zar  Bxsadatbildangy  auob  die  Anginen  waren  zur  Bildang 
Von  Apbtben    und  Pseudomembranen  sebr  geneigt^ .  und 
tödteten  of).    Unter  den  gastriscben  Krankbeitsformen  wa- 
ren gastrisobe  Fieber  mit  biliöser  Complication^  Apbtben^ 
Stomacace  und  Ascariden  bei  Kindern,  Diarrhoen  and  Dys- 
pepsieen  sehr  häufig^  tbeils  selbstständig,  theils  die  Beglei- 
ter anderer  Krankheiten.  Hydrocepbalas  war  selten,  7  un- 
ter 253  Ambulanten  und  meist  in  der  Form   von  Menin- 
gitis.   Die  Diarrhöen,  ?orzügÜcb  unter  dem  Militair  herr- 
schend, arteten  mitunter  in  Dysenterieen  aus,  anoh  einige 
Cbolera-tälle  worden  beobachtet.    Doch  kam  es  im  Gan- 
zen selten   zo    einem   erschöpfenden    blutigen   Durchfall, 
und  zur  Entwicklung  eines  Abdominaltyphus   aus  diesen 
Diarrhöen.     Unter  den  Exanthemen  behaupteten  Masern 
von  gutartigem    Verlaufe  den   obersten    Rang,  Scharlach 
and  Rotblauf  waren  etwas  seltener,  Blattern  noch  ziemlich 
häufig.    Qnter  letzteren  verdient  der  Fall  einer   35jäbri- 
gen  Frau  erwähnt  zu  werden,  die  in  ihrem  2ten  Lebens- 
jahre mit  Kuhpocken  geimpft,  wovon  die  Narben  deutlich 
zu  sehen   waren«     Im  4ten  Jahre  wurde  sie  von  echten 
Blattern  befallen,  und  von  dem  seligen  Dr.  Gölis  beban« 
delt.     In  diesem  Monate  bekam   sie   wieder  die  Variola 
Vera  der  genuinsten  Art^  woran  ich  und   mein  Assistent 
sie  bebandelten.  —     Nebst  diesen   essentiellen  Exanthe- 
men kamen  auch  andere  zufallige  häutig  vor,  namentlich 
Urticaria,  Miliarien  und  Erytheme  verschiedener  Art.  Aach 
Rubeolae  wurden  wieder  mehremale  beobachtet    Vier  aus- 
gesprochene Fälle  von  Peliosis  rheumatica^  wovon  2. ins 
Kinderspital  aufgenommen,  alle  aber  gebeilt  wurden,  ver- 
dienen hier  noch  erwähnt  zu  werden.     Die  chroniscbes 
Leiden  waren  meist  durch  entzündliche  Verscblimmeron- 
gen  aufgeregt    Am  ärgsten   war  dies  bei  Brustkrankes 
der  Fall,  wo  nicht  selten  pnenmoniscbe   und  pleuritische 
Zufalle  ohne  alle  Veranlassung  auftraten.    Die  Scrofolou 
war  ebenfalls  mit  erethischen  Zufällen  begleitet  and  kam 
in  Unzahl  zur  ärztlichen  Behandlung.    Unter  den   KiibeB 
herrschte  in  einem  Orte  der  Umgebung  Milzbrand.     IHa 
Hundswuth  erregt  noch  immer  ihres  häufigeren  Vorkom- 
mens wegen  gerechte  BesorgniOs.     Die  Sterblichkeit   war 
im  Durchschnitt  wie  I  zu  8  und  stand  mit   der  grofaea 
Zahl  von  Brkrankangen,  so  wie  mit  dem  waltenden  tj^ 


—    117    — 

|ihofCB  Geain  ob'I  des  Tiden  fbroandica  Ladca  tbt« 
in  kciam  MiiswfailiiiiMe. 

(FortseCzaBf  folgt) 


t. 
Peritonitis    rkeumatic 
ViiijfeikeUt 


Dr.   A,    Clemen«, 
%m  Frtmkfwrt «.  If. 


Fiaolein  F....  groOi,  tUrk,  wohlgewacbten,  einige 
20  Jahre  alt^  blond,  ?on  weifkem  Teint,  sanguinischem 
Tempenunente  und  lymphatischer  Constitution  hatte  schon 
öfters  nn  Koliken,  Koipfindlichkeit  des  Unterleibs,  Unregcl- 
mäfsigkeiten  im  Stuhlgange ,  bald  an  Verstopfung ,  bald 
an  Diarrhöe  gelitten.  Am  13.  Januar  1837  besuchte  sie 
einen  Ball,  tanzte  Tiel,  mufste  aber  beim  Nachhau»efahien 
lange  auf  ihren  Wagen  warten,  der  nicht  gleich  vorfahren 
konnte,  und  klagte  auf  dem  Wege  nach  Hause  über  Kälte 
und  Ziehen  in  den  FQfsen.  Am  15.  trat  ein  drückender 
Kopfschmerz  ein^  doch  ging  sie  Abends,  sich  zu  zerstreuen 
in  Gesellschaft.  Nach  Hause  gekommen  hatten  sich  zwar 
die  Kopfschmerzen  verloren,  doch  trieb  sie  ein  Gefühl  von 
Mattigkeit  und  innerem  Mifsbchagen  früh  zu  Bette.  Kaum 
lag  sie  in  demselben,  so  trat  ein  heftiger  Schüttelfrost  mit 
penetranten  Leibschmerzen  ein.  Ks  wurde  nun  von  die- 
ser Zeit  an  und  in  den  nächsten  Tagen  alles  Zweckdien- 
liche verordnet,  Klystiere,  warme  Ueberschläge,  Bäder,  ölige 
Emulsionen,  Blotigel  auf  den  Leib,  Calomel  mit:  Opium 
wurden  bis  zum  21.  Januar  angewendet.'  Oeffnung  er- 
folgte zwar,  doch  blieb  sich  das  Fieber  gleich,  der  Leib 
war  gedunsen  ond  schmerzhaft,  die  Nächte  ohne  Schlaf, 
Durst  grofs,  Zunge  beifs  und  trocken.  Am  ganzen  Kör- 
per zeigte  sich  ein  frieselartiger  Aussclilag.  Am  leUtefr 
Tage  Nachmittags  ward    ich  zur  ConiultAtloB  •olfr' 


—    118    — 

leb  fand  die  Kranke  seit  dem  vorigen  Tage  ohne  Oeffnoi 
den  Unterleib  gespannt^  aufgetrieben ,  bei  der  Berübni 
schmerzhaft;  Gefiibl  von  Yollheit  in  den  HypQchondri 
beim  tiefen  Athemholen  Drock  and  Stiche  daselbit.  1 
Leibschmerzen  traten  noch  zuweilen,  wiewohl  im  mindi 
Grade^  ein.  Besonders  quälte  aber  ein  Krampf  im  Ur 
lassen.  Puls  116.  Haut  feucht.  Urin  trübe  und  molkig  ol 
Sediment,  Kopf  frei,  Blick  hell.  Ich  rietb  zu  einer  } 
naeseotion  von  8  ^nzen.  Alle  2  Stunden  1  Efislöffel  Ole 
Ridni  abwechselnd  mit  gr.  i.  Calomel. 

22.  Januar  1837.  Morgens  9  Uhr.  Die  Nacht  ^ 
unruhig.  Oeftere  Leibschmerzen  unterbrachen  den  Seh 
Auf  drei  EfslÖfiel  Oleum  Ricini  und  2  gr.  Calomel  ^a 
seit  gestern  Abend  vier  Stühle  erfolgt,  der  erste  faculc 
die  drei  andern  flüssig.  Der  Puls  war  auf  90  berabj 
stimmt.  Das  Sensorium  frei.  Der  Leib  in  den  Hypocbi 
drien  zwar  nicht  mehr  so  ausgedehnt,  aber  über  der  Scha 
beinfuge  und  nach  dem  rechten  0?arium  bin  gespannt  i 
schmerzhaft.  Das  gestern  Abend  aus  der  Ader  gelassi 
Blut  zeigte  eine  leichte  Entzündungshaut  und  yiel  Seri 
Es  werden  30  Blutigel  an  die  schmerzhafte  Stelle  des  \ 
terleibs  gesetzt,  das  Calomel  weggelassen  und  alle  St 
den  1  E&Iöffel  Ricinusöl  gereicht. 

Abends  5  Uhr  finden  wir  Patientin  ruhiger.  I 
weich  und  voll.  Oeffnung  war  noch  dreimal  erfolgt. 
Haut  feucht.  Der  Unterleib  zwar  weich,  doch  in  der< 
gend  des  rechten  Ovariums  immer  noch  schmerzhaft 
der  Berührung.  Krampf  im  Urinlassen  noch  zugeg 
Wir  lassen  um  6  Uhr  noch  einen  Efslöffel  Ricinusöl  i 
Abends  ^  gr.  Opium  mit  i  gr^  Ipecacuanha  reichen. 

23.  Januar  1837.  Morgens  9  Uhr.  Patientin   hatte 
was  geschlafen^  und  wiederum  einigemal  Oeffnung  geh; 
Die  Haut  war  feucht.    Der  Puls  90.    Krampf  beim  Ui 
lassen  noch  zugegen.    Der  Leib  war  über  dem  Nabel 
in  den  Hypochondrien  eingefallen  und  weich.    Ueber 
Symphyse    aber  noch  etwas  gespannt   und  scbmerzfa 
Beim  tiefen  Hineinfühlen  bemerkt  man  deutlich  den  F 
dos  uteri  etwas  angeschwollen  und  schmerzhaft.  Gescbw 
und  Schmerz  erstrecken  sich  rechts  und  links  und  sol 
lien  sich  den  Ovarien  mitzutheilen.    Ich  diagnosticirte 
noch  immer  entzündliches  Ergriffensein    des  Peritonei 
in  dieser  Gegend  und  rieth ,  um  rein  topisch  dnzowir 
und  ohne  sich  durch  den  noch  vorhandenen  Krampf  b 
Uriniren  irren  zu  lassen,  ein  breites  und  langes  Yesio 
dum  «uf  die  schmerzhajte  Stelle  zu  legen.    Innerlich  i 


%. 


—    119    — 

ae  Bi—liio  papaTerina  von  ünciv.  mit  Drachm.  iij  Tar- 
lari  ntriolsti  ood  üoc.  {•  Syr.  emolslvi,  stundlich  zu 
1  Btsloffel  verordnet  Abends  wird  das  Do  versehe  Pulver 
fortgenommen. 

AhendM  5  Vhr,  Das  Yesicatoritmi  hatte  zwar  gewirkt, 
doch  nach  unierer  Ansicht  nicht  beträchtlich  genug.  Wir 
fiefren  es  daher  noch  bis  9  Chr  liegen.  Der  Leibschmerz 
war  ganz  gewichen.  Stühle  wären  noch  zwei  erfolgt. 

24.  Janoar  1837.  Die  Nacht  war  mhig  nnd  sdimerz- 
lot.  Der  Leib  ist  welch.  Die  Arznei  wird  fortgenommen. 
Das  Vesicatoriom  offen  erhalten.     ^ 

26.  Januar  1837.  Ruhiger  Schlaf  die  ganze  Nacht 
Undorcb.  Leib  dorchaos  frei  und  schmerzlos*  Puls  noirmat. 
lYotz  der  Grölse  des  eiternden  Blasenpflasters  haben  sich 
&  Schmerzen  im  Urinlassen  verloren.    Der  Harn  ist  co- 

ß'os  and  strohgelb.  Die  Oeffnung  weich,  zweimal  im  Tage. 
ie  Kranke  bleibt  ohne  Arznei.  Bios  das  Vesicatorium  wird 
bis  tnm  28.  offen  erhalten,  an  welchem  Tage  wir  die  Ge- 
•eaene  verlassen. 


3. 
VAer  die  Wyhuig  de$  Olewn  Copawae  aeüiereum. 

Vom 

Dr.  F.  S.  Wolffshfim, 

praktischem  Arzte  u»  Braunschweig. 


Bei  einer  nicht  nnbedeutenden,  sogenannten  galanten» 
Praxis  habe  ich  vielfach  Gelegenbeit  gehabt,  mich  von  der 
beilsameo  Wirkung  dieses  von  DManc  zuerst  empfohlenen 
Arzneimittels  bei  Medorrboe  und  Fluor  albus  benignus 
IB  uberzeogen,  daher  ich  nicht  verfehle,  meine  Beobacb- 
lasgen  darüber  dem  ärztlichen  Publice  mitzutheilen. 

Wir  erbalten  dieses  Mittel  durch  mehrmalige  Destilla- 
tion des  Balsamos  Copaivae^  wobei  ein  bedeutenHer  Rück- 
•taad  eines  zähen  grünlichen  Harzes  zurückbleibt.  Das 
mk  ber^tetete  Ol.  Copaiv.  ist  von  weifser  durchsichtiger 
rarlie,  gleicht  im  Gerüche  dem  gereinigten   Terpentinöl, 


—    180    — 

hat   Dicht   den   nnangenehmen   harzigen  Geschm» 
Bi|Ia.  CopaW.,  sondern  scbmeokt  etwas  bitter  aromä 

Die  von  DübUinc  angegebene  Formel  iit  fo^ 
Rec  Ol.  copai?.  aether.  Aq.  nientb.  ana  anc.  tres.  Oj 
gran.  nnam.  Syr.  de  Tolo  nncij.  M.  S.  taglich  3  bii 
löffel  voll  zn  nehmen.  —    Doch  ist  hier  die  Doi 
Ol.  copaiv.  offenbar  zu  stark,   da  ich  schon   nad 
IJnze  dieses  Mittels  anf  vier  Unzen  eines  schleimin 
bikels  üebelkeil,  Leibschmerz  and  heftige  DiarrhiM 
entstehen  sehen.  Ich  fange  daher  gewöhnlich  mit  drafl 
in  nnc.  qaataor  Emols.  Amygd.  an,  wozn  ich  Tino 
iimpl.  gatt.xx.  setze,  lasse  hiervon  alle  drei  Stande! 
Efslqffel  voll  nehmen  and  steige  alsdann  bis  za  eini 
ben  Unze,    Bei  veralteten  Fällen  gebe  ich  das  OLC 
in  Yerbindang  mit  Piper  Cubebar.  in  der  schon] 
von  mir  angegebenen  Pilleoform.    Nachdem  ich  «41 
dorrhöe  einige  Tage  antiphlogistisch  behandelt  habe^ 
ich  zn  diesem  Mittel,  and  habe   bei  «meiner  angej. 
Anwendongskrt  bis  jetzt  nie  anangenebme  ZofSUi 
gen  sehen.   Selbst  bei  einem  noch  geringen  Reizzi 
,  bei  nicht  za  reizbaren  Subjecten,  wird  dieses  Mi< 
gut  vertragen.  '< 

Im  Ganzen  wirkt  das  Ol.  Copaiv.  kräftiger  äj 
Bals.  Copaiv.,  hat,  da  es  von  dem  Harze  befreit  ii ' 
die  anangenehmen  Neben wirkongen  des  Bals.  Co| 
Haot,  Urinwerkzeage  and  Parmkanal,  nnd  heilt 
dorrhöe,  wenn  keine  Nebenzofälle  eintreten,  in  eim 
von  vierzehn  Tagen  bis  3  Wochen  gänzlich^  in  m| 
Fällen  selbst  noch  früher.  Die  Angabe  von  Dvbl 
diesem  Mittel  binnen  6  Tagen  förmlich  aasgebildeli 
dorrhÖen  gbheilt  za  haben,  scheint  mir  sehr  zweifd^ 

.     Ö 
■  ^  .1 


•-!| 


•( 


—  m  — 

Pro&fifcfce  MtModUn  und  Lesefrückte  aus  der  audän-» 

dimihen  LUeratur. 

MitgeÜmlt 

vom  1 

Med.Raih  Dr.  Buae. 


(FortietzQog.) 


Lage  des  Herzens  nufterhalb  der  Brusihähle,  Beobaek^ 
itimgen  über  die  Bewegungen  und  Geräusche  des  Herzens'^ 
vom  Prot.  Cruveilhier  zu  Paris.  —  Am  9ten  Joli  1841 
Mittag!  1  Ubr  ward  ein  soost  gesondes  and  lebentkrafdget 
Madcben  mit  diesem  höcbit  merkwürdigen  Orgaoisaüonsfebler 
geboren*  Dai  Herz  lag,  obne  Pericardium,  ganz  aofier- 
balb  dea  Thorax,  aai  welchem  es,  durch  eine  kreisrunde, 
im  obem  Tbeile  des  Sternams  befindliche  Oeifnang  ber- 
vorgedrongen  war^  deren  Ränder  die  sammtlicheo  grolsen 
Gefäfse  des  Herzens  genaa  -umschlossen.  Es  war  blaii 
▼on  Farbe  und  trocken  an  seiner  Oberflache.  Versetzte 
man  das  Rind  in  eine  aufrechte  Stellung ,  so  sank  das 
Herz  herab^  die  Gefafse  wurden  hervorgezogen  und  mehr 
sichtbar,  die  Contractionen  nahmen  zu  und  das  Kind  gab 
durch  heftiges  Schreien  Schmerz  und  Unbehagen  zu  ep- 
kennen,  beruhigte  sich  aber  wieder,  sobald  man  es  auf  den 
Rücken  legte.  Berührung  und  selbst  ein  mäfsiges  Drük- 
ken  des  Herzens  schien  keine  Sclimcrzen  zu  erregen. 
Herr  C.  sah  das  Kind  zuerst  Abends  10  Uhr;  es  lebte  bis 
zum  andern  Morgen.  Folgendes  sind  in  nuce  die  Resul- 
tate seiner  Beobachtungen.  Ausführlichem  Bericht  wird 
später  Herr  Monod  (Chirurg  der  Maisoo  royale  de  Santö^ 
woselbst  das  Kind  geboren  wurde)  erstatten.  Zuerst  von 
den  Bewegungen  des  Herzens,  Die  Contraction  beider 
Ventrikeln  erfolgt  zu  gleicher  Zeit,  eben  so  die  der  bei- 
den Herzohren.  Ziehen  jene  sich  zusammen,  so  erweitern 
sich  die  VorhÖfe  und  das  Blut  dringt  in  die  Arterien.  Br- 
weitern  sich  aber  die  Ventrikel,  so  erfolgt  die  Contraction 
der  Atrien  und  der  Gefafse.  Beide  Bewegungen  gesche- 
hen in  zwei  Zeiten.  (Ein  Moment  der  Ruhe,  wie  maii||i6 
Autoren  haben  annehmen  wollen,  findet  nicht  Statt  od«'* 
von  einer  Priorität  der  einen  oder  der  andern  Bewegui 


~    ISS    — 

konnte  nichts  wahrgenommen  werden.)  Die  Contraction 
(Systole)  der  Ventrikeln  dauert  doppelt  so  lange  als  ibra 
Erweiterung.  Bei  den  Atrien  dagegen  geben  zwei  Zeit- 
mafse  auf  die  Dilatation  und  eins  auf  die  Contraction. 
IVäbrend  der  Systole  der  Ventrikel  werden  diese  bleich, 
ronzlicb  und  zusammengeschrumpft;  ihre  Zusammenue- 
bong  erfolgt  ?on  allen  Seiten  gleicbmäfsig  und  die  Basis 
des  Herzens  beschreibt  dabei  eine  Spiralbewegung  von 
rechts  nach  links  und  von  hinten  nach  vorn.  Durch- diese 
langsame,  so  zu  sagen,  gradweise  fortschreitende  Bewe- 
gung wird  die  Basis  des  Herzens  gegen  die  Wandungen 
dfes  Thorax  gedrängt,  ohne,  dafs  dabei  eine  eigentliche 
Projection  nach  yorn  Statt  fände.  Dadurch  entsteht  der 
Sofseriich  fühlbare  Herzschlag.  Die  Diastole  der  Ventrikei 
erfolgt  in  einem  Moment  plötzlich  und  mit  solcher  Ener- 
gie, dafs,  wenn  man  das  Herz  mit  der  geschlossenen  Hand 
nmfafst,  diese  mit  einiger  Vehemenz  geöfinet  wird.  Sie  ist 
mit  einer  Projectionsbewegung  des  Herzens  nach  tmien 
yerbunden  und  diese  zeigte  sich  ean  stärksten  in  der  anl^ 
Techten  Stellung  des  Kindes.  —  Eben  so  rasch  erfolgt 
die  Erweiterung  der  Atrien ;  ihre  Dauer  wird  bestimmt 
durch  die  Dauer  der  Zusammenziebung  der  Ventrikel,  da^ 
gegen  ihre  Contraction  eßen  so  kurz  ist  als  die  Diastole 
der  Kammern.  Das  rechte  Herzohr  wird  durch  die  Er« 
weiterung  so  gespannt,  dafs  es  bei  der  Dönnheit  seiner 
Wände  scheint,  als  ob  es  platzen  sollte. 

In.  Betreff  der  Herzgeräusche ,  berichtet  Herr  CrwoeH- 
hier  Folgendes.  Legt  man  das  Ohr  gegen  das  blofse  Hers 
öder  auch  gegen  ein  feines  Leinentuch,  womit  man  es  be- 
deckt hatte,  so  hört  man  zwar  beide  Herzgeräusche,  aber 
^el  schwächer  als  man  sie  durch  die  Wandungen  des  Brust- 
kastens vernehmen  würde;  letztere  tragen  also  unbedingt  snr 
Verstärkung  derselben  und  namentlich  des  ersten  Herz^erao- 
sches  bedeutend  bei*  Das  Geräusch  wird  hörbarer,  je  mehr 
man  mit  dem  Ohre  von  der  Spitze  des  Herzens  nach  der 
Basis  aufsteigt  und  so  umgekehrt.  Der  Sitz  desselben  kt 
also  in  der  Oasis  zu  soeben,  r—  Das  Gefühl  lehrt  dar- 
ober Folgendes:  Legt  man  einen  Finger  aut  den  Ursprung 
der  Arteria  jiulmonalis,  welche  bekanntlich  der  Anfang  der 
Aorta  vollkommen  bedeckt,  so  fühlt  man  sehr  genau  eine 
vibrirende  Reibung  (Fr^missement  vibratoire),  welche  im 
Moment  der  Verengerung  der  Arterie  (also  während  der 
DIastoie  des  Ventrikels)  am  stärksten  ist,  dagegen  viel 
schwächer  während  der  Dilatation  der  Gefafse  und  Contra- 
ction der  Ventrikel  wahrgenommen  wird.  —  Um  Qefuhl  mid     ^ 


—  its  — 

OMr  ^flMaMgünd  im  Verein  anzn wenden,  settte  Herr 
C.  üe  8pltie  seinee  aotgettrecktea  Zeigefingers  auf  ^ 
Arterie  ond  legte  danM  dai  Ohr  wie  gegen  ein  Stetbotcop 
gege«  die  ente  Pbalnnz  des  Index«  So  überzeugte  er 
ricA,  daOi  der  Sitz  hMer  Herzgeriusche  Migtidk  an  der 
UraprongstteDe  der  Arteria  )^ulmonalit  and  der  Aorta  ta 
Neben  sei  ond  da(s  sie  dnrcb  ein  ZuMmmcHicblagen  (Cla- 
qtlement)  der  Sygmoidalldappen  bewirlit  werden.  Sonach 
wSre  dai  erste  Geraoscb  (bei  der  Systole  Tentriculorani 
und  Dyastole  der  Geßfse)  Folge  des  AufHchtent  der  ge- 
nannten Klappen ;  das  zweite  jber  (welches  mit  der  Dia« 
stole  der  Ventrikel  and  der  Contraction  der  Arterien  cor- 
r0apondirt)Wirkang  desWiderstandes  der  Klappen,  die  durob 
^  rockflielsende  Blat  herabgedrfingt  werden,  welcher  Mo- 
ment darcb  das  Gefühl  deutlich  wahrgenommen  werdet 
kann.  —  An  den  Mitral-  und  Tricuspidal-VaUeln  konnte 
Herr  C»  weder  durch  das  Ohr  noch  durch  das  Crefühil  eine 
Vibration  entdecken.  (Gazette  m6d,  de  Paris.  1841.  No.  32» 
pag.  498,  09.) 


Mercurial-  Cachexie,  —  Gegen  diese  empfiehlt  Herr 
Mailiewrat,  besonders  wenn  sie  sehr  heftig  iit  und  lange 
dauert,  die  Milchdiät  Man  soll  den  Kranken  nur  Milch- 
speisen  und  Milch  als  Getränk  geniefien  laison.  —  SubU" 
nuit  wird  ohne  Verdauungsbeichwerden  ertragen  und  leich- 
ter absorbirt,  wenn  man  bei  seinem  Gehrauch  den  Kranken 
▼iel  Milch  trinken  l&fit.  (Journal  des  Conn.  med.  Chirurg* 
April.  1841.) 


Keuchhutien*  —  Dr.  Hannay  behauptet,  kalte  Waschun- 
gen der  Bruit  mit  dem  grÖlsten  Nutzen  gegen  Tnss.  con- 
Tuls.  angewendet  zu  haben*  Br  nimmt  dazu  kaltes  Was« 
aer  mit  einem  kleinen  Zusatz  Ton  Essig,  Alcohol  oder  Ead 
de  Cologne.  Die  Wascboftgen  werden*  3  •*- 4 Mal  tfiglioh 
wifderholt  und  unmittelbar  nachher  der  Kranke  aorgfSltig 
getrocknet.    (Gazette  m^d.  1841.  p.528.) 


Camphor^  dat  uHchUgtte  Mittel  im  ganzen  Jrtidl 
schätz,  —  Herr  Raepail,  in  der  litterarischen  Welt  dal; 


—    184    —  • 

seine  Natargescbicbte  des  Acaras  scabiei  hinreichend  be 
fcannt,  hat  in  Paris  eine  Proclamation  an  das  ärztlich 
Poblicam  erlassen  (denn  so  mals  man  seinen  Aufsatz  be 
zeichnen),  worin  er  den  Camphory  wir  mochten  beinab 
sagen  als  ein  UniversdlmUtel  preiset  und  die  Aerzte  za  eine 
eigenen,  von  ihm  erfundenen  Anwendungsart  desselben  aui 
fordert.  Die  meisten  Leser  dieses  Journals  werden  gewiJ 
mit  uns  in  mancher  Behauptung  des  Hrn.  Raspail  ds 
Spiel  einer  lebhaften  Einbildungskraft  erkennen,  nichts  de 
Stoweniger  glauben  wir  jedoch  die  Sache  nicht  ganz  m 
Stillschweigen  übergeben  zu  dürfen^  und  der  besonnen 
Praktiker  wird  das  Goldkörnchen  auch  aus  der  Spreu  hei 
-vorzuziehen  wissen.  Da&l}ulletin  g^neral  de  Tberapes 
tique  herausgegeben  von  Miguel^  welches  den  Aufsatz  Rtu 
paiVs  enthält,'  ist  uns  nicht  zu  Gesicht  gekommen,  wir  enl 
lehnen  nachstehende  Notiz  aus  einer  brieflichen  Mittheilun] 

A.  giebt  seinen  Fat.  kleine  Tabatieren  mit  doppe; 
tem  Boden.  In  der  einen  Abtheilong  befindet  sich  fei 
gepulverter  Camphor  zum  Schnupfen ;  in  der  andern  kleii 
Camphor-Cigarren.  Letztere  bestehen  aus  feinen,  m 
Stückchen  Camphor  angefüllten  und  mit  Papierstöpselche 
verschlossenen  Federposen^  welche  man  in  den  Mund  nimm 
und  kalt  und  trocken  raucht^  wobei  man  den  Speich 
sorgfaltig  verschluckt,  so  dafs  das,  was  von  dem  Camph< 
in  Dunstgestalt  in  den  Mund  kommt,  mit  herabgescbluc 
wird.  Bine  zweite,  gleichzeitig  anzuwendende  Applic; 
tionsmethode  besteh^  darin:  dafs  man  auf  den  leidende 
Theil  eine,  mit  Camphorspiritus  benetzte  Compresse  leg 
und  diese  wiederum  mit  einem  dichten  Ueberzug  vc 
Pergament,  Blase  oder  Steifleinen  bedeckt,  wodurch  di 
Verdunsten  des  Mittels  nach  aufsen  möglichst  verhütet  ur 
der  Theil  in  einer  perpetuirlichen  Camphoratmosphäi 
erhalten  wird. 

Diese  zwiefache  Art,  den  Camphor  einwirken  zu  lai 
sen,  soll  nach  Herrn  A/s  Behauptung  in  vielen  oft  schw( 
heilbaren  Krankheitszuständen,  theils  grofse  Brleichterun, 
theils  wirkliche ,  vollständige  Heilung  und  zwar  in  kurz« 
Zeit  und  gleichsap  auf  eine  magische  Weise  bewirkt  bi 
ben.  So  namenthch  bei  Husten,  Schnupfen,  Grippe,  Brusi 
katarrh  und  Asthma,  —  ja  bei  Keuchhusten  und  Croup!  - 
In  diesen  Krankheiten  rühmt  Herr  R.  vorzugsweise  d: 
Camphorcigarren ,  und  der  Kranke  soll  wo  möglich  d 
iMift  gar  nicht  anders  als  durch  sie,  also  stets  mit  Canr 
phor  geschwängert,  einathmen! 


—    1S5    — 

Dafii  auch  in  der  PhtLisit  palmonum,  wie  Hr.  A.  gUobt^ 
dasselbe  Verfahren  von  grobem  Nutzen  sein  werde,  mut- 
aen  wir  freilieb  bezweifeln  und  ein  Gleiches  gilt  wohl  toii 
der  Ton  ihm  gepriesenen  Anwendung  seiner  Methode  bei 
gaatriscben  Krankheiten,   wie  Vomiius  matutinus  (wo  die 
Campborcigarre  ein  wahres  Diaeteticum  und  Prophylacti- 
com  sein  soll),  ferner  bei  Bnteritis,  Febr.  interm.  und  Ty- 
phus, endlich  bei  allen  Arten  von  Leber -^  Milz-,  Nieren- 
und  Gebärmutter -Krankheiten,   ja  bei  der  Cholera   and 
dorn  gelben  Fieber!  —    Bei  den   letztgenannten  Krank- 
heiten soll  man  den  ganzen  Unterleib  mit  einer  stets  feudil 
zo  erhaltenden  campborirten   Compresse  belegen  und  lt. 
behauptet  gesehen  zu  haben,  dafii  Wediselfieber  durch  daa 
blofse  Tragen  eines  auf  die  Magengegend  gelegton  Stück- 
chens Camphor  gehellt  wurden.    Im  Allgemeinen  empüehlt 
er   aber,   besonders  -bei  liautkrankheiten,  nie  das  Mittel 
blofs   Örtlich,  sondern  immer  gleichzeitig   auch  innerlich 
(durch  (die  Cigarren   oder  einen  oamphorhaltigen  Saft)  ia 
Anwendung  zu  bringen.   Bei  Kopfaffectionen  Qnd  nanient« 
lieh  beim  Schwindel^  soll  man  den  ganzen  Kopf  mit  einer 
camphorirten  Compresse  belegen  und  zugleich  den  Cam- 
phor als  ScbnupfpuWer  in   die  Nase  bringen;   bei  Gehör* 
krankheiten  Camphor  im  Ohre  tragen,  bei  Augenübeln  ihn 
als  Pulver  einblasen  und  gegen  Zahnschmerzen  ein  Stück- 
chen in  den  cariöscn  Zahn  legen. 


lieber  künstliche  Frühgeburt  durch  Seeale  cornutum.  — 
In  der  Lond.  möd.  Gazette  Septbr.  1838.  erzählt  Herr  Pat^ 
terson  einen  Fall,  wo  wegen  zu  grofser  Knge  des  Beokena 
(nicht  voll  3  Zoll  Durchmesser)  die  künstliche  Frühge- 
burt, im  7.  Monate,  ohne  Function  der  Kihäute  nach  An- 
-wendung  der  Dilatatorien  des  Muttermundes  blofs  duicb 
grofse  Dosen  des  Mutterkorns  bewirkt  und  ein  lebendea 
Kind  zur  Welt  befördert  wurde.  Kr  gab  zucr«t :  Kec.  Sc- 
calia  cornuti  pulv.  Unc. /?;  inf.  Aqua  fer?.  unc,  xxiv.  ool. 
add.  Syr.  spl.  unc.  i.  S.  Alle  3  Stunden  2  Unzen  (Infus. 
von  20  Granen  pro  dosi),  dann  nach  27  Stunden  noch 
Drachme  j.  auf  4  Unzen  im  Zeitraum  von  einer  halben 
Stunde  und  spater  noch  einmal  eine  solche  Dosis.  Ktwa 
39  Stunden  nach  dem  Beginnen  dieser  Behandlungsart 
ward  die  Geburt  vollendet.  * 

(Fortsetzung  folgt.) 


5. 

Monatlicher   Bericht 

über 

den  Oeeundheilstuitand,  Cfehurten  und  Todeefätte  von  Berlin» 

Mhgetheilt 
au$  den  Akten  der  Hufeland,  med,  chvrwrg,  OeeeUschaft. 
Mit  der   dazu  gehörigen  Witterungs  -  TaheUe, 


Monat   Juli, 
üeber  die  TVittornng  Terwdsen  wir  auf  die  beigefügte  TafeL 


Es  wurden  geboren:    415  Knaben, 

384  Mäddien, 

799  Kinder. 

Es  starben:    137  männlichen, 
'  .      '^  114  weiblicben  Geschlechts  ober, 

nnd  415  Kinder  anter  10  Jahren. 


666  Personen. 

Mehr  geboren  133.  . 

Im  Juli  des  vorigen  Jahres  worden 

geboren:    405  Knaben, 
406  Mädchen, 

811  Kinder. 

Ks  starben:    161  männlichen, 

133  weiblicben  Geschlechts  Sber, 
nnd  385  Kinder  anter  10  Jahren. 

679  Personen. 
Mehr  geboren  132, 

.^  Im  Verhältnifs  zam  Monat  Juli  ?or.  J.  worden  im 
^oli  dieses  Jahres  12  weniger  geboren,  nnd  starben  we« 
liger  13  Personen«         ' 


■MmIm  dMiakttr  te  KiukbotM  Jet  hmiefcwai^ 


ihauMliubt  Mfciifljthi  AfMÜMM,  larf  Cmm. 
..  BMb  4tm  Kopf  Md  d«r  BraM,  dihw  ■■Wwi 


TboU  dM  Kiste  HU  dumik  WockMlMtOT  «w- 
■r  «nige  bcote^tet.  Yo«  mbIm  AouafcBcn 
Mb  TarieellM,  HaMn,  8<tailMb,  NMabTAck 
«isMlMi  ElUn,  u  dia  PmAm  «ufe  Mmt  ia 


Sftttttlt  Krmmthttttu. 


^~ 

- 

— - 

..„. 

KtiakbiiliB. 

1 

r 

1 

1 

ij 

iakhulM.        .       . 

bv 

6 

1 

n 

J 

S 
1 
i 

» 

4t 

1 

1 
1 

4 

III 

>nh»i>d«  Fiebir. 

s'ffiSÄirÄ"- 

- 

Erwacb- 

*-"• 

a| 

Krankheiten. 

1 

1 

q'' 

J 

1 

JSSÄ"!?»™      •    • 

1 

i 

l 

i^ 

la 

An  Hydropj  periairdu.      .■ 

iS.'k^SsIf;  :   :    ; 

'1 

Am  Blulbrechrn. 

Am  Schlag- u»d  SHoUnTi 

An  der  TSmJuncbl. 

An  du  BJausucJil.      . 

Am  B'^^ch^cbsden.      .       . 
Am  Kr«b> 

Am  WuiMkrel«.       .       . 
Am  Brand.          .       ,       . 

Dutch  lelbstmord      ^.       . 
Durch  UngJncftifalle 

. 

um. 

' 

117 

ü«i 

i 


5; 


.1« 

! 


C.  W.  Hufeland'« 


J  o  a  r  na  1 


d*r 


practiscben    Heilkunde. 


P«rt§68eCsC 


TOM 


Dn  E.  Osann, 

K.  Geb.  Med.  Ratb ,  ordenU.  Proienor  der  Medlebi  «i  der 
UniTenitlt  ond  der  meil.  chirorg.  Acidemie  IBr  das  Müitiir 
%u  Berlin,  Director  des  K.  PoUklin.  lettitatiy  Ritter  des  rothen 
Adler -Ordeni  dritter  Klaue  mit  der  Schleife  und  Bütgtteil 
mehrerer  gelehrten  Getdlaehaften. 


Doch  f^rdn  du  Libem  geldner  Baum^ 

Göihi. 

II.  Stück.     August 


Berlin. 

Gedruckt  nod  yeriegt  bei  G.  Reimer. 


**     \ 


I. 

Ein   Beitrag 

cor 

eiehiehte    der   herrichenden 
Krankheitsconstitntion. 

Von 

Dr.    Bohrend, 

IQ  GreyifmBblen ,  in  Mecklenburg -8ohw«rin. 


w  ie  weithin  in  Deutschland  erstreckt  sich  die 
iränderung^  welche  die  Krankheiten  in  den 
2ten  fünfzehn  Jahren  erlitten  haben  —  und 
t  eine  solche  Veränderung  überall  Statt  me- 
iden? Es  sollte  die  Aufgabe  Ärztlicher  Jani^ 
Dher  seiUy  genauere  Kunde  von  solchen  Ver- 
lerungen  zu  geben ,  als  man  wohl  in  ihnen 
det  von  allen  Seiten  gelieferte  Materialien 
Irden  so  dazu  beitragen,  ein  geschichtliches 
»mUde  zu  entwerfen ,  das  gleich  wichtig  (Br 
I. Pathologie y  wie  für. die  Therapie  werden 
ante.  Die  folgende  Skizze  macht  nur  darauf 
•pruch,  höchstens  nnen  Punkt  in  einsimsol- 
m  Gem&lde  auszufallen. 

A2 


Als  ich  vor  vierzehn  Jahren  am  hiesi. 
Orte  meine  practische  Laufbahn  begann ,  f 
ich  snr  Winterzeit  viele  Longedentzündon 
I  vor^  die  alle  den  energischen  Eingriff  einer  st 

'  I  antiphlogistischen  Methode  verlangten^  und  gri 

^  tentheils  durch  dieselbe  glücklich  geheilt  iii 

den.  Der  erste  starke  Aderlafs  schaffite 
.gleich Erleichterung  in  der  Respiration  und  gr< 
tentheils  NachlaCs  des  Schmerzes  oder  des  Dj 
kes  in  der  Brust.  Die  stärkere  Wiederkehr  < 
.  ser  Symptome  lud  dann  zur  zweiten^  dril 
vierten  Veuaesection  ein.  —  Allgemeine  B 
entziehnngen  in  Verbindung  mit  örtlichen , 
terstotzt  durch  die  zweckmälsigen  bekam 
Antiphlogistica,  bewirkten,  man  konnte 
mit  Sicherheit  darauf  rechnen,  die  Heilung 
Seit  der  Zeit  beobachte  ich  fast  in  i 
Jahreszeiten  die  Pleuritis  als  stationäre  Kn 
heit,  und  behandle  sie,  belehrt  und  gewarnt  di 
treue  Beobachtung,  seit  einer  Reihe  von  « 
ren  auf  ganz  entgegengesetzte  Weise  di 
die  antigastrische  Methode  mit  eben  so  g 
stigem  Erfolge,  als  in  den  ersten  Jahren  i 
ner  Praxis  durch  die  antiphlogistische.  Dei 
ste  Fall,  in  dem  ich  der  sieggewohnten  W 
dem  Aderlafs  c.  p.  seine  Lorbeeren  entwni 
sah,  betraf  einen  Schuster,  dem,  als  er  im 
cember  1830  von  einer  heiligen  Pleuritis 
fallen,  trotz  mehrmaliger  Venaesection  k 
dauernde  Erleichterung  zu  schaffen  war^ 
^  bei  dem  sich  keine  Anzeigen  einer  Criais 
stellten.  Durch  einzelne  Umstände  aufinerfc 
gemacht,  verordnete  ich  demselben  unter  än^ 
lieber  Spannung  ein  Brechmittel  ans  Tart 
emeticus  mit  so  glänzendem  Erfolge,  dabi 
erfolgten  heftigen  Ausleerungen  die  gH 
Erleichterung  und  eine   gluckliche  Crisis 


—      6      — 

■ 

trat  Sek  dieser  Zeit  mehr  und  mehr  die  ga« 
atriaohe  Natur  der  Pleuresieen  uud  Pneumo« 
nieen  kenpen  lernend,  habe  ich  stets  eine 
dagegen  gerichtete  Methode,  — -  vorzugsweise 
den  Tartarus  emeticus  in  ^rorscn,  oft  in  kleinen 
Gaben  bei  jenen  Krankheitsformen,  mit  g&ns- 
lioher  Ausschlielsung  des  Aderlasses  in'  den 
mthrsUn  F&llen ,  —  unter  Berücksichtigung  be« 
sonderer  individueller  Verhaltnisse,  mit  Zusie- 
hung  eines  leichten  Aderlasses  in  einsolnen  VU^ 
len  angewendet,  und  bin  bei  solcher  Behand- 
lung 80  glücklich  gewesen,  als  unter  andern 
Umstlnden  bei  wirklich  echten  Entsündungen 
duroh  die  Anwendung  eines  ausgedehnten  anti« 
pbloffistischen  Apparates.  Drei  F&llo ,  in  denen 
wiederholt  ein  starker  Aderlafs  in  Verbindung 
mit  st&rkeren  Antiphlogisticis  angewendet  wur« 
de,  —  sind  die  einzigen  Lungenentzündungen 
seit  mehreren  Jahren ,  die  ich  einen  tödtliohen 
Ausgang  nehmen  sah.  Der  erste  Fall  betraf 
einen  kr&fligen  Vierziger,  der  plötzlich  nach 
einer  Erkältung  bei  scharfem  Ostwinde  von  hef- 
tigem Froste  mit  nachfolgender  Hitze  und  Sei- 
tenstechen befallen  wurde,  und  der  in  Abwe« 
senheit  seines  Hausarztes  von  mir  eine  Sal- 
miakauflösung mit  einigen  Granen  Tartar.  eme- 
tio.  erhielt.  Als  indefs  auf  ein  am  nächsten 
Morgen  von  seinem  zurückgekehrten  Arzte  ge- 

f  ebenes  Emeticum  keine  Erleichterung  in  dem 
iankheitszustande  erfolgt  war,  setzte  dieser 
sein  Vertrauen  in  die  antiphlogistische  Heilart, 
bei  der  indefii  der  Fat.  am '  siebenten  Tage,  wo 
ich  ihn  wieder  besuchte,  starb.  —  Der  zweit« 
FiJl  ereignete  sich  bei  einer  sechszigjährigen, 
kr&ftigen ,  durch  ihre  Lebensweise  aufscrordent- 
lich  abgehärteten  Frau.  Diese  war  vor  mehp* 
reren  Jahren  von  einer  Leberentzüudung  durch 


starke  Blutentziehungen  glucldioh  geheilt,  Kit 
jetzt  an  einer  weit  verbreiteten  Bruetentzändimgy 
und  die  äberaus  kräftige  Constitution  bei  faSt 
gänadichem  Mangel  gastrischer  Krankheitsaei» 
chen  schien  mir  bei  genauer  Erwägung  des 
ganzen  Krankheitszustandes  Blutentziehungen 
und  die  stärkere  antiphlogistische  Methode  so 
nothwendig  zu  machen,  dafs  ich  von  meinen 
bisherigen  Erfahrungen  aber  die  gastrische  Na- 
tur der  Lungenentzündungen  absehend^  jenen 
Mitteln  mein  Vertrauen  zu  schenken  für  unum- 
gänglich hielt.  Die  Kranke  starb  indeÜBi  ani 
sechsten  Tage,  —  Den  dritten  Fall  erlebte  idi 
im  Januar  1840.  Ein  kräftiger,  korpulenter 
Sechsziger,  ein  Mann,  der  bei  nahrhafter  Kost 
nie  bedeutend  erkrankt  war,  wurde  plötdidi 
von  einer  heftigen  Lungenentzündung  beftülon^ 
und  ich  fand  mich,  abgesehen  von  der  robusten 
Constitution,  durch  den  Auswurf  einer  nidit 
unbeträchtlichen  Menge  reinen,  hellrothen  Blu- 
tes zu  einem  starken  Eingriff  durch  Blutentzie- 
hungen berechtigt.  —  Schon  nach  wenigen  Ta- 
gen machte  eine  Lungenlähmung  dem  Leben 
ein  Ende*  —  Aeholiche  Behandlung  wie  die 
Pneumonieen  und  Pleuresieen  erforderten  seil 
Umgerer  Zeit  die  entzündlichen  Krankheiti^Sur* 
men  in  andern  Organen.  Augenentzündon- 
gen  anscheinend  entzündliche  Affectionen  des 
Gehirnes,  so  wie  der  Unterleibseingeweide 
und  ihrer  Ueberzüge,  die  häufig  vorkommen- 
den Gesichtsrosen  und  Pseudoerysipeln  fan- 
den in  der  gastrischen  Methode,  als  der  Fun- 
damentalbehandlung, ihre  Heilung. 

Die  evidente  gastrische  Natur  dieser  ent- 
zündlichen Krankheiten  wurde  bei  uns  durck 
den  Eintritt    einer   Krankheit  bezeichnet,  die 


—      7     — 

wUirend  einer  langen  Reihe  von  Jahren  in  hie- 
siger Gegend  nicht  mehr  gekannt  war,  diiroh 
den  Eintritt  des  Wechaetflebers.  Im  Jahre  161 1, 
nachdem  schon  hin  und  wieder  sur  gtöüien 
Freude  (bald  sum  Ueberdrulb!)  jängerer  Aeraste 
dnMbe  Weehselfleber  erschienen ,  fiberraschte 
die  grobe  Menge  dieser  KrankheitsflUle  die  in 
diesem  wie  in  dem  n&chsten  Jahre  als  Epide- 
mie auftraten.  Seit  dieser  Zeit  erscheint^  wenn 
gleich  nur  in  oinseluea  FUlen,  diese  Krankheit 
sporadisch  als  deutlichc^^  Intermittens  fbrtw&h- 
fend,  und  durch  eine  Menge  anderer  Krank- 
heiten sieht  sich  als  Grundcharakter  die  Inter- 
mittens 9  in  dem  poriodischen  Typus  der  Krank- 
heitssymptome und  in  der  sicheren  Ileilbariceit 
durch  China  die  wesentlichsten  Kennneichen 
tragend.  Wird  diese  Natur  verkannt,  so 
entstehen  Ueborg&ngo  in  bteo  Gallen-  und 
^ervenSeber,  —  die  verschiedenartigsten  For- 
men periodischer  fleberhaflcr  und  fieberloser 
Krankheiten  treten  oft  Jahre  lang  in  einem  und 
demselben  Körper  bei  allmählig  sunehmender 
Schw&che  bis  sum  hectischeu  Fieber  und  sur 
Tabes  fortschreitend,  auf  —  dagegen  werden 
durch  zeitiges  und  kräftiges  Einffreiren  durch 
Clüna  die  mehrsten  dieser  Krankheiten  in  ih- 
rem Auftreten  unterdrückt,  abgekärst,  in  vie- 
len Fillen  durch  fhiha&eitige  und  reichliche  An- 
wendung jenes  Mittels  in  ihrer  Heiligkeit  ge- 
mildert. Viele  Jahre  hindurch  bin  ich  durch 
Erfahrung  am  Krankenbette  su  dieser  Heil- 
maxime gelangt;  es  ist  mir  namentlich  gelun- 
gen, in  vielen  Fällen  die  Ausbildung  wahrer 
Nervenfieber ,  deren  Symptome  sich  nur  2U  deut^ 
Kch  einstellten ,  verhindern  zu  können.  Andere 
Aente  von  dieser  Ansicht  zu  fiberzeugen  |  habe 


—      8      — 

ich  in  mancher  Consuitation  vergeblich  ver* 
sacht,  bis  ich  doch  endlich  die  Freude  gehabt 
habe,  durch  das  Urtheil  des  Hm,  Geh.  Medi- 
dnal-Haths  Sachse y  der  diese  besondere  Na- 
tur der  Krankheiten  schon  seit  Jahren  beobadi- 
tet  hat,  aber  die  Wahrheit  meiner  Elrfahnmgen 
ein  günstiges  Zeugnilis  zu  vernehmen. 

Unter  acwei  Formen  hauptsachlich  habe  ich 
Krankheitszustände  dieser  Art  beobachtet  Es 
zeigt  sich  nämlich  einmal  das  leiseste  Rudi- 
ment einer  wirklichen  Intermittens,  es  sind  von 
den  bekannten  Symptomen  die  allerleisesten  An- 
deutungen; der  Frost  ist  so  unbedeutend  leise 
voräber  gehend,  die  Hitze  so  gering,  derSchweifis, 
der  gar  oft  gänzlich  fehlt,  ist  so  partiell,  viel- 
leicht nur  in  den  Handflächen,  vor  der  Stirn, 
an  denFuiSsen  erscheinend,  da&  selbst  bei  vier- 
zehnt&giger  Dauer  und  bei  schon  bedeutender 
Abnahme  der  Kräfte,  aufmerksame  Kranke  eine 
Menge  Klagen  auffuhren  und  kaum  eine  An- 
deutung von  dem  Vorhandensein  eines  Fieber- 
zustandes geben ,  ja  selten  gelingt  es  dem  Arzte, 
etwas  Anderes,  als  eine  leichte  Gänsehaut,  spä- 
terhin einen  ausgedehnteren  und  scl^leUeren 
Puls,  ein  etwas  verstärktes  Pulsiren  der  Tem- 
poralarterien im  Vergleich  zu  dem  Stadium  der 
Intermission  zu  fahlen.  —  Oder  zweitens,  es 
zeigt  sich  in  ziemlich  bestimmten  Perioden  wie- 
derkehrend ein  einziges  Krankheitssymptom,  eme 
Febris  larvata  mit  nachfolgender  deutlich  freier 
Zeit.  Fast  nie  fehlt  indels  bei  beiden  Zustän^ 
den  die  Unna  lateritia,  die  indeib  in  dem  er- 
sten Falle  bei  den  anomalen,  CryptointermitF- 
tenten  keine  entschiedene  diagnostische  Widn 
tigkeit  hat,  da  die  mehrsten  mit  ihnen  zugleich 
vorkommenden  gastrischen,  catarrhalischen,  rheu» 


—      9      — 

Mtischen   Fieber  sehr  hkuflg  denselben  Urin 
Beigen. 

I.  HfimUohe  Intermitttntes. 

Die  nachstehenden  Fälle,  zum  Theil  der 
jfingsten  Zeit  entnommen,  bieten  vielleicht  nichts 
Neues  dar.  Und  doch  bleibt  für  den  practischen 
ArsBt  in  einer  Zeit  der  schneidendsten  Coutraste 
in  der  Medicin,  die  Wahrheit,  sollte  sie  noch 
so  ^alt  sein  und  Manchem  noch  so  allt&glich  er^ 
scheinen,  wichtiger  als  so  manches  blendende 
Neue! 

Im  Monat  Juli  dos  letzten  Sommers  er^ 
krankte  auf  einem  Gute ,  in  welchem  vor  neun 
Jahren  ein  Nervenßeber  in  ziemlich  grolser  Aus- 
breitung geherrscht  hatte  und  wo  seit  der  Zeit 
in  einzelnen  Jahren  sporadische  FUle  dieser 
Krankheit ,  vorkamen ,  die  Tochter  des  Besitzers 
gleich  nach  ihrer  Hückkehr  von  einer  sechs- 
wöehentlichen  Heise,  während  deren  die  junge 
Dame  mancherlei  Gomüthsoindrucko  gohi^bt 
hatte,  —  nach  mehrtftffigcu  Kopfschmersen, 
die  sie  durch  kalte  B&der  in  der  nahe  ge« 
legenen  Ostsee  zu  vertreiben  gesucht  hatte, 
mft  starkem  Froste  und  nachfolgender  Hitze. 
Als  ich  am  folgenden  Morgen  die  Patientin 
besuchte,  vormochte  sie  nur  noch  mit  der  gröfs- 
ten  Anstrengung  das  Bett  zu  verlassen.  Der 
sehr  eingenommene  Kopf,  die  stark  belegte  brauu- 

i^elbe  Zunge,  die  n Gesichtsfarbe,  die  Boschaf- 
önheit  der  Präcordien,    bestimmten  mich  so- 
gleich zur^  Anwendung  eines  kräftigen  Breche 
mittels  I  das  eine  grofse  Menge  gallichter  Stoffe 
entleerte,  anscheinend  zwar  mit  grolser  E** 
terung  der  Kranken,  ohne  jedoch  verhör 
können,  daüi  ein  gastrisch  nervöses  Fk 
grofser  Unruhe,  Schlaflosigkeit,  Zuokii 


—     10     — 

\ 

I 

Händen  und  Füfsen^  Unbesinnlichkeit  mitDelirieii 
sich  ausbildete.  Auffallend  war  es,  daüs  mit  Aus- 
nahme des  heiüsen  Unterleibes  die  trockne,  nie  sehr 
warme  Haut  des  Körpers  in  den  Morgenstunden 
fast  kahl  war,  und  dals  dann  die.  schmutzig  blasse 
Gesichtsfarbe,  während  dieselbe  in  denNachmitp* 
tagsstunden  sehr  roth  war,  so  wie  die  ruhigere 
Lage,  eine  gröfsere  Besinnlichkeit  und  nicht 
so  beschleunigte  Respiration  eine  so  deutliche 
Remission  äes  Fiebers  andeuteten,  dalis  ich  cur 
Anwendung  der  China  geschritten  wäre,  hatte 
ich  nicht  befürchtet,  den  Eintritt  einer  günsti- 
gen Crisis  dadurch  zu  stören.  Am  vierzehnten 
Tage  stellte  sich  nach  starker  Exacerbation  «des 
Fiebers  eine  vollständige  Crisis  durch  Scbweifii 
und  Frieselausschlag  ein.  Die  Patientin  trat  in 
das  Stadium  convalescentiae,  bei  dem  Nachmit- 
tags kleine  Fieberbewegungen  sich  fortsetzten. 
Am  einundzwanzigsten  Tage  erfolgte  ein  An- 
fall einer  genuinen  Intermittens  mit  Schüttel- 
frost, Hitze,  Schweifs,  dessen  Wiederkehr  durch 
starke  Gaben  Chinin  verhütet  ward.  Wie  ich 
bei  der  eigenthümlichen  Art  der  geschilderten 
Remissionen  im  Laufe  der  Krankheit  vermuthet, 
der  Ausgang  der  Krankheit  zeigte,  dals  eine 
Intermittens  den  Grundcharakter  der  Krankheit 
gebildet  habe.  Bald  hatte  ich  Gelegenheit,  die 
Wahrheit  meiner  Ansicht  zu  erproben. 

Das  Dienstmädchen  nämlich,  das  gröfeten- 
theils  die  Wartung  der  Kranken  übernommen 
hatte,  erlitt  an  drei  Nachmittagen  hintereinan- 
der einen  sehr  gelinden  Frost,  unbedeutende 
Hitze,  und  nur  in  den  Händen  etwas  Schweilk 
Die  ganze  Procedur  dauerte  etwa  nur  zwei  Stun- 
den. Wiewohl  die  Fieberanfälle  so  wenig  be- 
deutend waren,  dals  das  kräftige  Mädchen  nicht 
einmal  das  Bett  deshalb  suchte,  so  fühlte  es 


-   11   — 

iieh  dodi  scboii  naeh  diesen  drei  Tagen  eo  an«» 
Ikeroidendidi  angegriffen,  der  Appetit  versehwand 
so  g&nzlieh,  und  der  Schlaf  war  so  unruhige 
dnreb  Ingstliche  Träume  gestört ,  dais  die  Kranke 
ftratUche  Hälfe  wünschte.  Ein  starkes  Emeti- 
eum  nnd  die  rasche  Anwendung  grofser  Gaben 
Chinin  waren  nwar  nicht  mehr  im  Stande ,  den 
Ausbruch  der  Krankheit  eu  hemmen,  aber  diese 
vermochten  doch  su  bewirken,  dafs  die  Krank- 
heit, deren  Symptome  die  Idcntit&t  mit  der  Krank* 
heil  der  Tochter  vollkommen  nachwiesen,  so 
gelinde  verlief,  dais  das  nervöse  Stadium  nur 
gans  leicht  näancirt  war,  und  ohne  heftige 
ZofiUle  auch  ohne  deutliche  Crisis  nach  vier- 
sehn  Tagen  sich  allmählig  verlor.  Hier  hatte 
das  Chinin,  ohne  die  Ausbildung  der  Krankheit 
verhöten  su  köonen,  den  Charakter  derselben 
gfinstiff  verändert  und  den  Verlauf  gefahrlos 
gemacht. 

Gunstiger  noch  und  schlagender  war  die 
Wirkung  der  China  im  dritten  Fall.  Der  Herr 
des  Hauses,  ein  kräftiger  Mann  im  Ausgang; 
der  Vierziger,  empfand  am  Sl.  August  nacn 
mehrtägigem  Unwohlsein  und  greiser  Abge« 
spanntheit  gegen  Abend  ein  leichtes  Frösteln, 
in  der  schlaflosen  Nacht  Hitze  und  sehr  unbe- 
deutenden Schweifs.  Am  88.  Morgens  erhielt 
der  allen  Erscheinungen  nach  ganz  fieberfreie 
Kranke  ein  Emeticum,  und  als  sich  am  Nachir 
mittags  aber  noch  leiser,  fast  unmerklich,  dio 
Zeichen  der    anomalen  intermittcns    wie   am 

Sestrigen  Tage  eingestellt  hatten,  sogleich 
as  Chinin  in  kräftigen  Gaben  und  so  in  dei| 
.nächsten  Tagen  bei  stark  belegter  Zunge  die 
China  und  das  Chinin  mit  fluchtigen  Mitteln 
unausgesetzt  mit  dem  Erfolge,  daSs  der  in  so 
wenigen  Tagen  auf  beunruhigende  Weise  ^^\^ 


—     12     — 

kräfteto  Kranke,  dessen  schmutzig  gelbe  Ge- 
sichtsfarbe in  Verbindung  mit  Appetitlosigkeit, 
Eingenommenheit  des  Kopfes,  Schwindel,  ei- 
nem unruhigen  durch  ängstliche  Träume  gestör- 
ten Schlaf,  und  durch  partiellen  und  nur  immer 
einige  Secunden  anhaltenden  Subsultus  tendi- 
num  —  wie  die  Tochter,  die  zuerst  erkrankte, 
während  des  Verlaufes  der  Krankheit  in  höhe- 
rem Grade  nur  anhaltend  hatte  —  also  bei  so 
vielen  Symptomep,  welche  die  Ausbildung  ei- 
ner Febris  nervosa  gastrica  erwarten  liefsen ,  — 
bald  eine  frische  Gesichtsfarbe,  teinere  Zunge, 
ruhigem  Schlaf,  einen  kräftigern  ^leichmä£ai- 
gen  Puls  erhielt,  und  so  nach  einem  Zeitraum 
von  14  Tagen,  ohne  dem  Krankenbette  zu  ver- 
fallen, sich  der  Gefahr  der  befürchteten  Krapk- 
heit  entzogen  sah,  wiewohl  erst  eine  mehr- 
wöchentliche Nachkur  die  allgemeine^  Schwä- 
che zu  heben  im  Stande  war. 
,  Anders  dagegen  verhielt  es  sich  mit  zwei 
andern  Dienstmädchen  des  Hauses,  welche  zwar 
die  leisen  Andeutungen  einer  lutermittens  ge- 
fühlt, dieselbe  aber  nicht  hatten  beachten  wol- 
len und  erst  dann  sich  der  ärztlichen  Behand^ 
lung  übergaben,  als  bei  der  gröfsten  Kraftan- 
atrengung,  über  die  beginnende  Krankheit  zu 
siegen,  sie  nicht  mehr  auf  den  Beinen  stehen 
konnten  und  dem  Krankenbette  verfallen  waren. 
Die  leisen  Symptome  der  Intermittens  waren 
nicht  mehr  zugegen ,  und  wenn  ich  gleich  durch 
die  sichtlichen  Remissionen  in  den  Morgenstun^- 
den  veranlafst  war,  den  Versuch,  durch  China 
energisch  einzugreifen ,  auszuführen ,  so  mufste 
ich  doch  bald  von  der  Absicht,  jetzt  noch  die 
Krankheit  zu  hemmen,  abstehen,  als  das  Bild 
der  nervosa  gastrica  sich  immer  deutlicher  aus- 
prägte.    Bei  dem   einen  Mädchen  dauerte  die 


—     18     — 

Krankheit  bis  in  die  vierte  Woche  ohne  be« 
eondera  hervorstechende  Symptome;  bei  der 
andern  bildete  sich  die  Krankheit  als  Nervosa 
torpida  aus,  zu  der  sich  in  der  vierten  Woche 
die  Symptome  entzündlicher  AfFectiou  des  Co- 
lon gesellten,  bis  dennoch  nach  einigen  und 
dreiw^  Tagen  die  Krankheit  per  Lysin  schwand, 
und  die  Kranke  hergestellt  wurde.  L&Ilit  es 
sich  nicht  fast  mit  Bestimmtheit  annehmen,  daCs 
auch  in  diesen  beiden  Fällen  der  zeitige  und 
kriftige  Gebrauch  der  China  die  Krankheit  in 
ihrer  Ausübung  beschränkt  haben  würde  ? 

Der  Sohn  des  Hauses,  ein  zweiundzwan- 
ligjlhriger  rasch  aufgewachsener  junger  Mann 
wai  während  dieser  Zeit  erkrankt.    Derselbe 
hatte  euie  grofse  Furcht  vor  Ansteckung  bei 
den  obenerwähnten  Krankheitsfällen  gehegt,  und 
war  unglücklicherweise  in  seinem   längst  ge- 
hegten Plane,    um   diese  Zeit  eine   Reise  ins 
Ausland  zu  machen,   durch  unerwartete  Um- 
stände abgehalten.    Acht  Tage  vor  seinem  Er- 
kranken hatte    er  bei  einem  heftigem  Sturze 
vom  Pferde  den  Oberarm  verrenkt.    Auch  er 
war  unter  den  leisesten  Zeichen  eines  perio- 
disdi  eintretenden   Fiebers  erkrankt,  ohne  je- 
dodi|  in  der  festen  Ueberzeugung,  durch  kräf- 
tigen Willen  den  Ausbruch  der  Krankheit  ver^ 
hüten  zu  können,  seinen  Angehörigen  sein  Un- 
wohlsein zu  entdecken,  und  erst  dann  gezwun- 
gen,  sich  ärztlicher  Behandlung  zu  vertrauen^ 
als  die  Eltern  bei  dem  gänzlichen  Mangel  an 
Appetit,   bei  seiner  veränderten  Gesichtsfarbe 
und  der  grofiien  bald  eintretenden  Hinfälligkeil 
den  Ausbruch  der  Krankheit  fürchteten.    Hier 
schien  das  Chinin  im  Anfang  noch  günstig  zu 
wiricen.    Vierzehn  Tage  lang  verlief  die  Krank- 
heit bei  leichter  Eingenommenheit  des  Kopfes 


—     14     — 

ohne  ir^nd  ein  gefahrdrohendes  Symptom.    Am 
vierzehnten  Tage  zeigte  sich  eine  leichte  Bin- 
tung  ex  ano,  ohne  dafs  jedoch  durch  dieselbe 
der  Zustand  im  Geringsten  verschlimmert  würde. 
Aber  am  17ten  Tage  in  der  rechten  Seite  des 
fräher  stets  untersuchten  und  nie  schmorzhalt 
ten  Unterleibes    ein    beunruhigender   Schmens. 
Am  ISten  Tage  unter  deutlichen  Zeichen  einer 
Darmentzändung  mit  heftigen   Delirien  profiise 
Blutungen  ex  ano;  am  Slsten  der  Tod.    Stan- 
den die  Blutungen  in  diesem  Falle  mit  einer 
Erschätterung  des  Körpers  als  organischer  Ver- 
änderung einzelner  Theile  durch  den  heftigen 
Sturz  vom  Pferdein  Zusammenhang?  Vielleicht 
lifitte  das  Ergebnifs  der  von  den  Eltern  nicht 
gestatteten  Section  diese  Vermuthung  Sachsens, 
der  den  Kranken  in  den  letzten  Tagen  sah^  b^- 
flt&tifft  —  woran  ich  jedoch  aus  dem  Grande 
zweifle,  weil  ein  während  der  Dauer  des  Ner- 
venfiebers  auf  dem  Gute  arbeitender  auswärti- 
ger  Tagelöhner    mehrere    Wochen    später   in 
seinem  Dorfe  von  der  Krankheit  ergriffen  wurde, 
und  laut  des  mir  zugestellten  Berichtes  seines 
Arztes  nach  mehnnaligen  starken  Blutungen  ex 
ano  gestorben  war. 

Um  diese  Zeit  beobachtete  ich,  wie  schon 
in  aUen  vorhergehenden  Jahren  einzelne,  jetzt 
mehrere  Krankheitsfälle  eines  gastrischen  Fie- 
bers, bei  denen  nach  hinreichenden  Ausleerun-    "' 
gen  so  wenig  die  reine  Zunge,  als  die  Hebung    j 
der  Kräfte,  welche  nach  ausleerenden  Mitteln    ' 
in  solchen  Zuständen  sonst  so  bestimmt  erfolgt,    ^ 
sich  einstellten,   bis  die  China  rasch  den  ei^    ^ 
wünschten  Erfolg  hatte.    Der  folgende  Fall  na^    '^ 
mentlich  —  war  gleich  der  Ausgang  unglädK-    ^ 
lieh  —  scheint  mir  für  die  Wirkungsart  der  China    1 
in  solchen'  Zuständen  lehrreidi  zu  sein.    Bin    ^ 


—     15     — 

Tischlenneister  hierselbst,  ein  riistigfor,  urbeiU 
umn  Mann  ^  wünschte  am  7.  August  in  Ab« 
waMnIieit  seines  auf  mehrere  Wochen  verrei- 
teten  Antes  meine  Hülfe.  Mit  Staunen  fand 
ich  den  Kranken,  den  ich  noch  vor  mehreren 
Wochen  als  einen  kräftigen ,  blühenden  Mann 
bei  seiner  Arbeit  gesehen  hatte ,  im  Bette  lie- 
gend. Die  sehmutsig  gelbe  Farbe  dos  abge- 
oiBgerten  hohlen  Gesichtes ,  die  tief  liegenden 
Augen  9  der  übelriechende  Athem,  die  loderar- 
tige, trockne  Haut,  die  grobe  Abmagerung  des 
gaaaen  Köripers,  seugton  beim  ersten  Anblicke 
von  einem  tiefen  Leiden  und  der  teigige  Unter- 
r  Mb,  die  braungelbo  mit  einer  Borke  belosfte 
\  Zunge,  die  Verstopfung  in  Verbindung  mit  den 
1  andern  Symptomen,  deuteten  auf  das  vorhan- 
dene abdominelle  Leiden.  Der  Kranke  war  fibri- 
gena  fieberfrei.  Als  ich  ihn  jedoch  am  Abend 
sah,  hatte  er  starkes  Fieber  mit  hochrother  6e- 
nehtslhrbe^  heftigem  Kopfschmerz,  starkem  Dur^ 
8(0  und  gecen  Morgen  copiösem  Schweifs.  Oans 
in  dieser  Art  soUto  der  Zustand  schon  vierzehn 
Tage  gedauert  haben.  —  Bin  starkes  Broch- 
aiUel  entleerte  eine  Masse  galligt- schleimiger 
Btofflb  mit  grofser  Erleichterung  des  Kranken^ 
ahne  dafs  jedoch  die  Zunge  reiner,  der  Appe- 
tt  im  Geringsten  besser,  die  Farbe  frischer 
libr  das  Fieber  sohw&eher  geworden  war.  Auf 
ias  Anersorglichste  aufinerksam  gemacht,  em- 
jetat  der  Kranke  vor  Anfang  des  Fie- 
em  fluchtiges  Frösteln  und  ein  Ziehen  im 
^  «-««ekgrathe.  Dennoch  wagte  ich  nicht,  von 
*^  idsr  imanq^esetzten  ausleerenden  Methode  ab- 
^^  feogeben.  Als  aber  dieselbe  nach  acht  Tagen 
^  ilme  allen  Erfolg  blieb,  der  Kranke  von  Tage 
^  ta  Tage  in  gröuere  Gefahr  gerieth,  erhielt  er 
lin  T  ^^  Morgenstunden  sechszehn  Gran  Chinin. 


\ 


—      16     — 

^  Wunderbar  war  die  Wirkung  des  Mittels,  i 
Fieber  war  am  selbigen  Abend  unmerklioi 
ziemlich  ruhiger  Schlaf  ^  —  kräftigeres  Äeoi 
und  ein  Gefühl  der  zunehmenden  Kraft  am  dl 
sten  Morgen  I  eine  auffallend  reinere  Zi 
zeugten  von  der  Natur  der  Krankheit  undij 
Werthe  der  China.  Die  fortgesetzte  Behi 
lung  durch  China  in  Verbindung  mit  Bid 
und  eine  passende  Diät  bei  starkem  App^ 
stellten  den  Krauken  so  weit  her,  dals  er| 
vierzehn  Tagen  Bett  und  Zimmer  verfall 
konnte,  bei  Häckkehr  seines  Hausarztei 
Convalescent  betrachtet  wurde  und  ohne  i 
tere  Medicamente  einer  passenden  Diit  . 
noch  fortwährend  bequemen  sollte.  —  Ata 
den  Kranken  am  8.  October  wieder  sah  -4 
hatte  sich  während  der  Zeit  jeder  äiztlii 
Behandlung  entzogen,  —  fand  ich  denaaj 
in  einem  hoffnungslosen  Zustande,  ineinem^ 
haltenden  Fieber  mit  deutlichen  Zeichen  fi 
entzündlichen  Leberleidens,  dem  er  am  24.  Oi 
ber  unterlag.  i, 

Noch  bis  jetzt  (Mitte  Januar  1841)  h 
men  solche  Krankheitsfälle  in  meine  Beobf 
tung,  denen  die  heimliche  IntermittenszaGn 
liegt,  und  auf  welche  die  China   so   fibei 

S:unstig  wirkt.  Catarrhalfieber  herrschen:, 
er  Mitte  December,  eine  Menge  Menschen  o 
Unterschied  der  Jahre  und  Constitution  bc 
lend.  Ein  Fünfziger,  der  sich  in  den  Wi 
nachtstagen  erkältet  hatte,  erkrankte  an  . 
gewöhnlichen  Catarrhalzufällen,  gegen  die 
am -89.  Decbr.  meine  Hülfe  nachsuchte.  1 
stm,  ein  Druck  in  der  Stimgegend,  Appeti 
■^eit,  unruhiger  Schlaf  >  waren  seine  ha« 
■MJichsten  Klagen.  Bin  periodisches  FröS! 
b^gbiteta  diese  Beschwerden.    Der  Kranke 


üjanke  unlustig  und  kaum  im  Stande  su 
la  .aitst  während  des  ganzen  Taffes  unb»- 
dl  auf  seinem  Stuhle  nahe  dem  Ofen.  Ger 
Ibend  empfindet  er  regclmärsis  ein  loicli- 
röstelu,  und  des  Morgens  nach  der  schlaflo« 
faeht  unbedeutenden  SchweiCsu  Urin  dick 
iegelrothem  Bodensatze.  Den  Puls  finde 
leute  Morgen  ungleich ^  unterdruckt,  ein- 
schlage aussetzend,  die  Zunge  rein.  Das 
tß  Ansehen  des  Kranken  ist  sehr  yer&ndert 
dfiekt  grobe  Niedergeschlagenheit  aus; 
ist  ohne  alle  sonstige  Veranlassung  gans 
I  seine  Gewohnheit  zum  Weinen  geneigt* 
it  der  Complex  aller  dieser  nun  schon  vicr^ 
Tage  anhaltenden  Symptome  nicht  auf  die 
prarteude  Ausbildung  einer  Febris  nervosa 
Jiin?  -—  Das  leise  Frösteln  des.Abends^ 
pi^ge  Schweifs ,  die  Urina  lateritia  geben 
hier  die  Anzeige  zur  China.  Der  Pat  er^ 
leehszehn  Gran  Chinin  bis  heute  Abend 
«brauchen ,  dabei  eine  Mischung  von  Spir. 
>  aeth.  mit  Opiumtinctur.  Am  folgenden 
bh  sah  ich  ihn  wieder.     Die  Nacht  ist  seht 


—     18     — 

Appetit»    Chinin  und  eb  Chinadecoet  w 
fortgesetEt.    Am  8ten  Nachmittags  Anfall 
regelmibigen  IntermittenSy   Fiost,  ECtse 
Schweib  zusammen  dauern  etwa  2swei  I 
den  (die  Beobachtung  habe  ich  mehrfius 
machen  Gelegenheit  gehabt  •  dafs  bei  unr 
m&bigen  Intermittonten  auf  den  mehrtib 
Gebrauch  der  China  sich  ein  regelm&fsigerl/V 
selfieber-AnfiJI   einstellte).    Bei  fortgesel 
Gebrauche  der  China  finde  ich  am  ll.  Jl 
den  Kranken  sehr  munter,  er  hat  gut  gesi 
fen,  ibt  mit  Appetit,  seine  Kr&fte  sind  | 
ben  und  in  der  Mittagsstunde  verläflit  er 
Zimmer    Mit  den  nächsten  Tagen  vollkomi 
Besserung. 

Eine  kräftige  [Dame  in  den  Dreilsiffen^  ' 
blutig,  von  außerordentlich  blühender  Gesü 
Ikrbe,  hatte,  nachdem  sie  seit  längerer  ^ 
an  periodischen  Kop&chmerzen  gelitten  ^^ 
Stadt  verlassen,  um  die  Pflege  eines  am  GW 
lach  erkrankten  Kindes  einer  nahen  Verwid 
zu  übernehmen,  und  kehrte  nach  acht  V| 
mit  starken  Halsschmerzen  und  fiebeiüdt 
ruck.  Es  hatte  sich  ein  bedeutendes  Geadl 
im  Halse  gebildet,  und  die  Kranke  fohltet 
nach  dessen  Aufbruch  sehr  erleichtert  Kai 
Weges  besserte  sidi  aber  die  Kranke  sa  i 
als  dies  nach  Beseitigung  scrfcher  Affeotii 
sonst  der  Fall  zu  sem  pflegt  So  wenig  ;i 
petit  als  der  irähere  Kräftezustand  stellt»^ 
ein,  und  die  Kranke  hatte  in  kurzer  2kM 
§o  leidendes  Ansehen,  als  sei  sie  von  einer! 
MB  Krankheit  erstanden.  Bei  der  genaoei 
Beobachtung,  wekdie  die  sehr  verstän£geKni 
auf  rieh  wandte^  und  bei  der  täglichen  i 
iriokl^  die  ich  ihr  widmen  konnte,  ergab  es  i 
iHlr/iiM  Tertiana  mit  dem  heimlidistra  C 


—     19     — 

nkter  sich  in  den  Nachmittagsstunden  auf  gans 
kmze  Zeit  regelmäfsig  einstellte.  Der  gute 
Erfolg  der  China  rechtfertigte  unsere  Beobach- 
tang  vollkommen.  Nach  eilf  Tagen  erfolgte  ein 
Reeidiv,  und  die  Dame  hatte  mit  manchen  fru* 
her  nie  gekannten  Beschwerden  su  kämpfen, 
bis  sie  durch  den  fortgesetzten  Gebrauch  der 
China  vollkommen  hergestellt  war.  Nachmeh- 
lereo  Wochen  entstand  späterhin  eine  Desqua-- 
nation  der  Oberhaut,  fast  des  ganzen  Körpers^ 
mchtrftglich  den  Beweis  führend  >  dals  eine 
Schmriachansteckung  ohne  den  Ausbruch  des 
Ausschlages  Statt  gefunden  hatte« 

Der  nftohste  Fall  und  der  letzte,  den  ich 
hier  etwas  umständlicher  mittheilen  werde ,  ist 
gewissermalsen  ein  Musterfall,  dessen  genaue 
BeolNichtung  meine  schon  früher  erworbene 
Ansicht,  diese  täuschende  Krankheitsfbrm  der 
hflimliehen,  intermittirenden  Fieber,  wie  sie 
Mit  dem  Auftreten  der  wirklichen  Wechsel« 
Mierepidemie  im  Jahre  18|{-  noch  fbrtbeste- 
bn,  bei  anscheinend  galliger  Natur  und  trots 
aller  Symptome,  die  sonst  die  Anwendung  der 
CUiMi  ontersagen,  namentlich  trotz  der  stark 
belegten  Zunge  und  aller  &;astri8chen  Compli- 
CBlioD,  rasch  und  sicher  durch  grofse  Gaben 
China  nnd  Chinin  zu  heilen,  befestigt  hat 
Mt  dem  Hai  im  Jahre  1838  bis  zu  diesem 
Aii^0iibIieke  (Januar  1841)  habe  ich  einen  und 
deBMlhen  Patienten  fünf  Mal  von  derselben 
Krankheit  befallen  gesehen.  Der  Kranke,  einer 
iir  aoagezeicbnetsten  Männer  unseres  Landes, 
ria  Mann  von  85  Jahren,  dessen  Lebenstage 
onnnterbrochene ,  nach  den  verschieden- 
Seiten  hin  wirksame  geistige  Thätigkeit, 
1  nur  an  oft  durch  ein  Uebermaals  dersel- 

beamßhnet  isl,   erfreute  sich  seit  Jahren 

BS 


-     20     -  , 

der  besten  Gesundheit^  bis  ein  onglucklicher 
Fall  aus  dem  Wagen  ihm  eine  Bntzändnng  im 
Hüftgelenke  verursachte  y  die  von  seinem  Anete 
durchaus  verkannt^  erst  dann  zur  Beurtheilung 
urtheilsfahiger  Aerzte  kam,  als  schon  organi- 
sche Veränderungen  in  der  Nähe  des  Gelenkes 
eine  Verkürzung  des  Fufses  herbeigeführt  hat- 
ten, und  es  sich  nur  darum  Jbandelte,  das  Le- 
ben des  Kranken  sicher  zu  stellen.  Dies  ge^ 
lang  bei  der  vorzüglichen  Naturkraft  des  Kran- 
ken, der  später  bei  dem  Gebrauche  der  Bäder 
in  Töplitz  sich  so  kräftig  erholte,  dals  er  seine 
Krudke  ablegen  und  an  einem  Stocke  rascher 
und  kräftiger,  als  man  je  erwartet,  nviedernm- 
hergehen  konnte.  Seit  der  Zeit  seines  Falles 
litt  dieser  Herr  noch  viel  öfter  an  einem  Ca- 
tarrhalfieber,  als  dies  schon  früher  der  Fall 
gewesen  sein  und  auch  da  ihn  befiülen  ha- 
ben sollte,  als  ich  am  6.  Mai  1838  von  ihn 
zu  Rathe  gezogen  wurde*  Seit  drei  Wochen 
war  der  Pat  unwohl ,  ohne  ein  anderes  hervor- 
stechendes Symptom  angeben  zu  können,  ab 
dals  er  nach  dem  leisesten,  nur  Secunden,  höch- 
stens eine  Minute  lang  anhaltenden  sSrösteln, 
einer  Eingenommenheit  des  Kopfes  und  einem 
Gefühle  greiser  Mattigkeit  schon  gegen  Aboid 
sein  Lager  zu  suchen  gezwungen  war,  auf  dem* 
selben  die  Nacht  in  unruhigem  nicht  erquicken« 
dem  Schlafe' zubrachte  und  dasselbe  am  näch- 
sten Morgen  wieder  verlassen  konnte.  Am  Tage 
war  das  Befinden  so  lange  gut,  bis  die  Scene 
sich  gegen  Abend  wiederholte.  Seit  wenigen 
Tagen  hatte  der  Kranke  den  Appetit  verhire% 
eine  belegte  Zunge  bekommen,  war  verstimmt 
und  so  angegriffen,  daüs  er  seine  tägliche  Spa- 
zierfahrt ins  Freie  unterlassen  hatte.  Der  ih» 
behandelnde  Arzt  hatte  theils  durdi  Diaphoia- 


—     21     — 

ticAy  theils  durch  ein  Breeh-  nnd  gelinde  Ab- 
iuhfmittel  vergeblich  diesen  Zustand  zu  besei- 
tigen gesucht  y  ohne  dafs  er  etwas  Anderes  er- 
reidit  hatte,  als  dafs  der  Kranke  während  der 
drei  Wodien  einzelne  ganz  gute  Tage  hatte. 
Bedachte  ich  analoge  Fälle,  so  zweifelte  ich 
keinen  Augenblick  an  der  Natur  der  Krankheit 
und  rieth  dringend  (unter  feierlichem  Protest 
seines  Arztes)  zum  Chinin,  nach  dessen  Anwen- 
dung der  Kranke  in  vier  Tagen  vollkommen 
wieder  hergestellt  war. 

Bßchts  desto  weniger  lieb  ich  selbst  mich 
dordi  das  Auftreten  der  Krankheit  im  nädisten 
Augittt  täuschen,  -als  das  plötzlich^  Auftreten 
eines  galligen  Fiebers  meine  Anwesenheit  bei 
dem  Kranken  nothwendig  machte.  Ein  kräftiges 
Kwtfifmn  entleerte  eine  auiserordentliche  Menge 
Galle  und  fortgesetzte  gelinde  Ausleerungen 
nach  unten  hoben  nach  wenigen  Tagen  den 
Krankheitszustand  vollkommen.  Durch  eine  un- 
angenehme Gemüthsbewegung,  vielleicht  auch 
dnich  eine  Erhitzung  und  eine  Indigestion  bei 
einea  nicht  zu  umgehenden  Diner,  trat  von 
Neoen  Unwohlsein  ein.  Pat.  klagte  über  ei- 
sen Druck  auf  dem  Kopfe,  bekam  eine  gdbe 
Gesichtsfarbe,  Appetitküugkeit,  von  Tage  zu 
Tage  eine  mehr  belegte  braungelbe  Zunge,  ein 
Gefühl  von  Spannung  im  Unterleibe,  unirulugen 
Sdhiafy  bald  beunruhigende  Träume,  und  bei 
gOHUier  Beobachtung  gegen  Abend  ein  gelin^ 
des  momentanes  Frösteln,  dem  Arzte  kaum  wahr- 
nehmbar, von  dem  Kranken  bezeichnet  durch 
des  Oeiuhl  eines  augenblicklichen  Verlassens  der 
naiirlidien  Wärme.  Diesem  Znstande  folgte 
eine  wenige  Stunden  unlialtende  gelind  erhöhte 
HaullomperaUir,  zuweilen  ein  gelinder  SchweÜs. 
Im  Laufe  dez  Tages  war  die  Hauttemperatur 


—    «e    — 

noimal.  Bf^dadite  ich  den  fräheren  deuüidiea 
Status  bUioaus,  der  so  schleunig  auf  Anwen- 
dung ausleerender  Mittel  sich  verloren  hatte,  — 
den  kursen  Zwischenraum  seit  jenem  Elrkran- 
ken  y  die  Ursachen  der  augenblicklichen  Krank- 
heit,  so  mu&te  ich  ausleerenden,  die  abee* 
sonderten  krankhaften  Stoffe  ansführencbn^ 
Mitteln  die  Heilung  anvertrauen.  Ohne  daOl 
indeis  dadurch  auch  nur  die  geringste  Bosasi 
fang  in  den  nidisten  Tagen  herbeigeführt  wprdi^ 
gewann  das  Fieber  nicht  nur  des  Abends  be» 
•timmter  sein  Terram  auf  eme  viel  deatU«di0ie 
Wrae,  sondern  es  stellte  sich  am  siebentet 
Tage  auch  des  Morgens  acht  Uhr  ein  dnroh 
leirai  Frost  und  nachfolgende  Hitiie  benidi» 
neter  Fiebersustand  ein.  Dabei  war  der  Knipks 
so  entkräftet  und  sein  Aeufseres  so  vwfUHi^ 
dab  ich  die  Ausbildung  einer  subintranS|  W9 
nichl  contmua  erwarten  durfte  9  wenn  es  weht 
gelang,  durch  sofortige  Anwendung  der  China  die 
KranUieit  su  bezwingen.  Sofort  nach  den 
Gebrauche  derselben  besserte  sich  der  Zustand^ 
und  bei  längerer  Fortsetsung  des  Mittels  io 
vollkommen,  dab  der  Genesene  während  dfli 
folgenden  gans&en  Jahres  ärztliche  HvOfe  nicht 
in  Anspruch  zu  nehmen  brauchte.  ImSeptesH 
ber  1839  und  1840  erschien  die  Krankheit  wie^ 
der  und  ward  sofort  durch  Chinin  gehoben,  üb 
November  1840  bereisete  dieser  Hen  in  seiM 
Eigenschaft  als  Landstaud  den  Landtag,  osd 
war  80  rüstig  und  munter,  als  seine  viehn 
Freunde  ihn  seit  Jahren  nicht  gesehen  hiUtasb 
Am  14.  December  verlieis  er  dieVersamnkM 
erklUtete  sich  bei  der  Reise  von  vierzehn  Ms»" 
len,  die  er  an  diesem  Tage  machte,  hatte  m 
löten  mehrere  Confereuzen  mit  versohiedeoiBf 
9ehdrden,  uad  reisete  noch  gegen  Ab«ttd  fid 


I  Mdm  Meilen  entlegenes  Lendgut.  Dort  an- 
koBunen,  mnlete  er  die  Hülfe  eines  Anten 
sbsuchen.  Undeutlich  wie  stete  ^  erschien 
dl  diesmal  die  Krankheit,  erst  in  Form  eines 
ArAalisehen,  dann  eines  gastrischen  Klebers 
isdiend,  und  als  solches  behandelt  wie  vor 
1  im  Au^t  1838.  Als  dabei  der  Zustand 
h  veisehlunmerte ,  der  Appetit  gännlich  ver- 
iwunden,  die  Abnahme  der  Krme  auffalleod 
i  erschreckend  war,  die  Nidite  immer  scUaf- 
tf  und  unruhiger  wurden,  lieb  man  midi 

19.  December  sn  dem  Paiienten  holen.  Ich 
d  den  Krankon  elender  als  je  vorher,  das 
Aar  so  schleichend  und  heimlich,  und  alle 
»gen  Zeichen  wie  früher,  die  gelbe  dickbe* 
;te  Zunge,  die  graugelbe  Geaiätsfhrbe,  den 
idk  auf  dem  Kopfe ,  den  dicken  Urin  mit  dem 
gekothem  Satne ,  den  ungleichen  schwachen 
W$  ddiei  aber  den  in  früheren  KrankheitsflU- 

atets  lebhaften  und  geistig  bewegten  Mann, 
ilnalunlos  und  mit  dem  Ausdrucke  eines  gro- 
n  Leidens  in  allen  seinen  Mienen.  Die  so- 
ige  energische  Anwendung  der  China  hatte 
ih   diesesmal  den  gl&nKonden  Brfolg,   daüi, 

ich  am  3.  Januar  den  Krauken  wiedersah, 

Zunge  gann  rein  war,  der  Schlaf  ruhig  eu 
rden  anfing,  der  Appetit  sich  einstellte  und 
\  heimliche  Fieber  sich  nur  gegen  Abend 
eh  ein  viertelstundiges  Pulsiren  in  der  Schlä* 
gegend  andeutete.    In  der  Folge  verlor  sich 

dem  Gebrauch  der  China,  wie  stets  in  den 
boren  Krankheitsfällen,  der  geringe  Schweifli 
fßü  Morgen,  und  der  dicke  ZUegelurin  wurde 
ab  und  nach  klarer,  floüs  reichlicher,  so dsAi 
L  nach  zwanzig  Tagen  auf  sein  Gut  zurück- 
bren  konnte  und  sioi  g&nzlich  wieder  erholt 
L    Was  würde  aus  diesem  Kranken  gewer-» 


~     «4     - 

«den  sein,  wenn  die  deutlich  als  gastrisch- 
giüligt  erscheinenden  Fieber  durch  ausleerende 
Mittel  hätten  behandelt  werden  sollen  ?  So  sehr 
bedeutend  die  Menge  China  und  Chinin  ist, 
weldie  derselbe  in  dem  Zeiträume  voii  mehre- 
ren Jahren  genommen  hat,  und  zwar  unter  Um- 
St&nden,  die  nach  den  Lehren  der  Schule  des- 
sen Anwendung  verbieten;  so  hat  dies  Mittel 
nicht  nur  gunstig  auf  den  Kräftezustand  des  da« 
mit  Behandelten  gewirkt,  sondern  es  hat  anch 
namentlich  nicht  die  germgste  störende  Einwir- 
kung auf  die  Secretionen  des  Körpers  gehabt 

Manche  Wöchnerin  habe  ich  durch  Fieber 
dieser  Art  in  einen  gefährlichen  Zustand  ver- 
ftdlen  gesehen.  Eine  junge  Frau  ver0el  nach 
ihrer  ersten  leichten  Entbindung  bei  fortgesetz- 
ten fruchtlosen  Anstrengungen,  ihr  Kind  selbst 
zu  säugen  und  dadurch  bewirkter  schmendiaf- 
ter  Entzündung  und  Eiterbildung  in  der  fttist^ 
ganz  allmählig  in  diese,  lapge  Zeit  unbeachtete, 
Intermittens ,  verbunden  mit  starkem  Husten, 
einer  so  verdächtigen  Haltung  der  Lungen  und 
einem  so  raschen  Verfall  der  Kräfte  ^  dafii  die 
Furcht  vor  Ausbildung  einer  Phthisis  setiff  be- 
gründet erscheinen  muCste,  eine  Sachlage,  die 
um  so  verzweifelter  zu  werden  drohte,  als  an- 
scheinend eine  schleichende  Darmentzändung 
mit  profusen  Ausleerungen  hinzutrat.  Als  M 
auch  hier  unter  Protest  eines  dissentirendea 
Collagen  die  China  anwenden  lie£9,  und  zwar 
China  und  das  Chinin  in  sehr  grofsen  Gabeo^ 
brachte  ich  nicht  nur  das  Fieber  mit  sraie« 
Anhange,  dem  Husten  und  der  I^aRhöe,  zum 
Schwelgen,  sondern  ich  konnte  auch  durch  die 
Anwendung  des  kalten  Seebades  die  nach  «* 
uem  Jahre  noch  zuweilen  bervortaudiende  Diar- 


—     £5     — 

riite  und  die  fibriggebliebene  SdiwSche  des 
Körpers  g&ndieh  besoitigen. 

Wunderbar  \f$x  die  Wirkung  dor  China  bei  ei- 
ner andern  nach  der  Entbindung  erkrankten  Frau. 
Diese  mit  dem  Habitus  phthisicus  bezeichnete 
Ungluddiche,  der  mehrere  Geschwister  an  der 
Lungenschwindsucht  gestorben  waren,  schon 
nach  ihrer  ersten  Entbindung  hi  die  Atria  je- 
ner sdirecklichon  Kranklieit  gelangt,  lag  nun 
in  einem  weit  vorgerückten  Stadium.  Die  b»- 
stimmten  regclrnftbigen  Erscheinungen  einer 
iieimlidien  Intormittens ,  die  taglich  eine  Inter- 
nussion,  euwoilen  nur  eine  Remission  von  sechs 
bis  acht  Stunden  machte,  bewogen  den  Haus- 
ant|  nach  unter  uns  genommener  Berathung, 
zur  Anwendung  der  China  und  dos  Chinins  in 
starHen  Gfiben,  wodurch  es  nicht  nur  gelang, 
das  Fieber,  das  alle  sechs  bis  sieben  Tage  von 
jetzt  erschien,  fast  zu  unterdrücken,  sbndern 
auch  den  Hosten  und  Auswurf  so  bedeutend  zu 
mildem  und  die  Kräfte  der  Kranken  so  zu  he- 
ben, da(s  sie  das  Bett,  bald  ihr  Haus  zukloi-^ 
nen  Spatzierg&ngen  verlassen  und  nach  eim'gen 
Monaten  eine  Reise  von  über  acht  Meilen  aub 
liand  machen  konnte.  Im  Herbste  trat  die  Phthi- 
ßiB  mit  erneuerter  Heftigkeit  hervor  und  im  näch- 
sten Januar  erlag  die  Kranke. 

//•  IntemditenUi  larvaiaef 

So  leicht  es  ist,  mit  der  Diagnose  und  The- 
rapie solcher  Zustände  ins  Klare  zu  kommen, 
wenn  Wediselepidemiecn  herrschen,  so  schwer 
ist  oft  die  Aufgabe,  wenn  diese  Fälle,  wie  seit 
Jahren ,  als  Folgekrankheiten  einer  Kpidomio 
sporadisch  vorkommen.  Kino  eigenthijmtichc 
Blässe  des  Gesichts ,  m  vielen  Fällen  eine  auf- 


_     26     — 

fallend  blasse  Zunge  ^  die  Urina  lateritia  unter- 
stützen zuweilen  die  Diagnose.  Oft  ist  aulser 
dem  periodischen  Symptom  nichts  Krankhaftes; 
der  Blick  des  Arztes  mu^hier«  wie  in  so  man- 
chen andern  Fällen ,  zu  entscheiden  wissen  über 
die  Anwendung  der  China ,  die  — •  giebt  es  un- 
umstöfsliche  Erfahmngssatze  in  der  Medizin  — 
in  solchen  Fällen  unbedingt  Hülfe  schafft^  un- 
bedingt schadet  9  wenn  ein  anderer  Krankheits- 
zustand als  eine  Intermittens  zu  Chrunde  «lieffL 
Die  Zahl  der  von  mir  beobachteten  Fllle  ist 

f 

nicht  unbedeutend.  Namentlich  habe  idi  man- 
die  Fälle  von  Gesichtsschmerz  gesehen,  dii^ 
alle  rasch  und  sicher  durch  China  gehob«i  wor- 
den, die  aber  verkannt  und  schwankend  b^. 
handelt,  sich  bald  mit  Stockungen  im  Unter- 
leibe complicirten  und  dann  eine  langwittwo 
von  der  ursprunglich  erforderlichen  ganz  ab-^. 
weichende  Behandlung  erforderten,  —  Cephai- 
laeen,  Gastrodynien,  Ohnmächten,  Herzklopfea 
des  heftigsten  Grades  mit  begleitenden  Symp- 
tomen ^  welche  eine  organische  Herzkrankheit 
furchten  lieisen.  Nur  einige  Fälle  von,  wie 
mich  dünkt,  ungewöhnlichem  Interesse  mögen 
hier  aufgeführt  werden. 

Am  28.  Februar  1837  erkrankte  eine  Frau 
von  sechszig  Jahren,  die  schon  seit  längerer  Zeit 
an  Neigung  zur  Verstopfung,  zuweilen  an  ko- 
likartigeu  Schmerzen  im  Unterleibe,  an  Flatu» 
lenz  gelitten  hatte,'  plötzlich  an  einer'  heftigen 
Kolik,  die  augenscheinlich  durch  Erkältung  ent- 
standen, nach  etwa  zwölf  Stunden  gröfisten- 
theils  gewichen  war,  so  doch,  dals  am  näch- 
sten Tage  noch  eine  gelinde  antiphlogistische 
ausleerende  Methode  nöthig  wurde.  Die  Pa- 
tientin war  dadurch  so  angegriffen,  dafs  sie,  als 
alle  Schmen&en   längst   verschwimdea  waren^ 


—   »    -p 

dolsh  das  Bett  nicht  verlasBCD  konnte ,  nnd 
fortwährend   belegter    Zunge  und  gafltrisehen 
Symptomen   durch   gelinde  ausleerende  Mittel 
beliandelt  werden  mubte.    Mit  gröfster  Behu^• 
samkeit  wurde  gegen  diesen  Zustand  mit  ge- 
linden stftrkendeu  Mittehi  verfahren,  wodurch 
sich  das  Befinden  auch  bessern  su  wollen  sdiien. 
In  der  Nacht  vom  16ten  auf  den  17ten  M&re 
wurde  ich  unerwartet  su  der  Kranken  gerufen. 
lUgungslos  lag  dieselbe  mit  entstellten  Hippo- 
kiatischen  Gesichtszügen  sorfliefsend  in  kaltem 
Schweifse,  mit  kaum  fühlbarem  Pulse,  anlGMr 
Stande  cm.  Wort  2U  sprechen  oder  ein  Glied  «i 
rühren,  —  in  einem  Zustande ,  dalk  ich,  nach 
dMi  Infbem  Habitus   der  Kranken   und  allen 
Efstbeinungen ,  den  Tod  in  der  NiÄhe  glauben 
Oiulkier.     Aeulsere  und  innere  Mittel  brschten 
die  Kranke  allmählig  so  weit,  dalii  sie  mit  der 
grölsten  Kiaflanstrcngung  angeben  konnte,  dafh 
sie  eine  Stunde  nach  dem  ersten  Schlaf  unter 
dem  Gefühl  einer  groGsen  Angst  und  bei  all- 
in&hligem  Vergehen  ihrer  Sinne,    uuter  Aus« 
1  bruch  eines  kiüten  SchweiilMss  in  den  beschrie- 
benen Zustand  verfallen  sei.     Gegen  Morgen 
hatte  die  Kranke  sich  ziemlich  erholt  und  er- 
hielt starke  Gaben  Chinin  mit  Opium.  —   Ge« 
nau  um  dieselbe  Zeit  in  der  nächsten  Nacht 
derselbe  Zufall,    die  Kranke  blieb   bis  gegen 
Morgen  mibesiiinlich ,  regungslos  in  einem  so- 
porösen  Zustande.  —  Sobald  sich  der  Zustand 
gegen  Morgen  zu  verlieren  anfing,  erhielt  die 
Pat.  zweistündlich  eine  Drachme  Pulv.  cortic. 
Peruv.,  Klystiore  von  China,   Umschläge  von 
Spir.  aromat  mit  China.    In  der  nächsten  Nacht 
ein  gelinder  Schweifs  und  ein  Anflug  einer  leich- 
ten Ohnmacht^  bei  fortgcHotztem  Gebrauche  der 
Chma  kein  neuer  Zufall;   jedoch  bedurfte  es 


—     88     — 

einer  langen  Nachkur  durch  passende  Anmei« 
mittel  und  Bader^  bevor  sich  die  Kraniale  erho- 
len konnte«  —  Die  Unterleibsbeschwerden,  an 
denen  die  Kranke  viele  Jahre  vorher  gelitten 
hatte,  gegen  die  wohl  kein  Arzt  Chinin  ver- 
sucht haben  möchte,  waren  mit  der  Krankheit 
gänzlich  geschwunden  und  haben  sich  bisher 
nur  äufserst  selten  und  gelinde  wieder  einge- 
stellt. —  Uebrigens  habe  ich  in  manchen  Fäl- 
len dieser  Art  die  Unsicherheit  des  Chinins  und 
die  sichere  Wirkung  der  China  in  Substanz 
erfahren,  und  vielleicht  erinnern  sich  manche 
meiner  academischen  Commilitonen  bei  diesw 
Gelegenheit  der  Warnung  unsers  Lehrers,  des 
unvergefslichen  Berends,  der  das  Chinin  ans 
eigener  Erfahrung  gegen  Wechseifieber  nicht 
kannte,  und  bei  der  sicheren  Wirkung  der  China 
in  Substanz  gegen  Febres  iutermittentes  eomi- 
tatas  ermahnte,  nur  dieser  zu  vertrauen,  um 
nicht  durch  Vernachlässigung  dieses  Mittels  ein 
Menschenleben  aufs  Spiel  zu  setzen. 

Ein  junges  ]||dädchen  von  15  Jahren  war 
in  seinem  dritten  Lebensjahre  von  einem  scro* 
phulösen  Knieschwamm  befallen,  und  un- 
ter unsäglichen  Leiden  bei  Jahre  lang  anhal- 
tender Entzündung  und  Eiterung  in  der  Nähe 
des  (Sclenkes  auf  wunderbare  Weise  dem  Tode 
entgangen.  Aufser  an  jener  Stelle  hatte  über- 
dies die  Dyscrasie  an  verschiedenen  Theilen 
des  Körper«  Ablagerungen  gebildet  und  Verein 
terungen  unterhalten.  Seit  einem  halben  Jahre 
waren  auch  die  letzten  eiternden  Wunden  aus- 
geheilt, und  die  so  nothwendige  Anlegung  künst- 
licher^ ableitender  Geschwüre  hatte  bei  der 
entschiedenen  Abneigung  der  Angehörigen  un- 
terbleiben müssen.  Dies  junge,  jetzt  starke 
iwd  blühende  Mädchen,   verk>r  nach  und  nach 


—     29     — 

Mino  Muhende  Gesichtsfarbe,  klajB^e  zuweilen 
über  periodische  Schmerlen  im  Kopfe  j  die  sich 
im  December  1839  und  dem  folgenden  Januar 
regelmäfsig  gleich  nach  dem  Rrwachen  einsteli- 
ien,  stärker  wurden ,  sobald  die  Pat.  ihr  Bett 
verlieb.  Daim  konnte  sie  vor  Schwindel  kaum 
gehen ,  oft  trat  eui  sehr  hcfLiges  Erbrechen  ein, 
und  dann  wälirte  der  etwas  gelindere  Kopf- 
schmenB  bis  gegen  Nachmittag.  Abends  war 
sie  Arei  und  munter.  Von  Tage  bu  Tage  wurde 
das  Mädchen  bleicher ,  der  Appetit  verminderte 
sich 9  die  Kr&fte  schwanden  so  sehr,  dafs  es 
jede  Bewegung  ängstlich  vermied  und  am  lieb- 
sten liegen  mochte.  War  es  nicht  natürlich, 
unter  diesen  Kischeinungon  an  eine  Wasserer- 
giebung  in  Cerebro  zu  denken ,  wenn  man  an- 
nahm, dab  nach  dem  Auiliören  einer  Jahre 
lang  bestandenen  Eitersocretion  in  einem  scro- 
phinfisen  Subjecte  ein  innerer  edlerer  Tlieil  der 
Ablagerungspunct  geworden  sei?  ^  Dann  war 
die  Therapie ,  aber  mit  welchem  Anscheine  von 
Erfolg  gegeben !  Wie  gefährlich  aber  war  daiui 
die  China.  Und  doch  bestimmten  mich  analoge 
FMlO)  der  Habitus  der  Kranken ,  die  Urina  la- 
teritia,  auch  diesen  Fall  durch  kräftige  Gaben 
China  su  behandeln.,  die  daim  auch  schon  nach 
wenigen  Tagen  durch  ihre  günstige  Wirkung 
die  Natur  der  Krankheit  documcntirte.  Ware 
die  Krankheit  sich  überlassen  geblieben  oder 
auf  andere  Weise  behaudelt,  so  i»t  es 
wahrscheinlich,  dafs  in  einem  solchen  Falle, 
wie  sonst  so  häufig  nach  Wechsollieborn  im 
Unterleibe  Wasseransammlungen  entstehen,  sich 
hier  dergleichen  unter  der  Uirnschaule  auHge- 
bildet  hätten,  und  wie  würde  dann  bei  schlinn 
mem  Ausgange  die  Kpicribis  das  Krgebnifs  der 
Section  beurtheilt  haben !  —  Gewifs  würde  mau 


^     30     -« 

den  Hydrops  als  Ausgang  eintr  schleichenden 
Entzündung  angesehen  haben. 

Eine  Frau,  die  in  der  Mitte  des  Novem-' 
bers  1840  entbunden  war,   erhielt  acht  Tage 
nach  ihrer  Entbindung  bei  einem  durch  Diftt- 
fehler  hervorgebrachten  gastrischen  Zustand  ein 
Bmeticnm,  worauf  sie  sich  ganz  wohl  befand« 
Nach  acht  Tagen  wurde  ich  wieder  au  dersel« 
ben  genifen  und  fand  sie  in  einem  gans  auf- 
lUlenden    Zustande.     Die   Kranke  luttte  eine 
fOrchteiliche  HerzensMigst,  ihr  Auge  einen  so 
mist&ten,  fremdartigen  Blick ,    dais  ich  schon 
«US  demselben  den  Ausbruch  eines  heftigen  De- 
liriums erwarten  durfte«    Mit  aller  Mfihe  sndite 
diese  Frau  sich  selbst  su  beruhigen ,   da  sie 
keinen  Grund  für  ihre  Angst  auffinden  konnte; 
dessen  ohngeachtet  aber  sprang  sie  alle  Au- 
genblicke ans  dem  Bett,  in  der  Absicht,  ans  dem 
Hanse  zu  fliehen,   sprach  immerwährend  von 
dem  sich  ihr  gewaltsam  aufdrängenden  €redan- 
ken,  sich  das  Leben  zu  nehmen,   und  mochte 
80  wenig  ihren  Mann  als  ihr  Kind  sehen.    Da- 
bei starkes  Herzklopfen,  einen  aufgeregten  nicht 
sehr  beschleunigten  Puls,  keine  besondere  Hitze 
des  ganzen  Körpers  oder  auch  nur  des  Kopfes. 
Am  gestrigen  Tage  sollte  ein  ähnlicher  Zustand 
Statt  gefunden  und  sich  in   der  Nacht  unter 
heftigem  Schweifse  verloren  haben.    Die  Kranke 
hatte  dann  einige  Stunden  ruhig  geschlafen,  war 
ganz  munter  erwacht ,  hatte  mit  Appetit  Etwas 
genossen ,  als  um  10  Uhr  die  Angst  von  Neuem 
eintrat    Ich  verordnete  ein  temperirendes  Mit^ 
tel,  jedoch  am  folgenden  Morgen,    als  nach 
mehrstündigem  ruhigem  Schlafe  und  Schweißig 
unter  mehrmaligem  Gähnen  und  Ziehen  im  Buk« 
ken  der  Zufall  sich  wieder  einstellte,   eine  die 
aufgeregte  Kranke  aufscrordentlich  beruhigende 


—     31     — 

Xifldiiuig  aus  Tinct  Opii  mit  Spir.  sulph.  aeth., 
und  sogleich  mit  Eintritt  des  Schweifses  Chi- 
nin wahrend  der  ganzen  Nacht  zu  nehmen^  Wo- 
doreh  dieselbe  für  den  folgenden  Tag  ganz  frei 
bUeb,  und  bei  dessen  Fortgebrauch  sich  bald 
ginslieh  erholte. 

Ein  fünfzigjähriger^  corpulenter  Herr  mit 
Habitus  apoplecücas,  der  eine  kräftige  nahr- 
hafte Di&t  führt,  seit  Jahren  an  heftigen  Au- 
genentsändungen,  flechtenartiger  Rothe  des  Ge- 
nidit68  und  an  manchen  rheumatischen  Be- 
sdiwarden  leidet,  Zustände,  gegen  die  er  jähr- 
lieh prophylactische  Aderlässe,  Sdiropfkopfe  und 
Blutegel  anzuwenden  gewöhnt  ist,  wurde  schon 
seit  Jahren  hin  uud  wieder  von  einem  schwin« 
dolartjgen  Zufalle  helmgesucht,  der  in  uuregel- 
■ilsiffen  Zwischenräumen  wiederkehrend  unter 
den  Gefühle,  als  ziehe  sich  ein  festes  Band  um 
■eine  Stirn,  ihn  plötzlich  befällt.  Der  Ergriffene 
mnkt  in  einen  ohnmächtigen  Zustand  mit  fast 
ginzlicher  Aufhebung  des  Bewufstseins,  kommt 
aber  sehr  rasch  nach  Anwendung  fluchtiger 
Biechmitlel  wieder  zu  sich,  mit  dem  nachblei- 
benden Gefühle  grofser  Ermattung  und  Ab- 
spannung. Eingenommen  gegen  ärztlidie  Hälfii- 
luisüingen,  und  stets  von  der  Ueberzeugung  ei- 
baldigen  Todes  durchdrungen,  versclunä- 
er  jede  ArzneL  Im  December  war  er  aber^ 
Bebrwochentlicher  Abwesenheit  von  Hause, 
mandier  unangenehmen  Gemäthsbewcgung 
gelieffui|  und  kehrte  so  elend  zurück,  dafser 
■ieh  sdur  nach  ärztlicher  Hülfe  sehnte.  Zum 
Ktodnecken  veiftndert  fand  ich  diesen  Mann.  — 
AvflUlend  abgemagert,  hatte  er  keinen  Appe- 
lit|  eine  gelbe  Gesiehtsfarbo  und  eine  so  hef- 
tig Angenentsnndung,  dals  die  von  einem  blul- 
üümn  GeA^vnlste  umschlossene,  trübe  Cor-. 


—     38     — 

nea^  seit  der  vierw5chentlichen   Abwesenheit 
des  Patienten,  zwei  Flecke  bekommen  hatte. 
Dabei  fröstelte  der  Kranke  häufig,   schlief  sehr 
unruhig,    war  im  höchsten  Grade  mifismuthig 
nnd  verstinmit,  und  litt  öfter  als  je  an  dem  vor- 
übergehenden Schwindel.     Nach    Feststellnng 
und  Einleitung  einer  strengen  Diät  erhielt  der 
Kranke  ein  Emeticum,  intercurrent  Blutegel  in  . 
der  Schläfengegend    (einen  Aderlais  hatte  er 
wie  gewöhnlich  sich  selbst  verordnet)  und  un- 
ausgesetzt abfuhrende  Mittel«    So  war  nach  drei 
Wochen  das  Auge  merkUch  gebessert,   aber 
dieselbe   Verstimmung,    dieselbe   cachectische 
Gesichtsfarbe,   fortwärendes  Frösteki,  Unbe-* 
haglichkeit,  unruhiger  Schlaf  und  fast  regel- 
mlUbig  an  jedem  Tage  ein  Anfall  von  Schwin- 
del.   Als  mir  nun  plötzlich  bei  der  regelnia(si-r 
gen  Wiederkehr  des  AnÜEÜIes  in  den  Naöhmit-^ 
tagsstunden  zwischen  3  und  4  Uhr  (die  Um-« 
gebnng  und  der  Patient  erinnern  sich  auf  mein 
Befragen  9    daä  seit  Jahren   dieser  Zufall  nie 
des  Morgens,  sondern  stets  in  den  Nachmit- 
tagsstunden erschienen  sei) ,  in  Verbindung  mit 
dem  ganzen  Habitus  der  Krankheit  die  Natur 
einer  Intermittens  larvata  vorschwebte,  griff  ich, 
obgleich  in  diesem  Falle  Alles  die  China  zu 
contraindiciren  schien,  doch  sogleich  ssü  diesem 
Mittel,  dessen  gute  Wirkung  unmittelbar  folgte^ 
indem  nicht  nur  am  folgenden  Tage  der  Schwin- 
del ausblieb  und  bis  heute,   nach  vollen  acht 
Wodien ,  auch  nicht  ein  Mal  wiedergekehrt  ist, 
sondern  der  Kranke  hatte  nach  vierundzwan- 
zigständigem  Gebrauch  der  China  seit  einem 
Monate  zum  ersten  Male  warme  Hände  ^  da  sie 
sonst  immer  kalt  und   feucht  waren.     Leider! 
hat^  obgleich  der  Körper  sich  verhäitnllsmäfsig 
wieder  recht  erholt  hat>  das  Auge  fast  ganz 


-     83     -- 

gut  ist  y  doch  der  Gesammt£ust«nd  sich  nicht  aa 
gänzlich  gebessert ,  als  bei  fortgesetztem  Ge- 
brauche der  China  —  wozu  der  Kranke  nicht 
länger  aiu  bewegen  war  —  gewifs  der  Fall  ge- 
wesen wäre.  Wie  mancher,  dem bcschricbcneD 
ähnliche,  Krankheitsziisland  ist  von  jedem  be- 
schäFügteu  Arzte  |>lücklicli  durch  cinf^reifonde 
brastlca  behandelt?  —  und  die  Behandlung  ei« 
ues  solchen  Falles  durch  China  würde  roan^ 
chen  Arzt^  der  nicht  sehen  kann^  oder  nicht  se« 
hen  will,  wie  merkwürdig  die  durch  Witten 
rungsconstitution  bedingten  Veränderungen  in 
dem  Charakter  der  Krankheiten  sind,  und  wie 
viel  mehr  Gewinn  die  Therapie  iil  einzelheb 
Fällen  von  der  genauen  Beachtung  solcher  Vet- 
änderuttgen  der  Krankheiten,  als  oft  von  dta 
glähzendsten  pathologischen  Wahrheiten  und 
Dichtungen  über  Krankheiten  ziehen  kandi  — 
hier  den  krassesten  obsoleten  Brownianismus  ha« 
beu  finden  lassen !  —  Die  Iblgeddeu  Fällö  dtt- 
tiren  aus  derselben  Zeit. 

Eitie  Dame  im  Anfange  der  DrdUsigei^  die 
oft  und  stark  an  rheumatischen  Schmerzen,  na- 
mentlich des  Gesichtes,  leidet,  wurde  im  An- 
fimge  des  Decembers  von  einem  heftigen 
Schmerz  in  der  Lumbargegend,  der  hach  den  be- 

f  leitenden  Symptomen  von  einer  PsQitis  herrührte, 
efallcn^  diö  Schmerzen,  so  heftig,  dafs  sie  oe- 
teris  päribus  zu  allgemeinen  lind  firtlich^n  Blut- 
entziehungen bestimmt  hätten,  entstahden  re- 
gelmäfsig  am  Nachmittage  und  währten  bis  in 
die  Nacht.  In  Folge  derselben  war  die  über- 
haupt sehr  lebhafte  Kranke  so  aufgeregt,  dafs 
me  nAch  mehrered  schlaflos  zugebrachten  Näch- 
ten bei  offnen  Augen  beunruhigende  Bilder  sah, 
und  nur  noch  mit  der  gröfsten  Anstrengung  die 
f^rscheinondeu    Spuren    eines   Deliriums  untere 

Jouni.XCni.Rd.2.St.  C 


»     34     ~ 

drücken  konnte.  Die  sofortige  Anwendung  der 
China  hob  augenblicklich  den  Zustand,  der  schon 
acht  Tage  oluie  ärztliche  Aufsicht  gewährt  hatte. 

Die  beiden  Töchter  dieser  Frau,  resp.  von 
dreizehn  und  vierzehn  Jahren,  litten  nicht  lange 
nachher  einen  Tag  um  den  andern  an  Ko^- 
schmerzen  mit  Erbrechen,  phne  dagegen  Etwas 
zu  gebrauchen.  Als  am  10.  Februar  die  jfin- 
gere  während  eines  solchen  Schmerzes  in  einen 
wahrhaft  eataleptischen  Zustand  verfiel ,  ver» 
hütete  die  China  jeden  fernem  RückfalL 

Interessant  ist  folgende  Beobachtung*  Ein 
vierjähriges «  sehr  liebliches  Kind ,  stets  gesund, 
erwacht  in  der  Nacht,  weint  und  schreit  hef- 
tig und  spricht  eine  greise  Angst  aus  über  g^ 
spensterhafte  Gesichter,  die  ihr  von  allen  A»- 
tcn  im  Zimmer  erschienen.  Diese  Scene  wie- 
derholt sich  um  dieselbe  Zeit  allmählich  und  so 
heftig ,  dais  das  sonst  do  fromme  und  toliige 
Kind  nicht  im  Bette  zu  halten  ist,  bis  es  nach 
der  gröfsten  Angst  nach  Verlauf  einiger  Stun- 
den unter  starkem  Schweilse  in  S<älaf  ver- 
{«illt  —  Während  des  Tages  nicht  die  gering- 
ste Spur  von  Unwohlsein.  —  Als  ich,  naohdea 
die  Anfalle  sich  sechsmal  wiederholt  hatten,  die 
Kleine  sah,  erhielt  dieselbe  10  Gran  Cluniii, 
auf  welche  die  ruhigste  Nacht  folgte,  ohnedilb 
bisher  auch  nur  der  geringste  Zufall  der  Art 
wieder  eingetreten  wäre. 


Ich  schliefse  diese  Mittheilungen  mit  dtf 
Bemerkung,  dafs  sich  seit  dem  Januar  diesd    ' 
Jahres  die  Fälle  der  heimlichen  Intermittantes 
80  wie  der  larvirten  Form  zu  mehren  adieineft 


—     85     — 

Tn  Folge  einos  allgemein  verbreitet  gewesenen 
CatarrhQlflebers  treten  diese  Ziist&nde  ein  und 
erachöpren  die  Ergrifleneny  wenn  niciit  gleich 
die  China  angewandt  lyivAy  so  sehr,  dal's  aio 
sich  sehr  langsam  erholen.  la  einem  Falle  ent- 
standen bei  einem  jungen  fünfzehnjährigen,  kräf- 
tigen Mädchen  y  in  Folge  des  Fiebers ,  bei  im« 
raer  gröfsercr  Schwäche ,  Pctccliien.  Tödtlich 
wurde*  die  Krankheit  bei  einem  Anifxigj&hrigen, 
robusten  Landroann,  der  von  dem  Calarrhalfie- 
ber  mit  den  dasselbe  in  allen  dicHcn  Fällen  beglel- 
tendeu  angiiiösen  Beschwerden  crgrifTen^  von 
Acinem  Arste  zweimal  zur  Ader  gelassen  war. 
Beim  Veivchwinden  der  ratarrhulischen  Zufdlie 
blieb  die  heimliche  Intcrmiitcns^  ohne  dab  die-* 
selbe  erkannt  und  in  ihrer  Bedeutung  gewuiw 
digt  wäre«  Als  ich  am  tochszehnten  Tage  der 
Krankheit  den  Befallenen  sah,  erkannte  ich  so* 
fort  eine  duplicata  mit  den  noch  deutlichsten 
Intorroissionen ,  während  welcher  derselbe  bei 
vollkommner  Besinnung  über  sein  Befinden  mit 
Klarheit  sprechen  konnte«  Unter  vielen ,  den 
schlimmen  Ausgang  vcrkfaidendcn  SymptomeUi 
war  auch  eine  den  ganzen  Schenkel  ergreilende 
schmerzhafte  erysipelatöse  Entzündung.  Die 
China  achien  im  Anfange  auch  hier  nicht  ihre 
Dienste  versagen  zu  wollen,  aber  nach  acht 
Tagen  erlag  der  Kranke,  vielleicht  weil  die 
Gaben  der  China  nicht  grofs  genug,  denn  lei- 
der gab  ich  sie  nur  in  der  kurzen  Intermission 
drachmenweise  pro  dosi,  da  doch  Torti  (aber 
wer  denkt  in  jetziger  Zeit  noch  an  Torti !)  mit 
seinen  halben  Unzen  pro  dosi  mir  hätte  zum 
Uaster  dienen  sollen! 

Eben  so  habe  ich  in  einer  Familie,  deren 
vier  Töchter  vom  Scharlach  befallen,  nicht  nur 
die  heimliche  Intermittens  nach  normalem  Ver- 

C  2 


-     85    - 

schmndeii  des  AüsflM^hlags  (wie  bc^i  der  Dämd 
Sil8)  bei  dreien  dersell^n  beobachtet;  sondern 
die  vierte^  ein  Kind  von  sieben  Jahren >  erlitt 
am  dritten  Tage  nach  der  Eniption  des  Aus- 
schlages den  ersten  Anfall  um  Mittag ,  dessen 
Ende  mit  starkem  Schweifse  in  der  Nacht  er^ 
folgte,  und  nach  einem  freien  durchaus  guten 
Befinden  am  nächsten  Mittag  den  zweiten  mit 
dem  heftigsten  Kopfschmerz  ^  bald  mit  tJnbe-> 
Sinnlichkeit  und  Irrereden  und  einer  Menge  sehr 
beunruhigender  Symptome.  Noch  in  derselben 
Nacht  wurde  die  China  gegeben  m^t  dem  et^ 
warteten  gänstigen  Erfolg ;  wie  würde  derselbe 
gewesen  sein,  Wenn  hier  die  Annahme  einer 
Gehirnentzündung,  woßir  die  Bjrmptome  deut« 
lieh  sprachen,  dieBehandlung  bestimmt  hätte?  — 


-^   a?    — 


IL 

Zur 

Oeschiolite,  Pathologie  und  The^ 
rapie  des  Wecluielfieberli, 

Von 

Dr.  Berubard  Rilter^ 

ynjkU  Ante  lu  R^Uenbarg  tm  Neckar,  im  Könlgcrioli 

MfUrtemberg. 


(FortieUong.     S,  von  St  8.  3») 


y      8.  Nächstf  Ursache  c{ej  Wichselfifher»» 

MßtM,  Wesen  dos  Wechselfiobers  hat  von  Awk 
Utesten  Zeilen  bis  auf  uns  den  Forsohungsceist 
der  Aente  vielfältig  beschäftigt  y  und  dodi  kön- 
nen wir  uns  bis  heute  noch  nioht  rühmen,  das- 
selbe gehörig  erfaüit  su  haben.  Hipp&kraies 
leitete  die  dit&gigen  Fieber  und  die  dreitägi- 
gen von  in  eu  grofser  Menge  in  die  ersten 
Wege  ergossener  Galle  ab,  und  schrieb  das 
vierUgtge  der  schwanen  Galle  su.  BiokUs 
legte  das  Vorhandensein  von  in  den  ernten  We- 
gen angesammelten  Säften  sum  Grunde ;  Askle^ 
piadfs    besehuM^te    Unterleibaverstopfimgei^; 


—     38     — 

Galen  nnd  seine  Anhänger  verlegten  den  Sits 
der  Krankheit  in  den  Magen,  das  Gekröse  und 
die  Gedärme;  FerneliuSy  Th.  Bartholin ^  Baillou, 
Deshois  beschränken  denselben  auf  den  Zwölf- 
fingerdarm und  die  Leber ,  während  Höffmanny 
Fizesy  Haxhanty  SenaCj  Medicus  ihn  auf  allo 
Eingeweide  des  Unterleibes  ausdehnen,  weil  sie 
dieselben  bei  der  Leichenöffnung  mehr  oder  we- 
niger krankhaft  verändert  gefunden  haben ;  Syl* 
viusy  Dippely  Trnkay  Stoll  u.  A,  nehmen  eine 
Schärfe,  eine  Verdickung  der  Galle  und  des 
Bauchspeioheldrüsensaftes  an;  van  Swieten  be- 
schuldigt eine  gewisse  periodische  Verstinn- 
mung  des  Nervensystems;  Brown  Asthenie; 
Cuüen  Atonie  und  Krampf  der  MuskeUasem; 
Marcus  glaubt,  dais  das  Wesen  der  Wechsel- 
fieber in  einem  entzündlichen  Znstand  der  Lymph- 
gefäbe;  Broussais  in  einer  Entzündung  der  Ma- 
genschleimhaut; Sprengel  in  verhinderter  Zulei- 
tung und  Verbrauch  von  Imponderabilien  im 
splanohnischen  System;  Baumgärtner  im  Gang* 
liensystcm;  Hüdenbrand  im  reprodactiven  Sy- 
stem begründet  sei  u.  s.  w.  Von  diesen  Hy« 
pothesen  wollen  wir  einige  einer  besondera  Er-f 
örterung  würdigen  und  noch  einige  andere  hin* 
sufugen, 

a)  Broussais'  Theorie.  Unter  allen  Schrift- 
stellern, welche  den  Sitz  des  Wecbselfiebem 
in  die  Verdauungsorgane  gelegt  haben,  ist 
Broussais^  derjenige,  welcher  diese  BehauptUQg 
auf  eine  gröfsere  Zahl  von  Beweisen  zu  stütsen 
gesucht  hku  Nach  der  Ansicht  dieses  Sdirift- 
steilere  ist  das  Wechselfieber  eine  periodiaoks 
Magendarmentzündung.  Er  nimmt  aufseidefll 
an ,  dalis  das  Gehirn  und  die  andern  Eingewetde 
sympathiscb,  sowie  in  den  anhaltenden  Fieben 
gereist  sind,  und  der  Haupftuts  der  Reinnf 


ii'0iden  kdonen.  Er  stfilat  diese  Behauptung 
auf  folgende  Satse :  1)  Pinel  hält  die  gewöhn- 
lichen Wechaelfieber  für  gana  gleicher  Natur 
mit  den  wesentlichen,  und  durch  diese  scharf- 
sinnige Zusammenstellung  hat  er  die  Entdeckung 
ihres  Sitsos  vorbereitet.  S)  Die  meisten  Schrift- 
steller verlegen  einstimmig  den  8it2  ie%  Wech- 
selftebers  in  die  Verdauungsorgane  und  ihre 
Anhinge.  8)  Man  sieht  oft  Wechselfieber  bi- 
lifis«  «lynamiseh  und  anhaltend  werden ,  und 
umgekehrt  gallige  und  schleimige  Fieber  sich 
in  periodische  umwandeln.  4)  Die  meisten  deri 
voa  den  Schriftstellern  für  die  Wcchselfleber 
angegebenen  Ursachen  wirken  direct  oder  sym- 
pathisch auf  den  Magen.  5)  Ein  Wechsel- 
flebeimufall  bietet  alle  Erscheinungen  eines  an- 
Iwltenden  Fiebers  dar.  6)  Die  Anorexie,  der 
Widerwille  vor  den  Speisen,  die  Neigung lom 
Erbrechen,  die  Empfindlichkeit  ond  manchmal 
der  Schmers  im  Epigastrlum  sind  die  Vorl&ufiBr 
des  Anfalles.  Diese  niimlicheu  Symptome,  so- 
wie Ibmer  der  Durst,  die  Hdthe  der  Zunge^ 
die  Abneigung  vor  reizenden  Getränken,  das 
Verlangen  nach  kalten  und  wftsserigen,  und 
manchmal  das  Erbrechen,  finden  während  der 
Periode  der  Hitze  Statt,  und  sind  dieses  be« 
kanntlich  die  Symptome  der  MagendarmentEun- 
düng.  7)  Die  Praktiker  haben  die  Nothwen- 
digkeit  der  antiphlogistischen  Mittel  und  die  G»« 
fihr  der  reizenden,  während  des  Anfalls,  a»- 
eikannt  8)  Sie  haben  ebenfalls  gefunden,  datb 
die  China,  wenn  sie  verordnet  wurde,  bevov 
man  die  Kranken  auf  eine  strenge  Diät  gesetsi 
und  sie  einige  Zeitlang  einer  antiphlogistisohen 
Behandlung  unterworfen  hatte,  sehr  dl  die 
Krankheit  verachlimmerte,  das  Fieber  anhaltend 
machte ,   indem  ^s  manchmal  dadurch  in  den 


—     40     — 

« 
■ 

^dynamischen   und  atactischen  Zustand  über* 

S*  lg.  Broussais  versichert  ssu  gleicher  Zeit, 
b  er  oft  diese  Zufälle  in  Spanien  und  Ita- 
lien, wo  er  diese  Wechselfieber  gleich  von 
ihrem  Beginne  an  mit  Tart  emet.  und  der 
China  angrifi^,  beobachtet  hat  9)  Eine  grolse 
Menge  Wechselfieber  lassen,  wenn  sie  durch 
die  stimulirenden  Mittel  behandelt  worden  sind, 
und  vorzüglich  wenn  man  die  oben  angegebe- 
neu Vorsichtsmaalsregehi  nicht  angewendet'hat, 
Pyspepsien,  Hypochoodrieen  und  andere  krank- 
jiafto  Erscheinungen ,  die  bekanntlich  der  chro- 
nischen Gastritis  angehören,  und  chronische  Le- 
berentBündungen,  die  immer  auch  an  diese  lets- 
tere  gebunden  sind,  aurfick.  10)  Eine  grobe 
MenffoWeohselfieber,  nach  Broussais  die  Hüfte, 
werden  durch  Blutentziehungen  im  Epigastrium, 
durch  Diät  und  kählende  Getränke  besritigt 
}1)  Da  nun  die  IntenAission  der  Reizung  und 
die  vollkommene  Identität  der  anhaltenden  Fie- 
ber mit  den  intermittironden  därgethan  ist,  so 
geht  daraus  nothwendig  hervor,  dals,  da  die  ge- 
wöhnlichen wesentlichen  Fieber  Magendarment- 
zündungen sind,  die  Wechselfieber  dadurch  auch 
zu  intermittironden  Magen  darmentzündungen  wer- 
den. 12)  So  wie  die  Reizung  aller  Organe  ein 
anhaltendes  Fieber  veranlassen  kann,  so  kann 
sie  auch  ein  einfaches  oder  ein  bösartiges  in- 
termittirendes  Fieber  hervorrufen;  es  ist  aber 
constant,  dafs  der  Magen  sehr  oft  an  der  Rei* 
zung  Theil  nimmt.  13)  Man  darf  sich  nicht 
wunderp,  dafs  die  Magendarmentzüudung  öfter 
unter  dem  intermittirenden  Typus  Statt  finde^ 
als  die  andern  Reizungen,  weil  sie  unter  allen 
Entzündungen  die  häufigste  und  der  Magen  ei- 
nes von  denjenigen  Organen  ist^  die  der  Intermis- 


■ .» 


—      41      — 

sion'  ihrer  Thatigkoit  im  gesunden  Zustaade 
am  meisten  ausgesetst  sind^  und  daCs  übrigens 
die  meisten  von  den  erzeugenden  Ursachen  der 
Wechselfieber  auf  dieses  Eingeweide  einwirken. 
—  Durch  diese  Sätze,  welche  Irrthümer,  Wider- 
spruche und  Wahriieitcn  bunt  durcheinander  ge- 
worfen enthalten  9  glaubt  Aro//55ai5  die  Existenz 
dos  Wechselfiebers  nach  seinem  System,  welches 
ein  Anstofs  für  dasselbe  war,  begründet  eu 
haben. 

6)  Piorry's  Theorie  *).  P.  stellte  in  neue- 
rer Zeit  über  das  Wesen  des  Wechselfiebeis 
interessante  Untersuchungen  an ,  welche  wir  im 
Wesentlichen  hier  roittheilen  wollen.  Er  legt 
siebenundzwanzig  Beobachtungen  von  Wechsel- 
fiebern  seinen  Untersuchungeä  zum  Grunde,  und 
stellt  die  Resultate  seiner  Beobachtungen  in  der 
Beantwortung  folgender  neun  Fragen  zusammen: 

1)  Welcher  Natur  ist  die  Anschwellung 
der  Milz  in  den  Wechselfiehern'i  Sie  besteht 
in  einer  Blutcongestion  des  Organs.  Dieses  hat 
etwas  Eigenthümlichcs,  was  ohne  Zweifel  von 
der  anatomischen  BeschafTeiihcit  der  Milz  her- 
rührt. Wohl  findet  man  zuweilen,  in  Folge  al- 
ter Wechselfieber,  organische  Störungen  der 
Milz;  allein  dieses  zeigt  sich  in  allen  Geweben, 
welche  lange  Zeit  einer  Congcation  ausgesetzt 
waren.  Blutentleerungon  und  Diät  vermindern 
sehr  schnell  eine  angeschwollene  Leber;  diese 
Mittel  aber  haben  gar  keinen  Einflufs  auf  den 
Umfang  der  Milz,  und  das  Chinin,  welches  gar 
keine  Wirkung  auf  die  Lober  hat,  äufscrteine 

I)  Memoire  lur  fetat  de  la  rate  danii  lus  ficvrei  inter- 
miUentes.  Pur.  1833.  —  ScAifttdl'«  Ji^lirli.  Dd*  (, 
Hft.  1.  8.  135  if. 


—     4S     — 

1 

sehr  auffallende  auf  die  Milz.  8)  Durch  weU 
tfhts  Hülfsmiitel  läfst  sich  die  Anschwellung  der 
ü/üiU  'erkennen  i  Piorry  empfiehlt  zu  diesem 
Zwecke  die  Perkussioa  mittelst  einer  Elfenbein« 
platte.  Die  Untersuchung  mittelst  der  Finger 
ist  sehr  unzureichend  zur  Beurtheilung  des 
Durchmessers  der  Milz;  sie  lälst  das  Hervor« 
lagen  ihres  Umfanges  unter  den  Rippen  erken* 
Den,  gibt  aber  keine  Auskunft  fiber  die  Dicke 
des  Organs.  -  3)  Ist  die  Anschwellung  der  Milz 
in  den  fVechselfiehern  beständig^  Unter  den  sie- 
benundzwanzig angeführten  Fällen  war  in  zwei- 
und  zwanzig  FöUen  die  Milz  hypertrophisch^  in 
einem  krankhaft  ohne  Hypertronhie ;  indreiFäl* 
len  fanden  sich  Krankheiten  der  Mite  benaeh» 
barter  Organe  und  Wechselfieber.  Demnach 
möchte  es  scheinen ,  dals  alle  regelmälsige^nnd 
einfache  Wechselfieber  mit  einem  Leiden  der 
Milz  eusammenfielen.  4)  Geht  die  Anschwü» 
lung  der  Milz  dem  fVechselfieher  voraus  y  fre- 
gleitet  sie  dasselbe  ^  oder  folgt  sie  ihm  nacA? 
Ist  schwierig  zu  beantworten ,  da  in  derRegd 
der  Arzt  selten  gerufen  wird,  bevor  sich  das 
Fieber  entwickelt  hat.  In  einem  Falle  beob- 
achtete man  sie  vom  vierten  Anfalle,,  in  swei 
andern  vom  achten  Tage,  und  in  noch  swei 
andern  vom  zehnten  Tage  an;  hier  hatte  die 
Milz  bereits  ein  solches  Volumen  erlangt,  als 
das,  welches  sie  in  Folge  alter  Fieber  hatte. 
Es  lälist  sich  daher  glauben,  dals  das  Organ, 
von  den  ersten  Anfällen  des  Wechselfieben 
au  hypertrophisch  ist  Bei  mehreren  der  äuge« 
führten  Kranken  beobachtete  man  vor  dem  Bin«» 
tritte  des  Fiebers  während  einiger  Tage  Un- 
wohlsein, und  in  gewissen  Fällen  Schmerzen 
in  der  linken  Seite.  Sicher  ist ,  daÜB  das  Fie- 
ber weichen  und  die  Auschwellung  nicht  Uofii 


—     43     — 

Tage,  sondern  Monate,  selbst  Jahre  lang  fort» 
bestehen  kann.  Hieraus  liofiio  sich  schlieben^ 
dals  die  Mils  nicht  die  Ursache  der  Krankheit 
sei.  Man  mufs  jedoch  berücksichtigen,  dab 
bei  Personen,  die  eine  gröfso  Milz  haben, 
sehr  eil  des  Abends  Frost  vorkommt,  dalii 
diese  Kranken  den  Teint  der  mit  WecbseJfie- 
her  behafteten  Personen  behalten  und  häufig 
Rückfalle  haben.  6)  Entspricht  die  AnschiveU 
hmg  der  WliU  Fiebern  von  dem  oder  jenem  Ty^ 
pus?  Ist  die  Leber  mehr  in  der  Tertiana  afß^ 
cirt^  In  den  angerührten  Fällen  hatte  der  Ty« 
pus  des  Fiebers  keinen  BiuHurs  auf  die  An- 
schwellung der  MÜB.  Die  Hypertrophie  Eeigt# 
sieh  sowohl  in  der  Tertiana ,  als  (^uotidiana  und 
Quartana.  Die  Leber  kann  nur  in  Folge  der 
Wechselfieber  anschwellen,  aber  keineswegs 
als  beständig  und  in  Beziehung  mit  dem  Fie- 
ber augesehen  werden.  6)  IFeiches  ist  die  Na* 
tur  der  H^echselßeber^  Die  Periodicität  UUst 
an  ein  Mitleiden  der  Nerven 'im  Wechselfleber 
glauben.  Was  ist  aber  die  Ursache  der  An- 
fälle? Wir  haben  zwei  Hcihcn  von  Thatsa- 
chen:  a)  eine  Hypertrophie  der  Milz,  die  sich 
nicht  bezweifeln  lälst,  da  sie  physische  UuUsi« 
mittel  constaliren;  —  6)  eine  Umänderung  des 
Blutes  (eine  Entfärbung  desselben ,  fast  wie  bei 
der  Chlorose),  welche  ebenso  uiibozweifelt  wäh- 
rend der  Dauer  der  Krankheit  besteht.  Wel- 
cher von  beiden  Zuständen  geht  aber  voraus? 
Hier  fehlen  Thatsachen,  und  es  bedarf  neuer 
Forschungen  mitU^lst  der  Perkussion.  Es  iäfst 
sich  diese  Frage  daher  nicht  beantworten.  Mdcb* 
ten  Aerzte,«die  in  Gegenden  practiciren,  wa 
Wechselfieber  epidcmisdi  herrschen,  dieses  zur 
Autklärung  des  Gegenstandes  thun !  Man  könnte 
sagen ,  dab  die  Sumpimiasmen  zuerst  auf  das 


—     44     — 

«  < 

Blut  wirkten,  um  Fieber  zu  eraseugen;  allein 
eben  so  gut  könnte  auch  die  Wirkung  auf  das 
Nervensystem  gelien.  Man  könnte  die  prompte 
Wirkung  von  China  durch  die  ven  ihr  herbei- 
geführte Umwandlung  des  Blutes  erklären;  al- 
lein auch  die  Neuralgieen,  wo  sicher  das  Blut 
nicht  verändert  ist ,  weichen  suweilen  der  China. 
Und  wie  kann*  man  glauben,  dalüs  eine  Verän^ 
derung  des  Blutes  die  Fieberanfalle  verursache, 
wenn  man  sieht,  daCs  das  Binden  von  Glied- 
malsen,  oder  ebenso  einfache  Mittel,  die  auf 
das  Nervensystem  wirken,  das  Fieber  schnell 
unterdräcken  ?  —  Alles,  was  sich  sagen  läfist  ist : 
dafs  die  Hypertrophie  der  Milz  zuweilen  ohne  Fie* 
berdaist;  dafs  das  regehnäisige,  einfache  Wedi- 
selfieber  nie  ohne  diesa vorkommt;  dafs  die gimo«- 
liehe  Farbe  der  Haut  sich  nie  verliert,  so  lange 
die  Milz  angeschwollen  bleibt,  und  verschwind 
det,  sobald  sie  zu  ihrem  normalen  Umfange  zu- 
rückkehrt Dieses  giebt  wenigstens  einiges 
Licht  7}  Ist  das  Wechsel/leb  er  eine  einfkche^ 
"besondere  Affeciiony  oder  gehört  es  zu  verschie^ 
denen  Fiebern?  Nach  den  Erfahrungen  JKor- 
ry*3  ist  nicht  anzunehmen,  dafs  die  Wechsel* 
fieber  denjenigen  Krankheiten  analog  sind,  wel- 
che die  Pathologen  unter  dem  Namen  „schlei- 
mige, gallige"  Fieber  u.  s.  w.  aufgezeichnet 
haben,  nie  hat  er  in  diesen  Hypertrophieeil  der 
Milz  gesehen,  welche  in  den  Wechselfiebem 
constant  sind.  8)  fVelche  Mittel  sind  anzu- 
wenden  y  um  die  Hypertrophie  der  Milz  zu  6e- 
kämpfen?  Aderlafs  leistete  iu  Fällen  von  Hy«> 
pertrophio  der  Milz,  welche  Piorry  beobachtete, 
nie  eine  schnelle  Wirkung  auf  das  Volumen 
des  Organs,  wohl  aber  Chinin.  Die  angefühlt 
ten  Fälle  bestätigen  dieses.  Zuweilen  vermin- 
vderte  sich  die  Anschwellung  der  Milz  schon  in 


—     45     — 

vietnndswanKig  Stunden.  In  manchen  F&llea 
reichten  mäbige  Gaben  dieses  Mittels  hni;  an« 
dera  Male  mniste  es  in  sehr  grofsen  Dosen  g9^ 
reicht  werden.  Im  Allgemeinen  miifs  das  Chi« 
nin  y  bei  Hypertrophie  der  Milas  y  sehr  stark  ge-^ 
geben  werden^  man  kann  es  ohne  Furcht  su 
16  bis  80  Gran  reichen ,  und  selbst  bis  auf 
80  Gran  steigen.  In  einem  Falle  hat  ein  Kran* 
ker,  aus  Versehen^  216  Gran  genommen,  ohne 
irgend  einen  Nachtheil.  Es  bedarf  vor  der  An« 
Wendung  des  Chinins  keiner  Ausleerung;  Piorry 
hat  keinen  einzigen  Fall  gesehen ,  wo  das  Fie- 
ber nicht  sogleidi  dem  Chinin  gewichen  wäre, 
ohne  ausleerende  Mittel  vorangoschickt  zw  lia« 
beui  Dr.  Vaidy  will  sogar  gesehen  haben,  dafs 
solche  Kranke,  welche  aurch  das  Chinin  geheilt 
waren  j  durch  ausleerende  Mittel ,  welche  andere 
Aerate  verordnet  hatten,  Rückfälle  bekamen. 
9)  Kann  ein  JFechselfieber  ali  geheilt  an- 
gesthifn  werden  f  so  lange  die  Milz  hyperiro» 
phisch  bleibt  1  Nach  den  gemachten  Beobach« 
tungen  darf  man  das  Chinin ,  wenn  die  Fieber^ 
anfille  beseitigt  sind,  nicht  aussetsen,  im  Oo« 
gentheil  mufs  damit  fortgefahren  und  selbst  die 
Dosen  vermehrt  werden,  wenn  die  Hypertro- 
phie der  Hils  fortdauert.  Durch  dieses  Heil- 
verfahren macht  man  die  Heilung  sicherer  und 
verhütet  sowohl  Hückfälle,  als  die  schweren 
chronischen  Störungen,  deren  Silx  die  Mils 
werden  kann. 

Seitdem  dieser  Punkt  in  der  Pathologie  dos 
Wechselflebers  in  Anregung  gebracht  wurde, 
wurde  er  mchrfallig  aufgegriH'en  und  wiodor 
9sur  Sprache  gebracht.  Mo  macht  Dr.  jiudnw^ 
ard  * )   die  Prioriiät  in  BcKUg  auf   die  AuHicht 

')  G:iz.  inöci.  de  I*ari»  No.  48.   1834.   —     Sihmitlf't 
Jalirb.  Ud.  VII.  Ilft.  1.  S.  5e. 


-  :te   - 

geltend,  nach  welcher  man  die  Blatkongeation, 
die  sich  in  der  Milz  bildet,  als  die  von  WochseU 
fiebem  onzertrennliehe  physiologische  Störung 
ansehen  müsse,  welche,  wenn  sie  einen  hohen 
Grad  erreicht »  dieselben  gefahrlich  und  tddtlich 
mache,. dafs  folglich  die  Blutkongestion  die  Ursa- 
che des  Wechselfiebers  sei.  —  Femer  verbreitet 
sich  auch  Nonat^')  über  den  Antheil  der;  Mite 
am  Wechselfieber  und  spricht  sich  hierüber  foi- 
gendermafsen  aus:  Ob  die  Anschwellung  der 
Milz  die  Ursache  oder  die  Folge  eines  Wechsel«- 
fiebers  ist,  ist  unbekannt ;  immer  jedoch  ist  die-* 
selbe  beim  Wediselfieber  zugegen,  und  ihre 
Ausdehnung  richtet  sich  nach  der  Dauer  des 
Fiebers,  welches  auch  ohne  den  Gebranch  von 
Antiiypicis  verschwinden  kann,  aber  dum  dauert 
die  Hypertrophie  der  Milz  fort,  und  so  lange 
diese  nicht  gehoben  ist,  ist  auch  der  Kranke 
nicht  radikal  ^heilt«  Die  Verdauung  des  Kran- 
ken liegt  darnieder,  seine  Gesichtsfarbe  ist  bleich, 
mit  einem  Worte,  es  ist  eine  verborgene  Ur- 
sache vorhanden,  weiche  die  Harmouie  der 
Funktionen  stört;  hört  aber  diese  Ursache  —  die 
Hypertrophie  der  Milz  —  auf,  so  werden  alle 
Functionen  wieder  regelmäfsig.  Man  kann  hier- 
nach zwar  nicht  behaupten,  dals  die  Hyper^ 
trophie  der  Milz  die  Intcrmittens  erzeugt,  aber 
man  kann  doch  nicht  leugnen,  dafs  sie  eine 
Gelegenheitsuisache  ist,  welche  den  Organis- 
mus unter  dem  Einflüsse  eines  unbekannten  pri- 
mären Agens  hält.  *—  Auch  Nasse  ^)  tritt  der 
von  Piorry  ausgesprochenen  Behauptung  ^  dafis 
die  Wechselfieber  stets  mit.  Milzleiden  zusam- 
menhängen, bei,  indem  er  bei  seinen  Bonner 
Wechselfieberkranken,  wenn  er  das  linke  Hy- 

s)  Laocette  franc.  No.  139.  1839.        «)  Ctisper's  Wo- 
cbeoschrift  No.  4.  1836. 


—     47     — 

pochondriaa^  durch  Auflegen  der  flachen  Hand, 
mit  dem  rechten  verglich^  jenes  wenigstes  ebenso 
voll  und  oft  voller,  als  dieses  geAinden  haben 
wiU.  — 

c)  C.  Kremers's  Theorie  0.  —  Nach  Kre- 
mersy  der  bei  dem  Wechselfleber  eine  schmerz- 
hafte Empfindung  beim  Drucke  von  hinten  nach 
vom,  auf  den  ersten  Rückenwirbel,  constant 
gefiinden  haben  w*ill,  besteht  dasselbe  in  einer 
Irritatio  spinaHs,  Hyperämie  des  Rückenmarkes 
und  seiner  Häute.  Je  leichter  der  Rücken- 
schmeni  ist,  desto  leichter  soll  auch  das  Fie- 
ber sein,  und  umgekehrt,  je  stärker  der  Rük- 
kenschmerz,  desto  heftiger  die  Intormittens. 
Empfinde  der  Kranke  nur  beim  Drucke  auf  den 
ersten,  oder  die  beiden  ersten  Rückenwirbel 
Schmerz,  sei  dieser  Schmerz  nicht  heftig,  müsse 
der  Arzt  stark  auf  diese  Wirbel  drücken,  um 
denselben  hervorzurufen,  so  sei  das  Wechsel- 
fleber  leicht,  höchst  wahrscheinlich  eine  Ter- 
tiana» eidfoch,  rein,  und  werde  dem  Chinin  bald 
weichen.  Sei  aber  der  Rückenschmerz  auf  drei 
bis  vier  und  mehr  Wirbel  ausgedehnt,  sei  er 
heftig,  reiche  der  Druck  eines  Fingers  nicht 
hin,  denselben  hervorzurufen,  so  sei  das  Fie- 
ber auch  heftig,  eine  Quotidiaua,  Quartana,  oder 
die  Anfälle  haben  irgend  etwas  Unregelmäfsi- 
ges,  und  werden  hartnäckig  dem  Heilverfahren 
widerstehen.  Sowio  aber  der  Rückenschmeras 
an  Heftigkeit  und  Ausdehnung  abnehme,  ebenso 
und  in  dem  nämlichen  Grade  werden  auch  die 
nächsten  Fieberanfälle  an  Heftigkeit  verlieren^ 
jene  regelmäßig  werden,  wo  irgeiM  etwas  Un- 
regelmälsiges  in  ihnen  vorkäme.  Rccidive  des 
Fiebers  erfolgen  nicht  mehr,   wenn  die  letzten 

>)  UotenucboDgeB  über  du  Weobielfiebcr.  äachsa  1637« 


—     48     —' 

Spuren  des  Schmerzes  völlig  beseltigft  seien» 
Früher  aber  dürfe  die  Kur  der  Krankl^it  nicht 
als  beendigt  angesehen  werden.  —  Maillofs 
oben  erwähnte  SectionserAinde  können  gewis-* 
sermaüsen  zur  festern  Begründung  des  diagno- 
stischen Fundes  von  Kremers  dienen.  —  Pau^ 
li's  ^)  diesfallsige  Untersuchungen  ergaben  da- 
gegen,  dafs  nicht  einmal  der  vierte  Thtil  der 
Intermittens- Kranken  die  angegebenen  Schmer- 
zen erleiden.  —  Grofsheim  in  Berlin  fand  Ab.-* 
gegen  bei  fünf  Individuen  die  Empfindlichkeit 
einiger  Wirbel  allerdings  jedesmal^  aber  nur 
einmal  die  der  zwei  obem  Rückenwirbel,  zwei- 
mal dagegen  im  vierten  bis  achten,  einmal  im 
siebenten  bis  neunten,  und  einmal  in  den  uih 
tern  Rückenwirbeln  und  allen  Lendenwirbeln. 

d)    Aug,  BonneVs   Theorie  ^).     Nach  ihn! 
ist  das  Wechselfieber  eine  krankhafte  Irritatiod 
(inittftiön  morbide),  und  zwar  in  seiner  einfa- 
chen Form   ^iner   Irritation    des  Herzens  und 
seiner  Anhänge.  Er  bekämpft  die  Ansicht  Rayer\ 
nach  welcher  der  Sitz  des  Wechsclficfbers  iii 
einer  Irritation   des  Hirnes  und  Rückenmarkes 
besteht ;  eben  so  wenig  will  er  als  bMnder  An- 
hänger des  Broussiauismus  gelten,   und  sucht 
auch  diese  Theorie  zu  widerlegen,  obgleich  er 
zugiebt,  dafs,  weil  die  Gastroenteritis  die  häu- 
figste aller  Entzündungen  sei,  auch  die  Irrita- 
tion gastrique  die  häufigste  Ursache  des  Wech" 
selfiebers  sei,  welches  doch  zuweilen  Von  blo- 
fser  Herzentzündung  bedingt  werde. 

Ich  begnüge  mich,  von  den  vielfältig  beste- 
henden, diese  wenigen  Theorieen  hier  besonders 
erwähnt  zu  haben ,  und  beschränke  mich  iii  Be-" 
Ziehung  auf  ihre  praktische  Wichtigkeit,  auf  die 

»)  Hei<^elberger  Annalen.  Bd.  It.  Hft.  3.  «)  traite 

des  fi^Tres  intermittentes.  Paris  1835. 


—     49     — 

kflierkaog,  daCs  sie  sämmtlich  die  Natur  des 
Hebers  in  zu  geringe  Grenzen  eingeschränkt 
litben;  denn  das  Fieber  ist  keine  blos  örtliche 
lürnnkheit,  nicht  auf  ein  bestimmtes  System 
»der  Organ  beschränkt,  sondern  eine  allgemeine, 
iber  den  ganzen  Organismus  gleichsam  ausge- 
[Tossene  AfTcction,  mit  einem  Worte  eine  Re- 
letion  des  individuellen  Organismus  gegen  die 
BeschafTenheiten  des  Planeten,  welche  seiner 
Eotwicklong  ungünstig  sind.  Bei  dieser  Ro- 
icüoD  tritt  der  menschliche  Organismus  auf  die 
LebeDSZUStände  zurück,  welche  in  Beziehung 
luf  ihn  in  abstracto  zwar  ungewöhnlich  und  ab- 
norm,  für  andere  Wesen  aber  gewöhnlich  und 
Dormal  sind.  Von  dieser  Seite  aus  betrachtet, 
erscheint  uns  das  Fieber  als  ein  tieferer  in  dem 
Wesen  de«  Lebens  wurzelnder  Prozeis,  und 
Biiiilt  eine  viel  höhere  Bedeutung.  Um  unsere 
Ansichten  zur  Klarheit  entwickeln  zu  können, 
iü  die  Vorausschickung  der  nachfolgenden  all- 
paeinen  Sätze  nothwendig. 

~  Pathologie  des  Menschen  ist  die  Phy- 
der  Thiere,  sagt  Oken  und  giebt  da- 
durch klar  zu  erkennen,  daüs  er  Krankheit  über- 
haupt als  die  Hinneigung  des  afficiren  Orga- 
sismus  zu  einem  niedem,  irgend  einer  unterge- 
ndneten  Thierreihe  eigenthümlichen  Bildungs- 
tvpus  betrachtet,  aus  welchem  ersieh  erst  wie- 
m  durch  verschiedene  Entwickelungsvorgänge 
-»  Krankheitsverlauf,  Naturheilung  —  zu  sei- 
ner frühem  Höhe  emporzuschwingen  ver- 
DMg.  Den  menschlichen  Organismus  können 
nrir  nämlich  als  ein  Aggregat  mehrerer  Indivi- 
duen, als  einen  Zusammenfluls  mehrerer  beson- 
dem  Leben,  zu  einem  gemeinsamen  greisen  Le- 
bensprozesse  —  als  ein  wahrhaft  organisch  le- 
bendes Netzwerk  betrachten.  Qer  menschliche 
looni.XCm.Bd.2.St.  D 


—  '50     4- 

Organismus  stellt  daher  en  miniature  ein  gein 

Abbild  der  gesammten  äuüsem  N^tur  dar,  c 

seu  einzelne  Theilo  un3  Organe ,  so  zu  sa{ 

die  Repräsentanten  der  übrigen  in   der  Nt 

«erstreut  liegenden   Schöpfungen  bilden, 

unter  diesen  Verhältnissen  entwickelt  sich  ( 

unendliche  Reihe  von  Beziehungen,  sowohl 

einzelnen  den  Organismus  koustituirenden  Th 

unter  sich  als  zum  Ganzen  und  wiederum 

einzelnen  Theile,  wie  des  Ganzen  zur  AuA 

weit,  wobei  bald  diese,  bald  jene  Seite  vorht 

sehend  entwickelt  hervortritt  und  einerseits^ 

der  Aufsenwelt  verschieden  angesprochen,  \ 

dererseits  aber  auch  von  jenen  verschieden  • 

diese  zurückgewirkt  wird;  denn  die  AuIsenK 

pafet  gleichsam  als  ergänzender  Theil  zum] 

ben  und  verkehrt  mit  ihm  wie  ein  organisd 

Glied  mit  dem  andern.    Wir  können  daher  ! 

Recht  sagen,  dab  jeder  krankhafte  Zustand - 

normaler,   unter  dem  Mikroskope  )ietracht«j| 

oder  mit  andern  Worten  überhaupt  nur  die 

gerung  irgend  eines  entsprechenden 

sei.     Diese  allgemeinen    pathologischen  S9 

wollen  wir  nun  speziell  auf  das  Wechselfiil 

anwenden,  und  zi^  diesem  Zwecke  seine  fl 

schichte  in  gedrängter  Kurze  durchgehen.  ^ 

Beirder  Erörterung  der  Aetiologie  des  WiM 

selfiebers  erwähnten  wir,  dafs  der  Frühling^ 

Herbst,  oder  überhaupt  eine  Witterungsbesclll 

fenheit,  welche   diesen  beiden  Jahreszeiten  I 

meisten  entspricht,  der  Entwicklung  des  Wed 

selfiebers   am    günstigsten   sind.     Im   wahi 

Grunde  genommen  giebt  es  aber  nur  zwei  M 

reszeiten,  nämlich  Sommer  und  Winter  i  ddi 

der  Frühling  und  der  Herbst  stellen  nur  die  d 

mähligen  Ucbergaugsformen  von  der  einen  ' 

die  andere  dar,  ja  sind  gleichsam  nur  die  vA 


—     61     — 

den  ProportioDRlglietlcr  EWeicr  verscliie- 
Srfilken.  Kbcnflo  glebt  ee  im  thioriachon 
smua  strenff  genommen  nar  zwei  Gruad- 
le,  nlmlich  au  Gefil/t-  und  Serven»yattm\ 
ille  übrigen  UsseD  sieh  von  diesen  sb- 
Dnd  auf  diese  Kurückluhien.  Wie  Som- 
Bd  Winter  auf  unsonn  Planetenaystemo 
jiandei  gerade  entgegengesetzte  Polo  dar» 
,  so  auch  im  lebenden  thicrisclicn  Ova- 
das  Nerven-  und  Gcrärasystcm.  Lieht 
iTlime  sind  die  ersten  Triebräder  des  or- 
henlicbens,  daher  onlspricht  der  IS  immer 
hralirender  Liclit-  und  Wiannueiitwicko- 
tem  Nervensystem  als  dem  lebendigen 
i^eich  belebenden  Agens  in  der  thieri- 
D^amisation.  Luft  in  ihrer  Heinbeit,  be- 
hnch  K&lto,  wirkt  aber  am  unmittelbu^ 
if  das  Blut,  in  Bezug  auf  die  Erhaltung 
nonnaleii  Üiscliungsverhftltnisses,  daher 
obt  doiWintcr,  mit  vorliorTscliondor  KUte- 
klung,  dem  tjerarssyelem ,  dessen  Inhalt 
id  und  Eugluich  bulebbar  ist.  Hieraus 
t  DDn,  dalis  unter  den  obwaltenden  Um- 
0,  im  Sommer  das  Nervensystem  unit  im 
r  dasGofürssystem  sich  von  den  übrigen 
len  mehr  heransEubilden  streben  und  auf 
Vaise  gcwisacrmal^cn  bestimmte  Gegcn- 
iin  Gcbielo  des  lebenden  Orgenimnus  be- 
Wenn gleich  die  Aurseneinflüsse  im 
■einen  am  wenigsten  Macht  auf  den  Hon- 
ftufsem,  80  entspiicht  ilnch  das  KrüHe- 
jiilh  »eines  Leben»,  wie  jenes  jeder  an- 
Irganisation  der  B<iHrhaflcnlieit  ihres  Va- 
loa  und  den  mit  ihm  gegebenen  Zeit- 
',  iuBorern  die  Aurscnwelt  so  bestimmeitd 
m  Leben  einwirkt,  data  gerado  die  ihr 
Bebenden  Seiten  dos  Organismus,  sich  dem 


|A»- 


—     58     — 

BubjuDCtiven  Verbände  entziehend,    mehr  e 
wickelt  hervortreten.    Hieraus  erklärt  sich^ 
80  häufige  Erscheinung,   dafs  gewisse  Thäf 
keiten,  ja  sogar  ganze  Krankheitsfamilien  j 
cyklischen  (rang  der  Natur  so  in  sich  au^ 
nommen  haben,  dafs  sie  nur  zu  gewissen«! 
reszeiten  zum  Vorschein  zutreten,  und  wie, 
Verbreitung    und    die  Blüthezeit   der  Pflani 
und  das  Erwachen  des  Begattungstriebes 
Thiere  an  bestimmte  äufsere  Einflüsse  und  ?, 
atmosphärischen  Conjuncturen  mehr  oder  1 
niger  abhängige  Perioden  sich  zu  binden  |i| 
gen,  und  die  Uebergangsglieder  dieser  pea 
dischen  Erscheinungen  werden  besonders  dq 
den  Frühling  und  Herbst  bedingt     Im  Fv 
Unge  finden  wir  nämlich  das  besondere  Best 
ben  ausgedrückt,  das  durch  .Prävalenz  des  ( 
fäfslebens  mehr  in  den   Hintergrund  getrelj 
Nerveuleben  während  der  bestehenden  WUi| 
kälte  wieder  mehr   hervorzubilden,  und  di| 
allmählig  sich  steigernde  Wärme  demselben  Yf 
der  die   organische   Prädominanz  zu  verseif 
fen.      Diesem   innern  Vorgange    eutsprechii 
ist  von  aufsen,  in  der  äuJbern  Natur,  allaij 
liges  Auflösen  des  gefromen  tropfbar  Fläsail 
in  den   flüssigen  Zustand   und  mit  steigen 
Wärme  theilweises    Ueberführen    desselbeq 
den  dampfförmigen.     Gerade  das   umgek^ 
VerhältniTs   finden  wir  im  Herbste  ausgesui 
eben,   wo   in  der    äufsern  Natur  deUtUch  i 
Bestreben  ausgedrückt  ist,  das  Verflüssigte  V9, 
der  in  den  festen  Zustand  zurückzuführen,.! 
welchem  Vorgänge    zuerst  die  in  der  Ata 
Sphäre  aufgelösten  Flüssigkeiten  als  Nebel  q 
dergeschlagen,    endlich  zu  Reif,    Schnee  i 
mngebildet  werden.     Unter  diesen  Verhältq 
sen  wird  also  ein  Luftstand  mit  Wasser  u 


—     63     — 

dativ  ohne  Wärme  hervorgerufen,  eine  solche 
iuft  ist  also  feucht  und  kalt,  unter  allen  aU 
losphärischen  Luflzuttänden  die  schIochtefltC| 
pd  besonders  Sumpfländern  eigen.  Unter  die- 
Bm  Vorgänge  wird  in  den  Thätigkeiten  des 
lef&b-  und  Nervensystems  eine  gewisse  Ebbe 
nd  Fluth  eingeleitet;  gewissermaßen  ein  Streit 
m  die  Prädominirung  zwischen  beiden  ent- 
wickelt, und  indem  bald  dieses,  bald  jenes  sich 
OB  dem  Hintergründe  auftaucht,  sinken  end- 
ch  beide  im  Streite  erschöpft  in  sich  selbst 
iirück.  Der  Organismus  tritt  nun  in  ganz  an- 
era  Verhältnisse  mit  der  Aufsenwelt;  die  Le- 
eosthätigkeit  tritt  aus  ihrer  centrifugaler  Bahn 
I  die  centripetalo  über,  die  Aufsenwelt  sucht 
m  Organismus  auf  den  engsten  Raum  zurfiok- 
adräDgen.  Die  Folge  hie  von  ist,  dafs  alle 
nrgescenz  sich  nach  innen  wirft,  die  Blut- 
Mse  sich  in  den  innern  Organen  anhäuft, 
innh&utige  Venenstämme  varikös  erweitert  wer^ 
m,  blutreiche  Organe  von  lockerm  Baue  au 
infting  zunehmen,  und  hieraus  erklärt  sich  hin- 
tohend  die  Bildung  von  Milzanschoppangen, 
»genannte  Fieberkuchen,  und  die  übrigen  auf 
ritation  des  betreifenden  Organs  hindeutenden 
racheinungen ,  die  in  Leichen  vorgefunden  wei^ 
Ml,  welche  dem  Wechselfleber  unterlegen  sind, 
-  welcher  Brfund  um  so  häufiger  sich  bewährt, 
8, in  der  Regel  der  Tod  beim  Wechselfieber 
B  Froststadium  fällt  Durch  dieses  Zurfick- 
ieheu  der  Lebensthätigkeit  von  auben  nach 
inen  wird  nun  der  Aufsenwelt  ein  gröfserer 
pielraum  in  dem  Gebiete  des  betreffenden  Or- 
anismus  eingeräumt,  sie  sucht  dem  Individuum 
»ine  Individualität  zu  rauben  und  sein  ange- 
ignetes  besonderes  Leben  wieder  in  -  den  Kreis 
BS  allgemeinen  hineinzuziehen   und   dem  AU 


—     54     — 

1 

wieder  eiftzuverleibenu  Unter  diesen  Verhalt» 
nissen  stellt  sich  uun  der  Organismus  zur  Ge- 
genwehr und  leitet  nun  gewisse  Entwickelungs- 
Vorgänge  wieder  ein^  um  zu  seiner  frühem  bn 
tegritat  zu  gelangen.  Diese  Reaction  gehtso- 
nächst  vom  Nervensysteme,  als  der  lebendigeä 
und  zugleich  belebenden  Potenz  aus  und  in 
Folge  hievon  erwacht  der  Kampf  zwischen 
Nerven-  und  Gefafssystem  um  die  Oberhw- 
Schaft  aufs  Neue  wieder  ^  daher  erleidet  der  ge- 
sanunte  Organismus  Schütteln  und  StöÜBe,  wie 
es  sich  im  Froste  deutlich  manifestirt.  Das 
CSeiäfisHsystem  entwickelt  bei  diesem  Vorgange 
seine  höchste  Kraft  und  ubehvindet  endlich  die 
beengenden  Bande ,  strömt  rasch  seinen  Inhalt 
nach  aulisen  mit  beschleunigter  und  verstiricter 
Bewegung',  und  nun  hat  sich  die  früher  nadi 
innen  gekehrte  Turgescenz  nach  auüsen  gewoi^ 
fra,  wie  wir  dieses  deutlich  im  Hitsestadimi 
erblicken.  Endlich  werden  auch  dieser  Expan- 
sibflitat  des  Blutes  Schranken  gesetzt,  es  wird 
eine  Ausgleichung  eingeleitet,  welche  nun  dordi 
Zurückfuhrung  gasförmiger  Stoffe  in  den  trop^ 
bar  flüssigen  zu  Stande  kommt,  wie  dieses  das 
Schweüsstadium  auf  eine  augenfällige  Weise 
bewährt.  Der  Mensch  durchläuft  also  im  Wecb- 
selfieber  gleichsam  gewisse  Phasen,  welche anf 
unseriem  Planeteusystem  den  vier  Jahreszeiteo 
entsprechen,  nämhch  der  Frost  dem  Winter, 
sein  allmähtiger  Uebergang  in  die  Hitze  dett 
Frühliuge,  die  Hitze  dem  Sommer,  und  die 
Ausgleichung  durch  Schweifs  dem  Herbste ;  oder 
den  vier  obem  Thierklassen,  nämlich  der  Frost 
dem  Fische,  der  iß  einem  steten  Fieberfrosta 
lebt,  sein  iJlmähliger  Uebergang  in  die  Hitse 
den  Amphibien,  welche  weder  warm  noch  kaK 
sind,  die  Hitze  selbst  den  Vögehi,  welche  ia 


—     55     — 

immerwährenden  Fieberhitze  sich  bcfin-^ 
doiy  und  die  kritische  Entscheidung  durch 
Schweifis  etc.  den  Säugethieren,  weiche  die  er- 
wihnten  Extreme  zur  Einheit  vereinigt  in  sich 
enthalten.  Um  diese  Vergleichung  bündig  durch- 
nfohien^  wollen  wir  die  aufikllendsten  organi- 
schen Abweichungen  dieser  verschiedenen  Thier- 
klmven  durchgehen  und  sie  dem  Zustande  des 
Wechselfieberkranken  gegenüber  stellen  und* 
sodum  nutersuchen,  ob  sich  von  hieraus  keine 
AnfkUuruDg  über  das  Wesen  des.Wechselfie« 
beiB  herausstelle. 

Bei  den  Fischen  finden  wir  die  Respiration 
nur  nnvollkommen  von  Statte^  gehen,  der  Un- 
teischied  zwischen  venösem  und  arteriösem  Blute  ' 
ist  daher  nur  gering,  die  Radien  des  Gefals- 
syslentti  sind  verkürzt,  insofern  die  Gefafsver- 
inldiungen  in  die  Organe  nur  gering  sind ;  die 
Mawr  des  Blutes  ist  im  Verhältnisse  zur  Kör- 
ponnasse  nur  gering,  die  peripherischen  Organe 
daiUialb  blutarm,  die  Blutbewegung  langsam, 
dw  peripherische  Ausdünstung  haben  grö&ten-  . 
theils  die  greisen  vorhandenen  Nieren  übernom- 
■en.  Die  Rückenmarksnerven  verzweigen  sich, 
wie  die  Blutgefäfse,  nur  einfach  und  sparsam 
in  die  Organe,  deren  Substanz  deshalb  noch 
wenig  sensibel  ist,  während  die  Geflechte  des 
sympathischen  Nerven  sich  vielmehr  ausstrahlen. 

Bei  den  Amphibien  ist  die  Respiration  zwar 
ebenfalls  noch  unvollkommen ,  doch  dadurch  dem 
entsprechenden  Lebensacte  höherer  Thiere  sich 
■ehr  annähernd,  da£s  freie  Luft  eingeathmot 
wird,  der  Unterschied  der  beiden  Blutadern  tritt 
daher  mehr  augennillig  hervor,  obgleich  noch 
■ichi  vollkommen  unterschieden.  Die  Radien 
des  Gefäfssystems  veriängern  sich  mehr,  in  so- 


t 


—    56    — 

ferne  mehr  GePafse  gegen  peripherische  Orgin» 
verlaufen y  als  bei  den  Fischen;  die  Menge  des 
Blutes  steht  zur  Masse  des  Körpers  mehr  in 
geradem  Verhältnifs,  die  Blutbewegung  etwas 
beschleunigter,  die  Haut  mehr  ausdünstend ;  das 
Ruckenmark  ist  in  seiner  Entwickelung  mehr 
vorgeschritten  und  dem  hohem  Typus  mehr  ge- 
nähert, die  Verzweigung  seiner  Nerven  ausge- 
breiteter, das  Ganglieusystem  stark  entwickelt 
und  viele  Geflechte  bildend. 

Bei  den  Vögeln  haben  die  Respirationsor- 
gane' den  höchsten  Grad  ihrer  Ausdehnung  er- 
langt, in  sofern  man  von  einem  Vogel  sagen 
kanp,  dafs  sein  Körper  gewissermalsen  nichts 
als  lauter  Lunge  sei;  beide  Blutarten  Stehen  in 
schroffen  Gegensätzen  einander  gegenüber,  das 
arteriöse  Blut  erhält  eine  hochrothe,  das  venöse 
eine  dunkelrothe  Farbe,  die  Radien  des  Ge- 
fSfssystems  treten  sehr  verlängert  hervor;  zwi- 
schen Blut-  und  Körpermasse  ist  jedes  HiCs- 
yerhältnifs  ausgeglichen,  die  Blutbewegung  geht 
rasch  von  Statten,  die  Temperatur  des  Blutes 
ist  z.  B.  nach  Davy  beim  Sperling  =  34®  R« 
und  nach  Schultz  beim  Finken  =  35^  R. ;  die 
Haut  ist  dunstabsondernd;  das  Rückenmark  hat 
den  höchsten  Grad  seiner  Ausbildung  erlangt, 
in  sofern  es  den  Versuch  macht,  ein  zweites 
Gehirn  zu  entwickeln;  denn  durch  rautenfor- 
mige  Auseinanderwe^hung  der  obem  Längs- 
stränge  kommt  die  Bildung  des  sogenannten 
Sinus  rhomboidalis  in  den  Kreuzwirbelh  SQ 
Stande  —  eine  blasenförmige  Anschwellnng^ 
welche  bei  keiner  andern  Thierklasse  sich  wie« 
der  findet;  der  sympathische  Nerve  ist  durch« 
aus  vollkommen  entwickelt. 

Endlich  bei  den  Sa'ugethieren  sind  alle  Mift* 
Verhältnisse,  welche  bei  den  andern  Thierkla»- 


.  —     Ö7     — 

MD  noch  aufTallend  hervortraten  ^  ausgeglichen 
und  ein  gewisses  Ebenmaafs  hergestellt.  Die 
Lungen  sind  von  den  übrigen  Organen  mehr 
abgeschlossen,  und  ihr  Umfang,  im  Verhält- 
nisse zum  Vogel,  als  Luftorgane  beschränkt, 
beide  Blutarten  sind  durch  sinnliche  Merk- 
male von  einander  verschieden,  die  lllutbowe- 
guug  langsamer,  als  beim  V^ogol,  und  die 
Wärme  um  einige  Grade  geringer,  als  bei  je- 
nem; die  Verthcilung  des  Blutes  in  den  Orga- 
nen ist  ihren  Functionen  angemessen ,  die  Haut 
stark  absondernd,  sowohl  dunstfiirmige,  als  gas- 
förmige Stoflc,  die  sich  als  Schweifs  nieder- 
schlagen^ das  Rückenmark  wird  zur  Masse  des 
Gehinis  kleiner,  als  bei  den  übrigen  Thie- 
ren,  der  sympathische  Nerv  gleicht  jenem  der 
Vögel. 

Wir  finden  also  die  Lebenszustände  vei^ 
schiedener  Thiere  an  eine  bestimmte  Organisa- 
tion gebunden,  welche  der  Mensch  im  Wech- 
selfleberanfalle  gcwisscrmafscn  nachahmt.  Wir 
finden  Verkürzung  der  Hadicu  des  GefäCssy- 
stems,  einfache  und  sparsame  Verzweigungen 
der  Rückenmarksncrvcu  und  Ueberwiegen  der 
Ausstrahlungen  der  Geflechte  des  sympathischen 
Nerven  mit  Verminderung  der  Temperatur  glei- 
chen Schritt  halten,  und  mit  Veränderung  die- 
ser Verhältnisse  dieselbe  im  nämlichen  Grade 
steigern ,  so  dafs  wir  in  einer  gewissen  Bezie» 
hung  sagen  können,  das  Wesen  des  Wechsel- 
flebersist  in  einer  Polarisation  dieser  Systeme 
und  zwar  des  sympathischen  Nerven -Ganglien- 
systems  überhaupt  einerseits  —  und  der  Rücken- 
marksnerven-Spinalsystem  andererseits  —  be- 
gründet, mit  gegenseitigem  Ueberspringen  der 
polarischen  Tliätigkeiten,  aus  welchen  Ver- 
hältnissen sich  auch   alle    beim  Wechselfleber 


—     58     — 

sich  einstellende  Erscheinungen  naturgem&tb  deu- 
ten lassen,  deren  specielle  Durchführung  unse- 
rer Arbeit  aber  eine  zu  grofse  Breite  verleihen 
würde. 

4.   Untersuchung  des  Grundes  von  dem  neuerer 
Zeit  häufigen  Forkommen  des  Wechsetfiehers. 

Es  gehört  wirklich  zu  den  interessantesten 
Erscheinungen  in  der  Pathologie,  dafs  gewisse 
Krankheitsarten  bald  aussterben,  oder  doch  we- 
nigstens in  ganz  andern  Formen  zum  Vorschein 
treten,  oder  sich,  früher  ausgebreitet,  ^auf  ihr 
ursprüngliches  Vaterland  zurückziehen,  bald 
Krankheiten  in  Gegenden  zum  Ausbruche  kom- 
men, welche  seither  för  dieselben  keinen  trag- 
baren Boden  lieferten.  Diese  abweichenden  Ver- 
hältnisse können  nun  entweder  in  einer  Verän- 
derung tellurischer  und  kosnuscher  Verhältnisse, 
oder  m  einer,  im  lebenden  Organismus  selbst 
entwickelten  Umänderung,  oder  in  beiden  zu- 
gleich begründet  sein.  Diese  Verhältnisse  wol- 
len wir  nun,  in  Bezug  auf  das  Wechselfieber, 
^  welches  neuerer  Zeit  viel  häufiger  und  in  Ge- 
genden aufzutreten  pflegt,  wo  es  früher  nur  zu 
den  seltensten  Erscheinungen  gehörte,  einer 
besondern  Erörterung  untenverfen. 

Bei  keiner  endemischen  Krankheit  sind  die 
klimatischen  Verhältnisse,  von  denen  sie  abhän- 
gen, offenbarer,  als  bei  dem  Wechselfieber, 
daher  ^ich  auch  von  dieser  Seite  aus  für  spo- 
radische Fälle  Aufschlufs  erwarten  läüst  Es 
sind  besondere  Effiuvien,  Emanationen,  die  im 
gewissen  Orten  dem  Planeten  entsteigen,  sich 
dem  Luftkreise  beigesellen  und  in  dem  Men- 
schen, der  sich  in  sie  eintaucht,  das  Wech- 
sclfieber  hervorrufen,  wie  wir  beim  Durchgelpen 


—     69     — 

der  Ätiologischen  Momente  näher  erörtert  haben« 
Diese  Dünste  haben  ^  nach  den  seitherigen  Br^ 
fifthningen,  einen  vierfachen  Ursprung ,  nämlich: 
a)  Sie  entwickeln  sich  aus  stehendem,  sich 
zersetzendem y  süfsem  Wasser,  besonders  ans 
Sümpfen.  Aber  auch  aus  allen  Flüssen  nnd 
Strdmen,  wo  das  Wasser  einen  geringen  Fall 
hat,  wo  die  Ufer  niedrig  und  deüshalb  häufigen 
Ueberschwemmungen  ausgesetzt  sind,  wo  sich 
sogenannte  Altwasser  bilden,  daher  besonders 
an  den  Ausmündungen  der  Ströme  in  das  Meer, 
in  den  sogenannten  Deltaländern. 

&)  Sie  entstehen  aus  stagnirendem  See-^ 
Wasser,  insbesondere  aus  einer  Vermischung  des 
Seewassers  mit  süfsem  Wasser  —  sogenann- 
tem Brackwasser — ,  wenn  es  in  Zersetzung  über<» 
geht,  namentlich  durch  den  Einflufs  der  Wärme. 
Daher  sind  die  Wechselfieber  einheimisch  in 
Kästengegenden,  besonders  wenn  diese  flach 
und  niedrig  und  dadurch  häufigen  Ejinbruchen 
des  Meeres  ausgesetzt  sind. 

c)  Als  eine  dritte  Quelle  des  Wechselfie- 
bermiasma's  ist  die  Zersetzung  organischer  Sub- 
stanzen zu  betracliten,  besonders  vegetabilischer. 
Ddier  henschen  sie  im  Erühliuge  and  Herbste; 
bei  jenen,  weil  beim  Schmelzen  der  Schnee- 
decke ein  VerwesungsproceCs  eingeleitet  wird, 
und  in  diesem,  wvil  mit  ihm  ein  allgemeiner 
G&hmngs-  nnd  Fäulni&procelis  in  der  vegeta« 
tiven  Welt  beginnt.  Nach  t;.  Humboldt  sind 
gewisse  Pflanzen,  namentlich  faulende  Was- 
serpflanzen, welche  viel  Sauerstoff  einschlucken 
und  Stickgas  und  kohlensaures  Gas  entwickeln, 
z.  B.  Rhizophora  mangle,  Hippomane  manci- 
nella  o.  a.  besonders  zu  beschuldigen.  Das 
Sumpimiasma  scheint  eben  so  sehr  den  zer- 
setfiten    Pflanzcntbeilen ,    wie   dem  zersetzten 


—     60     — 

Wasser  seinen  .Ursprung  zu  verdanken,  in 
unsem  Breiten  sind  vorzüglich  jene  Sumpfe 
gefährlich,  welche  viel  Pflanzentbeile  von  Ty- 
pha  latifolia,  Sparganium  und  Irisarten,  beson- 
ders vom  Calamus  enthalten.  Nach  Savi  upd 
Pqfserini  entwickelt  sich  das  Miasma  zum  Theil. 
von  mehreren  in  den  Morästen  zahlreich  wach«' 
senden  giftigen  Pflanzen ,  namentlich  der  Chava, 
die  in  den  Monaten,  während  deren  das  Miasma 
am  empfindlichsten  ist,  eineq  stinkenden  Ge- 
ruch um  sich  verbreitet. 

c/)  Eüdlich  gehören  auch  die  dem  vulka- 
nischen Boden ,  wo  das  vulkanische  Leben  noch 
rege,,  wenigstens  noch  nicht  ganz  erloschea 
ist,  entströmenden  Dünste  hierher.  Wecbsel- 
fieber  kommen  endemisch  vor  in  Gegenden,  die 
sich  diirch  ihr  vulkanisches  Veriiältnifs  aus» 
zeichnen. 

Ueberall  also,  wo  Auflösungs-,  Zerset- 
zungs-  und  Gähruugsprozesse  in  der  äuCseni 
Natur  rege  sind,  wo  ein  gleichsam  vorweltli- 
ches, oder  urweltliches,  chaotisches,  ii>fuso- 
rielles  Leben  waltet,  herrschen  die  intermitti- 
renden  Fieber.  Wenden  wir  nun  diese  allge- 
mein auf  das  Wechselfieber  sich  beziehenden 
Sätze  speciell  auf  die  Gegend  meines  Wir- 
kungskreises an,  so  finden  wir  mehrere  Ver- 
hältnisse neuerer  Zeit  künstlich  herbeige- 
führt, von  welchen  man  früherer  Zeit  nichts 
wufste.  Ich  lebe  nämlich  in  einer  Gegend,  wo 
der  Feldbau  —  Landwirthschaft  überhaupt  —  zu 
den  ersten  und  wichtigsten  Erwerbsquellen  ge- 
hört, und  defehalb  auch  in  grofser  Ausdehnung 
betrieben  wird.  Da  unter  diesen  Verhältnissen 
alle  Stucke  urbar  gemacht  wurden,  und  mai» 
auf  alle  mögliche  Weise  dem  Boden  einen  Er- 
trag abzugewinnen  sucht,  so  wurde  auch  eine 


—     61     — 

Behandlungswelse  eiogesclilagen,  welche  un- 
sern  Vorfahren  weniger  bekannt^  oder  wenig- 
stens von  ihnen  veruachläfsigt  wurde  —  ich 
meine  nämlich  die  Verwendung  der  Mistjauche 
fiur  Düngung.  Um  nun  dieses  Düngungsmittel 
in  möglichster  Quantität  zu  erhalten ,  werden 
bereits  vor  jedem  Hause  künstliche  Pfötzen  ^  in 
gröfserm  oder  geringerm  Umfange,  oder  künst- 
hche  Zisternen  angelegt  und  so  zur  Entwicko- 
lung  von  EfBuvien ,  aus  einem  eingeleiteten  Zer- 
setzungsprozesse  thierischer  und  vegetabilischer 
Theile  entsprungen,  Anlafs  gegeben,  welche 
besonders  während  starker  Regengüsse,  Schnee* 
fluls  u.  dgl. ,  durch  Zufuhr  neuer  Stoffe  und  Aus- 
fluls  der  Mistjauche  gesteigert  und  so  zur  Bil- 
dung einer  Luftbeschaffenheit  Anlafii  gegeben 
wird,  welche  ein  Analogen  der  Sumpfluft  sein 
dürfte.  Diese  Umstände  erkläre  ich  als  den  ei- 
nen Grund  von  dem  häufigern  Auftreten  deai 
Wecbselfiebers  in  unserer  Zeit  und  in  Gegenden^ 
wo  dasselbe  entweder  nur  als  eingeschleppt^ 
oder  fast  nie  beobachtet  wurde. 

Ein  weiterer  Grund  scheint  aber  auch  ia 
der  Organisation  und  in  der  Lebensweise  un- 
serer gegenwärtigen  Bevölkerung  zu  liegen« 
Wir  leben  nämlich  gegenwärtig  in  einer  ZeiU* 
periode,  wo  mit  grofser  Sorge  und  Aengstlich- 
keit  auf  die  Bildung  des  Geistes,  schon  von 
früher  Jugend  an,  hingewirkt  wird,  während 
auf  körperliche  Bildung  gar  keine  Rücksicht  ge- 
nommen wird.  Unter  diesen  Verhältnissen  wird 
ein  gewisses  Müsverhältnifs  zwischen  der 
psychischen  und  somatischen  Sphäre  her- 
vorgebracht, in  sofern  die  Bildung  des  Gei- 
stes der  Entwickelung  des  Körpers  voraneilt, 
dadurch  letztere  in  ihrer  vollen  Ausbildong 
stört  und  so  eine  krankhafte  Reizbarkeit^  oder 


—     6«     — 

mit  andern  Worten  andere  Verhältnisse  zwi- 
schen dem  Individuum  und  der  Au£senwelt  zur 
Entstehung  bringt,  wodurch  sämmtliche  Ent- 
wicl^elungsvorgäige  zu  krankhaften  Thätigke^- 
ten  umgewandelt  werden.  Nehmen  wir  femer 
noch  ai3  die  Lebensweise  unserer  gegenwärtH> 
gen  Generation  gehörige  Rücksicht,  und  brin- 
gen wir  in  Erwägung ,'  da(s  uns  ^gegenwärtig 
Umstände  zum  Bedurfnifs  geworden/  weldbe 
uisem  Vorfahren  fremd  geblieben  sind,  so  kön- 
nen wir,  mit  voUeni  Rechtesagen,  dafe  der  ge- 
genwärtige Lebenszustand  von  dem  der  Natur 
angemessenen  möglichst  weit  entrückt  sei,  dafis 
wir  wirklich  ein  mehr  künstliches  Leben  führen, 
innerhalb  dessen  Breite  das  Heer  der  Krank- 
heiten sein  Lager  aufgeschlagen  hat  Hierin 
wurzeln  die  neuerer  Zeit  so  häufigen  Hamor- 
iboiden,  Infarkten,  die  verschiedenen  Nerven» 
zufölle,  und  mit  diesen  auch  die  so  häufigen 
Wechselfieber  in  Orten ,  wo  sie  früher  nur  sri- 
ten  beobachtet  wurden  u.  s.  w.  Diese  beiden 
Momente  dürften  zur  Aufklärung  dieser  in  Rede 
stehenden  Angelegenheit  hinreichend  sein. 

In  meinem  Wohnorte  Rottenburg,  welcher 
unter  dem  S6<>  36'  30''  östlicher  Länge  und  48« 
S8'  35"  nördlicher  Breite  1048  JPariser  Fufs  über 
der  Meeresfläche  in  einer  schönen  ebenen  Aus- 
weitung des  Neckarthaies  liegt,  welches  mit  den 
schönsten  Gegenden  unsers  Landes  wetteifert, 
habe  ich  in  neuerer  Zeit  die  Entwickelung  von 
Wechselfiebem  beobachtet,  welche  mit  gewis- 
sen Lokalveränderungen  im  engsten  Verbände 
standen.  Durch  Versetzung  der  städtischen. 
Mühlen  wurde  nämlich  ein  Arm  des  Neckars, 
welcher  den  Theil  eines  Stadtviertels  doppett 
durchschnitt,  abgeleitet,  und  die  betroffenden 
Kanäle  der  Austrocknuug überlassen.    Zweiln- 


.    —     63     — 

dividnen^  welche  an  vorschiedenen  Theilendes 
Kanäle«  ^hre  Wohnung  hatten,  erkrankten  in 
einem  Zwischenräume  von  etwa  drei  Wochen 
an  einem  larvirten  Wechselfieber,  welches  sich 
durch  einen  äufserst  heftigen,  vollkommen  in- 
termittirenden  Schmerz,  in  dem  einen  Falle 
längs  des  N*  supraorbitalis  und  bei  dem  an- 
dern den  infraorbitalis  entlang  verbreitete  und 
in  beiden  Fällen  über  sechs  Stunden  anhielt. 
Beide  wurden  durch  Chinin  geheilt  Der  Ty- 
pus war  der  dreitägige.  Aulser  diesen  beobach- 
tete ich,  unabhängig  von  diesem  Verhältnisse, 
noch  einige  emfache  Tertianfieber  in  hiesiger 
Stadt»  Hehrere  ähnliche  Fälle  beobachtete  ich 
in  meiner  oächsten  Umgebung  auf  dem  Lande, 
in  Obemau,  Niedemau,  Schwalldorf,  Dettin- 
gen  u.  a.  Orten,  wovon  rch  zum  Schlüsse  ei- 
nige interessante  Fälle  speciell  mittheilen  werde. 

C  Zur  Therapie  des  Wechselfiehers» 

Ohne  hier  die  verschiedenen  Methoden 
.durchzugehen,  nach  denen  früher  das  Wech- 
selfieber behandelt  wurde,  werde  ich  gleich  zu 
dessen  Behandlung  mit  der  China  und  ihren  Prä^ 
paraten  übergehen,  welchen  insgesammt  die 
gröiflte  fiebervertreibende  Kraft  einverleibt  ist. 
Nach  einer  alten  Sage  soll  die  Wirksamkeit 
der  China  gegen  das  Wechselfieber  durch  cf- 
nen  Zufall  entdeckt  worden  sein.  Ein  mit  Wech- 
selfieber Behafteter  in  Peru  soll  nämlich  durch 
Zuteil  von  einem  See  getrunken  haben ,  in  des- 
sen Wasser  mehrere  Chinastämme  eingefiedlen 
waren  und  von  dem  Fieber  befreit  worden  sein, 
oder  wie  Andere  wollen,  soll  in  den  See  ge- 
fallen sein,  dadurch  von  dem  Wasser  verschluckt 
und  sofort  das  Fieber  verloren  haben.    Verhalte 


—     64     — 

sich  die  Sache,  wie  sie  wolle ^  soviel  steht  i 

ausgemachte  Thatsache  fest,  daJGs  die  Bcwol 

Der  Peru's  die  Wirksamkeit  der  China  gegi 

das  Wechselfieber  kannten,   ehe  ihr  Vaterlai 

von  den    Europäern    entdeckt  wurde,    welcl 

erst  lange  Zeit  nachher  davon  Kunde  erhielt« 

lieber  das  erste  Bekanntwerden   der  China  < 

Europa  wird  Folgendes  berichtet :  Der  Correg 

der  der  Provinz  Loxa,  fisLtnens  Canizaves,  we 

eher  wechselfieberkrauk,    auf  den  Rath   eini 

Eingebornen  die  Chinarinde  mit  heilsamem  B 

folge  gebraucht,  empfahl  sie  1638  der,  an  de 

selben  Krankheit   leidenden   Gattin  ^des  Vi« 

königs  von  Peru,  Grafen  von  Chinchony  wfl 

ehe  bald  nachher  genas,   obgleich  ihre  Kranl 

heit  allen  früher  angewandten  Mitteln  hartu&cki 

Trotz  geboten,   woher  der  Name  Cortex  Cii 

chonae,  —  eine  Corruption  des  Namens  „CAii 

chonaeJ'    Die  Indianer   nennen  den  Chinabaal 

yyKiukina\   die  Spanier  j^Palo  de   Calenturas 

gleichsam  Fieberholz.    Von  diesem  gluckliche 

Erfolge  schreibt  sich  der  Ruf  der  China  in  Eq 

ropa  her,  welche  Anfangs  Pulvis  Comtissae  d« 

Chinchon  genannt  wurde.     Die  Gräfin  del  Chifl 

chon  nahm  bei   ihrer  Rückkehr  nach  Spanie 

im  Jahre  1640   eine  grofse  Menge  davon  m 

und  vertheilte  sie   daselbst;   so  wurde  diese 

Mittel  in  diesem   Lande  Europa's   zuerst    be 

kanut.     Am   meisten    trugen  jedoch  zu  ihrei 

Rufe  in  Europa  die  Jesuiten  in  Rom,  im  Jahi 

1649  und  namentlich  der  Kardinal  Juan  de  Lug 

bei^   welche    starke     Quantitäten    der    Rind 

aus  Südamerika  theils  mitbrachten,  theils  voi 

dort  kommen  liefsen  und  in  ganz  Italien  ver 

breiteten,    so    daCs   diese  lange  Zeit  hindurol 

Jesuiten"  oder  Kardinalpulver  —  Pulvis  jesuiti« 

GUB,  F.  Patrum,  P.  cardinalis  hielis.    Allein  die* 


~     66     — 

86S  köstliche  y  blots  voo  einigen  Individuen  ge^ 
kannte  Heilmittel  war  für  die  Masse  der  Aerzte 
ein  Geheimnüis  geblieben.  Gegen  das  Ende 
des  siebenzehnten  Jahrhunderts  —  1679  kaufte 
Ludwig  XIV.  das  als  fiebervertreibendes  Ar- 
kanum  von  Robert  Talbor  y  einem  Zeitffenos- 
sen  Sydenham'Sf  für  einen  enormen  Preis  vei^ 
kaufte  Pulver  (1  Pfund  kostete  100  Louisd'ors) 
für  8000  Louisd'ors  und  eine  Leibrente  von  8000 
Idvres  ab ,  nachdem  Talbor  damit  die  glänzend- 
sten Kuren  gemacht  und  sowohl  die  Heilung 
der  Harscbälle  Colbert  und  Cond^y  nach  An- 
dern selbst  des  Dauphin's  bewirkt  hatte,  und 
madite  es  öffentlich  bekannt.  Durch  diese  Ver- 
öffentlichung wurde  die  China  wirklich  bekannt, 
tmd  ihr  Gebrauch  als  sicheres  Febriibgum  in 
Frankreich^  Deutschland  und  fast  ganz  Europa 
allgemein.  Soviel  zur  Geschichte  der  China  im 
Allgemeinen. 

Was  die  Präparate  dieser  Rinde  betriffity 
so  sei  hier  nur  des  Chinins  erwähnt,  welches 
im  Jahre  1820  Pelletier  und  Caventou  als  Ai- 
kaloid  entdeckten ,  und  in  Verbindung  mit 
Schwefelsäure  als  schwefelsaures  Chinin  von 
Double  y  Chomel  u.  A.  in  seiner  Wirksamkeit 
geprfift  und  alle  Wirksamkeit  der  Chinarinde 
in  ihm  vereint  gefunden  wurde.  Seit  dieser 
Zeit  wird  diesem  Präparate  ^  als  leichter  und 
angenehmer  zu  nehmen,  dec  Vorzug  eingeräumt^ 
Nun  sei  einiger  besondem  Methoden  Erwäh-* 
nnng  gethan. 

o)  Die  Methode  von  Reich.  —  Reich  be- 
hauptet^ das  Wechselfieber,  welches  er  für  eine 
Art  Brustentzündung  erklärt,  sei  durch  Ader- 
lässe und  Tartarus  emeticus  in  starken  Gaben 
von  zehn  bis  zwanzig  Gran  auf  acht  Unzen 

JoQrD.XCIlI.B.St.2.  B 


—     66     — 

Wasser  zur  Heilung  zu  briugen.  Stenherg  i) 
wandte  diese  Methode  in  109  Fällen  folgen- 
dermalsen  an:  er  lieJGs  wo  möglich  während  des 
Fieberparoxysmus  Blut,  am  liebsten  im  Frost- 
stadium,  öder  so  kurz  vor  dem  Anfalle,  wie 
möglich.  Er  machte  nie  mehr  als  drei^  und 
selten  mehr  als  zweimal  Blutentleerungen.  Wäh- 
rend des  Paroxysmus  gab  er  keine  Arznei,  aber 
in  der  fieberfreien  Zeit  2  Drachmen  Salmiak,  mit 
8*-  12  Gran  Brechweinstein  auf  8  Unzen  Waih 
ser,  alle  2  Stunden  1  EfslöfPel  voll.  Bei  Kin- 
dern setzte  er  Blutegel  an  die  Regio  cardiaea 
und  gab  innerlich  Tartar.  emet.  in  Saft  Die 
Periode  der  Hitze  verminderte  sich  bei  dieser 
Behandlungsweise  bedeutend,  das  erste  'Hai 
zeigte  das  Blut  keine  Entzündungshaut,  woU 
aber  öfters  beim  zweiten  und  auch  nicht  selten 
beim  dritten  Male.  In  mehreren  Fällen  blieb 
das  Fieber  gleich  nach  dem  ersten  Aderlaft 
und  einer  tüchtigen  Ausleerung,  sowohl  nach 
unten,  als  oben  fort;  öfters  bedurfte  es  zwei 
bis  drei  Aderlässe,  bevor  es  aufhörte-,  etwa  die 
Hälfte  der  Patienten  behielt  das  Fieber,  aber 
in  einem  geringern  Grade,  uud  konnte  fast  ohne 
Ausnahme  mit  einer  geringen  Gabe  von  China 
oder  Chinin  geheilt  werden*  Stenherg  beob« 
achtete  eine  lange  andauernde  Mattigkeit  nach 
dem  Fieber  auf  diese  Behandlungsmethode.  Er 
litt  selbst  an  dem  Fieber  und  schildert  es  als 
ein  außerordentlich  behagliches  Gefühl  während 
der  Hitze  zur  Ader  zu  lassen.  ^  Westergacard 
machte  dieselben  Erfahrungen.  Er  liels  Blut, 
so  oft  ein  Fieberanfall  kam,  und  zwar  jedes- 
mal, soweit  es  die  Umstände  zuliefsen,  im  Sta- 
dium der  Hitze  4 — 8  Unzen.    Nach  dem  er«' 

>)  nust'8  Magazin.  Bd.  LXIV.  Hft.  3.  S.  470  & 


~     «7     - 

en  Aderlasse  und  nach  Beendigung  des  Pa* 
xysmus  erhielieti  die  Krank^i  eine  Auflösung 
m  8  Gran  Tartar.  emetic.  in  8  Unzen  Was- 
ir^  alle  9  Stunden  i—t  Ellslöffel  voll  zu  neb- 
en y  was  auch  nach  dem  Aufhören  der  Krank- 
itt  noch  mehrere  Tage  fortgesetzt  wurde.  Die 
ranken  muJGsten  auberdem  im  Bette  bleiben 
id  strengst  Diät  halten.  Westergaard  wili*aber 
Iten  eine  bedeutende  Mattigkeit  beobachtet 
hea.  Auch  in  diesen  Fällen  blieb  das  Fie- 
V  zum  Theil  nach  dem  zweiten,  öfter  aber 
ich  dem  dritten  und  fast  immer  nach  dem 
erleu  Anfalle  aus.  Towsend,  Law  und  Kreba 
küren  diese  Methode  als  unwirksam,  Stokes 
meMbnet  sie  als  ein  höchst  zweideutiges  Mit- 
I,  und  Neumann  sagt  von  ihr,  sie  befördere 
O  Tod.  Um  bei  diesen  Coutroversen  durc|i 
;;eDe  Erfahrung  ins  Reine  zu  kommen,  stellte 
li  selbst  mit  erforderlicher  Vorsicht  zwei 
enrmiche  damit  an,  Mets  bei  dem  einen  Kran- 
n  zweimal,  kurz  vor  Eintritt  des  Froststa- 
Ulis,  und  bei  dem  andern  nur  einmal  ^ur  Ader, 
ichte  hierauf  eine  Solution  von  10  Gran  Brech- 
nnstein  in  6  Unzen  Wasser,  und  fand  imer- 
nn  Falle  den  Fieberanfall  sich  bedeutend  ver- 
tuen, den  darauf  folgenden  vorsetzen  und 
n  dritten  unter  einem  zurückbleibenden  Ge- 
bt von  Mattigkeit  gänzlich  aussetzen;  allein 
eh  10 — 14  Tagen  stellte  sich  das  Fieber 
leder  ein  und  wurde  sodann  mit  einer  gerin- 
m  Gabe  schwefelsauren  Chinins  bleibend  ge^ 
iben.  Im  zweiten  Falle  beobachtete  ich  zwar 
nderung  des  Fiebers,  sonst  aber  keine  an- 
>te  Wirkung  auf  dasselbe  und  es  erheischte  dad 
liwefelsaure  Chinin  zu  seiner  IIeilun|^.  Mit 
esen  zwei  Versuchen  begnägte  ich  mich,  dm 
e  mich  hinreichend  überzeugten,  dab  dieM 

E  « 


-     68     - 

Methode  durchaus  nicht  zuverlässig  und  al 
Norm  durchaus  nicht  zu  empfehlen  sei,  da  w 
selbst  in  desperaten.  Fällen ,  ohne  Blotentzie 
hung,  mit  andern  Medicamenten  auszureidic 
pflegen. 

h)  Die  Methode  von  Luigi  Confami  ^ 
Um  die  Gefahr,  das  schwefelsaure  Chinin  ge 
gen  Wechselfieber,  auf  gewöhnliche  Weise,  i 
8  — 10  Gran .  zu '  umgehen ,  hat  dieser  Arzt  ein 
eigene  Anwendungsart  desselben  ansgedad 
und  sie  im  Observatore  medico  mitgetheilt  B 
liefs  nämlich  davon  einen  Pfefferkorn  grols  (ah 
ungefähr  1  Gran)  in  einem  Tropfen  Schwefel 
säure  auflösen,  und  diefs  sodann  mit  l-j^Unzc 
Wasser  verdünnen.  Bei  Kranken  unter  fa 
Jahren  war  1  Gran  selbst  mit  4  Unzen  Wai 
ser  verdünnt  hinreichend ;  bei  Erwachsenen  gl 
er  gewöhnlich  7  Gran,  und  in  den  schwerste 
Fällen  das  Doppelte,  indem  er  sie  in  einer  vei 
hältnifsmäfsigen  M^nge  Wassers  auflösen  uii 
das  Ganze  in  8  Dosen  binnen  2  Stunden  vei 
brauchen  liefs.  Allein  auch  diese  Methode  hat! 
ihre  Unbequemlichkeit,  und  er  bediente  sie 
daher  im  Jahre  1832  der  folgenden,  mittet 
welcher  er  Wechselfieber  jeder  Art  geheilt  hl 
ben  will.  Er  läfst  'nämlich  die  Auflösung  d< 
Chinasalzes  in  den  angegebenen  Dosen  al 
drei  Stunden  nehmen,  wobei  der  Kranke  d 
Flüssigkeit  einige  Zeit  im  Munde  behalten  moi! 
der  erste  Löffel  bewirkt  gewöhnlich  eine  Ri 
action,  und  so  lange  diese  fortdauert,  darf  kd 
neuer  genommen  werden.  Dadurch  nun,  dal 
die  Reaction  in  ihren  gehörigen  Grenzen  erhal 
ten  wird,  werden  alle  diejenigen  Symptoa 
verhütet,  die  nach  dem  unmäfsigen  Gebraadi 

«)  Froriep's  Notizen.  1836.  Nr.  1086. 


—     69     — 

des  in  Rede  stehenden  Mittels  einzutreten  pfle« 
gen.  Was  die  Dosen  der  einzelnen  Fieberfor- 
men  anlangt,  so  bestimmte  sie  C.  bei  dreitägi- 
gen Fiebern  ohne'  Complication  auf  5  Löffel 
binnen  24  Stunden,  während  der  Apyrexie,  in 
schwerern  Fällen  auf  8,  in  perniciösen  auf  12, 
und  in  Quartanfiebern  auf  8  Löffel  in  48  Stun- 
den, in  Fiebern  mit  doppeltem  Typus  gibt  er 
die  Hälfte  der  angezeigten  Dosis  mehr,  und  die 
Subcontinuae  behandelt  er  wie  doppelte  Quar- 
tanfiober  mit  der  ganzen  Dosis,  indem  er  drei 
oder  vier  Löffel  täglich  reicht.  Convalescenten 
von  einem  gutartigen  Fieber  nehmen  noch  zwei 
oder  drei  Tage  hinter  einander  nüchtern  täg- 
lich einen  Löffel  voll,  die  von  einem  schweren 
Fieber  Genesenden  drei  Löffel  in  24  Stunden 
4  — 6  Tage. 

c)  Die  Methode  von  Schneider  *)..  In. 4er 
ersten  Apyrexie  erhält  Patient  ein  £meticum, 
oder  ein  kräftig  erregendes  Laxans,  je  nach  der 
Tqrgescenz,  am  andern  Tage  ebenfalls  in  der 
Apyrexie  folgende  Mischung:  Rec.  Chin.  sul- 
phur*  gr«  48,  Tart  emet.  gr.  j  in  Aq.  Laurooer. 
q.  8.  solut.  adde  Opii  puri  gr.  ij,  Extr.  Valer» 
q.  8.  ut  f.  pilul.  ^0.  36.  Consp.  pulv.  cinam.  D» 
:8.  Alle  2— 2^  Stunden  eine  Pille.  —  Neben- 
her läfst  er  einen  Thoe  aus  Flor.  Chapi.  vulg« ; 
Rad.  Caryophyll.,  Sumitat  centaur.  min.,  zu  glei- 
chen Theilen,  täglich  zu  einigen  Tassen  neh- 
men und  strenge  Diät  und  warme  Bekleideug 
damit  verbinden.  Leidet  der  Kranke  fM^on 
längere  Zeit  am  Wechselfieber,  so  gestattet 
Seh,  gutes  Bier,  oder  lieber  guten  alten  Wein 
mit  Wasser  vermischt,  zum  Getränk.  Bei  die- 
ser  Behandlung    nun   tritt    der    nächste  Anfall 

I)  Uufeland's  Journal  Bd.  LXXXIV.-  St  '4. 


—     70     — 

entweder  auffaHend  starker  oder  gelinder 
der  zweite  Paroxysmus  dagegen  bleibt  { 
aue,  und  der  Kranke  ist  geheilt.  Um  Ri 
fälle  za  verhindern ,  labt  Seh.  noch  eine 
lonmasse  verbrauchen«  Treten  dennoch  Rd 
fiUle  ein  9  und  wird  das  Chinin  nicht  mehri 
tragen,  oder  für  unbemittelte  Leute  zu  b 
spielig  f  so  bedient  sich  Seh.  mit  dem  b 
Erfolge  folgender  Mischung:  Rec.  Kali 
drachm.  ij,  solve  in  Aq.  rubid.  uncvj, 
Syr.  ruh.  id.  unc.  j.  M.  D.  S.  Stündlich  1 
fei  voll  in  der  fieberfareien  Zeit  zu  nehme 
d)  Endermatische  Methode,  Thomas 
siian  ^)  legt  ein  kleines  Blasenpflaster  au£ 
Regio  epigastrica,  wenn  die  Blase  gebildet  J 
Oberhaut  weggenommen  ist,  bestreut  er^ 
wunde  Hautstelle  mit  Chinin,  und  verbindet 
einer  einfachen  Salbe.  Da  jedoch  zuweileiu 
nige  Stunden  lang  nicht  unbedeutende  Lof 
schmerzen  sich  einstellen ,  so  empfiehlt  er,  i 
diese  Schmerzen  zu  vermeiden,  das  Chinbij 
Salbe  in  Verbindung  mit  Opium  anzuwendeaS 
Kosack  ^)  zu  Greifenberg  liefs  gegen  Wi 
selfleber  eine  Losung  von  4 — 6  Uran 
in  1  Drachme  Spirit  sulph.  aether.  einr< 
Der  nächste  Anfall  blieb  aus,  und  bei  den 
sten  wurde  das  Fieber  dauernd  beseitigt, 
einmal  muiste  die  Dosis  wiederholt  angeweiil 
werden.  —  Dr.  Dominico  Gola'^}  rühmt  4 
Brechweiustein  als  passenden  Zusatz  des  sohvj 
feisauren  Chinins  in  folgender  Formel:  Rec  Ti 
emet.  gr.  iij ,  Chinin,  sulphur.  gr.  x.  H.  ezi 
et  divid.  in  part.  sex  aequal.  Gola  Uefs  da^ 
alle  X  Stunden  in  der  Apyrexie  eine  Prise  ni 

X)  Pmiep'8  Notizen  Bd.  XXXVI.  S.  288.        ^)   H 
eiiiBzeitang.  1834.  No.  5.  ')  Proriep*s  Notfi 

Bd.XUn.  S.186. 


—     71     — 

t 

men.  Die  erste  Gabe  bringt  bald  Erbrechen 
bitterer  Stoffe,  bald  Stuhlausleerungeo zuwege; 
zuweflen  erfolgt  weder  das  eine  noch  das  an^ 
dere^  aber  das  Fieber  verschwindet  gleichwohl 
eben  so  schnell. 

e)  Nonafs  Methode  *).  Dr.  Nonat,  wel- 
cher, wie  wir  früher  bei  Erwähnung  der  Actio- 
logie  des  Wechselfiebers  ausgeführt  haben,  diese 
Krankheit  von  der  Anschwellung  der  Milz  "afir 
leitet,  bedient  sich  ebenfalls  des  schwefblsau-*» 
Ten  Chinins.  Zum  Coupiren  des  Fiebers,  toagt 
er,  seien  zwar  4  —  6  Gran  dieses  Mittels  ge- 
öfigeiid,  aber  man  müsse  ein  Mittel  suchen,  um 
den  Recidiven  vorzubeugen  und  die  Hypertro- 
plue  der  Milz  zu  heilen.  Dieses  sei,  nach  sei- 
nen vielen  Versuchen,  das  schwefelsaure  Chi- 
nin zu  12 — 40 — 50  ^ran  täglich.  An&e'fdem 
mfilste  man  die  Dosis  noch  nach  der  Ve^grci- 
fkiening  der  Milz  richten,  und  gibt  zu  dessen 
Beortheilung  folgende  Norm:  Nimmt  man  'di6 
normale  Gröfse  der  Milz  =  3^^  bis  4  Zöll^  odeir 
vielmehr  den  matten  Ton  der  Milzgegenii  p:t  S^ 
bis  3  Zoll,  im  vertikalen  Durchmesser,  zum 
HaaCsstab,  so  ergeben  sich  folgende  Dosen: 

Mattheit  der  Milzge^      Dosis  des  schwefelsauren 
'  gend:  Chinins: 

3—  4ZoU    ....    1«  — 156ran/ 


4—6    —     .    . 

.    .    16—18 

6—8   —     .    .     . 

,    .    18— «4 

8_10—     .    .    . 

,    .    «4—30 

10—18—     .    .    , 

80— 'oo 

IS  — 15—     .    .    . 

.    36—40 

Meine  Methode,  welche  ich  schon  seit  ei- 
ner Reihe  von  Jahren  stets  mit  dem  besten  und 

»)  a.  a.  O. 


—     7«     — 

gleichbleibenden  Erfolge  anwende^  besteht  in  Fol- 
gendem :  Der  Kranke  erhält  gleich  anfangs  eine 
starke  Gabe  Brechweinstein ,  10  — 12  Gran  in 
i  Unzen  Wasser,  ganz  einfach  mit  Althaesy- 
rnp,  wovon  er  bis  einige  Stunden  vor  dem  Fie-* 
beranfalle  alle  zwei  Stunden  einen  Efslöffel  voll 
zu  nehmen  hat.  Die  ersten  Dosen  erregen 
Eckel}  seltener  wirkliches  Erbrechen,  als  viel- 
mehr einen  Znstand,  welcher  gleichsam  das 
Mittel  zwischen  Wohl-  und  Unwohlsein  häl^ 
in  der  Regel  unter  vermehrten  Stuhlentleerun- 
gen 5  es  sei  denn,  dafs  zuvor  schon  Turgescenz 
nach  oben  ausgesprochen  ist.  Nach  Erhohlung 
von  dem  erstandenen  Aufalle  wird  wieder  alle 
zwei  Stunden  ein  Efslöffel  voll  verbraucht^  wie 
vorbin.  So  werden  zwei  Aufalle  ganz  ruhig 
abgewartet,  wovon  der  zweite  öfters  schon  et- 
was leichter  zu  werden  pflegt,  und  dann  erst 
zur  Heilung  des  Fiebers  geschritten,  zu  wel- 
chem Zwecke  ich  mich  ganz  einfach  des  schwe- 
.  feisauren  Chinins  in  f(»Igeuder  Formel  bediene: 
Rec.  Chinini  sulphurici  gr.  ij,  Opii  puri  gr.  ^f 
Sacch.  alb.  gr.  vj.  M.  f.  pulvis  dentur  tales  do- 
ses  No.  Xn.  Von  diesen  Pulvern  lasse  ich 
6  —  8  Stunden  vor  dem  zu  erwartenden  An- 
falle vier  Stück  verbrauchen,  so  zwar,  daiii 
das  letzte  wenigstens  eine  halbe  Stunde  vor 
dem  Eintritte  des  Anfalls  genommen  wird.  Der 
Erfolg  hieven  ist  eine  bedeutende  Verkärzung 
des  Anfalls.  Nachdem  dieser  vorüber  ist,  nimmt 
der  Kranke  in  der  fieberfreien  Zeit  wieder  wie 
vorhin  seine  Brechweinsteinsolution  bis  6 — 8 
Stunden  vor  dem  Anfall ,  wo  mit  dem  Verbranch 
von  vier  weitem  Chinapulvern  in  der  nämlicheb 
Zeitfolge  begonnen  wird,  und  unter  zehn  Fäl- 
len bleibt  der  zu  erwartende  Aufall  neun  Hai 
aus.    Zur  gröfsem  Sicherheit  wird  nadi  gehe- 


—     78     — 

y^;em  Veilauf  des  Anfalles  wieder  mit  d^r  Mix- 
tar  begonnen  9  and  zuletzt  noch  die  vier  letz- 
ten Cbinapulver  wie  vorhin  gereicht.  Niemals 
habe  ich  ein  Recidiv  in  Folge  dieser  Be- 
handlnngsmethode  beobachtet,  und  kann  sie 
deshalb  als  dorchaus  sicher  hiemit  ö£Pent- 
lich  empfehlen.  iQh  will  den  geneigten  Leser 
nicht  mehr  lange  durch  Mittheilung  von  Kranken- 
l^eschichten  ermüden,  deren  ich  einige  sehr  in- 
teressante hier  mittheilen  könnte,  z.  B.  einen 
Fall  von  Wechselfieber  mit  bedeutender  Milz- 
anschwellung; einen  andern,  der  mit  einer  be- 
deutenden Hypertrophie  der  Leber  und  beglei- 
tender Gelbsucht  complicirt  war,  welche  nach 
ineiner  Methode  schnell  ubd  sicher  geheilt  wur- 
den, uebst  noch  einigen  andern  minder  wichti- 
gen, sondern  ich  will  hier  nur  noch  kurz  er- 
wähnen, wie  sich  meine  Behandlungsmethode 
mit  meiner  oben  mitgetheilten  Ansicht  über  das 
Wesen  des  Wechselfiebers  verträgt. 

Wenn  wir  die  Wirkungen  des  Brechwein- 
steins in  ihrem  ganzen  VerlauFe  verfolgen,  so 
finden  wir  überall  eine  fluidisirende  Tendenz 
itasgesprochen,  Stockungen  hebend,  die  Ve- 
nencirculation  beschleunigend,  die  transpirato-^ 
rische  Thätigkeit  durch  Anregung  des  peri- 
pherischen Capillargefäfssystcms  bethätigend. 
Krampfzustand  durch  Beseitigung  organischer 
Coustruction  hebend  u.  s.  w.  Die  Turgcscenz 
wird  bei  dieser  Wirkungsweise  von  den  äufsern 
Theilen  mehr  nach  den  innern  versetzt  und 
durch  Erregung  von^  Eckel ,  wie  im  beginnen- 
den Fieberfroste,  Schütteln  des  Körpers  be- 
dingt, es  wird  also  dadurch  en  Miniature  ein 
künstliches  Froststadium,  ein  Mittelding  zwi- 
schen Wohl-  und  Unwohlsein  hervorgerufen, 
welchem  dieselbe  Polarisation  der  oben  erwähn- 


—     74     —    . 

ten  Systeme  zain  Grande  liegt,  und  so  wird 
der  Körper  aufdeukänftigen  Fieberanfall  gleich« 
mm  vorbereitet  und  für  die  Fieber  erregenden 
Potenzen  weniger  empfanglich;  daher  erklärt  es 
sich  auch,  wie  nach  diesem  Vorgange  das  Fie- 
ber leicht  zur  Heilung  gebracht  werden  kanui 
durch  Mittel,  welche  eine  potente  Kraft  gegen 
jdasselbe  in  sich  vereinen,  wie  das  Chinin. 


—     76     — 


IM. 

Krankheiten    Lüneburg^s« 

Vom 

Medicioalrathe^  Landphysikus  DnFischer, 

zu    Lüneburg. 


(ForUeUang.     S.  Tor.  St.  8.  45.) 


Das    Jahr    184  0. 

Julius, 

Barometer.    28'  5"  (15.  o.  16.)   o.  27'  9"  3'"  (7.).  (10 
mal  unier  28'). 

nehnometer.  20<»  (nur  4  mal  Mitt.).  a.  1—5*  (dften 
Morg.)  meist  13— 15»  Mitt.  — 

Hygrometer.  88<>  (28.)  Morg.  o.  58^  Mitt.  desselben  Ta- 
ges, und  äbniicbe  Differenzen  öfters. 

Winde  (stark),  W.  mit  S.,  nnr  7  mal  mit  N.  —  O.  mit  8. 
n.N. T.  26.-28.  —  Regen  die  ersten  14 Tage,  and 
dann  noch  13.  —  Oemtter  nur  am  5.  o.  22.  Donner 
nocb  2  mal  (auf  dem  Brocken  entladen  sieb  viele  Ge- 
witter schon  im  Jani  nnd  in  der  nördiicben  Bbene 
nicht).    Sternhelle  nur  0  m^\. 

Mit  dem  V.M.  (14.),  LV.  (22.)  n.  N.M.  (28.)  ein  Stei- 
gen des  Barometers  um  einige  Linien. 

Der  häufige,  fast  tägliche.  Regen  von  der 
Mitte  Juni  an,  der  auch  in  England  und  Ir^ 


—     76     — 

land  (Himb.  Correspond.  v.  13.  Jul.)>  auch  in 
Ri^fslandy  weniger  im  Süden  von  Deutschland 
herrscht  (da  z.  B.  die  Elbe  von  ihrem  Ursprünge 
an  stets  niedrig  bleibt,  und  dort  erst  mit  dem 
Juli  erwünschte  Regen  eintraten  (Hamb.  Zeit. 
V.  23.  Jul.)  führt  begreiflich  manche  Erkühlung^ 
z.  B«  bei  der  so  sehr  erschwerten  Heugewin- 
nüng^  herbei,  deren  Folgen  besonders  als  Ko- 
liken und  sogenannte  falsche  Pneumonieen  auf- 
treten^ wo  erstere,  je  nachdem  sie  mit  J^er" 
siopfung"  oder  Durchfall  sich  arteten,  dem  Öl. 
Riciui  oder  Opium,  letztere,  nach  mäfsigen  Au«- 
4^enipgea9  Calomel  mit  Opium,  -  in  .kJe^pe^i.Ga- 
'ben  schnell  hintereinander  bis  zur  Diaphorese 
gereicht,  einem  Vesicator  u.  dgl.  wichen.  Bei 
Kindern  aber  erregte  dieser  nafekalte  Coagula^- 
tionsprocefs ,  durch  die  warmen  contrasiirenden 
Sonneublicke  und  die  vorherige  organische  Er- 
hitzung durch  Laufen  und  Spielen  noch  erhöht, 
gegen  Ende  des  Monates  zumal ,  eine  so  inten- 
sive Reaction  der  Schleimhäute  der  Respira- 
tionsorgane, dafs  (wie  auch  aus  Berlin  brief- 
;Mcb  gemeldet  wurde,  dafs  in  der  Charite  viel 
,  pneumonische  und  Croupkranke,  wie  im  Winter, 
lagen)  häufige  und  hartnäckige  Brustaffectionen 
und  Husten,  bis  zum  Croup ^  isich  einfanden, 
an  welchem  letzteren  am  21sten  ein  lebhafter, 
aber  etwas  vollsaftig  weicher  Kuabe  auf  dem 
Lande  (aus  dessen  einige  Tage  zuvor,  nach 
angegebener  Art ,  .  zugezogenem  Husten  die 
übrigens  sorgsamen  Eltern  kein  Arg  gehabt, 
und  erst  am  dritten  Tage  dagegen  Hülfe  such- 
ten) erlag.  —  Es  wat  auch  ganz  die  atmosphä- 
rische Constitution  zu  einer  abnormen,  wenn 
auch  nicht  gerade  stark  ^materiellen  Plastik 
(Hautbildung)  der  Bronchialhaut  doch  zu  einer 
feineren^  dem  blofsen  Auge  unsichtbaren  Ob^ 


f  —     77     — 

Kteraiion  oder  auch  baldiger  Erlahmung  der 
äuDsersten  Nerven-  und  Gefalsenden  derselben, 
wodurch  die  (electrisch  -  gasartige)  Wechsel- 
wirkung mit  dem  Luflkreise  unterhalten  wird, 
und  welche  den  Croup  eigentlich  begründet«  — 
Die  Athmungsorgane  litten  jetzt  überhaupt,  bei 
Anlage  dazu,  viel  durch  Mangel  au  kräftigem 
Umlauf,  und  daherrührender  Brustbeklemmung^ 
und  die  constiiuüo  caerulea  (dunkelrothe  Wan- 
gen, überfüllte  blaue  Venen  u.  s.  w.,  «Sc^b'ii- 
lein^s  Cyanosis  pulmonuniy  Fuchs*  pneumatO" 
electasis)  klagte  am  meisten.  Neben  allgemein 
und  örtlich  (für  die  Brustsphare  zumal)  beU'» 
henden  Mitteln,  z.  B.  höchst  geistigen  Einrei- 
bungen ,  mit  Salmiakgeist  und  ätherischen  Oelen 
(Bals.  vitae  ext.  Hoffm.)  versetzt,  deren  innerer 
Gebrauch  nur  nicht  bis  zur  Erhitzung  und  U»*. 
berreizung  getrieben  werden  durfte,  thaten  auch 
schonend  ausleerende,  die  Circulation  und  den 
organischen  Stoffwechsel  befördernde  Mittel,  z. 
B.  Pillen^  aus  Asa  foet.  Sapo,  Rheum,  und 
selbst  mit  mäfsigen  Zusätze^  von  Chinin,  Cam- 
pher und  dem  Extr.  panchymag.  Croll.  oder 
dergl.,  besonders  bei  plethorischen  und  dabei  , 
gefäfsschwächeren,  nicht  gerade  fieberhaften, 
Subjecten,  oft  vorzüglich  gute  Dienste.  — 

Unter  den  jetzt  häufigen  Ausschlagskrank- 
heiten tauchte,  nach  zweijähriger  Immunität, 
das  Scharlach  y  aber  dfbch  nur  sehr  sporadisch 
und  gutartig,  wieder  auf.  — 

Bei  dem  Nasenkrebs ,  bei  einer  alten  säft»- 
reichen  Frau  auf  dem  Lande  (entweder  von  ve- 
nerischer, oder  wohl  mehr  von  Radesyge- An- 
lage, was,  wie  wir  schon  öfter  im  Laufe  die- 
ser Verhandlungen  gesehen  haben,  die  ernste- 
sten practischeu  Verwechslungen  nach  sich  zie- 
hen kann)  that,  nach  manchen  anderh  Kuren^ 


/     ,  —    SB'    -. 

hei  der  8ch%vtuniiiig*fires8radeD  AflTectum  der 
jieiclit  blatenden  Oberfläche,  das  Eisen,  ioneih- 
lidi-  und  anfiserHch  (Md.  rosar.  un^  ß,  F«k* 

Bxtiv^lladooii.  sorop.j  bis  drachoh/Q  nodidia 
besten  Dienste^  und  ist  za  rathen ,  statt  dess4»i 
nicbt  bei  dem  mehr  dissolvirenden  QaedcsOber 
0R1  sdbr  ma  beharren  und  wenigstens  einem  Pol 
nach  einander  (aueh  dem  bindenden)  sich  bo 
B&heml  *-? 

^  August, 


28'  4"  8'"  (31.)    und  27'  8"  (19.-).     (Nor 
6  mal  mtüer  28S  and  doch  lo  viel  Regen  f)» 

^BhtrMMMfM*.  20«»  (28.  n.  31.)  o.  8—6*  öfter  Mofgeas 
,  ijmm^  U— 17«  Mitt). 

BteffMifffr.    03®  (mebmialt  Morg.  a.  Abeadt.  and  meifC 
-  4fr«*50  MHt.). 

yi'We  (itarky  snm  Glock  f&r  die  Erodte)  znerat  NW.  n. 
MO.  Vom  11.— 19.  mehr  SW.,  dann  wieder  NW.  and 
mitunter  O«  J^gen  12,  am  12.  mit  OewUter.  NebeH 
(Moigens)  häufig ,  zumal  später  dm  Monate.  —  Stem^ 
helle  doch  19  mal. 

Unbedeutende  Veränderungen  des  Barometera  mit  den 
Mondwechseln. 

Die  Ertidie  durch  die  anhaltende  Nässe 
mehr  gefährdet,  als  die  Gesundheit:  nach  der 
schon  dfter  in  diesen  Jahrbüchern  gemachten 
Erfthning,  dals  zumal  kühle  Nässe  im  Gan-> 
zen  nur  wenig,  und  mehr  blofs  catarriialische^ 
besonders  etwa  Uebel  derRespirations-,  Sdiling- 
und  Hautorgane,  erzeugt,  tfieils  weil  kein  zu 
reizendes  Extrem  der  Temperatur  besteht,  die 
Organisationen  sich  auch  besser  und  vorsichti* 
8^ '  gogen  äu&ere  Einwirkungen  verwahren, 
duui  auch  manche  Hauptquelle  heftiger  schade 


—     79     — 

lieber  Einflüsse  (höher  potenzirte  Ausdunstung 
aus  sumpfigem  Boden  z.  B.)  fehlt.  ^) 

Der  seit  einigen  Jahren  uns  beschäftigende, 
im  August  1839  vergeblich  von  Ems  zurück- 
kehrende,  abzehrende ,  aber  doch  bisher  immer 
noch  pathologisch  sehr  räthselhafte  zwölfjähiige 
Knabe  (Jouf^al   1840.  Aug.  S.  71)  starb  jetzt 
erschöpft  9   ui^d    die   Darlegung   der  in  seinen 
Hauptorganeb  gefundeneh  krankhaften  Verän- 
derungen  soll  uns  interessanter  sein,   als  die 
der  wenigen  intercurrirenden  Krankheiten  dieses 
Monates.  —  Der  Kranke  hatte  sich  seit  einem 
Jahre,  bei  Milch  und   Obstdiät,   dem  Genub 
der  freien  Luft  und  passender  Mittel,   eiuiffer- 
malsen  erholt,  so  dafs  er  oft  munter  umher- 
ging oder  auf  einem  Esel  ritt,  magerte  aber, 
obgleich  keine  Neigung  so  wenig  zu  Durch- 
fall als  zu  Schweifs  da  war,   mit   fortwähren- 
dem Husten  und  Auswurf,  auch  Fieber,  immer 
mehr  ab,  und  starb  am  19.  d.  M.  —  Der  Kör- 
per sehr  abgezehrt,    die  Haut  wie  ganz  rauhy 
das  Herz  fest  und  grofs,  mit  einem  Gu&  gleich- 
sam verhärteter  Lymphe,  die  hie  und  da  Fleisch- 
fasem  ähnelte,  überzogen,  und  damit  sowohl  an 
die  Pleura  und  die  Lungen,  als  auch  mit  dem 
Herzbeutel  fest  verwachsen.    Am  rechten  Herz- 
ohre ein  speckiger  Auswuchs.    Die  Lungen  fest 

*)  Doch  soU  biemit  keinesweges  geleagnet  werden,  daff, 
wie  Hecker  richtig  bemerkt,  eine  sehr  anhaltende 
Nässe,  durch  beschränkte  Blutentkohlang  in  den  Lon- 
gen und  dorch  Hinderung  der  Haotthätigkeit,  so  wie 
durch  Erkrankung  des  Pfortadersystenis  and  des  sym- 
pathischen Nerven  insbesondere,  ^nsfriscAm Zustand, 
Wechselfieher  n.  s.  w«  erzeogen  könne  (Qeschiehte 
der  Wiener  Schule),  Aach  in  der  gleich  folgendea 
Section  des  Lungensüchtigen  scheinen  beweise  Ton 
za  negativer  Wirkung  der  jetzigen  Nässe  auf  die  Ath- 
niangsorgane  zu  liegen.  -^ 


—     80     — 

an  die  Pleura  gewachsen   (daher  wohl  so  we« 
nig  im  Brustkasten  als  im  Herzbeutel  Wasser?). 
Die  Oberfläche  der  Lungen  war  verhärtet,  in 
der  obern  Spitze  der  linken  einige  ausgeleerte 
Eiterhöhien,  in  welche  man  bequem  den  Dau- 
men stecken  konnte  (wie  ausgebrannte  Crater, 
auf  der  innern  Oberfläche  hart,  und  mit  Ossi- 
fication   an  den  Gefäfswänden).     Auch  in  der 
rechten    Lunge    Aehnliches    im  Kleinen.     Das 
Princip    der  Verdichtung  y  neben  dem  der  Er* 
weichung    und   Schmelzung  y    war   bei    diesem, 
sicher  von  der  Nerven-  und  ganzen  Lebens- 
krafttendenz abhängenden  chronischen  iuherew 
lösen  Entzündungsprocessej  gleich  vorherrschend, 
und  diese   Hypertrophie    und  Stockung  offen- 
barte sich  auch  in  den  Bronchialdrüsen,   deren 
einige  vergröDsert,  schwach  gebratenen  Hasen- 
nieren  sehr   ähnelten.     Die    grofse   und  harte 
Leber  mit  dem  Zwerchfell  und  der  Bauchhaut 
verwachsen.     Magen  und  Eingeweide  äbrigens 
bei  aller  Abmagerung  gesund,  und  erklärte  sich 
dadurch  die   kaum  je  gestörte  Verdauung  und 
Reproduction  des  so  langsam,  leider,  aufgerie- 
benen Kranken!  —    Vergl.   über   Cirrhose  der 
Lungen   Corigan  (Med.  and   surgic.  Joum.  of 
Edinburgh  1838.  Mai.  —  Salzb.  medic.  Chirurg. 
Zeit.  1840.  No.  23.  S.  375).  —    So  auch  von 
Abscessen,   die  sich  durch  Leber  und  Lunge 
zugleich  öfihen.  —  Dr.  Sporer  in  Fricke  u.  Op- 
penheim  n.  Zeitschrift.  Bd.  XIV.  St.  1.  S.  85. — 
Bei  dieser  Gelegenheit  (wobei  auch  dieser 
Kranke   interessirt   war),    die  pharmazeutische 
Einschaltung,  dals,  wenn  mau  den,  wegen  zu 
langsamer  Unsicherheit  der  Wirkung  und  zu- 
gleich der  Beschwerde  wegen,    es  Kindern  so 
lange  beizubringen,  nur  hypermodernen  und  oft 
entbehrlichen  und  durch  bessere  Mittel  zu  er- 


-     81      - 

Betsenden,  Leberthran  doch  durchaus  glaubt, 
gegen  derartige  Beschwerden  oder  Anlagen  ge- 
brauchen zu  mfissen,  ich  bei  diesem  oft  über- 
Bälsig  langwierigen  practischen  Experimente, 
Bur  &leichterung  der  armen  Competenten,  doch 
oft  wenigstens  die  Benutzung  der  Liehig*schen 
Symps -Formel  (^Pharmazeut  Joum.  Bd«  XXV. 
SL  1.)  anrathen  möchte.  —  Reo.  Öl.  Jecor. 
'  aselL  unc.  xiv,  Gumm.  arabic.  unc.  /?,  Aq.  fon- 
tan.  unc  xij,  Syr.  commun.  unc.  iv,  Sacch.  al-* 
biss.  unc  xxiv,  Aq.  Flor.  Naph.  unc.  ij.  (Erst 
eine  Emulsion  gemacht  und  den  aufgelösten 
Zocker  und  die  Aq.  Flor.  Naphae  zugesetzt !) 

Unsere  nordischen  Bäder  waren  in  diesem 
Jahre  schlecht  besucht,  und  noch  schlechter 
warn  Theil  bekommen,  auch  fräh  verlassen.  (Im 
wimeren  und  regeren  Süden  war  dies  besser}. 
^  Doch  bekam  unser  Soolbady  bei  der  Kühle, 
und  der  Bequemlichkeit  und  Nähe  seiner  An« 
wendoDg  recht  geleitet,  grade  aufTallend  gut, 
Aach  die  Vaccination  (in  Masse,  imPhysicats- 
disUicte)  gelang  vorzüglich,  schon  weil,  beider 
mcht  übermälsigen  Hitze ,  die  Blattern ,  zumal 
n  Schlafe,  nicht  so  stark  abgekratzt  wurden !  — 
Am  17. — 19.  d.  M.  auf  dem  Brocken  schoD 
fMdineit  (Hannöv.  Zeit  v.  lt.  Septbr.). 

■ 

Septemher, 

Mmrameter.  28'  4"  9"'  (1.)  u.  27'  4''  4'''  (16.)  (Nor  ?odi 
17.  — 2a  imfer  280. 

ter.    23«'  (3.)  n.  10"»  (16.  Mitt.).    (Morgeni  in 
der  zweiten  Hälfte  öfter  4% 

ter.    05®  Morg.  (26.  o.  29.)  o.  50<>  (MTittags  im 
▲■fuige  öfters). 

(sUrk).    An  den  ersten  drd  heilsen  Tagen  SO., 

8.  a.  NW.    Vom  21.— 25.  wieder  S.  ti.  NO. 

(aber  meist  tcbwacb)  18.  Starkes  Gewitter  am 

10:  IMd  (firnIO  Dvr  am  9.,  15«  o.  26.  Sternhelhl&. 

.XClILBd.2.8t  F 


—     8«     — 

Mit  dem  V.  M.  (11.)  Barometer  gef*  and  mit  dem  I.  V. 
(18.)  gest. 

Dieser  Monat  lind  der  Herbst  überhaupt 
glich  den  nafskalten  Sommer  noch  eiuigerma- 
Jsen  wieder  aus,  so  dals  wenigstens  die  un- 
gewöhnlich,  selbst  auf  unserm  Sandboden^  ver- 
zögerte und  erschwerte  Emdte,  einigermafiMn 
weiter  gefördert  werden  konnte.  —  Jetzt  wa- 
ren auch  9  in  den  ersten  heilsen  Tagen  des  Mo- 
nates wenigstens,  die  Flufs-  und  Seebäder  er- 
quicklicher als  in  dem  bisherigen  Sommer. 

Cholera  nationalis  zeigte  sich  häufig,  doch 
befiel  sie,  bei  der  mehr  warmen  und  gleidt- 
m|f]sigen  .atmosphärischen  Temperatur,  nur  mehr 
d^e,  welche  es  durch  innere  oder  äulsere  Er- 
kuhlungen  der  Darm-  oder  Hautfläche  verse- 
hen hatten.  War  dabei  starkes  und  anhalteii- 
des  Erbrechen  (als  Beweis  der  erethischen  Af- 
fectipn  der  Magenhäute),  so  war  Pot.  River, 
(und  etwa  örtliche  Epispastica)  meist  schnell 
hälßreich  —  bei  mehr  Tenesmus  Ol.  Ricini  — 
und  bei  copiösem  wirklichem  Durchfall  —  ge- 
linde Opiate  mit  schwachen  Gaben  der  wäfsri- 
gen  Rhabarbertinctur,  Aether  u.  dgl.  Umso 
mehr  mulste  man  sich  hüten,  aus  Furcht  vor 
Erschöpfung,  oder  aus  sonstigen  Gründen,  diese 
Ausleerungen  unbedingt  und  zu  schnell  zu  hem- 
men, da  sie  mitunter  auch  Folgen  der  jähen 
stärkeren  ^Expansion  der  Faser  und  Säfte y  so 
wie  dadurch  hervorgerufener  lebhafterer  und  oft 
wohlthätiger  Reaction  der  edleren  Eingeweide, 
besonders  des  Centraiorgans y  waren,  um  die 
sogenannte  Plethora  commota^  welche  durch 
zu  starke  Einwirkung  auf  den  Gesammtorgi^ 
nismus  oder  auf  einzelne  schwächere  Organe 
Krankheit  erzeugen  konnte,  durch  Säftevermin- 
derung  wieder  auszugleichen.   —    Das  chlore- 


-     83     — 

tische  etliche  zwanzigjährige  Mädchen,  was 
wir  9  als  früher  mit  dem  stärksten  Luftmangel 
und  Herzklopfen  bei  einiger  Bewegung  geplagt, 
und  eines  Herzfehlers  (der  auch,  in  der  An- 
lage, wenigstens  wohl  nicht  fem  sein  mag) 
verdächtig,  so  wie  durch  stärkere  und  fortg^- 
setste  Verminderung  der  Säfte,  namentlich  durch 
Abführnngen,  der  freien  Bewegung,  wie  der 
Kraft  und  dem  Leben  wiedergegeben,  schon 
■ehreie  Jahre  kennen  (s.  Joum.  1839.  October 
8.64),  litt  jetzt  schon  länger  an  einem  frei- 
willigen Durchfall,  den  man  gern  eine  Zeitlang 
gehen  liells,  und  nur  ganz  allmählig  einschränkte, 
ab  man  ein  Ueberschlagen  in  den  negativen 
Pol  der  zu  grofisen  Abspannung  und  Erschö- 
füong  befiirchten  muiste.  Auch  den  an  lieber- 
ffinoDg  der  Athmungsorgane  Leidenden  bekam 
doch  dieser  Monat,  wie  der  Sommer  überhaupt, 
m  Ganzen  gut;  indefs  für  die  Gesunden  oder 
sehr  von  belebenden  äufseren  Reizen  Abhän- 
gigen die  Trauer,  jetzt  schon,  gerecht  war, 
dals  wieder  der  Winter  (und  was  für  einer?) 
bald  eintreten  solle,  nachdem  man  vom  Sommer 
etwas  Erkleckliches  nicht  gesehen.  —  Die 
Franzosen  waren  äbrigens  auf  unsere,  eben- 
faÜB  durch  diesen  Sommer  etwas  in  den  Schat- 
ten gestellte,  sonst  gewifs,  vernünftig  ausge- 
wählt und  geleilet,  sehr  oft  heilsame,  Wasser^ 
keilkundej  jetzt  auch  nicht  gut  zu  reden,  und 
behaupteten  (nach  den  Zeitungen)  in  ihren  aka- 
demischeb  Pariser  Sitzungen ,  als  über  die  Ein- 
führung dieser  neuen  Methode  in  Frankreich 
die  Frage  war:  Dafs  Deutschland  eben  noch 
nichts  gescheutes  Praktisches  ihnen  zugesandt, 
wie  an  dem  Mesmerismusy  der  Hahnemann%fAiea 
Homoapaihie  so  wie  auch  an  der  Hydropathie 
SU  sehen,    da  der  Nutzen  eines   vernünftigen 

F2 


—    84    — 

fVassergebrauches  längst  bekannt  sey  ^\  Nan 
ist  aber  auch  von  einem  solchen  vemfinftigen 
nar  erweiterten  and  kräftigere^  Gebraudie 
die  Rede,  und  eine  in  diesem  Spätherbste  in 
Lauterberß  am  Harz  begonnene ,  und,  nadk 
Unterbrechungen  erst  im  Frühjahre  und  Som- 
mer 1841  fortgesetzte  und  glänzend  vollen- 
dete Kur  der  Art  in  des  Verfassers  eigenem 
Kreise  wird  auch  demnächst  beweisen,  daGs^ 
durch  vernünftige j  beharrliche  und  wohlwollende 
Anwendung  der  Wasserkur  auch  in  der  Sphäre 
der  Nerven  und  der  Psychik  Zerrütteten^  durch 
einen  Leiter  wie  Dr.  Riischer   daselbst ,   Gro- 

*)  Wandern  mufs  man  sich  übrigens,  dafs  die  JFVinis*- 
sen^  die  mit  Yoreiliger  praktischer  Spiegelfechterei  oh 
voran  zu  sein  pflegen,  solche  unbedingt  uiber  ofii ab- 
sprechende Sprache  führen  mögen,  da  wir  docb  JJI^ 
so  viel  onser  Menschen  sind,  in  den  wichtigsten  theo- 
retischen, samal  aber  pracHschen  Krkenntnissen  £e 
Wahrheit  zu  erforschen  mannichfaltig  versuchen  moi- 
sen.  So  auch  mit  der  Lebrc  von  der  Schwere  and 
der  EleciricitiUy  beide  Hauptlehren  ansers  kiaturfaistO' 
rischen  und  auch  heilkundigen  Wissens^  und  am  Rade 
doch  wahrscheinlich  zusammenhängend.  Der  Vf.  er- 
innert sich  der  Erklärung  des  Franzosen  Le  Sagt 
davon  (Kntgegenstreben  eines  alle  körperliche  Atome 
(nach  dem  Quadrat  der  Entfernung)  zusammenhattei- 
den  Aethers),  welche  unser  geniale  Lichtenberg  bei- 
fällig (Göttingen  1790)  vortrug^  während  der  mehr 
rigorose  mathematische  Kästner  darüber  skeptiicb 
lächejte.  Und  doch  mufs  eine  solche  oder  abnlidie 
antipolarische  Circolation,  neben  attractiven  mid  ri' 
jmlsiven  Kräften  (Kantus  metaphys,  Anfangsgrituit 
der  Naturwissenschaft)  in  den  .Körpern  CMetalleOi 
Nerven,  Blut  ii.  s.  w.)  Statt  finden,  weil  wir  soiit 
so  manche  Erscheinungen  der  nwgnetisch  -  eledrir 
sehen  f  physiologischen  und  pathologisch -therapeM' 
schan  Sphäre,  auch  nor  äufserlich,  nicht  begreÜM 
könnten ,  und  das  Zurückgehen  za  den  Wirhän  6m 
Cartesius  n.  dgl.  die  Dinge  noch  weniger  begreÜM 
roaebt. 


—     86     — 

« 

es  and  sons(t  kaum  Erreichbares  geleistet  wcr- 
\n  kann. 

Selbst  die  so  zweideutige  Temperatur  auch 
Mtes  Monates,  hinderte  nichts  dafs  nicht  das 
»iere  Landleben  mit  einem  mehrfach  eiqge- 
hränkteren  Stadtleben  vertauscht,  grofse  Dinge 
i  einem  zweiundzwanzigjährigen  scrophulö- 
n  Drechslerburscheu  leistete,  der  seit  sieben 
hren  durch  perpetuirliche  Entzündung  und 
sschwulst  der  rothen  thränenden  Augen  uud 
r  Augenlieder  (Phlyctänen)^  Lichtscheue,  so 
jb  er  immer  die  Augen  fest  zukneifen  mufste, 
>tz  aller  angewandten  Mittel ,  so  gut.  wie  blind 
brigens  sonst  kräftig  und  gesund)  gewesen, 
tzt,  einem  in  mehren  Punkten  liberaleren  Auf- 
ithalte  an  einem  schattigen  Walde  übergeben, 
id,  nebenbei  Salmiak,  Calomel  uud  Opium, 
impbor,  Tinct.  Colchici  (mit  Extr.  panchym. 
loll.,  bis  zur,  schwer  zu  erregenden,  Stuhl- 
sleeniug,  oft  verstärkt),  Vesicatore  u.  dgl.  ge- 
inchend,  binnen  acht  Wochen  schon  gut,  je- 
ieh  noch  lichtscheu  y  wieder  sehend  gemacht, 
der  Folge  aber  ganz  wieder  hergestellt  wurde, 
dais  er  dafür  auch  die  Oekonomie  als  sein 
inftiges  Fach  beibehalten  hat.  — 

Sind  nun  die  diesjährigen  (wohl  alljährli- 
len  ?)  Sonnenflecke  (Hanno v.  Zeit.  v.  12.  Sept.) 
[er  dias  Erdbeben  in  Italien  und  Illyrien  (^Hamb. 
jrrespond,  v.  14.  Sept.)  oder  was  (Erkeun- 
les^  ist  an  dem  diesjährigen  Schlechten  im 
immer )  was  noch  gar  nicht  recht  aufhören 
31,  Schuld?  Was  die  Nässe  übrigens  anbe- 
Dgt,  so  muls  es  z«  B.  in  ItaUeh  damit  anders 
iSBehen,  weil  der  heil.  Vater  nicht  eher  nach 
om  (im  September)  zurück  sollte,  bis  nicht 
frischender  Regen  gefallen  sein  wurde  (Zei- 
ngen). 


i1 


r 

5 


-     86     - 

Bei  uns  aber  starb  manches  mit  krft 

ter  Anlage  innerer  Organe    begabte    S 

eben  durch  den  von  schnell  abwechselnder 

ter  und  trockner^  kühler  und  warmer  Tem] 

hervorgerufenen  9   contractiven   und  expa 

Prpceb  der  morbiden  Säfte  und  Nervei 

mentlich  waren  davon  Beispiele:  einesec 

jährige  Frau  auf  dem  Lande ,  die  binnen 

gen  Stunden  an  einem  Lungenblutauswur 

und  ein  vierzigjähriger  Handlungscommi 

seiner  Jugend  her,  von  einem  l^ochens 

am  rechten  Schenkel  hinkend,  und  dess< 

1  sdiwister  alle  nicht  alt  geworden  warei 

[J  Gründe  des  ihn  wegraffendenhartnäckigen 

^"^  falls  erwiesen  sich  durch  die  Section  gam 

farbige,  an  manchen  Stellen  zusami 
schrumpfte  Eingeweide,  Verhärtung  dei 
ten  Leberlobus,  besonders  an  der  untei 
che,  Verwachsung  des  Magens  mit  dem  Z 
feile  u.  s.  w. 

Die  schlimmste  Einleitung  aber  für 
Spätherbst-  und  Winterkrankheiten,  n 
lieh  für  unsere  ansehnliche  Masernep 
machten  uns  nicht  allein  schon  jetzt  anfa 
Vorboten  der  letzteren  (fieberhafte  Ausfl 
die  eben  so  aussahen  und  mit  manche: 
liehen  Zufalle  begleitet,  die  Krankheit  ab 
nicht  waren,  indem  mehrere  Subjecte  ni 
bis  sechs  Wochen  erst  ordentlich  davor 
len  wurden),  sondern  hauptsächlich  der 
husten,  der  auch  in  Dresden  heftig  h< 
(Hannöv.  Zeit.  v.  8.  Sept.)  und  sich  i 
mit  den  Masern  höchst  lästig  und  ge 
verband«  —  Von  Varioloiden  wurde  ö 
eine  Mecklenburgische  Nachbargegend,  Z' 
in  einem  beschjlnkten  Kreise  der  Mitt 


1 ; 


—     87     — 

übrigens  aber  von  Berlin  eiugcscbleppt^  arg  heim« 
gesucht  — 

Octoher. 

Bartmeier.  2S'  9"  (13.)  u.  27'  6 '  6"  (24.).  (Nur  8  mal 

unter  28')' 
nermometer.  + 11<»  (13.)  a.  —  l«»  (22«)  Abends. 

Ujfgrometer.  93^  (mehrmals  im  Anfange  (Morg.  a.  Ab«) 
und  meist  60  —  70^  Mitt. 

Winde  (stark)  N.  a.  NW.  bis  zam  26.,  nachher  S«  u. 
NO.  —  Regen  die  ersten  9  Tage,  und  nachher  noch 
13  mal.  Sdinee  am  26.  Nebel  mehrmals.  SternkeUe 
doch  16  mal. 

Mit  dem  V.M.  (11.)  Baromet  3Tago  sehr  geet.  Mit  dem 
L  ¥•  (8.)  gef.  Mit  dem  N.  M.  (25.)  niedrig  geblieben. 

Witterung,  sowohl  hier  als  in  einem  gro- 
ben Umkreise,  z.  B«  Berlin  (Journal,  October) 
noch  immer  die  verspätete  Brndte  störend  und 
gefährdend,  auch  die  bisherigen  Einwirkungen 
auf  Faser  und  Säfte  fortsetzend.  Die  in  dieser 
Zeitschrift  neuerdings  ausHirlicher  aufgestellten 
practischcn  Sätze  über  die  jetzt  als  obsolet,  fast 
in  Verruf  gekommene  Plethora  (Journal  1835. 
Septbr.  S.  56  u.  f )  fanden  auch  jetzt  noch 
ihre  deutliche  und  nützliche  Anwendung,  indem 
die  übermälsig  angefüllten  und  ausgedehnten  Ge- 
flÜjse  leicht  die  Nerven  drücken  und  reizen,  wel- 
che den  Functionen  auch  der  Circulation  und 
der  Absonderung  vorstehen,  so  wie  dann  die 
EU  schnell  abwechselnde  und  stark  potenzfarte 
Heizung  derselben  von  den  atmosphärischen 
Einwirkungen  auf  die  Respirationsorgane  aus 
wie  in  einem  Cirkel  wieder  zu  lebhaft  auf  die 
Erregung  der  Gcfäise  hinwirkt  — 

Diescmnach  gab  es  jetzt  auch  viele  Lu/t- 
g«/i-  und  GehirnkranJce^  und  wo  es  nicht  zu 
ernsthaften  Reactiouen  des  ganzen  überfTültcn 


-^      Aft       .. 

S&fte-  und  Nervensystenifit  kam^  da  herrschte 
häufiger  als  sonst  Drack  uud  Ermattung,  oder 
eine  störende  Aufregung,  woran  auch  die  Sphäre 
des  Unterleibes  oft  Theit  nahm,  besonders  bei 
Frauenzimmern,  zumal  Dienstmädchen,  und  vor 
allen  bei  Köchinnen  y  wo  die  Expansion  der 
Säfte  noch  durch  die  nahe  Berfibrung  mit  dem 
Feuer  vermehrt  wurde  ^).  —  Hier  nützten  nur 
zuvörderst  erst  paCslich  ausleerende  und  käh- 
lende  Mittel«  . —  Einen  ernsteren  und  länger 
anhaltenden  Character  nahmen  aber  die  jetzi- 
gen Ge^V/ireactionen  leicht  an,  auch  in  psy* 
chischer  Hinsicht  (wie  auch  die  Physihftts- 
regster  zeigten).  —  Bei  den  Fällen  von  jw 
gendUcher  Melancholie,  dergleichen  einer  jetzt 
in  eigenem  Kreise  vorkam,  möchte  ich  doch 
rathen,  die  jetzigen  Grundsätze  des  Zeitalten 
der  gar  zu  müden  ^  und  blofs  zerstreuenden 
nachgiebigen  Behandlung  (der  jetzt  besonders 
durch  zu  einseitige  Aufsätze  in  viel  gelesenen 
Blättern,  z.  B,  Treatment  of  insanity  in  Eng" 
land  etc,  hy  Percivaly  —  Blätter  für  litber. 
Unterhaltung.  1840.  Nr.  46 — 47.,  wo  ein  wie- 
dergenesender Irre  die  Eindrücke  seiner  här- 
teren Behandlung  beschreibt,  gar  zu  sehr  das 
Wort  geredet  wird)  nicht  gar  zu  unbedingt  za 
befolgen,  und  mehr  nur  auf  die  Fälle  zu  be- 
schränken ,  wo  wahre  Schwäche  und  Reizbar- 
keit, nebst  Anlage  zum  philosophischen  Nacln 
denken  bei  der  Jugend  >  oder  Müsmuth  und 
Kränkung  beim  stumpferen  Alter  keine  Auflas- 
sung oder  beharrliehe  Verfolgung  eines  ernsten 
Lebensplanes  oder  einer  ruhigeren  Handlungs- 
weise in  dem  zweideutigen  Leben  zulassen; 
da  aber,  wo  Mangel  an  Aufsicht  upd  Führung 

*)  Oefter  trat  vomtfti«  cruentu»  ein,  den  auch  Hokdkr 
in.  Hanno?er  jetzt  häufig  im  Hospitale  bemerkte. 


—     89     — 

des  empfindenden  und  denkenden  Princips  bei 
jener  eine  Verwirrung  der  Lebensansichten  und 
der  Begriffe,  mit  immer  dunkel  zunehmender 
Praetension^  und  mit  erschlaffender  träumen- 
der Nachgiebigkeit  gegen  sich  selbst ,  herbei- 
geführt hat,  dem  verwirrten  und  mehr  fixen 
Gehirn  -  und  Nervensysteme  eine  ernsthaftere 
und  positive,  selbst  zwahgvolle  und  mitunter  so- 
gar schmerzhafte  (ältere)  Behandlung,  stets  aber 
mit  der  grölsten  Gute  und  Geduld  ^  angedeihen 
EU  lassen.  Wird  damit  bei  solchen,  aber  in  den 
innem  Organen  und  in  der  Vegetation  nicht 
lädirtetif  Subjecten  eine  Wasserkur,  wie  die 
schon  auch  psychisch  und  moralisch  vorthcil- 
haft  erwähnte  in  Lauterberg  am  Harze,  ver- 
bunden, so  kann  durch  dadurch  hervorge- 
rufenen kräftigeren  und  conceutrirteren  Um- 
satz der  organischen  Masse  und  Faser,  durch 
chemische  und  imponderable  Einwirkung  darauf 
(oft  in  grellen  Contrasten  für  die  gefesselte 
Psyche ,%  so  wie  durch  Normalisiruug  der  Haupt- 
fonctionen  und  Triebe ,  durch  Entspannung  der 
klonisch -krampfhaft  gleichsam  afficirten  Ge- 
Um-,  Ruckenmarks-,  Brust-  und  Unterleibs- 
orgmne,  welche  einem  normaleren  Empfindungs-, 
Denk-  und  Handluugsyermögen  Platz  macht, 
sicher  Vieles  und  Grofses  geschehen,  was  so 
triebt  durch  keine  andere  Kurmethode  erreicht 
werden  kann,  da  hier  Natur,  Ruhe  und  Kraft- 
übm^  im  wechselseitigen  Bunde  stehen!  — 

Wenn  dann  hiedurch  oder  sonst  nicht  zu 
helfen  sein  möchte,  dann  mag  in  eine  Heiland 
tiaä  im  höheren  Sinne,  in  ein  Asyly  wie  das 
in  Htidesheim  unter  dem  würdigen  Bergmann, 
geflfiditet  werden,  dessen  höchst  interessante 
Abhildoiiffen  kranker  Gehirne,  nebst  Betrach- 
taugen  urüber,  der  gelehrten  Welt  und  der 


-     90    - 

i 

Menschheit  hoffentlich  nicht  lange  mehr  wer- 
den vorenthalten  werden,  aus  welchen  z.  B. 
hervorgeht,  dafs,  wenn  der  Winkel ,  unter  wel- 
chem die  sogenannten  Ammonshörner  zusam- 
menstofsen^  nicht  ein  spitzer  (etwa  wie  ein 
lateinisches  V.),  sondern  mehr  oder  weniger 
verwachsen  und  ausgefüllt  ist^  immer  eine  Stö- 
rung der  Geistesfunctfonen  Statt  finde,  da  die 
Comua  Ammon.  und  das  Psalierium  Dav.  die 
hauptsächlichsten  Willensorgane  abgäben  u.  dgl. 

Auch  fär  die  Lehre  vod  den  oft  räthsel- 
haften,  oft  dann  schnell  tödtlichen  Gehirofeh- 
lem  gab  es  jetzt  Mehreres,  in  Auffassung  der 
Verdächtigkeit  wenigstens,  zu  lernen,  da  un- 
ter andern  ein  vierzigjähriger  Kaufmann,  wegen 
heftiger  Kopfschmerzen,  die  sich  besonders  von 
dem  obem  Kinnbacken  der  rechten  Seite  an- 
fingen, sich  schon,  vergeblich,  drei  ohnehin 
schadhafte  Zähne  derselben  Seite  hatte  aus- 
ziehen lassen,  die  Section  aber,  nicht  lange 
darauf,  dio  Glandula  pituitar.  vereitert,  die 
Sella  turcica  cariös,  und  den  Eiter  aus  dem 
untern  Gehirn  bis  in  die  untere  Kinnlade  durch- 
gesenkt  zeigte.  — 

Noch  ein  Beispiel  der  jetzigen  Uebcrfui- 
luugs- Constitution  und  zugleich  der  Richtig- 
keit der  JFaltherscheu  Bezeichnung  einer  con- 
gesiiven  Amaurose  ^),  stellte  ein  achtzehnjäh- 
riges, robustes,  brünettes  Mädchen  dar,  was 
bei  seinem  schon  Jahre  laug  mit  ziemlicher 
Unbeweglichkeit  der  Pupille  und  geschwächter 
Sehkraft  auftretenden  Augenleiden  sonst  eher 
wohl  vertragene  Reizmittel  jetzt  gar  nicht  ver- 
trug, am  wenigsten  expansiv^congestivej  z.B* 

*)  V.  Gräfe  u.  v.  Walther  JournaL  Bd.  XXX«  Stl. 


—     91     — 

wanne  Bäder ,  sondern  am  meisten  durch  kühr 
Wnde  und  ausleerende  Mittel   gebessert  wurde. 

Neben  der  noch  immer  ^  aufsergewöhnlich^ 
selbst  bei  uns  auf  trockncm  Boden  nicht  voll- 
endeten .Erndte,  sogar  am  Schlüsse  dieses  Mo- 
nates,  die  nicht  einmal,  namentlich  in  der  un- 
entbehrlichsten Frucht,  der  Kartoffel y  aller  Or- 
ten gut  und  gedeihlich  ausfiel,  hatten  wir  uns 
noch  mit  allen  Folgen  oder  verstärkten  Com-, 
plicationen  (jplethorischer ^  rheumatisch" biliöser 
Form  hauptsächlich)  einer  so  langwierigen  und 
abnormen  atmosphärischen  Constellation  zu  pla- 
gen, namentlich  auch  mit  hie  und  da  auftau- 
chenden gern  anticipireuden  Tertianen.  -^ 

Mit  den  Thierkrankheiten  blieb  es  auf  un- 
serm  mehr  trocknen  Boden  hauptsächlich  bei  ' 
der  Maul"  und  Klauenseuche  des  Rindviehes. 
In  manchen  schwereren  und  nasseren  Gegen- 
den ward  aber  bei  dem  stetigen  nassen  Futter, 
wahre  Lungenfäule  daraus,  welche  sich  epide- 
misch und  contagiös  verbreitete,  ohne  daä  Sliu- 
schleppung  Statt  fand.  — 

Novemherm 

Barometer.  28'  9"  10'"  (26.)  a.  27'  6"  4'"  (14.).  (Fast 
ganz  so  in  Berlin.  Journal  1840.  Nov.).  16  mal  un- 
ter 28'.  — 

Thermometer.  +  11®  (6.)  a.  —  3*  (26.).  Noch  immer 
milde  ^  und  nur  am  25.-26.  (wie 'in  Berlin)  NacH" 
frost, 

Hygrometer.  Ol®  (bis  z.  16.  baafig  Morg.).  —  Mittag! 
meist  60—70®.  — 

Winde  (meist  (gliicklicb)  starlel)  berrscbend  S.'  mit  W.^ 
6  mal  mit  O.  Nur  4  mal  NW.  Nchel  häufig.  Re- 
gen 14.    Reif  (25.  u.  26.).    Sternhelle  9. 

Nach  dem  V.  M.  (9.)  u.  !.  Y.  (16.)  Baromet.  niedrig  ge« 
blieben.    ^>*  ^   N.M.  (24.)  sehr  n.  dauernd  gest. 


-     9«     - 

4 

Glücklich  genug  half  die  erste  wanne  and 
meist  doch  trockne  erste  Hälfte  des  Monates 
der  Emdte  noch  sehr  nach.  Auch  zögerte  der 
schlimme  Winter,  und  die  Zugvögel  lieüsen 
sich  noch  anscheinend  Zeit.  — 

Bevor  wir  aber  in  den  Einzelnheiten  der 
constitutionellen  Plethora  expansiva^  atonica, 
welche  oft,  länger  schon,  bei  schädlichen  Rei- 
zen,  durch  zu  lebhafte  Reaction,  oder  auch 
Mangel  derselben ,  in  bestimmte  Krankheit  aus- 
artete^ practisch  fortfahren,  und  besonders  den 
Zusammenflufs  dieser  Anlage  mit  den  jetzt 
noch  immer  stärker  auftretenden  Mas^/t  schil- 
dern, müssen  wir  eine  kurze  Krankengeschichte 
und  Section  vom  Ende  des  vorigen  Monates  * 
nachhohlen,  welche  in  ihrer  Veranlassung  mit 
den  pathologischen  Einflüssen  der  Zeit  sicher 
znsammenhäugt,  und  von ,  naher  freundlicher 
Hand  brieflich  mitgetheilt  wurde.  —  Unser 
Stieglitz  starb  in  Hannover y  nachdem  er  sei- 
nem alten  Collegen,  Freunde  und  Arzte,  zwei 
Stunden  vorher  munter  erklärt,  er  wolle  nun 
nicht  länger  träge  sein ,  sondern  in  einigen  Ta- 
gen seine  Geschäfte  wieder  übernehmen.  Zwei 
Stunden  später  fand  ihn  dieser  als  Leiche.  Die 
Untersuchung  des  Körpers  ergab  Verknöche» 
Tung  der  halbmondförmigen  Klappen  des  linken 
Herzventrikels,  ein  grofses  mit  Fett  bewach-, 
senes,  ganz  schlaffes  Herz,  und  in  der  abstei- 
genden Aorta  eine  sechs  Zoll  lange  Strecke 
fast  ganz  verknöchert,  aber  doch  mit  offenem 
Lumen.  —  Das  auffallendste  Symptom  seiner . 
Krankheit  war  Ermattung,  für  die  man  keinen 
echten  Grund  kannte;  denn  der  Catarrh,  wo- 
ait,  sie  sich  eiilftihrte,  war  geliud,  ohne  alles 
rieber,  nicht  ohne  Eislust,  die,  abgerechnet 
üe  zwei  bis  drei  ersten  Tage^  mit 


—     »8     - 

Kost  und  selbst  Wein,  befriedigt  wurde.  — 
Man  kann  also  nur  auf  Atonie  des  Herzens,  die 
manchen  Tag  nur  60  Pulse  in  der  Minute  lie- 
ferte, zurückkommen,  und  den  Tod  als  plötz- 
liche Adynamie  desselben  betrachten,  denn  das 
Gehirn  hat  sich  in  momento  morbis  in  seiner 
vollen  Klarheit,  durch  helles  Bewufstsein  und 
durch  das  eigene  Urtheil  über  seinen  Zustand 
„TifTVOÄ**  behauptet.  —  Havel  pia  animal  — 

Gehirncongestioneny  besonders  bei  jungen 
Kindern,  nahmen  jetzt  überhand,  bei  denen  ja 
ohnehin,,  nach  Tiedemanfty  gegen  das  Ende  des 
ersten  Lebensjahres  die  Scheidung  der  weifsen 
^imsubstanz  von  der  grauen ,  uud  also  ein  grö- 
berer Säftezußufs  dahin  vorgehen,  und  da- 
durch, nicht  aber  durch  erschwerten  mechani- 
schen Durchbruch,  das  schwere  Zahnen  erklär- 
lich werden  soll.  (Hey/elder,  Studien  im 
Gebiete  der  Heilwissenschaft,  Also  doch  eine^ 
wenigstens  rationeller  versuchte  Ehrenrettung 
des,  als  blolsen  Durchbruch  durch  den  genia- 
len Wichmann  mit  Recht  verpönten  Zahnge^ 
Schaftes y  oder  wie  die  armen  Mütter,  die  mit 
aller  Sorge  und  Gewalt  nicht  nachhelfen  kön- 
nen, es  gewöhnlich  nennen,  derZahnar^ei/!}  — - 

Um  80  mehr  erforderten  diese  Hirnconge^ 
stionen  Aufmerksamkeit,  und  ausleerende y  ge- 
genreizende Mittel,  als  auch  mancherlei  Aus- 
scblagsformen,  Nesselny  Rbtheln  u.  d^l.,  vor  Al- 
len aber  der  Stickhusten  den  jetzt  immer  sich 
mehrenden  Masern  vorangingen,  oder,  wie  der 
letztere,  mit  ihnen  vereinigt  blieben. 

Dafe  die  Masern  in  den  hoher  gelegenen 
Theilen  der  Stadt  vorzugsweise  sich  eher  zei- 
gen sollen,  als  in  den  niedem,  wie  in  Würz-» 
hurg  (llecension  von  Prioke  n.  Oppenheim 
Zeitschrift  Bi.  XU.  H^l.  Nr.  V.  JIB  /»4rf  P«?- 


—     94     — 

chir.  Zeit.  1840.  Bd.  UI.  Nr.  57.  S.  66),  ist  hier 
Die  bemerkt,  stimmte  aber  zu  der,  von  dem 
Recens.  ebenfalls  behaupteten,  mdhr  katarrha- 
lischen und  nordlicheren  Natur  derselben,  im 
Gegensatz  zu  den  mehr  südlichen  und  erysi- 
pelatösen  Scharlach  und  Pocken.  «^  In  der 
Regel  reichten  wenigstens  gelinde  eröffiiende 
und  kühlend  diaphoretische  Mittel  hin,  um  den 
Verlauf  des  Uebels  gutartig  unil  keine  beson- 
ders anhaltend  hervortretende  Reaction  von  ein- 
aselnen  innem  oder  äufsern  Gebilden  bemerklich 
9SU  machen.  —  Doch  werden  noch  einzelne 
Beispiele,  wo  die  Sache  schwieriger  und  ver* 
wi<dLelter  wurde,  im  nächsten  Monate  vorkom- 
men. *) 

Das  auffallendste  Phänomen  vor  dem  Aus- 
bruche der  Epidemie,  was  bei  drei,  nachher 
desto  stärker  von  Masern  befallenen  y  vollsafti- 
gen  Individuen,  namentlich  im  diesseitigen  Kreise 
bemerkt  wurde,  war  eine  sehr  ähnliche  Aus- 
schlagskrankheit (mit  Fieber,  auch  wohl  Hals- 
weh, Hasten  u.  dgl.)  vier  bis  sechs  Wochen 
vorher  (als  wenn  die  jetzige  specifische  Reaction 
und  Bildung  auf  der  Haut,  von  den  Respira' 
tiansorganen  und  der  Blutbildung  darin  y  aus, 
in  einem  male  nicht  erschöpft  werden  konnte?}, 
wie  auch  Dr.  Marcus  in  Hadersleben  dieses 
vorgekommen  ist.  (Berliner  medic.  Central 'Zei-^ 
tung.  1840.  Nr.  40.  S.  800). 

")  Dafs  übrigens  eine  solche  Kpidemie  mit  der  Zeit  im* 
mer  bösartiger  werden  soll,  ist  aber  schon  ein  na- 
türliches Rrgebnifs  theils  sowohl  der  durch  ihreffio- 
.  fung  Immer  mehr  allarmirenden  Krankheits  -  dimI 
Sterbefalle,  als  auch  der  Folgen  und  Nachkrankhei- 
ten, welche  mit  in  die  laufende  Reihe  treten,  obae 
die  Ansicht  \on  Vermehrung  nnd  Concentration  <tei 
Krankenstoffes  nnd  andere  Umstände  hier  ganz  aoi- 
scbliefseo  zn  wollen.  — 


—     95     — 

Wie  sehr  übrigens  jetzt  dergleichen  Aas- 
schlagskrankheiten,  in  den,  sicher  oft,  selbst 
80  ftrn^  zusammenhangenden  oder  analog  af- 
ficirten  Atmosphären  und  Organismen  sich  aus- 
prägen (wo  dann  Oertlichkeiten  u.  dgl.  oft  die 
höheren  Formen,  die  Contagion  u.  s.  w.  ver- 
mehren), ^koiuite  maa  häufig  gewahren,  z.  B. 
an  dem  schlimmen  Scharlach  in  Oldenburg^  noch 
mehr  aber  an  dem  in  Florenz,  wodurch,  wie 
durch  die  bösartigen  Blattern  in  Hom,  ein  Va- 
ter, der  Prinz  Borghescy  vielfältigen  bedauern- 
den Zeitungsnachrichten  zu  Fol^e,  drei  Söhne 
einbülste.  (In  Italien  war  übrigens  ein  sehr 
trockener  Sommer,  und  in  Ancona  z.  B.  in  sie- 
ben Monaten  fast  kein  Regen.  —  Hamburger 
Zeitungen  v.  19.  Dec.)- 

Das  Wetter  blieb  bei  uns  noch  mild,  und 
um  die  Mitte  des  Monats  fanden  sich  noch  viele 
Zugvögel.  So  auch  in  TFien  (Börsenl.  von 
25.  Nov.).  Die  achtgradige  Kälte  aber  in  P«- 
teraburg  am  16.  d.  M.  mufste  uns  auf  die  An- 
iwherung,  und,  unter  Umständen,  Mittheilung 
eines  strengen  Winters  aufmerksam  machen, 
der  auch  nicht  ausblieb.  — 

December. 

Barometer.    28'  11"  11'"  (27.)  and  27'  d"  (31.)    SoDtC 

immer  bocb  über  28'.  — 

Thermometer.    +  6«  (2.  u.  31.)  ond  — 14®  (15.  a.  27.). 

(20  Tage  Frost.) 
Hygrometer.  67«  (13.)  u.  9^""  (l.  u.  2.).  Meiit  in  die  009. 

Winde.    Bis  zum  5.  S.  u.  NW. ,  dann  O.  mit  N.  u.  S.  — 
Vom  28.   wieder  SW.   —    Regen  am  1.    Nehel  häufig, 
nie  auch  Reif  d.  Ravhfroet,  Schnee  6.  Sternhelle  16. 

Barometer  mit  allen  MondwanUmigen  (am2.  —  9. — 15. — 
23.  Q.  31.  (wieder  erst.  V.)  gef. 


—    96     - 

Der  nach  einem  (zweiten)  kühlen  und  nas- 
sen Sommerjetzt  eintretende  lange  Winter  (von 
15 — 16  Wochen  ohne  eine  andere  als  ein  Paar 
Mal  eine  zweitägige    mildere  Unterbrechnng), 
der  auch  im  Süden  von  Deutschland,  z;  B«  in 
Wien  sich  zu  20^  Frost  in  diesem  Monate  stei- 
gerte   (Hamh.  Correspond.  v.  7.  Jan.    1841.), 
in  Ruüsland  noch  höher  stieg   (Hamh.  Börsen^ 
liste  v.  83.  Dec),  in  Italien  eine  lange  Darre 
mit  vielem   Schnee  ablöste   (Hannöv.  Zeit,  v. 
86.  Dec.)^    drängte  die  sogenannten  Schleim^ 
nad' Nervenfieber ,  die  besonders  noch  anf  dem 
Lande  herrschten,  ziemlich  zurück,  und  brachte 
uns    aullser    den    gewöhnlichen  eatarrhalischen 
Uebeln,  auch  eben  keine  hervorstechende,  am 
wenigsten  epidemische  Krankheitsform,  als  eben 
die  Masern  in  ihrer  ausgedehntesten  Fortsetzung 
und  Complication ;  von  welcher  letzterer,  Bron» 
ehitis  und  Stickhusten  die  schlimmsten  waren« 
Meist  kam  in  Rücksicht  des  ersten  gefurchte» 
ten*  Namens  und  Tones  der  Kranke,   der  sieb, 
wenn  auch,  nur  im  Bette,  erkältet,  oder  auch 
nur  eine  plethorische  Kehldisposition  hatte,  mit 
einem  rauhen,  oft  bellenden  Husten,  der  küh- 
lend lösenden  Mitteln  bald  wich,  davon,  mitun- 
ter abei^  ging  der  Zustand    in  einen  wahres 
Croup y  früher  oder  später,    und   auch  in   den 
tödtlichen  Ausgang  desselben  über,   in  wahre 
(specifische)  Entzündung  der  ganzen  BronchidU 
haut  und  in  eine,  AienoxmiXe  Luftzersetzung  stö- 
rende oder  aufhebende  Erlahmung.  —  Den  Stick* 
husten  und  dessen  Complication  anlangend,  so 
war  diese,  schon  nach  dem  warnenden  Aus- 
spruche meines  würdigen  verstorbenen  Freun- 
des und  Universitätsgenossen ,  des  Doctor  £ra> 
leben  in  Laueüburg,  an  seinen  Schwiegersohn^ 
den  hiesigen  Dr.  Lindenberg ,  die  allerlaatigsle 


—     97     — 

und  IaDgwierig;8te,  und  es  beruhte  dies  auch 
besonders  darauf^  dafs  die  stärkeren  narkoti'- 
sehen  Mittel  ^  welche  dabei  etwa  wirksam  sein 
konnten,  namentlich  das  Opium,  durch  Störung 
der  ebenfalls  sehr  darjiieder  liegenden  Function 
der  Digestion^  so  wie  der  nöthigen  freien  Ab- 
sonderungen und  Ausleerungen 'leicht  uachthei« 
lig  wurden.  Auch  gingen  daraus  manche  spä- 
tere Todesfalle  hervor,  wo  dann  die  Section 
meist  fehlerhafte  Anlagen  in  den  Respirations- 
organen nachwies.  In  solchen  Fällen,  oder  wo 
arge  Diätfehler  vorhergegangen  waren,  mufsten 
mitunter  Brechmittel  interponirt  werden,  um 
nicht,  wie  doch  öfters  geschah,  Monate  lang 
gelangweilt  zu  werden!  — 

Ais  minder  wichtig  freilich  mufsten  aber 
doch  auch  die  äufseren  örtlichen  Affectionen, 
nameotlich  die  schnell  oft  sich  bildenden  Au- 
gen- und  Obrentzündungen  (in  der  Tiefe  des 
äufBem  Gehörganges)  angemessen  beräcksicb- 
tigt,  und  letztere  vorzüglich  durch  eine  mäüsig 
wanne  und  egale  Temperatur  und  durch  pais- 
lidie  ausleerende  ableitende  Mittel,  gleich  von 
Aafüng  an,  möglichst  verhütet,  oder  durch 
milde  Eingieüsungen  vonOelen,  später  mit  Blei- 
ttitteln  {Aqua  satumina)  baldmöglichst  geheilt 
werden.  Dafis  die  buchten  Mittel,  beim  Husten, 
namentlich  bei  der  rauheren  Art  beim  Ausbru- 
che der  Krankheit,  mit  Salmiak  u.  dgl.'  ver- 
banden, sehr  hülfreich  sein. konnten,  dafs  ein 
hpehst  schmerzhaftes  Wangenreiüsen  bei  reiz- 
baren ^Frauenzimmern  durch  Calomel  und  Opium 
un  Zaum  gehalten  werden  muiiste,  dies  und 
inehr  dergleichen  braucht  hier  nicht  mit  Meb- 
rerem  erwähnt  zu  werden ,'  da  hier  überhaupt 
der  Raum  nicht  sein  kann,  weitläuftiger  über 
practische  Behandlung  der  Masern  sich  aus- 
Joiim.XCIII.Bd.2.St.  6 


-.     98     — 

ssulassen,  welche  ja  ebenfalls  nach  der  a 
meinen  und  brtUehen  Reaciion  y  mit  einigen 
benrücksichten,  eingerichtet  werden  muis. 
Im  Ganzen  war  diese  Epidemie  eine 
artige.  Von  des  Verfassers  Klienten  (die 
über  70  betragen)  starb  ein  Eweijähiiger 
thorischer  Knabe  an  bronchitisartiger  Coi 
cation  (bei  der  streiigen  Kälte  and  meh 
Kranken  im  Hause  nicht  gut  za  verhüten 
zu  heilen).  Der  stark  ausgeprägte,  breite^ 
marmorirte  Aussdilag  sah  mehrdunkelroth- 
lett  aus  (die  verdächtigste  Art!).  —  DieKi 
heit  hielt  übrigens  nur  in  unserer  Stadt 
drei.  Monate  an,  und  zeigte  sich  nur  hie 
da  und  gering  in  den  umliegenden  Orten, 
brach  sie  noch  ganz  spät  (im  Mai  des  i 
sten  Jahres)  in  Bardewiekj  einem  alterthu 
berühmten  grofsen  Dorfe  von  lOOOKinwot 
ans  und  tödtete  dort  ärger  als  bei  uns 
4>h&ehin  manchen  Eltern  dort  noch  der  G 
an  heraustreibende  hitzige  Mittel  und  Diäl 


B[^sl  wohnte. 

1  1 1*41 

güj  So  endigte   also  auch   dieses  verwic 

IH;:!  und  gespannte  Jahr  wenigstens  in  Weltfn 

0^  uud   konnte    Humanilät  und  Wissenschafi 

kTJl  verhältnifsmäfsig    doch   einer  leidlichen  I 

j^i|;  erfreuen!   —  Auch  die  Hygieine^  sofern  si 

rltS  den  atmosphärischen  Einflüssen    enge  sv 

"  menhängt,   steht  jetzt    in    einer  interess 

Reihe,  wo  ein  sehr  langer  Winter  bis  in  den 
des  folgenden  Jahres  hinein ,  nach  einen 
gewöhnlich  frühen  und  warmen  Frühling  i 
Ueo  wieder  kühlen  und  nassen  Sommer 
dritten  nacheinander)  hineinführt ,  und  dun 
rauhen  und  abwechselnden  Einflüsse,  so 
durch  Verlegenheit  für  die  Erndten,  und 
dadurch  eingeführte,    noch  mehr  angedro 


—     99     — 

Kiankheiten  davon^  den  grofsen  Strich  des  nord- 
europäischen  Coniinents  auf  mehr  denn  -faon- 
dert  deutsche  Heilen  einwärts  von  den  Kü- 
8tea  (die  groIseD  westlichen  und  nördlichen  In- 
sdn ,  England  u.  s.  w. ,  und  (nach  Hamb.  Cor- 
lespond.  v.  1.  Aar.)  auch  sogar  WesHndien 
Uttt  eingeschlossen^  irre  macht  und  ängstigt 
(Geschrieben  d.  3.  Aug.  1841.)-  — 

In  der  Landdroatei  Lüneburg  waren  1840 
gehören  9393,  4854  Knaben  und  4539  Mädchen. 
—  Gestorben  6038  (ii;f/ti^er  gegen  1839:  150). 
Todt  geboren  361.  —  Mehr  gestorben  Vf.  Mehr 
todigeb.  14.  —  Weniger  unehlich  geb.  9S.  — 
WerAger  confirmirt  4.    Mehr  copulirt  92. 

'  Es  aiai^>en  an  natürlichen  Blattern  7  M.  a. 
8  W.  (mehr  S).  An  Masern  und  Röthein  (sicher 
nur  zu  allgemeine  Bezeichnung  für  mehre  der- 
artige Ausschlagskrankheiten !)  84  M.  u.  75  W. 
(weniger  58).  Am  Nervenfieber  165  M.u.  169W. 
(meJir  8).  Au  der  Lungensucht  481  M.  u.  431  W. 
(mehr  18).  Bei  der  Niederkunft  und  im  Kind» 
bette  60  (weniger  9).  —  Durch  Selbstentleibung 
tlM.u.bW.  (weniger  12').  —  Verunglückt:  im 
Wasser  38  M.  IS  W. ,  bei  Feuersbrunsten  1  M. 
(wie  1639).  —  An  sonstigen  Unglücksfällen 
S5H.U.7W.  (weniger  6).  —  (DerÜeberschufs 
der  Gebomen  gegen  voriges  Jahr  geringer  um 
191.) 

In  der  Stadt  Lüneburg  waren  geboren  159 
Knaben  und  184  Mädchen,    Summa  343  (ge- 

rm  vor.  Jahr  plus  7) ,  unter  ihnen  todtgeboren 
Kn.  u.  4M.,  unehlich  27 Kn.  u.  31  M.  —  Es 
starben  248  (worunter  3  Frauen  zwischen  90 
bis  100  Jahr). 

An  natürlichen  Blattern  Starb  Niemand.  An 
Masern  und  Rothein  nur  3  Knaben  und  1  Mäd- 
dien«    (da   die  eigentliche  Epidemie   sich  erst 

G  2 


_    100    — 

mit  dem  Anfange  des  andern  Jahres  concei 
trirte,  übrigens  in  diesen,  wie  in  andern  de 
'gleichen  Angaben,,  sicher  manche  Unstatthi 
tigkeit  wieder  vorkommt,  da  k.  B.  an  der  Lq 
gensucht  von  jedem  Gcschlechte  nur  3,  an  d 
unbestimmten,  innern  hitzigen,  imiemlangwi) 
rigen  und  innern  schnell  tödtlichen  Krankheit! 
die  Meisten  gestorben  sein  sollen).  —  Bei  dl 
Niederkunft  und  im  Kindbette  starben  nui 
An  Entkräftung  und  im  Alter  38  M.  u.  31  W. ': 
Durch  Selbstentleibung  (Ertrinken)  1  H.  Doip 
UnglücJcsfälle  6  M.  u.  1  W.  — 

Uebrigens  hatte  das  ganze  Reich  audi 
diesem  Jahre  einen  Ueberschufs  der  GeborH 
gegen  die  Gestorbenen  von  16446.  — 


.1 


J 


—    101    — 


IV. 

Mediciiiisch- praktische  und  theo- 
retische  Erörterungen 

YOD 

Aug.   Wilh.   Neuber, 

Doctor  der  Medizin,  Chirurgie  and  Philosophie  zu 

Apenrade« 


1. 

IJeber  die  nachtheilige  Wirkung  des  Schweiiie- 
Aeiflcbes,  beobachtet  von  Diviit  (Edinburgh 
medic.  and  surgic.  Journ.  Oct.  1836.  vergl.  Frp- 
riep's  Notizen  1837.  Bd.  I.  Nr.  17.)^  wird  be- 
•eriit,  dafs  frisches  Schweinefleisch  nicht  sel- 
ten Diarrhöe  veranlasse,  zuweilen  aber  auch 
von  einem  ^giftigen  Einflufs  auf  den  Verdauungs- 
apparat sei.  In  einem  Falle  bekam  der  Kranke, 
wdben  Stunden  nach  dem  Genüsse  des  Flei- 
sches, einen  heftig  brennenden  Schmerz  in  der 
Magen-  und  Nabelgegend,  der  von  einem  be- 
ständigen Erbrechen  einer  duukelgefarbten  Flüs- 
sigkeit, in  der  einzelne,  halb  verdaute  Fleisch- 
stücke sich  vorfanden,  begleitet  war.  Der  Un- 
terleib war  nicht  aufgetrieben,  die  Oberfläche 
iß$  Körpers  kalt,  die  Stirn  mit  kaltem  Schweife 


—    IM  — 

bedeckt;  der  Pols  schwach  und  zitternd.  Aber 
diese  Symptome  verschwanden  nach  einem  ge- 
nommenen Brechmittel.  —  Ein  plethoriseher 
und  starker  Manu,  der  Mittags  Schweinefleisch 
genossen  hatte  y  wurde  um  drei  Uhr  von  einem 
solchen  krampßiaften  Schmerz  befallen  ^  daiii 
selbst  die  Respirationsmuskeln,  namentUch  das 
Zwerchfell  y  von  ihm  gleichsam  fixirt  waren, 
wodurch  das  Athmen  erschwert  und  äulserst 
schmerzhaft  wurde.  Auf  der  kalten  Stirn  stan- 
den Schweifstropfen,  der  Puls  war  schwach 
und  intermittirend.  Ein  Brechmittel  bewirkte 
auch  hier  baldige  Genesung.  —  Ebenso  ge- 
schah es  in  einem  dritten  Falle.  —  In  einem 
vierten,  wo  ein  junger  Landmaun  in  der  Stadt 
Schweinefleisch  genossen  hatte,  wurde  derselbe 
auf  dem  Heimwege  von  heftigen  Leibschmerzen 
und  Erbrechen  befallen.  Beide  Symptome  wa- 
ren auch  am  andern  Morgen  auf  eine  beunru- 
higende Weise  zugegen;  dabei  war  der  Un- 
terleib leicht  aufgetrieben  und  sehr  empfindlich, 
das  Gesicht  und  besonders  die  Augenheder  wa^ 
ren  dick  geschwollen ,  der  ganze  Körper  mit 
Urticaria  bedeckt,  und  der  Puls  schnell  und  ge- 
reizt. '  Nach  einem  Emetico  -  cathartico  aus 
Brechweinstein  und  Bittersalz  erfolgten  Auslee- 
rungen nach  oben  und  unten,  und  der  Kranke 
war,  bis  auf  die  Urticaria,  vollkommen  geneseo. 
Letztere  wich  auf  wiederholte  Abfuhrungsmit- 
tel. —  In  einem  andern  Falle  entstanden  auf  den 
Genüfs  des  gekochten  Schweinefleisches  nach 
28  Stunden  heftige  Schmerzen  im  Colon;  aodi 
hier  halfen,  wie  in  mehreren  dergleichen  Fällen,  . 
Abführungsmittel.  —  Bemerkenswerth  ist  es^  j 
heifst  es  ferner,  dals  ähnliche  nachtheilige  Wip* 
kuugen  noch  nie  vom  Geniisso  des  Schinkens 
oder   von  eingesalzenem    Fleische    beobachtet 


^los- 
wurden ;  tiio  sclieiucu  mehr  vom  Fetlo  des  Flei- 
sches abzuhängen,  und  werden  deshalb  auch 
mehr  in  den  niedem  Volksklassen  beobachtet. 
Entstehen  übele  Zufalle  in  den  ersten  Stunden 
nach  dem  Genüsse ,  so  leidet  beiiouders  der 
Vhgen,  später  ist  es  das  Duodenum  und  der 
Dänndarm,  und  noch  spater,  sieben  und  meh- 
reie  Stunden  nach  dem  Essen,  das  Cöcum, 
oder  irgend  ein  anderer  Theil  des  Dickdarms; 
im  «ersten  Falle  helfen  Brech-,  im  andern  Ab- 
iohrungsmittel.  An  dem  Fleische,  das  entwe- 
der gekocht  oder  gebraten  (meist  das  letztere), 
war,  hat  man  nie  etwas  Besonderes  entdecken 
kfinnen.  — 

Es  gehört  zu  den  Eigcuthümlichkciten  der 
Zeit,  überall  Neues  und  Aufserordentliches  zu 
sehen  y  selbst  in  den  bekanntesten  Dingen.  Dafii 
mau  sich  durch  den  reichlichen,  vielleicht  übor- 
luUsigen  Genufs  von  frischem,  fettem,  nament- 
lieh  gebratenem  Schweinefleische  leicht  Unver^ 
daalichkeiteu  zuzieht,  ist  seit  Abrahams  ZeL- 
tan  bekannt,  und  ein  Grund  mit,  weshalb  schon 
damals  der  Urahn  der  Juden  kein  Schweine- 
leisGli  genofs,  nicht  etwa,  weil  dasSchweine- 
Iflisch  eine  eigenthfimliche  giftige  Eigenschaft; 
hall,  sondern  weil  es,  obgleich  an  sich  nicht 
«ben  schwer  verdaulich,  doch  beziehungsweise, 
wegen  seiner  grofsen  Menge  von  Nahrunff»- 
stoff,  eine  sehr  lebhafte  und  kräftige  Thätig^ 
keii  der  Verdauungsorgane  voraussetzt,  um  m 
gesunden  Nahrungssaft  verwandelt  zu  werden^ 
Denn  sind  der  Magen  und  der  Darmkanal,  trotz 
der  besten  Verdauungskraft,  nicht  im  Stande, 
die  ganze  ihnen  dargebotene  Masse  des  zu- 
Verarbeitcndcn  bis  auf  einen  gewissen  Grad 
SU  assiroilii'cn ,  so  gewinnt  der  Chemismus  das 
Uebergewicht ,  und  im  Cbymus  entstehen  Vcr- 


_    104    — 

binduDgen^  z.  B.  giftartige  Säare^  (me  schon 
Sertürner  nachgewiesen  hat),  die  dem  Orga^ 
nismus  und  zunächst  dem  Magen  und  Darmkanale 
schädlich  sind  und  sehr  gefährhcheZufalle  ver- 
anlassen können.  Betrachten  wir  aber  alle  obi- 
gen Fälle ,  so  ist  es  wohl  kaum  einem  Zweifel 
unterworfen  9  dafs  wir  es  hier  einzig  und  alleia 
mit  einer  solcheil  Ueberladung  und  Unverdao- 
lichkeit^  nicht  aber  mit  einer  ^  durch  Schweine- 
fleisch geschehenen  Vergiftung  (etwa  wie  durch 
Wurstgift)  zu  thun  haben ^  mit  Zufallen,  wie 
si6  durch  jedes  andere  Nahrungsmittel,  im  Ue- 
bermaafse,  oder  zur  ungelegenen  Zeit  genos- 
sen, herbeigeführt  werden  können.  Denn  was 
den  vierten  FaU  betrifft,  so  waren  die  6e« 
flichtsgeschwulst  und  die  Urticaria  gewiis  nidit 
die  nothwepdigen  Folgen  des  Genusses  vom 
Schweinefleisch,  sondern  mehr  abhängig  von 
d^r  Individualität  der  Personen ,  die  es  genos- 
sen, auch  blieb  die  Urticaria  zurück  ^  nachdem 
die  Unverdaulichkeit  bereits  gehoben  war;  sie 
würde,  da  sie  ohnehin  nur  kurze  Zeit  dauert, 
gewifs  auch  ohne  wiederholte  abfuhrende  Mit- 
tel von  selbst  verschwunden  sein.  —  Ich  lebe 
in  einer  Gegend,  wo  sehr  viel  Schweinefleisch 
in  jefflicher  Gestalt  gegessen  wird ,  alleia  ich 
habe  von  dem  Genüsse  desselben  nicht  häufiger 
Magenbeschwerden  entstehen  sehen,  als  voo 
den  anderen,  sehr  nahrhaften,  oder  schwer 
verdaulichen  Nahrungsmitteln.  —  Dafs  der  Verf. 
es  hier  allein  mit  Unverdaulichkeit  zu  thmi 
hatte,  ergiebt  sich  auch  aus  der  richtigen  Be- 
merkung, dafs  in  den  ersten  Stunden  nach  doD 
Genüsse  Brechmittel,  später  Abführungsmittel 
die  beste  Wirkung  thateu ,  und  dafs  nach  deo* 
selben  die  Herstellung  unmittelbar  erfolgte.  -* 
Wie  leicht  der  Verf.  geneigt  ist,  sich  über  die 


—    105    — 

cinfiMlisten  Dinge  za  venrandem,  erhellt  noch 
besonders  daraus,  dafs  er  es  bemerkenswerth 
findet  y  das  Schinken  und  gesalzenes  Schweine- 
fleiseh  minder  leicht  Unverdaulichkciten  erregen, 
ata  das  frische.  Jeder  weifs,  dals  durch  die 
Kinwirkung  des  Rauches  und  Salzes  das  Fleisch 
iberhaupt,  und  namentlich  das  Schweinefleisch, 
m  einen  Zustand  versetzt  wird,  in  welchem  es 
leichter  und  besser  vertragen  wird. 

2. 

In  Kleinerfs  Repcrt.  (1837.  MaL  &  119), 
wird  ein  neues  Verfahren  zur  Einrichtung  der 
Luxation  des  Oberschenkels  auf  das  Foramen 
obturatorium  von  J^eiu  (in  seiner  These  Paris 
1835)  mitgetheilt :  „Ohne  Extension  bringt  ndan 
die  Extremität  in  doppelte  Beugung,  in  wel- 
cher sie  ein  Gehülfe  erhält,  während  ein  an- 
derer das  Becken  fixirt.  Der  Wundarzt  um- 
falst  mit  beiden  Händen  den  hintern  und  obern 
Theil  des  Schenkels,  erhebt  ihn  ein  wenig  und 
lieht  ihn  nach  hinten  und  aufsen,  hierbei  fühlt 
man  die  Muskeln  auseinanderweichen,  so  dafs 
man  zwischen  ihnen,  bis  auf  das  Femur  ein- 
dringen kann.  Bei  der  beschriebenen  Bewe- 
gung verlaust  der  Schenkelkopf  das  Foramen 
obturatorium,  gelangt  über  die  Gclenkhöhle 
mid  sinkt  mit  ueräusch  in  sie  ein.''  —  Schon 
seit  dem  Jahre  1819  habe  ich  auf  ähnliche 
Weise  Verrenkungen  des  Oberschenkels  ein- 
gerichtet, wie  die  beiden  folgenden  Fälle  be- 
weisen : 

Erster  Fall  Den  17.  Juni  1819,  Abends 
am  7  Uhr,  gerieth  em  grofser,  sehr  starker, 
MOBkulöscr  Bauer  im  vorgerückteren  Alter  zwi- 
schen einen  herabstürzenden  Balken  und  einen 


—    106    — 

Granitblock  y  so  dab  der  erstere  ihm  auf  dml 
Rucken  zu  Uegeu  kam.  Ich  langte  zwischen 
9-  und  10  Uhr  bei  ihm  an.  Der  Unke  Ober- 
schenkel war  nach  oben  und  hinten  verrenkti 
und  das  Glied  3  bis  4  ZoD  kurzer,  als  der 
rechte  SchenkeL  Ich  lieb  den  li^rletzten  auf 
einen  festen  Tisch  legen,  und' versuchte  auf 
die  gewöhn)}che  Weise  die  Einriehtung,  aber 
vergebens.  .  Iffjim  wurde  derselbe  flach  auf  den 
Fufeboden  gelegt,  indem  ihm  nur  ein  dünnes 
Kissen  zur  Unterlage  diente.  Die  Schultern 
und  dasr  Becken  liefs  ich  dadurch  befestigen, 
isJfl  sie  durch  Gehulfen  gegen  den  Fuisbodea 
gedräckt  wurden.  Hierauf  mulste  ein  anderer 
Gehfilfe  den  linken  Schenkel  allmählig,  bis  zo 
eitlem  fast  rechten  Winkel,  in  die  Hohe  he- 
bn,  während  auch  der  Unterschenkel  mäbig 
gebogen  war.  Gleichzeitig  wurde  eine  mög- 
lichst starke  Ausdehnung  in  derselben  Richtung, 
in  der  sich  solchergestalt  der  Oberschenkel  ge- 
gen das  Becken  befand,  angewandt,  und  jener 
rotireud  nach  rechts  und  innen  gedreht,  wor- 
auf der  Schenkelkopf  unter  hörbareiki  Geräusche 
in  die  Pfanne  glitt 

Zweiter  Fall.  Den  16.  December  1822  warf 
ein  29  Jahr  alter,  stark  und  gedruugen  gebau- 
ter, muskelreicher  Fuhrmann  von  mittlerer  Gro- 
fse  mit  einem  Fuder  Hanf  um ,  auf  welchem  er 
saus,  wobei  er  ebenfalls  den  linken  Oberschen- 
kel nach  oben  und  hinten  verrenkte.  Die  Ver- 
kürzung betrug  gegen  sechs  Zoll.  Das  Knie 
war  nach  innen  gedreht,  befand  sich  in  mälsi- 
ger  Beugung,  und  konnte  weder  freiwillig  noch 
künstlich  bewegt  werden.  Der  grofse  Rollhu- 
gel  stand  hoch  oben  nach  hinten,  das  Gesafo 
war  rund,  prall  und  geschwollen.    Nach  auDseo 


—    107    — 

Eefii  mdk  das  Glied  aaF  keine  Weise  drehen. 
Der  Schmerz  bei  jeder   versuchten  Bewegung 
war  sehr  grofs«    Nachdem  der  Verletzte  ent- 
kleidet worden^  wurde   er  auf  den  Fofsboden 
|[elegt    Ein  Handtuch  wurde  um  Schultern  und 
Rücken  gescli^ngen,  um  die  Gegenausdehnung 
m  machen^  oder  vielmehr  eine  grössere  Be- 
festigung zu  eriangen^   und  zweien  Männern  zu 
diesem  Zwecke  übergeben.    Ein  dritter  mufste 
die  Schultern  und  ein  vierter  das  Backen  ge- 
gen   den    Fufsboden    drücken;    um   das   Knie 
wurde  ebenfalls  ein  Handtuch  gelegt^   vermit- 
t^it  dessen  zwei  Männer^   nebst  zwei  andern^ 
wdphe  den  Unterschenkel  falsten^  dieAusdeh- 
nitfig  machten.     Zuerst  liels  ich  mit  gebote- 
nem Knie  den  Oberschenkel  in  einen  Wimctfl 
von  45^  beugen^    und   zugleich   vom    Becketf 
wegwärts  ziehen,   gleichzeitig  aber,    um  den 
Schenkelkopf  beweglicher  zu  machen,  das  Glied 
wechselswcise  etwas   senken  und  wieder  he-, 
ben,   indem  ich   selbst   den  Rollhügel  herunter 
m  drücken  mich   bemühte.    Nach  einigen  Mi- 
nuten rückte  dieser  merUich  nach  unten.    Nun- 
mehr liefe  ich  das  Glied  senken  und  in  mehr 
gerader  Richtung  ziehn,  bis  dafs  beide  Schen- 
kel an  Länge  fast  gleich  waren.    Der  Gelenk- 
kopF  stand  jetzt  unter  dem  hintern  Rande  der 
Pfanne.    Nachdem  ich  dem  Kranken  und  den 
Gebülfen   einige  Minuten  Erholung   verstattet^ 
Beb  ich  von  Neuem  anziehen,  und  dabei  den- 
Oberschenkel   nach    und    nach,    bis   fast  zum 
rechten  Winkel,   beugen,   während  ich  memo 
rechte  Hand  von  hinten  her  gegen  den  Tro- 
chanter  stemmte,    um  den   Gelenkkopf  gegen- 
die  Pfanne  zu   leiten.     Als  der  Schenkel  nun 
fast  einen  rechten  Winkel  mit  dem  Rumpfe  bil- 
dete, sprang  der  Gelonkkopf  plötzlich  mit  ei- 


—    108    — 

nem,  erst  roUendeD,  dann  krachenden  Geräusch 
in  die  Pfanne. 

3. 

j^Dab  der  Arsenik  in  Berührung  mit  fou- 
lenden organischen  Stoffen  sich  nicht  Veifluch^ 
tigt/^  glaubt  Dr.  Wiggers  dadurch  beweisen 
9SU  können,  dafs  in  einem  Bfunde  Ochsenbhit| 
welches  er  mit  1  Centigramme  arseniger  Sfture 
vermischt  hatte,  und  dann  mit  stetem  Ersatz 
der  verdunsteten  Flüssigkeit,  ein  Jahr  lang 
foulen  liefs,  dor  Arsenik  nach  dieser  Zeit  mit 
Bestimmtheit  nachgewiesen  werden  konnte.  Al- 
lein meines  Wissens  hat  Niemand  behauptet, 
dalii  die  arsenige.  Säure  sich  in  einem  solchen 
Wärmegrade,  in  welchem  das  Blut  in  Fäulnils 
übergeht,  und  welcher  den  der  Atmosphäre 
nicht  übersteigt,  gänzlich  verflüchtigt,  überdies 
hat  TFiggers  nicht  nachgewiesen,  ob  die  ganase 
Centigramme  wieder  gefunden  wurde. 

4. 

Zur  Behandlung  der  Scarlatina  anginosa 
(das  ist  in  der  Regel  jeder  Scharlachfieberiall) 
empfiehlt  Hamilton  (Edinb.  medic.  and  surgic 
Jouru.  Froriep's  Notiz.  1837.  Bd.  I.  Nr.  «1.) 
das  Aetzen  der  Mandeln  mit  Höllenstein.  Zwar 
werde  dadurch  nicht  die  Entzündung  gehoben, 
wohl  aber  die  Eiterung  verhindert,  welche  ai* 
lein  (?)  die  Krankheit  gefährlich  mache  (das. 
S.  121).  Dieser.  Rath  dürfte  nur  mit  greiser 
Einschränkung  zu  benutzen  sein.  Der  Vf.  scheint 
anzunehmen ,  daCs  die  Entzündung  beim  Schai^ 
lach  stets  von  einerlei  Beschaffenheit  sei,  und 
immer  nur  allein  die  Mandeln  befalle.  Dein  ist 
aber  nicht  so,  denn,  je  nachdem  das  mit  de« 


—     109    — 

Scharlach  verbundone  Fieber  bcschaffeii^  je  nach- 
dem ist  auch  die  BcschaifeDhcit  der  Ilalsent- 
zundang  verschieden,  und  sie  kann  sich  über 
all^  Theile  der  Rachenhöhle  verbreiten.  Ge- 
wöhnlich gebraucht  man  bei  Entzündungen  erst 
dann  Aetzmittel,  wenn  bereits  Vereiterung  und 
deren  Folgen  entstanden.  —  Dafs  bei  noch  nicht 
vorhandener  Eiterung  und  Versohwärung  die 
Aetzung  diese  in  jedem  Falle  verhüten  könne, 
ist  kaum  glaublich,  da  gewöhnlich  schon  dann, 
nach  dem  Abfallen  des  Schorfes ,  Eiterung  ent- 
steht, wenn  man  nicht  entzündete  Flächen 
ätfit  Auch  sagt  der  Verfasser  selbst,  dafs  die 
Entzündung  nicht  beschränkt  werde,  folglich 
wird  auch  die  Neigung  zur  Eiterung  kaum  auf- 
gehoben werden  können,  wenn  sie  überall  vor- 
handen war,  was  bei  dem  Scharlachfieber  sel- 
ten der  Fall  ist,  wo  die  Entzündung  häufig 
sich  zum  Brandigwerden  hinneigt.  Ich  meiner- 
seits würde  erst  dann  zum  Höllenstein  greifen, 
wenn  eine  solche  brandige,  schwammige  oder 
callöse  Entartung  der  entzündeten  Theile  ein- 
zutreten droht,  der  Character  der  Entzündung 
also  entschieden  asthenisch  ist;  bei  sthenischer 
Disposition  würde  ich  durch  das  Aetzen  den 
Bntzündungsreiz  zu  vermehren  furchten.  Es 
ist  möglich,  dals  Hamilton  vorzugsweise  sol- 
che asthenische  Scharlachfieber  zu  behandeln 
gehabt,  oder  dafs  ihm  in  dieser  Krankheit  häufig 
der  Rachencroup  vorgekommen,  wie  er  bei  ein- 
zelnen Scharlachfiebercpidemieen  vorkommt,  bei 
dem  das  Aetzen  mit  Höllenstein  sich  sehr  heil- 
sam, ja  allein  lebensrettend,  beweisen  soll.  In 
Bezug  auf  die  Behandlung  exanthematischer 
Krankheiten  kann  nicht  oft  genug  daran  erin- 
nert werden,  dafs  es  für  dieselben  keine  alh;e* 
mein  gültige  BehandlimmRitgiebt,  sondern  dafii 


—    110    — 

in  dieser  Hinsicht  Alles  von  der  Besehafienbeit 
des  Fiebers  und  der^  mit  demselben  etwa  gleich- 
seitig Toiiumdenen  örtlichen  Entsändung  ab- 
hangt. 

In  Buckner'8  Repertoriam  (1837.  Bd.  IX. 
EL  8.)  wird  erzählt^  dals  Buchanan  das  Jod  in 
ungeheuren  Gaben  giebt,  nämlich  als  Jodatär- 
kemehl  dreimal  täglich  zu  1  Unze  (=72  Gran 
Jod),  als  Hydrojodsäure  bis  zu  einer  Unze  in 
24  Stunden  (=8  Drachm.  Jod),  und  hydrojod- 
saures  Kali  bis  zu  einer  halben  Unze  auf  die 
Grabe,  und  das  Alles  ohne  Nachtheil!  Vergleicht 
man  damit  die  Gaben  der  homöopathischen 
Aerzte,  so  muDs  man  gestehen,  dals  beide  die 
grölsten  Elxtreme  darbieten!  —  Hieran schlieAt 
sich  eine  andere,  an  demselben  Ort  erzählte 
Geschichte,  nach  welcher  ein  junger  Mensch 
im  Höpital  de  med.  zu  Paris,  aus  Versehen, 
statt  einer  Abführung,  eine  Bouteille  Jodflus- 
sigkeit,  die  28  Drachmen  Jodtinctur  (=2^  Dr. 
Jod)  enthielt,  ohne  Nachtheil,  verschluckt  ha- 
ben soll.  —  Ich  selbst  hatte  Gelegenheit  zu 
sehen,  dals  eine  Mixtur,  welcher  statt  zwei 
Drachmen  Carduibenedicten-Extract,  aus  Ver- 
sehen eben  so  viel  Bilsenextract  zugesetzt  wor- 
den war,  von  dem  Kranken  Efslöffelweise,  ohne 
Nachtheil,  verbraucht  worden  war. 

6. 

Boudin  {Buchner*s  Repert.  1837.  Bd.  VIII. 
1836.)  empfiehlt  das  salpetersaure  Silber  in 
Klystieren,  so  wie  auch  innerlich  gegen  Phlo- 
gose  der  Darmschleimhaut  (Dothienteritis)^ 
und  behauptet,  von  dessen  Anwendung  gro* 
Isen  Nutzen  gesehen  zu  haben,  dafii  dadordi 


^  111  — 

der  DorehlAur  gemindert  und  der  ubele  GSemeh 
der  Ausleeningen  verbessert  worden  sei«  Diese 
Beobachtungen  erinnern  abermals^  wie  traurig 
es  noch  immer  um  unsere  Ansichten  über  den 
Begriff  der  Entzündung  steht  Je  mehr  über 
diesen  Gegenstand  geschrieben  wird,  je  grA- 
Iker  scheint  die  Begriffsverwirrung  zu  werden. 
Sollte  wirlilich  anzunehmen  sein,  dafs  das 
ätzende  salpetersaure  Silber ,  als  entzündungs- 
widriges Mittel,  im  Sinne  der  alten  hippokra* 
tischen  Schule,  sich  gelto^  machen  und  ab 
«hl  solches  betrachtet  werden  könne?  Hat  es 
sich  in  der  angeblichen  Darmphlogose  heibrin- 
gend  gezeigt  I  so  scheint  eben  hierin  der  Be- 
weis zu  liegen,  dafs  die  sogenannte  typhffse 
Dothienteritis  ganz  etwas  Anderes  sein  mfifiite,' 
dafs  hier  gerade  das  Oegentheil,  n&mlich  der 
Zustand  einer  eigenthümlich  gearteten  Auflö- 
sung der  organischen  Gewebe,  eine  sogenannte 
iUsehe  Entzündung,  oder  ein  faulichter  Zustand 
im  Sinne  der  Alten,  vorhanden  gewesen  sei; 
oder  aber ,  dafs  das  Salpetersäure  Silber  zersetzt 
worden,  und  nicht  als  solches,  sondern  als 
Chlorsilber,  worauf  auch  Buchner  auftnerksam 
macht,  zur  Wirksamkeit  kommt 

7. 

Dombtiiih  (jCasfer\8  Wochenschr.  f.  d.  ges. 
Heilk.  1837.  St  11.)  gicbt  einen  Verband  zur 
Befestigung  des  Bruchs  des  Schlüsselbeins  an, 
der  Aehnlichkeit  mit  einem  von  mir  in  Ge- 
brauch gezogenen  hat,  nur  dab  der  meinige 
noch  einfacher  ist  Ich  lasse  n&mlich  ein  voi 
feinem,  doch  festem  und  weqlg  dehnbarem  Le* 
der  verfertigtes  und  mit  Parchent  gefQtterlil 
Halbleibchen  anlegen,  welches  vom  gesehnfiit 


—    112    — 

i;^rd.  Dasselbe  ist  mit  genau  anschliefseuden 
Halbärmeln  versehen^  von  welchen  der  auf  der 
beschädigten  Seite  ebenfalls  geschnürt  wird^ 
um  beim  An-  und  Ablegen  den  Arm  nicht  be- 
wegen zu  dürfen.  Mitten  auf  beiden  Schulter- 
blättern sind  auf  einer  hier  augebrachten  Un- 
terlage von  festem  Leder  ^  um  das  Ausreüaen 
zu  verhüten^  Ringe  befestigt,  durch  die  ein 
Riemen  9  mit  einer  Schnalle  versehen ,  gezogen 
wird.  Wenn  das  Leibchen  fest  angelegt  woi^ 
den,  werden  durch  diesen  Riemen  die  Schul- 
tern nach  hinten  gegen  einander  gezogen  und 
so  befestigt.  Das  Leibchen  geht  sp  weit  hin- 
auf, dafs  durch  dasselbe  zugleich  die  auf  das 
ScUüsselbein  gelegten  Druckpflaster  festgehal- 
ten werden.  Der  Arm  wird  alsdann  am  Kör- 
per befestigt. 

8. 

Berger  (Berliner  Vereins  -  Zeitung.  1889. 
Nr.  26.  S.  132)  macht  darauf  aufmerksam,  dafs 
bei  der  Behandlung  der  Verstauchungen  und 
Quetschungen  die,  überall  im  Gebrauch  ste- 
hende Ansetzung  von  Blutegeln  unnöthig,  ja  in 
vielen  Fällen  schädlich  sei,  daher  er  sich  der- 
selben nicht  mehr  bediene.  Mir  ist  eine  solche 
allgemeine  Anwendung  der  Blutegel  bei  den 
gedachten  Verletzungen  unbekannt,  und  nie- 
mals setze  ich  Blutegel  an ,  wenn  nicht  bereits 
vorhandene  Zeichen  der  eintretenden  Entzün- 
dung sie  nöthig  machen,  was  aber  in  der  Mehr- 
zahl der  Fälle,  bei  zeitiger  Anwendung  kaltcf 
Umschläge,  nicht  zu  besorgen  steht.  VomBe^ 
ginne  meiner  Praxis  an  habe  ich  dieselben,  ge- 
rade wie  Berger y  durch  Ruhe,  kalte  UmschUgp 
mit  späterm  Zusätze  von  essigsaurem  Blei.  uafL^ 
wenn  Fieber  befürchtet  wurde,  oder  wuUSi  J 


'C 


—    113    — 

eintnt ,  den  innem  Gebrauch  abführender  Sal«« 
niztiiren  (gewöhnlich  Nati^om  solphor.  und  Natr. 
nitric)  behandelt  Ich  kann  mich  kaum  eines 
Fidlea  erinnern ,  wo  ich  das  Anselsen  von  Blut» 
egeln  für  nöthig  erachtet  hätte.  Gans  dasselbe 
gilt  von  Verrenkungen  und  Knochenbrüchen; 
auch  bei  diesen  ist  mir  nur  wirklich  eintretende 
Entaefindung  die  Anzeige  für  die  Anwendung 
allgemeinerund  örtlicher  Blutentziehungen;  durch 
voreilige  Herabstimmung  der  Lebensth&tigkeit 
xmd  die  Heilung  unnöthigerweise  venögert 
Die  nothwendige  Ruhe  und  die  strengere  Di&t^ 
welche  anfan^  beobachtet  wird,  wirken  an  sieh 
fldion  herabstunmend  genug. 

9. 

Von  jeher  haben  einzelne^  neuentdeckte 
oder  besser  begründete  Thatsachen  Ideen  er^ 
aeogt,  welche  y  einseitig  aufgefiaÜBt,  hftufig  ei- 
nen zu  überwiegenden  Einfluils  auf  die  Wis- 
scoschaft  ausübten,  und  sich  eine  zu  allgemeine 
Geltung  zu  verschaffen  suchten.  Diese  Wahi^ 
heit  stellt  sich  gegenwärtig  bei  Feststellung 
und  Anwendung  der  sogenannten  Endosmose 
und  Ezosmose  heraus,  welche  halb  lebendige. 
halb  mechanische  Vorgänge  sich  vorherrschend 
anmaisen,  das  Räthsel  der  orgfmischen  Bil- 
dong  lösen  zu  wollen.  Davon  zeigt  unter  an» 
dem  ein  Aufsatz  des  Dr.  Steifensand  in  Cre- 
feldt  über  Secretion  und  Resorption  in  der  Ver» 
cinsseitung  (1839.  Nr.  30.  S.  147).  Der  Verf. 
griit  von  Joh.  Mütter' B  (Dessen  Handb.  A.  Phy- 
Moiogie  Bd.  I.  S.  416  der  ersten  AufL)  Bemerkung 
aasy  dab  eins  der  grölsten  Räthsel  der  Phy* 
iMogie  die  Erscheinung  sei,  dafo  absondernde 
Ofgane  nur  an  der  innem  Fläche  ihrer  Kanäle 
alwodem,  und  nicht  audi  (durch  Exosmoee) 
lowfl.XCUI.D.St2.  H 


~    114    . 

an ihier äuüetn.  St'dfensmd  sacht  dieses  R&ih* 
sd  dadurch  zu  lösen,  daCi  er  eine  solche  Ab- 
sonderung auch  an  der  äufsem  Flache  allep- 
dings  annimmt,  dafs  aber  das  Abgesonderte 
ninrchgeschwitzte)  gleich  im  At^enbliöke  der 
Absonderung  durch  einsaugende  GefäHse  i^^icH 
der  aufgenommen  werde.  Auch  ^  ist  er  sehr  ge- 
peigt,  aUe  Absonderungs^enichtongen,  z.  B.  die 
der  Nieren  und  der  Leber,  bei  dem  Geschlfie 
der  Absonderung  selbst  (ganz  wie  es  der  Geirt 
der  Zeit  mit  sich  bringt)  eine  sehr  passive  RoDe 
spielen  zu  lassen,  indem  er  im  Allgemeinen  an^ 
nimmt,  dalis  der  Absonderungsstoff ,  alssoleber, 
nicht  erst  in  diesen  Orjgänen  gebildet  werfle^ 
sondern ,  wie  z.  B.  die  Galle  und  der  Harnstoff, 
bereits  im  Blute  vorhanden  seien.  Der  ganze 
Vorgang  soll  sich  ^auz  mechanisch  (gleichsam  l' 
nach  Art  einer  Filtrirmaschine)  nicht  sowohl  * 
ddrch  den  verschiedenen  Bau  und  die  yersdue- 
denartige  Belebung  der  Nieren  und  der  Lober, 
sondern  vorzugsweise  durch  die  gröfisere  Haaee 
Bluts  erklären  lassen,  die  gegen  den  einen  oder 
andern  Theil  andrängt.  So  leitet  er  aus  die- 
sem verschiedenen  Andrang  den  Unterschied 
zwischen  der  Harnabsonderung  in  den  Nieien, 
tind  der  Thranenabsonderung  in  den  Thrän^ 
drusen  her.  —  Die  schwache  Seite  solcher  me- 
chanischen Ansichten  und  Erhlärungsweisen 
leuchtet  von  selbst  ein,  wenn  man  der  Idee  der 
Zweckmäfsigkeit,  ohne  die  nun  einmal  weder 
das  Leben  noch  die  Einrichtung  des  Organis- 
mus im  Ganzen,  wie  in  seinen  einzelneu  Thei^ 
len,  verstandlich  sind,  sich  deutlich  bewufist ist, 
und  dieselbe  bei  der  Betrachtung  der  Vorgänge 
in  dem  Gebiete  der  orgauischen  Lebensthätig^ 
keiteki  unbefangen  festhält.  Wenn  der  ganze 
Hergang  der  lebendigen  Entwickelung,  Fortbil- 
dung und  Erhaltung  sogar  einfach  und  hand- 


—    115    — 

greulich  wäre,  dann  erwiese  sich  die  so  sehr 
nflammengesetzte  and  kunstreiche  Einrichtung 
des  ganzen  Organismus  und  der  einzelnen  Or- 
gane als  schlechthin  unbegreiflich  und  stände 
mit  der  sonstigen  Einfachheit  der  Wirkungs« 
weise  der  Natur  in  einem  schneidenden  Wi- 
denpmche.  Schon  nach  dem  Bau  der  äuüsem 
Theile,  der  genau  dem  Zwecke,  dem  sie  die- 
nea^  entspricht,  dürfen  wir  wohl  voraussetzen, 
dafs  sie,  z.  B.  die  Nieren  und  die  Leber,  keine 
bloisen  Filtra  sind,  welche  durch  Exosmose,  in 
diesem  Falle  ganz  einerlei  mit  mechanischer 
Dnrchschwitzung,  den  schon  fertigen  Harn  und 
fie  schon  fertige  Galle,  aus  dem  Blute,  gleich- 
ssa  wie  ein  Sieb,  durchlaufen  lassen,  wäh- 
mid  alles  Uebrige  zuräckbleibt;  vielmehr  dürfen 
wir  annehmen,  dals  sie  bei  dem  Absondcrungs* 
gesch&fte  wirklich  eine  lebendig  active  Rolle 
sa  fibemehmen  haben,  welche  durch  die  Ei- 
genthämlichkeit  des  ihnen  zugewiesenen  Ner- 
veneinflusses  vorzugsweise  bestimmt  wird.  Sol- 
len wir  bildlich  reden,  so  können  wir  jedes 
Atsondemngsorgan  als  einen  lebendig  electrisch- 
chemischen  Bildungs-  (Mischungs-  und  Ent- 
■iechungs-)  Apparat  ansehen,  welcher  durdh 
eine  Nervenloitung ,  die  unter  der  Grundidee 
des  Gesammtorganismus  steht,  in  beständiger 
Wirksamkeit  erhalten  wird.  —  Was  insbeson- 
dere den  von  Müller  räthselhaft,  von  Steifen'' 
mmd  aber  leicht  erklärlich  befundenen  Vorgang 
bei  der  Ausscheidung  des  Abgesonderten  durch 
die  Fuhrungsgänge  der  Absondemngsorgane  be» 
tiiA,  80  dürfen  wir  annehmen,  dafs  hier,  wie 
hei  der  Absonderung  selbst,  das  Gesetz  der 
Eweekmäbigkeit  vorzugsweise  in  Betracht  kom- 
werde,  und  dafis  der  Bau  dieser  Gänge, 
das  ihnen  inwohnonde  eigenthumlich  mo- 

H  % 


—    116    — 

dificirte  Leben  sich  wohl  so  beschafTen  denk^ 

lä&t,   dafs  eine  blofs  mechanische  Exosmosi 

nicht  in  einem  sehr  bedeutenden  Grade,  na^ 

jedenfalls  nicht  auf  eine  solche  Art  Statt  find« 

werde,   dafs  das  Abgesonderte,  seiner  ganssei 

Masse  und  Zusammensetzung  nach,  dieWändi 

der  Ffihrungsgänge    durchdringe.     Fände    eil 

solcher  Vorgang,  wie  Steifensand  will,  wirk! 

lieh  Statt,   so  würde    dadurch   einerseits  eiflj| 

unverständige  Verschwendung  der  abgesoudevj 

ten  Stoffe  gesetzt,    andererseits  aber  mufstei 

auch  andere  Säfte,  ja  das  Blut  selbst,  ein<| 

solchen  Durchschwitzung  unterworfen  sein,  wo 

von  wir  doch  im  Zustande  der  Gesundheit  nidif 

wahrnehmen.     Däfs    eine    theilweise    Durdi 

schwitzung,   vielleicht  schon  im  Leben,   nod 

mehr  aber  im  Tode  Statt  finde,   ist  im  erste! 

Falle  glaublich,  im  andern  gewiik,  weiiigsteiij 

zeigt  dies  die  Färbung  der  Umgegend  der  GftI 

lenblase,  allein  im  Leben  ist  dieselbe,  als  reij 

mechanisch  gedacht,   gewifs  unbedeutend,  uni 

hängt  nächst   der  Beschaflenheit  des  Gewebt 

wohl  gröfstentheils  von  der  Beschaffenheit  de 

Abgesonderten    ab,  indem  nur  die  flüssigste! 

Theile  einen  Durchgang  finden  können;  im  Tod 

dagegen  hat  auf  diesen  Vorgang  die  Beschal 

fenheit  des  Ganges  oder  Behälters  den  bedeii 

tendsten  Eiuflufs,    und    kann    hinsichtlich    de 

Gallenblase  nicht  befremden,  da  dieselbe  «a 

einer   verhältnifsmäfsig   dünnen   Haut  besteht 

die  frei  von  allen  Muskelfasern  zu  sein  schein! 

Anders  verhält  es  sich  schon  mit  der  Hamblas 

und  den  Gedärmen,  in  deren  Nachbarschaft  wi 

auch  nach  dem  Tode   keine  Durchschwitzuii| 

ihfes  eigentlichen  Inhalts  finden.    Einsaugend 

Gefafise  anzunehmen,   die  das  Ausgeschwitsti 

soglQich  wieder  aufnehme])  sollen,  scheint  eini 


—     117    — 

sclir  unwahrscheiuliche  uud  wenigstens  unbe- 
wieseue  Voraussetzung.  Auch  fühlt  man  sich 
wohl  versucht^  zu  fragen  ^  warum  schwitzen 
die  einsaugenden  Gefalisc  ihren  Inhalt  nicht 
wieder  aus?  oder  sind  wir  «gezwungen  Ordnun- 
gen derselben  bis  ins  Unendliche  anzunehmen? 
Wenn  es  in  der  Endosmose  und  Exosmoso  wirk- 
lidi  so  rein  mechanisch  erfolgt,  so  kann  das 
Bxosmirto  ja  wieder  endosmirt  worden,  ohne 
Dazwischenkunft  von  einsaugenden  Gefufsen; 
zuletzt  würden  sich  freilich  auf  diese  Weise 
alle  flussigen  Theilo  des  Organismus  zu  einer 
gleichartigen  Flüssigkeit  vermischen.  —  Uebri- 
ems  sind  gerade  diejenigen,  welche  der  En- 
dosmose  und  Exosmose  eine  so  grofse  Bedeu- 
tung in  der  thierischeu  Oeconomie  einräumen, 
geneigtesten,  Alles  aus  diesen  Vorgängen 
erklären,  und  namentlich  das  Vorhandensein 
VOD  Saugadern  in  vielen  Füllen  ganz  zu  laug- 
neiL  Was  noch  insbesondere  die  Meinung  be- 
trifft^ dafe  die  Absonderungsstofl'e ,  namentlich 
Hamstofl'  und  Galle,  schon  im  Blute  gefunden 
werden,  und  also  nicht  erst  in  den  Nieren  und 
der  Leber  sich  bilden,  so  ist  das,  was  davon 
Blute  gefunden  wird,  so  unbedeutend,  dafs 
eher  annehmen  kann,  es  sei  aus  den  Harn- 
werkzeugen und  der  Gallenblase  durch  Einsau- 
gong  aufgenommen.  BerzelfiiSy  welcher  ent- 
Hchieden  gegen  Jene  Ansicht  ist,  sagt  (Lehr- 
iNich  der  Chemie,  übersetzt  von  fFöhter^  dritte 
Aufl.  Bd.  I.  litt.  2.  S.  168) :  „Mau  hat  es  zwar 
wahrscheinlich  zu  machen  gesucht,  dafs  alle 
in  den  secernlrten  Flüssigkeiten  enthaltene  Stofle 
■dion  vorher  im  Blute  enthalten  seien,  und 
in  den  Meciclionsorgancn  nur  daraus  abgeschie- 
den würden.  Mtm  hat  diese  Meinung  auf  den 
Umstand  gegründet,  dafs  man  einen  der  Be- 


'  -    118    — 

standtheile  dos  Harns,  den  Harnstoff  in,  dem 
Blute  der  Thiere*  fand,  denen  die  Nieren  mit 
Vorsicht  weggenommen  waren,  dafs  die  Thirae 
noch  einige  Tage  leben  blieben;  allein  dieser 
Körper  gehört  zu  denjenigen ,  welche  in  mdi- 
reren  Fällen  Producte  der  Metamorphosen  thie- 
rischer  Körper  sind,  und  der  aus  dieser  interes- 
santen Beobachtung  gezogene  Schlaüs  ist  wahr- 
flcheinlich  unrichtig.  Er  würde  nicht  anwend- 
bar sein  zur  Erklärung  der  Milchsecretion  bei 
den  weiblichen  Säugethieren,  wenn  man  ilidit 
annehmen  will,  dals  Käsestoff,  Butterund  Uilcb- 
supker  beständig  in  dem  Blute  des  weiblichei 
Geschlechts  enthalten  seien,  aber  nur  während 
des  Säugens  abgesondert  wurden ,  eine  Schlnfih 
weise,  die  wohl  eben  so  wenig  zu  billigen  ist, 
als  sie  durch  die  Analyse  des  Blutes  bewieses 
werden  kann.  — ''  Und  dann  ist  doch  nodi 
ein  grofser  Unterschied  zwischen  Harnstoff  und 
Harn;  was  ist  für  dessen  Dasein  im  Blute  durch 
die  Anwesenheit  eines  Stoffes  desselben  ge- 
wonnen? wäre  der  Harn  schon  im  Blute  vor- 
handen, so  mfifste  bei  der  bedeutenden  relati- 
ven Menge  desselben,  die  oft  in  sehr  kurzer 
Zeit  abgesondert  wird,  die  ganze  Blutmasse  za 
jeder  Zeit  nach  Harn  riechen.  —  Wie  aber 
daraus,  dafs  ein  gröfserer  Andrang  des  Blu- 
tes gegen  die  Nieren  Statt  findet,  als  ge- 
gen die  Thränendrüsen  eine  verschiedene  Be- 
schaffenheit des  Harns  von  den  Thränen  be- 
dingt werden  kann,  ist  schwer  zu  begreifen, 
weil  es  mit  den  bekanntesten  Naturgesetzen 
im  Widerspruche  steht;  denn  niemals  kann  ein 
quantitatives  Mehr  oder  Minder  an  und  far  sidi 
eine  verschiedenartige  Qualität  setzen.  Der 
gröfsere  oder  geringere  Andrang  derselben  Fios- 
sigkeit   gegen   zwei  Filtra,    ffir  welche  nach 


i 

I 


—    119    — 

Sieifensand's  Ansicht  die  Niereu  und  die  ThriU- 
nendrüsen  geltend  gemacht  werden^  könnte  im- 
laer  nur  ein  Mehr  oder  Weniger  des  in  glei*- 
eben  Zeiträumen  Abgeschiedenen  bedingen,  nidit 
aber  hier  Harn  und  dort  Thränen  liefern.  -^ 
Genug,  wir  würden  nun  und  nimmer  die  Vor- 
gänge im  lebenden  Organismus  verstehen  lei^ 
nen,  wenn  wir  Alles  aus  dem  anatomischen 
Bane  und  der  mechanischen  Einrichtung  der 
Organe  begreifen  und  nicht  ssugestehen  wollen, 
dafs  bei  also  gebauten  und  eingerichteten  Or- 
ganen in  ihrem  belebten  Zustande,  eben  weil 
■ie  belebt  und  keine  hydraulischen  Maschinen 
Bind,  ganz  andere  Erscheinungen  darbieten 
■ülsten,  als  wenn  sie  nicht  durch  lebendige, 
flondern  durch  mechanische  Kräfte  in  Thätig- 
keit  gesetzt  würden.  Kein  auch  noch  so  fei- 
nes und  geschickt  geführtes  anatomisches  Mes- 
ser, kein  auch  noch  so  kräftiges  und  umsich- 
tig angewendetes  Mikroskop  vermag  die  letz- 
ten Gründe  der  lebendigen  organischen  Vor- 
gänge siuneuiällig  darzulegen;  sie  werden  nim- 
nermchr  die  philosophische  Betrachtung  über 
das,  was  sie  nicht  zu  ergrüudcn  vermögen, 
minöthig  machen.  Darum  Jedem  das  Seine!  — 
Das  Leben  kann  nur  in  und  durch  sich  selbst 
verstanden  werden. 

10. 

In  Casper*s  Wochenschrift  (Jahrg.  1837. 
Nr.  32.)  wird  vom  Hrn.  Dr.  Thorer  zu  Görlitz  ein 
Fall  erzählt,  dafs  mehrere  Personen  und  ein 
Hund  von  dem  Genüsse  wenigen  rohen  Schin- 
kens, der  einen  unangenehmen  Geruch  hatte, 
nnd  etwas  weicher,  als  gewöhnlich  gewesen 
sei,   Zufälle  bekamen,  die  von  einem  scharfen 


-•    IM    — 


G^  heizarfihreii  flehieneiL  K5niite  es  mit 
Belli'  Schinken  nicht  gegangen  sein^  wie  nut 
dnem^  von  dem  icb^  als  durch  Raacherang  mit 
Anenik  vergiftet,  in  PfirgTs  tfittheilöngra 
CKTene Folge.  1835.  Heft  3.  n.  4  S.  44)  erzählte? 
—  Dajls  dieser  Fall  nichts  mit  denen  gemein 
lialy  d|e  nnter  No.  1.  dieser  Erorteningen  er- 
9SMt  wurden  y  leuchtet  von  sdbst  ein. 

(Fortsetsong  folgt.) 


—  l«l 


V. 

Kurze    Nacb  richte  11 

ond 

A  u  s  z  ft  g  e. 


1. 

Beobachtungen  über  den  Bandwurm, 

MitgethelU  ' 

vom 

Dr.  BicJsmg, 
pract.  ArztQ  in  Erfurt. 


Dflh  doiger  Zeit  behandele  ich  viele  am  Bandworme, 
4er  Taenia  soliom,  *  leidende  Kranke  ond  heile  sie  gluck- 
Beb*  Dieffl  veranlalst  mich,  einige,  vielleicht  nicht  immer 
berackticbtigte  Umstände  hier  hervorzuheben,  welche  in 
Beng  auf  die  Krankheit  und  Kar  nicht  unwichtig  scheinen. 

Anf  welche  Weise,  ob  durch  generatio  primaria,  oder 
Moondaria  der  Bandwarm  erzeugt  werde,  ist  ungewifii. 
Die  an  seiner  Brzeugong  günsügen  Umstände  beruhten 
Meis  in  den  von  mir  behandelten  Fällen  vorzugsweise 
Schwache  and  mannichfachen  Störungen  der  Ver- 
,  die  jedoch  oft  nur  wenig  bemerkbar  waren  ^  so 
disr  Bandwurm  bestand  und  erst  nach  seiner  Bntfer- 
anganflGsUender  hervortraten.  Diefs  kommt  daher ^  weil 
ivWarm  in  vielen  Fällen  das  Bedurfnils  ^der  Nahmog 


-r    t««    - 

vermehrt  and  sehr  oft  nar  dne  gelinde  Reiznng  des  Darm- 
kanals bewirkt»  trodarch  die  Function  desselben  bb  za 
einem. gewissen  Grade  erhobt  wird. 

Vorzüglich  waren  solche  Menschen  mit  dem  Band- 
wurm behaftet,  welche  durch  eine  gelbliche  Gresichts&rbe 
die  Anlage  zu  Leberkrankheiten  verriethen,  oder  weiche 
schon  früher  an  mangelhafter  Absonderung  der  Galle ,  die 
zugleich  febleihaft  gemischt  war,  gelitten  hatten.  Es  sphebt 
daher,  als  wenn  der  Bandwurm  in  einer  gewissen  Bezie- 
hung zu  Leberkrankbeiten  stehe.  Dafür  spricht  besonders 
folgend  er  Fall:  Ein  Mann  hatte  sich  den  Bandwurm  dwcb 
das  gewöhnliche  Kurverfabren  so  oft  vertreiben  lassen,'  als 
derselbe  wieder  entstanden  war.  Als  diefs  achtmal  gesche- 
hen war,  bildete  sich  ungefähr  in  derselben  Zeit,  in  wel- 
cher der  Wurm  sich  immer  wieder  gezeigt  hatte,  statt 
dessen  eine  Hypertrophie  der  Leber  aus.  Sollte  man  hier 
nicht  annehmen  können,  dafs  sich  die  krankhafte  Thatig- 
keit  der  Verdauungsorgane,  welche  der  WurmerzeuguDg 
zu  Grunde  lag,  nur  in  einer  veränderten  Richtung  deshalb 
geädfsert  habe,  weil  die  Krankheit  durch  die  specifiscben 
Wurmmittel  nicht  aufgehoben  und  gebeilt,  sondern  nnr 
verbindert  worden  war,  in  der  früheren  Art  sich  za  offen- 
baren ? 

Bei  robusten  Personen,  die  bei  ursprünglich  guter 
Verdauung  eine  gröfsere  Menge  Speisen  zu  sich  nehmen, 
als  zur  Ernährung  verbraucht  wird,  scheint  der  Bandwurm 
zuweilen  dadurch  zu  entstehen,  dafs  durch  den  Ueberschnls 
halb  assimiiirter  Stoffe,  unter  Begünstigung  der  tbierischen 
Wärme,  diejenigen  Bedingnisse  auftreten,  von  welchen  die 
generatio  primaria  des  Parasiten  abhängt.  Wurden  diese 
Bedingnisse  durch  eine  geregelte  Lebensart  wieder  geho- 
ben, ehe  sich  das  Uebel  fester  begründete,  so  ging  der 
Wurm,  ohne  dafs  ein  Arzneimittel  gegen  ihn  gebranebt 
worden  war,  in  zwei  Fällen  von  selbst  ab  und  erzeogle 
sich  nicht  wieder,  konnte  wenigstens  nach  einem  Jahre  bei 
ungestörtem  Wohlsein  des  früheren  Kranken  anf  keiae 
Weise  ermittelt  werden.  Diese  Fälle  sind  mm  so  m>erk- 
würdiger,  weil  ich  in  beiden  entdeckt  hatte,  dafs  der  Kopf 
des  Bandwurms  znrükgebiieben  war.  Bei  dem  einen  Kran- 
ken war  der  Wurm  sogar,  ungefähr  20  Ellen  grofs,  leben- 
dig abgegangen  und  dann  abgerissen  worden. 

Die  Symptome,  welche  der  Bandwurm  erzeugt,  sind 
selir  verschieden,  oft  entstehen  gar  keine,  bis  sich  einzelne 
Glieder  von  ihm  zeigen.  Im  Allgemeinen  sind  die  Be- 
schwerden bei  kräftigen  Menseben  geringer,  als  bei  scbwäcb- 


—    1«3    — 

I 

Gobeo.    Bei  diesen  besteben  dieselben  aafser  den  orsprQng- 
Bcben  Zeichen  des  Uebels  in  einer  Menge  unbestipimter 
tympatbiscber   Erregungen ,    wodurch   jene   oft  Terdeckt 
werden.    Die  Beschwerde,  die  ich  für  die  pathognomo- 
ntche  der  von  mir  beobachteten  Form  des  Bandwurms 
balte,  bestand  in  einem  eigenthümlichen  Schmerze  in  der 
mittleren  Gegend  der  Leber,  der  nur  selten  auch  in  der 
Unken  Seite  des  Unterleibes  erschien.    Der  Schmerz  war 
driickend,  saugend,  von  innen  nach  anfsen  bohrend  ond 
oft  so,   ab  hinge  ein  Grewicht  an  der  Leber,  oder  als 
dehnte  sie  sich   nach  ihrer  Oberfläche  hin  aus.     Er  er- 
schien intermittirend  zu  unbestimmten  Zeiten,  yorziiglich 
gegen  Mittag,  weifn  das  Bed'urfnifs  nach  Speisen  auftrat; 
er  Terschwand  nach  eingenommener  Mahlzeit,  am  sicher- 
ften  aber  nach  dem  Genüsse  von  schwarzem  Kafifee  ond 
■ach  dem  Anlegen  eines   etwas  grofsen  Magneten,   wel- 
cher gleich  den   electrischen  Erschütterungen  einen  lah- 
menden   Einflufs  auf  den  Wurm  hat     Vermehrt  wurde 
der  Schmerz  durch  das  Fahren,  vorzüglich  aber  durch 
eine  anhaltende,  aufrechte  Stellung,  wenn  sie  erzwungen 
worde.    Die  Kranken  suchten  sich  in  derselben  nach  der 
fechten  Seite  Qberznbiegen  und  geriethen,  wenn  sie  dies 
Bicbt  durften,    in  eine  gro£ie  Schwäche,    wurden  blafs, 
bekamen  Zittern  und  selbst  Anwandelungen  von  Ohnmadw 
ten.    Vor  dem  Abgange  des  Bandwurms,  oder  einzelner 
Stocke  desselben  wurden  die  Schmerzen  starker  und  ver- 
icbwanden    darauf  einige  Zeit  lang.      Auch    unter    dem 
Gebrauche  eines  specifischen  Mittels  gegen  den  Bandwurm 
vermehrte  sich  der  Schmerz  und   dauerte  oft  einige  Zeit 
fort,  wenn  auch  der  Wurm  entfernt  war.    Waren  diese 
Schmerzen  bei  dem  ersten  Bandwurme  vorhanden  gewe- 
aeo,  so  zeigten  sich  die  späteren  Würmer  durch  dieselben 
wieder  an. 

Hatte  der  Bandwurm  eine  bedeutende  GrÖfse  erreicht, 
•o  sonderte  er,  vorzüglich  wenn  der  Kranke  eine  reiche 
Hche  Mahlzeit  genossen  hatte,  einzelne  Glieder  von  sich 
ob,  die  ein  volisaftiges,  glänzend  weifses  Aussehen  hat- 
ten nnd  sich  stark  bewegten.  Hatte  diefs  eine  Zeitlang 
gedauert,  so  war  der  Zeitpunkt  da,  wo  der  Bandwurm 
mm  leichtesten  abgetrieben  werden  konnte,  unter  günsti- 
gen.  Umständen  wohl  auch  von  selbst  abging,  nachdem, 
wie  es  scheint,  ein,  oder  mehrere  neue  gebildet  worden 
waren. 

Die  Indication  jeder  Kur  gegen  den  Bandwurm  kann 
mnr  tetn,  denselben  zu  tödten    ood  zu  entfernen,  ohne 


_    1«4    — 

die.  VerdanoDgseingeweide  za  schwächen,  und  dann  d[a 
Bedingnisse  za  meiner  Wiedererzeugung  aufzubeben.  Da 
dieselben  nun  in  Schwache  und  einer  darauf  beruhenden 
Verstimmung  jener  Theile  bestehen,  so  mufs  man  die 
Wiederherstellung^  einer  normalen  Verdauung  stets  vor 
'Augen  haben.  Ist  es  auch  nur  in  einem  geringeren  Grade 
gelungen,  dieselbe  wieder  herbeizuführen,  so  haben  die 
specüischen  Wurmmittel  eine  desto  gröfsere  Wirkung. 
Viele  Vertilgungskuren  gegen  den  Bandwurm  bleiben  da- 
tier blofs  aus  dem  Grunde  ohne  Erfolg,  weil  der  Darm- 
banal  noch  nicht  diejenige  Kräftigung  erreicht  bat>  welche 
dem  Fortbestehen  des  Parasiten  hinderlich  i^.  Manche 
dieser  Kuren,  die  in  der  Anwendung  sehr  angreifender 
Büttel  bestehen,  yermehren  die  krankhafte  Anlage  der 
Gedarkne.  Wird  daher  auch  ein  Bandwurm ,  durch  diesel- 
ben abgetrieben,  so  erzeugt  sich  ein  anderer  leicht  yoa 
f^euem«  Auch  die  specifiscben  Mittel  allein  sind  zurYÖll- 
kommenen  Heilung  des  Bandwurms  nicht  hinlänglich; 
denn  sie  stehen  nur  in  Beziehung  gegen  den  vorhande- 
nen Wurm,  vermögen  aber  den  krankhaften  Zustand  der 
Gedärme^ .  worauf  er  beruht,  nicht  zu  beseitigen.  Daher 
erzeugt  sich  der  Parasit  selbst  unter  dem  fortgesetzten 
Gebranche  dieser  Mittel  immer  von  Neuem  wieder.  Der 
normale  Zustand  der  Gedärme  kann  nur  durch  eine  an- 
'gemessene  stärkende  Lebensweise  herbeigeführt  werden. 
Mit  dieser  verbinde  man  die  Anwendung  specifiscbcr 
Mittel. 

Folgende  Lebensweise  habe  ich  bei  meinen  Band- 
^urmkranken,  die  im  Allgemeinen  noch  eine  gute  Con- 
fititution  hatten,  sowohl  vor,  als  nach  der  Vertreibung 
des  Bandwurms  eingeführt:  Früh  nach  dem  Aufstehen 
trinken  sie  ungefähr  ein  halbes  Quart  kalten  Wassers, 
schluckweise,  so  dafs  jeder  Schluck  einige  Zeitlang  im* 
Munde  zurückgehalten  und  mit  dem  Speichel  gehörig  ver- 
mengt wird.  Dieses  hat  seinen  grofsen  Vorthei^,  denn 
das  so  genossene  Wasser  wird  von  den  schwächsten  Per- 
sonen vertragen  und  erregt  auch  bei  stärkeren  weniger 
schnell  die  Nierenthätigkeit,  bleibt  also  länger  in  dem 
Darmkanale  zurück.  Darauf  suchen  die  Kranken  ihres 
Stahlganges  sich  zu  entledigen,  nehmen  darauf  ein  Kly- 
stier  von  ungefähr  ^  bis  ^  Nösel  kalten  Wassers.  Das- 
.  selbe  mufs  in  dem  Darmkanale  zuiückgchalten  werden, 
bis  CS  resorbirt  ist,  ^was  nach  zwei  bis  drei  Stunden  ge- 
schieht Der  Drang  zum  Stuhlgange,  welcher  nach  den 
ersten  Klystieren  sehr  stark  hervortritt,  wird  durch  Spa- 


—    125    — 

tiereDgefaen   am  leichtesten  überwanden;   späterbin  irer- 
scbwindet  er  von  selbst. 

Ich  rathe  das  kalte  Wasser  überbaapt  nur  mäfsig;»  in 
dem  Grade  zn  gebraacheit^  dafs  der  Körper  dadarcb  ge- 
stärkt wird.  Das  Wassertrinken  in  übermäfsigeir  Menge^ 
wie  es  yiele  Wasserärzte  anrathen,  leistet  keine  Dienste, 
schadet  Tielmebr  darch  seinen  schwächenden  Einflufs.  Ein 
Mann,  der  aas  eigenem  Antriebe  so  viel  Wasser  getran- 
ken hatte,  dafs  es  anyerändert  darch  den  Darmkanal  wie- 
der abging,  verlor  weder  den  Eandworm  ganz,  noch 
einzelne  Stückchen  desselben. 

Gegen  7  Chr  lasse  ich  ein  einfaches  Frühstück  ge^ 
■ielaen. 

Die  Kost  sei  uberbaapt  leicht  verdaulich,  aber  nar' 
maisig  nährend.  Sie  kann  bei  gelegener  Zeit  aas  fri- 
•cbem  Gemüse,  Spinat,  Möhren,  Carotten,  Spargel,  Brun- 
nenkresse.  Obste,  weifsem  Brote,  Butter,  leichten  Fleisch- 
speisen, vorzüglich  rohem  Schinken  bestehen.  Solche  Speisen 
werden  am  besten  kalt,  oder  nur  lauwarm  in  drei  Mahlzei-' 
teo,  von  denen  jede  sechs  Stunden  nach  der  andern  Statt 
§ndet,  in  dem  Mafse  genossen,  daCs  der  Appetit  nur  mä- 
Isig  befriedigt  wird.  Knoblauch,  viele  Heringe,  Zwiebeln 
und  andere  Genüsse  dieser  Art,  welchen  man  eine  be* 
sondere  Wirkung  gegen  den  Wurm  zuschreibt,  habe  ich 
gar  nicht  gebraucht,  um  durch  ihre  reizende  Eigenschaft  die 
Verdauung  nicht  zu  schwächen. 

Nach  einer  angemessenen  Bewegung  wurde  gegen 
Mittag  vneder  Wasser  in  kleiner  Menge  getrunken,  um 
dadorch  den  Magen  zur  Aufnahme  der  Mittagsmahlzeit 
vorzubereiten  and  zu  kräftigen. 

Gegen  Abend  lasse  ich  kalt  baden.  Diefs  geschiebt 
bei  kalter  Jahreszeit  in  der  geheizten  Stube  anter  man-  = 
cberlei  Vorrichtungen,  unter  denen  jedoch  eine  gegen  den 
Unterleib  und  die  Leber  gerichtete  Douche,  oder  das 
Drücken  und  Kneten  dieser  Theile  im  Wasser  vorgenom- 
men werden  mufs.  Im  Sommer  benutzte  ich  in  Müblhau- 
sea  zum  Baiie  ein  von  mir  angelegtes  Sturzbad,  welches 
bei  gewöhnlichem  Wasserstande  eine  sechs  Zoll  breite  und 
einen  Zoll  dicke  Wassersaule,  14  Fnfs  hoch,  in  schräger 
Richtung  herabgiefst.  Nachdem  die  Kranken  erst  den 
glänzen  Körper  dem  Wasserstorze  ausgesetzt  haben,  legen 
sie  sicli  ungefähr  drei  Minuten  lang  quecr  unter  densel- 
l»en  so,  dafs  der  Unterleib  von  ihm  getroffen  wird.  Nach 
diesem  Bade  wird  tine  angemessene  Bewegung,  bis  der 
Körper  gelinde  tr&nspirirt ,   vorgenommen  und  darauf  die 


—    1(6    ~ 

Abendmahlzeit,  drei  Standen  vor  dem  Schlafengehen,  ge- 
nossen. —    Bei  heftigen   Beschwerden,   die  der  Band' 
worm  erregt,  wende  ich  mit  sehr  gutem  Brlolge  eatwe- 
der  den  mineralischen  Magnetismus,  oder  nach  Un^stan-; 
den  Umschläge  von  kaltem  Wasser  auf  den  Unterleib  aa« 
Unter  dieser  Diät  habe  ich  als  spedfischea  Mittd  ge- 
gen den  Bandwarm ,  wenn  er  die  angegebenen  Beschwer- 
den erregte,   eine  gesättigte  Abkochang  der  Farnkraot- 
vmrzely  von  welcher  ich  eine  halbe  Unze  far  den  Tag 
im  Allgemeinen  bestimme ,  gebraachen  lassen.    Diese  Ab- 
|(Ochang,  welche  mit  Zacker  versiifst,  einen  dem  KaffiM 
{ähnlichen,  nicht  unangenehmen  Greschmack  hat,  lasse  ick 
'kalt  nach  jeder  Speise  <geniefsen,   so  da(s  sich   dieselbe 
damit  vermengt  and   eine  dem  Bandworme,   nicht  aber 
dem  Körper  selbst  widrige  Beschaffenheit  annimmt    Das 
Famkrant  belästigt  fast  nie  den  Magen,  erregt  namentfidi 
keinen  Durchfall,  und  hinterläfst  keine  Nacfabeacbwerdea« 
Zdgt  sich  za weilen  auch  leichte  Uebelkeit,   so  entsteht 
dieselbe  aus  Ekel,  oder  ist  ein  Zeichen,  dafs  der  Wem 
hM  abgeht.    Im  nächsten  Stnblgange  nach  dem  Grebran* 
vhe  des  Mittels  zeigten  sich  gewöhnlich  keine  Stückchen 
vom  Band  wurme,  wenn  dieselben  auch  gerade  vorher  «m 
deutlichsten  achtbar  gewesen  waren.    Dies  geschieht  d^ 
halb  nicht,  weil  der  Parasit  seine  Selbstständigkeit  gegen 
Üaa  feindliche  Mittel  za  erbalten  socht  und  reagirend  sich 
s.asammenzieht,  so  dafs  seine  einzelnen  Theile  abhängi- 
|j;er  von  einander  werden.    An  dem  folgenden  Tage,  oder 
einige  Tage  spater  gingen  mehrere  Tb  eile  vom  Bandwann 
ab,  als  früher,  dieselben  waren  weniger  vollsaftig,  sebr 
matt  und  träge,    hatten   eine  schmutzig  gelbe  Farbe  mit 
grünlichen   Flecken   an    ihren    Rändern.     Selten   hingen 
mehrere  Stücke  zusammen.    Bndlich  kamen  dieselben  todt 
zum  Vorschein.    Darauf  ging  der  Wurm  selbst  vollkom- 
men mit  seinem  Kopfe  ab ,  ohne  dafs  ich  jemals  auch  nur 
das  gelindeste  Abfnbrnngsmittel  gebraucht  hätte.    In  drei 
Fällen  gingen   zwei  Würmer  zugleich  ab.     Der  Abgang 
erfolgte  nach  drei,  sechs,  acht  bis  vierzehn  Tagen  nacli 
Anfang  der  Kur,  in  dem  Verbältnisse  schneller,  als  der  Kranke 
kräftiger  war  und  der  Wurm  sich  weniger  festgesetzt  hatte. 
Man' darf  durchaus  nicht  darauf  ausgehen,  den  Bandwurm 
früher  abzufüliren,  als  der  Körper  dazu  gehörig  vorberei- 
tet worden  ist.     Viele  der  stärksten  Bandwurmkuren  ge- 
lingen deshalb  nicht,    weil  dies  Verhältnifs   aoiser  Acht 
gelassen  wird» 


—    If7    — 

Obgleich  Mch  der  Rntfernong:  ilet  Binilwonnt  die 
faMiiafte  Verdaoang  bei  scbwaoblicben  Menicben  nicht 
MUliy  mehr  herrortriü»  lo  wird  doch  im  Allgemeinen  der 
Mier  weiche  and  oft  diarrlioeartige  StoMgang  mehr  re- 
lolhtf  oft  logar  su  hart  und  verliert  rieh  der  fr&ber  »iiuke 
A|petfl« 

Naeh  dieaer  Kor  siod  die  Kranken  keinetwegt  for 
tbwr  neeen  Brzeogong  dea  Bandwormi  lidier ;  nach  nei- 
Mt  Bj^hmng  haben  lie,  wenige  ausgenommen,  deniel* 
M  wiederbekommen.     In    sehr   Tielen   Fallen  ging  ef 
Ml  and  Tiermal)  ton  einem  Kranken  sogar  dreiaehnnial 
ik»   Dna  Zeichen,  dafs  sich  wieder  ein  neuer  Bandworm 
«Mögt  hatte,  bestand  anfser  dem  Wiedererscheinen  sel- 
aer  eigi^nthomlichen  Beschwerden  Torzüglich  darin,   dafa 
te  fr&h#r  harte  Stuhlgang  wieder  weich  ond  fsolichtzer- 
Nlit  wurde.    Die  Zeit,  in  welcher  der  neue  Bandworm 
giwSbiiliCb  wieder  die  Gröfse  erreicht,  dafs  er  Theile  fon 
Ml'  alMOiidert,  ist  zwei  bis  drei  Monate.    Bei  der  Fort-* 
Mli«ag  der  früher  angegebenen  Diät  wurden  jedoch  die 
■nÜBfi  Bandwürmer  nidit  halb  so  grofs,  wie  die  ersten 
■M'  wnrzelten  weniger  fest  im  Körper,  weshalb  frnhseiti- 

ßStfickdien  von  ihnen  abgingen.  Die  Vertreibung  def 
Jwnrms  gelang  daher  bei  immer  grÖfserem  Wohlsein 
las  Kranken  durch  das  Farnkraut  in  immer  kürzerer  Zdt^ 
taletzt  schon  nach  24  und  12  Stunden.  Nach  TOllkomme- 
ner  Kräftigung  des  Körpers  war  jede  Spur  des  Uebels 
f&r  immer  verschwunden. 


Ueber  die  Anwendung  der  Aqua  oxymurialica  im 

Scharlachfieber. 

Von 

Dr.    Clemens, 
praht,  Arzte  zu  Frankfurt  a.M. 


N  Die  auffallend  antipblogistisclio  Wirkung  der  Aqua 
nxymuriatical'harmacopoeaeBorussicae,  die  ich  schon  lang« 
im  Nervenfieber   erprobt   und   bereits   im    mcdjcinischen 


—    1«8    — 

*  -  \ 

/ 

Convenationiblatt  Yon  Jalm  ond  BdHinbamm.  No.  15.  April 
1832.  bekannt  gemacht  habe,  ireranlafste  midi»  dieselb« 
aach  im  Scharlachfieber  anzuwenden,  ia  welohef  Krank-^ 
heit  das  Blutgelafssystem  so  häufig  in  starmische  Wallmig 
yersetzt,  ein  so  kräftiges  Mittel  za  erfordern  scheint,  des 
Orgasmos  des  Blatej  zu  dampfen  und  seine  Krasit  nm« 
zustimmen.    Bei  allen  Bpidemieen  dieser  Krankheit  in  hie-^ 
■iger  Stadt  und  Gegend,  wie  bei  allen  intercarrirendea 
Fallen  derselben,  habe  ich  von  der  streng  antiphlogisti- 
•oben  Behandlung  derselben  immer  die  erfrenliohsten  Re« 
soltate  .gesehen.   .Ein  Brechmittel,  gleich  zo  An&ng  aad 
selbst  bei  den  milderen  Formen  der  Krankheit  gegeben 
minderte  gewöhnlich  die  Hateentzondung,  die  Schmerzett» 
die  Congestionen  nach  dem  Kopfe,  stimmte  die  Fre^neiu 
des  Pnlses  herab  und  hatte  überhaupt  anf  den  ganzen  Vef- 
Itof  des  Uebels   heilsame   Folgen.     Aber  aach-  bei  den 
Djrasenanschwellungen  am  Halse,  die  sich  oft  in  der  Ab<^ 
•chuppungsperiode  zeigten,  habe  ich  Brechmittel,  in  liii* 
gern  und    kürzern   Zwischenräumen    wiederholt  gegabtti 
nnd   als   die    besten   Zertheilungsmittel  ?drken  ge^ehao^ 
Nach  dem  Brechmittel  gebe  ich  mehrere  Tage  hindonh, 
gelinde  AbfübrungsmiCtel,  meist  die  Aqua  laxat.  YienneBk 
äs  mit  Tartarus  tjirtarisatus ,   kleinern  Kindern  gern  dai- 
Blectuarium    lenitivum     Pharmacopoeae    Bornssicae    in 
drachm.  vj  mit  Syr.  Althaeae  unc  ß,  stündUcb  1  Tbee- 
lÖffel.    Zu  den  Sal  anglicanum  mit  Oxymel  simple'x,   wie 
es  Stieglitz  in  seinem  trefflichen  Werke  über  das  Sehar- 
lachfieber  empfiehlt,  habe  ich  wenig  Kinder  bringe^  kön- 
nen.    Drei'  bis  yier  Stühle  täglich  minderten  die  ionere 
Hitze,  stimmten  die  Frequenz  des  Pulses  herab  und  wor- 
den durchaus  von  keinen  schädlichen  Wirkungen  auf  dat 
Exanthem  begleitet.     Linderten  sich  aber  bei  dieser  Be- 
handlung die  Halsschmerzen   nicht,  blieb  der  Kopf  noch 
sehr  eingenommen,  so  wurden  Blutegel  an  den  Yerlanf 
der   Carotiden  gesetzt,  anf  diese  Weise  Kopf  nnd  Ebls 
zugleich    befreit,   bei    schweren    Gebirnsymptomen    diese 
wiederholt  an  die  Schläfen  und  hinter  die  Ohren  gesetzt. 
Eis  in  Blasen  auf  den   Kopf  und    ein  Yesioans  in  den 
Nacken  gelegt.    So  konnte  gewöhnlich  zwischen  dem  fanf-> 
ten  ond  achten  Tage   zur   Aqua  oxymuriatioa   gegriffen 
werden,  die  ich  von  einer  Drachme  bis    zu   einer  bal^ 
hen    Unze    Kindern    yon    acht    bis    zwölf  Jahren    mit 
nno.  iij    bis  unc  iy  Aq.   destill.  in  yferundz wanzig  Stun- 
den nehmen  liefs.    Gut  ist  es,    dieser  Mischung  gar  kei- 
nen Syrop  zuznmischen,  der  nur  die  Aqua  oxymuriatica 


—    189    — 

teneteen  worde  and  dieselbe  in  ichwarz  umkleideten  Gla- 
tem  so  ^enobreiben.  Dabei  wurde  zum  Getränke  kaltes 
Brannenwaaser,  zur  Nabrung  nur  Hafergrützsuppe  in  Waai«r 
gekocht  gereicht  Selbst  während  der  Abschuppungiperiode 
Uels  ioh  aof  diese  Weise  die  Säure,  nur  langsamer,  fort- 
bnadieni  zuweilen  einen  Tag  ganz  aussetzen^  die  Kin- 
der nur  etwas  wärmer  zudecken  und  Morgens  und  Abends 
eine  Tasse  Wachholderbeerenthee's  trinken.  Von  entscbie* 
deoem  Nutzen  fand  ich  auch  in  dieser  Perio<le  hin  und 
wMer  leichte  Abführungen  einzuschieben,  und  ja  keine 
LelbesTerstopfuBg  einreifsen  zu  lassen.  Besonders  fand  ich 
diaa  todicirty  wenn  der  Urin  übelriechender,  sparsamer,  sa» 
tarirter  wurde.  Ueberhaupt  erfordert  jeder  Scharlach, 
selbst  die  leichtesten  Fälle,  die  ungetheilteste  Aufmerk- 
stnkelt  des  Arztes«  Auch  bei  dem  regelmäfingsten  Ver- 
laiifB  des  Exanthems  können  noch  Zufälle  Yon  Wichtig« 
kelt  eintreten,  und  ich  glaube  nicht,  dafs  es  gut  gethan 
sein  möchte^  selbst  beim  normalen  Scharlach  gar  nicht 
intlich  einzuschreiten  und  sich  gänzlich  passiv  zu  yer- 
Uten.  Bin  Brechmittel  im  Anfange  der  Krankheit,  leichte 
llUende  Abführungen  während  derselben  gereicht,  dndl 
von  entschiedenem  Nutzen  auf  den  Verlauf  der  Krankheit 
ond  wirken  gewifs  nicht  störend  ein.  Während  man  Yon 
der  negativen  Behandlungsart  das  nicht  immer  sagen  kanq. 
—  Kin  dreijähriger,  blonder,  lebhafter,  gesunder  Knabe 
wurde  in  den  letzten  Tagen  des  März  1839  vom  Schar- 
lach befallen*,  das  Exanthem  machte  seinen  ri6htigeo 
Yeriauf  und  aufscr  einer  kühlenden  Diät  war  nichts  ver- 
ordnet worden.  Als  am  8.  April  meine  Zuziehung  zur 
Behandlung  verlangt  wurde,  fand  ich  den  kleinen  Kran- 
ken sehr  erregt  und  unruhig;  mit  einem  Puls  von  119 
Schlägen;  trockner,  spröder  Haut,  trühglänzenden  Aogen, 
starker  Hitze  im  ganzen  Körper  >  besonders  im  Kopfe  und 
der  Regio  epigastrica.  Diese,  wie  der  Leib  überhaupt,  war 
leicht  aufgetrieben  und  beim  tiefen  Befühlen  sdimerzhalt 
Die  Zunge  war  belegt,  ihre  Ränder,  wie  die  brennenden 
Lippen  aber  hochroth.  Seit  dem  7ten  war  keine  Oeffnnng 
ertolgt.  Der  Urin  war  übelriechend  und  dunkel.  Es  wurde 
nun  zuerst  ein  eröffnendes  Klystier  applidrt«  Auf  die 
sdimerzhafte  Stelle  des  Unterleibes  Blutegel  gesetzt  und 
dorob  warme  Ueberscbläge  die  Nachblutung  befördert,  in- 
nerlich die  Aqua  oxymuriatica  verordnet.  So  minderte 
sich  schon  in  den  ersten  Tagen  das  Fieber,  der  Kopf 
wurde  frei,  die  Haut  feucht.    Die  Absohuppung  verfolgte^ 

Journ.XCIlI.B.St.2.  I 


:  * 


-     1»    - 

ibroii  Dormalen  Gang,  und  die   Krankheit   endete  oboe 
loffitigte  Zafälie. 


3. 

MonatUther  Beriefa 
über      . 
dihOf^mmdheiUxutimid,  ChhmienundTodeißtkwmBmilk» 

Blitgetheih 

inU  ifiM  AÜm  derHwfOand: med.  chkvrg.  OmtUadmft. 
HÜ  der  dax/it  pehOrig^  ftUterungs  *  idbdk* 


Mama   dügueU 

■'■■  *      '  -■  ■  .  :      .       ■ 

üilber  die  Wittenuig^  verweisen  wir  auf  de  bidfMgtiB  TirfÜi 


Ss  irorden  gdlxyreti:    S9p  Knaben, 

497  Mäddien, 

1027  Kinder. 

Ee  Marben:    214  männlichen, 

181  weiblichen  Geachlechts  ober» 
ond  491  Kinder  anter  10  Jahren. 

886  Personen. 

Mehr  geboren  l4l. 

Im  Aogait  des  vorigen  Jahres  worden 

geboren:    395  Knaben, 
592  Mädchen, 

787  Kinder. 

Es  itätbeo:    150  mannlichen, 

117  weiblichen  GeschlechU  ober, 
ond  465  Kinder  onter  10  Jibreii. 

722  Personen. 

Mehr  geboren  65« 


■■  Tidahib  >«■  MoMi  AatHt  nct|w  Uns  ntaM 
Ml  äagm  fiMa  Jikw  MO  md»  siboR«,  nU  itMtea 


KMb  ^MT  Ueba  &  gMbiMsba  KiukbeUoi  die 
huiM*iipJf      DK«kSBe,  ■üudobMErtmdw«,  biaOf 


4«  «tdb«  wwdca,  ddicr  dUodret  «»d  wf  dwMlAate 


«ycciall« 

Krmntkiit 

e«. 

'z-.* 

Kind«. 

" 

i% 

si 

1 

1 

1 

i 

«^ 

irlÄSSn.Ä't^'Sir'e..™; 

.1 

« 

iä 

i* 

tKÜis  nd  Wl  e>lM«B 

Äi^a?-.   : 

^ 

;^ 

n  PJi 


H«lienliim3ane 

A^  l^iBiiuliingiäebcr 

Ain  Gnllf^nfieb«.'       .' 
.    Am  Sohlfimfieber 

-  Au  Typtini  Hbdominslu. 
Am  WM!«plHpber.     . 

'  Au  KiiKlbeltf.ebEF    . 
Au  ubicfar^nden  Fieb«. 
"iU  der  I,ongeD.ch-wimlsD 
An  der-  JinlsieJi'windiuch' 
An  (1er  DnUrlEiblBohKiiiiu 
An  ij<!t  UaruisdiH'Iailsiiolit 
An  HTdroM. 
An  Brdroflioru, 
Ab  B^dropi  perieardÜ, 


Au  Blulb[«ah«u 
Au  Sdilig-  und  Stickfli 
An  du  Tranluudil. 
An  orgouiKitien  Felilern 
An  KBOsbcDCDiobirüKn. 
Am  Kttbt  ^     ,        . 
An  Bnnd.         .      , 
An  BnokeDBUtktdRrre 

An  &?i.-rM"tÄ 
Ilürcli'selblhSoJd  ■"? 
An  nicht  bPniHuKen  Rrm 
Dutcb  Ungldcktfille 


^1 


Ui  ^■ 


C.  W.  Hufeland^s 


Journal 

der 


ractischen   Heilkunde. 


Forigeteiit 

* 

Dr.  E.  Osann, 

Geb.  Med.  Ratb,  ordentl«  Profeieor  der  Medida  an  der 
Tenrität  ond  der  med.  chimrg.  Aoademie  für  du  MUitair 
lerlin,  Direotor  desK.PoliUin.Inititnta,  Ritter  dee  rotfaen 
er -Ordern  dritter  Kluie  mit  der  Sebleife  und  Mitglied 
mehrerer  gelehrten  Geiellf  ehaften. 


fShrau,  Freund,  ifl  dlU  1%tari§, 
Doch  gr^  des  Lebem  goJdmr  Bamn. 

Qöihi. 

» 

IIL  Stflck.    September. 


B  e  r  M  n. 

Gedruckt  and  Teilegt  bei  6.  Bei  mar« 


-   •  ■•  I.  .- 


,'   *. 


r   i 


r  !•  I-.' 


I. 

Zur 

Geschichte    der    Krankheiten, 

welche 

Bich  von  den  Thieren  auf  den  Menschen 
überpflanzen  lassen. 

Von 

Dr.  Bernhard  Ritter, 

prakt  Arzte  zn  Rottenbarg  am  Neckar^  im  Königrdeh 

Wörtemberg. 


Wenn  es  gleich  als  allgemein  leitendes Prin- 
lip  für  die  getanunten  Naturwissenschaften  an- 
saericennen  ist,  daiSst  wir,  entsprechend  dem 
EntwickeluDgsgange  der  Natur  selbst,  überall 
Boerst  das  Niedere,  Einfachere,  Unvollendete 
betrachten,  und  von  diesem  sofort  zu  demHd- 
hem.  Zusammengesetztem  und  Vollkommenem 
Ibrtscbreiten  müssen,  wenn  wir  einen  bin- 
denden Zusammenhang  in  unser  Wissen  brin- 
E  wollten;  so  erlaubte  sich  doch  die  Arznei- 
de  seither  eine  mehr  oder  wemger  aufTal- 
leiide  Ausnahme  von  diesem  allgemein  aner- 
kannten Grandsatze,  obgleich  sie  einen  Tbeil 
der  NaUnrwissensdiaften  sich  einverleibt   hat 

A« 


—      4      — 

Dio  Arzncikuiide  hat  zwar  neuerer  Zeitbegmi-r 
nen,  diesen  natärlichen  Entwickelungßgang  mehr 
in  sich  aufzunehmen,  in  sofern  sie  die  verglei- 
chende Anatomie  als  integrirenden  Theil  sidi 
einverleibte  und  zur  Grundlage  der  menschli- 
chen Physiologie  benutzte;  allein'  die'  Sache 
wurde  zu  einseitig  aufgefafst  und  dadurch 
schwankend  zum  Ziele  geführt,  dalis  sie  dio 
Veterinärkunde  nicht  mit  in  ihren  Bereich  auf- 
nahm, und  auf  die  vergleichende  Physiologie 
keine  vergleichende  Pathologie  stützte ,  sondern 
dieses  bindende  Mittelglied  —  die  Betrachtung 
der  Thiere  im  kranken  Zustande  —  gänzKcta 
umgehend,  sogleich  den  kühnen  Sprang  auf  den 
erkrankten  Menschen  machte  und  unter  diesen 
Verhältnissen  die  Gesetze  des  kranken  Lebens 
im  zusammengesetztesten  Organismus  er&ssen 
wollte,  ohne  dieselben  in  ihrer  einfachen Fonoi 
jmd  Gestalt  —  bei  den  Thieren  zuvor  kennen 
gelernt  zu  haben. 

im  Thiere  erblicken  wir  den  Gang  des  er- 
krankten Lebens  in  seiner  reinsten,  ungetrüb- 
testen Gestalt^  die  Natur  gibt  dem  genauen 
Beobachter,  durch  streng  markirte  Zeichen,  die 
Art  der  erlittenen  Ausgleituug  von  der  norma- 
len Bahn  getreu  zu  erkennen,  und  gibt  ihm  so 
einen  sichern  Schlüssel  zur  Eröffnung  ihrer  ge- 
heimniisvollen  Sprache  und  verschlungenen  Wege 
in  die  Hand,  welcher  stets  zum  verläfsigen 
Leitfaden  dienen  kann;  während  beim  erkrank- 
ten Menschen  Erziehung,  Bildung,  Verzärte- 
lung, Verstellung,  Schamhaftigkeit,  Aufreizung, 
Eigensinn,  Furcht,  Angst  und  eine  grofse  Reihe 
anderweitiger  Verhältnisse  die  klare  Sache  stets 
in  gröfseres  oder  geringes  Dunkel  zu  hallen 
und  so  die  läutern  Ausdrücke  der  Natur  soni 
schaöden  Bastardgebilde  umzuwandeln  vermS- 


—      5      — 

gen.    Aliein  auch  abgesehen  hiervon ,  dafs  die 
Aizneikunde  durch  Ausschliefsung  der  Veteri- 
narkoDde    in   formeller  Beziehung  eine    bedeu- 
tende Lücke  in  ihrem  Entwickelungsgauge  er- 
leidet, 80  err^'ächst  hieraus  für  sie ,  auch  in  ma- 
terieller Beziehung,  der  nicht  minder  bedeutende 
Nachtbeil,  dafs  ihr,  bei  diesem  Stande  der  Sache, 
die  Objecto  zu  unbedingten  Versuchen  mit  dem 
kranken  Leben  mangeln,  und  sie  so  ein  wich- 
tiges Mittel  zum  Zwecke  entbehren  muls,  wel- 
chem sie   ohne  Zweifel  manche  Aufklärung  zu 
verdanken   hätte.     Die    Veterinävkunde    leistet 
somit  der  menschlichen  Pathologie  und  Thera«^ 

E ebendenselben  Vorschub,  welchen  die  mensch- 
le  Physiologie  der  vergleichenden  Anatomie 
sa  verdanken  hat,  und  dieses  durfte  genügen, 
den  Werth  dieser  vom  ärztlichen  Stande  so. 
verlassenen  Doctrin  nach  Gebühr  zu  gründen  und 
vielleicht  Männer,  mit  den  erforderlichen  Kennt- 
nissen ausgerüstet,  auffordern,  diesen  verlasse- 
nen Zweig  zu  ergreifen  und  ihn  dem  Mutter- 
stamme wieder  einzupfropfen,  um  so  ein  enge- 
res Band  um  sämmtliche  Theile  der  Arznei- 
konde  zu  ziehen,  welche,  zu  einem  harmoni- 
schen Glänzen  vereinigt,  die  yyGesammtarznei" 
hmde^^  constituireu  würde. 

Gleichwie  bei  der  grofsen  Mannigfaltigkeit 
thierischerOrganismen  eine  auffallende  und  durch- 
greifende Aehnlichkeit  sich  nicht  verkennen 
fiftl,  ebenso  finden  sich  auch  dieselben  Ver- 
hUtnrsse  ausgesprochen  in  den  durch  sie  be- 
dSogten  Lebensformen,   und   dieses  sowohl  im 

J;e8unden ,  als  kranken  Zustande :  denn  auch  bei 
er  gröfsten  Verschiedenheit  blicken  doch  immer 
die  Grundzüge  eines  gemeinsamen  Urbildes  mehr 
oder  weniger  deutlich  hervor.  Nur  Schritt  für 
Schritt  und  gleichsam  »tufeuweise  scheint  die 


-      6      - 

Ni^tur,  hier  wie  dort,  im  gesunden  wie  in 
kranken  Zustande,  von  der  einfocben  Grundr 
gestalt  sich  entfernt  zu  haben,  um  sie  in  ver- 
schlungenem und  bedeutendem  Zügen  wieder 
zu  geben.  Selbst  Organismen  und  Lebenszo« 
Stande,  welche,  im  vollendeten  Zustande ^  aia 
weitesten  von  ebander  entfernt  und  am  ver- 
schiedensten gestaltet  zu  sein  scheinen,  zeigen 
äoch  in  ihrer  Entwickelung  die  grölisten  Aehn« 
lichkeiten,  und  wir  müssen  uns  deshalb  öfteis 
bis  zur  beginnenden  Entstehung  zurückversetzen, 
um  uns  durch  aufsteigende  Vergleichung  über 
diesen  Punkt  gehörigen  Aufschli&  zu  verschaf- 
fen, und  dieses  findet  namentlich  in  jenen  Fat* 
len  Statt,   wo  die  Lebensau&erungen ,  an  eine 

frolse  Zahl  verschiedenartiger  Organe  gebun- 
en,  so  mannichialtigen  Modificationen  onte»- 
worfen  sind>  wie  sich  dieses  beim  Mensdien 
so  allgemein  bewährt.  Die  Veterinärkunde  dient 
somit  auch  von  dieser  Seite  aus  betrachtet, 
wissenschaftlich  betrieben,  in  verwickelten  Fäl- 
len von  Lebenszuständen  zu  einem  sichern 
Schlüssel  für  die  Pathologie  und  Therapie  des 
Menschen. 

Das  thierische  Leben  reagirt,  seinem  We- 
sen nach,  im  Allgemeinen  zwar  auf  gleichartige, 
der  Erscheinung  nach  aber  auf  verschiedene, 
theils  an  individuelle ,  theils  generische  Ver- 
hältnisse gebundene  Weise  auf  die  Aufsenwelt 
zurück,  und  bringt  so  die  verschiedenen  Da- 
seinsformen zu  Stande,  wie  vn\  sie,  im  ge- 
sunden und  kranken  Zustande,  durch  die  ge- 
sammte  Thierreihe  hindurch  erblicken.  Thiere 
und  Menschen  können  daher,  unter  denselben 
Einflüssen,  jede  in  ihrer  Art  ihren  besondem, 
ihnen  von  Natur  aus  einverleibten  Lebenstypus 
entwickeln,   und  je  nachdem  die  äufeern  Ver- 


—      7      — 

hihniflse  ihrer  Organisation  mehr  oder  weniger 
eotiprechen^  sich  als  gesund  oder  krank  be- 
wihreB.    Die  Krankheiten  der  Thiere  haben  so- 
mit mit  den  Krankheiten  des  Menschen  einen 
gemeinsamen  Entstehuugsgrund  in  den  Einflüs* 
seil  der  Auüsienwelt^    £iher    wir  nicht   selten 
Epidemieen  und  Epizootien  gleichaieitig,    oder 
aacheinander  auftreten  sehen.    Dagegen  gibt  es 
aber  wieder  eine  gewisse   Reihe  von  Krank- 
heiten, welche  im  thierischen  Organismus  selbst 
»machst  ihren  Grund  haben,  in  sofern  dieser 
ein  eigcnthümliches   Product  erzeugt,   welches 
die  Evolution  des  Lebens  so  in  sich  aufgenom- 
mm  hat,   dals  es  gleichwie  dieses  von  einem 
gewissen  Punkte  ausgeht,  sich  entwickelt,  fort- 
pflanst  und  individuell  zwar  stirbt,  aber  insei- 
nea  Nachkommen  längere   oder  kürzere   Zeit 
fortlebt,  und  dieses  sind  die  Ansteckungsstoffe 
—  ContagUny   welche  sich  von  einem  Indivi« 
dmuB  auf  das  andere  übertragen  lassen,  und 
ihr. Lieben  parasitisch  auf  Kosten  fremden  Le- 
bens  führen.     Diese  Contagien  bewähren  sich 
aomit  gleichsam   als   eine  unsichtbare  organi- 
sche Welt,   welche  als  Parasit  auf  die  sicht- 
biren  Organismen  eingepfropft  sind.    Wenn  da- 
her von  einer  Uebertragung  einer  Krankheit  von 
einem  Individuum  auf  das  andere,  oder  von  ei- 
■er  Gattung  auf  die  andere    im   engem  Smne 
des  Wortes  die  Rede  ist,  so  kann  diese  nur 
dnich  Ansteckungsstoffe  bewirkt  werden;  denn 
hei  der  Uebertragung  setzt  das  eine  Individuum 
Bestimmungen  in  dem  andern,  durch  die  Ver- 
■Mlldung  eines  Produktes,  welches  es  in  sich 
fliaMgt  hat. 

Der  ProceCs  der   Ansteckung   gleicht,    in 

gewissen  Beziehung,  dem  Zeugungsacte  — 

Contagium  bildet  d^  männliebe  Principe  der 


—     8      ~ 

inficirte  Organismns  dagegen  den  weiblichen  Bo-* 
den,  welcher  jenem  ganz  eigene  Richtogen 
zu  Entwickelungsvorgängen  mittheilt.  Jen^ 
das  rontagiöse  Gift  auf  Organisationen  tiifl^ 
welche  ihm  entsprechen ,  desto  mehr  erhalt  es 
sich  in  seiner  eigenthämlichen  Qualität;  hinge- 

Jen  verwandelt  es  sich  in  lauter  Baeftardpro- 
uctionen,  wenn  es  auf  Individuen  fällt,  deren 
Constitution  seiner  Entwickelung  nicht  gunstig 
ist,  oder  die  unter  eigenen  AufseüverhältnisseD 
leben.    Der  Ansteckungqirocels  setzt  daher  eine 
gewisse  Receptivität ,  d.  h.  eine  besondere  Em- 
pfänglichkeit for  das  Contagium  voraus,  die  er 
Wurzel   schlagen  und   ins  Entstehen  gerufen 
werden  kann.     Diese   Receptivität  bildet  den 
innem  oder  subjectiven  y    das  Contagium  dage» 
gen  den  aufserh  oder  ohjectiven  Grund  der  An- 
stellung.  Jedes  dieser  beiden  Verhältnisse  mob 
in  dem  Wirkungskreise  des  andern  liegen,  wenn 
das  Product  derselben  —  die  Ansteckung  — 
auftauchen  soll.    Da  aber  diese  Receptivität  so 
verschiedenartig,    als  die  Individuen   und  ihre 
N wechselnden  Zustände  sind,  und  auch  die  Coj)- 
tagien  sich  in  einer  weiten  Sphäre  darbieten^ 
so  ergiebt  sich  hieraus  die  greise  Mannichfal- 
tigkeit  der  organischen  Evolutionen  und  der  mit 
ihnen  in  Verbindung  stehenden  Lebenszustände 
einerseits,   und  die  grofse  Mannigfaltigkeit  des 
Erkrankens,  als  Wirkung  der  contagiösen  Mo- 
mente, andererseits.    Diese  beiden  Verhältnisse 

I  müssen  sich  von  Moment  zu  Moment,  der  Zeit 

und  dem  Räume ,  der  Intensität  und  der  Exten- 
sität nach,  proportional  bestimmen,  wenn  An- 

f  steckung  im  wahren  Sinne  des  Wortes  über- 

haupt Statt  finden  soll. 

Nicht  jede  organische  Spezies  ist  aber  fä- 
hig, jeden  Anstec^ungsstoff  aufzunehmen ;  die 


_    9    - 

menschliche  ist  jedoch  fiar  die  meisten  mehr 
oder  weniger  empf&nglich^  und  anch  von  dieser 
Seite  aus  bew&hrt  sich  der  menschliche  Orga- 
nismus als  ein  Aggregat  mehrerer,  in  der  Na- 
tur allgemein  verbreiteter  Individuen,  oder  meh- 
rerer besonderer  Leben  su  einem  gemeinsamen 
grofiien  Le)bensproceIk    Indessen  gibt  es  doch 
ganze  Familien  und  einzelne  Individuen ,  wel- 
ehe  für  gewisse  Ansteckungsstoife  g&nzlich  un- 
empfänglich sind,  und  letztere  sind  es  wiederum 
oft  nur  zu  gewissen  Zeiten,  in  bestimmten  Le- 
bensaltem und  unter  besondem  Verhältnissen. 
Auch  ist  nicht  jedes  Organ  fähig,  einen  An- 
•leckungsstofF  auizunehmen,  und  daher  kommt 
es  auch,  daft  jede,  durch  Ansteckung  hervor- 
gebrachte  Krankheit  in  eigenen  Organen,   oft  * 
mit  besonderer  Vorliebe  ihren  Heerd  aufeuschla- 
gen  pflegt,  von  wo  aus  sie  sodann  die  Reaction 
entweder  auf  einmal  über  den  ganzen  Körper 
verbreitet,    oder  der  Ansteckungsprocels  sich 
nur  nach  und  nach  über  die  verschiedenen  Or- 
gane ausbreitet.    Dort  wird  die  Krankheit  all- 
gemein und  mit  Fieber  verbunden,  hört  aber  auch 
auf  einmal  und  zu  bestimmter  Zeit  auf,  und 
dieses  ist  namentlich  der  Fall,  wenn  das  Con- 
tagium  unmittelbar  auf  das  Organ  wirkt,  zu 
welchem  es  besondere  Beziehung  hat;  hier  da- 
gegen dauert  die  Krankheit,  ohne  allgemeine 
Reaction,  eine  unbestimmte  Zeitlang  fort,  was 
namentlich  dann  Statt  findet,  wenn  das  Conta- 
gium  seine  Wirkung  auf  ein,  'für  die  eigen- 
thümliche  Krankheit  nicht  empfängliches  Organ 
wirft,  in  welchem  Falle  es  zuerst  eine  andere 
Krankheitsform   erregt,  die  sich   erst  allmählig 
zu  dem  empfänglichen  Organe  fortpflanzt  und 
.  hier  erst  die  oigenthümliche  Krankheit  Hervor- 
bringt.   Die  Contagien  wirken  somit  als  ent- 


—     10     — 

fernte  Ursachen,  und  erregen  als  solche,  einen 
ahnormen  Lebensprocels ,  der  entweder  aknl 
oder  chronisch,  örtlich  oder  allgemein  ist.  bMH 
besondere  sind  es  die  Schleimhäute  und  daH 
MalpighisQhe  Schleimnetz,  welche  aur  AufiiahBie 
der  Contagien  vorzugsweise  geeignet, sind. 

Aus  der  seitherigen  allgemeinen  Darstel- 
huig  dürfte  sich  nun  zur  Genäge  ergeben  haben: 

1)  dafs  der  Mensch  nicht  nur  für  Ccj^Q" 
gun  seiner  SpecieSj  sondern  Qüch  für  Aristek^ 
kungsstoffe  empfänglich  sei,  welche  sich  ursprüi^» 
lieh  in  andern  Thiergeschlechtern  entwickeln^ 

2)  dafs  es  ausschlief sungsweise  nur  conta^ 
giose  Krankheiten  sein  können ,  welche  siüh  vom 
Thieren  auf  den  Menschen  im  Wahren  Sc/tne 
des  Wortes  übertragen  lassen*^ 

3)  dafs  die  übertragbaren  Krankheiten  stets 
einen  y  der  menschlichen  Organisation  enispre^ 
chenden  Typus  an  sich  tragen  und  wenn  auch 
ihrem  Wesen  nach  gleich  y  doch  formelle  Ver^ 
schiedenheiten  zeigen ; 

4)  dafs  die  übertragbaren  Krankheiten,  je 
nach  Umständen,  bald  mit  allgemeiner  Reaction 
—  Fieber  verbunden  sind,  bald  nicht 'j  bald  «'* 
nen  acuten  y  bald  chronischen  Verlauf  nehmen^ 
und  endlich  sich  bald  als  allgemein ,  bald  als 
örtlich  bewähren; 

5)  dafs  wir  in  den  Schleimhäuten  und  dem 
Malpighischen  Schleimnetze  vorzugsweise  den  pn« 
mären  Sitz  der  übertragenen  Krankheiten  zu  ««- 
chen  haben. 

Wenn  es  nun  im  Allgemeinen  iiir  die  Wis- 
senschaft von  grofsem  Belange  ist,  die  ver- 
gleichende Pathologie  überhaupt  zu  kultiviren, 
in  sofern  man  bei  andern  Disciplinen  der  Arz- 
neikunde aus  der  Verglcichung  der  Vorgange 
bei  den  Thieren  mit  jenen  des  Menschen  eine 


—    11    — 

grolse  VervollkommDung  orlangt  hat;  so  durfte 
dieses  nicht  minder  der  Fall  sein  bei  der  spe- 
ciellen  Erörterung  der  Frage :  j^welche'  Krank'- 
heiitn  lassen  sich  von  den  Thieren  ai^  den 
Menschen  übertragen i'*  su  weleher  \virnununi 
so  eher  den  Uebergang  machen  wollen,  als  wir 
diesen  Stoif  zum  besondern  Gegenstand  unse- 
rer Abhandlung  gewählt  haben. 

Dafs  sich    einige   Krankheiten  unter   be- 
stimmton   Verhältnissen    urspränglich   nur   bei 
Thieren  entwickeln^  einmal  entwickelt  sich  aber 
auch  auf   den   Menschen  überpflanzen,    dürfte 
sich  als  eine  schon  alte  Erfahrung  bew&hreni 
in  sofern  sich  die  Geschichte   dieser  Angele- 
genheit  weit  hinauf  ins  graue  Alterthum  er- 
streckt.   Schon  Homer  gedenkt  in  seiner  Uiade 
einer  sehr  verheerenden  Seuche,  welche  wäh- 
rend der  trojanischen  Belagerung  fast  alle  Thier- 
Sittungen  befiel  und  zuletzt  selbst  auch  den 
enschen  ergriiT.  Später  gedenkt  Pluiarohy  daGl 
unter  Romuhis  Hegieruug  eine  höchst  verderb- 
liche Seuche  unter  Thieren  und  Menschen  ge- 
herrscht habe.     Ferner  beschreibt  Ovid  in  sei- 
nen Metamorphosen  eine  Pest,  welche  beinahe 
alle  Menschen  und  Thiere  auf  der  Insel  Aegina 
hinwegrafTte.     Ebenso   erwähnt  Dionysius  von 
Halicarnassus  einer  Seuche,  welche  zuerst  Pferde 
und  Ilindvieh  befiel,  hernach  aber  auch  andere 
Thiere  und   endlich  selbst  Menschen  hinweg- 
rafllte.    Auch  meldet  Livius  von  einer  Seuche, 
welche  sehr  verheerend  gewesen ,  dafs  sie  dem 
Menschen  von  den  Thieren  mitgetheilt  worden 
sei.     Silius  Italicus  gibt  Nachricht  von  einer 
pestartigen  Seuche,  welche  mehrere  Thierge- 
schlechter  und  zuletzt  auch  den  Menschen  er- 
griflen  habe.    Auch  Herodoty  Tacitus  und  Sue^ 
ionius  geben  Nachrichten  von  sehr  verderUi- 


—    1»   — 

eben  Viehseuchen^  welche  endlich  auch  Sfen* 
sehen  ergriffen  haben.  Die  Hondswuth  und  Kar- 
bunkelkutnkheit  nicht  einmal  zu  erwähnen,  de- 
ren Geschichte  sich  noch  weit  höher  lunaof 
in  längst  verklungeno  Zeiten  zieht.  Dessen 
ungeachtet  blieb  es  aber  dennoch  erst  der  neuem 
Zeit  vorbehalten,  in  diesem  noch  dunkeln  Felde* 
strahlendes  Licht  zu  verbreiten  und  durch  au- 
thentische Beobachtungen  nachzuweisen,  wel- 
che Krankheiten  sich  von  den  Thieren  auf  den 
Menschen  speciell  übertragen  lassen. 

Unter  den  Krankheiten  unserer  Hausthiere, 
welche  sich  durch  ein  besonderes  Miasma  an- 
dern Individuen  mittheilen,  ist  bis  jetzt,  meines 
Wissens,  noch  keine  auf  den  Menschen  über- 
gegangen', und  selbst  von  den  eigentlichen  con- 
tagiösen  Leiden  sind  es  nur  einzelne,  welche 
sich,  unter  hiezu  gunstigen  Umständen,  dem 
Menschen  mittheilen«  Nach  den  seitherigen  Be- 
obachtungen in  verschiedenen  Ländern  gehö- 
ren unter  die  letztere  Kategorie  folgende  Krauk- 
beitsformen:  Wuth^  Kuhpocke,  Mauke  ^  RoiZy 
Wurm,,  Jiäudey  Flechten ^  Maul'^  und  Klauen*' 
Seuche,  Karbunkelkrankheit ^  Hundestaupe  und 
Dasselbeulen, 

Werfen  wir  nun  einen  vergleichenden  Ue- 
berblick  auf  die  hier  aufgeführten  Krankheiten, 
und  richten  wir  unser  besonderes  Augenmerk 
auf  ihre  Natur  und  ihr  gegenseitiges  Verhält- 
nifs  zu  einander,  so  finden  wir,  dafs  es  theils 
Krankheitszustände  sind,  welche  sich  nur  bei 
gewissen  Thiergeschlechtern  ausschliefiBungs- 
weise  zu  entwickeln  vermögen,  wie  der  Rotz 
und  Wurm  bei  den  Einhufern,  die  Wuth  und 
gewissermafsen  auch  die  Staupe  beim  Hunds- 
geschlechte,    und    die   Klauenseuche    bei   den 


—     13     — 

« 

Wiederkäuern,,  theils  Krankheiten;  welche  in 
verschiedenen  Thiergeschleohtem  Analoga  bil- 
den,  wie  die  Knhpocken  einerseits  und  die 
Pferdemauke  andererseits,  und  endlich  theils 
Krankheiten ,  welche  sich  über  mehrere  Thier- 

Seschlechter  verbreitet  finden,  als  da  sind:  die 
L&ude,  die  Karbunkelkrankheit,  die  Flechten, 
die  Maulseuche  und  die  Passelbeulen,  und  wir 
erhielten  somit  folgendes  Schema,  welches  wir , 
hier  zu  Grunde  legen  wollen: 

/•  Krankheiten  y  deren  ursprüngliche  EnU 
Wickelung  an  eine  bestimmte  Organisation  aus»* 
schlief  stich  gebunden  ist:  1)  RotZf  2)  Wurm^ 
3)Hundswuthy  4:)  Hundestaupe^  b)  Klauenseuche» 

IL    Krankheiten^    welche   in  verschiedenen^ 
Thiergeschlechtern  Analoga  darstellen:  1)  Kuh* 
Specken  y  2)  Pferdemauke. 

HL  Krankheiten  y  welche  mehrem  Thierge* 
schlechUern  gemeinschaftlich  zukommen:  1)  ÜCor- 
bunkelkrankheity  2)  Räude^  3)  Flechten^  4)  Maul-^ 
Seuche^  5)  Dasselbeulen. 

Wir  wollen  nun  jede  dieser  Krankheiten 
einer  speciellen  Erörterung  würdigen,  und  von  * 
ihnen,  in  der  hier  bezeichneten  Itoihenfolge,  in 
gedrängter  Kürze  die  wichtigsten  Momente  her- 
vorheben. 


/•   Krankheiten  y  derßn  ursprüngliche  Entwicke^ 
lung  an  eine  bestimmte  Organisation  ausschli^s* 

lieh  gebunden  ist. 

Wir  können ,  von  der  rein  empirischen  Seite 
aus  betrachtet,  durch  die  gesammto  Natur  uns 
keine  Kraft  ohne  Materie,  und  keine  Materlb 


—     14     — 

ohne  Kraft  denken ,  sondern  diese  beiden  Mo- 
mente scheinen,  bei  aUem  schaffenden  Walten 
in  allen  Räumen  des  Alls ,  stets  bedingend  und 
modificirend  auf  einander  einzuwirken,  und  so 
Torschiedene  Wirkungen  und  Daseinsformen  ins 
Entstehen  zu  rufen.  So  im  Allgemeinen,  wie 
im  Besondem.  Allein  nicht  alle  Kräfte  gehen 
mit  allen  Materien  diese  gegenseitigen  Bedin- 
gungen ein,  sondern  manchmal  wird  eine  ge- 
wisse Auswahl  bei  diesem  Vorgange  beobach- 
tet, und  so  bei  äbrigens  gleichen  Umständen, 
bei  verschiedene^  Materien  verschiedene  Thä- 
tigkeitsäu&erungen  hervorgerufen,  entsprechend 
dra  gerade  bestehenden,  vorherrschenden  gegen- 
seitigen Beziehungen«  Aus  diesen  Verhältnis- 
sen erklärt  es  sich  nun,  dafs  bei  dem  Einwir- 
ken der  nämlichen  Einflüsse  auf  Thiere  ver- 
schiedener Gattungen  nur  bei  einzelnen  der  letz- 
tem ein  vom  Normal  abweichender  Lebenspro- 
cels  angeregt  wird,  während  Thiere  anderer 
Gattungen  unbeschädigt  durchkommen,  wie  wir 
dieses  augenfällig  bei  der  hier  zu  erörternden 
Krankheitsreihe  beobachten  können*  Wenn 
aber  die  ursprüngliche  Kraft,  durch  die  Verei- 
nigung mit  der  Materie  —  dem  Organismus, 
Trübungen  und  Modificationen  erlitten  hat,  und 
unter  diesen  Einflüssen  mehr  assimilirt  worden 
ist,  so  vermag  sie,  in  dieser  erneuerten  Ge« 
stalt  mit  anderweitigen  Materien  Verbindungen 
einzugehen  und  entsprechende  Wirkungen  her- 
vorzurufen, wie  wir  dieses  namentlich  bei 
der  ursprünglichen  Entwickelung  und  spätem 
Mittheilung  contagiöser  Krankheiten  beobach- 
ten können,  wobei  jedes  Genus  seine  eigen- 
thämlichen  Gesetze  befolgt,  wie  dieses  beson- 
ders bei  der  hier  zu  erörternden  Krankheitsreihe 
sich  bekundet. 


—     16     — 

1.  Ratz. 

Ob  der  Rots  sich  boim  Pfordcgeschleebto 
nicht  früher  eotwickelt  habo^  als  bis  dasselbe 
ven  seinem  ursprünglichen  Mutterlande  entfuhrt 
und  unter  ganz  andere  Ilimmelsstriehe  versetst 
wurde 9  wie  RicJuird  Fintj  *)y  als  wahrschein- 
lich vermuthet  •  kann  bis  jetzt  mit  Bestimmtheit 
nicht  entschieden  werden.  Verhalte  sieh  aber 
die  Sache  wie  sie  wolle ,  soviel  ist  doch  zur 
unumstSfslichen  Gewifsheit  erhoben^  daüs  der 
Rotz  schon  als  eine  uralte  Krankheit  in  dem 
Buche  der  Gcschichie  erscheint  Wir  finden 
den  Rotz  C/idXio)  schon  in  den  pseudohippokra» 
tischen  Schriften  unter  den  Krankheiten  des 
Pferdegeschlechtes  aufgeführty  und  daselbst  schon 
die  Versicherung  ausgesprochen^  dals  er,  ein- 
mal ausgebildet  9  unheilbar  sei.  Audi  erw&hnt 
AristoUUs  dieser  Krankheit  als  der  einzi£on^ 
welche  den  Esel  befallen  soll.  Nur  wenig  Ge- 
nügendes finden  wir  dagegen  bei  den  frühesten 
lateinischen  Autoren ,  bis  zum  vierten  Jahrhunr 
dort  nach  Christus ,  wo  Vegetius  ^  uns  diese 
Krankheit  unler  dem  Namen  ^^malUus  humidus" 
wieder  beschreibt  und  zugleich  auch  erwähnt^ 
dato  sie  von  den  Alten  yjprqfluvium  atiioynC* 
genannt  worden  sei.  In  spätem  Jahrhunderten 
wurde  der  Rotz  vielfaltig  zum  Gegenstande  be- 
sonderer Versuche  und  Untersuchungen  gewählt^ 
deren  Resultate  in  bald  gröfisern^  bald  kleinem 
Blonographieen  und  Abhandlungen  niedergelegt 
wurden«  Längere  Zeit  wurde  aber  dessenun- 
geachtet übersehen,  dafs  diese  Krankheit  sich 
vom  Pferdegeschledite  auf  den  Menschen  über- 

*)  A  practical  trcatiie  on  Glaoderi  and  Farcy  in  tlie 
Hone.  London  1830.  Im  Deuticbo  Cberietzt  Yon 
WagmfeUU  Danzig  1833.  Kinleitang  8.  XXIII. 

')  An  yeterloaria.  Lib.  I.  Cap.  3. 


•-     16     — 

I 

tragen  lasse.  Oslander  i)  scheint  der  Erste 
gewesen  zu  sein^  welcher  im  Jahre  1803  einen 
Fall  aufführt  9  wo  eine  diesfallsige  Anstedrang 
vnm  Menschen  durch  Pferde  Statt  fand.  Im 
Jahre  1816  deutete  tFaldinger  ')  auf  die  fibeln 
Folgen  der  Ansteckung  von  Menschen  durch 
Rotzeiter  hin^  indem  er  sagt:  ^^Bei  Leichen* 
Cflbun^en  rotziger  und  wurmiger  Pferde  muAi 
man  sich  sehr  hfiten^  bei  einer  Verletzung  Ei- 
ter in  die  Wunde  zu  bringen,  weil  man  die 
traurigsten  Folgen  und  den  Tod  zu  furditea 
hat",  und  seit  dieser  Zeit  wurde  die  Aufinerk- 
samkeit  der  Aerzte  mehr  auf  diesen  Gegenstand 
hingelenkt,  und  mehrere  Fälle  von  Statt  ge- 
fundener Ansteckung  von  Menschen  durch  Pfeide 
in  Deutschland,  Frankreich,  Italien,  Holland^ 
Amerika  u.  a.  Ländern  beobachtet 

Der  Rotz  bewährt  sich ,  in  genetischer  Be- 
ziehung, als  eine  besondere  Krankheitsform, 
welche  zu  der  Organisation  des  Pferdegeschlech- 
tes in  sofern  in  einer  engern  Beziehung  zu 
stehen  scheint,  als  derselbe,  nach  den  seit* 
hörigen  Erfahrungen,  sich  ausschliefslich  nur 
bei  den  Einhufern  ursprünglich  zu  entwickeln, 
einmal  entstanden  aber  auch  auf  andere  Thiere^ 
z.  B.  den  Hund,  das  Schaf  und  das  Rind,  und 
unter  Umständen  selbst  auch  auf  den  Menschen 
sich  fiberzupflanzen  vermag.  Nach  Breschefs 
und  Rayer's  Bericht  vom  10.  Febr.  1840  an  die 
Akademie  der  Wissenschaften,  soll  sich  diese 
Krankheit  der  Ziege  und  dem  Schafe  leicht 
einimpfen  lassen,  und  dieses  soll  auch  bei  ei- 
nem Fleischfresser  —  dem  Hunde  der  Fall  sein, 
welcher  jedoch,  wie  es  scheint,  ohne  angestedEt 

^)  Abhandlung  aber  die  Kabpocken.  1803« 
>)  Wabrnebmoogen  an  Pferden.  Zweite  Auf!«  Wieo  ISIO* 
S.  95. 


—     17     — 

so  werden  I  sieh  in  StUIen  aufhalten  kann^  wo 
lieh  rotskranke  Pferde  befinden.  Beim  Men« 
leben  ist  die  spontane  Entwiekelung  dieser 
bukheit  noeh  nie  beobaehtet^  die  Mflglichkeil 
lievon  jedoeh  neoerer  Zeit  von  Magendw  in 
(einer  Erwiderung  auf  den  von  Br§$chet  und 
Rayer  ^emaehton  Berieht  in  Anregung  p;ebraeht| 
Jbex  keineswegs  auf  eine  bündige  Weise  dureb 
nthentisehe  Beobaohtungen  erwiesen  worden, 
ndessen  kann  diese  Krankheit  beim  Mensehen 
lieht  nur  dureh  suf&llige  EinimpAing  in  eine 
rande  Stelle^  sondern  höchst  wahrscheinlieh 
neb  dadurch  ins  Entstehen  gerufen  werden, 
Alb  Rotseiter  vom  Pferde  oder  Esel  mit  einer 
loUeimhaut  in  Beriihrunff  kommt,  ja  vielleicht 
elbst  durch  l&ogern  Aufenthalt  in  Stftllen,  wo 
leh  TOtEkranke  Pferde  befinden,  was  jedoch 
oob  nicht  znt  entschiedenen  tiewüsheit  erbe* 
0D  ist  Alle  Individuen,  bei  denen  man,  bis 
)lBt  wenigstens,  den  Hots  beobachtet  hat,  wa- 
»1  entweder  Thierärzte  oder  Stallknechte,  kurs 
eote,  welche  ihr  Beruf  für  gewöhnlich,  odw 
Durch  Gelegenheit  mit  Pferden  in  Berührung 
rächte. 

Obgleich  eine  grofse  Anzahl  von  F&llen 
Milehen,  wo  sich  der  Hots  sowohl  Thieren 
\B  Menschen  mitgetheilt  hat,  so  wurden  doeb 
egen  seino  Ansteckungsf&higkeit  vielfUUg 
iweifol  erhoben.  Nach  Uodinef  dem  jungem, 
;t  das  Rotzcontagium  ein  luftiges  Phantom  «— 
in  leeres  Ilimgespenst ;  Krüger  ^  Hamen  will 
ich  von  dem  Bestände  eines  Rotzcootagiums 
iemals  überzeugt  haben,  auch  Camper ^  Du" 
uy%  Delaguette^  Bourgelai^  Crejpin^  Bouchardf 
ägerj  Bracken  u.  m.  A.  leugnen  die  Ansteck- 
arkeit  dos  Rotzes;  überhaupt  herrscht  unter 
en  französischen  Thier&rzten  die  pöfiite  Zwei- 

Joum.XCIII.Bd.3.8t.  B 


•-     18    - 

fels'icht  über  cVie  Contagiosität  des  Rötz^fUiB 
Vervier  spricht  sich  dahin  aus^  dals  die  Rotsi 
krankheit  öfters  durch  sclbststandige  ErBeogubÄ 
als  durch  Ansteckung  sich  fortpflanze,  welchS 
Ansicht  auch  Colemany  Delabere  y  Blaine  unl 
Dutz  sehr  das  Wort  sprechen.  Morel  leiignel 
«war  die  Möglichkeit  einer  durecten  Fortpflan«^ 
feung  des  Rotzes  nicht ,  behauptet  aber,  dafli 
dieselbe  selten  sei,  indem  ihre  Ursache  nidit 
kräftig  wirke  und  nur  unter  gewissen  Dmat&n^ 
den  eine  merkliche  Stärke  erhalte.  Nach  Bour^ 
ßtlat  zeigt  sich  der  Rotz  bald  contagiös,  baU 
ilieht,  und  Thomas  Smith  scheint  si<m  zu  deiUi 
selben  Ansicht  zu  bekennen.  Dagegen  spro» 
eben  sich  Chahert ^  ^Wolstein j  Vibatg^ 
rardy  Vatel,  Hurtrel  (VArhovalj  Huzard^ 
wnoTij  TscheuUfig,Veiihy  Volpi^  GuiUaume^  Soik' 
heiß  Lauhentl'-'i  Dietrichs,    LehlanCj    der  VeP» 

fasser  u.  m.  A.  entschieden  für  die  Contagio^ 
sität  des  Rotzes  aus.  Nach  Viborg  soll-sor 
wohl  der  Nasenschleim,  als  auch  die  Thräneo^ 
der  Harn ,  der  Speichel ,  der  Schweifis  und  selbal 
das  Blut  mit  dem  Contagium  geschwängert  mka^ 
und  diese  Stofle  sowolü  durch  Einreibung  iä 
die  Nasenschleimhaut  gesunder  Pferde,  als 
auch  durch  Einspritzungen  in  die  Venen  vmdi 
durch  Einstreichen  in  eine  Arisch  verwoadeto 
Hautstellc  Ansteckung  bewirken ;  jedoch  sollet 
rte,  gleich  dein  Rotzeiter,  durch  Einwirining 
der  Wärme  oder  der  freien  Luft  alles  An-* 
Bteckungsvermö^n  verlieren.  Lehlanc  hat  es 
sich  in  neuerer  Zeil  zur  Aufgabe  gemacht,  smi0 
Landsleute  über  ihren  geßihrlichen  Irrthum  in 
dieser  Angelegenheit  au^uklären  und  die  Frage 
über  die  Ansleckungsfähi^keit  dieser  Krankheit 
durch  Versuche  aui'  das  Befriedigendste  zu  lö- 
sen,  deren    Beobachtungen  er  in  seinem  neue- 


—     19     — 


«tan  Werke:  y^Recherciiei  expvnniontales  et 
comparatives  mir  les  efTets  de  rinoculation  «u 
cheval  et  k  Täno  du  pus  et  du  mueua  morveux 
et  d'humeurs  morbides  d'autre  naturo.  A  Paria 
chez  S.  B.  Bailkcre  1839'^  niedergelegt  hat.  Ana 
diMen  mit  gruDdlicher  Umsicht  geführt^)  Vor^ 
suchen  geht  hervor,  AaSs  der  Eiter  und  Schleim, 
welcher  von  rotzigen  und  wurmigen  Thiemi 
auf  gesunde  eingeimpft  wird,  bei  diesen  Fots 
oder  Wurm  erzeugt;  dafs  aber  Impfungen  von 
Bitor  oder  andern  Flüssigkeiten,  welche  nicht 
von  rotzigen  oder  wurmigen  Thieren  kommen, 
wader  Rotz  noch  Wurm  hervorzurufen  im  Stande 

sind. 

Die  Hotzkrankheit  tritt  bei  den  Thieren,  ia 
nach  der  Art  ihrer  Bntwickelung,  dem  Gimde 
ihrer  Ausbildung ,  der  BeschafTeiiheit  ihres  Vep* 
lanfes,  den  vorauagegangenen  und  begleitenden 
Umat&nden ,  der  Constitution  des  befallenen  In- 
dividuums und  nach  ihrer  Er-  und  Intensit&t 
unter  ziemlich  mannichfaltigen  Zufällen  auf.  Da- 
her man  sie  bald  in  gewisse  Stadien  eingetheilt, 
bald  als  acuten,  catarrhalisclien  und  chronischen, 
bald  als  spontanen  und  erworbenen,  bald  als 
gutartigen  und  bösartigen  u.  s.  w.  Rotz  be- 
sehrieben hat ;  —  Unterschiede,  welche  nicht  so- 
wohl der  Art  nach ,  als  vielmehr  der  Succespion 
und  der  hitensität  der  Erscheinungen  nach  be- 
stehen. Der  Rotz,  er  mag  sich  ursprünglich 
entwickelt  haben ,  oder  in  Folge  Statt  gefun- 
dener Ansteckung  zum  Vorschein  gekommen, 
acut  oder  chronisch  sein,  spricht  sich  beim 
Pferde  im  Allgemeinen  durch  folgende  Erschei- 
nungen aus:  Absonderung  einer  wftsaerigen» 
weiben,  später  dicklichen,  gelblichen,  mifiT- 
farbigen  Materie,  aus  emem  oder  beiden  Na- 
senlöchern bei  gleichzeitig  veränderter  Beschaf- 

BS 


-       80     — 

fenheit  der  Nasenschleimhaiit  und  mehr  oder 
weniger  ausgeprägtem  geschwfirigem  Zustand 
dersdben,  AnschweUong  der  Kehlgangn-Dro- 
sen,  auf  einer  oder  beiden  Seiten,  je  nachdem 
der  Nasenausfihifis  Statt  findet  u.  s.  w. 

Wenn  wir  bei  Erwähnung  der  Contagio- 
aität  oder  Nichtcontagiosität  des  Rotzes  unta 
den  Thieren  selbst  auf  eine  groüse  Meinungs- 
verschiedenheit gestolsen  sind,  und  Autoritätiai 
gegen  Autoritäten  einander  gegenüber  stdiend 
gefunden  haben,  so  findet  dieses  in  einem  noch 
hohem  Grade  Statt  bei  der  Frage:  „oft  dUu 
Krankheit  sich  von  den  Einhufern  iOich  auf  dm 
Menschen  übertragen  lasse?*'  da  in  dieser  Be- 
ziehung selbst  Männer,  welche  für  die  Con- 
tagiosität  im  Allgemeinen  sich  aussprediefl^ 
hierin  eine  verneinende  Stimme  abgeben.  Fi» 
borg,  welcher  durch  seine  trefFlichen  Versadie 
an  rotzkranken  Pferden  die  Existenz  eines,  an 
eine  papable  Materie  gebundenen  Rotzgifles 
aufiser  Zweifel  setzte,  stellte  den  festen  Grund- 
satz auf,  dafs  das  Rotzgift  auf  andere  Thiere^ 
aufser  demPferdegeschlechte,  seine  specifisdie 
Wirkung  nicht  mehr  ausübe,  und  T^eith  ^)  spricht 
sich  über  diesenPunct  mit  folgenden  Worten  aus: 
„Das  Rotzcontagium  äulisert  seine  specifische 
Wirkung  lediglich  bei  Thieren  aus  dem  Pfei^ 
degeschlechte ,  und  wirkt  auf  andere  Ham- 
thiere  höchstens  nur  als  thieri^che  Schärfe;  beim 
Menschen  bringt  die  Impfung  der  Rotzmaterie 
(welche  z.  B.  dann  Statt  findet ,  wenn  man  bei 
der  Behandlung  oder  Seclion  kranker  Thiere 
einen  wunden  Finger  damit  verunreinigt,  wenn 
sie,  während  das  Thier  sich  ausschnaubt,  und 
eine  Menge  dieser  Materie  mit  einer  gewissen 

')  Handboch  der  Veterinarkande.  Dritte  Auflage.  Wies 
1831.  Bd.  II.  S.  ^3  ff. 


^     Sl     — 

Gewalt  auswirft  y  ins  Auge  sprit£t  u.  dgl.  m.), 
heftige  EDlzündungen  der  getroffenen   Stelle, 
E.  B.  des  Fingers,  des  Augenliedes  am  innem 
Winkel  etc.  hervori  die  sehr  schmerslicbund  hart- 
Dickig  sind,  benachbarte  Lymphdrüsen,  z.  B. 
der  Achsel,  in  Mitleidenschaft  ziehen  und  den 
arthritischen  Entzündungen  fthneln.    Ein  tigent^ 
Ucher  Uebergang  des  Rotzgiftes  auf  den  Mtn" 
sehen  findet  aber  eben  so  wenig  als  ai{f  andere 
Hausthiere  Statt  y    indem  die  zufUlige  Einim- 
pAmg  doch  nur  ein  drüiches  Leiden  veranlafst" 
Die  ersten  Beobachtungen  Statt  gefunde- 
ner Ansteckung  des  Menschen  durch  rotzkranke 
Thiere  wurden  m  Deutschland  gemacht,  und  seit- 
dem in  diesem  Felde  gangbare  Bahn  gebrochen 
und  die  Aufmerksamkeit  der  Aerzte  auf  diesen 
interessanten  Punct  hingelenkt  wurde,  hat  sich 
eme  ziemliche  Reihe  Uinlicher  Beobachtungen 
anffeh&uft.    Osiander  gebührt,  wie  bereits  er- 
wUint,  die  Ehre,  den  in  Hede  stehenden  Punct 
zuerst  in  Anregung  gebracht  zu  haben;  auf  ihn 
folgte  Waldinger.    In  England  warf  FoW  ^)  die 
Fr^p  auf:  ob  jenes  Rotzgift,  wie  bei  d^  Esel, 
nicht  auch  bei  einem  Menschen,  welchem  es 
durch  Unachtsamkeit,   oder  überhaupt  zufällig 
auf  die  Schleimhaut  der  Nase  gebracht  würde, 
wenn  auch  nicht  die  eigentlifimliche  Rotzkrank- 
heit, doch  wenigstens  ein  modiflcirtes  ähnliches 
Uebel   zu   erzeugen   im   Stande   sein  möchte. 
Diese  ausgesprochene  Vermuthung  erhielt  schon 
sehr  viel  Wahrscheinlichkeit,  als  ein  Jahr  dar- 
auf (1821)  Schilling  «)  in  JBerlin  eine  hiehor  ge- 
hörige Beobachtung  machte.    Ein  34jähriger  Ka- 
nonier  hatte  nämuch,   nach   seinem  Austritte 

1)  Pract.  Rcotmchtnngen  der  gewöbni.  Pferdekrankhei- 
ten. A.  d.  Knglitcben  Oben,  von  ifaUin,  Hannover 
1820..        >)  AMfff«  Magaiin.  1821.  Bd.  XL  S.  480. 


—    w    — 

aus  dem  Militär  die  Stelle  eines  W&rten  an 
der  Thierarzneischulo  erhalten,  w6  seine  tig- 
liehe  Beschäftigung  in  der  Wartung  rotzkran- 
ker Pferde  bestand.  Doch  kaum  hatte  der  stets 
gesunde  und  kräftige  Mann  diesen  Dienst  Ter- 
aehen,  als  er  nach  sechswöchentlichem  Un- 
wohlsein, welches  sich  durch  catarrhalisch- rheu- 
matische Symptome  charakterisirte ,  ohne  anf- 
aulende Verletzung  an  irgend  einer  Stelle  der  KSut^ 
peroberflächC;  an  Rotzsymptomen  erkrankte,  und 
am  ächten  Tage  nach  völligem  Ausbruch  der 
Krankheit  starb. 

Ein  anderer  hieher  gehöriger  Fall  wurde 
von  Dr.  fFei/s  beobachtet  ^),  wo  ein  19jihriger, 
schwächlicher  y  skrophulöser  Pferdewärter^  wel- 
cher mit  stetem  Widerwillen  rotzige  Pferde 
mehrere  Wochen  ununterbrochen  wartete^  an 
Rotzsymptomen  erkrankte  und  unterlag. 

Einen  ähnlichen  Fall  theilt  uns  auch  Dr»  Re- 
mer  ^),  Professor  zu  Breslau,  mit. 

Hr.  Professor  Heriwig  in  Berlin  ^)  erzählt 
uns  die  interessantesten  Beobachtungen  von  der 
Uebertragung  des  Rotzgiftes  von  Pferden  auf 
den  Menschen,  welche  zugleich  auch  eine  na- 
turgemäße Schilderung  des  Krankheitsbildes 
beim  Menschen  liefern,  die  wahrhaft  musterhaft 
genannt  werden  kann.  Diese  Mittheilung  be- 
faist  sich  mit  sieben  ihm  bekannt  gewordenen 
Infectionsfallen ,  deren  er  noch  eine  grölsere 
Anzahl  beobachtet  zu  haben  versichert.  Nach 
Hertwig's  Beobachtungen  scheint  ein  Unter- 
schied in  der  Symptomenreihe  Statt  zu  finden, 
je  nachdem  die  wirkliche  materielle  Uebertra- 
gung des  fixen  Rotzgiftes  auf  irgend  eine  be- 

»}  Rust's  Magazin.  1821.  Bd.  XI.  S.  504.  ')  Hvfe- 
landT»  Journal  Bd.  LIV.  St.  3.  S.  62.  *)  Medizin. 
Verdoszeitang.  1834.  No.  46  u.  47. 


-     «3     - 

stimmle  Stelle  des  Körpers  y  oder  eine  mehr  all- 

Eemeiiie,  ohne  Lokalübertragung^  Statt  findet, 
nter  den  mitgetheilten  sieben  Fällen  waren 
nur  aweiy  welche  höchst  walirschemlicb  auf  die 
letztere  Weise  die  Uebertragiuig  hatten  zu 
Stande  kommen  lassen,  beide  nahmen  einen 
relativ  acuten  Verlauf,  begannen  mit  bedeuten- 
den Störungen  im  Allgemeinbefinden,  zu  denen 
^nt  consecutiv  örtliche  Kraukhoitsphänomene 
hinzutraten,  und  endigten  tödlliclu  In  den  übri- 
gen fünf  Fällen  war  eine  lokale  Uebertragqng 
unzweifelhaft  ermittelt,  und  zwar  bei  rier  auf 
eine  wunde  Hautstelle,  und  bei  dem  fünften 
auf  die  unverletzte  Haut  Bei  allen  diesen  be- 
gann die  Krankheit  mit  örtlidien  Symptomen^ 
anagehend  von  der  Stelle,  wo  die  erste  Ein-*, 
wiriiung  Statt  gefunden  halte;  erst  später  traten^ 
Störungen  des  Allgemeinbefindens  hinzu,  und  die, 
Wiederherstellung  mifsglückte  nur  in  einem  Falle, 
welcher  ein  sehr  schwächliches,  skrophulöses  In- 
dividuum betraf,  welches  schon  früher  an  mehr- 
fiichen  Brustbeschwerden  gelitten  hatte. 

Woiff  ^)  beobachtete  in  der  Charite  zu 
Berlin  drei  hieher  gehörige  Kraiücheitsfälle.  In 
simmtlichen  drei  Fällen  war  keine  örtliche  Ue- 
benraguug  des  Rotzgiftes,  wie  etwa  durch 
Wunden,,  wunde  Hautstellen  u.  dgl»  zu  ermit- 
teln: dagegen  aber  warep  die  l|^etieflenden  In- 
dividuen mit  rotzigen  Pferden  in  nähere  Be- 
tuhrong  gekommen.  In  ^Qwei  Fällen  erfolgte 
mm  sediszehnten  und  in  .einem  am  zwanzigsten 
Tage  der  Krankheit  der  Tpd.  Krüger^Hansen  ^} 
iviu  diese  Fälle  aufserhalb  der  Grenze  der  Be- 
obachtungen von  erfolgter  Hotzansteckung  gc- 

*)  Medizin.  Vercinszeitung.  18.)5.  No.  1.  u«  2* 
>)  V.  Griife'M  und  v.  H^aUhers  Journal  für  Cliiruii^ic 
und  Augcuheilk.  1836.  S.  bS. 


—    w    — 

setzt  wissen,  welche  er  conseqaent  auch  in 
Abrede  stellen  mufis,  da  er  den  Bestand  eines 
RotscoDtagiums  gänzlich  leugnet 

Alexander  ^),  Professor  in  Utrecht|  -madite 
zwei  hieher  gehörige  Beobachtungen ,  deren  Biit- 
theilung  wegen  ihrer  allseitigen  Genauigkeit  als 
ein  interessanter  Beitrag  zu  dem  in  Hede  ste- 
henden Gegenstande  zu  betrachten  ist  Beide 
FftUe  waren  ohne  bekannt  gewordene  örtliche 
Uebertragung  entstanden,  betrafen  Individuen^ 
welche  mit  der  Pflege  rotziger  Pferde  erst  seit 
kurzer  Zeit  beschäftigt  waren ,  und  beide  be- 
fanden sich  nicht  in  den  besten  Gesundheits- 
nmstftnden^  indem  der  eine  sogar  schon  vinbOT 
Ersdieinungen  eines  Lungenubels  zeigte.  Im 
ersten  Falle  erfrigte  der  Tod  durch  Entkrkf- 
tung  nach  vier  Monaten,  im  zweiten  Falle  ihea 
uiglei^  früher.  —  Einen  andehi  Fall  berichtet 
er  ferner  '),  w;o  ein einundzwanzigjährigw Dra- 
goner  in  Folge  von  Abledern  und  Pflegen  roto- 
ger  Pferde  sich  den  Rotz  zugezogen  hatte  und 
unterlag. 

Eck  ')  sammelte  sieben  hieher  gehörige 
Fälle,  welche  bis  auf  einen  mit  dem  Tode  en- 
digten, in  welchem  die  Symptome  von  durch 
Rotzansteckung  erzeugter  Krankheit  nicht  deut* 
lieh  genug  hervortraten,  und  daher  Grenesnng 
eintrat  In  dem  einen  dieser  sieben  Fälle  hatte 
höchst  wahrscheinlich  eine  allgemeine  Ueber- 
tragung Statt  gefunden. 

Brunzlow  ^)  theilt  ebenfalls  eine  diesfall- 
sige  Beobachtung  mit,  wo  bloIS»  eine  örtliche 
Verletzung  Statt  fand,  und  mit  dem  Tode  endigte. 

>)  HufdandTs  Joarnal,  Bd.  LXXXI.  St.  2.  S.  99. 

tt)  Ebeodas.  XCI.  St.  8.  S.  3  ff*   ^     Schmidt's  Jahrb. 

ßd.  XXXI.  S.  156.  3)  Medizin.  Vereinszeitaog. 

ia37.  No.  18.  u.  19.  «)  Ebendas.  No.  33. 


-.    C6     — 

Professor  Pommer  0  ^  Zürich  theflt  eine 
BeobaehtoDgy  entnomaien  aos  amtlichen  Berich- 
ten,  mit,  wo  sich  ein  Zögling  der  Thierarznei- 
•drale,  bei  der  Section  eines  am  Rots  gefalle- 
nen Pferdes,  air  einem  Finger  yerletst  hatte^ 
nnd  sich  dadurch  mehr  lokale  Rotsssufftlle  zn» 
BOg,  welche  übrigens  unter  Anwendung  sweek- 
mäliiiger  Mittel  zur  Heilung  gebracht  wurden. 

Diese  Auswahl  mehr  oder  weniger  eviden- 
ter Beobachtungen  von  Statt  gefundener  Ueber- 
tragung  des  Rotzes  vom  Pferde  auf  den  Hen- 
•dien,  welche  auf  deutschem  Boden  gemadht 
worden,  und  welchen  wir  noch  die  fiber  diesen 
Gegenstand  in  Berlin  erschienenen  Inaugural- 
dissertationen von  Krüff  *),  Grab  *),  Lange  ^) 
imd  Barth  ^)  hinzufügen  könnten,  mögen  ge- 
niimn.  um  zu  zeigen,  welchen  Vorsdub  der 
in  Hede  stehende  Gegenstand  deutschen  Beob- 
Mhtem  zu  verdanken  hat,  und  nun  wollen  wir 
auch  die  fibrigen  Nationen  in  dieser  Beziehung 
durch  Mittheilung  der  .wichtigsten  von  ihnen 
gemachten  Beobachtungen  einer  Durchsicht  un- 
terwerfen. 

Nächst  den  Deutschen  sind  es  die  Italiener, 
welche  ihre  besondere  Auhnorksamkeit  auf  den 
in  Rede  stehenden  Gegenstand  hinlenkten,  und 
hieher  gehörige  Beobachtungen  zur  OefTentlich- 

')  Mittheilaogen  übei  den  Geiiindheitszuatand  Im  Kan- 
ton Zürich  im  J.  1836«  aos  den  amtl.  Deriobten  der 
pract,  Aerzte.  —  Schmidt'*§  Jabrbüobcr,  Supplement- 
band  Ih  S.  256. 

*)  De  typbo  malioide  (/ica^,  der  Roti)  1829. 

*)  DisBert.  inaugnraL  tiBtens  cat«  siogult  morb.  oontagio 
mallei  humidi  in  bominem  tranBlato  orti.  1829* 

*}  DIbb.  inaugaral.  tiBt.  oasat  daoa  morb.  contag.  mal- 
lei hamid.  in  bomin.  transl.  ortl.  1830. 

*)  De  nonnuUiB  epidemilt  et  epizootÜB  Bimul  regnant« 
earumquc  mutua  indole  ooBtagiosa«  1835. 


-     26     ~ 

keit  brachten,  wovon  wir  den  wichtigsten,  ssu 
nnserer  Kenntnifs  gekommenen,  eine  Stelle  hier 
einräumen  wollen. 

Thomaso  Tarrozzi  *),  Physikus,  ens&hlt, 
dab  in  dem  italienischen  Dorfe  Ostiano  im  Jahre 
1815,  innerhalb  des  kurzen  Zeitraums  von  vier- 
asehn  Tagen,  von  47  Personen,  welche  mehr 
oder  weniger  ein^n  nicht  gelüftetien  Stall  be- 
suchten, in  welchem  ein  rotziges  Pferd  durch 
seine  bestandig  aus  der  Nase  fliefsende  stin- 
kende Jauche  die  Luft  verpestet  hatte ,  eilf  an 
einer  Febris  pestiformis  erkrankten,  welche  mit 
synochischem  Fieber,  Muskelschmers,  Gelenk- 
entzündung, Ecchymosen,  Eiterbeulen  n.  bJ  w. 
begann,  und  spater  in  Eruption  von  Brandbla- 
sen, Delirien,  grofste  Schwäche,  abundante 
Schweilse u.  s.  w.  überging,  und  mit  Ausnahme 
eines  einzigen  Falles  tödSich  ablief.  Aus  dem 
ITmstande,  da(s  nach  Tödtung  der  zwei  im 
Stalle  gestandenen  Pferde,  wovon  das  eine  ent- 
schieden rotzig  war,  die  Krankheit  aufhörte, 
zieht  nun  Tarrozzi  den  Schlufs,  dals  letztere 
sich  in  Folge  der  in  jenem  Stalle  sich  ange- 
häuften Schädlichkeiten  und  insbesondere  durch 
Hotzmaterie  entwickelt  habe. 

Brera  ^)  berichtet  über  eine  andere,  eben- 
falls zu  Ostiano  Statt  gefundene,  von  Profes- 
sor Tinelli  beobachtete,  Erkrankung  von  meh- 
reren Personen ,  in  Folge  einer  Ansteckung  durch 
Rotzgift.  Die  Krankheit  begann  auch  hier  mit 
allgemeinen  Fiebererscheinungen  und  roseuar- 

*)  Anali  aniversali  di  inedicina  dal  Omodei.  Ag08tol822« 
p,  220.  —  In  einem  Ausziigc  und  mit  Anmerkangeii 
mitgietheiU  von  Dr.  Sommer  in  RusVs  Magazin.  1823. 
Bd.  XIV.  S.  487  ff. 

')  Antologia  medica  Sept.  et  Oct.  1834.  —  SchmidCt 
Jahrbücher.  Bd.  IX.  S.  284. 


-     «7     - 

tigen  Hautentzfindungen  9  2su  welchen  sich  Ex- 
aothem  and  Geschwurbildung  hinzugesellto  und 
der  Krankheit  einen  besondern  Charakter  ein- 
Terleibte,  welche  tödtlich  ablief. 

Hieran  reihen  sich  die  von  Brera  i)  selbst, 
im  Winter  1833  za  StBenedetto,  in  der  Pro- 
vinz Mantaa  beobachteten  Fälle,  welche  sich 
auf  vier  Individuen  bezogen,  die  längere  Zeit  mit 
fünf  rotzigen  Thicren  (drei  Pferden ,  einen  Maul- 
esel und  einen  Esel),  bei  denen  die  Kranklieit 
bereits  sehr  chronisch  geworden  und  schon  weit 
vorgeschritten  war,  in  vielfältige  Berührung  ka- 
men ,  indem  sie  theils  mit  ilmen  in  einem  Stalle 
schliefen,  theils  sich  viel  mit  ihrer  Reinigung  und 
Pflege  beschäftigten.  Bei  allen  vier  Individuen 
fahrte  die  Krankheit  zu  einem  tödtlichen  Ende. 
Brera  nannte  diese  Krankheit  „Typhus  carbun« 
0010808"',  weil  der  typhusartige  Ftoceüs  bei  al- 
len Kranken  zu  deutlich  ausgeprägt  war,  um 
ihn  unbeachtet  lassen  zu  können;  das  Exan« 
Aem  dagegen  wich  zu  sehr  von  den  bis  jetzt 
beobachteten  ab,  und  war  in  seiner  Form  nicht 
constant  genug,  um  nach  ihm  vorzugsweise  die 
Krankheit  bestimmen  zn  können. 

Rossi  ^),  Professor  ui  Turin,  erstattet  Be- 
ridit  von  einem  Falle,  wo  ein  Metzger,  wel- 
dier  einem  rptzkranken  Ochsen  die  Haut  ab- 
gezogen Hätte,  an  den  Symptomen  der  Rotz- 
krankbei^  starb ;  ja  selbst  auf  die  Blutegel,  wel- 
che dem  Kranken  angesetzt  wurden ,  erstreckte 
sich  noch  die  Wirksamkeit  des  Giftes,  indem 
ne  fnitee  Zeit  nach  ihrer  Anwendung  krepir- 
teu.  Auch  Personen,  welche  das  Fleisch  von 
Wl^kranken  Ochsen  zerschnitten  und  alsen,  seien 

der  Krankheit  befallen  worden. 


'  «>  ScftfüMir«  iaiirbucber.  Bd.  IX.  S.  286. 
**^)  Anali  univeriati  dl  Mediana.«  1838. 


—     «8     — 

Nachdem  nun  einmal  in  Deutschland  die» 
ses  Feld  der  Beobachtung»  eröffiiet^  und  auch 
in  Italien  schon  ziemliche  Bahn  gebrochen  war^ 
fingen  auch  französische  Aerzte  an^  ihre  Auf- 
merksamkeit auf  diesen  Gegenstand  hinzulen- 
ken und  sich  für  die  Sache  zu  interessiren, 
wie  aus  den  nachfolgenden  Mittheilungen  sidi 
deuüich  ergeben  wird. 

Im  Jahre  1825  machte  Vogeli  ^)  in  Lyon 
einige  Beobachtungen  von  localer  Uebertragung 
des  iRotzgiftes  auf  Menschen ,  mittdst  wunder 
EUiutstellen,  bekannt  Sie  ereigneten  sich  sammt-  . 
lieh  bei  jungen  kräftigen  Männern  während  der 
Section  rotziger  Pferde;  drei  von  ihnen  erhol- 
ten sich  wieder y  obschon  langsam;  bei  zweien 
hingegen  trat  ein  tödtlicher  Ausgang  ein. 

Im  Jahre  1837  legte  Rayer  ^)  zuerst  ei- 
nen von  ihm  beobachteten  Fall  vonMorveaigne 
der  Academie  de  medicbe  vor,  er  fand  abe^  an 
den  Veterinärärzten  in  Paris  bedeutende  Geg- 
ner, und  unter  den  Aerzten  war  es  besonders 
Barihdlemy,  welcher  die  Unzulänglichkeit  man- 
cher von  üayer  ausgesprochenen  Ansichten  dai^ 
zuthun  suchte.  Rayer  entwickelte  seine  dies- 
fallsigen  Ansichten  in  einer  besondern  Abhand- 
lung ^). 

>)  Joarna!  de  med.  y/6i6nn.  Janv.  1835.  —  Behrendts 
Repertoriom.  1835.  S.  180. 

2)  Recoei!  de  m^dicine  de  veterin.  1837.  p.  266.  — 
Presse  m^dicale.  No.  14.  —  Schmidfs  Jahrbucher. 
1838.  Bd.  XVII.  S,  175. 

9)  De  laMorve  et  du  Farcin,  cbez  rHomme  par  P.  Rayer. 
Avec  deux  plancbes.  A  Paris  1837.  —  Im  Auszuge 
mitgetbeilt  in  Fehsemeyer^s  u.  Kurtz's  medizin.  Jahrb. 
Bd.  in.  Heft  1.  S.  1  ff.  »  Ccber  die  Einwirkung  des 
Rotz-,  Wurm-  und  Anthraxgiftes  der  Thiere auf d(>n 
menschl.  Körper.  Nach  Rayer  und  nach  eigenen  Br- 
fahrungen  bearbeitet  Ton  Karl  Schwabe,  Weimar  1839* 


I 


Im  Oetobor  1838  kamen  'swei  F&lle  von 
MOtem  Rotze  im  Hdtel  Dieu  vor  '),  wovon 
der  ente  einen  Stallkneoht  betraf ^  welcher  11^ 
Iheila  an  acutem^  theila  ohrooisohem  Rotse  lei- 
dende Pferde  su  besorgen  hatte^  and  eich  anf 
der  Abtheilunff  von  Husion  befand;  der  andere 
dagegen  wurde  voh  Breschet  behandelt. 

bk  der  jüngst  verflose  3nen  Zeit  haben  noch 
DevlUt  ^),  Andral  ')  und  Roux  ^)  ihre  diea- 
fallsigen  Beobachtungen  der  Academie  mitge- 
theilt  so  dals  jetzt  nur  noch  wenige  Aeademi- 
ker  der  allgomeinen  Ansicht ,  dafs  der  Umgang 
mit  rotzkranken  Pferden  eine  oigenthfimiiche 
Krankheit  hervorrufen  könne  ^  nicht  beigetreten 
sind.  Wie  sehr  sich  Frankreich  fSr  diesen  Ge- 
gMiatand  interessirt^  geht  schon  aus  dem  Um- 
stände hervor  y  dafs  die  Soci6te  de  m&dicine  zu 
Paris  eine  hierauf  bezügliche  Preisaufgabe  für 
das  Jahr  1840  gestellt  hat  ^),  nachdem  die  me- 
didnische  Facult&t  zu  Berlin  schon  im  Jahre 
1887  durch  eine  &hnlicho  Proisaufgabe  voran- 
gogfmgen  ist.  ^) 

Soit  EUiotson  ')  durch  seine  Untersuchun- 

{en  über  die  Uebertragung  des  Pferderotzes  auf 
[ansehen  die  Aufmerksamkeit  der  brittischen 
Aerzte  auf  diesen  Gegenstand  hingelenkt  hat, 
fehlt  es  auch  in  England  nicht  an  derartigen 

*)  Gaiette  m^dioale.  1838.  p.  053. 

•)  Reoaeil  de  möd,  v^törin.  1838.  p.  656. 

*)  Gazette  mödic.  1839.  p.97.        ^)  Bbend.  1838.  p.750. 

•)  Snchs  modizln.  Almanaoh.  1840.  8.  266. 

^)  LevkC§  Vergleichende  Darstellang  der  von  den  Haui- 
tbieren  auf  den  Menschen  übertragbaren  Krankheiten, 
gekrönte  PreiMolirift.  Berlin  1839. 

')  On  the  glandert  in  the  human  tubject,  in  mod.obir. 
Transact.  publiihed  by  the  med.  and  chir.  sodety  of 
London.  Vol.  XVI.  1830.  pag.  171. 


—     80     — 

BeobaditungeD)  wovon  wir  hier  Folgendes  spe- 
eiell  herausheben  wollen: 

Bei  den  zwei  ersten  Fällen ,  welche  ElHot^ 
■9on  zur  Beobachtung  kamen,  schien  ihm  der 
Krankheitscharakter  zu  wenig  ausgedräckt,  um 
eine  Uebertragung  des  Rotzgiftes  von  Thieren 
annehmen  zu  können^  und  er  vermuthete  bkifs, 
dafii  die  Krankheit  die  Wirkung  Irgend  eines 
-krankhaften  Productes  von  einem  lebenden  We- 
Ben  sei^  wefshalb  er  sie  auch  ganz  efaiftidi, 
nach  den  am  meisten  in  die  Augen  fällenden 
Svmptomen ,  mit  /^Gangraena  nasi"  bezeichnete, 
bis  kurz  nachher  eine  Reihe  von  Fällen,  wel* 
che  von  ihm  selbst  und  von  andern  englischen 
Aeizten  beobachtet  wurden,  ihn  fXL  einer soig- 
fältigen  Vergleichung  der  einzelnen  Symptome 
mit  dem  Rotze  der  Pferde  aufforderte  mA  ihn 
von  der  Identität  beider  Krankheiten  immer  mehr 
und  mehr  überzeugte. 

Schröder  ^)  berichtet  einen  Fall,  wo  sich 
ein  Thierarzt  bei  der  Section  eines  rotzigen 
Pferdes,  als  er  die  Nasenbeine abreilisen wollte, 
unbedeutend  am  rechten  Mittelfinger  verletzte, 
Erscheinungen  von  iSrtlichcr  Uebertragung  des 
Rotzgiftes  zuzog, 

Travers  ^)  machte  die  Beobachtung,  dab 
ein  junger  Mensch  sich  bei  der  Section  des 
Kopfes  eines  rotzigen  Pferdes  in  die  Hand  ge- 
stochen hatte,  und  nach  der  Bildung  von  Ab- 
scessen  am  Arme,  Knie  und  in  den  Lungen, 
starb;  eine  vorgenommene  Impfung  von  der 
Materie   des  Armabscesses  auf  einen  Esel  er- 

<)  Hambnrger  Mag:azin  für  die  ausländische  Literatur 
der  gesainmten  Heilkunde  Ton  Gerson  u»  Julius,  BJ. 
V.  Jan.  u.  Fehr.  1823.  S.  168. 

^)  Inquiry  into  constituUonal  Irritation.  London  1827. 


—     81     ~ 

mtngie  bei  domsolben  deutlicho  Symptome  dee 
Rotscs  und  nach  Kwölf  Tagen  den  Tod.  . 

Letnson  >)  berichtet  voa.  einem  Kutscher, 
welcher  dicht  am  Feuerhuerdo  Hchlafend  aich 
das  entblAiMte  Knie  verbrannte ,  und  die  in  Folge 
hieven  entstandene  Brandblase  mit  einer  Lau«* 
ceite  öffnete,  deren  er  sich  bei  einem  seiner, 
wahrscheinlich  an  Hotz  leidenden  ITordo  bedient 
hatte,  dafs  er  einige  Tage  nachher  von  hefii- 
geu  ticliirii£urallcn  ergriil'en  worden  sei,  wel- 
che endlich  in  den  Tod  übergingen.  Simpson  *) 
spricht  sich  gegen  die  Annahme  eines  Kausal- 
verbandes Ewischen  der  Kntstefiung  der  Krank- 
heit und  der  Lancette  aus.' 

Andreas  Brown  ^)  theilt  uns  folgende  Be» 
öbachtung  mit :  Ein  früher  stets  gesunder  Mann, 
welcher  eine  Zeit  lang  ein  rotziges  Pferd  war- 
tete, und  sich  besonders  vielfach  bei  desHeo 
TAdtung  beschäftigte,  ihm  die  Haut  abzog,  ver» 
scharrte  u.  s.  w.,  erkrankte  noch  an  demselben 
Tage  an  gastrisch -rheumatischen  Beschwerden, 
zu  welchen  sich  später  GcHchwülste  und  Ab- 
scesse  gesellten,  die  den  Tod  nach  sich  zogen. 

Von  London  ging  auch  folgende  Bepbach- 
Uuig  aus^):  Ein  kralliger  Pferdeknecht,  dem 
die  Reinigung  eines  rotzigen  Pferdes  übertrat 
gen  war,  während  er  selbst  an  einem  Ge» 
adiwüre  auf  dem  Handrücken  litt ,  auf  welches 

•   M  The  Lancet  ta^^BI.  Vol.  IL  24.  Sept.  p.  805. 

•4  KiM'ndai.  1831  >- 32.  Vol.  I.  1({.  Oct.  p.  99. 

*)'  London  meHiral  GazeÜi;.  Vol.  IV,  p.  134. 

^)  Dieser  Fall  wnr«le  von  WiUinm»  im  St.  Tlioniai-' 
ftpilal  licoliaolilrt  und  von  KllhUtm  rontrollirt,  liebe: 
Mtulical  anil  diinirg.  Journal.  I^ondon  1833.  Nr.  r»7. 
p.  irj(i.  — -  Jii!ivif*n  \u  UernufiC*  M»(*:i7.ii)  1833.  IM, 
XXV.  S.  472.  —  l'roriep»  Noii/en.  IM.  XXXIX. 
No.  843.  S.  108  ir.  — ;  Mndixin,  Zeihint*  dei  Auilan-. 
ilfs.  1833.  Nn.  3.1.  K.  131. 


—     3«     — 

hiufig  der  Nasenschleim  des  Pferdes  flofi»^  be- 
kam RotzzufSUe  und  starb  ki  Folge  hieven. 

Graves  ^)  theilt  folgende  zwei  Beobachtun- 
gen mit:  Ein  zwanzigjähriger  Mensch,  weldier 
einige  Zeit  ein  rotziges  Pferd  gepflegt  hatte 
und  mit  ihm  aus  demselben  Gefaise  trank,  auch 
eine  leichte  Verletzung  an  dem  einen  Obre  ge- 
habt zu  haben  schien,  erkrankte  an  den  Er- 
scheinungen einer  Mandelbräune,  zu  welcher 
sich  Anschwellung  des  Gesichtes,  Ausbruch  ro- 
ther Flecke  an  verschiedenen  KorpersteOen  und 
Eruption  von  Pusteln  gesellten,  welche  Ersdiei- 
nungen  sich  immer  mehr  und  mehr  steigerten 
und  zum  Tode  führten.  —  Der  andere  FaD 
ereignete  sich  bei  einem  Pferdebesitzer,  welcher 
in  seinem  Gestfite  einige  rotzige  und  wurmige 
Pferde  besafis,  die  er  sehr  sorgsam  pflegte» 
Auch  dieser  Fall  endigte  mit  dem  Tode. 

Hardimoke  ^)  beobachtete  folgenden  FaD 
von  Uebertragung  des  Rotzes:  Ein  siebenzehn- 
jähriger  Stallbursche  hatte  unter  seiner  Au^ 
sieht  fünf  rotzige  Pferde,  von  denen  auch  zwei 
in  Folge  des  Rotzes  darauf  gingen.  Er  hatte, 
kurz  vor  seinem  Erkranken,  einmal  lange  ge- 
wacht, um  einem  dieser  Thiere  Fomente  zu 
machen,  und  nach  ungefähr  zwei  Tagen  er- 
krankte er  unter  den  gewöhnlichen  Erschei- 
nungen einer  erfolgten  Rotzansteckung,  welche 
vier  Monate  nach  dem  Beginne  der  Krankheit 
zum  Tode  führte.  — 

Jones  ^)  theilte  in  einem  Briefe  folgende, 
an  seinem  Sohne   gemachte  Beobachtung  mit 

')  London  medic  Gazette.  Tom.  XIX. 

^)  British  Annais  of  medecine.  No.  7.  d.  17.  Febn  1837. 
p.  196. 

')  Ans  einem  Briefe  Jones  des  Vaters,  an  den  Heraut- 
geber des  „Tbe  Veterinaiian^  1839.  4.    Mitgetbeitt 


—     38     — 

Sein  Sohn  antcrauchto,  als  er  gerade  eine  kleine 
Ilautwande  am  rechten  Nasenflügel  hatte,  ein 
rotsiges  Pferd ,  welches  ihm  bei  diesem  Akte 
ins  Gesicht  schnaubte  und  mit  Nasenschleim  be- 
deckte; er  wischte  sich  ab,  und  dachte  nicht 
weiter  daran.  Allein  kurze  Zeit  nachher  er» 
krankte  er  an  den  gewöhnlichen  Erscheinuu-* 
gen  einer  vor  sich  gegangenen  Hotacansteckung. 

Auch  von  den  Niederlanden  aus  wird  uns 
von  zwei  hiehor  gehörigen  Fällen  durch  JYu- 
man  ^)  Bericht  erstattet.  Bin  junger,  kr&ftiffer 
Veterinär -Eleve  hatte  sich  nämlich  bei  der 
Section  eines  rotzigen  Pferdes  zwei  leichte 
Verletzungen  an  der  Hand  zugezogen,  die  er 
nur  wenig  beachtete  und  deshalb  seine  Hand 
auch  blofs  mit  Seifen wasser  reinigte.  Schoa 
nach  drei  Tagen  bekundeten  sich  aber  die  ei^ 
sten  Erscheinungen  einer  Statt  geAindenen  ört- 
lichen Ansteckung  mit  Rotzgift,  welche  allraUi^ 
lig  zu  einer  gröfsern  Höhe  gelangten.  —  Der 
zweite  Fall  betraf  ebenfalls  einen  jungen  Blann, 
der  bei  der  Section  eines  rotzigen  Pferdes  sioli 
eine  geringe  Verletzung  am  kleinen  Finger  der 
rechten  Hand  zufügte.  Fünf  Tage  nachher 
zeigten  sich  die  ersten  Erscheinungen  einer  to- 
pischen  Affoction,  die  sich  mehr  und  mehr  aus- 
breitete, und  erst  fast  nach  neun  Monaten  seit 
Beginn  der  Krankheit  Heilung  zuliefs. 

Auch  von  Amerika  aus  erhalten  wir  durch 
Dr.  f^iggins  *)  die  Mittheilung  eines  hieher  ge- 

in  OurWs  n.  HertuHy^t  Magazin  für  die  geiammte 
Tliierhmlkunde.  Jalirg.  Vf.  Hft.  1.  1840.  «-  Schmide» 
Jahrbücher.  Bd.  XXVII.  S.  164. 

*)  Voe'artienijkiindig  magatin.  Groningen  1830.  p.  !• 

<)  The  amcrican  Journal  of  tlie  tnedioine.  1837.  —  Ga- 
zette ni6dic.  1838.  No.  50.  —  Proriep*»  Neae  Nod- 
zen.  Bd.  V.  No.  92.  8.  62. 

Joiirn.XCIII.ßd.3,St.  C 


—     34     — 

horigeu  Falles.  Der  zwölfjährigGi  Sohn  eines 
Fleischers,  hatte  vier  rotzige  Pferde,  die  alle 
an  dieser  Krankheit  au  Grunde  gingen,  ge«  . 
pflegt  und  bei  dem  Abledern  des  einen  Hülfe 
gelieistet  Einige  Tage  nachher  stellte  sich  Un- 
wohlsein und  die  allgemeinen  Syihptome  riner 
örtlichen  Ansteckung  mit  Allgemeinleiden  ein,  die 
nach  zehn  Monaten  mit  dem  Tode  endigten. 

Aus  mehrem  angestellten  Versuchen  ging 
deutlich  hervor,  dafs  die  von  dem  Pferde  auf 
den  Menschen  übertragene  Rotzkrankheit  sich 
von  'diesem  wieder  durch  Impfung  auf  Thiere 
übertragen  lasse,  so  z.  B.  in  dem  von  Schilling 
beobachteten 'Falle  auf  Kaninchen,  in  dem  von 
WiUiams  und  Travers  auf  Esel ;  allein  es  fehlt 
auch  nicht  an  Beobachtungen,  dals  sich  der 
einmal  beim  Menschen  zum  Ausbruche  gekoo- 
mene  Rotz  wieder  andern  Menschen  mittheilte. 
So  erzählt  der  irländische  Chirurg  Ferau  ^)  ei- 
nen Fall,  wo  sich  die  Krankheit  von  dem  Va- 
ter auf  den  Sohn,  der  ihn  abwartete,  fortver- 
erbte, und  nach  ElUotson  erkrankte  eine  Frau^ 
welche  die  Effecten  eines  durch  Rotz  ange- 
steckten Kutschers  trug,  an  demselben  Uebel. 
Indessen  stehen  diese  Beobachtungen  noch  zu 
vereinzelt  da,  um  ihnen  unbedingten  Glauben 
schenken  und  auf  sie  mit  Zuverlässigkeit  bauen 
zu  können. 

Trotz  der  vielen  hier  mitgctheilten ,  gröb- 
tentheils  auf  genaue  Beobachtungen  gegründeten 
und  überzeugenden  Erfahrungen  von  glaubwür- 
digen Männern  über  den  wirklichen  Bestand 
der  Rotzkrankheit  beim  Menschen,  fand  die 
Annahme  derselben  dennoch  keinen  allgemeinen 
Eingang,  sondern  wurde,  namentlich  in  Deutsch-   ' 

I)  Gazette  medicale.  18iS.  p.  674. 


—     85     — 

land  and  Fraiikroicli^  in  Zweifel  gesogen,  ja  so« 
gar  zum  Theil    entschieden  geleugnet.     Hall'' 
bach  »)>   Krüger  ^  Hansen  «)  und  ^eith  »)  wa- 
ren 08  namentlich  in  Deutschland,  und  in  Frank- 
reich die  Veteriuärärzte  Barthelemyy  Parent  Du- 
chaieUi  *),  Bouley^  Delanfond  u.  A.  —    Hall'* 
bach  ist  von  der  Nichtcontagiosität  des  Rotzes 
bei  lebenden  Tbiercn  so  sehr  überzeugt,  dafs 
ef  sich  anheischig  machte,  mit  Rotzeiter  sich 
einimpfen  zu  lassen.    Da  aber  seit  diesem  Aus- 
qiniche  eine  Reihe   von  Jahren  verflossen  ist, 
und  seit  dieser  Zeit  die  Erfahrung  manche  Bei- 
epiele  au  die  Hand  gegeben  hat,  welche  ent- 
•chieden    für  die  Uebertragbarkeit  des  Rotzee 
▼pm    Pferde   auf  den  Menschen  sprechen,    so 
möchte  sehr  in  Zweifel  zu  ziehen  sein ,  ob  nun 
miter  diesen  Verhältnissen  Hallhaoh  der  Auf- 
forderung noch  entsprochen  wurde,  seinen  Arm 
oder  irgend  einen  andern  Körperthcil  zu  einem 
diesfallsigen  Impfversuch  darzubieten  und  sich 
seinem  Schicksale  zu  überlassen.    Auch  Krü* 
ger  -  Hansen  ging  in  dieser  Beziehung  zu  weit, 
wenn  er,   um  seiner  Lieblingsidee  — -  der  Ab- 
.  leugiiung  der  Contagiosität  des  Rotzes  über- 
haupt —  noch  ferner  das  Wort  sprechen  zu  kön- 
nen,   die   von  JFofff*  beobachteten  Fälle  nicht 
für  wirklichen  Rotz  anerkennt,   sondern  sammt 
and'  sonders  alle  für  die  Folge  der  schädlichen 
Einwirkung  des  Rotzcontagiums  erachteten  To- 
desfälle geradezu  der  schlechten  Diagnose  und 
Therapie  der  betreflcnden  Aerzte  zur  Last  legte. 
Wie   Krüger ' Hansen   in  Deutschland,  so 
suchte   Barthelemy  j  der  hartnäckigste  Gegner 

')  HtisVs  Magazin  für  die  gcisammte  Heilkunde*  Bdt  XI. 
8.  609.  ')  PnüifsiBclie  niediziniiclie  Zeit.  1S37« 

No,  18.  ')  a.  a.  ().  ^)  Gazette  in^dieaie. 

Uecemb.  1832.  Tom.  III.  No.  118. 

c  « 


—     36     —  • 

der  menschlichen  Rotzkrankheit  in  Frankreich^ 
die  Unzuläfsigkcit  mancher  von  Rayer  ausgespro- 
chenen Ansichten  darzuthun,  ohne  sich  auf  ge- 
gründete Erfahrung  zn  stützen.  Hier  möchte  der 
Ausspruch  des  Paracelsus  ganz  an  seinem  Platze 
sein,  wenn  er  jsagt:  ,,SpekuUrQn  ohne  Erfah- 
rung und  Naturbeobachtung  heifet  phantasiren, 
,  und  phantasiren  erzeugt  Phantasten/*  d.  h.  Uinde 
Anhänger  vorgefafster  Meinungen.  Indessen 
scheint  Barthelemy  schon  viel  von  seinem  blin- 
den Starrsinn  verloren  zu  haben,  insofern  er  in 
den  neuesten  l§itzungen  d^r  Academie  die  früher 
von  ihm  aufgestellten  Unterschiede^  zwischen 
den  Krankheitserscheinungen  bei  rotzigen  Mein 
sehen  und  Thiereu  nicht  nur  weniger  schroff 
fand,  sondern  sogar  eine  bedeutende  Analogie 
beider  Krankheiten  zugesteht,  was  mehr  ab 
alle  Gegenbeweise  in  dieser  streitigen  Angele- 
genheit leisten  heifst. 

Nachdem  wir  nun  in  bündiger  Kürze  durch 
die  seitherige  Betrachtung  unseres  Gegenstan- 
des' dargcthan  haben,  dals  die  Rotzkraukheit 
beim  Pferdegeschlechte  ansteckender  Natur  sei 
und  durch  eine  Reihe  mehr  oder  weniger  au- 
thentischer Beobachtungen  die  Uebertragbarkeit 
derselben  von  Thieren  auf  den  Menschen  erör- 
tert haben,  so  bleibt  uns  nun  zunächst  zu  zeigen 
übrig,  auf  welche  Weise  das  bestehende  Kon- 
tagium  von  den  Thieren  auf  den  Menschen  sich 
fortpflanzt,  wozu  wir  nun  den  Uebergang  ma-!* 
chen  wollen. 

Nach  den  seitherigen  Beobachtungen,  wel- 
che von  verschiedenen  Aerztcn  in  verschiede- 
nen Ländern  gemacht  wurden,  geht  hervor,  daCs 
sich  das  Kontagium  auf  zweierlei  Weise  Ein- 
gang in  den  ^Organismus  verschafft,  nämlich 
entwieder  durch  Lokalreizung  —  Inokulation 


—     37     — 

oder  darch  allofcmeinc  UobcHrafl^iiiifi;  —  In/ekiioa» 
Unter  den  oben  cnvuliiiten,  von  Hertivig  bcob« 
achtoton  Bieben  Fällen  waren  zwei  durch  In- 
fection  und  fünf  durch  Inokulation  entstanden; 
bei  den  von  Alexander  niitp;et heilten  zwei  Fäl- 
len wurde  keine  örtliche  Uebertragung  erwiesen ; 
bei  den  von  ff^olff  zur  Mittheilung  gebrachten 
drei  Fällen  war  durchaus  keine  ortliche  Ueber- 
tragung  des  Kontagiums  nachzuweisen  u.  h.  w« 
Die  Inokulation  wurde  entweder  durch  eine 
wunde  Ilautsteile  oder  durch  Ausschnauben  von 
Kotzeiter  ins  Gesicht  etc.  vermittelt.  Diese 
letztere  Ansteckungsart  dürfte  wenigem  Ein- 
reden unterworren  sein  als  diejenige  durch  In- 
fektion ,  welche  durch  die  Luft  vermittelt  wird. 
Die  Annahme  dieser  letztem  Mitthoilungtart 
•ehcint  zwar  mit  der  fixen  Natur  des  Hotzkon- 
Ugiums  in  direktem  Widerspruche  zu  ste- 
hen,  scheint  aber  weniger  auffüllend,  wenn 
wir  diesen  Hergang  mit  der  Mittheilung  an- 
^ derer  fixer  Koutagieii  vergleichen,  z.  B.  mit 
dem  Pockengift,  welches  ebenfalls  auf  eine  ge- 
wisse Distanz  auf  beiderlei  Weise  Ansteckung 
herbeizuführen  vermag,  ja  sogar  die  Schwind- 
Hiucht  scheint,  einmal  auf  eine  gewif^o  H6he 
gekommen,  durch  KffUivien  einen  nachtheiligen 

Snflufs  auf  die  Hespirationsorgane  gesunder 
enschen  zu  äufsern.  Die  DifTusibilität  der 
kontagiösen  Ktoffe  überhaupt  sieht  in  einem 
genauen  Verhältnisse  mit  der  Dauer  der  Krank- 
heit, dem  tirade  ihrer  Ausbildung  und  den  Or- 
ganen, welche  die  Absonulerung  vermitteln,  so 
daß}  es  unter  diesen  Unisländen  kaum  in  Zwei- 
fel zu  ziehen  ist,  duls  die  so  scharfe  liotzma- 
terie,  welche  uuf  di;r  höcbHlen  Slufe-der  Krank- 
heit in  dnr  Nasenhöhle  abgesondert  und  von 
der  warmen  uusgeutlimelen  Lull  beständig  be- 


—     38     — 

spült  wird,  letzterer  einen  eigenthumlichen  Ge- 
ruch und  zugleich  auch  ein  ihr  eigenthündi- 
ches  ansteckendes  Prinzip  mittheilt.  Für  diese 
Ansicht  sprechen  auch  die  von  Rössi ')  ange- 
stellten Versuche.  Rossiy  von  der  Imponderabili- 
tät  des  Rotzkontagiums  überzeugt,  suchte  das 
Wesen  desselben  zu  enträthseln  und  bediente 
sich  zu  diesem  Zwecke  des  Galvanismus.  Er 
konstruirte  sich  eine  galvanische  Säule  von  fünf- 
zig Plattenpaaren;  zwischen  jedes  einzelne  Plat- 
tenpaar  legte  er  ein  Leinwandläppchen,  welches 
mit  Eiter  aus  der  Nase  eines  rotzigen  Pferdes 
getränkt  war,  und  führte  die  beiden  Pole  der 
Seite  mit  zwei  metallenen  Konduktoren  (Gold- 
fäden) in  Verbindung,  welche  er  in  destillirtes 
Wasser,  welches  in  einem  Eudiometer  enthal- 
ten war,  führte^  Kaum  waren  zwei  Standen 
verstrichen,  dals  der  Apparat  in  Wirksamkeit 
getreten  war,  so  verbreitete  sich  ein  stinkender 
und  unerträglicher  Geruch  in  der  Nähe  dessel- 
ben, selbst  bis  in  die  benachbarten  Häuser. 
Rossi  berührte  die  Konduktoren  der  Säule,  fühlte 
aber  dadurch  einen  solchen  betäubenden  Ein- 
druck, dafs  seine  Kniee  zu  wanken  anfingen 
und  er  zu  Boden  fiel..  Kalmni  selbst,  welcher 
Rossi  zu  Hilfe  sprang,  empfand  Schwindel. 
Diese  Einwirkung,  sagt  Rossi.  rührt  nicht  ein- 
fach von  dem  galvanischen  Strome  her,  denn 
noch  nie  will  er,  bei  dieser  Säule,  wenn  sie 
keine  Rotzmaterie  enthielt,  eine  solche  Wirkung 
verspürt  haben.  Achtzehn  Stunden  nach  der 
Einwirkung  der  Säule  auf  das  Gift  sähe  man 
kleine  Blasen  von  schwärzlichem  Gase  aus  dem 
Wasser  des  Eudiometers  steigen,  welche  sich 
an  den  Wandungen  des  Instrumentes  anhäng- 
ten. Das  im  Eudiometer  enthaltene  Wasser 
I)  Gazette  medicale.  Decemi).  1832.  Tom.  III.  No.  118. 


—     39     — 

Beigte  donscibon  starkeu  Geruch  ^  wiedieduroh 
die  Säule  zersetzte  Rotzmaierie,  uad  nach  einer 
genauen  Untersuchung  der  in  dem  Instrumente 
befindlichen  Gase  glaubte  sich  Rossi  au  dem 
Schlüsse  berechtigt^  dasK^a/i  als  das  vorherr^ 
sehende  Prinzip  anzunehmen ,  welchem  ejr  auch 
die  heftigen  Zufälle,  welche  er  bei  der  Beruh* 
ru'ng  der  Konduktoren  erfahren  hatte^  suschrieb« 
Eben  so  leitet  er  davon  die  schädliche  Wirkung 
ab,  welche  sich  nach  der  Ansteckung  durcS 
Hotz  bei  Menschen  und  Thieren  kund  |;abeny 
indem  das  Kyan,  durch  was  immer  für  em  Or- 
gan es  in  die  Blutmasse  übergeht ,  dort  mit 
dem  Wasserstoffe  des  Veuenblutes  Blausäure 
bildet  Die  Ansteckung  des  Rotzes  ohne  un^» 
mittelbare  Berührung,  wie  z.  B.  bei  längerati 
Verweilen  in  Ställen,  wo  rotzige  Pferde  untof^ 
gebracht  sind,  Schlafen  während  der  Naoht  itt 
denselben  u.  dgl.  dürfte  somit  nicht  mehr  se 
räthselhaft  sein,  indem  die  feinern  BestandtbeU« 
des  Rotzgiftes  steh  mit  der  ausgeathmeten  Luft 
vermengen,  von  Gesunden  eiugeathmet  in  di# 
Respirationsorgaue  und  die  gesammte  Blutmasse 
übergehen,  und  so  durch  aligemeine  Infektiila 
Ansteckung  bedingen.  Hieraus  erklärt  sidbi 
zugleich  auch  der  abweichende  Verlauf  der 
Krankheit,  je  nachdem  sie  durch  Inokulation 
oder  Infektion  zu  Stande  kam,  wie  wir  gleich 
nachher,  nachdem  wir  das  allgemeine  Bild  der 
Krankheit  dargestellt  haben  ^  näher  erörtern 
werden. 

Allgemeines   Bild  der   RotzTcrankheit   behn 

Menschen. 

Die  Krankheit  kündigt  sich  immer,   früher 
oder   später,    durch   ullgemeino  Ansteckungs^ 


—     40     — 

Symptome,  unter  der  Form  von  fieberhafter 
Aufregung  an,  welcher,  nach  den  bisherigen 
Beobachtungen,  bald  locale  Symptome  vorange^ 
hen,  bald  nachfolgen.  Der  Blick  wird  matt,  die 
Verdauung  ist  gestört^  groise  Mattigkeit  und 
Niedergeschlagenheit  stellt  sich  ein,  der  Puls 
ist  gespannt  und  firequent,  kurz  die  allgemei- 
nen Chahüitere  der  Synocha  sprechen  sich  den(p- 
lieh  aus.  In  den  ersten  Tagen  beobachtet  das 
Fieber  noch  Remissionen  und  selbst  latermis- 
sionen^  bald  aber  nimmt  es  einen  anhaltenden 
Typus  an,  unter  dem  Auftritte  von  lebhaften 
herumsiehenden  Schmerzen^  welche  sich  ge- 
wöhnlich auf  die  Gelenke,  namentlich  die  Kniee, 
die  Schulter  und  die  Ellenbogen  zu  fixiren  pfl^ 
gen,  und  Anschwellung  des  entsprechenden 
Theils,  Steifigkeit  und  Unbeweglichkeit  cur 
Folge  haben*  Letztere  Erscheinungen  sind  con- 
Btant,  compliciren  sich  aber  hie  und  da  mit 
näditlichen  Schweifsen  und  leichtem  Frösteln. 
Das  aus  der  Ader  gelassene  Blut  zeigt  mehr 
oder  weniger  deutlich  eine  Crusta  phlogistica,  — 
lauter  Erscheinungen ,  welche  diesem  Zustande 
die  gröfste  Aehnlichkeit  mit  einem  Rheuma- 
tismus acutus  verleihen.  Auf  diesem  Punkte 
der  Ausbildung  kann  sich  die  Krankheit  meh- 
rere Tage ,  ja  oft  einige  Wochen  erhalten ,  bis 
der  gesammte  Zustand  mehr  oder  weniger  deut- 
lich das  Gepräge  eines  typhösen  Charakters 
annimmt»  Nur  selten  zeigen  sich  gleich  an- 
fangs heftigere  Erscheinungen,  welche  an  den 
Rotz  der  Pferde  erinnern,  wenn  keine  nach- 
weisbare deutliche  lufectiousstelle  vorhanden  ist, 
durch  welche  der  Krankheitskeim  in  den  Orga- 
nismus aufgenommen  wurde,  die  sich  entzün- 
det, mehr  oder  weniger  schmerzhaft  wird,  mit 
deutlicher  Röthe  umzogen,  mit  vermehrter  Wärme 


—     41      — 

und  mehr  oder  weniger  starker  Anschwellung 
Verbunden  ist,  früher  oder  später  eitert,  und 
ein  mifsfarbiges  Secret  absondert,  unter  gleich- 
zeitiger Anschwellung  der  benachbarten  Lymph- 
drüsen und  Lymphgefüfse.  Zu  gleicher  Zeit 
mit  den  luletzt  aufgeführten  Krscheinuugen,  oft 
aber  auch  etwas  später,  fangt  die  Nase,  oder 
irgend  ein  anderer  Theil,  namentlich  die  Au- 
genlieder, ein  Arm  oder  Fufs  roth  zu  werden 
und  anzuschwellen  an,  die  Schleimhaut  der  Nase 
sondert  eine  eigenthümliche  Vlüssigkeit  ab,  wel- 
che Anfangs  etwas  blutig,  später  mehr  serös, 
schleimig,  endlich  eiterähnlich  wird.  Gewöhn- 
lich zugleich,  oft  aber  auch  etwas  später,  kom- 
men im  Gesichte,  in  der  Nase,  dem  Halse, 
cder  irgend  an  einem  andern  Theile  des  Rum* 
pfes  exanthematische  Erscheinungen  vor,  welche 
sich  bald  in  Form  von  Papeln ,  welche  von  leb- 
liafter  Röthe  kleine  Partieen  der  Haut,  welche 
auf  ihrer  obersten  Hellichte  verdickt  erscheint, 
bedecken,  bald  als  kloine.  Blasen -Phlyktäneir von 
uuregelmäfsiger  Form  und  verschiedener  Gröfse, 
welche  theils  mit  blutseröser  Flüssigkeit  gefüllt 
sind,  und  dann  eine  röthliche  Farbe  zeigen, 
theils  eine  gelblich  eiterige  Materie  enthalten, 
weiche  sich  nach  dem  Aufbruche  der  Bl&achen 
entleert,  endlich  bald  als  Pusteln  auf  einer  er- 
härteten Basis,  ohne  Nabel,  bekunden,  auf  de- 
ren Spitze  ein  Schorf  sich  beOndet ,  nach  des- 
sen Kntfernung  sich  Kiter  aus  der  l^ustel  er- 
giefst.  Breschet  ')  will  eine  auflallende  Aehn- 
lichkeit  zwischen  diesen  llauteruptionen  und  der 
.Vaccinia  und  Framboesia  gefunden  haben.  Die 
zwischen  den  Bläschen  und  Pusteln  gelegene 
Haut  zeigt  erysipolatüse  llöthe  und  wird  in  deu< 

1)  GazüUc  iiiudiculc.  1838.  p,  653.     . 


—     42     — 

höhern  Graden  selbst  mifsfarbig  und  gangränös. 
Statt  aller  dieser  Eruptionen  beobachtete  Brera  '} 
bei  einer  Frau  blofs  livide  Flecken  über  den 
ganzen  Körper  verbreitet.  Neben  diesen  mehr 
oberflächlichen  Erscheinungen  auf  der  Haut  ent- 
stehen nun  auch  mehr  in  der  Tiefe  wurzelnde 
Zerstörungen  in  derselben^  und  iq  dem  unter- 
der  Haut  und  zwischen  den  Muskeln  gelege- 
nen ZeHgewebe;  es  bilden  sich,  meist  zaerst 
an  den  untern  Extremitäten ,  gröfsere  oder  klei- 
nere Abscesse,  welche  die  Haut  in  Beulen  er- 
heben. Diese  Geschwülste  sind  entweder  mehr 
ausgebreitet  y  roth,  statk  entzündet ,  schmerz* 
■haft,  und  gehen  schnell  in  brandige  Zerstörung 
über,  in  deren  Folge  übel  aussehende  Geschwüre 
ins  Entstehen  kommen,  welche  eine  stinkende 
Brandjauche  secemiren ,  oder  sie  sind  mehr  be- 
grenzt, ohne  deutUche  Entzündungserscheinun- 
gen, etwas  hart,  bis  zur  GröJGse  einer  Wall- 
nufs  und  darüber,  oder  unmittelbar  unter  der 
nur  schwach  gerötheten  Haut  liegend.  Sie  be- 
stehen einige  Zeit  lang  fort,  ohne  sich  beson- 
ders zu  verändern,  und  enthalten  einen  grau- 
lichweifsen,  eiweifsartigen,  zäheti  Eiter.  Auch 
die  lymphatischen  Drüsen  unter  den  Achseln, 
an  den  Lenden  und  am  Halse  schwellen  häufig 
an  und  gehen  in  Eiterung  über,  und  selbst  die 
Gelenke  werden  von  Entzündung  und  Eiterung 
befallen.  Alle  diese  Eruptionen  der  Haut  kön- 
nen aufbrechen  und  in  Geschwürbildung  über- 
gehen. Während  sich  diese  bedeutenden  De- 
structioiien  der  Haut  und  des  unterliegenden 
Zellgewebes  ausbildeu,  verschlimmert  sich  der 
AUgemeinzustaiid  des  Kranken  bedeutend;  die 
Fiebersymptome  nehmen  immer  mehr  und  mehr 

»)  SchmidVs  Jahrbücljer.  üd.  XV.  St.  286. 


_     43     — 

cinoo  norvösoii   Cliaractor  an^    der  Puls  wird 
0ohr  frequent^  klein,  Soliauder  und  Frösteln  ab- 
we'toliselnd    mit   nicht   erleichternden    profusen, 
oft  stinkenden  Schweifsen,  die  Zunge  trocken, 
oft  rissig  und  bräunlich  belegt,  wie  sie  im  Ty- 
phus zu  sein  pHegt;  die  Mattigkeit  steigert  sich 
zum  völligen  Unvermögen,   sich   zu  bewegen, 
und  die  meist  eintretende  bedeutende  Kurzath- 
migkcit  läist   auf   eine    Affection   der  Lungen 
schliefsen.    Andral  ')  hat  die  Brust  eines  sol- 
chen Kranken  untersucht;  die  Percussion  zeigte 
au   einigen   umgrenzten    Stellen    einen   matten 
Ton,  welchem  entsprechend  auch  ein  schwaches 
Hespirationsgerüusch  gehört  wurde.    Bei  tiefer 
Inspiration  entdeckte  er  ein  schnarrendos  und 
pfeifendes  Geräusch,  welches  an  ehizelnenStel-' 
leo  mit  8chleinigorassel  untermischt  war.     Auch 
die   sensorielle   Th&tigkeit  wird  jetzt  mehr  in 
den  Kreis  der  Mitleidenschaft  gezogen;  die  frü- 
her nur  zcitenweiso  sich  einstellenden  Delirien 
werden  nun  anhaltend  und  gehen  in  völlige  Be- 
wufstlosigkeit  über,    aus  welcher  der  Kranke 
oft   nur  schwer  geweckt  werden  kann.    War 
Ausflufs  der  Nase  vorhanden,  so  wird  dieser 
jauchig,   so   wie   auch  der  Kiter,   welchen  die 
Eruptionen  auf  der  Haut  absondern,  und   am 
ganzen  Körper  entstehen  übel  aussehende  Flek- 
ke;   es  treten  übelriechende  Diarrhöen  ein,  and 
unter  kalten  Schweii^en,  Zittern  und  Zuckun* 
gen  der  Glieder  tritt  ni  der  Kegel  der  Tod  ein. 
Die  Krankheit  dauert  selten  länger  als  drei  bis 
vier  Wochen,  doch  werden  einzelne  Fullo  bo*^ 
schrieben,  wo  der  Kranke  erst  am  sechszigston 
Tage,  ja  nach  einem  noch  weit  längern  Kran-^ 
kcniagcr  starb. 

»)  Gazitlt'  iiu'<ru:ilc.    1839.  p.  99. 


—      44     — 

Das  so  eben  geschilderte  allgemeine  Krank- 
faeiisbild  erleidet,  namentlich  you  iornehereio 
manche  Modificationen ,  je  nachdem  das  Uebel 
durch  örtliche  Inoculation  oder  durch  allgemeine 
Infeciion  zur  Entstehung  gerufen  wurde,  zu  de- 
ren besondern  Erwähnung  nun  sofort  äberge- 
gangen  werden  soll. 

a)  RotZy  in  Folge  von  allgemeiner  Injektion. 
Wenn  der  Hotz  beim  Menschen  durch  allge- 
'  meine  Infection  zum  Ausbruche  kommt,  so  be- 
kundet sich  dieser  Vorgang  im  AUgemoineD 
durch  Fieber- Frost  und  Frequenz  des  Pulses, 
zuweilen  durch  gastrische  Symptome,  zuweilen 
durch  Diarrhöe  und  Gliederreilsen.  Nach  diesen 
Symptomen  folgen  am  gewöhnlichsten  Schmerzen 
längs  den  Glicdmafsen  oder  in  den  Gelenken, 
welche  oft  rheumatischen  Schmerzen  ziemlich 
ähnlich  sind  und  defshalb  leicht  zur  Vcrweehse- 
lungAnlafs  geb^n.  ^ach  einigen  Tagen  bemerkt 
man  bei  genauer  Untersuchung  der  schmerzhaf- 
ten Theile  unter  der  Haut  einzelne  umschrie- 
bene Verhärtungen  und  eine  Art  von  bei  der 
Berührung  mehr  oder  weniger  schmerzenden 
phlegmonösen  Entzündungen.  Seltener  erschei- 
nen erysipelatöse  Entzündungen,  besonders  ao 
den  Unterschenkeln,  am  Knie  und  den  untern 
Theilen  des  Oberschenkels;  auch  ist  die  Farbe 
dieser  Entzündungen  weniger  eine  lebhaft  ery- 
sipelatöse, sondern  vielmehr  eine  liviie  und  nie 
erfolgt  kritische  Entscheidung  durch  Desqua- 
mation, sondern  stets  Abscedirung,  wie  bei  dem 
sogenannten  Pseudoerysipclas.  Noch  später 
nimmt  die  Haut  über  diesen  Geschwülsten,  we- 
nigstens über  meiirereii  (Icrsclben  eine  rothe  oder 
violette  Farbe  an,  und  wird  zuweilen  sogar 
brandig,    häufiger  aber    bilden   sich   diese  Gc- 


—     45     — 

Bchwulfito  in  wirkliche  AbHcessc  um,  die  man 
bcsonderN  in  der  Nähe  der  (ieleuke  an  den 
Schultern,  Armen  und  Beinen  und  auch  am 
llumpfe  anirifrt ,  und  deren  Keifo  sich  Kuwoilen 
durch  das  Krscheinen  rother  Flecke  auf  der 
über  ihnen  liegenden  Haut  ankündigt.  Der 
Eiter  in  diesen  AbscesHcn  ist  zuweilen  gutartig, , 
üderB  aber  jauchig  oder  blutig.  Bisweilen  tre- 
ten diese  (leschwülHte  allerdings  zurück  und 
vertheilen  sich;  allein  diefs  ist  stets  von  schlim- 
mer Vorbedeutung;  detui  alsbuld  iiach  ihrem 
Verschwinden  brechen  noch  zuhlreichere  Ge- 
sohwillste  über  den  Körper  hervor,  und  der 
Kranke  eilt  um  ho  schneller  seiner  AuHösung 
entgegen,  woraus  gewissermarsen  hervorzuge- 
hen scheint,  dafs  die  zur  Aussonderung  be- 
stimmte Materie  von  den  Lyniphgerarsen  auf- 
genommen und  sofort  in  die  allgemeine  Sfifte- 
roasse  übergeführt  wird.  Bei  fernem  Beobachtun- 
gen wird  man  zusehen  mÜKsen,  ob  diese  Ge^ 
schwülste  und  kleine  Abscessc  nicht  vielleicht 
das  Hesultat  tiefer  Lymphgefülsentzündungen 
sind,  wodurch  die  Analogie  mit  den  Verände- 
rungen unter  der  Haut,  wie  wir  sie  bei,  von 
wurmigem  Rotze  ergriffenen  Pferden  finden, 
noch  gröfser  würde.  Ist  die  Krankheit  schon 
soweit  vorgeschritten,  so  nimmt  sie  einen  völ- 
lig typhös -nervösen  Character  an;  der  Kranke 
delirirt,  mit  lichten  Zwischenräumen,  sein  Puls 
wird  klein  und  schwach,  die  Hunt  schwitzt 
übermäfsig  und  verbreitet  einen  Übeln  Geruch, 
der  Darmkanal  neigt  sehr  zur  Diarrhöe  hin,  und 
der  Stuhlabgang  erfolgt  oft  ohne  Wissen  und 
Willen  des  Kranken;  der  Dur^t  ist  heflig,  Zunge 
und  Zähne  mit  dunkelm  zähem  Schleim  be- 
deckt. Nun  tritt  meistens  noch  eine  eigen- 
thümliehe  Exanthembildung  hinzu ,  bestehend  in 


'  J 


—     46     — 

IdeineD;  hirsekorngrofsen ,  rothen  Hauterhebon- 
gen,  welche  sich  entweder  bald  in  pockenähn- 
liche Pusteln  umwandeln^  oder  in  furuhkelähn- 
liche  Erhabenheiten  übergehen,  auf  deren  Mitte 
mit  gelber  Lynophe  gefällte  Bläschen  entstehen, 
nach  deren  Ausbruch  der  Tod  sehr  bald  einssilh' 
treten  pflegt. 

h)  Rotz  in  Folge  von  örtlicher  Inoculation. 
Bei  eingeimpftem  Rotze  bekommen  die  Kran- 
ken erst  nach  zwei  bis  acht  Tagen  bemerkei»- 
werthe  Zufalle,  und  zwar  zuerst  an  der  afS- 
cirten  Stelle  selbst,  als  da  sind:,  zuerst  Schmens, 
Hitze  nnd  Geschwulst;  später  schmerzhafte 
Stiche,  eine  rothe  Linie,  oder  eine  wiridieh 
gtrickartige  Geschwulst  im  Verlaufe  der  Lymph- 
gefäfse,  Verhärtung  der  benachbarten  Lympb- 
drfisen,  besonders  am  Ellenbogen  und  im  Adi- 
selgelenke,  wenn  die  Inoculation  von  einem 
Theile  der  Hand  ausging,  ähnlich  wie  bei  ei- 
nem Pauaritium,  oder  bei  Verletzungen  wäh- 
rend Leichensektionen;  ferner  ausgebreitete  Ent- 
zündung des  Zellgewebes  unter  der  Haut,  um 
die  afficirte  Stelle  herum,  zu  welchen  Erschei- 
nungen sich  erst  Fieber,  Kopfschmerzen,  Nei- 
gung zum  Brechen  u.  s.  w.  gesellen,  —  kuiz 
Erscheinungen ,  wie  sie  überhaupt  in  Folge  von 
Einimpfungen  gewisser  krankhafter  oder  fauli- 
ger Stofl^e  zum  Vorschein  zu  kommen  pflegen. 
In  einigen  Fällen  waren  die  Lokalsymptorae 
undeutlich,  oder  wurden  bald  beseitigt,  so  dafs 
der  Kranke  geheilt  zu  sein  schien ;  aber  plötzlich 
brachen  die  besoudern  und  eigenthümlichen  Er- 
scheinungen einer  vorsichgcgangenen  Rotzan- 
steckung  aus,  welche  den  betrefienden  Fall 
von  allen  übrigen  Ansteckungen  streng  unter- 
schieden.    Nun  kommen    die    eigenthümlicheD 


—     47     — 

Ilautornptioncii  iiiul  die  oben  erwähnten  allgo-» 
inoincn  Erscheinungen  der  Rotzkrankhoit  beim 
Menschen  zuiti  Vorschein. 

Besondere  Erwähnung  verdienen  noch  die 
auffallenden  Erscheinungen  auf  der  Nasenschleim- 
haut  und  den  angrenzenden  Schleimhäuten.  Nach 
Rayer  fand  sicli  bei  allen  von  ihm  aufgefiihrten 
Fällen  des  acuten  Kotzes^  während  dos  Lebens^ 
Ausflufs  aus  der  Nase,  oder  nach  dem  Tode 
geschwüriger  Zustand  in  den  Nasenhöhlen.  Uu- 
ter  den  fünfzehn  von  ihm  aufgeführten  Beob- 
achtungen hat  man  während  des  Lebens  Aus- 
flüb  aus  der  Nase,  oder  Vorhandensein  eines 
dicken,  krankhaften  Stoffes  beobachtet,  und  in 
deu  von  uns  hier  mitgctheilten  Fällen  wird 
eechszehn  n  al  eines  Ausflusses  aus  der  Nase, 
oder  Voränderungen  in  der  Nasenschleimhaat 
erwähnt.  Der  ausfliefsendo  Stoff  war  entweder 
eine  scharfe,  stinkende  und  ätzende  Jauche^ 
oder  eine  eiterähnliche  Alaterie,  oder  es  be- 
deckte ein  zäher  und  grauer  Schleim  die  Na- 
aenschleimhaut.  Nur  zweimal  wird  ausdrück- 
lich der  Abwesenheit  jeden  Ausflusses  und  jo- 
der Abnormität  in  der  Nase  erwähnt.  Die  Zeit 
des  Eintrittes  dieses  Nasenausflusses  scheint 
sehr  verschieden  zu  sein;  sie  schwankt  in  den 
Beobachtungen  zwischen  dem  vierton  und  soolis- 
Bohnten  Tage,  kann  jedoch  nicht  immer  genau 
angegeben  werden.  Auch  hat  man  einen  Ausflufs 
■US  Mund  und  Nase  zugleich,  und  ebenso  das 
Ausfiiefsen  einer  dicken,  dem  Nasenschleime 
ähnlichen  Feuchtigkeit  aus  den  Augenliedorn  be- 
obachtet. —  Die  Stimme  ist  früher  oder  später, 
bei  dieser  Krankheit  verändert,  zuweilen  gauB 
erloschen. 


—     48     — 

Sectionshefun  d. 

Die  bis  jetzt  vorgcnommeneD  Leichenöff- 
nungen verbreiten  nur  wenig  Licht  über  das 
Wesep  der  Hotzkrankheit  beim  Menschen,  auch 
sind  dieselben,  mit  wenigen  Ausnahmen,  fast 
nie  vollständig  augestellt  worden.  Indessen  ha- 
ben dieselben  doch,  mehr  oder  weniger  ton-' 
stant,  das  Vorhandensein  von  mehreren,  den 
Rotze  eigenthümlichen  Abnormitäten  in  der 
Uaut,  der  Nase  und  in  den  Luftwegen  darge^ 
than.  Aeufserlich  bemerkt  man  immer  die  Ei^ 
scheinungen  eines,  während  des  Lebens  b^ 
standenen  Pnstelausschlags ,  und  ziemlich  b^ 
ständig  Brandblasen  und  brandige  Stellen  der 
Haut  utad  der  tiefer  liegenden  Theile.  Allein 
nicht  alle  pustulöse  Erhebungen  zeigen  eine 
und  dieselbe  Structur.  In  erst  kürzlich  entp 
standenen ,  von  der  Gröfse  einer  kleinen  Erbse, 
fand  man  uuter  der  Epidermis  einen  plastischen 
Stoff,  welcher  nach  deren  Wegnahme  nicht 
ausflofs  und  nicht  die  geringste  Menge  Feuch- 
tigkeit aus  sich  hervorpressen  liefs.  Er  be- 
feuchtete selbst  nicht  einmal  die  Glasplatte,  auf 
der  man  ihn  ausbreitete.  Die  Betrachtung  des- 
selben unter  dem  Mikroskope  ergab,  dafs  er  kein 
Eiter,  sondern  eine  wirkliche  Pseudomembran 
sei,  in  der  man  veränderte ,  aber  noch  ihre  Fonn 
und  gelbliche  Farbe  bewahrende  Blutkugelchen 
erkennen  konnte.  Unter  dieser  Ablagerang  von 
plastischer  Lymphe  zeigte  die  Lederhaut  kleine 
rothe  Punkte,  ihre  Dicke  war  um  f  vermin- 
dert, und  ihre  Oberfläche  erschien  nicht  blob 
eingedrückt,  sondern  excoriirt.  Es  verhält  sich  also 
ähnlich ,  wie  bei  einer  Pockenpustel,  aber  jene 
plastische  Ablagerung  ist  weder  kreisförmig; 
noch  in  der  Mitte  eingedrückt,  wie  die  pscudo« 


—     49     — 

membraDose  Scheibe  bei  den  Pocken  y  anch  ist 
die  Rotzpustel  nicht  nabelfönnig.  Bei  der  Un- 
tersnchung  einer  andern  ^  gröfSsem  und  altem 
Pustel  fand  sich,  dafs  sie,  wie  die  vorieei  aus 
einem  plastischen  Stoffe  bestand.  Auuerdem 
saÜB  diese,  über  die  Haut  hervorragende  Pustel 
ebenfalls  in  der  Dicke  der  Ledcraaut,  deren 
Gewebe  wie  getrennt  erschien.  Wo  jene  kleine 
pseudomembranöse  und  citrige  Massesais,  war 
dieselbe  zerstört  und  man  fand  in  ihren  Zellen 
keine  Spur  mehr.  Diese  ganz  eigenthumliche 
Bescnaffenheit  findet  sich  in  keinem  andern  pu* 
rulenten  Hautausschlage  wieder.  Eine  andere^ 
'der  Rupia  Simplex  vergleichbare  dritte  Pustel 
war  wieder  von  der  vorigen  verschieden.  Auf 
der  Mitte  derselben  safs  ein  platter,  gelblicher 
Schorf,  an  dessen  Umfang  flüssiger^  weils-röth» 
lieber  Biter  hervorquoll.  Nach  der  Entfernung 
des  Schorfes,  der  Epidermis  und  des  Eiters  er- 
schien die  bloCsgelegte  Lederhaut  dunkelroth, 
und  zeigte  unter  der  Loupe  eine  uugleiche,  mit 
Blat  imbibirte  Oberfläche.  Unter  Wasser  er- 
schien dieses  Stück  Haut  etwas  zottig.  Bei 
der  mikroskopischen  Untersuchung  der  Materie^ 
ans  einer  der  am  wenigsten  ausgebildeten  HauU 
postel,  fand  Donn^  0  gleichfalls  nicht  die  ChSf- 
ractere  des  Eiters.  Er  spricht  sich  hierüber 
fdgenderroalsen  aus:  „Die  von  mir  untersuchte 
Poslel  enthielt  einen  plastischen  Stoff,  der  nach 
der  Entfernung  der  Epidermis  nicht  ausflols.  Ich 
glaubte  daher,  dab  die  Pustel  nur  in  Zelleo. 
eingeschlossene  Flüssigkeit  enthalte ;  aber  aqch 
nadi  der  Zerreifsung  dieses  Stoffes,  mittelst 
einer  Nadel,  konnte  ich  nicht  die  geringste 
Moige  Flüssigkeit  daraus  erhalten.  Unter  dem 
Mikroskope  zeigte   eine   sehr   dünne  Schiobts 

>)  B«i  Bayer  a.  a.  O. 
loeni.XCni.Dd.  9.  St  D 


—     50     — 

dieses'  StoJGTes  kein  einziges  von  den  gewohn- 
lichen Merkmalen  des  Eiters;  ich  fand  keine 
Eiterkügcichen,  sondern  nur  eine  Masse,  wel- 
che hie  und  da  ähnliche  Fäden  zeigte ,  wie  das 
Zellgewebe.  Anlserdem  bemerkte  ich  eine  An- 
audil  Kugelchen ;  offenbar  wirkliche  Blutkfigel- 
cheiij.  welche  zwar  verändert  waren ,  aber  doch 
noch  ihre  gelbliche  Farbe  behalten  hatten." 

Bei  der  Untersuchung  älterer  Pusteln  dansh 
Dr.  Gluge  ^),  zeigte  sich  in  jener  llaterie  eine 
sehr  geringe  Menge  Eiterkägelchen,  welche  in 
einer  zähen  festen  Masse  eingescUossen  wa- 
ren,, die  den  gröfiiten  Theil  jener  Substanz  amh 
machte.  Die  Oberfläche  derselben  erschien  sehr 
fejiiykfimig. 

~  Die  Abscesse,  welche  sich  namentlich  an 
den -Extremitäten  befinden^  sitzen  nicht  blob 
in  dein  Ünterhautzellgewebe,  sondern  erstreck- 
ten sich  oft  sehr  in  die  Tiefe,  zwischen  die 
Muskeln,  welch  letztere  dann  breiartig  erweicht, 
oder  zum  Theil  zerstört  gefunden  werden.  Die 
Nase  und  Nasenhöhlen  zeigen  in  der  Regel, 
wo  man  sie  einer  Untersuchung  unterwarf,  ei- 
genthfimliche  Veränderungen,  als  da  sind:  zu- 
weilen Ecchymosen  und  Gangrän,  wie  man  sie 
mitunter  bei  rotzigen  Pferden  findet.  Statt  die- 
ser hat  man  aber  auch  zuweilen  UIceratiooeff 
an  der  Nasenscheidenwand  und  kleine  Ulcera- 
tionen  in  den  Nasenhöhlen  gefunden.  Die 
Schleimhaut  fand  man  verdickt,  und  wo  sie  die 
Stirnhöhlen  auskleidet,  infiltrirt,  auch  in  der 
Stirnhöhle  ein  Haufen  eiternder  Tuberkeln.  BaU 
fand  man  wieder  die  Stirn-  und  NasenhöUeo 
mit  eineim  bräunlichen  eiterartigem  Schleime  er- 
füllt, und  in  ihren  Wänden  bemerkte  man  nock 

>)  Bei  üffyer  a.  a.  O. 


—     51      — 

hüte,  oder  schon  enveichtc  Tuberkel.  Endlich 
fand  man  die  Schleimhaut  mit  einem  graulichen 
zähen  Schleime  überzogen. 

Der  Kehlkopf  zeigte  zuweilen  einen  sehr 
merkwürdigen  Ausschlag.  Elliotsony  AUxan^ 
der  u.  A.  beobachteten  Geschwüre  im  Kehl^ 
köpfe  y  eine  theihveise  Zerstörung  des  Velum 
palatiunm,  der  U^ila  undEpiglottis;  Ra^'^r  be- 
merkte eine  granulöse  Stelle  auf  der  hintern 
Fläche  der  Epiglottis  und  auf  der  vordem  und 
obem  Partie  des  Kehlkopfs;  Graves  fand  die 
Schleimhaut  des  Kehlkopfe  sehr  entzündet,  und 
von  livider  Farbe.  In  den  meisten  Fällen  wurde 
jedoch  dieses  Organ  keiner  Untersuchung  un- 
terworfen, was  sehr  zu  bedauern  ist 

Die  Schleijnhaut  der  Luftröhre  bot  bald 
Bläschen  dar,  bald  war  sie  an  der  Theilungs- 
stelle  geröthet,  bald  war  sie  mit  einem  klebri* 
gen  Schleime  überzogen.  —  Die  Langen  be- 
währten sich  bald  als  gesund ,  bald  zeigten  die- 
selben eine  lobuläre  Pneumonie  in  verschiede- 
nen Graden,  bald  die  Erscheinungen  einer  be- 
standenen Pleuropneumonie,  bald  enthielten  sie. 
Vomicae,  bald  Tuberkeln,  bald  zahlreiche  Pu- 
steln und  Granulationen,  wie  im  Larynx,  wel- 
die  einen  eitrigen  Keim  enthielten,  auch  fand 
nmi  sie  mit  schwarzem  Blute  überfällt  und  Er^ 
gols  von  Flüssigkeit  in  die  Pleurasäcke. 

Das  Blut  umd  man  flussig  und  schwars! 
und  in  einem  zersetzten  Zustande.  —  Das  Herz 
zeigte  keine  constante  Abnormitäten. 

Auch  in  den  Unterleihsorganen  fand  man 
keine  bestimmte  und  beständige  Ab weichun^ei|. 
^hscander  fand  rothe  Flecke  auf  der  Schleim- 
luiat  des  Oesophagus,  des  Magens  und  Darra-^ 
kanals;  Williams  Tuberkeln  in  der  Nähe  der 
VahrQteBauhini ;  Graves  fand  die  M agenschleim- 

D« 


—     5t     — 

haut  roth  und  mit  Ecchymosen  besetzt;  ElUoi" 
son  fand  rothbranne  Flecke  auf  derselben*  — 
Die  Leber  wurde  h;Ud  sehr  mürbe^  bald  er- 
weich«^ bald  in  normalem  Zustande  gefundeD, 
ebenso  die  übrigen  Unterleibseingeweide;  da^ 
gegen  fand  man  die  Gekrösdrüsen  häufig  vei^ 
gröCsert. 

In  der  Schädelhöhle  findet  man  gewöhnlich 
Ueberfullung  der  venösen  Gebilde;  die  Gehim- 
hihlen,  so  wie  die  Röckenmarkshöhle  biswei- 
len mit  blutigem  S^rum  erfällt.  —  Die  Lymphe 
gefä/se  der  Extremitäten  fand  Alexander  ans» 

£  »dehnt,  andere  dagegen  von  normaler  BesehilF- 
nheit  Husson  fand  die  Lymphdrüsen  am- 
Halse  und  in  der  Umgegend  der  Abscesse  an- 
geschwollen und  erweicht  Kurz  die  Nasen^ 
hohUf  iet  ICehlkop/ und  die  Lungtn,  AitLymfkr 
drüaen  und  Lymphgefäfse  (in  Fällen ,  wo  der 
Rotz  eingeimpft  war),  das  Zellgewehe  Und  di« 
Haut  haben  eigenthümliche  Abnormitäten  ge- 
zeigt, dio  denen  ganz  analog  sind,  welche  man 
beim  wurmigen  Rotze  der  Pferde  findet. 

Werfen  wir  nun  einen  vergleichenden  Rück- 
blick auf  das  allgemeine  Bild  der  Rotzkrankheit, 
wie  es  sich  beim  Menschen  und  Pferde  bewährt, 
so  kann  uns  nicht  wohl  entgehen,  dafis.in  den 
wesentlichen  Erscheinungen,  wenn  auch  nicht 
eine  durchgreifende  Gleichheit,  doch  wenig- 
stens eine  höchste  Aehnlichkeit  ausgesprochen 
ist,  und  dafs  die  bestehenden  Abweichungen 
nur  in  der  verschiedenen  Organisation  und  den 
verschiedenen  Lebensverhältnibsen  beim  Men- 
schen und  beim  Thiere  ihren  zureichenden 
Grund  haben.  Gehen  wir  nun  zur  speciellen 
Vergleichung  der  einzelnen,  mehr  oder  weni- 
ger eigenthümiichen  Symptome  der  Krankheit 
über,  so  finden  wir: 


-     68     - 

1)  dafs  der  Nasenausflufs  ^  welcher  bei  dem 
Rotz  der  Thiere  eine  so  constanie  Erscheinung 
isty  beim  Menschen  nicht  in  allen  Fällen  beob^ 
achtet  wurde  j  was  aber  seineo  hinreioheDden 
Erklärnngsgrund  darin  flndon  durfte ^  dars  der 
Mensch  y  von  der  Hotzkrankheit  befallen  ^  sehr 
hinf&IIIg  und  in  der  Hegel  an  eine  horizontale 
Lage  im  Bette  gebunden  ist ,  daher  das  Secre- 
tum  der  Nasenschloimhaut  durch  die  hiotem 
Kammern  in  die  Raehenhöhle  gelangt  und  dureh 
Ausspucken  entfernt  wird,  woher  es  auch  kommt, 
dafs  man^  beim  Menschen,  einen  Ausflufsiaua 
Mund  und  Nase  schon  gleichzeitig  neben  ein- 
mnder  bestehend  beobachtet  hat; 

2)  da/s  die  Mi/sfarbe  und  sonstige  abwei' 
chtnde  Beschaffenheit  der  Nasenschleimhaut  beim 
Menschen  y  wie  beim  P/erde  beobachtet  wurde^ 
und  dieses  übereinstimmende  Kerhältnifs  noch 
viel  häufiger  aufgefunden  werden  dürft ep  wenn 
man  grofsere  Aufmerksamkeit  auf  diesen  Punkt 
gewendet  und  darnach  gesucht  hätte  \ 

3)  dafs  die  Nasenhautgeiohwüre  -—  diese  so 
eharacteristische  Erscheinung^  beim  Rotze  des 
Pferdes  y  öfters  auch  beim  Menschen  aufgefun^ 
den  werden  j  bei  diesem  aber  sich  weit  weniger 
kund  geben,  als  bei  jenem \  was  uns  aber  um 
80  Weniger  wundern  darf,  als  der  Geruchsap- 
parat bei  den  Einhufern  eine  so '  bedeutend  grö- 
iaere  Ausdehnung  besitzt,  als  beim  Menschen ; 

4)  dafs  das  Anschwellen  der  Lymphdrüsen 
am  Unterkiefer  y  welches  man  beim  rotzkranken 
Thiere  so  oft  bemerkt ^  beim  Mensihen  nur  sel^ 
ten  beobachtet  ivird;  was  sich  aber  theilweise 
aus  dem  XJmstande  erklärt,  dafs  beim  Men- 
schen die  lymphatischen  Unterkieferganglien  von 
der  Nasenhöhle    verhältnirsmäfsig   viel    weiter 


—     54.    — 

entferot  liegea^  als  beim  Pferde.  Ueberden  ha- 
ben bei  dieser  Thierspecies  die  Ganglien  mit  den 
Lymphgefafisen  und  Ganglien  des  Untern  Theils 
der  Nasenhöhlen  einen  weit  mehr  unmittelbaren 
'  Zusammenhang  y  und  diese  Gefafise  und  Ganglien 
werden,  wegen  der  gröfisern  Ausdehnung  der 
Entzündung  in  den  Nasenhöhlen  beim  Prerde, 
auch  häufiger  in  pathologische  Mitleidenschaft 
gezogen; 

5)  dafs  ferner  in  Beireff  deSj  durch  den 
Rotz  erzeugten  Hautleidens  —  einer  bis  jetzt 
heim  Menschen  stets  beobachteten  Erscheinung^  im 
y&rgleiche  mit  dem  diesfallsigen  Zustande  der 
Ff  erde  ein  bedeutender  Unterschied  sich  darbietet* 
Wenn  sich  nämlich  die  Rotzkrankheit  beim 
Menschen  einmal  gehörig  entwickelt  hat,  so 
nimmt  sie,  nach  den  seitherigen  Erfahrungen, 
fast  durchgiehends  eine  dem  Wurme  des  Pfer- 
des entsprechende  Form  an,  d.  h.  der  Rotz- 
ausschlag  zeigt  sich  nicht  nur  in  den  Nasen- 
höhlen, sondern  auch  auf  der  Haut,  indem  sich 
in  dem  unter  der  Haut  befindlichen  Zdigewebe 
Wurmbculen  entwickeln.  Allerdings  bemerkt 
man  zwar  auch  beim  Pferde  Knoten  auf 
der  Haut,  sowie  in  dem  zwischen  den  Hos- 
keln]  liegenden  Zellgewebe;  allein   dieser  Fall 

^  kommt  seltener  vor,  und  wenn  er  bei  den  Ein- 

hufern ja  auftritt,  so  zeigen  sich  die  Benleo 
meist  unten  am  Schlauche,  oder  um  das  Maul 

*  herum,  kurz  an  haarlosen  Stellen,  Während  beim 

Menschen  der  Rotzausschlag  ohne  Unterschied 
an  allen  Körpertheilen,  wenn  gleich  am  stärk- 
sten und  gewöhnlichsten  im  Gesichte  sich  ent- 
wickelt Dieser  Unterschied  erklärt  sich  übri- 
gens aus  der  Verschiedenheit,  welche  zwischen 
der  Haut  des  Menschen  und  den  Einhufern  aus- 
gesprochen ist,  die  bei  erstcrm  sich  weit  mehr 


—     65     — 

dem  Charactor  der  Schleimhäute  nähert.  Al- 
lein auch  abgesehen  hieven ,  so  fohlen  bei  den 
Einhufern  eigentliche  Ilautveränderungeu  auch 
bei  jener  Form  des  Rotzes  nicht,  weichen  man 
insgemein  als  wurmigen  Rotz  zu  bezeiclineu 
pflegt; 

6)  da/s  die  im  Verlaufe  der  Krankheit  sich 
hinzugeaellenden  Symptome  sowohl  heim  iUen- 
tohen-f  als  bei  Thieren  mit  einander  übereinstimr^ 
mend  sind^  und  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  ^uin 
Tode  Jühren;  endlich 

7)  dafs  auch  die  Obductionserscheinungen 
beim  Menschen  mit  jenen  bei  den  Einhufern 
übereinstimmend  si/ic/;  die  Pneumonie  lobulaire, 
welche  nach  Rayer  beim  ^Menschen  erzeugt 
m  werden  pflegt,  hat  man  neuerlich  auoh  beim 
Pferde  beobachtet,  und  diese  Aehnlichkeit  der 
Kranliheit  ist  gegenwärtig  bei  beiden  Species 
festgestellt.  Die  krankhaften  Veränderungen  der 
Unterleibsorgane  sind  weder  beim  Menschen, 
noch  beim  Pferde  erheblich  und  constantu.  s.w. 
—  lauter  Verhältnisse,  welche  aufs  Entschie- 
denste die  Identität  des  Wesens  der  Krankheit 
bei  Menschen  und  Thieren  nachweisen,  deren 
formelle  Verschiedenheit  nur  in  der  Verschie- 
denheit der  belebten  Organisation  begründet  ist. 

Diagnose. 

Durch  seine  Natur,  seine  Ursache,  seinen 
Verlauf  und  seine  Dauer  nähert  sich  der  durch 
Inoculation  entstandene  Rotz  beim  Menschen 
jenen  Krankheiten,  welche  durch  Aufsaugung 
von  Eiter,  oder  krankhaften  Stoffen  überhaupt 
erzeugt  werden.  Es  scheint  beim  Rotze,  wie 
bei  den  fiobcrhuften  Exanthemen,  ein  Stadium 
der  Incubation   Statt  zu  finden,  dessen  Dauer 


-     56    - 

zwar  unbestimmt,  aber  doch  innerhalb  gewis- 
ser Grenzen  eingeschlossen  ist.  Dals  de;  Rots 
beim  Menschen  nicht  mit  den  Folgen  von  Sti- 
chen und  Vergiftungen  mit  Eiter  oder  andern 
krankhaften  Stoffen,  wie  sie  öfters  nach  Sectio- 
nen  vorkommen ,  verwechselt  werden  kann  ^  ist 
leicht  ersichtlich,  wenn  wir  erwähnen,  dafii 
unter  beinahe  hundert  Fällen  solcher  Verwun- 
dungen, welche  verschiedene  Schriftsteller  auf- 
IQhren,  bei  keinem  einzigen  weder  ein  Nasen- 
ausflub,  noch  ein  Ausschlag  auf  der  Haut,  in 
der  Nase  oder  im  Kehlkopfe  erwähnt  wird,  wie 
er  beim  Rotz  sich  findet.  Selbst  eine  umschrie- 
bene phlegmonöse  Entzündung  an  einem  an- 
dern Theik,  als  wo  die  Verwundung  und  Ein- 
impfimg  geschehen  war,  hat.  man  in  diesen 
Fällen  nur  selten  beobachtet. 

Der  eingeimpfte  und  mit  Phlebitis  veriNm- 
dene  Rotz  unterscheidet  sich  von  der  Phlebi- 
tis in  Folge  von  Eiteraufsaugung  oder  andern 
Ursachen  dadurch ,  dafs  bei  jenem  der  Eiter  aus 
den  Venen  und  aus  dem  Zellgewebe,  wenn  er 
einem  Einhufer  eingeimpft  wird,  den  Rotz  wie- 
der erzeugen  kann ,  so  wie  ihm  der  Ausschlag 
in  der  Nase  und  im  Kehlkopfe  und  die  Brand- 
blasen eigenthümlich  sind. 

In  den  Lymphgefafsentzundungen  (Angio- 
leucitis),  welche  in  Folge  einer  Wunde  eines 
Geschwüres,  oder  eines  Eiterherdes  u.  s.  w. 
sich  einstellen,  sind  die  Symptome  der  allge- 
meinen Ansteckung  weit  seltener,  als  nach  der 
Phlebitis  ,  und  man  beobachtet  auch  seltener 
metastatische.  Abscesse  in  der  Leber,  den  Lun- 
gen u.  s.  w.  Zu  bemerken  ist  hier,  dafs  man 
nach  einer  gewöhnlichen  Angioleucitis  niemals 
den  Nasen-  und  Hautausschlag,  wie  beim  Rots 


—     57     — 

beobftditet  hat,   die  Angioleadtis  bei  diesem 
■iiils  daher  einen  specifischen  Character  haben. 

Von  der  durch  Ansteckong  entstandenen 
Pustula  maligna  unteischeidet  sieb  der  Rots  da* 
durch,  dais  bei  ihm  den  characterbtischen  Symp* 
tomen  allgemeine  Symptome  vorangehen,  was 
bei  ersterer  nicht  der  Fall  ist.  Bei  ihr  finde! 
sich  Gangrän  zuerst  an  der  Stelle,  wo  die  Elin* 
impfung  des  Giftes  geschehen  ist,  beim  Rotse 
dagegen  sind  die  localen  primären  Symptome 
an  der  Einimpfuugsstelle,  wenn  je  eine  sol- 
che überhaupt  vorhanden  ist,  nicht  charak» 
teristisch.  Erst  pach  den  allgemeinen  Sympto- 
men Beigen  sich  der  pustulöse  und  gangr&nöso 
Ausschlag  auf  der  Haut,  der  Ausschlag  auf  der 
Nasenschleimhaut  und  der  Nasenausflufs ,  wel» 
che  beide  in  der  Pustula  maligna  nicht  vor- 
kommen. Der  localen  Affection  folgt  bei  der 
Pustula  maligna,  wenn  sie  nicht  bek&mpft,  oder 
durch  die  Natur  beschrankt  wird ,  meist  ein  all- 
gemeines Leiden  mit  hämorrhagischen  und  gan* 
gränösen  Lungenentzündungen,  wie  dieses  bei 
der  gangränösen  Form  des  Rotzes  beim  Pferde 
und  Menschen  ebenfalls  der  Fall  ist  Dana 
sind  die  beiden  Krankheiten  rücksichtlich  ih- 
rer Symptome  zwar  ähnlich  bleibend,  aber  den* 
noch  verschieden,  denn  bei  der  Pustula  map- 
ligna  sieht  man  niemals  den  Rotzausschlag  und 
den  Nasenausflufs. 

Wenn  der  Rotz  zu  dem  Gradewon  Schwä- 
che gekommen  ist,  welcher  die  letzten  Mo- 
mente des  Lebens  des  Kranken  bezeichnet,  oder 
selbst  schon  bald  nach  der  allgemeinen  An-i 
steckung,  findet  zwischen  den  Symptomen  des 
Rotzes  und  denen  des  Typhus  mit  Petechieo 
und   Brandflecken    einige   Aehnlichkeit    Statt) 


—     58     — 

bald  aber  mufs  man  bemerken,  daüs  auch  der 
Typhua  nicht  von  pustulösen  Eruptionen  y  Ab« 
iscefsbildong  unter  der  Haut  und  von  Nasen- 
ausflufs  begleitet  wird.'  Aufiserdem  findet  man 
nach  dem  Tode  unterscheidende  Abnormit&len; 
nämlich  beim  Rotsse  eine  Afibction  der  Hau^ 
der  Nasenhöhlen  und  zuweilen  des  Kehlkopfes; 
beim  Typhus  dagegen  besteht  immer  eine  ei- 
gehthämliche  Veränderung  in  den  Gedärmen 
unter  der  Form  eines  besondern  Exanthems« 

Gewisse  bösartige  und  putride  Pocken  ha- 
ben einige  Achnlichkeit  mit  der  Rotzkrankheit 
des.  Menschen.  In  beiden  Krankheiten  findet 
man  nämlich  einen  Pustelausschlag  auf  der  Haut, 
welcher  aber  im  Baue  bei  beiden  verschieden 
ist*'  Uebrigens  ist  derselbe  beim  Rotze  öfters 
yon  Brandblasen  begleitet.  Die '  Nasenhöhlen 
und  der  Kehlkopf  zeigen  bei  gewissen  Pocken 
einen  Ausschlag,  welcher  aus  kleinen  Sdiei- 
ben  oder  Platten  plastischer  Lymphe  besteht, 
'  welche  auf  der  mehr  oder  weniger  gerötheten 
Oberfläche  der  Schleimhaut  aufsitzen.  Beim 
Rotze  dagegen  befindet  sich  der  Eiter  oder  die 
Lymphe  in  der  Schleimhaut  oder  unter  dersel- 
ben. Endlich  erzeugt  der  Poekeneiter,  wenn 
jer  einem  Pferde  eingeimpft  wird ,  keinen  Aus- 
schlag, der  Rotzstofi"  dagegen,  von  Menschen 
wieder  auf  ein  Pferd  äbertrageu,  bringt  den  Rotz 
hervor. 

Die  Schmerzen,  welche  oft  im  Anfange 
der  Rotzkrankheit  beobachtet  werden ,  und  jene, 
welche  die  Ausbildung  der  zerstreuten  Phleg- 
monen bezeichnen,  haben  öfters  mit  einer  rheu- 
matischen ACfection  grofse  Achnlichkeit;  aber 
die  Ursache  der  Krankheit,  wo  diese  bekannt 
ist,  das  Erscheinen   der  Phlegmonen,  der  Ab- 


—     69     — 

80988e|  de8  Pustelausschlags  und  NasenaiUH 
flusses  und  die  Abwesenheit  der  eigentlich  rheu- 
matischen Symptome,  werden  leicht  jeden  Irr- 
thum  entfernen.  Kurz  es  ist  bis  jetzt  in  den 
Handbüchern  der  Pathologie  noch  keine  Krank- 
heit beschrieben,  welche  mit  dem  ausgeprägten 
Rotze  verwechselt  werden  könnte. 

Behandlung. 

Ist  die  Krankheit  einmal  bis  auf  einen  ge- 
wissen Grad  gestiegen  und  zur  völligcu  Aus- 
bildung gelangt,  oder  ist  sie  durch  allgemeine 
lofection  ins  Entstehen  gekommen,  so  haben 
wir,  nach  den  seitherigen  Erfahrungen,  nur 
geringe  Hoffnung  zur  Wiederherstellung  des 
Kranken ,  in  sol'erne  bis  jetzt  fast  alle ,  sowohl 
rationell  als  empirisch  angewandte  Mittel,  ver« 
schiedcnartigsteu  Substanzen,  in  der  Mehrzahl  der 
Falle  fehlgeschlagen  haben,  und  wir  überhaupt 
bei  den  gelungeneu  Heilversuchen  noch  nicht 
mit  Bestimmtheit  sagen  können,  welchen  An- 
theil  die  in  Anwendung  gezogenen  Mittel  an 
der  Heilung  der  Kranken  hatten.  Die  Aerzte 
schlugen,  in  dieser  Beziehung,  die  verschie- 
denartigsten Wege  ein,  um  zu  ihrem  Ziele  zu 
gelangen:  emige  suchten  in  Aderlässen,  Blut- 
egeln und  dem  übrigen  antiphlogistischen  Ap- 
parat ihr  Glück;  andere  nahmen  zu  schweifii- 
ireibenden  Mitteln  und  warmen  Bädern  ihre  Zu- 
flucht, und  noch  andere  empfahlen  dringend  die 
Anwendung  von  Reizmitteln  u.  s.  w.,  und  so 
kam  es,  dafis  Brechmittel,  Abführmittel,  Queck- 
■ilber,  Jod,  Terpenthinöl,  Diaphoretica,  Toiiica, 
Siuren,  Kreosot  n.  s.  w.  in  Anwendung  ka- 
meuj  und  nur  gleichsam  ausnahmsweise  eini- 
gen Erfolg  gewährten.    Nehmen  wir  aber  auf 


—     60     — 

den  Verlauf  der  Krankheit^  sie  mag  dardi  In- 
fection  oder  Inoculation  ins  Entstehen  gemfea 
worden  sein,  gehörige  Rücksicht /so  zeigt  sich 
in  beiden  Fällen,  deutlich  ein  erethischer  Zu- 
stand ausgesprochen,  nur  mit  dem  Unterschiede, 
dab  er  im  erstem  Falle  einen  allgemeinen,  nn 
letztern  dagegen  einen  mehr  localen  Ursprang 
nimmt.    Diesem  entsprechend  wäre  also  im  er- 
sten Anfange,  unter  steter  Berücksichtigung  der 
übrigen  ausgesprochenen  Complicationeu ,  eine 
herabstimmende  und  temporisirende  Behandlungs- 
methode ganz  an  ihrem  Platze,  wie  allgemeine 
und  örtliche  Blutentleeruugen,  und  innerlich  ver- 
,  dünnte  Mineralsäuren ,   oder  was  vielleicht  deo 
Vorzug  verdienen  dürfte,  /Aqua  oxymuriätiea, 
welche  neben  ihrer  antiphlogistischen  Wirkung 
zugleich  auch  so  zu  sagen  eine  desinficirende 
in  sich  vereint.     Hat  sich  aber  einmal  deutlich 
der  typhöse   Character  ausgebildet,   so  durfte 
die  Behandlung  sich  nach  den  allgemeinen  Grund- 
sätzen der  Therapie  typhöser  Fieber  überhaupt 
zu  richten  haben.     ElUoison  hat  in  der  neue- 
sten  Zeit,   gestützt  auf  den  günstigen  Erfolg, 
welchen   das    Terpenthinöl   auf   die    Krankheit 
beim  Pferde  äuDsert,  das  dieser  Substanz  ver- 
wandte Kreosot  in  Anwendung  gezogen.    Bei 
dem  einen  applicirte    er  dasselbe  nur   örtlich, 
während     er    es     bei     dem    andern    zugleich 
auch  innerlich  gab ,  und  erhielt  dadurch  in  al- 
len drei  Fällen  günstige  Resultate.    Auch  Jo- 
nes Versuch  bestätigt  die  Wirkung  dieses  Mit- 
tels;  er  wandte   es   blofs  ^ufserlich  an  zu  In- 
jectionen  in  die  Nase,  in  einer  Mischung  von 
zwei  Tropfen  auf  eine  Unze  Wassers.    Diesa 
Erfahrungen    dürften    hinreichen,    das  Kreosot 
in  vorkommenden  Fällen  zu  Versuchen  zu  em- 
pfehlen. 


—     61     — 

Die  inlserlieha  Behandlung  der  Inoeola« 
lieMüeOe  nnierschoidet  eich  von  der  Behand- 
lauf  vergifteter  VerleUnngen  im  Allgemeinen 
lueht  In  dem  vom  Prof.  Pommtr  milgeiheil- 
len  Falle  leistete  eine  Solution  von  Chlorkalk 
gute  DiMiate. 

(FortaetBung  folgt.) 


—     6t 


MMi*i 


II. 

Beilrag  zu  dem  guten  Erfolg 

von  der 

Anwendung  der  Aqua  saiwnina 

in  Klystieren  bei  eiDgeklemmten  Brächen^ 

von 

Dr.    Em  s  man  D, 

za  Eckartsberga. 


Auch  ich  habe  den  guten  Erfolg  von  der  An- 
wendung der  Aqua  saturnina  in  Klystieren  bei 
eingeklemmten  Brüchen  erfahren ,  wie  dies  fro- 
Jier  die  DDr.  Neuber,  Haxthauseriy  Rennert^  Sich 
und  Preu/s  in  der  medicinischen  Zeitung  des 
Vereins  für  Heilkunde  in  Preufsen,  Jahrgang 
1838  und  1839,  bekannt  gemacht  haben. 

Es  war  am  17.  August  1839,  als  ich  za 
der  hiesigen  Böttgers  Frau,  Friederike  L.,  zu 
Hülfe  gerufen  ward.  Ich  hatte  dieselbe  schon 
mehreremale  ärztlich  behandelt,  nie  aber  hatte 
sie  mich  davon  in  Kenntnifs  gesetzt,  dafs  sie 
mit  einem  doppelten  Leistenbruche  behaftet  sei. 
Die  Frau  stand  im  fünfundvierzigsten  Jahre 
ihres  Lebens,^ war  zart  gebaut,  und  im  Allge- 
meinen von  schwächlicher  Constitution. 


-     63     — 

Seit  dem  zwölfton  gedachten  Monats^  also 
schon  seit  fünf  Tagen,  war  sie  krank  und  bett- 
lägerig; am  genannten  Tage  habe  sie  Kohlrabi 
Segessen y  Gcmüthsaffecte  gehabt,  und  sei  seit 
iesor  Zeit  krank  gewesen;  so  erzählte  sie  mir. 

Ihr  Zustand  war  folgender:  Stuhlverato- 
pfung,  verhaltene  Winde,  aufgetriebener  Un-^ 
terleib,  Schmerz  in  demselben,  schmerzhaftes 
Ziehen  in  der  Präcordialgcgcnd,  übles  AufMo^ 
fsen,  Ekel,  namenlose  Angst  über  den  gan- 
zen Körper,  Schlaflosigkeit,  Flehen  um  Ilülfey 
nichts  als  Todesgedanken  und  der  Wunsch, 
dals  sie  der  liebe  Gott  zu  sich  nehmen  und 
von  ihren  Schmerzen  befreien  möge;  Durst be«i 
deutend.  Puls  schnell^  kraftlos  und  comprimirt. 
,  Unter  diesen  Umständen,  und  bei  solcheiir 
heftigen  sichtbaren  Symptomen,  mufste  natSr- 
lieh  die  erste  Frage  sein,  ob  sie  einen  Bruch- 
schaden an  sich  trage?  —  Worauf  sie ,  denn^' 
die  Schaam  bei  Seite  legend ,  mir  dies  gestand. 
Sie  war  aber  nicht  nur  mit  einem  doppelten 
Leistenbruche  behaftet ,  sondern  der  linker  Seits 
war  so  aus  dem  Unterleibe  herausgetreten^  dab 
er^  wie  eine  harte  Wurst  oder  Wulst  von  der 
Gröfso  einer  zusammengelegten  erwachsenen 
Mannes  Hand,  eingeklemmt,  vorlag. 

Ob  ich  nun  gleich  einigemal,  und  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  die  Reposition  versuchte,  latige 
und  ausdauernd  damit  anhielt  und  manövrirte,  — 
denn  die  Erfahrung  hat  mich  gelelirt ,  daft  man 
hier  keine  Mühe  sparen  darf,  und  das  Ver- 
fahren Stundenlang  fortsetzen  roulste,  —  so  war 
doch  dadurch  nicht  zum  Zweck  zu  gelangen. 

Mit  Hintansetzung  des  früher  von  mir  in 
solchen  Fällen  nach  Umständen  zur  Anwendung 
gebrachten  verschiedenartigen  Verfahrens,-  ver- 
schrieb ich,    ohne   vorgängige  Blutentziehung 


—     64     — 

dnrch  Blutegel  u.  s.  w. ,  was  ich  bei  der  schw&ch-. 
liehen  Frau  nicht  iiir  nötbig  erachtete,»  sogleich 
sechszehn  Unzen  Aqua  satumioa,  wovon  ich 
ihr  am  17.  August  Abends  ein  Klystier  von 
sechs  Unzen  .geben  ^  eine  Eisblase  über  den 
Bauch  legen,  und  einen  EiGslöffel  voll  Ridnusöl 
nehmen  lielk 

Den  18.  August  früh  6  Uhr:  die  vergan- 
gene Nacht  war  leidlicher  und  besser  als -die 
vorherigen  verbracht  worden,  die  hpftigen  Symp- 
tome waren  wenigstens  nicht  schlimmer  ge- 
worden^ vielmehr  schien  das  Uebel  fixirt  m 
sein;  jedoch  gelang  auch  heute  di^  Zurndt- 
bringung  noch  nicht.  Ein  zweites  Klystier  von 
abermals  sechs  Unzen  Bleiwasser  wurde  apfdi- 
eirty  die  eiskfdten  Umschläge  fortgebraodit  und 
noch  ein  Blklöffel  voll  Ol.  Ricini  gegeben. 

Um  10  Uhr  Vormittags  gedachten  Tages: 
die  Reposition  gelang  noch  nicht.  Un^  swei  Uhr 
Nachmittags  aber  hatte  ich,  obgleich  durchaus 
nichts  weiter,  als  was  vorsteht,  angewendet  war, 
die  äberraschonde  Freude,  daüs  der  Bruch,  die 
Darmschlinge,  welche  ziemlich  schlüpfrig  und 
weich  geworden  war ,  bei  einem  leisen  Druck  der 
Finger  mit  deutlich  hörbarem  Geräusch  durch 
den  Bauchring  zurückschläpfto.  Die  Frau  klagte 
dabei  gar  nicht  über  Schmerzen,  schrie  al^r, 
als  dies  geschah ,  freudig  auf:  „mein  Gott,  was 
war  das?"  —  „Der Bruch  ist  zurück,  das  Uebel 
gehoben,  Sic  sind  für  diesmal  gerettet,"  —  ent- 
gegnete ich  ihr. 

Als  wenn  Jemand  vom  Tode  neu  erwacht, 
so  mufs  das  Gefühl  der  Frau  gewesen  sem; 
sie  betete  still  vor  sich  hin,  dankte  Gott  für 
ihre  Rettung  und  drückte  mir  mit  Thränen  im 
Auge,  den  Blick  himmelwärts  gerichtet,  innigst 
gerührt  die  Hand.     Der  Mann  und  die  Kiorder 


—     65     — 

I 

eilten  herbei^  fielen  auf  ihre  Knie  und  dank- 
ten und  lobten  Gott  für  die  Erhaltung  ihrer 
geliebten  Mutter,  deren  Tod  sie  für  auagemacht 
hielten. 

Solche  Augenblicke  sind  es,  welche  die 
Brust  des  Arztes  bei  den  häufigen  und  schwe- 
ren Mühseligkeiten  seines  Berufs  freudig  be- 
wegen, und  Empfindungen  in  ihm  hervor- 
bringen, die  kein  anderer  Stand,  welcher  es 
anoh  sei,  mit  sich  fuhrt  Ja,  es  ist  und 
bleibt  eine  ausgemachte  Wahrheit,  was  der 
von  mir  von  jeher,  stets  und  immerfort  so  hoch- 
geachtete Hufeland  j  dem  ich  so  gern  nachzu- 
ahmen und  nachzueifern  mich  bestrebe,  in  sei* 
nem  Schwancngesange  sagt:  „der  erhabenste 
Beruf  des  Menschen ,  nach  dem  Gottesdienste, 
bleibt  doch  der,  Priester  der  heiligen  Flamme 
des  Lebens  und  Verwalter  der  häästeu  €tabe 
Gottes  und  der  geheimsten  Kräfte  der  Natnr 
ffir  das  Menschengesdilecht  zu  sein,  d.  i.  — 
AiBt  SBU  sein";  —  und  „Wem  die  Heilkunst 
nicht  zur  Beligion  wird,  dem  ist  sie  die  trost- 
loseste, muhseUgste  und  undankbarste  Kunst 
auf  Erden,  ja,  sie  mufis  ihm  zur  grölbten  Fri- 
volität, zur  Sünde  werden.  Denn,  nur  was  in 
Gott  gethan  ist",  —  und,  setze  ich  hinzu,  wie 
Vieles  mufs  heut  zu  Tage,  bei  der  Bedfirfüg- 
keit  und  Hüllsbedürftigkeit  der  so  sehr  über- 
hand nehmenden  Armuth,  von  dem  Arzte  in 
Gott  gethan  werden  ?  —  „ist  heilig  und  be- 
glückend!" — 

So  ward  die  Frau  bene,  brevi  ac  jucunde 
ans  der  Gefahr  befreit,  gerettet  und  beim  Le- 
ben erhalten;  sie  erholte  sich  bald  wieder. 

Ich  gestehe  offen,  dafis,  so  oft  ich  auch 
früher  Gelegenheit  hatte,    bei  eingeklemniten 

JoorD.XCIILBd.3.St*  B 


—     66     ^ 

Brüchen  tiiätig  zu  sein,  und  so  verflchieden* 
artig  ich,  nach  den  vorliegenden  Umstanden 
von  mancherlei  Methoden,  —  wobei  ich  der 
von  Stark  y  mit  Einreibung  der  ätherischen  Oele: 
Ol.  Pini,  Juniper.  u.  s.  w.,  die  neuerlich  wie- 
der von  Dr.  Schneider  in  Fulda  gerühmt  woi^ 
den,  den  Vorzug  gab,  —  Gebrauch  machte, 
mich  doch  keine  so  überraschend  gut  und  schnell 
zum  Ziele  führte,  als  eben  diese,  mitdemUei- 
wasser  in  Klystieren. 

Sollte  sich  mir  ein  ähnlicher  Fall  darbie- 
ten, so  würde  ich  nicht  Anstand  nehmen,  un- 
ter Berücksichtigung  der  sonstigen  anderweitig 
vorhandenen  Umstände,  dasselbe  Verfahren  zur 
Anwendung  zu  bringen,  das  sich  auch  wegen 
seiner  Einfachheit  ganz  besonders  noch  em- 
pfiehlt. 

Von  den  in  .  ähnlichen  Fällen  von  den 
DDr.  Stannius  und  Steinitz  in  der  allgem.  me- 
dicin.  Zeitung  (Jahrgang  1839.  No.  29.  S.  146) 
empfohlnen  Belladonna -Klystieren,  so  wie  von 
der  Methode  des  Dr.  Warnecke  in  Colin  (ibid. 
No.  38.  S.  189),  habe  ich  bis  jetzt  keinen  Ge- 
brauch machen  können,  des  Letztem  Verfah- 
rungsart  scheint  mir  jedoch  berücksichtigens- 
werth,  und  spricht  sehr  an. 

Noch  scheint  es  mir  hier  am  passenden 
Orte  zu  sein,  der  Methode  des  Dr.  Hesselbacb, 
eingeklemmte  Bräche  zu  reponiren,  ErwähnUD|[ 
zu  Üiun;  sie  findet  sich  in  Casper*s  Wocheii- 
schrift  für  die  gesammte  Heilkunde  (Jahrgang 
1839.  No.  26.  S.  426)  abgedruckt  vor,  und  lau- 
tet wörtlich  also :  „Ein  starker  Mann  stellt  sieh 
an  das  Fufsende  des  Bettes,  bückt  sich  nie- 
der, zieht  den  Kranken  an  sich  und  legt  Jes- 
sen beide  Beine  dergestalt  auf  seine  Schpltem, 
dafs  gerade  auf  einer  jeden  derselben  ein  Knie- 


-  ff 

—     67     — 

gelenk  des  Kranken  zu  liegen  kommt,  die  Fufte 
aber  an  seinem  Rücken  herunterhängen.  Als- 
dann hebt  er  sich  langsam  wieder  auf^  zieht 
£e  Schenkel  des  Kranken  mit  sich  in  die  Höhe, 
so,  dals  an  der  Brast  des  Mannes  der  Körper 
des  Kranken  herabhängt,  dessen  Brust  und  Kopf 
aber  auf  dem  Bette  ruhen.  Nun  wird  die  Taxis 
von  Neuem  wiederholt,  und  —  gelingt*' 

Mag  dies  dahin  gestellt  sein,  soviel  steht 
fest:  die  in  Frage  seienden  Klystiere  von  Aq. 
saturnin»  haben,  in  desperaten  Fällen,  auliser 
meinem  Falle,  schon  mehreren  Aerzten  gute 
und  sehr  erwünschte  Dienste  geleistet,  dies 
Factum  ist  nicht  zu  leugnen;  dürfte  es  daher 
woU  erlaubt  sein,  auch  nach  dem  fFie  und 
Wmrumy  und  sonach  nach  dem  nächsten  Grunde 
davon  zu  fragen,  —  obschou  über  die  Wirki» 
samkeit  der  Arzneimittel  im  Allgemeinen  noch 
ein  ziemlich  hoher  Grad  von  Dunkelheit  :ob- 
waltet,  und  dem  Naturforscher  hier  noch  ein 
weites,  weites  Feld  zum  ernsten  Nachden- 
kenvorliegt. Denn  z^  sagen:  dies  Medicament 
wirkt  reizend,  erregend,  deprimirend,  schwär 
ehend,  sthenisirend,  asthenisirend,  potenzirend| 
depoteuzirend  u.  s.  w.  auf  den  Organismus  und 
die  Erregung  der  Lebensthätigkeit  desselben; 
was*  ist  und  wird  dadurch  gewonnen?  —  In 
Wahrheit  wenig,  sehr  wenig;  die  Ausdrucke 
sind  zu  allgemein,  halten  sich  zu  sehr  im  Oe- 
nerellen^  ohne  ins  Spccielle,  in  die  besondere, 
spedfike  Wirkungsart  der  Mittel  einzugehen; 
mit  einem  Worte,  es  wird  dadurch  ein  blofiies 
plus  und  minus,  eine  Addition  und  Subtraction 
bezeichnet,  ohne  alle  Rficksichtsnahme  auf  das 
iQuale,  das  Eigenleben,  das  speciflke  krank- 
hafte Ergriffensein  des  Organs  sowohl,  als  die 
Qualität  des  Mittels  selbst  u.  s.  w.,  was  um- 

E  S 


-     68     - 

Standlich  zu  erörtern ,  hier  der  Ort  nidit  ist ;  — 
obschon  demnach,  wie  gesagt,  die  Wirkung 
der  Arzneimittel y  in  Gruppen,  im  Allfi^emeinen 
besonders,  weit  weniger  aber  die  specifike  Wif- 
\  kung  der  einzelnen  Mittel,  noch  lango  nicht 
klar  vorliegt  und  einzusehen  ist:  so  wollen  wir 
doch  die  von  dem  Bleiwasser,  im  vorliegen- 
deo  Falle,  aufzuklären  und  nachzuweisen  ver- 
suchen. Mifsräth  dieser  Versuch,  so  mfissen 
wir  uns  damit  trösten,  dafs  schon  so  mancher 
ähnliche  in  unsrer  Wissenschaft  gescheitert  ist; 
wo  nicht,  und  findet  er  auch  nur  einen  leisen 
Anklang  zur  Nacheiferung  in  ähnlicher  Bezie-* 
hung:  so  würde  unsere  dabei  gehabte  beson- 
dere Absicht  dadurch  aufs  vollkommensta  erreieht 
werden.  Denn  ausgesprochen  sei  es  hiermit: 
durch  das  sich  Bewegen,  Hemmdrehen  und 
Aufhalten  im  Allgemeinen  und  bei  allgemrinen 
Sätzen,  wird  wenig  bezweckt  und  erzwediC, 
wenn  nicht  dabei  zugleich  in  das  speciellste 
Detail  mit  eingegangen  wird,  und  die  allge- 
mein ausgesprochenen  Ansichten  und  Grund- 
sätze sich  dadurch  bethätigen  und  verificireD; 
genug  hiervon. 

Die  beilsame  Wirkung  des  Bleiwassers 
scheint  uns,  um  kurz  von  der  Sache  zu  kom- 
men, darin  zu  liegen:  wie  es  Mittel  giebt  (die 
rein  kohlenstoffhaltigen),  die  hauptsächlich  auf 
das  sensible;  Mittel  (die stickstofflialtigen),  die 
auf  das  irrilabic-,  und  indifferente  Mittel,  die 
auf  das  reproductive  System  wirken,  das  re- 
productive  System  aber  selbst  wieder  zunächst 
in  Assimilation  und  Secretion  zerfällt,  welcher 
letztem  Function  die  Meiallkalke  entsprechen; 
so  wirkt  dipsem  nach  das  Blei  im  oxydirten 
Zustande  innerlich  hauptsächlich  auf  das  Diu- 
sensystem,    und  ganz  besonders  auf  die  Cre- 


—     69     — 

krösedrüsen,  so  dafs  es  diese ,  und  in  seiner 
allmähligett  Verbreitung,  weil  es  zusamnieuzie- 
bend  und  austrocknend  wirkt ,  auch  die  übri- 
gen Drusen  im  Körper«  nach  und  nach,  völlig 
verstopren  und  verhärten  kann ;  daher  die  schreck- 
lichen Folgen  bei  den  Arbeitern  auf  den  Blei- 
hütten, die  an  der  sogenannten  Hütteukatze 
leiden,  und  welche  zuletzt  gleichsam  zu  Mu- 
mien einschrumpfen. 

Diese  seine  zusammenziehende,  zurück- 
treibende, kühlende  und  austrocknende,  der 
Fäulnifis  widerstehende  Kraft,  legt  das  Blei 
ganz  besonders  in  Form  der  Auflösung  in  Was- 
ser (Aq.  saturnin.)  bei  seiner  äußerlichen  An- 
wendung au  den  Tag,  und  darum  empfohlen 
schon  Boerhaave  und  Heister  dessen  äufserliche 
Benutzung  bei  Verbrennung ,  Entzündung  u.  s.w. 
^Bei  ausgetretenen  Brächen,  um  das  Zurfiek- 
„bringen  zu  erleichtern,  und  überhaupt  in  allen 
„Fällen,  wo  man  ohne  Gefahr  zurücktreibende 
„und  austrocknende  Mittel  anwenden  darf,"  sagt 
Piderit  im  Dispensatorio  Hassiaco(1807.  p.  161), 
„ist  das  Bleiwasser  y  äufserlich  angewendet,  ein 
^^unvergleichliches  Mittel."  In  Klyatieren  ange- 
wendet, wird  dasselbe  daher  auch  gleiehe  Wir^ 
knng  &ufsem ,  da  bei  dieser  Anwendung  le- 
diglich nur  die  grbfsere  Fläche^  welche  das 
Mittel  berührt,  der  Tractus  intestinorum,  in 
Frage  kommt. 

Kühlend ,  zusammenziehend ,  zurücktrei- 
bend und  austrocknend :  dies  sind  also  die  Ei- 
genschaften, die  eine  gesunde  Erfahrung  dem 
Bleiwasser  zuschreibt  und  beilegt;  wobei  kein 
Zweifel,  zulässig  ist.  Die  specifike  Wirkung 
desselben  aber  bezieht  sich,  nach  Obigem,  auf 
das  Drüsen-  und  Saugadersystem,  die  söge- 


-     70     - 

DAimten  Capillargefafse ,   indem    es  diese   aar./ 
vermehrten  Contraction  reizt  and  antreibt. 

Worin  besteht  nan  das  Wesen  des  einge-  ^ 
klemmten  Bruches,  welches  ist  die  wahre,  ein- 
sige and  letzte  Ursache  davon?  —  .  -i 

In  der  Lösung  dieser  Frage  ist  die  aofge^-  1 
worfene  Hauptfrage  zugleich  mitbedingt  und  -. 
gegeben;  zur  Beantwortung  derselben  gehen  -j 
wir  nunmehr  über. 

Bei  der  Hernia  inguinal,  complet.   tritt  per  j 
annulum  abdominalem   bald  Netz,    bald  Darm,   ^ 
bald  beides  zugleich,  aus  dem  Unterleibe  (Epi-* 
ploocele,  Enterocele,  Enterocpiploocele)  hervor, 
und  senkt  sich ,  bei  Mannspersonen  in  den  Ho-  / 
densack,  bei  Frauenzimmern  aber  in  die  Scham-  .*'. 
lefzen;   je  beträchtlicher  nun   das  vorgefkUne 
Darmstfick  ist,   und  je  mehr  sich  in  ihm  ver--  > 
härtete  Faeces  befinden,  desto  mehr  wird  auch   . 
die  äuisere  Geschwulst  vergröbert  and  die  Za- 
ruckbringung  erschwert,  weil  dadareh-  auf  die  ; , 
kleine  Oeifuung   des  Ringes  selbst  ein  Drack, 
and  vermöge  dieses  mechanischen  Druckes  der  ' 
Zuflulis  der  Säfte  (irritatio  attrahit)  und  mithin  . 
eine  gröüsere  Zusammenschnürung  der  MaskelOi 
d.  i  Krampf  in  ihm  verursacht  und  herbeige- 
führt wird.    Die  Zuruckbringung  des  Bracbes 
wird  dann  unmöglich. 

Beiläufig  sei  es  bemerkt,  dafs  in  diesem 
Falle,  und  wenn  das  Ucbel  noch  nicht  lange 
angedauert  hat^  auch  die  sogenannten  erwei- 
chenden und  krampfstillenden  Mittel  ihre  heil- 
same Wirkung  äufsern  werden;  wodurch  so- 
gleich der  gute  Erfolg  einer  solchen  Verfal^- 
rongsart  mit  bedingt  und  gegeben  ist. 

Im  hohen  Grade  und  bei  längerer  Daner 
des  Uebels  aber  mufs  nothweudig  dieser  ört- 
liche Krampf,   bei  fortwährender  Vermehrung 


—     71     — 

des  S&fteandrangs  9  Blutcongestioncn  a.  8.  w.; 
EntzfinduDg  der  Theile  selbst  herbeifuhren  ^  quo- 
niam  summus  gradus  spasmi  initium  inflamma- 
tionis  est,  daher  nao  Röthe,  Geschwulst,  er- 
höhtere  Temperatur  und  Schmerz  sich  einstel- 
len und  sichtbar  werden  (höher  gesteigert,  en- 
det allemfil  dieser  Zustand,  hier  gerade  so  recht ' 
sichtbar  in  die  Augen  springena,  mit  Mortifi« 
cation,  Gangrän,  weil  smnmus  gradus  inflamma- 
tionis  initium  putredinis  est);  antiphlogistische 
Mittel,  BlutentsiehuDg  u.  s.  w..  Alles  nntor 
gehöriger  Berücksichtigung  des  Grades  der  Ent- 
zündung, müssen  daher  nun  auch  von  den  heil- 
samsten und  erspriefslich^ten  Folgen  sein. 

Da  nun  feststeht ,  dals  die  Aqua  saturnina 
nicht  nur  kühlend,  zusammefiziehend;  zurück- 
treibend und  austrocknend ,  sondern  specifik,  als 
Bleikalk,  noch  ganz  besonders  auf  das  Saug- 
adorsystem,  und  im  vorliegenden  Falle  auf  die 
Capillargefifse  des  entzündetet  Theils  wirkt, 
und  diese  zu  mehrerer  Contraction  und  Re- 
sorption antreibt:  die  Kälte  aber,  ähnliche  Wir- 
"  kung  hervorbringend ,  als  das  eigentliche  Antk- 
phlögistieidn ,  örtlich  angewendet,  zugleich  io 
und  mit  dem  Wasser,  der  Aqua  saturnido^  vei^ 
bunden  ist;  so  folgt:  dafii  in  jedem  betil«hl» 
lich<m  Entzündungsgrade,  bei  eingeklemmten 
Brüchen,  von  der  Anwendung  des  Bleiwasser« 
in  lüystieren  und  Ueberschlägen,  gewilll  .ria 
günstiger  Erfolg  sich  hoffen  lälst. 


—     7«     — 


m^'^^mm' 


ffl. 

Medicmiisch-praklischeimdfheo->  l 
retische  Erörtprangen 

▼  on  ' 

Aog.   Wilh.  Nenber, 

Doctor  der  Medizio,  Chirargie  ond  Philosophie  id        f 

Apenradct 


(Fortsetznng.   VergU  Toriges  Stück'  S.  lOU) 


11. 

Hr.  Dr.  Weiße  in  Petersburg  berichtel  ia 
den  Mittheilungen  aus  dem  Archiv  der  Cleselt- 
Schaft  correspondironder  Aerzte  zu  St  Peter»« 
bürg  (Zeitschrift  für  die  gesammte  Hediein,. 
von  Diefffnbach,  Fricke  und  Oppenheim  1837. 
Bd.  V.  Hft.  1.  S.  97)  von  einem  Leberkranken, 
bei  dem  er  den  Auswurf  eigenthämlioh  fim^ 
indem  sich  derselbe  an  der  Oberfläche  des  Was- 
sers, in  das  er  geworfen,  verbreitete,  und  von 
derselben,  nach  Art  einer  Wasserhose,  kegel- 
förmig herunterhing,  ohne  dafisi  das  Wasser, 
selbst  bjBim  Schütteln,  getrabt  wurde.  — ^  Bin 
Auswurf  dieser  Art  kommt  indefe  wohl  nicht 
selten,   auch   bei  Leiden  der  Lunge  und  der 


—     73     — 

Luftröhre  vor^  ohne  VcrbinduDg  mit  Leberkrank- 
heiten, und  besagt  wohl  nur,  dab  derselbe  sehr 
zähe,  und  theils  specifisQh  schwerer,  theils  leich- 
ter, als  das  Wasser  ist,  das  letztere  häufig 
durch  beigemischte,  oft  sehr  kleine  Luftblasen. 
Läfst  man  es  nicht  bloüs  beim  Schütteln  be- 
wenden, sondern  rührt  man  denselben  fleüsig 
mit  dem  Wasser  zusammen,  so  sondern  sich 
die  leichten  Theile,  und  enthielt  der  Auswurf 
Luftbläschen,  auch  diese  nach  und  nach  ab, 
und  der  eine  Theil  desselben  fallt  zu  Boden, 
während  ein  anderer,  wahrscheinlich  mehr  aus 
gewöhnlichem  Schleim  bestehend,  an  der  Ober- 
fläche schwimmen  bleibt«  Nicht  aber  bildet  ein 
solcher  Auswurf  immer  nur  eine  einzige  kegel- 
JTörmige  Senkung,  sondern  nicht  selten  deren 
mehrere.  Jenes  mag  dann  der  Fall  sein,  wenn 
sein  Zusammenhang  bedeutend  ist;  indelis kommt 
auch  viel  darauf  an,  wie  man  denselben  auf  das 
Wasser  wirft:  geschieht  dies  auf  einmal,  Iang>-^ 
sam  und  mit  einiger  Vorsicht,  so  bildet  sich 
gewöhnlich  nur  eine  kegelförmige  Senkung,  ge- 
schieht es  aber  unterbrochen,  öder  auf  eine 
mehr  stürmische  Art,  so  erscheinen  in  der  Re- 
gel deren  mehrere. 

1«. 

Derselbe  Hr.  Dr.  Weifst  (a«  a«  O.)  macht 
Bemerkungen  zu  einem  Aufsatze  vom  Profes- 
sor Otto  in  Kopenhagen  über  einige  bemer- 
kenswerthe  Eigenthümlichkeiten  der  Gefäng- 
niüskrankheiten  (soll  wohl  heiüsen,  der  Krank- 
heiten der  Gefangenen),  der  im  Hamb.  Magazin 
der  gesammt.  Heilk.  1837,  Mai  u.  Jtini,  S.  396 
enthalten  ist.  Er  ist  zwar  darin  mit  Oitö  ein- 
verstanden, dais  die  entzündliche  Form  selten 
sei,  dagegen  widerspricht  er  Oiio  darin,  dals 


—     74     — 

der  Gastricismas  in  den  Gefängnissen  eine  sel- 
tene Erscheinung  sei ,  indem  in  Petersburg  we- 
nigstens der  sechste  Theil  aller  Gefangenen 
an  gastrischen  Fiebern  leide.  Gegen  das  Ende 
des  Aufsatzes  kommt  auch  die  in  den  Ropeffei- 
hagener  Geföngnissen  eingeführte  Pferdefleisdi- 
Diät  asur  Sprache.  Hr.  Prof.  Otto  mag  allerdings 
seinen  Erfahrungen  eine  zu  allgemeine  Geltung 
geben,  aus  dem  Ganzen  geht  offenbar  aucfa 
hier  hervor,  daft  die  Ergebnisse  von  Beobach- 
tungen oft  nur  durch  örtliche  Verhältnisse  be- 
dingt werden«  Gewifs  haben  Beide  Recht,  und 
es  mag  wahr  sein,  dals  in  den  Kopenhagener 
Gefängnissen  weniger,  in  den  Petersburffem 
mehr  Fälle  von  Gastricismus  vorkonftinen.  Viel- 
leicht rührt  dieser  Unterschied  daher,  dab  die 
Gefangenen  in  Kopenhagen  keine  Versudiang 
sparen,  sich  an  dem  Pferdefleisdie  dta  Magen 
2U  überladen  (was  in  der  That  eine  Empfth- 
lung  für  diese  Art  der  Diät  wäre),  während 
dagegen  die  Gefangenen  in  Petersburg  sich  da- 
mit den  Magen  leichter  verderben  sollen,  da  sie 
nach  der  dortigen  Sitte  von  dem  strengen  Fasten 
oft  zu  schnell  zu  einer  nahrhafteren,  kräftigeren 
Kost  übergehen. 

13. 

In  dem  Berichte  über  die  chirurgische  Ab- 
theilung des  Hamburger  Krankenhauses  von 
zweiten  Quartale  des  Jahres  1836,  vom  Dr. 
Fricke  (Zcitschr.  f.  d.  ges.  Medic.  1837.  B.  V. 
H.  2.  —  a.  a.  0.  S.  139),  wird  ein  Fall  von 
Phlegmone  des  Oberarms  erzählt,  der  tödtlich 
endete«  —  Dieser  Fall  bringt  mir  zwei  Fälle  der-* 
selben  Krankheit ,  welche  gleich  bedeutend  mit 
Busfs  Pseudoerysipelas  zu  sein  schienen,  ins 
Gedächtnifs,  von  denen  der  eine,  ebenfalls  den 


—     76     — 

Oberarm  betreffend,  gleicherweise  todilich  en- 
dete,  der  andere  aber,  in  welchem  der  Unter- 
schenkel ergriffen  war,  hergestellt  wurde.  Da 
beide-  Fälle  nicht  ohne  Interesse  sind,  theile  ich 
dieselben  in  der  Kürze  mit: 

,,C.  H.,  ein  dreifsig  Jahr  alter  Tagelöhner 
von  ziemlich  starkem  Körperbau  und  wohlge- 
nährt, war,  als  ich  am  30.  März  1834  zu  mm 
gerufen  wurde,  seit  fünf  Tagen  krank.    An- 
fangs bekam  er  Fieberfrost  mit   Brustschmerz 
und  Husten ,  und  demnächst  vermehrte  Wärme 
und  Schweifs.     Dann    stellte   sich   Erbrechen^ 
Durchfall   und  vorübergehendes  Irrereden,  gre- 
ise Unruhe  und   Schlaflosigkeit  ein.     Als  ich 
ihn  Nachmittags  sähe,  dauerte  die  Unruhe  fort. 
Er  safs  aufrecht  im  Bette,  entblöfste  sich,  sprach 
doch  aber  verständig,  und  gelobte  auf  meine 
Ermahnung,    sich   ruhig  verhalten   zu  wollen. 
Er  hustete  häufig,   klagte  über  Kopfechmerz, 
der  Athem  war  knisternd,  das  Gesicht  nicht 
eingefallen   und    nicht   besonders    bleich,    der 
Blick  des    Auges    und    die  Wärme  natürlich, 
die  Haut  roth  gesprenkelt;    auf  dem  rechten 
Arm  lag  er  beständig,  daher  war  die  rechte 
Hand  blanroth.    Die  Röthe  wich  dem  Finger- 
druck, kehrte  aber,  wenn  dieser  aufhörte,  so- 
gleich wieder.     Indefs  war  dieser  Arm  weder 
gelähmt,  noch  gefuhVos.    Der  Puls  hatte  hun- 
dert Schläge   in   der  Minute  und  war  gefüllt, 
welch  und  etwas  ungleich.     Das  Erbrechen  hatte 
aufgehört.     Die  Zunge  war  lebhaft   rosenroth 
und  feucht,  kein  übler  Geschmack,  kein  Druck 
in  der  Herzgrube  vorhanden.     Oelfnung  hatte 
er  am  vorigen  Tage  gehabt;  «Hein  die  Brust 
war  sehr  beengt,  und  der  Husten  mit  Schleim- 
auswurf verbunden,  aber  ohne  alle  Beimischung 
von  Blut.     Dagegen  hatte  ihm,  während  der 


-     76     - 

Krankheit 9  die,  Nase  mebnuals  geblutet,  doch 
nicht  bedeutend«     Vor  acht  Tagen,   also  drei 
bis  vier  Tage  bevor  er  ernsthaft  erkrankte,  hatte 
er  sich  zur  Ader  gelassen,  weil  er  seit  länge- 
rer Zeit  allgemeines  Jucken  in  der  Häuf  ver- 
spürte.   Bald  nach  dem   Aderlassen  nprde  er  A 
krank.    Der  Durst  war  ziemlich  stark ;  den  Harn    % 
sah  ich  nicht.  —    Der  Zustand  des  Kranken     * 
war  allerdings  ein  sehr  complicirter.    Wenn  an- 
fanglich das  Leiden   sich   zwar   als  ein  mehr 
entzündliches  ,  auszusprechen    schien ,    so    war    T 
doch  jetzt  ein  Uebergang  zum  Nervösen,  ein    ^ 
Sinken  der  Kräfte,  ja  selbst  eine  Hinneigung  "■'. 
zur  Entmischung  nicht  zu  verkennen.  —   ludeb    -^ 
hielt  sich  der  Pu)s^   d.  h.  die  Herzthaügkeity.   ^ 
noch  auf  der  Höhe  eines  Gefäisfiebers,  von  der    .: 
freilich  das  Herabsinken  zum  Nerven-  on^Bnt^     J 
mischnngsfieber  nur  zu  leicht  geschehen  konnte,    k 
besonders  unter  Umständen  und  Vorzeichen,  wie  '^^'^■ 
sie  hier  vorhanden  waren.  Das  Erbrechen  schien 
bei  der  feuchten  reinen  Zunge  mehr  die  Folge    '. 
der  Rückwirkung  eines  entfernten  Nervenreises, 
als  einer  krankhaften  Thätigkeit  der  Verdauf- 
ungsorgane  selbst,  zu  sein.  —  Dieser  Ansieht 
gemäls  richtete  ich  mein  Verfahren  ffln,  ver-. 
ordnete  Umschläge  von  kaltem  Wasser  auf  den 
Kopf,  liels  innerlich  alle  Stunden  ein  Polv«» 
nehmen  von  einem  halben  Gran  Calomel, 
viel  Opium,  einem  Viertelgran  IpekakoanluL 
nem  Achtelgran  Sulph.  aurat.  Antimon,  und 
nem  halben  Skrupel  Zucker,  —  ferner  auf  jede 
Wade  eine  handgrolse  spanische  Fliege  legen 
und  die  ZugstcUe  mit  einer  Mischung  aus  zwei 
Unzen  Königssalbc  und  einer  Drachme  Kam« 
phor  verbinden.   Zum  Getränk  erhielt  der  Kranke 
einen  Aufgufs  von  Brustkräutern« 


—     77     — 

Am  31.  März,  als  am  scchstcp  Tage  der 
Krankheit,  hörte  ich,  da(s  er  erst  Morgens  um 
vier  Uhr  ruhig  geworden;  bis  dahin  sprang  er 
mehreremalo  aus  dem  Bette  und  lief  mit  dem 
Betttuche  in  der  Stube  amher;  nur  mit  Mühe 
konnte  man  ihn  beruhigen.  Hierauf  schlief  er 
ununterbrochen  drei  Viertelstunden  |  und  später 
öfters  in  kleinen  Zeiträumen ,  Vormittags  sogar 
einmal  zwei  Stunden  lang.  Von  den  Pulvern 
waren  eilf  verbraucht,  die  kalten  Umschläge 
ihm  angenehm;  ich  liefs  sie  daher  fleiCsig  und 
mögUchst  kalt  fortsetzen.  Bei  meinem  Be- 
imche  Vormittags  eilf  Uhr  fand  ich  ihn  völlig. 
bei  Verstände,  doch  hatte  er  noch  grofse  Nei- 
gung zum  Irrereden.  Ueber  Schmerz  klagte 
er  nicht  mehr;  der  Puls  war  weniger  gefSlt^ 
sonst  ganz  wie  Tages  vorher,  ebenso  die  Wärme 
der  Haut,  letztere  war  feucht,  die  rechte  Hand 
weniger  blau,  die  Zunge  leigte  an  der  Wur- 
ssel  einen  kleinen  Anflug;  der  Husten  hatte  sich 
gemindert.  —  Ich  liefs  die  Pulver  erneuern, 
aber  nur  jede  andere  Stunde  eines  nehmen, 
wechselte  eben  so  oft  mit  einem  Efslöffel  voll 
von  einem  Aufgusse  von  einer  Drachme  Ar- 
nikablumen  zu  sechs  und  einer  halben  Unze 
Colatur,  mit.  einer  halben  Unze  Scnegasyrap^ 
einer  Drachme  Liq.  Ammon.  anifkt.  und  einer 
halben  Drachme  Salmiak. 

Die  Nacht  zum  1.  April,  dem  siebenten 
Tage,  verging  ziemlich  ruhig,  indefs  dauerte 
das  Irrereden  zwischendurch  fort.  Mit  mir  sprach 
er  verständig.  Der  Athem  war  kurz  und  be- 
schleunigt, die  Luftröhre  voll  losen  Schleims. 
Der  Aussage  seiner  Umgebungen  nach,  warf 
er  faulige  Stoffe  aus.  Er  klagte  jetzt  über 
Schmerzen  in  allen  Gliedern,  besonders  in  djBu 
Knieen.     Das  linke  fand  ich  etwas  geschwol- 


—     78     — 

len^  noch  mehr  aber  den  rechten  Vorderarm. 
An  diesem  Arme   war  er  zur  Ader .  gelassen 
worden,   und  zwar  von  einem  gemeinen  Men- 
Bch/en;  jedoch  hatte  er  keine  Schmerzen  oder 
sonstige  Unbehaglichkeiten   in  demselben  •  bis- 
her verspürt    Hand  und  Vorderarm  waren,  wie 
schon  bemerkt,   stets  etwas  blauroth;  jedoch 
der  Puls  nicht  schwächer,  als  an  der  andern 
Hand.    Jetzt  hatte  sich  an  der  hintern  Seite 
des  Vorderarms,    in  der  Gegend    der  Bäuche 
der  Streckmuskeln  eine  bedeutend  weiche  Ge- 
fidiwulst  gebildet.    Die  darüber  liegende  Haut 
war  rosenartig    geröthet,    schmerzte   aber  bei 
der  Untersuchung  sehr  wenig;  die  Warme  war 
etwas  höher,  als  die  des  übrigen  Körpers,  ob- 
gleich auch  diese  um  ein  Weniges  gesteigert 
war.    Die  Haut  fand  ich  feucht;  den  Pulshun- 
dertschlägig,  weich,  gefüllt,  schnell;  dieZnnge^ 
die  bisher  rein  gewesen,  hatte  sich  stark gelb- 
weils   belegt,    wie    beim    eintretenden    Spei- 
chelflufs,    doch    fehlte    der   Geruch   desselben. 
Oeffnung  war  erfolgt.  —    Da  ich  den  Zustand 
der  Zunge  dennoch  der  Einwirkung  des  Queck- 
silbers zuschrieb,  so  liefs  ich  die  Pulver,  von 
denen  von   s^wölf  noch  vier  Stück  übrig,   abo 
in  AUdm  zwanzig  Stück,  oder  zehn  Gran  Ct- 
lomel  verbralcht  waren,    aussetzen,   dagegen 
aber  den  Aufgufs  der  Arnica  erneuern,     lieber 
den  Arm  wurden   Bähungen  von   einer  halben 
Unze  essigsauren  Blei's  und  einem  Quart  (56  Loth) 
Brunnenwasser  gemacht. 

Am  2.  April^  demachten  Tage,  waren' wi- 
der meine  Vorschrift  noch  zwei  von  den  zu- 
rückgesetzten Pulvern  gegeben  worden.  Pat 
hatte  wenig  geschlafen  und  sein  Zustand  zeigte 
sich  gleich  beim  ersten  Blick  als  sehr  bedeu« 
lieh.    Er  lag  im   beständigen  Faseln,    kannte 


—      79      -r 

mich  aber  und  beantwortete  meine  Fragen  rich- 
tig. Die  Schmerzen  in  allen  Gliedern  dauei^ 
ten  fort/  und  verhinderten  ihn,  sich  zu  bew»- 

Sm.  Die  Wärme  war  noch  mehr  gesteigert, 
e  Haut  trocken,  der  Puls  etwas  hart,  sonst 
wie  Tages  zuvor.  Die  Zunge  war  trocken  ge- 
worden, er  .hatte  starken  Durst,  einen  kurzen 
beengten  Athem,  die  Brust  war  sehr  leidend, 
dreimal  war  Oeffnung  erfolgt.  Die  Gegend  des 
rechten  Schlüsselbeins  war  aufgetrieben,  um* 
die  Geschwulst  am  Vorderarme  hatte  jetzt  gan& 
^e  Beschaffenheit  des  Rust^sehen  Pseudoery- 
sipelas.  Sie  war  härtlich ,  der  Fiugerdruck  hin- 
teriieÜB  Gruben,  und  in  der  Tiefe  sqhien  Schwap- 

Siong  vorhanden.  —  So  richtig  ich  auch  an- 
angs  den  Zustand  gewürdigt  zu  haben  glaubte, 
liels  ich  mich  gleichwohl  durch  diesen  trüge- 
rischen Schein  einer  Entzündung,  zu  dem  ich 
dasUebelsein  gesteigert  wähnte,  zu  einem Ader- 
lals  von  zwei  Tassenköpfen  voll  (etwa  zehn 
bis  zwölf  Unzen)  verleiten,  und  statt  desAr- 
nicaaufgusses,  der  bis  auf  ein  Viertheil  ver- 
braucht war,  stündlich  einen  E&löffel  voll  von 
einer  Mischung  aus  zwei  Gran  Brechweinstein, 
sieben  Unzen  Fliederwasser  und  einer  Unze 
Sauerhonig  geben.  Zum  Getränka  aber  erhielt 
er  Essiglimonade,  statt  des  jungen  Weins,  mit 
Wasser  vermischt,  den  man  ihm,  ohne  mein 
Wissen,  gegeben  hatte.  — 

Den  £  April ,  den  nennten  Tag.  Der  Ader- 
lafs  war  bis  diesen  Morgen  verschoben  wor- 
den. AI4  ich  das  Blut  einige  Stunden  später 
sah,  war  es  zu  einer  gleichmälsigen  Masse  ge- 
ronnen ,  ohne  Absonderung  von  Blutwasser,  und 
mit  einem  gelben  schleimig -gallertartigen  Ue- 
bersQg  bedeckt  Der  Kranke  war  mehr  zu- 
SMmnenge&llen ,   und   von    einem  allgemeinen 


—     80     — 

Ziitcm  ergriffen.     Geschlafen   hatte  er  nicht, 
der  Athem  indefs  war  etwas  leichter  und  die 
Bmst  freier.     Er  hatte    stark  geschwitzt  und 
die  Haut  war  noch  feucht,  die  Wärme  natürUcher^ 
die  Gliederschmerzen  weniger  stark ,  der  Pute  | 
zahlte    luindert   Schläge,    war  mäfsi^  gefüllt,    '-'^ 
schnell  und  weich.     Oefihung  war  einmal  er-    '! 
folgt;  die  Geschwutet  am  rechten  Arme  etwas 
vermindert.  — 

Den  4.  April ,  den  zehnten  Tag.    Abermals  ^ 
kein  Schlaf.    DieKräfte  sinken.    Der  Pute  klein,  ' 
schnell,  häufig,  weich,  die  Zunge  dunkeboth 
und  feucht,  der  Athem  kurz  und  beengt,  Stuhl-  ^ 
gang  und  Harn  gingen  unwillkührUch  ab.    Ich   « 
kehrte  zur  Amica  zurück,    die  ich  nie  h&tte  /., 
aussetzen  sollen,    indem  ich  einen  Aufgub  d«» 
Blumen  von  einer  Drachme  auf  sechs  Unzen 
Colatur,  mit  einer  Drachme  Salmiak  jede  Stunde 
zu  einem  Efslöffel  voll,  daneben  zweiständlidi 
ein  Pulver  aus  einem  Gran  Mohnsaft,   einem 
Viertclgran  Brcchwurzel  und  zehn  Gran  Zocker 

fab,    allein,  wie  vorauszusehen  war,  umsonst, 
enn  der  Kranke  starb  am  Morgen  des  5.  Apnl,  • 
also  des  cilften  Tages  der  Krankheit  —    Die  ■ 
Oeffnung  der  Leiche  wurde,  leider,  wie  es  in  - 
meinem  Wirkungskreise   fast  immer  der  Fall, 
nicht  gestattet  — 

Der  zweite  Kranke  war  ein  56  Jahr  alter 
Seefahrer  von  ziemlich  starkem  Knochenbau, 
grols,  mäfsig  genährt  und  von  einer  starken, 
mifefarheuen  Gesichtsröthe,  welche  auf  einen 
fehlerhaften  Kreislauf  im  Uuterleibe  deutete.  Ob 
er  dem  Trünke  ergeben,  ist  mir  nicht  bekannt 
geworden,  doch  glaube  ich  es  kaum.  An  Be- 
schwerden im  Unterlcibe,  namentlich  an  Schmer- 
zen in  der  Lebergegeud ,  wollte  er  schon  lauge 


—     81     — 

gtüiien  haben.  —  Als  ich  am  16.  April  ihn 
BUBI  eislenmale  besuchte,  war  er  seit  xwei  Ta- 
gen (seit  dem  14ten)  krank,  klag^  über  ste- 
chende Schmelzen  in  der  Ldliergegend ,  Nei- 
gung som  Erbrechen,  Dmck  in  der  Hersgrube^ 
vennehrte  Wärme  und  beschwerlichen  Athem; 
der  Puls  war  hart,  voll  und  beschleunigt,  die 
Zonge  gelbweils  belegt.  —  Ichschlolsauf  eut- 
snndüche  Reizung  der  Leber,  lieis  am  rech- 
ten Arm  drei  Tassen  Blut,  legte  eine  band- 
grolse  spanische  Fliege  auf  die  schmerzhafte 
Gegend  und  lieTs  alle  zwei  Stunden  ein  Pulver 
nehmen,  deren  jedes  einen  Gran  Calomel  und 
fnnfiEebn  Gran  Salpeter  enthielt,  verordnete  da- 
bei eine  antiphlogistische  Diät,  zum  Getränk 
kaltes  Wasser.  —  Den  17.  April  fand  ich  das 
Bhit  in  einem  weichen  Blutkuchen  geronnen^ 
ohne  BntzünduDgshaut;  das  woiige  Blutwasser 
hatte  eine  grünliche  Färbung.  Die  Schmeraeo 
hatten  sich  vermindert,  die  Wärme  und  G»- 
aichtsröthe  vermehrt;  der  Puls  hatte  die  Härte 
verioren,  machte  achtzig  Schläge  in  der  Mi- 
uute  und  war  nicht  besonders  schnell,  aber 
noch  immer  gefüllt.  —  Die  beiden  ersten  Pul- 
ver hatte  er  weggebrochen,  die  übrigen  aber 
behalten  und  mehrere  reichliche  Quecksilber- 
ztähle  gehabt  —  Den  18.  April,  den  vierten 
Tag.  Am  vorigen  Abend  hatte  er  noch  eine 
starke,  braunrothe,  ganz  dünne  Oeffhung  ge- 
bäht, die  ihm  Erleichterung  verschaffte,  doch 
ohne  Nachhalt,  denn  die  Nacht  war  schlafloa^ 
Patient  hatte  sogar  mitunter  vorübergehend  de- 
lirirt,  wobei  er  aber  frei  von  Kopfschmerz  war. 
Der  Schmerz  in  der  Lebergegend  hatte  wieder 
zugenommen,  vermehrte  Wärme  und  Gesichts- 
röüie  dauerten  fort.  •  Der  Pub  hatte  neunzig 
Schläge  und  zeigte  wieder  mehr  Härte »  der 
Joani.X€m.Bd.3.8t  F 


—     8«     — 

Aihem  war  kurz  und  schmerzhaft.  —  Die  spa- 
nische Fliege  hatte  nur  unbedeutend  gezogen, 
sie  wurde  mit  einem  Gemische  aus  zwei  Un- 
zen brauner  Königssalbe  und  einer  Drachme 
Campher  verbunden.  —  In  die  Lebergegend 
wurden  sechszehn  Blutegel  gesetzt  und  aber- 
ttials  acht  Pulver,  jedes  zu  einem  Gran  Calo- 
mel  und  zehn  Gran  Salpeter  verschrieben,  von 
denen  er  zweistündlich  ein  Stück  erhielt.  — 
Den  19.  April,  den  fünften  Tag.  Die  Blutegel 
hatten  stark  gesogen  und  Patient  fühlte  sich 
sehr  erleichtert.  Abends  hatte  derselbe  pMHdi 
eine  braune,  dünne  Oeffiaung,  doch  der  Siihlaf 
blieb  aus,  und  erst  Vormittags  schlief  er  ei- 
nige Stunden.  Der  Schmerz  war  weniger  stark, 
allein  der  Puls  härter  und  voller,  der  Adien 
indefs  freier.  Der  rothgelbe  Harn  blieb  Idat. 
Er  selbst  wünschtedenAderlals  erneuert;  auch 
trug  ich  kein  Bedenken,  noch  zwei  Tassen 
Blut,  und  zwar  vom  linken  Arme,  zu  entzie- 
hen, weil  er  über  Schmerz  in  der  linken  Seite 
des  Brustkastens  klagte.  —  Den  '80.  April, 
den  sechsten  Tag.  Das  Blut  verhielt  «ioh,  wie 
das  vom  vorigen  Aderlafs,  bildete  eine  gleidi- 
formige,  dünne  breiige  Masse  ohne  Entzia- 
dungshaut,  und  die  wenigen  Tropfini  BlutwHS- 
ser  waren  grünlich  gefärbt.  Am  verwicheBen 
Abend  hatte  sich  eine  breiartige,  sehr  dunkle, 
zum  Theil  theerartigo  (schwarz  gallige)' OefT- 
nung  eingestellt.  Patient  hatte  nur  wonig  ge- 
schlafen und  mitunter  leicht  irre  geredet.  Schmer- 
zen hatte  er  nur  im  geringen  Grade,  und  jetzt 
mehr  in  der  Brust  und  in  der  rechten  Schul- 
ter, als  in  der  Lebergegend.  In  der  Gesichts- 
röthe,'der  Wärme  und  dem  Pulse  war  keine 
wesentliche  Veränderung  bemerkbar,  als  dafii 
letzterer  weniger  hart  war.    Als  neue  Beschwerde 


—     83     — 

hfttte  sich  ctivas  Hasten  mit  dickem  Schleim- 
answiirfe  eingestellt ,  und  die  ü^hne  hatten 
ein  wenig  geschmerzt,  auch  war  die  Zunge 
dunkelröther  und  in  der  Mitte  etwas  trocken 
geworden.  Jener  Auswurf,  so  wie  die  von  der 
spanischen  Fliege  abgesonderte  Lymphe  waren 
ebenfalls,  wie  das  Blutwasser,  grünlich.  —  Die 
Pulver  wurden  erneuert.  —  Den  21.  April, 
den  neunten  Tag.  Pat  hatte  etwas  mehr  ge- 
schlafen, flicht  irregeredet  und  der  Schmerz  in 
der  Schulter  hatte  ihn  verlassen ,  dagegen  hat- 
ten ihm  dann  und  wann  die  Zahne  geschmerzt; 
der  Puls  hatte  alte  Harte  verloren,  die  Zunge 
war  wieder  feucht  geworden,  hatte  einen  weüs- 
Uchen  Anflug,  an  Umfong  gewonnen,  und  es 
hatte  sich  eine  grünbraune  schleimige  Oeffnung 
eingestellt.  —  Die  Pulver  wurden  abermals  er- 
neuert. —  Den  S2.  April,  den  achten  Tag. 
Ohne  irre  zu  reden  hatte  er  ruhig  geschlafen 
und  zum  erstenmale  während  der  Krankheit 
geschwitzt,  bei  dem  Stuhlgange  war  reine,  klare 
ualle,  ohne  alle  Beimischung  von  Koth  entleert 
worden,  der  Harn  war  mittelgelb  und  zeigte  ei- 
nen leichten  Bodensatz.  Das  Zahnfleisch  war 
etwas  angeschwollen;  ein  Druck,  den  er  schon 
seit  längerer  Zeit  in  der,  Lebergegend ,  und 
auch  wäirend  der  Krankheit  gefühlt  hatte,  war 
für  den  Augenblick  verschwunden.  Der  Puls 
hatte  siebenzig  Schlage,  war  völlig  weich  uad 
wie  gewöhnlich  gefüllt  —  Es  war  also  mit 
dem  siebenten  Tage  unverkennbar  eine  krki^ 
sehe  Reactiou  eingetreten.  —  Ich  liels  die  noch 
vorhandenen  vier  Pulver  verbrauchen.  —  Den 
S3.  April ,  den  neunten  Tag.  Am  verwichenen 
Abend  hatte  sich  nochmate  eine  ganz  dunkel- 
grüne schleimige  Calomel-Oeflnung,  und  di«- 
aen  Uorgen  eine  ganz  wisserige,  galligCj 

P  t 


—     84     — 

> 

gestellt.  Der  Mund  war  stärker  angegriffeO; 
der  Athem  sehr  übelriechend.  -^  Die  Pulver 
\iraren  verbraucht,  und  in  Allem  zweiunddreilsig 
Gran  Calomel  genommen,  und  gegen  achtund- 
vierzig Unzen  Blut  entzogen  worden.  Nun- 
mehr lieffl  ich  eine  Sättigung  von  zwei  Drach- 
men kohlensauren  Kali  mit  rohem  Weinessig, 
Chamillenwasser,  zwei  Drachmen  Hellago  Ta- 
raxaci  und  ebensoviel  Mellago  Graminis^  drei- 
stündlich zu  einen  Elislöffel  voll  nehmen.  — 
Den  24.  April,  den  zehnten  Tag.  Am  Nach- 
mittage des  vorigen  Tages  hatte  sich  eine  zweite 
Oeflhung  eingestellt,  welche  der  des  VormitF- 
tags  ganz  ähnlich  war.  Auf  Anwendung  ei- 
nes Aufgusses  von  Salbei  mit  Essig  und  Ho- 
nig, als  Mundwasser,  hatte  sich  der  Zustand 
des  Mundes  bereits  merklich  gebessert  bi 
Verlaufe  des  Tages  hatte  Pat  eine  dunkelbraune 
Oeffiiung,'  Abends  vorübergehenden  Schmerz  in 
der  Lebergegend  gehabt.  —  Den  25.  April, 
den  eilften  Tag.  Die  erwähnte  Saturation  wurde 
erneuert.  —  Am  26.  April  war  abermals  Schmerz 
in  der  Lebergegend  vorhanden.  —  Den  27«  April, 
den  dreizehnten  Tag.  Ohne  Schmerz,  eine 
dickbreiige  dunkelbraune  Oefliiung,  mit  fast 
schwarzen  Stellen;  Harn  rothgelb.  —  Die  Sa- 
turation wurde  erneuert;  Patient  fing  an  auf- 
zusitzen. —  Den  28.  April,  den  vierzehnten 
Tag.  Krampf  in  der  linken  Wade ,  eine  kleine 
dunkelbraune,  mit  schwarzen  Theilen  vermischte, 
harte  Oeffnung.  —  Die  Nachkrise  durch  den 
Stuhl  hatte  also  bis  zum  vierzehnten  Tage  fort- 
gedauert. Bei  einiger  Entkräftung,  gegen  wel- 
che ich  täglich  viermal  sechszig  Tropfen  einer 
Mischung  aus  zusammengesetztem  Pomeran- 
zen-Elixir  und  essigsaurer  Kaliauflösung,  neh- 
men Uefs,    und    eintretender    Stuhl  Vorhaltung, 


-.     8S     — 

welche  durch  die  eroflheude  Sennesblätier-Lat- 
werge  beseitigt  wurde,  schien  nun  diese,  mit 
venöser  (schwarzgalliger}  Blutanhäufang  ver- 
bondene,  entzündliche  Leberreizung  gehoben  zu 
sein. 

Allein  schon  am  4.  Mai,  gegen  den  ein- 
undzwanzigsteu  Tag,  stellte  sieh  ein  neuer 
Krankheilszustand  ein,  der  Kranke  klagte  näoH- 
lich  über  Schmerzen  in  dem  rechten  Unter- 
schenkel, wogegen  ich  Einreibungen  von  OL 
ChamomUl.  coct  empfahl.  —  Am  7.  Mai,  dem 
vienindzwanzigsten  Tage,  entzündete  sich  der 
Fub,  besonders  in  der  Gegend  der  Knöchel, 
ödeaatös  und  rosenartig.  —  Am  9.  Mai,  dem 
•echsundzwanzigsten  Tage,  wo  ich  ihn  wieder 
besuchte,  dauerte  diese  Geschwulst  und  Ent- 
zündung fort.  Der  Schmerz  war  nicht  bedeu- 
tend und  die  Wärme  nicht  besonders  gestei- 
sert  Man  hatte  Bleiweilspapier  aufgelegt;  statt 
dessen  verordnete  ich  ein  Kissen  aus  zerthei- 
lenden  Kräntem  und  Kampher  in  rohe  Schaf- 
wolle gestreut  und  in  Leinewand  eingen&ht. 
Innerlich  erhielt  er  eine  Unze  gereinigten  WeilH 
stein,  in  zwei  Tagen  zu  verbrauchen.  —  Das 
Verhalten  sollte  entzündungswidrig  sein  und 
strenge  Ruhe  beobachtet  werden.  —  Am  ll.Mai, 
dem  siebenundzwanzigsten  Tage,  waren  Ge- 
schwulst und  Schmerz  fast  verschwunden,  der 
Fuls  hatte  in  den  beiden  letztem  Tagen  stark 
geschwitzt.  —  Am  13.  Mai,  dem  neunund- 
swanzigsten  Tage,  war  der  rechte  Fuls  zwar 
hergestellt,  allein  seit  dem  vorigen  Tage  hat^ 
ten  sich  heftige  Schmerzen  in  der  linken  Wade 
und  Kniekehle  eingestellt.  Die  Hautvenen  wa- 
ren stark  angelaufen,  aber  Röthe  und  Härte 
fehlten.  —  Ich  wandte  auch  hier  die  ebeng»- 
nanoten  Kräuterkissen  an,  und  empfobl mhiges 


—     86     —       • 

Verhalten  im  Bette.  —  Am  14.  Mai^  dem  drei-  \ 
faigstenTage,  dauerte  der  Sehmerz  in  der  Wade 
fort)  EQ  beiden  Seiten  des  Schienbeins  ee^te 
sich  einige  Rölhe  und  etwas  ödematose  Ge^ 
schwulst.  —  Am  15.  Mai,  dem  einunddreüsig* 
sten  Tage,  verbreitete  sich  die  Röthe mit  Stei-  -| 

Sprung  der  Schmerzen  auch  über  die  Wade^  3 
e  Adern  schwollen  noch  stärker  an,  nnd  es  '^' 
fesellte  sich  vermehrte  Wäime  hinzu.  —   Das 
''orhandensein    einer   galligen  Bntzfindung  im 
ZieUgewebe  (Phlegmone)    schien   jetzt   anÜMr' 
Zweifel,  es  wurden  daher  zwölf  Blutegel  ge- 
setzt und  zweistündlich   ein  Pulver  von  einen 
Grfui  Calomel,  einem  Viertelgran  BfeChpulver^ 
einem  Viertelgran  Opium  und   fiinfiBehn   Oian 
Kali  sulphuric. ,  und  wegen  Mangel  an  Oeff-  ' 
nüng   wurde  abermals   ein   TheelöflG^  voll  des 
Electuar.  e  Senn,  composit.  gereicht  —    Ded 
16u  Mai,    den    zweiunddreifsigsten  Tag.     Die 
Blutegelstiche  hatten  bis  tief  in  die  Nacht  ge- 
bhjitet,  die  Blutung  hatte  gfofse  Erleiehtenmg 
verschafft,  und  Schmerz,  Höthe  und  Hitze  hat* 
ten  sich   merklich   gemindert     Die '  Latwerge 
hatte  gewirkt,  der   Harn  vom  vorigen  Abend 
war  rothgelb ,  und  bildete  einen  rothen  Nieder^ 
schlag.  —  Die  verordneten  Mittel  wurden  Ibtt- 
gesetzt,  und  in  das  Bein  zweistündlich  BinreH 
bungen  von  grauer  Quecksilbersalbe  genadlt 
—  Den  17.  Mai,   den  dreiunddreiftigsten  Tag.   ' 
Gleich  nachdem  Pat.  das  erstemal  mit  der  Salba  . 
sich  eingerieben  hatte,  bekam  er  von  Neuem 
heftige  Schmerzen^  'welche  sich  über  die  ganze 
linke  Körperhälfte,  selbst   bis  zum  Ohre^  ver^ 
breiteten.    Die  Adern  waren  stärker,  die  Wade  ' 
elastisch  ,und  der  untere  Theil  des  Beins  öd^ 
matös  angeschwollen.    Es  hatte  sich  eine  grone 
schleimige  Ocliiiung  eingestellt,  die  Zunge  blicfb  ^ 


-     87     - 

feucht  und  rein,  und  Fieber  war  bis  jetzt  nicht 
bemerkbar.  --  Obgleich  Patienten  die  Pulver 
wwider  waren ,  so  bestand  ich  dennoch  auf 
ihren  Fortgebrauch  und  verschrieb  demnach 
sechs  Stuck,  jedes  zu  zwei  Gran  Calomel,  ei- 
nem Grau  Sulph.  aurat  Antimon,  und  zehil  Gran 
Kali  nitric«;  davon  sollte  PaL  an  diesem  Tage 
zwei,  die  andern  vier  des  folgenden  Tages 
nehmen«  Auch  wurden  die  Krauter  zu  dem  lUs- 
sen  erneuert.  *—  Den  18.  Mai,  den  vienuid- 
dreifsigsten  Tag.  Am  vorigen  Nachmittag 
wen^,  und  Nachts  bis  Mitternacht  fast  keine 
Schmerzen,  dann  stellten  sich  aber  diesel- 
ben,^' bald  mehr,  bald  weniger  stark,  wieder 
eio,;::Und  gingen  auch  auf  dop  Oberschenkel 
über^  lieisen  aber  Vprmittags  wieder  etwas 
nach.  Der  Zustand  des  Beins  war  dei:selbe> 
nur  war  die  Wärme  etwas  gesteigert;  Druck 
irermehrte  den  Schmerz  nicht,  das  Bein  vejr^ 
uilaJbte  dem  Kranken  das  Gefühl .  grofyof 
Skdiwere.  Der  Puls  war  beschleunigt,  hart  und 
iToU,.  Biso  fieberhaft  geworden,  auch  hatten  sich 
aebrere  halbflqssige,  gelbbrau9e,  schleimijre 
Stubigimge  eingestellt.  Die  Zunge  war  weim- 
icb  belegt,  der  Harn  blutroth.  —  Eis  war;un- 
^^rikennbar,  dalis  mit  dem  Herannaheu  d^siunf«- 
loddreüsigst^n  Tages  der  ganzen  Krankheit^ 
uid  des.  siebenten  der  phlegmonösen  Entzün* 
lung  das  Uebelbefinden  sjich  steigerte  ^^  upd  dei^ 
B«mmmtorganismus  zur  Theilnahme  anregt^.  — ? 
Ss '.sollten  zwei  Tassen  Blut  vo^  linken  Arm 
mtzegea>  und  die  Einreibopgen,  die  man,  seil 
ler  Schmerz  von  Neuem  eingetreten  war,  un*» 
gelassen  hatte,  regelmäbig  fortgesetzt  werden, 
^ei\  ich  diesen  ZuM  der  Einwirkung  der  Queck- 
lilbersalbo  nicht  zusehreibein  konnte.  —  Man 
hatte  mir  einen  Viertoltasseakopf  v(dl  Bhit  be^ 


—     88     — 

kommen )  welcbed  za  einer  gleichförmigen  Mass« 
geronnen  war,  und  nur  wenige  Tropfen  einei 
grünlichen  Blutwassers  hatte.  —  Der  Knmka 
war  in  einen  starken  Schweifs  gefallen  ^  den 
ich  durch  Trinken  von  Fliederthee  nnterstfitsen 
KefisL    Die  Schmerzen  hatten  sich  Abends  sehr 

Semindert.  —  Den  19.  Mai,  den  fünfimddrei- 
ligsten  Tag.  Kaum  hatte  er  den  Fliederthee 
Setrunken,  als  die  Hitze  sich  steigerte,  und 
er  Schmerz  wieder  die  vorige  Hohe  und  Aus- 
breitung aber  die  ganze  Unke  KörperhäUte,  bis 
zum  Ohre,  erreichte,  jedoch  dauerte  diesef 
Sturm  nur  einige  Zeit,  und  der  Schmerz  kam 
wieder  auf  einen  leidlichen  Grad  zurück.  WUh 
rend  der  ganzen  Nacht  lag  der  Kranke  in  ei- 
nem starken  Schweifs ,  auch  hatte  derselbe  eine 
formirte  gelbbraune  Oefliiung  gehabt.  -  Die 
Pulver  wurden  erneuert.  —  Um  den  Fab  und 
die  Kndchel  lietis  ich  das  Kräuterkissen  beibe- 
halten, die  Wade  aber  mit  einer  Mischung  aus 
zwei  Drachmen  essigs.  Blei,  einer  halben  Unze 
Salmiak  und  einei^  halben  Kanne  Wasser  bä- 
hen, dabei  aber  die  Einreibungen  mit  der  Queck- 
silbersalbe fortsetzen.  —  Den  Tag  über  hatte 
er  wenig  Schmerz,  und  da  sich  keine  Oeflhung 
einstellte,  nahm  er  Abends  einen  Theeldffel 
voll  der  Sennesblätter -Latwerge.  —  Sollteo 
die  Schmerzen  sich  abermals  steigern,  so  soll- 
ten jedem  Pulver  zehn  Tropfen  der  mit  Weio 
bereiteten  Mohnsafttinctur  zugesetzt  werden 
(Diese  Tinctur  lasse  ich  ganz  nach  dem  Ver- 
hältnisse der  mit.  Safran  bereiteten  Mohnsaft- 
tinctur, doch  ohne  Safran  und  Gewürze,  aa* 
fertigen,  weil  diese  Zusätze  nicht  immer  an- 
gemessen erscheinen).  —  Den  80.  Mai,  des 
sechsunddreilsigsten  Tag.  Da  der  SchoMH 
wieder  zunahm,  so  hatte  man  die  Pulver  tA 


—     89     — 

Zusats  der  Mohnsafttinctur  gegeben,  und  eine 
•erti&gUche  Nacht  war  die  Folge  davon  gewe- 
ien,  indem  Pat.  nurseiir  wenig  Schmers  gehabt, 
auch  das  Fieber  sich   wieder  verloren  hatte. 
Der  Zustand  des  Beins  war  derselbe,  und  die 
bisher  angewandten  Mittel  wurden  daher  fort- 
gesetzt ,  die  graue  Quecksilbersalbe  erneuert  — 
Am  81.  Mai,  dem  siebenunddreifsigsten  Tage, 
hatte  der   Schmerz  sich  gegeben,  der  Kranke 
w&hrend  der  Nacht  gelinde  geschwitzt  und  konnte 
das  Bein,  das  bisher  ganz  steif  und  unbeholfen 
war,  wieder  heben  und  bewegen.    Indeb  war 
die    ddematdse   Geschwulst  bedeutend »    doch 
konnte  er  einen  starken  Druck,  ohne  Schmerz 
^  empfinden,  ertragen.    Um  die  Ausdünstung 
BU  befördern,  und  überhaupt  um  mehr  Th&tig- 
keit  und  Stofiwechsel  in  den  leidendev  Theilen 
hervorzurufen,  verordnete  ich  eine  Waschung 
des  Beins  mit  einer  Weizenklei- Abkochung  mit 
Mnem  Zusätze  von  weifser  Seife.    Die  tr&ger 
gewordene  Oeflfunng  zu  fördern,  wurden  sechs 
Pulver,  jedes  zu  zwei  Gran  Calomel,  einem 
Gran  Sulph.  aurat.  Antimon.,  fünf  Gran  Jalap- 
penwurzel  und  gleichviel  Magnesia  usta  ver- 
sdirieben,  von  welchen  er  täglich  viermal  ein 
Stuck  nehmen  sollte.  —    Bald  nach  dem  Wa- 
schen stellten  sich  von  Neuem  heftige  Schmer- 
zen in  dem  Beine  em,  die  aber  schnell  vor- 
übergingen. —     Den  SS.  Mai,    den  achtund- 
dreilsigsten  Tag.     Pat   hatte  emige  Stunden 
ruhig  geschlafen.    Die  Haut  war  feucht,  Oeflf- 
nung  erfolgt ,  der  Harn  vom  vorigen  Tage  roth 
mit  weilsem  Bodensatze,  der  von  diesem  Mor- 
gen roth,  ohne  Niederschlag,  die  Wade  we- 
niger geschwollen,  aber  schmerzhaft,  derFub, 
besonders  um  die  Knöchel  herum,  stark  öde- 
matös,  die  Haut  roth  gesprenkelt    Das  essig-* 


—     90     — 

saare  Blei  zu  den  Bähungen  wurde  erneuert  -r- 
Den  83.  Mai^  den  neununddreifsigsten  Tag« 
Die  Wade  weich  und  schmerzlos,  überall  kein 
Schmerz,  die  Geschwulst  dieselbe,  das  Beiu 
voll  von  kleinen  rothen  Pusteln,  eine  reichli^e, 
aber  harte  Ofeffnung  war  erfolgt,  —  die  Pulver 
wurden  erneuert.  —  Den  24«  Mai,  den  vier- 
zigsten Tag.  Geschlafen  ohne  Schmerz,  keine 
Oeffiiung ,  der  Zustand  des  Unterschenkels  der- 
selbe. Um  die  ödematosen  Theile  wurde  nach 
peinier  Anordnung  unter  das  Kräuterki^sen  Blei- 
weifspapier  gelegt,  am  übrigen  Beine  die  Bä- 
hungen fortgesetzt ,  zur  Beförderung  des  Stuhl- 
gangs ein  Th^elöffel  voll  Senne^blätter-Ijat- 
werge  empfohlen.  —  .Den  2&  ^^lai^  den  ein- 
undvierzigsten  Tag.  Oeffnung  war  erfolgt,  die 
Wade  ganz  natürlich  beschaJbn,  die  Pusteln 
verschwunden.  Keine  Bähungep  wetiter,  da- 
gegen ein  Fuüsbad  .von  Weize^ei- Abkochung 
mit  weiüser  Seife.  —  Den  26.  Mai,  den  vier- 
zehnten Tag  der  Rose.  OeiFuung,  auch  die 
Fulsgeschwulst  nimmt  ab,  —  die  Pulver  wur- 
den erneuert.  —  In  den  folgenden  Tagen  ver- 
lor sich  die  Geschwulst  ganz,  und  die  Haut 
fing  an  abzuschilfern.  —  Die  gröisern  Venen- 
stämme  erschienen  wie  harte  Stränge,  beson- 
ders in  der  Kniekehle,  und  es  schien  sich  jetzt 
immer  mehr  herauszustellen,  daüs  das  örtliche 
Jjeidcn ,  anscheinend  ein  Pseudoerysipelas,  wohl 
eine  Venenentzündung  gewesen  sein  möge.  — 
Am  29.  Mai  wurde  aller  Arzneigebrauch  aus- 
gesetzt; nur  die  verhärteten  Venen  sollten  noch 
viermal  täglich  mit  der  grauen  Quecksilbersalbe 
eingerieben  werden.  Dann  und  wann.veispurte 
er  nur  noch  einen  augenblicklichen  fluchtigen 
Schmerz  durch  das  ganze  Bein.  —  Bemerkeus- 
wertb  war  es,   da&  er  auf  dem  linken  Ohre^ 


-     91    — 

seit  der  Schmens  sich  bis  asu  diesem  hinauf 
verbreitet  hatte,  noch  immer  an  einem  ge- 
ringen Grade  von  Taubheit  litt  Ich  empfahl 
Fliederdämpfe  und  das  Einlegen  von,  mit  auf- 
gegossenem Chamillenöle  getränkter  Baumwolio. 

—  Nur  sehr  langsam  minderte  sich  die  Härte 
der  Venen,  und  in  dem  leidenden  Cufse  hatte 
et  häufig  das  Gefühl  des  sogenannten  Binge*^ 
schlafenseius. 

.  Allein  auch  diese  Freude  über  abermalige 
Genesung  dauerte  nicht  lange,  denn  bereits  am 
7*  Juni,  also  etwa  vierzehn  Tage  nach  dem 
lotsten  kritischen  Abschnitt  der  ganzen  Krank« 
heit,  wurde  Patient  Nachmittags  von  stechen- 
den Schmerzen  in  der  linken  Unterrippenge« 
gend  befallen,  die  gegen  die  Nacht  so  heftig 
worden,  dafs  sie  ihn  an  freiem  Athmen  hinder- 
ten, bis  am  achten  Juni  gegen  ein  Uhr  Mor- 
gens ein  starker  Schweifs  ausbrach,  der  noch 
bei  meinem  Besuche  Nachmittags  fünf  Uhr  fort* 
dauerte,  worauf  sich  der  Schmerz  mehr  und 
mehr  legte;  doch  war  immer  noch  eine  Spur 
desselben  vorhanden.  Wärme  und  Gesichts- 
rötbe  waren  vermehrt,  der  achtzig-  bis  neunzig- 
sehlägige  Puls  schnell,  voll  und  härtlich.  Oeff- 
noiig  hatte  der  Kranke  Tages  vorher  gehabt« 
Am  Beine  waren  alle  Spuren  des  UebelbefiiH 
dens  verschwunden,  bis  auf  etwas  Härte  der 
Venen  und  das  Gefühl  von  Verlähmung..  — 
Am  9.  Juni  hatten  die  Schmerzen  sich  mehr 
gegen  die  linke  Achsel  gezogen,  und  es  wur- 
den zwei  Tassen  Blut  vom '  linken  Arme  mit 
Erfolg  gelassen.  —  Am  10.  Juni  fehlte  zwar 
der  Brustschmerz,  aber  Pat.  klagte  über  ein 
Strammendes  Gefühl  in  beiden  Waden ;  —  ver- 
oidnet  wurde  ein  Fufsbad  Von  BranntweinsspuL 

—  Das  Blut  war  zu  einem  balbweicben,  dlUH 


kelrothen  Kochen  geroDoen,  ohne  Eotzfindong»* 
haat  und  nur  wenig  Blutwasser  war  bemeik-' 
Bck  —   Am  19.  Juni  war  das  rechte  Bein  et- 
was angeschwollen  9  und  am  14.  Juni  eiMgto 
abermals  ein  Rückfall ,  von  Neuem  stedienda 
Schmerzen  unter   den   kurzen  Rippen  der  Un- 
ken Seite.     Stark   entzündlich  ödematoae  6e-  | 
schwulst  des  linken  Unterschenkels   mit  ver-  : 
mehrter  Wärme.    Das  Sitzen  wurde  ihmleidi-^i 
ter,  als  das  Liegen,  die  Stiche  vermehrten  sich,  J 
wenn  das  Bein  wagrecht  lag*    Der  Puls  ¥mr   : 
unterdrückt,    noch  an  diesem  Tage  OeSnong  t 
erfolgt,  die  Zunge  rein  und  feucht   —    Pat. 
nahm  stündlich  ein  Pulver  von  zwei  Gran  Cfr- 
lomel,  zehn  Gran  Salpeter,   abwedisefaid  mit 
einem  Efslöifel  einer  Emulsion  von  einer  halben 
Unze  Mandelöl,  acht  Gran  Campher,  zehnGhan 
Akonitextract,  einer  halben  Unze  Opiumsymp  und 
einer  Drachme  Salpeter;   in  der   Seite  und  am 
Beine  wurden  Einreibungen  von  einer  Miadmng 
von  grauer  Quecksilbersalbe  und  Kampher  ge- 
macht. —    Den  15.  Juni.  Von  den  Pulvern  wa- 
ren fünf  verbraucht,  und  Pat  hatte  einmal  Oeff- 
nung  gehabt,  auch  sehr  viel  klaren  Harn  ge- 
lassen.    Der  Schmerz  in  der  Brust  war  vow 
schwunden,  die  Geschwulst  im  Beine  gr5fii<-- 
tentheils.  —    Den  16.  Juni. .  Pat  war  viermal 
XU  Stuhle  gewesen,  das  erstemal  natürlich^  die 
letzternmale  ging  ein  dicker,  galliger  ScUanun 
ab.   Ohne  Schmerz.   Erquickender  Schlaf.  Nur 
um  die  Knöchel  herum  noch  etwas  ödemattae 
(Geschwulst  —  Es  wurden  nun  keine  Arzneien 
weiter  verordnet,  nur  die  graue  Quecksilber^ 
salbe,  welche  am  89.  Juni  erneuert  wurde,  sollte 
noch  tAglich  ein  -  bis  zweimal  in  den  Unter- 
schenkel eingerieben  werden.  —    Indeis  hielt   ^ 
Mb.  dieser   (der  linke)  Schenkel   fortwährend 


—     93     — 

bald  mehr,  bald  weniger  geschwollen,  und  das 
Gefühl  von  Verlähmung  wollte,  in  demselben 
nicht  weichen.  Ich  lieb  ihn  deshalb  vom  3.  Juli 
an  hl  eine  Flanellbinde  wickeln  und  diese  mit 
einem  Gemisch  aus  Benzoe,  Bernstein  und 
Kampher  durchräuchern.  —  Am  19.  Juli  wte 
wieder  mehr  Härte  und  vermehrte  Wärme  vor- 
handen, weshalb  die  Räucherungen  weggelas- 
sen und  allein  die  Einreibungen  fortgesetzt  wur- 
den, worauf  Härte  und  Geschwulst  sich  wie- 
der minderten.  Bis  zum  17.  August  wurde  die 
Salbe  noch  zweimal  erneuert,  und  am  89.  Au- 
gust nochmals  zwei  Tassen  Blut  gelassen,  weil 
sich  wieder  stechende  Schmerzen  in  der  rech- 
ten Unterrippengegend,  einstellten.  Von  da  an 
bis  jetzt  (den  27.  Januar  1840)  ist  er  gesund 
gebheben.  7— 

Ungeachtet  der  Achnlichkeit  der  äufsem 
örtlichen  Erscheinungen  in  diesen  beiden  Fäl- 
len, sind  dieselben,  ihrem  Grunde  und  Wesen 
nach ,  gleichwohl  gänzlich  verschieden.  In  dem 
ersten  war  von  Anfang  an  ein  gesunkener,  in 
dem  letztern  ein  gesteigerter  Lebenszustand, 
dort  das  Fieber  nervös  und  Hinneigung  zur 
Entmischung  der  Säfte,  hier  das  Fieber  ent- 
zündlich und  die  Säftemischung  äberbildet  (hy- 
perpotenzirt) ;  dort  war  die  Entzündung  eine 
scheinbare  (passive),  hier  eine  wirkliche,  active, 
doch  war  sie  auch  in  diesem  letztern  Falle 
keine,  nach  älterm  Sprachgebrauch,  wahre  Ent- 
zündung, sondern  mehr  eine  gallige,  rosen- 
artige. In  jenem  Falle  hatte  sie  ihren  Sitz  an- 
scheinend im  Zellgewebe,  in  diesem  ursprünglich 
in  den  Venen.  Es  geht  aber  hieraus  zur  Ge- 
nüge hervor,  dals  mit  dem  Namen  falscher 
Rose  (Pseudoerysipelas)  ein  sehr  verschiedener 
Krankheitszustand  häufig  bezeichnet  wird,  der 


—     94     — 

von  entgegengesetzter  Beschaffenheit  sein  kann^ 
und  daher  auch  eine  gan£  entgegengesetzte 
Behandlungsweise  erfordert. 

Hinsichtlich  der  Behandlung  kann  ich  nicht 
unterlassen  zu  bemerken^  dals  im  erstem  Falle 
der  Verlust  von  etwa  zwanzig  Unzen  Blut  und 
die  Gabe  von  eilf  Grau  Calomel^  vorzüglich  er- 
sterer,  einen  sehr  nachtbeiligen  Einflulls  auszu- 
üben schienen,  während  in  dem  letzteren  nach 
und  nach  achtzig  bis  vierundachtzig  Unzen  Blat 
entzogen  y  180  Gran  Calomel  gereicht  und  zwei 
und  eine  halbe  Uuze  graue  Quecksilbersalbe 
eingerieben  wurden,  nicht  nur  mit  günstigein 
Erfolge,  sondern  auch  ohne  alle  bedeut^e 
Einwirkung  auf  die  Speicheldrüsen. 

14. 

An  demselben  Orte  spricht  Hr.  Dr.  Fncke 
von  Entzündung  der  Lymphgefäfse  und  der 
Lymphdrüsen,  die  im  Gefolge  von  Geschwü- 
ren oder  absichtlich  hervorgerufoncn  eiternden 
Flächen  entstehen ,  und  die  er  nicht  durch  R^ 
Sorption  der  angewendeten  reizenden  Mittel,  z. 
B.  spanischer  Fliegen,  sondern  durch  einen 
rein  dynamischen  Procefs  erklärt  wissen  will. 
Dafs  dergleichen  Entzündungen  nicht  inner 
von  blofs  resorbirten  scharfen  Stofibn,  senden 
auch  ohne  Anwendung  derselben  entstehen  und 
einen  sehr  unglücklichen  Ausgang  nehmen  kön- 
nen, hatte  ich  selber  sehr  früh  schon  als  Prak- 
tikant, im  Friedrichs -Krankenhause  in  Kiel  m 
erfahren  Gelegenheit.  —  Einem  Kranken  VM 
vorgerückterm  Alter  wurde  ein  Haarseil  in  dei 
Nacken  gelegt;  nach  wenigen  Tagen  .  bildete 
sich  eine  rosenartige  Entzündung  aus,  die  skl 
bald   über  den,  Kopf  und   einen  grofiseii  Thd 


—     96     — 

das   Oborkdrpors  verbreitete ,   und  ungeaelitet 
aller  KiiusUiülfe    in  kurzer  Zeit  den  Tod  her- 
beiführte.   Da  der  Fall  mir  nicht  in  seinen  Kin- 
selnheiten  gans  gegenwörtig  ist^  so  kann  ich 
auch  nicht  unbedingt  behaupten^  da£s  hier  von 
einer  Kotzündung  der  Lyrophgcfäfse  und  Lymph- 
drüsen,  in  Fridce's  Sinne  die  Rede  ist;  indefs 
ist  es  wohl  überall  fraglich,  ob,  wenn  auf  sei« 
che  Weise  Entzündungen  entstehen,  es  immer 
vorzugsweise  nur  die   lArmphgefafse  sind,  die 
davon  befallen  werden;   können  nicht  ebenso- 
wohl die  Blutgefäfso  Theil  daran  nehmen?  Und 
dann,  welch   einen  Unterschied  macht  der  Vf. 
zwischen  einer  Bntzündung  der  Lyrophgofäfse,, 
die  durch   Kinsaugung,  und  der,  welche  rein 
dynamisch  entsteht?  Beide  Verhältnisse  stellen 
durchaus    in    keinem    logischen    Gegensätze. 
Wahrscheinlich  will   er  sagen:   um  eine  Ent- 
zündung in  den  Lymphgcfüfsen  zu  veranlassen 
und  zu  bedingen ,  i»!  es  nicht  erforderlich,  dafs 
der  reizende  Gegenstand  in  die  Lymphgefafse 
aufgenommen  und  den  Drüsen  zugeführt  werde, 
die  Heizung  der  Mündungen  dieser  Gefafse  ge- 
nügt schon.  —    Nur  zu   häufig  wird  der  Dy- 
namik   (dem    WirlcungHvcrmö^en ,    der  Krafl), 
die  Materie  (das  Substrat  des  Offenbarwerdens 
der  Kraft)  entgegengesetzt,    ohne   hierbei  zu 
bedenken,  dafs  beides  Eines  und  dasselbe,  nur 
aus  zwei    verschiedenen  Gesichtspunkten  be- 
trachtet ist.    Ewig  und  immer  niufs  daher  der 
alte  Satz  wiederholt  worden,   dafs  Kraft  ohne 
Materie,  und  Materie  ohne  Kraft  Undinge  sind. 
In  dem  organischen  Leibe  ist,  wie  in  der  Na- 
tur überhaupt,  Alles  dynamisch.  Alles  ein  Wech- 
Belkampf  entgegengesetzter  Kräfle,  welche  sich 
in  ihrem  räumlichen  Erscheinen,  in  ihrem  schein- 
bar beharrenden  Zustande^  als  Materie,  und  in 


—     96     — 

ihrer  Thätigkeit  aLs  materielle  Regsamkeit  kund 
geben.  Daraus  folgt  demi^,  daCs^  wenn  ein  in 
die  Saugadem  and  in  die  Saugaderdräsen  auf- 
genommener Stoff  Entasündung  in  ihnen  veran- 
laist,  dies  eben  so  gewifs  ein  dynamischer 
Vorgang  ist,  als  weiln  die  Entzündung  durch 
blolse  Einwirkung  auf  die  Nerven  hervorgeru- 
fen wird,  welche  den  Mündungen  der  Saug- 
adem beigegeben  sind,  und  die  vielleicht  das 
schärfete  Mikroskop  nicht  entdeckt  Dafo  ein 
solcher  Vorgang  häufig  Statt  findet,  leidet  kei- 
nen Zweifel,  denn  wie  oft  sehen  wir  die  Saug- 
adem und  Saugaderdrasen ,  besonders  an  Aea 
obem  und  untern  Gliedmali»en ,  ohne  vorhan- 
dene Geschwüre  oder  absondernde  Flächen, 
entzündet,  allein  in  Folge  eines  fremden  Rei- 
zes, z.  B.  eines  Splitters,  oder  anderer  örtln 
eher  Reize. 


15. 

Bei  der  ebenfalls  a.  a.  O.  erzählten  Kno- 
chenhaut-Entzündung des  Unterkiefers  erinnere 
ich  mich  eines  ähnlichen  ^  der  Mittheilung  nicht 
unwerthen  Falles.  —  Er  ereignete  sich  bei 
einem  dreiundvierzig  Jahre  alten,  greisen,  stark 
gebauten,  mehr  hageren  Bauer.  Als  er  mich 
den  8.  October  1831  um  Hülfe  ansprechen  UeÜB, 
war  er  bereits  dreizehn  Tage  krank.  Er  be- 
kam anfangs  Fieberfrost,  dreimal  an  einem 
Tage,  mit  dem  sich  Zahnschmerz  und  Ge- 
schwulst der  linken  Backe  einstellten.  Gleich 
am  ersten  Tage  liefs  er  zur  Ader,  und  den 
7.  Oct.  nahm  er  Jalappenpulver  zum  Abffihrea, 
allein  ohne  Erfolg.  Ich  fand  ihn  aufsitzend; 
aufser  dem  Schmerze  in  der  stark  entzündlich 
geschwollenen  Wange  war  er  schmerzfim«  Das 


—     97     — 

Schlacken  war  sehr  gehindert,  er  warf  viel 
speichelartigen  Schleim  aus,  die  Zunge  war 
sehr  stark  mit  Schleim  belegt,  der  Geschmack 
vbel,  die  Eislust  fehlte,  der  Durst  war  gesteigert, 
Druck  in  der  Herzgrube,  der  Stuhlgang  unge- 
stört, der  Harn  weife  getrübt,  das  Fieber  lebhaft, 
die  Haut  Ton  erhöhter  Temperatur,  trocken,  der 
achtzig  bis  neunzig  Schläge  zählende  Puls  voll, 
hart  und  schnell;  Pat.  litt  an  Schlaflosigkeit 
und  sah  sehr  elend  aus.  Der  Hauptsitz  der 
Entzündung  schien  die  Ohrenspeicheldrüse  zu 
sein,  jedodi  schien  dieselbe  von  einer  Entzün- 
dung der  Knochenhaut  des  Oberkiefers  auszu- 
gehen, und  mit  dem  anfangs  gehabten  Zahn- 
scfimerz  in  Verbindung  zu  stehen,  wie  auch 
der  Verlauf  der  Krankheit  zeigte.  —  Da  Eiters 
Jnldung  schon  begonnen  hatte,  die  Entzündung 
aber  noch  sehr  bedeutend  war,  so  liefs  ich  zu- 
vörderst acht  Blutegel  an  die  Wange  setzen, 
warme  Umschläge  von  erweichenden  Kräutern 
und  Leinsamen,  in  Milch  gekocht,  machen, 
imd  innerlich  stündlich  einen  Elslöffel  voll 
von  einem  Aufgusse  einer  Dradune  Flor.  Ar- 
ide, von  sieben  Loth  Colatur,  vermischt  mit 
einer  halben  Unze  Sauerhonig,  einer  halben 
Ihachme  Salmiak  und  einem  Gran  Brecbwein» 
stein  nehmen;  zum  Getränk  Gerstenwasser.  — 
Den  10.  Oct.  Die  Blutegel  hatten  hinlänglich 
gesogen.  Das  Fieber  hatte  sich  verloren,  mit 
dem  Schlucken  ging  es  besser,  allein  die  Ge- 
sdiwolst  hatte  sich  über  die  ganze  Wange  ver- 
breitet, und  auch  über  den  obem  Theil  des 
Halses  —  Pat.  war  noch  inuner  schUflos.  —  Die 
Unsdittge  wurden  auf  dieselbe  Weise  fortge- 
sstat,  und  zu  dmi  Ende  die  Kräuter  erneuert. 
Innerüdi  erhielt  er  jede  andere  Stunde  einen 
EflriAffel  voll  von  einer  Mkichung  ans  einem  halben 

Joiiro.XCm.B.8t3.  O 


-     98     - 

QxueitA  Salmiaki  einem  Gfaran  Brecbweinstein,  yier 
Loth  Fliederwasser  und  einem  Loth  SanerhÖBig. 
-*-  Am  11.  Oct  war  ein  sehr  übler  Gerueh  de« 
Alberne  vorhanden,  mis  der  Nase  kam  Biber. 
—  Die  Umachl&ge  und  die  Mixtur  wuidooi  er-^ 
neneitj  *-  statt  des  Gerstenwassers,  -welohi 
Pat  auwider  war,  ein  Aufguis  von  Malz  verordnet. 
-^  Den  18.  Oct  Der  Eiter  schien  von  der  Mitte 
der  Oberkinnlade  herzukommen,  dem  Kranken  war 
fibel  gewesen;  die  Kräuter  zu  denUmsehlligeB 
wurden  erneuert,  und  auchasumEinathmenTon, 
Dimpfen  verwendet,  —  innerlich  der  schon  er- 
wähnte Aufgofii  stündlich  fortgesetzt.  —    Aai 
14.  Oct  fand  ich  Pat  sehr  elend ,  die  Gesdiwidet 
Mir  bedeutend,   weich,    schwappend,  sie  ei^ 
streckte  sich  vom  Ohre  bis  zur  Blitte  des  Hal^ 
ses;  auch  aus  dem  Munde  quoll  jetzt  stjaken» 
An  Biter  hervor ;  das  Schlucken  war  erträgüd^ 
behindert  dagegen  das  Athmen*    In  del»  obem 
Theile  der  Mundhöhle,  so  wie  in  der  Gtegend 
der  Kinnbackenhöhle,  war  keine  besondere  Ims- 
lEorragende  Stelle  wahrzunehmen.    Die  Kgifte 
sanken;  ein  weicher,  häufiger  Pul»  entspfadl 
diesem  Zustande.    ÜnglückUcher  Weise  halte 
ich.  vergessen,  meine  Verbindtasche  miH  mirn 
nehmen.     Um  die  Eitergeschwulst  zA  Ailieii^ 
wurde  in  der  Mitte  der  OhrenspeioheldrBB»  elmi 
Inoision  gemacht,  allein  erst  in  der  Tiefe  r6m 
einigen  Zollen  traf  ich  Eiter ,  und  dieser  floft, 
nicht  wie  aus  einer  gemeinsamen  Eiteihötale^ 
sondern  wie  ans  ZeUen  oder  Fistelgängen  her- 
vor, und  hatte  einen  äafserst  ünangenehmeo^ 
ftniigen  Geruch.    Das  Athemholmi  wntd»  diH 
dundi  zwar  nur  wenig  erleichtert,  jedoch  m- 
higw  und  weniger  hörbar.  Auch  konnte  Pat  den 
Mond  nun  so  weit  öffnen ,  dafs  die  Zähne  der 
leidtaden  Seite  näher  untersucht  werden 


—     99     — 

ten,  wobei  Eiter  gerade  aus  dem  Winkel  der 
Vereinigung  beider  Kinnladen  hervorflofis;  die 
Backenzähne  waren  zum  Theil  lose;  und  auoh 
aus  der  Höhle  derselben  liefs  sich  Eiter  hor^ 
ausdrücken.  —  Zu  den  Umschlägen  aus  glei- 
chen Thoilen  (von  jedem  acht  Unzen)  zerthei- 
lender  Kräuter  und  Leinsamen,  in  Milch  ge* 
kocht,  wurden  nun  anderthalb  Unzen  essigsau* 
res  I31ci  hinzugesetzt ,  dann  und  wann  eine 
Tasse  Fleischbrühe  genommen  und  der  Aufguls 
der  Flor.  Amic.  fortgesetzt  —  Am  15.  Oct. 
zog  ich  zuvörderst  den  zweiten  und  dritten 
obern  Backenzahn  aus,  wobei  viel  Eiter  hei^ 
vorquoll,  und  öffnete  durch  eine  der  Lücken  die 
obere  Kinnbackenhöhle,  allein  dieselbe  enthielt 
keinen  Eiter;  letzterer  roch  noch  immer  höchst 
übel  und  färbte  die  silberne  Sonde  schwarz. 
Bin  grofser  Theil  des  Oberkiefers  war  von  den 
weichen  Theilen  entblölst.  Die  Geschwulst 
minderte  sich  nach  dieser  Operation  wenig,  in« 
de&  waren  Athem  und  Schlucken  jetzt  unge- 
stört, die  Zunge  noch  immer  mit  einem  dicken, 
gelben  Schleim  belegt,  der  Schmerz  erträglich, 
und  der  Kranke  hatte  iu  den  letzten  Nächten 
besser  geschlafen.  Die  zertheilenden  Kräuter 
lie&  ich  jetzt  in  Branntwemspül  kochen,  durch- 
seihen, mit  etwas  Essig  vermischen,  der  Ab- 
kochung essigsaures  Blei  zusetzen,  und  ab 
kalte  Umschläge  anwenden.  Mit  derselben  Ab- 
kochung, doch  ohne  Beimischung  von  Blei, 
wurde  auch  der  Mund  fleiCsig  ausgespühlt  In 
die  äulsere  Oeffhung  wurde  niAr  Charpie  ein- 
selegt.  —  Am  17.  Oct.  ms;  ich  aus  derselben 
Oefhung  zwei  nobe  Bündel  sentfirten  ZeU- 
ftBwebes/  worau  eine  Mrage  sehr  siinkenden 
Biten  au  der  ^Mm  J  Wfim  hervor- 

■trBate.   Em  IMm  mi  >>*^ 


—    100    — 

unten  y  bis  zm  Mitte  des  Halses ,  verfolgen,  an 
dessen  Grunde  eine  Gegenöflhung  gemacht 
wurde,  gerade  aber  den  groüsen  Gefafisen;  ans 
Nase  und  Mnnd  kam  kein  Eiter  mehr.  —  Der 
Mond  wurde  jetzt  mit  einer  Mischung  aus  SaK- 
beithee  und  Essig  ausgespült ,  das'  Geschwür 
wurde  des  Morgens  und  Abends,  nachdem  es 
vorher  mit  lauwarmem  Wasser  gereinigt  wor- 
den, mit  einem  Gemisch  aus  einer  halben  Unse 
Myrrhenhonig,  einem  Skrupel  essigsauren  Bleis 
und  drei  und  einer  halben  Unze  Kalkwasser 
ausgespritzt  und  darüber  Bähungen  mit  einer 
Auflösung  von  essigsaurem  Blei  in  Wasser  ge* 
macht;  innerlich  erhielt  Pat.  täglich  eine  Ab- 
kochung von  einer  halben  Unze  Königschina, 
der  später  Flor,  Arnic.  und  Säuren  zugesetst 
wurden.  —  Am  81«  Oct.  war  das  allgemeine 
Befinden  besser,  der  Schlaf  anhaltender,  die 
Zunge  feucht,  kaum  noch  weils  belefft,  die 
Oeffnung  hinreichend,  dagegen  die  Eiterong 
sehr  stark,  der  Eiter  aber  weniger  übelriechend; 
um  die  untere  Geschwürsöifnung  herum  war 
die  Haut  wund  und  sehr  schmerzhaft.  —  Die 
Einspritzungen  wurden  beibehalten,  nur  statt 
der  bisher  dazu  gebrauchten  Mischung  ein  Gre- 
misch  aus  Myrrhen-  und  gereinigtem  Honigs 
Wasser  und  Phosphorsäure  in  Gebrauch  g^ 
zogen,  die  wunde  Stelle  wurde  mit  gelber 
Wachssalbe  bedeckt,  und  für  den  innem  Ge« 
brauch  die  Chinaabkochung  erneuert.  —  Am 
86.  Oct.  war  die  Wange  stärker  geschwollen. 
Da  der  Eiter  sich  bis  zum  Brustbeine  gesenkt 
hatte,  wurde  der  Fistelgang  von  der  Gegen- 
ofinung  am  Halse  'aus  in  seiner  ganzen  Län« 
ge  durchschnitten  und  das  offene  Gesdiwur 
mit  Wachssalbe  verbunden.  Der  vierte,  obere, 
gan«  mit  Eiter  umgebene  Backenzahn  wurde 


—     101     — 

adsgczugoii  ^  zum  ferneren  Verbinden  c^in  Ge- 
misch aus  gelber  AVuclissulbc  tuid  Myrrlienho- 
uig  benutzt.  —  Da  den  1.  November  keino 
wesentliche  Vemnderung  erfolgt  wur^  se  be- 
diente ich  mich  zum  Einspritzen  uinuN  (Jomi* 
sches  aus  Mimosen -Gummischlcim^  Kalkwas- 
ser, JUyrrhenhonig  und  einigen  Tropfen  l'eru- 
balsam,  zum  Verbinden  gelber  Wachssalbo  mit 
Myrrhenhonig.  —  Am  5.  Novbr.  war  das  Ge- 
schwür voll  von  schwammigem  Fleische,  die 
Einspritzungen  kamen  zum  Theil  durch  dio 
Nase  zurück ,  als  Beweis,  dufs  dieselben  durch 
die  Kinnbackenhöhle  gingen.  Ich  beabsichtigte, 
das  Geschwür  in  dieser  llichtung  zu  erweitern, 
allein  Fat.  erklärte,  dafs  er  nicht  mehr  geschnit- 
ten werden  wolle.  Der  Mund  konnte,  noch  im- 
mer nur  wenig  geülfnet  worden^  Schmers 
hatte  er  nicht.  Zu  Einspritzungen  gebrauchte 
man  die  schon  erwähnten  Mittel,  aufser  diesen 
gebrannten  Alaun  zum  Einstreuen,  Wachs- 
schwamm zur  Erweiterung  des  obern  Fistel- 
ganges. — -  Am  iß.  Novbr.  kam  Fat.  zur  Stadt. 
Die  obere  Oefl'nung  halte  sich  geschlossen,  die 
Einspritzungen  llurch  die  untere  kamen  unter 
der  Zunge  wieder  hervor,  die  Backe  war  noch 
geschwollen,  doch  ohne  Schwappung  und  Ent- 
zündung. In  der  Gegend  dosOlircs  hörte  man 
efai  eigenthümliches  Geräusch,  wie  wenn  Luil 
durch  eine  Flüssigkeit  dringt;  die  Wunde  am 
Halse  hatte  sich  sehr  verkleinert.  —  Ich  iiefs 
die  Einspritzungen  einstellen ,  nur  mit  der  Salbe 
vorbinden  und  einen  Druckverband  anlegen ; 
die  Salbe  wurde  erneuert.  ^  Am  18.^ovbr. 
war  die  obere  Geschwürsöffiiung  nauZi  das 
Geschwür  im  Mundo  fast  geheilt;  doch  kam 
beim  sUrken  Druck  auf  jener  goheiiteii  Sidio 
und  längs  des  Fistcigaugcs  noch%«lwaf  Biter 


—    lOf    — 

und  Blot  zum  Vorschein ,  auch  aus  der  Höhle 
des  hintern  Backenzahns  kam  eben&Us  etwas 
ISter,  so  wie  aus  der  Nase  noch  dann  und 
wann.  Der  Druckverband  wurde  fortgesetEt, 
zum  Einspritzen  und  M undausspälen  wurde ' 
Kalkwasser  und  Myrrhenhonig  mit  bmwarmem 
Wasser  verordnet ,  —  am  30.  Novbr.  Ungt. 
Alth.  OL  Hyoscyam.  mit  grauer  Quecksilber* 
salbe  zum  fiinreiben  in  die  Wange ,  —  gelbe 
Wachssalbe,  eingedickter  Hyrrhenhouig  zum 
Verbinden.  —  Am  13.  December  war  die  ¥i^ 
stelöffnung  schwammig ,  die  Backe  stärker  ge- 
schwollen,  der  Druck  in  der  Gegend  des  Kinn- 
backenwinkels empfindlich,  beim  starkem  Schnau- 
ben kam  noch  immer  Eiter  aus  der  Nase  und 
zugleich  aus  dem  Munde;  dasselbe  war  der 
FaU  beim  Streichen  längs  der  Kinnlade  gegen 
die  FistelöffnuDg  hin.  —  Ich  liefisi  die  Fistel- 
Öffnung  mit  einem  Pulver  aus  gebranntem  Alaun 
und  armenischem  Bolus  bestreuen,  und  dann  mil 
einem  Bleipflaster  bedecken;  innerlich  Schwe- 
felsäure nehmen,  den  Druckverband  fortsetzen 
und  später  die  Schwefelsäure  mit  dem  Elix. 
Vitriol«  Myusicht.  vertauschen.  -—  Seit  dem 
S4.  Decbr.  hatte  alle  Eiterung  nach  auften  auf- 
gehört und  sämmtliche  Geschwüre  waren  ge« 
heilt.  In  den  ersten  Tagen  bekam  Pat.  hefti- 
gen Kopfschmerz,  der  sich  aber  nach  und  nach 
verlor,  nur  in  der  Nase  empfand  er  noch  ein 
wenig  Schmerz,  und  nur  mitunter  kam  beim 
Schnauben  aus  derselben,  so  wie  aus  den  Zahn- 
höhlen der  untern  Kinnlade  ein  wenig  Et» 
tor^  doch  war  mittelst  der  Sonde  nirgends 
ein  Gang  zu  entdecken.  Die  Geschwulst  der 
Wange  hatte  sich  vermindert,  auch  konnte  Fat. 
de«  Hpnd  etwas  besser  öffiien.  —    Aulser  ei- 


—    lOS    - 

nigen  rheumatischen  Sehmensen^  bosondera  in 
der  linken  Seite,  war  sein  allgemeines  Befliß- 
den  gut.  —  Aller  weitere  Arzneigebraueh  wurde 
nun  eingestellt;  den  Mund  und  die  Nase  nur 
noch  fleifsig  mit  Salbeithee  auszuspülen  ange- 
rathen,  und  so  erfolgte  in  kurzer  Zeit  die  Ge- 
nesung vollständig  und  ist  auch  nicht  wieder 
gestört  worden. 

(FortselEung  folgt.) 


j^m^^^mttmtmtmMm^^ 


—    104    - 


IV. 

Memorabilien 

aof 

dem  Gebiete  der  innern  und  äaTsern  Heflknnde. 

Vom 
Obennedizioalrathe  and  Regnerangs  -  Medizinal -Referentai 

Dn  Schneider.  ^ 

in  Folda. 


Pneumatose  der  Harnblase. 

J.ch  behandle  gegenwärtig  einen  alten  pernio- 
nirten  OfBcier^  welcher  in  den  Feldzugea  des 
französischen  Krieges  viel  ausgestanden  und 
bei  seinem  riesenhaften  Körper  und  guter  Con- 
stitution im  zweiundsiebenzigsten  Jahre  noch 
ziemlich  rüstig  wäre,  wenn  ihn  nicht  wie- 
der sein  altes  Ucbel  plagte,  von  welchem  or 
schon  vielmal  schmerzlich  heimgesucht  wordel^ 
nämlich  eine  Pneumatose  der  Harnblase,  wo 
Oase  durch  die  Harnröhre  ausgeschieden  wer- 
den. Meistens  ist  dieses  der  Fall,  wenn  dio 
Blase  durch  Fisteln  mit  dem  Mastdarme  od« 
dar  Miotteisdieide  in  Verbindung  steht,  wo  dann 
diA  I^vAentwidcelung  in  der  Urinblase  Statt  hat ; 
GnfBhion  des  Catheteis,  namentlicb 


—    105    — 

beim  Zariicklassen  elastischer  Catheter  in  der 
Blase,  kann  Luft  in  dieses  Organ  eindriiufen. 
Es  giebt  aber  auch,  wiewohl  seliuere  Falle, 
wo  in  der  Blase  —  bei  vollkommener  Integri- 
tät der  Structur  dieses  Organs  —  Gase,  wahr- 
scheinlich durch  eigenthümliche  Secretion  der 
Blasenschleimhaut,  sich  entwickeln  und  durch 
die  Harnröhre  ihren  Ausweg  nehmen;  zu  die- 
sen gehört  nun  vorliegender.  —  Der  alte  ehr- 
%vfirdige  Kranke  leidet  schon  seit  vielen  Jahren 
an  Abgang  von  Gries  und  mitunter  auch  von 
Blasensteinen ,  nebst  vielem  Schleime ;  dagegen 
ist  sein  beruhigendes  Mittel  der  Gebrauch  der 
sogenannten  Pastilles  d'Arcet:  Hec.  Carbonat. 
Sodae,  secundum  pharmac.  Edinburg.  scrup. 
quatuor,  Sacchar.  albiss.  unc.  quatuor,  Ol.  Menth, 
pip.  gutt  tres,  Mucilag.  Gumm.  Tragac.  quan- 
tom  sufBcit,  ut  fiant  tabulae  contum.  D.  S.  Oof- 
ters  zwei  bis  drei  Stück  zu  nehmen.  —  Nicht 
selten  hat  derselbe  auch  einige  Zeit  Ruhe,  dann 
aber  verdickt  sich  nach  und  nach  der  Urin  in 
der  Harnblase  und  wird  so  stark  mit  zähem 
Schleime  vermischt,  daß»  er  am  Blasenhalse 
stockt  und  mit  sehr  schmerzhaftem  Drange  ent- 
leert werden  mufs;  in  und  während  dieses 
Harnlassens  strömt  nun  nicht  selten  aus  der 
Blase  Luft  mit  einem  eigenthumlichen  Geräusch, 
xwischen  oder  vor  diesem  Schleimhamen,  und 
■war  ähnlich  der  Ejaculatio  Seminis  in  Coitu. 
Dieser  Windabgang  aus  der  Urethra  scheint 
sich  durch  den  Schleim  in  der  Blase  zu  bilden. 
Der  Kranke  nennt  dieses  Ereignifs  eine  Pollu- 
tion und  ist  froh ,  wenn  es  vorüber  ist.  Wenn 
diese  Gassecrotion  eintritt,  ist  die  Blase  aus- 
gedehnt und  circomsGript  hart  anzufühlen.  Hin- 
siditlich  der  Behandlung  ist  wenig  gegen  dieses 
Uebel  auszurichten.  DeUhoe  Sylvius  empfiehlt  den 


—    1€6    — 

Catheterismus:  Si  qui  latentes,  sagt  er,  ob^^ 
Berventur  ia  vesica  flatus  ipsam  distendentei^ 
possent  commode  immisso  in  eam  calheteffa^ 
cxitam  invenire,  aat  Syrioga  elici.  —  Dieser  ist 
aber  bei  diesem  Kranken  nicht  anwendbar^  we3 
er  eine  auDserordentlich  enge  Harnröhre  hal^ 
und  diese  überdies  noch  sehr  reizbar  ist.  Ann 
matische  Bäder,  Potio  Riverii  und  Einrdbuih- 
gen  von  Ol.  Menth,  pip.  aether.,  Tinct.  Opü 
crocat  mit  Fett  vermischt,  lindem  dieses  pe« 
riodische  und  auch  von  selbst  wieder  verschwiiH 
dende  Uebel. 

Einen  zweiten  Fall  von  Pnenmatoae  im, 
Urinblase  beobachtete  ich  an  einem  jungen  Men- 
schen, welcher  das  Unglück  hatte,  in  Felga 
eingewurzelter  Syphilis  ^  sieben  nicht  anbedeu^ 
tende  Fisteln  im  Mittelfleische  zu  haben,  die 
in  die  Harnblase  drangen  und  Tag  und  Nacht 
unwillkuhrlich  aashaft  stinkenden  Urin  und  Ja»-* 
che  entleerten.  Das  Schicksal  dieses  Kran« 
ken  war  sehr  traurig,  da  seine  Nähe  Gut  Je- 
dermann floh,  wegen  des  unausstehlichen  Ge« 
ruchs,  welchen  er  verbreitete,  —  nur  die  Sei- 
nigeu  verlieisen  ihn  nicht  und  suchten  ihn  an 
trösten.  Zuweilen  verstopften  sidi  plötsdidl 
die  Fistelgänge,  und  es  traten  heftige Sduner- 
zen  ein ;  dann  half  er  sich  dadurch,  dafii  er  wA 
einer  Fischbeinsonde  in  die  Fistelkanale  du* 
drang  und  die  dieselben  verstopfenden  Eiter« 
und  Schleimpfröpfe  zurückschob.  Beim  Her- 
ausnehmen dieser  Sonde  strömte  gleich  hinter 
ihr  her  Luft  mit  hörbarem  Geräusdi  aus  der 
Harnblase.  —  Mehrere  Beispiele  dieser  Artmid 
uberiiaupt  über  die  Pneumatosen,  finden  wir  in 
der  sehr  gelungenen  Monographie  von  fiad, 
Jlffm  Sz/orUcki  (die  Blähungskrankheiteny  Ma- 


—    107    — 

nbtthangen ,  Emphjrsom,  Windkolik^  Wind- 
dit  der  Gedänne  und  Oebftrmatteri  Gi»e  im 
Bto  etc.  Stattgart  1841). 

K.  D.f  Ehefraa  des  Sehullehrors  in  J.  war 
rch  eine  UDgeachickte  und  gewaltsame  Zan- 
ogeburt  von  einem  rohen  Geburtshelfer  der- 
ilsen  verletzt  worden ,  daIS|  als  sie  mich 
1  Jahr  darnach  um  Linderung  ihrer  grolisen 
rfdeu  anflehte,  ich  dieselbe  bei  der  geburts* 
Iflichen  Untersuchung  in  folgendem  traurigen 
istande  fand.  1)  Der  Urin  ging  Tag  und 
acht  durch  eine  FistelSfTnung  der  Harnblase 
id  sehr  oft  mit  Geräusch  von  Winden  ab. 
ittelfleisch,  Mutterscheide  und  Mastdarm  wa- 
n  eingerissen  und  die  Winde  des  Darmkanals 
»nnten  nicht  zurückgehalten  werden,  sondern 
imen  hclltönend  aus  den  Geschlechtstheilen, 
in  Stuhl  konnte  sie,  wenn  er  hart  war,  nur 
nige  Zeit  zurückhcJten.  Welches  Unglück 
»rbreitet  nicht  Unkunde,  Unwissenheit  und 
»chtsinn  eines  Operateurs  I  Der  Gatte  der  Oe- 
ibhandelten  vorklagte  den  Urheber  dieser 
erletzung,  die  Untersuchung  fiel  zu  seinem 
achtheile  aus  und  er  wurde  hart  gestraft.  — 

Noch  einen  Fall  von  Pneumatosis  flatu- 
Uta  beobachtete  ich  an  einer  sehr  stariceii, 
«ist  gesunden  und  auch  wenig  krank  gewe- 
men  Frau ;  diese  verfiel ,  erst  tief  in  den  sechs« 
ger  Jahren,  in  das  höchst  unangenehme  Ue« 
Af  dab  sie  stetes,  stinkendes  und  in  der 
Uie  sowohl,  als  noch  weniger  im  geschlos« 
men  Zimmer  zu  ertragendes  Aufstoßen,  aus 
Mtt  Magen  hatte.  Die  Ursache  war  nicht  zu 
rmitteln,  Verdacht  erregten:  häufiger  Genufs 
»her,  schwor  verdaulicher  Speisen,  nament- 
äk  dea  Schweinefleisches,  und  Trinken  star« 


—    108    — 

ker  Biere,  für  ein  Frauenzimmer  iu  ziemlichem;! 
UebermaaCse ,  nebst  Säure  im  Magen.  Ef8tera> 
Diätfehler  wurden  eingeschränkt  und  die  S&ore 
hinweggeschaffty  allein  der  aashafte  Geruch 
blieb,  Morgens  war  nicht  in  dem  Zimmer  zu 
bleiben,  iu  welchem  die  deshalb  desperate 
Kranke  geschlafen  hatte.  Ich  verordnete  nun 
viermal  täglich  ein  Quentchen  ganz  fein  go- 
stoIseBes  Lindenholzkohienpulver;  worauf  der 
Gestank  allmählig  nachliefs,  die  Kranke  sidi 
von  Zeit  zu  Zeit  besserte  und  endlich,  nach 
ziemlich  lange  fortgesetzter  Kur  und  dem  allei- 
nigen Gebrauche  dieses  Mittels,  geheilt  ward. 


Fehlen  der  rechten  Niere. 

• 

Im  Jahre  1814  wurde  ich  eilig  zu  dem  an 
einer  bedeutenden  Harnverhaltung  leidenden  al- 
ten vierundsiebenzigjährigeu  II.  G.  in  M.  ge- 
rufen, ich  fand  ihn  in  groCser  Gefahr,  pharma- 
ceutische  Mittel  waren  bereits  erfolglos  ange- 
wendet worden  und  die  Application  eines  Ka- 
theters nicht  möglich,  ich  war  daher genöthigt 
die  Paracentesis  vesicae  urinariae  zu  macheD| 
um  den  iu  derselben  schon  seit  dreifsig  Stun- 
den zurückgehaltenen  Harn  zu  entleeren.  Die 
Function  über  der  Symphysis  ossium  pubia  fimd 
ich  deshalb  nicht  iudicirt,  weil  die  Blase  so 
weit  hinten  lag,  dafs  sie  kaum  über  der  Sym- 
physis gefühlt  wurde,  ich  zog  daher  die  Punk- 
tion durch  das  Hectum  vor,  führte  den  Flü- 
ranfschen  Troikart  hoch  genug  in  das  Rectum 
hinauf,  um  weder  die  Prostata,  noch  die  Saa- 
menbläschen  verletzen  zu  können.  Die  Ope- 
ration gelang  vollkommen,  der  Alte  fand 


—    109    — 

ihr  erleichtert  y  starb  aber  des  Tages  darauf 
1  den  Folgen  der  schon  eingetretenen  Blasen- 
liefindung  vor  dem  Ilamblasenstichey  wie  die 
action  sseigte.  —  Die  Harnblase  war  ganz  leer, 

derselben  fanden  sich  sechs  Steine  von  der 
Irdfte  s^ker  Erbsen,  von  welchen  einer  sich 
st  in  den  Blasenhals  eingoklemnü  hatte  y  wes- 
üb  auch  weder  olasUscho  noch  silberne  Ka- 
lter einzubringen  gewesen  waren.  Merk- 
firdig  aber  war  noch  bei  diesem  Kranken, 
ifs  derselbe  nur  eine  und  zwar  die  linke  Niere 
ktte,  welche  aber  noch  roelir  als  zweimal  grö- 
er,  als  im  naturlichen  Zustande  und  mit  vie- 
m  Griese  in  den  Nierenbecken  versehen, 
inst  aber  regelm&fsig  gebildet  war,  nur  einen 
amleiter  hatte,  der  sich  linker  Seits  in  die 
amblase  inserirto.  Fast  kein  Organ*  ist  dem 
>iele  der  Natur  so  h&uflg  unterworfen,  als  die 
ieren.  Der  Mangel  der  Nieren  ist  entweder 
tal,  oder  partiell.  Der  erstere  ist  selten  und 
immt  gewöhnlich  nur  in  Verbindung  mit  an- 
irweitiger  unvollkommener  Entwickelung  der 
iteren  Körporhälfte  vor.  Jedoch  fehlt  es  nioht 
I  Beispielen,  dais  gar  keine  Niere  vorhanden 
ar.  Gilibert  (Samml.  pract.  Beobachtungen, 
»ersetzt  von  He&e/ts/rex7  und  Plnsohmann)^  hat 
ehre  hierher  gehfirige  Fälle  verzeichnet.  Auch 
Wstriegel  (Mise.  N.  C.  D.  I.  a  II.  Obs.  SS. 

86)  sah  bei  einem  achtmonatlichen  Fötus, 
0  zugleich  der  Afler  fehlte  und  die  Extremi- 
ten  verdreht  waren,  beide  Nieren  und  Harn- 
ter  fehlen. 

H&ufiger  sind  die  Beispiele,  wo  nur  eine 
iere  vorhanden  ist,  wie  eben  in  dem  oben 
geführten  Falle,  eine  Bedingung,  die  nieht 
t  der  gleichzeitigen  Verschmelzung  und  dem 


—    110    — 

auf  dieselbe  Seite  Geworfensein  beider  Nm 
verwechselt  werden  darf,   allein  davon 
gewöhnliche  Grölse  dieser  einfachen  tuen 
Anwesenheit  eines    einzigen  Harnleiters 
bestimmt   anterschieden   werden  kann, 
eine  wirklich  ein&che  Niere  allmahlig  si< 
grdüiem  konnte,  und  nicht  selten  sehr  graise^- 
auf  einer  Seite  liegende  Nieren  nur  einen 
Eigen  Harnleiter  luiben.     Wo  indeis  die 
fache  Niere  nicht  grölser  als  gewöhnlidi  isl^ 
kann  man  mit  Sicherheit  den  Fall  für  den  wah- 
ren Mangel,    nicht  für  Verschmefasung  ansa- 
hen.    In  der  Reg^l  aber  ist  die  vorhandene 
Niere  gröCser,  als   sonst   eine  Niere  sa  sna 
pflegt,    und   hegt   bald  an  der  gewöhnUchea 
Stelle  der  Meren ,   bald  in  der  Mitte  auf  deoi 
Ruckgrath.     Oftmals   zeigt  diese   eine   Bßeie 
deutlich  durch  ihre  doppelten  NerenbeckeD  and  ) 
üamgänge,  dafs  hier  nicht  ein  Mangel,  i 
dorn  eine  Milsbildung  durch  Verwachsung 
ser  Organe  in  Eins  vorhanden  ist 

Blasius  (Observ.  anatom.  p.  115)  fuhrt  zwei 
Fälle  an,  wo  in  dem  einen  die  linke,  im  zwei- 
ten die  rechte  Niere  mit  ihren  Geftlben  and 
Hamgängen  fehlten. 

Valsalva  {Morgagni  de  causs»  et  aed. 
morbor.  Epist.  XXXI.  §.  25.)  sah  bei  einer  Fna 
die  linke  Niere  ganz  und  gar  fehlen;  die  rechte 
ersetzte  sie  aber,  indem  sie  noch  einmal  se 
grofii  als  gewöhnlich  war,  doppelte  Bedkes 
und  doppelte  Harngänge  hatte,  welche  aicii 
beide  in  die  rechte  Seite  der  Harnblase  eiiK 
senkten.  In  einem  andern  Falle  (Epist.  XXV. 
^  4)  fehlte  ebenfalls  die  eine  Niere,  die  vor« 
handtne  hatte  nur  ihre  Normaigr&fse  oud  ein- 
fiisheii  OefiifiM. 


—  111  — 

Albrechi  (Mise.  Nat  Cur.  Dec.  II.  Ann.  I. 
Obs.  78.)  fand  boi  oinem  neugebornen  Kinde 
nur  eine  Niere,  welche  auf  der  linken  Seitei 
nur  ein  Nierenbeeken  und  einen  I|amleiter  hattei 
dabei  aber  ziemlieh  grofs  war. 

In  einem  andern  Falle  (Jeumal  des  Seavans 
1681.  Bf  art.)  fand  sich  nur  eine  Niere,  welche  auf 
den  Lendenwirbeln  lag  und  zwei  Becken  mit 
den  gehdrigen  Ilarngängen  hatte. 

Guigneuae  (Journal  de  M6dec  176(k  Tom. 
XIL  Avril.  Neue  Samml.  auserlea  Wahmeh* 
mangen.  B.  III.  S.  883)  fand  bei  einem  Manne 
nur  die  linke  Niere,  die  zwar  ein  Drittheil  grö* 
Hier,  als  natürlich  war^  aber  nur  ein  Becken 
mid  einen  Harngang  hatte. 

Kaltschmidt  (Diss.  de  uno  rene  in  eada^- 
vere  invonto.  Jeuae  1765.)  sah  eine  emzige 
Niere,  welche  ihre  NormalgröAie  um  Vieles 
öberstieg,  von  einer  Lende  bis  zur  andern 
reichte  und  doppelte  Ilarngunge  hatte. 

Parkin  (Journal  de  Modoc.  1760.  XIII. 
Nov.)  sah  die  rechte  Niere  fehlen,  die  linke 
aber  von  aufserordontlicher  Gröfse. 

Mohrenheim  (Wiener  Beiträge  B.H.  S.S97) 
fand  nur  eine  Niore,  welche  auf  der  reehten 
Seite  lag,  noch  einmal  so  grofs,  als  gewöhnlich 
war  und  nur  einen  Harngang  von  auffallender 
\^eite  hatte. 

S<o//(Heilungsmethodo  Bd.  II.  ThI.II.  S.179) 
sah  die  rechte  Niere  mit  der  Nierondrüse,  dem 
Hamgange  und  allen  Blutgefäüsen  gänzlich  feh- 
len, die  linke  war  nur  etwas  gröber,  als  ge- 
wöhnlich. Einmal  fehlte  die  linke  Niere  mit 
ihren  Geföfsen  und  dem  Harnleiter,  die  rechte 
hatte  die  Noi^algrölse;  die  Harnblase  war  klein. 

Veisac  (Verhandlungen  Th.  VII.  S.  168) 
fand  femer  auf  der  ganzen  linken  Seite  nicht 


—  11t  — 


eine  Spur  von  einer  Niere ;  die  rechte  wai  abi 
etwas  gröfiser,  so  wie  auch  der  Harnleiter  et»J 
was  weiter  als  gewöhnlich. 

Pole  (Memoirs  of  the  Lond.  med.  Sodet 
Vol.  U.  N.  XXXIX.  p.  319)  öffnete  ein  neug^] 
bomes  Kind,  bei  dem  nur  die  rechte  Niere  vor- 
handen war. 

^Vrisberg  (in  HaÜer*s  Grundrils  der  Phy- 
siologie, von  Sommerins  und  MeckeL  Berfin 
1788.  S.  160.  Anm.  73  ff.)  sah  bei  einer  Fran 
die  eine  Niere  mit  allen  Gefafisen  und  dem  Harn- 
leiter gänzJich  fehlen;  die  vorhandene  war,  wie 
auch  die  Harnblase,  ungewöhnlich  klein. 

Sandifort  (Mus.  anat  Vol.  I.  pag.  250)  fimd 
bei  einer  Frau  nur  die  rechte  Niere,  von  der 
linken  war  nur  die  Nierendruse  vorhanden. 

Vergl.  VoigieVs  Handbuch  der  patholog; 
Anatomie.  Bd.  III.  Halle  1805.S.  169;  und  MetMCt 
Handb.  der  pathoL  Anat.  Leipz.  181S.  BdL  L 
S.  610. 

(Fortsetzung  folgt) 


^    118    — 


V. 

urze    Nachrichten 

and 

A  u  s  z  ä  g  e. 


1. 

ilMl  und   ahwtMhende   BOiimg  iu  Hmtmi». 
\§$t  CManlbrlMtfmafitmtif  und  Anwmiiung  cb»  (M- 
chiciim  gegm  datitelben. 

rgetragen  In  einer  Veriammlong  Ton  Aenteo  m 

Schwenningen 

von 

Dr.  0.  JIdfoft,  «u  ScMMfinliven. 


Uie  M«  entwickelte  iloh  bii  tum  dritten  Leben^ahrt 
gut,  T09  da  an  aber  kam  dai  Gedeiben,  ile  warni« 
;  aah  gut  aoii  bekam  16  Jahre  alt  die  Periodei  wtl* 
nun  regelmfijGiig  alle  drei  Wochen  wiederkehrte  und 
•tark  war,  Uehrigeni  erlangte  aie  die  gehörige  Fftlto 
Stfirke  des  Körpen,  hatte  rothe  Wangen,  arbeitet« 
hätte  nur  Ton  Zeit  tu  Zelt  heftigei  Kopiweb,  lontt 
ile  geiund.  AU  lie  21  Jahre  alt  war,  fiel  sie  Ina 
er  und  wäre  beinahe  ertrunken.  Seit  dieser  Zeit 
Ile  oft  beftigea  Gliederreifien  und  mehreremale  wa- 
lte Gelenke,  betondert  die  Handgelenke,  geachwoUeB 
übmershaft.  Sie  gebar  In  ihrem  a2atei  Jahre  und 
IT  Im  Sitten  Tor  drei  Wochen.   WIhrend  der  totHia 

in.XCULBd.8.8(«  H 


—    114    — 

Sdiwangerschaft  besachte  sie  fliren  Liebhaber  über  dem 

Rhein,  fiel  dort  in  einem  Hanse  einen  Stock  hoch  berab 

uiid  hatte    auf  dem    Rückweg    noch  das   UnglOck,  tob 

einer  Wagendeichsel  in  die  linke  Seite  gestoläen  za  wer« 

den,  so  da(s  sie  genöthigt  war,  im  Spital  zu  Freibmg 

Hälfe  ZQ  suchen.    Sie  verweilte  indessen  dort  nur  swd 

Tage  and  schleppte  sich  dann  nach  Hanse,  wo  de  gau 

erschöpft  wenige  Wochen  Tor  der  Niederkunft  ankam*   Bis 

zu  dieser  klagte  sie  fortwährend  über  Schmerzen  In  der 

linken  Seite,  keuchte^  hostete  und  sah  schlecht  aas.   Acht 

Tage  nach  der  Gebart  fing  sie  an  über  Mattigkeit  n  Uh 

gen,  hatte  Frieren,  keuchte  und  hustete  starker,  schlief 

nicht,  afs  nicht,   die  Füfse  und  Unterschenkel  adiwoUet 

odematos,  der  Pols  war  klein »  Respirationsgeransdi  kaam 

hörbar,  Gesicht blais,  odematos,  Lippen  blafsblantiob,  — * 

ferner  Verstopfung,  wenig  Urin,  Bangigkdten,   die  sieh 

von  Zeit  zu  Zeit  steigern,  —  zuletzt  Halbschlommer,  nr- 

mchrte  Bangigkeit^  einige  flüssige  Stahle,  Tod«    SiehitiB 

zuerst   einige  Calomelpulver   zu  ^  Gran,    dann  Seaegi, 

Digitalis,  Laudanum  erhalten. 

Seotfon,  40  Standen  nach  dem  Tode.    Fgthdft  n«! 
.  aübedeutend;  die  Gefäiibaat  des  Gehirns  UdMtaiidiif&- 
cirt,  das  G^rn  selbst  bat  ntAe  Blotponcte  und  da  osd 
dort  selbst  rothe  Streifen,   ist  nicht  erweicht.     Im  Dann- 
kanal, aufser  einiger  Röthe  der  Schleimbaut  des  Magesi 
keine  abnorme  und  von  Krankheit  herrührende  Verande' 
rung;  Milz  weich  zum  Zerdrücken,  grofs,  die  Leber  eben&Ib 
Tergröfsert^  mürbe  und  mit  vielen  weichen,  weilsen  fetti- 
gen Körnern  durchspickt^  die  Gallenblase  halb  toU  von  dos- 
kelgelber  Galle,  die  Nieren  von  normaler  Beschaffenheit,  du 
Zellgewebe  allenthalben  mit  Wasser  infiltrirt^  ebenso  te 
Mesenterium,  welches  dadurch  wie  macerirtiat.     Derüli- 
nis  zeigt  keine  Abnormität,  enthält  einige  braonrothe^  Ufr- 
tige  Flüssigkeit,    der  Muttermund   bläulich,    die  ViglM 
dunkelblau,    übrigens  von  Entzündung  keine  Spar,  Ak 
Eierstöcke  gesund,  im  rechten  eine  Narbe,  im  linken  eist 
kleine  Höhle  mit  einiger  blutig  serösen  Flüssigkeit^  In  bi^ 
den  mehrere  Rieben.    Die  Schilddrüse  vergrolsert,  fliisei 
artig,  etwas  hart,  übrigens  nicht  degenerhrt ;  Bronebäl- 
Schleimhaut  gegen   die  feineren  Zweige  hin    zansbiBvl 
streifig  ond  gleicbmafsig  geröthet,  die  Langen  £sat  imd^ 
aus  schwarzblan,  dasGewtbe  derselben  fest  ganz  mill^ 
rösem  Wasser  erfdllt,  nur  die  untersten  Lappchen  aonil 
and  rÖthKch  gefärbt,  die  Lungen  sind  mit  den  fä^f^ 
dem  Zwwcfafefll  nnd  dem  Hersbeotel  beinahe  aUenthdba^ 


—    115    — 

lüotan  Dnd  •eiCIich  gröfsConilieih  lelir  feit  verwaotuieii,  auf 
diff  freien  E^äche  ohtiii  vorno  muhrarc  empbytonialiMlie 
tMeUeü  9  der  noch  offene  Retim  zwiichon  Kippen  -  und  Lun  « 
ftn -Pleura  mit  rötlilichcia  Meruin  KoHillt,  der  Herzbeutel 
bl  aebr  anagedebnl^  enthält  wenigitcni  1  Sohop|M*n  Rolb- 
liahes  Beivini,  und  iit  lohr  verdickt,  innen  gnnz  mit  faser- 
■loffigem  Kuudat  bedeckt,   villöt.    Auoh    daa    Merz  hat 
diwea  weilaviUöae  Anaehon  von  demselben    faaeraloflifcen 
Kieudatf  mit  welchem  ea  last  durohana  bedeckt  Jit    Der 
Unke  Ventrikel  hat  etwa«    verdickte  Wandungen.     Beide 
Ventrikel,  noch  mehr  aber  der  rechte,  und  der  rechte  Vor- 
hof enthalten^  welche  übröie  Geriniel ,  welche  lioli  in  die 
GafaCM  fortziehen.    Aua  der  abgeschnittenen  untern  Hohl> 
ader  stiint  eine  Menge  ÜÜMigca  ichwnrzbbues   Hlut  in 
oinem  dicken  Strahl  in  die  HniHtliöhle  hinein,  die  mittlere 
Valvel  der  Aorta  blumcnkohlühnlich  degenerirt.    Die  bei- 
den Ventrikel  communiciren  mit  einander  durch  eine  di- 
reale  Oetfoung  in  der  Scheidewand  im  untern  Tlieil  dei- 
aelben,  und  die  l'ulmonalnrterie  entipringt  aua  dum  liii<- 
Icen  Ventrikel  links  von  der  Aorta  und  unmittelbar  nebi*B 
ihr ;  die  Voriiöfe  mit  ihren  Geiafsen  haben  die  gewöhn» 
Uohe  Bildung. 

Die  Krankheit 9  an  welcher  die  Frau  atarb,  ist  ohne 
Zweifel  auf  folgende  Art  zu  Stand«?  gekommen :  Das  Fal- 
len in  das  Wasser  legte  den  (vrund  zu  dem  (lelenkiheu- 
matismuiy  von  welchem  die  Veritorbene  von  nun  an  Man- 
chen IQ  leiden  hatte ,  oliwohl  er  nie  einen  hitzigen  Ver- 
.laiif  maolitew  Uebermäriiign  Anitrengungen,  Widerwärtig- 
keiten und  ungliicklichu  ZufüUu  steigerten  das  Luiden 
wahrend  der  letzten  Seliwangerschaft,  der  Kheumatiimas 
eoncentrirte  liAh  auf  dai  Herz,  und  es  entwickelte  sieh 
BntartUBg  einer  iler  Klappen  der  Aorta,  Verdickung  der 
Habstans  des  linken  Ventrikeli,  Kniziindung  des  aerÖaen 
Vebenngs  des  ll^izeni  und  des  Herzbeuteb  mit  Aua» 
aehwitzung  von  Foienttoir,  mit  welchem  diene  leröien 
-Hiate  bedeckt  wurden,  und  von  Serum,  welchen  im  Hen- 
bevtel  in  bedeutemler  Menge  sich  ansammelte.  Die  Bron- 
ebitis  nnd  das  Wosser,  welcties  in  so  grofier  Menge  die 
Lnogen  anfüllte  (Lungenödem),  theilwciso  Kmphysum  nnd 
der  Brgufi  von  Serum  tn  die  Höhlen  der  l'leura:  dleU,  so 
wie  die  Anschwellung  und  fetti^ie  Beschaffenheit  der  Le- 
ber, die  Benchaffenheit  der  Milz  und  der  Krgufs  von 
Wasior  in  die  Bauchhöhle  waren  ohne  Zweifel  Folgen  der 
immer  weiter  gediehenen  Krhrnnknng  des  CHiilralorgaiis 
des  Blutsyntems   und   der  dadurch  gehummlün  Circulalton 


-.    116    — 

des  Blott.  —    Wie  geneigt  der  RbeomaliBiBiis  iil,  te 
Hen  ZQ  ergreifen  and  den  Grand  za  organiaohen  Krank-, 
heiten  dieses  Organs  nnd  ebendamit  za  einer  ReHie  der 
fiircbtbarsten  Leiden  za  legen,    Ton  denen  der  Tod  den 
Daider  meist  spät  genug  erlöst,  bt  bekannt  and  beetlligt 
nch  mir  alle  Tage  mehr  in  einer  Gegend,  in  wefoberder 
Bbenmatismos   endemisch  ist,   and  ohne  Zwdfd  haben 
Sie,  meine  Herren,  dieselbe  Beobacbtang  gemacht  Vom 
hitzigen  Gelenkrbenmatismus  sind  mir  in  dem  Terflosse^ 
nen  Halbiabr  sieben  Fälle  vorgekommen ,  die  idi  nach 
unserer  Besprechung  in  der  letzten  Yersammlong  simml- 
lich  mit  Viaam  Colcbici  innerlich  and  Einreibongen  der 
Gelenke  mit  OK  campborat,  Branntwein,  Fomentationea 
mh  warmem  Sublimat -Wasser«  ({Gr.  anfUnc«  j,  A«]. 
destill.,  je  nach  dem  Grade  der  Untzundung)    bdiaadett 
habe,  und  die  Krankheit  verlief  in  allen  dienen  Fallea 
gut,  nnd  kurzer  als  ich  dieses  meist  froher  bä  anderer 
Behandlung  mit  Biasenpflastern,  Tartar.  emetic  n/St*  doii| 
Salzen  u.  s.  w.  erlebt  habe.     Ich  gab   den  Wein  tif- 
lich  zu  zwei  bis  drei  Drachmen,  selbst  bis  za  einer  hal- 
ben Unze,  mit  destillirtem  Wasser  und  Bibiaohaaltt   la 
einem  Fall,   wo   ich  zuletzt  nnciam  ß    tagtinh  «reiohle^ 
entstand  Schleimwargen,  einigemale  aoeh  wirkliebes  B^■ 
brechen  von  Schleim  und  eine  Ait  von  Zuschnamag  dei 
Schlundes,  hernach  Diarrhöe.    Sonst  wurde  durch  den  Weia 
weder  der  Stahl  noch  der  Schweifs  befördert ,  wohl  aber  die 
Absonderung  des  Urins ,  der  seine  rothe  Farbe  ond  sein  Se- 
diment und  seine  auffallende  saure  Beschaffenheit  yerlor  and, 
allmählig  oder  schneller,  die  normale  Beschaffenheit  wie- 
der annahm,  womit  dann  auch  die  Gelenke  anschwolleo, 
die  Schmerzen  sich  verloren ,  und  in  zwei  bis  drei  Wo- 
chen, selbst  noch  früher,  die  Kranken  Yollkommen  bei^ 
gestellt  waren.     Ich  brauche  Ihnen  kaum  za  bemerkes, 
dafs  ich  biebei  die  Patienten  in  der  Kost  sehr  kurz  bsl- 
ten,  d.  h«  nur  Wassersuppen,  gekochtes  Obst  and  WasKT 
geniefsen,  sie  in  gleichmäi'sig  warmer  Temperator  znbrit- 
gen  und  in  Wolle  kleiden  lieOs,  und   man  mag  immerU 
dieser  diätetischen  Behandlung  einen   bedeatenden  Tbai 
des  Erfolgs  zuschreiben.    Die  Tinctur  wurde  bereitet  ans  ei- 
nem Theil  des  friscchen  Samens  mit  acht  Theilen  Yin.msls- 
cense.  —    Was  nun   die  Anomalie    des    Ursprungs  der 
Lungenarterie  mit  der  Commonication  der  Ventrikel  be- 
trifft^ so  ist  sie   meines  Wissens  ziemlich   selten«    Mis 
erwartete  Kyanose,  sie  war  hier  nicht  Torhandeo,  die  Mit- 


-    117    — 

Uolio  ^Irbaog  der  Schleimbaot  de»  Mbtterbaliet  ond 
die  tiefbltad  der  Soheide  ftuigenommen«  — *  Die  Ma^ 
ler  der  Verstorbenen  ond  ibre  SUeren  Geicbwiiter  Ter- 
doberteo  micb  wiederboU  aaidrüokliob ,  dafs  das  Mädobeii 
Tom  dritten  Jabr  bis  zam  einundzwanzigsten  stets  gesund 
gewesen  sei,  namentliob  nicbt  gekeacbt,  keine  Anfalle 
Ton  Herzbeklemmung  oder  Qbnmacht  gehabt ,  gut,  d«  b. 
bläbendy  rotb  ausgesehen,  starke  und  kraftige  Arme  ge- 
habt ond  stets,  von  Zeit  zu  Zeit  sich  einstollendes,  be^* 
tiges  Kopfweb  ausgenommen,  ohne  Uindernifs  oder  Klage 
gearbeitet  habe.  Erst  von  dem  Fall  ins  Wosser  an  wordo 
sie  kränklich.  Dafs  die  starke,  alle.drei  Wochen  wieder- 
kehrende, Menstruation  ihit  der  Anouialie  zusammenbfingt, 
dait  dieselbe  vielleicht  die  durch  diese  Anomalie  gestei- 

Eerte  Veoositüt  ausgleichen  sollte,  wage  ich  nicht  zu  be- 
aopten,  doch  vermuthe  ich  es,  und  mit  der  Oberm&Od- 
Sen  Menstruation  steht  dann  wohl  auch  Jio  erwähnte  blaue 
'Irbong  der  Schleimhaut  der  Scheide  und  des  Ualses  der 
Gebirmutter  in  Verbindung.  Dieser  Fall  ^beweist  also, 
daOi,  wie  Ferrui  und  Louia  annehmen,  Anomalieen  dea 
Herzens,  wie  die  unsrige,  welche  eine  Vermischung  der 
beiden  Blutarten  nothwendig  mit  sich  bringen ,  nicht  notb« 
wendig  mit  Blaosucht  verbunden  sind^  eine  Annabmei, 
welche  durch  den  von  BreMchct  beobachteten  Fall  von  Ur- 
iprang  der  linken  Art.  subclaviae  aus  dcr^Lungensohlag- 
■der  bei  einem  etwa  einen  Monat  alt  gewordenen  Kinde^ 
wobei  in  den  linken  Arm  nur  Venenblut  kommen  konnte, 
oboe  dafs  im  Geringsten  eine  Abweichung  in  der  Haut- 
fturbe  ond  Untwicklung  dieser  Extremität  zu  bemerken  war, 
noch  mehr  unterstützt  wird.  Hasse  gibt  in  seiner  patbo- 
logisobea  Anatomie  (Bd.  I«  S.  226)  die  Gründe  an,  wel- 
che ZQ  der  Annahme  *^zwingen,  dafs  die  Kyanosa  fdaa 
Blauwerden)  niclit  von  einer  anderartigen  Beschaffenneit 
des  in  den  GefSfsen  ciroolirenden  Bluts  bei  Abnormitltea 
in  den  Organen  des  Kreislaufs  überhaupt  abbSngt;  die 
fcjanotische  Färbung  rührt  vielmehr  nur  her  von  einer  Std« 
rang  des  Zuliusses  des  Blutes  vom  Herzen  tu  den  Lon- 
gen und  von  diesen  zarGck  zu  dem  Herzen,  wie  bereite 
Krsysig  und  spater  IamUs  überzeugend  dargetban  babeo« 
Bine  Störung  des  Kreislaufs  dieser  Art,  ein  iiindenUfs 
der  Circulation  war  in  unserem  Fall  ursprünglich .  nicht 
vorhanden,  daher  auob  keine  Kvanose;  das  Hindernifii 
entwickelte  sich  erst  spHter  doroh  Urkrankung  des  Her- 
zens ond  in  Folge  dieser   entstand  das  Keuchen,    das 


—    tl8   — 

Oeltm  der  Lsegen,  die  blaoliobe  Färbang  detf  Uppean. 
i*.w«  •»  eia  den  kyaootiBcben  Mihekommeader  Zoalani» 


2. 

Monaüit^ter   Berkhi 

über 

denOettmdheitszugtand,  OebwrtentmdTodeaßltevtmBnUmm 

flfitgetheUt 
«fM  dm  Aktem  derHufeHamd,  med,  cfttmr^  OitilMkafti, 

Mit  der   dazu  gehörigen   Wiitervnge  -  TdbeUem 


Monat    Septemherm 
Ceber  die  Witterung  yerweisen  wir  aaf  die  beigelugle  Talet 


Es  wurden  geboren:    403  Knaben, 

372  Madchen, 

775  Kinder. 

Ks  starben:    170  mannlidien, 

137  weiblichen  Creedilediti  über, 
und  399  Kinder  unter  10  Jahren.' 

706  Personen« 

Mehr  geboren  69.  '   ,     '    ' 

Im  September  des  vorigen  Jahres  wurden 

geboren:     546  Knaben, 
461  Mädchen, 

1007  Kinder. 

Es  starben:    203  männlichen, 

199  weiblichen  Gesdileobts  ober, 
nnd  597  Kinder  unter  10  Jahren. 

999  Personen. 
Mehr  geboren  8, 


Ib  TiitJlaifi  tMM  HoBil  Septbr,  Torigra  lahm  wm~ 
4^  im  Stitoibcr  düM«  Jahrat  wewga  gebora  231,  nad 


Der  gwh  belle  Chanetcr  der  Knnkbeiten  bfieb  tot- 
bemcbend.  Diuctifilla  mit  iwd  ohoe  Erbrecfaea,  ueü 
nItM  näl  bladgea  Abgäii(eB  »  mna  tn  biufigMe«;  d»- 
bä  (Mbbcfa-MTtäse  Fieber  nit  kagavea^VeclKrf,  ««d 
ifc  'f  -i"  Be*chwtrdee.  Wedudfieber  bi  daxdBiB 
FÜteB.  Der  KeieUiiBlen  brdtets  tieft  weiter  ue.  Daiec 
dn  A^wctl^ea  fimdeo  )idi  HaMni  and  Sahirtnh,  dtick 
■idtt  Mkr  wetbtäut,  ma(*  »tuti  keiaet  u  dea  Pocke«. 


Spteitllt  Krmtiktittn. 


^:s^ 

•^1 

Kreakhelten. 

1 

1 

1 

1 

! 

U 

3U 

1 
> 

31 
M 

S 
S 

u 
u 

4 

iZa^gHSo^l^^SlS^- 

s 

! 

SSäXT^- 

1 

*-^'S^^  :  : 

! 
S 

An  der  Hnlisohwiiiilini^l. 

Ab  der  Dannaiiliirisdiuät 
,&a  Hulropt.  , 

An  Hrdroibocai. 

iAki  Bydrops  petiurdü, 

I  An  der  LEberkruiklicit 

An  der  Gtlbiucht     . 

Am  DuroblKLI      . 

Am  Brechdmclifnlt     . 

An  der  Rulir.      .       . 


An  oTEHnitoLvu  F«hl«B 
Am  Krebs         '  .        . 

Am  B«uid.  .       . 

Au  der  Gicht  . 
An  dar  Bnrnnihr 
Ab  RiiokEmnu'Judarr« 

An  Dumerweiobung  » 

jOucb  UnglbckiÄlle 


C.  W.  Hufeland'8 


Jon  r  n  a  1 


der 


racttechen   Heilkunde. 


>  \ 


Fort  geseilt' 
Ton 

Dr.  E.  O.sann, 

Geh.  Med«  Ratb,  ordentl«  ProfoMor  der  Medleb  aa  dir 
Tenität  and  der  med^  chinifge  Aeademie  (Br  die  MQUyr 
krliii,  Director  des  K.  PoÜklin.  Inititoti,  Rhler  dee  rotlien 
fr-Ordenf  dritter  Klaue  mit  der  Schleife  und  Mtglied 
mehrerer  gelehrten  Geieiliehaften. 


Qrau,  Fremd,  iif  tOU  n$mi§, 
Doch  grün  dei  Ii€bm$  gulUker  Baum* 

Göike. 

IV.  Stack.    Ootober. 


Berlin. 

Gedmckt  oncl  Terlegt  bef  6.  Jteimer. 


t 


•\ 


•j 


I. 

G  e  s  c  h  i  c.h  t  e 

etnet 

merkTmärdigen ,  tödtUch  abgelaii- 
fenen  AbdominaUeldemu 

Von 

Dr.  Steinthal, 

prakdiohem  Ante  la  Berlin« 


(Vorgelesen  in  der  Sitzong  der  Hnfeland.  med.*€liiriiiv. 
GeieUicbaft  d.  !•  Oct  1841.) 


Hiine  Frau  von  sechsundzwanzig  Jahren,  die 
als  Kind  und  als  Juofffrau  niemals  ernstlich  krsink 
gewesen  war,  und  die,  obwohl  immer  nur  bleieh 
aussehend  und  mager,  doch  gesund  zu  sein 
schien,  befand  sich  auch  in  den  erstem  Jahren 
ihrer  seit  sieben  Jahren  bestehenden  Ehe  wohl 
und  überstand  das  erste  und  einzige  Wochen- 
bett vor  sechs  Jahren  im  Allgemeinen  recht  gut. 
Nach  jener  Zeit  fing  sie  indessen  an,  öfter  «a 
krftnkeln  und  litt  namentlich  hftuflg  an  KopfU 
schmerzen,  heftigen  KreuzschnMrzen  und  kleir 
•nen  hysterischen  Passionen,  wogegen  Bwei8oQ|-* 


'S 


—      4      — 

mer  hintereinander  wiederholter  Gebrauch 
OfltBeebades  sich  wohlthatig  zeigte.    Im  Früh-  ; 
linge   1839  klagte  Patientin  ab  and   ra  ober 
Kolikschmerzen  y  die  mit  Kollern  im  Leibe,  Auf- 
blähungen etc.  verbunden  waren  und  hat  immer 
mit  dem  Eintritt  von  Diarrhöe  aufhörten.    Dft  j 
die  Kranke  den  gröfsten  Theil  des  Tages  ge- 
nöthigt  war,  in  einem  kalten,  nicht  ganz  Uoeke- 
neu  Geschäftslocal  zu  verweilen,  so  vermuthete  * 
man  wohl  mit  Recht,  dals  dieser  Umstand  jene 
Kolik  veranlafst  habe,  so  wie  die  frühem  Kopf- 
und  Kreuzschmerzen  aus  derselben  Quelle  ent- 
standen sein  möchten.    Die  Euphorie  des  See« 
bades  in  den  beiden  früheren  Jahren  bestimmte 
den  Hausarzt,  auch  in  dem  folgenden  Sommer  ] 
(1839)  zur  Wiederholung  desselben  zu  mthen«  1 
Obgleich  nun,  wahrscheinlich  in  Folge  unguis  ] 
stiger  Wittenings  -Verhaltnisse,  die  ersten  See»  | 
bäder  schlecht   bekamen  und  sich  öftere  Kirii-    i 
ken  einfanden,  so  bestand  doch  der  Badeant  * 
darauf,  die  Kur  fortzusetzen,  diejelänger,  deste   ■ 
übler  bekam,  bis  sie  dann  endlich  unterbrodien 
werden  mulste.    Patientin  reiste  offenbar  kinn- 
ker  zurück,  als  sie  hingekommen  war,  und  an-   - 
terweges  hatte  sie  das  Mifsgeschick,  von  einer 
heftigen  choleraahnlichen  Kolik  heimgesodit  m 
werden,  so  dals  sie,   nach  einer  mit  giolsen   ^ 
Beschwerden  und  unter  stets  neuen  Eikaltnn- 
gen  verbrachten  Nacht,  sehr  krank  und  ange- 
grifien   hier  ankam.     Durch  die  fleilsigen  Be» 
muhungen  ihres  Hausarztes  wurde  sie  bald  wie- 
der hergestellt   und  war  nun  eine  Reihe  von 
Wochen  hindurch  wieder  ziemlich  munter ,  sah 
indessen    sehr   bleich  und  elend   aus  und  bot 
stets  den  Ausdruck  eines  tieferen  Abdominal- 
leidens dar.    Wahrend  des  Herbstes,  wo  es  an 
nenen  Erkaltungen,  kleinen  Gemäthsbewegon- 


gen  und  aach  wohl  an  Diätfehlorn  flicht  fehlte, 
erneuerten  sich  einzelne  Anfälle  von  Brechko- 
lik y  obwohl  in  geringerem  Grade,  und  Patientin 
litt  anhaltend  an  Kollern  und  Poltern  im  Leibe. 
Die  Anfalle  gingen  jedoch  rasch  vorüber,  und 
erreichten  nie  eine  irgendwie  bedenkliche  Höhe. 
Bald  nach  Neujahr  (1840)  indessen,  nachdem 
Patientin  sich  bei  stürmischer,  nafekalter  Wit- 
terung wiederholentlichen  Erkältungen  ausge- 
setzt hatte,  entstand  ein  ungewöhnlich  heftiger 
und  hartnäckiger  Anfall  von  Brechkolik,  der 
von  allen  frühern  auf  eine  ganz  eigenthümliche 
Weise  abwich  und  zuletzt  eine  bedenklich« 
Höhe  erreichte.  Die  vorwaltenden  Erscheinun- 
gen waren  folgende:  die  sehr  bleich  und  elend 
aussehende  Kranke  versank  jn  eine  Art  voa 
Apathie,  ward,  gegen  ihre  Gewohnheit,  ver- 
driefslich,  unruhig,  warf  sich  umher,  bewegte 
sich  besonders  viel  mit  den  Händen,  bekam 
heftige ,  sich  von  Minute  zu  Minute  steigernde, 
endlich  ganz  unerträgliche  Leibschmerzen,  wo- 
bei die  Darmwindungen  sich  wie  pralle,  festge-. 
stopfte  Würste,  krampfliaft  zusammen  und  in 
die  Höhe  ballten,  sehr  empfindlich  wurden,  bis 
endlich,  bald  mit,  bald  ohne  Würgen,  und  Auf- 
stofsen  ein  gallichtes  Erbrechen  eintrat,  das  ei- 
nige Erleichterung  brachte ,  die  aber  nicht  lange 
andauerte  und  bald  einem  neuen,  nicht  minder 
heftigen  Anfall  Platz  machte.  Sowohl  während 
desselben,  als  auch  in  der  Remission,  litt  Pa- 
tientin an  vielem  Kollern  und  Poltern  im  Leibe, 
das  sich  ganz  so  anhörte,  als  ob  eine  halb  mit 
Wasser  augefüllte  Flasche  heftig  umherge- 
schüttelt  würde.  Die  Kranke  blieb  dabei  harl- 
nickig  verstopft,  und  namentlich  war  ein  Ab- 
gang von  Blähungen  nach  unten  auf  keine 
Weise  zu  erzielen.    Patientin  brach  zuletzt  AI« 


—      6      — 

les^  was  sie  genob,  bald  firfiher,  bald  spateri^. 
nach  dem  Genüsse  wieder  aus,  oft  unmittdbar 
nachdem  es  eben  in  den  Magen  gelangt  sdm 
konnte,  wurde  unendlich  leidend  und  magerte 
bedeutend  ab.  Alle  Bemühungen,  durch  koh- 
lensaure Getränke  und  Arzneien,  durch  Ast 
foetida,  innerlich  und  in  Klystieren,  durch  kräf- 
tige Purganzen,  durch  Antispasmodica  narco- 
tica,  durch  starke  Dosen  Opium  und  Morphium, 
innerlich  und  endermatisch  angewandt,  durch 
B&der,  Einreibungen,  Fomentationen  und  Ca^- 
taplasmen,  den  Brechreiz  zu  stillen,  die  hefti- 
gen Kolikanfälle  zu  mildem  und  eine  gehörige 
Stuhlausleerung  zu  erzielen,  blieben  beinahe 
vierzehn  Tage  hindurch  ohne  wesentlichen  Er- 
folg, und  man  erreichte  mit  allen  diesen  Mit-  ^ 
teln  fast  nichts  weiter,  als  eine  unvollkommene  ] 
Darmausleerung,  die  aber  keine  dauemdo  Lin-  }. 
derung  zuwege  brachte  und  wobei  ofFenbarnnr  •] 
das  abging,  was  sich  nothdärflig  bis  zum  Rectum 
hindurchgezwängt  hatte.  In  der  dritten  Woche 
endlich  gelanges,  durch  anhaltenden  reichlichen 
Gebrauch  einer  kräftigen  Pillenmischung,  durch 
wiederholte  geschärfte  Klystiere  und  durch  rät 
eine  volle  Stunde  fortgesetztes  heitses  Kleien- 
bad, eine  kräftigere  Reaction  hervorzubringen* 
Es  erfolgten  mehrere,  Anfangs  bröcklichte,  nadi- 
her  allmählig  dünnere  Sedes,  die  sich  nun,  bei  ^ 
dem  Fortgebrauch  der  Mittel ,  täglich  unter  Ab- 
gang von  Flatus,  erneuerten.  Der  Leib  wurde 
von  Tage  zu  Tage  weicher  und  leerer,  zuletzt 
80  leer,  dafs  man,  bei  der  bedeutenden  Ma- 
cies,  das  Rückgrath  durch  die  Bauchdecken 
durchfühlen  konnte. 

Bei  der  nun  viel  leichtem  Untersuchung 
des  Leibes  fand  ich  bestätigt,  was  ich  schon 
früher  wiederbolentlich  bemerkt  hatte  ^ 


—      7      — 

die  Gegend  des  Coeeuma  etwas  härtlich  und 
bei  starker  Berührung  empfindlich  y  und  die  Be- 
aorgniTsy  dafs  von  einem  hier  Statt  fiadenden 
krankhaften  Heerde  aus  die  früheren  Zufalle  sich 
demnächst  erneuern  würden,  war  c^m  so  be- 
gründeter, als  auch  in  den  jetzt  ruhigem  und 
schmerzensfreieru  Zeiten  das  Poltern  und  Kol- 
lern noch  immer  hin  uiid  wieder  eintrat  j  wobei 
einzelne  Darmwindungen  sich  wurstförmig  und 
schmerzhaft  zusammenballten ,  und  auch  die  Nei- 
gui^  zum  Brechen  sich  häufig  genug  erneuerte. 
Kaum  waren  drei  bis  vier  einigermaßen  er- 
trägliche Tage  vergangen,  so  steigerten  sich 
die  Zufälle  allmählig  wieder.  Es  trat  wieder 
hartnäckige  Verstopfung  ein,  und  das  Uebel 
erreichte  nun  binnen  achtundvierzig  Stunden 
wieder  ganz  die  frühere  Höhe.  Wir  liefsen  nun 
eine  einfache  Pillenmischung  aus  Crotonöl  und 
Sapo  medicat.  bereiten  und  gaben  der  Kranken 
Anfangs  alle  zwei  Stunden  eine  Pille  aus  gtt«  ^ 
Ol.  Croton.,  worauf,  mit  Hülfe  eines  Klystiers, 
nach  etwa  zwölf  Stunden  eino  gesunde ^  breiar^ 
iige  Oeffnung  erfolgte.  Die  Kranke  hatte  zwar 
in  der  Nacht  noch  Schmerzen  und  Brechreiz 
gehabt,  aber  doch  ruhiger  gelegen  und  sich 
im  Ganzen  erträglicher  befunden.  Patientin  er- 
hielt nun  alle  zwei  Stunden  zwei  Pillen.  Es 
erfolgten  jetzt  in  den  nächsten  zwölf  Stunden 
vier  bis  fünf  Sedes.  Der  Brechreiz  hörte  fast 
ganz  auf,  das  Kollern  dauerte  zwar  noch  fort, 
aber  die  Schmerzen  waren  dabei  äufserst  ge- 
ring, und  nachdem  die  Kranke  eioe  Nacht  zum 
erstenmale  seit  mehreren  Wochen  ruhig  ge- 
»chlafen  hatte,  regte  sich  am  folgenden  Tage 
0Ogar  ehiige  Efslust,  die  mit  greiser  Vorsicht 
befriedigt  wurde.  Nachdem  in  den  nächsten 
Tagen  mehrere  reichliche  Sedes  erfolgt  waren. 


—     8      — 

wordo   die  Dosis  der  Pillen  allmihlig 
▼enninderti  und,  da  das  Befinden  sich  i 
mehr  und  mehr  besserte,  die  Eislost  sich 

Seite y  die  Kräfte  sich,  obwohl  langsam , 
er  hoben  y   nach  einem  etwa  viensehntigigcn] 
Gebranch  ganz  eingestellt 

Dais  £e  Kranke  von  nun  an  anf  eine^  idi 
mSchte  sagen  peinlich  vorsichtige  Diät  geselat 
ward,  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung;  ihr 
ganzes  Verhalten  wurde  mit  der  grölsten  Vor- 
sicht und  Strenge  bewacht.    So  verstridi  bei- 
nahe der  ganze  Februar,  ohne  da(s  irgend  eh 
Besorgnifs  erregender  Zufall  sich  einstellte;  die  '; 
Kranke  erholte   sich  bei  angemessener  Pflege 
immer  mehr,  die  Leibesöflhnng  erfolgte  tiglidi 
ohne  künstliche  Beihülfe ,    Patientin  nahm  an  ' 
Fleisch  und   Kräften  zu,  und  man  würde  mm  j 
den  besten  Hoffnungen  haben  Raum  geben  dfii^  1 
fen,  wenn  nicht  jene  Härte  in  der  Gegend  des  ; 
Coeeums  geblieben  und  eher  zu-,   als  abg^   . 
nommen  und  das  mit  Empfindlichkeit  und  Bredn  -• 
reiz  verbundene  Kollern  im  Leibe  sich  ab  und 
an  erneuert  hätte.     Nach  einer  beinahe  viw- 
wöchentlichen  Remission  nahm  zu  Anfange  des 
Harz  die  Empfindlichkeit  des  Lieibes,  das  Pol« 
tem  und  Kollern  wieder  zu  und  ich  lielh  nun 
die  £rä'ivip/*schen  Klystiere,  jeden  Abend  ein% 
methodisch    in    Gebrauch  ziehen.     Eine  Unze 
Tarazaci  totius  plantae  und  je  zwei  Drachmen    ' 
Herb,  saponariae  et  fümariae  wurden  mit  einer 
Handvoll  Weizenkleie  zwölf  Stunden  lang  in 
einem  Quart  Wasser   macerirt,    dann   bis  auf 
zwei  Tassen  eingekocht  und  Abends  vor  Sehla- 
fmigehen  in  den  Mastdarm  injieirt    Die  Kly- 
stiere  sehimien  ganz  vortrefflich  zu  bekommen; 
PfttiMrtin  bdiielt  dieselben  m  der  Nacht,  bä 
^  UBgBtOn  und  fu^tte  am  nidmien 


-      9      — 

Morgen  zwei  bis  drei  weiche ,  breiartige  Stuhl- 
aasleerungen.  Der  Leib  beruhigte  sich  immer 
mehr  und  mehr,  aber  die  harte  Stelle  blieb  im 
Ganzen  unverändert.  Das  Allgemeinbefinden 
der  Kranken  hatte  sich  indessen  wesentlich  ver- 
bessert; Patientin  war  I  aller  Warnungen  unge- 
achtet, hinsichts  ihrer  Diät  und  Lebensordnung 
nun  schon  dreister  geworden  und  beging  in  der 
letzten  Hälfte  des  Mai,  da  sie  sich  ganz  wohl 
fühlte,  die  Unvorsichtigkeit,  selbst  schon  Bfor- 
genpartien  im  Freien  mitzumachen  und  bei  naCs- 
kalter  Witterung  in  dünner  Fufsbekleidung 
Abends  im  Freien  zu  essen«  Der  üble  Erfolg 
davon  licfs  leider!  nicht  lange  auf  sich  warten. 
Nachdem  Patientin  seit  einigen  Tagen  wieder 
auflallend  bleich  ausgesehen,  die  Gesichtsfarbe 
häufig  gewechselt  und  sich  unbehaglich  gefühlt 
hatte,  fing  sie  gegen  Ende  des  Monats  an^ 
über  kalte  Füfse,  Ziehen  in  der  rechten  Seite, 
Aufblähung  und  Empfindlichkeit  des  ganzen  Lei- 
bes, Aufstofsen  und  Appetitmangel  zu  klagen, 
und  der  Schlaf  wurde  wieder  durch  kleine  Ko- 
likanfälle  gestört,  die  nach  dem  Eintritt  einiger 
diarrhöeartigen  Evacuationen  sich  minderten. 
Nach  Anwendung  einiger  Klystiere,  so  wie 
beim  Gebrauch  erweichender  Breiumschläge  und 
sanft  diaphoretischer  Arzneien  nahm  nun  zwar 
die  Spannung  des  Leibes  merklich  ab,  die  Nächte 
wurden  ruhiger,  aber  die  ganze  rechte  Seite  des 
Unterleibes  nahm  an  Empfindlichkeit  dergestalt  zu, 
dafs  die  leiseste  Berührung ,  das  Umdrehen,  das 
Heben  des  rechten  Beines,  das  tiefere  Einathmen, 
kuiz  jede  Anregung  der  Bauchmuskeln  mit  gestei- 
gerter Empfindlichkeit  verbunden  war,  und  man 
zur  Anwendung  von  Blutegeln  schreiten  mulste, 
deren  Nachblutung  durch  warme  Breiumschläge 
unterhalten  wurde  und|die  dann  auch  bald  wesent* 


V 


—     10     - 

liehe  Linderung  schafften.  Patientin  war  durah 
diesen  letzten  Anfall  wieder  sehr  angegriffeD, 
erholte  sich  aber  so  rasch ,  dafs  nach  etwa  drei 
Wochen  das  Befinden  der  Kranken ,  den  Um- 
standen nach^  ganz  erwünscht  erscheinen  nmifl» 
te.  Sie  sah  allerdings  noch  immer  auffallend 
bleich  aus ;  die  Härte  im  Unterleibe  hatte  merk« 
lieh  an  Umfang  zugenommen ,  zeigte  sich  aber  '^ 
jetzt  gar  nicht  mehr  empfindlich,  störte  die  ^ 
Verdauung  in  keiner  Beziehung,  Patientin  konnte  i 
mit  Leichtigkeit  kleine  Fufspromenaden  unter-  ', 
nehmen,  schlief  sehr  gut  und  fühlte  sich  zu* 
letzt  so  gestärkt,  dafs  man  die  schon  früher  be- 
absichtigte Carlsbader  Brunnenkur  nicht  nur  anbe- 
sorgt, sondern  selbst  mit  reellen  Hoffiiungen 
auf  die  Zukunft  unternehmen  konnte.  Dieselbe 
wurde  sechs  ^Vochen  lang  so  durchgeführt,  dafg 
Patientin  stets  bei  sehr  kleinen  Portionen  ver- 
blieb, und  es  sich  bald  herausstellte,  daCs  drei 
bis  vier  halbe  Becher  MühU  und  Neubrunnen 
am  besten  vertragen  wurden  und  hinreichend 
waren,  um  taglich  zwei  bis  drei  bequeme  Aus- 
leerungen zu  erzielen.  In  der  dritten  Woche 
wurde  ein  vorsichtiger  Versuch  mit  dem  Spru- 
del gemacht,  der  jedoch,  da  er  selbst  in  den 
kleinsten  Portionen  zu  viel  purgirte ,  bald  wie- 
der ausgesetzt  werden  mufste.  Die  warmen 
Umschläge,  welche  Patientin  schon  seit  länge- 
rer Zeit  hatte  in  Anwendung  ziehen  müssen^ 
wurden  auch  während  der  Brunnenkur  täglich 
ein  bis  zwei  Stunden  auf  die  harte  Stelle  ap- 
plicirt. 

Obwohl  nun  die  Witterung  im  Allgemei*- 
nen  nicht  recht  günstig  war,  und  es  namentlich  in 
den  Morgenstunden  oft  regnete  und  kühl  war, 
so  befand  sich  doch  Patientin  während  der  gan- 
zen Dauer  der  Brunnenkur  so  wohl,  wie  man 


—   11    — 

/ 

68  kaum  hätte  erwarten  dürfen.  Der  Brunnen 
wurde  sehr  wohl  vertragen ,  machte  g^ir  keine 
Beschwerden ,  der  Appetit  nahm  dabei  zu,  Pa- 
tientin war  sehr  gut  zu  Fufs^  gewann  ein  et- 
was besseres  Aussehen^  und!die  Nächte  brach- 
ten einen  ungestörten  erquickenden  Schlaf.  Be- 
merkenswerth  war  es,  dafs  die  Kranke  das 
Fahren  selbst  in  den  gewöhnlichen  ^  oft  stark 
nittelnden  Droschken,  sehr  gut  ertrug,  wäh- 
rend sie,  wenn  sie  nach  längerem  Sitzen  auf- 
stand, einige  Beschwerden  empfand  und  an  der 
kranken  Stelle  das  Gefühl  hatte,  als  ob  ein 
zusammengezogener  Theil  sich  allmählig  erst 
wieder  entfaltete. 

Nach  vollendeter  Kur  hatte  Patientin  täg- 
lich zweimal  freiwillige  Oeffnung ,  ^uten  Ap- 
petit, ruhigen  Schlaf  und  alle  Functionen  wa- 
ren und  blieben  eine  Reihe  von  Wochen  hin- 
durch in  der  besten  Ordnung.  Nur  gegen  die 
Zeit  der  Regeln  hin  war  der  Leib  ein  bis  zwei 
Tage  lang  etwas  gespannter  und  voller  und 
auch  wohl  einiges  Kollern  bemerkbar.  Die  Pe- 
riode stellte  sich  jedoch  stets  regelmäfsig  und 
normal  ein.  Dennoch  aber  konnte  ich  von  jetzt 
ab  nur  einer  trüben  Prognose  Raum  geben,  da 
ungeachtet  jener  Euphorie  der  sechswöchent- 
lichen Brunnenkur  die  Härte  im  Unterleibe,  oline 
dem  Gefühl  eine  geringere  Consistenz  darzu* 
bieten ,  merklich  zugenommen  hatte ,  und  da  es 
SU  auffallend  war,  um  der  Beachtung  entgehen 
zu  können,  dafs  Patientin  ab  und  an,  ohne 
evidente  Veranlassung,  plötzlich  in  denii  chlo- 
rotischen  Teint,  so  wie  in  dem  Totalausdruck 
des  Gesichts,  im  Gefühle  der  erschöpfendsten 
Mattigkeit  das  Gepräge  eines  tiefen  Abdomi- 
nalleidens darbot,  was  zwar  jetzt  nbch  ziem- 
lich rasch  voiüberging,  aber  sich  doch  von  Zeit 


—    It   — 

m  Zeit  enieiiertei  ohne  sieb  bei  dem  G 
lauer  Bäder  mit  Salz   uod   aromatisciier 
und  bei  der  Anwendong  stärkender  J 
tel  weteDtlich  zu  verbesserxL 

Mitte  Octobers  stellten  sidi  zur 
Zeit  die  Regeln  ein  und  in  der  Nacht  danaf 
hatte  Patientin  wieder  einen  starkem  Kolikaa&l 
mit  Kollern    und  Aufstocken,  nii4  dies  wieder- 
holte sich  sonderbarer  Weise   fast  in  regeloii- ' 
Cnigem  Typus    mehrere  Xächte  hinteronaBdcr 
zwischen  zwei  und  drei  Uhr.    Die  harte  Stcb 
Hurde  wieder  empfindlicher  und  Patientio  wuida 
durch  die   gestörten    Nächte  TcrdrielsliGh 
angegrifTen.    Erkältung  schien  auchdieaaal 
Veraulassung  zu  sein,  da  Patientin  in  deck 
ten  Zeit  trotz  Wind  und  Wetter  i^usgegangca^  | 
au&erdem   aber  im  Genuis  rohen  Obstes  niclift  ,i| 
vorsichtig    gewesen   war.      Bäder  und  waime   ^ 
Umschläge  waren  noch  immer  fortgesetzt  war-.  ' 
den,  und  ich  hatte  in  der  letzten  Zeit  das  Kali 
hydrojodicuro,  eine  Drachme  auf  eine  Unze  Ung. 
rosat.,  Morgens  und  Abends  wie  eine  Bohne 
grofs  einreiben    lassen.     Die  Geschwulst  war 
nun  bereits  Faustgrofs,' ihre  Basis  fühhe  äeh 
kiiorpelhart  an;  bei  stärkerer  Berührung dend* 
ben  empfand    Patientin  Schmerzen,    die  andi 
nach  geschehener  Untersuchung  nodi  eine  Zeit- 
lang  andauerten.     Die   Leibesöflhung  erfolgte 
regelmäüsig ,  die  Excreta  alvi  boten  nichts  Ab- 
normes dar;    der  Urin    flols    frei,    unbehuidert 
und  normal  ab;  die  Menses  traten  bisher regel- 
mälsig  ein:  der  Appetit ,  der  Schlaf  waren au- 
Iser  der  Zeit  der  Kolikanfalle  vollkommen  ge-   * 
sundy  und  so  geringe  Hoffnungen  ich  auch  nadi 
so  vielen  fruchtlosen  Bemühungen  noch  hegte, 
dab  es  gelingen  wurde,  eine  Rückbildung  zu    * 
■>!  i^aobte  ich  doch  nach  den  bish»-    - 


-     13     - 

rigen  Erscheinungen  mit  Bestimmtheit  anneh- 
men zu  dürfen  y  dafs  bisher  kein  Unterleibsor- 
gan wesentlich  crgrifTen  sei,  und  dafs  jenes 
Chondroid  zwischen  den  Platten  des  Mesoco- 
lon  mitten  inne  liege  oder  von  aufsen  her  in  der 
Gegend  des  Coecums  sich  irgendwo  angehef- 
tet habe.  Die  der  Reihe  nach  zu  Rathe'gezo- 
gencn  altern  Kollegen  stimmten  dieser  Ansicht 
vollkommen  bei,  und  vermochten  leider!  meine 
prognostischen  Sorgen  nicht  zu  verscheuchen. 
In  den  ersten  Tagen  des  Novembers  wurde, 
unter  Beibehaltung  der  bisherigen  Mittel,  ein 
sein:  vorsichtiger  Versuch  mit  einer  Solut.  ferri 
hydrojodici  gr.  vj  auf  2i  Unzen  alle  zwei  Stun- 
den zu  einem  TheelöfTel  voll,  gemacht.  Das 
Mittel  konnte  aber  nur  vier  Tage  fortgesetzt 
werden,  da  Alles  viel  schlimmer  ward  und  die 
Kranke  nun  ein  Vorurtheil  gegen  das  Bfittel 
hatte,  was  ich  um  so  weniger  zu  unterdrücken 
mich  angeregt  fühlte,  als  ich  selbst einigerma- 
fsen  zweifclhart  war,  ob  nicht  einige  Sympto- 
me von  der  Arznei  herrührten  und  ich  eine  ent- 
Bcheidende  Wirkung  von  derselben  nicht  er- 
warten konnte.  Patientin  bekam  zum  ersten- 
male  in  ihrer  Krankheit  Fieber,  Aufstolis^n, 
Widerwillen  gegen  alle  Genüsse,  bedeutende 
Mattigkeit,  hin  und  wieder  selbst  kleine  An- 
flüge von  Ohnmacht,  gesteigerte  Empfindlich- 
keit in  der  kranken  Stelle ,  Ziehen  in  den  Schul- 
tern und  wurde  so  empfindlich,  dafs  das  lei- 
seste Geräusch  ihr  zuwider  war.  In  der  Nacht 
konnte  sie  nicht  nur  keinen  Schlaf  gewkinen, 
sondern  war  ungewöhnlich  unruhig  und  auf]p;e- 
regt.  Blutegel,  Breiumschläge  mit  Narcoticis 
versetzt  und  innerlich  beruhigende  Arzneien, 
brachten  doch  einige  Linderung.  Der  Puls  blieb 
indessen  noch  immer  gereiit^  die  Abspannung 


—     14     — 


-.1  ' 


] 


grob,    die  Stimmung  verdricfslich.     Die  Gto»| 
fliAwiiIst  fing  an  weicher  zu  werden,  und  boli 
einige  wesentliche  Merkmale  von  M arkisdiwunaj 
dar.     Der   Leib   war   an    der  ganzen  rechteal 
Seite,  Eumal  vom  Coecum  nach  der  Inguinal-- 
gegend  hin,  prall,  sah  wie  marmorirt  aus.    Die' 
von  Tage   zu    Tage   weicher  werdende   Cto- 
schwulst  hob  sich  immer  oehr  und  mehr,  wäh- 
rend ihre  Basis  wie  von  einem  knorpelartigen 
Hinge  umfalst  war,  die  weichere  Partie  fohlte 
sich  teigicht  an ,  Fluctuation  war  nicht  zo  be- 
merken, wohl  aber  von  Zeit  zu  Zeit  ein  be- 
deutendes  Zurücksinken    der  Geschwulst,   so 
dab  eine  Kraterform  sich  an  der  kranken  Stella^ 
bildete  und  man  eine  Windung  des  Dickdarms  ■) 
nadi  unten  hin  so  oberflächlich  durchfühlt^  ata  \ 
ob  sie  unmittelbar  unter  den  Bauchdecken  Ifige.   i 
Die  Aussichten  wurden  von  nun  an  immer  tr^   ' 
ber;  Patientin   verlor  immer  mehr  an  Kräften, 
hatte  bei   vollkommen    fehlender  Eislust  stete 
Neigung  zur  Diarrhöe,   schwitzte  viel,  schlief 
schlecht,  wurde  merklich  magerer  und  hinfalli- 
ger und  fieberte  anhaltend.    Die  Umgegend  der 
Geschwulst    wurde  immer  praller,  höckriditer 
und  varicöser;  der  Tumor  selbst  hob  sieh  im* 
mer  mehr  und  mehr,  spitzte  sich  endlich  .nadi 
dem  Os  pubis  hin  an  einer  Stelle  merklidi  su 
und  schimmerte  weifslich  durch.     Am  &  Jap* 
nuar  Nachmittags  bekam  Patientin  plötzlich  ei* 
neu  heftigen,  fost   unerträglichen  Schmerz  in 
der  kranken  Stelle,  der  aber  fast  eben  so  plötz- 
lich nachliefs,  als   er  entstanden  war  und  ein 
Einsinken  jener  Spitze  zur  Folge  hatte.     Als 
ich  am  Abend  jene  Stelle  genau  untersuchte^ 
bemerkte  ich  eine  kleine  Oeffhung,  in  der  Grö- 
fse  eines  Nadelknopfes,  die  einen  Eitertropfen 
enthielt.    Ein  behutsamer  Druck  an  derselben 


L.-..    \ 


—     15     — 

entleerte  eioeu  dicklichen  y  gninliehen,  stinken-» 
den    Eiter,    in  welchem    zahlreiche   schwarze 
Pünktchen,  wie  angefeuchteter  Schnnpftaback^ 
umherschwamroen.     Die  Kranke    war  darüber 
sehr  erfreut,  obwohl  sie,   nachdem  in  kurzer 
Zeit  über  vier  Tassenköpfe  voll  jenes  stinken- 
den,   nur  zu  deutlich  mit  Fäkalmasse  unter- 
mischten   Eiters   eptleert    worden,    in    hohem 
Grade  matt  und  coUabirt  war.     |ch  hatte  alle 
Mühe,   meine  mit  'der   eigenen  Stimmung  der 
unglücklichen  Kranken  nur  zu  sehr  contrasti- 
renden  Gefühle   zu   unterdrücken,   da  ich  von 
nun   an   der  Hoffnung   eines  endlich  günstigen 
Ausgangs   keinen  Raum  mehr  zu  geben  vor* 
mochte.     Die  Wunde  sonderte   von  jetzt  an 
sehr  reichlich  einen  bald  mehr,   bald  weniger 
mit    dianhoeartigen    Flüssigkeiten    gemischten 
Eiter  ab,  hin  und  wieder  kam  auch  reiner,  gu- 
ter Eiter  zum  Vorschein,  und  auCserdem  hatte 
Patientin  täglich  mehrere  dünnflüssige ,  mit  Eli- 
ter und  Blutstreifen    gemischte  Ausleerungen* 
Der  Appetit  fehlte  fast  ganz;  Patientin  litt  viel 
an  Aufstofsen,  Würgen  und  Brechreiz  und  die 
Kräfte  nahmen  in  bedenklichem  Grade  ab.   Bei 
alle  dem  bot  die  Geschwulst  durchaus  kein  bes- 
seres Aussehen  dar,    und    die  Umgegend  der 
kraterformigen  Oeifnung  blieb  noch  immer  knor- 
pelhart.   In  der  zweiten  Hälfte  des  Januar  bil- 
deten  sich   in   der   Nähe  der  ersten  Oeffnung 
noch  mehrere  andere,  so  dafs  die  Bauchdecken 
hier  zuletzt  ein  siebförmiges  Ansehen  gewan- 
nen.   Am  18.  Januar  machte  sich  zum  ersten- 
male  etwas  Oedema  pedum  bemerkbar.    Nichts 
desto  weniger  schien  sich  in  der  letzten  Hälfte 
des  Januar  das  Allgemeinbefinden  der  Kranken 
SU  verbessern  und  was  bei  dem  noch  immer 
ab  und  an   eintretenden  Aufstofsen,   Würgen, 


—     16     — 


K  j 


und  reichlichem  Erbrechen  fast 
begreiflich  war,  der  Appetit  wurde  immer 
ger.    Patientin  opponirte  mit  bisher  ungewohn«,^ 
ter  Entschiedenheit    gegen    den  Fortgebraadt; 
der  nmi  schon  seit  einer  Reihe  von  Wochen 
gebrauchten  China*  Abkochung,  und  war  nidit 
davon  abzuhalten ,  ihren  Appetit  auf  saure  and 
Baldige  Genüsse,  Gurken,  Hering,  Sarddlen^ 
BU  befriedigen,  nicht  selten   unmittelbar  nach 
eben  erfolgtem   Erbrechen,  .ohne  dals  sie  die 

Seringsten  Beschwerdon  davon  verspürte.  Bei  >\ 
er  örtlichen  Behandlung  der  kranken  Stelle  | 
waltete  die  Indication,  die  Wunde  rein  ara  hal-  ■' 
ten  und  die  fernere  Schmelzung  der  Hirten  t 
wenigstens  nicht  unversucht  zu  lassen.  i 

In  den  letzten  Tagen  des  Januar  ging  viel  : 
Blut  und  Eiter  mit  dem  Stuhlgang  ab  und  andi 
die  Wunde  eiterte  stark;  Patientin  fiohlte  mch  * 
hin  und  wieder  sehr  abgespannt,   die  Nidite 
waren,  ungeachtet   des  nun  schon' seit  länge-, 
rer  Zeit  nicht  mehr  ausgesetzten  Opiats,  sehr 
unruhig.     Der  Appetit  aber   erhielt  sich  fort- 
während sehr  rege  und  Patientin  verlangte  stets 
am  lebhaftesten  nach  derber  Kost,  wUurendsie 
das  für  sie  besonders  Zubereitete  verschmähte^ 
und  recht  verdrie&lich  werden  konnte,  wenn 
man   ihr  Manches   versagen    mulste.     In  d« 
sweiten  Woche   des   Februar   wurde  Patien-^ 
tin  von  der  damals  herrschenden  Grippe  heim- 
gesucht, die  nahe  an  vierzehn  Tage  anhielt 
und  sie  sehr  herunterbrachte.    Blut-  und  Bitei^ 
abgang  aus  der  Wunde  und  mit  dem  Stuhl- 
gang  dauerten    dabei    unverändert  fort     Die 
Kranke  wurde  nun  von  Tage  zu  Tage  elender 
und  hinfälliger;   das  Oedema  pedum  nahm  im- 


XM 


-      17     — 

noer  mehr  zu,  auch  dio  Hände  wurden  bald 
ödematös  aufgetrieben ;  der  Durchfall  war  nicht 
ganz  zum  Weichen  zu  bringen,  Patientin 
schwitzte  sehr  viel  und  dio  Ma|;erkeit  erreichte 
den  höchsten  Grad.  Der  birfnr  rege  Appetit 
verlor  sich  immer  mehr  und  mehr  und  ging 
endlich  in  einen  wahren  Ekel  gegen  alle  Ge- 
nüsse ohne  Ausnahme  über.  Das  Gesicht  wurde 
immer  spitzer  und  eingefallener,  die  Hände  im- 
mer kühler,  der  Puls  immer  matter  und  dün- 
ner; der  Schweifs  kalt,  etwas  klebrigt.  Schon 
am  S6.  März  konnte  ich  an  der  ganz  kalten, 
stärker  ödematösen  rechten  Hand  den  Puls  gar 
nicht  mehr  fühlen;  das  Gesicht  war  hippo- 
kratisch,  das  Schlucken  fing  an  schwer  zu 
werden;  Patientin  hatte  häufiges  Schluchsen; 
die  Wunde  sonderte  noch  immer  viele  f&cu» 
lente  Fluida  ab.  Erstaunenswerth  war  es,  wie 
beinahe  in  gleichem  Verhältnisse  mit  den  von 
Stunde  zu  Stunde  immer  mehr  sinkenden  Kör- 
perkräften  der  Geist  der  Kranken  einen  immer 
lebhaftem  Aufschwung  gewann,  so  dals  die- 
selbe nicht  nur  nicht  das  leiseste  Vorgefühl  des 
80  nahen  Todes  hatto,  sondern  sich  auffallend 
gesprächig  zeigte,  und  sich  von  den  gewöha- 
nchsten  Dingen  so  lebhaft,  so  unbefangen  un- 
terhielt, dafs  ich  fast  Mühe  hatte,  die  aufkei- 
nienden  Hoffnungen  der  Umgebungen  zu  de- 
primiren. 

Noch  am  26steu  Abends  erkundigte  sich 
die  agonisirende  Kranke  mit  lauter,  lebhafter 
Stimme  nach  den  kleinsten  Details  einer  in  ih- 
rer Bekanntschaft  Statt  gehabten  Soiree,  und 
ich  veritnochto  kaum,  die  Unterhaltung  abzu- 
brechen. Am  S9sten  gegen  Abend  stellte  sich 
mehr  Unruhe  ein,  Patientin  verlangte  häufig 
Joam.XCIII.Bd.4.St.  B 


* 


—     18     — 

nach  dem  Slcckbecken^  wollte  unaufliörlich  eine 
andere  Lage  eiuiiehinen,  die  Sprache,  wurde 
lallend y  schwer  verständlich,  der  Athem  immer 
mühsamer  9  bis  endlich  am  SOsten  März  um 
zwei  Uhr  MorgAis  ein  sanfter  Tod  eintrat. 

Etwa  dreifsig  Stunden  nach  dem  Tode  un- 
ternahm ich  die  LeichenöfTnung.  Die  Leiche 
war  im  höchsten  Grade  abgemagert;  Hände  und 
Ffilse  ödemalös;  die  Gesichtszüge  nicht  auf- 
fallend verändert. 

Bei  der  EröfFnung  des  Unterleibes  war  an  1 
der  kranken  Stelle  die  Bauchhaut  überall  adh&-  'j 
rirt    Nachdem    die   Hautdecken  vorsichtig  ge-  .^ 
lost  waren,  liefs  ich  durch  jede  einzelne  Haut-    ^ 
Öffnung  eine  Sonde  durchführen.    Eine  deräel- 
ben  bildete  einen  schrägen  Fistelgang  von  unten 
nach  oben  und  führte  unmittelbar  in  das  Colon   .■ 
ascendens,     Hier  lag  nun  ein  noch  fi|ustgroIfler, 
unebner,  höckrigter,  härtlicher  Tumor,  nach  oben 
mit  dem  rechten  Leberlappen,  nach  auCsen  mit 
dem  lliacus    internus    fest    verwachsen,    nach 
innen  einen  integrirenden  Theil  das  Colon  ascen— 
dons  bildend.    Der  Druck  auf  die  benachbarten 
Därme  entleerte  noch  immer  aus  der  Geschwulst 
Fäkalflüssigkeit  und  bärmeartige  Jauche.'  Die 
'  Geschwulst  selbst,  mitten  durchgeschnitten,  btt-  • 
dete  eine  Höhle ,  deren  eine  Wandung  das  Co- 
lon ascendcns  einschlofs,   so   dafs  man  sowohl 
nach  oben  als  nach  nutenden  benachbarten  ge- 
sunden  Darm  über  den  untersuchenden -Finger 
hinwegziehen   konnte.     Der  Tumor  selbst  war 
seiner  Natur  nach  ein  Chondroid,   stellenweise 
noch  ganz  knorpelhart,  namentlich  an  der  Pe- 
ripherie ,  gröfstentheiis  aber  in  eine  Speckmasse 
degenerirt.      Die    benachbarten,    mit   der  Ge- 
schwulst überall  adhärirten  Muskeln  waren  hat 


—     19     — 

livide  und  boten  das  Apsehen  eines  alten^  har- 
ten, halbyerdorbenen  Schinkens  dar. 

Alle  übrigen  Baucheingeweide  innerhalb  und 
aufscrhalb  des  Peritonaei  waren  vollkommen  ge- 
sund und  nur  sehr  blutleer  und  welk.  — 

Die  Vorstehende  Leichenöifnuug  ist  in  so- 
fern befriedigend,    als  si^    die   Richtigkeit  der 
Diagnose  und  der  darauf  begründeten  Prognose 
in  der  Hauptsache  bestätigt,   während  aus  der 
ganzen  Krankengeschichte  deutlich  genug  her- 
vorgeht,   dafs   von    Seiten  der  Therapie  von 
keinem   andern  Kurverfahren,  namentlich  aber 
von  keinem   operativen  Eingriff  ein  günskiges 
Resultat  zu  erwarten  war.  —    Schon  im  Winter 
1839,   mindestens  sechszehn  Monate  vor  dem 
tddtlichon  Ausgange,  entdeckte  ich  in  der' Ge- 
gend des  Coecums  eine  kleine  Härte  von  hödi- 
stens  zwei  Zoll  Länge,  doch  zu  dunkel,  asa 
unbestimmt,  um  darauf  eine  Diagnose  begrün- 
den zu  können,  und  erst  einige  Wochen  spä- 
ter konnte  ich,   bei  der  dafpals  eingetretenen 
Leere  des  Leibes,  die  feste  Ueberzeufi;untf  ge- 
winnen, dafs  ich  mich  nicht  getäuscht  hatte. 
Abgesehen  davon,   dafs  es  damals  noch  nicht 
im  Bereiche  der  Möglichkeit  lag,  die  Natnr  je- 
ner Härte  mit  Bestimmtheit  zu  erkennen,  so 
würde  es  auch,  wenn  man  schon  jetzt  ihren 
bösartijgen  Character  klar  durchschaut  hätte,  zu 
nichts  gefrommt  haben,  da  der  zweifelfreie^  tie- 
fere Sitz  des  beginnenden  Tumors  in  der  Ge-* 
gend  des  Coecums  eine  Radic'alkur  auf  opera- 
tivem  Wege  unmöglich  machte.     Obwohl  im 
weitern  Verläufe  der  Krankheit  eine  Reihe  von 
Ifonaten  hindurch  die  flmctioneUen  Erscheimm- 
gen  aller  Unterleibseingeweide  ohne  Ausnahme 
von  der  Art  waren,  dafs  man  zu  der  Annahme 

B« 


—     «0     —  'i' 


I  ■ 


berechtigt  war,  dafe  jener  Tumor  zwischen  den 
Därmen  mitteninne  läge,  sich  zwar  muthmafis- 
lich  an  einer  Darmwindung  in  der  Nähe  seines 
ursprünglichen  Sitzes  adhärirt,  aber  doch  noch 
keine  wirkliche  Desorganisation  eines  edlen 
Baucheingevveides  selbst  herbeigeführt  hätte,  so 
wurde  doch  die  Prognose  darum  um  nichts 
günstiger ,  da  ungeachtet  der  Euphorie  bei  den 
angewandten  innerlichen  und  äuTserlichen  Mit- 
tel, insbesondere  auch  der  Karlsbader  Kur, 
jene  Geschwulst  an  Umfang  immer  mehr  zu- 
nahm und  hinsichts  ihrer  übrigen  nur  zu  deut*    1 


lieh  palpabeln  Eigenihühmlichkeit  die  oobst-  '^ 
tigkeit  ihres  Characters  nicht  lange  verken-  l 
nen  lieb.  '  i 

a 

Was  endlich  die  Pathogenie  der  Krank-  . 
heit  betrifft,   so  giebt  weder  der  Verlauf  der-    # 
selben,   noch  der  Leichenbefund  darüber  einen    ^. 
befriedigenden  Aufschlufs.     Wie  und  wodurch  .  V 
jene  Härte  ursprünglich  entstanden,  wo  ihr  er- 
ster Keim  zu  suchen,    was   ihre  Bösartigkeit 
begründet,  woran   es  liegt,    dafs    die  so  zei-^ 
tig  erkannte   und   hoffentlich    nicht   unzweek- 
mälsig  behandelte  Härte  nicht  zu  schmelzen, 
in   ihrer   schleunigen    Entwickelung  nicht  ein- 
mal zu   hemmen  war:   das   sind  Zweifel,  ,die 
ich  bei  der   reiflichsten   Ervi'ägung    aller  Um- 
Btlmde    nicht   genügend    zu   lösen  vermochte. 
Die  Eltern  der  Verstorbenen  sind  gesund  und 
kräftig;    von   den  Geschwistern  der  Letztem 
haben    zwar   einige    eine   skrophulöse  Diathe- 
sis,   fast  Alle  sehen  mehr  oder  weniger  bleich 
aus«   sind  aber  doch,   die  gewöhnlichen  Kin- 
derkrankheiten abgerechnet ,  bis  jetzt  nie  ernst- 
lich krank  gewesen,  und  es  ist  folglich  audi 


/ 


—     21     — 

t 

von  dieser  Seite  her  die  Entstehung  jenes 
Markschwammähnlichen  Steatom's  nicht  befrie- 
digend zu  erklären. 

« 

So  möge  denn  das  vielseitige  pathologi- 
sche Interesse^  welches  dieser  Fall  darbietet, 
seine  übrigen  Mängel  entschuldigen  und  die 
Mittheilung  desselben  rechtfertigen!  — 


*■ 


ir. 

Zur 

Geschichte    der   Krankheiten, 

welche  I 

sich  von  den  Thieren  auf  den  Menschen        1 
überpflanzen  lassen. 

Von 

Dr.  Bernhard  Ritter, 

prtkt  Ärzte  zn  Rottenbarg  am  Neckar ^  im  Königrdoh     -j 

Wurtemberg.  '    -■ 


(Fortsetzung.     S.  vor.  St   S.  610 


2.    TFurm. 

Wenn  wir  gleich  die  von  Vines  ^)  tas- 
gesprochene  Ansieht,  dafs  der  Wurm,  wie  der' 
Aotas ,  sich  nicht  früher  bei  dem  Pferdege- 
schlechte  entwickelt  habe,  als  bis  diese Th£re 
ihrem  ursprünglichen  Mutterlande  entfuhrt.wor- 
den  s^nd,  weder  verbürgen,  noch  mit  einer 
Reihe  zulänglicher  Thatsachcu  unterstfitzen  kön- 
nen ^  so  dürften  wir  demselben  doch  ein  ziem- 
lich hohes  Alter   einräun^cn.     Man  will  zwar 

«)  a.  a.  O.    Vergl.  voriges  lieft  S.  15. 


M?. 


—     «3     - 

schon  die  Beobachtung  gemacht  haben,  dafs 
wild  erzogene  Pferde  zum  Wurme  geneigt  wer- 
den, wenn  sie  von  ihrer  frühern  Lebensart  ab« 
geführt,  in  dunstige,  warme  Ställe  eingeschlos- 
sen und  ihnen  nur  wenig  Bewegung  vergönnt 
wurde ;  doch  dürfte  sich  dieses  als  hoch  verein- 
zelte Thatsachc  nicht  allgemein  bewähren.  In  den 
pseudohippokratischen  Schriften  findet  der  Wurm 
eben  so  wenig  Erwähnung,  eAß  bei  Aristoteles \ 
hidessen  gibt  uns  Vepelius  ^)  ein  zu  getreues 
Bild  von  dieser  Krankheit,  als  dafs  wir  glau- 
ben könnten,  sie  sei  von  seinen  Vorgängern 
nicht  gekannt  noch  beschrieben  worden  \^  ja  er 
erwähnt  schon  der  ansteckenden  Natur  dieses 
Uebels.  Allein  auch  abgesehefi  hieven,  so 
dürfte  sich  unsere  Ansicht  dadurch  noch  mehr 
begründen,  dafs  der  Uebergang  von  Rotz  in 
Wurm,  und  umgekelirt  von  Wurm  in  Hotz 
nicht  zu  den  seltenern  B^rscheinungen  gehört, 
Virodurch  die  grofse  Verwandtschaft  und  Ana- 
logie beider  Krankheitsweson  deutlich  bekundet 
wird,  was  sich  in  frühern  Zeiten  ebenso  verhal- 
len haben  dürfte,  wie  in  der  jüngsten  Vergan- 
genheit. Mit  Berücksichtigung  dieser  Grund- 
lage können  wir  also  füglich  dem  Wurme  ein 
ebenso  hohes  Alter,  als  dem  Rotze  mit  vollem 
Rechte  zugestehen. 

Der  Wurm  ist ,  wie  der  Rotz ,  eine  dem 
Pferdegeschlechte  eigenlhümliche  KrankHeits- 
form,  welche  sich,,  wie  dieser,  von  einem  In- 
dividuum* desselben  Genus  auf  das  andere,  und 
unter  hiczu  ^günstigen  Umständen ,  selbst  auf 
den  iVlcnschcn  übertragen  läfst.  Uebrigens 
wurde  die  ansteckende  Natur  des  Wurmes 
von  Einigen  noch  mehr,  als  jene  des   Rotzös^ 

')  Ars  veterinaria.  Lih.  I.  cap.  3. 


—     24     — 

in  Zweifel  gezogen,   so  dafs  in  dieser  Bezie- 
hung die  gröfstcn  Coatroverscn  bei  den  Schrift- , 
stellern  bestehen.     Einige   erklären  den  Wurm 
unbedingt  für  ansteckend,  andere  nicht;  einige 
halten    ihn    für   eine  selbstständige   Krankheit 
andere  für  eine  blofse  Varietät  des  Rotzes.    Nach 
den  Versuchen,  welche  an  der  Veterinärschule 
zu   Lyon   und   von   Vihorg  angestellt  wurden, 
geht  offenbar  hervor,  dafs  sich  der  Wurm  als 
ansteckende  Krankheit  bewährt.     Uebrigens  be-" 
steht    in   Beziehung  auf  das  Wesen    des  an- 
steckenden   Prinzipes    des    Wurmes   und    des 
Rotzes  eine  so   auflallende  Uebereinstimmung, 
dafs  wir  beide  Krankheiten  nur  als  verschie- 
dene Formen   eines    und  desselben   Zustandes 
erkennen,  und  den  Rotz  als  örtliches,  den  Worm 
aber  als  allgemeines  Uebcl  bezeichnen  müssen. 
Auch  der  Wurm  stellt  sich,    in  Beziehung  auf 
seine  Entstehung,   in  doppelter  Art  dar,   näm- 
lich entweder  als  ursprünglich  entwickelt,  oder 
durch    Mittheilung    des    Contagiums    hervorge- 
bracht,   in  beiden  Fällen  aber  stellt  er,  einmal 
entwickelt,  sich  beim  Pferdcgeschlechte  unter 
folgendem  Bilde  dar: 

An  verschiedenen  Theilen  des  Körpers,  b«>- 
sonders  aber  an  den  Seiten  des  Gesichtes,  an 
den  Lippen,  am  Halse,  Rumpfe  und  verschie- 
denen andern  Stellen  erscheinen  einzelne  runde, 
erbsen-  bis  haselnufsgrofse  Beulen  in  der  Haut 
und  dem  darunter  liegenden  Zellgewebe ,  wel- 
che sich  oft  schnurförmig  an  einander  reihen. 
In  kürzerer  oder  längerer  Zeit  brechen  diese 
einzelnen  Beulen  oder  Stränge  auf  und  gehen 
in  tief  greifende,  unreine,  jauchige  Geschwüre 
über.  Hat  die  Krankheit  längere  Zeit  bestanden, 
so  gesellen  sich  die  Symptome  des  Rotzes  hinzu, 
und  es  entwickelt  sich  Allgemeinleiden. 


—     «3     — 

Gloichwic  der  Wurm  sich  beim  Prerdege- 
schlechte  nur  als  eine  Varietät  des  Rotzes  be- 
währt^ deren  Verschiedenheit  sichtlich  von  dem 
Sitze    der    Krankheit    abhängt;     ebenso    vor- 
hält es  sich  auch  beim  Menschen^  ja  die  we- 
sentliche   Identität    beider  Krankheiten   spricht 
sich  hier  in  einem  noch  höhern  Grade  aus^  in- 
sofern Ansteckunp^  mit  iiotzmaterie  die  Sympto- 
me des  Wurmes  bei  demselben  viel  mehr  ent- 
wickelt,  als   jene   des  Rotzes,  wie  das  fräher 
geschilderte  Hild  der  Rotzkrankht)it  beim  Men- 
schen auffallend  darthun  dürflo ;  sei  es  nun,  dafs 
der  menschliche  Organismus' mehr  zur  Entwicke- 
lung  des  Wurmes  hinneigt^  oder  dafs  die  An- 
steckung in   der  Mehrzahl  der  Fälle    bei   ihm 
durch  die  Haut  erfolgt,  oder  dafs  die  Symptome 
des  Rotzes  wegen  der  Beschränktheit  der  Aus- 
breitung  der    Nasonschleimhaut   mehr   in    den 
Hintergrund  treten,   oder  aus  irgend  einer  an- 
dern Ursache.    Rayer  (a.  a.  0.)  führt  neunzehn 
Fälle  von  Wurmkraiikheit  beim  Menschen  auf^ 
wovon  zwölf  an  acutem  und  sieben  an  chroni- 
schem Rotze  litten.     Von  jenen  hatten  es  neun 
mit  rotzigen,  zwei    mit  von  Rotz  und  Wurm 
zugleich  behafleteu  Pferden  zu  thun,  der  ein- 
zige, bei  dem  diese  Umstände  unbekannt  sind, 
hatte  Fuhrmannspferdo  besorgt   und    in  einem 
Stalle  geschlafen.    In  vier  Fällen  ist  die  Krank- 
heit  offenbar  eingeimpft  worden,    in  den  übri- 
gen Fällen  ist  die  Art  der  Uebertragung  nicht 
angegeben,  oder  nicht  bekannt. 

Hardwicke  (a.  a.  0.)  theilt  einen  Fall  mit, 
wo  ein  dreiuudvierzigjähriger  Stallknecht  zwei 
Pferde  zu  besorgen  hatte,  welche  an  der  in- 
uern  Fläche  der  Schenkel  Wurmbeulen  hatten, 
und  deshalb  getödtet  wurden.  In  Folge  hie- 
ven entwickelten  sich  bei,  dem  Kneclito  iieifse, 


scliinerzhafte  Cicscliwülstc  an  .Arm 
ueo,  besoni^crs  au  der  üiuom  Fläcln 
ke),  welche  allmählig  in  Abscease 
welche  den  Tod  herbeif'ghrteu. 

Gras  (ii.  a.  0.)  führt  eineii  E 
ein  Thieiarzt  einen  Wiirrnabscera 
Pfertlc  öiTucte,  und  hierauftief sein 
iu  die  Abscefshöhle  senkte,  um  di 
zn  erforschen.  Nach  einigen  Ta 
der  Zeigeßiigcr  dieser  Hand  an ,  wu 
liaft  iinil  bedeckte  sich  mit  Fungo. 
zeigten  sich  auch  schmerzhafte  Ki 
innern  Seite  des  Annes,  die  in  Ab 
gingen  u.  s.  w. 

Altgemeines  Bild  der  Kran 
Die  Wuinikronkheit  spricht  8i( 
sehen  durch  eine  Eiilzundung  de 
fftlse  und  Lymphdrüsen,  ziiweile 
oberflächlich  gelegenen  Venen  an 
mafsen,  durch  viellahige  Abscesse 
denen  Stellen  des  Körpers  und  dm 
BtulÖHcn  Ausschlag  aus,  ganz  wie 
des  .Menschen,  wie  das  nächste 
Ray  er  cutnommone  Kranklieitsbild 
thun  wird, 

Wo  die  Krankheit  in  Folge  ei 
düng  entstanden  ist,  hat  man  imm 
Symptome  einer  Entzündung  der  L 
und  lymphatischen  Drüsen  und  ein« 
Zündung  des  Zellgewebes  unter  de: 
genommen.  In  einem  von  Rayer  , 
Falle  war  diese  Entzündung  nur 
und  die  Wunde  schon  njich  vier 
narhtj  aber  nach  wenigen  Tagen 
Heilung  eine  acute  Entzündung  de 
gcre.     Wenn   die  wurmige    Entzü 


—      27     — 

so  bildet  sich  zaweilen  um  dieselbe  herum  euie 
wirkliche  Pustel,  welche  in  ein  schlechtes Ge« 
schwur   übergeht.      Vom  verwundeteu  Finger 
aus  gehen  oft  längs  des   Armes   rothe  kleine 
Bänder  oder  Streifen,   wie  mehrentheils  in  der 
acuten   Lymphgefäfsentzündung    und    bei   drei 
von  Rayer  aufgeführten  diesfallsigen  Kranken  war 
die  Entzündung  der  Lymphgefäfse  und  Lymph- 
drüsen stark  genug,  um  wirkliche  Wurmstränge 
zubilden.    In  einem  Falle  sah  man  diese  Entzün- 
dung auch  die  Submaxillardrüse  ergreifen.   Bald 
schwillt  der  Arm  an,  wird  gespannt  und  schmerz- 
haft,  besonders   in  der  Nähe  der  Gelenke,   es 
bilden  sich  im  Zellgewebe  unter  der  Haut  Ab- 
scesse,  das  Fieber  dauert  fort,  oder  wird  hef- 
tiger.   Die  Kranken  klagen  zuweilen  selbst  sehr 
bald  nach  der  Einimpfung  über  Uebelkeit,  Man- 
gel   an    Appetit,     schlechten    Geschmack    im 
Munde  u.  s.  w.     Bis  hieher  sind  die  durch  Ein- 
impfung von  Rotz-  oder  WurmstofF  erzeugten 
Zufälle  nicht  von  denen  zu  unterscheiden,  welr 
che  auf  gewöhnliche  Verletzungen  bei  Sectio- 
nen  zu  folgen  pflegen ;  die  Ursache  allein,  wenn 
sie  bekannt  ist,   vermag  diese  beiden  patholo- 
gischen Zustände  von  einander  zu  unterschei- 
den.    Wenn    nun    der  Ansteckungsstoff  nicht 
tiefer   in   den   Organismus   eindringt,    so  kann 
bei  diesem  Grade   und    Staude  der  Krankheit 
oft  noch  Heilung  erfolgen.    Zwei  andere  Rei- 
hen von   Erscheinungen,    nämlich   der  Pustel" 
ausschlag   und   der    Brand  einerseits,    und   die 
vieijältif^en  Geschwülste   und  ^bscesse  anderer- 
seits kündigen    die  allgemeine  Ansteckung  und 
mit  wenigen   Ausnahmen  den  Tod  an.    Diese 
secuudüren   Erscheinungen  sondern  den  Wurm 
genau  von  den  blofscu  SectionsYcrlctzungen  ab, 


—     «8      —  ,•?.' 


bei  welchen  nie  ein  Ausschlag  beobachtet  Wff-| 
den  ist. 

Seciionserfund. 

Die  Untersuchungen  der  Leichen  an  Warn 
kranklieit  verstorbener  Mcnscheu  sind  bisjetitl 
noch  ziemlich  mangelhaft.  Von  zehn  von  Raye 
aufgeführten  Kranken,  welche  der  Krankheit 
unterlagen,  sind  blols  vier  nach  dem  Tode  un- 
tersucht worden,  und  auch  diese  noch  ziea- 
Hch  ungenau.  Bei  allen  Sectionen  hatmauAb- 
scesse  im  Zellgewebe  unter  der  Haut  und  zwi- 
schen den  Muskeln  gefunden. 

Die  Diagnose f  Prognose  und  Therapie  Stil» 
men  ganz  mit  dem  überein,  wad  wir  bell 
Rotze,  in  dieser  Hinsicht,  bereits  erwähnt  habek 


3.    JVuthlcrankheit. 

Die  Rolle,  welche  der  Rotz  und  War» 
beim  Pferdegeschlechte  spielen,  übernimmt  beim 
Hundsgeschlechte  die  Wuthkrankheit ,  welche 
ohne  Zweifel  mit  zu  den  ältesten  Krankheiten 
gehören ,  ja  vielleicht  so  alt ,  als  das  Hunds- 
geschlccht  selbst  sein  dürfte.  Weil  Hippokra- 
tes  dieser  Krankheit  keine  specielle  Erwähnung 
thut,  setzt  Plutarch  ihr  erstes  Erscheinen  in 
die  Zeiten  des  Asklepiades  von  Bithynien,  um 
d.  J.  80  vor  Chr.,  und  Comhes  Brassard  *),  U 
Clerk  u.  A.  stimmen  ihm,  in  dieser  Hinsicht, 
vollkommen  bei.  Dafs  es  aber  schon  vorher  tolle 
Hunde  gegeben  habe,  und  somit  die  Veranlas- 
sung zur  Entwickelung  dieser  Krankheit  vor- 
handen gewesen  sei,  beweist  Aristoteles,  wel- 
cher die   Wuth   als   eine   der  drei  Krankheiten 

')  Journal  compleuientaire  du  dictionnaire  des  science» 
inedicalcs.  Tom.    V.  2.  p.  179. 


—     29     — 

bezeichnet,  welche  den  Hund  befallen ,  wobei 
auch  nicht  zu  übersehen  ist,  worauf  schon 
Caelius  Aurelianus  ^)  aufmerksam  gemacht  hat, 
dftfs  diese  Krankheit  nicht  in  allen  Ländern, 
und  nicht  zu  allen  Zeiten  gleich  gewöhnlich 
ist.  So  waren  im  Alterthume  Karlen  und  Kreta 
durch  das  häufige  Vorkommen  von  tollen  Hun- 
den berüchtigt.  Auch  erwähnt  Marshall  *),  dafs, 
obgleich  die  Krankheit  hauptsächlich  in  Europa 
beobachtet  worden  sei,  doch  keine  Nachrich- 
ten existiren,  dafs  sie  jenseits  des  arktischen 
Kreises  vorgekommen  sei,  und  wirklich  hört 
mau  nach  einigen  Schriftstellern  selten,  wenn 
jemals  davon,  in  Archangel,  Tobolsk,  oder  in 
den  Gegenden  nördlich  von  Petersburg.  Nie- 
mals ist  sie  in  Constantinopel,  Syrien  oder  Ae- 
gypten.  Hillary  ')  gibt  an,  dafs  er  einige 
Fälle  dieser  Krankheit  in  Barbadoes  beobachtet 
habe;  sie  ist  indessen  aufserordentlich  selten 
in  Westindien ,  so  dafs  sie  in  manchen  von  den 
Inseln  niemals  bemerkt  worden  ist.  Nach  F^a- 
lenlin  ^)  ist  diese  Krankheit  aufserordentlich 
selten  in  den  warmen  Gegenden  Amerika*»,  ge- 
wöhnlich dagegen  in  dem  nördhchen  Theile 
dieses  Landes.  Rabies  kommt  in  Indien  vor^ 
doch  nur  selten.  Nach  Barrow  werden  die 
Hunde  in  der  Nähe  des  Vorgebirges  der  guten 
Hoffnung  sehr  selten  toll.  Endüch  erwähnt  De- 
molrit ,  der  Zeitgenosse  von  HippokrateSy  nicht 
nur  dieser  Krankheit  im  Allgemeinen,  sondern  gibt 
zugleich  auch  ihre  Entstehungsursache  an,  —  ein 
ofTenbarer  Beweis,  dafs  das  Stillschweigen  des 

<)  De  nioibis  arucis.  lib.  III.  cap.  15.  eHit.  Almeloveen, 
paß.  229. 

3)    KaliscK's  niedizin.  Zeitung    des    Auslanilet.    1833. 
Nr.  8.  S.  62,  Ziff.  24.  *)  Ebendas. 

*)  Kbendas. 


—     30      —   * 

HippoJcrates  über  diesen  Punct  kein  EdU 
dungsmoment  abgibt.  Auch  vergleicht Hom^r 
Wuth  des  H€ktor''s  mit  der  Raserei  eines 
Hundes.  Indessen  war  Celsus  der  erste,  welc 
die  Wasserscheu  eines  Menschen  bescbriebeniil| 
gegen  diese  schreckliche  Krankheit  Mittel  ii" 
gegeben  hat.  Bufus  von  Ephesus  kannte  v| 
ebenfalls,  allein  Galen  ')  liefert  uns  hievonei 
weitläufigere  und  mehr  methodische  BescbR^I 
bung,  und  seit  dieser  Zeit  wurde  die  Krank- 
heit unzähligemal  Gegenstand  besonderer  Ak- 
handlungen. 

Gleichwie  die  ursprüngliche  Bntwickeloif 
des  Rotzes  und  Wurmes  ausschliefsliches  E- 
genthum  der  Einhufer  ist,  so  wird  die  spontav 
Entwickelung  der  Wuthkrankheit  nur  bei  dci 
Arten  des  Ilundsgeschlechtcs :  dem  HwHk 
Wolfe  und  Fuchse,  beobachtet,  und  kann  skk 
von  dieser  Quelle  aus,  sowohl  auf  Individoea 
desselben  Genus,  als  auch  auf  andere  \rariB- 
blutige  Thierc  und  selbst  auf  den  Menschen 
fortpflanzen.  Bei  den,  von  Pflanzennahning 
lebenden  Thieren  entspringt  diese  Krankbeit 
nie  auf  spontane  Weise.  Mehrere  Schriftstel- 
ler schreiben  die  spontane  Entwickelung  der 
Wuthkrankheit  auch  den  Katzen  zu^  und  schon 
Caelius  Aurelinmts  ^)  spricht  von  einer  spontifl 
entwickelten  Wasserscheu  bei  Leoparden.  Mor- 
gagni  ^)  spricht  sich  in  dieser  Beziehung  in 
folgenden  Worten  aus:  ,,aufser  den  Hunden  er- 
innere ich  mich  nicht,  gelesen  zu  haben,  dafs 
die  Wasserscheu,  oder  andere  ihr  gleichkom- 
mende gcführliclie  Zufalle  öfters  verursacht 
worden   seien ,   als  durch  Katzen."     Wenn  wir 

*)  De  locis  affect.  cav.  5.  ii.  a.  m.  a.  O. 

2)  I.  r.  3)  i)ß  sedibiis  et  cans.  niorb.  coni.  Ijub". 

epistol.  L\I.  No.  10. 


-     31      - 

^;  Übrigens  in  Anre<;iinji;  bringen,  dafs  die  Hunde 
^:  und  dio  zu  diesem  üenus  {i^ehörigen  Arien  bei 
'beginnender  Wuth  Rieh  vorzü»[licli  unvcrträj^lich 
'gegen   Katzen   benehmen,   und  ihre  Deifssueht 
also  bei  vorhandener  Gelegenheit  zucrHt  an  die- 
j  Ben  Thieron  auHlassen ,  so  wird  man  leicht  ein- 
'  sehen  ^    dafs   eine  Verwechselung  des  Grundes 
^  mit   der    Folge    jener  Behauptung  zu   Grunde 
liegt;  denn  man  wird,   hei  genauerer  Nachfor«' 
Bchung,    stets    Ihiden,    dals    die    wuthkranken 
Katzen  sich  zuvor  mit  einem  tollen  Hunde  oder 
Fuchse  herumgebalgt  haben.  Ob  sich  das  Wuth- 
g\ii  auch  auf  Kaltblüter  übertragen  lasse,  hier- 
über ist  mir  wenigstens  keine  Beobachtung  be- 
kannt. 

Anlangend  die  Frage,  ob  bei  bestehc^ider 
Wuthkrankheit  ein  eigenthümliches  Krankheiis- 
gift  vorhanden  sei,  welchem  man  die  Fortpflan* 
Kung  der  Krankheit  von  einem  Individuum  auf 
das  andere  zuschreiben  müsse ,  oder  nicht,  sind 
die  Ansichten  getheilt.  Fiinige  behaupten  in 
dieser  Beziehung,  dafs  das  Gift  durch  den  Bifs 
in  die  Wunde  eingeimpft  werde  und  so  in  dio 
Circulation  durch  Absorption  gelange,  oderdab 
es  unmittetbar  durch  die  Nerven  absorbirt  werde; 
Andere  dagegen  wollen  die  nach  dem  Bisse  ei- 
nes wuthkranken  Thieres  zum  A^orschein  kom- 
menden Symptome  der  starken  Reizung  des 
Gehirnes  und  der  erregenden  Wirkung  der  da- 
gegen angewandten  Mittel  zusehreiben,  welche 
durchgehends  auf  Hirnentzündung  hinwirken 
sollen.  Uebrigens  mhcit  AristoteUs  ^)  eine  so 
sonderbare,  als  falsche  Ansicht^  wenn  er 'sagt: 
„die  Wuth  macht  Haserei,  und  alle  gebissenen 
Thiere,  m/7  Ausnahme  des  Menschen,  werden 
toll.  Diese  Krankheit  rafll  die  Hunde  hin^  und 
M  Histor.  animal.  lih.  VIII.  oap.  22. 


—     32     — 

auch  die  gebissenen  Thiere,  mit  Ausnahme  dti 
Menschen"  —     Dr.  Bosquillon  hat  die Existens 
eines  Wuthgiftes  ganz  geleugnet  und  die  Symp- 
tome   der  ansgebrochenen  Wuth    nur  als  eine 
Folge   des    Schreckens    und    der    gesteigerten 
Einbildungskraft   erklärt.     Marochetti  ^)  dage- 
gen  glaubt    nicht    nur  an  die  Existenz  eines 
Wuthgiftes ,  sondern  hat  demselben  auch  einen 
besondem  Sitz  in  eigenthümlichen  Bl&schen  an- 
ter  de|  'Zunge  angewiesen.     Dupuy,   Antonio 
Soares  u.  A.    haben   das   Bestehen    der  Wutly* 
bläschen    beobachtet;    dagegen    haben    Fately 
Brandt  j  Urban  y  jigostino  CapeUo  ^^  U.A.  ver- 
gebens darnach  gesucht;  auch  wurde  das  Vor- 
handensein derselben  im   Jahre  1824  vermilst, 
wo  die  Wuthkrankheit  in  Augsburg  gleichstn 
einen  epizootischenCharacter  angenommen  bitte. 
Hieraus  geht   also  hervor ,  dals  die  Wathbltf- 
chen    zwar   in    manchen,  ja   vielleicht   vielen 
Fällen  vorhanden  sein  können  y  aber  keine  we- 
sentliche und  constante  Erscheinung  der  Wu(h 
ausmachen^  in  sofern  diese  Krankheit  auch  ohne 
das  Bestehen   derselben   zum  Ausbruch  gelan- 
gen kann,   was  Marochetti   auch  selbst  zuge- 
steht.    Nach  den  Beobachtungen   von  Schottin, 
JFhite  u.  V.  A.  bleibt  es  sehr  wahrscheinlich, 
dafs    die    sogenannten   Wuthbläschen ,   avo  sie 
gefunden  wurden,  nichts  Anderes  gewesen  sind, 
als    die   angeschwollenen  Glandulae  sublingua- 
les, oder  in  manchen   Fällen  auch  gangränöse 
Stellen  dafür  angesehen  worden  sind. 

üebcr  die  Ansteckungsfähigkcit  der  Wuth- 
krankheit, durch  eine  Art  von  Impfung  mittelst 
eines  Bisses ,  dürfte  im  Allgemeinen  kein  Zwei- 

')  Observat.  siir  la  rage,  Recueil  veter.  1828.  j».  60. 
^)  Memoria  suir  idrofobia.  Koma  1823.    . 


—     33     — 

I 

fei  mehr  bestehen^  wenn  es  gleich  anerkann- 
tes Factum  ist,  dafs  nicht  alle  Bisse  dieser 
Art  die  Wuth  erzeugen,  sondern  die  Ausnah- 
men sogar  sehr  gewöhnlich  sind.  Es  ist  wirk- 
lich eine  auffallende  Erscheinung,  dals  der 
Mensch  weit  weniger  Empfänglichkeit  för  das 
Wuthgift  äufsert,  als  alle  übrigen  Thiere.  John 
Hunter  ^)  erwähnt,  dafs  ein  toller  Hund  zwölf 
Hunde  und  vier  Menschen  bifs  und  alle  Hunde 
der  Wuthkrankheit  unterlagen ,  ohne  dafs  einer 
der  gebissenen  Menschen  hievon  ergriiTea  wurde;' 
ferner,  dafs  in  einem  andern  Falle  zwanzig 
Menschen  von  einem  tollen  Hunde  gebissen 
wurden,  und  nur  einer  wasserscheu  wurde,  un- 
erachtet  alle  nur  solche  Präservativmittel  da^ 
gegen  gebraucht  hatten,  deren  Unzulänglich- 
keit durch  die  Erfahrung  nur  zu  sehr  erwiesen 
ist.  Diese  Verschiedenheit  in  den  Folgen  des 
Bisses  wuthkranker  Thiere  läfst  sich  vielleieht 
dadurch  auf  eine  naturgemäfse  Weise  erklären, 
dafs  sie,  wie  die  Vipern,  ihr  Gift  durch  frühere 
Bisse  bereits  erschöpft  haben,  oder  dafiai  das- 
selbe an  den  Haaren,  der  Wolle,  den  Kleidern  etc.^ 
beim  Bisse  hängen  geblieben  und  nicht  in  dio 
Wunde  gelang  sei,  oder  dafs  diese  Krankheit 
nur  in  gewissen  Stadien  ihre  ansteckende  Na- 
tur bewähre.  Früherer  Zeit  glaubte  man  sogar, 
dafs  die  blofse  Anhauchung  eines  wuthkran- 
ken  Thieres  schon  hinreiche,  die  Ansteckung 
zu  bewirken;  indessen  fehlt  es  an  authenti- 
schen Beobachtungen,  welche  diese  Ansicht 
bestätigen,  auch  die  Versuche  Hertwig's,  li^l- 
cher  gesunde  Thiere  in  die  Atmosphäre  wuth- 
kranker brachte  und  daselbst  längere  Zeit  ver- 
weilen liefs ,  ohne  irgend  eine  nachtheilige  Folge 

^)  Transactions   of  a  sociüty    for  the  improyement  of 
medical  and  chirargical  knowledge  1793.  p.  302. 
Journ.  XCIIL  B.  4.  $t.  C 


—     34     — 

« 

hievoD^  geschweige  denn  Ausbruch  derWuth- 
krankheit  beobachtet  zu  haben,  sprechen  di- 
rect  gegen  diese  Annahme.    Indessen  fehlt  e» 
doch  anch  nicht  an  Beispielen,  dafs  das  UoIIm 
Anhieben  von  Speichel,  oder  das  Lecken  emM" 
tollen  Hundes  an  einer  empfindlichen  Hautstelle, 
traorige  Folgen  nach  sich   zog.     So    enskUt 
schon  CaeUus  AureUanus  (a.  a.  0.)   von  emer  ^ 
N&hterin,  dafs  sie,  als  sie  mit  dem  Ausbessem  j 
eines  Kleides  von  einem  durch  einen  wüthenden 
Hund    gebissenen    Menschen   beschäftigt  war, 
und  hiebei  mit  ihren  Lippen  und  Zunge  maselbe  \ 
berährte,  schon  am  dritten  Tage  in  Wuih  ve^v-    : 
fieL    Hildanus  hat  uns  eine  ähnliche  Gesehiehte  -i 
anftewahrt,  und  CaUisen  ^)  hat  zwei  Beispieie   ^ 
von  Wasserscheu  aufgeführt,  welche  dnreh  das   ; 
blolse  Lecken  eines  tollen  Hundes  zu  Stande ' 
kamen.    Eine  ähnliche  Beobachtung  theileh  audi  .t. 
Odhelius  2),  Monrando  '),  Grüner  ^)  u.  A.  uiti 
Uebrigens  gehören   diese  Fälle    mehr  zu  den 
Ausnidimen ,  als  zur  Regel.    Diese  und  ähnliebe 
Thatsachen,    deren    sich   leicht  noch  mebnere  - 
auffahren  liefsen ,  sprechen  ganz  unzweidentig  ^ 
aus,  dafs  das  in  der WuthkriEuikheit bestehende 
Contagium  fixer  Natur  sei  und  sich  nur  dmeh 
unmittelbare  Berührung  mittheilen  lasse. 

Eine  andere ,  «eowohl  in  theoretiseher  als    ' 
practischer    Beziehung '  gleich  wichtige  Frage 
wirft  sich  hier   zur  Beantwortung  auf,   nänn^ 
lieh:  oh  sich    die  hei  den  Hunden  $0  cffinAare 
eontagiöse  Beschaffenheit  der  in  Rede  sithendni 

')  Collectan.  societ.  med.  Hayniens.  Vol.  I.  obs«  S2. 

*)  Murrnyy  n.ed.  prakt.  Bibliothek.  Bd.  111.  S.  372* 

')  Della  !cura    preservativa  della   rabbia   canina.    An- 
cona  1755. 

^)  Almanach  für  Aerzte  iar  das  Jabr  1786«  8, 148. 


^    35     — 

Krankheit  auch  bei  andern  Thieren  erhalte^  wenn 
sie  denselben  mitgetheilt  werde?  —  Huzard 
scheint  zuerst  den  Satz  aufgestellt  zu  habeOi 
daüs  grasfressende  Thiere  die  Wuth  nicht  weiter 
fortzupflanzen  vermdgen ,  und  die  später  an  der 
Alforter  Schule  angestellten  Versuche  scheinen 
diese  Behauptung  zu  bestätigen.  Dupuy  eibt 
an  f  er  habe  die  Wuth  bei  Kühen  und  Pferden 
nie  hervorbringen  können ,  wenn  er  in  eine  Haut^ 
wunde  den,  mittelst  eines  SchwammeSj  in  wel- 
chen jene  Thiere  gebissen,  aufgeftingenen  Gei- 
fer einrieb,,  während  auf  eine  ähnliehe  Impfling 
mit  Geifer  von  einem  wuthhranken  Hunde  die 
Krankheit  ausbrach.  Aus  den  von  Professor 
Betti  ^)  zu  Floredz  angestellten  Versuchen  er« 
gibt  sich: 

1)  dab  die  Schafe  und  sämmtlicho  Wie- 
derkäuer die  ihnen  durch  einen  wfithenden  Hund 
mitgethoilte  Krankheit  nicht  fortzupflanzen  fä- 
hig sind: 

S)  dafs  das  Wuthgift,  indem  es  voa  dem 
einen  Thiere  auf  das  andere  übergeht^  seine 
contaffiöse  Beschaffenheit  verUere; 

3)  dals  der  Geifer  eines  wüthenden  Thie- 
res  so  wenig,  wie  ein  anderer  flässiger  oder 
fester  Stoff  desselben ,  die  Wuthkraiddieit  durch 
Impfung  mittheilen  könne;  ^      ^ 

4)  da£9  das  Fleisch  dieser  Thiere,  selbst 
wenn  sie  an  der  ächten  Wuth  gestorben  mski, 
durchaus  ohne  Schaden  genossen  werden  könn^^ 

Auch  Fothergill  *)  spricht  sich  in  dieser 
Beziehung,  auf  Versuche  gestützt ,  dahin  aus, 

')  Hurtrel  tfArbovnly  WÖiterbiicb  der^  Tbierheilkuode, 
überK.  von  Renner.  Bd.  IV.  8.  290. 

')  Abhandlung  über  die  Natur  der  Krankheit,  die 
durch  den  Bifs  eines  toHen  Handea  veranlafiit  wird. 
A.  d.  Bnelischen  Ton  Werner*  Wien  1810.  8. 16  ff. 


—     36     — 


V. 
V. 


dafo  diese  Krankheit  vom  Menschen  dem  Hen- 
flehen  und   vom  Menschen  den  Thieren  nicht 
mitgetheilt  werden  könne.     Der  Recensent  >) 
seiner  Schrift. setzt  diesem  Ausspruche  bei,  dafo 
dieses  in  der  That  ein  Gegenstand  sei ,  der  bis 
jetBt,  zu  unserer  Schande,  noch  nicht  hinläng- 
lich ausgemittelt  wurde;  indessen  will  er  selbst 
im  Wiener   allgemeinen  Civilspitale  eine  alte 
Frau,  welche  sich  vorzüglich  mit  der  Wartung 
Wuthkranker  beschäftigte  und  öfters,  ohne  al- 
len NaglUheil,  mit  dem  Geifer  dieser  Kranken 
über  und  über  besudelt  wurde,  gesehen  haben. . 
Mehrere  Aerzte,  als:  Vaughan,  Babingtortj  CHne    . 
u.  A  impften  llunde  und  andere  Thiere  mit  dem  h 
Speichel  wuthkranker  Personen,  ohne  allen  ESr-    \ 
folg.    Vaughan  hat  einen  Hund  mit  dem  Speichel  Ji 
eines  ai^der  Wuthkrankheit  verstorbenen  Kindes    *-' 
geimpft,   und  binnen  zwei  Monaten,   während    ' 
deren  das  Thier  beobachtet  wurde,   blieb  das-    ■'■ 
selbe  vollkommen  gesund.     Trotz  diesen  hier  ■'" 
aufgeführten   Thatsachen  ist  die  in  Rede  ste-    " 
hende  Frage  dennoch  noch  nidit  mit  völliger    « 
Zuverlässigkeit    entschieden,    da   eine    andere 
Reihe  von   Versuchen  und  Beobachtungeu  zu 
gerade    entgegengesetzten    Resultaten    führte. 
Magendie  und  Breschet  ^)  impften  zwei  Hunde 
mit  dem  Speichel  eines  von  der  Wuth  befalle- 
nen Menschen,  welcher  noch  an  demselben  Tage 
starb.     Eines  dieser  Thiere  wurde  am  achten 
Tage  nach  vollbrachter  Impfimg  wüthend  and 
the|Ite  die  Krankheit  andern  Hunden  und  Scha-    ' 
fen  mit,    welche    man  von  ihm  beüsen  lieAu 
Femer  versichern  Enaiar  und  Chaussier,  dab 
verschiedene  Personen  von  der  Wuthkrankheit 

')  Medicinisch  -  cLirurgiscbe  Zeitong.    ISII.   Bd.  IV. 

S.  131. 
')  Jotirnal  general  de  mediane,  Vol.  52. 


!^' 


—     37     — 

ergriffen  worden  sind,  welclio  sich  mit  leine- 
nen Tüchern,  die  mit  dem  Geifer  eines  wüthi- 
geu  Thicres  besudelt  waren,  geschueua&t  hat- 
ten. Schenkius  erwähnt,  dafs  die  Krankheit 
Folge  einer  Verwundung  des  Fingers  mit  ei- 
nem Säbel,  welcher  mehrere  Jahre  zuvor  zum 
Tödtcn  eines  tollen  Hundes  gedient  hatte,  ge- 
wesen sei. 

Wenn  auch  mitten  unter  diesen  Wider- 
sprüchen die  Ansteckungsfähigkeit  wdüikran- 
ker  Hunde  im  Allgemeinen  festgestellt  1)leibt, 
so  ist  es  doch  noch  keineswegs  zur  apodicti« 
sehen  Gowifsheit  erhoben,  wie  viele  Genera- 
tionen das  Wuthgift  bei  den  Hunden  durchlau- 
fen könne,  ohne  an  der  Anstockungsfahigkeit 
zu  verlieren.  Dafs  in  manchen  Fällefl  sogar 
der  llifs  eines  wuthkranken  Hundes,  selbst  wo 
der  Geifer  in  die  Wunde  gelangt,  die  Wuth 
nicht  zur  Folge  hatte ,  während  zu  andern  Zei- 
ten die  gelindeste  Aufschürfung  der  Haut  diese 
schreckliche  Krankheit  nach  sich  zog ,  lehrt  die 
Erfahrung.  Aßostino  CapeJlo  ^)  hat  die  Ansicht 
ausgesprochen,  dafs  das  Wuthgift,  wenn  es 
von  dem  Körper,  in  welchem  es  ursprünglich 
erzeugt  wurde,  in  einen  andern  übergeffangen 
sei,  nun  in  diesem  zu  Grunde  gehe,  und  nicht 
weiter  fortgepflanzt  werden  könne,  und  die 
vielfachen  Erfahrungen  von  Dr.  Schottin  schei- 
nen dieser  Ansicht  nicht  ungünstig,  indem  ihm 
unter  mehr  als  sechszig,  meist  von  selbst  erst 
angestockten  Hunden  gebissenen,  Pattenten  kei- 
ner starb,  während  unter  ähnlichen  Umständen 
viele  Gebissene,  ohne  alle  ärztliche  Hülfe, 
von  der  Wuth  verschont  blieben.  Indessen 
sind  doch  auch  nicht  wenige    Fälle  bekannt, 

I)  a.  a.  O. 


-     38     - 

welche  beweisen ,  dab  CapelWs  Meinung  doieh» 
aus  nicht  allgemein  gältig  ist,  und  auchSoAol- 
tin  fuhrt  mehrere  an ,  wovon  der  folgende  gau 
beweisend  ist:  Einer  von  mehreren  Hunde% 
welche  von  einem  primitiv  toll  gewordenn 
Hunde  gebissen  worden  waren,  und  deshalb 
auf  obrigkeitlichen  Befehl  erschlagen  werden 
sollte  y  wurde  aus  besondern  Rücksichten  $b 
Leben  gelassen.  Er  verwundete  eine  Ziege^ 
welche  gleichfalls  etliche  Wochen  darnach  2le 
Symptome  der  Wasserscheu  bekam  und  des- 
halb erschossen  werden  mulste. 

Zu  den  auffallendsten  Erscheinungen  ge- 
hört das  Auftreten  der  Symptome  dieser  Krank- 
heit, in  Folge  eines  Bisses  ersfimter  Thien^ 
was  zwar  vielfaltig  in  Zweifel  gezogen^  aOein 
durch  mehrere  Thatsachen  nachgewiesen  ist, 
welchen ,  wenn  auch  nicht  gerade  bändige  hiei 
doch  eine  Stelle  eingeräumt  werden  mufs.  Dab 
der  Bilis  heftig  erzürnter  Thiere,  bei  empfind- 
lichen Subjecten,  der  in  Rede  stehenden  Krank- 
heit ähnliche  Symptome  hervorzubringen  iai 
Stande  sein  dürfte,  verdient  um  so  eher  unsere 
Beachtung,  als  es  Erfahrungssache  ist,  daCs 
selbst  der  Stich  aufgereizter  Wespen  und. Bie- 
nen viel  schmerzhafter  ist,  als  wenn  sie  in  ru- 
higer Stimmung  verletzen;  ohne  übrigens  der 
von  Caelius  Aurelianus  und  Lecat  mitgetheÜ- 
ten  Beobachtung  von  einem  aufgereizten  Hahne, 
so  wie  von  einem  Entrich,  dem  sein  Weibchen 
entrissen  wurde,  auf  deren  Bils  vollige  Wuth 
eingetreten  sein  soll,  Glauben  zu  schenken; 
denn  die  Vögel  scheinen,  da  sie  im 'Allgemei- 
nen wenig  Speichel  haben,  wenn  deren  Schna- 
bel auch  stark  genug  wäre,  um  die  Haut  zn 
verletzen,  nur  schwer  den  giftigen  Stoff  in  die 
gemachte   Wunde  einführen   zu  köimen,  und 


-.     39      — 

sind  deshalb  auch  nicht  geeignet,  die  Wuth- 
krankheit  mitBUtheilen.  Dagegen  theilt  uns 
AUter  von  Berk$  ^)  folgenden  interessanten  Fall 
mit:  Mehrere  Lohnkutscher  und  dergleichen 
Leute  fingen  in  St.  Petersburg  auf  der  Straüie 
einen  Hund  auf^  und  unterhielten  sich  damit, 
einen  Kreis  um  ihn  zu  bilden  und  ihn  herum- 
zupeitschen.  Der  höchst  aufgereizte  Hund  ent- 
sprang, und  bifiai  ein  eben  vorübergehendes 
Frauenzimmer,  welches  binnen  sechs  Wochen 
von  den  Erscheinungen  der  Wasserecht  be- 
fallen wurde  und  starb;  an  dem  in  Verwahrung 
genommenen  Hunde  ward  dagegen  keine  Spur 
von  Wuth  bemerkt.  So  erzählen  auch  5oaro- 
mucd  und  Gmelin  >)  ein  Beispiel,  wo  ein  &tt« 
fserst  erzürnter  Jüngling'  sich  in  den  Finger' 
bifs,  nach  vierundzwanzig  Stunden  in  die  Was^ 
serscheu  verfiel  und  in  kurzer  Zeit-  als  ein  Ra- 
sender starb.  Auch  erinnere  ich  mich,  in  der 
jüngsten  Zeit  in  einem  öffentlichen  Blatte  ge->' 
lesen  zu  haben ,  wo  ein  verzweifelt  Verliebter, 
wegen  hartnäckiger  Zurückweisung  seiner  Bit- 
ten und  kalter  BeharrKcbkeit  seiner  Geliebten 
auf '  dem  Entschlüsse,  ihr  seitheriges  VerhUt« 
nifs  mit  ihm  aufzugeben,  plötzlich  von  heftigem 
Zorne  ergriffen ,  sich  in  den  Finger  bifs  und  in 
Folge  hievon  starb.  Uebrigens  bleibt  es  hier 
zweifelhaft,  ob  mehr  die  allgemeine  Äufirelzung, 
oder  die  örtliche  Verletzung  zu  dem  Tode  bei* 
getragen  habe. 

Was  endlich  die  Ansicht  derer  betrifft,  wel- 
che die  in  Rede  stehende  Krankheit  mehr  auf 
eine  psychische  Ursache  —  aufgewecktes  Vor- 
tttellungsvermögen,  Furcht  und  Angst  —  zurück- 

<}  Wörterbuch  der  Tbiürbtfilkiinde  yon  Hurird  ttÄrbo-^ 
valy  iibcrs.  von  Rentier.  Bd.  IV.  S.  244. 

^)  Gescbicbte  der  Gifte.  S.  327. 


_     40     — 

gefuhrt  wissen  wollen ,  so  fehlt  es  aach  von 
dieser  Seite  her  nicht  an  Thatsachen,  welche 
für  diese  Ansicht  zu  sprechen  scheinen.     Dr. 
Feiice  Asti  ^)  berichtet  von  einem  Manne,  wel^-' 
eher,  nachdem  ihn  ein  Hund  gebissen  hatte^ 
den  er  für  wüthig  hielt,  lange  Zeit  alle  Zo- 
falle einer  vollkommenen  Wasserschea  editt;  i 
nach  einigen  Monaten   ward  er  aber  überfuhrt, 
dafis  der  beschuldigte  Hund  nicht  toll  war,  und 
nun  verschwand  seine  Wasserscheu.    Der  Aizt ' 
Themison^   welcher  seinem   Freunde   in    einer 
Wuth   bis  an    sein  Ende   beigestanden  hatte^ 
glaubte  endlich  selbst  augesteckt  asu  sein  und 
flieh   geheilt  zu  haben;  so  oft  er  aber  hieven 
schreiben  wollte,  so  kam  ihm  immer  der  qual- 
volle Gedanke  ein,  dais  er  noch  an  jenem  Ue- 
bei  leide.     Dr.  Jäger  ^)  sagt  in  dieser  Besie- 
hung: „Es  sind  mir  Beispiele  bekannt,  wo  «ine   j 
Person  aus  blofser  Angst,  der  Hund,  vonwd-  '^\ 
chem  sie  gebissen  worden,  möchte  doch,  gegen 
alle  übrigens  zuverlässige  und  bestätigte  Zeug- 
nisse von  seiner  Gesundheit,   wüthig  gewesen 
sein,  gegen  sechs  Wochen  lang  in  eine  Melan- 
cholie, —  und  eine  andere,  auf  etliche  Tage    • 
in  einen    wirklichen    Furor   maniacua   veifleL'*  * 
—  Pet,  Frank  ^)    läüst  sich  hierüber    fblgeit- 
dermafsen   vernehmen:   ,J[ch  kenne  einen  ge- 
schickten Lehrer   der  practischen  Argneitalnde 
und  Leibarzt  eines  deutschen  Fürsten,  der,  weil 
er  einem  Kranken ,  welcher  später  an  der  Wnth 

starb,  seinen  Finger  in  den  Hals  gesteckt  halten 

* 

>)  Compendio  di    notizie  iiiteressanti    circa  U  teleBO 

de  rabbiosi  animali. 

^)  Medicinische  Anweisung  wegen  der  (ollen  Hundt- 
watb.  Stattgart  1782. 

^)  System  einer  vollständigen  medidn.  Polizd.    Wien 
1790.  Bd.  IV.  S.  259. 


-     41     - 

80  heftig  in  seinem  Gemütho  beängstigt  wurde^ 
dafs  er  in  einem  •  beinahe  unheilbaren  Tiefsinn 
verfiel  und  fast  zu  allen  Verrichtungen  unbrauch- 
bar wurde,  bis  sich  endlich,  nach  ungefähr  zwei 
Jahren^  dieser  würdige  Mann  wieder  ganz  er- 
holte. Ich  selbst  habe,  setzt  er  hinzu,  mehrere 
Menschen  gesehen,  welche  der  Verdacht  einer 
bei  den  Thieren,  von  welched  sie  gebissen 
wurden ,  versteckten  Wuth  so  be&ngstigt  hatte, 
dafs  sie  in  eine  wirkliche  Melancholie  verfielen, 
obschon  die  befürchtete  Krankheit  nie  ausge- 
brochen ist.  Frank  will  selbst  einem,  den  ntoi- 
lichen  Abend,  wp  er  ihn  zum  erstenmale  sab, 
verstorbeneu  Wasserscheuen  eine  ziemliche 
Zeitlang  den  Puls  gefühlt  haben,  da  dessen 
Haut  schon  mit  einem  klebrigen  kalten  Schweifi^ 
überzogen  war.  Ich  bin  nicht  ängstlich  bei 
Krankenbesuchen,  sagt  er,  aber  ich  spürte  doch 
gegen  fünf  Wochen  lang  ein  «lich  sehr  beäng- 
stigendes, brennendes  Beilseu  in  der  Spitze 
zweier  Finger,  mit  welchen  ich  den  Puls  ge- 
fühlt hatte;  ich  wusch  diese  öfters  bald  mit 
Essig,  bald  mit  Seifenwasser  und  machte  sie 
dadurch  immer  noch  empfindlicher,  \m  endlich 
meine  Einbildungskraft,  deren  Ungrund  ich  mir 
lange  umsonst  vordemonstrirt  hatte,  besänftigt 
ward.' 

Nachdem  wir  nun  in  der  seitherigen  Dar- 
stellung durch  authentische  Beobachtungen 
mehr  oder  weniger  bündig  bewiesen  haben,  dafs, 
obwohl  die  Wuthkrankheit  entschieden  von  an- 
steckender Natur  ist,  doch  auch  durch  ander- 
weitige Anlässe  ihr  ähnliche  Erscheinungen 
ins  Entstehen  gerufen  werden  können,  so  wirft 
sich  hier  noch  laut  die  wichtige  Frage  auf: 
,y  Welches  ist  der  palpable  Träger  dieses  Art" 
yySieckungsstoffes?*'  —    Genau  gcnonunon^  hcr» 


—     4f    — 

sitzen  wir,  in  Bezug  auf  den  Menschen ,  nur 
darüber  sichere  Erfahrungen,  daGs  der  Speichel 
des*^  Thieres  bei  jenen  die  Krankheit  erzeuge^ 
da  Bilswunden^  mitunter  auch  Lecken  die  re- 
wohnlichsten  Veranlassungsursachen  darBtema. 
Nach  Heriwig's  verdienstvollen  Beobachtungen 
und  Versuchen ;  im  Verlaufe  von  zehn  Jahren 
an  dreihundert  Thieren  gewonnen,  haftet  der 
Ansteckungsstofif  nicht  nur  an  dem  Schieine 
und  dem  Speichel  wuthkranker  Thiere,  sondern 
auch  an  den  Speicheldrüsen  selbst  und  an  d«r  i 
ganzen  Blutmasse ;  Nervensubstauz  ist  dagegen  y 
nicht  als  Träger  desselben  zu  betrachten.    In-  X 
dessen  sollen  nach  Prof.  Rossi  ^)  in  Turin  die  i, 
Nerven,  ehe  sie  erkaltet  sind,  gleich  dem  Spei- ' 
chel  die  Eigenthümliehkeit  besitzen,  die  Wath    ^ 
mitzutheilen.      Er   erzählt,    dafs   er    einst  die  '  : 
Krankheit  dadurch  mittheilte,  daCsi  er  ein  Stuck    . 
des    ischiadischen    Nervens    unmittelbar   dtt^  ^' 
auf,  nachdem   er  es  von  einer  lebenden  tollen 
Katze  ausgeschnitten  hatte,   in    eine  Wunde  ; 
brachte.    Dagegen  wollen  Dupuytren^  Breschet 
und  Magendie  ^)  niemals  im  Stande  gewesen 
sein,  die  Hundswuth   andern  Thieren  dadundi 
mitzutheilen ,  dafs  sie  in  Wunden  derselben  Bhit 
von  tollen  Hunden  brachten ;  sie  injicirten  ndbet 
.  mehreremal  solches  Blut  in  die  Venen  gemm* 
der  Hunde,  keines  dieser  Thiere  wurde  aber 
von  dieser  Krankheit  befallen,  ungeachtet  man 
sie  eine  gehörig  lange  Zeit  beobachtet  hat  So   • 
henschen   denn  auch,  von    dieser  Seite  her, 
nicht  wenige  Controversen,  deren  Ausgleidiang 
aber  hier  nicht  unsere  Aufgabe  sein  kann;  nur 

,      <)  Mem.  de  l'Acad.  imp.  de  Turin,  Sdencei ,  Pbyi.  tl 
Mathem.  de  1805.  ä  1808.  pars  93.  de  la  notico  dei    , 

Trayaux. 

')  Dict.  des  Sciences  m^dic  T.  47.  p.  63.         -       * 


—    43     - 

soviel  «oi  hier  erwähnt,  dafs  es  vielleicht ,  da 
nach  dem  Seitherigen  das  inficirende  Princip 
der  Wuthkrankheit  mehr  oder  weniger  diurcn 
die  festen  und  flüssigen  Theile  eines  wuthkrau- 
kcn  Thieres  verbreitet  und  nicht  blofs  auf  den 
Speichel  beschränkt  zu  sein  scheint ,  am  vor- 
sichtigsten und  vernfinftigsten  ist,  wenn  man 
diese  Meinung  nicht  ganz  verwirft,  sondern  sis 
mit  der  Einschränkung  annimmt,  dafis  sie  noch 
fernerer  Beweise  bedürfe. 

■ 

Fasson  wir  nun  aus  den  seither  erwähn« 
ten  Beobachtungen  und  Versuchen  das  We- 
sentliche kurz  zusammen,  so  erhalten  wir  fol- 
gende Resultate: 

1)  Die  Wuth  bewährt  sich  als  eine  toirk» 
lieh  contagiose  Krankheit  y  welche  ihre  anstek» 
kende  Natur  um  so  sicherer  und  energischer  6#- 
währtj  je  näher  sie  sich  ihrer  ursprünglichen 
EntWickelung  befindet  \ 

2)  "Der  Speichel  ist  das  sicherste  und  an« 
gemessenste  Vehikel  des  inficirenden  Principes 
—  des  fixen  Contagiums^  welches  sich  im  Fer- 
laufe  der  Krankheit  entwickelt ,  wenn  auch  gleich 
nicht  ganz  stricte  in  Abrede  gestellt  werden 
kann^  dafs  das  Blut  und  andere  Stoffe  eines 
wuthkranken  Thieres  keine  ganz  unschuldigt 
Rolle  spielen] 

3)  dafs  beim  Menschen  y  unier  dem  Ein'* 
flusse  hygienischer   Umstände  und  moralischer 

Aff'eciionen,  allerdings  einige  y  bei  der  wahren 
fVuthkrankheit  verkommende  Nervenaffectionenf 
z,  B.  Wasserscheu  y  Convulsionen  u.  dgU  her^^ 
vorgeri^en  werden  können,  dafs  sich  aber  »«• 
ter  keinen  Umständen  die  eigentliche  Hunds* 
wuth  bei  ihm  spontan  zu  entwickeln  vermag  v 


—     44     — 

i 

4)  dafs  die  JFuthkrankheit  eine  bestimmte^ 
aber  noch  nicht  gehörig  quantitativ  ermittelt« 
Incuhationsperiode  beobachtet  \  uud  endlich 

5)  da/s  die  ursprüngliche  Entwickelung  die^ 
8er  so  furchtbaren  Krankheit  ausschliefsliches  Ei- 
genthum  des  Genus  y^Canis**  und  ganz  besonders 
€tes  Hundes  ist, 

allgemeines  Bild  der  Krankheit  beim  Hunde, 

Dafs  die  Wuthkrankhcit  beim  Hunde  bald 
durch  ursprüngliche  Entwickelung ,  bald  durch 
Mittheilung  des  Contagium^  zum  Ausbruche 
kommt,  dürfte  aus  der  seitherigen  Darstellong 
mehr  als  zur  Genüge  hervorgegangen  sein,  und 
wir  hätten  somit  auch  hier ,  wie  beim  Rotze  und 
Wurme,  eine  ursprüngliche  und  abgeleitete  Form 
der  Krankheit  in  Betracht  zu  ziehen.  In  so- 
fern wir  aber  von  dem  geheimnilsvollen  Gange 
dieser  ursprünglichen  Entwickelung  beifflllundi>- 
geschlechte  noch  nicht  hinreichend  unterrichtet 
sind  j  wir  noch  nichts .  Gewisses  wissen  über 
die  Verhältnisse  und  den  Zeitpunct,  wie.  und 
wann  das  Wuthgift  zur  Entstehung  kommt,  und 
die  Krankheit,  einmal  ausgesprochen,  sowohl 
bei  diesem,  als  bei  jenem  Ursprünge  dieselbe 
wesentliche  Symptomengruppe  zeigt,  so  haben 
wir  weniger  auf  dieses  genetische  Verh&Itnils 
Rücksicht  zu  nehmen,  als  vielmehr  auf  die  vei^ 
schiedeue  Form,  wie  sie  sich  hier  wie  dort  in 
der  Erfahrung  darstellt.  Da  diese  Angelegen- 
heit zu  tief  mit  in  das  Gemeinwohl  des  Men- 
schen eingreift,  so  wollen  wir  hier  etwas  um- 
ständlicher verfahren,  und  die  Wuthkrankheit 
als  rasende  und  stille  in  besondem  Betracht  rie- 
hen. Beide  Formen  sind  zwar  innig  mit  ein- 
ander verwandt,  und  erstcre  geht  nicht  selten 


—     45     — 

in  letztere  über;  dessen  ungeachtet  aber  bieten 
beide  Arten  so  chäracterlstische  Erscheinungen 
dar,  dafs  jede  für  sich  einer  speciellen  Betrach- 
tung unterworfen  werden  mufs. 

a)  Rasende  Wuth.  Sie  kommt  häufiger  vor, 
als  die  stille  Form  dieser  Krankheit  und  cha- 
racterisirt  sich  durch  folgende  Erscheinungen: 
Die  eikrankenden  Hunde  ändern  zuvörderst  auf 
irgend  eine  Weise  die  Art  ihres  Benehmens. 
Die  meisten  verlieren  ihre  bisherige  FreundUch- 
keit,  werden  vcrdriefslich,  mürrisch,  gegen  har- 
tes Anfahren  und  Drohen  empfindlich,  so  daüsi 
sie  leicht  knurren,  ja  selbst  beifsen;  sie  bellen 
und  heulen  viel  und  zeigen  einen  besondem 
Trieb  zum  Fortlaufen;  andere  werden  dagegen 
mehr  träge,  selbst  traurig,  liegen  gern  un- 
gestört an  dunkeln  Orten,  und  beim  Gehea 
schleichen  sie  langsam  von  einer  Stelle  zur 
andern.  Die  meisten  Hunde  zeigen  schon  vom 
Beginn  der  Krankheit  an  eine  ungewöhnliche 
Unruhe:  sie  laufen  ohne  Veranlassung  umher, 
veni'eilen  nirgends  lange,  und  wechseln  selbst 
beim  Liegen  oft  den  Ort ;  diese  Unruhe  ist  aber 
nicht  anhaltend  in  gleicher  Art  zu  bemerken, 
sondern  wechselt  mit  ganz  ruhigen  Zwischen* 
räumen  ab.  Bei  der  Zunahme  der  Krankheit, 
etwa  den  zweiten  bis  vierten  Tag,  artet  sie 
hänfig  so  aus,  dals  die  Hunde  das  Haas  ihres 
Herrn  verlassen  und  gleichsam  bewufstlos  in 
neilenweiter  Entfernung  umherschweifen,  wenn 
aber  hiemach  der  ruhige  Moment  wieder  ein- 
getreten ist  (was  zuweilen  in  vier  bis  adit 
Stunden  •  mitunter  aber  auch  erst  nach  %'ienind- 
zwauzig  Stunden  geschieht),  so  suchen  sie  mei- 
stens doch  wieder  ihren  frühern  gewöhniichen 
Aufenthaltsort  zu  erreichen,  und  hier  angekom- 
men,  sind  ^ie  gegen  ganz  bekannte  Personen 


—     46     — 

■ 

meisteniheils  sehr  freundlich,  nur  einzehe  be- 
nehmen sich  etwas  scheu  und  fiirchtaam,  ab 
ob  sie  Strafe  besorgten.    Die  Freüslust  verfielt 
sich  meist  schon  beim  Eintritte  der  Krankheit; 
bestinmit  aber  am  Tage  derselben.    Namendich 
nehmen  tolle  Hunde  keine  feste  NahsungsiiutF 
tel  mehr  zu  sich;  etwas  Suppe  und  dal^i  ei- 
nige Brocken  Fleisch  oder  Brod  verschlucken 
manche  wohl  noch  zu  Anfang  der  Krankhdt, 
doch  auch  nur  in  sehr  geringer  Menge.    Dage- 
gen zeigen  die  meisten  tollen  Hunde  einen  Ap- 
petit auf  Dinge  y  welche  ihnen  sonst  zur  Nah- 
rung nicht  dienen  und  verschlucken  sie  wirk- 
liehy  wie  z.  B.  Holz,  Steine,  Federn,  Stroh, 
Torf,   Leder,    Lumpen  u.  dgl.,   welche  Stoffe 
man  bei  der  Section  im  Magen  angehäuft  fin- 
det; manche  lecken  auch  ihren  eigenen  Urin 
und  fressen  sogar  ihren  Koth.  Dergleichen  Hoode 
leiden    gewöhnlich    an  Verstopfung,   oder  nor 
zuweilen  während  zwei  bis  drei  Tage,  ja  nach 
Slaine  ist  dieses  gleich  von  Anfang  das  erste 
constante  Symptom,  wobei  das  Thier  ängstlich 
auf  den  Leib  hinblickt,  als  ob  es  den  Sitz  sei- 
nes Leidens  andeuten  wollte.    Nach  dieser  Zeit 
geht  der  Koth ,  und  zwar  bei  manchen  in  der 
gewöhnlichen  BeschafTenheit  ab,  bei  andern  da- 
gegen erscheint   er  dänuflüssig  und  sehr  übel- 
riechend.   Die  meisten  zeigen  eine  grobe  Nei- 
gung,  sich  an  kalte    Gegenstände   hinzulegen 
und  sie  zu  belecken,  wie  z.B. Steine,  Wände, 
Ketten^  Nagelköpfe  in  den  Dielen  u.  dgl.    Ebenso 
werden   die  meisten  von   starkem   Durste  ge- 
quält; sie  stecken  daher  sehr  häufig  das  Hanl 
ins  Wasser,  lecken  viel  davon  üna  versuchen 
es  hinunterzuschlucken;  manchen  gelingt  sol- 
ches auch  wirklich ,  wenigstens  zum  Theil,  an- 
dern läuft  jedoch  alles  Wasser  wieder  aus  dem 


—     47     — 

Maulo  heraus.  Weil  bei  vielen  wuthkranken 
Hunden,  im  hohem  Grade  der  Krankheit ,  das 
Hinunterschlucken  von  Flüssigkeit  nur  mit  gro- 
fser  Beschwerde  oder  gar  nicht  möglich  ist, 
wegen  der  Anschwellung  der  Schlingwerkzeuge, 
80  hat  dieses  zu  der  allgemein  verbreiteten  Mei- 
nung, dafs  tolle  Hunde  durchaus  wasserscheu 
sein  müssen,  Anlafs  gegeben.  Wirkliche  Was- 
serscheu ist  aber,  wie  schon  Blaine  versichert 
und  Meynely  Greve,  Hertivig  u.  A.  bekräftigen, 
bei  der  Wuthkrankheit  niemals  zugegen,  und 
die  tagliche  Erfahrung  lehrt,  dals  die  meisten 
wuthigen  Hunde  mit  Begierde  Wasser  auflek- 
ken,  nur  lassen  sie  es  im  hoben  Grade  der 
Krankheit,  wenn  ihr  Schlund  schon  entzündet 
und  krampfhaft  zusammengezogen  ist,  wieder 
aus  dem  Maule  herauslaufen,  ohne  einen  Tro- 
pfen hieven  niederzuschlucken,  so  dals  das 
Wasser ,  sie  mögen  auch  noch  so  lange  davon 
lecken ,  nicht  vermindert  erscheint.  Auch  sieht 
man  sie  nicht  selten  über  Flusse  oder  Bäche 
schwimmen  oder  laufen,  ohne  da£B  Furcht  vor 
dem  Wasser  —  Wasserscheu  bemerklich  wäxe. 
Wenn  man  sie  mit  Wasser  besprengt,  luigen 
sie  wohl  stäiker  zu  toben  an,  aber  nur,  weil 
sie  dadorch,  wie  dnrch  jede  andere  äofiiere  Vor- 
anlassong,  xom  Zorn  aufgereizt  werden;  so 
beiben  sie  andi,  wenn  das  Wasser  mit  rinor 
Spritxe  anf  sie  geleitet  wird,  mit  wahrem  lo- 
gnmm  in  den  WasserstraliL  Auch  die  Lieht - 
und  Glanzschea  ist  nicht  als  deutlielies  Symptom 
vorhanden ;  einzelne  wuthende  Hunde  Scheines 
swar  «ne  grölsere  Empfindlichkeit  gegen  hel- 
leres Licht  zo  haben,  nnd  dadurch  ihre  Augen 
halb  so  schliefsen ,  oder  sich  in  dunkle  Orte  zu 
verkriechen;  allein  sehr  viele  tolle  Hunde  hal- 
ten mch  beun  hellsten  Sonnonseheio  im  FreioB 


—     48     — 

auf.    Durch  vorgehaltene  Spiegel^  oder  and< 
glfinzende  Gegenstände  werden  sie  daher  ei 
nicht  mehr  aufgereizt^  als  durch  alles  Andei 
was  in  ihre  Nähe  gebracht  wird. 

.Wenn  die  Krankheit  in  Folge  eines 
hem  Bisses  von  einem  tollen  Hunde  zum  Eni 
«tehen  kam,  so  belecken  die  Thiere  sehr 
fig  diejenigen  Stellen  ihres  Leibes,  an  welche 
eich  die  Bi&wundeu  befinden,   können  sie  aii 
selben  aber  nicht  mit  der  Zunge  eneichen, 
z.  B.  am  Kopfe,   so  kratzen  sie  sich  dort 
den  Pfoten.    Manche  tolle  Hunde  lecken  d< 
gleichen  SteUen  so  heftig,  dafis  sie  blutränsl 
werden,  und  zuweilen  beilsen  sie  dieselben 
gar  blutig.     Fast   bei   allen  an  der   rasent 
Wuth  leidenden  Hunden  zeigt  sich  Sei/ssuokii 
diese  tritt  früher  oder  später  ein   und 
sich  abwechselnd  in  verschiedenen  Zeiten 
verschiedenen  Graden,   wobei  auch  die 
das  Temperament   und   die  frühere  Bescl 
gung  des  Hundes  groüsen   Einfluls  haben, 
dals  sie  bei  Hunden,   die  früher  phlegmatisdij 
und  sehr  gutmüthig  waren,  gewöhnlich  nur  sehr; 
gering  und   unbedeutend  ist,    indem  sie  bloik^ 
nach  den   Füfsen   der    Vorübergehendcpti 
schweigend  schnappen,   und  sie  nur  kneippeüo^ i^ 
ohne  wirklich  zu  beiüsen;  sehr  bedeatmid  dsrij 
gegen  bewährt  sie  sich  bei  sonst  schon  bisalHi 
gen  und   hitzigen  Hunden.    Diese  ertragen 
dann  gar  keine  Zurechtweisung,  und  noch 
niger  Strafe;  sind  sie   eingesperrt,  so  beiten\j 
sie  in  die  Kette,  den  Stock  und  Alles,  was*! 
man  ihnen  nur  nähert,    zerwühlen  das  Stnri^ 
worauf  sie  liegen,  zerbeifsen  dasselbe,  schnap- 
pen oftmals  in  die  Luft,  fallen  mit  den  Zihnsö 
von  Zeit  zu  Zeit  ihren  eigenen  Körper  ui|  ar« . 
beiten  gegen  Thüre  und  Wände  iluer  BÄUt- 


—     49     — 

nisse  mit  Heftigkeit  ^  so  dafs  sie  sich  zuweilen 
die  Zähne  ausbrechen.    Sind  sie  in, Freiheit  ge- 
setzt, so  rennen  sie  auf  den  Gassen  ui;id  Land- 
8trafsen  fort,  meistentheils  und  so  lange  ihnen 
Dichts  in  den  Weg  tritt,  gerade  aus,  mit  ge- 
strecktem Halse  und  halbgesenktem  Kopfe,  zu- 
weilen mit  hängendem  Schweife,  und  oft  sehr 
bemerklichem  Schwanken  des  hintern  Körper- 
theils,  manchmal  auch  in  wirklichen  Absätzen 
und  selbst  im  Kreise  herum,  ohne  übrigens  an- 
dere Hunde  und  Menschen  aufeusuchen,  ob- 
gleich es   gefährlich  ist,  ihnen  zu  drohen,  da 
sde  in  diesem  Zustande  von  Furcht  nichtai  mehr 
ivissen,  sondern  jedes  lebende  Wesen,  wel- 
ches sie  erreichen  können,    beifsend  anfallen, 
^ivobei  sie  die  Lippen  grinsend  verzerren    und 
die  Augen  einen  eigenen,   wie  rothen  Licht- 
schein von  sich  geben :  bisweilen  verfolgen  sie 
auch  mitunter  andere  Thiere  mit  wahrer  Wutb, 
Ulis  in  die  Wohnhäuser  und  Ställe.    Am  frühe-* 
Sien  und  heftigsten   äufsert  sich   diese  Beils- 
jBUcbt  gegen  Katzen  und  Federvieh,   dann  ge- 
^en  Hui]3e  und  zuletzt  gegen  Menschen,    we- 
^en  des  Hundes  eigenen  Herrn  scheint  sie  in 
den   meisten  Fällen  verhältniüsmäbig  am  we-' 
nigsten  heftig  zu  sein,   obgleich  sie  aucli  ge- 
^en    ihn  oft  genug  ohnd  alle  sonstige  Veran- 
lassung eintritt,     ^^on  einem  solchen  Laufe  er- 
mattet,  kriechen    sie  in   irgend   einen  Winkel 
oder  sonstigen  dunkeln  Ort,    abseits  von  der 
Strafse,  wo  sie  eine  Zeitlang,  auf  den  schwa- 
chen schwankenden  Hiuterfüben  gekauert,  still 
sich  verhalten,    oder  nur  um  sich  schnappen, 
bis  sie  sich  wieder  von  Neuem  in  Lauf  bege- 
ben.   Von  Zeit  zu  Zeit  hört  man  sie  nochbel- 
len,  besonders  während   des  Sitzens,  und  ein 
sehr  constantes  und  wichtiges  KenD9&Q\c\!i«a\i\%- 

Jo\in.XCni.Bd.4.8t  1> 


VT. 


-     30     — 

bei  ist  eine  ganz  eigenthümliche  VeiändeniDg 
der  Slimme.  Das  Bellen  geschieht  nämlick 
nichts  wie  bei  gesunden  Hunden^  in  mehren 
einzelnen y  kurz  auf  einander  folgenden,  aba 
doch  deutlich  von  einander  getrennten  LaoUa 
oder  Schlägen,  sondern  der  tolle  Hund  stöürt 
nur  immer  einen  Laut  aus,  welcher  zuerst  bel- 
lend ist,  dann  aber  in  ein  kurzes,  klagendei 
G^eheol  übergeht,  wie  es  Waldinger  trefflidi 
schildert,  so  dals  das  Ganze  gleichsam  eii 
Mittelding  zwischen  Bellen  und  Heulen  darstellt; 
an  welcher  Erscheinung  eine  gtoSs»  Troekeor 
heit  des  Schlund- und  Kehlkopfes  und  eio0 
krampfhafte  Verschnfirung  ihrer  Muskeln  flidi 
m  ericennen  gibt  Mit  Recht  bemeriit  Meynti 
ganz  richtig,  daüs,  wer  einmal  dieses  höchst 
tranrige  oder  klagende  Geheul  gehört  ha^  das- 
selbe nie  vergossen  werde,  und  dals  man  «b 
diesem  Geheul  auf  die  Gegenwart  eines  tollen 
Hundes  schliefsen  könne ,  wenn  man  iho  auch 
nicht  sehe.  Die  Stimme  ist  dabei  bald  etwas 
tiefer,  bald  etwas  hoher,  als  im  gesunden  Zu- 
stande, zugleich  aber  auch  rauh,  etwas  heiser 
und  widerlich.  Dabei  hält  der  bellende  Haod 
das  Maul  mehr  in  die  Höhe,  als  in  gesnuden 
Tagen,  wie  Hunde,  welche  durch  Blasinstm-  I 
mente  zum  Heulen  gereizt  werden.  Manchef 
tolle  Hund  bellt  und  heult  übrigens  viel,  ein 
anderer  nur  wenig,  oil  wechselt  dieses  im  Ver- 
laufe der  Krankheit,  je  länger  aber  dieselbe 
dauert,  desto  heiserer  wird  die  Stimme.  Sehr 
häufig  sieht  man  tolle  Hunde  in  die  Luft  schnap- 
pen ,  als  ob  sie  herumfliegende  Insecten  fangen 
wollten,  \venn  auch  dergleichen  nicht  wiiklicb 
vorhanden  sind.  Manche  suchen  Papierstäcke, 
Stroh  u.  dgl.  fortwährend  unter  ihren  Leib  zu 
scharren,  als  ob  sie  diesem  dadurch  eine  wei- 


—       Ol        — 

che  Unterlage  bereiten  woUten.  Ueberhaupt  ist 
das  Bewnlstsein  und  die  Sinnesthätigkeit  sol- 
cher Hunde  gestört  und  unterdrückt,  wiewohl 
immer  nur  periodisch'  und  bei  den  einzelnen 
Thieren  in  sehr  verschiedenem  Grade.  Manche 
sind  zu  Anfang,  und  selbst  während  desgröfs- 
ten  Theils  der  Krankheit  noch  ziemlich  mun- 
ter, andere  dagegen  liegen  viel  -mit  geschh 


senen  Augen  und  hören  auf  den  Zuruf  nur  we- 
nig; zuweilen  scheinen  diese  wie  aus  dem 
Schlafe  zu  erwachen ,  sehen  sich  stier  und  lang- 
sam nach  allen  Seiten  um  und  laufen  daim  ohne 
bestimmten  Zweck  umher;  werden  siegeschla-* 
gen,  so  schreien  sie  wenig  oder  gar  nicht. 
Alle  tollen  Hunde  aber  erkennei;!  die  Stimme 
ihres  Herrn  und  bemühen  sich  derselben  ara 
folgen,  so  dafs  sie  selbst  ihren  Dienst,  z.  B« 
bei  der  Jagd,  beim  Viehtreiben,  oder  erlernte 
Kunststücke  u.  dgl.  noch  häufig  einige  Zeit  hin- 
durch verrichten,  wobei  sie  indessen  abwech- 
selnd immer  wieder  in  Abstumpfung  verfallen. 
Letztere  nimmt,  der  Stärke  und  Dauer  nadi, 
gegen  das  Ende  der  Krankheit  immer  mehr  zu. 
Was  endlich  das  äufsere  Aussehen  des  tol- 
len Hundes  betrifit,  so  ist  dieses  in  der  aller- 
ersten Zeit  der  Krankheit  nur  sehr  wenig  ver- 
ändert. Das  Weifse  im  Auge  erscheint  bei  ei- 
nigen etwas  stärker  geröthet,  bei  andern  da- 
gegen nicht.  Ebenso  ist  bei  einigen  die  Pa- 
pille auch  im  Lichte  erweitert  und  starr,  und 
während  einiger  Zeit  das  Auge  glänzender  und 
der  Blick  etwas  feuriger ,  als  im  gesunden  Zu- 
stande, und  verräth  etwas  Abschreckendes, 
was  sich  nicht  wohl  beschreiben  läHst,  bei  an- 
dern aber  wird ,  besonders  in  der  letztem  Zeit 
der  Krankheit,  das  Auge  matt  und  trübe.  Vom 
zweiten  bis  dritten   Tase   an  werden  ^^  K»l« 


—     5«     — 

genlider  sehr  häufig  währeud  ciuiger  Secandea 
geschlossen  und  abwechselnd  wieder  geöffnet^ 
wodurch  die  Hunde  ein  schläfriges  Aussehea 
erhalteu.  Bei  manchen  zieht  sich  die  Haut, an 
der  Stirne  faltig  zusammen,  oder  sie  schwillt 
hier  und  au  den  Augenlidern  etwas  an,  wo« 
durch  der  Ausdruck  des  Gesichtes  sehr  finster 
und  mürrisch  wird.  An  den  Ohren  bemerkt  > 
man  keine  bestimmte  Veränderung,  manche  ^ 
tolle  Hunde  richten  sie  mehr  in  die  Höh^  | 
andere  lassen  sie  mehr  hängen,  als  im  ge«  J 
Sunden  Zustande.  Die  Schnauze  ist  warm,  .? 
trocken,  dabei  aber  wie  schmutzig  und  miÜEH  jj 
farbig;  die  Vorderlippe  aufgedunsen;  das  Maul  „ll 
fallt  sich  selten  mit  Geifer,  vielmehr  ist  es  b&o-  > 
figer  trocken,  als  feucht,  ja  zuweilen  wird  die  A 
Oberfläche  der  Lippen  und  Zunge  ganz  ausge-  i 
trocknet,  wie  bei  acuten  Fiebern;  die  Mond-  « 
ha,ut  ist  dunkelroth,  gewöhnlich  hängt  die  ^f* 
schmutzige  und  angeschwollene  Zunge  etwas  i 
hervor,  ohne  dafs  Geifer  oder  Schaum  siditbar  t 
wäre,  welches  nur  zuweilen  bei  starker  An-  - 
Schwellung  des  Schlundes  bemerklich  wird.  Bei  <■ 
den  meisten  wird  das  Haar  am  gansen  Körper  'i 
sehr  struppig  und  alle  magern  .in  kunser  sSeit  . 
bedeutend  ab.  Den  Schwanz  tragen  die  tollen  >; 
Hunde,  so  lange  sie  noch  etwas  bei  KriUten  * 
sind,  und  wenn  sie  nicht  etwa  verfolgt  wer-  i 
den,  ganz  so  wie  sonst,  und  keiner  zieht  den-  ; 
selben  auf  eine  besondere  Weise  unter  den  ^ 
Leib,  was  nur  geängstigte  Hunde  zu  thun pfle-  -. 
gen,  sondern  Gegentheils  hängt  er,  wenn  sie 
ihn  nicht  aufrecht  tragen,  gerade  herab,  seUwt 
etwas  vom  After  entfernt.  Ebenso  gehen  der^  • 
gleichen  Hunde,  in  der  ersten  Zeit  der  Krank- 
heit, ganz  wie  gesunde;  je  länger  aber  letztere 
dauert^  desto  schwächer  werden  sie,   so  dafil 


—     53     —  . 

sie  dann  beim  Gehen  taumeln,  von  Zeit  %a 
Zeit  bald  mit  den  Vorder-,  bald  mit  den  Hin- 
terfüfsen  zusammenknicken.  Zuletzt  werden  sie 
völlig  gelähmt,  besonders  im  Ilintertheile  des 
Körpers  —  im  Kreuze,  und  es  tritt  der  Tod 
unter  Convulsionen  ein. 

h)  Siille  JFuth.  Bei  dieser  Form  der  Krank- 
heit lassen  die  Hunde  im  Wesentlichen  die  so 
eben  crwlihnten  Erscheinungen'  wahrnehmen, 
wie  bei  der  rasenden  Wuth,  namentlich  macht 
sich  ein  verändertes  Betragen  des  Hundes  be- 
mcrklich,  welcher  aber  in  der  Regel  weniger 
lebhaft  und  weniger  munter  als  sonst,  sondern 
viel  ruhiger,  still,  ja  sogar  ganz  traurig  wird. 
Die  wichtigsten  Unterschiede  stellen  folgende 
Erscheinungen  dar:  der  Unterkiefer  hängt  hier 
gelähmt  herab,  und  das  Maul  steht  daher  be>« 
ständig  mehr  oder  weniger  offen.  In  Folge 
diei^es  lähmungsartigen  Zustandes  kann  der  an 
stiller  Wuth  leidende  Hund  fast  gar  nichts, 
selbst  nichts  Flüssiges  geniefsen.  Zwar  grei- 
fen sie  zuweilen  mit  einer  gewissen  Heftigkeit, 
gleichsam  stofsend  in  das  Futter;  doch  können 
sie  mehre ntheils  nichts  davon  ins  Maul  bekom- 
men, und  wenn  dies  auch  einmal  fi^eschieht, 
so  vermögen  sie  doch  das  Kauen  und  das  Hin« - 
unterschlingeu  nicht  auszuführen ,  behalten  vieP 
mehr  das  Futter  einige  Zeit  hindurch  im  Maule 
und  lassen  es  aus  demselben  sodann  wieder 
herausfallen.  Solche  Hunde  geifern  und  spei- 
cheln fast  während  der  ganzen  Dauer  der  Krank- 
heit, besonders  aber  in  der  ersten  Zeit,  stark 
aus  dem  Maule,  weil  sie  den  Speichel  und 
Schleim  nicht  zu  verschlucken  vermögen.  Letz- 
terer scheint  aufserdem  iu  der  Rachenhöhle  sich 
anzuhäufen  und  dadurch  das  Athmen  zu  be- 
hindern;  wenigstens    ist    das    Ausathmen   d^t 


—     54     —       . 

Haode  sehr  oft  mit  einem  eigenüifimfielieii 
schnarchenden  oder  räuspernden  Geräasch  ver- 
bunden. Die  Zunge  hängt  diesen  Huoden  et« 
was  aus  dem  Maule  heraus,  wenigstens  so- 
weit, dab  ihre  Spitze  zwischen  den  Zahnrei- 
hen hervorsteht,  zuweilen  ist  letztere  an  ihrer 
Oberfläche  stark  geröthet,  oder  selbst  bläulich 
gefärbt.  Die  meisten  stilltollen  Hunde  alnd 
weit  ruhigibr  und  weit  weniger  zum  Beiüsen  ge- 
neigt, als  die  rasendtollen,  indessen  tritt  auch  bei 
ihnen  toweilen  die  Beifssucht  dennoch  ein,  und 
wenn  sie  durch  irgend  eine  Veranlassung  sehr 
gereizt  werden,  so  verschwindet  in  einzdoen 
Momenten  der  lähmungsartige  Zustand  der  Kie- 
fermuskeln, und  sie  können  daim  wirklich  bei- 
Isen  und  verletzen.  —  Mit  öfterm  Wedisel  voo 
erneuerten  Wuthanfallen  und  ruhigen  Zwiscbeo- 
zeiten  dauert  dieses  Leiden,  vom  ofTenbaren 
Ausbruch  an,  zwei  bis  drei  Tage  fort,  nach 
Verlauf  dieser  Zeit  aber  nimmt  die  ErmaUung 
80  überhand,  dafs  die  ruhigen  Intervallen  immer 
länger  werden  und  die  Wuthanfälle  an  ihrer 
Heftigkeit  verlieren.  Die  Abmagerung  nimmt 
sehr  schnell  überhand,  die  Thiere  kennen  sich 
nicht  mehr  aufrecht  erhalten,  sie  wanken  im 
Schritte  hin  und  her,  zittern  oft,  besonders  an 
den  Hinterschenkeln,  heulen  immer  seltener, 
schwach  und  sehr  heiser,  die  Augen  sind  trube^ 
flach  oder  eingesunken,  und  wie  das  ganze 
Antlitz  häfslich  entstellt,  meistens  ohne  Licht- 
empfindung; das  Maul  geifert  wenig,  wird  in- 
nen ,  sowie  die  Lippen  dürr  und  bleifarben ;  die 
Thiere  werden  noch  einigemal  von  würgenden 
Krämpfen  und  Zuckungen  befallen  und  endeo 
ganz  still,  gewöhnlich  sechs  bis  acht  Tage 
nach  dem  ersten  Erkranken,  zuweilen  tritt  der 
Tod  schon  früher  ein,   und  die  Thiere  sterben 


—    '55     —  . 

dann  plötzlich ,  wie  durch  Schlagflufs.  Dem 
Tode  pflegt  ein  eigener  matter  Lichtschein  in 
den  Augen  vorauszugehen,  welchen  Waldinger 
treffend  dem  electrischen  Leuchten  vergleicht. 

Es  wäre  von  der,  höchsten  Wichtigkeit,^ 
wenn  wir  im  Stande  wären,  die  in  Rede  ste- 
hende furchtbare  Krankheit  gleich  bei  ihrem 
ersten  Beginn  —  im  Anfange  ihrer  Entwicke- 
lung,  aus  dem  Ausbruche  gewisser  Erscheinun- 
gen zu  erkennen  und  ihren  Verlauf  voraus 
zu  bestimmen;  allein  die  seitherigen  Bemop* 
hungen  ausgezeichneter  Beobachter  führten  biiK 
her  noch  zu  keinem  diesfallsigen  günstigen  Re- 
sultate. Wir  finden  zwar  in  verschiedenen 
Schriften  den  Verlauf  der  Hundswuth  auf  sehr 
verschiedene  Art  beschrieben,  in  Grade  und 
Perioden  eingetheilt,  und  eine  Menge  von  Pre- 
dromen,  oder  Zeichen  des  zu  befürchtenden 
Wuthausbruches  aufgeführt;  allein  alles  dieses' 
ist  nicht  characteristisch  genug,  indofern  es 
auf  viele  andere  Krankheiten  ebensogut  pafst. 
In  der  That  müssen  jedem  Ausbruche  der  Wuth 
gewisse  Veränderungen  im  thierischen  Organis- 
mus, namentlich  in  den  Functionen  des  Ner- 
vensystems vorausgehen,  welche  sich  allmählig 
über  die  übrigen  untergeordneten  Systeme  ver- 
breiten, und  endlich  sich  so  hoch  steigern,  daÜB 
die  dadurch  ^eingeleitete  Disharmonie  der  ver- 
schiedenen Lebensakkorde  durch  die  Aeulse- 
rung  der  Thiere  sich  kenntlich  darstellen  muls. 
Allein  diese  Aeufserungcn  können  nur  bei  sol- 
chen Hunden  mit  Bestimmtheit  als  Vorzeichen 
des  Ausbruches  der  Wuth  anerkannt  werden, 
von  denen  man  weifs,  dafs  sie  von  einem  wü- 
thigen  oder  wuthverdächtigen  Hunde  gebissen 
worden  sind ,  oder  überhaupt  zu  solchen  Zeiten,, 
wo  man  von  dem  gerade  gegenwärtigen  Gras- 


.vT:-- 

—    56    — 

'fiiren  der  Krankheit  unterrichtet  ist.  Äl8  8o]eh0 
Vorzeichen  bezeichnet  man  gewöhnlich:  dab 
die  Hunde  sich  märrisch,  ungeduldig ,  unruhig 
zeigen^  was  sie  früher  nicht  zu  thun  pflegten; 
da£B  sie^  gegen  ihre  Gewohnheit,  in  der  Fut-. 
terwahl  eckel  suid,  zögernd  und  nur  wie  mit 
Mühe  fressen,  von  Zeit  zu  Zeit  knurren,  mit 
andern  Hunden  gern  Handel  anfangen,  von 
Zeit  zu  Zeit  sich  in  einen  abgelegenen  Ort  oder 
Winkel  verkriechen  u.  s.  w. ;  allein  alle  diese 
Merkmale  sind  zum  TheH  zu  geringfügig,  als 
dafis  wir  mit  Bestimmtheit  auf  sie  bauen, 
und  zum  Theil  zu  wenig  constant,  als  dafii 
wir  uns  auf  sie  verlassen  könnten.  Von  weit 
gröfserem  Belange  sind  dagegen  gewisse  pa- 
thologische, eben  das  wirkliche  Erkranktsein 
selbst  schon  bezeichnende  Aeufsernngen  des 
Thieres,  als  da  sind:  eine  aufTallende  Verftnde- 
ning  im  Gesichte,  ungewöhnliche,  selbst  im 
Lichte  bemerkliche  Erweiterung  der  Papille, 
scheuer,  fremdartiger,  starrer  Blick,  ohne  alle 
Lebhaftigkeit,  aber  keine  wilden  und  fankeln- 
den,  sondern  vielmehr  matte  und  schlänge  Au- 
gen; Trockenheit  der  Schnauze;  femer  das  ganz 
veränderte  Benehmen  des  Hundes,  mfiniMhes 
Trotzigthun,  oder  auch  heimtückische  Freund- 
lichkeit, Unachtsamkeit  auf  den  Zuruf  des  Hem, 
selbst  fremdes  und  feindschaftliches  Benehmen 
gegen  denselben,  eine  gewisse  Unruhe,  BodaGai 
die  Hunde  nirgends  lange  verweilen,  stets  ei^ 
Den  andern  Ort  zum  Lager  aufsuchen,  ohne 
Zweck  hin  und  her  laufen  u.  s.  w.  Diese  hier 
aufgeführten  Abänderungen,  welche  das  wirk- 
liche Dasein  der  Wuth  schon  bekunden,  pfle- 
gen in  allmähliger  Steigerung  mehrere'  Tage 
fortzudauern ,  ehe  der  offenbare  Ausbruch  der- 
selben erfolgt.     Ist  nun   einmal  die  Krankheit 


—     57     — 

förmlich  zum  Ausbruche  gekommen,  so  läfst 
sich  die  Dauer  derselben ,  nach  zahlreichen  Be- 
obachtungen, auf  vier  Tage  nach  vollkommen 
entwickelter  Krankheit,  oder  auf  sieben  bis  acht 
Tage  seit  den  ersten  deutlichen  Anzeichen  des 
wirklichen  Erkrankens  angeben,  nur  sehr  selten 
virährt  sie  einen  oder  zwei  Tage  länger,  und 
über  zehn  Tage  bleibt  kein  wuthkranker  Hund 
am  Leben. 

Auf  gleiche  Weise  äufsert  sich  die  Krank- 
heit bei  andern  Arten  des  Ilundsgeschlechts, 
namentlich  den  Füchsen  und  Wölfen ,  nur  fallen 
hier  begreiflicher  Weise  diejenigen  Erscheinun- 
gen weg,  welche  sich  auf  den  Zustand  der 
Zähmung  und  die  Gewohnheit  an  Menschen  be- 
ziehen. Dagegen  findet  man,  als  eine  sehr 
auffallende  Erscheinung,  dafs  dergleichen  Füchs0 
und  Wölfe  ohne  Scheu  auf  den  belebtesten 
Landstrafsen  einhergehen ,  ja  sogar  selbst  Dör- 
fer und  Städte  besuchen ,  in  Vieh^tälle  und  die 
Wohnungen  der  Menschen  eindringen,  dort  eine 
grofse  Beifssucht  zeigen  und  sich,  ohne  der 
Verfolgung  zu  entfliehen,  an  einer  solchen  Steife 
todtschlagen  lassen. 

Die  Mittheilung  des  Wuthgiftes  bietet  in 
sofern  grofses  Interesse  dar,  als  die  Krankheit 
nicht  sogleich  nach  erfolgter  Inokulation  zum 
Ausbruche  kommt,  sondern  längere  oder  kür- 
zere Zeit  im  Körper  gleichsam  schlummert,  und 
erst  nach  einer  gewissen  Incubatiousperiode  seine 
Wirksamkeit  bekundet,  deren  längste  und  kär- 
zeste  Dauer  sich  nicht  genau  bestimmen  läfst. 
Indessen  scheint  aus  mehrern  Beobachtungen 
doch  hervorzugehen ,  dafs  das  dem  Hunde  mit- 
gethellte  Wuthgift  sich  meist  gegen  den  zwei- 
undvierzigsten Tag  hin  zu  äufsern  beginnt, 
und  deshalb  hat  man  auch  die  der  Wuth  ver- 


—     58     — 

dächtigen  Hunde,  in  den  Ställen  der  Veterinär- 
schule  zu  Alfort,  wenigstens  fünfzig  Tage  lang 
eingesperrt.  Bardsley  gibt  zwar  zu,  dafs  die 
Wuth  beim  Hunde  gewöhnlich  binnen  vier  bis 
sechs  Wochen  nach  dem  Bisse  zum  Ausbruche 
komme,  führt  zugleich  aber  auch  authentische 
Beispiele  an,  die  den  Zeitraum  der  Incubation 
der  Krankheit  zu  zwei  Wochen  und  acht  Mo- 
naten bestimmen.  Auch  zu  Alfort  bat  man  in 
neuerer  Zeit  beobachtet,  dals  die  Wuthkrank- 
heit  bei  zwei  gebissenen  Hunden  am  sechs- 
zigsten  und  zweiundsechssägsten  Tage  erst  aus- 
brach. GiäUmau  erzählt,  er  habe  .voi|  meh- 
reren Personen  erfahren,  die  Wuth  könne  noch 
nach  sechs  bis  acht  Monaten  nach  dem  Bisse, 
ja  sogar  erst  nach  einem  Jahre  zum  Ausbruche 
kommen.  Berndt  gibt  zu,  dafs  die  Zeit  des 
Ausbruches  der  Wuth  nach  dem  Bisse  zwar 
unbestimmt  sei,  will  aber  denselben  nie  vorder 
Vernarbung  der  Wunden  beobachtet  haben. 
Wenn  junge  und  alte  Subjecte  zu  gleicher  Zeit 
gebissen  werden,  so  tritt  nach  Berndt  die 
Krankheit  bei  den  erstem  weit  früher  ein.  Bei 
jungen  Kälbern  kommt  dieselbe,  nach  ihm,  nach 
drei  bis  vier  Wochen,  bei  alten  Kindern  selten 
vor  der  sechsten  bis  neunten  Woche,  oft  aber 
noch  weit  später  zum  Ausbruch.  Die  Bedin- 
gungen, welche  die  Incubationsperiode  verkür- 
zen oder  verlangern,  sind  uns  unbekannt.  Veith 
will  das  Wechseln  der  Incubationsperiode  da- 
durch erklären,  dafs  er  das  Gangliennerven- 
system als  Leiter  des  Contagiums  ansieht,  wel- 
ches solange  die  LocalafTection  isolirt ,  bis  ir- 
gend eine  Gelegenheitsursache  —  meistens  Re- 
gungen des  Geschlechtstriebes ,  Erhitzungen  u. 
s.  w.,  eine  stärkere  Leitungsverbindung  zwi- 
schen  dem  uiedern   und  höhern  Nervensystem 


—     59     — 

bewirkt.  Ehemals  war  die  Meinung  geltend, 
dafs  die  Incubatiousperiode  einen  neuntägigen 
Typus  halte  y  was  aber  spätere  Erscheinungen 
nicht  so  bewährt  gefunden  haben.  Was  nun 
die  Inoculationsstelle  betrifft,  so  tritt,  sich  selbst 
überlassen,  in  der  Regel  bald  Vernarbung  ein. 
Früher  oder  später  wird^  die  Narbe  der  Biüs- 
wunde  schmerzhaft,  heifs,  geschwollen,  roth 
oder  bläulich  uud  bricht  zuwöilen  wieder  auf; 
zuweilen  öffnet  sich  aber  auch  eine  Stelle  in 
der  Nähe  der  vernarbten  Wunde,  und  einige 
Zeit  darauf  kommt  die  Wuthkrankheit  zum 
Ausbruche.  Geht  die  Narbe  entweder  von  selbst,- 
oder  durch  Benagen  des  Thieres  auf,  so  ,stdl- 
pen  sich  die  Ränder  derselben  um.  Indessen 
finden  diese  Erscheinungen  nicht  imiher  Statt, 
sondern  man  hat  sie  bei  den  Thi^ren  eher  zu 
den  Ausnahmen,  als  zur  Regel  gezählt,  so  dafs 
man  sie  für  eine  Eigenthümlichkoit  der  Men- 
schenspecies  erklärt  hat. 

Ob ductionser scheinungen  hdm  Hunde» 

Aus  den  Resultaten  der  Leichenuntersu- 
chungen  gefallener  oder  getödteter  wuthkHil- 
ker  Hunde  hat  man  bis  jetzt  über  die  NatUB 
und  den  Sitz  der  Verletzungen ,  welche  die  Er- 
scheinungen der  Wuthkrankheit  veranlassen,  - 
noch  nichts  folgern  können.  Kein  Organ  ist 
als  constanter  Sitz  irgend  einer  wesentlichen 
pathologischen  Veränderung  erschienen ;  die  vor-« 
gefundenen  Abweichungen  sind  gröfstcntheils 
weder  auffallend  noch  constant  genug ,  als  dafs 
sich  viele  derselben  für  characteristische  Merk-» 
male  der  vorausgegangenen  Krankheit  angeben 
licfsen.  Beim  Hunde  findet  man  das  Maul  häufig 
an  den  Lippen  etwas  angeschwollen ,  so  aucb 


-     60     — 

zuweilen  die  Zunge  und  die  innere  Maulhaut 
-stark  geröthet,  gewöhnlich  mehr  trocken  ^  ab 
feucht.    Der  Schlund  und  Kehlkopf  ist  gewöhn- 
lich an    seiner  innern  Fläche   entzündet,  we- 
nigstens  zeigen    sich    im  letztern ,    unter  den 
Bändern  der  Stimmritze    und   am   Grunde  des 
Kehldeckels,    dann   auch  im  obern  Theile  der 
Luftröhre  schwärzliche   oder  bleigraue  Flecke, 
zuweilen   auch    schwarze    sphacelirte    Puncte. 
Auch  im   Rachen  sieht  man  Spuren  von  Ent- 
zündung.   Alles  dieses  ist  aber  keineswegs  con- 
stant,  und  besonders  ist   der  Schlundkopf  oft 
auch  ohne    alle  Röthe;  so   fand  Heriwig  den 
Schlund,    die    Speiseröhre    und    den  Kehlkopf.,' 
meistens  unverändert,    weder   entzündet,  noch 
krankhaft  verengt ,  dagegen  oft  etwas  gelblidi, 
aber  weder  angeschwollen,  noch  sehr  blutreich. 
Die  Augen  findet    man    oft   aus  ihren  Höhlen 
hervorgetrieben  und  mit  Blut  unterlaufen.    Der 
Magen   ist   oft  von  ganz  normaler  Beschaffen- 
heit, oft  findet  mau   ihn  nur  von  Luft  aufge-  'X 
bläht,   sowie  auch  die  Gedärme,   oder  er  ent- 
hält zugleich  viele  grüne  und  zähe  Galle,  oder    ' 
einen     zähen     bleifarbenen ,     schwarzen ,     oft 
schwarzgraueu  Schleim,   oder   eine  safrangelbe  ; 
Feuchtigkeit.      Bei   Hunden,    welche  i^el  um 
sich  gebissen  haben,  pflegt  der  Magen  mit  ser-  ^ 
bisseuen  Iloizspänen,    Stroh,   Gras,  Knochen-  ^ 
splittern,  selbst  Steinen,  Sand  u.  a.  unverdan-  ^ 
liehen  Dingen  vollgestopft  zu  sein,  und  in  die- 
sem Falle  sind  sodann  seine  Wandungen  auch    ; 
sehr  entzündet ,    äufserlich  schon  von  sehr  ge- 
röthctem  Ansehen ,   die  innere  gerunzelte  Haut 
sehr  verdickt,   dunkel  gcröthet   oder  schwärz- 
lich roth   und    mit  lividen  Brandstellen  besetzt, 
oder  auch  nur  liocinoth.     Prof.  Prinz  hebt,  ruck- 
sichtlich  der  Scctionsbcfunde,  besonders  spha- 


^  _     61     — 

cclösc  Stellen  an  der  Schleimhaut  des  Magens^ 
namentlich  aber  Spuren  von  Braivd  am  Schlünde^ 
in  der  Ilachenhöhle   oder  in  der  Lunge  hervor. 
Faneau  de  la  Cour  ^)  fand  in  dem  grofsen  Sacke 
des  Magens  tief  violette  Flecke ,  welche  nach 
dem  Pförtner  zu  immer  häufiger  wurden^   und 
die  Schleimhaut  so  weich,  dafs  sie  sich  in  eine 
Art  Brei  zerdrücken  liefs.    Der  Zwölffingerdarm, 
war  von  Gasen  ausgedehnt ,  welche,  wenn  man 
ihn  scarificirte,    mit  Geräusch   entwichen,  die 
Schleimhaut  desselben  war  ringsherum  wie  ec- 
chymotisch.     Der   an    zwei   Stellen  vereiterte 
Grimmdarm  enthielt  ein  Gemisch  von  schwärz- 
lichem Blute  und  Galle,  welches  einen  aashaf- 
ten Geruch  verbreitete,  und  sich  im  Reste  des 
Dickdarms  in  noch  weit  gröfserer  Quantität  be- 
fand. —    Die  Leber  ist  manchmal  sehr  aufge- 
laufen ,  grofs ,  von  Blut  strotzend.    Indessen  ist 
die  Leber  seltener  der  Sitz  krankhafter  Verän- 
derungen.    Die  Milz    fand  man  ebenfalls  von 
Blut  strotzend,  ihr  Parencbym  von  einem  krank- 
haften meergrünen  Aussehen;  in  andern  Fällen 
nur  mifsfarbig  oder  gar  nicht  verändert.    Lo- 
cher  ^)   will   bei  allen   tollen  Hunden  auf  der' 
Oberfläche  der  Milz  Bläschen  von  verschiede- 
ner Gröfse   und  Form,   welche   eine  hellgelbe 
lymphatische  Feuchtigkeit   enthalten,   und  die 
ganze  Oberfläche  der  Milz  bedecken,  mit  gleich- 
zeitigen Spuren  von  Entzündung  in  diesem  Or- 
gane gefunden  haben.    Die  Lungen  findet  man 
entzündet,  oft  mit  Brandflecken  besetzt,   auch 
wohl  den   einen  oder   den  andern  Lappen  von 
schwarzem   Blute  strotzend.    Das  Herz  pflegt 

')  Journal  universel  des  iciences  m^dicales.  V.  65.  — * 
Hurtrel  (VArbovtit  a.  a.  O.  S.  260. 

^)  Dissertatio  exiiibens  magnaui   iienis  in   hydrophobia 
momenluui.  Gottlngae, 


■.•"1 


-      6«      — 

sehr  schlaff,   ausgedehnt  und  mit 
geronnenem  Blute ,  selbst  mit  poljrpenähnlichen 
Massen,  welche  bis  in  die  Geialisstämme  reichen, 
erfüllt  zu  sein.     Die  Hirnhäute  findet  man  oft 
von  strotzenden  Gefafsen  durchzogen;  die  Hirn- 
Substanz  manchmal  etwas  weicher,  als  im  ge- 
wdhnUchen  Zustande,  in  den  Ventrikeln  Was» 
serergufs,  das  Adergeflecht  dunkel  geförbt.   Im 
Rfickenmarke  findet  man  bisweilen  geringe  lyn« 
phatischeErgiefsungen,  seine  einbauenden  Mem- 
branen häufig  geröthet;  übrigens  konnte  man  in 
allen  Fällen  weder  im  Gehkne  noch  am  Rä- 
kenmarke  noch  an  den  Rückenmarksnerven  eine 
constanto   Veränderung   wahrnehmen.     In  Be- 
ziehung   auf    die    BeschafTenheit    des    JNutes  j 
sind  die  Ansichten  getheilt.     Während  Bemdi  < 
das  Blut  von  natürlicher  Farbß  und  weder  quan-   i 
titativ,  noch  qualitativ  verändert  gefanden  hiH   > 
ben  will,  schreibt  Schottin  >)  zu  Kostris  ihm   ; 
auffallende    Abweichungen    zu.     „Soviel   jd^   ! 
sagt  er,  am  Blute  wuthkrankerThierasa  beob-  ! 
achten   im  Stande  war,  so  schien  es  uch  an-   ; 
fänglich  dem  des  Embryo,  oder  dem  eines  ent« 
zündeten  Theiles  zu   nähern,   d«  h.  es  wmde  - 
zersetzt  oder  trennbar,   dünnflüssig,  en  Itete  '| 
dabei  die  Ader,    zeigte  Cohärenz   gegen  die'  ' 
Wände  derselben,   drang  durch  diesdben  hin* 
durch,   füllte  dabei  die  Lymphgefäfm  ndt  sei-  . 
nem  Serum,  veranlafiste  dadurch  bleifarbige  Ki>' 
chymosen,    verlor    späterhin,    wie    gstödtetas 
Quecksilber,  seine   laufende  Eigenschaft  ^ 
gulirte  und  stand  endlich  wie  ein  Brei  stille* 
Blutströme  wuthkranker  Thiere  schienen  ndetzt 
wie  electrische,  von  gleichnamiger  Electiidtät 
gebildete  Ströme,  in  Stocken  zu  gerathen,  weil 

I)  Prwriep's  Notizen.  Bd.  XL  No.  6.  S.  04. 


—     68     - 

• 

Sich  dio  niuikügclchcn  einander  nicht  mehr  an- 
ziehen f  sondern  abslofsen  und  von  einander  ent- 
fernen.   Was  bei  dem  Viperngifle  in  wenigen 
Minuten  erfolgt ,  das  wird  bei  dem  Hundswuth-* 
gifte  erst  nach  mehreren  Tagen  ^  Wochen  und 
Monaten  sichtbar;  es    tritt  nämlich   hier^  wie 
dort,    an    dio    Stelle    der  gegenseitigen  licht- 
schnell wechselnden  Anziehung  und  Abstobung 
der  Kägelchon,  lediglich  eine  Abstofsung  der^ 
selben  y   wie  bei  gleichnamig  clectrisirten  Kör- 
pern ein ,  und  so  erlischt  des  Blutes  Leben  und 
mit  demselben  auch  das  des  Gehnrnes,  Rücken- 
markes und  der  Nerven.    Kurz,   während  das 
gesunde  Blut  wie  feinkörniger  Sand  unter  be- 
ständigen Rotationen  durch  den  arteriösen  and 
venösen  Gefiifsbaum  hindurch  rollt,  macht  das 
von  Wuthgift  angesteckte  Blut  die  Ader  naibi 
und  bleibt  an  den  Wandungen  derselben  kle- 
ben.'^ —  Die  grofsen  Gefäfsstämme,  der  herum- 
schweifende,   sympathische   und    Zwerchfells- 
ncrve  zeigen  keine  besondern  Abweichungen, 
bisweilen  findet  man  jedoch  erwähnte  Nerven 
an  einzelnen  Punkten  etwas  geröthet.    Das  Fett 
bewährt  sich  oft  sulzig  und  gelb.    Berndt  konntei 
bei  sorgfältiger  Untersuchung  vernarbter  Wun- 
den und  der  benachbarten  Theile,  mittelst  dos 
Skalpells,  durchaus  keine  organische  Verände- 
rungen entdecken,  sowie  er  auch  in  der  Farbe 
und  Consistenz  der  Muskelsubstanz  weder  eine 
Veränderung  noch  Blutcongestion  vorfond. 

Wiähkrankheit  heim  Menschen. 

Das  Stillschweigen  des  HippoJcrates  y  das 
Unerwähntlassen  der  Krankheit  in  der  Bibel, 
und  der  Ausspruch  des  Aristoteles  ^  dafs  der 
Mensch  für  das  Wuthgift    unempfänglich  sei^ 


—     64     — 

durften  zur  Genüge  darauf  hindeuten ,  6&ts  die 
Wuthkrankheit   beim  Menschen   (und  folglich 
auch  bei  den  Thieren)  in  Griechenland  und  in  den 
heilsen  Zonen  der  Erde^   welche  von  den  He- 
bräern  bewohnt  wurden/  zur  damaligen  Zeit 
nicht  so  gewöhnlich  gewesen  sein  müsse,  wie 
in  unsern  Tagen  und  in  unsem  Zonen.     Uebri- 
gens    deutet  doch    der  Umstand^    dals  schon 
Demokrity    der    Zeitgenosse  des  HippokraieSf 
diese  Krankheit  kannte  und  ihren  Sitz  im  Ner- 
vensystem suchte,   sowie   auch  der  Umstand, 
dals  zu  Argos  jährlich  zur  Zeit  der  Hundstage 
ein  besonderes   Fest  —  ^^CynocephantesT  oder 
„O^/ioc^pÄio/iV' genannt,  —  gefeiert  wurde,  wo 
alle  Hunde  y  welche  man  antraf,  getödtet  wur- 
den, auf  das  hohe  Alter  der  Beobachtung  die- 
ser Krankheit  beim  Menschen  hin,  deren  wirk- 
licher Bestand,   von  Celsus  h\&  auf  uns,  durch 
eine  Menge  von  Beobachtungen   und  Thatsa- 
chen   nicht  nur   er^viesen,   sondern  auch  dorcJi 
vorgenommene  Rückimpfungen  von   Dupuytren^ 
Magendiej  Breschet  u.  A.  zur  völligen  Gewilis- 
heit  erhoben  ist,  dafs  der  Wuthkrankheit  beim 
Menschen  sowie  der  Hunde  und  anderer  Thiere 
ein  und  dasselbe  Ansteckungsgift   zu   Grunde 
liegt,    wodurch   zugleich   auch   die    contagiöse 
Natur  der  Krankheit  constatirt  wird.    Indessen 
ist  aber  doch  keineswegs  zu  leugnen,  da&  die 
Hunde  weit  empfänglicher  für  die  Ansteckung 
dieses  Contagiums  sind,    als  das  Menschenge- 
schlecht.   Wenn    gleich  dadurch  das  wirkliche 
Vorkommen  der  Hundswuth  beim  Menschen  au- 
fser  allem  Zweifel  gesetzt  ist,  so  weichen  doch 
die  Ansichten   der  Schriftsteller  in  dem  Puncte 
der  Entwickelungsart  derselben  sehr  von  ein- 
ander ab,  und  jede  Partei  hat  Männer  von  Au- 


—     65     — 

torität  on  ihrer  Spitze,   wie  wir  gleich  n&her 
erörtern  wollen. 

Dais  mehrere  Schriftsteller  auch  eine  spon^ 
tane  Entwickelung  der  Wuthkrankheit  beim 
Menschen  annahmen  und  ihre  Ansicht  mit  Bei- 
spielen zu  belegen  suchten ,  wurde  bereits  M- 
her  schon  angedeutet ;  allein  wenn  wir  die  Sa- 
che genauer  beobachten  und  sämmtlicha  hieher 
gehörige  Fälle  einer  tiefern  Prüfling  unterwer^ 
fen,  so  ergibt  sich^  dafs  diesem  Ausspruche 
eine  falsche  Beobachtung  zu  Grunde  liege ,  in 
sofern  hier  ofTenbar  eine  Verwechselung  der 
eigentlichen  Wuthkrankheit  mit  der  sogenannt 
ten  Hydrophobie,  im  eigentlichen  Sinne  des 
Wortes,  sich  hier  eingeschlichen  hat,  welche 
letztere  Krankheit  man  wohl  in  Folge  von  hef- 
tigen Gemuthsaffecten,  Zorn,  Furcht  u.  ••  w. 
bisweilen  entstehen  sieht,  oder  in  sofern  vor^ 
ausgegangene  kleinere  Verwundungen  duroli 
tolle  Hunde  unberücksichtigt  bleiben. 

Man  hat  in  der  neuern  Zeit  die  Mordmo- 
nomanie  als  eine  momentane  Entzweiung  der 
thierischen  und  geistigen  Natur  des  Menschen 
mit  der  Huudswuth  verfflichen  und  sie  als 
ein  Analogen  derselben  dargestellt  und  wollte 
hiebei  folgende  Aehnlichkeiten  auffinden: 

1)  In  beiden  gehen  als  Vorl&ufer  (stadiuin 
prodromorum  s.  melancholicum)  Trübsinn,  Trau* 
rigkeit,  Hang  zur  Einsamkeit,  unruhiger  Schlaf 
und  schreckhafte  Tr&ume  mit  gestei|;erter  Reis« 
barkeit  voran,  nebst  dem  Anffs^efuhle  der  Ah- 
nung eines  bevorstehenden  Unglückes. 

2)  In  der  weitern  Entwickelung  der  Krank- 
heit, im  Stadium  hydrophobicum,  fühlt  der 
Wuthkranke  beim  unauslöschlichsten  Durste  den- 
noch einen  Abscheu  vor  allen  tropfbaren  Flüs- 
sigkeiten, wobei  grobe  Angst  und  Widerwille 

JoQrD.XCIU.B.4.8t.  E 


—     66     — 

m 
\ 

empfunden  wird,  was  auf  psychischen,  den 
Schlundkrampf  erzeugenden  Einfluß) -schlielkeB 
läfst,  und  woraus  ein  qualvoller  Kampf  zwi- 
schen dem  naturlichen  Triebe  zur  Stillong'des 
Durstes  und  dem  Abscheu  vor  allem  Flüssigen 
entsteht.  *^  Ebenso  befindet  sich  der  von  der 
Mordbttonomanie  Befallene  *  in  einem  heftigen 
Kampfe  zwischen  dem  Antriebe  zur  verbreche- 
rischen That  und  der  noch  sich  regenden  Stimme 
des  Gewissens.  Er  iiihlt  dunkel  die  Uebermacht 
des  thierischen  Triebes,  und  seiner  moralischen 
Schwäche  bewuCst,  sucht  er  noch  Hilfe.  Fallt 
nun  noch  die  letzte  Schranke,  welche  sididem 
unwiderstehlichen  Ausbruche  entgegenstemmt, 
so  tritt 

S)  das  dritte  Stadium ,  was  bei  den  Wuth- 
kranken  das  Stadium  der  allgemeinen  Krämpfe 
(Stadium  spasticum)  genannt  wird^  ein,  wel- 
dies  sich  nun  in  der  wildesten  Zerstörnngs- 
wuth,  die  ihre  Richtung  von  den  fieberhaf- 
ten Zuckungen  der  verirrten  Phantasie  erhält, 
äufsert.  Diese  besteht  immer  in  scheublich 
dämonischen  Visionen  und  Hallucinationen,  wel- 
che die  innern  Sinne  umgaukeln  und  Furcht 
nebst  Verzweifelung  zur  Folge  haben.  Auch 
das  Aeufsere  zeigt  den  Ausdruck  eines  allge- 
meinen Hautkrampfes  durch  die  gespenstische 
Leichenfarbe  und  die  völlige  Entstellung  der 
Gesichtszüge.  Nicht  anders  bei  der  Hunds- 
wuth,  wo  die  hievon  Befallenen  noch  in  den 
letzten  Augenblicken  ihres  Lebens,  bei  fürch- 
terlich verzerrten  Gesichtszügen,  mit  heisern 
durchschneidenden  Tonen  öfters  von  nichts,  als 
von  teufelischen  Gestalten  phantasiren  nnd  Alles 
um  sich  herum  zerstören.    Endlich  leuchtet 

4)  die  grofse  Verwandtschaft  beider  Zu- 
stände noch  daraus  hervor,  dafs  in  beiden  die 


—     67     — 

Besinnung  oder  das  Bewufstsein  nicht. verloren 
gebt  9  und  solche  Unglüoklicho  sich  oft  der 
kleinsten  Umstände  während  ihrer  Paroxysmen 
zu  erinnern  wissen ,  die  Wothkranken  sogar 
nicht  selten  die  Umstehenden  bei  Annäherung 
der  Paroxysmen  vor  der  Gefahr,  welche  sie 
ihnen  bringen  könnten  ^  zu  warnen  pflegen,  und 
die  von  mordsüchtigen  Gedanken  Gequälten 
öfters  alle  Werkzeuge  von  sich  entfernen  und 
verstecken,  um  sich  der  marternden  Triebe  zu 
erwehren. 

Auch  fehlt  es  nicht  an  Gläubigen,  dalli  ein 
\iDthkranker  Mensch  einem  gesunden  die  Krank- 
heit miitheilen  könne,  und  diesfallsigo  Beob* 
achtungen  anführen , ,  welche  man  vielleioht  zu ' 
leichtfertig  zum  Beweise  dieser  Ansicht  aufge- 
stellt hat.  Weder  das  Beispiel,  dab  eine  Magd 
blofs  dadurch,  dafs  sie  ihre  au  der  Wasser- 
scheu leidende  Herrin  brechen  sah,  starb,  waa 
Michael  EttmüUer  0  anfuhrt,  noch  der  Fall, 
wo  alle  Kinder  eines  Bauern  am  siebenten  Tage 
darauf  starben,  als  sie  ihren  au  Wasserschea 
sterbenden  Vater  umarmt  hatten;  noch  dM 
Beispiel,  dals  eine  Frau  die  Wasserscheu  von 
ihrem  Manne  bekommen  habe,  welches  Man" 
gor  *)  erzählt,  noch  andere  Fälle  ähnliehen  In- 
halts beweisen  etwas  Anderes,  als  dab  die  Pa- 
tienten, welche  durch  Contagium  die  Krankheit 
erhalten  haben  sollten,  entweder  als  Opfer  ei- 
ner heftigen  Gemüths-undNervenafTection  fie- 
len ,  oder  dafis  ihre  Krankheit  ganz  zufällig  bald 
nach  dem  Tode  eines  nahen  Anverwandten, 
oder  ihrer  Herrschaft  entstand.  Es  liegt  auch 
ganz  klar  auf  der  Hand^   dalll    einige  dieser 

^)  Opera  media  Vol.  II. 

*)  Acta  societ.  reg.  Hafoieni.  Vol.  II.  Obi.  33.  p.408. 

E  t 


—     68     — 

F&lle  blof«  Beispiele  symptomatischer  Wasser- 
scheu gewesen  sind.  Es  werden  auch  Fälle 
erzählt,  welche  darthuu  sollen ;  daCs  das  Wuth- 
gift  durch  eine  gesunde  Schleimhaut  seine  Wir- 
kung zu  äufsern  vermöge,  so  z.  B.  von  Pal'' 
mariuSf  Portal j  Matihieu  u.  A.]  dafs  dieses^ aber 
beim  Menschen  nicht  der  Fall  sei,  ist  ziemlich 
vollständig  durch  den  Umstand  erwiesen,  dafe 
es  früherer  Zeit  Leute  gab,  welche  yyPsyllf* 
genannt  wurden  und  sich  damit  beschäftigten, 
vergiftete  Wunden  auszusaugen.  —  Nach  al- 
ten Schriftstellern  wird  auch  die  Krankheit  durch 
Essen  des  Fleisches  wuthkranker  Thiere  mit- 
getheilt  Allein  die  hierauf  bezüglichen  Erz&h-^ 
lungen  verdienen  keinen  grolisen  Ulauben,  denn 
es  ist  eine  völlig  ausgemachte  Thatsache ,  dab 
die  Wuth  nie  in  wenigen  Stunden  nach  erfolg- 
ter Infection  ausbricht,  wie  es  in  den  hieher 
bezfiglichen  Fällen  geschehen  ist.  Auch  vei^ 
tragen  sich  diese  Erzählungen  nicht  mit  dem 
Heilverfahren  der  Alten;  so  fuhrt  Pliniua  an, 
dafis  sie  die  Leber  des  tollen  Wolfes  oder  Hun- 
des als  ein  Heilmittel  anwendeten;  auch  lieb 
Palmarius  ^)  seine  Patienten  drei  Tage  lang 
das  getrocknete  Blut  des  tollen  Thieres  neh^ 
men.  Häufig  wird  das  Fleisch  toller  Thiere 
ohne  Nachtheil  gegessen.  Indessen  sind  die 
Acten  in  dieser  Angelegenheit  noch  nicht  als 
geschlossen  zu  betrachten,  sondern  es  sind 
noch  mehrere  Versuche  und  Beobachtungen  iiiesa 
erforderlich,  um  die  Sache  zur  völligen  Oe- 
vnfsheit  zu  erheben.  So  erzählt  Andry  *),  dab 
das  Fleisch  eines  Ochsen,  der  von  einem 
tollen  Hunde  gebissen  worden  und  an  der  Wuth 

1)  M^m.  de  la  Soc.  de  m^d.  p.  138.  No.  178. 
*)  Recbercbes  aor  la  Rage.  p.  30. 


-     69      — 

gestorben  war,  den  Binwohnorn  von  Medola 
bei  Mautua  vorkauft  y  und  keiner  von  ihnen  vod 
der  Wuthkrankheit  berallen  wurde.  Dr.  Lt  Ca^ 
mus  theilto  Lorry  mit,  dafs  er  dai  Fleisoh 
von  Thieren  gegessen ,  die  an  der  Wasser^ 
scheu  gestorben  waren ,  aber  nicht  das  gering- 
ste Unangenehme  hieven  verspürt  habe.  In  ei- 
nem Briefe  des  Dr.  Lt  Valentin  ^)  wird  die 
Nachricht  mitgetheilt,  dafs  die  Indianer  in  den 
vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  das  Fleisch 
der  an  der  Tollheit  verstorbenen  Schwoiue, 
ohne  die  geringste  nachtheilige  Folge,  su  essen 
pflegen.  Ebenso  verhält  es  sich  auch  mit  dem 
Genufs  der  Milch  von  wuthkranken  Thieren^ 
welcher  bald  entsprechende  Erscheinungen  hier« 
vorbrachte,  bald  nicht.  Hoffmann  und  Chahtfit 
nehmen  sogar  eine  Infoction  durch  den  m&nuU- 
clien  Samen  an,  was  indessen  schon  vielfiÜtig 
sattsam  widerlegt  worden  ist. 

Allgemeines   Bild  der  Wuihkrankheii  beim 

Menschen. 

Die  Symptome  der  Wuthkrankheit  beim 
Menschen  kommen  niemals  plötzlich  zum  Vor- 
schein ,  sondern  tauchen  gewöhnlich  sehr  lang- 
sam auf,  so  dafs  in  der  Hegel  ein  be- 
trächtlicher, aber  sehr  abwechselnder  Zeitraum 
zwischen  ihrem  Ausbruche  und  dem  empfan» 
genen  Bisse  verstreicht.  Es  scheint  swar  keine 
bestimmte  Zeit  für  den  Ausbruch  der  Krank- 
heit nach  dem  Bisse  zu  geben,  indessen  hat 
man  doch  annähernd  gefunden,  dafs  diese  Ka<» 
iastrophe  zwischen  den  dreifsigsten  und  vier- 
zigsten Tag  fällt.  Die  Kennzeichen,  durch  mit- 
getheiltes  Wuthgift  angesteckt  worden  su  sein, 

>)  Journ.  g^o«  de  jn^d.  T.  XXX.  p.4I7, 


—     70     — 

srnd  im  AUgemeiDen  folgende :  Nach  einem  nn- 
bestimmten  Zeiträume^  und  nachdem   die  ge- 
bissene Stelle  ganz  gnt  ausgesehen  hat,   fühlt 
auf  einmal  der  Kraiäe  an  dieser  Stelle,  eu- 
weilen  auch  nur  in  der  Umgegend  derselben, 
einen  leichten   Schmerz,    der  hin  und  wieder 
niit  einem  Jucken  verbunden  ist,  aber  in  der 
Regel  mit  rheumatischen  Beschwerden  Aehn- 
hc&eit  hat«     War  der  Kranke  in  den  Finger 
gebissen,  so  Ymbreiten  sich  die  Schmerzen  all- 
m&hlig  ans  der  Hand  in  den  Vorderarm  und  bis 
zur  Schulter,  ohne  dab  Höthe  oder  Geschwulst, 
ja  nicht  einmal  eine  Vermehrung  des  Schmer- 
ms    an    diesem   Theile  wahrgenommen  wird, 
wenn  man  sie  druckt,  oder  das  Glied  bewegt 
b  einer  greisen  Menge  von  Fällen  schieÜBt  der 
Schmerz  hauptsadiUch  in  den  Musculus  trape- 
aius  und  an  den  Hals,  auf  der  Seite  des  Kdi^ 
pers,    wo    der   Kranke    gebissen   worden   ist. 
Mittlerweile  fingt  die  Vernarbung  an  zu  schwel- 
len und    sich  zu   entzünden,    sie  geht   oft  ia 
Schwärung  über  und  setzt  einen  jauchigen  Ei- 
ter ab.    Diese  unbehaglichen  schmerzvollen  Ent- 
zündungen   kehren    von  Zeit  zu   Zeit   meder 
und  gehen  in  der  Regel  d^  Wasserscheu  meh- 
rere Tage  voraus;    sie   verursachen    gerechte 
Besorgnisse.     Auf   die    einfache  n  Reizung  der 
Wunde  folgen  bald  wie  electrische  Ausstrah- 
lungen» welche  immer  näher  auf  einander  fol- 
gen und  sich  bis  zum  Schlünde  und  zur  Brust 
erstrecken.     Statt  des  Schmerzes  findet*  anch 
manchmal  ein  Gefühl  von  Hitze,  eine  Art  Juk- 
ken,  oder  ein  Gefühl  von  Kälte  Statt.    Dr.  Mar* 
cet  will  insbesondere  beobachtet   haben,    dafis 
der  Schmerz  eher  dem  Laufe  der  Nerven,   als 
dem  Laufe  der  absorbirenden  Gefafse  folgt.   Zu- 
weilen bemerkt  man  gar  keine  örtlichen  Symp- 


—     71      — 

tome.  Zu  gleicher  Zeit  zeigt  der  Verletzte  eine 
merkliche  Veräuderung  in  seiner  Gemuthflfttiin- 
mung;  er  ist  entweder  ungewöhnlich  heiter, 
fröhlich  9  leichtshinig,  fühlt  auch  wohl  zuweilen 
einen  ungewöhnlich  starken  Begattungstrieb, 
oder  ist  unruhig,  verdrossen  zur  Arbeil,  trau- 
rig ,  seufzt  u.  s.  w.  Es  fühlt  der  Kranke  Schmerz 
und  Schwere  im  Kopfe.  Zuweilen  ist  das  Kopf- 
weh Anfangs  sehr  heftig,  zuweilen  nur  unbe- 
deutend ;  aber  in  letztenn  Falle  wird  es  oft  sehr 
heftig,  allgemein  und  mit  einer  EmpGndung  von 
Druck  in  der  Gegend  der  Schläfe  begleitet.  In 
gewissen  Füllen  hat  der  Kranke  eine  lange  Zeit 
einen  guten  Schlaf,  obgleich  er  durch  Tr&ume 
gestört  wird:  noch  häuGger  aber  sind  die  Fälle^ 
wo  er  fortwährend  keinen  Schlaf  hat.  Die  gei- 
stigen Fähigkeiten  scheinen  in  der  Regel  an 
Schärfe  zuzunehmen,  das  Gedäcbtnifs  stärker 
zu  wcrrden,  der  Verstand  leichter  zu  begreifen, 
die  EinbildunsTskraft  fruchtbarer  zu  sein  und 
die  Unterhaltung  mehr  Leben  zu  bekommen. 
Manche  Kranken  dagegen  verfaanen  in  Slili* 
schweigen,  sind  niedergeschlagen  und  antwor- 
ten. w*enn  man  Fragen  an  sie  richtet,  Uun 
und  mürrisch.  Aber  die  meisten  sind  aufser- 
ordenillcfa  beweghch.  lebhaft  und  gespräcfotg. 
Zugleich  verrathen  die  Sinnesorgane  eine  gi»- 
«stesgerte  Sen^;bi'ität.  nr.A  die  Augen,  welche 
wctt  offen  stehen  und  glänzend  sind,  rtrmti^ 
den  fiaikes  L.cht.  Manchmal  bemerkt  man, 
dais  üe  Pc;pi2ie  M;h/  erweitert  isC  Der  Kranke 
fühJt  E.aDr^.xBai  a:ilser«riieri>üche  Hcfamerzeaam 
Ha.s.  H'^mp:  f:z4  an  den  Glmdenu  fU  Mt 
aucn  nirtit  fi«!*en.  CikiA  ^tr  Krar^ke  e^ne  grobe 
Anru  zetr..  '''!«?  .'^  <«;.:. «ra  Znaund  jttm^ttt 
Xtzs'xtrJ.^LZ  «52rd  M :  *.\r,:.o.^  rerfallt.  I^ete^ 
tere  &tie.^v.&c.   Jkt.tzt  v<&ti  alle«  fiekfrflü«!-' 


—     72     — 

lora  angeführt  werden ,  sind  bauptsadilidi  ab 
Wirirangeu  der  Furcht  zu  betrachten.  Der 
krankhafte  Zustand  der  Verdauungsorgane  gibt 
aioh  manchmal  auf  verschiedene  Weise  kund; 
doch  ist  er  nicht  so  häufig  und  so  aufiaUend, 
ab  die  AfFectionen  des  Kopfes.  Die  gastri- 
schen Erscheinungen  beginnen  mit  Verlast  des 
Appetits,  Eckel,  Erbrechen;  alsdann  folgt  Ver- 
stopfung und  manchmal  Kolik.  In  diesem  Zeit- 
raum pflegt  der  Pub  häufiger  und  stärker  m 
sein,  ab  im  gesunden  Zustande,  auch  die  6^« 
sichtsikrbe  wird  belebter.  Oeftera  fnhlt  der 
Kranke  plötzlich  eine  Art  Frost,  ein  tiefes  in- 
neres, allgemeines  Frösteln,  was  allein  sdion 
ein  schmerzliches  Leiden  ausmacht  Er  ffiUt 
in  der  Gegend  des  Zwerchfells  eine  schmeis- 
bafte  Zusammenschnurung,  wodurch  seme  Re- 
spiration peinlich,  keuchend  und  unterbrodm 
wird,  oder  die  ihm  von  Zeit  zuZeittic^  Seuf- 
zer oder  plötzliches  Schluchzen  entreibt.  Oft 
beklagt  er  sich  aber  ein  Gefahl  von  Erstiekiinff 
und  schreit  laut  nach  Luft.  Sein  spasmodisiä 
zusammengezogener  Schlund  verhindert  zoglmch  ' 
dioDeglutition  und  sein  ganzer  Körper  wird  za  , 
gleicher  Zeit  von  Convnlsionon,  oder  vieLnehr 
von  dem  heftigsten  allgemeinen  Zittern  «rmf- 
fen.  In  diesem  Zustande  färbt  sidi  das  Ge- 
sicht, die  Haut  wird  heib,  der  Pute  bt  ge- 
wöhnlich voll,  stark  und  häufig,  der  Mond 
trocken ,  der  Durst  brennend,  und  doch  werden 
die  Getränke  mit  einem  gewissen  Absdien  m- 
räckgestofsen,  weüshalb  man  auch  dieser  Krank- 
heit den  Namen  ^^Wasser scheu y  Hydrophobie^ 
beigelegt  hat.  Dieser  Abscheu  vor  Getr&nken 
spricht  sich  am  frühesten  und  heftigsten  nur 
fifeeen  Wasser  und  andere  helle  Flüssigkeiten 
aus ,  während  der  Kranke  dunkel  gefärbte^  s.  B. 


j 


—     78     — 

Bier  zuweilen  noch  verschlucken  kann;  mit  Za- 
nähme  der  Krankheit  wird  aber  auch  das  Schluk- 
ken der  letztern  unmöglich;  und  später  ist  die- 
ses auch  bei  trocknen^  festen  Sachen  der  Fall; 
der  bloijsie  Anblick  von  Flüssigkeiten  reizt  oder 
empört  schon  oft  den  Patienten;  verdoppelt  die 
Heftigkeit  der  Anf&Ue  und  reicht  sogar  ofthin^ 
um  sie  wieder  hervorzubringen,  wenn  sie  auf- 
gehört hatten.    Bei  manchen  Subjecten  bringt 
ein  lauter  Ton,   eine   lebhafte  Farbe ;  die  Be- 
wegung der  Luft;  der  Glanz  dos   Lichtes  u, 
8.  w.   die  nämlichen  Wirkungen  hervor;  Alles 
wird  für  diese  Unglücklichen  zur  Pein.    Es  ist 
nichts  Ungewöhnliches,  dafs  manchmal  eine  Pe- 
riode eintritt;  wo  die  Abneigung  gegen  Flüs- 
sigkeiten beträchtlich  abnimmt;  oder  gänzlich 
aufhört;  der  Kranke  löscht  alsdann  seinen  Durst; 
als  wäre  er  vollkommen  gesund;  so  dab  man 
fast  zu  zweifeln  anfängt;  ob  er  noch  mit  der 
Wuth  behaftet  sei.    Aber  nach  wenigen  Stun- 
den kehrt  der  Abscheu  vor  Flüssigkeiten  zu- 
rück; es  treten  wieder  convulsivische  Paroxys- 
nien  ein,  die  allgemein  werden  und  mit  der  grOfis- 
ten  Heftigkeit  fortdauern.    Uebrigens  ist  es  sekr 
Bclteu;    dafis   die  Wasserscheu  gänzlich  fbhit. 
Alle;  oder  beinahe  Alle  fühlen ;  während  de» 
AnfaJIeS;  Bewegungen   von  Wuth;   deren  sie 
beinahe  immer  Herr  werden.    Die  einen  ver- 
langen; indem  sie  den  Wuthausbruch  zum  Vor- 
aus fahlen ;  daüs  sie  gefesselt  werden;  damit  es 
ihnen  unmöglich  werde;  Schaden  zuthuu;  oder 
sie  fordern  die  Umstehenden  auf,  die  Flucht 
zu  ergreifen;  andere  dagegen  überlassen  sich 
ihrer    blinden  Wuth   mit    vollem   Willen;    sie 
schwören;  schreien  und  stoÜBon  manchmal  ein 
fürchterliches  Geheul  aus.  was  man  hin  und 
wieder  abergläubischer  Weise  mit  dem  Gebelle 


—  74   —  ■ .?. ; 

eines  Hundes  verglichen  hat,  sie  schlagen,'  bei- 
Isen  nin  sich,  reifsen  an  Kleider  .und  Betleny 
benehmen  sich  überhaupt  wie  Rasende.  IMe 
Speichelabsonderung  wird  vermehrt,  der  Spei- 
ohel  wird  zähe,  und  da  der  Kranke  denselben! 
nidit  hinunterzuschlucken  vermag^  so  speit  er' 
ihn  mit  Heftigkeit  aus  und  schleudert  ihn  nioht' 
selten  auf  die  Umstehenden,  oder  der  Speichel 
sammelt  sich  reichlich  im  Hunde  an  und  tritt 
in  Form  eines  weiüsschaumigen  Geüei»  vor  dra 
Hund. 

Dergleichen  Paroxysmen  danem  eme  Vier»  { 
tel-  bis  halbe  Stunde,  während  deren  der 
Kranke  sein  Bewufstsein  nicht  ver&erty  olini' 
jedoch  im  Stande  zu  sein,  sieh  seibsl  nd'b^ 
herrschen,  und  er  bereut  und  schämt  sieh  dla>fc 
ber,  während  der  freien  Zwischenzeit ,  dDr^ni^ 
übten  Handlungen.  Nach  Beendigung  eines  j^ 
den  Anfalles  fühlen  sich  die  Kranken  änlsmt 
matt,  ihre  Kräfte  nehmen  fortwährend  ab^  wIIh 
rend  die  Intermissionen  immer  kurzer  w^rden^ 
die  frühem  tonischen  Krampfeufälle  verwandeln, 
sich  in  stete  Zuckungen,  und  die  WathanfUe 
in  blande  Delirien.  Der  Puls  wird  klein,  nehwach^ 
ungleich,  aussetzend,  Lippen  nnd  Zange  Irek- 
ken,  Stimme  äufsersjt  schwach,  Hespiratkfn  nnh* 
sam;  endlich  bedeckt  ein  zäher^  Uehigttr 
Schweifs  den  ganzen  Körper,  and  anter  Coft^ 
vulsionen,  meistens  zwischen  dem  dritten  und 
vierten  Tage ,  höchst  selten  erst  nadi  dem-vier- 
ten  Tage ,  erfolgt  der  Tod.  Bisweilen  tritt  das- 
selbe sehr  rasch  und  früh  ein ,  gleichsam  dareh 
eine  nervöse  Apoplexie;  in  andern  Fällen  wi^ 
derum  tritt  einige  Zeit  vor  dem  Tode  schein- 
barer Nachlafs  aller  Symptome  ein  nnd  der 
Kranke  verscheidet  plötzlich  bei  vollem  B6- 
wulstsein. 


-     76     - 

I  Obductionserscheinungen. 

'.  Die  Resultate  der  Untersuchungen  an  die- 
'  Krankheit  verstorbener  Menschen  sind  so 
^DDichfaltig,  dafs  kein  diesfallsiger  Bericht  noit 
b  aifderu  völlig  übereinstimmt^  und  keiner  der- 
ben den  rasch  und  eigenthümlich  horbeige- 
uteu  Tod  zu  erklären  vermag,  so  dafs  wir 
-t  behaupten  möchten,  ^ie  inn^ßm  organischen 
xftnderungen,  welche  in  Folge  der  Wuth- 
i^nkheit  sich  einstellen,  seien  so  feiner  Art, 
Zül  sie  sich  unscrn  gröbern  Sinnen  entziehen 
3  durch  das  anatomische  Messer  nicht  ent« 
3kt  werden  können.  Die  Leichen  sollen,  nach 
Kivages  ^),  sehr  rasch  und  selbst  zur  Wmters-^ 
t  schon  nach  fünfzehn  Stunden  in  Verwe« 
^g übergehen,  was  aber  Rust  ^)  nicht  beob- 
Met  haben  will.  Das  Gesicht  fand  Mor^ 
gni  (a.  a.  0.)  und  Gorry  ^)  die  ganze  Ober- 
che  des  Körpers  fast  blauroth,  die  Oberhaut 
MX  trocken,  alle  Muskeln,  und  besonders  die 
Kinen,  steif,  dan  Gesicht  wie  beim  sardoni« 
neu  Lächeln  verzerrt  und  den  ganzen  Körper 
Snehmend  steif.  Das  Blut  wird  gemeiniglich 
%  so  dünn  und  aufgelöst  angegeben,  dafs  es 
der  Luft  kaum  zum  Gerinnen  komme;  das 
eisch  als  mürbe  und  der  ganze  Körper  über- 
tipt  als  sehr  trocken  beschrieben,  und  iu  ei-  ' 
tn  Falle  fand  ihn  Brechtfeld  in  dem  Zustande, 
I  sei  der  Kranke  an  einem  auszehrenden  Fie^ 
it  gestorben,  so  dafs  selbst  das  Fett  und  4m 

X)  Pe  la  rage  p.  4. 

*)  Uebcr  die  durch  den  Bifs  eines  Hundei  Teranlaftte 
Waiserscbeu  und  ihre  Behandlung ;  in  dessen  Maga- 
zin 1816.  Bd.  I.  8.  171. 

*)  8ar  la  rage  ^  im  Journ.  de  medecine.  T.  XIII.  p# 
83  ff.  —  und  in  den  Abhandlungen  für  prakt.  Aerzte. 
Bd.  XXIV,  S.  400. 


MnakeMIdsdi  venchrt  sa  sein  sdhieB 
er  vor  dem  Anabrache  des  Uebels 
gesund  gewesen  war.    In  andern  FUka 
Bum  aber  wieder  in  allen  Venen  einen 
nutrdehthnm,  wobei  das  Blat  eine 
bene,  dnnkelrolhe  Beschaffienhaä  se^fita 
im  dnes  enUsfindlidmi  Znstandes  nad 
Ausginge  fiuid  man  fi»t  imunnr  nnd  in  im 
sehiedensten  T1ieil«i>  und  ziAmr  am 
■wisdmi  dem  niaiynx  nod  swisdien 
;^  dei^  Magens;   fomeir  im  Hagen 
yien  lAügen  .^im  Adogefledite  und  in  den 
Iranen  des  udiiines.    Aus  den  BeobaobI 

▼on  Mignot  dW  Genetr  (tu  «.  O.  &  6I)| 
go^  O,  Darlue  •),  Buäh  »),  Ihtp$tr  *}, 
gdit  henror: 

1)  dab  der  Mund^  im  engeren  flmMi 
die  Speicheldrüsen  ohne  aUeVeründeraag« 
,  f )  dab  die  Schleimhant  dar  LnfliAff 
einer  Entzundang  befallen  ist^  welefae; 
sie  den  höchsten  Grad  erreicht,  sich  voo 
Thoiluog  der  Bronchien  bis  2um  Phaiyu  4 
streckt.  Hat  sich  die  Entzfindung  nodi  nif 
soweit  verbreitet,  so  hat  d^r  Pharynx  mp 
Sundes  Aussehen;  ist  sie  in  noch  engenG^ 
zen  eingeschlossen,  so  kann  man  ede  mcktan 
mal  im  Larynx  erkennen.  Am  unten  1M' 
der  Trachea,  oder  in  den  Bronchien  sdieiit4 
ihren  Anfang  zu  nehmen,  und  sie  kann  discM 
am  deutlichsten  bemerkt  werden,  ist  eofii 
keiner  dieser  Theile  entzündet,  so  bieUftS 
Lungen  selbst  Spuren  der  Entzündung  du* 

1)  De  ledib.  et  caos.  morb.  epist.  Till.  Art2l.flA 

S)  Joorn.  de  ni^decine  de  Vandermonde.  T.  IV.  ^^ 

s)  In  Transactions  of  the  Amerioan  philosopfalM^ 
dety.  Voh  II. 

*)  Obsenrat  in^dites.  No.  13S. 


—     77     — 

TroIHet  0  f^^^  unter  sechs  Fällen  in  drei 
Emphysem  der  Lungen ,  nämlich  die  Inter- 
dlarsubstanz  war  mit  Luft  aufgetrieben  ^  und 
Pleura  pulmonalis  stieg,  auf  der  Oberfläche 
Lungen  y  in  Gestalt  zahlloser  durchsichtiger 
sehen  y  in  die  Höhe.    In  einem  vierten  Falle 
i  man  zwaj  in  den  Lungen  selbst  kein  Em- 
"sem,  wohf  aber  in  der  Zellsubstanz  zwi- 
en   den    beiden    Blättern    des  Mediastinum 
unter  den  Muskeln  des  Halses.    Auch  Mor-» 
iii  ^)  wurde  Luftbläschen  auf  der  Oberflä« 
der  Lungen  bei  einer  Person  geiwahr,  wel« 
an  Wasserscheu  starb.     Trolltet  vermutbet, 
1  das  Emphysem  durch  die  Zerreilsung  ei- 
der Luftzellen,  bei  den  convulsivischen  An- 
ngungen  des  Athemhohlens,  wie  mau  sie 
ichmd  wahrnimmt  y  wenn  sich  ein  fremder 

Sier  im  Larynx  befindet  >  entstanden  sei.  — 
rei  Fällen  TroUiet's  strömte  eine  ziemliche 
uitität  Luft  aus  dem  Herzen  imd  aus  der 
ta.  Morgagni  ')  ist,  SO  viel  bekannt,  der 
siffo  Schriftsteller,  der  ein  ähnliches  Ereig^ 

beobachtet  hat,  und  der  auch  in  andern 
ten  ^)  Luft  unter  der  harten  Hirnhaut  ent- 
chen sab.  In  zwei  von  Trolliefs  Fällen 
rden  einige  gallertartige  Pfropfe  im  Hetrzen 

den  grofsen  Blutgefi&en  angetroffen^  aber. 

gröfste  Theil  des  Blutes  wfir  schwarz  und 

bei  Personen,  welche  an  Asphvxie  ge- 
rben sind,  in  den  Arterien  und  den  Blut- 
ni  sehr  flüssig.    In  allen  sechs  Fällen  zeig- 

sich  Spuren  von  Entzündung  im  Gehirn 
»r  seinen  Häuten.    Die  Höhlen  des  Gehirns 

)  Noayeau  Trait^  de  la  Rage  eto. 

)  a.  a.  O.  Art.  30.  ')  Bbendaa. 

)  Ebendai.  No.  23. 


—     78     — 

waren  mit   schwarzgefSrbtem   flfissigem 
gefüllt  und  die   weiche   Hirnhaut  sehr 
und  von  bräunlicher  Farbe,    Die  nämKchoi 
scheinungen    fand    man    über  dem  Cerebel 
und  die  Blutgefä&e   der  Bekleidung  deA 
kenmarkes  waren   sehr  erweitert.     Die  Ol 
fl&che  des  Gehirnes  war  auch  mit  rothen 
bedeckt,  die  aus  Blut,  welches  sich  aas 
kleinen  Gefäfsen  der  weichen  Hirnhaat  in 
Zellhaut   ergossi&n   hatte,    entstanden   sa 
schienen.     Bei   zwei  Subjecten  war  gegen 
Basis  des  Gehirnes  eine  gröfsere  Menge 
ausgetreten.     Das   Adergeflecht  war  mit 
angefüllt  und  von  brauner  Farbe.    AnÜMir  die^ 
sen  und  andern  Veränderungen  bemerkte  TVol' 
liet    in   zweien  dieser  Fälle    eine  Verdiekmf 
der  weichen  Hirnhaut.    Die  Hirnsabstans  Wt 
durchgehends   weicher,    als  gewöhnlieh,  aber 
die  Flüssigkeit  in  den  Seitenventrikeln  war  niett 
reichlich  vorhanden,  hatte  aber  in  Bwei  FUta 
eine  blutige  Färbung.  —    Nach  den  Angab« 
mehrerer  Beobachter  sind  die  VerdairangBorgaM 
der  Sitz  bedeutender  krankhafter  Brseheimu- . 
gen,  welche  aber  eben  so  wenig iooiiBtant (rind^ 
als  die  Abweichungen  in  andern  KOtpetfaShlHi 
Einige    fanden    die   Schleimhaut   des   Mondei 
trocken  und  blafs;  andere  Hund-  \mi  RaÜbelH 
höhle  entzündet,   desgleichen  wurde  die  imiM 
Fläche  des  Magens  und   der  GeOime  MtM 
entzündet,  erweicht,  exulcerirt,'  selbst  brlmdi|g 
gefunden.  Manchmal  findet  sieh  auf  der  fiel^dih- 
haut  des  Pharynx  oder  Oesophagus. eine  dänjla 
Lage  gerinnbarer  Lymphe.     Leber    imd 
waren   bisweilen  sehr  blutreich  und  fest, 
weilen  mürbe  und  brandig;  die  Gallenblase  Wir 
meistens  mit  schwarzer,  zäher  GaDe  nbcvflidt 


—     79     — 

Wenn  wir  nun  einen  vergleichenden  Blick 
auf  das  allgemeine  Bild  der  Krankheit  bei  Thie« 
ren  und  Menschen  werfen,  so  kann  uns  nicht 
wohl  entgehen  9  dafs  eine  auffallende  lieber-  ^ 
einst  immung  in  den  wesentlichen  Characteren  ' 
durchgehends  deutlich  ausgeprägt  ist,  obgleich 
in  den  einzelnen  Erscbeinuugeh  sich  Unter- 
schiede darstellen,  welchen  aber  nur  eine  an- 
tergeordnetc,  mehr  formelle  Bedeutung  zukommt. 
Dafs  bei  der  Verschiedenheit  des  anatomischen 
Baues  der  verschiedenen  Thiere  im  Verhältnifs 
zum  Menschen,  bei  den  verschiedenartigen  Be- 
ziehungen der  einzelnen  Organe  und  organi- 
schen Systeme  zu  einander,  bei  der  Verschie- 
denheit der  Lebensweise,  der  Geisteskräfte, 
der  Temperamente  u.  s.  w.  sich  Modificationen 
im  Verlaufe  der  Krankheit  ausgesprochen  fin- 
den, dürfte  uns  um  so  weniger  verwundern, 
wenn  wir  in  Betracht  ziehen,  dafs  bei  einer 
imd  derselben  Krankheit,  bei  Thieren  eines  Ge- 
nus, wie  beim  Menschen  einzelne  individuelle 
Verhältnisse  Abänderungen  in  den  einzelnen 
Erscheinungen  bedingen  und  oft  mehr  oder  we- 
niger starke  Trübungen  in  dem  allgemeinen 
Krankheitscharacter  hervorrufen. 

Gleich  von  vorneherein  stofsen  wir  auf 
eine  augenfällige  grolse  formelle  Verschieden- 
heit in  dem  Ausdrucke  des  Krankheitsbildes 
beim  Menschen  und  bei  den  Thieren,  in  sofern 
sich  die  Wuth  beim  Hunde  unter  der  Gestalt 
der  rasenden  und  stillen  Wuth  darstellt,  was 
weder  bei  andern  Thieren,  noch  beim  Men- 
0ehen  beobachtet  wird,  wenn  wir  nicht  die  ver- 
schiedenen, von  dem  individuellen  Character 
des  Kranken  abhängigen  Nuanfen  mit  diesen 
Formen  vergleichen  wollen.  Ziehen  wir  aber 
in  Erwägung,  dafis  Brinz  diese  beiden  FfmnwBL 


—     81     — 

der  gröfsern  Uoborwiegonhoit  der  Ccniralorgane 
und  der  daran  gebundönen  ffeistiffen  Vermögen 
iMineii  Grund  haben.  —  Was  die  BeilÜMUcht 
betrifft,  so  ist  dieselbe  auch  bei  Hunden  nur 
eine  sehr  relative  Erscheinung ,  in  sofern  Alter, 
Temperament^  frühere  Beschäftigung  u.  dgl.  ei- 
nen augenrälligen  Einflufs  auf  die  Entwioke- 
hing  derselben  äufaern.  Auch  ist  es  ganz  na- 
turgem&fs,  dafs  die  Thiere,  im  bewulbtlosen 
Zustande  wie  im  normalen ,  sich  jener  Verthei- 
digungsmlttel  bedienen ,  welche  ihnen  von  Na- 
tur aus  zu  diesem  Zwecke  verliehen  sind. 

Der  gegen  das  Ende  der  Krankheit  sieh 
stets  cutwickelnde  L&hmungszustand^  besonders 
der  hintern  Körpertheile  beim  Hunde,  hat  beim 
Bfenschen  kein  Analogen ,  eine  Verschiedenheit, 
ivelclie  in  der  vorherrschenden  Entwiokelung 
des  Rückenmarkes  und  seiner  Nerven  im  Ver- 
b&ltnisse  zum  Gehirne  bei  den  Thieren  seinen 
hinreichenden  Erklärungsgrund  findet,  während 
clor  Mensch  in  dieser  Beziehung  gerade  den 
entgegengesetzten  Typus  entwickelt. 

Endlich  anlaugend  die  Hauptversehieden- 
beit  —  die  ursprüngliche  Entwickelung  dieser 
Krankheit  beim  Huiidsgeschlehte,  so  wurzelt 
diese  zu  tief  in  der  eiffenthümlichen  Organisa- 
tion des  Hundes  und  der  daran  gebundenen  Le- 
bensverhältnisse,  als  dafs  sie  auf  eine  erscbfi- 
pfende  VTeise  entwickelt  werden  könnte.  Wenn 
wir  indessen  in  Betracht  ziehen  die  grofse 
Herrschaft  des  Räckenmarkssystems,  die  greise 
Schärfe  der  Ausdünstung  und  anderer  secep- 
nirten  Stoffe,  die  Sohnelliffkeit  der Verdaoung, 
welche  auch  eine  lebhatlere  Tlfätigkeit  der 
Speicheldrüsen  voraussetzt,  die  ungemeine  Hef- 
tigkeit des  Begattungstriebes  und  die  vorwal- 
tende Leidenschaft  des  Grimmes,  beim  Hunde, 

Journ.  XCIU.  B.  4.  St.  F 


flo  haben  wir  alle  Momento,  welche  die 
wtckelUDg  det'Wuth  begünstigen  dürfteo,  und 
gerade  diese  Verhältnisse  ßndeu  sich  beii 
HenBchen  nicht  auagesprocheo. 

Gehen  wir  eudiich  die  übereiiistirnmeDda 
Verhältnisse  durch,  so  Baden  wir  hierwiedoil: 
eine  unbestimmte  Zeit  der  liicubation;  cineun- 
bestimmte  Beihe  von  Krankheitserscheiiiung^D, 
a]s Vorläufer;  Störangcn  in  den  vomGehimes^ 
hlDgigen  VertichluQgeu;  Appetitlosigkeit,  Thit 
und  StuhlvcTStopfuiig ;  Paroxysmen  von  mehi 
odei  weniger  deutlicheu  Wuthanrälleu,  mit 
KWecklosem  Toben,  unter  Abwechselung  vod 
ruhigen  Zwischenräumen;  häußg  aafge weckten 
Geschlechtstrieb,  der  auch  beim  Menschen  scbon 
beobachtet  wurde;  convulsivische  Bewegungen 
des  Körpers ;  beängstigendes  Gefühl ,  bei  Bun- 
den durch  Heulen,  beim  Menschen  durch  Seuf- 
zen und  Schluchzen  sich  äufsernd ;  veräaderte 
Stimme;  verändertes  äufscres  Aussehen;  fp- 
bereinstimniung  des  Leichenbefuudes,  wenn  er 
gleich  nichts  Coustantes  gewährt  u.  s.  w.  SetMn 
wir  endlich  noch  zu  all  diesem  hinzu ,  die  Mög- 
lichkeit der  hioculation  der  Krankheit  von  Heo- 
schen  auf  Thiere,  so  haben  wir  alle  Verbäli" 
nisse,  welche  uns  aufs  Vollkommenste  öctech- 
ti^en,  auf  Identität  dieser  Krankheit  beimJUen- 
schen  und  beim  Hunde,  sowie  bei  dea  übrigen 
Thieren  zu  erkennen. 

Diagnose. 

Die  Erkenntnirs  der  einmal  auBgf  brocheoea 
Wuthkraukheit  beim  Menschen  scheint,  nadi 
der  so  eben  gegebenen  Beschreibung,  keiue 
Schwierigkeiten  zu  haben.  Indessen  ist  doch 
fise  Verwechselung  mit  der  ajiuptomatischen 


—     88     ^ 

Wasserscheu  möglich  ^  welche  als  Symptom  sieh 
BU  eiuer  Monge  von  Krankheiten  gesellt .  Was 
aber  auch  immer  die  Aehnlichkeit  sein  magi,  lüfi 
man  zwischen  der  eigentlichen  Wuth  «^  nablet' 
—   und  der  Wasserscheu  —  Hydrophöbia  — . 
hinsichtlich  ihres  raschen  Verlaufes  y  ihier  Oii» 
Bachen   und  einiger  ihrer  Symptome  au%eftm- 
den  hat,  so  kann  man  doch  immer,  wi^.eisi 
neuerer  Schriftsteller  0  bemerkt,  sie  an  fSöl- 
genden  Kennzeichen  unterscheiden.    Der  Teta^ 
nus  ergreift  die  Muskeln  des  KinnbackenS|  |3ie« 
ser  wird  bewegungslos ;  bei  der  Wuthkranktieit 
dagegen  ist  er  nicht  allein  beweglich,  londmi 
auch  unaufhörlich  in  Bewegung,  und  swaf  jn 
Folge  der  Anstrengung,   welche    der  JEniiM 
ohne  Unterlafs  macht,  seinen  Mund  von  dem. 
dicken  9  ihn  ausfüllenden  Speichel  su  befreien« 
In  letzterer  Krankheit   sind    die  Muskeln  i&« 
wechselnd  contrahirt  und  abgespannt;  aber  bei 
dem  Tetanus  bleiben  sie  immer  starr.    Der  ITe- 
tanus  ist  selten  mit  Abscheu  gegen  FifiBsig- 
keiten  verbunden,  und  der  Kranke  kann  lange 
Zeit   im  Bade  zubringen,   ohne  die  geringste 
Unbehaglichkeit;  auch  werden  die  Parozysmen 
dnrch  l^iles  Licht,  Gerftusch,  QerQhmng  des 
Patienten,  Anblick  des  Wassers  oder  gRhiMa^ 
der  Oegenst&nde  weder  aufgeregt  Hoch  gesUNk 
gert.    AuAier  diesen    VersdtiieTOnheiCett  *  iMiBl 
noch  anfgefuihrt  werden,  dab  der Tetanni faM^ 
flger  in  warmen  Himmelsstrioheü  Statt  flndtM, 
gewöhnlich   einige  Tage   nach  dner  Mltoheh 
Verwundung  eintritt  und  als  Complioation  Ir- 
gend eiller  Wunde,  selbst  einer  solchen,  die 
bei  einer  chirurgischen  Operation  gemacht  witd, 
sich  einstellen  kann. 

*)  Dict.  des  Scieno.  mMt.  T.  XLYIL  p.  86. 

F  t 


I 


—     84     —  »1^»  1 

Bttiandktng  äer  WutKkrankheit  beim  Memcha- 

Wenn  gleich  die  Kraukheit,  einmal  auf  eint 
gewisse  Höhe  gekommen,  hartnäckig  allen  BCt- 
felu  der  Kunst  Widerstand  leistet,  so  hat  di»-^ 
ees  doch  nicht  seinen  Grund  in  der  geringa 
Zahl  der  Miltct,  welche  dagegen  in  Aawezr 
düng  gezoger)  wurden,  in  sorern  bereits  die  ganze 
Materia  medica  dagegen  nicht  unvcrsncht  bliei, 
und  noch  weniger  in  der  allgemeinen  Sud- 
gegen  die  furchtbare  Krankheit  Specifica  ii 
eutaecken,  da  bereits  ans  allen  Ländern  a^ 
von  allen  Ständen  der  Menschheit  solche  .^■ 
caua  angeboten  und  nicht  selten  mit  bedeuten- 
den Kosten  von  Regierungen  angekauft  wil- 
den. Indessen  darf  dadurch  unser  Beätrebu 
noch  nicht  erlahmen,  sondern  Gegentheils  m 
doppelt  auffordern ,  unsere  Kräfte  an  dicMi 
Klippe  zu  versuchen,  und  in  das  wirre  Darrh- 
einander  bei  dieser  Angelegenheit  eini^rerma- 
fsen  Ordnung  zu  bringen.  Wir  wollen  liierei- 
nige dcT  wichtigsten  Methoden  in  Erwägung 
ziehen. 

Cf!sus  ')  empfiehlt  zur  Behandlung  der 
Büswunde  eines  tollen  Hundes  folgendes  Ver- 
fahren: Man  roufs  mittelst  eines  Schröpfkopfea 
das  Gilt  ausziehen,  und  hernach,  wenn  die 
gabissene  Stelle  weder  nervös  noch  rouskulüe 
ist,  die  Wunde  ausbrenneu;  ist  dieses  abei 
nicht  möglich,  so  bekommt  ein  Aderlafs  den 
Kranken  nicht  übel.  Auf  die  gebrannte  Wunde 
mufs  mau  sodann  solche  Mittet  auflegen,  «ei- 
che man  bei  andern  Vcibrennungeo  in  Anwen- 
dung zu  ziehen  pücgt.  Ist  die  Bifswunde  abef 
nicht  gebrannt  worden,  so  müssen  solche  Hit- 

')  De  re  medica.  lib.  V.  cap.  27.  —    Nach  meinet  B«- 
bereelinng.  5.  33Ö. 
S   '1 


•>     85     — 

tel  iii  Anwohdung  kommeii ,  welche  stark  ftteend 
wirken.  Ist  die  Woth  wirklich  aasgebrocheii, 
mö  räth  er,  als  das  noch  einzige  Mittel >dM 
Schreckbad  y  wobei  man  den  Kranken  unver*^ 
muthet  in  einen  Teich  wirft ,  und  wenn  e#  nicht 
Bu  schwimmen  versteht ,  bald  untertancheoi  büd 
sich  wieder  erheben  läfst ;  wenn  er  aber  schlMm«' 
nen  kann,  ihn  biswellen  untertauchen  tauA,' 
damit  er  gogen  seinen  Willen  reichlich  Was« 
ser  trinke  9  wodurch  zu  gleicher  Zeit  der  Durst 
gestillt  j  und  die  Furcht  vor  dem  Wasser  jfe- 
hoben  werde.  '  •   '  • 

Galen  ^)  führt  verschiedene  Mittel  geffen 
diese  Krankheit  auf^  als:  wirkliche  Anthfotk 
theils  in  Tränkchen  «),  theils  als  Pillpn  •)y  thsils 
als  Pflaster  *)  y  welche  Mittel  theils  gebrannte 
Vlufskrobse,  theils  Castoreum^  theils  Gentiani^ 
theils  andere  Mittel  enthalten,  sowie  auch  den 
Genufs  der  gebratenen  Lober  eines  wuthkranken. 
Hundes^  und  endlich  den  Theriak. 

Caelius  AureUanus  ^)  führt  ebenfalls  ver^ 
schiodene  Mittel  und  Methoden  auf»  deren  be- 
sondere Erwähnung  hier  füglich  umgangen  wer«' 
den  kann,  da  es  nicht  in  unserem  Plane  Hegt» 
hier  eine  vollständige  Aufieählung  derselben!  «u 
liefern.  Wir  wollen  nun  emige  Methoden  der 
neuern  Zeit  hier  aufführen. 

1.  Methode  von  Moneta^).  Obschon  tl- 
tere  Aerzte,  wie  Boerhavey  Benevenutif  Brpfn» 

X)  Opera  omnia  ed.  Kühm.  Leios.  1S21'1S33*  VoL 
1  — XX. 

3)  Ibid.  Vol.  XIV.  p.  105  ff.  u.  p.  207. 
•)  IbM.  VoL  XIV.  p.  20S. 
«)  Ibid.  Vol.  XIII.  p.  4SI. 
•)  I.  0.  Üb.  III.  oap.  16. 

*)  8|)08oli  judyny  ratowania  Liidti,    btorxyod   w  Scitk- 
l>ch  ptow,  wUkow  eto*  -—    Voo  der  elosig  tuyer- 


r 


—     86     - 

btcki  Leonifia  u.  A.  den  Gebrauch  dea  Essigi 
nicht  oui:  als  ProphylacticDin ,  BOiidem  sudi 
Mlbst  in  dei  ausgebrochenen  Wuth  ausnehmeBii 
rühmteu,  so  machte  doch  die  Methode  tob 
Jijoneta,  welche  iu  der  aurserlichen  und  innen 
Anwendung  dca  Essigs  besieht,  viel  Au&ehen, 
df^  er  dadurch  in  hundert  von  ihm  beobachte- 
ten Fällen  den  Ausbruch  der  Wuthkrankbeil 
verhütet,  ja  selbst  solche,  bei  denen  der  Aa^ 
bi^cb  der  Krankheit  schon  eingetreten  war,  nie- 
der hergestellt  haben  will.  Diese  Methode  bf 
Bteht  in  der  Erfüllung  folgender  Puncte: 

a)  Sobald  Jemand  von  einem  tollen,  odn 
stark  gereizten  Thiere  gebissen  n'ird,  soll  a 
sogleich  aut  die  verwundete  Stelle  frbche  Eide, 
Sand ,  Koth  oder  Taback  schüttco ,  was  er  nuc 
im  Angenblicke  geschwind  haben  kann,  damit 
das  Speichelgill  gleich  von  einem  andern  Kör- 
per eingesogen  wird,  ehe  sich  dasselbe  dm 
Säften  beimischt;  nachher  kann  er  die  Wunde 
mit  Wasser  auswaschen, 

b)  Dann  wird  in  einem  Gefaiäe  Bierfssig 
erwärmt  und  auf  ein  Quart  ein  halbes  Pfand 
Butter  genommen,  und  mit  solchem  Essig  die 
Wunde  einige  Tage  beständig  belegtj  sollte 
qim  dieselbe  innerhalb  neun  Tagen  nicht  völlig 
unter  diesem  Umschlage  heilen,  so  kann  aaa 
sieb  der  Bleiweifssalbe ,  und  darüber  des  Nürn- 
berger Pflasters  bedienen. 

c)  Innerlich  soll  der  Kranke  drei  L^tth Bier- 
essig  mit  etwas  frischer  Butter  drei  bis  viei- 
mal  des  Tages  trinken.  Das  gewöhnliche  Ge- 
tränk    kann  auch   Wasser    mit    etwas   Essig, 

lassigen  nnJ  durch  viele  Erfahrnngen  bestätigten  Beil- 
kur  dei  Btaaei  lotJer  Honile,  Wulfe,  Katzen  u.  i.  '*■ 
Leipz.  u.  HurKcliau  1780.  —  Medicinjich-diiruw- 
acb<!  Zeitung.  17W.  Bd.  IV.  S.  3ti9. 


—     87     ~ 

LÄnonade,    Bier,  Wasser   mit   sehr   wenigmi 
Weine  seiii. 

d)  In  der  Diät  mols  man  sorgfältige  einige 
Zeit  das  Fleisch  vermeiden  y  und  nur  von  Früeh- 
ieUf  Gemüse  und  Hülsenfrüehten  leben.  Fer- 
ner ist  alles  starke  Bier,  Wein  allein,  und  aber- 
haupt  alles  hitzige  Getrau^  zu  vermeiden.  Kum- 
mer ,  Aergernifs  und  Zorn  können  auf  der  Stelle 
tödteu. 

e)  Bei  starken,  vollblutigen  Personen  kann 
das  Aderlassen  wohl  nützlich  sein^  obgleich  es 
bei  vielen,  sowie  das  Skarificiren,  unterlassen 
wurde ,  die  dennoch  geheilt  worden  seien.  Al- 
les Ausschneiden,  Brennen  der  Wunden  und 
Vesicatorien  seien  unnütz. 

• 

Chirurg  Kle/ser  ^)  hatte  kurz  nach  der 
VeröfTentlichung  dieser  Methode  Gelegenheit, 
ihren  Werth  am  Krankenbette  zu  prüfen.  Iq 
der  Gegend  von  Warschau  wurde  ein  zwölf- 
jähriger Junge  von  einem  tollen  Wolfe  ange- 
^  fallen  und  auf  der  linken  Seite  ihm  das  äufsere 
Ohr  quer  durchrissen,  die  Ohrdrüse  so  zerbis- 
sen, dals  die  Wunde  die  Gröfse  eines  Gulden- 
stückes hatte  und  an  mehreren  anderen  Stellen 
Verletzungen,  im  Ganzen  mehr  als  dreifiug 
Wunden  .beigebracht.  Ein  Bauer  wurde  von 
demselben  Wolfe  in  die  Hände  gebissen,  da  er  ' 
Hilfe  leisten  wollte,  und  ebenso  ein  dritter.  Diese 
Kranken  wurden  naeh  Moneta*»  Methode  be- 
handelt und  wurden  vollkommen  hergestellt 
Diesezog  auch  in  Wien  die  AufmeriLsamkeit  auf 
sich  und  wurde  einer  genauen  Untersuchung  un- 

')  Gazety  slaskie,  dia  lodo  pospolitego«  Hartka  IX.  1700» 
S.  179— 216.  —  Medidiiiacb-cbinirg.Zeitaiig.  1790. 
Bd.  IV.  S.  374. 


_     «8     — 

tanroffcn.')—  ^rümdh  äauURit  *)  Btellie 
die  Anfrage,  ob  bei  des  Va^nm'scMn  Metbodt, 
den  lollen  Hondsbirs  m  htAm,  gctade  Biere»- 
mg  ^eDOnunen  werden  ntönc^  ■der  «b  es  mA 
Weij>eflsig  sein  dürre  1  bei  v^cfccr  VenaluBan; 
S<Aaffer  *)  ftus  eioem  engUscfaea  Zeiton^UU') 
foJgcDden  Fall  mitlbeili:  Eü  uiB«f  Uuin,  An 
an  den  scbrecklichaien  S>-iDptomen  der  Wasser- 
scben  daniiederl&g,  wurde  neniicfa  durch  elwis 
Weinessig  geheilt,  der  ihm  iiriget  Weise  sWll 
eUies  anderen  Tiankes  gereictit  wurde.  Gral 
Lifoni/sa  >),  ein  Arzi  äu  Padaa,  welcher  tou 
diesem  Falle  Nachricht  eihielL.  vetsudite  ehei 
dieses  Uittel  an  einem  Krankea  in  dasigeo 
Spilale,  den  er  Morgens,  Hittags  und  Abends 
jedesmal  ein  Pümd  Weinessig  verordnete,  nai 
ancb  dieser  Mann  wurde  in  kurzer  Zeit  »'i^ 
der  völlig  hergestellt.  Im  Jahre  1791.  heilU 
Moneta  •)  anter  Anwesenheit  des  Minislera  i!' 
Cache  Kinder  von  vier  Müttern,  welche  durch 
einen  tollen  Hund  gebissen  worden  waren,  durch 
seine  Methode  von  dem  Ausbruch  der  Wulb- 
kranhheit.  Ludivig  Frank  ')  drückt  seine  Zivei- 
fei  über  die  Wirksamkeit  der  Moneta'schm  Me- 
thode aus  und  erklärt  die  Nachrichten  fiir  h\söi- 
welche  aus  Italien  hierüber  ausgebreitet  wuidea 
und  machte  bekannt,  dafs  die  günstigen  Nicli- 
richten  über  den  vortheilhaften  Gcbraucb  d« 
Essigs  weder   mit   seiner  Erfahrung    noch  nt' 

>)  Mediciniich-obirufgUcbe  Zeit.  1791.  Bd. II.  S.lA 

»}  Bbendftt.  1791.  Bei.  KI.  S.  448. 

■)  Ebendai.  1791.  Bd.  IV.  S.  48. 

*)  Tbe  hritiili  Merciiry.  Vol.  XVII.  p.  375. 

•)  MediciniBcli-cliirurg.  Zrit.  fJ^l.  Bd.  [V.  S.fS. 

*)  Kbendas.  1792.  8d.  II.  S.  381. 

')  Eberdss.  1791.  Bil.  IV.  S.  284. 


den  an  ihn  eingolaufenen  Nachrichten  überein« 
stimmten.  Das  Journal  der  Erfindungen,  Theo- 
rien und  Widerspräche  in  der  Natur  und  Ars» 
neiwissenschaft  ^  drückt  sich  hierüber  folgen« 
dermaÜH^n  aus :  y^^'h  hätte  gleich  nach  Brsdiei«* 
oung  von  Moneta*s  Schrift  aus  Mvatbriefen 
von  Warschau  und  Schlesien  bekannt  machen 
können^  was  nun  Lafontaine  ^)  öffentlich  gesagt 
hat.  Auch  schien  mir  Monetd's  Schrift  selbst 
von  dem  Slompel  der  Charlatanerie  und  Quack-- 
salberei  so  durchdrungen^  dafs  man  sich  wundem 
rouffei;  wie  manoho  deutsche  Rocensonten  sie 
und  das  darin  gepriesene  Mittel  so  dringend 
empfehlen  und  dem  Charakter  des  Verfassers 
eine  Lobrede  halten  konnten ;  wundern  über  die 
ganze  Art,  wie  man  hin  und  wieder  dieses  Mit- 
tel in  Deutschland  aufnahm !  U.  s.  w."  Robert 
White ')  sagt:  was  Moneta  u.  A.  über  die  grolbe 
Wirkung  der  Vorbauungsmittel  geprahlt  habeui 
hfttte  leider  dio  Erfahrung  nicht  bestätigt.  Die- 
ses dürfte  genügen^  um  diese  Methode  gehörig 
nach  ihrem  Werthe  zu  würdigen,  wobei  wir 
es  übrigens  dem  Leser  überlassen  zu  urtheilen, 
ob  Moneta  ein  Betrüger  oder  selbst  Betroge- 
ner war? 

S)  HubertusJcur.  In  den  Ardennen  liejgt  ein 
von  seinep  Stifter  benanntes  Kloster  St  Hb« 

>)  Dd.  I.  St.  1.  1793.  S.  65. 

•)  Cbirorgiioh-tnediolniiche  AbbaniHungeo  Ter^ohleda» 
nen  Tnbalti,  Polen  betreffend.  Mit  Kupfern  and  Ta- 
bellen.   Breilao  n.  Leipz.  1792. , 

*)  Tbe  nie  and  abaie  of  lea  water,  Impartiany  oonii- 
dered  and  exempliäed  in  leteral  caiei  and  remarki: 
witb  many  neoeiiary  hinti  and  oautioni  tbo  tboie 
wbo  batb  in  and  trink  it;  incloding  tlie  most  ap- 
.provüd  moani  for  preventing  tbe  dreadftil  effectii  of 
tlic  bito  of  mad  animah.  1793.  —  Mcdioinlich  -  obl- 
rurgiicbe  Zeitung.  1794.  Bd.  IV.  8.  12. 


—     90     — 

berl.  In  ilim  siud  die  Gehoiinnisso  der  sichern 
Prtteeivalivkiir  gegen  die  liuudsniith  auibe- 
wabTt,  und  dortlüa  wallfahrea  die  von  einem 
wutbkranken  Tliiere  Gebissenen,  wenn  sie  es 
irgend  möglich  machen  künuen.  Zu  St.  Ua- 
beit  angekommen  wird  dem  Gebisse  neu  ein 
kleiner  iSchnitt  auf  die  Stirne  gemacht  uud  ein 
Stückchen  von  ilera  dort  aufbewahrten  Mantel 
des  Heiligen  hiucingelegt.  Darauf  wird  der 
Kopf  verbunden  und  dem  Operirten ,  der  nun- 
mehr enllasEen  wird,  aufgegeben,  den  Kopf 
mehrere  Tage  verbunden  au  lassen,  eine  Zeit 
lang  von  dem  zu  St.  Hubert  gesegneten  Brode 
EU  essen,  sich  eine  Zeit  lang  nicht  zu  n-asehen 
nnd  sich  verschiedener  Speisen  zu  euthallen. 
Darauf  mufs  er  an  gewissen  Tagen  zur  Beichte 
gehen  und  andere  religiÖHO  Verpflichtungen  er- 
füllen. Ein  Gebissener,  der  diesen  Vorschriflea 
pünklKch  nachgekommen  ist,  kann  später  an- 
dere Gebissene,  welche  nicht  gleich  nach  Si. 
Hubert  wallfahren  können,  einen,  sogentnaten 
^nastand  aut  längere  Zeit  geben,  der  stete  ver- 
längert worden  kann,  und  interimistisch  eben 
.80  viel  wirkt,  als  die  Wallfahrt  nach  St.  Hu- 
bert  selbst.  Auch  für  die  Tliiere  ist  hierbei 
gesorgt;  sie  werden  durch  das  BreHuen  mit  ei- 
nem in  St.  Hubert  geweihten  Schlüssel  nad  dia 
Verabreichung  von  geweihtem  Brode  und  ge- 
weihtem Wasser  unempfauglich  gegen  das  Gift 
wuthkranker  Thiere  gemacht.  Daher  hat  man 
in  manchen  Orten  den  Gebrauch,  die  Hunde, 
wen^  sie  einige  Wochen  alt  sind,  mit  dem  Hu- 
bertusschlüssel zu  brennen ,  dabei  neun  volle 
l'age  lang  mit  grofser  SorgPalt  zd  wartea, 
und  ihnen  während  dieser  Zeit  gesegnetes  Brod 
zu  geben.  Es  herrscht  der  Glaube,  dals  wenn 
dieses  Alles  püncthch  geschehen  ist,  die  Hunde 


-r    »I     — 

nicht  toll  werden  können.    Der  Glaube  an  diese 
Kur  hat  in  manchen  Orten  so  tiefe  Wurzeln 
geschlagen ,  und  Ewar  nicht  nur  beim  gemei- 
nes Mann  9  sondern   auch  bei  höhern  Ständen, 
dafs  er  fast  wie  ein  Glaubensartikel  behandelt 
wird ;  ja  nichts  im  Stande  ist,  ihn  zu  erschfit- 
tern,  selbst  nicht  das  Erkranken  Geweihter  an 
der  Wuthkrankheit.    Gewöhnlich  wird  in  die- 
sem Falle  die  Schuld  auf  nicht  pünctlich  ver- 
richtete Vorschriften,  Mangel  an  Glauben  und 
dgl.  geschoben,    oder  die  Existenz  der  ausge- 
brochenen Wuthkrankheit  geradezu  abgeloug-* 
uet.    Man  trieb  die  Sache  sogar  so  weit,  dafo 
man  glaubte,  der  Name  yyHuhertus'%  einem  Kinde 
bei  der  Taufe  beigelegt,  schütze  vor  der  Wuthr 
krankheit.     So  t heilt  tins  Dr.  Zitterland  ^)  ei- 
nen Bericht  des  Bürgermeisters  von  Isisnbrüch'y 
im  Kreise  Heiusberg,   mit,   über  den  TodesfUl 
eines  an  der  Wuth  Erkrankten ,  worin  es  heifsti 
dafs  der  Verstorbene ,  als  er  in  seinem  zwölf- 
ten Jahre    von    einem    tollen  Hunde  gebissen 
worden,  in  dem   Kloster  zu  St.  Hubert  gewe- 
sen  sei,  und   dort  die  geistige  Kur  durchge- 
macht habe,  dafs  er  damals  mit  einem  gedruck- 
ten Zettel  versehen  worden,  auf  welchem  zehn 
zu  verrichtende  Bufsübungen  verzeichnet  ge- 
wesen seien.     Nach  dem  Ausweis  dieses'  Zet- 
tels habe  er,  wenn  er  wieder  von  einem  tollen 
Hunde  gebissen  würde,  während  dreier  Tage 
gewisse  Bufswerke  zu  thun  gehabt.    Der  Ver- 
storbene habe  indessen  gezaudert,    die   Hub- 
werke zu  verrichten,  endlich  sich  zwar  dazu 
verstanden,   jedoch  ohne  das  ei^ste  Gebot  des 
Zettels  zu  verrichten,  welches  Beicht  und  Com- 
munion  verlangte.  Er  habe  sich  daher  seinen  Tod 

>)  RusVs  Magazin,  Bd.  XXXV.  Uft.  i.  S.  485. 


-    w    — 

lediglich  selbst  zuzuschreiben.  Mehrere  solche  Üd- 
glücksfiille  gaben  daher  dem  ErKbisctiof  zu  Kölu, 
im  Jahre  1826,  V'erftulassuug,  den  Geistlichen 
seines  Episkopats  die  Pflicht  aufzuerlegeo,  den 
von  einem  wulhkranken  Thiere  Gebissenen 
erst  dann  die  geistlichen  Mittet  zu  verabrei- 
chen, wenn  sie  sich  zuvor  ärztlicher  Hilti! 
bedient  hätten,  und  der  Oberpräsideut  der 
Hheinprovinz  belegte  die  Abweichung  von  die- 
ser Vorschrift  mit  einer  Poliaeistrafe.  Terras  ') 
crwahut  vom  Huberlusschlüssel ,  dafs  drei  Men- 
schen, welche  sich  durch  das  Brcnneu  mit  dein- 
selben  gesichert  glaubten,  das  Opfer  ihrerLeicbl- 
gläubigkeit  wurden,  welswegeo  derselbe  ia 
Vorschlag  brachte,  die  Bischöfe  aufaufordcni, 
ihre  nntergebeiieu  Pfarrer  aufzufordern,  üb« 
die  Sache  Buf7.uklären  und  ihnen  das  uageoügenda 
Benehmen  ganzlich  zu  untersagen,  was  mm  io 
neuerer  Zeit,  wie  bereits  eiwühut,  gescheheu  ist 
Uebrigens  irrt  Terras  sehr,  «ena  er  •'laubt,  liala 
der  Ilubcrtusschlüssel  auch  bei  Jlcusclien  in 
Anwendung  komme.  Sein  Receosent,  >)  wel- 
cher aus  der  ehemaligen  berühmten  Abtei  eUien 
schön  gefaisten  Hubertusschlüssel  besitzt  und 
sammt  dem  gedruckten,  acht  alterthümlicben 
Gebr&uchszettel  vor  sitA  liegen  hat^  kann  ans 
diesem  beweisen,  dals  dieser  Scblöss«!  gvnt 
gtgtn  die  Meinung  der  geistlichen  Obarbelärde, 
welche  ihn  anstheilt,  bei  Menschen  gebrmukt 
wird,  und  dab  sein  Gebrauch  einzig  für  das 
Vieh  bestimmt  sei,  wie  aus  dem .  gteiefa  Ei^ 
gongs  erwähnten  Kultds  in  dieser  Angelegeo- 

>)  Joornat  de  Medeclne,  Cbirargleet  Pharmadeetcr« 
Lenmx  elc.  Tom.  XXXIV.  SepL  —  MediciDi(cb-<i^ 
targ.  Zeitung.  1810.  Bd.  II.  S.  200.  Nu.  39. 

I)  MeilizinUcb  -  cbirurgiscbe  Zeitung  1816.  Bd.  IL 
SL  210.  tt. 


^  m  ^ 

heil  2U  ersehen  ist    Als  Bewejs  führt  derRe-' 
censent  nur  den  Titel  des  Gebrauchszettels  an. 
was  denjenigen^  der  sich  cUescs  Instrumentes  bei 
seines  Gleichen  bedient,  sum  Vieh  herabsetzt; 
er  heirst:    ,,  Gründlicher  Bericht  zum  Gebrauch 
der  Schlusselchen  des  heiligen  Huberti.     Die 
eisernen  Schlfisselchön  oder  Hörnte,  so  die  W- 
Uge  Steht  des  Heiligen  Huberti  berührt  «^  lind 
unter  gewöhnlichem  Gebett  gesiegnet  worden, 
haben  Krafft,  das  Viehe,  so  damit  bezeichnet, 
von   allem   Wüten  zu  beschüzen,   das  Viehe 
aber,   so  mit  rasender  Sucht  oder  Zufall  be- 
haut,   also  gleich   zu    heilen,    oder  wenn  cfs 
stirbt,  nachdem  es  damit  bezeichnet,  geschehet 
solches  ohne  Schaden.     Folget  wie  man  sieh 
dieses  Schlüssels  bedienen  soll  ti.  s.  w.**    Zu- 
letzt liest  man  biet  noch:     „Solche  Wirkung 
angesehen  ist  geii(ugsam  kundbahr,  in  welcher, 
Ehr   der    gemelte  Schlüssel   gehalten    werden 
soll,  wird  auch  hierneben  angezeigt,  dafs  nichts 
anders  damit  zu  brennen  als  allerley  Vieh,  da- 
in  selbiger  Schlüsse)  allein  ist  verordinirl  worr 
den.*'    Derselbe  Recensent  schaltet  hier,  ifceh 
die  Bemerkung  ein,  dafs  in  der=  ganzen  Ai 
sung  nichts  davon  stehe,  dafs  man  den'  Söl 
sei  auch  beim  Menschen  anwenden  sotle/ 
dem  einzig  und  allein  vom  Viehe  die  RedeViei, 
obschon  der  Hubertusschlüssel,  den  er  vor  sich 
bat,  einen  schönen  Stiel  von  Ebenholz  hat,  und 
nicht  nur  niedlich  und  klein,  sondern  auch  mit 
feinem  Silber  stark  beschlagen  ist.    Die  Form  der 
ge wöhnlichenHubertusschlüssel  ist  die  einesJagd- 
horns,  dessen  gröhter  Durchmesser  bei  f  Zoll  hat ; 
der  Schlüssel  welchen  der  obige  Recensent  auf- 
bewahrt, hat  nur  4  —  5  Linien  im  Durchmesser 
und  nicht  die  Form  eines  Post-  oder  Jagd- 
horns, sondern  gfibt  auf  seinen  beiden  End- 


--     96     — 

täte  aber  keinen  Zweirel  über  die  Unzulänglich« 
keit  dieses   vorgeblichen  Heilmittels   zulassen« 
Der  Fall;  in  welchem  er  den  Versuch  machte, 
ist    kurz    folgender:    Ein  neunjähriger  Knabd 
wurde  am  26.  August   1835  von   einem  tolleu 
Hunde  in  den  Vorderarm  gebissen^  die  Wunde 
Hiirde  mit  kaustischem  Kali  ausgebrannt ,  sie 
vernarbte  und  das  Kind  befand  sich  S|-  Monate 
gesund.    Am  30.  October  zeigten  sich  die  Symp* 
tome   der    Wasserscheu;,  die    gerötheten    und 
schmerzhaften   Narben    ^Vurden    tief  skarifleirl 
und    mit  Chlorwasser  ausgewaschen;    hierauf 
wurde  das  in  einem  sehr  aufgeregten  Zustande 
befindliche  und  vollkommen  wassersohede  Kind 
dem  Bisse  einer  grofsen  Viper    aus  Bergamo 
ausgesetzt.    Die  Viper  wurde  hinter  dem  Kopfb 
mit  einer  Polypenzange  gefafst,  fibrigens  in  ein 
Tuch  eingewickelt  und  auf '  diese  Weise  dem 
Arme  des  Kindes^  dessen  Aufmerksamkeit  auf 
eine  andere  Seite  abgezogen  worden  war,  -ge>« 
nähert,  worauf  sie  sieh  sogleich  mit  Wuth  ein«« 
bifs  und  das  ausfliefsende  Blut  nicht  ab^ewa«« 
sehen  wurde.    Als  das  Thier  &sum  zweitemnale 
dem  Arme   genähert  wurde ,    schien  es  rilohb 
mehr  beifsen  zu  wollen^  wurde  aber  sogleieh 
dazu  gebracht,  als  man  dem  Schwänze  dessel- 
ben eine  LichtQamme  näherte.  Detr  kleine  Kranke 
merkte  dieses  altes  nicht  und  hatte  keine  Sohmep» 
zen  von  den  Bissen.    Eine  Viertelstunde  daianf 
stellte  sich  wässerig- gallichtes  Erbrechen  und- 
erdfahtes  todtenarliges  Aussehen  des  Gesichtes' 
ein,  es  zeigte  sich  Neigung  zum  Schlafe ,  der* 
Patient  klagte  aber  ein  Stechen  im  Bisse,  aber' 
nicht  in  den  skariflcirten  Narben,  er  vermochte 
mit  Anstrengung  einen  Schluck  Wasser  himm« 
ter  zu  bringen ;  bald  aber  folgte  ein  Anfall  von 
Wuth  mit  Starrkrampf,    t^  Stunden  nach  der 


-     «7     — 

ken  sechs  Wochen  long  das  Decoctum  Gonistae 
uud  alle  blieben  von  der  Wasserscheu  veisohont 
Nach  Beobachtungen  von  Schottin,  White  und 
vielen  Andern  bleibt  es  indefli  sehr  wahrschein- 
lich^ dafs  die  sogenannten  WuthbIMcben  in 
manchen  Fällen  nichts  Anderes  gewesen  sind, 
als  die  angeschwollenen  Glandulae  subÜngaa- 
les,  oder  in  manchen  F&Ilen  mögen  auch  gan- 
ffränöse  Stellen  für  dieselben  angesehen  wor* 
den  sein.  Magendie^  West  und  mehrere  engli- 
sche Aerzte  haben  diese  Bläschen  unter  der 
Zunge  nicht  finden  können,  vielleicht  weil  sie 
zu  spät  darnach  sahen ,  d.  h.,  nach  dem  BIup- 
tritte  des  allgemeinen  Leidens,  Magistel  hat 
dagegen  solche  Bläschen  bei  mehreren  Pa- 
tienten gesehen.  Von  10  gebissenen  Personen^ 
welche  Magistel  behandelte,  starben  5.  unge- 
achtet der  genauen  Befolgung  von  Maroohet* 
ti*s  Heilverfahren;  —  Umstände,  Welche  auch 
diese  Methode  eben  so  wenig,  als  die  seither 
erwähnten,  allgemein  bewährt  darstellen. 

5.  Injektionen.  Magendie  ^')  mMhto  hei  Snl^ 
nen  Versuchen  mehrmals  die  Bemerkung,  daft 
eine  kunstliche  Plethora  durch  Wasser  offbÜH 
bar  alle  Functionen  der  Thiere  schwächt,  Ke- 
sonders  die  Functionen  des  Nervensvfitem|i. 
Er  kam  dadurch  auf  den  Gedanken,  da»  die^e 
Plethora  vortheilhaft  wirken  könne,  wo  die  Thl- 
tigkeit  des  Nervensystems  bis  zum  höchstcfn 
Grade  gesteigert  ist.  Seine  Ansicht  gewafttn 
durch  den  Umstand  an  Gewicht,  dafs  der  Hv- 
drophobische  kein  Getränk  aubimmt,  um  me 
mittelst  des  Kreislaufes  durch  die  Lungen-  und 
Hautausdänstung  ausgeschiedene  FIfissigkeit  va 
ersetzen,  und  dafs  das  Blut  nach  dem  Aderlasse 

' )  Journal  de  Phyiiologis  Tom.  I.  p.  44.  aq. 
louro.  XCITI.  B.  4.  St.  O 


kaum  durcli  Serum  zusammcngehnltcii  ku  wet- 
<leu  pcliciiit.  Den  ersten  Veraach  machte  er 
AU  cinoni  tollen  HuikIc.  Kr  entzog  ihm  vage- 
fälir  ciu  Pfuud  Blut  und  spnlzte  dsirn  6OI11' 
aen  Wasser  in  die  liukeVeiia  jiigularis,  indem 
fur  bei  der  tcizteii  Operation  absichtlich  10  — 
.12  Uri^eu  mit  Wasser  gemischtes  Blut  Busllif- 
tsea  l^s.  Das  vorher  ganz  wütbende  Vha 
wurde  ruJiig;  aber  nach  f'iiuf  Stutideu  trslui 
Athmungsbeschiverdcii  ein,  die  binaen  ein» 
halben  iÄlutiüe  dag  Thici  dtelcu.  Am  I5.0ct. 
1823  spritzte  Magendie  n  Paris  ciaejn  Alauu 
eine  Pinto  Wassers  vc  (0"  R.  in  die  Aioitc- 
aeu.  per  Mensch  litt  '  lydrophobie  in  einen 
8^r  hpAigen  Grade.  dch  nach  der  Opera- 

tion ging  d'ß  Wulh  i  Palieutco  in  Rubf 
Über,  der  Pnls  fiel  >0  Schlägen   auf  1%, 

dann  auf  100  u"-i  .  tliuulen    auf  80.  Die 

konvulsivischen  |;cn  lieisen  oadi  und 

der  Kranke  tra.,..   Beschwerde  ein  Gl« 

Wasser.  Gs  trat  eine  Blutung  im  l}äiaiktüa.\f 
ein;  er  besserte  sich  aber  dabei  foitwühteiiii 
to  zum  fünften  Tage.  Jetzt  traten  heftige 
Si^nierzen  und  Geschwulst  sm  Uandgeleuke, 
an  den  ünioen  und  Ellcubogea  ein  und  ein  be- 
denklicher Abscefs  am  Fufsc,  der  durch  sn'^i 
Lonzetlstichc  veraidafst  worden  war,  welcl» 
boi  einem  walirenil  eines  hertigon  Parosvanv 
im  vorigen  Stadium  der  Krankheit  vorycjn)»- 
meneu  Aderlässe  gemacht  Avorden  waren.  6 
traten  wieder  Kleinmuth  und  Aufregung  d« 
Geistes  ein  und  dci  Patient  starb  am  neuaui 
Tage  nacli  dem  Versuche.  Magendie  achW 
diesen  Fall  im  Ganzen  als  günstig  für  Wiede^ 
holung  der  Versuche,  und  erwägt  man,  dafs  da 
Patient  gleich  nach  dem  Versuche,  sich  plötKÜfi 
nnd  sehr  merklich  besserte,  dafs  er  die  Injet- 


iion  acht  Tage  fiberlebte  und  dann  vielleieht 
mehr  doroh  andere  sEuflUlige  Uebel  starb ,  so 
nrafii  man  geateheni  dab  dieeea  Verikhren  fer» 
Derer  Versuche  wfirdig  ist 

6.  Dampfbäder.  Buisson^}  wurde  m  et- 
iler Frau  gerufen^  welehe  seit  drei  Tagen  an« 
GbKch  an  Hydrophobie  litt.  Sie  sehne  laa<| 
klagte  sich  über  ein  Oef&hl  von  Zusammen- 
Mhnurung  im  Schlünde^  schäumte  und  spuckte 
fortwährend  aus.  Nach  der  Aussage  der  Naoli- 
iNuren  war  sie  viersig  Tage  Torher  von'  einem 
wfithenden  Hunde  gebissen  worden.    Sie  selbst 

Sab  nidit  eu^  daßi  sie  hydrophobisch  sei,  son^ 
em  behauptete,  4iese  KufMIe  huigen  von  Oh 
rer  kritischen  Epoche  ab.    Auf  ihr  inständigst 
Bitten  wurde  ihr  cur  Ader  gelassen,  allein  sie 
starb  zwei  Stunden  später.    Buisson^  dessen 
Hände  mit  Blut  bedeckt  waren,  reinigte  rieh 
mit  einem  leinenen  Tuche,  womit  man  den  Mund 
der  Kranken  abgetrocknet  hatte.    Er  hatte  jn- 
rade  an  dem  einen  Finger  ein,  von  einer  Ka- 
ries abhängiges  Geschwfir,  glaubte  jedoch  die 
Folgen  seiner  Unvorsichtigkeit  durch  sofort^j^ 
Waschen  mit   reinem  Wasser  beseitigen   Bli 
können.    Am  neunten  Tage,  als  ersieh geijide 
im  Wagen  beiknd,  fühlte  er  einen  Schmer« 'im 
Schlunm  und  einen  nodi  grOberen  in  den  Au- 
gen; sein  Körper  erschien  ihm  so  leicht,  ftb 
könne  er  auberordentlich  hoch  springen:  die 
behaarte  Kopfhaut  war  so  empBndnch,  da»  iMr, 
wie  es  ihm  damab  schien,  alle  seine  Kopfbaitfe 
sählen  EU  können  glaubte,  ohne  sie  an  sehen. 
Es  kam  ihm  fortwUirend  der  Speichel  in 'dem 
"Mund,  der  Eindruck  der  Luft,  der  Anblick  gläti- 
sender  Körper  verursachten  %m  eine  sehr  pebi- 

^)  Gtzette  m^dloale  d«  Paria.  Sept.  laSS,  No.  0S.  — 
Schmi4$  JabrbQober  Bd.  I.  S.  74. 

o  t 


—    100    — 

liehe  Gmpßutlun^.  Er  fühlte,  wie  er  sagt,  ein 
Bedürfnirs  zu  lautea  und  zu  belTsen,  nicht  die 
Mepscheii,  sondeTQ  die  Thiere  und  die  lebloseu 
Körper.  Endlich  gelang  ihm  das  Triakoa  nur 
mit  Mühe,  und  der  Aublick  des  Wassers  be< 
l&stigte  ihD  weit  mehr  als  der  Schluudschmeiz. 
Die  Zufälle  kehrten  alle  Tünf  Minuten  wiedei, 
und  es  schien  ihm ,  als  ob  die  Schmerzen  im 
kranken  Finger  begännen  und  sich  von  da  bis 
£Df  Schulter  erstreckten.  Aus  der  Geaamml- 
p.eH  dieftcr  Symptome  erkannte  er,  daEs  er  van 
der  Hundswuth  bel'allen  sei ,  welshalb  er  deo 
Entschlufs  faCsle,  durch  Erstickung  in  einen 
Dampfbade  seinem  Leben  ein  Ende  zu  macbep. 
Er  steigerte  die  Hitze  bis  aul  42*>  R.,  und  war 
ebenso  erstaunt  als  vergnügt,  als  er  bemerkt«, 
dais  alle  Zufalle  aufhörten.  Seitdem  will  er 
durch  das  nämliche  Mittel  mehr  als  achtzig 
Gebissene  geheilt  haben,  you  denen  bei  viere» 
die  Wuth  völlig  auagebrocheH  war.  Alle  sind 
uach  seiner  Versicherung  geheilt  wordeu,  bis 
auf  ein  Kiud  von  sieben  Jahren,  \ve\ches  im 
Bade  starb.  Seine  Behandlung  besteht  darin, 
dals  er  die  Gebissenen  eine  gewisse  AnMhl 
nissischer  Dampfbäder  nehmen,  und  alleNadiie 
unter  einer  wollenen  Decke  und  einem  Feder- 
bette tüchtig  schwitzen  läfst.  Die  Transpira- 
tion Wird  durch  reichhchos  Trinken  eines  wu- 
men  Sassaparilldekoktes  beiordert.  Buuson 
hält  diese  seine  Methode  für  so  sicher,  dafs  er 
das  Anerbieten  macht,  sich  die  in  Rede  slc 
hende  Krankheit  einimpfen  zu  lassen.  Schlieü- 
lich  macht  er  beracrktich,  dafs  die  Thiere,  b« 
denen  sich  am  öttersten  die  Hundswnth  spoD- 
tan  entwickelt,  nämlich  Hunde,  Wölfe  anil 
Füchse,  solche  sind,  die  nicht  schwitzen. 


7)  jip^Tsohet  Sp€Oifioum  ^).  Deii  Sbliif^ 
meister  Aptl  und'  dessen  beide  ^Ohiie'  aü  Bfstttf 
sollen  soUon  mehrere  Kuren  iih  gebissenen' It^a^ 
sehen  und  Vieh  äbernomnien  haben' '^  nnlt^kMtf 
einziges  Beispiel  sei .  bekannt,  wo*  die  Kür  'ibifil«^ 
gluckt  w&re.  Seine  Befaaildlun|g;sniethMe  be^ 
steht  iii  Folgendem :  Mäh  schabt  vda'^et'Wu^^ 
zel  der  wilden  Rose  rmiff  wotilrioohesdeii  MM^ 
tern  —  Rosa  caoina  s.eglafiteria/Welclh'eia4nMi-^ 
cheii  Gegenden  auch  Muttergöttesrose'gMattlit 
wird,  —  die  schwärze  Oberhaut  ab ^od  ^rft 
sie  als  unnütz  weg.  Von  der  drunter  liegen- 
den gelben  Rinde  wird  mit  Milch  ein  möglichst 
concentrirter  Absud  bereitet  und  von  mesem 
trinkt  der  Gebissene  alle  \  —  ^  Stunde  eine 
Obertasse  voll.  Acht  solche  Gaben  sollen  für 
den  Menschen  hinreichend  sein,  bei  Hunden 
sollen  schon  zwei  Gaben  die  beabsichtigte  Wir^ 
kung  hervorbringen,  und  diese  Thiere  den  Trank 
sogar  noch  im  ersten  Stadium  der  Wuth  mit 
Begierde  saufen  und  hernach  genesen.  Zu  be- 
merken list  jedoch,  daft  die  Rinde  nur  flriseh 
angewendet  werden  darf.  — 

Aulser  den  hier  erwähnten  Mitteln  und  Me- 
thoden wurden,  wie  allgemein  bekannt^  eine 
noch  sehr  grofse  Reihe  anderweitiger  aufge- 
zählt, welche  wir  nur  dem  Namen  nach  auf« 
führen  wollen,  da  es  aufserhalb  unseres  Planes 
liegt,  hier  eine  vollständige  Therapie  der*  Wnth- 
kraukheit  zu  liefern,  als  da  sind:  Belladonna^ 
auf  deren  Anwendung  schon  von  Plinius  hin- 
gedeutet wurde,  Opiunty  BlauMÜurt^  Moschus^ 
Quecksilber^  Maiwürmer^  fiüchtiges  Ammoniak^ 
Oely  GalvanismuSf  Magnetismus  j  Krähenaugen^ 
Stechapfel^  das  Blut  eines  wuihkranken  Thieres 

')  Hertwig^B  und  Gfurll*«  Magazin  für  geiamnita  Tbier- 
•    beükund«  18^6.  Uft.  4.  S.  432. 


—  toi  — 

und  noch  eine  Menge  anderer  Mittel,  sowohl 
ans  dem  Thier-  als  Pflanzenreich,  von  derea 
Wirkung  sich  im  Allgemeinen  aageo  läist,  daä 
wir  Dach  den  seitherigen  Beobachtungen  und 
Erfahrungen  noch  kein  untriigliches  Specificum 
gegen  diese  furchtbare  Krankheit  besitzen.  IHe 
Bweckmäfsigste  Behandlung  ist,  gleichzeitig  so- 
wohl innerlich  als  äufserlich  dem  Ausbniclie 
der  Krankheit  ihiei  N'ulur  entsprechend  eulge- 
gen  zu  wirken,  deren  speziellere  Erörterung  hiu 
nicht  mehr  Raum  finden  kann. 

(Fortsetzung  folgt.) 


-     im    ~r 


mifmmmmtmimmtmmm»mm*^f 
.       ■    .      .  i   •      .  ■  .» 

■     ]■    0     >!•  • 


I»     ■ 

•  i    . 

I 


III. 

Metlicini(Mrfk-  praktiMke  imd- the« 
retiiäebe  Erörteic^ngeÄ 


Ton 


Aug.   Wilh;   Ndüber,    •  ' 

Doctor  der  MeHizia,  CliirurgU  oi<f  PbUoioyb|f.i^.,i, 

Apenrade^ 


'•  ■  .    ■••).!, 


•        .•    ,^  ". « *    ■  I 


(ForUetzuog.    Vergl.  forigts  StUiok  8.7a«)..    ., 


16- 

Jeder  neue  Aufliats^  den  iiiaQ  in  otit^rtrtr 
Zeit  über  Typhus  liest  ^  macht  ea  imnlerKlmi^ 
dara,  obgleich  durch  manche  berühmte  Abtiflri^ 
t&ten  y  namentlich  durch  SohpnMn  ^  nnd  awMhcJH 
nend  rein  praktisches  Diagnosticiren ,  die  Sk^e 
für  immer  abgethan  und  map  mit  dem  MiMM 
dieser  Krankheitsform  im  Reinen  feu  aefiirsroien, 
wir  in  der  That  noch  weit  vom  Ziele  enrnrat 
sindy  und  bis  diesen  Augenblick  Aist  j^eif 
solbsibeobachtende  und  selbstdeqjkende Anstbei 
dem  Worte  „Typhus"  sich  etwas  Anderes  denkt* 
Dies  bestätigt  wieder  Malin's  Bericht  (Vereins- 
Zeitung.  1839.  No.  81.)  von  einem  auffebUbben 
Bronchialtyphus.     Gewifli  hat   derseme'  Ai 


—     108     -r 


.V>    .  ■: 


I  »  •  i 

t  ■  .  . 


III. 

-  praktische  und  the# 
reüsehe  Erörterqiigeii 

▼  on 

Aug.   Wilh.   Neüber,    ' 

Doctor  der  Medizin,  Chirurgie  ond  PbiloiiOfb|e  zä/.  !' 

Apenrade. 


j  •  • 


(FortseUuDg.    Vergl.  voriget  Stack  S.  720; 


16. 

Jeder  neue  Aufeatz,  den  qiaQ  in  nnser^Bfkr 
Zeit  aber  Typhus  liest  ^  macht  es  immer  klarei;^ 
daby  obgleich  durch  manche  berühmte  Autori- 
täten f  namentlich  durch  Schonlein ,  und  anschei- 
nend rein  praktisches  Diag^osticiren,  die  Sache 
für  immer  abgethan  und  man  mit  dem  BiBgrifR 
dieser  Krankheitsform  im  Reinen  ^u  sein  siSiien, 
wir  in  der  That  noch  weit  vom  Ziele  entüiemt 
sind^  und  bis  diesen  AugenbKck  fiist  jeder 
selbstbeobachtende  und  selbstdeq^ende  Arzt  )i€ti 
dem  Worte  ^^Typhus"  sich  etwas  Anderes  denkt. 
Dies  bestätigt  wieder  Malin's  Bericht  (Vereins- 
zeitung. 1839.  No.  31.)  von  einem  augeblichen 
Bronchialiyphus.     Gewifb   hat   derselbe    darin 


-    lÖB    - 

ITugestaltiiDZ  und  Neubildung  voraussetzoD, 
wfildie  im  Gebiete  des  Organismus  als  etwas 
-Frcmdarliges erscheinen,  wie  z.B.  alle  Erzcug- 
aisse  der  sogenannten  specifischcD  Krankheiteu, 
der  Exantheme,  des  Krebses,  der  Schwamm- 
gewnchse  u.  a-  w.  —  Wenden  wir  das  Ge- 
sagte nun  auf  iniscre  Fieberlehro  an ,  so  eTgt- 
hetf  sich  tiir  das  gestörte  Gleichgewicht  der 
Altschnng,  wie  sie,  ohne  Mitwirkung  eigenai^ 
iiger  Einflüsse,  im  0''''°"'8inus  vorhanden  ist, 
zoD&chst  zwei  allgein<  Störungen,  nämlirii 
die  tJebersteigcTung  l...  '  rganischcn  Bildua^, 
die  man  auch  wob) ,  weuij  er  passend ,  Hyper- 
animalisation  genar«*  hat,  und  die  Berabsun- 
inung  oder  Entbili  :  '^'"-seiben,  sonst  aucli 
wohl,  eben  sount  o,  Fäulnifsgeuiuat. 

Da  beide  Zuslant.^  glich    in  der  be\tb- 

teu  Klasse,   also   vo  eise  im   Blute,  ias 

selbst  belebte  Masse  i  d  ans  dem  die  ganze 

übrige  belebte  Masse  entspringt,  wurzefo,  so 
ergiebt  sich  hieraus  von  selbst,  dafs  die  Ue- 
Bersteigeruug  im  Allgemeinen  nur  beimGeßlS' 
lieber,  die  Herabstimraung  nur  beim  Nervenfie- 
ber  statt  linden  könne.  Jener  Xustand  be- 
dingt das  reine  oder  eigentliche  Entziindungs- 
ißeber,  dieser  das  eigentliche  Entmiscliuaga- 
oder  sogenannte  Faulfieber.  Ans  meiner  D»t- 
stellung  des  gesunden  Lebens  (Pfaff's  Mitthei- 
Inngen  1838,  Jahrg.  2,  Hft.  1,  S.  47  —95.  \aA 
Wh.  3.  und  4.  S.42t  —70,  wo  ich  statt  „phi* 
loBophische"  „physiologische  Grandlegung"  zu 
lesen  bitte)  ist  bekannt,  dafs  ich  den  Gmnd- 
satz  aufgestellt  habe,  es  seien  die  vier  Gniat^ 
Stoffe,  die  wir  jetzt,  unpassend  genug,  Sauer*, 
Stick-,  Wasser-  und  Kohlenstoff  nennen,  in 
Organismus  ebenfalls,  aber  im  belebten,  im  or- 
ganischen  Zustande  vorhandeu,  und  ihnen  dei 


—    KW    — 

ScUoMD*,  Speichel-,  Lebeirganen-  and  KSs- 
galten -Sloff  entsprechend.    Ist  dem  dUr'iro, 
und  ist  bei  dem  EntBondangefleber  die  G^Mamt^  . 
beit  des  belebten   6nin£tofl!i,  *  Am  '^on   der 
Lunge  duTdi  den  Athmungi^rozels  gebildeten 
LebeiMathers  vorzugeweise  foetheiligt,  n6  dab 
man  diese  Fieberfonn  sehr  wohl  anch  das  fttbe- 
riflche  Fieber  nennen  kdnnte:  so  .i^firden  lieben 
und  unter  demselben  noch  vier  andere  beson- 
dere Fieberarten    gegeben  sein,    je   nachdem 
einer  von  jenen   vier  Grundstoffen  vorwaltety 
nimlich  ein  Schleim-,  Speichel ->  Lebergallen- 
and  Milsnllen* Fieber,  so,  daAi  sowohl  das 
G^ßSh^  &  das  Nervenfieber,  sowohl  das  Ihii- 
aandungs-  als  das  Entmischungsfieber  sieb  mit 
dem  einen  oder  dem  andern  jener  untergeotd- 
Beten  Zmtinde  verbinden  kann.    Was  nun  die 
Verbindung  derselben  mit  eigenartigen  Einfifii^ 
sen  betnift,  so  ist  die  Zahl  derselben,  da  sie 
etilem  Gebiete  angehören,  dessen  Eigenthflm- 
hdikeit  und^-Umfang  wir  kaum  su  ahnen  ver-^ 
mdgen,  and  das  wahischeinlich,  wie  die  Ver^ . 
binonngsart  der  Dinge  selber^  unendlich  ist,  nicht 
m  beetimmmL    Ab«r  ionner  werden  sich  diese  ^ 
eigenartigen  Znstftnde,  wenn  sie  sdber  ein  Fie* 
ber  eiBeagen,  oder  sich  mi  einem  sdion  vox-' 
handeaen  geseUen,  mit  ^er  von  jenen  Hebeir^ 
foimen  Tereinigen   müssen.  — •    Kommen  wir 
nun,  nach  dieser  Abschwriftang,  wieder  auf  don 
sogenannten  Typhos  suroek«   so  leuchtet  es 
aUbald  ein,  daib  alle  Begrilliverwiuuag  fiber 
denselben  dadaroh   entstaaden  ist,   daft  matt 
binmcbtlich  der  anprunglicbmi  9^s<Aaffenheit 
der  Fieber  nidit  im  Klaren  nut  sieh  war,  und 
dab  gamv  versdiiedene  Fiebensustände  den  Na- 
men ^TyfhoB"  erhalten  haben,  indem  nmn  bald 
ein  Nervenfieber,  bald  ein  solches,  welches 


-     106    — 

fangs  entzüudlicb,  dann  nervös  wurde,  bald  eio 
Nerveulicbcr  mit  EntniiBchuageii ,  bald  eiu  e^ 
geiitliümlichea  Auaschlagsfieber,  kurz  imcoer  «- 
neu  mehr  oder  weniger  bösarligen  Fiebenn- 
Staod  daiiinter  verstand.  Ich  selber  vetatelw 
ilarunicr  ciae  eigenthiimliche  exautbematisciii 
Krfiukheit,  die  von  vielen  Seh rittstel lern,  n^ 
meiilLicb  von  Schönlein  der  Petechialtyphw, 
von  frühem  Aerzten  aber  PUckfieher  gesanni 
wurde,  wenngleich  ihre  HrgriffsbestimraungJw- 
selben  sehr  schwaiikeud  war,  und  auf  verschie- 
dene Fieberarlea  ausgedehnt  wurde,  die  eben 
nichts  als  mii'sf'arbeue  llautflecke  mit  einander 
gemein  halten.  Mir  scheint  es  angemessener,  ät 
letztere  Benennung  beizn  beb  alten,  weil  die  entere 
gar  zu  schreckhaft  klingt,  indem  man  dib« 
gleich  an  Petechiei:,  Pest  und  allgemeiue  Anf- 
jösnng  denkt,  als  deren  Vorboten  man  sie  an- 
zusehen pflegt,  die  doch  bei  dorn  cigeoilicheu 
Typhus  gleichwohl  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
picht  vorhanden  ist.  Denn  obgleich  derselbe  vor 
allen  Exanthemen  das  Eigen thiim liehe  hat,  iii» 
er  sich  vorzugsweise  mit  einer  gewissen  Fie- 
berform  verbindet ,  dem  XervenÖeber,  und  in 
manchen  Epidemien  dem  GntioischungsSeber, 
ßo  kann  er  doch  im  Verein  mit  jeder  aadciQ 
Ficberarl,  selbst  mit  dem  reineo  Eulzüaduogs- 
lieber,  vorkommen,  woraus  dann  erhellt,  dils 
es  keine  fcsibcstimmte  Behandlungsart  dessel- 
ben geben  kann,  indem  es  bei  ihm,  wie  bei 
allen  E-vanthemen ,  lediglich  auf  die  Beschil- 
fenheit  des  mit  ihm  verbundenen  Fiebers  an- 
kommt, mit  besonderer  Berücksichtigung  dei 
örtlich  angegriffenen  Gexvebe  oder  Theile. 


—    109    - 

17. 

Die  Beobachtungen  über  das  Puerperalfie- 
ber von   Gruber  in    St.  Petersburg  (a.  a.  0.) 
liefern  abermals  den  Beweis^  wie  unter  dieseifi 
Namen  noch  immer  vielerlei,   theils  verwandte, 
theils  entgegengesetzte  Zust&nde  vereinigt  wer- 
den, indem  der  Hr.  Vf.  sagt,   der  Character 
des  örtlichen  Krankheitsprocesses   beruhe  iehr 
oft  auf  Entzündung ,  oft  aber  auch  auf  einem  , 
der  Entzündung  ganz  entgegengesetzten  Zustand, 
ja  auf  L&hmung  und  Fäulnifs.    Aus  diesem  Äiif^- 
satz  erhellt,   dafs  der  Hr.  Vf.   das  eigentlichp 
Puerperalfieber,  die  specifische  Entzündung  defi 
Bauchfells  der   Wöchnerinnen,   welche '  9tf^D|^ 
genommen  allein  diesen  Namen  verdient,  mit 
der  Geb&rmutterentzündung ,  welche  selbst  auch 
Neumann  (von  den  Krankheiten '  der  BIensc)i6ii. 
Bd.  I.  S.  383)   niciit  streng  zu  unterscheiden 
scheint,  und  mit  der  sogenannten  Gebärmutter- 
f&ulnifs  (Brand  der  Gebärmutter)   verwechselt, 
•nachdem  so  manche. wissenschaftlich  gebildete 
und  tüchtige  Praktiker ,  und  namentlich  ScMn^ 
leiny  vor  dieser  Verwechselung  so  verschiedener 
Zustände  gewarnt  und  den  rediten  Weg  geneigt 

haben. 

18. 

Die  englische  Behandlungsart  der  Kranken 
ist  doch  oft  von  der  unsrigen  sehr  abweichend, 
das  bezeugt  unter  andern  der  Bericht  des  Dr. 
Graves  (London  medic.  GasB.  Jan.  and  FlQbr. 
1887.  —  Frioke*s  Zeitschr.  1837.  Bd.  V.  St.  t.) 
über  die  Behandlung  einer  allgemein  ftich  ver- 
breitenden Rose  bei  einem  Kräftigen  junp;en 
Manne  von  18  Jahren,  der  dieselbe  in  emer 
Zeit i;;^o  Hosen  epidemisch  waren,  durch  Än- 
stedcttiig,  bei  der  Pflege  seinev  Mutter,  erhak- 


) 


—     110     — 

ten  haben  soll,  Blutegel,  Purganzen  (vrifit- 
scheiulich  drastischer  Art),  Quecksilber,  Mohn- 
BBft,  Brechweinsteiu ,  Höilettstein  warea  dii 
filittel,  welche  gcgca  einen  Zustand  angewen- 
det wurden,  der  oÜcnbar  gallig*- eutzÜDdlic]« 
Natur  war,  später  selbst  nervös  wurde  und« 
Tod  durch  Brand  cndela  Ein  besonneDer  ii- 
tioDeller  deutscher  Arzt  würde  sich  auf  dieii^ 
Wendung  eines  kühlenden  Verhaltens  und  eiw 
Brechmittels  gleich  anfangs  beschrankt,  spiUi 
aber  kühlende  gelinde  abführeode  Mitt«l,  dm 
geeignete  Salze,  iu  Verbindung  mit  Tantuii^ 
den  und,  wenn  dennoch  ein  nervöser  Zustu! 
eingetreten  wäre,  die  Arnica,  den  Baldriui, i) 
Verbindung  mit  essigsaurem  Ammonium,  Sil- 
miak  oder  Mincralsünre,  äufserlich  aber  jii 
iiichls,  oder  aromatische  Kräuterkisaeo  togt- 
wendet  haben. 

19. 

Dr.  Dorsey  (Americ.  Journ,  of  the  medic, 
Scienc.  Nr. 36.  Aug.  1836.  —  FrtcAe'j  aeilsclii 
1837.  Bd.  V.  St.  2.)  heilte  eine  Negeiio  m 
fünfzehn  Jahren ,  die  in  Folge  einer  seit  leb 
Tagen  verbeilten  Verletzung  am  Fufse  am  St»n- 
kranpfc  litt ,  in  fünf  Tagen  durch  ungeheure  Gl- 
ben  Opium;  daneben  wurden  Aderlafs,  Schlüpf- 
köpfe,  spanische  Fliegen,  Einreibungen  vod 
Terpenlhinöl  und  Abführungen  von  Calomel  diu' 
Jalappe  angewendet  —  Bei  einer  Negerin  läl» 
sieb  so  Etwas  wohl  versuchen.  —  \'iel!eidil 
hätte  ich  durch  dieselbe  Dreistigkeit  eiMD 
Kranken  gerettet ,  mit  dessen  Verletzujig  eswi 
auf  gleiche  Weise  verhielt : 

DoB  36.  Juoc  1819  verlangt«  «in 
-  Bwanzig  Jahr  alMr  Tabacbspiiuiet 


—   111  — 

Der  Mann  tvar  von  mittlerer  Grofse  und  star*- 
kem  Muskel-  und  linochenbau,  früher  wohl- 
beleibt, jetzt  aber  abgezehrt.     Seit  acht  Ta- 
ften ^   hiefs  eS;  befinde    er  sich  unwohl^  habe 
keine  Elslust,  Schmerz  in  der  Stirne,   bitteru 
Geschmack  und  leide  an  Uebelkeit.    Die  Zunge 
fand  ich  gelbweiüs  belegt  und   auch  die   Ger 
sichtsrarbe  war   etwas  gelb.     Ich  schlofs  jaus 
diesem   Allen   auf  gallige  Sordes  und  verord- 
nete ein  Brechmittel  aus  vier  Gran  Brecl^wein- 
«tein,  zwei  Skrupeln  Brechwurzel,  einer  halben 
Unze   Meerzwiebelhonig   und  anderthalb  Unzep 
Chamillenwasser ,     viertelstündlich    1    l^f^löffel 
voll ,  bis  zur  Wirkung.    Das  JBrechmitteJ  wirkte 
hinlänglich  und  veranlafste  auch  eioeOaifmiiig. 
Er  schien  hergestellt  und  wufde  am  3.  Julitder 
Behandlung  entlassen.    Allein  schon  am  llien 
nahm  er  meine  Hülfe  von  Neuem  in  Anspnu^b. 
Ich  hud  ihn  auffallend  blals  und  noch  mehr  nbt- 
g^ehrt.     Was  ihn  aber  am   meisten  beuvru- 
bigte,  war,  dafs  seit  einigen  Tagen  sich  einid 
mehr  und  mehr  zunehqnende  Mondkleomie  Mk 
gestellt  hatte,  die  beim   Schlucken  und  w^m 
er  den  Mund  weit   zu  öffnen  versuchte,  '.kaift 
Schmerz  in  der  Zunge  und  in  der  Gegend  «bs 
Magens   verbunden  war.     Die  Zunge  w«t  iMt 
kleinen   Bläschen  besetzt,  und  er  kooKte  fiuit 
nichts  hinunterbringen,   obgleich   es  ihm  lAttHL 
ganz  an  Neigung  zum  Essen  fehlte.  —    Den 
Zufall  für  krampfhaft  haltend,  verordnete  kdi 
ein  Pulver  von  Opium  und  Breehwurzel,  vön 
jedem  einen  halben  Gran,  schwefelsaures  Kali 
zehn  Gr.,  liefs  Uervou  täglich  vier  Stuck  nehh 
men,  und  äuiserlieh  Einreibungen  von  grauer 
Qijbicksilbersalbe  mit  Opium  machen.  —    Deb 
lt.  Juli.  Nicht  achlinuaer,  auch  konnte  er  elwitti 
sisbliiigen,  wenn  ea  mr  Bwisehen  d^  ZahMi 


-  11«  — 

Unda^  war.  -7  Nun.  eist  erfnlir  ioh,  M 
geiiaiierer  Nachfrage^  dab  er  ekh  tot  M 
Wodien  einen  rostigen  Nagel  tief  in  dh 
redite  FaÜMohle  getreten  hwe.  Sdim'sfMl 
einigen  Tagen  verheilte '  die  Wiinde  imter  te 
Hittden  einer  Quacksalberin  mid  er  luitte  Sni^ 
dem  kone  weitere  Beschwerden  iii  SennAm 
▼erspart.  Sofort  lieb  ich  die  SteDe  der  Naik^ 
die  nichts  Besonderes  wahrnehmen  Ueb^  lleiGv 
nrit  der  obigen  Salbe  einreiben  luld  t&gKeh  vi^- 
üud  eine  halbe  Stunde  lang  ein  Fnfsbad  v« 
'€hanultonaufgu&  mit  einer  halben  Umce  fttm- 
•den  KaUs  ncSmen,  so  swar,  dafii  jedes  Atm 

WÜtor  viermd  gebraucht  wurde. Dtm  13Ui 

Jidu  Obgleich  er  Nadits  etwas  gesehlifiB% 
.  hatte  sich  doch  das  Uebe!  merklich  TeiscUn- 
nert.  Er  konnte  den  Mund  kaam  noeh  tttm 
IBUte  Ziehen  im  Naclieta  und  Rfidkgrafbj  wd 
-dW  'Sohmerz  in  der  Hagenge£fend  war  stlik«* 
Verordnet  worden:  Aetseiider  SubGmat  lini 
Opium  von  jed.  zwei  Drachmen,  eine  Unze  Rosen- 
salbe  zum  fleifsigen  Einreiben  im  Rucken,  me 
grofse  spanische  Fliege  auf  die  redite  Fnb- 
«ohle,  innerlich  einen  Gran  Herb.  Belladomiae^ 
einen  halben  Gran  Brechwurzel  und  einen  Skru- 
pel Zucker  und  liefs  ich  vom  letzten  Pulver  alle 
zwei  Stunden  ein  Stück  nehmen.  —  Abends 
befand  sich  Pat.  viel  schlimmer.  Die  Pulver 
wurden  erneuert  und  längs  dem  Rückgrath  eine 
spanische  Fliege  anderthalb  Fufs  lang  und  drei 
Zoll  breit  gelegt.  —  Gegen  Mittemacht  erinek 
er  einen  Skrupel  Tinct.  Opii  crocat  auf  einmal.— 
Den  14ten  Nachts  wenig  Schlaf  Die  Bekkih 
mnng  in  der  Herzgrube  hatte  sich  verloren^  dte 
Zähne  aber  waren  fest  zusammengeklevat 
Nach  dem  Aufstehen  zeigte  sidi  Neigung  zda 
Erbrechen^  die  spanische  Fliege  im  Rücken  hatte 


~    113    - 

'fast  gar  nicht  gesogen,  beide  wurden  mit  K6- 
nigssaibe  Terbundeu;  von  den  Fubbädem  wa* 
4^6B  acht',  und  dazu  eine  Unze  ätzendes  Kali 
verbraucht  worden.    Nun  wurde  ein  ganzM  Bad 
mit  zwei  Unzen  ätzenden  Kalis  verordnet,  in 
"dem  Pat.  eine  Stunde  zubringen  tnufste.    V0r- 
-her  aber  wurde,  da  die  Oeffnudg^'seit  drei  Tai- 
gen fehlte  y  ein  Klystier  aus  Asa  foetida,  Ol. 
Hyoscyami  coct.,  Liq.  Ammon.  suooin.,  S^ife  und 
Aq.Flor.Chamomill., —  aufserdem  innerlich  Pul- 
ver von  Hb.  Belladonu/,  Flor.  Zinc.^Magues.  eaiv 
bonic.  und  Zucker  (alle  2  Stunden  1  Stack)  —  und 
unmittelbar  nach  dem  Bade  eine  Gabe  von  einer 
halben  Drachme  Tiuct.  Opii  erocat.  verordneit^-*- 
Am  15ten  Juli  war  nach  einer  meist  schlaflosen 
Nacht  Alles    unverändert     Das    Klystier   war 
DOch  nicht  abgegangene  Pat.  wurde  an  dieseai 
Tage  wieder  Vormittags  und  Abends  in  das 
Kalibad  gebracht,    welches    zwei  Unzen  KäU 
enthielt  und  zum  zweiten  Bade  das  Wässer 
-des  erstem  mit  verwendet,  so  dafs  das  letztere 
vier  Unzen  Aetzkali  enthielt.    Nach  dem  Bade 
in  wollene  Decken  gewickelt,  'sebwitate  9$^^ 
stark.  —    Die  Verwundung  des  Fufoes  hatte 
mm  äurseren   Rande    desselben    zwisched'-der 
Wurzel  des  kleinen  und  nachfolgenden  Zekes 
Statt  gefunden.     Die  Narbe  war  nur  von: -der 
Oröfse   eines   Stecknadelköpfe,    beim   stärkte 
Drucke  auf  dieselbe  empfand  Pat.  in  der  'ViMb 
einen  dumpfen  Schmerz.    Ich  durchschnitt  die 
:Narbe  in   der  Länge   eines  Viertelzolles  ^  bis 
darch  die  Sehnenbinde,  wobei  aus  einer  klei- 
nen Vene  eine  ziemlich  starke  Blutung  erfolgte./ 
?fach  der  Blutung  wurde  Charpie^  mit  gleichen 
Theileu  spanischen  Fliegenpulvers    und  Aete- 
Icalis   bestreut,   eingelegt.     Irrthumlieh ' wären 
Tages  vorher  auch  die  zuerst  versdnieliMtn 

Jonrn.XCIILBd.4.St.  H 


—    114    —        TP 

Beiladonnapulvcf  erneuert  wordoa,  lUa 
balte  aifl  H'ecliBcläwciae  mit  den  Kulet 
•fdnet«n  gegeben.  Einige  Stunden  smi 
ficbuitte  befand  sich  Pat.  etwas  besser 
JDund  konnte  etwa  einen  Vicrtelzoll  w 
öffnet  werden.  Aucli  Ualte  et  nicht  so 
■SflhmeieeB  in„der  Herzgrube,  die  sich  i 
VftTtgeu  Tage  in  eineni  hohem  Grade 
eingestellt  halten.  Da  das  Klyslier  aa 
4d«fchmitt&gA  nicht  abgegangen  war,  ei 
-das  vorige. (nit  einem  Zusatz  von  Infus, 
luud  Mogoes.  sulphurica  wiederholt  appüi 

flöich  unmittelbar  zuvor  das  erstere,  al 
tuhlgang,  entleert  wurde.  Dieses  zw 
wirkte  nach  sehr  kurzer  Zeit  nur  geririj 
inung.  Nach  dem  Bade  Abends  wurde  t 
ibvid  mit  dem  Aetzkati  und  den  api 
tiliiegenpulver  emeuerl,  ohne  dem  Kraul 
iStlinera  zu  verursachen.  Nach  äei 
•dllief  er  viel,  von  5  bis  10  Uhr  unm 
oben,  auch  nachher  blieb  er  schlärri^. 
.«teilte  eich  Würgen  ein,  und  dBr  Ath« 
dMi  'G^nNb-^des  b«gMiiend«n  SpokM 
vDtePul^Wiliefe  ich  wibwad  der  Nad 

^■»taen. Den  .l&teu  Juli.     Die  BlM 

:  MhlaOM,  AH«9  v«80Uiinineit.  Bs  ha 
OorohUtd'  «ingMtellt.  Pat  wur4B  f&n 
itota  teng  ioDin  -kaltes Bad  gebiaofat  »ai 
BUSltidbeh : jetzt  ein  Palver  t«b  1  ^Qr..^ 
4  Glr.  -Kampfer,  5  Cr.  ArawiDn.  pym-^ 
80  Or.  I&uckecj  &u :  jedem  Pulver  wwdeo 
~4mi  -M  Trepfen  von  einer  BSiscÄftiog  ■ 
.  dtm  Tbetloa  UoedMuhaltigof  Ambrali« 
.  VEnet  Op.  cieMt.  gesetzt.  —  Untaittdl 
Atta  Bade  bobrtd  aiehPAL  odtecirteE. 
ifMft^^itie.el^riscfae  SeU&g^  Mf^" 
iMM'ftfllHiliMde^  Geräuneha  >v*n  i4ta 


,         —    115    — 

durch  den  ganzen  Körper,  dabei  war  Ziehen 
und  Dehnen  durch  alle  Glieder,  Zusammenächnü- 
reo  des  Halses  und  Scjhlui^^^es',  Würgen,  fast 
ganz  gehindertes  Schlucken,  Abneigung  gegen 
Alles  vorhanden.  Bis  gegen  Abend  waren  acht 
Pulver  verbraucht,  Pat.  vermochte  nicht  mehr  zu 
oelupaen  upd  erhielt  nur  den  Rest  der  Tropfen  ym 
10  nud  um  12  Uhr.  —  Er  muiste  nuu  fast  fort- 
wä^ead  in  halb  aufrechter  Stellung  von  zwei 
Personen  gehalten  werden,  weil  ihn  sonst  die 
^t^lse  in  der  Herzgrube  zu  ersticken  drohten.  — 
Morgens  legte  ich  ein  Stuck  Aetzkali  von  be- 
trfi/chtli(^er  .Gröfse  in  die  Wunde,  und  lieißs, 
von  Mittag  an,  dieselbe  mit  warmen  Umschja* 
gen  aus  erweichenden  in  Milch  gekochten  Kräu- 
tern kataplasmiren.  Der  Puls  warum  diese  Z^it 
sehr  schnell,  häufig  kaum  zu  fühlen  und  sehr 
ungleich*  Pat.  schwitzte  fast  heständig,  doch 
ohne  besoniders  warm  zu  sein.  —  Denl6tenJqli. 
(der  siebente  Tag  nach  Ausbruch  der  Mund- 
klemme}. Wider  Erwartung  hatte  Pat  mehrere 
Stunden  auf  einem  Lehnstiude  sitzend  geschla- 
fen. Seinem  Gefühle  .nach  befand  er  sich  yiel 
Jiesser,  hatte  wieder  Lebensmu^h^  und  äijfi^xte 
Yeriangen  nach  Wein  und  Fleischbrühe.  Cjie 
Z|dme  konnte  er  einen  halben  2!ipll  weit  i5fl[i[iep; 
ai|ch  trank  er,  ohne  besondere  Beschwiwden, 
eine  halbe  Tasse  Qluhwfin.  De^r  Durohlauf 
hatte  sich  n  seit  19  Uhr  Nachts  verloren.  J^s 
Stplsen  in  der  Herz^rabe  war  weniger  ^  heftig, 
ond  nöthigte  ihn  nicht  mehr  zum  Aufsitf^n, 
4ie  Extremitäten  konnte  er  besser  bewegen, 
die  Stimme  war  deutUcher  und  lebhfifter^  4as 
A^ge  munterer,  der  Puls  gehobener,  voller,  wi^- 
•leMonnig^  schnell  und  weich.  .Sr  U^  if^.^^m 
f^Wdiel^a  warmen. Schweifiie»' —  Dj^c^pfen 
wiudm  .aroenert,    und  stun^lMi  Wff^  ^.  J^^ 


pi 


IL 


■ohwert.  Die  Wunde  zeigte  kei 
weshalb  von  neuem  Aetzkali  oinj 
wonnf  diesmal  eine  starke  Bin 
Der  Puls  war  fieberhaft,  die  Ha 
ter  Temperatur  und  roth,  anhält 
vorhanden.  Verordnet  wurde: 
Ol.  Cajeput,  BrechweinsteiD  ui 
Kam  Binreibeo  in  .  die  Herz^ru 
xeu  Aetzkali  zum  Bade-,  und  f 
'  rotbem  Piäeipitat  zum  VerbiniJi 
'  und  dabei  die  erweichenden  V 
die  nnomehr  stark  entzündete  '' 
Mtzt.' —  Abeodfi  wurde  Fat.  eu 
giebtdeL  Pat.  fühlte  steh  im  Badi 
httte  gleichwohl  diesen  Tag  viel 
nnd  getrunken  als  die  vorigen  Ta| 
fortwährend  an  Beine  Genesung, 
sicherte,  sich  viel  besser  eu  b< 
wollte  es  noch  immer  mit  dem  S 
recht  gehen ;  im  Liegen  konnte  < 
feo,  denn  wollte  sich  der  Schlaf 
'fiifar  er  unwUlkührlich  iu  die  Höh« 
wurden  während  der  Nacht  fortff 


—    117    — 

« 

)ii  fortwährend  steif,  und  das  Stofsen   im  Iq- 
ern  dauerte  fort.    Pat  fiel  gänzlich  zusammen, 
»ip  Pub.  war  klein,  schnell,  häufig  und  unor- 
mtlicli.  -^     Von  den   zuletzt  verschriebenen 
[(michuspulvern  liefs  ich  jede  Stünde  ein  hal-  / 
m  nehmen,  mit  10  von  den  bisher  gebrauch-« 
n  Tropfen,  ifnd  zwar  in  1  Efslöffell  voll  von 
ner  Abko^liung  der  Königschina,  mit  Syrup. 
oft.  AMra^t.,  Ext.  Chiuae  und  Schwefelätber ; 
Ipindas  sehr  erschwerte  Schlingen  verl^inderte . 
öilstenthells  die  Anwendung.    Vormittags ^  be- 
im er  noch  ein  warmes  Bad^  welches  nichts  an- 
irte.    Voip;nun  an  redete  er  fast  beständig  irre/ 
le  Ärixieie.n  wurden    ausgesetzt,    und   Pat» 
hieJLt  iiur  poch  dann  und  wann  etwas  Fleisich- 
ufaie  mit  £ji|[elb.     Unter  einem  heflifcu  ,Tp^ 
skampfa    ui)d   häufigem   lauten    AufschrlElieii 
irb  er  en^licii  am  18ten  Morgens  um  5  Uhr. .  «^ 
e  Oeffnung  der  Leiche  wurde  nicht  gestattet,^ 
Eirde  aber  auch,  wie  fast  in  allen  ähnliche!^' 
ill^n ,    wahrscheinlich    keinen    befriedigenden 
ifschlufs  gegeben    haben    —    Die  22eit   von 
r  Verletzung  bis  zum  Tode  betrug  28  Tag<i, 
)  des  Ausbruches  läfst  sich  auf  den  vierzehn-^ 
s.  Tag  setzen. 

«0. 

Hr.  Dr.  Lange  theilt  in  der  Berliner  Vereins- 
itung  (1839.  No.31.)  mehrere  Fälle  von  un- 
Scklich  abgelaufenen  Aderlässen  mit,  und  macht 
rauf  aufmerksam,  dafs  der  Schnepper  der 
rnzette  vorzuziehen  sein  möchte,  weil  in  allen, 
n  bekannt  gewordenen  Fällen,  die  letztere 
»braucht  wurde.  Er  bebt  als  muthmafslichen: 
*und  dieser  Erscheinung  hervor,  dafs  man  sei- 
n  auf  die  BeschafFenhcit  der  Aderlafslanzette 


die  geliörige  Sorgfalt  vem'ende,  roden 
tbeils  sie  nicht  gehörig  scharf  hatte  (w 
gewöhnlich  nicht  öfter  als  dreimal  geb 
wei'den  könne,  und  sie  daher  eine  gei 
Wunde  und  ein  Zerren  der  Vene  bedinge), 
sie  auch  n-oht  zu  anderen  Geschäften  (C 
von  Geschwüren,  Impfen  u.  s.  w.)  geb 
und  sie  daher,  wenn  sie  nicht  gehörig  ge 
worden,  eine  Vergiftung  der  Wunde  veran 
könne.  —  Ich  unterschreibe  diese  Ans! 
und  habe  mich  deshalb  noch  immer  deaS^ 
pers  zum  Aderlassen  bedient,  ohne  jemi 
Den  Nacfathei'l  davon  erfahren  zu  haben, 
finde  ich,  dafs  derAderlafs  mit  dem  Sehe 
nicht  nur  leichter  und  sicherer,  ssadero 
für  den  Kranken  bei  weitem  weniger  seh 
bafl  als  der  mit  der  Lanzette  verneblet 
Freilich  habe  ich  zweimal  in  der  Noth,  n 
mangelung  eines  jeden  andern  tauglichen  ff 
zeugs,  unter  dringenden  Umständen  nijini 
Federmesser  zur  Ader  lassen  müsseo, '' 
glucklicher  Weise  ohne  alle  übele  FaljA 
Dafs  rndefs  auch  hei  uns,  und  in  Fo'^ 
ues  ungeschickten  Gebrauchs  des  Schaep! 
schlimme  Zufälle  nacJi  dem  Aderlässen  voii 
men  können,  mögen  fujgende  Fälle  bciveü 
1.  Der  erste  Fall  betraf  eine  65  Jtit 
Frau  vom  Lande,  der  ein  Bauer  am  At* 
Ader  geöffnet,  aber'zugleich  auch  die  Bni 
ajterio  getroffen  hatte.  Durch  einea  f 
0TUckverband  war  zwar  die  Blutnng  g 
worden,  allein  der  Brand  in'  allea  Fingen 
die  Folge  davon.  Nur  Trümmer  derstUw 
Ausnahme, des  Daumen,  den  sie  behieV 
ten  erhalten  werden.  Nach  und  nkch 
sieb  der  Blutlouf  durch  Seitengeßbe  ^ 
her-. 


m  der  WiUiwe  eine«  CUotwi Abs  •  MtiMfei^ 
Gilb  74  J«hr  alt^  stMli  iin!Ri€li|niiMi^Mu: 
b/iöiAUgeiMiien  ftiQtie#  tehv'ge«iHMliiIs«fl' 
iVkgen  moh  uttwohI':^irfGbk'«iidi  JN^iidkM< 
9ehwiiid«l  Mlitti»o  dird^itedhirQh'tNwifaiNi 
teil  lüimis  ^h^  «im  Ad«r  !iuii^link«iii)Aniie ' 

baiuto  wieder  auf,  Plitl.  veilw  d«4iit«b>''i* 
kett  wohl  direi  ToBBen  Bliif, '  Ifkhke  stell  ttttiik  * . 
üni  iiieht   bedeüteiidbii'  lldtveilttite-^idMrattn 
Mf^biifich  eitttIdAfteiV  dDeh-  behkwitlnii^ 
eiubefiodeci  gto»  fceft4edi)!:ett4y'  Mr>4ftll4^1 
die  Aderlafiy«hinde'  ettt»äitdel  düd^der  YaniMn 
wiir  eufk  iliig&adiwellM'iiM  eetriitemMfy/ 

SMweUlipattieV  daMaf/tt  dmUaiMmv^fliMs 
^ber  einen  Betitid  •  Air  ge  WKrewtey  lli%|Mw"» 
h».  Di*  (Mteimg  üatte  iril^M^vjtfMidiil'^fo  ^ 
[Äjbll^age  aueg49%1iebeb,'Mv'diee«*i  TagedtMU'^^ 
»t 'Wieder  eingeetelU^  w%ii  atfeii  etweiPluMt'' 

Kranke   war  M  8ftamMMeiik  (tai''ifiMS^ 
»igt  und  konnte  deaiwbgeil>iiiehtii  SdMlMl«^ 
ragem/ibn)  Zengefäed  idh^ifM'^  ^laif4&»^v 

let)er  gelkid.  -—  ieti  hielt  de«  KaU;Mi(r#ei%. 
yntKttndung^  verordnete  euar  «Hafiifdltf  tfiNH^'' 
es  Verhalten^  ntld  lieft  FonseiilatieMiw  vdtt'i 
Mi  Geknisebe  aus  eeeigit;  ttei  und  WaaMr- 
ilren.  —  Den  ftten  Pebr«  Wie  eehdin'>4aeÜi^j 
Nächte,  hätte  sie  aneh  in' «ter 'T^erwicheii'i 
nicht  gesdklafen ;.  der^^mfawg  dinr^IinwAiViUii 
g  war  Vormindert,  die  AderljKftet^- edfMuf^ 
,  Klie  Wunde  eiterte  eift>weüig^  derlSttiitbt»ii 
erändert. -^  Am  0teu  Febr^  h««te  iMifidA'^ 
U^  mehr  verbreitet^  dRe  EiterttHg  MgedotfvMH 
ly  Sfshlaflosigkeit  afich  i«i  der  teteten  NttcMP^ 
jesteHt«    loh  verordnete^  etweieheodie  1t)lul^)> 


—   iÄO  — 

tef,  in  Mildi  gekocht  und  mit  easigsauiem  BUi, 
zu  warmen  Umschlägen  und  liefs  Abends  ein 
Dower'sches  Pulver  nehmen.  —  Dcq  7tenFeb[, 
war  hierauf  eine  erträgliche  Nacht  gefolgt.  Die 
bishei  stecheDdcti  Schmerzen  im  Arme  hatteo 
sich  gegeben,  gleichwohl  war  die  Röthe  stit- 
ker  und  ea  lief»  sicli  Eiter  aus  der  Tiefe  diük- 
ken  j  statt  der  bisheiigen  Umschläge  wurde  blofii 
Blejwasser  angewendet.  —  Den  8te«  Febr. 
Schon  am  vcrwiclieneo  Nachmittage  war  PW. 
uinvohler  geworden  und  hatte  sich  einmal  gi^ 
lig  .erbrochen,  gleichzeitig  bekam  sie  OeRnuDf- 
Ein  Fulver,  welches  sie  gegen  die  Nacht  genom- 
nien,  vcrechpfFle  ihr  wenig  Ruhe.  Am  Moigei 
wiederholten  sich  Erbrechen  und  Ocffnung.  I<!^ 
fand  sie  sehr  angegriffen.  Die  Eiterung  bäioi 
zuzunehmen  nud  die  Aderlafswundc  war  wbr 
emp&i^iUch;  die  Zunge  blieb  rein  und  derG«- 
schmack  unverdorben,  das  Pieber  war  et«» 
starker.  —  Sie  erhielt  jede  Stunde  1  Eftlöffcl 
voll  von  einer  Sättigung  aus  kohlen&Ka/J,  mit 
Citronensaft,  Krausemünzeiiwasser  und  Aether. 
muriaL  Die  Bähungen  mit  dem  BleiwasBet 
wurden  fortgesetzt  und  der  Arm  in  eine  Biode 
gewickelt;  gegen  die  Nacht  erhielt  sie  wie- 
der ein  Dower'sches  Pulver.  —  Den  9len  Febr 
Fat.  hatte  eine  gute  Nacht  gehabt,  i« 
Sctuneni  war  unbedeutend,  Krlirechea  balt« 
sich  nicht  wiederholt,  das  Fieber  sich  v«ti>- 
reo.  —  Die  Saturation  wurde  erneuert,  ib« 
nur  zweistündlich  gereicht,  das  Geschwür  nit 
Wadissalbe  verbunden.  Allein  diese  auadiei* 
n«nd«  tBcBsening  war  nur  täuscfaeod,  d«» 
B<dion  «in  Abend  fand  ich  Pat.  in  deo  befti|- 
sten  SotuneTzen ,  EntsünduDg  und  H&rte  bit- 
ten sehr  zugenommen,  und  Pat.  fieberte  wi^ 
der  lebhaft , ,  mit  hartem  scbnellea  Pols«.    V* 


--    121    - 

Binde  würde  entfernt ,  die  Umschläge  mit  Blei-* 
Wasser  kalt  augewendet,  und  jede  Stunde  ein 
Pulver. gereicht 9  welches  aus  1  Gr.  Calomßl| 
j^  Gr.  Opium  und  10  .Gr..  Zucker  bestand.  — 
Am  10.  Febn  waren  acht  Pulver  verbraucht^ 
hatten  aber  keinen  Schlaf  bewirkt^indefs  Schmerz  , 
und  Entzündung  sich  vermindert ,  das  Fiel^er 
sich  vetloren^  lUe.Eiterungaber  ver^iehrt  ha^^e. 

—  Die  Pulver  wurden  erneuert  und  den  Tag 
über  vier  Stück  gereicht.  —     Den  11.  Febr.: 
Die   Härte  hatte   ;fiugenommen , .  und   ich  ver- 
tauschte das  .bisher  Angewandte  mit  Umschla- 
gen von  Hafergrütze  mit  Bleiwasser. .  —   Al^pods 
hatte  sie   wieder   mehr   l^chmerz   und  F^eJtNMr« 
Es  hatte  sich, eine  Oef&iung eingestellt^  -7:  Die: 
Umschläge   wurdea   weggelassen,    und   wieder. 
mit  -kaltea' >  Umschlägen   von    Bleiwasser  verr 
tfuscht.  — .  Den  .12.  Febr.  Kein  Schlaf,   sehf.: 
unruhig,  lebhaftes  Gefäfsfieber,  n^it  hartem  Pulsei 
g«lbbelegter,  halbtrockener  Zunge,  Beklommen- 
heit, Uebelkeit,.  trockner,  heifäier  Haut.     Aus 
dem   Geschwüre  kam  kein  ßiter  mehr;    dage-. 
gegen   bildete  sich  eine  empfindliche,  aiisctiei-^ 
neud  schwapi^ende  .Geschwulst   am  obem  ^- 
nern  Theil  des  Unterarms.    Da  ich  .hier  die  Bil- 
dung eines  Eiterherdes  voraussetzte,  lieis  ich 
gleiche  Theile  von  erweichen.den  Kräutern  und 
und  Hafergrütze .  in  Milch  kochen,  Bleizucker 
zusetzen ,  und   als  warme  Umschläge  verwen- 
den, innerlich  aber  alle  zwei  Stunden  t  Efs- 
löfFel  voll   infus.  Fol.  Sennae  compos.  nehmen. 

—  Den  13.  Febr.  Pat.  hatte  sechsmal  OeiTnung 
gehabt,  von  denen  erst  die  letzte  flüssig  war. 
Die  Schwappung  hatte  nicht  zugenommen.  Aus 
der  Wunde  flofs  aufgelöstes  Blut.  Die  Kranke 
hatte  etwas  geschlafen ,  Schmerz  und  Fieber 
waren  weniger  stark,  die  Zunge  etwas  feüch- 


^K      -  *    1«  — 

tei.  '■^'  Der  SennaRR%ufs  wurde  xatvckgcE^ü 
UDd  statt  BeineT  alle  Kwei  Stunden  t  Sfslöffel 
von  einer  Solulion  von  Kali  nitric,  Vin,  stib, 
Synip.  Hub.  Id.  und  ^Aq.  Flor.  Sarabuci  ge-' 
reicht.  —  Abends.  Steigerung  des  Piebers  mW 
trockner  Zunge ,  der  Arm  eehr  empfindlidL 
NAch  der  Arznei  wurde  ihr  öbcl,  sie  solha 
nährend  der  Nacht  einigemal  mit  10  Tropfea 
Tinct.  Opii  orocat.  gegeben  werden.  —  Den 
14.  Febr.  Fat.  bekam  nnr  einmal  von  den  Tro- 
pfen und  hatte  eine  gute  Nacht.  Die  Gcschuiilst 
wvr  weicher  nnd  weniger  empßndijch,  aus  den 
Geschwüre  Hofs  fortwährend  blatige  Jauche. 
Bekimnmenhcjt.  trockne  Zunge,  märsig  starltM 
Fieber.  Keine  Oeffnung.  Daher  der  Sennaao^ 
gufs  mit  der  Salpeterioiachung  wcchselswelse. 
Umschläge  von  Brodkrumen  in  Milch  gekorkt 
mit  essigsanreni  Blei.  —  Aliends  Iratten  Sehnen, 
HSthe  und  Geschwulst  wieder  sehr  imgenotB- 
meii,  daher  ich  die  Umschlage  mit  einem  Kräu- 
terkissen  aus  zcrlheilenden  KtüntorD  veriau- 
bchen  liefs.  Stündlich  wurde  ein  Efsieffel  vom 
ScnnaaufguTs  mit  Pulp.  Tamarindor.  g;ereicht.  — 
Den  15.  Febr.  Etwas  Schlaf.  Fünfmal  warOeff- 
nUng  erfolgt,  die  lelztoro  ganz  flüssig,  llet- 
tigft  Schmerzen,  der  ganze  Unterarm  phleg- 
monös entzündet,  die  (leschvvnlst  oIasti><ch, 
stellenweise  hart  und  gespannt.  Fieber  lebhilt, 
Zunge  trocken,  Gesichtsfarbe  gelblich.  —  Jede 
Stunde  1  EfslöfTel  von  einer  MandelemalsiDO, 
Atthaeasynip,  und  einem  sehr  niäfsigen  ZusatE 
Opiumextract.  —  Abends.  Die  Härte  und  Rö- 
the  verbreiten  sich  gegen  das  llandgeleok, 
grofse  Empfindlichkeit.  Das  Fieber  tebhan,  die 
/trage  trocken.  —  Den  Ifi.  Febr.  Wonig  Schilf. 
EEitweiliges  Irrereden,  Schmerz,  Fieber  und 
Trockenheit   der   Zunge  geringer.      Ilürte  iiad 


—  in  — 

R6tk^  unverändert.     Aus  der  Oeffnang  kaift; 
mehr  Eiter  t\ä  hktüge  Janche.«—  DieMandäln. 
mil^b  M^nrde  emeuett.  —    Den  17.  Feim  Pitt  ^ 
hätte    einige    Standen    geseUafen,    aber  viel . 
Schmers  im  Arme.     Der    Zustand  hatte  ■,  sich 
ganfc  Sil  Rusfs  faUoher  Rose  ausgebildet;,  dia 
OeschWillst   war  jetzt  duttkelroth  und  teigigi^ 
in  de^  Tiefe  vennekdte':  idi  Eiter  wahnsttne£^ 
men ,  wagte  aber  doch  noch  keine  tiefen  Ein-^ 
schnitte^  welche  die  Kranke  und  ihre  UmgcM«. 
bang  sehr  fürchteten^  und  für  deren  Erfolg  ieh, 
unter  den  obwaltenden  Umständen^  ohnehin  nicht 
einstehen  konnte.    Nach  der*  Arenei  hatte  sie 
einmal  gebrochen.    Aenfberlioh  Umscbiige  von 
lauwarmem  Bleiwas^er»  ^  Abende  zeigte  'sich 
viel  Schmerz,  aber  keine  bestimmt  fluotuifend» 
Stelle.  —  Zweistündlich  wurden  zehn  Tropfen 
der  Tinct  Opii  crocat  mit  der  Mandelmilch  ver«« 
ordnet.  —    Den  18.  Febr.   Pat.  hatte  zweimal 
die  Tropfen  bekonfiaiett  und  ziemlich  geschlSf» 
fen;  die  Hand  schwoll  stark  an,  der  Schmeto 
mft&ig,  keine  deutliche  Fluctnation  vorhanden« . 
—  Verordnet  wurde:     innerlich    ein    Aufgnlk 
der    Flot.    Amic.    mit   söhwefelsanrer  Bitter- 
erde, Brechwein   und  Oxym.    simpl.,  -^    &q* 
berlich  Einreibungen  von  grauer  Quecksilber«» 
salbe,   abwechselnd  mit  lauwanAen  UmschliM 
gen  von    einem   Infus.- Flon  Chadioimllae  mil 
Bleiessig  und  Tinct.  Opii  sirapL  —  Am  19.  W(^ 
bmar  sah   der  Arm  mifsfarben  ans,    und  der' 
Uebergang    in    Brand    schien    bevorznstehenw 
Pat.  hatte  fünfmal  Oeffnung  gehabt  ,^  der  Pals 
begann  zu  sinken,   die  trockne  Zunge  etwas 
schwärzlich  zu  werden.     Abends  fand  ich  me 
schwächer   und  verordnete  15  Tropfen  OpiuoH* 
tinctur.'   —    Den  90.  Febr.  Kein   Schlaf.    Ich 
machte  nach  oben,  unfern  vom  Ellenbogen,  ei<^ 


nen  tiefen  Kitischnilt ,  aber  ohne  Biter  antn- 
treffen.  Alle  Umaläade  schJeneu  aiizudeutqii, 
dafB,  wenn  Eiter  in  der  Tiefe  vorhanden,  die- 
ser sich  au  der  iimern  Seile  des  Arms,  diohl 
an  dcnKnorheii,  und  zwiiclien  den  grafse»  Ge- 
fa&eD  befinden  werde,  und  hier  wagte  ich 
aiebt  emzuschneiden.  ~~  Unmittelbar  nacli 
dem  Einschneiden  erbrach  sie  sich.  Da  der 
Einschnitt  seinen  Zweck  verfelilt  hatte,  so  zog 
ieb  ihn  mit  Hefl|)(lasler  wieder  zusam  vea.  — 
Den  Tag  Ober  wiederhohe ,  sieh  das  Erbredieo 
Docli  mehreremale.  —  Den  21.  Febr.  Pat.  ball« 
fast  ununlcrbrociieu  geschlafen,  keinen  Schmitz, 
wiederholt  gebrochen,  eir  ml  ßüssigc  Oelfaung 
gehabt;  der  Arm  schien  f  st -abgestorben ,  war 
Hehr  mil'sfarbon ,  die  Haut  gerunzelt,  bleifarbeo, 
der  Puls  hundcrtschlagig,  weieh,  schnell,  ioeb 
nicht  leer,  die  Zunge  weniger  trocken.  —  Ver- 
t&änet  wurdeilein  Aufguls  der  Rad.  Serpeott- 
riao  mit  Syrup.  Cort.  Auraut.  und  SdinefeJ- 
äther.  —  Abends  klagte  sie  über  Beklommen- 
heit, der  Puls  war  sehr  schnell  und  häufig,  die 
Baut  mit  Schweifs  bedeckt,  dabei  hatte  Pn. 
fortwährend  viel  geschlummert,  —  DenSS.Febi. 
£ine  ruhige  Nacht,  kein  Scbmerz,  die  Ge- 
schwulst welk,  nicht  empfindlich,  dio  B^qb- 
nebheit  dauerte  fort,  die  Zunge  war  troekoi, 
die  Temperatur  der  Haut  vermehrt.  Pub  wie 
oben..  —  Bei  dem  Gebrauch  einer  berubigen- 
ilen  MandelemulsioD  mit  Aqua  Amygdal.  ainai. 
lud  einem  kleinen  Zusatz  von  Schwefelälher, 
hatte  Pat.  wider  »lies  Erwarten  Abends  wie- 
der heftige  Schmerzen  in  der  Lendengegend, 
an  denen  sie  schon  soust  litt,  auch  sich  ein- 
mal erbrochen;  die  Temperatur  der  Haut  wu 
vermehrt,  die  Zunge  braun  und  trocken,  der 
Puls  jagend,  das  Gesicht  sehr  roth,  der  Athen 


—     It5    -r 

beklommen,  der  Arm  ohn«  Schmerz,    Die 
delemolsiou  liefs  ich  mit  einigen  Tropfen  Opium- 

'  tinktur  nehmen,  und  anr  Beruhigung  der  Pst« 
auf  die  schmerzhafte  Stelle  der  Lende  Emplast« 
diachyl.  mit  oineri  Zusatz  von  Opium  legen.  •-^ 
Den  SSsten  Febr.  Kein  Schlaf,  Schmerz  weni- 
ger stark ,   Zunge  ganz  trock^'  und  dunkel- 

, braun,  die  Haut  trocken,  ihre  Temperatut  te- 
höht,  Durst,  Beklommenheit;  der  Arm  ohne 
Schmerz  von  normaler  Temperatur,  ganz  weich, 
nicht  mehr  ödematös,  die  Geschwulst  nimmt  ab, 
Pat.  kann  den  Arm  wieder  bewegen.  Beisoheipba- 
rem  Nachlafii  des  bisherigen  Hauptleideus  machte 
ihr  aber  der  Lendenschmerz  nm  so  mehr  zu  schaf- 
fen, der  den  Tag  über  wieder  zunahm  und  ihr  ganz 
unerträglich  wurde.  —  Ich  lief«  d^her  Abends 
eine  Saturation  von  Kali  carbonic.  mit  Citro- 
nensaft  nehmen  und  zu  jeder  Gabe  einige  Tro- 
pfen Tiuct  Opii  crocat.  hinzufugen,  -*  und  &a- 
fserlich  eine  Einreibung  mit  Opium  gebrauchen. 
Am  24sten  Febr.  hatte  Pat.  ziemlich  |;eschla- 
fen,  und  der  Schmerz  hatte  sich  mehr  im  gan- 

-  Ken  Kdrper  vertheilt.  —  Der  Arm  wurde  mit 
einer  Abkochung  von  Weizenkleie  und  weifiier 
Seife  gewaschen.  —  Abends  klagte. sie  wie- 
der mehr  über  den  Arm,  sie  hatte  wahrscheinlich 
auf  demselben  gelegen.  —  Den  SSsten  Febr. 
Pat.  hatte  zweimal  während  der  Nacht  die 
Tropfen  bekommen.  Bis  ein  Uhr  war  sie  un- 
ruhig, von  da  an  aber  hatte  sie  ganz  still  ge- 
legen ohne  über  Etwas  zu  klagen.  Der  Atheln 
war  regelmälsig  und  kaum  hdrbar,  die  Augto 
fest  geschlossen,  das  Gesicht  geröthet,':tdie 
Wärme  natürlich,  der  Puls  bundertschlägig, 
weich,  schnell,  mäfsig  gefüllt,  der  Harn  ging 
unwillkührlich  ab^^'nur  mit  Mühe  konnte  mtfn 
der  Pat  Etwas  beibriiigeD.    Anfang  der  Nacht 


-     118    — 

hfttte  sie  irregeredet,  später  aber  war  sie  nifr- 
der  ganz  bei  sich  goweseu.  Den  Abend  klagtt 
lie  von  neuem  über  die  Lendenscbnaerseo  obiI 
ich  liefs  daber  zweistündlich  15  Tropfen  Opium- 
tinkt'jr  in  Zuclierwasser  nehmeu.  — -  Den  2&alen 
Febr.  PaL  hatte  die  TtopFen  dreimal  genomaen 
und  eine  recht  ruhige  Nacht  gehabt.  Sic  lag 
still  hin,  wie  wenn  sie  scbhefe,  allein  das  Ge- 
sicht wsr  sehr  catstellt,  eingefallen  ,  spitz,  itKi 
Kiemlich  geröthet,  die  Wärme  natürlich,  ifi 
Puls  von  hundert  und  zwanzig^  Schlägeo,  wticfi 
schnell  und  klein.  Die  Haut  klebrig.  £a  konnte 
ihr  uichls  mehr  beigebracht  werden.  —  £ri 
MU  37stcu  Morgens  um  7  Uhr  endete  ein  suf- 
tes  Tod  ihre  Leiden. 

Dafs  ich  es  hier  mit  einer  VeneneotaÜHfosg 
zu  thun  halte,  leidet  keinen  Zweifel ;  ilifr  F'c 
entstand  dieselbe?  Gleich  nach  dem  Adeiluie 
hatte  die  Kranke  keinen  Schmerz  empfiwicnt 
man  konnte  also  nicht  annehmen,  daTs  dieVei- 
letzUDg  der  Ader,  einer  Sehne  oder  einesNef 
ven  Veranlassuag  hiervon  g^ewesen  sei  ^^ 
>  «m  Schnepper  ein  schädlicher  StolT  sich  ti«fii>- 
den,  liefs  sich  nicht  ermitteln,  eben  so  wenig* 
-ob  hierbei  irgend  eine  Dyskrasie  niitgewiili' 
ihobe. 

Die  Kranke  befand  sich  gleich  nach  dff 
Verletzung,  und  auch  nachdem  die  Entzüodu! 
bereits  begounen,  im  Allgemeinen  wohl  und nu 
fieberfrei.  Erat  mit  der  Zunahme  und  Verbiet- 
taug  der  Entzündung  stellten  sich  allgemünert 
Zufälle:  Stärnugeo  im  Verdau ungsgeschaft,  sf 
letzt  ein  nervöser  Zustand  und  jener  eigw 
jlhümliche  Lendenschmerz  ein,  der  deu  üiW- 
lauf  der  krankhaften  Erscheinungen  zu  beschul 
itfeen  schien.  Alle  diese  Zustände  konnten  alw 
keine  Ursachen  der  Eutzundung,  sondern  viel- 


—    187    — 

mehr  erst   Folgcm  derselbeu  sem.    Was  diese 
iwsprunglieh  heryorgerufoiiy   bleibt  völlig  uner- 
;4iU&ri.  -—  Aber  aueh  die  eigentliche  BesqhaffiM- 
.^^Mit  der  fiDtsuodiiiig  selbst  ist  üweifelhaft    Eioe 
'?tegenaiuite    reine   Bntzündung  war   es    nicht, 
(denn  senst  wurde  viel  früher    eioe  lebhaftere 
V.fihegenwiEkiMig,  und  entwedef  bald  völlige  Zer- 
-tiieilaog  oder  guturiige  Eiterbildung   in-  Form 
toiner  mehr  umschriebenen  Eitersammlnug  eiit- 
'  --standeu  .sein.    Die  lUjBifite  Venvandtschaft  hatte 
-nie  noch  mit  der xosenartigen (galligen) Eolsoii- 
idung ,  der  mdk  sp&ter ,  noch  die  Neigung  cum 
fichwarsgaUigen  zugesellte;    wie    dieses  «ich 
nvch  anderweitig  dürdi  Brechreiz ,  braunbelegte 
•Konge  und  g|6lhlicbe.Ge8iehtsfarbeheraus6tdtoe. 
Allem  aufser  diesen  schien  :gleichwohl  noch  et- 
.:was  Eigenaoliges  (Specifischues)  mit  im  Spiele 
-«u  sein,  dessen  wahre  Beschaffenheit  mir  räth- 
•eelfaaft  bleibt.    Genug,  ioh  haue  es,  nachdem  , 
jsaeh  die  driliche  Krankheit:  vollständig  entwik- 
-kelt,    mit   der   Krankheitsform    su   tban,    der 
JRust  den  unlogischen  N&men  y^falsohe  Aotr" 
rgiebt. 
.    I        Was  die  Behandlung  hetrifit,  so  war  die- 
selbe vom  An£ange.  an  zu  unbestimmt,  zaghaft 
«ind  schwankend,    als    da(s  sie   ein  gänstiges 
Srgebaifs    hätte  haben  können.     Wiederholte 
Blutentsiehungen,    namentlich    durch  Blutegel, 
kritftige  Einreibungen  der  grauen  Quecksilber- 
salbe  und  der  entschiedene  innere  Gebrauch 
das  Calomel,  selbst  bis  zum  Speichelflusse,  wa- 
ren die  (Mittel,  welche  hier  angezeigt  waren. 
Die  wannen  Bühnngen,  besonders  die  Breium- 
schläge,  die  fast  jedesmal  den  Sehmerz  Und 
den  gan:&en  Entzänduugszustand  steigerten,  wa- 
ren dben  auch  nicht  an  ihrem  Orte.    Auch  ha- 
-ken  die  zu  leieUich  gegebenen  Salzalifübrun- 


r 


gen  sicherlich  den  Eintritt  dos  nervösen  '£a- 
Btfindes  beschleunigt.  Jedenfalls  wäre  neben 
der  ADweoduug  des  Quecksilbers,  besonders 
damals,  als  sich  der  nervöse  Zustand  ubtct- 
kemibar  entwickelte ,  die*  Arnica ,  kräftig  und  ^ 
anhaltend  in  (Gebrauch  gezogen,  bei  weit« 
heilsamer  gewesen,  besonders  in  VerbhiduDg 
mit  Chlor-,  Salz-,  Schwefel-  oder  Phospbor- 
säurc,  von  deren  Anwendung  ich  mich  abhal- 
ten licfs  durch  die,  vielleicht  vorgefafste  Mei- 
nung der  Kronken,  dafs  sie  keine  Säuren  ver- 
tragen  könne.  —  Angehend  endlich  die  von 
Jlust  so  sehr  empfohlenen  dreisten  tiefen  ond 
langen  Einschnitte,  so  will  ich  nicht  laugneo, 
daiis  dieselben  hier  sehr  zweckmäfsig,  möglicber 
Weise  sogar  lehensreitend  gewesen  sein  köim- 
teu ;  allein  es  hat  mit  dergleichen  OpcratioaeD 
in  der  l'rivatpraxis ,  besonders  an  kleinen  Or- 
ten und  auf  dem  Lande,  seine  eigene  Bewandt- 
nifs.  In  der  Hegel  scheuen  die  KraiikcD  und 
ihre  Umgebungen  so  gewaltsame  blutige  Ein- 
griffe, und  wird  der'gewänschte  Ausgang  nicht 
erzielt,   stirbt  der    Kranke    wohl    gar,   dann  ist 

~«ll  um  den  Kuf  des  kühnen  Arztes  ^fetchehen 
nnd   seine   Wirksamkeit    geßhrdet.'     Ohnehin 

.,h&tte  man  in  unserm  Falle,  um  nicht  wichtige 
Nerven  und  Geräfse  zu  verletzen,  gewissermi- 
Isen  präpariren  müsseo,  da  weder  beisLiaiiiite 
Fluktuation,  noch  sehr  deutlich  ausgesprochne 
erweichte  Stellen  den  Sitz  des  Elters  deal- 
tich  nachwiesen.  Ueberdies  tat  in  dieser  Be- 
ziehung den  erweichten  Stellen,  Avenn  sie  auch 
wirklich  unzweideutig ,  vorhanden ,  in  Bntzäi-  1 
düngen  dieser  Art  nicht  immer  so  anbedingt  ! 
zu  trauen. 

Zum  Schluls  noch  ein  Wort  ober  den  Len-     . 
deoscbmen,  der  sich  gegen  däkB^de  der  Krank- 


heit  so  unerwartet  einstellte.  Ich  kann  densel« 
ben  nicht  als  ein  unmittelbares  und  ungemisch- 
tes Ergebnils  der  Venenentzändung^  der  sich 
höchst  wahrscheinlich  im  spatem  Verlauf  auch 
Nervenentzündung  beigesellte,  ansehen.  Die 
Neigung  dazu  war,  wie  wir  bereits  gesehen, 
schon  von  früherer  Zeit  her  vorhanden,  der 
Schmerz  selber  hatte  wohl  seinen  Sitz  in  den 
Hauten  des  Ruckenmarks  und  der  Lendenneiw 
ven;  ob  derselbe  gichtisch  oder  rheumatisch  war, 
bleibt  dahin  gestellt  Dafs  indeCs  die  veran- 
lassende Ursache  in  dem  Entzfindungszustande 
des  Armes,  und  dem'  nachher  hinzugetretenen 
Allgemeinleiden  zu  suchen  sei,  ist  wahrschein- 
lich und  zugleich  bemerkenswerth,  dalli  dieses 
Leiden  erst  dann  eintrat,  als  der  Brand  im 
kranken  Arme  bereits  erkrachen  war.  Es  fimd 
also  eine  eigenthumliche  Art  von  Uebertragung 
statt,  keine  eigentliche  Metastase,  sondern  nur 
ein  anderweitiger  Ausbruch  der  Flamme,  die 
auf  dem  alten  Heerde  keine  Nahrung  mdbr 
fand,  und  nun  den  für  sie  empfIngUchsten  Ort 
sudite.  — 

(Fortsetzung  folgt.) 


.  .1 


lMra.XCIII.B.4.St. 


\ 


I 


K>«'k<iiB?  e     N  a  c  h  r  i  o  fi  I  en 

und 

A  u  S  Ä  ti  g  c. 


'*'.'!'  Dr.    Fr.    Xussc, 

,ßtS,,  M*J.  finiA  iiiiii  Direclor   der   turdiciM»rirn  Klmi 


M>  <• 


M^Bmkf  ■ 


Seit   der   Rrsclieinnng  meiner   kleinen    Scbrifl  üi>«t  Sv 

Dnterscheiiliing  des  Soheintode«  vom  wirklichen  Tode,  hiif 
ich  die  Onlennctiungen  der  Magennärnie  dar  Gtitor- 
benen,  wo  icli  Gelegenheit  dazu  batte,  unabtäni^  Id"- 
geaelzt.  Das  Krgebnifi  nar  da«  aucb  bei  den  frölietii 
HesiDngen  gefundene,  dafs  die  Warme  in  einer  Cmje- 
bung,  die  kälter  isl,  als  die  KÖriier,  von  dem  Auftöro 
des  Albemtiolcns  an  forlEcbreilend  sinkt.  £g  Ut  bief  »' 
Nachweisong  des  in  diesem  Sinken  Statt  findenden  Vti- 
hültniiiea  genügend ,  nur  inei  der  luletzt  angestdUa 
MeMingen  nachstehend  aniurilbren: 

A.  1«  die   Leiche   eines   nenn  uod  iwanzig  Jihr  w 
gewordenen  Lungcnsc[i«indsüclilig«n, 

il.  Die  eines  in  demselben  LebenMlIer   aa  Meni>r' 
lis  cerebralii  erstorbenen  Mannea. 

■  >■  t  »  ll>  (>■>.■". 


Etgtbnm 

obei  A. 

i 

II 

1 

i 

B 

8 
•8-1 

1 

s 

«s      - 

10,      — 
1?      - 

16i      - 

1^      - 

28" 
27» 
25" 

IS" 

IV> 

11" 

100 

I     SlDnde. 
3-      — 
5j      - 
7        — 
«        - 
11        — 
13-      — 
15,      — 
IT         — 

i4   — 

28» 
26" 
26» 
24» 
23° 
22» 
20» 
17» 
15- 
12i- 

lOi^ 
10" 

Br, 

bnisH   bei   B. 

1 

1 

^ 

1 

1 

11 

1 

¥ 

11 
1 

^ 

i 

i 

2  stunden. 

274» 

w 

3i  Standen. 

27» 

14" 

12" 

2«» 

12« 

e     - 

24» 

7      — 

V4" 

8      ~ 

LT 

11* 

S      — 

?,1» 

131      - 

9» 

18      - 

IT- 

a» 

16' 

9' 

21      — 

IS" 

11» 

24        — 

13» 

n» 

Anab  venn  "An  Aiflfaaten  i^  4lbntlW  TW 'Indfaw 
her  bewirkt  w,  nebm  Am  Sdiirindan  der  WlniB  .de«- . 
'  (elben  Ging.  Necbdeman  eloerFno,  dieeUi  iniTibB" 
■ime  en  fbrem  RilitmhB  erbeat^  alfer  nur  ehdg«  lUBnj 
ten  gebangen  bMe,  tuti  Btaoden  lug,  wSbrrad  ■it'lln 
HHtel  nicht  idt  Bud  «aRn^  eftwediMlndat  DiSefce^  M 
die  horten  RippMi  aid  wif  dM  oberei  -  •      -      - 

wobei  i)t3i  mit  JeBem  Itnikt  ii  die  E 
-      '  I  Matad  edROUM  FlaonMdek 

I  S 


)bem  Tb^  der  BnÜL 
die  BjpoAoiUdi  ibw 
Mek  iMWsgtk  i  W  1^ 


^  —    13«    — 

Reiben  und  iet  »d!  die  Mtgengegenä  grätete  SUiU  ei- 
ner KerzenSamme  ebne  eine  äaber«  Spur  des  mriet- 
IcHiteadeD  Letiena  uigea-andl  worden,  vac  die  Wiima 
im  Innen)  det  Magetii.  ungeaeliiet  jener  tod  anfiM 
gekommenen  HariDemföhrang  dm  SUmden  oacl)  dem 
Texte  bei  einer  Zimmerwärme  ton  14'  aal  28"  und  i«n 
Standen  danuf  idion  aul  25°  gesonken. 

TetMche  an  Tliieren  gkbea  rän  gleidea  Renillat. 
Halte  bei  Kaninchen,  die  an  Ptar  Mimutea  lang  mit  deot 
Kopfe  uQter  Wauer  ^tlsurlil  «orden ,  dai  Albemholen 
ftofiebÖrl,  und  waren  sie  dann  lane  Zeil  lang  aicfa  oiM 
iberlauen  geblieben,  lo  sank  ibre  innere  Wärme,  «ab- 
rend  kdoe  andere  Zetcben  Tefrieiben  ,  dals  «ie  ticb  Bie- 
der eitglten,  in  Kiaem  (ort  von  Grad  ^d  Grad.  Ebeau 
mhn  dia  Wärme  forttdireilend  ab,  wenn  ilinea,  aia> 
dsb  lie  wieder  Zeicben  von  Leben  gaben,  LoA  ei*' 
Cebluen  wsrde. 

Dm  iD  lelien ,  ob  nicbt  Tielläclil  VeHampfiing  im 
Higeo  die  Wärmeabnabme  in  ihm  betrScbUirJi  bcsdilro- 
njge  ,  ward  einem  Kaninchen  eine  PortiOB  Weiogoil  in 
den  Magen  ge«|irlut,  und  dann  die  Wärme  in  dieaeo  §*■ 
■neuen.  Vor  der  EinE[>riUung  betrug  diese  30*,  Mix" 
Minuten  nacb  der  Einipritzong  31Jo.  acht  Mianlea  ifÄ- 
ter,  nacbdem  dai  TLier  gettoiben.  A0°,  (üof  MiiiBfeo  du- 
Ulf,  ebenfalU  30°,  dann  nach  5  Minolen  Z&J",  tcbo  Mi- 
nuten ipnler  29°  und  eben  ao  viel  drei  Viertelumide  sach 
■1er  Binipritzung:. 

tti  wurde  ein  Kaninchen,  gleich  nacbdent  ei  dorcli 
Zuichniitung  dei  Haltet  geiödlet  worden,  Ut  an  den 
Kopf  in  sin  durch  Biislüde  bti  auf  I  bia  j  ■  erkalielf) 
Tt'auer  getaucbl.  In  der  erden  halben  Stunde  aant  die 
Uagennäcme  bei  ihm  um  6J°,  in  der  zweiten  um  llj°, 
in  der  Uiilten  um  7°. 

Ein  ohne  Wiederbeginn  eine«  deatlicbeR  Albemliokni 
bei  einem  Kaninchen  dadurch  bewerkatelligiea  Klettriiim 
dea  Zwerchfell*,  dafs  auf  zwei,  lom  Bauche  her  blofi  gdegle 
Stellen  von  diesem  kleine  clettri^cbe  Faokrn  geleitcl 
wurden,  binderte  das  fortschreitende  Sinken    der  Warn' 

Um  zu  «eben ,  wie  weil  die  MagenwÜrtnc  abnebm:n 
könne,  wahrend  das  Leben  noch  dauert,  wnrde  diecelW 
bei  einem  Kaninchen  gemessen,  das  sieb  bis  an  den  Kopt. 
so  dafs  es  ongehinderl  Aihembolen  konnte,  in  einem  durdi 
Kisslücke  bis  auf  1"  bis  }  "  erkalteten  Waaserbade  betanJ 
Die  Vi'irtne  im  Mageo  ging  binnen  zwei  Stunden  bis  »f 


—    138    — 

15^  R.  berab;  dann  erfolgte  aber  der  Tod.  Dieses  Kr- 
gebnifs  stimmt  mit  demjenigen,  welches  Chauisat  {Mleckeit 
Archiv  für  die  Physiologie  Bd.  7«  S.  283^  ai^  einem  Bunde 
erhielt^  der  Verschiedenheit  befder  Thierarteii  ungeachtet, 
bis  auf  einen  nur  geringen  -Unterschied  iibertin. 

Bei  ungeschwachter,  oder  nnr  wenig  geschwächter 
Kraft  des  Magens  sinkt  die  Wärme  in  diesem  dorch  Ter- 
scblacktes  Biswasser  nur  am  einige  Grade  and  blofs  ?or* 
übergehend.  Obichon  die  Ttiermometerkugel  bei  einem 
an  ein^r  Schlnndverengeiung  leidenden  Manne»  bei  wel* 
cbem  das  Hinbringen  einer  Sonde'  durch  {den  Schlund  zo 
seiner  Kur  angewendet  ward^  ganz  von  dem  halben  Maafs 
Wasser  von  10^  Wärme,  das  er  eben  getrunken,  tn  seineih 
Magen  umgeben  war,  so  zeigte  doch  das  Quecksilber, 
2  Minuten  nachdem  das  Wasser  verschluckt  worden,  noch 
262  ®,  worauf  es  alsbald  wieder  zu  steigen  anfing,  so  dals 
es  in  einer  Stunde  wieder  auf  29^  stand. 

Gewifs  kann  der  Tod  eingetreten  sein,  ohne  dafs  4i* 
innere  Warme,  weil  sie  von  aufsen  her  unterhalten  vftrd, 
sinkt;  sobald  aber  die  Magenwärme  sich  selbst  überlassen 
wird,  geht  sie  in  einem  fort  bis  zu  der  WSrme  der  At^ 
mosphäre  herab.  Bei  jener  durch  Selbstmord  G«storbe^ 
nen  stand  sie  im  Magen  durch  die  auf  das  Kpigastriom 
geleitete  Kerzenfiamme  ]|  Stunde  nach  den^  Auibören  des 
Athemholens  zwar  auf  35"  in  drei  Stnndcn,''aber  schon 
auf  28®,  in  fünf  auf  26®.  Es  war  nicht  nöthig,  diese» 
Yerhäknifs  durch  einen  Versuch  an  einem  Thiere  noch 
weiter  zu  erforschen ;  als  indefs  in  anderer  Absicht  die- 
ser Versuch  angestellt .  wurde,  ergab  sich  das  intfereiMinte 
Krgebnifs^  dafs  das  Sinken  der  Wärme  in  einem  HanSn* 
chen,  das  einige  Stunden  lang  nach  dem  Aufhören  des 
Athemholens  in  einem  Behälter  von  30®  bis  auf  31®  ge- 
wesen und  dann  an  die  Atmosphäre  von  16®  gebrächt 
worden  war,  schneller  sank  als  die  eioeil  zweiten  von'  glei- 
cher GrÖfse,  das  bei  dieser  äuftteren  Wärme  von  16®  mich 
getödtet  worden,  was  dann  mit  anderen  Krscheifiungien 
dafür  spricht,  dafs  tn  der  ersten  Zeit  nach  dem  Aufhören 
des  Athemholens  noch  etwas  Wärme  im  •Körper  erc«u(^t 
werde  •  ■ 


■    I 


—    186    ~ 

Die  Frau  beiiatigte  was  der  Mapn  mir  berichtet  balU-: 
kaum  eine  halbe  Stande  nach  dem  Genufii  der  yerdaebti* 
gen  8ubi(taaz,  die  sie  lur  Zuckerbrod  gehalten  urtd  des- 
halb, jedoch  nur  Jeder  ein  kleio  wenig  davon  genosaea 
hätten^  hab^  sie  insgesammt  Würgen,  Erbrechen ,  Lei^ 
schneiden  und  grofse  Angst  überfalleiiy  lind  diee.  daure 
bei  ihr  noch  iDimer  fort  K.  habe  ihnen  solches  ?etii  ge- 
strigen Buttstädter  Markte«  wo  er  gewese«  wäre,  milge«- 
bradit,  selbst  davoQ  gegessen  und  eiaem  Jeden ;  ab  el* 
was  Seltenes,  ein  weaig  davon  mitgelbeiltb  Sie  habe  be* 
reits  Kiweifs  mit  Vasser  vermischt  nad  andere  acblei- 
migc  Getränke  xa  sich  genominen,  es  helle  ihr  aber  aUea 
nichts. 

Dafs  hier  die  Wirkung  einer  heftig  wirkendes  S«Ih- 
stanx  vorliege,  war  nicht  zu  veckennen;  was  es  aber  far 
»in  Gift  sein  oiÖge»  darüber  war  nicht  sofort  ins  Reine 
zu  kooHnen ,  aumal  der  K,  nicht  gegenwärtig  wat ,  und 
deshalb  weitere  Nachfojrschangen  bei  ihm  nidit  veranstal" 
tet  werden  konnten.  Da  es  in  Form  ven  ZuckeqilSti^- 
clien  gegeben  war,  so  vermuthete  ich  ein  corrosiv  wir- 
kendes Gift,  eine  ätzende  Säure. 

Ich  verschrieb  daher  in  der  Geschwindigkeit  eine 
halbe  Unze  Liquor  Kali  carbooici  mit  zwei  On«en  Althaa* 
«yrup  vermischt^  alle  } — |  Stunden,  dem  Kinde  eine« 
reichlichen  Theelötfel,  der  Prao  einen  Klsipffel  voll  an 
geben*  Das  StiJckchen  überkommenes  auf  Papier  gekieb«- 
(ev,  ohngefähr  6 — 8  Gran  wiegendes  Plätzchen,  übergab 
ich  dem  Apotheker,  um  sein  Urtlieil  darüber  zn  äafsens 
der  mir  eine  Stunde  später  sagte ,.  es  sei  Kiwas .  dn» 
von  durch  seinen  Gehülfßn  vor  dem  Lptlirohm  gepnift 
worden,  und  man  habe  den  Knoblauchsgerocb  dnntUok 
dabei  wahrgenommen. 

VJixe  nun  die  Arznei  zubereitet^  md-AUai  auwelt.gtfK 
diehen  war,  dafs  die  Frau  davon  einnehmen  könnt)»-,  wav 
uxhs  Uhr  herangekommen.  Dem  Kinde  haAte.  man .  z,wav 
(•(was  von  der  Arznei  einziiflÖfsen  gesucli^,,  esr  Jiaile  nJlicr. 
nicht  mehr  geschlackt»  und  war  ipfo.'  aqUi  eratarrti  und 
verschieden.  -7-  Das  zweiti^  K^nd,  wall iph  nicht  bftbnnd^e^ 
ein  Mädchen  von  7  Jiahcen,  hatte  in^  deinselben  Momente 
ebenfalls  auch  seinen. Geist aR^fgegßben. .  D^a^  Z,  aber,  ala 
sie  nur  den  ersten  Klsloffel  voll  von  der  Ar;inni  «ingenom^ 
men,  war  sofort  gerettet.  Alle  gefährlichen  Symptome 
waren  mit  diesem  einemmalc  Kinnchmen,  -—  es  ist  die 
leinste  und  trockenste  Wahrheit,  und  wahrlich  nicht  das 
mindeste  Ucbcitricbcne  in  dieser  Kede,  —  wabchnit  win 


wtMfWinhcft     Das  Efbraebea 
LflSichaeidefl   legte  neb,  die  kmpji  w 
Dntil  tofleicliea,  der  Pak  hob  neh  ■■ 
mmi  knuDpflot,  aad  eis  wtigemtmer  Schwilir 
htim^jMm  Winne  aad  Woblbcfindei  fcrti  ~ 
de«  pasen  Körper. 

Bei  Fortgebraocb  der  fenchriebeaea 
feraoer  Asweadang  ?ob  Kafiea,   ohi^gfibr   4^ 
fafaidncb,  geut  die  Fnm  ia  kwier  Zeil  •» 
delf  eia  idtdeai  wieder  eia  folikoiawa  gl 
dea  Klad  zor  Weit  geborea»  oad  da  icb 
itali  im  Aoge  behielt,  nie  die  aiaderte  B 
der  Vergiftaog  ia  ihren  Körper  leiipirt  hat^ 
baate  aiditsdavoa  fenport    8ia  irt  vieiawhrM 
frlMb,  alt  wäre  ihr  aiehts  begegnet,  ne  ubial 
so  ▼ollkomoiaen  GeeaadheiCnarttades  ah  aatar,  abgjhM 
(daf  Biseaoxidbjdrat,  ab  Gcgeagift  des  wcifiiaa 
oder  der  aneaigea  Saure  Toa  Bmmtem  aad 
AaÜaga  1837.  S.  63.)  bebaoptet  wird:  „toI 
•aadbeitfzastand  kehrte  ?or  der  BekaaatBadM^g 
GcgeagiftB  nor  selten  wieder  zoracfc.** 

Die  ttattgefondene  geriehtUebe  Sectioa,  dfe  iA  akbt 
geauMbt  habe,  lo  wie  weitere  Nachferaebaagca  habea 
apücrlda  ergeben,  daCi  die  Tergütong  mk  weymm  Arm- 
aft  aBTorMtzlicb  geschehea  war.  K1  warda  aiadMb  in 
Battitidt  auf  dem  Jahrmärkte  arretirt  and  iai  Gcfiagatfa 
gebracht;  datelbtt  fand  er  diefi  Znckerplitacbaa;  «aa  ab 
yertiigangtmittel  gegen  Ratten  aad  Minw  daUa  gelegt 
war,  ateckte  es  ein,  ab  da?oa  and  theille,  in  der  Mdh- 
aaag  Zackerbrod  gelbnden  za  habea,  sdaea  gatea  Pkaaa- 
dea  ebenbHs  mit.  Da  er  seibat,  boaa  ide^  davoa  geaaa- 
aea,  die  öblen  Wirkongea  ebeafalb  aaeh  aoüart  vmpirt; 
ab  ein  wahrer  3€jihriger  Athlet  aber  aichta  ib^cgoa  ge- 
brandrt  oder  hat  braochenwoHea,  ao  isl  er,  in  dvNa^ 
▼oai  8len  zom  9ten  Tage  nach  dem  Geaabi^  cleadi^licb 
daiaa  gestorbea. 

Ich  halte  die  korze  Bekaantaiachnag  dieser  Baobacb- 
tang  aicht  far  uberflössig,  da  sie  mit  der  voa  deai  Hra. 
Madidaalrath  Pr.  EhttM  in  Brerian  Ia  Mm^a  Magana 
Ar  d.  gaaammte  Heilkoade  (Jahrg.  1837.  Bd.  Sa  HB.  3. 
8*  613.)  ▼eröffeRtlicbten ,  genaa  zBaanuaeatrifll,  aad  aat 
ihr  Hand  in  Hand  gebt 

Dort  hat  nämlich  Eberg  gegen  VergiBaag  nut  Scbwa- 
felsaare,  wogegen  Ton  OrfUm  CkriMiison  aad  Aadara  (Uai- 
▼ersal-LezIeoa  von    1835.  8.  155.  Addoai)  ■ 


—    1»7    — 

Magnesia  mit  Wasser  vermischt  und  concentrirtes  Seifen- 
wasser  nebst  örtlichen  Blotentziehnngen,  schleimichter 
Diät  0.  B«  w.  empföhle!  worden,  ähnliche  schone  Resohate 
dnrch  die  Anwendung  des  LIq.  Kali  carbonie.  erhalten. 

Neon.  Stunden  spater,  als  die  Vergiftang  Statt  gefun- 
den hatte )  erhielt  Ich  dies  nberraschend  gute  Resultat ; 
wie  viel  Gift  die  Frau  bekommen  hatte,  lifst  sich  nicht 
sagen,  es  mu(s  aber  wohl  schon  von  Bedeutung  gewesen 
sein,  da  es  solche  heftige  Vergiftungs-ZufSlIe  herbeifah- 
ren konnte,  die,  wenn  nicht  schnelle  Hülfe  gebracht  worden, 
das  Leben  der  Frau,  so  wie  bei  den  übrigen  dreien,  ein-, 
sieben-  und  dreifsigjahrigen  Personen ,  gewifs  zu  Tertil* 
gen  im  Stande  gewesen  wSren. 

Von  dem  Bisen- Oxyd -Hydrate  konnte  ieh  Im  Torlfe- 
genden  Falle  pm  defswillen  keinen  Grehrauch  machen, 
weil  es  au  der  in  Rede  stehenden  Zeit  hier  nicht  ?orrathig 
war,  und  unterm  22.  Aug.  y.  J«  von  der  bocfalöbl.  Regle* 
rnng  in  Merseburg  die  Beschaffung  ond  Vorrathighaltong 
desselben  in  den  Apotheken,  so  wie  dessen  Anwendung 
In  sich  ereignenden  Fällen,  erst  angeordnet  und  empfoh- 
len worden  ist. 


3. 

Praktische  MisceUen  und  Lesefrüchle  am  der  aiiuilan' 

disAen  Literatur. 

MiigeikeiU 
vom 

Med.Rath  Dr.  Busse, 


(Fortsetzung.) 


Lähtming  heider  Nervi  facialeSf  dwrchMeetro -iMagne- 
iismus  geheilt,  —  E^ne  höchst  seftene  Beobachtung  der 
Art  machte  Herr  CoosfimlMi  Jamet  in  der  Praxis  Mofen- 
die's  zu  Paris.  Gegenstand  derselben  war  ein  sohwach- 
li<^hes,  aber  vorher  gesundes  Madchen  von  22  Jahren.  Zu- 
erst verminderte  sich,  ohne  bestimmte  Veranlassung,  die 


Beveglicbkeil  der  Augunliadei  äeß  linben  Augu, 
wurden  Sliin-  und  Scblüfe-MusLeln  anil  endUcli  Kina  1 
md  Liften  ei'läbfiil  unri  mcti  redils  gezogen.  Bieri° 
ee«e|[|e  aicli  alsliald  ain  Gcrübl  von  Bingesclifafaiigei*  der  I 
Ziingu  und  eine  geaieigertB  Kio[ifindlichkeit  des  Obn.  | 
'  Beides  duuerle  alier  nDr24Slandtn  und  vencliwKnd,  ob» 
Sil)  rang  der  Zungenbenpeangen  zu  rück  zu  lauen,  lu 
zeigte  «icti  al«o  eine  Veriieüung  der  liiilieH  Gesicbtgliällic 
nadi  recUs :  Oniermügen,  Kinn  und  Mund  gerade  zd  rii^' 
(en,  die  Slirn  zu  runzeln  und  die  Augenlieder  gani  w 
icblicrsen.  DetSpeicbel  flurs  ms  dem  tialb  uflenenMniiJt 
herab,  die  linke  Backe  lag  sr.lilalF  auf  den  Zahnen  u  ati 
wurde  btim  Aiiasthinen  aiifgeblülit.  Pie  Seosibilitll  i" 
gsiueii  Seite  enchien  aber  ungelrütit.  —  Herr  Mageti^ 
vecordnele  dia  Anwendung  des  GakanisninG  nitt  Acuiian- 
dHr>  ßine  Nade)  nnrde  in  die  linke  Paroti«  ,  «ine  X'rilt 
aikcceuiie  in  die  Gegend  des.  FeraminiB  !U|irqDrU)U^ 
iafraarbilalis  und  niaxillaris  eingebraobl  iKid  luii  JenCun- 
dq«toren  der  Clarke'schen  Mnidiine  in  Verbindung  gMciii. 
deren  Kad  Anfan^B  langiamei;,  dainu.  sclineller  gedielil 
wurde.  Jeiiegsivantscbe  Cuminutton  erregle  in  den  tni- 
ben  Tfaeilen  lancinirende  Scfamerzen;  e«  erfolglei  ibi.'' 
wenig  MuskelcatitrACtlonen.  Täglich  wurde  du  An- 
wendung äei,  Galvaniiinius  wiederlioll  uiit  iler  Tariiliun. 
Hat»  zuweilen  statt  der  zweiten  Nadel  der  Knopf  dei  eiien 
Coniiucroia  auf  ,ti.-  Sdileimiiaut  des  Miindej  a|j|>lmf( 
wurde.  In  den  ersten  neun  Tagen  zeigte  sich  veoii  Ver- 
änderung; dann  aber  scliien  fifii  die  Siellurtg  der  Ttieik 
zu  TerbesBern,  ungetchtei  die  elAielnen  Bewegungei  locb 
teineiwegei  dem  Willen  gehorctiCn  1*plllen,  —  Nd*  ibec 
»teilten  licb  allmShtig  die^lben  Symiitome  aucb  aal  da 
bis  dahin  ganz  geiunderi  rechten  .Seite  ein  und  die  Pu>- 
l;ie  erreicble  daaelbst  in  wenigen  Tagen  denselben  Gnd 
der  Ausbildung,  obgleiob  inan  lofdrt'den  Galvanitmu  i» 
Anwendung -brachte.  Du  Gesicht  war  nun  nicht  m^' 
nach  einer  Seile  hin  »erzogen,  sondern  schlaff,  ohne  An»- 
druek  und  ohne  Bewegung,  Difl  §anze  PbTsiugnani' 
hatte  etwas  Tudte«.  Die  Augen  waren  halb  geöffnet,  ^ 
Augenbrauen  hetobgesunken ,  dit  Nasenllügel  eroiangellen 
der  nÜthigen  S^iannung  und  legten  «ich  dergestalt  srblaff 
an  das  Seplum  nariiim  an,  dafs  das  Athemhoten  dailurdi 
erschwert  wurde.  Wegen  unbeweglich  teil  der  Lippen 
war  dos  Reden  undeutlich  und  die  LabialbnChs laben  kuan- 
len  gar  nicht  ausgesprnchen  werden.  Beim  Re>|iirifen 
wurden  die  Lippen  auf-  und  abgeblasen  und  beim  Kauen 


—    IM    — 

seridben  die  «Speisen  swboben'  Bad^en  ood  Zahnficiseb, 
10  daüi  Pai.  sie  mit  des  Fingern  Wieder  anter  die  2Shne 
bringen  mafate. 

Dm  Allgemeinbefinden  blieb  ganz  ungetrübt;  der 
Kopf  war  frei,  Appetit  ond. Schlaf  normal. 

Beim  Fortgebraach  des  Galvanismus  erfolgte  die  Be»- 
lemng  und  zwar  zuerst  liftker  Sefts*  Sie  zeigte  sieb  da- 
dnrcb,  dafs  die  afficirten  Theile  jetzt  nacb  lUiks  verzogen 
wurden  und  Pat.  mit  federn  Tage  mehr  willkuhrliche  Be- 
wegongeii  Tornehmen  konnte«  Auf  der  rechten  Seite  er- 
folgte die  Besserung  viel  spater.  Man  erkannte  sie  daran, 
daU  die  Verzerrung  des  Gesichts  sich  allmahlig  ansglibb, 
und  die  davon  'abhängige  Störung  der  Functionen  nach 
und  nach  verschwand,  die  Kur  war  nach  30  Tagen  volU 
endet  — 

Dieser  Krankheitsgeschichte  fugt  ^er  Hr.  Verf.  noch 
einige  allgemeine  Bemerkungen  hinzu.    Die  LShmung  des 
7ten  Nervenpaars  ist  viel  häufiger  als  die  des  fiten.    Sie 
ist    aber   auch    von    geringerer    Wichtigkeit,    weil    sie 
blofs  die  Bewegungen   der  Gesicbtsmuskeln  beeinträchti- 
get,   diese  aber   zugleich  die  Sensibilität  derselben  und 
die  Functionen  der  Sinnesorgane  (des  Gesichts,  Geschmacks, 
Gerochs  und  Gehörs)  aufhebt.  —    Die  Paralyse   des   N. 
fodalis  stört  die  Nutrition  auf  keine  Weise,  wogegen  die 
des  5teo  Paars  selbst  Gangrän  zur  Folge  haben  kann.  — 
Die  Lähmung  der  N.  faciales  auf  beiden  Seiten  zugleich  ge- 
bort zu  den  gtofsen  Seltenheiten.  —    Die  Ursach  dieser 
Paralyse  kann  im  Gehirn  oder  in   einer  blofsen  A£fectlon 
des  Nerven  liegen.    Cerebralaffectionen,  welche  Gesichts* 
läbmung  mit  sich  fuhren,  sind   namentlich  Hirnblutung,* 
Brwerchnng,  Krebs,   Hydati.len  und  Tuberkeln;  sie  wer? 
den  ans  den  ihnen  eigenthumlichen  Symptomen  erkannt. 
Bemerkenswerth  ist  es,  dals  bei  Hirnblutung  zwar  in  der 
Regel  mit  der  Gesichtslähmung  zugleich  Paralyse  der  Rx* 
tremitäten  verbunden  zu  sein  pflegt ,  dies  aber  auch-  zu- 
weilen fehlt,  wie  es  namentlich  bei  Ihi§myfren  beobachtet 
wurde. 

Um  dies  lu  oaterscheiden  mids  man  danuif  nebten, 
daüh  wenn  in  Folge  einer  Himblotong  Pamiyae  desN.  facia- 
lis eintritt,  diese  nie  ganz  vollständig  ist,  vielmehr  immer 
noch  einige  Bewegkraft  in  den  Augenliedern  ^  der  Stim 
und  dem  Munde  zuriickbieibt,  wogegen  die  Lähmung  din- 


—     140 

Kt  Tbeile  eine  gans  follttüniliee  isl,  wehn  m«  aui  m 
blofaen  Affection  dea  Nervui  facialis  ohne  aUe*  Cenbnl' 
leiden  hervorging. 

Der  von  Herrn  Mageadie  angewanille  Ctarke'ri» 
electr»  -  mignetiichi:  Apparat,  an  welchem  Herc  Jim 
einige  ftlodificationen  ungebractit  hal,  ist  in  Parit  bcm 
Mecbanicus  Breton  zu  'erhallen. 


Eni)  hyilrMiaan.  —  Diesea  Millel  wird  Ton  ttfi 
■oben  Aerzlen  aeuerdings  gegen  Tbeumatiaclie  AfltctIoaB 
all  ein  eben  so  spezifisch  nirkendea  Mitt«!  «te  Hen> 
g^en  $j|ibllii  empfofalen.  Namentlich  soll  ilaa  höii. 
in  Verbindang  mil  Liq.  Potassae  bei  rheumaliKlier  Irib 
und  Bronchitis  (wie  Herr  Henry  Ret»  sieb  aDtdrörtll 
„gleich  einem  Zauber  den  Forlgang  der  K ran Lh eil  lu  hem- 
men veroiögen."  Bei  Bronchitis  iat  ein  Zuaali  iler  l^f 
cacnanliB  als  Bxpcciorans  von  weaentlicti  guter  Vakang.  — 
It|.'i  scbwüeLbchifn  leucotiblegmatiscliea  Subjadea  (i'lH 
loan  giNcbzeitIg  Cbinin  oder  ECUen.  —  GlettJuut  ipeii- 
fiaeh  ist  die  Wirkung  dea  Jodkaü'i  auf  das  LjiiipIii)tteB 
bei  solchen  Entzündungen,  welche  mil  ErgieCninE  '»< 
toagolnbler  Lymplie  enden,  wie  bei  Pmcardilii,  ibeuini- 
liadier  Hjpetirophiö  de»  Heriena  oder  anderer  Orp"- 
Man  läfit  alsdann  gleichzeitig  das  Mittel  ionertidi  nctmcB 
uod  die  Jodaalbe  äufserlicb  einieiben.  Jädkali  in  Veibit- 
dung  mil  Liq.  Potaaaae  sied  ferner  überaus  nötilicb  bei 
aCatem  Tiipper.  Das  Kali  hydrojodicuiii  iat  bei  ■eli'aiii- 
Itdien  Sabjecten  derbeste  Probienlein,  wenn  wir  in  i>e>-  1 
felbalten  Fällen  (ürcbten  Quecksilber  anzuwend»,  nie  I 
wenn  achon  viel  Mercnr  gebtaacbt  wurde  und  eiae  Mei- 
curialkachexie  entstanden  ist.  Auch  in  Fällen  von  Torgt- 
scbriltenen  Lungentiiberkeln  bei  jungen  schwächlicbn 
leo  CO  phlegmatischen  Subjecten  selbst  wo  schon  Tuberlel- 
bühlen  und  Kilerdepols  »ich  gebildet  haben  ,  bat  R.  fun 
Wirkung  \om  Jodkali  mit  Chinin  und  Bisen  gesehen  und 
glaubt,  dafs  dasselbe  in  allfrt  rbeumatianlien  Krankhdlcn 
der  Scbleinihänle  angraeigt  lei,  und  al*  otne  der  aoige- 
leichnetaten  unter  den  neuentdeckten  Bejlmltldn  betrach- 
tet'werden  müsse-  Oft  entstehen  Anfitnga  nach  demGt- 
hnrach  des  Mittels  Kopf*  und  Augenaämerzen ,  starte 
Abiandening  der  Nasenscbleimhaul    und  Oedem    der  Aa- 


—    141    — 

:enlieder.  Dieae  UnbeqaenilichkeSten  sind  (nach  II  )  Be- 
reise von  der  Wirksamkeil  des  Mittels  und  cessiren  beim 
^ortgebraecb  desselben  bald.  (TbeLanoet  16.NoTbr.  1839. 
«g.  ^81.  282.) 


HöUentiein  gegen  Bletmorhöe  lier  Harwöhire  und  der 
Scheide,  —  Ricard  tegft  einen  'elastischen  Katheter  in  die 
9arnröbre;  bringt  dann  in  diese,  mittelst  einer  Sonde, 
srelohe  noch  einmal  so  lang  ist  als  die  Röbre  selbst,  ei-, 
Ben  Leinwandstreifen  *  ein ,  welcher  zuvor  mit  HÖUen- 
Meinsalbe  bestrichen  woifden,  zieht  zuerst  ^ie  Sonde 
mid  dann  die  Röhre  aus  und  ISTst  die  Leinwand  liegen, 
oder  aber  er  bestreicht  ein  elastisches  Bongie  mk  dem 
Dnguent  und  fuhrt  dieses,  eiiy 

Auf  die  Scheideiiivinde  kann  das  Mittel  mit  HBIfe 
eines  auseinander  zu  nel^menden  j^peculum  uteri  in  Sob« 
stanz  oder  in  Solution  mit  eineih^  Ubarpiepinsel  aufgetra- 
gen werden.  Salbe  aa^^Aufldimig  jind  möglichst  frisoh 
bereitet  aozuwend^n.  Die  Lttsnng  dt^s  Hölleostelns  er- 
folgt leiobt.und  aobtieU.and  miNl'.faiae  die  Solution  eaeh 
Gefallen  verdännen.  Auch  die  Salbe  lafst  sich  am  besten 
bereiten,  wenn  man  auf  einem  Stuck  Papier  den  Höllen- 
stein mit  einem  Spatel  oder  Hammer  lerdriokt  und  mit 
dem  Fette  mischt*  Das  VerhSltnifs  ist:  1 — 4  Gran  Böl- 
lenstein  auf  1  Unze  Wasser,  5 — 10  Graii  auf  eide  Draehme 
Fett.  Diese  allerdings  grois^D  Gttbea  werde«  erfahrungs- 
mifsig  von  den  SobleimbSotee.  lehr  gut  ertragen.  (Gat* 
m^d,  1857.  p.  693.). 

(Fortsetkung  folgt) 


^ta 


-   IM   - 

Gaitriicbe  LeISin  mit  grofaer  Hinneigung 'innrifer- 
«b*en  blieben  fortdauern il  tlie  herrscbenden,  besonder»  in 
Pwn'ien  Darcbfälle*  und  gHatritch  nerTÖism  Fieber. 
Wciiger  bäitSg  leistln  ticb  f beumatftFjJ -.eBUrrhalUeha 
llfttb «erden,'  Sir  K jicbhuaten  blieb  in  gleiclier  Verbrei- 
tung wie  bn  vergkntefcen  Monnte.  Von  nkiileD  Auiuhlä- 
geo  ztA^eo  gi<±  die  und  da  Maiero. 


Spcciiflie 

Kranhk 

eil 

71, 

■' 

"ui 

;;{ 

Krankbeittn. 

1 

oll-, 

i 

1  ■ 

1 

i 

in  £äÄei,fd"^*cirsfr"ü 

Unmiilig  «"t-jt«»  gebo«. 

Unter  Krimpfen.        .        . 
An  Skronbafn.    . 
Au  Kbüdiilii.       . 

Lur 

1 

] 

S 

:^ 

Am  Croup. 

Ad  der  Kost, 

An  dar  (iebirnenlliindBne. 

l"n3:'.Är.srÄdn,s 

Am  FleokReber 

Au>  KiDdbelltleber    .        . 

Am  abzehrenden  FJiber, 

7-i 

1 

C.  W.   HufelandC^s 


Jo  u  r  n  a  l 


der 


practischen    Heilkunde. 


Fortgesettt 


▼  on 


Dr.   E.  Osann, 

K.  Geb.  Med.  Ratb ,  ordentl.  Profeitor  der  Medidn  an  der 
UniTenitat  ond  der  med.  cfaimrg.  AcademSe  lur  dit  Mittiidr 
zu  Beriin»  Director  desK.PoliUiD.Institati,  Ritter  des  wthm 
Adler- Ordens  dritter  Rlatte  mit  der  Scbleiis  und  Mitglied 
mehrerer  gelehrten  Greiellsehaften. 


(Jhrau,  Freund  j  ist  alle  neorie. 
Doch  grürn  dee  Lebene  goUker  Baum. 

Q6tke. 


V.  Stack.    NoTember. 


Berlin. 

Gedruckt  nod  feilegt  bei  G.  Reimer, 


•  \ 


.     ,    ' 


I. 

Ueber 

Schleim    und    Eiter. 

« 

Von 

Dr.  Franz  Simon, 

so    Berlin. 


Jlrer  practische  Ant  wird  nicht  leicht  m  Ao 
Veriegenheit  kommen ,  reinen  Schleim  mh  rei» 
nem  Eiter  zu  verwechsehiy  dagegen  ist  es  ihm 
oft  von  Wichtigkeit  y  eine  beginnende  lätenmg 
auf  Schleimhäuten  durch  die  erste  und  jraing- 
ste  dem  Schleime  beigemengte  Menge  Biter  mi 
entdecken.  Es  ist  braannt,  wie  nmn  sidi  vei^ 
geblich  bemüht  hat,  in  dem  moiphdogisdien 
Verhalten  der  Sddeim  -  und  Biterkfcperehen 
die  ndthigen  AnhaltqNmete  nn  finden^  da  Un» 
reichend  diaraeteristische  Unterschiede  nichc 
existiren^  und  es  ist  sicher,  dafii,  ^/mm  bwIp 
sdien  Elter  und  Sddeim  VertehiedeiDheiten  Statt 
finden,  diese  in  dem  Schleim-  midBiteisafte  mi 
sncbeosind.  AnoEitsqmbeD,  dfowirbesHaeo,; 
mnd  gami  vortreffBdi,  wmak  die  Qmmtitil  dei^ 
Eiteis  im  Schleime  ansehnlidi  isl,  aber  sie  sind 


—       ^        -7 

Uengen  Eiter;  auch  die  GälerbocK'sclxe  Ptobci 
welche  mit  Recht  zu  den  besten    gezähU  wird 
ist  unaicher ;   denn  ich  selbst  habe  im  patholin 
gisch  veränderten  Schleim ,  deT  in  dickea  Bal- 
len auB  der  Nbsc  secerairt  wurde,  und,  mit  dem 
Hikroekop  betrachtet,  eine  ungewöhnlich  grofäe 
Bloage  Pflasterepithelien    mit    wenig    Schlelm- 
körperchen  gemengt  erkennen  tiefe ,  also  durch- 
aus nicht  Eiter  genannt  werden  duriXe,  eine  seht 
UBehnliche   Quantität    Fett   gefunden.     Dieser 
Schleim  enthielt  nämlich  in  1000  Theilen:») 
CholestcrinbaltigeB  Fett     ....      6,0 
Kaseinartige  Materie  mit  SchleimstofF  13,2 
Extiaclive  Materien  mit  milchsauien 

Salzen  und  Kochsalz 12,0 

Albumin ,  Kellen  -  und  cnagulitten 

Schleimstoff 84,0 

In  dem  Eiter,  der  mit  dem  Harne  bei  Phthiai) 
vesioae  entleert  wurde,  fand  ich  dagegen  nur 
0,5  Proc  Fett.  Hüntfetd  »•)  hat  kürzlich  eine 
neue  Eiterprobe  angegeben,  welche  sich  uif 
das  eigen ihümli che  Verhallen  des  Eiters  qih! 
Schleims  zur  Gälte  gründet.  Reibt  man  v&!^ 
hch  Eiter  oder  citrige  Sputa  mit  vom  Schleime 
befreiter  Galle  zusammen,  so  erhält  man  eine 
gallertartige  fadenzichcude  zähe  Flüssigkeit,  die 
beim  Erwärmen  dünn  und  trübe  wird.  Seu' 
man  in  reictdicher  Mengn  Alcoliol  hinzu  und 
•rhit^t,  80  findet  nur  eine  geringe  CoaguLalio" 
und  Fällung  Statt,  von  dem  Albumin  des  Ei- 
tersaft^a herrührend;  denn  der  Eiterabsatz  (Gilec- 
körpercticn)  selbst,  ähnlich  behandelt,  giebt  keine 
Coagujatian;  wird  dagegen  Schleim  (^Hünt/tld 
haftici^te  sich  des  MundfichlcimB,  äeß  JU^aadiea 
■■Ji-FK  SinUn,  MEdtdnischa  Chemie.  Bd.«.  ti>  30S. 
'•^ -Cbunife  und  Mecliiin.  B^.ll.  S.M,  v<.  '  , 


—      5      — 

und  des  Magenschleifus  des  Schweins)  mit  Galle 
behandelt,  so  .wird  auch  er  zu  einer  fadeuzie* 
.henden  Flüssigkeit  aufgelöst,  aud  welcher  aber 
»ach  Hinzufügen  von  Alcohol  und  Erhitzen  der 
Schleim  wieder  abgeschieden  wird.  Auch  dkM 
Probe  wird^  geringe  Medgen  Eiter  im  Schlemie 
schwerlich  nachweisen ,'  da  gerade  dem  Eiter 
die  negative  Reaction  zukommt. 

I 

Betrachtet  man  den  Schleim  mit  dem  Mi- 
kroskop^ so  findet  man,  daDs  die  Schleimkör- 
perchen  und  Epitholiumzellen  in  einer  klaten 
Flüssigkeit  schwimmen,  in  weicher  tfan  mr 
bei  sehr  guter  Beleuchtung  eine  schwach  grM«^ 
iiulöse  Materie  wie  einen  leichten  Hauch  •▼(tt«ik 
breitet  findet.  ^  Bringt  man  zu  dem  Schleimsafte 
Wusser,  so  findet  man,  dafs  eine  Gerinnung 
Statt  findet  und  sich  ein  feinkörniger  Nieder-^ 
schlag  bddet,  der  viel  starker  und  zusainni^etH 
hängender  wird,  wenn  man  eine  scbwi^eSäate 
hinzufügt.  Es  ist  also  ein  Stoff  im  Schleime 
aufgelöst,  der  durch  Wasser  und  Säuren  ge« 
fällt  wird.  Um  diesen  Stoff,  der  für  den  Scfaleim 
80  characteristisch  ist,  näher  kennen  zu  leiMli'; 
schied  ich  ihn  auf  folgende  Weiser  ab:  'Die 
Schleimballen,  welche  von  einem  mit  Liingeii- 
katarrh  behafteten  Manne  ausgeworfen  w^deo 
waren,  wusch  ich  mit  destillirtem  Wasser  und 
digerirte  sie  dann  mit  durch  kohlensaures  Na* 
tron  schwach  alkalisch  gemachtem  Wasser  bei 
4-  30— 40<»  C;  die  Schleimbalien  gab«n^toach 
einiger  Zeit  ein«  sich  verflüssigende  Iräbe  liö^ 
sung,  in  der  durch  das  Mikroskop  no6h  'eins- 
zahlreiche Menge  Schleimkörpcrchen  i»nd  viefei 
wahrscheinlich  durch  Zerstörung  von  Scfalsim-^ 
körperchen  entstandene  Partikeln  erkannt'  wot^ 
den;  sie  wurde  durch  graues  Löschpäpisir  fil- 


\  .        ■        ■        '  # 

\ 

—     7     — 

/ 

verdankt  dieser.  Rine  grflfif^ro  ^er  glNringeMr 
CoQsislene,    Koimit  «^leiiii  in  Wm*«»;  .to 

Sintit  gleiob  d^  ThtM  des  ifräMc  gddsMI 
ileimatolEi»  deif mit didm  WMrar  jnimiMttib 
bare  B0ffubniilg  kommt  imd  t^rUMerlilM  Wmk 
0er  ti^Aü  euumdikigeti ;  dtdotcli  ..werdi^Q  dUl 
LoftUMeo/  welche  in  dein  ade  den  lUaplfiH 
tionewerkneugen  abgeaenddtlSeB  fichltf mo  fiM 
immer  enthalten  aind,  verhindert  anactatMeo^ 
und  der  an  sieh  wegen  seiner  apeeÜaelMI 
Schwere  im  Wasser  «ntergehende  Sobteim  U^bl 
lange  Zeit  obenauf  acbwiinniieni  Ich  habe.  BMip*  ^ 
chialschleim  von  llenaidieny  dkMo  ReaprktjaiifliA 
Werkzeuge,  wenn  änob  citarriMlinek  g^reiitj 
doch  gewiili  nicht  Eiterhfihfen  oder  erweicliiitfi 
Tnberkeh)  enthidteni  im  Waceer  achnell  mIBöp 
den  sinken  sehen>  aber  diese .  fichlhimmanüfc 
behielten  dann  ein  homogenes  Aniidien' und  leif 
schienen  nicht  Wie  der  citerhaltigeL  fiddaim 
granolds  oder  kdmig.  Atidi  diese#.  yeirballtaa 
des  Schleims  ist  Folge,  des  vdm  Wasser  InM 
wirkten  Gerinnens  desSchMmstslfeS)  deiMlda«» 
durch  können  die  Tbeile,  durcdk  i^elebs  in  ~ 
Schleimballen  die  einzelnen  KArperchen 
mengehaken  sind,  nicht  vem  Wasset.eztAihirt 
werden,  was  im^i  so  leiditer  ^Mchislii^je,«|4 
terhaltiger  der  Schirm  ist.  Das  SchwiilHilsii 
der  Sputa  auf  dem^  Wastfer  ^ !  'cfder  ihr  zu  Bo^ 
deufallen  hat  für  sich  aHein  bei  der  Brmitlfaiqig  ' 
der  Frage I  ob  EIcer  zugegen,  heiden  VÄTsraii 
allein  in  Verbindung  srit  andern  Bnebebaagtfa 
ist  es  von  Wichtigkeil. 

Der  Uebergatog  aus  dnsi  iMmaibin  filddeim 
in  pathologisch  vsMndsrlCB  «nd  aM.diesas«;!! 
Eiter  ist,  glaube  i<di,e|nM  aibMhÜgar^  dalbfirinpf 
9^en,  wo  derSchleim  beginntt  palhsk^Wek  vt 


—      9      — 

Boden  und  bildet  dort  nach  und  nach  eine  Schicht 
von  purulentem  Ausehn.  Aber' auch  hier*  darf 
HMtii  keinen  voreiligen  SchluDs  macheu^  da  bis- 
weilen sich  in  dem  Schleime  Partikeln  genos- 
sener Nahrung  befinden^  die  während  des  Aus- 
hustens  mit  eingeschlossen  worden  sind,  im 
Wasser  sich  loslösen  und  senken.  Ich  habe 
einigemal  gefunden,  dafs  die  Partikeln ,  welche 
sich  an  einem  Schleimfaden  von  der  oben-  auf- 
schwimmenden Masse  zu  Boden  senkten,  Stück- 
chen Semmel  waren,  denn  man  erkannte  mit 
dem  Mikroskop  deutlich  die  Amylonkc^rnchen, 
welche  sich  mit  Jodtinktur  blau  färbten.  Solche 
Partikeln  habe  ich  selbst  in  sehr  dichten  mit 
Blut  tiugirten  Sputis  gefunden  und  hätte  sie 
ohne  mikroskopische  Prüfung  ohne  weiteres  für 
Tuberkelmassen  erklärt. 

V 

Mit  Berücksichtigung  der  gegebenen,  kurr» 
zen  Andeutungen  dürften  bei  der  Beurtheihing, 
ob  ein,  aus  den  Respirationsorganen  abgeson- 
derter Schleim  Eiter  enthält,  folgende  Punkte,  die 
zumeist  auf  der  Eigenthüknlichkeit  des  Schleim- 
und  Eitersaftes  beruhen,  von  Wichtigkeit  seip. 

1.  Reiner  Schleim  schwimmt^  wenn  erhuft^ 
blasen  enthält^  längere  Zeit  auf  dem  Wasser y  •<- 
reiner  Eiter  sinkt  im  fV asser  schnell  zu  Boden  ;  -^. 
eiierhaltiger  Schleim  schwimmt ^  wenn  er  Luft" 
glasen  enthält^  auf  dem  Wasser,  läfst  aber,  jf^n 
Eiter  als  purulenie  Masse  oft  in  langen  heruu^ 
terhängenden  Fäden  zu  Boden  fallen -y  enthält 
reiner  Schleim  keine  Luftblasen,  so  sinkt  er  im 
Wasser  zu  Boden. 

2.  Reiner  Schleim  erscheint,  wenn  er  im 
Wasser  liegt,  als  gleichförmige,  nicht  feinkbr* 
nige,  sondern  streifige  oder  kugliche,  weifsliohe 
oder  weifsgelbliche,  schlüpfrige,  Zusammenhang 


—    11    — 

.  Der  eiterhaltige  Urio  eDth&lt  stets  Eiweii% 
es  wäre  aber  ein  voreiliger  SohlpHii  wollte  mso 
den  Urin,  in  deßsep  Sediment  man  die  Sdileim- 
kdrperchen  .findet  on^  der  Albumin  gelöst  ent^ 
jb&lt^  für  eiterhaltig  rasgeben ,  da  das  Albuniin, 
unabhängig  von  der  Schleimsekretioni  dem  Uam 
beigemischt  sein  kann.  Bei  der  PräAmg  des 
Harns  auf  Eiweils,,..  die  immer  in  solchen  SV- 
ien  vorgenommen  werden  muls,  wo  man  Eiter 
in  demselben  vermuthet,  müssen  einige  Voirsichts^ 
maüsregeln  beobachtet  werden;  reagirt  der  Harm 
sauer,  so  erkennt  man  dis  Gegenwart  des  Al- 
bumins am  besten  durchs  ErhUzsea;  die  erste 
Trübung  findet  dicht  an  der  Oberfläche  der  Plus- 
sigkeilssäule  Statt ,  weil  die  heüsere  leichtere 
Flüssigkeit  nach  oben  steigt 

■  .       * 
Reagirt    der  Ham   alkalisch,  so   erkennt 

man  die  Gegenwart  des  Albumisa  besser  dQiejb 
Zusatz  von  starker  Salpetersäure^  da  in  sokhen. 
Fällen  beim  Elrhitzen  geringe  Mengen  von  Al- 
bumin durch  das  Amniopium  in  Auflösung  er^ 
halten  werden  können^  .oder  sich  wohl,  gar,  ^c^ 
Trübung  zeigt,  die  nicht  voi^  geronnenem  ^- 
bumiuy  sondern  von  sich  •  aiisscheideiKlem  pbgjr 
phorsaurem  Kalk  herrührt  Um  mit  gi^liMrer  ^ih 
cherheit  die  Gegenwaft  des  Biters  im  Harua 
zu  erkennen  I  mu^fs  man  ib^>  ^o  wie  er  Ikisfähi 
entleert  wird j. untersuchen:  Eiterhalti^r  Hslrb 
wird  schoQ  trübe  f  ntleert|  ist  gewöhnlich  ^ifill 
gefärbt  und  vpn  si^hwacb  saiurer  Reaktion;  w 
bildet  in  gans  korser  Zeit  ein  gelbweifiieSy  gelb- 
liches^ schmutiigesy.  bisweilen  blutig  ting^os, 
dem  unbewaffneted  Auge  kömig  erscheinendef 
Sediment,  ohne  sich  dabei  vollkommen  zu  klä- 
ren, was  erst  nach  längerer  Zeit  geschieht* 
Wenn  man  etwas  des  flltrirCen  Harns  erbilatiso 


—     13     — 

Beschreibung  nach  den  ausgeworfeneu  Tuber- 
kefanassen  ähnliche  Partikeln  gefunden,  die  un-r 
ter  dem  Mikroskope  ähnliche  Körperohen,  wie 
Hie  Gruby  beschreibt,  jn  grofser  Mßuge  sergtooi 
welche  aber  ohne  Mühe  durch  Behandlung  mit 
Jodtinktur  als  Amylonkörner  erkannt^wur den,  aucl| 
ihr  chemisches ,  Verhalten  gegen  kaustisches 
Kali,  Salpetersäure  und  salpetersaures  Silber 
stimmte  mit  dem,  was  Gruby  von  den  Corpori- 
bus  lenticularibus  sagt,  überein.  Die  wahre  Tu- 
bcrkelmassc  fand  ich  immer  als  eine  feinkörnige, 
oft  viel  Fettkügelchcn ,  bisWeilen  gefäfsartige 
Fäden  enthaltende  Masse. 

Durch  Hrn.  Geh.  Rath  Schönlein  aufmerk- 
sam gemacht  untersuchte  ich,  mittelst  der  von 
Hrn.  Trommer  in  Berlin  angegebenen  Methode, 
die  Sputa  Schwindsüchtiger  auf  Zuckergehalt. 
Zu  dem  Ende  wurden  die  Sputa  eingedampft, 
der  Rückstand  mit  Alkohol  extrahirt,  die  alko- 
holische Lösung,  etwas  durch  Verdampfen  ein- 
geengt, mit  trocknem  kohlensauren  Kali  und  einer 
geringen  Menge  schwefeis.  Kupferoxydlösong 
erhitzt.  Ist  Trauben-  oder  Milchzucker  zugegen^ 
so  färbt  sich  die  kohlensaure  Kaltlösung,  die 
unter  der  alkoholischen  Flüssigkeit  ruht,  geib- 
roth,  ist  kein  Zucker  zugegen,  so  bleibt  sie 
blau  gefärbt.  Bei  drei  Versuchen,  die  ich  an-^ 
stellte,  erhielt  ich  jedesmal  eine  Reaktion,  die 
auf  die  Gegenwart  von  Zucker  deutete.  In 
dem  einen  Falle  konnte  man  einwenden,  dafs 
der  Patient  mit  seiner  Arznei  eine  kleine  Monge 
Rohrzucker  zu  sich  nahro^  was  von  diesem  zu- 
fällig in  die  Rachenhöhle  zuruckblieb  und  mit 
ausge8i>uckt  wurde,  konnte  in  Traubenzucker 
verwandelt  worden  sein  und  Veranlassung  zu 


—      14      — 

der  beobacbteten  Reaktion  gegeben  haben,-  in 
einem  anderen  Falle  aber  nahm  der  Patient  nui 
Leberthran  zu  sieb,  wo  also  dieser  Einwurf 
wegfallt.  Sollte  die  Erfahrung  lehren,  daä  der 
Lungeneiter  Zucker  enthalt,  der  im  Schleim« 
fehlt,  80  wäre  die  Aussicht. für  eine  gute  Ei- 
terprobe bei  UnterSDChung  der  LmngenqHili 
gegeben. 


yv: 


!ii' 


—     15     — 


II. 

Memorabilieii 

aui 
dem  Gebiete  der  innern  und  äufeern  Heilkunde. 

Vom 
Obcrmedizinalratbe  und  Regierangs- Medizinal- Referentoii 

Dr.   Schneider, 

in  Fnlda. 


(Fortsetzung.   Vergl.  September -Heft  8. 104*) 


Nutzen  des  Camphora  und  der  Radf  HelU^ori 

gegen  Wahminn, 

B.  G.  in  W.,  5t  Jahre  alt,  schwft(()|ifiGh, 
i^ber  doch  zugleich  auch  vou  einer  torpiden  K5r- 
perconstitution,  sehrjähzornig,  von  exaltirten  re- 
ligiösen Ansichten ;  autit  einer  Familie  stammend/ 
in  welcher  eine  erbliche  Aulage  zu  Gdmfiths- 
krmnkheiten  hemchta,  litt  schon  seit  sedNi  Wo- 
chen an  einem  Anfall  von  religiösem  Wahnsinn« 
Ak  ich  zu  ihr  am  90l  Novenmer  gerufen  wurde, 
fand  ich  sie  in  einer  sehr  grofiwn  Auflregun|[» 
Der  Grund  ihrer  Stömng  schien  rehi  psvdu- 
scher  Natur;  —  ihrev  eignen  Angabe  nadi  hattt: 


^ 


I 


—      16     — 

sie  sich  schwer  versündigt,  weil  sie  &d  üera 
ersten  Pfiitgstfelertage  mit  ihrer  Tochter  allein 
zu  Hause  uad  die  übrigen  iii  der  Kirche  gewe- 
sen; sie  aber  nicht  auf  ihre  Tochter  Obacbt 
genommen  und  dieselbe  an  diesem  hohen  Fest- 
tage von  einem  Knechte  auf  dem  Heuboden  ge- 
schwäugerl  worden  sei !  — 

Es  wurde  verordnet:  Rec.  Pul v.  Herb.  Gn- 

tiolao  officin.  gr.  xij,  Campbor.  Liquor,  anodya. 
8.  q.  subact.  gr.  ij ,  Sacchar.  alb.  scnipul.  M. 
f.  pulv.  dentur  dos.  tnl.  Nr.  VIII.  Alle  vier 
Stunden  ein  Pulver  zu  nehmen.  Dazwischeu 
gab  ich  noch  alle  zwei  Stunden  sechs  Tiopfen 
Eckardischer  Opiumtinctur,  bis  Beruhigung  udij 
Schlaf  erfolgte,  und  liefs  aulserdem  zor  Be- 
Bchlcuniguiig  der  Kur  auch  durch  den  tre- 
treffenden Pfarrer  psychisch  auf  sie  wirken; 
dieser  nahm  alleSüDden  und  VerautwortungemaT 
sich,  absolvirto  sie,  bemühte  sich  sie  mögliclui 
zu  beruhigen  und  ihat,  was  ifui  immer  ein  ga- 
ter  Seelsorger  in  solcher  Lage  au  thuu  im 
Stande  ist.  Aber  Alles  umsonst :  eiitmal  lebte 
sie,  zur  Strafe  ihrer  Sünden,  auf  einem  brea- 
nenden  und  sie  nicht  Verbrennenden  Scbeitei- 
haufe»  ewig  auf  der  WcH;  das  auderemal  braonte 
sie  verdammt  in  der  Hölle.  —  Nach  eingegebe- 
nen 60  Tropfen  obgenannter  Opiumtinctur  in- 
nerhalb 10 Stunden,  folgte  ein  Schlaf  vonzwei 
Stunden,  nach  welchem  zwar  das  Toben  uoil 
VVülhen,   nicht  aber  die  Mantc  nachlieis. 

Am  26.  Dec.  setzte  ich  ihr ,  nacii  kabigt- 
schorncm  Kopfe,  ein  noch  mit  C'antharidenpu^ 
ver  geschärftes  Vesicatorpllaster  auf  denscibei, 
und  zwar  namentlich  auf  Gall'a  Organ  der  The»- 
muiie,  welches  zwölf  Stunden  lang  liegen  blieb. 
Der  Tag   ging   ziemlich   ruhig   vorüber,  desl« 


—     17     — 

schlimmer  aber  war  die  Nacht,  sie  tobte  8ol- 
chermafsen,  dafs  man  sie,  ^m  sie  für  sich  und 
Andere  unschädlich  zu  machen,  binden  muiste. 
Am  27.  Nov.  erhielt  ich  ^en  Bescheid,  dafs 
die  Medizin  ohne  bemerklichen  Erfolg  verbrauoht 
sei  und  verordnete  daher:  Rec.  Pulv.  Herb. 
Gratiolae  ofBc.  gr.  xv.,  Camph.  Liq.  anod.  sub» 
act.  gr.  iij. ,  Sacch.  albi  scrupl.  j.  HL  f.  p.  d. 
doses  viij.  S.  Wie  die  vorigen  Pulver  zu  nehmen. 

Am  29.  Novbr.  noch  keine  anhaltende  Bes« 
serung.  Da  die  Kranke  eine  sehr  belegte  Zunge, 
Uebelkeit  und  Neigung  zum  Erbrechen  hatta^ 
verordnete  ich  heute  Rec:  Pulv.  rad.  IpacM» 
gr.xv.y  Tart.  stibiat.  gr.  ij.  m.  f.p.  d;  doses  tales 
Nr.  iv. :  S.  Alle  Stunden  ein  Pulver  zu  neh- 
men bis  mehremal  Erbrechen  folgt.  Sie  nahm 
diese  vier  Pulver  und  erst  des  Nachmittags  er« 
folgte  viermaliges  Erbrechen  und  Ausleerung 
dicker  Galle  und  einige  Stuhlausleerungen,  nna 
die  Raserei  liefs  etwas  nach. 

Am  30.  Novbr.  wurden  folgende  Pillen  ver» 
ordnet:  Rec. :  Gum. asae  foetidae,  Extr.Chamom. 
ana  drachm.j.,  Hellebori  nigri  scrupl.  iv.,  Cam- 
pliorae  ffr.  xv,  Pulv.  Rad.  Valer.  q.  s.  ut  flaol 
pil.  gr.  ij.  Consp.  P.  Cinnam.  D^S.  Smal  des  Ta- 
ges 6  Stück. 

Nach  dreimaligem  Gebrauche  dieser  PiDea 
erfolgte  eb  auffallender  Nachlals  der  hefti- 
gen Raserei;  dieselbe  nahm  einen  periodisdieii 
Charakter  und  erschien  nur  m  Paroxysmen.  Sie 
begann  am  Tage  wieder  zu  spinnen,  und  war 
ganze  Stunden  wie  zuvor.  Nur  des  Nachts 
molste  noch  ein  Licht  gebrannt  werden  >  weO 
sie  sich  vor  Hexen,  Gespenstern  und  dem  Teu- 
fel fürchtete.  Auch  war  sie  noch,  namentlich 
aber  gegen  mich,  sehr  mißtrauisch,  ich  durfte 
ihr  kein  Medicament  reichen,  ohne  dab  sie  vor 

Jonrii.XCIILBd.&.St.  B 


-:l-       16       — 

(ifertl Einnehmeu  einige  Tropfen  Wcihwasaetud 
felUlgb  Kreuze  daritber  gemacht  hätte. 

Am  10.  Dezember  trat  völlige  Klarheit  ia 
BölVUJstBeins  eiii^  nachdem  man  sie  Dun  yoq 
AWt  zeithcrigen  Hergänge  ihrer  KiaEtkheit  uaii 
ihren  heftigen  Rasereien  in  Kenutiiifs  gcsetu 
hstle,  bat  sie  Alle  um  VerKeihiiiig ,  besoadeiä 
aber  mich  bei  dem  Kesuche  am  15.  Dccbr,  nä'. 
der  Versicherung,  dafs  sie  vou  Allem  dem  diüI 
wie  sie  mich  gescholten,  gar  nichts  wisse.  Sie 
blieb  von  ilieserZeit  angeheilt  und  lebto  noct 
g«fluud  und  veriiünriig  12  Jahre. 

Der  Campher  ist  bei  Blöd-  nnd  Wahnsim 
ilibifa  lange  und  mit  Recht  von  Aereteo  lis 
l^tifTliches  mittel  cmprohleii  und  scheint  mir  bo 
flieser  Krankheit  vorzügTich  intlicirtj  wenn  sie 
vbn'  rheamatiächei;!  oder  andern  Metastasen  cnt- 
ktandbn  ist.  Bei  dieser  allen  Kranken  pafslf 
er  iosbesondere  deshalb,  weil  bei  ihr  etoe  "ink' 
ScfHwächc,  ja  fast  Zerrüttung  des  ganzen  Ncr- 
\^ensysteirts,  und  namentlich  des  Gehirns  um! 
Rückenmarks,  vorhanden  war.  Der  Caraphei 
Y^Urde  schon  von  Paraeplsus,  Ettm&lUr,  Smnrr!, 
D6idi^us,  WerlhofJöräens,  SchBnheyder,  Wälm- 
sen,  I^ocher,  Percival,  Herz  und  jiueni>rux:f 
ita  der  Manie  empfbhten  und  ich  habe  (ioHoriu 
Archiv  für  medizinische  Erfahrung  6Bd.  S.I1^ 
Wn  S.  378  — 396)  von  ihm  in  Verbindung  irii 
Opium  bereits  zwei  inerktrördige  Fälle  mitfe- 
theilt'j  wo  durch  diese  Mittel  zwei  an  einea 
hohen  Grad  von  Wahnsinn  leidende  Kranh 
geheilt  worden  sind.  Die  hilfreiche  Wirknn; 
des  Camphers  und  Opiums  im  Delirium  tremetv 
Jat'^ti  bekannt  mid  ich  benutze  diese  Verbin- 
dUüg  ^chon  seit  40  Jahren  mit  dem  lie.il« 
Rrfolgc.'      ,, 


-     19     - 

Der  Helleborus  niger  war  bei  den  Alten  das 
einzige  Mittel  in  Geisteakrankheiten,  aber  auch 
die  Neueren  verfehlten  nicht',  denselben  in  der 
Manie  anzuwenden  (5.  Berends^  Diss.  observa« 
tiones  miscellae  de  morbis  mentis  cum  subjuneta 
historia  maoiae,  hellebori  uigri  efScaciam  novo 
exemplo  confirmante.  Francf.  1801.  Berliner 
Sammlung.  III.  Bd.  S.  411.  Greding,  sämmü. 
Schriften  I.  No.  6.). 

Dr.  Häuf  in  Besigheim  theilt  uns  nach- 
stehende zwei  Fälle  von  Wahnsinn  mit  CWur^ 
temb.  med.  Correspondenzblatt  1884.  No«  18«)^ 
von  Welchen  der  eme  durch  die  schwanke  Nies- 
wurz ganz  geheilt  und  der  andere  gebessert 
wurde.  —  Eine  25  Jahre  alte,  Wohlgebaute^  übri^ 
gens  gesunde  und  regelm&big  menstruirte  Fiaiiy 
litt  seit  ihrer  Jugend,  an  nach  kurzen  Interyalr 
len  immer  wiederkehrendem,  KopfsohmefE^gsgiül 
den  die  verschiedensten  Mittel  gebraucht  wer« 
den  waren.  Seit  dem  Eintritte  der  Pnbortftt 
hatte  sich  das  Uebel  verschlimmert,  ihre  Oe- 
müthsstimmung  war  stets  trüb  und  trautig,  der 
drückende  Kopfschmerz  nahm  den  ganzen  K^ip^ 
besonders  aber  die  Ge^nd  des  Sdieit^ls  ein, 
hielt  in  der  letzten  Zeit  gleiohm&flrig  m  iw4 
verursachte  eine  unerklärliche  Angst  und  tPsn^ 
gigkeit ;  sie  vormied  alle  Gesellschaft,  ubii^geiis 
war  aber  ihr  Zustand  ganz  ungetrübt  und  sis 
versah  ihr  Hauswesen  mit  PünktlichhüSit«  Da 
nach  Bitterwasser  und  Blutegeln  an  den  Kopf 
keine  Besserung  erfolgte,  blieb  Patientin  eine 
Zeit  lang  ohne  aJle  Arznei.  Während  dem 
verschlimmerte  sich  indeb  ihr  Uebel  immer  mehr 
und  steigerte  sich  so,  dafo  sie  in  ihrer  Anffst 
sich  das  Leben  nehmen  wollte,  woran  sie  aoer 
verhindert  ward.  —  Hauff  glaubte  nun,  da  alle 
bisher  angewandten  Mittel  keine  Besserun|^  be- 

B  t 


—      20      — 

witkt  hfttlcn,  das  Uebel  für  eine  reiuo  Neuiose 
ansehen  zu  mÜBsen,  und  gab  Fulv.  Rad.  Helleb. 
njgr.  gr.  j.,  anfangs  Smal  täglich,  und  stieg  all- 
mählig  bis  auf  xxiv.  täglich.  Andere  Arznei 
erhielt  sie  nicht.  Nach  54tägigem  Gebrauche 
war  schon  eine  bedeutende  Besserung  einge- 
troten,  die  Kranke  hatte  ihre  Angst  verloreo, 
der  Kopfschmerz  war  ganz  verschwunden  und 
kehrte  nur  einigermarsen  wieder,  wenn  sie  sich 
anstrengte.  Andere  Wirkungen  äufserte  der 
Helleborus  nicht,  als  ein  Rngeuebmes  Gefühl 
von  Wärme  in  der  Magengegcnd,  bewirkte  nicht 
.    einmal  vernsehrten  Schmerz. 

Ein  Uaun  von  33  Jahren  litt  seit  7  Jahren, 
ohne  besonders  in  die  Augen  fallende  Ursachea, 
anMonomonia  daeraonica,  von  der  sich  biaiveilen 
Monate  lang  keine  Spur  zeigte ,  die  dauo  ab«' 
immer  heni|:er  wiederkehrte.  Zuletzt  erhtt  der 
Kranke  selbst  einen  Anfall  von  Tobsucht.  Hauff 
sah  ihn  mehre  Tage  nachher,  er  war  ruhiy  und 
hatte  nur  die  fixe  Iilee,  daf»  ihn  des  Nachts 
Wunderbare  Erscheinungen  und  Oestaltea  be- 
uuruhigten.  Er  erhielt  dreimal  Pulv.  Rad.  Hel- 
lebori  nigri  gr.  vj.,  Calomel  gr.  iv.  Diese  Pol- 
ver  bewirkten  starke  Sliihlausleeruugen,  nach- 
her auch  Salivation,  und  als  diese  vorüber  war, 
wurde  ihm  noch  einige  Zeil  Helleboras  zu  gr.iv. 
gereicht;  Besserung  war  unverkennbar,  bis 
gleichwohl  spater  einige  Anfälle  von  Tobsucht 
wiederkehrten,  welche  nöthig  machten,  dafs 
der  Kranke  in  die  Irrenanstalt  zu  Winnonlhal 
abgegeben  wurde. 


tu 


—      21      — 

Herzpolypen.  i 

H.  K.  E.^  ein  zehnjähriger  Knabe  t^n.ier^ 
uem  aufgedunsenen,  blassen^  8crophuld8eh:Ha^ 
bitus,  wurde  von  Fieber  liVit  Engbrüstigkeit. iundl 
Husten   befallen.      Da  er  sich  erkältel   hatte, 
verordnete  ieh  ihm  Liq.  Amnion,  acet..  mit   ei- 
nem   aromatischen  Wasser    lind  S|jrn^    nebst 
Fliederthee.     Des  Abends  wurde  ich  veiläg.ge«- 
rufen,  mit  dem  Bemerken,   dafs  er  Jßriirechen 
bekommen  und  unter  dem  Ausgebrocheaen'  sich 
etwas  Blut  und  Eiter  befinde.'    Bei  nieiner^  ob* 
gleich  sehr  baldigen  Ankunft  fand  ich  deal Kna- 
ben schon  todt.  —    Die  Sectibn  zeigte  dierisdit^ 
Lunge  normal,  auch  den  oberen  Lobus  der  lin- 
ken Lunge,  dagegen   aber  den  unter^nt'.gans 
steinhart,  mit  verschiedenen  Geschwüren  'ver- 
sehen, welche  bei  dessen  Durchschneidnügiiabdl 
riechende  Jauche  entleerten.     Der  Herzbeutiol 
war  voll  Wasser,  das  Herz  ungowöhnliclh  gra£i 
lind   in   dem   linken   V^entrikel   fand  ieh  .«inen 
gelblich -weifsen,  aus  ausgeschiedenem:  JFaMU^ 
8toffe  bestehenden  Polypen,  von  der  Grd£iiB'<eii^ 
nes  Taubeneies,  mehr  länglich  als  dieses^i'Wek 
eher  wahrscheinlich  beim  Heben  während.- des 
Erbrechens  losgerissen  und  in  das  OstiomiMK 
teriosum  aortae  so  eingedrnngen  war,  dalstider 
augenblickliche  Tod  erfolgen  mubte!  ^-r  <  ; 

Derselbe  Fall  ereiguete  sich  bpi  dem.^jä^- 
ligen  Sohne  des  Wirthes  L.  0,,  der  |ibcr.o|c)i1» 
weniger  als  krank,  sondern  anscheineuil"8eljr 
gesund  war ,  im  Muthwillcu  über  einen  zipA^ 
lieh  breiten  Wassergraben  springen  wollte,  aber 
in  demselben  Augenblick  todt  in  denselben  fiel.  — 
Die  Leichenöffnung  ergab  ebenfalls  einen  in  die . 
Aorta  getretenen  und  sie  verstopfenden  Polypen. 
Merkwürdig  war  indefs  noch,  dafs  bei  beiden 


—    «t    — 

Knaben  diese  Polypen  schon  so  bedeutend  wa- 
ren. Beide  zeichneten  sieb  auch  durch  ihre  feste, 
faseriohe,  fast  flechsenattige  Bildung  von  deo 
nicht  seltenen  Blulschleimpfropfen ,  Blutgeiin- 
seln  und  Ccncremeoten  aus,  welche  häufig  in 
den  Herzliammern  und  den  Arterien,  uamenUidi 
in  dei  Aorta  bei  Erwachsenen  und  Alten  ge- 
funden werden. 

Herzpolypen  dieser  Art  siud  weit  seltener 
als  Blutpolypen;  einen  hierher  gehörigen  glei- 
chen Fall  finde  ich  in  den  ftlittheilungen  des 
Würtemberger  ärztlichen  Vereins  (Bd.  III.  1834.J 
beschrieben  vom  Dr.  Faber  in  Schorndorf.. 

Am  18.  August  1825  5  Uhr  Abends  nahm 
ein  6jähriger,  sehr  lebhafter,  robuster  und  ge- 
sunder Knabe,  der  zuvor  nie  an  der  Brust  ge- 
litten  hatte,  eine  halbmaafsige  Bouteille,  in  der 
sich  noch  ein  Rest  von  ungelabr  eioer  L'oze 
conoentrirter  Schwerelsäure  befand,  in  der  Mei- 
nung, es  sei  Wasser,  an  den  Mund  und  traok. 
Auf  das  Geschrei,  das  er  im  Augenblick  erhob, 
wurden  die  Mutter  und  ein  Diciier  das  Unglück 
gewahr.  Der  Koabc  wurde  sogleich  in  die  Apo- 
theke geführt,  wohin  er  wegen  Alteration  darcli 
Schmerz  und  durch  das  Jammern  der  Seiuigeii 
mehr  geschleppt  als  geführt  werden  mufste  nnd 
wo  er  fast  athemlos  ankam.  In  der  Apotheke 
liels  man  ihn,  da  er  von  der  Schwefelsäure 
nichts  verschluckt  haben  wollte,  mit  Kalknas- 
ser  gurgeln,  gab  ihm  auch  Gummiwasser  zum 
Trinken,  worauf  man  ihn  mit  der  Weisung,  den 
Arzt  sogleich  holen  zu  lassen,  nach  Hause 
schickte.  Nach  einer  Viertelstunde  vom  Au- 
genblicke des  Verschluck  eng  der  Säure  sah 
Faber  den  Knaben,  der  eben  eine  Menge  kura 
zuvor  genossenen  Obstes  und  das  Mittagessen, 
in  dem    mau  vorzüglich   Klöfsc    unterscheideu 


—     «3     — 

konuto,  erbrach.  Er  wolHe  schou  nicht  meji^ 
schlucken,  Mundhöhle,  Zunge  und  Lippen  w%n 
ren  weifs  und  der  Knabe  klagte  über  Schmer-t, 
2Ben  in  der  Magengegend,  doch  war  weder  Hu« 
sten  noch  beBchwerlicher  Athom  zugegen,.  Jffu 
Puls  war  sehr  klein,  nicht  frequent.  Es  Vfi^l 
den  im  Augenblick  dem  Knaben  einige  StucH«) 
frische  Butter  in  don  Mund  gesteckt,  und. j(«üi;|a 
Milch  nait  gereinigtem  Kali  oder  Magnesia  .d^j^ 
auf  zu  trinken  gegeben ;  doch  wurde  Alles,  wi^ 
der  weggebrochen,  Anfangs  nur  das  Eing^beM^ 
nach  einer  Stunde  aber  auch  ikchw^r^ibi^f^imf 
Stoflb.  Um  i^lO  Uhr  hörte  daf  Ai^sl^re^^ifNI 
dieser  gefärbten  Stoffe  un4  eine  halbe  Stui)^ 
später  alles  Erbrechen  auf,  obgleich  n^ap  •  d^ffl 
Knaben  noch  alle  5  Minuten  eLoe  -  hfal^,  Tf|fi9i9 
Gerstenschleim,  Milch,  oder  eha^Emi^lsiqfi  m)S 
Ol. Amygd.  und  Gum»  arab.  ga/^,  \felobeB^JI|Ii(>T 
lein  man,  als  nach  mehrmaligem  Erbr^ohoil  fHfft 
im  Ausgeworfenen  nichts  Saures  mffi]}f.zfig^ 
kein«  Absorbentia  mehr  zusetzte.  .  Es^ .  f^^f^tÜff 
»ich  nun  groise  Neigung  zun>  Schlaff  ein.qnd 
der  Kranke  klagte  weder  übe^  Scbg^i^rz.  iq^ 
Magen  noch  im  Munde,  hustete  auÄ^)ii>^ii|;j)tr 
Der  Puls  war  klein,  langsai^,  der  Athen^  iifsli^^Sy 
chend,  der  Bauch  nicht  ^vtfgetrieben,:  diOfgüiml^ 
Mündhöhle  aber  mit  dickem,  weiJ^M^  ÜfbWr 
zuge  ausgekleidet.  Zwischen  l.und  :9i:RIi^f 
wurde  das  Athmen  schneller  und  es  ^Ufiiq[J^j(4^ 
inerkliches  Fieber  ein,  um  6  Uhr  wi|(  4ai|.  4Ä.)>f 
inen  mehr  rasselnd  und  schnarchend  'W^/M^ 
accelerirt;  das  Erbrechen  war  peit  lOUlvr.'^Utr 
geblieben;  der  Kranke  hatte  in  der  H^^gfiÜf^ 
keine  Schmerzen,  wohl  aber  bei  etwas,  ^ÜifkW 
Berührung  im  Kehlkopfe,  er  hustete  bisvfe^^ 
mit  gelblich  weifsem  Auswurf^  und  die  l^tiop^ 
war  rein.    Man  setzte  8  Blutegel  an  dtu  l|f|U 


und  fomcDtirte,  nachdem  sie  abgefallen  waien, 
unaufhörlicb  mit  wärmet  Milch.  Die  ölig-schiei- 
migen  Mittel  gab  man  fort.  Auf  ein  öliges 
Klyatier  erfolgte  starke  Ausleerung  nach  unten, 
woiauf  das  Athmea  Tubiger  wurde  und  du 
FiebeT  sieb  verminderte.  Als  nach  einigen  Stan- 
den das  Athnen  wieder  bescbleunigter  werde. 
setzte  man  noch  Blutegel  oben  auf  die  BmS, 
nbcbte  den  öligschleimigen  Mitteln  Extr.  Hyo«' 
cyami  su,  und  wendete  Reize  auf  Extremit^ 
ten  und  Brnst,  so  wie  iviystiere  wie  zuvor  « 
Doch  wurde  das  Atbmen  immer  laogsamer,  Aa 
Puls  immer  kleine'  ^3  zeigten  sich  Deliiien, 
der  Knabe  schwit  sehr  stark  und  husieLE 
bisweilen  etwas  ge!  i-wftifse  Sputa  aus.  Ge- 
gen Abend  wurde  f  piration  etwas  ruhi- 
ger und  der  Puls  w  frequent.  Diede^ 
nerirte  Schieimmemo  aer  Zunge  und  der 
Hondhöhle  löste  sich  ae ,  und  der  Knabe  ug 
selbst  ganze  Stücke  mit  den  Fingern  aus  dem 
Munde,  warf  auch  bei  ziemlich  freiem,  g»"^ 
schmerzlosem  Husten  grofse  Stücken  4»voii 
aus.  Um  10  Uhr  Abends  waren  schon  Lippen 
und  Zunge  ganz  und  der  Gaumen  gröfsteotheils 
gereinigt,  der  Bauch  war  nicht  aufgetrieben  und 
es  fand  sich  selbst  beim  Druck  kciu  Schmeiz  ifl 
den  Präcordien.  Dieser  MofFnungsschinimer  hielt 
jedoch  nicht  lange  an.  Schou  gegen  12  Uhi 
wurde  der  Athem  geschwinder,  rasselud,  der 
Puls  kleiuer,  die  Delirien  merklicher,  der  Knoke 
schwitzte  noch  immer  sehr  stark  und  wollte 
durehaus  nicht  mehr  schlucken  ,  wovon  jedoch 
mehr  Widerwillen  gegen  die  vielen  IVlittel,  ils 
wirkliebes  Hiudernifs  die  Ursache  zu  sein  schien, 
der  Bauch  war  nicht  aufgetrieben  und  nicht 
schmerzhaft,  der  Puls  wurde  immer  kleiner,  so 
dafs  er  fast  gar  nicht  mehr  gefühlt  wurde,  dis 


Athmen  geschwinder;  schiirächer  und  Morgeog 
7  Uhr  starb  der  Knabe,  wie  es  schien  anLiui-* 
ffenlähmung;  ^drei  Stunden  nachher  war  sdiou 
der  Unterleib  hoch  aufgeldebeu  und  die  Vor«« 
denchenkel  blau.  Bei. der  Seciion,  84  Stun- 
den nach  dem  Tode,  waren  I)  Zunge,  Gao- 
men,  Lippen  uud  die  ganse  Mundhöhle  bereits 
von  der  durch  die  Schwefelsl^ure  verdickten  de* 
generirten  Schlcimmembran  befreit  und  seigten 
die  natürliche  Farbe.  8)  Die  Epiglottis  war 
susammengcschrumpft  und  mit  einer  dicken, 
gelben  Membran  übersogen.  3)  Der  obere  Th^ 
der  Trachea  und  der  Larylix  war  nomud,  <  der 
untere  dagegen  stark  entzändet,  noch  st&rker 
aber  die  Bronchien ,  die  rosenroth  und  mit  rdth- 
lichem,  schaumigem,  gränlicb  dunu^uflsigem 
Schleime  angef&lH  waren«  4)  Der^ganse  hin» 
tere  membrandse  Theil  der  Trachea,  mil  dem 
"Oesophagus,  war  nicht  st&rker  entzündet^  als 
die  übrige  Trachea.  5)  Did  ffanze  innere  FIft* 
che  des  Oesophagus  war  mit  derselben  schmuE^ 
ziggelben  Membran,  wie  die  Epiglottis  überzo- 
gen, sie  war  nicht  leicht  abzutrennen  und  die 
Speiseröhre  der  Länge  nach  faltig  zusammen- 
gezogen. 6)  Die  Cardia  war  nur  wenig*  ent- 
zündet, die  sie  bekleidende  Haut  aber  verdkdit. 
7)  In  der  grolisen  Cnrvatur  des  Magens  Amd 
sich  eine  hühuereigrofse  Stelle  degenerirt.  .Die 
Magenhdute  waren  nämlich  bedeotend  verdickt^ 
in  unregelmäfsige  R^inzeln  zuiBiammengezogen, 
nicht  von  einander  zu  trennen  und  die  ganze 
Stelle  noch  mit  einem  Walle  umgeben,  inner- 
halb dessen  der  ganze  Raom  mit  schwärzlichrai 
Pulver,  wie  Schnuj^ftaback,  bestreut  war,  das 
sich  leicht  wegwischen  lielk  Pyloros  und  Darm- 
kanal waren  normaU  9)  Die  Lungen  waren  auf 
ihrer  Oberfläche ,  so  wie  in  ihrer  Substanz  auf- 


fallend  entzündet  10)  Das  ^anze  Herz  erschien 
normal,  nur  fand  sich  im  linken  Veutrikel  eii 
bis  in  die  Aorta  und  ihre  iiüehstcn  Acste  hin- 
einreichender Polyp ,  der  Farbe  und  Consisleni 
einer  festen  Crusta  injtammatoiia  hatte,  mitdeB 
Wandungen  des  Ventrikels  fest  verwachsen  ifK 
nud  auf  seiner  mit  aufserst  zarter  Membran  ^ 
kleideten  OberHächeelu  von  der  mit  dem  Ventnhd 
verwachsenen  ftasis  anstehendes  und  gegetiik 
Spitze  des  Folypen,  doch  nicht  übei  den  Ven- 
trikel hinausgehendes,  sehr  feines  helliothu 
Bhitgefars  zeigte,  das  einigte  sich  seiwärtä 
vom  Polypen  verbreitende  Hamuli  hatte.  11)1" 
der  rechten  Ilerzhälfte  und  in  den  grüj^eHn 
BlutgefafscQ  sah  man  nur  wenig  Blut ,  alleüfui- 
gen  Tlieile  waren  normal.   — 

l'ngeaclitet  der  Untersuchungen  von  JM^ 
»ig,  Burns,  Corvisari,  Bichat,  ffichmann.Fil', 
Morgagni,  Senac  u,  A.,  mnd  doch  die  AeW 
"über  die  Herzpolypen  noch  nicht  gescWossfo. 
Die  Zeichen  der  Polypen  sind  uni»e»üs,  von 
den  Ausgängen,  von  Knizündung  abhiugeiMl, 
deren  Folge  und  Begleiter  sie  sind  -  dei  ^vahie 
Polyp,  Product  entzündlicher  Ausschwilmagi 
ist  meistens  (durch  Ligamente)  fest  angenid^ 
Ben,  organisch,  oft  vielgestaltig ,  weift  od« 
gelblich,  meist  sehr  fest  und  hart,  ohne  iUei 
Blut.  Der  unächte  Polyp  in  den  I  lerz kämmen 
und  GelaTsstämmen  ist  dagegen  nur  eia  6e- 
rinse),  unorganisch,  oft  blutrolh,  oder  kein» 
Blutklumpen  Kum  Kern  habend,  gar  nicht  u^ 
gewachsen,  weich,  im  Wasser  auflöshck  \ 
entsteht  häufig  in  oder  nach  dem  Tode-  fasl 
allen  Leichen  findet  man  eine  mit  Blut  um^ 
bene  geronnene  Lymphe.  Toip^iel  (Handboii 
der  palhol.  Anatomie.  L  BH.  Halle  1804.)  g* 
uns   über  die    Herzpolypen   schon   sehr  schö« 


—     17     — 

AubdiKsse.  Blan  hat  fange  geairitteB/  sagt 
er  S.  407 ,  ob  es  wahre  PoTypen  des  Hem^dSÄ 
d.  h.  feste  elastische ,  fleisohartige^  nit  Geflp* 
fisen  versehene^  organisirte  and  mit  dem  Her- 
ren durch  eme^  oder  mehre  Wunsein  verwadl^ 
sene  Körper,  wie  wir  sie  häoBg  in  der  Nas^ 
Gebärmutter  u.  s.  w.  antreffen,  gebe;  oder  ob 
diese  fremdartigen  Bildungen  nicht  blelshlflif^ 
phatische  Coucretionen  oder  geronnene  Wut^ 
klumpen,  die  erst  nach  dem  Tode  entständeil 
und  Folgen  der  Krankheit,  nicht  aber  deren 
Ursache  gewesen  wären.  Schon  ältere  Anato^ 
men ,  z.  B.  Morgagni  (Ep.  XXIV.  tS.  Bd.  if. 
S.  87Q)  und  Andreas  Pasta  (epistplae  dnae,  $1^ 
tera  de  motu  sanguinis,  altera  de  cördis  po- 
lypo  in  dubium  revocato.  Bergami  1789)  leug- 
ueten  sie  ab  und  hielten  sie  nur  für  zufUMge 
nach  dem  Tode  entstehende  lymphatische  Con*^ 
cretioncn.  In  neueren  Zeiten  vertheidigte  Jo» 
seph  Pasta  (de  sanguine  et  sanguineis  conere^ 
tionibos  per  anatomen  indagatis.  Berg.  17B0.} 
diese  Meinung  mit  sehr  sinnreichen  Gründen. 
Doch  sind  die  Grunde  für  die  Annahme  de^ 
Herzpolypen  fiberwiegend.  Denn,  wären  dift 
vorgefundenen  Concremente  allemid  nur  gefa- 
llene Lymphe  oder  Blut  gewesen,  sohättoor^ 
sich  leicht  in  Wasser  müssen  aufMseh  lasMii^ 
sie  wären  nicht  hart  und  flechsenartig,  nieht 
mit  dem  Herzen  innig  verwachsen  gewesen, 
die  Kranken  hätten  nicht  vorher,  oft  lange  vor- 
her, an  stufenweia  steigenden  Zufallen  gelit- 
ten. Es  gibt  aber  freilich  auchblolbe  Schleltti- 
oder  BIutpfr6pfe,  welche  ein  Ungeübter  für 
wahre  Polypen  halten  könnte.  Um  ganz  sicher 
zu  gehen  und  der  Wahrheit  am  nächsten'  zu 
kommen,  mufs  mnn  wie  Maincourt  (de  san- 
guineis lymphäticisque,  male  polypis  dictis,  con- 


—      29     — 

riiigste  Bewegung  vornehmen  künn,   es  erfol- 
gen Ohnmächten,  Stickflufs,  Scblagflufs,  Tod 

Beide  Arten  von  Polypen,  im  Herzen  und 
den  grofsen  Arterien,  haben  sicher  nur  einen 
Grund  ihrer  Entstehung  und  werden  von  der 
gerinnburen  Lymphe  des  Bluts  gebildet.  Wir 
bemerken  sie  bei  Entzündungen  auf  dem  abge- 
lassenen Blute,  wie  auch  nach  entzündungsar- 
tigen Krankheiten  in  den  Höhlen  und  auf  den 
Flächen  der  entzündeten  Theile.  Nur  der  Un- 
terschied findet  zwischen  beider  Entstehung 
statt,  dafs  dieser  gerinnbare  lymphatische  Stoff 
beim  wahren  Polypen  nach  und  nach,  lange 
vor  dem  Tode  ausschwitzt,  sich  langsam  an- 
sammelt, verhärtet,  und  sich  zu  einem  organi- 
schen Körper  bildet^  also  mehr  Folge  einer  chro- 
nischen, als  einer  acuten  Entmischung  ist.  Beim 
falschen  Polypen  entsteht  diese  Ansammlung  im 
Gegentheile  kurz  vor  dem  Tode,  oder  in  dem 
Tode  erst,  wegen  schwacher  und  endlich  auf- 
hörender Bewegung  des  Herzens. 

Boerhaave  erwähnt  eines  Menschen,  in  des- 
sen hinterer  Herzkammer  man  einen  Polypen 
fand,  welcher  deren  ganze  Höhlung  ausßUlte 
und  in  seiner  Mitte  ein  Loch  zeigte,  durch  wel- 
ches das  Blut  seinen  Durchgang  zur  Lungen-  . 
arterie  hatte.  Derselbe  erzählt  ferner  auch  den 
Fall  von  einem  Matrosen,  welchen  ein  anhal- 
tendes Fieber  befiel,  wobei  sich  ein  beschwer- 
liches Atbemholen  einfand,  welches  ihm  nach 
und  nach  solche  Beängstigungen  verursachte^ 
dab  er  nur  stehend  athmen  konnte;  nach  sei- 
nem Tode  fand  man  einen  so  greisen  Herzpo- 
lypen, dals  er  die  Fasern  des  Herzens  gewis- 
sermalsen  auseinander  getrieben  hatte.  Morand 
sah  das  rechte  Herzohr  von  einem  Polypen  gan^ 
ausgefüllt    Greding  fand  bei  zwölf  I^sen^en 


—     31     — 

einem  Wasenmeieter ,  welcher  aber  ihm  nieht 
«Hein  nichts  gab,  sondern  rieth,  gegen  dieses 
•unheilbare  Uebel  nichts  sa  gebrauchen,  weH 
«onst  das  Aage  ganz  sserspriugen  wid  noch 
unscheinbarer  werden  würde  als '  gegenwärtig. 
Pat.  kam  hierauf  zu  mir.  Ich  löste  auf  einer 
Glasplatte  ein  wenig  Höllensteitt  in  Speichel 
auf  und  bestrich  ganz  dünn  den  Vorfoll  damit 
•Der  Schmerz  war  anfangs  sehr  heftig,  beinahe 
bis  zur  Ohnmacht,  und  verbreitete  sich  nicht  allein 
in  den  Kopf,  sondern  auch  in  den  Oberkiefer. 
Einige  Minuten  darnach  tröptelte  ich  einen  Tr^ 
pfen  Oleum  Nucum  Juglanc).  in  das  Auge,' und 
liefs  ihn  dieses  einigemal  des  Tages  zu- Haust 
ebenfalls  thun,  worauf  ich  ihn  wieder  besdiie& 
Bei  seiner  Ankunft  nach  zwei  Tagen  war  der 
Vorfall  fast  ganz  verschwunden  und  schon  :et- 
W«s  Sehkraft  vorhanden.  Die  Anwendung  dür 
Salpetersäuren  Silberauflösung  wurde  wieder- 
holt, die  Schmerzen  waren  jetzt  weit  geringer 
und  nach  achttägigem  Eintröpfeln  des  JWiittöls 
Morgens  und  Abends  war  das  Auge  und  die 
volle  Sehkraft  wieder  hergestellt  'und  <in  d«r 
Cornea  nur  noch  eine  ganz  kleine  und  1Mb6 
Narbe,  welche  sidi  in  der  Felge  immer*'  mebt 
verler  und  nach  Jahrenikaom  mehr  sichtlwrww 


.  1 .  - 


.« . 


Nutzen   des  Elix»  paregoric.  Pharm,  Edwhurg. 
bei  Ththisis  pulmonum. 

Am  94.  April  starb  Ph.  S.,  eh  von  Kind- 
heit schon  zu  Verwachsungen  durch  HbKi^, 
Iritis  geneigt  eeweeenes  Weib,  von  60  Jiln 
iren.  Ihrganzezljebctaihindurehimm^scliVrliiitt 
lieh,  gdbar  sie  doch  im  Ehestände 'Mir «Kfiidet 


das  Elixir  paregorieom  Pharm.  Edinburgena.  so/ 
wovon  Morgona  and  Abenda  jedeamal  M  Tro« 

Sfen  nnonunen  nnd  anob  wohl  yerlragen  wur* 
en;  mdeaaon  mappnrte  die  Kranke  immer  mdir 
ab  y  bekam  dann  heotiadiea  Fieber  und  mollrto 
non  das  Bett  bäten,  ea  erachien  endlieh  am 
13.  April  dea  Abenda  plötsliidier  Auswurf  von 
Blut  und  Eiter  j  naohher  von  reinem  und  ao  oo-> 
piösem  gelbem  Eiter ,  dalii  er  -unter  Sehmen 
in  der  rechten  Lunge,  aus  dem  Halae  gleich- 
aam  sprang  nnd  unverkennbar  auf  eine  gebor- 
stene Vomica  achlielten  liefii.  Dieaer  Auawurf 
dauerte  aechs  Tage  lang  noch  häufig  finri  und 
drohte  manchmal  der  todtachwachen  Kranken 
den  Erstickungstod,  welchen  jedoch  das  mm 
alle  zwei  Stunden  mi  sehn  Tropfen  in  eineoi 
eoncentrirten  Decocte  von  Liehen  Island,  gege- 
bene Elix.  paregor.  noch  abssuhalten  adiien.  Am 
siebenten  Tage  hfirte  ^ieaer  Eiterauawurf  a»( 
es  erfolgte  em  achaumiger,  nach  Annbe  der 
Kranken  aahsig  achmeidiender  Speichel,  cue  Krifta 
sanken  mehr  und  mehr  und  die  arme  Leidende 
entachlief  aanft  am  M.  April. 

Die  von  mir  in  Ge{[;enwart  einiger  junmi 
Aerzte  angeateUte  Section  lieferte  folgende  lU- 
sultate :  Daa  Aeuiaere  der  Verstorbenen  veniMi 
schon  die'  sonderbarsten  und  auffallendaten  Ver- 
wachsungen. Die  Rfickeilwirbel  hatten  die  Form 
eines  römischen  8 ,  ao  daili  die  obere  Krflai» 
mung  diesea  Budiataben  von  den  HafnrtaMhi 
bis  zum  6ten  Rfickenwirbel  gans  einwIrts  nack 
den  Lungen  nu  gdbogeti ,  dann  jnach  den  Ver- 
tebria  Lumborum  bu  wieder  eine  Kifinummg' 
machten,  ao  dab  die  Figur  wies  umgekehrten 
lateinischen  2  gebildet  wurde.  Die  neben  die- 
ser ff ekrfimmten  Spina  liegenden  Sehulteiblitter 
standen  weit  nach  Unten  hinaus  und  dioRippso« 

Joum.XCIIl.B.ft.St  C 


.      —      34      — 

krümmunger.  blldcleii  eine  etwas  kouiüchc,  sptlzi|; 
den  Kücken  aufn'äils  laufeiiile  Figur.  Der  Bru«i- 
kaslen  war  eiiigedrückl,  platt,  auf  der  liukec 
Seite  Btanöcn  die  üalgchcu  Hippen  mit  ihren  be- 
wegliolieu  EniIntigeD  eiiiwärla  nacli  der  Herz- 
grube lind  dem  Zwerchfelle  zu ;  so  waren  gc- 
geulheUig  die  der  rechten  Seite  auawäct^  in 
die  Höhe  getrieben.  Der  Kamm  des  linken 
Hürikuoclieua  war  in  seinem  Maafäo  zweiFiu- 
gel  V^'l'  'lühei  und  doti  Kippen  uäher  steheud 
als  der  audere,  und  \  itereni  bia   zm  Cn- 

StA  OHsie  lliiiin  kaum  ^ot  breit  Raum,  üic 

Eiagaw^ide  waicn  daliüi  m  ch  diese  Veischie- 
bmig  ganz  »ach  rechter  it«  gedrückt.  Dii; 
Extremitäten  übrigena  no      Ü. 

Die  Kojiniöhle  wurde,  weil  die  Kranke  in 
ihrem  Lehen  nie  daselhst  etwas  KraDkhtf- 
t«B  verspürt  hatte,  nicht  geöflhet.  —  Bei 
EiöfTuuiig  der  Bnisthähle  Tand  sirh  eior,  Bf 
den  engen  Brustkasten  überuaiürlich  giöi>o, 
■alt  liuft  aufgeblasene,  aschgraue  Lunge,  in 
deren  reclilem  giofsen  Flügel  nahe  an  der  laser- 
tion  der  Bi'onrhiai-Curvatur  sich  eine  gröfslen- 
theila  entlecno,  und  nur  noch  ein  weutgSchaam 
enthaltende  Vomica  vaa  der  Grörse  eines  Ginae- 
eies  vorfand.  Beide  Lungen  lag^on  allenthalbeu 
fe%t  und  ganz  verwachsen  in  den  spitzigen  unii 
konischen  Vertiefungen,  welche  oben  erwähnte 
RippouBus»-ürhso  nach  den  8chulterbl altern  za 
gebildet  halten.  Der  rechte  Lobus  war  au  die- 
ser Verwachsung  hraudig  und  d^stniirl.  der 
linke  Kieiulich  normal,  nur  sehr  durch  Luft  aus- 
gedehnt. Das  Herz  war  sehr  klein  und  die 
beiden  Ventrikeln  voll  geronnenen  Blutes.  Der 
Magen  war  in  der. Gegend  derCardia  und  de» 
PylorsB  sebE  weit,   in  der  Mitto   aber  so  vet- 


—     35     — 

engt,  dafs  er  wahrscheinlich^  bei  längerem  Le- 
ben der  Verblichenen,  noch  zusainmengewachsen 
seiy  würde.  Die  Milz  war  gröfser  und  härter 
als  im  natürlichen  Zustande,  der  rechte  Lebei^ 
lappen  über  die  Hälfte  gröfser  als  im  natütU- 
eben  Zustande,  und  der  linke  kaum  anderthaib 
Finger  breite  das  Gekrös  entzündet,  die  Einge- 
weide normal,  aber  sehr  von  Luft  aufgetrieben 
und  dislocirt.  Die  Nieren  hatten  die  gewöhn- 
liche Gröfse,  in  ihren  Becken  aber  fand  sich 
beiderseits  ebenfalls  Eiter,  ebenso  war  die  Harri- 
blase  bis  zur  Hälfte  mit  Eiter  gefüllt.  Der  ir6yk 
mir,  wie  oben  schon  bemerkt  worden^  repb- 
nirte,  vorgefallene  Uterus,  hatte  noch  fiieiäe 
ganz  gute  Lage  und  war  im  gesunden  Zustandd« 

Das  Elixir  paregoricum  Pharm.  Edinburgen- 
sis  habe  ich  im  Asthma,  in  der  tuberculöseD^ 
auch  sogenannten  steinigten  Luugensucht,  dfr 
Phthisis  pituitosa ,  so  wie  nach  geborstenen  Vo- 
miken,  mit  sehr  gutem  Erfolge  stets  abgewen- 
det; wenn  es  auch  diese,  ohnehin  selten  nur 
beilbaren  Uebel  nicht  zu  heilen  vermochte ,  so 
wurden  dadurch  doch  die  Kranken  immer  ge- 
bessert, in  ihren  tiefen  Leiden  erleichtert  und 
lange  erhalten.  Seine  Composition  ist :  Reo.  F|0r. 
Benzocs,  Croci  austriac.  ana  drachm.  tretj  0|ii 
puri  drachm.  duas,  Ol.  destillat,  Anisi  draehSp« 
dimid.,  Spir.  Salis  ammon.viuos.  libr.UDMBy  dA- 
gere  quatuor  dies  in  phiola  clausa  et  eola.  t>o- 
sis  10— 15— 20  — 30  Tropfen,  ^      .    .;    :   ..  ^ 

Folgende  Krankengeschichte  möge  iaMh 
zur  Bestätigung  des  Gesagten  dienen:* 

H.  P.  V.  T.,  ein  äufserst  heftiger  und  jäb- 
zorniger  Staatsbeamter,  von  phthisi'scher  Archi- 
tectur,  hatte  sich  als  Kavallerie -OtBcier  mehr- 
mals Blutspeien  zugezogen  ündverflel,  in  Folge 


I 

/ 


» . 

'  ■  ■  .  • 

—    '87     — 

der  Grobe  eines  Ganseeies,  ÜftUeo  eine  Kalk« 
sleinkmste  und  enthielten  in  ihrer  Schale  dich- 
ten gelbgrfinen  Eiter  (Phthiais  lapidea).  Das 
Herz  war  sehr  grots^  beide  Ventrikel  hatten 
polypöse  Concremente,  welche  sich  bis  in  die 
Aorti^  descendens  erstreckten.  Herzbeutel  und 
Brusthöhle  enthielten  Wasser. 


:     •):"  ■  .•' 


•  .    '  I 


•f    •  '  ■ 
■    I 


.  ..'• 


\ 


hilt^  und  vou  die^r  Seite,  «qs  gebührt  ihr  da« 
her  mit  Reelit  eine  Stdle:iii  diMer  Kritikll«iUK 
nihe;  denn  nach  den  «cithewgwi  BeoiMuihla»- 
gen  komme  diese  Krankheit  bkife  beim  Honde, 
dem  Wolfe,  dem  Foebse:  und  der 'KalM»:jror, 
so  dals  wir  wohl  eine  eigene,  in  der  OigMi- 
sation  dieser  Tbiere  'jj^gröndcCe  Anlage  su  tiie- 
ser  Krankheit  annehmen  können. 

In  Beziehung  auf  das  Alter  dieser  Krank« 
beit,  80  dürfte  sich  dasselbe,  da  eine  Mgc^ 
meine  Anlage  zu  diesem  Uebel  bei  den  s&yor 
erwähnten  Fleischfressern  aufi;enfallig  ausge- 
sprochen ist,  ziemlich  weit  hinauf  in  der  Ge- 
schichte erstrecken,  und  diese  Krankheit  viel- 
leicht so  alt,  oder  mindestens  nicht  viel  junger, 
als  die  Existenz  dieser  Thtere  auf  EIrden  selbst 
sein.  Mauche  behaupten,  dafs  sie  in  Europa  noch 
nicht  sehr  Isoge  bekannt  sei,  sondern  sieh',Ea- 
erst  in  der  Mitte  des  verßossenen  Jahrhunderts 
gezeigt  habe.  Eini«re  Schriftsteller  behaupten 
sogar,  sie  sei  im  Jahre  1769  aus  England  nach 
Frankreich  eingeschleppt  worden.  Auch  >¥ge-' 
sehen  hie  von,  so  lä&t  sich  doch  soviel  Imn 
über  nachweisen,  dafs  sie  im  März  171-1^ 
pficirt  mit  brandiger  Bräune,  in  Siidfiri 
grassirte.  —  Eduard  Jenner  behauptet,  d%m^ 
in  der  Mitte  des  vorigen  JaHrbunderts  vom-BWi-^' 
lande  aus  nach  England  hinüber  gebracht  wof-., 
den  sei.  —  Diese  Krankheit  stammt  fibrigtew 
ohne  Zweifel  aus  Asien  —  der  Geburtsstiita  der , 
meisten  verheerenden  Seuchen  — ,  war  vordem 
Aufange  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Europa 
•inbekaunt.  und  ist  erst  s^it  dem  Jahre  17My 
ja  im  nörillichen  Eofidand  erst  sait  dorn  Jafainv 
1783,  recht  eiuheimisdi  geworden.  ') 

• 

^ )  tfarlrrf  d.irboent  ^.  a.  O.  BJ.  |V.  p.  3ä9. 


[ 


_     40     —  W 

In  Beziehung  auf  die  ansteckende  und  aicbt 
aoBteckende  Natur  der  Krankheit,  so  sind  die 
Ansichten  noch  getheilt.  Während  Barrier '), 
Hiirtrel  d'Arbovat  *)  u.  A.  die  Ansteckbatkeit 
entschieden  leugneten,  hahen  sie  die  meisteii 
andern  Beobachter  für  ansteckend  erklärt,  ond 
wenn  wir  wirklich  erwägen,  dals  diese  Kiaok- 
beit  sich  selten  und  nur  ausnahmsweise  mehr 
ais  einmal  an  einem  und  demselben  Sabjcde 
zeigt,  wenn  es  sich  auch  den  gewöhnlicben 
Ursachen  ihrer  Eutwickelung  und  selbst  wie- 
derholter Ansteckung  aussetzt;  dals  diese  Kiaok- 
heit  ferner  plötzlich  oder  atlmählig  die  säniiDt- 
liehen  Hunde  einer  Ortschaft  befällt,  daä  sie 
vorzüglich  in  den  Zwingern  der  Parforcehuode 
fast  kein  Stück  verschont,  und  dafs  eniUth, 
wenn  die  Krankheit  schon  einige  Zeit  ins  den 
Zwingern  verschwunden  und  dieselben  mitgiöls- 
ter  Sorgfalt  gereinigt  worden  siod,  nicht  seilen 
in  dieselben  gebrachic  Hunde  erkranken,  stach 
iu  Anschlag  bringen,  dafs  man  das  Emimpfeo 
der  Seuche  versucht  hat ,  um  sie  gutartiger  m 
machen,  ja  dafs  unter  audern  Sacco  u.  a.Aenie 
behauptet  haben,  dafs  sich  die  Hundeseacbe 
durch  Einimpfung  der  Kuhpocken  verhiDdeni 
lasse :  so  haben  wir  allen  Grund,  der  Ansieck- 
barkeit  dieser  Krankheit  das  Wort  zu  spreebco. 
Sacco  impfte  230  Hunde  mit  der  Vaccine  und 
will  beobachtet  haben,  dafs  später  nur  einein- 
ziger  von  der  Slaupe  befallen  worden  sei,  wüh- 
rend  die  Impfungen,  welche  Stiiz  am  Wien« 
Institute  mit  Schutzpockengift  an  jungen  Hun- 

I)  a.  3.  O.  S.  360. 

»)1  De  la  maladie  Aei  chiena.  Inslract.  et  Ohserf«. 
anr  les  malailiei  dea  anim.  dumeBt.  Pari«  18J3.  Vol 
V.  11. 134.  —  Chnmbtrt,  Plamlritt,  Hasard  Hmii. 
Bd.  III.  S.I47. 


—     41      — 

den  vornahm,  gröfstentheils  erfolglos  blieben. 
Int  Allgemeinen  gehört  der  Ansteckttngsstoif 
dieser  Krankheit  zu  jener  Klasse  von  Conta- 
gien,  welche  einige  Zeit  kng  aussterben  und 
unter  dem  Einflüsse  gunstiger  kosmischer  und 
telluriscber  Verhältnisse  sich  von  Neuem  wie- 
der zu  entwickeln  vermögen. 

Allgemeines  Bild  der  Krankheit  beim  Hunde. 

Es  hält  in  der  That  schwer  ^  ein  allgemei- 
nes Bild  von  dieser  Krankheit  zu  entwerfen^  da 
keine  Krankheit  bei  dem  Hunde,  oder  aachbei 
d^n  übrigen  Hausthiercn  so  mannigfaltige  Symp- 
tome und  emen  so  verschiedenartigen  Verlauf 
darbietet,  auch  keine  von  so  vielfaltigen  Nach- 
krankheiten  begleitet  wird,  als  eerade  diese, 
woher  es  auch  kommt,  dafs  wir  in  keiner  der 
Schriften,  iii  welchen  diese  Krankheit  abgehan- 
delt wird,  auch  nur  eine  leidliche  Beschrei- 
bung derselben  finden.  Obgleich  in  ihrem  Ver- 
laufe häufig  sehr  abweichend,  so  läfist  die  Krank- 
heit doch  fast  jedesmal  mehrere  deutlich  ver- 
schiedene Perioden  nachweisen,  in  welchoQsich 
wesentlichci  Veränderungen  ergeben. 

In  der  ersten  Periode  zeigt  der  Hund  Trig- 
heit,  Traurigkeit,  Abgeschlagenheit,  Unachtsam- 
keit auf  seinen  Herrn,  folgt  ihm  nur  nachlässig 
und  ist  weniger  gehorsam,  die  Körperwärme 
ist  vermehrt  und  doch  immer  frieren  die  Hunde 
abwechselnd  und  suchen  warme  Plätze  auf,  vor- 
züglich ist  die  Nase  warm  und  trocken,  die 
Schleimhaut  geröthet,  das  Thier  niefst  oft,  braust 
sich  aus  und  strengt  sich  heftig  an,  um  tief 
aus  der  Kehle  Etwas  herauszubringen.  Es  scheint 
von  einem  Stockschnupfen  geplagt  zu  sein,  dessen 
es  sich  durch  Sdiütteln  mit  dem  Kopfe,  Bewegun- 


—      4«      - 

gen  itcT  Schnauze,  kratzen  mit  der  Pfote  u 
derselben  zu  entledigen  sucht.  Das  Athnten 
geschieht  schnell,  die  ausgeathiticte  Luft  i£l 
heifa,  der  Heiz.schlag  beiderseits  deutlich  ent- 
wickelt, der  Pulsschlag  nach  Verschiedenheit 
der  Gröfse  des  Hundes  auf  80- — 100  in  ein« 
Minute.  Die  Frefslusf^ist  sehr  vetmiHdeit,  die 
Zunge  trocken,  der  Durst  stark  und  nicht  is 
Btilleu,  daher  sich  das  Tliier  des  Anblicks  du 
Wassers  cifient,  der  Koth  wird  seilen,  uitsUr- 
kem  Zwange,  fest  uuil  trecken  euLlecrt,  auch 
iet  Harn  wird  in  geringer  Metige  schi  düuu- 
ßüssig  und  von  brauiigelber  Farbe  ubgesetzl. 

Die  zweite  Periode,  welche  mit -dem  3  - 
4.  Tage  der  Krankheit  beginnt,  küudigt  sich 
durch  stärkern  Husten,  vermehrte  Verslopfung 
der  Nase  und  grölseie  .Unruhe  an.  Aus  da 
nun  wieder  kalt  und  feucht  gewordenen  Nue 
und  zuweilen  auch  aus  dem  Rachen  flierst  ein 
teichJicUcr  Schleim,  weicher  Aiifaiin-s  klar  und 
flüTsig  ist,  später  aber  dicklich  wird,  gich  gräi 
oAer  gelblich  färbt  und  zuweilen  die  NaäeDlö- 
flher  verstopft,  indem  er  sich  krusienartigeibäi- 
tet,  an  deren  Runder  ansetzt,  wodurch  das 
Athemholeuerschwcrl  wird.  Ein  ähnlicher Aus- 
flnfo  zeigt  sich  aus  den  Augen,  w'obei  diese 
tröb  werden,  vud  die  Augenlicder  sehr  zusBa- 
menkleben.  In  diesem  Zeiträume  wird  das  Tfaiei 
von  Ekel  und  Erbrechen  geplagt,  das  Niesen 
kommt  sehr  häullg  zum  Vorschein  mit  hefliget 
Anstrengung  und  Schnauben,  um  den  Naseu* 
aohleim  auszuwerfen.  Es  wird  iiumer  schwä- 
cher, schwankt  fortwährend  und  kenn  sich  uirht 
lüebr  auf  den  Hinlerbeinen  aufrecht  erhallen. 

In  der  tiritlen  Periode  sind  die  Symplome 
je  nach  dem  Ausgange,  zu  «'elcheni  die  Krank- 
heit sich   liinncigl,    verschieden.       ^Vcnn  die- 


—     48     — 

8er  nicht  gänstig  ist,  oder  die  Heikmg  sich 
wenigstens  lange  hinauszieht  und  ihren  Ver- 
lauf innerhalb  6 — 8  Tage  nicht  vollendet,  so 
wird  der  Blick  trübe,  unsicher  und  das  Auge 
thränend,  der  Ekel  und  die  Abneigung  vor 
Lebensmitteln  jeder  Art  treten  immer  deutlicher 
iiervor,  der  Speichel  wird  zähe,  klebrig,  übel- 
riechend, der  Harn  stinkend;  bald  ist  hartnäk- 
kige  Verstopjfling,  bald  Durchfall  zugegen,  die 
Exkremente  verbreiten  im  letzteren  Falle  einen 
unausstehlichen  Gestank.  Das  Athmen  geschieht 
sehr  schnell,  der  Herzschlag  ist  pochend  und 
auf  beiden  Seiten  fahlbar,  der  Puls  unregelmä- 
fsig  und  um  so  schneller,  je  weitere  Fortschritte 
das  Uebel  gemacht  hat.  Konvulsivische  Be- 
wegungen der  Gesichtsmuskeln,  so  wie  auch 
der  GliedmaCsen  gesellen  sich  nun  schon  hinzu. 

Diese  Zufalle  sind  nicht  immer  in  ihrer 
Gesammtheit  zugegen,  manche  Hunde  leiden 
nur  au  einigen  derselben,  und  das  Uebel  geht 
bald  und  leicht  vorüber.  ,  Oft  aber  ist  gleich  im 
Anfange  schon  ein  heftiger  Durchfall  vorhan- 
den und  zuweilen  beginnt  die  Krankheit  sogac. 
plötzlich  mit'  Krämpfen  und  lähmungsartiger 
Schwäche  des  Kreuzes.  Nicht  selten  gesellen 
sich  aber  Komplikationen  hinzu,  welche  die 
Krankheit  mehr  oder  weniget  verwickeln;  als 
Ophthalmie,  besonders  in  der  zweiten  Periode^ 
eine  Reizung  der  Schleimhaut  der  Verdauungs- 
und zuweilen  auch  der  Harnwege;  frieselar- 
tige  und  pustulöse  Hautausschläge,  sogenannte 
Hundeblattern y  u.  S.w.,  deren  Uebertragung  auf 
Menschen  in  drei  Fällen  Langenbacher  ^')  be- 
obachtet hat. 

')   Die  von  den  Tbieren  auf  den  Menschen  übertrage- 
nen Krankheiten ;  Inauguraldissertation.  Wien  1840.  — < 


AHeemfines  Bild  der  Krankheit  beim  Mi 

Von  der  Hundestaupe  ging  in  den 
ncten  BcobaclituDgen  nur  der,  diese  KrioUitl 
manchmal  begleitende,  pockenartige  Aussdil^ 
auf  mehrere  l'ersouen  über.  Ks  bildeten  vA 
bei  derselben,  theils  blols  an  der  Hand,  (halt 
auch  an  anderen  Stellen,  ja  selbst  übet  da 
ganzen  Küiper  verbreitet,  rethe  Erhabenheita 
von  der  Grörso  eines  Stecknadelknopfes  bii  a 
der  einer  Erbse,  di  inigen  Stunden  setm 

in,  mit  gelblicher  L  gefüllte  Pusteln  übs- 

gJDgen,  welche  mit  besonders  des  Naditi 

vermehrten  Juck  ndeu  waren.    Bei  es- 

pOndlichen  zarti  d  zeigten  sich  leichu 

Fieberbewegunt^  )u    am  2  —  3ten  Tajc 

vertrockneten  dl^  und  bildeten  Soiket. 

welche  wie  bei  d  ren  8  —  14  Ttge  haf- 

teten und  bis  zum  en  Jucken  verorMctc 

ten.  Von  den  übrigen,  die  Staupe  begleitea- 
den  Symptomen  zeigte  sich  an  den  angesteck- 
ten Personen  nichts.  Hierdurch  ist  also  eioc 
auffallende  Aehnlicbkeit  mit  den  HundebUUeni 
ausgesprochen. 


5.    Klauenseuche. 

Insofern  es  zu  den  alltäglichen  ErMuBH 
gen  gehört,  dafs  dem  Menschen  selten  btsä» 
den  ist,  sich  des  ruhigen  ungestörten  Bentiei 
irgend  eines  irdischen  Gutes  erfreuen  zu  dm- 
fen,  sondern  er  von  Natur  gleichsam  daza  be- 
stimmt zu  sein  scheint,  als  freies  vemünfUg«) 
Wesen  Alks  zu  erkämpfen  und  im  Kampfe  oii 


~     45     — 

den  Elementen  die  Unholde  zorfickzutreiben, 
welehe  ihn  in  seinem  Genüsse  stören,  därften 
wir  auch  die  Klauenseuche  zu  jenen  liebeln 
zahlen,  welche  unsere  Heerden  mit  einem  em- 
pfindlichen Verluste  bedroht  und  schon  seit 
langer  Zeit  bedroht  zu  haben  scheint.  Zu  die- 
sem Ausspruche  fühlen  wir  uns  um  so  eher 
berechtigt,  als  es  zu  den  ausgemachten  Erfah- 
rungen gehört,  dals  die  Gesundheit  eines  Thie* 
res  um  so  vielßtltigeren  und  gröüseren  Störungen 
ausgesetzt  wird,  je  mehr  das  Thier  von  seinem 
natürlichen  Zustande  entfuhrt  und  unter  mehr 
ungewohnte  und  künstliche  Verhältnisse  gesetzt 
wird;  dieses  finden  wir  beim  Schafe  auf  eine 
sehr  sprechende  Weise  bewährt.  Dieses  nutz- 
liche Thier  dürfte  nämlich  allem  Anscheine 
nach  zu  den  ersten  gehört  haben,  welches  der 
Mensch  seinem  natürlichen  Zustande  entfahrt| 
zum  Ilausthiere  umgewandelt,  und  dadurch  un« 
ter  Verhältnisse  gesetzt  und  auf  verschiedene 
Strecken  der  Erde  verbreitet  hat,  welche  sei- 
ner Natur  im  Allgemeinen  und  seinen  Fulsen, 
den  Klauen  insbesondere,  nicht  zusagten,  und 
so  das  Klauenübel  schon  sehr  früb^tig  zu 
Stande  gekommen  sem.  Dasselbe  dürfte  beim 
Rindviehe  der  Fall  fein.  Diese  kurzen  Sätze 
dürften  genügen,  um  das  hohe  Alter  dieser  Krank- 
heit eiiiigerma(isen  zu  begründen. 

Wie  der  Roz  und  der  Wurm  ausschliefisH 
liches  Eigenthum  der  Einhufer  ist,  so  ist  die 
Klauenseuche  den  Zweihufern  eigenthümlich. 
Ueber  die  Natur  dieser  Krankheit  herrschen 
unter  den  thierärztlichen  Schriftstellern  verschie- 
dene Ansichten.  Französische  Thierärzte  und 
mit  ihnen  Ribbey  stellen  die  Klauenseuche  un- 
ter die  Antbraxkrankheiten,  so  wie  sie  auch 
mehre  deutsche  Thierärzte  für  eine  Metastase 


—     47     —  , 

der  Maulseuche  vor.  —  Ebenso  finden  wir  nur 
selten  ausgeprägte  Formen  der  ubergegange« , 
neu  Krankheit  beim  Menschen,  sondern  blofs 
Eruptionen  von  Bläschen  au  Händen  und  Fü- 
fsen,  welche  einigermalsei\  ein  Analogen  die- 
ser Krankheit  beim  Mensdien  darstellen  dürf- 
ten. Etwas  ausföhrlicher  hierubef  bei  Betrach- 
tung der  Maulseuche. 


//.  Ktankheiterij  welche  in  verschiedenen  Thiev 
geschlecht ern  Analoga  darstellen. 

In  der  seitherigen  Darstellung  haben  wir 
der  Krankheiten  erwähnt,  deren  ursprüngliche 
spontane  Entwicklung  vorznigsweise  an  eine 
bestimmte  Organisation  gel|unden  ist;  nun  aber 
hätten  wir  jene  Krankheitsformen  in  Betracht 
aa  Eieaen,  welche  ihrem  Wesen  nach  zwar 
identisch,  in  Beziehung  auf  ihre  äufsere  Form 
aber  verschieden  sind,  und  so  bei  verschiede- 
nen Thieren  Analoga  darstellen.  Auch  bei  die- 
ser Reihe  von  Krankheiten  äufsert  die  natür- 
liche Beschaffenheit  der  betreffenden  Thier- 
spezics  einen  so  bedeutenden  modifizirenden 
Einflufe,  dafs  es  bei  einer  nur  oberflächlichen 
Betrachtung  scheinen  könnte,  als  kämen  sie  in 
dieser  Beziehung  mit  den  seither  abgehandelten 
Krankheiten  überein ;  allein  neuere  Nachforschun- 
gen haben  aufs  Bestimmteste  nachgewiesen, 
dafs  dieser  äufserlichen  formellen  Verschieden- 
heit eine  wesentliche  innere  Aehnlichkeit,  ja 
(iHeichheit  zu  Grunde  liegt,  wie  wir  dieses  bei 
der  Kiihpocke  und  der  Mauke  darthun  werden. 


—     48     — 

Es  gehört  wirklich  zu  den  wicbügsten  und 
inttH'eseaD testen  ErscheinungeD  der  veigleicbcn- 
deo  Pathologie,  die  wesentlipho  Uebereinalim- 
mung  zweier  veiachiedeo  scheinender  Krank- 
heiten auszumittelo,  und  von  dieser  Seite  ans  be- 
trachtet wirft  sich  daher  hier  laut  die  Frage  iif; 
„tat  das  lUaulie-  und  Kuhpockenkontagium  wl 

einandrr  verwandt  oder  identisch'"? 
deren  Beautwortuog  nnr  durch  Tbatsacliea  ge- 
hörig ftuegefüihrt  werden  kann,    zu  deren  Auf- 
z&bluDg  wir  nun  übi         en  wollen. 

Schon  Je/iner  '1  der  Ansicht,  dafs  iIk 

Hauke   und   die  :en    identische  Leides 

der  Thicre  seien,  er'  glaubte,   isSe  ä« 

KubpockcD  von  r  'nken  Pferden  auf  die 

Kühe    durch   Lei  tragen   worden  seien, 

welche  die  Pferd  zen  und  die  Kübe  eu 

melken  gehabt ,  .  iieäem  Geschifle  daa 

Euter    der  Kühe  im  ikestoff    in  Beiübnuig 

gebracht   hätten,   wuuurch    dann    die  Kubpol'- 
ken  vnlstaudeu  wären.     fF.  Simmon«))  auchle 

I)  An  ioquiry  inio  Ihe  causes  and  effecU  iJ  ibe  >i- 
riolat:  vaccinae,  a  diaeaee  diacovereil  in  gaine  ol  >!>( 
western  counlieB  of  Knglanil ,  [larlicularly  Gloo«- 
itershire,  and  Known  by  Iba  name  of  Ihe  cow-p»'' 
London  1798.  Mit  Atibitd.  —  Deberielzt  TOBfift. 
ßnJfflorti  unter  dem  Tilel:  „Eduard  Jefatefl  fiaK- 
siichQngen  über  die  Crsaclien  und  Wirkungen  (M 
KQh|iof,ken''  etc.  Hannover  1799.  —    Furtüi 


valions   on   tbe    Varioiae 


;.  Jainer.  London  1799.  —  Ediuinti  Jeraen 
ciDsii  el  effclibuB  Varioiarum  vaccinaniiD.  — 
glico  In  iBtinumcnnTersBBbJfoi/noCnrCTio.  Vindol»* 
1799,  nmfafsl  tiiesc  beiden  .fennrr'schen  ScbriBf 
—  Continualion  of  facta  and  Observation^  relatiTe 
tbe  Varioiae  Tacdnae  or  <Mv-pox  by  E.  Jp"- 
London  ISOO. 
•)  Reflection»  on  the  proprlel;  of  tlie  Caiarean  Op 
ration,  (o   vitiicti   are  added   obaervationj  on  mdc« 


—     49     - 

durch  überzeugende  Versuche  darssuthun,  idalii 
diese  von  Jenner  ausgesprochene  Meinung  in 
Betreff  der  ursprünglichen  Entstehung  der  Kuh- 
pocken  völlig  ungegruiidet  sei.  Simmons  in- 
oculirte  nämlich  drei  Kühe  mit  Maukestoff^  ohne 
gunstigen  Erfolg.  Ebenso  widersprach  Pearson  ^} 
der  Jenner*schen  Ansicht,  nachdem  er  Auf  meh- 
rern Gütern  Kufapocken  entstehen  sah,  wiewohl 
daselbst  keine  Pferde  gehalten  wurden,  und  auf 
andern,  wiewohl  die  dort  gestandenen  Pferde 
die  Mauke  nicht  hatten,  und  der  Knecht,  wel- 
cher die  Kühe  molk,  mit  den  Pferden  nie  in 
Berührung  kam.  IVilHam  Woodvüle  *)  wider- 
legte, gestützt  auf  entscheidende  Versuche,  die 
Jenner*sc\ke  Meinung  über  die  Abstammung' der 
Kuhpocken  von  der  Mauke  der  Pferde.  Co/c- 
man  *)  hat  auf  Ansuchen  von  Dr.  Jenner  meh-: 
rero  Versuche  über  den  Ursprung  der  Kuhpok- 
ken  angestellt  und  ist  dadurch  zu  der  Bdiaup- 

and  experiments    on  tbe    lopposed   origin  of  cow- 
pox.    London  1798. 

I)  An  inquiry  concerning  tbe  history  of  the  oow-pox' 
principally  witb  a  Htm  to  superaede  and  ezCingoitli 
tbe  amall -poz.  London  1796.  — -  O*  PeweotC»  Un- 
teraocbong  aber  die  Gescbicbte  der  Kobpocken,  in 
besonderer  Hinaicbt  auf  die  Aatrottong  'der  Kinder- 
pocken. A.  d.  Engl.  Ton  J.  Fr,  Euhtinger.  Nfirnb* 
1800. 

>)  Raporta  of  a  teriea  of  Inocohtiont  for  tbeTariola« 
Taccinae  or  cow-poz;  witb  remarki  änd  obeerrationt 
on  tbis  diaeaie,  conüdered  as  a  sobsUtote  for  tbe 
small-poZy  London  1799.  -^  Deataob:  Betobreibung 
einer  Reibe  Ton  Kobpockenimpfongen ,  nebel  Bemer* 
kongen  und  Beobaobtungen  ober  Seie  Krankheit,  ab 
Subttitot  der  Kinderpocken  beCracbtet  A.  d.  Bngl. 
Ton  F.  G.  Prieee.  Brealao  1800. 

*)  JoM.  fVYink*«  Reite  nach  Parii,  London  etc.  Wien 
1806.  Tbl.  II.  —  Medidn.  cbirorg.  Zdtg.  1806.  Bd.L 
•9«  298. 

Joum.XCin.ßd.&.St.  D 


—     51     — 

der  Mauke  und  Schutzpocke  zu  vernichten 
scheint^  ist  die  von  Hurtrel  d* Arboval  ^)  an- 
gefuhre.  Ein  Kutscher  nämlich,  welcher  die 
Menschenblattern  nicht  gehabt  und  ein  seit  we- 
nigen Tagen  von  Mauke  befallenes  Pferd  zu 
putzen  hatte,  zog  einen  Pariser  Wundarz^  we- 
gen Blattern  am  Faustgelenke,  welche  denen 
der  Vaccine  durchaus  ähnlich  waren ,  zuRathe. 
Dieser  Aehnlichkeit  wegen  machte  man  den 
Versuch,  die  in  diesen  Pocken  enthaltene  Lym- 
phe zwei  Kindern  einzuimpfen ,  und  diese  beide 
bekamen  die  Kuhpocken  vollkommen  regelmä- 
fsig,  und  von  diesen  wurde  die  Krankheit  in 
mehreren  Generationen  weiter  geimpft.  Anfser- 
dem  impfte  man  noch  ein  Kind  mit  dem  Grande 
der  Pusteln  des  KutEtchers,  und  dieses  bekam 
regelmäfsige  Kuhpocken ,  welche  nach  acht  Ta- 
gen zu  einer  lange  fortgesetzten  Reihe  von  Im- 
pflingen dienten.  So  beweisend'  indefii  diese 
Thatsache  auch  scheint,  sagt  Hurtrel  ^tAriovtd, 
so  lassen  sich  doch  daran  manche  AusstelkiB« 
gen 'machen.  Ohne  Zweifel  hatte  der  Kutscher 
die  Kuhpocken,  weil  die  aus  dessen  Postein 
herrührende  Materie  den  damit  geimpften  Kin- 
dern die  Kuhpocken  mittheilte;  allein  wonut 
will  man  strenge  beweisen,  daiii  die  Vacine 
bei  ihm  von  Maukestoff  henrährte,  und  er  mobt 
auf  eine  andere  Weise  angesteckt  warde?  Um 
dieser  Thatsache  volle  Beweiskraft  za  geben, 
mülste  man  die  Impfung  mit  Maakestotf  mit 
Erfolg  vorgenommen  haben,  denn  dieCs  ist  hif^ 
her  schon  so  häufig  ohne  Erfolg  gescdieben.  In 
der  neuesten  Zeit  hat  auch  Dr.  Steinheck  *) 

>)  a.  a.  O.  Art  Mauke.  Bd.  III.  A.  164. 

3)   Caapera   Wochenschrift.  1S39.   No.  M.  o.  22.   -- 
Schmidfu  Jahrbücher.  Bd.  XXVf.  8. 1S9  ff. 

Difc 


—     33     — 

Allgemeiuleideii  geblieben.  —  Desgleichen  impfte 
Steinbeck  eine  16jährige  Stute  mit  Lyinphe 
von  durch  Uebertragung  auf  Schafe  erhaltenen 
Kuhpocken.  Der  Erfolg  war  ganz  der  UAmUche, 
nur  dafs  die  aus  den  in  gröfserer  Anzahl  in 
den  Fesselgelenken  emporgeschossenen  Bläs- 
chen sich  entwickelnden  Geschwüre  weit  laug- 
samer heilten  als  im  ersten  Falle.  Beide  FäUe 
beweisen,  dafs  sowohl  die  ächte  Vaccine,  als 
auch  die  schon  durch  den  Schaforganismus 
hindurch  gegangene  ganz  gleich,  ja  letztere 
sogar  noch  stärker  und  heftiger  wirke  und  auf 
Pferde  übertragen,  Pusteln  und  Geschwüre  zu 
erzeugen  vermöge,  welche  mit  denen  übereiu- 
kommpn,  welche  die  aus  unbekannten  Ursachen 
cutstehende  Mauke  characterisiren.  F'tUh  *) 
erzählt,  dafs,  nachdem  einem  Pferde  Vaccine 
in  die  Nasenschleimhaut  eingeimpft  worden, 
an  den  Impfstellen  Pusteifi  entstanden,  welche 
die  gröCste  Aehnlichkeit  mit  Kuhpocken  hatten. 
Steinbeck  sammelte  auch  die  Resultate  absiclit- 
licher  oder  zufalliger  Uebertragung  der  Mauke 
auf  Thiere  und  Menschen.  Aus  Mangel  an 
achter  Equine,  entnommen  aus  genuinen  Mau- 
kenbläschen, bediente  sich  derselbe  zu  seinen 
Versuchen  der  Lymplie,  welche  er  ituft  deb 
Pusteln  der  beiden  mit  Vaccine  geimpften,  oben 
schon  erwähnten  Pferde  erhalten  hatte,  welche 
Pusteln  indefs  mit  denen  der  ächten,  prufeiiti«* 
vcn,  genuinen  Mauke  gänzlich  ubereiukaaien. 
Er  impfte  einer  Kuh»  am  Euter  mit  IS  Stichen 
secundäre  Equine  ein  —  ohne  Erfolg.  Btei  ei- 
ner anderen  Kuh,  die.  er  eben  auch  mit  secun* 
därer  Equine  durch  12  Einstiche  in  das  fiut^t 
eingeimpft  hatte,  stellten  sich  erst  zwisduui 
dem  4.  und  5.  Tage  Mangel  an  Frefslust,  Fie« 
' )  Handbuch  der  Veterinärkiinde*  Bd.  11.  8.  315* 


—     54     — 

ker  u.  8.  w.  ein  —  Zafftlle,   die  indefiT  nur  U 
SUmden  anhielten^  worauf  sieh  s&maitliohe  lap^  1 
ittehe  er  hoben,  eine  blanlidit  •*  gtme  Farbe  »- 
nahmnn  und  aioh  in  ganz  normale  PiKdceopoBtoh 
▼eiwandelten.     Spiter    hatte.    Stetnbeek  CMs- 

Cheit  bei  einem  an  invieterirt«»T  Hanke  leidet» 
Pferde  von  deir  in  den  Oeieehwfiren  aip- 
Midetten  lymphatisch^terigeD  FloMigkeit  ene 
Partie  in  Haarröhrchen  aofiaftfangmi.     flfil  ifr- 
■er  niffke'  er  eine  Knh;  aehön  am  sweitenlig? 
aehieD  dia  Thier  seine  gewOhiriiche  Hnnteiinit 
^  voBiA  PrelUiMt  verlor^i  so  haben,  ohne  jedock 
an  fiebern.    Hieranf  8ei]|ten  sieh  am  S4.  Tageva 
dia  geäiaohten  sw6lf  Ematiirtieit'  aiebea  in  Ce- 
itab  von  erhobenen  Knöteheo,  die  HantderUa- 
gegen  dabj^  ganz  glatt,  nieh^ge8Ghwlltal^  m^ 
,  aiäl  roaenartig  geröthet.     Indefa  Uetoa  t» 
Paalefai  sehr  kbin,  lielben  von  der^mbdRnn- 
gen  Grube  kaum  etwas  bemerken  /  trocknetn 
schon  am  4.  Tage   nach  ihrem  KrscheioeD  zo-  | 
sammen  und  bildeten  einen  Schorf,  der  bereis 
in  8  Tagten  abfiel   und  eine    kleiue  Narbe  hü- 
terlieb.    Aus    dem   oben  erwähnten  VetSQche 
zog  nun  Steinbeck  mit  Recht  den  SchhiCs,  difs 
die  von  dem    mit  inveterirter  Mauke  bebifte- 
ten  Pferde  entnommene   eiterige    Lymphe  otff 
noch  einen  sehr  geringen  Autheil   der  firähera 
Ansteckongskraft  behalten  hatte,  überhaupt  ai^ 
ergibt  sich  aus  den  bisher    mitgetheilten  Ver- 
suchen   die    höchst  wichtige   Thatsache,  di6 
frische  Equine,   wenn  sie   auf  das  Euter  vob 
Kühen  übertragen  wird,  Pocken    bervorzubrit- 
gen  vermag,  welche  in  allen  Stücken  mit  da 
lichten  Kubpocken  übereinkommen^  sowie,  dtb 
dieses  Vermögen  der  Maukenlymphe  nur  e»e 
gewisse  Zeit  in  gleicher  Stärke  verbleibt,  iodef 
es  \i«^cYk  \i\i4  vkOich  immer  an  Kraft   verliert  -^ 


—      oo      — 

Verhältuisse,  deren  Nichtbeaditung  ohne  Zwei- 
fel zu  den  so  verschiedenartigen  Erfolgen  bei 
diefsfallsigen  Impfversuchen  die  meiste  Veran- 
lassung gegeben  haben.    . 

Während  man  die  Möglichkeit  einer  wirk- 
samen Uebertraguug  von  anderen  thierischen 
Krankheitsstoffen  auf  Menschen  längst  ssugege- 
ben  haty  hegt  man  vielfaltig  noch  Zweifel  hin- 
sichtlich der  Erzeugung  der  Kuhpocken  durch 
Infektion  mit  Maukestoff  beim  Menschen,  welche 
jedoch  durch  nachstehende  Beobachtungen  und 
Versuche  widerlegt  werden  dürften.  Schon 
Jenner  und  Loy  beobachteten ,  dafs  mehrere 
Menschen  9  welche  mit  maukekranken  Pferden 
zu  thun  hatten,  in  Folge  des  Verkehrs  mit  die- 
sen einen  den  Kuhpocken  ganz  ähnlichen  Aus- 
schlag bekamen.  Sacco  ')  führt  zwei  Fälle  api 
in  denen  nach  Uebertragung  der  Equine  auf 
den  Menschen  sich  die  Kuhpocken  entwickdU 
ten.  Dieselbe  Erfahrung  machte  Greve  ^)  an  sich 
Hclbst.  Als  im  März  1830  in  Berlin  und  der 
Umgegend  y  so  wie  im  ganzen  nördlichen  und 
östlichen  Deutschland  die  Mauke  epizootisch 
unter  den  Pferden  herrschte^  wurden  IS  Per- 
sonen und  unter  diesen  Heriwig  ')  selbsti  weU 
che  mit  der  Pflege  und  Behandlung  mauke- 
kranker Pferde  zu  thun  hatten,  augesteckt.  Sie 
litten  zwei  bis  vier  Tage  hindurch  au  mäfisigem 
Fieber,  wobei  ein,  bei  manchen  auch  zwei  bis 
drei  Finger  schmerzhaft  anschwollen,    DieCre» 

>)  a.  a.  O.  S.  133  a.  134. 

>)  Krfahrungen  nnd  Beobachtungen  ober  die  Krankhei- 
ten der  Haiisthiere  im  Vergleiche  mit  den  Krankbei* 
ten  der  Menschen.  Bd.  1.  S.  79. 

»)  Berliner  inedi/in.  Veroinszeitong.  1834.  No.48.  — 
Verhandlungen  der  vereinigten  arztl.  Ge.^ellsrliaften 
der  Schweiz.  1830.  Zweite  USIfte.  Zürich  1831. 
No.  10.  —    Hitfcland's  Journal  Se^t.  1830.  S.VI'l.« 


F 

B      Hhwu 
J       Vorde 


56     — 


i 


schwubt  verbreitete  sich  über  die  Hand,  den 
Votderarm  uud  erstreckte  sich  bis  zu  deaAchsel- 
drüeeD.  Am  4  —  5.  Tage  nach  der  muthmil'»- 
lichen  Inrektioii  entstand  meistens  an  der  Spitne 
des  befallenen  FiugerB,  seitlich  vom  Nagel,  «k 
rotfaes,  märaig  über  die  IlautHächß  hervorra^- 
des  Kuötchcn,  welches  im  Aufaage  ganz  t^ 
war,  spater  gröfser  und  weicher  wurde,  und 
sich  bis  zum  neunten  oder  eilften  Tage  ia  tian 
Weifsblaue  Pustel  von  dem  Umt'angc  einer  Cibse 
verwandelte,  welche  im  Innern  eine  zellige  Stnih- 
tur  zeigte,  und  eine  ivasserhelle,  seröse  Feuch- 
tigkeit aussickern  liefs,  welche  allmälilig  «>a( 
mehr  eilerartige  BeschatTenheit  aunahm.  Di^ 
Pusteln  vertrockneten  von  der  Mitte  aus  m 
einem  braunen  Schorfe,  der  nach  etwa  iiei  \yo- 
eben  abfiel ,  mit  Hinterlaasuog  einer  Sibe, 
welche  mehrere  JUenate  hindurch  sicbtbiT  bb'^- 
Bei  drei  von  den  Eleven  der  Thierarzneischrit 
beschränkte  sich  oben  erwähnte  PiistelbiW""? 
nicht  auf  die  Finger,  sondern  ergriff  >uch  den 
Rücken  der  Hand  und  den  Vorderarm,  wo  vh- 
einzelle  gröfaere,  den  Kuhpocken  ganz  ähnUflie 
Pusteln  entstanden.  Von  den  zwölf  Erltrsntlen 
waren  eilf  früher  vaccinirt  worden ,  nnd  eine 
hatte  die  Menschenpocken  gehabt;  achtumi- 
zwanzig  andere  Eleven  und  neun  Slallnin^' 
welche  sämmtlich  ebenfalls  mit  maukekraiikK 
Pferden  zu  thun  hatten,  blieben  völlig  gwiw«  \ 
wahrscheinlich  nur,  weil   die    frühere   gehönir| 

Schutzpocken  Impfung  ihnen   jede  Emptängüflf 
keil  für  daa  Pocken-  und  so  auch  für  dasMiu''^ 

kontagium  •renommen  hatte. 

Aehnlicho   Beobachtungen   unter  ähulictt" 

Umständen    machte    Rosmdahl ').     Er  imp* 
e  Fofge.  JahrB-'l.  ü^" 


—    -67.    —    . 

nämlich  deu  f  jährigen  jkräftigen  und  gesunden 
Sohn  eines  Arbeitsmannes,  mit  ausdrucklicher 
Bewilligung  der  Eltern  auf  dem  rechten  Arme  ,mit 
guter  Vaccine^  und  auf  dem  linken  mit  Equine 
von  einem  maukekranken  Pferde.  Bis  zum 
zweiten  Tage  blieb  der  Knabe  ganz  munter, 
am  dritten  aber  wurde  er  sehr  weinerlich,  nahm 
die  Brust  nicht  und  verfiel  in  Fieber,  welches 
sich  von  Tage  zu  Tage  steigerte.  Gleich- 
zeitig fühlten  sich  die  Impfstelleu  des  rechten 
Armes,  noch  mehr  aber  die  des  linken,  wie  . 
feine  geröthete  Knötchen. an.  Am  4.  Tage  er- 
schieneq  die  Pusteln  des  linken  Armes  unglaub-« 
lieh  entwickelt,  um  das  Doppelte  vergröfßert, . 
von  einem  sehr  rothen  Hofe  umgeben,  die  Um- 
gebung noch  mehr  geschwollen ;  aufserdem  wa^« 
ren  in  der  Nachbarschaft  der  Impfstellen  noch 
sieben  neue  Pusteln  hervorgebrochen,  welche 
sich  eben  so  rasch  wie  die  geimpften  entwic- 
kelten. Die  Impfstellen  des  rechten  Armes  zeig- 
ten sich  weniger,  jedoch  normal  entwickelt, 
der  Arm  minder  geschwollen.  Im  Allgemeinen 
verliefen  die  Eqjuinepusteln  weit  schneller  als 
die  Vaccinepusteln;  denn  während  letztere  am 
siebenten  und  achten  Tage  noch  in  schönster 
Blüthe  Stauden,  bildeten  erstere  bereits  einen 
braunen  Schorf,  der  am  nennten  Taffe  abfiel 
und  ausgehöhlte  Narben  hinterliefs,  welche  weit 
tiefer,  breiter  und  röther  waren,  auch  viel  län- 
ger markirt  blieben,  als  die  von  der  Vaccine. 
Nachdem  das  Kind  einige  Tage  hindurch  einen 
entsetzlich  stinkenden  Urin  entleert  hatte,  ge- 
nas es  vollkommen.  —  '       - 

Derselbe  Beobachter  impfte  ferner  fanf  Jahre 
später  ein  fünf  Monate  altes,  gesundes  Mädchen 
am  rechten  Arme  mit  guter  Vaccine,  am  linken 
mit  sekundärer  Equine ,  oder  vielmehr  Vaccine, 


die  von  einer  Kuh,  nach  Impfung  dersclbcu  mii 
Maiikostotr,  cntiiDitimen  war.  Sämmtliche  Impr- 
sliche  beider  Anne  eiit wickelte»  sich  und  zwii 
auf  beiden  Annen  ganz  gleich  zu  schönen  gro- 
r»en  Pocken,  welche  am  achten  und  neuiilai 
Tage  von  gelindem  Fieber  begleitet  wnrden. 

Nach  vorstehenden  Versuchen  und  BmIk 
aohlungeu  diitric  also  wohl  &ts  ausgemEclit  sd- 
«usehcn  sein,  dafs  die  primiiiv^j  genuine  Equiiie 
für  sich  utiein  im  Stande  ist ,  sowohl  bei  Rb- 
hcii  als  bei  Menschen  Ausschläge  zu  erre^Oi 
welche  in  Form  und  Verlan  fj)ichta,vou  den  äcblm 
Ku[<orken  Vcrschiedenea  haben,  jedoch  wem 
ai*  HDiniiieibtii  auf  den  Mensoheu  übertraeeo 
wird,  wahrscheinlich  wegen  der  »röfscren  Vi- 
ralenx  des  Stoffes,  eine  heftigere  Gebeihab- 
ranündlictie  Heaktion  erregt,  selbst  wenn  der 
St9lC  von  veralteten  Maukege schwären  genom- 
men worden  ist;  endlich  dalä  dor  Durch^nj 
der  E<itiiiic  durch  den  KuhorgaDismiis  ihr  vn'' 
von  ihrer  Heftigkeit  raubt,  so  dafs  der  secan- 
diro  Equine-Vaccinesloff  in  sejnea  Wirkungen 
ganKlich  der  genuinen  Vaccine  analog  ereebeinl- 
■  Dessenungeachtet  ist,  aber  die  Meiaung  keines- 
weges  richtig,  dafs  die  Kuhpocken  immer  von 
der  Mauke  hervorgebracht  wetden,  oder  der- 
selben ihren  Ursprung  zu  verdanken  hätten;  d» 
jene  gar  oft  sich  zeigen ,  Wenn  die  Hauke  g« 
nicht  vorkoinml,  daher  sie  auch  nicht  als  Folge 
der  lelztercn  betrachtet  werden  können. 


1.    Kuhpock^n,   yaccine. 

Es  ivutde  auf  eine  unzweifelhafte  An  nadi- 

gcwicseii,   bemerkt  John  Baron  ^),    dafs  Binrf- 

')  Bericht  dir  für  die  Unlerauchung  de«  g«geDHäiligtP 


—     59     — 

Vieh  und  andere  Thiere  schon  seit  JahrhundeHen 
mit  Pocken  oder  Variola  befallen,  bekannt  waren. 
Diese  letztere  Benennung  wurde  dieser  Krank- 
heit unbedenklich  von  jedem  Schriftsteller  ge- 
geben, der  sie  gesehen  hat,  von  Dr.  Layarä  in 
England  und  lange  vor  ihm  von  FracastoriuSy 
Lancisij  Lanzoniy  Ramäzzini  u.  A.  in  Italien. 
Die  Kenntnifs  dieser  Angelegenheit  wurde  so- 
gar schon  Livius  zugeschrieben.  Ein  Mann, 
der  sich  einen  yjVieJ jährigen  Hauswirth "  nennt, 
ohne  seinen  Namen  und  Wohnort  anzugeben, 
machte  nämlich  unter  der  Aufschrift:  ^yJ^on  der 
Seuche  unter  den  Kindern'^  über  Stellen  aus 
dem  Livius  eine  Abhandlung  bekannt,  in  wel- 
cher der  höchst  merkwürdige  §.  3.  folgender- 
mafsen  lautet  *):  „Doch  hiervon  nehme  ich  mir 
nicht  recht  heraus  zu  urtheilen.  Was  aber 
meuie  ganze  Aufmerksamkeit  erregt,  ist  der 
Umstand,  daf^s  nach  Livius  eine  solche  Pest 
sehr  oft  den  Thieren  und  Menschen  gemein  ist, 
welches  sich  heutigen  Tages  nicht  so  befindet. 
Ich  sagte  vorher,  es  möchte  vielleicht  manche 
Pest  nur  irgend  ein  hitziges '  Ausschlagfieber 
gewesen  sein,  da  sie  oft  den  Thieren  und  Men» 
sehen  gemein  war,  und  Livius  sie  einmal  aus- 
drücklich Scabiem  nennt,  so  werde  ich  an  die 
hier  im  Lande  nicht  unbekannten  Kuhpocken 
denken,  welche  für  Milchdirnen  und  andere 
Leute,  die  liiit  Kühen  gmgehen,  noch  heutiges 
Tages  ansteckend  sind.  Es  ist  wahr,  es  star- 
ben weniger  Menschen  als  Thiere  daran.  Aber 
krank  genug  sollen  die  Leute  doch  dabei  wer«* 

Zustande!  der  Vaccination   bestimmten  Sektiou.    Ans 
d.  Kngl.  Ton  F.  Q,  Gmclin.  Stiittg.  o.  Tübing.  1840. 

^)  Allgemeine  Unterhaltungen  vom  Jahr  1769.  Gottin- 
gen 1709.  St.  39.  S.  306  n.  307.  —  Medicin.  Chi- 
rurg. Zeitg.  1802.  Bd.  h  S.  473. 


» 


I 


—     60 

den  küuiicn,  uiid  vielleicht  ist  «las  hiesige  heir« 
Klima  Ursache,  A&is  das  Gift  niclil  heiliger 
ist  Im  Vorboigeheu  raufs  ich  doch  ssgeo, 
dafs  hier  za  Lande  die  Leute ,  die  die  Kub- 
pockeu  gehabt  habcu,  sich  gauzhch  schni»- 
cheln,  vor  aller  AnBleckuitg;  von  uiisero  p- 
wohnlichen  Blatteru  gesichert  zu  seLu,  wk'nii 
selhstj  wenn  ich  mich  genau  nach  dieser  SicIk 
fiikundigt,  mehrciualc  von  gar  repulirlicheuFer- 
soncn  ihres  Mittels  gehört  habe."  E  G.Smn- 
beck,  hat  dieses  so  schöne  Ehren  denk  roxi  ia 
Deutscheu  zuerst  wiedergefiiuden  und  soll  m 
iu  sciuer  MoDatschrift  „der  deulache  Painci" 
(vom  Jahr  l^Oi.  Januar  S.  40  —46.)  heUm 
^[vntarht  haben.  Da  nun  diese  Abhaudluug <Jt^ii 
•  «4.  Mai  17fiy.  zur  Oeffeuiljchkeit  gelao^lc 
\rBhrcDd  Jenner  erst  1798  seino  diels/iJs/jeii 
Beobachtungen  bekannt  machte,  so  gdil  du- 
aus  hervor,  dar»  in  Deutschland  schon  Vi  hh^ 
zuvor  die  Kuhpockeii  und  ihre  VVirkuiij  bf- 
schrichen  wurden.  Hannover  oder  DenUädavd 
hat  also,  diesem  nach,  die  Ehre  in  dieser  .An- 
gelegenheit zuerst  Beobaclitungeu  angesielll» 
haben. 

Andere  versetzen  die  erste  Beobflclituns 
der  Kuhpocken  ins  sechste  Jahrhundert  zurück '). 
In  der  bekannten  Stelle,  wo  Marius,  der  eßle 
Bischof  zu  Lausanne,  in  den  Jahrbüchern  sei- 
ner Zeit  die  Pockeokrankheit  Variolain,  fa  ve- 
röle (denn  es  war  damals  nur  eine)  zuerst  er- 
wähnt, meldet  er,  dafs  besonders  Rmdvieh  <)■- 
von  betroffen  würde;  ja  sie  scheint  eigenllict 
erst  im  folgenden  Jahre  571  die  AIcnschcD  er* 
griffen  zu  haben.  Es  heifst  daselbst  An.  5/0 
„Hoc  aniio  morbus  validira  cum    proHuvio  vei>- 

■J  Medicinibdi-diinJig,  Zeilg.   1801.  BJ.  IV.  S.  1S2. 


—     61     — 

tris  et  Variola  Italiam  Galliamque  valde  afHixit. 
Et  aiiiäialia  bubula  per  ea  loca  raaxime  interie- 
runt.  An.  571.  Hoc  anno  infanda  infirmitas  et 
glandula,  cujus  noniinis  est  pustuIa,  in  supra- 
scriptis  regionibus  iunumerabilem  populum  de- 
vastavif  Hiemit  verbindet  MS//er^)  eine  Stelle 
Paul  Warnefried's  von  glandulis  in  modum  nu- 
cis^  quas  sequebatur  febrium  aestus,  und  Ana- 
stasiuSy  des  Bibliothekars  in  Rom,  von  ^ercus- 
«ione  scabierum,  ut  nemo  posset  mortuum  suum 
iuternoscere,  welches,  seiner  Meinung  nach^ 
allerdings  auf  die  Pocken  paTst.  Es  zeigt  sich 
aus  der  obifi;en  Stelle,  dafs  die  Kühe  für  jene 
Krankheit  Empfänglichkeit  haben,  aber  sonder- 
bar wäre,  dafs  die  Menschen  durch  das  Thier,  . 
welches  zuerst  damit  befallen  wurde,  nun  das 
leichteste  Gegenmittel  erhielten.  Dafs  die  Krank- 
heit von  jener  alten  Zeit  her  nie  oder  selten 
an  Kühen  bemerkt  wurde,  scheint  besonders 
auffallend. 

Im  Jahre  1745  und  wiederum  1770  wdrdo' 
eine  ähnliche  Pockenkrankheit  unter  dem  Rind- 
vieh in  England  beobachtet,  welche  letztere  sehr 
verheerend  gewesen  sein  muDste,  insofern  Kd*-"^  • 
nig  Georg  IIL  den  9.  Januar  1770  das  Parla- 
ment mit  folgenden  Worten  eröffnete:^}  ^it 
grofser  Besorgnifs  finde  ich  mich  verpflichtet, 
Jiese  Sitzung  des  Parlaments  mit  der  Nach- 
richt zu  erömien,  dafs  kürzlich  die  Seuche  un- 
ter dem  iHornvieh  in  diesem  Köpigreiche  aus- 
gebrochen ist,  ungeachtet  alle  Vorsichtsmaafs- 
regeln  angewendet  wurden,  um  die  Einsohlep- 
pung  von  fremden  Ländern  zu  verhindern.  Bei 
der  ersten  Nachricht  von  ihrem  wirklichen  Er- 
scheinen war  meine  Aufmerksamkeit  darauf  ge- 

')  Geschichte  der  Schweiz.  Tbl.  I.  »,  132  ff. 
2)  John  Btiron  a.  a.  O.  8.  9. 


I 


richtet,  ihre   weiteren   Fortschrilto   za  liiodeni. 
uud   da   ikr    Erfolg   dieser    Bemülimigen  cacb 
aller  VVahrscheiDlichkeit  durcli   den   geringHicn 
Aufschub  der  geeigoetcD  Maafsregeln  veieiicit 
wird,  80  hielt  ich  es  für   unerlafslich,   mit  Zu- 
Blimmuiig  meines  Geheimen  Haths,  unmiltclbvt 
Befehle  zum  Vollxu^  von  Maafsregehi  zu  |t- 
ben,  welche  die  geeignetsten  scliienen,  um  iln 
diahenden  Gefahr  der  Verbreitung  derAniH- 
kung  zu  begegnen,  bie  ich  Gelegenheit  btkm, 
mich  mit  meinem  Parlament  über  foTtdauendere 
Slaarsregeln  bcvathen   zu   können,   unnr^a  ge- 
gen eine  so  grofse  Kalamität   zu    sichern.  >ad 
ich  empfehle  einen  so  höchst  wichtigen  Gegen- 
stand mit  Nachdruck  Eurer    unmitteibaiea  )iQ<' 
ernsthaften  Beralhung."  —     Diese  Seuche,  vm 
der  hier  die  Rede  war,   wurde   mit  mbi  »dei 
«{etiiger  Ueltigkott  bis  zum  Jahr  1780  bei  dem 
Hindvieb  beobachtet.     Um    iliese    Zeit  betiitb 
Dr.  Jenner  Seine  UnteTsuchuDgen  ,    und  es  "är 
gerade   in   demselben  Jahre,    dafs   Dr.  Laynrd 
seine   zweite  ALhaiidhmg   iif   den  Transaciions 
of  the  Hoyal  sociely  bekannt  machte,  in  «si- 
cher er  unter  Auderm  erwähnt,  dafs  diclnoku- 
lalion  von  einer  Kuh   auf  eiiie    andere  mit  £'• 
folg  ausgeübt  wurde,    um    die    HeRigkeit  in 
Krankheit    zu     mä&igcn.       Diese     Kette  "» 
Thatsachen,    wenngleich   noch     kurz   und  un- 
vollkommen festgestellt,   führt   dennoch  zu  J« 
Folgerung,    dafs    es    die    Ueberbleibsel  dit*et 
hcfligen    Sonche  waren,    welche    Dr.  J^wrn- in 
Gloucestersbire    vorfand,    und    welche  zuRDij 
auf  Melker  übergetragen,  diese  vor  den  PMkM 
achiitzten.     Es    ist  hieJiir  eine  starke  Besiali- 
g'nig,   dafs   die  milde  Form  der  Krankheil,  »1» 
um  die  nämliche  Zeit  unter  dem  R in d riebe d« 
ricardie  vorkommend ,  von  ^ie  d'^zyr  eniiaii 


—     63    «- 

wird.  Er  sagt,  dafs  einige  derselben  blofs  ih- 
ren Nacken  mit  Pusteln  (boutons)  bedeckt  ha- 
llen, und  dafs,  wenn  die  Krankheit  |iuf  diese 
Art  örtlich  war,  sie  gewöhnlich  einen  günstir* 
^eu  Ausgang  nahm. 

Eduard  Jenner,  Sohn  eines  Predigers  in 
Berkeley,  wurde  im  Jahre  1749  gßboren,  erhielt . 
eine  gute  Erziehung  und  bestimmte  sich  frühe 
sclran  für  die  Medizin.  Ungefähr  im  Jahre  1768 
hörte  er,  dafs  die  Kühe  in  den  grofsen  If^er« 
den  von  Gloucestcrshire  nicht  selten  au  einem 
Ausschlage  am  Euter  litten,  der  die  Hände  der 
Melker  anstecke,  und  dafs  man  glaube^  diese 
werden  bisweilen  dadurch  vor  den  Mensohen- 
blatteru  geschützt  Diese  Menschen  kamen  häu- 
fig zu  Jenner j  um  die  auf  diese  Weise  erhal- 
tenden Geschwüre  verbinden  zu  lassen  und  da- 
durch erhielt  er  Gelegenheit,  die  Krankheit  ge- 
hörig zu  beobachten.  Zugleich  war  es  eine 
notorische  Thatsache,  dafs  manche  Bauern  in  ' 
der  Grafschaft,  trotz  der  mehrmaligen  Impfung, 
der  Ansteckung  der  Menschenblatteru  widör- 
standeii.  Alles  dieses  machte  einen  tieften  Ein- 
druck auf  Jenner.  Zwei  Jahre  darauf  ging  er 
»ach  London  um  sich  weiter  auszubilden,  ovd 
wurd  Schüler  von  John  Hunier.  Diesem  theilte  er 
•^ine  Bemerkungen  über  die  Kuhpocken  jnit,  . 
da  sie  aber  sehr  unvollständig  ujid  unwahr- 
scheinlich waren,  so  wurden  sie  unbeachtet 
gelassen.  Als  Jenner  seine»  Studien  in  London 
beendigt  hatte,  kehrte  er  zurück  und  liefs  sich 
als  Chirurg  in  seinem  Geburtsorte  niedfer,  und 
nun  fing  er  ernstlich  an,  über  die  Kuhpocken 
weitere  Nachforschungen  anzustellen.  Er  fand 
bald  mehrere  Personen,  welche  trotz  der  mehr- 
fachen Einimpfung  niemals  die  wahren  Pocken 
gehabt  hatten.    Alle  schoben  diese  Unempfäpg- 


_      &4       — 

lichkcit  darauf,  dab  sie  früher  die  Kuhpocken 
gehabt  halten.  Zugleich  bemerkte  er  jedoch 
aach  viele  AusHahmeB  von  dieser  Meintiiig; 
denu  mehrere  glaubwürdige  Personeu  veisi- 
cheilen  ihm ,  dufa  sie  die  KuhpockeD  gehibl, 
aber  dcoiioch  apatcr  von  den  Menschenblatlem 
ergriffen  worden  waten.  Diese  für  seine  Hoff- 
RBflgeu  ungünstigen  Erzählungen  hielten  ihn 
indessen  nicht  ab,  weiter  nachzuforschen,  500 
dem  er  beschlofs  nun  selbst,  in  die  Kiih«I>lle 
zu  gehen  und  die  Krankheit  selbst  an  den  Thie* 
rcn  zu  beobachten.  Hier  faud  er  nun,  daib  die 
Kühe  verschiedenartigen  Ausschlagskrankbeil» 
am  Euter  ausgesetzt  seien ,  von  denco  eini^ 
ansteckend  waren,  andere  aber  nicht,  uuddiö 
man  jeden  Ausschlag  der  Kühe,  weichet  Ge- 
schwüre an  den  Händen  der  Melker  ham- 
brachte,  ohne  Unterschied  Kuhpockca  ntuoie- 
linner  vermuthete,  dafs  nur  ein  beBlimnUt 
Ausschlag  die  Schutzktuttvnr  den  Blattern  bi''^' 
und  faud  auch  bald  dei)jcnigcn,  dem  diese  Ei- 
genschaft gebührte.  Mehrere  Hindernisse  Bleu- 
ten sich  ihm  noch  entgegen,  die  einen  mxit\ 
eifrigen  und  unermüdeten  Forscher  gewife  »b- 
geschreckt  hätten,  bis  er  endlich,  nach  vidtu 
Beobachtungen  und  Versuchen,  die  Id^efa/sit. 
dafs  es  eine  Möglichkeit  sei,  die  SchutzbUltem 
nicht  blofs  von  der  Kuh  auf  den  Menschen  zu 
verpflanzen ,  sondern  dafs  sie  auch  wohl  ihre 
schützende  Kraft  behielten ,  wenn  sie  von  ffem 
einen  Subjecte  auf  das  andere  übertrafen  wüi- 
den.  Am  14.  Mai  1796  öffnete  er  daher  eiw 
Blatter  an  der  Hand  eines  MelknindcheDS,  Nt- 
meoB  Sara  Nrlmts,  mit  etuer  Lanzette,  uu^ 
machte  darauf  mit  demselben  Instrumente  u 
dem  Arme  eines  Knaben  —  Namens  FAtpp», 
zwei  kleine  Hautvettetzungen.     Zu  seiner  un- 


N 


-r-        65       — 

aussprechliclien  Freude  verlief  die  Krankheit 
ebenso,  wie  bei  dem  Mädchen;  es  blieb  also 
nichts  übrig,  als  zu  entscheiden,  ob  der  Knabe 
dadurch  nun  auch  vor  den  Blattern  geschätzt 
g.ei.  Er  impfte  ihu  zu  zwei  verschiedenen  Ma- 
len mit  Menschenblatternmaterie,  aber  beide 
Male  erfolgte  keine  Krankheit  darauf.  Erst 
im  Jahre  1708  konnte  Jenner  wieder  impfen, 
weil  früher  die  Kuhpocken  sich  nicht  bei  den 
Küheu  zeigten,  fand  nun  aber  seine  Hoffnung 
bestätigt,  dafs  die  Schutzkraft  der  Kuhpocken 
in  einer  laugen  Reihe  von  Individuen  sich  er- 
halten würde.  Zugleich  forschte  er  nach  dem 
Ursprünge  der  Blattemkrankheit  bei  den  Kühen, 
wovon  er  v^rmuthete,  dafs  sie  nicht  ursprüng- 
lich bei  diesen  Thieren  entstehe,  und  fand, 
nach  vielfältigen  Nachforschungen,  dafs  sie 
nur  sich  zeigte,  wenn  die  Pferde  an  der  Mauke 
litten,  dafs  sie  nur  da  entstand,  wo  die  Knechte, 
welche  die  Pferde  warteten,  zugleich  die  Kühe 
melkten,  dafs  also  die  Mauke  der  Pferde  die 
Blatternkrankheit  der  Kühe  hervorbringe,  und 
dafs  wahrscheinlich  die  Lymphe  aus  den  Bläs- 
chen der  Mauke  eben  so  schütze ,  wie  die  ans 
den  Kuhblattern;  Alles  dieses  fand  er  später 
völlig  bestätigt,  ßr  impfte  einen  Knaben  Von 
einem  Geschwüre,  welches  durch  das  Mauke- 
gift an  der  Hand  eines  Mannes  entstanden  war, 
und  der  Verlauf  war  ganz  wie  bei  den  Kuh- 
pockeu.  Die  Pächter  in  Gloucestershire  ver- 
mieden deshalb  diese  Ursachen,  und  die  Pok- 
ken  der  Kühe  sollen  daher  dort  eine  sehr  sel- 
tene Krankheit  geworden  sein.  Im  Juni  1798 
entschlofs  sich  Jenner  ^  seine  wichtigen  Beob- 
achtungen der  Welt  bekannt  zu  machen  und 
als  Mitglied  der  Royal  Society  in  London  glaubte 
er  keinen  bessern  Weg  wählen  zu  können,  als 

Jouro.  XCIII.  B.  5.  St.  E 


%^44i%»   \Mi«iiUluii|t  üottimlb    an  den 

«Mki^  «HM«  (Hu>}uv%  or  wmrii«    di 
%^^^v    !••««    iMMAbiYMshviuUcJM  Fl 


C^ 


^^  «~  Vk  I«»-.    '  »^  ■'  *  •  *  "K     ^ 


-  -•-j"Sx..^Tr 


-.     «7     — 

schrieben  wissen,  nnd  zwar,  wie  er  sagt,  viel- 
leicht nicht  ohne   Grund.    Im  Jahre  1781  er-" 
wähnte   nämlich  Rabaut^'Fommier,  protestan- 
tischer Prediger  in  Montpellier,   welcher  sich 
mit  dem  Dr.  Pew  und  einem  andern  Engländer; 
Velche  seinß   Freunde  waren,  in  Gesellachafk 
befand,    während   der   Unterhaltung,    da/s  es 
wahrscheinlich  vorthrilhqft  sein  dürfte^  dem  Meh' 
sehen  die  Kuhpocken  einzuimpfen  y  weil  sie  stets 
gefahrlos  wären.  Man  unterhielt  sich  lange  fibeir 
diesen    Gegenstand   und   Dr.    Pew    versprach, 
dafs  er  gleich  nach  seiner  Ruckkehr  nach  Btijr- 
land  diese  neue  Impfungsweise  seinem  Freöndfö, 
dem  Dr.  Jenner^  vorschlagen  wolle.     Man   hat 
sswar  niemals  bestimmt  erfahren,  ob  diese  ftiCr 
theilung  Statt  gefunden  hat,   allein  wenn  aUeJr 
darüber  kein  Zweifel   Statt  fände,    so   wurde 
nichts  destoweniger  der    ganze  Rohm  Jenner, 
wenn  auch  nicht  als  Erfinder,  doch  wenigstens 
als  erstem  Verbreiter  der  Kuhpocken  verblei» 
ben.    Es  scheint  übrigens,  als  ob  die  Kuhpok- 
kenimpfung  schon   seit  dem    frühesten  Alter- 
thume  in  Indien  verrichtet  worden  ist,    wie  m 
eine  Stelle  des  Sacteya  Grantham,   eineb  Ita- 
nuscriptes ,   welches  man  Danwanthary '  %ii{ 
schrieben  hat,  beweist.  William  Bruce  *}, 
zu  Bushire,  schrieb  nämlich  unter  dem  26.  Mki% 
1813  an  William  Erskine^  Esq.  in  Bombay,  dafisi 
in  Persien  die  Eliaats,    oder  die  wandernden 
Stämme  die  Kuhpocken  sehr  gut  kennen^  and 
wissen,  dafs  die  Menschen,   welche  die  Köhe 
melken,  sie  davon  bekommen  und  dadurch  vor 
den  andern  Blattern  geschätzt .  werden ,    dab 
sie  aber  dieselben  noch  häufiger  von  denScha- 

1)  The  Gdinburgh  medical  and  targical  Joarnal.  I,  April 
1815.  —  Medicio.  -  chinirg.  Zeitg.  1816.  Bd.  IL  S.  61- 
-—  Annales  de  Chimie  et  de  Pbysiqae.  1819. 

BS 


feil  bekomineR,  wflclii:  selir  häufig  diese  Kiank- 
li«it  baben.  Endlich  hutteu  nach  Humholä'} 
die  Bewohner  auf  den  Gebirgen  von  Neusfi-  . 
iiien  die  schützende  Wirkung  der  Kuhpocke 
früher  keiuieit  gelernt,  als  sie  in  Europa  be- 
kauHt  wurde. 

L'oter  der  Aufschrift:  „wo  sind  die  erHa 
KHi'otatlern  inokulirt  worden  ?"  enthalten  in 
Schleswig  -  HolsteinschcD  Provinzialbericlile ' ) 
■  «pe  merk  würdige,  hinreichend  beglaubiguEi- 
«ihtuag,  welche  auch  die  Vaccine  als  eine 
d^ulAche  Gi-findung,  aul  welche  nur  nicht  wei- 
ttf  fortgebaiU  wurde,  darthut.  Der  Merlträ- 
digkeit  wegen  möge  hier  einem  gedrängte 
A,u«EUge  der  dort  mitgetheilten  Erzählung  des 
Schul'.ehrcrs  Fielt  zu  Stackendorif  im  Kircb- 
Miel  Schonberg,  unweit  Kiel  im  Hetzogtham 
Holstein,  eine  Stelle  vergönnt  sein. 

?)*f(  war  als  junger  Mensch,  von  rtwi 
20  Jahren,  bei  einem  Holländer  (Pachlw  des 
Viehstaiides)  zu  SehÖnweide ,  IVamens  fi«', 
1790  als  Hauslehrer  engagjrt.  Zu  diesem  ki- 
rnen oft  mehrere  Holländer  aus  der  Nachbu- 
Bchafi,  und  in  ihren  gesellschaftlichen  UnUt- 
haltungen  war  vielfältig  auch  von  den  Rat 
blättern  die  Rede.  Die  Schwiegermutter  d« 
Holländers  Wiese,  eine  verheiratete  Volki't. 
erzahlte  bei  der  Gelegenheit  unter  Anderem 
öfter,  wie  sie  in  ihrer  Jugend  die  Kuhb!»lt«ii 
gehabt,  und  nachher  in  ihrem  ganzen  Lebw, 
obgleich  ihre  Kinder  die  natürhchen  Blalieit 
bekommen,  von  den  Kiuderblatteru  befreit  ge- 
blieben wäre.   Mehrere  aus  der  Verwaadlschii' 

I)  Bissy  polilique   siir    Ic   rojaiime    de  la  noinelle  &" 

pagne. 
')  JshifianE  1815.  S.77  ff.  —   M-iilicin.- clürarE-  Z-it 

1816.  Bd.  III.  S.  28. 


»s 


—     69     — 

und  viefe  bei  diesen|IIolI&ndem  dienende  Mäd- 
chen hatten  dieselbe  Erfahrung  gemacht^  und 
nie  wäre  es  fehlgeschlagen:  wenn  sie'cidmal 
die  Kuhblattem  gehabt  hätten^  so  wären  sie 
vor  den  Menschenblattern  gescbätst  gebliebciA. 
Diese  Erfahrung  war  überhaupt  nnter  dies^ü  Leu- 
ten so  allgemein,  dafs  keiner  sie  bezWeifcdte, 
und  Phii  wurde  durch  Alles,  was  er  gehöht, '  fest 
überzeugt,  dafs  die  Kuhblattern  vor  Menschen«* 
blättern^  schützten.  '•*'*'[ 

Im  Jahre  1791  wechselte  PUtt  seine  Sielle  , 
und  kam  als  Hauslehrbr  zu  dem  Pächter  MUT 
Hassciburg,  Namens  Martini.  Hier  bekam  er 
eine  Reihe  von  Kindern  zu  unterrichten^  iwör«- 
unter  aucli  ein  Paar  l^ädchen  von  11  -^  18  Jäb^ 
rcn.  Alle  Kinder  hatten  noch  nicht  die  Bm^- 
tem  gehabt  und  besonders  die  Mädchen  befüreb-^ 
tetcn  duroh  dieselben  *  einmal  ihre  glatten  6e-*  ; 
siebter  zu  verlieren  und  zur  Impfung  der  Kid«^ 
derblatteni,  welche  Plett  nicht  lange  vorher  411  - 
Preeiz  (einem  Flecken  zwei  Meilen  von*  KUil) 
gesehen  hatte ,  waren  die  Eltern  nicht  zu  %6*^ 
wegen.  Jetzt  trat  der  Fall  ein^  dafs  die  Kflfte^ 
zu  Ilasselburg  die  gewohnlichen  Blattern  er^ 
hielten,  die  dieselben  nüilcheudea  Mädchen  wwf^ 
dcp  auch  damit  befolled  und  schätzten  si^ 
glücklich,  vor  den  Menschenblatterh < dadurdi 
geschützt  za  werden.  Durch  das  Beispiel  #er 
Mädchen  angesprochen,  liefen  nun  die  ÜtcistM 
Töchter  auch  nach  dem  Viehstall  uhd  West^obeei 
sich  mit  den  Kuhblattern,  ucü  sie  zu  Mialtenj 
allein  sie  wollten  nicht  anschlagen.*  PleUkiM^ 
binirte  nun  was  er  erfahren  und  schlofb:  „dUf 
Kuhblattern  schützen  gegen  die  MähschenbMIlii^  ^ 
lern,  gelingt  es  dir  deshalb,  den  Kiiidem'idkl 
Kuhblattern  beizubringen, '  wie  du  inViettk  tt%^ 
sehen  hast ,   dafs  man  mit  den  Meus^ihMilml^ 


—     72      — 

veranlarsteu  Berichte  des  Komite's  des  bnti- 
achen  Unterhauses ')  wird  die  letztere  Sunme 
erwähnt)  hätte  houoriten  können,  —  aber  Pld) 
Mite  es  auch  wohlfeiler  gcthan. 

Nachdem  nun  von  verschiedeneu  S«lo 
aus  Errehrtiogeo  über  die  Wirksamkeit  der  Kd^ 
pockenimplung  gemacht  und  Jenner  ihre  Vit- 
gtitigkeit  durch  mehrere  direkte  Versuche  in- 
gelban  hatte,  wurde  bald  allgemeiu  die  AuriHf&- 
samkeit  auf  diese  wichtige  Entdeckung  pwfli- 
fen  und  trotz  den  vielen  Widersachern  wi 
Widerstreiteru  allmahlig  auf  der  ganzen  Eidf. 
unter  dem  Schutze  der  Regierungen  Büsgefahit, 
80  dafs  in  gegenwärtiger  Xeit  die  Schutzpt- 
kenimpruug  zu  einer  förmlicheu  Stastuistill 
in  allen  kultivirten  liändern  erhoben  wiaie. 


Allgemeines  Bild  der  originären  KuhpoiAr- 
Diese  Krankheit,  welche  einzig  nud  »Hein 
sich  bei  den  Kühen  zeigt ,  und  zwar  cntwcilei 
Sporadisch,   was   meistens   der  Fall  ist,  wnb« 
lÄer    doch    stets    gleichzeitig     mehrere  Stückf 
Aus  einer  Heerde  erkranken  ,    oder   episooüui. 
yie   sie    Luders  "^y,   Neergard  ^)    a.  A.    seiw" 
'J  Honltlj  magazine  for  Aiieiisl  1802.  p.  9  fi.  -  Bf 
I       richl  Jer  Cüoiaiine   des  BriUiscIien   Dnterliani«  ä» 
die  Bitiaclirifl  Hes  Dr.  Jenner,  in   Betreff  seinerwtct- 
tlgen   Kntilecliung   der  Kulipochbnimpi'ung.    A<aic* 
Eneliscben    iiberselii   von    Dr.    C.    S,    Kramir.  M- 
beritadt  1803.    —      MB.Iiein.-cliiruro-.   Zeile.   1» 
Bd.  11.  S.  5  ff.  "f. 

')  RemattiuHB  sur  la  »accine  de»  vaches  daas  i'HoUW 
im  Jouca.  comi>tem.  des  scieiic.  medical.   Tom.  SE 
p.  53. 
»)  Rmjer,  Traile   lh6otctitiue  et   »ractinne    des  mali*= 
de  1ü  peau.  Paris  1835.  T.  IIT.   p.  915, 


^ 


—     73     — 

beobachtet  haben,, giebt  ihre  Entstehung  durch 
manche,  auch  bei  anderen  fieberhaften  Leiden 
gewöhnliche  allgemeine  Störungen  zuerkennen, 
als  da  sind:  Müdigkeit,  mangelnde  Frefslust, 
stetes  Wiederkauen,  ohne  dafs  die  Speiseklum- 
pen in  den  Mund  zurücksteigen.  Schnauben, 
wobei  die  Thiere  eine  besondere  Bewegung 
mit  den  Lippen  machen,  welche  Sacco  ^)  mit 
dem  Blasen  der  Menschen  beim  Tabacksrauchen 
vergleicht  —  eine  Erscheinung,  welche  nicht 
selten  auch  beim  Menschen  in  nervöse^  Fie- 
bern beobachtet  wird.  Gleichzeitig  erleidet  auch 
die  Milchsekretion  nicht  allein  eine  quantitative, 
sondern  auch  qualitative  Veränderung  —  sie  wird 
nämlich  nicht  nur  in  geringerer  Menge,  son- 
dern auch  von  dünnerer  und  wässeriger  Be- 
schaffenheit abgesondert;  der  Blick  ist  getrübt, 
der  Pulsschlag  beschleunigt  und  die  Entwick- 
lung des  Ausschlagsfiebers  beginnt.  Nach  drei 
bis  vier  oder  mehreren  Tagen  (bei  geschehener 
Impfung  meistens  am  vierten  oder  zu  Anfang 
des  fünften  Tages)  erscheinen  an  dem  Euter 
etwas  erhabene  wunde,  härtliche  rothe  Stellen, 
welche  allmählig  an  Umfang  zunehmend,  län- 
gstens in  48  Stunden,  also  bis  zum  sechsten 
bis  siebeuten  Tage,  in  kleine,  flache,  rundliche, 
in  der  Mitte  etwas  vertiefte  Pusteln  sich  um- 
wandeln, welche  von  einem  schmalen,  rothen 
Kreise  umgeben  sind,  welcher  während  der 
Vergröfserung  der  Pusteln,  nach  und  nach  an 
den  Strichen,  zumal  nach  dem  dickeren  Theile 
des  Euters  zu  sich  erweitert,  und  wobei  auch 
Höthe,  Hitze  und  Schmerz  zunehmen.  Derglei- 
chen Pusteln  erscheinen  auch,  obwohl  selten, 
an  den  Nasenlöchern  und  Augenliedcrn.  Diese 
Pusteln  entwickeln  sich  binnen  \ier  oder  fünf 

»)  a.  a.  O.  S.  28. 


—     74      — ' 

Tagen  uach  crlolgtctn  Ausbruche  oder  bis 
achten  'lagc  vou  .Aufang  der  Krauklicll  an  ge-j 
icchnet  vollkommen,  und  sowie  sie  gröfeeruer* 
den,   nimmt  die   Uiirulie  des   Thiers   zu,   " 
vollkommen  ausgebildete  Pustel  ist  durclii 
nend,  von  bläulicher  oder    silbergraucr  Fik 
von  wasserhcllei  Lymphe  erfüllt,    in    dei  SIW 
aber  immer  eingesenkt.     Der    früher   rolhc 
nimmt  eine  livide  Farbe  an,  das  Euter  wirdal 
den  Stellen,   wo  die  P"«tcln  sitzen,  sehr  liiil| 
die  Uniulie  des  Thioi        immt   zu.     Der  Inbilf 
[  trübe,  weifslieh.  1*1 
..il    hat    sich 
beu  Kitcr  timgewiniic'^ 
.Aiiuduiig  des  Vmbjeii^ 
ind  duukclroth  war,  eciv 
lelbat  trockuet   vomt''! 
und   bedeckt   aidiW 
mit  einem  dunkelbriaü/ 
;iidcu  Schorfe,  welchcfi!! 
11  immer  noch  einigen  Schs^j 


der  Pusteln  wird  allm 

durchsichtig ,     dick 

zehnten  Tage  in  ^ 

Dabei    nimmt   t 

welcher  breit,  vv 

etwas  ab,  die  1.. 

telpuukte   nach 

zum  vierzchuten 

flachen,  fest  anhe 

Kuben  bcimMclkei 

verursacht,   erst   nach    10    bis    14~Tag( 

gänzlich  löst,  und  eine  tiefe,  rundliche  Poet'; 

narbe  zurückläfst. 


Von  solcher  Beschalfciihcit  ist  nurderV» 
lauf  der  ächten  Kuhpocktn  oder  ScJiuHpi^, 
(Variolae  vaccinac  verae) ,  welcher  nur  J» 
einige  Abweichungen  zeigt,  wenn  die  PtW 
in  ihrer  Ausbildung  gestört  worden,  nameml* 
wenn  beim  Melken  ein  Bersten  derselben  *■ 
lolgt,  wo  sie  sich  alsdann  in  mehr  odei  n". 
get  bösaitige  Geschwüre  umzuwandeln  pfiff. 
AuCserdem  giebt  es  auch  noch  einige  amt" 
von  der  ächten  kuhpocke  wescnllicb  vccscii*' 
dcnc  pustulösc  Ausschläge  au  den  Eiilctn  ^  fi»ai 
Viü\\C,  welche  .schon    Jenner    als    falsche  Koi^ 


rierj 

an,., 

chen 
grofs 


^. 


—  .  76     —     • 

pocken  bezeichnet  hat  Sacco^')^  beschieibi 
810  ids  kleine,  weiMche  Bläschen^  welche  picht 
samnitlich  gleichzeitig  ausbrechen^  spudern  von 
denen  einige  schon  völlig, reif  sind,  während 
die  anderen  ebeuerst  aufblühen.  Innerhalb  drei 
Tage  gestalten  sich  dieselben  zu  kleinen  Pn-* 
stein  mit  unregdmäCsiger  Basis  und  kegelför- 
miger Spitze,  letztere  zeigt  einen  leichten  brau-?» 
neu  Schorf  und  die  Basis  ist  von  einer  bläuli- 
chen Röthe  umgeben.  Wenn  dieselben  eine 
gewisse  Ausdehnung  erlangt  haben,  so  brechen 
sie  von  selbst  auf,  und  trocknen  bald  ab,  so 
dals  ihr  ganzer  Verlauf  in  5  —  6  Tagen  vott^ 
endet  ist,  worauf  indels  wieder  neue  Pusteln 
hervorbrechen,  was  die  Dauer  der  Krankheit 
wieder  in  die  Länge  zieht.  Diese  falschen 
Kuhpocken  zeigen  keine  Centraldepression,  son« 
dem  sind  kegelförmig  und  wejrden  durch  Ab* 
fichuppung  losgestofsen.  Das  Allgemeinbefin- 
den der  Thiere  ist  hierbei  wenig  gestört,  und 
sie  empfinden  in  der  l^egel  nur  dann  SchdierB, 
wenn  die  Pusteln  ^eim  Melken  gedräckt  w^- 
den.  —  Von  unächten  Kuhpocken  unterschei- 
det man  nodi  insbesondere  folgende  besondere 
Abarten : 

1.  Die  ^e/töcAeit  Kohpocken  (Variolae  vao- 
cinae  succineae),  auch  Seedorf  er  Kuhpocken 
genannt,  von  Dr.  Nifsen  beobachtet :  gelbbraun, 
durchsichtig,  bohnengröfs,  widrig,  oft  aashaft 
riechend,  leicht  iir  firessende  Gesdiwure  aus- 
artend, ansteckend  für  den  Menschen,  bei  wel« 
chem  sie  Geschwüre,  heftige  FieberzuftHe  und 
grofise  Schmerzen  verursachen. 

S.  Die  5cAi<;ar««ii  Kuhpo<^en  (Variolae  vao- 
cinae  uigrae),  von  Dr.  Nifsen   auch  Wennener 

')  Bbeiidat.  8.  64. 


—     77     — 

Beide  Arien  scheinen  ein  und  dieselben 
Windpocken,  nur  durch  Verhältnisse  die  eine 
Art  bösartiger  als  die  andere  zu  sein  —  sie 
kommen  auch  beim  Euterausschlag  vor. 

6.  Die  rothen  Kuhpocken  (Variolae  vacci- 
nae  rubrae  nach  Heinze^  sind  flach,  erbsengrofs, 
von  röthlicher  Farbe,  meist  an  den  Strichen 
des  Euters,  sind  sehr  gutartige  bersten  leicht 
beim  Melken,  bilden  einen  schwärzlichen  Schorf 
und  sind  für  den  Menschen  ansteckend. 

7.  Die  warzigen  Kuhpocken  (Variolae  vac« 
cinae  verrucosae  nach  Fiborg)  gleichen  flachen 
Warzen,  sind  anfangs  weifslich,  dann  röthlich, 
mit  Absatz  gelbficher  Materie  und  dann  mit  einem 
bräunlichen  Schorfe  sich  abschuppend,  verhär- 
ten leicht,  kommen  an  den  Strichen  der  Eiiter 
vor,  haben  einen  langwierigen  Verhiuf,  lassen 
verhärtete  Knoten  zurück,  sind  nicht  gefährlich 
und  für  den  Menschen  nicht  ansteckend. 


Kuhpocken  beim  Menschen. 

Es  ist  allgemeine  Erfahrungssache,  dab 
Personen,  welche  sich  mit  dem  Melken  pok- 
kenkranker  Kühe  beschäftigen,  nicht  selten  ei- 
nen ähnlichen  Ausschlag  an  den  Händen  er- 
halten, denn  diese  Krankheit  entwickelt  sich 
nie  primär  beim  Menschen;  hernach  wird  aber 
auch,  seit  Jenner* s  höchst  wichtiger  Entdek- 
kung,  durch  Inoculation  mit  Absicht  diese  Krank- 
heit auf  den  Menschen  übertragen,  und  in 
beiden  Fällen  befolgt  die  Krankheit  denselben 
Verlauf.  Die  Uebertragung  mag  nun  durch  ge- 
pflogenen Umgang  mit  pockenkranken  Kühen, 
oder  durch  Inoculation    zu  Stande  gekommen 


f 

—     79     — 


gleitet  9  öfters  auch  mit  Anschwelltuig^  dier  AcIh 
seldfäsen.     Am  achten  Tage  n&bert  ciieh  die 
Pustel  ihrer  Reife ,  der  Wiibt  erweitert  sich, 
die  iD  der  Pustel  enthaltene  Haterie  wird  reich- 
licher,   und    hebt  ihre  Rander  empor;    die   in 
ihr  enthaltene   lymphatische   Flfissigkeit    wird 
trübe ,  saher  and  dickej,  und  eben  weir dadurch 
ihre  Einsaugong  erschwert  wird,  vermag  sie 
sich  in  gröberer  Menge  anzuhäufen.    Die  cen- 
trale grubenfdrmige  Vertiefung  nimmt  eine  dunk- 
lere Färbung  an  und  behält  die  nämliche  Farbe, 
wie  der  Wulst    Die  Pustel  erhebt  sich  unter 
einem  rechten  Winkel  von  dfer  Haut,  fuhll  sich 
elastisch  gespannt  an,  ist  etwas  glänzend,  wird 
dunkler  und  perlfarbig  und  ffleicht  an  Gestalt 
und  Grdliie  einer  halben  Brose,   ist  indessen 
mehr  HnsenfSrmig;  denn  indem  sie  sich  voll- 
Btändiff  ausdehnt ,   wurd  sie  .  mehr  abgeplattet 
so  da»  ihre  Delle,  welche  den  dritten  Theu 
der  Höhe   des   abgestumpften  und  gewölbten 
Randes  betrug ,  grölSitentheils  verstrichen  wer- 
den kann.    Zugleich  yirird  von  einem  Tage  zum 
andern  die  Decke  der  Pustel  verdfinnt.    Der 
sehr  schmale  toihß  Kreis,  der  bisher  die  Pu- 
steln umschrieben  hat,  erlangt   eine  wenigeir 
lebhafte  Farbe  ond  schemt  sich  wie  durch  Ans-. 
Strahlung  in  das   benachbarte  Zellgewebe  za 
verbreiten.     Am  neunten  Tage  *  verflacht  sich 
der    erhabene   Wulst    immer   mehr,    um}   i$$ 
Ganze  nimmt  einen  grölsem  Grad  von  Inten- 
sität an  9  die  Pustel   wird  von  einem  schönen 
hochrothen  Hofe  umgeben.    Am  zehnten  Tage 
bemerkt  man  keihe  sehr  merkliche  Veränderung, 
es  erweitert  sieh  hUA^  der  kreisförmige  Wolirt, 
der  Hof  gewinnt  an  Ausdehnung,  nimmt  dafm 

r wohnlich  einen  Krms  mit  einem'  Radius  von 
—  10  Linien    ein,    dringt  in   die  Tiefe  bis 


—     8i      -- 

>vclcher  sie  umgibt,  wird  schmäler  und  nimmt 
in  dem  Verhältnisse  ab,  in  welchem  die  Kob^ 
pockengeschwulst  sich  vermindert.  Der  Schoif 
ist  anfangs  glatt,  wird  erst  später  bruchig, 
ziemlich  rund  und  von  lichtbrauner  Farbe;  der 
unterliegenden  Haut  hängt  derselbe  so  iest  ao, 
dals  diese,  bei  gewaltsam  versuchter  Trennung, 
leicht  zu  bluten  anfängt;  bisweilen  ist  der  Sdiorf 
schwärzlich  gefärbt,  beinahe  homartig  und  bie- 
tet eine  unebene  Oberfläche  dar.  Vom  fünf- 
zehnten bis  funfundzwanzigsten  Tage  erlangt, 
die  feste ,  glatte  und  weich  anzufühlende  Borke 
eine  dunkelrothe  Farbe,  und  behält  beinahe  im- 
mer die  genabelte  Form.  In  dem  Mafte,  ab 
die  Kuhpockengeschwulst  zusammensinkt,  tritt 
diese  Borke  mehr  über  das  Niveau  der  Haut 
hervor.  —  Vom  sechsundzwanzigsten  bis  nean- 
undzwanzigsten  Tage  fallt  die  Bori^e  ab  und 
labt  eine  tiefe  mit  kleinen  Vertiefimgoi  besäete 
Narbe  zurück.  Manchmal  tritt  auch  an  ihre 
Stelle  eine  Borke  von  gelblidier  Farbe. 

Zur  Bildung  der  Kuhpockenbbrken  ist  die 
Berfihrung  der  Luft  nothwendig.  Sacco  hat  diese 
Thatsache  dadurch  konstatirt,  dals  er  Paitehi 
mit  Uhrgläsem  bedeckte,  während  er  andere, 
an  dem  nämlichen  Subjecte,  der  Luft  ansre-^ 
setzt  liefs,  um  als  Vergleichnugspuncte  za  &» 
nen.  Die  bedeckten  Pusteln  bekamen  Risse 
und  die  Haut  löste  sich  in  kleinen  Stucken  los, 
ohne  dafs  sich  wahrnehmbare  Borken  oder  Nar- 
ben bildeten.  Dr.  Gendrin  will  auch  die  Eil- 
düng  der  Borken  dadurch  gehindert  haben,  dab 
er  den  Arm  am  neunten  oder  zehnten  Tage 
des  Ausschlages  mit  erweichenden  Kataplas- 
nen  oder  Fomentationen  bedeckta 

Die  bei  den  Negern  und  Mulatten  einge- 
impfte Kuhpocke  bietet  beinahe  gar  keinen  Ün- 

Jonro.XCIILß(l.6.8t  F 


■     —     88  .  -^ 

gemacht  hat.  Nachdeoi  man  voreiehtif  ver-* 
mittelst  der  SpiisB»  eioer  Nadel  die  Kuhpoeken« 
pustelvon  diesem  kleineD  Aposteme  be^it  bat, 
ist  tie  gleichförmig,  silbern  und  giftnsend;  man 
sieht,  dafs  -das]  Häutchen,  welches  sie  umgiebt, 
aus  einem  wahrscheinlich  epidermischen  unem- 
pfindlichen Blatte  besteht,  welches  dichter  und 
schwerer  2u  trennen  ist  als  die  bei  den  Phlyk- 
tänen emporgehobene  Oberhaut.  Wenn  man 
dieses  weilse  Häutchen  durch  einen  horisBontaF* 
len  Schnitt  hinweggenommen  hat,  so  tritt  die 
Kuhpockentymphe  in  kleinen  klaren  Tröpfchen 
aus  den  kleinen  Fächern,  welche  sie  enthalten, 
hervor.  Aus  der  Disposition  dieser.  Tröpfchea 
erkennt  man  jene  der  Fächer  oder  Zellen  der 
Pustel;  sie  scheinen  kreisfiMnmig^tn  swei  koMen» 
trische  Reihen  geordnet  £u  sein.  Man  onter* 
scheidet  leicht  mit  der  Lonpe  die  niebt  sebt 
regelmälsigen ,  strahligen  Scheidewände,,  awi* 
sehen  welchen  sich  die  Art  Fäcb«r,  wddis  dis 
Kuhpockenlymphe  enthalten,  befinden.  Wena 
man  diese  weiüMU  Scheidewände  mit  einet  La»* 
sette  trennt  so  vermischt  sich  etwas  Blnl  ttk 
der  Kuhpockenlässigkeit,  welche  daraus  ksi^ 
vortritt. 

Die  mikroekopisdien  und  chsmiiiihea  Uok 
tersnchungen  der  KubpockeAlymphe  haben  m 
keinem  genaueren  Anlbddolb  Aber  die  Natar 
derselben  gefuhrt.  Saooo  fluid  unter  de«  Mi* 
kroskope  in  derselben  eine  Menge  KfigoMwa 
von  verschiedener  Grdibe,  wdÄ  bei  Sniata 
von  Bsftig  und  anderen  Säuren  veiaebwaadea, 
nicht  so  bei  der  Behandlung  mit  Wasser.  Ebenso 
verhielt  es  sich  bei  Anwendung  von  stariier 
Wärme.  So  fand  man  weniger  Kngeldien,  wenn 
man  Materie  ans  einer  Pustel  in  der  letaten 
Zeit  der  Reife,  oder  solche,  welche  aeliaavA^- 

F  % 


—     85     — 

steht,  soll  kaum  mehr  als  einen  Tropfen^  betra- 
gen. Indessen  gelangte  Sacco  zn  der  Ueber-** 
Zeugung,  dals  jene  falsche  Lymphe  fehle,  wenn 
die  Impfung  äuCserst  vorsichtig  mit  eitier  seht 
feinen  und  spitzigen  Nadel  vorgenommen  wurde ; 
denn  wenn  durch  einen  sehr  behutsam  gemach- 
ten Einstich  die  Entstehung  j^nes  vorzeitigen 
Schorfes  unmöglich  gemacht  worden  war,  so 
fielen  auch  die  Bedingungen  zur  Bildung  des^ 
die  unächte  Lym][^he  enthaltenen  Balge^r  'odör 
Schlauches  weg,  was  mit  den  oben  erwähnten 
Beobachtungen  von  Gendrin  übereinstimmt. 


Bei  keiner  von  den  Krankheiten^  welche 
sich  von  den  Thieren  auf  den  HlenschlNi  ubei^ 
tragen  lassen,  zeigen  sich  so  aulTallende  Ife^ 
bereinstimmungen  und  sprechende  Aehnliehk^i- 
ten,  wie  bei  der  Kuhpocke.  Sowohl  bei  Thie^ 
ren  aU  beim  Menschen  ist  der  Verlauf  der 
Krankheit  an  gewisse  Zeitverhältnisse  gebun- 
den, so  dafs  man  denselben  sehr  genau  naeh 
Tagen  in  bestimmte  Perioden  oder  Stadien  ein* 
theilen  könnte;  in  beiden  Fällen  stellt  sich  ex- 
anthematische  Eruption  in  ganz  analogeni  Bilde 
dar  —  als  Pustel  mit  centraler  Depression  ittit 
peripherischem  Entzundongshofe  und  geffillt  im 
Anfange  mit  einer  durchsichtigen,  ins  Bläuliehe 
schimmernden  Flüssigkeit.  Nicht  nnindere  Ue- 
bereinstimmung  findet  sich  im  spätem  Verlaufe 
ausgesprochen,  sowohl  in  Beziehung  auf  die 
allgemeinen  als  örtlichen  Erscheinungen  ^—  'hier 
wie  dort  fieberhafte  Aufregung  bei  verstärkter 
Entzündung  und  beginnender  Eiterung,  und  kb 
beiden  Fällen  Schorfbildung  mit  Hinterlassuitjgf, 
einer  unvcrtilgbaren  Narbe.  Der  einzige  we- 
sentliche Unterschied  bestellt  also  blos  in  deC 


—     87     — 

chen  die  zerkratzten  Pusteln  Miene  in  JSiterunj^ 
überzugehen^  oder  bleiben  in  Folffe  bievonOcj- 
schwüre  zurück,  welche  oft  die  fmtie  des  Ober- 
armes  einnehmen  können ,  vvie  .ich  einmal-  bm 
einem  scrophulösep  Kinde  zu  beobachten  Ge*^ 
legenheit  hatte ,  so  hat  man  da3  IJn^uentum 
Hydrargyri  citrinum  empfohlen. 


2.  Mauke. 


*l   .    ■ 


Die  Mauke  ist  ein  schon  ziemlich -lätig^^ 
bekanntes  Uebel,  welches  meist  beHnt  Phrne^ 
seltener  beim  Esel  oder  Maulthierey  tfnd  iitklk 
der  Meinung  mancher  Tfaierärzte  zulreilea-'Mleli 
beim  Rinde  vorkommt,  wie  die  gnechifi/cKeBe^ 
nennung  ^^Kgicooi"  schon  bedenlet  Gettetiie. 
LandpFerde  j  welche  in  sumpfigen  Oeg^ndcMi 
gezüchtet  werden ,  und  deren  Hofe  sehr' Mek 
und  flach  sind,  werden  am  h&uflgisten  Vbn'^^ 
Mauke  befallen.  Sie  kann  sich  swar  io'jMetai 
Lebensalter  zeigen,  kommt  aber  gewöhnlich- ImA 
ausgewachsenen  Pferden  vor.  Huztxrd^yiiki 
behauptet,  dafs  die  Mauke  zwar  allerdings 
allen  Geschlechtem  eigen  se},  aber  do5h 
vorzugsweise  bei  Stuten  und  Wallaefhen  utid 
nur  selten  bei  Henkten  vorkomme,  Wb^ 
durch  gewissermafsen  eine  weitere  Analogie 
mit  der  Kuhpocke  hergestellt  wftre.  De  Oarro 
glaubt ,  dafs  Arabien  die  Heimath  der  ei^etitK^ 
eben  Schutzmauke  sei,  und  als  solche  bez^Mi^ 
net  werden  könne. 

Ueber  die  Natur  der  eigentlidien  Sehuts-' 
mauke  bestehen  unter  den  Schriftstellerir  uaeh 
manche  Kontroversen,  und  es  herrscht  wiiMfeh 

')  Esaai  sur  les  Jambet  de  cbevauz.  Paris  1784. 


—     89     — 

andere  liinzugcfiigt  werden  könnten^  wenn  «s 
nothwendig  wäre. 


Die  Maukekrankheit  der  Thiere, 

Im  gemeinen  Leben  wird  unter  Manko 
jede  Entzündung  der  Haut  am  Fesselgelenke^ 
oder  an  der  Krone  des  Hufes  vorstanden,  wel- 
che, CS  sei  nun  stellenweise  oder  im  ganzen 
Umfange  dieser  Theile,  zu  einem  nässenden  oder 
geschwurigen  Zustande  fuhrt  —  ein  Irrthum, 
den  wir  nicht  selten  vom  gemeinen  Leben  in 
die  thierärztliche  Sprache  übertragen  finden^ 
woher  es  auch  gekommen  ist,  dafs  man,  nach 
der  äufserenForm,  verschiedene  Arten  der  Mauke 
angenommen  hat.  Schon  Jenner  nahm  zwei 
Hauptarteu  an,  deren  eine  ein  Mos  örtliches 
Uebel  darstellt,  während  die  andere  eine  allge- 
meine mit  Fieber  verbundene  Krankheit  bildet| 
und  diese  letztere  ist  es,  welche  man  SchüiZ" 
mauke  —  Equina  —  genannt  hat,  und  sich  un- 
ter folgendem  allgemeinen  Bilde  darstellt. 

Fast  immer  zeigt  sich  vor  dem  Ausbruche 
der  Mauke  ein  leichtes  Fieber,  welches  aber 
eben  wegen  seiner  geringen  Heftigkeit  öfters 
ganz  übersehen  wird  und  sich  durch  kurzen 
Frost,  darauf  folgende  Hitze,  aufgehobene  Freüs- 
lust,  Verstopfung,  Harnverhaltung,  schnelles, 
Athmcn  mit  Flankenschlage,  beschleunigten 
vollen  Puls  und  einige  Stumpfheit  zu  erkennen 
giebt;  dagegen  bemerkt  man,  wenn  das  Pferd 
aus  dem  Stalle  genommen  wird,  dafs  es  auf 
einem  der  Hinterfüfse,  oder  auf  beiden  zugleich 
hinkt.  Mit  der  Abnahme  oder  dem  Verschwin- 
den des  Fiebers,  was  oft  schon  in  weniger  als 
24  Stunden  Statt  findet,  zeigt  sich  eine  anfangs 


—     91     — 

durch  die  Geschwulst  Querfalten  in  der  Beuge- 
seite des  Fesseis  9  und  in  der  Folge  entstehen 
unter  diesen  Krusten ,  durch  anhaltende  Ein- 
wirkung der  jauchigen  Feuchtigkeit ,  in  den 
Falten  und  Vertiefungen  der  Rötbe  querlau- 
fende schrundenartige  Geschwüre  mit  eiternder 
Oberfläche,  die  sich  oft  so  ausbreiten  und  tief 
eingreifen,  dafe  ganze  Stellen  der  Haut  verlo- 
ren gehen  und  wie  weggeätzt  zu  sein  schein 
nen.  Bei  Vernachlässigung  dieser  Geschwüre 
und  fortdauernder  Einwirkung  äuCserer  Schäd- 
lichkeiten auf  die  kranken  Theile^  verwandelt 
sich  das  Uebel  endlich  in  jene  oft  unheilbare 
chronische  Form  der  Krankheit,  welche  man 
vtraltttt  Maukey  Strauhfufa  und  Igtlsfiifs  nennt 
In  diesem  Falle  wird  die  Absonderung  grau, 
bläulicht,  grünlich  oder  bräunlich,  nimmt  einen 
äufserst  scharfen  und  ätzenden  Charact^r  ao^ 
und  verbreitet  einen  unerträglich  stinkenden 
Geruch  mit  solcher  Flüchtigkeit,  dafs  dadurch 
in  den  Augen  ein  beiisendes  Gefühl  hervorge'<> 
bracht  wird.  Zugleich  wird  der  AusBufo  von 
Tag  zu  Tag  häufiger,  immer  dicker,  schmieri- 
ger und  verklebt  durch  Bildung  fester  Borkon 
die  Haare,  welche  in  ganzen  Partien  stachel- 
förmig hervorragen.  Der  ganze  UoterAib  ist 
dabei  ödematos,  kalt,  schmerzlos  und  verbreitet 
einen  höchst  widrigen  Geruch;  oft  fällt  aucb 
ein  Theil  der  harten  Borken  von  selbst  ab  und 
hinterläfst  eine  geheilte  Haut,  während  die  dar- 
angrenzenden tieferen  Geschwüre  und  Spalten 
noch  immer  fort  näfiien  und  mit  noch  dickem 
Borken  und  Krusten  sich  bedecken*  Endlich 
treten  auch  zwischen  diesen  und  den  Gescfawür- 
flächeu^  afterorganische,  warzenartige  oder  po- 
lypöse Gewädhse  gruppenweise  hervor,  Welche 
bald  röthlich  -  grau,  sdiwammig,  wie  Feigwar-» 


—     98     — 

diese  9  unter  Bildung  eines  productiven  Eiters, 
und  die  Krankheit  kann  unter  diesen  Verhält- 
nissen oft  schon  in  vierzehn  bis  zwanzig  Ta- 
gen zur  Heilung  geführt  werden.  Dies  ist  der 
Verlauf  der  nässenden  Mauke. 

Was  die  Dauer  der  Krankheit  betrifft,  so 
ist  sie,  je  nach  dem  Temperamente  der  beson- 
dern Disposition,  den  äufsern  Umständen,  der 
Jahreszeit  und  den  Ursachen  verschieden.  Ihr 
letztes  Stadium  erreicht  die  Mauke  gewöhn- 
lich binnen  drei  bis  neun  Monaten,  zuweilen 
erst  nach  einem  oder  mehreren  Jahren.  Zu- 
weilen ist  die  Krankheit  wirklich  aussetzend, 
und  in  diesem  Falle  verschwindet  sie  im  Som- 
mer, zumal  auf  der  Weide  ^  und  zeigt  sich  im 
Winter  wieder. 

Gleichwie  die  Mauke  sich  als  nässende 
einstellt,  so  kann  sie  auch  als  trockene ^  und 
2war  entweder  als  ein  Schorfausschlag  (Crusta), 
Schmutzflechte  (Rupia  equorum)  oder  als  ein 
Kleiengrii^d  (Porrigo)  sich  darstellen.  Auch  bei 
dieser  Art  der  Mauke  geht  die  Hautentzfinr» 
düng,  aber  im  leichtem  Grade,  stets  voran;  al- 
lein es  entstehen  keine  förmlichen  Bläschen, 
dagegen  aber  ist  das  Jucken  lebhafter,  und  is 
bilden  sich  im  erstem  Falle  (als  Crusta)  zn- 
nädist  graugelbliche,  selbst  etwas  bräunliehe 
Schorfe,  welche  sieh  leicht  ablösen  lassen,  su- 
erst  noch  eine  wunde  Grandfläche  darbieten, 
bald  aber  eine  grauliche  Farbe,  bedeutende 
Dicke,  und  einen  den  Hornwarzen  oder  Kactta^ 
nien  ähnlichen,  nur  etwas  widerlichem  Gerach 
annehmen  und  keineswegs  eine  gesunde,  sondern 
warzige  Grundfläche  darbieten,  auf  welcher  sich 
auch  keine  Spur  mehr  von  Haarwuchs  zeigt, 
und  ein  zerstörtes  dermatischcs  Gewebe  nie 
mehr  wieder  in  Ordnung  gebracht  werden  kann. 


—     94      - 

pie  andere  Art  dagvgen,  als  Porrigo, 
weniger,  und  es  schilfern  sich  in  einem fertl 
dünne  und  ein  bis  zwei  selbst  drei  Linien  f%- 
cbe  enthaltende  Kleien  ab,  tvelch«  allni^  I 
lig  über  die  nicht  ausgehenden  Haare,  sie» 
fassend ,  herabrutscheo.  Bisweilen  eDtwii^  { 
sich  die  trockene  Foim  aus  der  n^asendcE     i 


Aüßemtines  Bild  de  inkheit  beim  Mtnidn 

Die  Fälle  von  z"'^     %eT  Üebertragnng  da 
Alaukekrankheit  v""  len  auf  den  Ueninitü 

sind,  wenngleich  selten,  doch  nocbnici' 

mit  erforderlicher  isrkeit   beobacbtel  ^"^  \ 

den,   da  die   in  evon    zum  Vnw^  | 

IwramendeD  Ersc  i    wegen  ihr«  geriif  ^ 

gen   Bedeutung  niedem    Volksli^ 

wenig  beachtet  uno  Eilb   der    Beobacbioi'? 

der  Aeizic  häufig  entzogen  werden.  Auchie'f* 
sich  die  Erscheinungen  keineswegs  vodsu^) 
gleichbleibender  Beschail'enheit ,  entweder  ii 
Folge  der  veränderten  Beschaffenheit  deslHuke- 
Stoffes,  oder  in  ungünstigen  Verhältnissen  ii 
Organismus  des  Inßcirten  begründet.  EnM 
führten  auch  absichtlich  vorgenommene  Impf' 
versuche  nicht  immer  zu  dem  gleichen  RcseI- 
late,  so  dafs  es  bei  dem  Vorwalten  dieser  Ve(- 
haltniase,  schwer  wird,  ein  allgemein  gültip* 
Bild  der  Krankheit  beim  Menschen  zu  enlwH- 
fen.  Nach  den  von  Hrrtwig  mitgetheilten  Be- 
obachtungen litten  die  Kranken,  nach  Stalt ge- 
fundener zutalliger  Ansteckung,  zwei  bis  vier  Tip  ■ 
au  m&fsigem  Fieber,  wobei  ein  oder  melirere  Fio-  j 
ger  schmerzhaft  anschwollen,  und  die  GeschwuW 
hierauf  sich  weiter  über  die  Hand,  selbsC  ä^i 
deo  Vorderarm    bis  zu   den   AchseldräseD  ef\ 


—      95    — 

streckte.  Am  vierten  bis  fanften  Tage^  nacl| 
der  muthmafslichen  Ansteckung^  entstand  an  den 
geschwollenen  Fingern  ^  meistens  an  der  Spitze 
neben  den  Nägeln,  ein  rothes,  anfangs  ^iem« 
lieh  hartes  Knötehen,  welches  später  gröfsec 
und  weicher  wurde,  und  bis  zum  neunton  bici 
eilften  Tage  in  eine  weilsblaue,  erbsengrofsa 
Pustel  überging.  Schnitt  man  die  Pusteln  eiq^ 
so  sickerte  eine  wasserbelle,  seröse  Flüssig«^ 
keit  aus,  welche  später  eiterartig  wurde;  liefii 
man  die  Pusteln  ungestört,  so  vertrocknetem 
sie  von  der  Mitte  aus  zu  einem  braunen  Schorfe^ 
der  nach  etwa  drei  Wochen  abfiel  und  dann 
eine  mehrere  Monate  hindurch  sichtbare  Narbo 
hinterliefs. 

Aehnliche  Erscheinungen  beobachtete  man 
nach  absichtlich  vorgenommener  Inoculation.  Ain 
dritten  Tage  nach  der  Inoculation  zeigten  sich 
die  ersten  Erscheinungen  von  Fieber,  welche- 
sich  von  Tag  zu  Tag  immer  mehr  steigerten^ 
unter' gleichzeitiger  Entwickelang  feiner  gerö- 
theter  Knötchen,  welche  am  vierten  Tage  un-« 
glaublich  entwickelt,  um  das  Doppelte  vergrö« 
isert  und  zu  wahren  Pusteln  herangebildet  zeig-» 
ten,  umgeben  von  einem  rothen  Hofe  undGe^ 
schwultfl  der  angrenzenden  Thiriie.  An  sie-- 
beuten  bäi  achten  Tage  erreichten  die  fSistelii 
ihre  schönste  Biuthe,  bildeten  nachher  einen 
braunen  Schorf,  der  am  neunten  bis  zehnten 
Tage  abfiel  und  ausgehöhlte  tiefe  Narben  hitw 
terliefe.  —  Vergleichen  wir  nun  diese  der  inoku- 
Hrten  B<|uine  eigenthumlicben  Erscbeinungen 
ma  jenen  der  V«oeiiie,  so  finden  wir  zwischen 
beiden  die  sprechendste  Aehnlichkeit ,  nur  mit 
der  einzigen  Ausnahm^ ,  da(ii  die  Equine  einen 
weit  raschem  Verlauf  zeigte. 


.  V.    ■  . 
~     96     — 


Wenngleich  bei  einer  Mob  oberfl&clilidieB 
Vergleichong  der  M ankekranklieit  beim  Pfe;  * 
und  dem  Menschen,    keine  Uebereiiistiv 
SUtt  zu  finden  scheint,    so  Immen  wiA 
bei  genauerer  Betrachtang  Umstände  anfflndo^ 
wriche  auf  eine  nicht  verkennbare  AehnlieUBBit 
beider  Krankheiten  hindeuten.    Abgesehen  na 
der  Verschiedenheit  und  Beanehiing  auf  die  Stda' 
der  genuinen  .Entwickelang   der   Mauke  beiii 
Pferde ,  so  sprechen  sich  in  Beauehan^jr  «nf  die 
allgemeinen  and  örtlichen  Erscheinongen  sowohl 
beim  Pferde,  als  beim  Menschen  ubereinstiiiH 
mende  Momente   aus.     In  beiden  Fillen  gebt 
dem  Ausbruche  des  materiellen  Snbstrates  der 
Krankheit,  den  Knötchen  und  BlftsiAen,   mehr 
eder  weniger  deutliches  Fieber  voran;  luOr  wie 
dort  ist  der  Ausbruch  der  Haateraption  an  be- 
stimmte Tage  gebunden;  beim   Meoadien  wie 
beim  Pferde  findet  eine  Metamorphose  der  an^ 
fangs  serösen  Flüssigkeit  in  Eiterbildong  Stat^ 
nur    mit    dem    Unterschiede,    dab    hier  6e- 
schwürsbildung,    dort  PustelbOdung  Statt  fin- 
det,    was    seinen    hinreichenden    Brkl&rangi- 
.  grund  in  dem  verschiedenen  anatom.  Bfane  der 
Haut  beim  Menschen  und  Pferde  Jiat ,  —  lau- 
ter  Umstände ,  welche  auf  eine  auffallende  Co- 
bereinistimmung  hinweisen.     Die  Verseliiedaa- 
beit,  dafs  die  Mauke  beim  Pferde  meht  sdten 
in  den  chronischen  Zustand,  ja  bei  Vernach- 
lässigung sogar  in  den  Tod  übergeht  ^  wUinad 
die  Mauke  beim  Menschen  eine  unbedeatendc^ 
in  wenigen    Tagen    vorübergehende  Krankhfit 
darstellt,  liegt  in  den  allgemeinen  organisehe^ 
Eigeuthümlichkeiten  begründet,    dorch  wdehe 
eben  die  Mauke  eine  dem  Pferde  fast  anaaddieb- 
liehe  Krankheit  wird ,  —  Umstände,  weldiesioh 
beim  Menschen  nicht  ausgesprochen  finden. 


—     97     — 

Behandiung, 

Die  durch  Uebertragnn^  des  Haukestoffes 
auf  den  Mensehen  entstandene  Krankheit  stellt 
sich  in  der  Regel  in  so  gutartiger  und  mifder 
Form  dar,  dais  die  sie  begleitenden  Erschei- 
nungen keiner  ärztlichen  HnVe  bedfirfeu.  Sollte 
übrigens  das  begleitende  Fieber  zu  heftig,  die 
örtliche  Entzündung  zu  intensiv  und  ausgebrei- 
tet sein ,  und  die  Pusteln  später  Neigung  zum 
Uebergang  in  geschwfirigen  Zustand  machen, 
80  tritt  dieselbe  Behandlung  ein>  wie  wir  bei 
den  Kuhpocken  der  Menschen  näher  erörtert 
haben. 

(Fortsetzung  folgt) 


•M.iii 

■  ■  ■ '' 

■  •  t  .r 
.  .  I     t' 

.    r  :J;.i 
•  ,  •      p-    *, 

i".     ■    n» 


Jouni.XCllKB.6.St.  6 


-     09     - 

lieh  wieder  hergestellt  wurde.  So  vortheilhaft 
das  Schwefelsaare  Kupfer  hier  auch  wirkte, 
würden  indefs '  doch  gfeichKeitig  andere  sehr 
wirksame  Mittel  angewendet.  —  Aufser  diesem 
nur  kurz'  angedeuteten  Falle,  erlaube  ich  mir 
ausführlicher  noch  folgende  mitzutheilen: 

1)  Den  13.  März  1835,  NachmitUgs  3  Uhr, 
wurde  ich  zu  der  ein  Jahr  alten  Tochter  eines 
hiesigen  Schiffscapitains  gerufen,  einem  starken, 
wohlgenährten  Mädchen.  Sie  hatte  seit  Mor- 
gens Husten  mit  Croupton,  beschränkten,  pfei- 
fenden Athem,  Schleimrasseln,  erhöhte  Tempe-  ' 
ratur  der  äufsern  Haut,  vermehrte  Gesichts- 
röthe  und  grofse  Unruhe.  Nachmittags  4  Uhr 
war  nach  zwei  Gaben  eines  Brechmittels  aus 
Breohweinstein  und  Rad.  Ipecacuanhae  reichli- 
ches Erbrechen  erfolgt,  dor  Athem  freier,  Wärme 
und  Gesicbtsröthe  weniger  gesteigert,  der  Ha- 
sten aber  hatte  noch  den  Croupton.  —  Nach- 
dem das  Erbrechen  seit  zwei  Stunden  aufge- 
hört hatte ,  verordnete  ich  jede  andere  Stande 
vier  Pulver  aus  \  Gr.  schwefelsauren  Kupfers, 
l  Gr.  Fol.  Digital,  und  10  Gr.  Zucker.  —  Um 
fünf  Uhr  Nadimittags  hatte  sie  zum  letzten- 
male  gebrochen,  um  sieben  Uhr  schlief  sie  nAt 
schnarchendem  Tone.  -  Das  Aasgebrochene  war 
gTofilelitheils -dicker  nndurchfflchtiger  Schleim.  — 
Abends  zehn'Vhr  'hatte  sie  nochmals  gebro- 
chen and  bcKlief  nun  ohne  b'emerklich  beeng- 
ten Athem,  die"' Haut  war  feucht,  der  Hasten 
zwar  selten,  doch  noch  croupartig,  nur  weni- 
ger klingend.  *  Noch  war  keines  von  den  Pul- 
vern gegeben'  wordoq.  Ich  lieiSi  nun. mit  ei* 
nem  halben  anfangen,  and  erfolgte  kein  Br^ 
brechen,  so  isoUte  ein  ganzes  gegeben  werden. 
—  Den  14.  Novbr.  fanq  ich  sie  nach  einer  ga- 
ten  Nacht  noch  schlafend :  der  Athem  war  hör» 

G  ff 


—    101    — 

res  Erbrechen  erfolgt,  die  Milch  wurde  mit  be- 
soDderer  Begierde  gc^noiDmen  und  behalten,  da- 
her die  Umschläge  nicht  länger  fortgesetzt. 
Pat.  war  wie  neu  belebt.  —  Den  17.  Novbr. 
Eine  gute  Nacht,  kein  Erbrechen,  der  Hii* 
sten  siemlich  häufig,  etwas  trocken,  wogegen 
noch  einige  beruhigende  Mittel  gereicht  und 
nach  diesen  Pat.  als  geheilt  entlassen  werden 
konnte. 

t)  Abends  11  Uhr  den  SOten  Juni  wurde 
ich  EU  einem  |  Jahr  alten ,  bisher  starken  und 
gesunden  Knaben  wohlhabender  Eltern  gerufen, 
der,  noch  an  der  Mutter  Bhist  liegend,  plötz* 
lieh  vom  Luftröhren  -  Kroop  befallen  worden 
war,  und  der  sich,  durch  die  bekannten  Zufälle, 
in  eiuem  ziemlich  heftigen  Grade  kund  gabV  — 
Sofort  liefiB  ich  jede  l  Stunde  1  Theelo&l  toU 
von  einer  Auflösung  von  %  Gr.  schwefelsiiuer^mi 
Kupfer  in  i  Unze  Fliederwasser  und  i  Unze 
einfachen  Zuckersaft  geben.  Nachdem  er  zwei- 
mal bekommen,  stellte  sich  reichliches  Erbre- 
chen ein,  welches  durch  FHederthee  unterstätzt 
wurde.  —  Der  Zustand  besserte  sich  hierauf  merk- 
lich und  die  Auflösung  wurde  nun,  zweistünd- 
lich zu  einem  TheelöfTel  voll,  fortgesetzt  — 
D«  sich  indefs  gegen  den  Morgen  des  Isten 
"Juli  die  Zufälle  verschlimmerten,  so  wurden 
6  kleine  Blutegel  längs  dem  Schlüsselbeine 
gesetzt,  von  denen  einige  Stiche  besonders  langfe 
nachbluteten,  und  eine  spanische  Fliege  auf  cie 
Brust  gelegt.  —  Bei  meinem  Morgeubesucfae 
hatte  der  Husten  den  Kroupion  noch  nicht  ganz 
verloren,  die  Stimme  war  heiser,  der  Athem 
aber  frei.  Der  tUeiue  schwitzte  und  war  gante 
munter.  —  Neben  der  Matterbrust  erhielt  er 
Milchwclling.  —     Da  er  nach  der  Auflösung 


—    103    — 

zum  Erbrechen,  dann  jede  Stunde  ^  Gr.,  im 
zweiten  Falle  aber  3  Gr.  auf  einmal.  Vorher 
war  Calomel  und  Qoldschwefol  gebr%|ichV  wor- 
den. —  Neben  dem  schwerels.  Kupfer  wende 
ich,  nach  Umstanden,  Blutegel  und  spanische 
Fliegen,  aber  niemal»  einen  Schw&nun  mit  hei- 
fisem  Wasser  an,  weil  ici|  bisher  den  Erfolg 
auch  ohne  denselben  erreicht,'  und  ich  einige 
Scheu  vor  der  Anwendung  der  Wärme  habe, 
die  ja  offenbar  den  Blutandrang  vermehren  mufs. 

Was  Müller  über  die  Wirkungsart  des 
schwefeis.  Kupfers  sagt ,  um  sich  zu  erklären, 
dafs  gröfsere  Gaben  nicht  nachtheilig  wirken, 
scheint  mir  zu  gezwungen  Ich  habe  ziemlich 
bedeutende  Gaben  nehmen  lassen,  ohne  dafs  sie 
wieder  ausgebrochen  wurden,  uiid  denüodi  eut-* 
standen  keine  nachtheiligen  Folgen ,  wohl  aber 
grüne,  gallertartige  Stähle,  wie  beim  Gebrauche 
des  Calomel  Diese  Erscheinung  findet  wohl  ihre 
Erklärung  auf  antihomöopathische  Weise  in  dem 
Gesetze,  dafs,  wenn  ein  Mittel  dem  krankhaf- 
ten Bildungsprocesso  entgegenwirkt,  d.  h.,  wenn 
das  Mittel  im  Körper  gerade  den  entgegen- 
giesetzten  Procefe  bedingt,  den  die  Krankheit 
hervorzurufen  strebt,'  so  erschöpft  es  sich  in 
der  Vernichtung  desselben,  woraus  zugleich 
eine  zweite  antihomöopafthiscbe  Lehre  'folg^' 
Dämlich  die,  dalh  die  AeufiMron^rt  der  Ar^ 
neimittel  nicht  am  gesunden  Organismus  erprobt 
werden  kann.        ^ 

Schlicfslich  kann  ich  nicht  umhin,  meine 
Fiebertheorie,  wie  ich  sie  oben  (No.  16.)  dar- 
gelegt, auf  den  Kroup  anzuwenden,  vielleicht 
dab  Miillery  wenn  ihm  diese  Zeilen  zu  G^ 
siebt  kommen  sollton,  sich  angesprochen  fiililt. 


.    105    — 

das  Binathmen  der  Dämpfe  und  die  Einreibim-* 
gen  mit  Sentdi  fortgesetzt  wurden.  In  der. 
Nacht  zum  Slsten  erhielt  die  Kranke^  wegen 
drohender  Erstickuugsnoth ,  ein  drittes  Brech- 
mittel aus  Brechweinstein  und  schwefelsaurem 
Zink.  Um  Mittemacht  trat  der  lang  ersehnte 
feuchte  Husten  ein,  allein  ein  kühler  Trank  (?) 
am  Morgen  machte  denselben  wieder  kurz,  hart 
und  selten.  —  Nun  endlich,  am  Morgen  des 
Slsten,  also  am  9ten  Tage  der  Krankheit,  wurde 
Schwefels.  Kupfer,  allein  nur  zu  ^  6r.  und  zwar 
mit  -^  Gr.  Moschus  zweistündlich  (es  wird  nicht 

f gesagt,  wie  lange)  angewendet,  doch  ohne  Er- 
oig. —  MittlerweUe  hatte  der  Lähmungszustand 
den  böchstenGrad  erreicht,  die  Lunge  war  un  weg^ 
sam,  der  Husten  hatte  aufgehört.  —  Als  letz^ 
tes  verzweifeltes  Mittel  wurde  nun  von  den 
Eltern  die  Anwendung  des  kalten  Wassers 
(das  sie  drei  Tage  lang  verweigert  haben  sol-' 
len)  erlaubt  und  wiederholt  ein  iBngerdicker 
Strahl  aus  einer  Hdhe  von  5  bis  6  Fufisi  auf 
den  Kehlkopf  und  die  Brust  geleitet.  Die  Kranke 
schien  sich  erleichtert  zu  fühlen,  allein  nur  For<^ 
übergehend,  sie  verschied  am  Sten  JuH  Mit- 

Die  Idee,  das  kalte  Wasser  und  die  Kältä 
im  Kroup  anzuwenden,  liegt  sehTsnahe,  da  es 
ja  kein  kräftigeres  Mittel,  um  eine  gesteieerte 
Vegetation  zu  unterdrücken,  giebt,  als  die  Kälte, 
und  es  ist^  zu  verwundern,  diüb  man  nicht  schon 
viel  früher  auf  ihre  Anwendung  in  dieser  Krank-* 
heit  gefallen  ist  —  Ich  selber  habe  schon  im 
Anfange  meiner  Praxis  allerdings  mich  mit  die- 
ser Idee  beschäftigt,,  allein  nur  zweimal  deü 
Mttth  gehabt,  davon  Gebrauch  zu  machen :  das 
erstemal  zu  einer  Zeit,  wo  noch  nichts  von 
dem  Harder^sehen  Versuche  bekannt  war,  und 


-    IW    — 

aus  über  keinen  Schmeiz,  auch  nicht  auf  meine 
ausdrückliche  Frage,  und  beim  Betasten  der 
Luftröhre,  des  Kehlkopfe  und  des  ganzen  Hal- 
ses. Eine  Geschwulst  war  äufserlich,  weder 
durchs  Gesicht,  noch  durchs  Gefühl  zu  bemer- 
ken •  Die  Sprache  war  sehr  heiser,  schwaqb 
und  kaum  verständlich.  Die  Oeffnung  war  bis- 
her natürlich  gewesen.  Ich  Hels  ihn  aus  dem 
Bette  und  auf  den  Schoolisi  seiner  Mutter  neb« 
men,  auch  sogleich  an  jeder  Seite  des  Kehl- 
kopfs zwei  Blutegel  setzen,  welche  stark  so- 
gen und  stark  nachbluteten.  Noch  während  des 
Nachblutens  gab  ich  ihm  von  einer  Mischung 
aus  3  Gr.  Brechweinstein,  20  Gr.  Brechwurzel, 
eine  halbe  Unze  Meerzwiebelhonig,  und  eben- 
soviel Cbamillenblumenwasser  viertelstündlich 
1  Theelöffel  voll.  Er  nahm  es»  bis  auf  S  Thee- 
löifel  voll,  ehe  Erbrechen  erfolgte,  dann  aber 
erbrach  er  sechsmal  vielen  eiwei&artigenSchldm, 
der  mit  häutigen  Stücken  von  faserigem,  schnee- 
weilsem  Ansehen,  doch  von  unbeträchtlicher 
Gröise,  vennengt  war«  Weder  das  Brechen, 
noch  die  Blutegel  bewirkten  einen  augenbhck- 
lichen  Erfolg,  das  Uebel  dauerte  unverändert 
obgleich  ohne  sich  verschlimmert  zu  haben, 
Da!cb  ihrer  Anwendung,  fort  Ich  lieb  nun  stark 
reizenden  Senfteig  unter  die  Fuüssohlen  legen 
und  die  Beine  bis  an  die  Kniee  in  leinene  Tü- 
cher wickeln,  welche  in  einem  hei(sen  Oemengo 
von  einem  halben  Eimer  Wasser  und  sechs 
Unzen  gequetschtem  weifsem  Senf  fleiisig  ge- 
tränkt, und  stets  wann  erhalten  wurden.  Zwi- 
schen die  Schultern  wurde  eine  spanische  Fliege 
von  der  Grobe  meiner  Handfläche,  stark  mit 
spanischem  Fliegenpulver  und  Kampfer  bestreut, 
gelegt,  und  längs  der  Luftröhre  und  auf  der 
Brust    viertelstündlich  mehrere   TheclöfFol  voll 


--    10»    — 

das  Gesicht  war  noch  sehr  roth ;  die  ganze  Haut 
opch  mit  einem  reichlichen  warmen  Schweifso 
liedeckU    Der  Puls  hatte  140  Schl&ge,  warwei* 
cher^  müfsig  gefüUt,  nicht  mehr  gespannt.   .Die 
Skhwefelleber  war  bisher  gut  vertragen  worden^ 
alle  Mittel  wurden  ununterbrochen  fortgesetzt| 
nur  Abends   wegen  Mangel   an  0effnung  ein 
einfaches  Klystier  gesetzt,  welches  gut  wirkte. 
Abends  um  10  Uhr  war  der  Athem  etwas  mehr 
röchelnd,  die  starke  Gesichtsrothe  und  der  starke 
Schweifs  hielten  an,  der  Puls  war  voller^  h&r* 
ter,  häufiger,  schneller.    Ich  lielis  eine  spanisoha 
Fliege  von  4  Zoll  Länge  und  S  Zoll  Breite  ttiogs 
der  Luftröhre  legen,  die  kalten  Umschläge  auch 
über  einen  Theil  der  Brust  a\isdehnen,  und  die 
Einreibungen  xu  beiden  Seiten  der  spanisidMO 
Fliege  fortsetzen.    Die  Einreibung  wurde  wie» 
der  gemacht.    Zum  inneren  Gebrauch  verord» 
nete  ich  einen  Saft  von  einer  Drachme  Schwe* 
folleber  und  zwei  Unzen  Senegasyrup«  und  lieüi 
auüs^er  diesem  eine  Mischung  von  Calomel^  Mh 
seralkermes  und  einem  kleinen  Zusatz  von  Garn* 
phor  nehmen. 

Als  ich  ihn  am  tSsten  April  Morgena  jvub 
7  Uhr  (zweitem  Tag)  besuchte^  hörte  ich|  dalk 
Fat.  sieh  während  der  Nacht  erträglich  beJfioB» 
den  und  viel  geschlafen  habe,  zuweilen >  v'Qnd 
besonders  im  Schlafe,  sei  der  Athem  ganz,  frei 
gfwesen^    Von  drei  Uhr  an  seil  er  etwas. uii^ 
ruhig  und  eigensinnig  gewesen  sein,  viel.;Wi^ 
derwillen  gegen  die  Schwefblleber  gezeigt  und' 
daher  davon  nicht .  so  pänctlich  eingenommen 
haben.    Die  kalten  Umschläge  versicherte  man 
onunterbroehen  fortgesetzten  haben.  Der  Athem 
WBar  zwar  freiet  als  am  vorigen  Abend,  doch 
immer  noch  nicht   ganz  frei,    mehr  hohl  und 
nudi.     Die  Athemis^go  waren  tiefer,  das  Ar** 


— ,  113    — 

I  ich  erlaubte  alle  Arten  von  schleimigeii  Suppen« 
I  —  Am  28.  April  (dem  funfiten  Tag)  war  Aach 
einer  guten  Nacht  Alles  besser^  der  Athein  und 
\  die  Sprache  ganz  rein  und  frei^  der  Husten  un- 
bedeutend. Die  Haut  war  nun  vermehrt  feucht. 
Abends  zuvor  bekam  Pat  wieder  ein  einfaches 
Klystier,  welches  erst  eine  dünne  unbedeutende^ 
dann  eine  sehr  starke,  schleimigte  Oeffnung 
bewirkte,  welche  aus  grofsen  Stücken  eines 
zähen  Schleims,  der  sich  sehr  lang  ziehen  lieüs, 
bestanden  haben  sollte.  Der  strohgelbe  Harn 
hatte  einen  starken,  weifsen- Bodensatz.  Die 
genannten  innem  Mittel  wurden  fortgebraucht, 
zum  Essen  nun  auch  leichte  Milchspeisen  und 
Butterbrod  von  altem,  feinem  Weizenbrod  er- 
laubt. —  Am  29.  April  (dem  sechsten  Tag) 
hatte  der  immer  mehr  abnehmende  Husten  den 
Ton  eines  gewöhnlichen  katarrhalischen  Hu- 
stens. Das  ganze  Befinden  des  Kranken  war 
das  eines  Gesunden.  Die  durch  die  spanischen 
Fliegen  veranlafsten  eiternden  Flächen  auf  dem 
Rücken  waren  geheilt,  die  auf  der  Brust  fingen 
an  zu  heilen,  die  auf  den  Armen  waren  vom 
Anfang  an  unbedeutend  gewesen.  Die  ver- 
mehrte Thätigkeit  der  ävSsem  Haut  dauerte 
fort  Die  genannten  Blittel  wurden  ohne  Ca« 
lomel  fortgesetzt,  die  Einreibungen  waren  seit 
Reinigung  des  Bettes  schon  ausgesetzt  wor- 
den. —  Am  30.  April  (dem  siebenten  Tag) 
war  auch  das  Geschwür  auf  der  iBrust  Cast  ge- 
heilt. Abends  vorher  hatte  Pat.  eine  starke  Oeff- 
nung gehabt.  Der  Husten  schien  ganz  aufge^ 
hört  zu  haben.  Der  geUnde  Schweifs  hielt  noch 
an.  —  Am  1.  Mai  Imtte  er  wieder  ptwas  Ho^ 
steu,  daher  die  frühem  Blittel,  doch  ohne  .Queek^ 
Silber,  gemacht  wurden.  —  Am  7.  Mai  hatte 
Pat  Heiserkeit,  und  die  Mandeln  waren  etwas 

Joiim.XCIILBd.6.8t  H 


QeschinAcks  wegen,  wieder  auf.  —  -leh  Hefli 
RQch  das,  mit  lääig  aas  ihr  entbimdene Sehwe« 
Mwasserstoffgas  von  den  Kranken,  wie  iss 
lehien,  mit  Nutzen,  in  mehreren  FUlen  ein» 
ithmen.  Bei  einer  andern  Gelegenheit  deidce 
ieh  mehrere  hieher  gehdrige  FUIe  i^tsii- 
dieilen. 


^ 


•         • 


\1L 


nt 


'[■■'■.        ■     —    U7    — 

ticbkeh auf  dae  oft  Bbettriabene  Weist)  gefröbnl.  DuMäd-, 
eben  «Dcba  indoMen  krÜflig  und  blähend  beran,  obns 
*on  dieteo  kteinen  Uebeln  ganai  verarbont  10  bleibeo. 
Hit  dem  Bintreten  der  Memtroation  natimen  aber  dieia 
krankbaften  Symptome  du  Huulorgani  eine  etnslerc,  be-, 
.  unrnbigender«  Geitalt  an.  E»  leigle  sieb  nebmlicb  znw 
■eben  dem  14.  and  16' Jabr»,  zuerst  im  Winter,  eine  mnd^ 
•cboppige,  bU&rotbe,  «Ich  abscliilfernde  FIccble  am  Etlen- 
bogengelenk  dei  linken  Arnifs.  Bald  itarsuf  erscbienen 
mehrere  und  empfindlicb  jackende  in  den  Kni^elenkeif 
beider  Fübe.  Nacb  Verlauf  Ton  einigen  Hon|fai|  'wkiei' 
Arme  und  Füfte  von  oben  bis  aiiien  damit  bedeckt.  Dia 
dagegen  gebraucblen  Mitlrl  beitanden  in  Büdem  und 
blnlTerdünnenden  Gelränken.  Die  riecblen  niinderlen 
aich  bei  forlwabrender  Haolpflege,.  besonilers  im  darauf  . 
folgenden  Sommer,  obne  jedoch  ganz  zu  verscbninden. 
Mit  erneaerlei  Kraft  kebrlen  lie  aber  im  lolgenden  Win- 
ter  zorück.  Aafier  den  Armen  ward  jetzt  Brust  nnd  Un- 
terleib davon  ergoffen,  tm  darauf  folgenden  Sommer 
braclite  der  erntUicbe  Gebraocfa  Wieibadeni  eine  merk- 
liebe Beuerung  zuirege.  Auch  der  darauf  iotgande  Wii)~-' 
(er  war  leidlidier.  Die  Flecbt^n  erscbienen  zwar  nift< 
der,  doch  waren  lie  nfctit  mebr  so  juckend,  nicbt 
mehr  lO  rund  nnd  roth,  aondern  blsfsgel blich.  Schwe- 
felbäder icbienen  Tortheilbaft  zb  wiriien.  So  herrachie 
«eit  Jahren  Hbbe  nnd  Flolh  in  dlrii«r  hartnltUften' 
Hautkrankheit,  alt  im  Hin  IS24  san  enten  HaM 
mein  Rath  begehrt  wurde.  Die  Flechlen ,  an  IntanaitiH 
twar  vermindert,  bitten  im  Angenelnen'  noch  den  ob«i' 
beichriebenen  Charakter.  Aber  ein  Omatand  hatte  dib 
dazD  geaelll,  der  Tochter  and  HuUer  iaat  znr  Venwdl^iuf 
brachte.  Die  Krankbeit  begann  daa  bKbeade  Gedohl  tS 
ergreifen.  Der  Saum  beider  OjireB,  dec  SBakea  'inSvUi 
die  Seit^oBäohcD  dea  Habet  bede^tae  dch  mit  Itnlriwi' 
UStcfaen  (Herpet  miliar)«),  die  enpoi^^ftoMea,  ((m  m> 
rStr  Fenditigkeh  an«a(ib  Vitien,  tlcn  diiii  Uefaurdg  ab^ 
•chilfeiteB,  einl(4  Zeil  aoabUebea  und  daaa  lUbdar  tm 
Nenem  emporwocbetten.  Doch  blieb  Irihil  |s  dar  ftal«a 
ZwiicheDwit  die  Haut  blabrfitbUch,  ruh,. 'MMb«  fcSr- 
niohl  anzufühlen.  Idl  lieb  die  nnterlaMeneff  MwbM^ 
Üder  wieder  in  Gebraneb  neben ,  aebrleb  elna  Hilelidtt 
vor  nnd  gab  inneiliob  den  StMimiat-tm  folgeader Fonadir 
Rec.  Hjdrargjri  tublimati  eorroiivi  gr.j.  Aqnu  daUfllitaa 
Dnc  iv.  U.  8.  ItforgeH  and  Ab«adt  1  BliUifrel  1.  «. 
nnd   jedcamal   Toriwr  et«  Taue  HafencUdmt  n  tri»> 


—  . 119    - 

M odification  dieser  hartnäckigen  Haatkrankbeit  ein«  Scho« 
im  November  1825  ging  die  blobende  Farbe  desGesicbts 
in  eine  donklere,  drcumscripte  RÖtbc  der  Warigen  ober, 
die  besonders  gegen  Abend  heftig  brannten*  .  l^s  war  ihr, 
als  wolle  das  Blat  zom  Kopfe  heraus  springen, ,  Adcb 
litt  sie  an  Kopfschmerzen^  die  sie  firqber  nie  gekannt.  Sie 
setzte  sich  selbst  aof  eine  schmale  Diät,  trank  viel  Wal^ 
ser  und  nahm  Morgens  Glaubersalz  ein.  So  dauerte  die- 
ser Zustand,  bald  zu-  bald  abnehmend,  bis  zum  obenan- 
gegebenen Monate^  wo  die  ersten  Flechten  wieder  mit 
grofser  Schnelligkeit  und  Ausbreitung  das  Gresicbt,  mit 
Verschonung  des  übrigen  Körpers,  ganz  allein  befieleOt 
and  endlich  gegen  Ende  März  in  wahren  He^pek  crüiitn'- 
ceus  ausarteten.  Wangen,  Stime^  Ntise  uhtf  Kinn  aber- 
zogen sich  mit  einer  wahren  knorrigen  Baumrinde^  die 
mit  der  Weifse  des  Halses  und  übrigen  Körpers  auffal-  - 
lend  conti astirte.  Das  Gesicht,  mit  dieser  heillosen  Maske 
bedeckt,  war  in  Wahrheit  abschreckend«  Die  verzweiflungt- 
Yolie  Kranke  floh  das  Tageslicht,  die  Menschen,  und  brü- 
tete in  der  finstersten  Kcke  ihres  Zimineri  über  ihr  Un- 
glück. Trotz  den  erschienenen  Flechten  blieben  die  Gon- 
gestionen nach  dem  Kopfe  nicht  aus  und  die  Risse  zwi- 
schen den  herpetischen  Borken  schmerzteiii  trstäinlich. 
Der  Fall  war  zu  merkwürdig,  um  ihn  nichts  ineUreferee  Gdl- 
legen  zu  zeigen«  Insbesondere  führte  idi'  dta  •i^er^ib-' 
renen  Geheimenrath  Dr.  WenzH  za  derEraokeaeie  ond 
folgender  Heilplan  wurde  eingeschlagen.  Wegen  der  fortdaö- 
erndeo  Congestionen  ward  in. den  ersten  Ta^e«  deis  Aprils 
1626  eine  Venaesection  von  zwölf  Unzen  am  reeUtdn  Arnie 
veranstaltet  und  ein  durchgreifendes  Abfühnfngsmitttl  ge- 
reicht. Die  Milchdiät  wieder  hervorgeholt  UiniTge  Ta^ 
ipSter  wurden  an  jeder  Seite  des  Ualiei  sechs  Blutige! 
gesetzt  und  die  Blutung  lange  unterhalten.  New  huQ- 
derten  sich  zwar  die  Congestionen,  doch  trat  in  dem  Am- 
seben  des  Herpes  nicht  die  geringste  ¥erandeniog  eie. 
Jetzt  wurde  ein  grobes  Blasenpflaste^  in  den  Nacken  und 
eine  Fontanelle  anf  den  linken  Oberarm  |;elegt  Rrstefe 
blieb  3  Wochen  in  Zog.  Die  Fontanelle  Hefa  loh  erst 
naeh  zwei  Jahren  zugehen..  So  gegen  jedes  Sur&ek^ 
treten  des  Herpes  hinlänglich  gesichert,  ward  getrost 
folgende  Salbe  Morgens  und  Abends  in  da*  eAtsteHto  G^ 
siebt  eingerieben:  Rec.  Cerati  satumi  Und  /9,  Gaäphd- 
rae  Scrup.  ß  —  Drachm./?.  Dabei  alle  2 —  S  Tagb  üio 
Laxans  gereicht.  Der  Krfolg  übertraf  onsete  kühnsten 
Erwartungen.    Die  braonen  Krasten  fielen  ab.  -'  Di»  Hnnt 


."*• 


Ü  -    »1    - 

welchen  er  grofse  pelohnini^eo  yenpracb ,  wenn  sie'  ihn 
beUee  worden.  Man  schrieb  ihm  nan  eine  strenge  Diät 
▼or,  verbot  alle  spiritnösen  Getränke,  setate  nach  Umstan- 
den Blutegel,  machte  umschlage,  rieb  graue  Safbe  aof 
die  leidende  Stelle  ein  und  verordnete  zum  inneren  Ge- 
brauche specifische  Mittel  gegen  die  Syphilis^  als  Mercur, 
Gold,  SalpetersSnre.  Diese  Behandlung  hatte  einestbeils 
die  Wirkung,  da(s  die  Resistenzkraft  des  Körpers  durch 
die  Entziehung  seiner  gewohnten  Reize  geschwächt  und 
dadurch  die  Krankheit  stirker  entwickelt;  anderntheils  daft 
der  Körper  durch  die  specifischen  Mittel  angeregt  worden 
Reactionen  gegen  den  hervorgetretenen  Feind  zu  entwik- 
kein.  Dadurch  konnte  jedoch  nur  der  Tod,  nicht  aber, 
die  Genesung  herbeigeführt  werden^  weil  der  alte^  ver- 
lebte Körper  unter  schwächenden  KinÜQssen  nicht  im  Stande 
war,  diesen  Kampf  zn  bestehen.  Als  endhob  noch  ein 
entfernter  Arzt  hinzugemfen  werden  sollte,  um  über  die 
vorzunehmende  Eröffnung  des  Abscesses  zu  entscheiden» 
wurde  mir  die  Behandlung  der  Krankheit  übertragen.  Ich 
suchte  vor  allen  Dingen  den  latenten  Zustand  &rselbeii 
und  eine  relative  Gesundheit  dadurch-  herbeizufuhren,  dafs 
ich  die  frühere  reizende  Lebensart  des  Kranken  in  dem 
Maafse,  als  sie  ihm  entzogen  worden  war,  wieder  gestat- 
tete, ferner  jede  innere  Arznei  aussetzte,  den  leidenden 
Theil  insbesondere  von  jedem  äufseren  Einflüsse  der  Kunst 
befreite  und  eine  hoffnungsvolle,  fröhliche  Gemüthsstim- 
mung  herbeiführte.  Darnach  trat  mit  zunehmender  Kräf- 
tigung des  Körpers  eine  auffallend  schnelle  Besserung  ein ; 
der  Schmerz  und  die  entzündliche  RÖthe  des  Beines  liefii 
soetst  nach,  dann  wurde  die  flnctuirende  Geschwulst  klei- 
ner und  ver|;ing  vollständig  wieder.  An  ihrer  Stelle  sank 
die  Haut  in  einem  Kreise  von  \  Zoll  Durchmesser,  unge- 
fähr 2  Linien  tief  ein,  bekam  eine  bläuliche  FSrbiing  und 
wurde  nur  beim  Drucke  ein  heftiger  Schmerz  in  der  Tiefe 
des  Knochens  erweckt.  Der  Mann  ist  bis  jetzt,  3  Jahre 
nach  seiner  Krankheit,  gesund  geblieben  und  so  rostig, 
dafs  er  anscheinend  noeh  lange  leben  wird,  bis  Sein  Or- 
ganismus jenen  Feind  nicht  langer  niederzuhalten  ver- 
mag. ^  In  mehreren  Ffillen  dieser  Art  wurde  der  Tod 
endlich  dadurch  Iierbeigeführt,  dafs  bei  immer  mehr  sin- 
kender Lebenskraft  der  schlummernde  Keim  der  Syphilis 
in  Folge  irgend  einer  leichten,  fieberhaften  Krankheit,  die 
zufällig  eintrat,  wieder  entwickelt  wurde.  Dadurch  bildete 
sich  sehr  schnell  ein  nervöser  Zustand  aus,  welcher  sich 
auf  der  einen  Seite  durch  grofse  Entmischung  der  Safte 


^  _    188    — 


Ks  'starben:    198^iiianiilidien, 

178  weiblichen  Geschlecbte    über 
und'  ^67  Kinder  unter  10  Jahren. 

743  Personen. 

Mehr  geboren  216« 

Im  November  des  vorigen  Jahres  wurden 

geboren:     424  Knaben, 
414  Mädchen, 


838   Kinder. 


Ks  starben:    161  männlichen, 

181  weiblichen  Geschlechts  über, 
und  324  Kinder  unter  10  Jahren. 

666  Personen. 

Mehr  geboren  172. 

Im  November  dieses  Jahres  wurden  im  Vot^ältnils 
zum  November  des  vergangenen  Jahres  121  Kinder  mehr 
geboren^  und  starben  mehr  77  Personen. 


Wenngleich  gastrisch  -  nervöse  Fieber  sich  noch  öf- 
ter zeigten,  so  war  doch  der  katarrhalische  Charakter 
der  Krankheiten  der  herrschende,  besonders  wurden  die 
Respirations- Organe  ergriffen,  Anginen  waren  nicht  sel- 
ten. Viele  Kinder  litten  am  Stickhusten,  in  einzelnen  Fal- 
len erschien  Kroup,  Masern  verbreiteten  sich,  Scharlatsh 
wurde  nur  in  wenigen  Fällen  beobachtet.  An  den  Pok- 
ken  starb  nur  ein  Knabe. 


^ 


•  Einladnne  zur  Pränumeration 

^ttf  den  Jahrgang  184S  der  medicinischen  Jahr^ 
hfficher  des  kaiserl.  königl.  dsterr.  Staates  und 
jSer  damit  verbundenen  dsterreichiscben  medi- 
siuischen  Wcehenschrift.  Herausgegeben  von 
4>r.  Joh/  Nep,  Ritter  v.  Raimanny  redigirt  von 
IProf.  Dr.  A.  Edl.  v.  Rosas  y  Prof.  Dr.  S.  C. 
bischer  und  Prof:  Dr.  J.  Wissgrill  Preis  des 
Jahrganges  von  18  Monatsheften  und  58  Num-* 
mern  der  Wochenschrift  15  fl.  C.  M. 


*  Lfiet  Jonrnal  erhielt  im  Jahre  lS4i  eine  wesentKcbe  Um^ 

itsitaltong  durch  Hinzofagyng  der  medicinischen  WoobM^ 

Vicbrift  und  wird  nun  auch, im  kommenden  Jahre  aof  dic^ 
l'elbe  Weise  fortgesetzt,  da  der  Beifall  des  medicinisoheit 
l'abHcnms  sich  so  entschieden  für  diese  zweckmässige 
j^Cinriobtung  ausgesprochen  bat. 

|.  Für  diejenigen,  welche  bereits  das  Blatt  besitz^i 
IjjBrfen  wir  nur  Yersichern,  dass  es  dmrcbaas  keine  Pm&n- 

.  ierdng  erleiden  wird,  sowohl  was  den  inneren  Gehalt  ddr 
i^riginalaufsätze,  der  sorgfaltigen  npd  doch  bandigen  Aas- 

l  sage  fremder  Jonrnale  Deutschlands,  Englands,  Frankreichs 

.*  jind  Italiens,  als  anch,  was  die  schöne  Ausstattung  and  diis 
.'egetmäfsige  punctliche  Auiigabe  betrifilt.       '  -  >f     . 

Für  diejenigen  aber,  welche  sich  noch  nicht  Tötf  des 
'wesentlichen  Vorzügen,  welche  dies  Journal  vor  allen  an- 
«lern  medicinischen  auszeichnet,  überzeugten,  wird  et  niebt 
iberflässig  erscheinen,  die  Tendenz  des  Blattes,  nach,  dem, 
jRras  bereits  vor  dem  Auge  d^  Publicums  liegt,  to'ent- 
irickeln;  .  -• 

^'       Die  l2monailichen  Hefte,  jedesmal  am  Ende 

«d6f  Monats  erscheinend,  bringen; 
j        I.  Beobachtungen   und  Abhandlungen  aoa 
Idem  Gebiete  der  Natur-  und  Heilkunde.     Diese 

Irfnd  Ton  grösserem  tJmlange,  füllen  gewöhnlich  2  und 
B 'Bogen  und  wurden  daher,  um  die  Aufmerksamkeit  der 

^'^r  nicht  allzusehr  zu  zersplittern,  in  den  Heften  abge- 

lidrockt.    Sämrotlich  Originalaufsatze. 

^        II.  Studium  der  Heilkunde  undöffentllohea 

jS'anitälswesen.  AaVsSCze,- welche  Yorzugswdie  Oe^ 
•tcrreich  beröbren,  ohne    deshalb  für  den  aoslindiiebeti 


^>     '  —  •  3       — 

Bebaqptang  bestitigM;  defSelbe  enthalt  namliob  as  209 
grötiere  ond  Ideiii^re  OrigiaalTioftStze« 

Der  ganze  Jahrgang  auf  das  tol^öiute  MaschfiieB- 
Yelinpapier  gedroekt,  betteht  aai  172  Bogen  iir  S.*  nnd 
hottet  nur  15  fl.  C,  M,$  durch  die  Postämter  &e- 
so<;en  in  allen  Th^ilen  der  Monarchie  15  fl» 
d6hr..C.M. 

Jeden  Samstag  ersoheini  eine  Noma^fr  der  -Wochen- 
sehrift  Yon  1^  Bogen ,  jeden  letzten  des  Monats  ein  Heft 
Ton  8  Bogen. 

Das  Yerzeichnifs  der  Herren  P.  T.  Prannmeranten 
wird  jedes  Jahr  mit  dem  Decemberheft  aosgegeben,  daa 
Tom  Jahre  1841  wird  zugleich  den  Beleg  liefern,  welche 
Theilnsbme  das  Sntliche  PobÜeam  diesem  unternehmen 
geschenkt  hat. 

Om  dasselbe  auch  für  das  Jahr  1842  mit  der  grpfs- 
ten  Genauigkeit  sn  liefern ,  werden  die  Herren  Abnehmer 
um  deotliche  Angabe  des  Namens  ond  Charakters  ersucht 

Wien  im  Dec^mber  18(1. 

Braumüll0r  und  SeideU 
am  Graben  im  Hanse  der^Sparkasse« 


iViffc^fff^  ttttd  Berichtigungi 
zu  meiner  Broihüre:  „'J.  PI pieffenhach'* e  ckbrwrgi^ 
uhe /Leitungen  in  Wien:^  {Wien  1^11,  hei  BramMer 

und  SeidH), 

Gehört  es  zn  den  gerechten  Anforderungen,  die  mm 
an  jedes  Bach  machen  darf,  getreoe  Wahrheit  ond  kr* 
thunlosigkeit  darin  zo  finden,  so  kann  eineSchrifti  deran 
alleiniger  Zweck  jener  ist,  die  Brfolge  gesebebener 'LiÄ* 
stnngen  darzustellen,  einzig  nnr  in  ingstlicher  Belolgang 
dieser  Ricbtsehanr  Wertfa  haben,  ~  bestehea.  In  diesem 
Betracht  'war  aoch  bei  Znsammenstellang  mdnef  BcMIl 
mein  eifrigstes  Bestreben  dahin  gerichtet,  die  Leistnngen 
Bte0enba^*e  in  Oastreichs  Hauptstadt  mit  größter  UBJI>e- 
fangenheit  zo  erzaUea,  and  setzte  ich  iä  das  Gel&gea 
dieses  meines  Vorsatzes  ainigea  Werth  m^aer  Broch&ra, 
so  hat  es  mich  nm  so  naangenehm^  bernhrt,  einfge  Ua^ 
ricbtigkeitea  in  dersetbaa  aatdaekt  za  babea.  Es  ist  so« 
mit  wohl  meine  Pflicht,  ia  alaam  der  galesenstea  Blattat 
berichtigend  mich  zn  SoCmtb: 

Der  erste   Fehler  findet  sich  glelcb  auf  der  arsten 
Seite  und  aal  mabraran  der  folgenden,  indem  dM  von 


a,*  %s  3<y  27  3i»'  ■j^.jc\ 


ifi 


^S: 


?a 


n^ 


'l'Cl: 


M. 


V  < 


C.  W:   Ilufeland'« 


J  o  n  r  n  a  L 


der 


»ractiischeii    Heilkunde. 


Fortgesettt 


?on 


Dr.  E.  Osann, 


.  Geh.  Med.  Rath,  erdend.  ProieMor  der  Medkln  «i  te 
■hendt&t  ond  der  med.  dkim^.  Aoedeaiie  Ar  du  WMi 
I  Berlin,  Direelor  des  K.  Poliklin.  Inirtitoti»  RHterdei  mUmii 
dlfr-Ordeni  dritter  KhuMe  mit  der  Seblellb  und  MHgttedl; 
mehrerer  gdehrtin  Geieliiehailen. 


imm 


Qtam,  Premiä,  ift  «Rf  Tfteoritj 
JDocft  grUm  da  Libmu  gMm&r  Bmmu 

6f«fAe. 

VI.  Stflck»    Decenber. 


Berlin«. 

ff 

Gedruckt  lutd  wkfjt  M  ß.  Btiatr. 


« . 


V 


r 


•  I 


C.  W:   Äufeland'« 


Jo  Q  r  n  a  V 


der 


I 

practischen    Heilkunde. 

Fortgeaetit 

▼  OB 

Dr.  E.  Osann, 

K.  Geb.  Med.  Ratb,  ordeBfl.  ProiBMor  der  Mediefai  «i  Am 
UairenltiU  and  der  med.  diinnji.  Aeedearfe  Ar  das  mWiiii 
m  BcrBB,  Direelor  des  K.  PoliUiB.  Iiiirtitel%  Ritte  dM  10^ 
Adler-Ordeiie  dritter  KkMe  mit  der  Sebleife  «ad  Ifitgfied 
meiiferer  geiehrtüi  GeieilMliaileiL 


'» 


VI.  Stflek»    Deceaber. 


Berlin. 

Gedruckt  nad  feil^  bei  G.  Reioien 


■  ■    •  .  '   ■  •  ■ .    ■■  ■ .  i  •  ■ 

•  ■        •        •  ■  •     •    • 

I. 

Zur 

reschichte    der   Krankheiten, 

welche 

sich  von  den  Thieren  auf  den  HeiiiMiheii    \ 
überpflanzen  lassen!  ?' 

VOB    .     ■:      ■   • 

Dr.  Bernhard  Ritter, 

»rakt.  Arzte  zn  Rbttenburg  am  Neckar,  Im  Könijlrciipir, 

W&rtemberg. 


(Fortietzuog.    S.  vor«  $1.  8.  97.). 


Im    Krankheittny    welohe    m^m'en    2%p#^g>i^ 
schlechtem  gemeinsehafllieh  «ttXwmm^«  •  ^^-i 

Es  gibt  eine  gewisse  Reihe,  von  Kritp^ 
Uten,  deren  genuines  Auftreten  bei  mehrere« 
aaergeschlechtem  beobachtet  wird,  so  4füb  ,i|i^ 
iter  diesen  Verhältnissen  gewi^e,  menr  m 
)r  Natur  verbreitete  Bedingungen  zu  ihrer  Ent^ 
icHelung  annehmen  könneiii  solche,  iins  abef 
ich  eben  so  wenig.' i^  jene  dervbrigeoiCoaT 
igien'  yollstäpdig  bekannt  sind.  Stomtli^he 
ranfcheiten  tragen  bii/efa  itaehr  ..^ilii^tt^afW 


479— 8S  uiid498— 51&  Iiuiß6«et)  beforle' ei^ 
im  !?•  Jahrhundert  Rama^izj^  di^iersiegtii^ub 
Biirsleilung  dieser  Krankheit,  im  '18.  JabrhuiM> 
der!  war  sie  allgemein  Vterjbreitjet  ui^i  herrschU 
ipit  der  verheerenden  Rindßrpe^t  wg\e\chy  m\i 
der  sie  hajvfig  genug  verwechselt,  .wurde.  Vea 
dieser  Zeit  an  wurde  die  Seuche. allgem^iA mit 
gföfserer  Aufmerksamkeit  S^ei^badit^^  :Uod-.ba 
verging  kein  Jahrzehend,  wo  aie  nipht  ia  mßhff 
reren  Landern  mit  auffallender  Heftigkeit  gCH 
/  lierrscht  und  von  Aerzten  und  Niohtärftt^n.:M>v 
fentliche  Berichte  darüber  bekannt  gemüfht  wor<r 
den  wären« 

Ueber  die  Ansteckungsfahigkeit  der  Kiaab« 
beit  herrschen  verschiedene  Stimme»,,  la^elobo 
yielfaltigo  Beobachtungen  angeregt  haben,  rOiid 
wirklich  kann  man  in.  der  That  nicht  in  Abti^dö 
stellen,  da£s  der  Milzbrand  so^weilen  an  .'und 
für  sich  epizootisch  auftreten  und  eine. mildere 
.Natur  annehmen  kann,  woraus  sich  ergibt^  dafil 
diese  Krankheit  nicht  in  allen  Fallen  ^  und.  W# 
^ie  es  ist,  nur  auf  bestimmte  Weise  und  iin-p 
lex  besondern  Bedingung^  ansteckend  sei,  ol^ 
gleich  es  auf  der  andern  Seite  auch  als  bewiesen 
dasteht  I  dab  die  Uitebrandmeterie  eine  so  di^ 
ferente,  giflartige  Natur  annehmen  kann,,  dafr 
sie  bei  gesunden  Thieren,  auch  ven  andern  iSal* 
tungen,  und  selbst  beim  Menschen,  durch  an* 
mittelbaren  und  genauen  Coutakt  ein  gan^  glei- 
ches, oder  doch  ähnliches,  höchsjb  gefabrvolr 
les  Leiden  erzeugt.  Es  gibt  also  milde  und 
gutartige,  und  heftige  oder  bösartige  Fälle  Von 
Carbunkelkrankheit ,  woher  die  entgegengesetz- 
ten Meinungen,  welche  rucksichtlish  des  Pünctes 
der  Ansteckungsfahigkeit  von  gleich  glaubwür- 
digen Beobachtern   aufgestellt  werden.     Ada- 


--      7      — 


letzterer  Gelegenkeit  fanden  mebßB  Mäim6^Mi, 
durch  Fleischgenufo  von  einem  erkJrftnkten  (idkr 
sen,  den  Tod.  Die  im  Jabre  17 Vi  in.itarllmf- 
gegend  von  Augsburg  beebaeht^t«  Cmrbuabel« 
krankheit  der  Herde  theihe  sich  von'  diese« 
demRindviehe,  den  Schafen,  fichweiuei^y  Qhkt 
sen,  Hühnern  u.  s.  w.  mit,  untl  wurde  auch  4ea 
Menschen  häufig  tödtlich.  !Die  AnthraxseuiohQ, 
welche  1757  in  der  Umgegend  von  Paris  heit schie^ 
befiel  nach  Chaignebrun^s  Schilderung  Schivr^iae, 
Hunde  und  Hühner,  welche  von  dem. Aderläfa* 
Muto,  Fleische  u.  dgl.  der  kranken  Thicce  irä«- 
feen.  Audi  viele  Mensdien  starben  durch  deii 
Genub  des  Fleisches.  Unter  den  Rindern  schrill 
hie  und  da  in  den  Ställen  die  Krankheit  von 
einem  Stücke  Eum  andern  fort»  Nech*iverUee» 
render  war,  nach  Harimann*s  Bcridli  die  8ra^ 
che  vom  Jahre  1758  in  Finnland ,- "#sl  si»*lMif 
eine .  fast  unglaubliche  Weise  durch,  die.  Haut 
eines  vom  Milzbrände  angesteckten  und  gefal- 
lenen Bären  auf  mehrere  Measchen  sich  fort* 
pflanzte.  Gleich  ausgezeichnet  ist  die  von  Bdr^ 
baret  1763  in  Frankreich  beobachtete,  mord^ier^ 
sehe  Seuche,  welche,  nach  seinem  Berichte, 
nur  bei  pflanzenfaressenden  Thidren  epizootisch 
entstanden  und  zu  den  fleischfressenden  durcli 
Infection  übergegangen  ist;  zu  den  merkwür- 
digsten aber  gehört  jene,  welche  B^r/in  ')  1774 
auf  Guadeloupe  in  Amerika  beobachtet  hat;  sie 
griff  schnell  durch  Ansteckung  um  sich;  sehr 
viele  Neger,  welche  die  Carbunkeln  geöffnet 
und  dabei,  oder  bei  sonstiger  Behandlung  der 
Kranken,  Abledern  der  Aeser  u.  dgl.  mit  den 
Säften  derselben  sich  besudelt,  oder  das  Fleisch 
davon  genossen  hatten^  erkrankten  mit  Car- 
bunkeln,   brandigen    Geschwulsten,    heiligem 

>)  Faulet  a.  a.  O.  Tb.  II.  S.  66. 


—       9      — 

Wesen  waren.  WaU  sah  bei  der  Seuche^  die 
1797  im  Würtembergischen  grassirte,  mehrere 
.Menschen  von  der  blofsen  nähern  Berührung 
einer,  einem  gefallenen.  Thiere  abgezogenen 
Haut  erkranken  und  sterben.  Aehiiliche  Be- 
obachtungen wurden  von  Winterihalery  Dr.  Creut» 
wiesery  LuXj  Kopp,  Wolfy  Redicer^  Deheid  u.  Ä. 
aufgezeichnet«  Diese  hier  aufgeführten  That^ 
.  Sachen  dürften  genügen^  die  Ansteckungsfähig- 
keit der  Karbunkelkrankheit  darzuthun.  Allein 
die  Fälle,  wo  sich  die  Krankheit  dem  Menschen 
anitgetheilt  hat,  verhalten  sich  nach  Laubender 
zu  den  entgegengesetzten  wie  1 :  10,  daher  die 
Ansteckung  nur  bedingtermafsen  bei  Menschen 
und  auch  Thieren  geschieht.  Aber  gerade  diese 
bedingte  Mittbeilung  ist  ein  Beweis  ihrer  konta- 
giösen  Natur.  Sie  wird  beim  Menschen  z.  B. 
begünstigt  durch  niederdrückende  Affecte  und 
kränkliche  Dispositionen,  dann  durch  zarte  Ober- 
haut, gequetschte  oder  verwundete  Berfihrungs- 
stelleu  u.  dgl. 

Büd  der  Krankheit  bei  Thieren, 

Die  sogenannte  Karbunkelkrankheit  zeij^t 
sich  sowohl  hinsichtlich  der  Schnelligkeit  des 
Verlaufet  als  der  Art  des  fieberhaften  Allge- 
meinleidens  unter  bedeutend  verschiedenen  For- 
men, so  dafs  es  schwer  hält,  ein,  alle  diese 
Abweichungen  umfassendes,  allgemeines  Bild 
hievon  anzugeben.  Wir  beobachten,  wie  die 
Krankheit  in  einigen  Fällen  plötzlich  upd  ohne 
leicht  bemerkbare  Vorboten  die  Thiere  ergreift 
und  sie  auch,  wie  vom  Blitze  getroffen,  nieder- 
fallen und  aushauchen.  Alles  in  wenigen  Minu- 
ten; in  andern  Fällen  aber  bemerken  wir,  wie 
die  Krankheit  unter  weniger  ungestümen  Er- 
scheinungen  und   bei  weniger  schneller  Tödt* 


—    11    — 

Anfälle  verlängern  sich  wohl  auf  14*—  24  — 
86  Stunden^  und  dann  erst  nimmt  das  Uebel  ei- 
nen noch  raschern  und  reifsendem  Verlauf;  die 
Thicrc  werden  auf  eine  eben  so  unerwarte  Weise 
von  grofscr  Angst  ergriffen,  sie   wenden   sich 
hin   und  her,  taumeln,    setzen  die  zitternden 
Füsse  weit  aus  einander,  stehen  abwechselnd 
ganz  stille,  traurig  und  wie  betäubt,  oder  ge- 
ratheu in  eine  tobende  Wuth,  wobei  sie  brül- 
len, sinnlos  eine  kleine  Strecke  fortrennen  und 
dann  niederfallen,   oder  stürzen  gleich  Anfangs 
zu  Boden,  schäumen   ans  dem  Maule  und  der 
Nase,  wo  der  hervortretende  schaumige  Schleim 
oft   sohpn   mit  Blut  gemengt  ist;  bald  stellen 
sich  heftige  Zuckungen  und  Verdrehung  des 
Halses  ein.  Puls  und  Athem  verschwinden,  die 
Au£en,  die  bei  vielen- starr,  glotzend,  geröthet 
und  mit  einem    eigenthümlichen  Funkeln    aus 
ihren  Höhlen  hervorstehen,  brechen,  und  es  er- 
folgt der  Tod.    Mit   dem  Eintritte  des  Todes, 
oder  gleich  nach  demselben  pflegt  Blut  aus  dem 
Maule  und  dem  After  zu  flielsen,   auch   wird 
der  Hinterleib  in   sehr  kurzer  Zeit   von   Luft 
stark  aufgetrieben  und  in  dem  Kadaver  nimmt 
die  Fäuluifs  schnell  überhand.    Fälle  der  Art, 
zu  welchen  sich  auch  dianchmal  schnell  auffah^ 
rcnde  Beulen  oder  Karbunkeln  gesellen,  werden 
von  den  Landleuten  bald  Schlagflufs  oder  Blut- 
schlagy  bald  Erdsturz  genannt;' sie  ereignen  sich 
am  häufigsten  beim  Hornviehe,  aber  auch  bei 
Schweinen  und  Schafen,  und  vorzugsweise  bei 
starken  wohlgenährten  Thieren  von  bedeuten- 
der Lebensenergie,  welche  so  ungemein  schnell 
zu  Grunde  gehen,  dafs  es  oft  nicht  einmal  zur 
Bildung  einer  Anthraxbeule  kommt. 

b)  Asthenische    Form.     Auch   hier   beginnt 
das  Leiden    ohne  werth-  oder  bedeutungsvolle 


—     13     — 

9 

mehr  dem  Rfickeu  zu;,  auf  den  Rippen  dage- 
gen ent8tehen  emphysemätdse  GeschTVülste^ 
welche  nach  ihrer  eigenthumlichen  Art  beim 
Berühren  ein  knisterndes  Rauschen  hören  las- 
sen. Diese  Geschwuli^te  fieweiseii  hinlänglich, 
wie  grofs  die  Desorganisation  in  der  Blutmasso 
selber,  wie  tief  die  Materie  an  dlis  Anolrgani- 
sche  herabgesunken  sei.;  auch  wird  id  deu  Wind- 
und  Wassergeschwürsten  von  freien  Stücken 
nie^  weder  eine  gute  Eiterung  noch  Brand  ein- 
treten, sondern,  da  sie  gleichsam  schon  im  Gäh- 
rungsprocesse  begriffeq  sind,  faulen  sie  isogleicb, 
wenn  nicht,  was  selten  der  Fall  ist,  die  stärk- 
sten innerlichen  und  äuTserlichen  Reizmittel  noch 
im  Stande  sind,  eine  Veränderung  in  der  Ma- 
terie hervorzubringen.  Ueberhaupt  beweist  sich 
dieser  Gähningszustand  durch  und  durch  auch 
darin,  daüs,  nach  Verhältnifs  der  Grölse  der 
Krankheit  und  ihrer  Dauer,  die  Thiere  nicht  ver- 
hältnifsmäfsig  abmagern,  sondern  stets  noch  ei- 
nen Grad  von  Lebensfülle  behalten;  allein  es 
ist  blofser  Meteorismus  im  Gewebe,  und  yfM 
suweilen  als  vorübergehende  Trommelsucht  «Er- 
scheint, ist  nichts  Anderes  als  Gasentwickelüng 
in  der  Bauchhöhle  außerhalb  der  Gedärme.  Die 
Fortschritte  der  Krankheit  sind  immer  mächti- 
ger; der  faulige  Zustand  stellt  sich  als  FäülT- 
nils  am  lebenden  Thiere  immer  unverkennba- 
rer ein,  alle  Absonderungen  sind  nichts  Weite- 
res mehr  als  eine  Durchsickerung  von  zersetz- 
tem Blute;  denn  so  offenbart  es  sich  im  Schleim 
der  Nase,  im  Urin,  im  Schleim  der  Bindehaut 
nnd  in  den  Thränen,  und  der  aashaft  riechende, 
bräunliche  Darmkoth  läfst  auch  hinlänglich  die 
ihnitcb'en  Vorgänge  im  Darmkanale  vermuthen, 
wenn  nicht  die  kolUqnativeu  Durchfälle  äs  noch 
deutlicher  beweisen,  und  es  erfolgt  unter  fort- 


—      15     — 

und  neben  den  dunkeln  Gcfafsen,  einen  gelb- 
lichen Schimmer;  das  in  demselben  angesam- 
melte Fett  hat  einen  gewissen  Grad  von  Auf- 
lösung, Schmelzung  erlitten^  und  ist  ebenfalls 
gelblichweils.  Die  Muskeln  sind  dunkel  ge- 
färbt,  derb  und  haben  einen  eigenthfimlichen 
violetten  Schimmer,  in  den  Gegeudeu^  an  wel- 
chen die  gröüseren  Nervenstränge  in  die  Sub- 
stanz der  Muskeln  dringen,  findet  sich  häufig 
das  Muskeifleisch  mürber,  manchmal  auch  blasf 
ser,  wie  halbgckocht  Die  Bauchwandungen 
sind  regelmälsig  mifsfarbig  grünlich.    Die  An-. 

Seu  sind  schon  nach  12  —  84  Stunden  nach 
em  Ableben  ganz  trübe ,  und  in  ihrem  Jnnerd 
der  gänzlichen  Auflösung  nahe.  Bei  der  Er- 
öffiiung  der  stark  von  Luft  aufgetriebenea 
Bauchhöhle  findet  es  sich,  dab  die  faule  Luft, 
mehr  in  der  Bauchhöhle  selbst,  als  in  den  Ge« 
därmen  sich  entwickelt  hatte.  Regelmälsig  fin-  « 
det  man  eine  gelblichrötMiche  Flüssigkeit»  zu- 
weilen zu  einigen  Mafsen,  in  der  Bauchhöhle 
ergossen,  auf  welcher  eine  Menge  Fettaugen 
schwimmen.  Wenn  auch  diese  blutige  Flüssig- 
keit noch  so  dunkelroth,  ja  schwarzroth  sein 
sollte  9  so  hat  sie  dennoch  immer  dencharaete- 
risirenden  gelben  Schimmer  und  die  gelben  Fett- 
augen. Den  Vcrdauungskanal  findet  man.mei- 
stens,  aufser  der  Uebcrffillung  seiner  Gef&fse; 
mit  schwarzbraunem  Blute,  der  gelben  Sulze 
in  der  Umgebung  der  Gekrösdrüsen  und  grö- 
fsemGefälsen,  von  normaler  Beschaffenheit  und. 
mit  normal  beschaffener  Futtermasse«  mehr  oder  * 
weniger  angefüllt.  Nicht  selten  findet  man  in- 
desaea  doch  auch,  besonders  auf  der  äufsern 
Oberfläche  der  Magenwandungen,  gröbere  oder^ 
kleinere  Blutsugillationen,  mit  gelber  Sulze  uni<-' 
geben,  ähnlich  den  Karbunkelbeulen  ionter  djfr^ 


—     17     - 

lod  wieder  mit  einzelnen  Blutsugillationen  von 
rorschiedonem  Umfange  und  verschiedener  Farbe 
rersehen.  Das  Herz  ist  in  seiner  Substanz  derb 
ind  dunkelviolett  gefärbt ;  das  Fett^  in  woldiem 
lio  Kranzgeräfse  verlaufen ,  ist, gelblich  gef&rbt 
ind  weich;  die  Herzkammern ^  besonders  die 
echte  und  dieLungenschlagader^  sind  mit  sohwar- 
lein  Blute  angefüllt,  in  der  linken  Herakammer 
nd  der  Aorta  finden  sich  oft  so|3;onannte  fal* 
che  Polypen  vor.  Die  Lungen  smd  meist  sui- 
ammengefalleny  mit  schwarzem  Blute  überfüllt^ 
9st  anzufühlen,  wie  wenn  sie  fleischig  gewor* 
on  wären;  öfters ^  findet  man  indessen  auch 
leinere  oder  gröfsere  Stellen  von  derselben 
leschaffcnheiti  wie  bei  der  Leber  und  Milz  an^ 
eg^eben  worden  ist,  d.  h.  es  finden  sich  «i- 
roilen  kleinere  oder  gröfsere  Stellen  in  den 
lUDgen,-  an  welchen  das  Gewebe  dieses  Or» 
ans  gänzlich  aufgelöst  zu  sein  scheint^  mid 
ine  Masse  schwarzen,  zähflüssigen  Blutes  dar» 
teilt«  An  der  Schleimhaut  der  Luftröhre  ^  der 
Lachen -und  Nasenhöhle  findet  man  im  Allge- 
lein^n  die  gelblich -röthliche  Farbe ,  Blulaui» 
Dh>vitzungen  und  Blutsugillationen. 

Bei  Eröffnung  der  Sch&delhöhle  findet  man 
BS  Gehirn  bald  wie  im  gesunden  Zustande^ 
ald  auch  etwas  weicher,  und  seine  Gefl^ 
on  Blut  strotzend ;  bei  jählinffs  gefallenen  Stuk- 
eu  Ergufs  seröser  Feuchtigkeit  in  seinen  Kam-> 
leru.  Auch  die  Gefäfse  des  Rückenmarkes  zei^ 
;en  sich  mit  Blut  fiberfallt«  Auch  hier  finden  sieh 
of  den  Häuten  jene  Blutsugillationen  und  die 
•eiblich -röthliche  eigenthumliche  Färbung. 

Bei  der  asthenischen  Form  der  Krankheit 
iad  die  Kadaver  verhältnifsmäfsiff  ma^er,  aber 
iennoch  aufgedunsen;  die  Fäulnifs,  die  bereits 
eben  während  des  Lebens  ^einz^treten^beginnt, 

Journ.  XCIII.  B.  Ö.  St.  B 


-      19     — 

CarbunJcelkranJcheit  beim  Menschen, 

Wenn  eine  lokale  Einwirkung  des  Carbun- 
^Igiftes  Statt  gefunden  hat;  so  treten  selten 
leich  Anfangs  Erscheinungen  ein,  welche  aof 
Lde  Störung  des  Allgemeinbefindens  hindenten^ 
>iidern  das  örtliche  Ucbel  tritt  in  unbestimm- 
iW  Zeit  beschränkt  als  solches  auf.  Der  Ver* 
uf  ist  nicht  in  allen  Fällen  gleich,  im  AU- 
^meinen  aber  folgender:  Gewöhnlich  am  ersten 
8  dritten  Tage  nach  geschehener  Infectioo,  sei- 
ner erst  ajn  achten  Tage  entwickelt  sich  an 
|rend  einer  Stelle  des  Körpers  ein  uuaiige- 
shmes  Jucken  und  Prickeln,  ähnlich  dem  durch 
Kien  Insectenstich  verursachten  Gefühle  ^  und 
feter  diesen  Erscheinungen  bildet  sich  ein  ro- 
«)r,  bisweilen  schon  schwärzlicher  Punkt,  wel- 
.  er  kaum  fühlbar  über  die  llautoberDäche  sich» 
bebt;  innerhalb  weniger  Stunden  vergröfisert 
sh  derselbe  etwas,  wird  hart  und  von  einem 
-tzündeten  und  geschwollenen  Hofe  umgeben^ 

welchem  nicht  sowohl  acuter  Schmerz,  son- 
■rn  ein  spannendes  Gefühl  rege  wird,  so  dafs 
m  Ganze,  beim  ersten  Anblicke,  einem  In- 
cteustiolie  ähnlich  sieht.  Nachdem  der  harte 
kAüCi  sich  in  seitlicher  Richtung  weiter  ausr 
l)reitet  hat,  erhebt  sich  daselbst  die  Bpider- 
«  in  Form  eines  mifsfarbigen  Bläscbefid,  durch 
Elches  man  im  Anfange  die  Flärte  noch  durch- 
^It;  diese  ist  entweder  mit  bedeutender  Ger. 
tiwulst  verbunden  {pustula  prominens),  ode^ 
Xie  dieselbe,  ja  in  seltenen  Fällen  mit  einem 
^sinken  der  Haut  verbun^len  (pustula  depressa). 
a.s  im  Anfange  oft  der  Hydroa  ähnliche  Bläsri 
mn  nimmt    endlich    eine  schwärzliche  Farbe 

and  wird  zuletzt  in  einen  Brandschorf  ver^ 
modelt.    Nach  dem  Aufkratzen  dec  Phlykti^ 

B  S 


\  ■ 


—    «I    — 

.fühlen  sich  teigig  und  ödematös  an;  auch  die 
^onächst gelegenen  Lymphdrüsen,  in  der  Axil-- 
lar-  und  Inguinalgegend,  schwellen  unter  leb- 
haften Schmerzen  an.  Das  begleitende  Allge- 
meinleiden kündigt  sich  durch  die  immer  be- 
stimmter auftietenden  Symptome  des  nervösen 
Faulfiebers  an,  welches  schon  in  den  ersten 
Tagen  vollständig  au^ebildet  werden  kann. 
Es  zeichnet  sich  dasselbe  durch  grofse  Angst, 
Schmerz  in  der  Präcordialgegend/  wozu  bis- 
weilen heftige  Schmerzen  im  Unterleibe  kom- 
men, und  durch  colliquative  Schweifse,  Erbre- 
chen und  aashaft  ritchendo  Darmausleerungen 
besonders  aus.  Der  Puls  wird  immer  kleiner 
und  unregelmälsiger,  nach  der  geringsten  Ver- 
anlassung erfolgen  Ohnmächten;  endlich  treten 
Delirien  ein,  und  innerhalb  sieben  Tage,  in 
sehr  bösartigen  Fällen  schon  am  zweiten  oder 
dritten  Tage,  macht  der  Tod  dem  Leiden  ein 
Ende.  Bei  weiblichen  Individuen  soll  der  Veir- 
lauf  vorzugsweise  rapid  sein.  Einige  Aerzte 
haben  behauptet,  dafs  durch  die  Aumahme  der 
bedingenden  Schädlichkeit  in  den  Körper  der- 
selbe Grad  von  Allgemeinleiden  entstehen  könnet 
ohne  dafs  örtliche  Bildung  der  schwarzen  Blat- 
ter Statt  findet. 

Die  bei  der  Carbunkelkrankheit  zum  Vor- 
schein tretende  Symptomengnippe  wird,  wie 
leicht  einzusehen,  sehr  natürlich^  je  nach  dem 
verschiedenen  Sitze  der  Pustel,  modificirt^  in 
sofern  die  Nähe  wichtiger  Organe  hiebe!  einen 
grofsen  EiufluJs  äulsert.  Besonders  gefahrlich 
ist  der  Sitz« derselben  im  Gesichte,  wobei  eine 
sehr  bedeutende  Anschwellung  desselben,  na- 
mentlich der  Augenlieder  erfolgt,  die  Entzün- 
dung sich  auch  sehr  leicht  auf  das  Gehirn  und 
dessen  Häute  fortpQanzt,  wodurch  Exsudation 


—     2$     — 

luDg.dps  Ertlichen  LeideivB  sich  staluire.  — ^ 
Nacb  ßenedikVs  0  BeobachtungeD  siud^  wena 
das  Uebel  ia  seiaer  ganzeu  B(^saitigkei(  aiif- 
trlit)  folgende  Erscheinungpn  gaiKschaia^terir 
stisch;  Fiebert  welches  gleich  Aofangs  einen 
typhösen  Charactec  aeigV.  dafi  höher^:  St^diiltVi 
auszeichnende  BrustbekJeainiung ,  gerdthetes; 
dabcij  benommenes^  stupides  Qesicht^  iQlejcbgüW 
tigkejt  der  Kranken  gegen  ihren  Zu$tai)d  wA 
Langsamkeit  ihrer  Antworten«  -  Sobald  der  Zu- 
stand sich  besserte  y  verschwapd  zu^jrfift  die  Be- 
engung beim  Athmen,  spater  verloren  ^si^h'dj^ 
Röthe  und  die  Dummheit  i^  de^  Cpei^idlta^^ 
gen,  und  sobald  ,  die  brandigen  Stellen  durch 
entstandene  gutartige  Eiterung  abgesondert  wor- 
den waren,  hörte  auch  das  l^ebe^  gäiüBlieh  auf. 
Die  Ers(sheinuugeiiy  Wielchö  hadii  deni'Ge- 
nnsse  von  Theilen  mi1zbrai?ifkrahker^Hiere  ^in- 
antreten  pflegen^  sind  grofsen  Modificfttioheii 
Dfitenvprfen,  audh  abgesehen  hieyon,  dalli'  die 
Blöglichkeit  der  Infection  «of  diesc^  Wege 
von  Vielen,  und  zum  Theil  nicht  ohue  GruM 
geleugnet  wird.  In  der  Belehrung  über  an- 
steckende Krankheiten  für  Prenfsen  *)i  vntA 
folgende  Symptomengtuppe  bet  der  in  R6d^ 
stehenden  Infection  aufgeführt:  Bald  na^  deiü 
Crenusse  jener  Substanzen  treten  SyroptöfaieVi^ 
Indigestion  ein,  die  betreffenden  In^i\ndtieti  v<i^r^ 
spuren  bald  Uebelkeit  und  ähnliche  ga9tri#6h)d 
Erscheinungen,  erbrechen  sicih  iinter' heffi^elte 
Würgen,  wobei  sie,  außier  dem  GenoSsi^cfn, 
noch  eine  gdbe  odi^r  schwärzliche  yisuiv^en 
mit  Blut  vermengte  Materie   xim  sich'  §;ebfelÄ'; 

»)  Kbend.  Bd.  XLIV.  Heft  3.  S.  344.  '    V'* 

*)  Ans  dem  ,  dem  27.  Stück  der  Preuft.  Gesetzessamm- 
lung vom  Jabre  1835.  beigeg^behen  Aifhtnge  ent* 
nommen.   S.  106.  '.  '■%  ^    . 


-     «5     — 

0 
\ 

bald  wieder.  Bertin^)  bemerkte  auf  den  Ge- 
nab  milzbraDdigeD  Fleisches  weit  gefahrlichero 
Erscheinungen  zunoi  Vorschein  treten;  es  zeigte 
sich  meistens  noch  mehreren  Fieberanfällen  rheu- 
matischer Art,  eine  heftige  Kolik  mit  beson- 
derm  Schmerze  am  Nabel,  welcher  nicht  sel- 
ten der  Tod  unter  den  Erscheinungen  grofser 
Entkräftung  nachfolgte;  auch  ^igten  sich  an 
vielen  Theilen  des  Körpers  Carbunkein.  von 
verschiedener  Form  und  Dauer,  unter  denen 
die  am  Kopfe  und  Unterleibe  die  gefährlichsten 
waren.  Merkwürdig  ist,  dafs  hiebei  in  einigen 
Fällen  ganz  besonders  die  Parotis  afficirt  war. 
Auch  Deheid  *)  beobachtete  nach  dem  Fleisch- 

fenusse  Geschwulst  der  rechten  Parotis,  die  in 
er  Mitte  eingesunken  und  mit  blauen,  dünne 
Jauche  enthaltenden  Brandblasen  bedeckt  er- 
schien, während  bei  andern  Individuen  darnach 
brandige  Beulen  an  Armen  und  Händen  sich  eiii- 
stellten«  «Nach  Dr.  Waser  ')  nimmt  die  Car- 
bunkelkraukheit  in  Folge  von  äufserer  Berfih- 
rung  einen  viel  raschem  Verlauf ,  als  jene  durch 
Fleischgenufs  herbeigeführte.  Während  im  er-^ 
Stern  Falle  der  Tod  spätestens  am  fünften  Tage 
erfolgtQ,  soll  im  letztern  Falle  erst  am  vierten 
Tage  der  Ausbruch  der  Krankheit  sich  einstel- 
len und  meistens  am  neunten  Tage  ohne  fühl- 
bare Krise  nachlassen.  Neuerdings  wurde,  nach 
Naumann  ^)  in  Sachsen  beobachtet,  dafs,  bei 
schwachen  Verdauungskräften,  auch  nach  dem 
Geuufii  des  gekochten  Fleisches  Erbrechen, 
Diarrhöe,  selbst  entzündliche  Anschwellung  der 

')  Futt/ef  a.  a..O.  8.  66. 

«)  Oetterr.  Jahrb.  Bd.  III.  St  3. 

*)  Bbendas.  Neaette  Folge.  Bd.  I.  St.  4.  S.  102. 

^)  Handbuch  der  mediciniioben  Klinik.  Bd.  III.  S.  66. 


—    J7     — 

• 

Po^la  maligna  gestorben  war,  gegen  welche 
ftolserlich  Aetzmittel  angewendet  wurden,  au* 
Iser  den  andern  gewöhnlichen  EIrscheinungen, 
eine  deutlich  ausgebildete  Pustel  im  Kolon. 
Nach  Bertin  ^)  finden  sich  stets  in  den  Lei- 
chen Spuren  von  Entzüodung  und  Brand,  meist 
in  den  Gedärmen,  mit  gleichzeitiger  Verdickung 
des  Bauchfells  und  Wasserergiefsung  im  Un- 
terleibe. Meyer  ^)  liefert  eineii  genauem  Sek- 
tiousbericht  über  eine  Frau,  welche  durch  das 
Tragen  eines  Stücks  Fleisches  auf  dem  Arme 
sich  diese  Krankheit  zugezogen  hatte,  und  in 
Folge  hievoh  starb.  Nebst  Brand  des  afficirten 
Armes  fand  sich  eine  ähnliche  Beschafieuheit 
der  Lungen;  die  Milz  war  zerflossen,  wie  ge- 
ronnene Blutklumpen  aussehend,  in  sämmtlichen 
Gefäfsen  des  Körpers  fand  sich  schwarzes, 
theerartiges  Blut,  und  auf  dem  Brustbeine  und 
in  der  Nähe  der  Achselhöhle  des  kranken  Ar- 
mes Ergufs  einer  gallertartigen  Masse,  ähnlich 
wie  beim  Milzbrande  der  Thiere.  Auch  Bö/d- 
Ttus  ')  gibt  als  characterisch  an:  ungewöhn- 
liche Schwärze  des  Blutes,  Entzündung  der 
Eingeweide  des  Unterleibs,  Blutunterlaufiingen 
an  verschiedenen  Stellen  des  Körpecs,  eadlioh 
sulzige  AuHaramlungen  in  delr  Gegend  der  Brösi- 
einge weide.  .    '  */ 

Bei  einer  angestellten  VergleichuÄ^ '  der 
Carbunkelkrankheit  des  Menschen  mit  jeii6r 
der  Thiöre  zeigen  sich  sprechehde  Aehnlich- 
keiten,  neben  auffallenden  Verschiedenheiten  in 
den  Erscheinungen  und  dem  Verlaufe  des  Ue- 

»)  Bei  rauht  a.  a.  O. 

*)  Preiifs.  Vereinszeitong.  1835.  No.34.  S.  154. 

*)  Anleitung  znr  Kenntnifs  der  wichtigsten  Seacben  der 
Hausthiere.  Wilna  und  Leipzig  1820.  S  108. 


^S*•.. 


-  W  - 


behn  Manschen  and  dem  Tbiere  zaruckfuhren 
liefiBe.  Ber  beiden  entwickelt  sich  im  Verlaufe 
ein  typhöses  Fieber,  mit  den  Erscheinungen 
von  Colliquatiouen  und  allgemeiner  Zersetzung 
der  Säftemasse,  und  führen  unter  Erschöpfung 
der  Kräfte  in  der  Regel  den  Tod  herbei«  Auch 
stimmen  die  Sectionserscheinungen  in  beiden 
Fälleii  mit  einander  im  Wesentlichen  überein, 
so  dafs  wir  keinen  Anstand  nehmen  dürfen,  eine 
essentielle  Uebereinstimmung  beider  Krankhei- 
ten anzunehmen« 


Behandlung  '  der  Carhunketkrahkheit  heim 

Menschen. 

Die  Behandlung  der  Carbunkelkrankheit  ist 
je  nach  der  Art  ihres  Entstehens  —  in  Folge 
von  Infection  durch  Fleischgenufs,  oderlnocu- 
lation,  nach  dem  Sitze  und  der  Dauer  des  ört^ 
liehen  Leidens  und  andern  Nebenumständen  eine 
verschiedene,  daher  auch  nicht  jede  dagegen 
empfohlene  Methode  immer  und  unter  jeden  Ver- 
hältnissen Anwendung  finden  kann;  im  Allge- 
meinen aber  zerfallt  sie  in  die  innerliche  ond 
äu/serliche. 

a)  Aeu/serliche  Behandlung.  Wenn  der 
Carbunkel  durch  eine  äufserliche  Ansteckung  ent- 
Btanden  und  erst  in  seinem  Entwicklungssta- 
dium  begriffen  ist,  so  ist  als  das  wirksamste 
Mittel  Ausschneiden  und  Zerstören  desselben 
durch  Aetzmittel  empfohlen  worden.  Hof  mann 
sehneidet  die  Pustel  ganz  aus  und  läfst  darauf 
wobi  auch  noch  ein  Zugglas  wirken.  Nach- 
dem die  Wunde  ikiit  Höllenstein  oder  concen- 
trirter  Salzsäure  betupft  worden  ist,  wh-d  Char- 


,  -     81     - 

und  Sehlangenbifs ,  die  inAcirte  Stelle  sogleich 
vorliegt,  und  die  Zerstörung  des  Krankheits- 
keines  sofort  vorgenommen  werden  kann,  ehe 
dasselbe  noch  überhaupt  in  Thätigkeit  getreten, 
da  ist  jenes  Verfahren  sicher.  Wo  aber  der 
Moment  der  eigentlichen  Infection  seiner  Natur 
nach  unbemerkt  vorüfiergeht,  und  erst  der  Be- 
ginn der  krankhaften  Metamorphose  jene  In- 
fection und  deren  Sitz  verräth,  da  ist  in  dei< 
Regel  die  eigentliche  Grenze,  innerhalb  wel- 
cher die  Krankheit  noch  enthalten,  nicht  mehr 
genau  zu  bestimmen,  da  letztere  nicht  mehr 
absolut  örtlich  und  es  somit  zu  spät,  der  gan-^ 
zen  Krankheitsentwicklung,  durch  Entfernung 
des  inßcirenden  Stoffes,  noch  vorzubeugen. 
Diefs  wird  aber  um  so  mehr  der  Fall  sein,  wo, 
wie  bei  der  Carbünkel,  der  erste  Anfang  der 
Krankheit  höchst  unbedeutend  erscheint,  und 
in  der  Regel  erst  bei  einem  gewissen  Fort- 
schritte derselben,  und  wenn  schon  mehr  eine 
mehr  oder  weniger  allgemeine  Reaction  einge- 
treten ist.  Hülfe  gesucht  wird.  Hieraus  geht 
also  hervor,  dafs  die  Ausführung  dieser  ludica^ 
tion  durchweg  auf  ein  ganz  kurzes,  allererstes 
Stadium  beschränkt  ist,  in  welchem  aber  di6 
Krankheit  selten  vom  Arzte  gesehen  und  noch 
viel  seltener  richtig  dia||V)osticrit  wird.  Dr.SchrÖr 
der  setzt  für  die  Krankheit  im  Gesiclite  36, 
und  an  den  Extremitäten  42  Stunden  als  Ter- 
rain fest,  innerhalb  dessen  sich  der  Versu6h 
der  Ausschälong  des  beginnenden  Uebels  noch 
lohne,  was  aber  Carganico  für  zu  weit  ausge- 
dehnt erklärt,  und  auf  höchstens  24  Stunden 
beschränkt  wissen  will. 

Andere  suchten  auf  eine  mildere  Weise 
durch  einige  Mittel,  denen  sie  eine  specifische 
chemische   Zersetznngskraft   für  den  betreffen- 


-     8Ji     - 


*  tt . 


\  von  Kampheressig ;  und  das  Mittel  so  un*- 
|resetzt  vom  Beginn  des  Uebels  bis  zu  dem 
tpuncte,  wo  eine  reichliche  Eiterung  den 
[idschorf  auch  von  unten  her  locker  zu  ma-» 
Q  beginnt.  In  der  Regel  bewirkt'  dieses 
fahren  einen  baldigen  Nachlafs  aller  Sym- 
ne,  besonders  der  Schmerzen  und  der  Ue- 
milsty  die  Sistirung  der  sphacelösen  Abster- 
^  pflegt  auch  bald  zu  lolgen'und  die  Bil» 
g  der  Eiterung  rasch  von  Statten  zu  gehen^ 
»ei  sich  das  Aligemeinleiden  mit  entspre- 
ader  Schnelligkeit  bessert*    Auch  Schwan  ^) 

SS  Fälle  ganz  allein  und  einfach  mit  Et- 
nirindedekoct  behandelt  und  bei  allen  diesen 
nken  Sistirung  des  Brandes  und  schnelle 
lung,  ohne  alle  innerliche  Medicamente, 
irkt,  nbr  einmal  wurde  Skarification  und 
ischneiden  der  brandigen  Partie  versucht, 
r  kein  günstiger  Erfolg  hiebei  beobachtet.  — 

Kreosot  dürfte  seine  «wohlthatige  Wirkung 

nicht  versagen. 

h)  Innerliche  Behandlung.  Soll  die  äüfser^ 
e  Behandlung  guten  Fortgang  haben  und 
Krankheit  überhaupt  zum  guten  Ende  ge- 
ll werden  9  so  ist  die  gleichzeitige  innerliche 
Sendung  von  passenden  innerlichen  Mitteln 
shaus  erforderlich«     Es  erfordert  nicht  nur 

immer  bedeutende  fieberhafte  AUgemeiqlei- 

an  sich  kräftigen  Beistand  znt  Beschwich-. 
mg  von  Seiten  der  Kunst,  sondern  es  kai^i, 

mufs  auch  durch  innere  Mittel  auf  das  örtr 
e  Leiden  und  dessen  Entscheidung  hingen 
kt  wc^rden.    In  dieser  Beziehung  ivurde  die 
irendung  incitirender,  aualeptischer  undanti-  ^ 
lischer  Mittel  empfohlen,   um  die  sinkende 

Kleinert^s  Repertoriom.  1827.  Novbr.  S.  21. 
D.XCmfB.6.St.  C 


—     85     — 

2.  Räude. 

Dafis  Hautkrankheiten  im  Allgemeinen,  und 
i\ide  insbesondere  zu  den  ältesten  pathologi- 
aen  Zuständen  unserer  Hausthiere  gehöreui 
rfte  wohl  aufser  Zweifel  gesetzt  sein ,  inso- 
n  ihre  erregenden  Einflässe  in  der  gesanun- 
1  Natur  verbreitet  und  in  jeder  Zeitpe- 
ide  auf  der  Erde  in  Wirksamkeit  begriffen 
iveseii  sind  und  daher  ihren  nachtheiligen 
iflufs  auf  die  Ileerden  der  frühern  Nomaden 
»nso  bekundet  haben  dürften ,  als  in  unselrer 
^enwärtigen  Zeitperiode.  Hieraus  erklärt  es 
n  auch,   dafs  die  Räude  noch  heutigen  Ta«- 

durch  alle  Zonen  der  Erde  bei  unsem  Haus- 
ven beobachtet  wird.  Wir  finden  daher  diese 
«ikheit  bei   mehrern  alten  Klassikern,  von 

ältesten  bis  zur  jüngsten  Zeit  aufgeführt^ 
^a  sind:  M.  P.  Cato  0,   M.  T.  rarrq  *),. 
Sil^),  Livius  *),  A.  C.  Celsus^^,   Cl.  Ga- 
US  •),  Columella  '),  Vegetius  *)  u.  A.,  wo- 

wir  übrigens  nicht  übersehen  dürfen,  dab 
«Iten  Thierärzte  und  die  Schriftsteller,  wel- 

ihnen  gefolgt  sind,  den  Ausdruck:  „Räude" 
Scabies ,  Psora  —  als  Gattupgsbegriff  be- 
lltet haben ,  welcher  neben  der  Krätze  oder 
ide  auch  alte  Hautausschläge,  als  Arten,  in 

•   De  re  rnstica.   Cap.  5* 

\  De  re  rastica. 

>  Geof^icon  Lib.  III.  yeri.  440  if. 

)  8priebt  in  seiner  rötn«  GreBobiohte  voit  einer  epi()e- 
t  roitebeii  Räude,  als  einer  bÖolist  verderblichen  Krank- 

i  heiU  .\ 

)  De  re  medica  Lib.  VI.  Cap.  28. 

)  Opera  omina  edit.  XfiAn.  Tom.  XII,  p.  19« 

)  De  re  rastica.  Lib.  VIII.  Cap*4. 

)  Ars  TeCerinaria«  LiU  1.  Cap.  5.  o«  Lib.  IIL  Cap.  72, 

C2 


—     37     — 

n  dieser  Beziehung  bezogen  wissen  wol* 
Nach  dieser  ZusammcnstcHinig  wurde  bi»* 
iie  Uebertragung  der  Räude  von  Pferden, 
bn,  dena  Rihde,  den  Schweinen,  den  Hun- 
den Katzen  y  dem  Löwen  und  dem  Ka- 
auf  den  Menschen  beobachtet  Wir  wol- 
Herst  das  allgemeine  Bild  der  Krankheit 
en  betreffenden  Thieren  vorausschioken, 
n  die   beobachteten   Ucbertragungen   so- 

nachfolgen  lassen ,  hieraus  ein  allgemei-« 
ild  der  übertragenen  Krankheit  beim  Mete- 

entwerfen,  und  endhch  die  Kurregeln  nach 
Ditherigen  Beobachtungen  angeben ,  wenn 
ßsultat  hieraus  gewonnen  werden  kana. 


.  Allgemeines  Bild  der  Pferderaude^ 

dieses  Leiden  nimmt,  je  nach  Umständen 
ler  •  Dauer  des  Uebels ,  mehr  oder  minder 
Stellen  auf  der  Hautoberfläche  des  Kör« 
sin,  wobei  sich  folgende  Erscheinungen 
den:  Bei  der  Entstehung  des  Uebels  be- 
man,  dafs  die  Haare  an  einigen  Stellen 
Glanz  verlieren,  sich  entfärben  und  wie 
torben. aussehen,  und  entweder  von  selbst 
en,  oder  sich  Wenigstens  sehr  leicht  aus- 
lassen. Ehe  noch  viel  von  dem  sich 
feinden  Krätzausschlage  sichtbar  wird, 
nan  die  Pferde  fortwährend  voh  einem  beisr* 
1  und  juckenden  Gefühle  geplagt,  so  oft  und 
)  nur  immer  können,  sich  an  Standsaulen, 
bäumen,  Barren,  Wänden, 'Krippen,  Deichr- 
nd  andern  harten  Gegenständen,  so  wie 
in  nebenstehenden  Pferden  mit  sichtiichem 
behagen  reiben,  einzelne  Siellen,  zu  wel'r: 
sie  mit  dem  Maule  geliilgen  können,  kneii* 


htOß^Sit  Sliru,  unter  d'dh  M&hne»^  an  und 
stv Bitte  der  Nase,  an  den  Sbbultern  «bd  der 
iiiii<^  Seitd  d^r  Schenkel,  1^0  mehr  oder  we- 
vigpf  gtoüey  nleist kreisförmige,  auch l&ng;li^he 
kahle  Flecke  auf  der  Haut  ersöheiiien.  Bei 
längerer  Dauer  des  Uebels^  b^i  VemäcMassi« 
gung  frühzeitiger  Anwendung  aweckmälkiger 
Heilmittel  und  bei  Mangel  an  sorgfahigör  Re^ 
lichkeiit  breitet  sich  dasselbe  allmähHg  übier  beidc' 
Seiten  des  Halses,  über  de»  Rücken,  dieLen^ 
dei»  0.  s.w.  aufii,  und  kann  si^hSO',  mter  däii; 
flifigegebenen  Umständen,  nach-Md  nach  äfeM' 
den  gamzeii  Körper  verbreiten.  So  länge  die 
Räude  nicht  weit  ausgebreitet,  dne  Mob  ört«- 
licfae,  durch  einen  äufeem  Krankheitskeinl^  her- 
vorgerufene- Hautkrankheit  darsteHC,  bemerkt 
inaii  kcfin  Allgemeiuleiden;  -w^enu  aber  eidmäl 
die  enthaarten,  trocknen,  schäbigen  cAei  gar 
geschwürigen. Stellen  sich  weit  über  einen gro- 
fj»en  Theil  der  Hautoberfläche  ^U9gebneitct.ivid 
geraume  Zeit  schon  bestanden  haben^  so  wird 
endlich  die  Constitution  angegriffen ,  und  bald 
ein  Allgemeioleiden  bemerklieh,  bei  welchem, 
wegen  der  gestörten  Thätigkeit  des  Hautor- 
gains,  der  Unruhe  des  Thieres  bei  Tag  und 
Naeht  u.  s.  w..  trotz  des  starken  Fresseos ,  Ab- 
magerung, Fieber,  wäisderige  A'nschweUung^er 
Füfiie,  ja  selbst  gefährliche'  Leii^en  sicii  ein- 
Blellen ,  wie  verdächtige  Druse,  HiuCwarni,  oder 
Faulfieber,  welche  zun  Tode  .f6hi^n  könneiB. 


BeispieU  von  Uebertragung  dfr  Pferderäude 

auf  den  Menschen* 

Es  finden  sich  mehrere  Bekpiele  von  beobach- 
teter Uebertraguug  der  Pferdttude  auf  den  Men- 


—     41     — 

TagM^  waren  aber  dreifsigvPersonea  uud  meh-- 
lüt^cyrde,  welcbie  theiie  mittelbar ,  theils  nn- 
Brittalbar '  mit  dem  raodigeki  in  Berührung^  ge- 
l^Mmneo  waren,  angesteckt  Nachdem  diesei^ 
rftiidige  Pferd  später  an  einen  Müller  verkauft 
wvrde ,  so  steckte  es  denselben  saromt,  seinen 
Knechten  über  und  aber  mit  Räude  an,  weil 
er  das  Thier  mit  seinen  Händen  auf  dem  Rücken 
angerührt  hatte.  Auch  eine  Kuh,  welche  sich 
an  der  Krippe  des  Pferdes  gerieben  hatte,  wurde 
angesteckt.  Bemerkenswerth  ist  bei  diesen  \Je^ 
bertragungen,  dafs  bei  sämmtlich  angesteckten: 
Personen  das  juckende  Gefühl  schon  24 — 36' 
Stunden  nach  geschehener  Berührung  sidi  auiK 
sprach,  was  um  so  mehr  zu  bewundern  ist,  aU 
es  gerade  Winter  war.  Aerzte  und  Chirurgen' 
erklärten  4ias  Uebel  für  Krätze. 

Greve  fand  bei  einem  Bauern,  welcher  im: 
Sommer  bei  schwüler  Witterung  ein  stark  krä!^ 
ziges  Pferd,  und  zwar  mit  einer  blolsen  leinew 
nen  Hose  angethan,  ein  Paar  Stunden  geritte» 
hatte,  die  ganze  innere  Fläche  der  Schenkel, 
mit  Krätzpusteln  bedeckt,  welche,  besonders 
des  Nachts  im  Bette ,  heftig  juckten,  aber  nach 
drei  Wochen  wieder  verschwanden,  ohne  dafii 
Etwas  dagegen  gebraucht  wurde. 

Grognier  theilt  uns  eine  ähnliche  Beobäch-^ 
tnng  mit,  wo  ein  räudiges  Pferd,  ehe  es  in 
den*  Krankenstall  der  Veterinärschule  aufgenom- 
■Mn  wurde,  zwei  neben  ihm  atehende  Kühe 
und  mehrere  Leute,  welche  mit  dessen  War^ 
tung  sich  abgegeben  haben,  angesteckt  hatte. 

Hertwig  beobachtete  bei  einem  Gutsbesitzer 
bei.  Berlin,  dessen  Pferde  an  einem  hohen  Grade 
von  Krätze  litten,  und  wo  auch  die  Schafe  diese 
Krankheit  ganz  ohne  bekannte  Ursache  bekamen^ 
dab  zuletzt  alle  Glied^er  betreffenden  Fa« 


i 
I 

r 


—     43     ~ 

I  BeiKmf  Vluerarzneisehule,  jdie  von  einem  Pferde 
^  ^«lüniei .  Krankheit  seiDM  Fran  mittheäte;  in 
^  ^em  andern  Falle  dagegen  erfolgte  keine  der- 
artige Mitttieilung,  obwohl  hiezi^  vielfältige  Ge- 
legenheit l^att^  gefunden  hat. 

Stannius  lieobaditete  ebenfalls  einen  Fall 
von  Stattgefiindener  Uebertragung  der  Pferde- 
rande auf  den  Menschen. 

Hurtrel  d'Arhoval  theilt  uns  folgende  hie^ 
her  gehörige  Beobachtung  mit :  Ein  Mann  kaufte 
2wei  schöne  y  aber  räudige  Kutscbpferde.  Der 
Knecht,  welcher  dieselben  ku  behandeln  hatte^ 
bekam  die  Räude  am  Kinn,  welches  er  sieh 
häufig  mit  den  Händen  zu  reiben  pflegte ;  aber 
merkwürdiger  Weise  an  keinem  andern  Kör-^ 
pertheile,  selbst  nicht  einmal  an  den  Händeni 
einen  Ausschlag,  und  dennoch  wntde  die  Krank- 
heit entschieden  fär  psorisch  von  erfahrnen  Leu-^ 
ten  erklärt 9  welche,  trotz  der  Anwendung  der 
kräftigsten  Mittel,  erst  nadi  Jahresfrist  2stir  Hei^ 
lung  gebracht  werden  konnte.  Uebrigena  wavdl^ 
auf  dem  ganzen  Gute  weder  ein  anderer  Mensch^ 
noch  ein  Stück  Vieh  angesteckt. 


Allgemeines  Bild  der  Pferderüv^de  hiimM^i^nifikftu, 

Die  vom  Pferde  dem  Menschen  mit^efbeilte 
Räude  stellt  sich  in  der  Form  von- gelblichen 
Bläschen  dar,  welche  gröfstentheils  gröfeer,  älsr 
Pusteln  der  menschlichen  Krätze  und  sehr  oft' 
von  etwas  Rothe  in  ihrer  Um^ebun^  umzogen 
sind.  Sie  zeigen  sich  über  den  ganzen  Körper 
mehr  oder  weniger  verbreitet,  selbst  das  Ge- 
sicht und  den  Kopf  nicht  ausgenommen^  wel- 
che Theile  bekanntlich  bei  der  gewöhnlichen 
menschlichen  Krätze   in  4er  Regel  völlig  ver- 


-     45     - 

'-  ti  Allgemeines  Bild  der.  Schaf räude  ^). 

UebeAlickt  man  mit  gehöriger  Anfmerk« 
iamkeit  eineSehafbeerde,  in  welcher  sieh  räu- 
iige  Stücke  überhaupt  befinden ,  so  wird  man 
bald  gewahr  werden^  dals  einselne  Stücke  der- 
selben öfters  qiit  den  Füfsen  nach  dem  Leibe 
schlagen  —  aufspielen,  wie  es  die  Schäfer  nen- 
nen, oder  sich  bald  da,  bald  dort  mit  den  Pu- 
lsen kratzen,  oder  ihren  Körper  scheuern  und 
an  allen  harten  und  Widerstand  gebenden  Ge- 
genständen mit  sichtbarem  Wohlbehagen  und 
[>ft  in  der  Art  zu  reiben  suchen,  als  ob  sie  die- 
selben niederstofsen  wollten,  wobei  sie  auch 
wohl  mit  den  Füfsen  stampfen,  oder  i;oit  dem 
Maule  nach  einzelnen  Körperstellen  hastig  hin« 
fkh'ren  und  besonders  am  Halse,  den  Schultern, 
am  Rücken  und  Schweife,  gleichsam  im  Zorne 
die  Haut  benagen ,  wobei  sie  in  die  Wolle  eiu- 
beilsen,  als  ob  sie  dieselbe  mit  Gewalt  ausrau- 
fen wollten;  oder  dafs  sich  die  Thiere  gegen- 
seitig diesen  Dienst  erweisen,  und. namentlich 
sieht  man,  dais  andere  Schafe  die  verworrenen 
Wollflocken,  besonders  am  Schweife  benagen 
und  zupfen,  wobei  die  räudigen  Stücke  ganz 
stille  stehen ;  oder  dais  sie  sich  auf  die  Erde 
legen  und  auf  dem  Bauche  umherrutsdien;  oder 
auf  den  Hinterbeinen  hinkend  einhergefaen,  auf 
welche  letztere  Erscheinung  B.  Lautender  ^)  ein 
solches  Gewicht  legt,  dafs  er  sie  als  ein  si- 
cheres Zeichen  von  dem  Anmärsche  der  Räude 
erklärt.  Fängt  man  ein  solches  Thier  von  der 
Heerde  heraus  und  unterwirft  es  einer  genauen 

<)  Dr.  Bernhard  Ritter,  die  Scbafräode  io  pathologi- 
scher, therapeilitdrar^  polizeilicher  and  gericSdicIler 
Beziehung.  Stuttgart  1841.  S.10ff. 

*)  Tbeoret  prakt  Handbuch  <fer  Thierheilkuode.  Br- 
fart  1S07.  Bd.  IV.  S.  90  f.  2. 


—     47     - 

1  .cwischeu  den  Uüiterschenkelii  die  Haut  ge- 
ler^  sa  findet  man  den  Zustand  derselben^ 
Mchdem  das  Uebel  erst  neu  entstadden,  oder 
•einem  Verlaufe  schon  Fortschritte  gemacht 
tf  von  verschiedenem  Aussehen;  bald  zeigt 

sich  entfärbt 9  blafs,>mit  weifslichen  Schiip- 
ly  und  nebst  dem  auch  mit  härtlichen  Erha- 
iheiten  bedeckt,  welche  dem  Drucke  des 
tgerswidersteheU;  und  wenn  sie  etwas  gekratzt 
■den  9  sich  als  kleine  röthliche  Knötchen  zei« 
■ ,  welche  häufig  von  den  Klauen  der  Schafe 
gekratzt  erscheinen  und  ebenfalls  bald  in 
puppen   sich  verwandeln ,    bald  zeigen  sich 

einem  blassen,  welken  oder  grünlichen  Grunde 
Kcbe,  ödematöse,  umgrenzte  Anschwellungen^ 
^  i  sehr  verdickte  härtliche  Stellen^  welche 
^veder  geröthet   oder  mifsfarbig  erscheinen, 

und  da  in  Schrunden  aufbrechen,  und  eine 
^urfe  Flüssigkeit  aussickern  lassen,    welche 

Wolle  fiizartig  verklebt;  bald  ist  die  SteHe 
trocknet  und  borkig,  und  diese  Borken  bo- 
cken gröfsere  oder  kleinere  Geschwüre.  An 
L  Stellen,  welche  zwar  nicht  aufgebrochen, 
'or  räudig  sind,  zeigt  sich  die  Haut  perga- 
otartig  hart,  und  oft  bis  auf  einen  Viertel- 
L  verdickt.  Auch  hier  beobachtet  man  bei 
ersten  Entwickelung  der  Räude  Knötchen, 
-«eben  utid  Pusteln. 


l^iele  von  Uehertragung  der  Schafräude  auf 

den  Menschen, 

Ueber  diesen  Punkt  bestehen  zur  Zeit  noch 
neebiedene  Controversen,  insofern  einige  Be- 
^hter  und  zwar  b<pi  weitem  die  Mehizahl 
rselben,  die  Möglichkeit  einer  solchen  Ueber- 


—    49     — 

tSs  der  in  mancheu  Gegenden  vielfaltigen  Ge- 
;enheit  hiezu,  kein  Beispiel  bekannt  sei,  und 
Mbnt  auch,  dafs  von  ihm  hierüber  ange- 
Mte  Versuche  ohne  positiven  Erfolg  gebUd* 
ti  seien.    Soviel  im  Allgemeinen« 

*  Eitmüller  ^)  erw&hnt  schon  eines  Falles, 
I  ein  Mädchen  sich  dadurch  einen  krät^arti-» 
Q  Ausschlag  zugezogen  haben  soll,  dafs  sie 
h  der  Schafwolle  statt  eines  Bettes  bedie- 
1  mufste,  wobei  präsumirt  wurde,  dals  di6 
^iche  Wolle  von  r)iudigen  Schafen  herstam» 
.  Aehnliche  Beobachtungen  mögen  auch 
^rlhof^')  zu  der  Frage  bewogen  haben:  „ob 
a  vielleicht  die  Krätze  nicht  ursprünglich  bei 
i'  Schafen  erzeugt,  und  durch  den  Gebrauch 
i  wollenen  Kleidern  dem  Menschen  mitge* 
Jt  haber 

\Friese  ')  thellt  uns  aus  der  neuern  Zeit 
I  hieher  gehörige  Beobachtung  mit,  w0 
'  Schäferknechte,  welche  zur  Wäsche  von 
räudigen  Schfifen  mit  WaU'schet  Lauge 
syendet  wurden,  zehn  Tage  nachher  an  der 
tze  erkrankten,  und  ffinf  Tage  später  auch 

Vrau  des  einen  Knechts  durch  ihn  ange- 
3lct  wurde.  Der  Ausschlag  stellte  sich  ate 
ibies  pustulosa  dar,  und  verbreitete  sich  haupt- 
blich  an  den  oberu  Extremitäten,  kam  aoer 
oh  a|fn  Bauche  und  an  den  Fulsgelenken  zum 

nchein. 

.  • .  •         

}  Programms  de  soabie.  L{p8!ael73L  —  JSfAlfer^t  Bei- 
trüge zur  Befördemiig  der  Geacbicbte  und  Heilang 
der  Krankbeitea  von  Crell.    Berlin  and  Stettin  1782. 

.  Dd.  III.  8*  ad.  -h  SoAflMidcr^f  AoBalep  a.  a.  O.  S.  äSO. 

»)  a.  a.  O. 

»)  CMper'i  Woobentcbrift.  1856.  No.  46.  —  SdmMir't 
.  Aanaleo  &•  a.  O«  S.  3S7* 


—   «I    — 


agfcn  von  Uebertragiin^  dieser  Thierklran}ÜMk 
f  JUenscheu.  Mir  ist  der  Zeit  blols  ein  von 
Ernst  ^}  beobachteter  Fall  bekannt^  wo  die 
bertragung  der  Räude  vom  Rindviehe  auf 
hrere  Kinder  Statt  hatte. 


^Ogemeines  Bild  der  Räude  bei  Sohwnnefif 

An  gröfsem  oder  kleinem  Stellen  der  Haut* 
ÜMy  namentlich   aber  an  den  Achselgrubeni 

innern  Fläche  der  Schenkel  entstehen  eine 
■Ige  kleiner,  röthlicher  und  harter  Knötchen^ 

sich    bald   zu    Bläschen  erheben^   welche 

einer   gelblichen    Flüssigkeit   gefüllt  shift 

Thiere  werden  von  Jucken  und  Beilison  ge-^ 
g;t,  reiben  und  scheuem  sich  daher  an  hat^ 

Gegenständen^  wodurch  die  Bläschen  au9* 
ieben  werden^  wo  sich  sodann  die  in  ihnen 
nalteue  Materie  (Lymphe)  mit  den,.untet,der 
arhaüt  hervorquellenden  ^  Blutsttopfen  mengt^ 
trocknet  und  gelbbräunliche  Schorfe  bildet^ 

fliel^t  ddr  lohalt  mehrerer  Bläschen  in  eiqs 
■mimen  ^  wodurch  grdfsere  Pustefai  geBildt^ 
*den,  welche  nach  ihrer  Berstung  zu  be^ 
shtlich  groften  Krasten  Verlu^Mssung  gebeii. 
nn  diese  Bläschen^  sich  selbst  dboilasseir. 
Ihrer  Heilung  trockneü  und  abfallen  y  so  neiilit 
^  dieses  die  trockne  Räude.  Nicht  selten 
■mt  aber  der  Inhalt  dieser  Bläschen  eine  ge- 
K4ie  'Schärfe. an I  die  yoter  ihr  liegopd^ ,I^attt 
2et  sich,  und  es  bilden  sich -nässende. jBohran- 
^  und  Gesohwfire.^  wobei  die  Haut  im  Um«* 
ise  dick  und  sehwielfg  wird. 

^    -  .   ■  '  ■'.  I  ■  I        ^ 

'    ■  '  .  ■•        ■  ■;( 

SUJebeF  die  RSodekrankbeit  dM  RindfiAhtk  ioi-ArebiT 
lor  TbierbeOknadf.  Zug.  1920«  Bd«a  HfUS.  St  40. 


~     83     >- 

\jiügtmm98  Bild  der  Krankheit  beim  Mensphtn. 

Bel'sammtlicheii  Perdonon,  auf  weldie  die 
Schweiusraüde  überging,  ging  ein  lästiges  und 
heftiges  Jucken,  welches  Sich  bcjsonmrs  des 
Nachts  in  der  Bettwärme  vermehrte ,  dem  Aus«* 
bruche  kleiner,  den  menschlichen  Kratzpustelii^ 
Shnlicher  Knötchen  voran,  welche  mit  vermehr« 
ter  Rdthe  begleitet  waren.  Der  Ausschlag  z^glo 
ilich  besonders  an  der  Innenseite  der  Schenkel, 
in  der  Kniekehle  und  an  den  Armen.  Bei  ¥&'• 
nigen  verlor  sich  das  Uebel  von  selbst  inner- 
halb 14 — 18  Tagen,  bei  Andern  dagegen  d^verle 
es  längere  Zeit  fort,  und  bedurfte  der  An- 
inrendung  kräftiger  Mittel  zur  Heilung,  wie 
Schwefel  mit  grüner  Seife  und  etwas  Bauo^oI, 
oder  Waschungen  mil  Seifenlauge,  in  welclier 
etwas  Pottasche  aufgelöst  war. 


&  Attgmteines  Bild  der  Räude  bei  Hunden^ 

Bei  Hunden  kommt  die  Räude  in  mdire-* 
len  Formen  vor,  welche  su  verschiedenen  Be-p 
vennongen  Veraulassong  gegeben  haben,  als: 
trockene,  feuchte,  kleine,  rothe,  gro£iie,.8chwarsBd 
WUide,  Speckräude  u.  dgl.,  welche  sidi  aber 
0ammt  und  sonders  auf  die  2»nrei  surrst  ge^ 
nannten  zuräckfiihren  lassen.  Die  trockene  Räude 
oder  Schabe  ist  die  häufigste;  sie  kommt  bo« 
sonders  am  Rücken^  an  der  Krappe  und  biw 
fveilen  an  den  Ohryn  vor,  wo  das  Haar  vei^ 
worren,  entfärbt  ist  und  allmählig  ausßült;  un- 
ter demselben  ist  die  Haut  mit  Schuppen  be- 
deckt, unter  welchen  Feuchtigkeit  aussickert; 
wo  diese  Schuppen  fehlen,  ist  die  Haut  bis- 
weilen geröthet,  trecken  und  überaus  heils 
(rotbe  Räude).    An  den  Ohren  zeigt  sieb  die 


—    56;   — 

hiUfeii  mit.  Er  :  empfind .  nach  einigen  Tageii' 
Jucken  an  den  Beinen  null  Oesohwulst^  Flecken 
imd  BlntergieÜMingen,  welehe,  ähnlich  wie  bei 
dem  Hunde,  in  offene  Geschwäre  übergingen. 
Auf  die  gewöhnliche  Erätzsalbe  heilten  letztere, 
dagegen  erschien  ein  trockner  Krätzausschlag 
an  den  Händen,  Armen  und  dem  Oberleibe. 
Auch  dieser  wich  nach  einiger  Zeit  den  ge- 
bräuchUchen  Mittein. 


--•  A  jiBgemeines  Bild  dtr  Räude  bei  Katzen, 
'     Die  Räude  der  Katzen  ist  mehr  flechtet^' 

• 

artig,  zeigt  sich  Anfangs  um  die  Ohren  her,' 
Veribreitet  sich  von  da  über  die  andern -Theile 
des  Kopfs  und  zeigt  sich  auch  an  den  Pfbtbn,- 
^as  sehr  natärlich  zugeht,  da  sich  die  Thiere 
Ml  den  letztem  an  den  kranken  Theilen  kratzen; 
Miten  verbreitet  sich  die  Räude  bei  den  Katzen 
teeiter.  Sie  hat  das  Eigene,  dal!»  sie  bald,  in 
ZcSt  von  4  —  6  Wochen,  durch  Zehrfieber  und 
Dorchfiill  tödtlich  werden  kann,  und  in  def  Blehrw 
sahl  der  Fälle  tödtlich  wird. 


Beispiele    von    Uehertragung   der    Katzenrifäde 

auf  den  Menschen,  •  *  ■ 

Berthold  ')  theilt  die  Beobachtung  mit  w6 
ein  achtjähriges  Mädchen  durch  eine  kri^tzige 
Katze,  welche  zu  ihm  ins  Bett  gekrochen-war, 
angesteckt  wurde. 

Zuck  ^)  beobachtete  eine  ähnliche  Ueber^ 

s)  Casper'i  Wochenschrift.  1834.  No.  20.  —  Schneiderte 

Annalen  a.  a.  O.  S.  342. 
a)  Bbendas.  1S36.  No.  14.  —    Schmides  Jahrbücher. 

Bd.  XV.  Hft  2.  S.  184.  —  Schneider'e  Annalen  a.  a» 

O,  8.  343. 


—     57"    — 

>  von  Bieit  ^)y  wo  sie  von  einem  Kam6eF 
don  Menschen  fibergiog. 


8.  Flechten. 

Die  Fleehfcen  durfte^  mit  der  Rande  gleich 
BS  Alter  haben;  alle  Hausthiere  sind  ihnea 
)rworfen,  doch  trifft  man  sie  häufiger  beim 
'de,  Schafe  und  Hunde,  als  be^im  Rinde  und? 

Ziege.  Dessenungeachtet  beeieben  ffioh; 
'  die  bisherigen  Beobachtungen  doch  :niiir 
Uebertragong  der  Flechten  vom  Rindvieh», 
den  Menschen,  wie  folgende  Fälle  lehren  c  ^ 

Oberamtsthierarzt  Epple  ')  in  Kannstadlc 
tit  folgende  Mittheilung:  Im  Februar  1889l 
E^nkte  die  Dienstroagd  A.  in  W.  an  einer 
cnen  Schuppenflechte,  welche  die  Stirn-, 
E^m;  sie  hatte  neben  den  Kühen  ihres^ 
stherm,  d^s  Weingärtners  E.  in  W«,  anch 

Kuh  und  ein  Rind  des  Heinrich  P.  daselbsli 
^Msorgen.  An  dem  Rinde  haUe  man  bim 
^ .  und  zwar  am  Halse  und  den  Seiteuth^ 
des  Bauches  einen  trocknen  Ausschlag  be-> 
c.t  ^  der  sich  durch  ^  Ausfallen  der  Haare^ 
«imentartige  Beschaffenheit  der  Haut,  die 
granrothe  Farbe  hatte,  und  Ueionartige« 
chuppen  der  Oberbaut  mit  Jucken  und  Rei-; 

.  zu  erkennen  gab.  Die  kranken  Stellen 
BA  scharf  begrenzt  Ohne  Zweifel  berfihrte 
die  Magd,  beim  Melken  der  Kühe,  mit  des 
Qe  die  kranken  Stellen  der  Flanken  des 
ers»  und  zog  sich  dadurch  den  flechtenarti- 
.  Ausschlag  auf  der  Stirne  zu«    Gegen  Ende 

^  a.  a.  O.  —  Sehneider'if  Annalen  a.  a.  O. 
)  Herh^e  Repertorium  derTbierbeilkande.  18M.HfiL2. 
8, 1S9. 


—  '89    — 

t   in  clKdieb  Wocbeti  iBt  dkr  Körper  »tif .  eiM 

^   Mal  sUurk  damit  besetet.    Dabeiist  io  ißi  fto-» 

g   gel*  das  AllgemeiDbefindeä  nlchfcigestörl^^aber 

I    das  Jucken  belästigt  den  Körper  Tag  uod  NachU 

^   Der  Aaasdilag  ist  an  sieb  nicht  bösartig,  abev 

^    viel  ansteckender  als  die  Krätze ,  nnd  Dr.FeA/ 

^    eah  iin  knraer  Zeit  einen  grofsen  Theil  derBe-9 

i    srofaner  Ton  Dorükon  davon   befallen  werdeih 

j    Bei  schon  ^was  längerer  Dauer  derselben-  lieft 

«r  aof  die  grölsten  lallen  Bsoplast.  perp^L  Jä^ 

,    Mii  legen,  und  drei  bis  vier  Tage  liegen.  "JM 

gröfserem  Anssehlagie   thut  weilse  Prft(^tal4 

0albe^  Morgens  pnd  Abcaids  eingeriefceo^  giit4 

Dienste,    buierhch  verordnete  er  mit  gutem  Br^ 

folge:  Holstrank  mit  Gruajäk^.und  später  Scbw»» 

fei  mit  Ooajak  undSpiebglanxnuftelnidä  Nacfe 

kur.  —    Besiiksthierarst  HinUrmülhr  'sah!  bei 

einem  Knaben»  welcher  einen  mit'flechtenarlii 

gern  AuBscblage-  befaafteUn  '^'  Ochsen  wiwelii^ 

dasselbe  Uebel  entstehen."  !     :  •    " ' 

Auch  bei  einer  am  1.  Bfai  1696  gehaltsi* 

nen  Versammlung  den  wundäintUchen  Verieinn 

im    Oberamte    I^nberg    erM(ähnte  Wundanst 

Köllreider  ^)  solcher  Fälle,  in  denen  FledkUw 

vom  Rindvieh  auf  die  dasselbe  besorgende: Pwi 

sonen  übertragen  worden  waren. 

Im  Monate  Februar  1841  wurde  ateb.iinü 
Gelegenheit,  die  Ucbertragung  der  Fledhte^ 
von  einer  Kuh  auf  die  dasselbe  behandelnde 
Mädchen  na  beobachten.  Ein  2wansigjährige% 
,  nAust  gebautes  und  sonst  gesundes  Mädchen 
I  auf  dem  Lande,  welches  die  Kühe  im  Stalle 
ihres  elterlichen  Hauses  zu  besorgen  hatte,  be^ 
kam  an  der  rechten  Seite  des  Gesichtes, <  in 
der  Gegend  des  Mondwinketa  und  an  der  lin* 

>)  Medizinisches  Correspoocienzblatt  des  W&iieoibergi* 
•obee  änUicbea  Verelss.  183S.  No.  26. 


~     61     ^ 

Beinern  Melkstnhle  safej  dem  Seitentheiln 
flalses  B^it  dem  AuBschlaj^ei  und  nun  er- 
e  sich  sehr  leicht  die  Mittheilung  der  Flech- 
lus  demGe/ständttiÄdes  angesteckten  Mäd- 
s,  dafs  sie  beim  Melken  die  Gewohnheit 
f  ihre  oberen  Körpertheile  an  den  Körper 
betreffenden  Tliieres  anzustemmen/  —  Eia 
k  aus  Stipit.  dulcam.  innerlich,  und  die  äu- 
che  Anwendung  der  weifsen  Präcipitatsalbo 
rkten  in  kurzer  Zeit  bleibende  Heilung. 


4«  MauUtuche. 

Die  Mauiseuciie  befallt  sowohl  Hinder  ab 
afe,  Pferde  und  Schweine  und  gehört  zu 
1  Krankheiten,  welche  epizootisch  aufzu- 
n  pflegen.  Nicht  nur  unsere  Hausthiere^ 
ern  auch  das  Wild  im  Walde  —  Hirsche 
flehe  —  werden  von  diesem  Uebel  befallen. 
Umstand,  der  einen  Wink  auf  das  hohe 
r  dieser  Krankheit  w/^rfen  durfte.  In  Be«« 
mg  auf  die  Frage,  ob  die  in  Rede  ste« 
e  Krankheit  ansteckend  sei,  oder  nicht t 
die  Antworten  verschieden  und  einander 
dezu  widersprechend  ausgefallen.  Einige) 
n  die  Maulseucbe  für  contagiös  gehaltea, 
diese  Ausicht  zumal  in  den  Fällen  aufg»* 
t,  wo  sich  an  den  Zitzen  der  Stuten  und 
ß,  deren  Fohlen  und  Kalber  an  Ap^ithen 
1,  ebensolche  Geschwäre  zeigten.  Das*- 
)  behauptete  man  in  Ansehung  der  epizoo^r 
ien  Maiilseuche,  bei  welcher  man  den 
läusschlag  far  die  Haupt  krankheit  ansdu 
li  Sacar^y  und  PUnk  soll  die  MUch,  dejd, 
ken  kfihe  auf  alle  äausthii^re  und  fl;elbst 
LiUUut  dft  apbtbw  pioorinü«  TienÖM  176&.  jf*  t/tk 


i  noch  mehr  und  bersteten  endlich  ^  wobei 
»  Epithelium  steh  loslöste  und  dunkelrotb^, 
t  allmählig  wieder  verschwindende  Fleete 
fickblieben ;  hiermit  waren  brennende  SchmeV'^ 
im  Mnnde  beim  Kauen^  Sprechen  und  Schluk'L 

verbunden^  auch  war  heftiger  Durst  zuge^ 
Die  Bläschen  an  den  Lippen  vertrock*- 
Mk  zu  dünnen  bräunlichen  Schorfen,  die  am 
Mten  Tage  uaeh  dem  Erscheinen  der  ersten 
»len.  Gleichzeitig  mit  dem  Ausschlage  im 
^e  hatten  sich  an  Häpden  und  Fingern 
>  Bläschen  entwickelt.  Anfangs  von  der 
lee  eines  Hirsekorns,  ziemlich  derb  und  gelb* 
s,  in  ihrem  späteren  Verlaufe  dene^  ins 
^e  fast  gleich,  nur  etwas  träger,  indem  ihre 
"^ung  und  Vertrocknung  sich  weiter  hiiians- 

--*-  Die  anderen  beiden  Aerzte,  welche 
gleiche  Weise  den  Genufs  der  Milch  ver- 
X  hatten,  bekamen  ebenfalls  unmittelbar 
^f,  unter  gelinden  Fieberzufälien,  Bläschen 
Lande,  indefs  keiner  von  ihnen  bekam  Bläs^ 
^  in  den  Händen.  Nach  dem  Abtrocknet 
Bläschen  befanden  sich  alle  drei  fortwfib^ 

ganz  wohl.  '  '    ■ 

Schneider  intHiIda^  theilt  uns  aus |sel^ 
3£rfahrungen  über  diesen  Gegenstand'  t6\^ 
le^Välle  mit  '  '    -  ^ 

jBün  amier  Itfann  in  Fulda,  welcher  die  MUch 

seuohekranken  Kühen  umsonst  bekamt  ge^ 

dieselbe  kaum  vier  Tage  -lang,  so  stellte 

ein  fürchterliches  Muudweh  ein ;  er  bekam 

i^es  Heber  mit  enormen  .Magenschmerzen 

.  blutigem^  Ikst  unstillbarem  Durchfalle,  und 

ide  nur  mit  Vieler  BJtühe  gerettef;  » 

\  8chneider%  Sthwrmn^er's  tmd  Het^i^  kuti^^  der 
«teäuartndkanae  1810.  Hft.  1.  S.B8.  - 


r  dem  Rindvieh  zuerst  ausbrach^  und  dann 
lem  sehr  hohen  Grade  hemohtei  MUebvon 
ler  Seuche  befiülenen  Käben,  weldw  geren* 
var^  geben.  Kanm  eine  halbe  Stande  naeb 
Genosse  derselben  steltte  sieh  bei  den 
ehen  Hunde  heftiger  Dorehfsll  ein,  wel» 
aber  nwei  Stunden  anhielt  iind  den  Hnsü 
igriff,  dafs  er  kaum  laufen  konnte, 
[m  Orte  Bromxell  hatte  man  einer  KatM 
I  von  einer  mit  der  Seuche  befallenen  Kok 
lufen  gegeben;  dieselbe  starb  bald  danmf 
onvulsionen.  *—  Diese  Beispiele,^ wdiAe 
;  noch  vermehrt  werden  kfinnten.  mdgeii: 
^en,  die  Uebertragbarkeit  dieser  baoklieil- 
f  enschen  damthwL 


.  .   ./  ■ 


'tmeines  Bild  det  Ktßnkheä  hn  Thwrm. 

Die  von  der  Krankhdt  ergiiffenen  ThMV 
n  im  Anfiinge  sftmmtlich  die  Erse)iekini* 
lea  FieberfrosteS)  wie  Kilte  der  KdrpeiUr: 
.&che,  besonders  der  Fnisenden^  Ohren  «mI' 
dt,  schwachen  unregehnifiiteen  PnlSy  gif^ 
He  Haare  u.  &  w.;  dieser  frestanfUl  hllt 
Bt  eine. Stunde  an,  nnd  es  tritt  Bwi|.eknb' 
•0   Erscheinungen  an  ssfne  Stelle,  IBtns^^. 
mäxBt  und  am  stftrkslen  in  Kongestionen 
Kopfe  sich  daiitellt    Die  Hötnes  iffeB^? 
rann  und  isuner  wftrmer,  eo  aneb  die  Ohraiii; 
ogenröthen  sidi  nnd  am  hmbesten  und  |6^ 
OD  wird  dasFkMunaul  onddaiflläid  «dbst 
beige Kdipeifl&ehe  verhJUt  sieh  «ehr  indüBi**' 
ist  weder  besonders  warm  noch  lädt,  db»' 
h  der  Kreislauf  siteh  besehleonigt  und:  der* 
kr&ftiger  mrd.-  Die  TUeire  IsiSB»  vom 
ien  ab,  und  weim  sie  anek  getade  niehi'^ 

rB.XCIII.B.e.8t.  E 


—      66      — 

Uiok^il^!  tfo  ,  noboien  ^aie    doch  geni  kiU     ^^ 

VJäsmfktiteii  inft.-Manl«    sowie,  da  der A» 

gpr  .kpuMBiveges  drloseäen  ist,  sie  gcoM     ^ 

SkdUeidpei  KMcngeachlapp  n.  dergfJ.  aofiM^i     (j^ 

m^  'gäschieht  daa   Wiederkäaen  b^AM    ^^ 

s#llflDQiv  «od  «M  dem  heifkei^  gerotheUiJM     ^.^ 

IMH  iDiuflidrliclL  Anfangs  dünu^r,  spittr^     ^^^^ 

ker  Schleim.- imd' Speichel  aus,  der  msi     ^^^ 

wmnier  sich  •sehr  ansammeJt  und  zumIM^       ^ 

ftenl  SiftUtii^  nbeliieoiiend  wird.    DasJU«'    Schj 

inmer  sdutoetahafter  und   die  Kiankeiiri'    ^^^^^ 

tfaurig.  mit:  geseilkteni  Kopfe  von.  (ierif     ^^^ 

ak :  •  Zur  Hitae  im  Manie  gesellt  sich  Mf*     s^I H^, 

imd!  fin£  Zeit  von  6  —  S '—  10  Stnodefl  li     ^^^1^ 

man  auf  der  Zunge,  neben'  deiselbei;  iü'     an  c 

verschiedenen  Steilen  im  Maulo  weilseli*     1^  ^ 

Anfangs   von  der  Grdlse   einer  Bote.f^     q,,^ 

Haselnulk-  bis  Baumnolisgrors,  deren  iM'     d^^^^ 

nocii  menrere    zusaminenfliefsen.     V\üf     pij^j^ 

solche;  Blase,  so  fliefst  eine  klare  lympfc^ 

Feuchtigkeit   aus,    und    es    lösen  sich r-"^     y\*^I^ 

Stttcke  der  Oberhaut  ab,  unter  welch«  ic^     sich 

röthlidier,   etwas  erhabener,   ein  klein  ?^     Hellt 

sd^wammiger  Grund  liegt.    In  häufigeoF^    ^.^^.^^ 

findet!  man  jedoch  nichts   von  diesen  i^    u^l^l^^ 

sondern  es  sind  sogleich  bei  der  ersten  (i^    xwei< 

sttchung  abgestorbene  Stellen  der  Scfal^    Hau« 

vorhanden,  indem  die  bald  uach  ihrer  b^    d^rs 

hung  geborstenen  Blasen  durch   die  Bewt{t    ^^^^, 

gen. d^  Zunge  von   der  Maulhaut  losgt«*    w^^t 

weiden»    Die  Krankheit  verliert  oft  von  sA    i^^  ^ 

von  ihrer' Höhe,  nimmt  ab  und  geht  inB<^    und 

rung  über,  soidals  die  Entstehung  derKnl    ff^^ 

"^  heit,  und  die  Wiedergenesung  oft  zosimae'   \^^^^ 

y  einen  2^it3raum  von  5  —  8  Tagen  fallen.        >vii\^ 

I.     Bei  dem  ebenerwähnten  fieberhaften  ^    in  . 
fange  der  Krankheit  und  Hervortteten  dsii^   äov 


-     67     — 

dent  der  MaulhöUe  tritt  nicht  selten  nodi  ein 
anderes  Lokalleiden  auf;  die  gewöhnliehe  Mat- 
tigkeit beim  FieberfVoste  verändert  sich  in  ein 
|}iiTemidgen  zu  stehen,  die  Fufse  versagen  ih- 
san  Dienst  y  oder  es  hinken  die  Kranken  von 
einer  Stelle  auf  die  andere,  wobei  man  bei  Ün^ 
tersuchung  der  Klauen  die  nämlichen  Erschei* 
Dungen,  wie  am  Maule,  mit  geringer  Abände- 
rung finden  wird,  nämlich  vermehrte  Hitae, 
JSchmerz,  Röthe  bei  weüser  Haut,  dann  sich 
erhebende  Blasen  am  Saume  und  meistens  in 
der  Klauenspalte,  die  alsbald  platzen  und  die- 
aelben  Grundflächen  zeigen  wie  iqi  Manie,  je- 
doch mit  dem  Unterschiede,  dafe  die  Pustetn 
an  den  Fufiien  mehr  zur  Eiterung  geneigt  sind; 
Iit  diesem  Zustande  liegen  die  Thiere  meistens 
ond  sind  nur  mit  Muhe  zum  Stehen  zu  bringen. 
DSeCs  ist  das  Bild  der  mitKlanenseoche  conh- 
plicirten  Maulseuche. 

Dieb  sind  die  allgemeinen  Brscheinangen, 
welche  die  Maulseuche  darbietet,  obgleich  sie 
sich  nicht  immer  auf  die  gleiche  Weise  dar-' 
atelit  Vorzuglich  bietet  sie  räcksichtlicih  der 
Tarsohiedenen  Thierarten  besondere  Bijgenthum- 
liebkeiten  dar.  Beim  Schafe  ist  die  Manlhaut  am 
sweitea  oder  dritten  Tage  an  deni^aahnlosett 
Haada  des  Vorderkiefers  dergestalt  ergriffi», 
dals  sieh  ganze  abgestorbene  Stucke  derselben 
erlieben,  ohne  dals  die  Bildung  der  Blasen  deut-' 
lieb-  geworden  wäre^  bei  geringenn  Geifern' 
iat  doch  durch  einige  Tage  die  V^tterinfnaMhe' 
und  das  Kauen  sehr  bemcbwerlich.  —  -Beiifei 
Ffwrdej  bei  weloheai' '«diese  Krankheit  seltefl^ 
beobachtet  wird,  breltsM  sich 'die  ^ftbfaien  ge^^ 
wohnlich  mehr  aus  und  VsrumacUen^  el^lteidi- 
in  geringerer  Anzahl  vorhandeii,  den  Thforeiii 
soviel  Schmerz,  dafs  sie  die  FuttefMdlK  aM 

1£% 


—     ©9     — 

Bin  oberflächlicher  Blick  wird  genügen;  ciua 
Ulende    Aehniichkeit    dieser  Krankheit   bei 

Thieren  und  dem  Menschen  zu  erkeiineOi 
in  wir  absehen  von  den  Erscheinungen/  wel- 

das  Leiden  bei  seiner  ursprünglichen.  Eni- 
dong  seigt,  und  von  der  Individualität  der 
ftnisation,  an  die  es  gebunden  ist,  so  däb  wir 
^ei  nichr  l&nger  zu  verweilen  brauchen. 


5.    Üasstlbeultn. 

Vekanntemiafiien  sind  die  DasselbeuTeil  ein« 
se  Plage  des  Viehes  ^  welche  dadurch  su 
de  kommt,  dals  lebendige  Bewohner  den 
lt.  ihrer  Höhlen  ausmachen.  Das  Weibchen 
Bremse  (Oestrus)  legt  n&mlich  seine  Bier, 
dlst  eines  löffelförmigen  Legestachels,  untcür 
Haut  verschiedener  Thiere,  namentlich  des 
Iviehes,  der  Hirsche  und  Rehe,  und  ewair 
smal  nur  eines  auf  einmak  Durch  die  Wfirme 
Thieres  werden  nun  die  Bier  ausgebrütet, 
die  hieraus  entstehenden  Larven  bringen 
V  oder  weniger  grofse  Geschwälste  hervor, 
she  gewöhnlich  die  Gröfse  eines  Tauben- 
haben, und  Dasstlheufen  oder  Bosseibnden 
%Dni  werden.  Diese  Larven  leben  von  der 
chtigkeit,  welche  durch  den  Reiz,  den  sie 
ih  ihre  Anwesenheit  veranlassen,  fortwfth- 
I  herbeigezogen ,  und  welche  spfiter  durch 
kren  Biter  ersetzt  wird,  indem  die  Fl&che'der 
lIo,  in  welcher  die  Larven  leben ,  sidi  mit 
n  eiterabsondemden  Haut  bedeckt ;  auch 
erhalten  sie  in  der  Mitte  der  Oeschwulst 
während  eine  kleine  Oeffnung.  Diese  Li^r\'e 
wie  alle  übrigen,  fuCülos,  die  bei  Hirschen 
i(ommendep  aber  Roth  durch  zwei  hornartige, 


I  «a:doBi  iÜmkcoi(!äl9t^tti^in.i«räoiBiBd^'>Kdti»C 
I  ii|ider  ßeule^  diiti^^'^udtMrmM^imelkMmmmi 
I    Hbataea  ^iNre^e  ^  imar/  ib»:  hsdriBUiclirfatadiUL 

von .  übiei^.  laUalMI'iiMiille^iMi'Bishltfjiiii  oifednA 
«etj^t68:Aimhcbibiid:infdwi^Ureittd['£l 
-Odffhviigluillk,  darehrdMIaiaii «irfmkAi «diiml» 
dtoii>€lraQdMih; ;  )Z>a/iA«ifdf,maq|il0mt4<V't^M^ 
«Bett»  emca!  UeiBeB'>BittstioHIiiuaikvdr6Q|Dte^tiff 
^w  CMoMruist-!  rifDdufcU):e«vhis  UUitiger;  Mtinr 

ein  brauiier^rlitigesartigxfrKdi^parijtiifbldkirl^ 
hardt  mit  der  Pinzette  fafste,  doch  mit  dem 
Skalpell  ausschälen  mufste,  weil  starkes  Zie- 
hen Zerreifsen  der  etwas  weich  anzufühlenden 
Masse  befürchten  lieDs.  Die  genaue  Untersuchung 
ergab  nun,  dafs  jener  Körper  eine  Made  von 
Oestrus  cervi  war,  welche  während  der  Zube- 
reitung des  HirschfelLea  dem  Kranken  zufällig 
auf  den  Bauch  gekommen  sein ,  sich  in  die  Haut 
gefressen  und  so  die  Dasselbeule  erzeugt  ha- 
ben mufste.  Die  durch  Entfernung  der  Made 
entstandene  Wunde  eiterte  auch  nur  einige  Tage 
und  vernarbte  dann  ganz,  die  Beule  verdankte 
also  jenem  Thiere  allein  den  Ursprung. ' 


Dieik  sind  nun  die  Krankheiten,  welche  sich 
von  den  Thieren  auf  den  Menschen  überpflanzen 
lassen,  wie  ich  deren  Beobachtungen  in  verschie- 
denen' Journalen  zerstreut  liegend  vorfand ;  eine 
ausführliche  Abhandlung  hierüber  mit  Binflech- 
tung  des  therapeutischen,  prophylaktischen,  po- 
lizeilichen Theils  etc.  als  Beitrag  zur  verglei- 
chenden  Nosologie   habe   ich    mir  für   spätere 


—   n  — 


■     Pn» 


II. 

aber    die    Harnsedimente. 

Von 

Dr.    Franz   Simon, 

in  Berlin. 


e  richtige  Beuriheiltmg  der  Harnsedimeiite 
lür  den  Mediziner  von  Wichtigkeit  und  wird 

den  Praktiker  um  so  werthvoUer,  je  ein-r 
ler  die  Mittel  sind,  durch  welche  man  dazu 
angt    Die  Alten  erkaunten  deu  Nutzen  die- 

Bwurtheilung  bei  der  Diagnose  sehr  wohl 

ersetzten  &Bj  was  ihnen  Mangel  an  che- 
Bhen  und  mikroskopischen  Hulfsmitteln  vor- 
sielt,  durch  aufinerksames  und  fleilsiges  Beob- 
ten  der  Harnsedimente  in  ihrem  Auftreten 

allgemein  physikalischen  Verhalten.  In  der 
<ren  Zeit  haben  zwar  Viele  geglaubt,  sol- 

Beobacbtungen  gänzlich  vernachlässigen  zu 
tnen,  ihre  grorse  Unkenntnils  mit  der  schnell 
a  entwickeuden  medizinischen  Chemie  und 
uroskopie  hinter  übel  angebrachtem  Dunkel 
bergend;  Viele  haben  den  Harn  der  Kran- 
I  wohl  angesehen,  ohne  aber  dabei  etwas 
deres  im  Sinne  zu  haben,  als  einem  alt  her- 
irachten  und  zum  Theil  dem  Publikum  be-» 


Sie  serfallt  sehr  .pasMüd  in  2wei"UotolrabtbeH> 
klugen,  nämlich:  a)  in  Sedimente,  weloMuuf 
in  sauer  reagirendem  Harn  vodKOmmeny  ond 
by  iin  solche ,  die  in  «Iksli^hem  ond  saurem  tJrin 
verkommen.  . 

a)  Sedimente  y  tuelohe  nuf  in  sauer  reägi- 
rendem  Harn  vorkommen.  Die  gröfste  Ans&ahl 
Von  Sedimenten  gehört  zu  dieser*  Abtbeilung^ 
and  zwar  sind  es  die  aus  Harnsäure  ^  harnsaur^m 
uimmoniok  und  harnsaurem  Natron  bestehenden^ 
Alle  Sedimente,  die  man  als  kritische  be^ 
zeichnet,  ferner  das  sogenannte  Sedimeutum 
latericium,  oder  die  rbeutfnatisohen  Sedimente, 
die  arthritischen  ^dimente,  oder,  um  es  mit 
einem  Worte  auszudrücken:  alle  Sedimente^ 
die  sich  in  Folge  vorhergegangener  Gefafiiauf- 
regung  nach  kurzer  oder  längerer  Zeit  im  Harne 
zeigen  (mit  Aosnahme  gewisser  AfFectionen  des 
Gehirns,  Rückenmarks,  der  Nieren  und  der 
Blase),  gehören  hierher. 

Man  erkennt  diese  Sedimente  an  folgenden 
Merkmalen :  Sie  sind  sehr  selten  weifs,  gewöhn- 
lich macht  die  Färbung  alle  Nüan9en  doreh^ 
von  hell  Isabellfarben  in  Orange  bis  Nelken- 
braun,  oder  von  Blafsroth  in  Zinnoberreth  bis 
Braunroth.  Sie  sind  entweder  nur  krystallinisdi 
und  erscheinen  dann  dem  Auge  besonders  bei 
reflectirtem  Lichte  ats  glänzende  feine  Schup- 
pen, glinunerartige  Blättchen,  oder  sie  sind  nur 
amorph  ond  bilden  dann  Ablagerungen ,  in  wel- 
dien  sich  bei  zurückgeworfenem  Lichte  keine 
|[länzendem  Pünktchen  zeigen,  oder  sie  sind  ge- 
mischt aus  krystallinischem  und  amorphem  Se- 
diment, von  denen  das  erstere  stets  die  un- 
terste Schicht  ausmacht 

Das  Sediment  aus  Harnsäure  ist  stets  ge- 
färbt, gelb  bis  zionoberrotli^  und  in  den  meU<A^ 


-76-1 

Fallen  krystalliubch ,  unter  dem  Miktosltiik 
tlAChtel,  als  gelbe  rhombisclie  Tafeln  oder  (^ 
peo  von  laBcettrörmtgen  Krystallen  eiacbiä, 
viel  Beiteuer  erscheint  das  Sedimeot  mit 
säure  als  amorpher  Niederschlag'  oder  In  I* 
TOD  opaken,  auch  gelblich  dorchscheineniai» 
geln.     Auf  /asat2    vou    Sauren   verattt* 
das  Sediment   nicht,    beim    Erhitzen  loA« 
das   in   amorpher    Fonn    abgescbiedeoe  i<^ 
Flüssigkeit,   das  kr^'stalliiiische  löst  sä» 
Reibt  man  das  auf  eiuem  Filtruin  gmmS 
uud  mit  deetillirtcni  Wasser  gewaschent  J^ 
ment  rai(  freiem  Kah  zusammen,  soesnitf 
sich  kein  Ammouiak;  übergiefst  maneanl^ 
petersäure   itnri   erhitzt    es   in    einer  ?ii!'^ 
schale,    so   erscheint  eine   schone  pn^'ii^ 
Färbung,  die  noch  intensiver  wiid,»!«*" 
mit  eitlem  Glasstab  etwas  freies  Ammiili^ 
zufügt;  durch  diese  purpuirothe  Färbiui|tM' 
sich   noch  sehr  geringe  Mengen  Hariw" 
Leichtigkeit  erkennen. 

Das  SedimenU  aus   harnsaurem  A«<t^ 
ist  dasjenige,  welches  am  häu&gsleo  ia 9* 
beobachtet   wird.     Es   erscheint   stein  il»» 
amorpher  Niederschlag,  der  nufserslsBlWii«* 
gewöhnlich  gelb,  orange,  gelbbraun,  ttw* 
xinuoberroth ,  [othbrauu  gefärbt  ist*).  DieV 
•)  Omvenne  und  nadi  ilim  Alf.  Btc^aera  «iti*»" 
ricbl ,   dafi   der  amorplie   Niedericlilag  im  tw* 
Harne   in   den   meiilen   Fällen   freii^   Bu^"' 
dieser   Meinung   kann   ich   mich   nicht  unlxill' 
schliefsen,   icb  glaube   vietmehr,   dab  Äie  :H» 
phei  Palver   licli   atucbeldende  Harnsäure  MiMf 
gewöhnlicb  ist     Wenn  man   das  so  (ehi  i«»* 
imor|ihe   Beßrbte   Sediment    im   Harne  iMKn"* 
mit  Ireieni  Kali  anreibt,    .o   beobacbtel  miii  •«• 
Kniwicklang   »on   Ammoniat.       pöol   min  Ctte*. 
«tMoffiinre  hinzu,  to  heobschtel  man    il»l.  «'■'=■ 
dl«  rbombiadien   Krjsullcben    d„    Freiea  Hl 


\l0*t 


-     77     — 

tur  dieses  Sediroentes  ist  sehr  leicht  darsn  zu 
•rkeDnen,  dsfs  es  naeh  Hiiu&uffigen  von  freier 
Chlorwasserstoffis&ure 'nicht  verschwindet,  sich 
aber  beim  Erhitzen  der  Flüssigkeit  leicht  nnd 
ToUst&ndig  aaflösfry  und  beim  Erkalten  wieder 
taerausAUt.  Wenn  man  das  hamsaure  Ammoniak 
mit  freiem  Kali  anreibt^  so  entwickelt  sich^der 
Gemch  nach  Ammoniak;  wenn  man  auf  dem 
Objectträger  Etwas  davon  mit  Chlorwasserstoff- 
säure versetzt 9  so  findet  man,  daft  sich  in  kur«- 
ser  Zeit  au  der  Stelle  des  amorphen  Nieder* 
Schlags  kleine  gelbliche  Rhomben  bilden;  wenn 
man  das  hamsaiire  Ammoniak  durch  Erhitzeir 
löst  und  der  noch  heifsen  Lösung  Chlorwasser- 
stoffsäure zusetzt,  so  fällt  beim  Erkalten  kry-^ 
stallisirte  Harnsäure  heraus,  wenn  man  die  Ver- 
bindung in  einer  Porcellanschale  mit  Salpeter- 
säure erhitzt,  so  zeigt  sich  die  purpnrrothe 
Färbung,  welche  die  Harnsäure  characterisirt; 
beim  Erhitzen  des  harnsauren  Ammoniaks*  aof 
Platinblech  verbrennt  es  ohne  Rockstand.  In 
der  Art  und  Weise,  wie  sich  das  harnsanre 
Ammoniak  aus  dem  Harne  abscheidet,  finden 
sehr  grofse  Verschiedenheiten  Statt,  die  fiit 
den  Arzt  wichtig  sind.  In  dem  frisch  gelas- 
senen noch  warmen  Harne  ist  es  stets  gelöst^ 
erst  beim  Erkalten  sondert  es  sich  ab,  und 
zwar  1)  als  ein  aufiierordentlich  feiner,  langet 
Zeit  suspendirt  bleibeinder  Niederschlag  (Urin» 
jumentosa),  t)  als  ein  sehrkicker  aufgeschwemm- 

« 

bilden  ^  indem,  die  ttirkere  Chlorwattäl-ttoidfore  dem 
bernsMren  Amnoniak  die  Base  eiitreif|t.  Senr  tehnelV 
f  eht  dieae  UaivanilUng  -  dea  aoiofpbtii  barnaaorefr 
ABUBoniaka  in  kryaMiairta  Hamaäare'vof  aiqb,  wenüi 
nan  eraterea  dordl  KrtuUen  in  Waster  lost  ond  der 
noeh  beilaen  LÖaong  Cbloi;waaaeiratoffaaore  hiiiaiifogt» 
wo  dann  sehr  bald  bocbgefirbtar  rbombta'Hl^  ,Ta(tlii' 
iBt  der  erkaltenden  Flaangkeit  beraiusfiillen.' 


—     7»     — 

wohnlich  röther  gefärbte ,  besteht  am  Harn- 
saure  y  die  obere  aus  der  Ammpniakverbindong; 
In  den  arthütischen  Sedimenten  herrscht  die 
krystalliairte  Harnsäure  vor,  in  den  rheunoati- 
sehen  das  hocbgeiärbte  harnsaure  Ai|)moniak(Se- 
dimentum  latencium);  einige  Mal  sah  ich  in  dem 
weit  vorgerücktem  Stadium  der  Resolution  bei 
Pqeumouie  ganz  unerwartet  ausgezeichnet  schone 
Sedimente  von  Harnsäure  sich  bilden  zugleich 
ipit  harnsaurem  Ammoniak.  Die  Lösungsfähig- 
keit des  Harns  für  harnsaures  Ammouiak^mufs 
sehr  verschieden  .  sein ;  man  beobachtet  Harn 
mit  Sediment  von  harusaurem  Ammoniak,  wel- 
cher durch  Hinzufügen  von  freier  Säure  ent- 
weder gar  nicht  getrübt  wird^  oder  doch  ei^t 
nach  einiger  Zeit  ein  Sediment  von  Harnsäure 
absetzt;  dagegen  habe  ich  auch  Harn  gesehen^ 
der  selbst  von  den  schwachen  Säuren  (Essig- 
saure, Weinsteiusäure)  aufserordentlich  stark 
weifs  gefallt  wurde,  so  dals  man  im  ersten 
Augenblick  auf  die  Gegenwart  einer  grofsen 
Menge  Kasein  schliefst,  wovon  bei  genauerer 
Untersuchung  sich  keine  Spur  zeigt,  sondern 
der  Harn  enthält  eine  so  grolse  Menge  haru- 
saures  Ammoniak  gelöst,  dafs  durch  Zusatz  von 
Areier  Säure  so|;leich  die  schweridsKchte  Ham- 
sftnre  gefällt  wird. 

Das  Sediment  ans  harnsaurem  Natron  kommt 
nie  allein  vor,  sondern  ist  bisweilen  dem  aus  harn- 
saurem  Ammnoniak  und  Harnsäure  beigemischt. 
Wie  das  hamsaofe  Ammoniak  löst  es  sich  beim 
Erhitzen  auf  md  ersehebt-  behn  Erkalten  wie- 
der, auch  in  seinem  Verhalten^ gegen  Salpeter- 
saure beim  Erhitzen  gleicht  es  diesem;  unter 
dem  Mikroskop  erscheiot  es  gewöhnlich  als 
groOie  opake  fcvgeki  ^) ;  auf  t^;I^Ui\blech  erhitzt, 

*}  Solche  Kogeln   erhalt  mani  wean  man  tich  kiinst- 


—    81     - 

eht.  .  Dieses :  Sediment  ist  niieht  sehr  häufige 
Erkennung  der  Natur  desselben  ist  ohne 
Gierigkeit.     Man  isammell  es  auf  ein  Fil- 

an£  unftersucht  es  auf  folgende  Weise: 
biifii  sich  ohne  Aufbrausen  in  Salpetersäure 
sen  (Untersehied  von  kohlensaurer  Erde); 
'  die- salpetersaure  Lösung  in  einem  Porcel« 
üftldien  verdampft  9  so  zeigt  sich  keine 
nrfmrbe,  sondern  es  bleibt  ein  weifser  er* 

Rückstand  (Unterschied  von  harnsauren 
indungen).  Wird  das  Sediment  auf  Pia- 
ich  geglüht  9  so  wird  es  vorübergebend 
arsy  dann  wieder  wei<s  und  nun  braust 
it  Säuren  übergössen^  da  nämlich  aus  dem 
Auren  Kalk  beim  Glühen  kohlensaurer  Kalk 
Hierin  unterscheidet  sich  der  oxalsaure 
-vom  phosphorsauren )  der  nach  dem  Glü- 
mit  Säuren  nicht  braust.  Die  Gegenwart 
fexalsäure  ist  hierdurch  aulser  Zweifel  ge- 
Löst  man  den  geglühten  Rückstand  des 
Miren  Kalkes  in  Salpetersäure,  sättigt  die, 
■g  mit  freiem  Ammoniak  und  fügt  sodann 
fc  Tropfen  oxalsaure  Ammoniaklösung  hinzu, 
Ihält  man  den  starken  Niederschlag  von 
Aurem  Kalk,  womit  die  Gegenwart  des 
»s  bewiesen  ist. 
^ufiier  diesen  Sedimenten,  welche  die  Harn- 

lind  die  Oxalsäure  zum  Bestandtheil  ha- 
Icann  im  sauren  Harne  noch  ein  Stoff  vor- 
aen,  dessen  Auftreten  aber  zu  den  Selten- 
^  gehört,  nämlich  das  Cystin.  Ich  habe 
B  Stoff  noch  nie  zu  beobachten  Gelegen- 
g;ehabt,    er  ist  jedoch  sehr  leicht  durch 

Krystallform  zu  erkennen,  die  nach  den 
ben  von  Mandlj  Donn^  u.  Andern  die 
^leitige  Tafel  ist ;  durch  diese  Krystallform 
ftdieidet  sich  das  Cystin  hinreichend  sicher 
■1.  XCIII.B.6.8t  F 


—     88     - 

leils  dichte  ■m  Boden  lagernde  Sedimente, 

eiohtftafgeschweinnite,  die  der  Un^öbte 
ibewaffntjtem  Ange  wohl  ffir  pnrnlenten 
m  oder  Eitor  balten  kuia.    Die  pbotpbof- 

Erden  oharRcterisireo  sich  besonder«  di- 
'dab  sie  nicht,  wie  die  hamsawen  Ver- 
tS^B,  sieh  beim  Erhitzen  lösen,  wehl  aber, 

die  harnsauieo  Verbindungen  nicht  Ihan, 
■Draifügen  einer  freien  S&nre  (Cblorwas- 
■s&ure)  verschwinden ;  war  die  Henge  das 
lauren  Ammoniaks  im  Harne  bedeutend,  so 
lit  dieses  Lösen  im  lebhaften  Anfbran- 
Venn  man  xa  diesem  geaftuertm  Ham, 
■I  er  filtrirt  worden  ist,  Ammoniak  im  Vo- 
Mb  setzt,  dann  fUten  die  Erdpbesphat« 
■ieder.  Es  sind  diese  gewdhniioh  du  G«* 
«n  phosphorsauTer  Ammoniak -Magnesia 
Äpeläalz)  und  von  phosphorsanrem  Kalk. 
Kere  Verbindung  ist  sehr  ansgezetebnet 
Jhrer  schönen  Krystallform,  an  welcher 
9  mit  Hülfe  des  Mikroskopes  sogleich 
■I  kann;  sie  bildet  H&mlich  grofee  seht' 
^gebildete  und  regelroälsige  dreiseitige 
r-mige)  Prismen ,  die  man  h&uflg  schon 
K  unbewaffneten  Auge  erkennen  kann, 
»Dtweder  als  eine  feine  Krystallhaut  den 
■  decken,  oder  sich  an  die  Wftnde  des 
a«8  anlegen   oder   mit  dem  weifseo  Se- 

▼ermisoht  sind.  Ein  Sediment,  Welches 
feod  allein  aus  diesem  gat  kryvtnfliBirtem 
Jse  besteht,  wird  nur  selten  beobach- 
%  fluid  es  einmal  in  einem  Harne  bei 
QeniDonie,  der  vollkommen  klar  und  bem- 
Vl  von  sehr, schwach  alkalisoherlleBction 
■4  ein  bedeutendes ,  schön  krystalllsiite^ 
mmn  aas  Bhosphorsanrem  Magnesla-Am- 

ÜMtehendes  Sedimeot  gebilM  hatte. 
F  S 


—     85     — 

I  ausgewaschen  sind;  hat  man  aus  depsau« 

Lösung  die  Erdphosphate  durch  Ammo- 
L  gefällt,  80  wird  man,  wenn  kohlensaurejf 
k  sugegen  war,  finden,  dafe  in  der  abfil«» 
BD  Flüssigkeit  oxalsaurcs    Ammoniak  noeh 

Fällung  bewirkt  als  Zeichen  von  4er  Ge* 
^rart  des  Kalkes. 

Dem  Sedimente  aus  Brdphosphaten  kön- 
wie  ich  schon  bemerkte,  harnsaure  Ver- 
■jngen  beigemischt  sein;  kocht  nian  das 
«nent  mit  Wasser  aus  und  filtrirt  die  noch 
fce  Flüssigkeit,  so  gehen  die  hanisauren  Ver- 
zügen gelöst  durch  das  Filter,  und  schla-- 
sich  beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  nie- 
die  Erdphosphate  bleiben'  auf  dem  Pil^ 
Solche  Gemische  ansErdphosphatekl  ub4 
Bauren  Verbindungen  sind  nicht  weift»,  wie 
^rdphosphate  für  sich,  s<ondem  gewöhn«- 
jrnehr  oder  weniger  gefärbt. 

Krystalle  aus  phosphorsaurem  Natron  -  Am- 
Lakwird  man  im  Harne  bei  Krankheiten  kaum 
^obaehten  Gelegehheit  haben ;  bei  der  Leicht« 
:3bkeit  dieser  Verbindung  pflegt  sie  nur  aus 

durch  Verdunstung  concontrirten  Harn  her- 
krystalllsiren. 


J^tarnsedimente  aus  organischen  Gebilden 

bestehend. 

Zu  diesen  Sedimenten  gehören  hauptsäoh» 
-  Schleim,  Eiter  und  Blut.  Der  Schleim  bil» 
8io  normalen  Harn  nach  dem  Erkalten  schwa» 

'Trübungen  oder  Wolken,  bei  katarrhal!- 
^ji  Zuständen  der  Blase  giebt  er  bisweilen 
k^hr  massenhaften  Sedimenten  Veranlassung. 
«  sind  selten  so  dicht  und  derb  gelagert, 
etwa  die  Sedimente  aus  Erdphqspliaten 
"  aus  Uraten  (es  läfst  vielmel»  ein  derbes^ 


—     «7     — 

Hier  oder,  iriierholiifiem  Sthhim  besteht  ^ 
in  vielen  Punkten  dem  Schleitnsedimeat ,  wel- 
ches bei  BlsstinkätMTh  «ich  avs  dem  ikm  ab« 
mmietiy  aber  -der '  Bitenirin  'eiHhUt  immer  Ah- 
bmräi,  das.Sisdilnesfc  fi»t  gewobalich.  sehnitttaft|; 
gdb)  bisweilen  mit  ftlut  untemiseht  und  senkt 
steh  aus  dem  friach  golassenea  Urin  in  gnnz 
kuraer  Zeit^  eine  scharf  foegr^ztc  Sidiidht 
Muf  dem  Boden  des  Uringefaises  bildend,  in 
einem  froheren  AiatnAUL  habe  ieh  bereits  über 
die  hauptsächlichsten  Unterscheidudgspuncte  de* 
Eitemrins  von  dem  Sphleimuringesp  rochen  ruod 
bemerkt,  dafs  In  denü  aunpholdg^idien  Verbal« 
4en  der  Eiter-  und  Schleimkorperehen  bestimmte 
Unterschiede  nicht  aufgefuiideo  worden  sind. 
Enthiit  der  Eiter  im  Hanu»ediment  geringe  Mmm 
gen  8chieim>  se  kann,  besonders  wenn  der  Harn 
siHuni  ammoDiakaliseh  reagirt,  tdies  gar  nickt 
ermittelt  werden,  es  ist  auch  darauf  wenig 
Werth  zu  legen ;  viel  wichtiger  ist  es  im  Schleim^ 
Sediment  geringe  Menged  Eiter  nachzuweisen} 
idi  btsiebe  midi  auf  &s,  «ras  ich  ubdr  diesen 
Gegenstand  im  vorigen 'Heft  difeseS  JouroaU 
(«*3ft)  angefuhn  kab^  I>em  Eiteraedhneit 
können  eben  so  Wie  dem  ScUeimsediment  karn« 
sanre^  oder,  reagirt  der  Harn  alkalisck,  phospher^ 
saure  Verbindungen  beigemischt  seki;  mta  er^ 
kennt  sie  ebed  so  ^ie  im  SchleiniBedioentw 

Wenn  ein  Sediment  im  Hatne  aus  Blul«- 
körperchen  besteht,  so  ist  die  Natur  d^selben 
durch  das  Mikroskop  augenblicklich  zu  erken- 
nen, da  die  scheibenförmigen,  oft  aber  stark 
aufgequollenen,  gelb  gefärbten  Blutkörperchen 
nicht  leicht  mit  andern  Formen  verwechselt^ 
werden  können.  Solcher  Harn  ist  auch,  wenn 
sich  das  Sediment  abgelagert  hat,  noch  blut- 
roth  geförbt ,  enthält  Albumin  und  Haematoglo« 


—     8»     — 


III. 

Die  Panction 

des 

Hydrops  ovarii  durch  die  Scheide. 

Von 

Dr.  Carl    Schwabe. 

Pbyiikut  in  Gr.  Rnofcstedt,  im  Gro&berzogtbum  Weimir« 


W  ie  selten  es  uns  gelingt,  hydropischen  Kran^ 
ken  wesentliciie  Hälfe  oder  gar  Genesung  durch 
Anwendung  pharmaceutisoher  oder  mecnauiseh 
wirkender  Mittel  zu  verschaffiäi,  ist  leider  eine 
allgemein  bekannte,  durch  die  Erfahrung  tau-« 
sendßütig  bestätigte  Tbatsache.  Keine  Krank- 
heit wird  deshalb  mit  grölserm  Rechte  als  eine 
Crux  medicorum  betrachtet,  als  die  unter  den 
mannigfachsten  Modificationen  sich  erzeugende 
und  die  Thätigke^t  der  edelsten  Organe  hem- 
mende Wassersucht  Ohne  mit  Aufzahlung  der 
bekannten  Hypothesen  ditr  altem  und  neuern 
Zeit  über  die  Theorie  derselben  den  Lesjor  ifk 
ermäden,  erlaube  ich  mir,  die  Aufmerksamkeit 
desselben  für  eine  ziemlich  häufig  vorkommende 
Art,  ich  meine  den  Hydrops  ovarii ,  in  Anspruch 
zu  nehmen.     Es  ist  nameutlich   die  Function 


-^    »1    — 


f  tMOüf  bildet  8i€h  an  einer  beetimmten  Stelle, 
i  Mwdhulich  unter  druckenden  Sehmerzen,  eine 
i  GeechwttlBt;  der  Leib  wird  durch  sie  nach  und 
!  nach  st&rker,  aber  «cfaief*,  gegen  die  Rippen 
nnd  die  gesunde  Seite  hin  ist  er  leer,  die  ge* 
Bunde  Regio  hypogastrica  ist  frei,  die  kranke 
angetrieben.  Untersucht  map  durch  den  M ast^ 
dann,  so  fühlt  nan  ia  der  Beckenhöhle  eine 
begrenzte  (Beschwulst,  die  nicht  ihrer  Schwere 
folgt,  wenn  die  Kranke  ihre  Lage  verändert 
und  sich  namentlich  hierdurch  von  der  freien 
Bauchwassersucht  unterscheidet  Durch  die 
Scheide  gelang  es  mir  oft,  namentlich  bei  ei- 
nem auf  der  Höhe  der  Geschwulst  iufserlidi 
nnd  zwar  in  der  Richtung  von  vom  nach  hin- 
ten und  gleichzeitig  von  oben  nach  unt^n  an* 
gebrachten  Druck,  an  der  leidenden  Seite  über 
dem  Scheidengewölbe  ebe  pralle  Geschwulst 
zu  fahlen,  die  bei  kräftigem  Anschlagen  gegen 
die  Bauchdecken  dem  untersuchenden  Finger 
fluctuireode  Bewegung  wahrnehmen  liels.  Die 
Vaginal -Portion  verändert  gewöhnlich  ihren 
.  Stand  in  sofern,  als  sie  gewöhnlich  nach  einer 
Seite  hin  gedrängt  ist  Bei  bedeutender  Aus- 
dehnung des  hydrepischen  Ovarium  habe  ich 
stets  gefunden,  dab  die  abgehenden  Fäceseine 
längliche  und  platte  Form,  ähnlich  den  Schmink - 
oder  Vice -Bohnen  haben,  was  offenbar  in  Zu- 
sammenpreaseng  des  untern  Theils.  des  Colon, 
oder  des  obern  des  Mastdarms  deinen  Grund 
hat  —  Zur  Diagnose  der  verschiedenen  For- 
nen  der  Bierstockswassersucht  bemerke  ich 
noch,  dab  bei  Hydatiden  die  Fluctuation  ent- 
weder gar  nicht,  oder  doch  in  viel  geringerm 
Maabe,  als  man  bei 'der  oft  enormen  Ausdeh«* 
nung  des  Leibes  erwarten  kann,  wahrzunelw 
men  ist. 


—     98     — 


,s 


an  der  Stelle  der  Scheide  einzustofiien,  wo  die 
I%ietiiation  am  deutlicbslen  zn  fühlen  ist;  er 
schlägt  eogar  .vor> :  bei  an  Ascites  leidenden 
Männern  durch  de^rHastdarm  su  pnnetiren.  — 
Ziang  spricht  für  die  .  Function  durch  die  Va«* 

gna,  während  Co2/t>eii  und  Sedülot  niB  heftige 
egner  der  Operation  auftraten.  . 

Während  man  in  der  neuern  Zeit  radicale 
Heilung  der  Eierstocks -Wassersucht  nur  in  der 
Exstirpation  der  Ovarien  zu  finden  hoffte,  weil 
durch  die  pathologische  Anatomie  fast  stets  mit 
ihr  bestehende  Degenerationen  und  Productio- 
tten  der  Ovarien,  steatomatöse  und  sarcomatose 
Entartungen  derselben  nachgewiesen  worden 
waren,  scheint  die Paracenthese durch  die  Scheide 
ganz  in  Vergessenheit  gekommen  zu  sein,  denn 
in  Hfrnsiein's  chirurgisch -medicinischer  BibUo- 
tbek  findp  ich  keinen  einzigen  Fall  erwi^nt.  . 
Die  Operation  an  sich  ist  höchst  einfach, 
und  leicht;  man  bedarf  dazu  eines  leicht  ge- 
krümmten Troikarts  von  etwas  starkem  Kaliber 
und  eines  6  —  8  Zoll  langen  Gummi- Catheters 
mit  etwas  weiten  Oeflbungen  und  von  so  star- 
kem Umfang,  dafis  er  durch  die  Canüle  des 
Troikart  leicht  eingeführt  werden  kann. 

Die  Kranke  wird  in  halbsitzender  Lage  auf 
ein  Wendungslager  gebracht,  die  Schenkel  wer- 
den durch  einen  Gehülfen  von  einander  gehal- 
ten ,  die  FuCse  stellt  die  Kranke  auf  zwei  Stühle. 
Ein  zweiter  Gehülfe  hinter  der  Kranken  stehend, 
drängt  die  mittelst  einer  Leibbinde  zusammen- 
geprefiste  Geschwulst,  indem  er  sie  mit  beiden 
Händen  umfalst,  in  das  Becken  hinab)  während: 
der  Operateur  zwischen  den  Schenkeln  der  Fraa 
sitzend  auf  dem  Zeige-  und  Mittelfinger  der 
linken  Hand  den  Troikart  mit  der  Canule  in  die 
Scheide  einbringt,  an  der  am  meisten  hervor- 


—   «J   -^ 

iiefeteu  gelegenen  Stelle  des  Ovariums  vor* 
^Hunen  wird.    Ejii  um  so  wiobtig^r«^  Pu^ct» 

uns  die  Erfahrmif  .lehrt,  dafs  nur  df^nn  V^r"^ 
ähsung  einer  mit  Fldssigkßit  gefullliffi  Höl^le 
Li  .finden  kaiui^  wenn  der  lobali^  dfliselbeil 
a^lich  entleert  wird  y  so  dafs  die  ionem  Wand« 
■MluAofallen^y  sich  t^erübren  und  iiii|  einaiM» 
»Verwachsen; 

St)  dals  wir  bei  ersterer  das  Eindringender 
■>sphärischen  Liuft  in  die  Peritoneal -Höhlo 

.die  dadoreh  bedingten  ^acbtheüe  vermet* 
^  welches  beim  Baiichsticb  imminr  Sutt=  fipr 
B  sobald  die  oberhalb  der  gemachten  Oeffr 
-g  befindliche  Flüssigkeit  abgeflossen  ist; 

4)  dafs  ein  Extravasat  in. die  PerltaMWln 
nlö  die  8Uit  findis«  kann  >  wi^  «s  ^^H  bei 
■^  Baucbstich  fast  jedesmal   tbi^ils  watomd 

,  Ausfiielseos  aus  der  Canüle  durch  etwaigfi 
•«nöffnungen  derselben,  Ui^üs  ciach  Eotfsii^ 
kg  der  Caufile  durch  die  in  den  Sack  ge^ 
■Site  Oelfnung  vprkomml;. 

.  Wendet  man  mir  gegen  die  erste  hier  auf« 
■teilte  Behauptung  ein,  dafs  man  der  Qefabfi 

Epigastrica  su  verletzen ,  durch  Pnnctioq  in 

Looea  alba  leieht  entgehen  könne »  so  mvfi^ 

:die  Wahtbeit  dieser  Einwendnog  %w4ir  eio<*- 
stehen  y  dagegen  aufmerksam  mi^chen^  daDs  e9 
3n  nicht  mehr  in  der  Wahl  des  Operateurs 
{t,  au  der  ihm  sweekmälsigst  gelegenen  ^teUei^ 
>  die  Geschwulst  s.  B.  am  deutlicbsteii .  her?*' 
nritty  die  Fluctuatiou  am  bemerkbaxsteu  is^ 

operiren. 

Glaubt  man  dem  Uebelstande,  nicht  an  der 
I  tie&ten  gelegenen  Stelle  des  Sacks  einste^ 
an  zukonneiiy  dpreh  zweckmafsigp  Lagerung: 
r  Kranken  ahlmhAlfen,  so  gebe  ich  die  AfaiTT« 
hkcit  zwar  w,  ghMibe  aber  nicht,  dafs  di<^: 


_     «7     — 

uhn,  iaSk  4niÜiohe  Hülfe  gesucht  ww- 
niüste.  Mit  iuaern  nod  i^eni.  lÜHslii 
e  die  Kranke  eb^e  illea  Erfolg  vQO.Aei»- 
Ghinirgen  und  Quicksclbero  Ina  nufi 
lar  1836t  wo  man  mich  bo  IUUi«  i|og, 
>de)t.  Idi  fand  die  Kruk»  im.Jiöo^ltea 
)  abgezehrt,  über  hefUge  B«|ui|i(igiii|g, 
Bisen  im  Leibe,  Taat  glialieh  ijolardiüi^te 
•  nod  Stuhl -AuBlMiung  klagei^  .ip  ihren 
Der  PuIb  war  klein  und  ■«bnfill,  .dip 
brennend  heila  nnd  trooken;  ^  Stiaune 
Temebmbar,  kuns  ein  beotisdie^  Jlsber 
len  denwelban  eigenthimhchen  Synpptoaen 
da«  baldige  B^e  der  Leidenden, w  bfs- 
nn.  Di«  Bl«iatnutiqa  war  naeli  dea 
Vocbenbette  nicht  «wder  erachinwo. 


Dicen. 


ibung  { 
TmA  i«h>  daüi  derselbe  an?  der  redit^i 

bedeutend  aofgatrieben  war :  lod.^-eiiiaD 
g  eneiolit  hatte,  wie  bei  aaefitß,»i^tfia 
B  Sflhwaogem.    Darob  die,B*«<4ideel^Bii 

■Dan  eine  nind«,  der  «diwamemQvhii^ 


le,  pralle  KugejL, 
rend   erluri 


di«  Nabalgegend  erlurii.  FlaotaMioo 
».  Ml  nicht  denuieh  wabrnehnen.'  Durch 
.Heb  aieh  die  Oeachwiilit  etvtw  nach 
maohieben,  Bod  hob  man  aie,  Bit  bei- 
liaden  aogleieh  tuiAuaend,  nach  «bqn 
inten ,  10  wurde  ea  der  Kranken  mfigUch, 
io  laeaeq;  die  nur  mit  l|ühe  ond.naeb 
«tion  von  Klyatieren  abgebenden  j&ee* 
•ine  UnglielM,  platt  soaamnengedrüflkt» 
—  B«  der  innem  Uotenuouug  laad 
bMi  4wiwchreofauundabwirtsceariii|T- 
'pginaliPnrtioa  'eine  gegen  da*  Sdiw- 
ivOlba  bervenagende,.,  Jwi«!  Aniddafeu 
>.XCin.Bd.«.8t.  G 


klagte  tiber  Biehende  und  düäokande  Sohnef- 
MtUnUrldlM,  der  Urin  gibgii  kleine!  Peiu 
ui  «titer  ikrtuBpthaftBD  und  drfiekendea 
ntaven  ab,  der  SUiiiligaiig  war  hart  nnd  «b 
len  iutA  'denaelbea.  tän^iofae  and  flwchgi 
kteFtoes  in  Ueineii'OaaDtiUton,' 


Uitferleib  wtar  Hemlicb  g1eidiin&ii^|)V' 
r-  nadi'  der  linken  S«te  'hia  aufgetrieben, 
unan  flibtte  bei  knfiienn  Dnieke  in  der  lin- 
Unterbaudigflgeiid  '^ne  aoegebrCTtdta^  dv* 
ke-Oenohwabt,  Flactnation  wunurioMbr 
igett  Grade  tand  undeutlirii  vorhanden. 
Bin  noimaler  BeBObaffeabeit  der  talbem 
Htslbetle  iaad  lefa  die  Vagioalportfon  etwas 
ig-  iaoh  Üoks  and  bintea  gedranot;  dpatkca 
fagfia  äiiaetbp  vea  lidw  tind  hinlea  aneh 
»  mud  vtHii,  so  apiang  sie  bei  anftAMB* 
iDra4ke  lait'eiiHger  Gewalt  wieder  ihibra 
iTS  Lagft  la  dw  Tiefia  nach  linke  filhlM 
liie'.  Widematwliebe  Oeaohwalst,  -die  ,'iah 
it'iat  danH.  mreioiieD  konnte.,  wenn  Mt 
iMr..iUidem  .HandfäeaUatarMb  eoiapiitiirtei 
mtenmohte  deahalb :  dotök  den  ASM,  fünd 
Uaatdam  leer  und  iudw  Hdhe  !ven'«twii  ■ 
KoU  M  verMgeri,  dab  nsiiie  vArtMIta  ^ 
knf  4ei  bintoin  Waad  lig.  Der  (aA^einii^ 
akanOt  koa&te  iefa  weilei:  fatBHariDit'dem 
*^¥brdtia4Bea,  viMeiitii  «iaige  faah^  iMM 
HAofftdrtckte  Und  aitlnl»|GbtlatfirtutkeU 
(.    Naak  vom  Aodttiüu-betferkteiMi'eM 

aiBtr^  a»igiels.Lwiri,idalb«ie:dailtfei«» 
tf  .Us  in  dM  inttlen  A^Mnr  aaMilll»,' 
^üwliligeii  pgmn  dt»  iniMml  BaiaMMwb' 
Mail  der  — teitodttndli;ghigMipllil'Wil 
ledadi  liitr  *tmif.  flaeUBteadeafiavaubml» 
G  t 


—  IMI  — 

hs  äuliserst  copidse  Stuhleutleeruogen  ein^ 
Bh  welche  gegen  5  Maafs  derselben  gränlicben 
Bsigkeit,  wie  durch  das  Erbrechen  abgingen. 
;dem  befindet  sich  die  Kranke  wohl,  alle 
.ctionen  sind  normal,  der  Unterleib  ist  swar 
MB  aufgetrieben,   aber' man  fühlt  weder  bei 

ftubern,  noch  innern  Untersuchung  eine 
<)hwul8t  oder  Fluctuation. 

So  gern  ich  mich  bescheide,  irgend  et- 
•»  zur  JHeilung  der  Krank^it  gethan  zu  ha- 
9'  so  bi^wundernswerth  and  iAteresAnk-  ist 
nbar  der  hier  von    der   Natur  eingeleitete 

procels!    Offenbar  fand  eine  Verwacbsunf 

kranken  Ovarium  mit  dem  lleum  sowohl,, 
dem  Colon  und  Perforation  beider  Statt,  denn 
dem  ersten  Anfall  trat  Erbrechen ,  beim  zwei* 

Durchfall  ein,  auf  beiden  Wegen  aber  wurde 
<Ibe  Flüssigkeit  entleert.  Beim  ersten  An- 
■,  muÜBte  also  der  Inhalt  defli\  Ovarium  ober-, 
*'  der  Valvula  coli  in  den,  .Darmkanal  gelan- 

,  sonst  konnte  er  durch  Erbrechen  nicht 
zeschieden  werden.  Dab  aber  die  zweite 
reening  iint«rii«lb  der  Oriimii<}ar»kltppe  SUtt 
1,  ist  mir  deshalb 'Wahrscheinlich,  weil  trotz 

bedeutend  gröfsern  Monge  der  durch  den 
9r  entleerten  Flüssigkeit  nicht  einmal  Brecfan, 
^  viel  Iveiiieer  Erbrechen  iTtelbst  eintrat  IhA' 
*ii)ntleerte  Masse  itv  beiden  FUlen  ganzdie^ 
ne  Beschaffenheit  hÄtt€(,  datt  nach  ihrer  Kn^ 
"^ng  die  deutlich  währffenomibene  Geschwulst 
^prand,  und  die.  durch  sie  veranlaisten  Be-. 
"idreiden  eessirten ,  beweist  mir  deutlicbj  dafli . 

AuMcheidunsen  durch  Entkerong  der  krank-' 
■en  Geschwulst  .veranlafst  worden  sind. 


~    tQ8    — 

dtE  KnnUieit  Dicht  yerkürzt^   niebi  leltei  «to  dialSal«* 

"^siinduDgszofölle  gesteigert  haben.       . 

.  Der  Nutzen  der  QueckfiL^nalbe.i  in;  alle«-  Kottimr: 
dangakrankheiten  iat  bekannt.  Aach  in  dieier  Krankheit 
iai  dieselbe  schon  von  verschiedenen  Aeraien  as^ewandt 
worden.  Lallemamd  läfst  längs  der  hint^tm  Seile  du» 
Gliedes  eine  leichte  Uinreibung  mit  QqeckailbersaiW  nui^' 
chen«  Neumann  läfst^  nachdem  er  im  Anfange^  zMCi'Adea 
gelassea  hat,  den  Penis  in  Charpie,  aiii  «etcliA^eobr 
silbersalbe  aufgestrichen  ist,  einwickeln.  Wm^ußhßievrd 
mit  Recht  sagt:  ^ist  es  deutlich,  dafs»  wen»  maniiSti  dem 
knuiken  Tüeil  kommen  kann^  die,  örtliche  MediMtioD.>di« 
wirksamste  ist  und  um  so  mehr  in  einem  Uebel,  dasi»  der 

I  Meisten  Meinung  nach,   reia   örtlich  isL**    Ich  J^am  da«* 
ber  auf  den  Gedanken,  die  Quecksilbersalbe  imdiifteUlMB 
auf  dieti  kranke   Schleimhaut  anauwemden.,   m^  die.;  Ast 
Schwellung,  sdimerzhafte   S|>annung  und  Secretion: «lisptf 
•elbea  zu  vermindern,  und  der  Erfolg  hat  meine  iSswar- 
Cung  nicht  getäuscht»    Zu  diesem  Zweck  bedifuMiich.  niiclft 
sehr  dünner  Bougiea,  die  ich  seligst  verfertige.^  kukm  iolfe 
ein  Läppchen  Leinwand  seiner   Laniie  nach  tmit>.Jbcid«Ü 
lüinden  so  «isammenroUe,  dafs  ea  abenU  ejbengleicbett 
Umfang  bekommt,  wahrend  ich,  um.  dnsstlb» .zusamhMSa** 
aubalten,  zwischen  de«   verschiedenen  Lag'*iii..ein:weni|i 
Qjuecksi'.benialbe  streidie.    Die  Lange  dct  ikiugleai  ist  «A 
Ubitom ;  da  gewöhnlich  der  Sitz  dea  üebels  inideii Fossa 
naviculaiis  ist,  so  reichen  sehr  kurze  bin.    Man-Ksstfeiehi 
dieselben  mit  einer  Lage  Quecksilberaalbe,  wÜhntnA' mn» 
die  Spiue  abstumpft  und  mit  der  Salbe  xo  einer  Art'Kovr 
gel  £Ö«mt.     Darauf  zieht  man  dieseU^  durch  :die  Elngier, 
um   sin  abzuglätten.     Nachdem    der   Kranke  mlnijrt;  tand 
man  den  Kanal  leise  zusammengedriickt  hat,  umwdinietz^ 
ten  Urintropfen  fortzuschaffen»  führt  man  die  Bonglejbin 
zur  Proatata  ein ,   während   man  leise  rotirt«     Maa  tttM 
sie  6  Miauten  langliegea  und  zieht  sie  dann.rotirend  wiedw 
heraus,  während  man  mit  den  Fingera  der  linken  HaaA 
die  Bougin  Vdcbt  mit  dem  Kanal  zusammendröckt^  danü 
die  Salbe  besser  zur&ckbleibe.    Ka  wird  3— 4  mal  täg- 
lich Kinn  eingeführt.    Die  ersten  Male  ist  die  Kinlüluriiag 
am  soUmerzhaitesten,  nach  und   nach,  aber  nimmt,  dieser 
Schmerz  ab.     Abends   vor   dem   Schlafengehen  lifsl  maa 
eine  einführen  und   etwa  eine  Stunde  liegen«    Bei  einem 
Kranken,  der  seiner  Anssage  nach  niemals  näoht4ieha.Pol- 
lutionen  halte,  Uefs,ich  sie  sogar  die  Nnnht  über  liegen,  und 
eben  bei  diesem  dauerte  die  Krankl|Bit  am  kürzesten,    la 


—  leB  ^ 


UifPtUai  ohne  bgOMl  eine  BabinaiMif  MÜ;'  dt MMr 
■Mhie>  BthandiM^  »iy  auf  liemliob  totfUer  >BMb  sä  lubai^ 
MhtiBt,  hielt  iob  et  l&r  aatiKob^'  dieielbe  KooitfsiifhMo 
vofniefeii,  ond  dieselbe  ihrem  euf  Prifahmg  geettete» 
IMieil  so  DBterwerimu   • 


.1' 


••j 


-TT 
■  I 


.    » 


f    >    {f  . 


ditehen  Lifaroltrr. 


MMII 

Jlted.Balh  Dr.  Butte. 


1. 


■         • 


(Forttet^ang.) 


O^htr  dii  |rfbyifalHp<idbtii  md  ttoriipiitHidfcfiiiyiHhieyiii 
det  dtfcMciMW  nefiiwiigli,  htC  IM«rf  Leio<»)iiii.  «äne  Ah- 
haidhiaf  getehrlebee,  weiche  vo^  der  HanreitB  Society  dea 
Jehreipr^i  eihalten  bet.  Wir  behda  Bfeigee  aoi.  —  Dm 
?iau«  SeaineiD  Colchfcl  wird  von  ttai  meitteB  eeglltcfaeii 
Aenteo  ie  ao  groiäeB  Doeen  Terordnet,  defii  nacbdieüige^ 
ja  leheaagefibftiche  Potgea  daraoa  henrorgehen  köaeea« 
Herr  L.  aab  tob  daer  Drachme  tigHcb,  wochenlang  fori- 
gahraaehl.  die  gröüite  8cbwiche,  heftige  Diarrhöe  aad 
aiae  Palanreqeena  ?oa  170  in  der  MIaate  eatatehcn,  oad 
der  Pat  konnte  nur  mit  Habe  gerettet  werden.  Bine 
Dame  ?oa  2&  labren  Tcrgiftele  aich  abfichtHcb  mit  Vin. 
Celch.,  indem  tie  eis  Weioglaa '  foll  dä?oa  aostrank.  Ka 
aatalaadeii  aofttrt  heftige  Magentchmersen ,  KrhrecbcB, 
ZaaamBMBscfaaining  der  Braat  aad  Dyipnoe,  aber  k«n 
DweUhll;  Haot  und  Zoage  worden  kalt»  der  PuU  schwach 
und  Cidenformig;  die  Fat  behielt  dabei  ihr  vollkommeaea 
Bewo(ätaeio  ond  klagte  fiel  über  quilenden  Durst.  Krst 
am  lalgeaden  Tage  stellten  sich  Krämpfe  in  den  Uei^ 
nea,  häufiges  Anfstoisen  und  grofse  Prostratio  Yirium  dn, 
und  der  Tod  erlolgle  i2  iiftunden  nachdem  daa  Gift  ?cr* 


^ov  geibeff  F4ri»e  imi4  proAiM  l^tB^äoiü  nfnei  treibt» 
Urini.  Aof  Herz  and  Arterien,  wirkt  ^diit  Colcbia  direot» 
Kft . beschwichtigt  die  Scbmecze»  io  deof  Geleokeii.  Letz- 
tem Wirkong  wi^  tcbon  d«»  {Smi/tM.  4^egmeta  bekAnaty 
wenigstem  scheint  das  von.  ihm  iqit  d^m  äamen  Hermo« 
dactylon  bezeichnete  Medicameat  «Ine-.  Zeitlose  <  gewesen 
zn  sein. 

■ 

Nach  Herrn  XetHn  verdankt  das  Goicbionm  seino. 
iuImI.  Wirksamkeit  der  „ColdUcin*\  tdntm  Alcaloid,  wei- 
ches der  Veratrine  y  dem  eigentUebe»  Agens  des  Holle-' 
beros,  abnh'ch  ist,  und  siebt  er  es  als  sebr  wabracbein« 
lieh  an:  dafii  die  berühmte  Kau  medicinale  d'Hosson  ans. 
fliiner  weioichten-  Tinct.  Hellebori  oder  Colchici  mit  Opinrnp 
bestehe.  Die  Colcbicia  sei  jedoch  nicht  identisch  mit  der 
Veratrine  und  ihre  Wirksamkeit  gegen  Gicht  liege  (nach. 
QheUuM  in  Heidelberg,  den  der  Vraf.  als  s^in.en  Lehrer 
hoch  verehrt)  lediglich  darin,  da(s  sie  die  Anssoheidang. 
des  Harnstoffs  in  hohem  Grrade  vermehre,  in  12  Tagen 
beinahe  verdoppele.  Diese  Hrfabrnng  hat  der  Verf.  diu-cb 
eigene  Erfohrung  bestätigt  gefunden,  tn  einem  Falle  von 
Gicht  wurde  nach  zweitägigem  Gebranch  des  Vin.  Col« 
chic,  (zweimal  40  Tropfen,  welche  Brechen  und  Laxiren 
erregten),  da»  kpecifitihe  Gewicht  des  trübe»,  ilem  KaUf 
was9er  Hhntiche»  Urin»  wm  1014  mtf  1034  vermehrt  (eine 
Höhe,  die  kaum  beim  Diabetes-  mellites  vorkommt).  Bei. 
erfolgender  Besserung  des  Pat.  ging  dasselbe  witder  auC 
1013  zurück.  Die  chemische  Untersuchung  ergab  in  1000 
Theilen  Drin  00,79  feste  Theüc,  und  davon  00,35  Harn- 
stoff. In  einem  andern  FaUe  ward  das  spedfiscbe  Ge- 
wicht des  Urins,  wenige  Stunden  nach  dem  Gebrauch 
des  Coleb.,  von  1009  ani  1033,  und  des  andern  Tagen 
auf  1036  gesteigert.  Die  Trübung  desselben  war  ledig- 
lieh durch  harnsaiires  Ammonium  bewirkt.  Herr  L.  ist 
nun  der  Ansicht,  da(s  ein  Deberschols  von.Hajmsaore.in 
dem  Blute  giebtischer  Perneiien  Stajtt  fnde ,  und  dafs  die« 
ser  durch  das  Colchicum  o^ttelst  des  pi;i|is  ausgeschieden 
werde.  Das  Colchicum  sei  nicht  bloU  wahrend  der  An- 
ßlle  einer  acuten  und  regelmafiigen  Gicht,  mit  erofsem 
Nutzee  anzuwenden,  sondern  zeige  sich  euch,  in  der  Ai^ 
thritis  anpmela:  nnd  bei  gicbtischen  Affectionen  des  Hei^ 
zens  und  der  greisen  Gefabe  als  ein  unscbatsbares  Mittel^ 
ja  Herr  X«.  glauU,  indem  er  mehrere  Fälle  der,  4rt  als 
Belege  beibringt ,  dafs  selbst  schon  bestehende  evganMcb^ 
Verbiblungen,  welche  au#  Diathesis  ertbritica  hervoitoiBn 


-  m  - 

Mto  in  Witm  and  2.  If qnntn  •  ia  Pnrin>  kann  nch  nber 
«Mi  «jiiMnni,  dnik  w  •dw^d^rtfgnn  KnnkenbSosern  aooli 
■or  ein  cinziget  Mal  dM  CiJdiio«  angewendet  worden 
wire.  —  Möge  ihm  sein  Voriiaben  gelingen,  möge  et 
aber  aneh  bei  ttrenger  Pertidhafig  lieb  nidU  heraantoUen/ 
da6  Herr  L.  telbft  im  Vorortbeile  so  Guniten  seinet 
üitteli  bebngen  ist!  —  .      * 

(FybeCznRg    folft) ''^ 


•  I 

■ ■         tili 


•    • 


. .  .  .;,.  I*'. V  ■  yber,,  ■    i*    .  i.    ■    ■  'im*» 

:iiMi  tfüwiidlgltojMwfälirfy'  Cfei«rtfli  fNMi  ndMfiffiriMNi  BirlML 

n'ir , . .    ..1,   •• .  •  j       i'ffri*^^. .  .t-i!i'h;   ■•       »'    /!,• 


j''       .       1    •  '     ': ..  •  *    '::;.'    •»!. 


Cebar  die  Wiltenuig  verweilen  wir  aof  die  beigefügte  TafcL 


.  I    < 


El  wurden  gebeiwn:    d<l3  Knaben, 

aaeiWdchen, 

742  Kinder. 

Rt  alarbea:    142  mlantteben, 

'  143  weibUcben  Geschleebu    &ber 
nnd  297  Kinder  anter  10  Jabren. 


Mebf  geboren  140. 

Im  Deeeolber  dei  vorigen  Jabret  worden 

Tjjbboreii:    540  Knnben, 
p  Z  456IBddi#n, 

'    *  '   :       j         .1008  Kisder. 

i 


1. 1. 


***    —   »■'haAktt:'    «S8  männlichen, 


■diMII« 


neliT   Bubaren  134.  l 

Im   Verbältnib    zum     December    dei  IfDriE»* 
1  261  «entger  geboren,  aod  •(acb«ii  icopfl 


Rlieamaliacbe  catarrbalisclic  Leiden  bÜcbw  >< 
Monate  ilid  Torlierrsclienilcfi ,  die  be«onden  |<p)^ 
Itndu  des  Monaia,  in  etllzündticbe  Afbclioneu  la'~ 
gen  und  dpa  Balses  übergingen.  SiicIiliDst 
Kindern  nidil  acUen..  so  wie  Ourcbfille  uid  S^ 
bei  ihnen  vorkamen.  ZoveUea  zeigten  ilch  avi^- 
lebe  und  gastrisch  -  nervöse  F'ieber.  Dnler  <4a  i* 
AaMeUEeen  vari-n  Maaeni  am  faSufigsien,  SdiM» 
in  aebr  lellenen  Fällen,  an  den  Pocken  itaitiiltf 
Monate  ein  erwBchsener  Mann. 


SpicielU    Kranihei 

en. 

Erw,cl.- 

Ki-ii 

J 

Krankbeilen. 

1 

1 

1 

An  EiKkräflung  Allen  vrgrn.    '     . 
An  Sdiwücl.^  B.;d  o»nh  der  »ieburt 

z 

~ 

i 

Ain  SHckJiaileii.         .       .       .        : 

An  dM  Pock-n 

Ab  Mii»n> ' 

=' 

An  d«  binligcB  Brlu«. 
Ab  der  Ueluniantiifdi^i 


SS336&I','  ■■.:' 


An  HdttntxtudiHig.  .        ^ 
An  der  BiiftfiwbtzfiAditu 

Ab  dtr  Hcnnt»— ■ 

Am  Hinb'otelCBli 
An  PIfutitli         .       .        _        . 
Jun'f.n  Iziiutlun  ei£(bf  r 
Am  ncnaifi.l>TE,       ...        . 
Am  Sclilfiinflebrr        .       .       . 
Au  UIIMVbcr.         .  '     .>      ■; 
ttin  Kindbt'LUleber.     .       .       . 
Am  abielirendcn  Ficbsc. 
Ad  d*^7.^eFnHln>äid>uinit.    . 
An  d»  Il^iluchwiDdiiKihk       ..  I 
An  iltf  Unl*[|«iliuc)i«üiilMclit    ., 
An  d«  LgbencbwindiDchl,      . 


Aü  Hjdio^nx. 

Am  BrecliduTchfiU     . 
Av  Shllilni^      *    '  ' 


An  HiBaBCmochi 


—    113    — 

«    • 

Seit« 
IL  Zur  Geschichte,  Pathologie  and  TlierapiedeeWecb«   - 
gelfieben.    Ton  Dr.  Bernhard  Ritter  zo  Rotten- 
borg  am  Neckar.    (Fortsetsnag.)      •        .        •        37 

III.  Krankheiten  Luneborgs.     Vom   Medicinalratbe, 
LandphyiikniDr.Fttcft^zQ  Lüneburg.  (Portsetzang)  75 

IV.  MediciniBcIi- praktische  und  theoretische  Brorte« 
rangen  von  Dt*  Aug.  Wilh,  Netiher  za  Apenrade.  101 

y.  Korze  Nachrichten  and  Aoszöge. 
I.Beobachtangen  über  den  Band  warm,  Mitgetheilt 
▼om  Dr.  Bicking  za  Erfurt.  •        «        •        121 

2.  Üeber  die  Anwendung  der  Aqoa  oxymuriatica  im 
Scharlachfieber.  Tom  Dr.  Clemens  zaFrankf.a«M.  127 

3.  Monatlicher  Bericht  über  den  Gesandheitszostand, 
Geborten  and  Todesfalle  von  Berlin.  Nebst  der 
Witterangstabelle«  Monat  Augast.  •        •        .       130 

Drittes      S  t  &  e  k. 

I.  Zar  Geschichte  der  Krankheiten^  welche  sich  von 

den  Thieren  aaf  den  Menschen  überpflanzen  las* 
sen.  Von  Dr.  Bernhard  Ritter  zu  Rottenbarg  am 
Neckar  im  Königreich  TVQrtemberg.    .        .        .        S 

II.  Beitrag  zo  dem  gaten  Erfolg  von  der  Anwendung 
der  Aqua  satomina  in  Klystleren  bei  eingeklemmt 

'  ten  Briichen.   Von  Dr.  Emsmanny  zu  Eckartsberga.    62 

in.  Medidnisch -praktische  und  theoretische  ErÖrte- 

rangen  von  Dr«  Aug.  WiXh.  Neuber  zä  Apenrade. 

(Fortsetzong.)  .        .     *  .        .        .        •        72 

lY.  Memorabilien  aus  dem  Gebiete  der  Innern  ond 

aolserii  Heilkunde.  Tom  Ober -Medidnalrathe  and 

Regierbngs-Medidnal- Referenten  Dr.  Sthneider 

in  Fnlda. *        104 

T.  Kurze  Nachrichten  ond  Ausziige. 

1.  Krankheiten  und  abweichende  Bildung  des  Her- 
zens. Hitziger  Gelenkrheamatiimus  an,d  Anwen- 
dung des  Colchicum  gegen  denselben.  Von  Dr. 
C.  Rösdi  zu  Schwenningen.  ...        •        113 

3*  Monatlicher  Bericht  über  den  Gesundhdtszostand, 
Geburten  und  Todesfalle  von  Berlin.  Nebst  der 
Wittemngstabdle.    Monat  September.  .        118 

Viertes     Stück. 
).  Geschichte  eines  merkwürdigen,  todtUcb  übgelaofe- 
ncB  AbdominaÜeidens.  Vom  Dr.  Steinthal^  prakti- 
schem Arzte  zu  Berlin 3^ 

Jeurn.  XCIU.B.6.St.  H 


~  II.  Zni  fiesdiictilB  Av 

den  Thieren  ■□(  i 

■en.    Von  Dr.  Bcr 

Neckat  im  Konign 

tll.  MeiTidnisrh  -  jirak 

(Fortsetzung.)- 
IV.  Kane  Nmcbiklite 

1.  Warmemessiinge 
Dr.  Fr.  Nasse, 
der  medicinUcbei 

2.  Liquor  Kali  ci: 
!*eoi  Arteoik  m: 
TOD  Dr.  Emtman 

n.    Prtitlittlie  Mis. 

Buslandiacben  Lii 

Rslb.  Dr.  Eiiste 
4.  MonatUnbei  Be 

iitinij,  Gebitrlen 

der  Witter 


II.  Mcmoraliilien  aui 
aufiern  Ilcilkande 
Regierungs-Mariii 
in  Fuld».     (Farlt 

III.  Zur  Gescbichle  li 
den  Tliier 
Von  Dr.  Äemfcnri 
im  Königreich  W 

IT.  Mertidniich-pra) 

rnngcn  von  Dr.  . 

(FortseUung,) 

y.  Kurzä  Nacliricbtei 

eilung    einei 

Ton  Dr.  Clfmena 

2.   Zwei  Fälle,    in 

Kiankbeit  den  ^ 

liehen  war.  Mitg 

i.  Monatlicher  Bei 

Geburten  nnd  1 

Wittfrungtlabelli 


\ 

I 


—    115    -^ 

SechtC«t     StSck. 

MC« 
I.  Zar  Getchfclrte  der  Knnkbeiten ,  welch«  sich  tob 
den  Tbierea  «nf  den  Menschen  aberpflanzen  Baitea. 
Ton  Dr.  i^mkard  RUter  zn  Rottenbnrg  am  Nedmr ' 
im  Königreich  Wnrtemberg.    (Fortietzong.)        .        3 
IL  üeber  die  Hamsedimente.   Von  Dr.  Pnmz  Simon 
zu  Berlin. 73 

III.  Die  Pancdon  des  Hydro|it  oTarii  durch  die  Scheide. 
Von  Dr.  Cari  Sk^wake,  PhyiilLoa  in  Gr«  Rockttedt, 

im  Grolsberzogthom  Wrimar.    •        •  •       8CI 

IV.  Kurze  Nachriditen  und  Autzuge. 

1.  Üebor  eine  neue  Behandlung  der  Blennorrhagio 

im  acuten  Sftadio.  Von  Dr.  jPfinco^t  in  BrQaael.    103 

2.  Praktiache  Ifiacdlen  und  Letefruchte  aoa  der  aua* 
landiache»  LiCenitar.  Mtgetheilt  Tom  Medldaal* 
nlh  Dr.  9mm  In  BaHn.    (Fortsetzung.)       .105 

3.  Monatttcber  BerfchtoberdenGesundheitszailnnd» 
Gebufea  vadT  Todissfliae  von  Berlia.  Nebsi  4er 
WittenMgstibeQe.  Honät  Deoember*  IM 

Inhalt  d«b  mi  und  neenzigsten  Bandes  112 

Namanriglyter  deMdbeiB  110 

^ncbreg^slgr  denenicn    •       •       •       ^       •       • 


Ht 


hrm,  III,  H.  tJ.  K. 
BisictM.  III,   16.  n.  19.  tl. 

117.    IV,  16.  «1.6», 
Brelon,  IV,  1«J. 
Broiuuii,  1,  1%    U,  M.  fUl  41. 
ünwn,  n,  iS:    HI,  31, 
Biuc*,  V,  «7. 
Biiig£«iiuin,  I    IT,  n,  M, 


thD^H'"«.  lU.  VI,  t. 
MOD,  IV.  OT. 

UT>,  V,  SU.   VI,  m. 

UM,  IV-,  13«. 

ai,  V,  ie. 

-Hriut,  I,  31, 

«h,  1,0». 

M,  i    BL  IV,  «7.  VI,  IM. 


de  Udi«,  IV,  88. 

Catliu  AhrIuiiiu,  I,«.  IV,». 

3U.  J4.  38.  8S.       „   „ 
(üin»B,   IV,  14.    VI,  91. 
C^»r,'lU,  1^. 
-CuiuTM.  II,  M. 
CüitnU,  1,  t». 
CumIId.  >y,  II.  IT.  SS. 
CSgmuV  VI.  M.  St.  n.  St. 
de  &r",  V,  87. 

c^^TUi  Iu.'iM.  ni,  OL 

-""'  m'.  U'  6S. 

,_f^«    IV,  30t  «.  »t 

V,fi9,  v»,a. 


CuM  II,  OS, 

Confimi,  11,  «. 
Corricu,  11,  SU, 
Camtui,  V,  56.  ■ 
Cropüi,  ni,  IT, 

CniniltuH,  I,  il,  tiV,  m. 


U.ckie,  IV,  lit    ,     ■    • 
DUTT,  il,  SB, 

Dekeid,  Vfj  6.  M.'  ,'     '  ' 
Ddabice,  111.  U. 

Deiulbiit,  IV,  94. 
DEmakdb  IV,  Kl,  «t.. 

DMboiiVlii  j6,     ■    ■■ 

DfTDIi,  lir,  29 
DL.Iriob.  »1,  J8.  Vt  M, 
DioU«,  I,  S.    IL  Ä 

D..iH.'ii,'i(ji. 

DaJieui,  V   Ja. 
UoiiT»>,  III,  49.     VI,  BL' 
Dori.bruih,ll,  Ui/.  ; 
Dorser,  IT,  Uli:     ■..'■' 
Doubli  II.  <iS.         ■  ',  ■ 
lo  Dnin,  VI,  K. 

Dahi.nc,  1,  na.»»,-'    ■ 


Dati,  III,  18. 


',r^^. 


Eb>H,  IV,  116. 
Eoli,  III.  t4. 
KlirFDreioh,  I,  GS 
Kiwif,  VI,  si. 


30,3t.SI,SI. 
.    IV,  IJ». 


Krmrnbni,  IV,  SJ. 
Enlfh™,  II,  W>. 


"^vi""»'  ■■  ^  w-  >T.  ».  «t    n 
«■[•V»'.  VI, ».  g 


Genid,  Hl,  1 

pol«,  4  71/.     ■ 
Gorrj,  iV,  76. 
Grub,  IJI,  as, 
G™,  IV,  2ö. 

feJliSä  '".«»■ 
«"u  '  "•   ■  *••  "•  *•■ 

Griff«,  T,  SO, 
Grornier,  VJ 
Groubeün,  IT 
embM,  IV,  lua. 
Öiüb/,  V,  is.  II. 

Omneni,  T.'fie".     '  j"l 


*:»"Äi;ji7 111,  "t         51"^'l>  ^-  \> 

Kalriiu    111    JA  M«iiuio«t,  V,  3J- 


Miiiciu',  IIj'm.'!»^.    • 
H«ocl.«ltr;  IV.  32.110-  BT. 

X,.l,  .11,  Ä     ,  Sl'de  bj;.;.^';  IV,  Jfi. 
MiSui^T,  1,  IM. 

!,.h.rTAqae,  V],  31  MohrenllijiiV  "'.  !"• 

I..foi.t,  V,  60.     ■  MoneW,  IV;  84-89. 

].atl(iBUiJ,  VI,  IUI.                 .  Monrnndo,  iV,  34. 

Ij.BEi.i,  l7lS.'v.S9.  Mo"ri,4».                   ■■      ■ 

J.w,|pnb8ct.r,  ».  «-  Momna,  V,  W.    VI-,  «. 

I::;ESä.^'iit-i«.  vi,  *.  •.  9.  ssE^ik  IS»;  ilJ^*fv, ».  7.. 

**.  76.  ft. 'v,  16,  2). 

Li«,  11,  m.  Hmnräl,  VI,  34. 

I„i,,',d,  V,  SS,  6S,  JtXr,  V,  6I*»I.  HO.  ««. 

Lttlimc,  III,  IB.  MUllirr:  ].,  V,  113.  HS- 

Leonmus,  IV,  60.  Muir«,  I,  II. 

L^'Z^..i/lä.    VI,  Tu.  71. 

L*onisM,  IV,  86,  »8.  M,«»,  U,  46.    IV,  IM. ' 

•«9i,  IV,  M.  Nimuu,  VI,  2i. 

™"b  ''''S'' » '  "*■  5™S;''^fiJ'"'"0.  «a..".  IV. 

ei'iS,",^«.'      '  Nn^uin'lI,'M.  IV,  11».   VI, 

Titu.  llC'l-  ^i"».  VI,-t.3S,  NiBBuinn,  VI,  M. 

jditE,  IV,  61.    V,  18.  NLeyordt,  V 'm. 

ud'inum,!,  «e.  Kbien,    V,  7S.  TO, 

orry,  IV,  6Ö.  NonM.  II,  *e,  71. 

Lou»,  U!,  IIV.  Nölhig,  Vi,  M. 

««,  1,  30.  Niiiaan,  lU,  S3. 


Mdcn,  V,  7l  Odhtlini,  IV,  Sl. 

■U^L^,  tl,  M. 

Munndic,   III,  17, 
(rt.  97,  W.  131.  13t 


OdhFlinl,  IV 
IadIdui  V,  M).  Okrn,  II,  40. 

dl  LvE«,  tl,  M,  OrAU,  IV,  136. 


ii*nä«,  'tu,  i< 


SKinlbil,  IV,  ]. 

SlfihFre,  II,  ti6.  '«m,  i,  u.  ji. 

Sti<-gUtf '  II,  «I.  lU.  i&.  V,  SJ.  88. 


,  IIJ,  III. 

■tg:  II,  Iß.  VeiH,,  I,  Ü.  tu,  18.  3U.  U,  IT, 


1,  ii,  ie.  ■  vm!«!  ui,  18. 


Jheir.  n,  38,  111, 111.  vw„  i!  lua. 

Stöc£,  ll  SS.  Vibc're,  III,  18.  M.  IV,  M.  ▼, 

~       '    *       -  5U,  ft.  9tf  VI.«    -- 


«11,1,  41.    11,  H.  Villvra«,  r,      . 

•j  h  ".18.    11,  OS.         yine«j  Ul"  '*■-  ^Vj  *'• 


ft.  O^  VI,  *u 
l^zyr^  V,Til, 


Srdnih*!!!,  I,  17.  18.    JI,  U.         TiD«,  III,  IS.    t 
s'jlTiin,  if,  äs.    111,  K».  VirEil",  Tß  4.  SS. 

S«rl=eti,  in,  106.  Vi.Tcal,  Vi,  ». 

Vogrli,  in,  JB. 
V<n'alcL  IIL  11 
Tolpi.  111,18. 


1,  Vi,  ifl 


I.  V,  Mb 


r'^eo.  WiED»,  VI,  M. 

Tumwi,  nijJG»  WofdiiiEcr,  I,  11.    tlt,  10, 

T«u«cker,  tt,  38.  IV,  «T.  S5.  VI,  8. 

Tctru,  IV,  9S.  Wall,  VI,  9. 

TLir,  VI,  «8.  Warnrdip,  III,  CO. 

Thcmiton;  IV,  W.  W««r,  VI.  3»' 

ThiBMti,!,  Ui.  Waluä,  Vt,  Vt. 

Tbom,  II,  U9.  Weikard,  I,  lUH. 

X»tl«BUB,Tl,  Dl.  -Weinrich,  IV.  88. 

Tin^iii,  irr,  sj.  wrifi,  iir,  «. 

Toggio,  V,  au.  Wei&B.  in,  Tl.  73 

ToÄ,  1,  3llL    II,  ».  Werliof,  V^  18.    VI,  4&  M. 

Totl,  I,  »,  W^Hergiaid.  ",  6e,  67. 

Tnlfet,  I,  KK  Widwinn,  I,  lUS,  V,  M, 

TrelliM,  IT,  77.  TBL  WiflMH™,  V,  lg, 

TKbnlu,  III,  IB.  Wi,.tiTlbilFr,  Vi,  9. 

Wohler,  11,  117, 

Wolf,  VI.  9. 

Vibw,  IV,  »  WQlff,  III,  33.  M.  17. 

Wdllfih»iin,  t,  119. 

Woir>lneE*1,  lit,  iin, 

V.i(l7,  U,  48.  Wolilein,  111,  18.  V,  81. 

ValaoliB,  IV,  19.  M.  WoDdvill*,  V,  40.  tb. 

V.I«It5  Ul.  »10.  Wriiberg/iu;  IIJ. 

V»m.,  VI,  a,  "' 
V.lel,'lll,*18.    IV,  12. 

Van^baB,  IV,  3«.  Zue,  VI,  ». 

V«*liu>,   Ut,  U.    IV,  U.  VI,     Zinffta«/,  IV,  91.  M. 

31.  Zaeb,  VI,  SS. 


-   t»   - 

Cidomel,    Natzen  des  C.  in  entzändKebeD  Krankbeiiik, 

I,  98. 
Camphor.    Nene  Anwendongsart  des  C.  I,  123.    Natua 

des  C.  gegen  Wahnsinn.  V.  15. 
Carbwnikely  vergl.  Thierhrankkeiten* 
ChamiUen.  Wirksamkeit  des  weinigten  Cbamiilenbades  bom 

Darcbfall  der  Kinder^  I^  105. 
China.  GescbiohfSiobet  über  dieEbfubrongderCbimirittie 

in  Earopa.  II,  63«     Metboden  der  Anwendung  d^NTsel-^ 

ben  gegen  Wecbselfieber«'  65. 
Colchicum.     Anwendung    des    C.    gegen    bitzigen  Ge- 

lenkrbenmatisraas.  III,  113.     Ueber  die  pbysiologiseben 

and  tberapeatiscben  .Wirkongen  des  C.  autnmnale,  VI, 

105. 
Copaiva.  Wirkung  des-  OK  Cotonivae  aetbereum.  I,  119* 
Cuprutn.    Eoipfebiung  des  scbwefehauren  Kupfers  gegen 

Croup.  V,  98. 


D. 

••.■  '.      ■     ■ 

Dämuehieinihmti,  Salpetersanres  Silber  gegen  Pbibgose 
der  D.  n,  110.  ' 

Dauelbeuienf  Tergl.  I%ierkrankheiten. 

MhirchfaU^  Sber  den  D.  der  Kinder.  I^  101. 

Hysaiterle.  Geschichte  einer  im  J.  1834  epidemiscl^  herr- 
schenden D.  I,  70.  Beschreibung  der  Krankheit;  75; 
Therapie.  84;  Ursachen  der  Itrankheit  and  ihre  Con- 
tagiositat.  94« 


E. 


BÜer,  über  Biter  und  Schleim.  V,  3. 
ßlektro^Magnetinnut  heilt  Lähmung  beider  Nerri  fadaies. 

IV,  137. 
Elia,  paregoric.    Pharm.  Kdihb.,  Nutzen   desselben    bei 

Phthisis  pulmonum.  V,  31. 
Endosmose.    Ueber  die  Feststellung  und  Anwendung  der 

B.  und  Exosmoic.  II,  113« 


K. 

KiUte,  Anwendung  ludter  Wasehongen  gegen  Tqmis  eon- 
▼nlsiva.  ly  123.    Kaltes  Wasse^  gegen  Cronp.  V,  104. 

KeuMutten.    Empfeblong    kalter  Wascbnngen^  gege*  K* 
I,  123.    Schwefelsaures  Kopfer  gegen  K.  V,  d8.    An- , 
wendong  des  kalten  Wassers  gegen  K.  104. 

KJauenutK^y  vergl.  •  ThierkramkheUen. 

Knodtenhavisenizündung  des  'Oberkiefers.  III,  96. 

KrnfJüieits-Cimstitutumy  ein  Beitrag,  zur  Getcbi«;btc  dm 
berrscheaden  K.  11,  3 — 30.  .  • 

KräHe.   Empfehlung  des  Leoqbardi'icben  Mittels  gegen 
K.  I,  98. 

Knhpockenf  vergl.  nierhrankhHien, 


.-  ■  >  •       ■ 

Latenitnaehen  der  Krankheit  ttatt  ihre  Heilang.  V^  120«  ■' 

Leber,  Bigenthüroliche  Beschaffenheit  des  Auswurfs  bei 
Leberkranken,  III,  72. 

Liquor  Kali  earbimici  mit  gunstigem  Erfolg  bei  Vergiftung 
mit  weifoem  Arsenik  angewendet  IV,  134. 

lAimeburg.  Wltterungs-  und  Krankheitsconstitution  L/s  im 
I.  1840.  I,  «.  U,  75. 

LuToHon  des  Oberaehenkels, .  neues  Veifabreh  ^ur  Ein- 
richtung derselben«  II,  105.    * 


Jtmiftc,  vergL  TMarhraMHiitu  •  ' 

MmUseitdiep  Tergl.  ThieHantMeiNnt 

Mercwriid- Kachexie.  Empfehlung  der  MilchdiSt  gegen  die- 
selbe. I,  123. 

Aft7M.  Empfeblong  der  Afilchdiät  gegen  Mercnrial-Ca- 
chexie.  I.  123. 


Nervmu    Labmöng   beider  Nervi   faciales  gebeilt  doreb 

Blcktro-Magpetismns.  IV«  137. 
Amtm.  FeMer  der  rechten  N.  III,  108. 


—    It7    — 

krankheit  beim  Menschen,  39.  Sectionsbefand^  48.  Dia- 
gnose^ 65.  Hebandlung,  69.     2)  Wurm^  IV,  22.  Allge- 
meines Bild  der  Krankheit^  26.    3)  Wuihkrankheity  }2S. 
Allgemeines  Bild  der  Krankheit  beim  Hände,  44.    Ob^ 
d actio nscrsobeinongen  beim  Hqnde^  59«:    Wuthkrankheit 
beim  Menschen,  63.    Allgemeines  Bild  der  Wothkrank- 
beit  beim  Menschen,  6l9*   ObdaRtionsersebeinongen,  75. 
Diagnose,  82.  Bebandinng,  84.    4)  Hwndegtavpe,  Y^BS. 
Allgemeines  Bild  der  Krankheit  beim  Honde,  41 ;  beim 
Menschen,  44.     5)  Klauenseuche  ^  44.    II.  KfcitilbMfM, 
welche  in  verschiedene^  ThiergeschlecHiern  Analoga  dof 
stellen^  47:  Identität  des. Mauke -ond  Kohpockencon- 
tagium,   48.     1)  Ktihipocken^  Vaccine  ^  58.    Allgeinei- 
nes Bild  der  originären  Kabpocke,  72.  Kohpocken  beim 
Menschen,  77.    anatomischer  Ban  der  achten  Kobpok- 
ken,  82.  Behandlung,  der  Kabpocke,  86.    2)  Jlfafi]te,87. 
Die  Maakekrankheit  der  Thiefe,  89.    Allgemeines  Bild 
der  Krankheit   beim  Menscben,  94.    -III.  JTrimJÜU^Mt, 
welche  mehreren  J%iergeschlechtem  gemeinsdkaftlidk  zu^ 
kommen.   VI,  3:    1)  KarhwikelkranMeitj  4.    Bild  der 
Krankheit  bei  Thieren,  9.  Obdoctionscrscheinongen,  14. 
Carbunkelkrankheit  beim  Menschen,  19.    Obductionser- 
scheinongen,  26.    Behandlang    der  Karbankelkrankheit 
beim  Menschen,  29.    2)  Räude,  35.    Allgemeines  Bil^ 
der  Fferderäude,  37.     Beispiele  von  Uebertragung  der 
Pferderäode  aof  den  Menschen,  39.    Allgemeines  Bild 
der  Pferderäode  beim  Menseben.  43.    Allgemeines  Bild 
detSchafräude,4b,  Beispiele  von Üebertragang  derSchaf- 
raude  auf  den   Menschen,  47.     Allgemeines  Bild  der 
Rindviehräudej  50.  Schweineräude,  51.  Hunderäude,  53. 
Katzenräude,  55.    3)  Flechten,  57.   4)  Maulseuche,  61. 
Allgemeines  Bild  der  Krankheit  bei  Thieren,  65.   All- 
gemeines Bild   der  aof  den  Menschen  obergegangenen 
Krankheit,  68.    5)  Dasselheulen,  69.  ' 
TypAttff.  Ueber  das  Wesen  des  T.  IV,  102. 


TL 

Vnterleib.  Geschichte  eines  merkwürdigen,  tödtlich  abge- 
laufenen Abdominalleidens.  IV,  3. 


Vaccine,  Tcrgl<  Thierkranifheiten. 


;,^ 


~cjt; 


^^ 


t\ 


/ÄS 


\fl-T'^& 


t*: 


IC 


i 


-^ 


"M  ^ 


^S! 


I^fnm 


I 


UNIVCRSITY  Of  MICHI6AN 


3  9015  01193  8605